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Full text of "Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie"

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Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2009  with  funding from 

Ontario  Council  of  University  Libraries 


http://www.archive.org/details/ausfhrlichesle05rosc 


AUSFÜHRLICHES  LEXIKON 
•ER  GRIECHISCHEN  UND  RÖMISCHEN 

MYTHOLOGIE 

VEREIN  MIT  TH.BIRT,  L.BLOCH,  W.  BUBBE,  J.B.  CARTER,  0.  CRUSIÜS(t),  F.  CUMONT, 

DENEKEN,  L.  DEUBNER,  F.  D0RN8EIFF,  R.  ENGELMANN  (f),   E.  FEHRLE,  E.  FIESEL, 

FURTWÄNGLER(t),  O.GRüFPE(t),  0.  HÖFER  (f),  J.  ILBERG,  0.  IMMISCH,  A.  JEREMIAS, 

JESSEN,  J.  B.  KEUNE,  J.  KLEK,  C.  F.  LEHMANN -HAUPT,  MAX.  MAYER,   ED.  MEYER, 

ORINSKY,    W.  OTTO,    W.  PAULI  (f),   R.   PETER  (f),    F.  PFISTER,    K.  PREISENDANZ, 

PREUNER(t),  G.  ROEDER,  B.  SAUER,  J.  SCHMIDT,  TH.  SCHREIBER  (f),  K.  SEELIGER, 

[.  STEUDING(t),  L.  v.  SYBEL,  E.  THRÄMP^R  (f),  K.  TÜMPEL,  0.  WASER,  0.  WEINREICH, 

.WEIZSÄCKER,  L  WENIGER,  G.WISSOWA,  E.WÖRNER(t),  R. WÜNSCH (f),  K.ZIEGLER  U.  A 

HERAUSGEGEBEN  VON 

W.  H.  RÖSCHER  (+) 


FÜNFTER  BAND 
T 

MIT  248  ABBILDUNGEN  IM  TEXT       9^** 


ERLAG  UND  DRÜCK  VON  B.  G.  TEUBNER,  LEIPZIG  1916—1924 


VIS- 

R7 

J3oL.: 


ALLE  RECHTE, 
EINSCHLIESSLICH  DBS  ÜBERSETZUNGSRECHTS,   VORBEHALTEN 


'jermany 


Ta. .  iiires?  (Ta  . .  fipT]?).  In  einer  fragmen-  Forschungen  im  Gebiete  der  alten  Völkerkunde 
tarisch  erhaltenen  Inschrift  aus  Alexandria  1,  rJ8;  vgl.  auch  Fr.  Äug.  Brandstäter,  Scy- 
(Breccia,  Bidl.  de  la  soeiete  arch.  d'Alexandrie  thica  48.  Müllenhoff,  Monatsher.  d.  K.  Preuß. 
1905,  121  =  Catal.  gcneral  des  ant.  egyptiennes  Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin  186Q.,  558  und  Anm.  1. 
du  musee  d' Älexandrie ,  Breccia,  Iscrizioni  Derselbe,  Deutsche  Altertumskunde  3,  108.  /. 
Greche  e  Latine  144  p.  85)  mit  der  Erwähnung  Grimm,  Gesch.  der  deutschen  Sprache  1',  161  f. 
einer  avvoSos  rris  kcpQloditr]?]  A[.  .  .]^iQiovg  —  Nach  de  Brosses,  Memoires  de  litterature, 
sieht  Wilcken,  Arch.  f.  Papyrus  forsch.  4,  238  tires  des  registres  de  Vacad.  roydle  des  inscr.  et 
in  dem  letzten  Worte  einen  Beinamen  der  Aphro-  belles-lettres  35  (1770),  497  Anm.  y  wäre  Tahiti 
dite  und  schreibt  kcpQodlrrig  T]cc[.  .]fiQiovg,  lo  =  Tham-est,  was  ''perfectus  ignis'  bedeute,  und 
A.  I.  Reinach,  Revue  des  etudes  grecques  20  (1907),  entspräche  der  griechischen  Themis -  Hestia  (!). 
93  nr.  121  vermutet  'AcpqodlxT]g  ' I]a.[^a\^Qiovg  [Höfer.] 
(vgl.  auch  Revue  des  et.  gr.  21  [1908],  210);  Tabliope  {Ta^lionri),  Göttin  des  Würfel- 
Mahaffy,  Arch.  f.  Bapyrus forsch,  a.  a.  0.  167  Spieles,  scherzhaft  gebildetes  Wort  mit  An- 
vermutet neben  Aphrodite  die  Erwähnung  eines  spielung  auf  Kalliope,  Falladas  in  Anth.  Fal. 
zweiten    Götternamens:    v.cc[l    'I]fiQEovs,    noch  11,  373.     [Höfer.] 

lieber,  wenn  es  der  Raum  erlaubte,  %a[l  7a-]  TaboB  {Tdßos,  -ov  m.),  Heros  eponymos  der 

^iQSovg;  F.  M.  Meyer,  Klio  Beiträge  zur  alten  Stadt  Tabai  in  Lydien,  Steph.  Byz.  s.  v.  Tdßai, 

Gesch.  G,   535   erkennt  den  Gottesnamen  Pra-  p.  597,  10  Meineke;  nach  andern,  heißt  es  da, 
marres.    Vgl.  auch  TF".  Otto,  Friester  u.  Tempel  20  hätten  von  den  Brüdern  Kibyras  und  Marsyas 

im  hellenistischen  Ägypten  2,   321   (zu  S.  165).  der  eine  die  Stadt  Kibyra  gegründet,   der  an- 

Mariano  San  Nicola,  Ägyptisches  Vereinswesen  dere  Tabai,    und  er  habe  die   Stadt    benannt 

zur  Zeit  der  Ptolemäer  u.  Römer  1,  20  Anm.  3.  ä-nb  tov  inl  Tcergag  OLTisiad-ccL'   räßccv  yäg  tr]v 

[Höfer.]  TcixQCiv  '^'KXXrivsg    sg^rivsvovaLv,    vgl.    o.    Bd.  2 

Tabalenos  (TccßaXrivog).     Eine  Inschrift  aus  Sp.  1182 f.  68  ff.  Sp.  2444,  17 ff.;  wieder  andere 

Tabala   am  Hermos   in  Lydiei^  berichtet   von  sprachen  von  einem  ArgiverTa^rjvos  (s.  d.).   Drei 

der  Weihung  eines  Priesters  an  die  ^Götter  von  Städte   des  Namens  Täßai  sind  unterschieden 

Tabala' :   Aovystvog  IsQsovg  (so !)   dsotg   Taßa-  bei  Steph.  Byz.,  nach  der  lydischen  nennt  er 

Xrivotg  ccvsd^ri-KEv.     Der  Reliefstein  zeigt  einen  die  in  Karlen  und  eine  dritte  in  der  Peraia, 
bärtigen  Mann  (wohl  eher  einen  Gott  als  den  30  die  Alex.  Folyhistor  tc.  I^vglag  {F.  H.  G.  3.  237, 

weihenden  Priester),  eine  stehende  Göttin  und  98)  als  '^gute'   erkläre  {tdcßri  =  Scya^'ri).     Mög- 

Artemis  mit  Köcher  und  Bogen,  daneben  einen  licherweise  kommt  lediglich  die  bekannte  Stadt 

Hirsch,  C.  Cousin,  Kyros  le  Jeune  en  Asie  mi-  Tabai  in  Karlen  in  Betracht,  heute  Davas,  an 

neure  432  nr.  28  (vgl.  p.  236).    Keil  u.  v.  Fre-  der  Grenze  gegen  Phrjgien,    Strab.  12  p.  570, 

merstein,  Bericht  über  eine  zweite  Reise  in  Ly-  und  vielleicht  darf  an  den  Eponymen  Tabos 

dien  {=  Denkschr.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  gedacht  werden  bei  dem  rechtshin  gewendeten 

Wien    philol.-hist.  Klasse  54  [1911],  II)  S.  120  Brustbild  eines  jugendlichen  Heros  mit  Helm, 

zunT.f^'il;  \  gl.  3i\ich  Revue  epigr.  N.  S.  1(19  IZ),  Gewand   am   Hals    und  Speer   an    der    linken 

347.      [Höfer.]  Schulter  auf  der  Vorderseite  von  Bronzemünzen 

Tabenos  {Taßrivog),  ein  Argeier,  Ktistes  und  40  des  karischen  Tabai,  Imhoof- Blumer,  Kleinas. 

Eponymos  von  Tabai,  Steph.  Byz.  s.  v.  Tdßcci.  Münzen    158,    7  u.  7  a.     Zur   Griech.  li.  Rom. 

Vgl.  Tabos.     [Höfer.]  Münzk.  S.  98  (1).     [Otto  Waser.] 

Tabiti  {Taßiti),  skythische  Herd-  und  Feuer-  Tacita  Dea  s.  Dea  Muta  u.  Wissoica,  Fhilol. 

göttin,   der   griechischen  Hestia   entsprechend,  Äbhandl.  für  Martin  Hertz  165  =  Gesammelte 

Herod.  4,  59.  Origenes  adv.  Celsum  6,  39  p.  108,  Abhandl.   zur  römischen   Religion   und   Stadt- 

8  ed.  Koetschau.     Der  Name  ist  gebildet  von  geschichte   140.     Ettore  Fais,  Storia  critica  di 

tap  "^brennen,  leuchten'  mit  erweichter  Tennis,  Roma  1,  448.  S.  Eitrem,  Hermes  und  die  Toten 

K.  Zeuß,  Die  Deutschen  und  die  Nachbarstämme  (Forhandlinger  i  Videnskabs-Selskabet  i  Christi- 

286  und  Anm.  F.  v.  Bohlen,  über  die  Verivandt-  ania  1909,  5)  S.  10  (Anm.  1  zu  S.  9)  18.    Siecke, 
Schaft  zwischen  der  Lithauischen  u.    Sanskrit-  50  Drachenkämpfe  {Mythol.  Bibl.  1,1)  S.  68  Anm.  1. 

spräche  in  Histor.  u.  liter.  Abhandl.  d.  königl.  [Höfer.] 

deutsch.   Gesellschaft  zu   Königsberg   138.    An-  Taciti  (Manes)  s.Manesu.  InferiBd.2  Sp.241. 

quetil    bei    J.    Görres ,     Mythengeschichte     der  Tadenos  (Tor^rjWs),  Beiname  des  ApoUon  auf 

asiatischen  Welt  1,  198  Anm.  K.  Neumann,  Die  einer  thessalischen  {Jmtiov  nsdiov)  Inschrift: 

Hellenen  im  Skythenlande  1,  253  ff.  J.  G.  Cuno,  'AitoXlcovi  Tadrivä){i)  svxccQLßrrJQLov,  I.  G.  9,  1076. 

RoscHBR,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V.  1 


3                        Tadokomeites  Tages                              4 

Solautet  die  Überlieferung;  doch  schreibt  Äem  Hochzeit   Minerve^is    mit    Herkules)    auf  dem 

(z.  d.  St.)  nach  der  Vermutung  von  Hüler  v.  Spiegel  Gerhard  Taf.  CLXV  finden  wollen ;  allein 

Gaertringen  'AnoXXoyvi  FaiitV^  weil  dieser  Bei-  das  ist  abzuweisen,  teils  weil  die  Szene  sachlich 

name  des  Apollou  sich  nach  Filow,  Klio,  Bei-  ganz  verschieden  ist,  teils  weil,  wie  der  Spiegel 

träge  zur  alUn   Gesdtichte  6  (1906),   634   auf  Gerhard  Taf.  CLXXXI  dartut,.  das  betreffende 

einer  thrakischen  Inschrift  (Selenigrad  an  der  Kind  des  hercle  und  der  menrva  den  Namen 

serbischen    Grenze)    findet,    auf  der   Kaiinka,  epiuö  tra^t  (näheres  darüber  siehe  s.  v.  turan). 

Antike  Denkmäler  in  Bulgarien  (<=»  Schriften  Die  etruskische  Form  des  Namens  Tages  findet 

d.  Balkankommission  4)  168  nr.  144:  'AnoXXoavi  sich  nirgends,  da  aber  Ovid  ausdrücklich  sagt: 

Kadgrivd)  gelesen  hatte.   Doch  wird  die  Lesung  lo  Indigenae  dixere  Tagen,  so  werden  wir  hier 

Tadriv6s  empfohlen  durch  zwei  lateinische  In-  wohl   die   latinisierte  Form   des   etruskischen 

Schriften,  von   denen  die   eine  aus  der  Nähe  Namens  vor  uns  haben.    Aber  diese  latinisierte 

von  Sarajevo  stammt:  ApolloniTadeno,  C.J.X.  Form   zeigt   eine  doppelte  Gestalt:    bei   Ovid 

3  Suppl  13868  p.  2266.  Dessau,  Inscr.  Lot.  sei.  haben  wir  den  Akk.  Tagen  und  bei  Serv.  Verg. 

4879,   die  andere  aus  der  Nahe  von  Jamboli  Äen.  1,  2  den  Gen.  Tagae,  bei  Stat  Silv.  5,  2,  1 

(Ostrumelien,  Bez.  Burgas)  und  gleichfalls  Apol-  hingegen  den  Gen.  Tagetis,  und  den  gleichen 

Uni  Tadeno   geweiht   ist,    Bev.  arch.   1911,  2  Stamm  haben   wir  auch  in  Tagetici  libri  und 

p.  213  nr.  17  (aus  BuU.  de  la  soc.  arch.  Bulgare  ebenso    bei    lo.    Lyd.    de  ost.   64    den    Gen. 

1  [1910],  227).  G.  Seure,  Rev.  arch.  a.  a.  0.  438.  Tayrirog.    Diese  längere  Form   scheint  somit 

[Höfer.l  20  die  echtere.     Da  lateinische  Media  im  Etrus- 

Tadokomeites  {Tadoxtoinltrig),  Beiname  des  kischen    zumeist   als   Aspirata   erscheint,    so 

Apollo   auf  einer  Weihinschrift  aus   Kyzikos  würde  die  etruskische  Form  als  ta;tet  anzusetzen 

(jetzt  im  brit.  Mus.)  kcxXriTCiodorog  . . .  knoXlavi  sein.  Eine  Erinnerung  an  ihn  hat  sich  im  Volks- 

TaSoxioinirrj  f^;c^v,  Murray  in  Bevue  archeol.  glauben,   wie    es    scheint,    erhalten.     Leland 

17  (1891),  12  nr.  8  vgl.  19  (1892),  120  Anm.  5.  (Etruscan  Boman  Bemains  96)  berichtet  von 

Bevue  des  etudes  grecques  19  (1906),  316.  Arch.  ihm,  er  heiße  Tago  und  sei  ein  spirito  ham- 

Anzeiger  1891,  132,  XI,  4.    A.  H.  Smith,  A  ca-  Uno,  ^or  appearing  as  a  Utile  hoy\    Von  Le- 

tdlogue  of  sculpture  in  the  Brit.  Mus.  1,  369  /a»rfs  Gewährsmännern  erzählte  dereine:  ^Tago 

nr.  777.     [Höfer.]  is  a  spirit  ivho  is  invoked,  when  ive  see  chil- 

Taedifera.    Taedifera  dea  ist  Bezeichnung  so  dren  suß'ering^  with  an  invocation  ivhith  causes 

der  Demeter  bei   Ov.  Heroid.  2,  42.    Fast.  3,  them  to  recover  their  healf,  während  der  an- 

786.    Über  die  Fackel  als  Attribut  der  Demeter  dere  angab :    Hhere  is  a  spirito   hamhino,  or 

8.  Bd.  2   Sp.  1315,  33  ff.    1366,  2  ff.    1377,  60.  spirit  like   a  hoy,   who  is,   hoicever,   a   ivizard. 

Gruppe,  Gr.  Myth.  1186,  5.     [Höfer.]  His  name  is  Teriegh.    He  comes  up  out  of  the 

Ta^nos  {Tar]v6g\  Beiname  des  Zeus  von  qround,  and predicts  the  future  or  teils  fortunes.^ 
Tavium,  der  Hauptstadt  der  galatischen  Trok-  Dies  letztere  könnte  aussehen  wie  eine  Remi- 
mer,  in  der  Strabo  12,  567  einen  ehernen  Ko-  niszenz  aus  Ovid,  wenn  nicht  der  Name  Te- 
loß  (vgl.  W.  Wroth,  Catal.  of  the  greek  coins  riegh  wäre.  Das  scheint  doch  ein  etr.  tarcet 
Brit.  Mus.  Galatia,  Cappadocia  Introd.  23  f.  zu  sein,  und  da  der  Pflüger  bei  Jo.ii/^^ws  Tarchon 
pl.  5,  12  p.  27;  vgl.  auch  pl.  5,  2.  4  p.  24  f.  40  genannt  wird  und  Strabo  5,  2  p.  211)  nicht 
Head,  Hist.  num.*  749.  Mionnet,  Suppl.  7,  654  den  Tages,  sondern  den  Tdgxav  von  Geburt 
nr.  98)  und  das  Asyl  des  Zeus  erwähnt,  auf  grauhaarig  nennt  Siä  X7]v  i-A  Ttccidav  ovvsölv, 
einer  Inschrift  aus  Ankyra:  cpvXi]  Jibg  Tar]vov,  so  scheint  der  Name  des  Pflegevaters  und  der 
Arch.  Epigr.  Mitt.  aus  Österr.  9  (1886),  117,  72.  des  Sohnes  ein  und  derselbe  zu  sein,  und  es 
Ebenfalls  aus  Ankyra  stammt  die  Weihung :  wird  doch  wohl  [auch  bei  Leland]  alte  Überlie- 
Ji]l  Taoviava  f6;j»jV,  Arch.  Ep.  Mitt.  a.  a.  0.  ferung  vorliegen.  Dann  stände  also  Tages  für 
114,  65.  Zwei  Inschriften,  die  eine  aus  Napoca  Targes,  was  im  Etruskischen  sehr  wohl  mög- 
(Klausenburg),  die  andere  Apulum  (Carlsburg)  lieh  ist  (vgl.  z.  B.  macani  für  marcani  und  ähn- 
sind geweiht:  I(ovi)  0(ptimo)  M(aximo)  Taviano,  liches),  und  somit  hätten  wir  als  echt  etrus- 
C.  I.  L.  3,  860  (=  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4082).  50  kische  Form  ein  tar;^et.  Das  erinnert  lebhaft 
1088;  vgl.  Perrot,  De  Galatia  provincia  Bo-  an  den  TccQxhxiog  (s.  d.),  einen  Albanerkönig, 
mana  161.     [Höfer.]  von  dem  Plutarch  {Bomul.  2)  berichtet,  daß  er 

Tages  I  wird  überliefert  als  der  Name  eines  wegen  eines  am  Herde  erschienenen  Phallus  die 
etruskischen  Götterknaben,  den  (nach  Cic.  de  Orakelgöttin  Tr^d-vg  befragt  habe.  [C.  Pauli.] 
divin.  2,  23  und  Ovid.  met.  15,  553)  tyrrhe-  Einen  gewissen  Einfluß  scheint  die  Tages- 
nische Pflüger  aus  der  ErdschoUe  empor-  sage  auch  auf  die  Pythagoraslegende  ge- 
pflügten. Er  war  ein  Sohn  des  Genius  lovialis,  wonnen  zu  haben,  wofern  nicht  Porph.  V.  Pyth. 
Enkel  des  luppiter  [Festus  s.  v.  Tages]  und  von  10  (p.  21,  21  N.)  nach  Jioyivrig  iv  totg  vtisq 
der  Weisheit  eines  Greises.  Er  verkündete  den  ©ovXriv  äniaroig  geradezu  eine  ihrer  Varianten 
zusammengelaufenen  Landleuten  die  Zukunft  60  aufbewahrt  hat.  Nach  dieser  soll  Mnesarchos, 
und  lehrte  sie  die  Haruspizin  [vgl.  Cens.  de  die  einer  von  den  Tyrrhenern,  welche  Lemnos, 
nat.  4,  13].  Alsdann  starb  er.  Seine  Worte  Imbros  und  Skyros  bewohnen,  auf  seinen  Reisen 
wurden  niedergeschrieben  und  waren  in  den  ein  Kindlein  unter  einer  schönen  und  großen 
Divinationsbüchem  der  Etrusker  enthalten  [C*c.  Weißpappel  gefunden  haben:  iTtiotüvxa  ds 
de  div.  2,  23,  50  und  Macrob.  Sat.  19,  13  über  ^sdaccad-ai  vnriov  slg  tbv  ovgavbv  ccvccßXtTCovta 
Sacra  tagetica;  mehr  bei  Wissowa,  Beligion  und  itQog  rjliov  ccaycccgSa^vurl  zalto)  ato^ccti  ivUvxcc 
Kultus  der  Bömer  470,  3].  Eine  Darstellung  y.dXcciiov  oili-kqov  ■kccI  XsTttov  v.aQ^ä-itBQ  avXov. 
seiner  Geburt  hat  Braun  {Tages  und  die  heilige  Q-ccvyidaavtcx.  ds  xccl  dQOGoa  iy,  tt)?  ?.£v)tr/?  xara- 


5  Tagus  Tainarios  6 

ara^ovarj    d'eaad^isvov    tQEcpö^svov    ccvccXccßi-tv,  thodaimon  liegt  es   nahe,   TaLvdQEi.og  in   ähn- 

^stcxv    TLvä    vo^i^ovrcc   xr]v   xov    ncctSiov    tlvui  lieber  Bedeutung  wie  Tainarios  (h.  d.  nr.  2  und 

yevEßiv.     Dieses  Kind  nannte  Mnesarchos  '^pt-  vgl.    Tainaria)    aufzufassen,    freilich    nicht    in 

ötaloi,'  und  gab  es  seinen  drei  Sühnen :  Euno-  düsterem  verderblichen  Sinne,  sondern  =  %ito- 

stos,TyrrhenosundPythagoraszum(;lespielen.  x^^^'^s^-     [Höfer.] 

—  Der  Lebensbaum,  von  dem  sich  nach  Tainaria  {Taivccgia).  In  einer  der  in  der 
(lieser  Version  das  Tages-Pythagoraskindlein  Art  des  0 indianischen  Ibis  gehaltenen  Ver- 
nährt, der  Pflug,  durch  den  es  von  Tarchon  wünschungen  des  Kuphorion:  i]  xat  vlv  ocpsdcc- 
ausgeackert  wird,  und  der  Phallos,  welcher  volo  xavvaaa^iivr]  icno  tö|ov  ||  TaivuQiri  Xo^iyai, 
am  Herde  des  Tarchetios  (s.  d.)  erscheint,  stehen  lO  yvvaiyimv  i^insXccTeiQcc  \\  "Agre^ig  oiäiveaotv  kaj 
mythologisch  auf  (5iner  Stufe,  wie  dies  für  jedes  taXdojQi  [ntdonoi  (Berliner  Klassikertexte  5,  1, 
der  drei,  hier  in  verschiedenen  Versionen  vor-  69  Vers  10  flF.  =  Euplior.  frgm.  ed.  F.  Schneid- 
kommenden  Glieder  bereits  wiederholt  nach-  tveiler  95  p.  64)  faßt  v.  Wilamoivitz,  Berl.  Klass. 
gewiesen  wurde.  Auch  sind  die  Ackerfurche,  a.a.O.  63  f.  T«£va()/r]  prädikativ  auf :  Artemis, 
die  von  Tarchon  gepfliigt  wird  und  aus  der  die  als  tänarische  (d.  h.  verderbliche,  todbrin- 
Tages  zum  Vorschein  kommt,  die  Jungfrau-  gende)  bei  den  Geburtswehen  der  Weiber  er- 
liche  Pythais-Parthenis,  welche  den  Pytha-  scheint,  möge  den  Verwünschten  mit  ihrem 
goras  gebiert,  und  die  jungfräuliche  Sklavin  Pfeile  erreichen.  Vgl.  aber  auch  P.  Corssen, 
(oder  Tochter;  hier  dürften  zwei  Mythenschich-  Philologus  72  (1918),  462.  Zur  Bedeutung  von 
ten  zusammengeflossen  sein,  siehe  Tarchetios)  20  Tainaria  vgl.  auch  Tainarios  2.  [Höfer.] 
des  Tarchetios  wieder  gleichartige  mythische  Tainarides  (Taivagidrig),  1)  Patronymikon 
Elemente.  Da  hierdurch  außer  der  oben  von  des  von  Morrheus  (s.  d.)  getöteten  Dasyllios, 
C.  Pauli  vermerkten  sprachlichen  Beziehung  Nonn.  Bionys.  30,  188.  —  2)  Bezeichnung  des 
auch  eine  weitgehende  sachliche  Übereinstim-  Hyakinthos,  Ov.  Met.  10,  183  (Ethnikon  =  La- 
mung  zwischen  dem  Albanerkönig  Tarchetios  cedaemonius).     [Höfer.] 

einerseits,  dem  Pflegevater  Tarchon  anderseits  Tainarios  {Taivägto?),  1)  Beiname  des  Po- 
und  dem  gleichnamigen  oder  doch  seinem  seidon,  des  "^Taenarius  deus'  (Propert.  1,  13,  22) 
Namennach  nur  unwesentlich  differenzierten  in  S-pavtü>:  te^svog  no6SLdä)vog[TaLvaQiov]  (Sie- 
Pflegesohne  Tages  nachgewiesen  ist,  welche  helis,  Schubart-  Walz,  Bindorf,  Hitzig-Blümner, 
s.  V.  Tarchetios  auch  noch  in  ihrer  'römischen'  30  Spiro),  Tacvagiov  dh  iTtovoiid^ovoiv^  Paus.  3, 
(Tarquinius)  und  ^korinthischen'  (Periander)  12,5.  Auf  mehreren  Inschriften  wird  ein  Kult- 
Fassung  zu  beleuchten  sein  wird,  dürfte  die  verein  der  TaivdQioi  genannt,  1.  G.  5,  1,  210 
mythologische  Identität  der  drei  genannten  {Le  Bas  2  S.  85  nr.  163  c.  Collitz  4446);  vgl. 
Personen  gesichert  sein.  Auch  Tarchon  ist  Conze  u.  Michaelis,  Annali  33  (1861),  44.  Bur- 
ja  nicht  nur  (wohl  zuerst)  Ackersmann,  son-  sian,  Geogr.  von  Griechenland  2,  125,  1.  Zie- 
dern  ebenfalls  (wohl  hernach;  vgl.  Gordios,  barth,  Bas  g riech.  Vereinswesen  4:2.,  211.  Poland, 
Presmisl  und  in  verblaßter  Form  Cincinnatus)  Gesch.  des  griech.  Vereinsivesens  71  f.  Kolbe  zu 
Begründer  des  etruskischen  Staatswesens,  also  I.  G.  a.  a.  0.  p.  71.  Aus  der  Erwähnung  eines 
König,  wie  Tarchetios.  Da  nach  loh.  Lyd.  6io(pÖQog,  tbv  olv  (fEQcov  in  den  angeführten 
a.  a.  0.  die  tagetischen  Bücher  Wechselreden  40  Inschriften  muß  auf  eine  Prozession  geschlos- 
zwischen  Tages  und  Tarchon  sind,  scheinen  sie  sen  werden,  bei  der  das  Bild  des  Poseidon  ge- 
nach  demselben  dialogiscb-katechetiscben  Prin-  tragen  wurde,  Nilsson,  Griech.  Feste  68.  Zwei- 
zipe  abgefaßt  gewesen  zu  sein,  das  auch  die  felhaft  ist  es,  ob  die  Stelle  bei  Hesych.  Tul- 
Zwiegespräche  zwischen  Tbeuth  (Dboute-Her-  vaQia\g\  naqcc  AaiisdccLiLovioig  eoqtt}  TLoöBidöjvog 
mes;  loh.  Lyd.  bezeichnet  den  Tages  als  ^Q-oviog  v.ui  iv  avx^  TaivaQiccGxai  sich  auf  den  Kult  in 
'EQiifjg)  und  dem  König  Thamun,  dergleichen  Sparta  oder  in  Tainaron  bezieht,  ^^7sson  a.  a.  0. 
schon  Piaton  {Phaedr.  274  C  — 275  A)  kannte,  66.  Wide,  Lakon.  Kulte  31,  2.  Für  die  letz- 
ausgezeichnet haben  muß,  und  das  zuletzt  noch  tere  Annahme  könnte  man  Plut.  Sept.  sap.  conv. 
in  dem  hermetischen  Schriftenkorpus  anklingt.  17  anführen:  slg  Taivccgov  ccnsexaXaivog  ^x  rt- 
[Wolfgang  Schultz.]      50  vcav  xQriayLiov^  xco  IIoOELdcbvi  d^vaiav  ■accl  ^sa- 

Tages  II,    Skythe,  von  Kastor  getötet,   Val.  glav  dridycov.     Der  Tempel  des  Poseidon  von 

Flacc.  Argon.  6,  223.     [Höfer.]  Tainaron  {ovTtl   Tccivagco  &£og,  Ar.  Ach.  509), 

Tagus,    Rutuler,    von   Nisos    getötet,    Verg.  über  den  man  vgl.  Bursian^  Über  das  Vorgebirge 

Aen.  9,  418.     [Höfer.]  Taenaron  in  Abhandl.  d.  philos.-philol.  Klasse 

Tainareios  {TaLvdQSLog).    Eine  Inschrift  aus  d.  K.  Bayer.  Akad.  d.  Wiss.  7,  III  (1855),  777  ff. 

Alexandria  ist  geweiht  @sm  Tcavagalo)  kyaO'a  Berselbe,  Geogr.  v.  Griechenl.  2,  150,  wird  nicht 

8tii[Lovi  %al  ovvvdoig  ^sotg,  Arch.  f.   Papyrus-  nur  auf  Inschriften  (Isgbv  xov  TIoosL^ävog  xov 

forschung  2    (1903)   566   nr.  125.     Botti,   Plan  i%l  TuLvdQco  C.  I.  G.  1335.  Collitz  4593.  4594. 

d'Alexandrie  p.  85.    A.  Schiff,   Festschrift  für  I.  G.  5,  1,  1226.  1227)  erwähnt,  sondern  noch 

0.  Hirschfeld    378    Anm.  5    zu  S.  377.     Wenn  60  häufiger  von  den  Schriftstellern,  Paus.  3,  25,  4. 

Schiff  a.  a.  0.  eine  Identifizierung  des  Agatho-  Strabo  8,  363.    Skylax,  Peripl.  46  {Geogr.  min. 

daimon  mit  Poseidon  erblicken  will,  so  hat  er  1,  41).    Skymn.  518  f.  Pompon.  Mel.  2,  3  (p.  45, 

sich   zu  dieser  Ansicht   durch   das    Epitheton  3  Parthey).   Steph.  Byz.  s.  v.  TaCvagog.   Polyb. 

TccLvagsLog,  das  aber,  wie  es  scheint,  für  Po-  9,  34,  9.     Er  besaß  das  Asylrecht  {Phit.  Pomp. 

seidon  nnr  in  rein  lokaler  Bedeutung  gebraucht  24)  und  spielt  bei  dem  Verrate  des  Pausanias 

wird,  bestimmen  lassen.    Bei  dem  chthonischen  eine  gewisse  Rolle,  Thuk.  1,  133,  1.    Biod.  11, 

{Rohde,  Psyche  1^,  254/55  Anm.  2.    Reitzenstein,  45,  4.  Com.  Nep.  Paus.  4.   Aristodem.  8,  3  {F. 

Göttl.  Gel.  Nachr.  1904,  317  ff.)  Wesen  des  Aga-  H.  G.  5, 11).  Themist.  Ep.l6  (p.  756,  25  Epistologr. 

1* 


7                           Tainarios  Tainaros                            8 

Hercher).   Die  gewaltsame  Wegreißung  der  mit  Stat.  Theh.  1,  96.  2, 43).  Lyk.  Alex.  1106.  Tzete. 

Pausanias   verschworenen   Heloten   Tom   Altar  ad  Lyk.   90.    1106.    Schöl.   Find.  Pyth.  4,   76 

des  Poseidon  anf  Tainaron  und  ihre  Ermor-  (p.  349  J5).  Eust.  ad.  Hom.  Jl.  286,  46.   Rohde, 

düng  (TÄtU-.  1,  128,  1.  Paus.  4,  24,  6.  7,  26,  3.  Psyche  1*,  213,  1.     Vgl.  Tainaros.     [Höfer.] 

Äel.  V.  h.  6,  7.    Suid.  s.  v.    Taivagiov    %an6v,  Talnaros   {Taivagog),   Heros  eponymos    der 

TaivaQOv,&n4axa6s.  Plut.  Proverb.  l,bi.  Apost.  Stadt  Tainaron   in  Lakonien,   Sohn   des  Zeus, 

16,  94;  vgl.   ünger,  Theban.  Parad.  889),  das  Bruder   des    Geraistos  (s.  d.)    sowie    auch   des 

&yog  Taiväpiov,  war  der  Anlaß  zum  Zorn  des  Kalabros  (s.  d.  u.  unter  Kalauros,   vgl.  G.  F. 

Poseidon,  der  sich  in  dem  für  die  Lakedämo-  Unger,  Philol.  37,  1877,  86  f.    S.  Wide,  Lakon. 

nier  so    verhängnisvollen   Erdbeben   äußerte;  lo  Kulte  34  flf.),  mit  welch  letzterm  er  das  Meer 

vgl.    Unger,  Phuologus  41   (1882),   100.     Nach  befuhr,  wobei  er  eine  Gegend  der  Peloponnes 

Schoh  Ar.  Acham.  610:   TccivaQov . . .  ivtai^d-a  in  Beschlag  nahm  und  daselbst  ein  Heiligtum 

dh  ^v  xal  TIoandAvos  isghv  *Aö(paXBiov  (so  auch  des    Poseidon    gründete,    das    sog.    Tainaron, 

Suid.   s.  v.    Tttivccgov).  Toöro  dh  »IntVy  instdi]  Steph.   Byz.    s.    Taivagoe   p.   51)8,    6  ff.     Auch 

xovg  tiXcoras . . .  iv  rm  hga  tov  IloaBiddivog  roO  Geraistos  wird  bezeichnet  als  Sohn  des  Zeus, 

Taivaglov . . .  &v8lXov  Aaxs9atfi6vioL  scheint  es,  femer  als  Eponymos  des  Dorfes  Geraistos  auf 

als  habe  der  Poseidon  Tainarios  auf  Tainaron  Euboia  mit  Poseidonheiligtum,  Steph.  Byz.  s. 

auch  'AöfdXsioi   geheißen,   wie   wir   auch    in  rsQui6r6g  p.   203,    6  ff.,    sodaß   also   an  beide 

Sparta   einen,   aber   mit   dem   dort   verehrten  Brüder  ein  Ort  und  Vorgebirge  gleichen  Na- 

Taivdgiog  nicht  identischen  Poseidon  UacpocXiog  20  mens  sowie   ein  Heiligtum   des  Poseidon  sich 

finden.  Paus.  8,  11,  9.   J.  G.  6,  1,  659  j^.     Die  anschließen.     Demgemäß  wird  statt   Kalabros 

Weihinschriften  von  Tainaron,  dargebracht  TTo-  mit  Unger  a.  0.  Kalauros   einzusetzen   sein, 

hoid&vt  stehen  LG.  a.a.O.  1228  ff.;  vgl.  Wide  der  ^Eponymos   der  trozenischen  Inselvorstadt 

a.  a.  0.  35.  B.  Meister,  Dorer  u.  Achäer  {Sachs.  Kalaureia  oder  Eirene'  (vgl.  Steph.  Byz.  s.  Ka- 

Abhandl  24,  8)  S.  8  u.  Anm.  1.  —  2)  Zur  Er-  XavQsia  p.  347 f.,  25 ff.).     Es  wird  also  der  Po- 

klämng  des  Wesens  des  von  den  Mauren  ver-  seidonkult  von  Tainaron  und  Trozen  eingeführt 

ehrten  Gottes  Mastimas   oder  Mastiman   gibt  sein   aus   Euboia,   aus   Geraistos,    Unger  a.  0. 

Corippus,  lohannis  8,  307 ff.  (=  Monum.  Germ.  Wide  a.  0.  40 ff.;  die  euboiischen  Seeleute,  die 

Histor.  Axtdor.  antiquiss.  3,  2  p.  101  f.)  folgende  auf  ihren    kühnen   Fahrten    so   oft  Kalaureia 

Erläuterung:    Maurorum   hoc   nomine  gentes  i  so  und  Tainaron  umsegelten,  haben  in  dem  Gott 

Taenarium  dixere  lovem,  cui  sanguine  multo]  dieser  Vorgebirge  den  von  ihnen  gefürchteten 

humani  generis  mactatur  victima  pesti.    An  der  Geraistios   erkannt,   haben    auch   dahin   ihren 

zweiten  Stelle,  wo  Mastimas  genannt  wird  (4,  euboiischen  Poseidonkult   verpflanzt,    Nilsson, 

682)  erhält  er  das  Epitheton  'ferus'.  J.  Bartsch,  Griech.  Feste  68  f.  Wiederum,  wie  Kalauros  als 

Die  Berbern  in  der  Dichtung  des  Corippus  in  Sohn   des  Poseidon   galt  {Steph.  Byz.  a.  0.  s. 

Satura  Viadrina  (Breslau  1896)  S.  32,  der  diesen  KaXavgsi-cc)^  wird  auch  Tainaros,  nach  dem  das 

Gott  richtig  als  maurischen  Pluto  deutet  und  Vorgebirge  Lakoniens  den  Namen  hat,  gelegent- 

mit  dem  auf  einer  Inschrift  aus  Anzia  in  Mau-  lieh  als  Sohn  des  Poseidon  bezeichnet,  Schol. 

ria  Caesariensis  erwähnten 'Dis  severus' (C.J.X.  Apoll.  Bhod.  1,  179;    femer   als   des  Ikarios 

8,  9018^)  vergleicht,  verlangt  für  Taenarium:  40  Sohn,  ^nach  welchem  genannt  wird  die  Stadt 

'Tartareum',  da  „das  Vorgebirge  Taenarum,  und  das  Vorgebirge  und  der  Hafen*,  Steph.  Byz. 

auf  dem  neben  dem  Poseidon  Taivdgiog,  dem  s.  Tccivagog   p.  598,    9  ff.     Gruppe,    Gr.  Myth. 

zweifellosen  Hauptzoll  dieser  Stätte,  einst  auch  256,  8;  dazu  vgl.  Pherekydes  F.  H.  G.  1,  93,  88 

Pluto  verehrt  worden  war,   am  wenigsten  ge-  beim  Schol.  Apoll.  Bhod.  1,  102,  wonach  Tai- 

eignet  gewesen  wäre,  eine  unterscheidende  Be-  naros    abstammt   von  Elatos,   dem  Sohn  des 

Zeichnung  für  den  Herrn  des  Schattenreiches  Ikarios  und  der  Erymede  (Erimede?),  der  Toch- 

zu  liefern''.     Aber  die  Bezeichnung  Taenarius  ter  des  Damasikles  (oder  Damasiklos?),   s.  o. 

Juppiter  =  Juppiter  Stygius,  inferus  usw.  ist  unter  Elatos  Bd.  1,  Sp.  1231  f.   Waser  bei  Pauly- 

m.  E.  unanfechtbar.     Wir  haben  Tccivagiu  als  Wissowa  6,  2240  ff.,    25  ff.    Wide  a.  0.  34.  44. 

Beinamen  der  Artemis-Hekate  in  ungefähr  der-  50  Tainaros   persönlich   aufgefaßt   auch  bei  Hör. 

selben  Bedeutung;  Tatvapetos  als  Epiklesis  des  c.  1,  34,  10  f.    {invisi   horrida    Taenari   sedes). 

chthonischen  kyad'og  dalfiav  gehört  wohl,  wenn  Nach  weiterer  Überlieferung  wohnt  der  (Minyer) 

auch    in    abgeschwächtem    Sinne,    gleichfalls  Euphemos  (s.  d.)  am  Tainaron,  wo  auch  sein 

hierher.    Besonders  aber  beweisen  Stellen,  wie  Vater  Poseidon  ein  berühmtes  Heiligtum  be- 

Setiec.  Troad.  402  {Ta^nara  et  aspero  regnum  saß.  Find.  Pyth.  4,  43 ff.  (76  ff.).    Apoll.  Bhod. 

sub  domino  Urnen  et  obsidens  custos  non  facili  1,  179  ff.  Orph.  Arg.  205  {Taivaguhg  E^cpruiog, 

Cerberus   ostio).    Hör.  Od.  1,   34,   10   {Styx   et  cf.  Euphemus  Taenarius    Hyg.  fab.  14   p.  47, 

invisi  horrida  Taenari  sedes).     Verg.  Georg.  4,  2  f.  Seh.).     Theochrestos  {F.  H.  G.  2,  87)   und 

467  {Taenarias  etiam  faules,   alta  ostia  Ditis).,  Akesandros    {F.  H.  G.  4,  286,   6)    beim  Schol. 

daß  Taenara  s.  v.  a.  Unterwelt  bedeutet.    In  60  Apoll.  Bhod.  4,    1750.     Gruppe   a.  0.  157,    3. 

Tainaron  war  ein  bekanntes  Psychopompeion  162,  1.   215.   256,  6.   257  A.  556,  14;  auch  Po- 

und  der  Eingang  zum  Hades,  Plut.  Ser.  num.  seidons  Sohn  Eurypylos,  den  ersten  Landes- 

vind.   17.    Suid.  s.  v.  kgxiXoxog.     Pind.  Pyth.  könig  von  Kyrene,  setzt   Gruppe  S.  256 f.,    14 

4,  44  (79).  Strabo  8,  363.  Arist.  Ban.  187.  Eur.  in  Beziehung  zum  Tainaron.   Und  wieder  nach 

Her.  23.  Apollod.  2,  123,  Pediasm.l2.  Palaeph.  andern    habe    der   Kreter    Tettix  (s.  d,),    mit 

39  (40).  iSc^wZ.  in  Luc.  Catapl.  3  (p.  43, 14  Babe).  einer    Flotte    angerückt,    die    Stadt    Tainaron 

Ov.  Met.  10,  13  (vgl.  Plut.  de  primo  frigido  20).  gegründet    und    sich    daselbst    niedergelassen 

Stat.  Theb.  1,  96.    2,    48  ff.    (vgl.   Lactant.   ad  neben   dem   ipv%ono[ni£lov.,  Plut.  de  sera  num. 


9                              Tainaros  Tainaros                           10 

vinJ.  17  p.  ööOE;  Tettix  war  hier  begraben,  Tainaron  bezeichnet,  wie  der  stammverwandte 
Suid.  8.  AqxUoxos  =  Äüian.  frg.  80  J lercher;  auf  Thera  (wo  Poseidon  ebenfalls  in  einer 
der  Ort  hieß  auch  'iVtriyot,-  sdgavov,  Hesych.  Felsengrotte  verehrt  wurde)  und  der  von  Ky- 
8.  V.  A.  Ficcolomini,  Hermes  18  (1883),  267/70.  rene,  Preller-liohert,  (Jriech.  Myth.  1,  675,  1. 
Wide  a.  O.  34  f.  44  f.  Grujjjye  a.  0.  156,  15.  Dafür,  daß  u.  a.  auch  der  Kult  des  Poseidon 
797,  3.  935,  9,  2;  der  Gesang  der  (dem  Helios  Tainarios  enge  verknüpft  mit  den  Minyern, 
heiligen)  Zikade  (rtTTt^,  o),  meint  Gruppe  S.  191,  führt  man  namentlich  in«  Feld  die  Verbindung 
scheint  an  dem  alten  Heliosheiligtum  zu  Tai-  des  Minyerhelden  Euphemos  mit  Tainaron 
naron  (s.  u.)  als  Orakelzeichen  gegolten  zu  (s.  o.,  auch  Herod.  4,  145.  150  flF,),  vgl.  Maass 
haben.  .  .  Eines  Denkmals  des  Tainaros,  nach  lo  a.  0.  354  f.  Wide  42  ff.;  über  das  tainarische 
dem  das  Vorgebirge  benannt,  zu  Sparta  (Tat-  Heiligtum  als  wichtigstes  Denkmal  der  miny- 
vccQov  ^vf}(icc)  gedenkt  Paus.  3,  14,  2,  vgl.  sehen  Bevölkerung,  wie  es  scheint,  errichtet 
Hitzig -Blümner  z.  St.  (Paus.  1,  784  f.);  Gilbert,  auf  der  Stelle  eines  älteren  Heiligtums  des 
Sind.  z.  altspart.  Gesch.  S.  70  nimmt  an,  das  Helios  (vgl,  Hom.  Hymn.  auf  Apoll.  411  ft"., 
Mnema  habe  westlich  vom  Akropolishügel  ge-  s.  u.)  vgl.  E.  Curtius,  Pelop.  2,  279.  Hitzig- 
legen, ebendort  das  Heiligtum  des  Poseidon  Blümner,  Paus.  1,  868.  Schwer  zu  entscheiden 
Hippokurios.  Zu  Sparta  existierte  gleichfalls  ist,  ob  das  bei  Hesych.  s.  Taivagiag  (wofür 
ein  TsiiEvos  HoGstdibvos  {Tccivccgiov),  Paus.  3,  wohl  zu  lesen  TaLvagta)  bezeugte  lakonische 
12,  b,  dazu  Hitzig-Blümner  1,114:,  seinenRsLXiipt-  Poseidonfest  auf  dem  Tainaron  gefeiert 
kult  aber  hatte  der  Poseidon  Tainarios  doch  20  wurde  oder  bei  der  Filiale  zu  Sparta;  eine 
wohl  auf  dem  Vorgebirg  Tainaron  selbst,  heute  Rolle  spielten  dabei  die  TaLvccgiGrai,  mit  denen 
Kap  Matapan,  Paus.  3,  25,  4  {Hitzig- Blürnner  vielleicht  identisch  sind  die  in  drei  spätem  zu 
z.  St.  1,  867  fiF.),  und  dieser  Kult  wird  häufig  Sparta  gefundenen  Inschriften  {Ann.  d.  Inst. 
erwähnt  bei  den  alten  Autoren,  außer  den  an-  33,  1861,  41  ff.  Le  Bas-Foucart,  Inscr.  de  Pelop. 
geführten  weitere  Zitate  bei  Wide  S.  33  ff.  nr.  163b.  c.  d,  Kolbe,  LG.  5,  1  nr.  210— 212), 
Gruppe  S.  167,  17,  Walther  Kolbe,  Inscr.  Gr.  genannten  TatW^iot,  vgl.  über  das  Fest  TFeZcZ:er, 
5,  1,  p.  229—232,  vgl.  auch  0.  Art.  Poseidon  Gr.  Götterl.  2,  680.  Wide  S.  31,  1.  2.  40. 
von  E.  H.  Meyer  Bd.  3,  Sp.  2840.  Nach  Schol.  Hitzig-Blümner  a.  0.  1,  774.  Mlsson  S.  67  ff. 
Aristoph.  Ach.  510  (=  Suid.  s.  Taivaqov)  führte  (über  die  TaivaQioi  F.  Poland,  Gesch.  d.  gr. 
Poseidon  hier  außer  dem  Beinamen  TccivccQLog  30  Vereinsivesens  S.  71  f.);  zu  diesen  Taivccgia  vgl. 
die  auch  sonst  geläufige  Epiklesis  'Acq)dX£Log,  auch  die  zu  Ehren  des  Poseidon  Geraistios  zu 
wie  wiederum  auch  zu  Sparta  selbst  auf  dem  Geraistos  auf  Euboia  gefeierten  FfpaiöTia, 
Marktplatz  Poseidon  verehrt  ward  als  'Aacpä-  Wide  S.  43.  Nilsson  S.  72  f. ;  dagegen  schweigt 
Uoq^  Paus.  3,  11,  9.  I.  G.  h,  1  nr.  559,  14  f.  die  Überlieferung  von  einem  Poseidonfest  auf 
{Kolbe).  Wieseler,  Gott.  gel.  Nachr.  1874, 153/60.  Kalaureia  . . .  Paus.  3,  25,  4  spricht  von  einem 
Wide  S.  36  ff.  368 ff.  (370).  Hitzig-Blümner,  einer  Grotte  gleichenden  Tempel,  vor  dem 
PaMS.  1,771.  Gruppe  ^.1^1,11.  247,4.  1157,8;  das  Bild  des  Poseidon  stand;  offenbar  ist  der 
zum  Epitheton  Ilovxiog  für  den  Poseidon  am  Text  an  dieser  Stelle  verderbt:  ^ein  Tempel  in 
Tainaron  bei  Eupolis  frg.  140  Kock  {Wide^.  34  Form  einer  Grotte  ist  etwas  Unerhörtes  und 
0.  Bd.  3,  Sp.  2840,  53  f.),  vgl.  Wide  S.  47.  Und  40  allen  Prinzipien  des  griechischen  Tempelbaues 
wie  der  Tempel  von  Kalaureia  berühmt  war  geradezu  Widersprechendes',  vgl.  K.  Bursian, 
durch  sein  Asylrecht,  das  noch  von  De-  Über  das  Vorgebirg  Taenaron,  Abh.  d.  philos.- 
mosthenes  in  Anspruch  genommen  ward,  so  philol.  Gl.  d.  Kgl.  Bayer.  Akad.  der  Wiss. 
kommt  nicht  selten  in  der  spartanischen  Ge-  (München  1855)  7,  778  f.  (vgl.  auch  dess.  Geogr. 
schichte  auch  das  tainarische  Heiligtum  vor  Griechenl.  2,  150).  Hitzig-Blümner,  Paus.  1, 
als  Zufluchtsstätte  für  Bedrängte,  zumal  be-  868.  Dagegen  bleibt  außer  Zweifel  das  Vor- 
drängte Heloten,  vgl.  Thuk.  1,  128.  Aristoph.  handensein  einer  Grotte,  deren  Pausamas  gleich 
Ach.  510  mit  Schol.  {Suid.  s.  Taivaqov).  Paus.  im  folgenden  wieder  gedenkt,  die  auch  sonst 
4,  24,  5  f.  7,  25,  3.  Ailian.  var.  hist.  6,  7.  Suid.  öfters  erwähnt  wird  (z.  B.  Strab.  8  p.  363)  und 
s.  aniönaos,  vgl.  auch  Thuk.  1,  133  und  dazu  50  in  Kult  und  Sage  ihre  gewichtige  Rolle  spielt; 
Diod.  Sic.  11,  45,  4.  Nepos  Paus.  4,  4.  Plut.  vor  der  Grotte  aber  stand  das  Kultbild  des 
Agis  16  usw.  Wide  S.  35.  42.  47,  2.  o.  Bd.  3,  Poseidon.  Somit  ist  auch  der  Poseidon  Tai- 
Sp.  2833,  35  ff.  Wie  überhaupt  die  lakonischen  narios  beizuzählen  den  ^Höhlengöttern'  (vgl, 
Poseidondienste  alle  in  den  vordorischen  i^oMß;,  Psi/c/^e*  1,  111  ff.),  für  die  sich  gelegent- 
Zeiten  wurzeln  {Wide  S.  47),  gilt  auch  der  lieh  bei  Pausanias  (10,  32,  4)  die  Bezeichnung 
Kult  auf  Tainaron,  was  besonders  die  in  den  STtriXaCtaL  findet,  deren  Verehrung  nach  Wide 
ältesten  Inschriften  begegnende  Namensform  40  f.  (228)  eins  der  ältesten  Stadien  der  reli- 
Hooldizv  bestätigt,  für  vordorisch  {E.  Maass,  giösen  Entwicklung  der  Hellenen  repräsentiert 
Gott.  gel.  Anz.  1890,  354.  Gruppe  S.  1152  A)  (^der  hellenische  Götterkult  scheint  in  einer 
und  mit  dem  arkadischen  Kult  verwandt,  60  entfernten  Zeit  an  Höhlen  geknüpft  zu  sein, 
vgl.  Wide  S.  44.  Nilsson  S.  68,  1,  vgl.  z.  B.  die  und  davon  existierten  noch  in  historischer  Zeit 
Weihung  zweier  Sklaven  an  den  Poseidon  von  mehrere  Spuren',  Belege  bei  Wide  a,  0.,  für 
Tainaron  (nOHOIAANI  =  Hooldavi  =  Hocoi-  Poseidon  vgl.  auch  0.  Bd.  3,  Sp.  2833,  25  ff,), 
SavL),  P.  Foucart,  Bull,  de  corr.  hell.  3  (1879),  Zumeist  war  solcher  Kult,  wie  dies  in  der 
96  ff.  Eoehl,  Inscr.  Gr.  antiquiss.  83.  84  (?).  Natur  der  Sache  begründet  scheint,  ein  chtho- 
86.  88.  Kolbe,  I.  G.  5,  1  nr.  241.  1228—1232.  nischer,  und  in  gewissen  Fällen  ist  daselbst 
Wide  S.  35  usw.  Zugleich  auch  als  miny-  auch  chthonische  M antik  nachweisbar.  So 
sehen  Ursprungs  wird  der  Poseidondienst  von  am  Tainaron;  schon  Welcker,  Gr.  Götterl.  2,  685 


11                         Tainaros  Tainaros                          12 

hat  hier  ein  poseidonisches   Orakel  yermutet  femer  za  Herakleia  am  Pontos  in  Bithjnien, 

(über  Poseidon  alB  Orakelgott  0.  Bd.  8,  Sp.  2829,  im  Land  der  Mariandynen,    Xenoph.  Anab.  6, 

SOflF.).     Auf  chthoniache   Mantik   deutet,   was  2,  2.     Herodor.  {F.  H.  G.  2,  35,  26)  b.  Schol. 

Paus.  8,  26,  8    erzählt   von   der  wunderbaren  Ap.  Hhod.  2,  364.    Pomp.  Mela  1,  108  (19,  7) 

Quelle   auf  Tainaron,   die   in   frühem    Zeiten  p.  28, 15  flf.  PartÄcy.  Sc/joM)ton.Peri«<7.  791  usw. 

denjenigen,   die   in  ihr  Wasser  schauten,   den  Immisch  in  diesem  Lex.  Bd.  2,  Sp.  1123if.,  53if. 

Anblick  der  Häfen  und  der  (darin  liegenden)  Gruppe  a.  0.     Auch    Theseus    und    Peirithoos 

Schiffe  gewährte,  vgl.  J^Mrsfan,For5rc5.T.S.  774 f.  seien   beim  Tainaron  hinabgestiegen,   um  die 

Welcker  a.  0.  686  f.  Wide  S.  41.  Hitzig-Blüm-  von  Peirithoos  geliebte  Köre  zu  holen,   Apoll. 

ner,  Paus.  1,  870.  o.  Bd.  3,  Sp.  2829,  41  ff.  2840,  lo  Bhod.  1,  101  ff.  (mit  Schol).  Hyg.  f.  79  p.  81, 

41  ff.;    merkwürdiger   noch   war    jene    andere  1  Seh.  Gruppe  S.  401,  6;  auch  Orpheus  scheint 

Quelle  bei  Kyaneai  in  Lykien,   die   den,   der  am  Tainaron  lokalisiert,  vgl.  Gruppe  o.  Bd.  3, 

hineinschaute,    alles   sehen   ließ,    was   er   nur  Sp.  1100,  25 ff.  Gr.  Myth.  157,  7.  167,  13.  216; 

wünschte,  Paus.  7,  21,  13.  Auf  die  chthonische  hier   erfolgte    sein    Abstieg   in    die  Unterwelt 

Bedeutung    des    tainarischen    Poseidonkultes  nach  Verg.  georg.  4,  466  (mit  Prob.).  Ovid.  met. 

weist  vor  allem  die  Notiz  des  Plutarch  {de  sera  10,  18.  Sen.  Herc.  Oet.  1061.  Mydx.  vat.  2,  44, 

num.vind.  17  p.  660 E,  wozu  Suid.  B.*AQxÜioxog  sein  Aufstieg,  Sen.  Herc.  f.  687-  auch  Psyche 

=  Ailian.  frg.  80  Hercher),  daß  sich  am  Tai-  geht  beim  Tainaron  in  die  Unterwelt  ein,  Apul. 

naron  ein  '^vxoTtoyLnslov  befunden  habe;    man  met.  6,  18.  20.     Ungenau  ist  für  die  Styx  die 

dachte  sich  hier,  an  dem  verrufenen  Kap,  viel-  20  Gegend  des  Tainaron  angegeben,  weil  hier  die 

leicht   der   vielen   Schiffbrüche   wegen,   einen  Unterweltspforte,  bei  Plut.  de  primo  frigido  20, 

Eingang  zur  Unterwelt,  Pind.  Pyth.  A.,  43f.  s.  0.  Bd.  4,  Sp.  1572,  20ff.;    bei  Hör.  c.  1,   34, 

{X^6viov  Aida  axoyiit).  Aristoph.  Ran.  l^l.  Schol.  10  f.  (s.o.)   ist   Taenarus   geradezu   persönlich 

Aristoph.  Ach.  510.  Menandr.  frg.  842  {Kock  3,  gefaßt  als  die  beim  Tainaron  waltende  Gott- 

226)  b.  Schal.  Pind.  a.  0.  Teetz.  Lyk.  90.  Stat.  heit  der  Unterwelt,  und  die  Unterwelt  ist  offen- 

iheh.  2,  82  ff.  48  f.    Apul.  met.  6,  18  {spiracu-  bar  gemeint  mit  Taenara  bei  Sen.  Troad.  407. 

lum  Ditis,  vgl.  Solin.  7,  6  p.  61,  18  Mommsen)  Claud.Sb.ZOl.  Für  anderweitige  Hadeseingänge, 

und  20,  usw.,   den   Hadeseingang,   durch   den  rpvxoTto^insZa,  IJXovrmvLa,  Xccgoivsia  vgl.  PreUer- 

zumal  Herakles  den  Kerberos  aus  der  Unter-  JRobert,    Gr.  Myth.  1,   811.    Rohde,  Psyche"*  1, 

weit  heraufgeholt,  vgl.  Soph.  'HgaxXfig  inl  Tai-  30  212  ff.   Wide  S.  245.   Waser  a.  0.  61  ff.    Gruppe 

vago)  {öarvQniog)  F.  T.  G.Nauck*  p.  178.  Evrip.  S.  809,  1.  815  f.  Beim  Heiligtum  auf  Tainaron 

Herakles  23  ff.  Sen.  Herc.  f.  813.  Strdb.  8  p.  363.  ist  ein  Fund  gemacht  worden  von  60—70  Bron- 

Pau8.  3,  25,  5  {Hiizig-Blümner  z.  St.  1,  868).  zestatuetten ,    Pferde    und    Stiere    darstellend, 

Apollod.  2,  123  und  lo.  Pedias.  12  (30)  p.  258,  Votivbronzen    {Henzen,   Bull.  d.  Inst.  1857, 

21  f.  Wagner.   PoZaipÄ.  39  (40)  p.  59,  9  ed.  Fes^a.  156.  R.  Weil,  Ath.  Mitt.  1,  1876,  159.  Nilsson 

Schol.  Dion.  Perieg.  791.     G.  Ettig,  Acherun-  S.  68),  und  ein  Weihgeschenk  dieser  Art   war 

tica,  Lpz.  Stud.  13,  397;  am  Tainaron  scheint  wohl   auch   die   kleine  Erzgruppe   des   Arion 

man  von  einer  furchtbaren  Schlange  als  Hüterin  auf  dem   Delphin,   von   der  uns   die   Autoren 

des  Unterweltseinganges  an  des  Kerberos  Statt  berichten  (s.  u.),  Bursian,  Geogr.  Griechenl.  2, 

gefabelt  zu  haben,    nach  Hekataios  von  Milet  io  151,  1.  Hitzig-Blümner,  Paus.  1,  868 f.  0.  Bd.  3, 

bei    Paus.  a.  0.,    s.  0.  Bd.  2,    Sp.  1133,    10  ff.  Sp.  2840,  43  ff.  52  f.  Beim  Tainaron  soll  ja  der 

Gruppe  S,  408,  5,  410;    hinwiederum  erzählen  Kitharode   Arion    von    Methymna    auf    einem 

noch  heute  die  Mainoten  von   dem  schwarzen  Delphin   gelandet  haben   (Hauptzeugnis  dafür 

Hund,  der  aus  Tainaron  aufsteigt,  Rodd,  Ctist.  Herod.  1,  23  f.,  übersetzt  bei  Gellius  N.  A.  16, 

and  lore  202.  Gruppe  804,  7.   Tainaron  gilt  in  19.  Fronto  p.  237  Naber-,  auf  Herodot  berafen 

der  Überliefemng  vorzüglich   als  Ort  des  Ab-  sich    Strab.  13    p.  618.     Paus.  3,    25,    7,    ihm 

stiegs  (vgl.  auch  Schol.  Arist.  Ach.  510.  T.  iv  schließt    sich    an    Ps.  Dion  Chrysost.  or.   37 

m  ctöiiLOv  riv  yiardyov  stg  "'AiSov)^  wogegen  für  p.  455  M.,    ferner  vgl.  Plut.  Sept.  sap.  conviv. 

äen  Aufstieg  verschiedene  andere  Örtlichkeiten  17  f.  p.  160.    Ailian.  nat.  an.  12,  45.    Lukian. 

in  Betracht  kamen,  so  {n&chWilamowitz ,  Eurip.  50  dial.  mar.  8.    Ovid.  fast.  2,  83  ff.    Hyg.  f.  194 

Herakles^   [1909]    S.  347    das   ursprünglichste  p.  124  f.,  11  ff.  Seh.  Plin.  n.  h.  9,  28.  Solin.  7,  6 

Lokal)  der  chthonische  Bezirk  von  Hermion(e),  p.  61f.,    19  ff.     Momms.  Serv.  Verg.  ed.  8,   55. 

von   wo    der  Weg   zum    Hades    so    kurz,    daß  Myth.  vat.  2,  172  etc.),   hier    das    schon    von 

selbst   das  vavXov   für   die   Toten   überflüssig  Herodot   erwähnte    und    auf  Arion    bezogene 

{Strab.  8    p.  373.     Eustath.  z.  IL    p.  286,    45.  Denkmal  des  Delphinreiters,   ein  Scvad^riua 

Orph.    Arg.    1139    [1144].     Rohde,   Psyche^  1,  xdXxsov  oi)  (liycc,   dazu    Paus.  a.  0.  Ps.  Dion 

214,  3.   Waser,   Charon  S.  32  f.)    und  wo  auch  Chrysost.  a.  0.  (als   ein   von   Arion   selbst  ge- 

der  Raub  der  Persephone  lokalisiert  ist  (J.po?Zoc?.  weihtes   /xtjtrjfta  ;uaHot5r  ov  iitya  bezeichnet). 

1,  29  TT.),    vgl.  Eurip.  Herakles  615.    Paus.  2,  Ailian  a.  0.,  wo  auch  das  Distichon  mitgeteilt 

35,  10  {Hitzig-Blümner  z.  St.  1,   649);    ferner  60  wird,  das  auf  dem  Bildwerk  stand  usw.  VoU- 

Trozen,    Paus.  2,  31,   2  {H-Bl.  z.  St.  1,  631).  ständigster  Überblick  über   die  Überlieferung 

Apollod.  2,  126  u.  Pedias.  12  (32)  p.  259,  6 f. TT.;  bei    Karl   Klement,    Arion,  Wien   1898    (dazu 

femer  soll  Herakles  nach  Aussage  der  Boioter  v.Wilamowitz,  D.  Lit.-Ztg.  19,  1898,  1875/77) 

am    Berg    Laphystion    mit    dem    Höllenhund  S.  4—15,  vgl.  auch  Crusiu^  bei  Pauly-Wissowa 

heraufgestiegen   sein,    es    stand    da    auch    ein  s.  v.  2,  836  ff.,  17  ff.,  außerdem  zur  Sage  K.  0. 

Bild  des  Herakles  mit  Beinamen  Xagorp,  Paus.  Müller,  Dorier  2',  369,  3  {Lit.-Gesch.*  1,  343). 

9,  34,  5  {H.-Bl.  z.  St.  3,  498).  Waser  a.  0.  15.  Welcker,  Kl.  Sehr.  1,  89  ff.  Lehrs,  Pop.  Aufs.^ 

Wilamowitz  a.  0.  34  f.,    67.    Gruppe  469  f.,   6;  385  ff.  usw.    Es  liegt  wohl  auf  der  Hand,  daß 


13 


Taiuaros 


Talaionides 


14 


die  Lokalisierung  des  Sängers  Arion  am  'J'ai- 
naron  (inschriftliche  Belege  für  das  Vorkommen 
des  Namens  Arion  auf  der  Tainaron-Halbinsel 
und  in  deren  Umgebung  im  IJand  der  lakon. 
und  messen.  Inschriften,  besorgt  von  W.  Kolbe, 

1.  G.  5,  1,  vgl.  Ind.  p.  317)  in  Zusammen- 
hang steht  mit  dem  Kult  des  Apollon-Helios, 
der  neben  oder  schon  vor  Poseidon  der  Haupt- 
gott war  am  Tainaron,  vgl.  Hom.  Hiimn.  auf 
d.  {pyth.)  Ap.  411  ff.  bzw.  v.  233  ff.,  s.'o.  Bd.  1, 
Sp.  2025,  53  ff.  4,  Sp.  1028,  44  ff.  (am  Tainaron 
weideten  des  Helios  dichtwollige  Schafe);  Po- 
seidon habe  von  der  Leto  Kalaureia  gegen 
Delos,  von  Apoll  aber  Tainaron  gegen  Pytho 
(=  Delphi)  eingetauscht,  Strab.  8  p.  373  f.  Paus. 

2,  33,  2  (und  dazu  Hitzig -Bliimyier  1,  G39),  wo 
beidemal  (nach  Strahon  aus  Eplioros)  auch  ein 
darauf  bezüglicher  Orakelspruch  mitgeteilt  wird, 
vgl.  Boeckh,  Kl.  Schriften  5,  201  A  ,  für  ApoUon 
am  Tainaron  auch  Wide  S.  72.  88  f.  Die  Sage 
nun  vom  Sänger  Arion  '  dürfte  (soweit  nicht 
eine  historische,  literargeschichtliche  Persön- 
lichkeit dahinter  steckt)  sich  beispielsweise  aus 
einem  Kultbild  herausgesponnen  haben,  das 
den  Gott,  den  Apollon  Delphinios,  auf 
einem  Delphin  reitend  darstellte  {Gruppe,  Gr. 
M.  167),  Arion  dürfte  'eine  dem  Phalanthos 
und  Apollon  Delphinios  ähnliche  Sagengestalt' 
sein  {Wide  S.  89),  eine  Parallelbildung  zu  Pha- 
lanthos (s.  d.),  der  in  der  ursprünglichen 
Überlieferung,  d.h.  vor  'Taras  dem  Sohne 
des  Poseidon'  der  Delphinreitei-  Tarents  ge- 
wesen ist  {Usener,  Sintflutsagen  S.  158),  der  mit 
der  Leier  in  der  Hand  auf  einem  Delphin  übers 
Meer  fährt  und  in  welchem  E.  Maass,  De  Le- 
naeo  etDelphinio  comm.  {Ind.  Gryphisiu.  1891/92) 
S.  19  f.  den  Apollon  Delphinios  erblickt  (über 
diesen  schon  eine  Abhandlung  von  L.  Preller, 
Aus  d.  Verli.  d.  k.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  zu  Lpz., 
philol.-hist.  Cl.  6  [1854],  140  ff.  in  d.  'Ausgeiv. 
Aufs.'  hg.  von  Eeinh.  Köhler  1864  S.  244 ff.); 
über  den  Delphinreiter  zumal  Usener  a.  0.  138  ff., 
am  Tainaron  S.  141.  150  f.,  auch  v.  Wilamowitz, 
N.  Jahrb.  f  d.  klass.  A.  29  (1912),  469 f.,  2. 
Und  mit  dem  Kult  des  Apollon  Delphinios 
(Pythios)  mochte  ursprünglich  auch  in  Verbin- 
dung stehen  die  tainarische  Sühnungsanstalt, 
die  von  dem  Kreter  Tettix  (e.  o.)  gegründet 
sein  sollte  {Plut.  a.  0.  Suid.  s.  'ÄQ%iX.),  vgl. 
Müller,  Borier  l^  230.  Wide  S.  89.  Anderseits 
wieder  hat  man  Phalanthos  den  Delphinreiter 
zurückführen  wollen  auf  Poseidon,  den 'sacer 
eustos  Tarenti'  (Hör.  c.  1,  28,  29),  vgl.  Boehle, 
Gesch.  Tarents  {Progr.  d.  Straßb.  Lyc.  1877). 
Studniczka,  Kyrene  175 ff.  (184),  o.  Bd.  3,  Sp.  2239, 
23  ff.  2240,  16  ff.,  und  auch  mit  Poseidon  hat 
man  die  Gestalt  des  Arion  in  nahe  Beziehun- 
gen gebracht:  so  sucht  Klement  a.  0.  S.  46 
nachzuweisen,  daß  auf  Tainaron  ein  Meergott 
Arion  verehrt  ward,  der  dann  zum  Heros  herab- 
sank und  später  ausgeglichen  wurde  mit  dem 
Dichter.  Wohl  mit  Recht  bemerkt  dazu  Gruppe 
S.  1141,  2:  'In  Wahrheit  sind  auf  Arion  Züge 
der  beiden  nahe  verwandten  Götter  von  Tai- 
naron, Apollon  und  Poseidon  übergegangen...' 
In  der  mythischen  Gestalt  des  Arion  (ein 
Dichter  dieses  Namens  aus  Methymna  wird  ja 
wirklich  gelebt  haben,  vgl.  z.  B.  v.  Wilamowitz, 


D.L.Z.  19  [1898],  1876)  begegnen  sich,  wie  im 
Apollon  Delphinios,  die  beiden  Götter  Apollon 
und  Poseidon,  wie  sich,  nach  Gruppe  S.  256  f., 

14,  auch  in  der  Person  des  Poseidonsohnes  Eu- 
rypylos  wie  in  einem  Brennpunkt  die  ver- 
schiedenen am  Tainaron  lebendigen  Vorstellun- 
gen sammeln:  Beziehungen  zu  Poseidon-  und 
Helioskult  und  tainarischem  Hadeseingang; 
wiederum  wurden  wahrscheinlich  auch  zu  Ta- 

10  reut  die  Götter  von  Tainaron,  Poseidon  und 
Apollon  Delphinios,  an  einem  Hadeseingang 
verehrt,  Gruppe  S.  374,  und  auch  Aithra,  des 
Phalanthos  Gemahlin  {Paus.  10,  10,  8),  wird 
als  zugehörig  bezeichnet  zum  Helios-  und  Po- 
seidonkreis von  Tainaron,  Gruppe  (266,  11) 
546,  2  (1227,  2).  —  Die  mannigfachen  Beziehun- 
gen von  Tainaron  spiegeln  sich  im  vielseitigen 
Gebrauch  des  Adjektivs  TaivÜQiog  bzw.  Tae- 
narius.  Nicht  bloß  Poseidon  heißt  T.,  Paus.  3, 

20  12,  5.  I.  G.  5,  1  nr.  1226  f.  Schol.  Aristoph. 
Ach.  510.  Prop.  1,  13,  22,  sondern  auch  Pluton, 
Coripp.  loh.  7,  308  (Taenarius  luppiter),  und 
in  den  meisten  Fällen  drückt  das  Adj.  Tae- 
narius, zumal  bei  römischen  Dichtern,  die  Zu- 
gehörigkeit zur  Unterwelt  aus  =  inferus,  iu- 
fernus,  etwa  wie  Stygius  (s.  d.  und  unt.  Styx), 
vgl.  Verg.  georg.  4,  467  (fauces).  Ovid.  met.  10, 
13  und  Stat.  Theb.  1,  96  (porta).  Ov.  fast.  4, 
612  (vallis),    ferner  Stat.  Theb.  4,  214.   6,  508 

30  (und  dazu  Claud.  33,  2).  7,  659,  vgl.  auch  Tae- 
nara  (soviel  wie  Unterwelt)  Sen.  Troad.  407. 
Claud.  35,  307.  Häufig  Taenarius  =  lakedai- 
monisch,  spartanisch,  so  Ov.  met.  2,  247.  epist. 

15,  274,  besonders  für  Helena,  Ov.  her.  13,  45 
(Taenaria  marita).  8,  72  (Taenaris  soror),  auch 
bloß  Taenaris  8,  73,  vgl.  auch  Priapea  68,  9 
(Taenarius  cunnus),  Taenaris  auch  noch  Ov. 
epist.  15,  30.  16,  6,  die  Maskulinbildung  dazu 
Taenarides   für  Hyakinthos,    Ov.  met.  10,   183, 

40  ebenso  Tccivagidrig  bei  Nonn.  Dion.  30,  188 
für  den  Amyklaier  Dasyllios  (der  damit  also 
nicht  als  Sohn  eines  Tainaros  bezeichnet  wird, 
wie  0.  Bd.  1  Sp.  964,  22,  in  diesem  Bd.  Sp.  6, 
20  f.  und  bei  Pauly-Wissowa  4,  2224,  45  an- 
genommen ist);  endlich  spricht  z.  B.  Prop.  4, 
1,  49  von  Taenariae  columnae,  vgl.  auch  Tib. 
3,  3, 14,  weil  das  Tainaron  auch  seines  schwar- 
zen Marmors  wegen  Ruhm  hatte,  vgl.  Strab.  8 
p.  367.   Plin.  nat.  hist.  1,  36,  29.    36,  135.  158. 

50  Bursian,  Üb.  d.  Vorg.  T.  782  f.  789  ff.  Geogr. 
Griech.  2,  106.     [Otto  Waser.] 

Talaimenes  {TccXca^Evrig),  Vater  des  Antiphos 
(s.  d.  nr.  3)  und  des  Mesthles  (s.  d.),  Hom.  II 2,  864. 
Apollod.  Epit.  3,  35.  p.  200  Wagner.  Über  den 
Namen  seiner  Gattin  s.  Bd.  1  Sp.  385,  25  ff.  Wag- 
ner bei  Pauly-Wissowa  1,  2530,  55 ff.  [Höfer.] 
Talaionides  {TaluCovidri?),  Patronymikon 
1)  des  Mekisteus  (s.  d.),  Hom.  II.  2,  566  (= 
Certam.  Hom.  et  Hesiodi  286.     Preger,  Inscr. 

60  Gr.  7netr.  149  p.  118).  23,  678.  —  2)  des  Adra- 
stos,  Pind.  Ol.  6,  15  (24).  Stat.  Theb.  2,  141. 
5,  18.  Lactant.  Plac.  zu  Stat.  a.  a.  0.  5,  18. 
Über  die  Bildung  des  Patronymikons  von  Ta- 
Xccog  (s.  d.)  vgl.  Schol.  Yen.  B.  Hom.  II.  2,  566 
(vgl.  Eust.  ad.  Hom.  IL  288,  18  und  Schol.  rec. 
Pind.  Ol.  6,  24):  ccno  tov  Toclatcov  iötlv  r}  xU- 
Ois'  r)  xatu  nXsovaGfiov  ian  tov  ovi,  und  dazu 
Lobeck,  Pathol.  sermon.  Gr.  Prolegomena  145  f. 


15                          Talantia  Talassio                          16 

Pathoh  Gr.  sertnan.  Element a  1,  484.     Usener,  Ah  Urenkel   des  Kretheus  heißt  er  auch 

GöUemamen  26.     V^l.  Talaos.     [Höfer.]  bei  Paus.  (8,  26,  9)  Äprj^-rjiadrjs.  Er  ragt  wenig 

Talaios  b.  Tallaios  und  Taloa.  in  der  Heldensage  hervor;  durch  seine  Heirat 

Talantia  {TaXuvxia).  Aus  dem  durch  Hesych.  mit  einer  Sekyonierin  stellt  er  ein  Bindeglied 

B.  V.  'Eoriaia.  Schol.  D  Hom.  II.  2,  637  (p.  83  b  zwischen    den    sekyonischen    und    argivischen 

27  Bekker)  bezeugten  ältesten  Namen  TccXav-  Sagen  und  Genealogien  dar.    Bekannt  ist  er 

Twt  für  Hestiaia  auf  Euboia(^ vgl.  JSttrstan,  Geoar.  eigentlich  nur  durch  seine  Söhne,  abgesehen 

von  Griechenl.  2,  407,  1)  schließt  Gruppe,  Gr.  davon,   daß  er  mit  unter  den  Argonauten  Er- 

Myth.  1402,  9,    daß   die  Göttin  Hestia   einst  wahnung  gefunden  hat  (Apoll.  Rhod.  1,  118  f. 

Tochter  des  Atlas  {TalccvxLa  «=  'AxaXavxltt)  ge-  lo  vgl.  Gruppe  S.  660.  A.  6)  neben  seinen  Brüdern 

heißen  habe.     [Höfer.]  Leodokos  und  Areios.     Betont  wird  von  ihm 

Talaos  (TaXarap,  TccXaos),  Herrscher  von  Ar-  zur   Vergleichung    mit    seinem    berühmtesten 

gos,  Sohn  des  Bias  und  der  Pero  {Paus.  2,  21,  Sohne  Adrastos,  daß  er  wie  dieser  durch  Herr- 

2.    ApoUod.  1,  9,  12;  18.   Heyne  ad  Apollod.  1,  schertugenden   glänzte  {Pindar,  Nem.  10,  12), 

9,  13.    Pindar,  Nem.  9,  14),  Bruder  des  Areios  durch  HeJdentugend  sich  aber  weniger  hervor- 

(Aretos)  und  Leodokos  (Apoll.  Rhod.  1,  118  f.  tat.     Sein  Grab  zeigte  man  in  Argos  auf  dem 

Orph.  Arg.  146.    Tzetz.  Lyk.  176.   Schol.  Apoll.  Markte  gegenüber  dem  Grabmal   der  Hyper- 

Rhod.  p.  686  KeH)y  oder  Bruder  des  Perialkes  mnestra  und  des  Lynkeus  (Paus.  2,  21,  2).  Vgl. 

und  der  (Alkesiboia)  Alphesiboia  (Pherekyd.  fr.  Talaionides.    [Buslepp.] 

76.    Schol.  Od.  11,  287.    Eustath.  p.  1686,  40;  20      T&\a»  (laXag).   1)  Iji  dem  astrologischen  Text 

46.   Schol.  Theokrit.  3,  46;  dagegen  wird  Peri-  des  Teukros  bei  Fr.  Ball,  Sphaera  19,  9  heißt 

alkes  Schol.  H.  2,  665    als  Vater   des  Talaos  es  beim  Sternbild  des  Schützen:  &s6g  tig  xa- 

bezeichnet),  Bruder  der  Anaxibia  (Apollod.  1,  rwKicpaXcc  ocsifisvog,  ^uXetrui  dh  TdXag,  xal  xd- 

9,  10),    Gemahl    der   Lysimache,    der  Tochter  qcc^  ^ccvsl  a^rov  r^g  xetpaXfjg,  in  dem  Exzerpt 

des  Königs  Abas,  der  Enkelin  seines  Oheims  des  Antiochos  bei   Boll  57,  9;    TaXog  (TäXagy 

MelampuB  (Apollod.  1,  9,  13.    Patts.  1,  43,  6),  BolT)  gintav  Xi%-ov.   Während  der  letztere  sich 

oder  der  Lysianassa,  der  Tochter  des  Königs  wohl  durch  den  kretischen  Talos  erklärt,  bleibt 

Polybos  von  Sekyon  (Paus.  2,  6,  6.   Schol.  Pin-  der   TdXug   des  Teukros  unklar,    Boll  a.  a.  0. 

dar,  Nem.  9,  30  nach  Menaichmos  von  Sekyon),  278  ff.  —  2)  Vgl.  auch  Talassio  a.  E.     [Höfer.] 

oder  der  Lysimache,  der  Tochter  des  Kerkyon  so  Talassio.  Wenn  die  Braut  über  die  Schwelle 

{Sdiol.  Eur.  Phoen.  160;  160.   Antimach.  fr.  34  des   Hauses   ihres   künftigen   Gatten    gehoben 

K.),  oder  der  Ljaippe  (Schol.  Plat  PoUt.  p.  419  wurde,  ertönte  bei  den  Römern  der  Ruf  Ta- 

Bekk.\  oder  der  Eurynome,  der  Tochter  des  lassio,  damit  es  nicht  schiene,  als  ob  sie  frei- 

Königs  Iphitos  (Hygin.  fdb.  69;   70).     Femer  willig    ihre    Jungfräulichkeit    preisgäbe;    aus 

■wird  er  genannt  als  Vater  des  Adrastos  (Schol.  diesem  Ruf  ist   dann    wahrscheinlich  in  An- 

Pindar  a.a.O.    Pau>s.  2,  6,  6;  10,  10,  3.    Schol.  lehnung    an    den    griechischen   Hochzeitsgott 

Plat.  a.  a.  0.  Schol.  Eur.  a.  a.  0.  Hygin.  a.  a.  0.  Hymenaeus    durch    die   emsige  Phantasie    der 

Eur.  Phoin.  422.   Herodot  6,  67.  Apollod.  1,  9,  Geschichtschreiber  späterer  Zeit  ein  Hochzeits- 

18),  des  Mekisteus  (Apollod.  a.  a.  0.    Herodot  gott  ähnlichen  Namens  zu  künstlichem  Leben 

a.  a.  0.  Eur,  Iph.  Aul.  245.  Eustath.  B.  p.  962,  40  erweckt  worden,    der   daher   sich  uns  als  ein 

63.    B.  2,  565  [TaXaCoviär]g]\  23,  678.    Preller,  höchst  färb-  und  lebloses  Gebilde  darstellt,  an 

Crr.  Myih.'^y  355),  des  Partnenopaios  (Apollod.  dem  beinahe  alles  unsicher  ist;   nur  in  einem 

a.  a.  0.   Paus.  2,  20,  5.    Soph.  Oid.  Tyr.  1317.  Punkte    stimmen    die     antiken    Schriftsteller, 

Schol.  Eur.  Phoin.  126.  vgl.  Gruppe,  Gr.  Myth.  deren  Berichten  im  allgemeinen  eine  und  die- 

S.  528  f.  u.  A.  1.    Preller  2,  355),   des  Pronax,  selbe,  meist  nur  wenig  abgeänderte  sagenhafte 

der  nach  Beihe  (Theban.  Heldenl.  S.  50)  von  Überlieferung  zugrunde  liegt,  überein,  nämlich 

Amphiaraos    getötet   wird   gelegentlich    eines  darin,  daß  ein  gewisser  Talasius  dem  Romulus 

Aufstandes  (Paus.  3,  18,  12,   vgl.  Jahn,  Arch.  bei  dem  Raube  der  Sabinerinnen  zur  schönsten 

Aufs.  S.  158  u.  Ber.  d.  S.  G.  W.  1853,  21—32),  Jungfrau  verhelfen  habe. 

was  nach  Paus,  auf  dem  Amykläischen  Altar  50  Die    Unsicherheit   beginnt   schon    bei    der 

dargestellt   war  (vgl.    Gruppe   S.  183;   531  f.),  Feststellung  des  Namens,  da  die  Überlieferung 

des  Hippomedon  (Soph.  Oid.  Kol.  1318.    Schol.  uns  die  verschiedensten  Namensformen  bietet. 

Eur.  Phoin.  126),    des  Aristomachos  und  der  Drei   Hauptformen    des    Namens    lassen    sich 

Eriphyle  (Apollod.  1,  9,  13),  der  Mythidike  und  unterscheiden:    1.  Talasius  oder  Talassius 

Astynome  (Hygin.  fdb.  70),  Großvater  des  Pro-  oder  Thalasius   (vgl.  Catull  61,    134.     Plut. 

machos  und  Euryalos  (Paus.  2,  20,  5;  9,  18,  6;  quaest.  Rom.Zl.  Romul.  15)  und  endlich  Tha- 

vgL  Gruppe  S.  511).     Der   Nominativ  hat  die  las s ins  (Liv.  1,  9,  12).     2.  Talassus  (Mart. 

Form  TaXocog,  da  der  Genitiv  für  gewöhnlich  5,  42,  4).    8.  Talassio  (Mart.  1,  35,  6;  3,  93, 

TaXttov  lautet;  es  muß  aber  die  attische  Form  25.     Sidon.  Apoll,  ep.  1,  5)    oder   Thalassio 

Taiatoff  vorgekommen  sein.    Der  Genitiv  heißt  60  (Serv.  ad  Aen.  1,  651)  oder  Thalassio  (Verg. 

nämlich  (Paus.  S,  25,  9)  TccXuan&chAntimachos,  Catal.  A,  S).     Die   Alten   brauchten   diese   Be- 

TaXaao  nach  Choirob.  (Cram.  Vol.  II  p.  413,  6):  Zeichnungen  ohne  Unterschied,  die  verschiede- 

xä  &nb  'Axxl-h&v  ysvtx&v  yiaxcc  TtXsovae^bv  tov  nen   Arten  der  Bezeichnungen    kommen  auch 

0  yiv6y.8vcCf  st  fisv  &7Co  d^vrovcov  ysvL-A&v  *Axxl-  als  Eigennamen  vor. 

x&v  Ü361V,  nQonsQi67C£Q(bvxca,  olov  Htxsa)  Usxe-  Die  landläufige  Überlieferung  gibt  Plutarch 

mo,  TccXaüj  TccXccoäo,  mg  nagu  'Arx^iäxa).  Etym.  wieder*)  (Romul.  15;  Qu.  R.  31;  Pomp.  4).   An 

M.    p.  746,    10:     TaXamO    ftara    XOV  l  Xivig-   r^V  *)  Der  an   diesen  SteUen  bekanntüch   Farro»  Bücher 

yoCQ   (pCCßLV   TccXaoiO.  De  antiquitatibut,   die  ihm  König  Juba  Ton  Mauretanien 


17  Talassio  Talassio  18 

letztcrenannter  Stelle  erzählt  er,  daß  beim  Raube  und  daß  seine  Anrufung  den  Jungfrauen  die 
der  Sabinerinnen  einige  Hirten  das  Glück  ge-  Furcht  benehmen  und  ihnen  verständlich  machen 
habt  hätten,  ein  besonders  scliönes  Mädchen  sollte,  daß  man  sie  zum  Zwecke  der  Ehe  und 
zu  erbeuten;  damit  sie  ihnen  nun  keiner  der  nicht  in  böser  AbHicht  raube  (vgl.  Huschkc, 
Vornehmeren  wegnähme,  hätten  sie  den  Namen  Oskisch-sabellische  Sprachdenkm.  tu.  4  und  Har- 
tes Talasius,    eines   vornehmen   Römers,    aus-  tung,  Philol.  3,  28). 

gerufen  {(ßotov  d-iovrsg  a^a  TaXaaio)).  An  eine  andere  Ableitung  des  Namens,  die 
Daher  Komme,  zumal  die  Ehe  des  Talasius  sich  an  das  griechische  raXa qov  anknüpft, 
glücklich  gewesen  sei,  der  Hochzeitsruf;  diese  was  auf  die  häusliche  Beschäftigung  der  Frau 
Erklärung,  bemerkt  Plutarch  schließlich,  sei  lo  hindeuten  soll,  finden  wir  bei  Festus  S.  351 
die  wahrscheinlichste  von  dem,  was  man  über  Talassionem  in  nuptiis  Varro  ait  Signum  esse 
Talasius  sage.  Dieselbe  Quelle,  aus  der  Plutarch  lanißcii,  rccXaQov  id  est  quasillum,  inde  enim 
schöpft,  nämlich  Varro,  benutzte  auch  Aurelius  solitwn  appellari  Talassionem  at  .  .  .  histori- 
Victor,  De  viris  illustribus  cap.  2 ;  auch  er  hebt  arum  scriptor  Talassium  ait  nomine  virum 
hervor,  daß  die  Ehe  des  Talassius  glücklich  ge-  rapta  virgine  unicae  pulchritudinis,  qiiod  ei 
wesen  sei.  Aus  anderer  Quelle  schöpfte  offeni)ar  id  coniugium  fuerit  felix,  boni  ominis  gratia 
Xmws  1,  9  seine  Erklärung;  von  der  glücklichen  nunc  redintegrari;  eine  abweichende  Lesart 
Ehe  des  Talassius,  die  Plutarch  und  Aurelius  zeigt  der  Cod.  Leid.  Y  fol.  71;  vgl.  Momm- 
Fictor  hervorhoben,  sagt  er  nichts;  eine  Jung-  sen,  Festi  cod.  quatern.  16  p.  62  in  Philolog. 
frau  von  auffallender  Schönheit  sei  von  den  20  und  histor.  Äbhandl.  der  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu 
Anhängern  eines  gewissen  Talasius  geraubt  Berlin  1864.  Es  könnte  scheinen,  als  ob  nur 
und  auf  die  wiederholten  Fragen,  für  wen  man  der  erste  Teil  der  Stelle  aus  Varro  stamme; 
sie  raubte,  hätten  sie  wiederholt  Talasio  als  doch  wenn  man  vergleicht,  was  P?M^arc/«  a.  a.  0. 
Antwort  gerufen,  damit  sich  keiner  an  ihr  sagt,  so  wird  es  deutlich,  daß  auch  der  zweite 
vergriffe.  Daraus  sei  der  Hochzeitsruf  ent-  Teil  aus  Varro  geschöpft  ist.  Der  Name  des 
standen.  In  leichten  Veränderungen  findet  sich  Historikers,  der  in  der  eben  zitierten  Festus- 
dieselbe  Deutung  wieder  bei  Hieronymus  zur  stelle  zwischen  at  und  historiarum  scriptor 
Chronik  des  Eusebius  1  ed.  Schoene  S.  81,  der  ausgefallen  ist,  war  nach  einer  ansprechenden 
nach  Mommsens  Ansicht  {Sitzungsber.  der  Sachs.  Vermutung  Merckli^is,  Ind.  schol.  JDorpat.  1860 
Gesellsch.  Leipzig  1850)  neben  Livius  aus  einer  30  p.  13  Gnaeus  Gellius,  dessen  Behandlung  des 
verloren  gegangenen,  in  lateinischer  Sprache  Raubes  der  Sabinerinnen  von  Dion.  Hai.  2,  31 
verfaßten  Quelle  über  den  Ursprung  des  römi-  und  Charis.  1  p.  39  bezeugt  wird.  Diese  Ety- 
schen  Volkes  schöpfte;  ferner  bei  Servius  Aen.  mologie,  die  Talasio  mit  raXccgov  zusam- 
1,  651  (vgl.  Mythographus  Vaticanus  2,  213).  menbringt,  der  Frau  also  als  Tätigkeit  die 
Servius  fährt,  nachdem  er  davon  gesprochen  Wollspinnerei  zuweist,  basiert  auf  der  An- 
hat, daß  Hymenaeus  inter  bella  saevissima  die  nähme,  daß  die  geraubten  Sabinerinnen  mit 
Jungfrau  befreit  habe,  weshalb  er  als  liberator  ihren  Eheherren  einen  Vertrag  abgeschlossen 
virginitatis  besungen  werde,  fort:  hinc  etiam  hätten,  daß  sie  sich  nur  um  Wollarbeiten  be- 
apud  Romanos  Talasio  invocatur.  Cum  enim  in  kümmern  würden  {onag  iitjösv  aXXo  ^gyov  7} 
raptu  Sabinarum  plebeius  quidam  raptam  pul-  40  tu  TtsQl  tT]v  taXccölav  vTtovQyweiv  Plut.  Rom.  15). 
cherrimam  duceret,  ne  ei  auferretur  ab  aliis,  Born.  31  wird  dem  Namen  dieselbe  Deutung 
Talasionis  eam  ducis  nobilis  esse  simulavit,  gegeben,  unter  Hinweis  darauf,  daß  man  für 
cuius  nomine  fuit  puellae  tuta  virginitas.  Die  xdXaQog  auch  räXaaog  sage  (das  unverständ- 
Sage  ist  hier  offenbar  dahin  zugestutzt,  daß  liehe  xüXocvxöv  der  Codices  hat  schon  Brisso- 
Talasio  zu  Hymenaeus  in  bequeme  Beziehung  nius,  De  vet.  rit.  nupt.  p.  95  in  xdXcc6ov  oder 
gesetzt  werden  kann.     Isidor  etymol.  15,  3,  6  xaXdcLov  umgedeutet). 

bietet  nichts  Neues;  er  hat  für  Talassio  die  Doch  noch  an  eine  andere  Ableitung  dach- 
entstellte Form  Thalamus,  wofür  vielleicht  ten  die  Alten,  wie  hervorzugehen  scheint  aus 
Thalassius  zu  emendieren  wäre.  Er  fügt  Fest.  p.  358  Tallam  Cornificius  posuit  undeet 
.  hinzu,  daß  auch  die  Ägypter  beim  Betreten  50  Talassus.  Tallam  alii  folliculum  cepae.  Hier 
des  Brautgemaches  den  Thalamus  anrufen;  ist  nun  offenbar  nach  Cornificius  oder  nach 
ihn  benutzte  offenbar  Papias  {Thalassius  dici  posuit  eine  Lücke,  da  nicht  gesagt  ist,  was 
fertur,  quia  cum  Sabinae  raperentur,  una  ele-  Cornificius  mit  talla  bezeichnete. 
gantissima  exstitit,  quam  ab  oraculo  Talassio  Beide  Sätze  hängen  eng  zusammen,  da  nur 
duci  responsum  est  dari  ab  his,  quo  feliciter  so  der  Akk.  tallam  in  dem  zweiten  Satze  er- 
actis  nuptiis  Talasii  nomine  usi  sunt.  Hoc  klärt  werden  kann.  Zurückzuweisen  ist  Joseph 
etiam  apud  Aegyptios).  Eine  andere  Deutung  Scaligers  Vermutung,  der  schreiben  wollte: 
finden  wir  bei  Plutarch,  Romul.  15  überliefert,  tallam  allii  folliculum  vel  cepae.  Wie  kommt 
die  von  einem  sonst  unbekannten  karthagischen  nun  Cornificius  dazu,  das  Wort  talla  zur  Er- 
Schriftsteller Sextius  Sulla  herstammen  soll;  60  klärung  des  Namens  Talasius  heranzuziehen? 
er  berichtet  nämlich,  daß  Romulus  den  Seinen  Die  für  uns  wichtige  Deutung,  daß  folliculus 
gewissermaßen  den  Ruf  Talasius  als  Feld-  auch  den  weiblichen  Geschlechtsteil  bedeuten 
geschrei  für  den  bevorstehenden  Raub  gegeben  kann,  gibt  Serv.  ad  Georg.  3,  136:  genitali  arvo 
habe,  und  deswegen  habe  sich  dieser  Ruf  bei  pro  muliebri  folliculo,  quem  (scilicet)  vulvam 
den  Hochzeiten  erhalten.  Offenbar  glaubte  vocant,  ut  etiam  Plinius  docet:  nam  ante  folli- 
Sulla,   daß  Talasius  ein  sabinisches  Wort  sei,  culus  dicebatur. 

übermittelte,  als  Quelle  benutzt-,    ygl.  Barth,  De  Jubae  Wahrscheinlich    muß    es    also    an    der    er- 

ö/noiüttjaiv  a  Piutarcho  expressis  S.  14.  wähnten  Festus&ieWQ  heißen:  Tallam  Cornipcius 


19                          Talassio  Taletitas                         20 

posuit  (pro  muliebri  foUic\Uo),  unde  et  Talassus.  Eöm.  Mytii.  p.  327  f.  meint,  a.  a.  0.  p.  91,  daß 
Dies  würde  der  griechischen  Ableitung  *T^i-  Talasius  ein  Beiname  des  Quirinns,  des  sabi- 
ifccios  von  i^^v  gut  konespondieren;  sonst  nischen  Mars,  gewesen  sei.  Die  falsche  Vor- 
sind allerdings  die  Etymologien  des  Festus  Stellung,  die  Schmidt  von  dem  Mars  der  illte- 
mit  Vorsicht  zu  gebrauchen;  vgl.  Fest.  p.  123  sten  römischen  Zeit  hat,  der  nie  etwas  anderes 
Minerva.  gewesen  ist  als  Kriegsgott,  hat  ihn  zu  unhalt- 

Talasius  kommt  abgesehen  von  jenen  auf  baren  Schlußfolgerungen  verleitet, 
seine  Erklärung  bezüglichen  Stellen  nur  8  mal  Von   all   diesen  Ansichten   ist   wenig  halt- 
in   der  Literatur   vor,    und    zwar   einmal   bei  bar;   es  scheint  mir  zweifellos,  daß  in  der  rö- 
CatuU  61,  128  (satis  diu  |  litsisti  nucilms:  lubet\  lo  mischen  Religion  ein  Gott  Talasius   nie  wirk- 
tam  servire  Talasio).  lieh  existiert  hat,  sondern  ein«  Schöpfung  der 

Zweimal  bei   Vergil,    Catal.  4,  8  {Talaseio!  römischen   Antiquare    und    Geschichtsforscher 

Talassio.'  Talassio!  vgl.  Marius  Victorin.,  Ars  des    ersten   Jahrnunderts   n.  Chr.   ist.      Dafür 

grammat.  2)    und  ebd.  5,  14  {et  inscio  repente  spricht   schon    die  Unsicherheit   des  Namens, 

clamatum    insuper  Talassio!   Talassio.');   vier-  die  in  diesem  Grade   bei  keinem  anderen  rö- 

mal  bei  Jlartial:  1,  35,  6  {quid  si  me  iubeas  mischen  Gott  vorliegt;   und  zwar  ist  die  Bil- 

Talassionem  \  verbis    dicere   non   Talassionis) ;  düng  von  dem  auf  die  Fruchtbarkeit  der  Ehe 

3,  93,  24  sternatur  a  Coride  archiclinico  lectus,  bezüglichen  Hochzeitsruf  Talassio,  der  immer- 

Talassionem   qui  tuum  decet  solus);   12,  42,  3  hin    sabinisch    sein   mag,    zu    Talasius  u.  a. 

{praelucere  faces,  velarunt  flammea  voltus  \  nee  20  zweifellos  im  Anschluß  an  'TfjLi]v  w  'Ty^ivais 

tua  defuerunt  verba,   Talasse.,  tibi);  endlich  in  vor  sich  gegangen.   Auffallend  ist  bei  den  Er- 

obszöner  Bedeutung  12,  95,  4  ...  sed  puella  \  klärungs versuchen  der  Alten,  daß  sie  fast  aus- 

sit  tccum  tua,    tie  TaJassionem  indicas  mani-  nahmslos    den    Talasius    irgendwie   mit    dem 

hus  Ubidinosis  \  et  fias  sine  femina   maritus;  Raub  der  Sabinerinnen  in  Verbindung  bringen. 

bei   Sidonius   Äpollinaris  Ep.  16    {per  omnia  Eine    hübsche   Parallele   zur   Entstehung   des 

Üieatra  maceUa^  praetorta,  fora,  tempJa,  gym-  Hochzeitsgottes    aus    dem  Hochzeitsruf   bietet 

nasia  Talassio  fescenninus  explicaretur).  das,    was  uns   im  Cod.  Ven.  A  11.  18,  843  von 

Die  zahlreichen  Versuche  früherer  Gelehr-  einem  Argiver  Hymenaous  erzählt  wird.  Dieser 
ten,  die  Entstehung  und  Bedeutung  des  Ta-  habe  Jungfrauen,  die  von  den  Pelasgem  ge- 
lassio  zu  erklären,  seien  im  folgenden  kurz  30  raubt  worden  seien,  aus  den  Händen  ihrer 
berührt.  Huschke,  Osk.-sabeUische  Sprachdenkm.  Räuber  befreit,  deshalb  stimmten  die  Frauen 
tit.  5)  und  Preller  {Rom.  Mythol.  2'  S.  216)  beiihrerHochzeit(«/oft/fiö)5ya/iov/if vat)einen 
knüpfen  an  den,  wie  wir  gesehen  haben,  auch  Hymnus  auf  ihn  an,  der  nach  ihm  v^4vai,og 
von  den  Alten  behaupteten  sabinischen  Ur-  genannt  sei.  Hier  wird  also  aus  dem  Hoch- 
sprang des  Talassio  an;  Huschke  meint,  daß  zeitsruf  nicht  ein  Gott,  sondern  ein  gleich- 
Talasius  ein  sabinischer  Hochzeitsgott  gewesen  namiger  Argiver  ätiologisch  konstruiert, 
sei;  die  a.  a.  0.  herangezogene  sabinische  In-  Darstellungen  dieses  verschwommenen  gött- 
schrift  iuve  talseture  deutet  er  als  lovi  Talasio,  liehen  Gebildes  in  der  Kunst  haben  wir  natur- 
der  ihm  mit  dem  Z«vs  TulXcclog  der  Kreter  gemäß  nicht.  Die  Unterschrift  auf  einer  Vase 
identisch  scheint.  Preller  meint,  daß  Talasius  40  der  Sammlung  Middleton  (Caia/.  Dwrandp.  160) 
ein  Beiname  des  Quirinus  gewesen  sei.  Völlig  TAAAZ  kann  sich  natürlich  nicht  auf  Ta- 
verfehlt  ist  die  Ansicht  Mercklins  {Index  schol.  lassio  beziehen ;  wahrscheinlich  ergänzte  0.  Jahn 
Dorpat.  1860  p.  14),  daß  der  alte  verschollene  richtig:  "Egag  täXag  (vgl.  Jahn,  Über  Dar- 
Emtegott  Consus  und  Neptun  identisch  seien  Stellungen  griech.  Dicht,  auf  Vasenbildern  p.  71^; 
und  des  letzteren  Beiname  d-aXccaaiog  auf  Abhandl.  der  k.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  8,  1861; 
Consus  übertragen  worden  sei.  Mit  Consus,  vgl.  Körte,  Personifik.  psychischer  Affekte  S.  80). 
auf  dessen  Rat  {deus  consilii)  die  Sabinerinnen  [Fr.  Richter.] 
geraubt  wurden,  will  Boßbach,  Römische  Ehe  Taletitas  {Tcclstltccg),  Beiname  des  Zeus  auf 
S.  331  und  340  den  Talasius  identifizieren,  der  einer  Inschrift  aus  Sparta,  wo  er  neben  Auxesia 
nach  seiner  Ansicht  ein  unterirdischer,  gleich-  50  (s.  d.)  und  Damoia  (Damia)  genannt  wird,  Le 
sam  die  Samen  der  verschiedenen  Pflanzen  in  Bas  2,  143  nr.  162  k.  Kumanudes,  k&^vaiov 
seinem  Schloß  tragender  Gott  ist,  wobei  er  1,257,  v.  Prott,  Fasti  sacri  y.  Z6  nr.  14,.  Nilsson, 
den  Namen  mit  taX  {ferre),  tEXa^imv,  Tellus  Griech.  Feste  32.  Bull.  delV  Inst.  1879,  189 
in  Verbindung  bringen  will.  ColHtz  4496.   I.  G.  6,  1,  363.    Der  Name  erinnert 

Härtung^  Belig.  der  Römer  2  S.  246  meint,  an  den  TaXBxov  genannten  Gipfel  des  Taygetos, 
daß  der  Ausruf  Talassio  oder  Talasse  eben-  auf  dem  dem  Helios  Rosse  geopfert  vnirden, 
so  wie  'Tyi,i]v  m  'TiiivaiB  auf  die  Fruchtbar-  Paus.  3,  20,  4.  Kumanudes  m.  v.  Prott  aa.  aa.  00. 
keit  der  Ehe  hindeuten  solle,  und  hält  die  Er-  Wide,  Lakonische  Kulte  18.  216.  219  f.  Nach 
klärung  des  Sextius  Sulla  (s.  0.)  für  richtig,  Le  Bas  a.  a.  0.  Wide  216.  L.  Mercklin,  Die 
daß  jener  Ruf  das  Signal  für  die  Jungfrauen-  60  Talos-Sage  {Mem.  de  Vacad.  des  sciences  de  St. 
räuber  gewesen  sei.  Richard  Schmidt^  auf  Petersbourg,  Mem.  des  savants  etrangers  1  [1S54:]) 
dessen  Dissertation  {De  Hymenaeo  et  Talasio  S.  51  soll  der  Beiname  den  Zeus  als  Sonnengott 
dis  veterum  nuptialibus  Kiel  1886)  hier  ver-  (vgl.  Hesych.  TdXoog-  6  ^Xiog)  bezeichnen,  was 
wiesen  sei,  a.  a.  0.  p.  91,  will  Talassius  unter  schon  deshalb  unwahrscheinlich  ist,  weil  auf 
Hinweis  auf  die  Wurzel  ^aZ-  (in  der  Form  dem  Gipfel  Taleton,  von  dessen  Name  der  Zeus- 
räXig  Soph.  Ant.  629)  mit  dem  später  mit  beiname  nicht  zu  trennen  ist,  dem  Helios  be- 
Mars gleichgesetzten  sabinischen  Quirinus  in  sonders  geopfert  wurde.  Usener,  Götternamen 
Verbindung   bringen,    indem   er   mit   Preller,  130  sieht  in  Zeus  Taletitas,  ebenso  wie  in  Zeus 


21                            Talitha  Talos  (Genealogie;  Name)             22 

Tallaios  (s.  d.)  den  Gott,  der  die  Pflanzen  sprie-  vom  Ida  auslaufenden  Bergzuges  mit  einer  dem 
ßen  läßt  (vgl.  Thaies).  Doch  bcnnerkt  v.  Froft,  Hermes  geweihten  Grotte,  C.  I.  G.  2,  2509. 
Athen.  Mitt.  29  (1904),  10,  daß  gerade  die  Marnjahe  a.  a.  0.  Hoeck,  Kreta  1,  163.  416.  Bur- 
kahle  Höhe  des  Taleton  am  wenigsten  berech-  sian,  Geogr.  v.  Griechenland  2,  557.  Gruppe,  Gr. 
tigt  sei,  ihren  Namen  vom  Sprießen  der  Vege-  Myth.  249.  12.  Der  Zeus  Tallaios  (Talaios)  ist 
tation  zu  tragen,  und  daß  wahrscheinlich  der  wohl  ursprünglich  mit  TäXoag  (s.  d.)  identisch, 
Zusammenhang  der  üi)fer  an  Zeus  Taletitas  Gruppe  a.  a.  Ö.  A.  Fick,  Vor  griechische  Orts- 
und die  beiden  Göttinnen  Auxesia  und  Damia  namen  90.  W.  Aly,  Der  kretische  Apollonkult 
nicht  innerlich  in  der  Verwandtschaft  der  Gott-  40  (vgl.  7,  wo  auch  ein  Apollon  Talaios  an- 
heiten,  sondern  nur  örtlich  bedingt  sei,  man  lo  genommen  wird).  Aly,  Philologus  71  (1912) 
werde  daher  am  besten  zu  der  alten  Erklärung  S.  473.  —  Welcker,  Griech.  Götterlehre  2,  244 
zurückkehren  und  den  Zeus  Taletitas  ebenso  (vgl.  Gruppe  a.  a.  0.)  u.  E.  Aßmann,  Zur  Vor- 
wie  den  Tallaios  mit  dem  Sonnenkult  iii  Ver-  geschichte  von  Kreta  in  Fhilologus  67  (1908),  179 
bindung  bringen.     [Höfer.]                    *  setzen  den  Z.  Tallaios  dem  jugendlichen  Zeus 

Talitha   (tali'O^a)    ist   der  etruskische  Name  fsXxccvog  (s.  d.)   von  Phaistos  gleich,   und  'da 

einer  Göttin,  wie  es  scheint,  auf  einem  Spiegel  auf  Kreta  gerade  der  jugendliche  Zeus  hervor- 

von  Yolci,  der  von  H.  G-  Schultz  im  Bull.  delV  tritt',  so  erklärt  Assmann  a.  a.  0.  den  Beinamen 

/?is^.  1840,  58;  von  Gerhard,  Etruskische  Spiegel  TaXaiog  bzw.  TaXlalog  durch   das  aramäische 

4,  73.    Taf.  CLXin  und  von  Fahretti,  C.  I.  1.  'talia'  =  'Jüngling'.      Über  Useriers  Deutung 

nr.  2154    veröffentlicht    ist.     Die    Darstellung  20  s.  d.  Art.  Taletitas.     Übrigens   findet  sich  die- 

zeigt  zwei  Figuren,  links   einen  völlig   unbe-  selbe  Vermutung  schon  bei  Ed.  Gerhard,  Arch. 

kleideten  Jüngling,   der   in    der  Rechten    ein  Zeit.  13    (1855),   61   Anm.   ausgesprochen:    'Ist 

Alabastron,  in  der  Linken  eine  Blume  hält  und  Zeus   TaXXcctog  nicht  von  d-dXXo)  abzuleiten?' 

die  Beischrift  truisie  trägt,   und  ein  ebenfalls  Vgl.  Taletitas.     [Höfer.] 

nacktes  Mädchen,  das  in  der  Linken  ein  Heu-  Talmitlie  (talmi-O-e)  und  Talmite  wird  an- 
kelkörbchen  hat  und  die  Beischrift  tali'O'a  trägt;  scheinend  in  vier  Inschriften  statt  palmi-^-e 
beide  sind  in  zärtlicher  Stellung,  und  der  Jung-  (=  gr.  Palamedes)  gelesen;  näheres  darüber 
ling  reicht  die  Blume  dem  Mädchen.  Die  Deu-  s.  v.  palmi-O-e.  [C.  Pauli.] 
tung  ist  nicht  ganz  klar.  Während  Gerhard  Talos  (TdXag).,  1)  Sohn  des  Kres,  Vater  des 
darin  eine  erotische  Genreszene  nach  einem  30  Hephaistos,  Großvater  des  Rhadamanthys  {Paus. 
Bade  sieht  (die  Beischriften  sind  ihm  nicht  8,  53,  5  nach  Kinaithon  fr.  1),  auch  Sohn  des 
verständlich),  faßt  Bugge  (in  *  Deeckes  Etr.  Oinopion,  Bruder  des  Euanthes,  Melas,  Salagos 
Forsch,  und  Stud.  4,  27)  die  Darstellung  als  und  Athamas  (Paus.  7,  4,  8,  vgl.  Hoeck,  Kreta 
mythologisch,  sieht  in  dem  etr.  truisie  ein  lat.  2,  231  A.  e;  71),  galt  auch  für  ein  Werk  des 
Trosius,  welches  den  Anchises  bezeichnen  Hephaistos,  das  dem  Minos  zum  Geschenk  ge- 
solle, und  in  der  tali'9'a  ein  griech,  '1%-aXia  ==  geben  wurde  (Apollod.  1,  9,  26)  oder  auch  für 
Aphrodite.  Beides  ist  mir,  obwohl  auch  ich  einen  letzten  Rest  des  ehernen  Geschlechtes 
die  Szene  für  mythologisch  halte,  wenig  wahr-  (Apollod.),  bekannt  als  der  eherne  Wächter  der 
scheinlich.    Einen  positiven  Deutunggvorschlag  Insel  Kreta. 

vermag  ich  indes  nicht  zu  machen.                     40  Der    Name    dieses    kretischen    Heroen    be- 

[C.  Pauli.]  gegnet  uns  in  den  Formen  TäXo?  (nur  bei  Paus. 

Tallaios    {TalXalog),    Beiname   des  Zeus  in  7,  4,  8  und  Pompon.  Mela  2,  7,  12:  Crete  fa- 

Kreta,  speziell  in  Olus,   C.  I.  G.  2,  2554  Z.  95.  migerata  .  . .  Tali  statione  atque  morte),  TdXcog, 

Collitz  5075  48-    C'o?T.  hell.  3  (1879),  293  Z.  14.  wie  er  gewöhulich  lautet  (Zenob.  5,  85.    Plato 

(Dittenberger,  Sylloge2^,bU,16.  Collitz  614:9^^).  Min.  p.  320C;    legg.  1,  3,  11   p.  446.    Lucian. 

24  (1900),   227   Z.  59  f.  (=  Collitz  5104  e^).    29  Philops.  19.    Apoll.  Bhod.  4,  1636),  TdXcov,  die 

(1905),  205  Z.  19.    Er  wird  angerufen  im  Eide  eigentümliche  Form  auf  den  Münzen  von  Phai- 

der  Drerier  und  Knosier  (Bangabe,  Ant.  Hell.  stos.    Bei  Hesychios  findet  sich  (s.  v.  TaX&g)  die 

2,  2477  p.  1029.  Arch.  Zeit.  13  (1855),  58,  1.  nur  hier  vorkommende  Form  TaXüg,  die  Merck- 
Museo  Ital.  di  ant.  class.  3  (1890)  660  A.  Z.  24.  50  lin  (die  Talossage  =  Mem.  des  sav.  etr.  de  St. 
Dittenberger,  Sylloge  2^,  463.  Cauer,  Delect^is^  Petersbourg  t.  VII,  S.  49  und  A.  129)  in  seiner 
38.  Collitz  4952.  Bhein.  Mus.  58  (1903),  23,  1),  erschöpfenden  Abhandlung  für  eine  ganz  ver- 
im  Eide  der  Bewohner  von  Lato  (Hoeck,  Kreta  einzelte  Variante  erklärt,  Is&ch  Döderlein(Comm. 

3,  140  g.  C.  I.  G.  2,  2554  Z.  178.  Collitz  5075^^,  de  voc.  rriXvystog  Erlang.  1825  p.  11)  stellt  Td- 
vgl.  Demargne,  Corr.  hell.  24  (1900),  231).  Auch  Xag  die  Kontraktion  aus  TaXaiog  dar,  begün- 
auf  einer  Inschrift  aus  Milet  findet  sich  nach  stigt  durch  die  Mittelform  TaXamg.,  wobei  aber 
Kawerau  und  Behm,  Das  Delphinion  in  Milet  D.  zur  äolischen  Zurückziehung  des  Akzentes 
62  nr.  38  a  Z.  4  (=  Königl.  Museen  zu  Berlin  auf  die  Stammsilbe  seine  Zuflucht  nehmen  muß, 
Milet  186)  TaXXalog  als  Epiklesis  des  Zeus;  während  Mercklin  (a.  a.  0.)  in  Talos  die  alte 
doch  kann  es  auch  ein  zu  einem  Personen-  60  Form  des  kretischen  Sonnengottes  sieht  und 
namen  gehöriger  Ethniker  sein.  Bei  Hesych.  dementsprechend  in  TdXcog  die  kretische  Form 
(p.  126,  79  Schmidt)  steht  TaXaiog-  6  Zsvg  iv  dXag  =  rjXiog,  mit  dem  verdichteten  Spiritus 
KQi]tr],  und  ebenda  wird  ein  Fest  erwähnt  Ta-  oder  Digamma  ausgesprochen,  vermutet  (S.  55). 
Xaidlrrig  (TccXccuT7]g,  TaXXcadrrig^)  dyojv  yv^vi-  Der  Genitiv  lautet  TdXcoog  (Tzetz.  Hist.  3,  296), 
Tiög,  das  wohl  dem  Zeus  Tallaios  galt,  Hoeck  TdXco  (Paus.  8,  53,  8),  der  Akkusativ  TdXa  (Ap. 
a.  a.  0.  1,  416.  Gerhard,  Gr.  Myth.  §  199.  Mit  Bh.  4,  1668.  Lucian.  de  saltat.  49),  TdX<ov  (Phot. 
dem  Beinamen  Tallaios  steht  im  Zusammen-  bibl.  p.  443  B.  Suidas  s.  v.  I^ccg&dvLog  ysXag), 
hang  der  Name  der  TaXXccta  ögri,  eines  nördlich  TdXcova  (Suidas  s.  v.  Td^vgig).     Ähnliche  Ka- 


23                       Talos  (Name)  Talos  (Wesen)                      24 

susbildung  kehrt  im  Namen  des  attischen  He-  Apoll.  Bhod.  Arg.  4,  1636.  Eustath.  Od.  20,  302 
roen  KaXtus^  den  einige,  darunter  MerckUn  p.  1893.  Lukiati.  de  saltat.  49.  Apollod.  1,  9,  26. 
(a.  a.  U.  S.  66  ff.),  mit  TaXmg  identifizieren,  wie-  Suidcis  s.  v.  Ziagdäviog  y^Xms.  Schal.  Plat  p.  926  a 
der;  denn  Paus.  1,  21,  4  begegnet  uns  der  26  ff.  ed.  Tur.),  der  mit  der  kretischen  Sage 
Akkusativ  KdXav^  der  1,  26,  4  wieder  die  Form  eng  verknüpft  ist;  dies  erhellt  schon  daraus, 
KdXd)  hat.  Dagegen  kennt  keine  der  Münzen  daß  er  in  die  oben  erwiihnte  Genealogie  ver- 
der  Stadt  Phaistos,  die  als  Symbol  wiederholt  flochten  wurde  und  für  den  Sohn  des  Kres  und 
Darstellungen  des  Talos  tragen,  über  dessen  Großvater  des  Rhadamanthys  galt.  Heyne  {Ob- 
Beziehung  zu  dieser  Stadt  aber  noch  keine  serv.  ad  Apollod.  p.  89),  Boettiger  (Ideen  zur 
rechte  Klarheit  herrscht  {MerckUn  S.  91  f.),  den  lo  Kunstmgtfwl.  1,  377  ff.)  und  Hoeck  (a.  a.  0. 
Nominativ  Talos,  alle  bringen  andere  Formen,  S.  71)  suchen  den  Ausgangspunkt  der  Sage  in 
meist  TdXoiv  {Miotinet,  Suppl.  4  p.  332  nr.  238.  einer  Kolossalstatue  des  Sonnengottes,  während 
Bead,  Hist.  num.  p.  402.  Cavedoni,  Annali  7,  MerckUn  (S.  48)  sich  dahin  äußert,  daß  ein 
166  ff.)  oder  Abkürzungen.  MerckUn  erklärt  solches  Bild  immer  nur  das  Sekundäre  sein 
(S.  88  f.)  die  Form  TdXav  für  den  Akkusativ,  kann  und  den  sichtbaren  Ausdruck  von  Vor- 
analog ijQOiv^  yiX<ov  gebildet,  neben  der  Endung  Stellungen  verkörpert,  die  eine  lan^e  Entwick- 
auf a,  die  sich  bei  Suidas  findet.  Die  Form  lung  voraussetzen.  Natürlich  ist  jedoch,  daß 
A  . .  EAAT  (angeführt  bei  Cavedmii  a.  a.  0.)  ist  durch  ein  solches  Bild  die  Tradition  einen 
nach  MerckUn  eine  rückläufige  Form  und  iden-  Vermittler  und  eine  treue  Stütze  gefunden  hat. 
tisch  mit  TAAS^NA,  worin  ein  Buchstabe  ver-  20  Gruppe  (Griech.  Mythol.  S.  1310)  spricht  sich 
dorben  ist.  Die  rückläufige  Schrift  deutet  er  gleichfalls  dafür  aus,  daß  in  Kreta  zum  Schutze 
dahin,  daß  man  hier  einen  archaisierenden  gegen  die  Sonnenhitze  eine  Erzstatue  aufge- 
Typus  vor  sich  habe,  der  den  Schein  des  Alter-  stellt  war,  die  nach  MerckUn  (S.  45)  dem  Schöp- 
tums  erwecken  solle.  Dieser  Akkusativ  auf  fer  des  Koloß  von  Rhodos  als  Vorbild  diente. 
Münzen  soll  eine  Widmung  darstellen  wie  bei  Simonides  (Suidas  a.  a.  0.  Schal.  Plat.  p.  926  a 
Mionnet  ('i,  368;  5,  90  nr.  470;  6,  180  nr.  1169;  26  ff.)  nennt  Talos  geradezu  'H(pccict6r£VKtos^ 
Su^l.  6,  148  nr.  861 ;  107  nr.  578),  wie  dies  was  an  die  erwähnte  Genealogie  erinnert.  Es 
auch  auf  Inschriften  vorkommt  (vgl.  Franz,  soll  aber  damit  nicht  etwa  ausgedrückt  wer- 
Elem.  epigr.  Gr.  p.  331),  und  ein  Anathema  den,  daß  er  ein  wunderbares  Kunstwerk  ge- 
ausdrücken. Warwick  Wroth  (Catal.  of  the  Greek  so  wesen  sei,  sondern  die  besondere  Eigenschaft, 
coins  of  Crete  p.  XXXII)  bemerkt,  daß  die  Mün-  daß  er  beseelt  war  (vgl.  Phot.  hihi.  p.  448  B) 
zen  nur  die  Form  TdXav  kennen,  die  literarisch  gleich  den  Werken  des  Daidalos  (Diador  4,  76: 
nirgends  belegt  ist,  und  Head  (a.  a.  0.):  The  ^XiTCSLv  rs  yccg  ccita  xal  nsginatstv).,  oder  des 
Cretan  forme  of  the  name  (if  in  the  nominaUve)  Hephaistos  (vgl.  77.  18,  375;  417.  Od.  7,  92. 
woUld  appear  from  the  coins  to  have  heen  TdXcav  Nikander  fr.  97).  Aus  diesem  Grunde  wird 
and  not  TdXag.  Talos   selbst   (Schal.  Plat.  a.  a.  0.    Schal.  Bep. 

Curtius  (Grundzüge  d.  Griech.  Etym.  S.  220)  p.  396)  als  ^iiipvjcos  bezeichnet.  Freilich  ist 
und  Fick  (Griech.  Personennamen  S.  80)  leiten  Holland  (Prg.  d.  Thomassch.  Leipz.  1902,  13  A.) 
den  Namen  vom  Stamm  TccXai-  ab,  der  die  der  Ansicht,  daß  sich  die  Eigenschaft  'Htpai- 
Bedeutung  von  rXi^picav  hat  und  in  den  Vari-  40  ardtBVKtog  aus  einer  irrtümlichen  Vermengung 
anten  TaXaog,  TdXog  und  TdXag  repräsentiert  erklären  lasse,  obgleich  sich  dies  schon  daraus 
wird.  Wide  (Lakon.  Kulte  S.  216  A.  2)  zieht  rechtfertigen  läßt,  daß  man  sich  den  Talos 
zur  Deutung  den  Namen  des  Zeus  Tallaios  auf  immerfort  in  Bewegung  dachte  (MerckUn  S.  44). 
Kreta  heran  und  erklärt  das  Doppellambda  hier  Wie  ferner  dieser  und  Preller  (Dem.  u.  Perse- 
aus  dem  Digamma  von  rccXfag  =  raX&g.,  wo-  phone  S.  12)  nachweisen,  läßt  sich  sehr  wohl 
nach  die  Form  ein  Part.  Perf.  von  der  Wurzel  die  Annahme  aufrechterhalten,  daß  (vgl.  Apoll. 
tccX  =  ausdauem  wäre.  Nur  stört  dabei  wie-  Bhad.  4,  1639  f.)  der  Riese  für  einen  Rest  aus 
der  die  Akzentuierung  wie  bei  Hesychios;  da  dem  ehernen  Zeitalter  angesehen  vnirde.  Diese 
sucht  Wide  noch  eine  Ableitung:  *raZf  =  T^>le  Vorstellung  findet  sich  auf  dem  einzigen  grö- 
und  bringt  diese  Bildung  zusammen  mit  TccXe-  50  ßeren  Kunstwerke,  einer  zu  Ruvo  gefundenen 
xlxceg  und  TdvxccXog,  ?k\xch.  "A-xXug  (S.  18;  216),  Amphora,  das  den  Talos  in  einer  mythischen 
von  denen  jener  Name  sich  aus  der  intensiven  Szene  darstellt,  ausgeprägt  (vgl.  Arch.  Ztg.  1846 
Reduplikation  erklären  soll.  Fick  (a.  a.  0.  213)  Taf.  44;  45  aus  der  Sammlung  Jatta),  worauf 
führt  bei  der  Ableitung  vom  Stamme  TaXcci-  er,  als  Jüngling  gebildet,  mit  einer  eigentüm- 
noch  *A-xaXdvtri  an.  Scheint  auch  die  Etymo-  liehen  Schattierung  zu  sehen  ist,  die  den  Glanz 
logie  noch  keine  volle  Klarheit  zu  bringen,  so  und  die  Farbe  des  Erzes  versinnbildlichen  soll 
muß  angeführt  werden,  daß  im  Mythus  Talos,  (Baumeister,  Benkm.  3,  S.  1722).  Diese  Bil- 
Tantalos  und  Taletitas  Parallelen  zeigen  (Le  düng  des  Heros  aus  Erz  glaubt  Preller  (Griech. 
Bas-Foucart,  Expl.  p.  144),  indem  letztere  Myth.  2,  126)  weniger  für  die  Unverwundbar- 
beiden  unzweifelhaft  Höhengötter  gewesen  sind  60  keit  als  für  strahlenden  Glanz  deuten  zu  dürfen, 
und  auch  ein  Berg  Taleton  sich  sowohl  auf  Die  Haupteigenschaft  des  Talos  bildete 
Kreta  als  in  Lakonien  nachweisen  läßt  (Pau^.  also  seine  Beweglichkeit,  die  ihn  zu  dem  Amte, 
3,  20,  4 ;  5.  C.  I.  Gr.  2569).  Als  einen  ferneren  das  wir  ihm  übertragen  finden,  besonders  be- 
Beweis für  die  Beziehungen  zwischen  jenen  fähigte.  Übereinstimmend  nämlich  (vgl.  ^S'«- 
beiden  Landschaften  führt  Wide  (S.  249  f.)  die  manides,  Apallad.  a.  a.  0.)  hören  wir,  daß  er 
Verehrung  der  Pasiphae  an.  von  Minos   zum  Wächter  der  Insel  Kreta  be- 

Man  stellte  sich  unter  Talos  einen  ehernen,  stellt   worden  war.     Unterstützt  wurde   diese 

aber  lebendigen  Riesen  vor  (Orph.  Argan.  1359.  Fähigkeit  noch   durch  seine  Beflügelung,   die 


25                       Talos  (Weseu)  Talos  (Waffen;  Wächter  v.  Kreta)      2G 

eigentümliclierweise    die   literarischen   Quellen  Blutkanal,  der  vom  Nacken  bis  zu  den  Knöcheln 

unerwähnt  (vgl.  darüber  Waririck  Wroth  a.  a.  0.)  reichte.     Am  Ende  des  Kanals  war  ein  eherner 

lassen,   die  aber  auch  in  der  bildenden  Kunst  Nagel  eingetrieben,   um   das   Blut  abzuschlie- 

nicht  allgemein  durchgeführt  zu   sein  scheint,  ßen;  wohl  war  diese  Erklärung  auch  erfunden 

wie  ja  eben  die  Amphora  von  Kuvo  ihn  unge-  worden    der   Eigenschaft    7tay;fa^x£og    zuliebe, 

flügelt  darstellt.  Dagegen  tritt  diese  Eigenschaft  was  er  damit  nach  außen  war.    Nach  der  ersten 

auf  den  Münzen  mit  dem  Bilde  des  Talos  {Head  Schilderung   war  er   nämlich    nicht   ganz   aus 

a.a.O.    Wroth  a.a.O.  p.  64;  pl.  15,  11;  16,  6.  Erz;  er  hatte  zwar  auch  ein  Blutgefäß  {avQiy^ 

Mionnet  a.  a.  0.)  klar  zutage.     Die  Bedeutung  aiftardeöcor)  oder  Blutfistel,  aber  diese  entbehrten 

dieser  Flügel  hat  schon  Caccdoni  {q>.  a.  0.  p.  161)  lo  eines  Schutzes. 

richtig  erkannt;  sie  sollen  ebenso  ein  Beweis  Die  Waffen  des  ehernen  Riesen  bildeten 
seiner  hervorragenden  Schnelligkeit  sein  —  Steine;  denn  auf  den  Münzen  erblicken  wir 
man  denke  an  die  gleiche  Eigenschaft  bei  ihn,  wie  er  die  mit  dem  Steine  bewehrte  Rechte 
Hermes,  Perseus  usw.,  bei  Jehova  (vgl.  5.  Mos.  zum  Wurf  erhoben  hält  und  in  der  gesenkten 
32,  11.  Psalm  104,  3;  18,  11.  2.  Sam.  22,  11)  Linken  noch  einen  solchen  trägt  {Mionnet, 
— ,  mit  der  er  die  Insel  umkreiste,  die  zu  Ca-  Head,  Wroth  a.  a.  0.).  Die  gleiche  Art  seiner 
tuUs  Zeiten  sprichwörtlich  (55,  23)  war  {non  Verteidigung  geht  aus  Apollon.  lihod.  4,  1636 
ciistossifhigarilleCretum)^\Qdi>\iQ\id.Qä^Qh.\xizQ^^  und  Apollod.  (a.a.O.)  hervor  und  erinnert  an 
den  ihm  die  Insel  verdankte,  wie  eben  Athen  den  Wächter  des  Labyrinthes,  der  auf  Vasen 
auch  unter  dem  Schutze  der  Pallas  stand  und  20  und  Münzen  abgebildet  ist,  wie  er  sich  gegen 
die  schützende  Huld  Jehovas  in  seinen  Flügeln  Theseus  mit  Steinen  wehrt  (Stephani,  Kampf 
gesucht  wurde  (vgl.  Aischyl.  Eum.  999.  Psalm  d.  Thes.  mit  d.  Minot.  S.  69,  A.  11.  12.  Arch. 
91,  4;  61,  5;  17,  .8 ;  36,  8;  57.  2;  63.  8).  Daß  Ztg.  1848,  108.  Wroth  a.  a.  0.  p.  18,  pl.  IV,  7; 
diese  Beflügelung  der  göttlichen  Wesen  in  8;  9.  O.Jahn,  Arch.  Beitr.  267  &.  Gruppe  &.di.O. 
Griechenland  erst  spät,  seit  Ende  des  5.  Jahr-  S.  603  f.  Preller  2,  123  ff.  MercUin  S.90f.).  — 
hunderts  aufgekommen  sei,  ist  ein  Irrtum  von  Cavedoni  (a.  a.  0.)  erklärt  diese  Art  der  Ver- 
Mercklin  (S.  90),  der  in  dem  Talos  den  Phö-  teidigung  für  die  ursprünglichste  und  noch  aus 
nikischen  Moloch  erblickt  (vgl.  S.  38 — 49)  und  der  Heroenzeit  stammend;  sie  soll  gleichzeitig 
die  verwandten  Züge  beider  aus  dem  orien-  eine  Erläuterung  des  Epitheton  xqiyiyccg  {Orph. 
talischen  Ursprung  erklärt,  infolgedessen  auch  30  Arg.  5,  1359)  sein,  da  Giganten,  Kentauren  und 
diese  Sitte  aus  dem  Einflüsse  der  assyrischen  Lästrygonen  Steine  als  Waffen  zu  benutzen 
Kunst  ableitet.  Viel  älter  ist  in  Griechenland  pflegten.  Als  Begleiter  war  dem  Talos  ein 
die  Beflügelung  göttlicher  Wesen,  z.  B.  der  Hund  beigegeben,  der  auf  dem  Revers  der 
Nike  {Sprimger- Michaelis'^  1,  155),  der  Bore-  Münzen  abgebildet  ist  {Mercklin  Taf.  1  nr.  4 
aden,  Hesperiden  {Studniczka,  Kyrene  26)  usw.  =-  Wroth  pl.  XXI,  6,  vgl.  p.  XXXIl)  und  mit 
Sicher  ist,  daß  die  Auffassung  Jehovas  nicht  dem  goldenen  Hunde  identifiziert  wird,  der  die 
frei  von  assyrischem  religiösem  Mythus  ist,  und  Ziege  des  Zeuskindes  {Gruppe  S.  947)  bewachte. 
Helios,  dessen  Stelle  ursprünglich  Talos  in  Übereinstimmend  wird  angegeben,  daß  der 
Kreta  einnahm,  erst  seit  Aischylos  {Hiket.  212)  Riese  die  Aufgabe  hatte,  die  Insel  zu  iDewachen 
beflügelt  vorkommt  ((rrw^^e  a.  a.  0.  382;  1310).  40  und  zu  beschützen,  weshalb  ihn  Minos  von 
—  Kuhnert  {Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  15,  221)  und  Hephaistos  zum  Geschenk  erhielt  {Zenoh.  5,  85. 
Mercklin  (S.  52—77)  identifizieren  den  kreti-  Apollod.  a.  a.  0.  Lukian.  Philops.  19.  Phot.  hihi. 
sehen  Talos  mit  dem  Athener,  dem  Neffen  des  p.  443  B.  Plat.  Minos  p.  320  C.  Pomp.  Mela 
Daidalos,  und  nehmen  wegen  der  Beflügelung  2,  7,  12).  Deshalb  hielt  er  auch  die  Fremden, 
des  kretischen  Talos  und  des  Ikaros  an,  daß  wie  die  Argonauten,  durch  Steinwürfe  ab  oder 
de^'  Sturz  des  Atheners  Talos  (s.  Talos  2)  und  verbrannte  sie  {Schol.  Plat.  Bep.  1  p.  396  Bekk.) 
des  Ikaros  eine  doppelte  Version  derselben  Sage  im  Feuer.  Nach  einer  andern  Version  {Apoll. 
erkennen  lasse.  Auch  Gruppe  (a.  a.  0.  S.  17^;  Bhod.  4,  1643)  soll  Zeus  ihn  als  Wächter  der 
250^)  hält  eine  Entlehnung  des  attischen  Talos  Europa  eingesetzt  haben:  EvQmTtrj  Kqoyidrig 
aus  Kreta  nicht  für  ausgeschlossen  und  nennt  50  vriGov  Ttögsv  ^u^avai  ovqov.  Eine  dritte  Über- 
den  Kreter  einen  Doppelgänger  des  Ikaros.  lieferung  legt  seinem  Wächteramte  einen  viel 
Wenn  nun  auch  der  Heros  Ttccyxccl'usog  hieß  tieferen  Sinn  unter;  diese  wird  durch  Plato 
und  im  allgemeinen  für  unverwundbar  galt  {Ißgg-  1,  3,  11  p.  446)  vertreten:  TdXcog,  og  ärj 
{Ap.  Bh.  4,  1654),  so  besaß  er  doch  auch  eine  ^vonlog  t7]v  KqtJttiv  Ttagusvoci  cpQovQiöv  iHysto, 
verwundbare  Stelle  wie  Orion,  Achilles,  Sig-  und  im  Minos  p.  321  noch  dahin  ergänzt:  XQlg 
fried,  die  eine  Unsterblichkeit  ausschloß,  vgl.  nsQL-^SL.  So  wurde  der  eherne  Wächter  zu 
Ap.  Bh.  4,  1644  ff.:  vnal  dh  oi  hxs  tsvovrog  einem  bewaffneten,  und  der  Wächter  des  Lan- 
GvQLy^  ai^arosaaa  -aatcc  ßtpvQOV  ccvxuq  o  ri]v  des  verwandelte  sich  in  einen  Wächter  der 
ys  IsTtrbg  vai]v  ^cof]g  ^%8  Tcsigara  yiccl  d-avcctoio,  Gesetze,  die  er  auf  ehernen  Tafeln  geschrieben 
und  in  ähnlicher  Weise  wird  von  Sophokles  60  trug.  Daraus  wird  sich  auch  erklären,  wo- 
{Schol.  Ap.  Bhod.  4,  1638)  und  bei  Phot.  hihi.  durch  er  in  ein  Dienstverhältnis  zu  Minos  und 
443  B  die  verwundbare  Stelle  erwähnt.  Der  in  das  Verwandtschafts  Verhältnis  zu  dem  Ge- 
Riese kam  nämlich  in  dem  Daidalos  des  So-  setzgeber  Rhadamanthys  gekommen  ist.  Daß 
phokles  auf  die  Bühne,  doch  wurde  hier  cvQiyh,  er  sich  diese  Deutung  seines  ehernen  Leibes 
als  TtEQovri  =  Knochenansatz  erklärt,  weshalb  und  seines  Amtes  gefallen  lassen  mußte,  ist 
Holland  (a.  a.  0.  S.  13)  bezweifelt,  daß  an  der  nach  unserer  Ansicht  ein  mißglückter  Versuch 
Stelle  alles  in  Ordnung  sei.  Dagegen  saß  nach  der  pragmatisch-ethischen  Erklärung,  die  man 
Apollod.  (1,  9,  26)  seine  Lebenskraft  in  einem  auch  an  der  Deutung  der  Themis  verfolgen  kann. 


27             Talos  (Wächter  v.  Kreta)  Talos  (sard.  Lachen)                 28 

Rhadamanthys  (s.  d.),  der  Genosse  des  Minos,  denn  dieser  hat  nichts  mit  Metallarbeit  zu  tun. 

teilte  sich  mit  diesem  in  die  Verwaltung  der  Vielmehr  war  das  Verhältnis  des  Daidalos  im 

Insel,  indem  er  zum  Itichter  in  der  Stadt  be-  Stück  dem  T.  gegenüber  das  des  Gefangenen 

stellt  wurde,  während  Talos  das  übrige  Kreta  zum  Wächter,  den  er  zu  übertölpeln  sucht,  um 

unter  sich  hatte  {y gl.  Hoeck,  Kreta  2,  192;  196).  der  Haft  zu  entrinnen.    Dies  konnte  den  Stoff 

In  diesem  Sinne  wurde  also  auch  Rhadamanthys  zu  einem  Satyrdrama  geben,  bis  Daidalos  durch 

zum  Enkel  des  Talos;  doch  scheint  die  Genea-  die  Luft  entkam.  Denn  Ovid{Med.  8, 185)  sagt: 

logie  keineswegs  allgemein  anerkannt  gewesen  Clausus  erat  pelago  (durch  Talos),  terras  licet^ 

zu  sein,  wie  denn  das  Verhältnis  des  Talos  zu  inquit,  et  utidas  obstruat  (nämlich  T.).     Also 
jenem  in  ganz  anderem  Lichte  erscheint  (vgl.  lo  T.,  der  unermüdliche  Wächter  der  Insel,  hin- 

Suidas  s.  v.  TäfivQig.  Athen.  18,  603  d);   denn  derte  ihn  an  der  Flucht  {Ovid.  Met.  8,  18Sff.\ 

hier  erscheint  er  als  Liebhaber  des  Rhadaman-  Danach  war  der  Künstler  nicht  im  Labyrinth 

thys  und  hat  nach  dem  kretischen  Jtlvthus  den  eingesperrt  (Holland  S.  14),   sondern  nur  von 

zweifelhaften    Ruhm,    die   Knabenliebe    einge-  der  übrigen  Welt  abgeschnitten;   denn  Minos 

führt    zu    haben,   wovon   Ibykos   (fr.  82)   und  hatte  gar  keinen   Grund,  den  Künstler  einzu- 

Phanokles  CEgoatsg   xal  naXol;    vgl.    Mercklin  schließen,   nur  wollte  er  verhindern,  daß  der 

S.  42)  gesungen  haben.    Vgl.  den  Art.  Rhada-  erfindungsreiche    Mann    ihm    verloren   ginge, 

manthys  Sp.  79  f.  Wenn  Kuhnert  (S.  189  A.  9)  die  Möglichkeit 

Talos  umwandelte  als  Wächter  der  Insel  offen  läßt,  daß  T.  von  Daidalos  getönt  wird, 
Kreta  diese  täglich  dreimal  (vgl.  Apollod.  Ap.  20  der  sich  dann   befreit  und   auf  Flügeln   ent- 

a.  a.  0.     Zenob.  5,  86.    Agatharchides  =  Phot.  kommt,  so  ist  erstlich  von  diesem  Tode  nirgends 

bibl.   p.  443  ß),    nach    Plato   (Minos   p.  320  C)  die  Rede,  und  andrerseits   hätte  der  Meister 

dreimal   im   Jahr.     HoUand  (S.  13)   vermutet,  dann  überhaupt  keine  Flügel  mehr  gebraucht; 

daß  diese  täglichen  Runden  des  Riesen  auch  denn  es  hätten  ihm  dann  alle  Wege  zum  Ent- 

im  Daidalos  des  Sophokles  vorgekommen  seien.  kommen  offen  gestanden. 

Hoeck  (2,  71)  sieht  in  dieser  dreimaligen  Wan-  Eine     eigentümliche    Art    der    Bestrafung 

derung  des  Riesen  den  mythischen  Ausdruck  harrte  der  Fremden,  die,  ohne  sich  durch  die 

für  die  drei  Jahreszeiten,  in  denen  die  Sonne  Steinwürfe  des  Riesen  abschrecken  zu  lassen, 

ihre  Bahn  um  die  Insel  beschreibt.    Wenn  auch  auf  der  Insel  landeten.     Eustath.  (Od.  20,  802 
für   Griechenland    die    Zahl   der   Jahreszeiten  30  p.  1893)  erzählt,  T.  sei  ins  Feuer  gesprungen, 

nicht   überall    und  zu   allen  Zeiten  feststand,  habe  seine  Brust  glühend  gemacht  und   dann 

so  finden  wir  in  Kreta  den  Einfluß  des  Orientes  die  Ankömmlinge  umarmt,  während  der  Scho- 

gerade  in   der  Talossage  so  ausgeprägt,    daß  Hast  zu   Plato  (Mep.  1,  p.  396)   sie   im  Feuer 

wir  zu  einer  Gleichsetzung  der  Sonnengötter  verbrennen  läßt.    Diese  Todesarten  werden  mit 

Baal  und  Talos   uns  verstehen  müssen.     Wie  der  Erklärung  des  Sa r danischen  Lachens 

Baal  die  dreifache  Tages-  und  Jahressonne  be-  in  Beziehung  gebracht  (Mercklin  S.  45;  77;  87. 

deutet  (Mercklin  S.  44),  auch  der  Sonnengott  Welcker  1,  74  f.),  worüber  schon  im  Altertum 

Herakles  mit  drei  Äpfeln  in  der  Linken  ab-  keine    rechte   Klarheit    geherrscht    zu    haben 

gebildet  ist,  die  nach  Lydus  (de  mens.  4,  46)  scheint.     Die  Griechen   unterschieden  nämlich 
die  Dreiteilung  der  Zeit  andeuten,   so  ist  in  40  nach   den   einzelnen  Stämmen  und  Gegenden 

dem    gleichen  Sinne   der  Beiname    des  Talos  verschiedene   Arten    des    Lachens,    wie    yblag 

xQiyiyas   und    der    des   Sonnengottes    Mithras  Mfyaptxo?,  'IcoviKog.     So  leitet  auch   Timaeus 

rginXccGiog  zu  deuten.     Mit  diesem    ist  Talos  (Suidas  s.  v.  2JccQMviog  yil(og)  den  Namen  von 

auch  sonst  in  Verbindung  zu  bringen;  heißt  M.  Sardinien  ab,  ebenso  Simonides.     Gestützt  auf 

doch  in  den  Zendbüchern  (vgl.  Preller  2,  127)  diese  Etymologie  macht  Zenobios  (5,  85)  den 

der   blendende,   mächtig   laufende  Held,    und  T.  sogar  zu  einem  Sardinier.    Dagegen  berich- 

dies  stimmt  zu  unserer  Deutung  des  Epitheton  tet  Demon  (bei  Suidas  a.  a.  0.),  daß  in  Sar- 

XaXxovg  bei  Talos.  dinien  nicht  nur  die  Greise  durch  die  Hände 

In  Sophokles*  Daidalos  erscheint  Talos  im  ihrer  Söhne  den  Tod  freudig  erwartet  hätten 
Dienste  des  Minos  als  Wächter.  Dieses  Stück  50  und  unter  Lachen  gestorben  wären,  sondern 
halten  Welcker  (Griech.  Trag.  1,  73  ff.  Holland  auch  die  schönsten  der  Gefangenen.  Weiter 
S.  13.  Mercklin  S.  59;  88)  für  ein  Satyrdrama  nennt  Klitarch  (bei  Suidas  a.  a.  0.)  das  Ver- 
und  neigen  der  Ansicht  zu,  daß  T.  darin  als  zerren  des  Mundes  der  Kinder,  die  in  Kar- 
Unhold  geschildert  ward.  Welcker  identifiziert  thago  dem  Moloch  geopfert  wurden,  ein  grin- 
aber  außerdem  den  Daidalos  (vgl.  Pind.  Nem.  sendes  Lachen.  Und  der  SchoUast  zu  Plato 
4,59.  Arch.  Jahrb.  1,20.  Kuhnert  &.  sl.  0 .  S.  197.  sagt  über  die  von  T.  Bestraften:  cctco  xov  es- 
v.Wilamowitz,  Nachr.  d.  Ges.  d.Wiss.  Gott.  1S9 6,  ariqivui  8ia  rr}v  cpXoycc  röv  oagdccviov  qprjfft 
222.  Pauly-Wissowa  4,  1995)  mit  Hephaistos  Isy^rivai  yücoxa.  Daß  der  Name  überhaupt 
und  läßt  Satyrn  mit  beim  Schmieden  des  T.  nichts  mit  Sardinien  zu  tun  hat,  dafür  ist  das 
(c^)VQO^K6'xol)  behilflich  sein,  die,  als  sich  das  60  Scholion  (ad  Plcit.  rep.  1,  337)  ein  Beweis: 
Werk  der  Vollendung  nähert,  von  Schreck  er-  ovroa  Sh  ZagöSviog  c<v  XiyoLto  xai  oiy  ZuQdd- 
faßt  werden.  Wahrscheinlich  war  in  dem  Stück  viog.  Es  trifft  also  die  Erklärung  des  Simo- 
auch  noch  ein  Gespräch  zwischen  dem  König  nides  (Suidas)  mit  der  des  Scholiasten  zu- 
und  dem  Meister  oder  den  Satyrn  enthalten,  sammen:  aaariQevaL  =  ijtixccivsLv,  und  Mercklin 
um  über  den  Zweck  des  T.  Auskunft  zu  geben.  begründet  diese  Ableitung  von  aalgco.,  indem 
Dagegen  darf  man  nicht,  wie  es  F.  W.  Wagner  er  die  Form  eagSriv  als  Mittelform  annimmt, 
(Poet.  trag.  Gr.  fr.  1,  238)  tut,  den  T.  in  diesem  die  sich  zu  aalgco  verhält  wie  ägdriv  zu  al'gco 
Stück   für   ein  Werk    des   Daidalos    ansehen;  (S.  81  ff.). 


29                Talos  (Tod;  Deutung)  Talos  (Deutung)                     30 

Von  Talos  hat  sich  nur  ein  einziger  Mythus  seiner  dreimaligen  Wanderung  um  Kreta  waren 
erhalten,  mit  dem  die  übrigen  Nachrichten  wir  schon  zu  dem  Schlüsse  gekommen,  daß  T. 
über  ihn  verknüpft  sind,  das  ist  der  Mythus  einen  Sonnengott  bedeuten  muß,  worauf  auch 
von  seinem  Tode  Als  nämlich  die  Argonauten  seine  Bildung  aus  Erz  anzuspielen  scheint 
auf  ihrer  Heimreise  nach  vielen  Mühsalen  sich  {Freller  2,  126.  Hoeck  2,  71.  Gruppe  S.  249  ff. 
Kreta  näherten  und  ein  festes  Obdach  für  die  543  f.  1310).  Weiterhin  ist  es  natürlich,  daß 
Nacht  suchten,  wehrte  auch  sie  der  Riese  durch  Kreta  infolge  seiner  günstigen  Lage  zwischen 
Steinwürfe  ab;  aber  hierbei  fand  er  seinen  Asien  und  Europa  reiche  orientalische  Einflüsse 
Tod.  Medea  bezauberte  ihn  nämlich  durch  (J.  Ovcrheck,  Abk.  d.  Sachs.  Ges.  d.  M^iss.  pliilol.- 
ihren  Gesang,  oder  aber  sie  machte  ihn  wahn-  lo  hist.  Kl.  (1865)  4,  97)  empfangen  hat,  wie  das 
sinnig  oder  machte  ihn  durch  ein  Zaubermittel  im  Taloskult  zum  Ausdruck  kommt  {Mercklin 
kraftlos  und  tötete  ihn  dabei.  Sie  versprach  S.  42).  Wie  nun  in  den  Naturreligionen  des 
ihm,  ihn  unsterblich  zu  machen  und  zog  ihm  den  Ostens  die  Sonne  einerseits  als  belebendes  Ele- 
ehernen  Nagel  aus  dem  Blutgefäß,  worauf  das  ment  aufgefaßt  wurde,  so  zeigte  sie  sich  da- 
lUut  herausfloß  und  T.  an  Verblutung  sterben  neben  als  alles  verzehrende  Glutsonne.  Diese 
mußte.  Nach  anderen  Berichten  ist  er  von  verheerende  Naturkraft  hatte  ihre  Personifika- 
Poias,  dem  Vater  des  Philoktetes,  getötet  wor-  tionen  in  Moloch,  Saturnus,  El,  der  bei  Trecken- 
den, der  ihn  mit  dem  Pfeil  in  die  Ferse  traf  heit  seinen  Sohn  schlachtet  {Gruppe  S.  253), 
{Äpollod.  1,  9,  26.  Ap.  Bh.  Argon.  4,  1659 — 86.  und  diese  Wesen  mußten  mit  dem  Teuersten 
Gruppe  S.  250;  544;  577.  Preller  2,  126.  Merck-  2o  versöhnt  werden,  mit  der  Verbrennung  der  Kin- 
lin  S.  43).  Offenbar  sind  in  diesen  Zeugnissen  der  wie  in  Karthago  und  in  Palästina  {Scham- 
mehrere  Überlieferungen  verquickt  worden;  berger,  Seh.  Prg.  Zeitz  1912,  S.  5  f.,  10),  wofür 
führt  doch  Apollodor  alle  drei  Versionen  an.  ein  Ersatz  eintreten  konnte  wie  beim  Opfern 
Nach  anderen  Fassungen  holen  Zetes  und  Ka-  der  Fremden  auf  Kreta.  Diese  Opfer  zur  Ab- 
iais T.  auf  ihren  Pferden  ein,  worauf  er  ge-  wehr  von  Unheil  begegnen  auch  in  andern 
tötet  wird  {Pyl  Med.  fab.  50),  oder  er  findet  Kulten,  z.  B.  des  Zeus  Lykaios,  der  Artemis 
sein  Ende  durch  die  Dioskuren  {Six,  Ztschr.  f.  Brauronia,  der  Iphigenia.  Das  Eigentümliche 
büd.  K.  N.  F.  7  (1896),  124—127).  an  diesen  mit  Menschenopfern  verbundenen 
Wenden  wir  uns  der  Bedeutung  des  My-  Zeremonien  ist,  daß  sie  sich  nur  an  den  Gren- 
thus  zu,  so  müssen  wir  an  seine  Verwandtschaft  30  zen  der  historischen  Zeiten  nachweisen  lassen 
mit  den  Sonnengöttern,  die  Verbrennung  seiner  und  bald  für  die  Menschenopfer  Surrogate  ge- 
Opfer und  seine  verwundbare  Stelle  denken.  funden  werden:  Bärin,  Hirschkuh,  kleine  sil- 
Und  da  hat  Mercklin  wohl  mit  Recht  (80  fiF.  berne  menschliche  Figuren,  die  sich  in  Palä- 
40  ff.)  betont,  daß  die  Verbrennung  der  Frem-  stina  finden  {Sellin,  Die  neuen  Ausgrabwigen  in 
den  durch  T.  ebenso  ein  Opfer  darstellt,  wie  Palästina,  Umschau  1910,  226).  Eine  größere 
es  Kronos  in  Karthago  {Schol.  ad  Plat.  rep.  1,  Umwälzung  hat  sich  im  Taloskult  vollzogen. 
14  p.  396)  forderte.  Wie  dieses  Brandopfer,  Wie  im  festländischen  Griechenland  der  rohe 
das  der  Gott  auch  in  Griechenland  empfing,  in  Dienst  des  Kronos  der  milden  Zeusreligion 
den  Mythus  vom  kinderfressenden  Kronos  sich  Platz  machte,  so  trat  an  die  Stelle  der  Talos- 
umwandelte  (Biodor  20, 14.  Gruppe  S.  1106  A.),  40  Verehrung  in  Kreta  der  Helioskult.  Als  äußern 
so  dichtete  die  Mythensprache  die  Opfer,  die  Ausdruck  dieser  Verdrängung  setzte  man  den 
der  Gott  Talos  erhielt,  in  der  Weise  um,  daß  Tod  des  T.  an,  wie  im  gleichen  Falle  bei  der 
sie  den  Wächter  T.  die  Fremden  umarmen  Depossedierung  des  Kronos  die  Mythen  von 
und  mit  ihnen  ins  Feuer  springen  ließ.  Aus  Kampf  und  Vernichtung  zu  erzählen  wußten. 
Suidas  a.  a.  0.  erhellt,  daß  T.  dem  Kronos  zu  Ein  anderer  Grund,  daß  der  Talosdienst  schwer- 
vergleichen ist.  Dieser  wiederum  entspricht  lieh  in  die  historische  Zeit  gereicht  hat,  ist 
dem  Kanaanitischen  Moloch,  dessen  Feuerdienst  darin  zu  suchen,  daß  der  Mythus  nur  von 
sich  von  Assyrien  bis  nach  Karthago  verbreitet  seinem  Tod,  also  nur  von  dem  Eingehen  des 
hat,  und  dem  Saturnus  der  Römer  {Mercklin  Kultes  handelt.  Auch  ist  das  nichts  Auffälliges, 
S.  48),  dem  gleichfalls  Menschenopfer  fielen  50  daß  der  eine  Gott  an  die  Stelle  des  anderen 
{Dion.  Hai.  1,  38.  Macr.  Sat.  1,  7.  August,  de  tritt,  wie  wir  am  Kampf  des  Dionysos  mit 
civ.  dei  7,  19),  wie  denn  auch  diese  beiden  von  Triton  {Paus.  9,  20,  4;  5)  nachzuweisen  Ver- 
den Römern  gleichgesetzt  worden  sind  {Curtius  mögen.  In  anderen  Fällen  lassen  die  Griechen 
4,  15.  Tertull.  apol.  9.  Hieron.  ad  Jesai.  c.  46).  die  verdrängten  Götter  unter  der  Erde  in  Höh- 
An  den  Molochdienst  und  seinen  Einfluß  auf  len  als  Heroen  weiterleben;  derartige  Gott- 
die  jüdische  Religion  erinnert,  daß  an  Jehova  heiten  sind  Amphiaraos,  Trophonios,  Python, 
sein  Glanz  gepriesen  wurde  (J^J^^ec/i.  10,  4;  1,27.  Erechtheus,  Hyakinthos  (vgl.  Mohde,  Psyche^ 
Habak.  4,  4.  2.  Sam.  22,  12  f.  Ps.  18,  13).  Wie  S.  106—132).  Wenn  Kuhnert  (a.  a.  Ö.  S.  220) 
nun  Hoeck  (S.  71)  die  Ansicht  vertrat,  daß  eine  den  Taloskult  auch  in  Attika  einführen,  aber 
ungeheure  Erzstatue  den  Ausgangspunkt  des  60  zu  keinem  besonderen  Ansehen  kommen,  die 
Mythus  gebildet  habe,  so  ist  umgekehrt  an-  gräßliche  Form  der  Verehrung  auch  nur  kurze 
zunehmen,  daß  der  Höhepunkt  im  Kulte  des  Zeit  beibehalten  lassen  will,  so  stehen  dieser 
T.  ein  Opfer  gewesen  ist,  indem  bei  großer  Annahme  die  stärksten  Bedenken  entgegen. 
Dürre  zur  Beschwichtigung  des  zürnenden  Doch  nicht  spurlos  verschwindet  der  Gott. 
Sonnengottes  Menschen  in  einem  stierförmigen  An  seine  Stelle  tritt  zwar  Helios,  gewisser- 
oder  stierköpfigen  Erzkoloß  verbrannt  wurden  maßen  als  Adoptivsohn,  aber  die  Erinnerung 
{Gruppe  S.  799.  Duncker,  Gesch.  d.  Altert.  2,  38).  an  das  eherne  Standbild,  dem  einst  Menschen- 
Aus  dem  Beinamen  des  Riesen  xQiylyag  und  opfer    fielen,    bewahrte    ein    mimischer    Tanz 


31                    Talos  (beutung)  Talos  (Deutung)                    32 

(ÄP^ycÄ.  8.V.):  TaX«i(ftTtjff*  <J;yQ)i;  yv^rixdj- jra^-  Europa  bezeichnet  ist.     Trotz  dieser  Lesarten 

nolla  xäyisl9-iv  i)  OQxri<ftg  igccwi^srcct  rbv  Tdi(o  spricht    sich   Welcher    (Gr.   Trag.  1,   7ö   A.  10) 

rbv  jfaXxovv  Ti)s  A'piyrijf  negixoXov  (vgl.  Lukian.  dagegen  aus,   bei  ApoUodor  für  Tcxvgog  ovgog 

de  saltat.  49.    Holland  a.  a.  0.  S.  13).     In  glei-  zu   setzen.     Mercklin  kommt  (S.  46)   zu   einer 

eher  Weise  blieb  die  Verfolgung  der  Töchter  Gleichsetzung  von  Talos,  Minotauros  und  Aste- 

des  Minyas  zu  Orchomenos  als  Mimus  bestehen.  rios,  die  verschiedene  Namen  und  Auffassungen 

Nicht  als  Argument  gegen  die  Göttlichkeit  des  derselben    Sache    bezeichnen,    aber    schon   in 

T.   kann    sein    Tod    angeführt   werden;    man  frühen  Zeiten  sich  in  verschiedene  Zweige  mit 

braucht  dabei  nur  an  den  Tod  des  Zagreus-  verschiedenen  Beziehungen  gespalten  hätten, 
kindes    zu  denken.     Als  sein  Kult   verdrängt  lO        Hatten  wir  oben  den  T.  in  Beziehung  zu 

wurde,   setzte  man   an   die  Stelle  den  Dienst  GaXXm  gesetzt,  in  ihm  also  einen  sekundären 

eines  milden  Sonnengottes,  der  in  seinem  Bei-  Gott   des   Erdsegens   gesehen,   so   können   wir 

namen  das  Andenken  an   den  Vorgänger  be-  ihn  noch  mit  einem  andern  Sonnengotte,  dem 

wahrte.    Wie  der  alte  Dienst  der  Geburtsgöttin  Dionysos  nvQiytvrjg  vergleichen.   Der  Historiker 

Iphigeneia  mit  der  Verehrung  der  Artemis  sich  Ion  (fr.  13)  berichtet  {Paus.  7,  4,  8)  von  seiner 

vermischte,  so  können  wir  dasselbe  bei  T.  und  Heimat  Chios,  daß  sie  von  Kreta  aus  besiedelt 

Helios  verfolgen,  indem   sein  Name  in  ac^jek-  worden  sei   durch  Oinopion  und  seine   Söhne 

tivischer  Form  an  den  Namen  Helios  angefügt  Talos,  Euanthes,  Melas,  Talagos  und  Athamas, 

wurde,  wie  Amphiaraos  an  den  Namen  Zeus.  die  mit  ihrem  Schiffe  dort  gelandet  seien.  Da- 
Beweise  dafür  sind  die  He&ychiosglossen:  TaXcbg.  20  gegen  der  Scholiast  zu  ÄpoUonios  (3,  997)  nennt 

6  ijXiog.  —  TaXaiog'  6  Zsvg  iv  Kgi^ri].    Ferner  als  xriarfig  Dionysos  und  führt  als  seine  Söhne 

begegnet  uns  nach  C.  /.  G.  2554  Z.  95  ein  Heilig-  Oinopion,  Thoas,  Staphylos,  Satramys,  Euanthes 

tum  TW  Zj]vbg  t&  TaUaico,  und  nach  Z.  178  und  Tauropolos  an.    Es  ist  ohne  weiteres  klar, 

schwören  die  Einwohner  von  Lato  .  .  .  xal  thv  daß    diese   Sagen   als   Symbolik   für  die  Ver- 

Zf^vu  rbv  TcdXalov  (vgl.  Philol.  9,  694  f.   Bull.  breitung  der  Weinkultur  von  Kreta  nach  Chios 

de  corr.  hell.  3,  293).  —   Usener  {Götternamen  zu  deuten  sind.     Wie  Oineus  in  Aitolien,   so 

S.  130  f.)  und  Wide  (Lak.  Kulte    S.  18;   216)  ist  Oinopion  in  Chios  eine  Hypostase  des  Dio- 

weisen  nach,  daß  in  Sparta  ein  Zeus  Taletitas  nysos  selbst;  denn  sein  Name  entstammt  dem 

mit  Auiesia  und  Damoia  {Le  Bas-Foucart,  Thiasos  des  Gottes  (PreZfer-JRoft^ri  S.  451  f.  718). 
Expl.  p.  144)  vereinigt  war.    Diese  beiden  Göt-  so  Außerdem  wird  die  Rolle,  die  Oinopion  nach 

tinnen  waren  Beschützerinnen  des  Erdsegens,  Pau^san.  hatte,  dem  D,  bei  Apoll,  selbst  zuge- 

und  es  leuchtet  ein,  daß  dieser  Zeus  ähnliche  schrieben.     Osann  {Rh.  Mus.  1835,  241  f.)  hat 

Funktionen  ausgeübt  haben  muß.     Er  nimmt  die  beiden  Stellen  mit  Diodor  verglichen  und 

hier  die  Stelle  einer  weiblichen  Gottheit  ein,  der  gefolgert,  daß  unter  den  Söhnen  des  D.  Tauro- 

OaXXoo  oder  OaXla  {Usener,  Götternamen  S.  134),  polos  dem  Talos  entspricht.  Wie  dem  D.,  einem 

deren  Name  ausdrückt,   daß  sie  die  Pflanzen  Sonnengotte,  das  Sprießen  der  Vegetation,  ins- 

sprießen  läßt.  Aus  diesen  Formen  ließe  sich  auch  besondere    des  Weines,    zugeschrieben  wurde, 

Taliaroff  erklären.  Nicht  darf  es  wundernehmen,  der  die  höchste  Hitze  erfordert,  so  sehen  wir 

daß  dieser  Beiname  dem  Zeus  hier  beigelegt  hier  diese  Funktion  vom  Vater  D.  oder  Oino- 
wird,  während  von   T.   feststeht,   daß   er   ein  40  pion   auf  Talos    oder  Tauropolos  übertragen. 

Sonnengott  ist.  Welcker  {Griech.  Götterl.  2,  245)  Man   dachte  sich  also  den  T.   gleich  dem  D. 

hat  mit  Recht  darauf  hingewiesen,  daß  Zeus  stiergestaltet.  Plutarch  {de  Is.  et  Os.  c.  35  p.  364) 

Tallaios  nichts  anders  als  Helios  in  Kreta  ist;  beschreibt,  wie  die  Sechzehn  Frauen  von  Elis 

dieser  gilt  in  Kreta  für  den  höchsten  Gott  und  den  D.  anrufen,   mit  dem  Stierfuße  zu  nahen, 

wird  deshalb  nur  Zeus  genannt.    Dem  Sonnen-  wie  er  heiliger  Stier  angeredet  wird  (vgl.  L. 

gotte    waren    naturgemäß    die    Höhen    heilig  Weniger,  Die  Sechzehn  Frauen.    Prg.  Weimar 

{Wide  S.  216.    3fercA7m  S.  40;  48;  51),  und  so  1883,5—9). 

finden  wir  auf  dem  höchsten  Gipfel  des  Tayge-  In  enger  Beziehung  steht  seit  undenklichen 
tos  die  Bergspitze  Taleton  dem  Helios  geweiht.  Zeiten  das  Rind  zum  Feuer  und  zum  Sonnen- 
Auf  diesem  Berge  wurden  dem  Gotte  besonders  50  gott  {Gruppe  S.  799),  weshalb  den  Sonnengöttern 
Pferde  {Paus.  3,  20,  4)  geopfert;  sollten  wir  Rinderherden  heilig  waren,  so  die  Rinder  des 
hier  nicht  auch  die  mildere  Form  eines  Opfers,  Helios  {Od.  12,  299  ff.),  des  Helios  von  Gortyn, 
die  mit  der  Zeit  eingetreten  ist,  haben,  und  des  Aietes  {Gruppe  S.  249;  543  f).  Wie  Dio- 
soUte  nicht  auch  der  alte  Name  des  Gottes  nysos  als  Stier  aufgefaßt  wurde,  so  deutete 
durch  den  geläufigeren  ersetzt  worden  sein,  man  Pasiphae  und  Helios  als  Kuh  und  Stier 
während  der  Berg  den  Namen  beibehielt?  {Wide  S.  250).  Und  wie  Medea  den  Riesen  T. 
Einen  anderen  Namen,  der  ebenfalls  auf  einen  bezwingt,  indem  sie  den  ehernen  Nagel  aus 
Sonnengott  hindeutet,  bezeugt  ApoUodor  (1,  9,  seinem  Fuße  löst,  so  bändigt  sie  mit  Jason  die 
26):  OL  dk  TavQov  avrbv  XiyovGiv.  Diese  Be-  erzfüßigen  Stiere  des  Aietes  {Gruppe  S.  543  f.). 
Zeichnung  kehrt  wieder  im  Namen  des  Mino-  60  Auf  diesen  Zug  des  Talos,  seine  Verwund- 
tauros;  auch  heißt  dieser  öfters  nur  TavQog  barkeit,  muß  noch  eingegangen  werden;  sie 
{Stephani  a.  a.  0.  S.  26).  Dies  hat  zu  einer  scheint  mit  seiner  Eigenschaft  als  Sonnen- 
Gleichsetzung  des  T.  und  Minotauros  geführt  und  Feuergott  zusammenzuhängen.  Bekannt 
{Mercklin  S.  45.  Hoeck  2,  71).  Dem  entgegen  ist,  daß  Hephaistos  xvIXotcoS'kov  lahm  war, 
steht  nach  Hercher  {Hermes  5,  287)  das  Zeugnis  welche  Eigenschaft  bei  einigen  seiner  Söhne, 
von  Dosiadas  {Anih.  Pal.  15,  26  nebst  Schol.\  Periphetes  und  Palaimonios,  wiederkehrte.  Wie 
der  ihn  yvioxaX-nog  ovgog  nennt,  ebenso  Ap.  Rh.  dieser  Zug  zu  erklären  ist,  steht  noch  nicht 
(4, 1Ü43),  wo  er  als  ovQog,  d.h.  als  Wächter  der  genau  fest  (vgl.  Gruppe  S.  1306;    1310).     Die 


33 


Talos 


Talos 


34 


Verwundbarkeit  des  Talos  scheint  aljer  ein 
feststehender  Zug  zu  sein,  ihm  also  nicht  nur 
als  dem  Vater  des  Hephaistos  zuzukommen, 
weshalb  ihn  Ch'uppe  (S.  644)  seinem  Wesen 
nach  mit  den  Stieren  des  Son- 
nengottes vergleicht.  Eben- 
so eigentüm- 
"">'>-  lieh  und  noch 
unerklärt  ist 
die  Schwäche 
in  den  Füßen 
an  Wieland 
dem  Schmied, 
Völundr   (vgl. 

Schrader, 
Sprachvergl.u. 
Urgesch.  ^     2, 
18  ff.    Ed.  Meyer,  Gesch.  des  Altertums  2,  109. 
Holland  S.  37  f.). 

Die  bildende  Kunst  ist  arm  an  Darstel- 


1)  Münzen  des  Talos  von  Phaistos 

(nach  Catal.  of  grcck  coin»  Brit.  Mus.  Crete 

Taf.  15,  11  u.  16,  6). 


Cavedoni  S.  154.  Miomtet  p.  332  nr.  231—234. 
Head  a.  a.  0.  Wroth  p.  ß4  nr.  20;  27;  28;  pl.  XV, 
11;  XVI,  16.  Mercklin  Taf.  1,  1—4)  haben  die 
Eigentümlichkeit,  daß  der  Heros  im  Gegensatz 
zur  literarischen  Überlieferung  nur  mit  Flügeln 
dargestellt  ist.  Die  Körperhaltung  ist  bald 
derart,  daß  er  von  vorn  gesehen  in  beiden 
Händen  Steine  trägt  und  die  Rechte  zum  Wurf 
erhoben  hat,  in  sogenannter  Anschlagstellung, 

10  bald  mit  der  unbewehrten  Rechten  den  An- 
kömmlingen ein  Zurück  gebietet,  bald  von 
rechts  nach  links  vordringend  gedacht  ist^ 
beide  Hände  bewehrt.  Er  ist  also  stets  als 
eifriger  Wächter  gebildet,  bisweilen  noch  durch 
einen  Hund  unterstützt  {Mionnet  nr.  234.  Merck- 
lin nr.  4.  Wroth  pl.  XVI,  6),  der  hier  auf  dem 
Revers  der  Münze,  dort  zwischen  den  Füßen 
des  Dahineilenden  zu  sehen  ist.  Welche  Be- 
ziehungen   der    anstürmende    Stier   ausdrückt, 

20  der    auf  einigen   Münzen    {Mercklin    nr.  1 — 3. 


2)  Der  Tod  des  Talos  auf  einer  zu  Kuvo  gefundenen  Ampliora  (nach  Baumeister,  Denkmäler  3,  1722). 


lungen  aus  dem  Mythus  des  T.  Mercklin  (S.  87  f.) 
erblickt  die  Ursache  davon  darin,  daß  im  Zeit- 
alter der  reifsten  Kunst  der  Kult  des  T.  teils 
im  Heliosdienst  aufgegangen  war,  teils  seine 
Bedeutung  sich  verschoben  hatte  (vgl.  Sophokles' 
Daidalos  u.  Kamikier).  Unseres  Erachtens  ist 
Talos  dem  eigentlichen  Griechenland,  mit  Aus- 
nahme höchstens  von  Lakonien,  ferngeblieben 
und  hat  nie  in  Attika  eine  Heimat  gefunden. 
Von  Kunstdeukmälern  seiner  Heimat  Kreta  sind 
es  Münzen,  die  ausschließlich  Kunde  von  ihm 
bringen,  und  zwar  Münzen  der  Stadt  Phaistos 
{Gruppe  S.  250).  Warum  gerade  und  nur  diese 
Stadt  den  T.  als  Münztypus  gewählt  hat,  ob 
wegen  ihrer  hohen  Lage  oder  wegen  des  An- 
klanges  des  Namens  an  den  Feuergott,  oder  etwa 
weil  sie  eine  Gründung  des  Minos  war  {Strab. 
10,  14  p.  479.  Diod.  5,  78),  der  mit  T.  eng  ver- 
knüpft wurde,  ist  nicht  klar  zu  erweisen;  jeden- 
falls sollte  man  Erinnerungen  an  T.  nicht  im 
Süden  der  Insel,  wo  Phaistos  lag,  sondern  im 
Norden,  wo  das  Talaiongebirge  auf  den  Heros 
hinweist  {Gruppe  S.  249  A.  12.  Mercklin  S.  55  ff. ; 
91  ff.),    suchen.      Alle    diese    Münzbilder    (vgl. 

Koscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V. 


Wroth  pl.  XV,  11)  an  Stelle  des  Hundes  auf 
der  Rückseite  der  Münzen  dargestellt  ist, 
ob  er  nur  das  Symbol  des  Sonnengottes  ist 
{Mercklin  S.  91),  müssen  wir  dahingestellt  sein 
lassen.    Das  Haar  des  T.  ist  auf  einigen  Mün- 

50  zen  {Mercklin  a.  a.  0.  Taf.  1  nr.  1—3.  Wroth 
pl.  XV,  1)  so  eigentümlich  stilisiert,  daß  diese 
Haartracht  unwillkürlich  an  den  Strahlenkranz 
der  Lichtgottheiten  erinnert  {Gruppe  S.  3823. 
Boscher,  Sei.  S.  23;  83).  Das  ist  weiter  nichts 
Sonderbares;  haben  wir  in  Talos  doch  den 
Prototyp  des  Koloß  von  Rhodos.  Die  ein- 
zige Darstellung  des  T.  neben  den  Münzen 
verdanken  wir  der  schon  erwähnten  Apu- 
lischen  Prachtamphora   aus  Ruvo.     Eingehend 

60  ist  über  sie  gehandelt  worden  von  Avellino 
{Bull.  Nap.  1846  nr.  LXX  p.  137  f.;  IH,  tav.  2, 
nr.  51 ;  IV,  tav.  6,  nr.  70),  Panofka  {Ärch.  Ztg. 
1846,  nr.  44,  p.  3 13 ff.;  Taf.  44;  45;  1848,  nr.  24, 
p.  369—373,  Taf.  24,  1),  Mercklin  (S.  92—101), 
bei  Baumeister  {Denkm.  d.  Ä.  1722  ff.),  in  den 
Wiener  VorlegebläUern  Ser.  4,  Taf.  5.  Gesichert 
ist  die  Bedeutung  der  dargestellten  Szenen 
besonders   durch  die  Hinzufügung  der  Namen 

2 


35                          Talos  Talos           '                36 

über  den  einzelnen  Personen.  In  der  Mitte  WQÖtxos  Uqov.  Ovid.  Met.S,2ZBS.  Hygin.fab. 
erblicken  wir  T.,  vollständig  unbekleidet,  ohne  89;  244;  274.  Serv.  Äen.  6,  14.  Georg.  1,  143. 
Flügel.  Er  ist  allein  weiß  gezeichnet,  und  Tzetz.  CHI.  1,  494  flf.  Schol  Eur.  Or.  1648),  aus 
durch  Schattierung  mit  Tinte  hat  der  Künstler  dem  Geschlechte  der  Metioniden  {Preller,  Gr. 
den  metallenen  Glanz  auf  dem  als  jugendlichen  Myth.  2, 166  ff. ;  498.  Toepffer,Att.  Gen.  S.  164ff.), 
Epheben  gedachten  Riesen  hervorzurufen  sich  Enkel  des  Metion,  Urenkel  des  Erechtheus 
bestrebt.  Der  Körper  sinkt  schwerföllig  zurück;  {Pherekyd.  =  F.  H.  Gr.  1,  97  fr.  105.  Plat.  Ion 
das  rechte  Knie  hält  er  steif  gestreckt;  das  p.  633.  Diod.  4,  76)  oder  Enkol  des  Eupalamos 
linke  ist  gebeugt;  die  Arme  läßt  er  nach  beiden  und  Urenkel  des  Metion  {Äpollod.  3, 16,  8.  Serv. 
Seiten  sinken,  während  das  Haupt  nach  rechts  lo  Äen.  6, 14.  Schol  Plat.  rep.  649  D.  Alk.  1, 121 A. 
sich  senkt  und  das  Gesicht  schmerzlich  ver-  Suid.  s.  v.  FligSmog  isQ6v^  wahrscheinlicli  auch 
zogen  erscheint.  Hinter  dem  Sterbenden  ragt  nach  Hygin  a.  a.  0.,  obgleich  im  Texte  Euphe- 
ein  abgebrochener  Baum,  an  dem  nur  noch  mus  steht),  oder  Enkel  des  Palamaon  {Paiis.  1, 
ein  Zweig  belaubt  ist,  hervor,  ein  Sinnbild  des  3,  2),  was  nur  eine  Variante  zu  Eupalamos  zu 
Sterbens  in  der  Natur.  Von  rechts  sucht  Poly-  sein  scheint,  Neffe  der  Metiadusa  und  des  Ke- 
deukes,  der  vom  Pferde  gesprungen  ist,  von  krops  {Äpollod.  3,  15,  6).  Der  Name  lautet  bald 
links  Kastor  den  langsam  Dahinsinkenden  zu  Talos  {Hellanikos  =  F.  H.  Gr.  1,  66,  82.  Diod. 
halten.  Daraus  geht  hervor,  daß  diese  am  Äpollod.).,  bald  KdXmi  (Paus.  Suid.  Phot.  = 
Ende  des  Riesen  unschuldig  sind  und  die  Ver-  Äpostol.  14,  17),  bald  Perdix  {Suid.  Phot.  Athen. 
anlassnng  von  Medea  ausgeht,  die  links  in  orien-  20  9,  388  F  =  Sophokles'  Kamikioi  fr.  300;  vgl. 
talischem  mit  Sternen  geschmückten  Kleide  Schol.  Ov.  Ibis  4=98;  Met.  a.a.O.  Hygin.  Serv. 
mit  phrygischer  Mütze  steht,  in  der  Linken  die  Äen.  a.  a.  0.).  Über  die  Beziehungen  der  drei 
cista  mystica  hochhält  und  dabei  starr  auf  Namen  zueinander  ist  zu  verweisen  auf  Welcker 
den  Sterbenden  blickt,  während  sie  mit  der  {Gr.  Trag.  2,  4SS{.\  Lange  (Verm.  Sehr.  ^.2Uf.), 
Rechten  außerdem  auf  ihn  hinzeigt.  Rechts  Mercklin  {Die  Talossage  S.  62  ff. ;  68  ff.),  Kuh- 
sind  die  Götter  des  Meeres  Poseidon  und  seine  nert  {Jahrb.  f.  klass.  Philol,  Suppl.  15,  187  ff.; 
Gemahlin  Amphitrite  zusehen,  diese  mit  Zep-  192;  219  ff.),  den  Artikel  Daidalos  (Pauhj- 
ter  und  Palmettenkrone  geschmückt,  jener  mit  Wissowa,  Daidal.  1996  f.),  den  Artikel  Kalos 
dem  Dreizack  in  der  Hand  und  das  Haupt  mit  Bd.  2  Sp.  938),  Holland  {Programm  d.  Thomas- 
Lorbeer  umwunden.  Unter  den  beiden,  die  in  so  schule  zu  Leipzig  1902  S.  21  ff.)  und  besonders 
den  Wolken  thronend  zu  denken  sind,  flieht  den  erschöpfenden  Artikel  Perdix  (s.  d.  Bd.  3 
eine  Frau  in  langem  Chiton,  die,  um  schneller  Sp.  1946  ff.).  Talos  wurde  mit  dem  zwölften 
vorwärts  zu  kommen,  den  linken  Zipfel  ihres  Jahre  {Ov.  Met.  8,  243)  von  seiner  Mutter  dem 
Kleides  in  die  Hand  genommen  hat.  Links  Oheim  als  Lehrling  anvertraut,  dem  hoch- 
liegt auf  dem  Wasser,  das  durch  einen  Del-  berühmten  Meister,  weil  er  sehr  begabt  war 
phin  angedeutet  ist,  das  Vorderteil  der  Argo,  und  scharfen  Verstand  besaß.  Bald  aber  über- 
von  der  Zetes  und  Kaiais  dem  Vorgange  zu-  traf  der  Schüler  den  Meister  an  Geschicklich- 
schauen,  während  auf  einer  Leiter  ein  Jung-  keit  und  erregte  seinen  Neid.  Er  erfand 
ling  eilig  zum  Schiff  hinaufsteigt.  Ohne  Zweifel  nämlich  die  Säge,  indem  er  sich  die  Gräten 
haben  wir  die  Darstellung  vom  Tod  des  T.  40  der  Fische  {Ovid,  Hygin.  fab.  274.  Serv.  Äen. 
durch  die  Zauberin  Medea  bei  der  Landung  6,  14.  Isidor.  Orig.  19,  19,  9)  oder  die  Kinn- 
der  Argo.  auf  Kreta.  Welche  List  Medea  hier-  lade  einer  Schlange  zum  Muster  nahm  {Äpollod. 
nach  angewandt  hat,  läßt  sich  schwer  sagen.  3,  15,  9.  Diod.  4,  76.  Tzetz.  Chil.  1,  414,  vgl. 
Die  Dioskuren  kommen  nicht  als  Teilnehmer  auch  Hygin.  fab.  39.  Serv.  ad  Verg.  Georg.  1, 
an  der  Fahrt  in  Betracht,  sondern  sind  als  143.  Schol.  Ov.  Ib.  498.  Lact.  Plac.  8,  3),  dann 
Retter  und  Helfer  zu  denken;  vielleicht  hatten  den  Zirkel  {Ov.  Diod.  Sidon.  ÄpoUin.  Ep.  4, 
sie  den  Auftrag,  ihn  zu  den  ewigen  Göttern  3,  5.  Hygin.  fab.  274.  Serv.  Äen.  Georg.)  und 
zu  bringen,  wie  die  Verheißung  der  Medea  die  Töpferscheibe  {Diod.).  Deshalb  tötet  ihn 
lautete.  Die  Boreaden,  hier  ungeflügelt,  sind  Daidalos,  indem  er  ihn  von  der  Akropolis,  nach 
nur  Zuschauer,  nicht  als  beteiligt  zu  denken.  50  der  gewöhnlichen  Annahme,  vom  Dache  seines 
Über  andere  Deutungen  ist  oben  bereits  ge-  Hauses  nach  Hygin.  fab.  39  (vgl.  Pauly-Wissowa, 
sprochen  worden.  Über  den  zur  Leiter  hinauf-  Daidalos  S.  1996.  Art.  Perdix  Sp.  1948)  herab- 
steigenden Jüngling  vgl.  Mercklin  S.  95  f.  Die  stürzt.  Begraben  lag  er  am  Südabhange  der 
fliehende  "Frau  ist  am  einfachsten  als  Krete,  Burg  (Pai^s.  1,  21,  9.  Luk.  Pisc.  4:2  nehat  Schol). 
die  Schutzgöttin  der  Insel,  zu  deuten,  wie  wir  Schwierigkeiten  bereitet  nur  die  Frage,  ob  das 
auch  beim  Raube  der  Persephone  die  fliehende  Grab  des  Talos  {Luk.  Pisc.)  identisch  ist  mit 
Nymphe  des  Landes  angedeutet  finden  {Curtius,  dem  hgbv  Tligdi-Ko?  {Suid.  Phot.  vgl.  Bau- 
Abhdl.  d.  Berl.  Äkad.  1878,  28).  Über  zwei  meister,  Denkm.  d.  Altert  S.  194.  Wachsmuth, 
andere  Denkmäler,  zwei  Spiegel,  auf  denen  Stadt  Athen  1,  244,  3).  Dem  Namen  Perdix, 
man  das  gleiche  Abenteuer  dargestellt  glaubte,  60  der  schon  bei  Lebzeiten  des  Sophokles  (vgl. 
handeln  Mercklin  (S.  102  ff.),  Gerhard  (Taf.  66,  Suid.)  vorkommt,  liegt  ein  alter  Verwandlungs- 
1;  58),  Panofka  {Arch.  Ztg.  1845,  196;  1846,  mythus  zugrunde;  auch  kann  ich  darin,  daß 
317),  Stephani  {Compte  rendu  1867,  24),  Pyl  einmal  {Suid.  Phot.)  ein  Heiligtum  des  Perdix, 
{Med.  fab.  p.  49  f.);  doch  sind  die  Beziehungen  das  andre  Mal  {Luk.  Pisc.)  ein  Grabmal  des 
recht  zweifelhafte.  Heroen  erwähnt  wird,  keinen  Widerspruch 
2)  {TdXcag),  Neffe  des  Daidalos,  Sohn  der  finden  (Art.  Perdix  S.  1950).  Denn  bei  einem 
Perdix  {Äpollod.  3,  16,  9.  Diod.  4,  76.  Paus.  Heroen  ist  das  Grab  eben  sein  Heiligtum  {Bohde, 
1,  21,  4;   24,  4;    7;  4,  5.    Suidas,  Phot.   s.v.  Psyche^    S.  106  —  132.      Mercklin    S.  64).    — 


37                         Talthybios  Taltbybios                         38 

MerckliniS.b6ü\;  70flF.;  76),  Kuhnert{S.  219  fi.\  II.  7,  274  tf.;   die  Herolde  heißen  hier  (v.  274) 

Grujype  {Gr.  Myth.    S.  17;    260)    identifizieren  Jib?  &yyhXoi  iiSt  xal  &vSQd)v,  und  nach  IL  19, 

den  Schüler  Talos   mit  dem   kretischen  Gotte  250  ist  Talthybios  ■S-fw  (vccXiyv.Log  ccvä^v,  weil 

gleichen  Namens  (s.  d.;  vgl.  Holland  S.  21  A.).  er  als  Herold  eine  helle,  durchdringende  Stimme 

Kuhnert  hält  die   Verschmelzung   eines   alten  haben  mußte,  wie  auch  der  Sänger  Od.  1,  371 

Perdixkultes    in    Athen    mit    dem    von    Kreta  und  9,  4  bezeichnet  wird   als  d-totg  ivaXiyxios 

kommenden   Talosdienst   für   des    Rätsels   Lö-  aidr^v.  Als  Agamemnons  Herold  wird  Talthy- 

sung  und  behauptet,  daß  durch  Sophokles  Talos  bios   erwähnt  in   des   Euripides  Ij)h.  Aul.  95. 

in   den   Schüler  des  Daidalos  und   den   kreti-  1663,  als  Person  tritt  er  auf  in  dieses  Dichters 

sehen  Riesen  aufgelöst  worden  sei.    Er  erfindet  lo  Uckabe    v.  484 — 682    (vgl.    auch    v.  727)    und 

als  Todesart   des  Riesen  Talos   den  Sturz  von  Troades     v.     235—306.     408—423.     709—739. 

einem   Felsen,    für  den   es    kein  Zeugnis   gibt  782—789.    1123—1156.    1260—1286;    Hermes- 

(S.  219),  und  erdichtet  einen  Kampf  zwischen  Mercurius  wird  bezeichnet  als  der  ^Talthybius 

D.,   dessen  Ruhm   sich   erst   später  von  Kreta  deorum'  Sen.  apocol.l%\  vgl.  auch.  Plaut.  Stich. 

aus  verbreitet  haben  soll,  und  dem  Gotte  Talos.  2,  2,  32.    Nach  Herod.  7,  134  besaß  Talthybios 

Da  in  diesem  der  Künstler  unterliegen  mußte  zu  Sparta  ein  Heiligtum,  und  in   seinem  Ge- 

(S.  229),    so    sei    hinterher    die  Sage    von  der  schlecht,    bei   den    sog.  Talthybiaden,   war 

lache  des  D.  an  Talos  entstanden.    Diese  Aus-  das  Amt  der  Staatsherolde  erijlich.     Und  wie 

ührungen  entbehren  jedes  Anhaltes;   auch  er-  Herodot  spricht   auch  Faus.  3,  12,  7  von  des 

scheint    es    sonderbar,    daß    die    Kreter,    weil  2o  Talthybios  Zorn  {^rivig,  (ii^viiia)  wegen  der  Er- 

Talos  zum  Schüler  des  D.  geworden  sei,   dem  mordung  der  Herolde,   die  von  Dareios  nach 

Attischen  Mythus  zuliebe  ihren  Talos  auf  den  Hellas  gesandt  worden,  um  Erde  und  Wasser 

Münzen  jugendlich   dargestellt  hätten.     Wenn  zu  fordern;  die  Spartaner  konnten  infolge  dieses 

eine  merkwürdige  Ähnlichkeit  zwischen  Ikaros  Zornes   kein   günstiges    Opfer   mehr   erhalten, 

und    dem    Kreter  Talos    besteht    und   Gruppe  und  das  währte  so  lange,  bis  zwei  Spartaner 

(S.  17  4;  250 2)  diesen  einen  Doppelgänger   des  selber  sich  dem  Xerxes  überlieferten  zur  Sühne 

Ikaros  nennt,    so   folgt  noch  lange  nicht,   wie  für  die  erschlagenen  Herolde  usw.,  vgl.  Herod. 

jfiTiJmeri  (S.  221)  behauptet,  daß  beide  zwei  ver-  7,  134  flf.     Paiis.  3,  12,  7    spricht    von    einem 

schiedene  Versionen  desselben  Mythus  darstel-  ipvij^a  des  Talthybios  zu  Sparta  in  der  Nähe 

len  und  Daidalos  nur  Flügel  erhielt,  weil  Ikaros  30  des   Hellenion   und   fährt  fort,    daß  auch  die 

und  Talos   in  der  Sage  (Holland  S.  28)   schon  Aigieer   in  Achaia   auf  ihrem  Marktplatz   ein 

welche  besaßen.     [Buslepp.]  solches  zeigen,  das  sie  für  das  des  Talthybios 

TalihjMos  (TaXd-vßiog,  nsLch  Immanuel  Bek-  ausgeben;    deutlicher  bezeichnet  er  7,  23,   11 

ker,    Hom.  Blätter    S.  222,  12 f.    von    %'ccXlsiv^  dies  fivri^a   zu  Aigion   als  TccXd^vßiov  tov  nrj- 

*Q'aXtvs,  *taXd"vg  -\- ßlog,  vgl.  ßLod^dXiiLog,  ^o-  Qvzog  täcpog,  wozu  er  hinwieder  beifügt:  ^Dem 

^dX^iog.,  also  der  Lebenskräftige,  in  der  Blüte  Talthybios   ist   auch   zu    Sparta   ein  Denkmal 

Lebende,  vgl.  auch  Pape- Benseier,  Wörterh.  d.  aufgeworfen,  und  beide  Städte  bringen  ihm 

griech.  Eigenn.  s.  v.,   ferner  Fick-Beditel,  Die  Totenopfer'  {Y,i%(oax(Xi  dh  ttp  T.  -nal  alXo  yivfi^u 

griech.  Personennamen'^  S.  384),   der  bekannte  iv  HnccQtTfi,  %cä  avxmai  TCoXsig  ivayi^ovatv  ccfi- 

Herold  Agamemnons,  bei  Homer  genannt  II.  1,  40  qpdrfpat) ;  über  diesen  "^vordorischen'  Kult  vgl. 

320.  3,  118.  4,  192.  193.   7,  276.  19,  196.  250.  S.  Wide,  Lakon.  Kulte  S.  348 f.,  über  die  Tal- 

267.  23,  897.    Er  und  sein  Kollege  Eurybates,  thybiaden  vgl.  z.  B.  Welcker,  Gr.  Götterl.  3,  282. 

td)  ol  {seil.  kycc^E^vovi)  ^accv  xT^pvxs  xal  otQif\Q6i  Nach   Aristot.  ep.  37   {Anth.  app.  9,  38)    fand 

Q'EQaTCovrs   (Eurybates,    der  ^Weitschreitende',  sich    des   Talthybios   Grab   zu  Mykene;    auch 

hieß  auch  ein  Herold  des  Odysseus,  II.  2, 184.  soll  Talthybios  nach  Kreta  eine  Kolonie   ge- 

9,170.    0<i.  19,  247,  s.  0.  Bd.  1,  Sp.  1420,  38ff.),  führt    und    daselbst  Tegea    gegründet    haben, 

soUen   die  Briseis  holen,  II.  1,  320  ff.,  worauf  Exe.  Strab.  10,  34  =  G.  G.  M.  2,  592  (ort  T. 

sich  stützt  Ovid.  her.  3,  9ff. ;    ebenso  wird   er  nitcc  tu  TgcoLKcc  cc7toiy.lav  ^orsiXsv  dg  Kgißtriv). 

mit  Odysseus  zusammen  von  Agamemnon  ab-  Steph.  Byz.  s.  Tsyea  p.  610,  14  {hti,  v.ccl  Teyicc 

geordnet,    die    Iphigeneia    zu    holen,    Apollod.  50  iv  Kq'^tj]  vtco  Tocl^vßiov  v.ti6bElaa)\    er  soll 

epit.  3,  22  W.;  ebenda  3,  9  die  Sage  vom  treu-  auch  Ahnherr  der   @Bo%riQvv,Bg  bei  den  Eleu- 

losen    Kinyras,    der   Menelaos,    Odysseus    und  therien  gewesen  sein,  Hesych.  s.  v.  @soyiiJQVHsg 

Talthybios    zwar   fünfzig   Schiffe   zum   Kriege  {yivog  xb   ocTtb  TccX&vßiov,  ■nccgä  'EX^vd-sgioig). 

versprach,  dagegen  nur  ein  wirkliches  und  statt  Nach  Nikolaos  von  Damaskos  frg.  34  {F.  H.  G. 

der    übrigen    49    Tonmodelle    schickte,     vgl.  3,  374 f.,  vgl.  auch  Hict  Cret.  6,  2)  habe  Tal- 

Eustath.  II.  11,  20  p.827,  37  ff.  o.Bd.2,Sp.ll90f.,  thybios  den  Orestes  vor  Aigisthos  bewahrt  und 

69  ff.  3299,  40 ff.  Gruppe,  Gr.  Myth.  638  f.  —  Tal-  ihn  untergebracht  bei  Strophios  in  Phokis  (nach 

thybios    wird    ausgeschickt    nach    dem    Arzte  Hict.  bei  Idomeneus,  ^qui  apud  Corinthum  age- 

Machaon,  II.  4,  192  ff.  (v.  193  f.  zitiert  Paus.  2,  bat'  vgl.  Gruppe,  Gr.  M.  702  A);  an  Stelle  des 

26,  10),  und  wie  es  zum  Zweikampf  zwischen  60  Talthybios  erscheint  bei  Pind.  Pyth.  11, 18  (25) 

Paris   und   Menelaos   kommen   soll,    entsendet  Arsinoe   als   die  Amme,  die  den  Knaben  den 

ihn  Agamemnon  ein  Lamm  zum  Opfer  zu  holen,  Händen  der  Klytaimestra  entriß  und  zu  Stro- 

II.  3,  118  ff.,   ebenso   einen  Eber  II.  19,  196  ff.  phios  brachte,  in  des  Aischylos  CJioeph.  ist  es 

(v.  266—268  zitiert  Paus.b,  24,  11).  Was  heut-  eine  namenlose  KlXlögcc  (v.  732);  nach  Stesicho- 

zutag  noch  bei  einem  Duell  die  Sekundanten,  ros  {Schol.  Aisch.  a.  0.)  frg.  41  {hei  Bergk  3*, 

das  ungefähr  leisten  die  homerischen  Herolde,  222)  und  nach  Pherekydes  {Schol.  Pind.  a.  0.) 

wobei  dem  Talthybios  auf  selten  der  Griechen  frg.  96  {F.  H.  G.  1,  94)  hieß  sie  Laodameia,  vgl. 

bei  den  Troern  der  Herold  Idaios  entspricht,  0.  Bd.  1,  Sp.  537,  37 ff.  2,  Sp.  1185,  4ff.   1828, 


39 


Talthybios 


Talthybios 


40 


62 ff.;  dazu  C.  Bobert,  Bild  u.  Lied  S.  164 ff., 
der  annimmt,  daß  ^Weiterbildungen  des  in 
einer  früheren  poetischen  {Stesichoros?)  Behand- 
lung vorkommenden 
Talthybios'  vorliegen 
In  dem  xaidayrny^S  ^^ 
der  Ekktra  des  Sopho- 
kles, im  ngiößvs  in  des 
Euripides  Elektra  (rpo 
qpsvff  T.  16);  dagegen 
Gruppe,  Gr.  M.  101,1. 
Unter  den  Bild- 
werken ist  an  erster 
Stelle  zu  nennen  das 
stilistisch  besonders  in- 
teressante archaische 
Relief  von  Samothrake 
(etwa  der  Mitte  des  6. 
Jahrh/s  zuzuweisen), 
1790  gefunden,  1816 
aus  Sammlung  Choi- 
seul-  Gouffier  in  den 
Louvre  übergegangen 
(Catal.  nr.  697),  Brück- 
mann  Tf.  231a.  Ove)- 
heck,  Gried^.  Plast.  1\ 
110  Fig.  12.  Collignon 
(=  Thraemer),  Gesch. 
d.  gr.  Plast.  1,  194  f. 
Fig.87o.  Bd.l,Sp.97f. 
8.  unsere  Abb.  1 :  hin- 
ter dem  linkshin  thronenden  Agamemnon  ste- 
hen Talthybios  und  Epeios,  alle  durch  Bei- 
Bchrift  bezeichnet,  Talthybios  mit  dem  Zeichen 
seines  Amtes,  dem  Heroldstab,  in  der  Rechten, 


1)  Agamemnon,  Talthyhios  und  Kpeios  auf  einom  Rolief 
Ton  Samothrake  im  Louvre  (Photogr.  nach  Gipsabguß). 


vgl.  auch  Gruppe,  Gr.  3f.  614,  6.  Weiter  gleich- 
falls im  Louvre  ein  archaisches  Tonrelief  von 
der  Insel  Melos,  der  ersten  Hälfte  des  6.  Jahrh.'s 
zuzuweisen,  publiziert 
von  A.  Conze,  Mon.  d. 
Itist.  6/7,  tav.  67,  1, 
darnach  o.  Bd.  1,  Sp. 
1237f.u.  unsere  Abb.  2 
für  im  Peiraieus  ge- 
fundene Repliken  vgl. 
Fröhner,  Catal.  de  la 
coli.  Lecuyer  nr.  310 
pl.  80:  links  die  vor 
dem  Grab  des  Vaters 
trauernde  Elektra,  hin- 
ter ihr  die  Amme,  vor 
ihr  drei  sichtlich  auf 
der  Reise  begriffene 
Männer  mit  Pferd,  zu- 
nächst wohl  Talthy- 
bios stehend  mit  auf- 
gestütztem rechtem 
Fuß  und  mit  Gebärde 
der  vorgestreckten 
Rechten  die  tröstliche 
Zurede  begleitend,  mit 
Pilos  auf  dem  Kopf 
und  (wie  es  scheint) 
mit  Kerykeion  in  der 
gesenkten  Linken,  so- 
dann Orestes  und  Py- 
lades;  die  Deutung  auf  Talthybios  gab  Carl 
Bobert,  Bild  und  Lied  167  ff.,  vgl.  o.  Bd.  1, 
Sp.  1239.  Ferner  Talthybios  inschriftlich  be- 
zeichnet auf  der  sog.  Tabula  Iliaca  im  Kapi- 


2)  Trauernde  Elektra,  hinter  ihr  die  Amme,  Tor  ihr  Talthybios,  Orestes  und  Pylades,  Kelief  im  Louvre 

(nach  Mon.  delV  Inst.  6/7,  tav.  57). 


i     41 


Talthybios 


Tamfana 


42 


tolinischen  Museum,  im  'Zimmer  der  Tauben', 
Helhifi,  Führer''  1,  443 f.  nr.  799,  vgl.  Jahn- 
Michaelis,  Griech.  BUderchronilen  (1873)  Tf.  I 
und  I*  (S.  36,  74).  Baumeister,  Denkmäler  d. 
Mass.  Altert.  Tf.  13  Fig.  775  (S.  720).  Maxi- 
milian Faulcke,  De  tab.  Iliaca  quaest.  Stesi- 
choreae,  Diss.  Königsb.  i.  Pr.  1897  Taf.  (S.  43 f.). 
Gruppe,  Gr.  M.  091,  2.  Hier  TaX^vßios  yiccl 
TQcoccSsg:   Talthybios,  im  kurzen  Gewand  und 


Mon.  8  Taf.  16,  1.  Wiener  Vorlegebl.  Ser.  1  Tf.  1 
(nr.  2).  Baumeister  a.  0.  S.  1114  Abb.  1311. 
S.  Meinach  a.  0.  1,  169,  1,  vgl.  auch  Robert  a.  0. 
S.  149  ff.  (nr.  A)  mit  Abb.  S.  164.  Kretschmer 
a.  0.  S.  160.  0.  Bd.  2,  Sp.  1241,  67  ff.  Bd.  3, 
Sp.  991  f.  Abb.  2.  Fast  dieselbe  Darstellung 
bietet:  —  4)  eine  sog.  Kelobe  aus  der  Certosa  bei 
Bologna  (Brizio,  Bull.  d.  Inst.  1872,  110  nr.  78. 
Bobert  a.  0.  S.  160ff.  157 f.  o.  Bd.  2,  Sp.  1242, 


wieder  mit  Pilos  auf  dem  Kopfe,   die  Rechte  lo  1  ff.  nr.  2),  nur  hat  hier  Klytaimestra  das  Beil 


in  die  Hüfte  gestemmt,  beugt  sich,  die  Linke 
ihr  auf  die  linke  Schulter  legend,  über  Andro- 
mache,  die  in  der  Stellung  einer  Trauernden, 
wie  es  scheint,  ihren  Knaben  Astyanax  in  den 
Armen  hält  und  an  die  Brust  drückt;  vielleicht 
überbringt  ihr  der  Herold  den  Beschluß  der 
Achaier,  den  Knaben  zu  töten, 
vgl.  Schol.  Eiirip.  Androm.  10. 
Passend  erinnert  Baulcke  für  die 
Gruppe  von  Talthybios,  Andro- 
mache,  Kassandra,  Helenes  usw. 
an  verwandte  Gruppierungen 
und  Motive  am  Sarkophag  der 
Klagefrauen  (der  pleureuses)  von 
Sidon,  wo  zumal  in  den  Giebel- 
feldern ähnliche  Gruppen  von  je 
drei  Klageweibern,  ebenso  in 
einem  sepulkralen  Metopenrelief 
im  Athener  Nationalmuseum  pu- 
bliziert von  Paul  Wolters,  Ath. 
Mitt.  18  (1893)  Iff.  z.  Tf.  1  (zum 
Odysseus  im  Gespräch  mit  He- 
lenes vgl.  die  Gruppe  Talthybios 
vor  Elektra  im  oben  besproche- 
nen Relief  von  Melos). 

Während    bei    Homer    Aga- 
memnon seinen  Herolden  den  Auftrag  gibt,  die 
Briseis  zu  holen  (s.  o.),  sehen  wir  ihn  auf  einem 
Skyphos    des   Hieron    im   Louvre    eigenhändig 


zum  Schlag  erhoben;  den  Mann,  der  sie  am 
Streich  hindert,  nennt  Brizio  Pylades,  es  dürfte 
jedoch  wieder  Talthybios  sein,  durch  den  He- 
roldshut gesichert.  —  6)  eine  Amphora  in  Wien, 
identisch  mit  dem  'Krater  der  Sammlung  Hope 
und  Biscari',  Vgl.  Jahn,  Arch.  Ztg.  12  (1864), 


3)  Wegführung  der  Brise'ia  durch  Agamemnon,  dahinter  Talthybios  und 

Diomedes,  Darstellung  auf  einem  Skyphos  des  Hieron  im  Louvre 

(nach  Baumeister,  Denkm.  des  klass.  Altert.  Abb.  776). 


230  ff.    Taf.  66,   la.    Robert  a.  0.   S.  150.    158 

(nr.  F).  S.  Reinach  a.  0..  1,  381,  5.  2,  343,  31. 

0.  Bd   2,    Sp.  1242,   8  ff.   nr.  3;    wahrscheinlich 

das  Mädchen  wegführen,  hinter  Briseis  aber  die  40  auf  der  Vorderseite  Klytaimestra  und  Talthy- 


Helden  Talthybios  und  Diomedes  (mit  Namen- 
beischrift, und  zwar  0AUBVEIO>=  ©alvßio?)., 
Talthybios  ganz  wie  Hermes  angetan  mit  Chla- 
mys  und  Reitstiefeln,  mit  Heroldstab  in  der 
Linken,  Mon.  d.  Inst.  6/7  Taf.  19.  Wiener  Vor- 
legebl. 06.  Baumeister,  Denkm.  d.  kl.  A.  S.  721 
Abb.  776  (darnach  unsere  Abb.  3).  S.  Reinach, 
Rep.  des  vases  1,  148,  1,  vgl.  auch  C.  Robert, 
Bild  u.  Lied  S.  95  f.  P.  Kretschmer,  Die  griech. 


bios,  auf  der  Rückseite  ein  rechtshin  fliehen- 
der Jüngling  mit  Reisesack  in  der  Linken, 
ein  Gefährte  des  Orestes  (?).  —  6)  Amphora  aus 
Vulcä,  seinerzeit  bei  Baseggio,  Mon.  5  Taf.  56. 
S.  Reinach  a.  0.  1,  143,  4.  Robert  a.  0.  S.  152  f. 
180  (nr.  D).  o.  Bd.  2,  Sp.  1242,  28 ff.  3,  Sp.  972, 
1  ff. :  Aigisthos  von  Orestes  bedroht,  rechts 
Klytaimestra  zum  Schutze  des  Aigisthos  das 
Beil  über  dem  Haupte  schwingend,   links  un- 


Vaseninschr.  S.  99,  78.  150.  231  f.    Leonard  bei  50  beteiligt  zuschauend  ein  bärtiger  Mann,    der. 


Pauly  -Wissoiva-  Kroll.  R.  E.  8,  1525  nr.  20. 
Weiter  eine  Trinkschale  des  Britischen  Mu- 
seums, Catal.  1  (1851)  S.  283ff.  nr.  831,  wo  mit 
der  Gruppe  der  von  zwei  Herolden  (Talthybios 
und  Eurybates?)  weggeführten  Bris  eis  der  trau- 
ernd dasitzende,  von  Diomedes  und  Phoinix 
getröstete  Achill  zu  einer  Szene  vereinigt  ist, 
Gerhard,  Trinkschalen  und  Gefäße  usw.  Taf.  E. 
F.  Overbeck,  Gal.  her.  Bildw.  16,  3.  Robert 
a.  0.  S.  96.  Ferner  Talthybios  in  Darstellungen 
des  Todes  des  Aigisthos,  so,  wieder  mit  Na- 
mensbeischrift {0ccXd^vßLog),  auf  einer  rotfigu- 
rigen  Amphora,  sog.  Pelike  aus  Caere  zu  Wien 
im  Österreichischen  Museum  für  Kunst  und 
Industrie,  Masner,  Katal.  S.  50  nr.  333:  Kly- 
taimestra will  dem  Aigisthos  beispringen,  wird 
indes  von  Talthybios  am  linken  Arm  und  am 
Beil,  das  sie  hält,   gewaltsam  zurückgerissen, 


zunächst  auf  Pylades  gedeutet,  durch  Robert 
(a.  0.  180)  direkt  als  Talthybios  erwiesen  ist. 
—  7)  Bruchstück  eines  rotfigurigen  Skyphos  in 
der  Archäolog.  Sammlung  der  Universität 
Wien,  mit  Namensbeischrift  OAAOVIBOC  (sie), 
Kretschmer  a.  0.  S.  150.  —  8  u.  9)  Brit.  Museum 
Catal.  S.  131  f.  nr.  577  u.  S.  145 f.  nr.  592:  Aga- 
memnon thronend  im  Kreise  seiner  Helden: 
Talthybios,  Epeios  usw.,  vgl.  auch  Arch.  Ztg. 
{Anz^  10  (1852),  176  [Otto  Waser.] 
Tamfana. 
a)  Quellen:  Als  unverdächtig  kann  nur 
angesehen  werden  I.  Tac.  Ann.  1,  51  profana 
simul  et  sacra  et  celeberrimum  Ulis  gentibus 
templum.,  qicod  Tamfanae  vocabant,  solo  aequan- 
tur.  —  IL  die  Inschrift  bei  Orelli  1,  2053  p.  358, 
angeblich  aus  Interamna,  Weihung  des  M. 
Appuleius  Paetulus,  ist  als  Fälschung  des  Li' 


43                         Tamfana  Tamfana                         44 

gorius  ganz  wertlos  (Orimm^  Verh.  Äkad.  Berlin  zweifelnd  geäußerter  Vermutung,  Tamfana  be- 

1869,  255    scheint   von   der  Unechtheit   nicht  zeichne  nicht  eine  Gottheit,  sondern  einen  hei- 

überzeugt),   —   III.    ebenso   der   von   Zappert,  ligen   Bezirk,   darf   wohl    abgesehen   worden). 

Sitzber.  Äkad.Wien  29,  1858  S.302  ff.  gefälschte  Ihr  templum  ist  Ulis  ^entibus  celeberrimum,  also 

Schlummerreim,  angeblich  aus  dem  9/10.  Jahrb.,  ist  sie   Hauptgottheit   einer  mehrere  Stämme 

welcher  neben  Hara  und  Ostara  auch  Zamfana  umfassenden  Kultgenossenschaft,  entsprechend 

nennt  {Jaekd,  Ztachr.  f.  deutsch.  Phü.  24,  1892,  der  Nerthus  bei  den  Ingvaeonen  {Tac.  Germ. 

806  f.  Joffe,  Ztschr.  f.  deutsch.  Altert  ISy  i9eS.).  40)  und  der  'Isis'   bei  den  Sueben  {Genn.  9; 

b)  Namens  form:  Die  Überlieferung  des  E.  H.  Meyer,  Myth.  d.  Germ.  Straßburg  1903 
Med.  1  eaec.  9  ist  täfan^;  sie  läßt  eine  Auf-  lo  S.  9,  120,  290,  422).  Nach  Zerstörung  ihres 
lösung  in  Tamfanae  wie  in  Tanfanae  zu.  Heiligtums   treten  alle  Umwohner  unter  Waf- 

c)  Die  Etymologie  des  Namens  hat  aus-  fen  (1,  51).  Wäre  nun  absolut  sicher,  was 
zugehen  von  der  Tatsache,  daß  kein  Grund  der  Taciteische  Text  nahelegt,  daß  die  nox  festa 
vorliegt,  mit  J.  WormstaU,  Der  Tempel  der  (1,  60)  der  Tamfana  gilt  {Müllenhoß',  Ztschr.  f. 
Tamfana^  Münster  1906,  ein  römisches  Wort  dtsch.  Altertum  23,  23  ff),  so  müßte  es  sich,  da 
darin  zu  erkennen,  ^vocabant^  vo'n  den  Römern  dieser  Festschmauß  im  Spätjahr  liegt  {miles  in 
zu  verstehen  ist  nach  Analogie  von  4,  73:  hibernis  locatur  1,  51),  um  eine  Erntegottheit, 
lucum  quem  Baduhennae  vocant  ausgeschlossen.  wohl  die  Erdmutter  selber,  handeln  {Müllenhoff, 
Damit  erledigt  sich  auch  die  Herleitung  von  Tuisko  und  seine  Nachkommen  265  ff. ;  Koegel^ 
einem  angebUch  altital.  tanfanare  'übel  za- io  Dtsch.  Literaturgesch.  1,  1,  19;  P.  Hermann, 
richten;  holzen*.  Dtsch.  Myth.  U^B  S.  386.  1906«,  295  ff),  deren 

Zahlreich,  aber  sämtlich  mehr  oder  weniger  Kult  für  den  ingvaeonischen  Teil   des  germa- 

onsicher,    sind  die  Vermutungen,    die  germa-  nischen  Gebietes  durch  Tacitus  {Germ.  40)  be- 

nischen  Ursprung  des  Namens  annehmen.  Hier  zeugt    ist.      Als    solche    faßt   sie    denn    auch 

ist  wieder  zu  scheiden  zwischen  den  möglichen  Müllenhoff  (c.  2  §  2),  der  in  ihrem  Namen  die 

Grundformen  a)  Tanfana,  /?)  Tamfana.  segensreiche  Wirkung  betont  findet,  während 

Zu  a)  sind  die  wichtigsten  Herleitungen  fol-  Jaekel   {Hauptgöttin   der   Istväen,   Ztschr.    für 

gende:  dtsch.   Philologie   24,    306  ff.,    vgl.  c.  2  ^  1)    in 

1)  Zu  ags.  J)afian,  *got.  {)anfjan,  *ahd.  denfan  Namen  und  Wesen  mehr  die  düstere  Seite  eines 
= 'helfen*,  ahd.  Danfana,  die  Holde  {J.  Chrimm^  so  der  griechischen  Persephone  analogen  Wesens 
Verh.  Äkad.  Berlin  1859,  256  =  Kl.  Schriften  hervortreten  läßt.  (Als  Fruchtbarkeitsgöttin  hat 
6,  418.  —  Deutsch.  Mythol*  1875,  1,  213  wird  sie  auch  Zappert  gefaßt,  in  dessen  Fälschung 
aber  die  Frage  nach  der  Bedeutung  des  Na-  (ob.  a  3)  sie  feizui  scaf  cleiniu  sentit.)  Über  eine 
mens  offen  gelassen);  hohe  Wahrscheinlichkeit  kommen  aber  diese 

2)  zu  *Sdnttvos  =  verschwenderisch,  germ.  Deutungen  nicht  hinaus.  Ebenso  problema- 
Tabana,  der  Nasal  aus  dem  Suffix  eingedrun-  tisch  ist 

gen  {E.  H.  Meyer,  Germ.  Myth.  1891  S.  287 f.  e)  die  Art  der  Verehrung.    Ob  wir  eine 

nach  Müllenhoff);  Opfermahlzeit  als   bezeugt   annehmen  dürfen, 

3)  zu  altn.  tafn,  ahd.  zebar,  Opfer  {Müllen-  ist  fraglich  (vgl.  d),  ebenso,  ob  der  1,  50  an- 
hoff,  Ztschr.  f.  deutsch.  Altert.  23,  23  ff.,  ihm  40  gedeutete  Friedenszustand  ein  Gottesfriede  wie 
folgend  P. Hermann,  Deutsch.  Myth.  1898  S.  383,  der  im  Nerthuskulte  ist;  sonst  wissen  wir  nur, 
1906'  S.  295  ff.,  dagegen  Jaekel  a.  a.  0.);  daß  die  Göttin  ein  templum  hatte.     Ein  Holz- 

4)  zu  ßkr.  tap  =  calere,  cremare,  identisch  tempel  war  zu  dieser  Zeit  und  in  dieser  Ge- 
mit  der  Skythengöttin  Tahiti  (b.  d.  u.  Grimm,  gend  vielleicht  möglich  {Schumacher,  Die  Ger- 
Deutsche  Sprache  231  f.).  mania  des  lacitus  u.  d.  erhalt.  Denkmäler,  Main- 

(Ganz  willkürlich  sind  die  hierher  gehörigen  zer  Ztschr.  4,  1909  S.  6;  A.  Thümmel,  Der  ger- 

Deutungen   von   Bydberg,  Germ.  Myth.  Göte-  man.  Tempel.    Diss.  Halle   1909),  widerspricht 

bürg  1889,  2    S.  371    und   Siefers,  Erhard  u.  aber  dem  ausdrücklichen  Zeugnis  des  Tacitus 

Bosenkranz'  Ztschr,  f.  Geschichte  8,  261  ff.)  {Germ.  9),  der  doch  seine  Informationen  haupt- 

Zu  p  kommen  in  erster  Linie  in  Betracht:  50  sächlich  vom   Nieden-hein  her  hat.     Man  tut 

1)  zu  idg.  Wurzel  dam-  =  bezwingen,  die  besser,  mit  Nipper dey-Andresen  (zu  Tac.  1,  51) 
Wurzel  durch  determ.  p  erweitert  und  Ent-  und  Thümmel  (a.a.O.  S.  118f.  Paul-Braunes 
Wicklung  des  f  hinter  dem  labialen  m  unter  Beiträge  35,  118  ff.;  anders  E.H.  Meyer,  Germ. 
Einfluß  des  folgenden  Dentals  {Jaekel,  Ztschr.  Myth.  193)  an  einen  Hain  zu  denken,  der  ohne 
f.  dtsch.  Philologie  24,  306  ff. ;  abgelehnt  von  Einfriedigung  und  ohne  Baulichkeiten  kaum 
Goliher,  Hdb.  d.  germ.  Myth.  1895  S.  459,  1);  sein  konnte  (vgl.  das  Nerthus-tempZitw  Gerw.  40). 

2)  zu  got.  *{)amba,  isl.  t)amb  =  Schwellung,  f)  Über  das  Verehrungsgebiet  (s.  unt.  d). 
FüUe,  norw.  temba  {K.  Müllenhoff,  Tuisko  und  Daß  Tac.  Germ.  39  darum  kein  Hauptheiligtum 
seifte  Nachkommen  S.  265  ff.  Kögel,  Deutsche  im  Istvaeonengebiet  nenne,  weil  es  das  14  zer- 
lAteraturgesch.  1,  1  S.  19).  60  störte    Tamfanaheiligtum    gewesen    sei,    trifft 

(Zu  lose  ist  die  Verbindung  der  zur  Deutung  wohl  das  Richtige   {Müllenhoff,  AUertumsk.  4 

herangezogenen  Worte  mit   dem   Namen   bei  [1900],    427,    528  ff.;   Jaekel  a.  a.  0.).     Sicher 

Grimm,  Myth.*  1,  231.  3,  90  ['Stempe'];   Sim-  haben    zu    dem  Kultkreis  die   Brukterer,  Tu- 

rock,  Dtsch.  Myth.^  1869,  381  ['tempf  =  Sieb];  bauten,  Usipiter  (und  Tenkterer)  gehört  (1,  51), 
Ztschr.  f.  Myth.  1,  386  ['zampem'  =  Gaben      unbewiesen  ist,  daß  er  auch  noch  Chatten  und 

einsammeln].)  Cherusker   umfaßt    habe    {Siefers,    Erhard   u. 

d)  Wesen   der    Gottheit  (von   Bich.  M.  Bosenkranz'  Ztschr.  f.   Gesch.  8,  261  ff.).     Als 

Meyers   in   der    Germ.   Beligiorisgesch.   S.  399  Kultzentrum  für  alle  Ingvaeonen  ist  es  nach 


45                              Tamia  Tamuz  (Literatur,  im  Kalender)        40 

Meinung   Helvis    (briefliche   Mitteilung)    nicht  (Regierungsbezirk  Pleven  in  Bulgarien),  Izvestia 

anzusehen,  weil  zur  Zeit  des  Tacitus  die  alten  na  Archeol.  Dronjestvo  {Bull,  de  la  soc.  arch. 

Verbände  durch  Wanderungen  stark  gelockert  hülgare)   2    [1911]    ]>•  180  f.)    nach  Bericht    im 

waren.  Ärch.  Anzeiger   1912,   672.    Rev.  arch.  1912,   1 

g)    Für    die   Lage    des    Heiligtums    bietet  p.  408  nr.  64  fim  Index  ebenda  2  p.  603  steht 

Tacitus  {Ann.  1,  45,  49  If.)   folgende  Anhalts-  Taraidenus).     [Höfer.] 

punkte:  Germanicus  geht  von  Vetera  (=  Für-  Tainiiias  {Td^^iag)  =  Athamas;  vgl.  Schol. 

stenberg   bei  Xanten)    aus,    überschreitet   den  Ven.  A.  Hom.  11.  9,  193:    oi  ui)ro\  (lones)  -nccl 

Rhein,  die  silva  Caesia  und  den  livies  a  Tiberio  t6  'AQ-d^ccg  xar'  ärpaigeaiv  tov  a  {fJdfiag,  Choi- 
coeptus.     Die   Germanen   sind    non   procul,    es  lo  robosc.  Dictat.  in  Theodosii  Canones  1  p.  37,  20 

wird  nur  von  einem   am  limes  rasch  {concac-  Gaisf.)  xal  xQonf,   xov  ^  slg  t6  r  Td^^ag  Xi- 

rftÖMs)  errichteten  Lager  gesprochen.  Der  Haupt-  yovai-    Tdiiiisa    d'vyarigog.    KccXXlfiaxog    iv 

Überfall  geschah  nachts,  der  Text  {ea  nox)  läßt  dsvtsQcp  Altliov  =  fr.  21  a  p.  131  Schneider  = 

erkennen,    daß   es   die  Nacht  nach   dem  Ver-  E.  Diitrich,  Jahrb.  für  klass.  Fhil.  Suppl.  23 

lassen  des  Lagers  in  ZM/wYe  ist.  Auch  beim  Rück-  (1897),  174  Anm.  1.    E.  Maaß,  Parerga  Attica 

zug  ist  nur  von   einem  Lager  die  Rede.    Das  {Ind.  Schol.  sem.  hib.  1889/90)  VH.     [Höfer.] 

ergäbe  für  die  Dauer  der  improvisierten  Ex-  Tamuz, 

pedition  ein  Mindestmaß  von  5  Tagen,  3  Nach-  Literatur:  Zimmern, Sumerische KuUUeder 

ten,    in    denen  eine  Strecke  von   etwa   70  km  aus  altbabylonischer  Zeit,  l.u.  2.  Reihe.  —  Zim- 
(also  rund  das  Gelände   bis  Lünen-Dortmund-  20  mern,  Sumerisch-babylon.  Tamuzlieder  {Berichte 

Witten)  von  4  fliegenden  Kolonnen  wohl  durch-  d.  phil.-hist.  Kl.  der  Kgl.  Sachs.  Ges.  d  Wissensch. 

streift  werden  kann  {H.  Delbrück,  Gesch.  der  13.  Juli  1907),    und    Der  babyl.   Gott  Tamuz, 

Kriegskunst  2  (02)  S.  104.    0.  Dahm,  Feldzüge  im  27.  Bande  der  Abhandl.  dieser  Gesellschaft 

d.  Germ,  in  Deutschland.,    Westdeutsch.  Ztschr.  nr.  20.  —  Stephen  Langdon,  Babylonian  Litur- 

f.  Gesch.  u.  Kunst,  Ergänzungsh.  11,  1902,  20 ff.).  gies,  Paris,  Geuthner  1913.  —  Ders.,  Babyl.  and 

Da  wir  nun  aber  weder  die  genaue  Lage  der  Sumer.    Psalms  1909.   —   Ders.,  Tammuz   and 

Silva  Caesia  kennen  (die  Hypothesen  bei  Ihm,  Ishtar.  Oxford  1914.   —  H.  Badau,   Sumerian 

Pauly-Wissowa,  Bealenz.  3,   1311,   dazu  noch  Hymns  and  PrayerstoGodDumu-zi.  Erlangen, 

Grimm,  Deutsche  Sprache  620 ü\\  noch  von  dem  Merkel,  1913.  —  Wilh.  Graf  Baudissin,  Adonis 
allein  hier  genannten  limes  des  Tiberius  eme  30  und  Esmun   1911.   —   A.  Jeremias,  Handbuch 

Vorstellung     haben     {Koepp,    Die    Römer    in  der  altorientalischen  Geisteskultur  S.  263  ff.  und 

Deutschland  1905   S.  33.    Dahm  a.  a.  0.  S.  23.  passim  (s.  Register). 

Delbrück  133),  und  endlich  nicht  wissen,  von  Tamuz  (sumerisch:  Dumuzi  =  aplu  kenn, 

wo    aus   jenes    spatium    quinquaginta    milium  '^rechter    Sohn',    vollständig:     Dumu-zi-abzu 

gerechnet  ist,    so  ist  auch  in  der  topographi-  "^rechter    Sohn    der    Wassertiefe':     semitisirt: 

sehen    Frage    größte    Zurückhaltung    geboten,  Du'üsu,  Düzu)  ist  im  babylonischen  Kulturkreis 

genauere  Lagebestimmungen  {Siefers,   Grimm,  und   seinen   Provinzen   die   Manifestation    der 

Wormstall;  über  letztgenannten  vgl.  Dragen-  hinabsinkenden  und  zu  neuem  Leben  empor- 

dorff,  Bericht  üb.  d.  Fortschritte  d.  röm.-germ.  steigenden  Erscheinungen  des  Kreislaufs.  Seine 
Forschung  06/7  S.  163.    Andresen,  Jahresber.  d.  40  Partnerin  ist  Istar  in  allerlei  Gestalten  als  seine 

phil.  Ver,  1907  {Tacitus)  S.  249,  16)  entbehren  Mutter,  Schwestergattin  und  Buhlin. 

der  Grundlage.     [Abt.]  Im  Kultus   erscheint   Tamuz   als   der  Gott 

Tamia  (Tajita),  1)  Beiname  der  Hestia  auf  der  Kalender-Mysterien  bereits  in  sumerischer 

einer  Lischrift  aus  Kos:   ka-nXccnLO)  yial  'Igtloc  Zeit.     Als   besondere   Kultorte   werden    sicher 

TanUi,    Newton  2,   338:    ^ xa^ia  ...  epithet    of  nur  genannt  Ki-nu-nir  in  Lagas  und  Dur-gur- 

'laxia  as  the  housekeeper  of  Olympos'.  Collitz  gurri  bei  Larsa.  In  den  Zauberritualen  kommt 

363  p.  357.  Dittenberger,  Sylloge^  6I629  P-  404.  Tamuz  nur  selten  vor;    in  theophoren  Namen 

V.  Prott,  Leges  Graec.  sac.  1  nr.  5  p.  2O29.  Nilssan,  nur  in  der  ältesten  Zeit  vor  Hammurabi.  Aber 

Gr.  Feste  19.  429.    —    2)  Im  Schol.  Arist.  ed.  zu  allen  Zeiten  ist  einer  der  Monate  nach  ihm 

Dindorf   3,    59835 :    aydX^axcc  .  .  ^rj^rjXQog  y,al  50  genannt  und  durch  sein  Fest  geweiht. 

KoQTig,    Tayiiug  y,ccl  Av^^öiog  steht  Tcc^icc  für  Das  babylonische  kalendarische  Ma- 

dccaia.   Vgl.  über  diese  Schreibung  Valckenaer  terial.     In  dem  alten  Kalender   von  Nippur, 

zu  Herod.  5,  82.     [Höfer.]  dter  später  allgemein  in  Gebrauch  kam  (Nisan, 

Tamiras  {Tcciiigag),  ein  Kiliker,  der  die  Weis-  Airu,  Sivan,  Tamuz  usw.),  ist  der  vierte  Monat 

sagekunst    in    Kypros    einführte ,   Stammvater  (Juli)   als  ^Monat  des   Tamuz-Festes'  bezeugt, 

des  Priestergeschlechtes  der  Tamiraden  {Ta^ii-  in   einem  Kalender  von  Lagas  (um  2500)    der 

gdöccL  isQstg  xivsg  iv  KvnQcp,  Hesych.),  die  zu-  8.  Monat  (November),  im  Kalender  von  Umma 

sammen    mit    den   Nachkommen   des   Kinyras  der  12.  Monat  (März).  S.  die  Listen  bei  Weid- 

(s.  d.),  den  Kinyraden,  das  Heiligtum  der  Pa-  ner.    Älter   und  Bedeutung   der   babylonischen 

phischen  Aphrodite  verwalteten,    Tac.  Hist.  2,  60  Astronomie  {Im  Kampfe  um  den  alten  Orient  4, 

3.    Gruppe,  Gr.  Myth.  340,  3.  A.  Enmann,  Krit.  S.  63).  Drei  Tamuzfeste  im  Jahre  würden  drei 

Versuche  zur  ältesten  griech.  Gesch.  1    Kypros  Jahreszeiten   entsprechen^    die    tatsächlich    in 

u.  der   Ursprung  des  Aphroditekultus,  Mem.  d.  dem  babylonischen  Klima  begründet  sein  könn- 

Vacad.de  St.  Petersbourg.  7  Serie  Tom  34.  nr.  13  ten:  Sommer,  Herbst,  Winter.     Der  Frühling, 

(1886),  56.    Bouche-Leclercq,  L'hist.  de  la  divi-  der  im  März  einsetzt,  ist  so  kurz,   daß  er  als 

nation  dans  Vantiquite  2,  391  f.     [Höfer.]  besondere  Jahreszeit  ausfallen  kann.    März  als 

Tamitenus,    Beiname    des  lupiter  Optimus  Sommerbeginn  könnte  als  Festthema  das  Em- 

Maximus    auf  einer   Altarinschrift   aus  Riben  porsteigen  des  Tamuz  aus   der  Unterwelt  ha- 


47                  Tamuz  (Bedeutung)  Tamuz  (u.  litar,  Ninib  etc.           48 

ben,  Juli   die  Hochzeit  und  den  Beginn  des  des  Himmelsgottes  Anu),  als  Manifestation  der 

Sterbens,   November  als   eigentlicher  Winter-  Kreislauferscheinungen    repräsentiert    sie    das 

beginn    das    endgültige    Hinabsinken    in   die  Leben   und   Sterben.     Da   man   den   Kreislauf 

Unterwelt.     Liegt    hier    die    Lösung   für   die  des  Lebens   und  Sterbens   in   erster  Linie  an 

Darstellung  des  Fanyassis  bei  ApoUodor  von  den  Erscheinungen  der  drei  großen  Zeiger  der 

der   Verteilung    des   Jahres    zu    Dritteln    auf  Himmelsuhr,  der  drei  Regenten  des  Tierkreises, 

Adonis,  Persephone   und  Aphrodite?   (s.  Graf  Mond,  Sonne  und  Venus,  abliest,  so  kann  Istar 

von  Battdissin,  Adonis  in  der  Unterwelt,  in  der  je   nach    der  Stilisierung   des   Mythos  Mond- 

FesUchriß  für  Heinriei,  NeuUstamentliche  Stu-  oder     Sonnen-    oder   Venuserscheinung    sein, 

dien  nr.  2).    In   einem   zur   Zeit   der   dritten  lo  oder   populär   geredet:    Ktar   ist   Mondgöttin 

Dynastie  von  ür  (um  2600  v.  Chr.)  geltenden  oder  Sonnengöttin  oder  Venusgöttin  oder  Göt- 

babylonischen  Kalender,  der  das  Jahr  mit  der  tin  eines  als  Entsprechung  des  Planeten  V(»nu8 

Wintersonnenwende  beginnt,    heißt  der  erste  geltenden   Fixsternes   (Spica   in   der  Junj^^frau 

Monat  ituEzen-ffBau,  'Monat  des  Festes  der  oder  die  Tierkreis-Jungfrau  selbst,  und  Bogon- 

Bau\  und  das  Neujahrsfest  gilt  als  Hochzeits-  stem;   Istar-Sirius,    entsprechend    der  ägypti- 

fest  der  Bau.  Ebenso  ist  in  einem  von  Radau,  «chen  Isis-Sirius-Sothis  ist  babylonisch  bisher 

Mise.  Sum.  Texts  nr.  2  (in  Hilprecht  Anniver-  nicht  zu  belegen). 

sary  Volume,  p.  891  ff.)  veröffentlichten  sume-  Wie  aber  in  der  Kalenderlehre  nicht  der 
rischen  Liede  von  dem  Termin,  wo  Nin-an-si-  Mond  oder  die  Sonne  allein  die  charakteristi- 
an-na  (Istar)  'mit  Ama-usumgal-an-7ia  (Tamuz),  20  sehen  Erscheinungen  des  Kreislaufs  anzuzeigen 
ihrem  Gatten,  im  Schlafgemach  des  Tempels  in  pflegt,  sondern  der  Ausgleich  verschiedener 
Liebe  sich  vereinigt' die  Rede.  In  beiden  Fällen  Erscheinungen  (vor  allem  Sonne  und  Mond) 
handelt  es  sich  dem  Sinne  nach  sicher  um  ein  Istar-  und  der  Kampf  mit  der  finsteren  Macht  (ün- 
Tamuz-Fest.  In  dem  sog.  Astrolab  B  wird  der  terweltsmacht),  so  bedarf  die  Mythengestalt 
Monat  Tamuz  'Monat,  in  dem  der  Hirte  Tamuz  der  Istar  eines  Partners,  der  Mondcharakter 
bezwungen  wird'  genannt  {arah  re'u  iWumu-zi  trägt,  wenn  Istar  sich  in  Sonnenerscheinungen 
iknka-mu-u)  und  in  einem  spätbabylonischen  manifestiert,  und  Sonnencharakter,  wenn  Istar 
Texte  {Reisner,  Hymnen  S.  145, 13  b)  wird  dem-  sich  in  Monderscheinungen  manifestiert,  oder 
entsprechend  der  Monat  Tamuz  als  'Monat  der  der  mit  Istar  zusammen  die  Erscheinungen  des 
Bezwingung  des  Tamuz'  {arah  kimitum  ^Wu-  30  Lebens  und  Sterbens  in  der  Vegetation  und 
muzi)  bezeichnet.  In  dem  seit  der  Hammura-  im  Zeugungsleben  manifestiert.  Dieser  Partner 
bizeit  zu  allgemeiner  Gültigkeit  gelangten  Ka-  ist  Tamuz.  Er  trägt  je  nach  seiner  Stellung 
lender,  der  das  Jahr  mit  Frühlingsäquinoktium  zur  Partnerin  Mond-,  Sonnen-  oder  Venus- 
beginnt, ist  der  6.  Monat  als  »^"JSTiJV'-'^JA^-J.iViV^  Charakter  (im  letzten  Falle  ist  der  Morgen- 
'Monat  der  Sendung  der  Istar'  benannt.  und  Abendstem  männlich,  vgl.  arabisch  Attar, 

Die  Motivenreihe  des  Tamuz-Mythos  bildet  griechisch  Phosphoros,  lateinisch  Lucifer). 
in  Babylonien  die  Symbolik  einer  religiösen  Ferner  kann  er  im  Sinne  einer  Zweiteilung  des 
Lehre.  In  den  Erscheinungen  des  Kosmos  und  Kreislaufes  die  Eigenschaften  des  Ninib  (s. 
Kreislaufs  und  den  parallellaufenden  Erschei-  Bd.  3  Sp.  264  ff.)  und  Nergal  (Bd.  3  Sp.  250ff.), 
nungen  des  Zeugungslebens  und  der  Vegetation  40  bzw.  Marduks  (Bd.  2  Sp.  2340  ff.)  und  Nabüs 
manifestiert  sich  für  den  wissenden  Babylonier  (Bd.  3  Sp.  42  ff.)  tragen  oder  entsprectiend  einer 
Wesen  und  Wille  der  Gottheit.  Aus  den  Er-  Vierteilung  des  Kreislaufs  die  Eigenschaften 
scheinungen  der  himmlischen  Zyklen  und  aus  Marduks  und  Ninibs  (Oberweltshälfte)  einer- 
den mit  diesen  Zyklen  parallellaufenden  Er-  seits,  Nabü's  und  Nergals  (Unterweltshälfte) 
Bcheinungen  des  irdischen  Naturlebens  ('Samen  andererseits,  endlich  die  Vegetationserschei- 
und  Ernte,  Sommer  und  Winter,  Tag  und  nungen  im  Blühen  und  Welken,  im  Leben  und 
Nacht')  ergibt  sich  die  Lehre  vom  Leben,  das  Sterben  der  Natur. 

aus    dem    Tode    emporsteigt.     Die    Symljolik  In  der  Monatsliste  IV.  Rawlinson  33  gehört 

dieser   Lehre    stellen    die    Höllenfahrtmythen  der  Monat  Tamuz   dem  Ninib,    der   sich   im 

dar,  die  deshalb  entweder  astralen  oder  chtho-  50  Sonnen-  bzw.  Mittagspunkt  des  Kreislaufs,  dem 

nischen  Sinn  haben  (chthonisch  im  Sinne  von  Todespunkt    des    Tamuz,    offenbart    (s.  mein 

Wachstum  und  Ernte).    Die  Kalenderfestspiele  Handbuch    der    altorientalischen    Geisteskultur 

stellen  die  Einzelmotive  des  Mythos  szenisch  S.  92  u.  264),     In  der  Adapa-Legende   gehört 

dar.  er    eng    zusammen    mit   der   dem  Nabu   ver- 

Die  personifizierten  Naturgewalten,  die  my-  wandten  Gestalt   des  Ningiszida:    beide    sind 

thologisch  die  göttliche  Manifestation  im  Kreis-  hier   'die   aus   dem   Lande   Verschwnndenen'; 

lauf  darstellen,    sind  vor  allem  Istar  (sume-  auch  bei  Gudea,  Statue  JB  9,  2ff.  stehen  beide 

risch  Inanna)  und  Tamuz.    Jeder  von  beiden  nebeneinander,    und   in   der    Boghazköi- Liste 

kann  für  sich  allein  das  Leben  und  Sterben  werden  sie  als  'Sterne'  zusammen  genannt;  in 

darstellen.     So  erscheint  Istar  gelegentlich  als  60  den  sumerischen  Tamuzliedern  ist  Tamuz  'Kind 

eine  weibliche  Tamuzgestalt :    als  Ama-usum-  des  Ningiszida' und  bei  G^Mdea/Siaiwe  1,  Kol.  1,  5 

gal-an-na 'Mutter,  Alleinbeherrscherin  des  Him-  'Held  des  Ninazu',  der  als  Vater  des  Ningis- 

mels'  wird    sie    in    Tamuzliedern    mit   Tamuz  zida  gilt.      Nergal  vertritt  Tamuz  in  einem 

gleichgesetzt.    Häufiger  aber  werden  beide  als  kultischen  Texte,  in  dem  das  Hinabsteigen  in 

Partner  kombiniert:  Istar,  die  große  Mutter  mit  die  Unterwelt  und  das  Emporsteigen  in  den 

ihrem  Kinde  oder  Buhlen  oder  Brudergatten.  Sonnenwenden  dargestellt  wird. 

Istar  ist  als  Manifestation  kosmischer  Er-  In  diesem  aus  der  Arsakidenzeit  überliefer- 
scheinungen  die  Mutter  aUes  Lebens  (Tochter  ten  Texte,  der  sicher  alte  Vorstellungen  wie- 


49  Tamuz  (u.  Marduk,  Btar)  Tamuz  (u.  Istar  etc.)  50 

dergibt*),    heißt   es    {Zeitschr.   für  Assyriol.  0,  (s.  Winckler,  Ex  Oriente  lux  2,  2,   S.  62).     Ze- 

S.  241):  nobia    wollte    nach    der   Aussage    des    Trehel- 

„Am    11.  Tamuz    gehen    MI.NIT.SAR    und  lius    Pollio    eine    Neugeburt    der    Semiramis 

KA.TU.NA,  die  Töchter  von  Esagil,  und    Kleopatra  sein.     Arabische   Schriftsteller 

nach      Ezida     und      am     3.   Tebet     ziehen  übertragen  in  der  Tat  auf  Zenobia  Semiramig- 

GAL.BA  [ ]  legenden  (s.  mein  Jm  Kampfe  um  Babel  und 

und  KA.NI.SIJR.RA,  die  Töchter  von  Ezida,  Bibel'  S.  32).    Stratonike  (keilinschriftlich  As- 

nach  Esagil,"  ta-ar-ta-ni-ik-ku)  war  die  Frau  und  Stiefmutter 

Im  Verlauf  des  schwierigen  Textes  wird  des  Seleukos;  sie  heiratete  ihren  Stiefsohn. 
Esagil,  der  Marduk-Tempel  von  Babylon,  'Haus  lo  Der  SchlÜHsel  für  die  Vereinigung  von  Mutter, 
des  Tages'  genannt  (Z.  9)  und  Ezida,  derNebo-  Gjittin  und  Buhlin  in  einer  Person  liegt  in 
Tempel  von  Borsippa:  '^Haus  der  Nacht'  (Z.  7).  der  Mythologisierung  der  Weltenlehre.  In  der 
Die  Töchter  von  Esagil  ziehen  nach  Ezida,  lunisolaren  bzw.  solaren  Kreislauf  lehre  erscheint 
'um  die  Nächte  zu  verlängern'  (Z.  6),  und  die  der  Ausgangspunkt  als  Geburt,  die  'Mitte  der 
Töchter  von  Ezida  ziehen  nach  Esagila,  'um  Saison',  in  der  sich  der  Kampf  und  Sieg  voU- 
die  Tage  zu  verlängern'  (Z.  8).  Es  handelt  zieht,  als  Termin  des  Auftretens  des  Helden, 
sich  um  kalendarische  Vorgänge  der  Sommer-  der  Höhepunkt  des  Kreislaufs  als  Hochzeits- 
sonnenwende und  der  Wintersonnenwende.  bzw.   Todespunkt,    der    definitive    Abstieg   als 

Die  Verbindung  des  Tamuz  mit  Marduk  Unterweltsfahrt.  In  der  schematischen  Zeich- 
bezeugt CT  24,  PI.  16,  Z.  30,  wo  Tamuz  als  20  nung  Bd.  4  Sp.  895  f.  habe  ich  versucht,  die 
erster  von  sechs  Söhnen  des  Ea  genannt  wird.  mythologischen  Motive  anschaulich  zu  machen. 
In  der  Götterliste  HR  59,  50  gehört  Tamuz  zu  In  der  Lehre  vom  Kosmos  hängt  das  Motiv 
Samas,  wohl  als  sein  Sohn  (s.  Zimmern,  Der  des  Sohnes-Gatten  mit  der  Urzeugung  zusam- 
bah.  Gott  Tamuz  S.  711  ff.).  men.  Mummu  (der  im  Chaos  ruhende  Geist)  er- 

Chthonischer  Charakter  im  Sinne  primitiver  zeugt  mit  der  Mutter  Tiämat  (d.  i.  die  Istar 
Religion  ist  innerhalb  der  uns  zugänglichen  des  Urchaos)  die  gegenwärtige  Welt.  Die  Auf- 
Geisteskultur  für  Tamuz  nicht  (zum  mindesten  fassung  der  Istar  als  jungfräuliche  Schwester 
nicht  mehr)  nachweisbar.  Daß  die  Astrali-  gehört  einem  anderen  System  an.  Beide  Vor- 
sierung  später  sei  als  die  Vegetationsauf-  Stellungen  werden  aber  mythologisch  vereinigt, 
fassung,  darf  angesichts  unseres  Materials  eben-  30  In  einem  Berliner  Tamuz-Texte  {Zimmern  nr.  27 
falls  nicht  mehr  behauptet  werden,  nachdem  Rev.  2,  7)  heißt  es: 

ein  Fall  astraler  Stilisierung   der  Höllenfahrt-  „0  meine  Schwester,  meine  Mutter  bist  du." 

Legende  bereits  für  sumerische  Zeit  bezeugt  Bei    Langdon,    Babyl.  Liturgies  nr.  160    wird 

ist,  s.  Sp.  52,  Z.  10 ff.  Tamuz    von  Inanna    als  'mein  Bruder'    ange- 

Die    weibliche    Partnerin    des    Tamuz    ist  redet.    In  der  von  Scheil,  Bevue  d' Assyriol.  8, 

Mutter   und    Schwestergattin   zugleich.     Diese  161  f.    Rev.  6 — 9    veröfifentlichten    Litanei    ist 

mythologische  Vorstellung  ist  nicht  etwa,  wie  Mutter,  Schwester,  Frau  die  gleiche  Gestalt. 
Langdon,  The  sister  of  Tamuz,  Bdbyloniaca  7,  „Im  Schöße   der  Mutter  in   seiner  Kindheit 

1,  20  ff.   annimmt,    sekundär    aus    der  Mutter-  beruhigte  sie  ihn, 

und  Schwesternehe  abgeleitet  (unter  Ver-  40  in  seiner  Kindheit  hat  die  Mutter,  die  mit- 
mischung  ägyptischer  und  babylonischer  Ideen),  leidige  Mutter  ihn  bemitleidet, 

vielmehr  ruht  umgekehrt  diese  Incestehe  auf  im  Schöße  seiner  Schwester,   die  mitleidige 

einer  Anwendung  der  Tamuz-Idee,  die  sich  bis  Schwester  hat  ihn  bemitleidet, 

in  die  späteste  Zeit  verfolgen  läßt.  Am  deut-  im  Schöße  seiner  Frau,  Innana  gab  ihm  Ruhe." 

liebsten    tritt    diese   Erscheinung   bei    den  als  Ein  Nippur-Hymnus  (iHyÄrwiaw,  Ji5«?>t/Z.  P?(&?. 

Inkarnation  der  Gottheit  sich  fühlenden  Pto-  o/i/^e  C/my.Pen9is.l,nr.  6) hat  folgenden  Refrain: 
lemäern  und  Seleukiden  zutage.  Einige  Frauen-  ,,0  meine  Schwester,  was  verschwunden  war, 

gestalten  wollen   hier   mit  voller  Absichtlich-  stellte  ich  wieder  her, 

keit    die    Gestalt    der    Istar    markieren.     Die  0  Inanna,  was  verschwunden  war,  stellte  ich 

Geschichtschreiber    haben  nicht   nur  die  ent-  50  wieder  her." 

sprechenden  Götterlegenden  im  Stil  der  Ge-  Die  als  'himmlischer  Weinstock'  bezeichnete 
Schichtschreibung  auf  die  Königsfamilie  über-  Muttergöttin  Gestin-an-na  (s.  Sp.  54 f.)  wird 
tragen,  sondern  die  Glieder  der  Familie  haben  oft  als  Schwester  des  Tamuz  genannt.  Daß 
danach  gehandelt  oder  ihre  Inceste  damit  Gestin-an-na  nie  als  Gemahlin  des  Tamuz  ge- 
idealisiert. Die  Semiramis-Legenden  sind  Istar-  nannt  wird,  beruht  auf  Zufall.  Sie  ist  wde  jede 
legenden.  Kleopatra  nannte  ihre  Zwillinge  Göttin  eine  Erscheinungsform  der  Inanna-Istar. 
Helios  und  Selene.  Wenn  sie  sich  nach  der  In  der  bei  Langdon,  Sum..  Bah.  Psalms  152, 
Legende  oder  in  Wirklichkeit  durch  den  19 — 23  gegebenen  Liste  ist  Inanna  Gattin  des 
Schlangenbiß  tötete,  so  blieb  sie  ihrer  Rolle  Tamuz.  In  einem  bei  Zimmern  Der  babyl.  Gott 
als  Istar  treu.  In  Sidon  wurde  eine  Astarte-  60  Tamuz  711  mitgeteilten  Texte  werden  die  Na- 
Figur   mit  der  Schlange   am  Busen  gefunden  men  der  Mutter  des  Tamuz  aufgezählt,  die  Liste 

beginnt  mit  Sirtu.     Auch   Gula   und   Bau   er- 

*)  Daß  die  Vorstellung,  die  der  Text  voraussetzt,  scheinen  hier  als  Mutter  des  Tamuz. 
mindestens  um  1000  v.  Chr.  vorhanden  war,  beweist  eine  i^     (Jen     mythischen     Höllenfahrtlegenden 

stelle  der  Hemerologie  des  sog.  Astrolabs  B,  nach  der  ^^^-^  rj.^^^^  ^^^^^  -^  ^-^  Unterwelt.  Als  Ur- 
.Nergal  '^im  Js.islev  aus   der  Unterwelt   steigt,   um   Reich-  ^  .  o^     i  •    i     •        i        nr   j.u«i^~: 

tum  und  Fülle  zu  zerstören',  genau  wie  in  unscrm  Texte  «^che   semes    Sterbens   Wird    in   der  Mythologl- 

gesagt  ist:  ^Am  18.  Tamuz  steigt  Nergai  in  die  Unter-  sierung  der  Lehre  entweder  die  alle  Kraft  aus- 
weit, am  28.  Kisiev  steigt  er  herauf.  saugende    Liebe    der   Istar    gesehen    oder    die 


51            Tamuz  (vom  Eber  getötet)  Tamuz  (Tod,  Geburt,  Aussetzung)       52 

Tötung  durch  das  feindliche  Tier,  das  die  gött-  setzt  ist,  so  auch  Istar.     Der  Schluß  der  Höl- 

liche  Macht  in  der  Sommersonnenwende  mani-  lenfahrt  gibt  das  Ritual  beim  Tamuz-Fest  an, 

festiert.  das    ihre    Heraufholung   erzwingen   soll.     Die 

Die  erstere  Auffassung  ist  durch  die  6.  Tafel  älteste  bisher  bekannte  Spur  der  HöUenfahrt- 

des   Gügamei'Epos   bezeugt,    nach    der   Istar  legende   in    einem    sumerischen    Hymnus    aus 

dem  Tamuz  als  ihrem  Buhlen  ^Jahr  um  Jahr  Nippur   aus   der  Zeit  um  2600  y.  Chr.  enthält 

Weinen  bereitet*.    Die  letztere  Auffassung,  die  die  Bitte  der  Inanna-Istar  an  Eriskigal,  die 

in  der  hellenistischen  Ausprägung  des  Mythos  Höllengöttin    {Langdon  ^    Historical  and  Meli- 

hervortritt,  kann  für  Babylonien  nur  indirekt  gions  TexU  from  the  Temple  Library  of  Nippur, 

daraus    erschlossen    werden,    daß   dem   Gotte  lo  p.  87): 

Ninib,  dem  der  Monat  Tamuz  gehört,  der  Eber  „In    dem   Heilgtume(?)    stelle  meinen  Stern 

(humsiru)  heilig  ist.     Reisner,  Hymnen  nr.  24,  glänzend  wieder  her  (heliakischer  Aufgang), 

Äev.  io  heißt  Ninib  geradezu  humsiru  'Eber*.  laß  Samas  in  das  Zimmer  der  Gesänge  ein- 

Das  Tier,  das  den  Tod  bringt,"und  der  Held,  treten." 

der  getötet  wird,  können  identisch  sein;  denn  Als  Termine  der  Tamuz-Feste,  die  das 
beide  repräsentieren  den  Kreislauf  nach  der  Sterben  und  Auferstehen  feiern,  müssen  zu- 
Seite des  Lebens  und  Sterbens.  Das  älteste  nächst  die  Sonnenwenden  in  Betracht  kommen, 
direkte  Zeugnis  für  die  Tötung  durch  den  Eber  insbesondere  als  Todestermin  die  Sommer- 
liegt vielleicht  im  Motive  der  Zerreißung  durch  Sonnenwende,  die  bei  Zweiteilung  des  Jahres 
den  Eber  im  Tamuz-Stil  der  biblischen  Josephs-  20  als  der  Termin  des  Sterbens  gilt.*)  Die  Mo- 
geschichte, 8.  mein  AÜ48  Testament  im  Lichte  natsnamen  der  ältesten  sumerisch-babylonischen 
des  Alten  Orients*  S.  883  (engl.  Bearbeitung  2,  Kalender  würden  dazu  stimmen.  Bei  Eintritt 
S.  64flF.).  Die  Griechen  (vgl.  den  Abschnitt  des  Kalenders,  der  das  Jahr  mit  dem  Frühling 
Adonis-Tamuz  Sp.  60  ff.)  verbinden  Ares,  der  beginnt,  mußten  die  Monatsnamen  um  je  drei 
dem  Ninib  entspricht,  mit  dem  Schwein.  Ares  Stellen  vorrücken.  Es  ist  mir  aber  sehr  wahr- 
▼erwandelt  sich  in  das  Schwein,  oder  er  sen-  scheinlich,  daß  damit  zugleich  das  Motiv  vom 
det  das  Schwein  zur  Tötung  (Bd.  1,  Sp.  71).  Sommersolstitium  auf  das  Herbstäquinoktium 
LyduSf  de  mens.  44,  77  (s.  Stucken,  Astral-  rückte,  das  bei  Vierteilung  des  Jahres  den 
mytlien  S.  20)  sagt:  tägris  Sh  6  avg.  Adonis  sei  Anfang  des  Weges  zur  Unterwelt  bezeichnet. 
getötet  worden  vnö  rov  "ÄQsog  ^isvaßXrid'ivtog  30  In  der  Anwendung  auf  die  Lebensalter  werden 
tls  vv  (er  fügt  rationalisierend  hinzu :  ^sgfii]  dann  aus  zwei  Altern  vier.  Spuren  einer  Drei- 
yccQ  ij  q>votg  rov  iog).  Der  rettenden  Demeter  teilung  des  Jahres  mit  drei  Tamuz-Festterminen 
wurden  nach  Herod.  4,  134  Schweinsopfer  ge-  fanden  wir  Sp.  46. 

bracht.  Der  Argonaute  Ankaios  findet  im  Juli  Theoretisch  bestand  für  die  Tempellehre 
durch  ein  Schwein  seinen  Tod  (er  pflanzte  den  zu  allen  Zeiten  die  Möglichkeit,  die  um  Jahres- 
Weinberg,  vgl.  die  Schwester  des  Tamuz  zeiten  auseinanderliegenden  Festtermine  der 
Gestinanna  'die  Weingöttin').  An  die  Stelle  Klage  und  Freude  über  das  Leben  und  Ster- 
des  Schweines  als  des  Tieres  der  Sommer-  ben  zusammenzulegen  und  durch  eine  drei- 
sonnenwende  kann  der  Löwe  treten,  der  beim  tägige  Frist  zu  trennen.  Man  braucht  nur  die 
Stier  als  Frühlings-Tierkreiszeichen  an  der  40  lunisolaren  Termine  durch  rein  lunare  zu  er- 
stelle der  Sommersonnenwende  steht,  dem  setzen.  Nach  Analogie  anderer  Mythenkreise 
übrigens  auf  der  babylonischen  Sternbilder-  durfte  man  annehmen,  daß  die  Sonnenmotive 
karte  das  Schwein  benachbart  ist.  In  Hygins  des  Tamuz-Mythos  von  Mondmotiven  übertra- 
Fabulae  ist  in  der  Tat  beim  Tode  des  Hyas  gen  sind.  Das  Sterben  des  Tamuz  als  Mond- 
(Führer  der  Hyaden  im  Stier,  s.  Bd.  1,  2766  f.),  erscheinung  würde  dem  Hinabsinken  in  die 
der  von  den  Hyaden  beweint  wird,  'Eber  oder  Sonnenstrahlen  entsprechen  (Schwarzmond),  das 
Löwe'  das  tötende  Tier  (vgl.  Winckler,  Krit.  Auferstehen  dem  Neulicht,  das  'nach  drei  Ta- 
Schriften  3,  107  ff.).  Die  dritte  Möglichkeit  ist  gen'  angenommen  wird,  die  in  assyrischen 
der  Bär,  sofern  das  Sternbild  des  großen  Wa-  Texten  'Tage  der  Verwirrung'  hießen.  In  spä- 
gens,  das  den  Nordpunkt  des  Kosmos  (der  dem  50  teren  Variationen  der  dem  Tamuz-Kult  ver- 
Höhepunkt des  Kreislaufs  entspricht,  s.  mein  wandten  Kulte  werden  wir  diese  Rechnung 
Handbuch  der  altor.  Geisteskultur  S.  128)  reprä-  finden. 

sentiert,  als  Bär  gesehen  wird.  In  dem  Felsen-  Von  einzelnen  Motiven  der  Tamuz-Legende 

relief  am  Libanon  (s.  Abb.  1)  tötet  in  der  Tat  sind  die  folgenden  bisher  bezeugt: 

der   Bär   den   Adonis.     Auch  hier  kann   eine  1.  Die  geheimnisvolle  Geburt  scheint 

rationale  Erklärung   sich   hinzugesellt   haben;  angedeutet  Tamuzlieder  nr.  7,  Z.  5 f.;  im  Istar- 

im  Libanon  kommen  noch  heute  Bären  vor.  Tempel  von  Erech,  bei  der  glänzenden  Zeder, 

Zu   der   zweiten  Variation    gehört  die  Le-  hat  die  Mutter  ihn  geboren  (s.  Sp.  58,  10 f.). 

gende  von  der  Heraufholung  des  hinabgesun-  2.  Die  Aussetzung  und  Verfolgung  in 

keüen  Tamuz  durch  die  Schwestergattin  Istar.  60  der  Kindheit  liegt  wohl  vor  in  Tamuzlieder  nr. 

Die  Reise  der  Istar  wird  in  den  Tamuz-Liedern  1  B,  21  f.,  und  nr.  2  Rev,,  wonach  Tamuz  'in  seiner 
besungen*)  und  in  der  'Höllenfahrt  der  Istar' 

(s.  Bd.  3  Sp.  257  ff.)  dramatisch  geschildert.    Wie  *)  Der  auch  in  Griechenland  sich  findende  Gedanke, 

Tamuz  in   der-  Unterwelt  allerlei  Nöten  ausge-  ^^^  entsprechend  einer  Zweiteilung  des  Jahres  in  Sommer 

und  "Winter  die  Erscheinungen  des  Lebens  in  zwei  Stufen 

*)  Zimmern,  Tamuzlieder  nr.  1  C  5  ff. ;  nr.  4,  82  ff. ;  nr.  6,  (Leben  und  Sterben)  teUt,  also   mit   dem  Höhepunkt  der 

6  ff.   TieT  Yon  Zimmern,   VAS  i,  S.  2  ff.  veröffentlichte  Text  Blüte  den  Todesgedanken  verbindet,  entspricht  der  Tamuz- 

VAT  617  enthält  auf  Kol.  2,  38 ff.    Wecbselgespräche  der  Idee,  sofern  sie  sein  Hoohzeitsfest  und  zugleich  sein  Ster- 

DämonenüberTamuz  (s.  Zimmern,  Derftaft. Co« TawMzS.  730).  ben  in  die  Sommersonnenwende  legt. 


53           Tamuz  (Motive  s.  Legende)  Tamuz  (astraler  Charakter  usw.)       54 

Kindheit  in  einem  untergehenden  Schiffe  lag'.  tenklagen  um  Tamuz  tritt  Freudenmusik.    Der 
Jensen  ZA  4,    272 f.    dachte    der    Sache    nach  Befohl   am  Schluß   der  Höllenfahrt   der  Istar, 
sicher   richtig   bei   dem   elippu  tebitu    an   die  Tamuz  (sein  Bild)  zu  waschen  und  zu  salben 
^heilige  Kiste',  die  in  der  Sintflut  und  bei  der  und  festlich  zu  kleiden  unter  fröhlicher  Musik, 
Aussetzung   Mosis  tC'bah  heißt.     Spuren   einer  bezieht  sich  wohl   auf  die  kultische  Freuden- 
Versenkung   des  Kultbildes  in    einem  Zedern-  feier  bei  der  Auferstehung  des  Tamuz. 
kästchen  in  den  Fluß  will  Jjangdon,  Sum.  and  11.    Das    Motiv    der    Heraufholung   des 
JBab.  Psahns   in  Zivimern    nr.  7,  23  ff.    finden.  Tamuz   durch   die   Göttin  liegt  der  Legende 
Die  kalendarisch-mythologische  Wurzel  dieses  von  der  Höllenfahrt  der  Istar  zugrunde. 
Motivs  ist  vielleicht  in  der  Regenzeit  zu  suchen,  10  12.    Das    Motiv    des    Schiedsgerichts 
die  nach  dem  Termin  der  Geburt  in  der  Winter-  durch   den  summus  deus   und    der  Verteilung 
Sonnenwende    dem    siegreichen   Auftreten    des  des  Jahres  auf  die  Göttinnen   fehlt  im  baby- 
Jahrgottes  vorausgeht.    Viele  Beispiele  der  Mo-  Ionischen    Material.     Es    scheint    griechische 
tiv-Erzählung  findet  man  in  meinem  Buch  Das  Zutat  zu  sein. 
Alte  Testament  im  Lichte d.  Alt.  Orients^.  ^10 S.  Der   astrale  Charakter   des    Tamuz   ist 

3.  Auf  die  Manifestation  des  Lebens  in  bis  jetzt  durch  folgende  Stellen  bezeugt: 
Vegetation  und  Herde  deutet  die  Fortsetzung  1.  In  der  Boghazköi- Sternliste  wird  der 
jener  Aussage  von  seiner  Kindheit:  'Als  Er-  Stern  des  Tamuz  (Dumu-zi)  neben  Ningiszida 
wachsener  war  er  im  Getreide  untergetaucht  (Nin-ki-zi-di)  genannt.  Tamuz  ist  hier  der 
und  lag  darin',  andererseits  die  Charakteri-  20  Planet  Ninib  -  Saturn,  wie  durch  K  250,  wo 
sierung  seiner  Hirtentätigkeit.  Häufig  erscheint  Papsukal  (=  Tamuz)  =  kakkabMI  (Saturn)  ge- 
Tamuz  als  'Hirte'  (sumerisch  güb-ba  und  sib,  setzt  ist,  bezeugt  wurde. 

assyrisch  re'u):    Wie   er  Herr  der  Vegetation  2.  In  der  Sternliste  CT  33,  deren  Stoffe  aus 

ist,   so   ist  er  auch  Herr  des   Tierlebens.     Als  alter  Zeit  stammen,  wird  an  einer  Stelle,   für 

solcher   heißt   er   in    den   Liedern    'Herr    der  die  ein  Duplikat   aus  Asurbanipals  Bibliothek 

Hirten  Wohnung',  'Herr  des  Viehhofes'.  vorhanden  ist,   Tamuz  im  östlichen  Teile   des 

4.  Die  jugendliche  Schönheit  des  Hirten  Widders  (KU. MAL)  lokalisiert.  Vielleicht  er- 
(und  Jägers)  Tamuz   (s.  die  Lieder  Sp.  65  ff.).  klärt    sich    das    aus    einer    Übertragung    des 

5.  Die  Liebe  der  Istar  zum  jugendlichen  Tamuz-Charakters  auf  Marduk  von  Babylon, 
Tamuz.                                                                        so  der  sich  im  Widderzeitalter  hier  als  Frühlings- 

6.  Das  Motiv  des  Sterbens  wird  als  Ver-  gott  offenbart.  Auch  ein  astrologischer  Kom- 
schwinden  des  Gottes  in  die  Unterwelt  auf  mentar  zu  Enuma  elis  {King,  Seven  Tablets  1, 
dem  'Weg  ohne  Rückkehr',  als  Wandern  durch  217f.)  erklärt  amöiKÜ.MAL  durch  ii^iDumu-zi 
die  Wüste  (=  Unterwelt),  als  Eintritt  des  Un-  (und  Kingu). 

glückstermins,    als    'Verschwinden    aus     dem  3.  Tamuz  wird  in  der  Astralmythologie  mit 

Lande',  als  Dahinsiechen  der  Schafe  und  Zie-  Orion  gleichgesetzt,  der  ebenfalls  das  Sterben 

gen  {Zimmern  nr.  lA,  Iff.)  aufgefaßt.  und  Auferstehen  im  Kreislauf  manifestiert  (s. 

7.  Das  Motiv  der  Tötung  durch  den  Eber  mein  Handbuch  der  altor.  Geisteskultur  S.  129). 
(Variation:  Löwe,  Bär)  wurde  bereits  Sp.  51  Denn  im  Orion  offenbart  sich  Papsukal  {Virol- 
besprochen.                                                                 40  leaud,  Astr.  Ch.  2  Suppl.  67,   col.  1,  10),    und 

8.  Das  Motiv  des  'Jägers',  das  in  der  dieser  entspricht  dem  Tamuz.  Wenn  im  Astro- 
hellenistischen  Variation  später  hinzutritt,  lab  B  Papsukal  als  Nin-subur  'Herr  des  Wild- 
würde sich  am  besten  als  Mondmotiv  erklären  schweins'  bezeichnet  wird,  so  liegt  ebenfalls 
(zum  Mond  als  Jäger  s.  Bd.  4,  Sp.  909).  In  die  Übertragung  eines  Sommersonnenwende- 
der   griechischen  Sage   ist   es   möglicherweise  motivs  auf  Orion  vor. 

erst  vom  Ebermotiv  abgeleitet.  Parallel   mit    den    kalendarischen    astralen 

9.  Das  Motiv  der  Wehklage  durch  Istar  Erscheinungen  laufen  die  Erscheinungen  des 
(bzw.  Gestin-anna)  findet  sich  sowohl  in  Tamuz-  Zeugungs-  und  Vegetationslebens.  Die  Ge- 
liedern  wie  in  der  'Höllenfahrt  der  Istar'.  stalten  des  Tamuz-Mythos  repräsentieren  des- 
Klagemänner  und  Klagefrauen  treten  hier  auf.  50  halb  das  Naturleben  in  seinem  Wachsen  und 
Ein  jährliches  Weinen  um  Tamuz  setzt  die  Sterben:  das  Samenkorn,  das  Getreide,  die  Ernte 
6.  Tafel  des  GilgamesEpos  wie  die  Adapa-  (s.  Sp.  53),  den  Weinstock  (s.  Sp.  55),  das 
Legende  voraus.  In  den  Liedern  'sitzt  der  Zeugungsleben  und  Sterben  der  Tierwelt  (s. 
Hirte  in  Vernichtung  da',  weil  sein  Schutzherr  Sp.  58).  In  der  'Höllenfahrt  der  Istar'  (Bd.  3, 
verschwunden  ist.  Astrolab  B  (Hemerologie)  Sp.  257  ff.)  hört  alles  Zeugungsleben  auf  Erden 
wird  zu  dem  Monat  Tamuz  bemerkt:  si-si-it  auf,  als  Istar  hinabsteigt,  Tamuz  zu  holen.  Bei 
iiNin-ru-ru-gü  arah  re'u  üDumuzi  ik-ka-mu-ü  Langdon^Su?n. and  JBab.  Psalms3S2,lSf. heiQt  es: 
'Klagegeschrei  um  N.  ('erhabener  Herr').  Mo-  „Gestinanna  stirbt  mit  den  Lämmern  und 
nat,  da  der  Hirt  Tamuz  bezwungen  ward*.  Kälbern, 

10.  Das    Motiv    des    Auferstehens,    der  60  die  Edle,  die  hehre  Inanna  schreit  laut." 
Rückkehr  aus  der  Unterwelt,  setzt  der  Schluß  Ebendaselbst  331,  12 — 15: 

der  Höllenfahrt  der  Istar  voraus,  vielleicht  auch  „Meine   Schwester,    siehe!    das    Lamm    und 

nach  Ziwwerns  Andeutung  Texte  wie  VAT  617,  seine  Mutter  ..." 

Kol.  2  und  3  Anfang.     Die    Schilderung    vom  Seine  Schwester  antwortet  ihm: 

Wiederaufleben  der  Zeugung  in   der  'Höllen-  „Wenn    ich    das  Trauern    der  Mutter  sehe, 

fahrt  der  Istar'    wird   seine  Entsprechung  im  breche  ich  in  laute  Wehklage  aus, 

Jubel  über  das  neue  Wachstum  in  Pflanzen-  wenn  ich  ihre  Trauer  betrachte,  breche  ich 

und  Tierwelt  haben.     An  die   Stelle  der  Flö-  in  laute  Wehklage  aus". 


55                  Tamuz  (in  Liedern)  Tamuz  (in  Liedern)                 56 

Als  Göttin  des  Weines  erscheint  die  Mutter  Deren  Zweig  in   der  Steppe  Blüte  nicht  her- 

bzw.    Schwester    des    Tamuz    bei    Urukagina  vorbrachte, 

unter  dem  Namen  Ama-gestin,  bei  Urbau  als  Ein  Bämnchen,  das  man  nicht  in  seine  Wasser- 

Gestin-an-na    ('himmlischer  Weinstock'    bzw.  rinne  gepflanzt  hat, 

'Mutter    des    himmlischen    Weinstocks'),     im  Ein    Bäumchen,    dessen  Wurzeln    ausgerissen 

Emesal-Dialekt:  ama-mutin-an-na.     Tamuz  ist  sind''. 

dann    natürlich    auch    der   Gott   des  Weines.  Ein   'Flötenklagelied   für  Tamuz'    in 

Spätere  Zeugnisse  für  die  gleiche  Vorstellung  sumerischer   Sprache   lautet   {Zimmern  nr.  4; 

wurden  Sp.  61  bereits  erwähnt.  Übersetzung  Alter  Orient  18,  1,  S.  12 f.): 

c         .    1.  V  1.  1     •    m.     «           , .   ,             10  [0  ^^^^  ^^^  Herrn,  der  schmerzvoll  (lasitztl 

Smuensch-babylonische  Taumz-Liedep  o  über  den  Herrn,  [der  schmerzvoll  dasitzt,] 

(vgl.  oben   Sp.  46  Literatur.      Zu   den   Über-  m[ein  Dam]u,  der  [da]  sitzt,  o  über  den  Herrn, 

Setzungen    vor    allem    Zimmern,  Babylonische  der  schm[erzvoll  dasitzt,] 

Hymnefi    und    Gebete,    Zweite   Auswahl,    Alt.  Dagal-uschumgal-anna,  der  dasitzt  o  über  den 

Orietit  13.  Jahrg.  1.  Heft,  S.  lOflF.).  Herrn,  der  8chmerz[voll  dasitzt.] 

Aus  der  Tempelbibliothek  vonNippur  (nach  Wehe,         Mannhafter,  [mein]Damu, 

Hugo  BadauB    Ausgabe  und  Übersetzung   in  wehe,          Kind  des  Ningi8zi[da], 

The  Babyl.  Expedition  Ser.  A,  Vol.  30,  Part.  1):  wehe,          Ka-di,  Igi-8[uba], 

CBM  11393  (col.  2,  3—22):  wehe,          Nagar,  Herr  des  N[etze8], 

„'Bei   der  Wehklage' :    Um  meinen   Geliebten  20  wehe,          Anführer,  Herr  [des  Gebets], 

breche    ich    in    Wehklagen    aus    nach   der  wehe,          mein  Mann  der  Himmels (?)- Klage! 

Wüste  hin.  Ein  rasender  Sturm  hat  ihn  gebrochen,     zum(?) 

(Ich),  die  Zerstörerin  des  Gebirges,  die  Herrin  Berge  hat  er  seinen  Weg  genommen  ('?), 

von  Eanna,  fürwahr,  wie  ein  Rohr  ist  er  zerbrochen,     am  Haupte 

(Ich),    die    Mutter    des    Herrn,    die   prächtige  ist  er  [ ] 

Herrin,  fürwahr.  Der  Mannhafte,  sein  Feld    hat  er  verlassen, 

(Ich),  aus  E-kal-an-na,  das  Mädchen  des  Anu,  der  Hirte,  Tamuz,     in  Bedrängnis  ist  er. 

fürwahr.  Seine  Mutter,  Wehklage    um  ihn  möge  sie  an- 

Um  meinen  Geliebten  breche  ich  in  Wehklagen  stellen, 

aus  nach  der  Wüste  hin,                                  30  Wehklage,  Seufzen     um   ihn  möge  sie  an- 

um  den  'Ort  des  Helden'  breche  ich  (in  Weh-  stellen. 

klagen)  aus.  Indem  sie  geht,    schmerzliche  Wehklage   er- 

um  den  'Ort  des  Tamuz'  breche  ich  (in  Weh-  hebt  sie, 

klagen)  aus,  indem  sie  sitzt,     streckt  sie  die  Hand  nach 

um  den  Aralu,  den  Berg  des  Hirten  (breche  dem  Herzen. 

ich  (in  Wehklagen)  aus).  Wehklage  läßt  sie  erschallen,    Wehklage,  die 

Um  meinen  Geliebten  breche  ich  in  Wehklagen  schmerzlich  ist, 

aus  nach  der  Wüste  hin.  Geschrei  läßt  sie  erschallen,     Geschrei,   das 

Um  den  'Ort  des  schönen  Dahingesunkenen',  um  schmerzlich  ist. 

den  Hingesunkenen  breche  ich  (in  Wehkla-  40  Seine  Schwester,     indem  sie  aus  der  Hürde  (?) 

gen)  aus,  herauskommt, 

um  den  'Ort  des  Kraftlosen',  um  Tamuz,  breche  Gestin-anna,    (seine)  leibliche  (?)   Schwester, 

ich  (in  Wehklagen)  aus  indem  sie  aus  der  Hürde  (?)  herauskommt  — 

um  das  Hochzeitsgemach,  das  das  Lamm  zube-  der   Späher,    der   Gallu-Dämon    tritt  ihr  ent- 

reit^t  hat,  breche  ich  (in  Wehklagen)  aus,  gegen, 

um  meinen  Geliebten  breche  ich  in  Wehklagen  zu  der  Mutter,  derGeschtin,     spricht  er  also: 

aus  nach  der  Wüste  hin.  'Warum(?)  zu(?)  deinem  Bruder,     dem  bewein- 

üm  den  Freudenplatz,   den  die    Ziege   zuge-  ten,  willst  du  eintreten(?) ?, 

rüstet  hat,  breche  ich  (in  Wehklagen)  aus;  warum(?)  zu(?)  Tamuz,     dem  beklagten,  willst 

Um  den  Ort,  dessen  Gott  ein  Toter  ist,  breche  50  du  eintreten(?)?' 

ich  (in  Wehklage)  aus ;  Mit(?)  dem  Gallu-Dämon    schlägt  sie  den  Weg 

Um  meine  ausgedehnten  .  .  .,  den  Platz  meiner  ein, 

Mädchen,  den  der  Feind  von  Grund  aus  de-  der  Totschläger  (-Dämon),     auf  der  Straße  be- 

vastiert  hat,  breche  ich  (in  Wehklagen)  aus;  gleitet(?)  er  sie; 

Um  meinen  Geliebten  breche  ich  in  Wehklagen  der  Unterjocher(?)  (-Dämon),     zu  jenem  geht  er 

aus  nach  der  Wüste  hin.  mit  ihr, 

Um  ihn,  der  seine  gefesselten  Hände  nicht  er-  der  Alu-Dämon,     zu  jenem  geht  er  mit  ihr. 

heben  kann,  breche  ich  (in  Wehklagen)  aus ;  Die    zweite   nur   fragmentarisch   erhaltene 

Um  ihn,  der  seine  gefesselten  Füße  nicht  er-  Hälfte  enthält  ein  Wechselgespräch   zwischen 

heben  kann,  breche  ich  (in  Wehklagen)  aus ;  60  der    in    die  Unterwelt    gelangten   Gestinanna 

Um  ihn,  der  in  der  Wüste  ..."  und  ihrem  Bruder  Tamuz. 

(Rest  abgebrochen.)  Auch    Zimmern   nr.   5    (Übersetzung   Alter 

Ein  andres  Tamuzlied-Fragment  {IV  Baw-  Orient  13,  1,  S.  13 f.)  ist  eine  'Flötenklage  für 

linsmi  27,  1)  lautet:  Tamuz',  'den  Gatten  der  Himmelsherrin',  wohl 

„Hirte,  Herr,  Tamuz,  Gatte  der  Istar,  Istar  in   den  Mund   gelegt.     Tamuz   ist   auch 

Herr  des  Totenreichs,  Herr  der  Wasserwohnung,  hier  als  Herr  des  Viehs  und  der  Vegetation  be- 

Eine  Tamariske,  die  in  der  Furche  kein  Wasser  klagt.    Die  Klagende  nimmt  weder  Speise  noch 

trank,  Trank  zu  sich. 


57                  Tamuz  (in  Liedern)  Tamuz  (in  Liedern)                  58 

Die   sumerischen  Texte   vereinigen  wieder-  Ein   weiterer   zugehöriger  Abschnitt  (nach 
holt   mehrere  Lieder  zu  einem  Zylchis.     Zim-  Zimmern  wahrscheinlich  der  5.)  sagt: 
mern  nr.  6  und  dazu  gehörig  wahrsclieinlich  7  Um  den  Verschwundenen  erhebt  sich  Klage, 
(Übersetzung  Älter  Orient  13,  1,  S.  14  ff.)   bil-  '0  mein  Kind!'  um  den  Verschwundenen     er- 
den einen  solchen  Zyklus  in  9  Abschnitten.  hebt  sich  Klage. 

Der  erste  Abschnitt  lautet:  'Mein  Daran!'   um   den  Verschwundenen     (er- 

Ein  Tag  der  Fülle  war's,     eine  Nacht  der  Üp-  hebt  sich  Klage), 

pigkeit,  'Mein  Beschwörungspriester!'   um  den  Ver- 
ein Monat  der  Freude,     ein  Jahr  des  Jubels  —  schwundenen     (erhebt  sich  Klage). 
An  jenem  Tage,  um  des  Hirten     Herz  zu  er-  lo  Bei(?)  der  glänzenden  Zeder,     am  Ort,  wo  die 
freuen,  Mutter  ihn  gebar, 
in   den  Viehhof  zu   gehen,     seinen   Sinn   zu  in   E-anna,   oben  und  unten,      erhebt  sich 

erheitern,  Klage, 

die  glänzende  Hürde  (?)  dem  Tag  gleich      zu  Als  Klage,   die  um   das  Haus  des  Herrn  sich 

erleuchten;  erhebt,     erhebt  sich  Klage, 

Zum   Hirten  Tamuz,     dem    glänzenden  Sproß  als  Klage,  die  um  die  Stadt  des  Herrn  sich 

Anu's,  erhebt,     (erhebt  sich  Klage).    - 

die   Herrin    des    Himmels,      die   Herrin  des  Diese  Klage  ist  eine  Klage  um  das  Kraut,     das 

Himmels  und  der  Erde  im  Beete  (?)  nicht  mehr  wächst, 

spricht  zu  ihm,     mit  sich  (?)  zu  Rate  gehend,  20  diese  Klage  ist  eine  Klage  um  das  Korn,     das 

an    Ama  -  usumgal  -  anna     richtet    sie     das  in   der  Ähre  nicht  mehr  wächst, 

Wort:  um  die  Wohnstatt,   den  Besitz  ist's  eine,     um 

„0(?)  Gatte,     an   den  Ort   der  Zeugung  will  die  Wohn  statt,  den  Besitz,  die  nicht  mehr 

ich  gehen,  wachsen, 

'für  meinen  weiten  Viehhof     will  ich   sein  um  die  schwachen  Gatten,  schwachen  Kin- 

Schicksal  bestimmen,  der  ist's  eine,     die  in  Kraft(?)  nicht  mehr 

'meiner  glänzenden  Hürde  (?)     Ergehen  will  wachsen, 

ich  erkunden.  Diese  Klage  ist  eine   um  den  großen  Fluß, 

"Dem   Kleinen   Speise   zu  essen     will  ich  be-  woran  Weiden  nicht  mehr  wachsen, 

schaffen,                                                              30  diese  Klage  ist  eine  um  das  Feld  .  . .,     worauf 

'Wasser  zu  trinken,   süßes,     für  ferner  will  Korn  und  Kraut  nicht  mehr  wächst, 

ich  beordern''.  Diese    Klage   ist    eine   um  den  Teich,     worin 

Ihr  Gatte     spricht  zu  ihr,  .  .  .  .-Fische  nicht  mehr  wachsen, 

seinen  Rat  an  sie     erteilt  er,  diese  Klage  ist  eine  um  das  Röhricht,    worin 

seiner  Gattin     erwidert  er:  ...  .-Rohre  nicht  mehr  wachsen. 

„Glänzende    Herrin    des    Himmels,     in  E-tur-  Diese  Klage  ist  eine   um  die  Wälder,     worin 

kalama                                                    .  Tamarisken  nicht  mehr  wachsen, 

'mögest  (?)  du  eintreten,     Wehklage  wird  sich  diese  Klage  ist  eine  um  die  Steppe,     worin 

dann  niederlassen;  .  .  .  .-Bäume  nicht  mehr  wachsen. 
'Hierodule,  Herrin  des  Himmels,     Schmerz  (?)  40  Diese  Klage  ist  eine  um  die  Gründe  des  Baum- 
wird sich  dann  festsetzen  (?)".  gartens,     worin  Honig  und  Wein  nicht  mehr 
Der  zweite  Abschnitt:  wächst. 
An  jenem  Tage  zu  dem  Hirten     auf  das  Feld  Diese  Klage  ist  eine  um  die  Wiesen,     worauf 
ging  sie  hinaus:  .  .  ,  .-Pflanzen  nicht  mehr  wachsen. 
'Ich,  zu  Tamuz     nach  dem  Viehhof  will  ich  Diese  Klage  ist  eine   um   den   Palast,     worin 
gehen' ;  Langlebigkeit  nicht  mehr  wächst", 
seine  Schwester,    die  Herrin  der  Tafelschreibung,  Der  folgende  (sechste)  Abschnitt  gehört  noch 
im  Himmel  und  auf  Erden     wandert  sie  umher.  der   Trauerklage    an,    der    folgende   (siebente) 

Die  glänzende  Hürde (?),     den  Ort ,  enthält  den  Jubel  über  den  Zurückgekehrten: 

für  den  Hirten,  seine  Schwester,     seine  Stätte  50  Groß  ist  er,  groß  ist  er,     der  Herr  ist  groß ; 

zu  erhellen  (?),  der  Herr,   der  Gebieter  ist  groß,     der  Herr 

ihn  zu  beleben (?),     den  Hirten  zu  beleben  (?),  ist  groß. 

seine  Schwester,  die  gesanges(?)kundige,     den  Damu,  der  Gebieter  ist  groß,     der  Herr  ist  groß ; 

Dasitzenden  (?)  zu  beleben  (?),  der  Beschwörungspriester,   der  Gebieter,  ist 

daß  der  Viehhof  mit  Überfluß     erfüllt  werde (?),  gi'oß,     der  Herr  ist  groß; 

die  Hürde  (?)  mit  Üppigkeit     gesättigt  werde,  Ka-di,  der  Gebieter,  ist  groß,     der  Herr  ist  groß! 

zu  essen,     herrliche  Speise  zu  essen,  SeinHaus  ist  ein  großes  Haus,     der  Herr  ist  groß ! 

zu  mischen     Honig  und  Dickmilch,  seine  Stadt  ist  eine  große  Stadt,     der  Herr 

zu  trinken     Bier  und  Wein,  ist  groß ! 

daß  dem  Tamuz  seine  Schwester     sein  Herz  60  Vereint  mit  diesen  Zyklen   sind  Gebete  an 

erfreue:  Istar  und  Tamuz  in   Bußritualien  für   die  Be- 

Nach    dem   Hirten,   Tamuz,     dem   glänzenden  schwörungspriester.     Aus    den    von    Zimmern 

Sproß  (?)  Anu's,  a.  a.  0.  S.  17  ff.  gegebenen  Proben  ein  Beispiel 

schaut  sie  aus  (?),     in  den  Viehhof  tritt  sie  ein.  (aus  K  2001  und  6475): 

Dann  folgt  ein  Wechselgespräch   zwischen  Dies  soll  er  (der  Büßer)  vor  Istar  dreimal 

Tamuz  und  Istar,  das  vom  Dahinsiechen  der  Tier-  wiederholt  hersagen  und   darauf  dreimal  also 

weit  redet  und  um  die  Wiederkehr  bittet,  damit  hersagen : 

die  Trauer  in  der  Natur  ein  Ende  haben  möchte.  Du,  o  Istar,     deren  Buhle  Tamuz  ist 


59          Tamuz  (in  Liedern',  —  Osiris)  Tamuz  («=  Adonis)                 60 

Tochter   Sin's,    gewaltige ,     die    das    Land  wohl  der  Weltreligion  (d.  h.  der  über  die  ganze 

durchzieht,  Welt  gewanderten  Weltenlehre)  angehört, 
die  da  liebt  die  Fluren,    die  da  liebt  alle  Die    astralmjthologische    Stilisierung    der 
Menschen,  ja  du!  Lehre   sieht   in   Osiris    den  sterbenden  (zer- 
Ich  schenkte  dir  ein  großes  Geschenk,  stückelten),  in  die  Unterweltsnacht  versinken- 
eine Vulva  aus  Lasurstein,  gefüllt  mit  Gold,  den    Mond,    der   im    immer    wiederkehrenden 
ein  Zubehör  deiner  Gottheit.  Kreislauf  zum  Leben  erweckt   wird   (s.  meine 
Bei  Tamuz,  deinem  Buhlen,     leg'  Fürsprache  Allgemeine  Religionsgeschichte,  Leipzig,  Quelle 
für  mich  ein;  und  Meyer  1914,  S.  Kap.  Ägypten). 
Tamuz,  dein  Buhle,     nehme  meine  Mühsal  lo 

hinweg!  2.  Adonis-Tamuz. 

Dies   soll    er   vor   Istar    dreimal  hersagen  Der  Zusammenhang  des  phönikiscben  und 

und  darauf  vor  Tamuz  also  hersagen:  hellenistischen  Adonis  ist  von   Boschcr  Bd.  1, 

Tamuz,  Herr,  Hirte  Anu's,     Sohn  Ea's  du ;  Sp.  69  flf.  erkannt.  Dümmler  bei  Pauly-  Wissowa 

Buhle  der  Ischtar,  der  Gattin,    Anführer  des  1,  Sp.  384  ff.  hält  Adonis  für  einen  primitiven 

Landes!  Vegetationsdilmon   und    erklärt    den    Adonis- 

Bekleidet   mit   der   Binde,     den   (Hirten)8tab  Mythos  für  rein  griechisch,  was  angesichts  des 

tragend,  vorliegenden  Materials  endgültig  aufzugeben  ist. 

der  da  schafft  den  Nachwuchs  der  Kühe(?),  Die  Aussagen   der  Griechen   und   Lateiner 

Herr  der  Viehhürde,                                        20  über  den  Aufenthalt  des  Adonis  in  der  Unter- 

der  da  ißt  Reines,  Aschenkuchen,  weit  und   seine  Beziehungen  zur  Muttergöttin 

der  da  trinkt  lauteres  Schlauchwasser  1  Persephone   sind   von   Baudissin,  Adonis  und 

Es  folgt  die  Beschwörungsformel.  JEsmun,  besprochen.     Die   innere    Einheitlich- 

Die  Litaneien  werden  später  länger.  In  dem  keit    der   Mythenvarianten   und    ihre  wurzel- 

1.  der  von  Zimmern  herausgegebenen  Tamuz-  hafte  Verbindung    mit    der    altorientalischen 

Kultlieder  (aus  der  späteren  assyrisch-babyloni-  Lehre  sind  aber  hier  nicht  erkannt.  Eine  wert- 

schen  Zeit)  wird  noch  eine  Klage  über  Raub  volle   Ergänzung,    die    die    Belegstellen    nach 

der  Schafe  und  Ziegen  und  einem  neunfachen  Altersfolge   und    Abhängigkeitsverhältnis    be- 

Wehe  über  Tamuz,  der  Men  Weg  ohne  Rück-  spricht,  bietet  Graf  Baudissin  in  seinem  Auf- 
kehr' angetreten  hat  (vgl.  Zimmern,  Berichte  30  satz  Adonis  in  der  Untenveit  in  den  Keutesta- 

der  Kgl.  S.  Ges. d.Wissensch. &.&.0. 1901, 201S.):  mentlichen  Studien  für  Georg  Heinrici,  Leipzig 

„Er  geht,  er  entrinnt  zur  Brust  der  Unterwelt,  1914,  nr.  2.     Der  Mythos  vom  sterbenden  und 

die  Sonne  geht  ihm  unter  —  nach  dem  Lande  auferstehenden  Gott  ist  in  der  klassischen  Welt 

der  Toten.  fast  ausschließlich  als  Jahreszeitenmythos  aus- 

Von  Wehklagen  ist  er  voll  am  Tage,  da  er  in  gestaltet;    die  kalendarischen  astralen  Motive 

Trauer  fiel,  sind   aber   in  der  Stilisierung  hier  noch  deut- 

im  Monat,  der  seinem  Jahre  kein  Heil  bringt.  lieh  zu  erkennen.     Die  hier  in  Betracht  kom- 

Den  Weg  entlang,  der  den  Menschen  das  Ende  menden  Zeugnisse  vom  Hinabsteigen  des  Adonis 

bereitet,  sind  die  folgenden: 

unter  Klagen  um  den  Herrn,  40        1.    Praxilla  aus  Sikyon   (5.  Jahrh.  v.  Chr.) 

den   Helden,   zur  weiten   Unterwelt,    der   un-  spricht  davon,  daß  Adonis  das  Sonnenlicht,  die 

sichtbaren!  Gestirne   und   die    Früchte   der  Oberwelt  ver- 

Wie  lange  noch  soll  das  Sprossen  gefesselt  sein?  läßt  {Bergk,  Poetae  lyrici  Graeci  3,  S.  566  nr.  2). 

wie  lange  nach  soll  das  Grünen  gebunden  sein,  2.  Apollodor  {teilweiBe  nach  dem  dem  ö.Jahr- 

soU  das  .  .  .  gebunden  sein,  so  daß  der  Hirte  hundert  angehörenden  Panyassis  erzählt  fol- 

in  Vernichtung  dasitzt,  gendes:    Smyma,    die    Tochter    des    Assyrer- 

soU  die  Satzung  des  Landes  niedergehalten  sein.  königs  (!)  Thias  habe  im  heimlichen  zwölftägi- 

Aus  dem  Hause  der  Wiese  ging  er  heraus".  gen  Incest  mit  ihrem  Vater  gestanden,  von  der 

Dann   heißt   es    nach   abermaligem    neun-  beleidigten   Aphrodite    verleitet.     Als    er    die 

fachem  Wehe:  50  Tochter  mit  gezücktem  Schwerte  verfolgte,  sei 

„In  seiner  Jugend  lag  er  in  einem  versinken-  sie  in  einen  Myrrhenbaum  verwandelt  worden. 

den  Schiffe,                      ^  Nach  10  Monaten  platzte  der  Baum,  und  Adonis 

als  Erwachsener  tauchte  er  im  Getreide  unter  wurde  geboren.    „Aphrodite,  von  seiner  Schön- 

und  lag  (darin);  heit  angezogen,  verbarg  ihn  noch  als  unmün- 

im  Südsturm    Unwetter  lag  er,  diges  Kind,    von    den   Göttern   ungesehen,   in 

...  in  Ruhe  legte  er  sich  nicht".  eine  Kiste  und  stellte  ihn  der  Persephone  zu, 

(Fortsetzung  wie  Anfang  fehlt.)  die  ihn  aber  nicht  wieder  herausgeben  wollte, 

sobald   sie   ihn    erblickt   hatte.     Durch    einen 

Tamaz-Gestalteii  im  weiteren  babylonischen  richterlichen  Ausspruch  des  Zeus  wurde  nun 

Knlturkreis.  ^  ^^^  ^^^^  ^^  ^^®^  gleiche  Teile  geteilt,  wonach 

.    ,             *  Adonis   einen    Teil    sich    selbst   leben   durfte, 

1.  Osiris-Tamuz.  einen    bei    Persephone    und   den   letzten   bei 

Die  ägyptische  Ausprägung  der  in  Tamuz  Aphrodite    zubringen    sollte.     Seinen    eigenen 

repräsentierten  Weltenlehre  ist  Osiris  in  der  Teil  wußte   nun  Adonis   nicht  besser  zu  be- 

Lehre  von  Abydos.  W.  Max  Müller,  OLZ  1913,  nutzen,    als  daß   er   auch  diese  Zeit  über  bei 

Sp.  436,  Anm.  3  sagt,  daß  in  den  ältesten  ägyp-  Aphrodite  blieb.     Späterhin  starb  Adonis,  von 

ptischen  Texten  Osiris  als  Gott  des  Weines  er-  einem  Eber  auf  der  Jagd  verwundet". 

scheint,   und   bemerkt  richtig,  daß  dieser  Zug  Zum  Motiv  der  heiligen  Kiste  und  der  Aus- 


61  Tamuz  (=  Adonis)  Tamuz  (=  Adonifi)  62 

Setzung  im  Wasser  s.  Sp.  53.  Zu  der  Drei-  schwömmen,  und  die  Winde  geleiten  ihn  durch 
teilung  des  Jahres  an  Stelle  der  sonst  über-  göttliche  Lenkung;  er  wendet  sich  nirgends 
lieferten  Zweiteilung  8.  JBaM<i/ssm  in  der  jHcm-  anders  wohin,  sondern  kommt  allein  nach 
rici-Fi\st'ichrift.  Einen  Versuch  der  Lösung  aus  Byblos.  Die  ganze  Sache  ist  ein  reines  Wun- 
dem babylonischen  Kalender  gaben  wir  oben  der;  es  geschieht  jedes  Jahr  und  geschah  auch 
Sp.  46  f.  bei  meiner  Anwesenheit  in  Byblos;    ich  selbst 

3.  Theokrit,  Idyll.  15,  102  f.  (3.  Jahrh.)  sagt,  sah  den  Kopf,  der  von  Papyrus  war.  —  Noch 
daß  die  sanften  Hören  im  12.  Monat  den.Ado-  ein  anderes  Wunder  findet  sich  im  byblischen 
nis  aus  dem  Acheron  geleiteten.  Lande:     ein    Fluß,    der    vom    Berge    Libanon 

4.  Hygin  (Zeitgenosse  des  Augustus),  fa-  lo  kommt,  mündet  in  das  Meer:  er  heißt  Adonis. 
bulae  251  (ed.  M.  Schmidt,  S.  139):  quilicentia  Dieser  wird  alljährlich  blutrot  und  färbt  durch 
Parcarum  ab  inferis  rcdierunt  .  .  .  Adonis  Ci-  sein  Wasser  die  See  weithin  purpurn  und  gibt 
nyrae  et  Zmyrnae  filius  voluntate  Veneris.  In  den  Bybliern  das  Zeichen  zur  Trauer.  Sie  er- 
den Ästronomica  2,  7  berichtet  er  von  dem  zählen  nämlich,  daß  in  diesen  Tagen  Adonis 
Schiedsspruch  der  Kalliope  auf  Anordnung  des  auf  dem  Libanon  verwundet  wird,  und  daß 
Zeus,  nach  dem  Adonis  je  6  Monate  bei  Venus  sein  Blut  das  Wasser  des  Flusses  verändert, 
und  Fersephone  weilen  sollte.  von  dem  er  den  Namen  bekommt." 

6.  In  der  Apologie  des  Äristides  {Hennecke,  9.  Macrohius  (5.  Jahrh.  n.  Chr.)  Saturn.  1, 
Texte  u.  Untersuch.,  hrsg.  von  Gebhard  und  21:  „Bei  den  Assyrern  oder  Phöniziern  wird 
Hennecke  4,  3,  S.  26)  findet  sich  nach  einer  20  die  Göttin  Venus  (so  nennen  sie  die  obere 
von  der  bekannten  griechischen  Literatur  un-  Hemisphäre,  während  die  untere  Proserpina 
abhängigen  Quelle  die  Angabe,  daß  Aphrodite  heißt)  als  trauernde  Göttin  eingeführt,  weil 
nach  dem  Tode  des  Adonis  in  die  Unterwelt  die  Sonne  im  jährlichen  Laufe  durch  die  zwölf 
stieg,  um  den  Adonis  von  der  Fersephone  los-  Tierkreiszeichen  auch  in  den  Bereich  der  un- 
zukaufen.  Das  stimmt  zu  der  babylonischen  teren  Hemisphäre  kommt;  denn  sechs  von  den 
Erzählung.  Der  Zug,  der  eine  Schlichtung  des  Tierkreiszeichen  halten  sie  für  unterirdisch, 
Streites  zwischen  der  Muttergöttin  bzw.  der  sechs  für  oberirdisch.  Wenn  die  Sonne  in  den 
Unter weltsgöttin  hinzufügt,  fehlt.  Er  ist  in  unteren  Zeichen  steht  und  deshalb  die  Tage 
den  babylonischen  Variationen  nirgends  zu  kürzer  macht,  dann  sagt  man,  die  Göttin  traure, 
finden.                                                                         30  als  sei  die  Sonne  durch  zeitweiligen  Tod  ent- 

7.  Lucian,  Deorum  dialogi  11  erzählt  Aphro-  rissen  und  werde  von  Prosei-pina  zurückgehal- 
dite  von  ihrem  Sohn  Eros:  „bald  führte  er  ten,  welche  die  Gottheit  des  unteren  Erdkreises 
mich  .  . .  auf  den  Libanon  zu  dem  assyrischen  (!)  und  der  Antipoden  darstellt.  Dann  glauben 
Knaben,  in  den  er  auch  die  Fersephone  ver-  sie,  daß  Adonis  der  Venus  zurückgegeben  sei, 
liebt  machte,  so  daß  mir  der  Geliebte  zur  wenn  die  Sonne  nach  Besiegung  der  sechs 
Hälfte  genommen  wurde''.  unteren  Zeichen  anfängt,    unsere  Hemisphäre 

8.  In  der  Schrift  de  Syria  dea  (Pseudo-Lu-  zu  durchlaufen  unter  Zunahme  von  Licht  und 
cian)  wird  berichtet:  „Desgleichen  sah  ich  in  Tagen.  Sie  sagen  aber,  Adonis  sei  vom  Eber 
Byblos  ein  großes  Heiligtum  der  byblischen  getötet  worden,  indem  sie  in  diesem  Tiere  das 
Aphrodite,  in  dem  die  Mysterien  zu  Ehren  des  40  Bild  des  Winters  abbilden.  .  .  .  Das  Bild  der 
Adonis  gefeiert  werden,  mit  dem  ich  mich  (trauernden)  Göttin  ist  im  Libanon  mit  ver- 
auch  bekannt  gemacht  habe.  Sie  erzählen,  hülltem  Haupte  und  mit  dem  Ausdruck  der 
daß  die  Geschichte  mit  dem  Schwein  in  ihrer  Trauer  abgebildet;  die  linke  Hand  stützt  das 
Gegend  dem  Adonis  zugestoßen  sei.  Zur  Haupt  mit  dem  Obergewand,  so  daß  die  Be- 
Erinnerung an  den  Vorfall  wird  einmal  in  je-  trachtenden  glauben,  sie  weine." 

dem  Jahre  eine  große  Landestrauer  angelegt,  Monumente  in  der  Nähe  der  Quelle  des 
und  sie  begehen  die  Orgien  unter  Wehklagen  Adonisflusses  bei  Ghine  im  Libanon  an  einem 
und  indem  sie  sich  an  die  Brust  schlagen.  Höhleneingang  erläutern  noch  heute  die  Ge- 
Haben  sie  beides  zur  Genüge  getan,  so  brin-  stalt  der  mythischen  Erzählung  (s.  Abb.  1). 
gen  sie  zuerst  dem  Adonis  als  Leiche  Toten-  50  Auf  dem  einen  Bilde  wird  Adonis  vom  Bären 
Opfer  dar,  darauf  tragen  sie  am  andern  Tage  angefallen  (vgl.  Sp.  51),  daneben  sitzt  die 
die  Sage  vor,  daß  er  lebe,  und  geleiten  ihn  Muttergöttin  und  trauert  um  Adonis.  Ein  in 
an  die  Luft  und  scheren  sich  den  Kopf,  der  Nähe  befindliches  Relief  {Benan,  Exped. 
wie  die  Ägypter  bei  dem  Tode  des  Apis.  Den  en  Phenicie  PI.  36)  stellt  eine  Gestalt  mit  zwei 
Frauen,  welche  ihr  Haar  nicht  abschneiden  Hunden  dar.  Zur  Tötung  durch  den  Bären  (als 
wollen,  wird  folgende  Strafe  auferlegt.  Einen  Variante  für  den  Eber)  s.  Sp.  51.  Das  Motiv 
Tag  müssen  sie  ausstehen,  um  ihre  Schönheit  stammt  sicher  aus  Babylonien.  Auch  die  Skulp- 
feilzubieten,  doch  ist  der  Markt  Fremden  allein  turen  von  Maschnaka  bei  Byblos  (Abb.  2  u.  3), 
geöffnet,  und  der  Erlös  wird  zu  einem  Opfer  die  eine  männliche  Gestalt  darstellen,  ähnlich 
für  Aphrodite  verwendet.  Unter  den  Bewoh-  60  der  von  Ghine,  und  daneben  eine  sitzende,  an- 
nern von  Byblos  finden  sich  einige,  die  sagen,  scheinend  trauernde  Figur,  gehören  wohl  in  den 
der  ägyptische  Osiris  sei  bei  ihnen  begraben  gleichen  Mythenkreis.  Eine  Illustration  zu  der 
und  die  Trauer  und  die  Mysterien  geschähen  Variante  der  Übergabe  des  Adonis  in  der  hei- 
nicht  zu  Ehren  des  Adonis,  sondern  alles  zu  ligen  Kiste  (s.  Sp.  53)  bietet  nach  Ed.  Ger- 
Ehren  des  Osiris.  Ich  werde  erzählen,  aus  /iar(?  ein  sog.  etruskischer  Spiegel  (Abb.  4,  wohl 
welchem  Grunde  sie  das  für  glaublich  halten.  aus  Praeneste  stammend,  s.  Matthies,  Die  prae- 
Alljährlich  kommt  ein  Kopf  aus  Ägypten  nach  nestischen  Spiegel,  zur  Kunstgeschichte  des  Aus- 
Byblos,    eine    Fahrt    von    sieben    Tagen,    ge-  ZancZes  1912,  S.  58  ff.).     Der  Abb.  5  nach  FeZ?ay 


63 


Tamuz  (==  Adonis) 


Tamuz  («  Adonis) 


04 


wiedergegebene  'etruskische'  Spiegel  zeigt  laut 
Inschnft  Aphrodite  und  Adonis.  Das  Abb.  9 
wiedergegebene  Vasenbild  aus  dem  4.  Jahrb. 
V.  Chr.  zeigt  Zeus,  Aphrodite,  Persephone  und 
Adonis. 

Ein  spätgriechischer 
Sarkophag,  Abschied 
und  Tod  des  Adonis 
aus  der  Adonistrauer 
darstellend,  ist  Bd.  1 
Sp.76f.  abgebildet.  Die 
Abb.  6  u.  7  sind  von 
Vellay  irrtümlich  als 
antike  Bilder  wieder- 
gegeben worden.  Mont- 
faucan,  Avtiquite  Wu- 
stree  übernahm  sie  aus 
Beger,  Thesaurus  Bran- 
denburgicus  (1696)  1. 
S.  202  und  bemerkt  zu 
Abb.  47,  das  Original 
sei  im  Cabinet  de  Bran- 
debourg.  Die  General- 
verwaltung der  Kgl. 
Museen  zu  Berlin  teilte 
mir  mit,  daß  über  den 
Verbleib  der  Stücke 
nichts  bekannt  sei.  Ich 
gebe  die  Bilder  wie- 
der, weil  der  Künstler 
in  sehr  feiner  Weise 
die  Momente  des  My- 
thos A^äedergegeben  hat, 
vielleicht  nach  älteren 
Vorbildern. 

Zu  den  Eultorten  des  Adonis  in  Phönikien 
und  Griechenland  (und  Alexandrien)  s.  Bd.  1, 
Sp.  73.  Die  kultischen  Feste  hießen  kSmvia. 
Eine  anschauliche  Schilderung  der  Hochzeits- 
und Trauerriten  gibt   Theokrit,    15.  Eidyllion  40  lernten  jüdische  Kreise  den  Tamuz-Kult.  Ezech. 


1)  FelBSkolptar  bei  Ghine  (aua  Jeremiai,  Altes  Test.  * 
8.  90,  Abb.  Sl). 


gab  man  die  Leichen  mit  Adonisgärtchen. 
Zenobios  1,  49  sagt,  man  habe  diese  Gärtchen 
mit  den  Leichen  hinausgetragen  und  in  Quellen 
geworfen.  Der  Sp.  56  wiedergegebene  su- 
merische Hymnus  zeigt, 
daß  auch  die  Wurzel 
des  Gedankens  derAdo- 
nisgiirtchen  aus  Baby- 
lonien  stammt.  Abb.  8 
stellt  ein  Adonisgärt- 
chen aus  einem  porape- 
janischenWandgemillde 
dar.  Ist  der  Gegenstand 
ithyphallisch? 

3.Derkanaanäische 

Tamuz  u.derTamuz 

der     israelitischen 

Volksreligion. 

Wie  in  Phönizien  so 
war  auch  in  Kanaan 
in  vorisraelitischer  Zeit 
der  Tamuz-Kultus  ver- 
l)reitet.  Verschiedene 
Anzeichen  sprechen  da- 
für, daß  der  liichter  9 
bezeugte  Kultus  des 
Baal-berit  ein  Tamuz- 
Kult  war,  ebenso  der 
Gen.  14  in  Sichem 
(später  auf  Salem  = 
Jerusalem  umgedeutet) 
vorausgesetzte  Kult  der 
ba'ale-berit,derenOber- 
priester  Melchisedek  war  (s.  mein  Altes  Testa- 
ment '  S.  343  flf.).  Vielleicht  bringen  die  Aus- 
grabungen bei  Nablus  Spuren  des  Kultus  zu- 
Unter   erneutem   babylonischen  Einfluß 


(s.  Bd.  1,  Sp.  74,  Pauly-Wissowal,  386).  Eine 
besondere  Rolle  spielten  dabei  die  xtJäoi  'A8ca- 
vidos,  deren  wurzellose  oder  in  flache  Erde 
gesäte  und  der  Sonne  ausgesetzte  Pflanzen 
(besonders  Lattich  und  Fenchel,  Weizen  und 
Gerste)  rasch  welkten.     Bei  der  Prothesis  um- 


8, 14  sitzen  Weiber  am  Nordtor  und  weinen  um 
Tamuz.  Auch  der  Kultus  der  Himmelskönigin 
bei  den  Juden  in  Ägypten  ist  wahrscheinlich 
Istar-Tamuz-Kult  gewesen.  Das  Fest  Jerem.  7, 18 
vgl.  44,  17flF.,  bei  dem  von  der  Jugend  Feuer 
angezündet  (Sonnenwendfest)  und  Kuchen  ge- 
backen wurden,  ist  übrigens  nach  Jerem.  44, 
17  ff.   zu   allen  Zeiten  in  Israel   als  Volksfest 


2)  tu  S)  Felsskulpturen  aua  Maschnaka    (nach  Renan,  Mission  en  Phdnieie  Tafel  XXXIV,   in  der  verkürzten  Wieder- 
gabe bei  Baudissin,  Adonis  und  Esmun  Tafel  HE). 


4)  Spiegel  aii8  Praeaeste 
(ca.  400  V.  Chr.) :  Zeus  als 
Schiedsrichter  zwischen 
Persephone  ii.  Aphrodite 
(nach  F.d.  Gerhard,  Etnisk. 
Spiegel  Tl.  4,  1,  1865 
Taf.  CCCXXV). 


5)  Etruskischer  Spiegel : 
Aphrodite  und  Adonis 
(nach  A.  Jeremiat,  Bat 
^«cre«/.2S.118Ahh.49). 


8)  Adonisgärtchen.     Wandbild  in  Pompeji . 
(nach  Annales  du  Musie  Guimet  16  ( Vellay).) 


6)  Tod  des  Tamuz-Adonis  (nicht  antik) 
(nach  Jcremias,  Das  Alte  Testamenf^  S.  117  Abb.  37). 


7)  Beweinung  des  Tamuz-Adonis  (nicht  antik) 
(nach  Jeremias,  Das  Alte  Testament^  S.  117  Abb.  48). 


9)  Vase  aus  dem  4.  Jahrh.  v.  Chr.     Aus    der  Sammlung  Santangelo :  Zeua,  Aphrodite,  Persephone   und  Adonis-Knabe 
(nach  Bullettino  archeologico  NapoUtano,  Nuova  serie  Bd.  7,  1859,  Taf.  9). 
Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V.  3 


67                    Tamuz  (u.  Attis)  Tamuz  (u.  Attis)                    68 

gefeiert  worden.     Im  sogenannteD  3.  Makk.  6,  i.  J.  204  v.  Chr.  eingeführt  worden  sein.     Seit 

32  wird  erzählt:    f,Sie  ließen  von  des  Klage-  Claudius  wurde  das  Fest  in  der  2.  Hälfte  des 

gesangs    trauriger  Weise   und    stimmten    ein  März  öffentlich  begangen.     Nach  dem  Einzug 

vaterländisches  Lied  an  zu  Ehren  des  erretten-  der  Kanephoren  (16.  März)  begann  am  22.  März 

den  und  wundertuenden  Gottes."    Auch  diese  das  eigentliche  Fest.     Eine  Fichte  (der  Baum, 

Lieder  werden   auf  den  Tamuz-Ton  gestimmt  unter  dem  sich  Attis  tötete),  mit  Veilchen  be- 

gewesen  sein.     Der  Einfluß  des  Tamuz-Kultus  kränzt  und  mit  Binden  umwickelt  (den  Leich- 

ging  übrigens   über  die  Volksreligion  hinaus.  nam  des  Attis  darstellend),  wurde  zum  Tempel 

Auch  in  den  höheren  Kreisen  der  Religiösen  auf  dem  Palatin  getragen.  In  der  Trauerzeit 
wurden  die  Motive  der  Tamuz-Idee  benutzt,  lo  legte  man  den  Feiernden  castus  auf;  es  wurde 
Das  zeigt  sich  vor  allem  an  der  Verwendung  Keuschheit  und  Enthaltung  von  Vegetabilien 
mythologischer  Motive  bei  dem  Kunststil  der      gefordert.     Der  dritte  Tag,  der  24.  März  als 

Eraählung    biblischer    Schriftsteller,    wie    er  dies  san^rutnews,  sah  den  Höhepunkt  der  Trauer. 

Sp.  71  besprochen    wurde.     Als    Josia   gestor-  Die   Gallen   ritzten   sich   mit  Messern.     Dann 

ben  war,  beklagte  man  seinen  Tod,  indem  man  kam  dieParusie  des  Gottes,  die  in  denHila- 

Lieder  im  Tamuz-Stil  auf  ihn  dichtete.  2.  Chron.  rien  gefeiert  wurde.  Die  Hilarien  endeten  am 
35,25:    „Jeremia    dichtete  ein  Klagelied    auf      27.  März  mit  einem  fröhlichen  Umzug,  bei  dem 

Josia,  und  alle  Sänger  und  Sängerinnen  reden  das  Bild  der  Großen  Mutter  zum  Flusse  Almo 

seitdem  in  ihren  Klageliedern  um  Josia  bis  auf  getragen  und  gebadet  wurde  (vgl.  das  Adonis- 
den  heutigen  Tag."    Sach.  12,  11  aber  deutet  20  fest  in  Byblos  Sp.  61). 

den  Tamuz-Charakter  solcher  Lieder  direkt  an,  Die  Auferstehungszeremonie  ist  bei  Firmi- 

wenn  es  dort  heißt:  „In  Jerusalem  erhebt  man  cus  Maternus  ausführlich   geschildert   in    der 

Totenklage,   wie    die  Totenklage  um  Hadad-  für  die  Söhne  Konstantins  geschriebenen  Schrift 

Rimon   in   der  Ebene  von  Megiddo  (Todesort  de  erroreprofanarumreligionian  c.  3.  Man  kann 

des  Josia)."    Hadad-Rimon  ist  aber  eine  my-  allerdings  zweifelhaft  sein,  ob  es  sich  hier  um 

thologische  Variante  des  Tamuz.  Attis  oder  Osiris  handelt,  aber  beide  sind  ja 

.  in  diesem  Falle  wesensgleich.    Der  Oberpriester 

4.  Attis-Tamuz.  meldet  am  25.  März,  'des  Gottes  voll'  {ivQ-ov- 

InPhrygien  entspricht  dem  babylonischen  aiaaiiog): 
Tamuz  und  dem  phönikischen  Adonis  die  Ge-  30  ^ccggetta  ^varai  tov  &sov  GsaaGiiivov 

Btalt    des    Attis    (urpr.  Atins  =-  Adonis?);  s.  |<y^at  yäo  vulv  iv.  novcov  ßtoTriOLu. 

hierzu  Bd.  1,  Sp.  715  ff.  ^         /;.,,,            ,     t. 

In  einer  im  hethitischen  Archiv  von  Bog-  „Tröstet  euch,  ihr  Mysten,  der  Rettung  des  Gottes, 

hazköi  aus  der  Zeit  um   1400  gefundenen  Li-  ^«^1^..  es  gibt  für  euch  eine  Rettung  von  der 

tanei  wird  ^A-a-at-as  wiederholt  erwähnt  und  Mühsal." 

in  mannigfache  Beziehungen  gesetzt  (z.  B.  A.  Dieses  Zeugnis  von   der  Auferstehung  des 

des  Berges,  A.  verschiedener  Städte).     Wenn  Jahrgottes    als    Thema    eines    Frühlingsfestes 

meine  Vermutung  sich  bestätigt,  daß   es  sich  (wobei   die   drei   Tage    zwischen    Trauer   und 

um  den  später  als  phrygischen  und  lydischen  Freude  auf  das  vom  Monde  abgelesene  Motiv  hin- 
Attis  benannten  Gott  handelt,  so  tritt  die  Ge-  40  deuten:s.Bd.4,Sp.l472)stimmtzuderAuftassung 

schichte  seines  Kultes  in  ein  neues  Licht.  des  Plutarch,  de  Is.  et  Osir.  69  f.,  der  die  innere 

Die  Partnerin  des  Attis,  entsprechend  der  Verwandtschaft    der   Kulte    des    Lebens    und 

Muttergötlin   Istar  -  Aphrodite,  ist  die   fisydXri  Sterbens  ganz  richtig  durchschaut  hat.     Auch 

(i'ijrriQ  Kybele.    Zeus  sendet  nach  der  lydischen  die  Erzählung  des  Damaskios  in  der  Vita  Isi- 

Variante   den  Eber,   der  Attis   tötet,   weil   er  dori  bezeugt  den  Auferstehungskult,  wenn  vom 

den   Lydem   die   großen    Orgien    der   Großen  Hilarienfest    der    Göttermutter   erzählt    wird: 

Mutter  (d.  i.  die  kultische  Feier  des  Sterbens  imd  onsQ  idijXov  trjv  i^  "Äidov  ysyovvlav  i]\L(öv  aa- 

Wiederauferstehens)   gelehrt  habe  (Pausanias  rrigiav. 

7,  7,  2).  'Daher  rühren  die  pessinuntischen  Die  Bedeutung  des  Jahrgottes  Attis  als  Re- 
Galater  die  Schweine  nicht  an'.  Die  Große  50  Präsentant  des  Sterbens  und  Lebens  ist  wie 
Mutter  beweint  und  bestattet  Attis.  In  Pessi-  die  des  Adonis  in  den  uns  bekannten  Kulten 
nus  wurde  ein  Grab  des  Attis  gezeigt.  Nach  und  Mythen  auf  die  Erscheinungen  der  Vege- 
Ovid,  Fast.  4,  233  ff.  (mit  fremden  Stoffen  tation  beschränkt.  So  haben  schon  die  Alten 
variiert  bei  Julian  Or.  5,  165  B  ff.)  ist  er  ein  die  Gestalt  richtig  aufgefaßt  (Porphyrius  bei 
schöner  Jüngling  und  Hirte,  den  Kybele  liebt  Eusebius,  pra^p.  ev.  3,  7,  vgl.  Firmicus  a.  a.  0. 
und  Keuschheit  geloben  läßt.  Als  Kybele  seine  Plutarch,  De  Iside  et  Osiride  69).  Die  Deu- 
Buhlin  tötet,  wird  er  rasend  und  entmannt  tung  auf  astrale  Erscheinungen,  die  an  sich 
sich.  Eine  rein  euhemeristische  Umbildung  der  gleichberechtigt  wäre  (Sp.  54)  scheint  nicht  ganz 
Erzählung  findet  sich  bei  Diodor  3,  58 f.  In  vergessen  gewesen  zu  sein.  Hippolyt  (s.  Pauly- 
Phrygien  gehörte  zu  den  Riten,  die  das  Hin-  60  Wissowa  2,  2250)  sieht  Attis  als  Gestirn  an, 
sterben  markieren,  die  Kastration.  Das  Ge-  Julian  als  Mond  (Attis  invictus),  Macrobius  1, 
genstück  bildete  vielleicht  das  Abschneiden  21,  9,  und  andere  sehen  in  ihm  eine  Sonnen- 
der Brüste  bei  den  Amazonen,  den  Begleiterin-  erscheinung.  Das  alles  ist  berechtigt,  je  nach 
nen  der  Großen  Mutter.  der  mythischen  Ausgestaltung  der  hinter  Attis 

Der  Kultus  wanderte  zu  den  Griechen,  wie  stehenden  Kalenderlehre. 

Inschriften  aus  dem  Anfang   des  2.  vorchrist-  Das    Material    über    Attis    findet    sich    am 

liehen  Jahrhunderts  zeigen.     In  Rom   soll  der  vollständigsten  bei  Hepding,  Attis,  sein  My- 

Kultus  auf  den  Rat  der  sibyllinischen  Bücher  thiis  und  sein  Kult,  Gießen  1903.     Eine  bild- 


69 


Tamuz  (ii.  Pan?) 


Tamuz  (u.  Dusare«) 


70 


liehe   Darstellung   des   Attis   und   der   Kybele 
findet  man  Bd.  1,  Sp.  725  f. 

Auf  hellenistischem  Gebiet  sind  als  Tamuz- 
Verwandte  noch  zu  nennen:  Sandas  (s.  Art, 
Sandas),  ferner  die  Mysteriengestalten  des 
Dionysos,  Sabazios  und  Mithras,  sofern  sie  als 
Jahrgötter  Züge  des  Tamuz-Mythos  haben. 

5.  Pan-Tamuz? 
In  hellenistischen  Darstellungen  vom  arka- 
dischen Hirtenjäger  Pan  (Bd.  III,  Sp.  1347 if.) 
zeigen  sich  kalendarisch  mythologische  Züge 
im  Sinne  der  Tamuzmotive.  Die  Bd.  III,  Sp..  14G7  f. 
besprochenen  Gemmen  (s.  Abb.  26,  Sp.  1468) 
stellen  Pan  als  den  Herrn  des  Kreislaufs  dar, 
vom  Tierkreis  umgeben*).  Er  spielt  die  Flöte 
vor  einem  brennenden 
Altar,  über  dem  ein 
Stern  leuchtet.  (Hin- 
weis auf  die  Sphären- 
harmonie?) Eine  ähn- 
liche Darstellung  zeigt 
die  Gemme  Abb.  10. 
E.  H.  Toelken  be- 
schreibt im  Erklären- 
den Verzeichnis  der  an- 
tiken, vertieft  geschnit- 
tenen Steine  der  Kgl. 
Preuß.  Gemmensamm- 
lung,  Berlin  1835,  fol- 
gende Pangemme  un- 
10)  Pan-Gemme  (nach  Reale  ter  nr.  1114:  Grüne, 
Galleria   di   Firenze   Serie  V,    antike     Paste,      ctwas 

P1.19,  nr.i).  beschädigt.      Pan    in 

menschlicher  Gestalt, 
wie  auf  den  arkadischen  Münzen,  sitzt  neben 
einem  Baum,  die  Doppelüöte  blasend,  in  der 
Mitte  der  12  Zeichen  des  Zodiakus.  Um  den 
Zodiakus  sind  7  Götterwagen,  mit  symbolischen 
Tieren  bespannt,  in  einem  Kreise  dargestellt, 
um  die  Planeten  anzudeuten.  Man  unterscheidet 
eine  Biga  von  Adlern  (Jupiter),  Hähnen  (Mars), 
Widdern  (Merkur),  Schlangen  (Saturn),  Tauben 
(Venus),  und  ein  Viergespann  von  Pferden  (die 
Sonne),  so  daß  nur  der  Wagen  der  Luna  ver- 
loren gegangen  ist.)  —  Aus  der  Sammlung 
des  Freiherrn  von  Stosch. 

/.  Winckelmann ,  Dactyliotheca  Stoschiana. 
Nürnberg,  1805  ff.  —  gibt  unter  Nr.  1195  eine 
Abbildung  einer  Pan-Gemme,  die  Pan  im  Tier- 
kreise] zeigt,  der  wiederum  von  7  Götter- 
wagen umgeben  ist.  Die  Götterwagen  stellen 
die  am  Tierkreis  laufenden  Planeten  dar. 

6,  Dusares-Tamuz. 
Dusares  (Bd.  1,  1206  f,,  s.  Pauly-Wissowa  5^ 
1865  ff.),  der  Gott  der  Nabatäer  (arabisch  mit 
Artikel  dhü  -  Ischara) ,  dessen  Hauptkultus 
Petra  in  Nordarabien  war,  gilt  als  Kind  der 
Jungfrau  Xocdßov  {tovrioxlv  K6qy\  ijyovv  nag- 
d-8vog),  als  deren  Manifestation  ein  schwarzer, 
viereckiger,  vier  Fuß  hoher,   zwei  Fuß  breiter 

*)  Diese  Darstellung  würde  ebenso  zu  Tamuz  als  dem 
Kepräsentanten  des  Kreislaufes  passen.  Zu  den  Tamuz- 
motiven  der  biblischen  Josephserzählung  (Sp.  13)  gehört 
der  Traum  1.  Mos.  37,  9:  „Sonne,  Mond  und  die  11  No- 
habien  (Einheitszeichen,  eines  ist  in  der  Sonne  verborgen) 
beugten  sich  vor  mir".  Joseph  träumt,  er  sei  der  Allherr. 
S.  jedoch  auch  ob.  Bd.  III,  1405  u.  1467  f. 


Steinblock  gilt  (Xadßov,  wie  der  Stein  von 
Mekka,  der  ebenfalls  die  Muttergöttin  reprä- 
sentiert haben  wird,  vgl.  auch  die  Petra  gene- 
trix  der  Mithrasmysterien) ,  auf  den  man  das 
Blut  des  Opfertieres  rinnen  ließ  (Suidas  s.  v. 
@evaccQr]s)]  in  der  Wintersonnenwende  (25.  De- 
zember) wurde  die  Geburt  des  Gottes  durch 
nächtliche  Orgien  gefeiert  (Epiph.  adv.  haer. 
51,  22,  vgl.  Mordtmann  in  ZBMG  29,  99  tf.). 

10  Die  Griechen  identifizierten  ihn  mit  Dionysos 
{Hcsych.  B.  V.  JovGccQTiv).  Er  gilt  wie  Osiris 
und  Tamuz  als  Gott  des  Weines.  Trauben  und 
Reben  schmückten  die  nabatäischen  Tempel. 
Die  römische  Kaiserzeit  sah  in  Dusares  einen 
Sonnengott  {Strabo  16,  4,  26).  Dabei  braucht 
es  sich  durchaus  nicht  um  eine  Umbildung  zu 
handeln.  Der  kalendarische  Jahrgott  mani- 
festiert sich  am  deutlichsten  in  der  Sonne;  die 
Wintersonnenwende  ist  dann   sein  Geburtster- 

20  min.  Die  Verbindung  des  Namens  mit  "Agrig 
(Dusares  =  &sbg  "Agrig)  bei  Suidas,  die  zur 
Genetiv-Form  ^ov()a^£o?  stimmt,  mag  Spielerei 
sein;  sie  ruht  aber  doch  wohl  auf  Kenntnis 
der  mythologischen  Verwandtschaft  (vgl.  Ninib 
und  Tamuz  =  Ares  und  Tamuz  Sp.  51). 

Eine  euhemeristische  Variante  des  Tamuz- 
Mythos  findet  sich  in  dem  Nabatäerbuche  des 
El-Maqrisi  (Chwolson  Ssahier  2, 604  tf.) :  Tamuz  sei 
der  erste  gewesen,  welcher  einen  König  zur  gött- 

30  liehen  Verehrung  der  sieben  Planeten  und  der 
zwölf  Zeichen  des  Tierkreises  aufgefordert  hätte. 
Dieser  König  habe  ihn  getötet,  er  sei  aber 
nach  seiner  Hinrichtung  wieder  lebendig  ge- 
worden, bis  er  nach  der  letzten  Hinrichtung 
tot  blieb.  .  .  .  Die  babylonischen  und  harra- 
nischen  Ssabier  klagen  und  weinen  insgesamt 
über  Tamuz  bis  auf  unsre  Tage  (d.  h.  10.  Jahrh. 
n.  Chr.)  in  dem  gleichnamigen  Monat,  an  einem 
ihrer  Feste,    das    auf  Tamuz   Bezug   hat,   und 

40  feiern  ein  großes  Fest,  welches  vorzugsweise 
von  den  Frauen  gefeiert  wird ;  denn  diese  ver- 
sammeln sich  insgesamt,  klagen  und  weinen 
über  Tamuz.  Sie  (die  Ssabier)  fabeln  über 
Tamuz  vielen  Unsinn;  sie  wissen  aber  eigent- 
lich von  ihm  nichts  mehr  als  das,  was  sie 
sagen;  so  haben  wir  es  vor  uns  gesehen,  daß 
unsere  Vorfahren  über  Tamuz  an  dem  auf  den- 
selben sich  beziehenden  Feste  klagten  und 
weinten.  .  .  .  Die  Ssabier  feiern  das  Andenken 

50  des  Tamuz  am  ersten  des  Monats  Tamuz. 
^Weil  Tamuz'  Gebeine  in  der  Mühle  gemahlen 
wurden',  darf  man  bei  den  'Ssabiern'  zu  ge- 
wissen Zeiten  nichts  Gemahlenes  essen  {Chwol- 
son 2,  204).  Das  Kuchenbacken  ist  Festzeichen 
der   Freudenfeier    bei    der    Auferstehung    des 

Tamuz.  ^^    ,  -, 

7.  Balder-Tamuz. 

Auch  zu  den  germanischen  Völkern  sind 
zu  verschiedenen  Zeiten  und  auf  verschiedenen 
60  Wegen  Elemente  der  altorientalischen  Welten- 
lehre gedrungen.  Die  Gestalt  des  Jahrgottes 
hat  hier  ihre  eigenartige  Ausprägung  in  Bal- 
der  gefunden.  Bereits  Budbeck  hat  1689  den 
physikalisch  kalendarischen  Charakter  der  Bal- 
dergestalt  richtig  erkannt:  ad  solis  circuitum 
annum  haec  omnia  referenda  esse,  und  noch 
besser  Finn  Magnusen,  der  Budbecks  Aniiaäsnug 
eine  kosmische  Perspektive  gab,  und  der  m 
3* 


71                   Tamuz  (u.  Balder)  Tan                              72 

Balder  ein  Prototyp  des   großen  Weltenjahres  wie  du  gesehen  haben  wirst,  daß  diese  Wesen 

und    seines    im    Weltbrand    sich    erfüllenden  alle  weinen   in  Frost  und   Ilitze'.     Nur  Loki 

Endes  sah  (ähnlich  nach  ihm  E.  G.  Crcyc»* und  weigert  sich:  ^Behalte  Hei,  was  sie  hat'. 

N.  M.  Petersen).    Fr.  Kauffmann,  Balder  in  ^           .         ^    ,.,,.,„  ., 

Mythus  und  Sage,  Straßburg  1902  hat  beson-  TaniüZ  im  astralniythologisihen  Stil 

ders  im  letzten  Bande  seines  Buches  die  Zu-  *ler  geschriebenen  üesdiichte. 

sammenhänge  mit  der  antiken  Weltlehre  rieh-  Im  astralmythologischen  Stil  der  geschrie- 

tig  erkannt.     Mit  Recht  ist  ihm   die  zugleich  benen  Geschichte  wurden   die  Motive  des  Ta- 

ungermanische    Rührseligkeit    der   Götter   im  muz-Mythos  mit  Vorliebe  verwendet,  wenn  es 

nordischen  Balder-Mythus  aufgefallen.     Es  ist  lo  sich  darum  handelte,  eine  Gestalt  als  Heilbrin- 

die  Tamuz-Klage.  ger  darzustellen.     So  sind  in  den  Abrahams- 

Die  Fragmente  von  Llfrs  Gedicht  Husdrapa  Erzählungen  u.  a.  Tamuz-Motive  verwendet  (s. 

Sim  976)  beziehen  sich  auf  mythologische  Bil-  mein  Altes  Testament^  S.  342).  Vor  allem  sind 
er,  die  im  neuen  Hause  eines  Großen  im  die  biblischen  Erzählungen  von  Joseph  kunat- 
westlichen  Island  an  die  Wände  gemalt  waren,  voll  mit  Tamuzmythen  stilisiert.  Seine  Be- 
und  die  den  Kampf  Heimdallrs  mit  Loki,  die  freiung  erscheint  als  Rettung  aus  der  Unter- 
Leichenfeier  Balders  u.  a.  darstellten.  Ulfr  weit  (Ägypten  ist  im  mythischen  Stil  des 
war  ein  Anhänger  des  alten  Glaubens.  Nach  Alten  Testamentes  =  Drachenmacht,  Unter- 
den  Fragmenten,  die  sich  auf  Balder  beziehen,  weit).  Als  Segenbringer  steigt  er  empor.  Durch 
ist  der  bcheiterhaufen  Balders  auf  dem  Schiffe  20  Wortspiele  und  durch  Hervorhebung  bestimm- 
zugerüstet.  Odin  selbst  erscheint,  von  Wal-  ter  Züge  wird  auf  Tamuz  angespielt  (s.  mein 
küren  und  Raben  begleitet.  Freyr  reitet  auf  dem  Altes  Testament*  S.  383  ff.).  Die  späteren  Ju- 
goldborstigen  Eber  herbei;  Heimdallr  zu  Roß.  den  kannten  die  Stilform  noch  und  haben  die 
Aus  Snorres  Edda  läßt  sich  die  Szene  ergän-  Andeutungen  vergröbert.  Juhil.  28,  2  ist  der 
zen;  Nanna,  des  Nefr  Tochter,  stirbt  vor  Kum-  erste  Tamuz  der  Geburtstag  des  Joseph.  Test 
mer  und  wird  auf  den  Scheiterhaufen  gelegt.  Sehulon  sagt,  Joseph  sei  drei  Tage  im  Brun- 
Die  Riesin  Hyrokin  stößt  das  Schiff  vom  Lande,  nen  gewesen  (Mondmotive  Sp.  68).  Test.  Jo- 
dann  weiht  Thor  den  Scheiterhaufen  mit  dem  seph  11  sagt,  Joseph  sei  drei  Monate  und  fünf 
Hammer.  Die  Götter  aber  senden  einen  Boten,  Tage  beim  Sklavenhändler  gewesen  (Quartal 
Balder  aus  dem  Hause  der  Hei  zu  erlösen.*)  so  der  Regenzeit  und  5  Epagomenen  vor  dem  Neu- 
in einer  Halbstrophe  der  um  1220  entstan-  jahrstermin).  Die  Tamuzstilisierung  derMoses- 
denen  Bafns  saga  heißt  es:  „Alles  weinte  —  geschichte  habe  ich  Altes  Testament^  S.  410 
das  habe  ich,  so  wunderbar  es  erschien,  ver-  vorläufig  zusammengestellt,  die  Tamuz-Züge 
nommen  —  um  Balder  aus  der  Unterwelt  zu  der  Davidsgeschichten  a.  a.  0.  S.  487  f. 
erlösen."  Und  in  einer  Spruchsammlung  des  Zur  Stilisierung  der  Josia-Gestalt  als  Tamuz 
12.  Jahrhunderts   hören  wir:    „.  .  .  die  Unter-  s.  Sp.  67. 

weit  hatte  Balder  verschlungen;  alle  weinten  Die  gleiche  Erscheinung  zeigt  die  helle- 
ihm  nach,  Trauer  war  ihnen  bereitet;  seine  nistische  und  römische  Geschichtserzählung 
Geschichte  ^  ist  ja  männiglich  bekannt,  was  unter  orientalischem  Einfluß.  Sp.  49f.  wurde 
brauch'  ich*  darüber  viel  Worte  zu  machen?"  40  gezeigt,  wie  die  Ptolemäer  und  Seleukiden 
Sn&rres  Edda  berichtet,  wie  Balder,  der  ihr  angebliches  Gott-Königtum  durch  Nach- 
gute Sohn  Odins  vom  blinden  Hödur**)  auf  ahmung  der  Tamuz -Istar- Züge  geradezu  in- 
dem Ringplatz  auf  Lokis  heimtückisches  Be-  szenierten.  Winckler  hat  Ex  Oriente  lux  2^ 
treiben  durch  den  Mistelzweig,  der  von  den  S.  53  ff.  an  dem  Beispiel  der  Zenobia  ausführ- 
Naturdingen  dui-ch  Frigg  einzig  nicht  ver-  lieh  dargestellt,  wie  die  Geschichtslegende  die 
eidigt  war,  getötet  wurde.  Alle  Götter  weinen  Tamuz-Istar-Züge  benutzt.  Es  lohnt  sich,  die 
bitterlich.  Frigg  fragt,  wer  von  den  Göttern  Sache  in  der  mittelalterlichen  Geschichtslegende 
zur  Unterwelt  reiten  will,  um  Balder  auszu-  zu  verfolgen,  die  besonders  seit  der  Hohen- 
lösen.  Hennodr,  ein  Bruder  Balders,  reitet  staufenzeit  vom  Orient  her  beeinflußt  ist. 
neun  Nächte  durch  finstere  Täler  bis  zur  gol-  50  [Alfred  Jeremias.] 
denen  Brücke,  die  eine  Jungfrau  bewacht.  Tamynaios  {Ta^vvcctog),  Beiname  des  Zeus 
Nordwärts  führt  der  Weg  zur  Unterw^elt,  deren  von  der  Stadt  Tamyna(i)  auf  Euboia,  Steph. 
Tor  Hermodrs  Roß  im  Sprunge  nimmt.  Bai-  Byz.  s.  v.  Tay^vva.  A.  Baumeister,  Topographi- 
der  soll  freigegeben  werden,  wenn  mit  den  Äsen  sehe  Skizze  der  Insel  Euboia  53  ff.  Bursian, 
alle  Dinge,  lebende  und  tote,  um  ihn  weinen.  Geogr.  von  Griechenland  2,  424,  2.  Über  das 
Hermodr  kehrt  heim,  Balder  gibt  für  Odin  den  dem  ApoUon  von  Tamynai  gefeierte  Fest  Ta- 
RingDraupnir  mit,  Nanna  für  Frigg  ihr  Kopf-  myneia  vgl.  Nilsson,  Griech.  Feste  176  und 
tuch.  Die  Äsen  schicken  Sendboten  zu  allen  Anm.  3  (mit  Literaturangaben).  [Höfer.] 
Wesen,  Balder  loszuweinen.  (Alles  Leben  ist  Tan  {Tdv),  Form  des  Gottesnamens  Zeus  (s. 
erstorben,  daher  die  Klage,  vgl.  die  Höllen-  60  d.).  Tav  Kgritcc/sv^g  auf  Münzen  von  Hiera- 
fahrt  der  Istar.  Nicht  ^erlösende  Kraft  der  pytna.  Read,  Bist,  num.^  469  und  von  Poly- 
Muttertränen'  ist  das  Motiv,  wie  Kauffmann  rhenion,  ebenda  474,  B.  Meister,  Sachs.  Berichte 
S.  53  C  will.)  'Menschen  und  Tiere,  Erde  und  46  (1894),  199.  Derselbe,  Dorer  und  Achäer  1 
Gestein,  alles  Holz  und  Erz  weinte  um  Balder,  {Abhandl.  d.  K.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  24,  3)  S.  86. 
^,^^.^^  ^  -„  .  ^,  ^  ^  Siecke,  Drachenkämpfe  {Mythol  Bibl.  1,  1)  S.  32. 
.  a.  o  s'aoff  ""  ""'  "  '■  ''""^""""  Gruppe,  Gr.  Myth.  1100,  1.  Joh.  Brause,  Laut- 
**)  In  der  isländischen  Fasaung  Loki,  Snorre  schiebt  ^^Äre  der  kretischcn  Dialekte  141  u.  Anm   1 


HOdoT  ein. 


[Höfer.] 


73  Tanagra  Tantalides  74 

Tanagra  (TdvocyQcc),  nach  der  gewölmlichen  26.     Beda,    Chronic,    in    Chronica    Minora    3 

Tradition   der  Tanagräer  Tochter   des   Aiolos  {Monum.  Gennaniae  u.  s.  n.  13)  p,  256,  82.  Nach 

und  Gromahlin  des  Poimandros  (s.  d.),  Paus.  9,  Isidor.  Orig.  13,  21,  24.  wo  er  Tanus  heißt,  ist 

20,  1.    Docli  erwähnt  Pausanias  (a.  a.  0.),  daß  nach   ihm   der  Fluß  Tanais  (vgl,  d.  A.  Tanais) 

nach   der  Dichtung  der  Korinna  Tanagra  die  genannt.    Vgl.  Tanos  2.     [Uöfer.] 
Tochter  des  Asopos  war.    Damit  ist  wohl  das  Tanariis,    Beiname    des   Juppiter    als    dea 

Fragment  der  Korinna  {Berliner  Monatshefte  Donnerers    auf   einer   in    Chester    (Britannien) 

6,  2  p.  36  V.  56  ff.)  zu  kombinieren,  nach  dem  gefundenen  Inschrift  {C.  I.  L.  7,  168)  aus  dem 

von  den  Töchtern  des  Asopos  eine  von  Hermes  Jahre  164  n.  Chr.,   wahrscheinlich  der  einhei- 

geraubt  worden  ist.    Da  Hermes  der  Hauptgott  lo  mische  Donnergott  der  Kelten,   urgerm.  Thu- 

von  Tanagra  war,  hat  die  Annahme  von  v.  Wi-  naraz,    as.   Thuner,   d.   Donar,    vgl.  gr.  tdvog^ 

lamowitz,Berl.K/ass.-T.&.ab.0. 60,  daß  eben  Ta-  lat.  tonitru.     Auf  einer  in  Ofen  auf  der  Süd- 

nagra  die  von  Hermes  geraubte  Asopostochter  seite  des  Blockberges  gefundenen  Inschrift  aus 

sei,  große  Wahrscheinlichkeit.    Auch  von  I)iod.  der  Kaiserzeit  {C.  1.  L.  8,   10418)   ist  dieselbe 

4,  72  wird  Tanagra  als  Tochter  des  Asopos,  Ergänzung  möglich:  I(ovi)  o(ptimo)  m(axi7no) 
der  hier  freilich  als  phliasisch-sikyonischer  T(anaro)  oder  T(aranuco)  oder  T(onitratori). 
Flußgott  auftritt,  und  der  Metope,  der  Tochter  Juppiter  Taranucus  (s.  d.)  ist  bekannt  aus  einer 
des  Laden,  genannt.     [Höfer.]  Inschrift  von  Skardona  (C.  I.  L.  3,  2804:  lovi 

Tanais    {Tävcclg),    Gott    des    gleichnamigen  Taranuco  Arria  Successa  v.  s.).     Ist  Taranucus 

Flusses,    Sohn    des  Okeanos  und   der  Tethys,  20  eine  erweiterte  Form  von  T.?   Ein  anderer  kel- 

Hygin.  fab.  praef.    (p.  11,    10   Schmidt).     Von  tischer  Beiname  ist  Taranis  (s.d.;  Xwcan.  1,  446, 

seiner  göttlichen  Verehrung  bei  den  Massage-  im  cod.  Paris.  7936  Thanarus),  vgl.  Alfr.  Holder, 

ten  berichtet  Maxim.  Tyr.  2,  8  (p.  27,  1  f .  Ho-  Altcelt.  Sprachsch.  Leipzig  1904  s.v.  [Reusch.*)] 
bein):  ^'ÖQog  Kci7t7taS6v.aig  v.(x.l  d-ebg  xal  oQxog  Tanites   Nomos    {Tavixrig   Noiiog),    Personi- 

xccl  ayal^icc,  Maiwraig  Xi^vri,    Tävaig  Maaaa-  fikatibn  des  gleichnamigen  ägyptischen  Nomos, 

yercctg.     Nach  Pseudo-Plut.  de  fluv.  14,  1    war  dargestellt  in  Panzer,  auf  der  R.  den  Sperber, 

Tanais   Sohn   des  Berossos  und  der  Amazone  in  der  L.  die  Lanze  haltend,  Cat.  of  greek  coins 

Lysippe,   der  nur  den  Ares   von   den  Göttern  brit.  Mus.  Alexandria  Sö5,Qö.  Head,  Hist.  num.* 

ehrte  und   die  Weiber  haßte.     Deshalb  flößte  864.     [Höfer.] 

ihm  Aphrodite  leidenschaftliche  Liebe  zu  seiner  30  Tanos  {Tävog).  1)  Auf  einer  fragmentierten 
Mutter  ein,  der  er  nicht  anders  zu  entgehen  metrischen  Inschrift  aus  Ägypten  (zwischen 
wußte,  als  daß  er  sich  in  den  —  nun  nach  ihm  Busiris  und  Memphis  gefunden),  die  wohl  aus 
Tanais  genannten  —  Fluß  Amazonios,  der  so  der  Zeit  der  Expedition  des  Chabrias  nach 
hieß  dia  tö  rag  'A^a^övag  lovsad-at  iv  ccutoj,  Ägypten  (ca.  360  v.  Chr.)  stammt,  wird  be- 
stürzte; vgl.  Bd.  1  Sp.  272,  68.  Über  die  Stelle  richtet,  daß  eine  Anzahl  Griechen  (wohl  Offi- 
bei  lamhl.  Drani.  9,  aus  der  man  eine  'Acpqo-  ziere  des  Chabrias)  aus  Athen,  Korinth,  Nisy- 
dixT]  Tdvccig  erschließen  wollte,  ist  Bd.  3  s.  v.  ros  usw.  .  .  .  o^o^icctg  Tävov  d'sbv  iSQvöavro., 
Pharnuchos  gehandelt.  Auch  auf  Clem.  Alex.  C.  I.  G.  2,  7502.  Das  erste  Wort  ist  vielleicht 
Protr.  5  p.  67  P.  (=  50,  4  Stählin)  hat  man  mit  Boeckel  zu:  Ttgbg  olyi]oSo^aig  ==  ^an  den 
(z.  B.  F.  A.  Ukert,  Geogr.  d.  Griech.  u.  Römer  40  Pyramiden'  zu  ergänzen.  Letronne,  Becueil  des 
3,  2,  313  Anm,  33;  vgl.  auch  Windischmann  inscr.gr.  et  lat.  de  VEgypte  1  nr.  34  p.  409.  411 
in  der  s.  v.   Pharnuchos   zitierten  Abhandlung  verbindet  es  mit  dem  folgenden  Tävov  zu  einem 

5.  88)  verwiesen,  wo  überliefert  ist:  'AcpQodltrig  Gottesnamen:  Odo/xatöravo?  oder  OXo[iai6tuvog. 
Tavcctdog,  -wo  aber  schon  Bochart,  Geogr.  sacra^  Broysen,  Bhein.  Mus.  3  (1829),  538  vergleicht 
(1707)  p.  245,  18  Avat'ridog  vermutet  hat.  In-  den  Gottesnamen  Tävog  mit  dem  in  Papyrus- 
dessen  macht  G.  Hoffmann,  Auszüge  aus  sy-  Urkunden  (Bh.  Mus.  a.  a.  0.  535)  vorkommen- 
rischen  Akten  persischer  Märtyrer  {Abhandl.  f.  den  Personennamen  Tavovg  und  Tccvsvt.  J. 
die  Kunde  des  Morgenl.  7,  3)  S.  135  (vgl.  Win-  Franz,  Jahrbücher  f.  ivissenschaftl.  Kritik  1843 
dischmanm,.  2t..  0 . 'd"!*)  darauf  aufmerksam,  daß  (Mai)  S.  749  bringt  Tävog  —  so  schreibt  auch 
die  Variante  Tccvcc'tg  statt  'Avcctg  bzw.  'AvaXxLg  50  Kaibel,  Epigr.  llö.,  2  p.  314  —  in  Zusammen- 
(so  Strabo  11,  532  [Tccvaidog  stsitt 'AvcctxiSog].  hang  mit  dem  Namen  der  bei  Hermopolis  Magna 
Eust.  ad  Dionys.  Per.  846  [p.  264,  7  u.  949,  5:  gelegenen  Stadt  Tanis,  die  der  in  ünterägypten 
Tavccixidi].  Eust.  ad  Hom.  B.  987,  11  [>^  Tcagä  östlich  vom  Delta  gelegenen  Stadt  homonym 
ta  yBcoyqäcpcp  Tav(x.ix7\g  dcciuwt^])  geflissentlich  ist,  und  sieht  in  Tanos  eine  Form  des  in  Tanis 
von  den  Priestern  der  Anahita  in  Erez  in  Aki-  und  anderswo  verehrten  Sonnengottes  Atenra. 
lisene  in  Umlauf  gesetzt  worden  ist,  gerade  Vgl.  auch  v.  Wilamowitz,  Antigonos  von  Ka- 
wie  sie  (vgl.  Procop.  bell.  Goth:A,  5),  unterstützt  rystos  {Philol.  Untersuch.  4  [1881])  S.  277.  — 
durch  die  Namensähnlichkeit  ihres  Gebirges  2)  Tanos  =  Tanus  s.  Tanaos.  [Höfer,] 
TavQog  mit  der  TccvQLxq  dsä,  behaupteten,  der  Tantalelos  {TavxdXsiog)  =  Tantalides  (s.  d.) 
Tempel  der  taurischen  Göttin,  aus  dem  Orestes  60  =  Pelops,  Eur.  Iph.  Taur.  1.  Arist.  Ban.  1232, 
das  Götterbild  geholt  hatte,  sei  bei  ihnen  zu  [Höfer.] 
finden.  Vgl.  Tanaos.  —  2)  Rutuler,  von  Aineias  Tantalides,  männliche  {Herodian  ed,  Lentz 
getötet,   Verg.  Aen.  12,  513.     [Höfer,]  1,  67,  21.   2,  435,  4.    849,  22.    Ernst  Fränkel, 

Tanaos  {Tdvocog)^  alter  König  der  Skythen,  Geschichte  der  griech.  Nomina  agentis  auf  -triQ 

älter   als    Ninos    von  Assyrien,    der    erobernd  -tag  -x7\g  2,  176)  wie  Tantalis  (s.  d,  Herodian 

bis  nach  Ägypten  vordrang,  Justin.  1,  1,  6;  vgl.  1,  86,  9.  90,  31,    2,  849,  22.  852,  14)  weibliche 

Isidor.  Chronic,  in  Chronica  Minora  2  {Monum.  *)  Der  leider  verstorbene  Herr  Verf.  hat  die  Korrek- 

Germaniae  Histor.,  Auetor.  AntiquisS.  11)  p,  430,  tur  nicht  selbst  noch  erledigen  Icönnen.     D.  Red. 
R08CHEB,  Lexikon  der  gr.  u.  rönu  Mythol.  V.  4 


75                          Tantalis  Tantalos                          76 

Form  des  Patronymikons  zu  Tantalos  — =  Sohn  Glück  vermag  er  nicht  zu  ertragen,  es  führt 

oder  Sproß  des  Tantalos:  1)=  Pelops,  Tyrtaios  seinen  Sturz  herbei.    Ihm  wird  die  Gründung 

fr.  12,  8  {Bergk,  Poet.  Lyr.  Gr.  2*,  18).    Nonn.  von  Alt-Smyrna  oder  Naulochon  zugeschrieben 

Dionys.  3,  269.   10,  261.   20,  167.   —  2)  Aga-  Steph.  Byz.  s.  v.  E^ivqvu.    Als  seine  Residenz 

memnon   als   Urenkel   des  Tantalos,    Ov.  Met.  wird  Tantalis  oder  Sipylos  bezeichnet,  rind. 

12,  622.  Heroid.  8,  43.  —  8)  Der  Plural  Tav-  Ol.  1,  68.  Hellanic.  fr.  44  bei  Steph.  Byz.  s.  v. 

xttXldai  bei  Äesch.  Ag.  1469  (nach  dem  Schol.  SinvXog.  Pherek.  fr.  102  bb  in  schol.  Townl.  zu 

z.  d.  St.  entweder  Atreus  und  Thyestes  [Tan-  Hom  w  617.  E%ir.  Iph.  ^uZ.  952.  Plin.  nat.  hist. 

talidac  fratres,  Ov.  Fast.  2,  6271  oder  Agamem-  2,  205.  6, 117  u.  a.,  vgl.  Hylen  S.  5  A.  3.     Dies 

non  und  Menelaos)  und  bei  Lur.  Or.  813  be-  lo  war  die  alte  Hauptstadt  Mäoniens,  walirschein- 

zeichnet  den  Atreus  und  Thjesies;  vgl.  anch  lieh  am  nördlichen  Abhang  des  Sipylos  gelegen. 

Eur.  Or.  361.     [Höfer.]  Diese  Stadt  soll  dann  durch  ein  Erdbeben  (die 

Tantalis  {TavraXlg),   Tochter  des  Tantalos  zweifelsohne   in   jener   Gebirgsgegend    häufig 

(vgl.  Tantalides)  ==  Niobe  (s.  d.),  Antipatros  in  waren,  vgl.  Hitzig- Blümner,  Ausg.  des  Paus.  2 

Anih.  Pal.  7,  748,  8.  16  {Append.  Plantid.),  131,  S.  884)  untergegangen  und   an  ihre  Stelle  der 

1.    Nomi.  Dionys.  12,  181.  48,  428.  466.     Ov.  See  Säle,  PZin. a.a.O. oder 2aXorj,Paws. 7, 24, 13, 

Metam.  6,  211.  Stat  Theb.  8,  192  und  Lactant.  getreten  sein.    Mit  ihm  ist  nicht  zu  identiti- 

Placid.  z.  d.  St.    Propert.  2,  81,  14.  —  TccvraXlg  zieren  der  See  des  Tantalos  Xliivri  TccvxäXov, 

Nioßn,   Theodoridas  in  Anth.  Pal.  16,  132,  2.  Paus.  6,  13,  7.   8,  17,  3;   vgl.  G.  Hirschfeld  in 

TavxaXig  mxlg  Ni6ßri^  MeUagros,  ebe^ida  184,  1.  20  Curtius,   Beiträge   zur    Geschichte   und    Topo- 

[Höfer.]  graphie  Kleinasiens  p.  83  A.  17  =  Abh.  der  Berl. 

Tantalos  (TavraXos),  1)  einer  der  Büßer  der  Akad.  der  Wiss.  für  1872  und  Thraemer  p.  91. 

homerischen  Nekyia  und  der  Stammvater  der  Außer  dem  See  des  T.   zeigte  man  dort  auch 

Tantaliden  und  Pelopiden.  sein  Grab,  den  Thron  des  Pelops,  das  berühmte 

Geschlecht.    T.  wird  bezeichnet  als  Sohn  Bild  der  Niobe.     Man  hat  sich  mehrfach  be- 

des  Zeus  und  der  Pinto  (Nebenformen:  Plute  müht,  alle  diese  Stätten  dort  wiederzufinden, 

Clem.  Roman,  bei   Bufin.  Becogn.  10,  22  oder  so  G.  Weber,  Le  Sipylos  et  ses  monuments  1880 

Plutis  cfttfnda  10,21  oder  Plotis  Xac^aw^.  P/acid.  S.  65ff.  89  ff.  und  Humann,  Athen.  Mitteil.  13 

zu  iSta«.  r/<e6.  2,  436),  Tochter  des  Kronos,  sc/ioZ.  (1888)8.22—41;    andere    leugnen    überhaupt 

Pind.  Ol.  8,  41   oder  Atlas:   Clem.  Boman.  bei  so  einen  realen  Hintergrund  dieser  mythischen  ört- 

Bufin.  a.  a.  0.  {Himantis  bei  Hygin.  fab.  156  ist  lichkeiten,  so  Thraemer  p.  88—92  und  P.  Fried- 

wohl  in  .4 ttoniw  zu  bessern,  vgl.  fiofer  in  Bd.  3, 2  laender,    Argolica   Diss.  1905   S.  74.   —  M.  E. 

Sp.  2666).  schol.  Eur.Or.  346.  Anton.  L%ber.Z%.  war  dort  vor  Zeiten  ein  blühendes  Kulturreich 

Paris.  2,  22,  3.   Hygin.  fab.  82.  156  u.  a.;  vgl.  unter  einheimischen  Fürsten,  sein  Mittelpunkt 

E.  Hylen,  De  Tantalo  Üpsala  1896  (=  Hylen)  lag  in  der  Nähe  des  späteren  Magnesia,  mit 

S.  11 — 16,  0.  Gruppe,  Griech.  Mythologie  und  ihm  ist  dann  der  von  Lesbos  kommende  T. 

Beligionsgeschichte  1906  {=^Gruppe)  S.  656  A.  3  verbunden  worden  (s. u.  Lokale  Verbreitung 

und  die  Artikel  Plotis,  Plute,  Pluto.     So-  5  und  Kern  der  Sage).    Außerdem  erscheint 

mit  ist  T.  als  Sohn  des  höchsten  Gottes  und  T.  als  König  von  Paphlagonien,  Diod.  Sic.  4,  74, 

der  Personifikation   der  Fülle  und  des  Reich-  40  von    Thrakien,    Suid.  s.  v.  "IXtov,   von    Arglos, 

tums   von  vornherein   deutlich   charakterisiert  Hygin.  fab.  12i^  \onMjken&e,  Malalas  Chrono- 

als  der  an  Schätzen  überreiche  Günstling  der  gr.  4,97.  Georg.  Cedr.  Hist.  Comp.  120B,  end- 

Götter.  Tmolos  als  seinen  Vater  finden  wir  bei  lieh  von   Korinth   Serv.   zu   Verg.  Aen.  6^  603. 

Nicol.  Damasc.  fr.  17.  schol.  Eur.  Or.  4.   Tzetz.  Mythogr.  Vat.  2, 102. 

Chil.  6,  444.  462.    Mantiss.  proverb.  2,  94  u.  a.  Familienverhältnisse.  AlsGemahlin- 

(vgl.lTyZenS.  14),Hymenaios  hei XanthosLyd.  nen  des  T.  (vgl.  Gruppe  S.  656  A.3)  werden  uns 

fr.  23  und  Nicol.  Damasc.  fr.  26  bei  Steph.  Byz.  genannt:  1)  Dione,  Tochter  des  Atlas  (der  ja 

8.  v.  ka-KcüXtov.  Vgl.  Sauer  in  Bd.  1,  2  Sp.  2801,  auch  seinGroßvater  sein  sollte,  s.o.  Geschlecht) 

Tümpel  in  Pauly -Wissowa ,  Bealenzyklopädie  und  Schwester  der  Pleiaden,  Oy.  meiam.  6, 174. 

(=  BE.)  2  Sp.  1610  und  Jolles,  ebenda  9  Sp.  129.  60  Hygin.  fab.  9.  82.  83,  vgl.  Escher,  BE.  5  Sp.  880; 

—  E.  Thraemer,  Bergamos  1888  (=  Thraemer)  2)   Euryanassa,    Tochter  des    Paktolos,   ein 

S.  87  will  nach  (rM<scÄm»d  Tymenaios  statt  Hy-  durchaus  durchsichtiger   Name,  der  sehr  gut 

menaios  setzen.     Tmolos  ist  ja  der  Name  des  paßt  zu  dem  großen  Herrschergebiet  desT.,  scÄoZ. 

gesamten  Gebirges,  von  dem  ein  Zweig  der  Si-  Eur.  Or.  4.  11.    Dosith.  fr.  7  bei  Plut.  Parall. 

pylos  (s.u.  Leben)  ist;  Hymenaios  gilt  zugleich  33  u.  a.;  vgl.  Hylen  S.  16/17,  Stoll  in  Bd.  1,  1 

als  Vater  des  Askalos,  des  Gründers  von  Aska-  Sp.l420  und  Höfer,  BE.  6  Sp.l318;  sie  soll  my- 

lon:  beides  sind  also  reine  Lokalsagen.  thologisch  früher  als  Dione  die  Gemahlin  des  T. 

Leben.   T.  ist  nach  der  bei  weitem  große-  gewesen  sein,  vgl.  TÄraemcr  S.  18;  der  sich  noch 

ren  Anzahl  der  Autoren  König  in  Lydien  oder  findende,    ähnlich  klingende    Name:   Eurythe- 
Phrygien,  heimisch  am  Sipylosgebirge  in  dem  60  miste, schol.  Eur.  Or.  11  (Stoll inBd.  1,1  Sp.  1420 

fruchtbaren  Tale,   das   der  in  der  Nähe  von  nennt  hier  auch  eine  Eurysthanassa,  die   ich 

Smyma  mündende  Hermos  durchzieht.  Ygl.  Hy-  aber  a.  a.  0.  nicht  finde),  als  Tochter  des  Xan- 

len  S.  6/7.    Das  von  ihm  beherrschte  Gebiet  er-  thos  (vgl.  HöYer,  BE.  6  Sp.  1357  und  B.  Stark,. 

streckte  sich  weithin  bis  zum  Idagebirge,  J.iscÄ.  Niobe  und  die  Niobiden  1863  \==  Stark']  S.  94) 

fr.  168  Nauck*  bei  Strabo  12,  580.  Plut.  mor.  ist  wohl  nur  eine  Variante  des  ersten  Namens 

603  A.  778  B.   Unermeßliche  Schätze  nannte  er  (Euryprytane,  Apostol.  Cent.  18,  7  und  Euryto 

sein  Eigen,  er  nahm  teil  an  den  Gastmahlen  avaöaoc,  ebenda  17,3,  welche   Stark  S.  94  und 

und  Beratungen  der  Götter.  Aber  eben  all  dies  422  nennt,  habe  ich  ebenso  wie  Hylen  S.  17 


i  i 


Tantalos 


Tantalos 


78 


A.  1  nicht  finden  können;  dagegen  bietet  Eu- 
ryto  avccGGu  statt  Euryanassa  die  editio  Apo- 
stolii  Pantiniana  der  Mantissa  proverh.  2,  94); 
3)  Klytia,  Tochter  des  Amphidamas,  Fherek. 
fr.  1)3  bei  schoJ.  Für.  Or.  11,  vgl.  Stoll  in  Bd.  2, 1 
Sp.  1246;  4)  Sterope,  Tochter  des  Atlas  (s.o. 
Dione  unter  Gemahlinnen  1),  Mythogr. 
Vatic.  1, 204,  oder  als  Variante  Peniope,  Lactant. 
Flacid.  hei  Stat.  Theb.  4,  576;  5)  Anthemoisia 
8.  11.  Daskylos  unter  Kinder  4. 

Als  Kinder  des  T.  (vgl.  Gruppe  S.  194  A.  9) 
werden  in  erster  Linie  aufgeführt;  1)  Pelops 
(r.  d.,  zuerst  als  TccvtccXiSrig  bezeichnet  Cypria 
/V.9  v.4)und2)Niobe(B.d.undvgl.>S<arÄ;S.421flF. 
und  HyUn  S.  18/19);  dann  3)  Broteas,  der 
Schöpfer  des  ältesten  Bildes  der  Göttermutter 
auf  dem  Koddinosfelsen,  Paus.  3,  22,  4.  schol. 
Kur.  Or.  4  u.  a.,  vgl.  Hylen  S.  20  und  Wagner, 
RE.2  Sp.  897;  4)  Daskylos,  Sohn  der  Anthe- 
moisia, Tochter  des  Flußgottes  Lykos,  König 
der  Mariandynen  in  Bithynien,  Nymphis  und 
Herodor  fr.  49  bei  schol.  Apoll.  Rhod.  2,  752,  vgl. 
auch  724  {Stoll  in  Bd.  1,1  Sp.  963/4  und  Escher, 
BE,  4  Sp.  221);  5)  außerdem  werden  noch 
Aizen,  Elius,  Kyklops  genannt,  vgl.  Hylen  S.  21. 
T.  ist  somit  nach  allgemeiner  Überlieferung 
Ahnherr  der  Pelopiden  <-^  Atriden,  so  schon 
Kypr.  fr.  9,  dann  Eur.  Iph.  Taur.  1  u.  a.  Vgl. 
auch  die  Stammtafeln  Ed.  Gerhard,  Gr.  Mytho- 
logie 1855,  2  S.  243,  Thraemer  S.  95—97  und 
Stark  S.  94. 

Lokale  Verbreitung.  Hauptsächlich  seien 
genannt:  1)  Argos:  Hygin.  fab.  124  nennt  T. 
auch  in  der  Liste  der  argivischen  Könige. 
Vielleicht  liegt  hier  eine  Verwechslung  vor 
mit  dem  jüngeren  T.  (s.  u.  Tantalos  2),  der 
nach  Paus.  2,  22,  3  dort  begraben  sein  sollte. 
2^  Korinth:  Auch  hier  wird  T.  als  König  fixiert, 
Serv.  zu  Verg.  Aen.  6,  603.  Mythogr.  Vat.  2, 102. 
3,  6,21;  Ygl.  Hylen  S.  92.  3)  Lydien  ~  Sipy- 
los:  8.  0.  Leben,  oft  auch  mit  Phrygien  lae- 
zeichnet,\ gl. Hylen  S.  3/4.  4)  Paphlagonien: 
Hier  ebenfalls  als  König  genannt  Diod.  Sic.  4, 
74;  vgl.  Hylen  S.  8.  5)  Lesbos:  Dort  gab  es 
bei  dem  Orte  Polion  ein  Heroon  des  T.,  Steph. 
JByz.  s.  V.  HöXiovj  und  einen  Berg  Tantalos, 
Steph.  Byz.  s.v.  Tdvralog  (s.  u.  Tantalos  4); 
hier  scheint  ein  uralter,  längst  verschollener 
Kult  des  T.  gewesen  zu  sein,  hier  war  T.  wohl 
ursprünglich  lokalisiert,  vgl.  Hylen  S.  94/5  und 
P.  Friedlaender,  Argolica  Diss.  1905  S.  74  und 

B.  u.  Kern  der  Sage.  Auch  mit  Thrakien  und 
Ägypten  wurde  T.  von  einigen  Autoren  in  Ver- 
bindung gebracht,  vgl.  Hylen  S.  8/9, 

Sagen.  Außer  den  an  anderer  Stelle  be- 
sprochenen Sagenformen  seien  noch  folgende 
Mythen  angeführt:  1)  Pandareos  (s.  d.),  der 
König  von  Milet  auf  Kreta,  stahl  aus  dem  Heilig- 
tum des  Zeus  einen  als  Wächter  dort  befind- 
lichen goldenen  Hund  und  brachte  ihn  zu  T. 
nach  dem  Sipylos  zur  Aufbewahrung;  T.  schwur 
Hermes  gegenüber,  der  den  Hund  suchen  sollte, 
den  Meineid,  von  einem  Hunde  nichts  zu  wissen. 
Über  die  Strafe,  die  T.  dafür  erhielt,  s.  u. 
Arten  der  Strafe  3:  Paus.  10,30,2  u.  a.;  vgl. 
Boscher  in  Bd.  3,  1  Sp.  1502  ff.  und  Hylen 
S.  44ff.  —  2)  Ilos,  der  Vater  des  Laomedon  und 
Gründer  von  Ilios,  vertrieb  den  T.  aus  Klein- 


asien, Diod.  Sic.  4,  74;  vgl.  Weizsäcker  in  Bd.  2, 1 
Sp.  120.  —  3)  T.  Boll  den  Ganymed,  den  Sohn 
des  phrygischen  Königs  Tros,  geraubt  haben 
(diese  Tat  wird  sonst  Zeus  oder  Minos  zuge- 
schrieben), vgl.  Weizsäcker  in  Bd.  1, 2  Sp.  1596/96. 
August,  de  civ.  dei  18,  13.  Suid.  b.  \.''IXiov  u.  a.; 
vgl.  Hylen  S.  47—49. 

Identifikationen.  Vor  allem  ist  T.  identi- 
fiziert worden :  1)  mit  Atlas,  dem  er  sowohl  no- 

10  minell  (s.u.  Ableitung  des  Namens)  als  auch 
genealogisch  (s.o.  Geschlecht  und  Familien- 
verhältnisse) nahe  steht.  Zu  dem  lesbischen 
Heiligtum  des  T.  bei  Polion  (s.  o.  Lokale 
Verbreitung  5)  ist  auch  der  Berg  Polos  bei 
Tanagra  zu  stellen,  auf  dem  Atlas  lokalisiert 
wurde,  Paus.  9,  20,  3 :  Beides  ist  wohl  genannt 
nach  der  von  Atlas  getragenen  Himmelskugel 
7t6XoSy  ja  es  bestand  sogar  eine  Sagenversion, 
nach  der  T.  den  Himmel  getragen  habe,  schol. 

20  Eur.  Or.  982.  So  ist  zweifelsohne  T.  hier  als 
Titan  oder  Gigant  gefaßt,  wozu  ja  auch  treff- 
lich stimmt,  daß  Zeus  auf  ihn  den  Sipylos  ge- 
schleudert habe  (s.  u.  Arten  der  Strafe  3), 
denn  nur  Giganten  wurden  zur  Strafe  unter 
Berge  geworfen,  die  dann  zu  Vulkanen  ge- 
worden sind.  Vgl.  Gruppe  S.  277  und  A.  20, 
S.  434  und  A.  2  und  Maxim.  Mayer,  Die  Gi- 
ganten und  Titanen  1887  S.  88/89.  —  Auch  2)  mit' 
Prometheus  erscheint  T.  näher  verwandt  zu 

30  sein,  schon  durch  die  Art  der  Schuld  und  Strafe, 
die  beide  den  Göttern  entfremdete.  In  der  alt- 
böotischen  Kultur  gehörten  T.,  Atlas  und  Pro- 
metheus in  einen  Kreis.  Vgl.  Gruppe  S.  656/7 
u.  1107  A.  1.  —  3)  T.  scheint  mit  Assaon  schon 
in  sehr  früher  Zeit  identifiziert  worden  zu  sein. 
Dieser  ist  in  der  lydischen  Form  der  Niobe- 
sage  der  Vater  der  Niobe,  die  dort  am  Sipylos 
mit  Philottos  verheiratet  ist  und  von  ihm  20 
Kinder  hat.   Nach  dessen  Tode  wirbt  unnatür- 

40  licherweise  der  eigene  Vater  um  die  Tochter 
und  tötet,  von  ihr  abgewiesen,  ihre  Kinder. 
Niobe  stürzt  sich  von  einem  Felsen  herab,  As- 
saon tötet  sich  selbst.  Diese  Sage  hat  zuerst 
Xanthps  in  seinen  Lydiaka  behandelt.  Parth. 
Erot.  33.  schol.  Hom.  (o  602.  schol.  Eur.  Phoen. 
159.  Vgl.  Stoll  in  Bd.  1, 1  Sp.  644,  Höfer,  BE. 
2  Sp.  1741  und  Gruppe  S.  277  und  A.  12  und 
S.  1250  A.  7. 

Arten  der  Schuld.    Die  Autoren  nennen 

50  uns  mehrere  Vergehen,  die  T.  in  seinem  Fre- 
veln gegen  die  Götter  beging,  vgl.  Gruppe 
S.  656  A.  4.  So  wird  uns  angegeben:  1)  seine 
zügellose  Zunge  &xoXaaia,  cpXvuqia^  superhilo- 
quentia:  T.  plauderte  die  Geheimnisse  der  Göt- 
ter aus,  Eur.  Or.  10.  Ovid.  amor.  2,  2,  43.  3, 
7,  48.  ars  am.  2,  604.  metam.  6,  213.  Sen.  Thyest. 
90  u.a.;  n gl.  Hylen  S.  32 ff.  —  2)  der  Diebstahl 
und  das  Schenken  von  Nektar  und  Ambrosia 
an  seine  Genossen  und  Freunde,  Pind.  Ol.  1,96. 

60  schol.  Eur.  Or.  10.  Nonn.  Dionys.  1,145.  18,32 
u.  a.;  vgl.  Hylen  S.  35/36.  —  3)  die  Schlachtung 
des  Pelops,  den  T.  den  Göttern  als  Speise  vor- 
zusetzen wagte,  um  sie  auf  die  Probe  zu  stellen 
(vgl.  Bloch  in  Bd.  3,  2  Sp.  1870/71  und  ähnliche 
Mythen,  die  man  von  Lykaon  [Preller- Bobert, 
Griech.  Mythologie  1*  S.  128  A.  1]  und  Atreus 
[s.  u.  Tantalos  2]  erzählte),  Pind.  Ol.  1,  72. 
Eur.  Iph.  Taur.    386.    Tibull.  1,  4,  63.    Ovid. 

4* 


79                         Tantalos  Tantalos                         80 

Ibis  432.   Sen.  Thyest.  144ff.  u.  a.;  vgl.  Hylen  und  Arten  der  Schuld  6.  —  4)  T.  büßt  seiue 

S.  88—48.  —  4)  seine  Bitte  am  ein  den  Göttern  Schuld  in  der  Unterwelt:  Horat  cartn.  2,18,36. 

gleiches  Leben,  die  T.  zu  Zeus  äußerte,  nach-  Sen.Thvest.lOllu.n..,  vgl.  Hylen  S.  59  00.  Dort 

dem  ihm  dieser  die  Erfüllung  jedes  Wunsches  droht  über  seinem  Haupte  der  Fels:  FlatoCrat. 

zugesagt  hatte,  Lied  von  der  Rückkehr  derAtri-  396  d.  Lucret  de  rer.  nat.  3,  978.  Cic.  Tusc.  4, 

den  bei  Athen.  7,  281b.  —  6)  sein  Meineid  beim  16,  36  u.  a.,  vgl.  Hylen  S  61/62.  —  6)  T.  vermag 

Diebstahl  des  Pandareos  (s.o.  Sagen  1),  Khol.  im  Hades,  obwohl  im  Wasser  stehend,  weder 

Pind.  Ol.  1,  97.    Paus.  10,  30,  2.    Anton.  Liber.  die  stets  fliehenden  Wogen  zu  erhaschen,  noch 

36  u.  a. ;  vgl.  Hylen  S.  44  ff.  —  6)  der  Raub  des  die  Früchte  der  stets  zurückschnellenden  Baum- 

Ganjmed  (s.  o.  Sagen  3),  Mnctseas  fr.  30  bei  lo  zweige  zu  eneichen.    Diese  allbekannten  Tan- 

schol,  Ven.  B  zu  Hom.  T  234  u.  a.;  vgl.  Hylen  talosqualen   finden   sich  in    der  vielerörterten 

8.47 — 49.  —  7)  seine  Leugnung  der  Göttlichkeit  Stelle   Homers  X  682  ff.,  von   wo   sie   dann  zu 

der  Sonne,  die,  wie  T.  oehauptete,  nur  eine  den  römischen  Dichtern  JtftMZi.,  Prope;^,  Horaf., 

feurige  Masse  sei,  schol.  Pind.  Ol.  1,97.  Laert.  Ovid.,  Sen.,  Mart.   u.  a.   (vgl.  Hylen   S.  65  tf.) 

Diog,  Vit.  philos.  2,  8,  4.    Eustath.  1700,  60  zu  übergingen.  Daß  X  des  Homer  eine  späte  Kom- 

Hom.  1 680.  Vgl.  Hylen  S.  49  A.  3  und  Wekker,  pilation  und  die  Verse  über  die  Büßer  in  der 

Bhein.  Mus.  10  (1866)  S.  250.     Diese  physika-  Unterwelt  ein  noch  späteres  Einschiebsel  i^t, 

lische  Behauptung  geht  wohl  auf  den  Philo-  hat   man    schon   lange   erkannt.    Wilamowitz, 

sophen  J.t)aa^ora«  zurück.  Wunderlicherweise  Homerische  Untersuchungen  1884  S.  199  ff.  hält 

nennt  uns  Homer  X  gar  keine  Freveltat  des  T.  20  diese  Stelle  des  X  für   eine  attisch-orphische 

Allgemeine  Schuldangaben  finden  sich  noch  Interpolation.    Über  die  Gegner  dieser  Ansicht 

bei  Isoer.  l.bOBaiter:  xuxia,  bei  dem  von  Cic.  vgl.  Gruppe  S.  651  und  A.  10  und  S.  863  A.  H 

Tu^.  4, 16,  86  zitierten  römischen  Dichter:  sce-  (überhaupt  s.u.  Deutungen  der  Sage).  Beide 

lera  animique  impotentia  et  superbüoquentia,  bei  Hauptstrafen,  den  drohenden  Felsen  und  den 

Plut.  moral.  607  F:  &(pQ06vvri  u.  a.;  vgl.  Hylen  ewigen  Hunger  und  Durst,  vereinigte  Polygnot 

S.  31/32.     Der   Grundzug    aller   Angaben    ist  in  seinem  Unterweltsgemälde  in  der  Delphischen 

schließlich   der,    daß   T.   in  seinem    Übermaß  Lesche  (s.  u.  Kunstdarstellungen).    Litera- 

von  Glück  sich   nicht  beherrschen  kann  und  risch  scheint  anzuspielen  auf  diese  Version  der 

sich  der  Gönnerschaft  der  Götter  als  unwürdig  Vereinigung   beider   Strafen  Xenophon   oecon. 

erweist.  30  21,  12,  sie  findet  sich  noch  bei  Hygin.  fdb.  82 

Arten  der  Strafe.    Auch   über  die  von  u.a.,vgLjHi/ZenS.78ff.  EoscÄer,  12/i.  ilfws.53, 175. 

den  Göttern  über  T.  verhängte  Strafe  treten  Deutungen  der  Sage.  Unter  den  wenigen 

uns  mehrere  ganz  verschiedene  Versionen  ent-  Deutungsversuchen    der   Antike    kehrt  einer 


Zwei    Strafen   kehren   bei   fast   allen  öfters  wieder:  Die  Alten  sahen  in  der  Sage  des 

Autoren  immer  wieder,  auch  wenn  diese  über  T.  eine  Darstellung  des  Geizhalses:  Horat.  sat. 

den  Ort,  wo  sie  abgebüßt  werden,  uneins  sind:  1,  1,  68.    Ovid.  amor.  3,  7,  48  u.  a.,  vgl.  Hylen 

der  über  dem  Haupte  des  T.  schwebende  und  S.  110/111,  G.  Thiele,  Hermes  41  (1906)  S.  6G5 

stets   niederzufallen   drohende  Stein  und   der  und  Geffcken-  Zieharth ,  Bealencyklopädie  s.  u. 

ihn   ewig  quälende   Hunger  und  Durst.     Von  Tantalos  S.  1010.  Diese  Ansicht  ist  aber  ziemlich 
diesen   beiden    Martern    ist    zweifelsohne   die  40  jungen  Datums,  denn  sie  findet  sich  nicht  vor 

erste  die  ursprünglichere,  da  sie  uns  alle  alte-  den  Dichtern  der  römischen  Kaiserzeit,  sie  ist 

ren  Autoren  übediefem,  hingegen  die  zweite  wohl  sicher  kynischen  Ursprunges.  Über  andere 

die  jüngere,    die   uns    außer    der    bekannten  Erklärungen    der   Alten   vgl.  Hylen   S.  111  tf. 

Homerstelle  in  X  nur  jüngere  Autoren,  vor  allen  Ungleich  bedeutsamer  sind  die  Deutungen 

die   römischen  Dichter   darbieten.     Es  finden  der  Modernen,  vgl.  Hylen  S.  112 ff.   Wie  den 

sich  folgende  Versionen:  Sisyphos   (vgl.  Wilisch  in  Bd.  4  Sp.  967/8),    so 

1)  T.  wagt  aus  Furcht  vor  dem  drohenden  hält  V.Henry,  Bevue  des  etudes grecques  5  {IS92) 

Felsen  am  Tische  der  Götter  die  Speisen  nicht  S.  294  ff.  auch  den  T.  für  einen  Lichtheros  = 

zu  berühren:  Lied  von  der  Rückkehr  der  Atriden  Sonne:    Die  Sonne  tauche  ins  Meer,  ohne  zu 

bei  Athen.  7,  281b  und  Alkman  fr.  87  Bergk*  50  trinken,  die  Früchte  seien  die  von  der  Sonne 

(vgL  Welcher,  Rhein.  Mus.  10  [1856]  S.  242 ff.),  verscheuchten  Sterne,  die  Tötung  des  Pelops 

auchs.  O.Arten  der  Schuld  4.  Eine  Parallele  gleiche    dem   Untergang    der   Sonne   u.  a.  m. 

dazu  bietet  die  Sage  von  Damokles,  vgl.  Gruppe  Dagegen  sieht  einen  Meeresriesen  in  dem  ewig 

S.  1023  und  A.  2.   —  2)  T.  schwebt  zwischen  hungernden  und  dürstenden  T.  Heinrich  Bertsch, 

Himmel    und    Erde,    der   Felsen    droht    über  Meeresriesen,  Erdgeister  und  Lichtgötter  in  Grie- 

seinem  Haupte :  Eur.  Or.  4,  982  u.  a.,  vgl.  Hylen  chenland  Progr.  Tauberbischofsheim  1899  S.  8/9. 

S.  53.  —  3)  T.  wird  auf  der  Erde  vom  Felsen  Wichtiger  sind  die  Versuche,  T.  in  Kleinasien 

bedroht,   oft   ist   der   Ort   nicht   genauer   an-  zu  lokalisieren  und  ihn  mit  Naturvorgängen  in 

gegeben:  Archiloch.  fr.  53  Bergk*.  Alkaios  fr.  Zusammenhang  zu  bringen.    Als  reines  Natur- 

93  B.  Pind.  Ol.  1,  90  (vgl.  D.  Comparetti  Phi-  60  ereignis  bezeichnet  ihn  Otto  Seeck,  Geschichte 

lol.  32  [1873]  S.  227  ff.)  Isthm.  7,  20  u.  a.,  vgl.  des  Untergangs  der  antiken  Welt  1901«  S.  448/9. 

Hylen  S.  54  ff.     Dazu  tritt  noch   die  Version,  Ein    in    vorgeschichtlicher    Zeit    am    Sipylos 

daß  Zeus  den  Sipylos,  der  also  gleichsam  an  existierendes  Reich  nimmt  Ernst  Curtius,  Griech. 

die  Stelle  des  Felsens  tritt,  wegen  des  Mein-  Geschichte  1"^  {1SS7)  S.  72/72  und  84/85  an:  Dort 

eides  beim  Diebstahl  des  Pandareos   auf  ihn  habe  T.  geherrscht;    sein  Sturz  aber  und  der 

gestürzt  habe:    schol.  Hom.  t  518.    schol.  vet.  über  seinem  Haupte  schwebende  Fels  beruhe 

Pind.  Ol.  1,  97.  schol.   Soph.  Antig.  134.  u.  a.,  auf  Vorstellungen,  welche  in  den  vulkanischen 

vgl.  Hylen  S.  44 ff.  und  54  und  s.  0.  Sagen  1  Heimsuchungen  des  Hermostales  und  in   den 


81                          Tantalos  Tantalos                          82 

das  Gebirge  bewegenden  Erderschütterungen  diese  Deutungsversuche  des  Mythus  zusammen, 
ihren  Ur8i)rung  haben;  nach  Zertrümmerung  so  läßt  sich  etwa  folgendes  Ergebnis  für  seine 
dieses  kleiuasiatischen  Reiches  sei  die  Aus-  Entwicklung  aufstellen:  T.  ist  ursprünglich  auf 
Wanderung  nach  dem  Westen  über  das  Meer  der  Insel  ]..esbo8  zu  Hause  als  eine  Gottheit, 
erfolgt;  vgl.  llylhi  S.  83/84  über  andere  Au-  deren  Name  dort  lokal  an  eine  Bergkuppe  ge- 
toren  der  Antike  und  Moderne,  die  den  T.  auch  knüpft  ist;  hier  erfolgte  wohl  auch  seine  Ver- 
historisch fixieren  wollen.  Zum  Vertreter  der  bindung  mit  dem  aus  dem  Peloponnes  stam- 
durch  Erdbeben  zerstörten  und  in  einen  See  menden  Pelops  (vgl.  Friedlaender ,  ÄrgoUca 
versunkenen  Stadt  Tantalis  auf  dem  Sisylos  Diss.  1905  S.  74).  Später  wurde  der  liergriese 
macht  den  T.  S.  Beinach,  Kevue  archeologique  lO  T.  nach  dem  kleinasiatischen  Festlande  über- 
r.>03  S.  17211'.:  Die  Sage  vom  ewigen  Hunger  tragen  und  dort  auf  dem  höchsten  Berge  Ly- 
und  Durst  sei  entstanden  durch  falsche  Deu-  diens,  dem  Sipylos,  lokalisiert.  Hier  blühte 
tung  eines  Miilerbildes;  der  im  See  stehende  sicher  in  vorgeschichtlicher  Zeit  ein  großes 
und  zu  versinken  fürchtende  T.  wollte  sich  an  Kulturreich,  dessen  Mittelpunkt  wohl  in  der 
den  Zweigen  nur  in  die  Höhe  ziehen  und  sich  Gegend  von  Magnesia  im  fruchtbaren  Hermos- 
80  retten  u.  a  m.  Auch.  Thraemer  S.  9S  faßt  die  tale  lag  (s.  o.  Leben).  Hier  zum  Herrscher 
Sage  vom  T.  als  Ergebnis  einer  am  Sipylos  er-  gemacht,  scheint  T.  frühzeitig  mit  Assaon,  dem 
folgten  Naturkatastrophe,  er  nennt  den  T.  gerade-  Vater  der  lydischen  Niobe,  gleichgesetzt  worden 
zu 'das  mythische  Bild  des ZlnvXog  avaTQ(X7t£ig\  zu  sein  (s.  o.  Identifikationen  H).  Später, 
Dem  widerspricht  Hylen  S.  94/95,  der  wohl  20  als  der  übermütige  Liebling  der  Götter  wahr- 
richtig den  T.  als  ursprünglich  auf  Lesbos  lo-  scheinlich  unter  irgendwelchen  Einflüssen  zum 
kalisiert,  die  Sage  aber  nach  gleichem  Vorgang  Frevler  geworden,  wurde  T.  zur  Personifikation 
dort  auch  entstehen  läßt.  Auf  Lesbos  als  erster  der  dort  häutigen  Naturkatastrophen;  ein  Berg- 
Heimat  lokalisiert  den  T.  P.  Friedlaender,  stürze  verursachendes  Erdbeben,  dem  wohl  auch 
Argolica  Diss.  1905  S.  73/74;  dann  sei  seine  das  Kulturreich  dort  erlag,  gab  das  Vorbild  zn 
Übertragung  auf  den  höchsten  Berg  Ly diens,  dem  ihn  ewig  bedrohenden  Felsen.  Spätei: 
den  Sipylos,  erfolgt  (ähnlich  Wüamoivitz,  He-  wanderte  seine  Sage  nach  dem  griechischen 
raMes  2*  S.  96).  Auch  Pr eller- Bobert,  Griech.  Mutterlande,  vor  allem  nach  dem  Peloponnes. 
Mijthologie  1*  S.  821/822  hält  T.  für  den  my-  Die  letzte  Gestaltung  erfuhr  der  Mythus  durch 
thischen  Ausdruck  einer  schrecklichen  Natur- so  religiöse  Ideen  des  7.  und  6.  Jahrhunderts  v.Chr., 
katastrophe.  Damit  läßt  sich  etwa  die  erste  die  ihn  als  Büßer  in  den  Hades  versetzten.  Die 
und  ursprüngliche  Strafe  des  drohenden  Felsens  uns  hier  entgegentretende  Strafe  des  ewigen 
erklären.  Weit  schwieriger  steht  es  mit  der  Hungers  und  Durstes  ist  vielleicht  eine  Neue- 
Stelle  der  homerischen  Nekyia,  die  uns  eine  rung  des  Kompilators  der  homerischen  Nekyia. 
zweite  und  sicher  jüngere  Strafe  bietet.  Denn  Ableitung  des  Nam.ens.  In  der  Etymo- 
zweifelsohne  hat  T.  mit  der  Sage  vom  ewigen  logie  des  Namens  T.  sind  sich  die  Neueren 
Hunger  und  Durst  von  vornherein  nichts  zu  einig.  TdvraXog  wird  allgemein  gestellt  zu  den 
tun.  Gegen  Wüanioicüz'  Annahme  einer  orphi-  Wurzeln  rsl-,  xaX-,  r/lrj-,  deren  Grundbedeutung 
sehen  Interpolation  (s.  0.  Arten  der  Strafe  5),  'heben,  aufheben,  tragen'  ist.  Also  ist  der 
bei  der  er  in  den  Büßern  'Repräsentanten  ewiger  40  Name  herzuleiten  von  tald(o  -^  xXfivai  'tragen'  ; 
Strafen'  sieht,  wenden  sich  vor  allem  E.  Bohde  ral-  ist  zur  Intensivform  redupliziert  worden, 
und  F.  BümmJer,  BelphiJca  Progr.  Basel  1894  Demnach  lautete  die  Form  ursprünglich  TdX- 
^.Id.  —  F. Bokde,  Kleine Schr.2  {1901)S. '285/286  taXo?  'der  Träger'  (nicht  'der  viel  Duldende', 
=  Bhein.  Mus.  50  (1896)  S.  600  ff.  und  Psyche  sondern  wohl  eher  'der  das  Himmelsgewölbe 
1894  S.  57/58  weist  die  Auffassung  der  Büßer  Stützende',  s.  o.  Identifikationen  1),  wo- 
als  typischer  Vertreter  von  Klassen  sündiger  bei  dann  das  erste  X  durch  Assimilation  an 
Menschen  zurück:  Die  drei  Büßer  hätten  einst  Dentale  (r,  ^)  zu  v  geworden  ist.  Vgl.  Th.  Ben- 
seihst gegen  Götter  gefehlt  und  erlitten  nun  fey,  Griech.  \Vurzellexikon  2  (1842)  S.  258,  G. 
die  Strafen  für  ihr  Vergehen;  vgl.  Wilisch  in  Curtiiis,  Grundzüge  der  griech.  Etymologie  1879^ 
Bd.  4  Sp.  969.  Ähnlich  wie  Wilamoicitz  äußern  50  S.  220  und  450,  G.  Hinrichs,  Philol.  44  (1885) 
sich  auch  Gruppe  S.  1024  und  A.  Dieterich,  S.  425  und  endlich  Bechtel- Fiele,  Die  griech. 
Nekyia  1893  S.  63  und  67,  der  den  Büßertypen  Personennamen  1894^  S.  410.  Über  andere  An- 
Märchen, später  mit  großen  mythischen  Namen  sichten  vgl.  Thraemer  S.  86/87.  Zu  TdvtaXog 
belegt,  zugrunde  legen  will.  Gegen  Dieterich  gehört  etymologisch  auch  der  Heros '^rioij(a  m- 
tritt  wiederum  Dümmler,  Delphika  S.  17/18  tensivum  und  der  Stamm  tXa-).,  also  'der  schwer 
auf.  In  diesem  Für  und  Wider  ist  eine  Ent-  Tragende'.  Vgl,  Benfey  a.  a.  0.,  Bechtel-Fick 
Scheidung  wohl  unmöglich.  Mag  nun  in  Ho-  a.  a.  0.,  Wilamowitz,  Herakles  2  (1889)  S.  130 
wers  X  T.  wie  auch  seine  Leidensgenossen  der  und  s.  o.  Identifikationen  1.  Zu  erwähnen 
Typus  einer  ganzen  Menschenklasse,  der  un-  ist  &uch  Nitka,  De  Tantali  iiominibus  verborum' 
ersättlich  Hochstrebenden  und  Übermütigen,  sein  60  que  cognatorum  origine  et  significatu,  Progr. 
oder  nur  für  eigene  Verfehlungen  gegen    die  Königsberg  1846. 

Götter  büßen,  so  viel  ist  wohl  sicher,  daß  in  Erwähnung  in   der  Literatur.     Außer 

der  ganzen  Entwicklung  dieser  Vorstellungen  bei  IZbwer  erscheint  im  Epos  T.  in  den  Ä'T/i'new 

von  Unterweltsbüßern  doch  religiöse  Einflüsse  fr.  9  und  in  dem  Lied  von  der  Bückkehr  der 

ethischer  Natur  anzunehmen  sind,  wie   solche  Atriden  bei  Athen.  7,  281b,  welches  mit  dem 

seit  dem  7.  und  6.  Jahrhundert  v.  Chr.  allent-  letzten  Buche  der  Nosten  höchstwahrscheinlich 

halben  in  die  Erscheinung  treten.  nichts   zu   tun   hat,    vgl.   Wilamowitz,  Homer. 

Kern  der  Sage.    Fassen  wir  nunmehr  alle  Unters.  1884  S.  157.    Unter  den  Lyrikern  er- 


88 


Tantalos 


Tantalos 


84 


w&hnen  den  T.  Archüochos  fr.  63  Bergk^  AI- 
Icaioa  fr.  93  B.,  Alkman  fr.  87  B.  und  Pindar 
Ol.  1  und  Isthm.  7,  20;  dieae  alle  kennen  nur 
den  drohenden  Felsen  als  Strafe  des  T.  Im 
Drama  spielt  T.  eine  größere  Rolle.  Dramen 
mit  dem  Namen  TävxaXoi  schufen  Phrynichos, 
Sophokles  M.  a.,  vgl.  Gruppe  S.  277  A.9,  Dramen 
mit  dem  Namen  Nioßri  Aischylos  (dort  trat  T. 
auch  als  redende  Person  auf,  vgl.  Fr.  G.  Welcker, 
Aischylische  THlogxe  1824  S.  347/8)  und  So-  lo 
phokles,  vgl.  Preller-Fkiv ,  Griech.  Mythologie 
2'  S.  379.  Sonst  erwähnt  ihn  noch  vor  allem 
Kuripides  öfters  im  Orestes.  Von  den  Prosai- 
kern nennen  den  T.  außer  den  antiken  My- 
thographen  Apollodor  und   Hygin  vor   allem 


20 


S.  77,  Gruppe  S.  1021  A.  4  und  Preller -Plew, 
Griech.  Mythologie  2»  S.  880  A.  4/6.  Auch  der 
drohende   Stein   und,   ganz   allgemein   gefaßt, 


1)  Tantalos  in  Polygnots  Gemälde  (nach  Robert, 
Die  Nekyia  de»  Polygnot). 

noch  mehrfach  Plutarch,  Pausanias  und  Athe- 
naio8\  überhaupt  vgl.  zu  alledem  Hylen  S.  122  flF., 
der  alle  Stellen  bietet.  Unter  den  Römern 
spielt  T.  namentlich  bei  den  Dichtern  der 
Kaiserzeit  eine   bedeutende  Rolle,  vgl.  Hylen 

5.  66  ff.  und  128/9  und  8.  O.Arten  der  Strafe  5. 
Wunderlicherweise  nennt  Vergil  Aen.  6,  580  ff. 
in  seiner  Aufzählung  der 
Büßer  im  Hades  den  T. 
nicht,  vgl.  Ed.  Norden, 

6.  Buch  der.Aenei8 1915, 
S.  281/82.  Über  T.  in  Ver- 
bindung mit  den  anderen 
Büßern  bei  den  Autoren 
vgl.  JVilisch  in  Bd.  4 
Sp.  966. 

Sprichwörtliches. 
Mehrfach  ist  T.  sprich- 
wörtlich geworden,  wie 
ja  auch  wir  noch  heute 
von  '  Tantalusqualen ' 
sprechen.  Am  meisten 
sprichwörtlich  war  sein 
Reichtum ,  gleich  dem 
desKroi8os,Kinyras  und 
Midas.  So  heißt  es  tu 
TavxaXov     rdXavrcc     oder 


S]  Tantalos  auf  einem  Sarkop1)age  (nach  //  Miiseo 
Pio-Clemcntino  Tom.  V  Taf.  3S). 


2)  Tantalos  auf  der  Vase  München  nr.  849  (nach  Baumeiiter, 
Denkmäler  LH,  Taf.  LXX XVII,  Fig.  1042  B). 

seine  Furcht  finden  sich  in  Sprichwörtern, 
letztere  bes.  in  TavtdXov  cpoßov  q)oßov^av,  vgl. 
Hylen  S.  68/59. 

Kunstdarstellungen.  Auffallend  gering 
im  Vergleich  zu  den  anderen  Unterweltsbüßern 
(vgl.  Sisyphos  bei  Wilisch  in  Bd.  4  Sp.  970 ff., 
Danaiden  bei  Bernhard  in  Bd.  1  Sp.  950/61 
und  auch  Geffcken-Zie- 
barth,  Realenzyklopädie 
Art.  Danaiden  S.  268) 
sind  die  uns  bekann- 
ten, bildlichen  Darstel- 
lungen des  T.  In  sei- 
nem Unterweltsge- 
mälde in  der  Lesche 
der  Knidier  zu  Delphi 
hatte  Polygnot  auch 
den  T.  gemalt  und  in 
der  Zeichnung  beide 
Straf  mythen  verbun- 
den. Paus.  10,  31,  12. 
Die  Art  der  Darstellung 
war  sicher  nicht  so  wie 
an  dem  uns  erhaltenen 
Sarkophage   (s.  u.  und 


vgl.  Hitzig  -  Blümner, 
TavtdXov  xdXavtu  Ausg.  d.  Paus.  3  S.  804).  Von  den  zahlreichen 
Tavraitffrat,  erstereres  schon  bei  Anakreon  Rekonstruktionsversuchen  (Literatur  bei  jfftY^^V/- 
fr.  127  bei  Phot.  670,  12  Porson,  letzteres  60  Blümner  a.  a.  0.  S  756/7)  seien  nur  C.  Robert, 
bei  Zenob.  cent.  6,  4  u.  a ,  vgl.  HyÜn  S.  28  ff..      Die    Nekyia    des    Polygnot    16.   Hall.  V^inck. 


Gruppe  S.  1878  und  Höfer  in  Bd.  3,  2  Sp.  256(3. 
Weiter  begegnen  uns  auch  seine  Unterwelts- 
strafen im  Sprichwort,  so  der  Durst  in  TavvdXov 
ditjcc^  TavxdXov  öitpccv  tftt/jw,  dlipccv  TavzaXiriv 
xXfivai  oder  cpiQSiVy  vgl.  Hylen  S.  76/77;  dann 
der  Hunger  in  TuvxdXov  yif]7ioL  oder  divSgcc 
Philostr.  vit.  Apoll.  4,  26,  4  u.  a.,    vgl.   Hylen 


Progr.  1892  S.  27.  52  (s.  Sp.  83  Abb.  1),  B. 
Schöne,  Anh.  Jahrb.  8  (1893)  S.  210  und  Weiz- 
säcker, Polygnots  Gemälde  1895  S.  5  ff.  er- 
wähnt; sie  lassen  T.  bis  zur  Brust  im  Wasser 
stehen.  Zweige  und  Fels  sind  über  ihm.  Da- 
gegen fehlt  T.  in  dem  uns  erhaltenen  Unter- 
weltsbilde vom  Esquilin,  das  Sisyphos,  Tityos 


85 


Tantalos 


Taramis 


86 


u.  a.  aufweist,  vjifl.  K.  Woermann,  Die  antiken 
Odysseelandschaften  vom  Esquilinischen  Hügel 
1876  S.  13.  Die  uns  erhaltenen  Kunstwerke  schil- 
dern nur  die  eine  der  beiden  Strafen.  So  bietet 
die  einzige  mir  bekannte  Va.se  mit  der  Be- 
strafung des  T.,  nämlich  das  i  otHgurige  Pracht- 
gefllß  in  München  nr.  849,  ein  Volutenkrater  der 
sog.  apulischen  Gattung,  den 
über  seinem  Haupte  schweben- 


4)    Tautulos     auf 

eiuer  Gemme 
(nach  Micali,  Mo- 
numenti  per  servire 
alla  storia  dfi(/li  an- 
iichipopoli  Italiani 
Taf.    116    ur.    9). 


4)  T.  Berg  auf  der  Insel  Lesbos.  Steph.  Byz. 
8.  V.  TdvrccXo?.  Hier  scheint  Tantalos  ursprüng- 
lich   lokalisiert  gewesen    und    dann    von    hier 
nach  dem  Sipjlos  übertragen  worden  zu  sein. 
Vgl.  0.  Tantalos  1  unter  Lokale  Verbrei- 
tung 6,  Identifikationen  1  und  Kern  der 
Sage.     [Willy  Scheuer.] 
Tanii8  s.  Tanaos  u.  Tanos. 
Taphios  i^Tdcpiog),  Variante  von  Tdrpog  und 
den  Felsen;  T.  trägt  hier  das  lo  wie    dieser    in    der    Genealogie    schwankend, 
Bühnenkostüm  der  Könige  und       Oikist  und  Eponymos  der  echinadischen  Insel 

Taphos:  er  ist  Sohn  des  Poseidon  und  der  von 
diesem  auf  die  Echinades  entführten  Hippothoe 
(s.  d.  nr.  6),  Äpollod.  2,  4,  5,  2.  Tzetz.  zu  Ly- 
kophr.  932.  Schol.  Hesiod.  Scut.  11  {Foet.  Minor. 
Graeci  ed.  Gaisford  2,  611).  Des  Taphios  Sohn 
ist  Pterela(o)B  (s.  d.),  Apollod.  2,  4,  6,  3.  Tzetz. 
a.  a  0.,  während  bei  Herodor  (F.  H.  G.  2,  281) 
im  Schol.  Apoll.  Bhod.  das  Verhä.ltni8   gerade 


erhebt  angstvoll  schauend  die 
Linke  gegen  den  Felfe,  wäh- 
rend die  Rechte  das  Szepter 
führt;  vg\.Jahn,  Vasenkatalog 
S.  273  ff.,  Furtwängler-h'eich- 
hold;Vasenmal.  1  S.  46  if.  Taf.  10 
(8.  Sp.  84,  Abb.  2).  Vasen  ähn- 
licher   Provenienz    bieten    an 


dieser  Stelle  anstatt  des  T.  die  20  umgekehrt  ist:    Taphios  ist  (neben  Teleboas) 


Danaiden,  vgl.  Aug.  Winkler, 
Darstellungen  der  Unterwelt 
auf  unteritalischen  Vasen  1888 
=  Bresl.  Phil.  Abh.  3,  5  S.  38 
und  46.  Dagegen  erscheint  der  dürstende  T. 
auf  dem  einen  Seitenrelief  des  vatikanischen 
Sarkophags  des  Protesilaos,  T.  sucht  hier  mit 
den  Händen  die  ewig  fliehenden  Wogen  seinen 
Lippen  zu  nähern;  vgl.  E.  Qu.  Visconti,  Museo 


Sohn  des  Pterelaos.  Noch  anders  sind  die  An- 
gaben in  der  Hypothes.  4,  5  zu  Hesiod.  Scut. 
(p.  270,  43  272,  46):  Taphios  —  hier  ausdrück- 
lich von  Taphos  geschieden  —  ist  Sohn  des 
Pterelaos  (vgl.  Pterelaos  u.  Taphos) ;  vgl.  Gruppe., 
Gr.  Myth.  478,  3.  Über  seine  Ansprüche  auf 
Mykene  und  seine  Teilnahme  an  dem  Zuge 
gegen  Elektryon  s.  Apollod.  2,  6,  1.  Schol. 
Hesiod.  Scut.  a.  a.  0.   und    die  Artikel  Amphi- 


Pio-Clem.  5  S.  38,  Taf.  38  (s.  Sp.  83/84,  Abb.  3),  30  tryon  und  Pterelaos.  Vgl.  Taphos.     [Höfer.] 


Fr.  Inghirami,  Galleria  Omerica  3  (1836)  S.  238 ff. 
Taf.  85  und  K.  0.  Müller,  Handbuch  d.  Arch. 
1848'  S.  641.  Ebenfalls  den  von  Durst  ge- 
plagten T.  bietet  eine  Gemme  aus  Achat,  vgl. 
G.  Micali,  Storia  degli  ant.  popoli  Ital.  3  (1832) 
S.  216  und  die  Monumenti  dazu  1833*  Taf.  116, 
nr.  9  (s.  Sp.  85,  Abb.  4).  Nicht  eine  Bestra- 
fung, sondern  wahrscheinlich  T.  auf  Niobe  zu- 
schreitend  im  Kreise  von  Göttern  (wohl  nach 


Taphos  {Täcpog),  alter  König,  nach  dem  das 
früher  Trilsßoa^  genannte  Volk  Taqptot  benannt 
sein  soll,  Etym.  M.  748,  41.)  Nach  Hypothes. 
4.  5  zu  Hesiod.  Scut.  (p.  270,  42.  272,  44  Bzach) 
ist  Taphos  Sohn  des  Teleboas  und  Vater  des 
Pterela(o)8;  nach  Herodor  (F.  H.  G.  2,  281)  im 
Schol.  Apoll.  Bhod.  1,  747  Sohn  des  Pterelas  und 
Bruder  des  Teleboas.  Vgl.  Taphios.     [Höfer.] 

Taposiris  {TanoGigi?),  Beiname  der  Isis  nach 


der  Tötung  der  Kinder  der  Niobe)  zeigt  die  rot-  40  der   gleichnamigen   Stadt,    die   ein   berühmtes 


iigurige  Amphora  aus  Ruvo  in  Neapel  nr.  3246, 
vgl.  Heydemann ,  Vasenkatalog  S.  558/9.  Eine 
Statue  des  T.  als  Weinschenker  im  Besitze 
des  Inderkönigs  larchas  überliefert  uns  Philo- 
strat. Vit.  Apoll  3,  25 ff.;  vgl.  Stark  S.  429/30. 
Hauptsächlichste  Literatur.  Vor  allem 
das  reichhaltige  und  von  mir  oft  zitierte  Werk 
von  E.  Hylen,  De  Tantalo  Upsala  1896,  dann 
noch  B.  Stark,  Niobe   und  die  Niobiden  1863 


Heiligtum  und  das  angebliche  Grab  des  Osiris 
besaß,  auf  einer  Inschrift  aus  Faesulae:  Domino 
Osiri.  Dominae  Isidi  Taposiri,  CLL.  11, 1543. 
1544.  Dessau,  Lnscr.  Lat.  sei.  4351  f.  p.  176. 
Auch  auf  einer  Inschrift  aus  Chaironeia  (J.  G. 
7,  3426),  wo  man  bisher  las  Uqelccv  . .  .  t^?  ocnb 
iJsLQicidog  Eiaidog.,  ist  wohl  mit  Erman  bei 
A.  Busch,  De  Serapide  et  Iside  in  Graecia  cultis 
82  (vgl.  19)  tfjg  TaTtoasLQLccdog  "löidog  zu  lesen; 


bes.  S.  426  ff.,  E.  Thraemer,  Bergamos  1888,  bes.  50  vgl.   auch  Bev.  des  etudes  grecques   23  (1910), 


S.  84 ff.  und  0.  Gruppe,  Griech.  Mythologie  und 
Beligionsgesch.  1906  S.  1877/78.  Vgl.  auch  die  Ar- 
tikelTantaleios,Tantalide8  und  Tantalis. 
2)  T.  der  Sohn  des  Thyestes  oder  Broteas; 
•er  war  in^Argos  begraben.  Paus.  2,  22,  3.  über 
ihn  existieren  zwei  Sagenversionen:  Atreus 
schlachtet  ihn,  den  Sohn  seines  Bruders  Th., 
nnd  setzt  ihn  diesem  als  Speise  vor,  Sen.  Thyest. 
718.  Hygin.  fab.  88.  244.  246,  oder  T.  wird  als 


304.     Darnach  ist  die  Bd.  2  Sp.  388,  64  f.  mit- 
geteilte Inschrift  zu  korrigieren.     [Höfer.] 

Tara?  (Tagcc?),  Hesperide  auf  der  Vase  des 
Asteas  {Miliin,  Vases  peints  1,  3.  Gall.  myth. 
114,  444.  Inghirami,  Mon.  etc.  5  Taf.  16.  Wiener 
Vorlegeblätter  8  Taf.  12),  H.  Heydemann,  Vasen- 
sammlung des  Mus.  Naz.  zu  Neapel  2873  p.  419. 
W.  Klein,  Die  griech.  Vasen  mit  Meistersigna- 
turen^  209  nr.  5,    Die  Vermutung  von  E.  Ger- 


«rster  Gemahl    der  Klytaimestra    von    seinem  GO  hard ,   Ges.  akad.  Abhandl.  1,  66  f.,  daß  HAPA 


Vetter  Agamemnon  ermordet,  der  dann  diese 
seine  Gattin  zu  werden  zwingt.  Eur.  Iph.  Aul. 
1150.  Paus.  2,  18,  2.  schol.  Hom.  l  430.  Vgl. 
Preller-Plew,  Griech.  Myth.  2^  S.  453  A.  1. 

3)  T.  einer  der  sieben  Söhne  des  Amphion 
und  der  Niobe,  von  Apollo  getötet.  Ovid.  metam. 
^,  239.  Hygiyi.  fab.  11  u.  a.,  vgl.  Hylen  S.  2 
A.  6  und  Stark  S.  73  und  96. 


=  '''HQa  zu  lesen  sei,  entbehrt  der  Begründung. 

[Höfer.] 
Taramis,  Name  eines  Gottes  oder  Beiname 
des  Juppiter  in  der  unechten  Inschrift  aus  Bri- 
tannia  (ohne  nähere  Ortsangabe) :  I(ovi)  O(ptimo) 
M(aximo)  Tarami  Belatucabro  Mogunto  Mouno 
Deabus  Matribus  u.s.w.,  Ephem.  Epigr.  7  (1892), 
353  nr.  1186.    Vgl.  Taranis.     [Höfer.] 


87                          Taranis  Taranis                          88 

Taranis,  gallischer  Gott  in  den  viel  orör-  Eine  Inschrift  aus  Orgon  (Arroud.  Arles) 
terten  Versen  bei  Lucan.  Phars.  1,  444—446:  lautet  nach  AVmer,  Revue  epigr.  du  midi  2, 
et  quibus  immitis  placatur  sanguine  diro  \  Tett-  259  nr.  G43  {Revue  celtique  7,  450):  OYHBP.Y- 
tates  horrensque  feris  altaribus  Esus  |  Et  Ta-  MAPOC  ZlEAE  TAPANOOY  BPATOYAE  KAN- 
ranis  Seythicae  n(m  mitfor  ara  Dianae;  der  TEM  =  Vebroumaros  dedit  Tarano,  posuü  li- 
letzte  Vers  auch  bei  Priscian,  Inst.  Qrammat  hem;  nach  Mowat,  Bullet,  epigr.  (3,  297  (vgl. 
17,  132.  18,  206  (=  Orammat.  Lat.  ed.  Keü  8,  Rev.  arch  1887,  1,  122.  C.  I.  L.  12  p.  820  ad 
176,  3.  808,  4).  Zu  den  zwei  ersten  Versen  vgl.  p.  127)  wäre  TaQavoov(i)  ==  Taranov(i)  zu  lesen, 
die  Paraphrase  bei  Lactant.  Inst.  div.  1,  21:  und  diese  Form  (Taranus)  würde  auch  für  iwcan 
Galli  Esum  atque  Teutateti  humano  cruore pla-  lo  anzunehmen  sein;  vgl.  auch  Cerquand,  Tara- 
eabant.  Die  gut  {Fröhner,  Rev.  arch.  1891,  2,  nus?  ou  Taranis7  in  Revue  celtique  6,  381  flF. 
321  f.)  unterrichteten  5cÄoKen  zu  Lukan  a.  a.  0.  Wir  hätten  hier  also  einen  inschriftlichen  Be- 
—  M.  Annaei  Lucani  Coinmenta  Bemetisia  ed.  leg  für  die  Verehrung  des  Taranis,  -us,  wenn 
Vaener  und  hierzu  die  wichtigen  Bemerkungen  es  sicher  wäre,  daß  eine  Dedikation  an  eine 
von  Ad.  Michaelis:  Das  Felsrelief  am  ^pompösen  Gottheit  vorläge,  wie  u.  a.  auch  Ihm,  Jahrb. 
Bronn*  bei  Lemberg  in  Jahrb.  der  Gesellschaft  des  Vereins  von  Alterlums freunden  im  Rhein- 
für lothring.  Gesch.  und  Altertumskunde  7,  1  lande  83,  10,  4  annimmt,  ebenso  Holder,  Alt- 
(1895),  169  ff.  —  berichten  über  diese  drei  cell.  Sprachschatz  s.  v.  Taranus,  vgl.  aber  auch 
Götter  in  doppelter  Version:  Reinach,  Rev.  cell.  18,  139,  7  =  Cultes  1,  206, 

1.  Teutates:  20  7:  „Rien  ne  prouve  que  TAPANOOY,  dans  cette 

a)  Teutates  Mercurius  sie  apud  Gallos  pla-  inscriptiön  designe  le  dieu  Taranus,  ni  meme 
catur:  in  plenum  semicupium  (Trog,  Faß)  un  dieu  quelconque." 

homo  in  caput  demittiiur,  ut  ibi  suffocetur.  Gesicherte  Darstellungen  der  drei  von  Xwcan 

b)  Teutates  Mars  ^sanguine  diro^  placatur,  genannten  Götter  besitzen  wir  nur  von  Esus, 
sive  quod  proelia  numinis  eiu^  instinctu  der  in  schriftlich  genannt  wird  auf  einer  Altar- 
administrantur,sive  quod  Galli  antea  soliti  seite  aus  Paris  neben  ^Iovi8^  'Volcanus*  und 
ut  aliis  deis  huic  quoque  homines  immolare.  der  als  'Tarvos  Trigaranus'  (s.  d.)  bezeichneten 

2.  Hesus :  Gruppe  von  drei  auf  dem  Rücken  eines  Stieres 

a)  Hesus  Mars  sie  placatur:  homo  in  arbore  sitzenden  Kranichen;  er  ist  dargestellt  als  bär- 
suspenditur  usque  donec  per  cruorefmj  so  tiger  Mann  in  kurzem  aufgeschürzten  Rock, 
(prae  cruore,    Usener)  membra  digesserit  der  mit  einem  kurzstieligen  Beile  einen  Baum 

b)  Hesum  Mercurium  credunt,  si  quidem  a  fällt  oder  behaut,  C.  I.  L.  13,  3026.  Dessau, 
merccUoribus  colitur.       •  Inscr.  Lat.  sei.  4613  •.  Hang,  Westdeutsche  Zeit- 

8.  Taranis:  schrift  /'.  Gesch. u.  Kunst  10  (1891),  152  nr.  197; 

a)  Taranis  Ditis  pater  hoc  modo  aput(l)  eos  abg.  V.  Duruy,  Histoire  des  Romains  4,  29. 
placatur:  in  alveo  ligneo  aliquod{^^  homines  E.  Desjardins,  Geographie  de  la  Gaule  Romaine 
cremantur.  3,  268/9  pl.  11.   F.  G.  Fachtere,  Paris  ä  Vepoque 

b)  praesidem  bdlorum  et  caelestium  deorum  Gallo-Romaine  pl.  13.  E.  Esperandieu,  Recueil 
maximum  Taranin  lovem  adsuetum  ölim  general  des  Bas-reliefs  de  la  Gaule  Romaine 
humanis  placari  capitibus,  nunc  vero  gau-  40  4  p.  213.  S.  Reinach,  Cultes  1,  234.  Repertoire 
dere  pecorum.  de  reliefs  Grecs  et  Romains  2,   241.     Dieselbe 

Wir  haben  also  in   den   hier   angeführten  Darstellung  des  baumfällenden  Gottes  findet  sich 

Bemtr  Scholien  a)  die  Gleichsetzungen  Teuta-  auf  einem  Votivdenkmal  aus  Trier,  das  aber 

tes- Mercurius,    Esus -Mars,    Taranis -Dispater,  keine  weitere  Inschrift  trägt  als  eine  Weihung 

b)  die  Gleichsetzung  Teutates- Mars,  Esus-Mer-  an  den  auf  der  Vorderseite  neben  einer  weib- 

curius,  Taranis-Juppiter.  liehen  Gottheit  (Rosmerta?)  dargestellten  Mer- 

In   den   Adnotationes   super  Lucanum    ed.  curius,  der  die  Chlamys  und  die  gallische  Hals- 

loann.  Endt  (1909),  in  den  Vulgarscholien  (ed.  kette  trägt  {Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4612):  der 

Karl  Fr.  Weber,  Lucan.  Pharsal.  3  p.  71  zu  1,  Baumfäller  ist  bartlos  in  kurzem  Chifon  dar- 

444)  und  nach    Usener  bei  Michaelis   a.  a.  0.  60  gestellt,  Lehner,  Korrespondenzhlatt  der.  West- 

160,  91  in  den  Glossen  des  Papias,  sowie  in  dem  deutsch.  Zeitschr.  f.  Gesch.  u.  Kunst  15  (1896),  37 

Kölner  Codex  199  {Phil.  Joffe  u.  W.  Wattenbach,  Fig.  2.  Arch.  Anz.  12  (1897),  17  Fig.  6.  Reinachy 

Ecclesiae   Metropolitan.   Colon.   Codices   manu-  Cultes  1,  237.    Revue  celtique  18,  256  Fig.  4. 

scripti  p.  140):  Teutates  id  est  Mercurius,  unde  Bonner  Jahrbücher  100  (1896),  209  Fig.  29.    F. 

Teuconici  [\ege:  Teutonici].    Esus  id  est  Mars.  Hettner,  Illustrierter  Führer  durch  d.Provinzial- 

Tharanis  luppiter.  Hi  omnes  in  Teutonicis  par-  museum  in  Trier  (1903)  S.  27  nr.  31.    Die  Dar- 

tibus  colebantur  a  taranu  {?).   Ut  feria  teutonice  Stellung  auf  dem  Trierer  Denkmal  spricht  da- 

d»c»twr[!])  wird  die  Gleichsetzung  Teutates-Mer-  für,  in  dem  Baumfäller  den  Esus,  der  als  sol- 

curius,   Esus-Mars,   Taranis-Juppiter   gegeben.  eher   auf  dem   Pariser   Denkmal   inschriftlich 

Daß  Lucan  von  gallischen  Göttern  spricht,  60  genannt  ist,  zu  erkennen,  Lehner  a.  a.  0.  43  f.; 

wird  allgemein  angenommen,  nur  Ad.  Holtz-  freilich  erscheint  es  befremdlich,  daß  die  Dedi- 

mann,  Kelteti  und  Germanen  83  f.  ist  der  An-  kation  auf  dem  Trierer  Stein   den  Mercurius 

sieht,  daß  es  sich  um  germanische  Gottheiten  nennt,    mit   dem  Lehner  nach   der  3.  Berner 

handele,  da  Lucan  mit  denjenigen  Stämmen,  Glosse  den  Esus  identifiziert,  daß  auf  ein  und 

bei  denen  Teutates  usw.  verehrt  würde,  Ger-  demselben  Denkmal  derselbe  Grott,  ganz  verschie- 

manen  meine.    Eine  Bestätigung  seiner  Ansicht  den,  einmal  in  der  gewöhnlichen  Bildung  des 

würde   Holtzmann   in    den    oben    angeführten  Merkur  und  als  solcher  inschriftlich  bezeichnet,. 

Worten  des  Kölner  Codex  gefunden  haben.  das  andere  Mal  als  Holzfäller  erscheinen  sollte,. 


S9                           Taranis  Taranis                           90 

s.Eeinach^Cultes  1,  210.  245  f.  Ihm  bei  Pauly-  setzung  mit  Juppiter  ergeben,  freilich  mit  der 
Wissoiva  s.  V.  Esus  ()95.  Lehner  sucht  dies  von  Ä.  liieae,  Westdeutsche  Zeitschr.  17  (1898),  6 
folgendermaßen  zu  erklären:  „Esus  ist  die  gal-  (vgl.  auch  1)' Anbots  de  Jubainville,  Les  Druides 
lische  Personifikation  der  speziellen  Eigen-  et  les  dieux  celtiqucs  ä  forme  d'animaux  66) 
Schäften  des  Merkur,  welche  ihn  dem  Kauf-  betonten  Einschränkung,  daß  man  die  antiken 
mann  verehrungswürdig  machten,  eine  Perso-  Identifikationen  nicht  zu  ernst  nehmen  und 
nifikation,  welche  auf  dem  Trierer  Denkmal  namentlich  nicht  darüber  streiten  dürfte,  ob 
erklärend  zu  dem  in  offiziellen  Formen  gehal-  ein  gallischer  Gott  diesem  oder  jenem  römi- 
tenen  Hauptbild  hinzutritt,  während  sie  auf  sehen  Ootte  ausschließlich  entspreche;  oft 
dem  Pariser  Denkmal  eben  einfach  den  Hau-  lo  würde  es  sich  treffen,  daß  er  mehreren  teil- 
delsgott  der  Gallier  darstellt."  Nach  Lehner  weise  entspreche,  da  sein  Wesen  für  Identifi- 
wäre  also  Esus  —  (dessen  Namen  das  Schol.  kation  mit  mehreren  römischen  Göttern  Ver- 
Luc.  1,  445  bei  Weber  &.&.O.  3  p.  72  ableitet  gleichspunkte  biete.  Der  Name  des  Gottes 
ab  edendo,  quia  homines  comedit,  während  Taranis  —  nach  Ad.  Holtzmann,  Deutsche  Myth. 
nach  S.  Bugge,  Bhein.  Mus.  40  [1885],  473  if.  127  f.  (vgl.  57)  und  Alex.  Bertrand,  Nos  ori- 
Esus  sprachlich,  aber  nicht  inhaltlich,  mit  ital.  gines:  La  r'eh'gion  des  Gaulois,  les  Druides  et 
aisu-s,  esu  s,  etrusk.  Erus  [Sonnengott]  iden-  le  Druidisme  350  Anm.  1  wäre  es  eine  Göttin 
tisch  ist,  und  Holtzinann,  Deutsche  Mi/thoLTOt.,  —  würde  also,  vom  gallischen  ^taran'  abge- 
der  in  Esus  den  Mars  sieht,  den  Namen  von  leitet,  den  Gott  des  Donners  und  Blitzes  be- 
goth.  hairus  =  'Schwert'  ableitet;  noch  an- 20  zeichnen,  Zeuß,  Grammatica  Celtica^  Sl.  J.  G^ 
dere  Ableitungen  vom  ahd.  her  =  splendens;  Cuno,  Vorgeschichte  Borns  1:  Die  Kelten  185 
goth.  häis  (haiza  =  Lampas)  bei  Zeuß,  Die  und  Anm.  2.  Zeuß,  Die  Deutschen  und  die 
Deutschen  und  die  Nachbarstämme  32;  oder  Nachbarstämme  32.  Holder,  Altcelt.  Sprach- 
von  irisch  'aos',  gesprochen  'aes'  =  'Feuer,  schätz  1728  s.  v.  Taranis  (auch  der  Name  des^ 
Sonne,  Gott'  bei  /.  G.  Cuno,  Vorgeschichte  Borns  Nebenflusses  der  Garumna,  Taranis,  und  der 
1:  Die  Kelten  123;  der  Name  des  Gottes  Esus  Personenname  Taranis  [C  7. -L.  3,  74373- p.  1342] 
begegnet  auch  in  Personennamen,  wie  Esuvius,  gehören  zu  demselben  Stammel  D'Arbois  de 
Esubius,  d'Arbois  de  Jubainville,  Les  noms  JubainviUe,  Le  cycle  mythol.  irlandais  et  Ja 
Gaulois  chez  Caesar  63)  —  eine  spezielle  Form  mythol.  celtique  379.  A.  de  Barthelemy  bei  A. 
des  Merkur:  der  Handelsgott  und  Schützer  30  Bertrand,  Bev.  arch.  1880,  2,  79  Anm.  2.  Bei- 
vor  allem  des  Handels  zu  Wasser;  vgl.  auch  nach,  Antiquites  nationales  2  (Bronzes  figures^ 
Mommsen,  Böm.  Gesch.  5*,  95  und  Anm.  1.  de  la  Gaule  Bomaine)  165.  Gaidoz,  Bev.  arcn. 
Eine  gewisse  Bestätigung  erhalten  die  in  1885,  2  178  Anm.  1  =  Etudes  de  myth.  Gaul.  1, 
den  2.  Berner  Glossen  angeföhrten  Identifika-  98  Anm.  1.  Michaelis  ?b.  2^.0.  Idi.  'S a,ch  Hirsch- 
Honen  Esus-Mercurius,  Teutates-Mars,  Taranis-  feld,  Westdeutsche  Zeitschr.  8  (1889),  136  würde 
Jupiter  dadurch,  daß  wir  auf  Grund  des  in-  dem  keltischen  Donnergotte  Taranis  der  Jup- 
sehriftlichen  Materials  in  der  Lage  sind,  die  piter  Fulgur  Fulmen  einer  Inschrift  von  Vieniia 
Gleichsetzung  Teutates-Mars  als  richtig  anzu-  (C  /.  L.  12,  1807.  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  3053) 
erkennen,  wodurch  auch  die  beiden  anderen  entsprechen.  Als  Taranis  wollte  Fei.  Hettner, 
Gleichsetzungen  an  Wahrscheinlichkeit  ge-  40  Die  römisch.  Steindeyikm.  d.  Brovinzialmuseums 
winnen.  Teutates  begegnet  mit  Wechsel  des  zu  Trier  30  zu  nr.  40  d  den  sogenannten  'Jup- 
Lautes  eu  zu  ou,  wie  neben  dem  keltischen  piter  mit  dem  Sonnenrade'  (vgl.  Gaidoz,  Ler 
Mars  Leucetius  der  Mars  Loucetius  steht  (vgl.  dieu  Gaulois  du  sokil  et  le  symbolisme  de  la  rone 
Zeuß,  Gramm.  Celt.^  34 f.  Ihm,  MatronenkuUus  in  Etud.  a.  a.  0.  1  ff.)  deuten.  Mit  größerem 
in  Jahrbuch,  des  Vereins  von  Altertumsfreundeyi  Rechte  nimmt  Leimer  a.  a.  0.  44,  17  für  den 
im  BheinlandeSS,  19),  in  mehreren  Inschriften;  in  der  3.  Berner  Glosse  als  'praeses  bellorum 
so  ist  Toutates  Beiname  des  Mars  auf  zwei  et  caelestium  deorum  maximus'  bezeichnete  n 
britannischen  Inschriften :  Marti  Toiitati  {CLL.  Taranis  die  sich  öfter  findende  Darstellung  des 
7,84.  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4540).  Deo  Marti  Gigantenreiters  in  Anspruch,  der  ja  sicher  = 
Jjito^i  CociV^iO  (^pÄe?/?.  J5^p^^r.  3, 128  ad  nr.  335.  50  Juppiter  ist  und  den  Donnerkeil  oder  eite 
Westdeutsche  Zeitschr.  17  [1898],  21),  auf  einer  äquivalente  Waffe  führte. 

Inschrift  aur  Seckau  in  Noricum:  Marti  La-  Nach    Bericht   von    S.  Beinach,    Antiquites 

tobio  Harmogio  Toutati  Sinati  [C.  I.  L.  3,  5320  nationales  2  (=  Bronzes  figures)  159  und  Gaidoz, 
vgl.  3,  S.  11721  p.  1834.   Dessau  4566),  und  auf      Bevue  celtique   5,   229  f.  hat  Cerquand  in  dem 

einer  Inschrift  aus  Rom  (Weihung  eines  ger-  Aufsatz    Taranis   Lithobole  in  Memoires  de  V 

manischen  Reiters)  begegnet  Toutates,  wie  es  Academie  de  Vaucluse  1880  (vgl.  auch  Bev.  celt. 

scheint,    als    selbständiger    Gottesname:   Peti-  6,  417)  den  Taranis  als  eine  indo-europäische 

ganus  Placidus  ToKtati  Medurini  Votum  solvet{l)  Gottheit  gedeutet,  als   einen   Steinschleuderer 

anniversarium,  CLL.  6,  31182.    Dessa?-«  4691;  und  zugleich  als   einen  Hammerschmied  {hme 

vgl.  Henzen,  Annali  1885,  290  nr.  39  (Zusam-  60  divinite  indo-europeenne,  un  lanceur  de  pierres 

menhang  mit  der  im  Itinerar.  Antonin.  p.  276  en   meme   temps   qrCun   marteleur'').     In  einem 

erwähnten  Statio 'Tutatione').  Dessm*  bemerkt:  zweiten  Aufsatz  ^ Taranis  et  Thor^  in  Bev.  celt. 

^Medurini,   fortasse   nomen   vel   agnomen   dei\  6,  41 7  ff.  10,  265  ff.  385  fiP.  sucht  Cerquand  nsich- 

Gehört    der    Name    vielleicht    zu    demselben  zuweisen,  ^que  Taranis  est  le  prototype  de  Thor, 

Stamme    wie    der    der    keltisch -germanischen  et  que  le  dieu  scandinave  est  un  emprunt  ä  la 

Göttin   Meduna  (s.  d.)?     Darnach   würde    sich  Mythologie  gauloise\ 

für  Taranis,  wie  mit  Lehner  a.  a.  0.  44  u.  Micha-  Zu  Taranis  hat  man  den  Juppiterbeinamen 

elis  a.  a.  0.  161    anzunehmen    ist,    die  Gleich-  einer  Inschrift  aus  Chester:  /.  0.  M.  Tanaro  — 


91                         Tarantaios  Taras                            92 

80,   nicht  Tarano,  wie  manche  (z.  B.  jyArhois  denden  Flüßchens  und  der  Stadt  selbst  {Paus, 

de  Jubainville,  Le  cycle  myihoh  irlandais,  Pr^-  10,  10,  8:    Tapavra  xbv   rjQO)  noasiSd)v6s  cpocöt 

face  VI)  früher  lasen,  lautet  der  Beiname,  Gai—  xal  inixoiQiocs  vvfi(pr]g  Tcdida  slvai^  änb  8h  to-ö 

doe,  Rev.  arch.  1885,  2,  177  =  Etudes  de  myth.  ijgtoos  tsd'f^vcci,  rä  öv6iiaTa  r^  n6Xsi  rs  xul  tm 

GatUoise  1^91;  Tgl.  t^Mch  K.MüUenho/f,  Deutsche  norafio}.    Stat.  süv.  1,  1,  103.    Serv.  ad  Verg. 

Altertumskunde  8,   186**  —  (C.  /.  L.   7,   168.  Aen.  3,   561),    Sohn    des    Poseidon   und    einer 

Dessau  4622)  gestellt  und    beide  Namen  für  einheimischen  Nymphe  {Paus.  a.  a.  0.    Aristot. 

identisch  =  'Donar,  Thunar,  Donnergott',  er-  fr.  590  Rose.    F.  H.  Gr.  2,  174,  232),  oder  des 

khlrt,  Holtzmann  a.  a.  0.  56.  j.  Grimm,  Deutsche  Poseidon  und  der   Nymphe    Satyra,    der    Ep- 

Myih.  1*,  140.  2*,  Vorrede  XXIII.  8*,  63  (Nach-  lO  onyme  des  tarentinischen  Ortes  Satyrion,   wie 

trag  tu   1,   140).     Much,  Zeitschr.  f.  deutsches  Busolt  {Gr.  Gesch.*  406  A.  1)  die  hierauf  sich 

Altertum  35  (18i)l),  872 f.  Michaelis  a.  a.  0. 162.  beziehende  Stelle  interpretiert  {Peter,  Fr.  IL  P. 

CamiUe  Jullian,  Histoire  de  la  Gaule  2,   124  1  p.  104.    Prohus  ad  Verg.  Georg.  2,  176.    Verg. 

(vgl.  125,  8.  127);   vgl.  auch  Alex.  Bertrand,  Aen.  7,  801.   Diod.  8,  21.   Steph.  Byz.  s.v.  lla- 

Nos  origines;  La  religion  des  Gaulois,  les  Dru-  xvqiov),  oder  Sohn  des  Herakles  {Interpol.  Serv. 

ides  et  le  Druidisme  331,  2.    Vielleicht  gehören  ad  Verg.  Aen.  3,  651;   vgl.  Gruppe,  Gr.  Myth. 

auch  Taranucnus  (s.  d.)  und  Taranucus  (s.  d.)  S.  372),   Gemahl  der  Minostochter  Satyra  (Sa- 

hierher.    Vgl.  d.  Art.  Tanarus.  tura)  nach  Prohus  ad  Verg.  Georg.  2,  176.    Das 

Gegenüber  der  weit  verbreiteten   Ansicht,  Bild  dieses  Heros,  der  auf  dem  Delphin  reitet 

daß  Teutates,  Esus  und  Taranis  eine  von  allen  20  und   einen   Fisch    oder   sonstige   Attribute   in 

Kelten   verehrte  Dreiheit  gebildet  hätten  {A.  den  Händen  trägt,  erscheint  (nach  Aristot.  fr. 

Bertrand,   Rev.  arch.  1880,    2,    79  fif.     Comptes  590  JR:  s.o.  Bd. 3  Sp.  2239,  55 ff.)  seit  Beginn  der 

rendus  de  Vacad.  des  inscr.  1887,  448.   Desjar-  Münzprägung   mit   der  Beischrift   Tägag^   die 

dins  a.  a.  0.  2,  513.    8,  294  ff.  266.     Roget  de  ebenso  gut  den  Reiter  wie  die  Stadt  bezeichnen 

Beüoguet,  Ethnogenie  gauloise  3,  146.    Martin,  kann,  auf  den  Münzen  Tarents.     Nach  Paus. 

Rev.  arch.  1880,  2,  239  ff.  0.  Hirschfeld,  Westd.  10,  10,  8  muß  Taras  für  den  Gründer  der  Stadt 

Zeitschr.  8  (1889),   136.    Friedländer,  Darstell.  gegolten  haben;    anders   läßt  sich  die  Ablei- 

aus  der  Sittengesch.  Roms  4*,   154;   vgl.   auch  tung  des  Fluß-  und  Stadtnamens  von  dem  des 

üsener,  Rhein.  Mus.  ö8  [1903],  31)  betont  Rei-  T.  dort  nicht  erklären.   Diese  Übereinstimmung 

nach,  Revue  celtique  1897,  137  ff.  (bes.  149)  :=  so  des  Namens  der  Stadt  mit  dem   des  Flusses 

CuUes  1,  204  ff.  (bes.  216):  Lucan  spricht  nicht  findet  sich  in  diesen  und  den  nahen  sizilischen 

von  pankeltischen  Göttern,  sondern  von  Völkern,  Gegenden   nicht  vereinzelt;    ich  erinnere  nur 

die  zwischen  Seine  und  Loire  saßen,  also  auch  an  Siris,  Sybaris,  Himera,  was  zweimal  gleich 

nur  von  den  Spezialgöttern  dieser  Völker;   es  vorkommt,    Gela,   Helorus,    Akragas.      Doehle 

ist  unerwiesen,  daß  "die  drei  genannten  Götter  {Gesch.  Tarents,  Prg.  d.  Straßburg.  Lyc.  1877, 

eine    Dreiheit   gebildet   oder   spezifisch    drui-  20  f)  n.  Curtius  {Grundzüge  der  griech.  Etymo- 

dischen  Charakter  gehabt  hätten;  sie  sind  nur  logie  S.  221)   erklären    den    Namen   für    eine 

Lokalgötter  der  obengenannten  Völker,  Esus  Partizipialbildung  mit  der  Bedeutung  ^ der  Über- 

vielleicht   der  Parisii   (oder   besser    vielleicht  schreiter',  als  ein  Epitheton  des  Gottes,  zu  dem 

der  Esuvii,  Ihm  a.  a.  0.).     [Höfer.]  40  Taras  in   enge  verwandtschaftliche  Beziehung 

Tarantaios    {Tagccvralog),   Beiname    des    in  gesetzt  wurde,  also  des  Poseidon.  Jedoch  steht 

der  bithypischen  Stadt  Tarantos  verehrten  Zeus,  fest,  daß  der  bekannte  Münztypus  von  Tarent 

Demosth.  Bithyn.   bei  Steph.  Byz.   s.  v.  Tccgccs  erst  kurz  vor  Aristoteles  {Pollux  9,  8  =  Aristot. 

(p.  603,  13  M.).     Anonym.  Ambros.  in  Anecdot.  /r.  590  i?.)  infolge  gesuchter  Deutung  des  Namens 

var.  Graec.  et  Lat.    ed.   Schoell -  Studetnund    1,  Tagccg  als  Abbildung  des  Eponymos  gedeutet 

265  nr.  100.    Anonym.  Laurent,  ebenda  1,  267  worden  ist,  während  man  früher  in  dem  Del- 

nr.  88.     [Höfer.]  phinreiter    den    sagenhaften    Oikistes  Tarents 

Taranucnus,  keltisch-germanischer  Gott  auf  Phalanthos  (s.  Art.  Phalanthos  Bd.  3,  2  Sp.  2239. 
einer  Inschrift  aus  der  Nähe  von  Boeckingen :  J5MSoZt  S.  406)  erblickte.  Element  {Arion^.  25  {.; 
Deo  Taranucno,  Brambach,  Inscr.  Rhen.  1589.  50  56  ff.)  schlägt  dagegen  den  umgekehrten  Weg 
C.  I.  L.  13,  6478.  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4624.  ein.  Dafür,  daß  nach  der  Auffassung  der  Alten 
Ferd.  Haug  und  Sixt,  Die  röm.  Inschriften  und  Phalanthos  zu  dem  Delphin  in  Beziehung  ge- 
Bildwerke Württembergs:  2.  Auflage  von  Haug  setzt  wurde,  spricht  der  Umstand,  daß  nach 
wid  Gößler  S.  531  nr.  372,  wo  S.  532  der  Bei-  Paus.  10,  13,  10:  Tagavtlvoi  8s  xat  äXlriv  8b- 
name  vom  keltischen  taran  ^Donner'  und  cnos  xarrjv  ig  ^sltpovg  änb  ßaQßdgoiv  TIsvKSTlav 
'Sohn' abgeleitet  und  als 'Donnersohn', 'Donner-  dcnsartiXccv  tixvr^  ^hv  ta  &va%-ri^ata  'Ovdra 
geborener'  abgeleitet  wird;  auf  einer  Inschrift  tov  Aiyivrixov  .  .  .  elxovsg  8h  xal  ns^cbv  xal 
aus  Godramstein  bei  Landau:  Deo  Aranucno  InTticov,  ßccöLXBvg'lanvyoav^SlTCig  i'jxav  tolg  Ubv- 
{laranucno),  CLL.  13,  6094.  Dessau  4625;  v-f-xioig  ovinLcc%og.  ovxog  yihv  8i]st-Ka6xui  TsQ-vEäTL 
vgl.  d'Arbois  de  Jubainville,  Le  cycle  myth.  60  iv  xfj  fidxVi  ^'^  ^*  ccvxm  xsiiiiva  icpsoxriyi.6xsg  ö 
irlatidais  et  la  myth.  celtique  380  Anm.  1.  Vgl.  ij'cxö?  Tag ag  icxl  xal  ^üXocv^og  6  ix  Aaxt8cxl- 
Tanarus,  Turanis,  Taranucus.     [Höfer.]  ^ovog,  xccl  ov  nöggco  xov  ^aX.  8sX(pig-  nglv  ydg 

Tarauucus,  Beiname  des  Juppiter  auf  einer  8r]  ig  'ixaXLccv  cccpLxtad'ai  vavayia  xs  iv  tw  nt- 

Inschrift   aus   Scardona  (Dalmatien):  lovi  Ta-  XccysL  xm  Kgiaaia  xbv  ^ccX.  xQ^golg^ul  xui  vnb 

ranuco,  C.  I.  L.  3,  2804.  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  SsXcptvog  ixuoiLiGd-rivcii  cpaciv  ig  xijv  yfjv  (vgl. 

4623.  Vgl.  Tanarus, Taranis,  Taranucnus.  [Höfer.]  ob.  B.  3  Sp.  2239)  ausdrücklich  auf  dem  Weih- 

Taras  {Tdgag,   Tdgavxog),   ein  Heros,   Ep-  geschenke    Taras   neben    Phalanthos    erwähnt 

onymos  des  östlich  von  Tarent  ins  Meer  mün-  wird,    zu    diesem    aber    der    Zusatz    tritt:    ov 


93                             Taras  Taras                             94 

■noQQOi  tov  i*aXävd-ov  ätlcpig.  Und  zwar  wird  scheu  Melkart  zu  erblicken  (Keller  S.  220),  das 
die  Vereiui<^uu^  des  Ph.  mit  dem  Deli)hin  da-  Stadtköni^  bedeutet;  dazu  stimmt  auch,  daß 
mit  motiviert,  daß  jener  im  krisüischen  Meer-  dieser  auf  Münzen  von  Tyrus  auf  dem  See- 
busen Schiffbruch  erlitten  habe  und  von  einem  pferd  reitet.  Scheiff'ele  bei  Pauly  {lieal-E. 
Delphin  ans  Land  getragen  worden  sei.  [Vgl.  Taras)  erklärt  ähnlich  den  Delphin  als  Hym- 
auch  die  Sage  von  dem  aus  dem  lykischen  bol  der  Seestädte  (vgl.  v.  Wilamouüz,  Berl. 
Patara  stammenden  Icadius  {EUädiog),  der  bei  Akad.  1906.  63;  75.  Gruppe,  Griech.  Myth.  260, 
einem  Schiffbruch  im  krisüischen  Busen  eben-  A.  7;  1202;  1227  f.).  Wie  aber  Melkart,  der 
falls  von  einem  Delphin  gerettet  und  Delphi  ursprüngliche  Baal,  von  den  Griechen  gewöhn- 
gegründet haben  soll,  nach  Serv.  z.  Verg.  Aen.  lO  lieh  dem  Sonnengotte  gleich  gesetzt  wurde 
a,  332;  vgl.  Moscher,  Omphalos  108.]  Die  und  der  tarentinische  Delphinreiter  zuweilen 
gleiche  wunderbare  Kettung  wird  durca  Pro-  Pfeil  und  Bogen  führt,  so  ließe  sich  die  Ver- 
bus  {Verg.  Georg.  2,  176)  von  dem  Sohne  des  wandtschaft  des  Taras  mit  Herakles  erklären. 
Taras  und  der  Nymphe  Satyria  erzählt.  Ein  Doch  scheint  es,  daß  unter  dem  Einflüsse  von 
neues  Moment  tritt  hinzu  bei  der  Sage  von  Sparta,  wo  Herakles  hohe  Verehrung  genoß, 
der  wunderbaren  Rettung  Arions:  die  Musik-  Taras  zum  Sohne  des  Herakles  wurde;  man 
liebe  dieser  Tiere  (0.  Keller,  Tiere  des  Jclass.  denke  an  den  Namen  der  tarentinischen  Kolonie 
Altert.  I  S.  212),  die  Lorentz  (de  Tar.  or.  p.  17)  Heraklea.  Daher  mußte  der  mythische  Grün- 
für das  Wesentlichste  bei  dieser  Sage  hält;  er  der  der  Stadt  ein  Sohn  des  vornehmsten  Got- 
glaubt,  daß  Arion  für  den  Poseidon  eingesetzt  20  tes  neben  Poseidon  werden.  Aus  Dankbarkeit 
worden  ist,  dessen  Fahrt  von  Tainaron  nach  gegen  Poseidon,  unter  dessen  Auspizien  Tarent 
Tarent  er  besungen  hat.  Näher  aberliegt  es,  gegründet  worden  war,  wurde  jener  zum  Schutz- 
unter Arion  eine  Hypostase  des  ApoUon  zu  gott  der  Stadt  erhoben,  und  weil  die  Kolo- 
fiuchen  (vgl.  auch  Malten,  Berl.  Philolog.  Wschr.  nisten  über  das  Meer  gekommen  waren,  so 
1910,  332  ff.),  ähnlich  der  Erklärung  des  Namens  stellte  man  den  Gott  der  Siedelung  auf  dem 
Hesiod  (Gruppe  S.  167;  1227).  Nach  Ersch  u.  Delphin  reitend  dar,  wobei  man,  ohne  die  Be- 
Gruber  (Art.  Phalanihos)  ist  der  Arion-Mythua  deutung  zu  verdunkeln,  den  Dreizack  des  Got- 
in  der  Weise  entstanden,  daß  A.  auf  Taras  tes  weglassen  konnte.  Mit  der  Zeit  entstand 
ein  Lied  gedichtet  hat,  dessen  poetischer  In-  aus  dieser  Darstellung  ein  Symbol,  das  Wap- 
halt später  durch  Mißverstand  und  Deutelust  3o  pen  der  Stadt.  Und  als  sich  aus  den  Beinamen 
auf  Arion  selbst  bezogen  worden  ist;  einer  des  Gottes  die  Heroen  Taras  und  Phalanthos 
Widerlegung  dieser  Ansicht  bedarf  es  wohl  entwickelt  hatten,  bemächtigte  sich  naturge- 
nicht.  Daß  die  historischen  Beziehungen,  die  maß  die  Fabelei  dieses  Symbols,  machte  den 
an  Phalanthos  geknüpft  werden  (vgl.  Ersch  Reiter  zum  Gründer  der  Stadt  und  besang  das 
«.  Gruhcr),  in  ein  Nichts  zerrinnen,  ist  von  Attribut  des  Gottes,  den  Delphin,  als  den  Ret- 
Busolt  (407  A.)  und  Boehle  (S.  13  f.)  erwiesen;  ter  des  auf  dem  Meere  gescheiterten  Gründers, 
so  bleibt  er  eine  mythische  Figur.  Der  Name  Wie  weit  dabei  orientalische  Einflüsse  in  Frage 
stellt  eine  alte  Bezeichnung  des  Poseidon  dar;  kommen,  läßt  sich  nicht  im  einzelnen  nach- 
Doehle  (S.  13  f.)  erklärt  ihn  aus  der  Wurzel  weisen.  Der  Streitpunkt  aber,  ob  die  Sage 
<pccX-  gleich  cpaXriQOs,  TtoXiog  und  stellt  ihn  40  eher  den  Phalanthos  oder  den  Taras  zur  Gel- 
neben die  andern  Epitheta  Aigeus,  Glaukos  tung  gebracht  hat,  ist  ohne  Bedeutung;  beide 
(vgl.  Studniczka,  Kyrene  S.  185  f.  Keller  S.  219).  sind  nur  Hypostasen  desselben  Gottes  und 
Bezeichnet  nun  Ph.  den  Meergott  selbst,  so  lassen  sich  teilweise  im  Mythus  nicht  mehr 
liaben  wir  unter  Taras  denselben  Gott  zu  su-  voneinander  trennen.  Der  Delphin  gehört  zu 
chen.  Lorentz  (a.a.O.  p.  4;  de  rel.  sacr.  vet  beiden,  nicht  zu  Ph.  allein,  wie  Paus.  10,  13, 
Tar.  p.  16)  erblickt  in  T.  nur  den  Flußgott  10  die  Sage  berichtigen  wollte, 
(vgl.  Studniczka  S.  179).  Doch  geht  aus  dem  Die  Darstellungen  des  Taras  auf  dem  Delphin 
Namen  Taras  hervor,  daß  der  Kult  übers  Meer  gehen  zurück  auf  ein  Kultbild  des  Poseidon, 
gekommen  ist.  Wir  haben  auf  den  Münzen  das  nach  Probus  (ad  Verg.  Georg.  2,  176)  in 
eben  nicht  den  Phalanthos  zu  erblicken  oder  50  municipio  Tarentinorum  gestanden  haben  soll 
den  Taras,  sondern  das  Symbol  des  Poseidon  (Klement  S.  59  ff.).  Es  erinnert  dies  an  die 
von  Tarent,  des  sacer  custos  Tarenti;  unter  gleiche  Darstellung  des  Arion  in  Tainaron 
beiden  Bezeichnungen  gleich  bekannt,  der  (Paus.  3,  25,  7)  und  des  Poseidon  in  Thera 
glückliche  Meerfahrt  verleiht.  Ga^ig  (Nereiden  (Herodot  1,  24:.  Aelian.v.h.l2,  Ab.  Philostr.  Imag. 
<iuf  Seetieren,  Diss.  Jena  1907,  10  ff.)  hat  nach-  1,  19),  und  kein  Grund  liegt  vor,  diese  An- 
gewiesen, daß  die  Münzbilder  von  Tarent  gleich  gaben  zu  bezweifeln.  Eine  reiche  Ausbeute 
der  Darstellung  des  Arion  in  Tainaron  (Paus.  von  Münzen,  meist  Didrachmen  der  Stadt  Ta- 
3,  25,  7)  auf  die  typische,  symbolische  Gestalt  rent,  aber  auch  aus  andern  Kultorten  des  Po- 
eines Delphinreiters  zurückgehen.  Dieser  Ty-  seidon,  als  Brundusium,  Baletium,  Butunti, 
pus  hat  seinen  Ursprung  in  der  orientalischen  60  Teate,  Paestum  zeigen  als  Symbol  den  Delphin- 
Kunst  und  ist  eine  Nachbildung  des  phöniki-  reiter.  Auf  dem  Fische  sitzt  eine  vollständig 
sehen  Gottes  Melkart,  der  auf  dem  Delphin  nackte  männliche  Figur,  die  sich  mit  der  einen 
reitet  (Klement  S.  28),  woher  sich  auch  der  Hand  auf  den  Rücken  des  Tieres  stützt  und 
Name  Phalanthos  erklären  ließe.  Verbreitet  die  andere  oder  auch  beide  gerade  vorwärts- 
an  den  Gestaden  des  Mittelmeeres  entwickelten  streckt  (Baumeister,  Denkm.  d.  Altert.  S.  939, 
sich  die  orientalischen  Sagen  zu  lokalen  Mär-  Abb.  1026),  zuweilen  auch  seitwärts  sitzt  (Bau- 
chen und  Legenden.  W^ir  haben  in  Taras  und  meister  S.  355,  Abb.  1119).  Auf  den  Münzen 
Phalanthos  lokale  Niederschläge  des  phöniki-  von  Tarent  findet  sich  stets  die  Inschrift  Ta^ag. 


95 


Taras 


Taraskos 


96 


Femer  hält  der  Jüngling  in  der  Regel  den 
Dreizack  in  seiner  Rechten.  Diese  Darstel- 
lungen lehnen  sich  an  «solche  auf  sardiuischen 
Skarabäen  eng  an  (vgl.  Furtwängler,  Gemmen  1, 
Taf.  16,  86;  89),  auf  denen  ebenfalls  ein  jugend- 
licher Aleergott  auf  einem  Seepferd  oder  Del- 
phin reitend  abgebildet  ist,  einen  Fi^ch  oder 
den  Dreizack  {Welcher ,  KL  Sehr.  1,  89)  in  den 
Händen  (vgl.  Gang  S.  11).  Daneben  kommen 
aber  auch  tarentinische  Münzen  vor,  auf  denen 
der  Gott  jeglichen  Attributes  entbehrt.  Dies 
ist  ebenso  zu  erklären,  wie  wenn  Poseidon 
ohne  den  Dreizack  erscheint,  z.  B.  auf  Vasen 
(Petersburg  nr.  221;  1531.  München  nr.  1236. 
Berlin  nr.  1979.    Dresden  nr.  27)  und    Münzen 


'Tams'  »nf  Tarentiner  Münzen  (nach  Catalogue  of  the  greek 
coins  in  the  BritUh  Museum,  Itdty  p.  165,  169,  184). 

{Mionnet,  Suppl.  5,  312).  Der  Delphin  gehört 
ursprünglich  als  Attribut  nur  dem  Poseidon 
an  und  ist  erst  später  auf  seine  Hypostasen 
übertragen  worden  {Paus.  2,  2,  8;  31,  1;  10, 
36,  8.  Pottier  2,  F.  145.  Overheck,  Kunstmythol. 
2,  2,  S.  240;  219);  neben  ihm  reiten  noch  an- 
dere Meergötter  auf  Seetieren,  wie  Melikertes 
(Korinth.  Pindkes  d.  Berl.  Samml.  nr.  779), 
Ne>eus  (Gerhard,  A.  V.  Taf.  8).  Zuweilen  ist 
Taras  abgebildet,  wie  er  auf  dem  Delphin  sitzt 
und  mit  dem  Dreizack  einen  daneben  schwim- 
menden Fisch  harpuniert  {Kat.  d.  Brit.  Mus.  3, 
C.  8.  Keller  a.  a.  0.  S.  222  mit  Abb.  Baumeister 
S.  955  =  Abb.  1119),  oder  aber  er  führt  Pfeil 
und  Bogen  wie  sein  Vater  Herakles  {Kat.  d. 
Brit.  Miis.  5,  C.  15),  auf  dem  Reittier  sitzend. 
Schließlich  hat  diese  Darstellung  des  Taras  zu 
Parodien  Anlaß  gegeben;  haben  doch  unter- 
italische  Maler  {Jahrb.  d.  Imt.  1886,  S.  307) 
statt  des  Gottes  Gestalten  der  Komödie  auf 
dem  Delphin  reiten  lassen,  und  Otfr.  Müller 
{Dor.  2,  349)  sieht  mit  Recht  in  dem  auf  dem 
Fische  sitzenden  Skurren  {Tischbein  4,  57)  eben- 
falls eine  Travestie  des  Mythus  von  Taras. 
Beschrieben  und  abgebildet  finden  sich  Münzen 
mit  Darstellungen  des  Taras  bei  Carelli,  Num. 
vet.  Ital.  Tab.  1 03ff.  Berl.  Mibizkabinet^  nr.  563  f. ; 
673  ff. ;  706  ff.  Imhoof -Blumer ,  Monnaies  grecques 
{Äbh.  d.  Niederl.  Akad.  14  [1883],  1  ff.).  Kat.  d. 
Brit.  Mus.  Italy,  165  ff.;  Tarentum.  Sombon, 
Becher-ches   sur   les   monnaies   de  la  presgu'ile 


Italique,  f&f.  18,  nr.  21  ff.  Read,  Bist.  Num. 
p.  44  ff.;  Taf.  r,  1—8,  vgl.  1  p.  70;  Coins  of 
the  ancicnts  Taf.  7,  4—7.  Evans,  The  horsemcn 
of  Tarentum  {^um.  Chron.  10  [1889],  1—228). 
Vsener,  SintfUitsage^i  Taf.  nr.  15 — 20. 

Von  dem  Weihgeschenke,  dem  Werke  de» 
Onatas  {Paus.  10,  13,  10),  auf  dem  Phalantho» 
neben  dem  Delphin  und  Taras  zusammen  mit 
den  Helden  der  Gegenwart  gebildet  waren^ 
10  hat  sich  keine  Nachbildung  erhalten.  Dagegen 
muß  ein  anderes  Denkmal,  das  eine  Verherr- 
lichung des  Poseidon  und  seines  Sohnes  Tara» 
bezweckte,  in  einem  Heiligtum  Tarents  seinea 
Platz  gehabt  haben;  denn  nur  einem  solchen 
Monument  der  Plastik  kann  dieses  Münzbild 
seinen  Typus  verdanken.  Bei  Baumeister  {Denk- 
mäler d.  Altert.  S.  956)  findet  sich  eine  Münze 
unter  Abb.  1117  abgebildet  und  beschrieben. 
Poseidon  ist  thronend  dargestellt;  zu  ihm^ 
20  seinem  Vater,  hebt  der  Knabe  Taras  flehend 
seine  Arme  empor.  In  der  Linken  hält  der 
bärtige  Meergott  den  Dreizack,  auf  den  er  sich 
gleichzeitig  stützt.  Die  Haartracht  des  Knaben 
ähnelt  der  des  Plutoskindes  auf  dem  Arme  der 
Eirene;  er  trägt  die  Locke  über  der  Stirn,  und 
um  den  Leib  ist  ein  Band  mit  einem  Amulett 
geschlungen.  Als  Beizeichen  sehen  wir  rechts 
unten  noch  einen  Seestern.  Die  Inschrift  TA- 
PANTINßN  läßt  keinen  Zweifel  darüber  zu„ 
30  daß  wir  eine  tarentinische  Münze,  also  jeden- 
falls die  Nachbildung  eines  sakralen  Weih- 
geschenkes oder  Denkmals  vor  uns  haben.  Vgl. 
ilbergs  Artikel  Phalanthos  ob.  Bd.  3.  [Buslepp.j 
Taraskos  {TaQcc6yi.6s)j  ein  ungeheurer  Drache, 
der  in  der  Gegend  der  nach  ihm  benannten 
Stadt  Tarascon  (an  der  Rhone)  hauste  und 
Menschen  und  Vieh  tötete,  bis  die  heilige 
Martha,  die  Schwester  der  Maria  Magdalena 
und  des  Lazarus,  in  seine  Höhle  drang,  ihn 
4ü  wunderbarerweise,  ohne  daß  er  sich  zur  Wehr 
setzte,  an  ihrem  Gürtel  herausführte,  so  daß^ 
das  Volk  ihn  töten  und  zerstückeln  konnte: 
Htabanus  Maurus,  De  vita  beatae  Mariae  Macj- 
dalenae  et  sororis  eius  sanctae  Marfhae  40  bei 
Migne,  Pairol.  Ser.  Lat  112  p.  1497;  vgl.  Acta^ 
Sanctorum  Mens.  lul.  Tom.  7  p.  llC  (vgl.  6A). 
Cerquand,  Revue  celtique  6,  424  f.  E.  Maaß, 
Jahreshefte  d.  österr.  arch.  Inst.  9  (1906),  169  ff. 
Nach  Fr.  Mistral,  Dictionnaire  Provengal- Fran- 
ko gais  2,  956  s.  v,  Tarasco  wäre  der  (oder  viel- 
mehr die  [als  Femininum  aufgefaßte])  Taraskos 
ursprünglich  eine  vor  dem  Eindringen  des 
Christentums  in  der  Provence  verehrte  Gott- 
heit gewesen.  Die  Erinnerung  an  das  von  der 
heiligen  Martha  bezwungene  Ungeheuer  ist 
noch  heute  in  Tarascon  lebendig,  wo  am  St. 
Marthafeste  an  der  Spitze  der  Prozession  ein 
ungeheueres  Abbild  der  Taraskos  (la  Tarasque) 
geführt  wird,  die  von  einem  Mädchen  an  einem 
60  seidenen  Gürtel  festgehalten  wird,  Maaß  a.  a.  0. 
171  ff.  (8.  auch  die  Abbildung  ebenda).  P.  Jo- 
anne, Dictionnaire  geogr.  et  administr.  de  la 
France  7,  4775 f.  s.  v.  Tarascon.  P.  Larousse, 
Grand  dictionnaire  universel  du  XIX.  siede  14, 
1469  s.  V.  Tarasque.  Mistral,  Mireio  (deutsch 
von  Dor ieux- Brotbeck)  p.  176^  264 f.  /.  Oiar- 
les-Roux,  Sainte  Marthe  et  la  Tarasque  in  U- 
gendes  de  Provence  85  ff.     [Höfer.] 


97                        Taraxandra  Taraxippos                        98 

Taraxaudra  {Tagce^ccv^QO),  Name  einer  Si-  Theben  empfing,  vergraben  habe,  um  die  Rosse 

bylle,   Clrni.   Alex.  Strom.  1,  21,  132,  3  (p.  82,  des  üinomaoa  zum  Durchgehen  zu  bringen,  und 

18    Stälilin=i^.  39'J    Potter  =  p.  H68    Mvjne)^  dieses  wirke  noch  immer  (über  das  Vergraben 

und  zwar  entweder  der  phrygischen,  Suid.  s.  v.  von  Zaubermitteln  s.  JJio  Chrysost.  32,  p,  673  B). 

ZißvlXa   (pQvyia  (p.  740,   8   Beruh.).    Kudocia  So   wird  dem  Pelops  selber  der  Beiname  Ta- 

8«3  (p.  ^14^  Flach)  oder  der  kumäischen,  Schol.  raxippos  zugelegt  {Hesych.  TocQÜ^iitno?,  ovroig 

Plat. l'haedr. 2i'^B(-p.270  Herrn.);  v^lCÄlexan-  vn   ivioiv  TltXorp  iarogtlTai,  ov  raqpog  iv  'OXvfi- 

dre,    Excnrsus  ad  Sihyllina  29,   32.    Bauche-  nia),  obgleich  sein  Grab  sich  weder  im  Hippo- 

Leclercq,  Hist.  de  la  divination  dans  Vant.  2,  drome  befand,   noch  auch  im  Stadion,   wohin 

174.    E.  Maaß,   De  Sibyllarum  indicibus  39  f.  lo  es  Schol.  vet.   Find.  Ol.  1,  149  f.  verlegt,  sou- 

[Höfer.]  dem  im  Pelopion,   dem  heiligen,  durch  einen 

Taraxloii  {Taga^lcov),  Sohn  des  MccraioyBvrig,  ansehnlichen     Kult     ausgezeichneten     Bezirke 

Traumgott  und  Satrap  des  Hypnos,   Luc.  v.  h.  dieses    Helden    in    der    Altis.      JJio    Chrysost. 

2,  33.     W.  H.  Röscher,   Ephialtes  {Ahhandl.  d.  32,  691 R.  ^ativ'OXv^nlccöi  xccxä  ^Liaov  xov  inno- 

Kgl.  Sachs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  20,  2)  S.  25,  55,  8qo{lov    Tagoclimiov   UoasiäMvog  ßa^iog,    h&cc 

5.  52,  149.  S.  67,  203.  G.  Ettig,  Acheruntica  ^iccXiGTa  ow^ßocivs  xovg  innovg  Tcroslad-aL  xai 
=  Leipziger  Studien  13,  362  Anm.  2.  Pott,  TtltlGta  ÖLcccp^tigiod'ai,  rtbv  üq(iccto}v.  Anthol. 
Kuhns  Zeitschrift  9  (1860),  195.     [Höfer.]  Pal  14,  4.    Vgl.,  außer  der  Hauptstelle  Paus. 

Taraxippos  {Tccgd^LTCTiog,  d.  i.  inntov  xccqa-  6,  20,  15,  Lycophr.  AI.  42ff. :  Kqovov  ticcq^  al- 

xTTjs  Lykophr.  AI.  43,  xibv  inncov  det^icc  Paus.  20  Ttvv    öx^ov.,    ^vd-a    yriysvovg    iTtncov   rapaxrr^'? 

6,  20,  15),  ein  Schreckgespenst  der  Pferde  ins-  ^gxiv  ' lexivov  xdcpog.  Dazu  Tzetzes:  riyccvxog 
besondere  in  den  Rennbahnen  zu  Olympia  {AI-  Ss  vlbg  "l6%Evog.  Xi^iov  81  ysyovöxog  idö^ri 
kiphron  3,  62  6  hlg  xiov  'OXv^iniaai  ßccöxdvav)  xQV^l^^Si  M  ^*'  <^^^«S  Xvd'f]vca  xöv  Xi^iov^  hl 
und  auf  dem  Isthmos.  ^7)  xöav  tvysv&v  xvd^fj  xig.  ndvxojv  xoivvv  &7to- 

1.  In  der  Mitte  des  Hippodroms  von  Olym-  gov^itvcov  fid-eXriösv  6  " lo^svog  xvd-fjvaL,  ov  xai 

pia,   bei  dem  Durchgang  aus  der  größeren  —  xvd-ivxog  u  xdcpog  diiv.vvxai  Ttegl  xov  xaXovfisvov 

südlichen    —    Seite,    nicht    allzuweit   von   der  Kqovov  Xocpov  nXrielov  xov  v.aimxfiQog  xfjg^OXvfi- 

Wendung,    stand  eine  Art  runden  Altars,   bei  Tilag,   xccl  xi^cclg  TtXdoxaig  ccvxbv  iti^cov,  yiccd-^ 

dem  die  vorbeilaufenden  Rosse  aus  unbekannter  j]v  jj^iqav  ixv^y],  xccl  dycovcc  6vvl6x(ov  Xeyovot 

Ursache  scheu  zu  werden  pflegten.    An  dieser  30  dh  avxbv  TagdliTtnov,  insidr]  iaxL  xccgdaacov  Ttal 

Stätte    hauste    der    Dämon    Taraxippos,    und  ^ogvßcbv  xovg  i'miovg  dycovi^o^i^vovg.  r)  ccQQrixay 

diesem  pflegten  die  Wagenlenker,    um  ihn  zu  xivl  xal  ccXoya  öwd^si  r)  8dcpvrig  hOxwGrig  negl 

besänftigen,  Opfer  darzubringen.  Manche  sahen  xov    xdcpov   xal    asiouivrig    avxfig    xagdoGeöd-uL 

darin  ein  Heiligtum  des  Poseidon  Hippios  oder  rot;?   inTtovg  xy  6v.lu  xmv  cpvXXcov.     Vgl.   auch 

Taraxippos  (wie  Poseidon  Rosse  scheu  macht,  Schol.   Vet.—Ptoleviaeos  Hephaest.  im  4.  Buche 

a.b.  Eur.  Hippol.  1173  ff.;    vgl.  auch  die  von  seiner  nova  historia  handelte  {nach  Photios  Cod. 

Apollon  veranlaßte   grausige   Erscheinung  bei  190    p.  481 R.)  tcsqI  xov  iv  'OXv^niu  Taga^iit- 

Statius  Theb.  6,  491  ff.).    Andere  meinten,  dort  Ttov    kccI    xmv    MvQtiXoiv    Ttaxgbg    ^ccl    Ttcadög. 

liege    das    Grab    (Grab    und   Altar    eins,    vgl.  Vgl.  Knaack,  Quaestiones  Phaethonteae,  Berlin 

Bohde,  Psyche^  1,  173,  1)  eines  Heros,  der  dies  40  1886,    57  f.;    Pollack,    Hippodromica,    Leipzig 

Unheil  anrichte,  sei  es  des  Ischenos,  des  Sohnes  1891,   85ff. ;   Blümner  zu   Paus.  6,   20,  15   in 

des    Gigas,    der    bei  einer  Hungersnot  einem  Bd.  2,  1,  650  ff.  der  Ausgabe;  i^ra^er  Bd.  4,  84 f. 

Orakel  zufolge  sich  für  sein  Volk  opfern  ließ  2.  Auf  dem  Isthmos  galt  Glaukos,  der  Sohn 

(vgl,  Max  Mayer,  Giganten  und  Titanen  l%^i.\  des   Sisyphos,   als  Taraxippos.     Er  soll  durch 

0.  CrMs/ws,  P/<«7oZ.  49, 1890, 120;  5toZZ,  ob.  Bd.  2,  die    Pferde    umgekommen    sein,    als    Akastos 

Sp.  359)  oder  des  Olenios,  eines  eingeborenen  seinem  Vater  die   Leichenspiele  veranstaltete: 

Mannes  und  guten  Rosselenkers,  von  dem  auch  Paus.  6,   26,    19   ^6x1  8s  y,ccl  iv  Uod-^Ko  Tagd- 

der  Olenische  Fels  in  Elis   den  Namen   hatte  ^iTtnog   rXccv-nog  6   ZLavq)ov  yBviaQ-ai  8s  ccvxco 

(ob.  Bd.  3,  832),  oder  des  Dameon,  eines  Sohnes  xijv  xsXsvxijv  Xiyovciv  vnb  iTrntov,   oxs  "Ay.ci6xog 

des   Phlius,    der  an    dem   Zuge  des  Herakles  50  xa  a^-lcc  iO'riy.sv  inl  xä  ticcxql.    Vgl.  M.  Mayer, 

gegen  Augeias  teilnahm  und  von  Kteatos,  dem  Giganten   und    Titanen    138.     S.    oben  Bd.  1, 

^Sohne  des  Aktor,   samt  seinem  Pferde  getötet  2,  1689  f,  — 

und  mit  dem  Tiere  dort  bestattet  sein  sollte.  Das    Schreckgespenst    Taraxippos    ist    aus 

oder  des  Alkathoos,  eines  Sohnes  des  Porthaon,  dem   allgemein   verbreiteten  Aberglauben   der 

den  Oinomaos  bei  der  Bewerbung  um  Hippo-  Pferdelenker   (vgl.   Lobeck,    Agl.   223,     Fried- 

dameia  getötet  und  dort  begraben  habe.    Auch  länder,  Sittengesch.^  2,  309)  ebenso  erwachsen, 

Oinomaos  selbst  wird  als  der  Unheilstifter  an-  wie    die    zahlreichen    Altäre    im   Olympischen 

gesehen,  oder  Myrtilos,  dem  Pelops  dort  einen  Hippodrome  diesem  Aberglauben  ihre  Entste- 

leeren    Erdhügel    errichtet    und    Opfer  darge-  hung  verdanken.    Vgl.  Weniger,  Die  monatliche 

bracht,  auch  den  Namen  Taraxippos  beigelegt  60  Opferung  in  Olympia  1,  Klio  9,  291  ff.  nr.48— 61; 

haben  soll,  weil  er  dem  Oinomaos   die  Rosse  dazu   die    1915   erscheinende   Darstellung   der 

scheu  gemacht  habe  (vgl.  K.  Tümpel,  ob.  Bd,  2,  Prozession,     In  Nemea  lag  die  natürliche  Er- 

Sp.  3315  ff.).    So  Pausanias  Si.&.O.    Schließlich  klärung    für    die    schreckhafte    Erregung    der 

führt  er  die  Erzählung  eines  Ägypters  an  (Well-  Rennpferde  offen  vor  Augen  {Paus.  6,  20,  19), 

mann,  de  Istro  Callimachio  121,  sieht  in  diesem  In  Olympia  und  auf  dem  Isthmos  aber  mußten 

den  Schriftsteller  Istros,  welcher  lange  in  Alex-  dämonische   Mächte    die   Anstifter    sein,    über 

andria  gelebt  hat),  daß  Pelops  in  der  Rennbahn  deren  Persönlichkeit  die  Ansichten  schwankten, 

ein    Zaubermittel,    das    er    von    Amphion    aus  Wenn   die  Rennbahn  von  Delphi,   die   in  der 


99 


Taraxippos 


Tarchetios 


100 


Krisäischen  Ebene  lag,  keinen  Taraxippos  be- 
8aß,  so  wird  dies  von  Paus.  10,  37,  4  als  etwas 
Besonderes  erwähnt.  Vgl.  Bohde,  Payche^  1» 
173.  —  Wie  oft  Pferde  aus  unbekannten  Ur- 
sachen heftig  erschrecken  und  nicht  bloß  durch- 
gehen, sondern  auch  andere  mit  fortreißen, 
weiß  jeder,  der  mit  ihnen  zu  tun  hat.  Dazu 
kommt  der  alte  Glaube,  daß  Tiere  Erscheinungen 
sehen,  die  den  Menschen  verborgen  sind  (z.  B. 
Od.  16, 162^ die  Hunde,  4.  Mos.  22,  22  ff.  Bileams 
Eselin).  Über  den  panischen  Schrecken  von 
Tieren:  Bosvher  im  Artikel  'Pan'  ob.  Bd.  3,  1, 
Sp.  1389. 1399  und  in  der  Abh.  EphiaUes,  Sachs. 
Ges.  d.  W.  20,  1900,  70  ff.  Eifersucht  der  Ago- 
nisten  führte  zu  dem  Versuche,  durch  Bezau- 
berung die  Rosse  der  Nebenbuhler  scheu  zu 
machen.  Den  in  Karthago  gefundenen  Blei- 
tufeln  mit  Beschwörungsformeln  in  lateinischer 
und  griechischer  Sprache,  die  von  persischem 
Aberglauben  zeugen,  wird  ähnliches  in  vor- 
christlicher Zeit  entsprochen  haben.  {Delattre, 
Buü.d  Corr.  Hell  12, 1888,  294  ff.).  -  Auf  einem 
neuerdings  veröffentlichten  altkorinthischen 
Pinax  steht  ein  zwergartiger,  bartloser  Dämon 
hinter  einem  Reiter  auf  dem  Schwanzansatze 
seines  Pferdes  und  faßt  mit  beiden  Händen 
seinen  übertjroßen   Phalloa.     Ähnlich    sitzt  in 


mons  passen.  Solche  Kobolde  trieben  auch  in 
andern  Lebenskreison  ihr  Wesen.  So  im  Töp- 
ferhandwerk (vgl.  das  dem  Homer  zugeschrie- 
bene Gedicht  Kä(itvog  ?)  -ntgcnistg  und  Pemice 
a.  a.  0.  mit  der  Abbildung  des  kleinen  Kerls 
am  Töpferofen)  und  bei  den  Müllern  der  oder 
die  Eunostos  {Lobeck,  Agl.  972  und  Crusius  oben 
Bd.  1,  1,  Sp.  1406).  Auch  die  Kerkopen  lassen 
sich  vergleichen,  welche  ja  der  Sage  nach  in 
10  Affen  verwandelt  wurden  {Seeliger  ob.  Bd.  2,  I, 


1)  Korinthischer  Pinax  (nach  E.  Pernice  in  der 
FeM$chHft  für  0.  Benndorf  S.  78). 

dem  eingeritzten  Bild  eines  Kruges  von  Tra- 
gliatella  {Annali  d.  1. 1881  t.  L.  M.  160  ff.  Bull. 
1881,  657)  hinter  einem  Reiter  eine  affenartige 
Gestalt;  das  langgebildete  Pferd  hat  etwas 
Störrisches  in  der  Stellung  der  Vorderbeine. 
Man  deutet  jeden  der  beiden  vielleicht  mit 
Recht  auf  einen  Taraxippos  {E.  Pernice,  Festschr. 
f.  Benndorf  1S9S  S.  78  f.;  Röscher,  Abh.  d.  Sachs. 
G.  d.  W.  20, 1900,  74).  Vgl.  Horat.  Carm.  3,  40 
post  equitem  sedet  atra  Cura;  Goethe,  Zahme 
Xenien  1  (3,  241  d.Weim.  Ausgabe) .  . .  'Schimpf 
und  Schande  sitzen  hinten  auf.  Die  kobold- 
artige Gestalt  würde  zum  Wesen  dieses  Dä- 


20  8)  Eingeritzte  Zeichnung  auf  einem  Tonkrage 

(nach  W.  ReicAel,  UomerUche  Waffen^). 

Sp.  1170  und  allgemein  Lobeck  de  Cobdlis  et 
Cercopibus,  Agl.  1296  ff.).  Im  deutschen  Aber- 
glauben ist  der  Klabautermann  der  Schiffer 
ein  ähnlicher  Unhold.  —  Die  Wirkung  des 
Taraxippos  kam  nicht  so  sehr  bei  Reitpferden 
als  bei  Zwei-  und  Viergespannen  zur  Geltung. 
Daß  aber  vor  allen  Heroen  und  Dämonen  dem 

80  Poseidon  die  Macht  innewohnte,  die  Rosse, 
welche  er  belebte,  nach  seinem  Willen  auch 
scheu  zu  machen,  und  daß  er  daher  allerdings 
auch  seinerseits  ein  'Taraxippos'  war,  leuchtet 
ein,  und  so  kann  man  Pausanias  zustimmen, 
wenn  er  T.  als  Beinamen  des  Poseidon  Hippios 
auffaßt.  S.  E.  H.  Meyer,  ob.  Bd.  3,  Sp.  2822  ff. 
F.  Pßster,  Der  BeliquienkuU  i.  Altertum  {Beli- 
gionsgesch.  Versuche  u.  Vorarbeiten  v.  B.  Wünsch 
u.  L.  Beubner)  5,  1912  S.  464,  82     [Weniger.] 

40^  Taraxippos  erscheint  als  Epitheton  des  Po- 
seidon bei  dem  Anonymus  Laurentianus  in 
Anecdota  var.  Graec.  et  Lat.  ed.  Schoell-Stude- 
mund  1,  267,  lll^^ .  —  Über  Glaukos  als  Tara- 
xippos vgl.  E.  Maaß,  Griechen  u.  Semiten  auf 
dem  Isthmus  von  Korinth  139  Anm.  1.  [Höfer.] 
Tarbelos  {TdgßriXog),  Vater  der  auf  selten 
des  Deriades  kämpfenden  Brüder  Thyamis  und 
Holkasos,  der  Führer  der  Kyraier,  Nonn.  Dionys. 
26,  182.     B.  Koehler,  Über  die  Dionysidka  des 

50  Nonnos  61.  Variante  ist  Tägßrigog.  [Höfer.] 
Tarchetios  {TaQxhiog).  Plut.  Born.  2 
bietet  folgende  Erzählung,  die  er  als  Variante 
der  Romuluslegende  (zu  welcher  ich  gegen 
W.  Soltau  [Arch.  f.  Beligionsicissensch.  12,  101 
bis  125],  der  sie  unter  Vernachlässigung  der  im 
nachfolgenden  dargelegten  Mythen  als  Nach- 
ahmung der  Tyro  des  Sophokles  erweisen  will, 
im  Memnon  3,  2  'Die  Romuluslegende'  in  aller 
Kürze   die   wichtigsten  mythischen  Parallelen 

60  zusammengestellt  habe)  bezeichnet:  Im  Hause 
des  gewalttätigen  und  ungerechten  Albaner- 
königs (die  Beziehung  auf  Alba  Longa  ist  wohl 
erst  nachträglich  eingefügt,  da  ja  das  Wunder- 
kind eben  Romulus  sein  soll)  Tarchetios  kam  aus 
dem  Herde  ein  Phallos  hervor  und  war  durch 
viele  Tage  zu  sehen.  Tarchetios  erhielt  von 
dem  Orakel  der  Tethys,  das  sich  in  Tyrrhenia 
befand,   den  Spruch,   eine  Jungfrau  aolle  sich 


101                       Tarchetios  Tarchetios                       102 

mit  diesem  Phallos  Legatten  (Periandermotiv).  Von  Zwillingen  ist  nicht  mehr  die  Rede,  und 

Das   Kind    aus   dieser  Verbindung  werde  sich  der  ganze  letzte  Teil  der  Tarchetiossage  scheint 

großen  Huhra  erwerben.   Tarchetios  teilte  diese  entfallen  zu  sein. 

Wahrsagung  einer  seiner  Töchter  mit  und  trug  Für  das  Grundmotiv  dieser  Sagen  haben 
ihr  auf,  sie  zu  erfüllen.  Sie  aber  verschmähte  wir  noch  ein  gewisses  Kriterium,  wenn  wir  nach 
dies  und  scliickte  eine  Dienerin.  Als  dies  Korinth,  von  wo  ja  Tarquinius  eingewandert 
Tarchetios  erfuhr,  wurde  er  sehr  unwillig  und  sein  soll  {Liv.  1,  84,  2),  uns  zurückwenden.  Dort 
bestimmte  Tochter  und  Dienerin  zum  Tode.  findet  sich  in  der  Periandersage  das  genaue 
Aber  Hestia  (Vesta)  riet  ihm  im  Traume  von  Gegenstück  zu  dem  italischen  Legendenkreis, 
seinem  Vorhaben  ab  und  folgte  den  beiden  lo  Der  anfänglich  weise  Tyrann  Periander,  der 
gefesselten  Mädchen  einen  Webstuhl  aus  mit  Enkel  des  Ei^'tion,  den  alle  Traditionen  und 
der  Bestimmung,  wenn  sie  ein  Gewand  (dessen  auch  die  Orakel  als  'Adler'  {ä[i\kr6g)  deuten, 
genauere  Bezeichnung  im  Texte  des  Plutarch  erinnert  sofort  an  Tarquin ins  (zwischen  dem 
leider  ausgefallen  zu  sein  scheint)  darauf  fertig  Priscus  und  dem  Superbus  zu  unterscheiden, 
gewoben  hätten,  sollten  sie  verheiratet  werden.  halte  ich  für  mythologisch  verfehlt;  hat  man 
Aber  während  sie  am  Tage  woben ,  trennten  doch  auch  ähnlich  zwischen  Periander,  dem 
andere,  von  Tarchetios  hierzu  bestellte  Mäd-  Weisen,  und  Periander,  dem  Tyrannen,  später 
chen  des  Nachts  das  Gewebe  wieder  auf  (Pene-  zu  sondern  versucht,  vgl.  F.  H.  G.  3,  p.  4,  10), 
lopemotiv),  bis  die  Dienerin  Zwillinge  gebar,  dem  sein  Königtum  durch  einen  Adler  ver- 
die  sie  einem  gewissen  Teratios  gab,  da  Tar-  20  kündet  wurde  {Liv.  1,  34,  8,  vgl.  übrigens  auch 
chetios  dieselben  töten  wollte.  Teratios  brachte  die  Gordiossage  bei  Arrian,  anab.  2,  3,  3  und 
sie  in  die  Nähe  des  Flusses,  w^o  eine  Wölfin  Gordios  als  Name  von  Sohn  und  Bruder  des 
sie  an  ihren  Zitzen  saugen  ließ  (Romulusmotiv)  Periander  bei  Aristot.  Pol.  5,  12  p.  1315^,  26 
und  allerhand  Vögel  ihnen  Leckerbissen  brach-  WafnirjtLxog  6  roQ$iov;  vgl.  Nie.  Damasc.  F. 
ten  (Semiramismotiv),  bis  ein  Rinderhirte  sie  H.  G.  3,  393,  der  FoQ^og  bietet).  Zwischen 
fand  und  in  Pflege  nahm.  Groß  geworden  ihm  und  Thrasybulos,  dem  Tyrannen  Ton  Milet, 
entthronten  sie  den  Tarchetios.  So  soll  der  spielte  sich  mit  vertauschten  Rollen  ein  ganz 
Alexandriner  (vgl.  Susemihl,  Griech.  Literatur-  ähnlicher  Vorfall  üh  {Herodot  5,  92 1,  vgl.  Diog. 
gesch.  der  alex.  Zeit  2  S.  356)  Promathion  in  L.  1,  100)  wie  zwischen  Tarquinius  (Siperbus) 
seiner  Geschichte  Italiens  die  Romuluslegende  30  und  dessen  Sohn,  dem  Tyrannen  von  Gabii  {Liv. 
—  sicherlich  unter  Benutzung  altitalischer  1,  54,  6).  Ich  führe  die  auffälligen  Übereinstim- 
Quellen  (man  vgl.  u.  den  Hinweis  auf  Caeculus,  mungen  in  diesen  Motiven,  welche  zunächst 
den  Gründer  von  Praeneste,  und  beachte,  daß  noch  nicht  in  die  Tarchetiossage  unmittelbar 
die  männliche  Gottheit  des  Herdfeuers  sich  in  hinübergreifen,  an,  um  die  Heranziehung  eines 
dieser  Art  eben  nur  in  den  italischen  Grün-  korinthischen  Mythos  zur  Aufklärung  des  ähn- 
dungssagen  findet  und  also  aus  hellenischem  liehen  italischen  zu  rechtfertigen. 
Mythengut  gar  nicht  entlehnt  sein  kann)  —  Von  Periander  erzählt  nun  Herodot  6,92  r], 
erzählt  haben  (vgl.  übrigens  auch  Klausen,  'daß  er  in  den  kalten  Ofen  {iitvbg,  bei  Tar- 
Aeneas  und  die  Penaten  772  f.,  Schioegler,  Böm.  chetios  kßxicc)  die  Brote  daraufwarf '  {iTt^ßaXs, 
Gesch.  1  S.  356).  Auffällige  Ähnlichkeiten  hier-  40  nämlich  die  Opferbrote  auf  die  Flamme  bzw. 
mit  zeigt  die  Legende  von  Caeculus  (s.  d.)  und  beim  kalten  Ofen  auf  die  Asche,  ganz  -wie 
Servius  Tullius  bei  Dionys.  Hai.  antiqu.  Pom.  Ocrisia;  ich  glaube  nicht,  daß  an  den  Vorgang 
4,  2;  Plut.  de  fort.  Born.  10,  p.  323  A—C;  Plin.  des  Backens,  wie  er  in  unseren  Backöfen  statt- 
h.  n.  36,  204;  Schwegler  a.  a.  0.  763,  2.  Da-  findet,  gedacht  ist,  sondern  meine,  daß  die 
nach  wurde  bei  der  Einnahme  von  Corniculum  Ausdrucksweise  des  Herodot  das  weitaus  primi- 
durch  Tarquinius  Priscus  {Liv.  1,  38,  4)  die  tivere  Brotbacken  in  der  heißen  Asche  voraus- 
Jungfrau  Ocrisia  {ocris,  Fels),  die  Tochter  des  setzt),  d.h.  den  Leichnam  seines  Weibes  Melissa 
dortigen  Königs,  gefangen  genommen  und  der  —  der  Tochter  des  epidaurischen  Tyrannen  Pro- 
Tanaquil  zur  Dienerin  gegeben.  Als  solche  kies  [Athen.  13,  56  p.  589  FJ,  die  er  wegen 
pflegte  sie  Erstlingsgabe  und  Trankspende  vom  50  der  Verleumdungen  der  italloocidtg ,  da  sie 
königlichen  Tische  in  das  Herdfeuer  zu  tun.  schwanger  war,  in  eine  Grube  geworfen  oder 
Dabei  verdunkelte  sich  einmal  plötzlich  die  totgetreten  habe  [Hiog.  L.  1,  94;  vgl.  unten 
Flamme,  und  ein  Phallos  kam  aus  dem  Herde  meine  Bemerkungen  über  mythologische  An- 
zum  Vorschein.  Das  Mädchen  meldete  dies  der  klänge  an  die  Derketosage,  welche  hier  viel- 
zeichenkundigen  Herrin  Tanaquil,  die  sie  hoch-  leicht  ebenfalls  zu  erwägen  wären],  was  zu 
zeitlich  schmückte  und  mit  dem  Wunderzeichen  Nie.  Damasc.  fr.  59  F.  H.  G.  3,  393  vsv.Qa  ty 
sich  begatten  hieß.  Daher  galt  das  Kind  aus  savtov  ywatx^  ^Lyarta  vre'  ^garog  und  seiner 
dieser  Verbindung  als  Sohn  des  Vulcanus  {Ovid.  späteren  Fürsorge  wohl  in  einem  gewissen 
fast.  4,  631).  Nur  scheinbar  fehlt  in  dieser  Widerspruche  steht  —  begattete,  und  daß  das 
Version,  in  der  Servius  Tullius  an  Stelle  des  60  sl'ScoXov  der  Melissa,  das  Periander  mit  Hilfe 
Romulus  auftritt,  der  tyrannische  König,  da  ja  des  acherusischen  Totenorakels  der  Thesproten 
oflFenbar  Tarquinius  Superbus  alle  Züge  dieser  zitieren  ließ,  um  es  zu  fragen,  wo  er  eine 
Art  von  seinem  Vater  in  der  Legende  an  sich  ^sivov  itccQcc^tcctcxd'tjxr]  aufbewahrt  habe,  er- 
gezogen hat.  Die  Orakelgöttin  Tethys  wird  klärte,  eben  deshalb,  weil  Periander  in  den 
durch  Tanaquil  ersetzt,  so  daß  hier  das  Orakel-  kalten  Ofen  die  Brote  getan  und  auch  sonst 
weib  geradezu  die  Gattin  des  Tyrannen  ist.  nicht  für  eine  entsprechende  Bekleidung  der 
Die  Gestalt  der  Tochter  kommt  nicht  mehr  vor,  Melissa  gesorgt  habe,  nicht  auf  die  vorgelegte 
das  Motiv  der  Dienerin  ist  aber  beibehalten.  Frage  antworten  zu  wollen.   Periander,  der  wie 


103                      Tarchetios  Tarchetios                       104 

Tarchetios  ein  böser  Tyrann  ist,  beschafiT;  der  Me-  Hinweis  auf  die  Romuluslegende]  mit  phoen. 

lissa  die  verlangte  Bekleidung  auf  schändliche  "^is,  Fels,  zusammenzustellen  sein  dürfte,  und 

Weise,  indem  er  alle  Weiber  der  Korinther  zu  überhaupt   alle   'Erbtöchter'    auf  Felsen   oder 

«inem  Feste  der  Hera  lockt,  sie  von  seinen  Tra-  in  Türmen  verwahrt  werden;  auch  die  'Mulde' 

banten  ihres  Schmuckes  entkleiden  und  ihre  Ge-  der  Tyrosage  findet  sich  bei  Kypselos  wieder), 

wänder  seiner  toten  Frau  zu  Ehren  verbrennen  und  nur  als  solche  wird  sie  entweder  mit  dem 

läßt,  und  erhält  dann  die  gewünschte  Auskunft,  Tode  bedroht  (Dienerin  des  Tarchetios)   oder 

•deren  Inhalt  Herodot  leider  nicht  mitteilt.  getötet  (Frau  des  Periander;   vgl.   unten  Der- 

NachP/M<  Fi/.sop.cowü.S  wird  anPerianders  keto,  die  in  einen  Fisch  verwandelt  wird;   ob 

Herde  ein  Kentaur 'geboren*.  {M.Jastrow,Bab.-  lo  der  Name  Tethys  sich   vielleicht   hierauf  und 

Ass.  Birth-Otnens   p.  72    deutet    ihn    als    eine  auf  Fischorakel  zurückführt,  wage  ich  nicht  zu 

Mißgeburt,   die   den   Sturz   des  Tyrannen  an-  entscheiden),  wobei  auch  ihre  Kinder  verfolg 

künde.)   In  Anbetracht  der  phallischen  Wesen-  werden  (Romulus-Semiramis) ;  anderseits  ist  sie 

hoit  der   Kentauren  -  Gandharven  {W.  Schultz,  die  orakelkundige  Göttin  (Tethys  bei  Tarche- 

Hdl.  Rätsel  2  S.  119)  ist  auch  hierin  wohl  bloß  tios,  BtS(oXov  MtXiaarig  bei  Periander),  die  das 

eine  abweichende  Fassung  der  Geschichte  vom  portentum  deutet  oder  darüber  Aufschluß  gibt 

<faXX6i  am  Herde  zu  sehen.  und  als  Tanaquil  eben  auch  einmal   zur  Frau 

In  der  TuUiussage  legt  0  er  isla  die  Brote  des  Tyrannen  gemacht  wurde,  aber  als  solche 
in  den  Ofen,  hier  tut  es  Periander.  Dort  hat  sich  etwas  zu  wohlwollend  ^gl.  den  ganz  gegen- 
das  Speisen  des  brennenden  Herdes  durch  20  sätzlichen  Charakter  der  Sidero  in  der  Tyro- 
die  Jungfrau  die  Entstehung  des  Phallos,  sage)  gegen  eben  den  Servius  TuUius  und 
hier  das  Speisen  des  kalten  Ofens  durch  den  dessen  Mutter  verhält,  der  ihren  Kindern  doch 
Tyrannen  das  Verschwinden  der  ^sivov  die  Herrschaft  vorenthalten  soll.  Ihrer  dritten 
nagcfKUTadiljxri  zur  Folge.  In  der  Tarchetios-  Seite  gehört  es  zu,  daß  sie  ein  Gewand  (s.  u.) 
sage  erscheint  Hestia,  verhindert  einen  Mord  verlangt,  wodurch  sie  sich  der  Hestia-Vesta 
und  veranlaßt  das  Weben  eines  Gewandes,  verwandt  erweist  (vgl.  Klausen  a.  a.  0.  625; 
hier  erscheint  die  ermordete  Melissa  und  bittet  Preuner,  Hestia  -  Vesta  145,  3). 
um  ein  Gßwand.  Immer  sind  die  Glieder  der  Da  der  Name  Tarchetios  sowie  die  Haupt- 
«inen  Überlieferung,  mit  denen  der  anderen  motive  des  eben  betrachteten  Mythos  auch 
verglichen,  zueinander  in v er s  gebaut.  Diese  so  mit  der  Tagessage  und  dem  Namen  dieses 
Erscheinung  ist  überaus  auffallend  und  dürfte  Gottes  (siehe  den  Art.  Tages)  übereinstimmen, 
wohl  kaum  aus  den  verschiedenen  Expositionen  so  dürfte  die  gegebene  Analyse  einen  entweder 
der  betreffenden  Sagen  ihre  Erklärung  finden.  von  Korinth  nach  Italien  importierten  oder 
Vielmehr  möchte  ich  mit  aller  Reserve  ver-  den  Korinthern  und  Italikern  durch  irgend- 
muten, daß  allein  der  umstand,  daß  das  eine  welche,  für  uns  nicht  mehr  kenntliche  Zwischen- 
Mal  eine  männliche  (Periander),  das  andere  glieder  vermittelten,  vielleicht  aber  auch  bei 
Mal  eine  weibliche  (Ocrisia)  Hauptperson  zu  beiden  Bevölkerungen  stammhaften  Mythos 
dem  Wunderzeichen  in  Beziehung  tritt,  also  bloßgelegt  haben,  der  sich  wohl  ebenso  bei  den 
der  Gegensatz  des  Geschlechtes,  die  Inversion  Etruskern  fand.  Auch  sei  noch  in  diesem  Zu- 
der  Mythenelemente  im  Gefolge  gehabt  hat,  so  40  sammenhang  hervorgehoben  ,  daß  ,  während 
daß  sich  also  in  dieser  Erscheinung  ein  syste-  Periander  zu  dem  acherusischen  Orakel  der 
matisch  -  theoretischer  Zug  verbergen  könnte  Thesproten  sendet,  Serv.  Aen.  8,  398  harusjn- 
(zum  Vergleich  verweise  ich  auf  das  unten  aus  cinae  libros  et  sacra  Acher untia,  quae  Tages 
1001  Nacht  zitierte  Märchen,  wo  der  [weib-  composuisse  dicitur  erwähnt, 
liehen]  Köchin  ein  weißes  Mädchen  [Wasser-  Zu  der  eigenartigen  Vorstellung  von  dem 
tochter?],  dem  [männlichen]  Wesir  aber  ein  Phallos  am  Herdfeuer  der  Vesta  und  dem  aus 
schwarzer  Knabe  fFeuersohn?]  aus  dem  Ofen  ihm  erwachsenden  Sohne  des  Vulcanus  ist,  um 
entgegentritt,  also  eine  ganz  analoge  Verknüp-  die  Aufklärung  dieses  dunkeln  Themas  so  weit 
fung  von  Gegensätzen  durchgeführt  zu  sein  als  möglich  zu  fördern,  noch  darauf  hinzu- 
scheint). Demnach  dürften  der  kalte  und  der  50  weisen,  daß  nicht  nur  der  'Feuersohn'  Servius 
brennende  Herd,  der  Phallos  und  die  als  Herd  Tullius  (mit  seinem  'brennenden'  Haupte)  aus 
gedachte  vulva  bzw.  tnatrix,  das  acherusische  dem  heißen,  sondern  wohl  auch  eine  'Wasser- 
Totenorakel  der  Thesproten  und  das  Orakel  tochter'  aus  dem  kalten  Ofen  hervorgehen 
der  Tethys,  ja  im  besonderen  auch  Tethys  und  sollte,  wie  überhaupt  Weltenbrand  und  Welten- 
Tanaquil,  einander  entsprechen.  Zweifelhaft  flut  von  dem  Ofen  ihren  Ausgang  nehmen, 
bleibt  Melissa,  in  deren  Person  offenbar  ver-  Daß  im  Märchen  an  Stelle  der  'Wassertochtoi' 
schiedene  Rollen  vereint  sind.  Einerseits  hat  aus  dem  kalten  Ofen  vielmehr  das  'Schnee- 
sie Züge  der  Jungfrau  an  sich,  die  selber  mit  kind'  (das  sich  in  Bärenfelle  wickelt:  man 
dem  bösen  Tyrannen  (Penelope  mit  Odysseus,  denke  an  Artemis!)  aus  dem  Eiszapfen  (Ersatz 
die  heilige  Agathe  von  Catania  mit  dem  reichen  go  für  den  Phallos  am  kalten  Herde),  der  'Feuer- 
Freier;  vgl.  Robert  Eisler,  Weltenmantel  und  söhn'  aber  ganz  richtig  aus  dem  Herd  funken 
Hiimnelszelt  S.  133  ff.)  und  nicht  bloß  mit  dem  empfangen  wird  {Wlislocki,  Märchen  der  trans- 
Phallos  verheiratet  wird,  so  daß  sie  der  Ocrisia  silv.  Zigeuner  und  Bukowinaer  Armenier  S.  149 
entspricht  (in  den  Kypselidensagen  klingt  die  nr,  54),  ist  vom  Standpunkte  der  vergleichenden 
in  dem  Namen  Ocrisia  verkörperte  Vorstellung  Mythenforschung  aus  ebenso  heranzuziehen,  wie 
vielleicht  noch  in  dem  Orakel  bei  Herodot  5,  in  dem  arabischen  Fragment  des  Hippolytos 
92  ß  aUrbg  iv  nirgyai  "kvsl  an,  ähnlich  wie  zum  Targum  Genes.  7,  6  (übers.  Bonwetsch- 
auch  Tyro  als  Eponyme  von  Tyrus  [s.  o.  den  Achelis    Bd.  I,    griech.  -  christl.    Schriftsteller, 


105                         Tarchon  Tarchon                         106 

preuß.  Akad.)  die  Lebende,  daß  die  Striime  der  Stadtheros  von  Tarquinii,  nach  Müller-Deecke, 
noachitischen  Sintflut  aus  einem  Backofen  her-  D.  Etrusker  1,  218.  2,  24  der  ^Hauptheros  der 
vorbrachen,  oder  bei  Kpiphan.  hacr.  26,  1  die  Etruskigchen  Mythologie'.  Der  zuerst  bei  He- 
den '"Gnostikern '  zugeschriebene  Lehre,  daß  rodot  (1,94)  begegnend«.'n  Überlieferung  von 
Korea  (deren  Name  syrisch  Feuer  bedeute  und  der  Etrusker  Herkunft  aus  Lydien  folgend  nennt 
also  der  JJvQQa  in  der  hellenischen  Flutsagc  Strabon  (5  p.  219)  Tarchon  als  Begleiter  des 
gleichwertig  sei)  vor  der  Flut  die  Asche  drei-  Tyrr(h)eno8;  dieser  ha})e  das  Land  nach  sich 
mal  durch  Brand  vernichtet  habe.  Die  zahl-  Tyrr(h)enia  benannt  und  zwölf  Städte  gegrün- 
reichen Märchen,  in  denen  aus  dem  Kochen  det,  oUiarriv  iniarrjoag  TccQxoava,  &cp'  ov  Tag- 
eines  Topfes  am  Feuer  eine  Überflutung  her-  lo  ■avvia  i]  noltg,  ov  Si,ä  rrjv  iy.  -jtaidcüv  avvsaiv 
vorgeht,  sind  sattsam  bekannt.  Zu  dem  Ma-  noXibv  yeysvviiö&aL  ^vd-svovai.  Dazu  Steph.  Byz. 
teriale,  welches  Robert  Eisler,  Kuba-Kybelc  s.v.  Tag-nwla  p.  öo;} ,  21  (noXig  TvQQr\vi8og^ 
im  Philol.  68,  202  Anm.  248  für  Backofen  äno  Tagacovos)  und  s.  v.  Tagxooviov  p.  607,  3  f. 
gleich  Vulva  bzw.  matrix  gesammelt  hat,  vgl.  {nöXig  Tvggrjviag,  ^nh  Tr}Xd(pov  Tcuidog  Tägxo)- 
auch  das  ''junggeglühte  Männlein'  bei  Grimm  vog),  dessen  Unterscheidung  zweier  Städte  kaum 
K.  H.  M.  nr.  147.  Feuer  und  Wasser  in  ihrer  richtig  ist  (Müller-Beecke  1,  07,  4):  'von  den 
gemeinsamen  Beziehung  zum  Herde  betrifft  Griechen  wird  der  Ortsnamen  vereinzelt  Tag- 
auch  ein  armenisches  Märchen  {Armenische  Bi-  looviov,  gewöhnlich  im  Anschluß  an  die  latei- 
hliothek  4,  S.  XXVHf.),  wonach  eine  Pfarrers-  nische  Form  durch  Tccgnwlcc  Tccg-nvvLOL  wie- 
frau,  am  Herd  sitzend,  von  einem  Bettler  um  20  dergegeben',  Nissen,  Ital.  Landesk.  2^330.  Stra- 
Brot  gebeten,  ihm  schließlich  einen  Kuß  ge-  hons  liericht  wiederholt  Eustathios  z.  Dion. 
währt,  dann  aber  sich  aus  Scham  vor  dem  ein-  Perieg.  347,  der  außerdem  Lykophron  (s.  u.) 
tretenden  Manne  in  den  Herd  stürzt,  der  zu  als  Gewährsmann  für  Tarchon  zitiert  und  zu 
einer  Quelle  wird,  in  der  sie  sich  als  Fisch  der  Notiz,  man  habe  von  Tarchon  wegen  sei- 
auf  hält  (vgl.  auch  Klausen  a.  a.  0.  626  ff.).  nes  schon  vom  Kindesalter  an  hervorleuchten- 
Schon  der  Herausgeber  dieser  Erzählung,  Gri-  den  Verstandes  gefabelt,  er  sei  mit  grauen 
kor  Chalatianz,  verwies  auf  Derketo  bei  Dio-  Haaren  geboren  worden,  beifügt,  daß  auch 
dor  2,  4,  und,  merkwürdig  genug,  das  Motiv  vom  troischen  Kyknos  die  Alten  aus  einem 
von  den  Tauben,  welche  die  Semiramis  nähren,  derartigen  Grund  aussagten,  er  sei  von  Geburt 
klingt  deutlich  darin  an,  daß  Vögel  (außer  30  grau  gewesen;  zu  letzterem  vgl.  auch  Eustath. 
der  Wölfin)  den  ausgesetzten  'Romulus'  laben.  z.  IL  2,  21  p.  167,  23.  Wohl  aus  altetniski- 
Ja  auch  die  altertümliche  römische  Sitte,  ge-  sehen  Sagen  und  Geschichtsbüchern  schöpften 
wisse  Fische  (maenae),  ohne  Zweifel  pro  animis  der  alte  Cato  in  seinen  Origiyies,  Cn.  Gellius, 
humanis  (vgl.  Ovid  Fast.  3,  342  und  das  Braten  Caecina,  M.  Verrius  Flaccus;  vgl.  Müller-Deecke 
der  Menschenfische  auf  dem  Herde  in  der  Ge-  1,67.125.  —  Oaio  erwähnt  "^Tarchonem  Tyrrheno 
schichte  vom  Fischer  und  Ifriten  in  1001  Nacht,  oriundum'  im  Zusammenhang  mit  der  Stadt 
übers,  von  Henning  h^i  Becl.  Univ.-Bibl.  1,  35  ff.  Pisae,  Cato  frg.  45  ed.  Peter  {Hist.  Born.  rel.  1, 
und  57 ff.),  als  Opfer  in  das  Feuer  des  häus-  64)  bei  Serv.  Aen.  10,  179.  —  Flaccus  im  ersten 
liehen  Herdes  zu  werfen,  kann  wohl  nur  aus  Buch  Etruscarum  (rerum)  und  ebenso  Caecina 
Vorstellungen  der  angeführten  Art,  die  eben  40  bezeichneten  Tarchon  als  Gründer  von  Man- 
aehr  vielen  Völkern  gemeinsam  sind  und  daher  tua,  Flacc.  frg.  2  ed.  Peter  (a.  a.  0.  2,  79)  in 
nicht  unbedingt  von  dem  einen  auf  das  andere  den  Schol.  Veron.  z.  Aen.  10,  200  (ed.  Thilo- 
übertragen  sein  müssen,  ihre  Erklärung  finden.  Hagen  3,  2,  445),  vgl.  auch  Serv.  Aen.  10,  198, 
Auch  über  die  Beziehung  der  Vesta  zum  Phal-  nach  welchen  Berichten  T.,  der  wie  im  eigent- 
los  siehe  Eisler  a.  a.  0.  S.  182  Anm.  183  c.  liehen  Etrurien  so  auch  im  Gebiet  des  Padus 
Wahrscheinlich  dünkt  mir,  daß  dem  Phallos  (Mantua  eingerechnet)  12  Städte  gegründet  hat, 
Vulcanus  als  Gemahl  der  Vesta  (das  männliche  Stifter  soll  gewesen  sein  des  Zwölfstädtebun- 
Reibholz  des  Feuerzeuges  im  Gegensatz  zum  des  diesseits  wie  jenseits  des  Appennin,  vgl. 
weiblichen,  vgl.  Eisler,  ebenda)  entsprechen  Müller-Deecke  1,  67 f.,  6.  125.  2,  283 f.  Nissen 
sollte,  wie  auch  nach  Liv.  22,  10,  9  beiden  50  a.  a.  0.  1,  497.  Ungenau  scheint  Sil.  Pal.  8, 
Gottheiten  ein  gemeinsames^uZvwar  zugeordnet  472  f.  Cortona  als  Tarchons  Gründung  hinzu- 
wurde. Endlich  hat  Eisler.,  Weltenmantel  und  stellen  (Cortona  superbi  |  Tarcontis  domus),  im 
Himjnelszelt  S.  165  ff.  (vgl.  Philol.  68,  149)  die  Widerspruch  mit  4,  720  und  5,  123  (vgl.  auch 
Zugehörigkeit  eines  Umhangritus  zu  Vesta  er-  Verg.  Aen.  3,  170),  wonach  Cortona  gegründet 
wiesen  und  zahlreiche  Analogien  beigebracht.  und  benannt  vom  Heros  Korythos  (s.  d.).  — 
Nun  ist  aber  diese  Zugehörigkeit  auch  in  der  Vom  Tyrrhener  Tarchon  erzählt  Cji.  Gellius 
Tarchetiossage  mythologisch  durch  das  Tene-  frg.  7  Peter  (1,  166f.)  bei  Solin.  1,  8  (p.  7,  14 
iopemotiv'  zum  Ausdrucke  gelangt,  so  daß  Momms.),  er  habe  Cacus,  den  Abgesandten 
die  sprachliche  Bedeutung  des  Wortes  (Vesta,  des  Königs  Marsyas  (des  Eponymen  der  Mar- 
faGtLci,  die  Verhüllte,  Bekleidete),  der  Kult-  60  ser,  Plin.  h.  n.  3,  108)  gefangen  gesetzt;  der 
brauch  (Bekleidungsritus)  und  die  italisch-  aber  habe  sich  zu  befreien  gewußt,  sei  mit 
€truskische  Tullius- Tarchetiossage  einerseits,  starker  Heeresmacht  zurückgekehrt  und  habe 
die  korinthische  Periandersage  anderseits  sich  ein  Reich  gegründet  am  Volturnus  in  Campa- 
wechselseitig  ergänzen  und  in  breite  mythen-  nien,  vgl.  Preller,  Böm.  Myth.,  2.  Aufl.  von  B. 
geschichtliche  Zusammenhänge  einordnen  las-  Köhler  S.  643,  1,  zuletzt  darüber  Carl  Robert 
Ben.     [Wolfgang  Schultz.]  in  d.  Festgabe  f.  H.  Blümner  S.  80  ff. 

Tarchon(Ta()^co?^oderTa9XG)v,etr.Tarchu(n)),  Den  Tarchon  machen  Lykophron  und  Ver- 

der   mythische    Ahnherr    der   Tarquinier    und  gil   zum    Zeitgenossen   und    Verbündeten    des 

Röscher,  Lexikon  dor  gr.  u.  röm.  Mythol.  V.  6 


107                        Tarchon  Tarchon                       108 

Aioeias  {MitUer-Dtecke  2,  184).     Offluibar  dem  —164,  kehrt  an  der  Spitze  der  neuen  Genossen 

Timaios   aus   Tauromenion   folgend  (vgl.  Joh.  auf  den  Schiffen  zurück,  und  nach  vollzogener 

Otffektn,    Timaio^  Oeogr.  d,  Westens ,  Pkilol  Landung,  wobei  des  Tarchon  Schiff  scheitert 

Unters,  hg.  v.  Kießing  und  Wilamowitz  H.  18  {Aen.  10,  290—807),   entwickelt   sich   alsobald 

S.  147,  26  ff.)  sagt  Lykophron  in  den  vielbeni-  die  Schlacht;  episodisch  tritt  Tarchon  auf  11, 

fenen    Versen    1226  —  1280    seiner   Alexandra  726— 758:  er  feuert  die  saumseligen  Tyrrhener 

(vgl.  aus  ntxieteT  Zt\tv,  Wilamowitz  find,  schol.  an,  tadelt  sie,   ähnlich  wie  Agamemnon  seine 

Chyphisw.  1888/84.  Friedr.  Cauer,  Bhein.  Mw.  Argiver  {11.  4,  242—249),  und  besteht  siegreich 

n.  F.  41,  1886,  887—397.    Jahrb.  f.  kl  Philol.  den  Kampf  mit  Venulus  (s.  d.). 
Suppl  16,  1887,  127  S.   Geffcken  a.a.O.  39  ff^.):  lO      Schon  Columella  10,  346  f.  gedenkt  des  Tar- 

einen  Bund  wird  mit  ihm  (sc.  Aineias)  schlie-  chon  als    eines  Landmannes   der  Vorzeit,   der 

fien,   durch  Bitten   ihn  gewinnen   der  vielge-  zum   Schutz   gegen   Blitzschaden    seine   Güter 

wanderte  Nanos   (6  'Odvacevg  naqa  Tvgorivolg  mit  'vitis  alba'  (Zaunrübe,   bryonia*),    gewiß 

vdvog  ^aXtltai  iriXovvtos  roü  dvo^aroe  xov  nXa-  nicht  Waldrebe,    clematis    vitalba,    vgl.  Flin. 

n^TiVy  vgl.  Schol  u.  TzeU.  z.  Lyk.  v.  1244),  der  23,  21  ff.  Hehn,  KuUurpfl.  u.  Haustiere'^  S.  668) 

sonst  ihm  feind  gewesen ;    helfen  werden  ihm  umzäunt  habe  (vgl.  Riess,  Aberglaube,  bei  Fauly- 

die  beiden  Söhne  des  Myserfürsten  (des  Tele-  Wissowa  1,  67,  45  ff.  Gruppe,  Gr.  Myth.  787,  7); 

phos)  TÜQxmv  XB  nal  Tveffrjvd?,  aH&mvsg  huxoiy  \  aber  erst  loannes  (Laurentius)  der  Lyder  bringt 

t&v  ^HguiiXeiaiv  ixyBy&tsg  aliidtav  (v.  1248  f.),  sr,  Sioörj^iBimv   {de   ostentis)   c.  2  f.  (wo   er  auch 
vgl.  B.  H,  Klausen,   Aeneas  u.  d.  Penaten  (2)  20  von  einem  alten  d^voa^oTiog  ==  haruspex  Tar- 

S.  1212  ff.     A.  Schwegler,  Böm.  Gesch.  1,  404  f.  chon  spricht)  den  Tarchon  in  Verbindung  mit 

Preller,  Böm.  Myth.^  S.  666.    Geffcken  a.  a.  0.  dem  altetruskischen  Daimon  Tages  (s.d.),  der 

41  (44).    'Wirklich  haben  die  Tarquinier,  das  einst  im  Gebiet  von  Tarquinii,   als   die  Erde 

nach  der  Überlieferung  während  der  Blütezeit  gepflügt  und   eine  Furche   ungewöhnlich  tief 

von  Tegea   in   Rom   herrschende  Haus,   ihren  gezogen  ward,  plötzlich  daraus  hervorgesprun- 

mythisdien  Ahnherrn  Tarchon  auf  Telephos  (s.d.)  gen  sei  und  den,  der  pflügte,  angeredet  habe, 

zurückgeführt,    als    dessen  Tochter   auch   die  ein  Bjiabe  zwar  an  Gestalt,  doch  an  Weisheit 

Stadteponyme  Rome   gilt  {Plut.  Born.  2)    und  schon  ein  Greis,  der  Urheber  der  etruskischen 

der  selbst,  wie  es  scheint,   auch  dem  Latinos  Disziplin,  Cic.dediv.  2,23.  Ovid.met.lb^bb2ff. 
gleichgesetzt  wurde   (vgl.  Suid.  s.  v.  Auxlvoi)\  so  etc.  Jacobi,  Handivb.  d.  gr.  u.  röm.  Myth.  S.  835. 

Gruppe,  Gr.  M.  204,   ähnlich  wie    anderseits  Während  nach  K.  0.  Müller  der  Ackersmann, 

das  neugebackene  Pergamon  den  alten  Sagen-  den  unsere  altern  Quellen  nicht  nennen,  gewiß 

rühm  von  Teuthrania  auf  sich  herüberzuleiten  kein   anderer  war   als   der  tarquinische   Tar- 

suchte  und   im  sog.  kleinern  Fries  auch  vor-  chon,  wie  loannes  der  Lyder  berichte,  ein  Miß- 

nehmlich  den  Telephos  zu  Ehren  gebracht  hat,  Verständnis  Strabons  andeute  (der  5  p.  219  von 

vgl.  schon  Klausen  S.  1216  ff.  1222  ff.  Für  Tar-  Tarchon  sagt,  er  sei  mit  grauem  Haar  geboren 

chon  als  Telephiden  und  Herakleiden  s.  Schol.  worden,  was   wohl  für  Tages   gilt,   vgl.  auch 

u.  Tzetz.  z.  Lyk.  1242  ff.  u.  1249  (^|  "HQayLliovg  Eust  Dion.  Perieg.  347  u.  z.    11.  2,  21  p.  167, 

xai  A^Y'^i  T7]Xsq>og,  TriXicpov   äh   Tdgxcav   xat  23)  und  auch  das  Lokal  der  Sage  beweise,  wäh- 
TvpffTjvos) ,   welch   letzteres    Scholion    Tzetzes  40  rend  K.  0.  Müller  annahm,  daß  Tarchon  und 

ergänzt  um  den  Namen  des  Vaters  der  Auge,  Tages  Personen  derselben  Sage  waren,  die  leicht 

'AXsogy  und    den   der  Gemahlin    des  Telephos  verwechselt  werden  konnten,  und  daß  Tarchon 

und   Mutter   des    Bruderpaares   Tarchon    und  den  Tages  'ausgepflügt'  und  zuerst  seine  Leh- 

Tyrsenos,  'Jepa  (s.  d.).  Auch  bei  Steph.  Byz.  s.  ren  vernommen  habe  (vgl.  Müller-Deecke  1,  68. 

TaQxöaviov  p.  607,  3  ist  Telephos  als  Tarchons  218.  2,  23  f.  39  f.  283.  319  f.),  hält  Deecke  die 

Vater  genannt,  bei  Serv.  Aen.  10,  198  Tyrrhe-  Überlieferung  von  dem  schlichten  namenlosen 

nus  als  Bruder,  wogegen   der  alte  Cato  (s.  o.)  Ackersmann   für   älter   und  echter  und  seine 

den  Tarchon  von  Tyrrhenus   abstammen  ließ  Identifizierung  mit  Tarchon   für   eine  spätere 

{Müller-Deecke  1,  67.   82,  41.  2,  264.     Nissen  gelehrte  Kombination   (vgl.  Müller-Deecke  2, 
a.  a.  0.  1,  497).  Endlich   vgl.  für   Tyrr(h)enos  50  24, 18).   Und  wie  man  früher,  'als  man  in  allen 

als  des  Telephos  Sohn,  nach  andern  Sohn  des  Figuren    mythologische   Bedeutung   witterte', 

Herakles  von  der  Omphale,  Dion.  Hai.  1,  28.  o.  den  wunderbaren  Knaben  Tages  erkennen  wollte 

Bd.  3,  Sp.  879,  27  ff.   —   Bei  Vergil   erscheint  in  der  Statue  eines  sitzenden  nackten  Knaben 

lediglich   Tarchon   (genannt  Aen.  8,  506.  603.  mit  Bulla  um  den  Hals  und  mit  Weihung  an 

10,  163.  290.  299.  302.    11,  184.  727.  729.  746.  Selvans  (um  1770  bei  Corneto,  dem  alten  Tar- 

767),  wogegen  Tyrrhenus  völlig  zurücktritt  (ein  quinii,  gefunden,    heute   im  Etruskischen  Mu- 

Tyrrhenus  11,  612 ff".,  fällt  auf  des  Aeneas  Seite  seum    des  Vatikans,    bei   Heibig,   Führer^  1, 

zugleich   mit   seinem   Gegner  Aconteus),   viel-  386  f.  nr.  702,  vgl.  auch  o.  unt.  Selvans  Bd.  4, 

leicht  wiederzuerkennen  ist  in  dem  Feind  des  Sp.  656,  51  ff.  657,  32  ff.),  so  hat  man  auch  bei 
Aeneas,  dem  mit  Mezentius  verbündeten  Tur-  60  der  altetruskischen   Bronzegruppe   eines  Pflü- 

nus,  vgl.  XZaiisen  1212ff.  In  der  ^enei's  8,  503 ff.  gers   aus   der  Gegend   von  Arezzo,   heute   im^ 

weist  der  greise  Arkader  Euander,  der  auf  dem  Kircherschen  Museum  zu  Rom  (bei  Heibig  a.a.  O.j 

Palatin  haust,  weil  er  sich  selber  zum  Bundes-  2,  297  nr.  1723,  oft  abgeb.,  z.  B.  Daremberg  et^ 


genossen   zu   alt  und   zu   schwach   fühlt,  auf  Saglio,  Dict.  des  ant.  1,  355  Fig.  436.  Baumei 
Tarchon  hin,  den  Führer  der  gegen  Mezentius  ^^^ , 

verbündeten  Etrusker,  und  Aeneas  macht  sich  ^^^^  neben 

auf  zum  Lager  des  Tarchon,  Aen.  8,  585 — 607 ;  n^mg  ? ^te  i 

er  schließt  das  Bündnis  mit  Tarchon,  10,  147  a.  Theiiung). 


Tarchon  hin,  den  Führer  der  gegen  Mezentius  ,,  ^.   -^       ...       ,  .,,,  .       .  ,     .     ^  ,   .    ,. 

,..,,'_,,        ,  j*°°  i.'i  )  Die  f  Bryonia  dioeca'  führt  auch  heute  noch  m  Ita- 

verbündeten  Etrusker,  und  Aeneas  macht  sich  ^^^  ^^^^^  ^^^^^  voikstümUchen  Namen  die  Bezeich- 

auf  zum  Lager  des  Tarchon,  Aen.  8,  585 — 607 ;  n^mg  ? ^te  bianca'  (nach  gut.  Mitteüung  meines  Kollegeal 


109 


Tarchon 


Targyenos 


110 


ster,  Dcnkm.  d.  kl.  A.  S.  18  Abb.  16.  /.  Mar- 
tha,  Vart  etr.  S.  610  Fijiif.  346.  Blüvmer,  Hörn. 
Frivataltert.  S.  658  Fig.  85)  an  den  altehrwür- 
digen Pflüger  Tarchon  «gedacht,  wogegen  man 
heute  eher  sich  damit  bescheidet,  in  solchen 
Fällen  einfach  Votivstatuen  anzunehmen,  das 
eine  Mal  das  Votivbild  eines  vornehmen  Kna- 
ben (wozu  vgl.  die  Knabenfiguren  bei  Heibig 
nr.  439  u.  681),  das  andere  Mal  das  Weih^e- 
schenk  eines  Ackermannes,  der  darin  lediglich 
seine  Arbeit  veranschaulichen   wollte  . .  .    Mit 

frößerer  Wahrscheinlichkeit  dagegen  wird  auf 
archon,  'den   tarquinischen  Heros,   dem   die 


Bruchstück  eines  Eeliefs  aus  Cerveteri,  im  Lateranmuseum, 

mit    den  Vertretern    der   etruskischen    Städte  Vetulonia, 

Vuloi  und  Tarquinii  (^=  Tarchon).     (Nach  Daremberg- 

Saglio,  Dictionnaire  des  Antiquites  2,  823  Fig.  2771). 

Etrusker  die  Begründung  ihrer  Religion  und 
Kultur  zuschrieben'  (vgl.  lo.  Lyd.  a,  a.  0.),  der 
bärtige  Mann  gedeutet,  der  als  Vertreter  von 
Tarquinii  erscheint  auf  dem  Bruchstück  eines 
Reliefs,  das  die  etruskischen  Bundesstädte  dar- 
stellte, 1840  zu  Cerveteri,  dem  alten  Caere,  ge- 
funden, heute  im  Lateranmuseum,  ygl.Benndorf- 
Schöne,  B.  ant.  Bildw.  d.  lateran.  Mus.  S.  130  ff. 
nr.  yi2,  Helhig  2, 15  f.  nr.  1173,  zuerst  publiziert 
von  E.  Braun,  Ann.  d.  Inst.  14  (1842),  37—40 
z.  tav.  d'agg.  C,  abgeb.  z,  ß.  auch  Daremherg- 
Saglio,  Biet.  2, 823  Fig.  2771  (darnach  uns.  Abb.). 
Eugenie  Strong,  Boman  sculpture  p.  96.  pl.  32. 
Sal.  Beinach,  Bep.  de  reliefs  3,281, 1.  Erhalten 
sind  die  Vertreter  der  drei  Städte  Vetulonia, 
Vulci  und  Tarquinii,  alle  drei  durch  Inschrif- 
ten bezeichnet,  am  meisten  rechts  der  bärtige 
Mann,  der  Tarquinii  repräsentiert,  die  Toga 
über  den  Hinterkopf  gezogen,  wie  es  Vorschrift 
beim  Opfer  (vgl.  den  ^voa^nonog  Tarchon  bei 
lo.  Lyd.  a.  a.  0.),  in  Tracht  und  Verhüllung 
erinnernd  an  den  sog.  Genius  des  Augustus  in 
der  Rotunde  des  Vatikans,  Heibig  nr.  304;  die 
Linke  hielt  vielleicht  (nach  vorhandenen  Spu- 
ren) eine  Scbriftrolle,  die  ein  für  Tarchon 
passendes    Attribut   wäre.  —  Inschriftlich 


findet  sich  Tar;^u  auf  einem  Wandgemälde  der 
Tomba  Fran9oi8,  des  1867  von  Alessandro  Fran- 
9oi8  entdeckten  Grabes  bei  Vulci,  wo  dem  am 
Boden  Sitzenden,  der  von  Marce  Camitlnas  an- 
gegriffen wird,  als  Name  beigeschrieben  ist 
Cneve  Tar;ju  Ruma;^  (=  Cn.  Tarquinius  Roma- 
nus, Fabretti,  C.  inscr.  Bai.  nr.  2166),  vgl.  die 
Abb.  nach  Ba/f'aele  Garrucci  Arch.  Jahrb.  12 
(1897)  S.  70    und    (wiederholt)  14  (1899)  S.  46 

10  Fig.  2,  wozu  die  Ausführungen  von  G.  Körte 
und  E.  Petersen,  ferner  Friedrich  Münzer,  Bh. 
Mus.  53  (1898),  596—620  {C.  Bobert,  Festgabe 
f.  H.  Blümner  S.  76 ff.);  für  weiteres  inschrift- 
liches Material  vgl.  Fabretti,  Gloss.  Bdl.llb'dt 
1761  ff.   1766  f. 

Sprachliches.  Tar;gu(n)  dürfte  ein  echt 
etruskischer  Name  sein,  vgl.  Müller-Deecke  1, 
68,  8,  somit  kaum  indogermanisch,  und  W. 
Corssens  Herleitung  von  einer  W  *starg  =  der 

20  'Starke,  Starkmann',  Tarquinii  =  'Starken- 
burg' (vgl.  Corssen,  lieber  d.  Spr.  d.  Etr.  1,  238. 
417.  2,  151  f.  645)  fällt  mit  seiner  ganzen  Hy- 
pothese, Deecke  a.  a.  0.  S.  69  A.  8.  Zu  Tarqui- 
nius verhält  sich  Tar;fU  ähnlich  wie  Pumpu  zu 
Pomponius,  Tlapu  zu  Tlabonius,  Petru  zu  Pe- 
tronius,  vgl.  G.  Körte,  Arch.  Jahrb.  12  (1897), 
77,  zu  Täq^cüv  wie  Charu(n)  zu  Charon,  Aplu(n) 
oder  Apulu  zu  ApoUon,  vgl.  auch  etr.  A%- 
memrun  und  Memrun,  Ataiun,  Ichsiun,  Tritun 
etc.,  vgl.  Corssen  a.  a.  0.  1,  817  ff.  Waser,  Cha- 
ron, Charun,  Charos  S.  73;  über  das  Abwerfen 
des  auslautenden  n  im  Nominativ  vgl.  Corssen 

1,  820  f.  (für  Tarcho  st.  Tarchon  schon  Serv. 
^en.  8,  603.  10,163);  Tccqxcov,  -ovros  st.  Täg- 
X(ov,  -covog  (ähnliches  Schwanken  z.  B.  auch 
bei  jQccyiav)  Sil.  Bai.  8,  473.   lo.  Lyd.  n.  Sioa. 

2,  3,  vgl.  auch  Schol.  Veron.  z.  Aen.  10,  200 
(ed.  Thilo-Hagen  3,  2,  445).     [Otto  Waser.] 

Tarchii(n)  s.  Tarchon  a.  E. 

40  Tarentinus,  Beiname  des  luppiter:  templum 
Tarentini  lovis,  Oros..,  Histor.  adv.  pag.  4,  1, 
14  (p.  208,  16  Zangemeister).  Einen  ehernen 
Koloß  des  Zeus  für  Tarent  hatte  Lysippos  ge- 
schaffen, Plin.  34,  40;  vgl.  Lucilius  bei  Nonius 
p.  201,  17  (=  Lucilius  ed.  Marx  1  p.  36  v.  525. 
2  p.  195  f.  V.  525).  Strab.  6,  278.  Stat.  Silv. 
1,  1,  103.  H.  Brunn,  Gesch.  der  griech.  Künst- 
ler 1,  S60  (V,  2b2  t).  [Höfer.] 
Targelios  s.  Thargelios. 

50  Targitaos  {TccgyLtdog),  mythischer  Ahnherr 
der  Skythen,  nach  ihrer  Annahme  (deren  Rich- 
tigkeit Herodot  bezweifelt)  Sohn  des  Zeus  und 
einer  Tochter  des  Flußgottes  ßorysthenes  (h. 
Dn'epr),  Vater  der  drei  Stammesheroen  Lipo- 
xai's,  Arpoxa'is  und  Kolaxai's  (vgl.  Colaxes  Val. 
Flacc.  6,  48.  o.  Bd.  2,  Sp.  1268,  61  ff.),  Herod. 
4,  5  (7).     [Otto  Waser.] 

Targyenos  {Tocgyvrivog),  Beiname  des  Zeus, 
wohl  nach  einem  Ortsnamen  Targya  oder  Targye, 

60  auf  einer  Inschrift  aus  Philadelphia  (Alasche- 
hir):  ^d  TccQyvjiv&l}]  inriytoco.,  Keil  u.  v.  Bre- 
mer stein,  Bericht  über  eine  ^eise  in  Lydien  in 
Denkschr.  der  Kais.  Äkad.  der  Wiss.  zu  Wien 
philos.-hist.  Kl.  63  (1910),  H  S.  26  nr.  37.  Die 
Inschrift  scheint  nach  Alaschehir  aus  der  Ge- 
gend von  Ideli  verschleppt  zu  sein,  da  sich 
hier  eine  Inschrift  gefunden  hat,  die  denselben 
Beinamen  des  Zeus,   allerdings  in  etwas  ver- 

5* 


111 


Tarigyenos 


Tarpeia 


112 


änderter  Form  bietet:  ^il  TaQiyvT]v[&{i)B'bx^^]y 
Keil  und  v.  Premerstein,  Beriü%t  über  eine  dritte 
Heise  in  Lydien  in  Denkschriften  usw.  67 
(1914),  I  nr.  78,  S.  61  f.     [Höfer.] 

Tarigyenos  s.  Targyenos. 

Tarkon  s.  Tarchon* 

Tarmneenbaci,  lokales  Epitheton  der  Lares 
(vgl.  Bd.  2  Sp.  1886,  87  ff.)  auf  einer  Weih- 
inschrift aus  Aquae  Flaviae  in  Callaecia  (Hi- 
spania  Tarraconensis) :  Laribus  Tarmucenbctcis 
Ceeeaecis,  C.  I,  L.  2,  2472.     [Höfer.] 

Tarpeia,  nach  der  gewöhnlichen  Sage  die 
rOmische  Jungfrau,  die  das  Eapitol  an  die 
Feinde  verriet,  aber,  anstatt  den  erhofften  Lohn 
zu  finden,  ihren  Verrat  mit  dem  Tode  büßte. 
Die  Überlieferung  ist  nicht  einheitlich:  es  fin- 
den sich  Schwankungen  in  der  Abkunft  der 
Tarpeia,  in  dem  Namen  des  Volkes,  zu  dessen 
Gunsten  sie  zur  Verräterin  wurde,  in  den  Mo- 
tiven, die  sie  zu  ihrer  Tat  führten,  usw.  Vgl. 
L.  Krahner,  Die  Sage  von  der  Tarpeia  nach 
der  Überlieferung  dargestellt  (Friedland  1858). 
JET.  A.  Sanders,  Roman  historical  sourcea  and 
institutions:  The  myth  about  Tarpeia  in  Univers, 
of  Michigan  studies  1  (1904),  1  ff.  (mir  nur  aus 
Wissowa,  Religion  u.  Kultus  der  Römer  233* 
Anm.  9  und  Fr.  Mümer^  Cacus  der  Rinderdieb 
6  Anm.  6  [vgl.  99  Anm.  14]  bekannt).  Ettore 
Pais,  Äncient  legends  of  Roman  history  96  ff. 
(vgl.  Storia  critica  di  Roma  1,  384  Anm.  1). 
S.  Reinach,  Tarpeia  in  Rev.  arch.  1908, 1  p.  42  ff. 
«—  Gultes,  Mythos  et  Religions  8,  223  ff. 

Tarpeia  ist  Tochter  des  Sp.  Tarpeius  — 
über  T.  als  Tochter  des  Titus  Tatius  s.  unten 
Sp.  113, 37  — ,  dem  von  Romulus  die  Bewachung 
der  Burg  anvertraut  worden  war.  (Nach  einer 
von  Plut.  Rom.  17  [vgl.  Propert.  4,  4,  94.  Ov. 
Fast.  1,  261]  wiedergegebenen,  aber  als  un- 
glaubwürdig bezeichneten  Version  wäre  Tar- 
peia selbst  die  Wächterin  der  Burg  gewesen.) 
Beim  Wasserholen  (s.  unten  Sp.  112,  30)  trifft  sie 
auf  die  Sabiner,  und  aus  Begierde  nach  den 
goldenen  Armspangen  und  Ringen,  die  die  Sa- 
biner trugen,  verspricht  sie,  den  Feinden  durch 
ein  Pförtchen  Eingang  in  die  Burg  zu  ver- 
schaffen, wenn  sie  ihr  als  Lohn  das  geben 
wollten,  was  sie  an  den  linken  Armen  trügen, 
und  führt  in  Abwesenheit  ihres  Vaters  den 
Verrat  aus.  Im  Besitz  der  Burg  werfen  die 
Sabiner  auf  Geheiß  des  Tatius  das,  was  sie 
am  linken  Arme  trugen,  nämlich  ihre  Schilde, 
nach  manchen  außerdem  auch  ihre  Armspan- 
gen auf  die  Jungfrau,  die,  unter  dieser  Last 
verschüttet,  ihren  Geist  aufgibt,  Fabius  Pictor 
{Eist.  Rom.  rel.  ed.  Peter  1  p.  19  ff.  fr  gm.  8  = 
Hist.  Rom.  Fragm.  p.  20  f.  frgm.  8)  und  Cincius 
Alimentus  {Eist.  Rom.  rel.  1,  41  frgm.  6  = 
E.  R.  Fragm.  78  frgm.  5)  bei  Dionys.  Eal. 
Ant.  Rom.  2,  38  ff.  Liv.  1,  11,  7  f.  Plut.  Rom. 
17.  Zonar.  7,  3.  Florus  1,  1,  12.  Valer.  Max. 
9,  6,  1.  Aurel.  Vict.  De  viris  illustr.  urb.  Rom. 
2  (p.  26  Pichlmayr).  Festus  p.  363  Müller  = 
550  Ponor.  Appian  {codi.kQQiavo?,  corr.  Kuester) 
bei  Suid.  s.  v.  Tdxiog  und  cpvXdh^ccvxsg  (p.  1568 
Bernh.)  =  Appian  ed.  Mendelssohn  1  p.  17 
{Reg.  8).  Serv.  ad  Verg.  Aen.  8,  348.  Myth.  Lat. 
1,  165.  Ov.  Met.  14,  777.  Fast.  1,  261.  Aristides 
von  Milet  bei  Plut.  Parall.  16.   Als  Beweggrund 


für  die  Handlungsweise  des  Tatius  gibt  Plut. 
Rom.  17  (vgl.  Liv.  1,  11,  7.  Propert.  4,  4,  89) 
seinen  Abscheu  gegen  den  Verrat  der  Tarpeia 
an.  Nach  Fabius  Pictor  bei  Dionys.  2,  40 
hätte  es  den  Sabinem  nach  Erreichung  ihres 
ZiiBles  leid  getan,  ihr  goldenes  Geschmeide 
hergeben  zu  sollen,  und  sie  hätton  daher  ihre 
Schilde  auf  Tarpeia  geschleudert,  als  hätten 
sie  versprochen  gehabt,  ihr  diese  zu  geben. 
10  Nach  Liv.  1,  11,  7  erfolgt  die  Tötung  der  Tar- 
peia seitens  der  Sabiner,  um  den  Schein  zu 
erwecken,  als  sei  die  Burg  von  ihnen  durch 
Waffengewalt,  nicht  durch  Verrat,  genommen 
worden.  Für  den  Verlust  der  Burg  wurde,  wie 
Juba  nach  Sulpicius  Galba  (Hist.  Rom.  rel.  2 
p.  41  =  Eist.  R.  Frgm.  238)  bei  Plut.  Rom.  17 
berichtet,  der  Vater  der  Tarpeia  von  Romulus 
wegen  Verrates  verantwortlich  gemacht.  Nach 
einer  späteren  Überlieferung  war  Tarpeia  eine 
20  Vestalin,  Varro,  L.  L.  6,  41.  Chronogr.  anni 
CCCLIV  in  Chronica  minora  1,  1  (=  Monum. 
German.  histor.  Auetor.  antiquissim.  9)  p.  144 
(vgl.  Propert.  4,  4.  18).  Ob  dies  eine  'anti- 
quarische Ausdeutung'  der  sonst  üblichen  Be- 
zeichnung der  Tarpeia  als  Wirgo*  ist,  ob  eine 
Verwechslung  mit  der  von  Numa  Pompilius 
zur  Vestalin  geweihten  Homonyme  vorliegt, 
oder  ob  die  Bezeichnung  als  Vestalin  heraus- 
gesponnen ist  aus  der  Erzählung,  nach  wei- 
se eher  Tarpeia  außerhalb  der  Mauern  Wasser 
zur  Opferhandlung  holte,  als  sie  mit  den  Sa- 
binern  zusammentraf  (Liv.  1,  11,  6.  Val.  Max. 
9,  6,  1.  Zo7iar.  7,  3.  Au^el.  Vict.  de  viris  illu- 
stribus  2.  Serv.  ad  Verg.  Aen.  8,  348),  ist  un- 
gewiß, auf  jeden  Fall  aber  ist  diese  Überlie- 
ferung jung  und  unhaltbar,  A.  Preuner,  Eestia- 
Vesta  306  Anm.  2.  402  (vgl.  247.  273  Anm.  3). 
J.  Santinelli,  Rivista  di  filologia  31  (1903),  236  ff. 
Dagegen  nennt  der  hellenistische  Elegiker 
40  Simylos  (vgl.  E.  Rohde,  Der  griech.  Roman  97 
Anm.  1  =  103'  Anm.  1.  Fr.  Susemihl,  Gesch. 
der  griech.  Literatur  in  der  Alexandrinerzeit  2, 
559,  Anm.  198)  bei  Plut.  Rom.  17  (=  Bergk, 
Anth.  Lyr.  144  [168*])  statt  der  Sabiner  die 
Boier  und  Kelten.  Dies  ist  nach  0. Roßbach, 
Neue  Jahrb.  für  d.  Mass.  Altert.  7  (1901),  415  ff. 
die  ursprüngliche  Fassung  der  Tarpeiasage,  die 
zuerst  mit  der  Zerstörung  Roms  durch  die 
Gallier  in  Verbindung  gestanden  habe.  Erst 
50  als  die  rühmliche  Version  von  der  Rettung  des 
Kapitels  und  dem  schließlichen  Siege  des  Ca- 
millus  die  herrschende  geworden  sei,  habe  man 
jene  Episode  an  einer  anderen  Stelle  der  alten 
römischen  Geschichte  unterbringen  müssen,  und 
dazu  habe  die  große  Gefahr,  in  der  das  Ka- 
pitel schon  unter  Romulus  geschwebt  habe,  die 
beste  Gelegenheit  geboten;  man  habe  nur  statt 
der  Kelten  die  Sabiner  einzusetzen  gebraucht. 
Auch  sei  das  Tragen  von  goldenem  Kriegs- 
60  schmuck  bei  den  keltischen  Barbaren  Sitte  ge- 
wesen, während  dieser  Brauch  den  Römern  und 
Sabinem  unbekannt  {Schwegler,  Rom.  Gesch.  1, 
487  f.  Niebuhr,  Rom.  Gesch.  1*,  241)  gewesen 
sei.  Aber  nicht  Habsucht,  nicht  'auri  sacra 
fames'  ist  es,  was  bei  Simylos  Tarpeia  zu  ihrem 
verbrecherischen  Schritte  treibt,  sondern  Liebe 
und  Leidenschaft  zu  dem  Führer  der  Feinde; 
darin   begegnet  er  sich  mit  Properz,   der  in 


113                        Tarpeia  Tarpeia                         114 

der  vierten  Elegie  des  vierten  Buches  Tarpeia  ner  mit  Hilfe  der  Tarpeia  in  die  Burg  einge- 

aus  Liebe   zum  Sabinerkönig  Tatius   zur  Ver-  drungen    sind    und    dieser   den  Goldschmuck, 

rilterin  werden  läßt.  Den  Namen  des  gallischen  den    sie   an  ihren   linkem  Arm  trugen,   geben 

Fürsten    nennt    Simylos   nicht ;     vielleicht    ist  wollen,  fordert  Tarpeia  —  in  Verfolgung  ihres 

Hrennus  gemeint,  der  in  der  von  l^lut.  Farall.  Planes  —  die  Schilde.     Tatius,    der  ja  durch 

lö  aus  Kleitophon  geschöpften  Erzählung  von  den  Boten   über  die  Absicht   der  Tarpeia  un- 

(lom   Verrate   von   Ephesos    als    derjenige   ge-  terrichtet  ist,  will,   obwohl  erbittert  über  den 

iiannt   wird ,    dem    zu    Liebe    eine    ephesische  an  ihm  geübten  Verrat,   doch    sein  Wort  hal- 

Jungfrau    zur    Verräterin    wird    und    dasselbe  ten  und  'gibt'  ihr  seinen  Schild,  d.  h.  er  schleu- 

Schicksal  wie  Tarpeia  erleidet.    Über.haupt  ist  lo  dert  ihn  auf  die  Jungfrau  und  läßt  seine  Leute 

(las  Motiv   der  wegen   Liebe   zum  Feinde   des  dasselbe   tun.     Als    Hauptbeweis   für   die  Un- 

^'aterlande8  erfolgten  Verrates  bei  griechischen  schuld  der  Tarpeia  führt  Dionys  (2,  40)  nach 

Dichtern  sehr  beliebt  und  oft  angewendet,  am  Piso  den  Umstand  an,  daß  sich  das  Grab  der 

bekanntesten  sind   die  Beispiele  Skylla-Minos,  Tarpeia   auf  dem  nacla   ihr  benannten  Felsen, 

Peisidike-Achilleus 'u.  a.;    vgl.    }Velckcr,  Epi-  also  au  hochheiliger  Stelle,   befand,  und  daß 

scher    Cyclus    1,  282  A.   458.     E.   Bohde,    Der  die  Römer  ihr  alljährlich  Totenopfer  darbrach- 

griech.  Boman  82,3  {SS^,S).  W.  Seh wartz,  Jahrb.  ten.  —  Auf  dieses  Opfer   am  Grabe  der  Tar- 

f.  klass.  Philol.  127  (188C),  126.  Boßbach,  ebenda  peia    hat  Mommsen  im   C.  J.  L.  1    p.  386  (1» 

143  (1891),  94.     Ferd.  Dümmler,  Bhein.  Mus.  p.  309)   die  Notiz  im  Kalender  des  Philocalus 

42  (1887),  185  Anm.  1  =  Kleine   Schriften  2,  20  zum    13.   Februar:     Virgo    Vesta(Us)    parentat 

469  Anm.  1.  Daher  haben  manche  (z.  B.  ^.  W.  {C.  I.  L.  1  p.  336  =  1*  p.  268)  bezogen;    vgl. 

V.   Schlegel,    Sämtl.    Werke   herausg.    von    Ed.  auch  E.  Kornemany^  Klio:  Beitröge  zu/r  alten 

Böcking  12,  490.    Boßbach,  Neue  Jahrb.  f.  das  Gesch.  11  (1911),  341.   Wissowa,  Bei.  u.  Kultus 

klass.  Altert  7    [1901],  416    Anm.  3)    für    die  der  Bömer  233^    Ättilio  De-Marchi,  II  culto 

Tarpeiasage  griechischen  Einfluß  angenommen,  privato  di  Borna   antica  2,  50.    Allerdings  ist 

während  wiederum  andere  (z.  B.  Schwegler,  Böm.  es  undenkbar,  da£  einer  Verräterin  solche  hohe 

Gesch.  1,  485)  einen  solchen  in  Abrede  stellen.  Ehre   zuteil  werden   sollte,  —    läßt   sie   doch 

Doch  hat  es  auch  nicht   an  Versuchen  ge-  Sil.  Bai.  13,  843   in   der  Unterwelt  die  ärgste 

fehlt,  Tarpeia  von  dem  Vorwurfe  des  Verrates  Marter  zur  Strafe  für  ihre  Tat  erleiden.    Nie- 

zu  reinigen.    So  berichten  die  Chronica  minora  30  buhr,   Böm.  Gesch.  1*,  241    sucht   die   Ehrung 

'a.a.O.  144,  sie  sei  von  Tatius  getötet  worden,  der    Tarpeia    dadurch    zu    erklären,    daß    die 

weil  sie  ihm  die  geheimen  Pläne  des  Romulus  Burg    im    Besitz    der    Sabiner    geblieben    sei, 

nicht  habe  verraten  wollen.   Denselben  Zweck  sieht   also    den  Kultus   der  Tarpeia  als  einen 

verfolgt  auch  die  von  Blut.  Born.  17  aus  Anti-  sabinischen  an,  womit  man  vgl.  die  Darstellung 

gonos  von  Karystos  wiedergegebene  Erzählung,  der  auf  Münzen  zweier  sabinischen  Familien 

nach   der  Tarpeia  Tochter  des   Sabinerkönigs  (s.  unten  Sp.  115,  37  fif.).    Auch  die  Darstellung 

Titas  Tatius    gewesen   und  von   Romulus   zur  derTarpeia  im  Juppitertempel(s.Sp.ll5, 33)  und 

Ehe  gezwungen  worden  sei;  ihre  Tat  erscheint  die   nach   ihr   erfolgte  Benennung   des  saxum 

also  als  ein  Racheakt  an  dem  verhaßten  Gat-  Tarpeium  (Varro  L.  L.  5,  41.    Plut.  Born.  18. 
ten   und   dem  Feind   ihres  Vaters.     Am  euer-  40  Festus  p.  343  M.  ==  p.  512  Ponor.     Prop.  4, 

gischsten    aber   ist   L.  Calpurnius  Piso  Frugi  4,  93.   Serv.  ad  Verg.  Aen.  8,  348.   Myth.  Lat. 

{Hist.  Born.  frgm.  ed.  Peter  78,  5  =  Hist  Born.  1,  155.    Additam.  ad  Chronogr.  anni  CCCLIV 

rel.  1,  119,  5)  für  ihre  Unschuld   eingetreten,  in  CÄromca  wwzora  1  p. -X)  würde  eine  Ehrung 

dessen  Erzählung  Dionys.  Hai.  A.  B.  2,  38  ff.  {Ov.  Fast.  2,  421  f.)  bedeuten,  die  für  eine  Ver- 

wdedergibt.     Darnach    ist    Tarpeia    von    dem  räterin  befremdlich  wäre. 

Wunsche    beseelt,    die   Sabiner    des    Schutzes  Man  hält  daher  fast  allgemein  Tarpeia  für 

ihrer  Schilde  zu  berauben  und  sie  so  den  Rö-  eine    ursprüngliche  Gottheit,    für  die   Schutz- 

mern  in  die  Hände  zu  liefern   (vgl.  auch  Liv.  gottheit  des  tarpeischen  Felsens,   die  zu  einer 

1,  11,  9).    Zu  diesem  Zwecke  schickt  sie  durch  historischen    Persönlichkeit   herabgesetzt   und 

ein  Pförtchen   eine   ihrer  Dienerinnen   zu  Ta-  50  in   die   älteste  römische  Sagengeschichte  ver- 

tius,    bestellt   ihn    zu    einer  geheimen  Unter-  woben  worden  ist  —  nur  Jordan,  Topographie 

redung  und  eröffnet  ihm,  daß  sie  in  Abwesen-  der   Stadt  Born   im  Altertum  1,  2,  129   nimmt 

heit   ihres  Vaters    die   Schlüssel  zur  Burg   zu  die    gegenteilige  Entwickelung   an,    daß    erst 

verwahren  habe  und  bereit  sei,   ihm  die  letz-  später  Euhemerismus  sie  zu  einer  Gottheit  um- 

ten  zu  übergeben,  wenn  ihr  als  Belohnung  das  geschaffen  habe  — ,  Ambrosch,  Studien  u.  An- 

zugesichert  würde,  was    die  Sabiner  an  ihren  deutungen   im    Gebiet   des    altröm.    Bodens   u. 

linken  Armen  trügen.     Der  Vertrag  wird   be-  Cultus  148  Anm.  86   (vgl.  Die  Beligionsbücher 

schworen,    die  Zeit   zur  Ausführung   des  Vor-  der  Bömer  23).   Schwegler  a.  a.  0.  1,  486.  Pais, 

habens  festgesetzt,  Tatius   entfernt  sich,  Tar-  Storia  critica  di  Borna  1,  167.  431.  539.    G.  de 

peia  aber  sendet  einen  Boten  an  Romulus,  der  60  Sanctis,  Storia  dei  Bomani  1,  307  f.   Paschetto, 

diesen  von   der  zwischen  Tarpeia   und  Tatius  Ostia  {Dissertazioni  della  Pontificia  Academia 

getroffenen   Verabredung   in    Kenntnis    setzen  Bomana  di  Archeologia  Ser.  2  Toino  10  [1912]) 

und  um  Entsendung  einer  Verstärkung  bitten  p.  50.     Nach  W.  Otto,  Bhein.  Mus.  64  (1909), 

soll,  um  die  Sabiner  bei  ihrem  Eindringen  in  465  (vgl.  Arch.  f.  Beligionswiss.  14  [1911],  593) 

die  Burg  in  Empfang  zu  nehmen.    Der  verrate-  ist  Tarpeia  ursprünglich  nichts  anderes  als  die 

rische  Bote  aber  nimmt  seinen  Weg  nicht  zu  Geschlechtsgöttin  bzw.  die  Ahnherrin  der  gens 

Romulus,  sondern  zu  Tatius  und  enthüllt  die-  Tarpeia.    Auf  welche  Weise  freilich  die  Sage 

sem  den  Plan  der  Tarpeia.   Als  nun  die  Sabi-  von   ihrem  Verrate   und   der  Art  ihres  Todes 


115 


Tarpeia 


Tarrhaios 


116 


za  erklären  ist,  läßt  sich  kaum  noch  vermuten. 
Schwe^ler  a.  a.  0.  1,  486  f.  saj^:  Neben  dem 
vermeintlichen  Grabe,  der  Verehrungsstätte  der 
Tarpeia,  befand  sich,  auf  der  Höhe  des  tar- 
peischen  Felsens,  eine  Pforte,  die  nie  verschlos- 
sen wurde,  aus  einem  schon  den  spätem  Rö- 
mern nicht  mehr  bekannten  sakralen  Grand. 
Diese  allzeit  offene  Pforte  brachte  nun  der 
Mythus  mit  der  daneben  begrabenen  Tarpeia 
in  ursächlichen  Zusammenhang;  und  da  über- 
dies der  benachbarte  Fels,  der  den  Namen 
der  Tarpeia  trug,  und  von  dem  man  Staats- 
verräter herabzustürzen  pflegte,  an  ein  Staats- 
verbrechen gemahnte,  so  wurde  gedichtet,  Tar- 
peia habe  einst  durch  heimliche  Öffnung  die- 
ser Pforte  Kapitel  und  Burg  an  die  Feinde 
verraten.  Was  von  ihrer  Todesart  erzählt  wird, 
hat  wohl  einen  ähnlichen  lokalen  Grund,  der 
eich  aber  nicht  erraten  läßt.  S.  Beinach,  CuUes 
8,  228.  258  (vgl.  Arch.  f.  Beligionswiss.  U  [1911], 
532)  zieht  den  von  Plut  Quaest  Rom.  37 
(p.  237  e)  erwähnten  römischen  Brauch  heran, 
nach  dem  die  Römer  die  den  Feinden  abge- 
nommenen Waffen  an  geweihter  Stelle  auf- 
schichteten und  sie  in  demselben  Zustande 
ließen.  Aus  diesem  Ritus,  meint  Reinach,  habe 
eich  auf  der  tarpeischen  Burg  die  Vorstellung 
entwickelt,  daß  unter  diesen  Waffen  Tarpeia, 
die  Schutzgöttin  des  tarpeischen  Felsens,  ver- 
schüttet und  begraben  liege  zur  Strafe  für  ir- 
gendein Vergehen,  das  man  ihr  andichtete. 

Von  einem  Bildnis  der  Tarpeia:  ^Tarpeiae 
esse  effigiem  ita  appellari  putant  quidam  in 
aede  lovis  Metellina'  berichtet  Festus  (p.363M. 
=  p.  550  Ponor).  Die  Bestrafung  des  Verrates 
der  Tarpeia  ist  dargestellt  auf  Münzen  der  sa- 
binischen  gens  Tituria  und  Petronia.  Auf  dem 
Rivers  der  ersteren  ist  Tarpeia  dargestellt  mit 
aufgelöstem  Haar  und  aufgehobenen  Armen, 
bis  zur  Hüfte  unter  Schilden  begraben,  wäh- 
rend von  links  und  rechts  je  ein  Krieger  wei- 
tere Schilde  auf  sie  wirft;  darüber  Halbmond 
und  Sterne,    Eckhel^  Doctr.  num.  vet.  5,  326. 


Münse  der  Titnria  (nach  Baumeister,  Denkmäler  des 

klassUchen  Altertums  III   S.  1832:    Kopf  des   Titas 

Tatias  [1.]  und  Tod  der  Tarpeia  [r.]). 

Mommsen,  Gesch.  des  römischen  Münzwesetis 
584  nr.  214.  Bahelon,  Monn.  de  la  rep.  Rom. 
2,  489  nr.  4.  499  nr.  5.  Cohen,  Med.  consul. 
pl.  XXXIX:  Tituria  6.  Baumeister,  Denkmäler 
d.  l-lass.  Altert.  3,  1822  Fig.  1916.  M.  Bahr- 
feldX,  Nachträge  u.  Berichtigungen  zur  Münz- 
kunde der  röm.  Republik  Taf.  11  nr.  266  (vgl. 
S.  253).  H.  A.  Gruehler,  Coins  on  the  roman 
republic  in  the  Brit.  Mus.  1,  198  nr.  2326  pl. 
37.  4.  5;  vgl.  Stanley  Lane-Poole,  Coins  and 
medals*  54.  Abweichend  von  dieser  wohl  fest- 
stehenden Deutung  will  S.  Reinach,  Cultes  246 
hier  eine  Darstellung  erkennen,  nach  der  Tar- 
peia im  Begriff  ist,  zwei  kämpfende  Krieger, 


einen  Römer  und  einen  Sabiner,  voneinander 
zu  trennen.  Auf  Münzen  des  Petroniua  Turpi- 
lianus  fehlen  die  zwei  Krieger,  und  Tarpeia 
ist  allein  dargestellt  mit  erhobenen  Armen,  bis 
zur  Hälfte  ihres  Körpers  von  Schilden  über- 
deckt, Eckhel  a.  a.  0.  5,  270.  Babelon  a.  a.  0. 
2,  801  nr.  19.  20.  Gruebler  a.  a.  0.  2, 65  nr.  4529  ff. 
Da  andere  (Grruebler  a.  a.  0.  2,  65  nr.  4682) 
Münzen  der  gens  Petronia  Halbmond  und  Sterne 

10  zeigen,  welchen  beiden  Attributen  wir  in  Ver- 
bindung mit  Tarpeia  schon  auf  den  Münzen 
der  gens  Tituria  begegneten,  und  da  auch 
Propert.  4,  4,  23  den  Mond  mit  der  Tarpeia- 
sage  CSaepe  illa  immeritae  causata  est  omina 
Lunae'')  in  Zusammenhang  bringt,  so  nimmt 
Mommsen  a.  a.  0.  586  Anm.  363  (vgl.  auch 
Gruebler  a.  a.  0.  297  Anm.  2)  eine  Verbindung 
des  Tarpeiamythos  mit  der  in  den  Fasti  Pin- 
ciani  (Bd.  2  Sp.  2155,  53  ff.)   erwähnten   Kult- 

20  Stätte  der  Luna  auf  der  Graecostasis  an. 

Noch  jetzt  lebt,  wie  Niebuhr,  Röm.  Gesch. 
1*,  242  berichtet  (vgl.  auch  Jordan  a.  a.  0.  1, 
1,  59  Anm.  31)  durch  mündliche  Überlieferung 
das  Andenken  an  Tarpeia  fort:  tief  im  Berge 
sitze  die  schöne  Tarpeia  —  la  bella  Tarpeia 
hat  den  Nebenbegriff  der  Zärtlichkeit  für  eine 
anerkannt  Schuldige  —  mit  Gold  und  Ge- 
schmeide überdeckt,  verzaubert;  wer  zu  ihr 
zu  kommen  suche,  finde  den  Weg  nimmer  zu- 

30  rück.    [Höfer.] 

Tarpeius,  1)  Vater  derTai-peia  (s.  d.).  —  2)  Bei- 
name des  luppiter  =  Capitolinus,  Ammian.  Marc. 
16, 10, 14  (p.  77  Eyssenhardt).  Ulpian. Lib.singul. 
regularum  22,  6  (Coli.  Libr.  Iuris  Anteiustin.  ed. 
Krueger  -  Mommsen  -  Studemund  2  p .  2  4) .  Solin. 
45, 16  (p.  176,  8  Mommsen).  Ov.  Fast.  6,  34.  Ep. 
ex  Ponto  2,  2,  44.  luven.  12,  6.  Propert.  4, 1,  7. 
Sil.  Ital.  4,48.  548.  12,743.  17,654.  aaudian, 
Panegyr.  de  sexto  cons.  Honorii  (28),  375  (p.  248 

40  ed.  Birt  in  Monum.  Germ,  histor.  Auetor.  ant.  10). 
Carm.  min.  4,4  (p.  288  ed.  Birt).  Bücheier,  Carm. 
epigr.  249  {C.  I.  L.  14,  2852.  Dessau,  Inscr.  Lat. 
sei.  3696).     [Höfer.] 

Tarquinienses,  Personifikation  oder  Schutz- 
gottheit der  etruskischen  Stadt  Tarquinii,  dar- 
gestellt auf  einer  fragmentierten  Reliefplatte 
als  bärtige  Figur  in  Tunika  und  einer  über  den 
Kopf  gezogenen  Toga,  die  in  der  L.  wohl  eine 
Schriftrolle  hält,  0.  Benndorf  u.  R.  Schöne,  Die 

50  antiken  Bildwerke  des  Lateran.  Mus.  212  S.  130f. 
Vgl.  oben  Sp.  109,  50  ff.     [Höfer.] 

Tarquitus,  ein  Rutuler,  Sohn  des  Faunus  und 
d^r  Nymphe  Dryope  (s.  d.  nr.  2),  fällt  im  Kampfe 
mit  Aineias,    Verg.  Aen.  10,  550  ff.     [Höfer.] 

Tarrhaios  {Taggatog)  1)  Beiname  des  in  der 
kretischen  Stadt  Tarrha  (Bursian,  Geogr.  von 
Griechenland  2,  548)  verehrten  Apollon,  Steph. 
Byz.  8.  V.  TÜQQa.  0.  Müller  Prolegomena  158  f. 
E.  Aßmann,  Zur  Vorgeschichte  von  Kreta  in 

60  Philologus  67  (1908),  166.  W.  Aly,  Der  kretische 
Apollonkult  43  ff.  (Vgl.  Philologus  71  [1912], 
477.  Malten,  Berl.  Phil.  Woehenschr.  30  [1910], 
338).  V.  Costanzi,  KLio  Beiträge  zur  alt.  Gesch. 
10  (1910),  128.  Mary  Swindler,  Cretan  Elements 
in  the  Cults  and  Ritual  of  Apollo,  Diss.  Penn- 
sylvania 1913  (nach  Bericht  von  W.  Aly  in 
Berl.  Phil.  Woehenschr.  1914,  1550).  —  2)  Vater 
des  Lampos    (fehlt    im   Mythol.  Lexikon),  des 


117                         Tarsene  Tarsios                         118 

Eporiymen    der    mit   ihrem    Gelnet    an   Tanlia  brit.    Mus.    (Newton)    1,    69    p.   129.    Larfeld, 

«,'renzenden  kretischen  Stadt  Lampe  oder  Lappa,  Handbuch  der  griech.  Kpigraphik  2,  266  nr.  286. 

Steph.  Byz.  b.  v.  Acc^rcri.   Aly  a.  a.  O.  43.    Doch  Poland,  Gesch.  des  griech.   Vereinswesens  186*. 

igt  es  auch  möglich,  mit  Bursian  a.  a.  0.  546  Eine  aus  der  Nähe  von  Kula  stammende  Weih- 

bei  Steph.  Byz.  a.  a.  0.  Aäfntr]  . .  .  Scno  Acc^inov  inschrift    an   Apollon   Tareios    und    die  Meter 

rov  TaQQuiov  zu  interpretieren:  (genannt)  nach  Tarsene  ist  unter  Tarsene  erwähnt;  eine  zweite 

Lampos  aus  Tarrha.     [Hüfer,]  Weihung  aus  Kula:    'An6X\Xo}vi,  Tagalaiii)  ti)x[riv 

Tarseue  (Tapff/j^r/),  Heiname  der  Meter  auf  bei  Keil  und  v.  Breinerstein,  Bericht  über  eine 

einer  Weihinschrift    aus    Keres    bei    Kula    in  Beise   in   Lydien   und  der  südlichen  Aiolis  in 

Mäonien:    'AnöXXcovi    TciQöUp    ^al  Mrirgi   Tccq-  lo  Denkschriften  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Wien, 

<s}]vf]   .   .  .   sv%r]v,    Mova.    'v.ct.1    ßißl.    3    p.  162  Philos.-hist.  Klasse  53  (1910),  81  nr.  175.     Da 

nr.  rni.     Buresch,  Berichte  über  die   Verhandl.  die   unter  Tarseus    erwähnte  Inschrift   gleich- 

d.  K.  Sachs.  GeseUsch.  d.  Wiss.   zu  Leipzig  46  falls  aus  Kula  stammt,   ist  der  dort  erwähnte 

(1894),  97.     Derselbe,  Aus  Lydien  89  (vgl,  67).  Apollon  Tarseus  mit  unserem  Tarsios  identisch; 

Aus  dem  2y,  Stunden  nord-nord-östlich  gele-  vielleicht  ist  auch  iiii  'AitöXXoivi  Tccgal  zu  lesen: 

genen    Dorfe    Kavakly    stammt    die    Inschrift  TccQ6i[a).     Der  Beiname  TarsioB  läßt  zunächst 

eines  Votivreliefs  mit  der  Anrufung  des  MEyocg  Tarsos  als  Heimat  des  Kultes  vermuten,  wenn- 

[Mi]v]  nstQueirris  und  der  fi[f yaXrj]  MrjtrjQ  Ta-  gleich  das  gewöhnliche  Ethnikon  TccQösvg  lautet 

l\7]vijy  Biiresch,  Berichte  usw.  99.    Aus  Lydien  (doch  s.  auch  unten).  Apollonkultus  für  Tarsos 
111  nr.  53.  198  (vgl.  67),  die  offenbar  nach  der  20  ist   außer   durch  Münzen   (Cat.  of  greek  coins 

maionischen  Ortschaft  Ta^iqvöjv  xatoiyiicc  (Mova.  brit.  Mus.  Jjycaonia,  Isauria  and  Cilicia  p.  200 

xai  ßißX.  3,  158  nr.  tl?  .     Ath.  Mitt.  6  [1881],  nr.  204  p.  203  nr.  214  [Imhoof- Blumer,  Journ. 

274  nr.  23.    Buresch,  Aus  Lydien  81)  genannt  of  hell.  stud.  18,  169.    Head,  Ilist.  num.*  733] 

war.    Ebenfalls   aus   Kavakly   stammt   die   der  p.  211  nr.  251  p.  212  nr.  252.    p.  223  nr.  302 

fiilTQl    Tcc6^T]vfj    (so!)    dargebrachte  Weihung,  p,  225  nr.  311)  bezeugt  durch  Plut.  def.  orac. 

Buresch,  Aus  Lydien  84,  während  der  Name  41  p.  433  £,   wo    als  Attribut   des  Gottes   ein 

in  einer  Inschrift  aus  Gjölde  {KoXLÖa  Buresch,  heiliges  Messer  —  Isgä  rov  'AnöXXoivog  iv  Tagao) 

Sachs.  Berichte  44  [1892],  47.  46  [1894],  95)  in  \Ld%aLQa  —  erwähnt  wird  und  durch  Dio  Chry- 

dev  Form.  ^7]r QL  Tcc67ivf]he(i;egnet:  Buresch,  Aus  sost.  or.  33    init.,    der   den   Dreizack  {xqIccivoc) 
Lydien  83  nr.  40.    Mit  Wahrscheinlichkeit  er-  30  als  Attribut  des  Gottes  nennt.  Dadurch  würde 

ganzen  auch  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  Apollon  als  Gott  des  Meeres  und  der  Schiff- 

über  eine  zweite  Beise  in  Lydien  in  Denkschrif-  fahrt  (vgl.  Preller- Bobert,  Gr.  Myth.  1*,  258,  3. 

ten  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien  54  (1911),  Gruppe,  Gr.  Myth.  1225,  2)  charakterisiert  und 

2  p.  103  ff.  nr.  204  eine  Inschrift  aus  der  Nähe  dazu  würde  auch  die  oben  erwähnte  Weihung 

von  Gjölde    zu  Ms]YccXri  Mi^t[riQ    Ta^rijvr]  -nccl  von   Schiffern   an    den   Apollon    TägGiog   pas- 

Mlg  {=  Mrjv)  Aaßdvag  U8W.  Dieselbe  Göttin  ist  sen;    möglich,    daß   dabei    auch    der  Gedanke 

offenbar   in    der    angeblich    aus    Julia  Gordos  eines  Zusammenhanges  mit  rccQöog  'Ruderblatt* 

stammenden  Weihung  d'sct  Taarivf]  gemeint,  Le  mitgespielt  hat.     Nun  erregt  aber  die  Verbln- 

Bas  3,  688.    Doch  ist   die  Meter  Taarivf  bzw.  düng  des  Apollon  Tagötog  mit  der  Mt^'ttjp  Tag- 
Ta{6)^riv')]    wohl   kaum,    wie    Bohl,    Bursians  40  örjvrj  —  auch  dieser  Beiname  ist  offenbar  ein 

Jahresber.  36  (1883),  85  annimmt,  mit  der  Meter  Ethnikon —  und  vor  allem  der  nur  in  Maionia 

TagöTivT]  identisch.  Vgl.  Tarsios.     [Höfer.]  nachweisbare  Kultus  (die  Inschrift  aus  Athen 

Tarseus  {Tocgösvg),  Beiname  des  Apollon  auf  stammt  sicherlich  von  Fremden,  die  ihres  hei- 

einer  Yotivstele  aus  Kula,  die  als  Symbol  des  mischen  Gottes  gedenken)  Bedenken  gegen  die 

Oottes  eine  liegende  Doppelaxt  zeigt:  kTtoXXcovL  Ableitung  von  Tagoog.    Nun  ist  Tarsios  —  2) 

Tccgat  (so!  vgl.  aber  auch  Tarsios  nr.  1),  Conze,  ein  Beiname  des  Zeus.    Nach  Plut.  Parall.  6 

Arch.  Zeit.  38  (1880),  38.     Bamsay,  Gities  and  p.  306^  entstand  ^/a /ni^rtv  Tapcrtov  ^^os  in  Rom 

bishoprics  of  Phrygia  1,  150.     Journ.   of  hell.  auf  dem  Forum  der  Erdspalt,   den  M.  Curtius 

studies  10  (1889),  226  nr.  19.    Kgl.  Museen  zu  durch  seinen  Opfertod  schloß.     Den  Zeusbei- 
Berlin:    Beschreibung    der   antiken  Skulpturen  50  namen  Tarsios   stellt  Buresch,  Aus  Lydien  89 

252  nr.  681 ;  vgl.  Benndorf- Niemann,  Beisen  in  zu  Tage-rivoi.,  der  Nebenform  des  Namens  der 

Lykien  und  Karien  153.    Keil  und  v.  Premer-  Tyrrhener,  und  zu  Tage-nievri   Xi^vr}  =  lacus 

stein,  Bericht  über  eine  zweite  Beise  in  Lydien  Trasimenus;  bei  dem  mäonischen  Götterpaare 

in  Denkschriften  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien  der  Meter  Tarsene  und  dem  Apollon  Tarsios, 

54  (1911),  2  S.  101.     Die  Doppelaxt  erscheint  in  dem  er  a.  a.  0.  67   den  Attis-Men-Sabazios 

als   Symbol    dieses    dem  Apollon  (vgl.  d.  Art.  erkennt,  erinnert  er  an  den  altlydischen  Stadt- 

Sozon)    gleichgesetzten  Gottes    auch    bei  dem  namen  Tdgga,   besonders   aber   an   den  Fluß- 

Apollon    Lairbenos    (s.  d.),    Apollon    Tyrimnos  namen     des     benachbarten     Mysiens     Tagoiog 

(s.  d.)  und  yinoXXojv  NLGvgsLrrig,  ^^^r  seinen  Na-  {Strabo  13,  587),    an    den    bithynischen  Stadt- 
men  nach  den  in  der  Nähe  von  Gjölde  gele-  60  namen    Tagöog  (Ethnikon  Tagaiog)  bei  Steph. 

genen  Niövgscov  -KcctoLyiia  trägt,  Keil  u.  v.  Pre-  Byz.  s.  v.  Tagoog  p.  605,  25  und  an  die  eben- 

merstein  a.  a.  0.  100  nr.  199.  102  nr.  202.  103  falls  in  Bithynien  um  den  Sangarios  gelegenen 

nr.  203  (vgl.  101  nr.  200).  Vgl.  Tarsios.     [Höfer.]  Tag6r]vä  %(ogia,  Geopon.  4,  1,  3.    Ist  der  bei  Plut. 

Tarsios  (Tdgoiog),  Beiname  1)  des  Apollon,  a.  a.  0.  erwähnte  Beiname  T(a(l()^os  etruskischen 
dem  auf  einer  in  Athen  gefundenen  Inschrift  Ursprungs,  so  könnte  eine  allerdings^  nur  un- 
Seefahrer eine  Weihung  darbringen:  ol  ßv^i-  sichere  Vermutung,  gestützt  auf  die  Überliefe- 
vtX^ovreg  vccvtai  k7töXX[cüvi]  TagGicp  %(xgi6xrigiov.,  rung  von  dem  lydischen  {Strabo  5,  219.  221. 
C.  L  G.  1,  495    J.  G.  3,  236.   Anc.  greek  inscr.  Plut.  Quaest.  Born.  53.  Steph.  Byz.  s.  v.  'ÄyvXXcc) 


§ar  nicht.     Bugge  selbst  (a.  0.  283)  führt  an, 
aß  auf  einer  Vase    im  Museum  von   Arezzo 


119                         Tarsos  Tarsura                        120 

Ursprung  der  Etrusker,  Znsammenhang  zwischen  schwierig  zu  entscheiden:  die  rein  lautliche 
jenem  etruskisch-römischen  und  dem  aus  Ly-  Gleichung  etr.  tarsu  =  griech  d-agaio  ist  voll- 
dien bezeugten  Beinamen  Tdgöiog  annehmen.  kommen  unantastbar,  allein  andererseits  kommt 
In  Tarsos  bestand  nach  EratosUhenes  bei  Eust.  für  das  Etruskische  die  Form  tarsura  (s.  d.) 
od  Dionys.  Per.  867.  Stepft.  Byz.  b.  v.  Tctqads  in  Frage.  Bugge  (in  Deeckes  Etr.  Fo.  u.  Stu, 
p.  606,  13  ein  Kultus  des  Zeus  Tigetos:  der  4,  63)  bestreitet  aus  begrift liehen  Gründen 
Name  der  Stadt  Tarsos  sei  abzuleiten  &no  Jibg  Deeckes  Gleichsetzung  von  etr.  tarsu  mit  griech. 
TsQoiov  rotg  inet  ytakov^ipov.  Damit  kombiniert  ^agam :  „es  scheint  mir  nicht  glaubhaft ,  daß 
G.  Bernhardy,  Eratosthenica  91  die  weitere  die  Etrusker  einen  Namen  von  der  Athene,  die 
Notiz  bei  Steph.  Bvz.  a.  a.  0.,  daß  Tarsos  ur-  lo  das  Haupt  der  Gorgo  an  ihrer  Brust  trug,  auf 
sprünglich  Tigaög  bzw.  Ttgaia  geheißen  habe  die  Medusa  sollten  übertragen  haben.''  Das 
dUc,  ib  TtQOfigov  xiov  xagitüiv  xXmgöiv  (pd'Bigofii-  ist  freilich  auch  mir  unglaublich,  aber  Bugges 
v<ov  iv  TCO  nccgccTi^d^HVy  tovtov^  ngarovs  <^vv-  Darstellung  der  Sache  ist  schief.  Um  eine 
ayayovTcti  Tsga&vat  [xBgafjvaij  o  Ion  ^rigä-  'Übertragung'  des  Namens  handelt  es  sich 
vccif  Eust.  a.  a.]  x«l  slg  ;i;E(^ci)vo;  Scnod-iad^ai  ~ 
tQOffi^v  und  meint  die  Einwohner  von  Tarsos 
hatten  aus  Dank  über  die  Erfindung,  die  ge-  eine  Amazone,  die  mit  Herakles  kämpft,  den 
sammelten  Früchte  durch  Dörren  länger  auf-  Namen  ftgaöa>  führt.  'Sie  hat  einen  Schild,  wor- 
bewahreu  zu  können,  einen  Kultus  des  Zeus  in  man,  wie  es  scheint,  ein  Gorgonenhaupt 
Tigciog  eingesetzt,  eine  Vermutung,  der  sich  20  sieht.'  Dies  Gorgonenhaupt,  auch  wenn  es 
Axxch  H.  Berger,  Die  geographischen  Fiagmente  wirklich  vorhanden  sein  sollte,  ist,  meiner 
des  Eratosthenes  337  anschließt;  vgl.  auch  Meinung  nach,  ohne  allen  Belang  für  die  Be- 
Tiimpd,  JaJirb.  für  klass.  Phil.  Suppl.  16,  185  f.  nennung.  Der  Name  0aQC(o,  Ogaacö  'Die  Mu- 
Da  aber  die  Nachricht,  daß  Tarsos  auch  Tsg-  tige'  ist  fast  noch  appellativisch,  die  streit- 
eog  geheißen  habe,  durch  Münzen  mit  der  Le-  bare  Göttin  Athene  heißt  so,  die  mit  Hera- 
gende TEPII  bzw.  TEPIIKON  (Mionnet  8,  619,  kies  kämpfende  Amazone  heißt  so,  warum  soll 
388.  EckJiel,  Doctr.  mim.  vet.  3,  71.  Cat.  of  nicht  auch  die  mit  Perseus  kämpfende  Me- 
greek  coins  brit.  Mus.  Lycaonia  Isauria  and  dusa  so  heißen?  Von  irgendwelcher  Über- 
Cüicialntrod.LXXYlll.LXXXf.  166,22.  Head,  tragung  ist  also  keine  Rede  und  somit  Bugges 
Hist.  num.*  729  ff.)  ihre  Bestätigung  findet,  so  so  Gegengrund  nicht  stichhaltig.  Seine  eigene 
hängt  der  Beiname  Tigaiog  wohl  kaum  mit  Etymologie  (a.  0.  und  Bezz.  Beitr.  11,  23),  wo- 
xiga&vai  zusammen,  sondern  ist  s.  v.  a.  Tag-  nach  etr.  tarsu  =  umbr.  tursa  'terrifica'  sei, 
ciog.  Ihm  würde  die  Legende  einer  unter  Ha-  halte  ich  für  lautlich  unzulässig.  Vgl.  Tarsura. 
drian  geschlagenen  Münze:  ^ibg.  Tagasav  [C.  Pauli.] 
(Eckhel  3,  73.  Mionnet,  Suppl.  7,  260,  410.  Tarsura?  (tarsura?)  ist  der  etruskische  Name 
Luynes,  Essai  sur  la  numismatique  des  satra-  einer  'Nereide'  {Deecke  in  Müllers  Etr.  2^^  508). 
pies  et  de  la  Phenicie  p.  6.  Lenormant,  Arch.  Der  Name  ist  nur  einmal  belegt,  und  zwar 
Zeit.  23  [1866],  163.  P.  Scholz,  Götzendienst  auf  einem  Bronzespiegel,  der  sich  im  Floren- 
u.  Zauberwesen  bei  den  alten  Hebräern  149)  tiner  Museum  befindet.  Die  Literaturangabe, 
entsprechen,  wenn  nicht,  wie  es  scheint,  40  sowie  die  Beschreibung  der  Szene,  Raub  der 
jdibg  für  jdi](ios  verlesen  ist,  Cat.  brit.  Mus.  Thetis  durch  Peleus  habe  ich  s.  v.  pele  ge- 
a.  a.  0.  Introd.  LXXIX  Anm.  3.  Vielleicht  ist  geben.  Die  Lesung  des  Namens  dieser  mit 
Zeus  Tersios  =  Tarsios  ursprünglich  ein  grie-  Gebärden  des  Schreckens  dastehenden  Nereide 
chischer  Gott,  der  erst  später  {Six,  Num.  ehren.  ist  nicht  sicher,  denn  der  erste  Buchstabe  hat 
16  [1896],  194;  vgl.  Gruppe,  Bursians  Jahresber.  die  Form  h  Das  ist  weder  ein  p,  noch  ein  t, 
102  [1899],  243)  zu  Baal  Tars  aramäisiert  wor-  muß  aber  eins  von  beiden  sein,  und  so  lesen 
den  ist.  Letzterer  erscheint  durch  die  Legende  die  Herausgeber  denn  bald  parsura,  bald  tar- 
Tir  hyz  bezeichnet  als  thronender  Zeus  häufig  sura,  woran  sie  dann  allerhand  Erklärungs- 
auf tarsischen  Münzen,  Cat.  brit.  Mus.  a.  a.  0.  versuche  knüpfen,  die  aber  sämtlich  abge- 
166.  167  ff.  Head  a.  a.  0.  730.  731,  732;  vgl.  50  schmackt  und  so  unhaltbar  sind,  daß  ihre  An- 
Movers,  Die  Phönizier  2,  2,  171.  Vgl,  Tarseus.  führung  unnötig  ist.    Es  läßt  sich  zurzeit  über 

[Höfer.]  den  Namen  gar  nichts  aussagen,  denn  so  un- 

Tarsos   {Taga6g),    Gott   des   gleichnamigen  sicher,   wie  die  Lesung,   ist  es  auch,   ob  die 

(JYonn.Dionys.l,  260) kilikischen  Flusses, efee?ida  Form  griechisch  oder  etruskisch   ist.     Deecke 

2,  636.     [Höfer.J  {Müller,  Etr.  a,  0.)  liest  tarsura  und  stellt  die 

Tarsu  (tarsu)  erscheint  als  Name  der  Gorgo  Form  zu  tarsu,  dem  Namen  der  Gorgo,  den  er 
{Deecke  in  Bezzenbergers  Beitr.  2,  164.  nr.  21)  (in  Bezzenbergers  Beitr.  2,  164  nr,  21)  mit  gr. 
auf  einem  Spiegel  von  Orbetello,  der  ver-  Gagom,  einen  Beinamen  der  Athene,  gleich- 
öffentlicht  ist  von  De  Witt  im  Bull.  deW  Inst.  setzt.  Lautlich  ist  dagegen  nichts  einzuwenden, 
1858,  103  und  Monum.  ined.  6,  tav.  XXIV,  60  und  so  könnte  auch  tarsura  gleich  einem 
nr.  3  und  von  Fabretti,  C.  I.  I.  nr.  296tera  griech.  *0aQüVQd  sein,  aber  die  Benennung 
und  behandelt  außerdem  von  Brunn  in  den  des  erschrockenen  Mädchens  gerade  mit  diesem 
Ann.  delT  Inst.  1858,  386  sq.  Die  dargestellte  Namen  würde  doch  lucus  a  non  lucendo  sein. 
Szene  habe  ich  s.  v.  perse  beschrieben.  Deecke  Corssen  {Spr.  der  Etr.  1,  370)  und  Bugge  (in 
{Müllers  Etr.  2,  508)  schwankt,  ob  der  Name  Deeckes  Fo.  u.  Stu.  4,  55)  vermeiden  dies, 
etruskisch  oder  griechisch  sei,  während  er  indem  sie  tarsura  mit  lat.  terrere  zusammen- 
später {Bezz.  Beiträge  a.  0.)  griech.  ©agom^  den  bringen  und  als  'Die  Erschreckte'  fassen.  Aber 
Beinamen  der  Athene,  anführt.    Die  Sache  ist  die  Vermittelung  des  etr.  a  mit  lat.  e  oder  o 


121                         Tartara  Tartaros                        122 

macht  Schwierigkeiten,  so  daß  auch  diese  Er-  Erde  kommt,  und  ebenso  viele,  bis  er  von  der 
klärung  schwerlich  richtig  ist.  Ich  selbst  halte  Erde  in  den  Tartaros  gelangte;  um  ihn  ist  eine 
den  Namen  für  rein  etruskisch,  doch  von  noch  eherne  Mauer  geführt,  um  seinen  Nacken  in 
dunkler  Etymologie.  Auf  einer  rotfigurigen  dreifacher  Schicht  ewige  Nacht  gelagert,  aber 
Vase  in  München,  die  die  gleiche  S/ene  dar-  über  ihm  sind  die  Wurzeln  der  Erde  und  des 
stellt,  hat  die  Nereide  den  Namen  Irisia  (vgl.  Meeres;  da  sitzen  die  Titanen  in  dem  finstern 
oben  8.  V.),  Es  wilre  vermessen,  statt  tarsura  Abgrund,  den  Poseidon  mit  ehernen  Pforten 
vielmehr  iarsura  (I  stat  T)  lesen  und  zwischen  verschlossen,  und  eine  Mauer  umläuft  von  bei- 
den Namen  iris-  und  iars-  Zusammenhang  den  Seiten,  und  hier  wohnen  Gyes,  Kottos  und 
sehen  zu  wollen.  Vgl.  Tarsu.  [C.Pauli.]  lo  Obriareos,  die  Hekatoncheiren,  als  treue  Wäch- 
Tartara  {TäQtaQa)  s.  Tartaros.  ter  des  Zeus,  Fr  eller -Robert  a.  O.  Schon  die 
Tartaro»  {TäQxccQo^,  6  und  17,  außerdem  ro  Kyklopen,  Arges,  Steropes,  Brontes.  habe  üra- 
TccQTCiQov  und  rä  TdQTaga).  In  der  Götter-  nos  gebunden  und  in  den  T.  geworfen,  Apollod. 
Versammlung  des  S.Gesangs  der  Utas  v.  13ff.  1,2  W.\  ungehalten  über  den  Verlust  ihrer 
»iroht  Zeus,  jeden  widerspenstigen  Gott  in  den  Kinder  {xmv  sie  T.  Qicphvxoiv  nccidcov)  habe  Ge 
dämmerigen  Tartaros  {ig  TccQragov  ijtQosvTcc)  die  Titanen  gegen  Uranos  aufgestachelt:  sie 
zu  schleudern,  gar  fernhin,  wo  der  tiefste  Schlund  führten  die  eingekerkerten  Brüder  {rovg  xara- 
ist  unter  der  Erde  (v.  14  zitiert  Piaton  Phaid.  tagragcod^^vtag  &ösX(povg)  an  die  Oberwelt  zu- 
üO  p.  112  A),  wo  eiserne  Tore  und  eine  Schwelle  rück  und  übergaben  die  Herrschaft  dem  Kro- 
von  Erz,  so  tief  unter  dem  Hades,  wie  der  20  nos,  der  Titanen  jüngstem,  J[poZ/od.  1,  3;  Kronos 
Himmel  von  der  Erde  entfernt  ist,  Preller-  wieder  hat  seine  Brüder  neuerdings  gefesselt 
Eobert,  Griech.  Myth.  l,&i.  G.  Finsler,  Homer"^  und  unter  Verschluß  gebracht  im  Tartaros, 
1,2.  129.  Derselbe  Versschluß  ig  T.  ijsgosvta  seine  Schwester  Rhea  geheiratet  usw.,  Apollod. 
Hom.  H.  stg'Eg^i]v  v.  256.  Hesiod.  theog.  121,  1,  4.  Zeus  sodann  nahm  die  in  den  T.  Ge- 
ähnlich am  Versanfang  Tccgragd  r'  rjtgötvra  schleuderten  (tovg  v.araxagrccga>d-ivTag),  nach- 
th.  119  und  Tdgxccgov  tjeqÖsvxu  th.  682,  wiederum  dem  er  das  sie  bewachende  Ungeheuer  Kampe 
SiJnY erBüiXisgang  Tagxdgov  ijEgoEvxogth.lSQ.  SOI,  getötet  (die  JCafiTrr]  ausführlich  geschildert  bei 
ferner  l'dgxccgog  7}£Q6sig  Theognis  v.  1036.  vnb  Norm.  JDion.  lö,  236  tf.)  und  ihre  Fesseln  ge- 
Tdgtccgov  r)sg6svxa  Orph.  h.  öQ,  10;  T.  ijegosvxa  löst,  zu  Bundesgenossen  gegen  seinen  Vater 
Orac.Ä"&?/ZZ.  8,362.  ilfawe^7<.  3,  68;  dazu  vgl.  auch  30  Kronos  und  die  Titanen,  Apollod.  1,6;  Zeus, 
den  Versschluß  Hes.  th.  868  ig  Tdgxccgov  svgvv  Pluton  und  Poseidon  schließen  wiederum  die 
{ebenso  Hom.  H.  slg'Eg^fjvY. 314: ;  yiaxci  T.  svgvv  Titanen  in  den  T,  ein,  bestellen  ihnen  die 
Aristoph.  Av.  698.  Orph.  h.  57,  10.  Tdgxagog  Hekatoncheiren  zu  Hütern  und  teilen  die  Welt- 
svgvg  Ärist.  Av.  693.  Orph.  h.  58,  7)  und  den  berrschaft  unter  sich,  Apollod.  1,  7,  vgl.  Aisch. 
Versanfang  Tdgxagov  ig  xgvosvta  Hes.  scut.  Prom.  219  ff.  Ovid.  met.  1,  113  f.  Sext.  Evip. 
Herc.  255.  Orph.  frg.  154,  6,  endlich  Tagxdgov  Pyrrh.  hyp.  3,  210  p.  170,  27  f.  Bk.;  vgl.  0.  Bd.  2, 
svgmsvxog  {svgmsig  'moderig',  als  Beiwort  des  Sp.  1677,  38  ff.  So  erscheint  denn  der  T.  als 
Hades,  auch  II.  20,  65  [wiederholt  Hes.  th.  739].  der  Strafort,  ^vd^cc  Zsvg  i-ußdXlsL  d-e&v  oxav  xig 
Od.  10,512.  23,322.  Hes.  th.  731  usw.)  Hippo-  i^vßgiöT] ,  den  die  Hai-pyien  bewachen,  Phere- 
lytos  (nicht  Origenes)  philosoph.  4,  4,  5  p.  102,  2  40  Ikydes  frg.  6  bei  Kern,  De  Orphei  Epim.  Pherec. 
ed.  P.  Cruice  =  p.  3095  B  ed.  3Iigne,  Patr.  Gr.  theog.  p.  88.  frg.  6  bei  Diels,  Fragm.  d.  Vor- 
16,  3,  vgl.  Orac.Sib.2,S02.  4,186.  An  die  unter-  solcratiker^  (2,1)  p.  609,  19  f.  Gruppe,  Gr.  M. 
sten  Grenzen  der  Erde  und  des  Meeres  wird  der  399,  wo  die  Götter,  die  meineidig  geworden  bei 
T.  versetzt,  wo,  nicht  mehr  erfreut  von  den  Son-  der  Styx,  in  einem  Zeitraum  von  neun  Jahren  *) 
nenstrahlen  und  der  wehenden  Luft  (vgl.  JT'ms^er  ihre  Strafe  verbüßen,  Orph.  frg.  157  Abel  aus 
a.  0.  73.  279),  lapetos  und  Kronos  sitzen,  iZ.  8,  Serv.  Aen.  6,  565,  0.  Bd.  4,  Sp.  1570,  40  ff.,  in 
478  ff.,  die  Titanen,  die  deshalb  vitoxagxdgioi  den  Apollon  das  Hermeskind  zu  werfen  droht, 
heißen,  bei  Homer  im  Eid  der  Hera  II.  14,  279  Hom.  H.  sig  'Egiifiv  256  ff.  374  (wobei  v.  256 
(wasPaws.  8, 37,5  bezeichnet  als  erste  Einführung  anklingt  an  II.  8,  13),  in  welchen  Zeus  sogar 
der  Titanen  in  die  Dichtung:  Tixävccg  8s  Tigm-  50  auch  den  Apollon  schleudern  wollte,  weil  er  die 
xog  ig  tcoLtiölv  iariy(x.yBv  '''Oy.rigog,  %^8ovg  slvai  Kyklopen  getötet,  die  Zeus  seinerzeit  den  Blitz 
a(päg  VTtb  xa  -naloviiivoj  Tagxdgco'  geschmiedet  (mit  dem  Blitz  aber  hatte  Zeus 
v.al  'iöxiv  iv  "Hgag  ogv.cp  xcc  ^717})  Apollons  Sohn  Asklepios  getötet).  Auf  der  Leto 
und  bei  Hesiod.  th.  851.  II.  8,  16  Bitten  milderte  Zeus  die  Strafe,  befahl  dem- 
(w^ozu  vgl.  die  beistehende  im  Apollon,  ein  Jahr  lang  einem  sterblichen  Manne 
Ven.  A  dem  Scholion  zu  v.  13  bei-  Knechtesdienste  zu  tun,  worauf  Apoll  in  den 
gefügte  Figur)  kehrt  fast  wörtlich  Dienst  des  Admetos  zu  Pherai  kam,  usw., 
wieder  bei  Hesiod.  th.  720,  nur  Apollod.  3,122  W.  Zenob.  1,18  {C.  paroemiogr. 
daß  Homer  bei  der  Messung  vom  Hades,  Hesiod  Gr.  ed.  Leutsch- Schnei deivin  1, 5  f.,  17  ff.).  Hesiod. 
von  der  Erde  ausgeht,  vgl.  auch  Apollod.  1,  60  frg.  126  Bzach.  Akusilaos  frg.  9  Diels,  Vor- 
2  W.  Fer^r.  ^en.  6,  577  ff.  Sil.  It.  3,  483  ff.  (an-  sokr.^  p.  514  (aus  Philod.  7t.*sv6sß.  63,  1  p.  34 
klingend  auch  Verg.  georg.  2,  291  f.  =  Aen.  4,  Gomp.).  Gruppe,  Gr.  3Iyth.l21.  1454;  vom  Blitz 
445  f.),  und  weiter  heißt  es  bei  Hesiod.  th.  getroffen  und  in  den  Tartaros  geschleudert 
722ff.:  Neun  Nächte  und  Tage*)  würde  ein  eher-  wurden  des  Aloeus  Söhne  Otos  und  Ephialtes,. 
ner  Ambos  fallen,  bis  er  vom  Himmel  auf  die  desgleichen  Salmoneus,  Lact.  Plac.  z.  Stat.  Theb. 

*)  Vgl.  über  die  Neunzahl:  W.H.Roscher,  Die  ennead.  1»'  ^50     p.  454,  19      Jahnke       Myth.   Vat.    1,  82. 

u.  hebdomad.  Fristen  u.  Wochen  S.  16  u.  19f.,  wo  noch  wei-  2,   55,    Vgl.    Verg.    Aen.    b,   o82  Ü. ,    0.   üd.  4,    bp^ 

terea  Material  zu  finden  ist.  *)  "Vgl.  die  Torige  Anmerkung. 


123 


Tartaros 


Tartaros 


124 


292  f.,  41  ff.  UBW.  Für  T.  als  Teil  der  Unterwelt 
(häufig  auch  'pars  pro  toto*)  vgl.  aus  Lyrik  und 
Drama  Stellen  wie  Theognis  v.  1086,  Atiakreon 
frg.  48, 4.  Find.  F.  1, 16  (29).  Paianes  4, 44.  frg. 
207  (228)  0.  Schroeder,  Aisch.  Prom.  164.  219. 
1029.  1061.  Eum.  72.  Eunp.  Herc  f.  870.  Or. 
266.  PÄom.  1604  f.  Aristoph  Wo.  192.  Vö.  698. 
698  usw.;  T.  schlechtweg  =  Unterwelt  im  *Erct- 
xatfiog  Biavog  {Mosch,  id.  8)  v.  123  ed.  Ahrens 
1,221. 

Wie  nun  der  Tartaros  in  alten  Gesängen 
der  Titanomachie  als  eigeatliches  Titanen- 
gefängnis figuriert,  auch  sonst  als  Strafort  eine 
besondere  Rolle  spielt  (der  T.  als  Behausung 
der  Titanen  auch  Hom.  H.  1,  386  f.  =  in  Apoll. 
P.lhli.  Orph.h.Sl.S.  Nonn.  D»on.  6,  172.  13, 
18  f.  24,  236.  Verg.  Aen.  6,  680  ff.  'Ate  genus  anti- 
quum  Tenrae,Titaniapubes,  |  fulmine deiecti  fundo 
vohuntur  in  imo  cet.\  wozu  Eduard  Norden^ 
Aeneis  B. VI  S.  276  ff.),  von  den  Harpyien  bewacht, 
Pherekydes  frg.  6  Kern  (6  Diels),  wozu  vgl.  Verg. 
Aen.  3,  215.  0,  289.  Sil.  It.  18,  699.  Studniczka, 
Kyrene  S.  IX.  Norden  a.  0.  210,  und  von  Dich- 
tem als  der  angemessene  Wohnsitz  erachtet 
wird  für  den  blinden  Plutos,  den  Urheber  alles 
Unglücks,  Timokreon  von  Rhodos  frg.  8  Bergk* 
3,  640  (aus  Schol  Aristoph.  Ach.  532.  Said.  s. 
«xoitdv,  vgl.  o.  Bd.  3,  Sp.  2683,  35  ff.),  für  die 
Keren,  Eurip.  Her.  870  (Kfjgag  &vaxaXa>v  tag 
Tagragov),  die  Erinyen,  Eurip.  Orest.  265,  Per- 
Bephone,  ihr  zugewiesen  von  Zeus,  Nonn.  Dion. 
81,  49  f.,  die  Discordia,  Petron.  sat.  124,278,  so 
hat  sich  Tartaros  anderseits  auch  auf  theo- 
logisch-philosophische Anregungen  hin,  schon 
unter  dem  Einfluß  der  eleusinisch-orphischen 
Bewegung  des  6.  Jahrh.s  (vgl.  z.  B.  Orph.  frg. 
154  Ab.),  bei  Pindar  bereits,  weiter  seit  Piaton 
zumal,  vornehmlich  zur  „Hölle"  ausgewachsen, 
„wo  die  Verdammten  sind  und  entsetzliche  Pein 
leiden,  namentlich  jene  exemplarischen  Sünder 
und  Sträflinge  der  Unterwelt,  Tantalos,  Tityos, 
Sisyphos  usw."  {Preller-Iiobert,  Gr.  M.  1,  826), 
zum  Aufenthaltsort  der  Gottlosen  (ro  rfjg  riösmg 
T8  [xQiösöa'g  rs]  xal  Sixrjg  SEa(icoti]QLOVj  Plat.  Gorg. 
79  p.  523  B.  Plut.  cons.  ad  Apoll.  36.  Suid.  s.  nXd- 
TCövp.  302, 8),  im  Gegensatz  zum  ronog  stöEßcbv, 
wofür  (auch  bei  Platon)  die  volkstümliche  Be- 
zeichnung naxagcov  vfj6oi,  vgl.  darüber  Waser 
bei  Pauly-Wissowa  s.  Elyaion  5,  2472 f.,  32 ff. 
Ludolf  Malten,  Arch.  Jahrb.  28  (1913),  46 ff. 
49.  Ernst  Samter,  Relig.  d.  Gr.  S.  80.  Im 
Tartaros  werden  die  Schlechtesten  ewiglich 
bestraft,  Plat.  Gorg.  79  ff.  p.523  B  525  C.  526  jB. 
Phaid.  62  p.  IIS  E  {slg  rbv  Tagragov,  odsv 
o^jtots  iußaivoveiv).  Rep.  10  p.  615  iJ.  616^; 
dazu  die  einfachere,  mehr  populäre  Hades- 
Schilderung  im  ps.-platon.  Axiochos  p.  371  Cff., 
wonach  im  Hades  6  Tä>v  svösß&v  x&gog  mit 
paradiesischer  Ausstattung  gegenübersteht  dem 
Erebos  und  dem  Chaos  als  ;^<öpo?  dcaeßcbv  (vgl. 
Waser  bei  Pauly-Wissowa  u.  Chaos  und  u. 
Erebos  3,  2113,  42  f.  6,  403,  40  ff.),  wohin  man 
durch  den  Tartaros  gelangt;  dazu  vgl.  auch 
Verg.  Aen.  4,  243;  Plat.  Gorg.  79  p.  624  A  (wo- 
nach das  Totengericht  seine  Sitzungen  abhält 
iv  T«  Xsi^mvL,  iv  tfi  tgioöio,  ^|  fig  cpigsrov  tca 
oSii),  ij  niv  tlg  \iav.dg(ov  v^oovg,  i]  d'  stg  Tdg- 
rccQov)  ist  nachgebildet  Aen  6,  640  ff.,  wo  die 


Sibylla  darauf  aufmerksam  macht,  daß  sich 
nunmehr  der  Weg  scheide  nach  zweierlei  Rich- 
tung, rechts  zum  Elysion  führe,  links,  zur  Qual 
für  die  Schlechten,  'ad  impia  2artara\  vgl. 
Albrecht  Dieterich,  Nekyia  191  ff.  Norden  a.  0. 
264;  für  T.  in  Vergils  Aeneis  vgl.  Norden  a.  0. 
10 ff.  266  ff.  361  f.;  für  christliche  Anwendung 
vgl.  z.  B.  Firm.  Lactant.  div.  inst.  6,  4  [1,  489, 
4  ff.  ed.  S.  Brandt]  und  inst.  epit.  54  [1,  735, 

10  7  ff.  Brandt].  Dracont.  de  land.  dei  2,  744  (qui 
dedit  Elysios  iustis  et  Tartara  pravis).  Daher 
die  Verwünschung  l'&i  Tagragov,  Anth.  7,  531, 7 ; 
man  schwur  auch  beim  T.,  Antli.  8,  248,  1.  — 
Nach  Krates  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  Tagragog  p.  606, 
8  f.  Meineke  bezeichnet  Tartaros  rbv  vno  xolg 
TtdXoig  icigcc  na.%vv  xb  xai  '\pvxg6v  xivoc  -nai 
(^qpcbrtiTror,  wie  auch  nach  dem  Schol.  (im  Ven.  A) 
z.  II.  8, 13  manche  den  Tartaros  für  xh  dqpw- 
xiOTOv  x^g  oUov^^vrig   (i^gog  hielten,  vgl.   Tag- 

20  xdgov  ^ocpsgov  Öfnia  dtpmxiaxov  Hippolytos  phi- 
losoph.  10,  21,  84  p.  522, 14  Cruice  =  p.  8454  A 
Migne.  —  Strabon  (3  p.  149)  wiederum  meint,  man 
könnte  vermuten,  Homer  habe,  da  er  von  Tar- 
tessos  (in  Spanien)  hörte,  darnach  den  Tarta- 
ros benannt,  den  äußersten  der  unterirdischen 
Räume.  In  Piatons  Phaidon  c.  60  p.  Ulf.  ist 
die  Rede  von  T.  als  einer  der  Erdspalten  und 
zwar  sei  dies  die  größte  und  diejenige,  die 
durch  die  ganze  Erde  durch  und  durch  gebohrt 

30  sei,  in  die  alle  Flüsse  zusammenströmen  und 
aus  der  sie  wiederum  herausfließen;  darauf 
spielt  Proklos  an,  in  Plat.  remp.  p.  396  (vgl. 
auch  Olympiod.  z.  Plat.  Phaid.  c.  6ü  f  =  Örph. 
frg.  155  f.  Ab.).,  zumal  aber  unter  lebhaftem 
Widerspruch  Aristoteles,  vgl.  meteor.  2,  2  p.  39, 
20  ff.  Bk.  {cLg%ri  ndvxav  sl'r}  xai  nriyr)  x&v 
(>ddx(ov  6  xaXovfisvog  T.,  heißt  es  da  nach 
Platon),  wozu  Comm.  in  Aristot.  Gr.  6,  2 
p.  90,  22  f.    (Asclepii   in    metaphys.  p.  991  b3); 

40  das  klingt  auch  nach  bei  Varro  de  l.  Lat. 
7, 37  p.  323  Sp.,  wo  irrtümlich  gesagt  wird, 
daß  Platon  Un  quarto*  (d.  h.  nach  los.  Scaliger 
im  4.  Dialog  der  1.  Tetralogie)  einen  der  Unter- 
weltflüsse Tartaros  nenne.  Zweimal  in  der  Tat 
begegnet  T.  als  Flußname,  so  in  Thessalien, 
wo  ein  Fluß  T.  hieß  nach  dem  Tyrannen  dieses 
Namens  von  Melite  in  Phthia,  vgl.  die  Ge- 
schichte der  köitciXig  (s.  d.),  nach  Nikandros 
{frg.  44  Schneider)  erzählt,  Anton.  Lib.  13  (ed. 

60  Martini  p.  88,  14),  ferner  in  der  Po-Ebene,  wo 
der  T.  (heute  Tartaro,  Canale  Bianco),  die  Nie- 
derungen /wischen  Po  und  Mincio  auf  der 
einen  und  der  Etsch  auf  der  andern  Seite  ent- 
wässernd, einfließt  in  das  Mündungsgebiet  des 
Po,  Plin.  3,  121.  Tac.  hist.  3,  9.  Geogr.  liav.  4,  36 
p.  289,  10  ed.  Pinder  -  Parthey.  K.  0.  Müller- 
Deecke,  Etr.  1, 135.  211  f.  H.  Nissen,  Ital.  Lan- 
desk.  1,  192.  2,  215. 

Tartaros    personifiziert,     Kosmogo- 

eonisches  und  Genealogisches.  In  Hesiods 
Theogonie  v.  119  scheint  zwischen  Gaia  und 
Eros  als  3.  kosmogonisches  Prinzip  Tdgtagoc 
Tjsgosvrcc  genannt,  vgl.  auch  Paus.  9,  27,  2 
CHoLodov  ds  rj  xbv  ^Hül68<ü  Osoyoviccv  iciTtoirj- 
aavra  olöcc  ygdipavxa  mg  Xdog  ng&tov,  inl 
ds  avToJ  Ffi  XE  yiccl  Tdgxagog  xal  "Egcog  yi- 
voixo,  ähnlich  Cornut.  de  nat.  deor.  17  p.  82  ff. 
ed.  Osann),  sowie  Damask.  deprinc.  124  bei  Diels, 


125                        Tartaros  Tartaros                        126 

For8oA;r.*476,20lF.;  allein  die  beiden  Vorse  118  Thanatos  erklllren,  vgl.  Ausgaben  von  G.  Her- 

imd  119  fehlen  im  Ilesiod-Zitat  bei  Plat.  sijmp.  mann  (1825),   Schneidewin-  Nauck  (1870)    usw. 

.6  p.  178  ii.     Aristot.    tnetaphys.    1,4    p.  984  b  Gruppe  1010,9.  'i'apTapOTra/ff  (=  Tartaroskind) 

{Comm.  in  Ar  ist.  Gr.  6,  2  p.  29,  ;JOtF.  [Asclepn  kommt   vor   als   Beiname  der  Hekate,  Orph. 

in  metaph.  p.  984  b  23|).  de  Melisso  1,  p.  975 a  Arg.  977  {TaQxuQOTCaig  'K-närri  xri.),  dazu  vgl. 

13.  Sext.  Emp.  adv.  math.  9,  8  p.  393,  3fF.  Bk.  raprapovj^off  als  Bezeichnung  der  Hekate-Selene, 

Schol.  dem.  Alex,  protr.  ed.  Dind.  1,  427,  32  fF.,  s.  Höfers  Art.  Tartaruchos  in  diesem  Lex.,  wo 

vgl.    auch    Schol.    lies.    th.    117,    ebenso    fehlt  beifüge  Hippolyt.  philosoph.  10,  21,  34  p.  523, 1 

V.  118  bei  Chaicid.  in  Fiat.  Tim.  122  (wogegen  Cruice  =  Migne,  Patr.  Gr.  16,  3,  3454  Ji.  Ernst 

sie    stehen    Hippoliß.    philos.  1,  23    p.  50,  4  f.  lo  Maaß,  Orpheus  S.  254.  H.  van  Ilerwarden,  Lex. 

Cruice  =  Migne,  Pair.  Gr.  IG,  3,  3053  C),  wes-  Gr.  supplet.  et  dial.  S.  8.  Bei  Val.  Flacc.  4,  258 

halb   denn   auch  die  meisten  Herausgeber  die  findet  sich  Später  'Tartarus''  =  Pluton,  richtiger 

beiden  Verse  athetieren,  vgl.  z.  B.  die  Ausgabe  ^Tartareus  pater'  ebd.  1,  828.    ^Tartareus  Jup- 

von   Wolf  Aly  (1913)  S.  12.     Auch   wenn  man  piter'  1,  780.    Sil  It.  2,  674.    '  Tartareus  deus' 

die   beiden  Verse   beibehalt,  wird  man   (nach  Ovid.  trist.  1,  9,  32,  vgl.  Auso7i.  27,  7,  3  p.  135 

der    Erklärung    von    G.  F.  Schoemann,   Opusc.  Schenkl. 'rex^  Prudent.  c.Symm.  I,3ö7.  Claudian. 

acad.  2,  66  f.,  7.  442  f.  Die  Hesiod.  Theog.  aus-  33,  215.     ^reges^   Lucan.  6,  651.     'rector'   Stat. 

gelegt   und   beurteilt   8.86  0".)  gleichwohl  bloß  Theb.  11,421.     Carter,  Epith.  deor.  S.  33,  vgl. 

die  drei  Prinzipien  Chaos,  Erde  und  Eros  gel-  lupp.  Stygius   (z.  B.    Sil.  It.  1,  386)   und  ü.  o. 

ten    lassen    und    Tägrccga  als  Akkusativ   und  20  Bd.  4,    Sp.  1562f.,    46  ff.   1571,  ölflF.     Tartaros 

Gegensatz  zu  xapr]  'Olvfinov  (v.  118)  mit   dem  selbst  sei  hervorgegangen  aus  Aither  und  Gaia 

vorausgehenden     ^%ov6i     verbinden,     so    auch  (ex  Aethere  et  Terra),  Hyg.  f.  praef.  p.  9,  18 

Preller  -  Bobert ,    Gr.  M.  1,  39,  2.     PeppmüUer,  Seh.-,    wiederum    aus    Gaia    und    Tartaros    (ex 

HesiodosS.  10b. —  Musaios  freilich  {n&ch Philod.  Terra  et  Tartaro")  die  Giganten,  die  alle  mit 

■n.  svösß.  137,  15 fi".  p.  61  Gomp.)  rückt  an  erste  Namen  aufgezählt  werden,  Hyg.  a.  0.  p.  10,  6if. 

Stelle  den  Tartaros  und  läßt,  wie  es  scheint,  Wenn   somit  T.  als  Vater   der  Giganten   galt, 

aus   ihm   die  Nacht   hervorgehen;   andere   be-  hat  viel  für  sich  die  Vermutung  i/^emr.  i/cy^^e- 

ginnen  iv.  NvKtog  kcxl  Tagrccgov,  Philod.  a.  0.  manns,  Wschr.  f.  kl.  Piniol.  4  (1887)  1351,  daß 

5  ff.  Preller- Bobert  1,  37  A.  Musaios  frg.  14  bei  das  Tu  der  pergamenischen  Gigantomachie  zu 

Diels,  Vorßokr.^  S.  486;  Epimenides  ferner  habe  30  ergänzen  ist  zum  Namen  Ta[pTapo?],  vgl.  Altert. 

zwei  Ürpriuzipien  angenommen  .^rjp  und  JVv| ..  .  v.  Perg.  8  (Inschr.)  S.  XIX  122  (S.  66). 

i^  lov  ysysvvr^%^fivai  Tccgtagov,  frg.  5  bei  Diels  Sprachliches.      Tagragos    ist    nach    Leo 

a.  0.  495,  13  tf.;    schließlich    vgl.    des    Aristo-  Meyer,  Handb.  d.  griech.  Etym.  2,  789  „offen- 

phayies  Verspottung  hesiodischer  bzw.  orphi scher  bar  eine  alte  Bildung  durch  Reduplikation  nach 

Kosmogonie    in    den    „Vögeln^'  v.  693  ff.    (hier  Art  von  yiag^aigsiv  (aus  *xa()-xap-ysn;),  Mröh- 

Xdog  und  Nv^,  "Egsßog  und  Tägtagog  als  ür-  nen',    im    übrigen    aber   doch  noch  nicht  ety- 

potenzen),  Diels  a.  0.  472,  7 ff.;  v.  693 f.  zitiert  mologisch  klar";  ebenda  S.  791  wird  erwogen, 

Lukian.  Philopatr.  13.    In  Umarmung  mit  Tar-  ob  die  für  taguvöasiv   '"schrecken'  sich  erge- 

taros  habe  Gaia,  nachdem  Zeus  die  Titanen  aus  bende    Verbalgrundform    rag-    etwa    auch    in 

dem  Himmel  verjagt,  denTyphoeus  (s.  d.)  ge-  40  Tdgrago-g  enthalten  sei.  Zu  den  reduplizierten 

boren,  Hesiod.  th.  820  ff.,  vgl.  auch /Sc/toZ.  (Ven.B)  Nominalbildungen  vgl.  Karl  Brugynann,  Griech. 

z.  JZ.  2,  783  (ed.  jDmdor/"  3, 149,  5f.),  und  eben-  Gramm.^  S.  176;    zum    Vergleich    kann    man 

so  heißt  es  bei  Apollod.  1,  39  W.,  daß  Ge,  nach-  heranziehen     ßdgßagog,    Fccgyccgog,     y.ccgxccgog, 

dem  die  Götter  der  Giganten  Herr  geworden,  ^ccgiiocgog,   ßogßogog  usw.,  wobei  wie  bei  Tdg- 

voUer  Groll  sich    dem  Tartaros  vermählt  und  xagog   vielfach    auch   Wechsel    im    Geschlecht 

den    Typhon    geboren   habe    in    Kilikien,    eine  (z.  B.  neben   %dgxccgog  auch   ro   xdgicagov  und 

Mischgestalt  aus  Mensch  und   Tier.  vgl.  auch  td  Tidg-uccga),  und   denken  läßt  sich   auch    an 

Schal.  Plat.  Phaidros  230  A  ed.  C.  F.  Hermann  onomatopoetische  Bildung  unter  Anlehnung  an 

6,  264    (wo    iv   Siv.sXia.    st.  iv   Kikiyüa).    Hyg.  Stämme,  wie  sie  vorliegen  bei   TgscD,  zccgdaaco, 

fab.  152  p.  26,  3  Seh.  Lact.  Plac.  z.  Siat.  Theb.  50  tdgßog  usf.,   vgl.  Prell  er- Bobert,  Gr.  31.  1,  61,  1. 

2,  595  p.  127, 4  Jahnke.  Bei  Apollod.  2,  4  W.  wird  Bei  Strab.  3  p.  149  wird  Tdgtagog  in  Beziehung 

ferner   die   Echidna   als  Ausgeburt  des  Tar-  gebracht  zu  Tagrri6a6g,  s.  0.,  ferner  Schol.  II. 

taros    und    der    Ge    bezeichnet,    und    dieselbe  8,  13    zu    ragragi^eiv    (=  6q)6dgcc    giyovv),  vgl. 

Genealogie  wird  geboten   für  den  Adler  des  auch  Plut.  de  prima  frig.  9;  ferner:  ojvouccötat 

Zeus   bei    Hyg.  astr.  2,  15   p.  53,  23 f.  Bunte.  dh   did    t6   iyctBtagdxQ'ai   xal    övy/.sx'vöd'ca    xd 

Preller- Bobert  1,  99,  4.   Gruppe  1026^.    Wie-  iv  avxa  ndvxa,  Schol.  II.  8,  13,  vgl.  ed.  Dind. 

derum  w  Fäg  ital  yiccl  Tagxdgov  wird  bei  Soph.  1,  268, 'l7  f.  22  f.  3,  343,  8  f.  5,  259,  3  f.  Et.  M. 

Oid.    Kai.    1574    Thanatos    angeredet,    nicht  s.  v.  p.  747,  14 ft\;  endlich  vgl.  5er?\  J.m.  6,  577 

Kerberos,  wie,  z.  T.  durch  das  Schol.  z.  St.  ver-  =  Isid.  Hisp.  etym.  14,  9,  8  {Patr.  Lat.  ed.  Migne 

leitet,  mehrere  Herausgeber  angenommen,  z.B.  60  82,  526  A)  =  Lact.  Plac.  z.  Stat.  Ach.  1,  134 

Elmsley-Brunck    (1824);    an    Thanatos    richtet  p.  492f.,  29  ff.  Jahnke  {Tartarus,  vel  quia  om- 

der  Chor  die  Bitte,  er  möchte  dem  neuen  Gast  nia  illic  turbata  sunt,   dito  xf\9  xagaxfjg,   aut, 

den  Eintritt  in   die  Unterwelt  leicht  machen.  quod  est  melius,   dnb   xov   xagxagi^sLv,  i.  e.  a 

Da   freilich  die  Anrufung  des  Sohnes   der  Ge  tremore  frigoris;  sole  enim  caret).   Alle  drei  Ge- 

und  des  T.  nicht  deutlich  genug  scheint,  wie-  schlechter  kommen  für  das  Wort  in  Betracht: 

derholt  er  v.  1578  ausdrücklich,  er  meine  den  Xiysxai  dgösvi-n&g  kccI  d-riXvyiag  xal  otöex^gag, 

ocHvvnvog,  den  auch  der  Schol.  z.  St.,  Suid.  s.  v.  Steph.  Byz.  s.  v.  Tdgx.  p.  606, 11  f.   M.,  vgl.  Schol. 

und    Eustath.    z,  II.  20,    153    p.  1201,   26    als  J/.  1,312.  ^ttstai/i.  z.St.  p.108,22,  wo  für  den  Ge- 


127                       Tartaros  Tarvos  Trigaranus                128 

brauch  des  Wortes  als  fem.  Pindar  und  für  den  (lacus).  trist.  1,  9, 32  (deus  =  Pluton,  s.  o.).  Ibis 

Gebrauch  als  neutr.  Hesiod  zitiert  wird.  Als  das  187  (angues).    Fhacdrus  4,  6,  10  (specus).    Stn. 

Regelmäßige  hat  6  T.  zu  gelten,  17  T.  findet  sich  Herc  f.  436  (tenebrae).  649  und  Heic.  (Jet.  IIW 

bloß  Pind.  l\fth.  1,  15  (29).    Xikandr.  ther.  203  (canis).  Hipp.  1179  (lacus).  Oed.  161  (fax).  Lucan. 

{roQTaQov  iXvofOöav);  ferner {Tä)TdQraQaHe$.ih.  6,661  (reges).  712  (antrum).  *Si7.  7^  2,  674  (lup- 

119.  725.841.  arac.iSa)f///.4,186.  .Vo«>j.Z).31,50;  piter,  s.  0.).    3,  483  (hiatus).     6.,  222  (Bellona). 

lat.  Tartarus  z.B. Xucr. 3, 1025.  Verg.Aen.6,5n.  267  (cymba,  vgl.  Tib.  3,  3,  10.    6,  24.     Waser, 

Hör.  c.  3,  7,  17.  Sen.  Ag.  751.  Herc.  f.  86.  709.  Charon  Charun  Charos  S.  28  f.).  6,  175  (turbo). 

889.     Herc.  Oet.  461.    1119.   1779.     Hipp.  844.  9,  641  (vada).     12,  133  (urbs).    13,  422  (porta). 

Med.  632.  742.     Oct  228.     Phoen.  144  f.     Val.  10  14,  696  (labes).   Val  Flacc.  1,  780  (lupp.).  828 

Flace.  4,  268.    Stat.  sih.  2,  7,  117.  Apul.  met.  (pater).  3,212  und  6,485  (nox).   3,  665  (semen). 

1,  8  p.  8,  11  B.  Helm.  2,  6  p.  29,  4.  6,  17  p.  141,  4,  393  (ululatus).  579  (volucres).  7,  632  und  8,  83 
8.  16.  11,  25  p.  286,  29  f.     Prudent.  n.  arstp.  h.  (veuenum).  Stat.  Theb.  1,  86  (barathrum).  3,108 

2,  288.  Claudian.  "22,  110.  Dracont.  de  laud.  dei  (Avernus).    4,  473  und  8,  65  (sedes).    5,  66  (so- 

2,  641;  gewöhnlicher  indes  (Metrums  halber)  rores,  s.  0.).  11,  421  (rector).  12,  772  und  silv. 
Tartara,  z.  B.  Lucr.  3,  42.  979.  6,  1126.  Veig.  6,  1,  200  (chaos,  vgl.  Waser  bei  Pauly-Wissowa 
georg  1,  36.  2,  292.  4,  482.  Aen.  6,  734.  6,  186.  s.  v.  3,  2113,  34  tf).  Mart  6,  34,  4  (canis).  Auson, 
12,  206;  beliebt  ist  die  Verbindung  ^sub  Tar-  27,  7,  3  p.  135  Schenkl  (Dis,  s.  c).  app.  1,49,  2 
tara  mittere^  (besonders  der  Versschluß  ^sub  T.  p.  242  Seh.  (sedes).  Prudent.  c.  Symm.  1,  357 
misV)  4,  248.  8,  668.  11,  397.  12,  14  (vgl.  auch  20  (rex,  s.  0.).  369  f.  (daemon).  Claudian.  6,  524  f. 
6,  643.  9,  496),  ebenso  Sil.  It.  6,  40;  ferner  vgl.  (recessus).  15, 180  (paratus).  20, 146  (tuba  Bel- 
fOr  Tartara  Culex  274.  294.  833.  Aetna  206.  lonae).  26,  449  (fauces).  33,  216  (rex,  s.  0.). 
280,  nur  diese  Form  z.  B,  in  Ovids  Met.,  vgl.  35,  217  (quadrigae).  36,  79  (bipennis).  74,  & 
1,118.  2,260.  10,21.  11,670.  12,871.  523.  (verber).  101,  33  (aura).  Brncont  de  laud.  dei 
619,  femer  fast.  4,  606.  trist.  1,  2,  22.  Ibis  496.  3,  413  und  OreUes  492  (tenebrae).  Romulea  10, 
676.  Hör.  1,  28,  10.  Sen.  Herc.  Oet.  1064.  1514.  448  f.  (sorores,  s.  0.).  480  (gurges).  Orestes  484 
1766.  S^»pp.  951.  öct  965.  Ocf/.  869.  Petron.  (fauces)  usw.;  ferner  Tartarinus  =  tartarusartig, 
Bat.  124,  278.  Lucan.  8,  17.  6,  107.  694.  748.  Enti.  ann.  frg.  92  {ed.  Luc.  Müller  p.  68)  v.  597 
782.  7,  786.  Sil.  It.  6,  316.  Val.  Flacc.  7,  312.  aus  Varro  de  l.  Lat.  7,  37  p.  323  Sp.  Prob,  z, 
Stat.  Theb.  1,  56.  102.  308.  4,  606.  7,  820.  8,20.  30  Verg.  Buc.  6,  31  p.  340,  19  tf.  ed.  Hagen,  vgl. 
68.  79.  614.  9,  665.  10,  26.  11,  446.  574.  622.  Festus  p.  359  M.  (p.  546  Theicreuk).  Von  Tag- 
12,  85.  silv.  6,  1,  193.  3,  69.  74.  261.  269.  5,  5,  ragog  abgeleitet  sind  die  Verba  ragtccgoo)  => 
78.  Ach.  1,  184.  Apul.  met.  1,  15  p.  14, 12  Helm.  in  den  T.,  die  Hölle  hinabstürzen,  2.  ep.  Petri 
Auson.  9,  7  p.  30  Schenkl.  Claudian.  3,  122.  2,  4  {tagragcoaccg),  ytccrazaQragoo),  Apollod.  1,  8. 
83,  118  f.  85,  384.  36,  64.  390.  37,  3.  Dracont.  6  W.  Sext.  Emp.  Pyrrh.  hyp.  3,210  p.  170,  27  f. 
de  laud.  dei  2,  744.  3,  642.  Pom.  9,  228.  10,  Bk.;  ferner  ragrccgi^a)  vor  Frost  zittern,  Plut. 
690  usw.  Der  Bewohner  des  T.  heißt  Tccgragios  de  pr.  frig.  9.  Schol  IL  8,  13.  [Otto  Waser.J 
(TagrdgsLog  Eurip.  iv  Evgvö&sl  acczvgiTtS),  frg.  Tartaruchos  {Tagxagovxoq),  Bezeichnung  der 
381  Nauck)  und  (t6  xwfitxov)  Tctgtccgitrig,  Stepli.  Hekate-Selene  in  devOiyon.Wessely,Denksclirift. 
Byz.  s.  Tägxagog  p.  606,  11  ff.  M.  Als  Adjek-  40  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  philos.-hist.  Kl. 
tive  kommen  vor  Tagrdgiog,  La  (ion.  trj),  lov:  36(1888)  herausgegebenen  großen  Pariser  Zau- 
ßod-gog  Suid.  s.  Tccgr.  yisvsdav,  Nonn.  D.  13,  32.  berpapyrus  v.  2242  (p.  101).  2294  (p.  102).  2326. 
xsv^iuiiv  86,  104  (yg).  Aisch.  Prom.  219  f.  Hes.  2335  (p.  103)  und  bei  Marcellus  Empiricus 
th.  158).  noXnog  Nonn.  D.  24,  235.  Xunmv  Orph.  p.  149,  6  (ed.  Helmreich  1890);  vgl.  A.  Dieterichy 
h.  18,  2.  nvltdiv  Nonn.  D.  6,  210.  avXri  16,  304.  De  hymnis  Orphicis  42  f.  45  =  Kleine  Schrift. 
*Egivvg  38,  88.  »saivri  10,  18.  iiide&kr]  44,  261.  101  ff.  Derselbe,  Abraxas  76  f.  Bruno  Küster, 
luiari^  44,  209.  (idxccigcc  6, 172.  fioTga  Pherekyd.  De  trihus  carm.  papyri  Parisinae  niagicae  (Dies. 
fra.Q  Kern.  frg. bDiels.  vviicpriNonn.D.  lSy261.  Königsberg  1911)  S.  86  (vgl.  101.  111).  Auf 
/AvxTjua  36,  205.  dai^iovsg  Anth.  11,360,  4.  Beziehung  der  Hekate  zum  Tartaros  weist  auch 
Themist.  or.  21,  ^58  c  p.  314,  28  Dind.  ^odi-Koi  50  ihr  Epitheton  TagxagoTiaig  {Orph.  Arg.  977) 
Nonn.  D.  44,  205.  oI%ol  Orph.  h.  37,  3.  TriiXat  hin;  vgl.  auch  Rohde,  Psyche  2^,  408  ff  Vgl 
Alkiphr.  3,  72,  3.  vdaxu  Nonn.  D.  14,  48;  femer  ob.  Sp.  126,  6  ff.     [Höfer.J 

xccgxdgsuig  Eurip.  frg.  381  N.  Lukian.  philops.  Tartettios  {TagrrixxLog),  Name  des  Hundea 
24.  lo.  Damask.  de  sacr.  parall.  3,  13  =  Patr.  Orthros,  s.  Bd.  3  Sp.  1216,  2  ff.  —  Zu  Orthros 
Chr.  ed.  Migne  95,  1340  C  (p.  419):  xfjg  xagxcc-  nr.  2  (Personifikation  der  Morgenfrühe)  ist  nach- 
dem? Xagvßdsoag,  wozu  Waser,  Skylla  u.  Char.  zutragen  das  bei  Miliin,  Gal.  myth.  89,  353^ 
(Dißs.  Zürich  1894)  S.  77;  ferner  xagxdgBog  mitgeteilte  Bild  einer  französischen  Handschrift^ 
Bithyn.  hischr.,  vgl,  Richard  Foerster,  Ath.  dem  antike  Reminiszenzen  zugrunde  zu  liegen 
Mitt.  19  (1894)  369,  3  (xagxa[g]iaL6t  xsXsv&OLg);  scheinen  (K.  Friederichs,  Die  Philostratischen 
lat.  Tartareus  Verg.  Aen.  6,296  (Acheron,  vgl.  60  Bilder  20  Anm.  1),  auf  dem  neben  der  Nv^ 
d&zuServ.z.St.Myth.vat.H,Q,2Y>.nby22S.Bode).  der  Knaibe  "Ogd^gog  mit  aufwärts  gerichteter 
895  (custos  =  Cerberus,  vgl.  Carter  a.  0.  22).  551  Fackel  erscheint.  [Höfer.] 
(Phlegethon).  7,  327  f.  (sorores  =  Furiae,  ebenso  Tarutiiis  s.  Acca  Larentia. 
Stat.  Theb.  5,  66.  Dracont.  i^o?«.  10,  448  f.,  vgl.  Tarvos  Trigaranus.  Auf  einem  1710  in  Paris 
Waser  bei  Pauly-  Wissowa  s.  Furiae  7,313, 27  ff'.).  gefundenen,  vierseitig  skulptierten  Blocke,  der, 
514  (vox).  8,  667  (sedes).  12,  846  (Megaera).  aus  der  Zeit  des  Tiberius  stammend,  von  den 
Ovid.  met.  6,  676  und   12,  257  (umbrae).     fast.  'nautae  Parisiaci'   geweiht  ist,    befinden   sich 

3,  620  (domus).    5,  244  (sinus).    ars  am.  3,  322  (vgl.   die  Beschreibung  von   Hang,  Die  Vier- 


129 


Tarvos  Trigaranus 


Tarvos  Trigaranus 


130 


göttersteine  in  Westdeutsche  Zeitschr.  f.  Gesch. 
u.  Kunst  10  |1S91],  162  nr.  197)  auf  den  vier 
Seiten  folgende  Darstellungen:  a)  Juppiter,  mit 
der  Beischrift  lovis,  stehend,  in  der  L.  das 
Szepter,  in  der  R  den  Blitzstrahl;  darunter 
ein  Adler.  —  b)  Esus  (Beischrift),  bärtig,  in 
kurzem  aufgeschürzten  Rock,  ein  kurzstieliges 
Heil  schwingend,  mit  dem  er  einen  Baum, 
wohl  eine  Weide,  fällt  oder  behaut.  —  c)  Vol 


S.  40/41.    Was  ist  aber  unter  dieser  Darstellung 
zu  verstehen? 

li.  Müwat,  Bull,  epigr.  de  la  Gaule  1,  68  ff. 
3,  163  ff.  sielit  einfach,  'einen  Stier,  drei  Kra- 
niche' dargestellt  als  das  Opfer,  das  den  Göt- 
tern dargebracht  werden  soll.  Seine  von  ihm 
auch  liemariiues  sur  les  inscriptions  antiques 
de  Paris  89  ff.  wiederholten  Gründe  für  diese 
Ansicht  beruhen  hauptsächlich  erstens  auf  dem 


canus  (Beischrift),   mit   dem   Arbeitsrock   und  lo  Umstand,   daß  der  Stier  eine  Decke   auf  dem 


der  Mütze,  in  der  R.  einen  Hammer,  in  der 
L.  eine  Zange  tragend.  —  d)  Ein  Stier,  der  auf 
dem  Rücken  eine  Decke  (dorsuale)  trägt,  auf 
ihm  sitzen  drei  verhältnismäßig  zu  klein  dar- 
j^estellte  langbeinige  Vögel,  Kraniche,  Störche 
oder  Reiher;  hinter  dem  Stier  Weidenbäume. 
Oberhalb  der  Darstellung  die  Inschrift:  TA- 
K  VOS  •  TRIGARANVS,  C.  I.  L.  13,  3026  p.  466. 
J>cssau,  Inscr.  Lat.  sei.  4613a;  vgl.  Hevon  de 
ViUefosse,  Comptes  rendus  de  Vacad.  des  inscr.  20 
et  belles-lettres  1901,  32.  Abgebildet  ist  das 
Monument  bei  V.  Duruy,  Histoire  des  Bomains 
4,  29.  F.-G.  de  Pachter e,  Paris  ä  l'epoque  Gallo- 
Momaine  pl  13.  S.  Beinach,  Cultes  inythes  et 
rcligions  1  p.  234.  Alex.  Bertrand,  Nos  origines: 
La  religion  des  Gaulois,  les  Druides  et  le  Dru- 
isdisme  351  Fig.  50.  JE.  Desjardins,  Geographie 
de  la  Gaule  Bomaine  3,  268/269  pl.  11.  E.  Es- 
perandieu,  Becueil  general  des  Bas-Beliefs  de 
la  Gaule  Bomaine  4  p.  213.  214.  S.  Beinach,  30 
Bcpertoire  de  Belief s  Grecs  et  Bomains  2,  241 
Studniczka,  Arch.  Jahrb.  18  (1903),  17  Abb.  2 
(nur  die  Seite  mit  der  Darstellung  des  Tarvos 
Trigaranus);  s.  die  beistehende  Abbildung. 

Nahe  verwandt  ist  die  Darstellung  auf  einem 
gallo-römischen  Yotivdenkmal  aus  der  Nähe 
von  Trier,  das  auf  der  Vorderseite  den  inschrift- 
lich benannten  Mercurius  {Mercurio  v.  [l.  m.]  s., 
Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4612)  zeigt,  der  die 
Chlamys  und  die  gallische  Halskette  trägt;  40 
neben  ihm  steht  links  eine  zum  Teil  verstüm- 
melte weibliche  Figur  (Rosmerta?).  Auf  der 
linken  Nebenseite  sind  die  Reste  einer  weib- 
lichen Figur  erkennbar,  auf  der  rechten  er- 
scheint ein  bartloser  Mann  in  kurzem  Chiton, 
der  unter  einem  Baume  steht,  in  dessen  Stamm 
er  mit  einepi  Beile  haut,  um  ihn  zu  fällen. 
Über  dem  Baume,  der  dem  Anscheine  nach 
wie  auf  dem  Pariser  Denkmale  gleichfalls  eine 


Rücken  trage,  was  ihn  als  zum  Opfer  bestimmtes 
Tier  charakterisiere,  zweitens  auf  der  —  durch 
Desjardins  a.a.O.  3,  268  Anm.  2  freilich  wider- 
legten  —   Annahme,    daß   nicht   zwei    Worte, 


:?»'>i^^ 


Tarvos  Trigaranus  (nach  A)-ch.  Jahrbuch  18,  1903,  17,2). 

sondern  durch  deutliche  Interpunktion  ge- 
trennte drei  Worte  TARVOS  •  TRI  •  GARANVS 
auf  der  Inschrift  zu  lesen  und  GARANVS  als 
Plural  aufzufassen  sei.  Doch  bedeutet  Tarvos 
Trigaranos  nach  fast  allgemeiner  Annahme 
s.  V.  a.  ravQog  tQLyEQavog,  Chr.  W.  Glück,  Die 
bei  Caesar  vorkommenden  Namen  85  Anm.  1. 
TJsener,  Bhein.  Mus.  58  (1903),  31.  Th.  Birt, 
Beiträge  z.  latein.  Grammat.  3  (=  Bhein.  Mus. 


Weide  ist,  ist  der  Kopf  eines  Rindes   darge-  50  52  [1897]  Ergänzungsheft)  S.  57.    D'Arbois  de 


stellt,  hinter  und  auf  diesem  sitzen  drei  große 
Vögel  mit  langen  Hälsen,  Beinen  und  Schnä- 
beln. Wir  haben  hier  also  dieselbe  Darstel- 
lung auf  einem  Bilde  vereint,  die  auf  dem 
Pariser  Steine  (oben  nr.  b,  d)  in  zwei  getrennte 
Bilder  zerlegt  ist,  nur  daß  auf  dem  Stein  von 
Trier  die  Beischriften  fehlen  und  statt  des 
Rindes  nur  der  Kopf  eines  solchen  erscheint. 
Abgebildet  ist   das  Denkmal  bei  F.  Hettner, 


Jubainville,  Les  noms  Gaidois  chez  Caesar  220  f. 
Camille  Jullian,  Histoire  de  la  Gaule  2, 147, 1.  — 
F.  Solmsen,  Beiträge  zur  griech.  Wortforschung 
1,  119,  und  die  meisten  Forscher  halten  den 
Tarvos  Trigaranus  für  eine  Gottheit,  da  er  auf 
dem  Pariser  Stein  in  jeder  Beziehung  den  üb- 
rigen Götterdarstellungen  gleichgestellt  ist,  wie 
schon  Montfaucon,  Antiquite  expliquee  et  re- 
presentee  en  figures  2,  2,  424  f.  betont  hat:  „il 


Blustrierter  Führer  durch  das  Provinz ialmuseum  60  parait  que  ce  taureau  aiix  trois  grues  etait  au 


in  Trier  (1903)  S.  27  nr.  31.  Bonner  Jahrbücher 
100  (1896),  209  Fig.  29.  Lehner,  Korrespondenz- 
blatt der  Westdeutsch.  Zeitschr.  für  Geschichte 
u.  Kunst  15  (1896),  35  Fig.  1  bzw.  37  Fig.  2. 
Beinach,  Cultes  1,  236.  237  =  Bevue  celtique 
18,  256  Fig.  3.  4.  Arch.  Anzeiger  12  (1897),  16 
Fig.  6  bzw.  17  Fig.  6.  Alex.  Bertrand,  Nos 
origines  usw.  353   Fig.  52.    Bevue  celtique   28 


rang  des  divinite's,  puisqu'il  est  mis  de  niveauavec 
Vulcain,  Jupiter  et  Esus",  so  /.  de  Witte,  Bev. 
arch.  N.  S.  16  annee  30  vol.  (1875),  386 :  Jes  Gau- 
lois ont  certainement  honore  le  taureau  sous 
le  nom  de  Tarvos  trigaranus,  le  taureau  aux 
trois  grues''.  Studniczka,  Arch.  Jahrb.  18  (1903), 
17  spricht  kurz  von  einem  ^  Stiergott  Tarvos 
Trigaranus';   vgl.   auch  Pachtere  a.  a.  0.  108. 


131               Tarvos  Trigaranus  Taureios                        132" 

Nach   Lehner,  Korrespondenzbl.  a.  a.  0.  47  Zweiten   an   die  Esche  Yggdrasill;   aber   die 

(vgl.  39)  ist  Tarvos,  der  Stier,  der  ja  auch  an-  drei  Vögel?  —  So  ist  also  dieser  Tarvos  Tri- 

derweitiff  als  Sinnbild  der  befruchtenden,  leben-  earanus  nur  eine  Mahnung,   daß  wir  von  der 

spendenden    Natur    erscheint,    ein    gallischer  Mythologie  der  kelto-germanischen  Völker  nur 

Wassergott,  die  Personifikation  des   Wassere,  sehr  wenig  wissen,  bruchstückweise,   und  daß 

das    zwischen  Weiden    versteckt   ist   oder   in  es  wichtige  und  auffallende  Mythen  gab,   die 

dessen   Nähe  Weiden   stehen,   und  zu  dessen  wir  nicht  mehr  kennen*.     [Höfer.] 

weiterer  Charakterisierung  eben  die  Kraniche  Tasene  a.  Tarsen e. 

dienen  sollen;  als  Wassergott  ist  er  zugleich  Tasibastenos  {TaaL6aarr}v6g),  Beiname, 
Schutzgott  der  Schiffer  und  Förderer  des  Han-  lO  höchst  wahrscheinlich  lokaler,  des  Dionysos 
dels  zu  Wasser.  Daß  ein  gallischer  Flußgott  auf  zwei  Inschriften  aus  Philippi,  auf  welcher 
mit  einem  griechischen  Namen  bezeichnet  wird,  ein  thiasus  [L]ib(eri)  Pat(ris)  Tasiba8t(eni)  er- 
führt Lehner  auf  den  in  der  gallischen  Kultur  wähnt  wird,  Heuzey,  Mission  archeol.  de  Maci- 
oft  nachweisbaren  Einfluß  von  Massilia  zurück.  doine  nr.  87  p.  149  tf.  Heuzey,  Comptes-rendu 
Die  Darstellung  des  Tarvos  müsse,  meint  iyCÄ^jer,  de  l'acad^des  inscriptions  et  helles  Htres  1868, 
weil  verbreitet  und  allgemein  bekannt  gewesen  219;  G.  Perrot,  Memoires  d'archeol.  depigraphie 
sein,  da  sie  auf  dem  Steine  von  Trier  ohne  et  d'histoire  213.  A.Rapp,  Die  Beziehungen  des 
erklärende  Beischrift  habe  erscheinen  können.  Dionysoskultes  zu  Thrakien  und  Kleinasien  17. 

Einen  Zusammenhang  zwischen  Trigaranus  Dumoni,  Melanges  d'archeologie  et  d'epigraphie 
und  dem  Garanus  der  Cacussage  war  Steuding  20  470  nr.  113  a".   C.  L  L.  3,  703.  704  (=  Dessau, 

{Röscher,  Myth.  Lex.  s.  v.  Garanus)  geneigt  an-  Inscr.  Lat.  sei.  4069).     Perdrizet,  Corr.  hell  24 

zunehmen,   und   auch  Reinadi,  Cultes  1,   246  (1900),  312  f  nr.  4.  316f    Waltzing,  Etüde  hi- 

hält  einen  solchen  nicht  für  unmöglich  (vgl.  storique  sur  les  corporations  professionelles  chez 

auch  J.  G.  Cuno,  Vorgeschichte  Borns  1:  Die  les  Romains  3,  73 f  nr.  200.    Fr.  Poland,  Gesch. 

Kelten    889    Tvgl.    auch    ebenda    146  f.l),  wäh-  d.  griech.  Vereinswesens  202.    Preller- Robert  1  ^ 

rend  Boehm  bei  Pauly-Wissowa  s.  v.  Garanus  697,   2.     Gruppe,   Gr.  Myth.   1410,   9.     Rohde, 

sich  gegen   eine   solche  Annahme   ausspricht.  Psyche  2',  31  Anm.  1.     [Höfer.] 

Der    neueste   Bearbeiter   der   Cacussage,    J'V.  Taszene  s.  Tarsene. 

Münzer,  Cacus  der  Rinderdieb  93 ff.  {yg\.  Rhein.  Tatius  s.  Romulus  u.  Tarpeia. 
Mus.  63  [1898],  602/3  Anm.  3.   Wissowa,  Berl.  30      Taucheira  (Tav;g£i(>a),  Tochter  des  Autandros, 

Phil.  Wochensckr.  1913,  882)  hält  daran  fest,  Eponyme  der  Stadt  Taucheira  in  Libyen,  Steph. 

daß  der  von  Verrius  Flaccus  überlieferte  Name  Byz.  s.  v.  Tccvxhqu.     [Höfer.] 

Garanus  gute  und  alte  italische  Überlieferung  Taulas  {TccvXag).     1)  Einer  der  Söhne  des 

darstellt,   wenn  wir   auch  nicht   zu  erkennen  lUyrios  (s.  d.),  Eponymos  des  illyrischen  Volkes 

vermögen,   woher  er  stammt.     Auch  die  Ver-  der   Taulantioi,    Appian.  IlJyr.  2,  (1,   346,   19 

mutung,    die    drei  Kraniche    verdankten   ihre  Mendelssohn).  —  2)  Skythe,  Pflegevater  des  von 

Entstehung  einer  falschen  Auffassung  von  xqi-  Kastor  getöteten  Tages,  Val.  Flacc.  Arg.  6,  222. 

xägavos  (rptxaprjvoff),  dem  Epitheton  des  ^drei-  [Höfer.] 

köpfigen*  Geryones  bzw.  gallischen  Mercur,  Taureios  (Tav^fios),  Beiname  des  Poseidon : 
hat    wenig    Wahrscheinlichkeit,    S.    Reinach,  40  Tavgsog  'Evvoeiyaios,  Hes.  Scut.  104  (und  da- 

Bronzes   figures    (=    Antiquite's   nationales    2)  zu   Aly,  Rhein.  Mus.  68   [1913],  23   Anm.  2). 

p.  121  Anm.  (vgl.  p.  278).  —  D'Arbois  de  Ju-  'Ewoelyaiog  TavgBios,  Nicetas  in  Anecdota  var. 

bainville,  Le  cycle  myihol.  irlandais  et  la  my-  Gr.  et  Lat.  ed.  Schoell  -  Studemund  1,  279,  XI. 

thologie  cdtique  385   Anm.  1    sieht    in   Tarvos  283,  IX.     TavQSLog,    6  noöEid&v.,  Hesych.  s.  v. 

Trigaranus  einen  Doppelgänger  des  gehörnten  Tccvgog.     Die  Form  Tccvqios  als  Poseidonepi- 

Gottes  Cemunnos  (s.  d.),    der  dem  Stiere  des  theton  steht  bei  Suid.  s.  v.  TavQidiov  (p.  1043 

Geryones  entspreche;   infolge  einer  Volksety-  Bernh.).    Anonym.  Laurent,  bei  Schoell-Stude- 

mologie   sei  Geryones,   'der   Brüller  mit   drei  mtm<2  a.  a.  0.  1,  267,  IH^g.  Vgl.  auch  Apollon. 

Leibern'  bei  den  Galliern  zu  'drei  Kranichen'  Lex.  Homer,  p.  156,  20  Bekker:  Tavgov  tov 
{Frigvovrig:  yigccvog)  geworden.     In  der  Revue  50  TJoGBidiovog.     Zweifelhaft  ist  es,  ob  unter  dem 

celtique  28,  41    meint   derselbe    Gelehrte,    der  Q-sog  Tavgog  einer  Inschrift  aus  Thespiai:  @eov 

Stier  sei  ein  göttliches  Wesen,  in  Irland  'Donn',  Tavgov  {C.  L  G.  1,  1606.    I.  G.  7,  1787)  Posei- 

in    Gallien    'Donnos'   genannt,   und   die   drei  don,  an  den  Kern  bei  Pauly-Wissowa  6,  1032, 

Kraniche  seien  drei  Formen  einer  'triple  deesse  64  ff.  denkt,  oder  Dionysos  {E.  Maaß,  Orpheus 

appel^e  en  Irlande  Bodb,  Morrigan  et  Nemain'.  130,  4.  137,  19)  zu  verstehen  ist.  Nach  Hesych. 

Reinach,  Cultes  sieht  in  dem  Baume,   den  s.  v.  Tccvglcc  wurde  dem  Poseidon  ein  Fest  Tuv- 

der  beilschwingende  Gott  zu  fallen  im  Begriff  gia  gefeiert,   und  es  ist  wohl  sicher,  daß  das 

ist,  einen  göttlich  verehrten  Baum  (vgl.  Fagus  Lokal    dieses    Festes    Ephesos   war,    da   nach 

deus,  Sexarbor),  'un  arbre  cosmique',  wie  die  Amerias  bei  Athen.  10,  425  C  (vgl.  Hesych.  s.  v. 
Weltesche  Yggdrasill,   in  dem   Stier  (Tarvos),  60  Tavgog  Eust.  ad  Hom.  11.  1205,  22)  in  Ephesos 

einen  'taureau  divin  et  cosmique',  und  in  seiner  die  Jünglinge,  die  bei  dem  Feste  des  Poseidon 

Verbindung  mit  den  drei  Kranichen  einen  frei-  den  Wein  schenkten,  tavgoi,  ( JJsener,  Götter- 

lich  noch   der  Aufklärung   bedürftigen   'sens  namen)  hießen,  Nilsson,  Feste  80. 

religieui  et  symbolique'.     Ähnlich  hatte  sich  Im  Zusammenhang  hiermit  steht  wohl  auch 

schon  Ad.  Holtzmann,  Deutsche  Mythologie  103  f.  der   durch   eine  Inschrift   aus  Ephesos   {For- 

geäußert:  'ein  Stier.  —  Man  kann  an  die  Kuh  schungen  aus  Ephesos  2,  182  nr.  75)   bekannt 

Audumbla  denken,  welche  die  ersten  Urwesen  gewordene  Verein  der  Tavgsaatai,   Heberdey, 

aus  dem  Salzfelsen  herausleckte;  bei  den  drei  Forsch,   in   Ephesos   a.  a.  0.  182.    Bermdorf, 


133                        Taureios  Taurike                         134 

ebenda  1,  97,  während  der  in  zwei  Inschriften  q(ov   inirsXnv   tm  TloasiS&vi   Tavgsiog   ixXi^d^ri 

erwähnte  Verein    TavgeiväSsg   (Forsch.  2,  183  ßotcortxcoff.    Über  Stieropfer,  die  dem  Poseidon 

nr.  80.  184  ur.  81)  wohl  kaum  hierher  gehört,  dargebracht  wurden   {diu  t6  xarä  a(podg6ti,Ta 

wie  Benndorf  a.  a.  Ü.  1,  97  Anm.  4  annimmt,  -aivriaKo?  nXrixxiy.6v^   ixi  6h  -nal  diu  tb  iivurtXi- 

sondern  mit  Heberdey,  Forsch.  2,  184    als   ein  xor  xul  diu  rüg  iv  rm  vduxi  de  'nufircrug  Sixriv 

Verein  der  Schuster  aufzufassen  ist.   Von  einer  xsgütiov,  Eust.  ad  HÖm.  Od.  1676,  34),  speziell 

Stierhetze  {xuvgoig  ob  ■natu  ngouigsciv  iv  'Ico-  über    Opfer    von    schwarzen    Stieren    {d^vovGiv 

vice    7Cat3s?   'Ecptöicov    ccycovi^ovxcei  .  .  .  xal    iv  avxm  xccvgovg   nufi^^Xavag  diu  rr}v  ;^pomv  xov 

AagiöGj]  TtöXst  xj)g  f)BGGaXiug  ol  zoiv  xaxoi'novv-  TCsXdyovg,  Cornut.  de  nat.  deor.  22  p.  124  Osann; 

T(ov    svysviaxcxxoi)    berichtet    Artemidor   1,  8.  lo  vgl.  Fust.  ad  Hom.  Od.  1454,  3,  vgl.  Hom.  B. 

Für  Ephesos  liegt  in  Verbindung  mit  den  obi-  11,  727,  20,  403  (Strabo  8,  384).    Od.  3,  6.  178. 

gen  Zeugnissen  der  Gedanke  nahe,   in   diesen  11,  131.    Find.  Fyth.  4,  204.    Ol.  13,  69.   Plut. 

Stierkämpfen  einen  Teil  des  Poseidonfestes  zu  Sept.  sap.  conv.  20.  Philostr.  Imag.  2,  16.  Schol. 

sehen,   Maxim.  Mayer,  Ärch.  Jahrb.  7  (1892),  Find.  Nem.  6,  69.  Eust.  ad  Hom.  Od.  1386,41. 

77.    Für  die  Stierkämpfe  in  Larissa  {xavgod-r]-  II.  1227,  34.     Aen.  Verg.  2,  202    und    Serv.  z. 

giu  s.  I.  G.  9,  2,  581jj  [=  Dittenberger,  Sylloge  d.  St.). 

2*,  671^  p.  495).  537.  528i8.  Ö829.  038g.  534^;  Für  weitere  Beziehungen  des  Stieres  zum 
vgl.  5355.  5364 :  rccvgov  nscpsigdxovxsg,  necpr\i-  Poseidon  ist  darauf  hinzuweisen,  daß  Poseidon 
gäv,ovxBg  =  xs%-riQu-i(,6xsg\  vgl.  auch  Heliodor  selbst  Stiergestalt  annimmt,  Ov.  Met.  6,  115, 
10.  30.  Phtlippos  in  Anth.  Pal.  9,  543.  Boeckh  20  daß  er  auf  einem  Stiere  reitend  dargestellt 
zu  Schol.  Find.  Pyth.  2,78  p.  319.  E.  Dürr-  wird,  0.  Müller-Wieseler-Wcrnicke,  Ant.  Denk- 
bach,  Corr.  hell.  10  [188G],  443)  und  anderswo,  mäler*  163  nr.  5,  daß  er  im  Wettstreit  mit 
z.B.  in  Smjin-A  (Tcivgoxa^dipiu.,  C.  I.  G.  2,  S212.  Athena  usw.  den  Stier  erschafft,  Luc.  Hermo- 
M.  Mayer  a.  a.  0.  75  ff.)  ist  ein  Zusammen-  tim.  20.  Babrius  59.  Wie  der  Wolf  das  Sym- 
hang  mit  dem  Poseidonkultus,  wie  ihn  K.  F.  bol  Apollons,  so  ist  der  Stier  das  Symbol  Posei- 
Hermann,  GoUesdienstl.  Altert.^  451.  Welcher,  dons,  Serv.  ad  Verg.  Aen.  4,  377.  Poseidon  hat 
Gr.  Götterlehre  2,  675  annahmen  {-vgl.  auch  den  später  von  Herakles  gebändigten  kreti- 
Bechtel,  Götting.  Gelehrte  Nachr.  1890,  34,  der  sehen  Stier  gesendet  {Paus.  1,  27,  9.  Apollod. 
in  den  Taurokathapsia  die  Ausartung  eines  2,  5,  7),  ebenso  den  Stier,  der  für  Hippolytos 
alten  im  Dienste  des  Zeus  Polieus  geübten  30  so  verderblich  wurde  (Bd.  1  Sp.  2682,  8  ff.); 
Kultgebrauches  zu  einem  Sporte  sieht),  man-  auf  vielen  Münzen  ist  der  Stier  das  Wappen- 
gels anderer  Zeugnisse  sehr  fraglich,  Nilsson  tier  Poseidons  u.  a.  m.  Höchst  wahrscheinlich 
a.  a.  0.  81.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1138,  1.  —  steht  auch  der  troizenische  Flußname  Tuv- 
Über  bildliche  Darstellungen  der  Taurokatha-  giog  {Paus.  2,  32,  7)  mit  Poseidon  TuvgLog  in 
psia  in  Kreta  vgl.  Evans,  Ann.  of  the  Brit.  Verbindung,  0.  Höfer,  Mythologisch- Epigraphi- 
School  at  Athens  7  (1900/01),  94  f.  Chatzidakis,  sches  {Beigabe  z.  Jahresber.  d.  Wettiner  Gymn. 
'E(pr\\i.  &QX-  1912,  232.  Gaerte  ebenda  260,  57.  zu  Dresden  1910)  S.  36.  Diese  vielen  Bezie- 
Vgl.  auch  Mayer,  Verhandl.  d.  40^en  Versamml.  hungen  des  Poseidon  zum  Stiere  verleihen  der 
deutscher  Philologen  in  Görlitz  (1890)  S.  290.  Ansicht  von  Gruppe,  Gr.  Myth.  1138,  3,  daß 
Das  oben  für  Ephesos  in  Anspruch  genommene  40  auch  der  Poseidon  'EXixmvLog  (vgl.  über  diesen 
Fest  Tuvgiu  wollte  Welcker  a.  a.  0.  674  nach  Jessen  bei  Pauly-Wissowa  s.  v.  Helikonios.  F. 
Kyzikos  verlegen,  da  dort  ein  Monat  Tavgsoav  Solmsen,  Beiträge  zur  griech.  Wortforschung  1 
{E.  Bischoff,  De  Fastis  Gr.  ant.  396)  hieß;  [Straßburg  1909]  S.  84 f.)  —  von  sXi^  abgelei- 
aber  abgesehen  davon,  daß  für  Ephesos  die  tet  —  ursprünglich  als  Stiergott  aufzufassen 
oben  angeführten  Zeugnisse  sprechen,  ist  ein  ist,  nicht  geringe  Wahrscheinlichkeit.  [Höfer.] 
Monat  Tuvgswv  ferner  auch  bezeugt  für  Sa-  Taurica  dea  s.  Taurike. 
mos  {Bischoff  400),  Milet  {Königliche  Museen  Tauriformis,  der  'Stiergestaltige',  Beiname 
zu  Berlin:  Milet  herausg.  von  Th.  Wiegand,  des  Fl.  Aufidus  bei  Hör.  carm.  4, 14,  25.  Über 
nr.  38  Aj  p.  185.  nr.  13823  P-  28f.  nr.  143ig  die  Gestalt  der  Flußgötter  s.  0.  Bd.  1,  Sp.  1488  ff. 
p.  319.  nr.  147^8  p.  335.  nr.  löO^  gg  p.  356 f.),  50  und  Bd.  3,  Sp.  2902.  Zur  Horazstelle  bemerkt 
Priene  {Königl.  Mus.  zu  Berlin:  Inschr.  von  Porph.:  omnium  fluminum  genii  taurino  voltu 
Priene  nr.  22^  p.  30.  nr.  lllgia  P-  101.  202g3  etiam  cum  cornibus  pingutitur  propter  impetus  et 
p.  141),  und  das  bloße  Vorkommen  eines  Mo-  fremitus  ipsarum  aquarum.  Vgl.  Tauromorphos. 
nates  Tuvgsmv  berechtigt  noch  nicht  zu  dem  [Eitrem.] 
Schlüsse,  eine  Verbindung  mit  dem  Stier-Po-  Taurike  {Tuvgiyiri),  Beiname  der  der  Göttin 
seidon  anzunehmen;  möglicherweise  {Nilsson  der  taurischen  Chersonnes,  der  Parthenos  (s.  d. 
a.  a.  0.  81)  ist  dies  der  Fall  für  Sinope,  wo  Sp.  1661,  43  ff.)  oder  Tauropolos  (s.  d.)  gleich- 
wir  neben  einem  Monat  Tuvgsav  ein  Fest  des  gesetzten  Artemis,  Paws.  1, 23, 7.  3,16,7.8.  Clem. 
Poseidon  Helikonios  finden,  Dittenberger,  Syl-  Alex.  Protr.  3  p.  36  Potter.  Euseb.  Praep.  ev.  4, 
löge  2»,  603  p.  376.  60  16,  12  (p.  185  Dindorf).  Mythogr.  Lat.  1,  173. 
Das  Epitheton  TuvQSLog  erklärt  Schol.  Hes.  Cyprian.  Quod  idola  dii  non  sint  4  =  Corxyus 
Scut.  104  {Poet.  Minor.  Gr.  ed.  Gaisford  2  Scriptor.  eccles.  Lat.  III,  1  p.  21  ed.  Härtet.  — 
p.  621):  riyovv  diu  tbv  t&v  yivfiuxcov  tjxov,  mg  Nach  Hirst,  Journ.  of  hell.  stud.  23,  29  (vgl. 
xuvgoi  yug  fivniövxaL.  7)  ort  tavgoyiguvog  iötiv.  Gruppe,  Bursians  Jahresber.  137  [Suppl.J,  418) 
rj  oxL  TuvgsLog  IIoGud&v  iv  itoXsi  Boicoxiug^  ist  "AgxBnig  TurgiTii]  eine  barbarische  Göttin, 
diu  tb  [iv  'EXiTcavi  tfjg  Boicotiag,  Cod.  Bibl.  die  aber  von  demselben  mykenischen  Kult  ab- 
Paris.  2708]  tuvgovg  h'vB6%'ui  uvta  huI  ilccXl-  stammt  wie  die  Bguvgaviu  und  daher  dieser 
6tu  iv  'OyxrictK  .  .  .  knb  ovv  tov  d'vaiug  tuv-  urverwandt  ist.     [Höfer.] 


135                       Tauriskos  Tauromorphos                    136 

Tanriskos  {Tcevglaxo?),  Eponymos  des  liguri-  hindeuten.  Der  Tempel  der  Athena  Taurobolos 

sehen   Volksstammes    der   Taurisker  —   nach  muß  nach  der  mitgeteilten  Legende  unweit  des 

JFV.  Mistral f  Dictionnaire  Provetii-al- Frangais  Meeres  gestanden  haben,  Ludiv.  Roß,  Beiden 

2,  957  8.  V.  Tarascoun  Gründer  von  Tarascon  — ,  auf  den  griechischen  Inseln  2,  20  f.    Bursian, 

berüchtigt  durch  seine  Wildheit  und  Grausam-  Geogr.  v.  Griechenland  2,  443.    E.  Weil,  Athen. 

keit,    von  Herakles   auf  seinem   Zuge   gegen  Mitt.  1  (1876),  240.  Hirsch feld,  a.  a.  0.  Saucius 

Geryones    getötet,     Timagenes    bei    Ammian.  a.  a.  0.   —  2)   Beiname  der  Artemis  s.  oben. 

Marceü.  16,  9,  6  —  F.  H.  G.  3,  321  f.  fr.  7.  (IHöfer.J 

Anch  die  zweite  Erwähnung  des  Tauridkos  bei  Taiiromenes?  {TavQo^iBvruf) ,  als  Beinamen 
Ammian.  16,  10,  9   geht  wohl   auf   Timagenes  lo  des  Dionysos    erschließt  Gruppe   bei  Bursian 

zurück    {Mommsen,   Hermes    16    [1881],    620  86(1895),  222  aus  dem  Namen  der  Stadt  Tav- 

Anm.  2)  und  nicht  Auf  Sallust,  wie  Gardthausen,  goiiiviov.     [Höfer.] 

Jahrb.  f.  klass.  Phil.  Suppl.  6,  566   annahm;  Tauromorphos  {Tavgoiiogcpog).    Nach  Clem. 

vgl.  Wachsmuth,  Bhein.  Mus.  46  (1891),  468.  Alex  Protr.  2,  16,  3  p.  14  Potter  (p.  13,  21  St,) 

Holder,  AÜ-CkÜ.  SprachschaUs  1769  s.  v.  Tau-  gebiert  Persephone  —  von  dem  ihr  in  Schlan- 

risci.   J.  de  Witte,  Rev.  arch.  N.  S.  16"  annee  geugestalt  genahten  Zeus,  daher  der  mystische 

30.  vol.  (1876),  886 f.    E.  Maaß,  Jahreshefte  d.  Spruch:  ravpog  Sganovro?,  xal  dpaxcov  rocvqov 

österr.  arch.  Inst.  9  (1906),  144  u.  Anm.  26  (vgl.  natrJQ,  Firmic.  Mat.  de  errore  profan,  relig.  26. 

168  Anm.  76).   /?.  Jteinach,  Cultes,  mythes  et  re-  Albr.  Dieterich,  Eine  MithrasHturgie  216  (vgl. 

ligions  1,  243.   3,  174.     Antiquites  nationales  2  20  156).  Crusius,  Rhein.  Mus.  45  (1890),  265  if.  — 

{Bronies  figures  de  la  Gaule  Romaine)  276  f.  einen    stiergestaltigen    Sohn:    nalSa    ravpci- 

(vgl.  120  f.  Anm.  3).     [Höfer.]  iiogcpov  (vgl.  Arnob.  advers.  gent.  6,  21  p.  193, 1 

Tauro  {Tavgm)  •  i)  iv  Tavgots  uigTSfiig^  Hesych.  \  Reiff er  scheid),  worunter  nach  dem  Schol.  z.  d.  St. 

wohl  Kurzform  zu  Tccvgonölog  (s.  d.),  E.  Maaß,  Zayghvg   jLovvaog  zu   verstehen    ist,    Gruppe, 

Hermes  23  (1888),  617.     [Höfer.]  Gr.  Myth.  1425,  4,  wo  auch  die  Belegstellen 

Tauroboleia   {TavQo§6Xna) .,    Gemahlin   der  für  die  auf  Stiergestalt  des  Dionysos  hinwei- 

Okytos  (andere  nennen  dafür  die  Hippodameia)  senden  Epitheta  (ravpox? pw?,  tavQocpvrig  usw.) 

und  Mutter  des   (iuneus,   Tzetz.  Proleg.  Alleg.  angeführt  sind.    Damit  vergleiche  mau  Athen. 

Hom.  11.  029.     [Höfer.]  11.   61   p.  476a    (vgl.  Quandt,   De   Baccho   ab 

Taurobolos  {TavQoßöXog).,   Beiname   1)   der  so  Alexandri  aetate  in  Asia  Minore  culto  [Diss. 

Athene  auf  Andros  nach  Suidas  s.  v.  Tavgo-  Hai.  21,  2]  130:  rbv  Jiövveov  y.£gato(pvfi  nXdz- 

nölov  (p.  1044,  4  if.  Bernhardy)  =  /.  G.  12,  5  tE6&ai,    hi   te   tavgov    xaletad^at,   vnb    noXXcav 

p.  XXXII  nr.  1505:   xal  Md'riva   dh   TavgoßoXog  noiritcbv.     iv    dh    Kv^i-Aco    xat    Tavgoiiogcpog 

(vgl.    Suid.    8.  V.    TavgoßoXog'    i]    kd'rjvä   und  lägvtat  =  Eust.   ad  Hom.  II.  13,  21    p.  917, 

Hesych.  Tavgo7c6X(xi{Bo[y  r]''Jgvs^LLg  xal  7] 'A&rivä)  66.     Hierher  gehört  auch    Plut.  de  Is.  et  Os. 

iv'Avdgoa.  6  'yag''Jviog  dovg  tavgov  xoig'AxgEi-  35  p.  364  F  dib    xal   ravpofiopqpov   Jlovvöov 

^aig  ixsXsvösv,   Önov  av  iy.  Tf]g  vBojg  aX>Lrjrat,  -noiovGLV  &ydXyiata  noXXol  tcbv  ^EXX'qvcov^  wo  man 

i6gv6a6d'ai,  'A&rivav '    xal   ovT(og  evtiXot^csiv.  6  entweder  tcolovgiv  &yaXfiaT07toiol  tüv  'EXX'^vav 

ök  iv  'kvdgcp  i^-^Xato  =  Phot.  Lex.  s.  v.  Tav-  oder    tavgo^iogfpa    Jlovvgov    x.  t.  X.    schreibt. 

goTioXov  p.  571,  7  flf.  Person  =  Apostol.  16,  22.  40  Über  den   ^Stierdionysos'   vgl.  F.  A.  Voigt  im 

Daß  Athene  TavgonoXog  (so,  nicht  TavgoßoXog)  Myth.  Lex.  Bd.  1  Sp.l056flF.  E.  Thraemer  ebenda 

genannt  worden  sei,   berichtet  Xenomedes  von  Sp.  1149  ff.;  ferner  Stephani,  Compte  rendu  de 

Chios  im  Schol.  Arist.  Lysistr.  447  {F.  H.  G.  2,  la  commission  inip.  archeol.  1863,   110  ff.    Bob. 

43,    1),    der   nach   v.  Wilamowitz,  Hermes    18  v.  Schneider,    Über  zwei  Bronzebilder  des   ge- 

(1883),  259  f.  Anm.  2  (vgl.  Immisch,  Rhein.  Mus.  hörnten  Dionysos  in  Jahrb.  d.  Kunstsammlungen 

44  [1889],  303)  auf  Apollodoros  nsgl  d-säv  zu-  des  allerhöcJisten  Kaiserhauses  2   (1884),   4i  ff. 

rückgeht.     Viele    (z.  B.    Bursian,    Geogr.   von  Andreas  Wilh.   Curtius,   Das   Stiersymhol   des 

Griechenland  2,  443,  2.   Hirschfeld  bei  Pauly-  Dionysos  {Progr.  des  Königl.  Kaiser  -  Wilhelm- 

TTtssoMJ«  1,  2170,  60.  Max.  Mayer,  Arch.  Jahrb.  Gymn.  zu   Köln    1892).     Wieseler,    Gott.    Gel. 

7  [1892],  77)  meinen,   die  Schreibung  Tavgo-  60  Nachrichten  1891,  367  ff.  1892,  218  ff.   A.  Rapp, 

ßoXog  bei  Suidas  usw.  beruhe  auf  einem  Irr-  Die  Beziehungen  des  Dionysoskultes  zu  Thrakien 

tum.     Doch    steht   unmittelbar  vor   der   oben  und  Kleinasien  IS  i.  23.    Wellmann,  Hermes  Sl 

ausgeschriebenen  Stelle  zur  Erklärung  des  Bei-  (1896),  223  f.  —  Als  ravgofiogcpog  d-Eog  wird 

namens   der  Artemis    TavgonoXog:   ol  &'  ort,  von  Philo,  De  vita  Mosis  3  ed.  Mangey  1,  160, 

IßaXi.,   810  xai  TavgoßöXov,   also  direkte  Ab-  10  (=  de  vita  Mosis  2  [3],  165  ed.  L.  Cohn  4, 

leitung  von /SaHftv!   Tavpo^oXog  würde  also  die  238,  18):    XugoTCoiritov    ytataoxevavTEg    ravgo- 

'Stierschießerin,    Stiertöterin'    bedeuten    (vgl.  \Logcpov  dsbv  ov  d'sbv  Ttgoo-Awovoi  xal  d-vovav 

(rruppe,  Gr.  Myth.  IbbS  Anm.  b  zu  1552).  Welcker,  (die  Juden)  auch  das  aus  Exod.  32,  4.  7  (vgl. 

Aesch.  Trilogie  282  Anm.  491  ist  der  Ansicht,  1  Reg.  12,  28  f.  Hosea  8,  6  f.  10,  6  f.  13,  2)  be- 

daß  die  Schreibung  TavgoßoXog  auf  irriger  Aus-  60  kannte   ^goldene  Kalb%  die  Statue  des  unter 

legung  für  xavgoßogog.,  ravgocpäyog  beruhe  (vgl.  dem    Bilde   eines    goldenen    Stieres    verehrten 

Taurophago9  nr.  2).     Nach   Theophil  Saucius,  kana'anitischen    Ba^al    bezeichnet;    vgl.    Br. 

Andros  {Sonderschriften  des  österr.  arch.  Inst.  Baentsch  im  Handkommentar  zum  alt.  Testa- 

in  Wien  8)  118  soll  die  Erzählung  des  Suidas  ment  herausgeg.  von   W.  Nowack  1,  2   S.  269 

mit   Anlehnung    an    Agamemnons    Heereszug  zu  Exod.  1 — 6.    W.  Baudissin  in  Realenzyklo- 

einen  auf  Andros  üblichen  alten  Opferbrauch  pädie  fü/r  protest.  Theologie  u.  Kirche  herausg. 

aitiologisch  erklären;   der  den  Atriden  mitge-  von  jBTcr^ro^f-SaitcÄ  9",  704 ff.  s.v.  Kalb,  goldenes. 

gebene  Stier  soll  auf  das  darauf  folgende  Opfer  Vgl.  Tauriformis.    [Höfer.] 


137                   Tauroparthenos  Tauropolos                       138 

Tauroparthenos  (TavgonccQd-svog).    Bei  Ly-  rocvgos  Ttigiaiai  Tcdcvra,  mg 'A7CoXX6d(OQog  {vel. 

kophr.  Alex.  1292  ist  unter  der  'ßo&nig  ttxvgo-  Schol.  Arist.  Lys.  447:    TavgojtoXov   ovroo  vrjv 

ndgd'svog  Kdgr]^  lo  (s.  d.)  zu  verstehen.    Diese  "igrefiLv  ixdXovv.  xr\v  81  altiav  ÄnoXX6duigog 

Bezeichnung  —  BtSiii  xavgondgdsvog  sollte  man  iv  rat  rcsgl  ^smv  i-Kti^Btui   und   dazu  v.  Wila- 

eigentlich   ßovTtdgd't-vog   erwarten;    vgl.   Schol.  moiv'itz,  Hermes  18  [1883J,  269  Anm.  2),  a.  — 

z.  d.  St.  2,  365  f.  ed,  Scheer  —  sieht  ab  von  der  2)  "latgog  di  .  .  .  on  tbv  vnh  Tloohifi&vog  ini- 

gewöhnlichen  Vorstellung  einer  gänzlichen  Ver-  nE^icpd'ivxu  'innoXvto)    xavgov    i^oiargriasv  inl 

Wandlung  der  lo  in  eine  Kuh,  an  deren  Stelle  Traffar yijv,  a.;  etwas  abweichend ^pos^oi. a.a.O.: 

sie  die  auch  sonst  (ßd.  2  Sp.  271,  5tF.)  bezeugte  6^rt  tov  tccvgov  ^xreiva.  —  3)  ort  ij  'irpty^vsia 

Vorstellung  von  einer   kuhgehörnten  Jungfrau  lo  cpvyovacc  äno  Z-Kvd'iccg  iv  jiTti-nj)  Idgvoatjihri  tb 

setzt,   die  auch  in  der  Identifizierung   der  Isis  äy^Xiia    TavgonSXov    "Agrsfiiv     ngoariyogfvOBVy 

mit  lo  (Bd.  2  Sp.  439  f.)  zum  Ausdruck  kommt.  insiöi]  ix  x&v  Tavgcov  tov  id-vovg  rjXd-hv,  E.  M. 

Vgl.  auch  G.  Meilen,  l)e  lus  fabula  capita  sc-  14^1,  54  ff.;   vgl.  Eust.  ad  Dionys.  Pur.  306:  i) 

lecta  53  ff.  60.    Gruppe  in  Bursians  Jahresber,  "AgtB^ig    TavgonoXog    &7t6    rovrcav    SoAst    rcbv 

137  (1908)  [Supplementband]  S.  528.  v.  Holzinger  Tavgav  X^ysad-uL.  —  4)  "Agn^ng  .  .  .  t6  ft^i/  ^d^vog 

zu  Lykophr.  a.  a.  0.     [Höfer.]  ixstvo  rav  vofidScov  ittdXsas  Tavgovg^  ind  Scvri 

TaurophagOS  {Tavgo(pdyog\  Beiname  1)  des  xfig  'Icpiysvdocg  nccgcc  tbv   ßco^bv  ^(prive  xavgov^ 

Dionysos,  Soph.  fr.  607  Nauck^,  gleichbedeu-  ocvtriv  S'  i]  d-hbg  TavgonöXov,    Nikandros  bei 

tend  mit  Omadios  (s.  d.),  Omestes  (s.  d.);   vgl.  Anton.  Liberal.  27  (und  dazu  v.  Wilamowitz  a. 

Gruppe,  Gr.  Myth.  732  Anm.  3  zu  731.   Weniger,  20  a.  0.  260)  und  im  E.  M.  748,  3.    Zu  diesen  vier 

Arch.  f.  Religionswiss.  10  (1907)  67.    Welcker,  Erklärungen  kommen  die  drei  in  b)  überliefer- 

Alte  Denkmäler  5, 164  f.  —  2)  der  Artemis  (v.  1.  ten  Deutungen.  —  5)  oti  iv  Tavgotg  tfjg  Z-kv- 

Tccvgo(p6vog),    weil    sie    für    die    zu    opfernde  dlccg  r^/^arat.  —  6)  t)  dnb  (ligovg,  x&v  xoiiivioav 

Iphigenie  einen  Stier,  wofür  andere  eine  Hin-  Ttgoatdtig  {iTtiatdtLg,  Suid.).  —  7)  ?)  ort  i]  ccvti] 

din  oder  Bärin  nennen,  geschickt  habe.  Etym.  xjj  EsXrivrj   iarl  %ccl   ino%slxccL  tuvgoig,   i)v  aal 

M.  748,  2.     [Höfer.]  TccvgcoTtbv  üvofid^ovGL,  womit  man  vgl.  Jo.  jT^ef^;. 

TauropllOliOS(?)  s.  Taurophagos  2.  Antehomer.    201:     'Agtiaidog  .  .  .    TavgonoXoio 

Tauropis  s.  TavQcaTtög.  ZsXriv7\g.  Von  diesen  Deutungsversuchen  (3.  4.  5) 

Tauropoleites  {Tavgo7toXsixr]g).  Ein  Fels-  sind  zunächst  diejenigen  auszuschließen,  die 
Telief  aus  Oinoanda  mit  der  Weihung  Q'scb{i)  30  mit  dem  geographischen  Namen  Taurien  spielen 
''Agri{i)  Tcivgo7toXsix7\{C)  svxiiv  zeigt  den  Ares  und  die  Tauropolos  aus  der  Iphigeniensage  her- 
jugendlich in  Panzer  und  mit  Helm,  mit  der  leiten.  Denn  wie  C.  Robert,  Arch.  Zeit.  33  [1876], 
Rechten  die  Lanze,  mit  der  Linken  den  Schild  134,  besonders  aber  Arch.  Märchen  (Philol. 
an  den  Boden  haltend,  das  Schwert  an  der  Unters.  10)  146  ff.  (vgl.  auch  v.  Wilamowitz, 
linken  Seite  gegürtet.  Heb  er  dey- Kaiinka,  Reisen  Hermes  18  [1883],  254.  Max.  Mayer,  Arch.  Jahrb. 
im  südwestl.  Kleinasien  (=  Denkschr.  d.  Kaiserl.  7  [1892],  77)  nachgewiesen  hat,  ist  die  Ablei- 
Äkad.  d.  Wissensch.  45  [1897]  I)  S.  53  f.  nr.  56.  tung  des  Namens  Tauropolos  von  dem  Volke 
Das  Epitheton  wird  wohl  als  Ethnikon  (vgl.  der  Taurer  vor  Euripides  keinesfalls  anzuneh- 
Steph.  Byz.  s.  v.  TavQonoXig,  itoXig  Kaglag.  xb  men  (vgl.  auch  C.  O.Müller,  Dorier  1  S.  385); 
id'vinbv  TavgoTCoXitrig;  vgl.  ApoUonioshei  Steph.  40  vielleicht  heißen  gerade  umgekehrt  die  Taurer 
Byz.  8.  V.  XgvöccoQig)  aufzufassen  sein.   [Höfer.]  nach  der  Tauro  (s.  d.)  =  Tauropolos,  Gruppe, 

TAnro^olh  {TocvQOTtoXig)  1)  Tochter  des  Kle-  Griech.  Myth.  1293,  1.     Freilich   ist   der  Ein- 

son  (s.  d.),  Paus.  1,  42,  7.    Näheres  unter  Kleso  fluß   der  Dichtung  des  Euripides  so  gewaltig 

und    Leukothea    (Bd.  2    Sp.  2013,    27  ff.).    —  gewesen,    daß  man  an  vielen  Kultstätten  der 

2)  Kind  des  Dionysos  und  der  Ariadne,  Schol.  Tauropolos  nicht  nur  in  Griechenland,  sondern 

Apoll.  Rhod.  3,  997.     Die  übrigen  fünf  neben  auch  in  Kleinasien   und  Italien   die  heimische 

Tauropolis   genannten   Geschwister  (Oinopion,  Kultlegende    an   die  Euripideische   Fabel    an- 

Thoas,    Staphylos,    Latramys,    Euanthes)    sind  knüpfte:  wo  ein  Kult  der  TavgonoXog  bestand, 

Söhne,  so  daß  man  dasselbe  auch  von  Tauro-  deutete  man  diese  jetzt  als  die  „Taurische"  und 
polis  annehmen  möchte;  doch  deutet  die  Form  50  suchte  durch  alle  Mittel  zu  beweisen,  daß  das 

des  Namens  mehr  auf  ein  Femininum  hin.  —  heimische  Kultbild  das  echte  von  Orestes  aus 

Der  Name  Tauropolis  weist  auf  die  mit  Dio-  Taurien  entführte  Idol  sei.    Die  Deutung  des 

nysos  gepaarte  Tauropolos  (s.  d.)  hin,  Gruppe,  ApoUodoros  (1),   oti  ayg  xavgog  TCsglsLöL  ndvtoc 

Gr.  Myth.  943,  3  (vgl.  125.  7).     [Höfer.]  besagt  wohl  dasselbe  wie  die  unter  7  gegebene 

Tauropolos  {TavQondXog) ,  Epiklesis   (häufig  Deutung:  die  Tauropolos  wäre  also  eine  Mond- 

auch  selbständig  gebraucht)  —  I)  der  Artemis,  göttin,  wie  sie  z.  B.   üsener,   Rhein.  Mus.  23 

Hesych.s.Y.TavgoTtoXai. Anon. Laurent. in Anecd.  (1868),  334.  355   auffaßt.    Als    eine    besondere 

Varia  Graec.  et  Lat.  ed.  Schoell  und  Studemund  Form  der  x4.starte,  die  ja  auch  als  Mondgöttin 

1,  270, 12  2^.  ^iÄe^as  iö.  277,  8.  283,  6  (hier  steht  und  zuweilen  mit  einem  Stierhaupt  erscheint 
die  Form  TavgoTCoXa).                                             60  (Bd.  1  Sp.  652),  sehen  die  Artemis  Tauropolos 

Über  die  Bedeutung  der  Epiklesis  Tuvgo-  s,n  Movers,  Die  Phönizier  2,2,  101 S.,  K.  Hoeck, 

3ro?.os  waren  schon  im  Altertum  die  Meinungen  Kreta  1,  92  f.,    Stephani,   Compte  renäu  de  la 

geteilt,  wie  aus  den  verschiedenen  Erklärungen  commiss.  imp.  archeol.  pour  Vannee   1866,  102. 

des  Namens  hervorgeht.  Die  Hauptstellen  sind:  Konr.  Trieber,   Quaestiones  Laconicae   1,  35  f. 

a)  Phot.  s.  V.  TocvQOTtoXov  =  Suid.  s.  v,  Tavgo-  Doch  ist  die  Tccvgo7t67.og  wohl  eine  echt  grie- 

srdlov,  womit  si^h  teilweise  JS't^/wi.  M.  747,  52  ff.  chische  Göttin,   auch  ist  der  Stier  als  Mond- 

und  Apostol.  16,  22  decken.  —  b)  Schol.  Soph.  symbol    nur    spät    erst    nachweisbar,    Bd.    2 

Ai.  172  =  Suid.   s.  v.   TavgonoXa:     1)    ort   mg  Sp.  3136,  53 ff.    Ma^.  Mayer  a.  a.  0.,    so  daß 

RoscHBE,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol,   V.  6 


139  Tauropolos  Tauropolos  140« 

auch  diese  Erklärung  nicht  der  ursprünglichen  Tauropolos  gebannt  ist  und  die  spüter  als 
Bedeutung  der  Tauropolos  gerecht  wird ,  ge-  Göttin  der  Entbindung  gedacht  und  der  Artemis 
schweige  die  von  einer  einzelnen  Tatsache  aus-  gleichgesetzt  wird,  war  ursprünglich  die  Heil-^ 
gehende  auf  Istros  (2)  zurückgeführte  Deutung.  st&tte,  wo  Männer  gewaltige  Zeu^ungskraft  zu 
Die  noch  übrige  Erklärung  (6)  &xb  fiiQovgy  gewinnen  glaubten.  In  ihrem  Dienste  wurden 
x&v  notfivitov  XQoarcitis,  die  in  Artemis  T.  die  wirkliche  Stiere  (raDpoi)  gehalten,  denen  man 
Schirmerin  der  Stiere  und  dann  der  Herden  eine  besonders  starke  Zeugungskraft  zuschrieb, 
überhaupt  sieht,  ist  von  Schreiber  Bd.  1  Sp.  667  Artemis  Tauropolos  wäre  also  die  Göttin,  die 
angenommen  worden.  Doch  erhebt  dagegen  mit  Zeugungskraft  und  geschlechtliche  Fruchtbar- 
Recht  Einspruch  Nilsson,  Gr.  Feste  261  f. :  Tav-  lo  keit  verleiht. 

QonoXog  muß  nach  Analogie  von  al%6Xos^  ßov-  Ein  Kultus  der  Artemis  Tauropolos  ist  an> 

TfoXoQ  (=  ßovyioiosy   Uesych.)   erklärt   werden,  folgenden  Stätten  nachweisbar: 
nur  nicht  so  speziell  als  „Stierhirtin";    denn  1)  Amphipolis:  templum  Dianae,  quam  Tau- 

-soXoff  hat   eine   sehr   allgemeine  Bedeutung,  ropolon  vocant,  Liv.  44,  44.  vabi  .  .  .  ri)s  Tctv- 

vgl.  iiovaoTtoXos  und  hgontoXog  des  ApoUon  Ak-  gonölov,  Biod.  18, 4,  6;  vgl.  Äntipatros  in  Anth. 

tios.    Sie  ist  vielmehr  eine  Herrin  des  Stieres;  Pal.  7,  705:  Ald'onirig  BQavQ(ovidog  vriog.   Über 

ohne  Zweifel  hängt  sie  zusammen  mit  der  be-  die  Münzen  von  Amphipolis  mit  Darstellungen 

sonders  bei  den  Mjkenäem  beliebten  Stierjagd  der  Artemis  T.  ist  Bd.  1,  Sp.  667,  69  ff.  gehan- 

und  den  Stierkämpfen  (vgl.  die  Taurokathapsien  delt.  Hinzuzufügen  ist  folgendes:   Münzen  mit 

im  Kult  des  Poseidon  Taureios  [s.  d.]),  der  das  20  der  Darstellung  der  inschriftlich  als  TccvQond- 

Fest  der  Tauropolia  (s.  unten  nr.  3)  galt.  Sie  ist  Xog  bezeugten  Göttin  bei  Head,  Hist.  num.''  217 ; 

also  Herrin  des  kräftigen,  wilden  Stieres  ge-  mit  wehendem  Schleier  auf  Stier  reitend,  Cat. 

wesen;   daher  steckt  in  ihrem  Namen  ravgog,  of  greek  coins  in  the  Brit.  Mus.  Macedonia  49, 

nicht  ßovg,  welches  Wort  ganz  andere  Vorstel-  56.  50,  57.  52,  73  (mit  Abbildung).  53,  79.  80. 

lungen  erweckt.  Wenn  der  Chor  bei  <S'opÄ.  J.taa;  64,  88.  67,  112.  58,  120.  59,  129.    Macdonald, 

172 ff.  nach    dem   rasenden  Wüten    des    Aiax  Cat.  of  greek  coins  in  the  Ilunterian  coli.  1,21  S, 

unter  den  Herden  des  Heeres  fragt:    tj  gd  as  23.  27;   die  Büste  der  Göttin  mit  Bogen  und 

TavgonoXog   Jibg  "Agtsfiig   mgnaßs    navSd^ovg  Köcher,  Brit.  Mus.  52,  76;  die  Göttin  stehend 

iit\  ßovg  dyeXaiag;   so  ist,   wie  Max.  Mayer,  mit  Modius,  in  der  R.  eine  Fackel,  in  der  L. 

Arch.  Jcüirb.  a.  a.  0.  77  bemerkt,  das  tertium  so  einen  Zweig  tragend,   ebenda  54,  91.  56,  104. 

comparationis,  nicht  Mondsucht  und  Wahnsinn,  106.  58,  121.  60,  137;  vgl.    auch  Sp.  139,  62  ff. 

wie  das  Schal,  will  {rovg  TCoXXovg  yccg  r&v  (lai-  und  Nilsson,  Gr.  Feste  250  f. 
vfnUvmv  ix  ßiX'^vrig  vooitv  vTcotid-evtai,  —  vgl.  2)  Aricia:    im  Haine  Artemision  isg6v  .  .  . 

auch    C.  0.  Müller,    Dorier  1,   387),    sondern  dcplögviid  xv  TavQonöXov,  Strabo  5,  239;    vgl. 

die  wilde  Jagd  auf  die  Rinderherden.  Daß  Ar-  Bd.  3,  Sp.  1001,  15  ff. 

temis    Tauropolos    die    „stiertummelnde"    be-  3)  As(8)os(?):  Bei  Hesych.  s.  v.  TavgojtdXia 

deutet,  läßt  sich  vielleicht  auch  aus  dem  Be-  a   flg  ^ogtrjv  dyovGiv  kgxi^idi  bezeichnet  M. 

rieht  des  Klearchös  von  Soloi  bei  Athen.  6,  256  e  Schmidt  die  Worte  a  dg  als  verdächtig,  Nilsson, 

(F.  H.  G.  2,  310)  erweisen,    der   ausgelassene  Gr.  Feste  252  vermutet,  daß  darin  ein  Ethni- 

und  unzüchtige  Weiber  in  Makedonien  xavgo-  40  kon  stecke.  Ich  vermute  k<^6y£lg.  Als  Ethnikon 

nöXoi  xal  xgiodixidsg  nennt;    TavgoTcoXog  und  zu  koaog  ist  neben  ^^(yatos  auch  kaasvg  bezeugt,. 

Tgiodtxig    sind    Beinamen    der   Artemis,    die  Steph.  Byz.  137,  2. 

Klearchös  in  witziger  Weise  zur  Bezeichnung  4)  Athen:  x6  iv  Tavgoig  ^oavov . .  ^o^ißd^ki^ 

jener   Weiber   verwendet:    xgiodixig    ist    auch  slg  'Ad-^vocg  vvv    Xiysxai    xb    xfig   TavgoTtoXov^ 

sonst  bezeugt  als  Ausdruck  für  feile  Dirne,  die  Apollod.  Epit.  6,  27 ;  vgl.  bei  Serv.  ad  Verg.  Aen. 

sich    auf    den    Gassen    herumtreibt.    Lobeck,  3,  331:    'Orestes  .  .  .  sublato  Dianae  simulacra 

Aglaopham.  1088.     Als  Bedeutung  von  xavgo-  sororem  reduxit  in  Atticam,    ubi    in  honorem 

TcoXoi  gibt  Lobeck  1089  „virosae,  quasi  dicas  conservati  numinis  Tauropolin  (so!)  appellavif'y 

tavptfflffai".    Tavgidio  heißt  „rindern,  brünstig  vgl. unten  nr. 20  und  Bd.  3,  Sp.  998, 46 ff.  Schwur: 

sein",  von  der  Kuh.  Näher  scheint  mir  folgende  50  vi]  xijv  TavgonoXov,  Ar.  Lysistr.  447. 
Erklärung  zu  liegen:    xavgog  ist  Bezeichnung  5)  Elis  (?)  s.  unten  nr.  20. 

sowohl  für  das  männliche  Schamglied  {xavgog  6)  Hadrianopolis  (Thrakien):  Artemis  Tau- 

To  alöolov  xov  dvdgog,  Suid.)  wie  für  das  weib-  ropolos,  mit  den  erhobenen  Händen  einen  flie- 

]iche  {Hesych.  s.y.  xavgog.  PÄoi.  p.  671,  2.  Suid.  genden  Schleier  haltend  sitzt  auf  einem  Stier 

8.  V.  odgaßov) :  xavgoaoXog  würde  also  entspre-  (Münze  des  Caracalla) ,    Cat  of  greek  coins  in 

chend  der  „rossetummelnden"  Artemis  hier  be-  the  Brit.  Mus.  Thrace  118,  14.   Bei  Head,  Hist. 

deuten  die  sich  auf  oder  mit  dem  xavgog  (in  num.^  287  gedeutet  als  „Europa  on  bull". 
der  angegebenen   obszönen    Bedeutung)   tum-  7)  Halai  Araphenides:    [kXal  'Agacprijvidsg, 

melnde.    Es  ist  auch  beachtlich,  daß  diese  Be-  onov  xb   xfig  TavgonoXov,    Strabo  9,  399;    vgl. 

Zeichnung  für  Makedonien  angegeben  wird,  wo  60  Kallim.  Hymn.  in  Bian.  173  f.   Auf  Geheiß  der 

wir  für  Amphipolis  einen  Kultus  der  Tauro-  Athena  hatte  Orestes  in  dem  von  ihm  gestif- 

polos  bezeugt  finden;  auch  zeigen  makedonische  teten   Tempel  das  Kultbild  der  Artemis  auf- 

Münzen  die  Artemis  Tauropolos,  Cat.  of  greek  gestellt:    ßgexag    iTtmvvfiov   yqg    TavgLxfjg 


coins  in  the  Brit.  Mu^.  Macedonia  7.  16.  17.  'Jgxs(iiv    S^   viv    ßgoxol    xb    Xombv    viivqßovöt 

Stephani,  Compte  rendu  1S&6,  li)3.    Eine  andere  TavgonoXov    Q-Bdv,    der    Göttin   wurden    sym- 

Erklärung   des  Artemisbeinamens   Tauropolos  bolische  Menschenopfer  dargebracht,  Eur.  Iph. 

gibt  0.  Gruppe,  Arch.  f.  Religionswiss.  16,  377  Taur.  1452 ff.;  vgl.  oben  nr.  4  und  Bd.  3,  Sp. 

vgl.  372):    Iphigeneia,  die  in  den  Dienst  der  998,  45  ff. 


141 


Tauropolos 


Tauropolos 


142 


8)  Ikaria  (Attika):  Kult  der  T.  nach  der  An- 
nahme von  Gruppe,  Gr.  Myth.  47.  272. 

0)  Ikaros  (Insel  bei  Samos  im  ikarischen 
Meere):  'Agti^iLÖog  itgov  v.cclov^itvov  TocvQono- 
Xiov,  Strabo  14,  639.  L.  Roß,  Inselreisen  2,  103. 
Bürchner  bei  Pauly-Wissoica  9,  984,  41  flF. 
Knaack,  Hermes  37  (1902),  600.  Eine  von  den 
Sftmiern,  in  deren  Besitz  sich  zu  Strabos  Zeit 
Ikaros  befand,  gestiftete  Bildsäule  erwähnt  auf 
der  Inschrift  ihrer  Basis  gleichfalls  ein  hgov 
tfig  'Agt^iuSog  T?)g  TavQOTtöXov,  Kirchhof})  Mo- 
natsberichte d.  K.  Preuß.  Akad.  d.  Wiss.  1859, 
758  f.  nr.  2.  Die  Notiz  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  Tav- 
QoßoXtov  iv  ZIccfKp  'ÄQT^iiiSos  legöv,  2]tQccßo3v  id' 
ist  sicher  gleichfalls  auf  das  Samos  benachbarte 
Ikaros  zu  beziehen,  wo  sich  auch  ein  alter- 
tümliches hölzernes  Kultbild  der  Göttin  befand 
(rijs  'Agti^ido?  xo  ayaXyiU  ^vXov  r\v  ovx  slgyaOfii- 
vov),  Clem.  Alex.  Protr.  3,  46  p.  40  P.  =  p.  35, 
18  Stählin.  Arnob.  adv.  nat.  4,  11. 

10)  Ikaros  (Insel  im  Persischen  Meerbusen): 
IsQOV  'AnoXXmvo?  ayiov  .  .  .  xal  ^avtelov  Tavgo- 
yiöXov^  Strabo  16,  766;  vgl.  Arrian.  Anab.  7, 
20,  3.  Ael.nat  an.  11,  9:.  Isgov  bzw.  vsag  kgxi- 
iiidos;  vgl.  Knaack,  Hermes  37  (1902),  599 f. 
Bei  Dionys.  Per.  610,  der  auf  Ikaros  TccvgoTCo- 
XoLo  d'solo  ßcüiioi  nennt,  erklärt  die  Paraphrase 
(p.  385,  36  Bernhardy)  TavgoTCoXog  d'sog  als 
Artemis,  Eustathios  läßt  die  Wahl  zwischen 
Apollon  und  Artemis;  noch  schwankender  sind 
die  Angaben  der  Scholions:  (pccal  Sh  ovto)  rr/v 
ji(pgo8irriv^  ol  Sk  tov  JlÖvvgov,  ol  Sk  jigteiiidoc, 
ol   dh   TOV  'AXe^avdgov .,    dia   rb   rw  Bovyisq)äXoi 

l7C7l(p    iTCOXBtöd'CCt,. 

11)  Kastabala:  ^avrav&a  dinvsg  Tr}v  avTr}v 
d'QvXovaiv  LGxogiav  trjv  nsgl  tov  'OgiGxov  xal 
xfig  TccvgoTtoXov^  Usgualav  xex^fjff'ö'at  (paG-KOvxsg 
öiu  xo  Ttsgocdsv  yiofiiod'fivca,  Strabo  12,  537. 

12)  Komana:  tä  öh  isgätavxa  ^OKst'Ogeoxrig 
.  .  .  '/.o^iiödL  dsvgo  äno  xfjg  Tccvgixfig  ^Jtcvd'iag^ 
XU  xfig  TccvgonoXov  'dgx4^idogj  Strabo  12,  535; 
vgl.  Bd.  3,  Sp.  999,  13  ff. 

13)  Magnesia  am  Sipylos:  Eid  der  Magne- 
ten: 'OiivvcD  z//a,  rfjv .,  'HXiov,  '^Q'Hi  'A&rivav^ 
kgsiav  xai  x-qv  TavgoTtoXov  v,ou  rrj/x  Mr\xiQa 
xj]v  2:ntvX7\vi]v  v.xX.,  C.  I.  G.  2,  3137,  II  60 
p.  696.  Dittenberger,  Gr.  Gr.  inscr.  sei.  229,  60 
p.  371.  E.  L.  Hicks.,  Manual  of  greek  histor. 
inscr.  176  p.  303,  61. 

14)  Metropolitanus  Campus:  Ehreninschrift 
für  eine  Priesterin  der  Artemis  T. :  hgccacciiEvriv 
inicfuv&g  Q's&g  \^Agxf\piidog  T\a\vg[o\7c6Xov,  W. 
M.  Ramsay,  Cities  and  bishoprics  of  Phrygia 
760  nr.  701 ;  \g\.G.  Hirschfeld, Kelaiiiai-Apameia 
Kibotos  in  Phil.  u.  hist.  Abhandl.  d.  K.  Akad. 
d.  Wiss.  zu  Berlin  1875,  23  Anm.  1. 

15)  Mylasa:  Isgsvg  TavgonoXov .,  C.  I.  G.  2, 
2699.  Vielleicht  beziehen  sich  die  inschriftlich 
bezeugten  Tuvgocpövia  (Le  Bas  3,  404)  auf  ihren 
Kultus,  Preller- Bobert,  Gr.  Myth.  570,4,  Nilsson, 
Gr.  Feste  252,  3. 

16)  Pergamon :  Eid  des  hellenistischen  Söld- 
nerführers Paramonos  und  des  Königs  Eumenes  I. : 
'Oiivvco  .diu,  Ffiv,  '''HXiov,  noasidm,  (AtcoXXco), 
.dtjiirixga^'kgri/Ad'Tiväv'Agsiav  nal  trjv  TccvgoTto- 
Xov  xat  xovg  aXXovg  d'sovg,  M.Fränkel,Die  Inschr. 
von  Pergamon  1, 13,  24.  52  p.  12  f.  =  Dittenberger, 
Gr.  Gr.  inscr.  sei.  266,  24.  53  p.  438.  440. 


17)  Phokaia:  ^coxastg  . . .  llvd'onXrig  iv  xgixco 
nsgl  onovolag  xy  TavgonoXm  'Agxifiidi,  &v^g(o- 
710V  6Xoyi(x{vx)Biv  iaxoget,  Clem.  Alex.  Protr.  3 
p.  36,  P.  —  p.  32,  7  Stühlin  =  F.  H.  G.  4,  489 
{Euseb.  Pracp.  ev.  4,  16,  13);  vgl,  jedoch  auch 
E.  Hiller,  Hermes  21  (1886),  127  f.  130.  Nilsson, 
Gr.  Feste  262. 

18)  SamoB  b.  oben  Ikaros  nr.  9.  Ein  Igbv 
'Agxi^iiöog  erwähnt  Herod.  4,  48;  vgl.  Th.  Pa- 

10  noßa,  Res  Samiorum  5.  63.  P.  0.  Brönstcd, 
Reisen  u.  Untersuch,  in  Griechenland  2,  267. 

19)  Smyrna:  Schwur  der  Smyrnäer  in  dem 
oben  nr.  13  angeführten  Vertrag  mit  Magnesia, 
gleichlautend  mit  dem  Eid  der  Magneten,  C. 
1.  G.  a.  a.  0.  II,  70  p.  697.  Dittenberger  a.  a.  0. 
229,  70  p.  372.    Hicks  a.  a.  0.  p.  303,  70. 

20)  Sparta:  In  seiner  Confessio  berichtet  der 
heilige  Cyprianus,  Bischof  von  Antiochien  (nicht 
zu  verwechseln  mit  dem  gleichnamigen,  etwas 

20  älteren  Bischof  von  Karthago),  wie  er  in  seiner 
Jugend  in  alle  möglichen  heidnischen  Götter- 
dienste und  Mysterien  eingeführt  worden  sei: 
'dcpd-aücc  nccl  iv  xy  'IXlüöl,  xat  xi]v  xavgonoXiv 
(so !  1. :  xavgoTtöXov)  "Agxt^iv  -naxbXaßov  iv  Aa- 
KsSaiiiovi,  Acta  Sanctorum  September  Tom.  VIT 
(Antwerpen  1700)  p.  222  C.  Für  'IXiddi  schlägt 
L.  Preller,  Philologus  1  (1846),  351  Anm.  e 
"HXiSi  vor,  hält  es  aber  für  möglich,  daß  noch 
mehr  verdorben  ist.    Konr.  Trieber  a.  a.  0.  37 

30  nimmt  auf  Grund  dieser  Vermutung  einen  Kul- 
tus der  Artemis  Tauropolos  für  Elia  an.*)  Doch 
ist  diese  Hypothese  m.  E.  willkürlich,  und  die 
Stelle  des  Cyprianus  ist  nur  ein  Beweis  für 
den  Kult  des  A.  T.  in  Sparta,  der  auch  sonst 
bezeugt  ist;  vgl.  Paus.  3,  16,  7:  'Og%-iag  Isgov 
iaxiv  'Agxi^idog.  xb  ^oavov  dh  iyiüvo  slvcci  Xi- 
yovaiv,  0  tcoxs  'Ogißtrig  v,al  ' Icpiyivsia  iv,  xfjg 
TccvgLyif]g  i'/.yiXs7Cxov6iv;  vgl.  Bd.  3,  Sp.  998,  67  ff. 

21)  Tarent:  Einen  Kultus,  der  zwar  litera- 
40  risch  nicht  überliefert  ist,  eischlie&t  Furtwmigler, 

Jahrb.  d.  K.  Deutsch.  Arch.  hist.  3  (1888),  223  ff.  = 
Kleine  Schriften  2,  2 16  f.  aus  Stirnziegeln  aus 
Tarent,  auf  denen  ein  weiblicher  Kopf  mit 
kurzen  Stierhömern  und  Stierohren  erscheint, 
und  aus  einer  Gemme  des  Dioskurides,  die  er 
für  eine  spätere  Umgestaltung  desselben  Typus 
hält,  die  einen  weiblichen  Kopf  zeigt,  aus 
dessen  Stirn  zwei  kurze  Hörnchen  treten. 

22)  Tauropolis  (Karien) :  Der  Stadtname  läßt 
50  auf  Kultus  der  T*.  schließen,  Gruppe,  Gr.  Myth. 

272,   7. 

23)  Themiskyra  (Wohnsitz  der  Amazonen): 
Die  Tochter  und  Nachfolgerin  der  Amazonen- 
königin Themiskyra  führt  ein  %'v6ia.g  ^isyaXo- 
TtgiTtslg  '!Agsi  xb  %ccl  ^Agxiyndi  xjj  Tigoöccyogsvo- 
lisvj]   TavgonoXco,  Diod.  2,  46,  1. 

Zu  den  oben  (nr.  1.  6.  21)  angeführten  Dar- 
stellungen der  A.  T.  auf  Münzen,  Gemmen  und 
Stirnziegeln  gesellt  sich    eine  Terrakotte   aus 
60  Tanagra    im    Berliner   Museum:     „Göttin    auf 
einem  Stier  sitzend  (Artemis  Tauropolos)",  Arch. 

*)  Es  sind  zwei  koordinierte  Sätze :  der  erste  '  e(p9aoa 
xal  iv  rfj  ^I/.täöi',  der  zweite  'xal  .  .  iv  Jay.adaLf.iovi'.  In 
dem  Worte  ^Iliaäi  muß  einmal  ein  Ortsname,  dann  ein 
Göttemame  enthalten  sein;  der  letztere  wird  Jia  sein, 
was  wegen  des  vorausgehenden  -öi  in  ^IXi&-6i  leicht  aus- 
fallen konnte;  also  wohl  iv  "W.iöi  Jia  d.  h.  den  Zeus 
von  Olympia.    Zu  (p&ävo}  =  y.ataXa/j  fiävu)  s.  die  Lexika. 

6* 


143                     Tauropolos  Tauropos                       144 

Zeit.  87  (1879),  104 f.;  auf  Denaren  des  L.  Va-  m%6v  6voiLdtovatv  p.  17,  17 f.  ed.  Papageorg.). 

lerias  AcieculuB  wollte  Stephani,  Compte  rendu  Maxim,  n.  yiarccQxcbv  50  {xeQai)g  TccvgmTtiSos). 

1866,  108    in  der  von  einem  Stier  getragenen  609  (ravQätms  &vccaaa)  p.  8  und  40  ed.  Arth. 

Frau  (abg.  Babelon,  Monnaiea  de  la  repuU.  Bo-  Ludwich.   lo.  Lyd.  dt  mens.  3,  7  p.  94  Roether 

tnaine  2,  619)  gleichfalls   die   A.  T.  erkennen  {vavQcbTttg,  Tpixaprjvog  xrJl.;  dasselbe  Orakel  der 

(nach  Bahelon  a.  a.  0.  ist  es  die  Plut.  Parall  Hekate  nach  Porphyrios  bei  J'Juseb.  praep.  ev  4, 

86  erw&hnte  Heroine  Valeria  Luperca).  23,  6,  s.u. nr. 3).  Evxi,  nQ.  ^JsXrjvriv  {Orph.  ed.  Abel 

II)  Aphrodite  s.  oben  Sp.  141,  82.  p.  292  ff.)  v.  4  (^  ;tapo7rotff  tavQOieiv  itps^oiiivri 

III)  Athena  s.  d.  A.  Taurobolos.  ßaaUBLo).  12  (17  rccvgav  ^vxr](iK  xarcc  6ro[Ldx(ov 
IT)  Demeter:    Eine  jetzt  verschollene    In-  10  äviBlaa).   16  {ravQ&m,  rat>poxa(>ave).    17  (d^^a 

Schrift  ans  dem  boiotischen  Eopai,   wo   durch  rccvqoinbv  ^xhs).  32  (ravpö^rttf,  xepdeöffa);  ferner 

Paus.  9,  24, 1  ein  Tempel  der  Demeter  bezeugt  a  xavQ&ni<s  nrjvct,  Synesios  h.  5,  22.  Nonn.  D.  11, 

ist,   lautet   nach    der   Lesung  von  Keil,  Zur  ISb  {ravQojnidi  Mi'jv7j).4i,2n  {tavQöams  M.),vg\. 

Sylloge  684 f.:  JaiiaxQoc  TavQox6X(p,  R.  Meister,  36,  346.  Hübsch  ist  das  poetische  Spiel  mit  Wor- 

Bezsenbergers  Beiträgt   6,    28    oder   Jafiatga  ten  und  Vorstellungen  bei  iVbnn.D.  23,  804  ff.,  wo 

TavQ0%6i[a]  Collite  660,  wahrend  Dittenberger,  geschickt  drei  stiergestaltige  Götter  in  einem 

C.  I.  G.  7,  2798  datuitQcc[s]  TavQoit6loi)  liest.  Bilde  vereinigt  werden,  wo  gegen  den  Dionysos, 

Doch  stimmen  alle  Herausgeoer  mit  Ausnahme  Tavgog  genannt  v.  305  {tcxvQocpv^s  v.  816),  der 

von  Rangabe,  Änt.  Hell  nr.  2196  („Damatra,  stiergestaltige  Okeanos  aufruft  die  stiergestal- 

fille  de  Tauropolus")  darin  überein,  daß  in  der  20  tige  Selene:  dgiptöd^oa  öh  xat  a^r»j,  |  dsQHo^svri 

Inschrift   die   Göttin    Demeter    mit    dem    Bei-  "KsgdEOöav  iurjv  ravgduTtLda  ^ogcpiiv,  \  rccvgo(pi^f]g 

namen  T.  zu  verstehen  ist.  Gruppe,  Gr.  Myth.  X8g6sö6cc  ßo&v  iXäteigu  2eXi]vr}  (v.  3ü7  ff. ;  v.  309 

1180,  1  erklärt  den  Beinamen  aus  der  gelegent-  ==  5,  72).  Ähnlich  der  Selene  Epitheton  ßo&Tiig 

liehen  Auffassung  der  Demeter  als  Mondgöttin.  Nonn.  D.  17,  240.   32,  95;    es    heißt   von   ihr 

Die  Angabe  Bd.  1,  Sp.  667,  11,    daß  Demeter  wiederholt  ßocbv  iXdtsigoc  SeXrivr],  Nonn.  1,  331. 

auch  auf  Münzen  von  Tralles  den  Beinamen  6,  72.   7,  247.   11,  186.  12,  5.  23,  309.  47,  283. 

Toivt^oii6Xog   führe,    habe   ich    nicht   bestätigt  48,  668;  die  Rede  ist  von  ßoeg  ZeXrivrig,  Nonn. 

gefunden.  1,  222  (=455).   2,  284;    sie    heißt    tavgotpvrig 

Y)  Hekate,  infolge  ihrer  Gleichsetzung  mit  6,72  =  23,309;  ravg6xsg(og  Orph.  h.  9,  2;  xQv- 

Artemis,  Orph.  Hymn.  1,  6;  vgl.  auch  Porphyr.  30  coxsgayg  Anth.  Pal.  5,  16,  1  {M.  Argentarius); 

de  abstin.  4,  16:  ngoariyogsvauv . .  tr}v  'Exarrjt/  xsgamtp  Maxim,  n.  xatccgxäv  337  (p.  27   Lud- 

tnnovy  rat)pov,  Xdaivav,  xvva.  wich)',    xegocrmTCig  Ps.-Maneth.  apotelesm.  4,  91 

VI)  Apollon  8.  oben  Sp.  141,  30.  Die  Angabe  {Mrjvrig  xsgaroam&og)',  xBgcc6q)6gog  Orph.  h.  9,  9. 
Bd.  1,  Sp.  567, 14,  daß  bei  Ael.  N.  ^.11,9  ein  Maxim.  587  (p.  46  />.);  xEgosGöa  Maxim.  161. 
Apollon  Tauropolos  erwähnt  werde,  beruht  auf  163.  267.  281.  332.  367.  397.  425.  498.  570. 
einem  Irrtum.  589  p.  16/46  L.     Ps.-Maneth.   1,  26.   64.   271. 

VII)  Dionysos  s.  oben  Sp.  141,  32.  277  u.  282  (1^  Ksgosßöa  subst.  als  N.  pr.).  2,  465. 
Vni)  Helios:  von  Brönsted,  Reisen  u.  Un-  6,  44.  138.  593.  640.  698.  Nonn.  5,  72.  11, 188. 

tersuch.  in  Chriechenland  2,  267  wird  auf  eine  23,  309.  38,  245.  Evxn  ng.  2sX.  {Orph.  ed.  Abel 

Inschrift  bei  Pococke,  Inscr.  ant.  p.  15,  6  ver-  40  p.  294)  v.  32.    Orac.  v.  305  Gust.  Wolff  {xsgo- 

wiesen,  in  der '"'ifito?  Tavpo»o>Loff  erwähnt  wer-  sößoc    d'S'^)-,    xfpa»j    Maxim.   50.  375.  568.     Ps 

den  80U;  vgl.  auch  Dindorf  im  Stephan.  The-  Maneth.  3,  3.  5,  250  {M^vri,  ebenso  Orph.  Lith. 

säur.  8.  V.  Tavgo7t6Xog:  ,'^'HXiog  Tavgon6Xog  in  484).    6,  154.     Nonn.  1,  196.    10,  216.    22,  348 

inscr.  ap.  Pocock.  p.  19".   Auch  Bd.  1,  Sp.  567,  (an  allen   drei  Stellen:    Ksgccfig  ÜvdaX^a  ZsXtj- 

12  wird,  aber  ohne  Belegstelle,  Helios  T.  er-  vrj?),  vgl.  auch  9,27.  48,683;  svxsgccog  Maxim. 

wähnt.   Mir  ist  Pococke  nicht  zugänglich,  und  699.  Ps.-Maneth.  1,  74.  Nonn.  9,  27  usf.  Bruch- 

auch  in  anderen  Inschriftensammlungen  habe  mann,  Epith.  deor.  y.  20 iS.    de  Visser  &.0.1S9. 

ich  einen  Helios  T.  nicht  finden  können.  Gruppe,  Gr.  M.  184,  3—6.  o.  Bd.  2,  Sp.  3130 f., 

[Höfer.]  62  ff.    3136  ff.,  45  ff.    3138  f,  45  ff. 

TavQtojiog,    1)  Epitheton  des  D  i  o  n  y  s  0  s ,  50  3)  Epitheton  der  H  e  k  a  t  e  (=  Selene),  Porph. 

Ion  frg.  9  bei  Bergk',  P.  lyr.  Gr.*  2,  255  aus  bei  lo.  Lyd.  de  mens.  3,  7  p.  93 f   Roether  und 

Ath.  2  p.  36e.    OrpÄ.Ä.  30,  4.    Anon.h.  slg  Jlov.  bei  Euseb.  praep.  ev.  4,  23,   6  {ravg&mg,  xgi- 

{Anth.  Pal.  9,   624  =  Orph.  ed.  Abel   p.  284)  xdgrivog  xxX).    Bruchmann  a.  0.  97.    de  Visser 

V.  20,  vgl.  Bruchmann,  Epith.  deor.  p.  90.  92;  a.  O.  189;    für  Hekate  als  Mond^öttin  vgl.  0. 

über  den  'Stier-Dionysos'  s.  o.  Bd.  1,  Sp.  1055  ff.  Bd.  1,  Sp.  1888  ff.,  41  ff.,  für  Orakel  der  Hekate 

1149  ff.  und  Art.  Tauros  nr.  1.   M.  W.  de  Visser,  Sp.  1895,  18  ff. 

Die  nicht  menschengestaU.  Götter  der  Griechen  4)  Gelegentlich  auch  Epitheton  der  Hera,  die 

179  f.  208.     Gruppe,   Griech.  Myth.  1426  f.,  4.  ja  das  Epos  ^oc6;ttg  7r(5rvta"JTpTj  (JZ.  1,  551  u.  ö., 

Von  Dionysos   scheint   die   Stiergestalt   über-  vgl.  6rrMp23e,  (rr.  ilf.  183f.,  12)  zu  nennen  j^flegt, 

tragen  auf  seine  Begleiter,  die  Satyrn,  Nonn.  60  Nonn.  JDion.  47,  711  {xccvgoanidog  "'Hgrig),   vgl. 

Dion.  15,  37  {Saxigcav  xavgiinLdcc  (logcp-^v),  vgl.  auch  9,  68  (xai   sl  xavg&jtig  ccnovei,  von  Hera 

auch  11,  210  (wo  Ampelos  spricht),  was  ihrer  gesagt),  ferner  Anth.  Pal.  9,  189,  1,  wo  Hecker 

Bocks-  und  Pferdegestalt  noch  die  Stierbildung  gleichfalls  xccvgmitiSog  vermutet  hat  statt  yXavx- 

beifügt;  für  Bocksgestalt  der  Satyrn  und  Pferde-  mniSog.    Nun  ist  freilich  yXccvK&nig  als  Epith. 

gestalt  der  Silene  (s.  d.)  vgl.  deFwscr  a.  0. 191f.  der  Hera  nirgends   nachgewiesen,   wohl   aber 

2)  Epitheton  der  Artemis,  /Swtd.  s.  v.  {Tavg-  kommt  dieses  Beiwort  der  Mondgöttin  zu,  vgl. 

mndv  ti]v  ''4.gx£y.iv  Xiyovat),  und   der  Selene,  Plut.  de  fade  in  orbe  lunae  21  p.  934D  vXccvx- 

Schol.  Soph.  Aias  172  {asXijvrj  .  .  .  ^v  xal  xccvg-  ajtiv  ccvxijv   (sc.  iLrjvriv)   ol   Ttoirixal   xul  EfiTC»- 


145                   Tauroprosopos  Tauros                         146 

SoiiXfjg    &vaKaXovvtai.     Emped.   frg.    42    Diels  209,   wozu  Schol.  {tavgog  dh  6  Ji6vvaogy^Si6ti, 

{Poet,  philos.  frg.  p.  124 f.    Fragm.  d.  Vor.sokr.*  xSQarocpoQov  wbtbv  ygcccpovaiv,   mg  xal  EigtTci- 

1,  187)  aus  P/m<.  a.  0.  16  p.  929C.  21  p.  934CD.  Srig    iv    Bdnxaig-     Kai    TtQoa^sv    rj^ilv    tavgog 

Eurip.  frg.  1009  Nauck^  aus  Schol.  Apoll.  Bhod.  iiyslad^ai  doyitl  [v.  920])  und  ähnlicli  Tzetz.  z.  St. 

1,  1280  {nagu  xb  ylavüGBtv^  6  icri  Xä^mhiv^  also  (wo  noch  der  Zusatz  Zri^olfißgoxog  de  xai  ^dio- 

y>lavx(ün:/?  =  glutäugig).  Nonn.  1).  h^lO.  Gruppe,  vv^ov  avrbv  xal»t,  ort  ntgarorpogog  i^^Xiftov  rbv 

Gr.  M.  1219,  3;  für  Hera  als  Mondgöttin  vgl.  ^ibg  [irigbv  ivv^sv,  d&as.  Et.  Mg.  a.  ^lov.i).  217, 

0.  Bd.  1,  Sp.  2087«".,  öStf.    Gruppe  1127,  3.  36  ff.  6Ve«m5r.  2*'.  i/.  Cr.  2, 68, 16,  vgl.  des  Dionysos 

5)  Epitheton  der  Flußgötter,  vgl.  Cornwi.  Epith.  ^irigoggacpi^g  und  /xrjpOTpaqprjs  o.  Bd.  2, 
de  nat.  dcor.  22  p.  125  ed.  Osann  («=  Fs.  Eu-  lo  Sp.  2841,  6  ff.  firigoTgscfrig  Ürph.  h.  62,  3.  slga- 
dokia  769  p.  343  Villois.  p.  671,  13tf.  Flach)  qpiwTr]?  Jessen  bei  rauly-Wissotva  li.-E.  s.  v. 
xal  rovg  Ttora^ovg  yisgaöcpogox^g  xal  zavgoiTtovg  6,  2119  f.,  3  ff.)  und  zu  Lyk.  1236  ff.  (ravpox^- 
&va7tXdTtov6iv,  ojöavü  ßiaLOv  xl  rfig  cpogäg  ai)-  cpaXog  yug  cpavxd^STUL  xai  ^coygaqiilxaL  xal  iv 
TU)v  yial  /ivxTjTixöv  ixovcr]g,  dazu  Eustath.  Dion.  EvQiniör)  •  Kai  am  ^tgaxs  ngaxl  Trgoönecpvxivat 
Per  leg.  433  xavgoyigccvovg  xal  nsgaacpÖQOvg  ixv-  [Bakch.  921]  ..  .  xavgöxgavog  öh  ^cuygafpslxai 
novv  avxovg.  Schol.  Soph.  Trach.  13  {ßovTigcp-  xal  cpavtäl^sxai,  7)  xsgaoffogog,  oxv  xxX).  Apollon. 
gog)  p.  279 f.,  23ff.  Papag.  und  Schol.  Eurip.  soph.  lex.  Hom.  p.  166,  20 ff.  Bekker.  Nonn. 
Orest.  1378  (xargo-ngarog)  ol  noranol  xavgo-  Dion.  23,  306.  Zu  Elis  pflegten  die  Frauen 
xgavoi  ÖLSxvnovvxo  xxX.  (i%isix(bg  Sh  xovg  no-  (gemeint  sind  die  sog.  Sechzehn  Frauen,  al 
rafiovg  xavgoxgdvovg  i^(oygd(fovv  xs  xal  ^Xsyov  20  ^xxaiÖsxcc  yvvatxeg  Paus.  6,  16,  2  ff.  al  yvvalxhg 
XT^.  in  erweiterter  Fassung  des  i!/Mnjoz<Ze5Sc/joZ.).  al  kxxaldsxa  xaXov^svai  Paus.  6,  24,  10.  al 
Festus  ed.  Theivrewk  1,  550,  Iff.  Prob.  Verg.  nsgl  xbv  Jiovvaov  hgal  yvvatxsg  ag  ixxaiSsxu 
georg.  4,  371.  Porph.  Hör.  c.  4,  14,  25  usw.;  xaXovöLv  Plut.  de  mul.  virt.  15  p.  261E,  vgl. 
vgl.  Nonti.  D.  23,  308  xsgoBaaav  iiii]v  xavgm-  Ludwig  Weniger,  über  d.  Kollegium  d.  Sech- 
7CLÖU  nogcpriv  (wie  xavgoxQavog  Eurip.  Orest.  zehn  Frauen  u.  über  d.  Diony.^osdienst  in  EJlis, 
1378  mit  Bezug  auf  Okeanos  gesagt);  über  die  Progr.  Weimar  1883)  den  Dionysos  zu  bitten, 
verschiedene  Gestaltung  der  Flußgötter  vgl.  er  möchte  in  Stiergestalt  nahen  {xm  ßoeco  noöi\ 
Ailian.  var.  hist.  2,  33,  über  ihre  Stiergestalt  und  zweimal  a|is  Tavgs  anzurufen  in  altem 
0.  Bd.  1,  1489 ff.,  6 ff.  Waser  bei  Pauly-Wis-  Gebet  oder  Kultlied,  dessen  Wortlaut  uns  PZm- 
sowa,  B.-E.  6,  2780  ff.,  lOff.  Preller- Robert,  ZQ  tarch  erhalten  hat,  Quaest.  Gr.  36  p.  299  B, 
Gr.  M.  1,  547  ff.  de  Visser  a.  0.  190  f.  Gruppe,  verkürzt  de  Is.  et  Os.  35  p.  364  F,  vgl.  Sokrates 
Gr.  M.  1059,  3.  v.  Argos  P\  H.  G.  4,  497  f.,  5.  Bergk,  P.  lyr.  Gr.* 

6)  Im  Hinblick  auf  die  Stiergestalt  des  Zeus  3,  656 f.,  6  {carm.pop.  6).  Hitzig- Blümner,  Paus. 
in  der  Europasage  (s.  d.  und  Art.  Tauros  nr.  3)  2,  387.  672.  Martin  P.  Nilsson,  Gr.  Feste  62. 
heißt  das  Ehebett,  dem  Minos  entstammt,  Jibg  291  ff.  (über  die  @vla,  die  elischen  Dionysien), 
xavgäiTttSsg  svval  bei  Nonn.  D.  27,  81.  0.  unt.  Talos  Sp.  32,  41ff.    "Wahrscheinlich  ist 

[Otto  Waser.]  gleichfalls  Dionysos   zu  verstehen   unter   dem 

Tauroprosopos  {Targo-ngÖGfonog).    Eine  ma-  -ö-fög  Tavgog  der  Thespier  I.  G.  7  (=  C.I.  G.S.  1), 

gische  Vorschrift  zur  Erlangung  der  Weihen  1787,  vgl.  JErnst  Maaß,  Orpheus  130,  4.  137,9, 

lautet  nach    einem  Leidener  Pax>yru8  (C.  Lee-  4o  doch  ließe  sich  ja  auch  an  Poseidon  denken, 

mans,   Papyri  Graec.  Musei  antiquarii   publ.  s.  unt.  2,  vgl.  Ernst  Samter,  Belig.  d.  Griechen 

Lugduni-Batav.  2  p.  85  v.  31  ff.  =  Alb.  Biete-  S.  7.  9.     In  des  Dionysos  Tempel  zu  Kyzikoa 

rieh,    Äbraxas    173):     noiriGov    ix    aeiiLÖdXsag  stand  sein  Bild  in  Stiergestalt  (Äawier  a.  0.  7), 

(Weizen)    ^wö^ia    y'    tavgoTcgöocoTtov    xgayongo-  vgl.  Ath.  11,  51  p.  476  a:  xovg  ngooxovg  XiyBxai 

G(ü7tov    xgiOTcgoöcaTCOv,     ^v    sxacxov    avxcbv    ijtl  xotg  xsgaai  xä>v  ßoä>v  tclvslv.   dcp'  ov  xbv  ^16- 

noXov  kßx&xa,  udoxiyag  ^%ovxa  Alyvnxiag  x.  t.  X.  vvaov  xsgaxocpvfj  nXdxxBcdai  [xavgo^ogcpcc  ^10- 

Die    Bedeutung    der    ägyptischen    Gottheiten,  vvaov  tcoiovglv  dydXyunxa  noXXol  xäv  ^EXXrjvav 

von   deren  Bildern  hier   die  Rede  ist,   ergibt  Plut.  de  Is.  et  Os.  ^b),  ht  6s  rav gov  xaXslad^aL 

sich  aus  den  ihnen  gegebenen  Epitheta:   xga-  vnb  tcoXX&v  Tcoirixmv.  iv  ds  Kv^ixa  xal  xavgo- 

yongoGconog    bezieht    sich    auf   den    Bookgoii  5Q  ^ogcpog  idgvxai, {wozu Hesych.TavQo%6Xia'  hogxr] 

Mendes  (s.  d.);    vgl.  Suid.  s.  v.  Mivöriv  ovxa  iv  Kv^ixcp,  vgl.  M.  W.  de  Visser,  Die  nicht  men- 

xaXovGi  xbv  TLdva  AlyvTcxioi,   mg  xgayongoöca-  schengestalt.  Götter  der  Griechen  179.    Nilsson 

nov.     Mit  dem  xgiongoGtoTCog  ist  der  Widder-  a.  0.  252)   xxX.     Auf    die    Stiergestalt   weisen 

gott  Amon  (s,  d.)  gemeint,   der  xgionQÖGanog  folgende  Epitheta  hin  (vgl.  Preller- Eobert,  Gr. 

heißt  bei  Herod.  2,  42.  4,  181.    Luc.  de  sacrif  Mtjth.  1,  951.  Gruppe,  Gr.  M.  1425f.,  4.  Bruch- 

14.  Astrol.  8;  vgl.  auch  Wiedemann,  Herodots  mann,  Epith.  deor.  p.  81.  83.  87.  92.     Carter, 

zweites  Buch  202.    Unter  dem  Q^sbg  xavgongo-  Epith.  deor.  p.  59 f.):    ßooxgaigog  Nonn.  D.  7, 

GdiTiog  ist  wohl  Serapis  zu  verstehen,  der  öfter  321.    18,  95;    ßovysviig  Plut.  de  Is.  et  Os.   35 

mit  einem  Stierkopf  dargestellt  wird,  Budge,  p.  364  F    {kgysloig  dh  ßovysvi^g  ^lovvGog  ini- 

The  gods  of  the  Egypt.  1,  513.  2,  198.    Theod.  60  xXriv  iGxiv).     Quaest.  Gr.  36  p.  299  B  {Sokr.  v. 

Hopfner,  Der  Tierkult  der  alten  Ägypter.  {Denk-  Argos  n.  baicav  F.  H.  G.  4,  497  f.,  5);  ßovxBgcag 

Schriften  der  k.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien  57,  II)  Soph.  frg.  874,  2  Nauck^  aus  Strab.  15  p.  687; 

S.  88.     [Höfer.]  dlxsgwg  Orph.  h.  30,  3,  vgl.  bicomis,  bicomiger, 

Tauros  {Tavgog).    1)  =  Dionysos,  gemäß  Ovid.her.lS,'SS.  Ca€S.Bass.26bK  =  Fragm.poet. 

des  Gottes  Stiernatur  (vgl.  dazu  auch  Suid.  s.  Born.  coli.  Baehrens  p.  364,  corniger  Ov.  am.  3, 

xavgog'  xb  aidolov  xov  dvdgog.   Phot.  p.  420,  6  15,  17.  Symmach.  epist.  1,  8  =  F.P.  B.  p.  411, 

G.  Hermann  s.  xavgov  xb  yvvaixsiov  at&oiov),  wozu  auch  Ov.  fast.  3,  499.    Tib.  2,  1,  3.  Prop. 

vgl.  Eurip.  Bakch.  920ff.  1017.     Lykophr.  AI.  4,  16,  19  usf.;  svxigaog  Plat.  ep.  23,  1  Bgk.  = 


147                        Tauros  Tauros                        148 

AfUh.  Pai.  9,  827;   xtQa6g  Anon.  h.  tlg  JUv.  ehrt,  in  Ephesoa  namentlich  und  in  Thessalien, 

{Orph.  ed.  Abel  p.  284  ->  Anih.  Pal  9,  624)  Artemid.  Oneirokr.l,  8.  Zu  Ephesos  hießen  die 

T.  11.  Nikandr.  alexiph.  Sl;  %&gd6Trig  Nonn.D.  am   Fest  des   Poseidon   bedienenden  vreinein- 

9,  16;  %tifuotp6QOs  Örph.  h.  68,  8.    Nonn.  D.  9,  schenkenden  Jünglinge  rav^oi,  ^mmas  hei  Ath, 

146.  20,  814.  27,  28.  Tzets.  Lyh.  1236 ff.;  xfpa-  10,  25  p.  426 c.  Ajyollon.  soph.  lex.  Hom.  p.  156, 

xofpOQog  Schol.  \xn&Tzetz.Lyk.''209\  xeporroqpvfjff  16  f.    Bekkor.    Jlesych.   s.  v.    {xoi^QOf   oi  nagoc 

A^.  11,  61  p.  476a;  xsQOStg  Nonn,  D.  45,  242.  *E(pBcLoig  olvo%6oC)^  ähnlich  wie  die  der  Artemis 

248;  xavQoyinfii  Orph.  frg.  160,  7  Aheh  xccvq6'  zu  Brauron  und    Athen   geheiligten  Mädchen 

%9Q<og  Eurip.  Bakeh.  100.  Euphor.  frg.  14  (AncU.  im  Hinblick  auf  das  Sinnbild  der  Bärin  &qxtoi 
Alex.  ed.  Meineke  S.  48)  aus  Schol.  Arat.  phain.  lo  genannt  wurden  {Preller  -  Robert  1,  314  f.  670  f. 

172.    Orph.  h.  62,  2.    Schal.  Aristoph.  Frö.  867.  Usener,  GöUernamen  358.  de  Vtsser  14  f.  41  ff. 

Schol.  Nikandr.alexiph.  Sl;  TavQoxi<faXog,tav-  196  f.    E.Küster,   Die  Schlange  in   der  griech. 

QÖxQavog    Tzeta.    Lyk.    1236 ff.;     xocvQoiiBxmnog  Kunst  und  Bei.,  J2.  F.  K  13,  2  S.  103 f.  A.  3); 

Orph.  h.Ab^  1;  xavQOfioQvpog  Ath.  11^  bl  p.  USA.  Tauria  war   nach  Hesychios  der   Name  eines 

dem.  AUx.protr.  2, 16,  8  p.  14  Potter  und  Schol  Poseidonfestes  {Tcc-ogia-  koQTrj  rig  Scya^Livri  ^o- 

«.  St.  (i^  4^«pffc<p<(yi]  xbv  Zuyqia  Jt6vvaov  rav-  asidöbvog),  Martin  P.  Nilsson,  Griech.  Feste  80 f.; 

ifOfioQcpov  slxtp  Stä  xb  &yav  avTov  &YQevxix6v)  von  diesem  (Poseidon)  Tauros  dürfte  das  Tau- 

p.  18,  21  ff.  302,  12  f.  ed.  Otto  Stählin.  wonach,  rosgebirge  den  Namen  haben,  Charles  Lancko- 

wahrscheinlich  in  der  rhapsodischen  Theogonie,  roncky,  Les  villes  de  la  Pamph.  et  de  la  Pisidie 
als  xocvQ6iioQ(pog  geschildert  war  der  von  Phe-  20  2,  6  f.    Gruppe,  Gr.  M.  332,  7;  nach  dem  stier- 

rephatta   (=  Persephone)   geborene    Zagreus-  gestaltigen    Zeus    sei    das    Gebirge    benannt, 

Dionysos  {Gruppe,  Gr.  M.  1426,  4);   die  iam-  Nonn.    1,    408  f.    {%bq6svti    navsUsXog    ioavTo 

bische    Formel    xocügog    Sgaicovxog    xal    ycccxrjg  rocvQcp  |  iv&ev  ögog  niXs  Tavgog  inmvvfiov). 

xavQov  ÖQaxatv  (auch  bei  Firm.  Mat  de  errore  8J  Für  Zeus  in  Stiergestalt  vgl.  die  Europa- 

prof.  rel.  26)  als  lateinischer  Senar  bei  Arnch.  und  die  lo-Sage  (s.  d.  u.  unt.  nr.  10).  de  Vtsser 

adv.  nat.  6,  21  ed.  Aug.  Beifferscheid  p.l93,  3 f.  a.  0. 126,  2;  'auch  Kronos  scheint  man  stier- 

(j^ur%AS  draconetn  genuit  et  taurum  draco),  vgl.  förmig  gedacht   zu  haben',    Gruppe,   Gr.  M. 

de  Vtsser  a.  0.  166;   xavQO<pdyog  Soph.  in  der  1106  A.     Wie  der  Europa,   so  habe  sich  Zeus 

Tvgm  frg.  607  Nauck*,  vgl.  Aristoph.  Frö.  357  auch  der  in  eine  Kuh  verwandelten  lo  als  Stier 
und  Schol  z.  St.     Phot.  (p.  420,   17  f.     G.  Her-  so  genaht  {itginovrcc  ßovd'ögca  tccvgoa  Siiiccg  Aisch. 

mann),  j&e.  3f^.(p.747,  49f.).  Suid.  Hesych.  b.  v.  Hiket.  301,  vgl.  Mart.  ep.  14,  180.     Nonn.  D. 

de  Vtsser  47.  180.  208;  Tuvgocpvrig  Nonn.  D.  6,  1,  334 ff.  0.  Bd.  2,  Sp.  264 f.,  65 ff.    Gruppe  a.  0. 

206.  9,  15.    11,  151.  15,  31.  21,  217  {Ludwich);  183,  11),  so  auch  der  Antiope  nach  Lact.  Plac. 

xavgtonoglonfrg.d  Bgk.Orph.h.Z0,4L.  Anon.h.  z.  Stat.   Theb.  7,  189   p.  352,  12  f.  Jahnke,  wo 

£lg  di6v.   {Anth.   P.   9,   524  =  Orph.  ed.  Abel  aber  wohl  Verwechslung  vorliegt  und  ^a  love 

p.  284)  V.  20;  xQ'^'^oxsgag  Anon.  h.  slg  Jiov.  23,  in  taurum  verso^  zu  korrigieren  ist  nach  'lupp. 

▼gl  Hör.  2, 19^  30.  Für  den  'Stier-Dionysos'  vgl.  in  Satyrum  versus'  zu  Theb.  9,  423,  vgl.  v.  Wila- 

0.  Bd.  1,  Sp.  1065/59.  1149/51.  Preller-Bobert,  mowitz,  Hermes  34  (1899),  604.  Gruppe  938,  2. 
(rr.  If.  1,  695 f.  713 f.  Maaß,  Orpheus  1%^^.^  10.  Für  bezeichnende  Epitheta  {xBgäorr[g,  xsgaö- 
de  VisserAT.  169  f.  208.  Gruppe,  Gr.M  1425  f.,  4.  40  cp6gogj  xsgosig,  vtplxsgajg)  vgl.  Bruchmann  a.  0. 
Samter,  Belig.  d.  Griechen  7.  9.  31.  81.  125.  129f.  140.  Zsvg  6  xsgdGTrjg  {Orph.h.  11,12) 

2)  Beiname  des  Poseidon,  Apollon.  soph.  ward  von  den  Orphikern  dem  Pan  gleichgesetzt, 

lex.  Hom.   p.  156,  20  Bk.  {Tavgov   rov    Uoöbi-  vgl.  dazu  Gruppe,  Jahrb.  f.  kl.  Phil.  Suppl.  17 

dävog).  He,'<ych.  s.  v,  {Tavgog'  Tavguog,  6  JTo-  (1890),  734 f.  (vielleicht  xsgccGtißß'i).    Gr.  Myth. 

<fsiSmv)^  vgl.  xavgsog  *EvvoalYaiog,  Hesiod.  scut.  335,17    336,1.    Besonders  hinzuweisen  ist  auf 

Herc.  104  und  Schol  z.  St.  {Wolf  Äly,  Bhein.  Nonnos,  der  in  seinen  JLovvoiccyioi  anhebt  bei 

Mus.  68    [1913],   28,  2).     Niketas   bei   Schoell-  der  Entführung  der  Europa  durch  den  in  einen 

Studemund,  Anecd.  varia  1,  279.  283   {ivvoal-  Stier  verwandelten  Zeus,  gleich  im  1.  Gesang 

yaiog.,  xccvgBiog\  femer  xccvgiog  Suid.  s.  xavgi-  vorführt  Kgovicova  'ASQccacpogov{cpa£6rf6gov  Laur. 

^tov.    Anon.    Laur.    bei   Schoeü- Studemund   1,  5o  Monac.  cet.,  doch  vgl.  D.  1,  65)  ag-naya.  vv^cprig 

267;  über  diesen  'Stier-Poseidon'  vgl.  o.  Bd.  3,  (perioche  1,  1),  indem  er  Dion.  1,  46  beginnt: 

Sp.  2799,  27  ff.  und  Art.  Taureios.   Max.  Mayer,  Zidovirig  nors  ravgog  iii  jjovog  v^Usgcog  Zsvg 

Arch.  Jahrb.  7  (1892),  77.  PreUer-Bobert,  Gr.  M.  xrX. ;  die  Europe  entführt  auf  seinen  Schultern 

1,  670f.  de  Vtsser  a.  0.  42.  196.  208.  Gruppe,  der  Zsvg  xtgosig.,  D.  8,  253  f.;  das  ist  der 
Gr.  M.  71.  76,  8.  332,  7.  1138,  1.  Gar  mannig-  ravgog  'OXv^nov,  8,  141,  und  häufig  ist  diese 
faltig  sind  die  Beziehungen  des  Poseidon  zum  Bezeichnung  Tavpos'O^lvftÄov  gebraucht  für  das 
Stier;  dieser  ist  das  Sinnbild  der  tobenden  Sternbild  (s.  u.),  so  6, 239.  38, 340,  gewöhnlich 
brüllenden  Flüsse  (daher  Tavgog  Flußname;  mit  dem  Zusatz  vv^icpiog  E'bgmnrig  4,  297 f.  33, 
80  hieß  ursprünglich  der  Hyllikos  bei  Troizen,  287.  38,  394  =  41,  244,  vgl.  auch  1,  356  {vviKpiog 
vgl.  Waser,  Art.  Flußgötter  bei  Pauly-  Wissowa,  60  Scctsgoeig  .  .  .  Tavgog  *0X.).  Für  den  Zeusstier 
B.-E  6,  2780,  18  ff.,  ferner  ein  Fluß  in  Pam-  auf  dem  Revers  von  kretischen  Münzen,  vorab 
phylien,  Liv.  38,  15,  7,  ein  Nilbett  bei  Alexan-  der  Städte  Gortyn  und  Phaistos,  vgl.  Head, 
dreia,  Plin.  n.  h.  5,  128.  Pauly -Wissowa  1,  Hist.num.'  S.  4:661  470.  472  ff.  (Fig.  248.  252  f. 
1381, 46),  doch  auch  des  Meeres  und  überhaupt  Silberstatere  des  4.  Jahrh.  v.  Chr.  von  Gortyn 
aller  Flut,  'wie  sie  in  stürmischen  Wogen  die  und  Phaistos).  H€ad-Svoronos'l,b82  nlv.  KT' 10. 
Erde  überschwemmt  und  brüllend  dahertobt'  Cat.  of  Brit.  Mus.,  Crete  etc.  p.  38 ff.  Gl  ff.  pl. 
(PreUer-Bobert);  mit  dem  Opfer  dunkler  Stiere  9,  5—10.  10,  1—8.  11,  4 f.  15,  1—12.  Imhoof- 
und  auch  mit  Stierkämpfen  ward  Poseidon  ge-  Blumer  u.  0.  Keller,   Tier-  und  Pßanzenb.  auf 


149                         Tauros  Tauros                          150 

Münzen  und  Gemmen  Tf.  3,  32.  7,  81  usf.     de  bezeichnet  als  6  tt)^  Kg'^rrig  ßaadsvs,  der  in 

Visser  126.  einer  Seeschlacht  Tyros  eingenommen  und  die 

4)  Für  Hekate  (=  Selene)  in  Stiergestalt  Europa  geraubt  habe,  Arrian.  {Nicomed.)  frg. 
vgl.  Forph.  de  abst.  3,  17  (17  S'  'Exdtr]  ravQog  Qd  {F.  H.  G.  3,  59«,  63)  bei  Eustath.  zu  Dion. 
xv(ov  Xiaivcc  ^y.ovovGa  jit&Hov  ii7raxov«t)i  vgl.  Ferieg.  270  (aus  Palaiphatos  und  Eustathios 
auch  4, 16  p.  139,  U  f.  178, 12  f.  Nauck;  sie  heißt  ist  geschöpft  Ps.-Eudokia  368  p.  162  Villois. 
xavQonoXog  Orph.  h.  1, 1 ;  xavQ&nLg  {h.  TavQOJTios  p.  283,  15 tf.  Flach);  er  gilt  als  Gründer  von 
unt.  2  u.  3)  Porph.  bei  lo.  Lyd.  de  mens.  3,  7  Gortyn,  Eustath.  ebd.  88,  als  Vater  des  Minos, 
p.  93f.  Boether  und  bei  Euseb.  praep.  ev.  4,  lo.  Antioch.  6,  15  (F.  if.  G.  4,  544, 15);  ebenso 
23,  6,  vgl.  Bruchmann  a.  0.  97 f.,  weiteres  bei  10  erscheint  Tauros  als  König  von  Kreta,  Besieger 
de  Vüser  a.  0.  18*.).  von  Tyros,  Entführer  der  Europa,  durch  diese 

5)  Wohl  als  Eponymos  des  gleichnamigen  Vater  des  Minos,  Gründer  von  Gortyn  bei  lo. 
Gebirges  (oder  Flusses  in  Famphylien,  Liv.  Malalas  chron.  2  p.  34  (Jx.  p.  30 f.,  19 ff.  Din- 
38,  15,  7)  Vater  der  Side  (s.  d.),  der  Eponyme  dorf  und  bei  Kedren.  1,  38f.,  18tf.  42,  6  Bekker; 
der  Stadt  Side  in  Famphylien,  der  Gattin  des  endlich  vgl.  Tzetz.  zu  Jjyk.  AI.  1299:  Tccvgug 
Kimolos  (ÄifioJ^og),  des  Eponymen  der  den  Ky-  6  Kvwaoiog  cxQocrriybg  nag'  'JateQiov  rov  xccl 
kladeu  zugehörigen  Insel  dieses  Namens,  He-  Mivotccvqov  ßaadi^tog  Kg-^rrig  TtsficpO-eig  äcp-^g- 
kataios  F.  IL  G.  1,  17,  250  bei  Stepli.  Byz.  s.  Ttaösv  ccbtiiv  (seil.  Eigconriv)  ix,  rfjg  Zaganiag 
2^107]  p.  565,  litt".  Meineke.  TtöXeag    ^oivixrig    ^era^v    2JLSmvog    xal    Tvgov 

(»)  Bezeichnung  für  den  Riesen  Talos  (s.o.  20  xst^dvrjs.    Oder   6   ravgog  6  rrjv  EvQmnr\v  ccn- 

Sp.  31  f.,  67  ff.)  Apollod.  1,  140  W.  {rccvgov  ccb-  ayaycbr  wird  als  ein  besonderer  Schitfstypus  er- 

xbv  XiyovGiv),  womit  vielleicht  zu  kombinieren  klärt,  wie  man  Fahrzeuge  auch  als  xgioi  und 

ist  Hesych.  s.   TdXcog  {xaXayg-  6  ^Xiog)   und  die  xgdyoi  bezeichnete,  Poll.  on.  1,  83  p.  27,  2  tf . 

mehrfach  wiederkehrende  Glosse  L4d^o^5vtos  Tai)-  Bethe,   vgl.  dazu  auch  Tzetz.  zu  Lyk.  1299  iv 

^0?'  6  i'jXLog  {o'AnöXXiov)  vnb  xmv  Kgrixöbv  ovxoag  tavgouÖQipcp    tgccfinidog    xvnöayMxi;    es    sei    ein 

Xiyexai.  qpaffl  ydg  xrjv  noXiv  ^sxoLxi^ovxa  ravgm  Schiff"  gewesen  mit  dem  nccgdari^ov  eines  Stieres, 

jLifTftxaffO'ivra    {niog    i:iy.oc6Q-bvxci)    ngoriystad^ai  SynkeUos  chron.    p.    162  B    p.    300,   17    Bind. 

Bekker,  Anecd.  Gr.  1,  344,  10  ff.  =  Bachmann,  (^EvgooTcr]  'Ay^vogog  vno  Kgr\xa}v   r]gTidyr\  i^no- 

Anecd.  Gr.   1,   30,   26ff.  =  Photios,   Gott.  gel.  gav,  Mg  cpr]6LV  'Hgodoxog    rov  dh  nXoiov  nccgd- 

Kachr.  1896,  334,  20 ff.,    vgl.  Gruppe^   Gr.  M.  zo  ari^ov    t]v   tocvgog)\    dieselbe    Auskunft    geben 

250,  2.  1106A.  und  Höfer  in  diesem  Lex.  unt.  lateinische   Autoren,    vgl.   Festus  s.  Europam 

Adiunios  Tauros.  p.  55,  10  ff.  Thewreiok  {alii  eam  a  praedonibus 

7)  Nach  J_po//orf.  1,  93  W.  der  älteste  .der  raptam  et  navem,  quae  lovis  tutelam,  effigiem 

12  Söhne  des  Neleus  von  der  Chloris,   des  tauri,  habuerit,  in  eam  regionem  esse  delatam). 

Amphion  Tochter,    die   sämtlich  von  Herakles  Firm.  Lact.  div.  inst.  1,  11,  19.    inst.  epit.  11 

getötet  wurden  bis  auf  Nestor,  der  damals  zu  ed.  Sam.  Brandt  1,  39,  21  f.    684,  10 ff.   Fulg. 

Gerenia  aufgezogen  wurde,   wie  auch  in  der  myth.  1,  20  p.  31,  21  f.  Helm.  Myth.  vat.  2,  198. 

„Heraklessage"  II.    11,   692.     Hesiod.  frg.   15  3,  3,  5  p.  140,  2f.    162,  39f.   Bode;    vgl.  auch 

Ezach  (aus  Steph.  Byz.  s.  Fsgrivicc  p.  205,  6  ff.  M.  Schol.  Liican.  6,  400  p.  204,  18  f.  Usener  (Europa 

Schal.  Ven.  A  zu  IL  2,  336  und  Eustath.  z.  St.  40  navigio  ciii  Taurus  erat  nomen  in  Cretam  vecta 

p.  231,  29 ff.).  Ovid.met.  12,  553  von  12, Söhnen  est)-,  Europa  als  Schiffsname  Sil.  Ital.  14,  568 f. 

des  Neleus  die  Rede  ist,  wogegen  in  Überein-  Vgl.  Heibig  in   diesem  Lex.  Bd.  1,  Sp.  1416 f., 

Stimmung  mit   Od.  11,   286    der    Scholiast   zu  ,  bQ  ff.  J.EscIier  hei Pauly-Wissoua,Eeal-Encycl. 

Apoll.  Bhod.    1,   152   {Asklepiades   v.    Tragilos  6,  1296,  45  ff. 

F.H.G.  3,  304,  19)  bloß  Nestor,  Periklymenos  9)  Kreter  in  euhemeristisch-rationalisti- 
und  Chromios  als  des  Neleus  Söhne  von  der  scher  Ausdeutung  der  Minotaurossage ,  s.  0. 
Chloris  bezeichnet,  Tauros  aber  die  Reihe  der  Bd.  2,  Sp.  3008 ff.,  53ff.  Bd.  3,  Sp.  1668f.,  60ff. 
Söhne  von  verschiedenen  Frauen  eröffnen  läßt;  Schon  bei  dem  Atthidenschreiber  Demon,  der 
auf  Tauros  folgt  Asterios,  sie  beide  scheinen  bereits  ein  Anhänger  des  Euhemerismus  war, 
in  i^eziehung  zu  stehen  zu  Kreta  und  zur  Minos-  50  ist  der  Minotauros  bloß  noch  Tauros  der  Feld- 
sage, s.  0.  unter  Asterion  und  Asterios  Bd.  1,  herr  des  Minos,  der  bei  des  Theseus  Ausfahrt 
Sp.  656  f.  und  unter  Neleus  Bd.  3,  Sp.  108  f.  in  einer  Seeschlacht  im  Hafen  getötet  ward, 
Gruppe,  Gr.  M.  151,  1.  Demon  {F.H.G.  1,  378,  2)  bei  Plut.  TJies.  19. 

»)  Knosier,  König  von  Kreta.    In  eu-  Genauer  bekannt  ist  die  Version  des  PAi7oc/?oros 

hemeristisch- rationalistischer    Mythendeutung  F.H.G.  1,  390,  38 — 40  aus  Plut.  Thes.  16  und 

wird  aus  dem  Stier,  auf  dem  die  Europa  (s.  d.)  19,  Euseb.  Chron.  aus  d.  Armen,  übersetzt  S.  170 

Ton  Tyros  nach  Kreta  gelangt,  ein  Mann  aus  Jos.  Karst.  SynkeUos  chron.  p.  163  C  p,  308 f., 

Knosos  mit  Namen  Tauros,  der  Krieg  führte  19S.Dind.Cramer,Anecd.Gr.{Paris.)2,19Q,24:ff.y 

mit   Tyros    und    schließlich    aus    Tyros    unter  von  (rwst  (?i7öer^,  P/?t7oZ.  33  (1874),  57ff".  rekon- 

vielen  andern  Mädchen  zumal  auch  die  Königs-  60  struiert,   vgl.  auch  3Iax.  Wellmann,  De  Istro 

"tochter  Europa  raubte,  Palaiphatos  tc.  cctcLöxcov  Callimachio,  Diss.  Gryphisiv.  1886,  S.  30.  Gruppe, 

15  (16)  p.  23,  3ff.  Nie.  Festa,  wozu  schon  Herod.  Gr.M.  601  f.,  6.  Demnach  wurden  die  attischen 

1,2,  der  sagt,  daß  nach  persischer  Darstellung  Jünglinge  im  Labyrinth  festgehalten,  um  bei 

Hellenen   {Herodot  vermutet  Kreter)   zur  Ver-  den  Wettkämpfen  zu  Ehren  des  Androgeos,  des 

geltung  für  den  von  Phoinikern  verübten  Raub  von  den  Athenern  getöteten  Sohnes  des  Minos 

der  lo  die  phoinikische  Königstochter  Europa  (s.  0.  Bd.  1,  Sp.  342  f.,  48  ff.),   als   Siegespreise 

aus  Tyros  geraubt  hätten,  dazu  Schol.  u.  Tzetz.  zu   dienen.    In    diesen  Wettkämpfen    besiegte 

zu  Ijyk.  AI.  1297;    der  genannte  Tauros  wird  alle  Mitkämpfer  des   Minos  Feldherr  Tauros, 


161                         Tauros  Tauros                         152 

ein  Maun  von  unfreundlichem,   rohem  Wesen,  menen  Stoffen  der  ögxriaig  für  Kreta  anführt 

der  auch  die  Kinder  der  Athener  mit  Übermut  vr}v    EvQmnriv,   ttjv   Jlafftqparjv,   xovg    Tavgovg 

und  Grausamkeit  behandelte ;  da  nun  aber  des  &n(potfQovg  ntX. 

Tauros  Macht  seines  Charakters  wegen  verhaßt  11^  Eines  der  griechischen  Sternbilder  (s. 

war  und   er  auch  unerlaubten  Umgangs  mit  d.),  das  Sternbild  des  Stiers  zwischen  Widder 

der  Königin  PasiphaS  beschuldigt  wurde,  ge-  und  Zwillingen,  an  dessen  Hörnern  die  Hyaden 

währte  Minos  dem  Theseus  auf  seine  Bitten,  sind  {Sutd.  s.  'TäSsg.  ol  M  t&v  yiegccrcov  toi^ 

an  den  Kampfspielen  teilzunehmen,  und  selber  Tavgov  äar^gsg,  ebenso  Phot.  p.  449.  Et.  Mg. 

hocherfreut   über  die   Besiegung  des   Tauros,  p.  774,  1.  Zonaras  s.  v.).    Bereits  Euripides  im 
gab  er  dem  Theseus    zulieb    die  Kinder   frei  lo  Phrixos  gedachte  des  Stieres,  der,  weil  er  die 

und  erließ  den  Athenern  den  Menschentribut.  Europa  aus  Phoinikien  nach  Kreta  d\irchs  Meer 

Einigermaßen  trifft  mit  SynkeUos  im  W^ ortlaut  getragen,  unter  die  Sterne  versetzt  ward,  frg. 

susammen  lo.  Antioch.  1,  16  F.  H.  G.  4,  689,  820  Nauck*  aus  Ps.  Eratosth.  catatit.  14  p.  1», 

16.  Theseus  habe  auch  Münzen  schlagen  lassen  7  ff.  Olivieri.  Hygin.  astr.  2,  21  p.  62,  7  f.  Bunte\ 

mit  dem  Bild  eines  Oc*^  len  ri  Siä  t6v  Maga-  dieselbe  Herlei tung  für  das  Sternbild,  mit  der 

^mviov  taÜQov  i)  diä  töv  Mira  ffrparrjy^v  i]  Annahme,  Zeus  habe  einen  Stier  des  Poseidon 

%Q6g  YecüQyUcp  xovg  noXitag  nocgaxaX&v,   Plut  zum  Raub  der  Europa  entsandt,  bot  Nigidiu» 

Thes.  26.  In  diesem  Sinne  weiter  ausgesponnen  Figultis,  vgl,  Scholia  Basileensia  und  Strozziana 

ist  die  Darstellung  des  Palaiphatos  n.  int.  2  zu   des    Germanicus   .4ra*- Übersetz,   v.   174 ff. 
p.  6ff.,  15ff.  Festa:  In  des  Minos  Gefolge  war  20  p.  74  und  135  ed.  Alfr.  Breysig;  überdies  aber 

ein  Jüngling,  der  sich   durch  Schönheit  aus-  steht  in  den  Schol.  Strozz.  sowie  auch  in  den 

zeichnete,  mit  Kamen  Tauros;   ihn  liebte  Pa-  Schol.  Sangermanensia  z.  St.   allem  voran  die 

siphaS,  und  sie  gebar  von  ihm  einen  Knaben  Meinung  gewisser:  taurum  inter  astra  positum 

;den  die  Menge  zwar  Sohn  des  Minos  nannte,  (esse)  propter  lovem,  guod  in  hovevi  sit  fdbulose 

seiner  Ähnlichkeit  mit  Tauros  wegen  aber  auch  conversus-,  dazu  vgl.  Ovid.  fast.  5,  603  ff.,  femer 

nach  diesem,  woraus  xccrä  avvd'seiv  der  Name  die  Epitheta  Agenoreus,  Ov.  fast.  6,  712  {Age- 

Minotauros  entstand,  ^eraW,  TT.  «i«.  7  (6)  p.  75 f,  norei  fronte  bovis)  und  Tyrius,    Mart.  ep.  10, 

13 ff.  Fesia)\   Minos  scheute  sich,  den  Knaben  51,  If.  {Tyrius  Taurus),  vgl.  auch  vvyicpiogEi}- 

zu  töten,  schickte  ihn  aber  ins  Gebirge  zu  den  gmiiTig  .  . .  Tccvgog  'OXvfinov  Nonn.  Dion.  38,  394 

Hirten.  Wie  er  dann,  ein  Mann  geworden,  den  30  =  41,  244.  4,  297  f.  33,  287,  wozu  auch  1,  356. 

Hirten  nicht  mehr  sich  fügen  wollte,   befahl  6,239.  38,340,  femer  1,  452.  2,283.  3,4.  6,241. 

Minos  ihn  gefangen  zu  nehmen;  allein  er  ent-  33,  292.    88,  263.  356.    Ferner   vgl.  Prob.  Vergt. 

wich  in  die  Berge  und  lebte  da  vom  Rinder-  greory.  1,218  p.  359,  9  ff.  Hagen  ( Tauro  qui  eodsti- 

raub,  und  als  Minos  eine  größere  Schar  gegen  matur  ideo  sacratus  inter  caelestia,  quod  insidia» 

ihn  entsandte,  machte  er  eine  tiefe  Grube,  in  parantem  lovem  Europae  celaverit).   Gewöhnlich 

die  er  sich  einschloß.    Man  pflegte  nun  für  ge-  aber  wird  der  Möglichkeit,  daß  das  Sternbild 

wohnlich  Schafe  und  Ziegen  ihm  in  die  Grube  auf  den  Stier  der  Europa  zurückgehe,  die  andere 

zu  werfen,  doch  Minos  auch  strafwürdige  Men-  beigesellt,  es  sei  das  Bild  der  Kuh,  in  welche 

sehen,  und  so  ließ  er  auch  seinen  Feind  Theseus  die  lo  verwandelt  wurde  (vgl.  o.  Bd.  2,  Sp.  269, 

an  den  Ort  führen  zum  Sterben;  der  aber,  von  40  24 ff.),  so  bei  Ps.  Eratosth.  a.  0.  {hegoi  de  cpaöL 

der  Ariadne  mit  einem  Schwerte  versehen,  er-  ßovv  elvai  xfjg  *Iovg  (linrnia,  wozu  vgl.  bovem 

legte  den  Minotauros.   Vgl.  dazu  die  ßezeich-  esse  imitatorem  lovis  et  ideo  inter  astra  a  love 

nung  des  Minotauros  bei  Paus.  3,  18,  16  (ßri-  conlocatnm,   Schol.  Sangerm.  zu  Germ.  Aratea 

eioag  iuc%T))  ngog  Tavgov  xbv  Mivm  (1,  22,  5  und  174  p.  135,  21  f.  Breysig)^    wozu    Eratosth.   ia 

3,  18,  11  xbv  Mivca  xaAovftfvov  Tavgov,  1,  24  den  Schol.  Bas.  und  Strozz.  zu  Germ.  Arat.  174; 

1  ngog  xov  Tavgov  xbv  Mira   xaXov(isvov;    1,  femer  Ovid.  fast.  4,  717  ff.  {vacca  sit  an  taurus, 

27,  10  Tö  Xayo\ih'(o  Mivcoxavgo)).     An  Herdkl.  non  est  cognoscere  promptum:  pars  prior  apparet, 

».  6cx.  7 '(6)    schließen    sich    an  Tzetz.  chil.   1  posteriora  latent  cet.).  5,  619 f.;  Ov.  fast.  4,  718 

{fitst.  19)  623  ff.  (vgl.  auch  Tzetz.  Lyk.  1301)  und  ist  übergegangen  in  die  Schol.  Bas.  und  Strozz. 

die  nach  Myth.  vat.  8,  11,  7  p.  232,  19  Bode  60  zu   Germ.  Arat.  p.  74,  21  f.    136,  If.  Breysig^ 

auf  Servius   zurückgehende    Version,    in    der  und  durch  Ot;i'<i  scheinen  bestimmt  JTvöim.  a.  0. 

Tauros  aus  einem  Feldherrn  des  Minos  sein 'no-  p.  62,  9  ff.   Bunte.  Myth.  vat.  3,  15,  2  p.  253  f, 

tarius'  geworden  ist.  Weil  aber  Pasiphae  Zwil-  38  ff.  Brevis  expos.  in  Verg.  georg.  1,  218  p.  238, 

linge  gebar,  einen  von  Minos,  den  andern  von  13  ff.  Hagen,  wo  an  allen  drei  Stellen  die  bei- 

Tauros,  sagte  man,   sie  habe  den  Minotauros  den  Zurückführungen  des  Sternbildes   neben- 

zur  Welt  gebracht,  Lact.  Plac.  zu  Stat.  Ach.  1,  einander   mitgeteilt    werden.     Endlich    dachte 

192  (Lindenbrog  p.  439)  p.  495, 15  ff.  Ric.  Jahnke.  man  auch  an  den  Stier,  den  die  Pasiphae  liebte, 

Myth.  vat.  1,  43  (204).  2,  126.    8,  11,  7  p.  16,  vgl.  Schol  zu  Arat.  phain.  167   {xovrov   6k  oi 

28  ff.  (64,  39  f.).  117,  25  ff.  232,  19  ff.  Bode,  vgl.  fisv  xbv  xrjv  Eigmnriv  Sianogd^^svaavxa  iv,  $ot- 

auch  lo.  Malalas  chron.  4  p    106  Ox.  p.  86,  2  60  vlxrig  sig  Kg^xriv  6icc  xov  nsXdyovg  xaxr]Gxsgl- 

JDind.  {xov  Tavgov  xov  voxagiov  aixfig,  sc.  Ha-  üd-ai  (paßlv,  oi  öh  xovxov  ov  Uaüirpari  iigccc^riy 

aitpärig).   Kedren.  1,  214,  10  ff.  Bkk.   Vgl.  auch  ol  öh  xbv  ix  Kg-^xr^g  alg  Maga&ava  Tcagay^vo- 

die  andere  rationalistische  Umbildung  der  Sage,  iievov,  ov  C^ri68vg  xaxriytovicaxo).  Schol.  Strozz^ 

die  an    des  märchenhaften  Minotauros  Stelle  zu  Germ.  Aratea  p.  136,  1  Breysig. 

Asterion   oder  Asterios  gerückt  hat.   Paus.  2,  12)  Sog.  Tauros -Gigant.    In  der  pergame- 

31,  1  und  Hitzig- Blümner  z.  St.  1,  630.  nischen  Gigantomachie  erscheint  auf  der  Süd- 

10)   Mimischer  Tanz,   Lukian.  de  salt.  49,  seite  in  der  Kybelegmppe  ein  schlangenbeiniger 

wo  dieser  unter  den  der  Mythologie  entnom-  Gigant,  der  mit  seinem  feisten  Nacken,  seinen. 


153                  Tauros  Adiunios  Taygete                         154 

Ohren  und  Hörnern   einem  Stier  oder  Buckel-  Bahylonier  270  (vgl.  307  ff.),  nach  denen  Tauthe 

ochsen  ähnlich  gebildet  ist,  einem  Stier  gleich  der  in    der   babylonischen   Schöpfungslegende 

das  bärtige  Haupt  wie   zum  Stoße  senkt  und  oft    genannten    Tiamat,    dem    personifizierten 

mit  halb  geöffnetem  Maul  zu  brüllen  scheint,  Meere,  entspricht.     | Höfer. J 

x'^l.  Hei-m.Wimiefehl,  Altert,  v.  Perg.  S,  2  S.  21f.  Taxes,  Skythe,  tötet  den  Kolcher  Hypanis» 

Abb.  2  u.  Taf.  3;  man  vermutet  in  ihm  den  in  Val,  Flacc.  Argon.  6,262.     [Höfer.] 

Kilikien   am  Tauros  heimischen  Tjphon,    vgl.  Taygete  (Tavyitr],  ion.  Trivyitr\),    eine   der 

z.  B.  Max.  Mayer,  Gig.  n.  Tit.  S.  375.    lieschr.  Pleiades  (s.  d.),  der  Töchter  des  Atlas,  He8iod{f; 

d.  Skulpt.  aus  Perg.,  I.  Gigantomachie^  (1902),  vgl.  J^J.  Maaß,  Aratea  \Phil.  Untersuch.  12]  271  f. 
S.  15;  ein  Seitenstück  ist  der  'Stiergigant'  zum  lO  Alb.  Behw,  Mythogr.  Untersuchungen  über  güch. 

'Löwengiganten',   dem  sog.  Leon  Taf.  6,  der  Sternsagen   [Progr.  d.   K.  Wilhelms -Gymn.  in 

freilich  mit  seinem  ausgesprochenen  Löwenkopf  München  1895/8(5]  S.  36  ff.  47  ff.    h>ittl,  Wiener 

noch    weiter    ins   Tierische   sich    verliert,   vgl.  Studien  12  [1890],  58  Anm.  84)  im  Schal.  Pind. 

Arnold  v.  Sdlis,  Altar  v.  Perg.  S.  8(5  ff.   (43 f.).  Nem.  2,  16  =  frgm.  275   Bzach.  Arat.  Phain. 

[Otto  Waser].  263.     German.  Aratea    263.     Hygin.  fah.   192 

Tauros  Adiunios  {Tavgo?  ASiovviog).    Bei  (p.  123,  9  5cAm.).  Schol.  in  Girman.  Arat.  ^.\^9, 

Photios  {R.  Beitzenstein,  Der  Anfang  des  Lexi-  7  (ed.  Breysig);  vgl.  Ov.  Met.  3,  595.  Über  ihre 

kons  des  Photios  p.  32,  10  =  Gott.  Gel.  Nachr.  Darstellung  s.  d.A.  Pleiades.  Wie  ihre  Schwester 

1896,   334,  20  ff.)    steht  die   Glosse:    'Adiovvio?  wird  auch  Taygete  Ahnfrau  eines  berühmten 
ravQog-  6  knöXkav  vtco  tcöv  Kgrixatv  ovras  Xi-  20  Geschlechtes  und  Stammutter  eines  Volkes:  von 

ysxa.1.    (paal  yuQ  rijv  noXiv  ^sroixi^ovtci  xavQ(p  Zeus  wird  sie  Mutter   des  Lakedaimon  (s.  d.), 

ncog  sUccad-^vTcc  TCQorjystßd'ccL  (7iQor}y^ad-cci,  Beit-  Hellanikos  {frgm.  56  F.  H.  G.  1,  52;    vgl.  H. 

zenstein).   Damit  stimmt  überein  Bekker,  Anecd.  KidJmer,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  Suppl.  27,  545) 

Gr.  1,  344, 10  und  L.  Bachmann,  Anecd.  Gr.  1,  im  Schol.  Rom.  11.  18,  486.  Oxyrynchus  Papyr. 

30,26,  nur  daß  Bachwann  (und  auch  Bekker)  1084  vol.  8  p.  72  Col.  2,  17  (Trjvyf'rrjt  Se  [Zs\v9 

{üi  TTiog  et-uccöd'ivTcc:  ngoGSiv.aöd'ivxcc  schreiben,  ^i6yhxat.xCi)v\ßhyiyvhxaiAa'/,i8aiiLOiv\).Apollod. 

und  bei  beiden  für  6  kTtoXXoiV'.  ö  '''HXiog  steht,  8,  10,  3,  1.    Clem.  Boman.  bei  Bufin.  Becogn. 

wsis  nach  Beitze7istein  eine  „falsch  verstandene  10,  21   (=  Migne,    Patrol.   Ser.  Gr.   1,  1432). 

Abkürzung"  ist.    Gruppe,  Gr.  Myth.  250,2  (wo  Eust.&A  Hom.  It.  IVyi,  62    {Eudocia  763  p.  564 
das  Zitat  zu  berichtigen  ist)  bezieht  die  Glosse  30  Flach.).    Pseudo-Eratosth.  Cataster.  23.    Paus. 

auf  Talos  (s.  d.),  der  nach  Apollod.  1,  9,  26,  3  3,  12.  Tzetz.  zu  Lykophr.  219  (p.  102,  16  Scheer.). 

xavQog  hieß  (oder  war?).    Unerklärt  bleibt  da-  Hygin.  Astronom.  2,  21  (p.  63,  15  Bunte.  Myth. 

bei  das  Wort  kdiovviog,  mit  dem  A.  Beinach,  Lat.  1,  234)  Hygin.  fab.  154  (p.  13,  8  Schm). 

Bevue  epigr.  Nouv.  1  (1913),  224  den  Monats-  Nonn.  JDionys.  32,   65  (vgl.  3,   339);    vgl.  Ov. 

namen  ^vdovrafoff  (so!)  vergleicht.     [Höfer.]  Fast.  4,  174.    Paus.  3,  20,  2.   9,  35,  1.    Schol. 

Taulamos  s.  Tau  tan  es.  Eur.  Gr.  626.  Diod.  a.  a.  0.  Schol.  German.  Arat. 

Tautanes  {Tavxdvr]g),   König  von  .Assyrien,  76,  9.   83,  15.    150,  5.    Nach  einzelnen  Resten 

der  auf  Bitten  des  Priamos  diesem  den  Titho-  der  Überlieferung  hat  Taygete  nur  gezwungen 

nos  und  Memnon  zu  Hilfe  schickte,  loann.  An-  die  Umarmung  des  Zeus  geduldet:    ein  Relief 
tioch.  frgm.  24,  3  {F.  H.  G.  4,  550).     Eusebius,  40  am  Throne  des  ApoUon  Amyklaios  stellte  den 

Chron.  ed.  Schoene  1,  66  ==  2,  50  =  Synkellos  Raub  der  zwei  Atlantiden  Taygete  und  Alkyone 

p.  285, 19  ff.  (hier  wird  berichtet,  daß  statt  Tau-  durch   Zeus  und  Poseidon  dar  (TavyBxr\v  ^v- 

tanes  von  einigen  der  König  Tavxcc^og  genannt  yccxigcc  ^'AtXuvxog  "kocX  a.SEXrp7]v  avxfjg  'AXv.v6vriv 

worden  sei,  wie  er  auch  bei  Ktesias  bei  Dio-  cpigovci  noesiöcbv  xccl  Zsvg),    Paus.  3,  18,  10. 

dor.  2,  22  und  bei  Kephalion  bei  Euseb.  a.  a.  0.  Nach  PsmfZo-P/wi.  de  /?.  17,  3  hätte  sich  Taygete 

1,63  =  F.  H.  G.  3,  626  f.  heißt);   vgl.  SynkeU.  aus   Scham  über  ihre  Entehrung  durch  Zeus 

a.  a.  0.  293,  5.  314,  4.    Paulus  Biaconus,  Hist.  auf  dem  nun  nach  ihr  Taygeton  benannten  Ge- 

Bom.  1   (p.  6,  14  ed.  Crivellucct).     Bei   Euseb.  birge  (als   dessen  Eponyme  sie   auch  Paus.  3, 

1,  62   =   SynkeU.  317,  3   steht  Tavxccvog.     Im  1,2.  Steph.Byz.  s.v.  Tccvysxov;  vgl.  Schol.  Eur. 
25.  Jahre   seiner  Regierung  soll  Troia  erobert  50  Or.  a.  a.  0.  genannt  wird)  erhängt.  Um  Taygete 

worden  sein,  Euseb.  aa.  aa.  00.  Trieber,  Hermes  den  Nachstellungen  des  Zeus  zu  entziehen,  hatte 

27  (1892),  321, 1.    Zum  Namen  vgl.  B'erd.  Justi,  sie  Artemis  auf  einige  Zeit  in  eine  Hindin  ver- 

Iran.  Namenbuch  s.v.  Tsvxa^og-p.  323'.,  zuT  Sache  wandelt,   Schol.  Pind.  Ol.  3,  53;  nachdem  sie 

s.  d.  A.  Memnon  Bd.  2  Sp.  2657.     [Höfer.]  wieder  menschliche  Gestalt  angenommen  hatte, 

Tauthe  (Tavd-i),  in  der  babylonischen  Kos-  weihte  Taygete  der  Göttin    aus   Dankbarkeit 

mogonie  die  weibliche  Potenz,  ftTjrrjp  dsmv  ge-  die  später  von  Herakles  erjagte  goldgeweihte 

nannt,  die  ihrem  Gemahl  knacwr  den  Mcov^tg  kerynitische  Hindin,  Pind.  Ol.  3,  30  (53)  und 

gebiert,  Damask.  Quaest.  de  ymmis  principiis  Schol.  a.  a.  0.     Nach   diesem  Berichte  scheint 

ed.  Kopp  (1826)  cap.  125  p.  384  =  ed.  Buelle  es,  als  sei  T.  den  Nachstellungen  des  Zeus  ent- 
1  p.  322   (vgl.   oben  Bd.  3   Sp.  479,  39  ff.   s.  v.  60  gangen.    —   Nach  Steph.  Byz.  a.  a.  0.  ist  T. 

Oannes).    P.  Scholz,   Götzendienst  und  Zauber-  Mutter  des  Eurotas,  nach  Pseudo-Plut.  de  fluv. 

wesen  bei  den  alten  Hebräern   244,  366  Anm.  17,  1  Gemahlin  (nicht,  wie  sonst,  Mutter)  des 

Schrader,  Die  Höllenfahrt  der  Istar  152.     E.  Lakedaimon,  mit  dem  sie  einen  Sohn,  Himeros, 

Böklen,  Adam  und  Qain  {Mythol.  Bibliothek  1,  zeugt,  der,  weil  er  ohne  Wissen  seine  Schwester 

2/3)  S.  11.  Halevy,  Milan ges  Graux  60.  v.  Bau-  Kleodike  vergewaltigt  hat,    in   den  nach  ihm 

dissin,  Studien  zur  semitischen  Beligionsgesch.  benannten  Fluß,  den  früheren  Marathon,  sich 

1,   12.  195;    vgl.  Delitzsch,  Sachs.  Abhandl.  17  stürzt. 

(1897),  II,  92.    P.  Jensen,  Die  Kosmologie  der  Taygete  ist  ursprünglich  wohl  ein  Kultname 


155  Tazbes  Tefenet  (Allgemeines,  Name)         156 

der  auf  dem  Taygetosgebirge  {Hom.  Od.  6, 103)  für  Achilleus  gefertigten  Schild  hinweist  (pom- 

verehrten  Artemis;  daher  erscheint  sie,  wie  Ar-  peianisches  Wandgemälde,   W.  Jlclbig,  Wand- 

temis  selbst  {ÄpoUod.  1,  7,  4,  5;  Tgl.  Paus.  2,  genuilde  Campaniens  nr.  1316  ff.)  oder  als  Hel- 

80,  7)  in  Gestalt  einer  Hindin  (s.  oben).  —  Wer-  feriu  desDaidalos  bei  der  Anfertigung  der  Flügel 

nicke  bei  Pauly-Wissoica  2,  1860  und  Gruppe^  zugegeni8t(auf  einem  Sarkophag  und  einem  ge- 

Gr.  Myth.  166,  18  (v^l.  aber  auch  259,  6.  1276,  schnittenen  Steine)  vgl.  Viltheij,  Bulletino  1869, 

«.  1286,1)  beziehen  sich  betr.  der  Verwandlung  37.  166.     W.  Heibig,  Unttrsuchungen  über  die 

der  Tajgete  in  eine  Hirschkuh  auf  Eur.  Hei.  Campanische  Wandmalerei  218.    J.  Graeven  in 

381  ff. :  üv  vi  nox*  "AgTtnif  i^iroaQevöccxOy  XQ^'  Genethliacon  Gottinaense  132.     [Höfer.] 
öonigat'  iXa<pov  Migonog  Titavida  xovqccv  xaX-  10      Techuites  {Tsvvhris),  Bruder  des  Geünos  (s. 

Xoavvag  fvexcv,  —  aber  wie  kommt  Taygete  das  Nähere  s.  v.  GeYnos  Autochthon).    [Höfer.] 
dazu,  Tttavlg  und  Tochter  des  Merops  genannt  Tefenet,  ägyptische  Göttin. 

zu   werden?    Weitere    Parallelen    bieten    die  I.  Allgemeines:  A.Bibliographie;  B.Name; 

Mythen  von  Iphigeneia  und  Kallisto.   Auch  im  C.  Geschichtliche  Entwicklung. 

Kultus  der  Taygete,    die  freilich  nicht  mehr  U.  Kultus:     A.   Delta;      B.  Oberägypten; 

als  Göttin,  sondern  als  Heroine  erscheint,  waren  C.  Philä  und  Nubien;  D.  Priester, 

wohl  für  ursprüngliches  Menschenopfer  Sühne-  lU.  Familie:  A.  Eltern;  B,  Gatte;  C.  Kinder; 

Opfer  aus  der  beim  Tempel  gehaltenen  heiligen  D.  Neunheit  von  Heliopolis. 

Hirschberde  üblich,  Gi-uppe  a.  a.  0.  166,  11  ff.  IV.  Wesen:    A.  Totengöttiu;    B.  Schlange; 

«40,  3.  1299, 2.   Wernicke  a.  a.  0.   Wide,  Lakon.  20  C.  kosmisch ;  D.  Löwin. 

£14/^127.     [Höfer.]  V.  Vermischung:  A.  mit  anderen  Göttinnen; 

Tazbes  {Ta^ßfjg,  Genet.  Ta^ßfjtog),  Beiname  B.  Verallgemeinerung  des  Wesens, 

der  Aphrodite,  die  in  Heptafcomia,  der  Metro-  VI.  Darstellung:  A.  Frau;  B.  Löwin;  C.  zu- 

pole  des  Nomos  ApoUonopolites  parvus  in  der  sammen  mit  Schow. 

Thebais,  verehrt  wurde,  Wilcken,  Ahhandl.  d. 

Sachs.  Geseüsch.  d.  Wiss.  27  (1909),  794  Anm.  4.  I.  Allgemeines. 

h'omemann  in  Griech.  Papyri  im  Museum  ...  .    ^.... 

JIM  Gießen  I,  1,  S.  13.   S.  67  nr.  23  Z.  17;  vgl.  A.  Bibliographie. 

I,  2,  58  Z.  19.     [Höfer.]  Veraltet:  Sir  Gardner  Wilkinson,  Manners 

Tazene  s.  Tarsene.  30  and  customs  of  the  ancient  Egyptians  2  ser.  2 

Tehonemyreos  {TxovByivQi(ag).    Eine  in  der  (1841)  38;  C.  J.  v.Bunsen,  Ägyptens  Stelle   in 

Oase   El-Khargeh   westlich    vom   ägyptischen  der  Weltgeschichte  1  (1846)  474. 
Theben  gefundene  Inschrift  ist  geweiht:  k^is-  Grundlegend,   wenn   auch   mit   Irrtümern: 

«r^t  (vgl.  über  diesen  Pietschmann  bei  Pauly-  P.  Le  Page  Renouf,  Lectures  on  eg.  relig.  (1880) 

Wissowa  s.  V.  Amenebis)  ^boh,  iisylaratL  Txovb-  109.260;  Ders.in  Transact.Soc.Biblic.Archaeol. 

^vQscag  xccl  tolg  avvväoig  dsolg,  C.  7.  (r.  3,4965.  8,(1885)  207;    Maspero  (1880)  in  Bibliotheque 

Dittenberger,  Or.  Gr.  inscr.  sei  2,  702  p.  439  f.  Egyptolog.  2  (Paris  1893)  367;  R.  Lanzone,  Di- 

Cagnat,  Inscr.  Gr.  ad  res  Boman.  pertinentes  zionario  ai  mitolog.  egiz.  (1882 — 4)  1234,  Tav.  396 

1,1264.     Nach  Franz  zu  C.  I.  G.  a.  a.  0.  ist  — S96',  Brugsch,  Religion  und  Mythologie  der 
Txovaii^Q€(og  der  Genetiv  eines  Ortsnamens  und  40  alten  Äg.  (1884 — 91)  572 — 5  und  öfter;  Ders., 

zu  erklären  wie  "/«t^t  ^lX&v  d.  h.  "IolSl  rjj  iv  Ägyptologie  (1891)  171. 
^iXaig.    [Höfer.]  Neuere  Auffassung  in:  Ad.  Erman,  Ägypt. 

Tebros  {TdßQog\  Sohn  des  Hippokoon  (s.d.),  Religion^  (1906).  *  (1909)  Index;  Lange'mChan- 

Apollod.  3,  124  TT.;  schon  Tanaquil  Faber  hat  tepie,  Lehrbuch  der  Religionsgesch.^  1  {1905)  201; 

dafür  Sebros  {Zsßgog^  besser  wohl  Z^ßgog)  vor-  Hermann  Schneider,  Kultur  und  Denken  der 

geschlagen   nach    Paus.  3,  15,  1.  2,   und    daß  alte^i  Äg.  (1907)  Index;  Ed.  Meyer,  Gesch.  des 

I^ißgog  die  richtige  Namensform  sein  wird,  er-  Alt.^  (1909)  §  179;  J.  H.  Breasted,  Relig.  and 

hellt  auch    aus    der   ältesten  Aufzähhmg   der  thought  of  the  anc.  Eg.  (1912)  Index;  Junker, 

Hippokoontiden  bei  Alkman  in  dessen  PaHhe-  Der  Auszug   der  Hathor  -  Tefnut   aus  Nubien 
neion  frg.  23,  bei  Bejgk,  P.  lyr.  Gr.*  3,  35,  vgl.  60  =  Anh.  Abhandl.  Akad.  Berlin  1911;  Sethe,  Zur 

Herrn.  Diels,  Hermes  31  (1896),  343.     Hitzig-  altägypt.  Sage  vom  Sonnenauge  =  Untersuch,  zur 

Blümner,  Paus.  1,  791.  Höfer  o.  Bd.  4,  Sp.  680,  Gesch.  u.  AlteHumsk.  Äg.  V,  3  (1912). 
32  ff.  (s.  V.  Sebros).  Zwicker  bei  Pauly- Wissowa- 

Kroll,  Realenzykl.  8,  1775  f.,  60 ff.,  s.  v.  Hippo-  B-  -^a^ne. 

koon.     [Otto  Waser.]  Der  Konsonantenbestand  ist  in  hieroglyphi- 

Techne  {Tsxvri)^  die  Kunst  als  Göttin,  mit  sehen,   hieratischen   und   demotischen   Schrei- 

dem  Beinamen  notvia,  im  Gegensatz  zur  ^vaig,  bungen  tfn.t;  die  Etymologie  mit  dem  Verbum 

Anth.  Pah  9,  738.    Techne  neben  Ilaidsicc^  Luc.  tfn  „spucken"  isU schon  im  Altertum  aufgestellt, 

Somn.S  (vgl.  6.  7.  14).  H.  Scharold,  Blätter  für  wohl  aus  Analogie  zu  der  Erklärung  des  Na- 
das  Gymnasial-Schulwesen  bO  (191^),  209  ff.  nach  60  mens  ihres  Bruders  und  Gatten  Schow  (hiero- 

Bericht  in  Wochenschr.  f.  Mass.  Philol.  1914,  849.  glyph.  sw)  aus  swj  (vgl.  Art.  Schow  Sp.  567  B). 

Ein  Kultus  der  Techne  neben  dem  der  Penia  Die  Vokalisation  war  zunächst  unbekannt,  so 

(s.  d.)  ist  für  Gadeira  bezeugt,  Aelian  {fr gm.  19  daß  man  anfangs  Tafnet  oder  Tefnut  umschrieb; 

p.  195  Hercher)  bei  Eust.  ad  Diqnys.  Per.  453.  vereinzelt  auch  Tafnowe  u.  ä.  Spiegelberg,  Demot. 

Philostr.  Vit.  Apoll.  Tyan.  5,  4.    Über  die  Dar-  Pap.  von  der  Insel  Elephantine  1  {=  Demot. 

Stellungen  der  Tsipt}   in  der  Kunst  als  eines  Studien  2,  1908),  8  hat  die  antike  Vokalisation 

geflügelten  Mädchens ,  welches ,  ein  Stäbchen  aus  dem  männlichen  Personennamen  ^EGGxtpfivig 

in  der  Hand,  dieThetis  auf  den  von  Hephaistos  erschlossen,  den  er  als  ns-sw-tfn.t  ,, Zugehörig 


157         Tefenet  (geHch.  Entwicklung;  Tefenet  (Kulte  im  Delta)  158 

zu  Schow  und  T.*'  deutete;  hieraus  ergibt  sich  Itel.  (1881—84)  673.     Daher   tappte    man    bei 

die    Aussprache   Tf6ne(t)    für    die    späte   Zeit.  dem   Suchen  nach   ihrer  Heimat    im    dunkeln 

Griffith,  The  demotic  pap.  of  the  John  Rylands  und    verfiel    auf   eine    oberägyptische   Gegend 

Library  Manchester  ü  (1^09),  254,  3.   454   hat  {Wilkinson,  Manners  and  customs  of  the  anc. 

die  Deutung  anerkannt  und  auf  weitere  An-  Eg.,  2.8er.,  2  [1841],  38),  was  wohl  nicht  rich- 

halte  zur  Vokalisierung  in  griechischen  Namen  tig  ist.    Eines  der  alten  Zentren  der  Verehrung 

,  .  .  x^       ^   '       /n     •*.'  \  •      n       n  der  T.  wird  im  Delta  liegen;  die  Übertragung 

hmgemesen.  JS«^a««j  (Gen.t  V)  im  Pap.  Ca-  ^^^^  Heliopoli»  M  vielleicht  erat  mit  der^Kin- 

satt  (Parts.  Pap.  5)  =  ns-lfn.t;  Tsrcivd-evi;  m  ,...  •     a-     a     *.-       xt       u^f  ««f^i^i- 

denktriePap/rieiMaha/ry-Smyhj==Ttn.t.^w.  *"^"°^  ^°  ^'^  ^«^*^g«  Neunheit  ertolgt. 
Die  von  Brugsch,  Thesaurus  inscript.  aegypt.  4  lo  .     Dplta 

(1884),  735  aufgestellte  Vokalisierung  Tv(pL  war  üeiia. 

ein  Irrtum;    der    Name    steht    im  gnostischen  1.  Heliopolis. 

Papyrus  LeidenJ  7  21  (ed.  Leem^^^^^^  j^    ^        Pyramidentexten    (Redaktion    der 

Lugdun.  2,  1885,  27.  63)  als  Form  der  Aphro-  k      c   n     „  i.-i\  i  4-  a-^.  -7,,  «u , ••..,•  «i.^;*-  a^^ 

dite,  hat  aber  mit  T.  nichts  zu  tun.  S^— ^-^^^^'^  ?)  ''l  ^^'  die  Zugehörigkeit  der 

'  u  u  u  .  rp^  ^^^  Heliopolis  schon  gegeben;  in  zahlreichen 

r    ß«c«i.;.i.4^i.M.«  T7«*,.r;  i.i«««  Fällen  halten  „Schow  und  T."  sich  „in  Helio- 

C.  Geschichtliche  Entwicklung.  p^li^.  ^^^  ^^  ^  ^^  g^^j^^  ^98^  ^OdQ).   „T.,  die 

Da  T.  eine  in  Ägypten  bodenständige  Gott-  Herrin  der  unteren  Menset  (mns.t)  in  Helio- 

heit  ist,   müssen  wir  uns  die  Ausbildung  und  20  polis",  steht  neben  „Schow,  dem   Herrn  der 

Feststellung  ihrer  Gestalt  und  ihres  Wesens  in  oberen  Menset"  {Pyr.  1662),  und   so  bleibt  es 

jener  schriftlosen  Frühzeit  (4.  Jahrtausend  v.  Chr.)  auch  in  späterer  Zeit  (Dyn.  18 :  Lepsius,  Denkm. 

denken,  in  die  wir  nicht  vordringen  können.  Text  3,274;  Dyn.  19:  Mariette,  Abydos  1,47b); 

In    den    Pyramidentexten    des    Alten    Reiches  es  werden   zwei  besondere  Kapellen  sein,  die 

(Dyn.  5—6,  um  2500  v.  Chr.)  tritt  sie  uns  mit  dem  Götterpaar  vorbehalten  sind.    Ramses  HL 

allen  wesentlichen  Zügen  entgegen,  die  ihr  für  sagt   in   seinem  Regierungsbericht  über  seine 

die  ganze  Folgezeit  verbleiben.    Sie  ist  die  Ge-  Tätigkeit  für  den  Tempel  von  Heliopolis :  „Ich 

nossin  des  Schow,  beide  sind  Kinder  des  Re-  machte  dir  eine Kapelle,  in  der  Atum 

Atum  und  schon  in  die  Neunheit  von  Helio-  und  T.  ruhen"  {Pap.  Harris  I  26,  7),  so  daß  T. 
polis  eingegliedert.  Auf  der  einen  Seite  ist  T.  30  hier  also  die  Genossin  des  Herrn  des  Heilig- 
eine Totengöttin,  die  den  verstorbenen  König  tums  selbst  ist.  Im  Totenbuch  des  Neuen  Reichs 
mit  Speise  und  Trank  versieht;  auf  der  anderen  ruft  der  Tote:  „Ich  kenne  die  Geister  von 
eine  Löwin,  die  mit  Schow  zusammen  das  Heliopolis:  Re  ist  es,  Schow  und  T.  sind  es!" 
„Löwenpaar"  bildet.  (Totenbuch  des  Nu  ed.  Budge,  Kap.  115, 10,  vgl. 

Im  Mittleren  Reich  nennt  sich  der  Gaufürst  Amonhymnus  Leiden  J  350  Vs.  4,  3.) 
von  Beni  Hassan  „Prophet  von  Schow  und  T."; 

die  eigentlichen  Lokalkulte  treten  erst  später  2.  Andere  Orte, 

auf.    Im  Neuen  Reich,  wo  die  Quellen  reicher  In  den  Gaulisten  des  Tempels  von  Dendera 

fließen,   sehen  wir  T.   in  Ägypten  wie  in  Nu-  (griech.-röm.  Zeit)    steht  T.  in  Beziehung   zu 

bien  in  gleicher  Weise  verehrt,  nicht  häufig,  40  mehreren  Gauen   von  Unterägypten;    bei   der 

aber  in  hohem  Ansehen;  ihr  Gatte  heißt  jetzt  Bewertung  derselben   ist   nicht   zu   vergessen, 

Schow-Onuris,  sie  selbst  neigt  zur  Vereinigung  daß  T.  in  Dendera  längst  mit  Hathor  identi- 

mit  anderen   Göttinnen   und   hat  eine   Mutter  fiziert  war,    und   daß  sie   auch   schon   andere 

(.Jusas  oder  Isis)  erhalten.     Sie  ist  die  feuer-  Göttinnen    in    sich    aufgenommen    hatte.     Es 

speiende  Schlange  am  Kopfe  ihres  Vaters  Re  handelt  sich  um  Gau  Nr  8  Pithom  {Dümichen, 

und  wird  als  löwenköpfige  Frau  dargestellt.  Geograph.  Inschr.  4:,  114:),  Gau  Nr.  12  Sebennytos 

Die  Spätzeit  bringt  die  ersten  Denkmäler  {ebd.  4,  118),  Gau  Nr.  17  Diospolis  {ebd.  4, 123) 
von  der  Insel  Philä  (unter  Nektanebös);  dort  und  Gau  Nr.  15  Hermopolis  {ebd.  4,121).  In 
bleibt  T.  als  eine  „aus  Nubien  gekommene"  Sebennytos  finden  wir  T.  auch  sonst  heimisch 
Göttin  von  wilder,  ausschweifender  Art  herr-  50  {Ahmed  in  Annal.  Serv.  Antiqu.  Eggpte  7,  1906, 
sehend  und  verbreitet  sich  auch  in  Nubien,  87 — 94);  freilich  ist  zunächst  nicht  zu  ent- 
dessen  Bewohner  ihr  mit  überschäumendem  scheiden,  ob  sie  dort  schon  vor  ihrer  Identifi- 
Jubel  dienen.  Die  Tempel  der  ptolemäisch-  kation  mit  den  löwinnen-  und  katzenköpfigen 
römischen  Zeit  nennen  T,  an  allen  Orten,  über-  Göttinnen  wohnte;  ebensowenig  ist  es  klar,  ob 
all  an  die  Ortsgöttin  oder  eine  ihr  sonst  nahe-  der  dort  heimische  Gott  eigentlich  ein  Schow 
stehende  Göttin  angegliedert.  Die  aus  dem  oder  ein  Onuris  ist.  In  Leontopolis  (heute  Teil 
Neuen  Reich  bekannten  mythologischen  Züge  el-Jehudije  nordöstlich  Heliopolis)  hat  man  die 
werden  jetzt  ausgesponnen,  variiert  und  um-  Heimat  von  Schow  und  T.  wegen  ihrer  Löwen- 
gestaltet; aber  über  den  kosmischen  Charakter  gestalt  gebucht  {Ed.  Meyer,  Gesch.  des  Alt.^  190^ 
der  T.  bleibt  ein  Schleier  gebreitet.                    60  %11^;  Sethe, Sonnenauge  l^  =  Untersuch.b[lSil'2.], 

135).    Sethe  {ebd.  S.  39  =  155  nr.  4)  glaubt  eine 

II.  Kultus.  a^g  Dyn.  1  oder  früher  stammende  Lokalsage 

T.  gehört  zu  den  großen  alten  Gottheiten  von  Leontopolis  ermittelt  zu  haben,  nach  wel- 

des  Niltales,    die    überall    bekannt   sind    und  eher  T.,  die  Tochter  des  Re,   als  Sonnenauge 

auch  gelegentlich  verehrt  werden,  aber  keinen  und  Löwin  von  Schow  aus  Nubien  geholt  wird, 

eigentlichen  Lokalkultus  besitzen,  in  welchem  nachdem  sie  fern  gewesen  ist;  Schow  tritt  da- 

sie  wurzeln;  schon  richtig  erkannt  \on  Maspero  bei  entweder  als  Jäger  (Onuris)  oder  als  Löwe 

in  Bihlioth.  Egyptolog.  2  (1893),  357  und  Brugsch,  (Schow)  auf,  und  er  schützt  Re  vor  seinen  Fein- 


159        Tefenet  (Kulte  in  Phila  etc.)  Tefenet  (Kulte  in  Phila  etc.)        160 

den.    Diese  Form  der  T.  von  Leontopolie  habe  Charakter  ist  der  einer  -wilden  Löwin,  die  mor- 

sich  von  dort  nach   einer  ganzen  Reihe   von  dend  die  Wüstentüler  Nubiena  durchzieht  und 

weiteren   Tempeln   verbreitet,    in    denen   ihre  eich  am  Blute  ihrer  Opfer  sättigt.     Ihr  Vater 

Legende    sich    den   dortigen    Lokalsagen    an-  Re  läßt  sie  durch  Schow  und  Thot,  die  Favian- 

gepaßt  hat.  gestalt   angenommen   haben,  besänftigen   und 

R    Oh    üp'viti'n  nach  Ägypten  führen.    Sie  wird  in  Philil  von 

D,  uoerag}pien.  ^^^  entzückten  Volk  empfangen  und  verwan- 

Gelegentliche  Darstellungen  der  T.   finden  delt  sich  in    eine  Frau    mit   frohem   Gesicht. 

sich  an  verschiedenen  Orten  von  Oberilgypten,  Sie   erhält  einen  Tempel  auf  der  Insel  Philä 
ohne  daß    man    daraus   auf  einen   wirklichen  lo  und  durchzieht  das  Kiltal,  um   sich  an  meh- 

Kultns  in  der  betreffenden  Gegend  schließen  reren  Orten  niederzulassen.     In  Ombos  bleibt 

darf.   Z.  B.  im  Tor  des  Felsentempels  von  El-  sie   als    „gute   Schwester"   (Tsent-nofret);    in 

Kab,  wo  Nechebt  und  T.  die  Räuchemng  des  Edfu,  Esne  und  Dendera  wird  sie  begrüßt,  und 

Königs  entgegennehmen  {Lepsius,  Detikm.  IV  68,  Feste  werden  ihr  veranstaltet.     Die  wilde  T. 

ptolem.   Zeit).     Der  Tempel  von   Dendera  hat  ist  nun  zu  einer  ägyptischen  Göttin  geworden, 

in  der  griechisch-römischen  Zeit  unter  seinen  aber  sie  muß  täglich  besänftigt  werden,  damit 

vielen  Namen  auch  den  einer  „Stätte  der  T."  die  grimmige  Seite  ihres  Wesens  nicht  wieder 

oder  „Haus  der  T."  (öfter);  man   würde  den  zum  Durchbruch  kommt.     Zu  diesem  Zwecke 

Hinweis  für  eine  Folge  der  Identifizierung  der  trinkt   sie   viel  Wein,    täglich    sieben   Krüge. 

T.  mit  der  Hathor  von   Dendera  halten,  wenn  20  Ihre  Aufgabe  im  Pantheon  ist  es,  Re  vor  seinen 

nicht  Schow  und  T.  merkwürdigerweise  schon  Feinden  zu  schützen.    Aber  wohl  fühlt  sich  die 

in  den  Pyramidentexten  (ed.  Se^  1066)  in  Be-  barbarische  Nubierin  eigentlich  nur  im  Rausch 

Ziehung  zu  Dendera  genannt  wären,  wo  freil-  und  bei  ausschweifenden  Orgien  —  mit  diesen 

ich  auch  eine  zufällige  Verbindung  der  Gott-  dienen  die  Bewohner  des  Kataraktenlandes  ihr 

heiten  mit  dem  Ort  vorliegen  kann.  denn  auch  zum  Entsetzen  der  frommen  Ägypter. 

Sethe,  Zur  altägyptischen  Sage  vom  Sonnen- 

C.  Pfiilä  und  Nabien.  äuge,  das  in  der  Fremde  war  {Untersuch,  zur 

1.  Philä.  Gesch.  u.  Altertumsk.  Ägyptens  5,  1912)  hat  die 

Existenz  der  von  Junker  ermittelten  Legende 

a)  Inschriften.                              30  als  eines  einheitlichen  Ganzen  geleugnet  und 

Seit  langer  Zeit  ist   die   starke  Betonung  eine  Reihe  von  einzelnen  Zügen  als  besondere 

der  T.  auf  der  Insel  Philä  bekannt.    Brugsch,  Sagen  von  zeitlich  und  örtlich  umgrenzter  Ent- 

Thes.  inscr.  aeg.  4  (1884),  765  hat  eine   Reihe  stehung  und  Verbreitung  gedeutet.    Für  Sethe 

von  Darstellungen  der  T.  aus  Philä  veröffent-  handelt  es  sich  bei  der  nubischen  T.  nur  um 

licht,  in  denen  sie  hinter  ihrem  Gatten  steht,  eine    dorthin    verpflanzte    ägyptische    Göttin, 

der  hier  zwar  auch  Schow  heißt,  aber  in  erster  nämlich  die  in  Leontopolis  heimische  löwen- 

Linie  Arsnuphis,  daneben  noch  mit  Thot  von  gestaltige  Tochter  des  Re,  die  gleichzeitig  sein 

Pnubs  identifiziert  ist.  Dieser  Arsnuphis-Schow-  Auge  ist.     Schow,   der  die  Feinde  des  Re  zu 

Thot  ist  ein  nubischer  Gott,  der  sich  in  allen  verjagen  pflegt,   hat  in  Gestalt   eines   Löwen 

Tempeln  Nordnubiens  mit  lokalen  Variationen  40  oder  eines  Jägers  das  Sonnenauge  aus  der  Ferne 

findet;    seine   Genossin   T.    hat    die    Beiworte  herbeigeholt,  und  zwar  vermutlich  aus  Nubien 

„wohnend  in  Abaton"  {Brugsch  a.  a.  0.  nr.  62  a.  c),  (t'-^tj  oder  hnt-hn-nfr).     Diese  Lokalsage  von. 

„Herrin  des  Abaton"  (nr.  62 d),  „Fürstin  von  Leontopolis  iTat  sich  außer  nach  Bige,  das  den 

Philä,  di^  mit  ihrem  Bruder  aus  Nubien  kam"  Ausgangspunkt   für   die   AusstrahluDgen    nach 

(nr.  62c),    „Herrin   von  Philä"  (nr.  62 d)   und  Nubien    abgegeben    hat,    auch   nach   Dendera 

„Flamme  in  Bige"  (nr.  62  b).    Die  älteste  Dar-  und   El -Kab   verbreitet  und    hat  die   T.    den 

Stellung  ist  die  am  Tor  des  Nektanebos  (Dyn.  30) :  dortigen  Ortsgöttinnen  Hathor   bzw.  Nechbet 

der  König  bringt  Sistren  der  „T.,  Tochter  des  angegliedert;  weitere  Spuren  der  Sage  finden 

Re,  wohnend  im  Abaton",  die  zu  ihm  sagt:  „Ich  sich  in  anderen  Tempeln  Ägyptens, 

gebe  dir  Kraft  gegen  die  Südländer"  {Lepsius,  50  Eine  Verständigung   zwischen  Junker  und 

2)enÄ:»n.  III  286  a).     Das  Heiligtum  der  T.  von  jS^e</?e  über  die  tiefgreifende  Verschiedenheit  der 

Philä,   die  der  Hathor  verwandt  ist  und  mit  Auffassung  hat  bisher  nicht  stattgefunden,  so 

lärmender  Musik  verehrt  wird,  muß  der  Hathor-  daß  die  Lösung  der  Frage  einstweilen  in  der 

tempel  auf  der  Westseite  der  Insel  sein,    in  Schwebe   bleibt.     Bis   sie   erfolgt,    halte   man 

welchem   ungewöhnliche   Szenen  des  musizie-  daran  fest,   daß  Junkers  Rekonstruktion   den 

renden  Bes,  tanzender  Göttinnen  u.  ä.  ange-  Bestand  der  Sage  in  ptolemäisch-römischer  Zeit 

bracht  sind.  feststellt,  während  Sethes  kritische  Analyse  die 

b)  Mythos.  Entstehung  ihrer  einzelnen  Teile  zu  ermitteln 

Hermann  Junker  (in  Anh.  Äbhandl.  Äkad.  sucht. 

Wiss.  Berlin  1911)    hat    aus    verstreuten    An-  60  c)  Demotischer  Papyrus, 

deutungen  in  den  späten  Inschriften  der  Tem-  Der  auf  der  Insel  Elephantine   gefundene 

pel  in  Nubien,  auf  Philä  und  in  Ägypten  einen  und   aus    der   Mitte    der   Ptolemäerzeit   stam- 

Mythos  unbekannten  Alters  zusammengestellt.  mende  Pap.  Dodgson  enthält  ein  Orakel  und 

Nach  ihm  ist  T.   aus  Nubien  gekommen  und  eine   Verwarnung    gegen    zwei    Personen,    die 

in  Ägypten  zu  einer  Form  der  Hathor  geworden.  dem  Osiris  nicht  genügend  dienen  {Griffith  in 

Sie   ist   dem  Sonnenauge   und   den   löwinnen-  Proceed.  Soc.  Biblic.  Archaeology  31  [1909],  100' 

und  katzenköpfigen  Göttinnen  sowie  der  Hathor  — 109.  289 — 91).    Sie  haben  sich  den  nubischen. 

verwandt  und  wird  mit  diesen  identifiziert.  T.s  Kulten  zugewendet  und  verehren  statt  des  stillen. 


161           Tefenet  (Kulte  in  Nubieii)  Tefenet  (Familie:  Vater)            162 

Totengottes  lieber  die  T.,  „der  keine  (andere  Sp.  164).  In  saitischer  Zeit  baut  sich  in  Theben 
Göttin)  gleicht"  und  beteiligen  sich  an  den  ein  „Priester  (jmj  js)  von  Schow  und  T."  ein 
ausschweifenden,  lärmenden  Festen  zu  ihren  Grab  {Champollion,  Not.  descr.  1,  859;  British 
Ehren.  Darüber  sind  die  ägyptischen  Priester,  Museum  1225);  ein  Pa-en-Isia  heißt  aui' seinem 
die  für  ihren  Osiris-Isis-Kultus  Rücksicht  ver-  Sarkophag:  „Prophet  der  Mehit-Tefenet'' (Mar- 
langen,  ungehalten.  Für  die  allmähliche  Er-  seüle  67;  zu  Mehit  vgl.  unten  VA  Sp.  171). 
Setzung  des  Arsnuphis,  des  Gatten  der  wilden  Unter  ptolemäischer  Herrschaft  endlich  be- 
T.,  durch  den  friedlichen  Osiris  glaubt  Black-  gegnet  uns  eine  Frau  Ta-Amon,  die  „Sängerin 
man  (ebd.  32,  1910,  33—36)  einen  Beweis  im  des  Schow  und  der  T."  ist  {Louvre  C  117),  und 
Tempel  von  Dendur  gefunden  zu  haben;  in-  lo  eine  andere  „Priesterin  der  T."  {Leiden  V  94). 
dessen  irrt  er  wohl  in  der  Deutung  des  be- 
treffenden Falles.  III.  Familie. 


2.  Nubische  Tempel. 


A.  Eltern. 


Fast  in  jedem   der  nordnubischen  Tempel  1-  ^ater. 

findet  sich  ein  Bild  der  T.;  und  zwar  zeigen  Über  die  Entstehung   des  Schow  und   der 

ihre  Beiworte,  daß  es  sich  um  die  T.  von  Philä  T.  berichtet  eine  aus  der  5. — 6.  Dynastie  über- 

und  Bige,   nicht  um  Lokalformen   der  Göttin  lieferte   Stelle:    „Atum  wurde  zum   Onanierer 

handelt.    Wir  haben  also  hier  keineswegs  ße-  in  Heliopolis.    Er  legte  seinen  Phallus  in  seine 
lege  für  die  nubische  T.,  die  dann  später  nach  20  Faust,  damit  er  Mauneslust  damit  mache.    Die 

Ägypten  gekommen  ist,  aus  ihrer  Heimat  vor  beiden  Zwillinge  wurden  geboren,  Schow  und 

uns;  vgl.  Sethe,  Sonnenauge  24  =  Untersuch.  5  T  "  {Pyramidentexte  1248  ed.  Sethe).    Hier  liegt 

(1912),  140.    Sie  heißt  ,, Herrin  von  Bige"  {Cham-  eine  nach   ihrer  primitiven   Anschauung   sehr 

pollion,  Not.  descr.  1,  126)    oder    „Herrin  von  alte  Sage  vor;  in  späterer  Zeit  wird  zwar  von 

Philä''  {Brugsch,  Thes.  inscr.  aeg.  76).    In  Debod  ferne  auf  sie  angespielt,  aber  man  hat  sie  für 

ist  im  Tempel  des  Amon  und  der  Isis  die  „T.  das  Publikum   doch   durch   eine   weniger   an- 

in  Bige''  zu  einer  Form  der  Sechmet  geworden,  stößige  Form  ersetzet,  die  wir  auch  schon  aus 

die  hinter  Schow-Arsnuphis  steht;  sie  ist  „Her-  der  gleichen  Zeit  wie  die  erste  kennen:  „Atum, 

rin   der  Flamme"  und  wirft  Feuer  gegen   die       Cheprer ,  du  spuckst  (etwas)  aus  als  Schow, 

Feinde  des  Königs  Azechramon  {Boeder,  Debod  30  du  speist  (etwas)  aus  als  T."  {Pyr.  1652.)  Der- 
bis  Bah  Kalabsche  1911,  1,57  §151  mit  Taf.  17).  selbe  Wortlaut,  mit  geringen  Veränderungen, 
In  Sebua  bringt  Ramses  II.  seinen  eigenen  Na-  ist  uns  aus  allen  Epochen  der  Folgezeit  über- 
men  der  T.  dar  {Lepsius,  Denkm.  III  182  e);  liefert,  z.  B.  in  den  mythologischen  Erzählungen 
aus  diesem  gelegentlichen  Auftreten  der  T.  in  des  Apo^hishnches  {British  Museum  Pap.  lOlSH: 
einem  der  bilderreichsten  Tempel  des  Neuen  27,1.  28,26.  29,1 — 2);  ferner  in  Tempeln  des 
Reichs  darf  man  nicht  auf  einen  vorhandenen  Neuen  R-eichs  {Mariette,  Äbydos  I  21,  5;  47b; 
Lokalkultus  schließen.  In  Dakke  spielt  T.  eine  App.  A  tabl.  16)  und  der  Spätzeit  {Brugsch, 
besondere  Rolle  in  dem  Tempel  des  Thot  von  Große  Oase  2&, 26),  sowie  auf  einem  ganz  späten 
Pnubs,  der  ja  eine  Erscheinungsform  ihres  Sarge  (Mariette,  Mastabas  448). 
Gatten  Schow-Arsnuphis  ist;  eine  Kapelle  rö-  40  So  ist  es  denn  für  den  memphitischen  Theo- 
mischer Zeit  birgt  die  Darstellung  der  T.  als  logen  „dieser  Mund  (des  Atum) . . .  . ,  aus^  dem 
einer  grimmigen  Löwin,  der  Thot  besänftigend  Schow  und  T.  hervorgingen"  {Zeitschr.  Ägypt. 
zuredet,  um  sie  nach  Ägypten  zu  locken  {Lan-  Spr.  39,  Taf.  1,55;  Erman  in  Sitzber.  Äkad.Wiss. 
Zone,  Dizioyi.  1884,  tav.  346, 1  nach  Gau,  Antiqu.  Berlin  phil.-hist.  1911,  938,  55).  T.  erhält  das 
de  la  Nubie  1882,  56;  Junker  in  Anh.  Abhandl.  Beiwort  „Tochter  des  Re",  das  wir  in  älterer 
Akad.  Wiss.  Berlin  1911  Abb.  auf  S.  54;  Boe-  Zeit  schon  kennen  {Lepsius,  Denkm.  III  207  b; 
der,  Dakke  2,  1914,  Taf.  115).  Im  Felsentempel  Mariette,  Äbydos  II  54;  Totenbuch  ed.  Naville 
von  Barkai  opfert  Taharka  vor  Anhör,  der  von  Kap.  169,  8  Pb.)  und  das  später  ihrem  Namen 
T.  umschlungen  ist  {Lepsius,  Denkm.  Y  7a);  es  niemals  fehlt;  sie  wird  mit  Atum  zusammen 
handelt  sich  auch  hier  um  die  verpflanzten  50  dargestellt  (e6ewc?a),  der  ja  kein  anderer  als  Re 
ägyptischen  Götter.  —  Über  die  nubische  T.  ist,  und  heißt  in  Edfu:  „Tochter  des  Re,  mit 
und  Arsnuphis  vgl.  unten  III  B  3  auf  Sp.  164.  verborgenen  Plänen  in  Edfu,  mit  geheimnis- 
voller Gestalt  an  der  Stätte  ihres  Vaters  {Boche- 
D.  Priester.  monteix,  Edfou  1, 174:  vgl.  1,  312).  In  Dendera 

Männliche  und  weibliche  Personen  aus  dem  heißt  T.  unter  Nero  die  „Tochter  des  Re,  ... 
Kultus  der  T.  finden  wir  vom  Mittleren  Reich  die  aus  seinem  Leibe  hervorkam,  erste  Tochter 
ab  bis  zur  ptolemäischen  Zeit,  und  zwar  an  des  Ahnherrn  der  Götter"  {Lepsius,  Denkm.  IV 
verschiedenen  Orten  ohne  Beziehung  auf  einen  79  a).  T.  gehört  zum  Kreise  der  ältesten  Gott- 
ursprünglichen  Lokalkultus;  in  einigen  Fällen  heiten,  so  daß  sich  unter  den  Grabhügeln,  an 
ist  ihr  Erscheinen  durch  ein  enges  Verhältnis  60  denen  der  Sonnengott  in  der  Unterwelt  vorüber- 
zu  einer  Ortsgottheit  zu  erklären.  Einer  der  fährt,  die  von  Atum,  Re,  Chepra,  Schow  und 
Gaufürsten  des  Mittleren  Reichs  in  Mittel-  T.  befinden  {Amduat,  Stunde  7).  Die  „beiden 
ägypten  ist  „Prophet  des  Schow  und  der  T."  Horusaugen,  die  an  Atum  herauskamen,  sind 
{Newberry,  Beni  Hasan  1  pl.  7).  In  der  Spät-  Schow  und  T."  (Theben,  Grab  des  Aba,  Dyn. 
zeit  tritt  in  This  (tnj)  bei  Äbydos  ein  .„Pro-  26,  in  Mem.  Mission  Frang.  Caire  5  pl.  8.) 
phet  des  Anhör  von  This  und  der  T."  auf,  Nachdem  der  Reichsgott  Amon-Re  mit  dem 
daneben  eine  „Sängerin  der  T."  {Louvre  Cllß);  Urgott  Atum-Re  identifiziert  worden  ist,  ist  er 
Anhör  vertritt  hier  den  Schow  (vgl.  unten  III B  2  der  Schöpfer  der  ersten  Götter;    er  wird   im 


163     Tefenet  (Familie:  Mutter,  Gatte)  Tefenet  (Gatten)  164 

Tempel  von  Hibis  in  der  Großen  Oase  (Spät-  um  diese  beiden  Gottheiten  handelt,  ergibt  die 
zeit)  angerufen:  „Die  Götter  sind  aus  dir  her-  Aufschrift  „Schow  und  T.  schützen  den  NN.'* 
vorgegangen;  dein  AusBuß  ward  zu  Schow,  auf  einem  unveröÜ'entlichten  Stück  (im  Handel, 
dein  Auswurf  zu  T.,  um  dir  die  neun  Götter  eigene  Kopie).  Volkstümlich  klingt  auch  der 
am  Anfang  des  Werdens  zu  bilden.  Du  bist  Satz  einer  Autobiographie  auf  einer  Stele:  „Er 
der  Herr  des  Löwenzwillingspaares"  {Bruasch,  (der  Gott)  schuf  mir  einen  Sohn  wie  die  Ma- 
Thea.  inscr.  aeg.  634, 24).  Amon  sagt  deshalb  jestät  des  Schow  und  eine  Tochter  wie  die 
zu  dem  König:  „Ich  bin  dein  Vater,  der  deine  Majestät  der  T."  {Budge,  Lady  Mcux  Collection 
Schönheit  geschaffen  hat;  ich  habe  dich  er-  52,  ptolem.  Zeit.)  Schow  hatte  einst  als  Nach- 
zengt  gleich  Schow  und  T. ,  aber  du  bist  vor  lo  folger  seines  Vaters  auf  dem  Thron  des  Götter- 
ihnen  aus  meinem  Leibe  gekommen'*  {LepsiuSf  reiches  gesessen;  ein  Teil  des  Glanzes  seiner 
DefücmAM  72,15;  Amenophis  UL),  wobei  der  Herrschall;  ist  auf  T.  abgefallen,  und  das  „König- 
Zusatz  die  gotteslästerliche  Übertreibung  eines  tum  des  Schow  und  der  T."  bildet  eine  der 
allzueifrigen  Höflinge  ist  Gaben  der  Götter  an  den  Pharao  (Rede  des 
o  HTnf^^oi.  Homs  an  Ptolem.  IV.  in  Bochemonteix,  Edfou 
£.  Muiter.  j^248).  Chons-Thot  sagt  ^u  Ptolemaios IV.  und 
a)  lusas.  Arsinoe:  „Ich  schreibe  euch  das  Königtum  des 

Den  Epigonen  in  Heliopolis  hat  es  nicht  Schow  und  der  T.  vor  den  Lebenden  zu"  {ebd. 

mehr  gefallen,  daß  ihr  ürgott  Atum  seine  Kin-  1,522).   Die  Götter,  die  dem  irdischen  Herrscher 

der  aus  sich  selbst  heraus  schafft.  Sie  erfanden  20  das  Königtum  des  Atum,  die  Jahre  des  Geb  usw. 

ihm  eine  Gattin  lusas  (jw.8-*3.6  „Sie  kommt  schenken,  verleihen  ihm  auch  „die  Stärke  des 

und  ist  gewaltig"),  indem  sie  aus  dem  alten  Schow  und  der  T."  {ebd.  1,  484).     Als  Nach- 

Verbum  jw53  „onanieren"  einen  neuen  Namen  folger   der  Götterkönige   ist   der  Pharao    der 

mit  anderem  Sinn  bildeten.    Diese  lusas,  nach  „Erbe  von  Schow  und  T."  {ebd.  l,425,2  =  P»<?/iJ, 

dem  heliopolitanischen  Dogma  des  Neuen  Reichs  Inacr.  hierogl.  2, 19  e). 
die  Genossin  des  Atum,   muß   nun   natürlich 

auch  die  Mutter  von  Schow  und  T.  sein;  da-  2.  An  hör. 

mit  ist  sie  die  ürmutter  des  ganzen  Götter-  Die  sekundäre  Annäherung  des  Schow  an 

geschlechts.  Anhör  (Onuris,  hierogl.  jn-hrj  .t),  den  kriege- 

b)  Isis.  30  rischen  Herrn  von  This,  hat  auch  die  T.  heran- 

Eine  vereinzelte  Spur  für  eine  alte  Lokal-  gezogen  und  läßt  sie  oft  als  Gattin  des  Anhör- 
sage des  Deltas,  die  ich  sonst  nicht  nach-  Schow  auftreten;  z.  B.  in  Karnak  unter  Ram- 
zuweisen vermag,  steckt  in  einem  Hinweis  ses  IV.  {Lepsius,  Denkm.  III  221)  und  in  Hibis 
eines  medizinischen  Papyrus  der  18.  Dynastie:  {Brugsch,  Große  Oase  10).    Auch  wenn  Schow 

„Isis  in  Chemmis ,  als  sie  Schow  und  T.  gar  nicht  genannt  wird,   bleibt  T.   doch   bei 

gebar"  {Pap.  Ebers  95,8).  Anhör:  im  Felsentempel  von  Barkai  opfert  Ta- 

harka  vor  Anhör,  der  von  T.  umschlungen  ist 

B.  Gatte.  {Lepsius,  Denkm.N  7  a),  und  Ptolemaios  IV.  bringt 

den  Himmel   vor  Anhör  und  T.   dar  {Boche- 

1.  Schow.  4.0  monteix,  Edfou  1,  SU). 

Wir  hatten  gesehen ,  daß  Schow  ein  Zwil- 
lingsbruder der  T.  ist;  er  war  auch,   wie  das  ^-  Arsnuphrs. 
in   Ägypten  von  der  Urzeit  bis  zu  den  Ptole-            Unter  den  Göttern  nubischer  Herkunft,  die 

mäem  hin  häufig  gewesen  ist,  ihr  Gatte.  Zwar  sich  in  Ägypten  Eingang  verschafft  haben,  ist 

hat  die  ägyptische  Theologie  der  T.  kein  Bei-  Arsnuphis  (jrj-hms-nfr  „der  gute  Genosse",  ge- 

wort  gegeben,  das  sie  Frau  des  Schow  nennt;  sprechen  etwa  'ar-hems-nüfe,  kgcvovcpLg)  der 

aber  das  Vorhandensein  der  Kinder  macht  die  bedeutendste;  er  ist  ein  ungebändigter  Geselle, 

Ehe  unzweifelhaft.     „Schow  und  T."  sind  für  der  wenig  in  das  gesittete  ägyptische  Pantheon 

die  religiöse  Literatur  eine  Einheit;  so  in  den  paßt,  und  hat  die  wilde  T.  zur  Gemahlin,  die 

Pyramident€xt€n{ed.S€th€  1S6S.  1443. 1521. 1546.  50  in  Philä  ja  auch  als  Nubierin  auftritt  (vgl.  oben 

1654.  2099)  und  oft  später  {Mariette,  Abydos  II  C  Sp.  159).    In  der  Zeit  von  Nektanebos  an, 

2, 35.  54  unter  Ramses  IV. ;  Brugsch,  Große  Oase  um  die  es  sich  bei  Arsnuphis  allein  handelt,. 

26,  87,  Spätzeit).   Häufig  erscheinen  die  beiden  ist  längst  einerseits  T.  mit  Hathor  identifiziert, 

Geschwister  und  Gatten  in  parallelen  Versen,  andererseits  Arsnuphis  mit  Schow,  so  daß  in 

so  daß  der  Hörer  auch  in  dieser  Form  die  Zu-  einem  Einzelfall  nicht  immer  zu  entscheiden 

sammengehörigkeit  empfinden  mußte  {Pyr.  842.  ist,  ob  die  nubische  T.,  die  Genossin  des  Ars- 

1691.2053;  Capart,Becueü  des monutn.  30,  U.R.;  nuphis,  oder  die  ägyptische  T.,  die  Gattin  des 

Berlin  2294  =  Louvre  C  30,  N.  R.;   Totenbuch  Schow,  vorliegt.     Beide  gehen  durcheinander, 

ed.  Naville  Kap.  17,  54).    Schow  und  T.  werden  und  T.  ist  eben  in  Philä  die  Gattin  des  Ars- 

nebeneinander  dargestellt;  gelegentlich  in  den  60  nuphis -Schow  {Brugsch,  Thes.  inscr.  aegypt.  4, 

Tempelreliefs  des  Neuen  Reichs  (Iyep«iMS,DewÄw.  1884,  765  nr.  62  c.  d).    Daneben  bleiben  genug 

III  125,  Sethos  I.),  zu  ungezählten  Malen  in  FäUe  übrig,  in  denen  der  Gatte  der  T.  allein 

denen  der  Ptolemäer  {ebd.  IV  24  in  Philä)  und  „Arsnuphis"  heißt  {Lepsius,  Denkm.  IV  73  a  in 

Kaiser  (cftd.  IV90d  in  Esne).    In  der  saitischen  Dendur);    vgl.    Brugsch,    Religion   (1881 — 84) 

Zeit  kommen  bronzene  Gegengewichte  zu  Hals-  486 — 88. 

kragen  in  Aufnahme,  auf  welchen  die  Köpfe  4.  Thot  von  Pnubs. 

des  Schow  (Mann  mit  Federkrone)  und  der  T.  Der  Tempel  von  Dakke  (Pselkis)  in  Nord 

(Löwin  mit  Sonne)  sitzen;  daß  es  sich  wirklich  nubien  gehört  einem  Gotte,   der  den  Namen 


len  M 

J 


165                   Tefenet  (Kinder)  Tefenet  (Neunheit  von  Heliopolis)     16^ 

des  ägyptischen  Thot  trägt,  aber  aus  dem  et-  angerufen:  „Atum  und  die  beiden  Löwen,  die 

was  weiter  Büdlicli  belegenen  Orte  Pnub8(p}-nbä  ihre  beiden  Götter  und  ihre  Leiber  selbst  ge- 

„die  Sykomore",  heute  Maharraga)  stammte;  macht   haben,  Schow  und   T.,   die   beide   die 

auch  seine  (iattin  ist  T.     Das  Kliepaar  ist  in  Götter  geschatfen  haben,  die  beide  die  Götter 

Dakke  dargestellt,  wie  der  Kaiser  ihm  Wein  erzeugt  haben,  die  beide  die  Götter  (d.  h.  die 

darbringt  {Lepsius,  Denkm.  IV  73h).    In  Philä  Nachkommenschaft)    gesichert    haben"    {Pyr. 

empfangen  die  hintereinander  stehenden  Ars-  447). 

nuphis,  Thot  von   Pnubs   und   T.   Gaben   von  3.  In  dem  Mythos  von  den  „Götterkönigen" 

Tiberius  (ebd.  IV  76  a).    Wie  in  den   ähnlichen  ist  uns  eine  Episode  erzählt,  die  sich  zwischen 
Fällen,    so   sind    auch   Arsnuphis   und    Schow  lo  T.  und  Geb  ereignet  hat.     Als  Schow  alt  ge- 

und  Thot  zu  einer  einzigen  Person  zusammen-  worden  und  Geb  herangewachsen  war,  empörte 

geschmolzen;  in  Philä  ist  „T.,  Tochter  des  Re  sich   der  Sohn  gegen   den  Vater  und  riß   die 

in  Philä  (?),   Flamme  in  Bige"  die  Gattin  des  Herrschaft    an    sich;    das    geschah,    während 

Arsnuphis- Schow -Thot  von   Pnubs   {Brugsch,  Schow  sich  nach  dem  Himmel  entfernt  hatte. 

Thes.  inscr.  aeg.  4,  1884,  765  nr.  62  b).  Damals  begegnete   Geb  seiner  Mutter  T. ,   als 

sie  sich   um    die  Mittagszeit    in  Memphis    zu 

5.  Tefen.  (jem  Königspalaste  begab,   während  ihr  Gatte 

In  den  Pyramidentexten  tritt  an  einer  ver-  Schow  sich  mit  seinen  Begleitern   nach    dem 

einzelten   Stelle  ein   Gott  als  Genosse   der  T.  Himmel  entfernt  hatte.    Geb  sah  seine  Mutter, 
auf,  dessen  Name  etymologisch  aus  dem  ihrigen  20  er  begehrte  sie  sehr,  und   sein  Herz  verlangte 

gesponnen  zu  sein  scheint:  „NN  hat  Tefen  (tfn)  nach  ihr.    Er  suchte  auf  der  ganzen  Erde,  fand 

und  T.  gerichtet,   die  beiden  Gerechtigkeiten  sie  an  dem   Orte  Pecharti   und  vergewaltigte 

haben  verhört,  Schow  war  Zeuge"  {Pyr.  317);  sie,    so   daß   ein  Aufruhr   im   Palast   entstand 

um  welches  Gericht  es  sich  dabei  handelt,  ist  {Griffith,  Teil  d-Yahudiyeh,  London  lS90y  ißl.2b, 

aus  dem  Zusammenhang  nicht  zu  ersehen.  3 — 7). 

C.  Kinder.  ^'  Neunheit  von  Heliopolis. 

1.  Schow  und  T.,  die  Kinder  des  Urgottes,  Als  die  Theologen  von  Heliopolis  in  früher 
waren  die  einzigen  von  ihm  geschaffenen  men-  Zeit  die  ihnen  vertrauten  Götter  zu  einer  gro- 
schengestaltigen  Götter;  als  T.  Kinder  zur  30  ßen  Familie  von  neun  Mitgliedern  zusammen- 
Welt  brachte,  geschah  es  also  zum  erstenmal,  schlössen,  wurde  die  im  vorstehenden  gegebene 
daß  auf  der  Welt  eine  Frau  gebar.  Diese  Tat-  Folge  der  Generationen  hergestellt :  der  Urgott 
Sache  ist  von  den  Späteren  festgehalten  und  Atum-Re,  seine  Kinder  Schow  und  T.,  deren 
gern  betont  worden.  Unter  den  vier  Geburts-  Kinder  Geb  und  Nut;  von  diesen  stammen  die 
göttinnen,  die  hinter  dem  neugeborenen  Osiris  zwei  Geschwisterpaare  Osiris  und  Isis,  Set  und 
stehen,  ist  die  erste  die  „Mesechnet  (mshn.t,  Nephthys  ab.  Es  mag  dahingestellt  bleiben,  wie 
Geburtsgöttin),  Große,  T.,  Tochter  des  Re,li]hr-  weit  den  Heliopolitanern  schon  eheliche  und 
würdige.  Mächtige,  ...,  Unanfängliche,  die  zu-  elterliche  Verbindungen  unter  den  genannten 
erst  gebar  vor  den  (anderen)  Göttinnen,  Herrin  Gottheiten,  die  z.  T.  gewiß  erst  von  anderen 
der  Zeit,  die  die  Jahre  gedeihen  läßt"  {Mariette,  40  Orten  des  Deltas  nach  Heliopolis  eingewandert 
Dendera  2,43);  an  anderer  Stelle:  „Mesechnet,  sind,  an  die  Hand  gegeben  waren;  einstweilen 
Große,  T.,  Tochter  des  Re,  Uranfängliche,  die  neigen  wir  dazu,  die  einzelnen  Götterpaare  als 
zuerst  den  König  (=  Osiris)  gebar"  (eöd!.  4,  74).  selbständige  Einheiten  aus  der  großen  Familie 
Deshalb  heißt  in  Beschwörungen  ein  Kind,  das  herauszulösen.  Die  Zugehörigkeit  der  T.  zu- 
gegen Krankheit  geschützt  werden  soll,  „ge-  Neunheit  von  Heliopolis  ist  zuerst  von  Lejpsius 
boren  von  Schow  und  T."  {Zaubersprüche  für  (in  Abhandl.  Akad.  Wiss.  Berlin  1851,  186)  er- 
Mutter  und  Kind  5,  8.)  kannt. 

2.  Die  Kinder  von  Schow  und  T.  waren  Die  Bildung  der  Neunheit  ist  spätestens  im 
Geb  (die  Erde)  und  Nut  (der  Himmel),  die  für  Alten  Reich,  vermutlich  aber  schon  in  der 
den  frühzeitlichen  Ägypter  den  Weltenraum  50  Frühzeit  erfolgt;  in  den  Pyramidentexten  wird 
bildeten.  „Schow  und  T,  gebaren  Geb  und  sie  vorausgesetzt  und  oft  ausdrücklich  genannt 
Nut",  sagt  der  Bericht  über  die  Entstehung  (z.  B.  Pyr.  1655).  Wir  können  sie  durch  alle 
der  ältesten  Götter  im  Apophisbuch  {British  späteren  Epochen  verfolgen.  Als  der  greise  Re, 
Museum  Pap.  10188:  27,4  ed.  Budge).  In  den  der  das  Ende  herannahen  fühlt,  seine  Familie 
Pyramidentexten  werden  Worte  des  Geb  an  zusammenruft,  ist  auch  T.  dabei  {Himmelskuh  3). 
seine  Schwester  und  Gattin  zitiert:  „Nut,  du  Die  Neunheit  einschließlich  der  T.  wird  in  Tem- 
warst  verklärt,  du  warst  mächtig  im  Leibe  peln  genannt  {Mariette,  Abydos  1  pl.  10a),  in 
deiner  Mutter  T.,  als  du  noch  nicht  geboren  Gräbern  {Neivberry ,  Mekhmara  8),  auf  dem 
warst"  {Pyr.  779),  und  die  Grötter  sagen  zu  Nut:  Turiner  Altar  {Transact.  Soc.  Bibl.  archaeol.  3, 
„Dein  Vater  Schow  weiß,  daß  du  den  NN.  60  110 ff.)  usw.  Ramses  I.  opfert  in  Karnak  vor 
mehr  liebst  als  deine  Mutter  T."  {Pyr.  5  auf  ihr  {Lepsius,  Denkm.  111124:  a,)^  Ramses  IV.  (e&^. 
dem  Königssarg.)  Geb  und  Nut  sind  die  Eltern  222  d)  und  Hrihor  {ebd.  246  c)  stellen  sie  dort 
von  Osiris  und  Isis,  von  welchen  wiederum  die  dar.  Unter  den  Ptolemäern  finden  wir  sie  in 
ganze  übrige  Götterfamilie  abstammt;  deshalb  Karnak  {ebd.  lY  10;  66a.  b),  Dendera  {ebd.  56a) 
werden  schon  Schow  und  T.  genannt:  „die  die  und  auf  Philä  {ebd.  29a.  31a.  67a),  unter  Tra- 
Götterschaft  gebaren"  {Memphitische  Theologie  jan  in  Dendera  {ebd.  83  a).  So  ist  T.  als  Mit- 
55  in  Zeitschr.  Ägypt.  Spr.  39,  Taf.  1—2).  In  glied  der  Neunheit  von  Heliopolis  eine  der 
den  Pyramidentexten  werden  die  ältesten  Götter  ältesten   Schöpfungen    der    ägyptischen  Theo- 


167        Tefenet  (Wesen:  Totengöttin)  Tefenet  (Totengöttin)              168 

logie,   die  noch   ihren  spätesten  Dienern   be-  Fleischstücke    darbringt,    hat   die   Beinamen: 

kannt  blieb.  „T.,  wohnend  in  Edfu, ,  Stiruschlange 

TV   r>>ior.oVtA7-  *°^  Haupt  aller  Götter"  {Rochemonteix,  Edfou 

XV.  i^naraKier.  l,iQ^).    Was  die  Schlange  über  der  Stirn  der 

A.  Totengöttin.  Götter  und  Pharaonen  tut,  erfahren  wir  aus 

'  .  ,,            .  einer  anderen  Beischrift;  die  hinter  Harachte 

1.  Allgemein.  stehende  Göttin  heißt:  „T.,'  Tochter  des  Re, 

Die  Häufigkeit  des  Auftretens  der  T.  in  den  wohnend  in   Edfu,   großer  Geier,   der  seinen 

Totenkulten  macht  es  wahrscheinlich,  daß  sie  Schöpfer  stützt  ;Mehent(mhn.t  „Stirnschlange*'), 
irgendeine   Art  von   besonderem   Schutz  über  lo  die   auf  dem  Haupte  jedes  Gottes   sitzt,  der 

den  Verstorbenen  ausübt;  indessen  handelt  es  keine  Stirnschlange  überlegen  ist";  die  Göttin 

sich   fast   stets  um   allgemeine   Andeutungen,  versichert  dem  opfernden  König:  „Ich  erglänze 

aus  denen  sich  keine  Schlüsse  auf  den  Cha-  auf  deinem  Haupte  wie  auf  dem  meines  Vaters 

rakter  der  T.  ziehen  lassen.  In  den  Pyramiden-  Re   und    sende    meine    Flamme    gegen   deine 

texten  ist  T.  unter  den  Göttern,  die  dem  Toten  Feinde"  (ebd.  1, 144).    Es  handelt  sich  also  um 

helfen;  T.  ergreift  seinen  Arm,  wenn  er  zum  eine  feuerspeiende  Schlange,  die  ihr  brennen- 

Himmel  hinaufsteigt  (§  990  ed.  Sethe).     Schow  des  Gift  den  Gegnern  ihres  Herrn  ins  Gesicht 

und  T.  gemeinsam  unterstützen  ihn  auf  seinen  schleudert.     In  einem  Hymnus  an  Schow,  der 

Wegen,  wo  ihm  Gefahren  drohen  {Pyr.  2063.  gegen  Apophis  kämpft,  heißt  es:  „T.  ruht  an 
1\J86.  1691).    „NN.  ist  ein  Bewohner  von  Den-  20  seinem  Kopfe,  sie  wirft  ihre  Glut  gegen  seinen 

dera,  er  ist  aus  Dendera  gekommen;  Schow  ist  Feind,  um  ihn  zu  vernichten"  (Pap.  mag.  Harris 

hinter  ihm,   T.  ist  vor  ihm"  {Pyr.  1066).     Im  1,6).     Oft  tritt  es  völlig  zurück,   daß  T.  eine 

Mittleren  Reich  kommt  das  Beiwort  „angesehen  Schlange  ist,    und   man   spricht   nur  von  der 

bei  T."  für  den  Toten  &\if  {Grabstein  Kairo  liSQ  Glut,  die  sie  ausatmet;  so  wird  sie  selbst  zum 

=  de  Morgan,  Fouilles  de  Dahchour  9  (1896)  Feuer.  In  Philä  opfert  Ptolemäus  IV.  vor  Schow 

Taf.  XI;  Sarg  Berlin  1894  =  Mitteil.  Oriental  und  „T.,  Tochter  des  Re,  Herrin  von  Abaton, 

Samml.  Berlins  (Steindor/f,  Grab  des  Mentu-  große  Flamme  usw."  {Lepsius,  Benkm.  IV  24); 

hotept    1896),  6.   9.   10.   15;    Grabstein   Leiden  die  Göttin   heißt  „Flamme  in  Bige"  {Brugsch, 

y  71),  das  sich  in  der  Spätzeit  wiederfindet:  Thesaur.inscr.  aegypt.  4:,  1884,  765  nr.  62b).   In 
eine  Frau  heißt  auf  ihrer  Statue  „angesehen  30  Debod  sagt  „Sechmet,  die  Gewaltige,  Herrin 

bei  Mut-T."  {Brit.  Mus.  1198).     In  den  Sarg-  der  Flamme,  T.  in  Bige"  zu  Azechramon,  dem 

texten  des  Mittleren  Reichs  heißt  es:  „Schow  nubischen  Fürsten  neben  den  Ptolemäern:  „Ich 

und  T.  verklären  dich"  {Lacau,  Textes  relig.  werfe  Feuer  gegen  deine  Feinde,  ich  versenge 

XX  in  Reo.  trav.  egypt.  assyr.  27,  224).    In  Bei-  ihre  Glieder"  (Boeder,  Debod  bis  Bob  Kalahsche 

Schriften,  deren  Vorlagen  aus  dem  Alten  Reiche  1911,  1,67  §  151  mit  Taf.  17).    In  dem  späten 

übernommen  sind,  sagt  T.  zum  Toten:   „Ich  Zauberpapyrus  Salt  S-26  (7,7  und  9,3  nach  un- 

beuge   mich   über  NN.;   ich   befreie   ihn  von  veröff.  Bearbeitung  Gardiner)  fun^^ieren  Schow 

allem  Bösen,  ich  entferne  mich  nicht  von  ihm"  und   T.    oder   auch   T.   allein    als    Gottheiten, 

{Mitteil.  Oriental. Samml. Berlins, 4:).  Im  Toten-  durch  deren  Macht  der  Zauberer  seine  Gegner 
buch  des  Neuen  Reichs  wird  der  Verstorbene  40  bezwingen  will;  T.  ist  in  seinen  Sprüchen  eine 

angeredet:   „T.  beschenkt  dich  mit  dem,  was  Feuerflamme. 

ihr  Vater  Re  ihr  gegeben  hat"  {Totenb.  ed.  Na-  Mit  dem  Schrecken,  den  die  feuerspeiende 

ville,  Kap.  169,  8).  Schlange  verbreitet,  hängt  wohl  auch  das  Bei- 

.  wort  „Herrin  der  Furcht"  zusammen,   das  T. 

2.  Ernährerin  des  Toten.  erhält  (Lanzone,  Dizion.  di  mitol.  egiz.  1882—84 

Aus  allem  Angeführten  wäre  nichts  über  das  tav.  346,  2  aus  Dendera). 
eigentliche  Wirken  der  T.  zu  entnehmen,  wenn 

nicht  zwei  Stellen  der  Pyramidentexte  den  rieh-  2.  Schützerin  des  Re. 

tigen  Weg  weisen  würden.    „Hunger  ist  bei  Wir  hatten  eben  gesehen,  daß  T.  als  Schlange 

Schow,  Durst  ist  bei  T., ,  NN.  lebt,  wo-  50  am  Kopfe  des  Schow  erschien,  um  seinen  Feind 

von  Schow  lebt;  NN.  ißt,  wovon  T.  ißt"  {Pyr.  zu  vernichten.  Dort  ist  aber  nicht  der  ursprüng- 
653  ed.  Seihe)]  hier  wird  der  Verstorbene  mit  liehe  Platz  der  Stirnschlange,  sondern,  wie  eben- 
den  Göttern  identifiziert,  und  er  hungert  und  falls  oben  belegt,  am  Haupte  des  Re.  Daraus 
ernährt  sich  wie  sie.  „NN.  hungert  nicht  als  ergibt  sich,  daß  die  Tätigkeit  der  T.  als  Stirn- 
Schow,  NN.  durstet  nicht  als  T.;  Hapi,  Dna-  schlänge  überhaupt  keine  ursprünglich  der  T. 
mutef,  Kebehsenuf  und  Amset,  sie  vertreiben  angehörige  ist;  vielmehr  erfolgt  sie  erst  durch 
diesen  Hunger,  der  im  Leibe  des  NN.  ist,  und  die  Identifikation  mit  der  Tochter  und  Schütze- 
diesen  Durst,  der  auf  den  Lippen  des  NN.  ist"  rin  des  Re,  seinem  Auge  und  seiner  Stirn- 
{Pyr.  662).  Man  hat  aus  diesen  Stellen  ge-  schlänge  (vgl.  unten  V  A  2  Sp.  173). 
schlössen,  daß  Schow  und  T.  wirklich  mit  dem  60  In  Edfu  räuchert  Ptolemäus  IV.  vor  der 
Stillen  von  Hunger  und  Durst  zu  tun  haben;  Barke  der  „Mehit  (mhj.t),  wohnend  in  Edfu, 
das  geht  zwar  nicht  eindeutig  aus  dem  Sach-  T.,  Stirnschlange  des  Re,  Ehrwürdige,  Mäch- 
verhalt hervor,  aber  es  mag  richtig  sein.  tige  in  Edfu,  Gewaltige,  Große  am  Thron  des 

Re  usw."  (Rochemonteix,  Edfou  2  pl.  30  e).    Er 

B.  Schlange.  bringt  ferner  den  Himmel  dar  vor  Onuris  und 

.    -,                 .      j  „T.,  Große,  Tochter  des  Re,  Herrin  des  Him- 

1.  Feuerspeiend.  ^i^^  Fürstin  aller  Götter,  Auge  des  Re,  Stirn- 

Eine  Bastet,   der  Ptolemäus  IV.   in   Edfu  schlänge  ihres  Vaters,  die  die  Feinde  ihres  Er- 


169       Tefenet  (Schützerin  des  Osiris)  Tefenet  (kosmisch)                  170 

zeugers  niederwirft"  {ehd.  1, 314).  In  Philä  heißt  C.  Kosmisch. 

die    Begleiterin    des    Arsnuphis- Schow:    „T.,  ^    Wi*T,ii  r,«/i   n««^« 

Tochter  des  Re,  Stimschlange  des  Re"  {Brugsch,  ^-   ^  ^°*^  ^°^  itegen. 

Thes.  inscr.  aegxjpt.  4,  1884,  765  nr.  62  d);  oder  Die  neuesten  und  kritischsten  Beurteiler  der 

die  hinter  Schow  stehende  Göttin  wird  genannt  T.  sehen  in  ihr  zwar  eine  kosmogonische  Gott- 

„T.,  Tochter  des  Re,  wohnend  in  Abaton,  Auge  heit   ohne  Lokalkultus   {Lange  bei   Chantepie, 

ies  Re,  Stimschlange  an  seiner  Stirn"  {ehd.  62  a).  Lehrb.  d.  Eeligionsgesch.'  1,  1906,  201)  oder  eine 

Unter  Tiberius  ist  T.  in  Philä  die  Tochter  des  Weltgottheit  ohne  Heimatsort  {Sethe,  Sonnen- 

Be,    die    die    Feinde   ihres   Vaters    vernichtet  äuge  19  =  Untersuch.  6,  1912,  135),  aber  sie 

{LepsiiLS,  Denkm.  IV  76  a).     Unter  Nero  heißt  lo  enthalten   sich   jeder   bestimmten    kosmischen 

•die  Gattin  des  Schow  in  Dendera  die  „Tochter  Deutung  ihres  Charakters;    diese  Resignation 

des  Re, ,  Stirnschlange  ihres  Schöpfers,  beruht  auf  dem  Schweigen  des  inschriftlichen 

die  aus  seinem  Leibe  kam ,  die  erste  Tochter  Materials,  das  keine  bestimmten  Angaben  macht, 
des  Ahnherrn  der  Götter"  {ebd.  79  a).  Dieser  Früher  hatte  man  allerlei  Vermutungen  auf- 
dauernde Schutz,  den  T.  bei  Re  ausübt,  ist  gestellt,  die  sich  zunächst  sämtlich  nicht  durch 
wohl  der  Grund  dafür,  daß  eine  medizinische  Belege  stützen  lassen.  Man  ging  einmal  vom 
Vorschrift  ein  besonders  wirksames  Rezept  her-  Charakter  des  Schow,  des  Gatten  der  T.,  aus, 
stellen  läßt  als  „ein  Mittel,  das  T.  für  Re  selbst  in  welchem  man  mit  einigem  Recht  einen  Luft- 
gemacht hat"  {Pap.  Ebers  46,  20  =  Pap.  Hearst  gott  sah,  und  machte  deshalb  auch  seine  Gat- 
5,  9).  20  tin  T.,  von  der  man  nichts  Gegenteiliges  vrußte, 

Als  Schützerin  des  Re  erscheint  T.  auch  in  zu  einer  Repräsentantin   des  Luftraumes,   der 

anderen  Stellen,  die  vielleicht  mehr  die  Löwin  zwischen  Himmel  und  Erde  liegt  {Erman,  Bei.* 

(vgl.  VI  B)   als  die  Schlange  im  Sinne  haben.  1909,  33);  dabei  könnte  man  sich  berufen  auf 

In  Edfu  heißt  sie  „T.,  Tochter  des  Re,  ,  eine  allerdings  nicht  klare  Stelle  der  Pyrawirfew- 

Herrin  des  Glanzes  bei  ihrem  Vater"  und  sagt  teocte:  „Die  Erde  ist  hoch  unter  Nut  durch  deine 
zu  dem  König:  „Ich  bin  bei  dir,  ich  weiche  Arme,  o  T."  (§  1405  ed.  Sethe.)  Man  machte 
nicht  von  deiner  Majestät,  meine  Augen  glühen  T.,  aus  der  die  „guten  Nordwinde  kommen" 
gegen  deine  Feinde"  {Hochemonteix ,  Edfou  1,  {Bec.  trav.  egypt.  assyr.  7,  1886,  122)  zur  Göttin 
561).  Oder  Ptolemäus  IV.  verbrennt  Fleisch-  des  erfrischenden  kühlen  Windes  (^rw^rsc/i,  JReZ. 
stücke  auf  einem  Altar  vor  „T.,  Tochter  des  3o  1881 — 84,  673  und  Ägyptologie  1891,  171;  Mas- 
ses, wohnend  in  Edfu,  wildblickenden  Gesichtes  pero  in  Biblioth.  Egyptol.  2,  1893,  367).  Maspero 
unter  den  Feinden  ihres  Vaters,  die  seine  Feinde  (e&6Z.)und  Benouf  {in  Transact.  Soc.  Bibl.  Archaeol. 
in  seiner  Stadt  Edfu  niederwirft  an  seinem  gro-  8, 1885,  207  und  Lectures  1880, 109.  250)  knüpf- 
ten Sitz  seit  Uranfang"  {ebd.  1,  58).  ten  an  die  antike  Erklärung  des  Namens  der 

T.   als  tfn.t  „die  Spuckerin"  an  (vgl.  oben  I 

3.  Schützerm  des  Osiris.  gp.  155)  ^nd  suchten  in  ihr  eine  Art  von  Feuch- 

In  der  späten  Zeit  ist  T.  wie  alle  anderen  tigkeit;  so  kamen  sie  zur  Deutung:   Tau  und 
"Gottheiten  zum  Schutze  des  Osiris  herangezogen  Regen,  wohl  auch  Nebel.    Das  Wasser  der  Luft 
worden ;  was  sie  früher  zum  Heile  ihres  Vaters  erkennt  auch  Schneider  {Kultur  und  Denken  der 
Re  geleistet  hatte,  muß  sie  nun  für  Osiris  tun.  40  alt.  Äg.  1907,  430)  in  T. 
Unter  den  Schutzgottheiten  des  Osiris  in  Den- 
dera ist  die  erste  eine  löwenköpfige  Göttin  mit  2.  Mond, 
rzwei  Messern:  „T.,  Tochter  des  Re  in  Dendera,  Eine  der  mythologischen  Anspielungen,  die 
Mutter  des  Osiris,  die  die  Gegner  mit  der  Glut  in  die  Zaubertexte  der  30.  Dynastie  verarbeitet 
ihres  Mundes  verbrennt,   die   seinen  Feind  in  sind,  lautet:   „Du  hast  dein  Auge,   0  Horus! 
der  Richtstatt  verbrennt"  {3Iariette,  Denderah  Dein  rechtes  Auge  ist  Schow,  dein  linkes  Auge 
4,  81).    Die  vor  Osiris  stehende  Göttin  wird  an  ist  T.,  sie  sind  die  Kinder  des  Re"  {Golenischejf, 
unveröflfentlichter  Stelle  in  Dendera  genannt:  Metternichstele  150).     Diese  Stelle  scheint  die 
„T.,  Tochter  des  Re  an  dem  Throne   des  Re  einzige  Veranlassung  zur  Deutung  der  T.   als 
(=  Dendera?),  große  Flamme,  die  den  Set  mit  50  Mond  gewesen   zu  sein,   weil  dieser  nämlich 
ihrer  Glut  verbrennt,  die  Fürstin,  die  das  Ge-  ebenfalls  das  linke  Auge  des  Horus  genannt 
metzel  veranstaltet  unter  seinen  Genossen"  (nach  wird.  Brugsch  {Bei.  1881 — 84,  575)  sah  in  Schow 
H.  Junker).  Nehem-^awit,  die  Genossin  des  Thot  die  Sonne  bei  ihrem  Eintritt  in  das  Frühlings- 
von  Schmun-Hermopolis,  erhält  die  Beiworte:  zeichen,  in  T.  das  in  dem  zwischen  beiden  Tagen 
.„T.,  Königin  und  Herrin  von  Rohu  (==  Hermo-  liegenden  Intervall  eintretende  neue  Licht  des 
polis),   die  ihren  Bruder  (=  Osiris)  in  Hermo-  Mondes;  er  ist  bei  seiner  Auffassung  geblieben 
polis  behütet"  {Brugsch,  Bec.  de  monum.  6  =  Du-  {Brugsch,  Ägyptologie  1891, 171),  hat  aber  keine 
michen,  Geograph.  Inschr.  4,  1885,  121).     Die  Anerkennung  gefunden. 
Bauinschrift  eines  dem  Osiris  geweihten  Zim- 
mers im  Tempel  von  Edfu  sagt:  „Schow  ist  60  V.  Gleichsetzung  und  VeraUgemeinerung. 
darin  als  Nordwind,  um  ihn  in  seine  (d.h.  des  .     /n„; „!,„„*„„.„«.  ™:j.  „„.»„„«„  rij:*«,.««« 
Osiris)  Nasenlöcher  einziehen  zu  lassen;   zu-  ^'  (xleichsetzung  mit  anderen  Göttinnen. 
sammen  mit  T.  als  Feuer,  um  seine  Feinde  zu  Wie  alle   anderen  Gottheiten   ist   auch  T. 
verzehren"  (ZiscT^r.ü^i/i'^./S'pr.  13, 1875,  Taf.  1,5).  mit    solchen    Persönlichkeiten    des    Pantheons 
In  allen   diesen  Beispielen  ist  zwar  nur  vom  identifiziert  worden,   denen  sie  innerlich  nahe 
Feuer  die  Rede;    aber  man   geht  wohl  nicht  stand  oder  zu  denen  sie  im  Laufe  ihrer  Ent- 
fehl, wenn  man  sich  die  Flamme  ursprünglich  wicklung  und   Schicksale   irgendeine  Art  von 
•aus  dem  Rachen  der  Schlange  züngelnd  denkt.  innerer   oder  äußerer  Beziehung   gewann.     In 

R06CHEE,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.     V,  7 


171        Tefenet  («=  Mehit,  Sechmet) 

Tielen  Fällen  vermögen  wir  den  Gmnd  der 
Identifikation  nicht  zu  ermitteln;  wenn  dem 
Vorgehen  der  Prieetergchaft  die  logiBche  Ab- 
leitung auch  nicht  abgesprochen  werden  soll, 
80  liegt  gelegentlich  doch  der  Verdacht  nahe, 
daß  die  Gleichsetzung  mehr  im  Sinne  der 
herrschenden  Tendenz  als  aus  bestimmter  Ver- 
anlassung ausgesprochen  ist. 

1.  Lokalgöttinnen. 
T.  gehört  zu  den  über  ganz  Ägypten  ver- 
breiteten Gottheiten  allgemeinen  Charakters, 
die  nirgends  fest  wurzeln  und  sich  deshalb 
um  so  leichter  an  mehreren  Orten  in  ein  wenig 
veränderter  Gestalt  ansiedeln  und  mit  der  Her- 
rin des  betreffenden  Tempels  verschmelzen. 
Eine  innere  Verwandtschaft  der  beiden  Göt- 
tinnen ist  dazu  noch  nicht  erforderlich. 

a)  Mehit. 
Nachdem  Schow  mit  dem  Onuris  (jn-hr.t 
Anhüre)  von  This  (tnj)  bei  Abydos  identifiziert 
war,  setzte  man  auch  seine  Genossin  T.  mit 
Mehit  (mhj.t),  der  Gattin  des  Onuris,  zusam- 
men. Die  Angleichung  ist  zuerst  vermutlich  in 
der  Heimat  des  Onuris,  vielleicht  auch  seinem 
unterägyptischen  Kultort  Sebennytos  vollzogen 
worden  und  von  dort  in  die  Tempel  übertragen, 
in  denen  sie  uns  begegnet  {Maspero  in  Bibl. 
Egyptolog.  2,  Paris  1893,  367;  Brugsch,  Rel. 
1884—91,  490).  In  Edfu  räuchert  Ptolemäus  IV. 
vor  der  Barke  der  „Mehit,  wohnend  in  Edfu, 
T.,  Stimschlange  des  Re,  Ehrwürdige,  Mäch- 
tige in  Edfu,  Gewaltige,  Große  am  Thron  des 
Re  usw."  {BocJiemonteix,  Edfou  2  pl.SOe).  Unter 
den  hinter  Horus  dargestellten  Göttinnen  ist 
„Mehit,  T.,  wohnend  in  Edfu,  die  mit  ihrer 
Schwester  den  heiligen  Dbelisken  schützt" 
{Bochemontexx ,  Edfou  I  15,  39  =  Dümichen, 
Tempelinschr.  I  89, 8). 

b)  Sechmet. 
Die  üinere  Beziehung  zwischen  T.  und  der 
Gattin  des  Ptah  von  Memphis  mag  darin  be- 
ruhen, daß  Sechmet  eine  grimmige  Löwin  und 
blutdürstige  Kämpferin  ist,  während  T.  als 
feuerspeiende  Schlange  ihre  Feinde  bedroht; 
als  Kampfgöttinnen  fanden  sie  sich  zusammen. 
In  Debod  betet  der  nubische  König  Azechra- 
mon  (ptolem.  Zeit)  vor  Schow -Arsnuphis  und 
„Sechmet,  Gewaltige,  Herrin  der  Flamme,  T. 

in  Bige,  die  mit  ihrem  Bruder umarmt" ; 

die  Göttin  sagt  zum  König:  „Ich  werfe  Feuer 
gegen  deine  Feinde,  ich  versenge  ihre  Glieder" 
und  „Ich  gebe  dir  die  südlichen  Fremdländer 
unter  deine  Sohlen"  {Boeder,  Debod  bis  Bob 
Kalabsche  1911,  1,  57  §  151  mit  Taf.  17).  In 
Edfu  heißt  „T.,  Tochter  des  Re,   wohnend  in 

Edfu, ,  Sechmet  (shm .  t),  Herrin  der  Macht, 

Erste  des  großen  Thrones,  Herrin  des  Glanzes 
bei  ihrem  Vater*'  {Bochemonteix,  Edfou  1,561); 
allerdings  ist  die  Übersetzung  in  diesem  Falle 
wie  in  ähnlichen  nicht  zweifelsfrei,  weil  das 
Wort  shm  t  nicht  nur  den  Namen  der  Göttin 
Sechmet,  sondern  auch  das  Adjektivum  „mäch- 
tige" bezeichnen  kann. 


Tefenet  (=  Hathor  eto.) 


172 


c)  Herriu  von  Hermopolis. 
In  einer  Gauliste  des  Tempels  von  Dendera 
(römische  Zeit)  tritt  eine  Göttin  Menut  (mnw.t) 
von  untergeordnetem  Range  auf,  die  identifi- 
ziert wird  mit  „T.,  Herrin  von  rhw.t  (Name 
von  Schmun-Hermopolis) ,  die  ihren  Bruder  in 
Hermopolis  schützt"  {Brugsch,  Becueü  de  mo- 
num.  6  —  Dümichen,  Geoaraph.  Ivschr.  4,  1885,. 
10  121).  Eine  besondere  Bedfeutung  hat  diese  Zu- 
sammenstellung nicht;  aber  interessant  ist  sie, 
weil  ihr  eine  Ansiedlung  der  T.  in  Schmun- 
Hermopolis,  der  mittelägyptischen  Heimat  des 
Thot,  voraufgegangen  sein  muß. 

d)  Hathor. 
In  Dendera  sind  der  Hathor,  die  ohne  einen 
männlichen  Begleiter  von  ihrem  Tempel   aus 
über  die  Landschaft  gebietet,  alle  möglichen 

20  Göttinnen  gleichgesetzt  worden,  z.  T.  offenbar 
nur,  weil  die  mächtige  Ortsheilige  theoretisch 
alles  umfaßte  und  deshalb  auch  die  übrigen 
Göttinnen  in  sich  begriff,  soweit  sie  nur  irgend- 
einen Schimmer  von  Beziehung  zu  ihr  hatten. 
In  der  unterirdischen  Krypte  9  steht:  „Die 
Hathor,  die  an  dieser  Stätte  wohnt,  heißt: 
Herrin  von  Dendera,  T.,  Tochter  des  Re,  Ament 
(ürgöttin)"  {Mariette,  Denderah  3,  78n  =  Dü- 
michen, Bauurkunde  von  Dend.  12).    In  Dar- 

30  Stellungen  kommt  das  Beiwort  „T.,  Tochter 
des  Re"  bei  Hathor  öfter  vor  (z.  B.  Mariette, 
Dend.  2,  35  a) ;  gelegentlich  wird  eine  als  Ha- 
thor dargestellte  Göttin  gar  nicht  Hathor  ge- 
nannt, sondern  „T.,  Tochter  des  Re  in  Dendera,. 
Sechmet,  Wosret  usw."  {ebd.  3, 19  m).  Eine  Ha- 
thor, die  mit  den  Namen  der  verschiedensten 
Göttinnen  geschmückt  ist,  heißt  auch  „T., 
Herrin  der  Frauen"  {ebd.  25 — 26  =  Dümichen,. 
Geogr.  Inschr.  2  Taf.  34).     Auf  dem  Eintreten 

40  für  Hathor,  die  Mutter  des  Ahi-Kindes,  beruht 
es,  wenn  T.  genannt  wird:  „T.,  Tochter  des- 
Re  in  Dendera,  die  die  Gestalt  des  Ahi  schützt" 
{Mariette,  Dend.  3, 35  b).  Vereinzelt  tritt  Hathor- 
T.  auch  an  anderen  Orten  auf;  in  Dendur  heißt 
die  Gattin  des  Arsnuphis:  „T,,  Tochter  des  Re, 
wohnend  in  Abaton,  Hathor,  Gute,  Herrin  von 
Philä,  Königin  in  Bige"  {Champollion ,  Not. 
descr.  1, 118). 

5Q  e)  Tsent-nofret  in  Ombos. 

Was  die  Priesterschaft  der  Tempel  im  süd- 
lichsten Oberägypten  zu  ptolemäisch-römischer 
Zeit  veranlaßt  hat,  die  T.  zur  Verherrlichung 
ihrer  Ortsgöttinnen  heranzuziehen,  läßt  sich 
schwer  ergründen.  NeitvonEsne  ist  eine  völlig 
selbständige  ürgöttin  und  wird  doch  mit  T. 
zusammengeworfen.  Tsent-nofret  (t3-ön.t-nfr.t), 
die  „schöne  Genossin"  des  Sobk  von  Ombos, 
hat  wenig  eigene  Züge;  um  so  leichter  schmiegt 

60  sie  sich  an  andere  Göttinnen  an,  auch  an  T. 
(de  Morgan,  Catalogue  des  monum.  et  inscr.  de-i 
VEgypte  2  =  Ombos  1,  Caire  1895,  103  mit  far-  ' 
biger  Tafel;  116  nr.  166D— C;  u.  o.). 

f)  Bastet. 

Für  die  katzenköpfige  Bastet,   die  Herrin 
von  Bubastis  im  Delta,  liegt  es   ähnlich  wie:( 
für  Sechmet  (vgl.  b);   wir  kennen   die  mit  T. 


173  Tefenet  (=  Bastet  otc.)  Tefenet  (DarHtellungen)  174 

identifizierte  Bastet  nicht  in  ihrer  Heimat,  in  Köni^  opiert,  vier  Geburtsgöttinnen  dargestellt, 
welcher  die  Gleichsetzung  vermutlich  vollzogen  die  bei  der  Entstehung  des  Gottes  mitgewirkt 
ist,  sondern  an  anderen  Orten.  In  Edfu  gibt  haben;  die  erste  derselben  trägt  den  Kopf- 
es eine  „Bastet,  Gewaltige,  Herrin  von  Bu-  schmuck  der  Tenent  (vgl.  a)  und  heißt  „Mesech- 
bastis,  T..  wohnend  in  Edfu,  Sopdet,  Herrin  net  (mahn. t  „Geburtshelferin"),  Große,  T.,Toch- 
des  Jahresanfangs,  Stirnschlange  am  Haupt  ter  des  Re,  Uranfängliche,  die  zuerst  den  König 
aller  Götter  usw.",  vor  welcher  Ptolemaios  IV.  (=  Osiris)  gebar"  {Mariette,  Denderah  A,74:). 
Fleisch  opfert  {Bochemonteix  1,  496).    In  Philä 

und  Nordnubien  kennen  wir  eine  „T.,  Tochter  c)  Hekt. 
des  Re  in  der  heiligen  Stadt,  Bastet,  Herrin  lo  An  einer  Stelle,  an  der  man  nach  dem  Zu- 
Ton  Philä,  die  aus  Nubien  gekommen  ist"  sammenhang  T.  erwartet,  erscheint  die  frosch- 
(Brugsch,  Thes.  inscr.  aegypt.  76).  Die  Gleich-  köpfige  Göttin  Hekt  in  einem  Text,  der  auf 
Setzung  von  T.  und  Bastet  erklärt  Sethe  (in  den  Stelen  Louvre  C  3  und  British  Museum  567 
Pauly,  Bealencykl.^Buhastis)  dadurch,  d&ßiB.uch.  erhalten  ist;  nach  ihm  sind  Schow  und  Hekt, 
Horus,  der  Bruder  der  Bastet,  mit  Schow-Horus-  die  Vorfahren  der  Götter,  in  Abydos  aus  dem 
Apollon,  dem  Bruder-Gatten  der  T.,  identifi-  Munde  des  Re  gekommen, 
ziert  worden  ist;  beide  Paare  werden  als  Zwil- 
linge dargestellt.  Auf  diesem  Umwege  soll  auch  B-  Verallgememerung  des  Charakters, 
die  Identifikation  von  Bastet -T.  mit  Artemis  Die  Angliederung  der  T.  an  die  genannten 
zustande  gekommen  sein.  20  verschiedenartigen  Göttinnen  hat  ihren  Cha- 
rakter bald  nach  dieser  Seite  erweitert,  bald 
2.  Auge  und  Stirnschlange  des  Re.  ^ach  jener;  das  Ergebnis  ist,  daß  sie  nicht 
In  IVB  2  war  gezeigt,  daß  T.  in  der  spä-  mehr  ihren  begrenzten  Wirkungskreis  und  ihre 
teren  Zeit  als  jene  Tochter  und  Schützerin  des  beschränkte  Zahl  von  Aufgaben  und  einige 
Sonnengottes  Re  auftritt,  die  gleichzeitig  seine  bestimmte  Beiworte  hat,  sondern  daß  ihr  lose 
Stirnschlange  und  sein  Auge  ist  und  seine  auch  solche  Benennungen  angefügt  werden,  die 
Feinde  mit  ihrem  Feueratem  bedroht.  Zu  den  anderen  Göttinnen  zugehören.  So  kommt  T. 
ältesten  Belegen  gehört  „T.,  Tochter  des  Re,  endlich  sogar  zu  den  Titeln  einer  Himmels- 
die  an  seiner  Stirn  sitzt",  die  Begleiterin  des  königin,  auf  die  sie  ursprünglich  kaum  An- 
Atum,  vor  welchem  Ramses  III.  in  Karnak  räu-  30  spruch  gehabt  haben  kann;  und  zwar  ist  dieser 
chert  und  Wasser  sprengt  {Lepsius,  DenJcm.  III  Vorgang  im  Neuen  Reich  schon  abgeschlossen. 
207  b).  In  Edfu  und  Philä  ist  sie  gut  bekannt;  Ramses  IL  opfert  in  es-Sebu'a  vor  „T.,  Herrin 
ebenso  in  Dendera  als  „T.,  Auge  des  Re  in  des  Himmels"  {Lepsius,  Benkm.  HI  182  e).  In 
Bendersi  (Mariette,  Denderah  S,  3b  c).  Nachdem  Karnak  tritt  eine  „T.,  Herrin  des  Himmels, 
die  genannte  Tochter  des  Re  andere  Göttinnen  Fürstin  beider  Länder"  als  Genossin  des  Schow 
in  sich  aufgenommen  hatte,  die  selbst  Schlangen  auf,  sowohl  unter  Ramses  I.  {ebd.  124  a)  wie 
oder  sonst  mächtige  Wesen  waren,  gliederte  unter  Sethos  I.  (e&<^.  125).  Bei  Ramses  IV.  trägt 
man  auch  T.  an  diese  an;  einige  der  zahl-  T.  im  Hypostyl  von  Karnak  das  Beiwort  „Für- 
reichen  Namen  seien  genannt.  stin   der  Götter"  {ebd.  221);   eine  Inschrift  am 

40  8.  Pylon  nennt  sie  „Herrin  aller  Götter"  (nach 

a)  Wosret.  ^g^/^g^  unveröffentlicht).  In  der  späten  Zeit  sind 

In  Dendera   erscheint  unter  Nero   eine  T.  derartige  Beiworte  der  T.  nicht  ungewöhnlich; 

als  Wosret  (wsr.t  „Starke")  und  Stirnschlange  z.  B.  „Herrin  des  Himmels,  Fürstin  aller  Götter" 

des  Re  {Lepsius,  JDenTcm.  IV  79).  {Bochemonteix,  Edfou  1, 561). 

b)  Upset.  VI.  Darstellung. 

In  Philä  und  Nordnubien  begegnet  uns  eine  *     ai     i? 

„T.- Upset  (wps.t  oder  wp.s),  Große,  Herrin  ^'  ^^^^  *^*^- 

von  Bige"  {ChampolUon,  Not.  descr.  1, 126).    In  Wo  die  ganze  Neunheit  von  Heliopolis  oder 

Dakke  heißt  sie  unter  Augustus  „T. ,  Tochter  50  sonst  eine  Götterschaft  dargestellt  wird,  sitzen 
des  Re,  wohnend  in  Abaton,  Upset,  Große,  die  Gottheiten  steif  und  gleichartig  nebenein- 
Herrin  von  Bige"  {Lepsius,  Benkm.  IV  73  h).  ander,  die  Männer  von  den  Frauen  nur  wenig 

unterschieden.   In  diesen  Fällen  ist  T.  gewöhn- 
3.  Vereinzelte  Göttinnen.  lieh  als  Frau  ohne  jedes  besondere  Kennzeichen 

abgebildet;  gelegentlich  trägt  sie  wohl  die  ihr 
a)  lenent.  zugehörige  Sonne  mit  Uräus  {Lepsius,  Benkm. 

In  Edfu  wird  T.  der  Göttin  Tenent  (tnn.t)       IV  29a,  Ptol.  IX.  in  Philä;  vgl.  31a;  ferner  in 
angegliedert,  die  einen  Kopfschmuck  von  zwei       Karnak:  66a;  auch  27). 
hohen,  am  Ende  auswärts  umgerollten  Drähten 
0.  ä.  trägt.    Ptolemaios  IV.  opfert  vor  „Tenent,  60  B-  Als  Löwm. 

Hathor,  wohnend  in  Dendera,  ,  T.,  Große,  In  weitaus  den  meisten  Fällen  ist  T.  durch 

Tochter  des  Re,  mit  verborgenen  Plänen  in  den  tierischen  Kopf  als  Löwin  gekennzeichnet; 
Edfu,  mit  geheimnisvoller  Gestalt  an  der  Stätte  schon  die  ältesten  uns  erreichbaren  Bilder  (aus 
ihres  Vaters"  {Bochemonteix,  Edfou  1,174);  ahn-  dem  Neuen  Reich)  zeigen  sie  in  dieser  Gestalt, 
lieh  an  anderer  Stelle  {ebd.  1,  312).  die  deshalb  allerdings  nicht  die  ursprüngliche 

zu  sein  braucht.     Man  hat  das  Auftreten  des 

b)  Mesechnet.  Löwenkopfes  bei  T.  als  einen  Einfluß  der  Lokal- 

In  Dendera   sind   hinter   Osiris,    dem   der      kulte  deuten  wollen  {Brugsch,  Bei.  1884 — 91, 

7* 


175 


Tefenet  (Darstellungen) 


Tegestros 


176 


674);  die  literarischen  Belege,  die  T.  als  Löwin 
nennen  (vgl.  IVB 2),  sprechen  nicht  dagegen. 

1.  Fran  mit  Löwinnenkopf. 
Diese  Darstellung  ist  die  weitaus  häufigste 
▼on  allen.  Die  Variationen  des  Typus  ergeben 
sich  zunächst  daraus,  daß  die  Göttin  entweder 
stehen  oder  auf  einem  Throne  sitzen  kann,  was 
meist  Ton  der  Gesamtanlage  der  Dekoration  au 
der  betreffenden  Wand  des  Tempels  bestimmt 
wird;  ferner  aus  dem  Kopfschmuck.  Die  wich- 
tigsten Formen  desselben  sind: 

a)  Doppel  kröne,  vereinzelt:  Kamak,  Säule 
Ramses'  IV.  {Lepsius,  Denkm.  III  221  e). 

b)  Sonnenscheibe,  nicht  sehr  häutig.  Stele 
Ramses'  IV.  ans  Abydos  {Mariette,  Ähydos  2, 64). 
In  ptolemäisch-römischerZeit:  Lepsius,  Denkm. 
rV  10  (Kamak).  24  (Philä);  Bochemonteix,  Edfou 
1,814. 

c)  Sonnen  Scheibe,  um  die  sich  eine 
Schlange  ringelt.   Schon  im  Neuen  Reich  vor- 


10 


1)  Naoh  LepHutyDenkmäler 
au$  Ägypten,  Äthiopien  und 
dem  Sinai.  Abteilong  III 
^  Blatt  386  a. 


2)  Tefenet  und  Schow  auf 

sog.  Ägis. 

Nach  Photographie. 


banden:  Lepsius,  Denkm.  III  182 e  (unter  Ram- 
ses IL  in  es-Sebü'a  =  Gauthier,  Temple  de 
Quadi  es-Seboua,  Caire  1912,  1  p.  242,  2  pl.  65); 
207  b  (Ramses  III.  in  Kamak).  Der  Typus  ist 
am  Tor  des  Nektanebos  auf  Philä  verwendet 
(ebd.  286  a  =  unsere  Abb.  1)  und  findet  sich 
unter  den  Ptolemäern  und  Kaiser  als  der 
häufigste  in  den  Tempeln  von  Oberägypten 
und  Nubien. 

d)  Schlange  in  der  Sonnenscheibe, 
vereinzelt:  Lepsius,  Denkm.  V  7a  im  Felsen- 
tempel von  Barkai  unter  Taharka. 

e)  Aufgerichtete  Schlange,  vereinzelt: 
Lepsius,  Denkm.  IV  67  a  in  Philä. 

f)  Wagerechte  Widderhörner  mit  Sonne, 
vereinzelt:  Mariette,  Dend&ah  3,  36 f. 

2.  Löwin. 
Die  in  Bildern  des  vor  der  Göttin  opfern- 


den Königs  niemals  verwendete  rein  tierische 
Gestalt  begegnet  uns  in  der  Darstellung  des 
Mythus  der  T.  in  Dakke:  Thot  als  Pavian 
steht  vor  der  grimmigen  Löwin  (eine  Sounen- 
scheibe  mit  zwei  Schlangen  schwebt  über  ihrem 
Kopfe)  und  sucht  sie  zu  besänftigen:  Gau,  Anti- 
quites  de  Ja  Nubie  (1882)  56;  Junker  in  Anh. 
Abhandl  Akad.  Berlin  191 1, 54  mit  Abb.;  Boeder, 
Dakke  2  (Kairo  1914)  Taf.  115. 

C.  Zasammen  mit  Seliow. 

1.  Die  in  den  Texten  und  Götterlisten  un- 
zertrennlichen Geschwister  und  Gatten  stehen 
in  den  Bildern  oft  hintereinander,  wo  jede 
Gottheit  in  ihrer  Weise  dargestellt  ist.  Man 
hat  aber  ihrer  Zusammengehörigkeit  auch  im 
Bilde  Ausdruck  dadurch  verliehen,  daß  man 
sie  als  Kinder  nebeneinander  stellt;  so  auf 
dem  Naos  aus  Saft  el-Henneh  in  Kairo  (Na- 

20  ville,  Goshen  pl.  5,  2  =  Boeder,  Naos^  Leipzig 
1915,  S.  91  nr.  16  mit  Taf.  30)  und  in  den 
Tempeln  von  Edfu  {Bochemonteix  1,  53.  66.  80) 
und  Dendera  {Mariette,  Dend.  3, 78  n  =  Dü- 
michen,  Bauurkunde  von  Dend.  14). 

2.  Auf  den  sog.  Ägis  (Gegengewichten  mit 
ansitzendem  Hals&agen)  aus  Bronze  findet  man 
gelegentlich  zwei  plastische  Köpfe  angeo^ossen: 
einen  Mann  mit  vier  Federn  (ev.  noch  einer 
Sonne)  als  Kopfschmuck  und  eine  Löwin  mit 

30  Sonne  und  Uräus.  Man  hat  in  ihnen  einen 
Schow-Onuris  und  eine  T.  erkannt;  ein  Stück, 
das  ich  im  Handel  sah,  enthielt  als  Bestäti- 
gung die  Aufschrift:  „Schow  und  T.  mögen 
NN  schützen!''  (sait.  Zeit).  Vgl.  Fig.  2. 

3.  In  den  Inschriften  werden  Schow  und  T. 
seit  den  Pyramidentexten  „das  Löwenpaar"  ge- 
nannt. Sie  verbergen  sich  wohl  auch  unter  den 
beiden  Löwen,  die  man  in  mythologischen  Bil- 
dern aller  Art  als  Pendants  sieht.    [Reeder.] 

40  Tegeates  (TfyaarTjs),  einer  der  Söhne  des 
Lykaon  (s.  d.  nr.  3),  somit  Enkel  des  Pelasgos, 
Gründer  von  Tegea  in  Arkadien,  Gemahl  der 
Atlastochter  Maira  (s.  d.  nr.  3),  mit  welcher  zu- 
sammen er  auf  dem  Marktplatz  zu  Tegea  sein 
Denkmal  hatte,  und  durch  diese  Vater  von 
Skephros  und  Leimen  (s.  d.),  Baus.  8,  3,  4  (zitiert 
bei  Steph.  Byz.  s.  Tsyia  p.  609  f.,  22  f.  Meineke). 
45,1.  48,6.  53,  2tf.  Nach  arkadisch-tegeatischer 
Sage    waren   gleichfalls    des    Tegeates    Söhne 

50  Kydon  (s.  d.),  Archedios(?)  und  Gortys  (s.  d.), 
die  nach  Kreta  ausgewandert  seien  und  dort 
die  Städte  Kydonia  Gortyn  und  Katreus  ge- 
gründet haben,  wogegen  die  Kreter  den  Kydon 
als  Sohn  der  Minostochter  Akakallis  (s.  d.  nr.  2) 
und  des  Hermes,  den  Katreus  (s.  d.)  als  Sohn 
des  Minos,  den  Gortys  als  den  des  Rhada- 
manthys  kannten,  Paus.  8,  53,  4.  Vgl.  F.  G. 
Welcker,  Kl.  Sehr.  1,  18  f.  Georg  J.  Schwedler, 
De  rebus  Tegeaticis,  Leipz.  Stud.  9  (1887),  266. 

60  Walter  Immerwahr,  Kulte  und  Mythen  Arka- 
diens 1,  62.  132.  138.  155.  219.  223.  Preller- 
Bobert,  Griech.  Myth.  1,  464  (871).  Gruppe, 
Gr.  M.  195,  11.  734,  1.  947  A.  Hitzig-Blümner, 
Paus.  3,  299  f.     [Otto  Waser.] 

Tegestros  {TiyeGTgog) ,  Eponymos  von  Te- 
gestra,  Steph.  Byz.  s.  v.  Tsysargoc  und  dazu 
Meineke.  Bei  Kust.  ad  Dionys.  Per.  382  heißt 
er  TigyBCtQOS.     [Höfer.] 


177                       Tegyraios  Teiresias  (Geschlecht)              178 

Tegyraios  {Teyvgcctos),  Beiname  des  Apollon  wdogerm.  Sprachen  8  (1879),  808.     Bei   Const. 

von  der  boiotischen  Ortschaft  Tegyra,   in  der  Manassc.  CJfiron.  6988  steht  xBi%ißinXrixtr\g  (von 

sich  ein  Tempel  mit  einem  Orakel  befand.    Die  nXr\a6oi).     [Höfer.] 

Bewohner  von  Tegyra  behaupteten,  der  Gott  Teichopnylax  {TeixoqivXoc^ ,  ein  in  Myrina 

sei  in  ihrer  Stadt  geboren,  und  nannten  daher  verehrter  Heros,   zu  dem  die  Soldaten,   denen 

den  nahen  Berg  JfjXogy  zwei  hinter  dem  Tem-  die    Bewachung    der    Stadtmauern    anvertraut 

pel  entspringende  Quellen  ^otvi^  und  'EXcäa,  war,  beteten,  Jlesych.  s.  v.  Teixocpvloc^.   Vsener, 

Flut.  Felop.  IG   (vf?l.  de  def.  orac.  6  p.  412  B).  Götternamen  2G3.  Vgl.  auch  d.  A.  Nyktophylax. 

Steph.  Byz.  s.  v.  TeyvQu  (wo  das  Epitheton  Ts-  [Höfer.] 
yvQr]iog  lautet,  das  nacli  Schneider,  Callimach.  2  lo      Teiinaios  {Tsmcctog),  Beiname  des  Zeus  auf 

p.  768  vielleicht  aus  den  Ahicc  des  KaUimachos  einer  Inschrift  aus  Menne  (Maionia):  Jul  Tsl- 

stammt),     Semos  von   Velos   (F.  H.  G.  4t,  495  |i.atcü(i),   Hirschfeld,  Sitzungsher.   d.  K.  Preuß. 

frgm.  14)  und  Kallisthenes  bei  Steph.  Byz.  a.  a.  0. ;  Akad.  d.  Wiss.  18^8,  864.  —  Buresch,  Aus  Lydien 

vgl.    auch   Findar  im    Schol.  Aesch.   Eum.  11  73   nr.  35   (vgl.  74)   gibt   die   Möglichkeit   der 

{frgm.  286  Bergk*),  wo  0.  Müller,  Orchomenos  Lesung  Tsuialto  zu,   möchte   aber  lieber  Tsq- 

147  statt  i*x  Taraypag:  iy.  TsyvQccg  liest.    II.  N.  ^Laiot  lesen  und  in   diesem  Beinamen  ein  Eth- 

Ulrichs,  Beiscn  u.  Forsch,  in  Griechenland  ld6i.  nikon  sehen,   abgeleitet  von  einem  Ortsnamen 

Bursian,  Geogr.  v.  Griechenland  1,  211.    Usener,  Tigucc^  lig^ri  (vgl.  den  karischen  Stadtnamen 

Sintflutsagen  90.     [Höfer.]  T^q^eqcc).     Le  Bas  3,  G69  hat  irrig  Jial   Ti- 

Tegyrios  {TsyvQiog),  König  der  Thraker,  der  20  jüaico.     [Höfer.] 

den  mit  seinem  Sohne  Ismaros  .  flüchtigen  Eu-  l^eios  {Tsios).   Auf  Münzen  von  Tion  in  Bi- 

molpos  (s.  d.)  aufnahm  und  dem  Ismaros  seine  thynien  erscheint  das  Haupt  des  Oikisten  und 

Tochter  vermählte.     Als   er  aber  wahrnehmen  Eponymen  mit  der  Legende  T6I0C,  Head,  Hist. 

mußte,  daß  Eumolpos  ihm  Nachstellungen  be-  num.^  518.    Nach  Herennius  Fhilo  bei  Steph. 

reitete,  zwingt  er  diesen  zur  Flucht.    Eumolpos  Byz.  s.  v.  T/o?  war  Tios,  der  Eponymos  von 

flieht  nach  Eleusis,  von  wo  ihn  Tegyrios  nach  Tion,  ein  Seher  aus  Milet.     [Höfer.] 

dem  Tode  des  Ismaros  zurückruft,  übernimmt  Teiresias   {TsLQSiclag),    berühmter   thebani- 

(ob  Tegyrios  gestorben  ist  oder  freiwillig  auf  scher  Seher,  daher  6  ^dvrig  T.  {Faus.  10,  28,  8. 

die  Herrschaft  verzichtet,  wird  nicht  gesagt)  Zenoh.  1,  30),    Sohn  des   Eueres  aus  dem  Ge- 
die  Herrschaft  und  kommt  den  Eleusiniern  in  30  schlechte  des  Sparten  und  Autochthonen  üdaios 

ihrem  Kampfe  gegen   die  Athener  mit  einem  {ApoUod.Z^  4,  1,  3,  6,  7;  3,  4  nachFherekyd.fr. 

Heere  von  Thrakern  zu  Hilfe,  Apollod.  3,  202  f.  50.    Sturz  fr.  Fherekyd.  16.   Uygin  f.  68),  heißt 

(3,  15,  4,  2  ff.).     Tegyrios  hat  mit  den  histori-  deswegen    Euereides    {Kallim.    Lavacr.    Fall. 

sehen  Thrakern  nichts  zu  tun,  sondern  gehört  v.  81ff.  =  h.  5,  81  ff.),  iidvxigEvriQsiSrig  (Theokr. 

den  in  vorgeschichtlicher  Zeit  in  Mittelgriechen-  Idyll.  24, 70),  und  der  Nymphe Chariklo  {Apollod. 

land  eingewanderten  thrakischen  Stämmen  an:  3,  6,  7.    Kallim.  a.  a.  0.  57 ff.   Spanheim,  Anm. 

er  ist  der  Eponymos  der  westböotischen  Stadt  z.  Kallim.  Lavacr.  Fall.  81  und  82.    Sturz  ad 

Tegyra  (vgl.  Tegyraios),  Bernh.  Giseke ,  Thra-  Fherekyd.  fr.  16,    Eygin  f.  Ib),  oder  Sohn  des 

kisch-pelasgische  Stämme  der  Balkanhalbinsel  50.  Eumares,  wofür  wohl  sicherlich  Eueres  herzu- 
Hiller  v.  Gaertringen,  Be  Graecorum  fabulis  ad  40  stellen    ist    {Fhleg.    Trall.   de  mirahil.  4    nach 

Thraces  pertinenttbus  30.    Toepffer,  Att.  Genea-  Hesiod,   Dikaiarch   u.    Klitarch)^    endlich    des 

logie  4:2.  Em.Ermatinger,  Die  att.  Autochthonen-  Vhorh&s  {Ftolem.  Heph.  1.  Script,  hist.  poet.  Gr. 

sage  bis  auf  Euripides  84  Anm.  35.    Busolt,  Gr.  ed.  Westermann  ip.lSS),Y Sitei derManto {Apollod. 

Gesch.  2-,  78f.  Anm.  1;  vgl.  auch  3Iax.  Meyer,  3,  7,  4;  7,  7.    Strab.  14,  17  p.  642.  9,  22  p.  443. 

Hermes  27(1892),  498.  v.Wilamotvitz,  Euripides  Faus.  7,  3,  1.  2,  10,  3.  9,  33,  2.    Hygin.  f  68. 

Herakles  9'\  19  (vgl.   Homer.   Untersuch.  212).  Schol.  Apoll.  Bh.  1,  308.  Schol.  Eur.  Fhoin.  84:1. 

Crusius,  Fhilol.  63  Ergänzungsheft  74.    [Höfer.]  Ov.  Met.  6,  157 ff.   Verg.  Aen.  10,  200.   Fompon. 

Teichesipletes  {TsixBGinXriTrig),  Epitheton  des  Mel.  1.   Nikandr.  ther.  958.  Suidas  s.  v.  ZißvXXu 

Ares,  Hom.  II.  b,  31.  455.    Lucillius  in  Anth.  vgl.  Gruppe:  Gr.  Mytli.  517),  der  Daphne,  wie 
Fal.  11,  191,  1.   Orph.  Hymn.  65,  2.   Anonym.  50  Manto  als  Apollinische  Jungfrau  heißt  {JDiod. 

Laurent,  in  Anecd.  var.  Gr.  et  lat.  ed.  Schoell.  4,  66.   Da  diese  Stelle  mit  Apollod.  3,  7,  4  mit 

Studemund  1,  268,  4,  11.    Niketas  ebenda  275,  Ausnahme   der  Namen    übereinstimmt,    nennt 

2.  283,  11.   Von  Hesych.  s.  v.  tsLxsGiJiXfjxa  wird  Bethe,  Gen.  Gott.  öO^  Daphne  eine  willkürliche 

das   Epitheton   durch   TCQOönsXd^mv  xblxsgl   er-  Änderung  für  Manto;  vgl.  Gruppe  8Q^\  539jq. 

klärt;  unmittelbar  voraus  geht  bei  Hesych.  die  Müller,  Hör.  1,  336)  und  der  Historis  {Faus. 

Glosse    xsixsGißXiixcc'  xsixr}  TiccxaßccXmv ,   woraus  9,  11,  3.    Fanofka,  Archaeol.  Ztg.  (1845)  3,  58. 

man    auf    eine    Variante    xsixsGißX'i]xrig    neben  Tr.  Gr.  Fr.^  ed.  Nauck  380.  Gruppe  457^)  oder 

x£ix86i7tX'^x7]g    schließen    kann;    vgl.    Eust.    ad  Galinthias   {Schwenck,   Allgem.  Schulztg.   1828, 

Hom.  II.  518,  39:  x6  xsixBGißXfjxcc  xiveg  dicc  xov  772 ff.    Gruppe  457^;   8859).    Indessen  ist  nir- 
ß  ygdcpovGLv.  d^icpoxsQcov  öh  iiioc  ^vvolcx.  bgxi  yccg  60  gends  überliefert,  mit  welcher  Frau  T.  die  Ehe 

x8ixEGL7tXT^xr}g  fisv   TtoXioQxrixijg.,    6    xotg   xsIxbcl  eingegangen  ist.    Deshalb  und  noch  aus  ande- 

nXriGid^cov  int  noQ&rißSi.  xsix^öißXrjxTtg  Sh  6  xcc-  ren  Gründen  ist  vielfach  vermutet  worden,  daß 

xccßdXXcov  xd  xüxri.  Das  Epitheton  xsix^6i7tXi]xrig,  T.  nicht  eine  bestimmte  Persönlichkeit  bedeu- 

abzuleiten  von  nsXd^co  =  TtiXva^ai,  mXvdca,  lat.  tet  habe,  sondern  man  sich  unter  dem  Namen 

pello  bedeutet 'mauererschütternd',  ÖMstilfei/er,  T.  den  Weissager  schlechthin  vorgestellt  habe, 

G.  Curtius,  Studien  zur  griech.  und  lat.  Gramm.  dessen  Tochter  eben  seine  Kunst  gewesen  sei 

5,  111.     Sigismund   ebenda  5,  201  nr.  20.     F.  {Lac.  Schell,  De  Tiresia  Graecorum  vate  [Arch. 

Fröhde,  Bezzenbergers  Beiträge  zur  Kunde  der  f.  Fhilol.  u.  Faedag.  17,  99]).   Durch  seine  Toch- 


179        Teiresias  (Name,  Geburtsort)  Teiresias  (Leben)  180 

ter  Manto,  die  den  Rhakios  heiratet  (Paus.  7,  (x492;  666.  190;  165.  i/j323).  Indessen  genügen 
8,  2.  9,  33,  2)  ist  er  der  Großvater  des  Mopsos  diese  Angaben  Schell  (a.  a.  0.  S.  93)  nicht,  und 
{Paus.  7,  3,  2.  Strab.  14,  27  p.  642)  geworden,  er  folgert  aus  Soph.  Oid.  Tyr.  317  und  Äpoihd. 
der  den  Kalchas  in  Klaros  im  Weissagen  über-  8,  6,  7  «ine  andere  Heimat  und  eine  Ein- 
trifft {Duticker,  Gesch.  d.  Altert.  6,  201),  des  Wanderung  des  T.  nach  Theben.  Besonders 
Amphilochos  und  der  Tisiphone  von  Alkmaion  nimmt  er  an  den  Worten  Apollodors:  tjv  ih 
{ApoUod.  8,  7,  7)  nach  Euripides  (Tr.  Gr.  Fr.*  naget  Srißalois  Anstoß.  Diese  sind  aber  nur 
p.  880;  vgl.  Art.  Mopsos  und  Manto  Bd.  2,  ein  anderer  und  treflFenderer  Ausdruck  statt 
Sp.  2828).  iv  (■^i^ßocig.  Auch  daß  er  6  Bokotios  (Luc.  necyom. 

Der  Name  des  T.  bat  eine  Reihe  von  Ab-  lo  6.    Schol.  Lycophr.  683)  heißt,  hat  nichts  ße- 

leitungen  erfahren,  ein  Zeichen,  daß  man  schon  denkliches,  denn  ganz  ßöotien  nahm  natürlich 

im  Altertum  über  seine  Bedeutung  nicht  ganz  den   Ruhm  des  T.  für  sich  in  Anspruch.    Es 

einig    gewesen    ist.     Jedenfalls    bedeutet    er  wird  auch  niemand  behaupten  wollen,  daß  er 

Wunderdeuter  (Gruppe  a.  a.  ü.  78),  mag  man  nach  Phleg.  Trall.  {de  mirabil.  4:  iv  kQ-Kccdia 

ihn  nun  von  rstgos  {thqsu,  d.h.  himmlische  Zei-  äviga  övra)  ein  Arkader  gewesen  sei;  nur  ein 

chen),  von  rigag  {Hgara  d.  h.  Vorzeichen)  ab-  Ereignis  seines  Lebens  ist  nach  der  einen  Version 

leiten,  verwandt  mit  <J:-ör7}p,<i-<Trßajr-Tro)(£'ttstotÄ.  nach  Arkadien  verlegt  worden,  was  sich  leicht 

Schol.   X  494,  p.  1666,  v.  40:    ncegce    rö  sügsiv  daraus  erklärt,  daß  die  südlich  vom  Kopaissee 

irv^oXoYttvai^  rj  nagä  rä  xalgsa^  S  ioriv  &atga.  gelegenen  böotischen  Heiligtümer  auf  die  des 

Ebeling.  Lex.  Homeric.    TsigBairig  .  .  .  forma-  20  nordöstlichen  Arkadiens  starken  Einfluß  ausge- 

tum  videtur  a  Tsigeet  pro  Tsigiccg,  id  est  rsga-  übt  haben  {Gruppe  a.  a.  0.  199^).    Finden  wir 

tooHonog.    Doederlein  Gloss.  1026    Kuhn,  Z.  4,  doch  T.  sowohl  in  Böotien  als  auch  in  Arka- 

114.  Ihinteer  ad  x  492.  Curtius,  Etymol.^  S.  206.  dien  neben  Athena  verehrt  {Paus.  8,  14,  4—6. 

Fick,  Griech.  Personennam.  S.  206;  628.   Lehrs,  Gruppe  199  A.  6). 

^m^*,  p.  469.  JFVc7?er-P/cM;*  2,  478  A.  1.  Nagels-  Ueber    seine  Lebensdauer   stimmen    die 

bach,  Homer.  Theol.  liQ;  Nachhoiner.  Theol.lß9)  Zeugnisse   nicht   überein,     Kallimachos   {h.  5, 

oder  mit  tslgto  oder  Trigim  in  Beziehung  setzen  125)  läßt  ihn  unter  Kadmos    seine   Tätigkeit 

{Etym.  M.  756, 1 1 :  Ttagcc  x6  xsiosed'ai.  Schwende,  beginnen,   was  für  den   Enkel   eines    Sparten 

Die  Homer.  Hymn.  v.  244  S.  244.   Schell  a.  a.  0.  nicht   unmöglich    erscheint.    Er   wirkte    dann 

96.  Bouche-Leclercqy  Histoire  de  la  divination  2,  30  unter  den  Labdakiden  {Kallim.  v.  126)  bis  zur 

29  A.  4).     Seit  Homer  gilt  er  für  den  \idvtig  Eroberung  Thebens  durch  die  Epigonen  (^2?oZZod. 

xccx  iioxriv,  und  man  kann  nicht  etwa  aus  dem  3,  7.  3.  Athen.  2,  41  e.  Strab.  9,  30  p.  413.  Paus. 

Umstände,  daß  der  Name  des  Sehers  so  ganz  7,  3,  1.  9,  33,  1).    Die  meisten  Gewährsmänner 

seiner  Tätigkeit  angepaßt  ist,  auf  eine  Personi-  lassen  ihn  7  Menschenalter  leben  {Hes.  Fr.  (ed. 

fikation  des  Sehertums    schließen;    dafür  hat  GoettUng)  112.  Phleg.  Trall.  a.  a.  0.   Hygin.  f. 

sein  Wesen  viel  zu  viel  ürsprünglichkeit.  Dann  76.    Schol.  Lycophr.  682.    vgl.  Barth,  Anm.  z. 

könnte  auch  der  Name  seiner  Tochter  Manto  Stat.  Theb.  2,  95),  einige  schreiben  ihm  7  oder 

{Mavxco,  vgl.  dazu  fiavrts,  (iccvxsvoiiat.)   unser  9  zu  {Tzetz.  Schal.  Lycophr.  682 f.);  n^kch.  Agath- 

Mißtrauen  erwe«ken  wie  seines  Enkels  Mopsos,  arch.  {mar.  Erythr.  8)  hat  er  mehr  als  5  Men- 

der  nach  Passow  {Handivörterb.  d.  Griech.  Spr.  40  schenalter  von  den  Göttern  erhalten;  ein  langes 

2.  lit.  M)  mit  dem  Stamme  6tc-  zusammenhängt  Leben  im  allgemeinen  erwähnen  ApoUod.  (s.  o), 

(vgl.  Fidfc,  (rr.  Perso?i€nn.*  404;  401)  oder  semi-  Kallim.  v.  128.    Luc.  macr.  3.    Theokr.  Id.  24, 

tischen  Ursprungs  sein  soll  und  Zeichen,  Wun-  101.  Stat.  Theb.  2,  95.  Lucil.ed.  Marx  v.  1108, 

der  bedeutet  {Preller-Pleio^  a.  a.  0.  481.  Lewy,  S.  75,  bei   dem  er  sprichwörtlich    grandaevus 

Sem.  Fremdw.  237.    Schulze,  Zs.  f.  vgl.  Sprf.  23  T.  und   senex  v.  226,   S.   17   heißt.    Vielleicht 

(1895),  372),  fferner  seines  Vaters  Eueres,  dessen  liegen    dieser   verschiedenartigen  Angabe    der 

Name  von  igen,  T]gcc  gebildet  zu  sein  scheint  ungewöhnlichen  Lebensdauer  des  T.  zwei  ver- 

und  schließlich  seiner  Mutter  Chariklo,  die  %dgig  schiedene   Berechnungen  der  mythischen  Zeit 

und  xXiog  vereinigt  {Schell  a.a.O.  99).    So  viel  der  Kadmeerkönige  zugrunde,    ü'nd  zwar  sind 

läßt  sich  aus  diesen  Namen  nur  folgern,  daß  50  vor  allem  die  beiden  heiligen  Zahlen,  Sieben 

wir   eine    eingesessene    Seherfamilie   wie    die  und  Neun,   dabei  bemerkenswert.    Es  berech- 

Melampodiden  vor  uns  haben.    Der  Gen.  von  net  danach  K.  0.  Müller  {Orch.  223 f.;  247)  die 

TugBclag  lautet    Teigseiov,    der  Voc.   Taigsaicc  ysvhai  der  Könige    von   Kadmos   bis   Eteokles 

{Nonn.  5,-337.  45,  70.    Eur.  Bacch.  186.    Soph.  einmal  mit  der  Siebenzahl  =  235,  das  andere 

Ant.  991;  1045.  Oid.  Tyr.  300.  Luc.  dial.  moti.  Mal  mit  der  Neunzahl  =  291  (vgl.  Spanheim  z. 

28),  der  Nomin.  ion.  Tsigsöirig  {Luc.  astrol.  11,  Kallim.  123).    Vgl.  auch  Immisch,  Klaros  169  f. 

24\  der  Gen.  ep.  Tsigsöiao  {Nonn.  7,  161;  250.  u.  Röscher,  Die  7-  u.  9-Zahl  im  Kult.  u.  Myth. 

Eom.  X  492;  537;  565.  X  50;  89;  90;  151;  165;  d.  Griechen  S.  7  f.    Ennead.  Studien  S.  7  u.  26. 

479.    und   267.  i/)  251;   323.    Pind.  Istm.  6,  8.  Daß  diese   außergewöhnliche  Ausdehnung  des 

Kallim.  h.  5,  59),  der  Dat.  Tsigsairj  {Hom.  x  524.  60  Lebens  eine  besondere  Bedeutung  der  Persön- 

X  32),  der  Voc.  ion.  Tsigsöiri  {HÖm.  X  139),  die  lichkeit  des  T.  andeuten  soll,  werden  wir  unten 

lat.  Namensform  lautet  Tiresias  (Hygin.  f.  68;  nachzuweisen  versuchen. 

75.  Horat.sat.2y  5,  1.  Cic.  Tusc.b.Sd.  de  divin.  Seine  Lebensgeschichte  wurde  seit  Hesiod 

1,  40.  2,  3.    Ov.  Met.  3,  323;  329.  6,  157).  und  Phereky des  mit  einer  Reihe  wunderbarer 

Der  Geburtsort  des  T.  wird  ausdrücklich  Züge  ausgestattet.    Eine  der  bekanntesten  Sa- 

nirgends  erwähnt;  doch  muß  wohl  Theben  für  gen,  die  nach  Apollodor  &uf  Hesiod  {fr.  190  Rz.) 

seine  Heimat   gegolten   haben;    denn  Homer,  zurückgeht  {Apollodor.  3,  6,  7)  handelt  von  der 

der  älteste  Zeuge,  nennt  ihn  immer  6  Grißalog  Veränderung  seines Ge8chlechts(.Bot*c/je- 


181      Teiresias  (Leben:  Mann,  Weib)  Teiresias  (Leben:  Mann,  Weib)       182 

Ledercq  2,  81).  Auf  dem  Berge  Kithairon  {Schol  gegen  er^bt  sich  aus  Aelian  (de  nat.  an.  1,  25), 

How.  x494.  Eustath.  Schol.  Hom. -K  i9A^  Tß.  1GC)6,  daß  von  T.  behauptet  worden  sei,  er  habe  nur 

V.  41—42.    Schol.  Lycophr.  G88.     Tzetz.   Schol.  einmal  sein  Geschlecht  verändert.     Sollte  sich 

Lycophr.  (582 — 83)  oder  K'yllene,  in  welcher  An-  dies  nicht  als  Reaktion  gegen  die  übermilßige 

gäbe    der    arkadische   Lokalpatriotismus    sich  Fabelei  erklären?  Diese  wunderbar  lange  Reihe 

kundtut,  der  die  ursprünglich  böotischen  Sagen  von  Verwandlungen  bei  Sostratos  beginnt  mit 

(vgl.    Gruppe    l'.)9)    in    Arkadien    lokalisierte  der  merk  würdigen  Angabe,   daß  T.  Ursprung- 

{Apollod.  3,  6,  7.    Phlcg.  Trall.  a.  a.  0.    Hygin  lieh  ein  Mädchen  gewesen  sei.    Offenbar  liegt 

/.  76,  wo  irrtümlich  in  monte  Cyttenio  steht),  der  ganzen  Sage  die  Anschauung  zugrunde,  daß 
oder  {Antonin.  Liber.  17)   an   einem  Dreiwege  lo  den  Sehern  die  Geheimnisse  der  menschlichen 

sah  T.  sich  paarende  Schlangen  und  erschlug  Natur  und   ihres  Organismus  nicht  verborgen 

davon   die  eine.     Augenblicklich  wurde  er  in  waren,  und  bei  T.  ist  in  naiver  Weise  die  Erfah- 

ein  Weib  verwandelt.    Ohne  Angabe  des  Ortes  rung  auf  diesem  Gebiete  davon  hergeleitet,  daß 

finden  wir  dieses  Ereignis  erzählt  Paus. ,9,  33,  er  selbst  die  Geschlechtsverwandlung  über  sich 

2.   Fulgent.  mythol.  2,  8.    Ov.  Met.  3,  326.  Auson.  ergehen  lassen  fnußte  (vgl.  Schell  S.  96).    Die 

epigr.  69,  10.    Script,  hist.  poetic.  Gr.  ed.  Wester-  Vorstellung,  daß  den  Sehern  ein  besonderer, 

rnann  p.  314,  VII.    Nach  einiger  Zeit  ging  T.,  den    anderen    Menschen    abgehender   Feinsinn 

nunmehr  als  Weib,   an  die  gleiche  Stelle  und  innewohne,  wird  bei  Melampus,  Kassandra  und 

sah  wieder  zwei  Schlangen  sich  begatten.  Wie  Helenes  daraus   erklärt,   daß  Schlangen  ihnen 

nun  T.  den  Stab  erhob  und  eines  der  Tiere  er-  20  die  Ohren  reinigten,   worauf  sie   die  Sprache 

schlug,   verwandelte   sich  Teiresias   wiederum  der    Vögel    und    alle    Naturlaute    verstanden 

in    seine    ursprüngliche    Gestalt   zurück   {Les-  {Porphyr,  de  abst.  3,  3;   vgl.  Böttiger,  Raub  d. 

sing,  Fabeln  28).   Und  zwar  hing  die  Verwand-  Kassandra  29.  Eckermann,  Melampus  5.  Klau- 

lung  in  die  Frau  damit  zusammen,  daß  er  die  sen,  A.  L.  Z.  1833,  Sept.  12  ff.  Nitzsch  z.  Odyss. 

weibliche  Schlange  erlegt  hatte;  sein  Ursprung-  3,   79.    Preller-Plew^  2,   480.    K.F.Hermann, 

liches  Geschlecht  erlangte  er  dann  wieder,  als  Lehrb.  d.  gottesdienstl.  Altert,  d.  Gr.  §  37,  12). 

er  die  männliche  getroffen  hatte  {Tzetz.  Schol.  Eine  große  Ähnlichkeit  zeigt  seine  Verwand- 

Lycophr.   683.     Schol.   Hom.   x  494.     Eustath.  lung  mit  der  des  Kaineus,  der  zuerst  ein  Mäd- 

Scltol.  X  494,  p.  1666,  41 — 42).    Nach  der  ge-  chen    mit    Namen    Kainis    gewesen    sein    soll 

wohnlichen    Anschauung   hatte    er   in    beiden  30  {Nikander  bei  Meineke,  H.  crit.  com.  345.    An- 

Fällen  die  Schlange  getötet,  nach  Apollod.  3,  tonin.  Lib.  17.    Auson.  epigr.  69,  10 f.    Gruppe 

•6,  7  hingegen  sie  nur  verwundet  (HGiodo?  Se  114  A.  4;  1139  A.  1;  1242  A.  1.   Bohde,  Psyche^ 

(priaiv    ort    d'saodasvog    Ttsgl    KvXXr]vr]v    öcpsig  116  A.  1). 

üvvovaiä^ovTvs  y-cd   tovrovs  rgatGccg  iysvsro  i^  Es  bildet  dieses   eigenartige  Erlebnis   des 

av^Qog  yvvri,  Tcähv  dh  rovg  ccv  tovg  btpsig  na.-  T.  nun  die  Veranlassung,   daß   er  zur  Lösung 

^uxriQ-riGag  aorovalcc^ovrag  iy^vsto  Scv^q).   Nach  einer  äußerst  heiklen  Streitfrage  berufen  wurde. 

Phleg.  Trall.  a.  a.  0.  ist  es  ihm  von  Apollon  an  Zeus  und  Hera  stritten  sich  nämlich  über 

die    Hand  gegeben  worden,  bei  der  nächsten  die    Stärke    des    männlichen    und    weiblichen 

Begegnung  die  Schlange  zu  töten,  für  den  Fall,  Liebesgenusses  und  bestellten  ihn,    der    doch 

daß  er  sein  männliches  Geschlecht  wiederer-  40  genau  Bescheid  wissen  mußte  {Phleg.  Trall.  a. 

langen  wolle;  nach  Hygin  f.  75   ist  ihm  vom  a.  0.  Oy.  3fei.  3,  323.  ^y^«;!/".  75),  zum  Schieds- 

.'Schicksal  der  Auftrag  dazu  geworden;    nach  richter  {Apollod.  3,  6,  7.    Hygin  f.  75.    Phleg. 

•den    übrigen    Quellen    sind    beide    Ereignisse  a.  a.  0.     Lact.  Plac.  Narr.  Fab.  4.    Eustath. 

■etwas  rein  Zufälliges  {Luc.  astrol.  11);  der  Zeit-  Schol.  Hom.  x  494  p.  1666,  v.  43 — 44.    Schol. 

räum   dazwischen  wird   von  Ov.  Met.  3,   326  f.  Hom.  x  494.    Schol.  LA/cophr.  683.    Tzetz.  Schol. 

auf  7  Jahre  angegeben,  während  sonst  nirgends  Lycophr.  682 — 83.    Fulgent.  mythol.  2,  8.    Ov. 

über  diesen  Punkt  etwas  erwähnt  wird.    End-  Met.  3,  320  ft\).  Er  löste  die  Frage  in  der  Weise, 

lieh  ohne   alle   näheren  Umstände  sind   diese  daß  er  dem  Zeus  recht  gab  und  Hera  sich  in 

Verwandlungen    von    Just.   Martyr.   quaest.   et  ihremGeschlechtebeleidigt  fühlte.  Sein  Schieds- 

respons.  ad  orthodox,  erzählt.  Über  das  Lebens-  50  spruch  lautete  nach  der  Melampodie  {Hes.  Fr. 

alter,  in  dem  T.  diese  Verwandlungen  durch-  [ed.    GoettUng]    112  =  fr.  190  Bz.    und    dazu 

gemacht  hat,  verlautet  nichts  Bestimmtes.    Bei  Immisch,  Bh.  Mus.  46  p.  613  f.): 

Ptolem.  Heph.  183  ed.  West,  findet  sich  die  Be-  „        y         -        xj^              -       '  ^.        ^    ' 

merkung,    daß    T.   sogar    siebenmal    sein    Ge-  '''r .^^  ^?'r\  ^^^  ^''^^''  '^    T    '   '^^' 

schlecht  verändert  habe.    Diese  Angabe  scheint  ^"^  ^^^^  '^    ^tiTt.^inXrjac  yvvri  regnovaa  vo^iicc. 

der  Zeit  des  späteren  Fabulierens  zu  entstam-  -Nach  Fulgent.  a.  a.  0.  wies  er  dem  Manne  tres 

men,    in  welcher    auch    das    Ttoirwia  i7.syLav.bv  uncias  amoris,  der  Frau  novem  uncias  zu,  nach 

TsiQSüiag  des  Sostratos  entstand,  nach  welchem  Eustath.  Schol.  Hom.  x  494,  p.  1665,  v.  43 — 44 

T.  ebenfalls  siebenmal  Verwandlungen  erlebte  lautete    sein  Urteil:    svdsyia    ^oigamv  .  .  .  rag 

(hih.'aliheiEustath.Schol.Hom.v.'p.l6Qo,\.4:lS.;  60  ivvsa  iintinlriGi  yvvri.    Diese   Frage,   die   dem 

Wagner  im  Hermes  27  S.  lo2  ff.  und  Immisch  T.   zur  Lösung  aufgegeben  worden  war,  war 

a.a.O.  170,  2).    '^a.ch.  Preller- Plew  {Gr.  3Iyth.^  eine  nur  allzu  natürliche;  und  es  konnte  sie 

2,  479  A.  2)  geht  diese  Mjthopoiie  auf  Ptolem.  nur  ein  berühmter  Weiser  lösen,  dessen  Kennt- 

Heph.  zurück  (vgl.  Hercher,  N.  Jhb.  Suppl.  1,  nis  über  das  Wissen  gewöhnlicher  Sterblicher 

286  f.).  Es  muß  diese  siebenmalige  Verwandlung  weit  hinausging.     Da   es   zudem   aber  unmög- 

wohl  als  Spielerei  der  späteren  Zeit  aufgefaßt  lieh  erschien,  daß  selbst  der  Weiseste  sie  ohne 

werden,  sie  wird  sich  aus  den  7  Menschenaltern,  Verwandlung  richtig  beantworten  konnte,  so 

die  ihm  verliehen  waren,  erklären  lassen.    Da-  ward  ihm  die  Verwandlung  zugeschrieben  (vgl. 


183              Teiresias  (Blindheit)  Teiresias  (und  Athena)             184 

Schwenck  a.  a.  0.  S.  847).  Hera  jedoch,  durch  yerstehen  konnte,  verlieh  ihm  die  Sehergabe 
diese  Entscheidung  beleidigt,  bestrafte  ihn  mit  und  ein  langes  Leben  und  schenkte  ihm  zur 
Blindheit  {Äpollod.  3,  6,  7.  Phleg.  a.  a.  0.  Erleichterung  der  Blindheit  einen  Stab,  an 
Schol.  Eom.  X  494.  Eustath.  Schol  x  494  p.  1666,  dem  er  wie  ein  Sehender  geben  konnte  (ApoIlod. 
V.  43—44.  TzeU,  Schol  Lycophr.  682—83.  Just.  8,  6,  7.  Kallim.  lavncr.  Fall.  =  h.  5,  85 if.  Span- 
Martyr,  a.  a.  0.  Fulgent.  a.  a.  ü.  Hygin  f.  76.  heim  zu  Kallim.v.Sl—B2;  121 ;  123;  127.  Äelian. 
Ov.  Met.  8,  337  f.  Suidas  8.  v.  xvcpXos-  ivvovg.),  de  nat.  anini.  2,  3.  Propert.  4,  9,  57;  vgl.  Phere- 
Zeus  aber  verlieh  ihm  die  Sehergabe  {Ov.  Met.  kyd.  ed.  Sturz  fr.  16  p.  202).  Als  besondere 
8,  338.  Justin.  Martyr.  a.  a.  0.  Fulgent.  a.  a.  0.  Vergünstigung  ist  noch  hinzugefügt  worden, 
Luc.  dial.mort.  28;  astrol  12;  salt.  57)  und  ein  lo  daß  er  nach  dem  Tode  in  der  Unterwelt  das 
langes  Leben  {Apollod.  3,  6,  7.  Tzett.  Schol.  Bewußtsein  behalten  und  bei  Hades  in  Ehren 
Lycophr.  682—83)  oder  ein  Leben  von  7  (od.  9)  stehen  sollte  {Kallim.  129  f.).  Der  Stab,  den  er 
Menschenaltem  {Phleg.  a.  a.  0.  Hyain  f.  76)  von  Athena  erhielt,  heißt  bei  Kallim.  127: 
und  begünstigte  ihn  weiter  dadurch,  daß  er  ßdxrQov.  Es  war  natürlich  kein  gewöhnlicher 
nach  dem  Tode  auch  im  Hades  den  Verstand  Stab,  wie  man  nach  diesem  Ausdruck  annehmen 
behielt  {Tzetz.  a.a.O.).  Von  der  Schiedsrichter-  könnte;  denn  er  besaß  ja  die  besondere  Fähig- 
rolle des  T.  unter  den  Göttern  redet  im  all-  keit,  den  Blinden  zu  führen.  Daher  war  er  viel- 
gemeinen Justin.  Martyr.  a.  a.  0.  mehr  ein  ^dßSos,  der  zu  dem  Totenbeschwörer 

Nach  der  einfacheren,  älteren  Form  der  paßt,  z.  B.  zu  Rhadamanthys  (vgl.  Gruppe  762, 
Sage  verlor  er  sein  Augenlicht  auf  andere  20  A,  1;  896,  A.  3),  und  zu  T.  in  den  jüngeren 
Weise.  Er,  der  Sohn  der  Nymphe  Chariklo,  Sagen.  Diesen  Stab  führte  T.  noch  in  der  Unter- 
verriet den  Menschen  die  Geheimnisse  der  weit,  wo  es  von  ihm  heißt,  daß  ein  jjpvfffov 
Götter,  die  sie  für  sich  behalten  wollten,  und  ax^ntgov  eeineStütze  bildete (Hom.X 21).  Gruppe 
wurde  dafür  in  der  Blüte  des  Lebens  mit  Blind-  896,  A.  3  ist  der  Meinung,  daß  dieser  Stab  die 
heit  geschlagen  {Apollod.  3,  6,  7).  In  dieser  Gabe  zu  verwandeln  besessen  und  T.  dies  ja 
Form  der  Sage  verlautet  nichts  von  der  Ver-  an  sich  selbst  erfahren  habe,  als  er  durch  die 
leihung  der  Sehergabe,  demnach  wohnte  sie  Berührung  der  Schlangen  aus  einem  Manne  ein 
ihm  bereits  wohl  inne;  sie  war  ihm  angeboren  Weib  wurde.  Dagegen  ist  einzuwenden,  daß  T. 
als  dem  Sohne  einer  Nymphe,  und  diese  Be-  zur  Zeit  seiner  Verwandlung  den  Stab  noch 
f^higung  ist  der  natürliche  Ausdruck  der  ge-  so  gar  nicht  besessen,  sondern  ihn  erst  nach 
heimnisvoUen  Macht,  die  die  Nymphen  be-  seiner  Blendung  bekommen  hat.  Denn  die  Zeit 
sitzen  {Pouche- Leclercq  2,  30).  Es  hat  nun  diese  seiner  Begegnung  mit  den  Schlangen  wird  vor 
Blindheit  der  Seher  T.  und  Phineus,  für  dessen  die  seiner  Erblindung  gesetzt.  Es  tritt  uns  in 
Blendung  es  drei  Versionen  gibt,  und  der  Sänger  dieser  Sage  von  Athena  und  dem  jungen  T. 
Thamyris,  Homer,  Demodokos  wahrscheinlich  nach  der  Dichtung  des  Kallimachos  der  uralte 
eine  tiefere  Bedeutung.  Das  körperliche  Ge-  religiöse  Gedanke,  daß  der  sterbliche  Mensch 
sieht  ist  dem  Lichte  des  Geistes  geopfert.  Da  nicht  ohne  die  schlimmsten  Folgen  die  ent- 
in höherem  Alter  das  Auge  stumpf  zu  werden  hüllten  Reize  der  Gottheit  schaut,  in  seiner 
pflegt,  so  konnte  das  Erlöschen  der  Sehkraft,  ursprünglichen  Herbheit  entgegen,  derselbe 
die  Erblindung,  einen  Zustand  des  hohen  Alters,  40  Gedanke  liege  auch  dem  Mythus  von  Aktaion 
nämlich  die  Lebenserfahrung  und  Weisheit,  {Ov.  Met.  3,  138 — 252.  Hygin  f.  181)  zugrunde 
bezeichnen;  denn  die  Ältesten  sind  im  Rate  (vgl.  Gruppe  969,  A.  5.  Ziehen,  Bonner  Stud. 
die  Weisesten,  und  mit  vollem  Rechte  heißen  184  f.).  Obgleich  die  Sage  zuerst  bei  Kallim. 
dieBerater  der  Spartaner Geronten (vgl. iScÄtt'cwcÄ  begegnet,  ist  sie  natürlich  doch  sehr  alt;  denn 
a.  a.  0.  876).  Über  seinen  unglückseligen  Zu-  er  leitet  sie  mit  den  Worten  ein:  ^vd-og  d'  ovx 
stand  äußert  er  niemals  Unmut  {Cic.  Tusc.  5,  iiiog,  &XX'  krigtov,  und  verdankt  sie  wahrschein- 
39,  116),  nur  klagt  er  {Res.  fr.  [ed.  GoetÜing]  lieh  dem  Pherekydes,  wie  Sturz  {Pherekyd.  fr. 
172),  daß  ihm  ähnlich  wie  Kassandra  seine  p.  189)  und  v.  Wilamowitz  {Homer.  Unters.  146) 
Sehergabe  Herzeleid  bringe,  da  er  doch  weiter  nachgewiesen  haben  (vgl.  ^waacÄ:,iZerw.  23, 139). 
menschlich  fühle  und  denke  {Preller -Plew '  50  Nun  steht  T.  in  enger  Beziehung  zum  T i  l  p h 0 s- 
2,  479).  sion  oberhalb  Alalkomenai;  denn  da  lag  sein 

Nach  der  dritten  Version  hat  Athena  ihn  Grab.  An  Alalkomenai  fließt  aber  der  nach  der 
des  Augenlichtes  beraubt,  weil  der  Jüngling  Tritogeneia  heißende  Tritonbach  vorüber,  an 
gegen  seinen  Willen  die  Göttin  völlig  unbe-  dem  Athena  geboren  sein  sollte  (örtt/jpe  77).  Zu- 
kleidet im  Bade  erblickt  hatte  (Apollod.  3,  6,  gründe  liegt  der  Sage  von  der  Blendung  des  T. 
7.  Kallim.  h.  6,  78  ft".).  Athena  nahm  nun  dem  durch  Athena  die  Tatsache,  daß  in  diesem  Bache 
T.  nicht  das  Leben,  wde  es  Artemis  in  einem  ein  festliches  Bad  der  Göttin  stattfand,  ähnlich 
ähnlichen  Falle  mit  Aktaion  tat,  sondern  be-  wie  an  den  Plynterien  zu  Athen  durch  die  Pra- 
rührte  mit  den  Fingern  seine  Augen,  die  sich  xiergiden  {Plut.  Alk.  34.  Mommsen,  Feste  d. 
sodann  für  immer  schlössen  {Apollod.  a.  a.  0.).  60  Stadt  Athen  491  ff.),  oder  wie  es  zu  Ehren  der 
Nach  Kallim.  a.  a.  0.  trat  die  Erblindung  bei  Aphrodite  in  Argos  {Paus.  2,  10,  4)  gefeiert 
einem  solchen  Anblick  ganz  von  selbst  ein  als  worden  ist.  Anläßlich  dieser  Feier  benutzte  man 
Folge  uralter  Gesetze  {Kallim.  h.  5,  99  f.).  Die  wohl  in  alten  Zeiten  jenes  alte  Holzbild  der 
Mutter  Chariklo  aber,  die  der  Athena  lieb  und  Göttin,  das  später  nach  Theben  versetzt  worden 
ihre  ständige  Begleiterin  war,  bat  die  Göttin,  ist  und  dort  nach  Aelian.  de  nat.  an.  12,  57 
ihm  das  Sehvermögen  zurückzugeben.  Da  sie  kurz  vor  der  Zerstörung  der  Stadt  durch  Alex- 
jedoch  das  nicht  vermochte,  so  schärfte  sie  ihm  ander  verbrannte  {Puckert,  Dienst  der  Athene 
das  Gehör,   so  daß  er  die  Stimmen  der  Vögel  S.  64).    Diese   Sitte,  Kultbilder  zu   baden,    ist 


185                   Teiresias  (Tod)  Teiresias  (Tod  u.  Grab)             186 

etwas   Gewöhnliches    und    frühzeitig    auch    in  gäbe,    daß    T.   bei    Haliartos:    iv  zfi    UXiagriu 

Nordeuropa  verbreitet  gewesen.   Auch  der  Ner-  (Paus.  7,  3,  1.  9,  18,  4)  den  Tod  gefunden  habe'; 

thusmytlius  {Tac.  (Herrn.  40)    scheint  in   diesen  denn    die  Quelle    liegt    nur    eine   Stunde  von 

.Zusammenhang  zu  gehören  {Mamihardt,  Wald->  dieser  Stadt  entfernt  (Strah.  9,  27  p.  411.  Bne- 

und  Fcldkulte  1,  680),    und    sogar  die  Christ-  dekcr,    Griechcnl.   169),    also    im    Gebiete    von 

liehe  Kirche  hat  den  Ritus  anscheinend  nach-  Haliartos,  wie  Taus,  ausdrücklich  sagt.    Diese 

geahmt  {Ustner.,  Beligionsgesch.   Unters.  1,  14.  Quelle   strömt  jetzt  noch  am  Fuße  einer  steil 

Gruppe  821   A.  2),    Es  trat  demnach   T.,    der  aufragenden  Felswand,  die  heute  Petra  heißt, 

vielerfahrene  Seher,  der  vu  Tilphossion  verehrt  im  Altertum  den  Namen  th  Tdcpmaöiov  führte; 

wurde,  zur  Athene   Alalkomeneis,    der  Göttin  lo  und  gerade  über  der  Quelle  stand  ein  Tempel 

der  Weisheit,  in  die   Beziehung,    daß   er  von  des  Apollon  TiXcpwcaiog  {Strah.  9,  27  p.  411.  9, 

ihr  geblendet  wurde;   denn   der  Seher  mußte  36  p.  413),   der  in  Heziehung  zu  T.  gestanden 

der  Göttin    der  Weisheit   unterliegen.     Schell  haben   muß.    Ferner  lag    gleich  in  der  Nähe 

S.  97  ist  der  Ansicht,   daß  die  Blendung  auf  nach  Westen  zu  .der  alte  Tempel  der  Athena 

irgendein  Mysterium    zurückzuführen   sei  und  am  Tritonbache  (Strab.  9,  27  p.  411.    Bursian, 

demnach    eine    symbolische    Bedeutung    habe.  Geogr.  v.  Griechenl.  1,  234:).  Der  ^ameTWphusa, 

Durch  nichts  läßt  sich  die  Annahme  Gerhards  soll  die  spätere  Form  für  jdtXcpovccc  sein,  wie 

{Gr.  Myth.  §  267,  Id;  268,  5b)  beweisen,  T.  sei  die  Quelle  in  Delphi  heißt  (A".  0.  Müller,  Orch. 

für  neugieriges  Belauschen  der  Göttin  geblendet  148.     Meister,    Gr.  JJial.  2,    105.     Kretschvier, 

worden;   und  ein  fernerer  Irrtum  Gerhards  ist  20  Griech.  Vaseninschr.  152),  nach   Tümpel  {Phil. 

es,  wenn  er  T.  von  Athena  durch  wechselndes  Jhh.  Suppl.  11,  693;,   Voigt  {Leipz.  St.  4,  306) 

Geschlecht  prüfen  läßt.    Mit  dem  Wechsel  des  und  Dümmler  {Delph.  13)  heißt  sie   TfXqpovffa 

Geschlechts  hat  Athena  gar  nichts  zu  tun,  trotz  wie   die  arkadische  Stadt  und  gehört  etymo- 

der  Bemerkung  Tzetz.  Schol.  Lycophr.  683;  denn  logisch  zu  JsXcpor,  Gruppe  744,  A.  19  schreibt 

hier  liegt  anscheinend   ein  Versehen  vor,  wie  @iX7tov6a,  das  eine  andere  Form  für  JsXcpovaicc 

es  auch  nur  ein  Versehen  sein  kann  {Eustath.  sein  soll  {Androtion  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  JsXcpol). 

Schol.  Hom.  X  494  p.  1665,  v.  45),   daß  T.  die  So  viel  scheint  aus  dem  Namen  hervorzugehen, 

Artemis    unbekleidet    im    Bade   geschaut   und  daß  man  im  Altertum  Beziehungen  zwischen 

dafür  das  Augenlicht  verloren  habe.    Wie  sein  der  Quelle  und  dem  delphischen  Gotte  gefunden 

hohes  Alter  Lucil.  d.  M.  v.  1108;  226)  so  muß  30  hat.    Seine   letzte  Ruhestätte  fand   der  Seher 

auch  seine  Blindheit  sprichwörtlich  geworden  in  unmittelbarer  Nähe  der  Quelle  {Paus.  9,  18, 

sein,    da    bei  luven,  sat.  13,  249   Tiresias   für  4.    9,  33,  1.    Diod.  4,  66),    wo    ihm    auch    ein 

caecus  steht,  also  beide  Begriffe  identisch  er-  ^vfi^cc  errichtet  wurde  {Strab.  9,  27  p.  411;  36 

scheinen.  p.  413).  Ausdrücklich  wird  betont  {Paus.  9,  18, 

Der  Tod  des  T.  hängt  zusammen  mit  der  4),   daß  ihm   in   Theben   an   dem  Wege  nach 

Belagerung  und  Eroberung  Thebens  durch  die  Chalkis    nur    ein    Kenotaphion    errichtet    war. 

Epigonen.    Nach  der  einen  Fassung    nämlich  Nach    einer  dritten  Version   der    Kosten    {Fr. 

lieferten  sie  in  der  Umgegend  von  Theben  den  Ep.  Gr.  ed.  Kinkel  1,  p.  53.   Phot.  bibl.  cod.  239) 

Thebanern  eine  für  diese  verlustreiche  Schlacht.  gelangten  T.  und  Kalchas  auf  dem  Rückwege 

Daraufhin  flohen  die  Thebaner  in   die   Stadt,  40  von  Troja  nach  Klaros,  und  hier  sollte  T.  ge- 

und  T.  gab  ihnen  den  Rat,  mit  den  Feinden  stürben  und  bestattet  worden  sein  (vgl.  J)wwcÄ:(?r, 

Friedensunterhandlungen  anzuknüpfen  und  in-  Gesch.  d.  Altert,  b.,  201).    Bouche-LecJcrcq  a.a.O. 

zwischen   zu  fliehen.    Dies  geschah;   die  The-  3,  250  sieht  in  dieser  Form  der  Sage  das  auch 

baner  entgingen  so  ihrer  völligen  Ausrottung  sonst   bekannte    Bestreben    der   Logographen, 

und  gelangten  in  der  Nacht  bis  zu  der  Quelle  den    Ruhm    der    Heimstätten    des  T.   zu    ver- 

Tilphu8a(.i4poZZod!.3, 7, 3. i)/o(^. 4, 66). Während-  mindern,  während  Gruppe  641,  A.  4  u.  Imniisch, 

dem    drangen    die    Argiver    in    die   Stadt    ein  Klaros  S.  162^  2  mit  Recht  in  ihr  ein  Versehen 

und  weihten  die  hier   gefangene  Tochter  des  erblicken  und  der  Ansicht  sind,  daß  ursprüng- 

T.,  Manto,  nach  Delphi  auf  Grund  ihres  Gelüb-  lieh  von  einem  Begräbnis  des  Kalchas  {Tzetz. 

des  {Diod.  4,  66:  nennt  sie  Daphne):  Paus.  7,  50  Lycophr.  427.    Schol.  Dionys.  Perieg.  850)  statt 

3,  1.  Apollod.  3,7,  4.   Gruppe  539  A.  11.  Schol.  des  T.  die  Rede  gewesen  sei  (vgl.  v.  Wilamo- 

Ap.  Ph.  Arg.  1,  308.  Panofka,  Arch.  Ztg.  3,  66f.  witz,  Homer.   Unters.  179).     Es  wird  nämlich 

Wie  nun  T.,  infolge  der  Flucht  von  Durst  ge-  {Strab.  p.  642,  wahrscheinlich  aus   den   Eoeen 

quält,  aus  der  Quelle  trank,  verschied  er;  die  oder  dem   Kataloge  der  Frauen)   erzählt,  daß 

Eiskälte  des  Wassers  griff  ihn  bei  seinem  Alter  Mopsos,  der  Enkel  des  T.,  den  Kalchas  in  Klares 

so  an,  daß  er  starb  {Diod.  a.  a.  0.   Apollod.  3,  im  Weissagen  übertroffen  habe  und   Kalchas 

7,  3.   Paus.  9,  33,  1.   Strab.  9,  36  p.  413.  Athen.  aus   Gram  darüber  hier  verschieden  sei.    Zu- 

2,   41  e.    Eustath.  Schol.  Hom.  x,   1362,  v.  27.  gründe   lag  jedenfalls  diesem  Streit  zwischen 

K.O.Müller,  Orch. 4:1).  Nach  der  andern  Version  der  Familie  des  T.  und  Kalchas  der  Gegensatz 
wurde  T.  selbst  von  den  Feinden  gefangen  ge-  60  zwischen   den    ionischen   und   rhodischen  An- 

nommen  und  sollte  zusammen  mit  seiner  Toch-  Siedlern,  in  welchem  der  Ankömmling  Kalchas 

ter  nach  Delphi  geweiht  werden,   starb   aber  unterlag  {Gruppe  a.  a.  0. ;  vgl.  Immisch,  Klaros 

unterwegs   an   der  genannten  Quelle  {Paus.  9,  §  5  f.).   —  Nach    seinem  Tode   ehrten  ihn  die 

33,  1.   Bethe,  Gen.  Gott.  50  hält  dies  für  einen  Thebaner  durch  ein  ehrenvolles  und  prächtiges 

Iriium  des  Paus.;  \gl.  Gruppe  6i3,A.  S;  4),  also  Leichenbegängnis    und    erwiesen    ihm    hinfort 

als  Gefangener  der  Argiver,    während  Manto  göttliche  Ehren  {Diod.  4,  66).  Im  Widerspruche 

als  Hierodule  nach  Delphi  gelangte.    Nicht  im  zu  diesem  Leichenbegängnis  steht  freilich  die 

Widerspruch  zu  dieser  Fassung  steht  die  An-  Tatsache,   daß  sie  sich  beim  Hinscheiden   des 


187               Teiresias  (im  Hades)  Teiresias  (als  Seher)               188 

T.  auf  der  Flucht  vor  ihren  Todfeinden  befan-  nur  mit  Vorsicht  benutzen;  denn  die  Gestalten 

den,  Ton  denen  sie  um  so  weniger  zur  Bestat-  der  ältesten  Sage  waren  ihrem  Zeitalter  schon 

tung  einen  WafTenstillstand  erlangen  konnten,  dunkel  und  unverständlich  {geworden  {Gruppe 

als  sie  eben  einen  Vertrag  verletzt  hatten,  und  602  flF.).    Während  seiner  Tätigkeit   als  Seher 

sie  überhaupt  eine  Zeitlang  in  der  Fremde  leben  erscheint  T.  stets  als  Greis,  als  geblendet,  der 

mußten  {Gruppe  640).  So  bleiben  eben  nur  die  schon    mehrere    Menschenalter     gesehen     hat 

göttlichen  Ehren  bestehen,  über  die  wir  unten  (Schol.  Lycophr.  682).    In  den  packenden  Schil- 

mehr  hören  werden.    Man  zeigte  aber  noch  ein  derungen  von   dem  furchtbaren   (leschick  der 

anderes  Grab  des  T.   —  denn  nichts  anderes  Labdakiden,  in  das  er  oft  eingreift,  ist  sein 
kann  dieses  monimentum  Tiresiae  {Phn.  N.  H.  lO  Charakter  mit  Hoheit  und  Würde  ausgestattet, 

37, 180)  gewesen  sein  —  in  Makedonien,  ohne  die  über  die  menschlichen  Leidenschaften  er- 

daß  sich  feststellen  ließe,  welche  einzeln  ste-  haben  ist.    Nicht  genug  kann  seine  tiefe  Er- 

hende  Überlieferung  dazu  den  Anstoß  gegeben  kenntnis  aller   verborgenen   Dinge    und    seine 

"haben   mag;   natürlich   ist   der   makedonische  Macht  über  die  Natur  gerühmt  worden  (vgl. 

Sagenkreis  von  Böotien  stark  beeinflußt  (GrMjapc  Preller-Pleiv*  2,  478).    In    seiner  Erhabenheit 

210  f.).  über  Furcht   und  kleinliche  Interessen   erfüllt 

Homer,  dem  wir  die  älteste  Überlieferung  er    eine   übernatürliche    Mission    im    Verkehr 

verdanken,  berichtet  nun  von  ihm,  daß  T.  allein  zwischen   Göttern   und   Menschen,    wie    er   in 

im  Hades    sein  ungeschwächtes  Bewußtsein  seiner   Geringschätzung   der   Drohungen    und 
weiter  besitze  (x  493)  und  Persephones  Gna^e  20  Beleidigungen   eines  Oidipus    und  Kreon    die 

ihm  auch  im  Tode  die  Befähigung  weiter  ge-  höchste  Ruhe  an  den  Tag  legt  in  seinem  un- 

währt  habe,  daß  pein  Geist  noch  wahrnimmt;  erschütterlichen,  felsenfesten  Vertrauen  auf  die 

ja  sogar  seine  Sehergabe  hat  er  noch  unter  geheimnisvoll  waltende  Macht  der  göttlichen 

4en  flatternden  Schatten  weiter  bewahrt  {Homer  Vorsehung  (vgl.  Bouche-Leclercq  2,  31). 

X  496.   Plat  Men.  42.   Paus.  9,  33,  2).  Er  steht  Nach   allgemeiner  Anschauung    gaben    die 

also  dem  Aithalides,  dem  Sohne  des  Hermes,  Götter  der  Griechen  den  Menschen  ihren  Willen 

nahe,  dessen  Seele  auch  nach   dem  Tode  un-  durch  Zeichen  kund.  Viele  davon  konnte  jeder- 

▼ergänglich  bleibt  {Ap.  Ph.  1,  643 ff.  Schol.  Ap.  mann  deuten;   andere  wieder  waren  nur  dem 

Ph.  1,  645;  vgl.  Fr.  H.  Gr.  1,  88  A.  66.   Rohde,  Kundigen  vorbehalten.    Demnach  gab  es  eine 
Psyche^  2,  167  A.  1).    Sein  Leib  zwar  war  auf-  30  kunstlose  und  eine  kunstmäßige  Mantik  {Cic. 

gelöst;    darum    heißt    auch    er    ausdrücklich  de  div.  1,  6,  11.  2,  11,  26).    Diese  kann  natür- 

xs&vsmg  {Hom.  x  494)  wie  die  übrigen  Bewohner  lieh    durch    ernste    Naturbeobachtung    erlernt 

des  Hades;  nur  ist  schwer  auszudenken,  wie  werden ;  doch  setzt  sie  eine  besondere  Begabung 

die   q>Qivsg    ohne    den    Leib    bestehen    sollen  voraus,  die  nur  als  eine  Gnade  der  Götter  sich 

{Bohde  1,   117   A.  2).     Im    Widerspruch    dazu  darstellt.     Auch  T.  hat   sich    der   besonderen 

steht  nim  freilich  Hom.  x  627  f.,  die  Stelle,  an  Gunst  der  Götter  erfreut  und  heißt  deswegen 

welcher   wir    erfahren,    daß   Odysseus    in    der  d-songÖTtog   {Nonn.   44,    88),    wie   von   Kalchas 

Unterwelt  sein   Opfer    bringt,    um    durch   den  {Hom.  B  S22)  ^es&gtwiid:  d'sonQonicav  ayoQSvsv. 

Genuß  des  Blutes  den  Seelen  das  Bewußtsein  In  erster  Linie  ist  er  der  Prophet  des  Zeus 
wiederzugeben.    Da  ja  das  Bewußtsein  des  T.  40  gewesen  {Pind.  Nem.  1,  60:  Jibg  v^piatov  ngo- 

unversehrt  ist,  kann  es  sich  bei  ihm  also  nicht  cprjtris),  und  alle  seine  Weissagung  war  eine 

um  dieses  handeln,  sondern  höchstens  um  die  Gabe  dieses  Gottes.    Dies  hat  der  Mythus  auch 

Gabe  des  vorausschauenden  Seherblickes  {Bohde  damit  deutlich  ausgesprochen,  daß  Zeus  dem 

1,  66).   -=-  War  nun  T.  im  Leben    ein  Seher  Teiresias    für   die   Blendung  durch   Hera    die 

gewesen,  so  war  dadurch  nach  seinem  Tode  Gabe  der  Prophetie  verleiht.   Da  nun  der  Glaube 

die  Grundlage    gegeben,    daß    man    ihn    auch  allgemein  herrschte,   daß'  alle  Weissagung  in 

jetzt  noch  befragen  konnte,  und  daß  Orakel-  ihrem  Ursprung  auf  Zeus  zurückgehe  (Preller- 

stätten  entstanden  {K.  Fr.  Hermann,   Lehrb.  Bobert,   Gr.   Myth.   142.    Gerhard,   Gr.    Myth. 

gottesdienstl.  Altert,  d.  Gr.  §  41,  11),  aus  denen  §  744),   so  galt  er  für  einen   Seher  von   ganz 
heraus  er  noch  Sprüche  erteilte.  Es  erging  ihm  50  besonderer  Würde.     Hinzu  kommt  noch,    daß 

also    wie    dem    Amphiaraos    und    Trophonios  ihm  als  dem  Sohne  einer  Nymphe  diese  Kunst 

{Strab.  16,  38  p.  762).    Als  Seher  führte  er  in  gewissermaßen  schon  angeboren  war.     In  der 

der  Unterwelt  auch  noch   den  goldenen  Stab  ältesten  Sage-  hat  anscheinend  aber  auch  noch 

(Hom.  X  91 )  und  übte  auch   dort  noch  seinen  die  Anschauung   geherrscht,  daß  Athena  ihn 

Beruf  als   Seher  weiter  aus   {Hom.  x  490 ff.,  7.  mit     göttlicher    Seherkraft     erleuchtet     habe. 

90ff.  Plat.  Men.  loa 2^.  Paus.  10,  28, 1.  10,29,2.  Unter  dem  Einflüsse  der  delphischen  Priester- 

Luc.  astrol.  24.    AntJi.  12,  176.    D.  Chrys.  or.  schaft    und    durch    die    vieles    umgestaltende 

13,  221.    Horat.  sat.  2,  5,  Iff.).  Mythopoiie  der  attischen  Tragiker  ist  die  ge- 

Gingen  nun  die  Sagen  von   der  Verwand-  waltige  Prophetengestalt  der  Vorzeit,  die  doch 
lung,   der   Blindheit   des  T.  und   von    seinem  60  ursprünglich  fast  ebenbürtig  neben  dem  ApoUon 

Aufenthalte  in  der  Unterwelt   auf  alte  Nach-  gestanden  hat,  zu  seinem  Diener  umgestaltet 

richten  zurück,  auf  Berichte  des  i/ome?', -ffmod,  worden,  und  er  erschien  als  solcher  mit  dem 

Pherekydes,  so  steht  es  anders,   wenn  von  der  Lorbeerkranze   {Nonn.  45,  70:    ots(pavriq)6Qog). 

Tätigkeit    des    Sehers     auf    der    Ober-  Der  göttliche  Wille  offenbarte  sich  dem  T., 

weit  zu  reden   ist.    Denn  hier  zeigt  sich  in  der  natürlich  von  Zeus  erleuchtet  zu   denken 

hervorragender  Weise  der  Einfluß   der  großen  ist,  in  erster  Linie  durch  Vögelbeobachtung. 

Tragiker  auf  die   Sagenbildung,    und  für  die  Er  besaß  nämlich  zu  Theben  seinen  Vogelherd 

ältere  Sage  lassen   sich  ihre  Werke  natürlich  {olcovoaxontlov,    Paus.   9,    16,    1.     Schol.   Eur. 


189  Teiresias  (als  Seher)  Teiresias  (als  Seher  b.  d.  Tragikern)      190 

Phoin.  840.   TCocXcctog  ^ayiog  dgri^oaxonog  Soph.  dunkelt  war.   Schon  vor  der  dichterischen  Aus- 

Änt.  999),   also  einen  zu    diesem   Zwecke    ge-  bildung  des  Mythus  von  den  feindlichen  Brüdern 

eigneten  Ort  neigen   dem  Tempel   des  Ammon  haben  wohl  die  Orakel  des  T.  und  Amphiaraos 

und  der  Tyche  (vgl.  Soph.  Ant  1012.    Dionys.  in  ihren  heiligen  Legenden  ihre  Seher  in  den 

Halle.    1,    80.      Stengel,    Gricch.    Kultnsaltert.  Kreis  der  Helden  verwoben  und  die  Heiligtümer 

40),    der  noch  in    historischen   Zeiten  gezeigt  mit  dem  thebanischen  Mythus  verknüpft,   wo- 

wurde   {Bursian,   Gcotjr.  v.  Griechenl.  1,    228).  durch  die  Sagen  von  dem  Zuge  der  argivischen 

Diese  Stelle  muß  äußerst  günstig  gewesen  sein;  Helden  eine  Erweiterung  erfiihren  iK.  (J.  Müller, 

denn  sie  wird  von  Sophokles  {Ant.  1000)  Ttccvtbg  Orch.  227).     Die    Niederschläge    dieser    Sagen 

oicovov  Xi^i'jv  genannt.   Ebenso  wie  er  den  Flug  lo  scheinen  die  kyklische   Thehais  und   die  l'Jpi- 

der  Vögel,   natürlich   auch    durch    die   Augen  gonen    gewesen    zu    sein.    Neue  Momente   be- 

von   anderen,   z.  B.   von   Manto    und    dem    ihn  gegnen  uns  dann  in  der  Oidipoäie  und  Melam- 

begleitenden  Knaben,  beobachtete  {Eur.  Fhoin.  podie,  bis  schließlich  die  attischen  Tragiker 

848.    Soph.  Ant.  lOVi),   so    hörte   er   auch    auf  durch  Erfindung  neuer  Versionen  und  Ändei*ung 

ihr  Schreien  und   das  Rauschen  der  Fittiche  alter  Mythen  die  Gestalt  des  T.  als  die   eines 

{Soph.  A7d.  1001  ff.,    1004,   1021.    Eur.  Phoin.  gewaltigen  Schicksalsdeuters  im   Dienste    des 

845.   Schol.  Aischyl.  Sept.  24f.  Apollod.  3,  6,  7).  ApoUon  und  wohlwollenden,  aber  mißverstande- 

Soph.  Aiit.  1000  ff.   beschäftigt    er    sich    damit  nen  Beraters   der  Labdakiden  gebildet  haben 

zu  untersuchen,   was   das   Schreien  der  Vögel  (vgl.  Gerhard  §  744).   Reich  sind  die  Tragödien 

zu  bedeuten  habe  (J3oMc/ie-iederc^  1,  135).    Mit  20  an  Beispielen    seiner   wunderbaren  Gabe  und 

Unrecht  bestreitet  Stengel  S.  41,  daß  überhaupt  an  daraus   entsprungenen  Verwicklungen  und 

aus  dem  Schreien  der  Vögel  ge  weissagt  worden  Zusammenstößen  mit    der    weltlichen  Gewalt, 

sei,  und  setzt  sich  in  Widerspruch  mit  Aimllod.  der  ja  die  Dichtung   die  Gewalt  der  Priester 

a.  a.  0.  Soph.  Oid.  Tyr.  v.  310,  395).   Für  seine  und  Propheten  gern   entgegenzusetzen  pflegte. 

Tätigkeit  als  Vogelschauer  hatte  T.  den  Bei-  Insofern  hat  T.  in  seinem  Verhältnis  zu  Oidi- 

namen  olcovö^avvig  {Eur.  Phoin.  767)  erhalten,  pus  und  Kreon  viel  Verwandtes  mit  Kalchas 

ja  bei  Plin.  {N.  H.  7,  56)  heißt  er   sogar  der  in  seiner  Haltung  gegenüber  Agamemnon.    In 

Erfinder  der  Auspizien.    Daneben  übte  er  auch  Soph.  Oid.  Tyr.   enthüllt  er  dem  Könige,  der 

die  am  häufigsten  vorkommende  Art  des  Wahr-  ihn  gegen  seinen  eigenen  und  des  Gottes  Willen 

sagens,  die  Hieroskopie  {Soph.  Ant.  1005  ff.)  aus  so  zum  Reden  zwingen  will  und  ihn  des  Hoch- 

und  verstand   auch  die  Kunst,   die   Sterne   zu  Verrates    im    Bunde    mit    Kreon    beschuldigt, 

deuten,  trotz  seiner  Blindheit  (Luc.  astrol.  11);  schonungslos  seine  Verhältnisse  und  sein  Schick- 

denn    sein  Name   bedeutet  Zeichendeuter    im  sal    {Oid.    Tyr.  v.   345 — 407;    447 — 462.     Vgl. 

weitesten   Sinne,    besonders    aber    Deuter    der  Muther,    Über   die   Teiresiasszene   in  Soph.  K. 

Gestirne,  da  er  mit  xigag  und  xslgog  (s.  o.)  zu-  Oed.  Prg.,  Coburg  1890,  4  ff.    Vetter,   Über  den 

sammenhängt,    also    auch  mit  ä-6xriQ  und  cc-  Charakt.  d.  Königs   Oed.  Prg.,   Freiberg   1888, 

crgaTtrcü  (Gurtius  a.  a.  0.).    Endlich  wird  noch  25  ff.,    1899,    If.     Völcker,   Z.  Kritik  d.  Königs 

seine    besondere    Befähigung    gerühmt    neben  Oed.  Prg.,  Schweinfurt  1878,  31  ff.    Tiefjenbach, 

den  Vogelzeichen  Flammenzeichen  und  andere  Soph.  König   Oed.  Prg.,  Königsberg  i.  Pr.,   15. 

Zeichen    zu    verstehen    {Soph.  Ant.   1005:    tu  40  Klein,  Prg.,  Eberswalde  1890,  3;  22  ff.    Weis- 

^^TcvQcc).    Aischylos  freilich  fügt  an  der  Stelle,  mann,    Prg.    Casinnrianum,    Coburg    1869,    9. 

wo  er  von  der  Vogelbeobachtung  des  T.  spricht,  Becker,   Die  Überarbeitung   d.  ursprüngl.   Oed. 

hinzu,    daß    er    ohne    Feuer    geweissagt    habe  Prg.,  Kleve   1891,   10.    E.  Müller,  Beiträge  z. 

{Sept.  adv.  Theb.  ed.  Ritschi  v.  25).  Anscheinend  Erklärung  d.  Königs  Oed.,  Progr.  von  Grimma 

haben  die  Tragiker  die  Weissagekunst  des  T.  1882—1884,    10;    19  f.     Bergenroth,    Ist   König 

immer  mehr  verallgemeinert,  so  daß  er  auf  allen  Oed.  eine  Schicksalstrag.  ?  Prg.,  Thorn  1861, 1 1  f.), 

Gel>ieten   dieser   Kunst    erprobt    erschien.    Es  in  der  Antigone  desselben  Dichters  erschreckt 

muß  aber   außer  den  erwähnten  noch  andere  er  durch  seine  furchtbaren  Weissagungen  (vgl. 

Mittel  gegeben  haben,   den  Willen  der  Götter  Peter  Corssen,  Die  Ant.  des  So2)h.  Prg.  d.  Prinz- 

zu    erforschen,    wie    man  aus  Soph.  Ant.  1003  so  Beinr.-Gymn.,  Berlin  1898,  22 f.     Er.  Bempel, 

schließen  kann  (vgl.  Stengel  a.  a.  0.  46).    Auch  Soph.  Ant,  Hamm  1843,  24 f.)  den  kaltblütigen 

der  Lose    scheint  er  sich  zur  Erforschung  der  Tyrannen  Kreon  so,  daß  dieser  das  Verbot  der 

Zukunft  bedient  zu  haben;    denn  Eur.  Phoin.  Bestattung  des  Polyneikes  rückgängig  zu  machen 

841  sagt  er  zur  Tochter:  bereit    ist,    das    schreckliche    Verhängnis    von 

^  '  ,  '1     ^  CL/  '     "    j'i    ,j  seinem  Hause    aber   nicht   mehr    abzuwenden 

oiorrnCiLax    oqvl^cov   ^la^cov   ^a'.oicvv  sv   ^sqo.-  ^.        »^     hoheitsvolle    Sehergestalt   dar,   wäh- 

rend  er  in  Euripides'  Phoinissen.,  in  denen  er 
Wir  sehen  also  hier  die  Lose  mit  der  Vogel-  den  Sieg  über  die  Argiver  vom  Opfertode  des 
schau  angewandt  (vgl.  K.  F.Hermann  a.  a.  0.  60  Menoikeus  abhängig  macht,  geringere  Züge 
§  39,  10).  Für  seine  Tüchtigkeit  als  Prophet  zeigt.  Endlich  hat  Seneca  in  seinem  Oidipus, 
hat  Pindar  {Nem.  1,  60;  61)  seinen  berühmten  der  inhaltlich  dem  Oid.  Tyr.  des  Soph.  ent- 
Landsmann mit  dem  Beinamen  ogd-oaavxLg  spricht,  die  thebanische  Sage  neu  bearbeitet, 
geehrt  und  {Isth.  6  (7),  8)  seinen  scharfen  Ver-  Doch  hat  Seneca  eine  niedrige  Auffassung  von 
stand  gerühmt.  der  Seherkunst.  Um  sich  des  Auftrags  des 
Die  Schilderungen  von  seiner  Tätigkeit  Königs,  den  Mörder  des  Laios  ausfindig  zu 
in  Theben  sind  sämtlich  in  einer  Zeit  ent-  machen,  zu  entledigen,  versucht  es  T.  zuerst  mit 
standen,  in  der  seine  wahre   Bedeutung    ver-  der  Haruspizin  {Seneca  Oed.  301—402.    Braun, 


191  Teiresias  (Prophezeiungen)  Teiresias  (in  d.  Nekyia)  192* 

Oed.  d.  Sen.  [Eh.  Idus.  1878.  Bd.  22,  278  ff.]).  11.  verspricht  er  den  Thebanern  den  Sieg 

Als  nun  diese  Art  der  Weissagung  nicht  den  über    die    Argiver,   ^venn    Meuoikeus,    Kreons 

gewünschten  Erfolg  hat,  ordnet  er  ein  Preis-  Sohn,  um  den  noch  immer  wegen  des  Drachens 

lied  des  Bacchus  an,  während  er  den  Schatten  zürnenden  Ares   zu   versöhnen,  sich  freiwillig 

des  Laios  heraufbeschwören  will.    Die   Rolle,  opfern    würde    {Eur.  Phoin.  834  ff.  9ai.   1009. 

die  T.  bei  Soph.  im  Oid.  Tyr.  hat,  ist  in  diesem  1090.  Stat  Thtb.  10,  7öGff.  Hygin  f.  G8.  Apol- 

Stücke  dem   Kreon    übertragen,    der    der    Be-  lod.  3,  G,  7.    Script,  hist.  poet.  Gr.  p.  377.    Phi- 

schwöning  beiwohnt  und  erst  durch  Drohungen  lostr.   Iwag.  1,  4.     Gruppe  533.     Prelkr-Plew^ 

von  Oidipus  sich  zur  Mitteilung  der  von  Laios  2,  359.    Overbeck,  Her.  Gcd.  183.    Stengel,  Gr. 

gesprochenen    Worte   bestimmen   laßt.     Diese  lo  Kultusaltert.  89); 

Beschwörungsszene  hat  Seneca  von  Soph.  nicht  12.  rät  er  den  Thebanern,  die  im  Kampfe 
übernehmen  können;  sie  soll  von  Euripides  aus  mit  den  Epigonen  wiederholt  unterlegen  waren, 
dessen  verloren  gegangenem  Oidipus  nach  mit  den  Feinden  einen  Waffenstillstand  zu 
Welcker  {Gr.  Tr.  3,  1454)  entlehnt  sein.  Doch  schließen  und  in  der  Nacht  heimlich  zu  fliehen, 
scheint  sich  die  Sache  so  zu  verhalten,  daß  um  sich  vor  völliger  Vernichtung  zu  retten 
diese  Neuerung  von  Seneca  selbst  herrührt,  in-  {ApoUod.  3,  7,  3.  Freller-Plew^  2,  367). 
dem  Szenen  der  Nekromantie  in  die  epischen  Die  gewaltige  übermenschliche  Kraft,  die 
Dichtungen  einzustreuen  im  ersten  nachchrist-  dem  T.  innewohnte,  erlosch  aber  nicht  mit 
liehen  Jahrhundert  Mode  geworden  war  (Braun  seinem  Tode,  sondern  nach  seinem  Abscheiden 
a.  a.  0.  270).  Denn  Astrologen,  Magier  und  20  von  der  Oberwelt  wurde  seine  göttliche  Seher- 
Geistorbeschwörer  hatten  seitEnde  derRepublik  gäbe  erst  recht  gewürdigt  und  schmerzlich 
immer  mehr  Anklang  in  Rom  gefunden.  Seneca  vermißt.  Es  schien  den  Menschen  an  den 
nun  hat  dieses  Motiv  in  die  Tragödie  einge-  Grenzen  der  historischen  Zeit,  als  ob  jener 
führt.  Parallelen  zu  dieser  Beschwörung  sind  Prophet  der  göttlichen  Offenbarung  für  sie  un- 
die  Prophezeiung  vom  Ende  des  Krieges  an  entbehrlich  sei,  und  so  wandten  sie  sich  nun 
Sextns  Pompeius  bei  Lucan.  {Phars.  6,  607 ff.)  an  seinen  Schatten  um  Rat  und  Hilfe.  Die 
und  die  Geisterbeschwörung,  die  Eteokles  durch  Anrufung  des  T.  durch  Odysseus  ist  das 
T.  bei  Statius  {Theb.  4,  406 ff.)  anstellen  läßt.  erste  bezeugte  Beispiel  des  Eindringens  der 
Es  ist  natürlich,  daß  von  T.  eine  ganze  menschlichen  Neugierde  in  die  Welt  jenseits 
Reihe  berühmter  Prophezeiungen  und  30  des  Grabes  (/.  JaekeJ,  Teiresiasorakel,  Diss. 
Enthüllungen  bekannt  sind:  Linz  1866.    Welcker,   Ulysse  invoquant  Vombre 

1.  erötinet  er  dem  Amphitryon,  daß  Zeus  de  Tiresias  79 ff.).  W^enn  Stengel  a.  a.  0.  56  der 
seiner  Gemahlin  Alkmene  beigewohnt  habe  Ansicht  ist,  daß  in  der  Odyssee  weder  eine 
{Apollod.  2,  4,  8);  Spur  noch  Andeutung  von   einem  Totenorakel 

2.  verkündet  er  dem  Narkissos  den  Tod.  falls  zu  finden  sei,  und  Lobeck  {Agl.  316)  jede  Kennt- 
er  sich  selbst  schauen  würde  (C/r.il/et  3, 346  ff);  nis  von  Seelenbeschwörung  in  den  homerischen 

3.  enthüllt  er  das  Geschick  der  Echo  {Ov.  Gedichten  leugnet,  so  wird  nachgewiesen  wer- 
Met.  3,  348 ff.);  den,  daß  es  sich  in  der  Nekyia  um  die  älteste 

4.  rät  er  dem  Könige  Pentheus  von  Theben,  Totenbeschwörung  handelt.  Etwas  muß  dieser 
dem  Enkel  des  Kadmos,  sich  der  Einführung  40  Befragung  zugrunde  gelegen  haben,  und  zwar 
des  Dionysoskultes  in  Theben  nicht  zu  wider-  sicherlich  Orakel,  die  T,,  der  auch  im  Tode  die 
setzen,  und  kündet  ihm  für  den  Fall  eines  Helligkeit  des  Geistes  bewahrt  hatte,  aus  der 
Widerstandes  sein  Verderben  an  {Ov.  3Iet.  S.,  Unterwelt  emporsandte  (i?o/?de,  Psyche  118  Anm.,. 
511  ff.).  Nach  Nonn.  Dtonys.  44,  95  ff.  hatte  Preller-Itobert  810).  Der  Dichter  der  Nekyia 
er  schon  dessen  Großvater  Kadmos  zur  Ein-  läßt  nun  in  seiner  dichterischen  Freiheit  diese 
führung  des  Kultus  zu  bestimmen  gesucht  Befragung  statt  auf  der  Oberwelt  in  der  ün- 
{Creuzer^  Deutsche  Schr.^  4,  143);  terwelt   stattfinden,    aus    dem    naheliegenden 

5.  klärt  er  den  König  Oidipus  über  seine  Grunde,  weil  er  auf  Schritt  und  Tritt  Märchen- 
Abkunft  auf  und  verkündet  ihm  seine  bevor-  länder  schildert  (Preller-Pohert  809  L)  — Odys- 
stehenden  Schicksale  {Soph.  Oid.  Tyr.  444ff.).  so  seus    ist   zum  Hades    gefahren   {Hom.  %  490)^ 

6.  befiehlt  er  dem  Laios  wegen  seines  Ver-  um  sich  auf  Anraten  der  Kirke  von  T.  'den 
brechens  an  Chrysippos  die  Göttin  Hera  yafto-  Weg  und  die  Maße  der  Rückkehr'  weisen  zu 
czoXo^  zu  versöhnen  (nach  Peisandros.  b.  Schol.  lassen  {X  90  ff.).  Gruppe  vertritt  die  Ansicht, 
Eur.  Phoin.  1760)  und  ihr  in  ihrem  heiligen  daß  die  Anrufung  des  T.  ursprünglich  in  Til- 
Bezirke  am  Kithairon  Sühneopfer  zu  bringen  phossion  stattgefunden  habe  und  erst  später 
(vgl.  Bethe,  Theb.  Heldenl.  9) ;  in  den  fernen  Westen  verlegt  worden  sei  {Gr. 

7.  sucht  er  Laios  von  seiner  Reise  zu  Apollo  Myth.  78  A.  6,  625),  und  die  im  6.  Jahrh.  in 
abzuhalten  und  zu  einem  Opfer  an  Hera  ver-  Kyrene  entstandene  Telegonie  hat  wahrschein- 
gebens  zu  bestimmen  (Pe».*!awdros  a.  a.  0.  3/ao/6,  lieh  Trophonios  den  Schatten  des  T.  zitiert, 
Comment.  Mythogr.  Ind.  scholar.  Greifswald  60  der  daraufhin  dem  Odysseus  Sühneopfer  in 
1894,  3 ff.);  Ithaka  und  längere  oder  kürzere  Verbannung 

8.  rät  er  dem  Kreon,  den  Oidipus  aus  The-  vorschrieb,  beeinflußt  durch  die  Sagen  von  Phe- 
ben  auszuweisen  {Eur.  Phoin.  1589  ff.).  neos  und  Mantinea,  die  zu  Kyrene  in  Beziehung 

9.  prophezeit  er  dem  Kreon  seinen  und  standen  {Gruppe  716  f.).  Von  Homer  ist  un- 
seines  Sohnes  furchtbaren  Untergang  {Soph.  zweifelhaft  angegeben  worden,  daß  Odysseus 
Ant.  1045 ff.);  nicht  etwa  bloß  einen  Eingang  zur  Unterwelt 

10.  weissagt  er  Thebens  Untergang  {Stat.  betreten  hat,  wie  es  viele  gab,  sondern  daß  er 
Theb.  10,  694 ff.);  in  der  wirklichen  Unterwelt  sich  aufgehalten 


193            Teiresias  (in  .1.  Nokyia)  Teiresias  (in  d.  Nekyia)            194 

habe  (vgl.  Nüzsch  z.  Od.  3,  35  u.  187.  Praller-  gestunden  habe.  Da  nämlich  T.  die  Bitte  des 
Bobcrt  811  ff).  Am  Eingange  zum  Hades  grub  Od.  im  Schattenreiche  nur  unzureichend  er- 
0.  eine  Grube  {X  26  ff.)  und  goß  allen  Toten  füllt  habe  und  Kirke  ihm  nach  seiner  Rück- 
ersteinen Weiheguß,  dann  schlachtete  er  ihnen  kehr  ausführlichere  und  auch  inbetreff  der 
einen  Widder  und  ein  schwarzes  Mutterschaf.  Weissagung  des  T.  deutlichere  Auskunft  er- 
Wie  die  Schatten  sich  daraufhin  um  das  Blut  teilte,  sei  die  Fahrt  in  die  Unterwelt  und  die 
versammelten,  hielt  er  sie  mit  dem  Schwerte  Befragung  des  T.  unnötig  gewesen.  Ks  bilde 
fern,  bis  T.  getrunken  hatte.  Nach  der  Auf-  diese  Szene  nur  den  Vorwand  für  den  Dich- 
fassung  des  Dichtern  soll  das  Blut  den  Seelen  ter,  um  einen  Verkelir  des  Od.  mit  seiner 
das  Bewußtsein  wiederbringen,  da  dem  Blute  lO  Mutter  und  den  alten  (jlenossen  herbeizuführen, 
die  Kraft  innewohnt,  das  für  gewöhnlich  bei  auf  den  allein  es  ihm  dabei  ankomme  (Hohde 
ihnen  schlummernde  Bewußtsein  zu  wecken,  1,  53).  Kammer  {Einheit  der  Odyss.  474)  hält 
Anscheinend  bedeutet  aber  hier  die  Spende  die  Hadesfahrt  und  die  Begegnung  des  Od. 
eine  Opfergabe  zur  Labung,  da  die  Opfer-  mit  den  Heroen  für  einen  Teil  des  Ursprüng- 
handlung auffallend  den  Bräuchen  gleicht,  mit  liehen  Epos,  dagegen  die  Teiresiasszene  und 
denen  man  später  an  den  Stellen,  die  als  Ein-  Unterredung  des  Od.  mit  Antikleia  für  ein 
gang  zum  Hades  galten,  Totenbeschwörung  sehr  spätes  Einschiebsel.  Bergk  {Griech.  Lit- 
übte  {Paus.  1,  17,  5.  K.  0.  Müller,  Prolegg.  gesell.  1,  085 ff.)  erklärt  die  Wei.ssagung  des  T. 
363.  Rohde  1,  55  ff.).  T.  hat  gar  nicht  nötig,  und  besonders  deren  Schluß  für  echt  {X  119 
da  seine  cpQsvsg  unversehrt  sind,  Blut  zu  trin-  20  — 137),  aber  die  ganze  Nekyia  für  ein  Ein- 
ken, um  das  Bewußtsein  wieder  zu  erhalten;  zellied,  und  zwar  für  die  Arbeit  eines  jüngeren 
also  muß  dieses  Opfer  ihm  zum  Genuß  und  zur  Sängers,  das  ungeschickt  nachträglich  in  die 
Ehre  dargebracht  sein,  daher  ein  Totenopfer  Kirkegeschichte  eingefügt  worden  sei.  Au(^h 
darstellen.  Wie  nun  T.  als  erster  getrunken  nach  Ed.  Meyer  {Herrn.  30  (1895),  244)  ist  die 
hat,  sagt  er  dem  Odysseus  sofort  von  selbst,  Nekyia  ein  unabhängiges  Gedicht,  keine  Er- 
daß  dieser  seiner  Rückkehr  wegen  komme.  Weiterung  der  Kirkegeschichte.  Dies  begrün- 
Dann  verkündet  er  ihm,  daß  er  infolge  der  det  er  damit,  daß  die  Erzählung  nicht  in  den 
Blendung  des  Polyphem  unter  dem  schweren  Zusammenhang  passe,  in  den  sie  gesetzt  sei, 
Zorn  des  Poseidon  zu  leiden  habe,  und  er-  da  es  ja  widersinnig  wäre,  daß  Kirke  den  Od. 
mahnt  ihn,  auf  der  Insel  Thrinakia  sich  nicht  30  in  den  Hades  sende,  T.  zu  befragen,  wenn  sie 
an  den  Rindern  des  Helios  zu  vergreifen  und  ihm  hinterher  die  Rückkehr  ausführlich  be- 
seine  Gefährten  entschieden  davor  zu  warnen.  schreibt  und  solche  Verhaltungsmaßregeln  er- 
Wenn dies  Hindernis  überwunden  sei,  würde  teilt,  daß  die  Prophezeiung  zu  dem  weitern 
er  samt  seinen  Gefährten  in  die  Heimat  ge-  Verlauf  des  Epos  nicht  stimmt.  Dagegen  be- 
langen. Andernfalls  würde  sich  Polypheras  tont  Gruppe  S.  709,  daß  der  wahre  Zweck 
Fluch  erfüllen,  er  werde  alle  seine  Gefährten  der  Hadesfahrt  darin  zu  suchen  sei,  daß  T. 
verlieren  und  erst  nach  langen  Jahren  auf  dem  Od.  das  Mittel,  glücklich  heimzukehren, 
fremdem  Schiff  nach  Ithaka  zurückkehren,  wo  offenbaren  soll.  Kirke  kannte  wohl  alle  Ge- 
übermütige Menschen  sein  Hab  und  Gut  unter-  fahren,  die  dem  Od.  drohten,  aber  nicht  das 
dessen  verpraßten  und  seine  Gemahlin  mit  40  Mittel  zu  einer  glücklichen  Heimkehr;  deshalb 
Heiratsanträgen  belästigten.  —  (Diese  Befra-  weiß  auch  T.  sofort,  daß  Od.  zu  ihm  wegen 
gung  des  T.  durch  Odysseus  in  der  Unterwelt  des  voorog  kommt;  er  braucht  ihn  nicht  erst 
wird  von  Horaz  {sat.  2,  5,  1  ff.)  höchst  komisch  über  den  Zweck  seines  Kommens  zu  fragen 
dahin  erweitert,  daß  T.  ihm,  der  ihn  bittet,  {X  100).  Was  bedeutet  nun  das  Gelübde  des 
ihm  wieder  zu  Reichtum  zu  verhelfen,  da  er  Od.  im  Anschluß  an  die  Opferspende,  allen 
doch  alles  verloren  habe,  eine  lange  Anleitung  Seelen  zusammen  eine  unfruchtbare  Kuh  und 
über  Erbschleicherei  erteilt.)  —  Über  diese  dem  T.  im  besonderen  noch  ein  schwarzes 
Freier  würde  T.  mit  List  oder  Gewalt  Herr  Schaf  nach  erfolgter  glücklicher  Heimkehr  zu 
werden.  Ferner  gibt  er  ihm  den  Auftrag,  mit  opfern  {X  30 ff.)?  Am  einfachsten  erklärt  sich 
einem  Ruder  auf  der  Schulter  Menschen  auf-  50  noch,  warum  den  Seelen  im  Hades  diese  Kuh 
zusuchen,  denen  Meer  und  Seefahrt  unbekannt  geopfert  werden  soll,  weil  eben  die  Vegetation 
sei,  und  dem  Poseidon  zu  opfern,  d.  h.  den  dort  traurig  und  unfruchtbar  (%  510  diXsaUccQ- 
Dieust  dieses  Gottes  zu  verbreiten  {Hom.  X  100  Ttog)  ist  (vgl.  Preller- Bobert  809).  Nun  findet 
— 131;  Welcker,  Gr.  Tr.  1,  245).  Schließlich  das  Opfer  in  Ithaka  statt;  die  Schatten  aber 
prophezeit  er  ihm  einen  friedlichen  Tod  in-  sind  in  den  Hades  gebannt  und  haben  somit 
mitten  seiner  glücklichen  Untertanen  im  hoch-  keinen  Genuß  vom  Opfer.  Dieses  Opfer  setzt 
sten  Alter  ^|  äXog  {Hom.  X  134ff.  Gruppe  715),  demnach  die  Anschauung  der  ältesten  Zeit 
Entgegen  dieser  Nachricht  läßt  Aischylos  voraus,  daß  nach  der  Bestattung  die  Seele 
{Nauck,  Tr.  Gr.  Fr.^  Wvxaycoyoi  fr.  275)  den  nicht  in  das  Schattenreich  festgebannt  war, 
T.  verkünden,  eine  Möve  werde  einen  Rochen-  60  sondern  ursprünglich  Bewegungsfreiheit  hatte 
Stachel  mit  ihrem  Kote  auf  sein  Haupt  herab-  und  sich  dem  Opfer  nahen  konnte.  Stengel 
fallen  lassen  und  er  daran  zugrunde  gehen  (a.  a.  0.  97)  freilich  bestreitet  die  Möglichkeit, 
{Sext.  Empir.  adu.  gramm.   p.  656    Bekk.   Art.  dieses  Opfer  in  Ithaka  mit  den  später  üblichen 


3,  1,  Sp.  626;  629.    Welcker,  Gr.  Tr.  Totenopfern  zu  vergleichen,  eben  weil  es  fern 

1,  241 ;  245).     Bohde  (a.  a.  0.  49  ff.,    vgl.    Bh.  von  den  Gräbern  der  Verstorbenen  stattgefun- 

Mus.  50  (1895),  600  ff.)  bestreitet,  daß  die  Er-  den  habe,  bietet  aber  eine  Erklärung  der  Sache. 

Zählung  von  der  Befragung  des  T.  von  allem  Nun  erwähnt  Strdbo  (16,  38  p.  762)  neben  Am- 

Anfang   an   im  Zusammenhange   der  Odyssee  phiaraos  und  Trophonios,  die  beide  erst  Men- 


195      Teiresias  (Kult  zu  Tilphossion)  Teiresias  (Kult  zu  Orchomenos)      196 

sehen  gewesen  waren  und  dann  unsterblich  unter  dem  Tilphossion  mit  der  Zeit  ergangen  wäre  wie 
der  Erde  fortlebten,  den  T.  und  stellt  mit  der  dem  Alalkomeneion;  es  verfallt,  und  der  reli- 
Sage  von  jenen  beiden  die  Verse  Hom.  x  494  f.  giöse  Mittelpunkt  am  Kopaissee  wird  Orcbo- 
zusammen.  Es  wissen  hier  die  Sagen  von  Men-  menos  {(xruppe  78  f.),  das  die  Heroen  der  ganzen 
sehen  zu  erzählen,  die  lebend  von  der  Erde  ver-  Landschaft  in  die  Genealogien  seiner  Fürsten 
schlungen  wurden  und  dort,  wo  sie  in  die  Tiefe  verwebte,  dem  Hesiod  ein  Heroon  errichtete  und 
eingefahren  sind,  an  ganz  bestimmten  Stellen  als  Besitzerin  und  Hüterin  der  Quelle  Tilphussa 
unsterblich  weiter  lebten.  Mit  gutem  Grunde  und  der  Gebeine  des  T.  seine  besondere  Gunst 
wird  demnach  Strabo  die  drei  berühmten  Seher  genoß  (Bouche-Leclercq  a.  a.  0.  .'J,  333).  Ein 
zusammengestellt  haben,  weil  man  von  dem  lo  kleiner  Schritt  nur  weiter  war  es,  daß  die  Orcho- 
Fortleben  des  T.  unter  der  Erde  an  seinem  menier  behaupteten,  die  Gebeine  des  T.  in  ihre 
Orakel  zu  Orchomenos  Ähnliches  erzählt  haben  Mauern  gebracht  zu  haben,  womit  das  Orakel 
mag  wie  von  Amphiaraos  und  Trophonios.  Aus  des  T.  in  die  Stadt  verlegt  war.  Denn  das  Grab, 
der  Erzählung  Homers  von  der  Vorzugsstellung  der  Wohnsitz  des  Sehers  (vgl.  Bohde  a.  a.  0.  1,. 
des  T.  bei  den  Schatten  ertönt  ein  leiser  Nach-  160),  befand  sich  nunmehr  innerhalb  der  Stadt- 
klang der  Sagen  von  den  lebendig  und  mit  mauern.  Es  würde  dieses  Ereignis  eine  Par- 
un Versehrtem  Bewußtsein  entrückten  Sehern,  allele  zu  der  Überführung  der  Gebeine  des 
und  es  läßt  sich  die  Vermutung  nicht  von  der  Theseus  nach  Athen  sein.  Auch  der  Grund 
Hand  weisen,  daß  er  erst  seit  Homer  seine  für  das  Eingehen  des  *  ursprünglichen  Orakels 
Höhle  verlassen  habe  und  zu  den  Schatten,  aber  20  wäre  unschwer  beizubringen.  Die  Verehrung 
mit  unvermindertem  Bewußtsein,  also  als  er-  des  alten  Sehers  wurde  von  der  Priesterschaft 
habenes  Wesen,  versetzt  worden  sei,  während  in  Delphi  scharf  und  anscheinend  mit  Erfolg 
Amphiaraos  zu  Theben  und  Trophonios  in  Le-  bekämpft,  und  Theben,  das  das  Orakel  des 
badeia  verbleiben  durften  (vgl.  Bohde  1, 113 ff.).  alten  heimischen  Sehers  schmerzlich  entbehrte, 
Auch  noch  in  anderer  Beziehung  ergeben  sich  begünstigte  infolgedessen  aus  Kiv'alität  gegen 
durch  Vergleichung  des  T.  mit  Amphiaraos  Paral-  Orchomenos  das  delphische  Orakel  {Gruppe  78). 
lelen.  T.  wird  geblendet  und  erhält  dafür  als  So  erlosch  das  alte  Tilphossion,  über  der  Quelle 
Entschädigung  die  Prophetengabe,  die  ihm  auch  entstand  der  Tempel  des  Apollo  Tilphossios 
nach  dem  Tode  im  Hades  verbleibt,  während  {Strab.  9,  27  p.  411.  Burstan,  Geogr.  v.  Grie- 
Amphiaraos  vom  Blitz  getroffen  unter  die  Erde  so  clienl.  1,  234.  Baedeker,  Griechenl^  169;,  und  in 
entrückt  wird  und  aus  der  Tiefe  als  Seher  Orchomenos  erblühte  das  Orakel  des  T.  voa 
seine  Orakel  emporsendet.  So  sind  wir  durch  neuem.  Dagegen  ist  Bouche-Leclercq  3,  333  der 
Vergleichung  des  T.  mit  jenen  beiden  Sehern  Ansicht,  daß  T.  von  allem  Anfang  an  seine 
der  ursprünglichen  Bedeutung  des  T.  ein  Stück  Orakel  in  Orchomenos  erteilt  habe,  und  zwar 
näher  gekommen.  weil  er  nach  seinem  Tode  nicht  mehr  gewillt 
Wie  Amphiaraos  in  Theben  und  später  in  gewesen  sei,  seine  Sprüche  in  Theben  weiter 
Oropos,  Trophonios  in  Lebadeia,  so  ist  auch  zu  erteilen,  wo  sie  so  schlecht  befolgt  worden 
T.  angerufen  worden,  aber  nicht  in  Theben,  waren.  Den  wirklichen  Grund  für  seine  Ver- 
wie  man  als  selbstverständlich  annehmen  sollte,  nachlässigung  Thebens  kennen  wir  nicht.  Als 
sondern  außerhalb  seiner  Heimat,  die  die  Hei-  40  Parallele  dazu  kann  angeführt  werden,  daß 
densage  und  Tragödie  kennt.  Und  zwar  er-  es  {Herod.  8,  134)  vom  Orakel  des  Amphiaraos 
scheint  es  als  sicher,  daß  er  in  Tilphossion  im  thebanischen  Gebiet  heißt:  Qrißcäav  ovSsvl 
angerufen  worden  ist;  denn  da  befand  sich  ^iiGti  ficcvrsvsö&ai  «vroO-t,  und  der  Herakles- 
sein GraUmal  (Strab.  9,  27  p.  411 ;  9,  36  p.  413.  tenlpel  in  Erythrai  (Patis.  7,  5,  7;  8)  von  keiner 
Paus.  9,  33,  1).  Es  ist  also  weder  an  seinem  Frau  aus  Erythrai,  wohl  aber  von  thrakischen 
olavoaxoTtstov  zu  Theben  noch  an  seinem  Frauen  betreten  werden  durfte.  Die  dritte 
Kenotaphion,  das  ihm  die  Thebaner  errichtet  Möglichkeit  besteht  darin,  daß  das  Orakel  zu 
hatten  (Paus.  9,  16,  1.  9,  18,  4),  ein  Orakel  Tilphossion  mit  dem  zu  Orchomenos  identisch 
entstanden,  wenngleich  sie  den  Wunsch  danach  war,  insofern  als  dann  Orchomenos  im  wei- 
gehegt  haben  mögen.  Und  zwar  haben  wir  uns  50  teren  Sinne  zu  fassen  ist  als  das  Gebiet,  zu 
das  Grab  als  die  Wohnung  des  Sehers  zu  den-  dem  auch  Haliartos  nebst  Umgebung,  in  der 
kon,  der  unter  die  Erde  entrückt  ist,  dort  wei-  das  Tilphossion  lag,  gehörte.  Diesen  Stand- 
ter  lebt  und  von  da  seine  Orakel  emporsendet  punkt  vertritt  Stoll  (Bedeutung  des  Ares  S.  43  f.), 
(Gruppe  78.  Bohde  117  f.  A.).  Auch  aus  dem  K.  0.  Müller  (Orch.  72)  und  K.  F.  Hermann 
feindlichen  Auftreten  des  Apollon  gegenüber  (a.  a.  0.  §  41,  11).  Und  dieser  Ausweg  scheint 
der  dem  T.  geweihten  Quelle  Tilphussa  (Hom.  wohl  der  einfachste  und  einzig  natürliche  zu 
h.  2,  204  ff.  Strab.  9,  27  p.  411.  Pind.fr.  198  JB*.  sein.  Der  Apollotempel  bei  der  Tilphussa  wäre 
PatAS.  9,  33,  6.  Gruppe  77)  läßt  sich  folgern,  also  dann  entstanden,  als  das  Orakel  des  T. 
daß  T.  in  Tilphossion  zu  Hause  und  von  dort  überhaupt  schwieg  und  Apollo  die  Erbschaft 
durch  Apollon  verdrängt  worden  ist.  Freilich  ist  60  des  T.  vollständig  übernahm. 
die  Existenz  des  Orakels  an  der  Tilphussa  be-  Dieses  Orakel  zu  Orchomenos  oder 
stritten  worden,  weil  immer  nur  das  Orakel  des  besser  zu  Tilphossion  gehört  zu  denen,  über 
T.  zu  Orchomenos  erwähnt  wird.  Gab  es  also  die  man  am  wenigsten  unterrichtet  ist.  Es 
ein  oder  zwei  Orakel  des  T.  ?  Bestanden  die  klingt  wie  Ironie  des  Schicksals,  daß  man  bis 
zwei  dann  zeitlich  nebeneinander  oder  nachein-  jetzt  nur  von  dem  Verstummen  des  Orakels 
ander?  Wir  gehen  von  der  Tatsache  aus,  daß  etwas  weiß  (Plut.  de  def.  orac.  44  p.  434  C). 
T.  in  Tilphossion  sein  Grab  besaß,  also  ange-  Schwende  (AUg.Schulztg.lSS3,  873 ff.),  zieht  aus 
rufen  worden  ist.    So  wäre  es  denkbar,  daß  es  den   Angaben  Homers  über  T.,    der  ihm  den 


197      Teiresias  (Kult  zu  Orchomenos;  Teiresias  (Diener  des  Apoilon)       198 

goldenen  Stab  zuschreibt,  den  Schluß,  daß  eben,  so  viel  Möglichkeiten,  Bedingungen  zu 
jener  ihn  nur  als  Augur  gekannt  habe,  ein  stellen,  daß  die»  oder  jenes  geschähe,  bestand 
bloßes  Augurorakel  aber  in  Griechenland  nicht  für  ein  Orakel,  daß  bei  dem  bisherigen  Glauben 
vorgekommen  sei.  Daraus  folgert  er,  daß  das  an  seine  Unfehlbarkeit  ein  Mißlingen  eher  allem 
eigentliche  Orakel  des  T.  einmal  bestanden  anderen  als  seiner  plötzlich  eingetretenen  Un- 
habe,  aber  bald  untergegangen  und  so  T.  nur  fähigkeit  zugeschrieben  werden  mußte.  Es 
als  Augur  in  Erinnerung  geblieben  sei.  Und  konnte  diese  Pest  nur  eine  vorübergehende 
zwar  müßte  dieses  von  IHutarch  erwähnte  Ein-  Erscheinung  sein,  und  da  wäre  das  Verstum- 
gehen  des  Orakels  schon  vor  Homer  eingetre-  men  nicht  recht  verständlich  gewesen.  Zum 
ten  sein,  da  es  undenkbar  wäre,  daß  T.  gleich-  lo  anderen  müssen  wir  uns  aber  vergegenwärtigen, 
zeitig  auf  der  Oberwelt  Sprüche  erteilte  und  daß  Orchomenos  unter  der  zunehmenden  Ver- 
in  der  Unterwelt  weissagte,  da  ja  dann  Odjs-  sumpfung  der  Umgebung  durch  die  Über- 
seus  nicht  nötig  gehabt  hätte,  T.  bei  den  schwemmungen  des  Sees  litt,  die  Fieber  er- 
Schatten aufzusuchen.  Es  bedarf,  um  diese  zeugten.  Nach  übereinstimmenden  Nachrich- 
Ausführungen  zu  widerlegen,  nur  des  oben  an-  ten  ist  man  aus  diesem  Grunde  schon  in  alten 
geführten  Hinweises,  daß  T.  für  einen  der  Zeiten  zur  Verlegung  der  Stadt  geschritten 
vielseitigsten  Seher  galt  und  Homer  gerade  die  (Baedeker  a.  a.  0.  19'J).  Hängt  also  das  Ver- 
<  )rakelsprüche,  die  jener  aus  seiner  Gruft  stummen  des  Orakels  vielleicht  mit  diesem  Er- 
heraufsandte,  für  seine  Zwecke  umbildete  und  eignis  zusammen,  bei  dem  die  Stimme  dps  T. 
mit  dichterischer  Freiheit  den  berühmten  Seher  20  versagt  hätte?  In  diesem  Falle  wäre  die  er- 
in  der  Unterwelt  auftreten  ließ  (Bohde  a.  a.  0.  wähnte  Pest  der  symbolische  Ausdruck  für  eine 
1,  123).  Also  nicht  das  Eingehen  des  Orakels,  lange  Reihe  von  Verwüstungen,  die  die  alte 
von  dem  Plutarch  {de  def.  orac.  A^  p.  434  C)  Stadt  heimsuchten.  Aber  noch  in  anderer  Weise 
spricht,  ist  für  den  Dichter  der  Nekyia  der  ließe  sich  die  Pest  als  symbolischer  Ausdruck 
Anstoß  gewesen,  den  T.  zu  den  Schatten  zu  deuten:  als  nämlich  Orchomenos  in  späterer 
versetzen,  im  Gegenteil,  er  nutzte  die  Anrufung  Zeit  durch  eine  Kette  von  Verwüstungen  und 
eines  in  der  Erde  hausenden  dämonischen  Zerstörungen  immer  mehr  von  seiner  früheren 
Wesens  für  den  gegenwärtigen  Vorstellungs-  Blüte  einbüßte  und  eine  Stadt  zweiten  Ranges 
kreis  aus,  dem  an  ein  unterirdisches  Lokal  ge-  wurde.  So  wurde  infolge  des  unablässig  fort- 
bundene  Wesen  damals  schon  unverständlich  30  schreitenden  Unglücks  T.  müde,  immerfort  eine 
waren.  Die  weitere  Annahme  Schwencls  von  verlorene  Sache  zu  stützen,  und  sein  Mund  ver- 
einem  Wiederaufblühen  und  einer  erneuten  Ver-  stummte.  Bauche- Leclercq  scheint  dieses  Ein- 
drängung des  Orakels  müssen  wir  übergehen.  gehen  in  eine  sehr  späte  Zeit  rücken  zu  wol- 

Dieses  xQrietriQiov   des   T.    zu    Orchomenos,  len,   da  er  die  Verehrung  des  Asklepios,   des 

wie  es  gewöhnlich  heißt,  ist  ohne  Zweifel  ein  Serapis  und  der  Isis  an  die  Stelle  des  verges- 

Erdorakel,    d.  h.    Inkubationsorakel    {Nitssch,  senen  Sehers  treten  läßt   (3,  333),   von  denen 

Anm.  z.  Odys.  3,  151)  gewesen,   obschon  Flu-  jener   viele   Ähnlichkeit    mit    T.    besitzt    (vgl. 

tarch  das  nicht  ausdrücklich  gesagt  hat.    Es  Bohde  1,  141  ff.). 

ergibt  dies   aber  der  Zusammenhang,  in   dem  Es  kann  diese  Pest  aber  auch  nur  eine  von 

er  davon  handelt  (vgl.  Bohde  1,  118),  da  er  es  40  Plutarch  erfundene  Motivierung  sein,   braucht 

mit  dem  Traumorakel  von  Mallus   zusammen-  also  nicht  verbürgt  zu  sein,  oder  diese  Legende 

stellt  und  überhaupt  lokale  Einwirkungen  von  hat  sich  im  Laufe   der  Zeit  entwickelt.     Wir 

Dünsten  aus  der  Erde  voraussetzt  (K.  F.  Her-  haben  oben  gesehen,  daß  T.  als  Seher  des  Zeus 

man7i  a.  a.  0.  §  41,  11).    Es  ist  also  nicht  ein  bezeichnet  und  ferner  nur  noch  zu  Athena  in 

Totenorakel  gewesen,  wo  Tote  beliebig  zitiert  Beziehung  gesetzt  worden  ist.     Bei  den  Tra- 

werden   konnten,    sondern   ein  Orakel,   wo   in  gikern  hingegen  erscheint  er  durchaus  als  der 

Träumen   oder   sonstigen  Visionen    der    Seher  Diener  und  Vertreter  des  Apoilon.  Inder 

erschien  (vgl.  Stengel  a.  a.  0.  54 f.  Nägelsbach,  Er/ählung  des  Sostratos  von  T.  (Eustatk.  Schol. 

Nachhomer.  Theol.  190.  K.  F.  Hermann  a.  a.  0.  Hom.  x  494  p.  1665,  47  ff.)  lehrt  Apoilon  den  T., 

Bohde  1,  120  ff.    Preller -  Bobert  810).     Stengel  50  der  hiernach  anfangs  ein  kleines  Mädchen  ge- 

S.  56   faßt   es   als  Totenorakel  auf,   fügt  aber  wesen  sein  soll,  die  Musik  und  Mantik,  und 

hinzu,  daß  es  von  den  von  ihm  S.  54 f.  erwähn-  schließlich  nach  sieben  Verwandlungen   stirbt 

ten  Traumorakeln  nicht  sehr  verschieden  ge-  T.,  indem  er  in  eine  Maus   verwandelt  wird, 

wesen  sei.  Hieraus  können  wir  ersehen,  wie  der  Kult  des 

Nach  Plutarch  a.  a.  0.  verstummte  dieses  Apoilon  sich  des  Ruhmes  des  T.  zu  bemächtigen 
Orakel  des  T.  infolge  einer  Pest,  in  der  viel  gesucht  hat.  Einmal  soll  nach  dieser  Legende 
Volks  umkam,  und  trat  seit  dieser  Zeit  nie  T.  seine  Prophetengabe  dem  Apoilon  verdanken, 
wieder  in  Tätigkeit.  Über  die  Zeit  nun,  in  Ferner  galt  die  Maus  im  allgemeinen  für  ein 
der  diese  Seuche  eingetreten  sein  soll,  verlautet  prophetisches  Tier,  und  besonders  war  sie  dem 
gar  nichts.  Es  muß  also  dieses  Erlöschen  des  60  Apoilon  heilig  {Gruppe  803).  Schon  hierin  kön- 
Orakels  sehr  lange  zurückgelegen  haben;  sonst  nen  wir  also  eine  mythologische  Verbindung 
hätte  wohl  Plutarch  etwas  Näheres  darüber  an-  zwischen  T.  und  Apoilon  feststellen.  Ferner  be- 
gegeben. Anscheinend  hat  er  selbst  nichts  dar-  kämpft  während  des  Krieges  der  Epigonen 
über  in  Erfahrung  bringen  können.  Nun  ge-  Apoilon  den  T.  {Apollod.  3,7,  2);  denn  wie  diese 
nügt  freilich  ein  Mangel  an  Rat  bei  einer  jenen  befragt  hatten,  offenbarte  er  ihnen  das 
Seuche  allein  noch  nicht,  um  ein  wirklich  an-  unfehlbare  Mittel,  den  Sieg  zu  gewinnen,  in- 
gesehenes und  bewährtes  Orakel  zum  Schwei-  dem  er  sie  veranlaßte,  den  Alkmaion  zum 
gen  zu  bringen.    So  viel  Freiheit  in  den  Sprü-  Führer  zu  nehmen.    Und  der  Krieg  endete  mit 


199      Teiresias  (lokaler  Orakelgott?)  Teiresias  (lokaler  Orakelgott?)       200 

der  Vernichtung  der  Stadt,  dem  Tode  des  T.  ßoi^vog.    Bohde,  Psyche^  1,  132),  wie  demnach 

und  der  Weihung  der  Manto  nach  Delphi.  Der  Apollon  selbst  in  Delphi  als  Eindringling  aner- 

Tod  des  T.  während  des  Epigonenkrieges  am  kannt  wird,  so  sehen  wir,  daß  in  Tilphossion 

Quell  Tilphussa  scheint  demnach  der  delphi-  an  die  Stelle  des  alten  Erdorakels  Apollon  sei- 

schen  Priesterlegende  zu  entstammen.    Zudem  nen  Tempel  setzte  und  selbst  an  Stelle  des  T. 

bemächtigte  sich  der  Kult  des  Gottes,  begün-  Sprüche  erteilte.    Ein  besseres  Los  hatten  Am- 

stigt    und    unterstützt    durch    seine    rührige  phiaraos  und  Trophonios;  ihre  Verehrung  und 

Priesterschftft  in  Delphi,  der  Nachkommenschaft  ihr  Ansehen  blieb  selbst  in  späten  Zeiten  un- 

des  T.    Nach  dem  Falle  Thebens  wurde  Manto,  beeinträchtigt,  und  ihre  Göttlichkeit  wurde  an- 

seine  Tochter,  sie  selbst  eine  berühmte  Seherin,  lo  erkannt,  indem  sie  als  Zeus  Amphiaraos  und 

unter  den  Erstlingen  der  von  den  Argivern  dem  Zeus  Trophonios   angerufen   wurden   {Ps.-Di- 

Apollon  für  die  Eroberung  Thebens   gelobten  kaiarch,  JDescr.  Gr.  I  56  {Geogr.  Gr.  Min.  1, 100). 

Beute  nach  Delphi  geweiht  {Äpoüod.  3,  7,  4),  /.  Gr.  Sept.  l,  3498;  412.    Meister,  Boot.  Inschr. 

und   bezeichnenderweise   heißt  sie  als  solche  423  {Collitz,  Gr.  Dialektinschr.  1,  p.  163)).    Auf 

bei  Diod.  (4,  66)  nicht  Manto,  sondern  Daphne,  diese  Weise  haben  diese  beiden  die  Umwand- 

d.  h.  Seherin  des  Apollo   (vgl.  Panofka,  Der  lung  vom  Gotte  zum  Menschen  und  zurück  zur 

Mantositz   am  Ismenion  [Ärch<ieol  Ztg.  1845,  Göttlichkeit  durchgemacht,  T.  nur  die  vom  Gotte 

56ff.J).    Weiterhin  ist  Manto  von  Delphi  nach  zum  Menschen  mit  erhöhtem  Range  im  Hades 

Kolophon    geschickt   worden,    um    dort    dem  und  mit  göttlichen  Ehren  bei  den  Thebanern 

Apollon  zu  dienen  {Paus.  9,  33,  2).    Ihr  und  des  20  (Diod.  4,  66). 

Khakios  Sohn  Mopsos  ist  Seher  in  Kolophon,  Die  Umwandlung  des  Orakelgottes  T.  zum 
also  Diener  des  Apollon  {Patis.  7,  3,  2).  Der  Tod  sterblichen  Seher,  als  welchem  wir  ihm  zuerst  in 
des  T.  und  die  Versklavung  der  Manto  wird  in  den  Sagen  des  He^iod  und  Pherekydes  in  seinen 
der  Mythen  (Sprache  wohl  die  Bedeutung  gehabt  Beziehungen  zu  Zeus  und  Athena  begegnen, 
haben,  daß  es  mit  Tätigkeit  des  alten  Orakel-  hat  wohl  die  Nekyia  und  die  delphische  Prie- 
verkünders  T.  nunmehr  aus  ist  und  er  von  einem  sterschaft  zu  Wege  gebracht.  Diese,  die  den 
Nachfolger  abgelöst  wird.  Dies  erfahren  wir  im  unbequemen  Nebenbuhler  ihres  Gottes  be- 
weiteren noch  deutlicher.  Die  Quelle  Tilphussa  kämpfte,  hat  auch  die  Sage  erfunden,  daß  T. 
verschwindet,  zwar  nicht  vollständig,  aber  ihre  —  analog  dem  Python  in  Delphi  —  in  Til- 
Umgebung  leidet  immer  mehr  unter  der  Ver-  30  phossion  begraben  sei,  eine  Version,  die  von 
sumpfung  der  Gegend,  und  sie  selbst  gerät  in  der  Heldensage  weiter  ausgesponnen  worden 
das  Sumpfgebiet,  so  daß  sie  den  Namen  Quelle  ist.  Jene  hat  die  Befragung  des  T.  in  die 
nicht  mehr  verdiente  {Baedeker  a  a.  0.  169).  Unterwelt  verlegt  und  ihn  dadurch  zum  Sterb- 
Die  delphische  feindliche  Priesterschaft  erzählte  liehen  herabgedrückt;  denn  im  Hades  befan- 
natürlich,  daß  sie  in  die  Unterwelt  versunken,  den  sich  ja  nur  die  Seelen  der  Abgeschiedenen. 
und  zwar  von  Apollon  hinabgestoßen  worden  Aber  er  wurde  hier  nicht  als  gewöhnlicher 
sei,  weil  sie  einen  Tempel  des  Gottes  zu  bauen  Sterblicher  aufgefaßt;  denn  die  Erinnerung  an 
nicht  habe  gestatten  wollen  {Strab.  9,  27  p.  411.  seine  ursprüngliche  Göttlichkeit  verlieh  ihm 
Hom.  h.  2,  204  ff.  Pind.  fr.  198  B.*).  DieWoh-  einen  erhöhten  Rang  unter  den  Schatten  und, 
nung  des  alten  Sehers  bildete  sein  Grab.  Dies  40  die  Sage  nunmehr  rückwärts  bildend,  ein  Le- 
blieb bestehen,  aber  auf  der  Höhe  über  dem  ben  auf  der  Oberwelt  von  ungewöhnlicher 
Grabe  erhob  sich  nun  der  Tempel  des  Gottes,  Länj^e,  das  ihn  ebenfalls  über  alle  Sterblichen 
der  nunmehr  Orakel  erteilte,  des  Apollon  {Paus.  erhob.  Zu  Apollon,  der  ihn  verdrängt  hatte, 
9,  33,  1.  Strab.  9,  36  p.  413;  27  p.  411.  Bur-  trat  er  sodann  als  sein  Prophet  und  Verkün- 
sian,  Geogr.  von  Griechenl.  1,  234.  Baedeker  der  seines  Willens  in  Beziehung.  Die  Helden- 
a.  a.  0.).  Aus  dem  oben  Ausgeführten  erhellt,  sage  und  Tragödie  hat  im  Laufe  der  Zeit  die 
daß  T.  ein  lokaler  Orakelgott  gewesen  ist,  Rolle,  die  der  sterbliche  Seher  auf  Erden  ge- 
dessen  Verehrung  auf  ein  kleines  Gebiet  be-  spielt  hat,  weil  ein  Seher  von  sieben  Menschen- 
schränkt  blieb.  Bei  dem  Eingehen  des  Kultes  altern  und  mit  un geschwächtem  Verstand  im 
braucht  nicht  einmal  an  ein  Verdrängen  im  50  Hades  kein  Verständnis  mehr  fand,  so  erwei- 
feindlichen  Sinne  gedacht  zu  werden.  Es  kam  tert,  daß  jede  Erinnerung  an  seine  Göttlich- 
eine neue  Zeit,  der  das  Verständnis  für  die  keit  verwischt  wurde.  Und  so  blieben  nur 
alten  Götter  abging.  So  mußte  Kronos  sein  Sagen  von  seinem  irdischen  Dasein  im  Schwange. 
Regiment  an  Zeus  abgeben,  und  T.  fand  in  ni^  i 
Apollon,  der  sich  unter  den  Olympischen  Göt-  Bildwerke, 
tem  zum  Orakelgott  xar'  i^oxvv  entwickelte,  1.  Die  Unterredung  zwischen  T.  und 
seinen  Nachfolger.  Zwei  Orakelgötter  in  so  dem  Könige  Oidipus  (Fig.  1)  ist  anscheinend 
unmittelbarer  Nähe  wie  T.  in  Tilphossion  und  auf  einem  Vasenbilde  dargestellt,  das  Raoul- 
ApoUon  in  Delphi  waren  auch  zu  viel;  einer  Rochette  {Monum.  inedits  pl.  78)  zuerst  bekannt 
mußte  weichen.  Wie  die  Verehrung  des  Tri-  60  gemacht  und  K.  0.  Müller  {Hdb.  d.  Arch.  §  412, 
ton  durch  den  Kult  des  Dionysos  ersetzt  wurde  3  S.  643)  trefflich  gedeutet  und  erläutert  hat 
und  die  Verdrängung  als  ein  Kampf  geschil-  (vgl.  Overheck,  Heroengall.  T&f.  2, 11.  Panofka, 
dert  wird  {Paus.  9,  20,  4;  5),  wie  in  Delphi  Arch.  Ztg.  3.  Jahrg.  1846,  53 f.).  Der  blinde 
unter  dem  Omphalos  der  Erdgöttin  im  Tempel  Seher,  in  reich  geschmücktem  Gewand  und 
des  Apollon  ein  göttliches  Wesen,  Python,  be-  Schleier,  stützt  sich  mit  seiner  Linken  auf  einen 
graben  lag,  also  ein  Gott  über  dem  Grabe  des  Knaben,  der  ihn  führt  wie  in  Soph.  Oid.  Tyr. 
andern  seinen  Sitz  aufgeschlagen  hatte  (Farro,  und  einen  Lorbeerzweig  trägt,  das  Zeichen  des 
L.  L.  7, 17.  Boscher,  Omphalos  66.  Hes.  s.  To^iov  apollinischen    Propheten.      Einen    mit   einem 


?01 


Teiresias  (Bildwerke) 


Teiresias  (Bildwerke) 


202 


Tempelchen  gekrönten  Stab  trägt  T.  in  seiner 
Hechten,  da  er  ohne  Stab  nicht  denkbar  ist. 
Der  König  ist  auf  dem  Throne  sitzend  darge- 
stellt,  er  hält   in   der  Hechten  ein  mit  einem 
Adler    verziertes    Szepter    und    ist    lorbeerbe- 
A ranzt;   hat   also   eben  geopfert  oder  ist  dazu 
ereit.     Hinter   dem    Könige   links   stützt  sich 
ine  weibliche  Person  auf  ein  Bassin  und  schaut 
labei  in  einen  Spiegel.    In  ihr  erblickt  Panofka 
.  a.  0.  S.  54  Dirke,  Höfer  (Art.  Oidipus  3,  1, 
^p.  731)  lokaste.     Von  den  Göttern,   die  ober- 
lalb  dargestellt  sind,  also  die  Szene  beobach- 


indessen  zugibt,  daß  sich  auch  die  Unter- 
redung des  T.  mit  dem  Könige  Kreon  nach 
Soph.  Ant.  V.  975 ff.  herauslesen  lasse  (s.  Fig.  1). 

2.  Zahlreicher  sind  die  Abbildungen,  die 
sich  mit  der  Befragung  des  T.  durch  Odys- 
seuH  in  der  Unterwelt  beschäftigen. 

a)  Der  Moment,  wie  die  Schattengestalt  des 
T.  aus  der  Tiefe  aufsteigt,  ist  auf  einem  meister- 
haft gemalten  Vasengemälde  {Man.  Inst.  5, 14)  in 
10  engster  Anlehnung  an  Homer  {X  9»  ff.)  zum  Aus- 
druck gebracht  worden  (Fig.  2).  Der  Schatten  des 
T.  —  nur  das  Haupt  ist  hier  zu  sehen,  da  er 


TEH^-EiTI^TI^^Tri^I^TrE^J^^I^IL^ILnlLnlLnlL^ll^l^ 


1)  Untere  Keihe:    lokaste (?),   Oidipus,   Teiresias   mit   seinem  Knaben.  —  Oben:   Athena   (Onkaia),  Apollon  (Ismenios), 
Aphrodite  (Mutter  der  Harmonia?).    Nacb  Overheck,  Die  Bildwerke  zum   thebischen   und   troischcn   Heldenkreis  Taf.  II,  11. 


ten,  ist  anwesend  Athena,  auf  den  Schild  ge- 
lehnt, den  Helm  in  der  Rechten  und  die  Lanze 
in  der  Linken,  neben  ihr  Apollon,  lorbeerbe- 
kränzt, der  sich  mit  ihr  über  den  Vorgang 
unten  unterhält,  und  Aphrodite,  die  mit  der 
Linken  die  Brust  etwas  entblößt.  Die  drei 
Götter  sind  sitzend  gedacht;  zwischen  Athena 
und  Apollon  steht  ein  Kästchen,  und  Aphrodite 
stützt  sich  mit  der  Rechten  auf  ein  größeres 
Kästchen.  Möglicherweise  soll  dadurch  Theben 
angedeutet  werden  (Hesych.  s.  v.  Sri^cf  noXig 
BoLcoxiag  '/.al  ■aißmtLOv).  Neben  den  Göttinnen 
ist  je  ein  Stern  angebracht,  neben  Apollon  ein 
Stierschädel  mit  Perlschnüren.  Eine  brennende 
Lampe  auf  einem  Pfeiler  zur  Rechten  schließt 
die  Szene  ab.  Anscheinend  tritt  T.  in  dieser 
Szene  auf,  um  dem  Könige  Oidipus  sein  drohen- 
des Geschick  zu  verkünden  (Overheck,  Heroen- 
gall.  S.  62 ff.  nr.  75)  nach  Soph.  Oid.  Tyr.  v. 
316  ff.  In  gleichem  Sinne  deuten  dieses  Bild 
Pm^ofka  a.  a.  0.  und  K.  0.  Müller  a.  a.  0.,  der 

BoscHXR,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V. 


im  Emporsteigen  gedacht  ist  —  erhebt  sich 
mit  geöffnetem  Munde  aus  der  Tiefe,  anschei- 

50  nend,  um  dem  Odysseus  zu  gebieten,  was  X  95 
angegeben  ist.  Odysseus  ist  nämlich  noch 
auf  einem  Steinhaufen  sitzend  dargestellt  und 
hält  das  blutige  Schwert  in  der  Rechten  ge- 
senkt in  Erwartung  des  Sehers,  nach  dessen 
völligem  Auftauchen  er  sich  dann  schnell  er- 
heben wird.  Die  Köpfe  der  geschlachteten 
Schafe  liegen  an  der  Grube.  Zu  beiden  Seiten 
stehen  die  Gefährten,  die  nach  X  23  den  Od. 
zum  Hades  begleitet  haben;  sie  sind  vomMa-' 

60  ler  als  nicht  geradezu  bei  dem  Vorgang  inter- 
essiert aufgefaßt.  Der  Seher  ist  auf  dem  Ge- 
mälde blind  gedacht,  wie  die  Darstellung  sei- 
ner Augen  ergibt;  ein  voller  Bart  umrahmt 
sein  Kinn.  Der  Kopf  unseres  Sehers  ist  mat- 
ter und  weniger  ausdrucksvoll  ausgeprägt,  weil 
er  einer  Schattengestalt  angehören  soll.  Die 
Art  der  Ausführung  hat  Verdacht  erregt,  und 
der  Kopf  ist  geradezu  für  interpoliert  erklärt 

8 


203 


Teiresias  (Bildwerke) 


Teiresias  (Bildwerke) 


204 


2)   Odysseus  befragt  den  Teiresia»  am  Bande  der  Unterwelt. 
Nach  Baumeister,  Denkmäler  des  klatt.  Altertums  II  Abb.  1254. 


worden  {PhilolÄfizeig.  1873,  572,  4;  Tgl.  Prdler- 
Plew*  2,  468  A.  1).  Dagegen  hat  Baumeister 
(Denkm.  Sp.  1040),  dem  wir  eine  lebensvolle  Be- 
schreibung dieser  Szene  mit  Abb.  (Sp.  1040)  ver- 
danken, festgestellt,  daß  nach  neueren  Unter- 
suchungen die  Linien  durchaus  antik  sind  (vgl. 
noch  den  Art.  Odysseus  3,  1,  Sp.  672  mit  Abb. 
Welcher,  Ä.  2>.3, 452  f. ;  Lejugement  de  Paris  79— 
84,  dazu  pl.  XIX.  Overbeck  T.  32, 12,  s.  Abb.  2). 
b)  Den  Augenblick,  wo  T.  dem  Odysseus  seine 
Schicksale  verkündet,  bringt  ein  flaches  Relief 
im  Louvre  zum  Ausdruck  (Fig.  3),  abgebildet 
bei  Baumeister  {Denkm.  Sp.  1041).  T.  ist  in- 
zväschen  heraufgestiegen  und  hat  sich  nieder- 
gesetzt. Er  ist  in  einen  langen  Priesterman- 
tel gehüllt,  der  ihm  das  Haupt  noch  mit  be- 
deckt. Seine  Füße  sind  nackt.  Der  kahle,  öde 
Felsen,  der  das  unwirtliche  der  Unterwelt 
zum  Ausdruck  bringen  soll,  dient  ihm  gleich- 
zeitig als  Thronsessel  (Baumeister).  Seine  Linke 
umspannt  das  Szepter,  während  die  Rechte, 
die  den  Stab  ebenfalls  umfaßt,  gleichzeitig  die 
Stirn  stützt,  um  sein  tiefes  Nachdenken  anzu- 
deuten, was  anscheinend  gleichfalls  das  halb- 
geschlossene Auge  ausdrücken  soll.  Der  gött- 
liche Dulder,  der  ihm  gegenüber  steht,  ist  vorn- 
über gebeugt  in  nachdenklicher  Haltung  ge- 
bildet; er  lauscht  scharf  den  Worten  des  Sehers, 
um  alles  genau  in  sich  aufzunehmen  und  sich 
einzuprägen.  Sein  linker  Fuß  stützt  sich  auf 
einen  Felsblock;  über  dem  gebeugten  linken 
Knie  hält  er  den  Mantel  zusammengefaltet. 
Die  rechte  Hand  hält  das  kurze  Schwert  nach 
vorn  gestreckt,  während  er  mit  der  Linken  die 
Scheide  umfaßt.  Der  Körper  ist  völlig  unbe- 
kleidet.    Der  Kopf  auf  dieser  Abbildung  ist 


nach  dem  nun  folgenden  Bilde  ergänzt  worden. 
Dieses  Relief  ist  der  Auffassung  nach  jünger 
als  das  Vasengemälde  und  wahrscheinlich  rö- 
mischen Ursprungs  {Friederichs,  Bausteine  nr. 
776).  Vgl.  Baumeister,  Denkm.  Sp.  1041.  Art. 
Odysseus  3, 1,  Sp.672.  Witickelmann,  Mon.  ined., 
157,  Clarac,  Mus.  de  sculpture,  pl.  223,  nr.  250; 
40  MiUin,  Gal.  mythol.  175,  637. 

c)  Eine  freie  Wiederholung  dieser  Szene 
scheint  die  Darstellung  auf  einer  Glaspaste 
{Overbeck  T.  32,  10)  zu  sein  (vgl.  Baumeister, 
Denkm.  Sp.  1041.  Art.  Odysseus  3,  1,  Sp.  672). 

d)  Umstritten  ist  noch  die  Deutung  eines 
Bildes  auf  einem  etruskischen  Spiegel  {Ger- 
hard 2,  Taf.  240),  auf  dem  man  T.  erblickt, 
wie  er  schlafend,  auf  die  Schulter  des  Hermes 
gelehnt,  herbeiwankt,  von  dem  mit  dem  Schwerte 

50  in  der  Hand  dasitzenden  Odysseus  erwartet 
(vgl.  Art.  Odysseus  3,  1,  Sp.  671). 

e)  Der  gleiche  Moment  scheint  auf  einem 
Bilde  (Fig.  4)  zum  Ausdruck  gebracht  worden  zu 
sein,  das,  gegen  Ende  der  Republik  gemalt,  zu 
einer  Reihe  von  Odysseelandschaften  gehört,  die 
den  friesartigen  Schmuck  eines  Zimmers  auf  dem 
Esquilin  bilden  und  gewissermaßen  ein  bild- 
licher Kommentar  zum  10.  und  11.  Buche  der 
Odyssee  sind.     Und  zwar  ist  das   hierher  ge- 

60  hörende  Bild  das  beste  Stück  unter  den  Land- 
schaften, von  denen  nur  sechs  bis  sieben  ge- 
rettet sind.  Die  linke  Seite  nimmt  das  Meer 
ein,  auf  dem  das  Schilf  der  Rückkehr  des  Od. 
harrt.  Ein  gewaltiges  Felsentor,  das  sich  nach 
rechts  anschließt,  bezeichnet  den  Eingang  zur 
Unterwelt,  die  nun  folgt  und  als  Höhle  gedacht 
ist.  Durch  das  Tor  hindurch  fällt  ein  fahler 
Lichtschein  auf  die  sich  darinnen,  in  der  Mitte 


205 


Teiresias  (Bildwerke 


Teiresias  (Bildwerke; 


206 


des  Bildes  und  weiter  nach  rechts- 
hin  abspielende  Handlung.  In  der 
Mitte  der  Unterwoltszene  steht, 
von  links  nach  rechts  «gewandt, 
Odysseus.  Er  hält  den  Oberkör- 
per stark  nach  vorn  geneif^t,  in- 
dem er  den  linken  Fuß,  der  auf 
oinem  Steine  ruht,  gebeugt  hat 
und  sich  mit  dem  linken  Arm 
auf  das  linke  Knie  stützt.  Diese 
Haltung  deutet  an,  daß  er  voll  An- 
dacht den  Worten  dcB  T.  lauscht, 
der  ihm  gegenüber  ebenfalls  nach 
vorn,  also  nach  links,  gebeugt 
dasteht  und  in  der  Linken  seinen 
Stab  hält.  Zwischen  ihnen  beiden 
scheint  die  Grube  mit  dem  Blute 
angedeutet  zu  sein.  Zur  Linken 
sind  die  beiden  Gefährten  mit 
dem  Widder  beschäftigt.  Von 
rechtsher  nahen  sich,  einzeln  und 
in  Gruppen,  die  Schattengestalten, 
wie  Homer  es  geschildert  hat 
Zu  Häupten  der  einzelnen  Figuren- 
sind  ihre  Namen  angebracht  und 
lassen  keinen  Zweifel  über  die 
Bedeutung  des  Bildes  aufkommen. 
Abgebildet  ist  diese  Landschaft, 
die  also  im  Vergleich  zu  den  oben  erwähnten 
eine  Erweiterung  durch  Bevölkerung  mit  ande- 


.);  wujB^iua  und  Teiresias. 
Nach  Baumeister,  Denkmäler  des  klass.  Altertums  II  Abb. 


IL'55. 


In  Anlehnung  an  dieses  Bild  scheint  PreUer 

sein  Unterweltsbild  {Prellergalerie  zu  Weimar) 

ren  Gestalten  aus  der  Sage  von  der  Unterwelt  30  gemalt  zu  haben,  das  zu  den  Freskogemälden 


erfahren  hat,  bei  Woltmann  (Gesch.  d.  Mal.  1, 
113),  War  mann  (Die  antik.  Odysseelandsch.^ 
Landsch.  329),  Baumeister  {A.  Denkm.  Sp.  858, 
Abb.  939),  vgl.  Trendelenburg  {Arch.  Ztg.  1876, 
89 f.),  Art.  Odysseus  3,  1,  Sp.  672. 


gehört,  die  die  Rückkehr  des  Od.  und  seine 
Irrfahrten  illustrieren.  Denn  noch  auf  Veran- 
lassung von  Goethe  wurde  er  vom  Großherzog 
Karl  August  zu  seiner  weiteren  künstlerischen 
Ausbildung  nach  Rom  geschickt. 


4)  Odysseus  in  der  Unterwelt,  Wandgemälde  aus  Rom. 
Nach  Baumeister,  Denkmäler  des  klass.  Altertums  II  Abb.  939. 


207              Teiresias  (Bildwerke)  Teisiphone                      208 

8.  Nicht  erhaltea  ist  eine  der  Erinyen  (s.  d,),  deren  Name  aus   der 

a)  das  berühmte  Gemälde  Polygnots,  die  Vorstellung  abgeleitet  ist,  daß  diese  Göttinnen 
gan«e  Unterwelt  darstellend,  ans  der  delphischen  den  Mord  strafen  (vgl.  JEur.  Or.  323:  ^iBXdYXQm- 
Lesche,  die  zweite  große  delphische  Komposi-  tsg  Ev(isviöfg . .  .  tivvfisvai  qpövov),  also  von  ri- 
tion  des  Meisters  {Arch.Ztg.  1877,  120fif.;  1884,  veiVy  rttaai  und  (popog,  Cornut.  de  nat.  deor.  10 
270f.).  Davon  können  wir  uns  nach  der  Schil-  (p.  83  Osann).  Eust.  ad  Hovi.  B.  763,  42,  Tzetz. 
derung  des  Pausanias  (10,  28,  1;  29,  8)  eine  Chiliad.  12,  82U.  Pyl,  Myiliol  Beiträae  1,  206. 
Vorstellung  davon  machen.  Der  Schatten  des  Pott,  Kuhns  Zeitschrift  b(lSbQ\266{.  M.Förster, 
T.  steigt  eben  auf,  um  aus  der  Grube  Blut  zu  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  113  (1876),  810  Anm.  18. 
trinken,  während  Odysseus  das  Schwert  über  lo  Bechtel- Fick ,  Die  griech.  Personentiamen  262 
die  Grube  haltend,  dort  kauert,  um  alle  Schatten  (wo  auch  auf  den  nach  der  Erinys  Teisiphone 
fernzuhalten,  bis  T.  vom  Blute  getrunken  hat  gebildeten  Personennamen  TetöiVoi^os  a^f  einer 
und  ihm  das  Bewußtsein  zurückgekehrt  ist.  Münze  von  Pherai  bei  Mionnet  3, 309  hinge- 
Der  Künstler  hatte  bei  seinem  Werke  nicht  wiesen  wird).  Eine  ganz  absurde  Etymologie 
nur  die  Begegnung  des  T.  und  Odysseus  sich  von  Tisiphone,  deren  Name  von  qpcovrj  abge- 
zum  Vorwurf  genommen,  sondern  nach  Dich-  leitet  wird,  findet  sich  bei  Fulgent.  Myth.  1,8 
tungen  und  Überlieferungen  der  Späteren  und  p.  21  Helm  (=  Lactant.  Plac.  ad  Stat.  Theb.  1,477) 
auch  nach  Mythen  der  Demetermysterieu  die  und  Expos.  Virgil.  continent.  p.  100,  10  Helm. 
ganze  Unterwelt  zur  Darstellung  gebracht  (iVc?-  Mythogr.  Lat.  1,109.  2, 12.  3,  6,  23  p.  187,  23. 
ler-Bobert  829  f.  O.Jahn,  Kieler  Philol.  Stud.  so  Die  Bemerkung  \on  J.J.  Eschenhurg,  Handbuch 
1841,  81—164.  Welcker,  Abh.  Berl.  Äkad.  d.  W.  d.  klass.  Literatur  309  (423*),  Tisiphone  werde 
1847,  B.  1849,  81—161.  Welcker,  Kl.  Sehr.  6.  besonders  zur  Erregung  ansteckender  Seuchen 
63—139.  i2Ä.  3fus.  26,  354 tf.  Art.  Odysseus  S,  abgesendet,  bedarf  starker  Einschränkung. 
1,  Sp.  671.  Baumeister,  Denkm.  1040  f.).  Aus  Der  Name  der  Erinys  Teisiphone  begegnet,  ob- 
der  ganzen  Anlage  und  Auffassung  des  Ge-  wohl  er  gleich  dem  ihrer  Schwestern  wahr- 
mäldes  ergibt  sich,  daß  es  dem  Vasenbilde  scheinlich  alt  ist,  in  der  Literatur  verhältnis- 
unter 2a)  nicht  als  Vorlage  gedient  haben  kann.  mäßig  spät.     Nach  Giuppe,  Gr.  Myth.  763,  10 

b)  Das  von  Nikias  im  folgenden  Jahrhun-  soll  er  sich  zuerst  bei  Vergil  finden;  doch  hat 
dert  mit  reicheren  Kunstmitteln  gemalte  Bild  ihn  schon  Lucilius  bei  Nonius  p.  427, 11  =  Lu- 
von  der  Unterwelt.  Es  führte  den  Namen  Ne-  so  cilitis  ed.  Marx  1, 13  v.  169 f.  und  2,  76  v.  169: 
kromantia  {Plin.  N.  H.  36,  132)  oder  Ninvta  Tisiphone  . . .  Eumenidum  sanctissima  Erinys. 
{Plut.  Non  passe  suav.  vivi  sec.  Epic.  11,  2.  Die  Ergänzung  einer  Inschrift  am  Altarfries 
1093  F.     Änthol.  Pal.  9,  792)  und  galt  für  ein  von  Pergamon  in  [Tiai]q)6[vri],  Inschr.  v.  Perga- 


sehr  berühmtes  Bild;  wollte  es  doch  der  Maler  mon  nr,  109  (andere  Vorschläge  sind  ^6[pog\ 

an  den  König  Ptolemaios  nicht  einmal  für  60  oder  $o[t^r]])  ist  zu  unsicher,  wenngleich  der 

Talente  verkaufen.     Nach  Anthol.  Pal.  9,   792  Gigantenname !äU73xro[s]  (insc/jr.  «j.Perp.nr.l  12) 

war  es  in  Übereinstimmung  mit  Homers  Bericht  beweist,    daß  zu  Beginn  des   2.  Jahrhunderts 

über  die  Begegnung  des  T.  und  Odysseus  ge-  der  Erinysname  kX{X)riyitoa,  imd  also  wohl  auch 

arbeitet;  es  ist  also  nicht  ausgeschlossen,  daß  Tsiaiq)6vri  und  Miyaiga,  bekannt  war.  Mit 
die    Darstellung    des    Vasenbildes    (vgl.    Art.  40  diesen  ihren  zwei  Schwesten  'AXIti-atw  und  Mh- 

Odysseus  3,  1,  671  f.    Baumeister^  Denkm.  1041)  ycciQu  verbunden  wird  sie  genannt  bei  Apollod. 

sich  an  dieses  berühmte  Bild  angelehnt  hat.  1,1,4.  Tzetz.  zu  Lykophr.AOB.  Hygin.  fab.  praef. 

[Buslepp.]  10,  5  Schm.    Cornut.  a.  a.  0.    Orph.  Argon.  982. 

Teiresiai  {Teigiaiai)  werden  (Aelian  de  nat.  Hymn.  69,  2.  Schol.  Hom.  II.  9,  464.   Suid.  s.  v. 

anim.  8,  6)  Seher  genannt,  die  ebenso  berühmt  E'biisviSsg  (p.  619,11  Bernh.).    Harpokrat.  s.  v. 

gewesen  sind  wie  Teiresias  (s,  diesen).  [Buslepp.]  Ei)iisviÖ£g  (p.  140, 16  Dindorf).    Schol.  Eur.  Or. 

Teisamenos  s.  Tisamenos.  37.  Schol.  Eur.  Troad.  467.   Tzetz.  Chil.  12,  SIS. 

Teisandros  (TsiGav^Qog).  1)  Nach  v.  Wilamo-  Eudocia  351  (p.  263  Flach).  Dracontius,  Medea 

witz,  Hermes  33  (1898),  519  ist  der  von  Pind.  481  ff.  {Poet.  Lat.  min.  5  p.  209).  Schol.  Lucan. 
Nem.  11,  33  genannte  UsiaarSgog  (s.  d.  nr.  6)  50  Pharsal.  6,  732  (p.  241  ed.  Endt).    Papyrusfrag- 

=  TeiaavSgog  =  Tsiaa^isvog   (vgl.  v.  Wilamo-  ment  aus  Gizeh  (römische  Epoche)  bei  Th.  Bei- 

witz,  Lectiones  epigr.  14),  Sohn  des  Orestes.  —  nach,  Papyrus  grecs  et  demotiques  p.  15  nr.  3. 

2)  Jüngster  Sohiu  des  Jason  und  der  Medeia,  Codex  Dresdensis  Da  AI  Fol.  1  {t&v  igivvvajv: 

von  der  Mutter,  um  sich  an  ihrem  Gatten  zu  fi^yaiga:  naicpovri  xai  ccXitw  [so!]).    Vgl.  auch 

rächen  (daher  wohl  auch  der  Name  Tsiaavögog)  die   oben   angeführte  Inschrift   aus  Anazarba. 

samt  seinem  Bruder  Alkimenes  getötet,  wäh-  Wo  sie  sonst  vorkommt  —  und  es  geschieht 

reud  der  dritte  Bruder,  Thessalos,  entkommt,  ihrer  sehr  oft  Erwähnung  — ,  erscheint  sie  ent- 

Diod.  4,  54.     [Höfer.]  sprechend   der   später  von  den  Erinyen  herr- 

Teisiphone  {Tsiaicpovri)  —  griechisch  nicht  sehenden  Vorstellung  mit  Schlangen  um  das 
Ti6i(p6v7i  (vgl.  Gruppe,  Gr.  Myth.  763, 10),  wie  60  Haupt  oder  in  den  Händen  {Verg.  Aen.  6, 570 f. 

TsLßicfovTi  neben  ^iTjxrcb  und  Meyatga  der  Dar-  Ov.  met.  4,  481.  PropeH.  3,  5,  40.  Tibull.  1,  3,  69. 

Stellung  der  drei  'EgHvvsig  (so!)  auf  einem  Re-  Verg.  Culex  218.  Seneca  Herc.  f.  984.  Hör.  Sat. 

lief  aus   Anazarba   beigeschrieben   ist   {Hicks,  1,8,34.  /Myew.  6,  29.  Stat.  Theb.  2,  2^S.  4,485. 

Journ.  of  hell.  stud.  11,  239,  5.    Heberdey  und  7,  466.   Val.  Flacc.  Arg.  4,  394.    Claudian.  De 

Wilhelm,  Beisen  in  Kilikien  in  Denkschriften  raptu    Proserpinae   1,  40.     Corippus,    lohann. 

d.  Kais.  Akad.d.Wiss.  in  Wien  phil-hist.  Klasse  3,111.  4,326)   das   Strafamt  in   der  Unterwelt 

44  [1896J,  VI  S.  38  nr.  94;  vgl.  auch  Le  Bas  (als    Schergin   des   Rhadamanthys ,   Verg.  Aen. 

1613.   Bamsay,  Journ.  of  philology  11,169)  —  555 ff.  Lucian.Catapl.  23.  26.  E.Norden,  P.Ver- 


209                      Teisiphone  Teithras                        210 

(rils  Maro  Äeneis  Buch  VI  S.  268)    ausübend,  süchtigen  Gemahlin  Kreons  ans   Furcht,  von 

/.?<mn.  P/mrs.  (5,  730  flF.    Fa?.  F/acc.  2, 194.    Sil.  jener  verdrängt  zu  werden,   als  Sklavin   ver- 

/^rt^.  2,  530.    Scneca  Herc.  Oet.  1012.    Stat.  Theb.  "kauft.     Der  eigene   Vater    ist   es,    der   später 

1,59.  4,213.   8,66.  758.  11,  208  fF.     Öfter  auch  ahnungslos,  daß  es  seine  Tochter  ist,  die  Skla- 

ontwickelt   Tisiphone    dieselbe  Tätigkeit    wie  vin  kauft.     Erst   als   Alkmaion    nach    Korinth 

Kris,  indem  sie  zum  männermordenden  Streite  kommt,  nm  seine  Kinder  zurückzuholen,  erfolgt 

anfeuert,    Verff.  Aen.  10,  7()1   —   (wo   sie   wie  die    Erkennung.    —    3)    Unsichere   Lesart    bei 

Georg,  ii, 662.  Petron.Sat.  121,120  p.  SS  ed.  Bue-  Quint.  Smyrn.  1,405,    wo    Alb.  Zimmermann 

cheler*  das  Epitheton  pallida  (pallens,  Seticca,  schreibt:   koXtuoio  6'  ^Qcog  Xccßtv  innoSdfioio  I 

Herc.  Oet.  10127  führt,  was  nach  Serv.  z.  d.  St.  lo  ytvriiidxoio  d-vyatQcc,  MsvBnroXiiioio  d'  ccxoitlv 

und  Donat.  Interpret.  Vergüian.  ed.  //.  Geprgii  Ttcicpov-qv,    darnach  wäre  also  Tisiphone  die 

2,  386,  11  [vgl.  H.  Georgii,  Die  antike  Äneis-  Tochter  des  Troers  Antimachos  und  die  Ge- 
kritik  384]  nicht  sowohl  auf  die  Göttin  selbst  mahlin  des  Meneptolemos.  Dagegen  schreibt 
zu  beziehen  ist,  als  vielmehr  auf  die  Wirkung,  Koechly  im  Text  (vgl.  aber  auch  die  adnot. 
die  ihr  Auftreten  hervorbringt:  quod  pallidos  crit.):  .  .  .  Xdßsv  ' InnodccuBiav  \  'A.  Q-.  ^iBVBTtroXd- 
faciat,  quos  ftirore  commoverit)  —  Val.  Flacc.  ^loio  d'  (z-koitiv  \  Tiaicpovov:  setzt  also  an  Stelle 
6,179.403.  ÄVZ.  J/aZ.  2,  532fr.  614 ff.  Stat.  Theb.  der  Tisiphone  einen  männlichen  Eigennamen 
6,467.  8,346.  9,150.  11,58.  483.  —  Vgl.  auch  Tiüicpovos  ein,  dessen  Gattin  die  Tochter  des 
Nonn.  Diom/s.  10.40.  12,218.  44,218.  Fetron.  Antimachos,  Hippodameia,  wäre.  Dieser  Tiai- 
Sat.  120,  97  (p.  87  Btiecheler*).  Stat.  Theb.  6,  492  20  (povog  begegnet  {nü.ch  Koechly)  bei  Quint.  Smyrn. 
(514).  Sil.  Ital.  13,575.  Val.  Flacc.  Arg.  3,214.  13,215  als  ein  von  Neoptolemos  erschlagener 
4,  410.  Carm.  Verg.  201,  3  in  Poet.  Lat.  min.  4  Sohn  des  Priamos,  während  Zimmermann  statt 
p.  199.  Auch  im  Liebeszauber  wird  T.  neben  Ticitpovog:  kvricpovog  (s.  d.)  schreibt.  [Höfer.] 
Hekate  angerufen.  Hör.  Sat.  1,  8,  34.  Bei  einer  Teisiphonos  s.  Teisiphone  nr.  3. 
unglücklichen  Ehe  funktioniert  sie  als  pronuba,  Teisipyle  {TsiöiTtvXri),  Amazone  in  skythischer 
Ov.  HeroicL  2, 117.  Nach  einer  auf  einen  Leon  Bogenschützentracht  neben  den  beiden  in  Ho- 
von  Byzanz  zurückgeführten  Erzählung  bei  plitentracht  dargestellten  Amazonen  Thraso 
{Flut.)  de  fl UV.  2,2  tötet  T.  den  schönen  Jung-  {©gaoo)  und  Hypsipyle  ('Tqp<yf7rvie,  so!)  im 
ling  Kithairon,  der  ihre  leidenschaftliche  I^iebe  Kampfe  gegen  Herakles  auf  einem  Voluten- 
zurückweist,  durch  eine  Schlange,  die  sie  von  30  krater  in  Arezzo,  abg.  Mon.  delV  Inst.  8  tav.  6 
ihrem  Haupte  nimmt  und  auf  ihn  schleudert.  (verkleinert  wiedergegeben  bei  Fwtwängler- 
Nun  gilt  zwar  der  Verfasser  der  Schrift  de  flu-  Feichold,  Griech.  Vasenmalerei  2  S.  3,  Abb.  2; 
viis  gemeinhin  für  sehr  unzuverlässig.  Unmittel-  s.unt.  Sp. 231/2  Fig.l),yie\hesserbeiFurtwängler- 
bar  an  die  Erzählung  von  T.  und  Kithairon  J^eic/ioZc?  a.a.O.  Tafel  61.  Zu  den  Inschriften  vgL 
schließt  er  die  Erzählung  vom  Streite  des  Heli-  0.  Jahn,  Annali  1864,  240 f.  (vgl.  245).  Heyde- 
kon  und  Kithairon  mit  Berufung  auf  Herme-  mann,  Mitteilungen  aus  d.  Antikensammlungen 
sianax,  eine  Erzählung,  die  auch  Automedes  von  in  Ober-  u.  Mittelitalien  {3.  Hall.  Winckelmanns- 
Mykene  nach  Demetrtos  von  Fhaleron  bei  Eust.  progr.)  104.  W.  Klein,  Die  griech.  Vasen  mit 
ad  Hom.  Od.  1466,  55  ff.  Schol.  Hom.  Od.  3,267  Lieblingsinschriften^  121  nr.3.  Der  Name  T.  soll 
{^.l^^y20i.)  undiLysanias von  Kyrenebei  Tzetz.  io  ebenso  wie  Hypsipyle  die  Amazonen  als  Be- 
JProZe^r.  ad  ZTesiot^Op.  30  (Ta?«/".  behandelt  hatten,  schützerinnen  ihrer  Stadt  und  ihrer  Tore  be- 
und  die  auch  in  Bruchstücken  der  Korinna  in  zeichnen,  Eeichold  a.  a.  0.  2,  5.  [Höfer.] 
Berlin.  Klassikertexte  5,  2,  26  ff.  (vgl.  v.Wilamo-  Teitanios  {Tsnaviog),  Beiname  des  Asklepios 
witz,  ebenda  4:7  f.)  erhalten  ist.  Es  ist  also  auf  einer  Weihinschrift  aus  Titane,  einer  der 
auch  bei  der  Erzählung  von  der  Liebe  der  Tei-  ältesten  (Paus.  2,  11,  6  f.  Thrämer  in  Boschers 
siphone  zu  Kithairon  nicht  ausgeschlossen,  daß  Lexikon  Bd.  1  Sp.  624,  48  ff.)  Kultstätten  des 
Pseudo-Plutarch  hier  nicht  geschwindelt  hat,  Gottes,  Corr.  Hell.  3  (1879),  193  nr.  2.  /.  G.  4, 
sondern  auf  eine  ältere  Quelle  zurückgeht.  [Vgl.  436.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1442,  11.  [Höfer.] 
jetzt  auch  Chatzis,  Der  Philosoph  und  Gram-  Teithras  {Tsi^gag),  Sohn  des  Pandion, 
matiker  Ptolemaios  Chennos  I.  Paderb.  1914  50  Epouymos  des  gleichnamigen  attischen  Demos, 
S.LIII  ff.,  dessen  Glaubwürdigkeit  nunmehr  auch  Schol.  Arist.  Ran.  ^11  (wo  Tid^gccg  steht).  Bei 
stark  gestiegen  ist.  R.]  —  2)  Nach  Furi-  Steph.  Byz.  s.  v.  ©ianna.  Eust.  ad  Hom.  II. 
pides,  kXv.iiaiav  (ßiä  Koqlv&ov)  bei  Apollodor  2,  498  p.  266, 13  =  Serotiian  ed.  ie>2^^  1,280, 19: 

3,  7,  7  (vgl.  Welcker,  Die  griech.  Tragödien  2,  Oegtcslcc,  noXig  BoicotLocg  .  .  .  OsöTiiddov  xt/g^cc, 
580  ff.  F.  A.  Basedow,  De  Euripiciis  f'abula  ^latä  öa  tivag  Qseniov  xov  Tsv^gavtag  xov 
kXxfiicov  6  ^lä  ÄoQLvd-ov  [Rostock  1872])  Toch-  TlavÖLovog  lautet  sein  Name  zwar  Teuthras, 
ter  des  Alkmaion  und  der  Manto,  der  Tochter  doch  wird  durch  seine  Bezeichnung  als  Sohn 
des  Teiresias  (nach  Immisch,  Jahrb.  f.  klass.  des  Pandion  seine  Identität  mit  dem  Epony- 
Phil.  Suppl.  17, 189  ist  Tsiqb6iov  bei  Apollodor  mos  der  attischen  TsLd'gccGioi  erwiesen,  Toepffer, 
fehlerhaft;  es  ist  vielmehr  nach  Paus.  1,43,  5  60  Att.  Genealogie  257  Anm.  5;  vgl.  auch  Paus.  3, 
dafür  UoXvdldov  zu  lesen).  Alkmaion  hatte  25,  4,  wo  der  Athener  Teuthras  als  Oikist  des 
während  eines  wegen  des  Muttermordes  (daran  lakonischen  Teuthrone  genannt  wird,  E.  Maaß, 
erinnert  wohl  auch  der  Name  Teisiphone)  über  De  Lenaeo  et  Delphinio  19.  Durch  die  Beischrift 
ihn  verhängten  Wahnsinnes  die  T.  und  einen  T\E\l^Qag  bezeichnet  ist  er  dargestellt  auf  einer 
Sohn  Amphilochos  gezeugt  und  beide  Kinder  rotfig.  Kanne  in  Neapel  als  schwerverwundeter 
dem  König  von  Korinth,  Kreon,  zur  Erziehung  Genosse  des  Theseus  im  Kampfe  gegen  die 
übergeben.  Als  T.  herangewachsen  war  und  Amazonen,  Heydemann,  Arch.  Zeit.  1869,  82 
in  Schönheit  erblühte,  wurde  sie  von  der  eifer-  nr.  11.   Vasensamml.  des  Museo  Nazion.  zu  Nea 


211                       Tekmessa  Tekmessa                       212 

prf  Äacc.  Ctti».  239  p.  884 f.  P.  Kretachtner,  Die  dorf  ein   üolches  BL-Scholion   kennen.    Vgl. 

griech.Vasenifitchriften  l'dbt.  ni.  116.  Ad. Klug-  auch    über    diese    Schollen    E.  Schwartz,   De 

mann^  Die  Amtuonen  in  der  attischen  Literatur  scholiis  Homericis  ad  historiam  fahularum  per- 

und  Kunst  60  f.  Vgl.  Tekmessa  1.    [Höfer.]  tinentihus:   Jahrb.  f.  klass.   Philol.   Suppl  12, 

Tekmessa  (7Vx^ijfftfa),altlateim8che  Namens-  S.  405  ff     Merkwürdigerweise  bietet  auch  der 

form  Tecumessa,  später  Tecmessa  (vgl.  Marius  sonst  so  geschwatzige  Eustathios  z.  ^t.   den 

Victorinus  1,  p.  2466  P  8  G  o.  p.  2467  P  U  G  Namen  T.  nicht). 

[Oramm.  Lat.  6  p.  8  sq.].  Priscian  1,  p.  666  P  In  welchen  griechischen  Dramen  außer  dem 

86  K  [Gr.  Lat.  2,  p.  291.    Dazu  EitscM,  Opusc.  sophokleischen  Aias  T.  noch  vorgekommen  sein 
2,  p.  474—76,  486  und   ebenda   Bibbecks  Zu-  lo  mag,    entzieht    sich    unserer    Kenntnis.      Ein 

Sätze  p.  612  ff.,  bes.  p.  622  f.  mit  Anm.   Femer  Drama  Tiytfirjaaa   nimmt  Nauck  hypothetisch 

Stolz  im  Handb.  d.  kl  A.  2',  S.  277  f.).  im  Index  fabularum   der   Trag.  Graec.  fragm. 

1)  Tochter  des  phrygischen  Königs  Teleutas  an.     Sonst   begegnet   der  Name   selten  in  der 

(die    erst    spät    bezeugte   Form   Teuthras    —  griechischen  Literatur,  so  daß  zwischen  Sopho- 

Dietys  2, 18 f.;  MaXalas,  Chronogr.  103  =»  Patrol.  kUs  und  Q.  Smyrnaeus  nur  noch  Philostratos  zu 

Oraec.  vol.  97,  p.  192;  Georgias  Kedrenos  T.  1,  nennen  sein  dürfte,  derT.  zusammen  mitiphis, 

p.  127  «  Patrol.  Graec.  vol.  121,  p.  267;  Tze-  der  Sklavin  des  Patroklos,   als  typisches  Bei- 

ttes  Chiliad.  3,  263  —   scheint  auf  Verwechs-  spiel    für    Kriegssklavinnen    nennt,    wie    dem 

lung  mit  Teuthras,  König  von  Mysien,  zu  be-  Palamedes   keine   zur    Seite    gestanden    habe 
ruhen;    vgl.    Lobeck   ad  Soph.   v.  210    [ed.  3,  ia  {Heroic.  11,  14).    Ferner  erwähnen  T.:  Suidas 

p.  182]),  von  Aias  auf  einem  Beutezug  gegen  s.  v.,    Tzetzes,  Chil.  3,  263,   Georgias  Kedrenos 

Phrygien   gefangen   genommen  und  zu  seiner  a.  a.  0.,  Joh.  Malalas  a.  a.  0.  p.  228  u.  p.  192 

Sklavin  gemacht.     Sie  wird   von   ihm  Mutter  (an  letzter  Stelle  ist  die  Erzählung  durch  eine 

des    Eurysakes.     Sophokles    läßt   jedoch    das  trockene  Beschreibung   des   Aussehens   der  T. 

Sklavenlos   der  T.  möglichst  wenig   drückend  und  Angabe  ihres  Alters  [17  Jahre]  erweitert). 

erscheinen;   sie  nimmt  fast  die  Stellung  einer  Vom  Weiterleben  der  Gestalt  der  T.  in  der 

rechtmäßigen  Gattin  ein  und  ist  in  treuer  Liebe  lateinischen  Dichtung  liegen   verhältnismäßig 

ihrem  Herrn  ergeben,  an  dessen  Händen  nicht,  mehr  Spuren  vor:  Ein  unbekannter,  vor  Julius 

wie  die  spätere  Sage  erzählte,  das  Blut  ihres  Caesar  Strabon  lebender  Dichter  schrieb  eine 
Vaters  klebte.   So  beschwört  sie  ihn  denn  auch  3D  Tecumessa   (vgl.   Marius  Victorinus  a.  a.  0.), 

bei  allem,  was  ihm  heilig  sein  muß,  bei  Zeus,  Julius    Caesar   Strabo    selbst    eine    Tecmessa. 

bei   ihrem   gemeinsamen  Ehelager,   bei  ihrem  Ferner  ist  Pacuvius  ine.  fdb.  fragm.  9  {Trag. 

Sohn  und  bei  seinen  alten  Eltern,  vom  beab-  Lat.  rell.  ed.  Bibbeck  1852)  vielleicht  als  Klage 

sichtigten  Selbstmorde   abzustehen  (v.  486  ff.).  der  T.  im  Armorum  iudicium  des  Pacuvius  auf- 

ünd  wie  sie  dann  doch  vor  seiner  Leiche  steht,  zufassen  {Bibbeck  a.  a.  0.  p.  292) ,    ebenso  At- 

rühmt  sie  ihn  noch  im  Tode  mg  xal  nccg  ixQ'Qotg  tius,  Arm.  iudic.  frgm.  8  u.  11  (vgl.  Bibbeck,B,.  a.  0. 

&^tog  »Qijvav  tvxBiv  {d24:).  Als  edle  Mutter  denkt  p.  131  u.  312  ff.,  und  Böm.  Trag.  S.  368  ff.)  auf 

sie   zuerst   an   ihren  Sohn  und   das   Sklaven-  T.  zu  beziehen.     Dagegen  ist  Ennius  Telamo 

Schicksal,  dem  er  nun  entgegensehe  (v.  944  f.),  fgm.  8  {Bibbeck  a.  a.  0.  p.  46  =  Ennius  ed. 
um  dann  erst  in  Klagen  über  ihr  eigenes  Los  40  Vahlen^  fgm.  1)  nicht  auf  T.,  sondern  auf  He- 

auszubrechen.    Aber  sie  ist  ein  frommes  Weib;  siona  oder  Eriboea  {Bibbeck  a.  a.  0.  p.  277  u. 

sie  weiß,  daß  auch  das  Unglück  von  den  Göt-  Böm.  Irag.  S.  134,  Vahlen  z.  Stelle)  und  ebenso 

tern  komn^t  (v.  950);   und   so   findet  sie  bald  Pacuvius  ine.  fab.  50  {Bibbeck  a.  a.  0.  p.  112) 

einen,  wenn  auch  nur  geringen,   Trost  in  der  nach  Bibbeck,  Böm.  Trag.  S.  229  auf  Hesiona, 

Überzeugung,  daß  nicht  seine  Feinde,  sondern  die  Mutter  der  Teucer,  zu  beziehen  und  nicht 

die  Götter  selbst  den  Aias  zu   Fall  gebracht  wie  das  Onomasticon  Tullianum  {Ciceronis  opera 

haben   (v.  970);   (vgl.  zu   ihrer  Charakteristik  ed.  Orellius  vol.  7)  s.v.  Tecmessa  will,  auf  Tec- 


auch    Welcker,    Kl.  Schriften  2,    S.  285.    292. 

300f.).  Der  Sophokleischen  Darstellung  schließt  In  Augusteischer  Zeit  tauchen  Reminiszen- 

sich   ziemlich   eng  Quintus  Smyrnaeus  an  (V,  so  zen  an  T.  auf  bei  Horaz  carm.  2,  4,  5f. ,    wo 

6,  21  ff.);  auch  bei  ihm  sind  die  Eltern  der  T.  Achill-Briseis,  Aiax-Tecmessa  und  Agamemnon- 

nicht  von  Aias  getötet  worden,   und   auch   er  Cassandra  als  gleichberühmte  Paare  nebenein- 

betont,  daß  Aias  die  T.,  obwohl  sie  nur  eine  ander  genannt  werden,  und  bei  Ooid,  der  sich 

XtiiöIti  war,  zu  seiner  aloxog  gemacht  habe  und  A.  A.  3,  517  ff.   über   die   mulier   maestissima 

zur  ^Ävccaacc  ndvtcov . .  .,  oatov  &vä  tfm/ia  yvvoü-  lustig  macht. 

xeg  Idvcoral  (isd^ovai  itccq  icvSgasi  %ovqi8ioi6C .  Bei  Dictys  a.  a.  0.  (vgl.  oben)  tötet  Aiax 
Ja  er  hat  ihr  versprochen,  sie  nach  der  Rück-  erst  den  Vater  der  T.  und  führt  sie  dann  selbst 
kehr  zur  Herrin  von  Salamis  zu  machen.  Die  in  die  Gefangenschaft.  Eine  etwas  konfuse 
über  des  Aias  Tod  Jammernde  tröstet  Agamem-  Notiz  bei  Servius  ad  Aen.  1,  619  gibt  als  Grund 
non  selbst:  Solange  er  und  Teukros  lebten,  63  für  die  Verbannung  des  Teucer  aus  Salamis  an, 
solle  sie  geehrt  sein  'wie  eine  Göttin'.  daß  er  T.  nicht  zu  Telamon  heimgeführt  habe. 
Bei  Homer  ist  T.  dem  Namen  nach  nicht  Ob  sich  dahinter  irgendwelches  Wissen  von 
bekannt;  sie  wird  nur  dls  Aiccvvog  yiQag  {A  13S)  den  weiteren  Schicksalen  der  T.  nach  dem  Ab- 
erwähnt. Das  A-Scholion  bietet  dazu  nur  das  zuge  der  Griechen  verbirgt,  läßt  sich  nicht 
Interlinearglossem  Tinuriaacc  (hierauf  scheint  mehr  erweisen.  Nach  Plut.  Alcibiad.  1  und 
auch  das  bei  Bekker  erwähnte  Scholion  in  BL  Piaton,  Alcibiad.  1,  p.  121  (vgl.  auch  Paus.  2, 
AHocvtog  dh  yiQccg  Tiniiriaau  i]  TeXsvcavtog  zu-  29,  4)  führte  Alkibiades  sein  Geschlecht  auf 
rückzugehen,   da  weder  Bachmann  noch  Din-  Eurysakes,  den  Sohn  der  T,,  zurück.     Jedoch 


213                     Teknophagos  Tektaphos                       214 

bestreitet   Töpff'er,  AU.  Genealogie  S.  278    die  Meineke  (vgl.  St/rdbo  10,  476),    der  aber  statt 

Existenz  eines  yivog  der  EvQvöaniSav  und  führt  Ti-nxcc^iog  die  Lesart  Tixroccpog  (vgl.  Bechtel  und 

Alkibiades  (S.  178  f.)  unter' den  Kupatridai  auf.  Fick,  Die  griech.  Personennamen  262)  hat  und 

—  2)  Eine    der    Amazonen,    die    von  Herakles  seinen    Schwiegervater    nicht    Kgrid't-vg    nennt, 

getötet  werden  (Diodor  4,  16,  3).     Die   Quelle  sondern   KgriSy  so  daß  man,   falls   man   diese 

des   Diodor   ist   an    dieser   Stelle,   wie  Holzer  beiden  Namen  nicht  für  identische  Varianten 

{Progr.    Tühivgen    1881;    vgl.    auch  iJ.  Bethe,  zu   halten    geneigt   ist,    bei  Diod.  4,  60    statt 

Quaest.  Diodoreac  Mythogr.  Gott.  1887  p.  41  tF.).  KQ7]^h(og:  Kgrirog^  wie  Jiaoul- Röchelte,  Colon. 

nachgewiesen  hat,  ein  Herakles-Enkomion  des  Gr.  2,  73  vorschlägt,  lesen  möchte.     Wesseling 

asianischen    Rhetors  Matris   (vgl.   auch   Jahn^  lo  zu  Diod.  5,  80  schreibt  bei  Steph.  Byz.  a.  a.  0. 

Annali  delV  Istit.  36,  1864,   p.  245  f.).     Zu  be-  statt  Tiürarpog:  T^xraftoff,   Pinedo  und  Berke- 

merken  ist  dabei,   daß  außer  dem  Namen  der  lius  auf  Grund  von  Eust.  ad  Hom.  Od.  1861,20 

Anführerin    der  Amazonen,   Melanippe,    samt-  {TlBXuöyovg  .  .  .  vvv  leysad-cci  xovg  iibtcc  Ksq-acc- 

liche   zwölf  bei  Diodor   genannte  Amazonen-  q>ov  slg  Kgijtriv  anoLyna&ivrag   ix   tfjg  ^-d-tob- 

namen  —  AöUa,    Alkippe,    Asteria,    Deianira,  ridog):    Kig-Kutpog,    während    es    doch    gerade 

Eriboia,    Eurybia,   Kelaino,   Marpe,    Philippis,  näher  liegt,  umgekehrt  bei  Eust.  a.  a.  0.  statt 

Phoibe,  Prothoe,  Tekmessa  —  sich  sonst  in  der  K^pxaqpog  aus  Steph.  Byz.  Ti-Ktacpog  einzusetzen, 

Literatur  nicht  finden,  was  bei  der  großen  Zahl  und  so  hat  auch  Welcker,  Aeschyl.  Trilogie  218 

von  überlieferten  Amazonennamen  (^'cÄoZ.  IWnZ.  Anm.  378   die  Änderung  KiQv.acpog  bei  Steph. 

P,  189  nennt  7,  Quint.  Smyrn.,  Posth.  1,  42ff. :  ao  Byz.  verworfen.    Nach  Wesseling  zu  Diod.  4,60 

13,  Tzetzes,  Posth.  174  ff.:  21,  ffygin.  fab.  163:  und  K.  Hoeck,  Kreta  2,25  Anm.  b  bietet  viel- 

15  von  den  bei  Diodor  genannten  abweichende  leicht  die  Überlieferung  des  Codex  Claromon- 

Namen;  vgl.   auch  die  Zusammenstellung  bei  tanus   TEvxa^og  (statt   Ta-urcc^og)   die   richtige 

Fr.  A.   ükert,   Die  Amazonen    [Abh.  d.  k.  b.  Form  des  Namens,  und  auch  Busolt,  Gr.  Gesch. 

Äkad.  d.  W.  München  1849]  S.  53  f.  Anm.  162  1»,  328   scheint  die   beiden  Namensformen  für 

\m.di  Stephani,  Compte  Mendic  dela  Comm.  Imper.  gleichberechtigt  zu  halten,  indem  er  schreibt: 

Archeol    pour   Vannee  1866   S.  174  f.    Anm.  2)  „unter  Tektamos  (Teutamos),   dem  Sohne  des 

immerhin  erwähnenswert  ist.     Zu  erklären  ist  Doros."     Über  die  Wanderung   des  Tektamos 

diese   Erscheinung    aus    der  Natur    fast    aller  und   seiner  Dorier  vgl.  Hoeck  a.  a.  0.  2,  24  ff. 

Amazonennamen,  die  selten  alter  Überlieferung,  so  0.  Müller,  Dorier^  1,  31,  1.    G.  Grote,  Gesch. 

sondern  freier  Erfindung  ihre  Entstehung  ver-  Griechenlands  1*  (Berlin  1880),  359.  Busolt,  Gr. 

danken  (vgl.  Jahn  a.  a.  0.  p.  246).    Auf  Vasen-  Gesch.  1*,  328.    Vgl.  Tektaphos.     [Höfer.] 

bildem  scheint  der  Name  Tekmessa  nicht  nach-  Tektaphos  {Ti-nxcccpog) ,   1)  Sohn  des   Doros, 

gewiesen  zu  sein,     [Ostern.]  s.  Tektamos.  —  2)  Fürst  des  indischen  Volks- 

Teknophagos    (Tfxroqpayos),    Beiname    des  stammes  der  Bolinger  {BaXiyyoci).,  Dionysios  in 

Kronos    in    mehreren    Würfelorakeln,    so    aus  den  Bassarika  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  BcoXlyyai. 

Attaleia   in    Pamphylien,    Kaibel,   Hermes   10  Bei  Nonn.  Dionys.  26,  101  ff. ,   der  möglicher- 

(1876),  199,  VII  =  Epigr.  1038  p.  455.    Journ.  weise  (vgl.  F.  Kuntze,  Die  Legende   von  der 

of  hell.  stud.  1912,  275  (vgl.  Bevue  epigraphique  guten  Tochter  in  Wort  u.  Bild  in  Neue  Jahrb. 

1  [1913]  S.  353),  aus  Anabura  in  Pisidien,  Ster-  40  für  das  klass.  Altertum  13  [1904],  283  f.;    vgL 

rett,  Paper s  of  the  American  School  of  Class.  auch  Reinh.  Köhler,  Über  die  Dionysiaka  des 

Studies  at  Athens  ^,213  nT.M2  =  Kaibel,  Her-  Nonnus  59)    auf  Dionysios   zurückgeht,    sind 

mes  23  (1888),  535,  aus  Termessos  in  Pisidien,  Tektaphos    und    seine   Tochter   Eerie    {'Hsgiri) 

Franz  Heinevetter,    Würfel-   und  Buchstaben-  Helden  einer  rührenden  Legende,  die  sich  in 

Orakel  in  Griechenland  u.  Kleinasien  S.  23  (vgl.  mannigfachen    Parallelen    im    Altertum    und 

S.  Iff.).  Vgl.  17  xov  Kgovov  xsnvocpayicc.,  Luc.de  Mittelalter  wiederfindet  und  deren  sich  auch 

Salt.  80.     Zu    den    oben   Bd.  2   Sp.  1569 f.  er-  die     bildende     Kunst    bemächtigt    hat;     vgL 

wähnten  Darstellungen  des  kinderverschlingen-  G.  Knaack,  Die  säugende  Tochter  in  Zeitschrift 

den  Kronos  kommt   hinzu  die  in  der  Tempel-  f.  vergleich.  Literaturgesch.  N.  F.  12  [1898],  450  ff. 

Chronik  von  Lindos   erwähnte  Darstellung  auf  50  P.  Kretschmer,  Zur  Gesch.   von  der  säugenden 

einem  Krater,  einem  Weihgeschenk  im  Tempel  Tochter  in  Zeitschrift  f.  deutsches  Altertum  und 

der  Athen a:   Kgovog   Xaiißdvav  nagä 'Psag  xä  deutsche  Literatur 'iS  [lSd9],  lbl&.   Reinh.  Köh- 

xixva    ■x[cc]l    ■K[a\x(xnsLV(ov ^     Ch.   Blinkenberg,  ler.  Kleinere  Schriften  1,373.  2,387  und  dazu 

Oversigt  over  det  Kongelige  Danske  Videnska-  die  Nachträge  von  Bolte  und  besonders  Kuntze 

bernes  Selskabs  Forhandlinger  1912  S.  332  C  23.  a.  a.  0.  280  ff.;  vgl.  auch  Wissowa  oben  Bd.  3 

[Höfer.]  Sp.2500,  50 ff.  (s.v.  Pietas):  Tektaphos  wird  von 

Tektamos  (TE-nxcc^iog) ,  Sohn  des  Doros,  der  Deriades  (s.d.)  in  eine  dunkle  Höhle  geworfen, 

mit   den   bei   Homer  {Od.  19,  175)   genannten  damit  er  dort  den  Hungertod  erleide  (vgl.  30, 

Doriern,  Achaiern  und  Pelasgern  aus  der  thes-  128ff.);aufgestellteWächter  machen  jede  Flucht 

salischen    Landschaft   Hestiaiotis    nach    Kreta  60  unmöglich.    Da  bittet  seine  Tochter  Eerie,  die 

gekommen,  die  Tochter  des   dortigen  Königs  eben  ein  Kindlein  geboren  hatte,  die  Wachen, 

Kretheus,  mit  der  er  den  Asterios  zeugte,  ge-  ihr  den  Zutritt  zum  Vater  zu  gestatten;  nicht 

heiratet  und  dann  selbst  die  Herrschaft  über  Speise,  nicht  Trank  bringe  sie  dem  Vater,  sie 

die  Insel  übernommen  haben  soll,  Diod.  4,60.  wolle  dem  Sterbenden  nur  die  Augen  schließen; 

5,  80.    Quelle  für  Diodor  ist  nach  Fei.  Jacoby,  dann  solle   ein  Grab  Vater  und  Tochter  auf- 

Das  Marmor  Parium  59  wohl  Andron  (F.  H.  G.  nehmen.    Die  Wächter  glaubten  ihren  Worten 

2,  349  fr.  8;  vgl.  E.  Bethe,  Hermes  24  [1889]  416  und  ließen  sie  ein:  dem  Vater  in  seinem  dun- 

und  Anm.  1)  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  Jmgiov  p.254,  8  kein  Verließe  erscheint  sie  wie  ein  leuchtender 


215  Tekton  Telamon  (Genealogie,  Jugend)       216 

Stern  und  bietet  dem  Verschmachtenden  die  (oder  Aktor,  s.  d.  Art.  Aktaios  2  und  v.  Wila- 

MUch  und  neues  Leben  spendende  Brust  (vgl.  mowitz,   a.  a.  0.  246  A.  10)  nud   Glauke,  die 

80,  167  flf.).     Deriades  erfährt  (wohl  durch  die  Tochter  des   salaminischeu  Königs   Kychreus, 

beobachtenden  Wächter)   von   dieser  Tat  und  die  freilich  bei  Diodar.  Sic.  4,  72,  7  vielmehr 

läßt  den  Tektaphos  in  Bewunderung  fdr  die  Telamons  Gattin  ist  (s.  u). 
Kindesliebe   seiner  Tochter  frei.     Später  fällt  Im  Gegensate  hierzu  erscheint  sonst  über- 

Tektaphos  von  der  Hand  des  Eurymedon,  tief  einstimmend  als  Telamons  Vater  Aiak es  (s.  d.), 

beklagt  und  beweint  von  seiner  Tochter,  SO,  der  Sohn  des  Zeus  und  der  Aigina  (s.  d.).  Er 

140—186.  —  8)  ein  Lapithe:  Tektaphos   Ole-  ist  König  der  Insel  Aigina,  die  er  erst  nach 

nides   nach    der   Lesung  von   Merkel  und  H.  lo  seiner  Mutter  benannt   hat  {Ov.  Met.  7,  474). 

Magnus  bei  Ov.  Met.  12,  433.     [Höfer.]  Während  bei  Homer  Aiakos  nur  Peleus*  Vater 

Tekton  {Tixvnv).  Der  von  Meriones  getötete  ist  (s.  o.)  und  sein  Weib  unerwähnt  bleibt,  1er- 

Troianer  Phereklos  (s.  d.)  heißt  Tixrovog  vios  nen  wir  später  auch  seine  Gattin  Endeüs  (s.d.) 

l4QftovidB(o^  Hom.  II.  5,60.    Denn  Tixrav  wird  kennen;  er  hat  von  ihr  zwei  Söhne:    Tela- 

Eigenname,  nicht  Appellativ-um  sein  und  14q-  mon  und  Peleus  {Pind.  Pyth.  S,  140 f.;  Nem. 

novidrig   als   Patronymikon   dazu   stehen;    vgl.  5,  12;    Bdkchyl.  12,  96   Blaß;   schol.  II.  II  U; 

Graahof  bei  La  Roche  zu  Hom.  a.  a.  0.    Beck-  schal.  Eur.  Ändr.  687;  Isokr.  9,  16;  Apoüodor 

td,  Zeitschr.  für  vergleichende  Sprachforschung  1,  9,  16,  7;  3,  12,  6,  11;  Diodor.  Sic.  4,  72,  6; 

44  (1911),  127.     [Höfer.]  Plut.  TJics.  10;  Pausan.  2,  29,  9 f.;  Ov.Met.Ty 

Tektonides  s.  Polyneos.  20  476f.;  13,  161;  Hygin.  fab.  14).    Eine  Tochter 

Telames,  Genosse  des  Phineus  (s.  d.),  von  Alkimache  ist  später  die  Gattin  des  Oileus 

Perseus  durch  das  Medusenhaupt  versteinert,  {schol.  II.  N  694).    Es  ergeben  sich  somit  fol- 

Lact.  Pl(Kid.  Narr.  fab.  Ovid.  5,  1   (p.  646,  7  gende  Genealogien: 

ed.  H.  Magnus)     Bei   Ov    Met   5,  107    steht  ^  j^^^^-^^  (Aktor)-Glauke 

Ammon  statt  Telames.     [Hofer.]  ^        / 

Telamon  (TeXafuiip,  über  den  Namen  s.  u.),  Telamon 

berühmter  Held  der  griechischen  Sage.  2.  Zeus-Aigina  Skiron 

Bei  Homer  dient  er  mit  seinem  Namen  nur . j 1 

der    ehrenden    patronymischen    Umschreibung  Aiakos-Endei's 

zweier,  meist  einzeln  erwähnter,  Söhne;  so  er-  30  . 

scheint  er  mehrmals   als  Vater   des    großen  Telamon   Peleus  Alkimache 

Aias  (A  465.  691;  P  284.  293;  X  663),  der  da-  Davon  weicht  gänzlich  ab  Orph.  Argon.  186 f.: 

her  auch  TsXainovtddrig  heißt  (iVT  709);  nur  3.  Aiakos- Aigina 

einmal  wird  dieser,  als  Sohn  gleicher  Eltern  " ' 

{xaöifvi^tos  xai  öffarpog),  zusammen  genannt  ielamon 
mit  seinem  Bruder  Teukros  (M370f.).  Auch  Und  während  nach  den  beiden  ersten  Stamm- 
letzterer findet  sonst  für  sich  allein  Erwähnung  bäumen  (oder  doch  nach  dem  zweiten)  Tela- 
als  Telamons  Sohn  (vlbg  TeXa^dvog  N  111)  mon  an  der  Wohnstätte  seines  Vaters,  auf 
oder  als  TsXaftoii'to?  (JV170;  0  462);  wenn  aber  Aigina,  zur  Welt  kommt,  wird  er  nach  dem 
dieser  ein  andermal,  an  einer  bei  Zenodot  nicht  40  dritten  von  seiner  Mutter,  die  also  hier  Aigina 
gelesenen  und  schon  von  Aristophanes  und  heißt,  am  Meeresufer  der  Insel  Salamis  ge- 
Aristarch  verworfenen  Stelle,  ermahnt  wird,  boren,  wohin  er  nach  der  gewöhnlichen  über- 
seinem  Vater  Telamon  in  der  Feme  Ruhm  zu  lieferung  erst  später  als  Flüchtling  gelangt 
verschaffen,  da  er  ihn,  obwohl  er  unehelich  (s.  u.).  Einem  Liebesverhältnis  des  Aiakos  mit 
sei  {vod-ov  Ttsg  iövxa),  in  seinem  Hause  aufge-  der  Nereide  Psamathe  entstammt  außerdem 
zogen  habe  (0  280 f.;  vgL  Ameis-Hentze  zu  ein  dritter  Sohn,  Phokos  (s.  d.).  Einmütig 
v.  284),  so  weist  dies,  im  Gegensatz  zu  der  wohnen  zuerst  die  drei  Brüder  im  Elternhause. 
eben  erwähnten  Genealogie,  bereits  auf  die  Die  beiden  älteren,  Telamon  und  Peleus,  ge- 
spätere Annahme  der  Abstammung  des  Teu-  nießen  mit  anderen  Heroen  den  Unterricht 
iüros  von  einer  andern  Mutter,  mithin  aufver-öodes  Cheiron:  Xen.  Kyneg.  1  (im  Jagen); 
schiedene  Gattinnen  des  Telamon,  hin;  über  Philostr.  Heroic.  9.  In  Telamons  Jugend 
die  späte  Abfassung  des  Buches  &  s.  Mobert,  wird  Aigina  von  einer  Pest  verheert  (Ov.  Met. 
Studien  zur  IliasS.  161;  Kammer,  Ästhet.  Koni-  7,  523  f.),  die  Aiakos  mit  seinen  drei  Söhnen 
mentar  zur  Ilias  S.  216'.  Telamons  eigener  lange  vergebens  durch  Gebete  zu  bannen  sucht 
Herkunft,  etwa  von  Aiakos  (s.  u.),  wird  bei  (v.  596 f.).  Endlich  sendet  Jupiter  für  die  hin- 
Homer  nirgends  gedacht,  vielmehr  als  Aiakos'  gestorbenen  Bewohner  Ersatz  durch  Verwand- 
Sohn  hier  Peleus,  als  AiaxLdrig  entweder  lung  von  Ameisen  (^v^firjxcs)  in  Menschen,  die 
gleichfalls  dieser  (JI  15;  H  433;  S  189)  oder  nunmehr  Myrmidonen  genannt  werden  {Hesiod. 
dessen  Sohn  Achilleus  (1184;  X  471)  bezeich-  fr.  76  Rzach^;  schol.  Pind.  Nem.  3,  21;  Apollo- 
net  (s.  d.  Art.  Aiakides).  Homer  und  Hesiod  60  dar  3,  12,  6,  6;  Serv.  J..  2,  7;  Hygin.  fab.  62). 
kennen  diesen  und  den  großen  Aias  noch  nicht  Die  Freudenbotschaft  ihres  Erscheinens  meldet 
als  Verwandte.  Noch  Pherekydes  (bei  Apollo-  dem  aus  dem  Schlafe  erwachenden  Vater  zuerst 
dor  3,  12,  7,  vgl.  Müller,  fr.  hist.  Gr.  1,  72,  Telamon  {Ov.  Met.  7,  647  f.).  —  Längere  Zeit 
/r.  15;  Lütke,  Pherecydeal)  nennt  Telamon  und  darauf,  als  Aiakos  bereits  alt  ist,  langt  Minos 
Peleus  sogar  ausdrücklich  nur  Freunde,  vgl.  von  Kjreta,  auf  einem  Rachezug  gegen  Athen 
auch  v.  Wilammvitz,  Homer.  Unters.  246;  übri-  Unterstützung  heischend,  in  Aigina  an  (v.  472); 
gens  wird  hier  bei  Pherekydes  zuerst  Tela-  anfangs  von  dem  Greise  und  seinen  drei  Söhnen 
mon 8  Elternpaar  genannt,  nämlich  Aktaios  bewillkommnet,  wird  er  doch  mit  seinem  Hilfs- 


217       Telamon  (Jugend,  Verbannung)  Telamon  (in  Salamis)  218 

gesuch  abgewiesen,  da  sich  Aiakos  vielmehr  nach  Salamis.  Der  dortige  König  Kycbreus 
zum  Bündnis  mit  Attika  verpflichtet  fühlt  (s.  d.),  ein  Sohn  des  Poseidon  und  der  Salamis, 
(v.  476  f.).  Wirklich  erscheint  gleich  nach  einer  Tochter  des  P'lußgottes  Asopos  (Bakchyl. 
MinoB*  Abfahrt  als  Abgesandter  Athens  Ke-  8.  3i»f.  Blaß)^  hat  selbst  keine  Söhne  und 
phalos  und  wird  als  alter  Freund  von  den  hinterläßt  daher  bei  seinem  Tode  dem  Tela- 
Söhnen  des  Aiakos  empfangen  (v.  490f.).  Dieser  mon,  der  seine  Tochter  Glauke  geheiratet  liat 
entspricht  der  Bitte  des  Kephalos;  nachdem  (Diodor.  Sic.  4,  72,  7;  schol.  Lykophr.  110.461), 
Telamon  und  Peleus  Streitkräfte  für  den  Krieg  die  Herrschaft.  Über  eine  Glauke,  die  (nach 
gesammelt  haben  (v.  669),  zieht  Aiakos,  be-  Phcrekydes  fr.  15)  von  Aktaios  (oder  Aktor) 
gleitet  von  diesen  beiden  älteren  Söhnen  und  lo  vielmehr  Telamons  Mutter  ist,  s.  o.  So  ist  er 
an  der  Spitze  neuer  Truppen,  Athen  zu  Hilfe  nun  König  von  Salamis  {Soph.  Ai.  202;  Hcrod. 
(V.  864 f.;  8,  4 f.).  Phokos,  der  sich,  vielleicht  8,  64;  Eur.  Troad.  799;  Faumn.  3,  12,  7; 
wegen  seiner  Jugend,  an  diesem  Kriege  nicht  Skymn.  558).  Nach  Glaukes  Tode  wird  seine 
beteiligt,  wird  später  der  eponyme  Besiedler  zweite  Gattin:  Er ih oi &  {'EQißoia,  Find.  Isthvu 
von  Phokis.  Als  dieser  nach  Jahren  in  seine  5,  45;  Bakchyl.  12,  102  Blaß;  Soph.  Ai.  569; 
Heimat  Aigina  zurückkehrt  oder  dort  zu  Be-  Diodor.  Sic.  4,  72,  7,  oder  'HsQlßoia,  schol.  IL 
such  ist,  wird  er  von  einem  seiner  Halb-  7114)  oder  Periboia  {nsgißoia,  Xen.  Kyneg. 
brüder  oder  von  beiden  ermordet.  Die  1,  9;  Apollodor  3,  12,  7,  2;  Blut.  Thes.  29; 
meisten  Berichte  nennen  als  Hauptschuldigen  Pausan.  1,  42,  4;  Verg.  Cul.  300  nach  Schra- 
oder  sogar  als  alleinigen  Täter  den  Peleus  20  c?crs  Lesart),  die  Tochter  des  Alkathoos  (s.  d.), 
(s.  d.  Art.  Bd.  3,  Sp.  1829).  Gemeinsam  voll-  des  Königs  von  Megaris,  eines  Sohnes  des 
führen  jedoch  Peleus  und  Telamon  die  Tat  Pelops  und  der  Hippodameia.  Mit  ihr  zeugt 
bei  Pindar  {Nem.  5,  25  f.),  wo  beider  Schuld  er  den  Aias,  der,  zum  Unterschied  von  dem 
allgemein,  aber  deutlich  bezeichnet  wird;  ferner  gleichnamigen  Oileussohne,  der  große,  weit 
in  der  Alkmaionis  {schal.  Eur.  Andr.  687;  öfter  jedoch  nach  dem  Vater  der  Telamonier 
Kinkel,  fr.  epic.  Gr.  p.  76):  Telamon  verwun-  genannt  wird  (s.  0.).  Mag  auch  Aias'  Mutter 
det  den  Bruder  mit  dem  Diskus  am  Kopfe,  Phereboia  (s.  d.)  mit  vorgenannter  Periboia 
Peleus  mit  dem  Beile  tödlich  im  Nacken,  und  identisch  sein,  so  kann  sie  doch,  weil  unter 
zwar  aus  Neid,  weil  er  ihnen  im  Wettkampf  diesem  Namen  mitTheseus,  nicht  mit  Telamon 
überlegen  ist;  aus  demselben  Beweggrunde  30  vermählt,  hier  außer  Betracht  bleiben;  dasselbe 
auch  im  schol.  Lykophr.  901  (vgl.  175)  und  im  gilt  von  Aias'  Mutter  Meliboia  {Istros  bei 
schol.  Pind.  Nem.  5,  25,  wo  jedoch  umgekehrt  Athen.  13,  557  a,  fr.  hist.  Gr.  1,  420),  Ein  selt- 
Telamon  das  Schwert  schwingt;  ferner  bei  samer  Bericht,  wie  Telamon  zu  Eriboia  ge- 
Nikandros  (Anton.  Lib.  3,8):  wegen  Bevor-  kommen  sei,  findet  sich  in  einem  verstümmel- 
zugung  durch  den  Vater;  dagegen  bei  Apoll.  ten  Fragment  des  Aretades  v.  Knidos  (Müller , 
Rhod.  1,  93:  aus  Versehen  (cctpgccdir]);  fr.  hist.  Gr.  4,  316),  wo  ihr  Name  zwar  aus- 
ohne  Angabe  näherer  Gründe  und  Umstände  gefallen,  aber  als  selbstverständlich  zu  ergänzen 
im  schol.  Ar.  Nub.  1063  und  hei  Hygin.  fab.  14:.  ist:  Telamon  kommt  nach  Euboia,  verführt 
Unklar  bleibt  Telamons  Beteiligung  bei  Diodor  dort  das  Mädchen  und  entflieht  dann  bei  Nacht. 
4,  72,  6  f.,  wo  zwar  nur  Peleus  den  Stief  bru-  40  Der  Vater  merkt  die  Schwangerschaft  der  Toch- 
der  axQvolcog  durch  einen  Diskuswurf  tötet  ter  und  übergibt  sie  einem  Leibwächter  zum 
(ygl.  Apoll.  Bhod.),  aber  gleichwohl  Telamon  Ertränken;  doch  dieser  verkauft  sie  aus  Mit- 
später mit  in  die  Verbannung  geht  (s.  u.).  Da-  leid  nach  auswärts;  in  Salamis,  wohin  sie  ge- 
gegen  verübt  die  Tötung  nur  Telamon,  wenn-  langt,  wird  sie  von  Telamon  gekauft  und  ge- 
schon im  Einverständnis  mit  Peleus  und  durch  biert  nunmehr  den  Aias  in  seines  leiblichen 
das  Los  bestimmt,  beim  Diskuswettspiel  nach  Vaters  Hause.  —  Nach  einer  dritten  Über- 
ApoUodor  3,  12,  6,  11,  oder  aus  Haß  auf  der  lieferung  holt  sich  Telamon  seine  Gattin  aus 
Eberhetze  mit  dem  Jagdspeer  nach  Dorotheas'  Athen  (Diodor  4,  72,  7),  was  zusammenhängt 
Metam.  1  bei  Pseudoplutarch.  Paroli.  25.  ün-  mit  der  nachträglichen  künstlichen  Verknüpfung 
bestimmte  Andeutungen  b6i  Ov.  Met.  13,  146;  50  von  Telamon  und  Aias  mit  Salamis  und  Attika; 
vgl.  11,  267.  vgl.  V.  Wilamowitz,  Homer.  Unters.  244  f.; 
Beide  Brüder  werden  von  Aiakos  wegen  Töpffer,  Att.  Geneal.  271  f.;  274;  Busolt,  Gr. 
des  Mordes  aus  Aigina  verbannt.  Während  Gesch.  2',  215. 

Peleus    in    den   meisten  Quellenberichten  sich  An  den  großen  Abenteuern  und  Untemeh- 

nach  Thessalien  begibt   und  dort  König  von  mungen  der  Heroenzeit  ist  Telamon  ausgiebig 

Phthia  wird,    geht  Telamon  allen  Zeugnissen  beteiligt.     Bereits   vor  seiner  Verbannung  aus 

zufolge    nach    der    benachbarten    Insel   Sala-  Salamis,  also  noch  von  Aigina  aus,  erfolgt  sein 

mis;   er    sucht  sich  aber  von  da  aus  vor  dem  Aufbruch    zur  Kalydonischen   Jagd;    frei- 

Vater  zu  rechtfertigen  (Pausan.  2,  29,  9.   10).  lieh  nur  nach  schol.  II.  TL  14;    erst  nachdem 

Obwohl  nun  ein  von   ihm  entsendeter  Herold  60  er  dabei  unabsichtlich  einen  Jagdgenossen  im 

in  seinem  Namen    die  Teilnahme   an    der  Tat  Walde  getötet  hat,  gelangt  er  als  Flüchtling 

ableugnet,  läßt  doch  Aiakos  ihn  selbst  Aigina  nach  Salamis,  vielleicht  um  vor  den  Verfolgern 

nicht  wieder  betreten;  nur  von  einem  Damme  seine  heimatliche  Spur  zu  verwischen.     Nach 

aus,  den  er  erst  im  Meere  aufwerfen  muß,  darf  andern  Zeugnissen  zieht  er  erst  von  dem  spä- 

er   sich  verteidigen.     Bei  Nacht   baut   er   den  teren  Wohnort  Salamis   auf  dieses   Abenteuer 

Damm   (der  noch  zu  Pausanias'  Zeit  gezeigt  aus.   In  Euripides' Meleagros  (fr.  530  Nck.^  wird 

wurde),   wird  aber  trotz  seiner  Rede   schuldig  er  unter  den  Jägern  beschrieben:   den  Schild 

gesprochen  und  segelt  nun  zum  zweiten  Male  geschmückt    mit    dem    Bilde    eines    goldenen 


219    Telamon  (kalyd.  Jäger,  Argonaut)  Telamon  (im  Amazouenkampf)      220 

Adlers,  das  Haupt  mit  Trauben  bekränzt,  ver-  Palast,  wobei  Telamon,  neben  den  Söhnen  des 
läßt  er  Salamis  und  reiht  sich  unter  ihre  Phrixos  und  dem  Augeias,  zu  den  nächsten  Be- 
Scharen; vgl.  Apoüodor  1,  8,  2,  4:  TsXafUiv  gleitem  gehört  {Apoll  Bh.  3,  196  f.).  Arges, 
Aleexov  i%  Ikelaylvog;  Hygin.  fcib.  113;  Ov.Met.  einer  von  den  ersteren,  stellt  seine  Landsleute 
8,  309;  Stat  Theb.  2,  473.  Schon  von  Skopas  dem  König  vor;  da  heißt  es  auch  (v.  363 f.): 
(s.  u.)  war  er  in  der  Giebelgruppe  des  Athene-  TeXa^icav  rf'  oyf,  yiviiaxoto 
tempels  zu  Tegea  unter  den  Jäj^ern  dargestellt  Alaxov  ix-ysyccms-  Zevs  d*  Alocxbv  avrbs  ?tixt«». 
(Patuan.  8,  46,  6),  vielleicht  hier  bereits,  wie  Als  Aietes,  über  den  Zweck  ihres  Kommens 
er  bei  der  Verfolgung  des  Ebers  an  einer  unterrichtet,  sie  zunächst  unter  Drohungen  ab- 
Baum wurzel  strauchelt,  aber  von  seinem  Bru-  lo  weist,  kann  wieder  Telamon  seinen  Zorn  kaum 
der  PeleuB  wieder  aufgerichtet  wird  (Oo.  a.  a.  0.  unterdrücken  (v.  882  f.) ;  doch  kommt  ihm 
878;  vgl.  d.  Art.  Meleagros,  Bd.  S,  Sp.  2616.  lason  mit  der  Antwort  zuvor.  Auch  fernerhin, 
2618).  als  von  Aietes  diesem  die  bekannten  Arbeiten 
Weit  gehaltvoller  ist  die  Rolle,  die  Tela-  auferlegt  werden,  ist  Telamon  in  seiner  Nähe 
mon  auf  dem  Argonautenzuge  spielt.  Seine  (v.  440),  voll  leidenschaftlicher  Erbitterung  ob 
Teilnahme  wird  übereinstimmend  bezeugt  der  gestellten  Zumutungen  (v.  615).  Während 
{Apoll  Hhod.  1,  93;  Theokr.  13,  16  f.;  Diodor.  er  bei  Apollonios  bereits  hier  verschwindet, 
Sic.  4,  41;  ApoUodor  1,  9,  16,  7;  Ov.  Met  13,  erscheint  er  in  der  völlig  abweichenden  Dar- 
22  f.;  Hygin.  fab.  14.  89;  Vdl.  Flacc.  1,  166;  Stellung  des  FaZcrms  FZoccus  (6,  670 f.;  6,  346 f.) 
Stat.  Theb.  5.  879;  Orph.  Argon.  187;  s.  auch  20  später  aufs  neue:  in  dem  Kriege,  den  die  Ar- 
d.  Art.  Argonauten,  Bd.  1,  Sp.  510).  Als  kurz  gonauten  dem  Aietes  zu  Liebe  gegen  dessen 
vor  der  Abfahrt  die  einzelnen  Helden  ihre  Bruder  Perses  ausfechten,  schützt  Telamon 
Plätze  einnehmen,  setzt  sich  Telamon  auf  eine  mit  seinem  gewaltigen  Schilde  (ingens  orbis, 
Ruderbank  zur  Linken,  in  Herkules'  Nähe  vgl.  Vera.  A.  10,  783  f.,  sowie  II  P  128)  den 
{Valer.  Flacc.  1,  363 f.),  dem  er  auch  sonst  ein  Argiver  Canthus  und  sucht  nach  dessen  Tötung 
werter  Genosse  ist  (2,  384:  Telamon  meus;  vgl.  seinen  Leichnam  zu  retten  (v.  364),  eine  Szene, 
V.  461:  Aleides  Telamonque  comes;  s.  u.).  Auf  die  dem  Kampfe  des  Aias  um  die  Leiche  des 
dem  Zuge  selbst  begegnet  er  uns  im  Kampfe  Patroklos  nachgebildet  ist  {II.  P  384  f.). 
mit  dem  DolionenkönigKyzikos  auf  dessen  Allen  Argonauten  schreibt  Hellanikos  {Müller, 
gleichnamiger  Lisel  an  der  Propontis,  wobei  so  fr.  hist.  Gr.  1,  49,  fr.  33)  die  Teilnahme  an 
er  den  Nisaeus  und  den  Opheltes  erlegt  {Val  Herakles'  Zuge  gegen  die  Amazonen  am 
Flacc.  3,  198).  —  Sodann  finden  wir  ihn  in  Thermodon  zu,  vgl.  Kullmer,  Fleckeis.  Jahrb. 
der  Gegend  von  Kios  in  Bithynien.  Herakles,  Supplbd.  28,  510.  In  der  Tat  ist  auch  sonst 
dem  ein  Ruder  zerbrochen  ist,  steigt  dort  aus,  das  Unternehmen  mit  der  Argonautenfahrt  in 
um  sich  im  Walde  ein  neues  zu  schneiden.  Verbindung  gebracht  {Apoll.  Ehod.  2,  966  f. ; 
Die  andern  Gefährten  schmausen  am  Strande;  Valer.  Flacc.  5,  132 f.);  auch  ohne  ausdrück- 
nur  Hylas  (s.  d.)  folgt  dem  Herakles,  wird  liehe  Erwähnung  ist  also  Telamons  Beteiligung 
aber  von  den  Nymphen  der  Quellen  Pegai  ge-  für  die  zusammenhängenden  Dichtungen  still- 
raubt. Während  Herakles  und  der  Argonaut  schweigende  Voraussetzung.  Besonders  genannt 
Polyphemos  nach  ihm  suchen,  fahren  die  übri-  40  wird  er  schon  von  einem  alten  Epiker,  ent- 
gen  ohne  jene  drei  ab.  Erst  auf  der  Weiter-  weder  Kinaithon  {Corey,  de  Amazonum  anti- 
fahrt  vermißt  man  sie,  und  viele  sind  darüber  quissimis  figuris,  Berl  Diss.  1891,  S.  39)  oder 
entrüstet,  Herakles,  den  besten  Gefährten,  nun-  Hesiod  {v.  Wilamowitz,  Eur.'  Herakles  2*,  102): 
mehr  entbehren  zu  müssen;  besonders  wirft  darnach  ^habe  er  durch  die  Erlegung  der  un- 
Telamon  dem  lason  erbittert  vor,  er  habe  sich  tadeligen  Männertöterin  Melanippe  zuerst  den 
des  Herakles  entledigen  wollen,  um  nicht  von  Gefährten  Rettung  geschaffen'  {fr.  278  Ezach^; 
dessen  Ruhm  überstrahlt  zu  werden  {Apoll  vgl.  schol  Lyk.  1329).  Im  Amazonenkriege  er- 
Bhod.  1,  1289 f.;  Valer.  Flacc.  3,  637 f.;  pius  scheint  er  als  Herakles'  treuer  Helfer  auch 
Telamon,  wegen  seiner  Treue  gegen  Herkules;  sonst  noch:  Find.  Nein.  3,  38  mit  schol;  Bak- 
vgl.  V.  693.  715.  722).  Den  Tiphys,  der  zu  hQ  chyl  8,  42f.  Bl;  schol  Apoll.  Rh.  1,  1289. 
dem  verfrühten  Aufbruch  geraten  hat,  bedroht  Über  die  Bildwerke  s.  u.  Zu  diesen  nur  selten 
Telamon  tätlich;  doch  wird  er  von  den  beiden  und  flüchtig  erwähnten  Abenteuern  Telamons 
Boreassöhnenbeschwichtigt(^poZ/.iyi.v.  1300f.)  gehört  auch  sein  Zug  mit  Herakles  gegen  die 
und  bittet,  nach  der  prophetischen  Auf klärung  Meroper  auf  der  Insel  Kos  {Find.  Nem.  4, 
des  Meergottes  Glaukos  über  Hylas'  Verbleib  25 f.;  Isthm.  5,  31  f.;  vgl.  auch  Dibbelt,  Qitaest. 
(v.  1310f.),  sogar  den  lason  mit  freundlichem  Coae  mythogr.,  Diss.  Greifsw.  1891,  S.  3  f.), 
Händedruck  um  Verzeihung  (v.  1330f.). —  Auch  sowie  gegen  den  gewaltigen  Giganten  Alky- 
bei  dem  Abenteuer  mit  dem  Bebrykerkönig  oneus  (s.  d.)  in  Phlegrai  auf  der  thrakischen 
Amykos,  das  schon  Epicharni  in  einer  Ko-  Halbinsel  Pallene,  den  die  beiden  Waffenge- 
mödie  {Kaibel,  Com.  Gr.  fr.  p.  92),  Sophokles  60  nossen  Herakles  und  Telamon  gemeinsam  über- 
in  einem  Satyrspiel  {Nauck*,  Trag.  Gr.fr.  p.  154)  wältigen  {Find.  Nem.  4,  27 f.  mit  schol;  Isthm. 
und  der  Epiker  Peisandros  {schol  Apoll  Bhod.  5,  33;  schol.  Apoll  Rh.  1,  1289).  Telamons 
2,  98)  behandelt  haben,  wird  Telamons  gedacht;  Spur  auf  dem  Argonautenzuge  begegnet  uns 
beide  Aaciden  melden  sich  zur  Bezwingung  endlich  auch  auf  italischem  Boden,  in  der  aus 
des  berühmten  Faustkämpfers  ( Valer.  Flacc.  dem  Kriege  der  Römer  mit  den  cisalpinischen 
4,  223),  die  jedoch  schließlich  allein  Poly-  Galliern  bekannten  Hafenstadt  Etruriens  (PoZt/5. 
deukes  mit  Erfolg  übernimmt.  —  In  Kolchis  2,  27),  die  den  Namen  Telamon  angeblich 
angelangt,  begibt  sich  lason  nach  des  Aietes  nach  ihrem  Gründer  hat  (Timaios  bei  Diodor. 


221               Telamon  (vor  Troja)  Telamon  (vor  Troja)               222 

4,56,6;  s.u.).  Dagegen  kann  es  auffallen,  daß  besonderen  Verdienste  auch  hier  zur  Voraus - 
bei  der  Landung  der  Argonauten  in  Aigina  setzung.  Ebenso  findet  die  Befreiung  Hesiones 
am  Ende  der  Falirt(J.jJoW.  Ä/t.  4,  17G6)  der  dort  unter  Telaraons  Teilnahme  auf  der  Hinfahrt 
heimischen  Aiakiden,  namentlich  Telamons,  statt  bei  Valer.  Flacc.  2,  451  f.;  540 f.:  die  als 
nicht  gedacht  wird.  Lohn  versprochenen  Rosse  (und  wohl  auch  die 
Doch  ungleich  wichtiger  ist  das  ünterneh-  befreite  Jungfrau  selbst),  deren  Verweigerung 
men  gegen  Troja,  weil  hierbei  Telamon  eine  Laomedon  schon  damals  im  Schilde  führt 
maßgebende  Stellung  einnimmt.  Seine  Beteili-  (v.  550  f.;  667  f.),  gedenkt  Herakles  auf  der  Heim- 
gung  als  Herakles'  treuer  Gefährte  wird  im  fahrt  abzuholen  (v.  575 f.);  doch  begnügt  sich 
allgemeinen  mehrfach  erwähnt:  schol.  Apoll,  lo  der  Dichter  mit  einem  ganz  kurzen  Hinweis 
Rh.  1,  1289;  Ilesiod  im  schol.  Find.  Isthm.  5,  53;  auf  die  Ausfüiirung  dieses  Vorhabens  (4,  58  f., 
schol.  Nem.  3,  61;  4,  40;  Bakchyl.  8,  45  f.  Bl.;  vgl.  164);  der  Bericht  über  einen  erneuten  Zug 
besonders  wichtig  schol.  Eur.  Andr.  796 :  oi  des  Herakles  ^^^^m  Ilion  lag  außerhalb  seiner 
^hv  nXsLovg  TeXaybCivä.  cpa6i  avaTQoctBvacci,  Aufgabe.  Ausführlich  erzählt  einen  solchen 
rw  'HgayiXEl  inl  rö  "IXiov,  6  ds  TIlvdccQOs  Kriegszug  ApoUodor  (2,  6,  4f.;  vgl.  3, 12,  7,  3): 
(fr.  172)  Tcccl  nr\Xiu^  nccg*  ov  hi-as  xi]v  lato-  bei  der  Einnahme  der  Stadt  dringt  Telamon 
Qiav  EvQixlSrig  Xaßulv.  Vgl.  auch  Theokr.  13,  zuerst  ein,  doch  gerade  sein  mutiges  Vorstür- 
36 f.;  Philostr.  Heroic.  12,  1;  C.  1.  Gr.  5984  B  men  wird  ihm  beinahe  verhängnisvoll.  Aus 
20;  Stat.  Silv.  5,  2,  50;  Theh.  5,  379  (9,  68).  Neid  will  nämlich  Herakles,  der  erst  als  zweiter 
Über  die  verschiedenen  Arten  der  Einordnung  20  die  Mauer  ersteigt,  den  Freund  mit  dem  Schwert 
des  Zuges  in  Herakles'  und  Telamons  Schick-  umbringen.  Dieser  besänftigt  ihn  indes  klug 
aale  vgl.  Jessen  bei  Pauly-  Wissoiva,  Art.  Arpo-  berechnend  dadurch,  daß  er  offensichtlich  Steine 
nautai  2,  756  f.  Von  Dionysios  SIcytobrachion  zum  Bau  eines  Altars  für  Herakles  Kallinikos 
bei  Diodor.  Sic.  4.  42.  49  (vgl.  Bethe,  Quaest.  zusammenrafft;  von  dem  versöhnten  Neben- 
Diodor.  mythogr.  If.;  Schwartz  bei  Pauly-  Wis-  buhler  erhält  er  nunmehr  auch  hier  die  Hesione. 
^owa,  Art.  Dion.  Skyt.,  5,  930 f.  u.  Art.  Dio-  Diese  Sagenfassung  geht  zurück  auf  jErdZawtÄ;os 
doros,  5,  673 f.)  wird  das  Abenteuer  dem  Ar-  (Müller,  fr.hist.Gr.l.,  64)  na.ch.  schol.  Lykophr. 
gonautenzug  in  der  Weise  eingefügt,  daß  die  469  (und  34):  doch  ist  hier  der  von  Telamon 
beiden  Einzelszenen  auf  der  Hin-  und  Rück-  errichtete  Altar  dem  Herakles  Alexikakos  ge- 
reise  sich  vollziehen.  Die  Argonauten,  unter  30  weiht;  vgl.  Kullmer  a.  a.  0.  569  f.;  Bernh. 
ihnen  Herakles  und  Telamon,  landen  bei  Si-  Schmidt,  Fleckeis.  Jahrb.  1S9'6,  S.  377f.  Hesione 
geion  und  finden  hier  Hesione  (s.  d.)  am  Ufer  erscheint  als  Telamons  Siegespreis  auch  sonst 
angebunden,  die  ihr  Vater,  König  Laomedon  oft:  Soph.  Ai.  1300  f.,  vgl.  434 f.  mit  schal.; 
von  Troja,  einem  Seeungeheuer  zum  Fräße  aus-  Xenoph.  Kyneg.  1,  9;  Aristot.  Bhet.  3,  15;  Ov. 
gesetzt  hat;  es  ist  von  Poseidon  gesendet  zur  Heroid.  20,  69;  Metam.  11,  216f.,  vgl.  13,  22f.; 
Strafe  für  die  Verweigerung  des  ihm  und  Apol-  Serv.  Aen.  3,  3;  8,  157;  Dar.  Phryg.  3.  Schlich- 
Ion  beim  Bau  der  Mauern  Ilions  versprochenen  ter  ist  die  Darstellung  des  Vorgangs  an  einer 
Lohnes.  Für  die  Tötung  des  Untiers  und  die  anderen  Serviusstelle  {Aen.  1,  619):  ohne  aus 
Befreiung  des  Mädchens  erhält  Herakles  dieses  Lebensgefahr  befreit  worden  zu  sein,  fällt  hier 
selbst  sowie  Laomedons  unbesiegbare  Wunder-  40  Hesione  nach  der  Tötung  ihres  Vaters  in  die 
pferde  {II.  E  265 f.)  zum  Lohne,  überläßt  aber  Hände  der  Sieger,  die  mehr  zufällig,  auf  der 
Jungfrau  wie  Rosse  bis  zur  Rückkehr  von  Suche  nach  Hylas  (s.  0.),  bis  vor  Troja  gelangt 
Kolchis  dem  Laomedon  zur  Aufbewahrung.  sind,  und  wird  darauf-  nach  Kriegsrecht  dem 
Als  jedoch  auf  der  Heimfahrt  Telamon  und  Telamon  überlassen.  Naevius*  Aesiona  und  der 
Iphiklos  als  Boten  des  Herakles  das  Pfand  zu-  Laomedon  eines  unbekannten  römischen  Tra- 
rückverlangen,  werden  sie  vom  König  gefangen  gikers,  vielleicht  Quellen  für  manche  vorge- 
gesetzt.  Dessen  junger  Sohn  Priamos  dringt  nannte  Einzelzüge  der  Sage,  sind  verloren 
auf  die   Herausgabe   der   Schwester   und    der  {Bibbeck,  B.  Tr.  4:4:.  46). 

Pferde  zwar  vergebens,  ermöglicht  aber  durch  Bescheidener  nimmt  sich  ein  anderer  Kampf- 
eingeschmuggelte Schwerter  den  beiden  Gefan-  50  preis  aus :  bei  einem  Wettspiel  der  Griechen 
genen  die  Tötung  der  Wächter  und  ihre  eigene  vor  Troja  schleudert  Aias  einen  gewaltigen 
Rettung  aus  dem  Kerker.  In  dem  nun  be-  ehernen  Diskus,  den  einst  Herakles  dem  von 
ginnenden  Kampfe  fällt  Laomedon,  Troja  wird  ihm  bezwungenen  Antaios  abgenommen  und 
erobert  und  Priamos  in  die  Herrschaft  des  dann  dem  Telamon  geschenkt  hat,  als  dieser 
Vaters  eingesetzt.  —  Kurz  zuvor  (4,  32)  hat  mit  ihm  Troja  zerstörte;  Telamon  hat  den  Dis- 
Diodor  die  Ereignisse  insofern  etwas  anders  kus  auf  seinen  älteren  Sohn  {Quint.  Smyrn. 
erzählt,  als  die  Erlegung  des  Seeuntiers  und  4,  450  f.)  vererbt.  —  In  einer  anmutigen  Familien- 
Hesiones  Befreiung  zwar  gleichfalls  auf  der  szene  offenbart  sich  Telamons  häusliches  Glück 
Fahrt  der  Argonauten  nach  Kolchis  sich  er-  vor  dem  Zuge  gegen  Ilion.  Als  ihn  nämlich 
•eignen,  Herakles  aber  nach  seiner  Heimkehr  6Ö  Herakles  zur  gemeinsamen  Fahrt  in  Salamis 
mit  neuen  Schiffen  und  Gefährten  zu  einem  abholt,  trifft  er  ihn  beim  Schmause;  auf  eine 
besonderen  Zuge  gegen  Troja  aufbricht  {II.  Löwenhaut  tretend,  fleht  er  mit  einer  vollen 
E  641  f.);  Telamon,  der  zuerst  in  die  Stadt  ein-  Schale,  die  ihm  der  Gastfreund  reicht,  diesem 
gedrungen  ist,  krönt  jener  mit  dem  ersten  Sieges-  möge  von  seinem  Weibe  Eriboia  ein  wackerer 
preise,  indem  er  ihm  die  Hesione  überläßt.  Sohn  geboren  werden;  ein  Adler  {alsTog)  ver- 
Ganz  ähnlich  Hygin.  fab.  89,  nur  daß  hier  Te-  heißt  durch  sein  Erscheinen  Erfüllung  des 
lamons  besondere  Heldentat  verschwiegen  ist;  Gebets  und  wird  Anlaß  zu  des  Sohnes  Namen 
doch  hat  der   ihm   gewährte  Siegerlohn  seine  Aiag:  Pind.  Isthm.  5,  51 — 80  mit  schol.  v.  53. 


223      Telamon  (u.  Teukroe,  Theaneira,  Aias)  Telamon  (u.  Aiaa,  Teukros)         224 

58;  Si^l  Lykophr.  466.  —  Bald  tritt  in  dieses  Termeintliche  Schmach  erlitten  hat,  an  den 
Haus  als  Telamons  Nebenfran  Hesione  ein  und  einst  vor  Troja  errungenen  Kuhm  seines  Er- 
gebiert ihm  den  Teukros  (Apollodor  3,  12,  7,  zeugers  und  bebt  vor  dem  Zorn  des  leiden - 
3;  Hygin.  fab.  8»),  in  dem  sich  also  das  Blut  schaftlichen  Greises  {Soph.  Ai.  433 f.);  und  noch 
der  Äaciden  mit  dem  der  Dardaniden  kreuzt;  in  seinem  letzten  großen  Monolog  sendet  er 
Tgl.  Preller,  Gr.  Mythol.  2',  406;  Degen,  De  ihm  voll  Beschilmung  wehmütige  Abschieds- 
Troxanis  Scaenieis,  Leipz.  Diss.  1900,  mit  ..4p-  grüße  (v.  849);  ebenso  empfindet  Teukros, 
pendix:  de  Teucro  Teucrisque^  S.  42  f.  Von  selbstbewußt  und  voll  Ehrgeiz  wie  sein  Vater, 
Zerwürfnissen  zwischen  den  Weibern  wie  die  Schmährede  Agamemnons  doppelt  schmerz- 
zwischcn  den  Halbbrüdern  yerlautet  nichts,  lo  lieh  (v.  1298 f.).  An  Telamons  unerbittliche 
Schon  bei  Homer  {11.  0  280 f.,  freilich  im  Strenge  knüpft  der  Sohn  Befürchtungen,  die 
Gegensatz  zu  M  370f.,  wo  sie  Söhne  gleicher  auch  für  jenen  charakteristisch  sind  (v.  1008  f.): 
Eltern  sind,  s.  o.),  leben  sie  im  besten  Einver-  er,  der  nicht  einmal  im  Glück  freundlicher  als 
nehmen;  am  schönsten  bewährt  Teukros  seine  sonst  zu  lächeln  vermöge,  werde  nun,  nach 
Bruderliebe  an  Aias'  Leiche:  Soph.  Ai.  976 f.;  dem  Verlust  des  älteren  Sohnes,  gegen  ihn, 
992f.;  1266 f.  den  jüngeren,    mit   keinem    Vorwurf   zurück- 

Seltsam   klingt  die  Erzählung,   bei  Trojas  halten,  namentlich  mit  dem  nicht,  daß  er  den 

erstem  Falle  sei  Theaneira  als  Siegespreis  in  Bruder  aus  Feigheit  im  Stich  gelassen  habe, 

TelamonsHändegefallen,  aber,  von  ihm  schwan-  oder  etwa  gar  aus  Hinterlist,  um  nach  dessen 

ger,  aus  seinem  Schiffe  schwiriimend  nach  Milet  20  Tode  auch  sein  Erbe  zu  besitzen  (s.  u.  Ennius' 

entflohen  und  habe  hier,  von  König  Arion  auf-  Telamo\    Ribbeck,   li.  Tr.  136).   —    Besonders 

genommen,  denTrambelos  oder  Strambelos  ge-  erzürnt  mag  ja  Telamon  auf  Odysseus  sein, 

boren  {schol.  Lykophr.  467,  vgl.  Jstros,  fr.  h.  Gr.  des  Aias  siegreichen  Nebenbuhler  im  Waffen- 

1,  421),  den  später  Achill  tötete  (.ItÄen.  2,  43  d;  prozeß.    Als  daher  jener  auf  seinen  Irrfahrten 

v^l.   Parthen.  Erot.  26).     Theaneira   ist   nach  auch   nach  Salamis   kommt,   gerät   er   hier  in 

diesem  Scholion   nur  eine   andere  Benennung  ernste  Gefahr,  aus  der  er  sich  nur  durch  schlaue 

der  Hesione  (s.  d.;  vgl.  dagegen  Ho/^^m^ferS.  242;  Betriebsamkeit  für  sein  Leben  (industria  sui) 

Gruppe,  Gr.  Myth.  300^ ;   über  die  Bedeutung  rettet,  jedoch  nicht,  ohne  durch  Telamons  Ge- 

der  Sage  s.   auch   Vürtheim,  de  Aiacis  origine  walttätigkeit  (per  vim  Telamonis)  seine  Schiffe 

eultu  patria,  Leiden  1907,  S.  78  f.  sowie  d.  Art.  30  mit  den  Gefährten  und  allem,  was  er  aus  Troja 

Apriate,  Bd.  1,  Sp.  2864).  —  Die   spätere  Zu-  mitgenommen,  verloren  zu  haben   {Dict.  Cret. 

rückforderung  Hesiones  bildet,  da   diese  6,  5).  —  Doch  weit  bekannter  ist  es,  wie  Te- 

von  Telamon  verweigert  wird,   eine   der   Ur-  lamon    seinen   Zorn    an    dem    heimkehrenden 

Sachen  des  Trojanischen  Krieges  {Dar.  Phryg.  Teukros  ausläßt,  dessen  grausige  Befürchtun- 

6.  6).    Bei  dessen  Beginn  ist  Telamons  eigene  gen  (in  Sophokles'  Aias,  s.  o.)    sich   also   voll- 

Jugend  und  Heldenlaufbahn  bereits  abge-  auf  bestätigen.  Schon  Aischylos'  Trilogie: 
schlössen,  und'  eine  neue  Generation  tritt  auf     ^OnXav  KQiöig,  ©gfjöaai,  ZaXa^iviai  mochte  Te- 

den  Schauplatz.  lamons  Charakter  direkt  und  indirekt  veran- 

Auch  Telamons  Söhne  nämlich,  Aias  und  schaulicht  haben  {G.  Hermann,  opusc.  7,  362 f.; 
Teukros,  werden  unter  den  zahlreichen  Freiern  40  Welcker,  Aeschyl.  Tril.  440  f.  und  Kl.  Sehr.  2, 
der  Helena  genannt  {Apollodor  3,  10,  8,  3;  bei  276).  Diese  Dramen  sowie  Sophokles'  Tsvkqos 
Hygin.  fab.  81  wenigstens  Aiax  Telamonius).  und  EvQvod-nrig  {Welcker,  Gr.  Trag.  191  f.;  191  f.), 
Somit  sind  denn  bei  Ausbruch  des  Trojani-  Astydamas  des  Jüngeren,  Karkinos'  und  Theo- 
schen  Krieges  auch  sie  eidlich  verpflichtet,  dektes'  Al'ccg,  Ions  und  Nikomachos'  Tev-nQog 
mit  Menelaos  gegen  Dion  auszuziehen  (s.  He-  {Welcker  9bS.  1013  f.;  Eibbeck,  R.  Tr.SI 6),  ferner 
lena,  Bd.  1,  Sp.  1935 f.;  Odysseus,  Bd.  3,  Sp.  614).  ein  gleichnamiges  Stück  des  sonst  unbekannten 
Vermöge  seines  religiösen  Ernstes,  der  an  Te-  Dichters  Euaretos  {C.  I.  A.  2,  973,  7),  Livius 
lamon  allerdings  nur  hier  nachweisbar  ist  (s.  u.),  Andronicus'  Aiax  und  Teucer  {Bibbeck  26. 
richtet  er  bei  Sophokles  an  die  Söhne  ergrei-  40),  luUus  Caesar  Strabos  Tecmessa,  Kaiser 
fende  Abschiedsworte  {Ai.  763 f.;;  um  so  leicht-  50  Augustus'  Aiax  sind  sämtlich  verloren.  Auf 
fertiger  klingt  deren  übermütige  Zurückweisung  Telamon  werfen  höchstens  drei  sophokleische 
durch  Aias  (v.  767  f.).  Bei  Ennitis  freilich  ist  Fragmente  einiges  Licht,  von  denen  wohl  auch 
Telamon  auch  seinerseits  von  Euripideischer  das  zweite  und  dritte  zum  Tsv-ngog  gehören 
Skepsis  angekränkelt;  er  leugnet  {mit  Epikur)  (Welcker,  Trag.  192 f.;  Bibbeck,  B.  Tr.  228 f.). 
die  Fürsorge  der  Götter  für  das  Menschenge-  Im  ersten  (fr.  519  Nck.*)  klagte  der  Greis  in 
schlecht  und  verspottet  alle  Prophetenweisheit  wehmütigem  Schmerze  über  getäuschte  Hoff- 
{Ribbeck,  R.  Tr.  133  f.).  Den  nach  Aulis  zur  nungen.  So  erbittert  er  übrigens  auf  den  allein 
Heeresversammlung  absegelnden  Söhnen  sieht  heimkehrenden  jüngeren  Sohn  war,  so  rechnete 
Telamon  voll  Teilnahme  nach,  in  Salamis  am  doch  dieser  auf  eine  rasche  Besänftigung  des 
Ufer  auf  einem  Steine  sitzend,  der  noch  später "60  väterlichen  Zornes  {fr.  ine.  808  Nck.^).  Als 
gezeigt  ward  {Pausan.  1,  35,  3;  vgl.  Vürtheim  zufälliger  Gast  suchte  O'ileus  den  seines  Äl- 
a.  a.  0.  77).  Zu  Aias'  Abschied  von  Telamon  testen  beraubten  Telamon  zu  trösten,  ^bis  er, 
vgl.  auch  Philostr.  Heroic.  3.  —  Schon  bei  Ho-  von  dem  Untergang  des  eigenen  Sohnes  Aias 
mer  begleitet  während  des  Krieges  die  beiden  (des  Lokrers)  unterrichtet,  in  jähem  Stimmungs- 
Brüder  die  Erinnerung  an  den  gestrengen  Va-  Wechsel  die  soeben  vorgebrachten  Trostgründe 
ter  als  ernstes  Vor-  und  Schreckbild  (s.  0.);  vergaß  und  sich  selbst  leidenschaftlichem  Jam- 
noch  mehr  betont  die  spätere  Sage  dieses  Ver-  mer  hingab  {fr.  666  Nck.^  mit  der  freien  Über- 
hältnis:  Aias  denkt,  als  er  im  Waffenstreit  die  Setzung  bei  Cic.  Tusc.  3,  71).  —  Diese  verein- 


225  Telamon  (u.  Teukros)  Telamon  (Tod,  Grab,  Kult)          226 

zelten  Bruchstücke  werden  einijyermaßen  er-  reich bewej^ten  und  für  Telamon  sehr  charak- 
gänzt  durch  erhaltene  oder  wenigstens  leichter  teristischen  Stücke,  kehrte  dieser,  von  dem 
rekonstruiorbare  Dramen.  Schon  bei  Euripi-  Enkel,  der  auf  anderen  Schiffen  als  Teurce 
des  klagt  Teukros  in  Ägypten  der  Helena  sein  nach  Sahunis  gekommen  und  dann  zur  Herr- 
Leid  {Hei.  68 f.),  wie  er,  vom  Vater  Telamon,  schaft  gelangt  war  (Serv.  Aen.  1,  619),  des 
weil  er  nicht  mit  Aias  gestorben  sei,  aus  der  Landes  verwiesen,  dorthin  als  armseliger  Flücht- 
lleimat  verwiesen,  auf  ApoUons  (Jeheiß  nach  ling  zurück  {Cic.  Tnsc.  ;J,  39)  und  ward  end- 
i'ypern  auswandern  müsse  (v.  87 f.;  104;  147 f.).  lieh  nach  rührender  Wiedererkennung,  deren 
\Veit  ergiebiger  sind  die  Fragmente  von  En-  Einzelheiten  unsicher  sind,  nochmals  in  seine 
yiius'  Aiax  und  Telamo,  Pacuvius'  Armorum  iu-  lo  Rechte  eingesetzt  {Bibheck,  E.  Tr.  419 f.;  Hörn, 
■iicium  und  Teucer,  Accius'  Armorum  iudicium  Dichtung  1*,  180;  vgl.  d.  Art.  Eurysakes,  Bd.  1, 
und  Ewysaces.  Eine  sehr  wirkungsvolle  Cha-  Sp.  1430  f.  u.  Hiller  v.  Gärtringen  bei  Pauly- 
rakterschilderung  Telamons  bot  namentlich  Wissowa  6,  1362).  PJinen  vergeblichen  Versuch 
Ennius  in  dem  nach  jenem  benannten  Stücke  zur  Wiedergewinnung  der  heimatlichen  Insel 
s.  o.).  Auf  Grund  ungenauer  Kunde  wähnt  der  macht  Teucer  vom  cyprischen  Salamis  aus, 
alte  Held,  beide  Söhne  seien  im  Kriege  um-  aber  erst  während  der  Regierung  des  Eurysa- 
gekommen,  und  flucht  aller  Seherkunst,  die  ihm  ces,  als  Telamon  bereits  tot  ist  (lustin.  44, 
doch  deren  Rückkehr  verheißen  hatte  (/V.  316'  3,  2:  accepta  opinione  jjaternae  mortis).  Über 
Vahlen',  Ribbeck,  R.  Tr.  133  f.).  Teucers  un-  sein  Lebensende  herrscht  keine  völlige  Klar- 
verhotftes  Erscheinen  lenkt  des  Vaters  Verdacht  20  heit.  In  einem  Kampfe  des  Herakles  mit  den 
auf  ihn,  er  habe  in  eigennütziger  Absicht  den  Eleern,  von  dem  Pindar  {Ol.  10,  36  f.)  singt, 
Tod  des  Bruders  verschuldet  (vgl.  Soph.  Ai.  fallen  nach  schol.  v.  39;  Telamon,  Chalkodon 
lOlöf. ;  s.  0.);  seine  Verteidigung  schützt  ihn  und  Iphikles.  Telamon  liegt  begraben  in 
nicht  vor  Telamons  Verbannungsspruch.  —  der  Nähe  des  arkadischen  Flusses  Aro- 
Furchtbar  war  auch  der  Empfang  bei  Pacu-  anios,  Chalkodon  bei  der  Quelle  Oinoe.  Da- 
vius,  wo  sich  Teucer,  in  der  eigentlichen  gegen  trennt  Pausanias,  der  dies  berichtet  (8, 
Glanzszene  dieses  noch  zu  Ciceros  Zeit  mit  15,  6  f.),  sowohl  den  Chalkodon  von  dem  Eu- 
hohem  Beifall  aufgeführten  Dramas,  vergeblich  boier  gleichen  Namens,  dessen  Sohn  Elephenor 
zu  rechtfertigen  suchte,  daß  ihm  Eurysaces  ab-  vor  Troja  die  Abanten  anführt  (II.  B  540),  als 
banden  gekommen  sei  (Ribbeck,  B.  Tr.  223  f.;  30  auch    diesen    Telamon    von    dem    "^Aigineten'^ 

226  f.).  Hesiones  Eingreifen  zugunsten  des  denn  Teukros,  fügt  er  hinzu,  sei  erst  bei  seiner 
ungerecht  beschuldigten  Sohnes  führte  einen  Heimkehr  von  dem  Vater  Telamon  aus  Salamis 
Aufstand  gegen  den  eigensinnigen  König  her-  verbannt  worden,  der  daher  nicht  schon  als 
bei,  für  den  jedoch  der  pietätvolle  Teucer  ge-  Herakles'  Kriegsgefährte  gefallen  sein  könne; 
gen  die  eigenen  Freunde  eintrat;  hier  war  sein  vielmehr  handle  es  sich  hier  um  je  zwei  gleich- 
Abschied  von  der  heimatlichen  Insel  also  wohl  namige  Helden.  Doch  ist  die  Identität  dieses 
ein  freiwilliger  (Ribbeck,  R.  Tr.  229 f.;  Rom.  Telamon,  zumal  er  Herakles'  Genosse  ist,  mit 
Dichtung  1-^  168f.).  —  Sonst  geschieht  der  Ver-  dem  Vater  des  Teukros  sehr  wahrscheinlich, 
bannung  des  Teukros  durch  Telamon,  eines  da  es  ja  die  Heldensage  mit  der  Chronologie 
echtpopulären  Stoffes,  häufig  Erwähnung;  so  40  nicht  eben  genau  nimmt.  Vgl.  auch  Gruppe, 
Pind.  Nem.  4,  46  mit  schol.;  Strab.  14,  682;  Gr.  Myth.  9b  Arnn.  9;  Friedr.  Pfister,  Reliquien- 
Pausan.  8,   15,   3;    Lykophr.  447 f.   mit  schol;  kult  im  Altertum  1,  127  f. 

Eu.statJi.il.  p.  285,  14;  Cic.d.or.  2,  193;  Tusc.  In  der  Unterwelt  weilen  an  dem  Sitze  der 

6,  108;   Verg.  Aen.  1,  619 f.  und  Servius  z.  St.;  Seligen  auch  die  Aiakiden  Peleus  und  Telamon 

Hör.  C.  1,  7,  21  f.;  Ov.  Met.  14,  698.  760;  Tac.  (Telamonia  virtus).   Das  friedliche  Walten  ihres 

Ann.  3,  62 ;   lustin.  44,  3,  2 ;  Dict.  Cret.  6,  2.  Vaters  Aiakos,  des  Totenrichters,  gewährt  auch 

Im  Peiraieus  zeigte  man  die  Bucht  Phreattys  ihnen  behagliche  Ruhe,   zumal  Telamon   stolz 

als  die  Stelle,   wo  sich,   wie  später   die  schon  beglückt  ist  durch  die  Gesellschaft  seines  Sohnes 

einmal   freigesprochenen  Angeklagten,    so    zu-  Aias,  der  seine  Heldentaten  aus  dem  Trojani- 

erst   Teukros    vor    Telamon    habe    verteidigen  50  sehen  Kriege  erzählt  (Verg.  Cul.  295  f.). 

müssen   (Pausan.  1,    28,    12).    —    Der  Kyprier  Einen  Kultus  der  Aiakiden  gab  es  auf  Ai- 

Nikokles,  des  Königs  Euagoras  Sohn,   an  den  gina  und  Salamis.   Als  während  eines  Krieges 

Isokrates   eine   Rede   richtete,    galt  für  einen  zwischen  Athenern  und  Thebanern,  506  v.  Chr., 

Nachkommen  des  nach  Cypern  eingewanderten  letztere  in  Bedrängnis  gerieten,  erbaten  sie  sich 

Teukros  und  demnach  auch  seines  Vaters  Te-  von  den  Aigineten  ihre  Stammheroen,  die  Aiaki- 

lamon    (Isokr.  2,  argum.).    —    Einen   weiteren  den,  d.h.  deren  Kultbilder  (Herod.  b,  80;  Grote, 

Fortschritt  in  der  Entwickelung  der  Sage  be-  Gr.  Gesch.  2,  446  d.  Übers.),    die    sich  jedoch 

zeichnen  Accius^  Tragödien;    zwar  nur  wenig  nicht    hilfreich   zeigten   und   daher   zurückge- 

Ausbeute  für  Telamons  Lebensgeschichte  bietet  schickt  wurden.  Gewiß  sind  hier  Peleus  und 
das  Armorum  iudicium;   vielleicht  berief  sich  60  Telamon  gemeint.    Dieser  wurde  aber  zugleich 

hier  (wenn  nicht  vielmehr  im  ^iaic  des  ^wmMS;  mit  seinem  älteren  Sohne  auch  auf  Salamis 

vgl.    Ribbeck,  R.   Tr.  375)    Teukros,    als    ihn  verehrt.     Denn   unmittelbar   vor    der    dortigen 

Odysseus  der  Tötung  des  eigenen  Bruders  be-  berühmten    Schlacht   holten    die  Athener   von 

schuldigte,  auf  seine  Verwandtschaft  mit  Lao-  der  nahen  Insel  die  Bilder  des  Aias  und  des 

medon  und  Priamos;  ohne  Rücksicht   auf  sie,  Telamon    herbei    (Herod.  8,  64:    iy.  Zaloculvog 

ja  ihr  zum  Trotz  hai)e  ihn  sein  Vater  Telamon  Jl'avtd  rs  xal  TsXaiimvcc  ins-aaX^ovto,  vgl.  c.  83. 

in   den  Krieg   gegen   llion   geschickt  (Aristot.  84;  Plut.  Them.  15;  Busolt,  Gr.  Gesch.  2^  215. 

Rhet.  3,  15  p.  1416b  1).     Im  Eurysaces,  einem  696).     Eine  Kultstätte  für  ihn  scheint  endlich 


227  Telamon  (Charakter)  Telamon  (Beiwörter,  Name)         228 

auch  sein  Grab  bei  Pheneos  in  Arkadien  achl&ue  Berechnung  (schol.  Lykophr.  4Q9;  Apol- 
gewesen  zu  sein  {Paus.  8,  16,  6;  s.  o.).  lodor  2,  6,  4  f.).  Als  seine  ägiorsia,  bei  der  er 
So  verschieden  auch  nach  Zeit,  Art  und  streitbaren  Mut  mit  kluger  Besonnenheit  ver- 
Wert  die  Bestandteile  sind,  aus  denen  sich  bindet,  muß  unbedingt  der  Zug  gegen  Troja 
Telamons  Lebensgeschichte  zusammensetzt,  so  gelten,  von  dem  er  als  den  ihm  von  Herakles 
ergibt  sich  doch  im  allgemeinen  ein  ziemlich  gewährten  Siegespreis  die  Königstochter  He- 
deutliches  Charakterbild.  Eine  einheitliche  sione  heimbringt.  Telamons  Charakter  spiegelt 
Abmndang  desselben  wird  man  freilich  nicht  sich  sodann  in  seinen  Heldensöhnen  wider, 
erwarten  bei  einem  Helden,  für  den  die  Über-  denen  vor  Ilion  als  Leitstern  das  Beispiel  de» 
liefemng  beispielsweise  zwischen  drei  Vätern  lo  Vaters  dient.  Während  dessen  Zorn  dem  Aias 
(Aktaios  —  Aktor  —  Aiakos)  und  drei  Mut-  noch  im  Sterben  als  Schreckbild  vorschwebt, 
tem  (Glauke  —  Endete  —  Aigina^  hin  und  muß  Teukros  bei  seiner  Heimkehr  die  Strenge 
her  schwankt  (s.  c).  Die  Vornehmheit  seines  des  unbeugsamen  Greises  kosten  {Soph.  Ai. 
Geschlechts  wird  durch  seine  mehrfach  be-  433 f.,  1008 f,  1298f.;  fr.  ine.  808  Nck.*;  an- 
richtete Herkunft  von  Zeus  verbürgt.  Daß  nius  bei  Rihheck  S.  133 1". ;  Pacuvius  ebenda 
dessen  Sohn  und  erklärter  Schützling  Aiakos,  S.  223 f,  226 f.;  Accius  ebenda  S.  375)  und,  wie 
nachmals  berühmt  als  Richter  in  der  Unter-  der  Vater  einstmals,  nunmehr  selbst  in  die 
weit,  der  Vater  des  Telamon  ist,  verschafft  Fremde  ziehen.  Kommt  bei  solcher  Härte,  die 
diesem  schon  von  Haus  aus  Ansehen.  In  dem  auch  Odysseus  auf  seinem  Heimzuge  bitter  er- 
vielbe^ehrten  Unterricht  bei  dem  weisen  Chei-  20  fährt  {Dict.  Cret.  6,  6),  Telamons  Vaterliebe 
ron  tritt  er  zugleich  in  Verkehr  mit  künftigen  gegen  Teukros  zu  kurz,  so  ist  ihm  doch  nach 
Helden  und  Kriegsgefährten.  Bei  der  Neube-  reich  bewegtem  Leben  und  heldenmütigem  Tode 
völkerung  der  verödeten  heimatlichen  Insel  {schol.  Find.  Ol.  10,  39)  die  glückliche  Gemein- 
durch  Ameisen  wie  bei  dem  Kriegszug  gegen  schaft  mit  dem  ihm  ähnlicheren  Erstgeborenen 
Kreta  (s.  o.)  erscheint  der  Jüngling  mit  dem  im  Elysium  {Verg.  Cul.  295  f.)  zu  gönnen  und 
Vater,  namentlich  aber  mit  dem  leiblichen  erscheint  als  der  beste  Lohn  für  seine  Ver- 
Brader  Peleus  in  bestem  Einvernehmen.  Letz-  dienste  als  Vater,  König  und  Kriegsheld, 
terem  ist  er  ein  treuer  Genosse  im  W"afiFen-  Von  dichterischen  Beiwörtern  bezieht 
handwerk  wie  im  Wettspiel ;  besonders  ist  ihm  sich  Scyavog  (II.  P  284)  auf  seine  erlauchte 
hier  der  Diskuswurf  vertraut  (scÄoZ.  .£Jwr.  ^ndr.  30  Abstammung;  Sc^ivficav  (Od.  X  553),  &ya^6g 
687;  ApoUod.  3,  12,  6,  11;  Hygin.  fab.  273;  {Pind.  Pyih.  8,  100),  (piqxaro?  (Isthm.  5,68) 
Philostr.  Gymn.  3;  Quint.  Smyrn.  4,  450  f.).  und  ma.gnu8  (Stat.  2%e^.  1,  501)  kennzeichnen 
Seine  Körperstärke  ist  sprichwörtlich  (s.  u.).  ihn  lobend  im  allgemeinen;  {ifftfiitqprjs  gilt  der 
Das  Mißverhältnis  zum  Stiefbruder  Phokos  führt  Festigkeit  seines  Charakters,  p  i  u  s  (Valer.  Flacc. 
zu  dessen  gewaltsamem  Tode;  Telamon  fällt  3,.  637.  716.  722,  vgl.  Stat.  Theb.  9,  68)  beson- 
die  Haupt-  oder  eine  Mitschuld  zur  Last,  wenn  ders  der  Treue  gegen  denWaffengefährtenHera- 
auch  vereinzelte  Stimmen  {Apoll.  JRhod.  1,  93,  kies;  ccgritcpiXog  {Apoll.  Rhod.  3,  1174)  und 
vgl.  Diodor  4,  72,  6  f.)  ihn  ganz  freisprechen.  ^  v/tft«>Lt?j  5  (1, 1043)  heben  seinen  kriegerischen 
Überhaupt  hat  er  von  dem  Vater,  dem  fromm-  Sinn,  ivßd-Evi]g  {Quint.  Smyrn.  5,  482.  580)^ 
sten  Manne  der  Heroenzeit  {Plut.  Thes.  10),  40  avQvad-Bvrjg  {Pind.  Nem.  3,  36),  v.QatccL6g 
gerade  die  Frömmigkeit  am  wenigsten  geerbt  (ifefd.  4,  25)  und  svQvßlT\g{Nonn.Z'l,b'^h)  seine 
{Ennius  fr.  316*  Vahlen;  Ribbeck,  B.  Tr.  ISSf.;  gewaltige  Körperkraft  hervor.  Sprichwörtlich 
anders  ÄopÄ. -4».  763 f.);  über  das  Beiwort  p ins  waren  nämlich  die  TeXa^mvioi  y,6v$vXoi 
8.  o.  Die  Verbannung  aus  der  Heimat  trennt  {Uesyeh.  s.  v. ;  Aristophon  bei  Koek,  Com.  2, 
ihn  vorläufig  von  dem  Bruder,  macht  ihn  aber  277).  Er  war  der  Held  volkstümlicher  Gesänge : 
durch  Verheiratung  zum  Erben  der  Königs-  Ar.  Lys.  1237;  Skolia  17  u.  18  in  Bergk,  hyr. 
herrschaft  über  Salamis;  doch  erst  durch  die  3*,  649;  Theopompos  bei  Koek,  Com.  1,  750; 
zweite  Ehe  mit  Eriboia  erlangt  er  selbst  Nach-  Antiphanes  bei  Koek  2,  46;  Hesych.  s.  TsXcc- 
kommenschaft.     Kriegszüge  führen  ihn  wieder  ftüorog  äSsiv. 

mit  Peleus  zusammen;  besonders  aber  wird  er  50  DerName  TsXaiimv  darf  als  echt  grie- 
dabei  ein  treuer  Genosse  des  Herakles  {schol.  chisch  gelten.  Trotz  buchstäblicher  Überein- 
Apoll.  Rhod.  1,  1289).  Zwar  erscheint  er  bei  Stimmung  hat  er  mit  dem  Namen  der  etrus- 
den  Heerfahrten  und  Abenteuern  als  Begleiter  kischen  Stadt  nichts  zu  tun,  wenn  schon  die 
der  Haupthelden  meist  in  zweiter  Linie,  trägt  Argonautensage  deren  Gründung  auf  den  Hel- 
jedoch  auch  mit  eigenen  Taten  erheblich  zum  den  zurückführt  {Timaios  bei  Diodor  4,  56,  6; 
Gelingen  der  Unternehmungen  bei  und  erwirbt  s.  0.);  vielmehr  ist  der  Name  der  etruskischen 
sich  oftmals  durch  besondere  Leistungen  Beute  Stadt  eben  selbst  auch  etruskisch ;  vgl.  Wil- 
nnd  Kuhm.  Ein  hervorstechender  Charakter-  heim  Schulze,  Zur  Geschichte  lateinischer  Eigen- 
zug ist  hierbei  neben  seiner  echt  kriegerischen  nam^n,  Abhandlungen  der  Gott.  Gesellsch.  d. 
Gesinnung  sein  leidenschaftliches  Ungestüm  60  Wissensch.  1904,  S.  245;  572  A.  8. 
{Apoll.  Rhod.  1,  1289 f.;  Valer.  Flacc.  3,  637 f.;  Sowenig  es  nun  zweifelhaft  sein  kann,  daß 
vgl.  Apoll.  Rhod.  3,  382f.  515;  Apollodor  2,  6,  der  Personenname  TsXa^mv  ursprünglich 
4f.),  das  ihn  und  das  ganze  Unternehmen  zeit-  Appellativum  ist,  so  verschieden  wird  er 
weilig  gefährdet.  Doch  ist  er  nach  einem  er-  doch  in  seiner  Anwendung  auf  den  Helden  er- 
bitteirten  Zerwürfnis  keineswegs  versöhnlicher  klärt.  Die  Ableitung  von  rXa  — ,  tragen,  ist 
Gesinnung  bar  {Apoll.  Rhod.  1,  1330  f.),  und  mit  jener  Auffassung  gegeben.  Vielleicht  unter 
weit  entfernt,  blinder  Draufgänger  zu  sein,  dem  Einfluß  von  ytoXvrXccg  hat  man  nun  auch 
zeigt   er   gelegentlich   mitten   in    der    Gefahr  TsXa^mv   bildlich    als  ^Dulder'    gefaßt,  so 


229         Telamon  (Name  und  Wesenj  Telamon  (in  der  Kunst)             230 

Preller,  Gr.  Myth.  2',  402.     Doch  sind  die  Kr-  und  überzeugendere  Zusammenstellungvon 

klärer  des  Namens  meist  lieber  bei  der  eigent-  Tslafimv  mit  "AtXccg  (S.  68).    Die  beiden  Ap- 

lichen,    konkreten    Bedeutung    des    Wortes  pellativa   als  Kunstausdrücke   der  Architektur 

stehen  geblieben,  die  freilich  wieder  verschie-  lassen  sich  im  Griechischen  allerdings  nicht 

dener  Art  ist.     G.  Hermann  (Opusc.  2,  192 f.),  gleichsetzen;    denn   wie   Vürtheim    richtig  be- 

der  das  Nomen  xBXa{nov  von  dem  (mit  zXa  —  merkt   (S.  74),    bedeutet  tfXafimv   nicht   Säule 

stammverwandten)    Verbum    WAXftv  =  tollere  oder  Tragbalken;  es  muß  bewenden  bei  Vitruv. 

iibleitet,  erklärt  es  mit  sustentaculum  und  6,  7,  6:  —  si  qua  virili  ßgura  signa  mutulos 
versteht  darunter  den  Mastbaum,  an  dem  die  aut  Coronas  suatinent,  nostri  telamones  ap- 
Segel  aufgehängt  sind.     Ai'ag  ist  ihm  das  Se-  lo  pellant,  —  Graeci  vero  eos  arXccvxag  vocitant; 

gelwerk,  abzuleiten  von  ätaasiv.  Auch  erinnert  vgl.  G.  Hermann  a.  a.  0.    Wohl   aber  ist  für 

er    an    die    Telamonen    oder   Atlanten   (s.  u.).  die  Heldensage  die  Gleichung  Telamon  = 

Andere   halten   sich  an  eine  zweite,  häufigere  Atlas  unanfechtbar;  sie  wird  direkt  unterstützt 

Bedeutung  von  TfXccfitov:  Band  oder  Riemen  durch    Ennius   (fr,  ine.  43-    Vahlen)   bei  Serv. 

zum  Tragen    von  Schwert   oder   Schild,  Aen.  1,  741,  vgl.  4,  246;  schol.  Lucan.  10,  216; 

vgl.  Etym.  Magn.  IbO^  25.     Nach  v.  Wilamo-  Wernicke   bei   Pauly-Wissowa,   Art.  Atlas,   2, 

witz    {Homer.   Unters.    246)    ist    TsXafimv   dem  2125;  Gruppe,  Gr.  Myth.  95;  493  A.  5;  Degen 

Al'as  so  zum  Vater  gegeben,  wie  dieser  später  a.  a.  0.   S.  68.     Darnach  'wird  der  boiotische 

den  EvQvcä-At]?  zum  Sohne  erhalten  hat.  'Trä-  Atlas  nach  Lokris  übernommen,  wo  man  ihn 
ger  (Tragriemen)'    der   eine,    'Breitschild'   der  20  auch  Telamon  nennt'  {Gruppe).     In  der  arka- 

andere.     Beide    sind   nur  um  des  Aias  willen  dischen  Stadt  Pheneos  ferner,  wo  Telamon  im 

da,  ohne  selbständige  sagenhafte  Existenz.  —  Kampfe  mit  den  Eleern  gefallen  sein  soll  (s.  0.), 

In   denselben   Bahnen    bewegt    sich    auch   die  erzählt  man  nicht  nur  von  ihm,  sondern  auch 

Deutung  von  Finsler,  Homer*  (1914)  S.  13.  70.  von  Atlas  {Gruppe  95  A.  9).    Einen  Schritt  wei- 

Danach  hat  Aias  in  der  Utas  noch  keine  geo-  ter  noch  führt  uns  endlich  schol.  Eur.  Phoen. 

graphische  Heimat,  da  die  beiden  Stellen,  die  1129:    Hesione,    die   wir   als  Telamons  Gattin 

ihn    in    Salamis    lokalisieren   (E557;  JI  199j,  kennen,  wird  hier  das  Weib  des  Atlas  genannt; 

erst  im  sechsten  Jahrhundert  von  den  Athenern  vgl.  auch  Dict.  Cret.  1,  9;  Degen  a.  a.  0.;  Vürt- 

eingefügt  worden  sind;  aber,  genau  besehen,  heim  S.  69.  Sie  heißt  aber  auch  Prometheus' 
auch    keinen   in    der  Sage   wurzelnden  Vater.  30  Gattin,  und  so  ergibt  sich  mit  Wahrscheinlich- 

Denn  dessen  Name  'Schildriemen'  ist  erst  nach  keit,  daß  Telamon  mit  Atlas,  mit  Prometheus, 

dem  traditionellen  Waffenstück  des  Aias,  dem  endlich  auch  mit  Tantalos   eine   und  dieselbe 

großen   mykenischen  Schild,   gefertigt.     Indes  Sagengestalt   ist;   vgl.  Max  Mayer,   Giganten 

wird  die  Herleitung  des  Namens  Telamon  vom  und   Titanen   88  f.;    Gruppe   382 f.;    419  A.  7; 

Schildriemen  des  Aias  neuerlich  von  zwei  Ge-  1308  A.  4;   1314  A.  10;  Degen  a.  a.  0.     Atlas 

lehrten  energisch  bestritten,  ohne  daß  freilich  und  Tantalos  findet  man  identifiziert  bei  Preller- 

beide  in  ihren  positiven  Aufstellungen   über-  Pobert,  Gr.  Myth.  1,  661  A.  8;  v.  Wilamowitz, 

einstimmen.    P.  Girard  {Aiax  fils  de  Telamon,  Eur.  Herakl.  2^,96.  Vielleicht  zielt  dahin  schon 

Revue  des  Etudes  Grecques  1905,  S.  If.)  faßt  eine  Bemerkung  bei  Gerhard,  Gr.  Mythol.  %  S7 5, 
teXa^Lcav    in    der   Bedeutung   Träger,    Säule  40  wonach  in  den  Namen  Peleus  und  Telamon  ein 

und  erklärt  mit  Hilfe  mehrerer  kretischer  Bild-  Hinweis  auf  Erde  und  Himmel  enthalten  ist. 

werke    der    minoischen    Zeit   den    Telamonier  Es  leuchtet  ein,  daß  eine  solche  Auffassung  Te- 

Aias  für  le  dieu  ou  Vesprit  du  Pilier  (S.  41),  lamons  als  eines  gewaltigen  Titanen,  falls  sie 

oder  le  Seigneur  du  Pilier  (S.  67),  d.  h.  einen  das  Richtige  trifft,  ihm  und  seiner  Sippe  eine 

säulenbewohnenden  Genius,  der  ihm  als  weit  höhere  selbständige  Würde  und  mytholo- 

ein  Sinnbild  der  Fruchtbarkeit  und  des  Reich-  gische  Bedeutung  verleiht  als  jene  andere,  die 

tums  gilt  (S.  58).     Dadurch  würde  freilich  Te-  ihn  gewissermaßen  zum  Schildträger  des  Sohnes 

lamon  selbst  die  eigene  mythologische  Existenz  erniedrigt.    Indes  zu  entscheiden,  ob  ihm  diese 

ganz  verlieren  und  sein  Name  als  bloßes  Ap-  Protagonistenrolle  als  Titane  oder  jene  be- 
pellativum  nur  der  umschreibenden  Benennung  50  scheidenere  Stellung  als  Schildhalter  oder  als 

des  Aias  dienen.  —  Auch  Vürtheim  {de  Aiacis  'Säulenheiliger'     ursprünglich     zukommt,     ist 

origine   cultu  patria^    Leiden  1907,    s.  0.)   be-  dieses  Ortes  nicht. 

kämpft  zwar  entschieden  die  Herleitung  des  Die  bildende  Kunst  bietet,  wie  sich  er- 
Namens Telamon  vom  Schildriemen  des  Aias,  warten  läßt,  für  keine  der  beiden  Deutungen 
verwirft  aber  ebenso  bestimmt  die  Gleichsetzung  einen  Anhalt,  sondern  faßt  den  Telamon  ledig- 
von  rsX(xn6)v  =  ctijXri,  columna  (S.  74 f.);  viel-  lieh  als  Glied  und  Bestandteil  der  Heroensage 
mehr  ist  ihm  TsXafimv,  wofür  er  inschriftliche  auf.  Folgen  wir  auch  hier  dem  biographischen 
Belege  aus  Herwerdens  Lexikon  s.  v.  anführt,  Prinzip,  so  ist  die  Kalydonische  Jagd  das 
eine  marmorne  oder  eherne  Inschrifttafel  erste  Ereignis,  bei  dem,  soweit  nachweisbar,  der 
(titulus).  Diese  Annahme  mag  auf  sich  be-  60  Held  veranschaulicht  worden  ist.  In  Skopas' 
ruhen;  wichtiger  ist,  daß  Vürtheim  den  Tela-  Giebelgruppe  am  Athenetempel  zu  Tegea  war 
mon  schließlich  als  einen  Meergott  auffaßt,  aus  nämlich  auch  er  dargestellt  {Pausan.  8,  45,  6), 
dessen  Liebschaft  mit  der  Nymphe  Theaneira  und  zwar,  falls  Owri  das  Kunstwerk  vorgeschwebt 
{schol.  Lykophr.  467,  s.  0.)  ein  Sprößling  (Teu-  hat  ( Jfetow.  8,  378  f.),  wie  er  bei  der  Eberhetze 
kros)  hervorgegangen  sei.  Auf  den  verschlun-  an  einer  Baumwurzel  strauchelt  und  vor  dem 
genen  Pfaden  dieser  Beweisführung  begegnet  Falle  durch  seinen  Bruder  Peleus  bewahrt  wird ; 
aber  auch  die  schon  von  G.  Hermann  (Opusc.  vgl.  d.  Art.  Meleagros,  Bd.  2,  Sp.  2616.  2618; 
2,  193,  s.  0.)  angedeutete,  ungleich  wichtigere  Surler,  Die  Meleagersage,  Züricher  Diss.  1880, 


231 


Telamon  (Bildwerke) 


Telamon  (Bildwerke) 


232 


S.  104  f.  So  bestimmt  Tclamons  Teilnahme  an 
dem  Abenteuer  in  der  Literatur  bezeugt  ist,  so 
selten  ist  er  doch  auf  den  zahlreichen  bild- 
lichen Darstellungen  der  Kalvdonischen  Jagd 
nachweisbar.  Durch  Namensbeischrift  ist  er 
kenntlich  auf  einer  Berliner  Vase  aus  Orvieto 


ist  Telamons  Gegnerin  Ainippe,  wohl  identisch 
mit  Melanippe,  die  er  nach  schol.  Find.  A'ejn. 
3,  66  u.  schol  Lyk.  1329  tötet  (s.  o):  Brönd- 
sted  a.  a.  0.  nr.  28;  Fr.  Häuser,  Jahrb.  d.  Inst. 
1893,  S.  101  f.  Endlich  sieht  man  Herakles 
und  Telamon  im  Kampfe  mit  Amazonen  auch 


1)  Botfigurige  Amphora:  Amazonenkampf;  links:  Telatnou  tötet 
die  Amazone  Tuxis;  anwesend:  Herakles,  Thraso,  Tvisipyle, 
Kydoime,  Hypsipyle  (vgl.  Reinach,  Repertoire  des  vmetpeints  1, 166). 

^Furtwängler,  Vasensammlung  im  Antiquarium  auf  dem  Bilde  einer  Vase  aus  liuvo  im  Bull. 
in  Berlin  1,  246,  nr.  1706):  hier  erscheint  er  Arch.  Nap.  N.  Ser.  2,  4;  vgl.  Amiali  1885, 
mit  rotem  Bart  und  Haupthaar,  ohne  Hut  und  so  S.  168.  —  Wie  ferner  bei  Findar  (iVt?».  4,  27  f. 
nackt;  das  Gesicht  und  die  rechte  Körperseite  mit  schol.:  Isthm.  b,  33,  vgl.  schol.  Apoll.  Ehod. 
sind  stark  verstümmelt;  den  Jagdspeer  hält  er  1,  1289)  Telamon  dem  Herakles  im  Kampfe 
nach  unten  gerichtet.  —  Auf  den  zahlreichen      mit   dem  Giganten  Alkyoneus   hilfreich   zur 

Seite  steht,  so  er- 
kennt ihn  0.  Jahn 
(Berichte  der  Sachs. 
Gesellsch.  d.  Wissen- 
sch.  1853,  S.  145  u. 
Tafel  9)  auf  einer 
schvi^arzfigurig.  Am- 
phora, obwohl  er  sich 
hier,  im  Gegensatz 
zu  Athene  und  Her- 
mes, diemit  gespann- 
tem Interesse  auf  die 
beiden  Ringer  hin- 
blicken,  völlig  teil- 
nahmlos von  dem 
Kampfe  abwendet; 
s.  Abb.  3.  Auf  dem 
Bilde  einer  Vase  von 
Cometo  bemerkt  man  ihn  hinter  Herakles,  der  an 


8)  Vase   aus  Cometo:  Amazonenkampf;  reclits  TtÄu/uui   und  Ikauxt;   anwesend:  Herakles, 
Andromache,  Iphitos  (vgl.  Reinach  1,  230). 


und  bedeutsamen  Abbildungen  des  Argo- 
nautenzuges,  wie  z.  B.  denen  auf  der  Fico- 
ronischen  Cista,  ist  Telamon  unter  den  Ge- 
fährten des  Jason  und  des  Herakles  nirgends 
deutlich  zu  erkennen.  Dagegen  im  Amazo- 
nenkampf zeigen  ihn,  z.  T.  durch  Beischrif- 
ten kenntlich,  mehrere  Vasengemälde ;  auf  dem 
Bilde  einer  rotfigur.  Amphora   von  Arezzo  er- 


den schlafenden  Giganten  heranschleicht;  Kopp, 
Arch.  Ztg.  42,  38;  s  Abb.  4.  —  Bei  dem  Zuge 
gegen  Troja  ist  Herakles  auf  der  Insel 
Chryse  gelandet  {schol.  Soph.  Phil.  194);  in 
seiner  Begleitung  ist  Telamon  auf  einem  Wiener 
Vasenbild:  Gerhard,  Arch.  Zeitung  3,  164; 
Taf.  36,  1;  Stephani,  C.  M.  1873,  S.  227;  Gruppe 


schlägt  er,  hinter  Herakles  stehend,  eine  Ama-  60  568   A.  3,     —     Hesiones    Befreiung    war 


Zone  Toxoig,  O.  Jahn,  Amiali  1864,  S.  239  f.; 
242  f.;  S.  Beinach,  Repertoire  des  vases  peints 
1,  166,  s.  Abb.  1;  auf  einer  rotfigur,  Vase  aus 
Cometo  töt«t  Herakles  die  AvdQOfiaxs,  rechts 
davon  ergreift  Tiiccfiov  die  I7o:t?xf ,  Brihidsted, 
Vases  of  Campanari  nr.  28:  Fetersen,  Anrudi 
1884,  S.  269:  Mon.  ined.  12,  Taf.  9.  10;  Reinach 
1,  230,  s.  Abb.  2;  auf  einem  dritten  Gemälde 


schon  dargestellt  auf  einem  Bilde,  das  Philo- 
stratos  d.  J.  (Imag.  12)  beschreibt,  freilich  ohne 
Telamons  Anwesenheit  zu  erwähnen.  Sichtbar 
ist  dieser  auf  einem  unteritalischen  Mosaik, 
jetzt  in  der  Villa  Albani  zu  Rom  ( Winckelmann, 
Mon.  ined.  T.  66,  H  p.  90—92;  Heibig,  Samml. 
Roms  2\  467  nr.  1927):  Telamon  geleitet  die 
Jungfrau  von   dem  Felsen   herab,    an   den  sie 


:233 


Telamon  (Bildwerke) 


Telamon  (Bildwerke) 


234 


angeschmiedet  gewesen ;  Herakles,  der  das  See- 
tier getötet  hat,  steht  in  selbstbewußter  Hal- 
tung, mit  Pfeil  und  Bogen  und  gestützt  auf 
die  Keule,  daneben;  s.  Abb.  5.  Ganz  ähnlich 
ist  die  Darstellung  auf  zwei  kampanischen 
Wandgemälden  {Heibig  nr.  1131  und  1132): 
Telamon  befreit  hier  mit  einem  Hammer  seine 
zukünftige  Gattin,  die  mit  der  rechten  Hand 
noch  an  den  Felsen  geschmiedet  ist;  Herakles 
steht  bekränzt  neben  dem  von  einem  Pfeile  lo 
durchbohrten  Untier;  vgl.  Bull.  d.  I.  1867, 
S.  83 ;  Heibig,  Kampanische  Wandgemälde,  At- 
las nr.  14;  Engelmann,  Ovidatlas  nr.  124;  s. 
Abb.  6.  Auf  zwei  andern  Wandbildern  wird 
-das   aus   dem   Meere   sich   aufbäumende  See- 


.^)  Sohwarzflgar.  Amphora:  Herakles'  Kampf  mit  Alkyo- 

nens;  rechts  Athene  and  Hermes;  links  Telamon 

(nach  0.  Jahn,  Ber.  d.  Säch».  Oe$.  d.  Wisx.  1853,  Taf.  9). 


ungeheuer  von  Telamon  mit  einem  Felsblock 
vom  Ufer  aus  erst  erlegt,  während  Herakles 
mit  Hesione  und  einer  andern  weiblichen  Per- 
son aus  einiger  Entfernung  zusieht  {Heibig 
nr.  1129  und  1130;  vgl.  auch  Langen  zu  Valer. 
Flacc.  Argon.  2,  540).  Einige  andere  Gemälde 
sind  ihrer  Deutung  nach  unsicher  und  lassen 
sich  schwer  von  Darstellungen  des  verwandten 
Andromedamythus  trennen  (s.  d.  Art.  Hesione, 


5)  Unteritalisches  Mosaik :  Hesiones  Befreiung  durch  Te- 
lamon ;  mitanwesend:  Herakles 
(nach   Winckelmann,  Mon.  Ined.  T.  66). 
RoscHSB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V. 


Bd.  1,  S.  2592f.).  —  Der  Kampf  gegen  Lao- 
medon,  Hesiones  Vater,  war  verherrlicht  durch 
die  künstlerisch  hervorragende  Gruppe  im  Ost- 
giebel des  Aphaiatempels  von  Aigina  {BtisoU, 
Gr.  Gesch.  3,  1,  377).  Leider  bieten  die  in  der 
40  Münchener  Glyptothek  aufgestellten  berühmten 
Bildwerke  zur  Erkennung  des  Aigineten  Tela- 
mon keinen  Anhalt  {Brunn,  Beschreibung  der 
Glyptothek,  5.  Aufl.  S.  82—85);  hieran  hat  auch 
der  durch  die  neuen  Ausgrabungen  gewonnene 
Zuwachs  nichts  geändert.  Furtwängler  {Aigina; 
das  Heiligtum  der  Aphaia,  S.  310)  bemerkt,  im 
Ostgiebel  sei  nur  Herakles  zu  erkennen;  ja  er 
versichert  sogar  {Die  Ägineten,  1909,  S.  49  f.),  zu 
individualisieren  und  zu  charakterisieren  habe 
der  Schöpfer  der  Statuengruppe  im  übrigen 
geflissentlich  vermieden.  —  Ein  Gemälde  end- 
lich auf  einer  schlanken  apulischen  Amphora 
vergegenwärtigt  Aias'  und  Teukros'  Ab- 
schied von  ihren  Eltern.  Die  Namen  Tela- 
mon und  Teukros  stehen  auf  dem  Bilde  an  der 
verkehrten  Stelle  und  sind  zu  vertauschen. 
Während  im  Hintergrund  Periboia  (s.  d.,  Bd.  3, 
Sp.  1962)  das  Gewand  vor  das  Gesicht  erhebt, 
um  die  Tränen  zu  verbergen,  steht  vor  Aias  der 
greise  Vater  Telamon,  gestützt  auf  einen  auf- 
fällig hohen  Krückstock  und  die  andere  Hand 
an  das  kahle,  gesenkte  Haupt  gepreßt,  und  be- 
kundet so  in  Haltung  und  Gebärde  den  tiefsten 
Trennungsschmerz;  s.  Overbeck,  Gal.  her.  Bild- 
werke 1,  276,  Taf.  13,  7;  Baumeister,  Denkmaler 
1,  683;  8.  Abb.  7.  Eine  Szene  gleichen  Inhalts 
erscheint  auf  einem  andern  Vasengemälde  {Ger- 
hard,  Auserl.  Vasenbilder  Taf.  215;    Beinach, 


235 


Telamoniades 


Teichinen 


236i 


6)  Kampaniiohet  WandgemUde,  anwesend:  TeUmon, 
Heaione,  Beraklei  (nach  Helhig,Kavip.  Wandgem  .  Atla»  nr.l4) 


T    t     V     A     <M    o    H 


T)  Apulisohe  Amphora;  anwesend:  Tenkros,  Aias,  Telamon, 
Perihoia  (nach  Overbeck,  Oal.  Taf.  IS,  7). 

B^aertoire  2,  109) :  zwischen  dem  greisen  Tela- 
mon nnd  der  weinenden  Perihoia  stehen,  von 
dieser  abgewendet  und  dem  Vater  zugekehrt, 
die  beiden  bewaffneten  jugendlichen  Helden. 
Beischriften  fehlen;  doch  ist  bei  den  älteren 
Personen  an  Phoinix  und  Briseis  nicht  zu 
denken ;  s.  d.  Art.  Teukros.  [Johannes  Schmidt.] 
Telamoniades  (TsXaiKovmdrig ,  bei  Findar 
dorisch:  TsXafiovta^a?,  lat.  Telamoniades)  be- 
deutet Telamons  Sohn,  bezeichnet  also  ent- 
weder, und  zwar  fast  immer  Aias  {II.  A  542 
N  709.  P  236;  Od.  X  643;  Quint.  Smyrn.  1,  534 
S,  273;  5,  363.  663;  Etym.  Magn.  210,  12 
640,  88;  566,  29;  Find.  Isthm.  6,  26;  Ov.  Met 
13,  231}  oder  vereinzelt  Teukros  {Find.  Nem 
4,47).  Daneben  erscheint  selten  TsiocyL<ovCdrig 
{Etym.    Magn.    210,  13;   666,  29),    nach    Leo 


Meyer  {Die  Homer.  Vaterfiamen,  Bezzenh.  Beitr. 
4,  1  f )  eine  Verstümmelung  von  TeXaiKovtdSrie. 
Ob  jedoch  letzteres  wirklich  die  Grundformi 
oder  nicht  vielmehr  eine  Erweiterung  jener 
kürzeren  Form  ist,  bleibt  fraglich;  jedenfalls 
wechseln  die  Dichter  nach  Bedarf  des  Metruma 
mit  diesen  Formen  ab;  vgl.  Kühner-Blaß,  Gr. 
Gramm.  2\  288  §  380,  9;  Angermann,  de  patro- 
nym.  Graec.  format.  =  Curtius,  Stud.  1,  If. 

10  Das  sinn-  und  stammverwandte  TfiXa/iito- 
vios  ist  zunächst  in  allgemeiner  Bedeutung 
das  von  Te^lapcbv  abgeleitete  Adj.,  vertritt  ala 
solches  bisweilen  den  Gen.  des  Subst.  {Heaych^ 
8.  TsXatimvioi  xdvdviot)  und  bezeichnet,  ver- 
bunden mit  vlos  {II.  A  691.  iV  67;  Quint.  Smyrn. 
4,  227)  oder  mit  nats  {Soph.  Ai.  184),  meist  dea 
großen  Aias.  Eine  Mittelstufe  zwischen  ad- 
jektivischem Gebrauch  und  Substantivierung: 
bildet   die  Hinzusetzung  von  TsXapLmviog  (lat. 

20  Telamonius)  zu  dem  Namen  Aias,  wodurch 
dieser  von  dem  Lokrer  unterschieden  wird  {II. 
B  528.  768  u.  ö.;  Eur.  Hei  848;  Tzetz.  Hom. 
112;  Anthol.  Pal.  2,  271;  7,  148;  Apollodor.  epit. 
8,  11;  Palaeph.  Incredib.  12,  3;  Quintil.  7,  9,  2),. 
sowie  zu  Teukros  {IL  N  110.  O  462;  Quint, 
Smyrn.  4,  186).  Endlich  bezeichnet  es  allein- 
stehend oder  doch  als  selbständige  Appo- 
sition fast  ausschließlich  den  Aias  {AnthoL 
Pal.  7,  149;  Suid.  s.  v.;  Ov.  A.  A.  2,  737;  Met. 

30  13,  194.  266.  321;  Trist.  2,  626),  aber  auch  den 
Teukros  [Ps.-Aristot.  epigr.  bei  BergTc,  Lyr^ 
2*,  846:  l&v  (»xv^dpcöv  raft/Tj?,  TsXcc^Lmvtos).^ 
Nach  Kühner -Blaß  a.  a.  0.  2»,  294  §  334,  4 
ist  TeXaiimviog  gar  kein  echtes  Patronymikon,. 
auch  kein  Subst.,  sondern  selbst  in  diesem. 
Falle  nur  possessives  Adj.,  zu  dem  erst  wieder,, 
was  ja  bei  TsXccncoviddrjg  nicht  in  Frage  kommtj. 
vl6g  oder  ytatg  zu  ergänzen  wäre.  Einwandfrei 
ist  diese  Auffassung  nicht;   schon  der  Artikel 

40  erhebt  es  zum  Range  eines  Subst.,  und  zum 
lat.  Telamonius  {Ov.  Met.  13,  194)  wird  erst 
recht  niemand  filius  ergänzen  wollen.  Wohl 
aber  kann  die  Annahme,  es  sei  kein  eigent- 
liches Patronymikon ,  der  Ansicht  zur  Stütze 
dienen,  TsXaiimvLog  bedeute  ursprünglich  nicht 
(wie  TeXaiKoviddrig)  Telamons  Sohn,  sondern  be- 
zeichne einen  jener  beiden  Brüder,  weil  sie  unter 
des  Heros  Telamon  Schutz  stünden 
{Girard,  Bevue  des  Etudes  Grecques  1905,  S.  If.; 

50  Vürtheim,  de  Aiacis  origine  cultu  patria,  Leiden 
1907,  S.52f.;  Gruppe,  Burs.  Jahrph.  137,  887^ 
B.  auch  d,  Art.  Aias,  Telamon,  Teukros). 

[Johannes  Schmidt.] 
Telauge  {TriXavyri),  Tochter  des  Heosphoros,. 
von  Hermes  Mutter  des  Autolykos,  Schöl.  Ven.  A 
und  Lips.  Hom.  IL  10,  267  (p.  287  a  Bekker). 
Eust.  ad  Hom.  II.  804,  26.  Andere  Angaben 
über  die  Mutter  des  Autolykos  (s.  d.,  wo  nach- 
zutragen C.  Bobert,  Homerische  Becher  [50.  Ber- 

60  liner  Winckehnanns-Programm]  S.  90  ff.)  s.  Bd.  1 
Sp.736,  14  ff.,  wo  hinzuzufügen  ist  Schol.  TownL 
Hom.  II.  10,  266:  AvrdXvyiog  'Egtiov  xul  ZxiXßrig 
xfig  *E(o6(p6qov.  Die  Namen  Telauge  und  Stilbe,. 
die  „Femstrahlende"  und  die  „Glänzende"  sind 
bezeichnend  für  die  Tochter  des  Heosphoros. 

[Höfer.] 
Teichinen      {TsXxlveg),      die     kunstreichen 
Schmiededämonen.    Wir  haben  über  ihr  Wesen 


237 


Teichinen  (Eigenschaften) 


und  ihre  Geschichte  mehrere  Traditionen.  Die 
wichtigsten  sind:  der  Bericht  des  Apollodor  bei 
Strahon  654;  der  aus  Sueion  nfQl  ßXac(fr,iHü)v 
in  dem  Exzerpt  bei  MüUr,  Mel.  de  Utter.  417 
und  bei  Eustath.  ad  IL  p.  771  (vgl.  Fresenius, 
JDe  Uit(üv  Ariatoph.  et  Sueion.  exe.  p.  63);  der 
aus  y.enon  von  Bhodos  bei  Diod.  5,  66/6.  — 
Die  älteste  Erwähnung  ist  die  bei  Stesichcros 
fr.  93  B  *  (L'ust.  a.  0.)  2r.  tag  xfiQccg  xai  <yxo- 


Telchinen  (Eigenschaften,  Geneal.)     238 

Yerwandlungsfähigkeit?);  sie  haben  Häute 
zwischen  den  Zehen  wie  die  Gänse.  Manche 
[iviovs  steht  in  dem  Millenchin  Exzerpt,  fehlt 
aber  bei  Eust.)  sind  ohne  Hände  und  Füße, 
alle  sind  yXccvtioa-nis  und  haben  große  (oder 
schwarze?)  Augenbrauen  (ftfya/ldqp(»vff  Exe. 
Müh,  ntXavotpQvse  Eu8t^  und  einen  scharfen 
Blick  {ö^väfQn^aratoi).  Dies  hängt  mit  tiner 
weiteren  Eigenschaft  zusammen.  —  4)  Sie  haben 


tdacetg  TtXxtvag  TtgoariydQtvatv  (vgl.  v.  Wilamo-  10  den  bösen  Blick.    Ovid.  Met.  7,  366  erwähnt 


Witz,  Kachr.  Gott.  Ges.  1896  S.  242).  Eine  An- 
spielung auf  die  T.  ohne  Namensnennung  findet 
man  bei  Pindar^  Ol.  7,  53;  vgl.  Welelcer,  Aeschyl. 
Tril.  Frcm.  185.  v.  Wilanwuitz  a.  0.  Ferner 
Xencmedcs  von  Eeos,  5.  Jahrb.,  E.  H.  G.  2,  43; 
dazu  vgl.  Oxyr.  Pap.  7,  66)  im  Et.  Gud.,  Et. 
M.,  Suidas  s.  v.  &^Xy£i.  Danach  Simmias  von 
Bhodos  bei  Clemens  Strom.  6  p.  674  P,  dimdg  \ 
'lyvTitmv  y.ccl  TtXx'ivav  l'qpv  i]  ccXvkt]  ^dip  (Mut- 


ihre  oeulos  ipso  viiiantes  omnia  visu.  Sie 
heißen  novr\Qol  Sccifiovig  {Suid.)^  ipoysQoi  (Suet), 
invidia  lividi  {Laet.  ad  Stat.  Theb.  2,  274), 
(f&ovsQol  {Nonn.  14,  36;  30,  226),  <f&ovsQol  tv 
rfß  6iöa6xaXiaL  x&v  Tf^rcöv  {Diod.).  BesonderK 
wird  von  ihnen  erzählt,  daß  sie  Rhodos  mit 
Styxwasser  besprengen  und  dadurch  unfrucht- 
bar machen  {Strab.  14,  601;  Suid.  s.  v.  ^iXyki-f 
Zenob.  5,  41;    Nonn.   14,   36flF.;    Tzetzes  Chil. 


ter  der  I.  und  T.  war  das  salzige  Meer)  und  20  7,  126;   Laetant.  a.  0.).     Hierher  gehört  auch 


Kallim.  h.  4,  31.  Erwähnt  wird  bei  Athin.  7 
282  e  eine  TsXxiviaxr}  icrogiccy  als  deren  Ver- 
fasser 'EiTi^tviörig  ö  Kgr^g  ?)  TriXtxXsiörig  ri  ccXXog 
Tig  genannt  wird.     Alt  ist  das  nicht.  — 

•  Wesen  derT.  Wenn  Suidas  s.  v.  TeXxtv^g 
erklärt:  TtovTiQol  daifiovsg  tj  ccv^qoottol  (f^ovs- 
gol  yal  ßäüvccvoi,  so  geht  überhaupt  die  antike 
Berichterstattung  und  (damit  verbunden)  Deu- 
tung nach  zwei  Seiten.     Heute  ist  es  selbst 


die  von  Stesichoros  (s.  v.)  vorgenommene  Gleich- 
setzung  mit  den  Keren.  Vgl.  Jane  E.  Earri- 
son,  Proleg.  io  ihe  study  of  Gr.  rel.  171.  Daher 
wird  die  Bosheit  der  T.  später  sprichwörtlich. 
Z.  B.  Alkiphr.  ep.  1,  15,  6  Seh.  TtXxtvog  7,v 
fioi  ßacuaivcav  ^a()i;Tf()0?,  und  zahlreiche  andere 
Stellen  später  Autoren:  van  Gelder,  Getch.  d. 
alten  Phodier  48.  Um  dieses  Gebrauches  willen 
ist  der  Sueton- Artikel  geschrieben.    Die  Alten 


verständlich,  daß  wir  es  mit  Dämonen  zu  tun  so  suchten  eine  Erklärung  lür  diese  Bosheit,  weil 


haben,  während  z.  B.  noch  Welcher  (der  Aeschyl 
Tril.  182 ff.  über  die  T.  spricht)  an  eine  Künstler- 
genossenschaft glaubte.  Über  ihr  Wesen  er- 
fahren wir  folgendes: 

1)  Kunstfertigkeit.  Zugeschrieben  wird 
ihnen  die  y.tTdXX(ov  tvgicig  (Suet.);  sie  haben 
zuerst  Eisen  und  Erz  bearbeitete/Straft.).  Sie 
sind  Erfinder  der  T^;^rafc  und  anderer  zum  Leben 
nützlichen  Dinge  (Eicd.).    Besonders  wird  die 


sie  sie  mit  der  Kunstfertigkeit  nicht  reimen 
konnten.  Die  T.  seien  wegen  ihrer  Kunstfer- 
tigkeit von  ihren  Kebenbuhlern  verleumdet 
worden  und  hätten  daher  den  schlechten  Ruf 
bekommen  (Strab.);  oder  sie  seien  eifersüchtig 
auf  die  Geheimhaltung  ihrer  Künste  bedacht 
(Diod.  s.  0.);  oder  es  gäbe  zwei  ganz  verschie- 
dene Arten,  die  kunstfertigen  und  die  bösen 
(Suet.).    In  Wahrheit  passen  die  beiden  Seiten 


dyccXuccronoitce  hervorgehoben  (Diod.  Suet.);  das  40  ihres  Charakters  vortrefflich  zusammen 


ayaXiioc  der  Athena  TtXxivicc  stammt  von  ihnen 
(Nicol.  Dam.  fr.  116  =  F.  E.  G.  3  p.  459;  aus 
den  nagädo^a  ^9ri).  Dazu  muß  man  nehmen, 
daß  auch  andere  Götter  nach  ihnen  heißen;  in 
Lindos  Apollon  TsXxiviog  (b.  d.),  in  lalysos  Hera 
und  die  Nymphen  TsXxiviai,  in  Kamiros  Hera 
TfXxivicc  (Diodor;  s.  d.).  Sie  haben  auch  sagen- 
berühmte Geräte  gemacht:  die  ccQnri,  mit  der 
Uranos  entmannt  wurde  (Strab.  654  und  [aus 


Die  Geschichten  von  denT.  Die  Haupt- 
masse steht  bei  Diodor.  Sie  sind  Söhne  des 
Meeres  (viol  ©aXattrig;  \ gl.  Simmias  oben;  rfjs 
nal  Ilovrov  bei  Tzetzes,  Theog.  81  ff.  =  Ma- 
tranga  Anecd.  580),  mit  Kapheira,  der  Tochter 
des  Okeanos,  erziehen  sie  den  Poseidon,  den 
Rhea  ihnen  übergeben  hat.  (Das  ist  nach  dem 
Vorbild  der  Zeuskindheit  gemacht.)  Poseidon, 
herangewachsen,  liebt  Halia,  die  Schwester  der 


ihm]  Eust.);  den  Dreizack  des  Poseidon  (Kallim.  50  Teichinen,  und  erzeugt  mit  ihr  sechs  Söhne  und 

A      Ol  .    T^^ti^J J —    Ti-*    t-x n i.    __T •-J J_'      m_     1   i-      -ni    -  j  -  _       i  r .        J -^      i_Ovl _.•!  i. 


4,31;  Erfindung  des  Dichters?  sonst  schmieden 
ihn  die  Kyklopen,  Apoll.  1,  7);  nsichStat.  Theb. 
2,  274  haben  sie  am  Halsband  der  Harmonia 
mitgearbeitet  (wohl  sicher  nach  freier  Erfindung 
des  Dichters,  vgl.  Silvae  4,  6,  47).  —  2)  Z  aub  er- 
kunst.  Sie  sind  y6r}rsg  (Kallim.  Aitia=  Oxyr. 
Pap.  7  nr.  1011  V.  64,  Strab.,  Diod.,  Hesych. 
s.  v.  Telxtvtg).  Sie  haben  ein  Trinkgefäß,  in 
dem  sie   aus  Wurzeln  einen  Zaubertrank  her- 


die  Tochter  Rhodos.  Von  den  sechs  Söhnen  gilt 
es  eine  Geschichte,  in  deren  Verlauf  sie  als  ngoo- 
rn&ioi  (s.  d.)  dcciiiovhg  in  der  Erde  verborgen, 
werden,  während  Halia  sich  ins  Meer  stürzt  und 
als  Leukothea  Kult  empfängt.  (Also  gehören 
weder  Halia  noch  die  daiyLovig  irgendwie  ur- 
sprünglich mit  den  T.  zusammen.)  Die  T.  ver- 
lassen die  Insel  wegen  der  bevorstehenden 
großen  Flut  und  zerstreuen  sich.     Lykos  geht 


teilen   (Eust.).     Sie   können  Wolken,   Hagel,  60  nach  Lykien.   Verwandt  ist  die  Darstellung  bei 


Regen  u.  dgl.  herbeiziehen  (Diod.),  auch  schien 
dern  sie  Blitze  (Eust).  Schließlich  können  sie 
ihre  Gestalt  verändern  (Diod.  Suet.).  —  3)  Ge- 
stalt. Ausführlich  ist  Sueton:  sie  sind  dyiCpL' 
ßioiy  d.  h.  sie  leben  auf  dem  Lande  und  im 
Wasser;  sie  ähneln  teils  (ra  fitr)  Dämonen, 
teils  (tu  äh)  Menschen,  teils  Fischen,  teils 
Schlangen   (ob  gleichzeitig?    oder  kraft  ihrer 


Nonnos  14,  36  ff.,  nach  der  die  T.,  die  Söhne  des 
Poseidon  (unter  ihnen  Lykos),  durch  die  Heli- 
aden  aus  Rhodos  vertrieben  werden  und,  bevor 
sie  auswandern  (aXiTcXuvhg  ^sxavccctai^  also 
wohl  ins  Meer),  die  Insel  durch  Besprengung 
mit  Styxwasser  unfruchtbar  machen.  (Ganz, 
mißverständlich,  darum  auch  in  den  Folge- 
rungen verkehrt:    Tümpel,  Fleckeisens  Jahrb.. 


239      Teichinen  (Mythen,  Verbreitung)  Telohinen  (Verbreitung)            240 

143  S.  165 ff.)  —  In  diesen  Geschichten  steckt  Kureten  genannt.     Das  geht  dem  späten  Syn- 

nicht  viel.     Wichtig  ist  die  Verbindung   mit  kretismus    dieser    ursprünglich   verschiedenen 

dem  Meere  und  die  Auswanderung,  mit  der  es  Dimonenkreise    an.      (Vgl.    darüber    Lobeck, 

in  Zu^tammenhang  steht,  daß  die  T.  mehr  wie  Aalaoph.  1199.)   Aber  die  Benennung  der  Inseln 

eine   Bevöikerungsschicht,    als   wie   eine   Da-  scheint  (im  Verein  mit  den  folgenden  Tradi- 

monenschar   geschildert   werden.      Daß    einer  tionen)  zu  zeigen,  daß  wirklich  der  Telchineu- 

nach  Lykien  geht,  also  Lykos  heißt,  ist  will-  glaube  nach  Kreta  übergriff.    In  anderer  Weise 

kürliche   Einflechtung  eines   fremden   Motivs:  nennen  Strabon  654  und  Nikol.  Dam.  fr.  116 

rhodische  Kolonisation  in  Lykien.  —  Mit  der  Kreta  als  ursprünglichen  Sitz  der  T.,  die  von 

Sage   vom   Abzug   der  Teichinen   konkurriert  lo  dort  aus^  nach  Kypros  und  Rhodos  gegangen 

eine  andere,  nach  der  sie  von  ApoUon  getötet  wären.   Ähnlich  muß  auch  Simmias  (bei  Sueton) 

werden  {Et*8t.  und  Serv.  A^n.  4,  377,  unter  den  berichtet  haben.  —  3)  Kypros  wird  bei  Niko- 

Krklärungen  des  apollinischen  Bsinamens  Av-  laos,  Strabon  und  Pausanias  als  Wohnsitz  der 

xioff,   .  .  .  aive  qnod  in  lupi  habitu  Teichinas  T.  bezeichnet.     Näheres  ist  nicht  bekannt.  — 

occiderit);  eine  dritte,    Zeus  habe   sie  wegen  4)  Steph.  Byz.  s.  v.  TeXi^g  erwähnt  eine  Stadt 

ihrer  Bosheit  ins  Meer  versenkt  {Ooid.  Met.  7,  dieses  Namens  in  Aithiopien  nach  Lydieu  zu. 

aüB7   und  Eust.)\  Ähnlich  auf  Keos  (s.  u.),  wo  Als  Ethnikon  nennt  er  TeXxixri<;.     Daß  dieser 

Zeus   sie   mit  dem   Blitz,   Poseidon   mit   dem  Ort  mit  den  T.  etwas  zu  tun  habe,   ist  sehr 

Dreizack  vernichtet;   eine  vierte  {Lactant.  ad  unwahrscheinlich.  —  5)    Wichtig  ist   für   die 

Theb.  2,  274):  sie  hätten  sich  nach  der  Affäre  20  T.   Sikyon.     Diese   Stadt   führt   wie   Rhodos 

mit  dem  Styxwasser   aus   Furcht  fortgemacht  und  Kreta  den  Beinamen  TsXx'via  {St.  B.  TbX- 


und  sich  zu  den  Kyklopen  begeben.  (Dieses  %ig  und  2i%vöav).  In  der  sikyonischen  Königs- 
letzte ist  offenbar  dem  *Sto<itistexte  zuliebe  fin-  liste  stehen  Telvi?  (s.  d.)  und  Osl^lav  (zwischen 
giert.)    Undeutlich  ist  die  Nachricht,  nach  der      ihnen  Apis.    Gekört  auch  die  KaXxtvla  dazu?); 


die  Göttin  Rhea  darum  &vxulri  genannt  wird,  Pam.  2,  6,  6.  7.  Nach  Apollod.  2,  2  wird  Apis, 
weil  sie  den  Teichinen  feindlich  entgegentrat:  der  Sohn  des  Phoroneus,  von  Telchis  und  Tel- 
Schol.  Ap.  Rh.  1,  1141  (vgl.  Welcker,  Aeschyl.  xion  getötet.  Damit  stimmen  die  Chrono- 
Tril  189*'*).  Wichtig  ist  die  Entstehung  der  graphen.  Euseb.  2,  16  und  18  Seh.  (vgl.  Orosius 
T.  aus  den  Hunden  des  Aktaion:  Armenidas  1,  7):  die  T.  (und  Karyaten)  kämpfen  gegen 
bei  Sueton  (vgl.  v.  Wilamowitz,  Nachr.  Gott,  so  Phoroneus  und  die  Parrhasier.  Die  T.  werden 
Ges.  1895  S.  243)  wegen  der  Gleichungen:  T.  besiegt  und  gehen  nach  Ophiussa  (==  Rhodos). 
«=  Keren  (s.d.)  nnd  Keien  ='Ai&05  d'oal  ^vvs?  Die  Einzelheiten  dieser  Kämpfe  entgehen  uns. 
(Rohde,  Psyche  2\  84).  Vgl.  Tzetzes  Ghil.  7,  Wahrscheinlich  ist  der  Zug  der  T.  von  Sikyon 
12%:  ovToi  dl  %ccX  &XdoTOQi<5  sUixcä  TiccXaiivaloi.  nach  Rhodos  späte  Kombination.  Daß  aber 
Bei  Bakchylides  {fr.  62  Bl.  aus  Tzetzes  Theog.  Sikyon  wirklich  mit  T.  etwas  zu  tun  hat,  lehren 
v.  81;  die  Namen  der  T.  sind,  wie  besonders  (außer  dem  Beinamen)  die  Personen  der  Königs- 
der  Vergleich  mit  Tz.  Chiliad.  lehrt,  nicht  für  liste.  —  6)  Keos.  Hier  knüpft  das  mächtige 
Bakch.  zu  beanspruchen)  waren  die  T.  Kinder  Geschlecht  der  Eurantiden  {Ev^avzlda  v&aov 
der  Nemesis  und  des  Tartaros.  Und  hier  ist  die  nennt  Bakchylides  die  Insel)  seinen  Ahnherrn 
leider  nur  aus  Tzetzes  belegbare  Nachricht  an-  40  Euxantios  an  die  T.  an.  Mythographischer 
zufügen,  wonach  aus  dem  Blut  des  Uranos  zu-  Bericht  im  Schol.  Ooid  Ibis  475  (vgl.  469),  als 
erst  die  Erinyen,  dann  die  T.  entstanden  seien.  alt  erwiesen,  ergänzt  und  teilweise  korrigiert 
Dazu  vergleiche  man  die  analogen  Sagen  von  durch  Pindar,  Paian  4  {Oxyr.  Pap.  6  nr.  841 
der  Entstehung  der  Sirenen  und  der  Phaiaken  =  Plndari  carm.  ed.  Schroeder  ed.  minor  p.  278 
aus  Blutstropfen.  Diese  Spuren,  die  für  die  =  Diehl,  Supplem.  lyricüm  27  ff.),  Bakchylides 
T.  auf  Vorstellungen  des  Jenseits-  und  1,  Kallimachos  Aitia  {Kydippe)  V.  64ff.  {Oxyr. 
Seelenglaubens  führen,  scheinen  Ursprung-  Pap.  7  nr.  1011),  der  nach  eigenem  Zeugnis 
lieber  als  der  Zusammenhang  mit  dem  Meere,  aus  der  alten  Chronik  des  Xenomedes  von  Keos 
der  vielleicht  spezifisch  rhodisch  (insular)  ist.  schöpft;  Nonnos  Dionys.  18,  35.  Vgl.  Ellis, 
(Ähnlich  die  Entwicklung  bei  Poseidon.)  60  Class.  Rev.  1898,  66;  v.  Wilamowitz,  Gott.  Gel. 
Verbreitung.  Die  Hauptmasse  der  Tra-  Anz.  1898,  126  f.;  Jebb,  Bakchylides  lii:;  Bak- 
dition  führt  nach  Rhodos;  dorthin  auch  die  chylides  ed.  Blaß*  p.  LIV;  p.  LIX.  Die  Tel- 
Epiklesen  TsXxiviog^  T^Xx^via  (s.  d.).  Daneben .  chinen,  offenbar  auf  Keos  gedacht,  haben  zum 
stehen  aber  Beziehungen  zu  andern  Gegen-  König  den  greisen  Demonax  (so  Kallimachos 
den.  1)  Zu  Teumessos  in  Boiotien  gab  V.  66;  Dämon  in  den  Ibisscholien  ist  schwer- 
es ein  Heiligtum  der  Athena  TsXxivla  ohne  lieh  Kurzname,  eher  Korruptel),  dessen  Gattin 
Agalma.  (Dies  ist  wichtig,  weil  sich  der  {Kallim.)  Makelo  ist  (Macedo  steht  in  den  Ibis- 
Beiname  also  nicht,  wie  man  denken  könnte,  scholien,  MaxBXd)  Kallim.  Y.  61^  MaxsXXm  Nonnos 
an  das  Kultbild  heftet.)  Paus.  9,  19.  Vgl.  18,  35  . . .  sXd)  Bakchyl.  1,  73  Bl).  Als  Gattin 
PreUer-Robert,  Griech.  Myth.  221*.  Eine  Sage  60  scheint  sie  auch  bei  Oütd  vorzukommen  (i&w  475 
von  T.  gab  es  dort  nicht,  Paus,  vermutet,  sie  ut  Macelo  rapidis  icta  est  cum  coniuge  flammis), 
eeien  aus  Kypros  nach  Boiotien  gekommen.  während  es  im  Ibißscholion  eine  von  mehreren 
Soll  man  die  Aktaion-Geschichte  (s.  o.)  heran-  Töchtern  ist.  Nun  kommt  Zeus  {Ibisscholion) 
ziehen?  —  2)  Kreta.  Die  Insel  heißt  Tel-  oderZeus  und  Apollon  (Nonnos)  nach  Keos,  ver- 
chinia  {Suet.  Steph.  Byz.  a.  v.  TsXxis-  Et.  M.  mutlich  in  unkenntlicher  Gestalt  um  Aufnahme 
B.  V.  TeXxiv.).  Strab.  472  läßt  neun  T.  aus  bittend.  Später  vernichtet  Zeus  die  Teichinen, 
Rhodos  nach  Kreta  ziehen.  Sie  folgen  dem  weil  sie  mit  ihrem  bösen  Blick  den  Ertrag  der 
Zeus    und   als    xovQOTQoq>ijaavt£g   werden    sie  Felder  schädigen  {corrumpentes  invidia  successiM 


( 


241               Telchinen  (auf  Keos)  Teichinen  (Namen,  Deutung)        242 

omnium  fructuum  [Schol.];  vgl.  F.  H.  G.  2,  43),  (wofür  mau  an  die  sikyon.  KaXxivicc  erinnern 

mit    dem    Blitz    {^iävaxov  yiigarviov  Kallim.);  könnte;  wenn  nur  nicht  die  lautliche  Schwie- 

Zeus  mit  dem  Blitz,  Poseidon  mit  dem  Drei-  rigkeit  bliebe).  —  Die  Eiuzelnamen  neben  dem 

zack,  sagt  Pindar;  den  Poseidon  allein  nennt  Gattungsbegriff  sind  insgesamt  sekundär.  Über 

Nonnos   (der   aber   gar   nicht   von   Telchinen,  Lykos,  den  Eponymen  von  Lykien,  s.  o.,  ebenso 

sondern  von  Phlepyern  si)richt).   Nur  dioQ'öch-  über  Demonax  und  seine  Sippe.    MvXag,  dem 

ter  werden   geschont,   und  zwar  darum,   weil  ^iQMvXävxtioi  ^tol,  die  Mühlengötter  von  Ka- 

sie   den  Gott  freundlich   aufgenommen  hatten  miros  ihren  Kult  verdanken  sollen  (vgl.  Usener, 

(harum  hospicio  usvs  Jvppiter)     Daraus  folgt,  GötUrn.  256),  wird  einer  der  T.  genannt  {lies. 

daß   Demonax    sich    gegen    den    einkehrenden  lo  JWvAa?).  Willkürlich!    Der  Berg  Atabyron  auf 

Gott  feindselig  betragen  hat.   In  welcher  Weise  Bhodos  führt  seinen  Namen  von  einem  Telchinen 

sich  die  Töchter  dem  Willen  der  Eltern  ent-  {St.  B.  'Araß.).     Nonnos,  der  die  T.  im  Heere 

gegeusetzten,    erfahren    wir    nicht,    wie .  denn  des  Dionysos  nach  Indien  ziehen  läßt,  nennt 

überhaupt  die  Einzelheiten  geschwunden  sind.  14,  36 ff.  neben  Lykos  den  Kelmis  und  Damna- 

2  Aufnehmende  sind  es  bei  Nonnos,  die  eine  meneus,  zwei  Namen,  die  eigentlich  Daktylen 

ist   Makelo,    die    andere    (deren    Name    durch  gebühren  und  nur  wegen  der  Wesensverwandt- 

Versausfall   verloren   ist)  wohl  Dexithea,    ent-  schaft   zwischen   den  beiden   Dämonenklassen 

weder  beide   als  Töchter  des  Königs   gedacht  auf  die   T.  übertragen  worden   sind.     Tzetzes, 

oder    eher    (wie    bei    Xcnomedes-Kallmachos)  Chil.    7,    125    führt    mißverständlich    au.s    der 

Makelo   als  Mutter,    Dexithea  als  Tochter,    so  20  parömiographischen    Literatur    {Zenob.    5,    41, 

daß    Mutter   und    Tochter    gegen    den    König  Suid.  TtX.)  die  Brüder  Simon  und  Nikon  als 

standen.     Auch  nach  Vindar  (V.  44  i\La.v  {icc-  T.  auf,    die  in  Wahrheit  'Telchinum  similes, 

tega  Xinovrsg  xccl   oXov   oItiov   tv^gyita  —  Eu-  non  Teichines'  {Loheck)  sind.    Bei  Tzetzes  wird 

xantios  spricht)  scheint  es,   als  ob  nicht  meh-  axi&eidejn  noch  geji&r\nt'Avraiog(Ay.ratos  Tzetzes, 

rere  Töchter,  sondern  nur  Dexithea  übrig  ge-  Theogonie  81  s.o.!)  MsyaXr,aios"OQiitv6g  xs  xal 

blieben  sei  (sie  trägt  den  Namen  von  derTheo-  Avy,og,  von  denen  Lykos  uns  bekannt  ist,   Or- 

xenie,  daher  die  Formen  Dexione  und  Dexithoe  menos    vielleicht   etwas   mit    dem    rhodischen 

in    den   Ibisscholien   zu  verwerfen    sind),    und  Geschlecht  der  Amyntoriden  von  Ormenion  zu 

jedenfalls  erfahren  wir  allein  von  ihr  etwas:  tun    hat.     'AvLxccios    wäre    der    ^Küstenmann', 

Minos  landet  auf  Keos   und   erzeugt  mit  ihr  30  'Avtaiog    kaum    zu    erklären    (doch    vgl.    Rhea 

den  Euxantios,  den  Stammvater  der  Euxantiden  kvxcciri  im  Schol.  Ap.  Hh.  1,  1141;   s.  0.),  Mi- 

{Bakchyl.  1,   113  ff.,   Kallim.  V.  67,    ApoUodor  yaX-^aiog  unverständlich.     [Die  weitgreifenden 

1,  7).  —  Diese  Geschlechtereage  hat  zur  Vor-  Kombinationen  von  Malten,  Kyrene  90  ff.,  wo- 

aussetzung,   daß  auf  Keos  eine  Sage  von   den  nach  Aktaion,  der  von  den  Hunden  zerrissene, 

Telchinen    ähnlich   wie    auf  Rhodos    bestand.  ursprünglich   ein   T.    gewesen    wäre,   scheinen 

Da  es  in  Milet  auch  ein  Euxantidengeschlecht  nicht  haltbar.    Folgende  Stützen  tragen  nicht: 

gab,   so  ist  ein  Zusammenhang  von  Keos  mit  1)    die   Zurückführung   der    bei    Tzetzes   über- 

dem  Osten  in  diesen  Sagen  möglich,  aber  nicht  lieferten  T. -Namen  auf  Bakchylides  und  somit 

weiter  erweisbar.    Für  die  Natur  der  T.  geben  auf  die  Sage  von  Keos,   2)  die  Identifikation 

weder  die   keieche  Sage  noch   die  Namen  der  40  des  Aktaion  mit  dem  T.,    der  entweder  den 

Euxantios-Ahnen  etwas  aus,  da  der  Zusammen-  redenden  Namen  kyitcciog   oder  den  überhaupt 

hang  nachträglich  hergestellt  ist.     "Vielleicht  abweichenden  kvxalog  trug.]     Nach   ^einigen' 

verdient  es  Beachtung,    daß  Nonnos  18,  36  ff.  (bei  Eust.)  hätten  die  T.  'Gold',  'Silber'  und 

an  einer  freilich  lückenhaften  Stelle  gar  nicht  'Bronze'  geheißen.  —  Was  ihre  Zahl  anlangt, 

T.,  sondern  Phlegyer  als  Bewohner  der  Insel  so  war  sie  zunächst  offenbar  unbestimmt.  Neun 

nennt.     Damit  gehört  die  aus  Evphorion  {fr.  nennt  Strabon  472,   aber  dort  liegt  eine  Ver- 

155,   Meineke,  Anal.  Alex.  254,   bei   Serv.  Aen.  mischung  mit  den  Kureten  vor.    Hi  tres  fratres 

6,  618)  erhaltene  Notiz  zusammen,  die  Phlegyer  fuerunt:  Lact,  ad  Stat.  Theb.  2,  274;  vgL  Eustath. 

seien    ein  gottloses   'Inselvolk'    gewesen,    und  (kurz  vorher). 

Poseidon  habe  deshalb  den  Teil  der  Insel  (offen-  50        Deutung,   d.  h.  Einordnung  in  den  Kreis 

bar  Keos),  den  sie  bewohnten,  mit  dem  Drei-  verwandter  Gestalten.     Das  Beste  hat  v.  Wila- 

zack  vernichtet.    Man  erkennt  also,  daß  in  der  mowitz  a.  0.   S.  242  ff.    gesagt,    indem    er    die 

Sage   von  Keos   die  Phlegyer  mit  den  T.   als  Daktylen,   den  Hephaistos  und   besonders  die 

Urbewohner  konkurrieren.    Was  aber  dahinter  Gestalten  unserer  nordischen  Yolksvorstellung 

liegt,  läßt  sich  nicht  sagen.  heranzog.     In  der  Tat  lassen  sich  bei  unsern 

Die    Namen.      Die    antike   Deutung    des  Zwergen,  Eiben  und  Kobolden  fast  alle  Züge 

Telchinennamens  geht  zumeist  aus  von  ^iXynv  nachweisen,  die  für  die  Telchinen  überliefert 

=  bezaubern  {Et.  M.  Et.  Gud.,  Suid.  ^tXysi,  sind.    Ich  stelle  aus  Grimms  deutscher  MytJioL 

TsXxiv,    Hesych.).      Diese   Etymologie    vertritt  (4.  Aufl.)  einiges  zusammen.    Die  Zwerge  zeigen 
schon  im  5.  Jahrh.  "Xenomedes  von  Keos  (s.  Anf.  60  dieselbe  Doppelseitigkeit  des  Wesens.    Sie  sind 

d.  Art.).    Daneben  wird  &iXyto  =  auccvgät,  gko-  die  'guten  Leute',  die  'guten  Holden'  {Gr.  Sil). 

xL^co  erklärt  {Et.  M).    Gesucht  und  formal  un-  zugleich  aber  schaden  sie  den  Menschen  und 

möglich    ist    die    Erklärung   'jiagu    xr^v   xfj^Lv  necken  sie  {Gr.  381).    Sie  haben  Füße  wie  die 

{Hesych.).       Üble     eigene     Etymologien     gibt  Enten  und   Gänse  (ebenso  Frau  Berchta  und 

Tzetzes,  Chil.  12,  S3S.  Moderne  Deutungen  stellt  die  Schwanenjungfrauen;  6^r.  372).    Die  Zwerge 

Gruppe,  Griech.  Myth.  u.  Bei.  1307^  (1308)  zu-  schmieden  scharfe,  nicht  selten  mit  Fluch  be- 

sammen.    v.  Wilamoivitz,  Nachr.  Gott.  Ges.  1895  legte  Schwerter,  Hausgerät,  insbesondere  Kessel 

S.  242   denkt    an  Zusammenhang   mit   ;^aAxds  {J^-  H.  Meyer,   Germ.  Myth.  128).     Die  Eiben 


243                      Telchinia  Telohinia                       244 

■chiefien  gefährliche  Pfeile  aus  der  Lnft,   der  sind  wohl  die  zwei  letzten  Worte  "IIquv  TtX- 

Doanerkei!    heißt    auch    albschoß    und    in  ^iv/av  in  jl^r\v&v  Telxtviav  zu  ändern  {"Hgaw 

Sehottland  elfarrow,  elfflint,  elfbolt  ein  ist  darch  Versehen  des  Abschreibors  aus  der 

harter,  spitzer  Keil,  von  dem  man  glaubt,  daß  vorhergehenden  Zeile  eingesetzt),  Tümpel,  Phi- 

ihn  die  (feister  entsendet  haben  {Gr.  881).   Be-  lologun  60  (1891),  46  f.  v^in  Geldern,  Gesch.  der 

rühmng  oder  Anhauch  der  Zwerge  kann  bei  aUen  Rhodier  45.  304.    Eine  von  den  Teichinen 

Menschen  und  Tieren  Krankheit  oder  Tod  ver-  verfertigte  Statue  der  Athena  Telx^via  erwähnt 

Ursachen.     Auch   ihr   Blick    hat   bezaubernde  Nikol  Damisk.  bei  Stob.  Florileg.  38,  66  (ed. 

Kraft.    „Das  nennt  unsere  Sprache  intsehan  Meineke  2,  63  ^^  F.  H.  G.  8,  459),  der  freilich 
(torve  intneri)  ...  'von  der  elbe  wird  ent-  lO  mit  Bezug  auf  die  den  Teichines  zuij^eschrie- 

■  ehen  vil  mancher  man*"  (G^r.  382).     Die  bene  Zauberkraft  und  ihren  bösen  Blick  Athena 

Eiben  kOnnen  unsichtbar  werden  {Gr.  882  f.),  Telchinia  darch  A.  Bdonotvoq  erläutert;  vgl.  K. 

sie    betrügen    und    täuschen    (Ör.  884).      Die  Hoeck,  Kreta  l,  ZhZ  knm.h.  CO.  Maller,  Kleine 

Kobolde  nehmen  Tiergestalt  an  {Gr.  421).    Die  deutsche  Schriften  2,  204  Anm.  88.   Bezeugt  ist 

Zwerge  weichen  vor  dem  Menschengeschlecht  der  Kultus  der  A.  T.  für  Teumessoa  in  Boiotien, 

zurück.  Siegelten  auch  all  unterdrückte  Volks-  wo  nach  Paus.  9,  19,  1  ein  Ugov  'A^riv&g  TbI- 

stämme,  als  die  früheren  Landeseinwohner  (ör.  ytWaj,  äyalficc  oöx  Jjjov  stand.    Hier  ist  also 

3*,  131).     Man  rationalisiert  also  die  Vorstel-  der  Beiname  Telcliinia  aus  einer  anderen  Ur- 

lung,   zugleich   fragt   man  nach  der  Ursache  sache,   als  daß   die  Teichines  Verfertiger  des 
ihre»  Verschwindens :    Sagen,  die  dieses  Ver-  so  Kaltbildes  seien,  zu  erklären.    Pausanias  gibt 

schwinden  erklären  wollen,  sind  zahlreich  und  als  seine  Meinung  au,    daß  ein  Teil  der  aus 

bekannt.  —  Ist  einerseits  der  Zusammenhang  Kypros  nach  Böotien  ausgewanderten  Teichines 

d-sr  T.  mit  Zwergen  und  Kobolden  deutlich,  den  Tempel  der  A.  T.  gegründet  habe.    C.  0. 

80  muß  andrerseits   (wie   wohl   auch   für  die  Müller  a.  a.  0.  (vgl.  auch  Preller- Robert  221 

Wesen  der  nordischen  Phantasie)  die  Verbin-  Anm.  3)  faßt  A.  T.  als  Schutzgöttin  der  Innung (I) 

düng  zum  Jenseitsglauben  beachtet  werden.  der  Teichinen,  also  als  eine  Art  Athena  Brgane 

Bildliche  Darstellungen  derT.  hatdie  auf.    Zu  A.  Telchinia  in  Teumessos  vgl.  auch 

griech.  Kunst,  soweit  wir  wissen,  nie  versucht,  Hoeck  a.  a.  0.  2,  89  Anm.  x.    Bursian,  Geogr. 

wie  denn  diese  Dämonen  immer  nur  in  tieferen  v.  Griechenl.  1,  224.    Max.  Mayer,  Hermes  27 
religiösen  Schichten  etwas  bedeutet  haben.       so  (1892),  504  und  oben  Bd.  3,  Sp.  2920.     [Höfer.] 

Literatur.  Über  die  T.  hat  ausführlich  Telchinia*)  1)  Beiname  der  Hera  auf  Rho- 
unter  Ausbreitung  des  gesamten  Materials  ge-  dos,  wo  Diod.  5,  55  (über  das  Quellenverhältnis 
handelt:  Lobeck,  Aglaophamus  1181  ff.  Außer-  s.  E.Bebhe,  Hermes  24,  428  ff.,  Tümpel,  Philol. 
dem  Welcher,  Aischyl.  Trilogie  Prometheus  IB2S.  60,  43  ff.)  Kultbilder  der  Hera  T.,  von  den  Tel- 
Preüer-Robert,  Griech.  Myth.  605  ff.  ü.  v.  Wila-  chinen  gemacht,  in  Jalysos  (mit  den  telchini- 
mowite,  Hephaistos,  Nachr.  Gott.  Ges.  1895  scheu  Nymphen  zusammen)  und  Kameiros  er- 
S.  242  ff.  van  Geldern,  Gesch.  der  alten  Rhodier  wähnt.  Den  Beinamen  hat  man  mit  der  Hera 
44  ff.  In  diesem  Buch  findet  man  (auf  S.  47)  9sX^tvla  in  Athen  {Hesych.  s.  v.)  zusammen- 
weitere Literaturangaben.  Vgl.  Telchinia,  Tel-  gestellt  (vgl.  TtXx^^  ^^^  QeXIi(ov  in  der  sekyo- 
chinios,  Telchios,  Telchis.*)  [Paul  Friedländer.]  40  nischen  Genealogie,  Paus.  2,  5,  6 f.  Apollod. 
Telchinia  {Tslxivla),  Beiname  einiger  Göt-  2,  1,  1,  4).  Wenn  wir  auf  Rhodos  auch  einen 
tinnen  oder  vielmehr  Benennung  ihrer  Bild-  ApollonTelchinios  finden  (D/oi.a.O.  zu  Lindos), 
Säulen  nach  den  Teichines  (s.  d.  und  dazu  A.  werden  wir  an  die  alte  Verbindung  zwischen 
Kuhn,  Kuhns  Zeitschr.  für  vergleicftmie  Sprach-  Hera  und  ApoUon  erinnert,  die,  aus  Argos  her- 
forsehung  1, 193  ff  und  [nach  Bericht  in  Wochen-  stammend,  sich  auch  auf  Amorgos  und  anders- 
8chr.  für  kla^s.  Philologie  1915,  290]  Ph.  C.  wo  wiederfindet  (vgl.  Artikel  Hera  in  Pauly- 
Gunning,  De  Ceorum  fabuUs  antiquissimis  quae-  Wi.ssowa,  Bealenc.  S.  385,  25,  wo  wahrscheia- 
«iwn««  8«Zc(rfac  [Diss.  Amsterdam  1912],  der,  im  lieh  Sparta  und  Sekyon,  Paus.  2,  11,  2  hin- 
Anschluß  an  andere,  die  Teichines  als  Erzleute  zuzufügen  sind,  vgl.  auch  Paus.  8,  46,  3). 
d.  h.  als  Kupferschmiede  oder  vielmehr  als  die  50  2)  Eine  Athena  T.  auf  Rhodos  (Kameiros) 
Schmiedekunst  schützende  Dämonen  deutet),  anzusetzen  (in  der  Dioiorstelle  c.  55,  2  TtuQcc 
die  als  deren  Verfertiger  galten,  vgl.  Mor.  Wilh.  Sh  KafieLQsvaiv  ''Hqccv  TsXxivlocv  wäre  dann 
Heffter,  D'e  G Otterdienste  auf  Rhodus  im  Altert.  Hera  statt  Athena  durch  Dittographie  ent- 
3,  30.  In  der  Stelle  bei  Diodor  5,  65 :  „&Ycil-  standen,  wie  man  vermutet  hat),  sind  wir  nicht 
ttocrd  TB  ^s&v  XQ&TOL  xaraaxsvoiaui  X^yopTcct  (die  berechtigt.  Nach  Diodora  Erzählung  gehören 
Teichines),  xai  tlvcc  t&v  &Qxaia}v  &cpidQvyidt(av  Apollon  und  Hera  der  ältesten  Bevölkerung 
^TC*  ixslvmv  intovoyiuad'oti'  Ttagu  \ihv  yccg  Aiv-  der  Insel  an,  sie  sind  eben  „telchinisch**,  wäh- 
dioig  'ATtolXoava  TsivivLav  (s.  d.)  TtQOöccyoQSv&f]'  rend  Athena  erst  der  Generation  der  Heliaden 
V«,  xccQcc  ih  *IaXvaioig'^HQav  xal  vviicpa?  TsX-  (c.  56,  5)  gehört  und  von  dieser  göttliche  Ver- 
%i»lag,  Ttagcc  dh  KccpungB^ttiv  "Hqolv  TeXxtviav^^  60  ehrung  erhält.     Eine  Athena  T.  findet  sich  zu 

Teumessos   in   Boiotien   {Paus.  9,  19,  1.    Nik. 

•)  Da  der  «.Zt.  als  KriegsfralwlUlger  im  Felde  wei-  Dam.  fr.  116  M.  ==  Stob.  flor.  38,  56).  Die  Tei- 
lende Herr  Vf.  leider  rerhindert  gewesen  ist,  die  neueste  chiuen  hätten,  Nik.  Dam.  zufolge,  ein  Bildnis 
Bearbeitung  der Telchinenfrage durch  ßZinicn&erf^ im  Äcr/nc*  jg^  Athena  T.  ffCmacht  (mGTtBQ  El  Xig  XivOl 
BO  (1915)  S.  276  fif.  zu  lesen  und  zu  berflcksichtigen,  so  hat  o                     \ 

er  wenigstens   brieflich  die  Redaktion   ersucht,  auf  diese  *)  Aus  Versehen  ist  obiger  Artikel   doppelt  geliefert. 

lange  nach  der  Vollendung  des   obigen  Artikels  ersohie-  Die  Bedaktion  trägt  kein  Bedenken,  beide  nebeaeinaader  zu 

nene  Abhandlnag  aufmerksam  zu  machen.  veröffentlichen,  weil  jeder  einen  besonderen  selbständigen 

Dresden- A.,  9.  2.  1916.  "Wert  hat. 


I 


:245  Telchinios  Telchis  246 

kd-riväs  ßaayidvov  —  im  Anschluß   an  die  Er-  dag  6  Avyiiiag  ncclg^    der  bei  einem  Feste  alg 

klärung  der  Teichinen  als  ßdaxccvoi  %al  «pO-o-  Xa^inddccQxog  funktionierte.    Nach  Blinkenherg 

vsQoi).     Nach   Pai4^.   a.  0.  wäre  ein  Teil  der  372    wilre    Avyiatnag   zu    schreiben,    und    dies 

Teichinen  aus  Kypros  nach  Boiotien  gekommen  wieder  Vollname    zu    dem    Kurznamen  Avytog^ 

und  hätte  hier  das  Heiligtum  der  Athena  T.  wie  einer  der  Teichinen  heißt,  und  von  dessen 

gegründet.     Das  Verhältnis   wird  eher  umge-  Namen  man  die  Epiklesis  des  ApoUon,  Avxtog, 

tehrt  erklärt  werden  müssen  (vgl.  Gruppe,  Gr.  ableitete;  auch  kjtoXXwv  Avxiog  findet  sich  in 

Myth.  1,  336).    Vgl.  Teichinen.     [Eitrem.]  der  lindischen  Chronik  (a.  a.  0.  326,  8,  49)  er- 

TelcbiaioB  {TeXxlviog),  1)  Beiname  des  Apol-  wähnt;    Auf  seinen  Spruch  stellt  Telephos  im 
Ion  in  Lindos,   dessen  Kultbild  von  den  Tel-  lO  Athenatempel  zuLindos  ein  Weihgeschenk  auf. 

■chines    verfertigt    sein    sollte    (vgl.  Telchinia),  Es  ist  möglich,    hieraus    auf   einen  Kult  de» 

Biodor  5,  56.  Teichines  in  Lindos  nennt  auch  Apollon  Lykios  in  Lindos   zu  schließen;    doch 

die  auf  einer  Marmorstele  dort  ge^ndene  Tem-  ist  wohl  eher  der  Apollon  Lykios  (s.  d.  nr.  1) 

pelchronik    von    Lindos:     Toläs   &viQ'r]Y,av   tu  in  Patara,  wo  Telephos  lokalisiert  war  (G^rwpjje, 

kd-dvcc-   AivSog  (der  Eponym  der  Stadt)  qpta-  Gr.  Myth.   329,   7)   zu  verstehen.  —   2)  Nach 

lav  .  .  .  T£Xx[sl]v£g  -ngoadv,  ov  ovdslg  iSvvaro  K.  Hoeck,  Kreta  1,  353  Anm.  8  wäre  bei  Hesych. 

Jniy[voo^eLv  i-KJ  rivog  ißxi^  icp^  ov  insyiyQanxo'  FeXxdvog  6  Zsvg  'jtugä  Kgriaiv  zu  lesen  TsXxd- 

.„TsXxs[lvsg]  'A&dvcc  IloXidSi  xai  Jd  TIoXibI  Sb-  vLog  und  dieses  =  TeXxivLog.    Vgl.  aber  d.  A. 

Tidrccv  x(üv  ^QY(ov^\  ojg  dnocpcciveTcci  Togycov  iv  Velchanos.  —  Vgl.  Teichines.     [Höfer.] 
-ra   A   xäv    itsgl  'PoSov^    FoQyoöd^ivrig    iv   ra  20      Telchios  (TA;gto5),  Wagenlenker  der  Diosku- 

■dTtiGxoX&li,] ,   'IsQoßovXog    iv   xä    imaxoXa.,    Ch.  ren  s.  d.  A.  Rhekas,  wo  nachzutragen  ist,  daß 

Blinkenherg    in    Oversigt    over    det   Kongelige  man  jetzt  auch  bei  Isidor.  15,  1,  40   Cercius 

Danske  Videnskabernes  Selskab  Forhandlinger  (nicht  Circius)  schreibt.     Nach  Th.  Mommsen, 

1912,  324,  2.   Sie  erscheinen  also  auch  hier  als  Hermes  16  (1881),  628  Anm.  32  c  S.  627  beruht 

kunstfertige  Schmiede,  die  der  Athene  einen  die  Lesart  Cercius  {Ammian.  Marc.  22,  8,  24. 

Eimer  oder  Krug  {xgoaog  =  yigmööog,  Blinken-  Solin  15,  17.    Isidor.  a.  a.  0.)    auf  Verderbnis 

>berg  a.  a.  0.  387)  geweiht  haben.    Nach  ihnen  des  PimmmscÄew  Telchius.  Doch  könnte  Cercius 

hieß  in  Lindos  auch  eine  mythische  Phyle  TsX-  (Kigxiog)  an  die  neben  den  'Hvioxot,  genannten 

Xelvcov  cpvXd,    Blinkenherg  a.  a.  0.  329,   15gg,  Ksgyiixai  {Strabo  11,  492.  496.  497)    erinnern, 

neben  der  es  eine  ^ÄkiaSäv  cpvXcc  und  Aixox^övoiv  30  Die  Vermutung  von  C.  Müller,  F.  H.  G.  5,  177 

•tpvXd  gab,  ebenda  328,  ISgj.pg;  vgl.  v.  Wilamo-  (zu  Anonym.  Peripl.  Ponti  Ev/r.  frgm.  9),  daß 

witz,  Arch.  Anz.  1913,  45.   Die  neben  den  Tel-  in  dem  hier  TiXxig  statt  TiXxiog  geschriebenen 

•chines  und  Heliadai  genannten  Avxox^ovsg  sind  Namen  der  Name  des  kolchischen  Küstenflusses 

«entweder  die  von  Biodor  5,  56  neben  den  He-  köxiXscpog  enthalten  sei,  ist  sehr  unwahrschein- 

liadai  genannten  dXXoi  Xccol  avxox^ovsg ,   oder  lieh.  Schließlich  hängt  Telchi(o)s  trotz  van  Gel- 

speziell    die    auf  Rhodos    bezeugten  "lyvrixBg  der,  Gesch.  d.  alten  Rhodier  49,  doch  mit  dem 

("lyvrixsg)  oder  Fvfixsg=Avx6x&ov£g;  vgl.  Apoll.  Namen  der  Teichinen,  der  svgixca  xsxv&v  {Diod. 

Dyskol.    Pronom.   p.    70    Bekker  =  Grammat.  5,  55),  zusammen;  denn  auch  der  Wagenlenker 

Graeci  I :  Apoll.  Dyskol.  ed.  Eich.  Schneider  und  ist  ein  xsxvLxog.  Vielleicht  ist  auch  die  Schrei- 

^Gust.  TJhlig  1,  1  p.  56,  4:  yiccXovvxai  ds  xal  ol  40  bung  'Aficpi-axaxog  beim  Anonym.  a.a.O.  statt 

■ccvd'Lysvstg    nagä    'PoSloig   "lyvrixsg.     Theodos.  kficpi-cxgccxog,  wie  sonst  der  Genosse  des  Tel- 

Alexandr.  in  Grammat.  Graec.  4,  1  p.  161,  32.  chi(o)s  genannt  wird,    die  richtigere  und  be- 

186,  36  (ed.  Hilgard):  "lyvrixsg  8b  sIolv  ol  yvr\-  zieht  sich  auf  seinen  Beruf.     [Höfer.] 
6ioi  'PoSloi.    Herodian  2,  678,  9    ed.  Lentz  =  Telchis  {TsXxig)  1)  in  der  sikyonischen  Kö- 

Bekker,  Anecd.  3,  1188,  8  {ed.  Herodian  2,  523,  nigsliste  dritter  König  von  Sikyon,  Sohn  der 

7):  Fvfjxsg  dh  Xiyovxcci  ol  'PoSlol   xul  "'lyvritsg  Europa  und  Vater  des  Apis,  Paus.  2,  5,  6.  Clem. 

ol  yv^GioL  'PoäiOL.   Steph.  Byz.  s.  v.  Fv^g  (vgl.  Alex.  Strom.  ;t,  102  (2,  66  St.  =  Euseb.  Praep. 

auch  s.  V.  "Iyvr]xsg)  =  Herodian  2,  172,  13  (vgl.  ev.  10,  12  p.  497  D.  (p.  577,  28  Bindorf)  =  A. 

1,  64,  27):    id'vog   oUrjüccv   xrjv  "PoSov.    ^vd'sv  Kordt,  De  Acusilao  2S  hgm.  16  =  Biels,  Frag- 

-Kal  "lyvrixsg  ol  id-ccysvslg.  Xiysxai  yccg  v.ccl  fisxd  50  mente  der   Vorsokratiker  2',  1,  515   frgm.  20). 

xov  l  ^Iyvr]xsg.    Hesych.  "lyvrixsg  ovxag  mvoyid-    •  Synkell.  191,  9  =  Euseb.  ed.  Schoene  1,  86.  2, 

^ovxo   ol  fisxu  tovg  TsXxtvccg  inoLyirjaavxsg  xr]v  12;  vgl.  Tümpel,  Jahrb.  f.  Mass.  Phil.  Suppl.  16, 

'*P68ov.     Nach  Simmias  von  Bhodos  bei  Clem.  186  Anm.  141.  Jahrb.  f.  Phil.  143  (1891),  166. 

Alex.  Stromat.  5,  8  p.  674  P.  waren  die  "lyvr\-  Pott,    Kuhns   Zeitschr.    für   vergleich.   Sprach- 

xsg  und    TsXxlvsg   Söhne   des  Meeres;    vgl.  J.  forschung   6  (1857),    408.     Dagegen    erschlägt 

Geffcken,Be  Stephano  Byz.  capitaduo  4:4:  Anm..7 3.  nach  der   argivischen  Sage  Telchis  im  Verein 

Daß  bei  Biodor  b,  55:  y£V£6Q-ca  .  .  .  iv  xolg  ngog  mit  Thelxion,  der  in  der  sikyonischen  Königs- 

Mco  iiigs6L  xf]g  vtjaov  (Rhodos)  xovg  yiXrid'Evxccg  liste   als  Nachfolger  (und  also  wohl  auch  als 

yiyocvxcc?:   xovg  xXrjd^Evxag  "Iyvr\xag   bzw.   xovg  Sohn)  des  Apis    figuriert,  den  Apis  (der  nach 

iiXri%^ivxag    <=,'  "lyvrixag   (so    auch   van    Gelder,  60  sikyonischer  Überlieferung  des  Telchis  Sohn  ist) 

Gesch.  d.  alten  Rhodier  52)  zu   schreiben   ist,  wegen  dessen  tyrannischer  Herrschaft,  Apollod. 

ist  Bd.  3,  Sp.  3140,  30fF.  (s.  V.  Proseooi)  erwähnt.  2,  1,  1,  4.     Tzetz.  zu  Lykophr.  177.     Lobeck, 

Eine  Bestätigung  findet  diese  Emendation  durch  Aglaopham.  1196.  K.  W ernicke,  Verhandlungen 

■die  lindische  Chronik:   Lindos  liegt  im  Osten  der  40^^'^  Versammlung  deutscher  Philologen  in 

(ngbg  ica)  von  Rhodos,  und  hier  gab   es  eine  Görlitz  (1890),  S.  285.    Sikyon  selbst  hieß  TeX- 

Phyle  der  Avzox^ovsg  ="Iyv7]xsg.  Als  einer  aus  ^tvta,  Steph.  Byz.  b.  v.  Zixvmv.  TsXxig.    Eust. 

•der  Phyle  der  Teichines  erscheint  in  der  lin-  ad  Hom.  II.  291,  29.  Vgl.  Teichinen.  —  2)  S. 

dischen  Chronik  {Oversigt  329,  15,  97)  Av-Acond-  Telchios,     [Höfer.] 


247 


Tele 


Telegonos 


24^ 


Tele  findet  sich  einmal  auf  einem  Spiegel 
von  Bomarzo.  Es  steht  für  telepe  oder  tele^e, 
nnd  dies  irurde  die  etniskische  Umformung 
des  griech.  Telephos  (s.  d.)  sein  (Deecle  in  Bezzen- 
bergers  Beitr.  2,  169  nr.  94).  Den  Spiegel  hat 
Gerhard,  JEtr.  Spiegel  8,  215,  Taf.  CCXXIX  und 
Die  Heilung  des  Telephos,  Berlin  1843,  Oter- 
beek,  Her.  Gallerie  T.  XIV,  1  (S.  307f.)  und 
Fahretti,  C.  L  I.  nr.  2643,  behandelt.  Die 
Ssene  stellt  die  Heilung  des  Telephos  dar  und 
enthält  drei  Personen:  rechts  den  Telephos 
mit  einer  Wunde  am  rechten  Schenkel  und  in 
geknickter  Haltung;  in  der  Mitte  vor  ihm 
Achilles  (ajjle),  der  mit  einem  Schabeisen  den 
Rost  von  seiner  Lanze  schabt,  um  ihn  dem 
Telephos  einzugeben }  links  der  sitzende  Aga- 
memnon (aymemmn).  Auf  der  Zeichnung  bei 
Gerhard  scheint  es  übrigens,  als  sei  das  tele 
nicht  abgekürzt,  wie  Deecke  meint,  sondern 
als  seien  die  letzten  beiden  Buchstaben  viel- 
mehr durch  Oxyd  zerstört  und  von  dem  ersten 
noch  Reste  sichtbar.  Vgl.  Telephos.   [C.  Pauli.] 

Telebes  {TriUßris)  fällt  von  der  Band  des 
Deriades  (s.  d.),  iS'owti.  Dionys.  32, 187.    [Höfer.] 

Teleboas  {TrjXsßoas)  1)  ein  Sohn  desLykaon, 
ApoUod.  3,  8,  1,  3  (i=  8,  97  Wagner);  vgl.  Bd.  2 
Sp.  2170,  1,  vielleicht  (vgl.  Fape-Benseler  s.  v. 
Triltßoas)  mit  nr.  3  identisch.  —  2)  Kentaur, 
Ov.  Met.  12,  441.  —  3)  Über  das  Sohnes-  bzw. 
Vaterverhältnis  des  Teleboas  zu  Pterelaos  ist 
Bd.  3  Sp.  8261  f.  (s.  V.  Pterelaos)  gehandelt;  als 
Enkel  des  Lelex  (s.  d.)  und  Vater  der  zweiund- 
zwanzjg  TriXsßoai^  von  denen  ein  Teil  die  Insel 
Leukas  besiedelte,  wird  er  genannt  bei  Strato 

7,  822.  Eust.  ad  Hom.  Ov.  1472,  38.  JDeiwUvg, 
Leleger  96  f.  157  f.  Curtius,  Pelop.  2, 12.  Bursian, 
Geogr.  v.  Griech.  1,  106.  Nach  Steph.  Byz.  s.  v. 
Tr\Ußot£  hieß  ein  Teil  Akamaniens  nach  ihm 
TeleboTs.    Über  die  Etymologie  von  Teleboas 

8.  Pape- Benseier  s.  v.  Tr,Xsßöai  und  Bd.  3  Sp. 
3266,  18.  Gruppe,  Gr.  Myth.  All.     [Böfer.J 

Teledamos  {TriXida^og) ,  1)  Eust.  ad  Hom. 
Od.  1796,47  (vgl.  Stiele,  Phtlologus  4, 1071):  in 
Kigurig  viol  xad"*  ^Haioöov  ^ygLog  xccl  Aaxlvog. 
i-K  da  KaXvtfjovg  Navöi^oog  yial  Aartvog  6  6h 
xriv  TriXtyovsLuv  ygd'ipag  Kvgrivalog  in  /it^v  Ka- 
Xv^ovg  TriXiyovov  viov  'Oövacsl  ScvaygacpEL  i] 
TriXidaiiov,  ix  öh  JlrivaXonrig  TriXiynxxov  ral 
Ug%iclXaov.  Diese  Überlieferung  kann  nicht 
richtig  sein,  da  einmal  Telegonos  nach  dem 
von  Eustathios  an  derselben  Stelle  angeführten 
Dichter  der  JVocto*  {6  6h  rovg  Noctovg  Tcoti^öccg 
KoXoqxüviog  TriXi^%ov  iiiv  qpTjtft  xrjv  Klg-Kriv 
vöTSQOV  y^iiai,  TriXiyovov  8h  xhv  ix  Kigxrig 
ivxiy^liat  IlxivsXonriv)  als  Sohn  der  Kirke  gilt 
•  vgl.  Schmidt  im  M.  L.  3,631,4.  632,4),  anderer- 
seits nicht  anzunehmen  ist,  daß  der  Dichter  den 
Odysseussohn  Telegonos  (s.  d.)  od  er  Teledamos 
genannt  habe.  Daher  vermutete  Wilh.  lul.  Karl 
Mützell,  De  emendatione  Theogon.  Hesiodeae  178 
TriXiyovov  . . .  xai  TriXtSanov  und  nahm  weiter 
an,  was  die  Zustimmung  von  Welcker,  D.  epische 
Cyelus  2,  308 f.  gefunden  hat,  daß  durch  die 
Nachlässigkeit  des  Eustathios  oder  seiner  Quelle 
in  der  Angabe  über  den  Inhalt  der  Telegonie 
Kalypso  statt  Kirke  eingesetzt  sei,  ein  Irrtum, 
der  auf  die  wiederholte  Erwähnung  dieser  Na- 
men zurückzuführen  sei.  Dagegen  hält  B.  Volk- 


mann, Nachtrüge  zur  Geschichte  und  Kritik  der 
Wolf  sehen  Prdlegomena  (Progr.  Stadt.  Evang. 
Gymnas.  zu  Jauer  1878)  S.  12f.  es  für  gut  mög- 
lich, daß  in  der  Telegonie  Telegonos  bohn  der 
Kalypso  gewesen  sei.  Nach  v.Wilamouitz,  Hom. 
Untersuchungen  188  ist  zunächst  der  Name 
Trilidäfiog^  der  nicht  wie'/arjrddafioff  zu  5a|uv?;/xi, 
sondern  zu  ßfjpiog  gehöre,  im  Epos  unmöglich; 
mit  leiser  Änderung  sei  zu  schreiben  TriXtdcc- 

10  «dp,  was  der  Bedeutung  nach  sich  gut  zu  7'?j- 
Xincexog  und  TriXsyovog  stelle.  Diese  Änderung 
zu  TriXeÖccndg  ist  gebilligt  worden  von  E.Meyer, 
Hermes  30  (1896),  264  Anm.  1,  während  J.Yürt- 
heim,  Mnemosyne  29  (1901),  60  m.  E.  mit  Recht 
das  überlieferte  Tr,X^6äiiog  verteidigt  (==  is,  qui 
procul  pugnat)  mit  dem  Hinweis  auf  den  unten 
unter  2  erwähnten  Teledamos,  dessen  Name 
sicher  aus  einem  Epos  stamme.  Der  Name 
Telegonos  ist  nach  v.  Wilamouitz  falsch  und 

20  irrtümlich  in  den  Text  gekommen:  wenn  aus 
der  Telegonie  nur  ein  Sohn  der  Kalypso  Tele- 
dapos  im  Scholion  stand,  so  stieß  Eustathios 
oder  einer  seiner  Vorgänger  nicht  ohne  Grund 
an,  vermeinte,  Teledapos,  das  ihm  nie  vorge- 
kommen war,  wäre  ein  Schreibfehler  und  kon- 
jizierte  dafür  Telegonos,  was  sich  dann  beides 
fortpflanzte;  es  wäre  also  nach  v.  Wilamouitz 
zu  lesen:  6  6h  xi]v  TriXsy6vEiav  ygäipag  Kvqti- 
vaiog  ix  ^ihv  KaXvtpovg  vibv  'Oövooii  ccvayQccq)Bi 

80  TriXsöanöv.  —  2)  Sohn  des  Agamemnon  und 
der  Kassandra,  nach  der  Ermordung  seiner 
Eltern  von  Aigisthos  samt  seinem  Zwillings- 
bruder Pelops  im  zarten  Alter  getötet  und  mit 
diesem  in  Mykenai  in  einem  gemeinsamen- 
Grabe  bestattet,  Paus.  2, 16,  6.  v.  Wilamouiiz 
a.  a.  0.  156  Anm.  18.  Christ.  Beiger,  Die  myke- 
nische  Lokalsage  von  den  Gräbern  Agamemnons 
und  der  Seinen  (Progr.  Friedrichs-Gymn.  Berlin 
1893)  S.  36.    Im  Schol.  Hom.  Od.  11,  420  ist  sein 

40  Name  T7iXt6ri^og  geschrieben,  doch  wohl  mit 
falscher  Ableitung  von  6riiiog  (vgl.  ob.  Z.  15  ff.). 

[Höfer.] 
Teledapos  s.  Teledamos  nr.  1. 
Teledike  {T7iXs6ixr\,  so,  nicht  TriXo6ixri,  ist 
nach  G.  Hermann,  Opuscula  2,  203  zu  lesen), 
eine  Nymphe  (nach  Schol.  Plat.  Tim.  22  A  p.365 
ed.  C.  F.  Hermann,  wo  TriXoöixri  steht,  Tochter 
des  Xuthos),  die  dem  Phoroneus  den  Apis  und 
die  Niobe  gebiert,  Apollod.  2,  1,  3.    Tzetz.  zu 

50  Lykophr.  177  {TriXo6iKri).  Zum  Namen  =  „weit- 
hin des  Rechtes  waltend"  s.  Pott,  Kuhns  Zeit- 
schrift 9  (1860),  342.  Adalb.  Kuhn,  Mythol.  Stu- 
dien 1,  27  Anm.  zu  26.     [Höter.] 

Telegone  (Ti^ylsydrT]), Tochter  des  Pharis  (s.  d.), 
vom  Flußgott  Alpheios  Mutter  des  Orsilochos 
(s.  d.).  Paus.  4,  30,  2.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1568,  3. 
Vgl.  auch  den  Art.  Telegonos.     [Höfer.] 

Telegonos  (TriXiyovog,  über  den  Namen  s.  u.),. 
der  Sohn   des  Odysseus   und   der  Kirke 

60  (s.  die  betr.  Artikel),  die  schon  bei  Homer  (Od. 
X  334f.  340.  347  480;  ii  33 f)  Beilager  halten, 
ohne  daß  dort  oder  auch  nur  nachträglich  ein 
Kind  dieser  Liebe  genannt  würde.  Auf  Ver- 
wechselung beruht  die  Angabe  b.  Eustath.  Od. 
p.  1796,  49,  Telegonos  oder  Teledamos  (s.  d.) 
sei  der  Sohn  des  Odysseus  und  der  Kalypso; 
vgl.  Welcker,  Ep.  Kyklos  2*,  308 f.;  v.  Wilamo- 
witz,  Homer.  Unters.  115  A.  3  u.  183   (wo  da- 


249       Telegonos  (bei  den  Kyklikern)  Telegonos  (im  Drama)             250 

• 
für  TeledappB,  TtiXeSccttÖs,  peschriebcn  wird);  Mus.  37,310;  Joh.  Schmidt,  Ulix.  Posthorn.  44; 
Cerquand,  Etudes  de  Mythologie  grtcque:  Vhjsse  danach  führt  der  berüchtigte  Rochenetachel, 
et  Circe  p.  7  not.  1;  doch  wird  diese  Abßtam-  dem  Odyseeus  wohl  schon  bei  Eiigammon  er- 
mnng  als  selbständige  Sagenfassung  hie  und  liegt  (s.  o.),  nicht  als  Spitze  von  Telego- 
da  auch  festgehalten,  so  von  Gerckc,  Telegonie  nos' Speer  das  Ende  des  greisen  Helden  her- 
M.  Odyssee,  IIb.  Jahrh.  1906  S.  828;  vgl.  aber  bei,  sondern  er  fällt,  was  eher  an  den  Ton 
Finsltr,  Bomer  S.  4'26».  —  Erst  zwei  Kylliker,  der  Satyrpoesie  erinnert,  mit  dem  Kote  eines 
ein  ungenannter  Nostendichter  aus  Kolophon  Reihers  auf  seinen  Kahlkopf  aus  der  Luft  herab 
{Kinkel,  Ep.  fr.  p.  öG),  wohl  Antimachos,  und  und  verwundet  ihn  tödlich  {Aisch.fr.  216  Nck.--^ 
angeblich  Eugammon  (oder  Eugamon)  v.  Ky-  lo  schol.  Ven.  Od.  X  134.  Bei  Sext.  Eminr.  adv. 
rene,  leiteten  aus  jenem  Liebesverhältnis  zwi-  gramm.  p.  659  Bfkker  ist  der  Vogel  eine  Möve}. 
sehen  Odysseus  und  Kirke  einen  Sohn  Tele-  Sonst  sind  die  Dramen,  wie  es  scheint,  der 
gonos  her,  dem  die  spä-tere  Sage  eine  ganze  ursprünglichen  Darstellunpr  der  Telegonie  treu- 
Anzahl  Geschwister  zugesellt  hat  (s.  d.  Art.  geblieben;  in  gleicherweise  hat  nämlich  So- 
Odysseus,  Bd.  3  Sp.  631  f.  und  außerdem  Tzetz.  phokles  den  Todestag  des  Odysseus  behan- 
Chtl.  5,  566 f.).  Eugammons  Telegonie  kennen  delt  im  'OövGCBvg  äyiavO- onXi^l  {=  JNinrQay 
wir  dem  Inhalt  nach  zumeist  aus  Froklos' Ex-  da  die  Fußwaschung  durch  Eurykleia,  ra68f.^ 
zerpt  {Kinkel  p.  57),  das  von  Welcker  als  Haupt-  unter  veränderten  Verhältnissen  hierher  ver- 
quelle  zur  Rekonstruktion  des  Epischen  Kyklos  legt  ist);  in  Dodona  (fr.  417.  418.  422.  423- 
benutzt,  sodann  freilich  von  Kobert  {Bild  u.  20  J^ck.  p.  231  f.*)  hat  Odysseus  ein  Orakel  erhal- 
Lied  222  f.)  und  namentlich  von  Beihe  {Her-  ten,  das  ihn  vor  dem  „Sohne"  warnte  {Welcker, 
mes  26,  593  f.  u.  Art.  Eugamon  bei  Bauly^-  Gr.  Trag.  1,  240f.);  er  bezog  es  auf  Telemach^ 
Wissoua  6,1,984)  in  seiner  Geltung  stark  an-  während  damit  Telegonos  gemeint  war  (vgl. 
gefochten,  jedoch  von  R.  Wagner  {Elecleis.  Hygin.  fah.V2>l,  s.u.).  ÄSo/J^oÄ/es  hat  aber  (nach 
Jahrb.  1892,  S.  241  f.)  ebenso  lebhalt  wieder  Barthen.  Erot.  S)  auch  eine  Tragödie  Ei^vu- 
verteidigt  worden  ist.  Glücklieherweise  wird  Xo<;  gedichtet,  die  am  Schlüsse  die  Telegonos- 
durch  die  wichtige  Streitfrage  der  Bericht  über  sage  wenigstens  streift  {Islauck  p.  178*,  s.  u.),^ 
Telegonos' Schicksale  kaum  berührt.  Zum  Jung-  Bacuvius  ferner  hat  sich  in  den  Niptra  an 
ling  erwachsen,  heißt  es  hier,  landet  er  auf  Sophokles'  gleichnamiges  Stück  angeschlossen 
der  Suche  nach  dem  Vater  in  Ithaka,  das  er  so  {Cic.  Tusc.  2,  21,  48,  vgl.  Bibbeck,  B.  Tr.  270f.); 
verwüstet,  wird  mit  Odysseus,  der  bewaffnet  vielleicht  trat  schon  in /Sop^oArZes' Drama,  höchst 
herbeieilt,  handgemein  und  tötet  ihn  ahnungs-  wahrscheinlich  aber  in  dem  des  Bacuvius,  um 
los,  gewiß  schon  in  der  Telegonie  mit  einem  die  beiden  Heiraten  zu  vermitteln,  Pallas  Athene 
Rochenstachel  {ayiavd-cc  tQvyovog),  vgl.  Welcker,  auf  (s.  u.  Eygin.  fab.  127  und  Bibbeck  S.  279). 
Kyklos  2^  307  u.  Griech.  Trag.  1,  241;  B.  Wag-  —  'Oövcatvg  ä-nocvQo'nXr]^  hieß  auch  eine  Tra- 
ner,  Bhein.  Mus.  46,  414;  zu  spät  erkennt  er  gödie  des  Apollodoros  v.  Tarsos  (nach  Suidas); 
seinen  verhängnisvollen  Irrtum  und  bringt  den  einen  TrjX^yovog  dichtete  Lykophron.  —  Ein- 
Leichnam des  Vaters  sowie  Penelope  und  Te-  schlägige  Komödien:  ISiniQu  des  Bolyzelos; 
lemach  zu  seiner  Mutter  Kirke,  von  der  die  'OSvcatvg  ccTioviTizo^tvog  des  Alexis;  vgl.  Ulixes 
beiden  unsterblich  gemacht  werden.  Telego-  40  Comicus,  Bleckeis.  Jahrb.,  Svpplbd.  16,  392. 
nos  heiratet  die  Penelope,  Telemach  die  Kirke.  Aus  den  vorgenannten  epischen  und  dra« 
—  Kürzer  gefaßt  ist  der  Bericht  bei  Pi^o^.  6i6Z.  matischen  Dichtungen,  die  sämtlich  verloren 
cod.  239  {Kifikcl  p.  1):  nsgaioirai  6  iniKog  sind,  haben  in  die  mythographische  Lite- 
KvyXog  ^^XQi  rfjg  anoßdöicog  'OövoGiag  t7]s  sig  ratur  mancherlei  Bestandteile  ihren  Weg  ge- 
'Wccyir}v,  iv  fy  xal  vTtö  xov  TtaiSbg  TriXeyo-  iünden ;  andere  Einzelzüge  sind  neu  hinzuge- 
vov  ccyvoovvrog  TctsivBxaL.  —  Die  Vergot-  kommen.  Eng  a,n  Eugammons  Telegonie  schlie&t 
tung  der  beiden  Hinterbliebenen  des  Odysseus  sich  die  Epitome  aus  Apollodors  Biblio- 
durch  Kirke  erzählte  auch  der  erwähnte  Ko-  thek  an;  wenigstens  stimmt  sie  mit  Broklos' 
lophonische  Nostendichter  (Kinkel  p.  56).  —  Exzerpt  ziemlich  überein  (s.  o.);  nach  7,  16 
Nach  einer  freilich  verderbten  EusebiosBtelle  50  p.  231  Wagner  erlebt  Odysseus  ofienbar  noch 
hat  vielleicht  auch  der  Epiker  Kinaithon  bei  Kirke  die  Geburt  des  Sohnes,  da  er,  wie 
oder  Kynaithos  v.  Lakedaimoyi  eine  TriXsyo-  in  der  Odyssee  (x  467),  ein  volles  Jahr  auf 
via  \eii2L&t  (Kinkel  ^.1^6;  v.Wilamoiciiza.Si.O.  Aiaie  bleibt;  wie  sodann  Telegonos  auszieht, 
349;  Bethe  h.  PauJy- Wissoua^  a.  a.  0.  984).  —  den  Vater  zu  suchen,  die  ihm  unbekannte 
Aus  irgendeinem  Epos,  das  sich  mit  Telegonos'  Insel  durch  Herdenraub  plündert  und  jenen 
Schicksalen  beschäftigte,  mag  endlich  auch  mit  dem  Rochenstachel  (rpvydr og  x^i/rpov  nach 
V.  1014  in  die  (ohnehin  unechte)  Schlußpartie  ^McÄe/ers  Lesart)  tötet,  darüber  verlautet  nichts 
von  Hesiods  Theogonie  gedrungen  sein;  üb-  wesentlich  Neues  (7,  36  p.  236  Wagner);  er 
rigens  erscheint  er  aucb  hier  als  Sohn  des  habe  sodann,  heißt  es  (mit  Übergehung  Tele- 
Odysseus  und  der  Kirke.  60  machs)  weiter,  den  Toten  und  die  Penelope 
Die  kyklische  Sagenfassung  ist  für  die  Folge-  zu  seiner  Mutter  gebracht  und  dort  erstere  ge- 
zeit  stehend  geworden  (s.u.);  nur  Aischylos  heiratet,  Kirke  aber  die  beiden  auf  die  Insel 
in  den  Wvxayoyoi  hat  der  Überlieferung  der  Seligen  versetzt,  —  Daß  Eygin.  fab.  127 
von  Odysseus'  Tode  eine  ganz  eigenartige,  fast  zumeist  den  Inhalt  einer  der  früher  genannten 
skurrile  Wendung  gegeben,  die  wie  eine  par-  Tragödien  (wohl  der  römischen,  s.  Bibbeck 
odistische  Widerlegung  oder  Verdrehung  der  S.  279)  wiedergibt,  erhellt  aus  der  hier  wie 
herkömmlichen  Telegonossage  aussieht;  vgl.  dort  vorhandenen  Erwähnung  von  Orakeln  so- 
Valckenaer,  Diairibe  p.  286;  0.  Crusius,  Bhein.  wie  aus  der  Vermittlung  der  beiden  Ehen  durch 


251     Telegonos  (in  der  spateren  Literatur)  Telegonos  (in  der  spateren  Literatur)     252 

Pallas  Athene  (s.  o.);  aus  Telegonus'  Verbin-  *  ffenus  wird  der  Name  umschrieben  von  Ovid. 
dnng  mit  Penelope  geht  der  Sohn  Italus  (s.d.)  Ib.  669.  Als  Vatermörder  wird  Telegonus 
henror,  nach  dem  Italien  benannt  ist.  —  Auch  mit  Leuten  wie  Oedipus  (Oedipodes)  zusam- 
bei  Cedren  ist  Odysseus,  weil  durch  Orakel  mengestellt:  Trist  1,  1,  114;  hier  nennt  üedi- 
irregeleitet,  auf  der  Hut  vor  Telemach  fs.  o.  podas  Telegonosque  Ovid  die  eigenen  Liebes- 
Soph.'  'Od.  &%.),  den  er  sogar  bewachen  laßt;  gedichte,  weil  sie  ihn  umgebracht,  d.  h.  seine 
da  kommt  Telegonos,  will  zum  Vater  (den  er  Verbannung  verschuldet  haben;  vgl.  Ifor.  0.3, 29, 
also  hier  vermutet,  s.  u.),  wird  aber  zur  Nacht-  8:  Telegoni iugaparricidae  (s.u.)  und  Eustath. 
zeit  nicht  vorgelassen.  Als  sich  nun  der  Wort-  Od.  p.  1660,6:  S  ^gvlloviisvog  nargocpov- 
Wechsel  zum  Geschrei  steigert,  eilt  Od^sseus,  lO  ttj?  TrjXiyovog.  Bei  Lucian.  ver.  hist.  2,  35  er- 
in  der  Meinung,  „Telemach  sei  es",  mit  dem  zählt  Odysseus  selbst  in  einem  Briefe  an  Ka- 
Schwert  herbei,  wird  aber  unerkannt  von  Tele-  JtP^o  aus  der  Unterwelt  seine  Tötung  durch 
^onos  mit  dem  Rochenstachel  durchbohrt.  Ahn-  Telegonos,  ohne  Angabe  näherer  Umstände; 
lieh  Dict  Cret.  6, 14f  und  Cramer,  Anecd.  auch  nur  erwähnt  wird  Telegonos  unter  Per- 
Part«. 8,  216:  Odysseus  hat,  durch  Weissagun-  sonen  des  troischen  Sagenkreises:  d.saltat.AB. 
gen  und  Träume  geängstigt  und  vor  dem  Humorvoll  bestritten  wird  der  Tod  durch  den 
„Sohne*^  gewarnt,  den  Telemach  in  Eephalle-  Rochenstachel  (des  Telegonos)  tragodopodagr. 
nia  gefangen  gesetzt;  zur  Nachtzeit  erscheint  261  f,  wo  das  Zipperlein  den  Odysseus  als 
Telegonos  und  beschwert  sich  bei  den  Wach-  Opfer  für  sich  in  Anspruch  nimmt  (s.  d.  Art. 
tem,  die  ihn  zurückhalten,  hitzig  darüber,  daß  20  Odyssew,  Bd.  3  Sp.  629). 
man  ihn  am  Zutritt  zum  Vater  hindere.  Da  sie  Ohne  Einfluß  auf  Telegonos'  Schicksale  ist 
nur  einen  Sohn  des  Odysseus  kennen,  halten  die  Argonautensage  ffohlieben,  obwohl  mit  ihr 
sie  jenen  für  den  verkleideten  Telemach  (s.o.);  seine  Mutter  Kirke  iSs  Tochter  des  Helios  und 
der  herbeigeholte  Odysseus  setzt  sich  mit  einem  Schwester  des  Aietes  mehr  oder  weniger  fest 
Speerwurf  zur  Wehr,  trifft  aber  einen  Apfel-  verknüpft  ist  (s.  d.  Art.  Kirke,  Bd.  2  Sp.  1202f); 
bäum;  auch  Telegonos  schießt  und  verwundet  nun  ist  aber  Aietes'  Tochter  Medeia,  und  so 
„mit  unheilvollstem  Trefferglück"  {dvaxv%taxd-  werden  diese  und  Telegonos  gelegentlich  Ge- 
xr\v  firvx»itfaff  ivxvxlav)  ahnungslos  den  Vater  schwisterkinder  genannt:  Tzetz.  lyykophr.  798. 
in  der  Seite;  seine  Waffe,  einen  mit  dem  Ro-  Weist  diese  verwandtschaftliche  Beziehung  zu 
chenstachel  (s.o.)  versehenen  Schaft,  hat  Odys-  30  der  Kolcherin  nach  dem  Osten,  so  verlautet 
3eu8  einst  der  Eirke  hinterlassen,  und  doch  von  einem  dortigen  Aufenthalt  des  Tele- 
diese  hat  ihn  nun  dem  Sohne  mit  auf  den  gonos  nichts.  Wohl  aber  begegnen  wir  Tele- 
Weg  gegeben.  Über  eine  bildliche  Darstel-  gonos  im  Süden  der  griechischen  Welt.  Wie 
lung  einer  solchen  Abschiedsszene  s.  u.  Dieser  nämlich  v.  Wilamowitz  sah  {Homer.  Unters. 1%^-, 
Speer  wird  jetzt  für  den  sterbenden  Helden  Einleitung  in  die  Tragödie  102;  \gl.  Gercke,  IIb. 
Mittel  zur  Erkennung  des  Sohnes.  Unter  na-  Jahrb.  1905,  S.  314),  hat  es  Eugammon  v.  Ky- 
menlosem  Schmerze  über  seine  Tat  wirft  sich  rene  versucht,  das  Königsgeschlecht  seines  Lan- 
Telegonos  verzweifelt  zu  Boden;  doch  nach  des  mit  der  troischen  Sage  zu  verknüpfen,  in- 
des Vaters  Tode  teilt  er  mit  Telemach  und  dem  er  in  der  Telegonie  neben  Telemach  als 
Ptoliporthos,  einem  Sohne  Telemachs  und  Nau-  40  Sohn  von  Odysseus  und  Penelope  auch  den 
«ikaas  {Dict.  Cret.  6,  6;  s.  d.  Art.,  Bd.  3  Sp.3271),  kyrenäischen  Stammheros  Arkesilaos  nennt.  Da- 
die  Herrschaft,  und  während  diese  beiden  „ganz  mit  steht  aber  auch,  wie  Malten,  KyrenelbOf. 
Ithaka"  und  „das  mittlere  Land"  erhalten,  über-  bemerkt,  in  Verbindung,  daß  Telegonos  Bru- 
nimmt  er  xju  noQQax^Qco  (?).  Von  dem  räch-  der  der  Libye  genannt  wird  (schol.  Eur.  Or. 
flüchtigen  Vorhaben,  die  Zeichendeuter  büßen  932),  ja  sogar  als  Gatte  der  lo  und  als  Ägyp- 
zu  lassen,  hält  er  den  Telemach  zurück.  —  terkönig  erscheint  (^j9o/Zodor.  2,  1,  3,  9).  Durch 
Bei  Cedren,  Dict.  Cret.  und  in  Cramer.  Anecd.  das  Spi^l  genealogischer  Phantasien  wird  er 
Paris,  weiß  also  Telegonos  sogleich  beim  Be-  endlich  der  Sohn  des  schon  in  der  Odyssee 
treten  Ithakas,  wo  er  ist;  dagegen  landet  er  {$  355.  365.  385)  auf  der  Insel  Pharos  ansässi- 
auf  einer  ihm  unbekannten  Insel,  die  er,  50  gen  Meergreises  Proteus  und  findet  später, 
durch  Hunger  genötigt,  ausplündert,  wie  bei  zusammen  mit  seinem  Bruder  Poly gonos  oder 
Eugammon  (nach  JProklos)  so  auch  bei  Opp  ian.  Tmolos  (s.  die  betr.  Art.  u.  Maaß,  Hermes  23, 72, 3), 
Ifa/.  2,497f  Über  den  Meerrochenstachel  den  Tod  im  Faustkampf  mit  Herakles  (^poWodor 
{axavd'a  oder  %ivxQov  xgvyovog)  sind  die  bis-  2,5,9,14;  Gruppe,  Gr.  Myth.  20S,  16. 16;  1568^3). 
her  genannten  Quellen  einig;  zu  ihnen  kom-  Doch  das  sind  nur  vereinzelte  Spuren  der  Tele- 
men  mit  bisweilen  flüchtiger  Erwähnung  die-  gonossage;  festen  Fuß  hat  sie  in  jenen  Gegen- 
«es  Zuges  der  Sage:  schol.  Aristoph.  Plut.  303;  den  Nordafrikas  nicht  gefaßt.  —  Wo  femer  das 
Phüostr.  Heroic.  2,  20;  vit.  Apollon.  6,  32;  Nik-  neue  Herrschergebiet  {xa  TtoQgmtiQO)),  das  er 
andr.  Ther.  835  f. ;  Tzetz.  Lykophr.  796  (794.  nach  Cramer,  Anecd.  Paris,  einnimmt  (s.  o.),  zu 
798.  806);  Serv.  Aen.  2,  44  (aculeus  marinae  60  suchen  ist,  steht  dahin;  wohl  bei  Ithaka,  da 
beluae).  Sonderbares  hören  wir  über  das  Waf-  doch  jenes  Land  ein  Teil  von  Odysseus'  ehe- 
fenstück  auch  im  schol.  Od.  A  134:  auf  Kirkes  maligem  Reiche  ist.  Dagegen  kehrt  er  bei 
Bitte  fertigt  Hephaistos  dem  Telegonos  einen  Eugammon  und  Hygin  zur  Mutter  nach  A  i  a  i  e 
Speer  aus  einem  Meerrochen,  den  Phorkys  ge-  zurück  und  heiratet  die  von  Kirke  unsterb- 
fangen  hat;  die  Spitze  ist  stählern,  der  Schaft  lieh  gemachte  Penelope  (s.  d.  Art.,  Bd.  3 
golden  (s.  auch  v.  Wilamowitz  a.  a.  0. 193  A.  36);  Sp.  1908).  Über  Italus,  den  Sohn  dieser  Ehe, 
mit  dieser  Waffe  tötet  er  den  Vater;  vgl.  ^u«toiÄ.  s.o.;  wahrscheinlich  war  er  zuerst  in  Pacu- 
Od.  p.  1676,44.   Durch  ein  Wortspiel  mit  teli  vi'us'  Niptra  erwähnt,|worau8  Hygin.  fab.  127 


253  Telegonos  (Name;  Wesen) 

referiert;  y^\.  auch  Schwegler,  R'im.  Gesch.  1, 
400f.  Durch  den  Namen  Italu3  wird  aber  zu- 
gleich der  Schauplatz  von  Telej^onoa'  Taten 
und  Wanderungen  im  Westen  festgelegt.  Als 
Kirke  den  Sohn  auf  die  Suche  nach  dem  Va- 
ter entsendet,  ermahnt  sie  ihn,  dort  eine  Stadt 
zu  gründen,  wo  die  Landleute  mit  Blumenge- 
winden geschmückt  tanzen  würden.  In  Ita- 
lien trifft  er  wirklich  Bauern,  die  mit  Eichen- 


Teleia,  Teleios 


254 


res'  bedeute  {i^  =«  inro;,  ?|(a  auch  Ä  130; 
JT8a8;  o  272;  7t  288;  r  7;  %  376),  sei  ea  seit 
Eugammon  mit  ^aus  dem  Meere'  erklärt 
worden  und  somit  geradexu  der  Ausgangs- 
punkt für  die  Telegonossage;  vgl.  Ämeis- 
Hentze  zu  d.  St.;  Vürtheim,  de  Eugammonis 
Cyrenaei  Telegonia,  Leiden  1907,  S.  213  f.  Die 
Auffassung  freilich,  als  wäre  jene  Deutung  des 
k^  oclog  ein  Mißverständnis,  ist  anfechtbar  und 


kränzen   einen  Reigen   aufführen.     Die  neuge-  lo  daher  bestritten  worden ;  man  hat  sie  auch  als 


gründete  Stadt  benennt  er  nach  dem  Eichen- 
laub {TtQLvos,  die  Eiche)  TLQiviaxov^  woraus 
die  Römer  Praeneste  gemacht  haben:  Plut- 
arch.  Parallel,  min.  41  nach  Äristokles'  Italika, 
Müller,  fr.  hist.  Gr.  4,  330.  Man  könnte  mei- 
nen, auch  Propertius  (2,  32,  3)  bezeichne  Prae- 
neste als  eine  Gründung  des  Telegonos;  denn 
er  nennt  hier  die  sortes  Praeneatinae  und  im 
nächsten  Verse  Aeaei  moenia  Telegroni.    Doch 


eine  absichtlich  freie,  selbständige  Um 
deutung  angesehen;  vgl.  Mülder,  Burs.  Jah- 
resber.  1913,  S.  103  f.  —  v.  Wilamowitz  endlich  be- 
zweifelt überhaupt,  daß  die  gewaltsame  To- 
desart des  Odysseus  aus  dem  i^  aXo?  heraus- 
geklügelt sei  {Homer.  Unters.  194);  eher  ist  er, 
wenn  auch  mit  Vorbehalt,  geneigt,  in  dem 
Zweikampf  zwischen  Vater  und  Sohn  ein  ur- 
altes, überaus  schönes  dramatisches  Sagenmotiv 


mit  beiden  Benennungen  kann  nicht  derselbe  20  zu  erkennen,  das  sich  in  der  Erzählung  von  dem 


Begriff  gemeint  sein;  in  anaphorisch  einge- 
kleideter Aufzählung  wird  nämlich  noch  ein 
dritter  Ort,  Tibur,  als  Ziel  der  Ausflüge  Cyn- 
thias  genannt.  Die  moenia  Aeaei  Telegoni  sind 
daher  hier  von  Praeneste  zu  unterscheiden  und 
bedeuten  Tusculum,  das  auch  sonst  mit  Te- 
legonus  oder  seinen  Nachkommen  in  Verbin- 
dung gebracht  wird.  Zwischen  Tusculum  und 
Praeneste  kann  mau  schwanken  bei  Ooid.  Fast. 


Vatermörder  Oidipus  (s.  0.  Ooid.  Trist.  1,  1, 
114)  oder,  wie  schon  Welcher  andeutet,  in  dem 
althochdeutschen  Hildebrandsliede  wiederhole. 
Vgl.  auch  L.  Uhlani,  Schriften  zur  Geschichte 
u.  Sage  1,  164 f.;  Christ,  Gr.  Lit.  Gesch.  S.  94* 
A.  1;  Ä.  Potter,  Sohrab  and  Bestem.  The  epic 
Theme  on  a  Combat  between  Father  and  San, 
London  1902;  Gruppe  b,.  3..  0.  716,5;  718 f.; 
Liebrecht,  Zur  Volkskunde  406 ;  Jiriczek,  Deutsche 


3,  92;  4,  71,  vgl.  H.  Peter  zu  den  Stellen.  Da-  30  Heldensage  1,  273  f.;  Gaidoz,   Folklore  14,  307. 


gegen   ist   ersteres    als  Gründung  oder  Herr 
schersitz  des  Telegonos  bestimmt  gemeint  bei 
Hör.  Epod.  1,  29 f.;  Carm.  3,  29, 8c.  schal,  (s.  0.); 
Stat.Silü.  1,3,83;  Sil.  It.  7,692;  12,535.  Über 
die  in  Tusculum  ansässige    gens  Mamilia, 
die  sich  von ,  Telegonus  herleitete,  vgl.  Liv.  1, 
49;  Dion.  Hai.  Antiq.  4,  45;  Fest.  p.  130  M.; 
Preller,  Rom.  Myth.  635;  Art.  Odysseus  Sp.  632. 
Nach  Xenokrates  b.  Gregor.  Naz.  in  Spicil.  Born. 
ed.  Mai  2,  2,  313  galt  Telegonos  {TsXsyovog,  so!)  40 
als   Erfinder  der  Weissagung   aus    dem 
Vogelflug.  —  '^a.ch  Athen.  6,  251  d  gab  ein  be- 
geisterter Verehrer  des  Odysseus,  dessen  Bild  er 
am  Siegelring  trug,  seinem  Sohne  den  Nam  en 
Telegonos,  der  damit  aus  der  Heldensage  in  den 
allgemeinen  Gebrauch  übergegangen  ist. 

Die  Erklärung  des  Namens  verursacht 
keine  Schwierigkeiten;  er  bedeutet  'den  in 
der  Ferne  Geborenen'  und  stellt  seinen  Trä- 
ger dem  in  Ithaka  geborenen  Halbbruder  ge-  50 
genüber;  vgl.  Preller,  Bjm.  Myth.  665;  Fick^- 
Bechtel,  Griech.  Personennamen  411.  265. 

Die  Deutung  des  Wesens  identifiziert, 
nach  der  einen  Auffassung,  den  Telegonos  mit 
seinem  Halbbruder,  zu  welchem  er  also  nur 
eine  spätere  Parallel figur  wäre  —  ein  Dop- 
pelgängertum,  dem  ja  auch  mancher  andere 
Held  seinen  Ursprung  verdankt;  vgl.  Beloch, 
Griech.  Gesch.  1',  196.     Weit  verbreiteter  und 


Wie  schwierig  und  zweifelhaft  übrigens  solche 
Deutungen  sind,  lehrt  für  die  Telegonossage 
zuletzt  wieder  Kroll,  IIb.  Jahrb.  1912,  S.  170  f. 


Kirke  und  Telegonos,  Vaseafragmeat 
(uach  Ooerbeck,  Galt.  Taf.  33,  21). 

In  der  bildenden  Kunst  beschränkt  sich 
nach  unserer  heutigen  Kenntnis  die  Darstel- 
lung des  Telegonos  auf  ein  verstümmeltes,  nur 
im  Bruchstück  erhaltenes,  aber  schönes  Vasen- 
gemälde (Braun,  Bulletino  d.  I.  1843  p.  82 ; 
Welcker,  A.  D.  3,  461  Taf.  30,  2;  Ooerbeck,  Gal. 
her.  B'ddw.  818  Taf.  33,  21):  Kirke  reicht  dem 


Telegonos  bei  seiner  Ausfahrt  einen  Bogen, 
älter  ist  die  Annahme,  die  Telegonossage  habe  6J  der  hier,  wohl  aus  malerischen  Gründen,  den 
sich    aus    einer    Verbinduncf    der    Stellen    der      Meerrochenstachel  vertritt;  dabei  die  Inschrif- 


Odyssee  %  334  f.  340.  347.  480;  \i  33  f.  mit 
X  134  f.  (i/j  281  f.)  entwickelt;  es  beruhe  näm- 
lich der  Bericht  über  die  Fischgräte  als  Mord- 
werkzeug auf  einer  falschen  Auslegung  des 
Teiresiasorakels,  wonach  dem  Odysseus  der  Tod 
i|  alog  kommen  werde:  während  dies  bei 
Homer  in  Wahrheit  '^außerhalb   des   Mee- 


ten  beider  Namen;   s.  beistehende  Abbildung. 

[Johannes  Schmidt.] 

Teleia,  Teleios  {TsXsicc,  TsXeiog),  Beiname 

verschiedener  Gottheiten,  besonders  des  Zeus 

und  der  Hera,  über  dessen  Bedeutung  unten 

(Sp. 256, 66 ff.)  im  Zusammenhang  gehandelt  ist. 

I.  Kult  des  Zeus  Teleios  findet  sich  in 


255                 Teleia,  Teleios  Teleia,  Teleios                  256 

1)  Amyklai  (?):  Jibs  r*[l»iov],  nach  der  f  1)' Erythrai:  Priestertum  '^Hgag  TfXeiasy 
unsicheren  Vermutung  von  Tzuntas,  'Etprin.  Dittenhergir ,  Sylloge*  nr.  600,, ^  ,33.  Collitz 
ic^X.  1892,  22  nr.  4.   Wide,  Lalcon.  Kulte  370,1.  6692  €,5.  „  p.  726.   Vgl.  v.  Wüamowitz,  Nord- 

2)  Arkesine  (Amorgos) :  Jtl  TsX[sitoi,]y  I.  G.  ionische  Steine  64  in  Ahhandl  d.  K.  Vn uß.  Akad. 
12,  7,  94.  d.  Wiss.  1909,  II  phil.-hist.  Kl. 

8)  Athen:  Prießtertnm  Jibs  TiXslov  durch  2)  Hermione:  Auf  dem  Berge  ©dpral  (cod, 

die  Buzygen  verwaltet,  7.  G.  8,1,  294.  Toepffer,  9q6vcc^)  befand  sich  ein  Tempel  der  '^Hqu  Tt- 

Att.  Genealogie  liBt,  Jessen  hei  Pauly-Wiisotca  Xila.    Ihr  war  Zeus  in  Gestalt  eines  Kuckuck» 

s.v.Buzyges  1096 f.  (vgl. unten  Sp. 267, 60).  —  Auf  genaht,  weshalb  der  Berg  später  Kdxxv^  (Ko-k- 
einem  attischen  sogenannten  "Totenmahlrelief*  10  xvytov.  Paus.  1,86,1.  2)  hieß,  und  das  thio- 

findet  sich  eine  "Weihung  an  Ztvs  *EnniXftog  nende  Kultbild  der  Göttin  auf  dem  Skeptron, 

^iliog^ Furiwängler, Sitzungsberichte  der  philos.-  das   es   trug,    einen  Kuckuck   aufwies,    Schal 

philoL  Klasse  dir  K.  Payr.  Alad.  d.  Wiss.  zu  Thedkr.  15,  64,  wo  als  Gewährsmann  Aristoteles 

München  1897,  I,  402  (»=  /.  E.  Sarrison,  Pro-  iv  xtü  ntQl  ^Egpuovrig  isg&v   angegeben   wird, 

legomenatothe study  ofgreekreligionZb^.  Usener,  Siher  wohl  Aristoteles  zu  lesen  sein  wird,  Müller 

Siniflutsagen  68);  dieser  Zt^g^EmxiXHog  vertritt  zu  F.  H.  G.  2, 190  irgm.  287.    Val.  Böse,  Aristo- 

nach  Furtuängler  den  gewöhnlichen  Beinamen  teles  Pseudepigraphus  618  frgm.  8.    Aug.  Kalk- 

TiXttog^  unter  dem  Zeus  in  Athen  Kult  genoß.  mann,  Pausanias  der  Periiget  147  f. 

4)  Epidauros:  Weihinschrift,  von  einem  8)  Ithaka:  Die  von  Dittenberger,  I.  G.  9, 
nvQO<f6Qog  dargebracht  i^öxlTjartw,  Jil  TtXflm,  20  1,658:  yall  t]&g^HQag  ra . . £a  gelesene  Inschrift 

KabladiaSf'Etfrtii.&QycttoX.  lS9i,  23  nr.  19.  Vgl.  (noch   anders  Po(hl,  Inscr.  Gr.  ant.  336  p.  78) 

den  epidaurischen  Monatsnamen  TilXtog,  1.  G.  lautet  nach   Vollgraff,  der  den  Stein  revidiert 

4, 1486,  32.  68.  101.  1492,  9,  32,  34.    F.  Bischoff  hat:  xa[l  rjfif  H^gag  x&g  [T]eX[(iagl  Corr.  Hell. 

in  Griech.  Studien  H.  Lipsius  zum  sechzigsten  29  (1905),  165  f.  nr.  9. 

Geburtstag  dargebracht  4.  4)Karyßto8  (?).    Die  Annahme,  daß  sich 

6)  KameiroB:   Weihungen,    dargebracht  auf  der  Spitze  des  Ochagebirges  bei  Karysto» 

^Eeria  xal  Jtl  TfXsim,  1.  G.  12,1,701,0  {Collitz  ein  Tempel    der  Hera  Teleia   befunden    habe 

4123,'j.  704  ( Co«! <;?  4126).  7078.  (Busolt,  Gr.  Gesch.  1\  210,  3),  stützt  sich  ledig- 

6)  Orchomenos:  [Jil  TtX]iitp,''HQa  TeXsI^,  lieh  darauf,  daß  auf  dem  Ocha  die  Hierosgamos- 
I.  G.  7,8217  p.  602.                        '         '                SO  legende  lokalisiert  war  (Sieph.  Byz.  s.v.  Kary- 

7)  Tegea,  jdihg  TsXtiov  ßanbg  xal  üyalna  sioB\Grvppe,BursiansJuhresl€r.Sb{lS9b),liiS, 
Tixgdymvov,  Paus.  8,48,6.  5)  Kithairon  s.  unten  nr.  9. 

8)  Thera  (?):  Sehr  fragliche  Ergänzung:  6)  Megalopolis:  vabg  .  ."Hqag  TtXtlccSy 
*Eax[iag  xal]  Jib[g  TsXslov],  I.  G.  12,  3,  424.  Paus.  8,  31,  9. 

9)  Zorava  (Trachonitis).  Unter  einem  Epi-  7)  Orchomenos:  s.  oben  I  Sp.  255,  29. 
gramm,  das  den  beabsichtigten  Bau  eines  Hauses  8)  Panamara  bei  Stratonikeia:  Hera  Tt- 
schildert,  steht  die  Widmung:  TsXsio),  Wad-  >lf ta  verbunden  mit  Zeus  Panamaros,  Corr.  jBTe//. 
dington  2484.  Nach  Fr.  Baethgen,  Beiträge  zur  11  (1887),  389  nr.  5.  12  (1888),  256  nr.  36.  15 
semitischen  Beligionsgesch.  96  wäre  dieser  Ti-  (1891),  426  nr.  8.  28  (1904),  53  nr.  41.  Vgl. 
Xitog  vielleicht  identisch   mit   dem   auf  einer  40  Nilssov,  Griech.  Feste  28  ff. 

Inschrift  aus  Bostra  genannten 'Ejrixapjtiog  Zsi'5,  9)  Plataiai:  xijv  .  .'"Hquv  TiXiiav  -KaXoveiy 

der  seinerseits  =  Dusares  (s.  d.)  wäre.    Kaibel,  -ntnoir^xai  61  OQ&bv  ^tyiQti  ayccl^cc  yi^ycc,  Paus. 

Epigr.  1066  Anm.   sagt:   „subscriptum   TbXsioj  9,2,7.   Darauf  berichtet  Pawsawms,  um  zu  er- 

non  satis  iMellego;  nam  Jovi  TtUico   vix  ille  klären,  weshalb  diese  Hera  auch  JVv/üqparo/z^i'rj 

domum  suam  custodiendam  tradidit."   Da  aber  genannt  worden  sei,  das  Aition  des  Festes  ^ui- 

das  Epigramm   deutlich   sagt,    daß   das  Haus  daXa  (vgl.  darüber  v.  Schoeffer  hei  Fauly- Wiss. 

erst  gebaut  werden  soll  und  der  Weihende  die  s.  v.  Nilsson,  Gr.  Feste  50  ff.),  das  zur  Feier  de» 

Hoffnung  ausspricht,  es  herrlich  zu  vollenden  hgbg  ydnog  des  Zeus  und  der  Hera  eingesetzt 

(in  den  vier  Zeilen  des  Epigramms  findet  sich  war.    Auch  Plut.  frgm.  de  JDaedalis  Plataeensi- 
zweimal  das  Verb  i%xBXilv  gebraucht),  so  durfte  50  bus  3  (ed.  Bernardakis  7  p.  45)  berichtet,  d&& 

unter  dem  TiXuog  eben  der  Gott  zu  verstehen  Hera  nach  Vollziehung  der  Ehe  mit  Zeus  Te- 

sein,    der   seinen  Schutz   zur  Vollendung   des  Xhiu  und   rafir,Xicc   genannt  worden   sei;   vgl. 

Baues  geben  soll.  A.Ka1kniann,PauFanias  der Perieget  129  Anm. 4. 

10)  Eine  handschriftlich  im  Kloster  Lorsch  Auch  auf  dem  Kithairon  selbst,  wo  das  Fest 
erhaltene  griechische  Inschrift  lautet:  'O/iWco  der  Daidala  gefeiert  wurde,  scheint  ein  Tempel 
Jia  'OXviintov  xal  ^iu  BovXaiov  xal  ^Eaxiccv  der  Hera  T.  sich  befunden  zu  haben,  Bethe,. 
BovXalav  xal  ^ia  TiXsiov  ytal  "Hgav  TsXsiccv  Theban.  Heldenlieder  9f.  Gruppe,  Gr.  Myth.  b24. 
xtX.,  f.  Ziebaiih,  Der  Eid  vom  Kloster  Lorsch  10)  Stymphalos:  Temenos  (s.  d.),  der  Pfle- 
in  Xdgixfg  Friedrich  Leo  zum  sechzigsten  Ge-  ger  der  Hera,  soll  der  Göttin  drei  Tempel  ge- 
burtstag  dargehacht  397.  404.  Nach  Ziebarth  60  stiftet  und  ihr  drei  Epikleseis  gegeben  haben, 
gehört  die  Inschrift  etwa  nach  Kleinasien  in  ■nag&ho)  iisv  hi  o^ctj  Tlaidi'  yrtna^v7}v  dh  xm 
die  Gegend  von  Pergamon  und  stammt  aus  Jd  ixdXtatv  wbxiiv  TsXtiav,  und  nach  ihrem 
dem  dritten  bis  zweiten  Jahrhundert,  oder  sie  Zvnst  und  ihrer  Rückkehr  nach  Stymphalos 
ist  die  literarische  Arbeit  eines  Rhetors  der  nannte  er  sie  X'^ga^  Paus.  8, 22,  2. 
Kaiierzeit,  die  sich  an  einen  antiken  Text  an-  11)  s.  oben  I,  10. 

schließt.  Betrachtet  man  Stellen,  wie  Aesch.Ag.  973: 

H.   Kultus   der  Hera    TtXsiu    (vgl.  Hesych.  Ztv  Ztv  TeXeis,  tag  i^dg  t^xdg  tsXsl.     Aesch, 

TtXeicc-  7}  "Hgd)  ist  bezeugt  lür  Suppl.  524  ff.:  tsXiav  xtXsioraxov  ygdrog,  öXßitr 


257                   Teleia,  Teleios  Teleia,  Teleios                   268 

Zsö.  Eu>n.  Q'2i:  Zfu?  d'  ircsyiQccvEv  rslog.  Suppl.  kommen  des  alten  Ackerpriesters  sind  es,  denen 
823:  tI  d'  ävav  Ged'8v  (seil,  w  Zsv)  ^vatolat  xi-  die  forterbende  Edre  za  teil  wird,  seinen  Kul- 
lsi6v  iavi.  Sept.  116:  Zsv  Tcdtsg,  x&v  teXog  og  tus  zu  besorgen.'  Miteinander  verbanden  er- 
vi^iBig.  Alkaios  frgm.  11  {Bsrgic*  p.  176):  AI  St  scheinen  Zeus  T.  und  Hera  T.  auch  in  den 
•k' äfifiL  Zsv i  teUarj  vö/jaa.  Pin  l.  Olymp. 13,  Itö  Sp.  255  nr.  6. 10  mitgeteilten  Inschriften.  Als  Ehe- 
(163):  Zsv  xbXei\  ccldA  diSoi  v,al  tv^ocv  xsqxv&v  göttin  heißt  Hera  TeX^icc  auch  Fa/tr/lio?  und 
yXvnstccp  (vgl.  auch  Pind.Pyth.  1,67  [130j.  A'isch.  Sv^vylu  (Zyyta),  Stoh.  Ecloff.2,  6,  3  (ed.  Meineke 
Etim.  28),  80  erhellt,  daß  Zeus  Teleios  „der  Voll-  2, 18).  Schol  ^ID  ad  Ilom.  //.  1,609  (vgl.  Kallim. 
ender  ist,  der  alles  Beginnen  der  Menschen  zu  gu-  frgm.  20  p.  130  Sehn.).  Pollux  3,  38.  Schol.  Pind. 
tem  Ziele  führt,  der  die  Wünsche  der  Betenden  lo  Nem.  10,31.  Wer,  wie  Klytairaestra,  verräterisch 
erfüllt'',  Usener,  Götternamen  26  f.  (vgl.  auch  am  Gatten  handelt,  verletzt  die  Gesetze  des 
Preller,  Arch.  Ziit.  3  [1845J,  107:  Zeus  T.  ist  Zeus  und  der  Hera  Teleia  {Aes^ch.  Eum.  214; 
der  Vollender  Zeus,  aber  auch  im  physischen  vgl.  auch  die  dem  Laios  zürnende  Hera  Pa- 
Sinne  der  vollendete  Mann);  vgl.  auch  Hesych.  ^loatolog,  Peisandros  im  Schol.  Ear.  Phoen.1160), 
8.  V.  llBlsiog-  xBleavovQYog-  6  Zsvg.  Auch  die  die  Gesetze  der  ''Hga  Tsleicc,  Zr]vbg  sivccicc  &d- 
Tatsache,  daß  Zeus  Soter  auch  TsXsiog  genannt  (iccq  {Aesch.  frgm.  783  Nauck^);  denn  Hera  Te- 
worden  ist  {Euripides  in  der  Andromeda  und  leia  v-Xfi^ag  ydiLov  cpvXdttst.  {Ar int.  Thesmoph. 
Aristophanes  in  den  TocYqvLötocl  im  Schol.  Plato  973  ff.).  Sie  ist  die  xsXeicc  fidtriQ  der  Hebe  (Pmd. 
Phileb.  p.  255  Hermann.  Phot.  Lex.  s.  v.  Tgirov  Nem.  10, 18  [31];  vgl.  Krinagoras  in  Anth.  Pal. 
■KQUzi'jQog  (p.  604,  25  =  Suid.  s.  v.  TgLxov  xqu-  20  6,  244:  ""'/fprj,  'EXsid-uLüv  ^ifrrjp,  'Hqti  xs  TEXsiri). 
t^Qog  p.  1219,  5  Bernh.  Schol.  Pind.  Isthm.  5,10)  Bei  den  vor  der  Hochzeit  stattfindenden  Opfern, 
bzw.  die  Verbindung  Zsv?  SoavrjQ  TsXsiog  {Pol-  den  TtgotiXsLcc  (s.  Sp.  257,  53  ff.),  weihten  die 
lux  6,  15.  Phot.  s.  V.  Tgizog  xqccv^q),  beruht  auf  Bräute  der  Hera  Teleia  (und  der  Artemis  und 
derselben  Vorstellung,  Tritt  an  den  angeführten  den  Moiren)  ihr  Haar,  Pollux  3,  38.  Lehrs,  Po- 
Stellen,  wo  es  sich  um  Spenden  an  Zeus  beim  puläre  Aufsitze  aus  d.  Altertum^  201  {vgl.  Archü. 
Symposion  handelt,  das  Epitheton  Teleios  zu  frgm.  18  Bergk  2*  S.  388).  Auf  diesen  Brauch 
Soter,  so  steht  Teleios  allein,  also  gewisser-  bezieht  ^i^rem,  Phüologus  72  (1913),  445 f.  das 
maßen  die  beiden  Begriffe  Soter -Teleios  ver-  Attribut  der  ehernen  Schere,  die  das  Kultbild 
einigend,  bei  Athen.  1,16B:  hitsv^ov  {ol  ^gasg)  der  Hera  in  Argos  in  der  Hand  trug  {Röscher, 

yicci  xäg  GTtovSccg  iitoiovvxo  'Eo^jj   xal  ovx '^0  ütf.  7^.  1  Sp.  2076, 13ff.  Gruppe,Gr.  Myth.ll'6Z,9) 

cuj  V6TSQ0V  Jd  TsXsicp.  —  Daher  brachte  man  und  sieht  in  dieser  Hera  eine  H.  ra^riXLcc  oder 

dem  Zeus  T.  nach  Erfüllung  des  Gebetes  oder  TsXsicc. 

der  Wünsche  Opfer  dar,  Krinagoras  in  Anth.  Dagegen  bestreitet  M.  A.  Bayßeld,  Clasi. 

Pal.  6,242.   Außerdem  ist  Zeus  aber  noch  ein  review  15  (1901),  446,   daß  das  Zeusepitheton 

TeXsLog  im  engeren  Sinne:  xsXog  bezeichnet  oft  TeUstoj  irgendwelche  Beziehungen  zur  Ehe  habe, 

die  Ehe  {xiXog  yd^oio,  Hom.  Od.  20,74.  Apoll.  und  erklärt  den  Zeus  Teleios  als  den  „Herr- 

Bhod.  4,  1200.  yuiiriXiov  xsXog,  Aesch.  Eum.  835.  scher,  König"  Zeus  und  ebenso  die  Hera  Te- 

vv^q)Liccc   xsXri,    Soph.  Ant.  1240;    vgl.   Rohde,  leia  als  die  „Königin"  Hera,   eine  Erklärung, 

Psyche  1',  327),    diejenigen,    die  die  Ehe  ge-  die  sich  übrigens  schon  bei  Passoz<;-i2os^,  JTawd- 

fichlossen  hatten,   hießen  xEXsiOi  {xsXsiovg  tovg  40  Wörterbuch  der  griech.  Sprache  2^,  2  S.  1848  s.  v. 

ysyayir\yt.6tag  xocXovaiv.,  accl  xsXsiad'fivca  x6  yi)-  xiXsiog  findet:  „man  glaubt,  das  Wort  in  trans. 

liai^  Phot.  Lex.  s.  v.  TeXsov  p.  574,  10.    Hesych.  Bedeutung  'Erfüllung  gewährend'  nehmen  zu 

B.v.TiXsioL.  Schol. Soph.  Ant.  12i0.  Pollux 3, dS),  müssen,   es  scheint  aber  vielmehr  xeXsLog  hier 

und   so   ist   Zeus   Teleios    neben   Hera  Teleia  in  demselben  Sinne  zu  fassen  zu  sein,  wie  ft^- 

Schutzgott    der   ehelichen    Gemeinschaft    (vgl.  ytaxog  und  ava|  . . . ,  also  'erhabenster,  groß- 

den  Zeus   Zvyiog  neben  Hera  Zvyt'a,  s.  oben  mächtiger'." 

8.  V.  Syzygia  Sp.  1647,  14  f.;    vgl.   auch  Schol.  Hl.    Beinamen   der   Gotter    insgesamt:    I6i 

Hom.  Od.  1,  38:    Zeus  und  Hera  yajxtj^tot.)   ge-  Tcavag-nslg  &sol,  loo  xiXsioi  xiXsiai  xs  y&g  x&gSb 

worden.',  vgl.  Schol.  Arist.  Thesmoph.  913  {=Suid.  TtvQyocpvXocyisg ,    itoXiv    SoQiTtovov    y,r]    TtgoSrnd"' 

8.  V.  TsXsia  p.  1063  Bernh.):  "Hgcc   TsXsia  xat  50  kxsgocpmvm  övgcctLä,  Aesch.  Sept.  166  ff.   Hier  hat 

Zsvg  T^XsLog  ixiiioävxo  iv  xotg  yd^oig  mg  Ttgv-  schon  Welcker,  Aesch.  Trilogie  298    Anm.  539 

tdvsig  ovxsg  x&v  ydacov.  xsXog  Ss  6  yd^og.   äto  die  xsXslol  d'soi  als   diejenigen  Götter  erklärt, 

■aal  ngoxiXsLoc  iyiaXstxo  i]  d'vaicc  rj  Ttgö  xätv  yd-  welche  die  Verteidigung  der  Stadt  als  Amt  {xi- 

{Ltov  yivoiLivT].  Plut.  Quaest. Rom. 2 :  Tcivxs  Sslab'ca  Ao?)  übernommen  haben;  ebenso  Bayfield  a.  a,  0. 

d'satv  xovg  yccpLOvvvug  ol'ovxav,  Jtbg  TsXsiov  xal  „whose  ofßce  it  es  to  guard."  Bei  Lucian.  Deor. 

''Hgocg  TsXsiag  -axX.   Diodor  5,73:  iv  xotg  ydiioig  conc.  1.  15.    lupp.  Trag.  18   beruht  nach   dem 

.  .  7tgod'vov6L  . .  xcp  ^d  TsXsia  xal  ''Hga  TsXsia;  Schol.  lupp.  Trag.  a.  a.  0.  (p.  68  Rahe)  die  Be- 

vgl.  Toepffer  und  Jessen  aa.'aa.  00.    Letzterer  Zeichnung  der  Götter  als  xiXsioi  auf  einer  tTber- 

verweist  in  betreff  der  Beziehungen  der  attischen  tragung  des  attischen  Brauches,  daß  nur  Voll- 
Buzygen  (ob.  Sp.  255,  7)  zu  dem  Kulte  des  Zeus  60  jährige    {xsXslol)    in     der    Volksversammlung 

T.  auf  Plut.  Conjug.  praec.  42 :   liQ-rivaloi  tgslg  sprechen  durften,  auf  die  Götterwelt. 

ägoxovg  Isgovg  dyovai . .  xovxcav  Ss  Ttdvtcav  Isgm-  IV.  Beiname  der  Dike:    iid  xrjv  xiXsiov  x^g 

xaxog   iaxLv  6  yaiii]Xiog  öTtogog  v,al  agoxog  iid  ifiiig  Ttai^bg  Jixrjv  (sagt  Klytaimestra),  Aesch. 

jtaidcov  xsTivmasi:  'Wie  der  Buzyger  einst  das  Ag.  1432;   nach  Bayßeld  bedeutet  hier  xdXsLog 

erste  Stierpaar  unter  einem  Joch  zu  gemein-  =  den,   der   die  Macht   hat   zu   strafen;   vgl. 

samer  Arbeit  vereinigte,  so  verbindet  Zeus  T.  auch  Jixri  xsXs6q>6gog,  Soph.  Ai.  1390. 

die  Menschenpaare   durch  das  Joch   der   ehe-  V.  Apollon  heißt  xsXsLoxaxog  d-sog^  Theokr. 

liehen  Gemeinschaft  miteinander,  und  die  Nach-  25,  22. 


259                    Teleioi  Theoi  Telemachos  (in  der  Odyssee)        260 

VI.   Die  Erinyen  sind  Uiii/jxuvoi  6\  %al  xi-  Ei)Qtni6ris  Sfy  <poc6i,   -nal  TriXt-Kkelöris  Kiac^ms 

Xftoi  %a%&p  t§  nvi/jitoviSy  Aesch.  Eum.  881.  ofSccoiv  avrr]¥  (die  Hekabe)  ixyivto&ai.  In  Tr]- 

fHöfer.]  XBxXiiSris  steckt  der  Name  TsXinXsta  oder,  wie 

Teleioi  Theoi  (rAfio*  9ioC),  die  „vollbringen-  Meineke,  Fragmenta  com.  Graec.  1,  90  Anm.  41 

den   Götter"  {Aisch.  Ag.  987    Z««   Z«i»   xiXtts,  annimmt,  fand  Eustathws  in  seiner  Quelle  den 

tccs    inocg  tvxas  riXn,  vgl.    1886  Kirchh.  von  Namen  TriXixXtitri  geschrieben.     [Höfer.] 

Bike,  die  hei  Soph.  Aias  1S20  xtXi6(f6Qog  hei&t),  Telekles  {TrtXenXf,s) ,  Kyzikener,  irrtümlich 

gewöhnlich  als  Götter  der  Eheschließung  (T^log  von  den  Argonauten  getötet,  ApoU.  Bhod.  1, 

«=  yd^off,    vgl.    xiXsaeiyapLOi)    aufgefaßt   (nach  1040.    Gruppe,  Gr.  Mylh.  661,6.     [Höfer.] 

BayfUld,  Class.  Eeview  XV  446  ff.  „Herrscher"),  lo      Telekoon  {TtiXe>i6iov) ,  Kyzikener,   von  dem 

Beiname  vornehmlich   des  Zeus  und  der  Hera  Argonauten  Ankaios  getötet,  Fal.I^/acc.Jr^on. 

all    Gottheiten    der   Ehe   (dazu   stimmen  ihre  8, 138  ff.    [Höfer.] 

Beinamen  als  u>q6Xvxoi   zu  Kameiros,  J.  G.  12,  Telrmachos  {TriX^naxog,  ilber  den  Namen 
1,786,  womit  der  Ausdruck  der  Alkestia  bei  s.u.),  bei  ITow^r  der  einzige  Sohn  (>l  68;  «  117  f.) 
Eur.  Alk.  177  nagdivii*  iXvö*  iyoi   xoQi^nax*  des  Odysseusund  derPenelope  (s.  die  betr. 
i%  xoei*  ivdgdg  zu  vergleichen  ist).    Die  Hera  Artikel).     Er  ist  noch   ein  Sfiugling,    als  der 
Teleia  genoß  Kultus  in  Plataiai,  Stymphalos,  Vater  nach  Troja  aufbricht  (d  112;  144;  i448f.), 
Hermione,  Megalopolis,  Ithaka,  Erythrai,  Stra-  den  er  daher  noch  nicht  gekannt  bat  {a  216f.). 
tonikeia.  Zeus  Teleios  kennen  wir  in  Kameiros  Erst  im  zwanzigsten  Jahre  sieht  er  ihn  heim- 
(neben  Hestia,  J.  G.  12,  1,  701,  704,  707,  viel-  20  kehren  (s.  Odysseus,  Bd.  3,  Sp.  609).    Des  ver- 
leicht  auf  Thera  I.  G.  12,  3,  424,    s.  Gruppe,  einsamten   Knaben    nimmt    sich    der    Herold 
Gr.  Myih.  1110,  1)  und  in  Tegea  (Paus.  8,  48,  Medon  an  (;f  367f.;   s.  u.).    Bis  zum  Eintritt 
6,  in  Heimenbildung),  s.  übrigens  Bruchmann,  der     Mündigkeit     Telemachs     verwaltet     als 
JFpt/Äe/o  </<orttfn  s.v.  Nach  D?od.  6,  73  erhalten  iTtirgonog    Mentor    das    Gut    des    Odysseua 
Zeus  Teleios  und  Heia  Teleia  vor  der  Hoch-  (0  226 f.).    Seit  mehr  als  drei  Jahren  vor  dessen 
zeit  Opfer  (dia  xh  xovrovg  agxTiyovg  yeyovitai  Rückkunft  (|S89;  106 f.;  v  377)  wird  sein  Hau» 
xal  rcdvxtov  ivgtrdg).    Nach   Flut.  qu.  rom.  2,  von    den  Freiern   Penelopes    belästigt,    denen 
264b    beten    die  Brautleute  zu  Zeus   Teleios,  Telemach  anfangs  bei  seiner  Jugend  nicht  ge- 
Hera Teleia,  Aphrodite,  Peitho  und  besonders  wachsen  ist  (^60f.;  y22;    5  818;  a  230;  vgl. 
zu  Artemis.    Ebenso  erwähnt  Schol.  Ar.  ihesm.  so  «  71  f.),  zumal   er  unter  ihnen   als  lässig  und 
978  die  Bolle  der  beiden  bei  der  Hochzeit  (cos  tatenlos   gilt   (jS  256  f.).    Erst    als    er   mündig 
nQvxdvHg  övxeg  xav  ydciicovj  xiXog  6h  6  ydcßog,  und    heiratsfähig   geworden   ist  (ff  217;    t532, 
deshalb  ^go-xiXsia  vom   Opfer  vor  der  Hoch-  vgl.   o  126 f.),    erwächst  ihm  die  Pflicht,  sein 
zeit).     Es  leidet  wohl  keinen  Zweifel,  daß  die  Elternhaus  selbst  zu  verwalten    (T22f.;   160f.; 
Hera   Teleia  (Zygia)   als   die   göttliche  Potenz  cp  353,  vgl.  6  687).    Über  die  doppelte  Trübsal 
der  Ehe   den  Zeus  Teleios  (Zygios)  nach  sich  (ßA6f.),    von    der    dieses   heimgebucht    wird, 
gezogen    hat.     Die  archaische  Terrakotta   aus  Odysseus'    langjährige  Abwesenheit   und    den 
Samos    (Abb.  bei  Farnell,   Culis  of  the  Greek  ungebetenen  Besuch  der  Freier,  ist  er  tief  trau- 
States  2,  Taf.  6b),   die  nach   der  Meinung  der  rig  (a  114  f.).    In  dieser  Not  wird  er  durch  die 
meisten  einen  verschleierten  Zeus  Teleios  und  40  Ankunft  eines  edlen  Fremdlings,  des  Taphier- 
seine    Gemahlin,   auch  verschleiert,   darstellen  fürsten  Mentes,  erfreut  und  getröstet  (103 f.); 
soll,  läßt  man  vorläufig  besser  aus  dem  Spiele.  sein  Zuspruch  richtet  Telemachs  Mut  um  so 
—  Auf  einem  Relief  in  der  Samml.  Jacobsen  mehr   wieder    auf,    als  sich  in  seiner  Gestalt 
zu  Kopenhagen  im  Stile  der  „Totenmahlreliefs"  Athene  verbirgt,  die  sich  ihm  überdies  beim 
{Cat.  9b,  ibg.  S.-Ber.Akad.  München  1897,  AOl  Abschied    zu    erkennen    gibt    (319f.).     Ihrem 
Jind  J.  Sarrison,  Prolegoni.  to  the  Study  of  Greek  Rate  gemäß  erteilt  er,  nach  einer  sanften,  aber 
Bei.  866)   lesen   wir   eine  Weihung   an   „Zeus  ernsten  Beschwichtigung  seiner  von  Phemios' 
Epiteleios  Philios,  seine  Mutter  Philia  und  seine  Gesang  ergriffenen  Mutter  (346  f.),  den  Freiern. 
Frau  Tyche  Agathe."    Diesen   Zeus  Epiteleios  eine  strenge  Absage  (367 f.),  so  daß  aus  ihrer 
iieUi  Furtwängler  a.  0,  zu  Zeus  Teleios,  aber  50  Mitte  neben  verhaltenem  Spott  (383  f.)  schließ- 
das  ist  nicht  verbindlich.   "Wir  müssen  uns  an  lieh  doch  auch  mildere  Stimmen  laut  werden^ 
Stellen  halten  wie  Plat.  legg.  6,  784  d  {ii^ts  stg  die  ihm  als  väterliches  Erbe  zwar  nicht  die 
ydiiovg  Hxm  111^x8  Big xccgx&vnaidcov  iititeXsiiijGsig  Herrschaft  über  Ithaka,    wohl  aber  die  über 
(Feste  für  das  Wohlergehen  der  heranwachsen-  sein  Haus  und  Eigentum   zuerkennen  (399  f.). 
den   Kinder,    vgl.  ffesych.    s.  inLXBXslacig'   a^-  Seine  Erklärung,  die  Freier  sollten  seinen  Be- 
tn^ig);   der   Zeus   Epiteleios   Philios   wird   vor  sitz  schonen  und  meiden  (373 f.),  wiederholt  er 
allem  ein  Gott  des  Familienlebens  und  guten  noch   bestimmter  in   einer  tags   darauf  beru- 
Einvemehmens  sein  (das  Relief  wurde  im  Haine  fenen  Volksversammlung  (|3  6 3 f.;  138 f.),  in  der 
des   Meilichios    [Asklepios]   zu    Munychia   ge-  er  des  Vaters  Platz   einnimmt  (14);   das  von 
funden).     [Eitrem.]                                                  60  den  Freiem   an   ihn    gestellte  Ansinnen   aber„ 
Telekleia  (TriXixXBia),  Tochter  des  Hos,  Ge-  die  Mutter  zu  verstoßen,  damit  sie  sich  mit 
mahlin    des  Kisseus  und  Mutter    der  Hekabe  einem  der  Freier  vermähle  (114f.;   196f. ;  vgl. 
und    Theano,   Schol.  Für.  Hek.  3,    p.  12,  16.  7r76f.;  r528f.),  weist  er  aus  kindlicher  Liebe 
Schwartz   (vgl.  Schwarte,  Jahrb.  f.  Mass.  Phil.  entschieden  von  der  Hand  (^  131  f.;  210).     Erst 
Suppl.  12,  409).  Athenion  (Athenikon)  im  Schol.  dann  wolle  er  sie  wieder  verheiraten,  nachdem 
Victor,  und  Townl.  Som.  II.  16,  718  {F.  JS.  G.  er  über  den  Vater  in  Pylos   und   Sparta  Er- 
4,  845  fr.  2).   Aus  diesem  Scholion  stammt  die  kundigungen  eingezogen  und  von  seinem  Tode 
konfuse  Notiz  bei  Eust.  ad  Eom.  II.  1083,  1:  Gewißheit  erlangt  habe;    zu  dieser  Reise  er- 


261        Telemachos  (in  der  Odyssee)  Telemachos  (in  der  Odyssee)        262 

bittet  er  sich  ein  Schiff  mit  Bemannung  (|?212f.).  (233  f.),  die  inzwischen,  ffleichzeitig  mitPenelope 
Über  die  ganze  Rechtsfrage  in  seinem  Ver-  (338 f.),  Telemachs  Heimkehr  erfahren  haben 
hältnis  zu  den  Freiern  vgl.  Volquardsen,  Tele-  und  nun  zwar  merken,  daß  ihre  Anschläge  zu- 
inachs  Proceß,  Kiel  1865.  Ermutigt  von  Athene,  nichte  geworden  sind  (342  f.),  aber  dennoch 
die  ihm,  diesmal  in  der  Gestalt  Mentors  (^8.  d.),  von  weiteren  Mordplänen  vorläufig  abstehen 
aufs  neue  naht,  rüstet  er  sich  mit  Eurykleias  (400  f.).  Erst  tags  darauf  geht  Telemach  nach 
Hilfe  zur  Abfahrt  (267  f.;  337  f.;  345  f.);  inBe-  der  Stadt  und  erfährt  hier  von  Eurykleia  und 
gleitung  der  noch  unerkannten  Göttin  laesteigt  den  treuen  Mägden,  sodann  von  der  Mutter, 
er  endlich  das  Fahrzeug  (41 4 f.).  Glücklich  endlich  auch  von  Mentor  und  andern  Greisen 
gelangt  er  nach  Pylos  zum  Hause  Nestors  lO  einen  rührenden  Empfang  (p31f.;  68f.);  um  so 
(y4f.)  und  fragt  diesen  nach  seinem  Vater,  betrübter  ist  er  über  die  Schmach,  die  sein 
erhält  aber,  statt  bestimmter  Auskunft,  den  Vater  noch  unerkannt  seitens  der  Freier  zu 
Rat,  zu  Menelaos  nach  Sparta  weiterzureisen  erdulden  hat  (489f.),  hält  aber  mit  einer  Selbst- 
und  dort  genauere  Kunde  einzuholen  (317  f.).  beherrschung,  über  die  sich  selbst  OdysseuB 
Dahin  bricht  auch  Telemach,  nachdem  ihn  wundert  (668),  zunächst  noch  an  sich  (490 f.). 
Athene  verlassen  hat  (371  f.),  von  Poly käste,  Durch  sein  lautes  Niesen  wird  sogar  Penelope 
der  Tochter  Nestors,  zuvor  gebadet  (464 f.;  für  den  Augenblick  getröstet,  da  es  ihr  als 
s.  u.)  und  geleitet  von  dessen  Sohne  Peisi-  eine  glückverheißende  Bestätigung  ihres  Ver- 
stratos,  am  nächsten  Morgen  zu  Wagen  auf  langens  noch  Odysseus'  Heimkehr  erscheint 
und  erreicht  nach  nächtlicher  Rast  bei  Diokles  20  (541  f.).  Unter  den  Freiern  tritt  Telemach  hin- 
von  Pherai  (488  f.)  am  nächsten  Abend  Sparta  fort,  zumal  im  Bewußtsein  der  Gegenwart  des 
(^1).  Auch  hier  von  Menelaos  und  Helena  Vaters,  fest  und  entschieden  auf;  er  sagt  dem 
herzlich  bewillkommnet,  findet  er,  obwohl  zu-  Odysseus  für  dessen  Zweikampf  mit  dem  Bettler 
nächst  noch  unerkannt,  seines  Vaters  Andenken  Iros  offen  seinen  Schutz  zu  {a  59f.),  warnt 
bei  ihnen  noch  lebendig  und  geehrt  (104 f.)  mehrmals  die  wüsten  Gäste  (405 f.;  v303f.) 
und  somit  tags  darauf  (306  f.)  für  seine  Er-  und  stellt  den  Vater  vor  ihren  Beleidigungen 
kundigungen  entgegenkommende  Teilnahme  vorläufig  sicher  (v  262 f.);  endlich  billigt  er, 
(315f.);  auch  erhält  er  wenigstens  den  tröst-  den  höhnenden  Zechern  zum  Trotz  (v373f.; 
liehen  Bescheid,  der  Meergreis  Proteus  habe  <p  376 f.),  das  von  Penelope  vorgeschlagene 
Menelaos  erst  vor  Jahr  und  Tag  (vgl.  82;  360)  30  Wettschießen  (qplOlf.),  nimmt  den  Bogen 
in  Ägypten  von  Odysseus'  Aufenthalt  auf  der  als  sein  Eigentum  in  Anspruch  und  wahrt  da- 
Insel  der  Kalypso  berichtet  (551  f.).  Helenas  mit  zugleich  sein  Hausrecht  (352 f.).  Wichtiger 
Fürsorge  zeigt  sich  außerdem  darin,  daß  sie  noch  ist  seine  Teilnahme  an  der  Ausführung 
beim  Mahle  in  Telemachs  Becher  ein  leid-  des  Racheplanes.  Dem  Befehle  des  Vaters  gehor- 
stillendes  Zaubermittel  wirft  ($  220 f.;  vgl.  Ar-  sam  (r  4 f.;  14),  versteckt  er  mit  ihm  die  Waffen 
gum.  Eur.  Hei.).  Warum  er  in  Sparta  den  (31  f.),  trifft  zu  dem  Bogenschußwettkampf 
Großvater  Ikarios  nicht  besucht  {Aristot.  Poet.  die  letzten  Zurüstungen  ((pl20f.;  368 f.)  und 
26, 16;  Strdb.  10,  461;  schol.  Od.  o  16),  s.  d.  Art.  ermöglicht  das  den  Freiern  zugedachte  Straf- 
Penelope,  Bd.  3,  Sp.  1904.  Telemach  zögert  gericht,  gefährdet  zwar  zuerst  dessen  Gelingen 
nicht  länger  mit  der  Abreise.  Statt  also  in  40  durch  Unvorsichtigkeit  (;fl54f.),  legt  aber 
Pylos  und  Sparta  bei  den  alten  Kriegskamera-  um  so  rühriger  mit  Hand  an  bei  der  Tötung 
den  seines  Vaters,  dessen  Andenken  und  Ver-  der  Freier,  von  denen  einige  seinen  Geschossen 
dienste  doch  bei  ihnen  noch  unvergessen  sind,  zum  Opfer  fallen  (267;  284;  294f.).  Hierbei 
bewaffnete  Hilfe  gegen  die  Freier  zu  erbitten,  wird  er  selbst  leicht  verwundet  (277).  Für 
begnügt  er  sich  mit  jenen  unbestimmten  Nach-  den  Sänger  Phemios  tritt  er  bei  dem  rache- 
richten (s.  u.).  Während  daheim  schon  die  heischenden  Vater  als  Fürsprecher  ein  (364  f.) 
Freier  sein  Verderben  planen  (d669f.;  700 f.;  und  schont  auch,  zum  Dank  für  die  treue 
778f.;842f.;«18f.;v423f.;o28f.;7r371f.;v241f.),  Pflege  in  seiner  Kindheit  (s.o.),  den  Medon 
kehrt  er,  beschützt  von  Zeus  (f  25f.)  und  so-  (361  f.;  372).  Dagegen  vollzieht  er  an  den 
gar  in  Begleitung  Athenes  (olf.),  von  Lake- 50  buhlerischen  Mägden  sowie  an  dem  Ziegen- 
daimon  über  Pherai  (185f.)  und  Pylos  (193f.),  hirten  Melanth  eu  seine  grausame  Hinrichtung 
wo  sich  der  wegen  Mordes  flüchtige  Seher  (457 f.;  474 f.).  Sein  Versuch,  Penelope  von  der 
Theoklymenos  zu  ihm  gesellt  (223f.;  vgl.  Rückkunft  und  tatsächlichen  Anwesenheit  des 
Pherekydes  fr.  91,  bei  Müller,  fr.  h.  Gr.  1,  93 ;  Odysseus  zu  überzeugen,  scheitert  anfangs  an 
Lütke,  Pherecydea,  Diss.  Gott.  1893,  S.  17  f.),  dem  betäubungsartigen  Erstaunen  der  Mutter 
wohlbehalten  nach  Ithaka  zurück  (287f.;  494f.).  (t/>  93 f.);  doch  läßt  sich  Telemach,  der  ihr  des- 
Die  Genossen  sendet  er  nach  der  Stadt  voraus  halb  Vorwürfe  nicht  erspart  (96  f.),  vom  Vater 
(502 f.)  und  ist  zugleich  auf  eine  sichere  Unter-  bald  beschwichtigen  (Ulf.).  Von  diesem  am 
bringung  des  Flüchtlings  bedacht  (518 f.);  er  folgenden  Morgen  geweckt,  begleitet  er  ihn 
selbst  begibt  sich  auf  der  Göttin  Geheiß  (27  f.),  60  mit  den  beiden  treuen  Hirten  auf  das  Land 
um  den  Anschlägen  der  Freier  auszuweichen,  zu  Laertes  (367 f.)  und  rüstet  sich,  als  in 
zu  Eumaios  (55öf.;  n  4f.;  s.  d.).  Nachdem  feindlicher  Absicht  die  Angehörigen  der  Freier 
sich  dieser  auf  den  Wunsch  Telemachs  ent-  erscheinen,  zum  Kampfe  mit  ihnen  (a)490f.), 
fernt  hat,  nm  Penelope  von  dessen  Rückkunft  so  daß  ihn  Odysseus  kaum  zur  Tapferkeit  zu 
zu  benachrichtigen  (130f.;  154 f.),  erfolgt  durch  ermahnen  braucht  (604f.)  und  Laertes  wie  auf 
Athenes  Vermittelung  zwischen  Vater  und  Sohn  den  Sohn,  so  auch  auf  den  zum  Manne  er- 
die  rührende  Erkennung  (155 f.;  187 f.);  beide  wachsenenEnkel  stolz  ist(513f.).  Dem  mutigen 
verabreden  alsbald  die  Rache  an   den  Freiem  Ansturm  beider  gegen  die  Reihen  der  Feinde 


:i^63         I  Telemachos  (Charakter)  Telemachos  (in  der  Telemachie)     264 

(526 f.)  gebietet  erst  Äthanes  Dazwischenkonft  der  Dichtung,   die  mit  deren  Entstehung   im 

iriedlichen  Einhalt  (628  f.).  Zusammenhang  stehen,  betreffen  den  Sohn  des 

Telemach  ist  bei  Homer  der  Typus  des  Odysseus  nur  äußerlich  und  ändern  daher  an  ' 
wohlgeratenen,    aber  dem  Vater  nicht  seinem  Lebens-  und  Charakterbilde  wenig.  So 
yOllig  ebenbürtigen  Sohnes.    Zum  Jung-  muß   man   es   einfach    als   Mangel   an   Folge- 
ling  herangewachsen f  fällt   er  schon  im  Äu-  richtigkeit  hinnehmen,  wenn  Agamemnon  in 
£eren,  obwohl  noch  bartlos  (tfl76f.),  durch  der  Unterwelt  den  Telemach  schon 'etwa'  («ov) 
seine    Ähnlichkeit     mit    Odysseus     auf  zu  der 'Zahl  der  Männer*  rechnet  (Z 449),  wäh- 
{«208 f.;    yl23;   dl41f.),    erscheint  aber  groß  rend   er   doch    nach   homerischer   Chronologie 
und  stattlich  («301  f.;  y  199;  vgl.  ir532),  was  lo  erst  zwölf  oder  dreizehn  Jahre  alt  sein  kann 
dieser  nicht  ist  ^ri98;  f  280),  ja  sogar  als  {Fast,    Homer.    Odyssee''    S.   37),    was    auch 
flchOn  und  wohlgebildet  (<y217,  vgl.  auch  ^  12f.  Ameis  und  Hentze  {Anhang  zu  X  449)  zugeben 
sowie   Favarin.    bei   Stob,  fioril.    66,    8).    Als  müssen.    Weit  wichtiger,  aber  auch  schlimmer 
väterliches  Erbteil  besitzt  er  von  geistigen  ist  es,  daß  seine  Reise  nach  Pylos  und  Sparta, 
Vorzügen  eine  schon  im  Kindesalter  erkenn-  von   der   fast   über  Gebühr   viel  Wesens   und 
bare  Klugheit   (|3  272f.;  y26^  tf216;  «374;  Aufhebens    gemacht   wird,    als    wäre    sie   ein 
vgl.  311f.)  und  Besonnenheit,    um  derent-  ganz  außergewöhnliches  Wagnis  (a  443  f.;  |3372f.; 
willen  ihm  unter  allen  homerischen  Personen  d716f.;  727  f.),  ergebnislos  und  auf  den  Verlauf 
am    häufigsten    das   Epitheton    Tcsitvviiivog  wie  auf  den  Abschluß  der  Erzählung  ohne  Ein- 
^daneben  ^atq>Qmv:   ^687)  beigelegt  wird  (nur  20  fluß  bleibt;   sie  ist  'nicht  nur  ohne  jeden  Er- 
ausnahmsweise  läßt  ihn  diese  Eigenschaft  im  folg  für  die  Haupthandlung,  sondern  von  An- 
stich: X  164 f.,  s.o.;  vgl.  übrigens  Wilh.  Schulze^  fang  an  ohne  Zweck  unternommen,  ohne  Zweck 
^uaest.  epie.  524,  wonach  asicwnivos  vielmehr  ausgedehnt'  {Bonitz^  Ursprung  d.  liomer.  Ged. 
rührig,  regsam,  rüstig  bedeutet),  sowie  Bered-  30).    Über    die   Telemachie   vgl.  Hennings, 
«amkeit(a384f.;  ^  S6f.;  129f.);  von  Herzens-  Jahrb.  Supplbd.  3,  133f.;  und  Kommentar  zur 
tugenden  zeichnet  ihn  ein  bisweilen  unter-  Odyssee* ibf.;  I.  Bekker,  Hom.  Blätter  1, 104f.; 
«chätzter  (/?  256f.;  s.  o.)  tatkräftiger   Mut  A.  Kirchhoff,  Hom.  Od.  190 f,;  B.  Niese,  Ent- 
Aus,  den  er  bei  seiner  Fahrt  in  die  Fremde,  wicklung  d.  homer.  Poesie  146  f.    v.  Wilamowitz, 
wie  in  seinem  Auftreten  gegen  die  Freier,  be-  Homer.  Unters.  86  f.;    Finsler,  Homer*  (191^) 
sonders  im  Kampfe  mit  ihnen  und  ihren  An-  30  S.  423  f.;  Busolt,  Griech.  Gesch.  1',  132;  Heinr. 
gehörigen,   beweist   (daher   ftf/a-ö-v/tos   und  Schiller,  Berl.  Philol.  Wochenschr.  1910  S.  92 f. 
(isyuXrjtatQ),  dabei  aber  leutselige  Freund-  Neben  dem  'Hauptgebäude',  welches  die  eigent- 
lichkeit gegen   die   treuen  Diener,   na-  liehe   Odyssee  von  Buch  s  an  bildet  und  das 
mentlich   gegen  Eumaios   und   Eurykleia,  wieder  in  eine  ältere  Liedergruppe,  die  teils 
4enen    er    wie    ein   Sohn    begegnet   («  31  f.;  vom  Dichter  (s — &),  teils  vom  Helden  selbst 
^349f.;   x^^^)\   ferner  hohe  Schätzung  der  (t — v)  erzählten  Irrfahrten,  und  in  eine  jün- 
Sänger    und    Freude     an    ihrer    Kunst  gere,  den  gleichfalls  nach  Alter  und  Inhalt  zu 
(«346f.;    vgl.    ;f354f.),    umgängliche    und  gliedernden  Nos tos,  zerfällt,  erscheint  uns  also 
freigebige   Gastfreiheit  gegen  Fremde  diese  Telemachie   (cc—S)  wie   ein   'Vorbau' 
(all9f.;^615f.;o279f.;612f.;Ä44f.;70f.;  78f.;  40  {Bernhardy,  Griech.  Lit.  2,  i',  176);  für  das  Ver- 
4f  71f.;  84),  kindliche  Liebe  zu  Vater  und  ständnis  der  Hauptmasse  ist  er  gewiß  entbehr- 
Mutter(all4f.;  236 f.;  |3  46f.;  y  241f.;  «188 f.  lieh;  aber  er  hat,  außer  vielen  sinnigen  Einzel- 
213f.;  T/>124f.;  /Jl30f.;  373f.;  «33;  130f.;  <j226f.;  zügen,  namentlich  das  Gute,  daß  es  dem  Dichter 
^  108f.;  qp'116f.), endlich  aufrichtige  Ehrfurcht  oder  Redaktor  gelungen  ist,    manche  Erzäh- 
▼  ordenGöttern(/Jl34f.;  143f.;372;432;y64;  lungen  über  andere  Heroen  des  troischen  Sagen- 
«  263f.;  p  60f.;   tf235f.;  r  36f.),    besonders  kreises    darin    unterzubringen,    die    auf    den 
vor  Athene   (^261f.;    433;   o222f.).     Solche  Haupthelden   passend   vorbereiten   und    somit 
Gesinnung  wird  ihm  reichlich  gelohnt    Genießt  den  Charakter  einer  Einleitung  oder  Exposition 
er  schon  Ansehen  im  Volke  (jJ  14),  so  sind  an  sich  tragen  (v.  Wilamowitz,  Hom.  Unters.  11). 
ihm  die  Diener,  soweit  sie  überhaupt  seinem  50  Auffallen  muß  namentlich,  daß  sich  Telemach 
Hause   Treue   bewahren,    ergeben  und  an-  auf  seiner  Heise  mit  einer  unbestimmten  Aus- 
hänglich (« 12f.;  46f.;  4l74f.;  p  188f.;  392f.;  kunft  über  den  Vater  begnügt,  aber  nicht  zu- 
.591f.   —   «434f.;    /?362f.;    ß31f.);    von  den  gleich  auch  um  tatkräftige  Unterstützung  gegen 
treulosen  Mägden  ister  gefürchtet  (<y337f.;  die  Verwüster  seines  Eigentums  nachsucht,  was 
r  87 f.);  Vater  und  Mutter  umfangen  ihn  mit  doch   die    Freier    selbst   gewärtigen   (^326 f.; 
gleicher   Liebe    ((>  216f.;    vgl.    auch    5  260;  vgl.  co  430 f.).    Ein  bewaffnetes  Einschreiten  des 
^354;   |J373f.;    ^7 16 f.;    727 f.;    787 f.;    817 f.;  Nestor  und  des  Menelaos  hätte  freilich  zu  der 
p36f.);  und  auch  die  Götter  vergelten  seine  vorhandenen  Sage    von  Odysseus'   Freiermord 
Pietät  mit  ihrem  Schutze,    namentlich  Zeus  nicht  gestimmt;   und  so  schien  es,    um  Teic- 
hs 25f.),    Apollon   (r86f.)    und    allen    voran  60  mach  in  den  ersten  Gesängen    nicht  als  un- 
Athene (|J367f.;   382f.;  yl4f. ;  v423f.;  438;  praktischen    Träumer     erscheinen    zu    lassen, 
o  1  f.).    Sowenig  übrigens  gewisse  schmückende  gleichsam   geboten,   die   Reise    selbst   als    ein 
Beiwörter  auf  sich  haben,  so  gehaltvoll  erscheint  außerordentliches     Unternehmen    hinzustellen 

(s.  0.).     Dabei   hätte   der  Dichter   sicher   weit 
mehr  Glauben  gefunden,  wenn  er  den  jugend- 

«476;  <t60;405;  g)  130;  ;f  354).    Vgl.  auch  Frie-  liehen  Helden  wirkliche  Abenteuer  zu  Wasser 

drich  zu  Gatull  61,  228  S.  279.  und  zu  Lande  hätte  bestehen  lassen,  bei  denen 
Gewisse    Widersprüche   und   Unebenheiten      dieser  ja  seinen  erstarkenden  Mannesmut  be- 


doch  bei  seiner  Jugend  eine  Bezeichnung  seines 
Wesens    wie    Isgri    Tg    TriXsiidxoio    (^409; 


^65      Telemachos  (nachhomer.  Sage)  Telemachos  (nachhomer.  Sage)      266 

w^eisen  konnte.    Nichts  von  alledem!    Die  Reise  auf   den    Inseln    der    Seligen;    ja    wir    hören 

vollzieht  sich  glatt  und,  wie  fast  zu  erwarten  sogar    von    einem   Sprößling    aus   dieser   Ehe, 

ist,    ohne  jegliche  Gefahr,  ja  auch  der  vielbe-  dem   Latinos,    der  sonst  zwar  der  Sohn  des 

l)C8prochene  Anschlag  der  Freier  auf  Telemachs  Odysseus   (s.  d.),   ebenso  oft  aber  der  des  Te- 

Leben    (s.  o.)     verläuft    gleichsam    im    Sande.  lemach    genannt  wird    {Kleiniaü'f   bei    Fest.  p. 

Diese  Gesänge  verdanken  eben  ihre  Entstehung  2G9  3/. ;  Ilygiv.  fah.  125.  127;  Flut.  Romul.  2). 

einem  jüngeren,   zahmeren,   namentlich   nüch-  Während  nun  Latinos  bei  Plutarch  a.  a.  0.  die 

terneren  Zeitalter,  dem  es  für  die  Erfindung  und  Troerin  Khome  heiratet  und  mit  ihr  den  Ko- 

Schilderung    von    Seeungeheuern    oder    wege-  mulus    erzeugt,    ist    Khome    hingegen    Tele- 
lagernden    Unholden    au    l^hantasie    gebrach,  lo  mache  Tochter  (wohl  von  KirkeV)  bei  t>erv. 

Trotzdem  läßt  Telemachauchhier  die  Charakter-  Aen.  1,  273.     Lykophron  weiß   von  Telemachs 

züge  bereits  erkennen,  die  er  später,  nach  seiner  und  Kirkes  Unsterblichkeit  (s.  o.)  nichts;  viel- 

Vereinigung  mit  dem  Vater,  betätigt,  und  so  mehr  tötet  Telemach   erst  seine  Gattin  Kirke, 

wird   iu  der  Telemachie   der  eigentliche  Held  wird  aber  dann  von  deren  und  Odysseus' Tochter 

/war    nicht    wesentlich    gehoben,    aber    doch  Kassiphone  (s.  d.)  selbst  umgebracht  {Tzetz. 

auch  nicht  ernstlich  beeinträchtigt.  Lyk.  71)8.805.808.  811;  vgl.  auch  d.  Art.  Kirke, 

Die    nach  homerische   Sage   beschäftigt  Bd.  2,  Sp.  1200). 

sich  nur  mit  den  frühesten  und  den  spä-  Im  Anschluß  an  Telemachs  Bekanntschaft  mit 

testen  Lebensschicksalen   des  Telemach.  Nestors  Tochter  Po ly käste  bei  ^ow</r  (7 464 f.) 
Als    sich    Odysseus     durch    erheuchelten  20  macht   die   spätere  Sage   aus   beiden  ein  Paar 

Wahnsinn    der    Teilnahme    am   Zuge    gegen  {Menandr.   tisql  iTtidsixt.   in   Spengels  lihet.  3, 

Iroja  zu  entziehen  sucht,  legt  Palamedes  das  409),  von  dem  zwei  Söhne  abstammen:  Per- 

iieugeborene  Knäblein  {Luciau.  dorn.  30:    ßgi-  septolis  {Eustath.  p.  1796,   41;    schol.  tc  118; 

(po?,y^\. Eustath.  Od. 'p.lSibQ,2.'i:  pQStpvXliov)  \or  Steph.    Byz.    s,   UsgoeTtoXis)    und    der    Dichter 

den  pflügenden  Vater  in  die  Ackerfurche  und  H om ev  {Anthol.  Fat.  14,  102;  Suid.  s/'OtArjpo?); 

nötigt  ihn  so,  das  Leben  des  Kindes  zu  schonen  wurde   doch  unter  Kaiser  Hadrian  sogar  aus- 

und   damit   die   Maske   der  Verstellung  abzu-  drücklich  durch  einen  pythischen  Spruch  Homer 

werfen;  s.  d.  Art.  Odysseus,  Bd.  3,  Sp.  615,  und  für  einen   Sohn   des  Telemach  und    der  Poly- 

Palamedes,  Bd.  3,  Sp.  1265.  —  Zum  zweitenmal  käste  oder  Epikaste   erklärt  {Certaw.  Hom.  et 
entrinnt  Telemach  in  der  Jugend  einer  ernsten  30  Hes.  bei  Bzach,   Hes.  Carm.   S.  436).     Wieder 

Todesgefahr  bei  einer  Begebenheit,  die  sich  in  andern    galt    Telemach    mit  Homer    als    eine 

die  homerische  Chronologie  (d  112;  X  448;  s.  0.)  und  dieselbe  Person   {Tzttz.    Alleg.   Hom.   bei 

schwer  einfügt.  Nach  Plutarch.  solJert.  anim.  36,  Müller,  fr.  h.  Gr.  2,  10). 

14  erzählen  die  Zakynthier,  um  zu  erklären,  daß  Schwieriger  noch  läßt  sich  in  die  homeri- 

Odysseus  auf  dem  Schild  als  Wappentier  einen  sehe  Chronologie  eine    dritte  Ehe  mit  Nau- 

Delphin    trägt  (vgl.  Stesichoros,    fr.  70    Bgk.*,  sikaa  einordnen,  schon  bezeugt  von  i7e/ZamÄ:o5 

Euphorion  bei  Meineke,  Anal.  Alex.  142;   Ly-  bei  Eustath.  p.  1796,  40;  Müller,  fr.  li.  Gr.  1, 

kophr.  AI.  658):    Telemach   sei   als  Knabe  ins  64,  und  Aristoteles  'Wcxv.rjG.  nol.  fr.  506  Böse, 

Meer  gefallen,   aber  von  Delphinen  ge-  wonach  auch  deren  Sohn  Perseptolis  heißt, 
rettet    worden;    aus    Dankbarkeit    habe    der  40  während  er  sonst  {Dict.  Cret.  6,  6,  vgl.  Gramer^ 

Vater 'das  menschenliebende,  freundliche  Tier'  Anecd.  Baris.  2,   213  f.)  Ptoliporthos   (s.d.) 

zum  Schmuck  seines  Schildes  erwählt.  genannt    ist.      Als    späterer   Abkömmling    aus 

Bei  Homer  ist  Telemach   das  einzige  Kind  dieser  Verbindung  erscheint  sogar  der  attische 

seiner  Eltern  (s.  0.):    nur  bei  Ailios  Aristeides  Redner    Andokides,    gleichfalls    nach    dem 

erklärt  Odysseus  in  seiner  Gesandtschaftsrede  Zeugnis  des  Hellanikos  (fr.  141,  Müller  1,  52), 

an  Achill  (2,  592  Bind.),  er  habe  Weib,  Kinder  vgl.  Suid.  s.  'Jvdo^iörig',  Blut.  Alcib.  21 ;  Töpffer, 

{Ttatdccg)  und  Eltern  verlassen  müssen;  dagegen  AU.  Geneal.  84 f.  — 

zeugt  nach  seiner  Heimkehr  Odysseus  mit  Pe-  Übersicht: 

nelope    den    Ptoliporthes    {Baus.   8,    12,    6;  Kirke-       '>    Polvkaste-'      3    Nausikaa- 
doch  s.d.  Artikel  Ptoliporthe,  Bd.  3,  Sp.  3271);  50  J'  .4^^^^-      t;  i:^olykaste.       6.  JNausiJfaa. 

o^/iov,^    «  A^4-     •  i.           1    VI-  u       D     j      j  Latmos,           Persep(t)olis,           Perseptolis  1  ?), 

sodann   fandet   sich    ein   leiblicher  Bruder  des  ^u                    rr                              dj-  r       i^i, 

n^^■^^        u     A    1       -1                   -1    X   •      T^  Rhome.           Homeros.                 Ptouporthos. 

lelemach,  Arkesilaos,    erAvahnt  m  Eugam-  ^ 

mons  Telegonie  {Eustath.  Od.  p.  1796,  50):  auch  Während  bei  Homer  (co  528  f.)  nach  der  Tö- 

er  ist  wohl  erst  nach  Odysseus'  Rückkunft  ge-  tung  der  Freier  zwischen  deren  Angehörigen  und 

boren,   weil   dieses   Epos   doch    den   Tod   des  Odysseus  ein  für  diesen  vorteilhafter  Ausgleich 

Odysseus   erzählte.     Zugleich   enthält    es   aber  zustande  kommt,  wird  nach  Aristoteles  (a.  a.  0. 

den  ältesten  Bericht  über  den  Ausgang  des  fr.  507    Böse)  Neoptolemos  als   Schiedsrichter 

Telemach.     Als  nämlich  Odysseus   dem  töd-  berufen,  der  den  Odysseus  aus   seiner  Heimat 

liehen  Stoße  von  dem  Rochenstachel  des  Tele-  verbannt  (s.   Odysseus,   Bd.  3,    Sp.  627 f.)  und 
gonos  erlegen  ist,  versetzt  dieser  Penelope  und  60  die  Abfindung  der  Hinterlassenen   dem  Tele- 

Telemach  auf  die  Insel  seiner  Mutter  Kirke,  mach  auferlegt.    Dieser  belohnt  die  Treue  des 

die   sie  unsterblich  macht;    Penelope  ver-  Eumaios    mit    dessen   Freilassung.     Wird 

heiratet  sich  mit  Telegonos,    Kirke  mit  Te-  hier  Odysseus  noch  bei  Lebzeiten  aus  Ithaka 

lemach   {Broklos  bei  Kinkel,  Ep.  fr.  p.  58).  entfernt,   so  schließt  sich  die  sonstige  Sagen- 

Von    dieser    Doppelhochzeit    berichtete    auch  gestaltung    mehr    an    die    Telegonie    an,  _  nur 

Hagias,    der    Verfasser    der    Nostoi   {Eustath.  daß  deren  Schluß  aus  dem  Bereich  des  Über- 

p.   1796,    53);    ebenso    finden    wir    bei    Tzetz.  natürlichen  mehr  in  das  Menschliche  übertragen 

Lykophr.  805  Kirke  und  Telemach  zusammen  ist.    Die  Berichte  bei  Cedren.  p.  133,  Hict.  Cret. 

RoscHEH,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mytliol.   V.  10 


267      Telemachos  (nachhomer.  Sage)  Telemachos  (Etymologie)           268 

6,  14f.    und   in   Cram.  Anecd.  Paris.  2,   216  689.   —   Auch  die  Reste  der  im  Bereich  der 

stimmen  darin  überein,   daß  Odjsseus,   durch  Odyssee   und   der   Telegonie    spielenden   Ko- 

Weissagungen  der  Seher  und  Träume  geäng-  mödien  {Theopampos'  Odysseus  und  Penelope, 

stigt  und  vor  'dem  eigenen  Sohne'   gewarnt,  Alexis*  'Odvaasvg  äxopinroiievos  und  Polyzelos* 

den   Telemach    nach   Eephallenia   ver-  NlnvQa)  liefern  keinen  Ertrag, 

bannt  und  dort  bewachen  läßt.    Als  nun  Ebensowenig   ergiebig    ist    die    philoso- 

Telegonos  (s.d.)  erscheint  und 'denVater' zu  sehen  phische  und  rhetorische  Literatur.  An- 

wünscht,  wird  er  für  Telemach  gehalten;   in  tistiienes*  Abhandlung  *A'&r\vä   i)   -xegl   TriXs- 

dem  Kampfe,  der  sich  entspinnt,  fällt  Odysseus  ftarov    {Mullach,   fr.   philos.    Gr.   2,    273)  ist 

schwer  verwundet  und  stirot  nach  kurzer  Zeit,  lo  verloren.    Piaton  nimmt  einmal  Bezug  auf  Od. 

Weiteres  erfahren  wir  aus  Cram.  Anecd.  Par.  y26f.  {Gesetze  804  a),  Athenaios  auf  (J(l,  Id); 

a.  a.  0.:  Telemach  und  Ptoliporthos  teilen  die  Pseudoplutarch    auf    ^271   (pro   nobilitate  1). 

Herrschaft  über  das  Inselreich  mit  Telegenes,  Wegen   seiner  Reise  nach  Pylos  und   Sparta 

der  den  erzürnten  Bruder  von  Straf  maßregeln  wird  Telemach  mehrfach  gelobt:  Strah.  1,  37; 

m  die  trügerischen  Zeichendeuter  zurück-  7,  344 f.;  8,  367 f.;  10,  461;  Dionys.  Hai.  d.  com- 


bringt.  So  sehen  wir  am  Schlüsse  Telemach  pos.  verb.  3;  AtJien.  1,  9b.;  1,  17c.;  5,  188 f.; 
unter  rein  natürlichen  Verhältnissen  in  dem  Aelian.  v.  h.  12,  26;  hist  anim.  9,  60;  Ael 
—  freilich  mit  Sohn  und  Bruder  geteilten  —  Arist.  2,  584 f.  Bind.  Vgl.  auch  Dion.  Chry- 
Besitz  seines  Erbes,  ohne  daß  wir  hier  über  säst.  or.  7,  116 f.;  15,  236 jlf.;  Themist.  or.  21, 
sein  Lebensende  etwas  erfahren.  Eine  phanta-  so  244a;  Liban.  4,  1031  f.  und  1037 f.  Reiske. 
stisch  lügenhafte  Fassung  erhält  dieses  wieder-  Sonstige  Erwähnungen  bei  griechischen  und 
um  bei  Ptolem.  Chenn.  7  in  Phot  Bibl.  cod.  römischen  Dichtern:  Theogn.  1127  (Penelope 
191,  wonach  Telemach  von  den  Seirenen  und  Telemach) ;  CatuZZ.  61,  225  (Telemach  wegen 
als  Sohn  des  Odysseus  erkannt  und  um-  seiner  Mutter  glücklich  zu  preisen);  Horat. 
gebracht  wird.  Hiemach  hat  doch  auch  ihn  Epist.  1,  7,  40,  vgl.  Od.  ^601  f.;  Ov.  Herold. 
die  Sage,  wie  seinen  Vater,  auf  die  Wander-  1,  98.  107  (seine  Reise  nach  Pylos);  Sabin.  1, 
Schaft  geschickt  und  ihm  ähnliche  Mühsale,  116  (seine  glückliche  Heimkehr);  Senec.  Troad. 
wie  dieser  sie  erlebte,  nicht  erlassen.  Dem-  593.  700;  Tzetz.  Antehom.  308. 
entsprechend  kann  es  nicht  wundernehmen.  Für  die  Etymologie  des  Namens  bietet 
daß  Telemach,  wie  als  Seefahrer  und  Stamm-  so  mehrere  Erklärungsversuche  Eustathios.  Nach 
vater,  so  auch  als  Städtegründer  auftritt.  p.  1394,  24  habe  Odysseus  den  Sohn  'Tele- 
Nach  Serv.  Aen.  10,  167  ist  Clusium  inEtru-  machos'  genannt:  ivcc  tfjXs  el'ri  ^dxrig,  nccd^ 
rien  (entweder  von  Clusius,  dem  Sohne  des  rjavxiccv  ^wr,  vielleicht  aber  auch,  weil  er  durch 
Tyrrhenus,  oder)  von  Telemach  gegründet  ein  Orakel  erfahren:  ms  rfjXe  2;(*orov  nccgaroc- 
worden.  Über  etwaige  Beziehungen  Telemachs  -O-rjffgrat  6  'lUccyibg  noXsfios.  Mit  der  letzteren  Ab- 
zur  Insel  Telos  bei  Knidos  {Herodot  7,  153)  leitung  stimmt  überein  Telemachs  Benennung 
oder  '/u  Gel a  auf  Sizilien  vgl.  ^ö'cää,  Pind.  fia-agoTtroXs^iog:  Bekker,Änecd.2^7S4t;  Theoer. 
Explic.  116 f.;  Gruppe,  Griech.  Myth.  1,  264.  Syrinx  1:  Ma-ngoTtroXi^oio  fi«rr](>  =  Penelope, 
Welche  Einzelzüge  vorstehender  Erzählungen  vgl.  Welcker,  Kykl.  2=,  14.  Nach  Eustath.  p. 
etwa  auf  das  Drama  zurückgehen,  läßt  sich  40  1479,  56  endlich  ist  Telemachos  eine  der  häu- 
nicht  ermitteln;  gewiß  aber  ist,  daß  Telemach  figen  Benennungen  nach  dem  Vater  (s.  Art. 
hier  häufig,  wenn  auch  nur  als  Nebenfigur,  Odysseus,  Bd.  3,  Sp.  649):  TfjXs  y.ccxo^ivov 
aufgetreten  ist.  Von  Tragödien  kommen,  tov  noctgög  irgdgiT},  vgl.  auch  Etym.  Magn. 
außer  Sophokles'  'OSvaasvg  iicav6(isvog  (s.  o.),  756,  42;  Cauer,  Homerkritik* -^01 1  Die  Her- 
hier  in  Betracht:  Aischylos*  Penelope  (auch  leitung  von  xfiXs  'fern'  und  St.  .aa;^-  'kämpfen' 
Phüokles  schrieb  eine  solche)  und  *06toX6yoi,\  ist  also,  wennschon  mit  verschiedenen  Ergeb- 
des  Ion  von  Chios  Laertes  (eine  gleichnamige  nissen,  allen  drei  Erklärungen  gemeinsam;  sie 
Dichtung  verfaßte  Timoiheos,  vgl.  v.  Wilamo-  wird  aber  auch  von  der  neueren  Sprachwissen- 
twt^r,  Ausgabe  der  Perser  S.  108) ;  vielleicht  auch  schaft  anerkannt  (Fick^-Bechtel,  Griech.  Per- 
ser anonyme  'Odvacsvg  i/>fvdayyeZo?,  Achaios^  50  sonennamen  411.  266),  freilich  ohne  näheren 
Aiihonund.Timesith€os*Mvri6TfJQsg{nrivsX67trig?);  Aufschluß  im  einzelnen.  Zweifellos  ist  die 
femer  Sophokles*  Euryalos  {Parthen.  Erot.  3),  nächstliegende  Bedeutung  'Fernkämpfer' 
worin  Odysseus  diesen  seinen  unehelichen  die  einzig  richtige.  Mit  Recht  wird  zwar  in 
Sprößling  offenbar  im  Verein  mit  Telemach,  Stephan.  Thesaur.  ling.  Gr.  s.  v.  für  dieses 
nicht,  wie  es  nach  Eustaih.  p.  1796,  52  scheint,  Appellativum  die  Betonnung  tr]X£^ccxog  in  An- 
Telemach  allein  ihn  tötet  (vgl.  Welcker,  Trag.  spruch  genommen.  Das  Streben  nach  Diffe- 
249),  und  vielleicht  Apollodors  Ts-Kvoxxovog  renzierung  rief  jedoch  beim  Eigennamen  die 
(TTcidrer  1046).  Desselben  Dichters '^xar^OÄX?]!  Veränderung  des  Tones  hervor;  vgl.  Kühner- 
ist  wohl  nur  ein  gleichnamiges  Seitenstück  zu  Blaß,  Griech.  Gramm.  1  §  84,  S.  329  f.  Unter  dem 
Sophokles'  *OdvGatvg  &%av^onXri^  oder  NiTCtga  60  rückwirkenden  Einfluß  des  klassischen  Eigen- 
und  zu  Pacuvius'  Niptra  (über  Telemachs  Mit-  namens  ist  dann  erst  auch  das  seltene  Appel- 
wirkung  vgL  Ribbeck,  R.  Tr.  273;  276 f.).  lativum  Proparoxytonon  geworden;  daher  Lu- 
Einen  Telegonos  dichtete  auch  Lykophron ;  da  cian.  Lexiph.  12 :  to^ötig  yccg  aal  kycrißoXog  xal 
wir  aber  nur  den  Titel  des  Stückes  kennen,  tr\XiyLccxog  t)  "JgTSfiLg. 

bleibt    uns    das   Verhältnis    des    Inhalts    zur  In    der   bildenden   Kunst   kommt  Tele- 

Alexandra  desselben  Dichters  und  den  darin  mach   für   einen    geschnittenen   Stein,    dessen 

vorhandenen  Beziehungen  zu  Telemach  (s.  o.)  Gegenstand   Panofka    auf    den    verstellten 

dunkeL    Nur  erwähnt  wird  Telemach  .Erwr.  Or.  Wahnsinn  des  Odysseus  (s.  d.,  Bd.  3,  Sp. 


269 


Telemachos  (Bildwerke) 


Teleraachos  (Bildwerke) 


270 


615.  654)  bezog  (Ann.  d.  J.  1835,  S.  249  f.), 
nicht  mehr  in  Frage,  seitdem  durch  77t.  Bcrgk 
ebenda  184(5,  S.  302  f.)  die  Szene  richtig  als 
<iie  Geburt  des  etruskischen  Gottes  Tages  go- 
ileutet  worden  ist,  den  wir  daher  in  dem  frü- 
her als  Telemach  gedeuteten  Knäblein  zu  er- 


laos  im  jetzigen  Museo  Boncompagni  zu  Rom 
Penelope  und  Telemach  zu  erblicken  sei,  ist 
nur  «'ine  der  zahlreichen  Erklärungen,  die  dem 
Bildwerke  zuteil  geworden  sind;  vgl.  Brunn, 
Künstlerffenchkhfc  1,  598;  Overheck,  Plastik  2*, 
476f.;    Heibig,   Sammlungen   Borns  2*,    Ulf.; 


10 


20 


1)  Sardonyxcameo :   Odysseus   unter  Hirten;   reclits  Tele- 
mach behelmt  beim  Terkelsch] achten   (nach  Overheck,  Gal. 
Taf.  83,  3). 

kennen  haben.  Doch  war  jene  Entlarvung  wirk- 
lich einst  dargestellt  von  den  Malern  Par- 
rhasios  {Plut.  d.  aud.  poet.  3)  und  Euphranor 
{Plin.  35,  129,  vgl.  Lucian.  dorn.  30).  —  Erst  als 
Jüngling  begegnet  uns  sodann  wieder  Tele- 
mach bei  Nestor  auf  einem  Vasenbild  {Bev. 
arch.  1845,  Taf.  40;  Engelmann,  Homeratlas, 
Odyssee  nr.  13;  s.  d.  Art.  Nestor,  Bd.  3,  Sp.  298).  — 
Auf  einem  meisterhaft  geschnittenen  Sardonyx- 
cameo in  Wien  {Overbeck,  Gall.  her.  Büdiv.  Taf. 
33,  3  und  Textbuch  S.  801  f. ;  Conze,  Ann.  d.  I. 
1872,  S.  209 f.;  Babelon,  Gravüre  enpierres  fines 
p.  118,  Fig.  87,  s.  Abb.  1)  erkannte  0.  Müller 
{Handb.  d.  Arch.  S.  717)  Odysseus  unter  den 
Hirten,  dem  der  vor  ihm  kniende  Eumaios 
aus  einem  Schlauche  Wein  einschenkt ;  in  einer 
besonderen  Gruppe  von  zwei  Männern,  die  da- 
neben mit  dem  Schlachten  von  Kleinvieh  be- 
schäftigt sind,  erklärte  Welcker  {A.  D.  5,  228) 
den  jugendlichen  Behelmten  als  Telemach, 
der  sich  vor  Freude  an  der  Bereitung  des 
Mahles  {it  478)  selbsttätig  beteiligt.  —  Daß  in 
der  bekannten  Gruppe  des  Künstlers  Mene- 


30 


3)  Tonrelief:  Fußbadszene;  mitanwesend,  Telemach 
(nach  Robert,  Athen.  Mitt.  1900,  Taf.  14). 


Klein,  Gesch.  d.  griech.  Kunst  3,  359 f.;  jeden- 
falls sollte  man,  wenn  die  Gruppe  noch  auf 
die  beiden  homerisclien  Personen  bezogen  wird, 
nicht  von  einem  "^xibschied'  des  Sohnes  von 
der  Mutter  reden,  da  ja  Telemach  bei  Homer 
einen  solchen  absichtlich  vermeidet  (|3  373f.; 
()42f.).  —  Seine  Heimkehr  vergegenwärtigt 
40  unstreitig  ein  Yasenbild  auf  einem  rotfigurigen 
attischen  Skyphos  von  Chiusi  {Conze,  Ann.  d.  I. 
1872,  S.  187 f.  und  Mon.  d.  I.  9,  42;  Engelmann 
a.  a.  0.  nr.  11):  Telemach  steht  mit  zwei  Speeren 
in  der  Hand  vor  der  sorgenvoll  auf  einem 
Stuhle  sitzenden  Penelope.  Umgekehrt  ist  die 
Situation  auf  einem  rotfigurigen  boiotischen 
Skyphos  (einst  im  Kunsthandel  in  Athen) :  hier 


50       P 


2)  "Wiener  Amphora:   Telemach   «wischen   Odysseus   und 
IroB  (nach  Jahn,  Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  W.  1854,  Taf.  2). 


4)  Freiermord:  links  Telemach  (nach  Brunn,   U.E.l,  98,7). 

10=^= 


271 


Telemachos  (Bildwerke) 


Telemacbos  (Bildwerke) 


272 


sitet  der  Jüngling  mit  Schiflermütze  und  Speer 
in  der  Mitte  der  Szene  auf  einem  Stuhle;  vor 
ihm  steht  Penelope,  hinter  ihm  Mentor  (?)  oder 
Eumaios  (?).  Die  Beziehung  auf  die  homeri- 
schen Personen  wird  dadurch  wahrscheinlich, 
daß  auf  der  anderen  Seite  Odysseus  vor  Pe- 
nelope abgebildet  ist,  die  ihm  in  Gegenwart 
einer  hinter  ihr  stehenden  Dienerin  den  Bogen 
reicht.  —  Odysseus  in  Bettlertracht  und 
ihm  gegenüber  Iros  sieht  man  in  vorzüglicher  lo 
Charakteristik  abgebildet  auf  einer  Amphora 
in  Wien  [Jahn,  Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  W.  1854, 
S.  49  f.,  Taf.  2 ;  S.  Beinach,  Bepertoire  des  vases 
peinta  2,  367;  vgl.  Gerhard,  Arch.  Zeitg.  12,  496; 
Baumeister,  Denkmäler  2,  1042);  schwerer  wird 
es  dem  Beschauer,  in  dem  Jüngling  zwischen 
beiden  nach  Haltung  und  Gebärden  Tele- 
mach  zu  erkennen,  obwohl  diese  Erklärung 
nach  dem  homerischen  Bericht  («69 f.)  aller- 


dings sehr  nahe  liegt  (s.  Abb. 
lieh  ist  Telemachs  Name  bezeugt  auf  einer  aus 
Pästum  stammenden  Neapler  Vase  {Heydemann 
nr.  2899),  deren  Bilder  aber  noch  unerklärt 


6)  Homerisoher  Beoher:  Freiermord;  linkt  Telemaoh  hin- 
ter Athene  und  Odyneus  (nach  Robert,   Winckelmann$ft$t- 
programm  1890) 

Pilos    neben    dem    bogenschießenden  Vater: 

98,  7 (s.  Abb. 5) ;  ihm  gegenüber,  und  wie  dieser 

Inschrift-  20  mit  dem  Bogen,    aber  in  der  phrygischeu 


5)  Freiermord:  Tor  Odysseus  Telemach  mit  dem  Speere 
(nach  Brunn,  l'.  E.  1,  98,  7). 


Mütze;  98,  8.  Besonders  wirkungsvoll  ist  die 
Szene,  wahrscheinlich  nach  Polygnot  (Paus.  9, 

4,  1),  behandelt  auf  dem  berühmten  Wiener 
Relief  von  Gjölbaschi  (vgl.  O.  Benndorf  und 
G.  Niemann,  Das  Neroon  v.  Gjölbaschi- Trysa 

5.  96 f.):  hinter  Odysseus,  der  auf  die  Freier 
den  Bogen  spannt,  erscheint,  wie  jener  mit  dem 
Pilos  bedeckt  und  das  Schwert  in  der  Hand, 
Telemach  und  bildet  in  dieser  Ausfallstellung 
mit  dem  Vater  eine  schöne  geschlossene  (Gruppe 
(s.  d.  Art.  Odysseus,  Bd.  3,  Sp.  673  f.),  durch  die 
man,  wie  Benndorf  bemerkt,  au  die  bekannten 
Statuen  der  beiden  Tyrannenmörder  erinnert 
wird.  Erweitert  oder  fortgesetzt  ist  die  Szene 
auf  zwei  homerischen  Bechern  in  Berlin 
{Bobert,  50.  Winckelmannsfestprogramm  1890, 
S.  8f.;  13f.):  der  eine  Tonbecher  aus  An- 
thedon,  auf  dem  Melanthios'  Gefangennahme 
durch  die  beiden  treuen  Hirten  sowie  seine 
Hinrichtung,  mit  Beischriften  von  Versen  aus 
der  Odyssee,  dargestellt  ist,  zeigt  auf  einem 
dritten  Bilde  Athene,  wie  sie  den  Odysseus 
gegen  die  ziemlich  entfernt  stehenden  Freier 
anfeuert;  Telemach  ist  im  Hintergrund,  mit 
Helm  und  Schild  gerüstet,  sichtbar  und  aus- 
drücklich mit  Namen  genannt  (s.  Abb.  6);  da- 
bei die  Verse  ;^  205— 208.  226.  227.  233.  234. 
Der  andere  Becher  aus  Boiotien  trägt  gleich- 
falls   drei    Abbildungen:    die    erflehte    Gnade 


sind;  vgl.  darüber  auch  d.  Art.  Odysseus,  Bd.  3, 
Sp.677.  —  Ein  starkverstümmeltes  sog.  melisches 
Tonrelief  .aus  Korinth,  jetzt  im  athenischen 
Zentralmuseum  (nr.  9753),  veranschaulicht  die 
bekannte  Fußbadszene  {Bobert,  Athen.  Mit- 
teilungen 1900,  S.  325 f.,  Taf.  14,  rechts ;  s.  Abb.  3): 
vor  dem  bedeckt  mit  der  Schitfermütze  da- 
sitzenden Odysseus  kniet  Eurykleia,  von  der 
nur  der  Kopf  vorhanden  ist;    zwischen  beiden 

steht,  dem  Oinomaos  im  Ostgiebel  des  Zeus-  5o  wird  auf  der  mittleren  dem  Freier  Leiodes 
tempels  in  Olympia  ähnlich,  jedoch  weit  kräf-  versagt,  auf  der  rechten  imd  der  linken  dem 
tiger,  Telemachos.  Seine  Anwesenheit,  von 
der  Od.  r479f.  nichts  weiß,  entspricht  dem 
Sinne  der  älteren  Kunst,  die  gern  alle  Haupt- 
personen, auch  gegen  die  poetische  Quelle,  ver- 
einigt. —  Ebenso  vollzog  sich  auf  dem  Bilde 
eines  kunstvoll  gearbeiteten  Tellers  die  Fuß- 
waschung nicht  nur  in  Penelopes,  sondern  auch 
in  Telemachs  Gegenwart  (avtla  TriXsiioixoio 
%al  iyyv^L  JlTjvfioÄf  tr^s)  nach  einem  Epigramm  60 
der  Anthol.  Pal.  9,  816.  —  Am  Freiermord 
beteiligt  sieht  man  Telemach  auf  etruskischen 
Urnen  (Schlie,  T roischer  Sagenkreis  191  f.); 
zweifelhaft  ist  dies  für  Brunn,  ü.  E.  1,  96,  1, 
zumal  hier  die  Köpfe  fehlen ;  dagegen  erkennen 

wir    Telemach    in    dem    Jüngling    mit    Helm  7)  Homerischer  Becher:  Telemach  verachafft  Phemios 

Mantel,    Schild  und  Schwert  auf  dem  Relief  (rechts)  und  Medon  (links)  Begnadigung 

97,   6   (S.  Abb.  4);   mit  dem  Speer   steht  er  im  (nach  Robert,   Winckelmannt/estprogramni  1890). 


273                          Telemos  Telephos  (^neuere  Literatur;          274 

Sänger  Phemios  und  dem   Herold   Medon   ge-  hältnis  dieser  Namen  s.  Loheck,  Pathol.  serm. 

währt  (s.  Abb.  7),  und  zweimal  ist  Telemachoß  qraeci  prohg.   p.  40.     TelephasHa  —  man  vgl. 

der  gütige  und  gerechte  Vermittler.     Argver-  Pasiphaessa,  Pasiphae,  Euryphaessa  —  ist  ur- 

tümmolt«  Beischriften:  ;u  ;{(>1 — 365.  sprünglich  ein  dem  Wesen  der  Tochter  (Selene) 

i Johannes  Schmidt.]  entsprechendes  und  von  dieser  entlehntes  Epi- 
,  .  .  _,  )  Sohn  des  Eurymos,  theton  der  Mondgöttin,  Röscher,  Über  Selene 
berühmter  Seher  unter  den  Kyklopen.  Er  hatte  u.  Verir.  129.  Der  Name  bedeutet  die  Seit- 
dem Polyphem  vorausgesagt,  daß  ihn  Odysseus  hin  Strahlende',  s.  die  ähnlichen  Zusammen- 
blenden  werde,  Hom.  Od  9,  508  If.;  Et.  M.  Setzungen  bei  Boscher  a.  a.  0.;  Gruppe,  (ir. 
397,  G;  Ov.  Met  13,  771  f.;  Theocr.  id.  6,  23  lo  3Iyth.  1181,,  (Persephassa).  Für  ihre  Beziehun- 
(im  Schol.  zu  dsr.  Stelle  liest  die  Vulg.  Evgv-  gen  zu  Kadmos  und  Europa  in  diesem  Sinne 
uläi]g  1]  EvQv^ccxog  ycccXoviisvog)',  Luc.  diss.  cum  einer  Lichtgottheit  vgl.  noch  WelcJcer,  Über  eine 
Hes.  1;  Hyg.  fab.  125  p.  106,  17  Schm.  Vgl.  Kret  Kolonie  in  Theben  4.^-,  Gerhard,  Gr.  Myth. 
Bouche-Leclcrcq,  Histoire  de  ladivination  2,52.  §  734;  Gruppe  a.  a.  0  251  u.  1328.  [Ruhf.| 
—  2)  Sohn  des  Proteus,  Augur,  Hyg.  fab.  128  Telephe  {TtiXicfri),  Gemahlin  des  Thasos  und 
p.  112,  »)  Schm.     [Ruhl.]  von  diesem  Mutter  des  Galepsos,  des  Eponymen 

Teleon  {TsXecav).,    1)  =  FeX^wv,  wie  Canter  der  gleichnamigen  thrakischen  Stadt,  Marsyas 

Eurip.  Ion  1579   verbessert  hat.     S.o.   Bd.  1,  der  Jüngere  hei  Harpokrat  a.  \.  FccXriipög  {frgm. 

Sp.  1610.  —  2)  Vater  des  Argonauten  Eribotes,  2  in  Scriptor.  de  rebus  Alexandri  ed.  6'.  Müller 

Apoll.  Bh.  1.  72  u.  Schol.  =  Herodor  Fr.  H.  Gr.  20  p.  44).     Etym.  M.   219,  46.     Steph.  Byz.  FccX. 

2,  38,  40;  Hygin  fab.  14  p.  45,  13  Schm.  —  S)  Suid.  FaX.  (1068,   1    Bernh.).     P.  Friedländer, 

Gemahl   der  Zeuxippe,  Vater  des  Argonauten  Herakles  {=  Fhilol.  Untersuchungen  19  [1907], 

Butes  aus  Athen,  Apollon.  Bh.  1,  95  mit  Schol.;  S.  12.   Bei  Steph.  Byz.  Occüos  (p.  306,  16)  stirbt 

4,  912;  Hygin  fab.  14  p.  45,  23  Sclim.;  Apollod.  Tr]Xicpri,  die  hier  Mutter  der  Europa  heißt,  auf 

1,  113  >r.  Pauly,B.  E.{'\  1653  nennt  ihn  auch  Thasos,  mit  dessen  Eponymen  sie  bei  Apollod. 

Freier  der  Helena.     Doch  geht  das  weder  aus  3,  3  W.  (wo  die  Vollform  Tr]Xicpu6aa  steht)  in 

den  angeführten  Stellen  hervor,  noch  ist  er  in  der  Weise  verbunden  wird,   daß   sie  und  ihre 

der  Aufzählung  der  Freier  bei  Apollod.  3,  129  Söhne  Kadmos,  Phoinix  und  Kilix  zusammen 

W.  und  Hygin  fab.  81  genannt.     [Kühl.]  mit  Thasos  auf  die  Suche  der  geraubten  Eu- 
Über  Teieon  nr.  2  und  3,   die  beide   viel- 30  ropa  auszieht.  Es  scheint  also,  als  habe  Telephe- 

leicht  ursprünglich  identisch  sind  (vgl.  Gruppe,  Telephassa  (zu  den  unter  Telephassa  angeführ- 

Gr.  Myth.  559)  siehe  Welcker,   Aescfi.  Trilogie  ten  Zeugnissen  kommt  Schol.  Plato  Bep.  590  A, 

297  Anm.  538  (vgl.  auch  Nachträge  zur  Aesch.  p.  419.  Bekker  =  p.  358  Hermann)  eine  zweite 

Tril.   181).       Toepffer,    Att.     Genealogie     113.  Ehe  mit  Thasos  geschlossen;  vgl.  Gruppe,  Gr. 

E.  Maß,   Parerga  Attica  (Ind.  schol.  Gryphis-  Myth.  1328,  5.  —  Im  Schol.  Eur.  Phoen.  5  ist 

wald.      Rm.    trib.    1889/90).      S.    7    Anm.   2.  Telephe  Tochter  der  Epimedusa  und  Gemahlin 

G.  Kirchner,    Attica    et    Peloponnesiaca    (Diss.  des  Phoinix,  ihre  Kinder  sind  Peiros,  Astypale, 

Greifswald  1890)  p.  24.    Hamynarstrand,  Jahrb.  Europeia;  Ygl.  Friedländer  a.  a.  0.  12  Anm.  5. 

/'.  klass.  Philol    Suppl.  6,  793 f      Em.   Erma-  [Höfer.] 

tinger,  Die  att.  Autochthonensage  bis  auf  Euri-  40      Telephos  {TriXsffog,  lat.  Telephus;  über  den 

pides  119  Anm.  40.   v.  Wilamoicitz,  Euripides'  Namen  s.u.),  ein  in  der  Dichtung  vielbesungener 

Herakles^  32,  63.     [Höfer.]  und  von  der  bildenden  Kunst  oft  dargestellter 

Telepatra  {TriXBitärga),  Tochter  des  Laistry-  Held  des  arkadischen  Lokalmythus,    des  troi- 

gon,    des  Stammvaters    der  Laistrygonen,   Ge-  sehen    Sagenkreises    und    der    mysisch-perga- 

mahlin    des    Aiolos,    Schol.   Hom    Od.   10,    6;  menischen  Herrscherfolge. 

Apostol.  1,  83  nennt  sie  TrjXsTtcoga.     [Ruhl.]  In    der     modernen     fachwissenschaftlichen 

Telephassa  {TriXscpaaacc),  Gemahlin  des  Age-  Literatur  sind  ihm  selbst  wie  den  zahlreichen 

nor,  Mutter  der  Europa,  des  Phoinix,  Kilix  und  Dramen,    deren   Held   er  ist,    viele  mythogra- 

Kadmos,  Apollod.  3,  2  W.     Mit  ihren   Söhnen  phische,    literarhistorische    und    kunstmytho- 

zog   sie   auf  die   Suche    nach    der    verlorenen  50  logische  Spezialuntersuchungen  gewidmet;  vgl. 

Schwester,   Apollod.  3,  3,  und  ließ   sich   nach  bes.  Geel,  de  Telepho  Eur.  commentatio  {Annal. 

den  vergeblichen  Bemühungen  mit  Kadmos  in  Instit.  Belg.  1830);  0.  Jahn,  Telephos  u.  Troi- 

Thrakien  nieder,  wo  sie  starb  und  von  Kadmos  los,  Kiel  1841,  sowie  Tel.  u.  Troil  u.  kein  Ende, 

begraben  wurde,  Apollod.  3,  4  u.  21.    Mnaseas  lSb9 ;  Welcker,  Ep.Kyklos'i^lSl  i.;  240 f.;  262 f.; 

bei  Steph.  Byz.  s.v.  JdgSavog  {Fr.  H.  Gr.  3,  Aesch.  Tril.  562 f.;    Gr.    Trag.   1,53 f.;    414 f.; 

154,  28)  überliefert  xalaTto^avo  t'CT]?  TrjXsgjavrjs  2,  477  f.;    763  f.;    0.  Bibbeck,    B.   Trag.    104  f.; 

{Vulg.  TriXfcpdöeris)  ycc^st  Ti)v\iQiLovlav  6  KdS-  310  f.;    344  f.;    615  f.;     v.    Wilamoicitz,    Anal. 

fto?.    Doch  liegt  kein  Zwang  vor,  sie  daher  als  Eur.  186 — 193;    Jacobson,  de  fabula  Telephea, 

■^Gattin'  des  K.  anzusehen,   vgl.  auch  Gruppe,  Diss.  Kiel  1864;  Pilling,   Quomodo  Telephi  fa- 

Gr.  Myth.  1328^.    Dagegen  ist  sie  nach  Moach.  60  bulam  et  scriptores  et  artifices  veteres  tractave- 

id.  2,  7  u.  42,  wo  T7]XBcpdci6ca  steht,  Gemahlin  rint,  Diss.  Halle  1886;    Bobert,    Bild   u.  Lied 

des  Phoinix  und  von  ihm  Mutter  der  Europ(ei)a,  S.  35.  47.  146  f.;    Arch.   Jahrb.   1887    S.  244f.; 

ebenso  Schol.  Eurip.  Phoen.  5  unter  der  Form  1888  S.  45 f.;  87  f.;  Thrämer,  Pergamos  S.  160 f.; 

TT}X£(prt.    So  heißt  sie  als  Europas  Mutter  auch  369  f;  Gruppe,  Gr.  Myth.  204.  294.  329.  629.  635. 

bei  Steph.  Byz.  s.  v.  Gdöog,  s.  d.  Art.  'Telephe'.  669;  s.  auch  die  Artikel  Herakles  (Furtwängler) 

Endlich  findet  sich  noch  bei  Hegesipp  im  Schol.  u.  Orestes  (Hofe)')    in    diesem    Lexikon    sowie 

Vat.  Eurip.  Bhes.   28    {Fr.  H.  Gr.  4,  424,    6)  die    Art.   Achilleus,    Aleos,    Auge    bei    Pauly- 

Tr]Xsq)dvri  {Hindorf  TriXBcpdri.).     Über  das  Ver-  Wissoica. 


275                Telephos  (Jugend)  Telephos  (Jugend)                276 

Er    ist    ein    Sohn    des   Herakles    (daher  Sinn,  freilich  bei  einer  ähnlichen  Verwechse- 

HffaxXdovs  Tcatg:  Äpoilodor.  epit.  3,17;  6 'JT^oc-  lung,  enthalten  die  Worte  des  Mythogr.Vatic. 

%Uov9'.  Diogenes  in  Herchers  Epistologr.  p.  248;  p.  204:  Tencontus  (lies  Teuthras)  genuit  Pala- 

Plut.  Romul  2;   'HganUidris:  Philostr.  Her.  2,  medem,  NaupHus  genuit  Telephum^  wo,  sobald 

14;  2,166  Kayser;  Tzetz.  Anteh.  269;    Hercule  man  die  Namen  kreuzweis  vertauscht,  der  bei 

genitus:    Did;.   2, 4 ;   7f paxl^ovff   tpiXo9   yovos:  Steph.  Byz.  obenerwähnte  Irrtum  wiederkehrt, 

Anihol.  Pal.  8, 2,  3 ;   'HgoKli^og   a^^v^ovog   vlos  daß   Teuthras    des   Telephos    leiblicher  Vater 

(ifiviuov:   Anthol.  Gr.  append.  167,8)  und  der  ist;  vgl.  0.  Jahn,  Tel.  u.  Tr.  S.  50  Anm  ;   Pil- 

Auge  (s.d.  und  bes.  Paus.  10,28,8:  ywoti>t&v^  ling  S.  71.  Schließlich  steht  mit  alledem  auch 

in6cat.s  ig  rb  aM  ^HganUa  cctpixia^ai,  Xiyovai^  lo  im  Einklang  —  an  sich  keine  lautere  mytho- 

lidliara  Sil  «a^*«  ioixoTcc  irsKS  rm  ^uxqL^  graphische  Quelle  —  Alkidamas  {Odysseus  §  16 

vgl.  auch   Apollodor.  hibl  2,146.166;    Hygin.  inBlaß'' Auag.d.Antiph*.  ^.\^%\  der,  nach  un- 

fab.  162),  die  jener,  lu  Besuch  bei  ihrem  Vater  organisch  hiermit  verbundener  Wiedergabe  der 

AI 60 8    (s.  d.),    dem   eponjmen   Gründer   und  Vorgeschichte    von    Sophokles'  Aleaden  (s.  u.), 

König  von  Alea  oder  Tegea  in  Arkadien,  ver-  fortfUhrt:   Teuthras,  selbst  kinderlos,   benennt 

fahrt.    Über  die  Eltern  des  Telephos  stimmen  den   Knaben  Telephos,  erhebt  ihn  zu  seinem 

die  Berichte  allenthalben  überein;  um  so  mehr  Sohne  und  sendet  ihn  dem  Priamos  nach  llion 

gehen    sie    schon    über   seine    Geburt    und  zur  Erziehung.  —  Während  seines  damaligen 

Jugend    auseinander    und    scheiden   sich   in  Aufenthalts  in  Troja  ist  die  Teilnahme  an  dem 

zwei  Gruppen,  je  nachdem  er  jenseits  des  20  von   Hygin.  fah.  273  erwähnten   Wettkampf 

Meeres  oder  in  der  arkadischen  Heimat  auf-  anzusetzen:   mit  dem  jungen  Nestor,  Helenes, 

wächst.  Deiphobos   u.   a.  mißt   er   sich   im  Wettlauf; 

A.  Da  die  homerische  Nekyia  {X  519 f.;  vgl.  Paris  ist  Sieger  und  wird  daran  als  Priamos' 

v.Wilamowitz,  Homer.  Unters.  152 f.)  und,  nach  (einst  ausgesetzter)  Sohn  wiedererkannt;   s.  d. 

unserer   heutigen    lückenhaften   Kenntnis    des  Art.  Paris  3,  1583.  —  Es  läßt  sich  vermuten, 

epischen  Kyklos,   auch  die   Kyprien  und  die  daß  dies  bereits  die  Anknüpfung  bietet  zu  des 

Kleine  Ilias  nur  auf  spätere  Verhältnisse,  das  T.'  Ehebund  mit  der  troischen  Königstochter 

Mannesalter  des  Helden  und  einen  seiner  Söhne,  Astyoche  oder  Laodike  (s.  u.),  der  dann  seine 

Bezug  nehmen  (s.  u.),  so  dient  uns  als  ältester  oder    seines    Sohnes    Eurypylos    Beziehungen 

Vertreter  der   einen    Sagenfassung  der  Logo-  30  zum  Trojanischen  Kriege  vermittelt. 

graph  Hekataios  {fr.  345;   Müller,  fr.  hist.  Gr.  B.    Noch    abenteuerlicher    gestalten    sich 

1,27).  Ob  sein  Bericht  auf  eine  epische  Quelle  nach  der  andern  Sagen fassung  Telephos' 

zurückgeht,  ist  nicht  mehr  zu  entscheiden;  er  Jugenderlebnisse,  die  namentlich  die  Tragödie 

erfährt  aber  willkommene  Ergänzungen  durch  viel  beschäftigt  haben;  rechnet  doch  Aristoteles 

andere,  vielleicht  von  ihm  abhängige  Erzäh-  {Poet.  13    p.  1453  a  21)    dessen    Schicksale    zu 

lungen,  nach  denen,  wie  bei  Hekataios  selbst,  den  Mythen,  die  den  Stoff  zu  den  schönsten 

das  Kind  mit  der  Mutter  über  das  Meer  Tragödien  geben. 

verschlagen   wird.    Es  heißt    da:   Herakles  ,,    Schon   in   Aischylos'  Mvgol  ist   die   ältere 

entehrt  in  Tegea  bei   wiederholten   Besuchen  Überlieferung   insofern   erheblich   umgebildet, 

{6x6ts  Sccpixoito)  Aleos'  Tochter  Auge.  Da,  wo  40  als  nur  Auge  ins  Meer   geworfen  wird, 

nachmals  das  Heiligtum  der  Eileithyia  steht,  Telephos    aber    zunächst    als    Kind    in 

gibt  sie  einem  Knaben  das  Leben.    Aleos  läßt  Arkadien     zurückbleibt.     Dies    ist    dann 

durch    Nauplios    fs.  d.)  beide,    Tochter   und  stehende  Lesart  geblieben.  Yon  Aischylos' Drs,- 

Enkel,  in  einer  Lade  ins  Meer  werfen,  die  an  ma  erfahren  wir  nur,  daß  ihn  schwere  Blut- 

Mysiens  Küste  getrieben  wird  (vgl.  Danae  und  schuld,   die   er  auf  sich  geladen  hat  (s.  u,), 

Perseus).    Der  dortige  König,    dem  die  Auge  aus  der  Heimat  trieb;  vgl.  Tyrwhitt,  Ausg.  v. 

gefällt  {iqaa^ivxi).,  heiratet  sie  {Paus.  8,4.9;  Aristot.  Poetik  S.  165  f.,    Wdcker,  Aesch.  Tril. 

vgl,  8,  47,  3  u.  48,  7).  —  Im  Prolog  seines  Tele-  S.  562.    Ein  Orakel  weist  den  Jüngling  nach 

phos  (fr.  696  Nck.*)  folgt  Euripides,  mit  ge-  Mysien.    Als  Mörder  bleibt  er  hier  zunächst 

ringen     Abweichungen,    jener     Sagenfassung:  50  stumm  (s.  auch  Aisch.'  Eumenid.  444 f.;   Eur. 

darnach  gebiert  Auge   das  Kind  auf  dem  ai^  fr.  incert.  1008   Nck.^)    und    darf   erst    wieder 

kadischen  Partheniongebirge,  und  nach  Strab.  nach  seiner  Entsühnung  sprechen;  vgl.  Aristot. 

1.3,616,    der    hier    nach    Euripides   berichtet,  Poet.  24  p.  1460  a  32:  4v  Mvaotg  6  acpcovog  ix 

schwimmt,    durch    die    Fürsorge    der    Athene,  Tsy^ag  ^kojv.  Amphis  fr.  SO  {Com.2,2ii  Kock): 

die    Lade    in    die    Mündung    des    mysischen  Hv^sv  äöTtsg  Trjlscpog  atoiTC^'  xal  diKccLcog  rov- 

Flusses   Kaikos   und  wird   hier    von   Teuthras  rd  ys'  anocvtsg  ävägocpovoi  yocg  slaiv  ivl  löyo). 

ans  Land  gezogen,  der  das  Weib  heiratet,  den  Alexis  fr.  178  {Com.  2,  365  K.):  damvEl  d*  acpto- 

Knaben    an    Kindesstatt    annimmt.    —    Damit  vog    TijXscpog   vsvcov    iiovov   Tcgbg   tovg   inf-gco- 

stimmt    hinsichtlich    der   ersten    Kindespflege  TutvTag  rt,  u.  Nauck,  trag.  fr.  p.  47*. 

die  weitere  Notiz  bei  Strab.  12,571:  1^   Tsv- 60  Einen   weit   genaueren    Einblick   in    diese 

9-Qccvia,    iv    7]    xai    17    rnv    TriXs(pov    inTQocp^.  Sagenform    gewähren    uns    die    Reste    einiger 

Auch  dem   an  sich  völlig  irrigen  Bericht  bei  Dramen    des    Sophokles.    Zunächst   gehören 

Steph.  Byz.  s.   TsvO-gavla   {Mvalag  TtoXig  &7t6  hierher  die   Aleaden  {'AXsddai).    Ihre  Vorge- 

T8v^QavTog.  TBvd'gag  da  ti]v  Aijyriv  ^yrjaf  xal  schichte,    freilich    von    Verwechselungen    ent- 

xov    Tr^Xscpov    inccLdoTCoi'qaato),   der  also  stellt    (s.   darüber    Pilling    S.   70),    hat    Vater 

den  Tel.  zum  Sohn  des  Teuthras  macht,  liegt  (Berlin    1835)    wiedererkannt    in    Alkidamas' 

doch  jene  nämliche  Erzählung  von  Telephos'  Odysseus  §  12 f.;    parallel    läuft,    wenn   schon 

Erziehung  in  Mysien  zugrunde;  und  denselben  mit  kleinen  Abweichungen,  die  Erzählung  bei 


( 


277          Telephos  (Verwaudtenmord)  Telephos  (und  Auge)                278 

Diodor  4, 33,  7  f.  Aleos  erhält  in  Delphi  das  Tel.  u.  Tr.  S.  66,  Hohert,  Arch.  Jahrb.  1887 
Orakel,  seine  Brüder  würden  von  einem  etwai-  S.  246  f.,  Wernicke  im  Art.  Auge  bei  Pauly- 
gen  Sprößling  seiner  Tochter  umgebracht  Wissowa  2, '2302  haben  sich  dieser  Ansicht 
werdcm.  Deshalb  maclit  er  Auge  zur  Athene-  angeschlossen,  die  trotz  der  Zweifel  Ribbecks, 
priesterin  und  bedroht  sie  mit  dem  Tode,  falls  /iJ.  7r.  311,  rUlings  JS.  23f.;  62  f.  und  Thrä- 
sie  einem  Manne  beiwohnen  würde.  Doch  He-  mern  S.  ;{75f.  zurecht  bestehen  muß.  Der  Ar- 
rakles,  der  als  Gast  in  Tegea  weilt  und  sich  gonaut  Idas  (s.  d.  unter  1;  Bd.  2  Sp,  97)  will 
im  Weine  berauscht,  verführt  sie  im  Tempel.  den  König  Teuthras  von  Mysien  seiner  Herr- 
Ais  Aleos  ihren  Zustand  wahrnimmt,  läßt  er  schaft  berauben.  Als  Helfer  in  der  Not  er- 
den Nauplios  (s.  o.),  einen  rauhen  Schiffer  lo  scheinen  T.,  der  auf  Befehl  des  delphischen 
{noQd'^ici  v.ul  dtivov),  kommen  und  befiehlt  ihm,  Orakels  hier  seine  Mutter  sucht  (s.  o.),  und 
die  Tochter  ins  Meer  zu  werfen.  Unterwegs  sein  gleich  ihm  auf  dem  arkadischen  Par- 
gebiert  sie  auf  dem  Partheniongebirge,  ohne  theniongebirge  aufgewachsener  Freund  Par- 
daß  es  ihr  Führer  bemerkt,  ein  Knäblein  und  thenopaio«  (vgl.  liygin.  f.  99).  Der  König  ver- 
läßt es  in  der  Wildnis  im  Stich.  Statt  den  spricht  dem  T.  als  Siegerlohn  seine  ^angenom- 
Befehl  seines  Herrn  auszuführen,  verkauft  jener  mene)  Tochter  Auge,  die  einst  in  einer  Lade 
sie  nach  Mysien  an  den  König  Teuthras  (ge-  an  der  Küste  Mysiens  angeschwommen  ist. 
nauer  Diodor:  er  überläßt  sie  im  Hafen  von  idas  wird  besiegt,  und  Auge  soll  dem  T.  ver- 
Nauplia  karischen  Fremdlingen,  die  sie  nach  mahlt  werden.  Ihm  steht  also  das  entsetzliche 
Kleinasien  bringen).  Das  ausgesetzte  Kind  aber  20  Geschick  des  Oidipus  bevor,  unbewußt  die 
wird  von  einer  gehörnten  Hirschkuh  eigene  Mutter  zu  freien.  Doch  das  stolze  Weib 
genährt  und  so  erhalten  {Soph.  Alead.  fr.  86  mag  nach  Herakles  keinem  Sterblichen  ge- 
Nck.'-^  vgl.  Pollux  5,76:  öcpdiXstccL  ^ocpoxXfjg  hören.  Schon  will  sie  im  Brautgemach  den  T. 
7CQ06Bind)v  x£Qov66av  xi]v  Tr}X^cpov  XQOcpöv).  mit  dem  Schwerte  töten,  als  eine  von  Herakles 
Hirten  des  Korythos  (s.  d.),  die  es  finden,  gesendete  Schlange  zwischen  den  beiden  em- 
ziehen  es  entweder  selbst  auf  oder  bringen  es  porsteigt  (s.  auch  Aelian.  H.  A.  3,  47).  Mutter 
ihrem  Herrn.  Hier  wird  es,  weil  die  Hirschkuh  und  Sohn  erkennen  einander  und  kehren  zu- 
es  gesäugt  hat  {Diodor:  anb  r^g  rgscpovorig  sammen  in  ihre  Heimat  Arkadien  zurück;  vgl 
iXdcpov,  vgl.  Etym.  Magn.  766,54:  diä  rb  d-j]-  auch  Anthol.  Pal.  3,2. 

XdöccL    ccvxbv    ^Xacpovy    s.  u.),    Telephos    ge-  so        Beiden    früher    unterschiedenen    Sagenfas- 

nannt.  In  die  Lücken  der  sprunghaften  Erzäh-  sungen    (s.   0.)    entrichtet    Euripides    seinen 

lung  treten  andere  Berichte  ein.  Nach  Hygin.  Tribut. 

fab.  244  ist  anzunehmen,  daß  Telephos  in  der  Im  Telephos,  aufgeführt  438  v.  Chr.  {Ar- 
Tat  seinen  Oheim  erschlägt,  und  damit  dem  gmn.  zu  Eur.  Alkestis)^  behandelt  er  die  vom 
grausigen  Orakel,  dessen  Erfüllung  sein  Groß-  epischen  Kyklos  berichteten  späteren  Schick- 
vater hat  vermeiden  wollen,  zur  Wirklichkeit  sale,  geht  aber,  wie  ihm  dies  geläufig  und 
verhilft.  Am  Hofe  des  Aleos,  wohin  er  später  eigentümlich  ist,  in  dem  erzählenden  Prolog 
kommt,  wird  er  nämlich  von  dessen  Söhnen  auch  auf  die  Vorgeschichte,  d.  h.  die  Herkunft 
Hippothoos  und  Pereus  (s.  d.)  wegen  seiner  und  Kindheit  des  Helden,  ein.  Dabei  folgt  der 
dunklen  Herkunft  verhöhnt  —  eine  Situation  40  Dichter,  wie  schon  erwähnt,  der  Tradition  des 
ganz  wie  im  Oid.  Tyr.  779  f.  Mitten  in  den  Hekataios,  nach  der  T.  auf  dem  Parthenion- 
Streit  der  feindlichen  Verwandten  versetzen  gebirge  geboren  (fr.  696  Nck.^)  und  zusammen 
uns  einige  Fragmente:  Telephos'  uneheliche  mit  der  Mutter  in  einer  Lade  ins  Meer  ge- 
Geburt, seine  Aussetzung  und  wunderbare  Er-  werfen  wird  {Strah.  13,615;  Nauck  p.  581^. 
haltung  und  demgegenüber  sein  Anspruch  auf  So  gelangte  er  nach  Mysien  und  wird  später 
menschenwürdige  Gleichberechtigung  bilden  als  Teuthras'  Thronerbe  König  des  Landes, 
den  Gegenstand  erregter  Erörterung  (fr.  76.  das  er  dann  gegen  die  nach  Troja  ziehenden 
86.83.84  Nck.^);  vgl.  Welcker,  Trag.  1,  410f.;  Griechen  zu  verteidigen  hat  (s.  u.). 
Pilling  S.  22  f.  Im  Zorn  erschlägt  er  die  Ale-  Ganz  anders  schildert  derselbe  Richter  die 
adeu,  ohne  zu  ahnen,  daß  es  seine  Oheime  50  Kindheit  des  T.  in  der  Auge.  Über  dieses 
sind  {Append.  proverb.  2,  85:  TriXsq)og  —  ccno-  Stück  hat  erst  v.  Wilamowitz  {Anal.  Eur.  186  f.) 
■arsivag  rovg  xfig  (ir]XQbg  adtXcpovg  viog  av  Klarheit  geschaffen.  Wegen  der  freieren  Rhy- 
^.cpvysv  i-A  Tsysccg).  Wie  sich  über  den  Leichen  thmen,  die  in  den  Bruchstücken  hervortreten, 
der  Getöteten  die  grausige  Erkennung  zwischen  weist  er  seine  Entstehung  einer  späteren  Peri-" 
ihm  und  dem  Großvater  vollzogen  hat,  steht  ode  zu,  seinen  Inhalt  aber  erkennt  er  in  der 
dahin.  Die  Pythia,  die  ihn  auf  Befragen  zur  Erzählung  bei  Moses  v.  Khoren  {Progymn.S,3; 
Ermittelung  seiner  Mutter  nach  Mysien  weist  vgl.  Mai  in  Euseb.  Chron.  edit.  Mediol.  p.  294; 
{Append.  prov.  a.  a.  0.:  r\  61  UvO-la  i-nsXsvas  Nauck  p.  436^).  Wernicke  bei  Pauly -Wissowa 
■jiXBiv  avxbv  Tcgbg  xbv  ^G^axov  MvGäv,  vgl.  auch  2,  2302  f.  benutzt  bei  der  Rekonstruktion  des 
Schol.  Eur.  Bhes.  261)  hat  ihm  wohl  schon  in  60  von  romantischen  Verwickelungen  durchzogenen 
der  Heimat  das  Geheimnis  enthüllt  und  viel-  Stückes  auch  ApoUodor.  bibl.  2,  146  u.  3, 103. 
leicht  ein  ''deus  ex  machina'  (Athene  oder  Hera-  Die  arkadische  Königstochter  nimmt  als  Prieste- 
kles?),  den  ja  auch  Sophokles  nicht  verschmäht,  rin  bei  einem  Athenefest  an  nächtlichen  Tän- 
die  Entsühnung  herbeigeführt.  zen  auf  dem  Partheniongebirge  teil.  Hierbei 
Weit  phantastischer  sind  Telephos'  weitere  tut  ihr  Herakles  Gewalt  an  (s.  auch  Kallim. 
Schicksale  in  Sophokles'  Mv6oi  dargestellt  hymn.  4,  70 f.;  Paus.  8,47,4;  Ov.  Heroid.9,4cd; 
gewesen,  deren  Inhalt  Welcker,  Trag.  2,  414  f.,  Senec.  Herc.  Oet.  366 f.;  Stat.  Silv.  3,1,40;  4, 
bei  JZ2/<5fm./a6.  100  wiedererkannt  hat;  O.Jahn,  6,52),  und   zwar  in  der  Trunkenheit  {Eur.  fr. 


279              Telephos  (Ausaeteung)  Telephos  (und  die  Hindin)          280 

266  Nck.*;  Apollodor  2,  164:  icyvo&Vy  vgl.  auch  slugenden  Hindin,  des  Gegenstücks  für  so 
Alkidam.  Od.  §  15:  ix6  ni^ns,  u.  Stat.  Süv.  3,  manches  Tier,  das  andern  dem  Tode  geweihten 
1,40:  Äuge  confectutn  thiasis  et  multo  fratre  Fürstenkindern  gleichfalls  als  Amme  und  Ret- 
madentem  detinuit),  was  spater  sich  die  Komi-  terin  diente  {Hygin.  fab.  262:  Qui  lade  ferino 
ker  zunutze  gemacht  haben  (s.u.).  Doch  hin-  ntUriti  8unt\  Aelian.  V.  H.  12,42),  ist  für  die 
terläßt  er  ihr  einen  Ring.  Das  Kind  dieser  Telephossage  (wenigstens  nach  deren  zweiter 
Liebe  wird  von  der  Priesterin  im  Tempel  ge-  Fassung)  charakteristisch  geblieben  und  hat 
boren,  woran  Aristopha^ies  in  den  Fröschen  überdies  durch  zahlreiche  Denkmäler  klassi- 
abf&Uige  Kritik  übt  (v.  1080  M.Schol.).  Erzürnt  sches  Gepräge  erlangt  (s.  u.);  vgl.  Hygin.f.  99; 
über  die  Entweihung  ihres  Heiligtums  ver-  lo  Moses  Chorenens.  b.  Xauck  p.  437';  Apollodor. 
hangt  die  Göttin  Pest  und  Mißwachs  über  das  hibl  2, 147;  3, 104;  Diodor  4,  33,  11;  Paus.  8» 
Land  (fr.  266  Nck.*;  Clem.  Alex.  Strom.  7  47,  7  u.  54, 6;  9,31,2;  Xuctan.d.  sacn/.  5;  Dto 
p.  841;  Apollodor  a.  a.  0.).  Endlich  kommt  Chrysost.  or.  16  p.  237  u.  or.  64  p.  598  M.; 
Aleos  dem  Frevel  auf  die  Spur  und  befiehlt  Schol  Find.  OL  3,62;  Schol.  Lyk.  206;  Quint. 
dem  Nauplios,  den  Neugeborenen  auszusetzen,  5myrn.  6, 139 f.; auch dientes im 7!/Yj/w.ilfa^n.  756, 
die  Auge  aber  zu  ertränken.  Doch  hilngt  sie  64  einer  freilich  halsbrecherischen  Ableitung 
vorher  dem  Kleinen  noch  den  Ring  des  Hera-  des  Namens  (s.  u.):  sie  geht  gewiß  zurück  auf 
kies  um.  Dieser  findet  auf  einer  Wanderung  einen  der  Tragiker,  die  sämtlich  'eingefleischte 
im  Gebirge  das  Kind,  wie  es  von  einer  Hirsch-  Etymologen'  sind  (^Kinkel  zu  Kur.  Phoen.  636; 
kuh.  gesäugt  wird  (s.  o.),  und  erkennt  es  an  20  Wecklein  zur  Jph.  Taur.  32;  Dindorf  zu  Bacch. 
dem  Ringe  als  das  seinige.  Er  bringt  es  zu  508;  v.  Wilamowitz,  Anal.  Eur.  190;  Herakles 
Aleos,  gesteht  ihm  seine  Verfehlung,  sucht  1,27;  Nestle,  Eur.  S.  430, 88);  am  häufigsten 
diese  mit  seiner  Trunkenheit  zu  entschuldigen  finden  sich  Beispiele  bei  Euripides,  bei  dem 
(fr.  265,  s.  0.)  und  erhält  Verzeihung.  Wie  aus  das  Etymologisieren  zur  'müßigen  Spielerei* 
ApoUodor  a.  a.  0.  zu  schließen  ist,  hat  Nau-  ausartet.  Doch  zwingt  nichts,  gerade  ihm  die  ' 
plios  die  Auge  am  Leben  gelassen;  sie  ist  Herleitung  von  'Telephos'  beizumessen.  Ganz 
nach  Mysien  zu  Teuthras  gelangt  und  dessen  das  nämliche  gilt  von  der  Hindin  selbst,  die, 
Gattin  geworden.  Moses'  Erzählung  verbürgt  auch  bei  Sophokles  nachweisbar  (fr.  86  Nck.'^y 
zwar  endlich  auch  die  Adoption  des  Tele-  s.  0.),  ebensogut  seiner  Urheberschaft  zuge- 
phos;  er  kann  jedoch  der  Mutter  wohl  nur  so  schrieben  werden  kann,  wenn  auch  Euripides 
auf  der  Suche  nach  ihr,  also  erst  als  Jüngling  dieses  rührende  Motiv  sichtlieh  bevorzugt: 
und  durch  Orakel  nach  Mysien  hingelenkt,  Alexandros  wird  bei  ihm  nach  Hygin.  f.  91 
über  das  Meer  gefolgt  sein;  und  deshalb  wur-  von  einer  Bärin,  Melanippes  Sprößlinge  wer- 
den diese  Begebenheiten  in  dem  Stücke  selbst  den  nach  f.  186  von  einer  Kuh,  Alopes  Söhn- 
nur  als  bevorstehend  angedeutet  und  damit  lein  nach  f.  187  von  einer  Stute  erhalten;  vgl. 
tröstliche  Ausblicke  auf  eine  bessere  Zukunft  auch  Welcker,  Trag.  2,  714  u.  v.  Wilamowitz,. 
des  kleinen  Heraklessprößlings,  vielleicht  von  Anal.  Eur.  189,  die  sich  allerdings  beide  für 
seinem  eigenen  Vater  {Wemicke  setzt  dafür  euripideische  Erfindung  der  Hirschkuh  des 
Athene),  eröffnet.  T^  erklären.    Bestimmt  darf  man    behaupten, 

Außer  Aischylos'  Mvaoi,  femer  den  jikiddai  40  daß  der  ganze  Bericht  über  die  Aussetzung 
und  Mvaot  des  Sophokles  und  der  Auge  des  von  dem  Streben  nach  dramatischer  Verwicke- 
Euripides  sind  von  andern  einschlägigen,  frei-  lung  herrührt  und  daher  gegenüber  der  schlich- 
lich verlorenen  Tragödien  hier  noch  anzu-  teren  Erzählung  des  Hekataios^  der  Mutter  und 
führen  die  Mvtfot  des  Agat hon  (TTeZcÄJcr,  Tra^.  Sohn  auf  einmal  über  das  Meer  nach  Mysien 
3,989;  Nauck  p.  763';  Pilling  S.  60  f.)  und  befördert,  sekundär  ist.  Wenn  man  sich  end- 
des  Nxkomachos  (nur  von  Suidas  erwähnt);  von  lieh  in  der  Frage,  zu  wessen  Tragödien  Äi/^m. 
Komödien  die  Auge  des  Philyllios  {Kock,  fab.  100  die  Vorlage  bildet,  mit  den  gewich- 
Com.  1,782 f.)  und  des  Eubulos  (Kock  2,170)  tigsten  Autoritäten  für  Sophokles  und  seine 
sowie  dessen  Mvaoi;  die  phantastischen  oder  MvcoL  entscheidet  (s.  0.),  so  kann  immerhin 
Sentimentalischen  Motive  der  Telephossage  50  ein  Zweifel  darüber  entstehen,  warum  der 
mochten  nämlich  zu  Parodien  förmlich  heraus-  große  Dichter  Auge  und  Telephos  hier  nach 
fordern.  Über  die  zahlreichen  Stücke  mit  dem  Arkadien  zurückkehren  läßt,  was  sonst  nur 
Titel  TelephoSy  die  wohl  sämtlich  dem  Bereich  noch  in  dem  Epigramm  der  Anthol.  Pal.  3,  2 
der  Sage  vom  Trojanischen  Krieg  angehören,  angedeutet  wird.  Jene  Abweichung  ist  um 
8.  u.  so  auffallender,  als  Sophokles  in  seinem  Satyr- 

Die  reichentwickelte  Psychologie,  welche  spiel  Telephos  (s.  u.),  wie  man  annehmen  muß, 
die  erwähnten  Dramen  in  Scherz  und  Ernst  die  Heilung  des  Helden  veranschaulicht  {Pil- 
zur  Anschauung  brachten,  kann  hier  nicht  ge-  ling  S.  24),  die  doch  sein  Verbleiben  in  Mysien 
würdigt  werden.  Wohl  aber  sind  einige  tat-  und  seine  dortige  Königsherrschaft  zur  Voraus- 
sächliche Züge  zu  beleuchten  und  durch  Be-  60  setzung  hat  {Wemicke  bei  Pauly-Wissowa  2, 
legstellen  zu  erläutern.    Beide  Sagenfassungen  2302  f.). 

berichten  von  einer  ernsten  Todesgefahr  des  Denn  iuMysien  istT.  nach  allen  übrigen 

Neugeborenen,  sei  es  die  Verurteilung  zusam-  Quellen  nunmehr  ansässig  geworden,  und 

men   mit   der   Mutter  zur  Ertränkung  {Heka-  während  nur  nach  Hygin.  fab.  99  u.  100  Auge 

taios  a.  a.  0.;  Eur.  nach  Strab.  13,616;  Alkid.  Adoptivtochter  des  Teuthras  ist,  erscheint  sie 

Od.  15),   oder   sei   es    die   Aussetzung    in    der  sonst  überall  als  seine  Gattin  (Thrämer  S.  372, 

Wildnis  und  die  Erhaltung  durch  die  Hirsch-  1).    Mag  also  T.  als  Kind  zusammen  mit  der 

kuh.     Namentlich   dieses    rührende    Bild    der  Mutter  {Hekataios:  Prolog  zu  Etir.  Tel.;  Alki- 


281             Telephos  (Vermählung)  Telephos  (KaikoRschlacht)           282 

dam/  Od.  15)  oder  erst  als  Jüngling  auf  der  ihrer  damaligen  Beratung  noch  später  die 
Suche  nach  ihr  und  zur  Sühne  seiner  Blut-  Sage  mit  kxccidv  Xi^'^v  bezeichnet  {Skyl.  Peripl. 
schuhl  {Aisc/i.  MvaoL,  Soph.  Aleaden,  Kur.  c.  98;  Müller,  Geogr.  1,71),  und  in  der  irr- 
Auge)  au  den  Kaikos  «gelangen,  der  arkadische  tümlichen  Meinung,  es  sei  die  Troas,  verheeren 
Flüchtling  oder  Findling  wird  Thronerbe  sie  das  Land  {Apollodor.  epit.  3,17;  Paus.  1, 
des  Teuthras  und  nach  ihm  selbst  König.  4,6;  <J,  Tj,  13).  Zu  dessen  Schutze  eilt  der  König 
Häher  heißt  er  nun  bisweilen  der  M  y  s  e  r  :  herbei  und  gerät  am  KaikosIluBse  mit  den  Ilin- 
Kiir.  Tel.  fr.  704  Nck.-;  Ar.  .lc/<.  480;  Nul).  dringlingen  in  offenen  Kampf  (Paws.  8,  46,  7 : 
\)'12  {mit  Kocks  Anin.)\  Philostr.  ApoUon.  Tyan.  nach  einer  Giebelgruppe  des  Skopas,  s.u.; 
18  (1,  253  K.);  Propert.  2, 1,  G3;  Ov.  Pont.  2,  2,  lo  Schol.  11.  T.  32(5;  Anthol.  Gr.  append.  epigr.  157; 
■25.  Das  verwandtschaftliche  Verhältnis,  das  Senec.  Troad.  215  f.).  —  Nicht  aus  Cnkenntnis 
ihm  die  Krone  verschafft,  wird  freilich  ver-  der  Gegend,  sondern  mit  Vorbedacht  betreten 
schieden  angegeben.  Entweder  heiratet  er  die  Griechen  Mysien  nach  Phüostr.  Her.  2,  14 
Teuthras'  Tochter  Argiope  und  erbt  somit  (2, 156K.);  vgl.  darüber  T/iränier  S.  320f.;  sie 
die  Herrschaft  von  seinem  Schwiegervater  wollen  nämlich  vor  dem  Angriff  auf  llion 
{iJiodor  4,  33,  12);  oder  da  nach  den  andern  dessen  mächtigen  Grenznachbar  T.  niederrin- 
Berichten  seine  Mutter  Auge  die  Gemahlin  des  gen  und  daran  verhindern,  den  Troern  zu  Hilfe 
Teuthras  wird  (s.  o),  so  ist  dieser  nunmehr  zu  kommen.  T.  ist  vor  dem  Einfall  gewarnt: 
sein  Stiefvater,  der  ihn  an  Sohnesstatt  an-  sein  natürlicher  Bruder  Tlepolemos  (s.  d.), 
nimmt  (Alkid.  Od.  16;  Apollodor.  hihi.  3,  104;  20  gleichfalls  ein  Sohn  des  Herakles,  der  Besied- 
Schol.  Pind.  Ol.  9,  108:  ^Bxhg  itcüg),  und  T.  1er  von  Rhodos  und  zur  Zeit  ein,  freilich  zwei- 
holt sich  aus  dem  troischen  Königsgeschlecht  deutiger,  Bündner  Agamemnons,  sendet  einen 
seine  Gattin,  über  die  jedoch  die  Überlieferung  Boten  und  verrät  die  feindliche  Absicht  der 
erheblich  schwankt.  Griechen  sowie  ihre  gewaltige  Streitmacht.  So 

Astyoche    (s.  d.  unter  4)    heißt    sie    nach  hat  T.Zeit,  ein  mächtiges  Heer  zu  Fuß  und  zu 

Akusilaos  fr.  27  {Müller  1, 103),  der  aber  nicht  Roß  {TtoXXriv  n^v  Scoitlda,  noXXr]v  dh  innov)  aus 

ausdrücklich   sagt,   wessen  Kind  sie  ist.    Des  ganz  Mysien  aufzubieten.  Sogar  die  mysischen 

Königs   Laomedon    Tochter  wird  sie  ge-  Frauen  ziehen  zu  Pferde  aus,   an  ihrer  Spitze 

nannt  bei  Apollodor  3,146   u.  Serv.  Ed.  6,72;  als  kühne  Wagenkämpferin   Telephos'   eigene 

demnach  ist  sie  des  Priamos  Schwester:  Schol.  30  Gemahlin    Hiera  (s.  o.):    Phüostr.  Her.  2,  18: 

BQ   Od.  X  521.    Dagegen    heißt    sie  Tochter  Tzetz.  Anteh.  275 f.    Auch  umgeben  den  König 

des    Priamos    bei    Quiiü.    Smyrn.    6,  135 f.;  streitbare  Helden:  Haimos,  Heloros  und  Aktaios, 

Eustath.   Od.  1697,32;    Biet.  2,5    (vgl.  4,14);  die    es    mit    den    Griechenfürsten    aufnehmen 

Jordan.  Get.  9.  wollen:   Philostr.  2,15;  Tzetz.  213  f.    T.  selbst, 

Laodike  (s.  d.  unter  6)  ist  ihr  Name  nur  proceriis   corpore   et   pollens   virtutibus,    macht 

bei  Hygin.  f.  101,   und   auch  hier  ist  sie  eine  einen  imponierenden  Eindruck  und  schüchtert 

Tochter    des   Priamos.    Daß   unter   demselben  schon  durch  seine  äußere  Haltung  die  Feinde 

Namen  ein  Kind  des  Priamos  und  der  Hekabe  ein:    Dict.   2,4.     Überhaupt    erscheint    er    als 

als  Gattin  des  Helikaon  in  der  Ilias  und  auch  echter    Heraklessproß     {Hercule    genitus: 

sonst  mehrfach  auftritt,  hat  mit  der  Telephos-  40  Biet.  a.  a.  0  ;  'Hga'nXsLd'qg:   Philostr.  u.  Tzetz. 

sage  nichts  zu  tun.  a.  a.  0.).     Mit    verzeihlichem    Anachronismus 

Hiera  (s.  d.)  heißt  endlich   des  T.  Gattin  schildern  ihn  Eustath.  II.  46,32  u.  lordan.  Get. 

bei    Philostr.  Her.   2,18  (2, 160  K.)    sowie    bei  9   als   stattlichen    Reiter.     Schon    nach    dem 

Tzetz.  Anteh.  279  t,  Chiliad.  12,  9 Ad  f.  u.  Proleg.  kyklischen    Epos    verrichtet    er    Heldentaten; 

Alleg.  II.  999  f.  Über  dieses  wunderbar  schöne  wegen  seiner  Kühnheit  nennt  ihn  Lykophr.  AI. 

amazonenartige  Weib  s.  u.  213  einen  Löwen.  Eigenhändig  tötet  er  den 

T.   bleibt   in    dem    eroberten    Reiche   nicht  Thersandros  (s.  d),  Polyneikes'   Sohn   {Ky- 

unangefochten.     Während    für    die    Jugendge-  pria  nach  Prokl;    Pind.  Ol.  9,10f.  n.  Schol; 

schichte  die  kyklischen  Epen  als  Quelle  hoch-  Apollodor  a.  a.  0.;    Paus.  9,  5,14;    Biodor  4, 

stens   vorauszusetzen   sind,   bilden   sie  zu  dem  50  66,  3;    Biet.  2,2;    lordan.   Get.  9;    vgl.  auch 

folgenden    Berichte  über  sein    Mannesalter  Weleker,Ep.Kykl.2,l^Sf.;Bibbeck,E.Tr.3Alf.). 

die    erste    nachweisbare    Fundstätte:    nämlich  Es  gelingt  ihm,   die  Griechen  in   ihre  Schiffe 

die  Kypria  nach  Proklos'  Exzerpt  bei  Kinkel  zurückzudrängen,  wobei  Patroklos  (s.d.  Art. 

p.  18   und   die  Kleine  Utas   nach    Proklos    b.  S,  1693)  von  ihm  verwundet  wird  {Pindar  a. 

Kinkel    p.  37    sowie    fr.  6    u.  7    p.  41;    vgl.  a.  0.).    Freilich   findet   auch  Telephos'  Bruder 

Weleker,Ep.  Kykl.  2, 137 f.;  240f.;  262 f.  Bethe,  Teuthranios,  Sohn  "des  Teuthras  und  der  Auge, 

Theh.  Heldenlieder  S.  33,  9  beschränkt  freilich  von  der  Hand  des  Telamoniers  den  Tod  {Biet. 

die  ganze  Telephosepisode  auf  die  Kleine  Pias.  2,3).    In   einen  hitzigen  Einzelkampf  gerät  T. 

Die  Erzählung  von  Eurypylos  (s.u.)  behandelte  mit  Protesilaos  (s.d.),  der  ihm  den  Schild 

schon  der  Logograph  Akusilaos  a.  a.  0.    Auch  60  entreißt  {Philostr.  2,17),  was  dem  Achill  er- 

mit  diesen  Ereignissen  hat  die  Tragödie  frei  möglicht,  über  ihn  herzufallen  (s.  u.).  Zu  allem 

geschaltet  und   ihnen   dramatische   Bewegung  Unglück  läßt  ihn  Dionysos,  wegen  vorent- 

und    Verwickelung    verliehen.     Gewiß    ist    sie  haltener  göttlicher   Ehren   erbittert  {Schol.  II. 

auch  die  Quelle  für  manche  Einzelheiten  ge-  A  59;   vgl.  Apollodor.  Epit.  Vat.  p.  189)  oder 

worden,    die    bei   späteren    Mythographen   oft  als  Anerkennung  für  Agamemnons  Opferspenden 

unvermittelt  auftauchen.  {Schol.  Lyk.  211;  vgl.  auch  Anthol.  Pal.  9,477), 

Auf  ihrer  Fahrt  nach  llion  landen  die  Grie-  über  eine  Weinranke  straucheln  (davon" 

chen  an  der   Küste  Mysiens,   da  wo  der  Ort  hat   der  Gott  den  Namen  I!(pdXtr}g:  Eustath. 


283            Telephos  (Verwundang)  Telephos  (am  Altar)               284 

Jl  46,89;   Teets.  Lyk.  2ü6.  213.    Der  ScJiol.  zu  Myser  mit  den  Möseru,   3.  die  Moser  mit  den 

Lyk.  206   gibt   überdies   eine   rationalistische  Geten,  4.  die  Geten  mit  den  Goten!' 

Deutung  des  Vorgangs:   17  &vd^06is  xfjs  &fiiti-  Die  Griechen  verlassen  Mysien  und  kehren, 

Xov  nv&og  ttfTt,  t6  di  ccXXriyoQixbv  ovrmg  Ijjff  durch    Sturm   verschlagen   und    getrennt,    mit 

1}   %atd  tivag  xdtoivof  mp  6   Tijl.  1}   Scfin^Xov  Ausnahme    Achills,    der    zunächst    wieder    in 

xldäoig  ixiöxB^^Bls )•    Halb   wehrlos   auf  Skyros  einkehrt,   in  ihre  heimatlichen   Land- 

der  Erde  liegend,  wird  er  von  Achill  mit  schaften  (slg  rag  nargldctg)  zurück.  Erst  nach 
dem  Speere  am  (linken)  Schenkel  ver-  acht  Jahren  versammeln  sie  sich  wieder  in 
letzt  {Kypria;  Pind.  Isthm.  4,  41  f.;  7, 49 f.;  Argos,  freilich  im  unklaren  über  die  Fahrt 
Quint.Smyrn.  4,161f.;  172f.;  7,879f.;  14,180f.;  10  nach  Troja,  weil  ohne  Wegführer  {Apollodor. 
Tzeiz.  Anteh.  277).  Über  den  von  Protesilaos  epit.  3,18;  Biet.  2,9).  Als  solcher  bietet  sich 
ihm  entrissenen  Schild  kommt  es  zwischen  ihnen  unvermutet  T.  Die  ihm  von  Achill  bei- 
jeuem  und  Achill  zu  einem  Streite,  wobei  die  gebrachte  Wunde  heilt  nilmlich  nicht;  sprich- 
Achäer  den  Schild  des  Telephos  dem  Protesi-  wörtlich  heißt  sie  TriXiq>Biov  tgav^a  {Suid. 
laos  zuerkennen;  denn  Achill  hätte,  so  erklärt  b.  TriXsq>og)  oder  TriXicpsiov  ^>lxo?  {Zonaras 
man,  ohne  Protesilaos'  Heldentat  den  T.  nicht  p.  1728;  Paul.  Aeginet.  4,46).  Von  ApoUon  er- 
verwunden können  {Philostr.  Her.  2,18;  vgl.  hält  er  das  berühmte,  in  Goethes  Tasso  (4,4) 
darüber  Robert,  Arch.  Jahrb.  1887  S.  267).  sinnvoll  verwertete  Orakel:  6  rgmactg  Idas- 
Nach  Eustath.  11.  46,32  u.  lordan.  a.a.O.,  wo  rat  {Apollodor.  epit.  8,20;  Plutarch.  inimicor. 
T.  beritten  ist,  ver\vickelt  sich  sein  Roß  in  20  utilit.6;  d.audit  9;  Lucian.Nigrin.^S;  Aelian. 
die  Reben  und  stürzt  mit  ihm  zu  Boden.  —  H.  A.  1,  66;  Philostr.  Apollon.  Tyan.  18; 
Sehr  grell  und  phantastisch  nimmt  sich  fol-  Her.  2,  17;  Schol.  II.  A  59;  Eustath.  II.  46, 
gende  Kampfszene  aus :  Nireus  erlegt  im  Hand-  36;  Schol.  Aristoph.  Nub.  922;  Schol.  Plat. 
gemenge  die  amazonenhaft  auf  einem  Streit-  Gorg.  p.  447  A;  Schol.  Dem.  18,  72;  Schol. 
wagen  am  Kampfe  beteiligte  und  über  die  Theokr.  12,26;  Mantiss.  proverb.  2,28;  CJiarit. 
Verwundung  ihres  Gatten  T.  erzürnte  Königin  Aphrodü.  6,  3;  Liban.  declam.  6,8.9;  Niket. 
Hiera(8.  o.);  über  den  Tod  des  wunderschönen  Chon.  ed.  Bekker.  p.  647;  Schol.  Gregor.  Naz. 
Weibes,  das  an  Penthesileia  erinnert,  erhebt  c.  18;  Anihol.  Pal.  6,226.291;  Quint.Smyrn. 
sich  bei  Freund  und  Feind  solcher  Jammer,  4, 172 f.;  Hygin.  fab.  101;  Suet.  Claud.  4,S ;  Hör. 
daß  Achill  mit  T.  ein  Abkommen  schließt  so  JEporf.  17, 8 f.  mit  Schol.  Porphyr.:  Ov.  Amor. 
(Tzetz.  AtUefi.  284:  TriXicpo)  ms  OTtslöcca^av  2,  9,  7 ;  i^em.  aw.  43 f.;  ilfetom.  12,  112,  vgl.  13, 
AXtXXfja  nzoXinoQ&ov,  vgl.  v!  324;  Chiliad.  12,  171;  Tnst.  5,  2,  16;  Pon«.  2,2,  2G;  Propert.  2, 
951  f.  u.  Proleg.  Alleg.  II.  1009 f.);  bei  Dict.  2,  1,63  f.;  Claudian.  39  {deprecat.  Hadr.)  46;  An- 
5 f.  tut  dies  im  Auftrag  des  verwundeten  thol.  Lat.  1,99  (nr.  185b  Meyer);  3,106,29 
Vaters  der  Sohn  Eurypylos  (s.  u.);  zur  Bekräf-  {nr.  251  M.);  Schol.  luvenal.  6,  6ö6;  Dict.  2,10. 
tigung  der  gestifteten  Waffenruhe  kommen  In  Bettlertracht,  um  zunächst  unerkannt 
zahlreiche  griechische  Führer:  Achill,  Aias,  und  gegen  feindliche  Bedrohung  sicher  zu  sein 
Tlepolemos  u.  a.,  später  auch  die  beiden  Atri-  (s.  u.),  Kommt  T.  nach  Argos  und  bittet 
den,  und  trösten  den  Schwerkranken;  die  den  gleichfalls  dort  erschienenen  Achill  um 
Asklepiossöhne  Machaon  und  Podaleirios  be- 40  Heilung  {Kypria  nach  Prokl.;  Apollodor, 
handeln  sogar  die  frische  Wunde.  Ganz  ver-  Hygin.,  Dict.,  Eustath.  a.  a.  0.;  Suid.  s.  TriX.; 
söhnt  trennen  sich  die  früheren  Gegner.  —  Diogenes  in  Herchers  Epistologr.  p.  248 ;  Tzetz. 
Seltsam  verworren  ist  die  Darstellung  bei  Chil.  6, 660 f.  In  Mykenai  spielt  die  Szene  in 
Dares  c.  16:' Während  Odysseus  und  Diomedes  Eur.Tel.fr.  723  Nck.^;  in  Achills  Heimat 
von  Phamos  die  Helena  zurückfordern,  werden  Thessalien  begibt  sich  Telephos  nach  Schol. 
Achill  und  T.  (als  wäre  dieser  ein  griechischer  Nub.  922,  vgl.  aber  Pilling  S.  8  Anm. ;  bereits 
Führer)  von  Tenedos  aus  zur  Plünderung  in  Mysien  fleht  er  um  Heilung  bei  Quint. 
Mysiens  abgesendet.  Achill  verwundet  dabei  Smyrn.  4, 174 f.;  dagegen  erst  vor  Troja: 
den  König  Teuthras;  doch  schützt  ihn  vor  Philostr.  Her.  2, 17.  Seine  Befürchtung,  er 
dem  drohenden  Tode  Telephos,  weil  er  einst  60  werde,  wenn  als  Feind  erkannt,  in  ernste  Ge- 
als  Knabe  am  mysisch<»n  Hofe  gastfrei  aufge-  fahr  kommen,  bestätigt  sich.  Als  inan  merkt, 
nommen  worden  ist.  Wegen  der  ihm  geleiste-  wer  er  ist,  bedroht  man  sein  Leben,  das  er 
tcn  Rettung  übergibt  Teuthras  dem  T.  die  nur  durch  Flucht  an  den  Altar  rettet,  von 
Königsherrschaft,  und  dieser  begräbt  ihn  nach  wo  aus  er  mit  den  Griechenfürsten  unterhandelt. 
seinem  Tode  glänzend.  Achill  rät  dem  neuen  Doch  wird  ihm  endlich  die  Hilfe  gewährt,  in- 
König, lieber  den  Griechen  Proviant  zu  liefern  dem  sich,  unter  Kalchas'  Vermittelung,  Aga- 
als  mit  nach  Troja  zu  ziehen.  T.  bleibt  also  memnon  bei  Achill  verwendet.  Maßgebend  hat 
daheim  in  Mysien.  Agamemnons  spätere  Hoff-  auch  Odysseus  seine  Hand  im  Spiele;  er  be*- 
nung  auf  Zuzug  und  Hilfe  von  dort  (c.  21)  sänftigt  Achills  Zorn  gegen  den  einstigen 
ist  wohl  eine  unklare  Erinnerung  an  Eurypy-  60  Feind  und  deutet  überdies  das  wirksame  Heil- 
los' Erscheinen  vor  Troja  {Od.  X  519f.  mit  mittel  an:  der  abgeschabte  Rost  von  der 
Schol;  s.  u.).  —  Was  es  mit  den  schon  er-  Lanze  des  Cheiron,  mit  der  einst  der  Pelide 
wähnten  Beiträgen  des  lordanis  {Get.  9)  zur  den  T,  verletzt  hat,  soll  jetzt  dem  Verwunde- 
Telephossage  auf  sich  hat,  wird  gekennzeich-  ten  zur  Genesung  verhelfen  {Hygin.  fab.  101: 
net  durch  Telephos'  Einführung  als  Goten-  Tunc  TJlixes  ait:  Non  te  dicit  Apollo,  sed  auc- 
könig;  Thrämer  entwirrt  die  vierfache  erhei-  torem  vulneris  ha  st  am  nominat.  Quam  cum 
"temde  Verwechselung:  *es  sind  hier  vermengt  rasissent,  remediatus  est;  vgl.  Apollodor. 
1.  die    Teuthranier    mit    den    Mysem,    2.  die  epit.  3,20;  ccno^voavxog 'A%iXXmg  tfi?  UriXiädog 


285                 Telephos  (Heilung)  Telephos  (Ergreifung  Orests)        286 

fisXlas  xbv  iov,  u.  Eur.  Teleph.  fr.  724  NcJc.*:  einen  Ertrag  gewährt  freilich  nur  etwa  die 
TCQiavolai  Xoyxris  d'iXysTaL  ^ivri^aaiv  —  Worte,  Hälfte.  Sophokles'  Stück,  das  Welcher  noch 
die  von  Welcher,  Gr.  Tr.  2,490,  u.  Mibbeck,  mit  den  Mysern  identifiziert  {Trag.  1,414;  s. 
R.  Tr.  111,  mit  Recht  dem  Odysseus,  von  o.),  ist  durch  eine  didaskalische  Inschrift  von 
Wecklein,  Sitzungsber.  d.  Bayr.  Akad.  1878  Rhodos  als  Satyrspiel  erwiesen  (Kaibel, 
S.  198,  einem  deus  ex  machina  zugeschrieben  Hermes  23,2ö9f.;  273),  hat  aber  gewiß  gleich- 
werden). Die  Heilwirkung  abgeschabten  Eisen-  w^ohl  den  verwundeten  Helden  und  seine  Hei- 
oder Erzrostes,  die  auch  in  der  Iphiklossage  lung  veranschaulicht  {Pilling  S.  24;  Thrämer 
erwähnt  wird  (^4jooZ/odor.  fttW.  1, 101;  vgl.  außer-  S.  iM'6).  Somit  kommen  als  Tragödien,  aus 
dem  Theopomp.  Philipp,  in  Meinekcs  Com.  2,  2,  lo  denen  für  die  Telephossage  zu  lernen  ist,  die 
1230  f.),  erörtert  medizinisch  Vilnius  d.  Ä.,  zu-  Stücke  von  Äischylos  und  Euripides,  von  En- 
gleich  unter  Hinweis  auf  bildliche  Darstellun-  nius  und  Äccius  in  Betracht.  Den  wichtigsten 
gen  des  Vorgangs  (N.  H.  25,42;  34,152),  bes.  neuen  Zug,  den  die  Tragödie  liefert,  ist  die 
ein  Gemälde  des  Parrhasios  (35,71);  über  an-  Ergreifung  des  Orestes.  Daß  dieser  nicht 
dere  Bildwerke  s.  u.  Auch  nennt  Plinius  (25,  integrierender  Bestandteil  der  Sage, 
42)  statt  des  Rostes  den  Saft  einer  offizinellen  sondern  dem  alten  kyklischen  Epos  noch 
Pflanze,  die  wegen  der  Heilung  des  Telephos  fremd  gewesen  ist,  beweist  (nicht  so  sehr  das 
durch  Achill,  den  Schüler  des  weisen  Cheiron,  Schweigen  der  knappen  Inhaltsangabe  des  Pro- 
Achilleos  heiße  {Pseudoacr.  zu  Hör.  Epod.  17,  Mos  als)  namentlich  ein  von  Pollak  publi- 
8).  Als  Entgelt  verlangen  ihm  übrigens  die  20  ziertes  Vasenbild  des  Hieron  aus  der  ersten 
Griechen  ab,  er  solle  ihnen  auf  dem  zweiten  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts  {Zwei  Vasen  aus 
Zuge  gegen  Troja  als  Führer  dienen  {Kypria  der  Werkstatt  des  Hicron,  Leipzig  1900):  T. 
nach  Prokl.i  Üic.  Flacc.  29,72:  s.  o,  auch  die  hat  sich  hier  allein  ohne  Orest  auf  den 
für  Tel.'  Heilung  angeführten  Stellen).  Außer-  Altar  eines  Palasthofes  geflüchtet;  vgl.  auch 
dem  muß  er  für  sich  und  seine  Nach-  Gruppe.,  Burs.  Jahresber.  Bd.  137  S.  620 f.  ao- 
kommen  versichern,  nicht  am  Kampfe  wie  Höfers  Art.  Orestes  Sp.  959.  Dies  ist  zwei- 
gegen  Griechen  teilzunehmen  {Schol.  fellos  die  einfachste  und  ursprüngliche  Fassung 
luven.  6,  655),  ein  Versprechen,  das  freilich  der  Sage.  Erst  die  Tragödie  in  ihrem  Streben 
später  durch  Eurypylos'  Eintritt  in  das  Heer  nach  Rührung  und  Erschütterung  hat  jenen 
der  Troer  zunichte  wird  (s.  u.).  Umgekehrt  hat  30  aufregenden  Zug  hinzugefügt,  und  zwar  ist  er 
er  sich  schon  bei  der  früheren  Aussöhnung  ausdrücklich  bezeugt  für  Äischylos.  Nun  hat 
(s.  o.)  geweigert,  mit  gegen  Troja  ins  Feld  zu  allerdings  schon  Vater  (de  Soph.  Alead.  p.  19) 
rücken,  weil  er  eine  Tochter  des  Priamos,  die  dessen  Telephos.,  den  noch  Welcker  (Äesch.  Trü. 
Laodike  {Hygin.  fab.  101)  oder  Astyoche  {Dict.  S.  562)  und  Jahn  {Tel.  u.  Tr.  36 f.  u.  Anm.  38) 
2,  5,  vgl.  4,  14,  8.  0.),  zur  Gattin  habe.  Er  durchaus  anerkannten,  ernstlich  angefochten 
beschränkt  sich  also  darauf,  seinen  Rettern  die  und  die  Worte  im  Schol.  Ar.  Ach.  332 ;  6  Ti^- 
richtige  Straße  zu  zeigen,  und  kehrt  dann  Xs(pog  yiatcc  xbv  xQccy(p8o-jtoibv  AlöxvXov,  ivcc 
nach  Mysien  heim  {Hygin.  a.  a.  0.;  Dict.  2,  12).  tvxr]  Ttaga  xotg  '"'EXlrici  aaxriQLag,  xbv  'Ogiatriv 
Dies  der  äußere  Gang  der  Ereignisse.  Die  slx£  avXXccßäiv  vielmehr,  wie  das  allerdings  der 
Hauptbegebeuheiten  waren  gewiß  schon  im  40  Zusammenhang  zu  begünstigen  scheint,  auf 
alten  Epos  geschildert;  allerhand  Auswüchse  Euripides'  Telephos  bezogen;  es  sind  ihm 
haben  sich  später  angesetzt,  deren  Ursprung  v.  Wilamowitz,  Robert  {Bild  u.  Lied  S.  146  f.), 
nicht  jedesmal  zu  ermitteln  ist.  Am  deutlich-  Wernicke  (Art.  Auge  bei  Pauly -Wissowa  2, 
sten  noch  verraten  auch  hier  wieder  einige  2301)  u.  a.^  gefolgt.  Aber  die  (auch  von  Robert 
Züge,  die  nun  zu  besprechen  sind,  ihre  Her-  betonte)  Übereinstimmung  der  Lage  des  T. 
kunft  aus  dem  Drama.  Wie  der  Jugend  (s.  mit  der  Erzählung  von  Themistokles  bei 
0.),  so  hat  es  nämlich  auch  der  Verwundung  Thtik.  1,136  nötigt  zu  der  Annahme,  Äischylos 
und  Heilung  des  T.  ausgiebige  Behandlung  ge-  habe  ein  wirkliches  Erlebnis  seines  berühmten 
widmet.  Für  sämtliche  Stücke,  deren  Titelheld  Zeitgenossen,  "^vielleicht  mit  einer  ganz  be- 
er ist,  bildet  gewiß  dieser  Gegenstand  den  50  stimmten  politischen  Tendenz'  {Bild  u.  Lied 
eigentlichen  Inhalt.  Und  zwar  finden  wir  einen  S.  148),  in  seiner  Tragödie  verwertet.  Die  um- 
Telephos  bezeugt  von  den  drei  großen  gekehrte  Ansicht,  der  freilich  Robert  selbst 
Tragikern  (s.u.),  iQine.r:  Yon  Agathon  {Athen.  und  v.  Wilamowitz  {Aristot.  u.  Athen  1,151) 
10, 454  D),  Moschion  {Stob.  Ecl.  1, 4, 1),  lophon  huldigen,  es  sei  die  (erst  von  Euripides 
und  Kleophon  {Suidas),  sodann  von  Ennius  fixierte?)  Telephosszene  nachmals  in  die  ^The- 
und  Accius  (s.u.),  ja  sogar  von  dem  sizilischen  mistokleslegende'  eingedrungen  (s.  auch  ilf o/wm- 
Komikei  Deinolochos  {Athen. '6,111  C;  Lorenz,  sen,  Rom.  Forschungen  2,118.  l^Q;  Busolt,  Gr. 
Epicharm.  S.  86  f.)  und  dem  tarentinischen  G.  3,1,129),  würdigt  zu  wenig  das  ausdrück- 
Phlyakographen  Rhinthon  {Pollux  10,  35).  Der  liehe  Zeugnis  bei  Plutarch  {Them.  24),  wonach 
alexandrinische  Elegiker  Philetas  war  der  Sohn  60  es  sich  bei  der  Ergreifung  des  Kindes  durch 
eines  T.;  daher  sind  beim  Schol.  Apoll.  Rhod.  einen  Schutzflehenden  nicht  um  eine  allge- 
4,1141  die  Worte  ^iXr]xas  d'  iv  TriXscpa),  die  meine  griechische  Gewohnheit,  sondern  um 
Pape  {Lexik,  d.  gr.  Eigennamen  s.  Tr^X.)  auf  einen  heiligen  Brauch  der  Molosser  handelt 
ein  Drama  bezieht,  wohl  richtiger  mit  Bach  {xavxr]v  iisylaxtiv  tcccI  jiovrjr  6xs8ov  avccvxlQQ^- 
in  Keils  Ausg.  d.  Schol.  S.  517  Anm.  zu  lesen:  xov  r]yov(iiv(ov  tyießlav  xmv  MoXoaa&v).  Das 
6  TriXiq>ov,  vgl,  auch  Pilling  S.  61  f.  Dagegen  alte  Epos  kannte  die  Szene  noch  nicht;  hier 
müssen  die  vorgenannten  elf  Dramen,  wenn  floh  Telephos  allein  an  den  Hausaltar  (s.o.). 
auch  sämtlich  verloren,  unangefochten  bleiben;  Erst  Äischylos  benutzte  das  rührende  Erlebnis 


287              Telephos  (als  BetÜer)  Telephos  (als  Bettler)             288 

des  Themistokles  für  sein  Drama,  ein  Motiv,  Aufs.  T^fel  2;  vgl.  PilHng  S.  98^;  Höfers  Art. 
das  dann  —  etwas  verändert  —  nachklingt  in  Orestes  S.  959) ,  Telephos  am  linken  Schenkel 
Sophokles'  *Odva6tifg  (tai,v6iifvog  {Mygin.  fab.  verwundet  mit  Orest  auf  dem  Altar  sitzen.: 
b6)  und  Eur.  Androtn.  601  f.  {]\'elcker,  Tr.  2,  zwar  ist  er  als  Flüchtling  mit  dem  Speer  be- 
481).  Den  Telephos  des  Aischylos  in  Frage  zu  watfnet,  auf  den  er  seine  Rechte  stützt;  aber 
stellen  ist  also  unstatthaft;  vgl.  auch  0.  Jahn,  seine  Haltung  ist  ruhig  und  würdevoll  und 
Tel.  u.  Tr.  S.  87;  Filling  S.  19 f.;  und  mit  läßt  trotz  des  Staunens,  ja  Entsetzens,  das 
Recht  erklärt  es  Gruppe  {Burs.  Jahresher.  137,  sich  in  Agamemnons  Miene  ausspricht,  nichts 
621)  für  'bedenklich,  in  einer  ohnehin  stritti-  von  Gewalt  und  Drohung  bemerken  (s. u.). 
gen  Frage  das  Hauptzeugnis  (Schot.  Ar.  Ach.  lO  Eine  solche  pathetische  Steigerung  der  Situa- 
882)  durch  eine  gewaltsame  Textänderung  in  tion  war  erst  dem  Dichter  vorbehalten,  dessen 
das  Gegenteil  zu  verwandeln\  Ob  Accius^  ein  Wesen  sie  ohnehin  am  meisten  entspricht. 
Geistesverwandter  des  Aischylos,  dem  er  sich  Euripides'  Telephos  gehörte  zu  den  be- 
in  mehreren  Dramen  angeschlossen  hat  (JR»6-  kanntesten  Dramen  des  Altertums;  die  häufigen 
heck^  B.  Tr.  845;  Eöm.  Dichtung  1*,  177f.),  Zitate  bei  Mythographen  und  Grammatikern, 
dessen  Spuren  auch  in  seinem  Telephos  gefolgt  ferner  die  lateinische  Bearbeitung  durch  En- 
ist,  läßt  sich  nicht  bestimmt  erweisen;  es  ist  nius,  nicht  zuletzt  der  Spott  der  Komödie 
allerdings  wahrscheinlich  {Püling  S.  20;  73  f.),  haben  dafür  gesorgt,  auch  uns  sein  Andenken 
freilich  nicht  etwa  deshalb,  weil  in  den  Frag-  zu  erhalten.  Aristophanes  nämlich  unter- 
menten  von  Accius  Dramen  nichts  von  der  20  nimmt  in  mehreren  Stücken  Ausfälle  und  An- 
Ergreifung des  kleinen  Orest  verlautet  {Rih-  spielungen  auf  Euripides'  Telephos  {Bitter  813. 
heck  S.  347);  denn  bei  Aischylos  ist  diese  ja  1240;  Wolken  891.922;  Friede  528;  Lysistrate 
gerade  anzunehmen  (s.  o.),  sondern  wegen  ^des  70«;  Frösche  865.  864. 1400);  zwei  enthalten  so- 
Adels  der  Persönlichkeit,  der  auch  aus  der  gar  eingehende  Persiflagen  ganzer  Szenen 
abschreckenden  Hülle  des  Helden  hindurch-  {Acharner  326—357.  432—463.  496—566.  577; 
leuchtet'  {Bihheck  S.  846).  Diese  Seelengröße  vgl.  auch  das  J.r^«?w.;  Thesmophoriazusen  76f. 
hat  gewiß  auch  Aischylos  seinem  Telephos,  466 — 519.  689 — 727).  Die  ansehnliche  Zahl  der 
dem  Abbild  seines  großen  Zeitgenossen  und  Rekonstruktionen  um  eine  neue  zu  vermehren, 
Landsmannes,  nicht  vorenthalten.  Denn  'nicht  ist  dieses  Ortes  nicht;  wohl  aber  gilt  es  her- 
wie  bei  Euripides  und  Ennius  (s.  u.)  nur  zum  30  vorzuheben,  weiches  Gepräge  Euripides  eigen- 
Schein,  größerer  Sicherheit  wegen,  hat  Tele-  artiger  Geist  der  Sage  verliehen  hat.  Telephos 
phos  hier  Bettlergewand  angelegt,  sondern  nimmt  hier  nur  den  Schein  des  Bettlers 
in  der  Tat  aus  seinem  Reiche  vertrieben,  pau-  an  (fr.  689  Nck.*);  doch  bei  seiner  Vorliebe 
per  et  exul  (Hör.  A.  P.  96).'  Aus  den  Accius-  für  Jammergestalten  verfällt  der  Dichter 
fragmenten  ist  dies,  sowie  die  von  ihm  dabei  in  lächerliche  Übertreibung  und  verwandelt 
behauptete  Würde,  deutlich  zu  entnehmen.  den  hinkenden  König  (^r.^c/i.  412.428;  /S'cÄoZ. 
(Bihheck  a.a.O.;  Piüing  S.  73 f.).  Die  näheren  Ban.  870)  in  eine  komische  Figur;  er  staf- 
Gründe  und  Umstände  jenes  Unglücks,  das  fiert  ihn  nämlich  mit  Lumpen  (fr.  697;  Ar. 
zur  Verwundung  noch  hinzugekommen  ist,  Ach.  412.  415.  418.  432.  438;  Pollux  4,117), 
kennen  wir  freilich  nicht.  Doch  bezieht  PiZZmp  40  einem  mysischen  Hütchen  (v.  439),  "einem 
wohl  mit  Recht  hierauf  HarpoArrat.  s.  Mva&v  Bettlerstab  (v.  448),  einem  Eßwarenkörbchen 
Xsiav  nagoiaia  xig  iartv  ovrio  isyanivr],  tjv  (v.  453),  einem  am  Rande  abgestoßenen  Trink- 
qpijtft  Jriiuov  (fr.  19;  Müller  1,382)  —  —  gefei&  (v.  459.  463;  vgl.  fr.  126  Nck.%  einem 
rriv  &QXJ\r  Xaßslv  icnb  r&v  -Karadga^iovrav  Lederranzen  (^r.  iVwt.  923;  Jlfaa;.  T^/r.  7  p.  126; 
&6xvysir6vcav  xb  xal  X7}axä>v  xr^v  Mvaöav  xocxu  Schol.  Lyk.  14)  aus.  In  diesem  grellen  Aufputz 
xr\v  TriXsfpov  xov  ßaeiXitog  &TtoÖri\ilcLV,  vgl.  werden  von  dem  'geflickten  Lumpenkönig' 
Schol.  Dem.  l^»^!^;  Apostol.  11,^^;  Mant  pro-  Telephos  andere euripideische Mißgestalten,  wie 
verh.  2,28;  Suid.  s.  Mva&v  Xsia  u.  Thrämer  Oineus,  Phoinix,  Philoktet,  Bellerophontes, 
S.  282f.  Feindliche  Grenznachbam,  so  müssen  Menelaos,  noch  überboten;  er  erscheint  ge- 
wir  annehmen,  brechen  in  sein  Reich  ein  und  50  radezu  als  Sc&XLmxaxog  und  TCxaxlGrarog  (Ar. 
nötigen  den  an  der  unheilbaren  Wunde  Hin-  Ach.  418 f.;  vgl.  auch  TimokJes'  Dionysiaz.  fr. 
siechenden  außer  Landes  zu  ziehen.  Er  nimmt  6,  Kack  2,463).  Was  Wunder,  daß  Diogenes 
seine  Zuflucht  zu  den  ehemaligen  Feinden.  (nach  einem  angeblichen  Briefe)  solche  Kostü- 
Wie  Themistokles  von  der  Gattin  des  Admetos  mierung  verabscheute  und  sich  auf  seine 
den  Rat  erhält,  das  Söhnlein  zu  ergreifen,  und  'echten'  Lumpen  etwas  zugute  tat  (Epist.  34, 2 
sich  nun  mit  ihm  an  den  Herd  setzt,  so  p.  248  Hercher),  während  freilich  umgekehrt 
flüchtet  Telephos,  von  Klytaimestra  auf-  Krates  von  Theben^  als  er  einst  den  Telephos 
gefordert  (s.  u.),  mit  dem  kleinen  Orest  an  in  seinem  kläglichen  Aufzug  auf  dem  Theater 
den  Altar.  Dieses  wichtige  Motiv  hat  also  sah,  forteilte  und  sich  der  kynischen  Philo- 
Aischylos  in  die  Tragödie  eingeführt;  aber  60  sophie  ergab  (Diog.  Laert.  6,87). 
es  verliert  nichts  an  Wert  und  Fruchtbarkeit  Ein  Zweites  ist  der  stark  rhetorische 
dadurch,  daß  es  der  Zeitgeschichte  des  Dich-  Charakter,  den  Euripides  in  dieser  Rolle 
ters  entlehnt  ist.  Die  Macht  seiner  Person  und  ausgeprägt  hat.  Gegenüber  •  der  erhabenen 
Rede  reicht  dabei  für  den  edlen  Dulder  hin,  Würde  des  Telephos  bei  Aischylos  und  Accius 
die  Fürsten  zu  gewinnen;  in  der  Tat  sehen  ist  der  cMriptc/ewcÄe  ein  vollendeter  Sophist, 
wir  auf  der  ältesten  Abbildung  dieses  Mythos,  der  die  Fürsten  mit  gleißnerischen  Worten  zu 
einem  Vasengemälde  des  5.  Jahrhunderts  im  bearbeiten  sucht  (fr.  703.  706  Nck.-',  vgl.  die 
Britischen   Museum    (abgeb.  bei    Jahn,   Arch.  Parodie   seiner  Ansprache:   Ar.  Ach.  496 — 556 


289         Telephos  (Bedrohung  Orests)  Telephos  (Nachkommen)            290 

u.  T/tesm.  46G— 519;  sowie  Nub.  924  u.  Eq.  813  doch    sein   Andenken   später  nochmals  in  ihm 

mit  Schol.  u.  Kocks  Anm.).    Auf  den  niedern,  auf.   Vier  Gattinnen  bezeugt  die  schwankende 

wortreichen   Stil  seiner   Beredsamkeit   bezieht  Überlieferung  (s.  o.);  aber  ihrer  Zahl  entspricht 

sich    auch   Hör.  Ä.  P.  95.     Doch    schützt    ihn  nicht   die  seiner   Nachkommen,    mit   denen 

weder    Verkleidung    noch    schlaue    Redekunst  die  Sage  doch  sonst  niemals  kargt.    Nur  von 

■davor,  von  Odysseus'  Scharfblick  durchschaut  Astyoche   und   Hiera  nämlich  sind  solche  be- 

zu   werden   {fr.  704  iVcÄ:.*;    freilich   sind   diese  zeugt,   und   zwar   drei   Söhne;   außerdem   in 

Verse  arg  entstellt).  Vielleicht  verrät  ihn  sein  einer    phantastisch    klingenden    Notiz    {Plut. 

Myserhütchen  {Ribheck  S.  107),   eher  wohl  die  liom.  2)   eine   Tochter,   deren  Mutter  uner- 
ampuUae  et  sesquipedaUa  verba  {Hör.  a.  a.  0.),  lo  wähnt  bleibt. 

mit  denen  er  die  Fürsten  beschwatzen  will.  Eurypylos  (s.  d.)  wird  schon  in  der  ho- 
Auch  bei  Euripides  ergreift  er  auf  Klytai-  merischen  Nekyia  {X  519  f.)  Telephossohn  (Trj- 
mestras  Rat  den  kleinen  Königssohn,  aber  Xeqpid'rjg)  genannt,  den  besondere  Schönheit 
nicht,  um,  wie  bei  Aischylos,  nach  Molosser-  auszeichnet;  er  führt  vor  Troja  die  mysißchen 
sitte  {Plutarch.  Them.  24)  den  Vater  zu  rühren,  Keteier  gegen  die  Griechen  an  (s.  u.),  wird 
sondern  er  droht  den  Knaben  zu  töten,  aber  von  Neoptolemos  im  Kampfe  getötet; 
wenn  man  ihn  nicht  schone  und  zu  heilen  viele  seiner  Mannen  kommen  gleichfalls  ums 
verspreche  (Hygin.  fab.  101:  monitu  Clytae-  Leben  yvvatcov  «Tr  ex a  dcbpcöv.  Diese  Worte 
mestrae  Orestevi  infantem  de  cunabulis  rapuit  fanden  vermutlich  in  der  Kiemen  Ilian^  wo 
minitans  se  eiirn  occisurum  esse,  nisi  sibi  Achivi  20  die  Eurypylosepisode  einen  breiten  Raum  ein- 
mederentur).  Durch  die  Parodie  des  Aristo-  nahm,  weitere  Ausführung  und  Begründung 
pltnnes  {Ach.  326—857;  Thesm.  689—727)  wird  (s.  Proklos  bei  Kinkel  S.  37  f.  u.  41  f.  mit  fr.  6). 
der  euripideische  Ursprung  der  so  dargestellten  Doch  erhalten  sie  klare  Beleuchtung  für  uns 
Szene  ausdrücklich  verbürgt;  dem  Dichter,  der  erst  durch  Akusilaos  {fr.  23;  Müller  1,  103  im 
von  Aristoteles  rpayixcbraro?  genannt  wird,  Schol.  zu  d.  St.):  darnach  ist  Eurypylos  der 
verdankt  die  grell  rhetorisch  gefärbte  und  Sohn  von  Telephos  und  Astyoche  und 
pathetisch  erregte  Sachlage  ihre  Entstehung.  wird  der  Nachfolger  seines  Vaters  in  der 
Bezeichnend  für  die  Popularität  dieser  hoch-  Herrschaft  über  Mysien.  Im  Trojanischen 
gespannten  dramatischen  Aktion  ist  die  große  Kriege  bittet  ihn  Priamos,  er  solle  ihm  gegen 
Zahl  bildlicher  Darstellungen  (s.  u.).  Das  30  die  Feinde  zu  Hilfe  kommen,  und  als  ihm  Eu- 
diastische  Mittel  verfängt;  und  da  Telephos  rypylos  antwortet,  er  könne  dies  nicht  wegen 
das  Versprechen  der  Heilung  erhält,  gibt-  er  seiner  Mutter,  sendet  Priamos  der  Astyoche 
den  Orest  wieder  frei.  Inwieweit  er  dabei  die  einen  goldenen  Wein  stock  als  Geschenk; 
griechischen  Fürsten,  in  deren  Mitte  bereits  hierdurch  bestochen,  entläßt  sie  ihren  Sohn 
Zwiespalt  ausgebrochen  ist  {Ribbeck  S.  108  f.),  auf  den  Kriegsschauplatz,  wo  er  dem  Neopto- 
nun  erst  recht  entzweit,  um  aus  ihrer  Un-  lemos  zum  Opfer  fällt.  Über  den  goldenen 
einigkeit  Vorteil  zu  ziehen,  lassen  die  Bruch-  Weinstock,  auf  den  sich  also  die  Worte  yv~ 
stücke  nur  ahnen;  gewiß  erscheint  er  auch  valcov  Bivsy.a  8ooq(ov  beziehen,  erfahren  wir 
hierbei  wieder  nQoöuit&v  Grio^vXog  ösl-  Näheres  im  Schol.  BQ  zu  d.  St.:  Zeus  hat 
vbg  Xsysiv  {Ar.  Ach.  429).  Endlich  erfolgt,  40  ihn  dem  Tros  als  Entschädigung  für  den  ge- 
soweit  ersichtlich,  ohne  erhebliche  Abweichung  raubten  Ganymedes  geschenkt,  und  er  ist 
vom  alten  Epos,  die  Versöhnung  des  Telephos  durch  Erbschaft  an  Priamos  gelangt,  der  nun 
mit  seinen  Gegnern:  der  Rost  von  Achills  seine  Schwester  mit  dieser  kostbaren  Gabe 
Lanze  verschafft  dem  Kranken  Genesung  (s.  besticht;  außerdem  verspricht  er  dem  Eury- 
0.),  der  sich  jedoch,  weil  mit  Priamos'  Tochter  pylos  noch  eine  seiner  Töchter  als  Gattin.  Ähn- 
vermählt, weigert,  mit  den  Griechen  nach  liches  bei  Dict.  4^  14,  wo  Kassandra  diese 
Troja  zu  ziehen,  und  ihnen  nur  den  Weg  da-  Priamostochter  ist.  Nach  Schol.  luvenal.  6,  655 
hin  zeigt  {Hygin.  fab.  101).  Die  Fragmente  wird  mit  dem  goldenen  Weinstock  Eurypylos' 
von  Ennius'  Telephos  gewähren  hie  und  da,  Gattin  Eriphyle,  also  eine  Doppelgängerin  der 
so  für  das  Gespräch  des  Helden  mit  Aga-  50  gleichnamigen  Heroine  aus  der  berüchtigten 
memnons  Gattin  {fr.  3.  4;  vgl.  8),  eine  will-  argivischen  Halsbandgeschichte,  nach  dem  ver- 
kommene Ergänzung  {Ribbeck  S.  107  f.),  ohne  worrenen  Bericht  bei  PtoJem.  Chenn.  Nov. 
das  gewonnene  Bild  mit  wesentlich  neuen  Hist.  7  in  Westerm.  3Iythogr.  p.  196  Eurypylos 
Zügen  zu  bereichern.  Auch  daß  in  Agathons  selbst  bestochen.  Die  Keteier,  mit  denen  er 
Telephos,  dem  einzigen  so  betitelten  Drama,  den  Troern  zu  Hilfe  kommt  {Od.  l  521),  finden 
das  außerdem  noch  durch  Bruchstücke  mytho-  wir  zuerst  wieder  erwähnt  bei  Alkaios  (fr.lS6; 
logischen  Inhalts  vertreten  ist,  Theseus'  Schild  Bergk,  Lyr.  4*,  962)  und  von  ihm  den  Mysern 
beschrieben  wird  {Nauck,  trag.  p.  764*),  läßt  gleichgesetzt;  jedenfalls  ist  es  ein  mysi- 
zwar  auf  die  Anwesenheit  der  Theseiden  und  scher  Volksstamm.  Gladstone  {Homer  u.  s.  Zeit- 
eine  damit  verbundene  Verherrlichung  Athens  60  alter,  deutsch  von  Bendan  S.  185  f.)  wollte  sie 
schließen  {Jahn,  Tel.u.  Tr.u.  kein  Ende  S.  6  f.;  mit  den  Hittitern  oder  Chetitern,  jenem  vom 
Pilling  S.  60  f.),  liefert  aber  zur  Kenntnis  der  nördlichen  Syrien  her  über  Kleinasien  vorge- 
Sage  keinen  Gewinn.  Wessen  Drama  mit  dem  drungenen  Volke,  identifizieren:  über  sie  vgl. 
von  luvenal  (1,  4  f.)  erwähnten  und  zu  seiner  Eduard  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  P  §  454 
Zeit  aufgeführten  Telephiis  ingens  gemeint  ist,  S.  5  77  f.  u.  §474  S.  617  f.  Nach  v.  Wilamowitz 
steht  dahin.  {Homer.  Unters.  S.  152  Anm.  12)  ist  jedoch  der 
Verschwindet  nun  auch  er  selbst  aus  der  Name  abgeleitet  von  dem  alten  arkadischen 
Geschichte  vom  Trojanischen  Kriege,   so  lebt  König  Keteus  (s.  d.  Art.),   demnach   ein  Nach- 


291            Telephos  (Wandersagen)  Telephos  (Wesen;  Name)           292 

klang  von  Telephos'  arkadischer  Herkunft.  Ein-  Telephos'  Tochter  gilt  (Plut.liomul.2\  s.  o.). 

gehend    verbreitet    sich     über    sie     Thrämer  Über  die  Verbindung  des  Telephos  mit  Rom 

(S.  166f.)t    der    Keteios    auch   für   den   alten  ygl.  X7au«en  a.  a.  0.;  (rrup;)«  S.  204.  629,4. 

Namen  des  KaYkos  hftlt  (S.  179 f.).  Die     Deutung    des    Wesens    bewegt 

Als    das    Bittgesuch    des    Priamos    nach  sich    auf    astronomisch-physikalischem 
Mjsien  gelangt,  ist  Telephos   bereits   tot      Gebiete,  und  &o  verrufen  solche  Erklärungen 

(über  die  Darstellung  von  Telephos'  Auf  bah-  auch  sind,  weshalb  sie  stets  mit  aller  Vorsicht 

rung  auf  dem    Pergamenischen   Telephoafries  aufgenommen  sein  wollen,  so  führt  doch  eine 

8.  n.)   und   Eurypylos    schon    sein    Nachfolger  solche    Auffassung   von    Telephos    und    seiner 

{AkusU.  a.  a.  0.).    Daher  trat  in  der  von  Art-  lo  Mutter  Auge  immerhin  zu  einer  überzeugenden 

stoteles  (Poe*.  28  p.  1459b  6)  erwähnten   Tra-  Erkenntnis.    Er    sind    nämlich    arkadische 

gödie  Eurypyloa^  die  doch  wohl  dessen  Taten  Gottheiten     der    Lichtsphäre     {Thrämer 

und    Tod    im    Trojanischen    Kriege    schildert,  S.  401).    Das  beweisen  schon  die  Namen  'die 

Telephos  selbst  nicht  mehr  auf.  Daß  Eurypy los  Strahlende'      und     'der     Fernhinleuch- 

im    Kampfe    auch   den  Asklepiaden   Machaon  tende';    vgl.  Preller,    Gr.  Mythol.  2',  241;    s. 

erschlagt   {Kleine  Utas  fr.  7.    Kinkel,  Hygin.  auch  die  Art.  Auge  in  diesem  Lexikon  1, 731 

/od.  118;   ^inf.  Ämym.  6, 406 f.),   der  sich  im  u.  bei   PaiUy-Wissowa   2,2;{00;    Gruppe,    Gr. 

Auftrag  der  Atriden  mit  Podaleirios   um   die  Myih.  S.  686.  —  Fick^-Bechtel,  Gr.  Personen- 

Behandlung  von  Telephos'  Wunden  einst  ge-  namen  S.  374,  stellt  mit  Telephos  den  kymaii- 

müht  hat  (Dict.  2,  6. 10),  übt  noch  später  im  20  sehen  König  Telephanes  zusammen.  Die  Namen 

Asklepieion  von   Pergamon  die  Wirkung,  daß  Telephe    {Schol.    Eur.    Phoen.    5),    Telephane 

man  in  Kultliedem  den  Landesheros  Telephos  {Schol.  Eur.  29,    wo   Dindorf  Tr\XB(fär]    liest), 

feiert,    dessen    Sohn   aber,    Men   Mörder   des  Telephassa  sind  die  entsprechenden  oder  er- 

Machaon'   {(povia  hvxa  Mcixdovog\   mit   Still-  weiterten  Femininbildungen;  s.  die  betr.  Artikel 

schweigen    übergeht    {Paus.    3,26,10;    s.  u.).  sovfie  Telauge,  Pasiphae  u.  lioscher,  Selene  und 

Übrigens   bedeutet   Eurypy  los'    Auftreten   vor  Verwandtes   S.  7.  128.     Ob    als    ursprüngliche 

Troja  einen  Vertragsbruch,  weil  Telephos,  Namensform    TriXscpaog   anzusetzen    ist,    steht 

wie  schon  erwähnt  (s.  0.),  bei  seiner  Heilung  dahin;    über    die    Zusammensetzung   mit   der 

für  sich  und  seine  Nachkommen  gelobt  hat,  weitverzweigten    Wurzel    q>cc-     (vgl.    Curtius, 

nicht  gegen  die  Griechen  Partei  zu  ergreifen  so  Etym.  S.  296*)  kann  jedoch  kein  Zweifel  ob- 

{Schol.  luvenal.^^Qbb).  Sein  Kampf  mit  Neopto-  walten.    Damit  erledigt  sich  zugleich  die  an- 

lemos   ist  wohl   nur  eine   zweite,   kaum   ver-  tike  Ableitung  im  Etym.  Magn.  p.  756,54: 

besserte  Auflage  des  Kampfes  zwischen   ihren  Sia.  xo  d-7]XdcccL  avzbv  hXacpov  (s.o.).  Wie  die 

beiden  Vätern.  Geschichte    von     der    säugenden     Hirschkuh 

Der  Sohn  von  Telephos  und  Hiera  ist  selbst,  so  geht  diese   Etymologie   vermutlich 

Eorypylos  nur  nach  Tzetz.  Posth.  658,  wo  Neo-  auf  die  Tragödie,  nach  Jahn,  Tel.  u.  Tr.  S.  57 

ptolemos  Tr\Xstpiör^v  ^legäg  y6vov  iyxsGiiLaQyov  und  v.  Wilamoicitz,  Anal.  Eur.  S.  190,  speziell 

tötet;  über  Hiera  s.  0.  Wichtiger  ist,  daß  beide  auf  Euripides  zurück;  vgl.  auch  Apollodor.  bibl. 

auch  die  Eltern  von  Tarchon  und  Tyrse-  3,104:    rb    Sk    ßQi(pos  —  ^r^Xriv    vnoexovGTig 

noB  genannt  werden:  Tzetz.  Lyk.  1242.  1245 f.  40  iXätpov    T'^Xsqiog    ixXr]d^7i;    Diodor.   4,33,11; 

1248;  Schol.  Lyk.  1249,  vgl.  1242.  1245.    Auch  Hygin.  fah.  99;    Moses  v.  Khoren  bei  Nauck, 

Steph.  Byz.  B.TuQxdaviov  bezeichnet  Tarchon,  trag.  fr.  p.  437':  Telephum  peperit,  quod  nomen 

den  Gründer  von   Tarquinii   in   Etrurien,    als      ex  eventic  adhaesit; a  cerva  nutritus 

Sohn  des  Telephos;  Dion.  Halte.  1,28  nennt  est.  Obwohl  sprachlich  unmöglich,  ist  die  alte 

so  den  Tyrsenos  und  erzählt  von  ihm,   er  sei  Etymologie  dennoch   befürwortet  worden  von 

nach    der    Eroberung   von   Troja    nach  Schwenck,  Etym.  Myth.  And.  p.  334    {TriXstpog 

Italien    gekommen    (s.    die   Art.    Tarchon,  si&UTriXiXatpog)  u.  Buttmann,  Ausf.gr. Sprachl. 

Tyrsenos).    Dieser  Bericht  gehört  in  das  viel-  1,79;  vgl.  Jahn  a.a.O. 

berufene  Kapitel  über  die  Herkunft  der  Etrus-  Außer  der  richtigen  Erklärung  der  Namen 
ker  von  den  Lydem  {Herodot.  1,94;  Strah.  5,  60  ist  femer  ein  Beweis  dafür,  daß  Telephos  und 
219)  und  wird  mehrfach  gekreuzt  von  anderen  Auge  göttliche  Wesen  sind,  der  Kultus, 
abweichenden  Erzählungen ;  yg].  Müller- Deecke,  dessen  sich  beide  in  ihrer  arkadischen  Heimat 
Etrusker  1,218;  2,24.  So  erscheint  Telephos  erfreuen.  Auf  dem  Markt  in  Tegea  stand  ein 
als  Vater  zweier  Heroen,  die  dann  die  Ahn-  Tempel  der  Geburtsgöttin  Eileithyia,  die  hier 
herren  der  Tyrrhener  oder  Etrusker  den  Namen  A^yri  iv  yovaGiv  hatte,  weil  sie 
und  des  römischen  Herrschergeschlechts  der  an  dieser  Stelle  kniend  ihren  Sohn  geboren 
Tarquinier  werden;  vgl.  Klauben,  Aeneas  u.  haben  sollte,  als  Nauplios  sie  auf  ihres  Vaters 
die  Penaten  2, 1212 f.;  Schwegler,  R.  G.  1,  Aleos  Befehl  zur  Ertränkung  ans  Meer  führte 
104 f.;  Preller,  Rom.  Mythol.  S.  666';  Gruppe,  (Paws.  8,48,7);  und  im  dortigen  Athenetempel 
Crr.  Myth.  S.  204.  629, 4.  Bei  Suidas  s.  Aarlvog  60  war  ein  gemaltes  Bild  von  ihr  zu  sehen  (8, 
wird  femer  Telephos  mit  Latinos  (s.  d.)  47,2);  auch  war  ihr  das  Partheniongebirge 
identifiziert  und  in  dem  Excerpt.  lat.  bar-  heilig,  auf  dem  sie  nach  der  anderen  Sagen- 
har.  {Schönes  Eu^eb.  1,  append.  p.  198)  sowie  fassung  geboren  hatte  {Kallim.  hymn.  4, 70 : 
bei  Malal.  chron.  6  p.  162  u.  Cedren.  1,245  so-  ögog  Isqov  Ai}yr]g).  Über  ihr  Denkmal  in  Per- 
gar selbst  mit  seinen  Keteiem  nach  Italien  gamon  s.u. —  Telephos  aber  hatte  ein  Heilig- 
(Latium)  versetzt  (TArämcr  S.  394, 2).  Kein  tum  auf  demselben  Gebirge,  da,  wo  er  aus- 
Wunder,  wenn  R(h)ome,  die  mit  Aineias  ver-  gesetzt  worden  war  {Paus.  8,54,6),  womit  viel- 
mählte    Eponyme     der    Welthauptstadt,     für  leicht  die  TriXiq>ov   hat  La  tfig  kQv.ccdiccg 


293            Telephos  (als  Lichtgott)  Telephos  (Kultus  in  Pergamon)      294 

{Äpolhdor.  hibl.  1,79)  identisch  ist.  Andere  Weit  einfacher  und  leichter  lilßt  sich  die 
Kultstätten  hatte  er  in  Mysien  und  Lykien  Verbreitung  der  Telephossage  erklären, 
(s.  u.).  nilmlich  durch  Auswanderung  und  Kolo- 
Kaum  lösbar  ist  freilich  die  Frage,  welche  nisation.  Die  Ansicht  Prellers  {Gr.  Myth.  2', 
speziellen  Lichtgottheiten  in  ihnen  zu  erkennen  241),  unabhängig  voneinander  hätte  eine  alt- 
sind oder,  anders  ausgedrückt,  mit  welchen  arkadische  und  eine  altmysische  Sage  von 
der  vorhandenen  wir  sie  identifizieren  dürfen.  Telephos  existiert,  und  beide  wären  erst  durch 
Daher  die  zahlreichen  Vorschläge,  die  man  das  kyklische  p]po8  vereinigt  worden,  ist  un- 
zur  genaueren  Bezeichnung  namentlich  Auges  haltbar;  vielmehr  hat  sie  aus^iriechenland 
gemacht  hat:  bald  gilt  sie  für  eine  Licht-  und  lo  ihren  Weg  genommen  über  das  Ägäische  Meer, 
Geburtsgöttin  (Jahn  a.  a.  0.  S.  49 ;  vgl.  Iioschei\  Dies  dürfen  wir  der  Überlieferung  glauben, 
Selene  u.  Verwandtes  S.  119;  Gruppe  S.  464, G\  daß  aiolische  Arkader  an  der  klein- 
bald  für  die  mit  Athena  Alea  verwandte  Licht-  asiatischen  Ostküste,  und  zwar  auch  in 
göttin  {Welcher,  Götterlehre  1,310;  vgl.  Wer-  Mysien,  sich  angesiedelt  haben  {Ed. 
nicke  bei  Pauly-Wissowa  2,2300),  bald  für  die  Meyer  a.a.O.  2  §  132  S  206;  Thrämer  S.  164. 
mit  Eileithyia  identische  Mondgöttin  {Welcker,  186;  vgl.  auch  Busolt  V,  196  Anm.  1;  192  f. 
ebenda  3,128;  \gl.  Preller,  Gr.  Myth.  2^,  24:0  f.),  Anm.  5).  Aus  alter  Tradition  berichtet  Pau- 
bald  für  die  Morgenröte  {Gerhard,  Gr.  M.  sanias  (1,4,6;  vgl.  Bobert,  Arch.  Jahrb.  188« 
§  485;  E.  Büclcert,  Trojas  Ursprung  S.  61  f.;  S.  95)  von  den  Pergamenern:  avxol  fis  kQ-nädag 
TJirämer  S.  402).  Und  ebenso  halten  den  Te-  20  i^^Xovaiv  slvai  r&v  ofiov  Trj/l^qpoj  diaßccv- 
lephos  manche  für  den  Morgenstern  reo  v  ig  t i}v 'Ja iav .,  und  etwa  gleichzeitig  Ail. 
{Preller  a.  a.  0.;  E.  Rückert  a.  a.  0.),  andere,  Aristeides  {or.  42  p.  520  Jebb)  von  der  mysi- 
und  zwar  mit  mehr  Glaubwürdigkeit,  für  den  sehen  Stadt  Pergamos:  yiyvBxai.  avxr\  dsvtigcc 
Sonnengott  (s.  u.).  Erschwert  wird  die  Auf-  ScTtoiyiia  ösvgo  asrcc  xr]v  i^  'AQ-uccdiccs  r&v 
fassung  durch  das  genealogische  Verhältnis:  a^u  TriXicpco.  Es  handelt  sich  jedoch  hier 
klar  ist  weder,  warum  diese  beiden  Lichtgott-  nicht,  wie  es  fast  den  Anschein  hat,  um  die 
heiten  im  Verhältnis  von  Mutter  und  Sohn  Führerschaft  eines  Oikisten,  sondern  der  hei- 
zueinander  stehen  {Thrämer  S.  401),  noch  wie  mische  Gott  wandert  mit  den  Arkadern 
Herakles  dazu  kommt,  für  Telephos'  Vater  zu  in  die  Ferne.  Für  das  Ansehen,  das  Telephos 
gelten  {Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2  §  170  A.  so  und  Auge  in  der  Heimat  genossen,  ist  ein 
S.  263).  Für  die  soeben  schon  angedeutete  vollgültiger  Beweis,  daß  beiden  auch  an  den 
Formel:  Telephos  =Apollon  läßtsichman-  neuen  Wohnsitzen  eigene  Kultstätten  errichtet 
cherlei  anführen,  wenn  es  auch  nicht  völlig  wurden.  Ausdrücklich  bezeugt  ist  für  Telephos 
durchschlagend  ist.  Wie  man  weiß,  heißt  Her-  in  Pergamon  die  Verehrung  durch  Opfer 
mes  bei  Homer  {a  84)  ^gysCcportrigj  und  dies  {Paus.  5, 13,  3 :  iv  xfj  Usgyaiico  xy  vrchg  tcoxcc- 
bedeutet:  im  hellen  Glänze  erscheinend.  Den-  ^lov  Ka.tv.ov  —  —  ol  xa  TriXi^xa  Q-vov- 
selben  Beinamen  haben  aber  nach  Maaß,  De  xsg).  Des  Hymnus,  den  man  im  Asklepieion  zu 
Len.  et  Delphin.  18  (vgl.  Gruppe  S.  635,  8),  auch  Pergamon  zu  Ehren  des  Telephos,  freilich  mit 
Telephos  {Parthenios  fr.  35  bei  Meineke,  Anal.  Übergehung  seines  Sohnes  Eurypylos,  sang 
Alex.  286)  und  Apollon  {Etym.  Gud.  72, 52),  40  (3, 26, 10),  ist  schon  gedacht  worden  (s.  o.), 
vgl.  auch  Hesych.  jfpyfi-qpdvrrjs  . . .  ytfvxogjovrrjg;  Auch  das  dortige  Grab  Auges  galt  für  eine 
beide  kämpfen  ferner  gegen  den  Argonauten  heilige  Stätte;  war  es  doch  mit  einem  ehernen 
Idas  (//.  J558f.;  Hygin.f ab.  100,  s.o.);  eine,  Kultbild  geziert  (8,4,9).  —  Wie  die  einge- 
freilich  schwer  erklärbare,  Beziehung  zwischen  wanderten  Griechen  durch  ihre  geistige  Über- 
dem  Gotte  und  Telephos  soll  auch  darin  liegen,  legenheit  bei  den  verachteten,  kulturlosen 
daß  Apollons  Geliebter  Kyparissos  (s.  d.),  Mysern  die  Oberhand  gewannen,  verkörpert 
ein  schöner  Knabe  auf  der  Insel  Keos,  der  sich  vorzugsweise  in  der  Überlieferung  von 
wegen  seiner  untröstlichen  Trauer  um  einen  Telephos'  neuer  Königsherrschaft, 
von  ihm  selbst  durch  Zufall  getöteten  zahmen  Zweifellos  sind  die  Erzählungen  vom  Teuthra- 
Lieblingshirsch  in  einen  Zypressenbaum  5o  nischen  Kriege,  von  Telephos'  Verwundung 
verwandelt  wird  {Ov.  Met.  10, 106 f.),  Sohn  und  Heilung  auf  asiatischem  Boden  erwachsen, 
des  Telephos  heißt  {Serv.  Aen.  3,680);  drei  Den  hilfreichen  Gott,  dem  man  die  Errettung 
pompejanische  Wandgemälde  (Heibig  nr.  218.  des  Landes  von  feindlichen  Einfällen  zuschrieb, 
219;  Mau,  Pompeji  S.  357.  496^)  vergegen-  machte  eine  nüchternere  rationalistische  Auf- 
wärtigen  ihn;  doch  die  Identität  seines  Vaters  fassung  zum  tapferen  Stammheros.  Wie  seine 
mit  dem  gleichnamigen  Helden  von  Tegea  ist  abenteuerliche  Jugend  in  der  arkadischen 
zweifelhaft;  ebensowenig  kennen  wir  aber  die  Heimat  von  der  Dichtung  ausgeschmückt  wor- 
etwaige  symbolische  Bedeutung  jenes  Hirsches  den  war,  so  erfuhren  nun  auch  seine  späteren 
und  der  arkadischen  Hindin.  —  Selbst  wenn  man  Schicksale  durch  Hereinziehung  in  den  troi- 
endlich  in  der  Erzählung  von  dem  durch  einen  60  sehen  Sagenkreis  die  Weihe  epischer  Kunst. 
Schlangenbiß  verwundeten  Philoktet  den  Rest  Unter  den  geschichtlichen  Verdiensten,  deren 
eines  Drachenkampfmythus  sich  gefallen  läßt,  sich  die  Pergamener  rühmten,  stand  neben 
80  heißt  es  doch  der  Phantasie  zuviel  zumuten,  der  Unterwerfung  Vorderasiens  und  der  Be- 
wollte man  in  dem  von  Achills  Lanze  verletzten  freiung  des  Landes  von  den  Galatern  auch 
Telephos  die  gleiche  Legende  wiederfinden  der  kühne  Zug  des  Telephos  gegen  die  Grie- 
(gegen  Gruppe  S.  635 f.);  die  Annahme,  als  eben  unter  Agamemnon  (1,4,6:  —  xorl  rb  ig 
wäre  Telephos  die  Hypostase  des  boiotischen  xovg  avv'AyccfiEfivovL  TriXecpov  xöXiiri(icc). 
Hermes -Kadmos,  mag  also   auf  sich  beruhen.  Telephos  ist  somit  ganz  zum  Myser  geworden. 


295     Telephos  (in  Lykien,  Mysien,  Italien)  Telephos  (Bildwerke)              296 

Sehr  erklärlich    daher,   daß   sich    die  spätere  kymaiisch-phokaiische  Einwirkungen  annimmt 

Dynastie  der  Attaliden  des  siesgekrönten,  und  an  eine  Übertragung  auf  dem  Wege  über 

durch  die  Sage  verklärten  Nationalhelden  be-  Kampanien  denkt,  so  lassen  sich  dafür  Münzen 

mächtiffte   und   ihn    zu  ihrem    Stammvater  von    Eupua    mit    Bildern    des   Telephos    und 

erkor.  Wenn  der  salaminische  Aias  oder  auch  seiner  Hindin  anführen  (s.  u.).    Immerhin  be- 

Odysseus  attischen  Familien  als  Ahnherr  galt;  wendet   es    bei    dem    entsagungsvollen    Urteil 

wenn  ferner  die   Könige  von  Epeiros  ihr  Ge-  Thrämers  (S.  894),   daß   über   seine   Bezie- 

schlecht von  Neoptolemos (Pyrrhos)  herleiteten ;  hungen    zu   Italien   das   klärende  Wort 

wenn  endlich  sogar  die  Körner  in  dem  Sobue  noch  zu  sprechen  ist. 

des    eingewanderten    Aineias    den    eponymen  lO  Die  bildlichen    Darstellungen   sollen, 

Begründer  des  julischen  Kaiserhauses  feierten,  dem     mythologischen     Zweck     entsprechend, 

so  sind  das  dazu  Parallelen.  Die  Illusion  drang  gleichsam  in  biographischer  Anordnung 

durch.  Das  neue  Pergamon  suchte  so  den  alten  aufgeführt  werden. 

Kuhm  von  Teuthronia  auf  sich  herüberzuleiten.  Eine  fortlaufende,  geschlossene   Reibe  von 
Im  Hinblick  auf  Telephos'   Vater  wird  Atta-  Reliefs,  welche  die  Schicksale  des  Helden  von 
los   III.    in   einem    Gedicht    Heraklessproß  der  Geburt  an  bis  zum  Tode  (sogar  mit  Ein- 
angeredet  {Nicandr.  ed,  Schneider   p.  1).    Die  Schluß    der   Vorgeschichte)    veranschaulichten, 
Pergamener  ließen  sich  selbst  TriXs<pi^ai  nen-  war    einst   vorhanden    in    dem    Perg ameni- 
nen, worin  sie  durch  ein  Orakel  des  ApoUon  seh en  Tel  ephosfries,  einem  kleineren Seiten- 
von  Gryueia  in  Aiolis  bestärkt  wurden:   C.  I.  20  stück  zu  der  gewaltigen    Gigantomachie.    Er 
Chr.  2,  nr.  8638;   Kaibel,  Epigr.  Gi\  lOab;   vgl.  galt  der  Verherrlichung  des  sagenhaften  Grün- 
V.  Wüamowitz,  Äntigonos  v.  Karystos  S.  160  f.  ders  von   Pergamon,  in  dem   das   Königshaus 
Ein  anderer  Seherspruch,  den  Ail.  Arist.  or.  26  der  Attaliden   zugleich  seinen  Ahnherrn   ver- 
p.  312  «/e66  anführt,  nennt  Pergamon  höXig^lu  ehrte.   Die  Erhaltung  der  gleichfalls  in  Berlin 
Tr\Xiq)ov  xlvrdv;  bei  Zonaras  p.  1728  wir4  befindlichen  Skulpturen  ist  leider  zu   lücken- 
es  Ttiifyig  %6X^g  genannt.    Über  den  Per-  haft,  um  überall  einen  genauen   Einblick   in 
gamenischen  Telephosfries  s.  u.  ihren  Zusammenhang  oder  auch  nur  eine  klare 
Auch   in  Lykien  ward  T.  lokalisiert,   so-  Erkenntnis  der  einzelnen  dargestellten  Szenen 
wohl  in    Patara,    wo   nach    ihm  ein   Demos  zu  ermöglichen;  vgl.  die  feinsinnigen  Erläute- 
und    der   Quell    benannt   waren,    in    dem    er  30  rungen  von  Hohert,  Arch.  Jahrb.  1887  S.  244f.; 
seine  Wunde  ausgewaschen  hatte  (Steph.  Byz.  1888  S.  45 f.;  87 f.,  sowie  von  Schrader  ebenda 
TriXdcpio?   6ijiiog  xai    TriXtcpov   xpijvrj),  und  im  1900  S.  97  f.    Der  ganze  reiche  Stoff  ist  noch- 
Apollontempel   ein   von    T.  geweihter   Krater  mals  auf  das  beste  verarbeitet  von  Winnefeld, 
aus     Hephaistos'     Werkstatt    gezeigt    wurde  Altertümer  v.  Pergamon  3,  2,  155—243  (1900). 
{Paus.  9,41,1),  als  auch  in  Phaseiis,  wo  man  Ob  ein  größeres  höfisches  Epos  die  unmittel- 
im  Athenatempel  die  heilkräftige   Lanze    des  bare  Quelle  gebildet  hat,  die  erst  wieder  aus 
Achilleus    zu    besitzen    wähnte    (3,3,8);    vgl.  der  attischen  Tragödie  geflossen  ist,  steht  da- 
Jahn,  Tel.  u.  Tr.  S.  63  Anm.  73;  Gruppe  S.  329.  hin;  vgl.  darüber  Robert,  Jahrb.  1887  S.  258,  u. 
Und  wieder  ist  es  die  griechische  Kolonisation,  Thrämer  S.  392  f.     Die  folgende    Besprechung 
was  Telephos'   Namen  und  Andenken  an  die  40  der  Bildwerke  wird  bei  den  einzelnen  Erschei- 
Südküste  Kleinasiens  getragen  hat.  Hören  wir  nungsformen    der   Telephossage    auf   die    ein- 
hier  nur  wenig  von  ihm,  so  erhielt  sich   die  schlägigen  Reliefplatten  des  Frieses  hinweisen. 
Erinnerung  an   ihn  um   so  lebendiger  in  der  Statuen  von  Herakles  und  Auge  be- 
von  Arkadern   bevölkerten  Aiolis.    Hier  war  schreibt  nach  eigener  Anschauung  C/?m<odoro5, 
fortan    gleichsam    der    klassische    Boden    der  Anthol.  Pal.  2,26  (1  p.  27  Dbn.);  vgl.  Konrad 
Sagen  von  Telephos.  Denn  während  er  in  Ar-  Lange,  Rhein.  Mus.  35, 121  f. 
kadien  nur  ein  Lokalgott  blieb,  erwuchs  er  in  Herakles  belauscht  Auge  —  dies  das 
Teuthranien,  das  er  geschützt  und  regiert  haben  Thema    eines     der    besten    Friesstücke,    vgL 
sollte,  zu  universell  griechischer  Bedeu-  Robert.,  Arch.  Jahrb.  1888  S.  68;  Schrader  1900 
tung.  Dabei  verzieh  man  ihm  stillschweigend  50  S.  120;    abgeb.  auch  bei   Overbeck,  Plastik  2* 
sogut  wie  etwa  Hektor,   daß  er  an  der  Spitze  Fig.  201  a.    Herakles  steht,  bekleidet  mit  dem 
der  Feinde  gegen    Griechen    gekämpft   hatte,  Löwenfell,  das  aber  die  ganze  Gestalt  freiläßt, 
und    zwar  ihm  um  so   leichter,    als  er   selbst  hinter  einer  sehr  detailliert  mit  Blättern  und 
griechischer  Herkunft  war;   überdies  hatte  er  Früchten  dargestellten  Eiche,  an  deren  Ast  er 
ja    den    Landsleuten    auf   der    zweiten    Fahrt  sich  festhält,  und  blickt  nach  rechts;  von  Auge 
gegen  Troja  den  richtigen  Weg  gewiesen.  Die  ist  nichts  erhalten;  s.  Abb.  1. 
offizielle  pergamenische  Hoftradition  hielt  ihn  Auges    Vergewaltigung     durch    He- 
verständlicherweisc    bis    zu    seinem    Tode    in  rakles  behandeln  drei  pompejanische  Wand- 
Mysien  fest,  wo  er  als  Teuthras'  Nachfolger  bilder,    neu   gedeutet   von    Robert,    Ercole  ed 
die  neue  Herrscherreihe  eröffnete.    Doch  war  60 -4w^e,   Annali  d.  I.  1884    S.  75  f.:    A.  abgeb. 
er  schon  weit  früher,  wahrscheinlich  vom  aio-  Arch.  Zeitg.  1844  Taf.  17,  s.  Abb.  2;  B.  abgeb. 
lischen  Kyme  aus,  nochmals  auf  die  Wander-  Annali  a.  a.  0.  2'af.  H;  C.  abgeb.  ebenda  Taf. 
Schaft   gegangen,    erlangte    aber    auf    itali-  JK.  Trunkenen  Mutes  trifft  Herakles  auf  dem 
schem    Boden   nur   ein  Scheindasein  (s.  0.),  Partheniongebirge  die   mit  Waschen  beschäf- 
das    ihm    als   angeblichen  Vater  der  R(h)ome  tigte  Priesterin,  und  sich  über  den  Felshang 
von  anderen  Heroen  überdies  noch  streitig  ge-  beugend,  sucht  er  sie  zu  verführen.    Über  die 
macht  wurde;  vgl.  Gruppe  S.  204,  629,4.  Wenn  Nebenfiguren  (Dienerinnen  oder  Lokalgottheiten) 
Klausen    {Äneas   u.  die  Penaten  2,1222)   hier  gehen  die  Deutungen  auseinander;  \g\.  Pilling 


297 


Telephos  ^Bildwerke) 


Telephos  (Bildwerke) 


298 


S.  78  f.  —  Die  Annahme,  die  Heraklesstatu»?, 
deren  Torso  von  Bevedere  jetzt  weltbe- 
rühmt  ist,    sei    mit   Auge    (oder   einer  andern 


8<»  wird  das  Bildwerk  erklärt  von  Jahn,  Tel. 
u.  Tr.  S.  4<>f.  54,  u.  Pilling  S.  81,  anders  vom 
Herausgeber  R.  Rochette,  Mon.  ined.  pl.  67  A  1, 
u.  Werniclce  bei  Panly-Wissotva  2,2305. 

Zweifelhaft  ist  auch  ein  von  Winckelmann 
{Man.  incd.  tar.  71  p.  96)  auf  Auge  mit  Kind 
und    Wärterin    bezogenes    Relief;    die    anter 


1)  Herakles  belauscht  Auge  (Friesrel.  v.  Pergamou)  nacl» 

Jahrbuch    des   Kaiserlich    Deutschen    Archäologischen    Instituts 

III.  Band. 

Geliebten)  gruppiert  gewesen,  ist  widerlegt; 
vgl.  Helhig,  Sammlungen  Borns  1^,  76;  Over- 
beck,  Plakik  2\  432  f.  30 

Darstellungen  von  Auges  Entbindung 
und  Telephos'  Aussetzung  auf  Relief- 
stücken des  Pergamenischen  Frieses,  abgeb. 
Arcli.  Jahrb.  1888  S.  55.  57,  sind  nicht  von 
Belang.  Weit  wichtiger  ist  das  Relief  einer 
etrusk.  Aschenkiste,  wahrscheinlich  eine 
Szene  aus  Euripides'  Äuge:  der  von  einer 
Wärterin  aufgetragene  Telephos  wird  von  dem 
erzürnten  Großvater  bedroht,  während  Auge, 
der  sich  ein  Mann  (Nauplios  i  nähert,  schütz-  40 
flehend  auf  einem  Altar  sitzt  und  das  (ver- 
stümmelte) Athenebild  umklammert;  s.  Abb.  3. 


3)    liedrohuug    des    kleinen    Telophos    durch    Aleos    (etr. 
Ascheukiste)  nach  I<aoul  Röchelte,  Mon.  ined.  1827. 

dem  Sessel  der  Frau  liegende  kleine  Hindin 
scheint  allerdings  auf  Telephos  und  seine 
nachmalige  Rettung  hinzudeuten, 

Den  Bau  der  Arche  veranschaulichen 
zwei  zusammengehörige  Friesplatten,  abgeb. 
Ärch.  Jahrb.  1887  S.  244;  1900  S.  113;  s. 
Abb.  4:  Vier  Werkleute  zimmern  ein  kleines 
Fahrzeug;  ein  bekleideter  Mann  tritt  von  links 
heran,  vielleicht  Aleos;  oben  auf  Felsen  sitzt 
eine  stark  verhüllte,  zusammengebeugte  Frau 
(Auge);  vor  ihr  zwei  Begleiterinnen. 

Eine  Münze  mit  Kopf  und  Inschrift  Marc 
Aureis,  geprägt  in  der  mysischen  Hafen- 
stadt Elaia,  erläutert  von  F.  Marx,  Athe- 
nische Mitteilungen  1884  S.  21,  zeigt  auf  der 
Rückseite,  wie  Auge  der  in  einem  Netze 
stehenden  Lade  entsteigt  und  von  vier  Fischern 


8)  Auges  Vergewaltigung  durch  Herakles  (Wandgemälde)         4)  Der  Bau   der  Arche   (Friesrel.  v.  Perg.)   nach  Jahrbuch 
nach  Gerhard,  Archäologische  Zeitung  I.  Jahrgang.  des   Kaiserlich  Deutschen  Archäologischen  Instituts   II.  Band. 

RoscHKK,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V.  11 


Telephos  (Bildwerke 

am  Meeresufer  l»e- 
willkonminet  wird, 
!».  Abb.  6.  Beachtens- 
wert ist  dabei  die 
Abweichung  von  der 
schriftlichen  Über- 
lieferung, wo  Auge 
entweder  mit  Tele- 
phon in  die  Lade  ein- 
geschlossen oder  von 
Schillern  verkauft  al- 
lein nach  Mysien  ge- 

5)  Ange»  Landung  iu  Teathranien   langt;      vgl.     PilUng 
(Mona«)  V.  Klaia)  naoU  MiHeilunu^n   S.  8  f. 

,tiiut4  lü.  Jahrg.  Auges      Grab 

zeigte  mau  in  Per- 
gamon  nach  Paus.  8,4,9;  darauf  als  Denkmal 
ein  nacktes  Weib  von  Erz  (s.  0.)-  Ein  gemaltes 
Kultbild  Auges  gab  es  in  ihrer  arkadischen 
Heimat  (8,47,2).  Ein  Gemälde  Polygnots 
in  der  delphischen  Lesche  stellte  sie  zu- 
sammen mit  Iphimedeia  (s.  d.)  dar  (10,  28,  8); 
vgl.  Jahn,  Tel.  u.  Tr.  S.  63  Anm.  73. 

Die  Hindin  als  Telephos'  Amme  wird 
als  Objekt  der  Darstellung  für  Maler  und  Bild- 
hauer bezeugt  im  Schol.  Find.  OL  3,52;  Pau- 
sanias  (9,81,2)  sah  auf  dem  Helikon  ein 
Erzbild:  die  Hirschkuh  den  Telephos  säu- 
gend. Zahlreiche  noch  vorhandene  Bildwerke 
beweisen  die  Beliebtheit  des  Gegenstandes. 

Kind  und  Tier  allein  erkennt  man  auf 
Münzen  von  Tegea  {EckheJ ,  D.  N.  2,298) 
und  Capua  (J.  Friedländer,  Osk.  Münzen 
Taf.  3  nr.  19.  20). 

Weit  öfter  spielt  sich  der  Vorgang  in  An- 
wesenheit des  Herakles  ab,  so  auf  dem 
Pergamenischen  Fries,  ^Robert,  Arch.  Jahrb. 
1887  S.246;  Schröder  1900  S.  123f.),  wo  freilich 
die  gelagerte  Löwin  (statt  der  Hindin),  an 
der  das  Kind  saugt  (Overbeck,  Plastik  2* 
Fig.  201b),  noch  unerklärt  ist;  vgl.  aber  Tren- 
delenburg in  Baumeviters  Denkmälern  2,1270; 


Telephos  (Bildwerke 


300 


t  e  n  f  a  8  s  e  8 :  UM  yapol.  nr.  1 5 ;  auf  einem  be- 
rühmten, auch  mit  Ortspersonifikationen  reich 
ausgestatteten  herkulanischen  Wandge- 
mälde: Heibig  nr.  1143;  Athenische  Mittei- 
lungen 1914  S.  06:  abgeb.  auch  bei  Mau, 
Pompeji  S.  637;    s.  Abb.  7;    vgl    auch   Heibig 


20 


6)  Herakles  findet  Telephos  am  Euter  der  Löwin  (Friesrel. 
von  Pergamon)  ntMh  Overbeck,  Griech  Plastik  2*  Fig.  201b 

8.  Abb.  6.  Sonst  ist  ausnahmslos  eine  Hirsch- 
kuh zu  erkennen,  so  auf  einem  tönernen 
Relief  bei  Campana,  op.  in  plast.  tav.  25;  auf 
dem  eingeritzten  Bilde  eines  silbernen  Tin- 


7)  Herakles   findet   Telepho«    unter    der    Hindin:     Miliin, 
Galerii-  Mißhdogique  Tom.  II. 

nr.  1144    mit  demselben  Gegenstand,    aber    in 
schwächerer  Ausführung;  sodann  auf  Kaiser- 

30  münzen  von  Tegea  (Munter,  Bibl.  d.  alt. 
Literat,  u.  Kunst,  Taf.  7),  von  Pergamon 
{Eckhel,  D.  N.  2,468),  von  Germe  in  Mysien 
{Eckhel  2, 400 ;  Waddington,  Itetme  numism. 
1852  tob.  4b),  von  Midaion  in  Phrygien 
{Vaillant,  sei.  num.  e  mus.  Fr.  de  Camps  p.  63), 
endlich  auf  Gemmen  ( Tölken  4,118;  Eckhel, 
Choix  de  pierres  gravees,  iah.  26.27;  Impronte 
gemmarie  d.  I.  3,  67),  Dagegen  ist  der  Fame- 
sische  Herkules  in  Neapel,  den   der  Duc   de 

40  Luynes  {Nouv.  Ann.  de  l  Inst.  1  p.  60)  und 
nach  ihm  Jahn  [Tel.  u.  Tr.  S.  63  Atim.  76)  u.  a. 
einer  ähnlichen  Gruppe  haben  zuweisen  wollen, 
'zweifellos  als  Einzelstatue 
eT^unden\Furtwängler,  Art. 
Herakles  1,  2174^  und  über- 
dies älter  als  die  pergame- 
nische  Kunst,  von  der  alle 
vorgenanntenDarstellungen 
abhängig  sind ;    vgl.   auch 

50  PilUng  S.  86. 

Ist  nach  den  soeben  auf- 
gezählten Bildwerken  bei 
Telephos'  wunderbarer  Er- 
haltung Herakles  nur  der 
nachdenkliche  oder  er- 
staunte Betrachter,  so  füh- 
ren mehrere  andere  Darstel- 
lungen ihn  selbst  als 
Retter    des   Söhnebens 

60  vor.  Wie  Hermes  den  Dio- 
nysoäknaben,  so  trägt  er 
den  T.  auf  dem  linken 
Arm:  dies  veranschaulicht 
die  schöne  Statue  im 
Museo  Chiaramonti 

(VisCOriti,     Mus     Pio-Clem.     g)  Herakles  mit  Telephos 

2,  9;    Helbig,   Sammlungen    ^uf  dem  Arme:    Giarac, 

Borns     1',    64;      S.     Abb.    8),        Mus'"  de  Sculpture*  Y. 


«     801 


Telephos  (Bildwerke^ 


Telephos  (Bildwerke) 


302 


ferner  eine  Marmorstat iie  in  Paris  {('larnc, 
Musee  de  sculpt.  tah.  802  nr.  450);  sodann 
ein  (verstümmeltes)  Marmorbildwerk  der 
Sammlung  Nani  im  Museum  zu  Aviguon 
{Gerhard,  Ani.  Bildw.  118, 3j:  hier  ist  auch 
die  Hinilin  mit  dargestellt;  dann  eine  Herme 
{(ierhard  113,2);  ein  Marniorrelief  im  vati- 
kanischen Cortile  di  Belv edere  (Crer/mrr/ 
113,1):  Herakles  trägt  mit  der  Linken  außer 
dem  ihm  oft  beigegebenen  Füllhorn  noch  den  lo 
kleinen  Telephos,  />u  dem  eine  gehörnte  Hirsch- 
kuh emporblickt;  anwesend  ist  auch  Dionysos; 
vgl.  J\  Hartwig,  HcrakL  mit  d.  Fiillh.  S.  65; 
endlich  eine  Kaiser- 
münze V  o  n  T  a  r  8  o  8  in 
Kilikien  {Miliin,  Galt, 
uiythol.  115,  450):  die 
Rechte  auf  die  Keule 
gestützt,  hält  Herakles 
mit  der  Linken  den  20 
Knaben,  der  dieÄrmchen 
nach  der  Hindin  aus- 
streckt; s.  Abb.  9.  — 
Gehörnt 


11)  Unterredung  zwischen  Auge  und  Telephos:    BuUettino 
Archeologico  Napolitano,  Napoli  1859,  tav.  12. 

erkennung,  etwa  die  Beratung  über  die  Heim- 
kehr {Hygin.  fah.  100;  Anthol.  Pal.  3,2;  s.  o.); 
s.  Abb.  11.  —  Andre  Darstellungen,  die  man 
hierher  bezogen,  weist  Pilling  S.  89 f.  mit 
Recht  ab. 

Telephos'    Kampf  mit  den   Griechen 
26)  u.  auf  dem  Marmorrelief  im  vatikanischen  30  in    der    Kaikosebene    hatte   nach    Paus.  8, 


wie  bei  So- 

9)   Herakles  mit  Telephos     phokh'S  {fl.  Sß  Nck.\  Vgl. 

rL'''"/r/'^'^""?"'T;'  ^^<^f^ol.    Pind.    Ol.  3,52; 
Ga^r^eMytkolog^,u.  lom.II.    ^^^^^^^    ^^^^^^    .^^    :.^^.^ 

gens    die    Hirschkuh    nur    auf   der   Wiener 
Gemme   {Eckhd,   Choix  de  pierres  grarees  tah. 


Cortile  di  Belvedere  {Gerhard,  Ant.  Bildw 
113,  1). 

Telephos'  Ankunft  in  Mjsien  ver- 
gegenwärtigen einige  Relief'platten  des  Per- 
gamenischen  Frieses,  abgeb.  Arch.  Jahrb.  1888 
S.  48. 

Seine  Begegnung  mit  der  Mutter  war 
dargestellt  auf  einem  Bildwerk  in  Kyzikos, 
das  beschrieben  ist  in  einem  Epigramm  der 
Anthol.  Pal.  3,  2  (s.  o.) 


45,  4  Skopas  in  der  westlichen  Giebel- 
gruppe des  Athenatempels  zu  Tegea 
dargestellt;  zwei  schmerzvoll  blickende  Männer- 
köpfe, ausgegraben  1879  von  der  Französischen 
Schule,  jetzt  in  Athen,  abgeb.  bei  Overbeck^ 
Pla.Hik  2\22,  u.  bei  Springer  -  Michaelis  l^ 
267,  werden  auf  diese  berühmten  Skulpturen 
bezogen;  ob  einer  der  Köpfe  dem  verwundeten 
Telephos  gehört,  steht  dahin ;  vgl.  auch  Pilling 
40  S.  90  f. 


Die  Szene  zwischen  Mutter  und  Sohn 
im  Brautgemach  glaubt  man  zu  erkennen 
auf  einem  starkbeschädigten  Pergamenischen 
Plattenüberrest  {Arch.  Jahrb.  1887  S.  245C; 
ebenso  Schrader  1900  S.  126): 
f  iZIZA^X-^^IZ^  vor  einem  Vorhang  ringelt 
\S|[  sich  eine  große  Schlange 
'  empor:  links  eine  lebhaft  be- 
wegte männliche  Gestalt;  s. 
Abb.  10.  —  Auf  dieselbe  50 
Szene  bezieht  Pibbeck  {M. 
Trag.  S.  615)  das  durch  Na- 
mensbeischriften erläuterte 
Bild  eines  Kraters  {Mi- 
fiervini,  Bullett.  Nap.  1859, 
tav.  12):  Telephos,  mit  Lö- 
10)  Telephos  und  Auge  ^enfcll  und  Stiefeln  angetan, 

(Frie8reTv*rrg!)nach  f^^^  ^^J  ^^^^^  Steinsitz    das 

Jahrb.  d.Kais.  Deutsch.  Schwertaul  den  linken  bchen- 
Archäoi.instnatsii.'BA.  kel  stützend  und  es  mit  bei- 60 

den  Händen,  umfassend;  vor 
ihm  steht  Auge  mit  phrygischer  Mütze,  im 
Gespräch  die  erhobene  Rechte  gegen  Telephos 
gerichtet.  Die  Gestalten  sind  jedoch  in  ihrer 
Haltung  zu  ruhig,  als  daß  sie  jener  erregten 
Situation  entsprächen.  Es  handelt  sich,  falls 
das  Bildwerk  echt  ist  {Wernicke  a.  a.  0.  2,  2305), 
wohl   eher  um  eine  Szene   nach   der  Wieder- 


Der  Pergamenische  Telephosfries  behandelte 
zweifellos  die  Verwundung  des  Helden 
durch  den  verhängnisvollen  Lanzenstoß;  auf 
einem  Plattenstück  sieht  man,  wie  die  Lanze 
des  von  hinten  gesehenen  Achill  in  den  Ober- 
schenkel des  hoch  aufgerichteten  Telephos 
dringt,  in  dessen  Nähe  Weinlaub  sichtbar  ist; 
Dionysos  selbst  eilt  herbei  mit  Binde  und  Epheu 
im  Haar  und  einem  Tierfell  über  dem  Chiton; 


12)  Yerwunduug  des  Telephos  (Friesrel.  von  Pcrg.)    nach 
Jahrbuch  d.  Kaiserlich  Deutschen  Archäol.  Instituts  II.  Band- 

11* 


303 


Telephos  (Bildwerke) 


Telephos  (Bildwerke) 


304 


IS)  Telephot  dtit  »Uein  »in  Altar,  nach  PoUak,  Zwei  Vatenbilder  au$  der  Werkttatl  de»  Hleron  (1900),  Taf.  1. 


Tgl.  Arch,  Jahrb.  1887  S.  249  f.  E;  vgl.  auch 
Sdirader  1900  S.  128;  s.  Abb.  12.  Ebenso  zeigt 
eine  Vase  von  Caere,  jetzt  in  der  Peters- 
burger Eremitage  (nr.  1276  Stephan!,  Mon.  d. 
I.  6  tav.  84),  bei  starker  Verstümmelung  eine 
Szene  aus  der  Schlacht  am  Kai  kos,  nämlich 
wie  Diomedes  den  toten  Thersandros  aus  dem 
Kampfe  trägt  {Petersen,  Arch.  /Ag.  1879  S.  l»f.); 
leider  ist  von  Telephos,  der  ihn  getötet  hat, 
wenig  zu  bemerken. 

Das  Bild  einer  Vase  im  Britischen 
Museum  (Gei'hard,  Auserles.  Vasenb.  Taf.  186) 
trägt  zwar  die  Inschrift  TEAE^OZ^  ist  aber 
von  Jahn,  Tel  u.  Tr.  S.  80  f.,  richtiger  auf 
Troilos  gedeutet  worden.  —  Andere  Denkmäler, 
deren  Erklärung  zweifelhaft  ist,  verzeichnet 
PiVing  S.  92  f. 

'Auf  ein  Bild  des  verwundeten  Tele- 
phoB'  betitelt  sich  ein  Gedicht  des  Phüostratos 
in  der  Anthol.  Pal.  2  p.  548  Dbn.  {Planud. 
110),  das  den  Kampf  an  der  Küste  Teuthra- 
niens  und  Telephos'  Unfall  schildert,  ohne 
freilich  den  äußeren  Eindruck  des  Verletzten 
anschaulich  zu  kennzeichnen. 

Platten  des  Telephosfrieses  zeigen  die  erste 
gastfreie  Aufnahme  des  Telephos  im 
Kreise  der  Achäerfürsten,  eine  figuren- 
reiche Szene,  die  seiner  Erkennung  und  Hei- 
lung vorausgeht;  vgl.  Robert,  Arch.  Jahrb. 
1887  S.  251F  u.  Schrader,  1900  S.  117f.,  sowie 
Cöllignon,  Gesch.  d.  gr.  Plastik  2,bl'2,  d.  Übers.  \ 
Abb.  276.  Man  hat  soeben  gespeist  und  sitzt 
beim  Nachtisch:  Telephos  ist  bekleidet  mit 
einer  um  die  Hüften  geschlungenen  Chlamys, 
die  er  am  linken  Oberschenkel  lüftet,  um  seine 
"Wunde  zu  zeigen.  Von  den  griechischen  Führern 
ißt  Achill  mit  seiner  (auffallend  langen)  Lanze, 
dem  heilkräftigen  Speer,  zu  erkennen;  aber 
auch  Nestor,  Agamemnon  und  Menelaos  lassen 
eich  etwa  unterscheiden.  Jugendliche  Diener 
mit  Trinkgefäßen  (links)  und  einer  großen 
Fruchtschale  (rechts)  schließen  das  Bild  ab. 

Die  Besprechung  der  sagengeschichtlichen 
Literatur  (s.  o.)  hat  nachzuweisen  gesucht,  daß 
in  den  Kyprien  Telephos  allein  am  Altar 
sitzt,  bei  Aischylos  mit  Orest  dahin  seine 
Zuflucht    nimmt    und    erst   bei   Euripides 


des  Kindes  Leben  bedroht.  Alle  drei 
Stadien  der  poetischen  Entwicklung  lassen  sich 
durch  Monumente  belegen;  über  Aischylos' 
u.  Euripides^  Tragödien  s.  o. 

Auf  einem  Vasenbilde  des  Hieron 
(1.  Hälfte  des  5.  Jahrh.)  sitzt  Telephos  allein 
am  Altar  eines  Palasthofes;  vgl.  PoUdk, 
Zivei  Vasen  aus  der  Werkstatt  des  Hieron, 
ZQ  Leipzig  1900;  Höfers  Art.  Orestes  3,959; 
Gruppe,  Burs.  Jahresber.  137,  620 f.;  s.  Abb.  13. 

Ferner  sehen  wir,  wie  nach  Aischylos 
Telephos  ruhig  auf  dem  Altar  sitzt, 
mit  der  Linken  den  Knaben  haltend, 
ohne  ihn  irgendwie  zu  bedrohen,  auf  dem  Ge- 
mälde einer  Volcenter  Vase  des  ä.  Jahr- 
hunderts im  Brit.  Mus.  nr.  724,  abgeb.  bei 
Jahn,  Arch.  Aufs.  Taf.  2  u.  Overbeck,  Heroen- 
gallerie  Taf  13,9;  vgl.  RobeH,  Bild  u.  Lied 
40  S.  146;  Pilling  S.  93;  s.  Abb.  14. 

Die  zahlreichen  übrigen  Darstellungen  der 
Szene  mit  der  Bedrohung  Orestes  sind 
demnach  sämtlich  auf  Euripides  zurückzu- 
führen;  und   zwar  zeigt  sich  die  Bedrohung 

1.  nur  angedeutet  auf   einer    Ruveser 


14)   Telephos   sitzt  auf  dem  Altar  mit  Orest,  Yasenbild 
nach  Jafiv,  Archäol.  Aufsätze,  Taf.  2. 


•iOf) 


Telephos  (Bildwerke; 


Telephos  (Bildwerke) 


306 


Vase  im  Neaplcr  Museum  {Jieydemnnn 
nr.  229;-i),  zwar  iu  unschönen,  schwerfälligen 
Zügen,  aber  mit  deutlicher  Kennzeichnung  der 
Sachlage,  abgeb.  bei  Jahn,  'Tel.  u.  Tr.  u.  kein 
Ende,  Taf.  1 ;  vgl.  S.  4  f.  Auf  dem  Altar  kniet 
mit  dem  linken  Bein  Telephos,  während  das 
rechte,  am  Oberschenkel  mit  einer  Binde 
umschlungen,  unter  der  Blut  hervorsickert, 
nach  dem  Fkdboden  ausgestreckt  ist.  Er  ist 
bärtig,  trägt  das  musische  Hütchen,  sonst  nur 
noch  die  Chlamys,  die  der  Wind  hinter  seinem 
Rücken  aufbauscht.  Mit  der  Linken  hält  er 
den  kleinen  Orest,  dessen  Unterkörper  eine 
Art  Mantel  einhüllt,  mit  der  Rechten,  nach 
dem  Kinde  hin,  das  gezückte  Schwert,  (jegen- 
über  dem  entschlossenen,  herausfordernden 
Blick    des    Kindesdiebes   ist   die    IJaltuncr   des 


dem  linken  Arme  fest;  die  Rechte  ißt  zur 
Faust  geballt,  wie  um  dem  Kinde  das  Haupt 
zu  zerschmettern  (oder:  ein  ursprünglich  vor- 
handenes Schwert  ist  nicht  erhalten,  vgl.  Pil- 
ling  S.  iiö);  die  Wärterin  kauert  erschrocken 
neben  dem  Altar;  s,  Abb.  16. 

Kine  ansehnliche  (iruppe  für  sich  bilden 
schließlich  siebzehn  Reliefs  auf  etruski- 
schen  Asche nkisten;  vgl.  Brunn,  Urne 
10  Etrusche,  tav.  26—34  u.  73,  3;  Jahn,  Arch.  Aufs. 
S.  174 f.;  Schlie,  Darstellungen  des  troischen 
Sagenkreises  auf  elrusk.  Aschenkisten  S.  39  f. 
Nach  dem  Inhalt  lassen  sie  sich  folgender- 
maßen ordnen: 

a)  Telephos  eilt  mit  dem  an  der  Hand  er- 
faßten und  ihm  willenlos  folgenden  Orest,  den 


20 


15)  Bedrohung  Orests,  Vasenbild   nach  Jahn,  Telephvs 
und  Troilos  und  krin  Ende  (1859)  Taf.  1. 

vor  ihm  stehenden  Agamemnon  ruhig  und 
würdevoll;  s.  Abb.  15.  —  Ähnlich  ist  die  Situa- 
tion dargestellt  auf  einer  Karneolgemme 
(abgeb.  bei  Overbeck,  Heroengallerie  Taf.  13,  5 
u.  Baumeister  S.  1724  nr.  1806). 

2.  in  heftiger  Bewegung  auf  einer  rot- 
figur.  Vase  von  Cumae  (abgeb.  Ar cli.  Zeitung 
1857  Taf  106  u.  bei  Baumeister  S.  1725 
nr,  1807):  Telephos,  der  an  einen  niedrigen 
Altar  geflohen  ist,  hält  mit  ausgestreckter 
Linken  den  Orest  am  rechten  Bein  und  will 
ihn  mit  dem  Schwert  töten,  Agamemnon  be- 
droht den  Feind  mit  dem  Spieß,  wird  aber 
von  Klytaimestra  zurückgehalten;  Schwester 
und  Amme  des  Knaben,  beide  mit  Gebärden 
des  Entsetzens,  sind  gleichfalls  sichtbar.  Hier 
ist  der  Höhepunkt  der  Leidenschaft  dargestellt. 
—  Dies  gilt  auch  von  einer  Vase,  abgeb.  bei 
Tischhein,  Vases  d' Hamilton  2, 6,  u.  einem 
silbernen  Trinkgefäß  aus  Kertsch,  jetzt 
in  der  Petersburger  Eremitage,  abgeb.  Arch. 
Zeitung  1857  Taf  107,  wo  gleichfalls  dem 
Kinde,  unter  lebhafter  Teilnahme  der  Ange- 
hörigen, die  ernsteste  Gefahr  droht.  Endlich 
gehört  hierher  das  einschlägige  Reliefstück 
vom  Pergamenischen  Fries,  abgeb.  Arch.  Jahrb. 
1887  S.  245  D,  und  1900  S.  130,  bei  Overbeck, 
Plastik  2*  Fig.  201  u.  Baumeister  S.  1272 
nr.  1429:  Telephos,  an  dessen  linkem  Ober- 
schenkel Binden  sichtbar  sind,  sitzt  auf  dem 
Altar  und  hält  den  Kleinen  rücksichtslos  unter 


30 


16)  Bedrohung  Orests  (Friearel.  v.  Pergamon)  nach  Jahrbuch 
dvt  KaiserUch  l)eatscheii  Archiioloyinchcu  Iu$titats   II.  Band. 

er  überdies  bedroht,  nach  dem  (nicht  sicht- 
baren) Altar  hin:  Brunn  28,  5.  6;  29,  9;  30,10. 
40  b)  Telephos  bedroht  mit  dem  Schwert  den 
Orest,  den  er  auf  den  Altar  gesetzt  hat ;  Brunn 
26,1.2;  27,3.4;  29,  7.  8;  31, 12;  32,13.14; 
33,  15.  16.  In  Nebenumständen  herrscht  hier 
keine  Übereinstimmung;  ebensowenig  in  Zahl 
und  Haltung  der  andern  Personen. 

c)  Telephos  hat  den  Orest  quer  über  den 
Schoß  gelegt  und  bedroht  mit  der  Spitze  des 
breiten  Schwertes  das  Haupt  des  Knaben,  der 
sich  mit  den  Ärmchen  zu  wehren  sucht;  Aga- 

;">o  memnon,  reichbekleidet  und  mit  phrygischer 
Mütze,  hemmt  entsetzt  den  Schritt,  überdies 
zurückgehalten  von  Klytaimestra;  hinter  ihm 
zwei  bewaffnete  Krieger:  Brunn  31,11;  Jahn, 
Tel.  u.  Tr.  S.  5  f.  u.  Taf  1;  Baumeister  S.  1726 
nr.  1808. 

d)  An  das  Gemälde  der  rotfigur.  Ruveser 
Vase  im  Neapler  Museum  (s.  o.)  erinnert  end- 
lich einigermaßen  das  Relief  des  großen 
etruskischen     Sarkophags     im    vatikani- 

tjo  sehen  Museo  Gregoriano  {Brunn  a.  a.  0  73,  3), 
wenigstens  in  der  Haltung  des  Telephos  und 
seines  kleinen  Gefangenen,  während  allerdings 
Agamemnon  nicht  wie  dort  ruhig  vor  ihm 
steht,  sondern  feindlich  auf  ihn  eindringt. 

Auch  ein  etruskischer  Spiegel,  her- 
ausgegeben von  Heydemann  {Mon.  d.  1.  9,7; 
Annali  1869  S.  166  f.),  bekundet  so  deutlich 
seine    Zugehörigkeit  zu   dieser  Telephosszene, 


307 


Telephos  (Bildwerke) 


Telesidromos 


ao-s 


daft  seine  anklaren  Namensbeisobrifben  nicht 
irrefahren  können;  vgl.  PUling  S.  97  f. 

Telephos'  Heilung  darcb  Achill  yer- 
anscbaalichte  ein  Gemälde  des  Parrhasios, 
erscblossen  von  Jafui,  Tel.  u.  Tr.  S.  9  aus  JPiin. 
N.  H.  86,71:  laudantur  et  Äeneas  Castorque 
ac  Pollux  in  eadem  tabula  (Parrhasii),  item 
Telephus  Achilles  Agamemnon  Ulixes. 
Zar  Erl&aterang  dieser  PliniuästeUe  können 
nftmlich  zwei  andere  dienen,  25,  42:  aeruginem 
—  —  pingitur  (Achilles)  a  CHspide  decutiens 
gladio  in  volnus  Telephi,  u.  34,152:  est  et  ro- 
bigo  ipsa  in  remediis  et  sie  proditur  Telephum 
sanasse  Acfnlles,  sive  id  aerea  sive  ferrea  euspide 
fuü ;  ita  certe  depingiiur  ex  ea  decutiens  gladio. 
Nach  Brunn,  Künstlergeschichte  2, 99.  112, 
Jahn  S.  10  und  Robert,  Bild  u.  Lied  S.  35,  ist 
die  Quelle  für  Parrhasios'  GemÄlde  Euripides 
gewesen. 

Wahrscheinlich  war  es  selbst  wieder  die 
Vorlage  für  ein  trefiFliches  Bild  auf  einem 
etruskischen  Spiegel,  jetzt  im  Berliner 
Museum,  abgeb.  bei  Gerhard,  Heilung  des 
Telephos,  Taf.  1;  Etrusk.  Spiegel  Taf.  229; 
Springer- Michael  IS  1  ^,  880 :  rechts  sitzt  Telephos 
(tele),  am  rechten  Schenkel  verwundet  (s.  u.); 
vor  ihm  schabt  Achill  (a;i;le)  mit  dem  Schab- 
eisen den  Rost  von  der  Lanze  ab;  links  steht 
Agamemnon  (a;|rmemrun)  —  das  Ganze  ein  Bild 
eines  großen  Meisters  würdig!  Gegen  die  Be- 
ziehung auf  Parrhasios  könnte  man  höchstens 
anführen,  daß  hier  Odysseus  fehlt,  dessen  An- 
wesenheit auf  jenem  Gemälde  Plinius  (35,  71) 
gerade  bezeugt.  Die  Beischrift  tele  (s.  d.)  ist  wohl 
Verstümmelung  des  Namens  auf  der  hier  etwas 
zerstörten  Zeichnung,  nicht  Abkürzung  (gegen 
Deecke,  Bezzenb.  Bcitr.  2,  169);  vgl.  auch  den 
Art.  Tek  Sp.  247;  s.  Abb.  17.  Daß  Telephos  hier 
am  rechten  Beine  verwundet  (und  zwarunver- 


17)  Telephos'  Heilung,  etrask? Spiegel  nach  Springer, 
Kumtgetchichte  1%  386. 


bunden)  ist,  steht  nicht  vereinzelt  ila:  es  ist 
auch  der  Fall  auf  der  Ruveser  Vase  in  Neapel 
{Heydemnnn  nr.  2298),  abgeb.  bei  Jahn,  Tel. 
u.  Tr.  u.  kein  Ende,  Taf.  1;  (s.  o.)  sowie  auf 
jBwei  bereits  angeführten  etrusk,  Aschenkisten: 
Brunn,  V.  E.  29,7  u.  32, 13  Kein  Verband 
ist  zu  bemerken,  vielleicht  weil  er  ursprüng- 
lich nur  mit  Farbe  angedeutet  war,  die  jetzt 
verschwunden    ist,    bei    Brunn    26,2;   27,3.4; 

10  28,5.6;  29,9;  30,10;  31,12  und  auf  der 
Gemme  von  Karneol,  abgeb.  bei  Baumeister 
S.  1724  nr.  1806;  vgl.  auch  PiUing  S.  96.  98. 

Den  gleichen  Vorgang  schildert  das  Relief 
einer  etruskischen  Aschenkiste  {Brunn, 
U.  E.  34,  18):  Telephos  sitzt  auf  einem  Stuhle 
und  richtet  die  Lanze,  die  ihm  Achill  hinhält, 
auf  sein  verwundetes  Bein;  außerdem  sind  an- 
wesend Agamemnon,  eine  geflügelte  Gottheit, 
Klytaimestra  und  an  der  Hand  des  Paidagogen 

80  der  kleine  Orest;  vgl.  PiUing  S.  103  u.  Höfers 
Art.  Orestes  Sp.  961. 

Andere  Darstellungen,  z.  B.  ein  von  Winckel- 
mann  (Mon.  ined.  122)  auf  Telephos'  Heilung 
bezogenes  Bild  einer  Gemme  im  Berliner 
Museum  aus  der  Sammlung  Stosch,  lassen  auch 
andere  Deutungen  zu;  vgl.  PiUing  S.  103 f. 

Auf  einigen  Platten  des  Pergamenischen 
Frieses  glaubt  Schrader  (Arch.  Jahrb.  1900 
S.  135  u.  Taf.  1)   Darstellungen  friedlicher 

30  Tätigkeit  des  Königs  zu  erkennen.  Und 
schließlich  vermutet  er  in  der  Leiche,  au  deren 
(allein  noch  sichtbares)  Kopfende  zwei  Diener, 
einer  mit  einem  Kasten,  herantreten,  trotz  der 
Zweifel  Roberts  (ebenda  1888  S.  88),  dem  der 
Tote  mit  seinem  Lockenhaupt  zu  jugendlich 
erscheint,  doch  den  aufgebahrten  Telephos 
(ebenda  1900  S.  133;  s.  auch  Overheck,  Plastik 
2*  Fig.  201  d).  So  begleiten  die  Bildwerke  in 
den  verschiedensten  Kunstformen  den  Helden 
bis  an  sein  Lebensende.  [Johannes  Schmidt.] 
Teles  (TsXrjg),  Sohn  des  Herakles  von  Lysi- 
dike,  der  Tochter. des  Thespios;  vgl.  Apoll.  2, 
7,  8,  2  TiGav  ds  Tiat&tg  avto)  (seil.  Herculi)  .  .  . 
TiXrig  Ävöidixrig.     [Preisendanz.] 

Telesidromos  {TsXsöldQOiiog),  Heros  in  Eleu- 
sis,  der,  wie  aus  seinem  Namen  und  aus  der 
Natur  des  mit  ihm  verbundenen  Hermes  'Eva- 
yüviog  zu  schließen  ist,  in  enger  Verbindung 
mit  den   an  den  großen  Eleusinien   gefeierten 

50  Agonen  stand;  seine  Kultstätte  wird  in  der 
Nähe  des  Stadions  zu  suchen  sein,  C.  I.  A.l,  5. 
Lenormant,  Becherches  archeologiques  ä  VEleu- 
sis  70,  78.  von  Trott  und  Ziehen,  Lcges  Graec. 
sacrae  2,  2  p.  7  (vgl.  p.  9  Anm.  16).  O.  Ruben- 
sohn,  Mysterienheiligtümer  in  Eleusis  u.  Samo- 
thrake  33  (vgl.  19r,).  v.  Prott,  Hermes  24  (1889\ 
251.  Ufiener,  Götternamen  259.  Gruppe,  Griech. 
Myth.  1138,  2.  Toepffer ,  Att.  Genealogie  82, 
Anm.  4.    E.  Maaß,  De  Lenaeo  et  JJelphinio  13 

60  Anm.  2.  A.  Mommsen,  Feste  der  Stadt  Athen 
196.  Fei.  Jacoby,  Das  Marmor  Partum  79. 
Telesidromos  findet  sich  auch  als  Personen- 
name, V.  Wilamoivitz,  Kordionische  Steine  (Ab- 
handl.  d.  k.  Preuß.  Akad.  d.  Wiss.  1909,  II) 
S.  35  nr.  9.  Zu  vergleichen  ist  der  Heros  Tro- 
chilos  (s.  d )  und  besonders  der  auf  einer  In- 
schrift aus  dem  Stadion  in  Delphi  erwähnte 
wohl  gleichfalls  agonistische  Heros  Evögonog, 


30i)                       Telesiurgos  Telesphoros  (Literatur;             310 

Homolle,  Corr.  Hell.  23  (1899),   «11  ff.    v.  Prott  Reise,  die  er  als  kranker  Knabe  mit  seiui'ni  Er- 

und  Ziehen  a.  a.  0.  2,  2  p.  216  f.  ur.  73.  zieher  nach  Per^araon  habe  unternehmen  mÜH- 

[Höter.j  sen,  erzählt  er  in  den  '  hgol  loyoi   or.  24,  1  \).  467 

Telesiurgos  {TsXsaiovQyu^),  Beiname  des  Zeus  Dind.),  diesem  seinem  Begleiter  seien  dort  durch 

auf  einer   Insclirift    aus   Milet:    nUGd^Blg     Jd  eine  nächtliche  Erscheinung  des  Ahklepios  Heil- 

TsXfaLovgyo),  Th.  Wiegand,  Siebenter  lutrläufiger  mittel    für   ihn,    seinen   jugendlichen    Zöj^ling, 

Bericht  über  Ausgrabungen    in  Milet  und  Di-  otfenbart  worden,  darunter  Balsamsaft,  ein  (ie- 

dymn    {Abhandl.   d.   legi.  Alcad.   d.   Wiss.  1911  schenk  des  Telesphoros.  Ferner  habe  Aaklepioa 

phil.  hist.  (Uass)  16,,  (vgl.  Arch.Anz.  1906,  20).  jfewiinscht,  er  solle  selbst,  um  nicht  für  seine 

Bei  Hesych.  s.  v.  TsUioi  wird  das  Zeusepithe-  lo  Heilunj^  ein  Körperglied  opfern  zu  müssen,  dem 

toh  Teittoi  durch  r6Xi:6iov(jy6<i  erklärt,  also  =  Telesphoros  seinen  Fingerring  weihen  (I  p.  472 1. 

*  Vollender'.  In  der  milesischen  Inschrift  scheint,  Telesphoros  erscheint  sodann,  neben  Asklepios 

worauf  rsXe6y)-tig  weist,  Telesiurgos  mit  Bezug  stehend,  dem  Erzieher  des  Aristeides  im  Schlafe 

auf  die  Einweihung  in  die  Mysterien  gebraucht  and.   gibt   ihm   Ratschläge   für  die  Kur   seines 

zu  sein.  —  Jai^ovf-g  xoXaörtxo)  xar)  xat^apTtxoi  kranken  Zöglings  {or.  2ö,  I  p.  492).  Ein  andrer 

xai    TsXeöiovQyol    im    Schol.  Fiat.  (iorg.  523  B  Traum  zeigt  dann  wieder  dem  Aristeides  selbst 

p.  324  Hermann.     Vgl.  d.  Zeus  Teleios.  das  Kultbild  des  Telesphoros  im  Asklepiostem- 

[Höfer.  1  pel  zu  Pergamon  (I  p.  494);    hier  verweilt  er 

Telesphoros  I  {l'^Xta^pogog),   ein   Heil-  nämlich,  während  in  der  Stadt  ein  Schauspiel 

dämon  aus  der  Umgebung  des  Asklepios,   der  20  aufgeführt  wird,  in  stiller  Zurückgezogenheit, 

knabenhafte  Genius  der  Genesung  und  Jugend-  nicht  weit  von  der  Kapelle  der  Hygieia  (or.  26, 

liehen  Entwickelung.  Ip.  500),  sodaß  man  sich  in  diesem  pergame- 

In  der  mythographischen  Literatur  nischenAsklepiosheiligtum  Kultstätten  oder  An- 
erfreut er  sich  schon  seit  dem  18.  Jahrhundert  dachtsbilder  aller  drei  Gottheiten,  des  Askle- 
häufiger  Behandlung:  P.  Zorn,  De  Telesphoro  pios,  der  Hygieia  und  des  Telesphoros,  ver- 
in  nummis,  gemmis  et  inscriptionibus  veterum  einigt  zu  denken  hat;  vgl.  Schenck  a.  a.  0.  S.O. 
Aesculapii  et  Hygiciae  comite;  Miscell.  Groning.  Den  nämlichen  drei  Heilgöttern  weiht  Aristei- 
n  195  f.  1739,  u.  Joh.  Matth.  Gesner,  Comment.  des  nach  seiner  Genesung  einen  silbernen  Drei- 
societ.  scient.  Gotting.  II  298  f.  1752.  Sodann  fuß,  dessen  Füße  geschmückt  sind  mit  den  gol- 
erwähnen  ihn  die  mythologischen  Handbücher  30  denen  Bildern  jener  drei  Gottheiten  (I  p.  516). 
\ on  Creuzer  {SyrnbolikU^ '69S{.),  K.  Otfr.  Mül-  Auch  nach  Aristeides'  Heilung  läßt  es  Teles- 
ler  {Handb.  d.  Archüol.  §  394  ^) ,  Gerhard  {Gr.  phoros  an  einer  von  phantastischen  Umständen 
Myth.  I  §  503;  500;  514),  Welcher  {Götterlehre  begleiteten  nächtlichen  Göttererscheinung  nicht 
U  739  f.),  Preller -Bobert  {Gr.  Myth.  1^522f.;  fehlen  (Ip.  494):  dabei  strahlt  die  gegenüber- 
527),  Gruppe  {Gr.  Myth.  S.  295;  1070;  1455).  stehende  Wand  wie  von  Sonnenlicht  wider 
Neuerlich  sind  ihm  wieder  spezielle  Untersu-  {ccvriXay.itBV  iv  rm  naravtLyiQv  xoixat  ceXccg  loo- 
chungen  gewidmet  worden  von  Warwick  Wroth',  nsQ  i^  fjXLOv).  —  Von  einem  ähnlichen  Traum- 
Telesphorus  {Journal  ofhelLstiid.lS82  S.  283f.^  oresicht  berichtet  Marinas  im  Leben  des  Pro- 
1884  S.  161  f.)  und  namentlich  von  L.  Schenck,  /.ios  (heraus^eg.  v.  Boissonade,  Paris  1850)  c.  7: 
De  Telesphoro  deo,  Diss.  Göttingen  1888,  sowie  4o  Diesem  erscheint  während  einer  schweren  Krank- 
der  Art.  ' Telesphorus''  bei  Daremberg  u.  Saglio.  heit  der  blühende  Götterknabe  Telespho- 
Vgl.  auch  V.  Wilamowitz ,  Isyllos  v.  Epidauros  ros  (Ttatg,  og  tdöy-st  veog  'Ao^idy  -aal  cogatog 
S.  55;  G.  Fougeres,  Bull.  d.  Corresp.  Hell.  Idslv),  berührt  des  Kranken  Haupt,  macht  ihn 
1890  S.  595 f.;  Ziehen,  Athen.  Mitteilungen  1892  auf  einmal  gesund  {vyifi  i'^ccicpvijg  iv.  xccfivovrog 
S.  241  f.;  Sal.  Reinach,  Bev.  des  et.  gr.  1901  aTrstreZ« (je)  und  verschwindet.  Hierin  liegt  zu- 
S.  343  f.  —  Die  Bildwerke  bei  Müller-  Wieseler,  gleich  eine  etymologische  Anspielung  (s.  u.).  — 
Denkmäler  der  alten  Kunstllni'.  781  f.]  Mionnet,  Die  kurzen  Erwähnungen  des  Telesphoros  bei 
Description  de  medailles  antiques,  mit  den  Sup-  Suidas  s.  v.  und  im  Etymologicum  Magnum 
plements,  Paris  1806  f.;  Panofka,  Asklepios  u.  751, 11  werden  später  zur  Besprechung  kommen. 
die  Asklepiaden,  Abh.  d.  Berl.  Äkad.\8ib  S.323f.;  50  Häufiger  reden  Weihinschriften  von  dem 
Sal.  Beinach,  Bepertoire  de  la  Statuaire  gr.  et  kleineu  Gotte.  Eine  solche  von  unbekannter 
rem.  1897,  1 — IV  unter  Telesphore  u.  Esculape;  Herkunft  im  Museum  zu  Verona  {C.  I.  Gr.  3 
Münzen  bei  Head,  Historia  Kumorum,  2.  Aufl.  nr.  0753)  lautet:  'AayiXriTtiü  nsgya^i^vco  Tyi^ia 
1911,  unter  Telesphorus  u.  Aesculapius.  TeXeGcpoglcovi  d'sotg  ömrfjQaL  TtoXig.  Unter  der 

Bei  seiner  untergeordneten  Bedeutung  und  TtoXig  kann  Pergamon,  aber  auch  Athen  (s.  u.) 

späten  Erscheinung  wird  er  von  Schrifstel-  gemeint  sein.  Die  ganz  vereinzelte  Namensform 

lern  nur  selten  erwähnt.  Zuerst  berichtet  Pat*-  TsXsGcpoQuov  ist  (nach  Welcker,  Götterl.  II  739) 

sanias  (2,  11,7),  im  Asklepiostempel  zu  Titane  eine  feierliche  Verstärkung.  Also  auch  hier  er- 

auf  dem  Gebiete  von  Sikyon  stünden  Kultbil-  scheint  er  in  Gemeinschaft  der  beiden  andern 

der  des  Alexanor,  der  dort  wie  ein  Heros  ver-  60  Heilgottheiten  (a.  o.);  alle  drei  werden  zu  den 

ehrt,    und    des   Euamerion,   dem  wie    einem  &£oi  acotfiQse  gerechnet;  vgl.  Aristid.  or.  25, 

Gotte  geopfert  werde.  Wenn  ich  richtig  ver-  I  p.  490  Dind.'  iv  Hcotrjgcov  v.cctsv.sy.Xiyiriv,  s.  d. 

mute,  fährt  Pausanias  fort,  nennen  diesen  Art.  Soter  Bd. 4:Si>.12ßi  {Telesphoros):  Sp.  1250f. 

Euamerion  die   Pergamener  auf  Grund  {Asklepios);   Art.  Soteira  Sp.  1243  f.;  vgl.  auch 

eines  Orakels  Telesphoros,  die  Epidaurier  Schlaeger,    De   diis  hominibusque   servatoribus, 

Akesis  (falsche  Lesart  Akesios;  s.  u.).  —  Auch  Helmstödt  1737,  u.  Usener,  Götternamen  S.  219  f. 

Ailios    Aristeides    scheint    eine   pergamenische  —  Als  dsbg  aatriQ  wird  er  auch  bezeichnet  auf 

Gottheit   unter   ihm    zu   verstehen.    Von    einer  einer    von    Kavvadias   wiederhergestellten    In- 


311        Telesphoros  (WeihinBchriften)  Telesphoros  (Weihinschriften)       312 

Bohriftvon  Epid an r OS :  £pA«iii. arc)^.  1888  S.  149  dem    Anfang  des   8.  .lahrhunderts  n.  Chr.,  an. 

nr.  39;  C.  1.  Gr.  4  nr.  1044;  FouiUes  d'Epidaure  Bemerkenswert  ist  außerdem,  daß  nr.  1159  Te- 

1  nr.  68,  sowie  auf  einer  andern:  npaxrtxof  1906  lesphoros   den   Sohn   des   Asklepios   nennt 

S.llÜ;  Rev. des et.gr.  190SS. 169.  Diese  und  andre  (s.  u.).  —  Am  wichtigsten  ist  aber  eine  1688 

Inschriften  von  dem  berühmten  Kult-  und  Kur-  von   hessischen  Soldaten   aus  der  Nähe 

ort  zeigen  nicht  viel  mehr  als  den  Namen  Te-  von  Athen  nach  Kassel  entführte  Mar- 

lesphoros;  doch  wird  er  mit  Asklepios  und  Hy-  mortafel,  zuerst  veröffentlicht  von  Joh.  Mntth. 

gieia  zusammengestellt  auf  einer  andern  dor-  Oesner  a.  a.  0.  Tafel  6;    s,   auch    C.  I.  Gr.  1 

tigen  Inschrift,  wo  aber  die  verstümmelten  Worte  nr.  511;  C.I.A.^  nr.  171;  Katbel,  Epigr.  gr. 

AmtX Tyi« Teif-tfqpopo lo  nr.  1027.  Sie  enthalt  drei  Hymnen  auf  As- 

nicht  mit  iTarvodios  (£'pAem.  arc/(.  1884  S.  28,  klepios,  Hygieia  und  Telesphoros  aus 
68 ;  Fouilles  d'Epidaure  I  nr.  82)  'AauXrint^  der  zweiten  Hälfte  des  3.  Jahrhunderts  n.  Chr. 
*Tftsitt  TsXtö(p6Qoig  zu  ergänzen  sind,  als  Der  poetische  Wert  ist  bescheiden,  um  so  höher 
wäre  das  dritte  Wort  Epitheton  der  beiden  der  religionsgeschichtliche.  Yg\.  Lucian.  Tra- 
vorhergenannten  Götter;  sondern  es  bedeutet  godopodagr.  134 f.  und  den  Hymnus  von  Ptole- 
TsXtcqtOffca,  wonach  auch  zu  berichtigen  mais  (Baillet,  Revu£  arch.  1HS9,  Bd.  13  S.  70  f.). 
ist  Preller -iiobert,  Gr.  Myth.  1*,  527,  2;  vgl.  Das  kurze  an  JIat»]W-?löx>lrjÄ«ös  ^'orichtete  Lied 
Schenck  S.  10.  Dagegen  erhalten  alle  drei  das  (v.  1—6)  ist  in  Hexametern  verfaßt;  der  Preis- 
Beiwort  icXB^inovoi  auf  einer  weiteren  In-  gesang  auf 'Hygeia' (7 — 15)  läßt  wegen  seiner 
Bchrift  von  Epidauros:  £rpÄ«n.  arcÄ.  1886  S.  249  20  Textverderbnis  einen  klaren  Rhythmus  nicht 
{Fouilles  d'Epid.  l  nr.  78V  —  Endlich  trägt  die  erkennen;  von  dem  weit  längeren,  aber  wenig 
gleichfalls  dort  ausgegrabene,  aber  nach  Athen  gut  erhaltenen  Hymnus  auf  Telesphoros 
übertragene  Statuette  eines  barhäuptigen,  nur  (16—43)  weist,  nach  G.  HermannH  Feststellung 
mit  dem  i/uertov  bekleideten  blühenden  Knaben  (Oj)MSC.  6, 170  f.),  die  eine  Hälfte  Anapästen, 
mit  heiterer  Miene  die  Unterschrift  TsXsßtpÖQtp  die  andere  wieder  Hexameter  auf.  Der  junge 
{Athen.  Mitteilungen  1886  S.334).  Der  Gesichts-  Gott  wird  in  lebhaften  Ausdrücken  und  unter 
ansdruck  würde  nicht  hindern,  in  der  Figur  freigebigem  Aufwand  schmückender  Beiwörter 
den  jungen  Gott  zu  erkennen  (s.  o.),  wohl  verherrlicht,  weil  er  eine  schwere  Krankheit 
aber  die  leichte  Kleidung,  da  für  Telesphoros  und  Miß  wachs  abgestellt  (v.  23.  39)  und  (den 
im  Gegenteil  die  starke  Verhüllung  cha-  so  Frauen)  leichtes  Gebären  gesunder  Kinder  er- 
rakte ristisch  ist  (s.u.).  Demnach  haben  dank-  möglicht  hat  (40).  Solche  Prädikate  sind:  9'cc- 
bare  Eltern  eines  wieder  gesund  gewordenen  Xog  (oder  vscoQ'uXog)  acpd'irov  (16),  ndvootps  (17), 
Kindes  sein  Porträtdenkmal  dem  Gotte  der  Ge-  noXvvsnis  (30),  cpaeöivßgors,  öcötoq  iucov  (33), 
nesung gestiftet  und  mit  dessen  Namen  bezeich-  xZfiW(34),  ftaxap  (43);  zuletzt  wird  er  Iwocpo- 
net,  da  es  ihm  als  pietätvolle  Widmung  dar-  qos  genannt  (s.  u.)  und  von  seiner  Erziehung 
gebracht  ist;  vgl.  Schenck  S.  15  f.  —  Anders  durch  Bakchos  berichtet.  Die  Worte:  i^;  riXoe 
Bteht  es  mit  der  an  einer  Schlange  erkennbaren  tvromriv  ^O-rjxag  (39  f.)  sind  wieder  eine  etymo- 
Hygieiastatue,  die  neben  dem  Äsknlaptempel  logische  Anspielung  auf  den  Namen  (s.  o.  ilfariw. 
in  Kom  gefunden  worden  ist;  hier  ist  die  Göt-  vit.  Procl).  Der  Charakteristik  des  jugendlich 
tin  selbst  dargestellt,  und  in  der  Unterschrift  40  heiteren  Gottes  dienen  die  (nach  Kaibels  Text- 
gedenkt der  Stifter  Lysimachos  neben  der  ^Ret-  Verbesserung  gelesenen)  Verse  31  f.: 
terin  Hygieia' auch  des  Telesphoros;  vgl.  2^om7?es  Ttcct^s,  TsXsöcpogSy  ncct^''  ^tj,  öv  ys  yrid^oavvoiat 
d'Epidaure  1  nr.  139;  Schenck  S.  11.  aolg  tcsqI   ^aidgä  iCQoaomci  yUatu  3j^ets(?)  is- 

Eine  imgleich  höhere  und  vielseitigere  Be-  qbvoiv. 
deutung  gewinnt  er  auf  attischen  Inschrif-  Für  die  Abbildungen  des  Telesphoros  und  die 
ten.  Ein  Aimilianos  setzt  ilun  zum  Dank  für  Beurteilung  seines  Gesichtsausdrucks  ist  diese 
ein  Traumgesicht  {6vaQ  Idcav)  ein  Denkmal,  Stelle  von  besonderer  Bedeutung  (s.  u.).  Nach 
von  dem  jedoch  nur  die  Basis  mit  Inschrift  v.  34  ist  er  ferner  'Verwalter  von  Paians  Hei- 
erhalten ist;  vgl.  Marin,  vit.  Procl.  c.  7  (s.  o.)  ligtum';   ungleich  wichtiger   aber   ist  v.  24  f.: 

und  die  schon  erwähnte  epidaur.  Inschr.  {Revue  50  Ilcciav  yiyridsv vtov  ^gvog  }cX(ov  6s.  Denn 

d€$et.gr.l90SS.l6ü):  TsXBötpÖQio EoarfiQi danach  gilt  er  für  einen  Sprößling  des  As- 

^1  dvsLQaTog  töv  vubv  tluI  xo  ayuXacc.  —  Be-  klepios;   so   wird   er  sonst   nur  noch   in   der 

Bonderes    Interesse    erregen    zwei    leider   ver-  einen  Ephebeninschrift,  nr.  1159,  genannt,  näm- 

stümmelte  Inschriften  {C.I.A.  3  nr.  1159  u.  1181),  lieh  TsIb6(p6qos  'Aö^Xriniov  (s.  o.).    Die  Abstam- 

aus  denen  jedoch  soviel  hervorgeht,  daß  atti-  mung  von  Asklepios  ist  also  nur  selten  bezeugt, 

sehe  Epheben  den  jugendlichen  Gott  gleich-  die  von  Hygieia  jedoch  überhaupt  nicht;  vgl. 

Bam  als  princeps  iuventutis  betrachten  und  Schenck  S.  18.  Dadurch  wird  widerlegt  Clarac, 

in  einem  öffentlichen  Verzeichnis  seinen  Namen  Mus.  de  sculpt.  t.  IV  p.  2:  Le  Tölesphore  s'otfre 

an  die  Spitze  ihrer  Genossenschaft  stellen.  Wie  parfois  comme  le  fils  d'Esculape  et  d'Hygie  (?), 

nämlich   die   attischen  Prytanen  in   manchem  60  sowie  v.  Sacken  u.  Kenner,  Sammlungen  d.  K.  K. 

ihrer  Namensregister  (C.  I.  A.  3  nr.  1054;  1056;  Wiener  Münz-  u.  Antikenkabinets  S.  284  A.  1. 

1062)  an  erster  Stelle  die  Athene  Polias  nennen  Auch  ist  es,  wie  hier  zugleich  erwähnt  werden 

und  sich  damit  unter  ihren  Schutz  begeben,  so  soll,  eine  unbegründete  Behauptung,  Asklepios, 

ordnen  sich  die  Jünglinge  jenem  Gotte  unter,  Hygieia  und  Telesphoros  seien  Kinder  des  Apol- 

dem  sie    sich  wegen   seiner  Jugendkraft  ver-  Ion  Kalliteknos  {Preller- Robert  1*,  523;  vgl.  da- 

wandt  fühlen  {Dittenberger,  De  ephebis  atticiSy  gegen  Thrämer  im  Art.  Asklepios  Bd.  1  Sp.  2783). 

Diss.  Göttingen  1863.  S.  19  Anm.  7).    Der  dop-  —  Schließlich  verdient  hervorgehoben  zu  wer- 

pelte   Brauch  gehört  überdies   derselben  Zeit,  den  v.  35  f.,  wonach  die  'Kekropiden'  ihn  Te- 


313 


Telesphoros  (Bildwerke) 


lesphoros,  die  Epidaurier  aber  Akesis  nennen; 
mit  letzterem  stimmt  nämlicli  überein  Paus.  2, 
11,7;  zujrleich  wird  dort  als  riehtij^e  Lesart 
^yisaig  test^^estellt  (s.  o.). 

Die  hildwerke,  die  sieb  aul"  ToleBplioros 
beziehen,  sind  verhältnisniiVüig  zahlreich;  frei- 
lich müssen  manche  von  der  lierkömmlichen 
Deutung  ausgeschlossen  werden.  Sein  Äußeres 
wird  vorneiimlich  durch  die  Kleidung  ge- 
kennzeichnet und  durch  sie  geradezu  ein  Ty-io 
pu8  testgelegt.  Schon  Gesncr  a.  a.  O.  S.  312 
beschreibt  sein  charakteristisches  Gewand  als 
ein  rundes,  enges  Oberkleid  (paenula)  aus  gro- 
bem StoflF,  das  ziemlich  tief  herabreicht  und 
meist  zugleich  Arme  und  Hände  mit  einschließt; 
nur  selten  sind  diese  durch  Schlitze  auf  beiden 
Seiten  entl)lößt.  Nach  oben  schließt  sich  daran 
eine  Art  Kapuze,  die  in  eine  spitze  Mütze 
ausläuft.  Das  mantel-  oder  mönchskutten- 
artige Gewand  ist  vorn  zusammengenäht,  so  20 
daß  es  den  ganzen  Körper  bis  unter  die  Knie 
einhüllt;  nur  auf  wenigen  Bildern  bleiben  die 
Ellbogen  sowie  Gesicht,  Hals  und  Brust  frei. 
Ein  solches  Gewand  kennt  das  Altertum  unter 
dem  Namen  bardocucullus;  s.  d.  Art.  von 
Mau  bei  Pauly^-Wissowa  S,  11;  vgl.  auch  Four- 
geres  a.  a.  0.  S.  5Ü6.  Martial  bezeichnet  es  als 
Tracht  der  Gallier  (1,  53,  5;  14,  128,  1;  vgl.  Gal- 
lien, bei  Trtb.  PoU.  Claud.  17,6);  es  wird  aber 
auch  bei  den  Römern  von  einfachen  Leuten  30 
getragen,  die  sich  wegen  ihres  Gewerbes  viel 
im  Freien  auflialten,  so  von  Boten,  Müllerbur- 
schen und  Jägern;  vgl  Seilende  S.  20 f.;  übrigens 
sieht  man,  worauf  es  hier  namentlich  ankommt, 
auch  Knaben  damit  bekleidet;  vgl.  iifws. 
Borbou.  IV  Tafel  54;  KehuU,  Die  antiken  Terra- 
kotten, Tafel  45,  4;  v.  Sacken  u.  Kenner  a.  a.  0. 
S.  52/44.  Einen  solchen  bardocucullus  trägt  also 
auf  bildlichen  Darstellungen  auch  Telesphoros 
und  erscheint  darin  wie  ein  zwerghafter  Kapu-  40 
zinermönch  oder,  im  Hinblick  auf  sein  jugend- 
liches Alter,  wie  das  Münchener  Kindl.  Meist 
reicht  der  sonderbare  Mantel  bis  über  die  Knie 
herab,  in  einigen  Darstellungen  aber  sogar  bis 
zur  Erde,  sodaß  die  Gestalt  vom  Halse  an  fast 
einer  Säule  ähnelt.  In  diesem  Falle  verschwin- 
den die  Füße  ganz  hinter  dem  Kuttensaum; 
sind  sie,  was  meist  der  Fall  ist,  sichtbar, 
so  tragen  sie,  im  Gegensatz  zu  der  engen  Um- 
hüllung des  Oberkörpers,  keine  Bekleidung,  50 
sondern  sind  nackt  (s.  u.).  Den  meist  eng- 
umschlossenen Armen  ist  jede  Gebärde  ver- 
wehrt (gegen  Panofka,  Terrakotten  d.  K.  Mus. 
zu  Berlin,  S.  105  f.,  der  andre  Göttertypen  mit 
Telesphoros  vermengt).  Auch  hat  er  keinen 
Zweig  und  keine  Fackel  in  den  Händen, 
wie  manche  andre  Knabengestalten  (Schenck 
S.  22  f.).  Als  vereinzelte  Attribute  sind  nur 
nachweisbar : 

1.  eine  Traube,  soauf  Mün-  60 

zen  von  Perperene  in  Mysien  aus 

Antoninus  Pius'  Zeit:    Mionnet;, 

Bescription   II   S.  623  nr.  700— 

703;   vgL  Heaä,   H.  N.  631^.   s. 

Abb.  1 ;  jedoch  ist  die  Traube  hier 

mit  Weintraube :    "i^ht  eigentliches  Symbol  des  ju- 

Caiaiogueo/Greek    geudlichen  Gottes,  sondem_  eher 

Cüin*,  Mysia.       ein  Abzeichen  der  durch  ihren 


Telesphoros  (Bildwerke)  314 

Wein  VierühmtenStadt; 
und  durch  die  Verbin- 
dung mit  Telesphoros 
wird  zugleich  die  Heil- 
kraft des  dortigen  star- 
ken Medizin  alweincH 
bezeichnet;  diese  be- 
zeugt auch  (ra^rn,ylMS(/. 
V.  /C<>Än,  Bd.VIS.806; 
804  f.  (vgl.  XV  645); 
X  833;  XVI  433  (vgl. 
VI  337); 

2.  eine  aufg<'- 
wickelte  Bücher- 
rolle, so  auf  dem 
elfenbeinernen  Dipty- 
chon Gaddi  oder  Wi 
czaianum  in  Liverpool 
{MäUer  -  Wieseler  U 
792  a  u.  b;  Jiaumeister, 
Denkmälern.  139 ;  Ve7i- 
turi,  Storia  delV  arte 
«toZmnal3l)l,Fig.357); 
er  hält  sie  mit  beiden 
Händen,  wie  um  etwas 
daraus  vorzulesen, 
offenbar  Orakel,  die 
ja  Asklepios  (neben  ihm)  Kranken  zu  spenden 
pflegt;  vgl.  Aristid.  or.  27,  I  p.  539  Dind.  s. 
Abb.  2.  Dasselbe  bedeutet  wohl  eine  Tafel,  die 
ihm  an  seiner  Statue  im  Britischen  Museum((7mV/e 
to  Graeco-lioman Sculpt.  inBrit.Mus.  II  p.  13/27) 
vom  Halse  auf  dem  Rücken  herabhängt,  sowie  an 
einer  Statuengruppe  des  Louvre :  Askl.  u.  Telesph. 
{Clarac,  Mus.  de  sculpt.  pl.  294/1164;  Müller- 
Wieseler  II  790)  die  Tafel,  die  mit  zwei  Bücher- 
rollen  hinter  ihm  am  Boden  steht;    s.  Abb.  3. 

Sind  somit  solche  Beigaben  kaum  wirkliche 
Kennzeichen  des  Götterknaben,  sondern  nur  ver- 
einzelte Begleiterscheinungen,  so  ist  er  am  leich- 
testen an  jenem  auffälligen  Gewandstück  zu 
erkennen,  wobei  aber  beachtet  werden  muß, 
daß  nicht  jeder  im  Kapuzenmantel  dargestellte 
Knabe  ein  Telesphoros  ist.  Barhäuptig  ist 
er  nur  einmal  nachweisbar,  in  der  soeben  er- 
wähnten Gruppe  des  Louvre  (s.  0.);  denn  wenn 
auch  die  Köpfe  der  beiden  Götter  moderne  Er- 
gänzungen sind,   so  beweist  doch  die  bei  Te- 


2)    T«4e8phoro9   mit    llüuher- 

roUe:  Aus    Venturi,  Arte  Jta- 

linna  Fig.  357. 


3)  Asklepios  und  Telesphoros:  Clarac.  Muse'e  de  Sculpt. 
pl.  2H  1164. 


315 


Telesphoros  (Bildwerken 


Telesphoros  (Bildwerke) 


;U6 


lesphoros  hinten  herabhängende  Kapuze,  dafi 
er  auch  ursprünglich  unbedeckten  Hauptes  ge- 
wesen ist.  Bei  der  Beurteilung  seiner  eigenen 
kleinen  Person  hat  man  sich  vor  der  Annahme 
zu  hüten,  als  wäre  er  ein  kränklicher,  abge- 
kommener Junge,  mit  dickem,  häßlichem  Kopfe 
und  schmerzhaftem  Gesichtsausdruck  {Fanofka 
a.  a.  O.  S  323;  Baumeister,  Denkmäler  1,140; 
FreUer-Jiobert  1  \  627 :  'der  leibhaftige  Ausdruck 
eines  in  der  Wiederherstellung  begriffenen  Kran- 
ken!' vgl.  auch,  wie  Fougeres  a.  a.  0.  S.  59  die 
in  Mantineia  und  auf  Kreta  gefundenen  Sta- 
tuetten schildert:  une  melancolie  un  peu  mor- 
bide (ioHs  la  rondeur  »oufjle  de  ce  visage  d'en- 
fant,  dam  cette  houche  delicate  et  sans  aourire, 
dans   Je   nii-clos  langoureux  des   yeux   eteints. 

L'etre  souff'ie  avec  resig^iatitm.  11  est  la 

presque  passif  eous  la  def'enae  imparfaite  de  son 
Umrd  manteau  dltirer,  aber  auch  wie  Sal.  Eei- 
naclt,  Bev.  des  et.  gr.  1901  S.  :^43  Anm.  dies  wi- 
derlegt);   8.   Abb.  4.    Denn    diese    Auffassung 

ist  unhaltbar.    Ihr 

stehen  nämlich  ein- 
mal die  ausdrück- 
lichen literarischen 
Zeugnisse  entge- 
gen: Marin,  vit. 
Procl.  c.  7:  Tcats 
riog  xontdfj  xal 
(o  gut  OS  idslv,  so- 
wie der  Kasseler 
Hyni  iius.heiKaibel, 
Epigr.  gr.  nr.  1027, 
31  f.  s.o.;  dann  aber 

die  gesicherten 
bildlichen  Darstel- 
lungen, die  ihn  als 
einen  zwar  kleinen, 
aber  normalge- 
bildeten, fast 
blühend  aus- 
sehenden Kna- 
ben mit  kind- 
lich froher  Mie- 
n  e  veranschau- 
lichen, w^enn  auch 
die  ungewöhnliche  Vermummung  zunächst  den 
Eindruck  des  Frösteins  hervorruft;  vgl.  Schenck 
S.  27f. ;  Usener,  Götternamen  S.  171  Anm.  G3; 
Burckhurdt,  Cicerone  P  S.  138:  —  'der  kleine 
Genesungsgott  Telesphoros,  der  aus  seinem 
Mäntel chen  mit  Kapuze  oft  so  schalkhaft 
vergnüglich  hervorschaut  {Vatican:  Museo 
Chiaram<mti ,  Gall.  de'  Candelabri;  Vüla  Bor- 


den schon  erwähnten  und  oben  besprocheneu 
Statuetten  aus  Marmor,  vgl.  G.  Foughcs,  Jiull. 
d.  Corr.  Hell  1890,  8.596  f.,  die  eine  1888  in 
Mantineia  gefunden;  s.  dort  Taf.  8  u.  Jirinach 
II  S.  469, 11;  die  andre  aus  Kreta,  dann  in  Ka- 
rapanos'  Besitz,  abgeb.  in  Fougeres'  Aufsatz 
S.  698.  Ferner  eine  treffliche  Pariser  Bronze- 
statuette, auf  Telesphoros  gedeutet  schon  vom 
Grafen  Caylus,   Jiecueil   d'antiquites  l   S.  170, 

10  Taf.  66,  1 ;  Beinach  II  S.  470,  4.  Endlich  eine 
Bronzetigur  in  Amiens;  vgl.  Bev.  archeol.  188G, 
S.  89f.;  Fig.  17;  Beinach  III  S.  18,2.  Alle  sechs 
Bildwerke  geben  den  Typus  am  treuesten  wie- 
der; sie  veranschaulichen  den  Gott  im  langen 
Kapuzengewand,  das  jedoch  die  Füße  freiläßt. 
Bei  fünf  weiteren  reicht  der  Mantel  sogar  bis 
auf  den  Erdboden  herab.  Es  sind  dies  zwei 
Bronzen  im  Museum  zu  St.-Germain-en-Laye, 
vgl.  S.  Beinach,  Bronzes  figurvs  de  la  Gaule 

20  Bomaine  S.  108  f.;  Fig.  100  u.  101  (wo  auch 
Terrakottabüsten  des  Gottes  im  Museum  zu 
Moulins  am  AUier  erwähnt  werden):  die  eine 
Statue,  deren  auf  die  Erde  stoßender  Mantel- 
saum kleine  rechteckige  Ausschnitte  zeigt,  ist 
in  der  Champagne  gefunden;  s.  Abb.  5;  die 
andre  mit  faltigem  Mantel,  dessen  Saum  aber 
gleichmäßig  den  Boden  berührt,  ist  aus  Avignon. 


4)  Telesphoros,  Statuette  aas  Man- 
tineia: Bulletin  de  Corretpondance 
HeU.  1890,  PI.  VIII. 


5)  Telesphoros,  Bronzetigur 
in  St.  Germain  -  en  -  Laye : 
RH7iach,  Antiquite$  Natio- 
nales de  St.  Germain ;  Bronce». 


6)   Telesphoros,  Marmor- 
»tatuette:   t.  Sacken.    An- 
tike Skulpturen, 
Tafel  XXXIV. 


Den  Telesphoros  allein  zeigen  mehrere 
Bildwerke,  zunächst  eine  ganze  Reihe  Statuen, 
aufgezählt  und  abgebildet  bei  Sal.  Beinach, 
Bepertoire  de  la  Statuaire  gr.  et  rom.  I  S.  169 ; 
290;  n  S.469f.;  III  S.  13;  IV  S.  25. 

Hervorzuheben  sind  zunächst  einige  Mar- 
morfiguren :  die  eine  von  hoher  Schönheit,  früher 
aufgestellt  im  Pariser  Musee  Foucault;  vgl. 
Montfaucon.  Antig.  expl.  I  pl.  191,1;  p.  291; 
Sal.  Beinach,  Statuaire  II  S.  469,  10;  die  andre, 
aus  Rosso  antico,  noch  jetzt  im  Museo  Tor- 
lonia  zu  Rom;  vgl.  Catalogo  del  Mu^.  Tori. 
S.  82/154;  Beinach  II  S.  470, 1.  Sodann  die  bei- 


Währeud   eine  Bronze   aus  Djemila  in  Algier, 
jetzt  im  Museum  zu  Constantine  {Beinach,  Sta- 

50  tuaire  11  S.  470,  6) ,  mit  auffallend  spitz  nach 
oben  verlaufender  Kapuze  und  genau  senkrecht 
abfallendem  Mantel  fast  den  Eindruck  einer 
dünnen  Säule  macht  (s.  o.),  erweitert  sich  bei 
zwei  anderen,  in  Wien  {v.  Sacken,  Ant.  Skulpt. 
S.  60  f.,  Taf.  34,  3;  s.  Abb.  6)  und  in  Mainz 
(Lindenschmit,  Altertümer  heidn.  Vorzeit  IV  64, 7), 
der  Mantel  nach  unten  glockenartig;  vgl. 
Beinach  II  S.  470,  3  u.  8;  letztere  Figur  wurde 
an  einem  der  Kapuzenspitze  angefügten  Ringe 

80  wohl  als  Amulett  getragen. 

Andre  auf  Telesphoros  gedeutete  Bildwerke 
sind  freilich  anfechtbar.  So  die  im  Louvre  be- 
findliche Figur  eines  Knaben  oder  Jünglings 
im  langen,  vorn  aufgehobenen  Mantel  und  mit 
aufgesetztem,  aber  wohl  antikem  Kopfe  (Clarac 
pl.  334/1165;  Müller -Wieseler  II  787;  Beinach 
I  S.  169,  5);  vielleicht  ist  ein  jugendlicher  Her- 
mes   dargestellt;    vgl.   Fröhner,   Notice   de   la 


317 


Telesphoros  (Bildwerke; 


Telesphoros  (^^Bildwerke) 


:U8 


sculpt.  ant.  du  mus.  du  Louvrc'^  p.  207  176  und 
Schenck  S.  26.  Sodanu  eine  Marmorwtatuette  im 
British  Museum  ohne  Kopf  und  rechte«  Bein 
(Clarac  pl.  551 /1165  A  ;  Eeinach  I  S.  290,3); 
Epidauros,  das  für  TelesphoroH  sprechen  würde, 
steht  als  Fundort  nicht  fest;  v^l.  Scfnuck  S.  27. 
Ferner  sind  einige  Terrakotiafioruren  im  Mu- 
seum /AI  Atlien  (CdtaJogue  de^  fi,(iuri)ies  cu  ferre- 
cuite  UV.  147  u.  148),  die  Jules  Martha  auf  den 
jungen  Heilgott  bezieht,  eher  Darstellungen 
kränklicher,  abgemagerter  Knaben, 

Ebenso  kann  dasTonHgiirfhen  eines  sitzen- 
den Knaben,  das  Biardot  (Les  Terres-cuites 
greoiues  funcbreH,  Paris  1872,  S.  448;  vgl.  Sal. 
Beinach  II  470,  9)  hierher  bezogen  hat,  für  den 
kleinen  Heilgott  nicht  ernstlich  in  Frage  kom- 
men, sohmge  er  in  jener  Körperhaltung  nicht 
auch  durch  andre  Zeugnisse  einwandfrei  be- 
legt ist. 

Noch  ernstere  Bedenken  stehen  andern  ver- 
meintlichen Telesphorosdarstellungen  entgegen. 
Sowenig  es  sich  empfiehlt,  die  Grenzen  eines  Ty- 
pus zu  eng  zu  ziehen,  so  schwer  müssen  doch 
die  Zweifel  l»ei  erheblichen  Abweichungen  wie- 
gen, zumal  wenn  diese  an  einem  Götterbilde  mit 
sonst  stehenden  Formen  nicht  hinreichend  er- 
klärbar sind.  Drei  Statuen  oder  Statuetten, 
sämtlich  mit  Kapuzengewand,  haben  teils  an 
sich  soviel  Absonderliches,  teils  stehen  sie  zu- 
einander in  einem  so  eigentümlichen  Verhält- 
nis, daß  keine  vollgültig  als  Telesphoros  ange- 
sprochen werden  kann.  Die  eine  Bronzefigur 
eines  gehenden,  kräftig  ausschreitenden 
jungen  Mannes  befindet  sich  im  Antikenkabinet 
des  Kopenhagener  Thorwaldsenmuseums  (X. 
Müller,  Description  des  Äntiq,  du  Mus.-Thorv., 
Abteilung  I  S.  162  nr.  50;  Müller -Wiesehr  II 
789  a  u.  b;  Sal.  Beinach  II  S.  409,  8.  9)  und  wird 
vielfach,  auch  von  Gruppe  S.  1455,  1,  für  eine 
Yeranschaulichung  des  Telesphoros  angesehen, 
während  schon  Schenck  S.  30  f.  Bedenken  ge- 
äußert hat.  Statt  der  langen  Pänula  trägt  sie 
eine  hoch  aufgeschürzte  Tunica,  aber,  was  das 
auffälligste  ist,  sie  läßt  sich  in  zwei  Hälften 
zerlegen;  ihr  oberer  Teil  ist  hohl  und  abnehm- 
bar; nimmt  man  ihn  w^eg,  so  wird  am  unteren 
ein  Phallus  sichtbar.  Von  der  zweiten,  weniger 
bekannten,  die  einst  im  Pariser  Kunsthandel  er- 
schien (Collection  Charvet,  Paris  1883,  S.  164/1803, 
abgeb.  S.  165),  war  schon  damals  nur  der  obere, 
gleichfalls  hohle  Teil  vorhanden,  der  aber  gewiß 
auch  einen  Phallus  der  unteren  Hälfte  bedecken 
sollte;  ausschreitende  Gliedmaßen  gab  es  von  ihr 
nicht  mehr.  Solche  hat  aber  die  dritte  Figur,  be- 
schrieben von  Grivaud  de  la  Vincelle  {Becueil  des 
monum.  ant.  pl.  X  1.  2.  3.  4.  5;  XI  5;  Text  II 
S.  86  f.) ;  auch  sie  zeigt  einen  Gehenden ,  aber 
mit  bärtigem  Gesicht;  daher  ist  sie  als  Teles- 
phorosfigur  unmöglich  {Schenck  a.  a.  0.).  Zu- 
gleich wird  aber  als  solche  auch  die  erste  in 
Kopenhagen  zweifelhaft,  besonders  weil  die  un- 
züchtige Entblößung,  die  nach  Wegnahme  der 
oberen  Hälfte  sichtbar  wird,  bei  dem  jungen 
Heilgott  nicht  wohl  zu  erklären  ist.  Falls  näm- 
lich die  dritte  bärtige  Statuette  nur  eine  un- 
anständige Spielfigur,  ein  seltsames  Phantasie- 
stück ist,  so  gilt  dasselbe  von  der  ersten  jugend- 
lichen und  wohl  auch  von  der  zweiten  nur  z.  T. 


erhaltenen.  Wie  vorher  die  sitzende  Haltung, 
so  ist  nunmehr  «lic  ausschreitende  Stellung  für 
Telesphoros  erledigt,  nicht  wegen  des  Gehens 
an  sich,  sondern  wegen  der  sonstigen  Begleit- 
erscheinungen. Denn  die  sehr  hochgeschürzte 
Tunica  und  die  nur  scheinbare  (oder  vorüber- 
gehende) Entblößung  stehen  im  Widerspruch 
mit  der  für  Telesphoros  sonst  charakteristischen 
Verhüllung,  und  die  Kapuze  allein  genügt 

10  nicht,  ein  Bildwerk  überzeugend  als  solchen 
zu  kennzeichnen. 

So  erinnert  eine  Bronzefigur  in  Itegensburg 
{Beinach  I  S.  13,  3)  höchstens  durch  ihre  Ka- 
puze an  den  kl(?inen  Gott;  aber  di<5  kurze, 
leichte  Kleidung,  die  sogar  die  rechte  Bru.^t 
und  Schulter  freiläßt,  und  die  zur  Bekräftigung 
lebhaften  Sprechens  halb  erhobenen  Arme  lassen 
eine  solche  Erklärung  nicht  zu.  Keinesfalls 
kann    endlich    eine    kleine    Wiener    Statuette 

20  {Beinach  II  S.  469,  7)  als  Darstellung  des  Te- 
lesphoros gelten;  der  pausbackige  Knabe  in 
kurzer  Pänula  und  mit  übergezogener  Kapuze, 
der  einen  jungen  Hund  vor  der  Brust  trägt 
und  sorgsam  zu  bedecken  sucht,  ist  vielmehr 
'ein  niedliches  Genrebild'  {v.  Sacken,  Ant.  Bron- 
zen S.  118;  Taf.  15, 1). 

Sehr  oft  ist  aber  Telesphoros  allein  in 
der  herkömmlichen  Gestalt  auf  autono- 
men  und   auf  Kaisermünzen 

30  von  Städten  Kleinasiens  ein- 
wandfrei veranschaulicht,  be- 
sonders auf  pergamenischen 
aus  der  Regierungszeit  von 
Antoninus  Pius,  Commodus, 
Caracalla  und  Geta ;  \g\.  Mion- 
net,   Description   II  p.  592  f. 

U.  Suppl.  V  p.  421  f.;  Schenck  ^^  TelesphLoros :  C«ta- 
c    Ol  j  -  f      x-i    -j  n/r-  logue  of  Greek  Conti: 

S.  31  u.  4<  f.    1^  ritze,  Münzen     ^^,^,,•;^  pj  xxix. 
von  Pergamon,  Abhandl.  der 

40  Berl.  Akad.  1910,  Taf.  III  16;  s.  Abb.  7. 

Mit  andern  Gottheiten  wird  Teles- 
phoros oft  zusammengestellt  und  durch 
sie  dann  bisweilen  seine  Person  überhaupt  erst 
bewiesen. 

Neben  Asklepios  erscheint  er  in  einer 
marmornen  Statuengruppe  zu  Rom  {Montfaucon, 
Ant.  expl.  I  pl.  186,0)  im  bardocucuUus,  mit 
nackten  Füßen  und  gesenkten  Armen.  Ähnlich 
eine  andere  Marmorgruppe  im  Palazzo  Massimi 

50  zu  Rom  {Montfaucon  a.  a.  0.  187,2;  Beinach 
11,  S.  168,  7),  eine  dritte  in  der  Villa  Borghese 
{Heibig,  Sammlungen  Borns  2^,  142;  die  3.  Autl. 
übergeht  das  Bildwerk),  sowie  die  schon  er- 
wähnte in  Paris  {Clarac  pl.  294/1164;  Müller- 
Wieseler  II  790;  Beinach  I  S.  148,  5.  6:  vgl. 
auch  d.  Art.  Asklepios  Bd.  1  S.  634):  zur  Linken 
des  Asklepios  steht  der  kleine  Heilgott,  dessen 
Haupt  eine  moderne  Ergänzung  ist;  ihm  hängt 
die  Kapuze   über    den    Rücken  herab ;   hinter 

60  ihm  eine  Schreibtafel  mit  Handgriff  und  zwei 
Bücherrollen  (s.  o.).  Dieser  Gruppe  ist  wieder 
sehr  ähnlich  eine  gleichfalls  schon  erwähnte 
im  Britischen  Museum  {Guide  to  Graeco-Boman 
Sculptures  in  Brit.  Mus.  II  p.  13  27),  bei  der 
jedoch  dem  Telesphoros  vom  Hals  auf  dem 
Rücken  eine  Schreibtafel  herabhängt  (s.  o.). 

Oft  wird  auf  Münzen  Telesphoros  dem  Askle- 
pios   beigesellt,    besonders    auf  Kaisermünzen 


319 


Telesphoros  (Bildwerke) 


Telespboros  (.liiklwerke) 


320 


aus  St&dten  Kleinasiene:  sie  sind  aufgezählt 
sowie  nach  Herkunft  und  Fundort  bezeichnet 
bei  Schenck  S.  33  f.;  vgl.  Hewi,  H.  N.'^  unter 
Aesculapius. 

Endlich  gehören  hierher  ein  Marmorrelief 
aus  Imbros  {Come,  Reise  auf  den  Inseln  des 
thrak.  Meeres,  Taiel  XV  4  S.  84)  und  eine  Kar- 
neolgemme (^rcÄ.  ifci<t4w^  1847  S.  1*;  BuUetino 
d.  J.  1H47  S.  8»),  die,  weil  durchbohrt,  wohl 
als  tragbares  Amulett  gedient  hat.  Vorderseite:  lo 
Asklcpios  reicht  der  Schlange  eine  Schale;  da- 
zwischen steht  Telesphoros ;  Kehrseite:  die  Par- 
zen, zwischen  ihnen  Plutos  mit  dem  Füllhorn,*) 
Neben  Hygieia  ist  der  kleine  Heilgott 
auf  Münzen  von  Hierapolis  in  Phrygien  {Mian- 
net,  Suppl.  IV  634;  «42;  644;  Müller  -  Wieseler 
II  791.  Catal.  «/'  the  Greek 
Coim  in  Brit.  Miks.,  Fhry- 
gia  PI.  XXX1I4;  s.  Abb.  8) 
und  von  Philippopel  in  Thra-  20 
kien  {Eckhel,  d.  K.  Wiener 
Mus.  I  S.  77  nr.  15)  darge- 
stellt; freilich  wollen  andre 
in  den  beiden  Gottheiten 
8)  Hygiei»  und  T«ie»-  Kybele  und  Attis  erkennen ; 
phoroi:  Cataiogueofthe   y^\   Wfoth,  Journal  of  hell 

^'■'•*  pfTtVrf '^'^    ^^^'  1882  S.297,6;  Schenck 
i-Lüiii.  g  g^^   Die  in  einer  Statueu- 

gruppe  zu  Athen  (nr.  4479)  neben  Telesphoros 
stehende  Göttin,  die  v.  Sybel  für  Aphrodite  hielt  so 
(s.  u.),  erklärt  aber  Ziehen  (Athen,  Mitteilungen 
1892  S.  242)  mit  Bestimmtheit  für  Hygieia. 

Mit  Asklepios  und  Hygieia  zeigen  den 
jungen  Heildämbn  zwei  Marmorreliefs.  Auf  dem 
einen  (wiedergegeben  von  Passeri,  Lucernae 
fictiles  II  69  S.  44  f.)  ist  er  wie  gewöhnlich  mit 
der  Kapuze  bekleidet,  die  jedoch  nur  hier  nach 
oben  in  einen  Kalathos  ausläuft.  Doch  ist  über 
ihn  wegen  der  Anwesenheit  der  beiden  älteren 
Heilgötter  kein  Zweifel.  Das  andre  schmückt  40 
einen  Marmorzylinder  im  Nationalmuseum  zu 
Pest  (Arch.  Zeitung  1848  S.  89*):  hier  stehen 
nebeneinander  Hygieia,  Asklepios,  Telesphoros 
und  eine  unbekannte  Frau  mit  Szepter  und 
Arzneischale;  Weil  vermutet  in  ihr  die  dem 
Asklepioskult  ergebene  Kaiserin  Otacilia,  Phi- 
lippus  Arabs'  Gemahlin  {Zeitschr.  f.  Numism. 
1881  S.  102  u.  104). 

Auch  auf  dem  bereits  erwähnten  schönen 
Elfenbeindiptychon  sieht  man  mehrere  Gotthei-  50 
ten:  auf  der  einen  Tafel  Asklepios,  der  in  sin- 
nender Stellung  mit  Bücherrolle  und  einem  mäch- 
tigen, von  einer  Schlange  umringelten  Stabe 
besonders  kräftig  charakterisiert  ist;  zu  seiner 
Rechten  in  langem  Kapuzengewand,  unter  dem 

*)  Da  Herausgeber  und  Verleger  im  Interesse  des  bal. 
digen  Erscheinens  der  neuen  Lieferung  dringend  um  Ab- 
schluß des  Artikels  baten,  so  habe  ich  die  obige  Liste  der 
Asklepios  und  T.  genauer  darstellenden  Bildwerke  nicht 
in  der  von  mir  gewünschten  Weise  TervoUstftndigen  kön-  ^0 
neu.  Ich  bemerke  daher  hier  beiläufig,  daU  in  meiner 
Liste  noch  einige  von  Reinach,  Stat.  I,  8.  148;  II,  8.  38; 
III,  S,  13;  IV,  S.  25  aufgeführte  Gruppen  fehlen,  so  na- 
mentlich die  im  Mus^e  de  Carthage  (Ruinac/i  III,  8. 13, 10) 
und  die  in  Sofia  {Dobrutky,  Studl  materiali  d'arch.  bulgare, 
Sofia  1907,  S.  12  =  Reinach  IV,  S.  25,6)  befindlichen.  Vgl. 
auch  die  Münze  von  Serdica  bei  Uead^  S.  288 ;  Numism- 
Ztscfir.  1891,  PI.  111,5,  die  ich  nicht  habe  finden  und  prüfen 
können. 


die  Tunika  sichtbar  wird,  der  kleine  Telesphoros, 
der  aus  einer  entfalteten  Buchrolle  oder  Schreib- 
tafel vorzulesen  scheint  —  eine  überaus  an- 
mutige, obwohl  phantastische  Knaben- 
figur! Auf  der  andern  Tafel  als  Hauptperson 
Hygieia  eine  große  Schlange  fütternd,  neben 
ihr  Eros  mit  dem  Köcher  (s.  u.)  und  im  Hinter- 
grund ein  zweiter  nackter  Knabe,  der  bald  für 
einen  jugendlichen  Dionysos,  bald  für  einen 
Heildämon,  wie  Akesis  oder  Euamerion,  erklärt 
wird;  vgl.  Schenck  S.  40. 

Ferner  stellen  den  Telesphoros  zwischen  As- 
klepios und  Hygieia  Gemmen  dar,  am  schön.sten 
die  bei  Montfaucon,  Antiq.  v.rpl.  I  pl.  1H6.  7, 
mit  der  Inschrift  av^Bxi  iit,  wohl  nicht  von  ör- 
^^£ö  abzuleiten:  legt  mir  Umschlüge  auf!  (das 
müßte  doch  av^flti  fie  heißen),  sondern  zu  lesen: 
(TtofsTt  fiB.  Gehört  doch  Telesphoros  zu  den 
d^ioi  atoxfjQBg  (s.  o.).  —  Zwischen  Asklepios  und 
Hygieia  ist  er  auch  auf  einer  gläsernen  Gemme 
in  Berlin  {Tölken,  Krkl.  Verz.  d.  gcsdtn.  Steine 
d.  Berl.  Gemmens.  S.  216  nr.  1207)  und  auf  einer 
solchen  aus  Jaspis  im  Museum  in  Florenz  ver- 
anschaulicht, noch  öfter  auf  kleinasiatischen 
Münzen  aus  der  Kaiserzeit  {Mu.nnet,  Descr.  u. 
Suppl. ;  Panofka,  Ahhundl.  d.  Berl.  Akad.  1 846, 
Taf.  II  6,  Münze  v.  Apameia;  s.  Abb.  9);  bis- 
weilen sieht  man 
noch  eine  vierte 
Person  ihnen  zu- 
gesellt, entweder 
den  der  Prägezeit 
entsprechenden 
Kaiser  oder  (wie 
auf  dem  Pester 
Marmorrelief,  s. 
0.)  vielleicht  die 
Kaiserin;  so  auf 
einer  Münze  von 
Bizya  in  Thra- 
kien {Mionnet,  ^^  uygieia,  Telesphoros  u.  Asklepios, 
JJeSCr.   1  o7Ö,  7o).  Münze  CO n  Apanifla.  A.vls:  Baume itt er ^ 

Endlich  zeigt 
eine  großeBronze- 
münze  aus  der- 
selben thraki- 
schen  Stadt  eine 
ganze  Götterver- 
sammlung: Askle- 
pio8,Tele8phoros, 
Apollon  mit  sei- 
nem Attribut,dem 
Omphalos,  und 
dieHygyieia ;  dar- 
über sind  noch  die 
sitzende  Fortuna 
und  der  blitz- 
schleudernde Ju- 
piter sichtbar, 
vgl.  Röscher,  Neue 
Fig.  12;  s.  Abb.  10. 


De/ikiiiälf/: 


10)  Asklep.,  Tel.,  Apollon,  Hy- 
gieia etc.,  Münze  von  Bizya. 

Omphalosstudlen ,    Tat".  II 


Neben  Demeter,  die,  weil  mit  Heilkraft, 
namentlich  für  Augenleiden,  begabt,  bisweilen 
in  Asklepios'  Gesellschaft  erscheint  (Gruppe 
S.  57,  9;  1175,  3;  1676,  5),  erblickt  man  den  Te- 
lesphoros auf  zwei  Münzen  der  phrygischen  Stadt 
Dionysopolis,  beschrieben  von  Wroth,  Journal  of 
hell  stud.  1883  S.  161  f.;  vgl.  Gruppe  S.  1455,  1. 


321                 Telesplioros  (Kult)  Telesphoros  (Wesen)               '62'2 

Neben  Aphroclito   stehend  ist  er  darge-  Ist  somit  das  Material,  das  der  Kfiauzeich- 

stellt  in  einer  zu  Athen  gefundenen  Statuetten-  nung  dew  Teh'sphoros  dient,  zienilich  reichhal- 

gruppe;  vgl.  V.  Sybely  Katal.  d.S/ailpf.  in  Athni  tig,   so  genügt  es  doch  leider  nicht  zu  einer 

nr.  1106;  die  von  diesem  hierher  bezogene  Gruppe  völlig     klaren     Deutung     seintiK     Wesens, 

ur.  4479  zeigt  dagegen  Telesphoros  neben  Hy-  Durchgängig    erscheint    er    als    ein    jugend- 

gieia  {Ziehen  a.  a.  0.  S.  242;  s.  o.).  lieber  Heilgott;  aber  seine  Herkunft,  seine 

Harpokrates  und  Telesphoros  endlich  Kleidung,    seine  Obliegenheiten   im   einzelnen 

sind  zu  einer  Statuengruppe  in  der  Sammlung  lassen   sich   nicht  zweifelsfrei  erklären.    Da  er 

Straxoherry  Hill  vereinigt  {Michaelis,  Arch.  Zei-  nicht  vor  dem  2.  Jahrhundert  n.  Chr.  erwähnt 

tung   1875   S.  02).    Beide    Knaben  versinnbild-  lo  wird,  seitdem  aber  gar  nicht  selten  auftritt,  so 

liehen  Heilkräfte.   Sonst  freilich  ist  Harpokra-  ist  er  wohl  erst  in  der  Kaiserzeit  aufge- 

tes  oder  Horos  der  Begleiter  von  Sarajns  und  kommen.  Zuerst  verehrt  man  ihn  als  Gott  mit 

Isis  (s.  d.);  vgl.  Sehende  S.  44.  Kapelle  und  Knltbild  in  Pergamon  auf  Grund 

Bildwerke  vorchristlicher  Zeit  kommen  für  eines  Orakels  {iv.  ^iccvtsv^icctos ,   Paus.  2,11,7; 

Telesphoros  nicht  in  Frage,  sondern  erheischen  Äristid.  or.  25.  I  p.  494;  or.  26,  I  p.  bOG  l)i7id.). 

eine  andre  Deutung.  Nun  blühte  aber  hier  auch  der  geheimnisvolle 

Der  Kultus  des  Telesphoros  ist  seit  Kablrenkult,  an  den  Telesphoros  mit  seiner 
Mitte  des  2.  Jahrhunderts  n.  Chr.  literarisch  und  Zwerggestalt  und  Vermummung  erinnern  kann, 
inschriftlich  bezeugt  für  Epidauros,  Athen  und  Deshalb  ist  er  mehrfach  aus  jenem  Kultus  her- 
Pergamon ,  endlich  anch  für  die  ferne  thraki-  20  geleitet  worden ;  vgl.  schon  Gesner  a.  a.  O.  S.  305 : 
sehe  Stadt  Ulpia  Pautalia  (jetzt  Kustendil);  Cahirorum  proles  —  an  pars?  —  ipse  quoque 
denn  jene  epidaurische  Weihinschrift,  die  (nach  fuit  (Telesphorus) :  horum  imagines  mysticae 
später  berichtigter  Ergänzung)  neben  den  bei-  Pygmaeorum  instar  hdbebant,  quod  docet  Hero- 
den älteren  Heilgottheiten  auch  den  Telespho-  dotus  3,37;  Clarac,  Mus.  de  sculpt.  t,  V  p,  2: 
ros  aufführt  {Ephem.  arch.  1884  S.  24;  s.  o.),  Telesphore,  dont  le  manteau  et  le  cucullus  rap- 
bezeichnet  alle  drei  als  Tautalioten',  was  sich  pellent  Vorigine  cabirique;  Scheuch  S.  51  A.  1. 
nur  auf  ihre  dortige  Verehrung  beziehen  kann.  Da  aber  dieser  Gottesdienst  trotz  eingehender 
Sodann  sind  für  Kultstätten  gewiß  auch  manche  Untersuchungen  vielfach  selbst  noch  der  Auf- 
Fundorte von  Bildwerken  zu  halten,  die  den  hellung  bedarf  (JBcZoc/*,  (rr.  (resc/<.  2^265  A.  2), 
jungen  Gott  darstellen.  Für  alle  übrigen  Orte  so  so  ist  es  mißlich  oder  sogar  unmöglich,  eine 
ist  der  Kultus  nur  durch  Münzen  bezeugt,  und  unbekannte  Größe  durch  die  andre  zu  erklären, 
zwar  ist  er  zuerst  nachweisbar  in  Ha-  Ferner  herrscht  auch  darüber  Unklarheit,  ob 
drians  Zeit  auf  pergamenischen  Mün-  er  älter  ist  als  Asklepios  und  sich  etwa  dessen 
zen.  Seitdem  bis  auf  Gallienus  blüht  der  verjüngter  Gestalt  früh  zugesellt  hat,  oder  ob 
Kult  in  fast  ganz  Kleinasien  sowie  auf  Lesbos,  er  erst  als  eine  Hypostase  dem  als  gereiften 
Samos  und  in  Thrakien.  Viele  Münzen  aus  Bi-  Mann  auftretenden  Heilgott  angekindet  worden 
thynien,  Mysien,  Lydien,  Karien,  Pamphylien,  ist.  Dabei  fragt  es  sich:  reicht  die  nur  zwei- 
Pisidien,  Kilikien,  Kappadokien,  Lykaonien,  mal  uns  bekannte  Bezeichnung  als  Sohn  des 
Phrygien,  der  Aiolis  und  lonien  sowie  von  Asklepios  {Kasseler  Hymnus  v.  24  f.  Kaihel: 
den  zwei  genannten  Inseln  und  endlich  aus  40  Uaiccv  ysyri%'iv  —  viov  ^qvo?  ^%g>v  gs,  und  att. 
mehreren  Städten  im  Norden  der  Balkanhalb-  Ephebeninschr.  nr.  1159:  Tslsecpögog  kav,X't]7tiov) 
Insel  beweisen  dies.  Es  befinden  sich  darunter  zu  einer  verallgemeinernden  Auffassung  dieses 
bekannte  Städte  wie  Nikaia,  Kyzikos,  natürlich  Verhältnisses  aus?  Mit  ebenso  zweifelhaftem 
auch  Pergamon  (s.  o.),  dann  Tarsos,  Tyana,  Rechte  könnte  man,  wie  es  fälschlich  geschehen 
Ankyra,  Hierapolis,  Kolophon,  Smyrna  sowie  ist  (s.  0.),  Asklepios  und  Hygieia  etwa  deshalb 
in  Thrakien:  Hadrianopolis,  Philippopolis,  Ni-  für  sein  Elternpaar  halten,  weil  er  häufig  mit 
kopolis  am  Istros ,  Traianopolis  am  Hebros.  beiden  wie  ihr  Kind  abgebildet  wird  (s.  0.).  In 
Jedenfalls  erstreckte  sich  das  Gebiet,  wo  Teles-  Wahrheit  kommt  es  auf  eine  solche  Verwandt- 
phoros  verehrt  wurde,  von  der  unteren  Do-  schaft  gar  nicht  an;  diese  ist  nur  der  dichte- 
nau  über  Vorder asien  bis  an  die  kili-r,o  rische  oder  künstlerische  Ausdruck  einer  zeit- 
kische  Meeresküste;  vgl.  Head,  H.  N^  liehen  Priorität  der  beiden  erwachsenen  Gott- 
unter Telesphorus,   Aesculapius  und  Hygieia.  heiten;  eine  solche  ist  aber  mindestens  wahr- 

Für  die  Annahme  eines  T. -Kultus  im  Westen  scheinlich,  und  die  Annahme,  Telesphoros  sowie 
fehlt  es  bis  jetzt  an  Zeugnissen  der  Münzen.  die  mit  ihm  identifizierten  jugendlichen  Heil- 
Ob  daher  die  T. -Statuetten  in  Regensburg,  Mainz,  dämonen  Euamerion,  Akesis  {Paus.  2,11,7), 
Amiens,  Avignon,  Algier,  Karthago,  falls  sie  lai,nisko8{Schol.Aristoph.Plut.l01),Dajrrhon 
überhaupt  jedesmal  an  Ort  und  Stelle  gefunden  {Hesych.  s.  v.,  vgl.  G.  Curtius,  Gr.  Etymol.  S.  256^) 
sind,  etwas  für  einen  dortigen  T. -Kultus  be-  seien  hygienische  oder  iatrische  Emanationen 
weisen,  muß  eine  offene  Frage  bleiben.  Ahn-  des  Asklepios,  trifft  gewiß  das  Richtige;  vgl. 
lieh  steht  es  mit  den  Bildwerken  der  römischen  60  Thrämer  bei  Pauly^-Wissoiva.,  Art.  Asklepios 
Museen.  Bronzefigürchen  des  heilkräftigen  Soter  S.  1683. 

konnten  sehr  wohl  als  Amulette  weit  verschleppt  Manches  Rätsel  gibt  auch  die  schon  mehr- 
werden; aber  unwahrscheinlich  ist  dies  von  fach  besprochene  Kleidung  auf,  sodaß  es 
Marmorstatuen  (z.  B.  jener  im  Museo  Torlonia).  kaum   angeht,  mit  ihr  Telesphoros'  Herkunft 

Wo  auf  den  Münzen,  die  den  Kultus  des  zu  erklären.  Sal.  Beinach  {Bev.  des  et.  gr.  1901 
kleinen  Heilgottes  bezeugen,  zugleich  auch  bild-  S.  :^43;  vgl.  Gruppe,  Burs.  Jahresber.  Bd.  137 
liehe  Darstellungen  von  ihm  vorhanden  sind,  S.  622)  schließt  nämlich  aus  dem  Kapuzenge- 
ist ihrer  bereits  gedacht  w^orden  (s   o.).  wand,  er  sei  ein  aus  dem  Norden  gekom- 


323              Telesphoros  (Wemm)  Telesphoros  (Wesen)              324 

mener  Gott  und  ursprünglich  bei  den  angewendete  Beiwort  .sOiotpopo^,  d.  h.  entwe- 
Thrakern  heimisch  gewesen,  deren  Tracht  der:  lebenspendend,  oder:  lebende  Wesen  her- 
er dann  mit  zu  den  Griechen  gebracht  habe.  vorbringend.  Gerhard  {ebenda  §  503)  bezeichnet 
Auch  stamme  der  Name  aus  dem  Thrakischen;  ihn  geradezu  als  'zeugenden  Phallusdäuion ', 
die  zweite  Hälfte  entspreche  den  Namen  dieser  und  auch  wenn  die  halbhohlen  Figuren  (in 
Sprache  auf  -poris,  was  dann  erst  durch  Volks-  Kopenhagen  und  in  Paris),  deren  obere  Hälfte 
etymologie  dem  griechischen  -qpopo^  angegli-  den  (erst  beim  Wegnehmen  sichtbaren)  Phallus 
chen  worden  sei.  Diese  Annahme  Jhitiachs  bedeckt,  mit  Telesphoros  nichts  zu  tun  haben 
könnte  überzeugen,  wenn  Telesphoros  nicht  in  (s.  o.),  so  wird  er  doch  als  Sinnbild  z  engen - 
seiner  Vennummung  barfuß  ginge,  was  sicher  10  der  Naturkraft  auch  durch  die  Worte  in 
auch  damals  nicht  die  Sitte  der  Bewohner  des  v.  89  f. :  ig  rtXog  eixoxiriv  It^/jxae  gekennzeich- 
rauhen  Nordens  gewesen  ist.  Daß  aber  die  net.  Mit  Recht  betonen  dieses  phallische  Ele- 
nackten  Füße  zu  seinem  Typus  gehören,  wird  meiit  auch  Fmioßa  ^Äsklep.  n.  die  Asklepiad. 
besonders  an  den  Bildwerken  augenfällig,  wo  S.  54),  Fröhner  (Sculpt.  du  Loume  1  869)  und 
er  mit  beschuhten  Gottheiten,  z.  B.  mit  Askle-  Scheuch  S.  54.  Daß  er  in  der  Tat  nicht  nur 
pios,  zusammengestellt  wird,  so  in  der  römi-  ein  Gott  der  Genesung  ist,  sondern  allen  zu- 
sehen Statuengrappe  bei  Montfaucon  (Avtiq.  gehört,  die  sich  schwellender  Kraft, 
expl.  I  pl.  186,6)  oder  auf  dem  elfenbeinernen  namentlich  sprossender  Jugendblüte 
Diptychon  Gaddi  (s.  o.).  Das  Kapuzengewand  erfreuen,  erkennt  mau  am  besten  aus  den 
beweist  also  für  die  nordische  Provenienz  nichts;  so  Ephebeninschriften,  nach  denen  heranwachsende 
ist  es  doch  noch  heutzutage  auch  dem  Süden  Knaben  in  Athen  ihn  an  die  Spitze  ihres  Ver- 
vertraut; an  kalten  Tagen,  die  dort  keineswegs  eins  oder  ihrer  Stammrolle  stellten.  Endlich 
fehlen,  erscheint  die  Mönchskutte  der  Kapu-  vergesse  man  nicht:  nach  dem  Kasseler  Hyvi- 
ziner  und  anderer  Orden  geradezu  als  die  von  «U5,  einem  innigen  Dankgebet  (s.  o.),  erstreckt 
der  Vernunft  gegebene  Tracht  und  findet  auch  sich  sein  Segen  auch  auf  die  unbeseelte  Natur 
unter  der  nichtgeistlichen  Bevölkerung  vielfach  und  hilft  ihren  Mißständen,  wie  etwa  Vieh- 
Nachahmung;  ja  eine  ähnliche  trägt,  sei  es  seuchen  und  Mißwachs,  ab;  denn  nur  darauf 
zur  Abwehr  der  glühenden  Sonnenstrahlen  oder  kann  sich  in  v.  39:  vovcov  änaad^tvog  tivqo- 
zur  eigenen  Erwärmung  in  kalten  Wüsten-  q)^ÖQov  (nach  G.  Hermanns  Verbesserung;  be- 
nächten,  selbst  der  Beduine.  30  ziehen.    Also   zeigt  sich   auch  hier  wieder  die 

Freilich,  auch  wenn  man,  wie  es  meist  ge-  Macht  des  kleinen  Gottes  in  der  Förderung 

9chieht,  Telesphoros  als  Schutzgeist  der  Gene-  alles    organischen    Lebens,   dessen   fröh- 

senden  ansieht,   läßt  sich  die  Verhüllung  bis  liches    Gedeihen    er    verkörpert    und    versinn- 

«uf  den  Erdboden  herab  mit  der  Barfüßigkeit  bildlicht. 

nicht  zusammenreimen.  Wenn  irgendwo,  so  hat  Da,  nach  dem  soeben  versuchten  Nachweis, 
X.  JPeuerftacÄ«  Ausspruch:  'Der  Mensch  schuf  daß  für  die  Erklärung  der  zwar  malerischen,  aber 
Gott  nach  seinem  Bilde',  volle  Berechtigung  doch  un jugendlichen  Tracht  des  Telesphoros 
in  der  Mythologie.  Man  müßte  also  annehmen,  schon  wegen  der  nackten  FiLße  weder  die  Klei- 
Telesphoros  hätten  die  Künstler  nach  der  Tracht  düng  des  thrakischen  Nordländers  noch  das 
der  Rekonvaleszenten  dargestellt.  Nun  wissen  40  Rekonvaleszentenkostüm  in  Frage  kommt,  so 
wir  aber  von  der  im  griechisch-römischen  Alter-  bleibt  nur  übrig,  sie  aus  einem  religiösen 
tum  üblichen  Kleidung  der  Kranken  und  Ge-  Herkommen  abzuleiten.  In  der  sikyonischen 
nesenen  fast  nichts  {Schenck  S.  52:  —  ad  cer-  Stadt  Titane  stand  ein  Heiligtum  des  Askle- 
tum  haec  res  redigi  non  potest,  cum  de  aegro-  pios  (s.  o.),  dessen  uraltes  Idol  puppenartig 
torum  apud  veteres  vestitu  nihil  fere  sit  comper-  mit  Gewändern  umhüllt  war,  sodaß  man  von 
tum).  Aus  Telesphoros' bildlichen  Darstellungen  ihm  nur  das  Gesicht,  die  Finger  und  die  Füße 
jedoch  darauf  einen  Schluß  zu  ziehen,  ist  nicht  sehen  konnte.  Was  es  mit  dieser  Vermummung 
angängig.  Wenn,  wie  es  naturgemäß  ist,  solche,  des  Asklepios  für  eine  Bewandtnis  gehabt  hat, 
die  schwere  Krankheiten  überstanden  hatten,  braucht  hier  nicht  erörtert  zu  werden.  Höchst 
ihren  Körper  noch  besonders  warm  hielten,  so  50  wahrscheinlich  schreibt  sich  aber  von  der  un- 
entblößten sie  so  wenig,  wie  dies  heute  Re-  gewöhnlichen  Bekleidung  des  älteren  Heilgot- 
konvaleszenten  tun,  die  Füße ;  das  verbot  ihnen  tes  die  übereinstimmende  des  jüngeren  her. 
einfach  schon  das  Gefühl.  Also  kann  Telespho-  Abgelebte  Bräuche,  die  sich  an  jene  knüpften, 
ros  nicht  ein  Abbild  der  von  ihm  beschützten  übertrugen  sich  auf  Telesphoros  und  erhielten 
Rekonvaleszenten  sein,  und  seine  ganze  Auf-  sich  bei  ihm  noch  zu  einer  Zeit,  wo  die  äußere 
fassung  als  Gott  oder  Genius  der  Genesenden  Erscheinung  des  Asklepios  namentlich  durch 
ist  zu  eng.  die    bildende    Kunst    bereits    tiefeingreifende 

Es  ist   ja  auch  bereits  betont  worden,  daß  Wandlungen   erfahren  hatte.    Die   literarische 

Telesphoros   keineswegs   als  fröstelnder,   halb  Überlieferung  und  das  erhaltene  Bildermaterial 

kranker  Knabe  aufgefaßt  werden  darf.  DasEpi-  eo  gestatten  nicht,  zu  bestimmen,  wie  lange  der 

theton    (pusaivßgoTos    im   Kasseler  Hymnus  Typus  des  verhüllten  Asklepios  das  Dasein  ge- 

(v.  33),  das  Homer  bald  Helios  (x  138),  bald  Eos  fristet  hat;  nachweisbar  ist  höchstens  ein  thro- 

(ß  785)  beilegt,  schreibt  vielmehr  dem  kleinen  nender  Asklepios  mit  Ärmelchiton  im  Palazzo 

Gotte  die  Bedeutung  und  Wirkung  hellen  Lieh-  Famese  zu  Rom  {Matz-Duhn  nr.  54),  der  nur 

tes  zu,  das  ja  auch  bei  Ail.  Aristeides  (I  p.  494  entfernt   an   eine   solche  Verhüllung   erinnern 

Dind.)  seine  nächtliche  Erscheinung  umstrahlt  kann;    vgl.  Emil  Löwe,  De  Aesculapi  figura, 

(s.  o);  vgl.  Gerhard,  Gr.  Myth.  I  §  506.  Diss.  Straßburg  1887,  S.  7.   Während  aber  der 

Noch  wichtiger  ist  das  andre  dort  (v.  43)  antike  Künstler  die  Antizipation   des   mittel- 


l^2n       Telesphoros  (Wesen  n.  Name)  Telestorides                      H2fj 

alterlichen  MöTichs^evvandes  Lei  dem  männlicheu  Ans]»ielnugou  auf  den  Namen:  »7;/}  tx  xäuvov- 
Heilgott  bald  verschmähte,  erschien  ihm  dieses  rog  ansTBkeat  {Marin,  rit.  Procl.  c.  7)  und  i^-  ri- 
bei  <lcm  Knaben  wegen  der  Orifrinalitllt  an-  Xog  i-vroxirii'  ^O'rjxa?  (Kasseler  Hymnus  v.  3ü 
rautig,  und  man  wird  nicht  bestreiten  wollen,  Kalbet).  Schon  bei  Homer  (T  ;-i2)  Hn«let  sich 
ilaß  es  ihm  wohl  ansteht.  Jedenfalls  hat  Teles-  ferner  TsXeafpugov  ^lg  tviuvrov.  bis  zum  Voll- 
l)horos  das  Äußere  eines  zwerghaften  Pfilttleins  endung  bringenden  Jahre,  d.  h.  bis  znr  Voll- 
beibehalten und  als  ausschließliches  Krken-  endung  d<'8  Jahres;  denn  da  von  dem  .lahre  au- 
nungszeichen  bewahrt.  genommen  wird,  daß  es  alles  zu  Ende  fiihrt, 
Das  Phantastische  dieses  Aufzugs  ist  viel-  vollendet  es  auch  seinen  eigenen  Verlauf  und 
leicht  der  Ausdruck  oder  die  Begleiterschei-  10  gewinnt  daher  auch  selbst  einen  Abschluß; 
nung  von  Absonderlichkeiten  im  Kultus,  Wie  vgl.  Ameis,  Faesi  u,  Hentze  zu  d.  St.  u.  zu  fi  8H, 
der  Asklepioskult  eng  verbunden  ist  mit  aller-  Dann  wird  aber  d.is  Adj.  auch  im  passiven 
band  Wunderkuren  und  Orakelkünsten  der  Sinne  gebraucht  und  bedeutet  von  Gebeten, 
Schwindelärzte,  so  mochte  sich  auch  an  Teles-  Flüchen,  Orakeln,  Träumen  .vollen «1  et,  er- 
phoros  mancherlei  Mummenschanz  heften,  von  füllt;  vgl.  Aescli.  Choepli.  204;  528;  Sept.  03H 
dem  wir  jedoch  wenig  wissen.  Kaum  daß  man  {Kirchhof})',  Soph.  Kl.  (ÜB;  Kur.  Phoen.  60;  041; 
bei  Suidas  s.  v.  und  im  Ktymologicuvi  Magnum  Sehend-  S.  54.  Daher  erklären  Suidas  und  das 
751,  11    die   gleichlautenden  Worte   liest:    Ts-  Etym.  Magn.    a.  a.  0.  das    Wort   mit   t^Xeiog, 

XtöcpOQOs ^ävt t  g  iyyaatQL^v&og, d.h.  vollkommen.   7 «i£öqpo(»os  ist  also  der,  welcher 

Telesphoros  —  ein  weissagender  Bauchredner.  20  die  Vollkommenheit,  die  ihm  selbst  eigen  ist, 

Näheres  ist  über  den  ventriloquistischen  Unfug,  den  Menschen  bringt;  der  Vollendete  und  Voll- 

den  der  Telesphoroskult  im  Gefolge  hatte,  nicht  endende.    Die    attischen   Epheben   wühlen    ihn 

bekannt.    Möglicherweise  war  der  Gott  Schutz-  zu  ihrem  Schutzgott,  weil  sie  von  ihm  erhörten, 

patron    herumziehender   Wunderdoktoren,    die  daß  er  ihnen  zu  reiferer  Entwickelung  verhilft, 

im  sinkenden  Heidentum  den  Aberglauben  der  und  im  Besitze  jugendlicher  Kraft  verbürgt  er 

Menge  gründlich  ausnutzten;  \g\.  auch  Gruppe  die  gesunde  Ertüchtigung  des   heranwachsen- 

S.  1455,1.  den  Geschlechts".    Vgl.  Telesphoros  II. 

Der  Deutung  des  Namens  ist  schon  vor-  [Johannes  Schmidt.] 

gearbeitet  worden.  Wenn  man  die  ohnehin  frag-  Telesphoros  II  {Tusa(pÖQog)  als  Götterbei- 
würdige  Ableitung  aus  dem  Thrakischen  ver- 30  name  findet  sich  bezeugt  für — 1)  Gaia  auf  einer 

wirft  (s.  0.),  bleibt  wohl  nur  eine  etymologische  Inschrift  aus  Theben,  die  nach  Dittenherger, 

Erklärung  aus  dem  Griechischen  übrig.  I.  G.  7,2452  lautet:  'lagov  r{uiccg)  iMccIy.aigag 

Während  die  zweite  Hälfte  des  Wortes  keinem  TsXsacpogco,  nach  Vollgraff,  Corr.  Hell.  25  (1901), 

Zweifel   unterworfen   ist,   verursacht   die  erste  3G3  nr.  3: 'Ja()6v  Fä?  iVfaxaiporff  Tf/.eöqpdpo.    Die 

bei    der  Vieldeutigkeit   von   xiXog    Schwierig-  beiden  in  dieser  Inschrift  ihr  gegebenen  Epi- 

keiten.   Es  leuchtet  ein,  daß  es  hier  nicht  das  theta  trägt  Gaia  auch  Orph.  Hymn.  2«i,  10    aä- 

Lebensende  heißen  kann;  sonst  wäre  ja  Teles-  ^aiga  Q-ta,  vgl.  Soph.  Phil.  AQO)  und  26,2  {Tt- 

phoros  ein  Todesgott.  —  Sachlichen  wie  sprach-  XsacpoQs,  vgl.  Orac.  Sihyll.  3  659).  Der  Beiname 

liehen    Bedenken    unterliegt    sodann    die    von  bezeichnet  die  Göttin  wohl  als  diejenige,  welche 

Boeckh{C.  I.  Gr.l  S.  479a)  aufgestellte  und  von  40  alles  zur  Vollendung  und  Entwicklung  bringt 

Welcker  {Götterlehre  II  740)    sowie    auch    von  (vgl.  Plut.  de  Hb.  educ.  4  p.  2E:   devögcc .  .  .  tv- 

Gruppe   a.  a.  0.   befürwortete    Erklärung,    die  ^ovtcc  ÖQd^f^g  naidaycoyiccg  hyy.ccQTta  yiyvsrat  ytcci 

den   Namen   mit  Mysterien   {zeXeGq^oglai)   oder  rsX£6q}6Qa);   vgl.   auch  Preller- Robert,    Griech. 

geheimnisvollen  Weihen  (Tf^8r(zt)  in  Zusammen-  Myth.  635,3,  —  2)  die  Moiren:  Jia  rsvs&Xiov, 

hang  bringt;  denn  obwohl  der  Telesphoroskult  'Hqccv  Faai'iXiov.,   Moigccg  TtXiGcpÖQovg ,  Ao^iav 

sich    im    Laufe    der    Zeit    von    absonderlichen  "Aqtsulv  x.  t.  X.,    Dio   Clirysost.   or.  7  p.  209  R. 

Bräuchen  nicht  freigehalten  haben  mag  (s.  0.),  (=  1,  139,  20  ed.  Bindorf).    Lobeck,  Äglaoph. 

so    ist    doch    die    Annahme    von    eigentlichen  767.    Vgl.  Moiqcc  TsX86(p6qoq^  Aesch.  Prom.  511 

Weihen,   namentlich   bei   dem   Schweigen   des  (513).  —  3)  Zeus,  Hom.  Hymu.  23,2,  wo  nach 

Ail.  Aristeides,  unhaltbar;  ferner  wären  die  xs-  50  Gemoll  z.  d,  St.  tsXsacpoQog  nicht,  wie  manche 

XtGcpogiai  sprachlich  doch  erst  wieder  von  tb-  annehmen,  '^allgewaltig'  bedeutet,  sondern  ^ver- 

XBCcfÖQog  abzuleiten;  aber  auch  wenn  man  von  geltend',  wie  in  demselben  Sinne   —    4)  auch 

rf^söqpoplor^  auf  Tf'^7],  was  ja  auch  schon  Weihen,  Dike   dieses  Epitheton  führt,    Soph.  A/.  1390; 

Mysterien  bedeutet,  zurückgeht,  so  ist  doch  die  vgl,  Teleios  IV —  5)  Beiname  der  Selene,  Orph. 

von  Welcher  {Berliner  Terrakotten  S.  106)  vor-  Hymn.  8,  9,     [Höfer.] 

geschlagene  Übersetzung:  ""Träger  oder  Bringer  Telestas    {TsXsGTag),    ein    Bastardsohn    des 

dieser  Weihen'   wenig  klar:  es  gab  keine  My-  Priamos,   Apollod.  3,  152  W;    nach  Dict.  Cret. 

sterien  des  Telesphoros,  und  diese  konnten  da-  4,  7  wird  er  von  Diomedes  getötet,     [Ruhl,] 

her  auch  nicht  von  ihm  "^gebracht' (?)  werden;  Telestes  {TsXsöf^g),  Beiname  des  Herakles, 

vgl.  Sehenck  S.  53.  —  Wer  den  Telesphoros  für  60  wohl  synonym  mit  Mystes  (s   d.  nr.  3),  loann. 

den  Gott  der  Genesung  hält,  wird  bei  xilog  an  Malalas  8  p.  204  ed.  Bon.     [Höfer.] 

das  Ende  der  Krankheit  denken.    Doch  es  fragt  Telestho  {TsXsöd-co  in  der  Klasse  W — Venetus 

sich,   ob   dieser  spezielle  Sinn  in   dem  Worte  9,  6  u.  Parisinus  2708  — ,    TsXtGrco  Rzach),  r} 

liegen  kann.   Es  ist  daher  gewiß  richtiger,  die  yiQoyioTtsnXog,  eine  der  Töchter  des  Okeanos  und 

allgemeine  Bedeutung  Vollendung  ins  Auge  der  Thetis,  Hes.  Theog.  358.    Ihren  Namen  hat 

zu  fassen  zugleich  mit  dem  Sinn  Vollständig-  sie  ^von  der  Weihe  des  W&sseTs\  Preller- Robert, 

keit,  volle  Entwickelung,  Vollkommenheit.  Gr.  Myth.  1^  p.  553.     [Ruhl,] 

Damit  stimmen  auch  die  beiden  etymologischen  Telestorides  {TsXsoTogidrigX    Bei  Kallim.  fr. 


327                        Telestor  Telete                         328 

13a  Sdmeider:  rsTQaivov  Jafiäaov  nut^a  Ttlh-  hing  der  reichen  Literatur  von  1811  —  190.S  und 

orogldriv^  woraus  Fape -Benseier  einen  „Dama-  Wiedergabe  der  haui^tsächlichsten  Interpreta- 

B08,  Vater  eines  Telestorides"  erschlossen  hat,  tionen    bei   Svoronos,    Das  Athener  National- 

liest  E.  ])ittrich,  Jahrb.  f.  klass.  J*fiil  Suppl  28,  museum  1,   336—340  (Taf.  56   ur.  1390);    vgl- 

179  (vgl.  201.  208  nr.  14):  teTQoifvov  Sä^ouv  auch   die   Beschreibung   des   Reliefs  C.  I.  G. 

natdot  TtlsöTOffidriv  und  bezieht  das  Fragment  4,  676. 

auf  Linos  (s.  d.),  der  Sohn  des  Telestor,  d.  h.  Im  folgenden  nur  einige    der   wichtigsten 

des  Apollon,  da  dieser  so  in  einem   Hymnus  Deutungen:    Prott,  Atli.  Mitt.  27    ^1902)  266, 

(Anth.  Pal.  9,525,20:  rfpt^i^opoy,  Tir&vccy  re-  sieht  in  dem  Relief  'unbedenklicli'  ein  Denk- 

Xiöxoga^  rmr^tvxa)  genannt  werde  =  den  Sohn  lo  mal  der  Verbindung  von  mystischem  Dionysos-, 

des  Apollon  zerreißen  im  Alter  von  vier  Jahren  Demeter-  und  Kaiserkult  f  wohl  weil  die  Kaiser 

<^die  Hunde>.   Über  weitere  auf  einem  Papyrus-  die  Bringer  der  Euthenia  und  Eueteria  seien, 

streifen  erhaltene  Fragmente  des  Kallimnchos  Hepdiug  a.  a.  0.  443];   dagegen  wendet  sich 

mit  der  Behandlung  der  Linossage   s.  Körte,  Ippel  ebenda  37    (1912)    290f.     Nach  ihm  ist 

Archiv  für  Fapyrusforsdi.  5  (1918),  544  nr.  391.  das  Relief  der  T.,  Euthenia  und  p]piktesis  ge- 

Freilich  will  es  sehr  bedenklich  erscheinen,  von  weiht.     Er  hält   die    kleine   Statue   mit   dem 

dem    adjektivisch    gebrauchten    TBliarug    ein  Fruchtkorb  links  für  Euthenia,  'Epiktesis  wird 

Patronymikon  zu  bilden.    [Höfer]  ebenso    eine   kleine  Statue   gewesen  sein  auf 

Telestor  s.  Telestorides.  dem  Pfeiler'.      T.  selbst    ist   ihm   die   große 

Telete  (Tfisrtj)-    Nikaia,  Tochter  des  San-  so  Figur,  die  kleine  aber  auf  dem  Pfeiler  Hfekate, 

garios  und  der  Kybele  {Boscfi.  Lex.  3,  1.  303),  'die  Hüterin  der  Weihen'.     T.  weilt  in   dem 

von  Dionysos  berauscht,  gebiert  dem  Gott  eine  Heiligtum,  das  Statuen  und  Baum  bezeichnen, 

Tochter  (Jfetnn  frgm.  41,  5,  F.  H.  (r.,  3,  547;  als  großes  den  Ort  erfüllendes  Numon.     Doch 

A^'onw.  15, 169 — 16,405):  ^BOGGvxog  i]v%^BS  %ovQri.,  hat  Ippels  Deutung  wenig  Wahrscheinlichkeit 

fjv   TeXsTTiv  6v6iiriafVy   alsl  x^^^QOvcccv  togrccig,  für  sich.     Die   Hauptfrage  ist  nach  wie  vor: 

xovgriv    vvxTLXOQSvrov^    iqiBanoiiivriv    Jiovva(o,  worauf  bezieht    sich    die    Inschrift    T6A6TH? 

tSQnofiivriv     ngordcloioi     x.     dfKpi7rZi)yi.     ßoslj]  Gegen  die  Deutung  der  kleinen  oberen  Figur 

(Dww.  16,  866ff.).  XogoTiXsTtris  wird  8ie  Dion.  4S,  als   T.  sprach   sich  schon   Sybel,  Katalog   der 

880  genannt;  sie  wird  Dienerin  der  Nikaia  bei  Skulpt.  zu  Athen  nr.  348  (Artemis?),  aus,  Ke- 

der  Hut  des  Jakchos  (886).    T.  ist  die  personi-  so  kule  (TJieseion  nr.  248  mit  Literatur),   der  sie 

fixierte  Weihe;  vgl.  Deubners  Artikel  über  Per-  auch  für  eine  Artemis  hielt  mit  der  Annahme, 

Bonifikationen:  Bd.  3,  2  Sp.  2068 flF.  (im  Index  die  daß  unter  T^AETH  noch  etwas  gestanden  habe. 

Stellen  zu  T.).    In  diesem  Sinn  darf  man  viel-  Ihm  gilt  auch  die  Figur  der  'ETtUrrioig  als  T., 

leicht    auch   Herod.  4,   79    fassen:    ^«cO^v^rjöf  und    inUrr\6ig  (sie)   "^ scheint   sich    auf   keine 

(Skylas)  jdtovveoi  Bccnxsitp  rsXsod'iivai,,  (ibXXovtl  dieser   Figuren    zu    beziehen';    auch   Deuhner 

8i  ol  ig  x^^Q^9  aysad^cci  xr]v  TsXexr]v  iyi-  schaltet  dies  obere  Figürchen  als  T.  aus. 

vsxo  (pdöiia  iisyiaxov.  Daran  wird  wohl  mit  Svoronos  festzuhalten 

Auf  dem  Helikon  stand  neben  Orpheus  ihre  sein,   daß    die    Gestalten   mit   Inschrift   dieser 

Statue;  Paus.  9,  30,  3  'OQq)8t  6h  tc5  Ggccxl  ns-  auch    entsprechen:    Evd'rivia    auf    der    Basis, 

nolrixat,  ft« v  TtccQS6rui6a  avxm  T.    [Erinnerung  40  'EjtUxriGig  die  sitzende  Gestalt,  in  der  Sybel 

daran  in  Anstoph.  Fröschen  1032?]    Nach  der  gewiß  richtig  eine  heroisierte  Verstorbene  (aus 

Kalenderschrift   aus   der   Epakria   erhielt   sie  Chios?  /Swrowos)  vermutete.   Milchhöfer  wieder 

dort  Opfer;  vgl.  Amer.  Journ.  Arch.  10,  1895,  (s.    Svoronos    338)     sieht     in    der    Hauptfigur 

210.    10;    Prott,  Fasti  sacri   48  nr.  26  B    10;  ( E%Ux7\öig)  eine  heroisierte  Tote  namens  Te- 

Deubn.  a.  a.  0.   2141,   64 if.    {TsXBxfig    envSia  lete.     Wieder  anders  Deuhner,  Stais,  Reinach 

[od.  anvXia'i  s.  Am.  Journ.  223]  A  A  A  A).  {'ex-voto  ä  des  divinites  protectrices  de  la  vege- 

Auf  einem  Rundaltar  von  Pergamon  ist  T.  tation?  .  .  .  d  une  defunte?^),  Kastriotis  (xsXsxr'i 

mit  der  iVv|  und  dem  Aiyxo^iaxov  verbunden:  =  Fest). 

iVvxrl  xal  TsX8xi]i  nal  xibi  Avxofidxmt  KXavdia  Im    folgenden   eine    brief  1.  Mitteilung  von 

TsXsacpoQLavla  vuv^xqlcc  xax'  övag  (wo  die  Zu-  60  0.  Weinreich,  der  mir  nach  Autopsie  schreibt: 

sammenstellung  der  iVv|   mit  der  T.,   die  ja  'Das  Relief  ist  überarbeitet  offenbar  zu  einer 

xovQTi   vvxxLxOQSvxog  ist,   keine   Schwierigkeit  zweiten  Verwendung.     Das  ist   ganz    deutlich 

bietet);    vgl.  Hepding,    Mitt.  d.  arch.  Inst.  35  an  dem  Zapfen,  mit  dem  es  in  die  Basis,  die 

(1910)  458;  s.  auch  Kern,  Herrn.  4:6  (1911)  434;  es  trug,  eingefügt  war.    Danach  ist  das  Relief 

A.  S.  Peinach,  Rev.  et.  gr.  25  (1912)  53  \^Divi-  links  unvollständig.     Nun  ist   sicher  und   oft 

nües  orphiques  de  la  Finalite  et  de  la  Fatalite^].  hervorgehoben,  daß  auch  die  Inschriften  nicht 

Mit  Unrecht  wurden  früher  viele  Bilder  auf  gleich  sind,  also  wohl  auch  nicht  gleichzeitig. 

T.  bezogen;  vgl.  GcrÄard, -4n<.  ^iZdz^.  210,  211.  Und   da  die   große   Inschrift    TeX^xr}   ziemlich 

52.   T.  XLIX,  L  295  CCCXI  402.    In  der  letzten  roh  im  Felde   steht  und  an  einer  Stelle,  wo 

Zeit  fand  häufige  Besprechung  das  Relief  aus  ursprünglich  wohl  die  aus  der  Schale  trinkende 

Lnku  in    der  Thyreatis    ('1.  Jahrh.  nach  Chr.'  Schlange  vom  Baum  herabhing,  so  möchte  ich 

Svoronos-.,    'wahrscheinlich   aus   der  Villa   des  diese  Inschrift  für  sekundär,   die  beiden  an- 

Herodes  Atticus'  Deubn.  a.  a.  0.  2125  mit  Re-  deren  für  primär  halten.     Nach  der  Analogie 

Produktion).     Die   Bedeutung   des   Reliefs   ist  des  ebenfalls  aus  Luku  stammenden  Heroen- 

noch  nicht  völlig  erkannt,  zumal  noch  nicht  reliefs,  das  stilistisch  verwandt  ist  (s.  Svoronos 

einmal  die  erforderliche  Einigkeit  in  der  Iden-  339  r.),   glaube   ich,    daß    es   ursprünglich   ein 

tifikation  der  Figuren  selbst  besteht.     Die  ge-  Grabrelief  für  die  heroisierte   'EnUxriGi?  war 

naueste  Beschreibung  des  Reliefs  ipit  Samm-  und  später  zum  Weihrelief  umgestaltet  wurde, 


:^29                         Teleus  Tellumo                        330 

was  um  so  leichter  ^inj^,  als  sich  der  Menschen-  er  denkt  Uei  dieser  Ahnherrnschaft  des  Tellis 
name  'ETti%Tr\ai^  nun  auch  niytlioloj^fisch  fassen  zu  Archilochos  an  eine  spätere  'Ciceroniertin- 
ließ.  .  .  Bei  dieser  Neuverwendunjj^  hat  man  dunj^',  durch  die  Tellis  in  diesen  Zusammen - 
die  Schlanjj^e  aljgearbeitet  und  TfXtxi]  einge-  hanjf  mit  Archilochos  geliracht  worden  sei, 
graben,  was  nun  sehr  wolil  auf  die  j^roße  Ge-  der  ja  auch  dem  parischen  Priestergeschlechte 
stalt  bezogen  worden  sein  maor,  wodurcli  Eni-  der  kabirischen  Dcsmeter  anp^ehörte.  Der  Name 
xtriGig  allerdings  bildlos  würde'.  Tellis,  anklingend  an  die  pariwchen  riXi],  als 
Danach  scheint  mir  wohl  möglich,  daß  hier  Kurzform  zu  7  tJlföqpoyoc,  tat  das  scnnige  dazu. 
T€A€TH  gar  nicht  als  Personifikation  zu  be-  Wäre  also  die  Verwandtschaft  erst  später  will- 
trachten ist,  sondern  etwa  in  der  Auffassung,  lo  kürlich  konstruiert,  wie  IHeterich  anniu)mt, 
wie  sie  Sroronos  geäußert  hat:  das  Wort  rfA,«T7?'  dann  könnte  Tellis  wohl  als  ^qpTj^os  dargestellt 
bezieht  sich   entweder  auf  die  Feier  der  He-  gewesen  sein. 

roisierung  der  Epiktesis  oder  auf  den  Akt  einer  Indessen     folgte     nach     Crusius     Polygnot 

Fruchtbarkeitsfeier,  und   das  Kelief  selbst  ist  zweifellos    der    heimischen    Überlieferung    (so 

wie  der  Altar   des  Musonios  (Svoro7i.  340)  v^g  auch  Hauveite,    der   von    Tellis    und   Kleoboia 

xiXfxii?   rb    6vvQ-i]ucc.     Das   Wort    xbXfri]    gibt  sagt,  daß  sie  „figuraient  sous   yne  forme  con- 

dann  den  Zweck  und  Inhalt  des  Reliefs  an  —  crete    la   patrie    de   Vartiste   ei    rnppeluient   /e.s 

womit  freilich,  wenn  sich  diese  Interpretation  Souvenirs  les  plus  recules  de  Vinjluence  paricnup 

in   der  Folge   als   richtig   erwiese,   wieder    ein  a  TAorsos"),  die  in  der  spä,teren  "" mirakelreichen' 

nicht  unwichtiger  Beleg  für  die  Personifikation  20  xxlöig  IJccqov    sich   wiederfinde;    vgl.    das    be- 

der  Telete  hinfällig  würde.  kannte    Orakel    liyysiXov  Hagloig,    TiXsalxXteg, 

Eine  weitere  mutmaßliche  Darstellung  Te-  öig  gs  xfXsvco-  V7]aa)  iv  'Hsgirj  y,xl^si.v  evdsifXov 

letes:    auf    einer    kapitolinischen    Bronze    ist  aaxv  (Euseb.  praep.  ev.  H,  7).    Dieser  Telesikles, 

sie  abgebildet    als  kleine  Gestalt  'mit  flacher  Vater    des    Archilochos,    führte    die    parische 

Scheibe     (Ttlvcc^)     auf    dem     Kopfe:     Telete?  Kolonie  nach  Thasos,   so   daß    ihn  Crusius  als 

Nymphe?'  {Eosch.  Lex.  1,  2.  1906 f.)  einen  Doppelgänger  des  polygnotischen  Tellis 

[Preiseudanz.]  und  dessen  Namen  als  Kurzform  auch  zu  Tele- 

Teleus  (TsXsvg),  Vater  des  Klymenos   (s.  d.  sikles  betrachtet, 

nr.  6),  Farthen.  13.     [Höfer.l  Noch  weiter  sucht  Hauvette  zu  kommen  mit 

Teleiitagoras  {TsXsvrayoQccg),  Sohn  des  He-  30  der  Annahme,  der  Kult  der  parischen  Demeter 

rakles  und  der  Thespiade  Euryke?  oder  Euryte?,  sei  zuerst  von  Tellis  und  Kleoboia  nach  Thasos 

Apollod.  2,  162  W.     [Ruhl.]  gebracht  worden,   während   erst  zwei  Genera- 

Teleiitas    (TsXsvxag),    Phryger,    Vater    der  tionen  später  die  eigentliche  Kolonisation  unter 

Tekmessa  (s.  d.),  Soph.  Ai.  210.  .'iSl.    Schol.  B.  Führung  des   Telesikles,    der  als  Nachkomme 

L.  Rom.  II.  1, 138  (p.  15  a  43  Bekker).  J.  Toepifer,  dieses  alten  yixiaTr,g  besonders  zu  diesem  Amte 

Att.  Genealogie  276  Anm.  3.     [Höfer.]  geeignet  erschien,  vor  sich  gegangen  sei.    Dem- 

Telethusa,  Gemahlin  des  Ligdus  und  Mutter  nach  wäre  Archilochos  als  Urenkel  des  Tellis 

der  Iphis  (s.  d.),    Or.  Met.  9,  682;    696;    766.  anzusehen    und    dieser    mit  Kleoboia    als    der 

[Ruhl.]  frühste  Übertrager  des  parischen  Demeterkultes 

Tellis (7 f /.Ztg. -u^og).  1)  [Literatur:  ^rrwpjpe,  40  nach  Thasos.  [Preiseudanz.] 
Gr.  Myth.  S.  222,  16;  Bobert  16.  Winckelmann-  Vgl.  auch  0.  Jahn,  Hermes  3  (1869),  326. 
iwogr.  S.  6;  Bieterich,  Nekyia  S.  69;  Crusius  v.Wilamowitz,  Homer.  Untersuch.  223  Anm.  19. 
bei  Pauly-Wissoiva  s.  v.  Archilochos  2,  490,  Bobert  a.  a.  0.  81.  Kuhnert,  Arch.  Jahrb.  8 
10  ff.;  Preller,  Mythol.  1  S.  754,  1;  Hauvette,  (1893),  109 f.  Schöne,  ebenda  201  Anm.  23. 
Archiloque,  Paris  1905,  S.  43f,].  Auf  dem  Po-  P.Weizsäcker,  Polygnots  Gemälde  in  der  Lesche 
lygnotischen  Gemälde  der  Unterwelt  in  der  der  Knidier  in  Delphi  15.  —  Wenn  im  Texte, 
Lesche  zu  Delphi  saßen  im  Schiffe  Charons  was  mir  aber  unnötig  erscheint,  überhaupt 
Kleoboia  (s.  d.)  u.  Tellis:  Paus.  10,  28.  1  ol  etwas  zu  ändern  ist,  liegt  am  nächsten  für 
Sh  tTtLßsßrixöxt?  xyg  vemg  ovy.  iracpavalg  ig  iq^rjßov  zu  schreiben  acp^ßov;  vgl.  Pollux  2, 
anavxäg  ÜGiv  olg  7tQ06rjy,ovai,  TeXXig  iihv  7]li-  50  10.  18.  1,  236.  Suid.  s.  v.  äcpTqßrpiOxi '  yrigdoccvtL. 
v.iav  icp'^ßov  ysyoviog  (pccivhxai,  KXsoßoia  3s  hi  —  2)  Sohn  des  Teisamenos,  Bruder  des  Daime- 
Ttagd'^vog,  ^%si  8s  iv  xolg  yövaGL  yaßcoxöv  bnoiag  nes,  Sparton  und  Leontomenes,  Paus.  7,  6,  2. 
noislG^ca  voul^ovGL  JijfirixQL.  ig  ^h>  di]  xöv  [Höfer.] 
TiXXiv  xoGovTov  i'j'iiovGcc  mg  6  noLrixr}g  'iQx^Xo%og  Telliimo  nennt  Varro  bei  Augustin,  Cir.  I)ei 
äitoyovog  el'ri  xQixog  TelXiSog'  KXsoßoicxv  Sh  ig  7,  23  einen  der  Tellus  entsprechenden  männ- 
QÜGov  xa  oQyicc  xfjg  ^r\iLr]XQog  ivsynstv  ttqwxtiv  liehen  Gott.  Daß  er  etruskisch  war,  folgt  aus 
i%  UdcQov  cpaGiv.  Eine  Schwierigkeit  im  Text:  zwei  Tatsachen,  erstens  daß  er  auf  dem  Temp- 
TsXXig  ^hv  TiXiyüav  ysyovojg  cod.  Leid.  A;  icprißov  lum  unter  den  Namen  Tellurus  (s.  a.)  bei 
schalten  die  anderen  Hs.'^.  ein,  was  Bobert  für  Martianus  Capella  erscheint,  und  zweitens,  daß 
unmöglich  hält,  da  Tellis  als  Ephebe  nicht  60  die  etruskische  Hafenstadt  Telamon,  in  etrus- 
Ahnherr  des  Archilochos  genannt  werden  könne;  kischer  Form  auf  ihren  Münzen  {Fabr.  C.  LI. 
von  Wilamowitz  verb.  bei  Bobert:  TeXXig  ^ihv  nr.  297  a— 302)  telmun  oder  tlamun  genannt, 
r\XfAiav  yigiov  cog  cpulijg  äv,  eine  Emendation,  ohne  Zweifel  nach  ihm  ihren  Namen  hat, 
die  allerdings  in  dem  folgenden  KX.  Sh  hi  denn  Tellumo  lautet  in  etruskischer  Lautge- 
Ttccgd-ivog  begründet  zu  sein  scheint  [vielleicht  stalt  telmun,  woraus  dann  mit  Metathese  tla- 
ist  einfach  zu  lesen  yigcov  mg  cpaivsxai?],  wie-  mun  werden  kann.  Über  diesen  letzteren  Vor- 
wohl Dieterich  den  Zusatz  der  Hss.  icp^ßov  gang  vgl.  s.  v.  telmun.  [C,  Pauli.] 
auf  andere  Weise  für  gerechtfertigt  hält;  denn  Vgl.  G.  Wissowa,  Beligion  und  Kultus  der 

Röscher,*  Lexikon  der  er.  u.  röm.  Mythol.    V.  12 


331                         Tellurus  Tellus  (Name  «.  Bedeutung)         332 

Homer*  S.  192, 1.    P.  Wolters.  Archnol.  ferner-  griti    der  mütterlichen   Erdgottheit   gruppiert, 

kungen  II  =«  SUzunifsber.  d.  K.  Baijtr.  Akad.  d.  hat  A.  Dieterich.  Mutt^  Erde,  Leipzig  u.  Berlin 

Wixs    PhiJos-philoI.  u  äia/.  Klasse  1916,  3  8.45  1905  (2.  Aufhige  mit  Nachträgen  von  B.  Wünsch 

und  den  Art.  Tellus  Sp.  332,  64tf.       [Höfer.j  1912}  vortrefflich  beleuchtet;  für  die  spezitisch 

Tellurus    wird    bei    Martiamis    Capella    in  römiRchen  Anßchauungeu  vgl.  W.  Warde  Fonler^ 

folgendem    ZuBammenhang    gelesen:      *Corro-  the  religious  experieme  of  Roman  pcople,  Lon- 

gantur  ex  proxiina  [sc.  regione,  i.  e.  quintaj,  don  liUl,  S.  12()tf.    (;.  Wissowa,  Religion  und 

UraHseursis    damibus   coniugum   regum,    Ceres,  Kultus  der  Römer*  ^.  VJ2  f^. 

TelluruSy  Terraeque  pater,  Vulcartus  et  (Tenius\  Der  Kultname  lautet  ursprünglich   aus- 
Hier  wird   das  Terrae   pater  verschieden    ge- lo  schließlich  Tellus  (Serr.  Aen.  1,171  tellurem 

faßt.     A'.  O.  Müller  ( Ktr.  2\   130  ==  2«,  184)  autem  2>ro  terra  posuit,  cum  Tellurem  deam  di- 

schreibt:  'der  Vater  der  Erde  Vulcauus*,  ver-  camus,  terram  elementum ;  vgl.  12,778.    Cic.  de 

steht  also  Terraeque  pater  Vulcanus,  während  nat.  deor.  3, 52  terra  ipsa  dea  est  et  ita  habetur: 

Deecke  (Etr.  Fo.  4,  16  not.  16)  geneigt  ist,  das  quae  est  enim  aha  Tellus?   Placid.  ('orp.  gloss. 

Terrae  pater  für  eine  Glosse  zu  Tellurus  zu  /«f.  5,101,19  <Tc//m«>  "Telluris,  dea  terrae),  und 

halten.    Das  ist  auch  mir  wahrscheinlich.   Vgl.  zwar  ohne  weiteren  Zusatz  (z.  B.  heißt  der  stadt- 

auch  s.  V.  tehnun  u.  unt.  Sp.  382,  32.     [C.  Pauli.]  römische  Tempel  nie  anders  als  aedes  TeUuris; 

Tellus.  in  jüngerer  Anrufungsform  Terra  Tellus  mater  steht  nur  in  der  überarbeiteten 
mater,  altrömische  Erdgöttin,  wobei  die  Erde  Formel  der  Devotio  urbis  bei  .1/acr.  ,S'.  3, 9, 1 1 ; 
nicht  als  Element,  im  Sinne  des  Erdganzen  20  in  den  Worten  des  Varro  de  r.  r.  1, 1,  5  itaque 
im  Gegensatze  zum  Himmelsgewölbe  (Gaia  und  quod  ii  parentes,  magni  dicuntur,  luppiter  pater 
Uranos)  oder  zum  Weltmeer  (Gaia  und  Okeanos),  appellatur,  Tellus  {Terra  (getilgt  von  Jordan 
gefußt  ist,  sondern  als  der  heimische  Erdboden  zu  Preller,  Rom.  Myth.  2'  S.  2,  ;^)J  mater  gehört 
in  seiner  doppelten  Eigenschaft  als  Saatfeld  mater  nicht  zum  Namen,  sondern  ist  Prädikat), 
und  als  Grabstätte:  tu  alimenta  ritae  trihuis  nur  vereinzelt  findet  sich  auf  Inschriften  (C.  i.  Z. 
perpetua  fide  et,  cum  recesserit  anima,  in  tete  6,769.  8  Suppl.  11986)  die  Benennung  ^/ea  T^/Zm^. 
ref'utiimtis:  ita  quicquid  tribuis,  in  te  cimcta  re-  Seit  dem  Ende  der  Republik  tritt  daneben  in 
cidunt  heißt  es  in  einem  dichterischen  Gebete  rasch  zunehmender  Häuögkeit,  aber  z.  T.  mit 
an  die  Göttin  {Precatio  Terrae  matris,  Anih.  lat.  lokalerBeschränkungdieBezeichnungalsTerra 
5, 12ff..B.'),  und  diese  Doppelnatur  als  All- 30  mater  auf  (wmier  Terra  C. /.  X.  2,. ']52 7.  12,359, 
gebärerin  und  als  Bergerin  alles  Abgestorbenen  dea  Terra  mater  C.  I.  L.  13,  H249;  poetisch  da- 
spricht  sich  auch  in  den  mit  großer  Wahr-  inr  Terra  parens  lucen.^.'lbl.  6\ /.  X.  6, 18579 
scheinlichkeit  auf  sie  zu  beziehenden  Indigi-  =  Buecheler,  Carm.  ep.  1039,  1),  für  welche  der 
tationen  als  Panda  Cela  {Varro  Menipp.  frg .  römische  Stein  CLL.  6,770  Tcrrai  matri  und 
b06  Buech.  und  mehr  bei  R.Peter  oben  Bd.  2  die  Akten  der  augusteischen  Säkularfeier  (C'.i.i. 
Sp.  210f.)  und  Genita  Mana  (Plut.  Qu.  Rom.  6,32323  Z.  136)  die  ältesten  Zeugnisse  sind;  die 
62.  PZm.  «.  Ä.  29,  68,  vgl.  oben  Bd.  1  Sp.  1612)  Epiklesis  mater  ist  ein  notwendiger  Bestand- 
aus, die  beide  in  der  sog.  polaren  Ausdrucks-  teil  dieses  Kultnamens  und  mit  dem  voraus- 
weise das  Wesen  der  Göttin  von  den  entgegen-  gehenden  Eigennamen  völlig  zur  Einheit  ver- 
gesetzten Enden  seines  Inhalts  her  umfassen.  40  schmolzen,  wie  Vitruv.  4,  9,  1  arae  .  .  .  Vestae 
Die  Doppelbeziehung  auf  Werden  und  Vergehen  Terrae  matrique  humiles  conlocentur  zeigt  (denn 
wird  in  Anlehnung  au  griechische  Vorbilder  es  handelt  sich  nur  um  die  beiden  Gottheiten 
{Menand.niotiost.S9  y^  "jtdvTa  rlxrsi  xai  ndXiv  Vesta  und  Terra  mater).  Die  Griechen  geben 
xo^i^^rort)  auch  an  zahlreichen  Stellen  der  rö-  daher  den  Namen  ebensowohl  durch  Vfi  (die 
mischen  Dichtung  hervorgehoben,  zuerst  bei  aedes  TeUuris  heißt  o  vBmg  rfjg  Ffig  Dion.  Hai. 
Ennius  var.  48  F.*  gentis  omnis  peperit  et  resu-  8,  79,  0,  tb  rf]g  Ffig  Isgov  Appian.  6.  c.  2,  126, 
mit  den uo  und  L^ucrez  5,259  omniparens  eadem  vgl.  Cass.  Dio  44,  22,  3)  wie  durch  ^rwir^TriQ 
rerum  commune  sepulcrum,  später  häufig  in  wieder;  z.  B.  bezeichnet  mit  diesem  Namen 
metrischen  Grabinschriften,  deren  Zeugnisse  Lydus  die  Göttin  der  Feriae  Sementivae  (de 
B.  Lier,  Philologus  62  (N.  F.  16)  1903  S.  586  ff.  50  mens.  3,  9  p.  42, 15  W.  Ugonolow  JrjtiritQi  otov 
wad  A.  Dieterich,  Mutter  Erde  S.  7 6  zusammen-  r^  Fj  tfj  vxodsxoii-tvrj  rovg  -naQnovg)  und  der 
gestellt  haben,  z.  B.  C.  L.  L.  6, 154:2:^  =  Bücheier,  Fordicidia  {de  mens.  4,72  p.  124, 10  W.)  und  eben- 
Carm.  epigr.  1129^2  quae  genuit,  Tellus  ossateget  so  Zosimus  2,5  die  Terra  mater  der  Säkular- 
tumulo;  C.  L.  L.  12,  1932  =  Buecheler  1476,  2  feier,  während  umgekehrt  Florus  Verg.  orator 
Terra  mater  rerum  quod  dedit  ipsa  teget;  CLL.  an  poeta  p.  185, 11  Roßb.  die  Göttin,  die  den 
5,7454  =  Buscheier  809  mater  genuit  materque  Triptolemos  aussendet,  Terra  mater  nennt:  da- 
recepit.  Hier  spricht  sich  überall  zugleich  die  her  müssen  wir  uns,  wenn  ein  griechischer  Ge- 
Anschauung aus,  daß  die  Erde  nicht  nur  die  währsmann  eine  römische  Göttin  namens  Jrj- 
Quelle  des  pflanzlichen,  sondern  auch  alles  j*»?i^»3(>  erwähnt,  immer  die  Frage  vorlegen,  ob 
animalischen  Lebens  {fprtilis  frugum  pecorisque  60  Ceres  oder  Tellus  gemeint  ist. 
Tellus  Llor.  c.  s.  29.  vgl.  Diod.  37,  11,  1)  mit  Der  älteste  Gottesdienst  der  Erdgöttin 
Einschluß  des  menschlichen  Daseins  ist,  nicht  in  Rom  ist  unpersönlich  und  an  keine  feste 
nur  frugum  mater  {Ovid.  fast.  1,671.  Paneg.lat.  Kultstätte  gebunden.  In  den  Gebetsformeln  der 
5, 13, 61,  sondern  auch  gentium  et  divum  parens  Pontifices  fanden  sich  die  Anrufungen  Tellumo 
{Anth.  lat.  5, 17  JB.*,  vgl.  Siiet.  Caes.  7,  2  Terra,  Altor  Rusor {Varro  hei  Atigust. c.  d.l ,23  =  antiq. 
qutie  omnium  parens  h€iberetur)  und  d&hei  prima  dir.  16  frg.  45*  Agahd ,  Jahrb.  f.  Philol.  Siijjpl. 
deorum  Tellus  {Verg.  Aen.  7, 136  .  Den  ganzen  24,  213:  pontifices  .  .  .  quattuor  diis  fuciunt  rem 
Kreis  von  Vorstellungen,  der  sich  um  den  Be-  divina?n:  Telhiri  Teliumotii  AHori  Rusori);  diese 


o:»:>      l'ellus  (Fest  d.  feriae  Sementivae)  Tellus  (Fest  d.  Fordicidia»           ;^84 

drei  Namen  verhalten  sich  zur  Krdfjrottheit  eben-  scheidet  die  allgemeine  Regel   bei  Cic.  de  leg. 
KO,  wie  die  zwölf  numitM,  die  der  Flamen  beim  2, 19  ferias  . .  .  in  famulis  operihus  patratis  ha- 
sacrum  Ceriale  anruft  {Serr.  (leonj.  1,21,  s.  unten  hento)  an  zwei  durch  eine  siebentägige  Zwischen- 
Sp.  3;{4,  19tf.),  zu  den  dort  verehrten  Gottheiten  frist  getrennten  Tagen   (in  der  Regel   des  Ja- 
TelluK  und  Ceres,  wobei  noch  bemerkenswert  nuar)  begangen  wurden,   an  deren  erstem  der 
ist,  daü  in   beiden  Fällen  diese  ^Sondergötter'  Tellus,  am  zweiten  der  Ceres  geopfert  wurde 
männliche  Namen  tragen,  während  ihre  Anru-  {Lyd.  de  mens.  3,  9,  der  die  Göttinnen  JrnirJTTiQ 
fung  im  Dienste  weiblicher  Gottheiten  erfolgt  und  Koftt]  nennt;  vgl.  Oü id.  fast.  1,  667flf.  Paul. 
{\gl  Wissowa,  Ges.  Äbhandl.  S.  3llf.  ^20).    Die  p.  837;   die  auf  attische,    nicht  auf  römische 
Beziehungder  Anrufung  .4/<o>- auf  die  Nährkraft  10  Saatfeiern    bezügliche   Notiz    des    sog    Probus 
der  Erde  {quod  ex  terra   aluntur  omnia,  quae  zu  Very.  Geor(ß.2,SHb  ist  fernzuhalten);  wo  nur 
nata  sunt,   Varro  a.  a.  0.)  liegt  auf  der.  Hand,  von  einem  Festtage  die  Rede  ist  (Varro  de  1. 1. 
in    der    späteren    Liturgie    entspricht    ihr    das  «j,  26  Sementivae  feriae  dies  is,  qui  a  pontt/ici- 
Beiwort  aima,  das  der  Krdgöttin  in  erster  Linie  bus  dictus,  appellatus  a  semente,  quod  sationis 
zukommt   (Serv.  Jett.  10,252   alnia  proprie  est  causa  susceptae),  ist  damit  der  speziell  der  Tel- 
Tellus  ab  eo,  quod  nos  alat,  tarnen  etiavi  aliis  lus  geltende  erste  Festtag  gemeint  (vgl.  Varro 
numinibus  hoc  epitheton  datur;  vgl.  alma  Tellus  de  r.  r.  1,  2,  1  Sementivis  feriis   in  uedem    Tel- 
bei  0?;/d.  met.  2,  272  und  über  die  sonstige  Ver-  Iuris  veneram  rogatus  ab   aeditunio),   während 
Wendung  dieser  Epiklesis  Thes.  ling.  lat.  1, 1703);  der  zweite  wohl  zweilellos  das  von  Fabius  Pictor 
Kusor  wird  yon  Varro  {quod  rursus  cuncta  eodem  20  bei  Serv.  Georg.  1,21  erwähnte  sacrum  Ceriale 
revolvuntiir)=revor.sor  gei&üt,  gehört  a,her  wohl  ist,  bei  dem  der  Flamen  (Cerialis)  Tellus  und 
zu  der  in  ruriia,  rumen,  Bumina  (s.  JR.  Peter  Ceres  gemeinsam  opfert  und  dabei  zwölf 'Gott- 
oben  Bd.  2  Sp.219f.)  vorliegenden  Wurzel.    Tel-  heiten'  (richtiger  die  Gottheit  unter  zwölf  ver- 
Imno  {^  *TeUusnio)  entzieht  sich  einer  sicheren  schiedenen  Indigitationen)  anruft,  welche  den 
Deutung,  aber  ein  männliches  Seitenstück  zur  ganzen  Kreislauf  der  ländlichen  Arbeiten  vom 
weiblichen  Tellus  hat  erst  die  Spekulation  aus  ersten  Brachpflügen  bis  zum  Einfahren  und  dem 
ihm  gemacht  {Varro  a.a.O.,  vgl.  auch  frg. 46^  Herausgeben  des  Korns   aus   der  Scheuer  um- 
hei  August,  c.  d.  i, 10),  auf  welcher  fußend  dann  fassen  {Fabius  Pictor  hos  deos  enumerat,   quos 
H.  Nissen    {Pompejan.  Studien    S.  332)    sogar  invocat  flamen   sacrum  Ceriale  faciens  Telluri 
hermaphroditische  Darstellungen  der  Erdgöttin  30  et   Cereri:   Vervactorem,    Pedaratorem  [so   Sal- 
nach weisen  zu  können  geglaubt  hat.    Der  an-  masius,   Hs.  reparatorem],  Iniporcitorem ,  Jnsi- 
gebliche    männliche    TeUurus    in    den    Götter-  torem,  Obaratorem,  Occatorem,  Sarritorem,  Sub- 
reihen  des  Jfari/anMsCa/>eZ?a  (1,49  in  der  fünften  runcinatorem,   Messorem,  Convectorem,   Condi- 
Uegion:  Ceres  TeUurus  Terraeque  pater  Volcanus  torem,  Promitorem;    vgl.   dazu  Wissowa,   Ges. 
et  Genius)  ist  vielleicht  nur  ein  verkannter  ar-  Abhandl.  S.  309 ff.).    Trächtige  Kühe  {fordae  bo- 
chaischer  Genetiv  auf  -iis  (vgl.  auch  C.  Thulin,  res)  werden  der  Tellus  an  ihrem  nach  diesem 
DieGötter  des  MartianusCapella  und  der  Bronze-  Opfer  benannten  Hauptfeste,  den  Fordicidia 
lebtr^  von  Piacenza,  BGVV  3, 1  S.  3.  46f.\  (Ovid.  fast.  4,  629tf.    Varro  de  l.  l.  6, 15;  ältere 
Älter  als  die  Vorstellung  einer  persönlich  Form  Hordicidia  Paul.  p.  102.    Varro  de  r.  r. 
gefaßten  Erdgottheit  ist  die  Gedankenverbin- 40  2,  5,  6,   wo   die  Überlieferung  Hordicalia  viel- 
dung   zwischen   dem    Saatfelde   und   dem   be-  leicht  nicht  zu  korrigieren,  sondern  als  spätere 
fruchteten  Mutterschoße.    Aus  ihr  erklärt  sich  Nebenform  des  Festnamens  zu  erklären  ist,  da 
der  Brauch,   der  Erde  weibliche  (Horaz  epist.  Lyd.  de  mens.  4,72  p.  124, 11  die   Schreibung 
2,1,143    Tellurem  porco,    Silvanum  lacte  pia-  ^ogSiKocXia   bietet)    am    15.  April    {CLL.   1* 
baut  widerspricht  nicht,  es  müßte  nur  genauer  p.  315)  geschlachtet.    Das  Fest  stammte  noch 
j9orco/(!^mma  heißen,  wie  bei  Oaio  de  a^nc.  134,1;  aus  der  Zeit  der  Feldgemeinschaft  der  Kurien 
vgl.  auch  E.  Labbert,  Commentationes  pontifi-  und  wurde  daher  zwar  als  Staatsfest  {publice)^ 
caies  S.  74),  und  zwar  trächtige  Tiere  zu  opfern.  aber  getrennt  nach  den  Kurien  begangen  {pu- 
Das  gewöhnlichste  Opfertier  für  sie  war  die  blica  sacra  pro  curiis,  Fest.  p.  245),   in  denen 
sus  plena   {Fest.  p.  238.     Cic.  de  divin.  1,  101.  00  auch  noch  in  historischer  Zeit  an  diesem  Tage 
Arnob.1,'22  Telluri  matri  scrofa  inciens  immo-  eine  forda  bos  geopfert  wurde   {Varro  de  1.  l. 
latur  et  feta  ...  ob  honorem  fecunditatis  ipsius),  6,15.    Ovid.  fast.  4:,  636  t.),  während  außerdem 
die    ihr   nicht    nur   bei    der   Säkularfeier    dar-  auch  ein  allgemeines  Staatsopfer  gleicher  Art 
gebracht  wurde  {C.  I.  L.  6,  32323  Z.  137  uti  tibi  durch    die    Pontifices    auf    dem    Capitol    dar- 
sue  plena  propri[a   sacrum   fiat].     Orakel   bei  gebracht  wurde  {Ovid.  a.  a.  0.  v.  630.  635.  Lyd. 
Zosim.  2,  6  v.  11  nlriQ'oaivri  xolqols  vg  isQsvoiro  de  mens.  4,  72,  der  aber  sonst  mit  Vorsicht  zu 
lieXuLva;  die  schwarze  Farbe  wird  nur  hier  im  benutzen  ist,  da  er  mehrfach  fremde  Züge  ein- 
Orakel, nicht  in  den  Protokollen  der  Säkular-  mischt;  vgl.  Th.  Litt,  De  Verrii  Flacci  et  Cor- 
feier  erwähnt),    sondern  auch  bei    dem   alten  we?M  jLa&eoms /asiorttm  Z/6m,  Diss.  Bonn  1904, 
Saatfeste,  den  feriae  Sementivae  (Oy/tZ,/asi.  60  S.  25,  2).     Das  Fest   galt  der  Fürbitte  für  das 
1,  ^11  i.  placentur  frugum  matres  Tellusque  Ceres-  Gedeihen  der  um   diese  Zeit  in  der  entschei- 
que  farre  suo  gravidae  visceribusque  suis),  die  denden  Entwicklung  befindlichen  Saat  und  stand 
als  Wandelfest  {feriae  conceptivae,  Macr.  S  1,  in  enger  Beziehung  zu  den  benachbarten  Festen 
16,6.    Paul.  p.  62)  je    nach    dem    Stande    der  einerseits  der  Cerialia  am  19.  April  (der  Zwischen- 
Feldarbeiten  nach  Beendigung  der  Aussaat  {se-  räum  von  drei  Tagen  ist  für  zusammengehörige 
minibus   iactis   est   ubi   fetus   ager,   Ovid.  fast.  Festfeiern  herkömmlich,  vgl.  Wissowa  a.  a.  O, 
1,  662,  dagegen  stg  ccQxijv  önoQov  Lyd.  de  mens.  S.  162  ff),  andererseits  der  Palilia  am  21.  April; 
3,  9  p.  42, 1 1  W. ;    für   die  Angabe    Ovids   ent-  denn   bei   den  Fordicidia  wurden   aus  den  ge- 

12* 


335       Tellus  (Opfer  d.  porca  praec.)  Tellus  (und  Ceres)                 336 

opferten  Kühen  die  ungeboreuen  Kälber  heraus-  der  Möglichkeit  rechnen  mußte,  im  Laufe  dea 

geschnitten  und  zu  Asche  verbrannt,  diese  Asche  Jahres  bewußt  oder  unbewußt   eine  Unterlas- 

aber  von  den  Vestalinnen  bis  zu  den  Palilien  sangssünde    gegen    die   Vorschriften    des    ins 

aufbewahrt,  um  bei  dieser  Reinignngsfeier  zu-  manium    begangen    zu    haben    (vgl.    Lübhert, 

■ammen   mit   anderen   Dingen   (s.  oben   Bd.  3  Comment.  pontiflcdles  S.  78).    Für  die  Vereini- 

8p  1279)  als  Siihnmittel  Verwendung  zu  finden  gung  einer  Handlung  des  Totenkultes  mit  einem 

(Ovid.  fast.  4 ,  639  f.  738).  agrarischen  Opfer  zieht  Dieterich  a.  a.  0.  S.  78 

Die   sowohl   beim  Saatfeste   wie   bei    den  treffend    den    attischen   Kultbrauch    zum  Ver- 

Fordicidia     hervortretende    enge    Verbindung  gleiche  heran,   daß   der   Huzyge  beim   &Qorog 

Ton   Tellus  und   Ceres  begegnet  zum  dritten  lo  TsQog  u.  a.  toi?  negLogcbaiv  nracpov  öwf/a  tlucht 

Male    bei    dem    alljährlich    vor    Beginn    der  (Schol  Soph.  Äntig.  256,  vgl.  Töpffer,  Attische 

Ernte    (priusquam    messim   facies  .  .   .   prius-  Genealogie  S.  139).    Ciceros  Worte  de  leg.  2, 57 

quam  hascf  fruges  condas:  far,  triticum,  hör-  nee  tarnen  eorum  ante  sepulctum  est,  quam  iusta 

deum,  fäbam,  aemen  rapicium,  Cato  de  agric.  facta  et  porcus  (so  Lühhert  a.  a.  0.  8.  73,  Hss 

134,1;  antequam  nwoam  frugem,  quae  dapem  corpus)  caesus  est  gehen  wahrscheinlich  auf  die 

mereat,  de  suo  capiant,  Mar.  Viel.  T^.ib  K.;  ante  porca    praesentnnen ,    dagegen    die    folgenden 

fruges  novas  captas,  (JcW.  4,  6,  8;  antequam  no-  Worte  in  eo,  qui  m  nare   necatus,  deinde  in 

vom  frugem  praeciderent ,  Paul  p.  219;  prius-  mare  proiectus  esset,  ....  porcam  heredi  esse 

quam  novas  fruges  gustarent,  Paul.  p.  223)  dar-  contractam  auf  die  porca  praecidanea,  während 

gebrachten   Opfer  dßr  Porca   praecidanea  20  die  weitere  Bestimmung  et  habendas  tridunm 

(feriae  praecidaneae,   Gell,  i,  6,10),  das  neben  feria^  et  porco  femina  piaculum  pati,  da  sie 

seiner    agrarischen    Bedeutung    zugleich    Be-  nach  CiceroB    ausdrücklicher  Angabe    nur    im 

siebungen  zum  Totcnkult  aufweist,  da  es  pia-  Falle  des  in  nave  necatus,  deinde  in  mare  pi'o- 

euli  gratia  (Gell.  4,  6,  8)  zur  Sühnung  bestimm-  iectus,   nicht  aber  bei   dem  in  mare  mortuus 

ter  Verstöße  gegen  das  t ii«  mantum  diente  (^u/  Platz  greifen  soll,  eine  besondere  Sühne  für 

iusta  defuncto  non  fecerunt  aut  in  faciendo  pec-  den  von  fremder  Hand  herbeigeführten  gewalt- 

carunt,  Mar.  Vict.  p.  25  K.;  qui  mortuo  iusta  samen  Tod  (wecafws)  darzustellen  seheint  (anders 

non  feeisset,  id  est  glebam,  non  obiecisset,  Paul.  früher  Real-Encykl.  3, 1972). 

p.  223;  quod  humatus  non  sit,  Varro  bei  Non.  Der  Anteil  der  beiden  Göttinnen  am  Opfer 

p.  163;  st  qui  familiam  funestam  aut  non  pur-  so  der  porca  praecidanea  ist  offenbar  so  geregelt, 

gaverant  aut  aliter  eam  rem  quam  oportuerat  daß  das  Emteopfer  der  Ceres  gilt,   die  Süiin- 

procuraverant,  Gell.  a.  a.  O.).    Cato  a.  a.  0.,  der  leistung    für   Vernachlässigung    der   Pflichten 

nur  der  Beziehung  auf  die  bevorstehende  Ernte  gegen   die  Verstorbenen    aber   der  Tellus   als 

gedenkt,  gibt  als  Empfängerin  des  Opfers  Ceres  der  Gottheit  der  Grabstätte.    In  dieser  Eigen- 

allein  an  (ebenso  Paul.  p.  223.    Gell.  a.  a.  0.)  schaft  gehört  sie  in   den  Kreis  der  di  inferi 

nnd   teilt   ausführlich    nur  die    bei   dem  Vor-  und  steht  in  engster  Beziehung  zu  den  di  manes, 

Opfer   {iure   vino   lano   lovi   lunoni  praefato,  mit  denen  zusammen  sie  bei  der  Devotion  (deis 

priusquam  porcam  feminam  immolabis)  zur  An-  manibus  matrique  Terrae,   Liv.  8,  6,  10  =  Val. 

Wendung   kommende    Gebetsformel    mit;    daß  Max.  1,1,  S;  deis  manibus  Tellurique,  Liv.  S, 

das  Opfer  aber  Tellus  und   Ceres  gemeinsam  40  9,8;  vgl.  10,28,13;  dis  infernis  Terraeque  pa- 

alt,  bezeugt  Varro  de  vita  pop.  Rom.  111  bei  renti,  luven.  8,  257)  und  bei  der  Defixion  {pars 


t 


on.  p.  163:  quod  humatus  non  sit,  heredi  porca  Terram  matrem  deosque  manes  orarent,  ne  mor- 

praecidanea  susdpienda  Telluri  et  Cereri;  aliter  tuo  sedem  ullam  nisi  inter  impios  darent,  Suet. 

familia  pura  non  est.    Wahrscheinlich  bestand  Tift.  75, 1,  danach  Aur.Vict.  Caes.  33,31  vulgus 

ursprünglich  ein  jetzt  nicht  mehr  deutlich  er-  pari  clamore  Terrain   matrem   deos  quoque  in- 

kennbarer    Zusammenhang     zwischen    diesem  feros  precaretur,  sedes  impias  uti  Gallieno  da- 

Opfer  und  dem  der  pra^sentanea  porca,  quae  rent;  daher  auch  Tellus  hoc  ita  iusta  sinat, 

famüiae    purgandae    causa    Cereri    immolatur,  Prop.  1, 19,  16)  erscheint;   auch  in  der  Formel 

die   angeblich    deshalb   so   benannt   ist,    quod  der  Devotio  urbis,  die  uns  bei  Macrohius  S.  3, 

pars  quaedam   eius  sacrißcii  fit   in   conspectu  50  9,10  t  in  jüngerer  Umgestaltung  vorliegt,  war 

mortui  eius,  cuius  funusinstituitur  (Fest.]).  20O;  wohl  ursprünglich  neben  den  Manes  auch  die 

Ygl.  Mar.  Vict.  a.a.O.);  zwar  ist  hier  nur  von  Terra  mater  angerufen;  jetzt  erscheinen  dort 

Ceres  die  Rede,  daß  aber  ursprünglich  Tellus  am  Anfange  Dispater,  Veiovis,  Manes  und  am 

an  dieser  Stelle   oder   mindestens   neben  und  Ende  Tellus  mater  und  luppiter  mit  der  Hinzu- 

vor  Ceres  stand,  darf  man  aus  der  Beziehung  fügung  (§12)  cum  lellurem  dielt,  manibus  ter- 

dieses  Opfers  auJF  den  Totenkult  schließen,  mit  ram  tangit  (dazu  vgl.  E.  Samter,  Gehurt,  Hoch- 

dem  nicht  Ceres,  wohl  aber  Tellus  verwachsen  zeit  u.  Tod  S.  18,  2),  cum  lovem  dicit,  wanus 

ist.    Man  wird  das  Verhältnis  beider  Opfer  zu-  ad  caelum  tollit.     Das  Grab  ist  die  Kultstätte 

einander  so  auffassen  dürfen,   daß   das  Sühn-  der  Terra  mater  und  der  di  manes,  wie   die 

Opfer  der  porca  praecidanea  als  Ausgleich  für  60  römische  Grabschrift  C.  1.  L.  6, 16398  dis  mani- 

dieünterlassungder  Darbringung  der  bei  jedem  bus  et  Terrae  matri  trium  Corneliorum   zeigt. 

Todesfalle  geschuldeten  porca  praesentanea  ein-  Daher  enthalten  auch  die  Grabschriften  häufig 

trat,  und  daß  dieses  Sühnopfer  in  Verbindung  Anreden  an  beide,  z.  B.  C.  1.  L.  5, 3653  =  Bue- 

mit  dem  Ernte- Voropfer  zu  einem  allgemeinen  cheler,  Carm.  ep.  1043,  3  f  te,  Tellus,  sanetosque 

(die  porca  praecidanea  wird  von  Fest.  p.  253  precor  pro  coniugis  (soll  heißen  coniuge)  manes, 

unter  die  6acrapo2)M?ar»a  gerechnet;  überwiesen  vos  ite  placidi,   tu  levis  ossa  tegas;   C.  I.  L.  6, 

Begriff  vgl.  Wissoica,  Religion  u.  Kultus*  S.  399  24807  =  Buecheler  1029,  5  nunc  vos  contestor, 

A.  2)  und  regelmäßigen  wurde,  weil  jeder  mit  manes,  quihus  ossa  relinquo,  Tellus  huic  tumulo 


^37             Tellus  ^(iottlieit  d.  Gräber)  Tellus  (Bez.  z.  Ehe,  Eid,  Erdbeben)     338 

ne  gravis  esse  velis;   C.  I.  L.  6,20200  sacriim  d'w  sich  vor  Ablauf  der  zehnmonatigen  Trauer- 

d(is)    m(anibus)    et    Terrae   levi    Decimis    lulis  zeit   wieder    verheiratete,    eine    trächtige    Kuh 

rhoelnano  et  Sperato;  vgl.  auch  C.  I.  L.  H  Suppl.  (ßovv  iy-Kv^ova  ^  fordam  horem)  ojjfem  mußte, 

llOOy    Terr(ae)  m(Ur(i)  et  m(emoriaej   Priscille.  ein   Opfer,    da«    keiner    anderen    Gottheit    als 

]n   vielfacher  Variation    kehrt    in   der  Gräber-  Tellus  gegolten  liaben  kann.   EbeuHO  ist  in  dem 

poesie  die  Bitte  an  die  amica  Tellus  (C\  /.  L.  bei  Plut.  Eom.  22  angeführten  Gesetze  des  Ro- 

6,  9632.  8703  =  jBi«f'c7<e/t'/- 89, 4.  1028,  ö)  wieder,  mulus,    nach    welchem    bei   ungerechtfertigter 

daß  sie  den  Toten   in  ihrem  Mutterschoße  (('.  Verstoßung    der    Ehefrau    das    Vermögen    des 

/.  L.  9,  3184  =  Buecheltr  1313,  3    Terraqfue),  Mannes  zur  Hälfte  dieser  zufallen,  zur  anderen 

quae  mater  nunc  est,  sibi  sit  levis  oro;  CLL.  lo  Hälfte    xi)g  Jri^LJixQog    UqÖv    sein    soll,    gewiß 

6,  18579  =  Jiuecheler  1039,  1  Terra  parens,  tibi  nicht  Ceret»,  sondern  Tellus  gemeint. 

Fortunatae  commisimus  ossa,  quaetangis  matres  Singular  ist  das  Auftreten  der  Tellus    rr]v 

[soll  heißen  matris\  proxumitate  tuos)  freundlich  ivtQyhiv  fwojv  xt  xai  (pvxobv  Ffiv)  in  der  Formel 

aufnehmen  (('./.  jL.  8,7604  =  .Bwec/w/er  1613,11  des  Eides',  den  nach  Diodor  '61,11,1  die  Ita- 

ab  ea  sie  merita  pertuli,   ut  benigne  nie  Terra  liker  dem  M.  Livius  Drusus  schwuren  (s.  dazu 

reciperet;  CLL.  ij, 9632  =  Buecheler  89,4:  amica  W.  Slrehl,   M.  LAvius  Drusus,   Oiss.  Marburg 

Tellus  ut  det  hospiti^im  ossibus ;  C.  I.  Lj.  6, 18149  1887  S.  34  ff.  0.  Hirschfeld,  Kl.  Schriften  S.  288  tf.) : 

=  Buecheler  1217  Diva,  preeor,    Tellus,   aevo  sie  steht  hier  hinter  der  führenden  Göttertrias 

complectere  sancta  ossurt,  quorum  in  hoc  nomina  der  ältesten  römischen  Religionsordnung  lup- 

sunt  lapide;   mehr  bei  /.  A.  Tohnan,  A  study  20  piter,  Mars,  Quirinus  {xov  ytvccQxriv  'EvväXiov 

of  the  sepulchral  inscriptiovs  in  Buechelers  Car-  hat  Freller,  Böm.  Myth.  1,  93    schön    für    das 

mina  epigraphica   latina ,   Chicago  1910   S.  60)  überlieferte    xbv    ytvdgxriv  'IIXlov    hergestellt) 

und  nicht  schwer  auf  ihm  lasten  möge  (('.  L  L.  und  Vesta  und  vor  den  di  indigetes  und  noven- 

6,9204:  =  Buecheler  1048,1  et  te.  Terra,  preeor,  sides  (Wissowa,  Ges.  Abhandl.  S.  183  f.).    Sonst 

leviter  super  ossa  residas.    Tibull.  2,  4,  öO  Terra-  ist  Tellus  als  Schwurgöttin  auf  italischem  Bo- 

que  securae  sit  super  ossa  levis.    Frop.  1,17,24.  den  nicht  nachweisbar,  während  in  Griechen- 

Ovid.  am.  3,  9,68.    Eleg.  in  Maecen.  1, 141   Tel-  land  der  Bundesschwur  bei  Zeus,  Ge  und  He- 

lus  levis  osi^a  teneto,  und  sonst  sehr  häufig,  oft  lios   ganz   geläufig  ist  {E.  Ziebarth,   De   iure- 

auch  in  der  Form  stt  tibi  Terra  levis,  z.  B.  Mar-  iurando  in  iure  graeco  quaeMones,  Diss.  Gotting. 

tial.  9,  29,  11    und    mehr   bei    Tolman  a.  a.  0.  30  1892,    S.  22  f.     Usener,   Rhein.  Mus.  58,    1903, 

S.  27f.,  vgl.  auch  F.  Lillge,  de  elegiis  in  Mae-  S.  18  f.). 

cenatem  quacstiones,  Diss.  Vratisl.  1901  S.  50  f.,  Im  Falle  eines  Erdbebens  pflegte  man  nach 
wo  auch  die  zahlreichen  griechischen  Parallelen,  Cicero  de  div.  1,  101  cum  terrae  motus  factus 
wie  Eurip.  Ale.  463.  Cdlim.  epigr.  26,  3  u.  a.  esset,  ut  sue  plena  procuratio  fieret  das  Opfer 
angeführt  sind);  auch  der  Gedanke,  daß  der  einer  trächtigen  Sau  darzubringen:  daß  dies 
Tote  nun,  zu  Erde  geworden  und  in  der  Erd-  Opfer  der  Tellus  galt,  ist  an  sich  schon  ein- 
gottheit  aufgegangen,  selbst  Gott  sei  (Ps.-jEp*-  leuchtend,  wird  aber  noch  dadurch  bestätigt, 
charm.  frg.  296  Kaibel  stid  va-KQog-  vtxQOs  ds  daß  ein  Tempel  der  Tellus  in  Rom  gerade  aus 
xojrpog,  yfj  ä'  r]  -AOTcgog  ioxiv  d  8s  yi]  vtxgog  Anlaß  eines  Erdbebens  errichtet  wurde:  der 
iax' ,  oi)  vrKQog  cdXcc  d-8Ög\  begegnet  mehrfach:  40  Konsul  P.  Sempronius  Sophus  gelobte  ihn  486 
C  I.  L.  6,  'SbS^l  =  Buecheler  löS2, 2  mortua  heic  u.  c.  =  268  v.  Chr.  im  Kampfe  gegen  die  Pi- 
ego  sum  cinis,  is  cinis  terrast,  sein  est  terra  dea,  center  {Seihpronio  duce,  qui  tremente  inter  proe- 
ego  sum  dea,  mortua  noiisum;  CT.  L.  6,29609  lium  campo  Tellurem  deam  promissa  aede  pla- 
==  Buecheler  914:,  4:  cinis  sum,  cinis  terra  est,  cavit,  Flor.  1,  14,2).  Der  Tempel,  dessen  Stif- 
tern/ dea  est,  ergo  ego  mortua  non  sum  (vgl.  tungstag  auf  den  13.  Dezember  fiel  (^In^ofe.  7,32 
B.  Lier,  Fhilologus  62  [N.  F.  16]  1903  S.  o80f.).  lectisternium  Cereris  crit  idibus  proximis  .  .  . 
Von  der  engen  Verknüpfung  der  Vorstel-  Telluris  natalis  est,  auf  den  Monat  bestimmt 
lungen    von    Saatfeld    und    Mutterschoß,     von  durch    fast.  Antiat.    z.   13.  Dezember    Tel[luri^ 

Feldbestellung  und  Zeugung  (vgl.  dazu  F.  v.  La-       und  fast.  Praen.  zu  demselben  Tage Tel- 

saulx,  Studien  des  Mass.  Altertums  S.  381  ±F.)  aus  50  lu]ri  in  Carinis,  C  1.  L.l^  p.  336),  lag  auf  der 

ist   es   leicht  verständlich,    daß   man   sich  die  das  Forum  überragenden  Anhöhe  des  Esquilin, 

Erd göttin  auch  als  über  die  eheliche  Verbin-  den   Carinae   {in  Carinis  ad  Telluris,  Suet.  de 

düng  der  Menschen  wachend  dachte.  In  dieser  gramm.  15,   ygl.  Serv.  Aen.  8,  361.    Dion.  Hai. 

Eigenschaft   stellt   Vergil  Aen.  4,166  prima  et  8,79,3   -kccxcc  xr]v  inl  KccQivag  cpsQovaav  öSov; 

'Tellus  et  pronuba  luno  dant  signum  sie  neben  über  die  Lage  vgl.  Hülsen- Jordan,  Topogr.  1,  3 

die  eigentliche  Ehegöttin  luno,  und  daß  er  da-  S.  323  ff.)  und  muß  ein  stattliches  Gebäude  ge- 

mit  nur  Anschauungen  der  altrömiscben  .Reli-  wesen  sein,  da  in  ihm  Senatssitzungen  gehalten 

gion  wiedergibt,  zeigt  die  sicher  auf  guter  Über-  werden   konnten   (so  die  denkwürdige  Sitzung- 

lieferung  beruhende  Bemerkung  des  Serv.  ampl.  vom   17,  März  710  =  44,    Cass.  Dio  44,  22,  3. 

zu  d.  St.:  quidam  sane  etiam  Tellurem  praeesse  60  Appian.  b.  c.  2,  126.  Cic.  Fhil.  1,  31;  ad  Att.  16, 

nuptiis  tradunt;  nam  et  in  auspiciis  nuptiarum  14,1),    seine  Wand    schmückte    eine    gemalte 

invocatur.    cui  etiam   virgines  vel  cum   ire  ad  Darstellung  Italiens  {Varro  de  r.  r.  1,2,1  spec- 

domum  mariti  coeperint  vel  iam  ibi  positae  di-  tantes   in  pariete  pictam  Italiam),    wohl   eher 

versis  nominibus  vel  ritu  sacrificant  (vgl.  Boß-  eine  Personifikation  als   eine  Landkarte.    Das 

bach,   Untersuch,  über  die   röm.  Ehe   S.  304  f.).  Areal,  auf  dem  der  Tempel  stand,  war  wahr- 

Es   hängt   damit   zusammen,   daß   nach   einem  scheinlich   schon  vorher   der  Tellus  heilig  ge- 

der  sog.  Königsgesetze,  das  auf  Numa  zurück-  wesen,    denn   es  war  die  Stelle,    an  der  das 

geführt  wurde  (Flut.  Numa  12),    die  Witwe,  Haus  des  Hochverräters  Sp.  Cassius  gestanden 


339                  Tellus  (und  Ceres)  Tellus  (ital.  u.  Provinzkulte)         340 

hatte  {ante  Telluris  aedem,   J.»V.  *2.  41,  11 ;   l^o)  die  dem  Schriftcharakter  nach  iilteate  CLL. 

xoü  vedi  tfjs  rV)^,  ov  i>axdQOtg  i}  noltg  xccrsanev-  9,2117  (aus  der  (Jegeud  von  Heneventum)  eelir 

aee  xQ^^^^i  ^*'  M^V'  ^'*'*  «vTf)ff,  Dion.  Hai.  8,  verstümmelt  und  gerade  im  Namen  der  Göttin 

79,3;  Sp.  Cassi  domus  .  .  .  est  eversa  atque  in  ergänzt  {lucar  TfeUuriJ  d(e)  s(enntus)  s(enten- 

eo  loco  aedis  posita  Telluris,  Cic.  de  domo  101;  <»«)),    eine    ostiensische    C.  L.  L.  14,  07    vom 

in  solo  autem  aedem  Telluris  fecit,   Val  Max.  19.  April  142  n.  Chr.  bezeugt  die  Stiftung  eines 

6,8,1**),  das  also  offenbar  als  Telluri  sacrum  signum   Terrae  matris  für  die  Korporation  der 

erklärt  worden  war  (über  eine  der  Ceres  vom  dendrophori  Ostiensium,  weist  also  auf  einen 

Vater  des  8p.  Cassius  geweihte  Suhnstatue  des-  Zusammenhang   ihres  Dienstes   mit   dem    der 
selben  s.  Liv.  2,41,10.  Dion.  Hai.  a.  a  0.  Plin.  lo  Großen  Mutter  (s.  auch  unten  Z.  f)6ff.)  hin,  mit 

»i. /i.  34, 15;  die  Angabe  des  Pm  bei  P/in.  ti.  Ä.  der   sie   auch   häuhg   gleichgesetzt    wutde   (s. 

34,30,  daß  diese  Statue  apud  aedem  Telluris  unten  Sp.  346,  61).  Außerhalb  Italiens  be<;ognen 

gestanden  habe,  verdient  ebensowenig  Glauben  uns   inschriftliche  Zeugnisse    ihrer  Verehrung 

wie  seine  Behauptung,  daß  Sp.  Cassius  sie  sich  in  größerer  Menge  insbesondere  in  den  afrika- 

selber  errichtet  habe).  nischen  Provinzen  (namentlich  Numidieu)  und 

Wenn  dieser  Tempel  der  Tellus  in  Rom  der  den  Donauländern  (vgl.  J.  Toutnin,  Les  cultes 

einzige  geblieben  ist  —  denn  das  Heiligtum  patens  dans   Vempire   Itomain   1 ,  1   S.  388  ff.), 

in  der  Vigna  delle  Monache  di  S.  Cesario,  aus  und  zwar  deckt  offenbar  in  beiden  Gegenden 

dem  die  Inschriften  C.  /.  L.  6,  771  f.  stammen  der  römische  Name  einheimische  Gottesdienste. 
{Hülsen- Jordan  a.  a.  0.  S.  197,37),  war  nur  eine  20  Für  Numidien  beweist  das  schon  der  Umstand, 

Privatkapelle  —  und  auch  sonst  im  Verhältnis  daß  nach  der  Opferordnung  von  Aziz  ben  Tellis 

zu  der  umfassenden  Bedeutung  der  Göttin  die  {CLL.  8,  8246  f.  ovicla  Teluri)  der  Tellus,  ab- 

Zengnisse  für  ihre  Verehrung  in  Rom  und  Ita-  weichend  vom  römischen  Ritual,  das  Schaf  als 

lien  recht  spärlich  sind,   so  erklärt   sich  das  Opfertier   zukommt;    unrömisch    ist   auch    d«}r 

daraus,  daß  sie  vielfach   durch  andere   Gott-  Beiname  Gilva,  den  die  Göttin  in  Calama  führt 

heiten  zurückgedrängt  worden  ist,  insbesondere  (C  L.  L.  S,  bSOb).    Priesterinnen  der  Tellus,  in 

durch    die   von   manchen   Gelehrten    (s.  unten  beiden  Fällen  hochbetagte  Frauen,    sind   aus 

Sp.  345, 50}   mit  ihr  identifizierte  Ceres ,  nicht  den  numidischen  Städten  Thubursicum  {St.  Gsell, 

sowohl  die  altitalische  Göttin  des  pflanzlichen  Ltecherchesarcheol.en  Algerie,  1^93  Si3S0i\r. 4^0) 

Wachstums,  mit  der  Tellus  bei  den  Festen  der  30  und  Madaura  {ebd.  S.  375  nr.  567)  bezeugt.  Tem- 

Feriae  Sementivae,  der  Fordicidia  und  der  Porca  pel  der  Tellus  kennen  wir  innerhalb  der  pro- 

praecidanea  in  Kultgemeinschaft  erscheint  (s.  konsularischen   Provinz    in   Karthago  (C  1.  Lj. 

oben  Sp.  334 ff.;  vgl.  Ooid.  fast  1,  673  f.  officium  10,  6104  aus  frühaugusteischer  Zeit:  M.  Caelius 

commune  Ceres  et  Terra  tuentur:  haec  praehet  M.  l.  Phileros  acccns(us)  T.  Sexti  impferaiorin) 

causam  frugibus,  illa  locum),  sondern  die  grie-  in  Africa   Cartha(gine) .   .  .  .   aedem   TelKuris) 

chische  Ceres-Demeter,   die  im  Kulte  insofern  s(ua)  p(ecunia)  f(ecit)),  Vaga  {C.  L.  Lj.  8  Suppl. 

zu  ihr  in  Beziehung  trat,  als  auf  den  Stiftungs-  14392  aedefmj  Telluris  refecit,  vom  J.  2  u.  Chr.) 

tag  des  Tellustempels  ein  lectistemium  Cereris  und    anderen    Orten    {C.  T.  Lj.   8   Suppl.  11986 

gelegt  war  {Aniob.  7,  32;  vgl.  C.  L.  L.  V  p.  337  [aedem  djeae  Telluris  vetustatfe  conlapsam  usw., 

u.  oben  Sp.  338, 45  ff.).  Es  verdient  hervorgehoben  40  unter  Commodus;  12332  Telluri  et  Cereri  aug. 

zu  werden,  daß,  während  noch  Varro  in  seiner  sac(rum)  .  .  .  ianuum   cum  suis  ofrjnamentis), 

Schrift    vom   Landbau   (1, 1,  5)    an    die  Spitze  in  Numidien  in  Cirta  (C.  /.  L.  8  Suppl.  19489 

seines   agrarischen  Zwölfgötterkreises  luppiter  [Tejlluri  aug(ustae)  .  .  .  ob  [hojnorem  aedili- 

und  Tellus  stellt,  in  Vergds  Georgica  (1,388  ff.)  tatis  .  .)   und    Cuicul  (C.  L.  L.  8,  8309   Telluri 

und  in  den  ländlichen  Gedichten  Tibulh  (1,1,  Genetrici  respublica  Cuiculfi]tanor(um)  templum 

16f.  2,1,3)  Tellus  ganz  verschwunden  und  Ceres  fecit,C LuliusLepidusTertullusleg(atus) auff( iisti) 

an  ihre  Stelle  getreten  ist;  Horaz  hat  die  Terra  pi(o)  pr(aetore)  dedicavit,  Ende  des  2.  Jahriis. 

mater  der  Säkularfeier  im  carm.  saec.  29 f.  durch  n.  Chr.).    Die  Verbindung  mit  Ceres  (C.  L.  L.  8 

die  Verbindung  von  Tellus  und  Ceres  ersetzt:  Suppl.  12332)  und  der  Beiname  Gewt'ina;  (C  7.  Z. 

fertilis  frugum  pecorisque    Tellus   aurea   donet  50  8,  8309)  lassen  die  Göttin  als  die  Spenderin  des 

Cererem  coroua.     Die  stadtrömischen  Weihin-  Getreidesegens  der  fruchtbaren  Provinz  erken- 

schriften,  deren  Zahl  sich  auf  nicht  viel  mehr  nen.    Während  in  den  angeführten  Zeugnissen 

als  ein  halbes  Dutzend  beläuft  {C.  L.  Lj.  6,84.  der  Name  der  Göttin  ausnahmslos  Tellus  lautet, 

769 — 772.  3731  =  31052),  sind  mit  einer  Aus-  begegnet  uns  in  Thibilis  in  Numidien  eine  als 

nähme  {C  L.  L.  6,769  deae  Telluri  sacrum  M.  Terrftwiafer  bezeichnete  Gottheit  in  Gesellschaft 

Aurelius  Threptus  fecit)  Terrae  matri  geweiht  von  Aerecura  und  Magna  Mater  auf  Taurobolien- 

(C.L.L.  6,771  deae  sanctissimae  Terrae  matri),  altären:    C.  L.  Lj.  8,5524  Terrae  matr/ij  Äere- 

der  Anlaß  der  Weihung  ist  kaum  je  zu  erkennen  curae  Matri  deum  magnae  Ldeae  Popilia  M.  fil. 

{C.L.L.6,S13l  — 31052  ...  deae  2nae  et  conserva-  Maxima   iauroholiuin  aram  posuit  movit  fecit 

trici  meae).     Die    bemerkenswerte  Zusammen-  60  und  Cagnat,  L'annee  cpigraph.  1895  nr.  81  Ter- 

stellung  Caelo  aeterno   Terrae  matri   Mercurio  rae  matrfij  Eraecurae  Mfajtri  magnae  Ldfejae 

menestratori  C.  L.  L.  6,  84   {Terrae  Caelo   allein  P.  Sextilius  C  fil.  Quir.  Honoratus  tauripolium 

auch   auf  einem   der  Steine   aus  der  Kaserne  et  creobolium  movit  et  fecit  aramque  pofsuitj. 

der  Equites   singulares,   C.  L.  L.  6,  31171)  ist  In  den  Donauprovinzen,  mit  deren  Denkmälern 

kaum  aus  römischem  Vorstellungskreise    her-  die  vereinzelten  Zeugnisse  aus  Histrien  {Pais, 

zuleiten,  sondern  bezieht   sich  wahrscheinlich  Suppl.  Ital.  nr.  169.    Cagnat -Besnier,  L'annee 

auf   die    Götter    von    Samothrake    (vgl.    Beal-  epigr.  1913  nr.  60)   verbunden  werden  können, 

LJncyll.  3, 1277).   Von  italischen  Inschriften  ist  heißt  die  Göttin  nie  anders  als  Terra  mater; 


:ui 


Tellus  (Provin/ktilte) 


Tellus  (Kultbilder) 


U2 


1)  Römische  Aodicula    der  Terra  Mater   (nach  Bull.  arch. 
comun.  1,  1872,  Taf.  3) 

am  häufigsten  begegnen  Weihungen  an  sie  in  40 
Dacien  (C.  I.  L.  3,  1284 f.  1364.  15'J9),  etwas  sel- 
tener in  Pannonien  (C.  I.  L.  3  Suppl.  10374. 
10469),  ein  Tempel  in  Rudnik  in  Moesia  superior 
wurde  vom  Kaiser  Septimius  Severus  wieder- 
hergestellt (('.  L  L.  3,  6313  =  Suppl.  8333);  im 
Verein  mit  Silvanus  (domesticusV)  und  Hercules 
erscheint  die  Göttin  auf  einem  Steine  von  Apu- 
lum  (C.  i.  i.  3,  1152;  vgl.  A.  v.  BomaszewsU, 
Ahhandl.  z.  röm.  JRelig.  S.  68,  3),  mit  der  capi- 
tolinischen  Trias  auf  einer  dacischen  Inschrift  50 
(C.  I.  L.  3,  1555),  mit  luppiter  0.  M.  und  Inno 
in  Aquincum  (O.  /.  L.  3  Suppl.  10431).  Aus  Hi- 
spania  Tarraconensis  stammt  eine  Weihung 
TelLuri  C.  Sulp(icius)  Flavus  ex  voto  {C.  I.  L.  2, 
2526;  dagegen  8527  Matri  Terrae  sacrum),  in 
GalliaNarbonensis  sehen  wir  Terra  inB>tei  {Matri 
Terrae  C.  I.  L.  12,  359  Reii)  auf  einem  Altar 
aus  Nemausus  mit  luppiter  gepaart  {C.  I.  L. 
12,3071  lovi  et  Terae  mat(ri),  danach  12,4140 
[loüi]  et  Terrae  matri  ergänzt,  wo  der  keltische  60 
Gott  mit  dem  Rad  gemeint  ist),  eine  Kölnische 
Inschrift  lautet  (C.  /.  L.  13,  8249)  Beae  Terrae 
matri  Valeria  Taca  ex  [ijussu  ipsiu[s]  v.p.  l.  m. 
Mehrfach  ist  Terra  durch  Hinzufügung  des 
Spezialnamens  in  echt  römischer  Differenzie- 
rung (vgl.  auch  Verg.  Aen.  12,  176  esto  nunc 
Sol  testis  et  haec  mihi  Terra  precanti,  quam 
propter  tavtos   2}otui  perferre  labores)   als   die 


(iöttin  eines  bestimmten  einzelnen  Landes  clia- 
rakteriaiert,  so  CLL.  10,8031  /Terrjne  Cor- 
sicae,  5,327  llistriae  Terrae,  3,1351  Terrae  Da- 
ciae  (vgl.  auch  die  unvollend«*te  Inschrift  3,  996 

litis  deabus  Daciaravi  et  Tcrr ),   7.  1113 

Ci'nio  Terrae  liritannicae  (vgl.  damit  dichte- 
rische Personifikationen,  z.  B.  bei  üilius  Itali- 
ens 15,  522  (Jenotria  Tellus,  15,  640  Ijatiae  Tel- 
Iuris  imago  u.  a.). 

Mehrfach  werden  in  den  Inschriften  Kult- 
l>ilder  der  (iöttin  erwähnt,   so  CLL.  14,67 
<  »stia)  Signum  'Terrae  matris  und  8,8309  (Cui- 
I  ul)  siinulacrum  deae  (der Tellus  Genetrix)  acro- 
lilhum.     Erhalten   sind   davon  zwei.     Das  eine 
Hall.  arch.  com.  1,  1872  Taf.  3,  hier  Abb.  1)  aus 
b'om  mit  der  Inschrift  C  I.  L.  6,  3731  -=  31052 
l'rrrae  matri  s(acrum)  A.  Hortevsius  Cerdo  deae 
■  le  et  consercatrici  suae  stellt  die  Göttin  in 
iier  Aodicula  thronend  dar,   verschleiert  und 
it  Ähren  bekränzt,  ein  Szepter  in  der  linken, 
iie  (Jpferschale  in  der  rechten  Hand  haltend, 
irie    ganz    ähnliche   Darstellung,    die   zu   der 
I Schrift   aus  Murcia  in  Hispania  Tarraconen- 
>  C  I.  L.  2,  3527  Matri  Terrae  sacrum  Alha- 
'is  dispfeiisalorj  gehört,  wird  im  C.  I.  L.  a.  a.  O. 
'  beschrieben  \statua)  matronae  sedentis,  quaes. 
'■nrnu  cojiiae,  d.  pateram,  in  sinu  fructus  varios 
ii  iict''  (vgl.  E.  Hübner,  Die  antiken  Bildiverke  in' 
.Madrid  S.  291).  Der  Gedanke,  daß  beide  Bilder 
in  letzter  Linie  auf  die  Kultstatue  im  Tempel 
auf  den  Carinae  zurückgehen,   liegt  nahe.    In 
anderer,  mehr  malerischer  Auffassung  begegnet 
iiiis  die  Göttin  sehr  häufig  auf  den  Sarkophag- 
reliefs (vgl.  C  B.  Stark,  De  Tellure  dea,  Jena 
1848,  S.  36ff.),   am  Boden   gelagert,   mit   ent- 
blößtem   Oberleib    und    häufig    mit  über  dem 
Haupte  sich  bauschendem  Schleier,  Ähren  oder 
Früchte  im  Haar  oder  Schoß  tragend,  ein  Füll- 
horn  oder   auch   einen   Baum-   oder  Rebzweig 
(z.  B.  auf  der  Gemme  der  früheren  Sammlung 
Demidoff'  bei  Furtwüngler,  Die  antiken  Gtmmen 
Taf.  44,  86)  im  Arme;  ein  neben  ihr  gelagertes 
Rind  (auf  dem  Medaillon   des  Antonin  us  Pius 
bei    W.  Froehner,   Les   medaillons   de    lempire 
Bornäiii  S.  72  stützt  sie  sich  mit  dem  rechten 
Arme  darauf)  und  ein  Blumenkorb  weisen  auf 
die  animalische  und  vegetabilische  Fruchtbar- 
keit hin,   die  Göttin  umspielende  Kinder  sind 
dort,   wo   die  Darstellung   deutlich   genug  ist, 
als   Vertreter    der  Jahreszeiten   charakterisiert 
{Bohert,  Die  antiken  Sarkophag reliefs  3,1  S.  58). 
Aus   Gründen    der   Raumverteilung   bildet   die 
Göttin  oft  das  Gegenstück  zu  einem  im  Gegen- 
sinne gelagerten  Okeanos  oder  Flußgott  {O.Jahn, 
Arch.  Beitr.  S.  65,  77;    so  auch  häufig  auf  den 
sog.  Medaillonsarkophagen,  z.  B.  bei  »S".  Beinach, 
Bepertoire  de  reliefs  3,  113.  210.  254.  339^  oder 
liegt  in  dem  freien  Räume  unter  den  anspringen- 
den Rossen  eines  herauffahrenden  Gespanns   so 
vor   den  Rossen    des   Sonnenwagens   z.  B.   auf 
Medaillons  des  Antoninus  Pius   und  des  Com- 
modus  bei  Froehner  a.  a.  0.  S.  72.  137;  vor  dem 
Triumphwagen  des  Marc  Aurel  auf  dem  ephe- 
sischen  Siegesdenkmal,  Ausstellung  von  Fund- 
stücken aus  Ephesos  im  unteren  Belvedere,  Wien 
1905,  S.  15  Abb.  14).    Die  Erfindung  dieser  Ge- 
stalt  geht  wohl   in  hellenistische  Zeit   zurück. 
Als  Beispiele  dieser  Darstellung  auf  Denkmälern 


B4n 


Tellus  (Bildwerke) 


Telhis  (Bildwerke) 


344 


[*)  Ucllef  der  Uffisien  in  Florenz  (nach  A.  Feierten,  Ära  Fad»  Auguttae  Taf.  3.  10). 


von  ausj?eprägt  römischem  Charakter  seien  ge- 
nannt der  Helierschmuck  des  Panzers  der 
Augastusstatue  von  Primaporta  {Monum.d.Inst. 
6/7,84,  vgl.  Amelung,  Vatican  1,19  ff.  nr.  14; 
ähnlich  auch  auf  anderen  Panzerreliefs,  z.  ß. 
Amelung  a.  a.  0.  1,  152  ff.  nr.  129;  2,  061  ff. 
nr.  420  u.  a.)  und  die  Wiener  Silberschale  aus 
Aquileia  mit  der  Darstellung  eines  Römer« 
(Agrippa?)  als  Triptolemos  (R.  v.  Schneider, 
Album  der  Antikensammlung  den  Allerh.  Kaiser- 
hauses Taf.  45,  vgl.  H.  Brunn,  Kl.  Schriften 
1,  58  ff.),  das  Pfeilerkapitell  von  einer  Kapelle 
des    Sol  Invictus    Elagabal    (Böm.  MUteil.  IG, 


.    .tuB  Seiitinum  in  München  inacli  Arh.  Zri! 
35.1S77,  Taf.  S):  Sol,  Tellug  u.  4  Jahreszeiten. 


1901  Taf.  12,  vgl.  Wissowa,  Ges.Abhandl.  S.  73  ff.) 
und  der  Serapisaltar  des  Scipio  Orfitus  {K.  Strong, 
Roman  sculpture  pl.  97;  vgl.  Heibig,  Führer'^ 
1,  488  f.  nr.  871).  Im  Giebelfelde  des  von  I)o- 
mitian  erneuerten  capitolinischen  Tempels  füllte 
wahrscheinlich  diese  Figur  der  Tellus  die  linke 
Ecke;  entsprechend  dem  gelagerten  Flußgott 
in  der  rechten  iE.  Schulze,  Ar  eh.  Zeitung  ö(X, 
1872  8.  8.  Jordan,  Topogr.  1,  2  S.  101).  Das 
40  Mosaik  von  Sentinum  in  München  [Arch.  Zei- 
tung 35,  1877  Taf.  3,  hier  Abb.  3),  auf  dem 
Tellus  zu  den  Füßen  des  innerhalb  des  Zodia- 
cu.s  stehenden  Sonnengottes  liegt,  ist  darum 
bemerkenswert,  weil  hier  die  Kindergestalten 
7A1  den  Seiten  der  Göttin  deutlich  als  Repräsen- 
tanten der  vier  Jahreszeiten  gekennzeichnet 
sind;  dasselbe  ist  der  Fall  auf  Münzen  und 
Medaillons  der  Kaiser  Hadrian  und  Commodus 
{Cohen,  Moun.  imprr.^  2,  224 f.  nr.  1429 ff.;  3,  322 
nr.  714ff.  Froihner  a.  a.  0.  S.130f.,  hier  Abb.  4) 
mit  der  Beischrift  Tellus  utabildta),  über  deren 
Bedeutung  Eckhel,  Doctr.  num.  6,  509  f.  zu  ver- 
gleichen ist;  diesen  Darstellungen  ist  es  eigen- 
tümlich, daß  die  Göttin  den  rechten  Arm  auf 
einen  gestirnten 
Globus  legt.  Die 
Gestalt  der  Tellus 
auf  dem  schönen, 
zur  Ära  Pacis 
augustae  gehö- 
renden Florenti- 
ner Relief  (X  Pe- 
tersen, Ära  Pacis 
S.  49  ff.  und  Taf.  3, 
10,  hier  Abb.  2) 
und  dem  wohl  die- 
sem nachgebilde-  4)  Medaillon  des  Commodus  (nach 
ti^mSOStudniczka,   Cohen,  Monn.  irnper.  3,322  nr.  714). 


345         Telhis  (in  theol.  Spekulat.)  Telmissos                        346 

Äbhandl.  d.  Sachs.  Gfsdlscli.d.  Wisse. nsch.  ^11,  \^i){)  Ion    von   dfr  kariscluM)    b^i    Halikarnaswos   ge- 

S.  yaO,  ebenso  früher  J'ettrseu.  Wim.  Mitteil.  9,  legenen  8ta(it  'JelmenKos,  Stiph.  Byz.  h.  v.  Fcc- 

1894  S.  202,  der  aber  nachher  ylra /V/Y'/.sS.  173  ff.  Xtditix.     Auf  einer  Inschrift  aus  Halikarnassos 

für  die  Priorität  des  karthagischen  Reliefs  ein-  heißt   er  TtXt^sonov  niötojv,  JHifertbrrfjer,  Syl- 

getreten    ist)   Kelief  des  Louvre   aus  Karthago  loge^  041    (mit    Literaturangaben).      Über    die 

{Schreiber,  Hellenist.  Jieliefbilder  Tat".  81.  Feter-  Orakelstiltte  vgl.  (iruppe,  (kriech.  Myth.  931,  4. 

sen ,  Ära  Pacis  S.  174)   weicht  von    den    ange-  Vgl.  Telmisseus.     [Höter.J 

führten    Darstellungen    namentlich    durch    die  Tcliiiios  (TtXfiiog),   Freier  der  Penelope  aus 

sitzende  Stellung  ab;  durch  das  zu  ihrer  Seite  Dulichion,  Apollod.  Kpit.  7,  27.     [Höfer.  | 

gelagerte  liind  (daneben  ein  weidendes  Schaf)  lo      Teliiiisciis    (TtXfiiotvs).     Auf  Kaisermüuzeu 

und    die  Früchte   im  Schöße    wird   sie   als   die  von  Jlalikarnas.sos  ist  einer  bekleideten  männ- 

fertilis    frugum   pecorisque    Tellus,    durch    die  liehen  Figur,  die  einen  Zweig  trägt,  die  Bei- 

beiden   Kinder,   die   sie   auf  ihren  Knien  hält,  schrift  T6AMIC6YC  gegeben,  J^e^/c/,  7/«s^  www.* 

als   die    Beschützerin    auch    der    menschlichen  «jl9.  Es  ist  darunter  wohl  Apollon  zu  verstehen; 

Fruchtbarkeit    kenntlich    gemacht.     Auch    auf  vgl.  Telmisseus.     [Höfer.J 

der     berühmten    Gemma    Augustea    in    Wien  Telmisseus  {TtXuLaotvg)^  Beiname  des  Apol- 

(Furtträngler,  Gemmen  Taf.  5G)  wird  die  hinter  Ion  (vgl.  Telmessios)  in  einer  Inschrift  aus  Tel- 

dem  Throne   des   Kaisers   sitzende  Göttin  mit  missos  (Karien),    in    einem   Ehrendekrete    de» 

Füllhorn,    neben  der  ein  Knabe    mit  Ähren  in  v.oivbv  Ttipfftftojr,   worin   der   Gott   als   ap^r^- 

der  Hand  steht,   am  besten  als  Tellus   gefaßt.  20  yfTrjt,"  "cov  yivovg  yino/.Xmv  TsXuiactvs  genannt 

In  der  Spekulation  der  römischen  Theo-  wird,  Journ.  of  hell.  Uud.  14,  377  f.    JJur.sians 

logen   spielt  Tellus   insofern   eine  bedeutsame  Jahresber.  87  (1897)  Suppl.  zur  3.  Folge  S.  306. 

Rolle,  als  diese  nach  dem  Vorgange  der  Stoiker  Es  kann  wohl   angenommen  werden,   daß  der 

vielfach  bemüht  waren,  alle  Gottheiten  auf  die  Seher  und   ApoUonsohn   Telmissos,    der    nach 

Elemente    Himmel    und    Erde    zurückzuführen  Herodian  bei  Eust.  ad  Dionys.  Per.  859  ==  He- 

(z.  B.  Vurro  de  l.  l  6,  57—59;    de  r.  r.  1,  1,  5),  rodian.  ed.  Leniz  2,  288,  1.  589,  6  eigentlich  Tt- 

und  demgemäß  die  meisten  Göttinnen  mit  Tel-  [iiocög  (s.  d.)  geheißen  haben  soll,  eine  Hypostase 

lus    identifizierten.     Varro    stellte    daher    im  des  Gottes  selbst  ist,  zumal  da  (was  zu  Telmissos 

IG.  Buche   der   Antiquitates   reriim    divivarum  nachzutragen  ist)   der  Altar  ApoUons  in  Tel- 

ide  dis  selectis)  nicht  nur  Tellus  an  die  Spitze  30  missos  für  das  Grab  des  Sehers  Telmissos  galt, 

der  weiblichen  Gottheiten   {tit   in  superioribus  Clem.  Alex.  Protr.  3,  45,  3  p.  40  P.  (=  p.  35,  1 

initium  fecimus  a  caelo...,  sie  de  femi)ns  scri-  Stählin).  Fuseb.  Praep.  ev.2,6,b  {p.  S^  JJindorjf). 

bendifacimusinitiuma Teil ure^Varrohei August  Theodoret.  Graec.  äff',  cur.  8,30  (p.  115  Sylburg 

c.  d.  7,28),    sondern  führte   auch    eine  Menge  =  p.  205,  13   Paeder).     Arnob.  adv.  nat.  6,  6 

Göttinnen   in   ihrer  Bedeutung  auf  sie  zurück  (p.219,3f.  J^e///'ersc/<eeV/).  Vgl.Telmiseus.  [Höfer.] 

(August,  c.  d.  7, 24 deinde  adiungit et  dicit  [Varro],  Telmissos  I  {TkXynGaog),  Flußgott,  in  mensch- 

Tellurem  matrem  et  nomimbus  plurihus  et  cogno-  lieber  Gestalt  von  den  Einwohnern  von  Egesta 

minibus  quod  norninavit,   deos  existimatos  esse  verehrt,  Aei  v.  h.  2,  3.    F.  Ciaceri,  Culti  e  miti 

complures  .  .  .sie  alias  deas,  iruiuit,  non  absurde  nella  sioria  delV  anlica  Sicilia  252.     [Höfer.J 

ad  hanc  revocant . .  .  adiungit  enim  et  dicit:  cum  40      Telmissos  II  (TsX^iaaos).  1)  Sohn  des  Apollon 

quibus   opinio    maiorum   de    his   deabus,    quod  und  einer  der  Töchter  des  Antenor  —  vielleicht 

plures  eas  putarunt  esse,   non  pugnat  .  .  .  ,sed  der  bei  Pauianias  10,  27,  4  erwähnten  Krino, 

potest,  inquit,  fteri,  ut  eadem  res  et  una  sit  et  vgl,  Müller,  Anm.  zu  F.  H.  G.  4,  394,  4  und 

in  ea  quaedam  res  sint  plures:  das  ganze  Ma-  Grupp>e,  Gr.  Myth.  329g  — ,   mit   der   sich  der 

terial  aus  den  Antiqu.  rer.  divin.,   das  ich   im  Gott  in  Gestalt    eines   ayivXat,  vereinigt   hatte, 

folgenden    nicht    mehr    einzeln    anführe,    bei  Von  seinem  Vater  wurde  T.  zum  rsQuxoav.onog 

P.  Agahd,    Jahrb.  f.   Philol.    Suppl  24,    1898  bestimmt,   Dionys.  Chalk.   bei  Aposiol.  16,   24 

S.  212  ff.,  vgl.  S.  114  f.),  so  Juno  (Varro  de  l.  l.  (F.  B.  G.  4,  394,  4);  Et.  M.  751,  28;    Suidns 

5,67),   Ops  [Varro  de  l.  I.  5,64,   vgl.  Macr.  S.  und  Photios  s.  v.  Tsliii6{6)blg.    An  diesen  Stel- 
1,10,12;  12,  21),  Ceres  {Varro  de  l.  l.  5,64;  vgl.  5o  len  ist  er  zugleich  Epouym  der  lykischen  Stadt 

Cic.  de  nat.  deor.  3,  52),  Magna  Mater  (vgl.  Serv.  Telmissos  genannt,  in  der  die  Kunst  der  övtt- 

Georg.  4,64;   Aen.  3,313.  10,  25'2),  Vesta  (vgl.  Qo^avrsla  geübt  wurde:    JSomius  Abbas  ad  S, 

Ovid.  fast.  6,460.  267  ff.  Lact.  inst.  div.  epit.  19,3.  Greg.  c.  Jul.  1,  71  bei  Migne  C.  P.  36  p,  1021. 

Macr.  S.  1,  23,  8   und   Jan  z.  d.  St.    Serv.  Aen.  S.  u.  nr.  2.  —  2)  ein  Hyperboreier;  wie  es  nach 

1,292.  2,296.  3,2S1),  Proserpina  (vgl.  ^eri?.  ^4ew.  dem   Zusammenhang   scheint,    Bruder  des  Ga- 

3,313).    Andere  Namen  kommen  in  den  nament-  leotes,  Steph.  Byz.  s.  v.  FaXiöiTCii.    Das  Orakel 

lieh  auf  Cornelius  Laheo  und  durch  diesen  auch  zu  Dodona  hieß  beide  nach  entgegengesetzten 

vielfach  auf  Farro  zurückgehenden  Darlegungen  Himmelsrichtungen    wandern    und    dort    einen 

des  Macrobius  im  ersten  Buche  der  Saturnalien  Altar  errichten,  wo  ihnen  beim  Opfer  ein  Adler 
hinzu,  so  Mala  (1,12,20),  Bona  Dea  (1,  12,21),  60  die    Schenkelstücke    raube,      Galeotes  —  s.  o. 

Latona   (1,  17,  54).     Es    ist    darum    leicht   ver-  Bd.  1,  Sp.  1590  Art.  ""Galeos'  —  kam  nach  Si- 

ständlich,  daß  man  auch  in  Göttinnen  fremder  zilien,  Telmissos  nach  Karien,  t^v^a  'AnöXXoivog 

Kulte   gern  die  römische  Mutter  Erde  wieder-  TtX^LOolov  isgöv.  Die  Annahme,  daß  dieser  Tel- 

erkaunte,  so  in  der  ägyptischen  Isis  (Macr.  S.  missos    ein    Bruder    des    von    Steph.    Byz.    im 

1,20,18;  21,11),  der  syrischen  Atargatis  (ebd.  ersten  Teil  jener  Stelle  genannten  Galeos,  des 

1,23,18)  und  der  germanischen  Nerthus  (Tac.  Sohnes  des  Apollon  und  der  Tochter  des  Hy- 

Germ.  40).     [Wissowa.]  perboreierkönigs  Zabios,  sei  (vgl.  Pauly,  P.  E. 

Telmessios  (TsXar\oaioc),  Beiname  des  Apol-  4,  1663  u.  Pouche- Peclercq,  Histoire  de  la  di- 


347                        Telmun  Telonai,  Telonia                 34.S 

vinatioH  2,  ö8f.),  ist  freilich  unter  der  \  oraus-  an  haisch  südetr.i,  -es  (südetr.),  -it^  i archaisch 
setsang  der  Identität  des  Galeotes  und  (ies  i^fmeiiietr.),  -i  (perusiniscbX  -e  ij^emeiuetr.) 
Galeos  richtig,  aber  der  Wortlaut  des  Texte«  erscheinen.  Es  ist  somit  tlamunus  (irnetiv, 
zwingt  nicht  zu  einer  solchen  Annahme.  Auch  wie  velus.  larus,  vel-O^urus  usw.,  und  zwar  in 
bei  Gruppe,  Chr.  Myth.  1234^-  sind  (laleos  und  südetruskischer  Orthographie  mit  s  statt  s. 
Galeotes  geschieden.  Eine  Identität  des  Hy-  Der  Nominativ  wiirde  tlaraun  oder  tlamu  hiuten. 
perboreiers  T.  mit  dem  unter  nr.  1  erwähnten  Des  weiteren  ist  nun  über  das  Verliältnis  der 
ist  nicht  zu  erweisen.  Gemeinsam  ist  beiden  beiden  Formen  telmun  und  thiraun  zueinander 
ihre  Herkunft  von  Apollo,  ebenso  sind  Orakel-  zu  sprechen.  Wir  begegnen  ganz  demselben 
Bt&dte  nach  ihnen  genannt.  Über  diese  Orte  lO  Lautwandel  auf  den  Münzen  der  Hafenstadt 
vgl.  Gruppe  a.  a.  0.  U31,  4.  [Ruhl.]  Telamon,  jetzt  Talamone.  Ein  Teil  der  Mün- 
Telmuii  (telmun)  ist  die  etruskiache  Um-  zen  (Fahr.,  C.  1.  I.  nr.  292)  trägt  die  Legende 
formung  des  griechischen  Namens  Telamon  tel[munj,  ein  anderer  (1.  c.  nr.  302.  297  a,  b) 
{Deeckt  in  Bezzetiberiftrs  Beiträgen  2.  170  nr.  hingegen  hat  die  Legende  tlamunu,  ver- 
96).  In  dieser  Form  ist  der  Name  einmal  be-  kürzt  tla.  Daß  beide  sich  auf  dieselbe  Stadt 
legt,  und  zwar  auf  einem  Spiegel  von  Chiusi,  beziehen,  beweist  das  Gepräge,  welches  je  auf 
der  von  Gamurrini  in  dem  Bull.  delV  Inf<t.  einer  Seite  den  Kopf  eines  Gottes,  auf  «ler 
1875,  87  veröffentlicht  ist.  Daneben  findet  sich  anderen  verschiedene  Schiffahrtsinsignien  /.eigt. 
aber  ein  anderer  Beleg  desselben  Namens  in  Der  Lautvorgang  erkläit  sich  so,  daß  im  Ktrus- 
der  Form  tlamun.  In  dieser  Gestalt  erscheint  20  kischen  die  Liquida  nicht  selten  vokalisch 
der  Name  auf  einer  Grabwand  des  Fran9oi8-  werden,  dann  aber  später  wieder  einen  Hilfs- 
grabes in  Volci.  Die  Literatur  des  letzteren  vokal  annehmen.  So  haben  wir  z.  B.  pul, 
habe  ich  an  anderer  Stelle  angegeben.  Im  *pl,  epl:  pur-ö-ul,  *pO'ihil,  epo-O-ul;  zal,  zl,  eslz: 
Fabretti,  C.  1.  /.  trägt  unsere  Inschrift  die  velsi,  *vlsi,  vlesi;  Turscus,  *Trscu8,  Etruscus, 
Nummer  2162.  Die  Darstellung  des  Clusini-  dieses  sogar  mit  zwei  Hilfsvokalen.  Ebenso 
sehen  Spiegels  ist  die  folgende.  Aias  (aivas)  bildet  auch  unser  telmun  die  Reihe  telmun, 
liegt  in  vollem  Waffenschmuck  auf  der  Erde,  *tlmun,  tlamun,  hier  mit  Hilfsvokal  a,  wie  er 
auf  den  Schild  und  das  eine  Knie  sich  stü-  bei  Gegenwart  von  Nasalen  zumeist  im  Etrus- 
tzend.  Das  Schwert  hat  er  sich  in  die  Hüfte  kischen  sich  einstellt,  z.  B.  in  aruna^,  arn-ö-, 
gestoßen.  Neben  ihm  steht  mit  Blicken  des  30  aran-d*.  Daß  in  tlamun  das  a  des  griechischen 
Mitleids  ein  anderer  Held,  auch  er  in  Waffen.  TtKcmwv  sich  erhalten  habe,  ist  deshalb  we- 
Hinter  diesem  befindet  sich  die  bergende  tel-  niger  glaublich,  weil  dies  u  selbst  nur  Hilfs- 
xnuns.  Dieser  telmuns  ist  ein  sicherer  Genetiv,  vokal  ist,  was  ich  hier  nicht  weiter  ausführen 
und  somit  ist  es  selbstverständlich,  daß  die  will.  Vgl.  Telamon.  [C.  Pauli.] 
Beischrift  sich  nicht  auf  den  zweiten  Ki'ieger  Telo,  Telon,  Gottheit  auf  Weihinschriften 
beziehen  kann,  sondern,  daß  sie  die  Fortsetzung  aus  Petrucorii  (Perigueux)  in  Aquitanien :  rm- 
der  Legende  aivas  ist.  Wir  haben  also  aivas  min.  Äug.  et  \d'\eo  Telon.,  CLL.  13,948  (Des- 
telmuns  'Aias,  des  Telamon  (Sohn)',  die  ge-  sau,  Inscr.  Lat.  seh  4690).  Dieselbe  Gottheit 
wohnliche  Ausdrucksweise  des  Etruskischen  findet  sich  auf  Weihinschrift  mit  der  Göttin 
für  die  Paternität.  Die  Darstellung  auf  der  40  Stanna  vereinigt:  Deo  Teloni  et  deae  Stannae, 
Grabwand  aber  stellt  die  Hinschlachtuug  der  6\  J.  X.  13,  950 — 954.  Nsich  Esperandieu,  Mtcsee 
trojanischen  Jünglinge  durch  Achill  zu  Ehren  de  Perigueux:  itiscr.  ant.  p.  42  hat  der  Name 
des  Patroklos  dar  und  ist  von  mir  s.  v.  pa-  der  bei  Perigueux  befindlichen  „source  du  Tou- 
trucle  genauer  beschrieben  worden.  Über  der  Ion''  den  Namen  des  Gottes  Telo(n)  bewahrt, 
Figur  des  als  Zuschauer  anwesenden  Telamo-  [Höfer.J 
niers  Aias  findet  sich  die  Beischrift  aivas  tla-  Teloni  (T-^Xoav),  Heros  Eponymos  der  T/jZüd- 
munus.  Bezüglich  der  Form  tlamunus  ist  Mei-  vsia,  der  Burg  von  Priene  (i^  äy.Qa  17  iv  TtiXoj- 
nungsverschiedenheit  zunächst  in  der  Auffassung  velk,  Köniyl.  Museen  zu  Berlin:  Inschriften  voti 
der  Endung  -us.  Corssen  (Spr.  d.  Etr.  1,  839,  Priene  4.,  p.  81;  Tijlcovrjcc  ebenda  19,  p.  28), 
hält  diese  für  einen  Nominativ  und  die  ganze  50  wo  sich  sein  Heiligtum  befand;  to  Isqov  tov 
Form  für  gleich  griech.  TtvlafttövtOs'.  Deecke  T'^Xtovog,  Inschr.  v.  Priene  19^^  p.  29.  H.  Schra- 
(Bezz.  Beitr.  1.  c.)  hiergegen  sieht  in  ihr  einen  der,  Königl.  Museen  zu  Berlin:  Priene  184  (vgl. 
Genetiv  und  setzt  die  Form  gleich  griech.  137).  v.Wilamowitz,  Die  Textgeschichte  der  grie- 
TsXantbvo^.  Letzteres  ist  die  richtige  und  chischen  Bukoliker  115  Anm.  1.  Auch  als  Ste- 
mögÜche  Erklärung.  Für  die  Cwsscnsche  Er-  phanephoros  erscheint  Telon,  Inschr.  v.  Priene 
klärung   könnte   der  Umstand   sprechen,    daß  IO831  p.  85.     [Höfer.] 

Aias    der  Oiliade    die  Beischrift    aivas  vilatas  Telon  II,  König  der  Teleboer,  wanderte  von 

hat    diese  Form  vilatas  aljer  gleich  dem  grie-  der  Insel  Taphos  nach  der  Insel  Capreä  gegen- 

chischen  Oiliades  und  ein  sicherer  Nominativ  über  Neapel.     Sein  und  der  Nymphe  Sebethis 

ist.     Es   scheint   natürlich,    die    gleiche   Kon- 60  Sohn   war  Oebalus.    Verg.  Aen.  7,  734 f.;  Ser- 

struktion,  wie  es  Corssen  getan  hat,  auch  für  vius  zu  d.  St.  =  Script,  rer.  myth.  lat.  2,  187 

den  anderen  Aias  anzunehmen,    dennoch  aber  Bade;  vgl,  Sil.  Ital.  8,  541.     [Ruhl.] 

ist    diese    Deutung    völlig    abzuweisen.     Wir  Telonai,  Telonia  (TeXöavai,  TsXmvia;  auch 

wissen  es  jetzt  sicher,  daß  die  Endungen  -cos  im   Singular  xsXüivr\g  vorkommend;   vgl.  auch 

und  -ius  niemals,  wie  es  ältere  oder  veraltete  (^äaifiovsgy    tsXavovvtsg   bei    Hermippos,     De 

Forscher  (Steub,  Corssen,  Lattes)  angenommen  astrologia  dialogus   ed.  Kroll  und   Viereck    17, 

haben,  durch    etr.    -(i)u8    wiedergegeben  wer-  121  (p.  26, 9),  Luftgeister,  gewöhnlich  mit  dem 

den,   sondern  daß  sie  nur  in  den  Formen  -ies  Nebenbegritt  des  Bösen  und  Schädlichen;  Be- 


:-549                        Telondes  Telphusios                      350 

legstellf^n  bei   I)u  Canqc  s.  v.  r«Ao)fm-    ra  ror  die  a.  E.  des  Art.  Telphuf^ia  aufgeführte  Litera- 

cciQog  dcci^ovio:  und   im   Ihcsaur.  s.  v.  xBXmviov  tur,  —    Nach  Mallen,  JhrL  Vhilol.  Wochensdir. 

p.  2003C.  D;  vgl.  Krall,   Wiein.  .I/m.s-.  50, 637,4.  l'.UO,   ;{3<)    jjehören    Delphoi,    Delphussa,    l'el- 

Leontios    von  NeapoUs  Lrhcu  des  lüg.  Johannes  phuaa,  Tilphossa  /u  der  Wurzel  ddph-,  ''hohl'; 

des  Barmherzigen  ed.  H.  (Jelzer  S.  191  s.v.  re-  diese  Quellnamen  »eien  so  genannt,   Veil  sie 

loiviig.     K.    h'rumhacher,    MUtelgriech.   Sprich-  aus  den    Höhlungen  des    Bodens   kommen';   s. 

Härter  S.  97    nr.  26.    Byzant.  Zeitschr.  7  (1898),  dagegen    W.  Aly,  Klio,  Beiträge  zur  alten  Gc- 

216.    P.  Wendland,  Byzant.  Zeitschr.  11  (1902),  schichte  11  (1911),  16  f.  mit  Anm.  3;  vgl.  auch 

190.  Bernh.  Schmidt,  Volkslehen  der  Neugricchen.  Aly,  Der  kretische  AjjollonkuUus  AI,  welcher 
Nach  Geizer  a.  a.  0.  erklärt   sich  der  Sprach-  lo  die  Erklärung  von  Bursian,  Geogr.  v.  Griechenl. 

gebrauch   aus  den  ägyptischen  Unterweltsvor-  2,  259,  1  =  ("Jalnovau  (von  ^ccXnai;   die  Quelle 

Stellungen    und  ist  durch  die  ägyptischen  As-  also   als   heilkräftig   gedacht;    vgl.  auch    Pott, 

keten  der  Kirche  übermittelt  worden.  Kuhns  Zeitschr.  8,  35.  lioseher,  Ciirtius  Stadien 

[Hüfer.  j  1,  lOüj  für  nicht  wahrscheinlich  hält.    [Höfer.] 

Telondes  (TrjXmvSrig),  ein  böotischer  Kabire,  Telphiisiu  (TeX(povaia).    Bei  Lykophr.  Alex. 

Paus.  9,  25,  8;   s.  o.  Bd.  2,  Sp.  2536.     [Ruhl.]  1040  {=.  Steph.  Byz.  TlXcfovöa  p.  613,  12  f.)  ist 

TeloQDesos  (Tril6vvY\oo£) ,  beigeschriebener  nach  dem  Schol.  zu  Lykophr.  a.a.O.  unter  der 
Name  einer  Nymphe  auf  einem  Relief  in  T8Xq)ov6icc  gkvXu^,  die  Jlxris  tccQQo^og  genannt 
Neapel,  auf  dem  außerdem  noch  drei  andere  wird,  die  in  Arkadien  verehrte  Erinys  zu  ver- 
Nymphen  ('/(Jutji'tj,  'EQccvv[ä}],  Kvucc'i'g)  und  die  20  stehen.  Eine  Erin5's  TiXcpoaalri  nannte  nach 
drei  Chariten  dargestellt  sind,  Gerhard  und  Schol  Lykophr.  1225  auch  KalUtnachos  (frgvi. 
Panofka,  Neapels  ant.  Bildw.  1,  275  S.  82  f.  207):  iv  "Oyxcxi?  Tf]g 'jQTiudias 'Eqivvs  JrjiiTJTriQ 
C.  1.  G.  4,  6854*.  Nach  Osann  zu  Cornut.  de  nat.  rifiätaL,  mg  KaXXiuaxog  rr]v  ßhv  oy'  iöTctg^rivtv 
deor.  p.  272  ist  es  eine  Ortsnymphe,  wohl  die  'Eqivvl  TiXqxocccii).  Nach  Bethe,  Thehan.  Hel- 
der  Insel  Telos,  die  nach  ihrem  Gründer  Te-  denlieder  91,21  geht  aus  dem  Zitat  nicht  her- 
los   (s.  d.)    vielleicht    auch    Tr]X6vvr\r)og    hieß.  vor,   ob  KaUimachos  sie   in  Boiotien  oder  Ar- 

[Höfer.]  kadien  denkt;  für  ersteres   scheine  die  Form 

Telos   {TriXog),    Oikist    und    Eponymos    der  Tdcpccöalr}  zu  sprechen,  da  sich  die  arkadische 

gleichnamigen  Insel,  »S^e^^.T^?/^:.  s.  V.  7YyAos,".  Vgl.  Stadt  auf  ihren  Münzen  OiXl'jtovGa]  nenne.  — 
Telonnesos.     [Höfer.]                                                30  Eine    TiXcpöiGGu  'EQivvg   wird  im  Schol.  Soph. 

Telphosios  [TaXcpooöiog),  Beiname  des  Apol-  Ant.  126  erwähnt:  sie  habe  dem  Ares  den  the- 

lon.   Anonym.  Laurent,  in  Anecdota  varia  Gr.  banischen  Drachen  geboren;  dieser  Zusammen- 

et  Lat.  ed.  Schnell  u.  Studemund   1   p.  267,   II  hang  weist   sicherlich   auf  das   boiotische  Til- 

nr.  39.    Siehe  Telphusios.     [Höfer.]  phossion  hin,  G^'uppe,  Gr.  Myth.  1376,  3.  Vgl. 

TeIphiisti(T£'Zqpoy(>o:),  1)  arkadische  Nymphe,  ferner     K.    0.   Müller,     Aeschylos    Eumeniden 

Tochter  des  Flußgottes  Ladon  (s.d.),  Eponyme  168 f.  175  Anm.  15.    Derselbe,  Orchomenos  121. 

der  gleichnamigen  Stadt,  Steph.  Byz.  s.v.  TtX-  Ludiv.  Preller,  Demeter  und  Persephone  164flf. 

<povaa.    Schol.  Lykojjhr.  1040  p.  320,  26  f.   Seh.  (vgl.  156  ff.  l    Heinr.  Dieir.  Müller,  Ares  22 IF. 

Herodian  ed.  Lentz  1,  269,  35  f.  2,589,11.    Bei  Tümpel,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  Suppl.  11,  687  f. 

Paus.  8,  25,  2  heißt  sie  ©tXTtovacc.  —  Eine  In-  40  693.  701  f.     Tümpel,   Bemerkungen  zu   einigen 

Schrift   aus   Ini   auf  Kreta,    das   wohl    an    der  Fragen    der   griech.  Beligionsgeschichte   (Progr. 

Stelle  des  alten  'Agyiadia  oder  'Agv.ccäsg  (in  der  Neustettin)  S.  18.    0.  Crusius,  Jahrb.  f.  klass. 

Nähe   von   Gortys)    liegt,    erwähnt    ein    [i]sQbv  Phil.  123  (1881),  293  iF.    Fr.  Ad.  Voigt,  Beiträge 

tag  QiXffovcccg  —  die  Schreibung  ©i:Xcpov6Log,  zur  Mythol.  des  Ares  u.  der  Athena  {Leipz.  Stu- 

SsXcpovoa  auch  in  zwei  Inschriften,  Ath.  Mitt.  dien  4)  S.  241.  243.  287  f.  290.  305.       [Höfer.] 

3   (1878),    178.    ^bXx.  ao^.  1890,  147  f.,   Part-  Telphusios  (Jfilqpovöio?),  Beiname  des  Apol- 

beni,  Monumenti  antichi  della  Reale  Acad.  dei  Ion   nach    der   Quelle   Telphusa   (s.  d.  nr.  2)  in 

Lincei  18  (1907),  360  ff.  nr.  13.  Collitz,  Samml.  Boiotien.    Der    Homerische  Hymnos  in  Apoll. 

(1.  griech.  Dialekt-lnschr.lV,  4  S.  1036  f.  nr.  14.  244—276.  375  if.  (vgl.  Preller,  Berichte  über  die 

Da  Arkades  wie  seine  Nachbarstadt  Gortys  von  50  Verhandl.  d.  Königl.  Sachs.  Gesellsch.  d.  Wiss. 

Arkadien   aus    begründet   worden   ist   (Busolt,  phil.-hist.  Cl.  6  [IS64:],  lil  f.  Gemoll,  Die  Homer. 

Gr.  Gesch.  1-,  329  Anm.  2),  so  ist  anzunehmen,  Hymnen    S.  159  f.  [zu  v.  244].    170   [zu  v.  375] 

daß    die    arkadischen   Auswanderer    den    Kult  mit  weiteren  Literaturangaben.    A.  W.  Verral, 

der  Thelphusa,  der  dann  auch  für  das  Mutter-  Journ    Hell.  stud.  14  [1894],  1  ff.  mit   den   Be- 

land    selbst    vorauszusetzen    ist,    in    die    neue  ^nevkungQu  von  Gruppe,  Bursiayis  JaJiresber.10'1 

Heimat   übertragen  haben.  —  2)  Nymphe  der  [1899]    S.  148)     berichtet    folgendes:    Apollon 

gleichnamigen    zwischen    Haliartos    und  Alal-  kommt  zur  Quelle   Telphusa,    einem   Ort,    der 

komenai  in  Boiotien  unter  dem  Fuße  der  Fels-  ihm   wegen   seiner   Sicherheit  (cc-jirjucov  v.  244) 

wand  TiX(p6}6aiov  entspringenden  Quelle,  Hom.  und    Lieblichkeit    (igarog  v.  380)    gefiel,    und 

Hynin.  in  Apoll.  244.  247,  256.  270.  377  if.    Bei  60  oflFenbart  der   Nymphe  Telphusa,   daß   er  hier 

Steph.  Byz.  s.  v.  TsXq:ovaa  p.  014,  2.    Herodian  einen  Tempel  mit  Orakel  errichten  wolle.  Aber 

p.  589,  13  stellt  die  Form  TiXq)ov6cc.    Näheres  Telphusa   in   ihrer  Eigenliebe,    'ocpga  ol   avtfj 

s.  unter  Telphusios.    Über  die  Etymologie  von  TsXcpovör/  xZeo?  bi'ri  ini  %^ovi,   urjö'  '^Exaroto', 

Telphusa  usw.  ist  oben  im  Art.  Teiresias  S.  186,  weiß  ihn  listigerweise  zu  bestimmen,  von  seinem 

16  ff.  gehandelt  worden;    hinzugefügt    werden  Plane  abzulassen  und  nach  Delphoi  zu  gehen, 

kann:  Unger,  Thvbana  Paradoxa  117.    Dibbelt,  wo  er  den  schweren  Kampf  mit  dem  Drachen 

Quaest.  Coae  Mythol.  7  Anm.  4.    Preller,  Sachs.  zu  bestehen  hat  (vgl.  Del^ibyne,  Python).     Als 

Berichte  0  (1854),  148  (J=  quellende  Flut'),  und  Apollon   den   Betrug  merkt,   kehrt   er  zurück, 


351                        Temayas  Temenias                       352 

schilt  die  Telphues  und  verbirgt   das  Quell-  miniuum  zu  Tfniviag  bz.  Tsufviog  (s.  d.).   Sehr 

wasser  (v.  882  mit   GemoU  für  ^iovi   qöov  zu  unsicher  ist  die  Ergänzung  einer  Inschrift  aus 

lesen)    unter    vorspringenden    Felsen    und    er-  l*hiladelphia(Alaschehir)  durch  A'ctV  uwrf  r.  Prf- 

richtet  sich  nahe  dabei   einen  Altar:   Iv^a  ö'  merstein,  Bericht  über  eine  dritte  Heise  in  Ly- 

&vuiixi  navta  inimlriaiv  TiX(f)ovalui  hix^xotüvrai^  dien   in   JJen/iachr.  d.  Kais.  Akud.  d.   Wiss.  in 

€n)V9%ctTtl(f>ovCrisUQfigil,6xvvb  Qii9Qa{\.ZmiX.).  Wien  67   (19U),   I   S.  18   ur.  18^    (vgl.    S.  20): 

—  Der  Beiname  TtXtfiovöiog  für  ApoUon  findet  Jibg  .  .  .  xai  'Eariccs  'i'[e^€»iasj,  wo  aber  auch 

sich  auch   bei  Lykophr.  Alex.  662    und    dazu  ein  anderer  Beiname  z.  B.  T[tXBlcti]  gestanden 

Schol.  (2,107,1):  nagit  Boitoxolg.  (Für  TiXtpov-  haben  kann.     | Höfer.] 

«iof  hat  cod.  Paris.  2403:   TtXtpivios  mit  der  lo      Temenias,  TomenioH  {Ttiitviag,   Tsiiiviog). 

Erklärung  naQoeov   tpaivti  xa   Witj.)   —   Von  Auf  mehreren  Inschriften  aus  dem  Amyklaion 

dem  Tempel  des  Apollon  T.  —  t6  to«  riJl(8o!;-  in   Sparta   wird   ein   Priestertum   des  ApoUon 

[q^aoaiov  AnoXXoi^vog  isQOv,  Sirabo  9,  27  p.  411,  Karneios,  des  Apollou,  des  Herakles  xal  Kügccg 

der  auf  der  Höhe  der  Felswand  TiX^fmaciov,  xal  T^iitviov  xüv  iv  tw  '^EXti  xal  xibv  avvv.a^- 

gerade  über  der  Quelle  stand,  sind  noch  spar-  hiöi^viiivaiv  O-^tüv  erwiihut,   /.  G.  5,  1,  497, „fif. 

liehe  Reste  vorhanden,  JBursian,  Gcogr.  v.  Grie-  589,,.  ff.  (=  C.  I.  G.  1, 1446).  608,  ff.   Nach  Tsnn- 

chenl.  1,  2^4.    Oben  s.  v.  Teiresias  Sp.  186,  12  tas,  Eqprjjii.  &qx   1892,  21  ist  mit  der  Kora  tV 

(vgl.  Sp.  199,  28  ff.)  ist  vermutet  worden,    daß  xm  '^EXst.  die   bei  Paus.  3,13,2  —  vccbs  A'oprje 

der  ApoUon  T.  in  Beziehung  zu  dem  Orakel-  liwxsigas-  Ttoiijöai,  äh  xbv  ffgaxa  'ÖQtfioc  Xiyov- 
ffott  Teiresias  gestanden  habe.    Aus  den  oben  20  tftv,  ol  di  ^ßuQLv  &(piyi6tJievov  i^  'TTChQ^oQ^oiv  — 

Sp.  360, 62  angeführten  Versen  dkiB  HomeriscJicn  erwähnte  Köre  Soteira  gemeint,  deren  Tempel 

Jiyiwno«  scheint  hervorzugehen,  daß  die  Nymphe  südöstlich   vom  Theater  in  einer  flachen  und 

oder  Quellgöttin  Telphusa  selbst  als  Orakel-  auch  heute  noch  sumpfigen  Gegend  anzusetzen 

göttin  tätig  war,  da  sie  ja  den  Bau  des  Tem-  sei;   unter  dem  von  Pausanias  als  Stifter  des 

pels  des  ApoUon,  in  dem  sie  den    künftigen  Tempels  genannten  Orpheus  oder  Abaris  berge 

Eonkurrenten  sah,   verhindern  wollte.    Wenn  sich    der   namenlose   Heros  Temenios.     Dieser 

ftreUich  15.  Wilamouitz,  Griech.  Tragödien  über-  Auffassung  tritt  S.Wide,  lAikonisthe  Kulte  296  f. 

setzt  VII   {Aeschylos,    Die   Versöhnten)    S.    19  bei  mit  dem  Hinweis,   daß  schon  die  Verbin- 

Anm.  2  sagt:   'Dort  (am  böotischeu  Berg  Til-  düng  des  Temenios  mit  Köre  in  diesem  einen 
phossion)  war  in  sehr  alter  Zeit  ein  Erdorakel  30  chthonischen  Gott,   was  Orpheus  ursprünglich 

an  einer  Quelle;  die  Göttin  war  als  Schlange  sei,  suchen  lasse,  dessen  Namen  auszusprechen 

gedacht',    so    fehlt  m.  W.  für  die    letzte    Be-  man   sich  gescheut  habe.     Dieser  chthonische 

auptong  das  Zeugnis  der  ÜberUeferung.    Vgl.  Heros  Temenios   sei   „der   Stifter   oder  Hüter 

Telphosios.                                               [Höfer.]  eines  Tf'/xfros"  oder  „der  iv  ra  zE^ttvtL  begra- 

Temavos.   Eine  Weihinschrift  auf  einem  bei  bene,  verehrte".  —  Auf  einer  anderen  fragmen- 

Montereale  am  Flusse  Celina  gefundenen  Altar  tierten    amyklaiischen    Inschrift,    wo    Tsuntas 

lautet:  Ti.  Poppai.  Ti.  f.  Temavo  d.  d.  l.  m.,  Not.  a.  a.  0.  22  nr.  4  und  Wide  a.  a.  0,  370, 1 :   z/tog 

dt  Scavi  1884,  66,    H.  Pais,  Corporis  inscr.  Lat.  ti[iLtvos]   oder   Tt\XEiov~\   oder  Tt[QaGTiov\   er- 

supplenienta  italica  1  p.48nr.380.  Dessau,  Inscr.  ganzen,  liest  Kolb,  I.  G.  a.  a.  0.  372:  Jibg  Ts- 
Lat.  sei.  3900.    Die  Weihung  gilt  dem  Gott  des  40  [asviov].     Ob  die  von  Tsuntas  und   Wide  ge- 

sonst  Timavus  (vgl.  Mommsen  in  C.  I.  L.  ö  p.  75)  gebene  Erklärung  das  Richtige  triö't,  läßt  sich 

genannten   Flusses,    dem    auch    die    poetische  mit  dem  zu  Gebote   stehenden  Material  nicht 

Weihinschrift  {Dessau  a.  a.  0.  8885)  gewidmet  entscheiden.     Einstweilen  lassen  sich   nur  die 

ist.     [Höfer.J  Theoi  Entemenioi  {Q'tol  ivxtiitvioL  [s.  d.])  ver- 

Teinbrion    {Tsiißglav).    Oikist    von    Samos,  gleichen    und    das    Götterepithetou   Temcnites 

S<ra6o  14,  633.  10,  457.  Themistagoras  {F.  H.  G.  (s.  d.),    zu    dem    folgendes    nachzutragen    ist: 

4,  512)  im  Etym.M.  s.v.  'AexvndXuia.    Busolt,  1)  ApoUon  Temenites  ist  auch  durch  eine  In- 

Gr.  Gesch.  1*,  315,  2.    v.  Wilamouitz,  Sitzuvgs-  schrift  von  Delos  bekannt,  auf  der  ein  Altar 

berichte  d.  Kgl.  Preuß.  Akad.  d.  Wiss.  1906,  65  [xov  kn6XX]covog  xov  Tsn6v\i]xov  und  ein  Altar 
Anm.  2.     [Höfer.]                                                          50  [xov  knölliovog  xov  JIar[()a)t]ot;  erwähnt  wird, 

Tembris,  Tembros  {Td^Lßgig,  TB^ißgog),  Gott  Corr.  Hell.  32  (1908)  Beilage  zwischen  p.  14  und 

des    gleichnamigen    Flusses    auf  Münzen    von  15,  Face  B,  frg.  a  Z.  11.   Ebenso  befand  sich  auf 

Ifidaion  in  Phrygien,  Head,  Hist.  num.  681  ^  der  Insel   Kasos  ein   Isqov  xov  knoXXcovog  xov 

Catal.  of  the  greek  coins  in  the  Brit.  Mus.  Phry-  Ts^svixov,  Corr.  Hell  24  (1900),  227  nr.  XIUt^ 

giu  Introd.  84  p.  335,  2.  337,  14  pl.  39,  3;  auf  Collitz  5104c  ev«.  p.  357.   Zur  Erklärung  des  Bei- 

Münzen  von  Dorylaion  (ohne  Beischrift),  JwÄoo/"-  namens   Temenites   bemerkt   Demaryue,   Corr. 

Blumer,  Kleinasiatische  Münzen  1,  226,  5.  Hell.  24,231:  „Temenos  est  un  num  de  Heu  ou 

[Höfer,]  de  ville."     Das  ist  natürlich   irrig,   ein  Stadt- 

Tembrogius  s.  Temrogeios.  namen    Temenos    wird    auf  Kasos    schwerlich 

Temenia  (Te/ifvm),   Beiname  der  Hestia   s.  60  existiert  haben,  sondern  der  Beiname  ist  selbst- 

Bd.  1  Sp.  2641,  17  ff.    Dittenberger,  Sylloge  2*,  verständlich,  wie    man   schon   längst   gesehen 

600,  9.  59.      Collitz    5692    p.  723.  725.      Nach  hat,   von   xifisvog  abzuleiten;    vgl.   E.  Ciactri, 

E.  Fraenkel,  Gesch.  d.  griech.  Nomina  agentis  Culti  e  miti  nella  storia  delV  antica  Sicilia  161. 

auf -tjjp  usw.  2  (=  Untersuch,  zur  indogerman.  Nun   hat   Dittenberger,  Sylloye  2^  531   p.  195 

Sprach-  u.  Kulturwiss.  4  [1912])  S.  210  Anm.  1  Anm.  32  (vgl.  Gruppe,   Gr.  Myth.  746,  9)    die 

soll  Tiiutia.  als  Femininum  zu  dem  Götterbei-  Götter,    die  den  Beinamen    Tt^itvixr^g   führen, 

namen  Ts[Livixi]g  (s.  d.i  fungieren;   das  lautet  als  solche   erklärt,  „quorum  xtfiivri  tränt  sine 

aber  Tiusvtxig.    Vielmehr  ist  Tt^tvia  das  Fe-  templis.''    Dieselbe  Bedeutung  nimmt  speziell 


B53                       Temenites  Teraenos                        354 

für   den   Poaeidoniteinamcn   7V.a>/'/rrjc  Nilsson,  E.  Curtiiis,  Pelop.  1,203  f.  217  A.  30.  Bursian, 

Griech.  Feste  H3  an:  „Aus  dem  Epitiietoo   7V-  Geogr.  v.  Griechenl.  2,196,    l'reller- Robert,  Gr. 

li£vitr]g  .  .  .  bentätigt    sich    die    heol)aclitnng  M////<.  1,  16<),  2.    Ob  als  des  Temenos  Vater  der 

Köhlers,  Ath.  Mitt.  10  (ISSf)),  37,  daß  Poseidon  arkadische  oder  der  argivische  Pelasgo«  (s.d.) 

oft  nur  ein  Temenos  ohne  Tempel    hatte,   da«  zu  <,'elten  liat,  ist  unentschieden,  wahrschein- 

außerlialb   der   Stadt   geleg-en  war."     J)a   aber  lieh    aber   hänpt   diese   vereinzelte  Notiz,   daß 

durch  die  oben  ani^eführte  Inschrift  ein  Tj'mpel  Temenos   <ler  Argiver   (s.u.  nr.  3)   im   arkadi- 

des  Apollon  Temenites  auf  Kasos   bezeu<^t  ist,  sehen    Stvmphalos   gewohnt   habe   und   Stifter 

ist  «liese  Deutung,  wenigstens  in  ihrer  V(!rall-  des  Herakultes   daselbst  geworden   sei,   damit 

gemeinerung,  einzuschränken.  'Such  J<J.  CurI ins,  lo  zusammen,  daß  Stjmphalos  nach  dem  benacli- 

GesawmcUe  Ahhandlimgcn  1,  5()  führt  Apollon  harten  Argos  gravitierte,  wie  es  denn  auch  zu 

den     Beinamen    Temenites,     weil    in     seinem  Pa//.9anw.s' Zeit  zum  argolisc^hen  Bund  gehörte, 

Dienste  die  Somleruiig  des  Heiligen  und  Pro-  vgl.    I'aJ.  Meyer,  Forsch,  z.  alt.  Gesch.  1,  99,  1. 

fanen  besonders  streng  geübt  wurde.    Ob  sich  Victor  Bcrnrd,  De  Vorigine  des  cultes  arcadiens 

vielleicht  aus  Schol.  Harn.  Od.  8,  3G3:  naga  IIa-  S.  145.  —  Jmwrrwuhr,  Kulte  und  Mythen  Arku- 

cpiotg  ovx  %6TLV  k(fQoöirri?  (iyocXiia,  tf^itvog  dt  dicns  S.  33  f.  führt  den  Ursprung  dieses  Kultes 

[lovov  Y.ci\  ßcoiiog  ein  Schluß  auf  das  Epitheton  von  Stymphalos  zurück  auf  das  zwischen  Argos 

ziehen  läßt?  und  Nauplia  gelegene  Temenion  (s.  u.),  da  ein 

2)  Zeus  in  Arkesine  auf  Amorgos,  Collitz  Kult  der  jungfräulichen  Hera  sich  zu  Argos 
5371g-.  I.  G.  12,  7  nr.  (}2j- ;  vgl.  auch  Rccueil  2o  sowohl  wie  auch  zu  Nauplia  befand,  vgl.  Paus, 
des  inscr.  iuridiqiies  Grecqnes  fasc.  HI  p.  507,  59.  2,38,2.  Hitzig-Blümner  z.  St.  1,(»5(>;  als  HaQ- 

3)  Poseidon  Temenites  in  Mykonos:  Die  In-  ^^vo?  hatte  die  Hera  auch  zu  Hermione  ein 
schrift  auch  Collitz  5416,,  p.  577.  Zu  verglei-  Heiligtum  {Steph.  Byz.  s.  'Eq\liÖ)V  p.  277,  17  f. 
chen  ist  das  Epitheton  Tsusvovxog,  das  Posei-  Meineke  hgöv  "'Hgcxg  IJaod-tvov);  als  üagd^evicc 
don  in  einem  pythischen  Orakel  avif  einer  In-  ward  sie  nach  Schol.  Bind.  Ol.  6,  149  auf  dem 
schrift  aus  Tralleis  erhält,  Mov6.  -/ai.  ßi{^l.  rfjg  Parthenion  an  der  Grenze  von  Arkadien  und, 
svayy.  axoXyg  ri^g  2Juvgvi]g  1880  p.  181.  (-orr.  Argolis,  als /yae-a-f-Vog  auf  Euboia  verehrt,  usw.. 
Hell.  5  (1881),  340 f.'  Anth.  append.  ep.  add. YI,  W.  H.  Boscher,  Inno  und  Hera  (Slud.  z.  vgl. 
104  b,  5  Cougny.  Auch  das  epische  Zitat  bei  Myth.  d.  Gr.  u.  B.  2)  S.  74,  A.  221  Preller-Bo- 
Apolionios  Dyskolos  Synt.  138.12  =  Pindar  io  bert  a. 'd.O.  1,170  f.,  6.  Gruppe,  Gr.  Myth.  196, 
frgm.  18«j  {Poet.  Lyr.  V  p.  4:i4:Bergl:  ccvxöv  ^s  17.  464,7.  1133  f.  Nach  Trjiiavog  oder  frißsvvog 
TtgwTiGTa  GvvoiyiiGTiigu  yaiag  ^GÖi-^cci  tEßtvovxov  dem  Arkader,  der  als  erster  seine  Chlamys  nach 
bezieht  sich  wohl  auf  eine  Gottheit.  Diese  Art  der  Toga  sich  umgeworfen,  als  er  ins  lo- 
Gottheit  soll  nach  P.  Maaß,  Hermes  46  (1911),  nische  Meer  gelangt  nnd  bei  dessen  Anwoh- 
610ff.  gleichfalls  Poseidon  sein,  der  in  seinem  nern  Aufnahme  gefunden,  sei  ursprünglich  die 
Streite  mit  Athene  redend  eingeführt  werde;  römische  Toga,  griech.  rj  Trjßsvvog.,  benannt 
das  Fragment  selbst  sei  der  Hekale  des  Kalli-  worden;  von  ihm  hätten  die  (italischen)  Lau- 
machos  zuzuweisen.     [Höfer.]  desbewohner  die  Weise  sich  zu  kleiden  über- 

Temenites  {Tt^iLtvlxr^g),  Beiname  verschiede-  nommen,  und  das  Gewand  nannten  sie  r?]^6- 

ner  Gottheiten.     Nach  Dittenherger,  Syll.^  531  40  vslov    {Suid.    tri§ivv£iov)    nach    dem    Erfinder, 

Anni.  32  dei  inteUegendi  videntur,   quorum   ts-  woraus  durch  allmähliche  Namenverderbnis  rrf- 

HevT]  erant  sine  templis.    1)  Apollo  T.  in  Sy-  ßsvvog  geworden,  Artemid.  Oneirokr.  2,3  p.  85. 

rakus,  wo  ein  hervorragendes  Kultbild  im  Te-  Suid.u.   v^ßsvvog,    vgl.  K.  0.  Müller- Deecke, 

mcnos  stand,  Cic.  Verr.  4,  53,  119;  Sueton  Tib.  Etrusker  1,247,52.  53^. 

74  in.;  daher  hieß  ein  ganzer  Stadtbezirk  Te-  2)  Sohn  des  Phegeus,  des  Bruders  des  Pho- 

menites,   Thuc.  6,  75,  1;    100,   20;    vgl.  Steph.  roneus  (s.  Phegeus  nr.  1),   Bruder   des   Axion 

Byz.  s.  V.  Tifisvog.  —  2)  Zeus  T.  auf  Amor-  (s.d.  unt.  1).    Durch  der  beiden  Brüder  Hinter- 

gos,  Ditt.  Syll.  2-  531,  11.  —  3)  Poseidon  T.  list  fand  seinen  Tod  der  Muttermörder Alkmaion 

auf  Mykonos,  Ditt.  Syll.  2~  615,  5.    S.  o.  Bd.  3,  (s.  d.),  wider  seinen  Willen  nach  Phegia  (dem 

Sp.  2852.  Vgl.Temeniasu.  Temenuchos.  [Ruhl.j  5ö  spätem  Psophis)  gesandt  von  Kallirrhoe  (s.  d. 

Temenos   {Tri^itvog).    1)  Des  Pelasgos  Sohn.  unt.  2),   die  nach  dem  Halsband  der  Eriphyle 

der  im   alten  Stymphalos   gewohnt  habe   und  (s.  d.  unt.  1)  begehrte;  die  Brüder  aber  weihten 

von   dem    Hera   auferzogen   worden    sei,    und  das  Halsband  dem  Apollon  zu  Delphi,  und  zur 

3  Heiligtümer  habe  er  der  Göttin  errichtet  und  Zeit  ihrer  Königsherrschaft  in  der  damals  noch 

3  Beinamen   ihr  beigelegt:   solange   sie  Jung-  Phegia   benannten  Stadt  sollen   die   Griechen 

frau  war,  Mädchen  (Tcalg),  nachdem  sie   sich  gen  Troia  zu  Felde  gezogen  sein,  Paus.  8,  24, 

Zeus  vermählt,  nanute  er  sie  rsXsia  (=  die  Reife),  10.  Hitzig-Blümner  z.  St.  3, 195 ;  zur  Ermordung 

als  sie  aber  mit  Zeus  sich  entzweit  aus  irgend-  des  Alkmaion   durch  die  Söhne  des   Phegeus 

einem  Grunde   und   wieder  nach   Stymphalos  vgl.  auch  Paus.  6,17,6;    ihre   Schwester  hieß 

zurückgekehrt,  nannte  sie  Temenos  Witwe  (;frjpa:,  60  nach   Paus.  8,  24,  8   Alphesiboia  (s.  d.  unt.  2, 

vgl.  Hesych.  s.  %rigu-  i]  ^srä  yä^ov  fii]  avvoixovGoc  vgl.  auch   Hyg.  f.  244  p.  131,  o  Seh.),   dagegen 

ccvSgi),  Paus.  8,  22,  2.    Hitzig-Blümner  z.  d.  St.  Arsinoe  (s.  d.  unt.  1)  nach  Apollod.  3,  87.  90  T^"., 

3, 183,  s.  o.  Bd.  1,  Sp.  2080,  10  ff.  OflFenbar  war  der   auch  für  die  Söhne  des   Phegeus   andere 

dies  ein  alter  pelasgischer  Naturdienst,  bei  dem  Namen  hat,   nämlich  Prönoos  und  Agenor  (3, 

Hera  als  Repräsentantin  der  Erde  in  den  drei  92  W.).    An  der  Überlieferung,  daß  die  Söhne 

verschiedenen  Jahreszeiten  verschieden  erschien:  des  Phegeus  den  Halsschmuck  nach  Delphi  ge- 

im  Frühling  als  Maid  und  Jungfrau,  im  Som-  weiht,  h^lt  Pausanias  auch  9, 41,  2  f.  fest,  wo  er 

mer  als   Gattin,    im   Winter    als   Witwe,    vgl.  bei  Anführung  von  angeblichen  Werken  des  He- 


355                        Temenos  Temenos                        1-^56 

phaistos  auch  des  Halsbandes  gedenkt  irj(pcii6T6-  rung  der  Temenossöhne  Agelaos  und  Archelaos). 
rtvxTog  OQiiog  Apollod.  :^,  25  H'),  das  Ursprung-  Nach  Temenos  führte  den  Namen  das  Teme- 
lich  der  Harmonia  ^s.  d.;  geschenkt  ward,  aber  nion  (Trj^ftov),  ein  fester  Ort  in  der  Argolis 
benannt  wird  nach  Eriphyle,  weil  sie  es  als  iv  m  H&anrai  Tijufvos,  Strab.  8  p.  308,  das- 
Geschenk  hinnahm  für  ihren  Mann,  und  er-  selbe  Stcph.  Byz.  s.  v.  p.  021,  3  f.  Jf. ,  wo  indes 
wähnt,  daß  die  Amathusier  der  Meinung,  das  das  Temenion  fälschlich  nsich  Messenien  ver- 
Halsband finde  sich  bei  ihnen  als  Weihgabe  legt  wird  (xtaglov  Msaarivrig)  und  der  Zusatz 
im  alten  Tempel  des  Adonis  und  der  Aphro-  ot  ohi]roQtg  Tr]iiBvistg  ojg  IXiftg.  Nach  Paus.  2, 
ditezuAmathusaufKypros;  das  bestreitet  Pous.  38, 1  hat  Temenos,  des  Aristomachos  Sohn,  die- 
a.  O.,  vgl.  Hitzig- Bin  inner  z.  St.  8,  523  f.  Auch  lo  sen  Ort  besetzt  und  befestigt,  mit  seinen  Do- 
das  Artemision  auf  Delos  wollte  im  Besitze  der  rem  von  hier  aus  Krieg  geführt  gegen  Tiaa- 
goklenen  Halskette  der  Eriphyle  sein,  vgl.  TA.  menos  und  die  Achaier,  der  Ort  aber  enthielt 
HomolU',  Bull,  de  coir.  hell.  6  (1882),  124.  14  ein  Heiligtum  des  i'oseidon  und  ein  anderes 
(1890),  406  Z.  2  (42).  16  (1891),  184.  Und  wäh-  der  Aphrodite,  zumal  ein  nvfma  7'rjfieVov  ri^äe 
read  nach  Paitsanias  das  verhängnisvolle  l;fov  nocgä  Jcagi^av  tibv  iv  Mpyti;  vgl.  J^Jd. 
Schmuckstück  sich  zu  Delphi  im  ApoUontempel  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2,  266  f.  F.  Pfister,  Der 
befand,  gibt  Phylarchos  FEG  1,358,60  bei  Beliquienkult  im  Altert.  {R.  V.  V.  V)  8.  288. 
Parthen.  4q.  tiu^.  25, 1  an,  daß  es  ebendaselbst  Strabon  und  Pmisanias  bestimmen  die  geogra- 
niedergelegt  war  im  Heiligtum  der  Athena  Pro-  phische  Lage  des  Temenion  recht  genau  im 
noia,  was  Freuer  {z.  Paus.  8,24, 10  S.  285)  ver-  20  Zusammenhang  mit  Lerna  und  Nauplia,  26  Sta- 
muten  läßt,  Phylarchos  habe  das  Halsband  der  dien  von  Argos  vttsq  rfy?  ^aXccTzris  {Strab.  a.  0.), 
Eriphyle  verwechselt  mit  dem  der  Helena,  das  50  Stadien  von  Nauplia  (Paws.  2,38,2);  zwischen 
Menelaos  der  Athena  Pronoia  geweiht,  nach  dem  Temenion  und  Lerna  mündet  der  (rätsel- 
Demetr.  Phal.  hei  Eustath.  Od.  8,267  p.  1466,60;  hafte)  Phrixos  ins  Meer,  Paus.  2,  36,  6.  38, 1; 
über  das  spätere  Schicksal  dieser  Halsbänder  das  Temenion  aber  vermutet  man  in  Resten 
vgl.  außer  Parth.  25  auch  Ephoros  (oder  dessen  und  Ruinen  zwischen  den  Flüssen  Panitza  (Ina- 
Sohn  Demophüos)  im  30.  B.  der  iarogiai  FHG  chos)  und  Kephalari  (Erasinos),  über  die  Ört- 
1,  275, 155  (aus  Ath.  6,  p.  232  d  fF.).  Diod.  16,  lichkeit  vgl.  Leake,  Travels  in  the  Moria  2,  476. 
64,  2.  Paus.  9,  41,  2  f.  0.  ßd.  1,  Sp.  1337,  45  ff.  L.  Boß,  Beisen  im  Pelop.  S.  149.  Ciirtius,  Pelop. 
8)  Sohn  des  Aristomachos  (oder  des  Kleo-  30  2,(154).  383  f.  Bursian,  Geogr.  v.  Griechenl.  2, 
daios  s.u.),  ein  Herakleidc,  Ururenkel  oder  (8.42).  56  f.  Hitzig-Bhimner,  Paus.l,{G52).65b{. 
Urenkel  des  Herakles,  gewissermaßen  ^nach  Pho-  Während  Temenos  in  der  Regel  (vgl.  z.  B. 
roneus  und  Danaos  der  dritte  Gründer  vou  Ar-  Paits.  2, 18,  7.  38, 1.  Hyg.  f.  124  p.  106,  8  Seh. 
gos'  (E.  Curtiw,  Pelop.  2, 346.  384),  der  Stamm-  Theopomp.  frg.  30  FHG  1,  283  und  Diod.  7,  15 
vater  der  Temen iden  (Tijfifvtdai),  jener  drei  aus  Georg.  Synk.  Chron.  262  B/C  [1,  41)9,  5  ff. 
Brüder  Gauanes,  Aeropos  und  Perdikkas  (s.  o.  Dind.],  wo  die  genealogische  Reihe  Karanos  — 
Bd.  1,  Sp.  88, 18  ff.  1605,  39  ff),  die,  aus  Argos  Pheidon  —  Aristodamidas  —  Merops  —  Thestios 
zu  den  lUyriem  geflohen,  nach  Obermakedo-  —  Kissos  —  Temenos  —  Aristomachos-  Kleo- 
nien  gelangten,  nach  Lebaie,  später  sich  nie-  daios — Hyllos  —  Herakles,  aber  auch,  nach  an- 
derließen in  der  Gegend  der  sog.  Gärten  des  40  dern,  Karanos  — Poias  —  Kroisos  —  Kleodaios  — 
Midas  am  Fuß  des  Bermion  und  von  da  auch  Eurybiadas  —  Deballos  —  Lachares  —  Temenos 
das  übrige  Makedonien  sich  unterwarfen,  so  etc.  [dasselbe  bei  Porphyrios  aus  Tyros  FHG 
daß  also  diese  Temeniden  die  Ahnen  der  ma-  3,690].  Satyros  frg.  21  FHG  3,165  bei  Theoph. 
kedonischen  Könige  geworden  sind,  im  beson-  Antioch.  ad  Autol.  2  p.  94)  als  Sohn  des  Ari- 
dem Perdikkas,  vgl  iZcrod.  8,  137  f.  (6,52  be-  stomachos  gilt,  des  Sohnes  des  Kleodaios 
reits  die  genealogische  Reihe  Aristodemos —  {schon  Herod.  ß,  b2  hat  ja  für  Aristodemos  die 
Aristomachos  —  Kleodaios  —  Hyllos).  Thuk.  2,  Abstammung:  Aristomachos,  Kleodaios,  Hyllos), 
99,3.  Diod.  7,17.  Nach  ihnen  hieß  TruiEvidai  erscheint  er  gelegentlich,  bei  ^poZZof/.  2, 172  TT., 
ein  Waffentanz,  vgl.  Dioskorides  Anth.  Pal.  11,  unter  des  Kleodaios  Söhnen,  und  auch  nach 
195 ;  mit  demselben  Titel  auch  gab  es  ein  Stück  50  Tzetz.  Lyk.  AI.  804  war  er  Sohn  des  Kleodaios 
des  Euripides,  frg.  728—741  Nauck,  für  dessen  (als  dessen  Brüder  Lichas  und  Keyx  genannt 
Inhalt  zu  vergleichen  sein  wird  Nikol.  Dam.  werden)  und  der  Peridea  fs.  d.  unt.  1),  der  En- 
FHG  3,376,38.  Diod.  7,14a  {FHG  2  p.  VIIl  kel  des  Hyllos  und  der  Eurytostochter  lole, 
frg.  4).  Paus.  2, 19,  1.  28,  3—7,  s.  u.,  wie  denn  der  Urenkel  des  Herakles  und  der  De'ianeira; 
auch  Temenos  selbst  der  Held  einer  euripi-  in  dieser  Reihe  fehlt  lediglich  das  Zwischen- 
deischen  Tragödie  gewesen  zu  sein  scheint,  glied  Aristomachos  (als  Vater  des  Temenos  und 
frg.  742 — 751  iV.,  über  deren  Fabel  indes  nichts  Sohn  des  Kleodaios).  Die  unter  Temenos  ein- 
bekannt ist,  vgl.  Welcker,  Gr.  Trag.  2,  697  f.  wandernden  Dorer  habe  des  Tyrsenos  Sohn  He- 
Wecklein,  Philo!.  39  (1880),  406 ff.  Christ- Schmid,  geleos  (s.  d.  und  unt,  Omphale  IM.  3,  Sp.  879  f., 
Gesch.  d.  gr.  Lit.  1*,  378, 10;  auch  des  Temenos  60  51  ff.)  im  Gebrauch  der  Trompete  unterwiesen, 
Sohn  Archelaos  als  AhnheiTu  der  makedoni-  Paus.  2,21,3,  vgl.  K.  0.  Müller  -  Deecke ,  Etr. 
sehen  Könige  und  Gründer  der  Residenz  Aigai  2,209.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1199,4;  hier  sei  gleich 
nahm  Euripides  zum  Helden  einer  Tragödie,  erinnert  an  die  Erzählung  bei  Polyain.  strat. 
da  er  bei  dessen  gleichnamigem  Nachkommen  1,  10  von  der  Verwendung  des  avXo?  durch  die 
zu  Pella  ehrenvolle  Aufnahme  fand,  frg.  229—  Herakleiden  Prokle^  und  Temenos.  Den  Söhnen 
266  N.;  für  den  Inhalt  vgl.  Hyg.  fab.  219  p.  129,  des  Aristomachos  an  der  Spitze  der  Dorer  habe 
6  ff.  Seh.  Welcker  a.  0.  S.  698  ff.  Wecklein  a.  0.  bei  der  xa^odog  xäiv  'HQccxXsuy&v  Oxylos  (s.  d. 
Gruppe,  Gr.  Myth.  219.  1199,4  (wo  Identifizie-  unt.  2)  den  Weg  gewiesen  in  die  Peloponnes, 


357                        Tenienos  Temenos                        Hö8 

Kph<nosfr(jA:*  FHd  l,236f.  M)ei  Sirah.  8  p.3ö7.  rückhaltung  in  anderer  Situation  /Vms.  2,2H,3), 

P«*/.s.  5,  3,'6ff.  4,  1  tl".    .S'c/fo/.  Aristeid.  Fanath.  Titanen  (nach  Apollo  i.  2,  n\i  \V.,   wo   Tirävccg 

l).  33  f.  ed.  Frommel.    Polyaüi.  1.  9,  vgl.  hi(!rlur  die  tlberlielerung,  Heynea  Vorschlag  Tiravlovg, 

und  für  das  Folgende  F r eller- Flciv,  (ir.  Myth.  Wagner  B}nii-  mit  Tau aquüFabrr  tlvüs  Hchreiht), 

2^  282  f.    J'Jd.  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2,  250  fF.  die  nach  Preller- Robert,  Gr.  Myth.  1,46  A.  'olfen- 

Nach  und  nach  kommt  das  ganze  Land  in  den  bar  als  die  alten,  von  den  Herakleiden  unter- 

Besitz   der  Herakleiden,   und    bei   der  Teilung  jochten  Einwohner  von   Argos   gedacht   sind', 

durch  das  Los  fällt  Argos  an  Temenos,  Lake-  vgl.  Ma.x.  Mayer,  Gig.  u.  Tit.  S.  35  f.   100:  bei 

daimon  an  des  verstorbenen  Aristodemos  Söhpe  einsamem  Had  im  Fluß  verwunden  sie  den  Te- 

Prokles  und  Enr^sthenes  und  Messene  an  Kres-  10  menos,    sterbend   aber   überträgt   er  die  Herr- 

phontes,    Apollod.  2,  177  f.  U'.    Paus.  3,  1,5.  4,  schaft  auf  De'iphontes  und  Hyrnetho,  usw.,  vgl. 

;{,  3f. .    auch    schon    Plat.  Ges.  3  p.  GH3d.  <>92d  Eurip.  Trifisvidcci.   Nile.  Dam.  und  Diod.  a.  O. 

(wo  Temenos  und  Kresphontes  als  die  Gesetz-  Paws.  2,19, 1.  2,^,  A  {vfovAx  Hitzig-Jilünmer  \.,iu%. 

geber  ihrer  Zeit  bezeichnet  werden).    Polyain.  619).    Apollod.  2,  179  W.    Es  schließt   sich  der 

1,6,  vgl.  auch    Vell.  Paterc.  1,2.    Über  die  bei  Brüder  Vorgehen  gegen  De'iphontes  an  und  der 

der  Verlosung  angewandte  List,  durch  die  Kres-  Tod  der  Hyrnetho,  Paus.  2,  28,  3  tf.,  s.  o.  Bd.  1, 

pbontes  Messenien  erlangt,  wobei  nach  Pausa-  Sp.  891  ff.,  58  tf.  s.  De'iphontes,  ferner  P.  Fried- 

-nta.s  Temenos  Mitschuldiger  war,  vgl.  z.  B.  o.  Bd.  2,  länder  bei  Pauly  -  Wissowa- Kroll  9,  535  f.,  34  tf. 

Sp.  1420,31  tf.  (s. Kresphontes).  Hitzig- Blümner,  s.  Hj^rnetho,  wozu  Sp.  1171,  22  tf.    Gruppe,  Gr. 

Paus.  2,  106;  auf  die  List  spielt  bereits  Sopho-  20  Myth.  178,6.    Um  Hyrnetho  bzw.  das  Grab  der 

Ixles  an,  Aias  v.  1285  f.,  vgl.  Schol.  z.  St.  Suid.  Hero'ine,  der  Eponyme  der  hyrnethischen  Phyle 

s.  ögccnerrig  xXf/poff.  Auf  Anstiften  des  Temenos  (die  zu  Argos  als  vierte  neben  den  drei  altdori- 

habe    Ergiaios   {'Egyivog?    Bernardakis),   einer  sehen  Phylen  stand,  vgl.  Cwr<^MS,  PeZop.  2,  363. 

der  Nachkommen  des  Diomedes,  das  von  die-  Bursian,  Geogr.v.Gr. 2, Ai.  6G.  Fd. Meyer, Gesch. 

sem  nach  Argos  gebrachte  Palladion  entwendet,  d.  A.  2, 270 f.)  stritt  man  sich  zwischen  Argos  und 

in  Gemeinschaft  mit  einem  der  Vertrauten  des  Epidauros,  und  letzteres  hatte  begründetem  An- 

Temenos,  Leagros,  der  e.s  später,  nachdem  er  spruch,  Paws.  2,  23,  3.  28,  3.  Steph.Byz.%.  Tgvr'i- 

sich  mit  Temenos  entzweit,  nach  Sparta  über-  -d'/ov  p.  652,  17tf.  il/. ,  vgl.  Pfister,  Beliqnienkult 

führt,  wo  es  die  Könige  gern  aufnahmen  und  S.  219,  802.  407.   Für  der  Hyrnetho  Grabmal  zu 

in    der  Nähe   des  Heiligtums  der  Leukippiden  30  Argos  vgl.  CMr^iWS  a.O.  361.  JSwman  a.  0.  56,  für 

aufstellten,     Pluf.  {kiaest.  Gr.  48   p.  302  C/D  das  Hyrnethion  zu  Epidauros  CW^ms  425.  Bur- 

[Phit.  Mor.  2,  347,  20  tf'.  Bernard.),    o.  Bd.  1,  sian  75.  Hitzig-Blümner  1,592.  619.  Bei  Paus. 

Sp.  1024,  54  tf.  1301,  21  tf".    Bd.  2,  Sp.  1919,  7  ff.  4,3,8    wird    auch    ein    sonst   nicht   bekannter 

Gruppe,  Gr.  Myth.  624,3.    Temenos  habe  den  Isthmios  als  Sohn  desTemenos  genannt  (gleich 

De'iphontes,  der  gleichfalls  Herakleide  war,  nachher  4,3,10  Isthmios  des  Glaukos  Sohn,  des 

des  Herakles  Ururenkeli bei  P5.-67.-i/m»2osPem'^.  Dotadas  Vater),  der  mit  den  Herakleiden  von 

534  irrtümlich  als  des  Temenos  Sohn  bezeich-  Sparta,  den  Söhnen  des  Aristodemos,  die  Ar- 

net;  wenigstens  ist  zur  Ergänzung  des  Textes  kader  unterstützt  habe  bei  der  Zurückführung 

vtor  übergeschrieben,  wofür  yttfil^pov  in  3///Wer6?  des    Aipytos   nach    Messenien,  jenes  jüngsten 

G.  G.  M.  1,217),  den  Vorzug  gegeben  vor  seinen  40  Sohnes  des  Kresphontes  und  der  Merope,  der 

Söhnen,  machte  diesen  zu  seinem  Eidam  und  in   des  Euripides  Kresphofites  der  Träger   der 

wollte  auf  ihn  und  seine  Tochter  Hyrnetho  Titelrolle  war,   also  wie  der  Vater  hieß,   vgl. 

die   Königsherrschaft  übertragen.    Die  Namen  Eurip.  frg.  452/62,  Telephontes  bei  Hygin,  der 

der  Söhne  werden  verschieden  überliefert;  bei  den  Inhalt  der  euripideischen  Tragödie  skiz- 

Nikolaos  Damask.  frg.  38  {FHG  3,376)  heißen  ziert  fah.  137.  184  p.  116  f.  Seh.,   vgl.  Lessing, 

sie  Keisos  (s.  d.),  Phalkes  (s.  d.  unt.  3),  Kerynes  Hamb.  Dramat.  St.  40;   zu  des  Euripides  Tra- 

(s.  d.)  und  Aigaios  oder  Agaios,  bei  Diod.  7, 14  a  gödie  aber  vgl.  Lessing  a.  o.  St.  37  tf'.    WelcJcer, 

Kissos,  Phalkes  und  Kerynes,  bei  Paus.  2,6,7.  Gr.  Trag.  2,828/40.    Gruppe,  Gr.  Myth.  153,4. 

11,2.  12,6.  13,1.  19,1:  26,2.  28,3.  5  Keisos,  0.  Bd.  1,  Sp.  196,  5  ft^  Bd.  2,  Sp.  1421,  8  ff.  (unt. 

als  der  älteste,  und  Agraios  (oder  Argaios),  als  50  Aipytos    und    Kresphontes).      Hitzig-Blümner, 

der  jüngste  bezeichnet,  Kerynes  und  Phalkes,  Paws.  2,108.  —  Singular  ist  die  Herleitung  von 

bei  Apollod.  2,179  W.    Agelaos  (s.  d.  unt.  3),  Temenos  für  Archias,  einen  der  Herakleiden 

Eurvpylos  (s.  d.  unt.  8)  und  Kallias  (s.  d.  unt.  1) :  aus  Korinth  {Ihuk.  6,  3,  2),  des  Euagetos  (Evdyri- 

über   die  Schreibung   des  Namens  KbTgoq,  Kl-  rag)  Sohn,  deu  Gründer  von  Syrakus:    als  den 

6og,  KiGGog,  KiGGtog  usf.  vgl.  FHG  2  p  VIII  zehnten  Nachkommen  des  Temenos  bezeichnet 

frg.  4  A.  5,  für  Agelaos  (aus  Apollodor  durch  ihn  das  Marmor  Parium  ep.  31    (wie  Ephoros 

Meineke  auch  hergestellt  bei  Ps-Skymnos  533  frg.  15  FHG  1,  237  bei  Strab.  8  p.  358  den  Ar- 

für  überliefertes  kyocvog,  dem  indes  kyaiog  am  giver  Pheidon,  vgl.  Sbuch  Paus.  2, 19,2  und  dazu 

nächsten  kä,me),  Agaios  und  Aigaios  (iV'iÄ:.  i)am.),  Hitzig-Blüinner  2,  G61) ,  vgl.  die  Ausgabe   des 

Agraios  oder  Argaios  (außer  bei  Paus.  Agraios  60  M.  P.  von  Felix  Jacoby  (1904)  S.  11.  94  f.  Niese 

auch  Strab.  S  p.  389  nach  Ephoros)  Yg\.  Curtius,  bei  Pauly -Wissoira  2,  461,  50  ff.  —  In  Zusam- 

Pelop.  2,575.  0.  Bd.  1,  Sp.  982, 11.  Knaack  bei  menhang  mit  Temenos,  bzw.  Hyllos  des  Hera- 

Pauly -Wissowa,  R.-E.  1,770,  23  tf.  (der  überall  kies  Sohn,  wird  Paus.  1,35,  7  auch  Temeno- 

Agelaos  schreiben  möchte),  auch  Hitzig-Blüm-  thyrai  {TriuBvov  d"vQcci.)  gebracht,  ^eine  nicht 

ner,  Paus.  452.  619.  Die  erbosten  Söhne  dingen  große  Stadt  in  Oberlydien'  (nach  Imhoof-Blu- 

Mörder  für  den  Vater  (nur  der  jüngste,  Aigaios  mer,  Lyd.  Stadtmz.  S.  5  ist  indes  Temenothyrai 

oder  Agaios  nach  Nik.  Dam.,  nimmt  nicht  teil  Flaviopolis  zu  Phrygien  zu  rechnen,  vgl.  auch 

an  dem  Anschlag,   vgl.  auch  des  Agraios   Zu-  Hieroki.  Synekd.  p.  668,14  [p.  20  Aug.  Burck- 


359                    Temenuchos  Tempestates                     360 

hardt],  wo  Ttfiivov  9vQat   unter  den   Städten  derun^en   in   die  Gebend   am   Inaclios   nieder- 

der  Phrygia  Pakatiane);  der  Ort  lag  auf  der  stiegen,  wo  Inachier  und  Achaier  wohnten,  er- 

Sudseite  des  Tlitivov  fipoe,  da,  wo  der  Hyllos,  ging  ein  Orakel,   den   einen,   sie   würden   ihr 

ein  Zufluß  des  Hermos,  entspringt,  vgl.  Hitzig-  ganzes  Land  einbüßen,  wenn  sie  daran  Anteil 

Blümner,  Paiis.  J,34C;  für  die  Verachmelzung  gäben,  den  andern,   sie  würden  es  innehaben, 

von  T/jtievog  und  T^fivos  s.  o.  Bd.  8,  Sp.  880, 4  ff.  wenn  die  es  i^d.  h.  etwas  davon)  auf  gütlichem 

Auf  Kupfermünzen  von  Teraenothyrai  erscheint  Wege  (nag*  ixovtav)  erhielten.  Temon  nun  be- 

denn  auch  nicht  bloß  Herakles,  Kopf  und  ganze  gab  sich,  als  Bettler  verkleidet,  zu  den  Inachiern, 

Figur  (vgl.  z.  B   Iinhoof -Blumer,  Zur  Griech.u.  und  als  ihrn^  daselbst  der  König  i^er  hieß  Hyper- 
Böm.Münzk  S.169.  Kleinasint.  Mz.  8.25)8,1.8),  lo  ochos)  im  übenuut  und  zum  Gespött  eine  Erd- 

Bondern  auch  gelegentlich  die  Büste  des  my-  schölle  schenkte,  war  er  sichtlich  erfreut  über 

thischen  Gründers  (THM6N0C  OIKICTHG  oder  das  Geschenk,  barg  es  in  seinem  Brotsack  und 

KTICTHQ,  Head,  Hist.nnm.^  S.  687.  Heai-Svo-  ging  ohne  weitern  Begehr  alsobald  von  dannen. 

ronos  2,  232,   z.  B.  auf  der  Vorderseite   einer  Darob  wunderten  sich  die  Ältesten  des  Landes; 

Kupfermünze  der  Zeit  M.  Aureis  die  Büste  des  sie  erinnerten  sich  des  Orakels,   gingen   zum 

Temenos    rechtshin,   unbartig  und  lorbeerbe-  König  und  mahnten  ihn,  die  Sache  nicht  als 

kränzt,  Nacken  drapiert,  mit  Beischrift  Tiffi«-  Bagatelle  zu  betrachten  und  den  Mann  nicht 

POS  olxiatijg,  Brit.  Mus.  Cat.  of  gr.  coinSj  Phry-  entwischen   zu   lassen;   wie   aber  Temon   ihre 

gia  S.  407, 1  desgleichen  auf  der  Vs.  einer  Kup-  Absicht  bemerkte,  machte  er  sich  auf  die  Flucht, 
fermünze  der  Zeit  Galliens  mit  Beischrift  T.  20  wobei  er  dem  Apollon  eine  Hekatombe  gelobte, 

xnffTijs,  a.  o.  S.  411,18.  Von  'lydischen  Te-  und  entkam  auch  wirklich.    Darauf  traten  die 

meniden'   (neben  den  makedonischen)  spricht  Könige  Hyperochos  und  Phemios,   der   König 

Gruppe,  Gr.  Myth.  495  ff.  (496  f.).  Vgl.  schließ-  der  Ainianen  (s.  0.  Bd.  ü,  Sp.  22i>3,  28  ff.  Phe- 

lich  auch  tag  Triiitvidag  ^goüayogsvo^i^vag  nv-  mios  nr.  4),    zum    Zweikampf   zusammen;    als 

lag  zu  Tarent,  Polyb.  8,  27.  30  p.  592,  8  f.  5U4,  sich  dabei  aber  Hyperochos.  um  auf  des  Phe- 

26  Bekker.  Liv.  26,  9  {Temenitis  porta).  mios  Verlangen  den  Hund,  den  er  mitgebracht, 

[Otto  Waser.]  wegzujagen,    umwandte,    tötete    ihn   Phemios 

Temennchos  (Teufi'of'jfo?),  Beiname  des  Po-  durch  Steinwurf.    Nachdem   die  Ainianen  die 

Beiden  s.  oben  Sp.  353,  24  ff.  und  dazu  0.  Kern,  Inachier  mitsamt  den  Achaiern  vertrieben,  nah- 
Geneihliakon    für  C.  Bobert  99  ff.    Hermes  51  30  men  sie  das  Land  in  Besitz,  jenen  Stein  aber 

(1916),  480.     [Höfer.]  verehren  sie   als  heilig,   opfern  ihm  und  um- 

Temenuros(rf|tttvowpög)='Tempelwart'(vgl.  hüllen  ihn  mit  dem  Fette  des  Opfertiers  (vgl. 

Hesych.  TSiisvaagöv  xs^itvovg  cpvXaxa),  Beiname  dazu  M.  W.  de  Visser,     De   Graecor.   diis  non 

des  Hermes  in  einem  Epigramm  aus  Knidos,  referentibus  speciem  humanam  S.  71.    Die  nicht 

Kaihel,  Epigr.  781ii.     Usener,  Rhein.  Mus.  29  menschengestalt.  Götter  d.  Griechen  S.  92);  so  oft 

(1874),  27.    [Höfer.J  sie  aber  dem  Apoll  seine  Hekatombe  entrichten, 

Temnonis  {Tsfivovig),  Mutter  der  Kerkopen  nachdem  sie  dem  Zeus  einen  Stier  geopfert, 

Passalos  und  Aklemon  (wohl  Akmon:  s.  Bd.  2,  spenden  sie  also  den  Nachkommen  des  Temon 

Sp.  1171, 43ff.),  Comas  ad  Gregor.  Naz.  carm.  das    erlesene   Fleischstück,    das    den    Namen 
114    in    Mai,    Specileg.   Roman.   2,  2,  226  =  40  '  Bettlerfleisch'  führt.     [Otto  Waser.] 

Migne,  Patrol  Ser.Graec.  3S,bbl.   Ob  Variante  Tempeitas  {TBiLnsivag) ,  Beiname  des  Apol- 

oder  Corruptel  für  Mf  juvovi?  ?  s.  Bd.  2,  Sp.  1171,  Ion  nach  seiner  Verehrung  im  Tal  Tempe  auf 

64  ff.     [Höfer.]  einer  Inschrift  aus  Gyrton:   'ÄtiXovvl  TBfinsira 

Temnos  (T^ju-vos).  Das  Haupt  der  Stadtgöttin  ...  iXtvQ-BQta  („Dank  für  erlangte  Freiheit"), 

(oder  einer  als  Gründerin  von  Temnos  gelten-  0. /.  6r.  1, 1767.  Fick  in  Bezzenbergers  Beiträgen 

den    Amazone)    erscheint    mit   der    Beischrift  5,19.  Collitz  36S.  O.Hoff'fnann,  Gr.  Dialekte  2,12 

THMNJC  auf  Münzen  dieser  Stadt,  W.  Wroth,  nr.  3.  1.  G.  9,  2, 1034;  vgl.  Ernst  Fränkel,  Gesch. 

Cat.  of  the  greek  coins  in  the  brit.  Mus.  Troas.  der  griech.  Nomina  agentis  auf  -rrj^,  -xojq^  -rfjg 

Aeolis  145,  18  pL  29,  5.  Head,  Hist.  nww.*  557.  2,  211.   Zum  Kultus  vgl.  O.Müller,  Dorier  1,202. 
Boisserain,  Beschreibung  der  griech.  autonomen  5)  H.  Magnus,  Hermes  40  (1905),  202.     [Höfer.] 

Münzen  im  Besitz  der  Kön.  Akad.  der  Wiss.  zu  Temperautia,  Personifikation  der  Besonuen- 

Amsterdam  (1912i   S.  147   nr.  51.     Macdonald,  heit,    der  griechischen  Sophrosyne  (s.  d.)  ent- 

CkUal.  of  greek  coins  in  the  Hunterian  coli.  2,  sprechend,  Murtian.  Capella  2, 129.     [Höfer.J 

311,6.6.    Über  die  Darstellung  der  Personifi-  Temperies,    Personifikation,    synonym    mit 

kation  von  Temnos  auf  der  sogenannten  Puteo-  Temperantia  (s.  d.),   mit  Patientia,   Prudeutia 

lanischen  Basis  s.  Bd.  2,  Sp.  2094,  63  —  2095, 19  und  Constantia  zusammen  genannt,  Claudian. 

s.  V.  Lokalpersonifikationen.     [Höfer.]  De  consul.  Stilichonis  2,  107.     [Höfer.] 

Temon   (iVfiwv,   -avog,   zu   xiiL-to,   xi^-voi  Tempestates,   Sturmgöttinen ,  Windsbräute, 

schneiden),  namhafter  Ainiane;  seinen  Nach-  Die   T.    waren   nach    altrömischer  Vorstellung 
kommen  wiesen  die  Ainianen  (in  Südthessalien)  60  Beherrscherinnen    des    Meeres,    da    man    bei 

jeweils,  wenn  sie  dem  Apollon  und  dem  Zeus  dessen  Anblick  lediglich  die  Sturmgefahr  emp- 

Tieropfer  darbrachten,  ein  erlesenes  Fleischstück  fand.     Bereits    259  v.  Chr.    wurde    ihnen    von 

zu,  für  das  sie  den  Beinamen  ^ Bettlerfleisch'  L.  Cornelius  Scipio  in  Seenot  ein  Tempel  ge- 

{mxoaxLiiov  xgiag)  hatten,  vgl.  Plut.  Quaest.  Grae-  lobt,  der  dann  aus  der  in  Korsika  gemachten 

eae  13  p.  293/94  {Plut.  Mor.  2,  326  f.,  19  ff.  Ber-  Beute    in    der  Nähe    der  Porta  Capena  neben 

nardakis),  wo  auf  die  Frage:   "xi  xo  tcxoxi^xöv  dem    Marstempel    und    Scipiouengrab    erbaut 

ngiag  tcccq'  Aiviaaix'  die  folgende  Antwort  er-  wurde  und  sein  Stiftungsfest  am  1.  Juni  feierte 

teilt  wird:   Als  die  Ainianen  auf  ihren  Wan-  (C.  IL.  1,  32  =  6,  1287.     Ovid.  F.  6,  193  f. 


361                          Tempus  Teneros                         362 

Hülsen- Jordan,  Topoyr.  ly  3  S.  217).  Als  Dank-  TvAiay^as  {Teräyrig),  1)  Sohn  des  Hob,  der  von 

oder  als  Bittopfer  schlaclitete   man   ihnen  ein  seinem  Bruder  Makar  getötet  wird,  Schol.  B  zu 

weibliches  Lamm,  das  jedenfalls  schwarz  war  wie  ifowi. /^  24,  ö44.    Doch  lesen  die  Scholia  Toum- 

dasjenige,  welches  der  ihnen  weseijsverwandte  leyana,     übereinstimmend     mit    der    Vulgata, 

Sturmwind  (Hiems)  erhielt  {Verg.  Aen.  3,120).  'IlXlov  statt  "/Xou.  —  2)    Sohn  des  Helios  und 

Das  Alter  ilirer  Verehrung  bezeugt  auch  Cicero  der  Rhodos,  Diod.  5,  6(5,  5.     Er   war   der    ti- 

[de  nat.  dcor.  3,  20,  51),  denn  das  bei  der  Aus-  (fviatarog  unter  den  lloliaden  und  wurde  von 

fahrt  einer  Flotte  vom  Feldherrn  dargebrachte  s.  Jirüdern  aus  Neid  umgebracht,  Diod.  6,  67, 

Opfer  galt  offenbar  den  T.,  wenn  er  auch  die  2;  61,  1;  vgl.  die  Liste  der  Heliaden  im  Schol. 

Fluten  nennt.    Vgl.  Äppian.  b.  c.  5,  DH.     Liv.  iq  Find.  Ol.  7,  131;    ebd.  136  bietet  der    Vratisl. 

2'J,  27,  2.    Für  spätere  Zeit  erweisen  ihre  Vor-  A  Kandalos  statt  Tenages,  und  am  Schluß  der 

ehrung  Inschriften  aus  Aesernia  bei  Venafrum  Reihe   heißt  es   fpaid-cov  6  vBwraxoq,   ov   oi  ir 

und  aus  Lanuvium  (C.  /.  L.  10,  4846.  14,  20Ü3).  rr/  vriam   övo^ä^ovai    TsvdyrjVy   wie  Borckh  für 

Unbestimmter    ist    die    Vorstellung,    wenn    di  das  überliefertet,  wv  6  vfcoraro?  o/xf^xaTÖ:  t?;v 

tempestatum  potentes  {Verg.  Aen.  3,  528)  oder  vfiaov  riv  Ttväyr\v  xalovai  verbessert.     [Ruhl.] 

Venti  bonarum  tempestatium  pot.   (0.  I.  L.  8,  Beide  Homonymen  sind  natürlich  identisch, 

2610)  angerufen  werden,    oder  wenn  luppiter  v.  Wilamowitz,  Hermes  18  (1883),  429  Anm.  1. 

als    ihr  Herrscher    erscheint  (C.  1.  L.  8,  2609.  Der  Name    Tenages,    der   nach    Fott,    Kuhns 

13,  6.     Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  3934.  —   Wis-  Zeitschr.  9   (1860),    195    von   xivuyog  „seichtes, 

sowa,   Eel.  u.   Kult.   d.   Bömer^  S.  228,  3—4.  20  flaches    Wasser^'    abzuleiten    ist    und    an    die 

A.  V.  Domaszewslii,  Abh.  z.  röm.  Bei.    S.  22 ff.  troische  Insel   Tivocyog  {Hesych.    Gruppe,    Gr. 

Fr cller- Jordan,  R.  M.  1,190.  331.  Vgl.  Aurae  2,  Myth.  269,  3)  erinnert,  ist  nach  v.  Wtlamowitz 

Harpyia  u.  Windgötter.                  [Steuding.J  a.  a.  0.  430  (vgl.  auch  Arch.  Anzeiger  1913,  44) 

Tempus,  dem  griechischen  Kaigog  (s.  d.)  ent-  und  nach  H.  van  Gelder,  Gesch.  d.  alten  Eho- 

sprechend,    Fhaedrus  5,   8.    G.  Jhiele,   Hermes  dier  55  f.   der  barbarische  bzw.  vorgriechische 

41    (1906),    577  ff.      Eine    Inschrift    aus    Tyra  Name    des    von    den    Griechen    Phaethon    ge- 

(Moesia  inferior)  ist  gewidmet  Tempori  bono,  nannten  Heliossohnes.     [Höfer.] 

Latyschev,  Inscr.  grecques  et  latines  decouvertes  Teneates  (Tevsarrj?) ,  Beiname   des  ApoUon 

dans  la  Mussie  meridionule  de  1889  ä  1891  in  nach  der  in  der  Korinthia  gelegenen  Ortschaft, 

Materiaux  pour  servir  ä  Varcheol.  de  la  Bussie  30  deren  Hauptgottheit  {Paus.  2,  5,  4)  Apollo  war, 

1892,  60.    C.  I.  L.  3   Suppl.   nr.  12510   (=  nr.  dessen  Kult  die  Bewohner  auf  ihre  Stammes- 

13747).  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  3755.    [Höfer.]  Verwandtschaft  {Faus.  a.  a.  0.  Steph.  Byz.  s,  v. 

Temrogeios    s.    Puntasbas  und  Fr.  Foland,  Tsvioc)  mit  den  Bewohnern .  der  Insel  Tenedos 

Gesch.  d.  griech.  Vereinswesens  218***     Die  In-  (vgl.  Tenedios)   zurückführten,  Strabo  8,  6,  22 

Schrift  steht  jetzt  auch  Journ.  of  hell.  stud.  31  p.  380.    Curtius,  Felop.  2,  597.    L.  Boß,  Arch. 

(1911),  186  nr.  48.     Osten:  Jahreshefte  Beiblatt  Aufsätze  2,  344  ff.  Bursian,  Geogr.  v.  Griechen- 

8, 103  nr.  48.  —  Ad.  Torp,  Bezzenbergers  Bei-  land  2,  22  und  Anm.  2.    Stichle,  Philologus  15, 

träge  zur  Kunde  der  indogerman.  Sprachen  27  610.     [Höfer.] 

(1902),  286   liest  MitgcccpäralL]  xh  Mag  Ts^qo-  Tenebrae,   Sproß  des  Erebos  und  der  Nox, 

ysL,   og  Jlovvtaößccg  %tX.   und   sieht  in  Hovv-  40  Cic.  de  nat.  deor.  3,  17,  44;    vgl.  Hirzel,  Säch- 

taößccg  den  Genetiv  eines  weiblichen  Personen-  sische  Berichte  48  (1896),  283.     [Höfer.] 

namens,  während   er   in    den    zwei   im  Dativ  Tenedios   (Tsvidiog),  Beiname  des  Apollon: 

stehenden  Namen  MLtQcc(pdta[i,]  und  TsuQoysi  Aristeides  in  Bhet.   Graec.  ed.  Spengel  2,   511 

Götternamen  erkennt.    Letzteren  erklärt  er  mit  ==  Walz  9,  409.     Zum  Kult  des  Apollon   auf 

Kretschmer,  Ath.  Mitt  23  (1898),  363   für  den  Tenedos    vgl.  Schol.  Townl.  Hom.  II.  21,  444. 

Gott  des  bei  Flin.  N.  h.  6,  4  Tembrogius  ge-  Apollod.  Epit.  3,  28.     Stat.  Theb.  8,  197.    Vgl. 

nannten  phrygischen  Flusses   (vgl.  Joh.  Solch,  Tenes.  Teneates.     [Höfer.] 

Klio  Beiträge  zur  alten  Gesch.  11  [1911],  394.  Teneros  (TrjvsQog),  Sohn  des  Apollo  und  der 

401  f.),   an  dem  Dorylaion  lag,  der  in  der  In-  Okeanide  Melia,    Bruder    des  Ismenos,    König 

Schrift  mit  kleiner  Variante  Ti^goyig  genannt  50  von  Theben.     Er  erhielt  von  seinem  Vater  die 

werde.    Durch  den  vorangestellten  Genitiv  Mag  Seher-  und  Priesterwürde    im    Heiligtum    des 

werde   er  als  Sohn   der  Göttin  Ma  (Rhea)  be-  ptoischen  Apollon,    Strabo  9,  413,  34  =  Find. 

zeichnet.     [Höfer.]  fr.  bl'^  Sehr.,    wo    er    vaoTtoXog    iiävtig    heißt; 

Temusio,  sonst  unbekannte  gallische  Göttin  Find.  frg.  Faean.  9,  41  ff.  Sehr. :  iv  m  (sc.  xQ^l' 

auf  der  Weihinschrift  eines  Bronzesockels,  der  ötrigim)    Trjvs  \  qov    Evgvßiccv  d^salr(G)v  noxB)  \ 

die  jetzt  verlorene  Statuette  der  Göttin  trug,  aus  i^aigstov  TCQocpä  \  xav  hsv.{sv  Xbx^l)  \  xoga  ^(l)- 

Saint-Marcel-les-Chalon   (Dep.  Saone-et-Loire):  yslö'  \  'Slxsccvov  MsXicc  aso,  Hvd'Ls.    Vgl.  ferner 

Aug{usfo)  sacr{um).    Deae  Temusioni  lanuaris  Faus.   9,  10,   6;    21,  6;    Schol.  LykopJir.  1211. 

Veri  fd{ius)  ex  voto  v{otum)  siolvit)  liibens)  m(e-  Er  ist  Eponymos  des  am  Ptoongebirge  liegen- 

rito),  Hcron  de  Villefosse,   Comptes  rendus  de  60  den   tenerischen  Gefildes,   öaTtEÖoiöLv  o/xohjItjs, 

Vacademie  des  inscr.  et  belles-lettres  1901,  107  f.  Find.  fr.  51*  Sehr.;  Faus.  9,  21,  6.     Lykophr. 

{Bev.  archeol.  1901,  2,473   nr.  200).    1912,  680;  a.  a.  0.  dürfte  das  ptoische  Heiligtum  als  eine 

vgl.  Arch.  Anzeiger  1913,  458.    Bevue  epigr.  du  Gründung  des  T.    auffassen,    Holzinger   Kom- 

midi  4, 182  nr.  1396.     [Höfer.]  ment.  p.  335;  vgl.  v.  Wilamotvitz  im  Hermes  26, 

Tenacra,  Beiname  der  Diana  auf  ein  er  Weih-  204  Anm.  1;  29,  247.    Nach  Schol.  Find.  Fyth. 

Inschrift    aus    Paramythia    in  Epirus:    Dianae  11,  5    ist  Melia  eine  Schwester  des   Ismenos, 

Tenacrae  sacrum,  C.  I.  L.  3,  14203=^^  p.  2316^^  und  ihr  Sohn  von  Apollon,  T.,  ist  Priester  im 

(vgl.  nr.  12298  p.  2080).     [Höfer.]  Ismenion  oder  7t(XQa  'laiir^vo)  xü  TtoxaiiS).    [Ruhl.] 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.     V.  13                  - 


363                   Tenes,  Tennes  Tenes,  Tennes                   364 

Tenes,  Tennes  {Tdvrig,  Tdwrig.  Über  die  Schol  AD  Hom.  nennt  als  rettenden  Gott  den 
Schreibung  deg  Namens  s.  B.  Wagner,  Epttome  Poseidon,  den  (iroßvator  des  Tenes  —  an  die 
Vaticana  198, 1,  nach  welchem  TsVvijs  die  rieh-  gegenüberliegende  Insel  Leukophrys  angetrie- 
tigere  ist),  Eponymos  von  Tenedos,  das  früher  ben  und  von  den  Einwohnern  geöffnet,  die  den 
Leukophrys  hieß,  und  dessen  Name  s.  v.  w.  Tenes  zum  König  der  Insel  machten.  Daß 
Tsvovtdos  (d.  i.  Ttvov  ^dof)  bedeuten  soll,  Tenes  allein  in  die  ^apra^  eingeschlossen  wor- 
Steph.  Byz.  s.  v.  Th^sSos.  Nach  Fick,  Verkriech.  den  sei,  berichten  Diodor.  Herakl  Pont.  Schol 
Ortsnamen  64  ist  der  Name  Tenedos  wie  der  AI)  Hom.  Merkwürdig  ist  es,  daß  auch  Hemi- 
der  gleichnamigen  lykischen  Stadt,  wie  der  thea  das  Schicksal  ihres  Bruders  teilen  muß; 
Ortsname  Lebedos  (Lydien)  oder  Sebeda  (Ly-  lo  der  Versuch  einer  Motivierung  für  diese  Tat- 
kien) vorgriechisch,  und  der  Name  des  epony-  sache  ist  vielleicht  mit  Usenet  91,  6  bei  Konon 
men  Heros  Tennes,  der  für  Tivdr^g  eingetreten  zu  finden :  6  nccxriQ  .  .  .  Thvriv  xaraxile/et, 
•ein  kann,  ist  erst  aus  dem  Namen  der  Insel  icXXcc  xal  xi]v  'H^iQ-^uv  neQiccXyovaav  vSt- 
abgeleitet.  dBl(pov.     Man    kann    auch    auf   Mythogr.   Gr. 

Die  hauptsächlichsten  Quellen  (vgl.  ZJ.fTof/'er,  Westeiinann   Mb,V2  =  Paradoxogr.    Westerm. 

A'iommSSif.   üsener,  Sintflutsagefi,  =  Religions-  219,4  (vgl.  v.  Wüamowitz,  Analecta  Euripidea 

aesckiehtl,  Untersuchungen  III  S.  90  ff.)  für  den  161  Anm.)  verweisen,  wo  unter  den 'qpdadfi^ot* 

Tenesmythos  sind:  Aristoteles  frgm.  693  p.  362f.  Tennes  und  Hemithea  genannt  werden,  so  daß 

Rose   {=  F.  H.  G.  *2, 157    frffm.   170)    in    der  Bruderliebe    es  war,    die    Hemithea  vielleicht 

Tepfdimv  noUtsia  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  TiveSog;  20  bestimmte,    freiwillig   das   Los   des  Tenes  zu 

vgl.  Strabo  8,  880.   Phot  und  Suid.  s.  v.  Tsvi-  teilen ;  (vgl.  Suid.  Phot.  s.  v.  Tsvidtog  ard^gconog. 

diog  awTiyoQog.  Apostol.  lGy26.   Anf  Aristoteles  Apostol    16,26:     §Xo(idvrig     Sh    rfjg    'Hfiid^tag 

geht    nach    K.    Giesen^    Philologus    60   (1901),  avyyiivdvvsvsiv  rat  aSsXcpm  ixavfgovg   xartTrov- 

469  ff.  der  Bericht  bei  Plut.  Quaest.  Gr.  28  und  raGBv)  oder  ihre  klagen  um  den  Bruder  mögen 

ÄeroJt/td.  Pon<. /r^rm.  7  (1^.  JT.  ö.  2, 213)  zurück.  den    erzürnten    Kyknos    bestimmt   haben,    sie 

Ferner:  Pat«.  9, 14, 1  ff.  Deorf.  5,  83,  4.  Konon,  gleichfalls   mit   auszusetzen.     Die    Aussetzung 

Narr.  28.     Apoüod.  Epit.  8,  23  tf.     Schol.  und  des    Tenes    und    der    Hemithea    hat  man  auf 

Tzetz.  zu    Lykophr.  232  ff.    (p.  105  tf.   Scheer).  einem    im    Museum    zu    Neapel    befindlichen 

Schol.  Hom.  II.  1,  38.  Phot.  Suid.  s.  v.  TsvBdiog  Vasen gemälde  {Heydemann,  Die  Vasensamml. 

äv^ganog.    Zenoh.  6,  9.    Über    die    angebliche  so  des  Museo  Nazionale  zu  Neapel  3140  S.  479  f. ; 

Tragödie  Tivvrig  des  Euripides  s.  Welcker,  Die  abg.  Mus.  Borb.  2, 30,  4)  zu  erkennen  geglaubt, 

griech.  Trag.  499  f.  Gerhard,  Arch.  Zeit.  2  (1844),  269  f.    Panofka, 

Tenes  ist  Sohn  des  Kyknos  —  über  Apollo  Annali  19  (1847),  227  Anm.  5  ff.  0.  Jahn,  Arch. 

als  Vater  s.  unten  Sp.  365,44  von  Kolonai  in  der  Zeit.  8  (1850),  192.    Sachs.  Ber.  1858,  10.    Buhl, 

Troas  und  der  Prokleia  {Paus.  Apollod.  Tzetz.  Arch.  Zeit.  20  (1862),  337  f.     Longperier,  Rev. 

Lyk.  ^.  106, 32  ff.).    Irrtümlich  wird  statt  Pro-  arch.  N.  S.  18  (1868),  165   Anm.  4.    Nachdem 

kleia  als  s.eine  Mutter  Skamandrodike  genannt,  Kyknos    später   seinen    Irrtum    erkannt,    den 

Schol.  BLT  Hom.  E.  1,38,  die  vielmehr  die  Flötenspieler  steinigen  und  sein  Weib  lebendig 

Mutter  seines  Vaters  Kyknos,  also  seine  Groß-  hatte   begraben   lassen    {Apollod. \    vgl.   Tzetz. 

mutter  ist,  üsener  91, 1.    {Strabo  13,  604  nennt  40  zu  Lyk.  p.  106, 18),   sucht  er  Versöhnung  mit 

den    Kyknos    zwar   König    von   Kolonai,    aber  dem  Sohne:  er  fährt  nach  Tenedos,  macht  die 

einen  Thraker.)    Des  Tenes  Schwester  ist  He-  Taue    seines    Schiffes    an    einem   Felsen    oder 

mithea ;  diesen  Namen  bieten  fast  alle  Quellen ;  Baume    fest   und    bittet    den    Sohn   um   Ver- 

nur  Schol.  AD  Hom.  1, 38  nennt  sie  Aevyiod-ia,  zeihung,    aber    Tenes    in    seiner    Erbitterung 

Steph.  Byz. 'Ancpid-ia  iq'HfiiQ'dcc.  Nach  dem  Tode  kappt,  zum  Zeichen,  daß  er  jede  Gemeinschaft 

der  Mutter  erhalten  die  Geschwister  eine  Stief-  mit  dem  Vater  ablehne,  die  Taue;  daher' man 

mutter,  die,  wo  ihr  Name  genannt  wird,  ge-  später  noch   das  Sprichwort  TsviSiog  TttXsxvg 

wohnlich  Phylonome  heißt  (die  Stellen  s.  unter  {TsviSiov  ßsXog,    Hesych.)    gebrauchte    —    inl 

Philonome,    wo  Z.   46    zu    lesen    ist:     ^zweite  rwv  &7tot6(ioig  xi  v.ccl  xai  w^wg  ÖLccTCQaxxo^ivav 

Gattin  des  Kyknos'.  JÜKch  E.  Maaß,  Jahreshefte  50  Makar.  8,  7;  vgl.  Diod.  u.  Konon.  Abweichend 

des  Österreich,  arch.  Inst.  9  [1908],  23  Anm.  60  hiervon  ist  die  Erzählung  bei   Tzetz.  zu  Lyk. 

wäre    statt    ^vXovoari    vielmehr    ^vXXovÖt}    zu  p.  106,  18 f.;  Kvkvos  .  .  .  iXd-oav  cvvcpxriös  xolg 

schreiben).   Polyboia  heißt  die  Stiefmutter  im  nttialv  iv   Tevidco,  nach  der  eine  Aussöhnung 

Schol.  AD  Hom.  II.  1,  38.    Eust.  ad  Hom.  II.  stattgefunden    haben    muß.    Seinen  Tod   fand 

33,  26,  Kalyke  im  Schol.  BLT  Hom.  Von  Liebe  Tenes  durch  die  Hand  des  Achilleus :  er  suchte 

zu  dem  herangewachsenen  Stiefsohn  ergriffen,  die  Landung  der  Griechen  auf  Tenedos  durch 

von  diesem  aber  zurückgewiesen,  verleumdet  Steinwürfe  zu  hindern  und  erhält  im  Kampfe 

Phylonome   den   Sohn   beim  Vater   (vgl.  auch  mit  Achilleus  eine  tödliche  Brustwunde  (yl^o/Zo(i. 

Sero,  ad  Verg.  Aen.  2,  21.    Myth.  Lat.  2,  186.  vgl.  Diod.),  zugleich  mit  Tenes  fällt  sein  Vater 

Isidor.  Orig.  14,6,23),    indem    sie    sich    des  60  Kyknos   {Tzetz.  zu  Lyk.  p.  106,21.26).    Nach 

falschen    Zeugnisses    eines    von    ihr   gewönne-  anderer  Version  fällt  Tenes,   als  er  seine  von 

nen    Flötenspielers    —    EvuoXTCog    nennt    ihn  Achilleus  verfolgte  schöne  Schwester  zu  schützen 

Apollod.,  MoXnog  Plut.  u.  Tzetz.  p. 106, 6.  107,13.  sucht  und  wird   von   diesem  begraben  an  der 

27  —  bedient.    Kyknos   glaubt    der  Verleum-  Stelle,  wo  sich  später  sein  Tempel  erhob  {Plut). 

düng,    läßt    den    Sohn    und    nach    fast    allen  Das    Tempelgesetz    untersagte    in    Erinnerung 

Quellen    auch    die    Hemithea    in    eine    Truhe  an  die  Verleumdungen  des  Flötenspielers  jedem 

{idgvcc^)  schließen  und  ins  Meer  werfen.    Die  Flötenspieler  den  Zutritt  zum  Heiligtum  des 

Truhe  wird  —  &scbv  xivog  ngovoia  Diod.-,  das  Tenes    {Herakl.  Pont.  Plut.   Diod.   0.  Müller, 


3()5                           Tenos  Terambos                        366 

Dorier  1,834,3);  ebensowenig  darf  der  Name  Wiedemann,  Bezzenbergers  Beiträge  zur  Kvmde 

des  Achilleus  innerhalb  des  Tempelbezirks  ans-  der  indogrrm.  Spr.^ll  (li>02),  197  Anm.  1.  Solm- 

gesprochen  werden  {Flut.  Diod.  O.Müller  a.  a.  scn,  Zeitschr.  f.  vcrgl.  Sprdchf.  34  (1897),  646. 

0.221,1).  Gruppe,  Gr.  Myth.TA'S.l.     [Höfer.J 

Tenes   genoß   auf  der  Insel   Tenedos  gött-  Tenthrcdou    (Tsvd-QTifimv),    Vater    des    Pro- 

liclie   {&&dvaTOL   riuai  Diod.)  Verehrung,    Cic.  thoos   (s.  d.):    Hom.  IL  2,  766.      Hcrodian  ed. 

nat.  dcor.  3,  16,  39.     Athenagoras   Suppl.  pro  Lentz  1,  27,  1.  914,  20.  Aristot.  Pepl.  2H  (Bergk, 

(Christ.   1  (p.  4  Otto:    xat    Ts'vvt]v    6    TsviÖiog  P.  L.  G.  2*  p.  349).     Schol.   Nikand.  Alex.  öl7. 

a^lÜL).    liohdc,  Psyche  l^  198   Anm.  1.    Seine  Lyhophr.  Alex.  899  und  Tzetz.  z.  d.  St.  (p.  290, 
hochheilig  gehaltene  Bildsäule  (Tenem  ipsum,  lo  14 ff.  Sriieer).   Im  Schol.  Ven.  B  Hont.  II.  2,756 

qtii  apud  Tenrdios  sanctissi7nus  deus  habetur,  und  bei  Eust.  ad  Hom.  II.  338,  21   findet  sich 

qui  urbem  Ulam  dicitiir   condidisse,    cttius    ex  der   Stammbaum  Mdyvris  —  kXtyiTajQ    —   7  er- 

nomine   Tenedus  nominatur)   entführte  Verres,  d-gridüiv  —  Ilgod-oog.    Zum  Namen  TevQ^Qridmv 

Cic.  in  Verr.  act.  II  lib.  1,19,49.    Sein  Tempel  =  'Gallwespe'  bzw.  'Biene'  vgl.  Fick- Btchtel, 

(isQov,  Plut.  Herakl.,  r^^isvog,  Diod.)   ist  schon  Griech.  Pcrsonnniamen  418.  E.  Maaß,  Griechen 

oben  erwähnt.    Zweifelhaft  i.st,  ob  wir  auf  den  u.  Semiten  auf  d.  Isthmus  v.  Korinth  53.  113. 

autonomen  Silbennünzen,  die  auf  der  Vorder-  [Höfer.J 

Seite  einen  Doppelkopf,  je  einen  männlichen  und  Teos  {Ticag).  Auf  Münzen  von  Teos  er.scheint 

weiblichen   (ovo  v.ecfaXal  Stcph.  Byz.  Svo  tcqo-  die   Büste  des  jugendlichen  Dionysos   als  des 
au}7tcc    st,    ivo?   av^kvoi,    Said,  und  Phot.  s.   v.  20  Stadt«j;otte8  mit  der  Legende  T€ßC,  Head,  Hi^t. 

Tsv^äio?   avvrJYOQog.    Apostol.   16, 20),    auf   der  num.*  ö96.     Catal.   of  greek   coin^  in  the  hrit. 

Rückseite   das   sprichwörtlich  gewordene  Dop-  Mus.   lonia   317,  61.    318,  63.     Nach    Eckhel, 

pelbeil  (vgl.  Spyridion  Lampros,  De  conditorum  Doctr.  num.  vet.  2,  503  wäre  die  Büste  weiblich 

coloniarum  Gr.  iudole  pracmiisque  et  honoribus  und   stelle  die  Amazone  Teos  (die  sonst  nicht 

[Diss.  Leipzig  1873J  16  f.)   zeigen  (abg.  Cat.  of  bezeugt  ist)  dar,  Ui  qua  urbem  suam  conditam 

(jreek    coins    brit.   Mus.    Trons   pl.  17    nr.  1  if .  iactahant  Teii\  Lampros,  De  condiioribus  colo- 

üverbeck,   Kunstmythol.  2   Münztafel   1    nr.  45.  niarum  Graecarum  41   und  Karl  Scheffler,  De 

Macdonald.,  Greek  coins  in  the  Hunterian  coli.  rebus  Teiorum  10   erblicken   in   ihr   nicht   die 

2    pl.  49    nr.  15.  16.     Head,    Hist.   num.^    551  Gründerin,  sondern  eine  eponyme  Heroine. 

Fig.  288),  nach   dem  neuerdings  von  0.  Boß-  30  [Höfer.] 

back,   Castrogiovanni  S.  24   wieder    aufgenom-  Tephras?  (7Vqp()a??),  angeblich  ein  Sohn  des 

menen  Vorgange  von  Eckhel,  Doctr.  num.  vet.     .  Herakles,  nach  dem  das  Gebirge  und  die  Stadt 

2,489  {yg\.Rof<chcr,  Myth.  Lex.  1  Sp.  2035,  9if.)  Typhrestos  im  Gebiete   der  Ainianen  benannt 

in  dem  männlichen  Haupte  das  des  Tenes,  in  sein  soll :  Scno  Tvfi(pQ7]orov  (s.  d.) . . .  r)  Ticpgav- 

dem  weiblichen  das  der  Hemithea  zu  erkennen  ro?  viov  'HQa-nX^ovg,  Schol.  Lykophr.  420  (p.  154, 

haben.     Usener,    Strena  Helbigiana   329,    dem  26  f.  Scheer).   Doch  ist  vielleicht  dafür  mit  Mei- 

auch  ^Vroth,  Catal.  brit.  Mus.  Introd.  48.  Head  neke  rj  rscpQag  xfig  xov  'HQa-aXsovg  zu  lesen,  wie 

a.  a.  0.  551  zu  folgen  geneigt  sind,  spricht  sich  auch  im  Schol.  Ljykophr.  a.  a.  0.  p.  154,  21.  29. 

entschieden    für    die    Deutung    auf   Zeus   und  Steph.  Byz.   Etym.  M.  und  Suid.  s.  v.   Tvcpgri- 

Hera  aus;    Overbeck  a.  a.  0.  2,  108   hatte  schon  40  arog  etymologisiert  wird.     [Höfer.] 

früher  in  dem  männlichen  Kopfe  den  Zeuskopf  Tephredo  {TscpQrjSw),  Variante  im  cod.  Lau- 

erkennen    wollen,    während    er   eine    Deutung  reut.  LXXXXI  sup.  10  Hes.  Theog.  273  (vgl. 

des  weiblichen  Hauptes  unterlassen  hatte.  Fick,  Hesiod.  Ged.  33)   für   den   Graiennamen 

Als  Vater  des  Tenes    galt    auch    Apollon,  nsqtgriöm  oder,  was  die  bessere  Form  ist,  IIs^- 

Tzetz.  zu  Lyk.  p.  100,  23.  30.  108,  22.  33.    K.  0.  cfQi]da);  vgL  Bd.  1,  Sp.  1730,  38.  1738,  32  sowie 

iMüller,  Prolegoinena  S.  264:  f.  {wg\.  214).    Daher  den  Artikel  Pemphredon.  In  der  Bd.  1,  Sp.  1730, 

hatte    Thetis     den    Achilleus     gewarnt,     den  54 — 1731  flf.   angeführten  Etymologie   des  Na- 

Tenes    (cog   tL^m^svov   vTtb  'AxiXXtcog,   Plut.)   zu  mens  nscpgriöm  ist  nachzutragen  die  von  Heinr. 

töten,   da   er   sonst  von   Apollon   fallen  werde  X)^■e^r.  ilfw7/er^  ^Ires  74f.,  der  ihn  zu  dem  Stamm 

{Tzetz.  Apollod.).  Aus  diesem  Umstand,  der  Tö-  so  cpgad  [cpgaSi],  cpgadrjg,  cpgdd^cov)  stellt  und  ihm 

tung  des  ''apollinischen'  Tenes  durch  den  ^po-  die  Bedeutung  ^die  Kluge'  beilegt,   womit  er 

seidonischen'  Achilleus   oder  Acheloos,   ferner  das    Epitheton    des    Kronos    äyv.vXoyiritrig  ver- 

aus   der  Aussetzung  und  Landung  des  Tenes  gleicht;  vgl.  aber  auch  Tümpel,  Jahrb.  f.  Mass. 

in   der  Truhe,  in  der  er   ein   mythisches  Bild  Phil.  Suppl.  16,211  Anm.  223.     [Höfer.] 

für   die  Ankunft   und  den  Aufgang  des  Licht-  Terambos  {Tegcciißog),  Sohn  des  Poseidon, 

gottes  sieht,   aus  dem  alten  Namen  für  Tene-  sohnes   Euseiros   (s.  d. ,  ferner   Usener,  Rhein. 

dos,  Leukophrys,  die  nach  den  Veißen  Brauen',  Mus.  23,  1868,  363  =  Kl.  Sehr.  4,  74.    Götter- 

d.  h.  nach   dem   Aufgange   des    Lichtes   heißt,  namen  S.  66,  29)   und   der  Bergnymphe  Eido- 

folgert  Usener,  Sintfl.  95,  daß  Tenes   als  Ver-  thea  (für  vv^q)rig'Od-griidog  hat  Eug.  Oder,  De 

treter  des  Sommergottes  zu  fassen  sei.                60  Anton.  Lib.,  Diss.  Bonn  1886  S.  20  f.  v.  ogeid- 

[Höfer.]  öog  vorgeschlagen,  P.  Sakolowski  v.  'Od-gvldog)., 

Tenos  {Tf]vog),    Oikist   und  Eponymos    der  wohnte  im  Land  der  Malier  am  Fuß  der  Othrys, 

gleichnamigen  kykladischen  Insel,  Steph.  Byz.  wo  er  seine  zahlreichen  Herdentiere  selber  wei- 

8.  V.  Tfivog.    Eust.  ad  Dionys.  Per.  525.  dete,  ein  Liebling  der  Nymphen,  die  er  in  den 

[Höfer.]  Bergen  durch  seinen  Gesang  erfreute;  denn  er 

Tentheus  {Tsvd-svg),  6  üav&svg,  nagcc  'Exoc-  soll  in  der  Musik  am  meisten  sich  ausgezeich- 

ra/ot),  Phot.  Lex.',  vgl.  0.  Hoffmann,  Die  griech.  net  haben  unter  den  damals  Lebenden  (fiovöi- 

Dialekte  3,  69S.  EMaaß,ParergaAtticaYlI,2.  v.mxaxog  x&tv  xots  ysvsad'ai),  sei  durch  Hirten- 

13* 


367                       Terambos  '            Terasia  und  terasia               3()8 

lieder  berühmt  geworden,  habe  in  seinen  Ber-  Mus.  66  (1901),  4R4  f.  =  Kl.  Sehr.  4,  386  f.  Joh. 
gen  eine  Uirtenschalmei  {avgiy^  7toiy,Bvtyir})  zu-  Diette,  Kornj).  und  Quelletibenutzung  in  Ooids 
sammengefügt  (Hermes  der  Erfinder  der  ciigiy^  Met.,  FesUchr.  d.  Jolianneums  zu  Hamburg  z. 
Eom.  Hymn.  auf  Herrn.  612,  lediglich  der  \io-  48.  Fhilologenvers.  {Hamb.  1905)  S.  23.  41.  Für 
voxdXaiiog  ffi^ptv^,  deren  Erfindung  aber  einige  eine  Ausdeutung  der  Erzilhluug,  zu  dem  Mo- 
auch  den  Maidern  Seuthes  und  Khonakes  zu-  tiv,  daß  Pan  Wetter  prophezeit,  über  die  Weu- 
schrieben,  wogegen  die  TtoXvxdXanos  Silen,  die  düng,  daß  die  Leier,  die  nachher  der  Verwan- 
xTiQÖdsxos  Marsyas  erfunden  habe,  Euphorion  delte  als  Gehörn  trilgt,  vordem  in  der  Hand 
frg.  33  in  Meinekes  Anal.  Alex.  S.  68  aus  Ath.  des  Hirten  figurierte  als  Saiteninstrument,  zu 
4  p.  184a;  dagegen  Pan  der  Erfinder  nach  Omd.  lO  dessen  Spiel  die  Nymphen  tanzten,  wie  auch 
niet.  1,689  ff.,  wozu  Lact.  Plac.  narr.  fab.  1  c.  12,  die  neugriechischen  Neraiden  sich  gern  zu  mu- 
Pat«.  8, 38, 1 1 ,  und  auch  dessen  Rival  in  Si-  sizierenden  Hirten  gesellen  (vgl.  jö«rn/t.  »ScÄmtdi, 
Zilien  Daphnis  kommt  in  Betracht  nach  r«mrtto*  Das  Volksleben  d.  Neugriechen  1,1 10  f.),  und 
bei  Diod.  4,  84,  3  f.  usw.,  vgl.  o.  Hd.  4,  Sp.  126,  über  die  Namen  Tigafißog  {zn  Tf  partvo^at  prah- 
61  ff.  1642  ff.,  42  ff),  habe  als  erster  der  Men-  len?),  Kigaiißog  (zu  -Kegdfißv^^  -Kagdiißiogy  xa- 
schen  sich  der  Leier  bedient  und  sehr  viele  gaßog)  vgl  Ludw.Laistner,  Das  Jiätsel  d.  Sphinx 
schöne  Lieder  gemacht  (vgl.  F.  Blum,  De  Ant.  2,  200/02.  Gewöhnlich  denkt  man  bei  dem  vXo- 
Lib.f  Diss.  Straßb.  1892  S.  83,  der  in  diesem  (fdyog  -Kegdiißv^  an  den  Hirschkäfer  oder  Horn- 
ganzen  Passus  Anlehnung  findet  an  Herod.  1,  Schröter,  im  Schwäbischen  Hornschretel,  d.  h. 
23  f.  über  Arion).  Deshalb  seien  dem  Terambos  20  gehörnter  Teufel,  lucavus  nach  Nigidius  Figu- 
gelegentlich  die  Nymphen  erschienen  und  hätten  Itis  bei  Plin.  n.  h.  11,  97,  vgl.  O.  Keller,  Die 
getanzt  nach  seiner  Musik,  Pan  aber  habe  ihm  ant.  Tierwelt  2,  407,  der  jedoch  S.  408  den  xe- 
wohlmeinend  geraten,  die  Othrys  zu  verlassen  gd^ißv^  mit  dem  Holzbock  identifiziert:  'seine 
und  in  der  Ebene  seine  Schafe  zu  weiden,  denn  langen  Antennen  faßte  man  als  Hörner  auf  und 
ein  schrecklicher  Winter  stehe  bevor.  Allein  machte  volksetymologisch  aus  karambyx  ke- 
Terambos,  prahlerisch  von  Jugend  auf,  wie  rambyx'  (indem  man  K^gccg  Hörn  einmischte, 
gottbetört,  fand  nicht  für  gut,  wegzutreiben  Laistner  Bi.O.S.  201).  So  sehr  es  nun  naheliegt, 
von  der  Othrys  in  die  Ebene,  und  stieß  un-  das  T^gocußog  des  Cod.  Palatinus  zu  berichtigen 
dankbare  und  unvernünftige  Rede  aus  gegen  in  Kigaußog^  haben  0.  Schneider  u.  E.  Martini, 
die  Nymphen,  sie  stammten  nicht  von  Zeus,  30  Berkel  u.  Muncker  folgend,  zu  radikal  T^ga^i- 
eondern  die  und  die  Tochter  des  Spercheios  ßog  überall  im  Text  ersetzt  durch  Ktga^ißog^ 
habe  sie  geboren  (1^  dstva  tov  Snsgxfiov  Cod.  findet  man  doch  beispielsweise  auch  neben  Td- 
Fal..,  wofür  ii  ösiva  xibv  l^nBQxsiov  Muncker,  ica?  als  gewöhnlicher  Namensform  iCaJlajff  Pai*s. 
1^  zfgtrü)  xov  Znsgxsiov  Berkel.,  i]  Jeiva  tq>  1,21,4.26,4.  Suid.  Phot.  {y.  SOS  G.  Hermann) 
Znsgxsim  Oder  a.  0.  S.  21),  Poseidon  aber  habe  s.  TlfgÖLKog  Isgöv,  ebenso  Apostol.  14,  71  (2,  610 
aus  Verlangen  nach  einer  von  ihnen,  der  Dio-  ed.  Deutsch),  direkt  gestützt  durch  das  Schol. 
patra  (s.  d),  die  Schwestern  Wurzeln  fassen  Soph.  Oid.  Kol.  1320  TaXuov,  ov  hioi  diä  xov 
lassen  und  in  Schwarzpappeln  {atysigoi)  ver-  x  KaXccov  TcgoßccyogEvovoi  xr^.,  vgl.  0.  Bd.  2, 
wandelt,  bis  er  seine  Begierde  befriedigt;  als-  Sp.  938,31  ff.  Bd.  3,  Sp.  1652,  4  ff.  1947,  19  ff. 
dann  habe  er  ihnen  die  ursprüngliche  Gestalt  40  Bd.  6,  Sp.  23,  2  ff.  36, 18  ff.  Hitzig -Blümner, 
zurückgegeben.  Solche  Sticheleien  brachte  Te-  Paus.  1,  237.  [Otto  Waser.] 
rambos  gegen  die  Nymphen  vor;  nicht  lange  Terambos  s.  Kerambos.  Nach  0.  Jahn,  Be- 
darauf  aber  trat  plötzlich  Eiskälte  ein,  es  ge-  richte  der  K.  Sachs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  7  (1855), 
froren  die  Rinnsale,  eine  Unmenge  Schnee  fiel,  59  Anm.  116  ist  T^ga^ßog  die  richtige  Form; 
und  es  verschwanden  die  Herden  des  Terambos  vgl.  auch  das  Schwanken  zwischen  der  Namens- 
mitsamt den  Pfaden  und  Bäumen;  die  Nym-  ioim  Kgdyocöog  {s.  d.)  und  Tgdyccaog,  I{.  Wagner, 
phen  aber  verwandelten  den  Terambos  im  Zorn  Epitome  Vaticana  193, 1.  [Höfer.] 
darüber,  daß  er  sie  geschmäht,  und  er  ward  Terasia  und  terasia  sind  die  etruskischen 
ein  holzfressender  xegdaßv^,  der  auf  dem  Holz  Umformungen  des  griechischen  Namens  Tei- 
eich  zeigt  und  beständig  die  Kiefer  bewegt,  50  resias  {Deecke  in  Bezzenbergers  Beiträgen  2, 
schwarz  und  länglich  ist,  harte  Flügel  hat,  170  nr.  96).  Die  erste  der  Formen  ist  belegt 
den  großen  Käfern  {yLdv&agoi)  ähnelt.  Er  heißt  auf  einem  Spiegel  von  Volci,  die  zweite  auf 
|vioqpayos/5oi;g,  holzfressender  Ochs  (vgl.  deutsch  einer  Grabwand  der  Tomba  delF  Orco  zu  Cor- 
'Holz-Bock'),  bei  den  Thessalern  aber  xf pdfi,/5v^.  neto.  Der  Spiegel  ist  veröffentlicht  von  Braun 
Ihn  brauchen  die  Kinder  als  Spielzeug,  und  im  Bull.  delV  Inst.  1835,  122 sqq.  (vgl.  Ann. 
sie  tragen  ihn  herum,  wobei  sie  ihm  den  Kopf  dell  Inst.  1851,  150),  von  Lud.  Grisi,  Dello 
abschneiden,  der  mit  seinen  Hörnern  gleich-  speccMo  fZiftrow^o  etc.  (vgl.  J^ww.  1836, 174  not.  1), 
schaut  einer  aus  der  Schildkrotschale  gefertig-  von  P.  Secchi  in  den  Ann.  1836,  65—99  und 
ten  Leier.  So  Anton.  Lib.  22  (p.  221  f.,  24  ff,  in  Monum  ined.  2,  tab.  XXIX  (vgL  Bull.  1836, 
Westermanns  Mvd-oygdcpoi),  erzählt  n&ch.  Nikan-  60  81 — 89),  von  Bunsen  in  den  Ann.  1836, 170, 178, 
dros'  'Exegoioviisva  frg.  39,  p.  49  f.  in  0.  Schnei-  und  im  Giorn.  arcad.  LXXVHI,  268  sqq.,  von 
ders  Nicandrea.  Nicht  stimmt  dazu,  was  Ovid.  Inghirami  Gall.  omer.  3,  79,  von  S.  Campa- 
met.  7,  353/56  von  Cerambus  berichtet,  der  von  nari  in  den  Atti  delV  Accad.  rom.  d'  arch.  8, 
der  Othrys  weg,  mit  Hilfe  der  Nymphen  in  2—29,  im  Mus.  etr.  Vatic.  1  ad  tab.  XXXHI 
die  Luft  gehoben,  auf  Flügeln  der  deukalioni-  nr.  1,  von  Overbeck,  Gallerte  790,  von  Gerhard, 
sehen  Flut  entging  (s.  o.  Bd.  2,  Sp.  1115,54/63),  Über  die  Gotth.  d.  Etr.  Taf.  VI  nr.  1  und  Etr. 
und  dafür,  daß  also  in  diesem  Fall  Ovid  nicht  Spiegel  3,  223.  Taf.  CCXL  und  von  Fahretti, 
abhängig  von  Nikandros,   vgl.   Usener,  Rhein.  C.  I.  I.  nr.  2144,   tab.  XL.     Die  Literatur  der 


369          Terastioi  Theoi,  Terastios  Tereis                          370 

Tomha  delV  Orco  habe  ich  b.  v.  qpersipnai  f^e-  Milet  bezeup^t  ist,    Th.  Wiejjand,  Sechster  vor- 
geben,   bei  Fabntti ,   C.  I.  1.  «uppl.  1  hat  die  läufiger  Bericht   über  Ausgral ruv gen   in   Milet 
den  Tiresias  enthaltende  Inschrift  die  Nummer  und  Di'dyma  in  Abhandl.  d.  Kgl.  I'reuß.  Akad. 
407.     Die    Darstellung,'    des    Spiegels    gibt  die  d.Wiss.  isiO^  Fhil.-H ist.  Klasse  Anhang  i  ^.'11. 
vixvicc  des  Odysseus  nach  Odyssee  11  und  ent-  Vgl.  Terniinthöns.     |  Höfer  | 
hält  drei  Personen  :  links  sitzt  Odysseus  (u-O-uze)  Toreia  (TrjQsia),  Heiname  der  Meter,  unter 
mit  gezogenem  Schwert,  in  der  Mitte  vor  ihm  welchem  sie  auf  dem  40  Stadien  von  Lampsa- 
steht  Hermes  psychopompos,  in  der  Beischrift  kos  entfernten   TriQsirig  ögog  ein  Heiligtum  be- 
als  turnis,  aitas,  d.  i.  wortlich  ^'EQ^itlag  'Aidao^  saß  (iirjtQog  O^tibv  Isgov  .  .  uyiov    Tm)fir\g   ini- 
bezeichnet.     Er  umfaßt  und  stützt  die  rechts  lo  xccXov^bvov),    Strabo    V\,  1,  17    p,   ö89.     Max. 
stehende,  in  sich  zusammengesunkene  und  die  Mayer,  Hermes  21  (1892),  495.     [Höfer.) 
Augen  geschlossen  haltende  dritte  Gestalt,  den  Tereiiie  [TeQHvr]),  Tochter  des  Sirymon,  von 
Schatten   des  Tiresias,   der  die  Beischrift  hat  Ares  Mutter  der  Thrassa,  Boios  bei  Anton.  Lib. 
hin-ö-ial  terasias,  d.  i.  wörtlich  "li^vxi]  Ti:tQeaiao\  21.  Sie  ist  als  eine  Hypostase  Aphrodites  auf- 
genau wie  Odyss.   11,   90  zu  lesen.     Die  Dar-  zufassen,    Gruppe,    Gr.    Myth.    1302,,.      (Nach 
Stellung    der    Tomba   dell'    Orco    enthalt    nur  Panof'ka,  Abh.  Berl.  A.  W.  1«40,  3öH  war  die 
zwei  Figuren:    rechts   den  Memnon   (memrun)  nnteritalische  Stadt  Terina  nach  Aphrodite  T,, 
und  links  die  Seele   des  Tiresias  (hinx^in  teri-  der  'zarten  Venus',  genannt.  Vgl.  ebd.  Tafel  3, 
asals).     Worauf   die   Darstellung  sich  bezieht,  6,    wo    ihr   Kopf   auf  Münzen    erscheint.     Die 
ist  nicht  klar.    Was  die  Wortformen  anbetrifft,  20  Darstellungen  Journal  des  Sav.  1831,  473,  Cat. 
so   habe   ich   {Etr.  Stu.  3,  28  sqq.)   hierfür  die  of  gr.  c.  in  the  Brit.  M.  Itnly  385  f.  z.B.  nr.  1 
Bedeutung    ^vxr]    nachgewiesen,    die    beiden  u.  2  können  sich   auch   auf  die  personifizierte 
Formen  terasias  und  teriasals   sind   Genetive,  Stadt  beziehen;  vgl.  Terina.)     [Ruhl,] 
der  erstere  von  terasia  gebildet,  wie  z.B.  lar-  Trreis  (Trjpr]/?).    Bei  Apollod.  3, 11,  1  (3,  133 
-d-ias  von  lar^ia,   der  letztere  nach  der  Analo-  Wagner)  heißt  es:  MsvtXaog  .  .  .  i^  'EXsvr]g  'Eq- 
gie  von  arn-^-als  {Beecke,  Etr.  Fo.  ii,  44  nr.  35)  ^lövriv  iy^vvr]Gs...,  ix  öovXrig  <^6h  {Sidd.Wester- 
und  lar'itals  (1.  c.  3,  189  nr.  4—6).    Die  beiden  mann)y  llisgidog,  yivog  Ait(oXi6o?,  i]  yiad'djisg 
Nominative  würden  terasia  und  teriasa  lauten.  yiy.ovaiXcc6g  {frgm.  28.  F.  U.  G.  1,  102  =  Arnold 
Diese  Formen  erklären  sich  so,  daß  aus  7  f/pfctorg  Kordt,   De  Acusilao  frgm.  24   p.  36    =»=  Diel&, 
zunächst    etr.    tersia    wird,    dann    bildet    sich  so  Fragmente  der  Vor  sokrattker  2%  1 -p.  614=  frgm.  11) 
zwischen    r   uhd    s   ein    Hilfsvokal,   der  unter  q)7]6L    Trigr]iöog,    MbyantvQ-r},    i-a   KvaGaiag   dh 
dem    Einfluß    der  Endung   sich    als    a  fixiert,  vv^cpr]g  . .  .  ^hvöda^ov.     Die  Schwierigkeit  der 
also  terasia,  woraus  dann  teriasa  durch  Meta-  Erklärung  der  Stelle  besteht  nach  der  Ansicht 
these  des  i  hervorgeht.     [C.  Pauli.]  von  Hercher,  die  v.  Wilamowitz,  Homer.  Unter- 
Terastioi  Theoi,  Terastios  {TsgccGtLOi  dsol,  such.  175  Anm.  17   billigt,    darin,   daß   TJugig 
TfpaffTto?),  die  Götter,  die  diß  Wahr- und  Wun-  als  Eigenname   aufgefaßt  werden  müßte,   was 
derzeichen    senden;    vgl.    TsgäottoL    &soi     ircl  es  nicht  ist,  und  daß  Tr]gr\ig  ein  Ethnikon  sein 
arnisicov  xsxayiiBvoL,  Hesych.  Lobeck,  Aglaopham.  müßte,  was  es  auch  nicht  sei.    Leider  scheint 
1231  tt.     Bei    Heliodor.    2,  5    p.  43,   3    Bekker  das  zur  Ergänzung  bzw.  Emendation  der  Stelle 
werden  die  dccLßovsg  rsgdönoL  angerufen     Be-  40  des  Apollodoros    heranzuziehende    Scholion    zu 
sonders  ist  es  Zeus,   der   als  tegdönog  {diä  tb  Hom.  Od.  12  (zu:  yivsto  -Agccrsgog  MBycc7tivd-r]g 
Tcäv  tsgcxg  ccvdysöd-ca  sig  i-KEivov,  Fust.  adHom.  ix.  dovXrjg)  so  korrumpiert  zu  sein,  daß,  wie 
Od.  1885,  8)  bezeichnet  wird,   Lucian  Gall.  2.  v.Wüamowitz  meint,  ohne  neue  Hilfsmittel  eine 
Timon  41.    Aristid.  or.  45  p.  86  Dindorf.    Eine  Verbesserung  nicht  möglich  ist.   Das  eine  Scho- 
Inschrift  aus  Gytheion  lautet:  Moigu  (=  Tf'fif-  lion  lautet:  [^x  doi'/Lrj?]  ol  ^sv  -AvgLOv  xo  Jou- 
vog)  Jibg  T£Qaaxi[o],   Skias,  'Ecpr^i.  dg%.  1892,  Ar]?,   oi   dl   Trigiddr]g.     Tr]giddr\   ydg   xo  xvqlov 
57.   Michel,  Becueil  d'inscr.  grecques  760  p.  637.  avxrig  övoiicc.    Das  andere  Scholion  bietet  nach 
Es  ist  der  Zeus,   der  dem    attischen  Zeus  Hr]-  den  besseren  Handschriften  (s.  Dindorf  z.  d.  St. 
liaXsog    entspricht,    der    das    Himmelszeichen,  p.  172f.  und  besonders  Eich.  Berndt,  De  Cha- 
speziell   den  Blitz   {xo  xegag  ^ibg  Kaxaißdxov^  50  rete,  Chaeride,  Ale:iione  grammaticis  eorumque 
Arist.  Fax  42)  sendet,  Wide,  Lakonische  Kulte  reliquiis.    Pars  posterior:  Alexionis  grammatici 
371.    B,  Meister  bei  Collitz,  Dialekt- Lnschr.  zu  quae  supersunt  [Progr.  Königl.  Gymnas.  zu  Lyk 
nr.  4563.     Usener,  Bhein.  Mus.  60  (1905),    12  f.  1905/06]  p.  6f.  [vgl.  p.  86]):  avxrj,  ag  ^iv  kXs- 
—  In   anderer  Bedeutung   (""wunderbar')  wird  Itcov,   Tstgig  —  {ÜLsgig  vermutet  Dindorf,  Tt]- 
Proteus    xsgdaxLog    genannt,    Eust.  ad  Hom.  gr]Lg  Berndt  a,.  a.  0.  1,14=;  für  Tngig  findet  sich 
Od.  1503,  3.     [Höfer.]  die  Variante  y  Fr]  yfiQi  bzw.  yijpiö,  was  Stiehle, 
Terbintheus(Tfp|3ty^fvs),  Beiname  des  Apol-  Philologus  8  [1853],  610  in  Trigiöär]  ändert)—, 
Ion  auf  einer  Inschrift  aus  Milet,   in  der  be-  mg  ds  tvioi  Trjgig  —  (so  Dindorf  für  das  über- 
richtet wird,  daß  die  Milesier  Anspruch  erheben  lieferte    d'vyaxr]gig,    indem    er    die    Korruptel 
auf  heiliges  Land,   das   im  Gebiete  von  Myus  60  durch  ein  Versehen    des  Abschreibers  erklärt, 
gelegen   zum   Tempelgut   des   Apollon  Terbin-  der  schon  das  folgende  Wort  ^vydxrig  im  Auge 
theus  gehört:  iisgog  xrjg  x^^Q^^?  t^V?  ogsLviig  ''^VS  gehabt  habe.   Wenn  aber  Berndt  im  Anschluß 
cc^q)i6ßrixov(i^vr}g,  ^v  MiXriöioL  (ihv  dTTocpciivovGLv  an   Dindorf  sagt:   „etiam   nomen    Trigig  valde 
slvai  xfjg  MvrjGLDcg  Isgdv  vndpxovaocv  xov  'AnoX-  suspectum  est",  so  ist  ihnen  beiden  das  Schol. 
Xavog  xov   TsgßLv&Eag,  Th.  Wiegand,  Milet  1  zu  Tzetz.  Chili  ad.  6,466  bei  Cramer,  Anecd.Gr. 
nr.  I5O79  S.  359  (vgL  S.  202.  362).    Das  Epithe-  Oxon.  3,369,1  entgangen,   das  kurz  berichtet, 
ton  ist   identisch   mit    TsguLvd'svg  (s.  d.),    das  eine    Sklavin    des    Menelaos    habe    Trigig    ge- 
auch    als  Beiname    des    Zeus,    gleichfalls    für  heißen)  —  d^vydxrig  Zsv^iTtTtrig,  (hg  äs  xäv  No- 


371                        Terensis  Tereus                         372 

arav  «otrjTt/ff,  Fetif.  ^riv^s  d^  tby  dovXrig  xv-  unten  ausführlicher  zu  besprechenden  Bericht 

Qiov  qpuöt;  womit  man  vgl.  Eust.  ad  Hom.  Od,  bei)  TAmA.  2,  29.  Als  Gemahlin  des  Tereus  kennt 

Iil9,(i0ff.:  Tr)P  dovXriv  Ztv^ixnov{BOl)  ri  rivos  die   Prokne   schon    Aesch.  Suppl.  HO  i.:    Tr)QHa 

tinov  d^v/ardga  xal  xvQiov  avri)s  i^id'evxo  Svo^a.,  oIxtqcc  äXoxos;  daraus  ist  wohl  der  Schluß  <,'e- 

ov  x6  ScxQißig  cc<pavhg  iv  rolg  naXaiotg  vjro/ivi}-  stattet,   daß    Aesch.  Ag.  1145   bei  der  Erwäh- 

^ttci.   xaX  6  tä>v  N6(tto>v  64^  g)atft,  xoiTjrr};  xv-  uung  der  Klage  der  Nachtigall  um  Itys  eben- 

ptov  övoiiot  Xiyet  th  JovXrig.    Als  Grund  dafdr,  falls  den  Mythos  von  Prokne,  Philomela  und 

daß  bei   Homer  JovXri   *1*  Eigenname   aufzu-  Tereus  im  Auge  gehabt  hat.  Auch /fe^tod  kennt 

fassen  sei,  gibt  das  Scholiofi  an,  daß  Homer  den  Mythos  von  Prokne  und  Piiilomela:  in  den 
die  Sklavin  niemals  9ovXr\^  sondern  ^B^dnaiva  iü*'£9/a  xa\  ^Hfiigat  568  nennt  er  die  llavdio- 

nenne,  und  daß  daher  auch  der  Vers  i/.  3,  409  vlg  xfXtämv  (=  Sappho  fr.  88  Bergk*  S.  118) 

{(ia6xBv  r)  &Xoxov  Troirjcrerat  t)  Syf  iovXriv)  als  und  in  frgm.  208  (p.  897  Bzach)  aus  Ael.  Var. 

unecht  verworfen  werde.  Auch  bei  PoMS.  2,18,6:  Ät«^  12,  20    berichtet  er,    daß    die  Nachtigall 

NixoaTQccrog  xal  MsyccjcdvQ'ris  MtveXam  ytyajitrj-  völlig,   die  Schwalbe   zur  Hälfte  des  Schlafes 

liivoi  ix  SovXrig  fA^i  v.Wilamowits  A.h.O.  iovXri  entbehre:   nun  fährt  Aelian  fort:  tincnQiccv  Öh 

als  Eigennamen,  schreibt  also  ix  ^äotdrig^  wo-  äga  ravTrjv  i^rivovöi  dia  t6  ndd-og  rb  iv  f>Qa-Kr] 

gegen  Kordt  A.A.O.,  m.E.  mit  Recht,  Einspruch  xarocToX(iri9^hv  {Coi'acs,  dmToJlftrjttev  codd.)  t6  ig 

erhebt.   Daß  bei  Apollodor  dovXrj  nicht  Eigen-  tb  Sitnvov  ixslvo  t6  &d-£a^ov.  Gehören  die  an- 

name  sein  kann,  hegt  auf  der  Hand.  HercJiet'  geführten  Worte  inhaltlich  auch  noch  dem  /be- 
dachte daran,  bei  ApoUodor  statt  TriQriiitog  zu  20  siod  an,  was  mir  aber  wenig  wahrscheinlich 

schreiben  ZTsignidogy  entschloß  sich  aber  dann,  dünkt,  so  würde  sich  aus  den  Worten  to  nd- 

-K&s  v.WiUtmoviüs  A.A.O.  {vgl.  Hermes  40  [VJOb],  d^og  tb  iv  SQitxT]  schließen  lassen,   daß  auch 

175)  billigt,  zu' der  Annahme,   daß  Tlitgig  als  bei  Hesiod  sc^on  Tereus  genannt  war.    Denn 

Emendation  zu  Tr\Qriig  zu  betrachten  sei  und  nach  der  Mehrzahl  der  Quellen  ist  Tereus  Kö- 

die .Stelle  ursprünglich  gelautet  habe:  ix  Sov-  nig  der  Thraker,    sei  es,   daß  sie  unter  den 

Xrig  (^Shy  yivog  AltaXidog.,  ri  xa^-dnEQ   'Axovai-  Thrakern  die  Bewohner  des  eigentlichen  Thra- 

Xuog  tpr\ci  TlLegiiog.    Danach  meint  v.  Wilamo-  kiens,  Großthrakiens  verstehen  oder  diejenigen 

witz,  daß  auch  in  dem  oben  angeführten  Corner-  Thraker,  welche  nach  Mittelgriechenland  vor- 

scholion^  „Trigig  und  in  wei^rer  Entstellung  gedrungen  waren  und  um  Eleusis  in  Boiotien 
TriQiödri  nichts  als  üisglg  sei."    Einen  anderen  so  und  Phokis  gesessen  haben  sollen,  v.  Wilamo- 

Weg   schlug   Heyne,  Ad  Apollod.  hihi.  not.  2  witz,  Euripides  Herakles  1',  9.    P.  Kretschmer, 

p.  730  ein,  indem  er  vorschlug:  ^x  SovXrig  Uie-  Einleitung  in  die  Gesch.  der  griech.  Sprache  242. 

gidog    yivog    (j}}   AlrtoXiSog.     Maxim.  Mayer,  Back,   Jahrb.   f.  Mass.  Phil.  135  (1887),  448  f. 

Hermes  27  (1892),  494  f.  hat  Tr]gr]ig  zusammen-  Man  hat  diese  mittelgriechischen  Thraker  von 

gestellt  oder  vielmehr  für  identisch  erklärt  mit  den  in  Thrakien  wohnenden  scheiden  wollen; 

dem  bei  Hom.  II.  2,  828  (vgl.  Strabo  12,  565)  in  z.  B.  v.  Wilamowitz^  Aus  Kydathen  {Philol.  Un- 

Adjektivbildung  gebrauchten  thrakischen  Orts-  tersuch.  1)  S.  129  u.  Anm.,  wogegen  aber  m.  E. 

namen  Tryp«a:   ol  Uirvst^v  ^x^v  xal   TriQsirig  mit  Recht  EoMe,  Psyc/ie  2',  8  Anm.  1  Einspruch 

6gog  aiitv  und  verweist  ferner  auf  Strabo  13,  erhebt.  Über  die  Heimat  des  Tereus  vgl.  ferner 
589:  Tfigsir]g  ögog  oi  (ihv  rä  iv  üsigtoööa  ögri  40  —   außer   der   im   folgenden    Text   erwähnten 

q>aaiv  .  .  oi  d'  &7fb  TstragdxovTa  GTuSicov  Acc^-  Literatur  —  Hiller  von  Gaertringen,  De  Grae- 

^dxov  dsixvvovöi   Xocpov,    icp'  m   ftrjrpos   dsibv  corum   fabulis  ad   Thraces   pertinentibus   35  ff. 

hgov  iariv  dyiov  Trigelr}g  inLxccXov^svov.   Da-  (vgl.  dazu  Gruppe,  Wochenschr.  für  klass.  Philol. 

mit  ist    Triorilg,    aus    dem   das  Homerscholion  1886,  1505  f.)    ülr.  Hoefer,  A'onow  94  ff.,    Ma.x. 

einen  Eigennamen  gemacht  hat,  als  Ethnikon  Mayer,  y/ermes  27  (1892),  489  ff.   Toepffer,  Atti- 

erwiesen,  und  die  .4j3oWof/orstelle  ergibt,  wenn  sehe  Genealogie  38  u.  Anm.  1.  G.  Biisolt,  Griech. 

man  die  Ergänzung  von  Heyne  annimmt,  einen  Geschichte  2*,  79  f.    Auszugehen   ist  von   Thuk. 

untadligen  Sinn:   ^x  dovXrig  dh  niegiSog  yivog  2,29:  Tereus,  sagt  er,  der  Gemahl  der  Prokne, 

^  AlzwXiSog,  tj  xa^dnsg  kxovaiXaog  <pr}6i.  Tri-  der  Tochter  Pandions,  hat  mit  dem  Odrjsen- 
QTlidog.     [Höfer  ]                                                        60  fürsten  Teres  —  wie  ei  von  den  Neueren  z.  B. 

Terensis,  römische  Gottheit,   die  das  Aus-  Crusius,Lit.CentralblattlSSl,l'S61{vg\.Tocp/fer 

dreschen  des  Getreides  auf  der  Tenne  über-  a.a.O.)  annimmt  —  nichts  zu  schaffen,  er  stammt 

wacht,  Amob.  adv.  not.  4,  7.    Usener,   Götter-  auch  nicht  aus  demselben  Thrakien  wie  jener, 

namen  76  f.     [Höfer.]  sondern  wohnte  in  dem  damals  von  Thrakern 

Terens  {Trigivg)  8.  Itys,  Philomela  nr.  5  u.  besiedelten  Daulia  (Daulis)  —  über  die  gleich- 

vgl.  A6don,   Pandareos.    Die   folgenden  Zeilen  falls   auf  Thukydides  zurückgeführte   Angabe, 

beschranken  %\eh.  auf  Nachträge  und  befassen  daß  Tereus  in  Megara  zu  Hause  gewesen  sei, 

sich  nur  mit  der  Person  des  Tereus,  soweit  sie  s.  unten  — .  Denn  erstens,  fährt  er  fort,  wird  von 

in  den  oben  angeführten  Artikeln  noch  nicht  vielen  Dichtern  die  Nachtigall  (in  die  Prokne 
behandelt  oder  nur  flüchtig  gestreift  worden  ist.  60  verwandelt  worden  ist)  JocvXidg  genannt  —  bei 

Tereus  ist  Sohn  des  Ares:  ^poZZoc/.  3,  14,  8.  griechischen  Dichtem  ist  diese  Bezeichnung 
Hygin.  fab.  45.216.  Ov.  Met. 6,4:21.  LactantPlac.  nicht  erhalten,  wohl  aber  bei  römischen,  s. 
rMrrat.  fab.  Ovid.  6  (p.  664  Magnus).  Als  Dank  Bd.  3  Sp.  2340,  27  ff.  und  Catull  65,  14.  Ov. 
für  die  dem  Pandion  gegen  seine  Grenznach-  Heroid.  15,  154;  vgl.  Seneca,  Thyest.  275  —  und 
bam  —  den  Labdakos  nennt  Apollod.  a.  a.  0.  —  dann  ist  es  wahrscheinlich,  daß  Pandion  ver- 
geleistete Hilfe  erhält  er  von  Pandion  dessen  wandtschaftliche  Beziehung  zu  gegenseitigem 
Tochter  Prokne  zur  Gemahlin,  Apollod.  a.  a.  0.  Nutzen  (vgl.  oben  Sp.  371,  66  und  Paus.  1,  5,  4: 
Ov.  a.  a.  0.  428.  Lact.  Plac.  a.  a   0.;  vgl.  (den  TLavSioiv  .  .  .  dwdusoag   svs-au    ngbg  tbv   Ogana 


373  Toreus  Tereus  374 

to  HTjdos  l7toi7\Garo)  eher  mit  einem  in  der  Nähe  491),  daß  Tereus  König  im  Gebiet  von  Pagai 
wohnenden  als  einem  so  entfernten  Herrscher  in  der  Megaris  gewesen  sei;  in  l'agai  sei  die 
angeknüpft  hat.  Die  weiteren  Stellen,  wo  Te-  Schandtat  an  Philomela  und  der  Mord  an  Itys 
reus  als  Herrscher  von  Daulis  genannt  wird,  durch  die  Schwestern  geschehen;  doch  habe 
sind  Bd.  3  Sp.  2346,  6  tF.  verzeichnet;  vgl.  auch  Tereus  ihrer  nicht  habhaft  werden  können,  da 
Elym.  M.  s.  v.  JavXis.  Lehrreicli  ist  besonders  sie  nach  Athen  entkommen  seien,  wo  ihre  Ver- 
Strabo  9,  4'23:  JavXle  noXi%vioVj  otcov  Ttiq^u  Wandlung  erfolgt  sei  (Bd.  3  Sp,  2345,  25).  Tereus 
Tov  &Qä%d  cpaöi  SvvaöTi-vaccL,  weil  aus  dieser  aber  habe  in  Mcgara  durch  Selbstmord  geendet, 
Stelle  hervorgeht,  daß  dort,  wo  Tereus  als  die  Megarer  hätten  iiim  sofort  einen  Grabhügel 
Thraker  bezeiclinet  wird,  man  nicht  ohne  wei-  lo  errichtet  und  brächten  ihm  alljährlich  Opfer 
teres  das  historische  Thrakien  als  seinen  Wohn-  dar,  i/^rjqprfTiv  iv  x'Q  ^vaicc  avxl  ovXcöv  ;fpa)|Ltevot, 
sitz  annehmen  darf.  Daulis  soll  nach  Welcker,  d.  h.  indem  sie  das  Opfertier  statt  mit  heiliger 
Griech.  'Trag.  375.  Hiller  ik  Gaertringen&.a,.  0.  Gerste  mit  Steinen  bedeckten.  In  dieser  Zere- 
40  auch  im  Tereus  des  Sophokles  {frgm.  519  monie  erblickt  Mayer  a.  a.  0.  493  unter  Zu- 
Nauck)  der  Sitz  des  Tereus  gewesen  sein.  Doch  Stimmung  von  Vogt  (a.  a.  0.)  und  Busolt  a.  a. 
richtet  sich  höchst  wahrscheinlich  die  Polemik  0.  80  den  Überrest  einer  ehemaligen  Steini- 
des Thukydides  gerade  gegen  Sophokles,  der  in  gung,  also  eines  ursprünglichen  Menschenopfers, 
seinem  Tereus  Tlirakien  (weitere  Stellen  Bd.  3  Nilsson,  Griech.  Feste  462  Anm.  2  (vgl.  mit 
Sp.  2346,  12  ff.  und  Ov.  Met.  U,  490.'  424.  Schol  S.  390)  verweist  auf  die  Sitte,  Steine  auf  Grä- 
Arist.  av.  212.  Liban.  narr.  (J4,  bei  Westermann,  20  her  niederzulegen,  worin  er  eine  Ehrung  des 
Mythogr.  p.  382.  Laetant.  zu  Stat.  Theb.  5, 121)  Toten  sieht,  indem  man  dadurch  sein  Grabmal 
als  Vaterland  des  Tereus  genannt  hatte,  U.Hoe-  vergrößert.  Da  Tereus  aber  ein  ßLaiod'dvatos 
fer  a.  a.  0.  95  f.  Max.  Mayer  a.  a.  0.  491.  493.  sei,  bestehe  auch  die  Möglichkeit,  in  dem  Wer- 
Busolt  a.  a.  0.  79.*)  Daß  Tereus  ursprünglich  fen  von  Steinen  eine  gleiche  Zeremonie  zu  er- 
nach  dem  historischen  Thrakien  gehöre,  nimmt  blicken,  wie  die  von  Plato  de  leg.  873B  ange- 
Ä.  Riese,  Jahrb.  für  klass.  P/a7.  115  (1877)  230f.  gebene,  wo  zum  Zwecke  der  Entsühnung  der 
an:  dies  werde  schon  durch  seine  wilde,  grau-  Stadt  die  Behörden  auf  den  Kopf  eines  wegen 
same,  der  Landes-  und  Volksart  angepaßte  Na-  Mordes  Hingerichteten  Steine  werfen.  Eine  mit 
tur  wahrscheinlich  und  durch  seine  Bezeich-  der  oben  behandelten  Stelle  des  Thukydides  in 
nung  als  Sohn  des  thrakischen  Ares,  als  dessen  30  direktem  Widerspruche  stehende  Notiz  findet 
Söhne  auch  der  unmenschliche  thrakische  Dio-  sich  bei  Strabo  9,423:  ^avXig,  .  .  .  onov  Trjgia 
medes  und  der  grausame  Lykurgos  genannt  . . .  cpccol  öwaGtsvöca,  v-ccl  tu  Ttsgi  ^iXofiriXav 
würden.  Das  Epitheton  JocvXidg,  auf  das  sich  xal  Ugo-uvriv  insl  ^vd-svovßL,  ©ovavdidr^g  d'  iv 
Thukydides  berufe,  gehöre  nicht  zu  Daulis,  son-  MsyaQoig  cprioi.  Von  Meineke  werden  die  letzten 
dem  sei  SavXidg  zu  schreiben,  abgeleitet  von  Worte  als  Interpolation  ausgeschieden;  Hiller 
davXov  {Paus.  10,  4,  7.  Etym.  M.  s.  v.  JavXig),  v.  Gaertringen  a.  a.  0.  spricht  von  einem  '^mirus 
und  bezeichne  die  Nachtigall  als  '^Sängerin  des  aut  Strabonis  aut  librarii  error'';  Busolt  a.  a.  0. 
Dickichts'.  Doch  dürfte  dem  Thukydides  kaum  80  sagt:  "^  Einen  megarischen  Tereus  kennt  auch 
ein  solcher  Irrtum  oder  eine  absichtliche  Um-  Strab.  IX  423',  ohne  sich  mit  der  Erwähnung 
deutung  von  davlidg  in  JavXidg  zur  Bekräfti-  40  des  Thukydides  abzufinden;  Mayer  a.  a.  0.  491 
gung  seiner  Ansicht  von  Daulis  als  Sitz  des  nimmt  ein  durch  Kürzung  oder  Zusammenzie- 
Tereus  zuzutrauen  sein.  Als  drittes  Lokal  wird  hung  der  Quellen  entstandenes  Versehen  an; 
außer  Thrakien  und  Daulis  noch  Megara  bezw.  ein  Schreibfehler  sei  ausgeschlossen.  Das  dürfte 
Pagai  in  der  Megaris  genannt.  Was  v.  Wila-  am  wahrscheinlichsten  sein;  vielleicht  hat  bei 
mowitz,  Homerische  Untersuchungen  {Philol.  Un-  Strabo  gestanden:  ©ovyivdidrig  S'  iv  (^JocvXlSi, 

tersuch.  7)  212  Anm.  10  als  Heimat  des  Tereus  (Name  eines  andern  Autors)  ö'  ivy  Ms- 

angeseheu  haben  will,  indem  er  sagt:  'Daß  ydQOLg  q)r\6i,  so  daß  das  Auge  des  Abschreibers 
Tereus  ursprünglich  noch  näher  an  Attika  durch  das  doppelte  d'  iv  irregeführt  die  da- 
wohnte,  als  selbst  Thukydides  will,  werde  ich  zwischen  stehenden  Worte  ausgelassen  hat.  — 
in  anderem  Zusammenhang  beweisen',  ist  mir  50  Hiller  v.  Gaertringen  48  ff.  erklärt  unter  Zu- 
unbekannt; ebenso  wenig  weiß  ich,  ob  und  wo  Stimmung  von  Wellmann,  Wochenschr.  f.  klass. 
V.  Wüamowitz  diesen  Nachweis  geführt  hat.  Phil.  1887,  298  und  E.  Maaß,  Deutsche  Lite- 
Meint  er  vielleicht  Eleusis?  Pausanias  (1,41,  raturzeit.  1886,  1752  Megara  für  die  älteste 
8  f.),  der  persönlich  der  Ansicht  des  Thukydides  Heimat  der  Tereussage  (s.  dagegen  Toepffer 
von  Daulis  als  Heimat  des  Tereus  beipflichtet,  a.  a.  0.  38  Anm.  1):  ungefähr  zur  Zeit  des  So- 
berichtet,  wohl  nach  einem  megarischen  Lokal-  Ion  hätten  die  Athener  den  Tereus  und  den 
historiker  {Mart.  Vogt,  Jahrb.  für  klass.  Phil.  gleichfalls  megarischen  Pandion  sich  angeeig- 
Suppl.  27,14:2',  vgl.  aber  auch  Mayer  a.  a.  0.  net;    die    Regierung   des   Tereus   wurde   nach 

Daulis,  wo  Thraker  gesessen  hatten,  verlegt, 

*)  Bei  Apoiiod.  3,14,8  ist  Tereus  Thraker,  aber  die  60  und   ' durch   irrtümliche  Kombination'   wurde 

Verwandlung  findet  in  Daulis  statt:  Tereus  verfoij^t  die  dann  Tcreus   wieder   den   barbarischen  Thra- 

Schwestern:  ai  ök  iv  JauUcc  tTjg  clicuy.iöog  yivöj^ievai  Ttsoi-  kern   zugeführt   {Maaß   a.  a.  0.). 

y.atuXtjTTToi  ^Boig  sv/ovtai  aTtoQvscod-Fjvai.  Dem  gegenüber  Die  megarische  Sage  unterscheidet  sich  von 

ist  zu  bemerken,  daß  in  der  Epitomc  Vaticana  nur  steht:  ^g^  übrigen  Versionen  dadurch,  daß  in  ihr  Te- 

aldhy.araXa^i^av6^,.ra^^^^^^^^^  ^^^^    ^^^   regelrechter   Hcros   erscheint.    Auch 

tlberhaupt   nicht   genannt   ist.    Wagner  in  seiner  Ausgabe  i-iii-r»  •  -i^  i         \t  j 

der  Apoiioä.Bmoth.  geht  daran  stüischweigend  vorüber,  berichtet  Pawsamas  nichts  von  der  Verwand- 

trotzdem    es   höchst   wahrscheinlich   ist,   daß  wir   es    mit  l^ng,  SOndcm  sagt  nur:    v.al  XOV   BnOTia  TOV  0Q~ 

einer  Interpolation  zu  tun  haben.  Vld^a    ivxccvd^a   (pavtlVUL   TCQcbxov  XiyOVöLV.    Doch 


375                         Tereus  Terina                         376 

braucht  nicht,  wie  Bd.  3  S.  2846, 20  f.  mit  Thrä-  Zu  der  Bd.  3,  Sp.  2347,  67flF.  geäußerten  Ver- 

mer  bei  Pauly-Wissowa  1,  4G9,  28  ff.  angenom-  mutung  über  den  Namen  des  Tereus  und  des 

men  worden  ist,  darans  eine  Vogelmetamor-  Lynkeus,  dem  jener  die  Philomela  zur  Bewa- 

phose  des  Tereos  geschlossen  zu  werden.   Auch  chung  übergibt,  vgl.  auch  J.  van  Leemven,  De 

von  einer  Verwandlung  der  Prokne  und  Philo-  epope  avium  rege  in  Album  gratulator.  in  ho- 

mela  ist  zunächst  nicht  die  Rede,  sie  sterben  norem  H.  van  Hencerdeni  löl,  nach  welchem 

vor  Jammer  und  Thränen:  ^Qr\vo{)aai  ...  i%h  (vgl.  auch  Grünbaum,  Zeitschr.d.  Deutsch.  Mor- 

$oc%QV(av  diutp^siqovxai.  xai  C(piai  triv  ig  &T]d6va  genl.  Gesellsch.  81  [1887],  207  f.)  der  Wiedehopf 

xal  x^^^^ova  iiSTaßoXi)v  ixecpi^fucav,   3ri  oifiat  und  die  Rolle,  die  er  bei  Sophokles,  Aristopha- 
%(xl  avrori  ai  OQvtd'sg  ilssivbv  xai  ^pijva»  oftoiov  10  nes  usw.  spielt,  aas  dem  Orient  entlehnt  ist, 

fSovetv.   Soll  man  annehmen,  daß  die  Schwe-  wo  er  als  äußerst  scharfäugig  gilt:  'Arabum 

Stern  etwa  erst  nach  ihrem  Tode  verwandelt  poetae . . .  (den  Wiedehopf)  oculis  vere  lynceis 

worden  sind?   Wenn  die  Megjarer  behaupten,  fingunt  praeditum,  cernere   enim  nquae   venas 

daß  der  Wiedehopf  zuerst  bei  ihnen  erschienen  aubterraneas.*   Die  beiden  Begriffe  inönrrig  xal 

sei,  so  ist  dies  eine  Eonzession  an  den  allge-  TrjpT^rifff  erscheinen,  auch  verbunden,  im  Ktym. 

mein  verbreiteten,  feststehenden  Glauben  von  M.  65,  41  ff.  JiVym.  GW.  86, 23 ff.  b  \. 'AXixriQiog. 

der  Verwandlung  des  Tereus,  zugleich  aber  ein  Anspielungen  auf  den  Tereusmythos  finden 

ausdrücklicher  Hinweis  darauf,  daß  Tereus  ur-  sich  ferner  bei  (Demosth.)  or.  60, 28  p.  1397  a.  E. 

sprünglich  bei  ihnen  zu  Haus  ist,  freilich  nicht  Luc.  de  nierc.  cond.  41.    Diod.  35,  34  {TriQ^ag 
der  Tereus,  der  zum  Vogel  geworden  ist  —  20  d-oival;  vgl.  l'riQsvg  naiSoßogog,  Nonn.  Dionys. 

ist  es  glaublich,  daß  die  Megarer  ihm,  wenn  44,269).    Mariial.  4,49,3.  14,75,1.    Emtath. 

er  in  einen  Vogel  verwandelt  wäre,  Heroen-  Opusc.  ed.  Ta/'eZ  p.  320,  91  =  7i,292s«.  10.  Auson. 

ehren  erwiesen  haben  würden?  — ,  sondern  als  27  (Technop.),  9,  27  p.  137  Schenkl.  Epist.  23,  13 

eine  echte  alte  Kultusperson  (vgl.  Mayer  a.  a.  p.  186.   29,28  p.  148.    Ov.  Rem.  am.  459.    Am. 

0.498).    Freilich  könnte  man  einwenden,  daß  2,2,7.  Aetna  bS6t  Probus B^dVerg.  Georg  \i.&b 

sich   die  Verehrung  des  Tereus  schlecht  ver-  Keil  Claudiafi  in  Eutropium  l.'liiS.  2,363. 

trage  mit  seiner  Schandtat  an  Philomela  und  [Höfer.] 

seinem  Ende  durch  Selbstmord,  da  den  Selbst-  Teriasa  s.  Terasia. 

mördem  die  Grabesehren  vorenthalten  zu  wer-  Teridae  (T/j^tdarj),  eine  Sklavin,  von  Mene- 
den  pflegten  {Rohde,  Psyche  1',  217  Anm.  4;  30  laos  Mutter  des  Megapenthes;  Schol.  Hom.  Od. 
vgl.  PlcUo  leg.  873  d:  i&dnxsiv  axXislg  avrovg,  4,  11  hat  die  Formen  TriQLddri  und  TriQLg  — 
fti^s  arrjXaig  fiijrs  6v6yiu6i  driXovvrsg  rovg  rd-  vgl.  Dindorfs  Anm.  — ,  während  Akusilaos  bei 
q)ovg).  Aber  alle  diese  Schwierigkeiten  erledi-  ApoUod.S.lS'SW.  Trigritg  (b.  d.)  bietet.  [Ruhl.J 
gen  sich  durch  die  Annahme,  daß  der  mega-  Terina  (TsQtva).  Auf  der  Rückseite  von  Di- 
rische  Tereus  ursprünglich  mit  dem  Tereus  des  drachmen  von  Terina  ist  dargestellt  ein  un- 
Prokne  -  Philomelamythos  gar  nichts  zu  tun  geflügeltes  Mädchen,  1.  sitzend  auf  cippus,  im 
hatte ,  sondern  erst  später  mit  ihm  verknüpft  ärmellosen  Chiton  und  Himation ,  in  der  vor- 
wurde, was  durch  die  Gleichheit  des  Namens  gestreckten  R.  Schale,  die  L,  aufgestützt;  1. 
und  die  Megara  und  dem  nahen  Athen  ge-  von  ihr  die  Legende  TERINA;  hinter  ihr  Nike 
meinsame  Person  des  Pandion  begünstigt  wurde.  40  fliegend,  Kopf  zurückgebogen,  im  langen  Chiton, 
Diese  Ansicht  scheint  in  gewisser  Beziehung  in  den  Händen  zwei  kranzförmig  zusammen- 
auch  schon  Mayer  (a.  a.  0.)  494  zu  vertreten,  gelegte  Zweige  dem  Kopfe  des  Mädchens 
indem  er  sagt:  'Die  Leute,  bei  welchen  Pausa-  nähernd:  also  Terina  von  Nike  gekrönt,  Kurt 
nius  hörte  oder  las,  in  Megara  sei  der  Wiede-  Begling,  Terina  {Gßfe»  Berliner  Winkelmanns- 
hopf  zuerst  erschienen,  ahnten  . . .  nicht  mehr,  programm)  28  nr.  77  (zu  den  a.  a.  0.  gegebenen 
ein  wie  schwaches  Band  ihn  mit  der  dortigen  Nachweisen  ist  unter  n  „Sambon,  presqu'ile 
Ilavdiovig  verknüpfte.'  Den  Namen  Tereus  Ital.  361,  12  ohne  Sammlungsangabe"  zu  be- 
selbst  setzt  Jlfat/er  (494  ff.) in  Zusammenhang  mit  merken,  daß  damit  wohl  Sambon,  Collectio 
dem  thrakischen  Stamme  der  Tgi^gsg  (Tgrisg).  Strozzi:  Medailles  grecques  et  romaines  100 
Nicht  recht  aber  kann  ich  Mayer  (493  f.)  ver-  50  nr.  1272  gemeint  ist)  Taf.  3  vgl.  S.  61.  Über 
stehen,  wenn  er  die  Verwandlung  des  Tereus  die  weiteren  Darstellungen  und  Benennungen 
in  einen  ^ttot/j  daraus  erklären' will ^  daß  Te-  des  auf  Münzen  von  Terina  erscheinenden  Mäd- 
reus  mit  *En6nrr\g  —  "Enorp  —  'EnoipLog^  dem  chens  ist  ebenfalls  auf  Begling  a.  a.  0.  61  ff. 
Beinamen  des  Zeus  und  Apollon  {Gruppe,  Gr.  zu  verweisen:  auf  den  ältesten  Münzen  (S.  7 
Myth.  1101  Anm.  1  a.  E.)  vermischt  worden  sei.  nr.  1)  ist  die  Darstellung  durch  die  Beischrift 
Zu  der  mit  dem  Namen  TriQsvg  in  Verbin-  NIKA  gesichert:  es  ist  der  Typus  der  unge- 
dung  gebrachten  Bedeutung  des  'Belaurers,  flügelten  Nike.  Li  der  zweiten  Periode  sitzt 
Spähers*  (von  xtiqbIv  Bd.  3  Sp.  2347,  58  ff. ;  vgl.  das  Mädchen  teils  auf  einer  Hydria,  teils  auf 
auch  die  Ansicht,  daß  in  dem  Rufe  des  Wiede-  einem  Stuhl  oder  cippus,  ihr  Attribut  ist  der 
hopfes  TToO,  Äov  noch  das  Suchen  nach  den  60  Kranz  und  das  Kerykeion,  manchmal  ein  Gra- 
Schwestem  liege,  Tzetz.  Chiliad.  7,479.  Eust.  natapfel,  ein  Vögelchen  oder  auch  ein  Kranich; 
zu  Hom.  Od.  19,518)  vergleicht  Thrämer  a.  a.  0.  auch  als  Ballspielerin  erscheint  sie  oder  füllt 
474,  2  ff.  ansprechend  den  in  der  westgriechi-  ihre  Hydria  aus  einer  Brunnenmündung  mit 
sehen  Version  der  ASdonsage  {Thrämer  a.  a.  0.  Wasser.  Die  Hydria,  das  Wasserholen,  das  Ball- 
467, 10  ff.  Röscher,  Myth.  Lex.  1,84,  61  ff.)  an  spiel,  das  Spiel  mit  dem  Vögelchen  charakte- 
die  Stelle  des  Tereus  getretenen  ZTjrrjs,  dessen  risieren  das  Mädchen  als  Nymphe ;  das  Attribut 
Name  vom  Stamme  ^ri  (vgl.  öL-^rmcci,  trirdoj)  ab-  des  Kranzes  und  des  Kerykeions  weisen  auf 
zuleiten  gleichfalls  den  Späher  bedeuten  kann.  die  ältere  Nike  zurück:   wir  haben  also  eine 


377  Termera  Termintheus  378 

VerschmelzuntT  der  Nymphe  Terina,  die  wohl  Die  Angahe  von  Pape-Benseler  s.  v.  T^g^SQog, 

auch   als   Stadt^öttin  verehrt  wurde,    mit  der  daß    T.    ein     thessalischer    lltluber     gewesen 

Göttin  Nike.    Vgl.  Tereino.     [Höfer.]  sei,    ist     irrtümlich.      Von    Termeros     leitete 

Termera    ('/'«(>it^pa).     Bei  Steph.  Byz.   s.  v.  man  auch  das  Sprichwort  TeQiiiQ{s)iov  yi.av,6v 

^Slyvyioc  .  .  .  Xiytxai  xal  7;  BoLOjtia  'kccI  i\  Or'jßri  {Plut.    a.  a.  O.    Julian.   Or.    210  D.    p.  273,  10 

anb    'Hyvyov   viov    TtQii^Qccg.    rag    [folgt    eine  Ihrtlnn)   oder  7>()/i^p(f)ta  xaxa  =  zu  ^eyäXcc 

Lücke I  Xiyovrai.  nccl  ol  Avxioi  'SlyvytoL  ik  avtov  her,  Phot.  a.  a.  0.  Makar.  a.  a  0.  i>uid   a.  a.  O. 

'Slyvyov  \G\'iVi\\t('i  U.Unger,  Thehana  Paradoxa  Zenoh.  6,  6   (l  p.  102,  12).     Diogen.  8,   24   (1, 

209    nach    Tzetz.   /.u   Lyk.    120G   (6   ^b  "ilyvyoq  309,  2).    Hesi/ch.    7'«y;i^(»(t)ia  v.nytcc;    vgl.  aber 
viög  7}v  Iloosidiovog  xarl  kliarQcag):  anu  'Slyvyov  10  auch  Apostol.  16,  28  (2,  665,  7).  Vgl.  auch  oben 

viov  TsQu^Qov  -Kai  'AXiGtQccg,  —  doch  wäre  we-  Bd.  3,  Öp.  2925,  31  If.     [ Hüter. j 
nigstens    statt    'AXlargag    mit    v.    Wilamowitz,  Teriiiesos  (7  tp/irjcro?),  Flußgott  s.  d.  A.  Per- 

IJcrmes  26  (1891),  216  Anm.  1  (vgl.  W,  Radtke,  messos  und  E.  Maaß,  Hermes  31  (1896),  393. 

Ifcrmcs  36  |1901j,  47)   MrjGZQag   zu   schreiben.  395.     [Höfer.J 

Wörner  im   ÄI.  L.  3,   688,   39    (s.  v.  Ügygos)  Terinieus  {TsQ(iifvg),  Beiname  des  Zeus,  Ly- 

möchte    lieber    uTto   'Sl.   v.   (^floGSiäüvog    xorl^  kophr.  Alex.  106^  nach  dem  Äc/»o/.  z.d.  St.  (p. 231, 

Ti-QiiSQug  schreiben.    Vgl.  Termeris,  Termeros.  29f.)  und  Etym.  M.  'lb'6,8  so  genannt  Tcccgä  tb 

[Höfer.J  tcöv  'TtdvTcov  dgx^j  xori  Ttpfta  sIvul.  Pott,  Kuhns 

Termeris   (Tigiisgig);    vgl.  Stej^h.  Byz.  s.  v.  Zeitschrift  9  (ISQ0),1>^4:  {v^\.  Gerhard,  Gr.  Myth. 

"TXcciioi.  jtoXig  Av^iccg,  oig'AXe^avdgog  6  UoXvLOtcog  20  1,  200,  6  S.  171.  v.  Holzinger  zu  Lykophr.  a.  a.  0.) 

iv  dsvttgm  nf^gl  Avxiag.  sha  Jiovvaiüg  (gemeint  erkennt  in  Zeus  Termieus  den  „Beschützer  der 

ist  wohl  Dionysios  von  Chalkis,  wie  /.  Geff'cken,  Grenzen"  =  Zeus'O^nos  {Plaio,  Leg.  8, 9  p.  842  E. 

De  Steph.  Byz.  capita  duo  68  Anm.  108  ver-  Dmos//«.  7,  40  p.  86,  IH).     [Höfer.J 
mutet)  qprjöt  TovßsQiv  yial  Tsg^sgiv  {2"^g^sgov?y  TermiiitheiiS     {Tsguivd-tvg),     Beiname     des 

Meineke)  dvo  ccösXcpag  yT^iai  -aal  yBvvf]6ai  di-aa  Apollon  bei  Lykophron  Alexandra  1207 :  önov 

aggsvccg    ^kcctsqov.    "TXd^ovg    dh    rovg   xccgTtovg  os  •JtSiüd'slg 'Slyvyov  GTCugtbg  X8cog\xQ'ri()y,OLg  'lät- 

(Salmasius;  die  mmss.  haben  rovg  g  novg)  (paoi.  gov  As^iov   TsQ^iLvd'Btog  |  ii  'Ocpgvvsiiov  rjgicov 

Irrig    ist    die    Deutung    der    Stelle    bei   Pape-  Scvsigvöag  |  a^si  KaXvdvov  rvgöLv  Aövoiv  ts  yfjv  \ 

Benseier  s.  v.  Teg^sgig  „Schwester  der  Tuberis,  6aixf\ga.    Apollon  wird  hier  als  tatgo^avtig  be- 

und  mit  dieser  Mutter  der  Hylamoi",  Vielmehr  30  zeichnet.   Seine  Bedeutung  deutet  der  Beiname 

heiraten   Tuberis   und   Termeris   zwei  (namen-  an.     Er  ist  von   der   in  Asien   und  Südeuropa 

lose)  Schwestern,  und  jeder  zeugt  zehn  Söhne,  wachsenden  Terebinthenpistazie  abgeleitet.  Tep- 

die,  wie  es  scheint,  '''TXcc^vol  genannt  wurden;  fiLvd-og,  rginivd'og  ist  die  ältere  Form  von  rsge- 

vgl.  P.  Kretschmer,  Einleitung  in  die  Gesch.  der  ßivd-og.      Nach    Pott,    Kurdische    Studien    in 

gricch.  Sprache  322  und  Anm.  2.    Osk.  Treuher,  Lassens  Zeitschr.  6,  63  ff",  ist  es  ein  persisches 

Gesch.  der  Lykier  41  Anm.  4.     [Höfer.]  Lehnwort,  wozu  gut  der  Wechsel  zwischen  ß 

Termeros  (Tsg^sgog),  Eponymos  der  lyki-  und  ft  paßt,  der  bei  persischen  Namen  im  Grie- 
schen  (vielmehr  karischen)  Stadt  Termera, /SiepÄ.  chischen  einzutreten  pflegt.*)  Die  Terebinthe 
Byz.  s.v.  Tsgiisga.  Nach  Philippos  iv  ta  Ttsgl  stand  als  Heilmittel  in  Ansehen.  Sie  erscheint 
Kag&v  Gvyygda^axi  {T^ .  H.  G.  4,  475^  3)  im  40  zuerst  bei  X.en.  An.  4,  4,  13,  der  von  den  Ar- 
Schol.  Eur.  Rhes.  509  (vgl.  Phot.  s.  v.  Tsg^iigBicc.  meniem  erzählt,  daß  sie  tsg^iv^Lvov  xgta^cc 
Makar.  8,  8  [==  Paroefniogr.  Gr.  2,  215, 1].  Suid.  gebrauchten.  Bekannt  ist  der  Ausruf  des 
s.  V.  Tsg^^Qia  xaxa)  waren  Lykos  und  Terme-  Astyages,  als  er  sein  Heer  von  den  Scharen 
ros,  der  Eponymos  der  zwischen  Myndos  und  des  Kyros  geschlagen  sah;  ol'^oi  rovg  tsg^iv- 
Halikarnassos  gelegenen  Burg  Termerion,  wilde  d'ocpdyovg  TLigaag  olcc  agiGvsvovai  (Nicol.  Da- 
{d'7]gimdr}g)  lelegische  Seeräuber,  die  nicht  nur  masc.  66,  59  =  F.  H.  G.  p.  404).  Das  öl,  das 
die  Küste  von  Karlen  plünderten,  sondern  ihre  aus  der  Frucht  gewonnen  wurde,  war  an  der 
Raubzüge  auch  bis  nach  der  Insel  Kos  aus-  Tafel  der  persischen  Könige  in  Gebrauch  {Poly- 
dehnten;  vgl.  B.  Unger,  Thebana  Paradoxa  aen.  strat.  4,  3,  32).  Bei  den  Israeliten  hatte 
259  f.  Max.  Mayer,  Giganten  11.  Titanen  38  50  der  Baum  religiöse  Bedeutung  {Genes.  13,  18; 
Anm.  50.  Osk.  Treuher,  Gesch.  der  Lykier  41.  35,  4,  8;  Hos.  4,  13).  Aus  all  diesem  scheint 
Eine  Parallele  zu  diesen  zwei  wohl  als  Brüder  hervorzugehen,  daß  der  Beiname  von  den  klein- 
aufzufassenden Seeräubern  bildet  das  Räuber-  asiatischen  Griechen  geprägt  worden  ist,  viel- 
paar Pataros  und  Xantbos  (ist  das  derselbe  leicht  in  Anlehnung  an  einen  orientalischen 
Xanthos,  der  in  Termera  uns  begegnet,  Parthen.  Gott,  dem  die  Terebinthe  heilig  war  und  der 
35?)  s.  Bd.  3,  Sp.  1679,  35  ff.  s.  v.  Pataros.  außerdem  dem  Apollon  ähnelte.  Denn  in 
Sp.  2928  Anm.  Nach  Plut.  Thes.  11  (vgl.  /.  Griechenland  selbst  war  der  Terebinthenbaum 
Toepffer,  Attische  Genealogie  197  Anm.  2  zu  ohne  Bedeutung,  indem  er  nur  als  Strauch  ein 
S.  196)  war  Termeros  ein  Unhold,  der  „Traiwr  bescheidenes  Dasein  fristet,  in  Asien  aber  er- 
tf}  ■K8q)aXfj  rovg  ivrvy%dvovrag  a7t(oXXvsv''\  d.  h.  60  reicht  er  als  Baum  eine  stattliche  Höhe.  Vgl. 
er  zwang  wohl  die  ihm  Begegnenden  zu  einer  V.  Hehn,  Kulturpflanzen  u.  Haustiere "'  p.  418 
Art  Zweikampf,  bei  dem  die  Gegner  mit  den  u.  423  ff.  Vgl.  Terbintheus.  [Reusch.**)] 
Köpfen  zusammenstießen  und  er  infolge  seines 
Eisenschädels  den  Sieg  behielt.  Herakles  tötete 

ihn,    indem    er    ihm    den    Kopf    zerschmetterte.  ,        *)  VgL  auch  über  deu  Austausch  zwischen  ,^  und  ,. 

Eine    Lokalaugabe    findet    sich    bei    Plutarch  ^«-^-^-^^-'-^^ 

nic'nt;  doch  werden  wir  auch  hier  Karien  an-  **)  ^^^  Verstorbene  Herr  Verf.  hat  leider  die  Kor- 
zunehmen  haben,   vgl.    Gruppe,    Gr.  Myth.   493.  rektur  nicht  selbst  noch  erledigen  können.     D.  Red. 


379                       Terminus  Terminus                       380 

TermlnaSy  altlateinisch  auch  termen  (bei  Terminalia  die  Anlieger  am  Grenzstein,  den 
Aceius,  Varro  de  l.l.  6,21;  vgl.  Neue-Wagener,  sie  bekrlluzen  und  durch  ein  Brandopfer  von 
Formenl*  1,868  f.)  und  termo  (bei  Ennius  ann.  Früchten,  Honigwaben  und  Wein,  sowie  durch 
479.  480  Vahl.*^  nach  Fest.  p.  3G8  graeca  con-  die  Schlachtung  eines  Schafes  oder  Ferkels 
auetudine^  doch  vgl.  Usener,  Jahrb.  f.  Philol  117,  ehren  (Ovid.  fast.  2,ü39  tf.);  die  Darbringung 
1878  S.  51f.  =  Kl  ScAn/t.  1,224),  der  Grena-  blutiger  Opfer  tritt  an  beiden  Stellen  stark 
stein,  von  den  Römern  seit  alter  Zeit  selber  hervor  und  ist  auch  sonst  bezeugt  {Horaz  ep. 
als  Gott  verehrt:  9sovg  xs  y^Q  i9yov»Tai  (oi  2,69  aut  agna  festis  cacsa  TermindUbus.  Pru- 
*P(oiiatoi)  Tovg  tigiiovag  xal  9'vovctv  a{>Totg  dent.c.  Sgmm.  2, 100>^  gallitiae  pulmone),  dtiher 
döitri^  Dum.  Hai.  2,74,4;  cUia^,  quibua  eon-  lo  wird  die  Behauptung,  daß  ursprünglich  Tier- 
suetudo  est  terminis  saerum  fieri  gibt  die  Über-  opfer  von  diesem  Gottesdienste  ausgeschlossen 
lieferung  bei  Sicul.  Flacc.  de  condic.  agr.  Grom.  gewesen  seien  {d-vovaiv . . .  vvv  fihv  '^^i'tpvxcc,  to 
lat.  1  p.  105, 12  f.  Thulin.  Die  Geschichtskon-  naXaibv  Si  6ivai(ice>niog  i}v  ij  d-vöia,  Plut.  Numa 
struktion  der  römischen  Gelehrten  schrieb  die  16),  eine  der  Theorie  zu  liebe  gemachte  will- 
Einführung  dieses  Gottesdienstes  teils  dem  Ti-  kürliche  Erfindung  sein  {Plut.  Qu.  Jx'om.  15  tbv 
tus  Tatius  zu  {Varro  de  l.  l.  6,74;  derselben  Tig^ivov  ag  inicxonov  xocl  tpvXaxcc  cpiXiag  xal 
Anschauung  folgt  Livius^  wenn  er  1,56,2  das  slg'/ivqg  cosro  dslv  a^iiarog  xal  cpovov  xad'aQov 
capitolinische  fanum  des  Terminus  zu  den  fana  x«i  &iilavTov  diacpvXdttsiv,  vgl.  Numa  IG.  Dion. 
saeellaque  a  Tatio  rege  primum  in  ipso  discri-  Hai.  2,  74,  4).  Ein  Schafopfer  {lanigeri  pecoris 
mine  adversus  Romulum  pugnae  vota,  comecrata  20  . . .  fibris,  Ovid.  fast.  2,  681)  findet  auch  bei  der 
inaugurataque  postea  rechnet),  teils  dem  Numa,  staatlichen  Terminalienfeier  statt,  die  am  6.  Mei- 
der überhaupt  erst  das  Eigentum  am  Grund  lenstein  der  Via  Laurentina  begangen  wurde 
und  Boden  und  seine  Abgrenzung  eingeführt  {Ovid.  a.  a.  0.  679  ff.):  das  ist  einer  der  Grenz- 
haben sollte:  Tijg  iihv  airagxBiag  xal  top  /i?]-  punkte  des  ager  Romanus  antiquus^  wie  uns 
Siva  Töv  älXoTQiav  i7ti%vu.ilv  i}  nsgl  xovg  öqlo-  deren  andre  z.  B.  bei  den  Ambarvalia  [Strabo 
liovg  Tcov  nx'qöecDV  vo^od-eaioc.  -KBXsvaag  yccg  5,  230)  und  Robigalia  {via  Claudia  ad  millia- 
kxäöxat  Tifgiygätpai  ttjv  iavxov  xx^aiv  xal  ar^-  rium  V,  fast.  Praen.  z.  25.  April,  CIL  1'  p.  316) 
ccci  Xid'ovg  iTfi  xotg  ogoig  Isgovg  ccjti^äsi^ev  ögiov  begegnen;  daß  die  Feier  gerade  an  der  Grenze 
<J»6ff  xovg  Xi^ovg  (darüber  s.  unten),  Dion.  Hai.  gegen  das  Gebiet  der  alten,  mit  den  Anfangen 
2,74,2,  vgl.  Plutarch.  Qu.  Born.  15.  Er  hat  nicht  :;ü  Korns  eng  verbundenen  Laurentergemeinde  La- 
nur  strenge  Strafen  gegen  den  Frevler  festge-  vinium  lokalisiert  ist,  beruht  wohl  nicht  auf 
setzt,  der  den  Grenzstein  antastet  (s.  unten),  Zufall.^  Die  Art  der  Festfeier  zeigt,  daß  die 
sondern  gilt  auch  als  der  Begründer  des  schon  Terminalia  nicht,  wie  es  später  geschah,  als 
in  der  ältesten  Festtafel  am  23.  Februar  ver-  ein  Fest  des  Gottes  Terminus  {Corp.  gloss.  lat. 
zeichneten  {CIL  1*  p.  310;  vgl.  Lact,  de  mort.  2,197,19  Terminalia  bgoQ^iöiu,  iOQxi]  ögiov  d'sov; 
persec.  12, 1  Terminalia  deliguntur,  quae  sunt  4,  291,  23  Terminalia  dies  festi  pertinentes  ad 
a.  d.  septimum  Kalendas  Martias)  Festes  der  Terminum ,  quem  deum  putaverunt  liomant), 
TeTminSkYiA:  ^vöiagiTa^svavxoigijtixsXslvccTtav-  sondern  als  ein  Fest  der  termini  aufzufassen 
xag  fjufga  xaxxf/  xa^'  exaörov  iviccvxov  inl  xbv  sind,  wie  die  Fornacalia  als  ein  Fest  der  for- 
xÖTtov  avvBgxo^Livovg  iogxriv  iv  xolg  tcccvv  xi-  40  naces  {Plin.n.h.  18,8  von  Numa:  is  et  Forna- 
fiiav  xr}v  xobv  ögiav  d'Eoav  xccxaaxriad^svog.  rccv-  calia  instituit  farirs  torrendi  ferias  et  a^que  re- 
TTjv  'Pca^afot  Tfg^LvccXLoi  xaXovöiv,  Dion.  Hai.  ligiosas  terminis  agrorum;  vgl.  auch  Charis. 
a.  a.  0.  (vgl.  Plut.  Numa  16.  Plin.  n.  h.  18,8).  p.  544,28  Terminalia  oxccv  iv  xolg  ögioig  d-vco- 
Die  Festfeier  ist  sowohl  eine  staatliche,  wie  6iv;  550,  15  Terminalia  ogoi^ioicc^  olg  kogxd^ov- 
eine  private  {d'vovaiv  avxw  8r\^ioaia)  xccl  idicc  xsg  ^Pcoaaioi  ^vovaiv).  Die  staatliche  Feier  hat 
xaxci  xovg  xöbv  aygoiv  negiogißuovgy  Plut.  Numa  keinerlei  Beziehung  zu  der  einzigen  uns  für 
16)  und  knüpft  in  ihren  Bräuchen  an  das  beim  Rom  bezeugten  Kultstätte  des  Terminus,  die 
Setzen  der  Grenzsteine  übliche  Ritual  an,  das  sich  damit  als  jünger  erweist.  Im  capitolinischen 
Sicul.  Flacc.  de  condic.  agr.,  (irom.  lat.  1,105,  Tempel  befand  sich  in  der  Cella  des  Juppiter 
6  ff.  Thulin  ausführlich  beschreibt  (dazu  Bu-  5o  ein  dem  Terminus  geweihter  Stein,  über  wel- 
dorffy  Schrift,  d.  röm.  Feldmesser  2,  236 ff.):  das  chem  das  Dach  eine  Öffnung  hatte,  so  daß  er 
Grenzzeichen,  ein  Stein  oder  Pfahl  {Termine,  unter  freiem  Himmel  stand  (Paw?.  p.  368  Ter- 
sive  lapis,  sive  es  defossus  in  agro  stipes,  Ovid.  minus  quo  loco  collocabatur,  super  cum  foramen 
fast.  2,  641  f.,  vgl.  Tibull.  1, 1, 11  f.  Lact.  inst.  patebat  in  tecto,  quod  nefas  esse  putarent  ter- 
div.  1,20,37;  arbores  terminales,  Paul.  sent.  5,  minum  intra  tectum  consistere) :  zur  Erklärung 
22,2;  vertices  amphorarum  dffixi  inversi  als  erzählten  die  Annalisten,  daß  bei  der  Erbau- 
Grenzzeichen  in  manchen  Gegenden,  (Sicw/.  i*^/acc.  ung  des  Capitols  von  den  zahlreichen  älteren 
a.  a.  ü.  p.  106,1),  wird  gesalbt  und  mit  Kran-  Kultstätten,  die  an  jener  Stelle  lagen,  nur  die 
zen  und  Binden  geschmückt,  in  die  Grube  aber  des  Terminus  (die  Juventas  nennen  neben  ihm 
werden,  bevor  der  Grenzstein  eingesetzt  wird,  60  Liv.  5,  54,  7.  Dion.  Hai.  3,  69,  5.  Flor.  1, 1,  8. 
die  verbrannten  Reste  des  Opfers,  das  Blut  des  Augustin.  de  civ.  Dei  4,  29.  5,  21.  lordan.  Rom. 
Opfertieres,  Weihrauch,  Früchte,  Honigwaben,  106,  neben  beiden  auch  Mars  Augustin.  de  civ. 
Wein  u,  a.  geschüttet,  und  dadurch  die  Stelle  Dei  4,28)  nicht  habe  weichen  wollen,  so  daß 
ein  für  allemal  kenntlich  gemacht.  Ganz  ent-  man  auf  ihre  Exauguration  verzichtete  und  sie 
sprechend  versammeln  sich  zu  einer  Art  jähr-  in  das  neue  Heiligtum  aufnahm,  Cato  orig.  frg. 
lieber  Erneuerung  der  Grenzsetzung  (vgl.  W.  24  Peter  (aus  Fest.  p.  162)  fana  in  eo  loco  com- 
Warde  Fowler,  The  religious  experience  of  Ro-  pluria  fuere;  ea  exauguravit,  praeterquam  quod 
man  people  S.  81  f )  bei  der  privaten  Feier  der       Termino  fanum  fuit;   id  nequitum  exaugurari. 


381                        Terminus  Terminus                        382 

Liv.  1,  55,  3  f.  Dion.  Hai.  3,  (Ji),  5.  Ovid.  fast.  2,  Inschrift  auf  dem  Bauche  einer  jugendlichen 
«67  tf.  Sero.  Aen.  9,  440  {CapUnli  immobile  sa-  Mantelherme  mit  androj^ynen  GeschlechtBab- 
.xum).  Lact.  inst.  div.  1,20,  38  tf.;  auch  in  dem  zc\G\iQ\\{2^d^Qh.  Annali  d.  Inst.  \^^1  tav.d' agg.S) 
Itätsel  des  Varro  bei  Gell.  12,  6,  2  scmd  mi-  steht,  ist  wohl  zuftlllijif;  die  Henne  mag  zur 
ttiisne  an  bis  minus  sit  nescio:  iitrumque  eorum,  Bezeichnung  einer  Grundstücksgrenze  gebraucht 
ut  quondam  audivi  diccre,  ipsi  lovi  regl  noluit  und  dalier  mit  d«!r  Inaclirift  versehen  worden 
coHcedere  wird  darauf  angespielt.  Tatsächlich  sein,  eine  Darstellung  des  Juppitcr  Terminus 
handelt  es  sich  gewiß  um  einen  wirklichen  gibt  sie  keinesfalls.  Ebensowenig  kann  die  Deu- 
Grenzstein,  doch  kaum  in  der  Weise,  daß  ein  tung  des  bärtigen  Hermeskopfes  auf  der  Vor- 
solcher  rein  zufällig  an  jener  Stelle  gestanden  lo  derseite  der  Denare,  die  der  Philologe  M.  Te- 
hätte  ( W.  Warde  Foivler,  The  Boman  festivals  rentius  Varro  wahrscheinlich  im  J.  705  =  49 
S.  326  denkt  an  die  Grenze  zwischen  den  Nie-  v.  Chr.  als  Proquaestor  in  Spanion  schlug  (lia- 
derlassungen  der  Palatin-  und  der  Hügelrömer,  helon,  Monn.  de  la  rep.  Born.  2,  48G  nr.  15),  auf 
die  aber  kaum  über  die  Kuppe  des  Capitolinus  Juppiter  Terminalis  auch  nur  das  Prädikat 
gelaufen  sein  wird)  und  wegen  seiner  Unver-  'wahrscheinlich'  für  sich  beanspruchen  (vgl. 
rückbarkeit  in  das  neue  Heiligtum  eingebaut  auch  den  ähnlichen  und  ebenso  gedeuteten  Kopf 
worden  wäre;  sondern  man  hat  wohl  absieht-  auf  der  Vorderseite  der  von  Q.  Caecilius  Me- 
lich  dem  Juppiter,  der  nach  römischer  Anschau-  tellus  Pius  im  afrikanischen  Kriege  ausgepräg 
ung  Beschützer  von  Recht  und  Treue  und  nach  ten  Denare  und  Goldmünzen,  Babelon  a.  a.  0. 
dt'r  beim  capitolinischen  Tempel  stark  mitwir-  20  1,  278  f.  nr.  47.  48).  Eine  gewisse  Verwandt- 
kendeu  etruskischeu  Auffassung  der  Begründer  schaft  mit  der  ravennatischen  Herme  (aber  ohne 
der  Landvermessung  und  Grenzfestsetzung  ist  die  Doppelgeschlechtigkeit)  zeigt  eine  bartlose 
{terminis  omnia  sancita  esse  voluit,  Vegoia  Grom.  Mantelherme  auf  dem  Avers  der  Denare  des 
lat.  1,  350,  21  Lachm.;  vgl.  auch  Carter,  Böm.  M.  (Pupius)  Piso  Frugi  (Cos.  693  =  61  v.  Chr.), 
Mitteil.  25,  1910  S.  84  f.),  den  Schutz  der  Grenz-  Babelon  a.  a.  0.  1,  299  n.  22;  aber  in  Ermange- 
steine unterstellt;  die  Verehrung  unter  freiem  lung  aller  sonstigen  Anhaltspunkte  gibt  das 
Himmel,  welche  die  Durchbrechung  des  Tempel-  noch  keine  Berechtigung,  das  Bild  für  Termi- 
daches  veranlaßt,  gehört  nicht  zum  Gottes-  nus  in  Anspruch  zu  nehmen,  ebenso  wie  das 
dienste  des  Terminus,  sondern  des  Juppiter,  bärtige  Antlitz  in  Flachrelief  auf  einem  run- 
wie  daraus  hervorgeht,  daß  ganz  die  gleiche  30  den,  kieseiförmigen  Steinblock  aus  Constantine 
Erscheinung  beim  quirinalischen  Tempel  des  ebensogut  alles  Mögliche  andre  gewesen  sein 
Dius  Fidius  vorliegt  {Varro  de  l.  l.  5,60  und  kann  als  ein  Terminus,  für  den  ihn  A.  Schul- 
bei  Non.  p.  494).  Diese  Verbindung  des  Kultes  ten  (Arch.  Anz.  1903  S.  105)  erklärt.  Eine  jetzt 
von  Juppiter  und  Terminus  tritt  auch  noch  in  verlorene  bärtige  Herme  soll  früher  den  Grenz - 
einem  andern  Punkte  hervor.  Die  Verrückung  cippus  aus  Kegium  Lepidum  (Reggio  d'  Emilia) 
des  Grenzsteins  (revellere  terminos,  Hör.  carm.  mit  der  Inschrift  deo  Termino  dicatum  {CIL 
2,  18,24,  vgl.  Quinta,  dech  13,  2.  Faul.  sent.  5,  11,  956)  gekrönt  haben;  ein  gewöhnlicher  Cip- 
22,  2  qui  terminos  effodiunt  vel  exarant  arbo-  pus  mit  der  Inschrift  Termeno  santissimo  M. 
resve  terminales  evertunt.  Digest.  47,21  de  ter-  Popilius  M.  f.  d.  d.  {CIL  11,4643)  stammt  aus 
mino  moto)  ist  ein  besonders  schweres  Ver-  40  Tuder,  ein  Altar  aus  Dalmatien  trägt  nur  die 
brechen,  auf  welches  ein  Gesetz  des  Numa  die  Aufschrift  Term(ino)  {CIL  3,8371).  Ob  der  von 
Strafe  der  religiösen  Bannung  setzte :  denique  einem  Pächter  der  norischen  Eisengruben  mit 
Numa  Pompilius  statuit  eum,  qui  terminum  ex~  seinen  beiden  Söhnen  Termunibus  Aue  (doch 
urasset,  et  ipsum  et  boves  sacros  esse,  Paul.  wohl  Augfustis))  errichtete  Altar  C/Z  3,  5036 
p.  368;  die  Gottheit,  welcher  der  Frevler  ver-  mit  dem  Terminuskulte  etwas  zu  tun  hat,  ist 
fallen  sein  sollte,  wird  hier  nicht  genannt,  sehr  zweifelhaft  (s.  unt.  Art.  Tennunes).  Da- 
wenn  aber«  Dion.  Hai.  2,  74,  2  in  diesem  Zu-  gegen  hat  Buecheler  durch  glänzende  Ergän- 
samraenhange  den  ögiog  Zsvg  nennt  und  aus-  zung  des  Anfangs  eines  aus  zwei  erst  neuer- 
drücklich  angibt  (§  3)  sl  6i  rtg  äcpccviasis  r)  dings  vereinigten  Bruchstücken  hergestellten 
(isrccd-sir]  tovg  ögovg,  lsqov  ivo^otE&r}6i:v  tov  5u  inschriftlichen  Gedichtes  aus  Rom  dieses  auf 
dsov  (eben  des  Z8vg  oQiog)  rbv  xovrcov  n  öia-  Terminus  bezogen  {CIL  6,  31051  =  Buecheler, 
Ttga^di^Evov ,  80  sehe  ich  keinen  Grund  mit  Carm.  ep.  269):  [Terminus  hie  custos  manjeo 
E.  Samter  {Arch.  f.  Beligionswiss.  16, 1913  S.lil)  pede  claudus  utfrjoque  [hojrti  divfitis:  atj 
die  Glaubwürdigkeit  dieser  Angabe  in  Zweifel  procul  hinc  regfe  pjlaustra,  bubulcfej !  quod 
zuziehen,  glaube  also,  daß  jedenfalls  in  histo-  si  forte  tuus  me  non  vitaverit  axis,  excutiere 
rischer  Zeit  die  Sanktionsformel  loui  sacer  esto  rotis  et  tractus,  ut  He[c]tor  Home(ri),  debilior 
gelautet  hat.  nobis  inter  tua  plaustra  iacebis;  das  pede  clau- 
AUe  drei  Entwicklungsstufen  dieser  Vor-  diis  utroque  geht  auf  die  Hermenform  des  Bild- 
stellungsreihe, die-  Verehrung  a)  der  Grenz-  nisses,  das  ganze  Gedicht  erinnert  in  Ton  und 
steine,  b)  des  Gottes  Terminus  und  c)  des  Jup-  60  Stil  an  die  Priapea,  darum  möchte  ich  nicht 
piter  Terminus  treten  uns  nach  den  erhaltenen  mit  Samter  (a.  a.  0.  S.  142  A.  2)  glauben,  daß 
Zeugnissen  und  Denkmälern  auch  in  der  Reli-  in  der  Strafandrohung  gegen  den  Grenzfrevler 
giou  der  Kaiserzeit  noch  entgegen.  Der  letzten  eine  Erinnerung  an  ein  altes  Termino  sacer  esto 
Stufe  gehört  ein  in  der  Umgebung  von  Ravenna  stecken  könnte.  Aus  dem  Kulte  des  Gottes 
gefundenes  Denkmal  an,  das  die  Inschrift  trägt  Terminus  stammt  endlich  der  Individualname 
lov(i)  Terfmino  oder  -minali)  M.Val(erius)  An-  Tertni?ialis ,  den  W.  Schulze  (Zur  Gesch.  lat. 
t(iochus)  An(nii)  Ti(beriani)  co(mes) ,  CIL  11,  .E'if/ewwawen  S.  487  A.  1)  mit  Recht  zu  den  theo- 
351  (dazu  Borghesi,  G'Juvres  3,  297  ff.);  daß  diese  phoren  Namen  rechnet,  während  er  ebenso  rieh- 


383          Terminus  Termunes          384 

tig  (S.  278)  dem  Geechlechtsnamen  Terminiua  nalia,quodis dies extremus anniconstitutus.  Ovid. 

im  Gegensätze  zu  Usener  {Götternnmen  S.  367)  fast.  2,60  tu  quoque  sacrorum,  Termine,  finis 

diese  Kigenschaft  abspricht.   Aber  auch  die  al-  eraUf  vgl.  Cet\sor%n.  20,  6.  10.  Macr.  S.  1, 13, 15; 

teste  Form  dieses  Gottesdienstes,  die  sich  in  eine  Jahresrechuung  von  Teiminalia  zu  Termi- 

unmittelbarer  Verehrung  und  Schmückung  der  nalia  zeigt  die  rOmische  Inschrift  CIL  6, 1925 

Grenzsteine  äußert,  hat  sich  bis  zum  Ausgange  =  Dessau  1919,   nach  welclier  die  Strafe  für 

des  Heidentums  erhalten;  nicht  nur  Tibull  1,  Unterlassung  der  alljährlich  darzubringenden 

1, 11  f.  sagt  von  sich  nam  veneror,  seustipes  ha-  parentatio  dann  fällig  wird,  wenn  sie  nicht  bis 

bet  def^ertus  in  agris,  seu  vetus  in  trivio  florida  zu  den  Terminalia  abj^ehalten  worden  ist),  was 
serta  lapis,  noch  Prudentius  erzählt  (c.  Symtn.  lo  noch  dadurch  hervorgehoben  wurde,  daß  bei 

2, 1006  tf.),  daß  die  christlichen  Bauern  bei  der  Interkalation  sowohl  der  Schalttng  {hissextum) 

Feldarbeit  die  Grenzsteine  als  Sitze  heidnischen  wie  der  mennii^  intercalaris  unmittelbar  hinter 

Aberglaubens  zerschlagen  {et  lapis  illic  ai  titetit,  den  Terminalia  eingesetzt  wurden  (daher  Da- 

antiquus  quem  cingere  sueveiat  error  fascidis  tierungen  a.  d.  quintum  Terminalia,  Cic.  ad  Att. 

et  gallinae  pulmone  rogare,  fran^tur,  et  nullis  6, 1, 1;  a.  [d.J  X  TerminafliaJ,  CIL  10,3772 

vwlatur  Terminus  extis)^  und  die  Zeremonien  ^=  Dessau  6302;  vgl.il/owtwsew,  Born.  Chronol* 

ad  petraSy  die  noch  im   6.  Jahrh.  in  Spanien  S.  38  f.  43),  veranlaßte  Varro,  den  Gott  Termi- 

Martin  von  Bracara   {de  correct.  rust.  IG)  als  nus   nicht  nur  mit   den  Grenzen  im  Räume, 

cuUura  diaboli  verdammt,  betrafen  gewiß  zum  sondern  auch  mit  dem  zeitlichen  Begriflfe  des 
mindesten  in  erster  Linie  die  Grenzsteine.         20  Endes  zusammenzubringen,  wodurch  er  zu  der 

Bemerkenswert  ist,  daß  Terminus,  trotz  7)ton.  sonderbaren  Aufstellung  kam,  daß  die  Götter 
Hai.  2.74,4  Tovro  d*  oi)%  inl  r&v  idiatix&v  der  beiden  ersten  Monate,  Janus  und  Termi- 
»ccTsan^aaTO  ftorov,  &XXa  xal  inl  tmv  dr^iioGioiv  nus,  propter  initia  et  fines  ihre  Stelle  erhalten 
öpotff  TA&xnvug  nsgiXaßojv,  tva  yal  ttjv  'Ptonaioav  hätten  {rer.  div.  16  fra.  9  Agahd  bei  August,  de 
fi^v  &7cb  ti^g  tJ-ffrvyftroro?  ogioi  diaLQüai  dsol  a'v.  De«  7,7),  was  auf  keinen  Fall  stimmen  kann, 
xal  vijv  "noivriv  &inb  rfjg  idias'  tovto  ^^xQ^  da  in  einem  mit  dem  Januar  beginnenden  Jahre 
t&v  xa^*  ilii&s  xQovtov  (pvXdtrovai  rw-  der  Februar  mit  den  Terminalia  nicht  den 
ftato»,  nie  zum  Gotte  der  Keichsgrenze  oder  Schluß  bildet,  und  umgekehrt.  Es  ist  ihm  da- 
auch  nur  der  Abgrenzung  der  Provinzen  ge-  her  auch,  soviel  wir  sehen,  keiner  der  Späte- 
worden  ist.  Wenigstens  in  letzterer  Hinsicht  so  ren  auf  diesem  Irrwege  gefolgt  (allenfalls  könnte 
ist  hier  ergänzend  die  göttliche  Verehrung  der  August,  de  civ.  Dci  4, 11  deus  unus  sit  . . .  in 
Fines  eingetreten,  die  zum  ersten  Male  in  der  Termine  terminator  so  gemeint  sein). 
(wohl  stark  retouchierten)  Fetialformel  der  Vgl.  im  allgemeinen  J^J.  Samter,  Arch.  f. 
rerum  r^petitio  hei  Liv.  1,32,6  begegnet:  audi  Beligionswiss.  16,  1913  S.  137 — 144.  Wissowa, 
luppiter,  audite  Fines  (euiuscumque  gentis  sunt  Beligion  u.  Kultus  d.  Bömer*  S.  136  ff. 
nominat),  audiat  Fas.  Zwei  sehr  lehrreiche  [Wissowa.] 
Denkmäler  dieses  Gottesdienstes  sind  in  der  Termunes,  örtliche,  eher  männliche  als  weib- 
Gegend  des  Vinxtbaches,  der  die  Grenze  zwi-  liehe  Gottheiten,  welchen  eine  zu  Friesach,  zwi- 
schen den  Provinzen  Ober-  und  Niedergerma-  sehen  Treibach  =  Matucaium  und  Neumarkt 
nien  bildete,  gefunden  worden,  das  eine,  gut  4o  =  Noreia  (CJX III  Suppl.  Tab.  VJII  iTs),  im  Be- 
erhaltene, jetzt  in  Brüssel  (Abbildung  bei  Cu-  reich  der  römischen  Provinz  Noricum,  noch 
mont,  Musees  royaux  du  Cinquantenaire,  Cata-  vorhandene  Inschrift  geweiht  ist,  0/L III  5036: 
logue  des  sculptures  et  inscriptions  antiques*  Termunibus  Aue.  (so  statt  Aug.  =  Augustis) 
S.  235  nr.  195):  Finibus  et  Genio  loci  et  I(ovi)  sacr(um) ;  Q.  Calpurnius  Phoebianus  c(onductor) 
0(ptimo)  M(aximo)  milit(es)  leg(ionis)  XXX  f(errariarum)  N(oricarum)  et  Quintus  Calpurnius 
ü(lpiae)  V(ictricis)  M.  Massiaenius  Secundus  Phoebianus  iunior  et  (Q.  Calpurnius)  Charito- 
et  T.  Aurelius  Dosso  votum  s.  l.  m.  {CIL  13,  nianus  fili(i)  restituerunt  curante  C.  lul(io)  Her- 
7732),  das  andre,  sehr  zerstörte,  nach  ihm  von  mete  proc(uratore) .  Das  Weihdenkmal  hatte  also 
Zangemeister  {Westdeutsch.  Zeitschr.  11,  1892  erneuert  ein  Staatspächter  der  Eisengruben  in 
S.  283)  ergänzt,  jetzt  in  Bonn  (Abbildung  bei  50  Noricum  mit  seinen  beiden  Söhnen  durch  Ver- 
JB.  Lehner,  Das  Provinzialmuseum  in  Bonn.  mittlung  eines  Geschäftsführers  des  Gruben- 
I.  Die  römischen  Skulpturen,  Taf.  XXXI  4):  betriebes.  Ihm,  Bonner  Jahrb.  LXXXlll  S.  101 
[GeJnifoJ  Ifocji  e[t  Fi]ni[b]us  et  I(ovi)  0(P'  verwirft  mit  Recht  eine  Erklärung  von  T.  als 
timo)  M(aximo)  T.  Fl(avius)  Verecundus  e[t]  Beinamen  der  Matres.  Holder,  Aitcelt.  Sprachsch. 
M.  Dom(itius)  Atto  mi[l(ites)  leg(ionis)  ...  .7  II  S.  1797  f.  führt  den  Namen  als  keltisch  auf. 
{CIL  13,  7713).  Ein  dritter  Altar  mit  Weihung  Die  Benennung  als  'kaiserliche'  {Aug.)  ist  auch 
an  die  Fines  ist  neuerdings  in  der  Gegend  von  für  provinziale  Orts-  oder  Landesgottheiten  üb- 
Narbonne,  also  nicht  an  einer  Provinzgrenze,  lieh,  so  Epona  Augusta  gerade  in  Inschriften 
gefunden  woTden:  M.AtiliusfLJabeov.s.fl.m.J  der  Donauländer,  vornehmlich  Noricum,  CIL 
FinibufsJ,  Heron  de  Villefos.se,  Comptes  rendus  60  III  3420.  4776.  4784.  5176.  5312,  vgl.  noch  z.  B. 
de  Vacad.  d.  inscr.  1913  S.  (560  ff.  Der  in  Eburo-  CIL  XIII  3071  (=  Esperandieu,  Becueil  IV  nr. 
dunum  (Yverdon)  verehrte  Mercurius  Finiti-  2978):  Aug(usto)  Budiobo  sacrum  und  5912: 
mus  {CIL  12,  75)  könnte  sich  zu  den  narbo-  Aug(usto)  Borvoni  (anderswo  ist  die  Weihung 
nensischen  Fines  verhalten,  wie  Juppiter  Ter-  für  den  Augustus  von  der  Weihung  für  die 
minus  zur  Verehrung  der  Grenzsteine.  provinziale  Gottheit  ausdrücklich  gesondert). 

Der  Umstand,  daß  die  Terminalia  nahe  am  Doch  wäre  übrigens  sprachlich  nicht  un- 
Ende des  mit  dem  März  beginnenden  altrömi-  möglich  eine  Deutung  Termunibus  =  Terminis. 
sehen  Jahres  lagen  {Varro  de  1 1.  6, 13  Termi-  Denn  der  Wechsel  von  i  und  u  ist  im  Latei- 


385                          Teros  ,  Terpios                        386 

iiischeii  sehr  häufig,  allerdinj^s  hauptsächlich  sehr  nahe  läge,  nach  Eustalh.  a.  a.  0.  (TsqtcIov 
vor  labialen  Konsonanten,  wie  moninnintum —  viog)  in  Tegniov  rccclg  zu  vorbessern.  —  Natür- 
monimcntam,  libct — luhet,  maximus  —  maxu-  lieh  liegt  ein  erfundener,  sprechender  Eigen- 
muSyScptimus  —  septumusuHw.;  \g\.  0.  Mibbec/c,  name  vom  Stamme  T EPH  vor,  dnr  auch  nach 
Proleg.  crit.  ad  Vergil.  Ind.  <jramm.  S.  460  f.  Homer  noch  vielfach  zur  Bildung  von  Künst- 
le. Corsnen,  Äusspr.  Vokalism.  u.  Betonung  der  lernamen  benutzt  wurde  (vgl.  Fichf  Personen- 
latcin.  Sprache  l*  S.  331— 339.  Neue,  Lat.  For-  nanien  S.  214  und  Welcher  a.  a.  0.  Anm.  072). 
menlehre  II"  S.  102  f.  160  f.  822.  Stolz-Schmalz,  Auch  ein  flöteapielender  Silen  auf  einer  Cor- 
Latem.  Grammatik''^  S.'Sa.  CILlllSuppLIndices  netaner  Schale  des  Oltos  heißt  Tigrcav  (s.d.), 
p.2572.  2670  (nr.  7Ü5:  nu muni  =  num i ni)  u.  a.  lo  ein  leierspielender  TiQitr]?  (s.  d.).  Noch  der  Ki- 
Auch  die  Endung  -ihiis  (3.  Deklination)  statt  tharöde  Neros  und  Vespasians  heißt  Terj)no8 
-/s  (2.  Deklination)  ist  inschriftlich  belegt  durch  (siehe  Charlotte  Fränkcl,  Satyr-  und  Bakchen- 
die  im  Lothr.  Jahrb.  1896,  Vlll  1,  S.  75  von  mir  namen  auf  Vasenbildern  S.  30).  (H  Ostern.) 
angeführten  Beispiele:  dibus  =  dis  (häuHg),  fili-  Teri)ikeraunos(7'fc»n:tK^()«vvofe-),  Beiname  des 
bus  =  filiis  {sLuch.  C1LU11636),  natibus-^^  natis  Zeus  s,  außer  den  bei  Bruchmann,  Epitheta 
(CIL  in  914.  7521);  vgl.  noch  CIL  lll  12963:  dcoruni  p.  141  angeführten  Dichterstellen  An- 
amicibus  (=  amicis)  und  Suppl.  Ind.  p.  2676  onym.  Ambras,  in  Anecd.  varia  Gr.  et  Lat.  ed. 
(Heteroclita).  Ist  diese  Deutung  richtig,  so  ha-  Schoell  und  Studemund  1,  265,  98.  Anonym. 
ben  wir  die  Mehrheit  des  römischen,  göttlich  Jjaurent.  ebenda  2(j7^  90.  Theodoret.  Hist.  eccles. 
verehrten  Terminus  (s.  d.)  vor  uns ;  geehrt  wären  20  3,  25  (p.  204,  12  ed  Parmentier).  Gewöhnlich 
aber  wohl  die  Grenzen,  welche  zwischen  den  wird  das  Epitheton  erklärt  durch  ,,o  xotg  xe- 
Gebieten  der  beiden  genannten  Gemeinden  durch  Qccvvolg  tsguöiLsvog^'',  Phot.  Suid.  Hesych.  Etym. 
Steine  bezeichnet  waren,  vgl.  CIL  III  Suppl.  M.  s.  v.  =  „der  sich  am  Blitzstrahl  Freuende", 
/nd.  p.  2549f.  2673.  \l  Suppl.  Ind.  ^.1\Q'2,  auch  „der  Donnerfrohe".  Daneben  findet  sich  auch 
andere  Bände,  und  die  den  Flnibus.,  d.  h.  den  die  Erklärung,  daß  ttgTiixtQccvvog  durch  Meta- 
Grenzen zwischen  den  beiden  Germanien,  ge-  thesis  aus  rgsniv-^gawog  entstanden  sei;  vgl. 
weihte  Inschrift,  CIL  XIII  7732:  Finibus  et  Schol.  Toivnl.  und  Schal.  Yen.  B.  Hom.  11.  8,  2. 
Genio  loci  et  I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  usw.  Etym.  M.  a.a.O.  (p.  763,  33):  6  xolg  ■negccvvoZg 
Vgl.  Terminus.  [Kenne.]  tg^noav  roug  ivavtiovg-^  vgl.  auch  *S'cÄoZ.  Ven.  B. 
Teros, 'On?  {TT]ga}g,-cüv?);\g\. Schol.  V. Harn,  zo  Hom.  II.  1,  419.  Hesych.  s.  v.  Eust.  ad  Hom. 
H.  22,318  (ed.  £eUer  2,  597,  33):  rbv  "Eönsgov  II.  1186,  1.  486,  42  (o  rgtTCcov  iv  rw  acpiivai 
Higacci  fihv  TiJqojv,  '"'EXlrivsg  Ss  'iitoXXavd  cpu-  xsgavvovg).  Wenn  auch  die  Erklärung  „die 
61V.     [Höfer.]  Feinde    mit    dem    Blitzstrahl    in    die    Flucht 

Terpes  (Tsgrcrig),   Satyr  auf  der  unter  Ter-  schlagend"  unhaltbar  ist,  da  der  Hauptbegriff 

pon    2  c    angeführten   Vase.     TEgnrjg    ist  wohl  „die  Feinde"  in  dem  Kompositum  rbguiy-igav- 

Kurzname  zum  Vollnamen  T£()7i;o:v(5^poff,  Crusius,  vag  nicht   enthalten  ist,   so  ist  doch  wohl  die 

Jahrb.  f.  klass.  Phil.  143    (1891),  386  f.     Wilh.  Ableitung  von   tgsitsiv  richtig;    nur    bedeutet 

Schulze,  Gatt.  Gel.  Anzeigen  1896,  238;  vgl.  auch  rgsnsiv  s.  v.  a.  „schleudern",  rtgTtiKtgavvog  also 

Theod.  Beinach,  Bev.  arch.  34:  {iSi)d),  33bi.   Vgl.  „den    Blitzstrahl    schleudernd",    Gust.    Meyer, 

Terpou  2°.                                               [Höfer.]  40  Curtius  Studien  zur  griech.  und  lat.   Gramm. 

Terpiades  (T£9;rta(5^r]?),  Beiname  des  Phemios.  7  (1875),  180  ff.  F.  Froehde,  Bezzenberger  Bei- 

Od.  X  330  f.:   TsgTtiddrig  &'  h'  dadog  dXvayiccvs  träge  3   (1879),   Anm.  zu  S.  7.     H  Hirt,   Der 

y-figcc  (isXccLvaVy  \  ^ij^Log.    Regelrecht  gebildetes  indogerman.  Ablaut  125  nr.  585.    van  Lteuicen, 

Patronymikon  vom  Stamme  rsg-nio  —  (vgl.  Cur-  Enchir.  dictionis  epicae  484.  Auch  W.  Prelhcitz, 

tius,  Studien  z.  griech.  u.  lat.  Grammatik  Bd.  1:  Etym.  Wörterbuch  d.  griech.  Sprache^  4:b<o  erklärt 

Angermann,  He  patronymicorum  Graec.  forma-  xsg-jtLy.igawog  als  „fulmina  torquens",  leitet  es 

^ww«p.  15§  15).  Also:  Sohn  des  Terpios  (s.d.).  So  aber  nicht  von  tgsfca  ab,  sondern  von  Wurzel 

nach  Eustath.  p.  1929,  9.    Apoll.  Sophist,  p.  772,  treq  =  terq,    lat.    torquere.      Dagegen    erklärt 

14  Vill.  Hesych.  s.v.     Ähnlich   Nitzsch  z.  Od.  Fr.  Bechiel,  Glotta,  Zeitschr.  für  gr.u. lat.  Sprache 

«8  ^Sohn  der  Ergötzung'.  Anders  urteilt  Usener  50  1  (1909),  74  f.  und  Lexilogus  zu  Homer  312  die 

{Gätternamen  S.  20 f.):  Er  stellt  fest,  daß  ""eine  Vermutung  von  G.  Meyer  u.  anderer  als  unver- 

ganze  Anzahl  adjektivischer  Worte  ohne  Ver-  einbar  mit  dem   griechischen  Sprachgebrauch, 

änderung  ihres  Wertes'  durch  das  Suffix  i-Sr]g,  der  die  Verbindung  des  angeblich  mit  torquere 

cc-8rig  weitergebildet   worden    sei,    und    nennt  identischen  Verbums  tginsiv  nicht  kenne  und 

gerade  TsgTtiddrjg  als  Beispiel  dafür,  daß  ^auch  kehrt  zu  der  alten  Interpretation  6  Tbgno^svog 

bei  freier  Schöpfung  von  Eigennamen  das  Epos  yisgavvotg  zurück,  indem  er  tEgTiLKsgccwog  über- 

diese  rein  adjektivische  Natur  des  Suffixes  ver-  setzt  „dessen  xignog  der  yisgavvog  bildet", 

wendet'.     Er  übersetzt    demgemäß    Tsg^tiddrig  [Höfer.] 

mit  ""der  Erfreuende'.  Vielleicht  darf  man  eine  Terpios  (Teg-rciog),  Vater  des  Sängers  Phe- 

Ahnung  von  der  nicht  patronymischen  Bedeu-  60  mios  (s.  d.),  der  TipTtiad^T]?  is.  d.)  heißt,  Hom.  Od. 

tung  des  Wortes  in  der  zweiten  Erklärung  er-  22,  330.   Hesych  Tagniddrig.  Eust.  zu  Hom.  Od. 

kennen,    die    das    Scholion   gibt:    t]  ö  xegitav.  1929,  10  {TsgTtidSrjg,   xovxbgxi   Tsgnlov  vIoq,  6 

Diese   scheint   auch  Welcker   vorgeschwebt  zu  xsgipid'viiog  doidog  c^rjfiiog).    Der  Name  ist  freie 

haben,  wenn  er  {Ep.  Cycl.^  S.  321  f.)  Phemios  Erfindung   des   Dichters:    Gesang   ergötzt   des 

Terpiades  mit  'der  ergötzliche  Sagner'  wider-  Menschen  Herz;   vgl.  Ameis  zu  Hom.  a.  a.  0. 

gibt.     Unter  diesen  Umständen   ist  auch  viel-  Nitzsch  zu  Hom.  Od.  1,  8.    Usener,  Sitzungsber 

leicht  der  erste  Teil   des  Schal.  %  330  Tigmog  d.  Äkad.  d.  Wiss.  in  Wien  137  (1897),   III,    18. 

Ttalg  unangetastet  zu  lassen  und  nicht,  was  ja  23  f.    Götternamen  21  und  Anm.  55.    Auf  einem 


887                          Terpon  '^erpsicbore                     388 

'Homerischen  Becher*  aus  Boiotien  mit  der  ithypallischen  Silenen  oder  Satyrn,  und  ea 
Darstellung  der  Begnadigung  des  Sängers  Phe-  liegt  die  Annahme  nahe,  daß  der  Name  dem 
mios  durch  Odysseus  auf  Fürsprache  des  Tele-  Steinphallos  bzw.  Steinidol  von  Autibes  ent- 
machos  stand  vielleicht  der  Name  TEPPIAAHI,  nommon  ist,  Hettzey,  Corr.  hell.  8,  162.  Nach 
G.  Robert,  Homerische  Becher  {50^  Berliner  W,  Schulze  a.  a.  0.  255  ist  TtQTttav  gewisser- 
Winckelmannsprogramm)  S.  18;  vgl.  die  Abbil-  maßen  Kurzform  zu  rFpxdrpa^tff,  das  Telckhides 
düng  auf  S.  14.  Vgl.  Terpiades.  [Höfer.]  {Com.  Frgm.  1,  224  nr.  66  K)  bei  Fhotius  (p.  571», 
Terpon  (Tigntoi^.  1)  Ein  in  Antibes  (Anti-  8  Pars )  in  der  Bedeutung  von  ij  t&v  'Acpgodi- 
polis  in  Gallia  Narbonensis^  im  Jahre  1866  ge-  eicov  xtQ\i)ig  gebracht  hat  Als  Satyniame  findet 
fiindener  Stein  von  dunkelgrün  -  schwärzlicher  lo  sich  Terpon  auf  folgenden  Sclialeii:  a)  Schale 
Farbe  trägt  die  Inschrift:  Tiq-nrnv  f/ftl  ^«fi?  des  Brygos  (abg.  Monum.  deW  luf^t.  9,  T.  46. 
^fQdTtoiv  öeiiv^S  ktpQoS irrig.  Totg  dk  xaraöTrjGaöi  Wienei'  Vorlcfieblätter  H,  6.  Harrimn-Maccoll, 
Kvngis  x^Q^*'  ^vTanoSoir].  (Die  inige  Lesung  Greek  vase  paintings  Taf.  27.  Furiwänghr  und 
TeQXvibv  [K(i ibel^Kpigr.'t Si]hsit  Kaibel.l^ae f.  JReichhold,  Griech.  Vasenmalerei  T&i'.  AI  [vgl. 
17  selbst  korrigiert;  ebenso  beruht  wohl  auch  Serie  1  Text  239]):  vier  Satyrn,  unter  ihnen 
auf  einem  Irrtum  die  Schreibung  JJgsTt&v  (so!)  Terpon,  unternehmen  einen  zudringlichen  An- 
Rev.  arcli.  27  [1874],  191),  I.  G.  14,  2424.  Anih.  griff  auf  Hera,  zu  deren  Verteidigung  Herakles 
Pal.  ed.  Cougny  8,  1,  49.  Ernst  Hoffmann,  herbeieilt,  während  Hermes  die  Lüsternen  zur 
Sylloge  Epigr.  Graec.  164  nr.  823.  Die  Inschrift  Vernunft  mahnt,  L.  Urlichs,  Der  Vasenmaler 
gehört  nach  Ausweis  der  Buchstabenform  dem  20  Brygos  (7<«»  Progr.  des  v.  Wagnerschen  Kunst- 
fünften  Jahrhundert  V.  Chr.  an,  Heuzey,Compte8  instituts  1875)  S.  6.  Heydemann,  Satyr-  und 
rendus  de  VAcad.  des  inscr.  et  belles-lettres  1874,  Bakchennamen  16  nr.  H.  W.  Klein,  Die  griech. 
62.  Ch.  Lentheric,  La province  maritime  ancienne  Vasen  mit  Meistersignaturen'  183  nr.  8.  Cecil 
et  moderne  468  ff.  Während  Froehner,  Rev.  arch.  H.  Smith,  Cat.  of  greek  va^es  in  the  Brit.  Mus. 
N.  8.  8.  annee  15.  vol.  (1867),  363  in  Terpon  3,  88  nr.  E  65.  Charlotte  Fränkel,  Satyr-  und 
den  Träger  eines  Personennamens,  eines  Kult-  Bakchennamen  auf  Vasenbildern  90  nr.  c  (vgl. 
beamten  der  Aphrodite  erblickte  und  in  dem  S.  30).  Man  führt  die  Darstellung  der  Brygos- 
Stein  die  Basis  der  Statue,  die  man  diesem  schale  gewöhnlich  auf  ein  Satyrspiel  zurück, 
gesetzt  habe,  schloß  J3"  Razin,  Le  galet  inscrit  Urlichs  a.  a.  0.  Dümmler,  Rhein.  Mus.  43 
d'Antibes,  offrande  phaUique  ä  Aphrodite  (Paris  30  (1888),  368.  Kleine  Schriften  3,  29.  E.  Bethe, 
1885)  =  .knnofcs  dw  ilfwsec  Gwmcf  10, 1  ff.  (nach  Prolegomena  zur  Gesch.  des  Theaters  im  Altert. 
Bericht  von  R.  Moicat,  Bulletin  epigraphiqu£  76.  E.Reisch,  Festschrift  Theodor  Gomperz  dar- 
5  [1885],  266)  aus  dem  Umstand,  daß  der  gebracht  469  (vgl.  jedoch  auch  G.  Körte  bei 
Stein,  der  die  Inschrift  trägt,  eine  phallische  -BeiÄe  a.  a. 0. 342  Anm.  1).  —  b)  Schale  im  Louvre, 
Form  zeigt,  daß  der  Stein,  d.  h.  der  Phallus,  die  wohl  dem  Oltos  zuzuweisen  ist:  der  Satyr 
unter  dem  dezenteren  euphemistischen  Namen  Terpon  (auf  der  Vase  steht  T6P0TT0N)  packt 
Tigncav  der  Aphrodite  gewidmet  worden  sei.  eine  Mainade,  die  ihn  abzuwehren  sucht,  Ca- 
Ähnliche  Deutung  findet  sich  bei  A.  Fick,  Vor-  tologhi  del  Museo  Campana  1:  Catalogo  delle 
griechische  Ortsnamen  146,  nach  dem  der  Stein  serie  4—7  nr.  691.  Heydemann  a.  a,  0.  31  nr.  rj. 
gleichfalls  ein  Phallosidol  ist,  vielleicht  ein  40  Ch.  Fränkel  a.  a.  0.  88  nr.  V.  W.  Klein  a.  a.  0. 
Fetisch  umwohnender  Barbaren,  von  griechi-  136.  P.  Hartwig,  Meisterschalen  72  Taf.  6. 
sehen  Ansiedlem  aufgestellt  und  mit  Inschrift  Harrison-Maccoll  a.  a.  0.  Taf.  31.  —  c)  Schale 
versehen  (vgl.  auch  Gruppe  in  Bursians  Jahres-  des  Euxitlieos  (abg.  Monum.  delV  Inst.  10,23. 
ber.  137  [1908],  622.  Supplementband.  Wilh.  24.  Wiener  Vorlegebl.  D  Taf.  1.  Harrison,  Pro- 
Schulze, Gott.  Gel.  Anzeigen  1896,  255).  Heuzey,  legomena  S.  367  Abb.  114):  im  Gefolge  des  auf 
Comptes  rendus  A.ai.O.  62  S.  —  Derselbe,  La pierre  einer  Quadriga  stehenden  Dionysos  befinden. 
sacree  d'Antipolis  in  Memoires  de  la  soc.  nat.  sich  nebst  zwei  Mainaden  der  leierspielende 
des  antiquaires  de  France  36  (1874),  99  ff.  [da-  Satyr  Ttgrcrig  und  der  flötenspielende  Satyr 
selbst  p.  103  Abbildung  des  Steines];  ebenso  Tigncov,  Heydemann  a.  a.  0.  30  nr.  y.  Klein 
bei  Desjardins,  Geographie  de  la  Gaule  Rom.  Bo  a.  a.  0.  136  nr.  2B.  Gh.  Fränkel  a.  a.  0.  88  nr.  U. 
2,  177  und  Corr.  hell.  8  (1884),  162  (vgl.  auch  —  d)  Vase  in  München :  Ein  Satyr  preßt  mit  be" 


fheod.  Reinach,  Rev.  arch.  34  [1889],  336)  hält  den  Armen  einen  Weinschlauch,  aus  dem  der 
den  Stein  für  einen  Gegenstand  des  Kultus  Wein  in  eine  Amphora  strömt,  0.  Jahn,  Be- 
selbst,  für  einen  Steinfetisch,  wie  etwa  der  Stein  Schreibung  d.  Vasensammlung  König  Ludwigs  331 
des  Eros  in  Thespiai,  der  ctgyog  Xi^og,  gewesen  p.  18,  der  freilich  unter  Zustimmung  von  Heyde- 
ist.  Paus.  9,  27,  1.  Röscher,  Myth.  Lex.  1,  mann,  Annali  1876,  260  in  der  Inschrift  Zda- 
1341,  2  ff.  Da  Eros  bei  Plato  Sympos.  203  C  vbgTegnavrjdvg  o  olvog  liLXavog  nicht  ah  Eigen- 
^tgdntov  'Ac()godLTr,g  heiße  (so  hat  ihn  übrigens  name  faßt,  sondern  aiXavog  erklärt  als  „Quell- 
schon Sappho  [frgm.  74  Bergk^]  genannt),  so  sprudel '  (eine  Bedeutung,  die  freilich  nur  aus 
werde  man  auch  hier  unter  dem  %8gdna>v  6o  römischen  Schriftstellern  bekannt  ist).  Doch 
'A(f)Qo8ixr\g  genannten  Terpon  eine  lokale  Be-  beruht  die  Lesung  Ja/ms  auf  Irrtum:  statt  2l- 
zeichnung  des  Eios  oder  einer  ißm  verwandten  Xocvbg  steht  auf  der  Vase  Zilbvog-.  Klein,  Griech. 
Gottheit,  wie  Himeros,  Pothos  zu  verstehen  Vasen  mit  Lieblingsinschriften  6b'^,  m.Z.  Darmit 
haben  (vgl.  auch  Gruppe.,  Gr.  Myth.  776,  1)  ist  die  bereits  von  T/<eo</.  l^emacÄ,  J?ev.  arc/i.  34 
oder  einen  Dämon,  der  den  vom  Komiker  Piaton  (1899),  336  ausgesprochene  Deutung,  daß  Terpon 
bei  Athen.  10,  441  e  f.  genannten  priapeischen  auch  hier  Name  eines  Satyr  ist,  erwiesen;  vgl. 
Dämonen  wesensgleich  sei.  —  2)  Nun  findet  Ch.  Fränkel  a.  a.  0.  88  nr.  W.  [Höfer.] 
sich  Tignav  wiederholt  als  Name  von  meist  Terpsichore  (Tgpi/Ji;fdpa,  -rf].    Literatur  ge- 


.■i89                      Terpsichore  Terpsikome                     890 

sammelt  bei  O.  Bie,  h'osch.  Lex.  s.  v.  Musen;  Literatur:  iJccharme,  Ji''c.  dHnatr,  de  TieoHe  62; 
vgl.  Bu's  Schriften:  De  Musarum  imaginibus,  Arch.  des  Miss.  2.  sörie  4,  484,  1867/H;  Ditten- 
(Hss.  Berol.  1887,  JJie  Musen  in  der  antiken  beryer  GIGS.  1,  1799;  Jamot  a.  a.  0.  130. 
Kunst,  Berl.  1887.  Eine  der  neun  Musen  Letzterer  bemerkt,  der  Dichter  bringe  T.  in 
{(lia  rcbv  d"'  ^lovöäv,  Suid.)  in  Tierien,  wie  diese  enge  Verbindung  mit  Dionysos  'et  semble  lui 
selbst  geboren  als  Kind  des  Zeus  und  der  aussi  faire  d'elle  In  Muse  de  Vinspiration  lyri- 
Mnemosyne,  Hes.  Th.  78,  wo  nie  gleich  den  que\  Dunkel  ist  das  von  Jamot  boige])rachte 
übrigen  Musen  —  bis  auf  Kalliope  —  ohne  ep.  (S.  143  app.  8),  dessen  vierter  Vers  rühmt: 
nähere  Bezeichnung  angeführt  wird,  an  fünfter  TsQxl)i%6Qr\  6t  (pvr]v  .  .  .,  während  der  dritte 
Stelle;  vgl.  auch  Varro  frgm.  p.  32i).  Ange-  lo  Kratos  jt^iZoö?'^!/);  betonte,  ,/awo<  hat  die  Musen- 
rufen im  Verein  mit  den  Genossinnen  im  Orph.  epigrarame  des  Honestus  genauer  bestimmt. 
Hymn.  76,  9.  Als  Mutter  der  Seirenfrn  ge-  Nach  ihm  köiuien  sie  nicht  später  sein  'aux 
uannt  im  schol.  Lyk.  653:  ag  al  Movßcci  viv.ri-  premicves  annies  du  premier  siede  de  notre  he, 
auGKL  [LsXcaöia  roTg  TtrsQotg  ccvrCöv  ^ßzEtpccvu)-  ni  antericures  ä  la  seconde  mnitie  du  premier 
^r\6av.  iid'sv  i^cayQacpovvtccL  al  Movoai  iv  Toclg  sircle  av.  J.  Chr.  {Jjarfdd,  Sylt,  inscr.  Boeot. 
■Ktq)aXccig  ^;fovöar  Ttttgä,  nXijv  TsQxpix'^Qrig,  ort,  datierte  ins  3.  Jahrb.  v.  Chr.,  7voMwawoM</e.s!4'i^7j- 
^n'jTTiQ  riv  ZhiQrivtov,  vgl.  Suid.  s.  v.  aTtxsQa-.,  vaiov  7,  285  ins  2.  n.  Chr.;  Jamots  Fixierung 
Jul.  ep.  41,  Ap.  Bhod.  4,  896  {Gruppe,  griech.  des  Honestus  stimmt  zu  Dessau,  Hermes  47 
Myth.   344).     Mutter    des    Lines   nach    Suid.  (1912),  470 f. 

Aivog:  Variante  wie  bei  Euterpe  und  Kalliope  20  Der  T.  ^ocqUcgu  verleiht  der  Anonymes 
(s.  d.  bei  Pauly-Wiss.  Beal-  Ena.,  Gruppe  a.  Anth.  Pal.  9,  505,  5  rsxv^^ovag  ccvXovg,  wah- 
a.  0.  963,  3),  des  Hymenaios  {Alkiphr.  ep.  1,  rend  9,  504.  5  Euterpe  die  Flöten  hat.  Den- 
13;  Pro W.  bei  Phot.  bibl.  321a  21:  Tzetz.  Chil.  noch  ist,  eben  der  allgemeinen  Unsicherheit 
13,  599;  auch  hier  Variante);  des  Rhesos  wegen,  Stadtmüllers  Namenvertau.schung  in  9, 
(argum.  Aristoph.  zu  Eur.  Blies.,  wo  dieser  504.3 — 6  unnötig;  vgl.  die  Ausgabe  3,  1  p.  501. 
HtQv^tovog  Tcoxcciiov  X.  TsQ'^LXQQTigy  Movßmv  T.s  Funktion  läßt  sich  nach  diesem  Epigramm 
uiäg,  Ttoclg  genannt  wird,  ebenda  v.  349  UiEglg  nicht  feststellen,  doch  liegt  seine  Verteilung 
ndvrjQ]  sie  selbst  tritt  auf  von  v.  890  an;  doch  der  Musenattribute  offenbar  späterer  Anschau- 
liegen auch  hier  Varianten  vor:  vgl.  schol.  ad  ung  zugrunde  (s.  Bie,  Musen  99),  so  dem  20. 
Bhes.  346:  ovy.  stQr]yi8,  tivog  Movaäv  6  'P.  rjv  30  Idyll  des  Ausonius  {Anth.  lat.  664  Cat)-.  T. 
Ttcclg.  KXsiovg  y.svroL  Xiyovßiv  avtbv  dvcci .  .  .  affectus  citharis  mocet,  imperat,  äuget;  vgl. 
wozu   vgl.  Baege,  diss.  phil.  Hai.  22,  1,  127  f.)  Myth.  Vat.  2,   24    mit   geringer  Veränderung. 

Etymologische  Spielereien  bei  Plat.  Phaidr.  Die  gleiche  Verteilung  Aiith.  lat.  1,  88   Bie.^^e, 

259c,  wo  T.  bevorzugt  die  iv  toig  xoQotg  tsxi-  und   auch  Anth.  Pal.  5,  221  {Agathias)  deutet 

lir\v.6tag  aif^v,  Plut.  conv.  disp.  9,  14:  rb  tisqI  auf    die    Kithara    als    Attribut    Terpsichores 

rag  oiiiXiag  iitLTSQTthg  ^l'Xrjx^  v-ccl  xg;^a()t(7a£Voa;  hin;  als  Vertreterin  der  "^kleinen'  Lyrik  erhält 

(seil.  00?  cp7\6i  XQv6LTtnog)\   ebenda    1  rj  dh  rcbv  sie  die  Lyra;  das  Psalterion  gibt  ihr  schol. 

6q)d'c(Xacöv    r}6ovr}    slSog  .  .  .    MsXTtoiiivr]    %.   T.  Luc.  im.  16;  die  Rolle  hält  sie  auf  den  areti- 

TtaQCilocßovacayioa^ovöLv.  Fulg.  Mytli.l4.{Helm):  nischen  Scherben.     Ungenau   ist  es  daher  von 

septima  Terpsichore  id  est  delectans  instructionem.  40  0.  Navarre,  Dictionn.  des  Ant.  grecq.  et  Bom. 

Der  Scholiast  zu  Ap.  Bh.  3,  1   gibt  an  T.  die  3,  2,  2069  s.  v.  Terpsichore,  wenn  er  schlecht- 

■jtaidia..  hin  sagt:  „la  lyre  est  son  attribut  propre.'^  — 

Ihre  Attribute  und  die  mit  ihnen  angedeu-  T.  allgemein  gesagt  für   ^Muse' :   s.  z.  B.  Juv^ 

teten  Wirkungsgebiete  sind  so  schwankend  wie  7,  35. 

die  der  anderen  Musen :  Trigonon,  Lyra,  Flöten  Ihre  Epitheta  bei  Dichtern:  8v8id7Jg  Apoll. 

wechseln.     Bie    {de  Mus.  im.  3    'Musen"*    13)  Bh.  4,  895 f.;  ^sXlcp^oyyog  Pind.  J.  2,  7;  ^sXco- 

führb   ein    Beispiel    an:    auf    einem    Volcenter  dog  (^i^i]rr]Q   (seil.  Sirehum)   Lyk.  713;    ;^o:pifffr;of 

Gefäß  in  London  hat  T.  das  Trigonon,  auf  einem  AntJi.  Pal.  9,  504.  5;   saucia  Martial  3,  68.  6. 

Kumaner    in    Berlin    {Gerh.    Trinksch    2,    18;  Wie  in  dem  von  Bie,  Bosch.  Lex.  2,  2,  3287 

Typ  I  2   Bie)    die  Lyra    und  auf   Typ  III    2,  50  erwähnten  Trierer    Mosaik   haben    die  Musen 

Hydria  aus  Nola  {Panofka,  Mus.  Blac.  4,  El.  auch   sonst   die  'berühmtesten  Vertreter  ihres 

cer.  2,  86a)   die  Flöten.     In  Literatur  u.  Kunst  Faches'  erhalten;   so  finden  sich  im  cod.  Par. 

gleiches  Schwanken  der  Auffassung.     Die  spä-  1773  (cop.    en   1493  par.  Barth.  Comparini   de 

tere,   nachalexandr.  Zeit  individualisiert  zwar  Prato)  fol.  26  r  ta  ovo^ata  t&v  d"'  ^Lovaav  y.al 

die  Musen  genauer,   aber  ein  bestimmter  Typ  noiccg  xh%v7\g   £xa[(7]Trj  iTtiötccrccr   xccl   zig   ixd- 

für   T.    läßt    sich    auch   hier   kaum    ermitteln.  özrig  ^LiLr]trig.     Das  gleiche  im  cod.  Par.  2720 

Flöten  gibt  ihr  Honestus  auf  den  Statuenbasen  fol.  237  v,     [Preisendanz.] 

der  thespischen   Musen    {Jamot,  Bull,  de  corr.  Terpsichoros?  (T6()t/u;fa)()0ff?).    ImEtym.M. 

Hell.  26,  1902,  140  'Fouilles  de  Thespies\  Kai-  197,  57:   Blötovlt]  .  .   dno  Blctovog  tov  Tsq-^v- 

bel,  Ep.  gr.  788,    Meister   bei  Coli.    Gr.   Dial  60  x(<>qov  schieiht  Stiehle,  Philologus  4:  {1S4:9),  410: 

Inschr.  1,  805;    vgl.  Bie,  Musen  96,    Bosch.  2,  ccno  Biozovog  tov  TsQ^ixogrig  nach  Tzetz.  Lyk. 

2.  3294).     Hier  vertauscht  nach  Kaibel  T.  die  418:    BiGtovsg .  .    &7to    viov  "AQSog    Bierovog   rj 

Flöten  mit   dem  Epheu   des  Dionysos:    TtQipi-  -aal  viov    Tegipi^ogrig.    Vgl.  auch  Schol.  Apoll. 

XOQcc.    v-iööbg    TsQiijixoQrjL.,   Bqo^ilcol   dh    ngslTtSL  Bhod.  2,  704.     [Höfer.] 

Xiyvg  avXog],  richtig  nach  der  Inschr.   Bgonicoi  Terpsikome  (TEP$IX0ME  so!),  Bakchantin 

d'    ^TtQs^sv    0    Xcotog,   ri]L   ^ihv    lv'    ^vd-sog    rjL,  auf  einer  Schale  (vormals  Sammlung  Pourtales 

T&i  d*   Lva   xsQnvotSQog  (Ovsötov),   im  letzten  nr.  172  [133];   abgeb.  Panofka,    Cabinet  Pour- 

Vers  wieder  Spiel  mit  dem  Namen  T.    Weitere  tales  29,2.  Müller -Wieseler  2-,  581).  Der  Name 


391                     Terpsikrate  Tethum                        392 

ist  nicht  mit  C.  I.  G.  4,  7469.  Panofka,  Mus.  dämon  mit  gezücktem  Schwert  erscheint  er  im 
Blacas  16.  0.  Jahn,  Vasenbilder  26  usw.  Tbqoi-  Verein  mit  Metus  als  Begleiter  der  Kriegs- 
X0Q8  —  TsQ'tl)ix6gri  zu  lesen,  sondern  TsQfpL-  göttin  Minerva  in  dem  Pantomimus  bei  Apul. 
xofiTi  {Ueydemann,  Satyr- u,  Bakchennamen  16  f.  Met.  10,  31.  DiUhey,  Arch  Zeit.  33  ^1876),  69 
nr.  O.  F.  Kretschmer,  Die  griech.  Vaseninschrif-  Anm.  28.  Vgl.  Pallor,  Phobos  (zu  den  Dar- 
ren 154.  182),  und  bedeutet  nicht  'die  sich  an  Stellungen  kommt  hinzu  das  flache  Kalkstein- 
ihrem  Haar  Freuende*,  sondern  ist  s.  v.  a.  die  relief  mit  der  Darstellung  des  Kopfes  des  Pho- 
'Komosfrohe'  =  TfpipAxcbfi»],  Charlotte  Frünkel,  bos,  üsterr.  arch.  Jahreshefte  16  (1912),  Bei- 
Satyr- u.  Bakchennamen  auf  Vasenbildem  69  hlatt  S.  260  Fig.  20ü).  —  2)  Mit  Pavor  zu- 
(▼gl.  96  nr.  v).     [Höfer.]  lo  sammen  als  Roß  des  Mars  genannt,  wohl  nach 

Terpsikrate, -krate»  8. Euryope  und  Euryops.  dem  Vorbild  des  Antimachos  (s.  Phobos  Bd.  3, 

[HöferJ  Sp.  2896,  87  ff.)  bei  Val  Ilacc.  Arg.  3,  89. 

Terpsis  {Tigtpis),   Personifikation  des  Ver-  '  [Höfer.] 

gnügens   (vgl.   Hedone),    Mnasalkas   in   Anih.  Tersios  (Tt'pfftoj),  Beiname  des  Zeus;  s.d.  A. 

Appeiul.  Epigr.  3,  71  ed.  Cougny  =  Eust.  ad  Tarsios  Sp.  119,  6  ff.     | Höfer.] 

Hom.  11.  2^6,  28.    Bei  Martian.  Capella  9,  906  Tertiana,  Göttin  auf  einer  Weihinschrift  aus 

erscheint  Terpsis  im  Gefolge  der  Dione  (Aphro-  der   römischen  Militärstation  Habitancium  in 

dite).     [Höfer.]  Britannien:    Deae   Tertianae   sacrum,  C.  I.  L. 

Terra   mater,    ein   anderer   und    späterer  7,  999.    Die  dea  Tertiana  ist  die  Göttin  des 

Name  der  alten  römischen  Göttin  Tellus  (s.  Art.  20  dreitägig  wiederkehrenden  Wechselfiebers,  wie 

TeU%is\  kommt  mehrfach  in  Dedikationen  vor.  Quartana  (s.  d.)  die  des  viertägig  wiederkehren- 

80  auf  Inschrift  aus  Rom  mit  Caelus  und  Mer-  den  (vgl.  darüber   die  magischen  Formeln  'ad 

3arius   zusammen  {CIL  VI  84:   Caelo  Aeterno,  quartauas'  Plinii  quae  fertur  medicinB,  ed.  Böse 

Terrae  Matri,  Mercurio  menestratori  sacrum  .. .),  [Leipzig  1876]  3,  14.  16  p.  88  f.    Wissowa,  Bei. 

mit  Jupiter  (C/L  XII  4140),  mit  Jupiter  und  u.  Kultus  der  Bömer  246;    vgl.  auch    Theod. 

Juno  {ib.  III  S.  10431),  mit  Aerecura  (aus  Nu-  Priscian.  Euporiston  ed.  Böse  (Leipzig   1894) 

midien,  CIL  VIII  5524:  Terrae  Matri,  Aere  cu-  p.  260  f.:  hinc  est  quod  et  Bomani  Febri  aedem 

rae,  Matri  deum  magnae  Ideae  . . .  taurobolium  statuerunt  e  tquod  "tcertanus  (Quartanas :  v.  Neue- 

aram  posuit,  movit,  fecit).    Eine  Grabinschrift  nar,  Tertianas:  Böse)  Saturni  filias  affirmavit 

wird  geweiht  der  Terra  mater  und  der  Erinne-  30  antiquitas.    [Höfer,] 

rung  der  Verstorbenen,  CIL  III  S.  11009  (aus  Terymbas  (TrjpviiilSaff),  mit  Aspondos  als  Sohn 

Pannonien).   In  Rom  selbst  wird  ein  Grabdenk-  des  Phineus  (s.  d.  Sp.  2370,  58)  genannt,  Schol. 

mal  den  D»  manes  und  der  T.  m.  geweiht  {CIL  Soph.  Ant.  971.  981,  vielleicht  auch   mit  Ellis 

VI  16398).   Dieselben  als  Herrscher  des  Toten-  zu  Schol.  Ov.  Ibis  259  für  den  korrupten  Namen 

reichs  rief  das  römische  Volk  beim  Tode  Ti-  des  Phineussohnes  ^Tesalla,  Thetilla,  Thirila' 

bers  an,  Suet.  Tib.  75,  und  in  der  alten  Devo-  einzusetzen.     [Höfer.] 

tionsformel,  wo  der  Führer  sich  und  die  Feinde  Tesenuphis  {TeösvotKpig)  nach  der  Deutung 

dem  Tode  weiht,  nennt  Liv.  VIII  9,8  Dei  ma-  von  Milne,  Catal.  general  des  ant.  egyptiennes 

nes  und  Ttüus.  Mit  Bücheier,  Carm.  epigr.  974  du  Musee  de  Caire,   Gr.  inscr.  18  (1905)  p.  43 

und  1532  {Dessau  nr.  8168)  biegen  wir  ganz  in  40  nr.  1190  Name  einer  ägyptischen  Göttin  auf  der 

griechische  Vorstellungen  ein  (der  Tote  werde  Inschrift  einer  Basis:  TsGsvovcpi  ^s{oc)  Jlgccnfi- 

Erde  und  deshalb  selbst  Gott).   Bemerkenswert  vig  <^^y7toi{7\Gs).   Dagegen  erkennt  U.  Wilcken, 

ist  noch  CIL  VI  3731  (=  31052),  Dessau,  Inscr.  Arch.  f.  Papyrus  forsch.  4,  244    in    Tesenuphis 

Lat.  sei  3951  {dea^  piae  et  conservatrici  meae).,  einen  Personennamen,  in  Tramenis  den  Gottes- 

die  Inschrift  ist  auf  dem  Epistyl  einer  Kapelle  namen,  und  zw&i  =  IJQccfiaQgfjg  und  liest:  Ts- 

eingemeißelt,  wo  T.  m.  thronend  —  nicht,  wie  osvov(pL  (nicht    gräzisiert  oder    TaötvovcpiC^gy) 

die  Erdgöttin  sonst,   sowohl  in  Griechenland  ^e{a})    Ugccfi'qvi,   i'7ioi{7\aBv).   —   Der   Personen- 

wie  auf  römischem  Gebiete,   gelagert  —  dar-  name  ThOBvovtpLg  begegnet  häufig:   s.  d.  Index 

gestellt  ist  (Abb.  bei  Visconti,  Bull,  munic.  I,  bei  Wessely,  Karanis  und  Soknopaiu  Nesos  in 

1872,  Taf.  3).    Durch  Inschriften  {CIL  VI  771  f.)  50  Denkschr.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  phil.  hist.  Kl. 

wird  ein  ihr  gehöriges  Heiligtum   auf  einem  47  (1902),  IV.     [Höfer.] 

südlich  vom  Aventin  belegenen  Hügel  erwiesen,  Testimonius ,  sonst  unbekannter  Gott,  er- 
Hülsen-Jordan, Topographie defSt.  Bomld,  191.  scheint  neben  Saturnus,  Tellus,  luppiter,  Nu- 
Bei  der  Säkularfeier  des  J.  17  v.  Chr.  wurde  trix,  Hercules,  Mercurius  und  Venus  auf  In- 
der griechischen  Gaia  als  T.  m.  geopfert,  CIL  Schriften  aus  Aziz  ben  Tellis  (Provincia  Numi- 
VI  32323, 136     Vgl.  Gaia  u.  Tellus.     [Eitrem.]  dia),  C.  I.  L.  8,  8246.  8247.    Dessau,  Inscr.  Lat. 

Territor,   Beiname   des  Juppiter  auf  einer  seZ.  2,  4477.  4477  a  p.  194,    Der  Name  Testimo- 

Weihinschrift  auf  einem  Altar  in  Tibur:  Sancto  nius  läßt  vermuten,   daß  der  Gott  im  beson- 

lovi  Territori  sacrum,  Bulletiro  1849,  94.  C.  I.  deren    als   Zeuge    und  Schwurgott    angerufen 

L.  14,  3659,  Dessau,  Inscr.  Lat.  .sei.  3028.  60  worden  ist.     [Höfer.] 

[Höfer,]  Tethum  (te-ö'  um)  liest  man  in  der  dritten 

Terror.    1)  Personifikation  des  Schreckens,  Randregion  des  Placentiner  Temphims,  dessen 

mit  Luctus,  Pavor  und  Insania  im  Gefolge  der  Literatur    ich    weiter    oben    angegeben    habe. 

Teisiphone,  Ov.  Met.  4,  484  f.,  mit  Metus  und  Bezüglich   der   Lesung  dieser   Form   bestehen 

Furor  Begleiter  des  Hannibal,  Sil.  Ital.  4,  325.  zwei  Unsicherheiten;  zunächst  in  bezug  auf  den 

Carl  Bich.  Berge,  De  belli  daem^nibus,  qui  in  dritten  Buchstaben,    den  Poggi  als  O  -9"  gibt, 

carminibus  Graec.  et  Born,  inveniuntur  (Diss,  während  Deecke   in    seiner  Zeichnung  O  hat. 

Leipz.   1895)    49  f.      A\s  jugendlicher   Kampf-  Daraufhin    hatte   ich   selber   {Etr.  Fo.  u.  Stu. 


393                         Tethum  Tethys                          394 

3,  146 fF.)  geglaubt,  daß  vielleicht  toc|vm  ge-  der  Region  13'.     Letzteres  ist  der  abgekürzte 

lesen  werden  könne,  und  hatte  dies  als  einem  Genetiv.     Nach   der  Analogie    der  weiblichen 

lat.  *Decuma  entsprechend  angesehen.     Auch  Genetive    petrual,   pumpual   usw.    müßte    der- 

Deecke    (bei    Krall,    Mumienhitulc    56)    wollte  selbe  *te'0^ual  oder,  mit  Metathese  der  Aspira- 

später,  weil  auf  der  Mumienbinde  (12,  5)  eine  tion   -O'etual   lauten.     Letztere    Form    liegt   in 

Form   tecum    sich    findet ,    «o    auch    auf  dem  unserem  -ö-etl   in   abgekürzter  Schreibung  vor, 

Templum  lesen.     Aber  die  Stelle  auf  der  Mu-  abgekürzt  in  derselben  Weise  wie  in  lieg.  11' 

mien binde  ist  völlig  dunkel,   und  wir  haben  das  Ivsl  aus  Ivnsal  abgekürzt  ist,     |C.  Pauli.] 

gar  keinen  Anhalt,   daß   das  tecum  dort  ein  Tethys  {Tri9"vs)    1)  Gemahlin  des  Okeanos. 

Göttername  sei.     Nach   den   Abbildungen   des  lo  Bei  Homer  wird  Tethys  nur  in  einer  Epi- 

Templums  bei  Fofjgi  und  Deecke  scheint  doch  sode   des  14.  Gesanges  erwähnt:   Hera   begibt 

tea^ivm    die   richtige   Lesung    zu   sein,    womit  sich  zu  ükeanos  und  Tethys:  ^Uv.Bav6v  xt  d-eiov 

dann  natürlich    meine  Schlußfolgerungen  hin-  ytveaiv  xal  ^rix^Qa  Tr]ifvv,  v.  201.  302;  vgl.  C. 

fällig  werden.    p]ine  weitere  Frage  ist  die,  ob  Robert,  Studien  zur  Ilias   482.    —    Der  Vers 

dies  te^jvm  ein  einziger  Gottesname  sei,  oder  wird  oft  angeführt,  P/aio,  2'heaet.  lb2E.  Cratyl. 

ob  es  Abkürzungen  von  zweien  seien,     l^oggi  402  B.    Fhilodem.   negl   svasß.   p.  19    Gomperz 

und  Deecke  (a.a.O.)  fassen   das   Lautgebiide  {Diels,  Frgm.d.Vorsokrat.'i^,  1,4^36  i'r.b).   Theo- 

als    einen    einzigen    Namen    auf,    allein    ich  doret.   Graec.   a/f'ect.  cur    2,  29    (p.  26  Sylb.  = 

glaube  nicht,    daß   das  richtig  ist.     Die  übri-  p.  44    Bäder).     Asklepios    in   Arist.  Metaphys. 

gen  Randregionen  des   Templums,   sofern  sie  20  983a  24  (p,  25, 10  Hayduck);  vgl.  Arist.  Meta- 

mehrzeilig  sind,   nämlich   1.  (auch  diese!),    2,  phys.  1,  3  p.  983**  27  =  JDiels,  Fragm.  d.Vor- 

15,  und  16  enthalten  alle  zwei  Götternamen,  sokratiker  1',  9  frgm.  12  {Thaies)  2,1,475.  frgm. 

und   es    ist   nicht   anzunehmen,    daß   nur   die  10  {Orpheus).  Gregor.  Naz.  or.  Sl,  16  =  Migne, 

3.  Region  davon  eine  Ausnahme  machen  solle.  Patrol.  Ser.  Gr.  36  p.  152  {rag  Ttgcorag  aixiag' 

Aber  es  kommt  noch  ein  zweiter  Grund  hinzu,  ovg    Si]   xccl   'Slyisccvbv  yial   Tri^-vv  .  .  .   dvoiid- 

der    für    zwei    Namen    spricht.     In   Reg.  13'.  ^ovöl).     Daher  führt  Tethys  wie   ihr  Gemahl 

wird  -O^etlvmr  (so  Deecke,  während  Poggi  -ö^etl-  Okeanoa  {Cornut.  de  nat.  deor.  p.  25  Os.  =  p.  8 

vm-ö-  liest)  gelesen.    Hiermit  haben  beide  unser  Lang)  das  Epitheton  ScQxsyovog,  Nonn.  Dionys. 

te^jvm    zusammengebracht,    indem    sie    auch  8,160.  —  Denn    einst,    als    Zeus    den    Kronos 

•ö^etlvmr    als    einen    einheitlichen  Namen  auf-  30  unter  die  Erde  versetzte,  hat  Rhea  ihre  Tochter 

fassen.     Allein   so  gut  in  Reg.  12  das   cvlalp  Hera  zu  Okeanos   und  Tethys  gebracht,  und 

zwei  Namen  enthält,  nämlich  culsu  und  alpan,  diese  haben  die  jugendliche  Göttin  aufgezogen 

ebenso  auch  das  -O^etlvmr,   und  zwar  ist  es  zu  (v.  202  ff.).    Jetzt  aber  leben  Okeanos  und  Te- 

zerlegen  in  -O-etl  und  vmr,   ersteres  ein  abge-  thys  schon  lange  Zeit  entzweit  und  enthalten 

kürzt  geschriebener   Genetiv,   wie   das  Ivsl  in  sich  der  ehelichen  Gemeinschaft  (v.  206.  305). 

Reg.  11'.     Die  gleichen  beiden  Namen  enthält  Nun  möchte  Hera  zum  Danke  für  die  dort  ge- 

nun  aber  ganz  ohne  Zweifel  auch  unser  teO"  vm,  nossene  Pflege  die   zürnenden  Ehegatten  mit- 

und  es  ist  somit  in  1%%'  und  vm  zu  zerlegen.  einander  versöhnen.    Die  Erziehung  der  Hera 

Wegen  des  letzteren  verweise  ich  auf  den  Ar-  bei  Tethys  erwähnt  auch  Luc.  Tragodopod.  94; 
tikel  Um-r,  Um,   das  erstere  aber  ist  hier  zu  40  vgl.   Schol.   Townl.  Hom.  II.   14,  296;    spätere 

behandeln.     Die  verschiedene  Schreibung   te-ö*  Dichter,    angeblich    schon    Hesiod    {frgm.   260 

und    -ö^etl   kann    die   Identität  beider  Formen  Bzach),  erklären  die  Tatsache,  daß  das  Stern- 

nicht  hindern :    Tenuis  und  Aspirata  wechseln  bild    der    Bärin  —  die    verstirnte    Kallisto  — 

im  Etruskischen  so  häufig,   daß  es  besonderer  niemals  in  die  Fluten   des  Ozeans  tauche,  d. 

Beispiele  hier  gar  nicht  bedarf.     Die  richtige  h.   nicht   untergehe,    daher,    daß    Tethys    aus 

Deutung-    unseres    Götternamens    hat    bereits  Freundschaft  für  ihre  Pflegetochter  Hera  jene 

Deecke    {Etr.   Fo.  4,    42)    gegeben,   indem    er  als  deren  Nebenbuhlerin  vom  Bade  im  Meere 

darauf  hinweist,  daß  Martianus  Capella  inRe-  ausschließe,    Hesiod   frgm.  260    p.  409   Bzach. 

gion  13  die  Fata  aufführt,   und  daß  Plutarch  Ov.  Fast.  2,191.    Metam.  2,509.  527  ff.    Hygin. 
{Momul.   2)  berichtet,   der  Albanerkönig  Tar-  50  f.  177  (p.  30 f.  Schm.).  Astronom.  2,1  (p.  31,15 

;^etios  (s.  d.)  habe  die  etruskische  Orakelkönigin  Bunte).  Schol.  Stat.  Hieb.  3,  685.  Mythogr.  Lat. 

Trid'vg  befragt.     Aus   der  Kombination  dieser  2,  59.    Lact.  Placid.  Narrat.  Fab.  Ovid.  2,  5/6 

beiden   Tatsachen  schließt  Deecke,    daß  diese  p.  639  Magnus. 

Trid'vg,  die    ''schwerlich   die  griechische  Meer-  Bei  Homer  erscheint  also  Okeanos  als  Vater 

göttin  dieses  Namens  sein  kann',  in  den  -d'etl-  und  Tethys  als  Mutter  der  Götter.    Das  hätte 

vmr  der  Region  13'  des  Placentiner  Templums  nach  Plato  Cratyl.  402  B  "OftTjpos  'Sl-Ksavöv  xs 

enthalten  sei.     Der  Schluß  ist  zweifellos  rieh-  dsmv  yivsöiv  cpriai  xai  ^r}x^Qcc  TriQ"vv,  ol^ai  Ss 

tig,  nur  ist  die  von  Deecke  gegebene  sprach-  %ocl  ^Höloögv"^)   auch  Hesiod  überliefert.    Aber 

liehe   Erklärung   der   Lautgruppe  -ö-etlvmr,   in  das  ist  nicht  zu  glauben,  ebensowenig  wie  die 
der  er  ja   eben  nur  eine  einzige  Form  sieht,  60  von  Theodoret  a.a.O.  2,  28  f.  ebenfalls  auf  Äe- 

irrig.    Nach  dieser  Richtung  hin  ist  also  seine  siod  zurückgeführte  Angabe,  daß  Okeanos  (und 

Darlegung  zu  verbessern,  und  zwar  folgender-  also  auch  Tethys)  von  Chaos   abstamme;   vgL 

maßen.    Die  etruskische  Schicksalsgöttin  heißt  Sittl,  Wiener  Studien  12  (1890),  39  und  Anm.  6. 
teO-u.     Diese    Form    gibt    das    griech.    Trid'vg 

an  die  Hand,   dessen  -g  natürlich  griechische  *n  t^- ,     i.-          .   .,  rr      t    .^      «..  ..-„/,! 

r/    i.„i.    •   j        -rw-             i.    Q.       •  j.         i_M  1    j.         •            T-»  )  -Diet».   rragmente  d.  Vorsokrattker  2-,  1,473:  Orpheus 

Zutat  ist   ^  Dieses  te^u  ist  gebildet,  wie  z.  B.  ^^J,^  ^^^  j,J^  ^^  ^^,  ^,^^^  33,  ^^^^^^^^^^  ^  ^^nit 

der   etruskische   Vorname  ravn^n,    und    ist   er-  Uarecht,    diese    Erwähnung    des    Henod.   auf  Theog.  337: 

halten  in  dem  te'9'  der  Reg.  3  und  dem  '^•etl  T^9hi  d'  "Sly.t<xv(ä  notai-iovg  täxs  ötv>jsvtag. 

ßoscHBB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V.  14                     , 


395                          Tethys  Tethys                         396 

Gruppe,  Jahrb.  f.  kltss.   Phü.  Suppl   17,696.  Stat.AchiU.  1,222  {yg\.  Herrn.  Mayer,  Fhihlog. 

Denn  bei  Hesiod  (Theog.  136)  stammt  Tethya.  63  [1894],  1«J6):   'duae  sunt  T(h)etides,  vmior 

wie  ihr  späterer  Gemahl  Okeanos,  von  Uranos  et  minor;  minor  fuit  mater  Achülis,  maior  vero 

und  Gaia:  ihre  Geschwister  sind  Koios,  Krios,  fuit  coniux  Oceani.''  —  Schließlich  heißen  auch 

Hyperion,  lapetos,  Kronos,  Theia,  Rhea,  The-  die  Moiren  &fivaiiot  (=  iTtoyoroi)  Ti]^vos,  Ly- 

mis,  Mnemosyne,  Phoibe.   Damit  stimmen  mit  kophr.  Alex.  144  und  Tzetz.  z.  d.  St.  (p.  67,22f, 

kleinen  Varianten  überein    Orpheus   frgm.  95  Scheer). 

{Abel;  vgl.  Fr.  Susemihl,  De  Theogoniae  Orph.  Im  Mythos  spielt  Tethys  eine  unbedeutende 

forma  antiquissima  [Index  Schol.  Gryphiswald.  Rolle;  ihre  Pflegschaft  au  Hera  ist  schon  oben 

S.  S.  1890]  XX).    ApoVod.  1,1,3.    dem.  Rom.  lO  Sp.  894  erwähnt;  vgl.  Quint.  Smyni.  5,398  und 

Hom.  5,  6, 2  {Migne,  Patr.  Ser.  Gr.  2, 196)  und  Kochly  z.  d.  St.    Den  Priamiden  Aisakos  (s.  d. 

bei  Eufin.  Becogn.  10,  17.     Die   Abstammung  nr.  1)  verwandelt  sie  nach  seinem  Meeressturz 

des  Okeanos  und  der  Tethys  von  Ge  und  Ura-  aus    Mitleid    in    einen   Taucher,    Ov.  Md.  11, 

no8  kennen  auch  Plato,  2'im.  40  E  (vgl.  Proklos  784  ff.  Ad.  Döring,  Griechische  Heroen  u.  Abend- 

in  Plat.  Craiyl.  402  c  p.  82,  24  Pasquali)  und  geister  44.    Den  Glaukos  aus  Anthedon  läutert 

Cicero  Tim.  11,  der  aber  in  seiner  Übersetzung  sie  und  ihr  Gemahl  Okeanos  mit  der  Flut  von 

für  Tethys:  Salacia  (vgl.  Serr.  Verg.  Aen.  1,81)  100  Strömen    zum   Gotte,   Ov.  Met.   18,  950  ff. 

eingesetzt    hat;    vgl.    Fries,    Bhein.  Mus.   66  Fr.  Marx,  Arch.  Zeit.  43  (1885),  174.   Dies  be- 

(1900),  34  f.,  vgl.  ferner  Kallim.  Hymn.  4,17.  zieht  sich  wohl    auf  die  Annahme,    daß    das 

Ov.  Fast.  6,81.  Comut.  nat.  deor.  17  p.  93  Os.  20  Meerwasser  reinigende   Kraft  {Q-aXaGoa  -^Xv^f-i 

=  21,2   Lang.     Bei  Diod.  6,66,3  findet  sich  -xavta  t&vd^QutnQOiv  -ku-höl,  Eur.Iph.Taur.lVd'd\ 

neben  der  Abstammung  von  Uranos  und   Ge  vgl.  Apoll.  Bhod.  4,663)  besitzt;  freilich  kann 

auch   die  Überlieferung:   fx  rivog  tutv  Kovgt]-  es    auch    ein    so    gräßliches   und   großes   Ver- 

ttov  xal  iiriTQOs  Tiraiag.   Bei  Hygin.  fab.  praef.  brechen  geben,  ^quantmn  non  ultima  Tethys  \ 

(p.  10, 2)  werden  als  Eltern  des  Okeanos  und  Nee  genitor  lympharum  ahluit  Oceanus\  Catull. 

der  Tethys  Aether  und  Terra  genannt.  88,  5.   Über  den  metonymischen  Gebrauch  von 

Die  schon  bei  Homer  erwähnte    Ehe    des  Trj^v^  =  ^Meer'  s.  Mar.  Haupt,  Opuscula'^,!^ 

Okeanos  und  der  Tethys  besang  Orpheus  {frgm.  In   enger   Beziehung   steht  Tethys  zu   Helios, 

32    Abel  =  Diels,    Fragm.    d.    Vorsokrat.   2',  1  dem   Gemahle  ihrer  Tochter  Klymene   (s.  d.), 

p.  473  frgm.  2)  mit  den  Versen :  '^ycsccvbg  ngm-  30  und  zu  ihrem  aus  dieser  Ehe  hervorgegangenen 

TOS  yiuiXigQoog   tjq^s  ydfioio,  og  ga  xaaiyvi^vriv  Enkel    Phaethon:    sie   entfernt   jeden    Morgen 

6iio^iqroQa   Trid-vv  önviev;  vgl.  dazu  0.  Kern,  die  Schranken,   durch  welche  die  Sonnenrosse 

De    Orphei   Epimenidis    Pherecydis   theogoniis  zurückgehalten     werden,     Oi\    Met.    2,  155  f. 

guaest.  crit.  40  f.    Gruppe,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  Freilich  versetzt  Ovid  merkwürdigerweise  diese 

Suppl.  17,695;  (vgl.  auch  Gruppe  oben  Bd.  3,  Handlung  auf  die  am  hohen  Himmel  gelegene 

Sp.  1122, 19  ff.  s.v.  Orpheus).  <S»wsc)wt7jZ,  JaÄrZ). /*.  Sonnenburg,    Haupt    zu    Ov.    Met.  a  a.  0.     G. 

klass.  Phil.  141  (1890),  822.  Eine  große  Zahl  von  Kyiaack,  ^aest.  Phaethonteae  (==  Philol.  Unters. 

Kindern  (daher  heißt  Tethys  itoXvzB-Kvog,  Aesch.  8)  p.  29.  68.    Tethys  schaut  mit  Besorgnis  zu, 

ProjJi.  137)  stammen  aus  dieser  Ehe:  die  Flüsse,  wenn  Helios  den  letzten  Teil  seiner  Fahrt  auf 

die  in  runder  Zahl   als  3000  {Hes.  Theog.  367)  40  jäh  abfallender  Bahn  zurücklegt,   und  nimmt 

angegeben  sind  und  von  denen  25  namentlich  ihn    im   Schöße   der  Meeresflut  auf,    Ov.  Met. 

aufgezählt    werden,    Hes.   Theog.    337  ff. ,    vgl.  2,  68  f.  Nach  dem  Sturze  des  Phaethon  sammelt 

Bd.  3  Sp.  813,  66  ff.  Akusilaos  bei  Didymos  bei  sie  mühsam   die  Joche   der    Sonnenrosse    und 

Macrob.  Sat.  6, 18,  9  f.  {Arn.  Kordt,  De  Acusi-  die  zerstreut  umherliegenden  Teile  des  Sonnen- 

lao  16  frgm.l.  Diels,  Frgm.  d.  Vorsokr.  2\ol5  wagens    (angeblich    Metallreliefdarstellung   an 

frgm.  21).  Schol.  Theokr.  8,33.  ApoUod.  2, 1, 1,  2.  einer  der  Doppeltüren  des  Kolchischen  Apollon- 

3,12,6,4.  Diod.  4,69,1.  72,1.  Himer.  bei  Phot.  tempels.  Fr.  Wieseler,  Phaethon  19;  vgl.  aber 

Bibl.  867  a  2  (ya^ot  'Äxaarov  xal  Tr\^vog  [Ov.  auch  Bd.  3  Sp.  2195,  8  ff.),   Valer.  tlacc.  5, 431  f. 

Met.  9, 499]  .  . ,  &(p'   mv  ScviGxovai,  fihv  TLoxa-  Damit  stimmt  überein   die  erhaltene  Darstel- 

\iol   xal  Ai^ivai,   hi  ds  Kgfjvai  xal  Uriyal  xal  50  lung  der  Tethys  auf  der  Bd.  3  Sp.  2195  f.  nach 

^Qiaxa  xal  rj  nüvxcov  nrjtriQ  vd^iarav  0dXa66a).  Philolog.  58,41  abgebildeten  aretinischen  Becher- 

Daher  heißen  die  Flüsse  Tqd"vog  naldsg,  Aesch.  form  (Abbildung  jetzt  auch  bei  Karl  Hähnle, 

Sept.  311;  femer  werden  als  Sprößlinge  dieser  Aretinische    Belief keramik    [Tübinger    Dissert. 

Beiden    genannt    die    von  Hes.  Theog.  364  in  1915],    auf   der    als    Ort   der    Szene  wohl   der 

runder  Zahl  als  3000  angegebenen  Okeanides  Okeanos,  nicht  wie  sonst  der  Eridanos,   anzu- 

(s.  d.),    Hes.  a.a.O.  346 ff.    Aesch.  Prom.  137.  nehmen   ist,    Gruppe,  Bursians  Jahresber.  137 

ApoUod.   1,  2,  2;    vgl.   Kallim.  Hymn.   3,  44  f.  (1908)  Suppl.  63  S.  595. 

Nach  Mythogr.  Lat.  1,  204,  4  stammt  aus  dieser  Dargestellt  war  Tethys  wahrscheinlich  fer- 
Ehe  auch  Caelus  (s.  d.):  der  Vater  heißt  hier  ner  auch  auf  der  Fran9oisvase  neben  ihrem 
Okeanos-Nereus-Ophion  (s.  d.);  statt  Tethys  60  Gemahl  Okeanos,  dessen  Gestalt  gleichfalls 
wird  als  Mutter  'maior  Thetis'  genannt,  ebenso  verloren  ist,  der  aber  durch  die  erhaltene  In- 
findet sich  diese  Bezeichnung  beim  Myth.  Lat.  schrift  •  %savog  gesichert  ist,  Fu/rticängler  und 
1,204,32:  Maior  Thetis,  uxor  Oceani  genuit  Beichold,  Griech.  Vasenmalerei  Serie  I  Text 
Thetidem,  matrem  Achillis,  —  merkwürdig  und  S.  6  (wo  versehentlich  [vgl.  S,  315  Anm.]  Thetis 
Singular  ist  hier  das  genealogische  Verhältnis,  gedruckt  ist),  wohl  auch  auf  der  linken  Trep- 
das  die  Tethys  zur  Mutter  der  Thetis  macht;  penwange  der  Nordwestseite  des  großen  per- 
Enkelin des  Okeanos  und  der  Tethys  heißt  gamenischen  Altars,  wo  sie  mit  Nereus,  Doris 
Thetis  bei   Catull.  64,  29  — ;  vgl.  auch  Schol.  und    Okeanos    gegen    die    Giganten    kämpfte, 


397                          Tethys  Tetracheir,  Tetracheiros           398 

H.  Winnefeld,    Die  Friese   des  großen  Altars  Hom.  II  14,  201.  Fust.  ad  irom.  IL  978,  20.  50. 

(=.  Altertümer  v.  reigamon  IIP)   Beilage  3.  4;  10b4,  34.    Herodian  ed.  Lentz  2,1,23.    JIrsych. 

vgl.  auch  S.  lieinach,  Repertoire  de  reliefs  grecs  b.  v.   Tr]d-vg.     Tzetz.  Exeg.  IL  90,  8  Hermann. 

et  romains   1,  20G.     Über  die  Darstellung  der  Tzetz.  Alleg.  in.  llesiod.  Theog.  134  {Poet.  Min. 

Tethys  auf  einem  Sarkophag  der  Villa  Medici  Gaisford  2  p.  556)  =  Anecd.  var.  Gr.  et  Lat.  ed. 

in   Korn  8.  Bd.  3  Sp.  573/4  (vgl.  Sp.  576,6).    Auf  Schocll-Studemund  1  S.  23H  Anm.  v.  146  {Tri»v? 

dem    oberen    Felde    des    Mosaiks    von    Portus  rBFriX^iov^Eavicc).  E.  Buchholz,  Homer.  Realien 

Magnus  (abg.  Arch.  Jahrb.  5  [1890]  Ö.  216  und  3,  1,  S.  9.     Welcher,   (Jr.  Götterl.  1,  S.  618.    L. 

Tafel  4)  erkennt  C.  Robert,  Arch.  Jahrb.  a.a.O.  Döderlein,  Homer.  Glossarium  3,258  nr.  2349. 

233  Tethys   sitzend  neben  ihrem   greisen  Ge-  lo  G.  Curtius,  Grundzüge  der  griech.  Etymol  ^  253. 

mahl  Okeanos,  neben  dem  seine  Tochter  Phi-  Rott,  Zeitschr.  für  Völkerpsychologie  u.  Sprach- 

lyra  steht.    Von  einer  Darstellung  der  Tethys  Wissenschaft  14  (1882),  48.  Kuhns  Zeitschr.  für 

und  ihres  Gemahls  auf  dem  Schilde  des  Achil-  vergl.  Sprachforschung  8, 175 f.;  vgl.  auch  Rlut. 

leus  berichtet  Quint.  Smyrn.  5,14.  de    Is.  et    Os.  34:    oI'ovtccl  .  .  slvai  .  .  .  TriQ'vv 

Auch    auf   Fluchtafeln    und   im   magischen  ^Ißi.v,  tos  riQ-i]vov\ibvr]v  Ttävxa  y.ai  övvsxrgicpov- 

Zauber    erscheint    Tethys:    kcctccöü)    fltoÖcaQuv  cccv.  —  Nach  Rlato  Cratyl.  402 cd   ist  Tetliye 

TtQog    Tov   ^Eqhi]v   Toy    jj-S-or/ov   -nccl   ngb?   tovg  *7cr\yiig  livo^ia  iTtixexQv^iiL^vov.    To  yuQ  Sicctrü)- 

aTeXtCTox^S    xcxl    Ttgog    rijv    [T]rl^^vv,     Wünsch,  fievov  (^durchsieben*)  ynd  xb  rjO'oviitvov  (^durch- 

Rliein.  Mus.  55(1900),  6Ö.  AudoUent,  Deflxion.  sickern')  nriyfi?  ccTtsixaGiicc  iativ,  iyi   öh  tovtojv 

tab.  68  B  p.  96.    Die  auf  den  ersten  Blick  seit-  20  ccfxcportQav  t&v  ovoudtav  rj    Trid-vg  t6    övoßcc 

same   Erwähnung    der  Tethys   in   diesem   Zu-  avyycsitai'  vgl.  Proclus  in  Piaton.  Cratyl.  a.  a.  0. 

sammenhange    erklärt    sich    mit    Wünsch    am  p.  83, 7  ff.   Pasquali:  divo^actai  ij  Trid-vg  nccga 

besten  wohl  aus  der  Auffassung  der  Göttin  als  to  dLarrw^svov  v.ccl  fid-ov^evov  olov  JLccxtr\%-vg 

Mutter  Erde   (s.   unten)    —    also    als    chthoni-  xccl  äfpccigbCht  xibv  TcgwTcov  ovo  6vXlaßä)v  Tt]- 

scher    Gottheit.    In    dem    magischen    Hymnus  &vg.    Nach  Elard  Hugo   Meyer,  edd.  Kosmo- 

an  Selene  weist  der  Vers:  Tri&vg  xs  xr]v  arjv  gonie  10   (vgl.  Gruppe  in   Bursians  Jahresb'er. 

xovq)iosi  oUov^hriv  (Wessely,  IJenkschr.  d.  Kais.  85  [1895]  S.  287)  wäre  Tethys  =  assyr.  Thauat 

Akad.    d.    Wiss.    zu    Wien:    Rhil-hist.    Gl.    36  oder  Tiamat  (s.  d.).   —   2)  Mainadenname   — 

[1888],  JI  S.  102  V.  2312)  auf  eine  von  Tethys  a)    auf  einer    rf.    Kilix   der  Sammlung   Dzia- 

als  Göttin  des  Meeres  drohende  Überschwem-  so  lynski,  Longperier,  Rev.  arch.  N.  S.  17  (1868), 

mung  hin,    Br.  Küster,  De  tribus  carminibus  351  nr.  11.    Heydemann,  Satyr-  und  Bakchen- 

papyr.  Paris,  mag.  SS,  was  v.  Herwerden,  Mne-  namenS2nT.X.  Ch. pyänkel^BakchcnnamenS. 9Sf. 

moys.   16    (1888),    342    deutlicher    durch    die  nr.  z.  —  b)  auf  einem  Krater  im  Brit.  Museum, 

Lesung:   T^d-vg  rs  tijv  yqv  voecpulx'  oUrirogoav  Heydemann  a.  a.  0.  16  nr.  N.    Cecil  H.  Smith, 

zu  machen  sucht.  Cat  of  the  greek  and  etruscan  vases  in  the  Brit. 

Einen  Kultus  hat  Tethys  wohl  nicht  be-  Mus.  3,  299  nr.  492  (mit  weiteren  Literatur- 
sessen: weder  sind,  worauf  Gruppe,  Gr.  Myth.  angaben).  Ch.  Fränkel  a.  a.  0.  S.  92  f.  nr.  i: 
420,6  hinweist,  Personen-  noch  Ortsnamen  er-  [TE]OY$.  —  3)  etruskische  Orakelgöttin  s. 
wiesen;  auch  die  Behauptung  von  lümpel,  oben  s.  v.  Tethum  u.  d.  folg.  Art.  [Höfer.] 
Philol.  53  (1894),  197  f.  (vgl.  auch  v.  Wilamo-  40  Tj^^^vq,  Name  einer  etruskischen  Orakel- 
witz,  Aristoteles  und  Athen  2,181  Anm.  26),  daß  göttin  bei  Phitarch  {Romul.  2).  Näheres  da- 
die  Meermuschel  xri^^vg,  xfjd'og  (Plur.  xri%-sa,  rüber  s.  in  meinem  Artikel  s.  v.  tethum. 
xTqQ^va.,  x')]&ri)  der  Tethys  geweiht  und  nach  ihr  [C.  Pauli.] 
genannt  sei,  ist,  wenn  auch  möglich,  doch  Tetracheir,  Tetracheiros  {Tatgdxsig,  Tsxgd- 
nicht  erweisbar;  vgl,  Gruppe,  Bursians  Jahres-  %sigog),  Beiname  des  Apollon,  Anonym.  Lau- 
ber. 102  (1899)  S.  240  Der  Dichter,  der  ihr  rent.  in  Anecd.  var.  Gr.  et  Lat.  ed.  Schoell- 
Orph.  Hymn.  22  weihte,  ließ  sich  mehr  wohl  ^S^^wcZewmncZ  1,  267,  Hjg,  und  zwar  in  Lakedaimon 
durch  die  theogonische  als  durch  die  Kultus-  nach  Sosibios  {F.  H.  G.  2,  627,  frgm.  11)  bei 
Überlieferung  bestimmen;  ebenso  Alexander  Zenob.  1,  54  (=  Apostol.  1,  93):  kTtoXXcov  .  .  .  , 
der  Große,  der  ihr  und  dem  Okeanos  am  In-  50  ov  TsxQdj^si,Qcc  xccl  Tstgaoaxav  Idgvßavxo 
diseben  Ozean  Altäre  errichtete,  Diod.  17,104;  Acoisäcciuovioi,  cog  (pr]6L  UcoaißLog,  oxi  xoiovxog 
vgl.  Werner  Baege,  De  Macedonum  sacris  {Dis-  acpd-ri  "^otg  Ttsgl  'i^vyiXav  ^axo^svoig;  vgl.  Tresp, 
sert.  Phil.  Halenses  XXll,  1)  S.  131  f.  Nachdem  Die  Fragmente  der  griech.  Kultschriftsteller, 
Vorbild  Alexanders  hat  Demetrios  von  Tarsos,  {Religionsgesch.  Versuche  u.  Vorarbeiten  XV,  1) 
der  Freund  Plutarchs  (vgl.  de  def.  or.  2),  nach  S.  136.  Einen  Apollon  TsrpacoTo?  allein  erwähnt 
seiner  Rückkehr  von  einer  Ozeanfahrt  in  Ebu-  Diogen.  2,  5.  Dem  Apollon  Tsxgdxsig  wurde  als 
racum  (York)  in  Britannien  ein  Weihgeschenk  Opfer  ein  Rind  geschlachtet;  die  aus  dessen  Felle 
aufgestellt  'Sl-nsavo)  ycccl  Ttj'&vt,  Ephem.  Epigr.  geschnittenen  Riemen  wurden  als  Kampfpreise 
3,312.  I.  G.  14,' 2548.  Dessau,  Hermes  46  yeiliehen,  Hesy eh.  s.  y.-Kvvccyticcg.  Ein  kTtoXXcovog 
(1911),  157  ff.  60  Tbxgd%Eigog    dyccX^cc   erwähnt    Liban.  Antioch. 

Etymologie.  Im  Anschluß  an  das  der  Tethys  {or.  11)   ed.  Reiske  1   p,  340,  6  =  ed.  Foerster 

von  Ho7ner  gegebene  Epitheton  ^rjxrig  stellen  1,  507,  12,  einen  Priester  desselben  Gottes  das 

schon    die   meisten   alten   Erklärer    Tr]d"vg   zu  Epigramm    aus    Sparta    I.  G.  5,  1,  259  p.  81: 

trj^r,,  xL&7jvr]  (vgl.  Luc.  Tragodopod.  94:-.  '"'Hguv  ^Igsvg  6sio,  Mäxcagcc,  '/.a[6iyvi^xov]  Tsxgdxsigog. 

ixL^T]vaxo  Tri^^vg)  und  erklären  den  Namen  als  Nach    einer    nicht    ganz    unversehrten    Glosse 

xQocpog  (vgl.  das   Epitheton   der  T.  navxgöcpog  bei  Hesych.  s.  v.  xovQidiov  nannten  die  Lake- 

bei  Nonn.  Dionys.  23,  285)  und   y?},   Etyjn.  M.  dämonier  ihren  Apollon  Tetracheir  auch  xov- 

756,37.   Suid.  s.  v.  Tr\^vg  2.   Schol.  Ven.  A.  B.  gi^iog.  Aus  diesen  Zeugnissen  geht  hervor,  daß 

14' 


399                     Tetragoneites  Tetrakephalos                   400 

wir  eine  Doppelbildung,  wie  solche  sich  auch  416  f.  =  F.G.Kenyon,  Greek  papyri  in  the  Brit. 
sonst  finden  (s.  lanus),  mindestens  des  Kopfes  Mus.  CataJogue,  with  texts  S.  78v.  401  f.  = 
und  des  Oberkörpers  anzunehmen  haben,  Ger-  Alb.  Dieterich,  Ahraxas  64.  —  b)  Wessely,  Neue 
)wrd,  Gr.  Myth.  1,  317,  §  813,  2c.  Welcher,  Gr.  ariech.  Zauberpapyri,  Denkschr.  usw.  42  (1893), 
Götter/.  1,473.  Overbeck,KumtmyÜwl()gie  Apollon  II  S.  45  v.  736  =*=  Kenyon  a.  a.  0.  S.  105  v.  669. 
8  f.  H.  Use7ier,StrenaHelbi(fianam)  u  Anm.  3.  —  c)  O.  Plaßherg,  Arch.  f.  l*apyrus forsch.  2 
Vielleicht  enthielt  ein  leider  verlorengeganee-  (1903),  20ü.  Hermes  wird  in  diesen  Hymnen 
nes  Relief  aus  Sparta  eine  Darstellung  des  angerufen  als:  tftpoyyiUf  xai  xixQdytavB  Xoyaiv 
Apollon  Tetracheir:  „bekleidete  weibliche  Figur,  aQxr]yitu  yXmaaris.  Dieterich  bezieht  den  Gene- 
siehend,  von  vorne,  mit  vier  Armen;  der  rechte  lo  tiv  Xöyav  zu  den  folgenden  Worten,  inter- 
Oberarm hält  einen  Zipfel  des  Gewandes  über  pungiert  als  nach  TfTpaywvf,  doch  kann  er 
der  Schulter,  der  rechte  Unterarm  einen  öl-  ebensogut  mit  tergccytovs  verbunden  werden, 
zwei^,  gegen  den  sich  eine  Schlange  aufrichtet;  Auf  jeden  Fall  aber  liegt  kein  Grund  vor,  die 
der  linke  Oberarm  hält  einen  Bogen,  «ler  Unter-  Lesart  Xöyiov  ru  ändern  und  mit  Wessely,  dem 
arm  auf  derselben  Seite  eine  flache  Scliule",  Jiruchmann,  Epith.  deor.  lOii  fo]gi,  zu  schieiheu: 
L.  Roß,  Archäol.  Aufsätze  2,  659 f.,  nr.  21.  In  cxQoyyvXB  xal  xBXQdyoiv'  ivaymvis.  Hier  ist  also 
der  Beschreibung  von  Boß  liegt  wohl  insofern  xixQciyoavog  umgedeutet  auf  den  Hermes  als 
ein  Irrtum,  als  er  die  Gestalt  als  weiblich  be-  Logos,  und  Beitzenstein  bei  Piasberg  a.  a.  0. 
zeichnet:  es  wird  eine  nur  mit  einem  Frauen-  211  verweist  dazu  auf  Lydus  de  mens.  4  p.  129, 
gewande  bekleidete  Figur  gewesen  und  in  20  18 ff.  Wünsch:  slxa  dh  rsxQciyaivov  oxriiiccxi, 
der  dieser  Apollon  Tetracheir  zu  erkennen  sein,  '^EXXrivsg  &vanXdxxov6i  xovxov ,  xsxiii^qiov  pui- 
P^oucart  zu  Le  Bas,  Explic.  101  zu  nr.  180.  yiaxov  Ttccgexo^LSvoi  Xoyov  dvai  xovxov^  xat  X6- 
UsenerA.&.O.  TT.  A'^oiftc  zu /.  (r.  6,  1,  683  p.  147.  yov  &Xri&f].  Uxi  yccg  xai  Xoyov  oxri^iocxcc,  ö  iihv 
Diese  „von  ursprünglicher  Zweiheit  zur  Zwil-  'ijjsv^ijg  Xoyog  (xQiyavog^  add.  M'issoway,  6  ds 
lingshairtigkeit  vorschreitende  Entwicklung"  &7tccxriXbgnoXvYovmx8Qog,ddsScXr]d'i}gavxbsiavxa 
{üsener  a.  a  0.  818)  stellt  nach  S.  Wide,  La-  iyi  ndvxojv  ^ifQüv  laog,  OTtov  äs  cxgicpoixo  ndaaig 
koniische  Kulte  95  (vgl.  Welcker  a.  a.  0.).  S.  Ei-  ßdasaiv  doQlaxcag  cxrigi^Exai,  0  ör}  xsxQuycovL-Kov 
trem,  Die  göttlichen  Zwillinge  in  Skrifter  udgivne  Gxfjiia  xvyxdvsi  \  vgl.  Cornut.  a.  a.  0.  Eust.  ad 
af  Videuskabs  silkabet  i  CJiristiania  1902,  hist.-  Hom.  II.  1353,  5.  Philolaos  bei  Damafikios  in 
/i/o».  Kl.  II,  82 f.  den  mit  Apollon  vereinten  30  Bev.  arch.  N.  S.  I  annee  I  vol.  (1860)  p.  309 
Hyakinthos  dar,  nach  G.  F.  Unger,  Philologus  (ed.  Buelle,  Macrob.  Sat.  1,  19,  14.  Mart.  Cap. 
37  (1877),  26 f.  (vpl  21)  den  Apollon-Hyakinthos.  2,  106  7,  734.  Von  Isidoros  berichtet  Damask. 
Vermutungen  über  die  Bedeutung  der  seltsamen  bei  Phot.  cod.  242  p.  336*  6:  „sein  Gesicht  war 
Gestalt  des  Gottes  bei  0.  Müller,  Die  Dorier  fast  viereckig,  von  der  heiligen  Form  des  Her- 
1*,  857  f.     Unger  a.  a.  0.  26  f.     Usener  a.  a.  0.  mes  Logios"  (tö   ^isv  ngoaconov   oXiyov  xtxgd- 

[Höfer.]  yfovov  tiv/Eq^lov  Aoyiov  xvTtog  isgog);  vgl.  da- 

Tetragoneites  {TsxgayavslxTig),  Beiname  des  zu   Bud.  Asmus,   Da^   Leben  des  Philosophen 

Hermes  in  einem  im  pisidischen  Anabura  in-  Isidoros  von  Damaskios  aus  Damaskos  S.  144 f.: 

schriftlich  erhaltenen  Würfelorakel,  Sterrett  in  Die  Vierzahl  ist  nach  der  Zahlensymbolik  der 
Papers  of  the  American  School  of  class.  stud.  40  Neupythagoreer  und  Neuplatoniker    die  ganz 

at  Atnens  3  p.  214  y.  31.    Kaibel,    Hermes  23  harmonische,  weil  sie  alle  Zahlenverhältnisse 

(1888),  536  V.  66.     Über   die  Form   vgl.  Bd.  2  in    sich    enthält.      Ihre   Übertragung   auf  den 

Sp.  2752   Anm.,    über    die   Bedeutung    s.    den  Gott   Hermes  .  .  .  erklärt   sich    wohl    aus    der 

Art.  Tetragonos.     [Höfer.]  viereckigen  Gestalt  der  Hermenpfeiler;  daß  sie 

Tetragonos  (Tsxgdyoavog),  Beiname  des  Her-  gerade  dem  Hermes  Logios,  dem  Schutzgott 
mes  (Babrios  48,  1)  —  von  Leonidas  Tarent.  der  Redner  und  Philosophen,  geheiligt  war, 
in  Anih.  Pal.  6,  334  wird  in  derselben  Bedeu-  deuteten  die  Stoiker  auf  die  „viereckige"  Form 
tung  xsxgccyXmxiv  gebraucht  —  zunächst  wegen  der  wahren  Rede,  welche  sich  in  allen  Stücken 
der  vierkantigen  Form  der  Säule  oder  des  selbst  gleich  sei  und,  auf  welchem  Gebiet  sie 
Steines,  unter  dessen  Form  er  verehrt  wurde:  50  sich  auch  immer  bewege,  auf  allen  Grundlagen 
rexgdytovov  Gxfjucc.  Paus.  4,  33,  3.  8,  39,  6.  ohne  Einschränkung  feststehe:  dies  sei  eben 
Cornut.  de  nat.  deor.  16  p.  68  Osann  =  23,  12  die  Eigentümlichkeit  des  Quadrats.  —  Über 
Lang;  xsxgdyavog  igyaaia,  Thuk.  6,  27.  Schol.  die  xsxgdg  als  dem  Hermes  geweiht  s.  Osann 
Demosth.  or.  20  p.  ö07,  21  in  der  Ausgabe  der  zu  Cornut.  p.  280.  —  Nach  Apollodoros  {F.  H.  G. 
Scholien  von  Dindorf\  vgl.  Keil,  Straßburger  1,  433)  im  Schol.  Hom.  Od.  23,  198  heißt  Her- 
Festschr.  zur  i6.  Philol. -Versamml.  S.  133.  mes  xsxgdycovog^  weil  er  vier  Erfindungen 
Usener,  Bhein.  Mus.  58  (1903),  340.  Daneben  {ygduiiccxa,  ^lovöixt],  nccXccioxga,  yscafii-xglcc)  ge- 
findet sich  der  Beiname  aber  auch  in  anderer  macht  hat.     [Höfer.] 

Bedeutung  (s.  unten):  auf  einem  inschriftlich  Tetrakephalos  (TsxgatiicpaXog),  Beiname  des 
erhaltenen  Würfelorakel   aus  Termessos  in  Pi-  60  Hermes,  unter  welchem  er  in  Athen  im  Kera- 

sidien:  ^Eg^Lov   Tsxgaymvov,   Peterseti  bei  von  meikos  eine  vierköpfige  Herme,  ein  Werk  des 

Lanckoronski ,  Städte  Pamphyliens  u.  Pisidiens  Telesarchides,    besaß    mit   dem   (unvollständig 

2  S.  222  nr.  180,  LVI.  Franz  Heinevetter,  Würfel-  erhaltenen  Epigramm : 'Ep/x^  Ttxgcc-nitpaXs,  xcc- 

u.  Buchstabenorakel  in  Griechenland  u.  Klein-  Xov    TsXsoagxläov    ^gyov,   TcdvQ-'    ogdag.    JEust. 

asien  26,  LVI.  und  in  drei  magischen  Hymnen :  ad  Hom.  II.  1353,  8  (=  Th.  Preger,  Inscr.  Gr. 

a)  Wessely,  Griech.  Zauberpapyri  van  Paris  u.  metricae  188  p.  148);  vgl.  Phot.  15,  17:  'Eg^fig 

London,  Denkschr.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  zu  TstgccxscpaXog ,     iv     Ksgcc^iBvv.^^     TeXBüccgxl^ov 

Wien,  phüos.-hist.  KI.Z6{1S8S),  2.  Aht  S.lSIx.  J^gyov.     Hcsych.    s.    v.    'Eg^i]g'  Tgi7iiq)(xXog  .  .  . 


401                     Tetrakephalos  Tettix                          402 

TtccQOGov  TsTQaxicpaXos  'EQ^i)g  iv  rf/  xqi68(o  t^  Comptcs  rendus  1907,  482.  Mehr  Beispiele  für 
<^iv}  [add.  Meineke,  Frgm  Com.  (ir.  2,  1,  218.  die  Büste  eines  dreiköpfigen  Gottes  Ä.  Bertrand, 
•2,  2,  1166,  frtim.  11;  vgl.  Com.  AU.  fhjm.  ed.  Eev  arch.  21  (1893),  289  Fig.  2.  Usener,  R/iein. 
Kode  1,  532,  frgm.  563]  Ksga^st-MO)  lögvvo;  vgl.  Mus.  68  (19U3),  162  f.  [Höfer] 
I.  ().  Sluiter,  Lectiun.  Andocidcae  42.  Osann  zu  1>ti-akeratoH  {T£r{)uv.iQccxoq).  Nach  Procl. 
Cornut.  nat.  deor.  p.  281.  C.  Wachsmuth,  Die  ad  Fiat.  / em/mft/.  30,  33  kamen  in  der 'OpqpiK^ 
Stadt  Athen  im  Altert  2,  1,  261  Anm.  6.  293  -9-80^0  yi'a  unendlich  häufig (fivpiaxt?)  die  Worte 
Anm.  2.  \V.  Judeich,  Topographie  von  Athen  ^ttxQddot  rsTQu-Atgatov^  vor,  was  nach  Rohde, 
165.  Usener,  Bhein  Mus.  5S  (19u3),  167.  Manche,  Psyche  2*,  108  Anm.  2  höchst  wahrscheinlich  als 
wie  z.  B.  H.  Brunn,  Gesch.  d.  griech.  Künstler  lo  Beiwort  des  Zagreus-Dionysos,  des  xfpofv  ^Qi- 
1,  668  f.  (390*  f.),  haben  vermutet,  daß  dieser  qpog  {Nonn.  iHornjs.  6,  165;  v^l.  auch  Gruppe 
Hermes  Tsrgnyi^cpaXos  identisch  sei  mit  dem  Gr.  Myth.  1426, 4)  aufzufassen  ist.  [Höfer.j 
mehrfach  erwähnten  Hermes  TQtv.i(faXog.  Doch  Tetfakore  (TtxQccKOQri).  Auf  einer  Inschrift 
stand  dieser,  narch  dem  ausdrücklichen  Zeugnis  aus  Ikonion  wird  P.  rsephone  als  xtxQav.ÖQT] 
des  Philochoros  {F.  H.  G.  1,390,  69)  und  Isaios  ^sd  bezeichnet,  C.  I.  G.  3,  4000,  45.  Nach 
(fr.  12  Thalheim)  bei  Harpokrat.  s.v.  Tgin^cpciXog  v.  Wilamowitz  bei  Kaibel,  Epigr.  406  p.  161  = 
u.  ]*hot.  601,  16,  in  Ankyle,  an  einer  Kreuzung  dea  quadrifrons.  Usener,  Strena  Helhigiana 
von  Straßen,  deren  eine  'Eöxia  (Eoxiccg  Wachs-  330  weist  auf  den  Doppelsinn  des  Wortes 
muth  a.  a.  0.  2,  1,  301  Anm.  2,  vgl.  auch  1,  xögri  (^Vlädchen-Auge'),  mit  dem  hier  gespielt 
3ö7,  1)  üdög  hieß,  Wachsmuth  2,  1,  293  Anm.  2.  20  wird,  hin  und  nimmt  Doppelbildung  minde- 
Judeich  a.  a.  0.  176;  vgl.  Bekker,  Anccd.  Gr.  stens  des  Kopfes  an.  Vgl.  Tetraprosopos  2 
1,306,  27:  TQiycecpaXog  övofia  ccydXuccrog  xov  (Beiname  der  Selene  —  Hekate — Persephone). 
'Epfiov;  bei  Phot.  15,  14  ist  die  Erklärung  aus-  [Höfer.] 
gefallen.  Die  Bedeutung  dieser  Hermen,  als  Tetr&o  , .  ,  (TsxQaco  .  .  .).  Eine  Inschrift  aus 
Wegweiser  und  zwar  so,  daß  jeder  Kopf  nach  Schar-öjük  in  Phrygien  lautet  .  .  v-jttQ  xCav  Idioiv 
einer  anderen  Straße  zeigte,  wird  von  den  al-  Jd  Tsxgaco ^vxrjv,  Götting,  Gelehrte  An- 
ten Erklärern  ausdrücklich  bezeugt:  TgixEcpci-  zeig.  159  (1897),  408  nr.  51,  wozu  Körte  a.a.O. 
Xog  o'Eg^ifjg  Xiytxai,  atöntg  diSccöxav  xdg  ddovg  bemerkt:  '^es  liegt  nahe,  an  rsxgdaxog  zu  den- 
xori  '^x(ov  VTCoygacp^v,  ■jtol  (v.  1.  nov)  yihv  ccvrr\  ken,  einen  für  Apollon  in  Lakedaimon  durch 
(ftgsi  7]  ödoff,  nol  (Ttov)  Öh  iv-sivr]-  i'acog  ös  Ttgbg  30  Sosibios  bezeugten  Beinamen  {Zenob.  1,  54. 
t}idaxi]v  ööbv  7iscpaXr]v  slxe,  Phot.  601,  23  iF.  Apostol.  1,  93),  aber  dann  müßte  zur  Raum- 
Etym.  M.liiG, 24:.  Suid  a.v.  TgLxsqxxXog  {^.  1210,  füllung  xar'  svxiqv  geschrieben  werden,  und 
1  tf.).  Apostol.  17,  23.  Usener  a.  a  0.  Auch  der  das  ist  keine  übliche  Formel'.  [Höfer.] 
in  einem  Orakel  im  Schol.  Oid.  Kol.  bl  er-  Tetraotos  s.  Tetracheir  u.  Tetrao  .  . . 
wähnte  Xi^og  xgiyidgavog  war  wohl  ein'Egiifjg  Tetraprosopos  (Tfcrea:r90(>cö7rajs),  1)  Beiname 
xgiyscpccXog  oder  mehrere  vereinigte  viereckige,  der  Meter  auf  einer  Weihinschrift  aus  Phry- 
oben  mit  Köpfen  verzierte  Pfeiler,  K.  0.  Müller,  gien  Mrjxgl  TsxQ[cc7tgo]amn(o  vTthg  dvd-ga)7t{(ov] 
Aeschylos  Eumeniden  171,  Anm.  7.  Hiller  v.  y.a.1  xstgccnoScov,  The  annual  of  the  brit.  school 
Gaertringen,  Hermes  50  (1916),  470  ff.  Berl.  o/"  ^i/?ews  4  (1897/98),  61.  Journ.  of  hell.  stud. 
Phtlol.  Wochenschr.  1915,  1133.  Zu  Lykophr.  40  19  (1899),  303  nr.  237.  [Höfer.]  —  2)  Beiname 
Alex.  680,  wo  Hermes  das  Epitheton  Tpixgqpa-  der  Selene-Hekate  in  der  Evxi]  ^g.  ^^X.  22  b. 
Xog  führt,  erklärt  Tzetzes  (p.  224,  33  Scheer):  Abel,  Orphica  p.2SS:  xErgccicgÖGcoTts  dsd,  xsxga- 
oxi  iatlv  ovgdviog  yiccl  d'aXd66iog  yial  xaxaxd-6-  mvv^s,  xsxgaodlxi;  vgl.  Moscher,  Nachträge  zu 
viog  r)  dicc  x6  (pvöi-nov  yiccl  Xoyiyibv  xal  ijd-Lycöv.  Selene  u.  Verw  50.  [Röscher.] 
t)  öxi  iTtsLGsXd-ojv  XT]  'ExdxTj  xgstg  Ic^ax^v  i^  ccv-  Tettix  (TexxL^),  ein  Kreter,  der  Tainaros, 
xr]g  d-vyccxfgccg.  Das  ist  natürlich  späte  Um-  wo  sich  ein  Psychopompeion  iDefand,  gegrün- 
deutung,  ebenso  wie  die  Erklärung  von  Tgi-  det  und  dort  begraben  sein  soll,  Plut.  de  sera 
xBcpccXog  bei  Apostol.  a.  a.  0.:  Ttagöaov  6  Xöyog  num.  vind.  17  p.  560f.  Ael.  frgm.  80  aus  Said. 
liByiöxa  Igxvsi  und  bei  Eust.  ad  Hom.  Od.  s.  v.  kgxlXoxog.  Hesych.  s.  v.  Thxiyog  sdgccvov. 
1504,  62:  Egafig  Ss  TgiycEcpaXog,  dXXcog  x6  xgix-  50  Baoul-Bochette,  Hist.  crit.  de  Vetablissiment  des 
xov  xov  cpiXoGocpov  Xoyov  ccivixxBxcci.  in  gleicher  colonies  Grecques  2,  172.  Hoeck,  Kreta  3,  296. 
Richtung  bewegt  sich  die  Deutung  des  Hermes  S.Wide,  Lakonische  Kulte  44 f.  357.  Tettix  ist 
TsxgaxBcpaXog  bei  Eust.  ad  Hom.  II.  1353,  2:  in  die  Archilochoslegende  verwoben:  Archi- 
011  ^iovov  did  x6  xccx'  iTttaxrj^ccg  xsxgaivBgsg  xfjg  lochos  hatte  sich  selbst  xhxi^  genannt:  xsxxLycc 
(fiXoGocpiccg  T«  'Egfifi  v.axd  xov  ndXcci  ^vd-Qv  8'  sl'Xricpccg  itrsgov ,  Arch.  frgm.  143  aus  Luc. 
TtgoöTtXdxzovxcn,  -nBcpaXai.  aXXd  v.al  fiid  xb  dlXcag  Pseudolog.  1.  Kalondas,  der  Mörder  des  Archi- 
noXvdvvauov.  —  Eine  Bronze  gallo-römischer  lochos  erhielt  vom  Orakel  die  Weisung  iX&stv 
Arbeit  stellt  den  nackten  vierköpfigen  Hermes  slg  Taivccgov,  Bvd-cc  Tsxxi^  xi%-a7txai  xal  ^siXi- 
dar:  der  Hauptkopf,  unbärtig,  wird  von  zwei  ^aod'ca  xi]v  xov  TsUöiv.Xblov  naiöbg  ^vx^v 
kleinen  Flügeln  überragt;  in  der  vorgestreckten  60  {Ael.  a.  a  0.).  Bei  Plut.  steht:  i-asXsvod-ri  no- 
R.  trägt  der  Gott  eine  Börse,  die  L.  hielt  den  gsvd-slg  inl  xrjv  xov  Tsxxiyog  oi^tjölv  iXdaaod-ccL 
Caduceus.  Die  zwei  über  der  Schulter  befind-  xriv  xov  kgxiXoxov  ipvx^v.  xovxo  d'  '^v  6  Tccl- 
lichen  Gesichter  sind  bärtig,  das  vierte  un-  vagog.  Also  stand  wohl  im  Orakel  nur,  daß 
bärtig,  Bahelon  und  Blanchet,  Catal.  des  bronzes  Kalondas  sich  an  denjenigen  Ort  begeben 
ant.  de  la  bibl.  nat.  p.  158  f.,  nr.  362.  Vgl.  auch  sollte,  .  .  .  xsxxi^  ^vd-a  xid-anxcci,  d.  h.  an  das 
die  als  Mercure  tricephale'  gedeutete  Dar-  Grab  des  Archilochos,  der  sich  ja  selbst  xexxi^ 
Stellung  auf  einem  in  Paris  gefundenen  Bas-  genannt  hatte.  Es  lag  sehr  nahe,  als  Ort  dieses 
relief,  S.  Beinach,  Acad.  des  inscr.  et  belles  Uttres,  Grabes  Tainaros  zu  verstehen,  das  einmal  Tix- 


403                           Tetus  Teukros  (König  von  Troas)         404 

xtfog  iigavov   hieß,   andererseits   ein   Psycho-  sowie  d.  Art.  Skamandros  Sp.  984.    Da  einige 

pompeion  besafi,  auch  soll  Archilochos  bei  Leb-  nähere  Umstände  des  Zuges,  die  A'aWmosberich- 

seiten  selbst  nach  Sparta  gekommen  sein,  Plut.  tete,  bei  Lykopin.  AI.  1303  f.,  Kephalion  fr.  ö  {fr. 

inst.  Lacon.  84   p.  289b;    vgl.   A.  Piccoloniim,  hist.  Gr.  3,  70)  und  Serr.  Acn.  3,  108  mitNen- 

Hermes  18  (1883),  267 tf.   A.  Hauvette,    Arvhi-  nung  des  Teukros  wiederkehren,  so  ist  an- 

fefiM  47 f.    Orusitis  bei  Pauly-Wissotca  2,  49ö,  zunehmen,  daß  auch  schon  jener  alte  Lyriker 

88  ff.     [Höfer.]  in   seiner  Dichtung  den  Teukros   genannt  hat 

Tetn8(?).    Zu  der  Inschrift  eines  Altarfrag-  {Degen  S.  44).    Bei  den   drei  Gewährsmännern 

ments  aus  Dalmatien  'Teto',  C.  I.  L.  3  Suppl.  schwanken  freilich  die  Angaben.  Nach  Lykophr. 
14968  bemerken    die  Herausgeber:    *num   dei  lO  (u.  Tzetz.)  kommen  Skamandros  und  sein  Sohn 

nomen  subsit  ignoro*.    [Höfer.l  Teukros  aus  Draukos  am  kretischen  Ida  mit 

Teiicer  (od.  Teucrus)  s.  Teukros.  einem  Heere  in   das  Land  der  Bebryker  (d.  i. 

Teucontns (?),  verderbter  Name  des  Vaters  nach  Troas)  zur  Bekämpfung  der  Mäuse  (s.u.); 

des  Palamedes  beim   Mythogr.  Lat.  1,204,45  der  dortige  König  Dardanos,  der  aus  8amo- 

p.  64:  ^ Teucontxts  gennit  Palamedum,  I^aupHus  thrake   eingewandert   ist,    vermählt   sich    mit 

genuit  Telephunu*  Versuche,  die  Stelle  zu  heilen  Teukros'  Tochter  Arisbe;  aus  dieser  Ehe  ent- 

8.  bei  Bode,  Adnot.  in  Myth.  Lat.  2  p.  66  und  springt  Erichthonios  (den  die  andere  Überlie- 

bei  PiUing,  Quomodo  Telephi  fabulam  et  scrip-  ferung  bei  Apollod.,  JHod.  und  Dion.  Hai.  viel- 

tores  et  artifices  veteres  Graeci  tractavennt  mehr  als  Sohn  des  ureingesessenen  Teukros 
(Halle  1886)  S.  71.    Vgl.  Teuthras.      [Höfer.]      20  und  der  Bateia  bezeichnet,  s.  o.).     Zu  Lyko- 

Teudareos  (Tev^apews),  Form  des  Namens  phrons  Bericht  gibt  Schol.  1303   folgende   er- 

des  TyndareoB  (s.  d.)  auf  der  Schale  des  Xe^  gänzende  Erläuterung:    Skamandros  und  Teu- 

notimos,  worüber  man  die  s.  v.  Philonoe  1  an-  kros    erhalten    bei    ihrer    Auswanderung    aus 

geführte  Literatur  sehe,  außerdem  Kekule  von  Kreta  das  Orakel,  sie  sollten  sich  dort  nieder- 

Stradonitz,  Sitzungsher.  d.  K.  Preuß.  Akad.  d  lassen,  wo  Erdgeborene  {yr\yBvei?)  sie  angreifen 

Wiss.  1908,  691  und  besonders  P.  Kretschmer,  würden.    Als  ihnen  nun  in  der  Nähe  von  Troja 

Die  griech.  Vaseninschriften  205  f.     [Höfer J  (nsgl  xa  ^ligt)  xi)?  'IXiov)  Mäuse  bei  Nacht  die 

Teakros  {Tsvxgog,  lat.  Teucer,  seltener  Teu-  Schildriemen     und     Bogensehnen    wegfressen, 

crus,  etr.  tevcrum,  s.d.;  über  den  Namen  s.u.).  deuten  sie  die  Weissagung  auf  die  erdgebo- 
1)    Ein    alter    oder    sogar    der    erste  so  renen    Mäuse,    schlagen    dort   ihren  Wohnsitz 

König  von  Troas.    Bei  Homer  wird  er  noch  auf  und  gründen,  dem  nach  den  Mäusen  (kre- 

nicht  erwähnt.    Über  seine  Abstammung  gehen  tisch  e^LivQ'oi)  zubenannten  (Mausetoter?)  Apol- 

dic  Berichte  weit  auseinander.  Ion  zu  Ehren,  xo  U^ilv^lov,  d.  h.  ein  Heiligtum 

Entweder  ist  er  ureingeboren  als  Sohn  des  'ATtoXlcov  Zpnvhsvs  (s.  d.  Art.  Smintheus). 

des  Flußgottes  Skamandros  und  einerNyraphe  König  wird  dort  Teukros;    nach    ihm    heißen 

des    Ida:     nova(iov    2yia^dv$Qov    v.al    vv^qpjjs  die    Troer    Teukrer.     —    Kephalion    bestätigt 

'löaiceg  {ApollodoT  3,  12,  1;  Diodor  4,  75;  vgl.  Teukros'   kretische  Herkunft  und  die  Verhei- 

auch  Sdiol.  Lyk.  29);    später   hat   man    Idccicc  ratung  des  Dardanos  mit  dessen  Tochter  Arisbe, 

als  Eigennamen  gefaßt,  doch  s.  Serv.  Aen.  3,  als  deren  Namen  Hellanikos  {fr.  130;  Müller 
108:  Idae  nymphae  fiJium  {vro  freilich  Burmann  io  1,  63;    vgl.  Kullmer,  Fleckeis.  Jahrb.  Supplhd. 

u.  a.  Idaeae  lesen).   Vgl.  die  Art.  Skamandros  28,  559  f.)  Bateia  angibt  (so  heißt  sie  auch  bei 

Bd.  4,  Sp.  983  und  Idaia  Bd.  2,  Sp.  94,  sowie  Apollod.,  Diod.  und  Dion.  Hai.,  s.  o.).  —  Mit 

Degen,  Leipz.  Diss.  1900:   De   Troianis  Scae-  manchen  Anklängen  und  weiteren  Ergänzungen 

nicis,    mit    Appendix:     de    Teucro    Teucrisque  erzählt    endlich   Servius   (Aen.   3,   108):     über 

S.  42 f.    Nach  Teukros  werden  die  Bewohner  Teukros'  Eltern  gibt  es  eine  doppelte  Über- 

der  Landschaft  Teukrer    genannt.     Bei  jenen  lieferung;  nach  der  einen  ist  er  der  Sohn  des 

Quellenschriftstellern  heißt  es  dann  weiter:  Als  Cures  (Codices:  Cureas  filium;  dafür  liest  aber 

Dardanos  (s.  d.)  von  Samothrake  auswandert  Burmann  wohl  richtig:  Curetis,  mit  Berufung 

und  sich  auf  dem  gegenüberliegenden  (asia-  auf  den  kretischen  Bogenschützen  Kovqt]?,  acc. 
tischen)  Festland  ansiedelt,  erhält  er  von  Teu-  50  KovQiixa^  bei  Strah   10  p.  480)  und  Idae  nym- 

kroB  einen  Teil  des  Landes  und  seine  Tochter  phae  (wofür  manche  Idaeae   schreiben,   s.  o.); 

Bateia    oder    Batieia  (s.  d.)    zur    Gemahlin  nach  der  andern,  die  auch  Pomp.  Trog,  ver- 

nnd  gründet  die  Stadt  Dardanos ;  nach  Teukros'  tritt,   ist  er  der  Sohn  des  Scamander.    Dieser 

Tode    benennt    er  das  ganze  Land  Dardania.  verläßt    wegen    einer    Hungersnot    mit    einem 

Söhne  des  neuen  Königspaares,    also  Teukros'  Drittel  seines  Volkes  Kreta.    Als  ihm  in  Phry- 

Enkel,  sind  Hos  und  Erichthonios  (s.  die  Art.  gien  Mäuse  das  Lederzeug  seiner  Waffen  auf- 

II08  1   und  Erichthonios  4),   bei  Dion.  Hai.  1,  zehren,  erkennt  er  in  den  Tieren  die  ihm  durch 

60:  Zakynthos  und  Erichthonios.    Nach  Arrian  eine  Weissagung  als   Feinde    in  Aussicht  ge- 

fr.  64  {Müller,  fr.  hist.  Gr.  3,  598)  hat  Dardanos  stellten  Erdenkinder (terrigenae)  und  siedeltsich, 
schon  vorher  Teukros'   ältere  Tochter  Neso  60  nach   Besiegung  der  einheimischen  Bebryker, 

(s.  d.)    geheiratet;    ihr   Kind    ist    die    Seherin  am  Ida  an,    ertrinkt  aber  im  Flusse  Xanthus, 

Sibylla;  vgl.  auch  Tzetz.  Lyk.  1466  und  Schal.,  der  ihm  zu  Ehren   Scamander  genannt  wird. 

8.  u.  den  Stammbaum.  —  Oder  er  ist  Es  folgt  ihm  als  König  sein  Sohn  Teucer.  — 

A.  eingewandert  aus  Kreta.  Vgl. Dc^rcw  Hiermit  stimmen,  insoweit  es  sich  um  Teukros' 

S.  43  f.     Daß    das   Volk    der    Teukrer   aus  kretische  Herkunft  und  Abstammung  von  Sca- 

Kreta  in  Troas  eingewandert  sei,  erzählte  zu-  mander,  um   die  Verheiratung  seiner  Tochter 

eiät  KaUinos  (fr.  7  hei  Bergk,  Lyr.  2*,  1).   Über  Batia  mit  Dardanus,    endlich    um   sein    dann 

die  Herkunft  der  Teukrer  aus  Kreta  s.u  Sp.  420f.  auf  diesen  vererbtes  Königtum  über  die  Teu- 


405  Teukros  (Könij^  von  Troas) 


Teukros  (König  von  Troas)         406 


crer  handelt,  die  Bemerkungen  bei  Scrv.  Aen. 
1,  38  (u.  2iJ6)  und  3,  167  überein.  Daj?e«?en 
weichen  einige  Zusätze  bei  Serv.  3,  108  (s.  o.) 
von  den  vorstehenden  Erzählungen  mehr  oder 
weniger  ab.  Unerheblich  ist  die  Differenz,  wenn 
nach  dem  einen  Berichte  (alii)  nicht  Scaman- 
der,  sondern  nur  Teuccr,  auf  Grund  des  er- 
wähnten Orakels,  von  Kreta  nach  Troas 
zieht  und  dort  Reich  und  Apollotempel  grün- 
det; übrigens  bleibt  auch  bei  Verg.  Aen.  3,  lo 
104  f.  und  Ov.  Met.  13,  705  f.,  wo  die  Sage  von 
T,  berührt  wird,  Scamander  unerwähnt i  schon 
tiefer  schneidet  in  die  sonstige  Sagenfassung 
die  Notiz  ein  (tradunt  praeterea  nonnulli), 
Dardanus  sei  in  Phrygien  von  T.  be- 
reits angetroffen  worden  und  liabe  sich 
mit  dessen  Tochter  vermählt  (hier  ist  näm- 
lich zu  lesen:  Dardanum  a  Teucro  in  Phrygia 
inventum  filiavi  eins  sihi  sociasse,  s.  die  Fuß- 
note bei  Thilo  und  Hagen);  völlig  vereinzelt  20 
steht  dann  noch  die  Schlußbemerkung  (quidam 
tradunt) f  Teucer  habe  die  Tochter  des 
Dardanus  geheiratet,  und  deshalb  (d.  h. 
doch  wohl:  weil  nun  Teucer  der  Erbe  des 
Königreichs  geworden  sei)  habe  man  die  dor- 
tigen Bewohner  Teuerer  genannt. 

Sind  hier  zuletzt  Schwiegervater  und  Schwie- 
gersohn gleichsam  miteinander  vertauscht  (oder 
irrtümlich  verwechselt),  so  wird  das  Verhältnis 
zwischen  Vater  und  Sohn  umgekehrt  im  Etymol.  30 
Magn.  p.  715,  31:  I^xd^cxvSQog  Jtotafibs  Tgolccg 
ccTtb  I^-Ka^dvdgov,  vlov  Tsvxqov^  og  i]v 
Kgrig  rö  yivog.  Diese  Fassung  ist  nur  hier 
sicher  bezeugt;  denn  im  Schol.  Lyh.  1303  ver- 
dient den  Vorzug  die  Lesart:  TsvyiQog  vibg 
iysvBxo  Sza^avS Qov  xov  KQr\x6g  (gegen  Wör- 
ner  Art.  Skamandros  Sp.  984  und  Gruppe,  Gr. 
Myth.  301,  6,  der  Skamandros  schlechthin  den 
Sohn  des  Teukros  nennt). 

Teukros'  Rolle  bei  dem  Zuge  nach  Troas  40 
wird     demnach     verschieden     gekennzeichnet 
{Degner  S.  44f.):    , 

Er  kommt  allein  bei  Serv.  Am.  3, 108  (alii) 
sowie  bei    Verg.  Aen.  3,  104  f. 

Er  kommt  mit  Skamandros  bei  Lyk.  AI. 
1303  f.  u.  Schol.  sowie  bei  Serv.  Aen.  1,  38. 

Immerhin  überwiegt  die  Sage  von  der  kre- 
tischen Herkunft  des  Teukros  entschieden  in 
dem  Sinne,  daß  er  durch  seine  Tochter  Bateia 
oder  Arisbe,  die  sich  mit  Dardanos  verheiratet,  50 
der  Ahnherr  des  späteren  troischen 
Königshauses  wird  (s.  u.). 

B.  eingewandert  aus  Attika.  Vgl. 
Degen  47  f.  Nach  dem  Zeugnis  von  Dion.  Hai. 
1,  61  berichteten  der  Atthidograph  Phanode- 
mos  (fr.  8;  fr.  hist.  Gr.  1,  367)  und  „viele 
andere",  Teukros,  der  Ahnherr  der  Teukrer, 
habe  ursprünglich  in  Attika  gewohnt 
als  Fürst  {aQxcov)  des  Demos  Xypete  {^E^vits- 
xaiBvg)  und  sei  von  da  nach  Asien  aus-  60 
gewandert.  Dort  habe  ihn  Dardanos  gern 
in  seinem  fruchtbaren,  aber  wenig  bevölkerten 
Lande  aufgenommen,  um  ihn  and  seine  Be- 
gleiter als  Bundesgenossen  gegen  die  feind- 
lichen Barbaren  zu  benutzen;  auch  habe  Teu- 
kros seine  Tochter  dem  Dardanos  zur  Frau 
gegeben.  Jener  attische  Demos,  der  nahe  dem 
Hafen  Phaleron  lag,  hieß  (nach  Steph.  Byz.  s. 


Tgolcc)  früher  Tgoict  oder  ^fifiog  Tqöj(ov. 
Bei  Strab.  13  p.  604,  der  jene  attische  VV an- 
dersage kennt,  wird  sie  als  die  Ansicht  der 
Jüngeren  der  üblichen  Überlieferung  von  Teu- 
kros' kretischer  Herkunft  gegenübergestellt 
mit  den  Worten:  ^cplxd'ccl  xivcc  Tsvxqov  i%  ö'rj- 
ftov  Tgdxov^  og  vvv  ol  !E!v7t8xcciu)veg  ^^yerat, 
Tsvxgovg  dh  uridivag  iXQ^atv  ix  xfig  Kg-^xrig. 
Endlich  wird  die  Abstammung  der  Trojaner 
von  den  Athenern,  jedoch  gerade  mit  Aus- 
schluß von  Dardanus  und  Teucer  {Tro- 
iani  praeter  Dardanum  et  Teucrum  ab 
Atheniensibus  originem  ducunt).,  bezeugt  bei 
Serv.  Aen.  3,  281.  Über  diese  Versuche,  die 
drei  verschiedenen  Fassungen  der  Sage  von 
dem  in  Troas  ureingeborenen,  dem  kretischen 
und  dem  attischen  Teukros  zu  erklären,  s.  u. 
'Teukros  2.  Sie  stimmen  wenigstens  darin  mit- 
einander überein,  daß  Teukros  nach  jeder 
Fassung  der  Gründer  und  Ahnherr  des  tro- 
ischen Herrscherhauses  ist. 

Stammbaum : 


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0 

Die  Reihenfolge  der  von  ihm  abstam- 
menden Könige  ist  auch  nach  den  ganz  ver- 
schiedenen Quellen  doch  im  wesentlichen  die 
gleiche.  Die  Ilias  kennt  zwar  den  älteren  Teu- 
kros selbst  noch  nicht  (s.  0.) ;  aber  bereits  von 
seinem  Enkel  Erichthonios  an  zählt  sie  die 
nämlichen  Nachkommen  auf,  die  in  der  spä- 
teren Sage  dafür  gelten:   Y  230 f.     Diese  sind 


407        Teukros  (Sohn  des  Telamon)  Teukros  (Sohn  des  Telamon)        408 

dann  stehend  geworden;  vgl.  Apollodor  8, 12,3,  holt  Hektor  mutig  entgegen;  auf  ihn  schießt 

8 f.;    Diodor  4,  76;  Dion.  Halte.  1,  62;   Schol.  er,  vom  Bruder  herbeigerufen,  mit  dem  Bogen, 

Lyk.  29  u.  1806;  Serv.  Aen.  8,  108.    Sogar  die  dessen  Sehne  jedoch  Zeus,  um  Hektor  zu  retten, 

Re g i er ongs zeit  der  einzehien  Herrscher  wird  zerreißt  (O  301  f.;  436 f.;  461  f.;  484 f.).  Zu  einer 

nicht  verschwiegen;    so  heißt  es  bei   Oratner,  Art   ägiarsia    des   Teukros   gestaltet   sich 

Aneed.Paris.2y  204:  Tsixgog  vlog  Zxaiucvdgov  sein  Auftreten  im  Buche  ö,  wo  er,  von  Aias' 

(rq  i^'.  mächtigem  Schilde  gedeckt,  nicht  nur  mehrere 

Von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Wei-  Troer  mit  PfeÜBchiissen  erlegt  (274 f.),  sodaß 

terentwicklung  der  Sage  ist  die  als  Tochter  ihm  Agamemnon  unter  lebhaften  Glück  wünschen 

des  Laomedon  und  Schwester  des  Priamos  ei*st  lO  (281:   Tevxps,  cpiXri  xfqpaXr},  TsXocfimvit)  reiche 

von    Hellanikos  {fr.  136;    fr,  bist.   Gr.  1,  64;  Ehrengaben  verspricht  (289  f.),    sondern   auch 

Kullmer,  Jahrb.  Supplbd.  28,  668  f.)  eingeführte  mehrmals  auf  Hektor,  freilich  vergeblich,  seine 

Hesione  (s.  d.).   Denn  sie  wird  von  Telamon  Geschosse  richtet  (299 f.);  von  ihm  darauf  mit 

(s.  d.)  Mutter  des  lungeren  Teukros  (s.  u.)  und  einem  Feldstein  schwer  verwundet,  aber  vom 

verknüpft  so  die  Dardaniden  mit  den  Äaciden  Bruder  geschützt,  wird  er  aus  dem  Getümmel 

(s.u.).    Trotz  deren  naher  Verwandtschaft  kon-  hinweggetragen  (324  f.;  882  f.).    Endlich  zeich- 

struiert  doch  die  Dichtung  einen  durch  folgen-  net  er  sich  als  Schütze  bei  den  Wettspielen 

schwere  Kriege  bedingten  feindlichen  Gegen-  zu  Ehren  des  gefallenen  Patroklos  aus:  durch 

satz.    Nachdem  schon  Telamon  zusammen  mit  ApoUons   Mißgunst   verfehlt   er   zwar   die    als 

Herakles  im  Kampf  gegen  den  wortbrüchigen  20  Zielpunkt  bestimmte  angebundene  Taube,  trifft 

Laomedon  Troja  erobert  und  dessen  dabei  er-  aber  den  Faden,  worauf  Meriones  den  davon- 

beutete  Tochter  zu  seiner  Gattin  gemacht  hat,  flatternden  Vogel  durchbohrt  {W  8ö0f );  Teu- 

ist  später,  nach  dem  Raub  der  Helena,  durch  kros  empfängt  den  zweiten  Preis  (867 f.;  883). 

den    weiteren    Verlauf    der    Heldensage    sein  Einen  Schatten  wirft  auf  sein  Heldentum, 

Sohn  Teukros  dazu  berufen,  gleichfalls  gegen  daß  dreimal  Götter  ihm  den  Sieg  verkümmern 

Ilion   zu  ziehen   und    das    Haus   seiner  Ahnen  (M  402  f.    O  461  f.;  488  f.    y^Sööf.);    dagegen 

zu  stürzen.  wird  sein  Charakterbild  durch  sein  Verhältnis 

2)  Der   Sohn    des   Telamon   (s.  d.).     Bei  zum  Binder  gehoben;   jedenfalls  erscheint  er 

Homer  heißt  er  daher  TsXcc^mviog  (N  170.  als  wackerer  Streiter.  Die  Bezeichnungen  «i^v - 

O  462)    oder    viog    TsXa^&vog  {N  171);    er  so  ^kov  (@21Z,b.u.)  und  ßir]  Tüvxqolo  avaxtog 

ist   somit   der   Bruder   des    großen    Aias,  {W  859)  halaen  freilich  nicht  viel  auf  sich. 

mit  dem  er  in  der  Ilias  oft  gemeinsam  auf-  In  der  nachhomerischen  Sage  verfolgen 

tritt  (M849f.;  371;  400.  JV  313.  O  436 f.;  466;  wir  Teukros'  Schicksale  zunächst  nach  seinem 

471f.).     Über  ihre  Abstammung  von    dem  Lebenslauf.    Auch  hier  ist  er  der  Sohn  des 

gleichen  Vater   besteht   weder   bei   Homer  Telamon  (s.  d.;  d&hei  TeXcc^coviddag:  Pm- 

noch   später   ein   Zweifel;    ausdrücklich   heißt  dar,  Nem.  4,  47;     Ts?.ay.mvtog:    Ps.-Aristot. 

Teukros  des  Aias  önatgog  M  311  (vgl.  Schol.  epigr.  bei  Bergk,  Lyr.  2*,  346;  Strdb.  9  p.  394, 

Zyj/A-.  462) ;  aber  cbcwda  sowie  0  330.  O  436;  466  oder  TsXaiKoviog  vi6g:    Triphiod.  170),    des 

wird  er  auch  dessen  xuGiyvrixog^  d.  h.  der  Königs  der  Insel  Salamis  (daher  Salaminius: 

leibliche  Bruder  oder  Sohn  derselben  Mut-  40  Hör.  C.  1,  15,  24).     Seine  Mutter  ist  nach  ein- 

ter,  genannt;  vgl.  über  das  Wort  Curtius,  Gr.  stimmiger  Überlieferung   die   von    diesem    als 

EtymoL*  146;  Jak.  Wackernagel,  Kuhns  Zeitsehr.  Siegespreis  errungene  trojanische  Königstochter 

Bd.  33,  Heft  1,  S.  13f.;  Degen  a.a.O.  56.    Doch  Hesione  (s.  o.);  nur  auf  dem  zum  Art.  Tela- 

bleibt    schon    bei  Homer   diese    Sagenfassung  mon  beigegebenen  Vasengemälde  (Abb.  7)  er- 

nicht  uneingeschränkt;    denn  0  284,  ein  Vers  scheint,  um  der  künstlerischen  Geschlossenheit 

1'üngeren  Ursprungs  {Schol.  A)^  verrät  mit  der  willen,  beim  Abschied  des  Aias  und  des  Teu- 

iezeichnung  v69-ov  nsg  iovta  bereits  Kennt-  kros  vom  Elternpaare  als  Mutter  beider  Söhne 

nis  der  späteren  Überlieferung,  nach  der  Ten-  Periboia  (s.  d.).    Auf  die  Herkunft  der  Hesione 

kros  der  Sohn  Telamons  aus  dessen  zweiter,  aus  ilischem  Geschlecht  bezieht  sich  die  Be- 
nicht  vollgiltiger   Ehe    mit    der   von   ihm    im  50  nennung  des  Teukros  bei  Nonn.  28,  60;  Jocq- 

Kampfe  erbeuteten  Troerin  Hesione  (s.  d.)  ist.  davir\g  6iüt8vxr]Q  ysvi&Xrig.  Während  Homer 

Übereinstimmend  erscheint  er  bei  Homer  und  und  Hesiod  Achill  und  Aias  noch  nicht  als  V^er- 

später  als  der  jüngere  Bruder.    Hinter  Aias  wandte  kennen  und  Pherekydes  {Müller,  fr.  hist. 

tritt  er  an  Bedeutung  weit  zurück,  gilt  jedoch  Gr.  1,  72;  fr.  15;  Lütke,  Pherecydea  7)  Telamon 

für    den   besten  Bogens-chützen    im  Grie-  und  Peleus  nur  Freunde  nennt,  sind  letztere  nach 

chenheere,  aber  auch  für  wacker  im  Nahkampf:  späterer  Sage  Söhne  des  Ai  ako  s  und  somit  Brü- 

iV313f.:  vTivol  {UV  iv  (liea^aiv  6c[ivvblv  sIgI  xal  der;  deshalb  bezeichnet Odysseus  imWaffenstreit 

fiUot  Aiavxig  rs  ävco  Ttviigog  0-',  og  aqiatog  den  Teukros  mit  Recht  als  patruelis  Achilli 

kxcciöäv  To^oavvTj,  Scyad'bg  dk  xal  iv  öTudir]  {Ov.  Met.  13,  157;  vgl.  Serv.  Aen.  1,G19).  Somit 
veiiivT],  vgl.  M350;    363:    ro^cov    iv    s ^d tog,  60  kreuzt   sich  in  ihm  das  Blut  der  Äaciden  mit 

sowie   0  266 f.;  300.  0  443f.    ^'862f.    Manche  dem  der  Dardaniden,  vgl.  Preller,  Gr.  Mythol. 

seiner   Taten    sind    belanglos    (Z  31.    J\ri70f.  2^  405;  Degen  42 f.    Wegen  dieser  Verwandt- 

Ä  515);    doch  bietet  er  bisweilen  selbst    den  schaft   mit    dem   troischen   Königshause    wird 

tüchtigsten    Gegnern    die    Spitze ;    so    werden  ihm  seine  spätere  Teilnahme  am  Kriege  gegen 

von   ihm    und   seinem   Bruder   Glaukos    und  Bion  schwer  verübelt  (XyÄ;.  J.Z.  453:  er vyysvcov 

Sarpedon  zurückgeschlagen  (M331f.;  370f.;  ßXdßri,  mit  Schol).     Teucer    seinerseits   legt, 

887 f.);  letzteren  rettet  nur  seines  Vaters  Zeus  sogar   nach   der  Zerstörung  von  Troja,    noch 

Dazwischenkunft  (402  f.) ;  ferner  tritt  er  wieder-  immer  hohen  Wert   auf  seine  eigene  Abstam- 


409        Teukros  (Sohn  des  Telamon)  Teukros  (Sohn  des  Telamon)        410 

inung  von  den  Trojanern  {Verg.  Aen.  1,  G25  u.  Soph. Phil.  1051.  Eur.Hel.1%.  Fs.-Aristot.  epigr. 

Serv.).    Die  beiden  Stiefbrüder  Aias  und  Ten-  bei  Jiergk,  Lyr.  2\  340:  libv   uiv.v\L6Q(iiv  xa- 

kros  pflegen  zeitlebens  das  beste  Kinvernehmen;  |u,t7]g.  Quint  Smyrn.  8,  316f ;  11,  99f.  Triphiod. 

ihre  Bruderliebe  ist  nicht  eigentlich  sprich-  170:  h-KrißöXoq.    Tzetz.  Hom.  181.  AtithoL  Pul. 

wörtlich  wie   bei   andern    Brüderpaaren,  wird  15,9,2.  Alkidam.''Od  in  Blaß' Ausg.  d.  Antiph. 

aber,    abgesehen    von    gelegentlichen    Erwäh-  p.  18ö".     Plutarch.  d  f'rat.  am.  16.    Ail.  Arist. 

nungen   {Plutarch.  d.  frat.   am.   lo;    Hör.  Sat.  46,  258;    lulinn    or.  2,    63      Hör.  C.  4,  9,   17. 

2,  a,  204),  im  Epos  {Quint.  Smyrn.  5,  60u  f.)  Bei  den  Kamptspielen  zu  Ehren  des  Achill 
und  Drama  (s.  u.)  hell  und  breit  ausgemalt,  siegt  zwar  der  kleine  Aias  über  Teukros,  der, 
obwohl  Teukros,  als  Kind  einer  Kriegsgefange-  lo  über  eine  Baurawurzel  strauchelnd,  sich  ver- 
nen  für  v6d-og  gilt  {Soph.  Ai.  1013;  1228f.;  letzt,  sodaß  ihn  die  Gefährten  hinwegführen 
1260 f.  Anthol.  Pal.  15,  9,  3;  vgl.  Jl.  0  284,  und  Ärzte  pflegen  müssen  (Quint.  Smyrn.  4, 
s.  o),  ja  von  seinen  Gegnern  unter  die  do-ö^oi  180f);  im  Bogenschießen  aber  übertrifft  er 
gerechnet  (Soph.  Ai.  1235)  und  ein  Barbar  den  Lokrer,  indem  er,  zum  Staunen  des  Heeres, 
gescholten  wird  (1289).  von  einem  Helmbusch  die  Haare  abschießt,  und 

Er  gehört  zu  den  zahlreichen  Freiern  der  erringt  so  die  Waffen  des  Priamossohnes  Troilos 

Helena;    zwar  ist  er  nicht  genannt  in   dem  als   Siegespreis   (4r2f  ;   Apollodor.  Epit.  5,  5). 

hesiodischen    Äa^aZo^fragment    eines    Papyros  Wenn    übrigens   Teukros    von    Menelaos   ein- 

{Berliner  Klassikertexte  Bd.  5,  Abtlg.  1,  S.  28f.  mal    zum    Hohne    rolorrj?  genannt    wird 

=  Hesiod.fr.  94:  Pz.^),  wohl  aber  bei  Apollodor  20  {Soph.  Ai   1120),  so  liegt  darin  ein  sarkastisch 

3,  10,  8,  3;  vielleicht  auch  bei  Hygin.  fab.  81,  gemeinter  Anachronismus:  die  in  homerischer 
wo  Bunte  aus  der  verderbten  Lesart  der  Ed.  Zeit  hochgeachteten  Bogenschützen  wurden 
princ.  Aecaeus  Blanirus:  Teucrus  Telamonius  später,  im  Gegensatz  zu  den  schwerbewaffneten 
herstellen  will  (die  näherliegende  Vermutung:  Kerntruppen,  zumal  als  Barbaren  gering  ge- 
Ancaeus  ist  aus  sachlichen  Gründen  abzuweisen;  schätzt;  überdies  hießen  in  Athen  xo'göxcci  die 
über  Blanirus  s.  d.  Art.  Bd.  1,  Sp,  788).  —  Ein-  nie  und  nirgends  beliebten  Schutzleute  oder 
schlägige  Komödie  :'EX£V7]?  nivrjffr^pE?  des  J./ea;*s  Polizeisoldaten.  Über  das  in  Athen  um  449 
{Kock,  Com.  2,  320;  Joh.  Schmidt,  Ulix.  Com.,  aufgestellte  Korps  der  skythischen  xoh,6xai  vgl. 
Jahrb.  Supplbd.  16,  399  f.).  Bruno  Keil,  Anon.  Argentin.  145  f.  —  Auf  bild- 

Nach  dem  Raube  der  Helena  beteiligt  er  30  liehen  Darstellungen  aus  dem  troischen  Sagen- 
sich,  wie  deren  übrige  ehemalige  Freier  durch  kreise  wird  in  einem  Bogenschützen  unter  den 
den  Eid  verpflichtet  (s.  d.  Art.  Helena  Bd.  1  Griechen  nicht  selten  Teukros  erkannt  (s.  u.). 
Sp.  1935 f.  und  Odysseus  Bd.  3  Sp.  614),  am  Bei  Aias' Selbstmord  ist  er  auf  einem  Beute- 
Zuge  gegen  Troja  {Dar.  Phryg.  14).  Der  zug  in  Mysien  abwesend  (»S'oi?/*.  ^i.  342  u.  6'c^oZ. : 
Telamonier  Ajax  und  sein  Bruder  Teucer  sind  x6  aTrslvai  Tüvtcqov  XQ^^t^iov  xfj  oUovq^icc-  nag- 
die  ersten,  die  auf  den  Sammelruf  der  Atriden  (bv  yäg  av  ixdjXvsv  avxbv  Ttgä^ca  u  ^ßovXsxo, 
erscheinen  {Dici.  Cret.  1,  13).  Fährt  bei  Homer  vgl.  564.  720  f),  kehrt  aber  früh  genug  zurück, 
{B  557)  Aias  mit  zwölf  Schiffen  aus,  so  werden  um  den  toten  Bruder  vor  den  Mißhandlungen 
bei  Hygin.  fab.  97  beiden  Brüdern  je  zwölf  der  Atriden  zu  schützen  (974  f.).  Angesichts 
zugeteilt.  Vor  Ilion  gesellen  sich  zu  den  ho-  40  der  Leiche  will  er  sich  das  Leben  nehmen, 
merischen,  z.  T  nochmals  erwähnten  Taten  wird  aber  von  den  Umstehenden  daran  ver- 
{Tzetz.  Hom.  in  =  II.  Z  31;  Tzetz.  ib.  181  f.  hindert;  laut  klagend  stürzt  er  sich  auf  den 
=  0  274  f.;  300  f.;  321;  Tzetz.  Alleg.  S  75  Toten,  der  ihm  mehr  wert  ist  als  da- 
=  Ä  515)  neue  Verrichtungen  Die  Zahl  der  heim  die  Eltern  {Quint.  Smyrn.  5,  500  f.; 
von  ihm  erlegten  Feinde,  bei  Homer  etwa  fünf-  518  f.);  hierdurch  gerührt  sichert  selbst  Aga- 
zehn,  erhöht  sich  bis  auf  dreißig  (Hygin.  fab.  memuon  der  Tekmessa  seinen  Schutz  zu  (559  f.). 
114;  vgL  auch  Om7?ier,  Anecd.  Paris.  2,  218).  Odysseus  will  dem  Aias  die  Waffen  Achills 
Manchmal  kämpft  er  als  Lanzenschwinger:  bei  mit  ins  Grab  geben,  womit  die  Griechen  ein- 
dem  siegreichen  Vordringen  des  Eurypylos,  verstanden  sind ;  nur  Teukros  lehnt  es  ab,  weil 
der  den  Troern  zu  Hilfe  kommt  und  Nireus,  50  ja  gerade  dieser  ihm  vorenthaltene  Siegespreis 
den  schönsten  Griechen,  sowie  den  Arzt  Machaon  die  Ursache  seines  Todes  sei  {Philosirat.  Heroic. 
tötet,  ermutigt  Teukros  seine  Landsleute,  die  12,3;  2, 189  Äat/ser).  —  Vielleicht  haben  Epiker 
beiden  Leichen  zu  bergen  {Quint.  Smyrn.  6,  und  Mythographen  manche  solcher  Züge  den 
435 f.);  er  selbst  schleudert  seinen  Schaft  gegen  zahlreichen  Dramen  entlehnt,  die  des  Teu- 
den  Schild  des  Aineias  (545 f.);  ebenso  betätigt  kros  Verhalten  an  Aias'  Leiche  vergegenwär- 
er  sich  im  Handgemenge  am  Simoeis  wieder  tigten.  Vorhanden  ist  allein  noch  Sophokles' 
als  Speerwerfer  (11,  356 f.);  daher  sein  Beiwort  Aias,  wo  er  sich  zuerst  gleichfalls  in  lautem 
iv^uslirig  (6,  546;  11,  357).  Doch  meist  tritt  Jammer  ergeht  (974f.;  992f.),  aber  dann,  gegen 
er,  wie  bei  Homer  (s.  0.),  als  Bogenschütze  Aias' Widersacher  männlich  auftretend  (1044 f.; 
auf,  und  obwohl  ihm  in  dieser  Kunst  berühmte  60  1223  f.),  wirksamer  als  durch  Klagen  seine 
Nebenbuhler,  wie  Odysseus,  Meriones,  Mene-  Bruderliebe  beweist  und,  als  Odysseus  gegen 
laos  und  Philoktet,  zur  Seite  stehen  {Dict.  Cret.  jene  hochherzig  Partei  ergreift  (1316 f.;  1381  f.), 
3,  1),  so  behauptet  er  doch,  wie  in  der  llias  nunmehr  dem  Toten  mit  dessen  Witwe  und 
(s.  0.),  seinen  sprichwörtlichen  Ruhm;  vgl.  Söhnchen  zu  ehrenvoller  Bestattung  verhilft 
Arrian.  Kyneg.  36,  1:  xo^i'n.mxaxog  xcbv  (1402f.).  Aus  seiner  Rede  gegen  Agamemnon 
^EXXT^vGiv.  Lukian  Hermot.  28:  6  'O^riQi-Kog  (1266f.)  ist,  in  etwas  veränderter  Form,  v.  1313 
To|drr]ff,  u.  Parasit.  46.  Nonn.  28,  60:  6t-  geflügeltes  Wort  geworden,  vgl.  ^posfo^  15,52 
GxevxriQ.  Tragic.  fragm.  adesp.  bQd  Nck.^  ^.952.  {v.  Leutsch,  Paraemiogr.  2,  642)  und  Ail.  Arist 


411        Teukros  (Sohn  des  Telamon)  Teukros  (Sohn  des  Telamon)        412 

46,  287.  Alle  andern  einschlägigen  Tragödien  ist  kein  griechisches  Original  nachweisbar; 
sind  verloren:  Aischylos'  U-nXiov  ycgiaig  und  nach  den  Bruchstücken  ist  der  Inhalt  klar: 
GQfjaoat  {Welcker,  Tril.  440  f.  und  Kl.  Sehr.  „es  stand  einem  argwöhnischen  greisen  Vater 
8,  276),  Ästydamaa  des  Jüngeren  Attt^  nai-  ein  unschuldig  geschmähter  Sohn  gegenüber, 
pößsvog^  Karkinos'  und  Theodektes'  Atag  tapfer  und  großmütig  das  Unrecht  ertragend" 
{Welcker,  Gr.  Tr.  1060,  1078),  ferner  Livius  {Bihbecl,  Rom.lJichtuiUf  l\'M;y^\.JtTr.im{). 
Ändronicus'  und  Ennius'  Aiax  {Ribbeck,  JR.  Sodann  war  dieser  die  Haupt-  und  Titelper- 
Tr.  26,  181  f.),  l\icuvius  und  Accius'  Armo-  sou  in  Sophokles'  7'svxQog  (Welcker,  Gr.  Tr. 
rum  iudicium  (218  f.;  368 f.),  Julius  Caesar  191  f.),  einem  Stück,  das  woniger  aus  den 
Strabos  Tecmessa  (614)  und  Kaiser  Augustus'  lo  Fragmenten  als  aus  einer  freilich  uuch  ver- 
Aicix.  Von  den  zahlreichen  Tsvxqos  oder  lorenen,  aber  im  Altertum  berühmten  Nach- 
T(M*ccr  betitelten  Stücken  behandelten  wohl  dichtung,  dem  Teucer  dos  i'acwyttts,  be- 
die  meisten  seine  Heimkehr  (s.  u.);  nur  in  kannt  ist  {Ribbeck,  R.  Tr.  223  f.;  R.  1).  1', 
einem  Ton  Aristoteles  {Rhet.  2,  23  p.  1398  b  8;  168  f.).  Teucer  hat  dem  Vater  nicht  nur  den 
8, 16  p.  1416  b  1)  erwähnten  Tfiüxpof,  der  mehr-  Tod  des  Bruders,  sondern  auch  den  Verlust 
fach  dem  Tragiker  Nikomachos  zugeschrieben  von  dessen  kleinem  Sohne  Eurysaces  zu  er- 
wird {Wdcker  1013 f.;  Ribbeck  374 f),  entspann  klären,  der  ihm  auf  einem  andern  Schiffe  im 
sich  ein  heiliger  Wortstreit  zwischen  ihm  und  Seesturm  abhanden  gekommen  ist ;  Telamo 
Odysseus:  letzterer  wies  die  Beschuldigung  aber  „sagt  sich,  ehe  er  nicht  den  verlorenen 
jenes,  er  habe  den  Aias  im  Walde  ermordet,  so  Enkel  wieder  hat,  von  dem  Bastard,  der  seinen 
siegreich  zurück,  ein  Stoif,  den  später  die  Stamm  vernichtet  habe,  los  und  stößt  ihn  in 
Rhetorschule  fleißig  bearbeitet  hat  {Quintil.  die  Verbannung".  Für  den  Verstoßenen  ent- 
4,  2,  18;  Comific.  ad  Herenn.  1^  11,  18).  zündet   die   schwererregte    Mutter  einen    hef- 

Wie  andere  griechische  Führer,  rüstet  auch  tigen  Parteikampf  der  Freunde,  die  den  Alten 

er  seine  Mannen  gegen  die  Amazonenkönigin  vom  Throne  stürzen  wollen:  da  tritt  hochherzig 

Penthesileia  (T^fte.  Po5<Ä.  83f.);  nach  seiner  und   pietätvoll   Teukros   selbst  für  den  Vater 

eigenen  Erzählung  erntet  er  dabei  Lob  durch  ein  und  verläßt  die  Heimat  freiwillig  mit  der 

die  Tötung  vieler  Feinde  {Gramer,  Anecd.  Paris.  Losung:  Patria  est  ubicunque  bene  est  {Ribbeck, 

2,  218);  auch  an  der  Bekämpfung  Memnons  R.  Tr.  231;  vielleicht  nach  Sophokles'  Drama; 
nnd  seiner  Inder  und  Äthiopen  nimmt  er  teil  so  vgl.  auch  ^r.  P/wi.  1151).  Ions  Ttv-ngog  {Welcker 

(2,  219  f.)  und  wird  mit  Entsetzen  Augenzeuge  953),  Euaretos'  gleichnamiges   Stück  {C.  I.  A. 

der    Ermordung    Achills    durch    Paris  (220  f.).  2,  973,  7)  und  Livius  Andronicus'  Teucer  (Rib- 

Sodann  gehört  er  zu  den  Helden,  die  sich  im  beck  40)   liefern  in  ihren   Resten   und  Erwäh- 

Hölzernen  Rosse  verstecken  {Quint.  Smyrn.  nuogen   keinen   Ertrag;    über   den   wesentlich 

12,  322.    Triphiod.  170.    Tzetz.  Posth.  646);  an  andern  JnhaXt  von  Nikomachos'  TtvxQoga.o. — 

dem  Bronzebild  des  Pferdes  auf  der  athenischen  Die  Bucht  Phreattys  am  Peiraieus,  wo  er  von 

Akropolis  sah  man,  wie  sich  Menestheus,  Teu-  einem  Schiffe  aus  seine  Reden  gehalten  haben 

kros  und  die  Söhne  des  Theseus,  offenbar  im  sollte,   diente  noch   später  dem  schon  einmal 

Begriffes  zu  verlassen,  herausneigten  {Patts.  1,  freigesprochenen  Angeklagten  als  Verteidigungs- 

23,  8;  8.  u.).                                                                40  statte  {Paus.  1,  28,  12;  vgl./.  H.  Lipsius,  AU. 

Seine  Treue  gegen  den  Bruder  findet  bei  Recht  u.  Rechtsverfahren  1,  130  A.  32). 
der  Heimkehr  nach  Salamis,  die  vielleicht  So  zieht  er  denn  in  die  Ferne.  Sein  Auf- 
schon in  den  Noazoi  des  Epischen  Kyklos  er-  bruch  gewinnt  ein  feierliches  Gepräge  bei  Äor.  (7. 
zählt  war  {Welcker,  Gr.  Tr.  191),  einen  üblen  1,  7,  21  f.  Zuerst  begegnen  wir  seiner  Spur  in 
Lohn  und  erspart  ihm  nicht  den  schlimmsten  Sidon,  wo  Dido,  lange  vor  ihrer  Flucht  nach 
Empfang  durch  den  Vater.  Die  Erinnerung  an  Libyen,  von  ihm  Trojas  Fall  und  die  Helden- 
dessen unerbittliche  Strenge  hat  die  Söhne  taten  der  Griechen  wie  der  Troer  erfährt  ( Verg. 
während  des  ganzen  Krieges  begleitet  (s.  d.  Aen.  1,  619  f.).  Mit  Hilfe  ihres  Vaters  Belus, 
Art.  Te/amon  Sp.  "223  f.).  So  gewärtigt  Teukros  des  Königs  von  Phönicien,  erobert  er  darauf 
an  des  Bruders  Leiche  den  Vorwurf  des  zor-  60  Cypern  {ib.  621  u.  Serv.);  zunächst  landet  er 
nigen  Alten,  aus  Feigheit  oder  gar  aus  Tücke,  dort  an  einer  seitdem  als  kxcciätv  äv.xri  be- 
um  nunmehr  als  alleiniger  Erbe  auftreten  zu  zeichneten  Küstenstelle  {Strab.  14  p.  682)  und 
können,  habe  er  Aias  im  Stiche  gelassen  {Soph.  benennt  die  von  ihm  neugegründete  Stadt  nach 
Ai.  1008 f.);  gilt  er  doch  auch  der  auf  ihn  er-  seiner  heimatlichen  Insel  Salamis.  Seine  Aus- 
hiiteiten K&88a>udi&9\B 6 n uT Q io V  (pov£vg{Lyk.  Wanderung  und  Ankunft  auf  Cypern:  Marmor 
^Z.463,  nach  der  besten  Lesart;  vgl.  auch  T^ei^.u.  Partum,  Ep.  26,  p.  10  Jacoby.  dccp'  ov  [üaXa- 
Schol.).  Überdies  verargt  es  ihm  der  Vater,  daß  ^Iva  xriv  iy'\  Kvtcqo)  TsvKgog  mixiGav,  hr} 
«r  nicht  wenigstens  die  Asche  des  Aias  mitge-  PHHHHAAAnil  (=  938)  ßaöiXsvovrog  'Ad-rivmv 
bracht  habe  {Serv.  Aen.  1,619).  Die  unglückse-  J7]iiocpä)vtog.  Pind.  Nem.  4,  46  u.  Schol  Aisch. 
lige  Eeimkehi  hehdj[ide\ten  Aischylos'  UaXuiLi-  60  Pers.  895.  u.  Schol.  Soph.  Ai.  1019  f.  u.  Schol. 
viai,  das  dritte  Stück  der  einen  Trojanischen  Eur.  Hei.  147  f.  Isokr.  2,  arguin.;  3,  28;  9,  18  f 
Trilogie  {Äschyl.  Tril.  439 f.;  s.  o.).  Einen  Hin-  Paus.  8,  15,  7.  Menandr.  inid.  bei  Spengel, 
weis  auf  diese  Tragödie  erkennt  man  bei  Aristo-  Rhet.  Gr.  3,  357.  '  Tzetz.  Lyk.  447  f.  u.  Schol. 
phanes,  Barg.  1041,  in  dem  für  den  Helden  Eustath.  II.  p.  285,  14.  Cic.  Tusc.  5,  108;  d. 
charakteristischen  Ausdruck  Tiv-ngav  d-v-  Gr.  2,  193.  Ov.  Met.  14,  696  f.;  760.  Pont. 
yi^oXBovxoiv,  was,  nach  dem  vorhergehenden  1,  3,  80.  Velh  1,  1.  Tac.  Ann.  3,  62;  lustin. 
IlaxgöxXoiv,  nur  heißen  kann:  „löwenmutiger  44,  3,  2.  Dict.  Cret.  6,  4;  vgl.  auch  Engel, 
Männer   wie   Teukros".     Für  Ennius'   Telamo  Kypros  1,  212.    An  den  neuen  Wohnort  bringt 


413         Teukros  (Sohn  des  Telamon)  Teukros  (Sohn  des  Telamon)        414 

er  kvie^sgefsuK^eue  TroGT  mit  (Athen.  6  p.  266h).  linj?  .auf  Ai^ina.  Hier  landet  Teukros  mit 
Vielleicht  ist  der  dortige  Zeuskultus  mit  seinen  seinem  Netten,  den  er  früher  unterwegs  ver- 
Menschenopfern von  ihm  gestiftet  {Lactant.  loren  (s.  o.),  dann  aber  wiedergefunden  hat, 
diviri.  insHt.  1,  21,  1;  vgl.  auch  Tac.  Ann.  3,  erkennt  den  hilflosen  (Jreis,  besänftigt  dessen 
62.  Uegesandr.  bei  Athen.  4  p.  174  a  =  Müller,  Zorn  durch  die  Uückgabe  des  (wohl  schon  er- 
fr.  hist.  Gr.  4:.,  Ai9 :  Zsvg  GTtXccyxvoto^iog.  Gruppe  wachscnen)  Enkels  und  Hetzt  den  Vertriebenen 
335,15).  Er  heiratet  sodann  Ei;?]  (oder  fJ-övrj),  aufs  neue  als  König  und  den  Eurysaces  zu 
die  Tochter  des  eponymen  Königs  Kyp res  (s.d.)  seinem  Thronerben  ein.  Dunkel  bleibt  dabei, 
und  Enkelin  des  Kinyras  (s.  d.),  und  erzeugt  ob  er  selbst  nach  Cypern  zurückkehrt.  Erscheint 
mit  ihr  die  Aster ie  {Tzetz.  Lyk.  450).  Nach  lo  er  liier  als  selbstloser  Eriedensstifter,  so  sucht 
einer  andern  Genealogie  ist  Kinyras'  (nicht  er,  nach  einer  andern  Überlieferung  {lustin.  44, 
mit  Namen  genannte)  Tochter  die  Gattin  des  3,  3  f.;  s.  auch  d.  Art.  Telamon  Sp.  226),  im 
Teukros,  und  von  diesem  Paare  leiteten  die  Gegenteil  selbst  die  väterliche  Krone  zu  ge- 
Könige von  Cypern  ihre  Herkunft  ab  und  winnen.  Auf  die  Kunde  von  Telamons  Tode 
hießen  nach  dem  Ahnherrn  Tsv-tigidcci  {Paus.  kehrt  er  nämlich  aus  Cypern  nach  der  heimat- 
1,  3,  2;  2,  29,  4;  zu  ihnen  gehören  Euagoras  liehen  Insel  zurück;  von  Eurysaces,  der  die 
und  sein  Sohn  Nikokles,  deren  Herkunft  aus  Herrschaft  bereits  angetreten  hat,  abgewiesen, 
Teukros'  Geschlecht  bezeugt  wird  bei  Isokr.  2,  wendet  er  sich  nach  Spanien:  zuerst  besetzt 
argum.;  3,28;  9,  18f.).  Ein  Sohn  des  Teukros,  er  die  Gegend  des  späteren  Neukarthago 
Namens  Aias,  gilt  für  den  Gründer  von  Olbe  20  {lustin.:  uhi  nunc  est  Carthago  Nova;  nach  Sil. 
in  Kilikien:  noch  zu  Augustus'  und  Tiberius'  Jtal.  3,  368;  15,  192  ist  er  sogar  Gründer  der 
Zeit  hießen  die  meisten  Glieder  der  dortigen  Stadt:  Carthago  Teuere  fundata  vetusto),  wan- 
priesterlichen  Dynastie  Tev^qoc  i]  Atavrsg  dert  aber  dann  nach  der  im  nordwestlichen 
(Strab.  14  p.  072);  offenbar  wechselten  in  der  Winkel  der  Halbinsel  gelegenen,  nachmals  von 
Herrscherfolge  die  beiden  Namen  ab.  Ein  Teil  Kelten  bewohnten  Landschaft  Gallaecia  (oder 
Kilikiens,  t]  TqccxbIcc  genannt,  wo  JPompejus  Gallaecia)  aus,  siedelt  sich  hier  an  und  gibt 
kriegsgefangene  Seeräuber  ansiedelte,  hieß  ge-  dem  Volke  (wohl  nach  sich)  den  Namen.  Nach 
radezu:  i]  xov  Tsvxqov  dwccötsicc  y.al  Asklepiades  von  Myrlea  bei  Strab.  3  p.  157 
IsQcoavvri.  Inschriftliche  Belege  für  das  Fort-  {Müller,  fr.  hist.  Gr.  3,  301)  sollen  Kriegsge- 
leben dieser  Heroennamen  auf  Cypern  und  30  fährten  des  Teukros  {r&v  fistä  Tsv-hqov  otqu- 
in  Kilikien  bei  Gruppe  329,  5 ;  Kretschmer,  Ein-  tsvaccvvcov  rtva?)  dort  {iv  KaXXaiy,ols)  sich  nie- 
leitung  in  d.  Gesch.  d.gv.Spr.  190;  Degen  57  A.  dergelassen  haben;  doch  erlaubt  der  Wortlaut 
4u.  5;  Beloch,  Gr.  Gesch.  1^,  97  A.  2;  Vürtheim,  der  Stelle  nicht,  die  dortigen  St'Mte  "EXXTivsg 
De  Aincis  origine  cultu  patria,  Leiden  1907,  und  'A^cpiloxoL  für  Gründungen  dieser  Gefolgs- 
S.  54;  Paulg-KroU,  Suppl.  I.Heft  Sp.  34;  Jahrb.  mannen  oder  gar  des  Teukros  selbst  zu  halten 
d.  Arch.  Inst.  24  (1909),  434 f.  In  der  Erzählung  (gegen  Hübner  b.  Pauly  -Wissowa  3,  1367  u. 
bei  Ov.  Met.  14,  698f.  stammt  die  hartherzige  1,  1937  f.).  An  einer  dritten  Stelle  Spaniens, 
cyprische  Jungfrau  Anaxarete  (s.  d.)  aus  Teu-  in  Gades  {Fccdsiga),  zeigte  man  als  Reliquien- 
kros'  edlem  Geschlecht,  vgl.  auch  Hermesianax  stück  den  goldenen  Waffengurt  des  Telamo- 
hei^  Anton.  Lib.  39.  40  niers  Teukros  {Philostr.  vit.  Apoll.  5,  1;  1,  167 

Über    seine    letzten    Schicksale    gehen  Kayser). 

die  Zeugnisse  weit  auseinander.    Unter  Aristo-  Soweit    bei    der    Verschiedenartigkeit    der 

teles'    Namen    haben    wir    ein    Epigramm    auf  Quellen  von   einem  Gesamtbild   die  Rede   sein 

den  in   Cypern  bestatteten   Telamonier  kann,  ist  Teukros  ein  Held  von  kriegerischer 

{Bergk,  Lyr.  2*,  340;  s.  o.).     Hiernach   ist    er  Tüchtigkeit  und  ausgeprägter  Liebe  zu 

bis   an   sein   Ende   dem   neuen  Vaterland  treu  Vater,  Bruder  und  Heimat.    Farblose  epi- 

geblieben.    Dagegen  hören  wir  anderwärts  von  sehe  Beiwörter:  a^v^icov  {Quint.  Smyrn.  5,  s.  o. 

seiner  Rückkehr  nach  Salamis,    die  sich  nach  II.  f)  273),  ccvtld'sog  (12,  322)  und  datcpQOJv 

den  verschiedenen  Berichten  ganz  verschieden  (8,311);  außerdem  s.  o.  iv[insXir\g  6,546;  11, 

gestaltet.     Unterwegs  hat  er,  wohl  bald  nach  so  357);  Q-viLoXiav  {Ar.  Bccxq.  1041).   Daß  er  ein 

Trojas  Zerstörung,  deren  Chronologie  hier  nicht  angesehener  Typus   der  Tragödie  war,    ergibt 

recht   klar   ist,    an   der   Küste  von  Troas  eine  sich    auch  aus  Antiphanes'  fr.  191,  22   (Kock, 

Begegnung  mit  Achills  Sohne  Pyrrhos  {Cra-  Com.  2,  90  f.),  wo  er,  zusammen  mit  Peleus  (s. 

mer,  Anecd.   Paris.   2,   216.   221);    dieser    hat  auch  Hör.  A.  P.  96.  104),  als  tragische  Person 

die   Asche   des   Telamoniers  Aias    neben   dem  gewissen  Charakteren    der  mittleren  Komödie 

Grabhügel  seines  Vaters  Achill  beigesetzt;  zum  gegenübergestellt    wird.     Gewiß    spielt    er   in 

Danke  hierfür  erzählt  ihm  Teukros  beim  Mahle  vielen  Stücken  als  Kontrastfigur  oder  als  Deu- 

die  Ereignisse  des  Krieges  kurz  vor  dem  Tode  teragonist,    besonders    aber    in    manchen    als 

des  Peliden,  darunter  auch  seine  eigenen  Taten  Titelheld  eine  bemerkenswerte  Rolle;   immer- 

(s.  0.);  nun  erst  setzt  er  die  Fahrt  nach  seiner  60  hin    hat   es    bei    dem    Urteil   des   Philostratos, 

Heimat  Salamis  fort.  der  ihn  bei  der  Besprechung  homerischer  Hel- 

Sophokles'  EvQvöd-arig  {WeJcker  l^lt.;  s.  den  und  ihrer  Körperstärke  nur  zu  den  Mittel- 
auch d.  Art.  Bd.  1,  Sp  1430),  wohl  als  drittes  mäßigen  {iv  tolg  ^eöOLg  r&v  'Axcci&v) 
Stück  zu  derselben  Trilogie  zu  rechnen  wie  rechnet  {Heroic.  12,  3;  2,  189  Kayser),  in  kör- 
Atccg  und  Tsvxgog  (s.  o.),  sowie  ferner  Accius'  perlicher  wie  geistiger  Beziehung  auch  für  die 
Eurysaces  {Ribbeck,  B.  Tr.  419  f.;  B.  D.  1*,  nachhomerische  Literatur  sein  Bewenden.^ 
180)  zeigten  den  alten  Telamon  aus  seinem  Dies  der  Bestand  der  literarischen  Über- 
Reiche    vertrieben    und    als     armen     Flucht-  lieferung.  Doch  das  Bestreben,  jene  Mythen  zu 


415         Teukros  (Deutungsversache)  Teukros  (Deutungs versuche)         416 

verstehen,  macht  hier  nicht  halt.  Freilich  dilr-  Nebengattin  des  Telamon  auf.  Dieser  ist  näm- 
fen  Deutungsversuche,  die  ihnen  gewidmet  lieh  gleichfalls  auf  die  Wanderschaft  gegangen. 
Bind,  eben  nur  als  Versuche  gelten.  auf  Aigina  dem  Aiakos  angekindet  worden 
Beide  Helden,  die  Teukros  heißen,  werden  und,  nach  mancherlei  WechsoltVillen  (s.  d.  Art. 
von  der  Überlieferung  in  einen  direkten  ver-  Sp.  21 6 f.),  auf  der  Nachbarinsel  Salamis  /ur 
wandtschaftlichen  Zusammenhang  gebracht;  Herrschaft  gelangt  {BusoU,  Gr.  Gesell.  2',  215 
ein  solcher  besteht  ja  auch  nach  der  wissen-  A.  1).  Ein  naheliegender,  durch  den  athenischen 
schaftlichen  Auffassung  der  Sage;  nur  ist  er  Nationalstolz  bedingter  Anachronismus  ver- 
ganz anderer  Art,  als  der  von  der  Dichtung  schafft  diesem  Eiland  schon  für  das  Helden- 
aufgestellte Stammbaum  vermuten  läßt.  Die  lo  Zeitalter  die  Zugehörigkeit  zu  Attika  und  macht 
Heldensage  hat  —  so  nimmt  man  jetzt  an  —  so  den  Telamon  samt  seinen  berühmten  Söhnen 
den  jüngeren  Teukros  früher  geschaf-  zu  Stamraheroen  auch  für  das  attische  Fest- 
fen.  Dieser  ist,  wie  sein  Bruder  Aias,  nicht  land  (77.  B  568  mit  Schol.;  Soph.  Ai.  202  u. 
auf  der  Insel  Salamis  zu  Haus,  wie  es  für  861  mit  Schol.;  Töpff'er,  Att.  Geneal.  270  f. ; 
letzteren  nach  dem  spilter  entstandenen  Schiffs-  274  f.).  Jene  Gattin  aber,  die  später  seines  un- 
katalog  (ß  657)  scheint,  sondern  bei  Homer  ebenbürtigen  Sohnes  Mutter  werden  soll,  er- 
heimatloB  {Ed.  Meyer^  Gesch.  d.  Altert.  H  beutet  er  als  Herakles'  Kriegskamerad  auf 
S.  646);  er  stammt  aber  wohl  aus  dem  opun-  einem  Zuge  nach  Asien;  denn  Hesioue  heißt 
tischen  Lokris,  wo  beide  Aias  aus  einer  die  „Asiatin"  {Degen  66;  Ed.  Meyer  I  2' 
einzigen  Gestalt  erwachsen  sind  {Gruppe,  2o  S.  G69).  Während  demnach  bereits  das  älteste 
Mythot  613;  SlO;  Vürtheim  13  f.;  134;  Beloch  Heldenlied  den  Teukros  mit  seinem  bedeuten- 
1",  185);  oder  der  Telamonier  ist  eine  gestei-  deren  Bruder  als  Kämpfer  vor  Troja  kennt 
gerte  Nachbildung  des  Lokrers  {F.  Cauer,  IIb.  und  feiert,  tritt  erst  nachträglich,  gleichsam 
JoÄrb.  1905,  S.  11  f.).  Der  Uraias  ist  ein  Gigant  dem  Parallelismus  zuliebe,  ihr  Vater  'ielamon 
{Vürtheim  87  f.).  Die  ursprüngliche  Einheit  der  auf  den  Plan,  um  durch  die  erste  Eroberung 
beiden  AHavrs  wirkt  noch  darin  nach,  daß  sie  Ilions  den  Söhnen  als  Muster  voranzuleuchten, 
bei  Homer  meist  gemeinsam  auftreten  und  Nach  dem  Trojanischen  Kriege  gelangt,  wieder 
vereint  kämpfen  {Vürtheim  a.  a.  0.);  Teukros  auf  dem  Wege  der  Kolonisation,  Teukros' Kuhm 
femer,  der  sich  hier  oft  zu  ihnen  gesellt  (s.  o.  von  Salamis  nach  Rhodos  und  Kreta  (Grwppß 
Sp.  407),  ist  gleichfalls  aus  jenem  opuntischen  so  642,  11;  269);  zumal  wegen  seiner  Schützen- 
Dämon  hervorgegangen;  als  Bogenschütze  würde  kunst  gilt  er  den  Kretern  als  stammverwandt 
er  sich  überdies  besonders  zum  Führer  der  mit  und  ist  ihnen  vertraut  (s.  u.;  vgl.  auch  Hör. 
Bogen  bewaffneten  Lokrer  eignen  {IL  iV  715  f.);  C.  4,  9, 17).  Rhodier  bringen  dann  seinen  Namen 
wird  doch  sogar  sein  Name  abgeleitet  von  nach  Olbe  in  Kilikien  (s.  o.  Sp.  41i^),  wo 
rvx-,  treffen  {Vürtheim  24;  s.  u.).  Telamon  dieser  sehr  üblich  wird  {Kretschmer,  Einl.  in 
(8.  d.)  ist  noch  gar  kein  Held  der  älteren  Sage ;  d.  Gesch.  d.  griech.  Spr.  190);  und  als  von 
weder  bei  Homer  noch  in  Hesiods  Katalogen  dort  Ansiedler  nach  Cypern  kommen  und  eine 
wird  er  erwähnt;  auch  darf  man  ihn  wohl  gar  Stadt  Salamis  vorfinden  {Busolt  1*,  321),  schrei- 
nicht  als  den  Vater  der  homerischen  Brüder  ben  sie  deren  Gründung  ihrem  auf  der  g-leich- 
auffassen,  sondern  er  ist  identisch  mit  einem  40  namigen  Insel  ansässigen  Nationalhelden  zu, 
Giganten,  der  sonst  auch  als  Atlas,  Tantalos  dessen  Name  aus  Kilikien  bereits  hierher 
oder  Prometheus  erscheint  (s,  d.  Art.  Telamon  gedrungen  ist  {Beloch  1*,  97  A.  2).  Seine  Ver- 
Sp.  230  u.  Degen  58).  Nicht  weil  die  beiden  bannung  und  sein  rührender  Auszug  aus  der 
Brüder  seine  Söhne  sind,  sondern  weil  sie  Heimat  wird  dann  erst  von  der  Sage  als  Mittel- 
unter seinem  Schutze  stehen,  heißen  sie  TsXa-  glied  in  seinen  Eilebnissen  gefühlvoll  ergänzt. 
iLa}vi.OL  {P.Girard,  Aiaxfils  de  Telamon,  Bevtie  Mehrfach  sind  für  die  Weiterbildung  solcher 
des Etudes  Grecques  1905,  S.l  f.;  Vürtheim  52  f.);  Wanderungs  und  Gründungssagen  Kulte  maß- 
ßpäter  erst  ist  dieses  Adjektiv  patronymisch  gebend,  so  der  kilikische  Zeuskult  in  Olbe 
aufgefaßt  und  dann  weiterhin  so  verwendet  und  der  cjprische  in  Salamis  (s.  o.  Sp.  412  f.). 
worden  {Soph.  Ai.  134:  Telafimvis  ital.  Quint  50  Bisher  ist  nur  von  dem  jüngeren  Teukros, 
Smyrn.  4,  227:  TiXa^mviog  vi6s.  Vgl.  Ov.  Met.  dem  Griechen,  die  Rede  gewesen.  Aus  ihm  hat 
13,  194).  Mit  Kolonisten  sollen  die  Sagenge-  sich,  nimmt  die  moderne  Forschung  an,  der 
stalten  des  Aias  und  des  Teukros  in  den  Pelo-  Troer  Teukros  erst  entwickelt  {Degen  64  f.). 
ponnes  imd  nach  dem  Saronischen  Golf  Die  Troer  werden  von  den  Späteren  vielfach 
gelangt  sein  {Gruppe  613;  Vürtheim  25.  52.  mit  Kreta  in  Verbindung  gesetzt,  vor  allem 
130).  Während  nun  bei  den  Lokrem  der  Gigant  wegen  des  beiden  gemeinsamen  Idagebirges 
Aias  in  dem  kleinen  Aias  fortlebt,  faßt  der  {Ed.  Meyer  I  2*  S.  658);  ferner  wird  der  tro- 
große  auf  der  Insel  Salamis  festen  Fuß;  und  janische  Kybele-  und  Korybantenkultus  aus 
wie  dem  Lokrer  ein  natürlicher  Halbbruder  Kreta  hergeleitet  und  mit  jenem  auch  das 
in  Medon  (s.  d.  imd  Vürtheim  25)  beigegeben  60  Smintheusheiligtum  in  Beziehung  gebracht 
wird,  so  tritt  neben  den  andern  Aias  der  {Degen  46).  So  landet  denn  Teukros  in  Troas 
Bastard  Teukros;  zur  Erklärung  des  Namens  (s.  o,)  und  wird  hier  als  siegreicher  Eroberer 
benutzt  sogar  Moritz  Schmidt  die  Glosse  des  des  Landes  nachmals  der  Königsliste  einver- 
Hesychios  (4,149):  tsvxQog-  ccÖElcpbg  vod-og  leibt.  Da  aber  die  Sage  einen  einheimischen 
(fl.  u.).  Seine  uneheliche  Geburt  wird  aber  nun  Herrscher  Ilions,  das  sich  trotz  seines  zwei- 
erst  durch  Einführung  einer  ausländischen,  maligen  Falles  auch  in  der  Erinnerung  der 
nicht  vollbürtigen,  weil  kriegsgefangenen  Mutter  Griechen  stets  besonderen  Ansehens  erfreut, 
erhärtet.    Damit   taucht    Hesione    (s.  d.)    als  lieber  sieht  als   einen   zugewanderten   Fremd- 


417         Teukros  (Deutungeversuche)  Teukros  (Etymologie)              418 

ling  und  Unterdrücker,  so  macht  ihn  eine  Bb.  Jahrb.  1901,  S.  667  f ;  66H;  673  f.).  Gerade 
andere  Form  der  Überlieferung,'  zum  urein-  für  den  Troer  Teukros  ist  zwar  diese  Lehre 
geborenen  König,  ja  zum  Ahnherrn  der  troi-  Bethes  namentlich  von  O.  Crusius  {Süzungsber. 
sehen  Königsfamilie  (s.  o.  öp.  403);  offenbar  d.  Bayr.  Akad.  d.  Wüs,,  phil.-histor.  Kl., 
ist  für  h'tzteres  der  Grund,  daß  durch  die  11)05,  8.  77«if.;  vgl.  Vürtheim  62  f.  u.  Gruppe, 
Autorität  der  Utas  (T  21i)f.;  23Uf)  von  Dar-  Burs.  Jahresher.  Bd.  187  S.  122)  lebhaft  be- 
danOf»  an  der  Stammbaum  des  Herrscherhauses  kämpft  worden.  Aber  bei  der  hiermit  in  Zu- 
ber^its  unverrückbar  feststeht  und  Teukros  samnienhang  stellenden  Betrachtung  des  Volkes 
mithin  nur  vor  Dardauos  unterzubringen  ist.  der  Teukrer  und  seiner  Wanderung  von  West 
Bereits  vorher  ist,  nach  dem  Muster  der  rho-  lo  nach  Ost  (s.  u.)  wird  die  Bethesche  Theorie 
dischen  Andromedasage  {Tümpii,  1^ leckeis.  eine  Stütze  finden.  Hier  muß  der  Hinweis  auf 
Jahrb.  Supplbd.  16,  199  f.;  (Uruppe  848;  Vürt-  die  schon  berührte  Tatsache  genügen,  daß 
heim  öO)  Hesi^ne,  ihre  Aussetzung  durch  ihren  Athens  Dichter  und  Lokalhistoriker,  gewiß 
Vater  sowie  ihre  Errettung  durch  Telamon  in  unter  dem  Einfluß  des  alten  Epos  {Gruppe 
die  Erscheinung  getreten  (s.  Weicker  b.  Bauly-  a,  a.  0.),  ihre  Vaterstadt  mit  dem  auch  nach 
Kroll  8,  1241),  und  in  dem  J^ohne  dieses  seinem  Sturze  hocbberühmten  Ilion  zu  ver- 
Paares, dem  Telamonier  Teukros,  hat  sich  das  knüpfen  suchen  und  diesem  Streben  schon 
Blut  des  troischen  und  des  griechischen  Hei-  vorhandene  P'ormen  der  Heldensage  unbe- 
dengeschlechts  gekreuzt  {Prell er ,  Gr.  Mythol.  denklich  und  nicht  ohne  Willkür  zum  Opfer 
2^,  40ö).   Damit  ist,  woran  auch  sonst  der  Sage  20  bringen. 

viel  liegt,    zwischen   den   beiden    gleich-  Dies  sind  Versuche  zur  Erklärung  von  Wesen 

namigen    Heroen    ein    Verwandtschaft-  und   Herkunft    des   jüngeren   wie    des   älteren 

liches  Band  hergestellt.  Während  also  in  Teukros.  Besonders  viel  Einfluß  auf  die  Wan- 

Wahrheit  —  oder  doch  wahrscheinlich  —  der  derung  der  beiden  Heroen  darf  man  der  atti- 

Kreter  Teukros  fern  im  Südosten  der  Griechen-  sehen  Überlieferung  und   der  rhodischen  Sage 

weit   von    dem    salaminischen    Flüchtling   und  beimessen.     Durch    jene    gewinnt    der    Troer 

nachmaligen    cyprischen   Kleinfürsten    erst  ins  Teukros  einen  wenn  auch  lockeren  und  künst- 

Leben  gerufen  worden  ist,  wird  er,  als  ältester  liehen  Zusammenhang  mit  Athen;  diese  führt 

König  von   Troja,   Hesiones   Ahnherr    und   so,  den  Telamonier   erst   nach  Süden   und   zuletzt 

durch  künstliehe  Verknüpfung,  der  Stammvater  30  nach   dem   äußersten  Westen   {Gruppe  643,  4), 

des    Telamoniers.     Zugleich   ergibt  sich    dabei  wo  er  den  Tod  und  sein  Grab  findet, 

zweierlei.    Einmal   hat   diese   Verbindung   den  Zur  Etymologie  des  Namens  sind  schon 

Erfolg,   daß  der  nur   scheinbar  troische  Name  zwei  Deutungen  erwähnt  worden:   die  Herlei- 

Teukros  in  Troja  erklärt  wird  (>F(^^■c/l•er  a.  a.  0.):  tung    von    tvx-,    xvy%ävsiv.,    treffen,    wo- 

er    stellt    sich    damit    stillschweigend    als    ein  nach  das  Wort  den  treffsicheren  Schützen 

echtgriechischer  und  dorthin  übertragener  her-  bezeichnen  würde  ( Vürtheim  24),   und  die  Be- 

aus  (s,  0.  und  Degen  62),  wodurch  sich  Ablei-  nutzung  der  Hesychiosglosse :  tsvxQog'  äisX- 

tungen  des  Wortes  aus    andern   Sprachen   er-  cpbs  vöd'og,   darnach  hieße  Teukros  der   un- 

ledigen    (s.  u.).    Wichtiger    als    die    Erfüllung  eheliche  Bruder  oder  allgemein  der  Bastard 

dieses  eigentlich  nur  sprachlichen  Zwecks  40  (iHoni^  Schmidt,   Hesych.  4,  149).    Von    einer 

ist   der  Sage    die    Befriedigung   einer   natio-  ifes^/c/nosstelle  geht  auch  eine  dritte  Erklärung 

nalen  Tendenz  gewesen,  nach  der  „Teukros  aus;  es  heißt  da: 

■ein   Band   zwischen    den   Troern   und   den   Er-  ^n  ~              <:  n^  ~           ^     .               / 

oberern   Trojas   sein   und   diese    als   Abkömm-  ^^!^^«^'  !''  Tgco^^^^ccl  gl  uoinxai. 

linge  der   echten  Heroen  kennzeichnen    sollte«  rsvY^QOV    Trotrjr^r. 

{Gruppe,  Berl  Fhilol.  Wochenschr.  1908,  S.  688).  rsv^rnQos'  ^oi^xov. 

Als    besonders  mächtig   hat  sich,   hier   wieder  Hiernach    leitet  Degen  (S.  62)  den    Namen 

der  attische  Einfluß  erwiesen.    Er  hat  den  von  tvx-,  xhv%iiv.,  fertigen,  erfinden  ab 

kaum  auf  Salamis  heimisch  gewordenen  Tela-  und  übersetzt  ihn  mit  Künstler  (opifex).   Sohn 

mon    und    seine    Söhne    für    Attika    gewonnen  50  einer  Hesione  (s.  d.  unter  2)  ist  nämlich  auch 

{s.  0  ),  aber  auch  den  Erichthonios  in  die  troische  Palamedes  (s.  d);   er  heißt  nach   Weicker  ur- 

Königsliste  eingefügt  (jEscÄer  &.  PömZ*/  TFVssotüa  sprünglich  TlaXoi.\ia —  ju-rjdr]?,   was    den   Hand- 

<5,  440).    Nicht    genug    damit.     Früh    hat    der  fertigen  bedeutet,  und  ist  namensverwandt  mit 

attische   Gau  Xypete   die    Bezeichnung    äfj^og  Palamaon    (s.  d.),    dem    Vater    des    Künstlers 

Tqcocov  oder  Tgoicc  erhalten  (s.  o.  Sp.  405 f.  u.  Daidalos,    und    mit   Palaimon    (s.  d.   unter  3), 

Steph.  Byz.  s.  Tqolcc),  wozu  gewiß  das  älteste  einem  Sohn  des  Hephaistos.  Diesem  Gotte  sind 

Epos    mitgewirkt    hat;    ägxcav    wird    hier    der  alle  drei  fast  gleichnamigen  Heroen  sehr  ähn- 

Sage  nach  der  Held  Teukros.    Seine  von  dem  lieh,   ja  angeblich   mit   ihm  dieselbe   Person; 

Atthidographen    Phanodemos  berichtete  Wan-  vgl.  Fick--Bechtel,  Griech.  Personennamen  405. 

■derung   von  Attika  nach  Troas  (s.  o.  Sp.  405)  60  Falls  nun   auch  TsvKQog  nach   der  Hesychios- 

stellt,    im    ausdrücklichen    Gegensatz    zu    der  glosse    der   geschickte  Arbeiter    und    Erfinder 

Überlieferung    von  "Teukros'    kretischer    Her-  heißt,  so   erscheint,    wie    man    es  wenigstens 

kunft  {Strab.  13  p.  604),   ein  neues  Band  zwi-  auslegt,  auch  er  als  eine  dem  Hephaistos  eng- 

schen   den   hier  wie   dort  wohnenden  Völkern  verwandte  Figur;  nach  Gruppe  {Burs.  Jahres- 

her.  Damit  scheint  die  vielumstrittene  Ansicht  ber.   Bd.  137  S.  490;  vgl.   Mythol.  1308,  4)  ist 

Bethes  Raum  zu  gewinnen,  nach  der  die  Heimat  Teukros  „vermutlich  ein  Kultname  für  Hephai- 

der  troischen  Helden   im  griechischen  Mutter-  stos".    Auch    G.    Curtius    {Etymol.^   219.    507) 

lande  zu   suchen  ist  {Homer  u.  d.  Heldensage,  scheint  für  die  Ableitung  des  Wortes  an  xsv- 


419              Teukros  (Etymologie)  Teukros  (und  die  Teukrer)          420 

'XHP  ZU  denken,  redet  aber  beidemale  auch  von  Volk  der  Troer  bei  Diodor  4,  76  u.  Strah. 

xvy%dviiv.    Sprachlich  mag  ja  bei  dieser  Er-  1  p.  61;  13  p.  604;  vpl.  Eustath.  11.  p.  713,  2G, 

kläruDg  alles  klar  und  in  Ordnung  sein,    und  wo  ausdrücklich  die  Namcnsgleichheit  bezeugt 

nach  Hesychio«    kann    Teukros   gewiß  Werk-  wird;  daher  ist  bei  A'a//ma(7<os  (/<yw<n.  3,  231) 

meister,  Ertinder  bedeuten.    Nur  beziehe  man,  7Wxpwv,  weil   durchaus   möglich,   und   über- 

wie   es   doch    gerade   hierbei    geschieht,    den  dies    als   Lesart    aller    Handschriften    festzu- 

Nameu  dann  nicht  als  Appellativum  auf  einen  halten    (gegen    0.  Schneider).    Dagegen    nach 

der  beiden  vorgenannten  Heroen.    Beide  sind  Steph.  Byz.  s.  l'fvxpoi  (s.  auch   s.  yipVrrt'?,  s. 

Heerfürsten,  Krieger.  Von  einer  geistigen  oder  Ai^ovia^  s.  Aivlce)  sind  für  das  Volk  die  oxy- 
eigentlichen    Verwandtschaft    mit    Hephaistos  lo  tonicrten  Formen  Tfvxpot,  7'erxe 09  die  rich- 

meldct  die  Sage  nicht  das  Mindeste.   Der  Ver-  tigeren;  sie  finden  sich  bei  Hcrodot  2,  114;  ö, 

gleich  mit  Palamedes,   Palamaon  und    Palai-  18.  122  u.  o.,   eine  Differenzierung,   die  auch 

mon,   denen    doch    entweder    erfindsame    Ge-  der  Volksname  iQcnxoi  neben   dem  Persouen- 

schicklichkeit  oder  wirkliche  Familienzugehö-  namen  rQulxos  aufweist,  während  bei  Boicard? 

rigkeit  zu  großen  Künstlern  ausdrücklich  be-  und 'Jiilcrog  diese  Unterscheidung  nicht  eintritt, 

zeugt  ist,  beweist  also  für  Teukros  nichts.  Die  Vgl.    über    die    (nur   teilweise    durchgetülirte) 

Identität  der  beiden  Hesione  genannten  Mütter  Veränderung  und  Wanderung  des  Akzents  bei 

(oder  gar  aller  vier!  s.  d.  Art.)  ist  unglaubhaft;  Bedeutungswechsel:  Kühner- Blase,  Gr.  Gramm 

überhaupt  sollte  man  in  der  Mythologie  nicht  I  1  {5  84,  S.  329  f. 

alles  Gleichnamige  identifizieren  wollen  (noch  20  Ttvxglg  alcc  {Aisch.  Ag.  111)  oder  nur  Tev- 
weniger  freilich  das  Ungleichnamige  und  Un-  xp/g  {Steph.  Byz.  s.  l'evxgoi)  ist  Troas,  letz- 
gleichartige!  vgl.  darüber  GrM|)pc,  i^urs.  Ja/trcs-  teres  auch  Troja,  das  altertümlich  auch  Tsv- 
ber.  137,  17).  Daher  ist  die  Formel  Teukros  =  xpiov  genannt  wird;  vgl.  JJcgen  12 f. 
Hephaistos  sehr  fragwürdig  und  an  der  sprach-  Die  entsprechenden  lateinischen  Ausdrücke 
liehen  Erklärung  höchstens  dies  zu  billigen,  sind  Teucri  (oft  bei  Verg.  u.  Ov.);  Teucrus. 
daß  sie  bei  derselben  Wurzel  tvx-  und  über-  —  Teucria  tellus  {Cul.  306)  ist  Troas;  Teucria 
haupt  bei  der  Ableitung  aus  dem  Griechischen  (Verg.  A.  2,  26)  Troja.  Teucrus  ist  auch  Ad- 
verharrt. Denn  Versuche,  Teukros  und  Teukrer  jektiv:  Teucro  sanguine  (Caitt//.  64,  344);  Teucri 
aus  dem  Phrygischen,  von  nOYKPOI  (J?am-  viri  {Verg.  A.  5,  630);  Teucrae  carinae  {Ov. 
say,  yysterr.  JaJiresfiefte  1905,  Beibl.  89,  vgl.  so  Met.  14,  72);  aber  auch  Teucrius:  Teucria  Per- 
Gruppe  a.  a.  0.  623)  oder  von  dem  altkreti-  gama  {Sil  It.  13,  36).  Wegen  ihrer  vermeint- 
8 eben  Volksnamen  Tschakara  {S.  Reinach,  liehen  Abstammung  von  den  Troern  werden 
Rev.  Archeol.  1910,  S.  38;  40  f.)  oder  gar  aus  Teucri  dann  auch  die  Römer  genannt;  da- 
dem  Ägyptischen  (s.  u.)  herzuleiten,  bleiben  her  ist  mit  Teucro  Quirino  {Propert.  ö,  6,  21) 
höchst  unsicher.  Übrigens  fassen  alle  drei  Ab-  Romulus  gemeint;  s.  auch  Sil.  It.  12,  362; 
leitungen  aus  dem  Griechischen   zunächst  nur  13,  70;  17,  348. 

den  Telamonier  Teukros  ins  Auge  —  ein  Was  hat  es  nun  mit  den  Teukrern  für 
Beweisgrund  mehr  für  dessen  Priorität  (s.  0.).  eine  Bewandtnis?  Homer  kennt  sie  noch  nicht, 
Unter  ihnen  hat  Vürtheims  Erklärungs-  ebensowenig  wie  den  Troer  Teukros  (s.  0.); 
versuch  am  meisten  für  sich,  weil  er  4o  in  der  Ilias  erscheint  nur  der  Grieche  dieses 
diesen  Helden  als  Bogenschützen  kennzeich-  Namens.  Die  erste  Erwähnung  einer  Völker- 
net;  denn  als  solcher  erscheint  er  besonders  schaft,  die  Teukrer  heißt,  begegnet  bei  Kalli- 
häufig  in  der  literarischen  Überlieferung  (s.  0.)  nos  (fr.  7,  Bergk,  Lyr.  2*,  7) :  unter  dem  Kreter 
und  zumeist  auch  in  der  bildenden  Kunst  (s.  u.).  Skamandros  wandern  die  Teukrer  in  Troas 
Es  wird  sich  überdies  ergeben,  daß  diese  Be-  ein  (s.  0.  Sp.  403f.;  JEd.  iV/eyer  I  2^  S.  659).  Dann 
Zeichnung  am  besten  auch  für  das  Volk  der  hören  wir  erst  wieder  über  sie  von  Herodot 
Teukrer  und  seinen  kriegerischen  Charakter  (5,  122):  nach  dem  ionischen  Aufstand  unter- 
paßt (s.  u.).  wirft  ein  persischer  Satrap  alle  Äolier,    die  in 

Der  griechische  Name   der  beiden  Hei-  Troas  wohnen,  darunter  die  Gergithen,   die 
den  zeigt  in  keinem  Kasus  irgendwelche   Be-  50  Überreste   der    alten   Teukrer   {riQyi^-ccg 

Sonderheiten,  der  lateinische   hat  die  dop-  xovg  vnoXsicpd'ivTag  rüv  ccQxalav  TsvxQöav);  in 

pelte  Nominativform  Teucer  und  Teucrus;  vgl.  derselben  Gegend  berührt  .Xerxes  auf  seinem 

darüber   Neue,    Lat.  Formenlehre   l^  77  f.    u.  großen    Feldzug    r^gyi^ocg    Tevxgovg    (7,43). 

Kxüiner-Holz weißig,  Lat.  Gramm,  l^  444  f.  Die  Wenn  freilich  bei  Strab.  13  p.  689   eine  Stadt 

Form    Teucer   ist    die    gewöhnliche   und   er-  in  Troas    nicht  weit  von  Lampsakos,  namens 

scheint  z.  B.  bei  Hör.  C.  1,  15,  24;  7,  21;  4,  9,  Gergitha,   bezeugt   wird   (s.    auch    Bürchner 

17;  Ov.  Met.  13,  167;  Vell.  1,  1,  1.    Die  Form  b.   Pauly- Kroll  7,  1248 f.:    Gergis)    und   auch 

Teucrus    findet    sich    bei    Verg.  A.    3,  108;  weiter  südlich  an   der  kleinasiatischen  Küste, 

Lactant.  divin.  instit.  1,  21,  1;  Epit.  23,  1;  s.  in  Kyme  {Athen.  6  p.  266  c;  Strab.  a.  a.  0.) 
auch  Priscian.  6,  6,  33;  7,  5,  17;  Charis.  1,11.  60  und  Milet  {Athen.  12  p.  524  a),  Gergithen  oder 

Ein  Vokativ  des  Wortes,  der  interessant  wäre,  Gergethen  als  Teile  der  dortigen  Bevölkerung 

kommt  im  Lateinischen  nirgends  vor;  vgl.  aber  erwähnt  werden,  so  geschieht  dies  ohne  Nen- 

Ov.  Fast.   1,471:    Euander  (Nom.J;    Verg.  A.  nung  der  Teukrer.    Dagegen  wird  man   unter 

11,56:    Euander    (Voc);    8,100.    186    u.    ö.:  den  Gerginern  (rgpytroO  in  Cypern  das  näm- 

Euandrus;  10,  blb :  Euandre.  —  10,  301:  Thym-  liehe  Volk  wie  jene  Gergithen  oder  wenigstens 

ber  (Nom.j;  v.  394:  Thymbre.                         "  deren  Stammverwandte  zu  verstehen  haben  (so 

Tbvxqol,    wie   die   beiden  Helden,   heißt  Ed.  Meyer  a.  sl.  0.;  anders  De^ren  60,  der  Ger- 

auch  das  nach  dem  König  Teukros  benannte  githen    und    Gerginer    durchaus    voneinander 


421 


Teukros  (und  die  Teukrcr) 


Teukros  (Bildwerke; 


422 


trennt),  weil  diese  bei  Athen.  ('»  p.  256  c  in 
Verbindunt?  mit  den  gefangenen  Troern  ge- 
nannt werden,  die  der  verbannte  Teukros  mit 
eich  führt  und  dort  ansiedelt  («.  o.).  In  V^or- 
derasien  (Troas,  Kynie,  Milet,  Cypern)  werden 
also  die  Teukrer  von  den  älteren  Gewährs- 
männern, Kallinos  und  Jlewdot^  lokalisiert,  und 
letzterer  bezeugt  außerdem,  die  Paionen  in 
Thrakien  leiteten  ihre  Herkunft  von  den 
troischen  Tcukrern  her  (5,  13;  vgl.  Strab.  7 
p.  331);  die  Bithynier  Kleinasiens  ferner 
tseien  nach  ihrer  eigenen  Erzählung  aus  Thra- 
kien von  den  Teukrern  und  Mysern  vertrieben 
worden  (7,  75);  endlich,  diese  beiden  Volks- 
stämme seien  über  den  Bosporus  nach 
l'luropa  gewandert  und  westlich  bis  ans 
lonischie  Meer,  südlich  bis  an  den  Peneios 
vorgedrungen  (7,  20).  In  dieser  Darstellung 
Hcrotlots  erkennt  jedoch  die  moderne  Ethnologie 
einen  entschiedenen  Irrtum:  nicht  aus  Klein- 
asien, nimmt  sie  an,  sind  die  Teukrer  mit 
Paionen  und  Mysern  nach  Nordgriechenland 
gekommen,  sondern  aus  Illyrien  und 
Thrakien  dahin  eingewandert  {Tomascheh^ 
Die  alten  Thraler  1,  13  f.,  Ber.  d.  Wiener  Akad. 
Bd.  128,  S.  63  f.;  Brandis  b.  Fauhj -Wissowa 
3,  511  f.;  Vürtheim  58)  und  vonda  in  Europa 
wie  in  Asien  südwärts  gezogen.  Dort  hinter- 
lassen sie  Spuren  ihres  Aufenthalts  am  Peneios, 
hier  an  der  Propontis  und  bei  Milet  (s.  o.). 
Auftallig  ist  dabei,  daß  in  Lokris  der  Volks- 
name verloren  geht  und  nur  der  Personenname 
Teukros  sich  erhält;  doch  ist  auch  hier  seines 
Bleibens  nicht.  Lokrer  vermutlich  bringen  ihn 
mit  Aias  nach  dem  Saronischeu  Golf  (s.  o.). 
Und  nun  beginnt,  wie  schon  erörtert  worden 
ist,  auf  dem  Wege  der  Kolonisation  die  Wan- 
derung des  Helden  namens  erst  südwärts 
nach  Rhodos,  Kreta,  Kilikien  und  Cypern,  dann, 
wohl  von  Kreta  aus  (s,  o.),  nach  Troas:  des 
Heldennamens!  Denn  das  Volk  der  Teukrer 
oder  doch  sein  Name  ist  unterdes  in  Europa 
verschwunden;  an  der  kleinasiatischen  Küste 
dagegen,  wohin  gleichfalls  einst  (von  Thrakien 
aus)  Teukrer  gelangt  sind,  hat  er  sich  erhalten; 
hier  finden  ihn  griechische  Kolonisten  vor 
{Vürtheim  61),  und  so  lebt  er,  begünstigt  und 
verklärt  von  der  epischen  Dichtung,  in 
Königen,  Heroen,  ja  ganzen  Völkerstämmen 
wieder  auf  und  gewinnt  für  das  Heldenzeit- 
alter eine  neue  Bedeutung,  indem  er  zu  einer 
Bezeichnung  für  die  Troer  wird,  von  denen 
er  sich  weit  später,  wieder  unter  dem  Einfluß 
des  Epos,  auf  die  vermeintlichen  Abkömmlinge 
Trojas,  die  Römer,  vererbt.  Nach  allem  bleibt 
der  Name  Teukrer  als  echtgriechisch  zu  Recht 
bestehen ;  wir  brauchen  ihn  weder  mit  Brugsch- 
Pascha  {Gesch.  Äg.  603),  Schliemami  {Ilios 
825  f.)  und  Hörnes  {Urgesch.  d.  Menschh.  490) 
von  ägyptischen  Denkmälern  herzuholen  (s. 
dagegen  Degen  66;  Beloch  1-,  138  A.  2)  noch 
mit  Eamsay  {Österr.  Jahreshefte  1905,  Beibl.  89) 
aus  dem  Phrygischen  oder  mit  S.  Beinach 
{Rev.  Archeol.  1910,  S.  38.  40  f.)  von  den  kre- 
tischen Urbe wohnern  abzuleiten,  sowenig  es 
jemand  vom  Standpunkt  wissenschaftlicher 
Sprachkunde  billigen  wird,  daß  man  die  dro- 
henden Türken  im  14.  Jahrhundert  die  neuen 


Teukrer  nannte  {Gregorovius,  Athen  im  Mittel- 
alter 2,  165).  Und  wenn  es  sich  endlich  um  die 
Etymologie  des  Wortes  Teukrer  handelt,  so 
paßt  die  für  den  Namen  des  Helden  bereits 
befürwortete  Herleitung  von  tvx-,  tretfeu  (s.  o.) 
als  Appellati vum  aucli  zu  dem  kriegerischen 
Wesen  des  erobernden  Volksstammes:  noch  bei 
Homer  {N  715  f.)  führen  die  mit  den  Teukrern 
früh  verschwisterten  Lokrer  als  Nation alwatl'en 

10  Speer  und  Bogen ,  ebensowie  ja  der  den  Lo- 
krrrn  früli  abhanden  gekommene,  aber  doch 
wohl  aus  ihnen  hervorgegangene  Held  Teukros 
in  Literatur  und  bildender  Kunst  vorzugsweise 
der  treffsichere  Bogenschütze  ist  (s.  o.). 

Die  bildende  Kunst  läßt  den  Troer  Teu- 
kros unbeachtet,  veranschaulicht  aber  mehr- 
fach den  Telamonier.  Die  Denkmäler  sollen 
hier  nach  seinem  Lebenslauf  aufgezählt 
werden. 

20  Der  Abschied  der  Brüder  Aias  und 
Teukros  vom  Elternpaare  ist  dargestellt  auf 
dem  Gemälde  einer  apulischen  Amphora  in 
Neapel;    s.  Overbeck,   Gal.   her.  Bildtr.  1,  276; 


40  1)  Apnlische  Amphora ;  anwesend:  Teukros,  Aias,  Telamon, 
Periboia  (nach  Overbeck,  Gal.  Taf.  13,  7). 

Taf.  13,  7;  Baumeister,  DenJcmäler  1,  683;  Art, 
Telamon  in  diesem  Lexikon  Bd.  5,  Sp.  235  mit 
Abb.  7;  vgl.  auch  C.  I.  Gr.  4  nr.  7654.  Aias 
ist  durch  Beischrift  kenntlich,  die  Namen  Tela- 
mon und  Teukros  sind  dagegen  verwechselt, 
die  Mutter  unbezeichnet;  es  ist  Periboia  (s.  d. 
Bd.  3,    Sp.  1962);    Teukros'    Mutter    Hesione 

50  bleibt,  um  der  künstlerischen  Einheit  willen, 
außer  Betracht  (s.  o.).  Schon  im  Fortgehen  be- 
griifen  und  ausschreitend,  schaut  Teukros,  wie 
der  Bruder,  nach  den  tiefbetrübten  Eltern  zu- 
rück. Doch  bemerkt  mit  Recht  Luclcenbach 
{Fleckeis.  Jahrb.  Supplbd.  11,  545  f.),  Teukros, 
der  —  anders  als  der  wohlgerüstete  Aias  — 
seiner  sonst  üblichen  Kennzeichen  als  Bogen- 
schütze entbehre,  sei  mehr  nur  als  Diener 
{axsvocpÖQos  vTtriQhr]?  oder  dsgaTCcov)  des    Ho- 

60  pliten  Aias  charakterisiert;  die  ganze  Szene  be- 
zeichne ursprünglich  überhaupt  den  Auszug 
eines  Schwerbewaffneten  und  seines  mit  Hut 
und  Lanze  versehenen  Begleiters;  s.  Abb.  1.  — 
Um  so  deutlicher  wird  Teukros  gekennzeichnet 
auf  einem  Vasenbild  desselben  Gegen- 
stands {Gerhard,  Auserl.  Vasenbilder  Taf.  215; 
S.  Beinach.,  Bepertoire  des  vases  peints  2, 108 f.): 
zwischen    einem    Greis    (Telamon)    und    einer 


423 


Teukros    Bildwerke) 


Teukros  (Bildwerke) 


424 


S)  Teukros  mit  AiM  swisohen  den  Eltern,  Vaf>enbild  (nach 
Gerhard^  Auierl.  griechiache  Vatcnbilder  Taf.  S15) 

weinenden  Frau,  die  in  ihrer  Haltung  ganz  an 
Periboia  auf  dem  vorgenannten  Vasengemälde 
erinnert,  stehen  nebeneinander,  von  der  Mutter 
abgewendet  und  dem  Vater  zugekehrt,  die 
beiden  Brüder:  Aias  mit  Helm,  Schild  und 
Lanze,  Teukros  mit  Bogen  und   spitzer 


Ein  schlechterhalteuer  korinthischer  Pi- 
nax  des  Berliner  Museums,  von  Furtnängler  {Be- 
schreibung der  Vaaensammlung  des  Äntiquariums 
7 64;  Antike  Denhn  d.  D.  Ärvh.  Inst.  1,  Taf.7, 15) 
einer  anderen  Tonscherbe  mit  Diomedes*  &qi>- 
öreia  {IL  E)  angefügt,  zeigt  den  durch  die 
Beischrift  TB  gesicherten  bogenschießenden 
Teukros,  den  ein  Hoplit,  ohne  Zweifel  der 
Telamonier  Aias,   mit   seinem   Schilde   deckt. 

10  Eobert  {Hermes  86,  aöO  f.)  will  das  Bild  der 
beiden  Brüder  lieber  auf  0  330  f.  beziehen, 
denkt  aber  auch  an  andere  Szenen,  nament- 
lich an  den  Kampf  bei  den  Schiffen  (s.  u.);  s. 
Abb.  3. 

Das  Relief  eines  etrusk.  Sarkophags 
vergegenwärtigt  einen  Kampf,  auf  den  Svoro- 
nos  {Jahrb.  d.  Arch.  Inst  1886,  S.  205  f.)  II. 
A  401'  f.;  544  f.  bezieht;  vgl  Engelmann, 
Homeratlas:   Utas  nr.  61;    die  eine  Hallte   ist 

20  auch  im  Art.  Odysseus  Bd.  3,  Sp.  659  abge- 
bildet. Im  Handgemenge  mit  Troern  bemerkt 
man  Odysseus  und  Aias;  neben  diesem  steht 
mit  Bogen  und  Pfeilen  Teukros,  der,  auf 
einer  Muschel  blasend,  Hilfe  herbeiruft; 
auf  ihn,  der  in  diesem  Buche  der  Ilias  nicht 
vorkommt,  ist  vielleicht  Eurypylos'  Hilferuf 
übertragen  uud  dieser  Ruf  anachronistisch  durch 
ein  Blasinstrument  verdeutlicht  {Svoro7ios20S{.). 
Epinausimache,  der  Titel  einer  Tragödie 


phrygiecher  Mütze,  also  in  Barbarentracht, 
wie  sie  selbst  bei  griechischen  Bogenschützen 

auch  sonst  auf  Bildern  erscheint.   Beischriften  so  des  Accius  {Bibbeck,  B.  Tr.  355  f.),  ist  auf  der 
fehlen;  doch  ist  am      Tabula  Iliaca  {Jahn,  Bilderchroniken  S.  17, 


Gegenstand  nicht  zu 
zweifeln;  die  beiden 
Alten  als  Phoinix  und 
Briseis  zu  erklären, 
liegt  kein  Anlaß  vor ; 
8.   Abb.  2.    —   Weit 


igur 
gleiche  Szene  ge- 


Taf.  1)   die   Unterschrift   des    dritten   Streifens 
von    unten    rechts,    der    Buch   O    wiedergibt. 

Bogenschießend 
kniet  Teukros  neben  sei- 
nem Bruder  Aias,  der  ihn 
hinter  seinem  Schilde 
deckt,  in  einem  von  bei- 
den verteidigten  großen 

staltetauf  dem  Bilde  40  Schiffe;   zahlreiche  mit 

einer  rotfig.  Vase  Unterschriften  bezeich- 
nete Troer,  besonders 
Hektor  (v.  415f.;  458f.; 
466f.),  dringen  an;  Klei- 
tos  (v.  445)   ist  bereits 

von  Teukros'  Pfeilschuß  5)    Teukros    mit    Aias   ein 

gefallen;    S.   Abb.   4.    —  Schiff     verteidigend,      auf 

In      ähnlicher     Haltung  einer  Gemme    (nach    Over- 

ist  das  Brüdei-paar  dar-  (^eck,  Galerie  /heroischer  Bild- 


im  Brit.  Museum  {Va 
senkatalog  des  Brit 
Mus.  E  16,  Bd.  3, 
S.   51  f. ;       Photogr. 

S)  Bogenschießender  Teukros     Mansell;     Vgl.   Jahn, 

(nach  Antike  Denkmäler  d.  K.    J^^ch.      Zeitg.      1852, 

DtuUchen  Ard,äol  Irutitut,  Bd.  1,  g   ^^3  ^    Abhandl.  d. 

Taf.  7,  15).  g^^^    ^^^     ^    ^r^^^ 

phil-hist  Kl  Bd.  3,  S.  768;  C.  I.  Gr.  4  nr.  7655.  50  gestellt  auf  einer  Gem 
Aias  (AIAS),  ganz  gerüstet,  nimmt  Abschied  von  me;  nach  Furtwüngler 
einem  Greise,  der  sich  auf  einen  Stab  stützt, 
wahrscheinlich  Telamon.  Hinter  einem  Vier- 
gespann, das  mehrere  teils  gar  nicht,  teils  un- 
deutlich bezeichnete  Personen  umgeben,  steht 
einBogenschütze  in  skythi  seh  er  Tracht; 
daneben  die  freilich  zweifelhafte  Inschrift 
?T£VK^os. 


werke  Taf.  17,  9). 


4)   TeukroB  mit  Aias  ein  Schiff  verteidigend  (nach  Jahn,  Bilderchroniken, 
Tafel  1). 


Beschreibung  der  antiken   Gemmen   in  Berlin 
nr.  9615,  ist  es    eine  für  Stosch  (8,  243)  her- 
gestellte Paste,   wahrscheinlich  also  nach  an- 
tikem Original;  vgl.  Overbeck,  Gal.  her.  Bildw. 
Taf.  17,  9;  Brüning,  Jahrb.  d.  Arch.  Inst  1894, 
S.  150;  Engelmann,  Homeratlas  nr.  69:  neben 
dem   riesigen   Aias,    der    das    Schwert   zückt, 
kniet  im  Hintergrund  des  Schiffes 
Teukros,  wesentlich  kleiner,  mit 
dem  Bogen;  s.  Abb.  5.    Auf  einer 
andern     etwas     kleineren     Gemme 
Stoschs    (3,  242),    die    nach    Furt- 
wüngler antik  und  in  zwei  Exempla- 
ren (nr.  4291  u.  4292)  vorhanden  ist, 
soll  nach  Brüning  a.  a.  0.  Teukros 
gleichfalls  mit  abgebildet  sein,  näm- 
lich  wie   dort  im  Kampfe  für  die 


425 


Teukros  (Kildwerke) 


Teukros  (Bildwerke) 


426 


Schiffe  begriffen.   —   Auch  uu8  stark  trümmer- 
haften Relieffraf^menten  j?r i c c h  i s cii e r  S a r k o - 
phage  erweist  Hoheit  {Hermes  3ü,  31)3  f.)  eine 
lliasHzene,  und  zwar  noch  am  deutlichsten  auf 
einem    spartanischen    aus    der    Kaiserzeit    die 
Epinausimache:  gegen  Ilektor  und  Pulydamas 
(0  415f. ;  454 f.)  verteidigen  Aias  (mit  Schild  und 
Schwert)  und  Teukros  das  Schiff,  letzterer  hier 
nicht  als  Schütze,  sondern  mit  einem  Stein 
bewaffnet,  da  „der  Bogen  in  der  Kaiserzeit  lo 
(wie  auch  schon  im  5.  Jahrh.  v.  Chr.,  vgl.  Soph.  Ai. 
1120;  8.  0.  Sp.  410)  eine  viel  zu  wenig  vornehme 
Waffe  ist,  als  daß  ein  Heros  ihn  führen  könnte" 
(Robert  402  f.  u.  A.  1).  —  Auf  einem  Getuß  der 
Münchener  Vaseusammlung  (Otto  Jahn   S.  13, 
nr.  53)    ist    eine    weitere    Kampfszene    der 
lUas,  vielleicht  nach  Buch  n  dargestellt:  Aias 
{AlAAE)    steht    Hektor    gegenüber,    zu    ihren 
Füßen  liegt  ein  gefallener  Krieger  (Patroklos?); 
hinter  Hektor  kämpft  ein  undeutlich  bezeich-  20 
neter  Held  (Tydeus?);   hinter  Aias   ein   bär- 
tiger    Bogenschütze      in      phrygischer 
Tracht     und     mit     gespanntem     Bogen, 
offenbar  Teukros;  s.  Abb.  0. 

Mögen  die  Münchener  Skulpturen  aus  dem 
Westgiebel  des  Aphaiatempels  von 
Aigina  den  Kampf  um  Achills  oder  Patroklos' 
Leiche  darstellen,  es  erscheint  fast  selbstver- 
ständlich, in  dem  einem  knieenden  Bogen- 
schützen im  Panzer  den  Teukros  als  Gegen-  30 
stück  des  Paris  zu  erkennen.  Diese  Auffassung 
hat  lange  gegolten,  vgl.  Brunn,  Glyptothek  S.  80^; 
Overheck,  Gal.  her.  Bildw.  S.  545;  Baumeister, 
Denkmäler  1,  335;  und  doch  wird  man  sie  auf- 
geben müssen.  Der  Zuwachs,  den  die  Figuren 
durch  die  letzten  Ausgrabungen  gewonnen 
haben,  und  die  hierdurch  bedingte  Neuordnung 
hat  die  Anschauungen  über  die  berühmte  Sta- 
tuengruppe wesentlich  bereichert  und  vertieft. 
Furtivämßer  {Die  Ägineten  S.  49  f.)  hält  sehr  40 
wohl  daran  fest,  daß  die  für  Aigina  bedeut- 
eamcn  Aiakiden  dargestellt  seien,  warnt  aber 
davor,  die  Einzelfiguren  zu  benennen,  und  gibt 
für  sie  (mit  Ausnahme  des  Bogenschützen 
Herakles  im  Ostgiebel)  keine  Individualisierung 


6)   Kainpfd/eno  der  Ilias  mit  Aiua  und  Teukros,  Vaaen- 
bild  in  München  (nach  Photographie). 

ZU.  Auch  Wolters  (Äginetische  Beiträge,  Sitzgs- 
ber.  d.  Bayr.  Akad.  d.  W.,  phil.hist.  KL,  1912, 
S.  1  f.)  verzichtet  auf  weitere  Deutungen. 

Den  Kampf  zwischen  Achill  und  Mem- 
non  veranschaulicht  das  Bild  auf  einer  archai- 
schen schwarzfig.  Trinkschale:  vgl.  Gerhard, 
Arch.  Zeitg.  1851,  S.  3G2f.,  Taf.  31,  1;  Ol  er- 
beck a,  a.  ü.  S.  517,  nr.  47;  S.  Keinach,  Reper- 
toire 1,  374.  Viele  Teilnehmer  am  Kampfe  sind 
anwesend,  als  Zuschauerinnen  auch  die  Mütter 
Thetis  und  Eos;  links  der  knieende  Bogen- 
schütze ist  wohl  Teukros;  ihm  entspricht 
rechts  Paris  Die  Inschriften  geben  keinen 
Sinn.  Zum  Gegenstand  vgl.  die  Art.  Eos^  Bd.  1, 
Sp.  1270  f.,  und  Memnon,  Bd.  2,  Sp.  2672 f.;  s. 
Abb.  7. 

Der  (bereits  beendigte)  Streit  um  die 
Waffen  des  Achill  bildet  den  Gegenstand 
der  Darstellung  auf  einer  Aschenkiste  aus 
Ostia  im  röm.  Thermenmuseum;  vgl.  Mon.  d. 
I  2,  21;  Overheck  a.  a.  0.  S.  563,  nr.  3,  Taf. 
2o,  3;  Baumeister  1,  30,  Abb.  31.    Agamemnon 


7)  Kampf  zwischen  Achill  und  Memnon  (nach  Gerhard,  ArchäoL  Zeifuii[/  1851,  Taf.  31,  1),  anwesend  links 

T-eubros,  Thetis  und  Eos. 
BOSCHER,  Lexikon  der  gr.  u.  räni.  Mythol.  V.  15 


427  Teukros  (nach  Vürtheim) 


8)  streit 


die  Waffen  det  Achill  (nach  Oeerheck,  (fatene 
hrroitcher  Bildtterke  Taf.  2S,  8).  " 


Teukros  (nach  Vürtheim)  428 

Kreta  nach  Troas  übertragen  worden;  zweifel- 
haft bleibt,  ob  vor  oder  nach  dem  Trojanischen 
Kriege.  Von  Teukros'  Vater  hat  der  Fluß  Ska- 
mandros  den  Namen. 

b)  aus  Attika  (s.  o.  Sp.  405  f.).  Unklare  Vor- 
stellungen einzelner  Atthidographen  über  die 
Herkunft  des  in  dem  attischen  Gau  Xypete 
befindlichen  Palladiums  und  dem  attischen 
Erichthonioskult  sowie  die  Namensgleichheit 
10  vieler  troischer  und  griechischer  Helden  haben 
„das  Hirngespinst  des  von  Attika  nach  llion 
fahrenden  Teukros''  verschuldet  und  die  Nei- 
gung begünstigt,  alle  möglichen  trojanischen 
Heroen  und  Könige  aus  Griechenland  herzu- 
leiten. 

HI.  T.  ein  Kyprier  (s.  o.  Sp.  412;  416). 
Ein  aus  Troas  in  Kypros  eingewanderter  Teukros 
■wird  später  mit  Telamons  Sohne  verschmolzen. 
Überseeische     Beziehungen    zwischen    beiden 


fuhrt,  in  der  Mitte  thronend,  den  Vorsitz;  die 

siegreiche  Partei  (Odysseus)  bemü-chtigt  sich,  20  Ländern   liegen   dieser   Sage   zugrunde.     Ger- 

«««  i:«!,-  u„ — *.^4.^-j     j^-  wT^tr^-     ...v.l. — j       githes  und  Gerginoi  sind  ethnographisch  ver- 


von  links  herantretend,  der  Waffen,  während 
die  besiegte  nach  rechts  hin  sich  entfernt. 
Während  früher  die  beiden  Gestalten  ganz 
rechts  für  Aias  und  Tekmessa  erklärt  wurden, 
erkennt  man  neuerlich,  so  besonders  Heibig 
(Sammlungen  Roms  1',  199,  nr.  1469),  richtiger 
in  dem  Bartlosen,  der  mit  Anzeichen  des  Ent- 
setzens davoneilt,  Aias,  in  dem  Bärtigen, 
der  ihn  voll  Besorgnis  wegdrängt,  Teukros; 
s.  Abb.  8. 

Endlich  waren  in  einer  Bronzegruppe 
anf  der  athenischen  Akropolis  Teukros, 
Menestheus  und  die  Söhne  des  Theseus  (De- 
mophon und  Akamas)  dargestellt,  wie  sie  sich 
ans  dem  Hölzernen  Pferde  herausneigen 
(Patts.  1,23,8  ist  wohl  zu  lesen  vtibh-uvtctovciv  ; 
vgl.  Hitzig- Blümner  1,  260  f.).  Hier  erscheint 
also  Teukros  als  Haupt  und  Führer  der  an  Trojas 
Eroberung  beteiligten  attischen  Nationalhelden. 

Dieser  Artikel  war  bereits  gedruckt,  als 
seinem  Verfasser  die  treffliche  Schrift:  „2W<- 
kros  und  Teukrer^''  von  /.  /.  G.  Vürtheim, 
Rotterdam  1913,  bekannt  wurde,  dessen  Buch: 
de  Äiacis  origine  cultu  patria,  Leiden  1907,  in 
dem  vorliegenden  Artikel  mehrfach  verwertet 
worden  ist.  Dem  Zweck,  der  neuen  wichtigen 
Einzeluntersuchung  ihr  ungeschmälertes  Recht 
zu  lassen,  dient  die  folgende  Inhaltsangabe. 


wandt  oder  sogar  identisch  (gegen  Degen).  An 
die  Gergithen  in  Troas  erinnert  schon  Priamos' 
Sohn  Gorgythion  (//.  0  302).  Die  von  Kallinos 
erwähnten  'Heiovstg  (=  Asiaten)  leben  fort  in 
Hesione,  die  zugleich  auch  „eine  lokrische,  d.  h. 
lelegische,  Figur"  ist;  die  troischen  und  die 
lokrischen  Teukrer  sind  gleichfalls  Stamm- 
verwandte. So  finden  sich  auf  troischem  Boden 
30  Teukros  und  Hesione  (d.  h.  ursprünglich  lele- 
gische Teukrer  und  Asiaten)  zusammen. 

IV.  T.  im  kilikischen  Olbia  (s.o.  Sp.413; 
416).  Hier  stiftet  Teukros'  Sohn  Aias  einen  Zeus- 
kult und  eine  priesterliche  Dynastie.  Der  Name 
erscheint  bei  den  Kilikem  in  zahlreichen  Fas- 
sungen ;  die  ursprüngliche  Namensform  ist  wohl 
Tarku.  So  hieß  bei  den  kleinasiatischen  Lele- 
gern  ein  Gott,  dann  dessen  Priester.  Leleger 
wohnten  also  in  Kleinasien  von  Troas  bis  Ki- 

40  likien  und  Kypros. 

V.  T.  in  Thrakien  (s.o.  Sp.  421).  Herodot 
sieht  die  Paioner  in  Thrakien  sowie  die  Bi- 
thyner  und  Myser  für  Teukrer  an,  die  von 
Kleinasien  nach  Europa  gewandert  sind.  Nach 
der  neueren  Völkerkunde  (Thrämer,  Tomaschek, 
Kretschmer,  Degen)  vollzog  sich  diese  Wande- 
rung in  umgekehrter  Richtung.  Die  beiden 
„Urvölker''  Pelagonen  und  Leleger  drangen  von 
Norden  her  nach  Lokris  und  Epeiros  sowie  über 


I.   T.  der  troische   König  (s.  0.  Sp.  403).  50  den  Bosporos  nach  Kleinasien  vor. 


Diese  Sage,  deren  Ursprung  bald  2Luf  Hellanikos 
zurückgeführt  (Ulrich  Höfer;  Wellmann),  bald 
aus  einem  alten  Epos  hergeleitet  (Degen),  bald 
einem  späten  Mythographen  zugeschrieben  wird 
(Gruppe),  erklärt  sich  aus  dem  Seeverkehr 
zwischen  Troas  und  Kreta  unter  rhodischer 
Vermittelung.  Die  Teukrer  sind  wohl  ein 
historisches,  vielleicht  lelegisches  Volk,  das, 
wie  Kallinos  bezeugt,  von  Norden  her  in  Grie- 


VI.  T.  der  Grieche  bei  Homer  (s.  0.  Sp. 
407  f.).  Seine  Heldentaten  in  der  Ilias  gipfeln 
in  der  ägietüu  S  267 — 334.  Als  Bogenschütze 
zeigt  er  eine  ,, orientalische  Kampfart".  Für 
vo^o?  ist  er  nicht  nur  nach  0  284,  sondern 
auch  nach  M  371  zu  halten;  denn  yiuaiyvrixos 
heißt  Sohn  desselben  Vaters  (anders  s.  o.  Sp.407). 
Die  beiden  Aiavte  und  Teukros  bilden  eine 
„Dreiheit".    Degens  Annahme,  Teukros  sei  Pe- 


chenland und  Kleinasien  einwandert  und  Lokris  60  loponnesier,  wird  widerlegt.     Er  gehört,  weil 

wie  Troaa  besiedelt.    Vermutlich  durch  Hella-       ^  ~^"-i--^  --  ^  —  -^—j-^j: 1«-  c'„u:a„  „^i,„„ 

nikos  wird  Teukros  zum  einheimischen  König 
gemacht  und  im  Stammbaum  des  trojanischen 
Herrscherhauses  (II.  T219f.,  230  f.)  später  oben- 
angestellt. 

H.  T.  eingewandert:  a)  aus  Kreta  (s.  0. 
Sp  403  f.).  Ähnlich  wie  ApoUon  Smintheus  und 
Rhea  mit  ihren  Kureten  ist  auch  Teukros  aus 


beteiligt  an  der  Verteidigung  der  Schiffe,  schon 
der  Urilias  (oder  richtiger  der  „Uriliassage") 
an.  Alle  drei  Helden  sind  ursprünglich  Lokrer; 
ihre  Taten  füllen  eine  der  ältesten  Schichten 
der  troischen  Sage,  die  lokrisch-thessalische,  aus. 
VII.  Der  ausgewanderte  T.  (s.  oben 
Sp.  412f.).  Während  Teukros  nach  Pausanias 
in  Arkadien  stirbt  und  begraben  liegt,  begibt 


429              'reumessischer  Fuchs  Teumessischer  Fuchs              430 

er  sich  nach  der  Mohrzahl  der  Quellen,  aus  der  gen  entleerte,  um  hernach  der  Pasiphac  (s.  d.) 
Heimat  verbannt,  wieder  auf  die  Wanderschaft,  in  gewöhnlicher  Weise  beizuwohnen.  Als  er 
die  ihn  nach  Kypros  führt;  von  Kuripides  wird  hierdurch  Kinder  bekam,  gab  er  der  Prokria 
sie  bis  Ägypten,  von  Vergil  bis  Phönicien,  von  zum  Lohne  seinen  Speer  und  Hund,  denen 
lustin  sogar  bis  Spanien  ausgedehnt.  Doch  ist  kein  Wild  entfliehen  konnte.  Prokris  verklei- 
die  [iberlieferung  von  seinem  dauernden  Aut'ont-  dete  sich  nun  als  Mann,  zog  zu  Kephalos  und 
halt  in  Kypros  und  seiner  Bedeutung  für  den  jagte  mit  ihm.  Alsbald  verlangte  Kephalos 
dortigen  Zeuskult  bis  in  Hadrians  Zeit  seßhaft  nach  dem  wunderbaren  Speere  und  Hunde, 
geblieben.  Auch  die  Frage,  ob  aus  der  Gleich-  und  Prokris  versprach  ihm  beides,  wenn  er 
namigkeit  der  kyprischen  Stadt  Salamis  mit  lo  sich  von  ihr  gebrauchen  lasse.  Als  Kephalos 
der  berühmten  Insel  auf  die  „(leschichtlichkeif'  hiezu  bereit  war,  gab  sie  sich  ihm  -u  er- 
einer  Einwanderung  zu  schließen  sei,  wird  unter  kennen,  da  er  ja  nun  noch  schimpflicher  ge- 
Hinweis auf  andere  Homonymien  berührt.  handelt  hatte  als  sie  vordem.    Kephalos  nahm 

VIII.  T.  in  der  Kunst  (s.  o.  Sp.  422f.).  Zu  (nach  dem  Tode  der  Prokri8(?),  die  er  „unab- 
(len  bereits  aufgezählten  Bildwerken  kommen  sichtlich"  getötet  hatte  (?)  s.  unten)  Hund  und 
noch  folgende:  Speer  in  Besitz.    Da  kam  Amphitryon  zu  ihm 

Bild  einer  att.  rottig.  Schale  {Furtwängler,  in   folgender    Sache:    Er    habe    die    Kadmeier 

Vasensammlmig  mi  Berliner  Antiquar ium  A221):  aufgefordert,  mit  ihm  gegen  die  'i'eleboer  zu 

Aufgehobener  Zweikampf.    Hinter  Aias(?),  dem  ziehen,    sie  aber    hätten    erklärt,    ihr   eigenes 

Hektor(?)  gegenübersteht,    entweicht  ein  noch  20  Land  werde  von  einem  Fuchse  bedrängt,   der 

abschießender    Bogenschütze    mit    skythischer  stets  von   dem   oberhalb  Teumessos  gelegenen 

Mütze  (Teukros).  Berge  herabkomme  und  dem  man  alle  30  Tage 

Gemälde  einer  Kylix,  jetzt  in  England  (Over-  ein  Kind   ausliefern  müsse.     Daher  solle  Ara- 

bi'ck.  Gal.  her.  Bildu\  S.  425):  über  Patroklos'  phitryon   zuerst  das  Land  von  diesem  Fuchse 

Leiche   kämpfen  Hektor  und  Aias.     Auf  Aias'  befreien,  was  nur  mit  Hilfe  des  Kephalos  und 

Seite  ein  phrygisch  gekleideter,  auf  der  Hektors  seines  Hundes  möglich  sei;  dann  erst  wollte 

ein  griechischer  Bogenschütze:  Teukros.   Viel-  sie  mit  Amphitryon  gegen  die  Teleboer  ziehen, 

leicht  sind  die  Namen  vertauscht.  Amphitryon   versprach    dem   Kephalos    seinen 

Catal.  of  Greek  Sculpt.  im  Brit.  Mus.  Vol.  I.  eigenen  Anteil  an  der  Teleboerbeute,  und  Ke- 

Aegina  nr.  162:  griechischer  Bogenschütze,  viel-  so  phalos  jagte  den  Fuchs.    Da  aber  diesem  Tiere 

leicht  Teukros ;  nr.  168:  Schütze  mit  phrygischer  verliehen  war,  daß  es  kein  Verfolger  einholen 

Kappe,  desgleichen.  könne,   wie  andererseits   dem  Hunde,  daß  er 

Inghirami,    Pitture  di   Vasi  fittili.  Tora.  II  jedes  Wild  erjage,   verwandelte  Zeus  beide  in 

p.  50,  tav.  125:    Teucro   in    casa   di  Telamone  Stein.  —  Dazu  stimmt  fast  völlig  der  gedrängte, 

suo  padre.  mehr  andeutende   als   erzählende  Bericht  bei 

JJi   Cesnola,    Cypern   S.  127,   Taf.  31:    Teil  ApoJlod.  Bibl.  2,  57—59.     Auch  nach  ihm  be- 

einer  lebensgroßen  knieenden  Kriegerstatue,  ahn-  kam    der    Fuchs    jeden    Monat    ein    Kind    zu 

lieh  dem  Teukros  auf  salaminischen  Münzen(?).  fressen.     Und  von  dem   Speere  ist  nicht  die 

IX.  Anhang.  Bei  der  Ableitung  des  Rede,  wie  auch  sonst  nirgend  wieder  außer 
Namens  legen  Ed.  Meyer  und  mehrere  an-  40  bei  Ovid.  Met.  7,  750 flF.,  wo  Kephalos  canis 
dere  Forscher  den  bei  den  Chetitern  und  und  iaculum  von  Artemis  erhält.  Den  Na- 
zahlreichen  vorderasiatischen  Völkerschaften  in  men  Lailaps,  den  Ovidius  dem  Hunde  gibt, 
vielen  Spielarten  auftretenden  „Gottesnamen  führt  Met.  3,  211  auch  ein  Hund  des  Aktaion 
Tarku"  zugrunde.  (vgl.  Hygin.  fah.  181),   und   mit  dem  Wurfge- 

Christ,   Chronologie   des  Alten   Epos   S.  58,  schösse  geschieht  nichts,  da  die  Versteinerung 

liefert  einen  Beleg  für  die  Herleitung  aus  dem  erfolgt,    als    Kephalos    es    gerade    gebrauchen 

Ägyptischen:  Tekkra  =  Teukroi.  will.     Vollständiger   sind  wieder  die  Angaben 

Zu  der  oben  (Sp.  418f. ;  422)  befürworteten  des  Paus.  9,  19,  1,  der  in  einzelnem  auch  er- 
Erklärung aus  dem  Griechischen:  Teukros  =  heblich  abweicht.  Nach  ihm  hat  Dionysos, 
der  „Treffer"  gelangt,  freilich  auf  künstlichem  50  um  die  Thebaner  zu  vernichten,  den  Fuchs 
Wege,  auch  V.Hehn,KulturpfI.u.  Haust. S.46d^.  gesandt;  doch  erfahren  wir  die  Ursache  seines 

Dagegen  weist  G.  Hinrichs,   Philologus  44,  Zornes   nicht.     Ähnlich   wie   bei    Ovidius   soll 

431,  jede  griechische  Etymologie  des  Namens  der  Hund  der  Prokris   von  Artemis   stammen. 

ab.  —  Vgl.  Tevcrun.        [Johannes  Schmidt.]  Auch  sagt  Pausanias  knapp  vorher,  Zeus  habe 

Teumessischer  Fuchs.  die   Europa   bei   Teumessos   verborgen    (Anti- 

1.  Überlieferung.  Am  ausführlichsten  machos  fr.  3,  Nicandr.  fr.  97).  Aber  die  Ge- 
ist Anton.  Lib.  41:  Kephalos  (s.d.)  wollte  die  schichte  vom  Hunde  und  Fuchse  ist  ihm  ein 
Treue  seiner  Prokris  (s.  d.)  erproben,  ließ  ihr  irsgog  Xoyog.  Jedoch  bei  Hygin.  astron.  2,  35 
von  einem  Freunde  Geld  bieten  und  trat  mit  (=  Istros  fr.  IS  F.  H  G.  1,  420)  besteht  noch 
brennenden  Fackeln  hinzu,  als  sie  sich  dem  60  die  von  Pausanias  geleugnete  Beziehung  zwi- 
Fremden  gerade  hingeben  wollte.  Voll  Scham  sehen  dem  Xöyog  von  Europa  und  von  dem 
floh  Prokris  und  kam  zu  Minos,  dem  Könige  Hunde  und  Fuchse:  hie  (sc.  canis)  dicitur  ab 
der  Kreter,  der  keine  Kinder  zeugen  konnte,  love  custos  Europae  appositus  esse  et  ad  Minoa 
da  ihm  statt  des  Samens  Schlangen,  Skorpione  perve^iisse,  quem  Procris  Cephali  uxor  Jaboran- 
und  Tausendfüßler  kamen,  welche  die  Weiber  fem  dicitur  sanasse,  et  pro  beneficio  eo  canem 
töteten,  mit  denen  er  verkehrte,  Prokris  führte  muneri  accepisse.  .  .  .  post  eius  (sc.  Procridis) 
die  Harnblase  einer  Ziege  in  den  weiblichen  obitum  canis  ad  Cephalum  pervenit,  quod  Pro- 
Geschlechtsteil ein,  in  die  Minos  seine  Schlan-  cris  eius  fuerat  uxor.     quem  ille  ducens  secum 

15* 


431  Teumessischer  Fuchs  Teumessischer  Fuchs  432 

Thebas  pervfnit,   übt   erat  vulpes,   cui   datum  vermuten,  Palaiphatos  könne  in  diesen  Worten 

dicebatur  omnes  eants  effugere  posse,     itaque  eine  alte  Formel  erhalten  haben,  in  die  man 

cum  in  unum  pervenissent,  luppiter  nescitis  quid  das  Treiben  des  Untieres   zusammenfaßte.  — 

faceret,  tU  Ister  ait,  utrumque  in  lapidem  con-  Nichts  Neues  bieten  Steph.  Bijz.  ».  v.,  Etym.  M. 

vertit.    Allem  Anscheine  nach  tat  also  Istros  s.  v.  und  Heracl.  n.  Scnlar.  3(),  Mylhogr.  1  fab. 

bloß  der  Ratlosigkeit  des  Zeus  und  der  Ver-  233,  Tzetz.  Ghil.  1,  20,  662  ff.  (vgl.  R.  Unger, 

Bteinerung  Erwähnung;  alles  andere  kann  Hy-  Thebana  Paradoxa  1846  p.  399  1'.). 

S'nus  auch  aus  anderen  Quellen  haben.  Zu  2.  DieOrtasage.  Schon  in  der  ältesten 
inos  sollte  der  Hand  wohl  anläßlich  der  uns  bezeugten  Fassung,  in  jener  der  Korinna, 
Heimholung  der  Europa  durch  Kadmos  ge-  lO  aber  wohl  auch  im  epischen  Kyklos,  war  die 
langt  sein;  wenigstens  dürfte  Hyginua  es  sich  Sage  auf  Teumessos  bezoi^en.  Diese  Stadt  an 
80  gedacht  haben.  Neu  ist  uns,  daß  Kephalos  dem  gleichnamigen  Berge  war  100  Stadien  von 
den  Hund  durch  Erbschaft  erwirbt.  Ps.-Era-  Theben  {ßchol.  Eurip.  Phoin.  1100),  7  von 
tosth.  catast.  33  gibt  Hund  und  Speer  der  Eu-  Glisas  {Strab.  9  p.  412)  entfernt  (vgl.  zur  Lage 
ropa  zu  Wächtern,  dann  kommen  beide,  man  die  bei  Ungei'  a.  a.  0.  154  ff.  mit  großer  Ge- 
weiß nicht  wie,  an  Minos,  von  diesem  (wie  bei  lehrsamkeit  zusammengestellten  alten  Zeug- 
Antoniwts)  an  Prokris  und  dann  an  Kephalos  nisse).  Man  erkennt  diese  örtlichkeit  in  dem 
dicc  x6  slvai  nQoxQiios  Scvi^q.  Es  folgen  Jagd  heutigen  Sorös  (614  m  über  dem  Spiegel  des 
und  Ratlosigkeit  des  Zeus,  der  den  Hund  unter  Meeres)  zur  Linken  der  nach  Theben  führen- 
die  Sterne  versetzt  und  nur  den  Fuchs  ver-  20  den  Bahn  wieder  (vgl.  Bädeker,  Griechenland^ 
steinert.  Nach  Pollux  Onom.  6,  39  bildete  174).  Von  ihm  kommen  nach  Kieperts  Karte 
Hephaistos  aus  Metall  von  der  Insel  Demonesos  mehrere  Gießbäche  herab,  welche  die  an  seinem 
bei  Chalcedon  (vgl.  Aristot  mir.  ausc.  69  p.  834'  Fuße  liegenden  fruchtbaren  Ebenen  verwüsten. 
18,  Nicandr.  fr.  18,  Hesych.  s.  v.  Jrniovrjöiog  Hesych.  T£Viir]a<^a6gy.  noTccfibs  ffrißdr  liefert 
^aixöff)  einen  Hund,  in  den  er  eine  Seele  legte  uns  wohl  den  Namen  äines  dieser  Wasserläufe, 
(wie  in  die  Hunde,  die  er  dem  Alkinoos  machte)  Daß  ein  anderer  von  ihnen  irgendwann  als  der 
und  gab  ihn  dem  Zeus,  dieser  der  Europa,  zerstörende  Fuchs  gegolten  habe,  ist  nicht  über- 
diese  dem  Minos,  dieser  der  Prokris,  diese  dem  lief eitund trotz Eoschers{Nachtr.z.Sele7ieu,Verw. 
Kephalos.  —  Altere  literarische  und  zum  Teile  4, 1.)  Nachweisen  über  ins  Mythische  spielende 
wohl  auch  örtliche  Gewähr  als  alles  bisher  so  Tiernamen  von  Gießbächen  und  Flüssen,  auch 
Angeführte  hat  die  Fassung  bei  PÄo^.,5MtdaÄ  und  nicht  wahrscheinlich,  da  andererseits  die  Ver- 
Hesych.  s.  v.  (fast  gleichlautend  Mich.  Apost.  steinerung  von  Fuchs  (und  Hund)  das  An- 
16,  42,  welche  auf  die  ra  GTißaiy.cc  ysYQccq)6rsg,  knüpfen  der  Sage  an  örtliche  Felsbildungen 
vor  allem  Aristodemos  {F.  H.  G.  3,  309  fr.  5),  bezeugt.*)  In  dieser  Hinsicht  ist  der  Wolf, 
letzten  Endes  aber  auf  den  epischen  Kyklos  der  die  Rinder  des  Peleus  schädigte  und  in 
{E.  G.  F.  13,)  zurückgeht,  wie  am  Ende  der  Stein  verwandelt  wurde  {Etym.  Gud.  s.  v.  Av- 
Stelle  ausdrücklich  (und  wohl  schwerlich  irrig)  xsiov,  Etym.  M.  671,  32,  Anton.  Lib.  38)  eine 
angegeben  wird.  Grund  der  Heimsuchung  durch  genaue  Parallele  zu  unserem  Fuchse,  zumal 
den  Fuchs  ist  hier,  daß  die  Thebaner  die  auch  Peleus  Entsühnung  von  unverschuldetem 
Nachkommen  des  Kadmos  von  der  Herrschaft  40  Morde  sucht,  wie  Kephalos.  Schon  F.  G.  Wel- 
ausgeschlossen  haben.  Welche  Gottheit  die  cker,  der  epische  Cyklus  2,  394 f.,  hat  erkannt, 
Strafe  sandte,  wird  nicht  gesagt.  Auch  scheint  daß  solche  Verwandlungen  in  Fels  „von  der 
diese  Fassung  ebenfalls  anzunehmen,  daß  Ke-  Einfalt  des  Volkes  ausgehen,  wie  wenn  Niobe, 
phalos  den  Hund  selbst  erwarb.  Weiter  heißt  Daphnis,  die  Kerkopen  u.  a.  in  Stein  verwan- 
es,  er  habe  sein  Weib  Prokris  unwissentlich  delt,  d.  h.  die  Sagen  von  ihnen  auf  gewisse 
getötet,  sei  von  den  Thebanem  entsühnt  wor-  Felsen  angewandt  werden.''  In  der  Tat  sprechen 
den  und  habe  dann  (etwa  zum  Danke?)  den  auch  andere  Anzeichen  dafür,  daß  die  Sage 
Fuchs  erjagt.  Auch  hier  bildet  die  Versteine-  nicht  von  der  thebanischen  örtlichkeit  ihren 
rung  den  Abschluß.  Die  älteste  Zeugin  aber  Ursprung  nahm.  So  wenig  wie  die  Sphinx 
ist  Korinna  im  Schol.  Eur.  Phoin.  26  {Bergk  60  (über  ihr  Wesen  vgl.  JReal-Enzyklop.  d.  klass. 
fr.  32)  ccvbXsTv  d'  avxbv  (sc.  xov  Oldinoda)  ov  Altert.  1  A  Sp.  93)  oder  der  teumessische  Löwe 
fiovov  trjv  Zcpiy  ,a  &XXa  Y.cd  X7]v  TeVfiriölccv  {Stat.  Theb.  1,  485,  vgl.  Unger  a.  a.  0.  401),  den 
&X6a7CB-Ka,  ajg  Koqlvvcc.  —  Der  teumessische  Herakles  tötet  (und  der  also  seinem  Wesen 
Fuchs  ist  auch  zum  Sprich  werte  geworden  nach  dem  nemeischen  zu  vergleichen  ist,  der 
{Macar.  8, 13  Tavu.r\66ia  Sclmni]^-  inl  x&v  TtoXXy  vom  Monde  stammt;  Schol.  Apoll.  1,  498),  wird 
Tcavovgyia  ^pwjitaVwi',  vgl.  Mich.  Aposthol.  16,  der  Fuchs,  den  £^ormna  mit  der  Sphinx  auf  eine 
42).  —  Palaiph.  5  gibt  im  Anschlüsse  hieran  Stufe  stellt  und  der  uns  zugleich  schon  wegen 
eine  euhemeristische  Deutung:  ein  Thebaner  der  auch  an  ihm  haftenden  Monatsfrist,  aber 
namens  kXanrig.,  o  r}v  TtavovQyog^  habe  die  auch  sonst  unmittelbar  an  den  (nemeischen  und 
Herrschaft  an  sich  reißen  wollen,  indem  er  60  dann  den  teumessischen)  Löwen  gemahnt,  Son- 
zunächst  den  teumessischen  Hügel  besetzte,  dergut  thebanischer  Sage  gewesen  sein.  Und 
von  wo  er  die  Thebaner  bedrängte,  bis  Ke-  wenn  auch  die  Versteinerung  des  Hundes  (und 
phalos  mit  seiner  Schar  zu  Hilfe  kam  und  seines  Gegners?)  wohl  zum  alten  Sagenbestande 
ihn  tötete.  Dieses  Geschwätz  enthält  aber  gehörte,  so  würde  doch  echter  Mythos  voraus 
doch  die  Wendung,  man  habe  gesagt:  ccXmnri^ 

(rjHäg    wohl    bloß    Zusatz    des    Palaiphatos    im  *)  ygl.  ^u&er  Roscf>er  ^.,..  O.  Elym.  Gud.  ..v.  Jöy..av. 

Sinne  seiner  Deutung?)  yiaxaxgixcov  vnoxcoQEl.  Feicifcer,  J?p.  Cwd.  11,  395,  34.    Buhhe,  De  metamorpho»ibu* 

Wir    werden    schwerlich    fehlgehen,    wenn    wir  Gratcor.    Balüsche  Doktordist.  r.  191^,  S.23ff.    Koscher. 


433              Teumessischer  Fuchs  Teumessischer  Fuchs             434 

setzen,  daß  sie  wieder  rückpilngi)?  gemacht  Sternen  aus  dem  einen  Siebengestirne  /Ajiä 
wurde.  Ob  Korinna  überliaii})t  eine  solche  ^^  Plejaden)  in  das  andere  (Kima  =  Orion) 
noch  kannte,  ist  der  kurzen  Nachricht  über  bewirkt  wird  {'J'almud  Jiabli,  Traktat  Berakot 
sie  nicht  zu  entnehmen,  und  auch  die  Fassung  öi),  ausführlich  behandelt  in  Mitt.  d.  W.  Anthr. 
des  epischen  Kyklos  ließ  die  mythische  Er-  des.  40,  128  ff.).  Und  diese  Angaben  sind  zu 
Zählung  gerade  an  der  Stelle  mit  der  Ver-  berücksichtigen,  da  sie  eben  von  Orion  und 
steinerung  abbrechen,  an  welcher  die  örtliche  den  I^lejaden  handeln  und  Sinbrand  und  Sin- 
Aitiologie  einsetzen  konnte.  Dazu  kommt,  daß  Hut  mythologisch  gleich  gelten.  In  ihnen  spielt 
der  Name  Tsviir]66Ög  eine  kretische  {vgl.  d'tv-  auch  Ke8il  =  Sirius  eine  UoUe  und  wird  als 
ytöd-cci  u.  ä.)  Dialektform  für  7  ti^TjGöos  {Fick  lo  heißes  Gestirn  der  kalten  Kima  gegenübcr- 
schließt  in  Bvzzenhcrgers  Beiträgen  1HI)2  18,  gestellt.  Seirios  ist  aber  der  Hund  des  Orion, 
137  aus  inschriftlichem  Ilei^uccttog,  daß  der  den  Pandareos  Htiehlt  und  den  P8.-7tV«<o.s^c»jes 
Name  ursprünglich  mit  q  anlautete)  is-t,  das  dem  goldenen  Hunde  des  Zeus,  Hygimis  dem 
sich  im  Namen  der  lykischen  Kolonie  und  ver-  ehernen  des  Keplialos  gleichsetzt.  Vor  ihm 
einzclt  auch  sonst  (vgl.  Blut.  Gryll.  4,  8)  er-  flöhe  dann  die  in  einen  Fuchs  verwandelte 
halten  hat.  '^o  i\h^v\\tieri  Flut,  de  hrutisratione  Plejade  (vgl.  die  von  Orion  verfolgte  Merope, 
uti  4  p,  988 A  Tf-Xfisaiav  (sc.  aXi'oTctxa)-,  auch  die  Tochter  des  Pandareos). 
der  Fluß  Tegfisaöög  am  Helikon  ist  zu  ver-  4.  Herkunft  und  Deutung.  Vorgänge 
gleichen.  Das  scheinen  also  die  älteren,  hei-  der  soeben  behandelten  Art  sind  freilich  an 
mischen  Formen  zu  sein.  Außer  den  Namen  20  dem  Sternenhimmel  nicht  zu' sehen;  die  Stern- 
weist aber  auch  der  Inhalt  der  Sage  wenig-  bilder  bewegen  sich  nicht  im  Verhältnisse  zu- 
stens  zum  Teil  nach  Kreta  (vgl.  0.  Gruppe,  einander  und  tun  nichts  von  dem,  was  die 
6^;*.  Myth.  60.),  und  bei  Hyginus  und  Fs.-Era-  eben  erst  nachträglich  auf  sie  angewandten 
tosthenes  tritt  zugleich  damit  die  Neigung  deut-  Sagen  berichten.  Wo  liegt  also  die  Wurzel 
lieber  hervor,  an  Stelle  der  Versteinerung  die  all  dieser  Überlieferungen?  P]8  ist  klar,  daß 
Verstirnung  zu  setzen.  sie  aus  der  Betrachtung  vereinzelter  Fassungen 
3.  Die  Sternsage.  Bei  Bs.-Eratosthenes  nicht  gefunden  werden  kann;  nur  die  verglei- 
und  Hyginus  ist  der  Hund  des  Kephalos  Zti-  chende  Verarbeitung  des  ganzen,  irgend  zu- 
Qiog  (auch  Schal.  Germ.  94,  11,  vgl.  Robert,  Cat.  gehörigen  Sagen.stoffes,  die  aber  weit  über  den 
166),  den  wir  sonst  als  Hund  des  Orion  kennen.  30  hier  gesteckten  Rahmen  hinausgehen  müßte, 
Daraus  folgerte  0.  Gruppe  a.  a.  0.  9542  ur-  könnte  sie  bloßlegen.  Die  alte  Sage  war  weder 
sprüngliche  Wesensgleichheit  von  Kephalos  und  an  einen  bestimmten  Ort  in  Boiotien  noch  an 
Orion.  Beide  sind  in  boiotischer  Sage  vertreten,  ein  Sternbild  gebunden,  und  zahlreiche  Züge 
bei  beiden  spielt  die  -nicpalri  eine  wichtige  der  erhaltenen  Fassungen  leiten  zu  verwandten 
Kolle,  die  Tötung  der  Prokris  entspricht  der  Sagenkreisen  hinüber.  So  wäre,  um  ein  Bei- 
Verfolgung der  Merope  durch  Orion  {Gruppe  spiel  anzuführen,  die  Probe  des  Kephalos  auf 
921  f.).  Bei  Korinna  freilich  ist  Orion  bloß  die  Treue  seiner  Frau  wegen  des  Hinzutretens 
ein  Fv6eߣ6tatog,  der  an  vielen  Orten  Unge-  mit  Fackeln  durch  Aristippos  n.  nal  xQV(pf}g 
heuer  erlegt  hat,  und  diese  älteste  erhaltene  a'  bei  Diog.  L.  1,  7,  2  und  PartJien.  17,  wo 
boiotische  Auffassung  von  seinem  Wesen  bleibt  io  Periandros  als  ^Oidipus'  auftritt  (vgl.  Oidipus 
uns  hiedurch  ein  wertvoller  Beleg,  daß  (trotz  als  Überwinder  des  teumessischen  Fuchses  bei 
des  Vorkommens  von  Sternsagen  in  Boiotien;  Korinna),  und  den  anschließenden  Stoff  (zu- 
s.  Röscher,  Selene  und  Verwandtes  14:2i.)  auch  eammengestellt  in  OLZ  1913  Sp.  176;  wegen 
Orion  schon  vor  der  nachmaligen  Übertragung  der  Fackeln  =  Schwänze  vgl.  OLZ  1910  Sp.  246 
seines  Namens  auf  das  Sternbild  in  der  Sage  und  250)  zu  beleuchten.  Daher  müssen  wir 
Platz  und  Geltung  hatte  (vgl.  3Iitt.  d.  W.  Anthr.  auch  die  bisherigen  Versuche  einer  Deutung 
Ges.  40,  ISög).  Während  nun  von  Kephalos  oder  Erklärung,  die  sich  insgesamt  an  einzelne 
keine  Verstirnung,  wie  von  Orion  berichtet  wird,  Ausprägungen  (die  boiotische  Ortssage  oder 
ist  sie  von  seinem  Hunde  überliefert;  vom  die  Sternsage)  halten,  ohne  mit  dem  zugehö- 
Fuchse  fehlt  sie  ebenfalls  in  unseren  Quellen,  ,50  rigen  übrigen  Mythenstoffe  abzurechnen  und 
aber  ein  Sternbild  oder  einen  Einzelstern  seiner  Genealogie  gerecht  zu  werden,  von  vora- 
vulpes  erwähnt  Firmicus  als  Paranatellon  herein  als  methodisch  verfehlt  zurückweisen, 
des  Skorpions.  F.  Boll,  Sphaera  406  setzt  ihm  So  versucht  L.  Preller,  Gr.  Myth.  1875,  2^  148 
den  Fuchsstern  der  runden  Sphaera  von  Den-  den  Rotfuchs  als  Kornbrand  (robigo),  der  zur 
dera  gleich  und  verweist  auf  den  Fuchsstern  Zeit  der  Hundstage  besonders  zu  fürchten  sei 
der  babylonischen  Grenzsteine  (vgl.  OLZ.  1913  (er  tritt  in  Wirklichkeit  nicht  erst  bei  der 
Sp.  154).  Die  Schollen  zu  Ar atosp- -^91,  3  M  bieten  Gluthitze,  sondern  schon  bei  der  Blüte  des  Ge- 
nun:  cpr^öl  de  rivsg  xoiovxov  ^v^ov,  qxl  ftm  iv.  treides  ein)  Kephalos  als  Morgentau  zu  deuten, 
Tföf  ^'  (JlXsiddcav)  xb  xfig  'lliov  TidO'og  IdovGa,  rj  der  gegen  den  Brand  schützt;  nach  Mannhardt, 
HXsxxga,  vTCsxmQrias  xov  avcx-^^axog  {ßaxL  yaq  60  Myth.  Forschungen  108 ff.  wäre  der  Fuchs  ein 
^rixriQ}iccQ8dvov)%a.l  vno  xov  ß'  datsga  xov  qv^ov,  Getreidedämon,  und  in  ähnlichem  Rahmen  hält 
ög  SLVdL  XeysxKL  xfjg  ccqv.xov,  ix  xCov  Ulsidöcov  sich  Gruppe,  Gr.  Myth.  249,  der  vermutet,  die 
dvaxojQ-^Gavxcc  dloonfnd  xLvsg  v.ccIov6lv.  Der  Fall  Sage  vom  teumessischen  Fuchse  gehe  auf  ein 
Trojas  ist  ein  Brand  und  hat  hier  den  Platz-  Ritual  zurück,  das  sich  in  Italien  {Carseoli, 
Wechsel  des  Fuchssternes  =  Elektra  von  einem  Ovid  F.  4,  691 — 712)  finde  und  für  Palästina 
Siebengestirne  (Plejaden)  zum  anderen  (Bär)  zur  aus  Richter  14,  18  zu  erschließen  sei.  Dafür 
Folge.  Wir  kennen  aber  auch  Überlieferungen,  ließe  sich  noch  anfuhren,  daß  der  teumessische 
in  denen  die  Flut  durch  den  Platzwechsel  von  Fuchs   nach  Pansauias   von  Dionysos   gesandt 


435                         Teurnia  Teutates                        436 

war,  während  nach  M^  Ridgetray,  Cl.  rev.  1896,  Sprachforschung  45  (1913),  löi)   von  iiuiogerm. 

10,  21  Dionysos  Bassareus  (vgl.  Gruppe  a.a.O.  teutä  =  'Volk'  ab  und   erkUlrt  ihn  für  durch 

1410g)  die  Weingärten  vor  Füchsen  beschützt.  Silbenschichtung  aus  Tevza-taiiiccs  entstanden. 

Aber  von  einem  Kitus  ist  in  der  Simson-Sage  Vgl.  auch   AI  fr.  Dühring,   Griechische   Heroen 

mit  keinem  Worte  die  Rede,  der  teumessische  .^endgeister  20  Anm.  1.    Vgl.  'J'entamos. 

Fuchs  hat  auch   nichts  mit  Weingürt«n  oder  [Höler.] 

Saaten  (er  muß  ja  monatlich,  nicht  jährlich  Teiitaini(d)e8  s.  Teutamias. 

besänftigt  werden»  und  zunächst  auch   nichts  Teutauios  (7'f rra/iog),  1)  andere  Namensform 

mit  Feuerbränden   zu   tun.     Und  wenn  durch  für   Tautanes   (s.  d.    und    Trieber,    Hermes  29 

Vergleichsstoff  aus    auch    in    anderen    Zügen  lo  [1804]  S.  185),  7>w/.  2,22.    Kcphalion  frgnt.  1 

nahe  stehenden  Sagen  oben  angedeutet  wurde,  {F.  H.  G.  "&,  626  b.).    Ftiaeb.  ed.  Schönn  1,  06. 

daß  in  der  Tat.  die  Fackeln   des  Kephalos  zu  2,60.    Synkellos  285,  19  ff.    Krumbholz,  lihein. 

den  9  Schwänzen  des  alten  Herrn  Fuchses  im  Mus.  41  (1886),    333.     /.  Fürst,  Philologus  60 

deutschen  Märchen  zu  stellen  sind,    so  kann  [1901]  S.  354,  11.     Trieber,  Hermes  29  (1894), 

doch    Crtuppe,     dem    solche    Zusammenhänge  135  f.   Marquart,  Philologus  Suppl.  ü.b^b  f.  66S. 

nicht  vorlagen,  dieselben  auch   nicht  für  sich  570.  583.  685  f.  und  Anm.  264.    Nacli  Tümpel, 

geltend    machen,    da    gerade    diese    anderen  PÄt7o/o^.  49(1890),  712  Anm.  i;^  ist  der  Name  von 

Fassungen  jede    Beziehung   zu   einem   Ritual  Kephalion  in  Angleichung  an  Teutamos,  den 

vollends  ausschließen   und    das   Eingehen   auf  berühmten  Argyraspidenführer  (Flut.  Fumenes 

die  Genealogie  dös  zugehörigen  Mythenstoffes  20  13.  16.  17.     Biod.  18,  59.  62.    Polyaen.  4,8,2) 

erfordern.     Erst  durch  solchen  Anschluß  kann  für  Teutamies  gebildet.    Teutamos  mit  der  Bil- 

auch  die  Sage,   aus  ihren  besser  überlieferten  düng  auf  -cc^og  (vgl    Priamos,   Pyramos  usw.) 

Ausprägungen   berichtigt  und   vervollständigt,  ist  ein  echt  kleinasiatischer  Name,  P.  Kretsch- 

deatungsreif  werden.   Bis  dahin  ist  an  der  mit  mer,  Einleit.  in  die  Gesch.  d.  griech.  Sprache  325. 

dem  ttnimessischen  Untiere  verknüpften  Monats-  Aug.  Fick,  Vorgriech.  Ortsnamen  106,  so  hieß 

frist  und  an  seiner  nahen  Verwandtschaft  mit  der  Vater  des  Bias,   Demetr.  Phaler.  bei  Stoh. 

dem  teumessischen und nemeischen  Löwen,  welch  2*70^3,79  (1  p.  89  Meineke).    Diog.  Laert.  1, 

letzterer  vom  Monde  stammt,  als  Grundlagen  5,  82.    Am  Schlüsse  der  vita  des  Bias  berichtet 

der  Deutung  festzuhalten.          [W.  Schultz.]  Diog.  Laert.  (1,5,88):   ol  TlQirivtig  avrco  (dem 

Tearnia,    Göttin    der    gleichnamigen    Stadt  30  Bias)    xa^t^pcotfav    xb     TtvxdiLHov    Xcyo^svov. 

(jetzt  St.  Peter  im  Holz)  in  Norikum  auf  einer  Diese  Notiz  findet  v.  Wilamoioitz,  Sitzungsber.  d. 

Altarinschrift:     Teurniae    sanctissim(ae)     Au-  jßerZ.  J.A:ad.  d.  lUtVss.  1906,  44  Anm.  1  (vgl.  auch 

g(ust€ie),   Jahresheft   des   österr.  arch.  Inst.  17  Fr.  Pßster,  Reliquienkult  im  Altertum   [Belig. 

(1914),  Beiblatt  29  und  Fig.  14;  vgl.  16  (1913),  Versuche   und  Vorarbeiten    5]    S.  103)    höchst 

Beiblatt  95.     [Höfer.]  seltsam,   da  die  Inschriften  nur  ein  ElÜvthov, 

Teutagonos  {Tsvxäyovog).   Führer  der  Ba-  das  wohl  das  Rathaus  von  Priene  war,  kenneu. 

tarner,    einer  skythischen   Völkerschaft,    Vad.  —  War  vielleicht  das   Teutameion   ursprüng- 

Flacc.  Arg.  6,  96.     [Höfer.]  lieh  einem  Heros  Teutamos  heilig  und  haben 

Teutamias  (Tavrafit'as),  König  von  Larissa  die  Einwohner  von  Priene  es  später  dem  Bias, 
zur  Zeit  des  Akrisios  und  Perseus,  Apollod.  40  dem  Sohne  des  Teutamos,  geweiht?  —  2)  Va- 
2,4,4,2.  Tzetz.  in  Lyk^phr.  835  (ed.  Scheer.  2,  riante  für  Tektamos  (s.  d.  Sp.  214,22).  Zur 
270,  31).  Die  Handschriften  bei  Apollod.  a.  a.  0.  Sache  vgl.  auch  J{.  Meister,  Dotier  u.  Achäer  I 
haben  Tevxafiiag,  die  Epit.  Vaticana  und  Tzetz.  =  Abhandl.  der  phil.-hist.  Klasse  der  K.  Sachs. 
a.  a.  0.  TsvxaiLiSrig,  was  nach  Ed.  Mexjer,  GeseUsch.  d.  Wiss.  2i,3  S.  63f.  [Höfer.] 
Forschungen  zur  alt.  Gesch.  1, 105  f.  Anm.  2  die  Teutaros  {Ttvxagog),  ein  skythischer  Rinder- 
richtige  Form  des  Namens  ist.  Dagegen  will  hirte  des  Amphitrj^on,  der  den  Herakles  im 
Tümpel,  Philologus  49  (1890).  713  unter  Zu-  Bogenschießen  unterrichtete  und  ihm  Bogen 
Stimmung  von  Busolt,  Gr.  Gesch.  1*,  167  Anm.  1  und  Pfeile  schenkte;  nach  ihm  heißt  der  Bo- 
in  dem  auf  die  thessalisch-pelasgische  Genea-  gen  Lykophr.  56  Ttvxccgaia  'jrxsgm^axcc.  Vgl. 
logie  bezüglichen  Fragment  des  Hellanikos  50  Tzetzes  zu  Lykophr.  50;  56;  458;  Herodor  im 
{frgm.  1  F.  H.  G.  1,45;  vgl.  Kullmer,  Jahrb.  f.  Schol.  Theoer.  id.  13,  9  {F.  H.  Gr.  2,  29,  5  = 
klass.  Phil.  Suppl.  475)  bei  Dionys.  Hai.  A.  R.  Kallim.fr.  365  <ScÄ><.),  13,  56.  Holzinger  Komm. 
1,28:    UeXuayog   —   ^gdatag   —   kpivvxcog   —  zu  Lyk.  p.  175.     |Ruhl.] 

Tsvxaiiidrt?  —  Nävag  für  das  nach  seiner  An-  Auf  einer  mit   Hochreliefs  verzierten  Mar- 

sicht  irrtümlich  aus  Hom,.  II.  2, 843  eingesetzte  morplatte  der  vatikanischen   Sammlungen  ist 

Tsvxaiiidrig  (s.  d.)  lesen   Tsvxcciiiccg  oder  viel-  der  jugendliche   Herakles  dargestellt,   wie  er 

mehr   die   ionische   Form    Tsvxcciiirig.    Tümpel  von  zwei  Skythen,  deren  einen  man  wohl  mit 

a.  a.  0.  718  ff.   und    bei    Röscher,    M.  L.  s.  v.  Recht  als  Teutaros  bezeichnet,   Unterricht  im 

Lethos    identifiziert    den    bei    Hellanikos   ge-  Bogenschießen  erhält,  W.  Amelung,  Die  Skulp- 

nannten  Tevxauirig  mit  dem  bei  Hom.  a.  a.  0.  60  turen    des    Vatikanischen    Museums   2    nr.  434 

genannten  Teutamies,  dem  Vater  des  Lethos  S.  701  (und  Taf.  80).   W.  Heibig,  Führer  durch 

{Afi^og  Tsvxa(ii8rig;  yg\.  R.Wagner  zu.  Apollod.  die    öffentl.  Samml.  klass.  Altert,  in    Rom    1', 

Epitome  3,  35),  während  nach  F.  Meyer,  a.  a.  256  S.  166  f.    S.  Reinach,  Repertoire  de  reliefs 

0.    auch    der   bei    Apollod.   a.  a.  0.    genannte  grecs  et  romains  3  S.  373.     [Höfer.] 

Teutamides  bzw.  Teutamias  mit  dem  Pelasger-  Teiilätes  wird  von  Lucan  (Phars.  1,  444  f.) 

könig  bei   Hellanikos  ursprünglich  gar  nichts  neben   Esus  und  Taränis    als   keltischer   Gott 

zu  tun  hat.    Den  Namen  Tsvxa^iag  leitet  W.  genannt.    Der  jugendliche  Dichter  weiß   aber 

PreUwitz,     Kuhns    Zeitschr.    f    vergleichende  offenbar  von  allen  drei  Göttern  nichts  Genaueres, 


4^)7                          Teutates  Teutbras                          438 

und  80  wiederholt  er  mit  seiner  pathetischen  7, 160»,  J.ehner  (Korr.  Jil.  d.  Westd.  Z.  lö/6)  und 

Rhetorik  in  dreifacher  Variation  (s.  den  Wort-  Holder  a.  a.  0.  ist  also  ohne  Zweifel  die  zweite 

laut  u.  d.  Art.  Taraxw)  nur  das  Kino,  daß  ihnen  Version   der  Lucanscholien :   Teutates  ^  Mars, 

Menschenopfer    dargebracht   wurden.     In    den  nicht  =  Mercur,    vor/u/.iehen.     Allerdings   hat 

Scholien  zu  Lucun  (s.  Art.  Taranis)  liegen  zwei  zuletzt  Cam.  Jullian,  Hiet.  de  la  Gaule  liomaine 

ganz  verschiedene  V^ersionon  vor,  welche  nur  in  2,118  ff.  von  der  Etymologie  (in  D^bereinstim- 

der  Bestätigung  der  Menschenopfer  übereinstim-  mung  mit  Holder)  ausgehend  Teutates  als  den 

men,  jedoch   mit  künstlich  ersonnener  Unter-  eigentlichen  Volks-  oder   nationalen   Gott   der 

Scheidung  der  Arten  der  Strafvollziehung,  und  keltischen  Stämme  erklärt;  aber  gegen  diesen 
nach  der  zweiten  Version  mit  der  Beschrlin-  lo  Schluß   spricht  doch  das,   daß  auch  die  Teu- 

kung  auf  frühere  Zeiten  {antea,  olim).  tones  oder  Toutoni  nicht  als  der  Hauptstamm 

Bildliche  Darstellungen  mit  der  Bezeichnung  der  Germanen  angesehen  werden  können.  Die 
Teutates  gibt  es  nicht,  während  wir  für  Esus  Schwäche  der  Annahme  ./M//«a//s  zeigt  sich  auch 
eine  solche  haben  auf  dem  berühmten  Altar  darin,  daß  er  sich  genötigt  sieht,  durch  allerlei 
aus  Paris  (s  Art.  Taranis).  Wir  kennen  aus  Kombinationen  das  Wesen  des  Gottes  Teutates 
plastischen  Bildwerken  einen  dreiköpfigen  Gott,  ins  Allgemeine  zu  verflüchtigen.  Ohne  Zweifel, 
einen  Gott  mit  langstieligem  Hammer  oder  sagt  er,  habe  Caesar  ihn  mit  dem  römischen 
Schlegel  (le  dieu  au  maillet),  einen  gehörnten,  Mercur  identifiziert,  doch  sei  er  auch  mit  Mars 
sitzenden  Gott  mit  gekreuzten  Beinen,  einen  gleichgesetzt  worden;  vielleicht  habe  man  ihn 
Gott  mit  dem  Rad  (vgl.  Riese,  TFesfdfe«/isc/ie  20  auch  Camulus 'der  Starke',  Visucius 'der  Weise' 
Zeitschrift  17  (1898),  1  ff .  Zar  Geschichte  des  genannt;  vielleicht  sei  auch  der  Hercules  Bio- 
Götterkultus  im  rheinischen  Germanien) ;  aber  dors  und  der  Ogmios  Lucians  (s  d)  mit  ihm  iden- 
trotz  mannigfacher  Versuche  können  wir  keine  tisch,  ja  vielleicht  seien  auch  Esus  und  Teu- 
dieser  bildlichen  Darstellungen  mit  den  uns  tates  ursprünglich  identisch  gewesen;  man  dürfe 
bekannten  Götternamen  sicher  und  allgemein  sich  keine  fest  umrissene  Persönlichkeit  dabei 
gültig  identitiäeren.  Ebenso  lassen  uns  die  denken,  der  Qlott  Teutates  sei  in  Wahrheit  nn- 
Vergleichungen  oder  Identifikationen  mit  rö-  sichtbar  und  namenlos  gewesen.  In  der  späte- 
mischen  Göttern,  welche  Caesar  für  die  Kel-  ren  Zeit  der  Entwicklung  habe  er  aber  als  der 
ten  und  Germanen,  Tacitus  für  die  Germanen  politische  Gott  die  bloßen  Naturgötter  überragt, 
aufstellten,  fast  ganz  im  Stich,  weil  sie  sich  30  Andererseits  können  wir  aber  auch  der  von 
nur  an  einzelne  Attribute  oder  Tätigkeiten  Reinach  {Revue  celtique  1897,  1.'37  ff.)  aufgestell- 
hielten und  die  keltischen  und  germanischen  ten  Ansicht  nicht  beipflichten,  daß  die  drei  von 
Götternamen  gar  nicht  nannten.  Lucan  genannten   Götter  Teutates,   Esus  und 

So  konnten  schon  in  alter  Zeit  auch  über  die  Taranis   nur  Lokalgötter  der  Völker  zwischen 

Identifikation  des  Teutates  die  Ansichten  zwi-  Seine  und  Loire  gewesen  seien  (s.  Art.  Taranis 

sehen  Mercur  und  Mars  schw^anken.    Die  erste  Sp.  91).    Denn  daß  Teutates  auch  in  Britannien 

Version  der  Schölten  zu  Lucan  erklärt  sich  für  und  in  den  Donauländern  verehrt  wurde,  ergibt 

Mercur,  die  zweite  für  Mars.    Die  römischen  sich  aus  den  Inschriften,  und  ferner  sagt  Lu- 

Inschriften  sprechen  für  Mars  (s.  Art.  Taranis  can  gar  nichts  von   einer   solchen  Einschrän- 
Sp.  89).  Wenn  auf  zwei  Inschriften  in  Britan-  40  kung;    aus    seinem    Schweigen    aber    deratige 

nien  Marti  Toutati  und  Deo  Marti  Tutati  Co-  Schlüsse   zu  ziehen   dürfte  bei  dem  schon  er- 

cidio,    auf   einer  Inschrift    in    Noricum   Marti  wähnten  nicht  lehrhaften,   sondern  pathetisch 

Latobio   Murmogio   (nicht   Harmogio)    Toutati  rhetorischen  Charakter  seiner  Darstellung  un- 

Sinati  steht,  so  beweist  dies,  daß  weit  herum  statthaft  sein.     [F.  Haug.] 

in  der  keltischen  Welt  Teutates  oder  Toutates  Teuthis  {Tsvd-ig),  anderer  Name  für  Ornytos, 
als  Kriegsgott  galt  und  mit  Mars  identifiziert  s.o.  Bd.  3,  1050,  Paus.  S,  28,  4;  Tzetzes  Prooem. 
wurde  So  dürfen  wir  auch  annehmen,  daß  auf  in  Alleg.  Hom.  11.  645.  [Ruhl.J 
derSchale  von  Bavay  mit  den  Büsten  der  Wochen-  Teiitüides  {Tsvd-lärtg)  wird  in  dem  Schiffs- 
götter der  an  der  Stelle  des  Mars  stehende  katalog  der  gegen  Troia  ziehenden  Griechen 
dreiköpfige  Gott  als  Teutates  zu  fassen  ist  50  mit  'AyqvcoQ  als  Führer  von  sechzig  Schiffen 
{Krüger,  Annales  du  C&ngres  archeol.  de  Bei-  genannt,  loann.Malalas  bij.  107  ed.  Bonn.  Nach 
gique  XXI  p.  130).  Bentley ,  Epist.  ad  Millium  p.  735   derselben 

Als  alleiniger  Gottesname  kommt  aber  die  Ausgabe  des  Malalas  ist  statt  'AyrjvcoQ  zu  lesen 

Dativform  Toutati  auch  in  Rom  vor,   auf  der  'Aya7tr]v(OQ    {Hom.  11.  2,  609)    und    der    Name 

Weihinschrift    eines   germanischen    oder  wohl  Tsv&idris  wäre  aus  dem  Namen  der  arkadischen 

eher  gallischen  Reiters.    Auf  den  Unterschied  Stadt  Teuthis  willkürlich  erdichtet;  doch  mag 

der  Diphthonge   eu  und   ou  ist  kein  Gewicht  immerhin  eine  Reminiszenz  an  Teuthis-Ornytos 

zu  legen,  da  auch  Leucetius  und  Loucetius,  Teu-  (s.  d.)  vorliegen,     [fiöfer.^ 

tones  und  Toutoni  nebeneinander  vorkommen.  Teiithranides  (Tsv^gavidris),    Beiname    des 

Die  etymologische  Frage  ist  am  gründlich-  60  Axylos  aus  Arisbe,  Hom.  II.  6,  13,    Der  Vater 

sten  behandelt  von  A.  Holder  in  seinem  Alt-  hieß  entweder  Teuthras  oder  nach  Schol.  Townl. 

celtischen  Sprachschatz,   wo  alle  von  dem  ur-  zu  der  St.  Teuthranos.     [Ruhl,] 

indogermanischen  Wort  ^ew^a,  später  ^OMto,  end-  Teiithranios  {Tsvd-QcivLog),    Sohn   des   Teu- 

lich  töta  =  Gemeinde,  Volk,  Staat  abgeleiteten  thras  (s.  d.)  und  der  Auge,  Dictys  2,  3.  JS*.  31aaß, 

Formen  und  die  daraus  gebildeten  Eigennamen  Hermes  23  (1888),  617  f. 

aufgeführt  und  besprochen  sind.  Teuthras  {Tavd^gag),    1)   der  Herrscher   von 

Nach  Vorgang  von  Mommsen  {Rom.  Gesch.  Teuthranien  oder  Mysien,  der  Eponym  der  Be- 

5,  95),  Michaelis  {Jahrb.  f.  lothr.  Gesch.  u.  Alt.  völkerung  des  Kaikostales,  Apollod.  2,  147  W; 


439                        Teuthras  Tevcrun                        440 

8,  103;  HeJuitaios  bei  Paus.  8,  4,  9  (F.  H.  G.  Fr.'  p.  263,  deren  Inhalt  vielleicht  auf  Hygin 
1,  27,  847);  Paus.  10,  28,  8;  SUph.  Byz.  s.  v.  fab.  100  zurückgeht,  Ribbeck,  Büin.   Trag.  Ü15. 
Tsv^gavla;  Diod.  4,  38,  10  u.  12;    Strabo  12,  PiUing  A.a.O.  71  verbessert  die  Stelle  3iy</jo^r. 
671,  2;    Hygin.  fab.  t>U  u.   100;    E.  Thraemer,  Vat.  '204:  '  Teucontas  yenuit  Pnlamedem,  Nau- 
Pergamos  164;  184.  Sein  Keich  umfaßte  haupt-  plim  geumt  lelephuvi'  in  N.  g.  P.,  TeutJiras  g. 
sächlich  das  Mündungsgebiet  des  Kaiko8,6'<ra6o  T.,    wonach  dann  T.    der    leibliche  Vater    des 
a.  a.  0.;  Paus.  a.  a.  0.;    Thraemer  189.     über  Telephos  wäre.  —  Unter  den  Bnichstücken  des 
das  Verhältnis  Ton  Teuthranien  zum  weiteren  Telephosfrieses  vermutet  Hobert,  Arch.  Jahrb. 
Begriff  Mysien  vgl.  Thraemer  18öff.   Die  Haupt-  3  (1888)  p.  48  auf  dem  Fragment  A'  1  die  Dar- 
stadt Teuthrania,  Steph.  Byz.  s.  v.,  Tsvd-gavrog  lo  Stellung  des  Empfangs   des  Telephos   und  des 
äoTv   Aesch.  Suppl.    647,   it6lis  Mva&v   Soph.  Parthenopaios  durch  Teuthras  und  in  K  3  den 
Mys.  frg.  377  N\  hält  Thraemer  207  (vgl.  870)  Abschied  des  Telephos  von  T.    Vgl.  p.  53.  — 
für  eine  reale  Größe.     Bei  Strabo  13,  615,  69  2)  König  von   Phrygien,    auf  einem   Streifzug 
wird  T.  König  der  Kiliker  und  Myser  genannt,  des   Aias   in   das  Land   der  Phr.   von   diesem 
und  zwar,   wie   aus   dem   folgenden  §  hervor-  getötet;  s.  Tochter  Tekmessa  wird  als  Gelan- 
geht, eines  Teiles  der  K.     Die  Mutter   di  s  T.  gene  mit  fortgeschleppt,  IJict.  Crct.  2,  18;    s. 
hieß  Lysippe,  Ps.-Plut.  de  f luv.  21,  4  (Kaixos).  Art.  'Teleutas'.  —  8)  Ein  Grieche,  den  Hektor 
Dort  steht  die  Sage,  daß  T.  einen  Eber,   der  tötet,  Hom.  11.  5,  705;  TzHz.  Hom.  100.  —  4) 
sich   in    das  Heiligtum    der   Artemis  Orthosia  Sohn  Agamemnons,  Schal.  11.  ö,  705,   genannt 
geflüchtet  hatte,  trotz  seines  Flehens  in  mensch-  20  nach  dem  lakonischen  Teuthrone,  Gt-uppe,  Gr. 
lieber  Stimme  getötet  habe  und  dafür  von  der  Myth.  62%.    —    5)   Sohn  Pandions,  Vater  des 
Göttin  mit  Vi^ahnsinn  und  einer  aussatzartigen  Thespios,    Steph.    Byz.    s.   v.    Sionsiu.     Nach 
Krankheit  geschlagen   worden   sei.     Nachdem  Toepff'er,    Attische   Getieal.  256,  5  =  Teithras, 
es  seiner  Mutter  gelungen  war,    mit  Hilfe  des  s.  d.  —  (>)  Oekist  von  Teuthrone  in  Lakonien, 
Sehers  Polyidos  die  Göttin   zu   versöhnen,  ge-  Paus.  3,  25,  4.    —    7)   Nach   der  handschriftl. 
wann  T.  seine  Gesundheit  wieder  nnd  nannte  Überlieferung  bei  ApoUod.  3,  55  W.  Vater  der 
das  Gebirge,  wo  sich  die  Geschichte  zugetra-  Eurygaue.    S.  Art.  'Hyperphas'.  —  8)  Vater  des 
gen  hatte,  Teuthrania.    Bekannter  ist  er  durch  Axylos,  s.  Art.  'Teuthranides'.  —  9)  Ein  Troer 
(lie  Mythen  von  Auge  und  Telephos.  Er  nimmt  im  Heer  des  Aeneas,   Very.  Aen.  10,  402. 
die  Auge,  nachdem  sie  den  T.  geboren  hatte,  so                                                                   [Ruhl.] 
samt  ihrem  Kinde  auf  und  macht  sie  zu  seiner  Tevcrun   (tevcrun)  erscheint  einmal  als  Bei- 
Gemahlin, Apollod.  2,  147  W\  3,  10;{;  Paus.  8,  schrift    auf    einem     in    Präneste    gefundenen 
4,  9  (10,  28,  8);   Steph.  Byz.  s.  v.  Tsv&Qavia;  etruskischen    Bronzespiegel.     Derselbe    wurde 
Strabo  12,  571,  2;  572,  4;  13,  615,  69;   Alkid.  veröffentlicht  von  Cicerchia  im  Bull.  delV  Inst. 
Od.  16;  vgl.  Diod.  4,  33,  10:   Auge  wird  dem  1859,  37,  von  Garrucci,  C iste  Prenestine  IGS,  von 
Teuthras  übergeben,  33,  12,  T.  kommt  auf  der  Gerhard,  Etr.  Spiegel  4,   24.  Taf.  CCCLXXVÜI 
Suche    nach    seiner    Mutter  zu   Teuthras.     Da  und    von    Fabretti,  C.   1.  I.  nr.   2726^18.     Die 
der  König  keine  männlichen  Nachkommen  hat,  dargestellte    Szene    enthält    6    Figuren :    links 
änaig  mv  &QQsva>v  Diod.  4,  33,  12;  Alkid.  Od.  die    fast   unbekleidete  Venus   turan,    vor   ihr, 
16,  gibt  er  dem  Telephos  (s.  d.)  seine  Tochter  Ar-  40  gleichfalls  unbekleidet,  mit  Speer  und  Schwert 
giope  zur  Frau  und  macht  ihn  zu  seinem  Nach-  bewaffnet    und   einem  Lorbeerkranze  auf  dem 
folger,  Diod.  a.  a.  0.;  vgl.  Strabo  an  den  bei-  Haupte    Menelaos    (menle);    dann    folgt    eine 
den  letztgenannten  Stellen.    In  der  bei  Hygin  Gruppe  von  drei  bekleideten   weiblichen   Ge- 
erhaltenen   Fassung    der    Sage    ist    Teuthras  stalten;  die  linke  ohne  Beischrift,  die  mittlere 
Adoptivvater  der  Auge.    Sie  verspricht  er  dem  als  crisi'O-a,  die  rechte  als  irisis  (so  wenigstens 
Telephos,  der  in  Mysien  gelandet  ist,  zur  Ge-  wird   der  Name  überliefert)    bezeichnet;    ganz 
mahlin,  wenn  er  ihn  von  seinem  Feind  befreie.  rechts  ein  sitzender,  bekleideter  und  mit  Lanze 
Als  dann  Telephos  den  Idas  (s.  d.;  vgl.  ferner  bewaffneter  Krieger  mit  der  Beischrift  tevcrun. 
Robert,   Arch.  Jahrb.  3   (1888),    53;    Thraemer  Es  handelt  sich  in  der  Darstellung  ohne  Zwei- 
a.  a.  0.  376,  Gruppe,  Gr.  Myth.  342  u.  Anm.  5;  50  fei  um  einen  uns  unbekannten  Vorgang,  und 
Pauly-Wissowa  R.E.2,  2302)  besiegt  hat,  hält  Gerhard  hat  vollkommen  recht,  wenn  er  sagt, 
Teuthras  sein  Versprechen,  und  unter  den  bei  die  Zeichnung  scheine  Murch  die  am  obersten 
Äi/^»« /aft.  100  geschilderten  Umständen  —  s.o.  Rand  angebrachten,    zum  Teil  wohl  verständ- 
Bd.  1,  Sp.  730  —  erfolgt  die  Erkennung  von  liehen  Namensinschriften  größere  Leichtigkeit 
Mutter  und  Sohn.    Über  die  Rolle,  die  Teuthras  ihrer  Erklärung  uns   darzubieten ,    als  dies  in 
in  vielen  den  Sagenkreis  behandelnden  Trag-  der  Tat  der  Fall  sei'.    Es  sind  zwar  verschie- 
ödien  gespielt  hat  —  s.  Telephos  und  Bd.  1,  dene  Erklärungsversuche   der  Szene   gemacht, 
S^.  129 f.  und  Pauly-Wissowa, R.-E.  Alt.  ^ Auge'  allein    sie    alle    sind,    einschließlich    der    von 
V.  Wernicke  Bd.  2,  2301  f.  —  stehen  bemerkens-  Gerhard  selber,  wenig  befriedigend  und  wenig 
werte  Einzelheiten  nicht  fest.  Vielleicht  ist  er  60  überzeugend,   und  so  werden  wir  uns  mit  der 
in  jenem  Priester  des  Kaikostales  gemeint,  den  Woiterklärung     der     Beischriften     begnügen 
der  Begleiter    des  Telephos    mit   den  Worten  müssen.     Bezüglich    der    Formen    turan    und 
anredet:  Ttorafiov  Kat-Kov  x^f^Q^  ngioTOs  ögystov,  menle    ist    nichts    zu    bemerken.     In    tevcrun 
Aesch.  Mys.  frg.  144  A'*;    Thraemer  185;    Pil-  und    crisitfa    beobachten    wir   eine  Eigentüm- 
ling,  Quomodo  Telephi  fabulam  et  Script,  et  artif.  lichkeit.  die  auf  pränestinischen  Spiegeln  und 
veteres    Gr.    tractaverint,    Halle    1886,    p.    16.  Cisten   auch    sonst  sich   findet,    die   nämlich, 
'Teuthras'  war   der  Titel  einer  Tragödie   des  daß  die  Beischriften  in  einem  casus  obliquus 
Gaiiis  JuHius  Caesar  Strabo,  Ribbeck  Trag.  Rom.  stehen.   Beispiele  dieser  Art  sind  die  Akkusa- 


441                             Tex  Thalassa  (helleniat.  Personif.)        442 

tive  alixHiitrom  (Fabr.  nr.  '241)1),  Diovem  (C  sehen  Protogenia  nnd  Salaminia  steht,  muß  er 
/.  L.  1,  57;  Jh)scli€r,  Sachs.  Ber.  1891  S.  140A.  mit  P  oder  S  beginnen.  Doch  will  keiner  der 
85  a.  Ende),  u.  d.  Dativ  lovei  t^Fabr.  nr,  2483).  bekannten  Namen  der  Töchter  des  Proteu» 
So  haben  wir  auf  unserem  Spiegel  nun  auch  bzw.  des  Proito«,  wenn  man  für  Protei:  Proeti 
hier  die  beiden  Akkusative  tevcrun  und  crisi-Oa.  lesen  wollte,  hierher  passen,  [Höfer.] 
Daß  ersterer  <Mn  solcher  sei,  darauf  hat  schon  Thaiiiieios  ((OaipiHos),  Heiname  der  Tyche 
Buyge  {Etr.  Forsch,  h.  Stud.  4,  lUi)  hinge-  in  einer  zweisprachigen  Inschrift  von  Palmyra; 
wiesen,  mit  Hecht,  denn  der  Nominativ  würde  s.  Bd.  2  Sp.  22*J6,  Ulf.  unter  Malachbelos. 
tevcre  lauten.  An  sich  könnte  freilich  etr.  [Höfer.] 
tevcrun  auch  einem  griech.  *TtvxQaiv  ent- lo  Thalana  (■öalana)  =  Thalna  (s.  d.),  auf  einem 
entsprechen,  allein  die  BuggeBche  Erklärung  etruskischen  Spiegel,  Gerhard,  Etrusk.  Spiegel 
ist  vorzuziehen,  weil  wir  auch  in  crisi-O-a  einen  4  Taf.  324  A.  vgl.  Arch.  Anz.  16  (1864),  2'J9  iF. 
Akkusativ  haben,  der  dem  griech.  XQVGriiSu  H.  B.  Walters,  Cat.  of  the  bronzes  in  (he  Bril. 
entspricht.  Der  No\ninativ  würde  etr.  crisis  Mus.  698  p.  116.  [Höfer,] 
lauten.  Den  gleichen  Akkusativ  haben  wir  Thalassa  {(i>äXaaaa).  Die  Gottheiten  des 
noch  auf  zwei  anderen  praenestinischen  Spie-  Meeres  sind  in  alter  Zeit  Nereus  mit  seinen  50 
goln  od.  eisten?  in  den  Formen  Crizida  (C /.  7>.  Töchtern,  Triton,  Poseidon  und  Amphitrite; 
1  \  nr.  1501)  und  Creisita.  Was  nun  den  Thalassa  bat  neben  ihnen  weder  in  der  Sage 
letzten  Namen,  der  als  irisis  überliefert  und  noch  im  Kultus  eine  Stelle,  In  der  Theogonie 
als  Jris  gedeutet  ist  (s.  Art,  7m)  anbetrifft,  20  taucht  Marc  zum  ersten  und  einzigen  Mal  in 
so  ist  diese  Deutung  völlig  unmöglich,  sprach-  der  Praefatio  Hygins  auf,  als  Tochter  von 
lieh  und  doch  auch  wohl  sachlich.  Ich  bin  Aether  und  Dies  und  Schwester  von  Terra  und 
überzeugt,  daß  ein  Fehler  in  der  Lesung  vor-  Caelum;  aber  sie  erzeugt  keine  göttlichen 
liegt,  daß  ein  kleiner  Strich  oben  am  ersten  Wesen,  sondern  es  sind  nur  piscium  genera., 
Buchstaben  übersehen  oder  geschwunden  ist,  die  diese  späte  Überlieferung  als  Sprößlinge 
(laß  dieser  Buchstabe  nicht  I  ,  sondern  y\  war  von  ihr  und  Pontus  zu  nennen  weiß.  Das  un- 
und  der  Name  prisis  lautete.  Dies  ist  die  fruchtbare  Meer  hat  nichts  Mütterliches,  ganz 
normale  etruskische  Umformung  des  griech.  im  Gegensatz  zu  der  Mutter  Erde,  aus  deren 
HQLOifCs.,  und  wir  haben  somit  die  beiden  Ge-  Schoß  die  Götter  und  die  Menschen  entstehen, 
tangenen,  die  Chryseis  und  die  Briseis,  vor  so  Der  Erdgöttin,  die  in  geheimni.svoUer  Macht 
uns.  Damit  wird  Gerhards  Deutung  der  cri-  von  alters  her  neben  den  olympischeu  Göttern 
sio^a  als  der  'goldigen'  Helena  natürlich  hin-  ihre  Stelle  hat,  die  beim  Eide  angerufen  wird 
fällig.  Aber  damit  wird  weiter,  wie  mir  scheint,  und  bis  in  die  späteste  Zeit  an  räumlich  weit 
auch  die  Deutung  des  tevcrun  als  '^der  Teukrer',  voneinander  entfernten  Orten  einen  Kult  ge- 
il, i.  Paris  {Bugge,  Etr.  Forsch,  und  Stud.  4,  nießt,  steht  Thalassa  als  ein  ganz  schatten- 
•27)  hinfällig,  denn  wenn  die  Helena  in  der  haftes  Gebilde  gegenüber;  nie  ist  sie  in  eine 
Darstellung  nicht  vorkommt,  so  sieht  man  mythische,  genealogische  oder  kultische  Be- 
nicht,  was  der  Paris  dort  soll.  Es  wird  also  ziehung  zu  irgendeiner  Gottheit  getreten,  nicht 
unser  tevcrun  vielmehr  der  Grieche  Tsv^gog  einmal  zu  einem  der  obengenannten  Meergötter, 
sein  (so  auch  Deecke  in  Bezzenhergers  Beitr.  40  neben  die  sie  erst  in  späterer  Zeit  und  nur 
2,  169  nr.  93),  So  hat  uns  die  Betrachtung  ganz  äußerlich  gestellt  wird.  Diese  Tatsache 
der  Wortformen  wenigstens  zur  Feststellung  erweist  klar,  daß  Thalassa  keine  alte  Gottheit 
der  Persönlichkeiten  verhelfen,  wenn  auch  die  ist,  sondern  eine  nicht  vor  der  hellenistischen, 
dargestellte  Szene  dunkel  bleibt,  [C.  Pauli.]  Zeit  geschaffene  Personifikation  ihres  Elementes. 
Tex  =  Kronos;  s,  Bd,  2,  Sp,  1522,  Freilich  überliefert  Biodor  5,  55,  daß  nach 
Thadytios  {Qadvxio?).,  Freier  der  Penelope  rhodischer  Sage  —  cbg  6  [ivd-og  Tcccgcc^töaxe  — 
aus  Zakynthos,  Apollod.  Epit.  7,  29,  —  Bü-  die  Teichinen  viol  Q-ccX<x.667\g  ^oav;  und  eben- 
cheler  vermutet  OaXvßiog.  [Höfer.]  so  bezeichnet  Ion  in  einem  Dithyrambos  den 
Thagiiiiasadas  {@ayiii(x6ad(xg)  oder  Thami-  Riesen  Briareos,  der  aus  der  Tiefe  des  Meeres- 
masadas  {@c<^L(i(x6däas),  skythischer  Gott,  dem  50  von  Thetis  zur  Hilfe  für  den  von  den  Göttern 
griechischen  Poseidon  gleichgesetzt,  Herod.  bedrängten  Zeus  heraufgeholt  wurde,  als  natg 
4,  59,  Origenes  adv.  Celsum  6,  39,  Dieselbe  En-  d^aXäööy]?  {Schol.  Apoll.  Bhod.  1,  1165).  Aber 
düng  findet  sich  in  dem  skythischen  Personen-  nach  alter  Tradition  war  Aigaion-Briareos  ein 
namen  'Ov.taiLa6ädccg,  Herod.  4,  80.  Versuche,  Sohn  des  Uranos  und  der  Gaia  {Hesiod,  Theog. 
den  Gottesnamen  Thag(m)imasadas  zu  deuten,  147);  die  Bezeichnung  Meereskind  wird  also 
von  Anquetil  bei  J.  Görres,  Mythengeschichte  der  bei  diesem  Dämon  nur  ausdrücken  sollen,  daß 
asiatischen  Welt  1,  198  Anm.  /.  G.  Kuno,  For-  er  —  gleich  den  Teichinen  —  in  der  Tiefe  de& 
schungen  im  Gebiete  der  alten  Völkerkunde  1,  Meeres  hauste,  nicht,  daß  eine  persönlich  ge- 
"248,  P.  /.  Schafarik,  Slaicische  Altertümer  dachte  Thalassa  seine  leibliche  Mutter  war.*) 
(Deutsch  von  Mosig  von  Aehrenfeld,  herausgeg.  60 

von  Heinr.  Wuttke)    1,282.    /.   Grimm,    Gesch.  d.  *)  Vgl.  jetzt  hinsichtlich  der  Grundbedeutung  desAi- 

deutschen   Sprache    1*,  163.      [Höfer.]  gaion-Briareos  und  der  übrigen  100-armigen,  SO-köpfige» 

ThaicrUCia,    korrupter    Name    einer   Tochter  «nd    SO-leibigen    Meeresriesen    (Hekatoncheiren)    Röscher. 

des  Proteus,  die  von  Zeus  den  Nympheus  ge-  ^'"^  -^«^^  -^"^  «'^  ^J^^'''"*'  *»^^«*'  ^/"'*  "•  ^^^*^'*  '^''''  ^^"f;'.^^'' 

1-.0«     -D..£t.^     r» tr\    cii      rkr.   A^^  v„.^-   'T'r,^;  u.  anderer  Völker,  besonders  der  Semiten.  Leipzig  1917.    Hier 

bar,  Rußn.Becogn.  10  21.  Da  der  Isame  Thai-  .^^  ^^^  ^^^^.^  ^^^           ^^^  ^.^  Vorstellung  50-köpfiger 

crucia    m     der    Aufzahlung    der    Zeusgehebten,  (.leiWger)  und  100-armiger  Meeresriesen  auf  das  innigste 

die  bekanntlich  bei  BufinUS  bzw.  seiner  Quelle,  mit   ^er  Erfindung  und   Einführung   der   Fünfzigruderer 

Clemens    BomanuS,     alphabetisch    erfolgt,     zwi-  (Pentekontoren)  zusammenhängt,     R. 


443 


Thalassa  (Bildwerke) 


Thalassa  (Bildwerke) 


444 


Für  die  sein  Heimatlaud  bespülenden  Meere 
kannte  der  Grieche  iu  guter  Zeit  die  Benen- 
nxmg  d-dlaöaa  überhaupt  nicht;  das  Ägäische, 
Schwarze,  Myrtoische  und  Ionische  Meer  heißen 
Alyaloi  und  Evitivo^  novxos  oder  Alyociov, 
MvQTäov  und  'loviov  xiXayog,  erst  in  später 
Zeit  findet  sich  einmal  *Iovta  ^dXaeaa.  Wer 
die  Abstammung  des  Aigaion  von  einer  Mee- 
resgottheit  bezeichnen  wollte,   hätte  ihn  also 


sehen   wir   aber  ebenfalls  nichts  Näheres   er- 
fahren. 

Eine  Vorstelluung  davon  können  wir  Uns 
aus  einigen  erhaltenen  Heliefs  und  Münzen 
bilden.  Auf  einem  den  Sturz  des  Phaethon 
darstellenden  Sarkophagrelief  {Miliin,  G.  M. 
27,  83;  Matz-Duhn  2,  3816)  ist  unten  rechts 
Gaia  gelagert,  umspielt  von  drei  Kindern,  ein 
Füllhorn   im  1.  Arm  haltend:    ihr  Gegenstück 


zum  Sohn  des  Pontos  machen  müssen,  gleich-  lo  bildet  eine  weibliche  Gestalt' in  ebenfalls  halb 


liegender  Stellung,  die  mit  einem  den  Ober- 
körper vorn  frei  lassenden  Mantel  bedeckt  ist. 
Ihr  Haarschmuck  besteht  aus  Krebsscheren, 
in  der  R.  hält  sie  ein  aufrechtstehendes  Ru- 
der  und   auf  der   L.   einen  Delphin.     Daß  in 


wie  Pindar  die  dem  Meer  entstiegene  Insel 
Delos  als  Tlomov  ^ydtr\Q  bezeichnet  (P.  L.  G. 
1'  fr.  87.  88).  Auch  die  im  Schaum  des  Meeres 
entetehende  und  heranwachsende  Aphrodite 
{ä^-  Theog.  197)  kennt  die  gute  Zeit  als 
Tochter  der  Thalassa  nicht,  diese  Genealogie 
hat  erst  die  alexandrinische  Zeit  geschafifen. 
Sie  scheint  sich  zum  erstenmal  bei  dem  Bu- 
koliker  Bion  zu  finden,  der  (1,  13)  die  Göttin 
.Jtoff  rexoff  iiüh  &aläaar]g  nennt;  die  Verbin-  so 
düng  mit  Zeus  läßt  keinen  Zweifel,  daß  Tha- 
lassa hier  persönlich  als  leibliche  Mutter  der 
Aphrodite  gedacht  ist.  ^  Wie  sehr  aber  auch 
in  der  alexandrinischen  Dichtung  die  Vorstel- 
lungen von  Person  und  Element  bei  Thalassa 
ineinander  fließen,  zeigt  ein  Epigramm  Mele- 
agcrs  {Anth.  Pal.  5,  180:  ^iccrgog  d'  ov  (lärriQ 
iiviufov  (utaxi^i  Sdlaaaa  rgaxv  ßoa;),  in  dem 
der  Dichter  die  Ahne  des  Eros  als  Person  vor 

Augen   hat,  in   dem  Bild  von  den  Geißelhieben  so  1>   Thalassa  mit  Ruder  in  der  R.  und  Delphin  in  der  L.. 
der  Winde  und   dem   wilden  Brüllen  des  Meeres        ''*''""  *^'  "^°  Wasservogel,  von  einem  Prometheussarko- 

»ber  wieder  in  die  Vorstellung  des  Elementes 
hinübergleitet.  Ebenso  spielen  diese  Vorstel- 
lungen ineinander  in  dem  Epigramm  eines 
Afwnymus  (9,  386),  in  dem  Kypris  ihr  Leid 
klagt,  daß  arccyovtov  ixrod'fv  Ovgavioav  ^aXmaccg 
wSlva  SaXäaarig  6  d-gccavg  aXXav  NeiXog  dcnb  yXv- 
%€Qd>v  Kvngiv  Scpfj-KS  ßvd-äv.  Und  wenn  Tha- 
lassa bei  Lukian  {ivdX.  didX.  11)  den  von  He- 


phag  (nach  Gerhard.  Ant.  Bildw.  61). 

ihr  Thalassa  zu  erkennen  ist,  geht  schon  aus 
der  Gegenüberstellung  mit  Gaia  hervor;  Erde 
und  Meer  sind  bei  der  unglücklichen  Fahrt 
zugegen,  die  die  Welt  in  Flammen  zu  setzen 
drohte,  beide  Göttinnen  freilich  bewahren  auch 
bei  diesem  Ereignis  die  schwei-fällige,  fast 
gleichgültige  Haltung,    die    zu   den   charakte- 


phaistos    versengten    Flußgott    Xanthos    auf-  40  ristischen  Eigenschaften  der  Ortsgottheiten  ge; 


nehmen  soll,  so  ist  hier  das  Element  das  we- 
sentliche, neben  dem  nur  wie  ein  Schatten  die 
Person  steht. 

Von  bildlichenDarstellungen  der  Tha- 
lassa macht  die  literarische  Überlieferung  nur 
drei  namhaft^  die  sich  sämtlich  im  Poseidon- 
heiligtum zu  Korinth  befanden  {Paus.  2,  1  7). 
Im  Tempel  selbst  stand  ein  großes  Anathem  des 
Herodes  Attikos  aus  Gold  und  Elfenbein:  Po- 


hört.  Ebenso  sind  Gaia  und  Thalassa  gegen- 
übergestellt auf  einem  Prometheussarkophag 
(Gerhard,  A.  B.  61);  Thalassa  in  der  gleichen 
Stellung  hält  auch  hier  in  der  R.  ein  Ruder 
und  auf  der  L.  einen  Delphin,  während  neben 
ihr  ein  Wasservogel  hockt  (s.  Abbild.  1).  Auf 
einem  den  Sturz  des  Hephaistos  darstellenden 
Relief  (Ger/mrcZ,^.  J5.81,6)  sieht  Thalassa  allein, 
mit  dem  1.  Arm  auf  ein  Seetier  sich  stützend. 


seidon  und  Amphitrite  auf  einem  Wagen,  den  50  dem  Fall  des  Gottes  zu.    Ein  Diptychon  zeigt 
vier  Pferde  zogen  und  zwei  Tritone  begleite-        •        •  •        ^        ^^  ^  n    ■,       ■,       r. 

ten;  auf  einem  Delphin  stand  aufrecht  der 
kleine  Palaimon.  Auf  dem  Bathron  dieses 
Weihgeschenkes  tauchte  mitten  unter  Nereiden 
Thalassa  aus  dem  Meer  empor,  die  kleine 
Aphrodite  haltend;  ob  und  durch  welche  Bei- 
gaben sie  näher  charakterisiert  war,  erfahren 
wir  nicht.  Weiter  befanden  sich  im  Innern 
des  Tempels  Bildsäulen  der  Galene,  der  Tha- 


sie  unter  dem  Gespann  der  aufgehenden  Se- 
lene  auf  dem  durch  Wellenlinien  angedeuteten 
Meer  sitzend,  in  dem  sich  allerlei  Seegetier  be- 
wegt (Mt7Zm,  G.  M.  34, 121 ;  Abb.  2).  Zweifelhaft 
ist,  wie  die  auf  einem  Endymionsarkophag 
unter  dem  Wagen  der  Selene  —  an  der  Stelle. 
die  öfter  Gaia  einnimmt  —  gelagerte  Seegöttin 
zu  benennen  ist,  die  an  ihrer  Seite  einen  bär- 
tigen Wassergott    mit   einer  Muschel   und  vor 


lassa  und  eines  Seepferdes;    daß   das   letztere  60  sich  einen  Seedrachen» hat  (Jahn,  Arch.  Beit 


zur  Göttin  gehört,  ist  zweifellos,  obwohl  dies 
Pausanias  in  seiner  Weise  so  wenig  anzudeu- 
ten für  nötig  hält  als  die  Zusammengehörig- 
keit des  Pegasos  mit  Bellerophon  bei  der  un- 
mittelbar danebenstehenden  Gruppe.  Im  Pro- 
naos  des  Tempels  endlich  sah  man  neben  einer 
Erzstatue  der  Amphitrite  und  zweien  des  Po- 
seidon   auch   eine  Thalassa,   über   deren  Aus- 


60).  Man  hat  auch  sie  Thalassa  benannt, 
wahrscheinlicher  aber  ist  mir  Roberts  Annahme, 
daß  dies  Götterpaar  hier  wie  auf  zwei  Dar- 
stellungen des  Parisurteils  ursprünglich  als 
Okeanos  und  Tethys  gedacht  war  (Ant.  Sark. 
3,  1  S.  102).  Ruder  und  Krebsscheren  fehlen 
dieser  Meergöttin. 

Die  Darstellungen  der  Sarkophage  erfahren 


445 


Thalassa  (Bildwerke) 


Thalassa  (Bildwerke) 


44<; 


mS«Ä 


eine        willkoin-  horii    im  Arm,    die  zweite,    deren    Haupt    mit 

mene  Kro-ilnzung  Kn'bssclieren  geHchmückt  ist,    hält  ein  Ruder 

durch       Münzen  und  hat  zu  ihren  Füßen   das  Vorderteil    eines 

kleinasiatischer  Schiffes    (Brit.  Mus.   Cat.   Thrace  157    nr.  58). 

und    thrakischer  Stehend  endlich  erscheinen  die  beiden  (iöttin- 

Stildte  vom  ersten  nen  auf  einer  Münze   des  Caracalla  aus  Lao- 

vorchristlichen  dikeia   in    Phrygien.     Gaia    hat    ein    Füllhorn 

Jahrhundert     ab  im  r.  Arm  und   sprossende  Ähren   hinter  sich, 

bis    weit    in    die  während  Thalassa,   auf  dem   Haupt   zwei  auf- 
Kaiserzeit hinein,  lo  gerichtete    Krebsscheren    tragend,    in    der   er- 

Autonome    Mün-  hobenen  L.  ein  Ruder  hält  und  einen  Delphin 

zen     der.    Stadt  zum    Begleiter    hat.     Auf  den    vorgestreckten 

Korykos  in  Kili-  freien  Händen  der  Göttinnen,  die  sich  beinahe 

kien  zeigen  eine  berühren,  steht  Caracalla;    unter  dem  Kaiser 

weibliche   Büste,  schwebt  ein  Adler,  der  einen  Lorbeerkranz  hält 

die    eine    Krebs-  {Z.  f.  Num.  20,  2(50,  Taf.  9,  9). 

schale   als  Kopf-  Auf   allen    diesen    Darstellungen    erscheint 

schmuck      trägt;  also  Thalassa  durchaus  im  (Jharakter  und  den 

daß  sie  Thalassa  Situationen  einer  Lokalpersonifikation;  stehend, 

vorstellen  soll,  er-  20  sitzend  oder  in  halb  liegender  Stellung  sieht 

weisen   die   Kai-  sie  ruhig    auf   ihre  Umgebung,    sie    hebt    die 

sermünzen     der-  junge  Aphrodite    empor    oder    sie  taucht   nur 

selben  Stadt,  auf  mit    dem  Hau])t   aus  ihrem  Element,    ähnlich 

denen  die  Göttin  dem  Orontes  neben  der  Stadtgöttin  von  Antio- 

stehend    er-  cheia.     Ihre    Beigaben    sind   ein   Ruder   oder 

scheint,  das  Haar  Teile  eines  Schiffes,   Seetiere  bilden  ihre  Üm- 

mit  Krebsscheren  gebung,  Krebsscbalen  oder  Scheren  ihren  Kopf- 

geschmfickt,     in  schmuck;  in  ihrer  Gestalt  gleicht  sie  der  Gaia, 

der  L.  ein  Ruder  nur  daß  sie  vielleicht  der  mütterlichen  Göttin 

und   das  Hinter-  30  gegenüber  etwas  jugendlicher  erscheint.     Der 


teil  eines  Schiffes 

haltend    {Z.   f. 
Num.    20,    261: 
Head,     hist.    '^^  * 


8)  Selone  auf  einer  Rinderbiga  aus 
dem  Meere  eniporfahrend,    geführt 
von  Hypnos,  unten  Thalassa  mit  See- 
tieren,  Diptychon   von  Sens    (nach     720).  AufMünzeu 
MÜH,!,   Gal  myth.  T.  iU  nr.  121).         yon      AmisOS      in 

Pontos  aus  der 
Zeit  Vespasians  und  seiner  Nachfolger  hält 
die  Tyche  der  Stadt  in  der  L.  ein  Füllhorn, 
in  der  R.  ein  Ruder,  das  auf  dem  mit  Krebs-  4o  sonifikation  war, 


alte  Meeresgott  führte  als  Attribut  den  Drei- 
zack, der  seine  Macht  und  sein  Wirken  kenn- 
zeichnete; die  Personifikation  der  Epigonenzeit 
mußte  sich  mit  einem  Emblem  begnügen,  das 
anzeigt,  womit  menschliche  Macht  sich  ihr 
Element  dienstbar  gemacht  hatte.  Sowenig 
wir  im  Mythos  eine  Göttin  Thalassa  nach- 
weisen konnten,  so  deutlich  zeigt  ihre  Aus- 
stattung in  der  Kunst,  daß  sie  nur  eine  Per- 
die  erst  hellenistischer  Auf- 


scheren geschmückten  Haupt  der  Thalassa 
ruht,  eine  Darstellung,  die  die  Herrschaft  der 
Stadt  über  das  zu  ihren  Füßen  liegende  Meer 
versinnlichen  soll  {Head  497;  Imhoof- Blumer, 
JZ.  f.  Num.  20,  258  ff.,  Taf.  9  nr.  5.  6;  Klein- 
asiat.  Münzen  1,  1  nr.  4,  Taf.  1,  1).  Auf  einer 
Münze  Gordians  IlL  aus  Deultum  in  Thrakien 
ruht  1.  unten  Thalassa  in  der  aus  den  Sarko- 
phagen bekannten  Stellung,  in  der  L.  ein  Steuer 


fassung  ihre  Entstehung  verdankte. 

Die  Deutung  der  mit  T  bezeichneten  weib- 
lichen Gestalt  im  Westgiebel  des  Parthenon 
als  Thalassa  ist  hiernach  unhaltbar.  Sie  be- 
ruhte allein  auf  der  nackten,  nach  Carreys 
Zeichnung  für  weiblich  gehaltenen  jugendlichen 
Gestalt  auf  ihrem  Schoß,  in  der  man  Aphro- 
dite erkennen  zu  müssen  glaubte.  Ist  diese 
Gestalt    aber,    wie    neuerdings    fast    allgemein 


haltend;  in  ihrer  Umgebung  erscheint  ein  Segel- 50  angenommen    wird,     männlich    (Furtwängler 


boot  und  ein  Delphin,  r.  oberhalb  von  ihr  aber 
liegt  ein  bärtiger  Flußgott  mit  Schilfstaude 
und  Füllhorn,  der  sich  mit  dem  1.  Arm  auf 
eine  Urne  stützt,  deren  Inhalt  zur  Thalassa 
herabfließt  {Head  287;  'Ecpijii.  ccqx.  1889  Taf. 
2,  25).  Eine  Münze  des  Commodus  von  Per- 
gamon  zeigt  zwischen  den  Büsten  des  Helios 
und  der  Selene  den  jugendlichen  Zeus,  zu 
seinen  Füßen  den  Adler;   r.  von  ihm  ist  Gaia 


Arch.  Anz.  1891,  70;  Ovcrheck,  Plastik  1*405; 
Steiiding  oben  2,  2  Sp.  2080;  Studniczka,  N. 
Jahrb.  f.  d.  kl.  Altert.  29,  1912,  249),  so  ist 
damit  der  einzige  Grund  an  Thalassa  zu  den- 
ken hinfällig  geworden.  Waldstein  {Essays 
on  the  art  of  Phidias,  1885.  S.  157—59^  will 
in  den  beiden  früher  als  Tauschwestern  ge- 
deuteten Figuren  Personifikationen  von  Erde 
und  Meer  erkennen;    die  lieofende  weiche  Ge- 


gelagert,   1.   Thalassa,    mit    Krebsscheren    im  60  stalt,  deren  Gewand  fließende,    wellige  Linien 


Haar  und  einem  Ruder  in  der  Hand  {Head 
536;  Brit.  Mus.  Cat.  Mysia  151  nr.  307,  Taf. 
30,  4).  Auf  einer  Münze  von  Perinth  (Hera- 
kleia)  mit  der  Büste  des  Alexander  Severus 
sitzt  auf  der  Rückseite  im  Innern  des  Tier- 
kreises Zeus;  über  ihm  lenken  Helios  und  Se- 
lene ihre  Gespanne,  unterhalb  sind  Gaia  und 
Thalassa  gelagert.    Die  erstere  trägt  ein  Füll- 


zeige, sei  Thalassa,  die  festere  aufrecht  sitzende, 
in  deren  Schoß  jene  ihren  r.  Arm  stützt,  Gaia. 
Gewiß  sind  die  beiden  Frauen  schon  nach 
ihrer  schwerfälligen,  fast  indolenten  Haltung 
als  Ortsgottheiten  gedacht,  und  ebenso  richtig 
mag  es  sein,  daß  die  Einführung  der  Ortsgötter 
und  der  kosmischen  Gottheiten  Helios  und  Selene 
eine  Neuerung  des  Pheidias  war.  Aber  seine  Orts- 


447  Thalassa  Erythra  Thalassios  448 

Gottheiten  werden  ebenso  gewiß  Personen  von  Thalnssata  s.  Thalassios  2. 

Fleisch  und  Blut  gewesen  sein,  die  jedermann  Thalassios  (6)a>lcfo0to9),  1)  Beiname  des  Zeus, 

in  Attika  kannte  und  verehrte;  eine  Thalassa  unter  dem  er  in  Sidon  Kult  genoß;  vgl.  Hesych. 

paßt  in  diesen  Kreis  nicht  hinein.  s.v.  GaXäaaiog  Z«is'  iv  2^iSCüvi  Ti/i«rai.  Preller- 

Zum  Schluß  muß  ich  noch  kur«  eine  um-  Bobert,   Gr.  Myth.  1,506,4    verweist    auf  .4t- 

strittene  Stelle  des  Phtlostratos  in  seiner  Be-  schylos  (/r^w.  343)  bei  Paus.  2,24,4:  AlaxvXog 

Schreibung  des  Isthmos  {Im.  2,  10  p.  420)  be-  .  .  xaXst  Jia  yial  rbv  iv  d-ocXdaay^    wonach  G. 

rühren:   icrt    dh  avuo  ^leigccxiov  fiiv  iv  ^8|m,  Hermann    iväXios,    Nauck   O^aXccaaiog    als    das 

Aixciiov  oiftat,  ai  xoQai  6'  iv  Scgtars^o:  KiyxQ^'^'-  ^^^^    Aischylos    gebrauchte    Beiwort  vermuten, 

rajja  nov.  GdXaxxai  öh  avrat.  xaXal  xcci  inav&g  lo  und    auf   I^oklos    in    Plat.    Cratyl.  147    p.   88 

fvötoi  xfjTÖv  'la^fiov  &no(fceivovaf}  yfj  srofpaxa-  (=  ed.   G.  Pasquali    p.  83,  29) :    6    dh    SsvrsQog 

d-r^vrai.  Die  Lberlieferuug  ist  nicht g«ui«  sicher,  dvaSixtos  xaXfiTcci  T^evs  ivciXiog  xat   TloOfiitüv. 

hält  man  sich  aber  an  den  Text  in  der  oben  Doch   ist  hier,  wie  auch  aus  dem   folgenden 

wiedergegebenen  Gestalt,   so   kann    man  nicht  (6    6h,  rgirog    rgiadixibg    Zsvg    re    xarax^ovt-og 

mit  Brunn   {Jahrb.  f.  Philol.  Supplbd.  4,  288)  xal  riXovrcov  xal  Ziidi^g)  hervorgeht,  der  'Meer- 

und   Gerber  {ebenda  SuppUtd.  13,  26i*)  in  den  Zeus' =  Poseidon,  wie  der  ^unterirdische  Zeus* 

beiden  SaXuttai  Personifikationen  der  beiden  =  Hades  ist;    Zsvg    hat    also    den    generellen 

den  Isthmos  bespülenden  Meere  erkennen;  dies  Sinn  des  'Gottes'  überhaupt,  wie  auch  in  vielen 

ist    schon   darum   wenig  wahrscheinlich,   weil  Lokalkulten,   Bohde,  Psyche  1-,  20ö.    Ob  sich 

Phtlostratos  —  wie  es  im  Altertum  allgemein  20  unter  dem  Gotte  von  Sidon  also  ein  Poseidon 

üblich  war  —  die  Meere  vorher  nicht  als  weib-  birgt,  ob  der  Gott  die  Eigenschaften  des  Zeus 

lieh,  sondern  als  Alyaiov  und  "Aögtov  TciXayog  und  des  Poseidon  (vgl.  den  karischen  Osogos- 

bezeichnet  hat.  Nach  dem  Wortlaut  des  Textes  Zenoposeidon)  in   sich  vereinigt,  läßt  sich  bei 

war  vielmehr  r.  von  Isthmos   ein  Knabe   dar-  dem  Mangel  anderer  Zeugnisse  nicht  feststellen, 

gestellt,    in    dem   Phtlostratos   das  Aixatuv   zu  Nach    v.   Baudissin,    Studien    zur   semitischen 

erkennen  glaubte,  den  nach  der  Adria  zu  lie-  Beligionsgcsch.   1,176    ist   QaXdG6io<:  7.svg  nur 

geuden  Hafen  Korinths;  auf  der  1.  Seite  aber  ein  zum  Meere  in  Beziehung  gesetzter  Himmels- 

befanden    sich    zwei   weibliche    Gestalten,    in  gott,  nicht  eine  das  Meer  als  ihr  Element  be- 

denen  er  die  KiyxQsai  vermutete.    Das  A^x^^iov  wohnende  Gottheit.    Nach  K.  B.  Stark,   Gaza 

war     also,     der    neutralen    Namensform    ent-  30  n.  die  phih'stäische  Küste  299  f.  stammt  der  Kult 

sprechend,  als  Knabe  gebildet,    die    KiyxQ^cci  des  Zeus    d-aXäaaiog   aus  hellenistischer  Zeit; 

ihrer   pluralen,   weiblichen  Namensform   nach  vgl.  auch  G  Hoffmann,   über  einige  phönikische 

als  zwei  Mädchen;    und  nur  auf  diese  beiden  Inschriften  in  AbhanclL  d.  K.  G eselisch.  d.  Wiss. 

Mädchen  kann  sich  die  Bezeichnung  GdXaxxccL  zu  Göttingen  36  (1889/90)  S.  19.    v.  Baudissin, 

im  folgenden  Satz  beziehen.  Ist  also  der  Text  Adonis  und  Esmun  232. 

richtig  hergestellt,   so  sind  hier  als  GdXaxxai  2)  @sol  ^aXdaGioi,  Bezeichnung  der  Meeres- 

nicht    die    beiden    den    Isthmos    umgebenden  götter    im    allgemeinen,    Pollux    1, 23.    Strabo 

Meere  personifiziert,  sondern  die  beiden  Nym-  6,2,11   p.  277.    Namentlich    werden    als    Q-sol 

phen  des  auf  der  Seite  des  Ägäischen  Meeres  Q-aXdßGiot  angeführt  von  Arrian.  de  venat.  34: 

liegenden  Hafens  von  Korinth;  ©aJLarrat  wäre  40  Poseidon    (vgl.   Schal.  Hom.  Od.  3,178.    Schal. 

also  mit  Meerfrauen  zu  übersetzen.  Eine  solche  Arist  Plut.  1050  und  unten  Zeile  46),  Amphi- 

Auffassung   mag  Heibig   dazu  geführt  haben,  trite   und  Nereus  {Ael.  hist.  An.  14:,  28).    Noch 

in    einer    zuschauenden    Frau    auf   einem  An-  größer  ist  die  Liste  der  ^sol  d^aXdaaioi  xccl  7to- 

dromedabilde    {Kampan.    Wandgemälde    1184)  xd^ioi  bei  Artemidor   Onirocrit.  2,  24  (p.  130, 

und  auf  einem   den  Ritt   des  Phrixos  darstel-  20.  131,24  Hercher),   der  a.  a.  0.  (p.  131,  7  ff.) 

lenden  Gemälde  (1258)  eine    QüXkxxu  zu    er-  als  Q^sol   d^aXdaötoL   vorirol   Poseidon,  Amphi- 

kennen.     [E.  Kuhnert.J  trite,    Nereus,    die  Nereiden,    Leukothea  und 

Thalassa  Erythra  {0dXa6Ga  'EgvO-gd),  Per-  Phorkys,  als  ö^sol  d'aXdaaioi  alöd-T^xoi  Thalassa, 

sonifikation  des  Roten  Meeres  (Epv'ö'pa  ©aXaor})  Kymata,  Potamoi,  Limnai,  Nymphai  und  den 

in  einer  Miniatur  des  Pariser  Psalters,  darge-  .50  Acheloos    aufzählt.     Glaukos   heißt  d-aXdxxiog., 

stellt     beim     Untergang     des     Pharao     voller  Plala   de  republ.  10  ^p.  611 C.    Palaeph.  21  (2S). 

Schrecken  davoneilend;  mit  der  Linken  schul-  Athen.  7,  296E.   Eust.  Hain.  IL  271,  15.  Thetis 

tert  sie  ein  Ruder,  die  Rechte  erhebt  sie  ent-  ist  d^aXacaicc  d^sög,   Eur.  Bhes.  974  frgm.  885 

setzt  zu  dem  halb  umgewendeten   Kopf,    der  {Nauck^  im  Schol  Ar.  Ban.  840.    Origin.  adv. 

Oberleib  ist  nackt,  der  Unterleib  verschwindet  Gels.  1,42  p.  92,11  Kaetschau  (vgl.  Thetis  ^a- 

im  Wasser,    Henri  Omont,   Facsimiles  des  mi-  XuGcair\,    Nonn.   Dianys.   22,  399);    Aphrodite 

niatures    des  plus    anciens    de  la  bibl.  nation.  heißt  ebenfalls  ^aXccxxia  %-s6g  (vgl.  ihr  Epithe- 

Taf.   9    (vgl.   p.  8).    P.  Friedländer,   Johannes  ton  ^aXaGCalr},  Bruchmann,  Epith.  deor.  p.  57) 

ron    Gaza   und   Paulus   Silentiarius   188.  198.  bei  ^/Ä:/j9/<r.  1, 19, 1.    Die  Graiai  sind -Ö^aiafföiat 

Von  bildlichen  Darstellungen  der  Thalassa  (s.  60  dcci(iovsg,  Eust.  Sid  Hom.  II.  116,25,  Melikertes 

oben  Sp.  443  fif.)  wäre   die  auf  einer  Inschrift  xxnd.  Ivio  ^aXdGGioi  öcci^ovtg,  Schol.  Luc.  Dialog. 

aus  Kalauria  {A.  B.  Bangabe,  Ant.  Hellen.  2,  mar.  6  (p.  266,  21  Babe),   Proteus  öaiiicav  ^a- 

821b  p.  463  =  Le  Bas,  Voyage  arch.  Inscr.  2,  XdGGiog,  Schol.  Luc.  Dialog,  mar.  4  (p.  265,23). 

1754)    erwähnte    Darstellung   der   Th.    {xdg  xs  Nonn.  Abbas   zn    Gregor.  Nazianz.   or.   contra 

fU6vccg...xal    xäv    SaXaGGag    xal   xäv   iv   xa  lulian.  1,2  {Migne,  Patrol.  Ser.  Gr.  iiG,98S)  = 

vccüt  Faiaöxov)  anzuführen  gewesen,  wenn  nicht  Mijthogr.  Gr.  ed.  Wesi,ermann  388,  32,  während 

die  Inschrift  ganz  anders  zu  lesen  und  zu  er-  dafür    bei   Eudocia   348   (p.  581,  12  Flach)  = 

ganzen  wäre,  CoWtts  3380.  i.6r.  4,840.     [Höfer. j  Cosmas  bei  A.  Mai,  Spicilegium  Bomanum  2, 


449                    T(;h)alas(s)ius  Thaleia  (Muse)                    450 

118  ivdXtog  üaiiKov  steht;  vgl.  Flach,  Jahrb.  f.  der  Freuden  des  geselligen  Mahles  {datzu  i&ä- 
A7a.ss.P/K7.  126  (1882),  239.  Patzig,  Jahrh.  f.  f.lass.  Xsiav,  Jfom.  II.  7,476.    Hyinn.  in  Mercur.  4S0 
Phil.  a.  a.  0.  551.    Aigaion-Hriareos   heißt  d-a-  u.  ö.    Pherekrates  bei  Athen.  8,  3G4a.    Bei  So- 
Xäööios  öaificov,  Schol.  A  1)  Hofn.  11.  1,H1)9  (p.33a  phokl.  frgm.  548  erscheint  die  Ju\<i  Q-ctXttcc  sogar 
9);  vgl.  Schol.  A  llom.  IL  1,404,  wo  er  iväXio?  personifiziert    als    ngsaßiari]    d^srnv^    vgl.    Carl 
daificov  genannt  wird;    andere    sahen   in    ihm  Strube,  Studien  übrr  den  Bildcrkrei.s  von  Eleusis 
ein    ^aXä(S6iov   ^rigiov,    Scitol.  Apoll.  Phod.  1,  21  [vgl.  167]),  und  so   sagt  Plut.  Quaest.  conr. 
1165  (p.  374,  14  7v>i/);  vgl.  Poscher,  Die  Zahl  50  9,14,7:   tfjg  d'  im^v^ias  tu   /i^v  xbqI  idaöi^v 
in  Mythus  .  .  .  der  Hellenen  (Äbhandl.  d.  philol.-  -kul  nöaiv  t]  OaXicc  yioivojvr]TLyi6v  tcoih  xal  övy.- 
hist.  Kl.  d.  K.  Säclts.  Ges.  d.  Wiss.  XXXIII,  5)  lO  noxLv.bv  ii,  Scnard-gtunov  xat  d^riQuoSovs  diuTovg 
S.  21  Anm.  28.  S.  28.  30.  cpiXofpQOvojg   yial   iXccQutg   Gvviovxag   &XXrlXo^g   iv 
Besonders  merkwürdig  ist  Arist.  Plut.  396:  ol'vo)  ^aXiä^siv  Xtyo^sv,  ov  rovs  vßQi^ovrag  xai 
vi]  tov  Tloafiduy  ||  rbv  ^aXdrriov  Xsysig;  \\  st  d'  nagoivovvtocg.    Dieselbe    Erklärung    mit    einer 
^ötiv    EtSQO?    Tig    IloöfiSiov,    rbv    ttsgov.      Die  zweiten  verbunden  hat  Cornut.  de  nat.  deor.  14 
meisten  Erklärer  (Belege  bei  MüUer-Strühing,  p.  50  Osann:   diä  xb  ^äXXnv   avxwt'   fnämlicii  ' 
Ja/ir/>. /".  Ä:/rtSS.  P/»v7.  117  1 1878],  753)  sehen  hier  ol   vitb  (-)aXelccg   nsTcaidEvfiivoi)  xbv  ßiov  (vgl. 
in  Poseidon  den  Meergott,  unterdessen  Schutze  Diod.  4,7:    (^^^ccXsLav  &nb  xov  ^dXXeiv  inl  noX- 
Chremylos    mit    seinem    Schatze    übers    Meer  Xovg  xQOvovg  xovg  ötäxiöv  nou^iidxoiv  iyy(.v)y.ia^o- 
entfliehen  wolle.     Dagegen  sucht  Müller-Strü-  ^evovg)  i)  diu  xb  ^';u£tv  ccbxovg  v.al  xijv  av^noxi- 
bing  a.  a.  0.  754  ff.  760,  gestützt  auf  die  Glosse  20  yiijv  ccQhxr\v  iTtidt^loig  ynxl  sv^ovocog  iv  xalg  -O-c- 
des   Hesych.  ■XBlayi^siv  .  .  .  v.al   aXcc^ovBviCd^ui  /.tat?    i-jiiaxQsq^oiisvovg.    Daher   heißt   es   Änth. 
xat  ipsvdsad-cci  u^ydXa.,  zu  erweisen,  daß  IIoösl-  Pal.  9,  504,  10,  daß  Thaleia  rjdsa  y.eSvd  'erfun- 
döjv  d'aXdööiog  im  Volksglauben  als  Schutzgott  den'  habe.    Ferner  ist  sie  rfyj  nsgl  ^tovg  ini- 
der    Seefahrer,    die   gern   ^Seegeschichten'  er-  6xrni7\g  xat  Q-iag  rjysy^uiv,  Plut.  Quaest.  conv.  9, 
zählen,  also  aufschneiden  und  gewaltig  lügen,  14,  7.    Welche  Funktion   sie   in   den  von  Plut. 
mit  denselben  Gewohnheiten  und  Schwächen,  a.  a.  0.  9,  14,  3  auf  die  Musen  bezogenen  Zwei- 
<lie  seinen  Schützlingen,  den  Seefahrern  eigen  gen  der  Wissenschaften  und  ihren  Unterabtei- 
sind,    ausgestattet   und    als    Gott   der   Lügner  hingen  (Mathematik  [Musik,  Arithmetik,  Geo- 
und  Aufschneider  aufgefaßt  worden  sei.  metrie],   Philosophie  [Logik,   Physik,   Ethik], 
3)  Hermes    d-ccXdaöLog,    Tzctz.   zu   Lykophr.  30  Rhetorik  [enkomiastische,  symbuleutische,  fo- 
679  (ed.  Schcer  2,224,33.  PJust.  ad  Hom.  11.  E  rensische   Beredsamkeit])   ausübt,    ergibt   sich 
p.   561, 06.     0.    Crusius,    Beiträge    zur   griech.  aus    dem   Zusammenhange    nicht.    Kikomachos 
Mythol.  u.  Peliijionsgesch.  (Progr.  Thomasschule  Geras.   Arithm.  theol.  bei  Phot.  Bibl.  p.  144b  11 
Leipzig    1886)'  S.    23.     E.    Hesselmeyer ,    Die  setzt  die  Thaleia  in  Beziehung  zur  Sechszahl. 
Pelasgerfrage  57.  —  4)  Zu  den  OaXaGöiat  ge-  In  der  späteren,  und  dann  zum  Kanon  ge- 
nannten   Priesterinnen    der   Kybele    {^t]X7]q    17  wordenen  Differenzierung   der  Funktionen  der 
nXccKtavt])  C.  I.  L.  2,3657,5.  11    (at   Isgonoiol  Musen  waltet  Thaleia   über   die  Komödie   und 
al'7iQ06ayogsv6iLevccid'ccXdc6LaL)\g\.  E.Kirchner,  überhaupt  die  leichte,  tändelnde  Dichtung;  ihr 
Attica  et  Peloponnesiaca  45  Anm.  1.   E.  Mnaß,  gewöhnliches  Attribut  in  der  bildenden  Kunst 
Orpheus  191  Anm.  29.     [Höfer.]                            40  ist  die  komische  Maske,  die  sie  in  der  L.  trägt, 
T(h)alas(s)ius  =  Talassio  (s.  d.).  während  die  R.  einen  Krummstab  (Pedum)  hält. 
Thalassuchos  (ßaXcx66ovxo9),  Name  oder  Bei-  Als  Vorsteherin  oder,  wie  es  nach  bekanntem 
name   einer  Meeresgottheit  (Poseidon?)   neben  Muster  manchmal  ausgedrückt  wird,   als  P]r- 
Tgixcov,    TQixoysvsLcc,   k%8X(ßog  von    Nikomach.  finderiu    der   Komödie    wird    Thaleia   genannt 
Geras.  Arithm.  theol.  in  Phot.  Bibl.  143b,  41  er-  Schol.  Luc.  Imag.  16  (p.  164  Jacob.  =   p.  186 
wähnt.     [Höfer.]  Babe).  Apostol.lO.^^h.   Anonym,  in  Anth.  Pal. 
Thaleia,  Thalia  {edXBia,  @aXla\  1)  Tochter  »,  504,  10.  505,  7.    Cato  in  Anih.  Lat.  ed.  Biese- 
des  Zeus  und  der  Mnemosyne  {Hesiod,  Theog.  ö^^^  ^  P- 1^*  (=  ^«somtes  p.  412  ed.  Peiper  = 
64.  915),  eine  der  neun  Musen,  Hesiod,  Theog.  Appendix  4,  3  p.  251  Schenkl).    Claudian.  Carm. 
77  {Orpheus,  Htmn.  76,  8.   Diodor  4,  7.   loann.  ^o  minor.  41, 14  p.  335  ed.  Th.  Birt.    Plorus  Anth. 
Diakon.  Alleg.  Hes.  Theog.  303, 10  Fl.   Gramer,  ^  Lat-  88, 3.   Anonymus  ebenda  664  a,  4  p.  135  (vgl. 
Anecd.  Gr.  Oxon.  1,  278.  4,  425,  6.  Herodian  2,  Wiener  Studien  10  [1888],  174).  Ausonius  p.  236 
1,  20  Eentz).   Apollod.  1,  3, 1.,  (1, 13Tr.).    Cosmas  P^^P^^  =  ^P'^^-  1*^  28  p.  173  Schenkl.  Fulgent. 
ad  Gregor.  Carm.  bei  Migne,  Patrol.  Ser.  Gr.  Mythol.  1  p.  3, 12  Helm.    Einige  im  Wortlaute 
38,539.  Mannigfach  wie  der  ihr  zugeschriebene  übereinstimmende  Traktate  im  Codex  Parisinus 
Wirkungskreis  ist   auch   die  Auslegung   ihres  ^^^^  chartaceiis  8^  Fol.  26 r,  im  Codex  Vindo- 
Namens,  der  natürlich  vom  Stamme  %'aX{^dXXcü,  bonensis  theol.  gr.  287  Fol.  38  v  inf.  und  Fol.  39  r 
d-aXlcc,  Q-dXog  usw.)  gebildet  ist,  —  als  Beispiel  sup.  (vgl.  Studemund,  Arch.  Jahrb.  5  [1890],  2 f.), 
für  den  sechsilbigen  Versfuß  6v.oXiavxißdyixsiog  ^"^  einem  jetzt  verschollenen  Königgrätzer  Codex 
^  -  ^  ^  -  ^  wird  vom  Anonymus  BeroUnensis  ^o  (^^1-  ManueUs   Moschopuli   Cretensis   opuscula 
in  Anecd.  vaHa  Gr.  et  Lat.  ed.  Schoell  und  Stu-  grammatica  ed.  Franz  Nicol.  Täze  [Leipzig.,  und 
demund  1,  298  nr.  57    GdXsiu  d-dXXovou  ange-  Prag  1822]  p.  59)    enthalten   unter   der   über- 
führt.   Wenn   es   bei  Hes.  Theog.  917  von   den  schrift:    xä   ovoyiccxcc  x&v   -9"  fiovöcbv  %ccl  Ttoiccg 
M.usenheiQt:  xyGL  adov  d'ccXiaLxalxsQipig  doLdi]g.,  xixvrig .  h.daxri   iTtiörccxst  -aal  xig  t^döxrig  fttjLtT]- 
80   liegt  wohl   eine  Anspielung   auf  ihren  und  x-qg  für  Thaleia  die  Angabe:  d'dXsLa  yicouadiag 
ihrer  Schwester  Terpsichore  Namen  vor,  mit  Msvavögog.    Auf  einem  Bd.  2,  Sp.  3273  abge- 
der  sie  eng  verbunden  auch  bei  Plut.  Quaest.  bildeten  Wandgemälde  aus  Herculaneum  {Pitt, 
conv.  3,  6,  4  genannt  wird.    Sie  ist  die  ^(pogog  di  Ercol,  2,  3  p.  19.    Miliin,  Gall.  myth.  22,  70. 


451                    Thaleia  (Muse)  Thaleia  {Mme)                   452 

Denkm.  d.  (üten  Kunst  2,68,736.    W.  Heibig,  p.  221  herausj^e^ebene  Glossarium  Graeco-La- 

Wandgemälde    Campamens   878    S.  176)    steht  tinum  der  Bibliothek  von  Laon)  unde  et  Epi- 

UDter    dem    Bilde    (-JAA€K    KCOMOAIAS ;    vgl.  cai-mus  comicus  in  Difilo  comedia  ait:  Xi^ia  fii} 

anch   C.  I.  G.  3.6866.    Als  Muse  der  leichten  ISotv  [nach  Kaihel,  Foctarum  Gr.  Fragm.  6,1 

Dichtung   führt   sie   das    Epitheton    Maseiva',  =  Comicorum  Gr.  Fragm.  1,1  li.  1^7 :  Fseudo- 

Stat.  Silv.  2, 1, 116.  5,  3,  98  (und  dazu  Fr.  VoU-  Epicharm.  frgm.  300  wäre  zu  lesen:  (^afra)  i&d- 

mer,   Statu  Silvae  p.  532  f.).    Martial  7,  17,4.  Xnav  o^x  /dwv]  iiftcJv  rtg  &qxvvh^  id  est:  ger- 

Wie  sie  Muse  der  heiteren  ländlichen  Dichtung  mina  dum  non  viderit,  famem  consumit.   In  dem 

ist  {Vergil,  Eclog.  6,2.    Culex  1;  vgl.  Fr.  Leo,  eben  erwähnten  Laoner  Glossarium  p.  202  wird 

Culex  p.  24.    Ch.  Pk'sent,  Le  Culex  p.  93),  so  lO  aus  Martianus  zitiert:  'Thalia  interpretatur  ca- 

auch  Muse  des  Epigramms,  Martial  a.  a.  0.  4,  pacitas,  ipsa  est  terra.'  Verfasser  hat  diese  Stelle 

S,  12  (und  dazu  Friedlätuier).  7,46,4.  8,73,3.  im  Martianus  Capella  nicht  ausfindig  machen 

9,26,8.  9,73,9.  10,19,3.  12,94,3;    vgl.  auch  können.    Daß   aber  Marl.  Cap.  die  Thaleia  in 

Apoll  Sid.  Carm.  9, 18.  261  (p.  219.  224  Luett-  Beziehung  zur  Pflanzenwelt  gesetzt  hat,  geht 

Johann).  12, 10  p.  231.  13,435  p.  260.  Epist.S,9  aus  1,28  (p.  12,  28  Eysscnhardt)  hervor,  wo  es 

p.  139,17.    Ennodius  188,7  p.  160  Fr.  Vogel.  heißt,  daß  Thaleia,  während  die  anderen  Mu- 

105,10  p.  124.  213,25  p.  170.  Als  Muse  der  Dicht-  sen  zum  Olymp  eilten,  'in  ipso  florentis  campt 

kunst  überhaupt  erscheint  sie  bei  Hör.  Carm.  ubere  residebat\ 

4,  6. 26.    Ov.  Fast.  5,  54.  Von  Apollo  ist  Thaleia  Mutter  der  Kory- 

Irrtümlich    bezeichnet    sie    Papc  -  J?<?nÄc/er  20  bauten,  Apollod.  1,3,4.    Tzetz.  zu  Lykophr.  78 

8.  V.  BttlBia  unter  Berufung  auf  Themist  or.  21  (p.  46, 8  Scheer).  Hierauf  bezieht  sich  wolil  auch 

p.  265c  (=  p.  311,12  Bind.)   als  'Vorsteherin  Tzetz.  zu  Hes.  Op.  p.  25(t.:    'AnoXXwvog  8b  xov 

des    Flötenspiels';    die    Stelle    des    Themistios  KdQ^aixog  %a.l  &aXsias  TlaXdicpaTog,  y,o  Hein- 

sagt  gerade   das  Gegenteil:   ovSk  iiBTUTroistToci  siu^  vorschlägt:   'AnoXXavog  Ss  xat  OaXelag  ol 

Ti)g  Tii^dgas  ^   KaXXionri   ovdh  i]    OdXsicc   t&v  KoQvßccvrsg  xccl  IIccXaLcpccTog.    Diese  Stelle  fehlt 

avXäiv  ovSh  rfjg  Xvgag  ij  Tegipixogt],  öcXX*  IxaffTi]  bei  /.  Poerner,  I)e   Curetihus  et  Corybantibus 

t6  avtijg   ayaica   avyißdXXBü^oci   alg  tbv   xoQOv  {Diss.  Phil.  Hai.  22,  2)  p.  339.    Als  Mutter  des 

xaJ  avvsigq>4Qeiv.  Palaiphatos   wird  Thaleia   noch   genannt   von 

Ein  Epigramm  des  von  der  Stadt  Thespiai  ApoUodoros  im   Schol.  Eur.  lihes.  346.     Tzetz. 

den  neun  Musen  geweihten  Denkmals  —  bei  30  a.  a.  0.  p.  28.    Schol.  Hom.  11.  10,  435.    Eust. 

der  Figur  einer  jeden  inschriftlich  genannten  ad  Hom.  II.  817,  31.     Auch   bei   Suidas  s.  v. 

Muse,  in  unserem  Falle  OAAHA,  steht  ein  Epi-  naXaitparog  .  .  .  vlbg  !Ayitaiov    yiccl    Boiovg.    ol 

gramm;   als  Dichter  wird  Hoiiestus  (Ovioxov,  8b  'loi/tXiovg  (=  OUXsovg)   cpaöl   xal  Maxccvel- 

80,  nicht  'Ov^tfror  ist  zu  lesen)  genannt,  dessen  gag.  ol  ds  'Egpiov  hat  Eckstein  bei  Ersch  und 

Lebenszeit  wohl  in  den  Anfang  der  römischen  Griiber,  Allgemeine  Encyklopädie  s.  v.  Palae- 

Kaiserzeit  anzusetzen  ist,  Jamot,  Corr.  hell.  26  phatus  S.  337  a  nach  'Egnov  ergänzt  <xai  0a- 

(1902),  140.    Dessau,  Hermes  47  (1912),  470  —  Xsiagy,  und  die  Zustimmung  von  Friedr.  Wip- 

lautet:     OdXria.  |  0dXX(s)i'    in'   igi]V7]g    aocpirig  precht,    Quaestiones   Palaephateae   (Diss.  Bonn 

xaXd-   xoiyocg   dndaccg 'Ig-^vt]  Xoißag  xdßSs  Od-  1H92)S.  b'S  f.  und  von  Joh.  Schrader,  Palaephatea 

Uta  xifo,  Kumanudes,  kif-rivaiovl,  282.  Athen.  40  in  Berl.  Abhandl.  zur  Klass.  Altertumswiss.  1, 1 

Mitt.  5,  121.    Corr.  hell.  3,  446  f.     Meister  bei  (1894)  S.  44  Anm.  1  gefunden.    Dagegen  sucht 

Bezzenberger,  Beiträge  6,  11.    Collitz  805  (wo  Nie.  Festa,  Intorno  all'  opusculo  di  Palefato 

noch  Gotpirig  y.ccXd  xoi  ycct'  anaöa  steht).   /.  G,  de  incredibilibu^  Considerazioni  3 4 ff.  und  Pro- 

7,1798.    Jamot  a.  a.  0.  134,  II.    Auch  hier   er-  legoinenaad  Palaephatum  {=  Mythogr.Gr.lU,2) 

scheint   Thaleia   wohl   wie    die    gleichnamige  XLIIff.  den  Nachweis  zu  fuhren,  daß  der  an- 

Charis    (s.  nr.  2)    als    Förderin    des    Pflanzen-  geblich  als  Sohn  eines  Gottes  bezeichnete  alte 

Wuchses,  der  nur  im  Frieden  gedeihen  kann,  Epiker  PaZaip/?Wos  nur  dem  Spotte  der  Komiker 

als   ^Musa   agrestis';    vgl.  Jamot  a.  a.  0.  147:  sein  Dasein  verdanke  und  mit  dem  gleichnami- 

Thalie  off'rant  une  libation  ä  la  Paix  qui  fait  gen  Mythographen  identisch  sei.  Freilich  sieht 

fleurir  la  terre.  50  sich  Festa  dabei  zu  der  immerhin  bedenklichen 

Eine  eigenartige  Funktion  weist  den  Musen  Annahme   von   Lücken   und   Einsetzung   einer 

ein  anderes  in  Thespiai  gefundenes  Epigramm  Konjektur  im  Schol.  Eur.  Mhes.  a.  a.  0.  und  Schol. 

ZU:  KccXXoevvriv  ^gaxw,  KXsioo  axfjnxg'  Ovgccviri  Hom.  a.  a.  0.   genötigt.   —  Identisch   mit  der 

8e  j  Xixxga,  OdXiu  yivog^  Tsgipixogr}  8h  q)vi^v,  \  Muse  ist  wohl  auch  Thaleia,  die  Geliebte  des 

MsXnonivri    8*   otSlva,    DoXv^via    A^/t/i,'    ifibv  üaphnis,  Sositheos  (F.  T.  G.  821  N.*;  vgl.  Wel- 

vfivtf,  I  a/düj  8'  Evxignri,   KaXXionri   8s    voov,  cker,   Gr.  Trag.  3, 1252  ff.    Mannhardt,   Myth. 

n&ffcci  Mvriiioavvriv  uiXnovcL  (IS  xr}v  iia'Aagi6xr}v^  Forschung.  1  ff )   in  Hypoth.  Schol.  Theokrit.  8 

^7]xigi  8'  didiviov  xixva  xivsi  ;uap£.ra?,   Jamot,  und  im   Schol.  Theokr.  8,92),   wozu  ergänzend 

Corr.  hell.  a.  a.  0.  143,    der  p.  147  f   das   der  (K.  Fr.  Hermann,   De  Daphnide   Theocriti   6. 

Thaleia  zugeschriebene  ysvog  auf  das  Wachs-  60  0.  Jahn,  Hermes  3  [1869],  180)  der  Bericht  von 

tum  der  Pflanzen   {naissance  des  plantes)   be-  Serv.  ad  Verg.  Eclog.  8,  68  tritt,  nach  dem  die 

zieht.  Als  Vegetationsgöttin  wird  Thaleia  auch  Geliebte  des  Daphnis,  Pimplea,  quam  alii  Tha- 

von  JPW^ent.Äft/<ÄoZ.  p.  26, 8 ff.  ^eZ?»  bezeichnet:  liam  dicunt,   von  Seeräubern  entführt  und  an 

Talia  id  est  capacitas  velut  si  dicatur  Tithovlia,  Lityerses    nach    Phrygien    verkauft  wird,    wo 

id  est  ponens  germina  (damit  stimmt  fast  wört-  Daphnis  sie  nach  langem  Suchen  wiederfindet, 

lieh  überein  das  aus  dem  neunten  Jahrhundert  und  sie  teils  mit  Hilfe  des  Herakles  teils  durch 

stammende,  von  E.  Miller  in  Notices  et  extraits  die  Macht  seines  Gesanges  wiedergewinnt;  vgl. 

d^  manuscrits  de  la  bibl.  nationale  29,  H  [1880]  B.  Eeitzenstein ,  Epigramm  und  Skolion  258ff. 


4öH                    'Jlialeia  '.Muse;  'riiaieia  (.Lharin;                    454 

Daß  unter  Thaleia  die  Muse  zu  verstehen  ist,  bil«lun^  der  Musenbasis  von  Knidos.    Aus  der 

folgert  K.  Maaß,   Orpheus  147 f.  Anni.  30   aus  Tafel  des  Archelaos,  mit  deren  Darstellung  die 

ihrem  /weiten  Namen  Pimploa,  d.  i.  die  'IMm-  sechs   in  Milet  gefundenen  Musentypen   über- 

l)leerin,   die   aus    dem   Musenort  Pirapla'.    Ur-  einstimmen  (.4rcA.  J".  ^x^.  Ül  [1906 1,  30 f.)  und 

sprünglich    stand    wohl    da    Waitta    nninXr\ia,  der    Musenbasis    von    Halikarnassos    (s.  Bd.  2, 

woraus    dann    der    Doi)pelname    gebildet    sein  Sp.  3268  f.)  lilßt  sich  aus  den  analogen  Musen- 

inag;  vgl.  aber  auch  v.  Wilamowitz,  Die  Text-  gestalten  fast  die  ganze  Gruppe  des  Philiskos 

(fi'sch.  der  griech.  JhikoUker  (=  Philol.  Untersuch.  {Plin.  h.  n.  36,  34\  die,  wie  Watzivger  4fF.  nach- 

18)  8.  234  Ann).  1.  gewiesen  hat,    dem  (Iritten  Jahrhundert  ange- 

Von    Darstellungen   der  Tb.    auf  Vasen    ist  lo  hört,  zur  Anschauung  bringen,  IF. /t'/^iw,  GV'.sc/?. 

zunächst   als  die  einzige  auf  scbwarziigurigen  der  griech    Kunst  3,36. 

Vasen  zu  nennen  der  Krater  des  Klitias  und  Sp.  3271  f.:    Hier  fehlt  der  Sarkophag  mit 

Hrgotimos   {Fran<;ois-V<(se)    abg.    Fiutuängler  Muscndarstellung  in  Berlin,   auf  dem  Thaleia 

und  Belchhold,  Griech.  Vasenmalerei  Tai'.  1  und  2  erscheint    mit    langärmligem    Chiton  und    Hi- 

vgl.  1   S.  5):   vier  eng  gereihte  Musen  MsXno-  mation  bekleidet;  sie  erhebt  die  R.  leicht  wie 

fisv£,  äXeio,  EvTi^QTis  uiid  OAAEIA  geleiten  das  im  Gestus  des  Redens  und  hält  in  der  L.  eine 

(«espann   des   Toseidon   und    seiner   Gemahlin  komische   Maske;    eine   zweite   solche   Maske, 

Amphitrite;  zu  den  Inschriften  vgl,  C.  I.  G.  4,  mit  Öchulterlocken,  liegt  auf  einem  Altar  neben 

8185 d.  Elite  des  nionum.  ceravwgr.  2,215.  Hub.  ihr,   F.  Gerhard,   Arch.  Zeit.  1   (1843)   Taf.  6 

Schmidt,    Übse.rvütioncs    archaeol.   in    carmina  20  ^.  llüW.    Conze - Ihichstein ,  Königl.  Museen  in 

Hesiodi  {Dissertat  philol.  Hai.  12)  p.  llOf.  mit  Berlin.    Beschreibung  der  ant.  Skulpturen   mit 

Anm.  2.  —  Von  Darstellungen  auf  anderen  Va-  Ausschluß  der  pcrgamenischen  Fundstücke  S.320 

sen  seien  erwähnt:  Nolanische  Vase  in  London:  Abbild,  nr.  884. 

0AAEA,  sehr  jugendlich  im  dorischen  Chiton,  Sp.  3279/80  Fig.  IIb:  Eine  bessere  Abbildung 

mit  kurzem  Haar  im  Verein  mit  sechs  anderen  des  Vatikanischen  Exemplars  der  Thaleia  findet 

Musen  im  langen  ionischen  Chiton  (Polyhymnia,  sich  bei  Baumeister,  Denkmäler  2,  971  Fig.  1184. 

Kleio,  Euterpe,  Erato,  HdAMo^o),  Panofka,  Mus.  Löwy,   Griech.  Plastik  p.  9  Taf.  115,  205;  vgl. 

i^/acas  pl.  4, 16.    P2litc  des  monmn.  ccramogr.  2  W.  Heibig,    Führer   durch   die   öffentl.   Samm- 

pl.86A.    Cecil  H.Smith,  Catal.  of  the  greek  and  lungen  klass.  Altert,   in   Born  3.  Aufl.  S.  176  f. 

etruscan  vases  in  the  Brit.  Mus.  3E  805  p.  381;  so  nr.  268. 

vgl.  auch  Chr.  Walz,  Philologus  1  (1846),  549.  2)  eine  der  drei  Charites  (Aglaia,  Euphro- 

—    Hydria,    gleichfalls    aus    Nola   (Sammlung  syne,  Thaleia),  Tochter  des  Zeus  und  der  Okea- 

Betti):   vor  Klio  r.  eine  andere  Muse  mit  vol-  nostochter  Eurynome,  Hesiod.  Theog.909.  Pind. 

lem  Kästchen  oder  Korb  in  der  L.,  in  der  R.  Ol.  14,  21.    Orph.  Hymn.  60,  3.    Paus.  9,35,5. 

eine  Lyra,  über  ihr  steht  TAAEIA  (so!),  Panofka,  Themist.  6,  79  c  (p.  95,  8  D).    Apollod.  1,  3,  1. 

Arch.  Zeit.  5  6  (1848),  247  nr.  3  (vgl.  Mus.  Bla-  Plut.  cum  princ.  phil.  3.     Tzetz.  Chil.  10,  516. 

cas  p.  18  Anm.  22).    C.  1.  G.  4,  8075.  Schol.  Pind.  Ol.  14, 13.    Schol.  Ar.  Nub.  773  (wo 

Von  Wandgemälden  ist  außer  dem  oben  Sp.  nsid^ca,  'Aylccta  und  QccXeicc  genannt  werden). 

451,  3  erwähnten,  denen  die  bei  Heibig  a.  a.  0.  Cornut.  de  nat.  deor.  15  p.  61  Os.  =  Eudocia  995 

879—886    S.  176  f.    angeführten    anzuschließen  40  p.  730  Plach   (hier  wird   als   ihre  Mutter  auch 

sind,  bei  denen  jedoch  die  Beischrift  fehlt,  noch  Euanthe  oder  Aigle  genannt).   Auch  bei  Bufin. 

/.u  erwähnen  das  pompejanische  Wandgemälde  Becogn.  10,  21:    luppiter  vitiat  .  . .  Hermionem 

[Helbig  Sb.a.O.S'dd  S.  llSi.  Tsif.  10;  ygl.  Heibig,  Oceani,    ex   qua   nascuntur    Charites,    Thalia, 

Untersuchungen  über  die  campan.  Wandmalerei  Euphrosyne,  Aglaia  wird  Hermionem  (Eq^io- 

293),  das  den  Orpheus  mit  Herakles  Musagetes  vriv)  aus  Evgvvofiriv  verderbt  sein.   Über  Tha- 

unter  fünf  Musen,  darunter  die  weißgekleidete  leia    als    Gemahlin    des    Hephaistos    s.   Bd.  1, 

0AAHA,  darstellt;  vgl.  auch  Gerh.  Bodemvaldt,  Sp.  2065,  6 ff.  und  B.  Wagner,  Hermes  27  (1812), 

Die   Komposition    der   Pompeianischen   Wand-  136  Anm.  2.  Den  Namen  der  Charis  Thaleia  er- 

gemälde  80.  klärt  Proclus  zu  Plato  Tim.  40 AB  (p.  275  ed. 

Auf  arretinischen  Gefäßen   (vgl.  Bd.  2,  Sp.  .')0  Basil.  =  ed.  Diehl  3,  119,6)   als  'ag  rag  ^oaag 

3268, 64ff.   und  besonders  wohl   die   dem  Ver-  ...  aud^aUlg  ccTCotsXovöa^ ;    ähnlich   Schol.  vet. 

fasser  nicht  zugängliche  Tübinger  Dissertation  Pind.  Ol.  14,20:    OccXsia  rj  Xdgig  nagoc  xb  rs- 

[1915]    von  Karl  Hähnle,   Arretinische   Belief-  ^r\XivaL  tr]v  ^iv^^riv  t&v  sv  nsnord-oTcov.,   Ety- 

keraniik)  hält  0AAHA  ein  Diptychon,  I.  G.  14  mologien,  mit  denen  die  für  die  gleichnamige 

nr.  2406,  29  p.  604.  nr.  2406,37.  38  p.  605;  vgl.  Muse   gegebene  (Sp.  450)   zu  vergleichen  sind, 

auch  ebenda  nr.  2577,3  p.  682:  [OAAEjIA.  Vgl.  auch  das  Epitheton  der  Charis,  ^ao^äX^Los 

Zu  den  Bd.  2  unter  Musen  aufgezählten  Dar-  Pind.  Ol.  7,  12  (20),  und  dazu  Eustath.  Gammen- 

Stellungen  der  Musen  bzw.  Thaleia  sei  folgen-  tar.  Pindar.  Praef.  16  (=  Opuscula  ed.  Tafel  56, 

des  nachgetragen  bzw.  ergänzt:  21):  xa-ö-'  i^v  ^äv  tig  &dXX£i.    Gleichbedeutend 

Sp.  3249ff. :  Die  Musenreliefs  aus  Mantinea  60  mit  Thaleia  ist  Thallo  (s.  d.),   Usener,   Götter- 

sind  abgebildet  bei  /.  N.  Svoronos,  Das  Athe-  name«  134;  diese  Bedeutung  der  Thaleia  als  Göt- 

ner    Nationalmuseum:    Deutsche   Ausgabe   von  tin  der  sprossenden  Frucht  ist  später  auf  die 

W.  Barth  Taf.  XXX  und  XXX,  ] .  2  (vgl.  S.  179  ff.  gleichnamige  Muse  übertragen  worden,  eignet 

mit  weiteren  Literaturangaben).  aber  ursprünglich  der  Charis.  So  läßt  Plut.  Sym- 

Sp.  3265  f.:    Das  Relief  des  Archelaos   von  _pos.  9,  14,  4  p.  734f.  den  Dionysios  sagen:  'auch 

Priene   ist   abgebildet   bei   C.  Watzinger,   Das  wir  Landleute  eignen  uns  die  Thalia  zu,  der 

Belief  des  Archelaos   von  Priene  (63.  Berliner  wir  die  Pflege  und  Erhaltung  der  Pflanzen  und 

Winckelmannsprogr.)  Taf.  1.   Ebenda  Taf.  2  Ab-  Saaten  während  ihres  Sprossens  und  Wachs- 


455          Thaleia  (Nereide,  Maioade)  Thaleia  (Mainade)                 406 

tams  anvertrauen*  (xai  yap  iiftsts  oi   yteaQyol  C140.    Röscher,   Myth.  Lex.  8.  v.  Olympos   Sp. 

T^v  SaUav  oUeioiffis^a,  qpvrÄv  xai  ontQ^dTtov  861  62.   Zu  den  Inschriften  vgl.  C.  J.6r.  4,  8412. 

ßi^alovvTcav  xai  ßlaarccvdvxav  ixiiidUiav  aixy  Heydemann,  Vasensammlung  des  Museo  Nazio- 

xal   otoxriqiav   &xodtd6vvsg).    Und   ebenso   soll  nah  zu  Neapel  Taf.  X  nr.  3236    P.  Kretschmer, 

Th.    'erfunden*   haben  ysagylav  xal  t^v  ntgl  Die  griech.Vaseyiimchrifien  S. 210  ur.'iO'i.   Stellt 

tct  «pvrof  nQttYfuetaiav  {Schol.  Apoü.  Rhod.  3, 1  das  Bild  (vgl.  Bd.  3,  Sp.  864,  Iff.)   die  Unter- 

fp.  449,  24])    oder   r^v   (pvtovQyiav,    Tzetz.  zu  Weisung  des  Olympos  im  Flötenspiel  durch  Mar- 

Hes.  Op  p.  23  Gaisf.  (vgl.  p.  28).   Eudoeia  655  sjaa  dar,   so  werden   die  beiden   inschriftlich 

p.  480  Fl  Schol  zu  Anth.  Pal  ö,  604.   Mit  den  als  0AAEA  und  OPANIHE  (so!)  ==  Urania  be- 
zwei  anderen  Charites  und  vier  Nymphen  er-  lo  zeichneten  Frauengestalten  als  Bakchantinnen 

scheint   GAAIH    auf  einem  Relief  in   Neapel,  aufzufassen  sein ;  erkennt  man  m  der  Darstel- 

Gerhard  und   Panofka,  Neapels  antike  Büd-  lung  aber  den  Wettstreit  des  Apollon  mit  Mar- 

icerke  1,  S.  82  nr.  276.  syas,  so  liegt  der  Gedanke  nahe,  sie  als  Musen, 

3)  Nereide,  Tochter  des  Nereus  und  der  die  ja  in  jenem  Streite  den  Schiedsspruch  ab- 
Doris, Hom.  n.  18,  89.   Hygin.  fab,  praef.  10, 14  geben,  zu  betrachten. 

Schm.    Verg.  Aen.  6,826.    Georg  4,838.    Eusl  B)  Stammos  im  Museum  zu  Neapel  (2419), 

ad  Hom.  //.  742,37.  1130,39.  Bei  Hesiod  Theog.  Heydemann  S.  17  nr.  P.    Fränkel  S.  100  nr.  if\ 

246  (b.  Rgach  z.  d.  St)  ist  die  Lesart  2nsim  «  vgl.  Stephani  a.  a.  0.  1868,  S.  164 f.  Abgebildet: 

.S6ri  ^*  *AXirix*  igoscaa  wahrscheinlicher   als  Museo  Borh.  12  Tav.  21  — 23.    Oargiuh,  Eec. 

S6r]  SaUri  t*  iQ6sa6ai  vgl.  jedoch  auch.  ScÄoc-  so  des  mon.  2  pl.  32.    Inghirami  a.  a.  0.  Tav.  317. 

.mann,  Opusc.  acad.  2,  173ff.  und  oben  Bd.  8,  318.   Panofka,  Bilder  antik.  Lebens  Taf.  18,9. 

.Sp.  2l4,67iF.    Pott,  Zeitschrift  für  vergleichende  Dionysos  u.  die  Thyiaden  1,  1.   Wieseler,  Denk- 

Sprachforschung  6  (1866),  281**.  Sonne,  ebenda  mäJer  2  nr.  583.    Vasi  Vivenzio  T.  21.    Nicole, 

14  (1866),  336.   A.  Ludwich,  Aristarchs  Home-  Meidias  122  Abb.  30.  Furtwängler-Reichold  a. 

Tische  Textkritik  1,  427  f.    Auf  einer  rotfigurigen  a.  0.  Taf.  36.  m  (vgl.  1  S.  194):  Die  Inschriften 

.attiaclienPyxi8imBrit.Mus.(abg.I>Mmonte«CAa-  C.  J  G.  4,8387.    Heydemann,  Vasensammlung 

piain,  Ceram.  de  la  Grece  propre  Taf.  9  [schlechte  zu  Neapel  Taf.  5  nr.  2419  ;  vgl.  Flite  des  monum. 

Ausführung].  Furtwängler  und  Reichold  &.&0.  ceramo^rr.  1,  126,  2,  2.     Gerhard  und  Panofka, 

Taf.  57,3)  tragen  die  dargestellten  jungen  Mäd-  Neapels  ant.  Bildw.  363  nr.  1848.   Vier  Maina- 

.chen  sämtlich  Nereidennamen:  Galene,  Kymo-  so  den,  von  denen  zweien  die  Namen  beigeschrie- 

thea,  Kymodoke,0AAEIA,Glauke,Doso(=Doto),  ben  sind,  0AAEIA  und  XOPEIA,  eilen  weinlaub- 

Pontomedusa,  Heydemann,   Comment.  phil.  in  bekränzt  zum  Opfer  herbei. 

hon.  Th.  Mommseni  171  f.    P.  Kretschmer,  Die  C)  Vase,  früher  im  Besitze  Hamiltons,  Hey- 

griech.  Vaseninschriften   201.    Cecil   H.  Smith,  demann  S.  22  nr.  d.    Fränkel  S.  104  nr.  q.    Ab- 

Cat.  of  ihe  greek  and  etru^can  vases  in  the  Brit.  bildung:  Tischhein  2  T.  44.    Inghirami,  Monu- 

Mus.'SE  774  p.  366.  Furtivängler  und  Reichold  menti  Etruschi  5  T.  26.    Wieseler,  Denkmäler  2 

a.  a.  0.  289;  vgl.  auch  C.  Robert,  Die  Knöchel-  487.  Reinach,  Repertoire  d./vas.  2,302.  Inschrif- 

spielerinnen  des  Alexandros  {21.  Hallisches  Win-  ten:  C.  I.  G.  4,  7462;  vgl.  Elite  des  monum.  cera- 

ekelmannsprogr.)  S.  20.  mogr.  1,116,4,6.  125,2,1:    Die    Satyrn   Oinos 

4)  Mutter  derPaliken,  über  welche  be-  40  und  Kibuog  und  die  Mainaden  Eudia  und  0AAIA 
reite  Bd.  3,  S.  1293, 12  ff.  \on  Bloch  erschöpfend  schwärmen  unter  dem  Flötenspiel  des  Pothos 
gehandelt  worden  ist.    Das   dort  Sp.  1293,57  daher. 

erwähnte  unteritalische  Vasenbild  ist  auch  ab-  D)  Schale  aus  Vulci,  Heydemann  S.  29  nr.  z. 
gebildet  bei  Lenormant  und  de  Witte,  Elite  des  Fränkel  S.  92  nr.  g  (vgl.  S.  45);  vgl.  de  Witte, 
monuments  ceramographiques  1  pl.  16.  C.  0.  Description  d'une  collection  de  vases  peints  pro- 
Müller und  Fr.  Wieseler,  Denkmäler  der  alt.  ven.  des  fouilles  de  VEtrurie  nr.  59  und  Catal. 
Kunst  2,  Taf  3  nr.  47  (vgl.  S.  5  nr.  47)  =  Mül-  Magnoncour  p.  20  nr.  24.  0.  Jahn,  Vasenbilder 
ler- Wieseler -Wemicke,  Antike  Denkmäler  zur  S.  26.  Inschriften:  C.  I.  G.  4,7468.  Drei  tan- 
griech  Götterlehre  Taf.  6  nr.  3  (vgl.  S.  64 f.  nr.  3);  zendeundKrotale  schlagende  Mainaden:  Chione, 
vgl.  Stephani,  Compte-rendu  1880,  31.  Welcker,  50  Rhodo  und  0AHA. 
Alte  Denkmäler  3, 468.  E)  Schale  aus  Vulci  in  Brüssel  {Musee  Ra- 

5)  Mainade  auf  Vasengemälden,  die  im  vestein  253),  Heydemann  S.  29  nr.  a.  Fränkel 
folgenden  in  erster  Linie  angeführt  werden  88  nr.  S;  vgl.  Braun,  Bull  delV  inst.  1847,  114 
nach  den  Sammlungen  von  Heydemann,  Satyr-  =  Arch.  Anzeiger  1847,  8.  E.  Pottier,  Gazette 
und  Bakchennamen  {5.  Hallisches  Winckelmanns-  arch.  12  (1887),  113  f.  Wilh.  Klein,  Die  griech. 
Programm).  Charlotte  Fränkel,  Satyr- und  Bak-  Vasen  mit  Liehlingsinschriftoi  59*  nr.  26.  In- 
chennamen  auf  Vasenbildern  (Halle  1912).  Schriften,  C.  L  G.  4,  7473:  0AUEIA  und  der  Sa- 

A)  Amphora  aus  Ruvo  im  Museum  zu  Nea-  tyr  Simaios  spielen  mit  einem  ithyph allischen 

pel  (nr.  3236)  Heydemann  S.  19  nr.  T.    Fränkel  Esel. 

S.  102  nr. i  vgl.  Stephani,  Compte-rendu  de  Za  F)  Vase,  einst  im  Besitze  von  Jules  Dert, 

commission  imperiale  archeol.  pour  Vannee  1862  Heydemann  S.  32  nr.  v.    Fränkel  S.  104  nr.  a; 

S.  104f.  Abgebildet:  Mon.  pubbl  delV  Inst.  arch.  vgl.  Elite  ceramogr.  1, 125  n.  2,  3:  ^sur  un  char- 

2  Tav.  37.  Inghirami,  Vasifittili  Tav.  332.  Elite  mant  petit  vase  qui  appartient  ä  M.  Jules  Dert, 

des  monum.  ceramogr.  2  pl.  76.  Müller -Wieseler,  OaXia  et  une  autre  menade,  au  milieu  VAmour 

Denkm.  2  nr.  488.    Min^rvini,  Mem.  delV  Acc.  hermaphrodite,  qui  met  en  fuite  les  deux  mena- 

Ercöl.  4, 1  Taf.  8.  9.  Minervini,  Blustrazione  di  des.^    Diese  Vase  ist  wohl  identisch  mit  dem 

un  Vaso  Ruvese  tvel  Mus.  Borbonico  Tav.  2  (Na-  Aryballos    im    Britischen    Museum    (Cecil   H. 

poli  1851).  Daremberg-Saglio  4,  II  p.  1101  Fig.  Smith  a.  a.  0.  3,702  p.  348):    Eros    (ohne   Bei- 


i:u                         Thaleioi  Thallo                          458 

schritt)  verfülot  eine  Jungfrau  (ji^lcicli falls  ohne  an  dia  <ilo88e   df».s   IIe»ych.  ^ocXtiov     v.a&agov, 

Beischrift),  während  eine  zweite  OAAI/V  =^  Oa-  wie   aus  d-(oXttov   (p.  298,  38  Schvi.)   zu    emen- 

ila  voll  Schrecken  davonflieht. —  Identisch  mit  dieren  ist.     jHöfer.J 

der  liakche  Thaleia  soll  nach  Svoronos- Barth,  Thaies  (6)«^?}?),  1)  Beiname  des  Zeus  auf  einer 

Das  Athen.  Nationalmuseum  523 tf.  zu  Taf.  82  Inschrift    auf   einem    Altar    zu    Aquileia:    Jil 

die  Bakche  Kv^aXia  —  wie  Svoronos  für  den  fyccXi}  (/.  G.  S.  I.  2387)  bezeichnet  nach  Usener, 

^onst  UagccXia    (s.  d.  nr.  1)    gelesenen    Namen  (Jötternawen  131,  der  den  Zeus  Anthaleus  {Jii 

chreibt  —  auf  dem  Peiraieusrelief  sein.  kvQ^ccXsl)  einer  Inschrift  aus  der  Epakria  (/1w/t. 

[Höfer.J  Journ.  arch.  10  [18i)5],   211  ^7.    v.  rrott,'  Fasti 
Thaleioi    (Wäifto/?   ^cclstoi)^    Beiname    der  10  sacri  264^)  vergleicht,  den  Gott,  der  die  Pflan- 

Kory bauten  auf  der  großen  Inschrift  von  Ery-  zen    sprießen  läßt    (vgl.   die  Deutung  Useners 

thrai,  auf  der  es  sich  um  Vorkauf  von  Priester-  der  Zeusepitheta  Taletitas  |s.  d.J,  Tallaios  [s.  d.]). 

Schäften    handelt:     ÄOQvßdvrcor    EvcpQovitlav  —   2)   anderer   Name   des  thrakischen  Gottes 

y.cd    0aXsicor   in)    SäXeco  'iciog  ^[tbi]ö8v  'Avtl-  Zamoxis    oder   Zalmoxis  (s.    d.),    Porphyr,   vit. 

TtccTQog,  Dülenherger,  Sylloge'  600 „^   p.  309=  Pythagor.  14.     (Höfer.J 

Collitz    Ö6924.    p.   724.     KoQvßdvToyv    i^)aXeL(üv  Thalestria   ((^aXtiötgia)  =   Thalestris   (s.  d. 

allein  kehrt  wieder  Dittenherger  600 1^,,  p.  370.  und  Justin.  12,  3,  5.  42,  3,7),  Kleitarchos  bei 

Collitz   5692^,7;    daneben   findet   sich  noch  Ko-  Strabo  11  y.  bOb.  Vgl.  die  Kritik,  die  P/mL  ^Zeo;. 

Qvßdvrav  kv^getav,  Dittenherger  OOCj^,,,.  ,,7 .  46  und  Arrian  7,13,2  an  dieser  Erzählung 
Collitz  5692j;7.4j,.    Eine  Revision  der  Inschrift  20  üben.    Zur  Etymologie  des  Namens  (von  d'dXXoi 

durch    Jos.   Keil,    Zur   erythräischen   J^riester-  =  blühend,   in  Kraft  strotzend)  s.  Pott,   Zeit- 

' limerverkaufs  -  Jnschrift ,     Tätigkeitsbericht   des  sdtrift  für  vergleichende Sjn-aehforschung  8(1859), 

Vereins   klassischer  Philologen   ifi  Wien  (1909)  433.     |  Höfer.J 

6.  10  ff.    (vgl.  Gl  Ott  a  3  [1912J,  299.    J.  J^oerner,  Thalestris  (<9aZr](>r()ts),  Amazone,  welche  nach 

De  Cnretibus  et  Corybantibus  [J)iss.  Phil.  JJal.  Kleitarch  mit  Alexander  zusammentraf,  Diodor. 

22,  2]  p.  307f.)  hat  ergeben,  daß  die  Zeilen  (oben  17,  77.  Curtius  6,  19,  24.  Justin.  2,  4,  der  als 

Z.  13 ff.)  zu  lesen  sind:    KoQvßdvTO}v  Evcpgovt-  ihren  Namen  auch  Minithyia  überliefert.    Vgl. 

cicüv  (möglich  auch :    Evcfgovicov)   -nal  GaXsifjJv  Thalestria.     [Klügmann.] 

inid-aXsäGiois  t-'[v]&Ksv  xi]v  yvvaixsiav  rjyoQdG^v  Thalia  s.  Thaleia  und  Chariten. 

kvriTTCcTQog:  vgl.  auch  v.  WHamowitz,  Nordioni-  30  Thalios   (©aZtog),   ein  Troer,   von   Achilleus 

che  Steine  in  Abhandl.  d.  Kgl.  Preuß.  Akad.  d.  getötet,  Quint.  Smyrn.  2,228      [Höfer.] 

Wiss.  phil.-hist.  Classe  1909,  II  S.  35.  Was  die  Thallo  (OaXXm).  Bei  Paus.  9,  35,  2  heißt  es, 
merkwürdigen  Beinamen  der  Korybanten  ©d-  daß  die  Athener  seit  alter  Zeit  die  Charites  (s. 
Xsioi,  'Avdgsloi,  Ev(fg6v£{L)oi  betrifft,  so  hat  man  d.)  Auxo  und  Hegemone  verehrten.  Denn  Karpo 
nach  dem  Vorgang  von  Jiayet,  Rev.  arch.  33  sei  der  Name,  nicht  einer  Charis,  sondern 
(1877),  128  sie  abgeleitet  von  den  Namen  der  einer  Höre:  t^  ds  hxiga  t&v  "^Slgüv  vifiovGiv 
Begründer  der  Kultusgemeinschaften,  also  von  oiiov  riß  Jlavägoaaf  rtjuag  ol  kd-rivcctoi,  @ccX).6} 
einem  ©aXflg,  EvipQoviog,  kvdgtccg:  s.  Dittenber-  ti]v  dsbv  ovoiid^üvrsg.  Tcccgd  dh  EtsoyiXiovg  tov 
ger  a.  a.  0.  p.  369  not.  46.  Collitz  a.  a.  0.  S.  728.  'Og%o^sviov  yLad-ovxBg  xgiölv  r'idri  voiiL^oiisv  Xd- 
Jmmisch,  Poschers  Myth.  Lex.  2,  Sp.  1609,  5  ff.  40  gi6Lv  e^xeöd^cci.  Darnach  wäre  Thallo  der  Name 
Aber  mit  Recht  weist  P.  Meister,  Per.  über  einer  Höre,  als  welche  sie,  neben  Auxo  und 
die  Verhandl.  d.  Jl.  Sachs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  zu  Karpo,  auch  JJygin.  f.  183  (p.  36,10  Schm.) 
Leipzig  phil.-hist.  Kl.  56  (1904),  18  darauf  hin,  nennt;  vgl.  A.  Mommsen,  Feste  d.  Stadt  Athen  7. 
daß  in  der  langen  Liste  von  Götterbeinamen,  Im  feierlichen  Eide,  den  die  Epheben  im  Hei- 
die  auf  der  Inschrift  von  Erythrai  begegnen,  ligtum  der  Aglauros  leisteten,  wurden  als 
die  Korybantenbeinamen  die  einzigen  sein  Schwurgötter  {löxogsg  ^soi)  angerufen:  Agrau- 
würden,  die  solchen  Ursprung  hätten;  es  los,  Enyalios,  Ares,  Zeus,  Thallo,  Auxo,  Hege- 
würden ferner  zweimal  Korybantenkulte  je  zwei  mone.  —  (Auf  dem  innern  Friese  des  Parthenon 
Stifter  haben,  und  es  wäre  vor  allem  ein  merk-  wollte  Chr.  Petersen,  Arch.  Zeit.  13  (1855),  21  f. 
würdiger  Zufall,  daß  die  drei  Personennamen  50  u.  a.  Auxo,  Hegemone  und  Thallo  dargestellt 
sämtlich  mit  dem  Begriffe  ^kräftig,  frisch,  erkennen).  —  C.  Robert,  De  Gratiis  Atticis  in 
rüstig,  munter',  der  das  Wesen  der  Korybanten  Comment.  phil.  in  honorem  Theod.  Mommseni 
ausdrückt,  übereinstimmen;  also  seien  die  Bei-  143 ff.  (vgl.  G.  Robert,  Die  Knöchelspielerinnen 
namen  in  dieser  Bedeutung  zu  fassen.  Etwas  des  Alexandros  [21.  Hallisches  Winckelmanns- 
anders  erklärt  /.  Keil  a.  a.  0.  die  Beinamen:  progr.]  S.  22  Anm.  51),  der  die  lebhafte  Zu- 
kvdgsloi  =  '^die  Mannhaften',  EvcpQoviöiov  {Ev-  Stimmung  von  Furtwängler,  Athen.  Mitt.  3  (1878), 
(pgovioC)  =  ^die  Nächtlichen (?)',  QdXsioi  =  "^die  183  Anm.  2  gefunden  hat  (vgl.  auch  Aug.  Kalk- 
Blübenden',  indem  er  wegen  der  Wendung  mann,  Paus a^iias  der  Perieg et  202,6.  W.GurUtt, 
iTtLd-ccXsöaGEcog  ivsnsv  Beziehung  von  ©dlsioi  zu  Über  Paasanias  189.  Rapp,  Roschers  M.  L.  1, 
d-dXsLa  für  notwendig  hält.  Nach  v.  Wilamowitz  00  2716,44.  Escher  hei  Pauly-Wissowa  S  Sp.  2152, 
3>.  a.  0.  34  f.  bedeuten  die  ©aXstoi  Kogvßavtsg  1),  versucht  nachzuweisen,  daß  Pausanias  durch 
Veibliche',  wie  die  kvdgstoL  '^männliche'  Kory-  den  von  ihm  (9,  29,  2)  zitierten  KalUppos  von 
bauten;  die  EhcpgovisLoi  leitet  er  von  einem  Korinth  verleitet,  einen  Irrtum  begangen  habe; 
Gottesnamen  Exxpgoviog  ab,  der  in  der  gram-  denn  die  Athener  hätten,  niemals  zwei,  sondern 
matischen  Bildung  van  einem  Ev^pQtov  und  immer  nur  drei  Charites  verehrt :  ©ccXXö},  Av^co, 
einer  Evcpgovr}  und  Evcpgoövvr]  geschieden  ist.  Kag-xm  (S.  146);  'Hysiiovri  aber  sei  ^quamquam 
Doch  erinnert  v.  Wilamowitz  35  und  ebenso  et  Veneris,  maxime  tamen  cognomen  Dianae^ : 
Reinach,  Rev.  des  ctiides  gr.  23  (1910),  329  auch  Artemis-Hekate  sei  also  als  'Hysaovri  mit  den 

E.08CHEE,  Lexikon  der  er.  u.  röm.  Mythol.    V.  IG 


459                     Thallophoros  Thalna                           460 

Chftrites  auf  der  Burg  verehrt  worden.  Hierin  Corneto  hat   buhntti,  C.  1.  L  suppl.  1  nr.  31)5 

irrt    Bohert.    Die    auch    im    Ephebeneide    bei  veröffentlicht.   Don  dritttm  Spiegel  unbekannter 

Pollux   genannte  'Hyt\uivri   ist  nicht  Artemis  Herkunft  haben  herausgegeben  Lanzi  2,  196  ff. 

Hegemone,     sondern     Aphrodite     Hegemone,  =  154 ff.,  tav.  X  nr.  2,     Visconti,   Mtis.  Pio- 

welcher   die    im    Bezirk  des    Demos   und  der  Clement.  4,  tav.   B.   nr.  1,    MiUin,  Gnl.  imjth. 

Charites  (rifiavog  tov  Jrjuov  xat  ttbv  Xagitav)  pl.  LXXI  nr.  322,   Inghirami,  Monum.  ctr.  tom. 

gefundene   Altarweihinschrift   gilt:     'AtpQodirH  2  (=  vol.  3),  t«v.  XVl   und  Storia  della  Tos- 

^Hytiiovsi  ToC  dijftor  x«l  Xagiaiv,  LoUing,  JsXr.  cana   tav.    XXXIX  nr.  1 ,    Quarantd   im  Mtis. 

&QX,    1891,    127.     C /.  .4.  4,2,  1161  b.     Furt  Borbon.    12,   tav.   LVII,    (ierhard,    (iotth.    der 
wängler,  Sitzungsber.  d.  K.  B.  Akad.  d.  Wiss.  lo  Etr.   'l'af.  V   nr.  3    und   Etr.  Spiegel  3,   84  ft'., 

gu  München  phüos.-philol.  Cl  1899,  2,  592.   TT.  Taf.    LXXXH,     Müller,   Denkmäler   der   nUen 

Judeich,   Topographie  von   Athen  823   Anm.  2.  Kmist  2,    Taf.  XXXIV    nr.  394    und   FabreUi, 

Da  die  Charites  mit  denselben  Namen  wie  die  C.  2.  1.    nr.  2470.     Der   viertt>   Spiegel   unbe- 

Horen  hätten  genannt  werden  können,  so  be-  kannter  Herkunft  ist  voröff(mtlicht  von  Cone- 

ruft  sich  Bobert  für  seine  Ansicht  von  der  Drei-  stahile^  Bull.  diW  Inst.  1862.  14,  von  Gerhard, 

zahl  der  attischen  Charites  auf  die  Darstellung  Etr.  Spiegel  4,  64,  Taf.  CCCXXVI.  Den  fünften 

der  drei  Hören  auf  der  ans  dem  6.  Jahrh.  stam-  und  letzten  Spiegel  unbekannt^^r  Herkunft,  der, 

menden  attischen  Schale  des  Sosias  (abg.  Bo-  wie   Fabretti    anmerkt,    vielleicht    aus    Caere 

scher,  Myth.  Lex.  1  Sp.  2726;  besser  ^n^  Denkm.  stammt,  haben  herausgegeben  Brunn  im  Bull, 
d.  arch.  Inst  1  Taf.  9  und  besonders  Furtwäng-  20  delV  Inst.  1862,  37,    Gerhard,  Etr.  Spiegel  4,  68, 

ler-Beichold,  Gr.  Vasenmalerei  Taf.  123),  auf  der  Taf.  CCCXX  und  Fahretti,  C.  I.  I.  nr.'2476ter. 

durch  die  den  Göttinnen  beigegebenen  Attribute  Hergestellt   endlich ,    und    zwar   unzweifelhaft 

(blühender  Zweig,  Zweig  mit  Früchten,  reife  richtig,  ist  unser  Name  -ö^alna  von  Bugge  {Etr. 

gepflückte   Früchte)   auf  ihre   Namen   Thallo,  Fo.  und  Sind.   4,  7.  not.  1)    auf  einem   wei- 

Auxo  und  Karpo  angespielt  werde;  vgl.  aber  teren  Spiegel  unbekannter  Herkunft,  der  ver- 

auch  Bd.  1,  Sp.  2726, 20  ff.  Dagegen  betont  üse-  ötfentlicht  ist  von  Gerhard,  Etr.  Spiegel  4,13, 

ner,   Gotterttamen  131  ff.  143  f.  mit  Nachdruck  Taf.  CCLXXXIV  nr.  2   und   Fabretti,   CLL 

gegen  Bobert,  daß  wie  für  Sparta  so  auch  für  nr.  2471  ^i^.    Der  Spiegel  ist  ein  Duplikat  von 

Athen    eine  ursprüngliche  Zweizahl  der  Cha-  Fabr.  nr.  2478,  und  somit  an  der  Lesung  otalna 
rites  bzw.  Hören,  Thallo  und  Karpo  anzuneh-  .ho  kein  Zweifel.    Um  eine  Verwechslung  zwischen 

men  sei.    Clemens  Alex.  Protr.  2,26,5  p.  19,  29  diesen  Spiegeln   zu  verhüten,   wird  es  zweck- 

Stählin  =  Migne  Patrol.  Ser.  Gr.  8,  96  B  nennt  mäßig   sein ,    sie   einfach    nach    den    Fahretti- 

gleichfalls  nur  zwei:  Ai^ät  nal  SaXXm,  ai  km-  Nummern  zu  bezeichnen,  wobei  ich  bemerke, 

xat.     [Höfer.]  daß  der  Spiegel  von  Arezzo  =  Fabr.  nr.  459, 

Thallophoros    {SaXXoq)6QOs\    Beiname    des  die  oben  erwähnten  drei  Spiegel  unbekannter 

Herakles    auf    einer    Inschrift    aus    Aquinum  Herkunft  =  Fabr.  nr.  2478  (preale)  2500  (racu- 

{lta\ia,):'HQocytXTlg  eaXXo(p6Q09'IfQbg  Evdxovatog,  neta)  und  2505 bis  (zipna)  sind,  der  von  Orvieto 

C  /.  L.  10,  5385.    /.  G.  14,  9040.   Dessau,  Inscr.  aber   bei    Fabretti    fehlt.     Die    Darstellungen 

Lat.  sei.  2  nr.  3436  p.  57.    Cagnat,  Inscr.  ad  res  auf  diesen   Spiegeln  sind  nun  die  folgenden. 
Born.  pert.  1,  33  nr.  405.    Weinreich,  Aih.  Mitt.  40  Der  Spiegel  Fabr.  nr.  459  (Arezzo)  enthält  die 

37  (1912),  14  nr.  58  a.  Der  lateinische  Text  lau-  Geburt  der  Minerva.    Ich  habe  die  Szene  s.v. 

tet:  Herculi  Pacifero  Invicto  Sancto.     [Höfer.J  se-ö-lans  beschrieben  und  gebe  hier  nur   eine 

Thalna  (-Ö-alna)  ist  der  Name  einer  etruski-  etwas  genauere  Beschreibung  der  #alna.     Sie 

sehen    Göttin.      Der    Name    findet    sich    auf  iß*  eine  schöne  jugendliche  Göttin,  mit  Stim- 

13  Bronzespiegeln,  von  denen  einer  aus  Arezzo,  ^and,   Ohrgehängen   und   Perlenhalsband   ge- 

zwei  aus  Chiusi,  einer  aus  Orvieto,  einer  aus  schmückt.    Das  Gewand  ist  ihr  herabgesunken, 

Volci,    einer    aus    Cometo    stammt,    während  so  daß  der  Oberkörper  nackt  ist.     Sie  hat  mit 

sieben  unbekannter  Herkunft  sind.     Die  Lite-  beiden  Armen  den  Zeus  (tina)  um  den  Leib  ge- 

ratur  des  Spiegels  von  Arezzo  habe  ich   s.  v.  ^aß*,   um  ihn  bei   dem   Geburtsakt    zu  unter- 
se^lans   angegeben,    die  des  einen  von  unbe-  50  stützen.     Auch    die  beiden  Spiegel  Fabr.   nr. 

kannter  Herkunft  8.  v.  preale,  die  eines  zweiten  2471  bis  (arig.  ine.  2)  und  Fabr.  nr.  2478  {orig. 

derselben  s.  v.  racuneta,  die  eines  dritten  s.  v.  »»*c.  5)  stellen  die  Geburt  der  Minerva  dar  und 

zipna.     Der  erste  clusinische  Spiegel  ist  ver-  sin^^  wie  schon  gesagt,  Duplikate.    Beide  ent- 

öffentlicht  von   Inghirami  im  Museo  Chiusino  ^al^^n   sechs  Figuren:    in  der  Mitte  den  Zeus 

tab.  CVm,  von  Bunsen,  Ann.  delV  Inst.  1836,  (ti»ia),  über  seinem  Haupte  die  kleine  Minei-va 

172  ff.    und    Bull.   delV  Inst.   1843,   89ff.,   von  (2476,  menrva,  2471  bis,  manrva;  rechts  von  ihm 

Gerhard,  Etr.  Spiegel  3,  80,  Taf.  LXXVIl  und  steht  die  luno   (uni),   links  die   ^alna   (2478. 

von    Fabretti,   C  L  L   nr.  478.     Den   zweiten  flUvIflO,    2471  bis  flMVÜ);    endlich  als   Zu- 

clusinischen  Spiegel  haben  veröffentlicht  Mi-  schauer  ganz  links  Mars  (laran),  ganz  rechts  ein 

coli,  Monum.  ined.  tav.  XX  nr.  2,  Braun  und  60  anderer  Gott  (2478  preale,  2471  bis  maris  . .  usta). 

Welckcr  in  den  Ann.  deW  List.  1843,    356  sq.  Der  Spiegel  Fabr.  suppl.  1,  nr.  395  (Cometo) 

und  1845,   209,   Gerhard,  Etr.  Spiegel  3,   185,  enthält  von  links  nach  rechts  auf  dem  Rande 

Taf.  CLXXXVni  und  Fabretti,  C  I.  I.  nr.  481.  die  Namen  laran,  le-ö-am,  tinia,  menrva,  -O-alna, 

Der  Spiegel  von  Orvieto   ist  herausgegeben  in  uni.  Die  Szene  hat  gleichfalls,  wie  auch  Bugge 

dem  Bull.  deW  Inst.  1881,  38 ff.,  der  von  Volci  (Etr.   Fo.   u.   Stu.  4,  228)  meint,  wohl    sicher 

von   Gerhard,  Etr.  Spiegel  3,  77,  Taf.  LXXV,  die  Geburt  der  Minerva  dargestellt,   doch  ist 

femer  im  3/t«s.  etr.   Vatic.  1,  tav.  XXIX  nr.  2  dieDarstellung  selbst  jetzt  erloschen,  so  daß  von 

und  von  Fabretti,   C  I.  I.  nr.  2139.     Den  von  den  einzelnen  Figuren  keine  nähere  Beschrei- 


461                           Thalna  Thalna                           462 

biin«^  mehr  jj^egeben  werden  kann.  Der  Spiegel  etniskische  Form  des  Namenwj,  wie  er  von  den 
Fabr.  nr.  2470  {orig.  ine.  l)  enthält  in  seiner  zwei  Göttinnen  vj'ranlaßt  wird,  sich  zu  der 
Hauptdarstellung  5  Kifturen.  Die  Szene  stellt  Aithra  (statt  altria  ist  also  aitria  zu  lesen; 
die  (lebiirt  des  epiur  dar,  wie  sie  in  etwas  an-  zu  gescdhui,  nachdem  ihr  Poseidon  schon 
derer  Form  auch  der  Spiegel  Fahr.  nr.  •2500  genaht  war  (s.  Myfh.  Lex.  1,  146;.  In  dem 
{oria.  nie.  6;  zeigt.  Die  dargestellten  Figuren  Spiegel  Fabr.  nr.  478  (Chiusi  1)  haben  wir  vier 
sind  die  folgenden:  der  sitzende  Zeus  (tinia) mit  Figuren:  den  Apollo  (aplu)  in  der  Mitte  links, 
dem  Donnerkeil  in  der  Linken  und  einem  stehend,  unbekleidet,  mit  einem  Lorbeerkran/, 
Speer  in  der  Hechten,  der  oben  in  ehi  Vogel-  ums  Haupt  und  den  Bogen  in  der  Linken: 
bild  ausläuft;  links  von  ihm  steht  die  -ö^alna,  lo  links  hinter  ihm  sitzend  Artemis  (artumi) ; 
auch  hier  mit  Stirnbinde,  Ohrgehängen  und  rechts  von  ihm  stehend,  die  Rechte  um  seinen 
Halsband  geschmückt  und  den  soeben  gebo-  Nacken  gelegt,  Leto  /^l(!tun)  und  rechts  von 
icnen  Knaben  in  Empfang  nehmend;  noch  dieser,  halb  sitz(!nd,  die  -^alna.  Die  3  Frauen - 
weiter  links  steht  als  Zuschauer  Apollo  (aplu),  gestalten  sind  einander  sehr  ähnlich:  alle  drei 
ganz  rechts  ebenso  die  m[e]an.  Am  Fußende  tragen  ein  Stirnband,  ein  Halsband  mit  je  '> 
der  Darstellung  befindet  sich  eine  weitere  Bei-  Anhängern,  und  <las  Gewand  ist  vom  Ober- 
schrift, die  sich,  wie  ich  glaube,  nicht  auf  die  körper  herabgesunken,  -^alna  hat  außerdem 
gefliigelte  Gottheit  auf  dem  Handgriff  des  auch  Ohrgehänge  und  in  der  Linken  einen 
Spiegels,  sondern  auf  den  Knaben  bezieht.  Stab,  der  oben  in  einen  Blütenkelch  ausläuft. 
Sie  ist  nur  noch  wenig  leserlich.  Es  scheint  uns,  20  Der  Spiegel  Fabr.  nr.  2139  (Volci)  enthält 
als  ob  die  bisher  ziemlich  sinnlos  gelesenen  a  Figuren:  in  der  Mitte  den  Zeus  (tinia)  mit 
Huchstabenreste  als  >JF1^nIH1[^<''1^W\I[V8]  dem  Donnerkeil  in  der  Rechten;  rechts  von 
fufluns  semleal  gelesen  werden  könnten,  was  ihm  steht  Hermes  (turms)  in  seiner  gewöhn- 
'Fufluns,  der  Semele  (Sohn)'  bedeuten  würde,  liehen  Darstellung;  links  die  -^alna,  das  Haupt 
so  daß  man,  wie  man  gemeint  hat,  in  dem  mit  einer  Kappe  bedeckt,  ohne  Ohrgehänge  und 
epiur  des  oben  genannten  Spiegels  in  der  Tat  Halsband,  mit  nacktem  Oberkörper  und  dem 
den  Bacchus  vor  sich  hätte.  Dieser  Spiegel  Stabe,  der  aber  hier  ohne  den  blütenartigen 
Fabr.  nr.  2500  {orig.  ine.  6)  zeigt  von  dem  so-  Knauf  ist.  Beide  Götter,  turms  und  -ö-alna. 
<'beu  behandelten  folgende  Abweichungen:  die  sind  augenscheinlich  in  einem  Streit  begriffen, 
-i^alna,  auch  hier  mit  Stirnbinde,  Ohrgehängen  ^^  den  sie  vor  tinia  bringen.  Die  Figur  der  -^alna 
und  Perlenhalsband  geschmückt,  steht  nicht  hat  sehr  harte  Formen,  so  daß  GerJiard  sie  für 
vor  dem  Zeus  (tinia),  sondern  sitzt  hinter  ihm;  männlich  halten  wollte,  allein  die  Bildung  der 
statt  ihrer  nimmt  hercle  das  hier  epiur  ge-  Haare  zeigt,  daß  das  ein  Irrtum  ist.  Auf  dem 
nannte  Kind  in  Empfang:  ganz  links  haben  Spiegel  Fabr.  nr.  2474 bis  {orig.  ine.  3)  befinden 
wir  statt  des  apulu  als  Zuschauerin  die  turan.  sich  zwei  Figuren :  links  ein  jugendlicher  Mann 
Der  epiur  ist  hier  geflügelt,  der  Knabe  auf  (an^as),  sitzend  und  mit  unbekleidetem  Ober- 
dem  vorigen  Spiegel  nicht;  trotzdem  aberläßt  körper,  links  hinter  ihm  ein  Schwan;  rechts 
die  Darstellung  gerade  auch  der  beiden  von  ihm  die  -O-alna,  gleichfalls  sitzend,  sie  hält 
Kindesgestalten  keinen  Zweifel,  daß  sie  iden-  mit  den  Händen  ein  Band,  welches  in  der 
tisch  sind.  Dieselbe  Szene  führt  uns  in  ge-  ^^  Mitte  ein  Schmuckstück  oder  Amulett  enthält, 
kürzter  Form  auch  der  Spiegel  von  Orvieto  und  ist  eben  im  Begriff  dies  Band  dem  an;jjas 
vor.  Er  enthält  vier  Figuren:  in  der  Mitte  überzuhängen.  Die  Deutung  auf  Venus  und 
den  Herkules  (hercle)  stehend;  in  der  Linken  Anchises,  die  man  der  Szene  gegeben  hat,  halte 
hält  er  das  nackte  neugeborene  Kind,  welches  ich  für  verfehlt.  Auch  der  Spiegel  Fabr.  nr. 
ohne  Beischrift  ist:  zu  seinen  beiden  Seiten  2476 ter  (orig.  ine.  4)  zeigt  nur  zwei  Figuren: 
sitzen  -O-alna  und  '9'an[r j ,  erstere  mit  einem  links  die  sitzende  Venus  (turan),  die  im  Begriff 
Mantel  bekleidet  und  den  Herkules  anschau-  ist,  der  vor  ihr  stehenden  auch  hier  jugend- 
end,  letztere  gleichfalls  völlig  bekleidet  und  liehen  -ö-alna  einen  Kranz  auf  das  Haupt  zu 
die  Linke  unter  das  Kind  gestreckt,  als  wolle  setzen.  Die  Darstellung  des  Spiegels  Fabr. 
sie  es  aus  den  Händen  des  Herkules  in  Emp-  50  nr.  2505  ter  {orig.  ine.  7)  habe  ich  s.  v.  sipnii 
fang  nehmen.  Der  Spiegel  Fabr.  nr.  481  beschrieben.  Stirnbinde,  Ohrgehänge  und  Hals- 
(Chiusi  2),  von  dem  Gerhard  eine  völlig  ver-  band  trägt  die  '9'alana  (so  ist  der  Name  hier 
fehlte  Erklärung  gibt,  enthält  4  Figuren:  ganz  geschrieben)  auch  auf  diesem  Spiegel.  —  Die 
links  einen  Jüngling,  ai;^e  mit  Namen,  der  im  älteren  Erklärer  sahen  in  der  -O-alna  teils  die 
Begriff  ist,  sich  seines  Gewandes  zu  entledigen ;  Inno ,  teils  die  Venus ,  teils  die  Diana.  Dies 
vor  ihm  steht  die  Göttin  euturpa,  bekleidet  alles  ist  abzulehnen.  Mit  der  Diana  bestehen 
und  augenscheinlich  bemüht,  ihn  zu  bewegen,  gar  keine  Beziehungen,  mit  der  Inno  (uni)  aber 
daß  er  sich  in  Liebe  zu  der  rechts  von  ihr  kommt  die -O-alna  auf  dem  Spiegel  Fr/ &r.  nr.  247 (> 
stehenden  mit  einer  Krone  geschmückten  und  zusammen  vor  und  ebenso  auf  dem  Spiegel  Fabr. 
des  Gewandes  bereits  entledigten  weiblichen  60  nr.  2476 ter  mit  der  Venus  (turan)  zusammen. 
Gestalt  geselle,  deren  Beischrift  bisher  altria  sie  kann  also  selbstverstverständlich  weder  mit 
gelesen  wurde;  rechts  von  dieser  steht  die  der  einen,  noch  mit  der  anderen  identisch 
-ö-alna,  bekleidet  und  gleich  der  eutuqDa  be-  sein.  Gewisse  gemeinsame  Züge  hat  sie  mit 
müht,  dem  aij^e  zuzureden;  Stirnbinde,  Ohr-  beiden,  mit  der  luno  Lucina  in  den  vier  Ge- 
gehänge  und  Perlenhalsband  trägt  sie  auch  burtszenen,  mit  der  Venus  in  der  Szene  mit 
hier,  ebenso  auch  die  euturpa.  Diese  bis  jetzt  dem  aixe  und  der  aitria,  aber  nichtsdesto- 
von  niemand  erklärte  Darstellung  zeigt  uns  weniger  ist  sie  eine  besondere  Gottheit,  und 
den  Aigeus  (ai;ue  ist  die  lautgesetzlich  richtige  zwar  eine  rein  etruskische,  wie  auch  ihr  Name 

16* 


463                       Thalpios  Thaniyras                       464 

rein  etruskisch  ist,  ohne  daß  wir  freilich  bis  des  Johannes  v.  Gata  2,  297 ff.  P.  Friedländer, 
jetzt  seine  wörtliche  Übersetzung  zu  geben  Johannes  v.  Gaza  n.  Paulus  Silentiariiis  2 10  f. 
vermöchten.  Alle  die  älteren  Etymologien  aus  [Höfer.] 
dem  Griechischen  oder  gar  Hebräischen,  \*'ic  Thambo  (öa^flw),  Personifikation  des  Stau- 
sie bei  lahretti,  Gloss.  ital.  ttl«  aufgezählt  nens  den  Himmelserscheinungen  gegenüber  (to 
sind,  sind  selbstverständlich  abzuweisen,  und  ngbi  xa  yarioiQa  d^dy^^og^  Plut.Per.6)  in  einem 
es  verlohnt  der  Mühe  nicht,  sich  mit  ihnen  von  Val  Hose,  Hermes  9  (1875),  119.  121  her- 
hier  aufzuhalten.    Vgl.  Thalana.     [C.  Pauli.]  ausgegebenen  byzantinischen  Traktat.     [Höfer] 

Thalpios  SdXniog),  einer  der  vier  im  ho-  Tnaniimasadas  s.  Thagimasadas. 
merischen  Schiffskataloge  genannten  Führer  lo  Thamueiis  (Wa^ivercr),  Hliodier  aus  Jalysö«, 
der  elischen  Epeier  (mit  Beziehung  auf  diese  der  den  schiffbrüchigen  Phorbas  aufnahm, 
Vier-Zahl  spricht  Strnbo  K,  34 1  [siehe  Blümner-  Dieuchidas  (F.  H.  G.  4,  389)  bei  Athen.  G,  262  f. 
Hitzig  zu  Patts.  5,  3]  von  den  vier  iiegidsg  von  Näheres  s.  Bd.  3,  Sp.  2427, 1  ff.  u.  Pliorbas;  vgl. 
Elis:  die  anderen  drei  Epeierföhrer  sind  Am-  BUnkenberg,  Hermes  bO  (191  [>),  291.  Dor  Name 
phimachos,  Diores  und  Polyxeinos),  der  Sohn  gehört  zu  ^a/tvog,  Gesträuch,  Pott,  Zeitsehr.  f. 
des  Eun^s,  der  Enkel  des  Aktor.  Er  führte  vergl.  Sprach  forsch.  9  (1860),  215.  [Höfer.] 
10  Schiffe  gen  Ilion  (//.  B  6 18  ff.).  In  der  Utas  Thamiis  (©a^oCg),  alter  ägyptischer  König, 
wird  er  sonst  nicht  erwähnt.  Quintus  Smyr-  unter  dem  sich  der  Gott  Ammon  birgt,  Plaio 
naeus  12,  323  nennt  ihn  unter  den  Helden,  die  Phaedr.  p.  274  d,  e  verglichen  mit  Synes.  in 
sich  im  hölzernen  Pferde  versteckten.  Nach  20  Dion  11.  12.  Vgl.  auch  den  theophoren  Per- 
einer anderen  Version  der  Sage  war  er  (wie  sonennamen  6>afi-ovg,PZM<.  de  </c/".or.  17  p.  419b  c. 
auch  Amphimachos  und  Polyxeinos)  einer  der  Philostr.  vit.  Apoll.  Tyan.  G,ö.  Parthey,  Ägypti- 
Freier  der  Helena  (ApoVod.  hihi.  3,  lö,  8  Wagn.;  sehe  Personennamen  118.  [Höfer.] 
vgl.  auch  Hygin.  fah.  [ed.  Schmidt  1872]  p.  82,  Thamyras,  Thamyris  (0a;ivpas,  ffdfivgis  — 
12  [==  cap.  81],  wo  jedoch  Tallius  überliefert  über  die  Namensform  s.  unten  Sp.  472  f.  — ), 
ist,  die  Lesung  Thalpios  aber  bereits  auf  die  einer  jener  mythischen  Sänger,  wie  Orpheus,  Mu- 
Emendation  von  Micyllus  in  der  ed.  princeps  saios,  Linos,  von  dem  fiowi. /Z.  2, 594  ff.  berichtet, 
1685  zurückgeht  [vgl.  Schmidt  z.  d.  Stelle]).  daß  ihn,  als  er  von  Eurytos  in  Oichalia,  wor- 
Pausanias  (5,  1,  2  und  5,  3.  3  f.)  und  mit  ihm  unter  man  in  dem  Zusammenhange  nur  das 
übereinstimmend  Eustathios  (z.  II.  B  618  ff.)  30  messenisch-arkadische  verstehen  kann,  kam,  in 
geben  den  genauen  Stammbaum.  Nach  ihnen  Dorion  (s.  unten  Sp.  470  f.),  einer  zu  Nestors 
ist  Aktor  der  Sohn  des  Lapithen  Phorbas  und  Gebiet  gehörigen  Ortschaft,  die  Musen  blen- 
der  Hyrmine,  der  Tochter  des  Epeios.  Die  deten  {nriQbv  d-iöav,  s.  unten  Sp.  468, 30)  und 
beiden  Söhne  des  Aktor  (oder  Poseidon)  und  ihm  die  Gabe  des  (jesanges  und  des  Kithara- 
S'"'^  Molioj^  {so  Eustnth.,  der  nach  den  vswtsqoi,  spielens  nahmen,  voll  Zorn,  weil  er  sich  ver- 
die  beiden  Söhne  Molioniden  nennt;  siehe  auch  messen  hatte,  die  Göttinnen  im  Gesänge  zu 
unter  Aktor,  Kteatos,  Molione),  Kteatos  und  besiegen.  Diese  dem  SchiffsJcataloge  eingefügte 
Eurytos,  heiraten  zwei  Töchter  des  Dexamenos ;  Thamyrisepisode  wird  wohl  nicht  interpoliert 
Kteatos  die  Theronike,  Eurytos  die  Theraiphone.  sein,  wie  z.B.  Düntzer,  Homerische  Abhand- 
Der  Sohn  des  Kteatos  und  der  Theronike  ist  40  lungen  218  meint,  sondern  vom  Verfasser  des 
Amphimachos,  der  des  Eurytos  und  der  The-  Kataloges  aus  altem  Sagenbestand  dem  ur- 
raiphone  Thalpios  (Gerhard,  Griech.  Mythol.  2,  sprünglichen  Gedicht  entnommen  sein,  Bergk, 
S.  241  gibt  eine  genealogische  Tafel  der  „Epeier  Griech.  Literatur gesch.  1,  558  Anm.  16.  Nilsson, 
in  Elis").  —  Bares  (cap.  14)  und  Dictys  (1,  17)  Rhein.  Mm.  60  (1905),  166 f  und  Anm.  1.  Gercke, 
schließen  sich  eng  an  den  Schiffskatalog  an  Neue  Jahrb.  f.  d.  klass.  Altert.  15  (1905),  400; 
und  nenuen  die  vier  Epeierführer  mit  ihrer  vgl.  auch  unten  Sp.  470  f.  Th.  erscheint  hier 
Schiffszahl  unter  den  Griechen  die  ^Athenas  als  wandernder,  von  Fürstenhof  zu  Fürstenhof 
convenerunt^  (Dar.)  oder  'ad  Aulidam  Boeotiae  ziehender  Rhapsode,  K.  0.  Müller,  Orchomenos 
instructas  classes  praemittunf  (Biet.).  Dagegen  388.  Berselbe,  Gesch.  der  griech.  Literatur  1*,  47 
ist  die  Lesung  bei  Hygin  p.  91,  14  (=  cap.  97:  50  (1*,  45).  Bernh.  Gisecke,  Thrakisch-Pelasgische 
Quiad  Troiam  expugnatum  ieruntetqvot  naves)  Stämme  der  Balkanhalbinsel  30. 
Thalpius  Euryti  et  Therephones  ßlius  Mycenis  Auch  als  Schriftsteller  (övYyQ(x(psvg)  wird 
navibtis  X  nur  durch  sehr  kühne  Konjektur  Th.  genannt,  Euseb.  praep.  ev.  10,11  p.  495bc 
erhalten.  Das  Grab  des  Thalpios  (wie  des  (ed.  Giff'ord  2, 47).  Tatian  or.  ad  Graecos  41 
Amphimachos)  befand  sich  in  Elis  (Anthol.  Plan.  (p.  41, 17  Schwartz),  vgl.  G.  F.  Schoemann,  Opusc. 
append.  ep.  9,  18  ==  Aristot.  vol.  5  Fragm.  ed.  acad.  2,6.  Nitzsch  ad  Piaton  Ion.  p.  31.  Nach 
Böse.  fgm.  596  p.  1576^,  22),  während  die  an-  Suidas  s.  v.  Odiivgig  (p.  ilOS  Bernh.)  ist  er  Ver- 
deren  beiden  jener  vier  Epeierfürsten  vor  Ilion  fasser  einer  Theologie;  vgl.  Bergk,  Griech.  Li- 
ihren  Tod  fanden  (11  N  185 f  u.  J  517 ff.;  vgl.  teraturgesch.  1,404  Anm.  265.  E.  Hiller,  Rhein. 
Anthol.  Plan.  a.  a.  0.  ep.  9,  17).  [Ostern.]  60  Mus.  33  (1878),  522.  K.  Sittl,  Gesch.  d.  griech. 
Thalystades  (SccXvaiddrig),  Sohn  des  Thaly-  Literatur  1,  22  und  Anm.  4.  Als  Verfasser  einer 
sios,  d.  i.  Echepolos,  ein  Troer,  von  Antilochos  Kosmogonie  nennt  ihn  Tzetz.  Chiliad.  7,  92  ff., 
erlegt.  II.  4,  458.  Tzetz.  Hom.  37.  [StoU.]  einer  Titanomachie  (nsnoiriKevca  dh  xovtov  lato- 
Thalysias  (©aiuaiag),  die  Höre  des  Sommers,  gstrca  Titdvcav  ngog  rovg  dsovg  noUiiov)  He- 
dargestellt  mit  sonnenverbranntem  Gesichte,  rakleides  Pontikos  hei  Phit.  de  7nus  '6  ip.  11B2B. 
im  dünnen  Gewände,  mit  einem  jcllog  auf  dem  Nach  der  Annahme  von  Welcker,  Ber  Epische 
Haupte,  Sichel  und  Ähren  tragend  und  mit  Cyclus  1,2 30 f.,  die  auch  Gercke,  Neue  Jahrb. 
einer  Schlange  umgürtet)  auf  dem  'Weltbilde'  f.  d.  klass.  Altert.  15  (1905),  400  billigt,  galt  Th. 


465                         Thamyras  Thamyras                         46B 

im  Altertum  auch  lür  den  Verfasser  einer  Oixcc-  Fhilammou  hingegeben,  den  Peloponnesos  und 

liag  äXoiöiii  oder 'llgccytlsia.    Plato  {Jon  533  B  C)  flüchtet  nach  der  Jxrr)  —  damit  ist  nicht  At- 

schreibt  ihm  Gedichte  und  (L<'(/.  829 /i')  Hymnen  tika   gemeint,    sondern    der  auch  uu8  anderen 

zu.  Vgl.  über  die  angeblichen  Schritten  des  Th.  Quellen  bekannte  Wohnsitz  des  Thamyras,  die 

im  allgemeinen  G.  W.  Nitzsc/i,  Beiträge  zur  Ge-  östliche  in's  AthoHgebirge  auslaufende  Halbinsel 

schichte  der  epischen  J'oesie  der  Griechen  39 ii".  der  Chalkidike  {Thuk.  4,109.  Viod.  12,  üH,  vgl. 

0.  Gruppe,  Die  (jriech.  Kulte  u.  Myfhen  in  ihren  unten  Sp.  471)   — ,  wo  sie  gebiert.    Auch  Mu- 
Beziehungen   zu   den   orientalischen   Religionen  sen,  deren  Feindschaft  ihm  später  so  verhäng- 

1,  632.  nisvoll  werden  sollte,  erscheinen  als  Mütter  des 

Thamyras   galt  als  Erfinder  der  dorischen  lo  Thamyras:   Meipomene,   Apollodoros  im  SchoL 

Harmonie,  Giern.  Alex.  Strom.  1,  16,  76  p.  363  i^  AW.  Mhes.  346;  Krato,  Srhol.  Yen.  A  Uom.  IL 

(=  ed.  Stählin  2,  50,  3).    Euseh.  Fraep.  ev.  10,  6  10,  435.    Ku.st.  ad  Hom.  IL  «17,  31.    SchoL  Hes. 

p.  476  c  =  ed.  Giff'ord  2  p.  23  (vgl.  Studemund,  Dp.  1  p.  25.  2H  Gaisford. 

Arch.  Jahrb.  5  [1890],  n).  Plin.  Nat.  hist.  7,  204.  Wie  das  Altertum  eine  Vielheit  von  Trägern 
Das  ist  eine  Spielerei  mit  dem  Namen  des  des  Namens  Orpheus  (Bd.  3,  Sp.  105H,  49  ff.)  an- 
Ortes Üorion,  dem  Homerischen  Schauplatz  der  genommen  hat.  so  hat  auch  neben  anderen 
Bleudung  des  Th.  (nach  Scliol.  Stat.  4,  182  soll  Apollodoros  in  seinem  Kommentar  zum  Schiffs- 
Dorion  auch  der  Geburtsort  des  Th.  gewesen  katalog  zwei  Träger  des  Namens  Thamyris  ge- 
sein),  der  sogar  eben  danach  benannt  sein  soll,  schieden  (SchoL  Kur.  Wies.  916),  einen  älteren, 
weil  Th.  dort  die  'dorische'  Harmonie  erfun-  20  einen  Angehörigen  des  thrakischen  Stammes 
den  habe,  Dositheos  {F.H.  G.  4,  402  frgm.  8)  der  Bisalten  und  Vater  der  Mutter  des  Orpheus, 
iius  Steph.  Byz.  cod.  Segiierian.  p.  X  Westermann  und  einen  jüngeren,  den  Vater  des  Antiochos, 
-  p.  251  ed.  Meineke  adnot.,  wonach  auch  bei  welch  letzterer  die  Pandia,  die  Tochter  der 
^teph.  Byz.  ^.  2b2,  11  ^.  M.  zu  schreiben  sein  Selene,  heiratete  und  Stammvater  des  Ge- 
wird: iv  Joigicü  t]w  tteqI  Mb60riv7]v  v.cx\%ä  (fr]6L  schlechtes  der  \ivxio%i8ai  in  Athen  wurde.  Als 
Joöii^sog,  vTTo  ©a^vga  svQsd^fjvai  ti]v|  uq^ovlccv  Namen  der  Tochter  des  Thamyras,  die  bei 
xal  xfi<s  fVco/lscoff  incavv^iov  ngoörilyoQfvG^ca  Ja>-  Apollodoros  namenlos  bleibt,  überliefert  das 
giov.  Eust.  Hom.  IL  297,  36  (vgl.  W.  Knauss,  SchoL  zu  Tzetz.  Alleg.  Hom.  IL  bei  Cramer, 
De  Steph.  Byz.  Ethnicorum  exemplo  Eustathiano  Aiiecd.  Gr.  Oxon.  '6  ,S16  (abgedruckt  auch  F. 
\Diss.  Bonn.  1910]  p.  12);  vgl.  Weicker,  Griech.  30  H  G.  2,10,10)  und  Tzetz.  Chiliad.  1,  12,  306. 
Trag.  421  Anm.  10.  K.  0.  Müller,  Dorier  2,  317  4,133,279  (vgl.  Loheck,  Aglaopham.  328  Anm.  p) 
Anm.  2.  den  Namen  Meuippe.  x\ls  weitere  Kinder  des 
Nach  der  überwiegenden  Überlieferung  ist  Th.  werden  genannt  Musaios,  Suidas  s.  v.  Mov- 
Thamyras  Sohn  des  Philammon,  Sophokles  (fehlt  Galog  Grißatog  (vgl.  Toepffer,  Attische  Genealo- 
bei  Nauck,  Trag.  Gr.  Frgiu.'-'  181)  in  dem  von  gie  39)  und  Homeros,  Certamen  Hom.  et  Hes. 
Habe  im  Bhein.  Mus.  6'6  (1908),  420  {\g\.  Diels,  p.  43630  Bzach.  Tzetz.  Frooem.  Alle  Hom^U. 
Rhein.  Mus.  a.  a.  0.  422)  herausgegebenen  Scho-  64  p.  6  Boissonade  (=  Matranga,  Anecd.  Gr.  1 
Hon  zu  Eur.  Blies.  916  (vgl.  mit  925)  und  SchoL  p.  3).^ 

a.a.O.  Apollod.  1,3,3  (1,  16  TT.).  Paws.  4,  33,  3.  übereinstimmend  wird  des  Th.  körperliche 
10,  7,  2.  SchoL  Veu.  A  B  Hom.  IL  2,  595.  Eust.  40  Schönheit  und  seine  Kunst  im  Spiel  der  Ki- 
ad  Hom.  IL  298,  39.  SchoL  Hes.  Dp.  1  p.  25  thara  und  im  Gesang  hervorgehoben,  Askle- 
Gaisford  (Foet.  Min.  Graeci  ed.  Gaisford  p.  28).  piades  a.  a.  0.  Apollod.  a.  a.  0.  SchoL  Ven.  A 
-Suidas  s.  v.  Moveaiog  Srßalog  ( p.  890  Bernhardy)  Hom.  IL  2, 595.  Eust.  ad  Hom.  IL  298, 39.  Tzetz. 
und  s.  V.  ©dy^vgig  1)  ©auvgag  (p.  1108).  Eusebius  Chil.  7,  92 if.  Zenob.  4,  27  p.  91.  Daher  wird  der 
Chron.  ed.  Schöne  2,  46  =  SynkelL  308, 1.  Ver-  Name  des  Th.,  der  für  einen  Schüler  des  Linos 
einzelt  wird  als  Vater  Aethlios,  Sohn  des  En-  galt  (Diod.  3,  67)  oft  mit  denen  alter  mythi- 
dymion  —  sonst  ist  Aethlios  Vater  des  -Eudy-  scher  Sänger,  wie  Orpheus,  Olympos,  Musaios, 
mion,  s.d.  Art.  Aethlios  und  Endymion  —  ge-  Phemios,  Demodokos,  Amphion  zusammenge- 
nannt, SchoL  Hes.  Dp.  1  p.  25.  Seine  Mutter  ist  stellt,  Flato  Jon  533  B  C.  Leg.  8,  829  E.  Diod. 
die  Nymphe  Argiope,  Apollod.  a.  a.  0.  SchoL  50  3,  66.  Luc.  de  domo  18.  Dio  Chrysost.  or.  70 
Ven.  A  Hom.  IL  2,  595,  die,  wie  Fausanias  (4,  p.  373  R.  =  p.  239  Dind.  Aristid.  or.  19  p.  448 
33,3)  berichtet,  in  der  Gegend  des  Parnasses  Gant.  =  p.  415  Dind.  Strabo  10,  471.  Aeneas 
wohnte,  sich  aber  während  ihrer  Schwanger-  Soph.Epist.l  (E^nstologr.  Gr.ed. Hercher  p.2ö). 
schaff,  da  sich  Philammon  weigerte,  sie  in  sein  Fhilostr.  Ep.  73  p.  486  Hercher  (=  ed.  Kayser 
Haus  aufzunehmen,  zu  den  thrakischen  Odry-  2,  256).  Fhilostr.  tut.  Soph.  ed.  Kayser  p.  2,  4, 1. 
sen  begab,  wo  sie  den  Th.  gebar,  der  nun  nach  33,  25.  Und  so  erscheint  er  auch  in  der  alten 
dem  Lande  seiner  Geburt  ein  Odryse  und  Thra-  mythischen  Siegerliste  der  Pythien  als  Sieger 
ker  hieß.  Bei  Suidas  s.  v.  Qd^vgig  (p.  1108)  im  Gesang,  wie  vor  ihm  der  Kreter  Chryso- 
heißt  die  Mutter  ligoLvöj]  (vgl.  Loheck,  Aglaoph.  themis  und  (sein  Vater)  Philammon,  Paus.  10, 
373  g),  wofür  man  'AgyLonri  (z.  B.  Heydemann,  60  7,2.  Ed.  Meysr,Gesch.des  Altert.2%Zl^  A.nm.4.. 
Annali  1867,  366  Anm.  1)  vermutet  hat,  eine  Wie  die  Seele  des  Orpheus  in  einem  Schwane, 
Änderung,  die  bei  dem  oft  zu  beobachtenden  .  so  lebt  die  Seele  des  Thamyras  in  einer  Nach- 
Schwanken  mythischer  Genealogie  wohl,  un-  tigall  weiter,  PZa^o  i?ep.  10,  620  A;  vgl.  ProÄ;Zos 
nötig  ist.  Am  nächsten  deckt  sich  mit  dem  z.  d.  St.  (ed.  Kroll  2,313,16.  314, 12  f.). 
Bericht  des  Fausanias  die  nach  ü.  Hoefer,  Die  Zeit  des  Thamyras  ist  wie  die  des  Or- 
Konon  65  f.  auf  Hegesippos  zurückgehende  Er-  pheus,  Musaios  usw.  schwankend :  Nach  Suidas 
Zählung  bei  Konon  7 :  die  —  hier  namenlose  —  s.  v.  ©dfivgig  wäre  Th. ,  Sohn  des  Philammon, 
Nymphe  verläßt  aus  Scham,  daß  sie  sich  dem  öyÖoog   ngb  'O^r]gov,    xavu    de   rivus   rts^Ttrog. 


467                       Thamyi-as  Thamyras                        4()8 

Damit  steht  im  Widerspruche  die  Angabe,  daß  den  Verlauf  des  Wettstreites  wird   nichts  be- 

Thamyras  Vater  des  Homeros  sei  (Sp.  46ß,  35).  richtet,    ebensowenig,   wer   als    Schiedsrichter 

Nach   Euseb.  Chron.  2,  44  {Sifnk.  307,  13)   wäre  (etwa  wie  im  Wettstreit  des  Apollon  und  Mar- 

Philammon  auf  741,  nach  Euseb.  2,46  {Synk.  syas  [a.  d.  Sp.  2442,  35.  50f.  64f.  Sp.  2958,  20tiVJ 

808, 1)  sein  Sohn  Th.  auf  772  nach  Abraham,  dabei  funktionierte.  Höchstens  kann  an  Apollon 

d.  i.  68  Jahre  vor  Troiaa  Einnahme  anzusetzen;  gedacht  werden  (s.  unten  Sp.  469,  62).    An  dem 

Theodoretos  Senn.  2  p.  741  {Migne  PairoL  Ser.  Besiegten  vollziehen  die  Musen  die  Strafe. 

Gr,  88  ="  Theodor.  Graec  ajf'ect.  cur.  2,  49  p.  50  Wenn    als   Mutter  des  Th.   eine  Muse  ge- 

Jiaeder)  setzt  den  Lines  und  Musaios,  den  Tha-  nannt  wird  (oben  Sp.  466, 7),  so  widerstrebt  die 

myris  und  Philammon  Sc^tpl  xcc  Tgoaiytoi.  Damit  lo  von  diesem  für  den  Fall  seines  Sieges  gestellte 

stimmen  überein  A^<se6.  Pr«ep.  fr.  10, 11  p.  496 d  Bedingung,  allen  Musen  beiwohnen  zu  dürfen, 

(2,48  ed.  Gifford)  und  Tatian  or.ad  Graecos  41  dem  'sittlichen    Empfinden,    da   sie  die   Blut- 

(p.  42, 12  ed   Schtrarts  [vgl.  p  41, 17]),  die  den  schände  in  sich  schließt.   Auch  die  Teilnahme 

rhilammon  und  Thamyris  um  nicht  v.iel  älter  der  Mutter  an  der  Blendung  ihres  Sohnes  hätte 

als  den  rur  Zeit  des  troischen  Krieges  lebenden  etwas  Abstoßendes  und  kann  nicht  etwa  durch 

Demodokos  und  Phemios  ansetzen.    Nach  dem  den  Hinweis  auf  Agaue,  die  den  eigenen  Sohn 

oben  angefühlten  Schol.  Ttetz.  Alleg.  (Sp.  466, 28)  Pentheus  zerfleischt,  gerechtfertigt  werden.  Man 

ist  Th.  Zeitgenosse  des  Kadmos  und  Ciroßvater  darf  also  wohl  annehmen,  daß  alle  diejenigen 

des  Orpheus.  Kadmos  ist  nach  Tzetz.  Alka.  Prol.  Quellen  und  Kunstdarstellungen,  die  die  Blen- 

67  flP.  Lehrer  des  Linos,  dieser  Lehrer  des  Or-  jo  düng  des  Th.  durch  die  Musen  behandeln,  als 

pheus,  Herakles  und   Pronapides,  Pronapides  seine  Mutter  nicht  eine  der  Musen,   sondern 

wieder  Lehrer  des  Homer.    Bei  Diod.  3,  67  ist  die  Argiope,  auch  wenn  sie  über  ihren  Namen 

Linos  Lehrer  des  Herakles,  Thamyras  und  Or-  mit    Stillschweigen    hinweggehen,    angesehen 

pheus.  Tüftees  hat  also,  wahrscheinlich  Willkür-  haben.    Dagegen  ist  es  wohl  denkbar,  daß  die 

lieh,  den  Thamyras  bei  Diodor  durch  Pronapi-  Version,   die  dem   Th.  eine  Muse  zur  Mutter 

des  ersetzt,  wie  er,  wohl   gleichfalls  willkür-  gegeben  hat,  diejenigen  Vasenbilder  beeinflußt 

lieh,  den  Thamyras  und  Kadmos  zeitlich  gleich-  hat,    die   einen    freundlichen,   zum   mindesten 

setzt,  Bohde,  Rhein.  Mtis.  SB  (ISSl),  3Sb  Aum.  2  nicht   feindlichen   Verkehr   zwischen   Th.   und 

a.  E.  (=  Kleine  Schriften  1,6  Anm.  2  a.  E.).  564  f.  den  Musen  zeigen. 

{=:  Kl.  Sehr.  2, 101  f.).  Über  die  Annahme  eines  so  Über  die  von  Homer  gemeinte  Strafe,  die 
älteren  und  jüngeren  Th.  s.  oben  Sp.  466,  14.  den  Th.  betroffen,  über  den  Ausdruck  ^tii^qov 
Ist  es  bei  Homer  (b.  oben  Sp.  464,32)  nur  das  ^tßav'  schwanken  die  alten  und  auch  die  neue- 
Pochen  auf  eigene  (Geschicklichkeit  {K.  Lehrs,  ren  Ausleger,  wenngleich  die  letzteren  mit  we- 
Populäre  Aufsätze  au^  dem  Altertum  51),  der  nigen  Ausnahmen,  z.  B.  von  L.  Doederlein,  Ho- 
Stolz  und  das  Selbstbewußtsein  des  Künstlers,  merisches  Glossariiim  2,  812,  S.  237,  sich  für 
das  den  Th.  zu  seinem  Wettstreit  mit  den  eine  Blendung  entscheiden.  Boederlein  meint, 
Musen  treibt,  so  ist  es  in  den  späteren  Quellen  in  der  Regel  pflegten  die  Götter  den  Menschen 
noch  ein  anderes  Motiv,  das  erotische,  das  an  dem  Gliede  zu  strafen,  mit  welchem  er  ge- 
Furtwängler^  Berl.  Phil.  Wochenschr.  1888, 1451  sündigt  hat  (es  konnte  verwiesen  werden  auf 
schon  für  den  Thamyras  des  Sophokles  in  An-  40  Schol.  Soph.  Ai.  118:  xai  tovto  öl  'Ohijqov  Trat- 
spruch nimmt.  ^Als  die  Musen  nach  Thrakien  Ssv^cc,  ort  iq)'  olg  ccvxovei  xivsg  tovtav  gtsqovv- 
gekommen  waren',  berichtet  Asklepiades  im  xoci  tkxqo.  dscov,  cog  xat  0ccfivQig  t7]v  {lovoi-ativ 
Schol.  Eur.  Bhes.  ^JIB,  'trat  Th.  an  sie  mit  dem  xal  Nioßri  r&v  teyivcov);  das  Augenlicht  aber 
Ansinnen  heran,  ihnen  allen  beizuwohnen,  da  stand  in  keiner  Beziehung  zu  des  Thamyris 
es  ja  thrakische  Sitte  sei,  daß  ein  Mann  mit  Frevel,  dem  Übermut.  Man  könnte  deshalb  an 
vielen  Frauen  verkehre.' —  Über  die  Sitte  der  Wahnsinn  (vgl.  Sp.  467.  63)  denken;  noch  natür- 
VielweibereibeidenlTirakern  8.  JETeraÄr/etd.  Pow-  lieber  aber  sei  es,  anzunehmen,  daß  die  Musen 
tikos  frgm.  28.  F.  H.  G.  2,  220.  Arrian  frgm.  7.  den  anmaßlichen  Sänger  stumm  gemacht  hätten, 
F.  H.  G.  3,  593 f.  Solin  10,  3  p.  67,  lOf.  Momm-  nriQov  Ti]g  qxovfjg.  Der  Dichter  habe  diese  nähere 
sen*.  —  'Die  Musen  nahmen  sein  mit  dem  Vor-  50  Bestimmung  darum  weglassen  können,  weil  sie 
schlag  eines  Wettstreites  gepaartes  Ansinnen  sich  aus  Vers  595  {navßccv  Scoidfjg)  leicht  er- 
unter der  Bedingung  an,  daß  sie  im  Falle  ihres  raten  lasse.  Und  so  erklären  es  z.  T.  auch  die 
Sieges  mit  ihm  nach  Belieben  verfahren  könn-  Scholien:  Schol.  Ven.  A  (vgl.  Eust.  ad  Hoin.  II. 
ten,  während  er,  wenn  er  siege,  von  ihnen  so-  299,  25 f.):  Trtjpov,  ov  rvcpXöv,  cb?  &7ceSe^ccvto  ol 
viel  er  wolle,  als  Frauen  nehmen  dürfe.  Die  vbooxbqoi.,  ScXXä  xfjg  ajdfjg  nriQov  {vgl.  Schol.  Soph. 
Musen  siegten  und  beraubten  ihn  des  Augen-  Aias  118)  xL  yccg  riv  avxm  ßXaßsgov  xit^apoodw 
lichtes.'  Damit  deckt  sich  der  Bericht  bei  övri,  sl  xöav  ocp^aXuüv  ißxsQ^d-ri,  Schol.  Ven.  B: 
Apollod.  1,3,3  (1 ,  17;  vgl.  Zenob.  4,  27  p.  91),  xb  8b  ti7\qov  ^ieav  &vxl  xov  xijg  xixvns  ^navöccv 
nur  daß  es  hier,  wie  bei  Homer,  heißt,  daß  sie  xal  ?xqppova  avxbv  irtolriaocv.  Andere  wieder 
ihm  auch  das  Kitharaspiel  und  den  Gesang  60  hielten  an  der  Deutung  von  nriQog  =  xvcpXog 
genommen  hätten;  dasselbe  berichtet  Schol.  fest,  zu  welcher  Strafe  sie  dann  im  Gegensatz 
Ven.  A  Hom.  II.  2,  595  und  Eust.  Hom.  11.  298,  zu  Demodokos  {Hom.  Od.  8,  63 f.)  eine  zweite, 
42,  nur  daß  Th.  auch  noch  den  Verstand  ver-  noch  härtere,  die  Entziehung  der  Stimme,  füg- 
liert.  Im  Schol.  Ven.  B  Hom.  II.  a.  a.  O.  und  ten;  vgL  Eust.  a.  a.  0.  299,  30:  dt;o  na%Elv  xov 
bei  Eu^t.  Hofn.  II.  298,43  setzt  Th.  für  sich  0d^vgiv,  ö^E(og  nriQcoGiv  xal  ccoidfig  cccpaigsöiv 
selbst  im  Falle  der  Niederlage  die  Blendung  (vgl.  Dio  Chrysost.  or.  13  p.  428  B.  =^  p.  247 
f»*st  und  bedingt  sich  im  Falle  des  Sieges  die  Bind.).  Der  von  Homer  gebrauchte  Ausdruck 
Hand  einer  Muse  aus.    Th.  unterliegt:  über  nriQog  kehrt  in  dem  unten   Sp.  475,  lö   ange- 


469 


Thamvras 


Thamyras 


470 


führten  Epigramme  wieder.  Sonst  wird,  wie 
auch  in  einer  Anzahl  von  Kunstdarstellun^en 
(s.  unten  Sp.  474),  die  Blc-ndung  als  «nnzige 
oder  wenigstens  als  Hauptstrafe  genannt,  8. 
außer  den  obigen  bereits  angeführten  Stellen 
ferner  JiJtir.  Uhes.  9'2^i'.  ///o(/.  «,Gü.  7'imaios  hei 
Parthcn.  29,  -'.  fiilian.  KpiM.  41  (p.  7(>  Heyler  = 
p.  3Ü3  Epistologr.  Gr.  ed.  Ifercher).  Tzetz.  Chü. 
7,  9^i.  Frolclos  in  Flato  Uep.  10,  G20a  (p.  2,  314, 
19.  316,9  v^.  Kroll).  Dionysios  Korinthios  [\\^c\i 
Cramer,  Anecd.  Gr.  Paris,  i,  20  Anm.  1)  in  Anecd. 
Gr.  Paris.  1,  38,  28  Dionysios  de  avibus  2,  8 
in  Poet.  Bucol.  A.  Did.  Gr.  ed.  Lehr.s  (Paris, 
Didot  1862)  p.  118.  Ov.  Ibis  272.  Propert.  2,  22, 
19.  Eine  rationalistische  Detitung  führt  Pausa- 
nias  (4,  33,  7)  an:  Th.  habe  infolge  einer  Krank- 
heit das  Augenlicht  und  in  der  Folgt;  auch 
noch  seine  Stimme  verloren. 

Nach  seiner  Blendung  soll  Th.  seine  Lyra 
in  den  Fluß  BuIvqu  {Bursian,  Geographie  von 
Griechenland  2,  163  mit  Anm.  2)  geworfen  ha- 
ben, der  infolge  dessen  (also  Ableitung  von 
ßccXXsiv  und  Xvqcx;  vgl.  Welcher,  Gr.  Trag.  427 
Anm.  19)  seinen  Namen  erhalten  habe.  Paus. 
4,  33,  3.  Nach  Pud.  Heberdey,  Die  Beisen  des 
Pausanias  in  Griechenland  (Abhandl.  des  arch.- 
€fpigr.  Seminars  der  Universität  Wien  X)  S.  65 
geht  die  Notiz  des  Pausanias  auf  einen  Homer- 
kommentar zu  IL  2,  595  ff.  zurück,  der  den  Aus- 
zug des  Th.  von  der  Burg  des  Eurytos  in  Oicha- 
lia  bis  nach  Dorion,  wo  ihn  sein  Schicksal  er- 
eilte, erzählte;  Pausanias  hat  irrtümlich  das 
Wegwerfen  der  Lyra,  das  natürlich  an  den 
Quellen  des  Flüßchens  Balyra  in  der  Nähe  des 
angeblichen  Doriou  anzunehmen  ist.  an  den 
Übergang  über  den  Fluß  verlegt,  da  er  die 
Balyra  überhaupt  nur  in  der  Nähe  von  Messene 
ewähnt.  Das  Wegwerfen  oder  das  Zerbrechen 
der  Lyra  nach  der  Niederlage  ist  ein  öfter 
dargestellter  Vorwurf  in  den  Kunstdenkmälern 
(s.  unten  nr.  A  ff.),  und  auch  Soph.  frgm..  223  N- 
aus  Plut.  de  cohib.  ira  5  p.  455  D :  Qr\yvhg  xqv- 
öodiTOv  yiiQccg,  QTjyvvs  äQiLOvlav  xoqöovovov 
XvQCi^  bezieht  sich  auf  das  Zerbrechen  der  Lyra, 
Kurz  nach  seiner  Blendung  scheint  Th.  ge- 
storben zu  sein  (vgl.  Eur.  Bhes.  915).  Wie  Paus. 
4,33,7.  9,5,9  berichtet,  soll  Th.  nach  dem 
Dichter  der  Minyas  ebenso  wie  Amphion  für 
seine  Überhebung  im  Hades  bestraft  worden 
sein;  doch  hat  Pausanias  nicht  unmittelbar 
aus  der  Minyas  geschöpft,  v.  Wilamowitz,  Ho- 
mer. Untersuchungen  223.  340  f.  A.  Kalkmann, 
Pausanias  der  Perieget  259. 

Nach  einigen  ist  das  Sternbild  des  Engo- 
nasin  der  von  den  Musen  geblendete,  um  Scho- 
nung auf  den  Knien  flehende  Thamyris,  Hygin. 
Astrom.  2 ,  6  (p.  42,  9  f  Bunte).  Schol.  zu  Arat 
75  {E.  Maaß,  Commentariorum  in  Äratum  re- 
liquiae  p.  353,22);  vgl.  Fr.  Boll,  Sphaera  100. 

Späte  Quellen  beschränken  den  Streit  des 
Th.  nicht  auf  die  Musen  allein,  sondern  ziehen 
auch  den  ApoUon  mit  herein  oder  setzen  ihn 
an  Stelle  der  Musen;  vgL  Mythogr.  Lat.  1,197: 
Thamyris  cates,  quem  Musae  diu  contra  se  et 
Apollinem  carmine  suo  contendentem  caecasse 
dicuntur.  Schol.  G  Ov.  Ibis  272:  Thamiras  cum 
Apolline,  Demodocus  cum  Musis  certaverunt. 
Schol.  C  Ov.  Ibis  a.  a.  0. :  Et  Thamiras  et  De- 


modocus superati  sunt;  Thamira.^  ab  Apolline, 
Demodocus  a  Musis,  unde  lumina  amiserunt. 
Auch  Kikephoros  Progymnas.'J  in  Rhet.  Gr.  ed. 
Walz  1,437  läßt  sich  hierher  ziehen:  Th.  er- 
hebt sich  über  die  Musen  und  schmäht  sie, 
weder  sei  Zeus  ihr  Vater  nocli  Apollon  ihr 
Lehrmeister.  Möglicherweise  erklärt  sich  hier- 
aus die  Gegenwart  des  Apollon  auf  dem  Vasen- 
bilde   unten   nr.  G,    wenn   wir   die    dafür  von 

10  I*Mr<«ä>?_7Zcr  gegebene  Deutung  annehmen.  Ganz 
vereinzelt  ist  die  Notiz,  daß  Th.  mit  den  Mu- 
sen und  Seirenen  gestritten  habe  (^'p'»«  •  •  • 
2^6iQ^at  dh  xai  MovGaig  S6hlv(}1^  6  iiccivöusvog)^ 
Arg.  Arist.  Ban.  4  (p.  274  der  Ausgabe  der 
Scholia  von  Dübner). 

Als  besondere  Eigentümlichkeit  von  ihm 
wird  angegeben,  daß  er  zwei  verschiedene  Augen 
gehabt  habe:  rmv .  .  .  ocpd^aXuobv  rov  ^ihv  os^ibv 
Xtvxbv  eIvcci,  rov  dh  Scqigtsqov  yiiXavu.,    Askle- 

•20  piades  a.  a.  0.;  vgl.  Schol.  Ven.  B  Hom.  II.  2, 
595.  Pollux  4, 141,  an  welchen  beiden  Stellen 
es  heißt,  daß  das  eine  Auge  schwarz,  das  an- 
dere yXa.vy.0?  gewesen  sei.  Nach  Welcker,  Gr. 
Trag.  427  bezieht  sich  die  Notiz  des  Pollux  auf 
die  Maske  des  Thamyris:  dieser  ist  erst  sehend 
und  nachher  blind  {yXavKog  =  mit  einem  yXocvr 
Kwucc,  dem  blauen  und  dem  grünen  Star  be- 
haftet) auf  der  Bühne  erschienen;  die  Schol ien 
zu  Homer  hätten  diesen  Umstand  von  der  Maske 

30  des  Thamyris  auf  diesen  selbst  übertragen 
und  eine  falsche  Erklärung  hinzugesetzt.  Aber 
w^arum  soll  man  dem  Th.  nicht  selbst  Augen 
von  verschiedener  Färbung  der  Regenbogen- 
haut zugeschrieben  haben?  So  wird  von  dem 
byzantinischen  Kaiser  Anastasios,  der  deshalb 
den  Beinamen  .dUoQog  führte,  berichtet,  daß 
er  ccvo^oiccg  aXXriXaig  rag  -nogag  eI%s  r&v  öq^d-aX- 
liobv.  rfj  utv  yciQ  Tjv  ro  XQ&iicc  nsXdvrsQOv,  rj 
dh   Xccia.   TCQog  ro   nsXdvrsgov  ^;|jßö)itart(TTO ,    Zo- 

40  naras,  Epitome  14,  3,  2  p.  53  D  (=  ed.  M.  Pin- 
der  3, 133,  10 ff.);  vgl  Malalas  16  p.  392,  8  ff. 
ed.  Bon.:  iv  ra  ds^La  ocpd-aXaa  i^ov  rrjr  xo- 
Qr\v  yXav'/.i]v  Tcai  iv  ra  agiorsgco  aiXuivav.  Die 
Gemahlin  des  Kandaiiles,  Nysia,  soll  gleich- 
falls zwei  verschiedene  Augen  gehabt  haben 
{di-KOQog  -Kccl  6lv(OTCB6rärr\),  Ptolem.  Heph.  bei 
Phot.  Bibl.  p.  150b,  20.  Nach  dem  Anonymos 
in  Cod.  Paris.  2991 A  {Boissonade  ad  Marini 
vit.  Prodi   p.  130)    sind   Augen    verschiedener 

50  Färbung  ein  Merkmal  von  Unbeständigkeit  und 
Unwiderstehlichkeit  {cc6rdrov  yvcoQLGucc  xal  ccvv- 
Ttoördrov). 

Als  Ort  des  Wettstreites  und  der  Blendung 
ist,  wie  wir  oben  sahen,  bei  Homer  {II.  2,  594) 
Dorion  genannt;  vgl.  Strabo  8,  339.  350.  Stat. 
Theh.  4, 181.  Lucan.  bell.  civ.  6,  352  und  Schol. 
z.  St.  (Adnot.  super  Lucanum  ed.  Endt  p.  219), 
Dagegen  hätte  nach  Oros  bei  Stej^h.  Byz.  s.  v. 
z/wTiör  p.  258  Meineke  {'Slgog  .  .  .  ygdq)BL  ^  xal 

60  tcc  Ttsgl  Ody^vgLv  iv  Jagla  TcagiGrogovvrog  rov 
Ttoirirov  TtdXiv  'HoloSog  zicorito  iv  Ttsöico  cpdaxsi 
avrbv  rsrv^Xmad'aL')  Hesiod  als  Ort  die  Ebene 
Dotion  in  Thessalien  genannt.  Für  'H6ioöog 
hat  freilich  Fr.  Osann,  Philemonis  Grammatici 
quae  supersunt  p.  305  f.  Anm.  "Hgtodiavog  ein- 
gesetzt, wogegen  Fr.  Bitschi,  De  Oro  et  Orione 
59  f.  {Op.  1,649)  Widerspruch  erhoben  hat.  B. 
Niese,  Der  homerische  Schiffskatalog  als  histo- 


471                       Thamyras  Thamyras                       47::-^ 

ris€j»e  Quelle  betracJiUt  '22  ist  der  Ansicht,  daß  Der  Umstand,  daß  Th.  vor  ApoUoii  den  Hya- 

diesee  ' hesiodeische  Fragment',  das  übrigens  kinthos  geliebt  hat,  hat  Weruiche,  Arch.  Jahrb. 

auch  Marckschf'ff'el,  Hesiodi,  Eumeli  nsvf.  Frag-  7  vlSU'i),  21ä  veranlaßt,  in  Th.  eine  Hypostase 

menta  p.  389  frgm.  267    unter   die   ^fragmenta  des  Apollon  zu  erblicken. 

faUa^  gerechnet,  das  von  Kinkel,  JEpic.  Graec.  Literarische  Behandlung  hat  die  Thamyras- 

Fragm.   GoettUng-Flach^  und  Rzach  (ed.  anni  sage,  vkrie  aus  dem  allerdings   leider  vorstüm- 

1884;    in    der    Ausgabe   von    1902   rechnet    es  melten  Schoüon  zu  Enr.  Jihes.  91G  hervorgeht, 

Rtach  p.  406  frgm.  246   unter   die   'fragmenta  durch    Äisvhylos   erfahren:    ;rap'  AiyöxvXfo   dh 

dubia*)    gar    nicht    aufgenommen    worden    ist,       tu  :TtQi  tov  6)aji(U(ur  xa^ rtgov  &(pi^- 

während  Stttl,  Wiener  Studien  12  (^1890),*  64  f.  lu  yijvrai.    Die   Lücke    nach   xai   wird   von  Eabe 

es  für  echt  halt,  die  Quelle  für  die  Thamyris-  durch  <^rccs  Movaag  &XQißioyTSQov  ergän/t.   Ob 

episode  im  Homerischen  Schiffskataloge  (s.  oben  man   aus   dieser  Notiz  ein   Drama    ("ya^ivQag 

Sp.  464, 26)  sei,  indem  der  Verfasser  durch  einen  des  Aischylos  erschließen  darf  —  erhalten  ist 

Gedächtnisfehler  getäuscht  das  Uesiodische  Do-  dieser  Titel   in   dem   im   codex   Mediceus  be- 

tion   gegen  Dorion  vertauscht  habe.    Auch  W.  findlichen     xatdloyo^     ribv    'Aia^rlov    d^aiiä- 

Christy  (iriech.  Litteraturgesch.  20' Anm.  2  (20*  rwv  nicht;  vgl.  .4.  Dieterich,   Rhein.  Mus.  48 

Anin.  6)  halt  Dotion  für  den  älteren  Schauplatz.  (1893),  141  ff.  143   und  bei  Pauhj-Wissowa  1, 

Nach  Stttl  a.  a.  O.  meint  Stephan,  v.  Byzanz  a.  1072 f.  —  oder  ob  der  Mythos  von  Th.  in  einem 

a.  0.,   daß  Oros  mit  Unrecht  eine  Doppelheit  der  uns  wenigstens  dem  Titel  nach  bekannten 

der  Form   statuiere,  da  auch  bei  Homer  Ja-  20  Dramen  behandelt  war,  entzieht  sich  jeder  Ver- 

Tio),  nicht  Joagio)  zu  lesen  sei.    Nach  Meineke  mutung.    Im  letzteren  Falle  könnte  man  etwa 

zu  Steph.  Byz.  a.  a.  0.  ließ  Homer  die  Szene  an  die  'HScovol  denken,  das  erste  Stück  der 

in    Dorion,   Heaiod  in   Dotion   sich   abspielen;  Av^ovgysicc  {'Hdoavol,   Baoöccgidtii,    Nsccviöxot, 

hieraus  hat  Oros  geschlossen,  daß  Dorion  und  Avxovgyog  aatvgiyiog),    in   dem   vielleicht   der 

Hotion  verschiedene  Formen  eiuesunddesselben  Thamyrasmythos  als  Episode  erzählt  war  als 

Namens  seien.   Enripides  hn.t  {EJi  es.  9i2:, — das  warnendes    Beispiel,   wohin    Überhebung   den 

Schal,  z.  d.  St.  im  Philologus  63,421:  Uäyyaiov  Sterblichen  führt.    Über  den  Thamyras  des  So- 

ögyävoiaiv    Ildyyaiov  ögyu  [so!]   ovt£  ntgi  xb  phokles  s.  Welcker,  Griech.  Trag.  1,  419 ff.    Fr. 

Uäyyaiov  gjijffi  Sia{uXX<^&Gy%^ai  xccg  Movaag  reo  Müller,    De   Graecorum    deoriim  partihus   tra- 

Sa\jLvgidi  leidet  an  noch  nicht  geheilten  Korrup-  30  gicis  {Keligionsgesch.  Versuche  und  Vorarbeiten 

telen  — )  die  Blendung  an  das  Pangaiongebirge  8,  III)  p.  57  f.  Furtwängler,  Berl.  Phil.  Wochen- 

verlegt;  und  aus  Soph.  fr.  216  Nauck-:    ©gijö-  schrift  1888,  lj450f.;  die  Fragmente  bei  Nauck, 

aav  6%oniäv  Zr^vbg  A^aov  darf  man  trotz  des  i^.  T.  6r.-p.  181  ff. /r^iw.  216  ff.  Zu  dem  von  iV^awcA; 

Widerspruches  \on  A.  Riese,  Jahrb.  f.  Mass.  eingeklammerten   Fragment  221    s.  C.Robert, 

Phil.  115  (1877),  .233  wohl  schließen,  daß  auch  Oidipu8  2,^J2  Anm.  179,  der  es  unter  Benutzung 

Sophokles  die  Szene  des  Wettstreites  nach  Thra-  einer  Verbesserung  von  v.  Wilamowitz,  Homer. 

kien  verlegt  hat,  Welcker,   Gr.  Trag.  420.    L.  Unters,  ^ih  Anm.  26  liest:  ^x  \l\v  dga  X^oviov 

Preller,  Rhein.  Mus.  N.  F.  4  (1846),  405  Anm.  {'Egix^-oviov   cod.)   itoxuLÜGtLov   böxs&s   kovqov 

12.    Auch  Asklepiades  in  dem  schon  wiederholt  AvtöXvkov,  tcoHcov  xxsdvav  üiviv  jlgyst  y.oiio): 

angeführten  Schol.  Für.  Rhes.  916  läßt  die  Mu-  40  nach  Robert  sang  Thamyris  das  Lied,  von  dem 

Ben  nach  Thrakien  kommen  und  dort  von  Th.  ein  Rest  in   unserem  Fragment   erhalten   ist, 

zum  Wettstreit  aufgefordert  werden.  Die  schon  bei  einem  Wettstreit  mit  den  Musen  und  pries 

oben  Sp.  466,  2 ff.  mitgeteilte  Version  des  Pau-  darin  seine  göttliche  Abstammung:  seine  Groß- 

saniiis  (4,  33,  3)  und  des  Konan  (7)  lassen  den  mutter  Philonis  gebar  von  Hermes  —  im  Liede 

Th.  im  Lande  der  Odrysen  bzw.  auf  der  Akte  X^oviog    genannt  —    den    Autolykos;    soweit 

geboren  werden,  und  wenn  Kofion  ihn  von  den  ist  das  Lied  erhalten;  nun  folgte,  daß  sie  in 

Skythen  zu  ihrem  Könige  gewählt  werden  läßt,  derselben   Nacht    von   Apollon    Mutter   seines 

80  ist  dies  wohl  nur  eine  Folge  des  Schwan-  Vaters  Philammon  wurde.    Nach  Athen.  1,20F 

kens  der  Begriffe  Zxvd^ai  und  ©gaxbg  {Jo.  Arn.  spielte  Sophokles    bei   der  Aufführung   seines 

Kanne,   Cononis  narrationes  p.  83.    ü.  Hoefer,  50  Thamyris  selbst  die  Kithara;  vgl.  auch  Vit.  Soph. 

66f.),  und  so  nennt  ihn  a,vich  Strabo  7,  SSI  frgm.  ö:  qpaffi  6h  oxt,  xat  xid'dgav  dvalaßcov  iv  ybövca 

35  (==  Eust.  ad  Hom.  II.  299,  6)  einen  Thraker  xa  (iiovcoäm,  Welcker,  Gr.  Trag.  425)  OaiivgiSi 

und   König   auf  der   Akte.     Die    Bezeichnung  noxe  ixid^dgiasv,   od'Bv  xai  iv  xy  noiyiiXrj  Gxoä 

^Thraker'  führt  er  auch  sonst  fast  durchgängig  iiexcc  v.iQ'dgag  ahxhv  ysygdcp&ai.    Man  hat  aus 

in  allen  Quellen;  vgl.  Giseke  a.  a.  0.  29.  54 f  dieser  Stelle  geschlossen,   daß  Sophokles   von 

Gruppe,  Roschers  Myth.  Lex.  3,1078,28  unter  Polygnotos  als  zitherspielender  Thamyris  in 

Orpheus.  der  bunten  Halle  dargestellt  gewesen  sei,  Christ, 

Wie  seine  Liebesbegierde  nach  den  Musen  Griech.    Litteraturgesch.    235.    /.  /.  Bernoulli, 

hervorgehoben  wird,  so  gilt  er  auch  als  erster  Griech.  Ikonographie  1,124.   Doch  ist  diese  An- 
nca6£ga6xi]g:   Tcgibxog  dg^diisvog  igäv  Scggevav^&i  nähme,  so  sehr  sie  möglich  ist,  nicht  erwiesen, 

Apollod.  1,3,3.  Schol  Ven.  A  Hom.  II.  2,595;  Hauser,  Oesterr.  Jahreshefte  8  (1905),  36. 

2feno6.  4,  27  p.  91, 10.    ala^gov  igcax'a   voffrjaag.  Eine  Komödie  Oa^ivgag  dea  Antiphanes  er- 

Fust.  ad  Hom.  II.  298,  40.    Als  den  Namen  sei-  wähnt  Athen.  7,  300c  {Meineke,  Com.  Gr.  frgm. 

nes  Geliebten  gibt  Apollod.  a.  a.  0.  (vgl.  Arnob.  3,  55  =  Kock  2,  52). 

adv.  nat.  4,2,6.  Clem.  Alex.  Protr.  p.2lSiSylb.)  Namen  und  Etymologie: 

Hyakinthos,   Suid.  s.v.    Gd}ivgig  (p.  1108,11)  Nach  Cyrillus  bei  Cramer,  Anecd.  Gr.  Paris. 

Hymenaios  an.    Man  hat  bei  ^j9o//odor  Hyme-  4, 183, 13 ff.    {@d\ivgiv:    xov    Sdfivgiv,    o   ißxiv 

naios,  bei  Suidas  Hyakinthos  korrigieren  wollen.  övoiia  xvgiav,  6  Od^ivgig  -nid^agog  ©gaxbg  [xi- 


47a 


Tiiarayras 


Thamyras 


474 


d'ccQcodös  ('•)Q<xxixug,  ^>auc/>- ,  Trag.  Gr.  b'rijui.- 
181 1  Sv6(pr,(iog.  ,'irrtxoi  d^  (■)aurQa'^  (Hufivgäi^ 
cod.)  ist  &a^vQas  die  attische  Form  des  Na- 
mens. Auch  Flato  hat  duiclifjchends  die  Form 
Occuvgag,  die  sich  auf  der  Vase  H  findet. 

F.W.  Fordihammer,  f  feilen  ika  1,321  wollt«; 
in  Thamyris  (von  d'dco,  xtäucc  und  vq  .  .  .)  'den 
Heros  des  rieselnden  Wussers'  erkennen,  ""wel- 
ches  im  Sommer,  nachdem  Apollon  seinen  und 
des  Thamyris  Lieblinf?,  den  Hyakinthos,  mit  lo 
dem  Sonnendiskos  getötet,  in  den  Sand  ver- 
siegt, wenn  Thamyris,  mit  den  Musen  im  Wett- 
streit, seiner  Leier  und  seiner  Augen,  d".  h.  des 
rieselnden  und  glänzenden  Wassers,  beraubt 
wird'.  Auszugehen  hat  die  Erklärung  von  He- 
aych.  Od^ivQis  Tcav^yvQig,  avvodog,  i)  Ttvxvotrig 
xivöiv.  ^art  y.ul  yivgiov  övo^ia  und  He^ych.  ■9-a- 
fivQi^bi.  ad'Qoi^si,  öwdyti;  vgl.  Fick-Bechtel,  Die 
griecli.  Personennamen  420.  Vott,  Kuhns  Zeit- 
schr.  für  vergleichende  Sprachforschuvg  9  (1860), 
417,  und  so  erklärt  Gruppe,  Gr.  Myth.  543,  4. 
5  den  Thamyris,  dessen  Name  wahrscheinlich 
dem  des  Athamas  (s.  d.)  gleichbedeutend  sei, 
als  den  bei  der  Festversammlung  funktionie- 
renden Priester.  Tomasch eJc,  Die  alten  Thraker 
2, 1  {Sitzimgsher.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  inWieu, 
philos.-hist  Gl.  130  [1893]  S.  50  deutet  den  Na- 
men als  Xomponist,  Dichter,  Sänger'  (so  schon 
Welcker,  Ep.  Cycliis  151)  oder  als  ^fahrenden 
Sänger'.  Nach  Movers,  Die  Phönizier  2,  2,  275  30 
Anm.  50  a  und  Welcker,  Ep.  (hjklus  150  Anm. 
185  wäre  Thamyras  ==  Tamiras.  Ob  der  für 
TouvQLg,  den  Namen  der  skythischen  Königin, 
bei  den  Römern  gebrauchte  Name  T(h)amyris 
{K.Peiper,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  107  [1873],  397) 
in  irgend  welchem  Zusammenhang  mit  unserem 
Th.  steht,  bleibe  dahingestellt.  Als  Personen- 
namen findet  sich  Thamyris  (s.  d.)  als  Name 
eines  Königs  der  Saken 


weisen  (Herod.  (>,  127)  Sybariten  .\myri-.,  der 
von  den  Sybariten  nach  Delphi  geschickt  dem 
durch  richtige  Auslegung  eines  Orakels  von 
ihm  vorausgesehenen  l'nteigang  seiner  Vater- 
stadt entging,  obwohl  er  sich  durch  seine 
Handlungsweise  den  Vorwurf  der  iiccvia  zuzog, 
Athen.  VI,  i)20ii.  Nach  Eust.  a.a.O.:  '  iariov 
OB  üTt  xai  "j^fivgig  ttg  B'rQr}xat  Öixu  rov  ö"  tV 
Talg  Tö}v  nccnoiuiuiv  dvuygucpcctg  hl'rs  uovaiytög 
8irs  xofi  i-rsQolog  ()i6  xui  hv  tt/  Ttagoifiio:  Tj)  Xs- 
yovci]  Oäfivgig  uaivitUL  xivi:g  "Ayivgiv  i-yoa%'av 
(Mxcc  rov  iv  ccgxicig  d-^  könnte  man  aus  der  He- 
zeichnung  des  Qd^ivgig  bzw.  "ApLvgtg  als  Vov- 
aixog^  eine  Beziehung  auf  den  mythischen 
Thamyris  annehmen.  Noch  deutlicher  ist  eine 
solche  Beziehung  ausgesproclien  bei  Eustathios 
Opuscuhi  ed.  Tafel  p.  2tJö.  48:  tomurrj  rig  ouiatg 
(=  Eigendünkel,  törichter  Wahn)  y.al  rov  nu- 
goiULcc^Ofinrov  Gd^Lvgiv,  tl'rs^'J^VQLv^  v-:t£^ijyay8 
rov  ßXsTttLv.  Denn  ein  Verlust  des  Augenlich- 
tes, eine  Blendung,  kann  sich  nur  auf  den 
mythischen  Sänger  beziehen.  Hat  dieser  statt 
f)d(iVQig  auch  A^vQLg  geheißen ,  wie  neben 
'Afiovg  sich  Oa^iovg  (s.  d.)  findet  (vgl.  Welcker, 
Ep.  Cycius  150  Anm.  185),  oder  hat  man  in 
Erinnerung  daran,  daß  Hesiod  die  Blendung 
des  Thamyris  ^Jwricp  iv  rtböia) '  (s.  oben  Sp. 
470,62;  habe  stattfinden  lassen,  den  Namen 
Thamyris  absichtlich  in  Amyris  verwandelt, 
indem  man  ihn  mit  dem  Namen  der  Stadt  und 
des  Flusses  "A^vgog  in  der  dotischen  Ebene  zu- 
sammenbrachte (vgl.  Urs.  frgm.  122,2  aus  Straho 
9,442:  z/ojr/oj  iv  jisdico  TTolvßorgvog  uvr'  'Afiv- 
goio)'^  Wenn  das  Sprichwort  von  dem  mythi- 
schen Sänger  hergeleitet  worden  ist,  so  kann 
es  si-ch  nur  auf  den  Streit  mit  den  Musen  be- 
ziehen: der  sonst  so  weise  (y.XsLvbg  ()Ocpcati]g 
&Qfit,  Eur.  Bhes.  924)  Th.  unternimmt  ein  wahn- 


^x^^o  ^w..xg,o  V4.^x  Kj«,ivvrja,    Polyaen.  7,12;   auch         ■      •         n     •  /     i      v       o      ^r,«  ^o      ^' 

noch  in  später  Zeit  als  Name  des  Bräutigams  40  ''^^Tl^l^EZJ^  ^^^  ^'        ' 

der  Heiligen  Thekla,  JBasilius  von  Seleukia,  de 


vita  St.  Theclae  1  p.  236  jff.  {Migne,  Patrol.  Sei 
Gr.  85  p.  487  ff.).  Photius  Patriareha,  Orationes 
et  Homiliae  ed.  St.  B' Aristarchi  fKonstantinopel 
1900)  2,  255.  265.  Ein  geschnittener  Stein  trägt 
die  Inschrift  Qaavgov  (Genetiv  zu  Oa^ivgccg 
oder  Qd^vgog\  0.  J.  (r.  4,  7196.  Ciital.  of  engr. 
gems  in  the  Brit.  Mus.  1346.  R.  v.  Schneider, 
Jahreshefte  des  oesterr.  arch.  Inst.  10(19Cf7\  346 
Anm.  5.  Eine  Henkelinschrift  lautet  Oc(av{g  .  . 
C.  I.  G.  4,  8518,  IV,  84. 

Es  bleibt  noch  übrig,  eine  Betrachtung  über 
das  Sprichwort  Od^ivgig  ^aivsrai  iitl  tö)v  y.ark 
Gvvsdiv  TcagdXoyov  ri  Ttgarrovrajv  {Hesych.  Suid. 
[p.  1108].  Zenoh.  4,27.  Biogen.  5,19)  anzustel- 
len. Bezieht  es  sich  überhaupt  auf  unseren 
Thamyris?  Gregor.  Cypr.  Cod.  Leid.  2,27  (Pa- 
roimiogr.  2,71)  u.  Äpostol.  S,7S  berichten  unter 
©diivgig  itccivsxca  dasselbe,  was  die  anderen 
Sprichwörter  unter  "Aavgig  uaivErai  (Biog.  3, 
26.  Pausanias  Atticista  bei  Eust.  ad  Hom.  II. 
p.  298,  2  [=  Aelii  Bionysii  et  Pausaniae  Atti- 
cistarum  frgm.  ed.  E.  Schwabe  p.  171;  vgl.  Aug. 
Hotop,  Be  Eustathii  p)roverbiis  in  Jahrb.  f. 
klass.  Phil.  Suppl.  16,2871..  Ber  Anfang  des 
Lexikons  des  Photios  ed.  B.  Beitzenstein  p.  96, 
25 ff.  Apostol.  2,60.  Suid.  s.v.  "Juvgtg  fialvsxcci 
[p.  293,  14])  berichten:  jene  Erzählung  von  dem 


iiVQig  aaivouevog). 

Von  den  Kunstdenkmälern,  Gemälden, 
Statuen,  Vasenbildern,  Mosaiken  —  die  nur  lite- 
rarisch überlieferten  sind  mit  *  bezeichnet  — 
stellen  den  geblendeten  Thamyras  A*  B^^  C*  D  E 
dar,  F*  ist  nur  vermutungsweise  zu  deuten. 
Auch  über  die  Deutung-  von  G  H  I,  auf  denen 
Th.  —  auf  G  durch  Beischrift  bezeichnet  — 
vor   den   Musen   und    anderen   Personen   leier- 

50  spielend  dargestellt  ist,  gehen  die  Meinungen 
auseinander. 

A*)  Gemälde  des  Polyguotos  (Nekyia)  in 
der  Lesche  der  Knidier  in  Delphi,  Paus.  10, 
30,  8  (vgl.  10,  31,  5):  'Nahe  bei  Pelias  sitzt 
Thamyris.  Seine  Augen  sind  ausgestochen 
{di,sq}^aQii8v<xL);  sein  ganzes  Aussehen  ist  jam- 
mervoll; dichtes  Haar  —  so  übersetzt  C.  Ro- 
bert, Bie  Nekyia  des  Pohjgnot  (16.  Hallisches 
Winckelmannsjjrogramm)    S.  16    die    Worte :    rj 

60  y.oLii]  Ttolli]  uhv  inl  xfjg  y.ecpccXfjg,  noXXi]  dh  ccirro} 
inl  xolg  yavüoig,  während  Schöne,  Arch.  Jahrb. 
8  (1893),  209  Anm.  43  darunter  langes,  unge- 
ordnetes, sehr  voll  erscheinendes  Haar  versteht 
C^mit  struppigem  Haar  und  Bart',  P.  Weiz- 
säcker, Polygnots  Gemälde  in  der  Lesche  der 
Knidier  in  Belphi  42),  zur  Charakterisierung 
eines  elenden  Blinden,  der  keine  Gedanken  da- 
für hat,  sein  Haar  zu  pflegen  —  bedeckt  sein 


475 


Thamjrras 


Tbamyras 


47(5 


Uaupt  und  sein  Kinn;  seine  Leier  liegt  mit 
zerbrochenem  Gestell  und  zerrissenen  Saiten 
weggeworfen  zu  seinen  Füßen. 

B*)  Eine  Statue  des  blinden  Tliamyraa,  ein 
Werk  des  auch  aus  einer  Inschrift  aus  Tanagra 
(J.  G.  7,530,6.  Loeidf,  Insctw.  griech.  Bildhauer 
p.  93nr.  llü)  bekannten  Kcc<piaiag  (Krupriaias), 
bezeutrt  das  in  der  Nähe  von  Thespiai  auf  dem 
Sockel,  der  die  Statue  trug,  gefundene  Epi- 
gramm lies  Hanestits,  Jamot,  Con.  hell.  26  (1902),  lO 
166  ff.  Dittenherger,  Or.  Gr.  inscr.  2,  7öO  p.  491. 
KeratHopulos,  Corr.  hell  30  (1906),  467;  das  Epi- 
gramm lautet  nach  Jumot :  rbv  ^gaabv  EiuoX- 
vrjv  ältp]^OYyov  vvv  ite\v]  aoidi]v  Xtvea' '  tri 
yccQ   Movöatg   hlg    tgw    i]vxiaca-    \7i]r\Q0i    ö*    o 


xccttayviag  icpajtxoßsvog)  auf  dem  Helikon,  Paus. 
9,  30,  2.  Nach  P.  Perdrizet,  Cultes  et  mythe^s  du 
Pangte  {Annales  de  IKst  publiees  par  la  fa- 
ctdte  des  lettres  de  ruuiversite  de  Nancy  24 
1 1910],  I)  p.  15  Anm.  8  ist  diese  Statue  mit  der 
in  der  vorausgebenden  Nummer  erwähnten 
identisch. 

D)  Hydria  in  Boston,  Arch.  Atiz.  17  (1902), 
86  f.  Journ.  of  hell,  studies  1905,  PL  1.  Hauser, 
(Jesterr.  Jnhreshefte  8  (1905),  37  Fig.  5.  B.  Schrö- 
der, Arch.  Jahrb.  30  (1915),  113  Abb.  11:  Die 
Figuren  sind  zwar  ohne  Beischrift,  die  Deu- 
tung aber  sicher  durch  die  Situation  gegeben: 
ein  Jüngling  mit  reicher  Lockenfülle,  durch 
die  liehen,  pel^sefütterten  Stiefel  als  Thraker 


'i«48k/j»\rn? 


Abb.  1 :  Der  blinde  Thamyras,  seine  Mutter  Arpiope  und  eine  Muse,  Vasenbild  (nach  Ardiüol. 

Jahrbuch  Bd.  30  Abb.  11). 


OQr,'(^  GdavQtg  (föguiyyi  ■xägiaai.  ccXXä^  d'sccl^ 
fioxxfyc  Y*  viiBtigr,?  &i'(o.  Dittenherger  hat  den 
schon  durch  die  Namensform  (statt  E^jaolrcog) 
verdächtigen  EimöXTcr^,  für  den  auch  sonst  im 
Zusammenhang  gar  kein  Platz  ist,  beseitigt, 
indem  er  schreibt:  roj'  ^gaavv  fuudA-.-rrjv  cttp%oy- 
yov  vvv  ft£[r']  äoidi^v  /.tvaa'.  hi  y.  M.  i.  i. 
rimiuGccy  \n\t]Qbg  6'.  6  &.  0.  cpÖQiuyyi  nccg- 
{s)iuc(i.  —  Richtiger  wohl  schreibt  Keramopulos 
unter  Benutzung  der  Bittcnhertjerschrn  Lesung: 
Tor  ^guavv  ig  iioXTtijv  atfd'oyyov  vvv  u'  i[g\ 
Scoidr^v  Xbv66£  {vi  yäg  Movoaig  dg  ^giv  ijVTidaa;) 
7tr]gbg  ö*  6  G.  6.  tp,  ■jidgiuai  usw.  Nach  Ja- 
mot  a.  a.  0.  160  ist  nägiuui  =  ndgrificci,  also: 
'ich  der  blinde  {jtrigog)  Thamvris  sitze  neben 
meiner  Leier'.  Nehmen  wir  Dittenhergers  Er- 
klärung Tiag{i)lacci^  so  ist  wohl  (poguiyyt,  mit 
nifgog  zu  verbinden:  verstümmelt  an  meiner 
Leier  C=  mit  zerbrochener  I^eier)  bin  ich  er- 
schlafft, in  mich  zusammengesunken.  Vgl.  Nr.  C*. 
C*)  Statue  des  blinden  Thamyris  mit  zer- 
brochener   Leier    {Gduvgig   tvcpXbg  xori     Xvgag 


charakterisiert,  sitzt  mit  geblendeten  geschlos- 
senen Ausren  auf  einem  Felsen,  auf  den  er  &ich 
mit  deV  linken  Hand  stützt.   Den  rechten  Arm 

50  streckt  er  mit  geöffneter  Rechten  weit  aus; 
die  im  freien  Räume  vor  ihm  schwebende  Leier 
muß  wohl  als  der  Hand  des  Sängers  entfallen 
oder  von  ihm  weggeworfen  aufgefaßt  werden. 
Rechts  von  Th.  steht  in  ruhiger  Haltung  eine 
Frau  mit  einer  Leier,  also  eine  Muse,  die  gleich- 
gültig das  von  ihren  Schwestern  über  den  Sän- 
ger verhängte  Schicksal  betrachtet;  links  vor 
Th.  rauft  sich  eine  alte,  durch  die  Tätowierung 
(vgl.  darüber  P.  Wolters,  Hermes  38  [1903],  268  ff.) 

60  auf  ihrem  Unterarm  als  Thrakerin  gekennzeich- 
nete Frau,  wohl  Argiope,  die  Mutter  des  Th., 
ihre  kurz  geschnittenen  Haare.  S.  unsere  Abb.  1. 
E)  Vase  (Hydria)  aus  der  Mitte  des  fünften 
Jahrhunderts  im  Ashmolean  Museum  zu  Oxford 
mit  der  Darstellung  der  'Blendung  des  Tha- 
myris in  Anwesenheit  seiner  Mutter  Argiope 
und  einer  Muse',  Arch.  Anz.  16  (1901),  165. 
Weitere  Angaben  fehlen;  so  viel  sich  aber  aus 


47 


Thamyras 


Thaniyras 


478 


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Abbilduug  2:   Thamyras  leierspielend,  Aphrodite  und  ihr  Thiaso»  (PoithoL;'] ,  Parcgorostyj  und  drei  Eroten),   ApoIIon 
und  drei  Musen  {nach  Mic/iaclis,  Tli.  u.  Sappl.o,  Leipzig  1865  =  Baumeister,  Denkmäler  1728j. 


der  kurzen  Beschreibung  ersehen  läßt,  muß  die 
Darstellung  der  auf  der  Hydria  in  Boston  (Nr.  D) 
sehr  ähnlich  sein,  ja,  man  möchte,  wenn  etJ 
erlaubt  wäre,  einen  Irrtum  anzunehmen,  an  die 
Identität  beider  Vasen  denken;  vgl.  Sp.  481,41. 

F*)  Unter  den  Gemälden  des  Malers  Theon 
von  Samos  nennt  Flin.  Nat.  Hist.  35,  144:  ^ Ort- 
stis  insaniam,  Thamyram  citharoedum.^  Bei 
dem  Mangel  weiterer  Nachrichten  sind  wir  auf 
Vermutungen  angewiesen  {Ileydemann,  Annali 
1867,  370),  die  sich  wohl  in  der  Annahme  von 
einem,  wie  Orestes  i^  'Eqlvvvcov  uavsig,  so  von 
einem  0cciivQccg  i-a  Movgmv  ^avsig  zu  bewegen 
haben,  H.  Brunn,  Gesch.  d.  griech.  Künstler  2, 
253  (2-,  170).  A.  Trendelenhurg,  ^avtualcci 
{70.  Berl.  Winckelmannsprogr.)  S.  5.  Willi.  Klein, 
Gesch.  der  griech  Kunst  3,  24. 

G)  Vase  in  Ruvo,  Giov.  Jatta,  Catalogo  del 
Museo  Jatta  nr.  1538  p  847  ff.,  abg.  Böm.  Mitt. 
3  (1888),  Taf.  9;  vgl.  Jatta  ebenda  239  ff.  Die 
frühere  Abbildung:  Ad.  Michaelis,  Thamyris 
und  Sappho  auf  einem  Vasenbilde  (Leipzig  1865) 
und  die  Wiederholungen  dieser  Abbildung  Mu- 
seo Italiano  di  Antichitä  Classica  2  (1888), 
Tav.V;  \gl.Comparettiebeiidsib9S.  Baumeister, 
Denkmäler  des  Mass.  Altert.  1728,  Abb.  1809 
sind  nach  einer  schlechten  Zeichnung  aus  dem 
<reWmrf/schen  Apparat  angefertigt,  die  Inschrif- 
ten, wie  sie  jetzt  auf  der  Vase  stehen,  modern, 
doch  folgen  sie  antiken  Spuren,  besonders  der 
Name  Thamyris,  da  der  offenbar  unkundige 
Restaurator  diesen  Namen  nicht  erfunden  ha- 
ben wird,  A.  Furtivängler,  Berl.  Phil.  Wochen- 
schrift 1888,  1450  f.  Die  Darstellung  ist  nach 
der  von  Baumeister  und  Comparetti  —  nur  be- 
zieht dieser  die  auch  von  ihm  auf  den  Namen 
der  Sappho  gedeuteten  Buchstaben  auf  eine 
andere  Figur  als  auf  die,  über  welcher  sie 
stehen  —  gebilligten  Erklärung  Michaelis'  fol- 
gende: Thamyris  (0AMYPIE  so!)  sitzt  als  schö- 
ner Jüngling  in  gesticktem  Gewände,  lorbeer- 
umkränzt, enthusiastisch  singend,  mit  golde- 
nem Plektron  die  Kithara  schlagend.    Rechts 


von  ihm  sitzt,  mit  einem  Eros  (der  ^eigentlicbe 
Eros'),  den  sie  auf  der  Schulter  festhält,  eine 
mit  ZAO  —  von  Michaelis  usw.  als  Sappho  — 
gedeutete    Frauengestalt.    Rechts    im  Vorder- 

30  grund  sitzt  mit  Schleier  und  Stephane  ge- 
schmückt, Aphrodite,  die  einen  ungeflügelten 
Eros  (Himeros)  umfaßt,  hinter  ihr  lehnt,  auf 
Sapphos  Schoß  gestützt,  Peitho  und  lokt  ein 
Vögelchen  von  eines  Eros  (Pothos)  Hand.  Tha- 
myris singt  also  verzückt  Liebeslieder,  deren 
Wiederhall  in  den  Liedern  der  Sappho  uns 
vorliegt:  sie  ist  seine  Schülerin.  Links  von 
Th.  lauschen  drei,  rechts  am  Ende  der  Gruppe 
zwei  Musen  dem  Spiele  des  Th.    In  der  Gruppe 

40  der  drei  Musen  links  steht  inschriftlich  als 
solcher  bezeichnet  und  durch  den  Lorbeer  im 
Haar  und  den  Zweig  in  der  L.  charakterisiert 
APOAAQN  abgewendet  von  Th.,  ein  Umstand, 
der  allerdings  befremdlich  erscheint.  Trotzdem 
kommt  Michaelis  zu  dem  Resultat,  daß  Th. 
hier  nicht  als  Gegner  der  Musen  aufzufassen 
ist,  sondern  daß  man  sich  diese  unter  Führung 
des  Apollon  als  Gäste  des  Th.  zu  denken  habe, 
wie  sie  den  Hesiodos  am  Helikon  unter  seinen 

50  Schafen  besucht  haben  {Hes.  Tlieog.  22).  Gegen 
die  Deutung  des  Vasenbildes  durch  Michaelis 
hat  Ad.  Furtwängler,  Eros  in  der  Vasenmalerei 
33 f.  Einspruch  erhoben:  die  Ergänzung  der 
Buchstaben  ZAO,  denen  andere  sowohl  vor-  als 
nachgefolgt  sein  könnten,  sei  durchaus  will- 
kürlich. Übrigens  hatte  auch  schon  Bergk, 
Griech.  Literaturgesch.  1,404  Anm.  264  an  die- 
ser Ergänzung  Anstoß  genommen,  da  sie  jede 
Chronologie  verletze,   und  die  Buchstaben  zu 

60  Zdog,  in  der  er  eine  thrakische  Lokalgöttin 
erkennen  möchte ,  ergänzt ;  in  anderem  Sinne 
liest  gleichfalls  adog  Jatta,  Catalogo  usw.  p.849. 
853.  Der  aphrodisische  Dreiverein  (Aphrodite, 
Peitho,  Paregoros)  und  die  Eroten  fungieren 
nach  Furtwängler  als  psychologisches  Motiv 
der  Handlung  des  Thamyras:  er  singt  von 
Liebe  und  liebendem  Verlangen  nach  den  Mu- 
sen getrieben,  mit  denen  er  zwecks  Erreichung 


479 


Thamyras 

\ 


Thamyras 


480 


AbbildaDK  S:  Thamyras,  leierspielend  im  Wettstreit  mit  den  Musen  (V) 

and  seine  Mutter  Argiope(:)   (nach  Jlonum.  >l.  I.  11  pl.  XXIII  =  KH- 

nach.  KijHff.  1,96,4.    Oesterr.  Jahrcshe/tc  t<,38). 


seines  Liebessehnens  in  einen  Wettstreit  sich 
eingelassen  hat.  Die  Haltung  der  Musen  sei 
keineswegs  freundlich,  sondern  zurückhaltend 
und  kritisch,  und  der  Umstand,  daß  ApoUon 
sich  abwendet  und  mit  einer  Muse  ernst  spricht, 
könne  nur  als  Zeichen  seiner  Abneigung  und 
Kälte  aufgefaßt  werden:  der  der  Sage  Kundige  30  Taf.  48,  U;  vgl.  Heitner  ebenda  S.  36.    Stude- 


y.we'i  Flöten  (eine Rolle?)  haltend  mit 
dem  Zeigeliiiger  der  R.  auf  die  an- 
dere weist,  die  die  R.  erhebt  und  in 
der    gesenkten    L.    eine    Leier   hält. 
Hinter  dem  Jüugliug  naht  eilig  eine 
weißhaunge  Frau,  die  in  der  L.  einen 
Lorbeerzweig  hält,  während  sie  in  der 
erhobenen  R.  einen  Zweig  über  den 
Kopf  des  Jünglings  hält.    Man  wird 
wohl  davon  absehen,  in  der  Alten  mit 
Brizzio,  Bulletino  1»72,  71  eine  Per- 
sonifikation der  Jöiu  sehen  zu  wollen : 
es  wird,  wie  auf  anderen  Darstellun- 
gen, Argiope,  die  Mutter  des  Th.,  sein. 
K)  Nolanische  Amphora  in  Peters- 
burg:  auf  einem  Felsen  sitzt,   nach 
rechts  gewendet,  ein  bärtiger  Mann 
in  kurzem  Chiton,  reich   verziertem 
Mantel,  hohen  Stiefeln,  mit  der  thra- 
kischeu  Mütze    bedeckt,    in    der    L. 
die  Leier,  in  der  R.  das  Plektron;  an 
jeder  Seite  stehen,    halb   nach  ihm 
hingewendet,   zwei  Frauen  (Musen),  Stephani, 
Vascnsammlung  der  Kaiserl.  Eremitage  2,  265 f. 
nr.  1685.     Compte-rendu  1875,  121;  abgeb.  (nur 
die  Figur  des  Thamyras)  Compte-rendu  a.  a.  0, 
1)5.    Oesterr.  Jahreshefte  8  (lli05),  39  Fig.  8. 

L)  Mosaik   des  Monnus  in  Trier,  abg.  An- 
tilce  Denkmäler  des  Kais.  Deutsch.  Arch.  Inst. 


errate  den  Gegenstand  des  Gespräches,  das 
Verhängnis,  das  dem  schönen  Sänger  als  Strafe 
für  seine  Liebesbegierde  nahe.  S.  unsere  Ab- 
bildung 2. 

H)  Hydria  im  Vatikan,  abg.  Monumenti  d.  Inst. 
2,  23.  Museo  Gregoriauo  11  Taf.  13,  1.  Haiiser, 
Oesterr.  Jahreshefte  S  (1905),  3!^  Fig.  6  und  unsere 
Abbildung  3;  vgl.  Panofka,  Annali  1835,  321. 
Heydemann,  Annali  1867,  363 ff.    Jatta,  Rom. 


mund,  Arch.  Jahrb.  5  (1890),  1.  3:  Erhalten  ist 
nur  z.  T.  der  Kopf  des  [TJHAM[YJPIS,  der 
stehend  abgebildet  war,  und  zwar,  wie  aus 
dem  Zusammenhang  der  übrigen  Darstellungen 
(Dichter  und  Weise,  von  Musen  lernend,  z.  B. 
Homeros  von  Kalliope,  Kadmos  von  Klio,  Agnis 
[Hyagnis]  von  Euterpe)  hervorgeht,  als  Schüler 
und  Lernender  einer  Muse,  deren  Beischrift 
auf  dem  Mosaik   zerstört  ist;   man  wird  wohl 


3fi«.3  (1888),  252.  W.  Klein,  Die  griech.  Namen  io  Sim  ehesten  an  die  als  seine  Mutter  genannte 


mit  Lieblingsinschriften-  131  nr.  1.  W.  Heibig, 
Führer  durch  die  öffentlichen  Sammlungen  klass. 
Altert,  in  Born  2»,  308  nr.  1530  =  1»,  311  f.  nr.  498 : 
Auf  einem  Felsen  sitzt  nach  rechts  0AM\  PAI 
leierspielend  in  thrakischer  Tracht;  vor  ihm 
steht,  einen  Fuß  auf  den  Felsen  setzend,  eine 
greise  Frau  und  hält  einen  Zweig  in  der  R. 
empor;  hinter  Th.  steheu  zwei  bekränzte  Frauen- 
gestalten (Musen,  Welclier,  Alte  Denkmäler  3, 


Melpomeno  oder  Erato  zu  denken  haben;  vgl. 
oben  Sp.  466,  7  tf. 

M)  Auf  einer  Reihe  von  Vasenbildern  (auf- 
gezählt von  O.  Jahn,  Archäologische  Beiträge 
97  Anm.  13),  auf  welchen  eine  geflügelte  Frau 
einen  Jüngling  mit  einer  Leier  verfolgt,  hat 
3Iillingen,  Annali  1,207  ff.  den  Thamyras  er- 
kennen wollen,  welchen,  nachdem  er  von  den 
Musen  besiegt  ist,  die  Nemesis  ereile.    Feuer- 


468)  dem  Spiele  lauschend,  von  denen  dereinen  50  öac/i,   Vatic.  Apollon  372  f.    vermutete   in    der 


der  Name  Choronike,  -f  OPONIKE,  beigeschrie- 
ben ist.  Manche  wollen  in  der  Alten  die  Mut- 
ter des  Sängers,  andere  die  Pythia  erkennen 
und  erinnern  an  den  Sieg  des  Th.  im  delphi- 
schen Wettkampf  (oben  Sp.  466,  56  ff.).  Welcker, 
Ep.  Cyclus  150  Anm.  185  will  die  ganze  Szene 
ins  alltägliche  Leben  verlegen,  indem  er  die 
als  Th.  bezeichnete  Person  als  einen  jungen 
Kitharöden,  nicht  den  mythischen  auffaßt. 


Verfolgerin  eine  zur  Rache  eilende  Muse,  wäh- 
rend der  verfolgte  Th.  seine  Leier  zerbricht 
oder  wegwirft.  Gegen  beide  Deutungen  hat 
Jahn  a.  a.  0.  100  f.  überzeugende  Einwände  er- 
hoben. 

Hauser  a,  a.  0.  38 f.  sieht  auf  den  zwei  Dar- 
stellungen H  I  den  Thamyras  als  Sieger  dar- 
gestellt: die  Alte  bringt  dem  Sänger  außer 
lern  Zweige,   den   sie  über  ihn  hält  und  der 


I)  Hydria   in  Neapel,   Heydemann,   Vasen-  60  nach  Form  und  Sinn  dunkel  bleibt,  den  Lor 
~'*       '  "        ^   .-■       beerzweig  zur  siegreichen  Bekränzung,  Hauser 

sieht  in  diesen  Bildern  Nachbildungen  des 
Votivpinax,  den  Sophokles  vermutlich  für  sein 
Drama  Thamyras  gestiftet  und  von  Polygnotos 
habe  malen  lassen ;  s.  dagegen  Schröder  a.  a. 
0.  114,  nach  dem  die  siegreiche  Bekränzung 
des  Thamyras  unmöglich  in  dem  Sophoklei- 
schen  Drama  begründet,  vielmehr  aus  der  ün- 


sammlung  des  Museo  Nazionale  zu  Neapel  481 
nr.  3143;  abgeb.  Monumenti  d.  Inst.  8,  43,  2. 
Oesterr.  Jahreshefte  8  (1905),  39  Fig.  7 :  Auf  einer 
felsigen  Erhöhung  sitzt  ein  langgelockter  Jüng- 
ling in  thrakischer  Tracht,  der  in  der  L.  die 
Leier,  in  der  R.  das  Plektron  hält;  vor  ihm 
stehen  im  Gespräche  zwei  lorbeerbekränzte 
Frauen  (Musen),  von  denen  die  eine  in  der  L. 


4.^1 


Thamyri^ 


Thanatos  (Bibliograph.) 


4^52 


I 


f  ähigkeit  des  Vasenmalerg  /u  nrkiiireu  ist,  der 
seine  Vorlage  nicht  vorstand,  den  ThamyraH 
als  sehenden  Sänger  malte  und  nun  den 
ihm  unklaren  Gestus  der  ihr  Haar  raufenden 
Argiope,  wie  ihn  die  Bostoner  Hydria  bietet, 
umdeutete,  indem  er  ihr  nach  Analogie  an- 
derer Bilder  die  Bekränzung  unterlegte.  Für 
die  Interpretation  der  beiden  genannten  Vasen 
sei  die  Alte  mit  dem  Kranze  zurückzuüber- 
setzen in  die  Wellklagende  der  Bostoner  Hy- 
dria. Die  eine  Muse  der  letzteren  Vase  sei 
untrennbar  von  den  Musen  der  anderen  Dar- 
stellungen, und  diese  seien  zu  betrachten  als 
einige  herausgewählte  aus  dem  ehemals  voll- 
zählig dargestellten  Musenchor.  Diese  Musen 
und  der  Tlaamyras  der  Bostoner  Vase  seien 
allein  authentisch  und  das  verlorene,  diesen 
Bildern  zu  Grunde  liegende  Original  sei  wahr- 
scheinlich der  Votivpinax  des  Sophojdes  für 
sein  Drama  gewesen,  der,  wie  die  Überein- 
stimmung mit  der  Beschreibung  des  Th.  in 
dem  Unterweltsbilde  des  Pohjgnotoa  (s.  oben 
nr.  A)  vermuten  lasse,  wahrscheinlich  von  die- 
sem gemalt  worden  sei. 

Wenn  die  Alte  auf  H  I,  wie  nicht  zu  zwei- 
feln ist,  die  Mutter  des  Sängers  ist,  läßt  sich 
da  nicht  in  dem  Zweig,  den  sie  auf  I  über 
den  Kopf  den  Sängers  hält,  der  Zauberstab 
erkennen,  durch  den  sie  für  ihren  Sohn  den 
Sieg,  der  durch  den  Lorbeerzweig  in  ihrer  an- 
deren Hand  angedeutet  wird,  erzwingen  will? 
Thrakien  ist  ja  nebst  Thessalien  das  Land  der 
Zauberei.  Auf  H  fehlt  der  Stab:  die  Mutter 
bringt,  was  psychologisch  ja  ohne  weiteres  zu 
verstehen  ist,  dem  Sohne  den  Siegespreis.  Ob 
sie  durch  ihre  Handlung  den  Ausgang  des 
Wettstreites  zu  gunsten  ihres  Schützlings  be- 
einflussen wird,  ist  eine  andere  Frage,  deren 
Lösung  freilich  aus  der  Darstellung  nicht  zu 
entnehmen  ist. 

Nachtrag  zu  Sp.  476:  Die  Hydria  nr.  D  ist, 
wie  schon  Sp.  477, 29f.  vermutet  wurde,  mit  der 
Hydria  nr.  E  identisch.  Die  Angaben  von  Hau- 
ser und  Schröder  (vgl.  Sp.  476,  8fiF.),  daß  die 
Hydria  sich  in  Boston  befindet,  beruht  auf  einem 
IiTtum:  sie  befindet  sich  vielmehr  in  Oxford, 
vgl.  Studniczka,  Arch.  Jahrbuch  31  (1916),  205, 
wo  sie  von  neuem  abgebildet  ist  (Abbild.  20). 

[Höfer.] 
Thamyris  {©davQi?)   1)  =  Thamyras  (s.  d.). 
—  2)  Thebaner,  von   dem  Argiver  Aktor  ge- 
tötet, Stat.  Theb.  10,314.  —  Über  den  Personen- 
namen Thamyris  s.  Thamyras  Sp.  473,  37  ff. 

[Höfer.J 
Thanatos  {©ävcctog  zu  W.  ^av-,  ^vt]-). 

L  Bibliographisches.  G.  E.  Lessing, 
LaoJcoon  c.  11  A.  1  und  Wie  die  Alten  den  Tod 
gebildet,  eine  Untersuchung,  1769:  dazu  Her- 
ders „Nachtrag"  in  der  Zweiten  Sammlung  der 
„Zerstreuten  Blätter"  (1786)  S.  273  —  376  und 
Goethe,  Dichtung  und  Wahrheit  (2)  8.  Ferner 
Raoul-Bochette,  Mon.  ined.  (Paris  1833)  1,  216  ff. 
Ed.  Jacobi,  Hdwb.  d.  gr.  u.  röm.  Mijth.  s.  v. 
(S.  850f.).  Alfred  Maury,  Du  personnage  de  la 
mort  et  de  ses  repres.  dans  Vant.  et  au  mögen 
äge,  Bev.  arch.  4  (1847),  305  —  339.  686  —  701. 
737—748.  784—796.  5  (1848),  287—300.  Wel- 
cl-er,    Gr.  Götterl  1,  715.  3,  101.  222  f.    Heim: 


Brunn,  Ann.  d.  Inst.  30  (1858),  370 ff.  Mon. 
6.21  (=  Kl.  Sehr.  3,  43—46  Abb.  28  [S.  104]). 
Wilh.  Furtivängler,  IHe  Idee  dex  Todes  in  d. 
Mythen  und  Kunstdenkmülern  d.  Gr.  (Freib. 
1860).  Gu><t.  Krüger,  Charon  u.  Thanatos  (Berl. 
1866).  Jul.  Lessing,  De  Mortis  ap.  veteres  /igura, 
J)iss.  Bonn  1866."  Carl  Bobert,  Thanatos,  :i9. 
Berl.Winckehnnnns-Profßr.  1879;  Bild  und  Lied 
{Philol.  Unters.  Heft  6)  S.  104 ff.;  Arch.  Märchen 

10  (Bhilol  Unters.  Heft  10)  S.  160  ff.  170  ff.  Brunn, 
Troische  Miszellen  3.  Abt.  {Sitz.-Ber.  d.  philos.- 
philol.  (Jl.  d.  Bayer.  Akad.  d.  Wiss.  1880,  167 
—201  =-  Kl.  Sehr.  3,  104—123).  P.  ,/.  Meier, 
Ann.  d.  Inst.  55  (1883),  208—226  tav.  d'agg.  Q. 
0.  Adamek,  Die  Dar  st.  d.  Todes  in  d.  griech. 
Kunst  u.  Ijessings  Schrift  „Wie  die  Alten  den 
Tod  gebildet",  Progr.  Graz  1885.  Arthur  Sehnei- 
der, Der  troische  Sagenkreis  in  d.  ältesten  griech. 
Kunst  (Lpz.  1886)  S.  145  ff.   Baumeister,  Denkw. 

20  d.  kl.  Altert.  (3)  172H  — 1730,  Abb.  18 10 f.  Ersilia 
Caetani-Lovatelli,  Thanatos  {Böm.  Essays,  Lpz. 
1891).  Bohdc,  Psyche^'  1,  86,  1.  2,249, 1.  PreUer- 
Bobert,  Griech.  Myth.  1,350, 1.  842—846.  Georg 
Iwanoiritseh,  Opiniones  Homeri  et  trag.  Graec. 
de  inferis,  Diss.  Berl  1894,  100  f.  A.  de  Bidder, 
De  Videe  de  la  mort  en  Grcce  ä  Vepoque  class., 
Paris  1897.  IJ.  C.  Hesseling,  Charos,  ein  Bei- 
trag zur  Kenntnis  des  neugriech.  Volksglaubens. 
0.  Waser,  Charon,  Archiv  für  Beligionswiss.  1 

30  (1898),  152—182;  Charon  Charun  Charos,  Berl. 
1898,  dazu  v.  Wilamoicitz,  D.  Literatur- Ztg.  20 
(1899),  14f.  und  Hermes ß^  tl899),  227—230; 
ferner  Ders.,  Einl.  zur  Übers,  von  Eurip.  Alk. 
S.  16  ff.  =  Griech.  Trag.  3  (nr.  9),  78 ff.  Wilh. 
Klein,  Prax.  148 ff.  Herrn.  Ubell,  Vier  Kap. 
vom  Thanatos,  Abh,  d.  arch.-epigr.  Sem.  Graz 
Wien  1903).  Gruppe,  Griech.  Myth.  119,1.  187, 
2.  396,  5.  6.  407,  4.  488,  8.  677,  5.  681f.  772,2. 
882,3.  983f.,  7.  998,5.  1021,  2.  1050,  5.  1068,  1. 

40  1070,9.1084, 1.  1240,1. 1382,1.  1597,6.  H.Stein- 
metz, Windgötter,  Arch.  Jahrb.  25  (1910),  43— 
55.  Max.  Collignon,  Les  statues  fuueraires  dans 
Vart  grec  p.  9ff.  104—100.  329 ff.  Gust.  Erich 
Lung,  Memnon  {Arch.  Stud.  z.  Aithiopis),  Diss. 
Bonn  1912,  56  ff.  Kurt  Heinemann,  Thanatos  in 
Poesie  und  Kunst  der  Griechen,  Diss.  München 
1913.  Walter  Biezler,  Weissgrund,  aft.  Lek.  S.  9ff. 
Fig.  8.  S.  131  f.  z.  Taf.  74.  Emanuel  Löwy,  Zur 
Aithiopis,  N.  Jahrb.  33  (1914),  81—94  mit  Dop- 

50  peltafel.  —  Vgl.  o.  Bd.  2",  Sp.  267 7 ff.,  3 ff.  s. 
Memnon  {B.  Holland).  Bd.  3,  Sp.  2087,  1  ff.  8. 
2095,  58 ff.  2104,55.  2111,  5ff.  52  ff.  2141  f.,  67 ff. 
2169,  3  ff.  s.  Personif.  {L.  Deubner).  Bd.  4,  Sp. 
409 ff.  411  f.,  52 ff.  s.  Sarpedon  {Immisch). 

n.  Literarisches.  Hesych.  s.  d-dvarog'  o 
TS  d'£og  ■accl  o  Tid6%oiiEv.,  rsXog  6v  tov  ßlov.  o 
XCOQia^bg  r^jg  pvxV?  ^^^  ^oi)  öcoaccxog  xat  6  öco- 
^ccTosidiig  ösog.  Homer  hat  den  schönen  Ge- 
danken, daß  der  Tod  des  Schlafes  Bruder  sei 

60  {II.  14,  231),  und  stellt  das  wundervolle  Bild  vor 
uns  hin ,  wie  nach  dem  Willen  des  Zeus ,  der 
dem  Rate  der  Hera  folgt,  auf  Gebot  des  Apol- 
lon  die  Zwillingsbrüder  Hypnos  und  Thanatos 
die  Leiche  des  lykischen  Helden  Sarpedon  nach 
seiner  Heimat  tragen,  auf  daß  ihm  daselbst 
Brüder  und  Angehörige  die  letzten  Ehren  er- 
weisen (77.  16,  454f.  671ff.  681  ff.);  rasche,  be- 
schwingte Geleiter,  rrourroJ  xqccitcvoL  heißen  sie 


483               Thanatos  ».bei  Homer)  Tliiinatos  lin  d.  Aithiojyis)           484 

V.  671.  681,  dtdviuiovfg  672.  682  {\g\.  lo.  TzeU.  dons  die  Rede  ist  16,482—458.  666—683),  für 
all.  Hom.  11  *i44  6UivyL.oii  d&eitpolg,  Txvm  xal  den  ausschmückenden  Zusatz  eines  späten» 
tm  Öavoerw,  dazu  ebd.  v.  259).  Das  aber  sind  Dichters  erklärt  (1841  in  den  Betrachtungen 
die  einzigen  Stellen,  wo  Thanatos  bei  Homer  üb.  Homers  llias^  S.  72f.),  ebenso  schloß  ]\iul 
als  wirkliche  Persönlichkeit  vorkommt;  halb-  Cauer,  Grundfragend.  Homerkritik*  S.Sä'l,  daß 
wegs  personifiziert  erscheint  er  noch,  mit  der  das  Grab  in  Lykien  der  Anlaß  gewesen  zu  der 
Moira  gepaart,  11.  16,853  =  24,182  {äXXd  toi,  späten  Erfindung  (vgl.  dazu  auch  v.  Wilamo- 
i]6ri  I  ayx»  TcaQiorrixsr  d'ävceros  xal  fioigcc  xga-  witz.  Die  Ilias  und  Homer  S.  136.  140),  und 
xaiij\  woEu  vgl.  11  5,  82 f.  =  16,  388 f.  =  20,  möglicherweise  ist  dics^  Thanatos-Hypnos-Epi- 
iTöf.  (toi»  8h  xar'  Seof  \  iXXccßs  noQ<pvQSos  ^d-  lo  sode  gar  nicht  die  Originalschöpfun«,'  des  Ilias- 
vaxos  xal  aolga  xparati}),  ferner  Od.  11, 184 ff  ;  dichters  gewesen,  sondern  von  ihm  übernom- 
doch  geht  Albert  Hartmann  {Unters,  über  die  men,  ist  trotz  Wilh.  Christ,  Zur  Chronologie  d. 
Sagen  v.  Tod  d.  Odysseus  S.  73)  zu  weit,  wenn  altgriech.  Epos  S.  25  (Sitz.-Ber.  d.  philos.-philol. 
er  mit  Hinweis  auf  II.  16,858  =  24, 132  für  u.  hist.  Cl.  d.  Bayer.  Äk.  1884),  Mohdc,  Psyche^ 
Od.  11, 134  ff.  direkt  den  „leibhaften  Thanatos"  1,86, 1,  v.  Wilamowitz  a.  a.  O.  141  nicht  Vor- 
feststellt, der  zu  Odysseus  „kommt*'  and  ihn  bild,  sondern  Nachahmung  der  für  die  Aithio - 
„tötet",  wie  weiter  unten  V.  173  die  todbringende  pis  (vornehmlich  aus  den  Denkmälern,  s.u.) 
Artemis  i7toi%oiUvri  xaxinBtpvfv.  In  der  offen-  erschlossenen  Parallelepisode ,  vgl.  P. ,/.  Meier, 
baren  nahen  Verwandtschaft  zwischen  Tod  und  Ann.  1883,  2t 7  ff.  Gruppe,  Gr.  Mytii.  682, 1,  wie 
Schlaf  liegt  die  Wurzel  der  schönen  poetischen  20  dies  neuerdings  Löwy,  Zur  Aitli.  a.  a.  (>.  85 ff. 
Vorstellung:  Tod  und  Schlaf  sind  sich  ähnlich  88  gefolgert  hat,  nachdem  auch  schon  Roltert, 
wie  Zwillingsbrüder,  wie  denn  auch  11.  11,  241  TJian.  S.  5  in  dieser  Richtung  wenigstens  An- 
der Tod  als  „eherner  Schlaf"  bezeichnet  wird  deutungen  gemacht.  Aus  der  an  sich  zweifellos 
(dem  xdXxsog  vxvog  entspricht  ^ferreus  somnus^  jüngeren  Aithiopis  (Epic.  Gr.  frg.  ed.  Kinkel 
Fcro.  i4ew.  10,  745f.),  wie  es  umgekehrt  vom  p.  32 — 36)  stammt  beispielsweise  auch  die  i/;v;t<*- 
Schfaf  heißt  Od.  18,  79 f.,  daß  dem  Odysseus  Gtaela  II.  22,  209 ff.,  vgl.  Gruppe  681,6.  Löioy 
auf  die  Lider  sich  senkte  vi]dviiog  vTcvog,  vrj-  a.  a.  0.  90.  92,  wie  längst  Benutzung  der  Aithio- 
yQBTog  ijöiGTogy  d-avarm  5y;ftffTa  ioLxmg,  pis  in  der  Odyssee  wahrgenommen  worden  ist, 
als  ihn  die  Phaiaken  nächtlicher  Weile  und  Löwy  S.  88  f.  Nicht  bloß  Robert  (a.  a.  0.)  hat 
auf  übernatürlich  schnelle,  geisterhafte  Weise  30  die  Empfindung,  daß  sich  die  Episode  in  der 
heim  beförderten  nach  dem  lange  entbehrten  Aithiopis  viel  inniger  dem  Zusammenhang  der 
Ithaka,  die  Phaiaken,  nach  Ti^€/cÄ:ers  feinsinniger  Erzählung  anschmiege  als  in  der  Utas  {ygl. 
Deutung  die  „Dunkelmänner"  (von  cpatdg  =  z.B.  auch  Schneider,  Troischer  Sagenkr.  S.  147), 
„dunkel"),  die  „Fährmänner  des  Todes",  „die  auch  Löwy  hebt  wieder  mancherlei  Befrem- 
ihren  Mann  in  tiefem,  dem  Tode  ganz  ähnlichem  dendes  hervor ,  das  der  Iliaspartie  anhaftet 
Schlafe  zur  Heimat  bringen"  {Rhein.  Mus.  1,  (S.  85.  88).  Im  Rahmen  der  Aithiopis  ergeben 
1832,  219 ff.  231.  235  =  Kl.  Sehr.  2,1  ff.  11.  15.  Tod  und  Schlaf  eine  durchsichtige  Symbolik: 
Preller-Robert, Gr.  Myth.l, 626S.  Rohde,Psyche^  da,  wo  der  Tote  zu  neuem  Leben  erstehen  wird, 
1,83 f.  Waser,  Charon  S.  7.  Gruppe,  Gr.  Myth.  ist  dem  Todesgott  besonders  passend  der  Schlaf- 
398f.),  wie  Od.  18,  201  ff,  Penelope,  von  sanf-  40  gott  gesellt  (vgl.  auch  Löiry  S.  88).  Der  An- 
tem  Schlummer  erquickt,  alsbald  auch  den  nähme  aber,  die  schon  begegnet  bei  Sam.  Birch, 
Wunsch  ausspricht  nach  gleich  sanftem  Tod,  Archaeologia  29  (1842),  139  ff',  z.  Taf.  16,  femer 
den  ihr  die  heilige  Artemis  bescheren  möge  bei  Cecil  Smith,  Catal.  of  vases  in  the  Brit.  Mus. 
zur  Erlösung  (derselbe  Wunsch  an  Artemis  Od.  3,  405.  Fairbanks,  Ath.  Lek.  (1917)  258,  neuer- 
20, 61  ff.)  und  wie  dies  durchaus  nur  im  Ein-  dings  verfochten  ward  von  Steinmetz,  Arch. 
klang  steht  mit  homerischer  „Psychologie",  Jahrb.  1910,  45  ff.,  es  seien  die  beiden  geüügel- 
der  zufolge  die  Seele,  als  des  sichtbaren  leben-  ten  Daimonen,  die  beiden  Träger  des  Memnon 
digen  Menschen  Doppelgänger,  bei  Schlaf  und  (wie  sie  auf  Kunstdenkmälern  zu  schauen  sind, 
Tod  gleicherweise  den  Körper  verläßt,  nur  mit  s.  u.),  als  Windgötter  zu  verstehen,  als  Boreas 
dem  Unterschied,  daß  sie  im  einen  Fall  wieder-  50  und  Zephyros,  auf  Grund  von  Quintus  v.  Smyrna 
kehrt  in  den  Körper,  im  andern  dagegen,  wenn  Posthorn.  2, 550  ff.  („wo  übrigens  nicht  von  zwei 
der  Mensch  gestorben  ist,  den  Körper  endgültig  oder  einigen,  sondern  von  Tcdvttg  aqrai  die 
verläßt  und  eingeht  zum  Hades,  vgl.  Röhde,  Rede  ist"  Löwy  S.  82,3),  dieser  Annahme  ist 
Psyche^  1,5  ff.  Waser  Art.  Psyche  0.  Bd.  3,  Sp.  zumal  entgegenzuhalten,  daß  der  ganze  Schluß 
8202  f.,  10  ff.  Als  recht  schemenhafte  Person-  der  Memnonepisode  bei  Quint.  Sm.  gründlich 
lichkeit  gibt  sich  dieser  homerische  Thanatos,  verschieden  ist  von  dem,  was  durch  Proklos 
als  die  eigentliche,  bedeutendere  Todesgottheit  für  die  Aithiopis  bezeugt  ist;  vgl.  auch  Gruppe 
erscheint  (neben  fioiga,  alaa,  atr},  neben  Arte-  682, 1  und  gegen  Steinmetz  Lung,  Memnon  62  ff. 
mis,  s.  0.,  und  Apollon)  die  Kt^p,  das  Todes-  Heinemann,  Than.  81  ff.  Löwy  82 f.  Eos  hebt 
Verhängnis,  das  schon  vorhomerische  Seelen-  60  den  bluttriefenden  Leichnam  ihres  Sohnes  vom 
gespenst,  ursprünglich  wohl  die  Seele  eines  Ab-  Schlachtfeld ,  vgl.  die  Schale  des  Duris  im 
geschiedenen,  die  kommt,  um  die  eines  andern  Louvre  (z.  B.  nach  Pottier,  Douris  fig.  8  bei 
zu  holen,  s,  Crusius  Art.  Keres  Bd.  2,  Sp.  1136  ff.  Löwy  Abb.  2);  gebadet  und  gesalbt  aber  tra- 
G.  Fimler,  Homer*  1,  275  f.  297.  300.  Waser  gen  ihn  die  beiden  Flügelgestalten  Thanatos 
a.  a.  0.  3233,  13  ff.  und  Arch.  f.  Religionswiss.  und  Hypnos  hin  weg  zur  dauernden  Wohnstätte ; 
16(1913),  377 f.  Heinemann,  Than.2^f.  Bereits  Iris  ist  herbeigeeilt,  die  Gewährung  des  Zeus 
Karl  Lachmann  hat  die  beiden  Abschnitte,  in  kundzutun,  von  der  andern  Seite  gibt  Eos  die 
denen  von  der  Entführung  der  Leiche  Sarpe-  Mutter  den  Trägern  Weisung,  vgl.  die  Schale 


I 


485               Thanatos  (l)ei  Hesiod)  Thanatos  (b.  d.  Tratrikeni)            48(> 

des  FsLmiih&ios  im  lirit.  Museum  (Löwy  Ahh.  l);  Homers,  das  sich  vom  Volksglauben  bewußt 
so  stellen  diese  beiden  Schalen  die  zweifache  abwandte"  (S.  24),  noch  keine  Aufnalime  «j^e- 
Weorschatt'un^  des  Leichnams  dar,  schildern  lunden,  der  hier  bei  Hesiod  th.  7«J4— TO»)  und 
aber  nicht  sich  ausschlii^ßende  Parallelversio-  wieder  IC  and  T.  104 f.  /um  ersten  Mal  lite- 
nen,  sondern  verschiedene  Szenen  desselben  rarisch  uns  entj^egentritt.  Wie  von  Thanatos 
Mythos,  derselben  Erzählung,  eben  dor  Aithio-  v.  764 f.  heißt  es  auch  von  Hades,  er  sei  vri- 
pis;  für  diese  Doppelung  d(?r  Momente  und  ^6^^;  -tjtoQ  tjav^  th.  456.  Allein,  auch  wenn 
ihre  Begründung  vgl.  Löiry  86 ff.  —  Homers  bei  Hesiod  Thanatos  beinah  in  die  Funktion 
mehr  zart-poetische  Vorstellung  von  Tod  und  eines  ,, Hades  der  Oberwelt"  rückt  [Heinemnnn 
Schlaf  als  Zwilliugsbrüdern  (die  auch  Paris.  loS.  29;.  neben  und  verglichen  mit  Hade.^,  d»'m 
3,  18,  1  zitiert),  die  schwerlich  einen  Anhalt  eigentlichen  Herrn  der  Unterwelt,  und  neben 
hatte  im  Glauben  {v.  Wilamotritz  meint  frei-  den  Gestalten  des  Hermes  Psychopompos  und 
lieh,  daß  wir  dies  nicht  bestimmen  können,  des  Charon  behi^dt  Thanatos  doch  auch  in 
Ilias  u.  Homer  S.  141),  gewinnt  feste  Gestalt  der  Folge,  wohl  „wegen  der  Durchsichtig- 
im  theogonischen  System  Hesiods,  der  über-  keit  seines  Namens'",  stets  „etwas  von  einer 
dies,  vielleicht  in  Erinnerung  an  IL  14,259,  blassen  Abstraktion,  etwas  Schwankendes  und 
passend  den  beiden  die  Nyx  zur  Mutter  sowie  gleichsam  Blutleeres"  (Heinemtmn);  „es  ist,  als 
auch  festen  Aufenthaltsort  gibt.  Theog.  211  ff.  müsse  der  Prozeß  der  Personifikation  liei  Tha- 
gebiert  die  Nacht  aus  sich  selbst  das  ver-  natos  vom  Dichter  in  jedem  einzelnen  Falle 
haßte  Geschick  {GvvysQo^^  Mogog),  die  schwarze  20  von  neuem  vollzogen  werden,  und  er  wird  nie 
Ker  und  Tod  und  Schlaf  und  das  Volk  der  in  solchem  Grad  eine  wirklich  ausgebildete 
Träume  {Gruppe  1068,1.  1070,9),  wozu  vgl.  Gestalt  wie  selbst  Nike  und  Eros"  [liobert, 
Hyg.  fab.  praef.  p.  ^.oi.Sch.,  wo  ebenfalls  als  7'/?«^^.  S.  82.  Heinemann,  Thaii.S.29).  Vielfach 
Ausgeburten  der  Nox  und  des  Erebus  aufge-  ergeht  })ei  den  Tragikern  Gebet  und  An- 
führt werden  "Fatum  Mors  Letum  Conscientia  rufung  an  den  Thanatos.  natürlich  nicht,  er 
Somnns  Somnia\  ferner  Cic.  de  nat.  deor.  3,  möge  verzichten  aufsein  Opfer  (denn  in  die.>:er 
17,  wo  als  hervorgegangen  aus  Erebus  und  Hinsicht  gilt  er  gleich  dem  ^i<)r]s  a^f/ili;j;o(;  /;<J' 
Nox  ^Fatum  Mors  Somnia^  und  vieles  andere  äÖduaotog,  IL  9,158,  für  unerbittlich,  Aisdi. 
derart,  vgl.  auch  Orph.  h.  85,8,  wo  Hypnos  be-  frg.  161  i\\-  =  Aristoph.  Frö.  1392.  Gruppe 
zeichnet  wird  als  leiblicher  Bruder  von  Lethe  30  983  f.,  7.  Heinemann  S.  31,  2.  34,  aannGtog  -accI 
und  Thanatos  {avroxcc6iyvr]Tog  yccg  ^q)vg  ylTjO-rj?  6cn(xgairrjrog  Füll,  bei  Stoh.  ed.  3,  6,  63,  8.  u.), 
Oavdtov  te),  wozu  Art.  Lethe  o.  Bd.  2,  Sp.  1957,  vielmehr  wird  er  angerufen  als  Uaiäv.  Leiden- 
22 ff.,  ferner  des  sterbenden  Gorgias  Ausspruch:  stiller,  Erlöser  der  Menschen  aus  allem  Leid, 
i'jSri  fX6  o  vTtvog  äg^^tai  n a g cc'natatlQ's 6 d'at  oa  Oävccre  Ilcaäv.,  Aisdi.  frg.  2öö  N.'^,  ähnlich 
rd^sXcpm.,  Ailian,  v.  h.  2,  35.  Diels,  Vorsokr.^  v-ai  ^oi  Odvcctog  Uaidv  tA-S-ot,  Furip.  HippoL 
(2)  548,  ferner  Verg.  Aen.  6,278  C^consanguineus  1373,  wozu  vgl.  Aisdi.  frg.  353  {dtg  ov  öiTcaicog 
Leti  sopor'').  VaL  Flacc.  Arg.  8,  74  (wo  Somnus  Qdvaxov  }cx%'ov6iv  ßgoroi,  iiansg  ^syiOTOv  gvucc 
'^fratri  simülime  Leto^  angeredet  wird).  Sen.  rüv  nollibv  ■nayimv).  Soph.  ^il.  iv  Tg.  frg. 
.flerc. /".  1069  (wo  die  Anrede  für  (Sownws  lautet:  636  iV.^  (all'  hd-'  ö  d-ccvarog  Xmarog  iargog 
^frater  durae  languide  Mortis^)  —  wie  auch  40  vogcov).  JDiphilos  frg.  88  ed.  Kock  2,  570  i  ovx 
im  deutschen  Volksmärchen  der  Tod  den  Schlaf  hri  ßlog.  og  ov%\  xg'xTTjra/  -/.axa,  |  Xvnd^.,  as- 
seinen  „leiblichen  Bruder"  nennt,  vgl.  dei  Brü-  gl^vccgy  dg-jtccydg.,  6tgißXocg,  vooovg-  \  rovtcov 
der  Grimm  Kinder-  und  Hausmärdien  nr.  177  b-dvato^  ■/.ccd'dTisg  latgog  cpccvsig  j  ditilvas 
„Hie  Boten  des  Todes''  —  wogegen  Sophokles  tovg  ^xovtag  avccTtavaccg  vtcvoj);  so  wünscht 
eine  neue  Genealogie  zu  schaffen  scheint,  wenn  Philoktet  auch  den  Hypnos  herbei  als  JTatTjwv 
er  Oid.Kol.1614:  den  Todesgott,  den  „Immer-  (JlatoW),  Sojjh.  Phil.  832,  und  in  diesem  Sinn 
schlaf"  iccUvvitvog),  den  Gott  des  ewigen  Schla-  beauftragt  Sokrates  vor  seinem  Tod  den  Kri- 
fes,  anrufen  läßt  w  Fag  nal  xccl  Tagxdgov,  ton,  dem  Asklepios  einen  Hahn  zu  opfern  (das 
wozu  Gruppe  407,  4.  Waser  o.  Bd.  5,  Sp.  125  f.,  Leben  ist  Krankheit,  der  Tod  Genesung),  Plat. 
56 ff.  s.  Tartaros.  An  IL  14,231  klingt  an  der  50  Phaid.  66  p.  118  A;  vgl.  noch  Soph.  frg.  865 
einer  Interpolation  angehörige  v.  756  der  he-  (und  dazu  das  Fpigr.  des  Agathias  Anth.  Pal. 
siodischen  r/?eo5fome,  wo  Hypnos,  den  die  Nacht  10,  69),  ferner  /"rgf.  «des;;.  370f.  .ZV^.-,  für  diesen 
in  den  Händen  trägt,  wieder  im  Versausgang  Thanatos  Ilccidv  Brudimann ,  Epith.  deor.  157. 
als  -KccGiyvritog  ©avdroio  bezeichnet  wird.  Im  o.  Bd.  3,  Sp.  1250,  58  ff.  Gruppe  1240,1.  Heine- 
Tartaros  haben  der  finstern  Nacht  Kinder  Schlaf  mann  35  f. ;  mit  nachdrücklicher  Wiederholung 
und  Tod  ihre  Stätte  (vgl.  auch  Verg.  Aen.  6,  278  wird  der  Erlöser  Tod  angerufen  von  Aias  und 
390),  dsLvol  d'soi,  die  niemals  der  strahlende  von  Philoktet:  m  ©dvats ,  Gdvars^  Soph.  Aias 
Helios  anblickt;  während  aber  der  eine  ruhig  854.  Phil.  797.  Direkt  an  des  Hades  Stelle  steht 
und  den  Menschen  freundlich  gesinnt  hinwan-  Thanatos  z.  B.  Soph.  Oid.  tyr.  942  {iitsl  viv 
delt  über  die  Erde  und  den  weiten  Rücken  60  Odvatog  iv  tdtpoig  ^%bl),  vgl.  auch  Eurip.  Med. 
des  Meeres,  ist  von  Eisen  des  andern  Sinn,  1109 ff.  usf.  Anderseits  wieder  gilt  u.  a.  auch, 
ehern  ist  ihm  das  Herz  und  mitleidlos  in  der  Thanatos  als  Erzeuger  jeglichen  Giftes  und 
Brust,  festhält  er,  wen  er  einmal  erhascht  von  verwünschter  Kreatur,  vgl.  Soph.  Trach.  833 f. 
den  Menschen,  und  verhaßt  ist  er  selbst  den  (loi),  ov  ts-nsto  Gdvarog,  hgsq^s  S'  cciolog  ägd- 
unsterblichen  Göttern,  v.  758—766  (vgl.  z.  v.  766  xcor,  wozu  Heinemann  S.  35, 2).  Eur.  Troad. 
Eur.  Alk.  62).  Das,  meint  Heinemann,  Than.  766 ff.,  wo  Andromache  die  Helena  Tochter 
27 ff.,  ist  nun  der  populäre  griechische  Tha-  nicht  des  Zeus,  sondern  vieler  Väter  schilt, 
natos,    der  im  ,, aristokratisch  höfischen  Epos  des  Alastor,  Phthonos,  Phonos,  Thanatos  und 


487  Thanatos  (b.  d.  Tragikern)  Thanatos  (b.  d.  Tragikern;  488 

alles  dessen,  was  die  Erde  an  Übeln  hervor-  banks,  Ath.  Lek.  [1914]  p.  244,  pl.  .]-2, 1  |(l.  3, 
bringt,  ön*pp«  1068, 1.  —  Als  handelnde  Per-  48  A.])  —  wie  solche  Haarweihe  Obliegen- 
ßon  hat  bereite  Phrynichos  in  seiner  „Alkestis"  heit  der  Persephone  ist  nach  Verg.  Aen.  4, 698  f. 
den  Thanatos  auf  die  Bühne  gebracht,  Phi-yn  {*nondum  Uli  flamm  Proscrpina  vertice  ot- 
frg.  2 f.  TGF  ed.  Xauck*  S.  720.  Daß  Phryni-  nem  \  ahstulerat  Slygioque  capiit  damnaverat 
cÄo«  eine  2tlxrjaTiff  gedichtet,  erfahren  wir  einzig  Orco*)  und  v.  704  in  der  luno  Auftrag  durch 
aus  Hesychios  s.  Scd-a^ßi?'  'pQvvirog'AXxi'jöTiöf  Iris  nachträglich  erfüllt  wird,  wozu  vgl.  Ma- 
cdiiia  i'  Sc^außhg  yvio86vr}rov  \  rct^ci,  was  schon  crob.  Sat.  6,  19,  der,  des  Cornutiis  Meinung,  es 
Gottfr.  Hermann  und  Wekker  auf  den  Ring-  liege  bei  Vergil  bloß  dichterische  Erfindung 
kämpf  zwischen  Herakles  und  Thanatos  be-  lo  vor,  bekämpfend,  mit  Recht  tlie  Vergilstelle 
zogen  haben,  „mit  demjenigen  Grade  von  mit  Eur.  Alk.  73 ff.  in  Parallele  setzt;  wozu 
Wahrscheinlichkeit,  der  bei  Verwertung  von  ferner  vgl.  Stat.  silv.  2,1,147,  sowie  (nur  all- 
solch  kurzen  Fragmenten  überhaupt  erreichbar  gemeineren  Ausdrucks)  Bor.  carm.  1,  28,  19  f. 
ist**  {Robert,  Than.  80).  Das  Vorkommen  des  {'nuUum  \  saeva  caput  Proserpina  fugit')  —  so, 
mit  dem  Schwert  ausgerüsteten  Thanatos  bei  wie  auch  die  „Braut  von  Korinth"  in  Goethes 
Phrynichos  findet  man  bestätigt  durch  Serv.  Ballade  von  1797,  „aus  dem  Grabe  ausgetrie- 
Aen.  4,  694:  'aJit  dicuut  Euripidem  Orcum  ben,  |  noch  zu  suchen  das  vermißte  Gut,  |  noch 
«)i  sctmam  indticere  gladium  ferentem  qtio  cri-  den  schon  verlornen  Mann  zu  lieben  |  und  zu 
tietw  Alcesti  dbscidat  (vgl.  Macrob.  Sat  6,19,4,  saugen  seines  Herzens  Blut"  (Str.  20),  also  mit 
wo  die  weitgehende  Übereinstimmung  im  Wort- 20  Vampyr-Eigenschaften  wiederkehrend,  an  an- 
laut  dieselbe  Quelle  vermuten  läßt)  <ct>  Euri-  derer  Gabe  Statt  Str.  13  bittet:  „Eine  Locke 
jmicm  hoc  a  Poenia  antiqtio  tragico  mutuatum\  gib  von  deinem  Haar!"  und  beim  Abschied 
sobald  man  gutheißt  die  Verbesserung  von  von  dem  todgeweihten  Jüngling  wiederholt 
O.  Jahn  {Wiein.  Mus.  n.  F.  0,  1864,  (126)  'a  (Str.  27):  „Deine  Locke  nehm' ich  mit  mir  fort" 
Phrynicfw*  statt  ^a  Poenia^  {Voss  dachte  an  —  wie  man  eben  auch  den  Opfertieren  erst 
P€mya$(s)is,  Bentley  an  Pratinas),  die  auch  zwischen  den  Hörnern  einen  Haarbüschel  her- 
von  Nauck  u.  a.  übernommen  worden  ist,  so-  ausschnitt,  Verg.  Aen.  6,  245,  wozu  Bekker, 
zusagen  allgemeinen  Beifall  gefunden  hat,  Ko-  Anecd.  Gr.{l)  p.  62, 10 f.  \iBxca7ctdia,  ^git.-  rj  t&v 
herty  Than.  32.  Preller- Robert  1,  843,  2.  Alfr.  ^vo^iivcov  Ugsiiov,  i]v  ngb  xov  d-vsad^ai  &7tov.si- 
ScJtime,  rb.  d.  Alk.  d.  Eurip.,  Kaisergeburts-  30  qovtes  stg  rb  nvQ  iiißdXXovaiv  —  wie  auch  der 
tagsrede,  Kiel  1896,  S.  10 f.  20.  Heineinann  Sieger  Besitz  ergreift  vom  Besiegten,  indem  er 
8.  43, 4  (21, 2)  usf.  Offenbar  also  schon  bei  ihn  am  Haarschopf  packt  (vgl.  z.  B.  Ludwig 
Phrynidws  schnitt  Thanatos  der  sterbenden  Sommer,  Das  Haar  in  Relig.  u.  Abergl.  der 
Alkestis  mit  dem  Schwert  eine  Haarlocke  ab  Griechen,  Biss.  Münster  i.  W.  1912,  S.  58  ff.), 
zur  Todesweihe,  wie  Thanatos  bei  Euripides  und  der  Wilde  durch  das  Skalpieren  sich  der 
als  „Opferpriester  der  Toten"  {Isqsvs  d-avövtcov  Seele  seines  Feindes  bemächtigt  (dazu  z.  B. 
Alk.  26)  seinem  Opfer  mit  dem  Schwert  eine  Gruppe  882,  3.  Waser,  Arch.  f.  Riv.  16,  1913, 
Locke  vom  Haupt  schneidet  und  es  so  den  381,2)  — wie  wiederum  auch  der  neugriechi- 
ünterirdischen  weiht,  Alk.  74ff.  (dazu  v.  1145  f.).  sehe  Todesgott  Charos  die  Sterbenden  bei  den 
Hesycft.8.  xardg^ctßd'ai  xov  isQsiov'  tibv  xqi-  40  Haaren  packt,  vgl.  Bernh.  Schmidt,  Das  Volks- 
%äv  ScnocTrdaaL  —  wie  auch  die  der  Opferung  leben  d.  Neugriechen  u.  d.  hellen.  Altert.  1,  230 f.; 
der  Iphigeneia  vorausgehende  Haarweihe  als  Griech.  Märchen,  Sagen  u.  Volksl.  S.  163,  nr,  20, 
Vorwurf  verschiedener  Kunstdarstellungen  er-  18  f.  (dazu  Herrn.  Lübke,  Neugr.  Volks-  und 
scheint,  zumal  des  pompeianischen  Wandbildes  Liebeslieder  S.  258  „Charos  und  die  Helden^'). 
bei  Heibig,  Wandgem.  nr.  1306.  W.  Vorlegebl.  S.  177,  nr.  38,12.  A.  Thumb,  Hdb.  d.  neugr.' 
Ser.  5  T.  8,2,  wo  ein  Bärtiger,  von  Robert,  Volksspr.^  S.  204 f.,  nr.  9, 19  (=  Lübke  S.  258f. 
Arch.  Märchen  175f.  (vgl.  auch  Paul  Schredel-  „Charos  und  der  HiH"),  ferner  Lübke  S.  261  f. 
seker,  De  super  st.  Gra^cor.  quae  ad  crines  per-  „Bruderliebe")  M&t  Waser,  Arch.  f.  Ric.  1,11 6  t:, 
tinent,  Diss.  Heidelb.  1913,  S.  32,2)  beim  Feh-  Charon  S.  101  ff.  Bohde,  Psyche^  2,  249,  1. 
len  der  Flügel  wohl  mit  Unrecht  als  Thanatos  50  Gruppe  187,2.  882,3.  Sommer  a.  a.  0.  53  ff.  58  ff. 
in  der  Alkestissage  angesprochen,  nach  der  61  ff.  Schredelseker  a.  a.  0.  32  ff.  Heinemann 
gewöhnlichen  Deutung  Kalchas,  einer  vor  ihm  S,  46,  3,  weiteres  Waser,  Volksk.  u.  Altert.  24  f. 
stehenden  Frauengestalt,  offenbar  Iphigeneia,  (=  Schweiz.  Arch.  f.  Volksk.  20,  1916,  472 f.); 
mit  dem  Opfermesser  eine  lang  ausgezogene  als  weitverbreitet  eben  erweist  sich  die  Vor- 
Haarsträhne abtrennt,  wozu  auch  vgl.  die  ge-  Stellung,  daß  in  den  Haaren,  auch  in  einzelnen 
schnittenen  Steine  zu  Berlin  nr.  788  —  790  besonders  gekennzeichneten  Locken  der  Sitz 
(Furticängler,  Beschr.  d.  geschn.  Steine  im  Ant  der  Stärke  und  des  Lebens  sei,  daß  mit  deren 
S.  56  Taf.  10),  sowie  die  Mittelgruppe  des  (neu-  Verlust  der  Betreffende  dem  Tode  verfallen, 
attischen)  Reliefs,  das  die  sog.  Ära  des  Kleo-  darüber  z.  B.  o.  Bd.  3,  Sp.  3209,  52 ff.  3264,  20 ff. 
menes  schmückt,  in  den  üffizien  zu  Florenz,  eo  Bd.  4,  Sp.  1069f.,  62ft'.  Auch  der  burleske  Sa- 
W.  Vorl.  Ser.  5  T.  9,1.  Baumeister  (1)  S.  754f.  genzug,  den  Aisch.  Eum.  723  f.  727  f.  (dazu 
Abb.  806.  Amelung,  Führer  d.  d.  Ant.  in  Flo-  v.  173)  bezeugt,  daß  Apollon  im  Haus  des 
renz  S.  55  f.,  79.  Klein,  Gr.  Kunst  2,  238  f.  Pheres  die  Moiren  durch  Wein  betrunken  ge- 
Reinach,  Rep.  de  rel.  3,  31,  2,  vgl.  Kjellberg  macht  zugunsten  des  Admetos  (wofür  es  bei 
Art.  Iphig.  bei  Pauly-Wissoica- Kroll,  R.-E.  9,  Euripides  bloß  heißt,  er  habe  die  Schicksals- 
2618  f.  :^2ff.  (ein  Unikum  ist  die  Darstellung  frauen  überlistet,  Alk.  12.  33  f.,  vgl.  aber  auch 
der  Haarweihe  eines  Epheben  auf  einer  Grab-  Schol.  zu  v.  12  u.  34.  Gruppe  910,4.  1069,1), 
lekythos  im  Metrop.  Mus.  zu  Neu- York,  Fair-  auch   dieser  Zug  dürfte  schon  dem  Stück  des 


4S!)           Thanatos  (b.  d.  Tragikeru'  Thauatos  (b.  d.  Tragikern)           490 

JVirynicIios  geeignet  haben,  vgl.  Wilainoirit:,  \)Vivk\  der  Todesgott  {vn  öcpQvai  xvavuvytai 
hifllos  V.  Epid.  S.  ür.ir.  u.  EinL  z.  Alk.-Vbers.  [VkIumv  TtrtQoizog  'Atdccg  v.  261,  "lUdav  lindert 
8.16,  dagegen  6^c/<ö/<c  a.a.O.  20,  der  hinweist  Wiltonowitz ,  Herrn.  34,229  und  AUc.-f'bers. 
auf  eine  gewisse  Analogie  zwinchen  dem  Dia-  S.  93,  dazu  Ifcinemann  S.  46,1),  und  v.  43'.> 
log  von  Apollon  und  dem  Chor  der  Eumeniden  hat  der  wirkliclie  ^-ü'da?  den  Zusatz  n  ntXayxcci- 
(Äisch.  Ivum.  711 — 73.'))  und  der  Unterredung  tag  9-i-6g.  So  pflegt  auch  der  Neugrieche  zu 
des  Apollon  mit  Thanatos  {Enr.  Alk-.  38—76),  sagen:  „Schwarz  wie  Charos'';  auch  Charos  ist 
besonders  zwischen  Eum.l2l[.  und  Alk.  62,  in  schwarzes  Gewand  gehüllt,  sitzt  auf  scliwar- 
mit  der  \'crmutung,  Euripides  habe  das  Motiv  zem  lloß,  wird  begleitet  von  schwarzen  Hun- 
von  den  betrogenen  Moiren  lediglich  aus  Aischy-  lo  den,  schwarz  ist  das  Feld,  über  das  er  hinweg- 
lof<  geschöpft;  wieder  an  l^iirynichos  denkt  reitet,  \g\.  Scfunidt ,  Volksl.  d.  Js'eugr.  l^^lhi., 
Leo  Bloch,  Alk.-Stud.  34  {Ilbergs  N.  Jahrb.  7,  weiteres  Waser,  Charon  S.  98  f.  Das  Schwert 
1901,  114).  Kaum  mit  Recht  hält  Schöne  a.  a.  ist  des  Thanatos  Waffe,  Alk.  v.  76  (wie  die  des 
O.lOt  i\'\G  cnnpideisclie  Alkestis  iiXv  einQVtkVO-  Charos,  Schmidt  S.  226.  Ders.,  Gr.  Märchen 
■die  des  Stückes  des  Fhrynichos,  eher  wird  man  S.  158 ff.,  nr.  18,  7 f.  =  Thumb  a.  a.  0.  203 f., 
]Vilamoicitz  zustimmen,  der  schon  des  Phry-  nr.  8,  7 f.  Wastr  S.  99),  Blut  seine  Labung,  an 
nichos  Alkestü  ein  burleskes  Drama  genannt  die  Gräber  kommt  er,  das  Blut  der  dort  ge- 
Jiat,  Isyllos  S.  66  {Einl.  z.  Alk.  S.  15 f.),  und  schlachteten  üpfertiere  zu  schlürfen,  v.  845. 
A.  Dieterich,  der  gleichfalls,  im  Gegensatz  zu  8ö0f.,  wie  sonst  der  Tod  selbst,  vgl.  Rohde, 
Schöne,  bereits  darin  „ein  sehr  burleskes  Satyr-  20  Psyche-  1,  243,  2  z.  2,  249, 1.  Er  ist  ItQbvg  ^cc- 
spiel"  sah,  PwZeme/?«  S.  69, 1  u.  Art.  i'yitnjp.  bei  vovxoiv,  v.  25,  scheint  einem  Höhern  unter- 
Pauly- Wissoiva  6, 1254,  52  tf.,  vgl.  auch  Christ-  stellt,  v.  49  (dazu  „Mein  ewig  Amt  ist  Würgen 
Sthmid,  ör. -L«V.  1*^,  282, 11.  355,  4.  „Man  kann  und  Entratten''  Adolf  Frey,  Totentanz  S.  8  = 
sich  denken,  wäe  das  Publikum  gejubelt  hat,  Gedichte^  S.  109)  und  ist  doch  selbst  uva'S,  vi- 
wenn  Herakles  "^den  schamlosen  Leib  mürbe  xpwr,  v.  843,  Sai^övoiv  ö  -noiQavog  v.  1140.  Er 
machte,  dessen  Glieder  er  nur  so  herumwir-  berührt  sich  mit  dem  Hermes  rpvxoTto^Ttög 
belte',  wie  es  in  dem  einzigen  Verse  heißt,  der  v.  25 f.  47.  259.  870  f.  An  letztzitierter  Stelle 
aus  einer  Schilderung  des  Kampfes  erhalten  ist  in  den  Worten  'Älöt)  Odvccto?  TtccQtdcoxsv 
ist"  {Wilamoicitz ,  Einl.  z.  Alk.  21),  und  „die  {sc.yilxriGtLv)  auch  deutlich  unterschieden  zwi- 
trunkenen  Moiren  haben  jedenfalls  ein  sehr  30  sehen  Thanatos  und  Hades,  desgleichen  in  des 
heiteres  Bild  abgegeben'' (1^/oc/i  a.  a.  0.).  Neben  Herakles  Ausspruch  850 ff.:  So  Thanatos  sich 
■des  Phry  nichos  Drama  gilt  als  Vorlage  des  nicht  einfinde  ngog  aliLarr^Qov  7Cb7.avov,  begebe 
Euripides  ein  Hesiodos  zugeschriebenes  (jedicht  er  sich  „in  Hades'  und  der  Kora  düstres  Schat- 
(vgl.  dazu  Wilamoicitz,  Isyllos  S.  57 ff.  70if.  mit  tenreich''.  Im  großen  und  ganzen  aber  gehen 
^,inem  Versuch  der  Nacherzählung,  den  Wila-  die  beiden  Gestalten  ineinander  über,  ähnlich 
woicitz  wiederholt  hat  in  der  „Einl.  z.  Alk.-  wie  Thanatos  und  Charon  sich  vermischen  im 
übers.*'  S.  9fF.,  vgl.  auch  S.  23,  s.  Hesiod.  frg.  „Nationalepos  der  Byzantiner''  von  Basilios 
122  ff.  126 f.  Rzach),  wo  indes  (soviel  gibt  auch  Digenis  Akritos,  vgl.  Hesseling ,  Charos  23 ff. 
Bloch,  zu  a.  a.  0.)  die  Freigabe  der  Alkestis  Waser,  Charon  92.  Heinemann  45,4;  auch  in 
•durch  Mitleid  und  Gnade  der  Persephone  mo-  40  einer  „Achillei's",  deren  zwei  Fassungen  wahr- 
tiviert  war  (vgl.  zu  Apollod.  1,  106  W.  ccvti]v  scheinlich  beide  dem  14.  Jh.  entstammen,  heißt 
nTccUv  ccv^Tcs^ip&v  T]  KoQTi  Plut.  symp.  7  p.  179  C  es  vom  Todesgott  bald  Thanatos,  bald  Charon^ 
und  Komm,  von  Arnold  Hug^  S.  41.  Wilamo-  Hesseling  25  f.  Waser  92,3.  Und  bezeichnend 
iritz,  Isyllos  72,49)  ohne  Hereinziehung  des  ist,  daß  in  einer  jungen  iwripicZes-Handschrift 
Herakles,  der  in  des  Phrynichos  und  des  Enri-  mit  Alkestis  {Cod.  Palat.  287)  wie  im  Personen- 
pides  Stücken  eine  so  entscheidende  Rolle  spielt.  Verzeichnis,  so  auch  vor  den  dem  Thanatos  in 
Des  Euripides  Thanatos  ist  der  „schwarze  den  Mund  gelegten  Versen  (28 ff.)  Xdgcov  an 
Fürst  der  Schatten";  v.  843 f.  sagt  Herakles:  Stelle  von  Odvaros  gesetzt  ist:  der  Abschrei- 
■sXd-ojv  &'  ava-KXoc  tov  [Lsl(x.\L7csnlov  ve-  ber  hat  sich  eben  dem  zu  seiner  Zeit  herr- 
•/.Q(hv  I  Odvatov  cpvXu^co;  dies  bieten  die  50  sehenden  Volksglauben  angeschlossen,  der  in 
Handschriften,  iisXdLLntsQov  aber  vermutete  der  Funktion  des  Thanatos  bloß  noch  den 
Musgrave  aus  Schol.  \.  843:  sldcoloTtoLSitcic  /xs-  Charon  kannte,  Waser,  Arch.  f.  Ew.  1,  173 f. 
Icävag  nriQvyag  ^XCüv  b  ©ävccxog.,  Ng\.  ■ntSQcoros  und  Charon  S.  89  f.  Wilamoicitz,  Alk.-Einl. 
(Äidccg)  V.  261,  ferner  Kaibel,  Epigr.  Gr.  89,4  S.  18,1  (80,1);  ebenso  begegnet  Charon  statt 
(Äidrig  <(o)>t  axoriccg  ccuq)Eßalev  nrigv/ocg).  Hör.  Thanatos  in  Melanchthons  lateinischer  Über- 
sah. 2,  1,  58  {'Mors  atris  circumvolat  alis'').  Setzung  der  euripideischen  Alkestis  (z.  B.  Basi- 
Gratti  cyneg.  1,  348  {^nigris  orbein  circumsonat  '  leae  1558  p.  310),  nach  Schone  a.  a.  0.  27.  Zwi- 
alis  sc.  örctis'').  Schwarz  heißt  der  Tod  auch  sehen  zwei  Charungestalten  sehen  w^ir  Admetos 
Hom.  Od.  12,  92  und  in  einem  Grabepigramm  und  Alkestis  voneinander  Abschied  nehmen 
von  Amorgos,  Bull,  de  corr.  hell.  15  (1891),  604  60  auf  dem  rf.  Krater  aus  Vulci  zu  Paris  im  Cab. 
nr.  44,  15  {tgidytavtcc  'de  fiiv  Xvyidßccvtccg  dvcc-  des  Med.,  s.  u.  Sp.  521.  —  Da  aber  der  euri- 
'JiXriGavtu  I  <^öy6yaa6v  Moigccäiv  eIXs  fieXag  d'd-  pideische  Tliauatos  so  ziemlich  wesensgleich 
vccvog,  vgl.  noQcpvQsog  d'dvarog  Hom.  11.  5,83  ist  mit  Hades  selbst,  ist,  wo  weiterhin  dessen 
=  16,334  =  20,477),  wie  häufig  die  Nacht  gedacht  wird,  daß  Herakles  dem  Tod  die  Al- 
(DichieiateWenloei Bruchmann, Epith.deor.lS3),  kestis  abgerungen,  stets  von  Hades,  nicht  von 
•die  gleichfalls  Eur.  Ion  1150  erscheint  als  Thanatos  die  Rede,  ist  genannt  'HQccTcXfjg  aa- 
:lisXd^Tts7iXog  Nv^,  Aristoph.  Av.  695  als  Nv^  tj  xE6diiEvog'''Aidij,  Apollod.  1,  106  TU.  {Zenob.  1, 
tj^hXavoTiTSQog.   Unter  dunkelglänzenden  Brauen  18  =  Paroemioqr.  Gr.  1,  6,  13).   Schol.  Aristoph. 

.Koscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V  17 


491           Thanatos  (b.  d.  Tragikern)  Thanatos  (b.  a.  KomikerjO          492 

Wesp.  1289,  vgl.  auch  Schol.  u.  Tzetz.  z.  Lyk.  Sinne  etwa  von  Shakespeares  „Kaufmann  von 
5ü  {tbv  ^HgccxUa)  tov  TtäXai  ;|r»pcD«auei/oy  tbv  Venedig'',  wo  auch  das  Tragische  mehr  als 
Ziidriv  mg  %al  X>fiTjQog  (//.  ft,  896ff.,  vgl.  Pind.  geatreift  wird,  für  unser  Empfinden  recht  eigent- 
01.  y,  33.  Gruppe  47ö,  6,  s.  u.);  u.  weiter  heißt  lieh  überwiegt.  Schon  G.  E.  Lessing  hat  die 
es  bei  Tsetzes:  i^sld'ovtog  roi)  ZiiSov  titpaad'cei  Vermutung  ausgesprochen,  „daß  die  'Alcestis' 
^'öitbp  iKgärriöev  {BC.'HffaxXfjg)  avvbv  a<poÖQü}^y  des  Euripxdes  nicht  ein  Trauerspiel,  sondern 
aiiQig  civ  xr^v  yvvaixa  (scIiiTiricxiv)  ccniöanBv^  ein  satyrisches  Drama  sei''  (nach  einer  An- 
woru  i?o6cr<,  TÄan.  33,2.  Eher  auch  dem  ^it^Tjs  merkung  iJscÄen&wr^s  zu  Lessings  „Collecta- 
iils  dem  BdvttTog  entspricht  der  Orcus  bei  neen",  Hempelsche  Ausg.  1kl.  19,484,  1,  vgl. 
Serv.  Aen.  4,  694.  Macroh.  Sat.  5,  19,  4,  ganz  lo  WilamoiüitZf  Einl.  z.  Alk.  S.  22,  2),  für  uns  aber 
abgesehen  davon,  daß  sich  Mors  und  Letum  steht  es  ja  urkundlich  fest,  daß  dies  „Lust- 
zufolge  ihres  andern  grammatischen  Geschlech-  spiel"  438  von  Euripides,  dem  kühnen  Neuerer, 
tes  weniger  als  Ersatz  empfahlen.  Daß  aber  an  4.  Stelle  geboten  ward,  also  an  eines  Satyr- 
Goethe  in  seiner  Farce  „Götter,  Helden  und  Spieles  Statt.  Herakles  war  von  je  eine  durch 
Wieland"  (1774)  an  die  Stelle  des  Thanatos  und  durch  volkstümliche  Figur  mit  derb- possen- 
die  „Königin  der  Toten",  die  „Todesgöttin"  haftem  Einschlag,  eine  Lieblingsgestalt  des 
treten  läßt  (während  doch  Wieland  in  seiner  Volkswitzes  und  so  auch  des  Satyrspiels,  sein 
teilweise  wohl  durch  Calsabigis  Libretto  zu  Auftreten  allein  schon  mochte  ausreichen,  das 
Glucks  Oper  bestimmten  „Alceste**  diese  vom  Stück  zum  „Satyrdrama"  zu  stempeln,  vgl. 
Thanatos  durch  Herkules  erkämpft  sein  läßt),  so  A.  Dieterich,  Pulcinella  64  tf.  68  tf.  Wascr, 
das  hat  seinen  Grund  darin,  daß  Goethes  Vor-  VoJksk.  u.  Altert.  53 f.  {Schtveiz.  Arch.f.  Volksk. 
läge,  sei  dies  nun  die  französische  Übersetzung  20,  1916,  501  f.),  über  den  'HQccxXfig  dBinvmv, 
des  Pater  Brumoy  gewesen  oder  eher  die  la-  Mricpayog  im  besondern  als  einer  der  belieb- 
teinische  des  Aemilius  Portus,  7a  Mort\  bzw.  testen  Figuren  wie  schon  bei  Epicharm,  so  auch 
^ Mors^  und  ^mortuoi'um  reginn^  an  die  Hand  in  der  altattischen  Komödie  vgl.  ^^^<o  ii/oes.sner, 
gab,  vgl.  ScAon«  a.  a.O.  26 f.  Wilamowitz,  Einl.  D.  Myth.  in  d.  dor.  u.  altatt.  Komödie,  Diss. 
z.  Ajk.  S.  16f.,  2.  Heinemann  S.  47,  2.  Kein  itV^an^rtn  1907,  S. 47.  89 f.  Vielleicht  auch  stellt 
Zweifel,  dem  euripideischen  Thanatos  (wie  wohl  das  euripideische  Stück  einen  Versuch  dar,  das 
schon  demjenigen  des  Phrynichos)  eignen  volks-  Satyrspiel  zu  ersetzen  durch  ein  „Märchenspiel" 
tümliche  Züge  in  großer  Zahl,  in  ihm  spiegelt  30  (Bohde,  Psyche^  2,  249),  eine  Märchenkomödie; 
sich  vornehmlich  d  i  e  Auffassung  des  Todes,  denn  die  Opferung  der  Frau  für  den  Mann  und 
die  in  den  breiten  Schichten  des  Volkes  lebte,  der  Kampf  mit  dem  persönlich  gedachten  Tod, 
verschieden  von  derjenigen,  die  sich  festsetzte  das  sind  Märchenmotive,  die,  einschließlich 
bei  den  Gebildeten,  den  Dichtern  und  Denkern  der  Weigerung  der  Eltern,  für  den  ^ohn  zu 
der  Griechen:  bei  diesen  lebenvemeinender  sterben,  z.  B.  wiederkehren  im  armenischen 
Pessimismus,  der  Tod  die  Erlösung,  bei  der  Märchen  von  Kaguan  Aslan,  nur  daß  an  Stelle 
Menge  lebensfrohe  Weltbejahung,  naive  Da-  des  Thanatos  der  Erzengel  Gabriel  tritt,  vgl. 
seinsfreude  und  Diesseitsstim mung  als  Ausfluß  Bugrat  Chalatianz ,  Armen.  Htiligenlegenden, 
des  naiven  Empfindens  und  Sinnenlebens  des  Ztschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  19  (1909),  368  f.  Christ- 
Volkes  überhaupt,  im  besondern  der  Kinder  4o  äcä??«'^/  1®,  355  f.  Waser  a.  a.  0.  42 f.  (490  f.). 
des  heitern  Südens,  somit  im  Volksglauben  der  Dabei  ist  denkbar,  ja  geradezu  wahrscheinlich 
Tod  eine  grause,  düstere  Gestalt  und  verhaßt,  die  Einwirkung  der  siziliscbenMär  chenkomö - 
der  Feind  auch,  den  man  zu  überlisten,  dem  die,  die  um  diese  Zeit  sich  geltend  machte  auf 
man  ein  Schnippchen  zu  schlagen  sucht,  vgl.  der  komischen  Bühne  Attikas  {Christ - Schmid 
Waser,  Arch.  f.  Rw.  1,166.  17*2 f.;  Charon  S.  53 f.  a.  a.  0.  356),  zumal  Suidas  s.  ^oQ^og  von  diesm 
86.  /f«nemann  S.  8. 17.  23,  übrigens  auch  schon  Phormis,  dem  Syrakusaner  und  Zeitgenossen 
Herder  a.  a.  0.  („Zerstr.  Blätter*'  2)  307  If.,  wei-  Epicharms,  auch  "Aö^iritog  nennt  als  Titel  einer 
teres  aber  über  diesen  volkstümlichen  Thana-  seiner  mythologischen  Travestien,  vgl.  Com. 
tos,  zumal  auch  das  Motiv  des  Ringens  mit  Gr.  frg.  ed.  Kachel  1,  148,  ferner  Heinemann 
dem  Todesgott  s.u.  Abschn.  III.  Naive  Lebens-  50  S.  44,  der  gleichfalls  bei  Epicharmos  und  *S'o- 
lust,  Furcht  vor  dem  Tod  als  dem  ßotqvxccxov  pliron  und  in  den  Kreisen  der  dorischen  Ko- 
xa-Kov  {Aristoph.  Frö.  1394)  und  Hangen  am  mödie  mit  ihren  ganz  auf  den  Volkston  abge- 
Leben,  das  in  dieser  Auffassung  tatsächlich  stimmten  Lustspieleu  und  mythologischen  Tra- 
„der  Güter  höchstes",  diese  Gesinnung  steht  vestien  dieWurzeln  derartig  humoristischer  Aus- 
überhaupt herrschend  im  Mittelpunkt  der  AI-  gestaltung  der  Unterwelt  und  ihrer  Schrecken 
kestissage,  bestimmt  in  der  Hauptsache  den  annimmt,  und  nach  Euripides  hat  tatsächlich 
Charakter  auch  des  euripideischen  Stückes,  da«  auch  die  attische  Komödie  des  Stoflfes  sich  be- 
mit  seinen  den  Gestalten  des  Thanatos  und  mächtigt,  zwar  nicht  ein  Aristophanes:  dem 
zumal  des  Herakles  anhaftenden  possenhaften  Stück  des  Österreichers  Cornelius  Hermann 
Zügen,  z.  B.  auch  der  burlesken,  an  Shake-  60  v.  Ayrenhoff'  (17:^3—181^)  im  4.  Bande  seiner 
speare  erinnernden  Erzählung  des  Dieners  von  Werke  (1814  herausgegeben),  betitelt  „Alceste, 
des  Herakles  Ungeniertheit  und  Gefräßigkeit  ein  Lustspiel  des  Aristophanes  aus  dem  Grie- 
(v.  747 ff,  auch  in  Epicharms  Bovasigtg  frg.  21  chischen  übersetzt",  liegt  lediglich  die  Fiktion 
J^«i6e/ spielte  des  Herakles  Freßlust  ihre  Rolle),  zugrunde,  es  sei  zu  Pompei  eine  „Alkcstis" 
und  mit  seinem  die  Wiedervereinigung  der  des  Aristophane^t  gefunden  worden;  außrr  dem 
Liebenden  herbeiführenden  untragisch -glück-  Namen  aber  in  Titel  und  Vorrede  ist  in  dem 
liehen  Ausgang  keinesfalls  als  Tragödie  zu  faden  Produkt  nichts  zu  finden  von  Aristo- 
werten   ist,   sondern   direkt   als  Lustspiel,   im  phanes  bzw.  aristophanischem  Geist,  vgl.  Fritz 


4i);)     Thanatos  (in  Komödie  u.  Epij^ramm.)  Thanatos  (volkstümlich)            494 

HiJsenheck,  Arist.  u.  d.  deutsche  Lud.  IS.  Jhs.,  20,  1900)   S.  51/53.    Gruppe   772,2,   vgl.  auch 

lierl.  Beitr.  z.  germ.  u.  roman.  FhiloL  34,  Germ.  Jiohde,  Psyche^  1,  1Ü3,  1,  so  auch  mit  dem  Dai- 

Abt.  i\r.  21  (VJOH)  ^.27  f.  Christ-Schviid  S.3Ö6, 2.  raon    des    Greisenalters,    dem    personifizierten 

Dagegen  wird  wiederum  ein  Zidiirixog  genannt  Gera«,   was   wieder  ein    possenhaft  volkstüm- 

von   An'stomenes,   388   aufgeführt  gleichzeitig  licher  Sagenzug  ist,  s.  o.  13d.  1,  Sp.  2215,  20  ff. 

mit  des  Aristophanes  Hutos,  vgl.  Ar<f.  Ar.  Flut.  Bd.  3,  Sp.  2083 f.  2085,  1  ff     Waser  bei  Fauly- 

4  (Kock  1,690),   und  ebenso  von  Theopompos,  Wiasowa  7, 1241  f.,  35  ff.  Heinemann  S.  44.   Die 

vgl.  frg.  1  {Ath.  15  p.  690a)  und  75   bei  Kock  Agonie    des    Sterbenden    als   ein    persönliches 

1,  733.  752,  ferner  von  Antiphanes,  dem  frucht-  Ringen  mit  dem  Tod   aufzufassen  war  gewiß 

barsten   unter  den  Dichtern   der  mittlem  Ko-  lo  naheliegend,  und  so  ist  denn  auch  das  hingen 

mödie,  für  354  eine  "AX%r]6xig,  auch  durch  Bruch-  mit  Charos  vielfältig  belegt  in  neugriechiHcher 

stücke  belegt,  vgl.  frg.  29f.  276  {Kock  2,  22f.  Volksdichtung,  vgl.  Schmidt,  Volkal.  d.  Neugr. 

124).    Lehrreich  in  der  derb  burlesken  Behand-  1,230 f.    Waser,  Arch.  f.  Rio.  1,  176 f.;   Charon 

lung  des  Stoffes  im  Sinn  und  Geist  des  Fhry-  101  f.  L.  liadermacher,  Das  Jenseits  im  Mythos 

tiichos    ist    Eberhard    Königs    (des    modernen  d.  Hell.  145  ff.   Heinemann  S.  23,  2.    Doch  der 

„Dichters   des  Problems  des  Todes")  mytholo-  Thanatos  bei  Flirynichos  und  Kuripides  ist  ein- 

gisches  Schelmentpiel  „Alkestis"  (1910).  —  Für  fach  auch  zu  vergleichen  dem  „guten  Teufel'*, 

Thanatos  in   der  Vorstellung  des  Volkes  und  der    sich    seine    Beute    wieder    abjagen    läßt 

seine  verschiedenen  Epitheta  sind  ergiebig  auch  {Waser,   Charon  102.    Heinemann  21),   wie  ja 

dieGrabepigramme,  Kaibel,Epigr.  Gr.  127,3  20  auch  der  Tod  im  deutschen  Volksmärchen  man- 

{Scci^cov  6  ni-KQÖq).    204,  3  (axpitf  dat^ov).    226  nigfach  überlistet  wird,  vgl.  der  Brüder  Grimm 

'=  CIG  3123),  2  {IvnriQog  Scämov).    257,3  {8.  Kinder- und  Hausmärchen  nr.  ^^  „Der  Gevatter 

ßccgifg,  vgl.  auch  Add.  497a,  8f.  ßccQvg  &.).    334  Tod''   (künstlerisch   verwertet  z.  B.  in  Rudolf 

(=  CIG  3627),  10  {d.  äXoyiGxog).     345  (=  CIG  Baumbachs  Dichtung  „Her  Pate  des  Todes''  von 

3715),  1  (6  ßäaxavog  Ö.,  ebenso  Com.  frg.  adesp.  1884),  s.  dazu  schon  Theod.  Benfey,  Fantscha- 

1498   bei  Kock  3,  665   aus   Fs.-Lukian.  '^q.  25,  tantra  (1859)  1,524 f.  2,551,  ferner  zahlreiche 

vgl.  auch  ßccGxavs  dccT^ov  Kaibel  569,  3  =  CIG  Varianten    beibringend  Gustav  Meyer,   Essays 

6200).    404  (=  CIG  4137),  1    {y.oivbg   daiy^oov).  u.  Sticd.  z.  Sprachgesch.  u.  Volksk.  1   (1885),  242 

430,  2  (6  navöaiiätcog).    551  (=  CIG  6261  coli.  —276,  erschöpfend  Joh.  Bolte  u.  Georg  Folivka 

Add.  3,  1266),  5    {xa-nbg    Öai^oav,    vgl.  ca   yiayis  30  in   der  Neubearbeitung   der  „Anmerkungen  z. 

Satiiov  644,1  =  CIG  6281).    562, 1  f.   {ccviyQov  d.  Kinder-  u.  Hausmärchen  der  Br.  Grimm"  1 

Sai^ovog).  566  (=  Ci6^  6239),  4  {TCovriQS  öcci^ov,  (1913),  377 — 386,  im  besonderen  noch  für  die 

vgl.  vriXshs  d.  Antli.  app.  2,  348,  4  Cougny,  wozu  neugriechische  Variante  „Gevatter  Charos"  vgl. 

wieder  vriXi]g  w  d-dvatog,  Kaibel  647, 11  =  CIG  Schmidt,  Volksl.  d.  Neugr.  1,  234  und  Griech. 

6203    und   vriXEo^vyLS  Xäqoiv   Kaibel  566,8  =  Märchen    S.  117  f.   235  f.   nr.  22    (aus    Lesbos). 

CIG  6239),  vgl.  Bruchmann,  Epith.  deor.  157;  G.Meyer  a.a.O.  251.  275.    Waser,  Charon  ^.9Q, 

dazu  für  die  Epitheta  der  Mors  bei  lateinischen  5.  102,  6;  es  sind  namentlich  die  beiden  Listen 

Dichtern  I.  B.  Carter,  Epith.  deor.  72  f.  —  Doch  des  Bettumdrehens  und  des  Nichtzuendebetens 

besondere  Betrachtung  verdient  noch:  eines  letzten,  dem  Todeskandidaten  noch  be- 

•     in.  der  volkstümliche  Thanatos,  von  40  willigten  Vaterunsers.    Und  wie  wiederum  der 

dem  Heinemann  mit  Vorliebe   als  dem  „Mär-  Arzt  des  Märchens   seinen   Vorfahren  hat  im 

chenthanatos"  spricht  (S.  20  ff.).    Als  durchaus  Wunderarzt  Asklepios,  der  auch  dem  Tod  sein 

volkstümliches  Element  in  des  Fhrynichos  und  ewiges  Recht    kränkte,    dafür    von    des    Zeus 

des    Euripides    Stücken    ward  bereits  hervor-  Donnerkeil  niedergeschmettert  ward,  der  auch 

gehoben  des  Herakles  Ringkampf  mit  Thana-  dem  Tod  verfiel,  weil  er  des  Todes  Rechte  ge- 

tos,    vgl.   Fhryn.  frg.  2.    Eur.  Alk.  69.  846 ff.  kürzt,  Apollod.  3,  120f.  1^2W.  (Zeus'  Befürch- 

1035.  1140.  1142,    wo    teils    angedeutet,    teils  tung).  Diod  4,11,1 — 3  (Hades' Anklage;,  s.o. 

nachdrücklich   und   anschaulich    mit  Behagen  Bd.  1,  Sp.  619,  30ff.    Wilamoivitz,  Isyllos  S.  71 

ausgemalt  ist,  w-ie  Herakles  aus  dem  Hinter-  und    Einl.  z.  Alk.  S.  10,1,    so    läßt    sich   der 

halt  auf  den  Thanatos  sich  stürzt,  mit  beiden  50  Märchenzug   von    der   Überlistung    des    Todes 

Händen   ihn  packt,  umklammert,   die  Rippen  auch  aus  dem  Altertum  direkt  noch   belegen 

ihm  quetscht,  bis  er  seine  Beute  fahren  läßt.  durch  die  zwei  Geschichten  von  Sisyphos  und 

Schon  IL  5,  395 ff  wird  angespielt   auf  einen  vom  Greis  und  dem  Tod.   Sisyphos  (vielleicht 

Kampf  des   Herakles   mit   Hades,    der    dabei  der  „zweimal  Schlaue",  die  Verkörperung  des 

durch  Pfeilschuß  verwundet  ward  (vermutlich  über  alle  Schranken  hinaus   strebenden   Men- 

bei  der  Heraufholung  des  Kerberos  durch  He-  schengeistes,  Etymol.  s.o.  Bd.  4,  Sp.  970, 12  ff.), 

rakles,   vgl.   dazu   den   altkorinthischen   Napf  der  Erzschelm,  der  Verschlagenste  aller  Men- 

Arch.  Ztg.  1859,   Taf.  125.    Reinach,    Rep.  des  sehen    (ö    aegdiorog   yevsr'   ccvÖgcov  IL  6,  153), 

vases  1,389,  1,  o.  Bd.  1,  Sp.  1781  f.,  65 ff.  2205,  2:Lavcpog  AioXidrig  (v.  154),    der  nach  Theognis 

lOft".  Gruppe  475,  6.   Wilamowitz,  Einl.  z.  Alk.  60  702 ff",  selbst  aus  dem  Hades  wieder  heraufkam, 

17,2),  und  wie  mit  dem  Thanatos   als   einer  nachdem  er  Persephone  mit  schmeichlerischen 

Gestalt  der  niederen  Mythologie,  des  niederen  Worten  beredet  (v.  704),  dieser  Sisyphos,  führt 

Volksglaubens  {Heinemann  S.  23)   ringt  Hera-  Fherekydes  aus,  verrät  dem  seine  Tochter  Aigina 

kies   mit  dem  Daimon  des  Albdruckes,  'Hqcc-  suchenden  Asopos  deren  Entführung  durch  Zeus 

v.Xfig   'HniäXr^xa    Ttviyav    Sophron    frg.  70    bei  und   zieht   sich   dadurch    des   Gottes   Zorn   zu. 

Kaibel,  Com.  Gr.  frg.  1, 166,  vgl.  W.  H.  Röscher,  Der  schickt  ihm  den  Thanatos  auf  den  Hals. 

Rhein.  Mus.  n.  F.  53  (1898),  178  80  u.  Ephial-  Doch  Sisyphos  merkt  dessen  Ankunft  und  bin- 

tes  {Abh.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.,  phil.-hist.  Kl.  det  den  Tod  mit  starken  Fesseln,  und  es  be- 

17* 


495            Thanatos  (volkstüinlicir  Thanatos  (volkstümlich)            496 

gibt  aich,  tlaß  keiner  der  Menscheu  Ulf  ai  suioi,  i<>.>  Knuer  der  Menschen  mehr  sterben  kann 
bis  Ares  den  Thanatos  befreit  und  ihm  den  {:^-hol  u.  Ivust.  z.  //.  0,163),  kehrt  wieder  im 
Sisyphos  ausliefert.  Doch  ehe  Sisyphos  stirbt,  1.  Teil  des  Milrchens  „Die  Boten  des  Todes'', 
trägt  er  seinem  Weib  Merope  auf,  dem  Hades  Grimm  nr.  177,  wo  auch  der  vom  Kiesen  uie- 
die  üblichen  Totenspenden  vorzuenthalten  (ihn  derj^erungene  Tod,  am  Wege  liegend,  jammert, 
nnbestattet  zu  lassen).  Und  über  ein  kleines,  wie  daß  nun  niemand  mehr  sterbe  in  der  Welt, 
Hades  der  Unterlassungssünde  innegeworden,  desgleichen  im  Märchen  vom  Spielhansl,  vgl. 
entläßt  er  den  Sisyphos  wieder,  auf  daß  er  (irimm  nr.  82  „De  Spielhansl"  (aus  Weitra, 
die  Säumige  zurechtweise;  Sisyphos  aber,  in  Deutschböhmen),  einem  typischen  Beispiel  auch 
Korinth  angelangt,  kehrt  nimmer  um,  erst  als  lo  der  Überlistung  des  Todea ;  denn  Ähnliches, 
Greis  stirbt  er  zum  zweiten  Mal,  worauf  er  wie  die  Griechen  von  Sisyphos,  erzählt  das 
(heißt  es  nach  einer  Lücke)  gezwungen  ward,  deutsche  Märchen  vom  Spielhansl  oder  vom 
im  Hades  den  Stein  zu  wälzen,  damit  er  nicht  ,.Schmied  zu  Jüterbog'*,  wozu  eine  der  vielen 
wieder  entlaufe.  Vgl.  Schol.  A  D  z.  Hom.  IL  6,  V^arianten  das  Walliser  (und  Tiroler)  Märchen 
163  nach  Pherekydes  FHG  1,  91,  78,  ferner  „Der  Schmied  von  Rumpelbach"  (vgl.  Joh. 
Eustath.  p.  631,  86 ff.  (z.  7/.  6,153).  1701,  51  tt".  Jegerlehner,  Was  die  Smnen  erzählen*  S.  1—7 
1702,  5 f.  (z.  Od.  11,698).  Schol  Soph.  Phil.  625.  und  „Sagen  u.  Märchen  aus  d.  Obern'allis''  in 
Schol.  Pind.  Ol.  I,d7.  Freilich  verdient  die  Sub-  d.  „Schriften  d.  Schweiz.  Ges.  f.  Volksk.''  nr.  9 
scriptio  des  Iliasscholions  i)  löroQia  nagcc  *f-  S.  88flF.,  114  „Der  listige  Schmied",  S.  197 f.,  92 
QSHvSii  (vgl.  Boberty  Herrn.  52,  1917,  308  ff.^  20  „Der  Schmied  von  H.",  S.  3l4f.  322  Literatur- 
nach Wüamoicüz,  Hom.  Unters.  201  nicht  un-  nachweise,  ferner  Hanns  Bächtold,  Schweizer 
bedingten  Glauben,  „nur  in  märchenhafter  spie-  Märchen  S.  113—117)  usw.,  vgl.  das  reiche  Ma- 
lerischer Umdichtung"  sei  uns  die  (ieschichte  terial  bei  Balte  u.  Polit'ka  a.  a.  0.  2,  163/89, 
überliefert  (vielleicht  aber  trug  sie  von  Haus  wo  S.  173 ff.  auch  des  Märchens  vom  Schmied 
aus  diesen  Charakter),  vgl.  dazu  noch  Wilamo-  zu  Jüterbog,  S.  176  desjenigen  vom  Schmied 
witz,  Einl.  z.  Alk.  S.  20f.,  2.  Gruppe  1021,  2.  von  liumpelbach,  S.  18S  auch  der  Überli.stung 
1882,1.  Heinemann  S.  21,1.  0.  Bd.  4,  Sp.  961,  des  Todes  durch  Sisyphos  gedacht  wird;  zum 
6ff.  Nach  Eust.  1701,  51  ff.  mußte  Sisyphos,  Kapitel  „Den  Tod  betrügen*'  vgl.  ferner  die 
der,  durch  List  zu  neuem  Leben  gelangt,  nicht  Mitt.  von  Richard  Andree  u.  Albert  Hart  mann, 
wieder  in  den  Hades  zurückkehren  wollte,  30  Ztschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  19  (1909),  203  f.  432  f. 
durch  das  (wie  es  scheint  persönlich  gedachte)  —  Gefoppt  wird  der  Tod  auch  in  der  bekauu- 
Alter  hinabgeführt  werden,  vgl.  Waser  Art,  ten  aisopischen  Fabel  vom  Greis,  der  aus  dem 
Geras  bei  Pauly-Wissoiva  7, 1242,  49  ff.,  wo-  Wald  Holz  heimschleppt  und  lebensüberdrüssig 
gegen  nach  dem  jungen  Schol.  Pind.  Ol.  1,  97  den  Tod  herbeiwünscht,  doch,  als  dieser  flugs 
Hermes  es  war,  von  dem  der  Saumselige  gegen  zur  Stelle,  auf  die  Frage,  weshalb  er  ihn  ge- 
seinen  Willen  in  die  Unterwelt  zurückgebracht  rufen,  gleich  die  Ausrede  bereit  hat:  ,.Auf  daß 
wurde.  Und  wie  des  Herakles  Ringkampf  mit  du  mir  die  Last  wieder  auf  die  Schultern  he- 
Thanatos  passend  dem  Rahmen  eines  Satyr-  best!",  vgl.  Aisop.  fab.  60  ed.  /.  G.  Schneider, 
dramas  sich  einfügte,  so  scheint  „Sisyphos  ferner  die  neugriechische  Fassung,  das  Gedicht 
der  Ausreißer"  schon  für  Aischylos  den  Helden  40  des  'lauwrig  BriXagag  aus  loannina  in  Epirus 
eines  Satyrspiels  abgegeben  zu  haben  unter  (1771 — 1823)  bei  jT/mwb,  i/dö.  235f.  nr.  2  (hier 
dem  Titel  Eiavcpo?  ögaTihris  (bereits  Casaubon,  natürlich  Xdgog  an  Stelle  des  f)dvccTog)  und 
De  poesi  sat.  166  b>t  diesen  dQccTitTrjg  als  Satyr-  zur  Fabel  vgl.  Wilamowitz ,  Einl.  z.  Alk.  19f., 
spiel  erkannt),  vgl.  Aisch.frg.  225  ff.  p.  74ff.  Ä'.^  wo  (S.  20  A.  1)  etwas  unvermittelt,  nicht  eben 
Welcker,  Aesch.  Tril.  bbbß.:  gewiß  wirkte  da  einleuchtend  der  Greis  der  Fabel  in  Zusammen- 
(nach  Wilamowitz,  Einl.  z.  Alk.  21  A.)  höchst  hang  gebracht  wird  mit  der  mythologischen 
spaßhaft,  wie  der  aus  der  Hölle  entlaufene  Greisengestalt  des  Oknos,  ferner  Heinemann 
Sisyphos  plötzlich  aus  dem  Boden  emporkrab-  S.  21f.  Daß  wahrscheinlich,  wie  dies  schon 
belte:  „Kann  es  eine  solche  ungeheure  Feld-  A.  Korais  vermutet  hat  iMv^oiv  Aieanslcov 
maus  geben?"  fragen  die  entsetzten  Satyrn  .00  ewocycoYt],  Paris  1810,  S.  13  A.  1),  bereits  Eur. 
(frg.  227),  wozu  Welcker  a.  a.  0.  558  hinweist  Alk.  669—672  eine  Anspielung  enthält  auf  die 
auf  Hamlet,  der  den  Geist,  als  er  wieder  hinab-  Fabel,  daß  da  Admetos  seinen  alten  Vater 
gesunken  ist,  einem  Maulwurf  vergleicht  („Brav,  Pheres  höhnisch  erinnert  an  den  Greis  der  Fa- 
alter  Maulwurf!  Wühlst  so  hurtig  fort?  Vor-  bei,  verbürgt  ihr  hohes  Alter.  Als  weitere  Re- 
trefflicher Minierer!'*).  —  Den  Einfluß  der  Si-  miniszenz  stellt  sich  ein  Bruchstück  des  Tra- 
syphosgeschichte  verrät  wohl,  was  Diog.  Laert.  gikers  Lykophron  dar,  frg.  5  p.  818  K."^:  „Wahr- 
9,43  von  Demokritos  mitteilt  in  einem  Epi-  lieh,  solange  im  weiten  noch  liegt  das  Sterben, 
gramm  seiner  IläuiutQog,  das  auch  in  die  wird  Hades  (kidrig  statt  ^ävcctog)  herbeige- 
Anthologie  übergegangen  ist  (^n^Ä.  7*«/.  7,  57),  sehnt  von  den  Unglücklichen;  wenn  aber  mal 
Demokritos  habe,  als  Thanatos  bei  ihm  vor- 60  heranschleicht  die  letzte  Lebenswelle,  verlangen 
sprach,  diesen  drei  Tage  lang  im  Hause  be-  wir  zu  leben:  denn  davon  hat  man  nie  genug!'' 
halten  und  bewirtet  mit  warmen  Dämpfen  von  vgl.  Heinemann  S.  17,  1.  22.  30.  In  ältester 
Broten,  Diels,  Vorsokr.-  1,  352.  Heinemann  22  f.  Volksphantasie  mag  auch  die  Vorstellung  wur- 
In  reicher  Fülle  aber  drängen  sich  einem  di-  zeln,  daß  Thanatos  taub  und  blind  ist  (s.  Euklei- 
rekt  auch  zu  dieser  Sisyphosgeschichte  die  des  von  Megara  bei  Stob.  ed.  3,  6,  63  =  3,  302, 
Analogien  und  Parallelen  auf  aus  dem  Mär-  13  ff.  Hense).  Bobert,  Than.  25.  Heinemann 
chenschatz  aller  Zeiten  und  Völker.  Der  Ge-  S.  53  (Text  11.  Sp.  509f.\  Auch  von  Charos  sagt 
danke,  daß  zufolge  der  Fesselung  des  Thana-  man,  er  sei  taub,  Schmidt,  Volksl.  d.  Neugr.  1, 


4i'7         llianatos  (=  Clmroii;  Kultus)  Thanatos  (Kultus;  kuustdenkmälciv    498 

'2HHt!". ,    und    eine    auf  Lesbos   bekannte   Siij^f  2. 'M^,\ f:\.c\Hzu  äarrfiazog  {ho  LoJiecky..iSop7KAias 

(bei  Schmidt,  (tr.  Märchen  132  und  241  nr.  2  151  )».  M()  für  überliefertes  äTTiotj^,  K.  (itsner 

„Charos'  Strafe")  erzählt,  wie  vor  Zeiten  (^haros  schrieb  aTreiaTog)  xat  fi7TccQuitrixo<;  von  Thana- 

öich    rühren  ließ    durch   der  Menschen  Triineu  tos:  E\(kl.  bei  Stob.  ed.  3,  »»,63  (s.u.  Sp.  010,3). 

und    einst    einer    wunderlieblichen    Jungfrau,  HoJiert,  Th((n.2'd.  IIcincwann'^.ö'A.  Zu  Sparta 

deren 'Seele  er  zu  holen  abt^esandt  worden,  das  indes  gab  es  Heiligtümer  nicht  allein  des  Pho- 

Leben  schenkte,  dafür  aber  von  Uott  mit  Taub-  bop,  sondern  auch  des  Thanatos  und  des  Gelös 

heit,  Blinilheit  und  Lahmheit  geschlagen  ward  yic<l  roiovTtov  aXX(ov  TCud'riuciTcov^    IHut.  Kleoni. 

{Schmidt,  ]'olksl.  1,235);  „taub  machte  er  ihn,  9,  1,  und  auf  der  Burg  von  Sparta  stand  neben 

damit    er    die    Weinenden    nicht    mehr    höre;  lo  dem  Bild   der  Aphrodite   'A\LßoXoyriQu  (die  das 

blind,  auf  daß  er  nicht  mehr  sehe  und  unter-  Alter  hinau.^schiebt)  ein  solches  des  Hypnos  und 

scheide,   ob   die  Seele,   die  er  holen  soll,   die  des  Thanatos,   Paus.  3,  IH,  1,   vgl.  Sani  Wide, 

eines  Greises   oder  eines  Jünglings   oder  einer  Lak.  Kulte  275 f.  Prellcr-Rohert  843,1.  Hitzig- 

Jungfrau  oder  eines  Kindes  sei;  lahm  endlich,  Blünmer  z.  St.  1,806.  Gruppe  1070,9.    Ebenso 

um    nicht   schnell   fliehen  zu  können  von  dem  ist  die  Rede  von  einem  Heiligtum  des  Thana- 

Orte,  wo  er  sein  Amt  ausüben  soll"  {Schmidt,  tos   zu  Gades    {bI?  ytQa?  ry   -^oivfj   avanavly 

Märchen  S.  132).  —  So  gab  es  auf  jeden  Fall  riyovv  rw  rfXsvrccLro  oquco),  AHian.  fr(j.'i2  Her- 

auch   bei   den  alten   Griechen   eice  Volkstum-  eher  aus  Eiistath.  z.  JJion.  Perieg.  453   {GGM 

liehe  Ausprägung  des  Todesgottes,  der  Name  2,302),  und  wenn  nach  Aisch.  frg.  161  auf  den 

tut  im  Grunde  wenig  zur  Sache,  und  man  wird  20  Thanatos  kein  Paian  angestimmt  wird,  so  no- 

sageu   müssen:   während   im   allgemeinen  d^ä-  tieit  doch  Philostr.  v.  Apoll,  b,  4.  -p.  liM,  2  Kay- 

vciTog  bloß   appellative  Bedeutung  hat,   allen-  sir  eine  Ausnahme  hinsichtlich  der  Gaditauer: 

falls  als  bla.«be,  mehr  nur  dichterische  Personi-  rbv    (^ccvccxov    [lovoi    avd-Qojncov    TtaKovi^ovrcci. 

tikation   auftritt,   trägt   doch   gelegentlich  der  Mit  diesem  Thanatos,  dessen  Kult  durch  J.27?'«n 

leibhaftig  vorgestellte   Tod    auch   den   Namen  und  Pliilostrat  für  Gades  bezeugt  wird,  dürfte 

Thanatos  {A.  Chudzimki,  Tod  inid  Tot(rikul1us  identisch  sein  der  mauretanische  Gott,  den  eine 

hei  d.  alten  Griechen,  Gymn.-Bibl.  H.  44  S.  34  Inschrift  aus  Taksebt  (67i  8,  8992) 'deus  Charo' 

und  Steinmetz,  Arch.  Jb.  1910,  53f.  geben  ent-  nennt,  \g].  Weser,  Charon  8.87,1.  89.   Wilamo- 

sehieden  zu  weit  in  der  Negation),  und  dieser  lüitz ,  Herrn.  34  (1899),  229.    Ed.  Norden,  Verg. 

Thanatos  steht  als  Todesgott  gleichwertig  ne-  30  Aen.  B.yi'  S.  222.    Wenn  ferner  Vergil  bei  der 

ben  einem  Hades  oder  Hermes  Psychopompos;  Leichenfeier   zu  Ehren    des  Pallas   der  Mors 

zumal  aber  ist  immer  mehr  die  wahrhaft  Volks-  opfern   läßt,    ^et?.  11,197    {^multa   houm  circa 

tümliche  Figur  des  Totenfergen  Charon  in  all-  mactantur   corpora   MortC),   so    verbürgt    dies 

gemeinerer  (kaum  ursprünglicher)  Fassung  an  noch  nicht  wirklichen  Kult,   sondern   ist  viel- 

des  Todesgottes  Statt  gerückt,  und  Charon  war  leicht    nur   dichterische   Ausschmückung;    im- 

es   in   der   spätem  Zeit,   der   nicht   allein   den  merhin    gibt    Usener,    Götternamen    368    dazu 

Thanatos    endgültig  zurückdrängte   und  völlig  aus  Guastella  im  Padre  Antonio  (Ragusa  1885) 

verdrängte,  der  vielmehr  auch  auf  Kosten  des  p.  56  die  Notiz,  daß  heute  noch  der  Sizilianer 

Hades  sich  auswuchs  zum  populären  und  aus-  bei  Santa  Morte  flucht;  vgl.  auch  Serv.  Aen.  11, 

schließlichen    Vertreter    der    Unterwelt.     Auf  40  197,   der  Statins  (T7?eö.  4,  528)   und  Lucan  (6, 

CTrabschriften    läßt    sich    z.  B.  verweisen,    wie  600f.)  zitiert;  hrezu  und  zu  Tertull.  ad  nat.  2, 

Kaibel,Epigr.  Gr.  ni.  302  {=^  CIG  add.  2, 2239  c).  15  {et  ipsins  mortis  d[ea  est])   s.  o.  Bd.  2,  Sp. 

:66  (=  CIG  6239),  8.     647  (=  CIG  6203\  16.  145.  75.   184,  24ff.   3218,  54ff. 

.4»?^/«.  Pal  7,  603.  671.    11,133,5,    aus    denen  V.    Kunstdenkmäler    (K.-D.  nr.  1— 39). 

hinlänglich  erhellt,    daß  eben  der  gleichzeitig  Einigermaßen  in  Übereinstimmung  mit  Hesiod. 

herrschende   Volksglaube    als    Todesgott    bloß  th.  756  f.  (211  f.),  wahrscheinlich  in  Anlehnung 

noch  den  Charon  kannte,  der  als  Charos  (oder  an  diesen  Dichter  waren  Thanatos  und  Hypnos 

Charontas)   heute  noch  fortlebt  in  den  Volks-  1)  dargestellt  an  der  sog.  Kypseloslade  im 

liedern  Griechenlands;    für   diesen  Wandel   in  Heraion  zu  Olympia  (von  c.  600  v.Chr.)  in  der 
Auffassung    und   Bedeutung    des    Charon    vgl.  50  1.  Szene  des  2.  Streifens,  „als  Knaben  in  den 

Schmidt,  Volksl.  d.  Neugr.  1,  222  fi".  u.  Gr.  Mär-  Armen  der  Nacht"  {Lessing),  nach  Paus.  5,18,1 

then  116tf.  nr.  21  f.    132  nr.  2.    158 ff.  nr.  18 ff.  {mnoirixccv   8s   yvvr\   TtatSa   Xsvabv  yiad-svöovra 

Hisseling,  Charos  S.  1.  14f.  16ff.  20fl".    Waser,  ävi%ov6a   ry   ös^ia  %siQi,   ry   ös  itsga  fiiXava 

Charon  S.  23f.  61ff.  85ff.  88ff.     Thumb,  Hdb.^  ^yji  Tiaida  xczQ-tvöovTL  ioi-notcc,  cnicpotiQOvg  6i- 

S.  203ff.  nr.  7 — 9.  235f.  nr.  2,  aus  dem  Glossar  töTQanaEvovg  rovg  Ttööccg.    örjXot  (^isv  örj  nul  tcc 

S.  352:  ;fa()Oxar]jLi£Vog  „vom  Tod  getroffen"  und  iTCiygäyLucctu.,    avvsivaL    ös    Kai   ävsv   rcöv   ini- 

y(xQox8vx(ouEvoq  „im  Tod  erstarrt".    Heinemann  ygaii^iäxcov   höxt,    Qävaxov   xs    dvai    acpctg   xocl 

S.  49.  'Tnuov,  yicci  a^cpoxsgoig  NvTixcc    avxoig  xgocpov), 

IV.  Kultus,  vgl.  0.  Bd.  3,  Sp.  2141  f.,  67  ff.  wozu  Hitzig -Blümner,  Paus.  2,  404f.  mit  Re- 
Thanatos  hatte  auch  Kult,  doch  nur  sehr  ver-  60  konstiuktionsversuch    auf  Taf.  1    nach    Henry 

einzelt;  bloß  spärliche  Spuren  finden  sich,  daß  Stuart  Jones,   Journ.   of  hell.  stud.  14  (1894), 

auch   ilim   geopfert  ward,   heißt    es    doch    bei  Taf.  1  (dazu  S.  51  f.  57 f.  69),  vgl.  noch  Lessing, 

Aisch.  frg.  161  iV.-  {Aristoph.  Frö.  1392),  Tha-  Laokoon  11, 1.   Wie  die  Alten  den  Tod  gebildet 

natos  allein  von  den  Göttern  liebe  Geschenke  S.  254.  261  66.  300 f.  (303)   in   der  Hempelschen 

nicht,  noch  sei  er  Opfein  und  Gaben  zugänglich,  Ausg.  Bd.   13.     Bobert,    Than.  6.  24.    Preller- 

noch   gebe   es  Altar  oder  Paian   für  ihn,   ihm  Bobert  1,844  mit  A.  3.    Klein,  S.-B.  d.  Wien. 

einzig   von   den    göttlichen   Wesen   stehe    fern  ^lA:.  Bd.  108  (1885),  72  f. ;  Prora;-.  148;  Gr.  Kunst 

die  Peitho  {Gruppe  983f.,  7.   Heinemann  ^.  31,  1,116.  Gruppe  396,  5.1070,9.  Heinemann  ^.  hb. 


499         Thanatos  (KimsUeukmUler)  Thanalos  , Kunst<leukmiiler)         500 

Mit  Recht  bemerkte  schon  Lessing  ( Wie  d.  A.  holfenen  Formensprache  dieser  Bildor,  allein, 
d.  T.  geb.  S.  300 f.),  daß  au8  des  Pa%»^anias  warum  sollte  der  Perieget  eine  solche  Wahr- 
Werten  nicht  eigentlich  erhellt,  ob  der  weiße  nehmuiig  just  nur  bei  dieser  Szene  hervor- 
Knabe  den  Schlaf  und  der  schwarze  d^n  Tod  heben?  Im  übrigen  hat  sich  Shiart  Jones  den 
vorstellte  oder  umgekehrt,  und  ließ  daher  we-  Hinweis  von  G.  Loeschcke,  Arch.  Ztg.  34  (1876), 
nigstens  die  Möglichkeit  offen,  „daß  der  alte  114  A.  zunutze  gemacht  und  seine  Nyx  mit 
Künstler  dem  Tode  die  weiße  Farbe  gegeben",  Tod  und  Schlaf  nachgebildet  der  Leto  mit  den 
erinnernd  an  Nonnos,  der  (wohl  mit  Rücksicht  Zwillingen  auf  der  rf.  Amphora  im  Br.  Mus. 
auf  11  14,291)  7>ion.  83,40  den  Hypnos  ^cia-  B  108  (z.B.  bei  Gerhard,  Atiserl.  Vasenb.  T.  öö, 
poxQoog  nennt;  an  Le«»in^jr  Ausführung  schließt  lo  2.  Beinadk,  Rep.  des  vases  2,  38,  1),  mit  Anbrin- 
Robert,  Than.  24  den  Hinweis  auf  jene  Leky-  gung  noch  von  Flügeln,  sich  berufend  auf  JVv| 
thos  im  Brit.  Museum  (D  68,  u.  K.-D.  nr.  17),  ^  iisJMvonrBQogy  Aristoph.  Vöij.  095,  wogegen 
wo  die  danklere  Hautfarbe  beim  Hypnos  ent-  nach  Klein  die  Figur  der  Nyx  nach  rechts  ge- 
gegentritt  (und  diese  Lekythos  ist  ausschlag-  wendet  war,  wie  ein  Wegweiser,  auf  den  vor- 
gebend für  Lung,  Memnon  S.  76f.);  schon  aus  gestreckten  Händen  die  Knaben  tragend,  Hyp- 
der  Wortstellung  bei  Pau«a»ta«  wollen  Pottier,  nos  sitzend  und  schlafend,  Thanatos  (für  den 
luec.  bL  30,  5  und  Winnefeld ,  Hypnos  S.  2, 1  allein  er  die  Angabe  über  die  Fußhaltung  gel- 
übereinstimmend herauslesen,  daß  das  weiße  ten  lllßt,  das  SciKporigovg,  wie  andere  vor  ihm, 
Kind  Thanatos  und  das  schwarze  Hypnos  ge-  auf  rohg  ndSag  beziehend  statt  auf  das  zwei- 
wesen,  und  während  Preller- Robert  844,3  sich  20  malige  iraiöa)  stehend,  die  Beine  verdreht  im 
schwankend  verhält,  neigt  derselben  Annahme  bekannten  archaischen  Schema  des  Laufens, 
auch  Heinemann  zu,  Than.  S.  66,3  (77),  der  „als  ob  ein  yiadsvSovTi  ioixmg  laufend  gedacht 
seinerseits  noch  //.  14,  291  anzieht,  wo  der  werden  könnte''  {Blümner).  Immerhin  bietet 
Schlaf  verglichen  wird  mit  dem  Vogel,  den  auch  Preller- Robert  die  Vermutung,  „daß  die 
XCcXxig  nennen  die  Götter,  die  Menschen  aber  Nacht  die  beiden  Knabenfiguren  auf  den  flachen 
yivfitviig  —  einer  Art  schwarzer  Habicht,  sagt  Händen  hielt,  wie  das  delische  Kultbild  des 
Heinemann;  doch  läßt  sich  ja  kaum  genau  Apollon  die  Chariten  und  der  Zeus  und  die 
feststellen,  welcher  Vogel  gemeint  ist;  und  Parthenos  des  Pheidias  die  Nike",  somit  die 
eher  in  dem  spezifischen,  weichen  Gefieder  der  Knaben  in  Vorderansicht ;  aber  schwerlich 
Nachtvögel  (vgl,  die  Eulenflügel  des  Hypnos-  so  waren  die  Schlafenden  stehend  gegeben,  eher 
kopfes  aus  Perugia  im  Brit.  Museum)  als  in  wohl  gelagert;  wird  man  also  nicht  sagen 
der  für  sie  nicht  charakteristischen  schwarzen  können:  „beide  auseinander  (nach  auswärts) 
Farbe  ist  der  Vergleichspunkt  zu  suchen.  Ent-  gedreht  die  Füße",  sodaß  die  Köpfe  einwärts 
scheidend  dürfte  vor  allem  sein,  daß  Pausa-  gerichtet  waren  nach  der  Brust  der  tgocpog 
nias  den  weißen  Knaben  als  schlafend  bezeich-  hin,  wodurch  dann  auch  des  Pausanias  knappe 
net,  den  schwarzen  aber  nur  als  einem  (nicht  Notiz  direkt  eine  allgemeine,  die  Anlage  der 
„dem")  Schlafenden  ähnlich,  v.aQ-bvdovri  ioLxmg  ganzen  Gruppe  festlegende  Bedeutung  gewänne? 
(was  eben  nicht,  wie  Lessing  a.  a.  0.  261  Noch  heute  werden  im  Süden  die  Kinder  fast 
meinte,  auch  heißen  kann  „jenem  schlafenden  regelmäßig  nach  auswärts  getragen  (mit  dem 
Knaben  ähnlich",  solange  man  nicht  mit  Schu-  40  Rücken  gegen  die  Trägerin).  —  2)  Über  die 
bart  den  Artikel  beifügt  und  schreibt  rc5  xaö--  oben  erwähnten  äyccXaccxa  der  Brüder  Hypnos 
svdovTi  ioiyiotcc,  welche  Lesung  denn  auch  und  Thanatos  auf  der  Burg  von  Sparta  neben 
Lung  S.  77  für  die  richtige  erklärt);  vgl.  auch  dem  Bild  der  'A^ßoXoYtjQoc  kqjQoditrj,  Paus.  3, 
Hitzig -Blümner  a.  a.  0.  Vielumstritten  sind  18,1  (dazu  Hitzig- Blümner  1,806),  läßt  sich 
namentlich  seit  Lessing  die  Worte  cc^cp.  dis-  leider  kaum  eine  Vermutung  wagen,  da  nicht 
OTga^^iivovg  rovg  nodag,  auch  für  verdorben  einmal  bekannt  ist,  welcher  Zeit  sie  angehören 
gehalten  worden  schon  vor  Lessing.  Seine  {Robert,  Than.  0,  1.  Heinemann  S.  55).  Und 
Uebersetzung  „beide  mit  übereinander  geschla-  ebenso  kann  lediglich  als  literarische  Notiz 
genen  Füßen"  begründet  Lessing  schon  im  über  eine  bildliche  Darstellung  des  Thanatos 
Laokoon  11, 1  mit  der  „gewöhnlichen  Lage  der  50  gebucht  werden  3),  daß  Quintus  von  Smyrna 
Schlafenden"  und  dem  Hinweis  auf  die  antike  auf  des  Achilleus  Schild  inmitten  anderer  (auf 
Kunst,  ausführlich  verteidigt  er  diese  Auffas-  WaflFen  als  aitoxQOTtaia  üblicher)  Daimonen 
Bung  in  der  Schrift  „Wie  die  A.  d.  T.  geb."  (Phobos  und  Deimos,  Enyo,  Eris,  Erinyes,  Ke- 
(S.  261  flf.);  es  ist  auch  nicht  recht  abzusehen,  res,  Hysminai)  auch  Thanatos  einherschreiten 
warum  dies  SiSGTQ.T.n.,  wenn  „mit  verdrehten,  läßt  {UvyccXiov  ©avdxov  ^ivog  5,  35),  vgl.  o. 
verrenkten  Füßen",  nicht  ebensogut  „mit  ver-  Bd.  3,  Sp.  2104,  55.  Gruppe  1084,  1.  Dagegen 
schränkten  Füßen"  bedeuten  kann.  Die  Er-  kommt  eine  Reihe  von  Vasenbildern  in  Be- 
klämng  bei  Preller  -  Robert  844,  3,  „daß  sich  tracht,  auf  denen  zwei  männliche  Flügelgestal- 
die  Fersen  berührten  und  die  Spitzen  nach  ten  einen  Leichnam  wegtragen,  und  im  An- 
außen  gekehrt  waren",  ist  von  Stuart  Jones  60  schluß  an  diesen  Darstellungstypus  entspann 
ins  Bild  übersetzt  worden,  doch  weder  Hypo-  sich  eine  lebhafte  Kontroverse  darüber,  ob  der 
these  noch  bildliche  Darstellung  befriedigen  Tote  als  Sarpedon  oder  als  Memnon  anzuspre- 
80  recht;  jedenfalls  bei  der  angerufenen  Thetis  chen  sei,  vornehmlich  zwischen  Brunn  und 
der  Fran9oi8vase  ist  diese  Fußstellung  nicht  Robert  (gegen  Brunn,  Ann.  1858,  370  73  == 
zu  konstatieren,  die  Zeichnung  der  W.  Vor-  Kl.  Sehr.  3,  43/45,  der  auf  Memnon  deutete, 
legebl.  1888  T.  2  beruht  in  diesem  Punkt  auf  Robert,  Than.  7 ff.,  der  für  Sarpedon  eintrat: 
Irrtum.  Gewiß  läßt  sich  ja  der  Ausdruck  be-  hiergegen  Brunn,  S -B.d.  Bayer.  Ak.  1S80, 161  IX. 
gründet   denken   in   der   hocharchaisch   unbe-  =  X/.  6'c/tr.  3, 104  ff.  und  darauf  wieder  2?o6e!rf, 


501 


Thanatos  (Kunstdenkmäler) 


Tlianatos  (Kunstdenkmäler) 


'){}2 


liild  u.  Lied  S.  104  flF.),  weiterhin  darüber, 
ob  auch  in  den  beiden  Trägein  Memnons 
Thauatos  und  Hypnos  zu  sehen  seien  oder 
vielmehr  VVindgötter  (so  zuletzt  Steinmet::, 
Arch.  Jb.  1910,  45 ff.,  wogegen  Lung  62ff. 
Heinemann  81  ff.  Löny  82 f.,  s.  o.),  vgl.  o. 
Bd.  1,  Sp.  28481'.,  G3ff'.  Bd.  2,  Sp.  2677  ff., 
3 ff.  Bd.3,  Sp.2111f.,ö2ff.  Bd.4,  Sp.411f., 
52 ff.  Wobl  mit  Recht  bemerkt  L.Beuhner 
o.  Bd.  .'{,  Sp.  2111,  52ff.:  „Das  Schema 
Thanatos  und  Hypnos  um  die  Leiche  des 
Sarpedon  (bzw.  Memnon,  fügen  wir  bei) 
geht  auf  das  Schema  von  Kriegern  zurück, 
<lie  einen  Gefallenen  aus  der  Schlacht 
tragen,  indem  an  Stelle  der  Menschen  die 
aus  der  llias  (und,  fügen  wir  bei,  der 
Aithiopis)  bekannten  getlügelten  Daimo- 
nen  getreten  sind;  späterhin  wird  das 
(Thanatos-Hjpuos-)Schema  auch  auf  ge- 
wöhnliche Sterbliche  übertragen",  ähnlich 
Heinemann  S.  58 f.  60.  Zunächst  also  sind 
es  mythologische  Darstellungen,  in 
denen  zumeist  die  Deutung  auf  den  eben 
doch  populärem  Memnon  ohne  weiteres  sich 
ergibt  oder  näher  liegt,  seltener  die  (im  Grunde 
bloß  durch  das  Zeugnis  der  liias  empfohlene)  auf 
Sarpedon  wenigstens  möglich  ist  („die  Gestalt 
des  Sarpedon  hat,  wie  sie  mythologisch  wenig 
fruchtbar  sich  erwiesen  hat,  auch  die  Phantasie 
der  bildenden  Künstler  wenig  angeregt,''  Im-  30 
misch  oben  Bd.  4,  Sjd.  411,  13  ff.,  ähnlich  Klein, 
Prax.  149),  sodann  allgemein  menschliche  Dar- 
stellungen. Man  sehe  zu  von  Fall  zu  Fall.  Aus 
der  Zahl  der  sf.  Gefäße  können  drei  an  die 
Spitze  treten  mit  dem  Gemeinsamen,  daß  zwi- 
schen den  Trägern  über  dem  Toten  ein  Eido- 
lon  schwebt,  ein  kleines  Flügelwesen,  in  den 
beiden  ersten  Fällen  als  Miniaturkrieger  ge- 
geben, das  eine  Mal  nach  oben  gerichtet,  als 
hätte  es,  die  '\^vxri  des  Toten,  soeben  seinen  40 
Leib  verlassen,  die  beiden  andern  Male  von 
oben  sich  senkend,  als  käme  es,  im  Sinne  der 
Keres  (so  schon  Eohert,  Than.  17),  die  durch 
den  Mund  entweichende  Seele  des  Toten  ab- 
zuholen, vgl.  Crusius  Art.  Keres  o.  Bd.  2,  Sp. 
1150f.,  19 ff.  Waser  Art.  Psyche  o.  Bd.  3,  Sp. 
3226f.,  62ff.  Arch.  f.  JRic.  16  (1913),  363f.  Rein 
typogenetisch  mag  obenan  stehen  4)  die  spät- 
sf.  ,, Amphora  Bourguignon'',  aus  Sizilien  s.  Z. 
in  S.  Bourguignon  zu  Neapel,  jetzt  im  Besitz  der  50 
Schwester  von  B.,  vgl.  liohert,  Than.  16.  P.  J. 
Meier,  Ann.  1883,  208  ff.  z.  tav.  Q  (darnach  uns. 
Abb.  1).  Beinach,  Bep.  desvases  1,  347, 1  u.  Coli, 
d'ant.  prov.  de  Naples  (Vente  Paris,  18  mars  1901) 
S.  7,  19  pl.  2.  Steinmetz  a.  a.  0.  51,  113.  Liinq 
51.  56 f.  Heinemann  hl,  7.  60.  62.  66  T.  5.  Da 
auf  der  einen  Seite  neben  einem  nach  1.  sich 
entfernenden  Krieger  Eos  dargestellt  ist,  nach 
r.  durch  die  Luft  fliegend  mit  der  Leiche  des 
Memnon  in  den  Armen  (für  den  gleichfalls  60 
nach  r.  fliegenden  ,. Seelenvogel"  direkt  über 
des  Toten  Mund  s.  o.  Bd.  3,  Sp.  3218 f.,  64ö'. 
Arch.  f.  Bic.  1913, 342),  wird  man  auch  bei  dem 
übereinstimmend  gegebenen  Toten,  der  auf  der 
andern  Seite  von  zwei  vollgerüsteten  Kriegern, 
■einem  bärtigen  und  einem  jugendlich  unbär- 
tigen, getragen  wird,  ohne  weiteres  an  Memnon 
denken;  dagegen  ist  hier  nicht  wohl  angängig 


1)  Amphora  15oiirguigiiou  (nacii  Ann.   ISsS,  tav.  (}). 

die  Deutung  der  Träger  auf  Thanatos  und 
Hypnos,  nicht,  weil  auf  der  andern  Seite  Eos 
selbst  schon  den  Memnon  entführt,  sondern 
wegen  des  Fehlens  der  Flügel:  „es  sind  nicht 
zu  benennende  troianische  Melden,  die  hier  die 
Leiche  des  gefallenen  Aithioperfursten  aus  der 
Schlacht  tragen'^  (Bobert),  das  Motiv  der  ihren 
toten  Kameraden  tragenden  Krieger,  das,  in 
Dichtung  und  bildender  Kunst  beliebt,  nament- 
lich oft  sich  wiederholt  in  der  Form  praenesti- 
nischer  Cistengritfe,  vgl.  z.  B.  Beinach,  Bep.  de 
la  stat.  2,  521.  Lung  00,  1.  Heiuemann  60,  2, 
s.  u.  nr.  14.  —  Die  beiden  folgenden  Darstel- 
lungen könnte  man  sich  abgeleitet  denken 
aus  derienigen  der  Amphora  Bourguignon:  im 
einen  V-aW  erinnerte  sich  der  Vasenmaler,  daß 
die  beiden  Träger  des  toten  Memnon  Thanatos 
und  Hypnos  gewesen  sein  müssen,  und  versah 
die  beiden  Krieger,  sie  gleicherweise  bartlos 
gebend  als  die  göttlichen  Zwillingsbrüder,  über- 
dies mit  Flügeln,  im  andern  Fall  war  ihm 
gegenwärtig,  daß  es  bei  Memnon  sich  handelt 
um  den  Aithioperfursten,  und  so  entnahm  er 
die  Träger  diesem  Volksstamm.  Es  folgt  also 
5)  die  mit  der  ,. Amphora  Bourguignon'^  ge- 
schwisterlich verwandte  ., Amphora  Piot",   aus 


2)  Amphora  Piot  (uacli  Ball.  arch.  Nap 


503 


Thanatos  (Knnstdenkmliler) 


Thanatos  (Kuiistdenkmäler) 


:)04 


«!»»"• 


Capna  im  Louvre,  Salle  F  ur.  888  (l^ttier,  Vases 
(tut.  du  L  T.  87),  abg  Bull  arch.  Xap.  10  (Ital 
2,  1862,.  T.  7  (darnach  une.  Abb.  2),  \gl.  Heibig, 
Bull.  1864, 175  f  Jul.  I^ssing  a.  a.  0.  40.  Robert 
Than.  8 ff.,  nr.  1.  P  J.  Meier  a.  a.  0  212,  2. 
Furtträtigler,  Arch.  Anz.  8  (1893),  86 f.  Liiug  57. 
Heineinann  56,1.  61  f.  T.  la.  So  nahe  berührt 
sich  diese  Darstellung  mit  der  der  Amphora 
Bourguignon.dafi 
man  sie  von  der- 
selben Hand  ge- 
malt vermutet 
\HeineMannS  67. 
62);  leider  sind 
aber  auch  hier 
die  raiimfiillen 
den  Beischrilt.  i 
sinnlos,  so«::  I 
sich  nicht  em 
scheiden  läßt.  < 
Memnon  0( 
Sarpcdon  es  i"«i 
dessen  Leichnum 
die  beiden  mit 
Riickenflügeln 


3)  Lekythos  Xavarra  (nach  Are/..  Jufirb.  1892,  148). 


ausgestatteten  unbürtigen  Krieger,  Tb  anatos  und 
Hypnos,  vom  Schlachtfeld  hiuwegtragen.  Und 
6)  die  sf.  Lekythos  aus  Gela  in  S.  Navarra  zu 
Terranova,  vgl.  O.Benndorf,  Gr.  u.  siz.  Vastnb. 
S.  88,  T.  42,2.  Bobert,  Than.  16  f.   Brunn,  Kl.  30  hier  dürfte  es  sich  um  Memnon  handeln,  nicht 


da^Thanatos-Hypnos-Schema  feine  l")ar8tclhing 
umgewandelt  in  das  Bild  des  von  zwei  Moliren 
getragenen  Memnon,  vgl.  die  ..genetische  Er- 
klilrung  dieses  Bildchens"  bei  Klein,  Ant.  Über- 
mnl(tn<ieu  a.  a  O.  143  f.,  der  aus  dem  rmstaud, 
daß  hier  durch  den  Aithioper  Rasseiypus  der 
TrJlger  die  Deutung  auf  Memnon  ge.sichert  ist, 
daß   somit  schon   der   alte  Vasenmaler    seine 

Vorlage  in  die- 
sem Sinn  inter- 
pretierte, direkt 
die  Entscheidung 
in  der  Brunn- 
//o^t^Wschen  Kon- 
troverse ableiten 
möchte,wozu  bei- 
stimmend Im- 
misch 0.  Bd.  4, 
Sp.  411  f.,  62flf., 

zurückhaltend 
HcincmannQG. — 
Übrigens    ähnelt 
dem  Memnon  die- 
ser   Lekythos  in 
der  ganzen  Auf- 
fassung der  gefallene  Held  auf  7)  der  sf.  atti- 
schen Lekythos  aus  S.  Furtwängler  in  der  Städti- 
schen Galerie  zu  Frankfurt  a.  M.,  vgl.  Heinemann 
56 f.,  4.  66  f.,  T.  Ib  (darnach  uns.  Abb.  41   Auch 


Sehr.  3, 116.  P.J.  Meier  a.  a  0.  213.  Hartwig, 
Joum.  ofhell.stud.  12  (1891),  345.  Klein,  Arch. 
JaJirb.  7  (1892),  142  ff.  (Abb.  S.  143,  daniach  uns. 
Abb.  3).  Lung  62.  Heinemann  57,8.  65 f.  T.  6  a. 
Die  Bergung  des  Toten  wird  hier  durch  zwei 
Aithioperknaben  vollzogen,  der  Tote  aber  zeigt 


4)  Lekythos  in  Frankfurt  (nach  Heinemann,  Than.  T.  1). 


durchaus  den  sonst  für  Alkyoneus  geläufigen 
Typus:  es  scheint,  der  Vaseumaler  habe  das 
Herakles- Alkyoneus- Abenteuer  zu  zeichnen  be- 
gonnen im  bekannten  Darstellungsschema,  bei 
dem  ja  in  der  Regel  auch  ein  Flügelwesen  (Hyp- 
nos über  dem  lang  Hingestreckten  mit  eingreift 
(vgl.  z.  ß.  Winnefehl,  Hypnott  3  f.  Beinach,  Bep. 
d.  K.  1,  255.  451  f.),  dann  aber  in  Anlehnung  an 


bloß  wegen  der  eben  betonten- weitgehenden 
Übereinstimmung,  sondern  zumal,  weil  in  der 
den  Leichnam  überschneidend  zwischen  den  Trä- 
gern stehenden  Frauengestalt,  die  dem  Toten 
ihr  Gesicht  zuwendet,  kaum  jemand  anders  er- 
kannt werden  kann  als  Eos;  dazu  kommt  noch 
ganz  links  ein  nach  r. 
stehender,  vollbekleide- 
ter Bärtiger  mit  Delphin 
in  der  vorgestreckten 
L.,  ein  Meer;iott  also, 
der  hindeuten  dürfte  auf 
des  Toten  Entrückung 
über  das  Meer  und  auf 
glückliche  Fahrt.  Wie 
bei  nr.  5  sind  beide  Dai- 
monen  jugendlich  un- 
bärtig gebildet,  doch 
statt  vollgerüstet  bloß 
noch  mit  kurzem  Chiton 
bekleidet;  von  Harnisch, 
Beinschienen  und  lielm, 
Schwert  und  Speer  ist 
nichts  mehr  zu  sehen. 
—  Noch  flüchtiger  und 
auch  noch  figurenreicher 
ist  8)  die  Darstellung 
der  aus  Scherben  zu- 
sammengestückten sf. 
Trinkschale  aus  Vela- 
nideza  im  Athener  Nationalmuseum,  Col- 
lignon  -  Couve,  Cat.  340,  10D3,  vgl.  o.  Bd.  2,  Sp. 
2677 f.,  Abb.  5.  Bd.  4,  Sp.  409 f.,  Abb.  2  (hier 
wiederholt  als  Abb.  5).  Bobert,  Than.  17  f. 
(Abb.).  Nekyia  {16.  Hall.  W.-P  1893)  39  A.  14. 
Brunn,  Kl  Sehr.  3,  115  f.,  Abb.  30.  Koepp,  Arch. 
Ztg.  42  (1884),  43.  Steinmetz  44.  Lung  58,  2. 
Heinemann  57,6.  68,  T.  ob.    Von  unbedeuten- 


505 


Tluinatos  (Kunst »lenk miilcr) 


durch  Pctasos  und 


den  Abweicliungen  abgesehen  findet  sich  boid- 
seitif?  dieselbe  Darstellung,  die  (nach  Lunif)  die 
bi8heri<ifen  Abb.  nur  un«,'enau  wieder<j^eben.  Daß 
der  von  den  iieiden  Flü<^('ldainionen  in  kurzem 
«,'egiirtetem  Chiton    (lei<le    bilrtig,    Homit  auch 
hier    nicht    unterschieden    im   Alter) 
getragene  Tote    Memnon 
erhellt    wieder    aus    den 
linstand, 
sehen  den 
gleiehfiiUs 
o('H  (igelte 
schreitet 
bei  mit  vor 
gestreck- 
ten    Ar- 
men lie 
bevoll 
/Aim 
Sohn 
sich  nie 

dernei- 

gend; 
voran  marschiert  Hermes 
hohe  Stiefel  gekenn /ei ebnet,  zurückschauend 
mich  der  Gruppe,  der  von  der  andern  Seite 
noch  eine  Frau  (Iris?)  und  ein  Jüngling 
folgen;  erstere  wendet  sich  nach  dem  wie 
Hermes  mit  Chlamys  und  Petasos  ausgestat- 
teten Jüngling  zurück  und  scheint  ihn  durch  30 
Bewegung  ihrer  L.  auf  den  Vorgang  in  der 
Alitte  aufmerksam  zu  machen.  —  Den  Reigen 
der  rf.  Gefäße  eröffnet  am  besten  die  viel- 
besprochene „Pamphaiosschale",  9)  die  'J  nnk- 
schale  aus  der  Fabrik  des  Pamphaios,  als  deren 
Zeichner  Klein  (mit  Recht  sekundiert  von 
Winncfeld,  Ilartirig  u.  a.)  den  Euphronios  ver- 
mutet hat,  aus  Vulci  im  B)it.  Museum  nr.  834 

=  E  12   (Cat.  3,  47),    veröffentlicht  

von  5"«^.  Birch,  Archaeol.  29 
(1842),  139  ff.  pl.  16,  abg 
(rtthard,  Auserl.  Va- 
scnb.  T.  221    (dar- 
nach Reinach  2, 
112).    Panof-      . 
la,  Der  Va- 
senbildner 

Pam-        / 
pliaios 


Thauatos  (Kunstdenkmäler)  506- 

Wiiiitrfrld,  TJypnos  S.  5.  liayet-CoUigmm,  ('er. 
qr.  199.  Hartwig,  Meistcrsch.  142  ff.  0.  Bd.  2, 
Sp.  2ü77ff.,  Abb.  1.  Bd.  4,  Sp.  409  f.,  Abb.  1 
(hier  wiederholt  als  Abb.  6).  Strininetz  44  f. 
Lung  58 f.  Heinemann  56,3.  63  ff.  T.  3f.  JJiicy 
81  ff.,  Abb.  1.  Wieder  ist  die  Deu- 
tung auf  .Memnon  sozusagen 
,'elegt  einerseits  durch 
die  (iegenwart  der  Eos 
r,,  der  1.  die  durch 
das  Kerykeion 
charakterisier- 
te Iris  ent- 
spricht, an- 
derseits 
auch 
durch 
die  sie- 
ben,sich 
rüsten- 

('en 
Amazo- 
nen der 

(Gegenseite.  Die  Träger  des  euphronisch  riesen- 
müßig gehaltenen  Leichnams  sind  beide  Jugend; 
lieh  uubärtig,  mit  Rückenflügeln  versehen,  doch 
in  herkömmlicher  Weise  kriegerisch  gerüstet. 
Schon  Gerhard  erkannte  in  der  weiLlicLeu  Figur 
r.  die  PJos,  desgleichen  Brunn,  wogegen  Jul. 
Lessing  S.  39  an  Sarpedons  Mutter  dachte,  die- 
Laodameia  {11.  6,  197  ff.),  oder  eine  andere  Ver- 
wandte des  Sarpedon,  ebenso  ii'o^er^  Than.  14f. 
an  die  Mutter  Sarpedons  oder  dessen  Gattin 
ill.  5,  480).  Diese  letztere  Annahme  hat  indes 
wenig  für  sich:  nicht  ein  Niederlegen  des  Toten 
ist  dargestellt,  er  wird  vielmehr  vom  Boden, 
aufgehoben,  darüber  besonders  Löivy  S.  81.  — 
Gleichfalls  in  des  Euphronios  Zeit  gehört,  streng 

_^ rf.  Stiles,   doch  gegenüber  der  Pnm- 

phaiosschale  in  verschiedener 
Hinsicht  den  Fortschritt 
dokumentierend,   10) 
d.  Caeretaner  Kra- 
ter aus  S.  Cam- 
pana im  Lou- 
\     vre  (G  163, 
Pott  i  er, 
r>WK      Cat.    3, 
^■■^»^■^    lOllff), 


6}  Schale  des  Pamphaios  (nach  Ovcibeck,  Gall.  her.  Bildw.  T.  22,  14). 

vgl.  schon    Welcher,  Ärch.  Ztg    11   (1853),    109, 


Abh.  d.  Berl.  AI'.  1848)  S.  20,  T.  4.  Ocerheck, 
Gal.  her.  Bildw.  T.  22,  14.  Brunn,  Kl.  Sehr. 
3,44.  114 ff.,  Abb.  29.  Jul.  Lessing  38 f.  W. 
Vorl.  D  T.  3.  Robert.  Than.  9  ff.,  2;  Bild  u. 
Lied  110 f.  Luckenbach,  Das  Verh.  d.  griech. 
f  asr/i?).  2.  d.  Gedichten  d.  ep  Kyklos  (Leipzig 
1880\  Jahrb.  f.  kl.  Phil.  Suppl  11.'  6 18  ff.  Klein, 
Luphr.-  272  ff.  275;    Meit^tersig.-  88.    94 f.,  20. 


zumal  Brunn,  Ann.  1858,  362  ff.  Mon.  6,  21 
=  Kl.  Sehr.  3,  43  ff.  104,  Abb.  28.  Jul.  Lessivif 
37  ff.  Robert,  Than.  7  f.  (Abi).  S.  4,  darnach 
uns.  xAbb.  7).  Winnefeld,  Hypnos  6,  2.  Bau- 
meister (1)  Abb.  781.  Reinach,  Rep.  d.  v.  1,- 
149,  2  Steinmetz  43  f.  Lung  59  f.  Heinemann 
57,2.  58.  67,  T.  5a.  LOwy  81  f.    Zur  Darstellung: 


50' 


Thanatos  (Kiinstdenkiuiiier) 


der  ngtaßiia  auf  der  einen  kommt  auf  der  an- 
dern Seite  die  des  von  zwei  geflügelten  Daimo- 
nen  getragenen  Toten,  von  besonderem  Wert 
wegen  der  Beischrift  HVPNJS  zum  Daimon  r., 


7)  Caereuuer  Krater  im  Lourre  (aaoh  Ro'>rrt,  l'mtH.  S.  4). 

der,  ein  neues,  schönes  Motiv,  eich  auf  sein  r. 
Bein  niedergelassen  hat.  Hier  nun  sind  die 
beiden  Flügelgestalten  der  schweren  Rüstung 
entkleidet,  nackt  wie  der  Tote  (der  aber  imacpv- 
Qia,  Knöchelspangen,  trü^t),  wohl  beide  auch 
jugendlich  unbärtig,  was  indes  für  den  großen- 
teils ergänzten  Thanatos  als  unsicher  zu  gelten 
hat.  Die  Beischrift  "Txvos  gibt  einigermaßen  die 
Gewähr,  daß  die  Deutung  auf  Thanatos  und 
Hypnos  für  diese  Darstellungen  das  Richtige 
triflt,  also  nicht  etwa  an  Windgötter  zu  den- 
ken ist;  möglicherweise  war  ursprünglich  auch 
die  Namensbeischrift  des  andern  Daimon  vor- 
handen, allenfalls  Grund  der  Weglassung  die 
abergläubische  Scheu  vor  dem  ominösen  Wort 
(vgl.  Heinemann  17 f,  2.  53,  1.  58,  2,  u.  Sp.  510. 
622).  Offenbar  handelt  es  sich  auch  hier  um 
ein  Aufheben  des  Toten,  nicht  um  ein  Nieder- 
legen; auf  die  Frage  dagegen,  ob  unter  dem 
toten  Helden  Memnon  oder  Sarpedou  zu  vor- 
stehen ist,  bleibt  uns  das  Bild  die  Entschei- 
dung schuldig.  —  Den  Übergang  zu  den  spä- 
tem Lekythen,  u.  nr.  16—26,  vermittelt  11)  die 
immerhin  noch  streng  rf.  Lekythos  aus  Eretria 
zu  Berlin,  Inv.  nr.  3*25"2,  abg.  und  besprochen 
von  Furticänglcr,  Arch.  Anz.  8  (1893),  85  f., 
nr.  20  (darnach  uns.  Abb.  8),  vgl.  o.  Bd.  2. 
Sp.  267i)A.  Steinmetz  52,115.  Lung  71  tf.  Hei- 
nemann 56,  2.  62  f.,  T.  2.  In  dieser  streng  sym- 
metrischen und  schematischen  Darstellung  sind 
die  beiden  Flügeldaimonen  wieder  bärtige, 
vollgerüstete  Krieger,  die  die  nackte  Leiche 
eines  Jünglings  auffallend   hoch   halten,   und 


»)  Lekythos  aus  Kretria  iu  Ucrliu  (nach  Arrh.  An:.  1893,  85  f.) 


Thanatos  (Kuustdenkmäler)  508 

gerade  bei  diesem  schematischen  Charakter 
der  Zeichnung  bleibt  zweifelhaft,  ob  ein  Auf- 
heben oder  Niederlegen  gemeint  ist;  aber  in 
der  Tat  hat  es  den  Anschein,  als  solle  da  die 
Grabstätte  angedeutet  werden,  auf  der  Schild 
und  Helm  des  Toten  niedergelegt  und  drei 
Lanzen  aufrecht  in  den  Boden  gerammt  sind, 
an  deren  mittlerer  oben  auch  noch  das  Schwert 
befestigt  ist,  sodaß  eben  der  ganze  kunstvolle 
10  Aufbau  der  Waffen  sich  darstellt  als  Grabmal. 
—  An  diese  besprochenen  mythologischen  Va- 
senbilder  schließen  sich  in  Gegenstand  und 
Darstellung  ein  paar  weitere  Kunsidenkraäler 
an,  so  12)  der  „etruskische"  Karneol- Skarabaios 
des  sorgfältigen  archaischen  Stils  aus  Neapel 
in  S.  Tyszkiewicz  zu  E^aris,  vgl.  W.  FrOhner, 
Coli  Tyszk.  p.  22,  pl.  24,  8.  P.  J.  Meier  a.  a  0. 
213  ff.  imit  Abb.).  Winnefeld  5.  o.  Bd.  2,  Sp. 
2678,  61  ff.  Furticängler,  Ant.  Gemme ti  T.  16,22 
20  (Text  S.  77).  Lung  60.  Heinemann  57.  64.  68. 
Löwy  82,  1.  Hier  sind  es  ein  nackter  geflügel- 
ter Jüngling  und  eine  nach  diesem  den  Kopf 
zurückwendende  gleichfalls  geflügelte  Frauen- 
gestalt (Eos  nach  allgemeiner  Annahme,  wo- 
gegen FxirticänqJcr  an  Ker  dachte  neben  Tha- 
natos), die  den  übermäßig  großen  nackten  Leich- 
nam eines  Jünglings  (Memnons)  tragen,  dessen 
Körper  von  vorn,  dessen  Kopf  aber  im  Profil 
gegeben  ist,  eine  Art  Abbreviatur  oder  Con- 
30  taminatio;  doch  ist  vielleicht  der  zweite  Trä- 
ger bloß  Raummaugels  halber  weggelassen, 
nicht  eigentlich  ersetzt  durch  Eos,  die  nur  mit 
ihrer  L.  unter  des  Toten  Nacken  greift,  nicht 
richtig  tragen  hilft.  Hierher  gehört  13)  ein 
archaisches  Tonaltärchen  vom  Esquilin,  s.  Z. 
im  Besitz  von  Aless.  Castellani,  c.  300  v.  Chr. 
anzusetzen,  H.  Dressel,  Ann.  51  (1879),  257  5i) 
z.  Mo7i.  11,10,3.  P.J.Meier  212  f.,  2.  Winne- 
feld 6,1.  Steinmetz  51  i.  Lung  60,3.  Heinemtuin 
40  57  f.  07 f.  Zwei  nackte,  an  Schultern  und  Füßen 
geflügelte,  bartlose  Daimonen  heben  eine  nackte 
männliche  Leiche  auf;  zweifarbig  war  das  Re- 
lief bemalt:  rote  Figuren  standen  auf  himmel- 
blauem Grund.  Und  von  den  oben  erwähnten 
Cistengriffeii  (lieinach,  Stat.  2,  521.  Lung  60, 1. 
Heinemann  60,2)  seien  beispielsweis  heraus- 
gehoben der  Deckelgriff  der  sog.  Cista  Barbe- 
rini  zu  Rom  in  der  Villa  di  Papa  Giulio  (nach 
der  ticoronischen  die  schönste  aller  erhalte- 
50  neu  eisten),  Helhiq,  Führer^  2,  318  f,  1768a, 
vgl.  Ann.  1806,  357  ff.  z.  Mon. 
8.31,2  (3).  Reinach  2 ,  52 1 ,  1 . 
Hirth's  Formenschatz  1910,  49 
(zwei  mit  phrygischen  Helmen, 
13ein-  und  Oberschenkelschie- 
nen bewehrte  Krieger  tragen 
eine  nackte  tote  Frau),  und 
die  Erzgruppe  zu  Florenz,  wo 
zwei  geflügelte  Frauengestalten 
einen  mit  Helm  und  Knöchel- 
spangen  versehenen,  im  übri- 
gen nackten  Krieger  quer  vor 
sich  tragen.  Reinach  2,521,2. 
Lung  und  Heinemann  a.  a.  0. 
Bei  einer  Bronze  des  Museo 
Kircheriano  zu  Rom  sind  ein 
Jüngling  und  ein  Mädchen  die 
Träger;  anderseits  wiederholt 


509          TLanatos  (Kunstdeukmäler)  Thauatos  (Kuiistdeiikmäler;         ölO 

<ler  etruskische  Karneol  bei  FurtirnngJer,  Aiit.  yttv  o  rU  bvnQO^  ovrog  nohog  xat  yt'^wr,  iv 
Gemmen  T.  10,23  die  Darstellung  von  o.  nr.  12,  xotg  TtgtaßvttQoig  tcoi'  av&QMTtoiv  fidharu  iunt- 
„nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  beide  Flügel-  cpuKw?,  &ansioro<^  -nul  änuQoüxrixo^  •  xovtov  dt 
gestalten  weiblich  sind  (zwei  Keren),  mit  langen  tov  äuiuovog  ^Qy&dtg  iaxiv  &naX7.uyf]vccL ^  inav 
Chitonen  bekleidet"  {Furtiriin</Irr,  A.  G.  Text  uTtah,  TfuQff  ovxb  yuQ  löyoig  Tcgooi'^ti  ovdlv 
S.  77);  als  geringere  Repliken  kennt  Furt w(hi ff ler  [o^xs  &xoveiv  x6  avvolov  dvvaxai  srclusit  M7/.J' 
den  Skarabaioh!  des  Brit.  Mus.  Vat.  nr.  346,  pl.  K  xcjgjog  ydcg  iaxiv.  ovx'  av  ötiY.vvoiv  cctxu)  i^itfa- 
und  eine  (Jlaspaste  des  Muscc  Fol  2,  pl.  71,3.  vicai?  xi  av  xvtpVog  yocQ  iöxiv,  \g\.' Jx'oberf, 
Zwei  langbekleidete  Frauen  mit  Leichnam  zeigt  Than.  22  f.  Heinemann  53.  69;  möglicherweise 
auch  das  Bild  des  Petersburger  Spiegels  bei  lo  wieder  nur  aus  Scheu  vor  dem  Gebrauch  omi- 
Gerhard,  Etr.  Sp.  4,  44 f.,  'J'.  31)7,1,  nach  Ger-  nöser  Wörter  ist  der  Name  (»Jccvccxog  für  den 
hard  Memnons  Bestattung  darstellend,  wobei  zweiten  Daimon  nicht  ausgesetzt,  vgl.  Heine- 
Eos  und  Iris  die  Trägerinnen,  Eos  im  beson-  mann  17f.  ö3,  1.  58,2;  ebenso  scheinen  in  der 
dern  charakterisiert  durch  Lichtschein  (Nimbus)  spätem  römischen  Kaiserzeit  Abergläubische 
und  Flügelchen  an  den  Fußknöcheln  (wie  sie  das  griechische  Zeichen  für  die  Zahl  9  (-ö-'), 
freilich  bezeichnender  wären  für  die  Begleiterin  weil  damit  auch  das  Wort  9-üvaxog  beginnt, 
als  Iris).  Und  an  Thanatos  dachte  14)  Gerhard  als  von  übler  Vorbedeutiuig  gemieden  zu  ha- 
bei  der  als  Griffverzierung  an  diesem  Spiegel  ben,  und  in  der  Münzstätte  Antiocheia  w^ard 
verwendeten  bärtigen  Flügelgestalt  mit  Zacken-  um  270  n.  Chr.  die  Ziffer,  die  die  9.  Offizin 
kröne  (die  ihrerseits  wieder  den  Gedanken  an  20  bezeichnen  sollte,  auf  deren  Münzen  statt  durch 
Hades^  nahelegt);  ferner  15)  Furtwänglcr  bei  .0  mit  E'A  (5  4-4)  oder  AH  (1-4-8)  oder  mit 
dem  Flügeldaimon  eines  Karneols  zu  Berlin,  der  lateinischen  IX  wiedergegeben,  zu  Rom 
einem  Mann  mit  großen  Rückenflügeln,  vor-  mit  N  (für  novem),  vgl.  Phil.  Ledtrer,  Berl. 
gebeugt,  im  Begriff,  eine  Urne  niederzusetzen,  Münzhl.  März  1911.  AdrienBlanchet,  Bec.num. 
Furtwänglcr,  Beschr.  d.  geschn.  Steine  im  Ant.  4.  ser.  15  (1911),  p.  XLIIIf.  Gust.  Schüttle,  Arch. 
S.  24  (T.  5),  nr.  222.  Ant.  Gemmen  2,  95  (T.  19),  /".  Kidturgesch.  11  (1914),  323  A.  —  Zu  Biezlers 
nr.  68.  Des  weitem  aber  über  das  Motiv  der  Publikation  (s.  o.),  wo  S.  1 A.  ältere  Lit.,  vgl.  jetzt 
einen  gefallenen  Kameraden  wegtragenden  Krie-  namentlich  auch  Arthur  Fairhanks,  Athenian 
ger,  das  z.  B.  auch  auftritt  in  Bolygnots  Iliu-  Lekythoi  lüith  outline  draicing  in  glaze  varnish 
persis,  in  der  Gruppe  des  Sinon  und  Anchialos  so  on  a  ivhite  ground  (1907)  und  leiih  ouil.  draic.  in 
mit  Laomedons  Leiche  (Paus.  10,27,3,  wozu  matt  color  on  a  ivhite  gr.  (1914),  üniv.  of  Mi- 
AViederherstellungsversuch  von  Benndorf,  W.  chigan  Stud.,  Humanist.  Ser.  \o\.  &  u.l.  Unter 
Vorl.  1888,  T.  12,  von  Bohert,  17.  Hall.  W.-P.  den  hier  in  Betracht  kommenden  dieser  Grab- 
ISdS.yv-iederholt  hei  Bauingarten,  PoJand,  Wag-  lekythen  aber  möchte  Heinemami  S.  71  nach 
ner,  Hell.  Kultur^  T.  12),  und,  offenbar  von  Po-  Zeit  und  Typus  zwei  Gruppen  unterscheiden. 
lygnot  übernommen,  in  der  Kalydonischen  Eber-  Zunächst,  vertreten  durch  Exemplare  des  Brit. 
jagd  am  Heroon  von  Gjölbaschi  {Benndorf-  Museums,  eine  ältere  Gruppe,  bei  der  es  sich 
Niemann,  H.  v.  Gjölbaschi-Trysa  S.  109,  T.  7  B 1,  noch  wie  bei  den  mythologischen  Vasenbildern 
wiederholt  Arch.  Jahrb.  31,  1916,  Beil.  z.  S.  257,  (o.  nr.  4—11)  um  Bestattung  speziell  von  Krie- 
vgl.  auch  Beinach,  Bep.  de  rcl.  1,445,2),  vgl.  40  gern  handelt,  wobei  die  Daimonen  in  Schntt- 
Heinemann  58  ff.  Und  gewiß  war  Polygnots  stelbing  mit  beiden  Füßen  auf  dem  Boden 
Einfluß  in  verschiedener  Hinsicht  auch  noch  stehen,  Hypnos  zu  Häupten,  Thauatos  zu  Füßen 
wirksam  auf  die  attischen  Lekythenmaler,'  die  des  Toten,  der  letztere  noch  finster  gebildet. 
Verfertiger  der  buntbemalten  weißgrundigen  zumal  mit  struppigem,  wirrem  Haar.  Also 
Lekythen,  die,  für  den  Totenkult  bestimmt,  16)  Lekythos  im  Brit.  Mus.  D  59  {Cat.  3,  405), 
neben  Darstellungen  der  Totenklage  {ngodsöig),  vgl.  A.  S.  Murray- A.  H  Smith,  White  ath.  vas. 
der  Abholung  des  Toten  durch  Charon,  der  pl.  9.  Xt<»r/ 72ft",  4.  HeinemantiGd,  1.  76f.,  T.  7. 
Darbringung  von  Opfergaben  durch  die  Hinter-  Fairbanks  a.  a.  0.  (1914)  S.  15  f.  (class  9,  1,  21). 
bliebenen,  der  Totenspeude  und  Grabespflege  Die  beiden  Daimonen  sind  mit  kurzem  Chiton 
zumal  auch  die  Niederlegung  oder  Beisetzung  50  bekleidet  und  tragen  wie  auf  all  diesen  Leky- 
(iyicpoQd,  depositio)  der  Leiche  durch  die  stillen  then  ein  paar  mächtige  Schwingen  am  Rücken, 
Brüder  Schlaf  und  Tod  zeigen.  Das  äußere  Thanatos,  der  von  1.  die  Beine  des  Toten  ge- 
Schema ist  den  mythologischen  Vasenbildern  faßt  hält,  zeigt  etwas  Heftiges  in  seiner  ganzen 
(o.  nr.  4— 11)  entlehnt;  doch  nicht  bloß  treten  Bewegung,  zumal  gesträubtes  Haupt- und  strup- 
nun  an  Stelle  des  Memnon  (bzw.  Sarpedon)  ge-  piges  Barthaar  sowie  auch  leise  gekrümmten 
wohnliche  Sterbliche,  es  erscheinen  jetzt  auch  Nasenrücken  (wie  dies  typisch  für  den  häßlichen 
die  beiden  Daimonen  fast  regelmäßig  vonein-  etruskischen  Cham).  —  Und  17)  Lekythos  ebd. 
ander  unterschieden:  dem  Schlaf  wurde  im  all-  D  58  {Cat.  3,400),  vgl.  W.  Vorl.  D  3.  Bohert,  Than. 
gemeinen  seine  Jugendlichkeit  belassen,  als  19f.  (B).  24,  T.  2.  Pottier,  Lee.  hl.  25,4.  Bän- 
der schönlockige  Ephebe  aber  tritt  er  in  Gegen-  60  meister  S.  1729  Abb.  1810.  Journ.  ofhell.  stud.  19 
satz  zu  dem  altern,  mehr  ernsten,  mitunter  (1899),  182y.  183,2.  Murray-Smith  B;.ii.0.i:)l. 11. 
auch  finstern,  immer  bärtigen  Thanatos.  Im  Fairbanks  {IdOl)  S.  257  (G,  1 ,  2).  Luckenbach, 
Einklang  steht  diese  Differenzierung  mit  dem  Kunst  u.  Gesch.  1^  91,  Fig.  210  (darnach  uns. 
o.  schon  angezogenen  zeitgenössischen  litera-  Abb.  9).  Lung  71ü\,yj.  Heinemann  69,2.  11,  T.  8. 
rischen  Zeugnis,  dem  Bruchstück  des  Euklei-  Biezler  S.  10,  Fig. S.  Studniczka, Die griech. Kunst 
des  von  Megara  bei  Stob.  ed.  3,  6,  63  (3,  302,  6  fl*.  an  Kriegergräbern  S.  14  (=iV.  Jahrb.  35, 1915,  294) 
Hense):  ^gxl  $'  6  filv  vTCvog  vswTtgog  xccl  ^ai-  mit  A.  37,  T.  8,  Abb. 15.  Bei  dieser  im  Gegen- 
^UHLwärig  äccifuov,  tvTtsicrog  y.ccl  Qccöiog  ccnocpv-  satz  zur  flüchtig  bemalten  nr.  16  liebevoll  sorg- 


511  Tban 


ukmiilerl 


Thanati>s  i^Kiuistilcnkmriler)  012 

ff 


9)  l.ek>tho8  im  Unt.  Museum  D  58  (nach  Luckaibacli,  h'uiui  u.  li-jsdi.  1',  b.  yi,  21U). 


fälb'g  gezeichneten  Darstellung  ist  das  Beson- 
dere, daß  von  den  beiden  nackten  Flügelge- 
stalten die  zu  Häupten  des  toten  jungen  Krie- 
gers dunkler  gehalten  ist,  in  braunroter  Farbe 
ein  sanfter  Jüngling,  wogegen  der  Däiinon  1., 
der  bärtige  mit  struppigem  Haupthaar,  das 
in  starren  Strähnen  ins  Gesicht  vorfällt,  mit 
langer  Stirnfalte,  stierem  Blick,  am  Körper 
Spuren  zeigt  von  Befiederung*),  somit  zu  den 
Kückenflügeln  hinzu  weitere  „Rudimente  the- 
riomorpher  Auffassung"  {Lung  u.  Heine  mann). 
Das  ist  wohl  der  Thanatos,  hier  mehr  noch 
als  sonst  ursprünglicher  Geiernatur  genähert, 
wie  sie  herkömmlich  für  todbringende  Geister 
(erinnert  sei  nur  an  das  sog.  Harpyienmonument 
von  Xanthos  mit  seinen  raffenden  Todesdai- 
monen  im  Vogeltypus  der  Sirenen),  wie  auf 
einem  Geierbalg  sitzend  der  Unterweltsdaimon 
Eurynomos  dargestellt  war  in  Folygnots  Nekyia 
(Paus.  10,  28,  7,  wozu  Hitzig-Blümner  3,  782 f.), 
wie  sich  auch  bei  den  Etruskern  mit  der  Vor- 
stellung des  raffenden,  raubenden  Todesdai- 
mons  die  eines  Raubvogels  verband,  sodaß 
ihrem  Cham  oder  z.  B.  auch  ihrem  Tuchulcba 
(vgl.  SpHnger -Wolters'"'  S.  453,  858.  455,  862) 
die  Hakennase  von  der  Form  eines  Geierschna- 
bels verblieb  als  bezeichnendes  Merkmal  (vgl. 
Waser,  Charon  S.  74.  77).**)  Somit  ist  in  dem 
„bleichen  (leichenblassen),  düstern  Mann"  der 
Tod,  der  fahle,  blaßmachende,  dagegen  in  dem 
„lebensvoll  braunen  Jüngling"  (so  Studniczka  in 
Anlehnung  an  Ttobert  S.  24)  der  Schlaf  zu  sehen, 
woraus  sich  aber  keineswegs  die  Nötigung  er- 
gibt, an  der  „Kypseloslade"  {K.-I).  nr.  1)  nun 

*)  Nach.  Löwij  a.  a.  O.  82  f.,  8  handelt  es  sich  nicht  um 

Befiederong,  aondern  nm  zeichnerische  Ungenaaigkeiten. 

•')  Vgl.  über  die  Beziehungen  des  Geiers  zu  den  Dai- 

xaonen  des  Totenreichs  Roncher,  hynanthroplc  8.  r.8fif.  8S  ff. 


auch  das  schwarze  Kind  als  Schlaf  anzuspre- 
chen, da  ja  eine  Parallele  zwischen  den  beiden 
Darstellungen  nicht  besteht  und  da  es  eben 
in  der  Natur  dieser  Anschauungen  liegt,  daß 
sie  fließend  und  dem  Wandel  unterworfen  sind. 
—  Nicht  mehr  um  Krieger  handelt  es  sich  bei 
der  zweiten,  jungem  (imppe  von  Lekythen; 
da  sind  es  beliebige  Sterbliche,  die  von  dem 
göttlichen  Brüderpaar  bestattet  werden,  wobei 

•10  nun  aber  Thanatos,  ernst,  doch  milde  gehal- 
ten, zu  Häupten  und  Hypnos  zu  Füßen  des 
Toten  steht,  je  mit  aufgestütztem  Fuß  (zu  wel- 
chem Motiv  vgl.  Fr.  Behn,  Die  ficoron.  Cista, 
Diss.  Bostock  1907,  S.  33 f.).  Hierher  zählen  zu- 
nächst die  vier  folgenden  Darstellungen:  18)  Le- 
kythos  zu  Berlin  nr.  2456  (Furticüngler,  Beschr. 
S.  685),  vgl.  Bobert,  Than.  19  (A),  T.  1.  Pottier 
p.  25,  3.  Lung  TIS.,  2.  Heinemann  10,3.  77  f., 
T.  9.  Fairhanks  (1914)  83  f.  (11,  2,  4).   Vor  einer 

50  akanthosgeschmückten,  von  roter  Tänie  um- 
wundenen Stele  wird  von  Schlaf  und  Tod  die 
Leiche  eines  Mellepheben  niedergelegt,  1.  zu 
Häupten  der  bärtige  Thanatos  mit  gütig  ern- 
stem Gesichtsausdruck,  den  1.  Fuß  aufstützend 
auf  einen  Stein,  anscheinend  nackt,  ursprüng- 
lich wohl  auch  mit  kurzem  Chiton  angetan  (dessen 
Farbauftrag  mit  der  Zeit  geschwunden)  wie  der 
jugendlich  unbärtige  Hypnos  r. ,  der  tief  sich 
niederbeugend  den  Toten  bei  den  Oberschen- 

60  kein  gefaßt  hält.  —  19)  Lekythos  im  Athener  Na- 
tionalmuseum nr.  1796,  CoUignon-Couve  nr.  1653 
(p.  527),  \o;\.l)umoHt-Chaplain, Ceram.  de la  Grece 
propre  1,  388,  pl.  29  (darnach  uns.  Abb.  10).  Bo- 
hert,  Than.  21  (C).  Pottier  p.  24, 1.  Lung  72  ff.,  5. 
Heinemann  70,4.  78,  T.  10.  Fairbanks  (19U) 
S.  166  (cl.  14,  7).  Hier  ist  die  Stellungtder  bei- 
den mit  kurzem  Chiton  und  Schuhen  beklei- 
deten Flügelgestalten  vertauscht,  doch  gewech- 


518 


Tliaiiatos  ( Kuiistdeiilviir'ih'r) 


'l'hanatos  (KunsUlcMkiMiiUn- 


i)\4 


/ 


% 


10)  Lekytlios  im  Athener  Nationalmuseum  (nach.  D ainont-Chaplain,  Leu  ceram.  de  la  (irece  propre  1,  pl.  29). 


seit  auch  die  Lage  des  Toten,  eines  in  ein 
langes  Gewand  gehüllten  bärtigen  Mannes, 
also  wieder  der  bärtige  Thanatos  zwar  r.,  doch 
zu  Häupten ,  der  andere,  wahrscheinlich  un- 
bärtige Dainion  1.  zu  Füßen  des  Toten,  beide 
den  einen  Fuß  auf  eine  Stufe  der  Grabstele 
aufstützend  in  symmetrischer  Gegenüberstel- 
lung. —  20)  Lekythos  ebd.  nr.  11)39,  Colli gnon- 
Couve  nr.  1656  (p'.  528  f.).  Lung  72  iF.,  9.  Heine- 
mann  70  f.,  8.  BiezJer  S.  9  A.  16.  131  f.  z.  T.  74.  40 
Fairhanks  (1914)  S.  82  (11,2,2).  Wiederum  1. 
beidhändig  den  Toten  an  den  Beinen  tragend 
und  den  1.  Fuß  auf  eine  Stufe  der  Stele  auf- 
stützend, wieder  angetan  mit  hohen  Stiefeln 
und  Chiton,  ist  Hypnos  eigentlich  das  einzige 
deutlich  Erhaltene;  am  Rücken  trägt  er  große 
Flügel  mit  dunkeln  Schwungfedern,  sein  Haar 
ist  halblang,  gelockt,  sein  Gesicht  schön,  doch 
finster,  die  Unterlippe  vorgeschoben;  vom  To- 
ten, der  am  Grabmal  niedergelegt  wird,  ist  50 
nur  noch  der  Unterkörper  schwach  sichtbar, 
vom  Thanatos  nur  die  Schuhe  und  die  großen 
Schwungfedern  der  Flügel.  —  21)  Lekythos  ebd. 
nr.  1830,  CoUignon-Couvc  nr.  1054  (p.  527  f.),  vgl. 
Dumont-Chaplain  a.  a.  0.  1,388,  pl.  27  f.  Bayet- 
Collignon,  Hist.  de  la  cer.  gr.  p.  231  fig.  85.  liobert, 
TJian.  21  f.  (D).  24  f.  27  (Schluß vign.,  darnach  uns. 
Abb.  11).  Fottier\).24:,2.  Daremberg-Saglin,  Dict. 
fig.  2287.  Lung  72 IT.,  6.  Heinemann  70,5.  78 f., 
T.  6b.  Fairhanks  (l'dA^)  S.  82  (11,  2,  3).  Eine  ju- 
gendliche Frau  in  beinahe  sitzender  Haltung 
wird  hier  vor  ihrer  akanthosgeschmückteu  Stele 
sanft  niedergelegt  von  dem  bärtigen  Thanatos 
im  kurzen  Chiton  mit  aufgesetztem  1.  Fuß  1. 
im  Bild  zu  Füßen  der  Toten  und  dem  knaben- 
haft jugendlichen,  mit  Chlamys  bekleideten 
Hypnos  r.,  der  sich  wiederum  tief  vorbeugt. 
Dkzu  kommt  aber  4.  ein  Jüngling  hinter  Hypnos 


r.  neben  der  Stele  stehend  mit  Fetasos  und 
Chlamys,  die  R.  quer  vor  dem  Leib,  die  L.  er- 
hoben haltend  und  wie  in  Trauer  das  Haupt 
senkend;  mit  Murray,  Bohert,  Lung  wird  man 
ohne  weiteres  an  Hermes  denken,  zumal  dieser 
(freilich  besser  gekennzeichnet)  auch  bei  Lek. 
u.  nr.  24  als  Zuschauer  auftritt;  einen  Jüng- 
ling gewöhnlichen  Schlages,  lediglich  einen 
sterblichen  Besucher  des  Grabes,  Bruder  oder 
sonstigen  nahen  Angehörigen  der  Verstorbenen 
vermuteten  in  ihm  Heydemann,  3.  Hall.  W.-P. 
80,  204.  Milclihoefer,  Atli.  Mitt  5  (1880),  180,  2. 
Heinemann  78 f.  (weil  Hermes  auf  den  Leky- 
then  stets  bärtig  gebildet  sei,  so  auch  u.  nr.  24). 
Eiczler  S.  9,  16  (der  mit  Recht  diese  Bilder 
weniger  für  mythologisch  als  für  symbolisch 
hält  und,  der  zudem  die  Echtheit  der  Lek.  u. 
nr.  24  anzweifelt).  —  Besonderes  Interesse  be- 
ansprucht 22)  die  Scherbe  einer  Lekythos  zu 
Berlin,  Inv.  nr.  3325,    vgl.   F.  Curtius,   Arch. 


^m^^!m:,,Vf-:m'smmi^^^^mm\sm\  '^ms?ms\ms^^!MiS. 


11)  Lekythos   im  Athener  Nationalmuseuui   (nach  Robert, 
Than.  S.  27). 


515         Thanatos  (Kunstdenkmüler) 


yß 


1 


13)  L«kytho*fr»giu<>nt  in  Berlin  (nach  Beinemann, 
Than.  T.  U). 

Jahrb  10,  1896,  86flf.  zu  T.  2  {Änz.  S.  41  nr.  62). 
A.  r.  Salis,  Stud.  z.  d.  ntt.  Lei.,  in  ^luvenes  dum 
sumus'  [Festschr.  z.  49.  Piniol-  Vers.,  Basel  1907) 
S.  64.  o.  Bd.  3,  Sp.  2112, 15  flf.  Coüignon,  Les  stat. 
fuH.  104/06,  Fig.  64.  Lung  72  ff,  7.  Heineinann 
70,  6.  79 f.,  T.  11  (daniach  uns.  Abb.  12).  Riezler 
S.  11.  Hier  ist  die  bekannte  Gruppe  von  Hypnos 
und  Thanatos  mit  Leichnam  (Thanatos  bärtig, 
mit  hohen  Schuhen,  r.  zu  Häupten  der  Toten)  als 
Akroterienbild  verwendet,  als  figürliche  Darstel- 
lung einer  Stelenbekrönung,  was  daraufschließen 
läßt,  daß  dies  Motiv  wirklich  Eingang  gefun- 
den in  die  attische  sepulkrale  Plastik  und  daß 
es  tatsächlich  plastische  Darstellungen  dieses 
Typus  gegeben,  zum  mindesten  Akroterien, 
plastische  Grabepitheme  mit  diesem  bildlichen 
Typus,  vgl.  F.  Hauser,  Oesterr.  Jahresh.  6  (1903), 
106  f.,  A.  24.  V.  Salis,  Heinemann,  BkzUr  a.  a.O. 
—  Sodann  2S)  Lekythos  im  Ath.  Nationalmus. 
nr.  1928,  CoUignon-Couve  nr.  1655  (p.  528),  vgl. 
H  Wallis,  Pictures  from  the  greek  vases:  The 
trhite  ath.  lekythoi  pl.  10.  Fairhanks  (1907) 
S.  258  f.  (cl.  6,  1,  3).  Luna  72,  2.  Heinemann  70, 
9.  Riezler  S.  9,  A.  16.  Die  Darstellung  ist  im 
Typus  etwas  verschwommen  und  aljfvveichend 
vom  Herkömmlichen,  insofern  als  hier  die  Dai- 
monen,  beide  unbärtig,  die  Tote  auf  einem  vor 
dem  Grabmal  stehenden  Stuhl  oder  Bett  nie- 
derzulegen scheinen;  das  Stück  ist  allerdings 
sehr  zerstört,  Einzelheiten  bleiben  unklar.  — 
Desgleichen  weicht  vom  Hergebrachten  ab 
24)  die  Lekythos  ebd.  nr.  12783,  G.  Nicole,  Cat. 
Suppl.  212,  1009,  pl.  16.  Lnng  72 ff.,  10.  Heine- 
mann 70  f.,  7.  Riezler  9, 16.  Fairhanks  (1914) 
82f.  (11,  2,3a).  Wieder  handelt  es  sich  hierum 
eine  junge  Frau;  die  zwei  Daimonen  aber,  mit 
gegürtetem  Chiton  bekleidet,  sind  da  beide 
bärtig  gegeben ;  ferner  ist  der  Gruppe  Hermes 
gesellt,  bärtig,  mit  Flügeln  an  den  Fersen,  mit 
Chlamys  angetan,  mit  Kerykeion  in  der  R., 
und  spielt  sich  die  S/.ene  nicht  am  Grab,  son- 
dern in  der  durch  einen  Baum  oder  Busch 
mit  langen  kahlen  Zweigen  angedeuteten  freien 
Landschaft  ab;  all  diese  Abweichungen  vom 
Gewöhnlichen  machen  Riezler  (vgl.  auch  Hei- 


Thauatos  (Kunstdenkmäler)  51t> 

netnann  S.  71,  A.  2)  das  Stück  verdächtig,  zu- 
dem gibt  ihm  die  Figur  des  Hermes,  beson- 
ders in  der  Zeichnung  der  Chlamys,  auch  zu 
stilistischen  Bedenken  Anlaß.  Direkt  auszu- 
schließen ist  die  Lekythos,  s.  Z.  im  athenischen 
Kunsthandel,  bei  Vottier  p.  26,  5,  pl.  2,  als  mo- 
derne Fälschung  verworfen  von  Robert,  D.  Lit.- 
Ztg.  5  (1884),  1796,  vgl.  auch  Winnefeld,  Hypnos 
6,4.    Körte  bei  Pauly-Wissowa  6,  2091,  63  ff. 

10  Steinmetz  62,117.  Lung  74,  1.  Wasei;  Arch.  f.  j 
Riv.  16  (1913),  367, 4.  Heinemann  70,10.  Riezler  f 
a.  a.  0.  Fairhanks  (1914)  S.  226.  Dafür  erfährt 
der  bisherige  Bestand  durch  Fairbanks  Ver- 
mehrung um  zwei  Exemplare,  25)  u.  2ö)  Le- 
kythen  in  athenischen  Privatsammlungen,  die 
eine  aus  Pikrodaphni,  Fairbanks  a.  a.  O.  (1914) 
S.  16  (cl.  9,  l,22f.),  deren  Depositio- Darstel- 
lungen ziemlich  genau  entsprechen  derjenigen 
der  Berliner  Lekythos  o.  nr.  18;  bei  der  Leky- 

20  thos  aus  Pikrodaphni  aber  ist  ähnlich  wie  bei 
der  als  nr.  24  aufgeführten  die  Stele  wegge- 
lassen, bzw.  ersetzt  durch  einen  mit  Tänien 
geschmückten  Tumulus  und  einen  belaubten 
Baum.  —  Angeschlossen  seien  hier  zwei  inter- 
essante Beispiele  eines  Nachklingens  dieses 
Hypnos-Thanatos-Motivs  außerhalb  Attikas  in 
nichtgriechischer  Kunst:  27)  eine  singulare 
etruskische  Wandmalerei  in  der  1865  entdeck- 
ten, 1873  wieder  geöffneten  sog.  Tomba  della 

30  Pulcella  zu  Corneto  (Tarquinii),  deren  Gemälde 
stilistisch  den  rf.  attischen  Vasen  im  Übergang 
vom  strengen  zum  schönen  Stil  entsprechen 
(erinnernd  an  die  Meisterschalen  des  Euphro- 
nios  und  seiner  Genossen),  somit  etwa  um  die 
Mitte  des  5.  Jhs.  entstanden  sind,  vgl.  G.  Körte, 
Ant.  Denkm.  2  (1899/1901),  S.  6f.,  T.  43,3.  o. 
Bd.  3,  Sp.  2112,  7ff.:  zwei  nackte,  jugendlich 
unbärtige  Flügeldaimonen  (zum  braunroten  In- 
karnat   kommt    grünlichblaue    Zeichnung    der 

40  Flügel),  von  vorn  gegeben,  doch  die  Köpfe  im 
Profil  nach  außen  gewendet,  nach  1.  der  eine, 
der  andere  nach  r.,  halten  herabschwebend  mit 
beiden  Händen  (in  symmetrisch  entsprechender 
Anordnung)  ein  großes,  mit  kreisförmigen  Ver- 
zierungen versehenes  Tuch  schweren  Stoffes, 
offenbar,  um  es  über  den  darunter  im  Alkoven 
ruhenden  Toten  zu  decken.  —  Und  28)  das  Dipty- 
chonrelief aus  'S.  Gherardesca  zu  Florenz  im  Brit. 
Museum,  das,  wohl  noch  dem  4.  Jh.  n.  Chr.  zuge- 

50  hörig,  wahrscheinlich  die  Apotheose  des  Kaisers 
Constantius  Chlorus  darstellt,  vgl.  Daremherg- 
Saglio,  Biet.  2,  275 f.,  fig.  2460  (darnach  uns. 
Abb.  13).  Emile  Molinier,  Hist.  gen.  des  arts  ap- 
pliques  ä  Vind.  1,  35  f.,  40  (mit  Textabb.).  Hans 
Graeven,  Repert.  f.  Kunstwiss.  21  (1898),  32.  o. 
Bd.  3,  Sp.  2112,  11  ff.,  wo  wieder  zwei  nackte  Flü- 
geldaimonen, diesmal  gehörnt  und  der  r.  bärtig, 
den  vergötterten  Kaiser  himmelwärts  tragend; 
dieser  in  sitzender  Haltung  hat  seine  L.  auf  die 

60  Schulter  des  bärtigen  Daimons  gelegt,  die  R. 
aber  mit  sprechender  Gebärde  erhoben,  dabei 
emporblickend,  als  öffne  sich  ihm  der  Himmel, 
als  erschaue  er  die  Götterversammlung,  die 
über  ihm  im  Hintergrund  wiedergegeben  ist. 
Des  weitern  gibt  es  noch  ein  paar  Vasen- 
bilder, bei  denen  die  Erklärung  einer  Flügel- 
gestalt als  Thanatos  wenn  nicht  geradezu  sich 
aufdrängt,  so  doch  jedenfalls  nicht  weit  abliegt. 


Ol 


Thanatüs  (Kiuistdonkniäler) 


Thanatos  (KuriHtdenkmäler;  51i^ 


(Jenannt  sei  2Ö) 
(lerKantbarosaus 
Nola  im  Stil  des 
Epigenes,  aus  8. 
Pourtalesimlirit. 
Museum  E  155 
(rae.3,143f.),vgl. 
Th.  Panoßa,  Bh. 
Mus.  2  (1828), 
452  f.  und  Cah. 
J'oiirtah'S  p.  37, 
pl.  7.  Bnoul-Jio- 
chette,  MoH.  in  cd. 
p.  205  ff. ,  pl.  40. 
Klügmann,  Mein. 
d.  7.  2  (1865),  388  ' 
92.  Klein,  Arch. 
Ztg.  38  (1880), 
189  f.  Robert, 
Than.  43 ;  Bild  u. 
Lied  S.  210/12. 
Jul.  Vogel,  Scenen 
eur.  Trag,  in  gr. 
Vasengem.  116, 1. 
141  f.  Foerster, 
Verh.  d.  40.  Pin- 
iol.- Vers.  (Görlitz 
1889)  306,  23. 
Milchhoefer, 
Arch.  Jahrb.  9 
(1894),  75.  Cecil 
Smith,  Class.  Bev. 
9  (1895),  277/80. 
Höfer  0.  Bd.  3, 
Sp.  (993,  32  ff.). 
1012,  32  ff.  Art. 
Orestes.  Beinach, 
Bep.d.v. 1,429,1. 
Waser  hei Pauly-Wissoua- Kroll,  B.-E.  s.  Ixion. 
Auf  einen  Altar  im  Mittelpunkt  des  einen  Bildes 
hat  sich  ein  bärtiger  Mann  geflüchtet,  der  von 
einer  Schlange  in  die  1.  Schulter  gebissen  wird, 
mit  Schwert  in  der  ausgestreckten  R.,  Schwert- 
scheide in  der  L.,  nackt  bis  auf  das  Wehrge- 
hänge; er  hat  soeben  den  Jüngling  ermordet,  Aqi\ 
von  l.her  ein  nackter  bärtiger  Daimon  mit  mäch- 
tigen Schwingen  am  Kücken,  Thanatos,  in  seinen 
Armen  auffängt;  dem  Thanatos  entspricht  r. 
ein  herbeieilender  Bärtiger  mit  Zepter  in  der 
vorgestreckten  L. ,  mit  der  R.  zum  Steinwurf 
ausholend.  Man  hat  in  dem  Schutzflehenden 
Orestes,  Laokoon  oder  Ixion  vermutet,  identisch 
scheint  er  mit  dem  nackten  Missetäter  des  Bil- 
des auf  der  andern  Seite,  nach  Panofka  wie- 
der Orestes,  nach  KÜigmann  Ixion;  Bobert  na- 
mentlich hat  im  Hinblick  auf  die  beidemal 
entsprechend  gestaltete  Hauptfigur  beide  Dar- 
stellungen demselben  Ixion-Mythos  zugewiesen, 
weiteres  zumal  Smith  beigebracht.  —  Ferner 
30)  die  campanische  Amphora,  gleichfalls  aus 
Xola,  zu  BerJin  nr.  2991  (Furtiiängler,  Beschr. 
S.  835):  1.  steht  nach  r.  ein  Mann  (Thanatos?) 
in  kurzem  Chiton  und  mit  großen  Rücken- 
tiügeln,  mit  kurzem  schwarzom  H'.iar,  bloß 
konturiertem  (tongrundigeml  Bart,  etwas  krum- 
mer Nase  (8.  auch  nr.  31)  und  geöffnetem  Mund, 
den  Zeigefinger  seiner  L.  gegen  Hermes  erhe- 
bend, der  in  der  üblichen  Weise  gekennzeichnet 


■3" 

13)    Diptychonrelief   im    l-5rit.   Mu- 
seum (nach  Daremberg-Saglio,    Dict. 
2,  flg.  2460). 


ist.  —  Femer  81)  der  rf.  Stamnos  aus  Chiusi, 
aus  S.  Casuccini  im  Museo  Naz.  zu  Palermo, 
vgl.  E.  Braun,  Bull.  d.  1.  1838,  85  f.  Jahn, 
Ann.  20  (1848),  216,  t.  d'agg.  K  (Aj.  Hty 
demann,  Arch.- Ztg.  29  (1872),  59  ff.,  nr.  77 
z.  T.  46.  Bobert,  Than.  44.  Daremberg-Saglio, 
Dict.  1,  1100,  fig.  1357.  Waser,  Charon  S.  138, 
23.  Pottier,  Alb.  des  Musees  de  prov.  73.  Bei- 
nach, Bep.  d.  V.  1,278,  1.   In  dieser  Darstellung, 

10  die  man  auf  den  Selbstmord  des  Aias  bezieht, 
naht  der  geflügelte  Daimon,  der  auf  Thanatos 
sich  deuten  läßt,  von  r. ;  mit  kurzem  gegürte- 
tem Chiton  ist  er  bekleidet  und  vor  allem  hier 
unbärtig,  ferner  krummnasig  (vgl.  Thanatos  bei 
nr.  16  und  30,  sowie  den  Cham  der  Etrusker) ; 
indem  er  beide  Hände  vorstreckt,  nimmt  er 
durch  Zugreifen  oder  Handauflegen  Besitz  von 
seinem  Opfer;  so  ist  die  Bewegung  der  Händt' 
gewiß    glaubwürdiger    erklärt    als    durch    die 

20  Annahme,  es  sei  der  (hier  männlich  gegebene; 
Daimon,  der  dem  Aias  die  verwundbare  Stelle 
weist,  nach  Schol.Soph.Aias  833  (Aisch.  frg.lH  N.), 
welchen  immerhin  nicht  wenig  bestechenden 
Gedanken  Bobert  geäußert  hat.  —  An  Thana- 
tos hat  E.  Pottier  gedacht  bei  32)  der  jugend- 
lichen Eros- ähnlichen  Flügelgestalt,  die  ein 
Mädchen  verfolgt  mit  kurzem  Schwert  in  der 
gesenkten  R.  und  Schwertscheide  in  der  vor- 
gehaltenen L.,  auf  einer  gleichfalls  zu  Palermo 

30  befindlichen  Amphora,  vgl.  Ileydemann  a.  a.  0. 
65, 48,  T.  45  (wo  die  Deutung  „  Boreade  in 
Liebesverfolgung").  Beinach  a.  a.  0.  1,410,  2. 
Ist  die  Deutung  auf  Thanatos  in  diesem  Fall 
sehr  fraglich,  so  ist  sie  es  nicht  minder  (im- 
merhin unter  den  vorgebrachten  nicht  die 
schlechteste),  33)  bei  jenem  Daimon  auf  der 
Ficoronischen  Cista  (aus  Praeneste  im  Museo 
Kircheriano  zu  Rom,  Heibig,  Führer-^  2,  303  ff"., 
1752),  jenem  bärtigen  Zuschauer  mit  den  mäch- 

40  tigen  Flügeln  am  Rücken,  der  finstem  Blickes 
am  Vorgang  teilnimmt,  indem  er  sein  1.  Bein 
auf  einen  Felsen  aufstellt  („ein  echt  polygnoti- 
sches  Motiv",  s.  Sp.  512,  42 ff.)  und  nachdenklich 
mit  der  L.  das  Kinn  stützt,  in  der  Abb.  o.  Bd.  1, 
Sp.  527  mit  Fragezeichen  Eidolon  genannt,  im 
Art.  Sosthenes  Bd.  4,  Sp.  1232  f.,  17  von  Pflster 
für  Sosthenes  abgelehnt,  dagegen  angesprochen 
als  Boreas,  welche  Deutung  auf  Gerhard  zu- 
rückgeht,   auch  aufgenommen  worden  ist   von 

50  Behn,  Plcoron.  Citta  (Diss.  Bostock  1907)  33 ff", 
und  H.  Bulle,  Der  schöne  Mensch'  Sp.  633  z. 
Abb.  194  f,  wo  „der  rauhe  Mann  mit  den  großen 
Flügeln,  der  finster  auf  die  Szene  schaut,"  be- 
zeichnet wird  („nach  der  glaublichsten  Deu- 
tung") als  „Boreas,  der  Nordwind,  der  Schutz- 
gott des  nordischen  Bebrykerlandes,  ein  Gegen- 
stück zu  der  Griechenbeschützerin  Athena"  (auf 
der  andern  Seite).  Nun  wiederholt  sich  aber 
die  Figur   auf  weitern  italischen  Denkmälern 

60  (s.  Behn  S.  34f.),  zumal  mit  Namensbeischrift 
als  Kalchas  verwendet  auf  dem  etruskischen 
Spiegel  im  Museo  Etr.  Greg,  des  Vatican  bei 
Helbig^  1,  371  f.,  nr.  642,  sie  ist  also  in  der 
Komposition  der  ficoron.  Cista  wohl  eine  der 
Zutaten  dea  italischen  Künstlers,  und  da  die 
Etrusker  mit  Vorliebe  Todesdaimonen  in  ihre 
Darstellungen  einmengten,  läßt  sich  immerhin 
auch   hier  an  Th.   denken,    den  Daimon    des 


r>ii» 


'riianalo.>s    iMmstdeiikmiilcr) 


Thanatos  (.KunsyenkiuiUen 


;>:^U 


14)  Epheii^ches  Säulearelicr  im  Brit.  Museum  (nach 
Bruckiiu  T.  52). 

Todes,  der  auf  sein  Opfer  wartet,  in  diesem 
Fall  auf  den  Tod  des  Amykos,  vgl.  Bulle,  Der 
schöne  Mensch^  S.  49  (zu  T.  135).  —  Unsicher 
auch  bleibt  bildliche  Darstellung  des  Thanatos 
im  Rahmen  ebenso  unsicheni  künstlerischen 
Niederschlags  der  Alkestissage.  Nur  gestreift 
:fiei  34)  der  attische  spät-sf.  Skyphos  im  Mu- 
seum von  Kopenhagen,  Bull.  Nap.  n.s.  5,  t.  11 
{Beinach  a.a.O.  1,489 f.),  mit  Darstellung  des 
nackten  unbärtigen  Herakles,  der,  tüchtig  aus- 
schreitend, die  Keule  in  der  L.,  mit  der  R. 
•ein  Ungeheuer  am  Strick  aus  einer  Höhle  her- 
auszuführen scheint,  eine  Karikatur  doch  wohl, 
in  der  Art  derjenigen  auf  einer  Kanne  gleichen 
Stils  zu  Berlin,  Arch.  Ztg.  1885,  14,  T.  7,  2 
{Beinach  1,  450,  4;;  an  der  Leine  sieht  man 
lediglich  einen  riesigen  menschlichen  Kopf  mit 
heraushangender  Zunge;  der  Typus  der  Hand- 
lung aber  ist  am  ehesten  der  des  Kerberos- 
abenteuers, und  so  hat  denn  die  Annahme  Furt- 
u'änglers  o.  Bd.  1,  Sp.  2221,  30  if.,  es  handle 
sich  um  scherzhafte  Bildung  des  Kerberos  als 
scheußlichen  Wächters  der  Unterwelt,  entschie- 
den mehr  für  sich  als  der  Gedanke  an  des  Hera- 
kles Sieg  über  Thanatos.  —  Dagegen  ist,  wenn 
jiicht  sicher,  so  doch  trotz  allen  Einwendungen 
höchst  wahrscheinlich  Thanatos  wenigstens  in 
-einer  Alkestisdarstellung  nachgewiesen  (und  da- 
jnit  zugleich  ein  statuarischer Thanatostypus  ge- 
wonnen, belegt  und  festgelegt  für  das  4.  Jahrh.) 
*55)  auf  der  reliefierten  Säulentrommel  im  Brit. 
3rluseum  von  einer  der  'columnae  caelatae'  des 
Artemision  zu  Ephesos,  vgl.  Cat.  Sculpt.  Br. 
Mus.  2,  nr.  1206,  T.  23.  Bruckm.  T.  52  (darnach 
.nns.  Abb.  14).  Baumeister  Abb.  281.  Klass. 
JSkulpt.-Schatz  nr.  61.  Das  Museum  3,  118.  Col- 
JignoH' Baum  garten,  Gr.  Plast.  2. 416  ff., Fig.  205  f. 
Beinach,  Bep.  de  rel.  1,  139  f.   Hier  ist  nach  Bo- 


hert,  Thuu.  36 ff.  (/,.  T.  3)  ArcHi.  Märchen  160 ff. 
170  ff.,  T.1,1  Thanatos  zu  sehen  in  dem  von 
vorn  gegebenen  nackten  Epheben  mit  mäch- 
tigen Adlerflügeln  am  Rücken  und  großem 
Schwert  an  der  l.  Hüfte,  befestigt  an  doppel- 
tem, über  die  r.  Schulter  laufendem  Kiemen; 
(las  r.  Bein  ist  Standbein,  das  l,  fast  ganz 
entlastet,  seitlich  gestellt;  die  r.  Körperhälfte 
hat  stark  gelitten,  doch  war  wohl  die  R.  ohne 
Attribut  gesenkt  an  der  Seite  herabhangend, 
die  L.  ist  erhoben  mit  sprechender  Gebärde 
d.'s  Grußes  oder  des  Abschieds,  die,  wie  auch 
der  wehmütige  Blick  des  leise  geneigten 
Kopfes,  der  Frauengestalt  r.  gilt,  also  Tha- 
natos, der  mit  dieser  Geste  die  Alkestis  aus 
seiner  Macht  freigibt,  sie  dem  Hermes  weiter 
r.  überläßt,  der,  am  Kerykcion  ohne  weiteres 
kenntlich  (abg.  o.  Bd.  1,  Sp.  2416),  bereits  sei- 
nen Blick  nacli  oben  richtet,  im  Begriff  eben, 
die  Alkestis  an  die  Oberwelt  zurückzugelei- 
tcn;  denn  daß  der  Hades  Schauplatz  der 
Szene  ist,  bezeugt  direkt  auch  die  Gegenwart 
von  Hades  und  Persephone,  weiter  r.  hinter 
Hermes,  denen  auf  der  andern  Seite  1.  von 
Thanatos  Herakles  dürfte  entsprochen  haben, 
der  Befreier  der  Alkestis,  freilich  nur  noch 
in  dürftigen  Resten  erhalten.  Früher  vor- 
geschlagene Benennungen  für  die  Flügelfigur, 
wie  Agon  {Äy^av  cptgav  uXrfjQccg  Paus,  ö,  26,  3, 
vgl.  E.  Curtiiis,  Arch.  Ztg.  30,  1873,  72  ff.  zu 
T.  65 f.,  der  an  einen  Wettstreit  dachte  zwi- 
schen den  von  Hermes  zu  ApoUon  geführten 
Musen,  wobei  Agon  zugegen,  der  Genius  des 
Wettstreits),  Eros  (Furtwängler,  Eros  in  der 
Vasenm.  S.  89),  Boreade  {B.  Engelmann,  Arch. 
Ztg.  1879,  114,  der  die  Darstellung  auf  die  Ar- 
gonauten bei  Phineus  vor  Ankunft  der  Har- 
pyien  beziehen  wollte)  hat  Bohert  schon  Than. 
S.  38, 3  registriert  und  zurückgewiesen ;  in  seinen 
40  „Arch.  Märch."  160  ff.  aber  widerlegte  er  Ke- 
kule,  D.  Lit.-Ztg.  1880,  382  und  Wolters  in 
Friederichs- Wolters, Baust.  430,  sowie  besonders 
auch  die  Deutung  Benndorfs ,  Bull.  com.  14 
(1886),  54 ff.  aut  eine  Episode  aus  dem  Paris- 
urteii  mit  Eros;  weiter  hat  A.  H.  Smith,  Journ. 
ofhell.stud.  11  (1891),  278ff.  an  die  Schöpfung 
der  Pandora  gedacht.  Doch  unter  allen  Deu- 
tungen bleibt  die  von  Bohert  die  am  besten 
begründete,  einzig  stichhaltige,  ja,  sie  darf 
50  gelten  als  eine  der  glänzendsten  archäologi- 
schen Interpretationen  überhaupt.  Ihr  haben 
schon  Overbeclc,  Gr.  Plast*  2,131  und  gegen 
Curtius  auch  Bayet,  Mon.  de  Vart  ant.  2  (pl.  50) 
zugestimmt,  u.  a.  auch  ColUgnon-  Baumgarten 
2,418.  Bloch  0.  Bd.  2,  Sp.  1371,  6ff.  und  Alk.- 
Stud.  50 f.  (=  N.  Jahrh.  7, 131).  Beinach,  Bep. 
de  rel.  1,139  f.  Schredelseker,  De  saper  st.  Gr. 
quae  ad  crines  pert.  (Diss.  Heidelh.  1913)  S,  32, 
2  usf.,  ablehnend  Klein,  Gr.  Kunst  2,300. 
&Q  Heinemann  S.  12,  schwankend  Springer -Wol- 
ters'^'' S.  331  f.  (Abb.  606  f.).  —  Was  Bohert  im 
Anschluß  an  die  ephesische  Darstellung  ,.Arch. 
Märch."  S.  175  ff.  des  weitern  für  Thanatos  in 
Anspruch  nimmt,  ist  kaum  hierher  gehörig:  für 
das  pompejanische  Wandgemälde  {Heibig  nr. 
1305)  ist  schon  o.  Sp.  4.87,  44ff.  zugunsten  der 
üblichen  Beziehung  auf  die  Opferung  der  Iphi- 
geueia  entschieden  worden;  die  beiden  Statuet- 


521          Thanatos  (Kunetdenkmäler)  'l'hanatos  (KunstdenkmiUer)          522 

tenvascn  aus  Olhia  und  Tauagra,  die  ein  von  2.  Auti.  von  Hclbujs  Führer  (1,  108 if.,  189)  mit 
einem  geflügelten  .Jün^'lin<r  oreraubtes  Mildchen  aller  Bestimmtheit  vorf^etragene  Deutung  de« 
zeigen  (vgl.  auch  Freller- Robert  l,84ö,  2),  Hnden  Eros  von  Centocolle  auf  Thanatos  {Furtwängler, 
doch  besser  ihre  Einordnung  unter  die  Dar-  Meistcrw.  542,7.  Collignon  a.  a.  0.  335,  4)  in 
Stellungen  des  Raubes  der  Oioithyia  durch  der  3.  Aufl.  als  vorfehlt  wieder  aufgegeben. 
Boreas,  sind  z.  B.  auch  aufgeführt  von  Wer-  Es  ist  indes  nicht  abzusehen,  warum  die  später 
nicke  Art.  Boreas  bei  Fauly-  Wissoiva  3,  728,  so  geläufige  Darstellung  des  Todesgenius  hier 
31  ff.  (nr.  30f.). — Eigentlich  todumwittert,  tod-  nicht  schon  wenigstens  vorgebildet  sollte  an- 
umdräut  erscheinen  Alkestis  und  Admet  auf  genommen  werden  dürfen;  freilich  (und  in  die- 
dem  o.  erwähnten  rf.  Krater  mit  Volutenhen-  lo  sem  Punkte  hat,  wie  übrigens  auch  in  andern 
kein  im  Cab.  des  Med.  zu  Paris,  wo  die  beiden  Fällen,  gegenüber  Lessing  der  minder  beach- 
voneinander  Abschied  nehmen  zwischen  zwei  tete  Herder  tiefer  geschaut,  bereits  die  rich- 
mit  Hammer  und  Schlangen  drohend  auf  sie  tige  Einsicht  gehabt)  nicht  eigentlich  um  Tha- 
eindringenden  etruskischen  Daimonen,  grausen  natos,  den  Todes gott  kann  es  sich  dabei  han- 
Charungestalten  mit  scheußlicher  Fratze,  abg.  dein,  sondern,  wie  schon  Herder  (der  in  sei- 
als  Titelkupfer  z.  2.  Bd.  von  (r.  Dennis,  Cities  nem  immernoch  ungemein  lesenswerten  „JVacTj- 
and  cemet.  of  Ktr.^^  vgl.  auch  Petersen,  Arch.  trag  zu  Lessings Abhandlung"  ^1786,288.  *1796, 
Ztg.  21  (1863),  108 f.,  T.  180,  3.  J.  Martha,  L'art  302  =  Sämtl  Werke,hg.  vonBernh. Suphan  Bd.15, 
etr.  p.  487,  fig.  324.  Waser,  Charon  S.  83.  134  f.,  437  mit  Recht  unterscheiden  fiiöchte  zwischen 
15.  Beinach,  Bep.  des  vases  1,  395,  1.  Heine-  20  mythologischen  Göttern  und  allegorischen  We- 
mann  S.  81, 1.  sen)  a.  a.  0.  450f.  ausführt,  um  einen  „Euphe- 
An  der  Richtigkeit  von  Roberts  Deutung  mismus  der  Kunst,  den  man  über  den  Tod  auch 
des  ephesischen  Säulenreliefs  hängt  sehr  viel:  in  der  Sprache  liebte''  (vgl.  o.  Sp.  507,  32.  510, 
darf  man  mit  ihr  rechnen,  so  darf  man  zu-  9 ff.),  um  einen  Ersatz  bloß  für  den  eigentlichen 
gleich  ii'oöer^  (T/m».  S.  44;  Arch.  Märch.'&.llQ)  Thanatos:  „Aus  Sprache  und  Kunst  ward  er 
zustimmen,  „daß  hier  der  erste  Keim  für  die  verbannet,  und  in  der  letzten  ein  Genius  an- 
spätere  Verwendung  der  Eroten  als  Todesgötter  die  Stelle  gesetzt ,  der  —  nicht  den  Tod  vor- 
vorliegt" (nur  sagt  man  gewiß  zutreffender  stellen  sondern  seine  Idee  verhindern,  d.  i.  ihn 
„als  Todes genien").  So  hat  man  bereits  auch  nicht  vorstellen,  vielmehr  verhüten  sollte,  daß 
36)  bei  dem  berühmten,  vielfach  überschätzten  30  man  nicht  an  ihn  dächte" ;  nach  Herder  auch 
Erostorso  von  Centocelle,  dem  „Genio  del  Ya-  ist  von  den  beiden  Jünglingen  der  Schlaf  eigent- 
ticano''  {Helbig^  1,  117  f.,  183.  Bruckm.  T.  379.  lieh  der  Hauptbegriff :  „denn  da  die  ganze°Vor- 
Furtwängler,  Meisterw.  S.  540  ff.,  Fig.  101.  Col-  Stellung  auf  einer  Allegorie  beruhet"  (und  das 
lignon,  Les  stat.  fun.  p.  334  ff.,  fig.  213.  Löivy,  ganze  Bild  vom  Schlaf  ausgeht),  so  muß  dieser 
Gr.  P/a5i.-  S.  72  f.,  T.  79, 152.  84,  IGl)  und  seinen  seinem  Bruder  Bedeutung  geben,  und  der  Tod 
zwölf  Repliken  (vgl.  i^wri(M;ry7i^?er  a.  a.  0.  Klein,  steht  eigentlich  nur  der  Symmetrie  wegen  da 
Prax.  233,  1,  der  farnesische  Eros  zu  Neapel  in  (S.  451  f.).  Ferner  hat  schon  Herder  bei  Lessing 
Abb.  0.  Bd.  1,  Sp.  1359.  Furtwängler  Fig.  100.  eine  genauere  Festsetzung  vermißt,  „von  wel- 
W.  Rolfs,  Neapel,  Ber.  Kunstst.  nr.  29,  S.  67 f.,  ehern  Volk  der  Alten  und  von  welcher  Zeit  er 
Abb.  39.  Löwy  a.  a.  0.  T.  79, 153)  vermutet,  daß  40  rede";  alle  Denkmäler,  die  er  anführe,  seien 
dieser  Typus  des  Flügelknaben  nicht  mehr  den  ja  römisch  (S.  479,  1,  wobei  er  mit  Recht  auch 
eigentlichen  Liebesgott  meine,  vielmehr  den  die  Etrusker  anzieht,  denen  man  angesichts 
aus  dem  Eros  abgeleiteten  „Thanatos".  Die  L.  ihrer  eigenen  ausgebildeten  Genienlehre  sehr 
hielt  den  Bogen^  wie  ihn  Apollon-Helios  führt  wohl  einen  bestimmenden  Einfluß  auf  Ausprä- 
als  der  rächende  Todesgott  (z.  B.  in  der  Niobe-  gung  und  Häufigkeit  der  Verwendung  dieser 
sage),  dessen  Pfeile  die  versengenden,  morden-  römischen  Todesgenien  zumessen  darf),  und 
den  Sonnenstrahlen  sind,  und  wie  der  neu-  anderseits,  wenn  dann  auch  mit  dem  schönen 
griechische  Charos  ausgestattet  ist  mit  Pfeil  Knaben,  der,  geflügelt  und  ungeflügelt,  ge- 
und  Bogen,  den  typischen  Jagdwaffen,  oder  wohnlich  schlummernd,  mit  noch  lodernder, 
auch  als  reitender  Jäger  gedacht  ist  {Waser,  50  aber  gesenkter  oder  umgestürzter  und  ausge- 
Charon  S.  100).  Für  die  gesenkte  R.  aber  nimmt  löschter  Fackel  (vgl.  Preller- Robert  1,  845),  mit 
man  nach  Maßgabe  der  Statuette  der  Kandela-  übereinandergeschlagenen  Beinen  dasteht,  mit 
bergalerie  des  Vat.  {Helbig^  1,  245,  381,  z.  B.  einer  Achsel  auf  die  umgekehrte  Fackel  sich 
auch  Reinach,  Stat.  2,  488, 1)  und  der  Statue  lehnend,  die  eine  Hand  unter  das  müde  Haupt 
im  Konservatorenpalast  {Heibig ^  1,  538,  947.  auf  die  Schulter  gelegt,  die  andere  an  der 
Reinach  2, 94:,  3.  Colligno7i,  Les  stat.  fun.  S.dSoi.^  Fackel  niederhangend,  etwa  mit  Kranz,  einem 
Fig.  212)  eine  umgestülpte  Fackel  als  Attribut  Symposienkranz,  hindeutend  auf  gehabten  Ge- 
an,  das  Symbol  des  erlöschenden  Lebens  (vgl.  nuß  ,  auf  die  müde  Ernüchterung  nach  des 
auch  die  „fax  funebris");  und  endlich  scheint  Lebens  Rausch  (vgl.  Petersen,  Rom.  Blitt.  16, 
dieser ,, Todesgenius"  mit  dem  sinnend  träume-  60  1901,  59.  Waser,  Art.  Eros  bei  Pauly-Wissoica 
rischen  Ausdruck  des  leise  wie  in  Wehmut  6,  508,  42  ff.),  wenn  auch  mit  dieser  stereotypen 
geneigten  Hauptes  selber  schmerzlich  betroffen  Figur  auf  Urnen,  Sarkophagen,  Grabdenk- 
durch  sein  Amt,  das  menschliche  Leben  zu  malern  der  römischen  Kaiserzeit  immer  wieder 
vernichten.  Vgl.  Waser  Art.  Eros  bei  Pauly-  der  Genius  des  ewigen  Schlafes  gemeint  ist, 
Wissowa  6,  505,  20 ff'.  Collignon  a.  a.  0.  333 ff.  beachtenswert  ist  doch  der  Einwurf,  den  schon 
Von  „sepulkraler  Bedeutung"  wenigstens  der  Herder  Lessing  gemacht  hat  (S.  435):  „Wie 
Replik  zu  Neapel  spricht  auch  Furtwängler  0.  mancherlei  Genien  gabs,  die  Fackeln  trugen 
Bd.  1,  Sp.  1361,63,    dagegen  wird   die   in   der       und  sie  also  auch,  wenn  es  die  Bedeutung  ge- 

KosCHER,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V.  18 


523  Thanatos  (Kunstdenkmäler^ 


Thanatos  (KunstdeuknüVlor)  524 


1;'>)  JHLapitolinisoher  Prometheost&rkophag  (nach  Righetti,  Detcr.  del  Campidoylio  ],  75). 


bot,  umkehren  konnten!"  —  was  er  des  wei- 
tern belegt,  nachdem  er  zuvor  schon  (wie 
neuerdings  Petersen  a.  a.  0.)  erinnert  hat  an 
den  K&aog  des  altern  PhiJostratos  {sU.  1 , 2),  20 
ferner  an  den  Eros  in  der  7.  Gemäldebeschr. 
des  Jüngern  Philostrat  (Mijdeia  iv  KoXxois), 
nämlich  an  den  Komos,  der  da  gleich  dem 
„Todesgenius"  als  stehend  schlafender  Melle- 
phebe  erscheint,  das  Antlitz  zur  Brust  geneigt, 
die  L.  am  Ohrläppchen  {ngoloßifo,  nicht  ngo- 
ßolim  nach  Furtwänglers  auch  von  Benndorf 
verteidigter  Konjektur),  mit  gesenkter,  seitwärts 
abgewandter  Fackel,  ein  Bein  über  das  andere 
geschlagen  (woraus  man  freilich  auch  schließen  30 
will,  in  einem  wirklich  existierenden  Gemälde 
habe  PhUostrat  diese  Figur  falsch  gedeutet, 
d.  h.  er  habe  tatsächlich  vorhandene  Bilder 
beschrieben,  so  zuletzt  Fritz  Steinmann,  Neue 
Sind.  z.  d.  Gemäldebesdir.  d.  alt.  Philostr.,  Biss. 
Zürich  1914,  S.  23flf.,  zu  Philostrats  Komos  o. 
Bd.  2,  Sp.  1282,  9  ff.  Paul  Friedländer,  Joh. 
V.  Gaza  und  Paulus  Silent.  S.  89),  sodann  an 
den  Eros  im  Medeiabild,  der  auf  den  Bogen 
gestützt  steht,  wieder  die  Füße  gekreuzt,  die  40 
Fackel  gegen  die  Erde  gewendet,  „weil  —  die 
Liebe  noch  nicht  gekrönt  ist"  {Herder  S.  433). 
Für  derartige  Todesgenien  sei  verwiesen  auf 
die  von  Lessing  seiner  Untersuchung  beigege- 
benen Abbildungen.  Reich  an  solchen  Denk- 
mälern ist  z.  B.  das  Museo  lapidario  zu  Verona 
(das  Goethe  zu  schönen  Worten  gestimmt  hat, 
It.  Reise  16.  9. 1786),  wie  ja  auch  Schiller  den 
Genius  mit  der  umgekehrten  Fackel  verherr- 
lichte; ferner  vgl.  für  das  Flügelkind  als  Ge-  50 
nius  des  Todes  (oder  des  Schlafes)  Reinach, 
Stat.  1,443.  445.  2,448.  454,3.  488/92.  812.  3, 
133, 1.  142.  267,  auf  Sarkophagen  etc.  Reinach, 
Rep.  de  rel.  3, 110,  2.  145,  3  (Relief  in  Villa  Al- 
bani,  Helbig^  2,  405,  1840).  199,  1  (kapitolin. 
Prometheussarkophag,  s.  u.  nr.  38).  210, 3.  212, 1 
(Grabstein  des  T.  Statilius  Aper  im  Kapitolin. 
Museum,  Heibig''  1,  423f,  773).  395,  4  (Relief 
mit  Darstellung  der  ünterweltsgötter  im  Va- 
tikan, Amelung,  Sculpt.  d.  Vat.  Mus.  2,  23  ff  ,6,  60 
T.  3,  wo  für  den  Flügelknaben  mit  Fackel 
auch  die  Deutung  auf  Thanatos);  femer  Col- 
lignon,  Les  stat.  fun.  p.  329 ff.,  fig.  208  (wozu 
z.  B.  Adonissarkophag  im  Lateranmuseum,  Hel- 
big^  2,  38  f.,  1202).  209  (Todesgenius  zu  Florenz 
8.  u.  nr.  37).  210  f.  (Terrakotten  von  Myrina  und 
der  Kyrenaika).  214  (mittelmäßige  Statue  aus 
der  Gegend  von  Tivoli  in  der  Kandelabergalerie 


des  Vat.,  Heibig-  1,253,402).  217 f.  ('Eros  en- 
dormi'  oder  Eros-Hypnos)  ussf;  wie  Pottier, 
Lee.  78  braucht  Collignon  mit  Vorliebe  den 
suggestiven  Ausdruck  'Eros  funöbre',  so  schon 
bei  Daremberg-Saf/lio ,  Biet.  1,  1609  s.  Cupido. 
Vgl.  auch  Gruppe  1050,5.  1070,9.  Herausge- 
hoben sei  37)  der  Todesgenius  zu  Florenz  im 
2.  Gang  der  Uffizien,  Amelunq,  Führer  S.  54 f, 
78.  Collignon  a.  a.  0.  330  f,  fig.  209,  ein  typi- 
sches Beispiel  des  mit  traurig  geneigtem  Köpf- 
ehen und  gekreuzten  Beinen  stehenden  Flügel- 
knabeu;  an  des  ergänzten  Bogens  Statt  wird  der 
1.  Achsel  eine  nach  unten  gekehrte  Fackel  als 
Stütze  gedient  haben,  an  der  der  1.  Arm  nieder- 
hing, wogegen  der  rechte  quer  liber  den  Leib 
zur  1.  Schulter  geht,  an  der  die  R.  anliegt;  weh- 
mütig sinnend  blickt  der  Genius  dem  Erlöschen 
der  Flamme  nach.  —  Und  38)  der  Kapitoli- 
nische Prometheussarkophag,  Helbig^  1,  437f , 
792,  vgl.  W.  Vorl.  Ser.  D,  T.  11,4.  Baumeister 
S.  1413,  Abb.  1568;  darnach  0.  Bd.  3,  Sp.  3235  f., 
Abb.  20  (hier  wiederholt  als  Abb.  15).  Collignon, 
Les  stat.  fun.  373  f,  fig.  238.  Reinach,  Rel.  3, 199, 
1 :  r.  liegt  am  Boden  ausgestreckt  ein  totes  Men- 
schenkind, über  dem  die  entflohene  Seele  in 
Schmetterlingsgestalt  entschwebt  und  auf  dessen 
Brust  der  trauernde,  mit  übereinandergeschla- 
genen  Beinen  stehende  Todesgenius  die  umge- 
stürzte Fackel  aufsetzt  (vgl.  Lessings  Titel- 
kupfer und  dazu  Herder  a.  a.  0.  453).  —  Ferner 
39)  die  sog.  Gruppe  von  S.  Ildefonso,  seit  Be- 
ginn des  17.  Jahrhs.  in  Villa  Ludovisi  zu  Rom, 
dann  von  der  Königin  Christine  erworben  und 
mit  ihrer  Sammlung  nach  Spanien  versetzt  ins 
Königl.  Schloß  S.  Ildefonso,  heute  im  Prado- 
museum  zu  Madrid,  Bruckm.  T.  308.  Baumeister 
S.  1731,  Abb.  1811.  Furtwängler,  Meisterwerke 
S.  463  f,  Fig.  76.  Collignon- Baumgarten,  Gr. 
Plast.  2,  722  ff. ,  Fig.  352.  Klass.  Skulpt.- Schatz 
nr.  501  (darnach  uns.  Abb.  16).  Arthur  Mahler, 
Polyhlet  und  seine  Schule  S.  134  f.  Klein,  Prax. 
S.  132  und  Gr.  Kunst  2, 151.  3,  343.  Collignon, 
Les  stat.  fun.  p.  336  ff.,  fig.  215.  Schon  G.  E. 
Lessing  hat  „die  sog.  Brüder  Kastor  u.  Pollux 
in  der  Villa  Ludovisi"  einbezogen  in  seine 
„Untersuchung",  für  die  beiden  Jünglinge  die 
Deutung  vorgeschlagen  auf  Schlaf  und  Tod, 
femer  die  r.  beigefügte  kleinere  Frauengestalt 
mit  Kalathos  auf  dem  Kopf  als  Nacht  erklärt, 
der  beiden  Mutter;  widersprochen  hat  Herder 
auch  in  diesem  Punkt  (S.  455f),  dagegen  hat 
dieselbe  so  ansprechende  Deutung  (die  übrigens 


525  Thanatos  (Kunstdenkmäler) 


Thanatos  (Kunetdenkmiller)         526 


lö)  Sog.  Gruppe  von  S.  Ildofonso  im  Pradomuseiim  zu 
Madrid  (nach  Klass.  Skulpt.-Schatz  nr.  501). 

auch,  unabhängig  von  Lessing,  1826  Ed.  Ger- 
hard geäußert)  Welcher  näher  begründet,  Alte 
Denkm.  1,  375 — 391  und  neuerdings  wieder  Col- 
lignon  p.  338  f.  nachdrücklich  vertreten.  Die 
Gruppe  stellt  sich  dar  als  ein  Pasticcio,  be- 
stehend in  einem  „bekränzten  Knabensieger 
polykletischen  Stils"  (r.)  und  einer  „Variante 
des  praxitelischen  Sauroktonos"  (1.),  in  deren 
Kopf  schon  Visconti  glaubte  die  Züge  des  An- 
tinoos  erkennen  zu  können  —  diesen  beiden 
Jünglingen,  denen  noch  gesellt  ist  eine  archai- 
sierende Statuette  der  Kora;  falls  sich  für  den 
Jüngling  1.  die  Zugehörigkeit  des  Kopfes  er- 
weisen läßt,  wird  man  etwa  an  die  „1'odes- 
weihe  des  Antinoos"  denken:  auch  so  bleibt 
für  den  Fackelträger  r.  die  Deutung  als  Todes- 
genius zu  Recht  bestehen,  erhärtet  durch  die 
attribuf,ive  Beigabe  der  auf  seiner  Seite  ange- 
brachten Kora  mit  Granatapfel  in  der  R. 
Darf  man  aber  diese  Gruppe  des  „Antinoos  mit 
dem  Todesgenius"  kunstgeschichtlich  ernstneh- 
men, so  ordnet  man  sie  am  besten  ein  in  die 
Gefolgschaft  von  Werken  eklektischer  Richtung, 
wie  sie  Pasitelesund  die  „Pasiteliker"  geschaffen, 
hat  man  doch  auch  bei  diesem  Jünglingspaar 
an  Orestes  und  Pylades  gedacht,  mit  welchen 
Namen  schon  eine  andere,  direkt  der  pasiteli- 
schen  Schule  entstammende  Gruppe  {Briickm. 
T.  307)  belegt  worden  ist.  —  Auch  als  Münz- 
bild tritt  der  Todesgenius  häufig  auf,  doch 
erst  im  2.  und  3.  Jahrh.  n.  Chr.,  vornehmlich 
in  Städten  Moesiens  (Kallatis,  Markianopolis, 
Nikopolis  am  Istros,  Tomis)  nnd  Thrakiens 
(Anchialos,  Bizye,  Hadrianopolis,  Pautalia,  Phi- 
lippopolis,  Plotinopolis,  Topeiros,  Traiane  Au- 


guste, Traianopolis),  ferner  in  ein  paar  klein- 
asiatischen Städten  (Aphrodisias  in  Karlen  und 
Tripolis  in  Lydien,  Dorylaion  und  Laodikeia 
in  Phrygicn,  ßithynion  Klaudiopolis,  Kios  und 
Trusa  am  Olympos  in  Bithynien),  vgl.  Hans 
Riggancr,  Eros  auf  Münzen,  Ztschr.  f.  Num. 
8  (1881),  1)5/97.  Waser  Art.  Eros  bei  Pauly- 
Wissowa  G,  609, 16  ff.  516  ff.,  26  ff.  Jlead,  Hut. 
num.^  288  (Plotinopolis).   672  (Dorylaion),    680 

10  (Laodikeia).  Für  die  Münzen  von  Kallatis  vgl. 
insbesondere  Behrendt  Pick,  Die  ant.  Münzen 
Nord-Griechenlands  Bd.  1  (Dacien  und  Moesien) 
S.  95.  113,  300.  115,  314,  für  Markianopolis  ebd. 
193.  217,  633.  232,  «J99.  251,796,  T.  16,7,  für 
Nikopolis  ebd.  339.  353, 1241.  377, 1366/68.  414, 
1591  (?).  1592.  T.  10,  5  f.,  für  Tomis  vgl.  B.  Pick 
und  Kurt  Begling  ebd.  616.  632.  671,  2667. 
760,2940.  785,3044,  für  Anchialos  vgl.  Fr. 
Münzer  und  Max  L.  Strack  ebd.  Bd.  2  (Thra- 

20  kien),  S.  271,  613.  Kaum  vom  Todesgenius  ist 
zu  reden  bei  dem  auf  einem  Löwenfell(?)  nach 
r.  ausgestreckt  schlafenden  Flügelknaben  auf 
Kupfermünzen  von  Nikopolis  mit  lulia  Domna 
und  Caracalla  (Pick  a.  a.  0.  393,  1468.  396, 
1489,  T.  16,  4);  die  Fackel,  die  auf  der  Löwen- 
haut vor  dem  Schläfer  (Eros-Hypnos?)  liegt, 
macht  ihn  noch  nicht  zum  Todesgenius,  ist 
ja  häufig  des  Eros  Attribut,  anderseits  bringt 
ihn   das  Löwenfell   in   gewisse  Beziehung   zu 

3.)  Herakles,  wie  Eros  z.  B.  als  Bezwinger  des  Lö- 
wen des  Herakles  Rolle  übernimmt,  vgl.  Waser 
a.  a.  0.  512,  30  ff.  Ebenso  widerstrebt  der  Deu- 
tung auf  den  Todesgenius  die  Erosdarsteliung 
auf  Münzen  von  Aphrodisias  mit  I6PA  BOVAH 
(z.  B.  Ernest  Babelon,  Inventaire  somm.  de  la 
Coli.  Waddington  p.  117,  2185  pl.  4,  16),  wo  Eros 
stehend  gegeben  ist,  die  L.  gesenkt  mit  Bogen 
und  Pfeil,  desgleichen  die  R.  mit  nach  unten 
gekehrter    Fackel,    derßn   Flamme   gegen   ein 

40  kleines,  vom  Boden  sich  erhebendes  Flügel- 
wesen züngelt,  nach  der  Form  der  Flügel  zu 
schließen  Psyche.  Dagegen  vgl.  für  den  Todes- 
genius auf  Münzen  von  Aphrodisias  z.  B.  auch 
Brit.  Mus.  Cat.  of  Caria  p.  32,  42,  pl.  6,2,  femer 
für  die  Kupfermünze  von  Bithynion  Klaudio- 
polis  in  S.  Löbbecke,  die  auf  der  einen  Seite 
den  nach  r.  gerichteten  jugendlichen  Kopf  des 
Herakles  mit  Löwenfell  zeigt,  auf  der  andern 
den  Todesgenius,  vgl.  Imhoof-Blumer,  Bith.  Mz. 

50  S.  5  {Journ.  internat.  de  VArch.  num.  1,  1898,  15), 
nr.  6.  (Verschiedene  der  Hinweise  verdankt  der 
Verf.  gütiger  Mitteilung  von  Dr.  Fr.  Imhoof- 
Blumer).  —  Schließlich  sind  es  die  auf  römi- 
schen und  selbst  altchristlichen  Sarkophagen 
immer  wiederkehrenden  Todesgenien,  die  sich 
in  der  byzantinischen  Kunst  verschmolzen  ha- 
ben mit  dem  christlichen  Engel;  zwei  antike 
Flügelgestalten  leben  in  diesem  fort:  Nike- 
Victoria  und  Eros-Cupido,   nicht  so  eigentlich 

60  der  Aphrodite  neckischer  Sohn,  vielmehr  eben 
der  aus  Eros-Amor  abgeleitete  Todesgenius, 
Waser  Art.  Eros  bei  Pauly-  Wissowa  6,  515  f., 
65  ff.  Schweiz.  Arch.  f  Volksk.  20  (1916),  474. 
Auf  die  Allgemeingültigkeit  des  im  antiken 
Todesgenius  beschlossenen  Symbols,  die  es 
tauglich  macht  für  alle  Völker  und  jede  Re- 
ligion, so  auch  die  christliche,  hat  schon 
Herder  mif  wundervollen  Worten  hingewiesen 

18* 


527                         Thanna  Thanr                         528 

(a.  a.  0.457  f.);  dafür,  daß  die  Enjjel  der  ehrist-  nr.  803  »>is  veröttentliclit.  die  zweite  und  dritte 
liehen  Mythologie  „nur  getaufte  und  leicht  von  Gamurrini  Append.  nr.  aiXJ,  das  Gefiiß  von 
verkleidete  Eroten",  vgl.  C.  Dilthey,  Jenaer  Lit  -  Cerveteri  von  Fübretti,  C.  1.  1.  suppl.  3  nr.  391. 
Ztg.  1878,  420.  C.  Fredrich,  Sark.-Stud.,  Gott.  Zur  Vermeidung  von  Verwech-slungen  werde 
Nachr.  1896,  lOOf.,  endlich  über  die  Entwiek-  ich  im  folgenden  diese  sämtlichen  Belege  nach 
lung  des  christlichen  Engeltjpus,  eein  Verhält-  ihren  Fahret ti-lSlummern  zitieren,  w  ol)ei  der 
nie  zu  den  Victorien  auf  der  einen,  den  Putten,  Spiegel  von  Arezzo  =  Fahr.  nr.  45'.>,  die  bei- 
den Eroten  auf  der  andern  Seite  vgl.  Georg  den  von  unbekannter  Herkunft  ■-=  Fahr.  nr. 
Stuhlfauth,  Die  Engel  in  d.  nltchristl.  Kunst,  '2505  bi«  und  i«a6r.  nr.  2505  t<*r  sind.  Der  Spiegel 
in  Joh.  Fickers  Arch.  Stad.  z.  chriatl.  Altert,  n.  lo  von  Orvieto  hingegen  findet  sich  noch  nicht 
Mittelalter  H.  3,  S  242  ff.     fOtto  Waser.J  in  den  Werken  von  Fahretti.    Die  Darstellung 

Thanna?  Aus  Messager  de  la  80cüt4  nrcheo-  auf  dem  Spiegel  Fahr.  nr.  45U  (Arezzo)  habe 
logique  croate  1895 — 1896  p.  160  geben  Cagnat  ich  s.  v.  seO-lans  beschrieben.  Es  ist  die  Ge- 
und  Besnier,  Rev.  arch.  39  (1901),  476  nr.  216  burt  der  Minerva,  und  die  -O^anr  nimmt  die 
eine  inTopusko  (Pannonia  Superior)  gefundene  soeben  aus  dem  Haupte  des  tina  neugeborene 
Inschrift  in  folgender  Fassung  wieder:  Vidaso  Göttin  entgegen.  Den  gleichen  Gegenstand 
et  Thannae  [sajcr.  Dagegen  lesen  Kalinka  und  stellt  auch  der  Spiegel  Fahr,  suppl.  3  nr.  394 
Swoboda,  Arch.  Epigr.  Mitt.  atis  Österreich-  (Palestrina)  dar,  doch  im  einzelnen  etwas  ab- 
l/n^fam  13  (1890),  16'nr.  2  =  C. /.  L.  3  Suppl.  weichend.  Es  sind  vier  Figuren:  im  Mittel- 
10819  p.  1740,  denen  Desf^au,  Inscr.  Lat.  sei.  2  20  punkte  sitzt  auch  hier  Zeus  (tina),  und  aus 
nr.  3910  folgt:  Vidaso  et  Tianae  und  erkennen  seinem  Haupte  geht  soeben  die  Minerva  (me- 
in Tiana  eine  ursprünglich  barbarische  Göttin,  nerva)  hervor;  hinter  ihm  steht  die  i^anr,  die 
deren  Name  aber  absichtlich  an  den  Namen  sein  Haupt  mit  einer  Binde  zusammenpreßt. 
Diana  in  volksetjmologischer  Umgestaltung  vor  ihm  die  e^ausva,  die  sein  Haupt  und  seine 
angeschlossen  worden  sei.  Vidasus  sei  vielleicht  Schulter  gefaßt  hat;  beide  Göttinnen  sind  mit 
vom  Stamme  vid-  abzuleiten  und  würde  wohl  Stimbiude  und  Halsband  geschmückt,  mit  dem 
als  Sonnengott  zu  deuten  sein.  Dagegen  ver-  Chiton  bekleidet  und  geflügelt,  eine  Eigentüm- 
mutet  M.  Ihm,  Arch.  Epigr.  Mitt.  19  (1896),  lichkeit  eben  dieses  palestrinischen  Spiegels. 
78  in  den  beiden  genannten  Göttern  Flußgott-  Der  Spiegel  von  Orvieto  zeigt  eine  verein- 
heiten.  Nach  obiger  Inschrift  ist  die  gleich-  .so  fachte  Darstellung  von  der  Gebui-t  des  epiur 
falls  aus  Topusko  stammende  Inschrift  (C.  I.  und  ist  von  mir  s.  v.  -O-alna  beschrieben  worden. 
L.  3,  8941):  Vidasotithanae  sacr.  zu  korrigieren  Auch  hier  streckt  die  -S-anr  ihre  Linke  aus,  um 
in:  Vidaso  et  Thannae  bzw.  Tianae.  —  Bei  das  Kind  aus  den  Händen  des  hercle  entgegen- 
Gruppe  in  Bursians  Jahresber.  187  {Supple-  zunehmen.  Die  Szenen  auf  den  Spiegeln  Fahr, 
menib.)  S.  624  steht  Thamna.     [Höfer.J  nr.    2505^18   und   2505 ter  (on^.  ine.)   habe  ich 

Thanr  (-O-aur)  ist  der  Name  einer  etruski-  s.  vv.  zipna  und  tipanu  beschrieben.  Beide 
sehen  Göttin.  Dieser  Name  ist  zunächst  auf  sind  sehr  ähnlich,  jedoch  mit  dem  Unterschiede, 
fünf  Spiegeln  belegt,  deren  einer  aus  Arezzo  daß  auf  dem  ersteren  Spiegel  die  beiden  Göt~ 
stammt,  einer  aus  dem  Gebiet  von  Orvieto,  tinnen  alpnu  und  -ö-anr  sich  küssen  imd  die 
einer  aus  Palestrina,  während  zwei  unbekannter  40  -ö-alana  und  die  sipna  als  Zuschauerinnen  zu- 
Herkunft sind.  Weiter  findet  sich  der  Name  gegen  sind,  während  auf  dem  zweiten  die  al- 
nnserer  Göttin  auf  einer  Bronzestatue  unbe-  panu  und  die  a;^uvitr  sich  küssen,  dagegen 
kannten  Ursprungs  und  auf  vier  Gefäßen,  die  -ö-anr  und  die  tipanu  zuschauen.  Die 
deren  drei  aus  Chiusi  und  eines  aus  Cerveteri  Bronzestatue  stellt  eine  Priesterin  dar,  die 
stammen.  Dagegen  liegt  der  Name  unserer  eben  mit  einer  Patera  eine  Libation  darbringt. 
Göttin  nicht  vor  in  dem  letzten  Worte  des  Auf  dem  Rücken  hat  sie  die  Inschrift  mi: 
Perusinischen  Cippus  Fabr.  nr.  1900,  auf  der  -Ö-anrs  =  Mies  [sc.  die  Statuette]  der  Thanr'. 
Bronzestatue  Gamurrini  App.  87,  wo  IJeecke  Orioli  wollte  dies  '9'anrä  in  -^anas  ändern,  den 
{Gott.  gel.  Anz.  1880,  1442)  ihn  in  der  Form  Genetiv  des  Vornamens  -d-ana,  aber  ohne  jeden 
tanr  finden  wollte,  in  den  Formen  -d^amri  60  Grund,  denn  das  -O'anrs  ist  regelrechter  Genetiv 
{Gamurr.  App.  nr.  804  aus  Corneto)  und  -O-anri  zu  -ö-anr,  und  zwar  der  bekannte  etniskische 
{Fabr.  nr.  2344,  gleichfalls  aus  Corneto),  die  Genetiv  der  Widmung  (s.  Pauli,  Etr.  Stu.  3, 
Bugge  {Etr.  Fa.  u.  Stu.  4,  3ff. ;  Bezzenhergers  78  ff.).  Auf  den  vier  Gefäßen  haben  wir  den- 
Beitr.  10,  36  u.  11,  14)  als  Dative  zu  unserem  selben  Genetiv,  aber  als  besitzanzeigenden  (vgl. 
Namen  erklärt  hat.  Die  Literatur  des  Spiegels  s.v.  pa;Ki®8)  und  in  altertümlicherer  Form: 
von  Arezzo  habe  ich  s.  v.  seMans,  die  der  auf  den  drei  Schalen  von  Chiusi  lesen  wir 
beiden  von  unbekannter  Herkunft  s.  vv.  sipna  -O-anursi,  auf  der  von  Cerveteri  '9'anursi.  Das 
und  tipanu  gegeben,  die  des  Or\'ietoni8chen  -si  ist  ältere  Form  der  Genetivendung  -s  (-s), 
Spiegels  s.  v.  -a-alna.  Der  Spiegel  von  Pale-  wie  ich  schon  früher  (Etr.  Fo.  u.  Stu.  3, 
strina  ist  veröffentlicht  in  den  Monum.  ined.  60  47ff.)  bewiesen  habe,  und  das  '9-an(n)ur  ist 
ddV  Inst.  8,  tav.  LVI  nr.  3,  von  Corssen,  Spr.  die  ältere,  noch  voll  vokalisierte  Form  für 
d.  Etr.  1,  372  und  von  Fahretti,  C.  1. 1.  suppl.  3  -Ö-anr.  Daß  diese  ein  inneres  u  gehabt  habe, 
nr.  394.  Die  Bronzestatue  haben  veröffentlicht  folgt  auch  noch  aus  einer  anderen  Tatsache. 
Micali,  Storia  etc.  tab.  XXXVH  nr.  4  et  5,  Der  etniskische  Vorname,  den  die  Römer  als 
Vermiglioli  Iscr.  Perug.  UO  not.  5  ==  *47,  Tanaquil  geben,  lautet  in  etruskischer  Form 
not.  3,  Orioli  AVbum  22,  171  und  Fahretti,  gewöhnlich  0'an;fvil,  aber  in  der  Inschrift  Fa&r. 
C.  I.  Z.  nr.  2607,  tav.  XLIV.  Die.  erste  Ton-  nr.  2033 ter  e  (s.  Deecke,  Etr.  Fo.  3,  160  nr.  20) 
schale    von   Chiusi   ist   von   Fahretti,    C.  I.  I.  ist  -O-anucvil  geschrieben,  und  dies  ist  die  echte 


'  ''•  Thapsos  Thasios  530 

iLr   iM-ini.  N\.iiiM-ini  (liis  '/Avcite  a  in    l  aiiatiuii  der   in    ihm    einen    ähnlichen    Heros  venuutet 

müderer  Hilfsvokul  ist,  so  daß  die  drei  Formen  wie  Leukippos  (s.d.  nr.  U),  der  gleichfalls  auf 

llamu'vil,  ^aii^^vil,  Taiuiquil  sich  verhalten,  wie  metapontinischen  Münzen   erscheint.    Nach   IL 

\\Y\\\\%-,   arnit,   arani^.     Da  nun   der  Name   ■ita-  Holland,   Ileroenvögel  in  d.  griech.  Mythologie 

uucvil  bedeutet  ^»eschenk  der  Tlumr'  (s.  Fault,  (Progr.  Thomasgymnasium  Leipzig  1896)  S.  34,  2 

AYr.    Stx.   ;:{,    110),    also    eine    Namenbildung,  birgt    sich    unter    OaQQayögas,    'dem    kühnen 

wie  griech.  JioticoQO^  ^Geschenk  des  Zeus',   so  Redner'  ein  Beiname  des  Hermes  Aoyiog  oder 

folgt  auch  hieraus,  <laß  die  alti^  volle  Komi  des  kyogaiog,  wie  unter  Leukippos  der  in  Boiotien 

Namens  unserer  (liöttiM  t)anur  gelautet  hat.  Was  verehrte    Hermes    At-vxög  {Tzetz.  zu   Jjykophr. 
nun  das  Wesen  und  die  Bedeutung  der  (iöttin  lo  Alex.  679).  [Höfer.] 

selbst  angeht,  so  ist  sie  ohne  Zweifel  eine  Art  Tharso  {Oagaoa)  Beiname  der  Athena,  Schol. 

Kntbinduugsgöttin,    wie    das    nicht    bloß    aus  Hom.  II.  6,2.    Nach  O.  PawZt  in  dies.  Lex.  .s.  v. 

den    Spiegehlarstellungen,    sondern    auch    aus  tarsu  (vgl.  Veeclce,  Bczzenhergers  Beiträge  2,  164 

dem  soeben  be8i)rochenen  Vornamen  ^anucvil,  nr.  21   und  bei  Müller,  Etrusker  2^,608)  wäre 

(leschenk    der    Thanr'    sich    ergibt.     Sie    hat  tarsu,   dem  griechischen  Occgam  entsprechend, 

verwandte  Züge   mit   der   -O-alna   (s.  d.),   ohne  auch  eine  Bezeichnung  der  Gorgo   (vgl.  auch 

daß  man  sie  deshalb,  wie  das  früher  geschehen  d.  Art,  Tarsura).  —  Identisch  mit  der  Athene 

i-^t,    mit    dieser    identifizieren    darf.     Das    ist  ©ccgom  ist  die  Ath.  @qu66),  Lykophr.  Alex.  936 

•hon  deshalb  unmöglich,  weil  auf  mehreren  und  Tzetz.  z.  d.  St.  (p.  302,32  Scheer)  und  zu 
>piegeln   {Fabr.  nr.  409.  2505bis   und    die   Or-  20  930  (p.  300,  16);  vgl. -ö-pafftt'  l4^dvu^Pind.  Nem. 

vietonischen)    beide  Göttinnen    nebeneinander  3,  50.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1207,  10.   Usener,  Der 

vorkommen.     Bugqe    (Jür.   Fo.  u.  Stii.  4,  iff.)  Stoff' des  griech.  Epos  {Sitzunysbcr.d.  Kais.  Akad. 

will   die  -^anr  mit   der  Ju^iärriQ  identifizieren  d.Wiss.  inWien,  Thilos. -hisi.  GL  137  [1897],  III) 

und  auch  den  Namen  daraus  ableiten.    Dafür  S.  52  =  Kleine  Schriften  4,  249  f.     [Höfer.] 
fehlen  sachliche  Anhalte,  und  sprachlich  wider-  Tharsos  {Sägaog),  Personifikation  des  Mutes 

spricht   auch   das   u    der  älteren  Form  ^anur.  neben  'iG^vg  und  kcpoßia  im  Pinax  des  Kebes . 

\C.  Pauli.]  12.  13.  ^  [Höfer.] 

Thapsos  {&dij}og),  Kyzikener,  von  Polydeukes  Thasios  (0a<>to?),l)  Beiname  des  Zeus  auf  einer 

etötet,  Val.  Flacc.  Argon.  3,191.       [Höfer.]  Inschrift  aus  Thasos:    [z/t]6?   [k]yooccLo  Suoio. 

Thargelios  (©apy/jAio?:  über  die  Schreibung  so  Über  den  auch  durch  Münzen  usw.  bezeugten 
©agyrilLog:  TaQyt]liog  s.  Eoscher,  De  aspiratione  Kultus  des  Zeus  auf  Thasos  s.  Gh.Vicard,  Rev. 
vulgari  ap.  Graecos.  Leipz.  Diss.  1868  S.  50 ff.  arch.  1912,  2,  54 f.  Corr.hell  24  (1900),  270,10. 
(=  Ourtius,  Stud.  z.  gr.u.lat.  Gramm. llllA^.).  I.  G.  12,  8.  361.  —  2)  Beiname  des  Herakles. 
E.  Sittig,  De  Graecorum  nominibus  theophoris  in  Nach  dem  Bericht  des  Herodot  (2,  44)  befand 
Diss.  Phil.  Hai.  20,  1912,  57.  P.  Kretschmcr,  sich  in  Tyros  außer  dem  Heiligtum  des  von  den 
Glotta  6  [1914],  77  Anm.  1;  vgl.  Ad.  WilJielm,  Griechen  mit  Herakles  identifizierten  Melqart 
Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  phiL-hlst.  Klasse  (s.  d.)  ccllo  Iqov  'HQav.Xtovg  inavvulriv  i%ovtog 
175,31)  Beiname  des  dem  Helios  gleichgesetzten  Saaiov  slvai;  vgl.  Belocli,  Bhein.  Mus.  49  (1894), 
ApoUon,  PJiot. -p-  79,  26f.  (s.v.  @aQy7]Xios.  Suid.  131.  Den  Kult  und  den  Tempel  des  Herakles 
s.v.  0aQy7]Xiu  (p.  1110,  10)  Bernli.)\  [vgl.  Etym.  40  auf  Thasos,  fährt  Herodot  (und  mit  ihm  deckt 
M.  443,22]:  r]tpovv  (am  Targelienfeste)  ccTCagxcig  sich  Paus.  5,  24, 12  [==  Eust.  ad  Dionys.  Pers. 
tm  d-i'Cp  (dem  Apollon)  t&v  TtscprivÖTajv  y.uQTtMv.,  517];  vgl.  Wernicke,  De  Paus.  Perieg.  stud.  He- 
övoLia^oiisvov  ccnb  xov  d-eosLv  ri]v  yf]v,  röv  rodot.  69)  fort,  haben  Phönizier  gestiftet,  die 
avTov  övra  rä'HXlco;  vgl.  B.  Holland,  Heroen-  nach  der  Suche  nach  der  von  Zeus  geraubten 
Vögel  in  der  griech.  Mythol.  (Progr.  Leipzig,  Europa  sich  dort  niederließen,  und  zwar  fünf 
Thomasgyranasium  1895)  S.  32.  Thargelios  ist  Geschlechter  vor  der  Geburt  des  thebanischen 
nach  der  xA.nsicht  von  U.  v.  Wilamowitz,  Hermes  Herakles.  Nach  der  Ansicht  von  Movers,  Die 
38  (1903),  581  ein  alter  Gott  der  lonier,  der  von  Phönizier  2,  2,  276  (vgl.  Wiedemann,  Herodots 
Apollon  verdrängt  worden  ist.  Bei  Zitierung  zweites  BucJi  210)  wäre  unter  dem  Iqov  'Hqcx- 
eines  Verses  des  Analreon  (P.  L.  ö*,  266  frgm.  50  ytXsovg  Gaaiov  in  Tyros  ein  Heiligtum  zu  ver- 
40):  6b  ydg  cpr]  TaQyrjXiog  iii^sXELog  äiayistv  be-  stehen,  welches  dem  Herakles  in  der  Eigen- 
merkt Choiroboskos  bei  Cramer,  Anecd.  Gr.  schaft  eines  Schutzgottes  der  Thasier  in  Tyros 
Oxon.  4,  411,  24  =  Grammat.  Gr.  4,  II  p.  25,20:  geweiht  und  von  den  Thasiern,  wahrscheinlich 
ro  öt  TaQyrßiog  övoiid  iön  öui^tovog;  vgl.  auch  von  einer  Innung  thasischer  Kaufleute  erbaut 
Usener,  Stoff'  des  griech.  Epos  in  Sitzungsber.  worden  sei,  die  sich  zur  Vermittlung  des  tha- 
d.  Wiener  Akad.  137  (1897),  III  S.  61  Anm.  5  sischen  Handels  in  Tyros  niedergelassen  hätten, 
zu  S.  60.  Über  das  Fest  OccgyriXia  s.  A.  Momm-  natürlich  zu  einer  Zeit,  wo  Thasos  noch  im 
sen,  Feste  der  Stadt  Athen  im  Altertum.  468  ff.  Kolonialverband  mit  Tyros  stand.  Ob  dies 
JSilsson,  Gr.  Feste  109  ff.     [Höfer.]  letztere  jemals  der  Fall  gewesen  ist,  ist  mehr 

Thargelos  {Qd^yriXog) .  Krieger  des  Dionysos  60  als  zweifelhaft  (s.  d.  A.  Thasos),    und    ebenso 

im  Kampfe  gegen  Deriades,  Norm.  Dionys.  32,  zweifelhaft  (vgl.  Furtwängler  in  BoscJiers  Myth. 

234.     [Höfer^J  ^  Lex.  1,2142.     Em.  Jacob,    Thasiaca  10  f.)    ist 

Tharops  {Odgaib)  andere  Form  des  Namens  Herodots  Behauptung  von   dem    phönikischen 

Charops   (s.  d.).    Lobeck,  Aglaopham.  238.  323  Ursprünge  des  thasischen  Herakleskultes,   der 

Anm.  e.     [Höfer.]  doch  von  dem  der  Nachbarschaft  an  der  thra- 

Tliarrjigoras  ((-^aQQayoQccg),  Heros  auf  Mün-  kischen    Küste    (Abdera  usw.)    nicht   getrennt 

zen  von  Metapontum,  Head,  Hist.  num.-  S.  78.  werden    darf,    v.  Wilamowitz,    pMripides    He- 

hnhoo/'-Blumer,  Monnaies grecquesi).  6  BT.  21  ff.,  rakles"^  20  Anm,  40.    Herakles  war  in   Thasos 


531  Thasos  Thasos 


d-BÖg  TcatQOMs,  l^lyaen.   1, 45, 4.    Seil»   Tempel  i^Unüiv,  Ayi'ivoQog  n-a/V,   i]X^s  Srißcciav  x^ova 

CHgomlBtoVy     Hippocrat.   2,  666.   698.    3,  112 i^öav    tjomV  kyrivo{}Oi  xooor    Au<g,   <i(p* 

'HgaxXiovg  ibqov,  Polyaen.  a.  a.  0.  J.G.  12,  H,  oti   xccl  Kdinia   mxXi'iCxBtta,   'Poivi^,   od-tv  ?re(j 

264 .4)  war  das  bedeutendste  der  Stadt,   Fre  rovvo^*    rj   x<oqcc  (p^Qn,   x«i    ^>a'öos^    Euripides 

drich,  Athen.  Mitt.  33  (1908),  285.  A.  Wilhelm,  neimt  also   zuerst  de»   Kadiuos   als   Sohn  des 

Neue  Beiträge  zur  grüch.  Jnschriftenlutide '^  Ageuor,  dem  er  drei  Söhne  zuschreibt,  die  er 

Sitzungsher.  d.   Kais.  Akad.  d.  Wiss.  in   Wien  dann  namentlich   aufzählt:   Kilix,   Phoiuix,  — 

Phil.-hist.  Klasse  166  (1910),  U\  S.  30.  ErwÄhnt  und  als   dritter  erscheint  auf  einmal  Thasos, 

wird  femer  ein  xfjxog  UgaiiXeogy  1.  G.  a.  a.  0.  während   man   die   Erwähnung  des  (schon  ge- 

266,;  ein  Schiff  heißt  7fpaxii)5  Kvrvx^Si  ebd.  10  nannten)    Kadmos    erwartet.     Daher    schreibt 

681 5.    Auf  Münzen   von  Thasos  fflhrt  er  den  Sdmeidewin  (s.  Nauck  zu  Eur.  frgm.  a.  a.  0.) 

Beinamen  ZtoxriQ  (s.  d.  Sp.  1268,  28ft.),  und  auf  Ka<J^oe  statt   Gdrsog,    und    auch   Fei.  Jakuhy, 

seine  Eigenschaft  als  klf^lxaxo?  bezieht  sich  Das   Marmor  rarium   3li    Anm.    1    hält    die 

auch  die  InBchrift:  'Kporxif)?  iv&d6s  xarotxsf;  Lesung  Qdoog  für  immöglich;  es  müßte  dafür 

I.  G.  a.  a.  0.  687  (add.  ad.  627)  p.  X.    Ein  ar-  Kdd^og  eingesetzt  werden,  dessen  Namen  ent- 

chaisches  Relief  aus  Thasos  stellt  den  knieen-  fernt  worden  sei,  weil  er  schon  in  den  ersten 

den  bogenschießenden   Herakles  dar,   Mendel,  Versen   vorkomme;    den   Namen    f)daog   habe 

Corr.  hell.  18    (1894\    G4ff.    pl.  16.  24    (11)00),  man  eingesetzt,  weil  Euripide.^  wahrscheinlich 

570  f.,  dieselbe  Darstellung  des  Herakles  findet  auch  den  Thasos  mit  genannt  habe,  der  mit 

sich    auf  Stempeln   thasischer  Tongefäße,   P.  )H)  Kadmos   ausgezogen    sei   (vgl.  oben    Sp.  631). 

Becker,    Jahrb.   f.    klass.    Phil.    Suppl.    5, 462.  Dagegen    halten    v.    Wilamowit.:,    Hermes   26 

.Bcr^waiiM,  5<rrmeÄ  3(1869),  235  f.  (mit  weiteren  (1891),  213   Anm.  2   zu   S.  212    und    P.  Fried- 

Literaturangaben),  auf  Münzen,   Mendel,  Corr.  länder,  Herakles  {Piniol .   Untersuch.  19)  S.  12 

hell   18, 66.     Catal.  of  Gr.  coins.  Brit.   Mus.  Anm.  2  die  überlieferte  Lesart  Odaog  für  ur- 

Thrace   219  ff.     Berl.   Münzkabin.*   nr.   307  ff.  sprünglich.    Ersterer   emendiert  zugleich    den 

Head,  Hiat.  num.  228    (266*).     Das   ist    aber  Anonymos  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  &d6og  wo  bei 

griechischer  Stil,  Furtwängler,  Roschers  M.L.  Meineke  steht:  'Siv.a  öe  ysvscctg'HQaxXiovg  xai 

1,  2165,  36  ff.     Der   thasische   Herakles   (Hqoc-  Gdöog  TCalairtgog,  sI'tcsq  &no  kyrivogog  Tlgolrog 

xXi)s  Gdatog)  galt  für  den  Vater  des  Pankra-  ^r'    in    ^cctto    'Ayr,voQOg    natgog   t,v\    während 

tiasten   Theagenes  (s.  d.).    Paus.  6,11,2;   vgl.  ao  Em.  Jacobs,   Thasiaca  (Diss.  Berl.  1893)  p.  12 

Bd.  1,  Sp.  2527,  20  ff   —  3)  Thasios,  Sohn  des  Anm.  36:   für   Ugolrog:   ngcbrog  vorschlägt.  — 

Anios,  8.  Thasos  (a.  E.).  —  4)  Thasios  Variante  2^  Sohn   des  Phoinix.    Denn  bei  Herod.  6,47: 

für  Phrasios  (s.  d.  nr.  1),  wo  nachzutragen  ist  oi  f^olvi-asg  ol  {istd  Odaov  v.riaccvtsg  rrjv  vf^oov 

Schal.  Clem.  Alex.  Protr.  4, 57, 3  (p.  50  Potter)  tavxr{v,    ijXLg    vvv    in\    (v.  1.  dnb)    tov    &doov 

in  der  Ausg.  von  Stählin  p.  314,  2:  tovtov  (des  rovrov    tov   ^oivLxog  t6    o^vo^a    ^axs,    womit 

Pygmalion)  ScdtXtpbv  xarad'vsi  ra  Jil  Bovoigig.  Eust.  ad  Dionys.  Per.  517  übereinstimmt,  wird 

[Höfer.]  ^oiviY.og   nicht    Volksname    sein    —    Herodot 

Thasos  (f>daog\  1)  der  Überlieferung  nach  ein  hätte  dann  wohl,   wie  7,  91  (KiXixog  tov  kyri- 

Phönizier,  Eponymos  von  Thasos,  der  als  Be-  vogog   dvdgbg   (Polviyiog)    dvögog    ^oivixog   ge- 

§leit«r  des   Kadmos  nach   erfolglosem   Suchen  ^o  sagt  — ,  sondern  Personenname,  Belach,  Rhein. 

er  von  Zeus  entführten  Europa  sich  auf  der  Mus.  49  (1894),   130.     Friedländer  a.  a.  0.  12 

nun  nach  ihm  benannten   Insel  niederließ,   s.  Anm.  2.   —  3)   Sohn   des    Poseidon,    Arrianos 

außer   den    unten   angeführten    Stellen  Steph.  bei  Eust.  ad  Dionys.  Per.  517.    ApolJodor.  3, 

Byz.  s.\.f>daog.  Herodia n  ed.  Lentz  1,205,28.  1,1,4.  —  4)  Sohn  des   Kilix,   Pherekydes   bei 

Skymnos   661  tf.     Demaporas    im    Schol.  Eur.  Apollod.  a.  a.  0. 

Phoen.  7.  Movers,  Die  Phönizier  2,  2,  274  f.  In  Nach  Mart.  Kremmer,   De  catalogis  heure- 

seiner  Begleitung  befand  sich  auch  die  Mutter  matum  (Diss.  Leipzig  1890)  S.  67  ff.  soll  Thasos 

der  Europa,  Telephassa,   J/>o/?od.  3, 1, 14,  die  derjenige  gewesen   sein,   der  zuerst  das  Gold 

er  später  heiratete  und  mit  der  er  —  an  den  gefunden   und  bearbeitet  haben  soll.    Freilich 

unten   erwähnten   Stellen    steht  die  Kurzform  .^o  stützt  sich  diese  Annahme  nur  auf  Konjektur, 

Telephe  (s.  d.)  —  den  Galepsos  zeugte,  Etym.  indem    Kremmer    bei    PHn.  n.  h.  7.  197   liest: 

M.  219,  45  s.  v.  FccXritpog.   Steph.  Byz.  s.  v.  Fa-  ^auri  metalli  et  flaturum  Cadmus  Phoenix  ad 

Xri'ipog.    Suid.  s.  v.  Fairiil^og  (p.  1068,  1  Bernh.).  Pangaeum  montem,  ut  alii  I'hasos {Thoas,  codd.) 

Die  Genealogie  des  Thasos  wird  verschieden  aut  Acacus  in  Panchaia^  und  bei  Hyg.  f.  274 

angegeben,   immer  aber  erscheint  er,  was   er  vorschlägt:  ' Aeacus,  lovis  filius,  in  Panchaia 

aber  ursprünglich  gar  nicht  ist  (s.  unten),  als  <^Cadmus  autem  Pangaeoy  in  monte  (auf)  Tha- 

Phönizier;    auch    der    Name  Thasos  ist  nicht  sos  {Tasu   cod.)    aurum  primus   invenit^ -.,   vgl. 

semitisch,   A.  Fick,  Vorgricch.  Ortsnamen  66  f.  jedoch  v.  Wilamowitz  bei  Knaack,  Hermes  16 

Thasos  gilt  als:   1.  Sohn  des  Agenor,  Paus.  5,  (1881),  589  Anm.  1. 

25,12.  iVown.  D/onys.  2, 684.  Schol.  Eur.  Phoen.  qq  In    Übereinstimmung    mit    Belach,    Rhein. 

217,  wo  als  seine  Geschwister  Kadmos  (dieser  Mus.  a.  a.  0.  111  ff.  131  (vgl.  Friedländer  a.  a. 

als  sein   Bruder   auch  bei   Konon  37;   vgl.  0.  0.  11   Anm.  2.    v.  Wilamoicitz,   Euripides  He- 

Müller,   Ordhomenos  115.    Darier  1,453),    Ke-  rakles"^  20   Anm.  40),    der  für    die    angebliche 

pheus,    Kilix,    Phoinix    (der    auch    sein    Vater  phönikische  Kolonisation  am  Ägäischen  Meere 

heißt  8.  Sp.  532,32),  Europa  und  Phineus  ge-  den    Mangel    eines    historischen    Fundaments 

nannt    werden.     Schwierigkeiten    bereitet    die  nachweist    und   nur    durchsichtige    und    späte 

Angabe    im    Phrixosfragment    des    Euripides  Kombination  auf  Grund  von  Mythen  und  Orts- 

ifrgm.  819  N*):    Hidmviov    not'    aatv    KdS^og  namen    gelten  läßt,    meint   auch   0.  Roßbach, 


fhVi)                        Thaulios  Thaulios                        5;M 

Neue  Jahrb.  f.  d.  klass.  Altert.  7  (l'JOl),  400 f.  inschriftlichen  Zeugnisse  übor  einen  thessali- 
(vgl.  Deutsche  Lilerdturzeit.  15  [1894],  178  f.),  sehen  C*r)atUtoff  bestätigen  diese  Vermutung, 
daß  die  Überlieferung,  der  Eponymos  von  die  aber  auch  in  ihrem  zweiten  Teile,  daß  der 
Thasos  sei  ein  Phöniker,  ihre  Entstehung  Kultname  gemeingriechisch  sei,  durch  die  fol- 
sicherlich  nur  der  Vorliebe  für  die  Herleitung  genden  Zeugnisse  als  richtig  erwiesen  wird, 
der  liellcnischen  Kultur  aus  dem  Orient  und  b)  0avXicc  (1.  C^^atUtor)-  ioQtij  TccqccvtIvoi 
gelehrter  Reflexion  verdanke.  In  Wirklichkeit  &x^si6a  vtco  Kxfdxov  tcuq'  o  y.a/  ^uvXi^kiv 
sei  der  E]»onymos  ein  echt  griechischer,  im  (qpafft  add.  Hewslerhusius)  Xkyiriv  xovg  ^(ogietg^ 
'Walde  und  auf  den  Bergen  hausender  Daimon  Hesycli.  Die  Glosse  ist  zwar  nicht  heil  über- 
gewesen, der  auch  auf  Münzen  von  Thasos  lo  liefert  (vgl.  Nihnon,  Gr.  Feste  471):  das  nach 
{Cat.  of  greeV  coins  hrit.  Mus.  Tlirace  216  f.  koQxi]{o\^QnOiit  Tocgavtlvoihai  Verijer  {%.  Schmidt 
Neue  Jahrb.  a.  a.  0.  Tafel  zwischen  S.  392/393  z.  d.  St.)  auf  die  vorangegangene  Glosse  be- 
Fig.  7)  dargestellte  halbtierische,  stark  be-  zogen;  aber  die  Eiwähnung  des  Kteatos,  unter 
haarte  Silen,  der  eine  Frau,  die  Stammutter  dem  doch  wohl  der  Molionide  zu  verstehen 
der  Thasier,  raubt  und  für  den  kein  anderer  sein  wird,  weist  nach  dem  dorischen  Kleonai: 
Name  passender  sei  als  f)ä6og  =  ^Rauh'  Kteatos  wird  als  Stifter  der  Gavliu  zu  be- 
(=  SdGvg  mit  Lautwechsel  des  wohl  aspirier-  trachten  sein,  und  das  von  diesem  Feste  ab- 
ten  (V  mit  %■).  geleitete  Verbum  ^uvlltnv  wird  nichts  ande- 

Nach  dem  Vorgang  von  A.  Meineke,  Anal.  res    bedeuten,    als    'die    (»)avXici    feiern',    vgl. 

Alcxandr.    17     Anm.   2    (vgl.   K<dlim.  frgm.   9  20  Hiller  v.  Gaertringen  a.  a.  0.  155. 

p.  120  Schneider;  vgl.  auch  E.  Dittrich,  Calli-  c)  f)avX(ov  (s.  d.),  der  Ahnherr  der  Thaulo- 

maclii  Aetiorum  libcr  I  in  Jahrb.  f.  hlass.  Phil.  nidai. 

ßup2)l.  23, 185)  bezieht  auch  Gruppe,  Gr.  Myth.  Was  bedeutet  nun  der  Beiname  OavXiog^ 

969,  G   das  Schol.  z.  Ov.  Ibis  475  (p.  470  Merk.:  W.  Tomaschel-,  Die  alten  Thraker  2  in  Sitzungs- 

sacerdos  ApolUnis  Delii  Anius  fuit,  ad  quem  ber.  der  phil.-hist.  Kl.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss. 

cum  venisset  per  noctem  Thasus,  a  canibus  la-  zu  Wien  130  (1894),  II  S.  55  leitet  den  make-* 

niatus    est,    unde    nulhis    canis   Delon    accedit  donischen    Namen    des   Ares    OavXog  von    der 

auctore   CaUimacho),    vgl.  Lobeck,   Aglaopham.  Wurzel  O-v —  stürmen  ab.  Hiller  v.  Gaertringen 

1095),    auf  unseren    Thasos.     Doch    wird    bei  a.  a.  0.  156  hat  seinen  Gedanken  einer  Ablei- 

Hygin.  f.  247  der  von  den  Hunden  zerfleischte  30  tung  von  d-dXXco,  d-ccXXog,  OaXvaicc  wieder  auf- 

Thasius  ein  Sohn  des  Anios  genannt,   und  als  gegeben  und  führt  die  Mitteilung  \ on  Bechtel 

solcher  ebenfalls  —  in  der  Namensform  Trasus  —  an,    das    f)ccvX(ov    (s.  d.)    den    Töter    bedeute: 

in  den  von  Ellis  zu  Ov.  Ibis  477  (p.  84)  heraus-  d-av — ,  zu  kombinieren  mit  germanischem  dau 

gegebenen Scholien  bezeichnet;  G.Knaack,  Her-  im  gothischen  daujjs,  ahd.  tot,  nhd.  todt.  Sav- 

mes  23  (1888),  134  Anm.  1    J.  Geft'cken,  Hermes  X(üv  wäre  also  =  ßovfpovog,  GavXicc  =  ßovcpovicc 

25  (1890),  96  f.     [Höfer.]  und  Zeus  ©avXiog  der  Gott,  dem  die  Bovcpovta 

ThaiiliO'^  {©avXiog),  Beiname   des   Zeus  auf  gelten.    Dagegen    erhebt  Solmsen,    Hermes  46 

thessalischen  Inschriften  und  zwar  aus  Pherai:  (1911),  286  tf.  sprachliche  Einwände  und  sieht 

^lI    SccvXlov   (so!),    'Ecpr,ii.    clqxccioX.    1908,  36  unter   Zustimmung  von   A.  Fick,   Zeitschr.  für 

und  aus  Pharsalos,  wo  sein  Tempel  aufgedeckt  40  «;er^Zac/iewt7e    Sprachforschung    44   (1911),    340 

worden    ist     {Arbanitopulos ,    'Ecpri^.    aQxaioX.  (vgl.  Kaxaron,  Rev.  des  etiides  gr.  23  (1910),  248. 

1910.  407):   Jiog  SavXiov,   Arbanitopulos  a.  a.  Werner  Baege,  De  Macedonum  sacris  in  Diss. 

0.  noa-nti'ücc  1907,  152.    Hiller  v.  Gaertringen,  phil.  Hai.  22  (1913),  63  ff.)  und  Frnst  Fraenkel, 

Hermes  4.^  (1911),  154.  Rev.  epigraphique  Nouv.  Gesch.  der  griech   Nomina  agentis  auf —  xtiq 

Ser.  1  (1913),  201.  Für  die  Erklärung  des  Bei-  usw.  II  (=  Untersuch,  zur  indogerman.  Sprach- 

namens  SavXiog  sind  folgende  Analogien  her-  u.  Kultur  Wissenschaft) '^.11 'k{Yg\.lQ^).  P.R021S- 

anzuziehen:  sei,  Rev.  des  etudes  gr.  26  (1913),  464  in  0uvX— 

a)  Oav^og  ij  GavXog-  'Agrig  Mav.eSoviog  (so  den  zweiten  Bestandteil  des  lydisch-phrygischen 

Schmidt  für  das  überlieferte  ManEdovicog),  He-  Namens  Kccv—SavX~ag  (s.  d.),  der  bekanntlich 

sych.=-  Herodian.  ed.  Lentz  2,  519,  26.    Da  die  50  '^ Hunds würger'  bedeutet,  so  daß  0avX-iog,  @av- 

Glosse  zwischen  d'cxvaccTL^oiiai.  und  d-avvov  steht,  Xog,    SavXcov   als  "^Würger'    zu   erklären   wäre, 

vermutete  Otto  Hoffmann,  Die  Makedonen  94  OcivXia   als  ^ Würgefest',   eine  Bedeutung,   die 

Anm.  127,   daß  Gav^iog   aus  QavXXog  verderbt  auch   für   den  Kriegsgott  (s.  oben  nr.  a)  einen 

sei;   man  wird  jetzt  aber  mit  Hiller  v.  Gaert-  durchaus  passenden  Sinn  ergibt.  In  ältester  Zeit, 

ringen  a.  a.  0.  lieber  QccvXsog  schreiben.  Übri-  weist  Solmsen  nach,  wurde  das  Opfertier  nicht 

gens  weist  Hoffmann  a.  a.  0.  95  (vgl.  mit  S.  97  sogleich  getötet,  sondern  zunächst  mit  um  den 

Anm.  132  S.  234)  darauf  hin,  daß,  da  das  an-  Hals  gelegten  Stricken  an  einem  Baume  oder 

lautende  #—  dem  wichtigsten  Lautgesetze  des  Pfosten  in  die  Höhe  gezogen  und  so  fast  schon 

Makedonischen  widerspreche  (vgl. jedoch  Ze67i«/,  erwürgt,  bevor  man  ihm  mit  dem  Messer  den 

Kuhns    Zeitschr.  für   vgl.  Sprachforschung   42  60  Todesstoß  versetzte.    Daraus   erklärt  sich  das 

[1908 1,  299  f.),  man  mit  der  Möglichkeit  rechnen  Gleichnis   bei   Hom.  II.  20,  403  ff.:   iJQvösv,   mg 

muß,    daß   in  der  angeführten  Glosse  des  He-  oxs   xccvgag  i]Qvyiv   kX-no^svog  'EXiyiöavLOv    aiicpi 

sychios  das  Ethnikon  Mcc-Ksöoviog  auf  einer  Ver-  avayiTcc    tiovqcov    eXkovxov.    Münzen  von   Ilion 

wechslung  beruht.  Der  Glossograph  habe  dann  aus    der    Zeit    vom    2.  Jahrhundert   bis    zum 

entweder  ein  thessalisches  Wort  für  makedo-  2.  Jahrhundert  n.  Chr.  zeigen,  daß  dieser  Opfer- 

nisch   gehalten  oder  es  sei  ein  gemeingriechi-  brauch  —  die  als  Opfertier   dienende  Kuh  ist 

sches  Wort  erst  in  späterer  Zeit  in  den  make-  an  einem  Pfeiler  aufgehängt,  um  ihr  den  Kehl- 

donischen  Götterkult   eingeführt  worden.    Die  schnitt  beizubringen  — ,   sich   noch   in  später 


535                         Thaulon  Thea                           :)3() 

Zeit  erhalten   hat,   //.  r.  I'Vitze  bei   II  .  JJt^p-  -^  .    .Strv.  ad  Verg.  Aen.  3,241».    Mit  der  Oke- 

feld,    Troia  und  Ilion    S.  514  ff.    und    Beilage  anostochter  Elektra  (bei  Hygin.  f\  14  p.  47, 16 

68  nr.  68,69.    Beil.  64   nr.  86.    Beil  61  nr.  19  heißt  seine  Gemahlin  Ozomene  [s.  d.L  wo  die 

(vgl.  Arch.  Jahrb.  \^  [1903],  68  ff.).  A.Brückner  Änderung  des  Namens  in  Oceanine  üüerflüssig 

bei  Dörpfeld  a.  a.  0.  566.     P.  Stengel,  Arch.  ist;  vgl.  Bursian,  Jahrb.  f.klass.rhil93[lSQ6], 

Am.  17  (1902),  164  ff.  (der   auf  den    analogen  771  ff.)  zeugt  er  die  Harpyien,  Ues. 'Jlieog.267. 

bei   Plato  Crit.  119  f.  erw&hnten    Brauch    hin-  Apollod.  A.a.O.  Schal.  Lykophr.lGb  (^.17.22 S. 

weist),    dcrs.,   Opferbrnuche  der  Griechen   124.  Scheer).  Hygiv.  f.  14.  Serv.  ad  Verg.  Aen.  H,  212. 

NUssan,  Gr.  Feste  236 f.  (der  Anton.  Liberal.  13  241.  249.    Mythogr.  ImL  2, 13  p.  78, 12  B  und 

vergleicht).  Nach  Stengel,  Opferlr.  126  erklart  lo  die  Iris,  Hes.  Theog.  266.  780.  ApoUod.  a.a.O. 

sich    dieses    uns    so    umständliche    Verfahren  Schol.  Lykophr.  a.a.O.    Plato  Theaet.  ^.  IbfiD. 

daraus,  daß  diese  Art  des  Schlachtens  die  un-  Cic.  de  nat.deor.  3,20,51.   Plut.  de  plac.  phüoa. 

fef&hrlichste  war,  und  daher  gerade  in  alter  3,  5,  2.    KaUim.  Hymn.  4,  67.  232.    Asklepios  in 

eit,    wo    die   Werkzeuge   noch    mangelhafter  Aristot.  Metaphys.  p.  982*'  11  /^=  p.  18,  31  ed. 

waren,  gewiß  vielfach  geübt  wurde.   So  würde  Hayduk)   Elias  in  Porphyr.  Isag.  p.  41,19  B. 

sich  SavXios  als  'Würger'  gut  erklaren,  und  Myth.  Lat.  2,6   (p.  70,  21).    3,  4  (p.  16.^>,  32). 

der  Name  ist  auch  in  spaterer  Zeit,  wo  der  Maximinus  in  Anth.  Lat.  643.    Basilius  rbenda 

Brauch  sich  geändert  hatte,  geblieben.  546.    Julianus  ebenda  649.     Als  Tochter   des 

[Höfer.]  Thaumas  heißt  Iris  daher:  Thaumantea,  Ov. 
Thaulon  {ßavXtov),  angeblich  Sohn  eines  so  Met.  14,  846;  Thaumantia,  Poet.  Lat.  min.  4, 
Thaulon  {SuvXtov  &avXtovog^  og  reo  idico  nf-  126;  Thaumantias,  Verg.  Aen.  9,  ö  und  Serv. 
Uxii  &nixTeivs  top  ßovv  rbv  (payovra  t6  no-  z.  d.  St.  Ov.  Met.  4,4:80.  Faü.  i^Zacc.  7,  ö9s.  8,116. 
navovj  SnsQ  ^v  «apfffxtvaffftet'ov  eig  tT]v  ^vaiav  Stat.  Theb.  lü,  123.  Columella  10,  2*.)2.  Myth. 
iv  toTg  Juitoiioigy  Suid.  8.  v.  OavXoav,  doch  ist  Lat.  2,6.  3,4.  Mart.  Capeila  1,  67;  Thaumantis, 
der  Vatersname  offenbar  nur  aus  einer  Ditto-  Ov.  Met.  11,647.  Stat.  Achill.  1,220.  Silv.  3,3, 
graphie  [GavXmv  hg]  entstanden,  Toepffer,  Att.  81.  5, 1, 107.  Claud.  de  raptu  Pros.  3, 1.  —  Nach 
Geneal.  156,1),  Ahnherr  des  athenischen  Nonn.  Dionys.  20,  359 ff.  sind  Thaumas  und 
Priestergeschlechtes  der  SavXioviöai  (Hesych.  Elektra  Eltern  nicht  nur  der  Iris,  sondern  auch 
8.  V.  ßovTonov  und  SavXavidcci),  der  in  die  Ver-  des  indischen  Flußgottes  Hydaspes.  Auch  Arke 
bannung  nach  Kreta  ging,  weil  er  in  Athen  so  (s.  d.)  wird  als  Tochter  des  Thaumas  genannt. — 
ein  Rind  getötet  hatte,  das  die  für  Zeus  be-  Man  hat  den  Namen  (^)avyLag  mit  Q^ccvyicc,  ^av- 
stimmte  Opfergabe  gefressen  hatte,  Androtion  iid^to  in  Verbindung  gebracht,  Plato  a.  a  0. 
(F.H.G.  1,372  frgm.  13)  im  Schal.  Arist.  Nub.  Plut.  a.  a.  0.  Stob.  PJclog.  1,  30,  1  p.  167  Mei- 
•86.  Suid.  8.  V.  ßovtpovtcc.  Schal.  V.  und  Townl.  neke  (=  Boxographi  ed.  Dicls  372,  6tf.).  Pro- 
«u  Harn.  II.  18,483.  Eust.  und  Hani.  II.  1166,  clus  zu  Plato  Tim.  41  B  (1,  133,  9).  50  E  (1, 
69,  wo  statt  GäXoiv  natürlich  f)a'vXG)v  zu  lesen  183,  13),  und  Gilbert,  Gr.  Götterl.  176  meint 
ist;  vgl.  Toepffer  a.  a.  0.  149  ff.  Vgl.  Diomos,  'Thaumas  wird  nur  ein  Ausdruck  der  Wunder 
Sopatros,  Thaulios.  A.  Mommsen,  Feste  der  Stadt  des  Westens  sein,  aus  dem  die  Wolken  und 
Athen  513,  2.  614.  620 f.  J.  E.  Harrisan,  Themis  Wasser  aufsteigen,  um  den  Himmel  zu  erfüi- 
142  ff.  (nach  Bericht  von  0.  GVMj?pe,  JBcrZ.  PÄ*7.  40  len' (?).  Doch  dies  ist  spätere  Spekulation. 
Wochenschr.  1913,  439).  v.  Prott,  Bursians  Nach  Cornut.  de  nat.  deor.  p.  146  Osann  sind 
Jahresber.  102  (1899),  121  f.  P.  Stengel,  Opfer-  Atlas  (s.  d.),  Astraios  (s.  d.)  und  Thaumas  iden- 
bräuche  der  Griechen  206 ff.  J.  Toepffer,  Her-  tisch;  vgl.  Osann  -/-.  d.  St.  —  Gruppe,  Gr.  Myth. 
mes  23  (1888),  iiSOH.  =  Beiträge  zur  griech.  AI-  418,  1  sieht  in  Thaumas  den  Eponymen  von 
tertumsuissenschaft  143.  v.  Wilamoivitz,  Euri-  Thaumakoi  im  thessalischen  Acbaia  wie  in 
pides  Herakles  Vorwart  p.  XI  Anm.  1.  [Höfer.]  seiner  Tochter  Iris  die  Eponyme  von  Iros  in 
Thanlos  s.  Thaulios.  Malis,  und  vergleicht  den  Thaumakos  (Thau- 
Thanmakia  (0av^axia),  Beiname  der  Arte-  mas:  Thaumakos  =  Aias:  Aiakos  =  Ithas: 
mis  in  einem  von  Bergk,  P.  L.  3*,  736  dem  Ithakos)  und  Thaumastos.  —  2)  ein  Kentaur, 
Kallimachos  (frgm.  anonym.  308  Schneider)  zu-  50  Ov.  Met.  12,  303.  Der  Name  weist  wohl  gleich- 
gesprochenen poetischen  Fragment  bei  Steph.  falls  nach  Thaumakoi.  [Höfer.] 
Byz.  s.  V.  Oavfutxtoc  Saviiaxlrig  iegov  'Aqtsiil-  Thaumastos  (Gav^aotog),  ein  von  den  Pe- 
Sog.  [Höfer.]  lasgem  verehrter  Heros  nach  dem  (allerdings 
Thaumakos (©av^axof),  Eponymos  von  Thau-  nicht  ganz  unversehrten)  Schal.  A.  l).  Hom.  II. 
makia  in  Magnesia,  Vater  des  Poias  (s.  d.).  16,  233  (p.  450  Bekker  =  2, 104  Dindorf).  Vgl. 
Steph.  Byz.  s.  v.  Gavfiaxia.  Apollad.  1,  9,  I69.  Gruppe,  Gr.  Myth.  418,  1.  [Höfer.] 
Pott,  Zeitschr.  für  vergleich.  Sprachforschung  7  Tliaumos  s.  Thaulios. 

(1858),  255.    Vgl.  Thaumas  nr.  1  a.  E.     [Höfer.]  Thea  (0fa),  eine  in  Eleusis  und  Athen  ver- 

Thanmantea  s.  Thaumas.  ehrte,  unbestimmt  bezeichnete  Göttin,   die  in 

Thanmantia(g)  s.  Thaumas.  60  den  uns  erhaltenen  Zeugnissen  immer  mit  dem 

Thaumantis  s.  Thaumas.  gleichfalls  unbestimmt  bezeichneten  Qeog,  öfter 

Thaumas  {(^av^iag),  1)  Sohn  des  Pontos  und  auch  noch  mit  Eubuleus  verbunden  erscheint. 

der   Gaia,    Bruder   des   Nereus,    des   Phorkys,  Die  Zeugnisse  sind  folgende: 

der  Keto  und  Eurybia,  Hes.  Theog.  237.  Apol-  1)  (Eleusis):    Aus   den   Einkünften   der   Ge- 

lod.  1,  2,  6.    Orph.  frgm.  104    Abel  aus  Proclus  treideabgaben  werden  am  Mysterienfeste  Opfer 

in   Plat.   Tim.  V   296  B   (ed.  Diehl   3, 186,23;  bestritten,  und  zwar  das  eine  für  die  Göttinnen 

Ygl.  Lobeck,  Aglaopham.  609).  Hygin.fab.praef.  (d.  i.  Demeter  und  Kora)  und  Triptolemos.  das 

(p.  10,13  Schm.).  Proclus  a.a.O.  297 A  (3,189,  andere  für  Theos,  Thea  und  Eubuleus,   /.  G. 


537                           Thea  Thea                          538 

Suppl.  1  ur.  27  b  p.  66  f.  bzw.  (>2  -   IHüenherger,  stcrj^cmeinde  hiiuius  gebildet  ha})en.  Deuii  nach 

Sylloge*  20g3  (=--  1^  nr.  SS,^)  =  Ziehen,  Leges  A.  Furtinüvfjler,  Sammlung  Sahouroff'  1,22  ])e- 

Graec.  sacr.  4^^  p.  20:  totv  GboTv  ixattga  .  .  .  ymI  wirkt  cIuk  Ztisamnientreöen  mohrorer  einzelner 

toi  TQiTtToXb^oL  -nal  Tol  ("-hoi  7ta)  Tht  4)£cct  xccl  Killte   an  einem  Zentrum,   daß  zuweilen  nieh- 

Tot  EvßdXoi,  ifQttov.    Die  Jnsclidlt  stammt  aus  rere,  eigentlich  völlig  gleichartige  Götter  unter 

der  Zeit  der  zweiten  Hälfte  des  fänft(!n  Jahr-  verschiedenen  Namen   an    einem  Kultorte   ver- 

hundert«  v.  Chr.  (444 — 430).     Darnach  ergänzt  ehrt  wurden;  vgl.  auch  Furtirängler,  Sitzungs- 

OilonomoSy  'E(p.  Scqx-  1910,  2  n,  1  die  fragmen-  ber.  d.  philos.-philol.  Classe  d.  Kgl.  liager.  Akad. 

tierte  auf  der  Agora  von  Athen  gefundene  In-  d.  Wiss.  zu  München  1H97,  410. 

Schrift:    rwfi  d\  Jil  ^al  tfjL  J7j^ri]tgL  -/al  TJ)[t  lo        Gewöhnlich  identifiziert  man  daher  die  Gsd 

KoQf]   ■HUI  rcüi   TQmTo]X^ioji  -nal  [^w^  d^swt  yiccl  mit  Kora,  den   6-hos  mit  Fluton,  0.  Ktm,  Ath. 

Ti)i   d-e&i  xal\   r(b[i  Eijßovlan  Isgstov,   während  Mift.  16  (1H91),  5 f.    0.  Jfuhensohn,  Die  Myste- 

Kirchner  bei  Dittcnberger,  Sylloge  1",  2Ö0  mit  rienheiligtümer  in  Eleusis  und  Samotlnahe  3ü. 

A.  Elter,  Ein  Athenisches  Gesetz  über  die  Eleu-  A.  Movnnsen,  Feste  der  Stadt  Athen  362 f.  und 

sinische  Aparche  {Programm  zur  Feier  des  Ge-  etwas  modifiziert  r.  Frott,  Ath.  Mitt.  24  (1891)), 

burtsfages  S.  M.  des  Kaisers  am  27.  Jan.  1914,  256 ff. :  H^)t6g  und  C-hä  ...  sind  Pluton  und  Köre, 

Bonn)  S.  31  f.  ö4  (vgl.  auch  Jiannier,   Berliner  soweit  der  Mythos  diese  mit  Hades  und  Peree- 

Philolog.  Wochenschrift   1918,    94  f.)    schreibt:  phone  gleichgesetzt  hat  und  gleichsetzen  mußte, 

Tci}[v  dh  loiTCoiv  rfji  z]'^hii]tqi  und  nach  Evßov-  sie  sind  es  nicht,  insofern  der  Kultus  die  we- 

Xo)t.  fortfährt:  [-/.cd  xi'ii  l-l&riväai].  20  senhaften  Unterschiede  der  ursprünglichen  re- 

2)  Weihrelief  des  Lakrateides   aus  Eleusis,  ligiösen   Vorstellung    niemals    verwischt    hat'. 

I.  G.  2,3  nr.  1620b  add.  y.  352;    vollständiger  v.  Frott  vergleicht   (wie   auch    schon   Foncart, 

Belief    des   T.akrateides    gefunden   im   Pluton-  Corr.  hell.  7  [1883],  400)  den  Zeus  Xiföviog  und 

heiligtiim  in  Eleusis,  zusammengesetzt  von  R(u-  die  Ffj  Xd'ovia  (?;,  Prott,  Leges  sacrae  4^j  p.  14), 

dolf)  Hcherdey  und  W.  Beichel.   Deii  Archaeo-  denen   die  Mykonier  in  der  stürmischen  Win- 

logen  der  XLII.  Versammlung  deutsclur  Philo-  terszeit  für  das  Gedeihen  der  Feldfrucht  opfer- 

logen  und  Schulmänner  in  Wien  Pfingsten  1893  ten,  sieht  die  in  der  Orakelinschrift  aus  Kalli- 

zur  Begrüßung  gewidmet  und  besonders  Bud.  polis  (Kaibel,  Epigr.  1034,  23  =  Bnresch,  Kla- 

Heberdeif,  I'estschrift  für  0.  Benndorf  116  (mit  ros  81)  genannten  Gottheiten  Ev^airrig  (euphe- 

Abbildung  des  Weihreliefs).  Philios,  Ath.  Mitt.  30  mistischer  Name  für  Hades,  nicht,  wie  Buresch 

30(1905),  183  tf.  (mit  Abbildung).  [Aa-KQatsl^rig]  wollte  =  Dionysos)  und  die  'd-sd^  als  Seit-en- 

.  .  .  isQSvg  @£ov  v.al  Gsäg  y.ccl  EvßovXf(o[g]  .  .  .  stück  zu  unserm  Götterpaar  an,  das  'sicher  zu 

locQiaxr'iQiov  J7j^r,TQi  -iiccl  JCd(jr;[r  -nal  d-b\wL  v,ou  einer  sehr  alten  Stufe  der  eleusinischen  Reli- 

-O-ffßi  v-al  Ev]ßovXsT  avtd-rjKsr.  gion   gehöre'  (S.  262)   und  sucht  (S.  258 ff.)  zu 

8)  Weihrelief  des  Lysimachides  aus  Eleusis  erweisen,  daß  der  eleusinischen  ©sd  ursprüng- 

(abg.  SvoronoS' Barth,  Das  Athener  National-  lieh  der  Name  Daeira  (s.  d.)   zukomme.    Nach 

museum  Taf.  88;  vgl.  S.  554 ff.):  ©eu  ©sä  Jvai-  der  von  G.  Löschcke,   Die  Enneakrunosepisode 

yiccxiSr^g  dve^ri^s,  I.  G.  2,  1620b  p.  352.  hei  Pausanias  15 f.  geäußerten,  von  E.  Bohde, 

4)  (Athen):    UqBvg  ©sov  y.ccl  ©s&g,  I.  G.  3,  Ps?/c7<6  1^,  210  Anm.  1  zurückgewiesenen  Ansicht 

1108  (C  I.  G.  1,  274b  add.  p.  910).  1109  {C.  I.  G.  40  wäre  die  eleusinische  Trias  ©sog,  ©sdund  Eubu- 

1,  274).  leus  nach  Athen  übertragen,  an  der  Eumeniden- 

Die  älteren  z.  T.  ganz  unhaltbaren  Ansich-  schlucht  angesiedelt   und  statt   ©sog  Hermes, 

ten  über  den  'Gott'  und  die  'Göttin'  sind  bei  statt   ©sd  Ge  und   statt  Eubuleus  Pluton  be- 

Boeckh  zu  C.  I.  G.  1,274  verzeichnet:  'Augustus  nannt  worden. 

undPtoma',  'luppiter  bzw.  Apollo  und  Minerva',  P.  Svoronos  a.  a.  0.  554  ff.  hat  seine  bereits 
'Mercurius  und  Minerva'  oder  die  'Kabeiren'.  früher  geäußerte  (Journ.  intern.  d'Arch.  niimism. 
Nach  P.  Foucart,  Les  mysteres  d' Eleusis  4  [1901],  252ff.  502ff.)  von  P/n7eos  a.  a.  0. 192ff\ 
90 ff',  ist  die  Verbindung  von  ©sog  und  ©ad  die  und  H.  G.  Pringsheim ,  Arch.  Beiträge  zur  Ge- 
älteste Form  der  Gottheiten  des  Ackerbaus,  eine  schichte  des  eleusinischen  Kultes  112  (dem  Ver- 
Nachahmung des  ägyptischen  Götterpaares  Isis  ,öo  fasser  nur  aus  Svoronos  a.  a.  0.  557  bekannt) 
und  Osiris.  Die  'Göttin'  habe  sich  zur  Dorne-  bekämpfte  Ansicht,  daß  unter  der  ©sd  Hygieia 
ter  und  Persephone  verdoppelt,  der  'Gott'  er-  und  unter  ©sog  Asklepios  zu  verstehen  seien, 
scheine  bald  als  Eubuleus,  Pluton  oder  Dionysos.  weiter  zu  entwickeln  und  zu  stützen  gesucht. 
Bezeichnend  ist  es,  daß  in  dem  älteren,  Ä'wrowos  beruft  sich  besonders  auf  die  Darstel- 
gleichfalls  in  Eleusis  gefundenen  Dekret  (/.  G.  lung  und  Inschrift  eines  Pinax  aus  Argos  {Svo- 
1,5.  Ziehen,  Leges  sacrae  nr.  2  p.  7 ff'.)  die  in  ronos- Barth  Taf.  86  nr.  1509,  S.  544  ff.),  auf 
Zeugnis  1  erwähnten  Gottheiten,  ©sog,  ©sd  dem  ein  bärtiger  Gott  auf  der  Kline  liegend 
und  Eubuleus,  fehlen,  während  Triptolemos  dargestellt  ist,  aus  einem  Rhyton  Wein  in 
und  die  'Göttinnen'  nebst  anderen  wiederkeh-  eine  Schale  gießend,  während  vor  einem  vor 
ren,  vgl.  Ziehen  a.  a.  0.  9.  27.  60  der  Kline  stehenden  Tische  eine  Göttin  sitzt, 
Toepff'er,  Attische  Geneal.  33  Anm.  2  sieht  die  aus  einer  Schale  einer  sich  hinter  der 
daher  in  d-sög  und  dsd  neben  den  d-sm  und  Kline  des  Gottes  aufrichtenden  Schlange  Nah- 
Eubuleus  eine  Vervielfältigung  der  alten  Götter-  rung  darreicht;  die  Inschrift  lautet:  ©s[a)t 
Vorstellung,  die  erst  auf  attischem  Boden  vor  'Aatvoisia  .  .  .  d.vsQ'riv.s.  Die  beiden  Gottheiten 
sich  gegangen  ist,  nachdem  Dionysos  in  den  sollen  nach  Svoronos  Asklepios  und  Hygieia 
allheiligen  Dreibund  eingerückt  ist,  den  die  bzw.  Epione  darstellen.  Selbst  wenn  der  dar- 
d'sd)  mit  Eubuleus  einst  in  mythischer  Vorzeit  gestellte  Gott  Asklepios  wäre  —  nach  Fränkel 
weit  über  die  Grenzen  der  eleusinischen  Prie-  zu  L  G.  4,  568  ist  es  vielmehr,  wie  in  dem  oben 


5i59                      Thea  Aliaiie  Thea  Ihsileia                     540 

angeführten  eleusinischen  Relief,  der  chtboni-  halten:  \oi  liiiom  nach  linka  bergan(?)  sprcn- 
Bche  ÖfOff,  und  die  vor  ihm  sitzende  Göttin  genden  Viergespann  läuft  rückblickend  ein 
unsere  0kd  — ,  so  wäre  damit  noch  nicht  be-  nackter,  nur  eine  Chlaiuys  trat,'ender  .lünglinjif. 
wiesen,  daß  auch  unter  dem  eleusinischen  bzw.  Auf  dem  Waj?en  steht  als  Lenker  ein  ganz- 
athenischen  Seog  Asklepios  zu  verstehen  wäre.  ähnlicher  Jüngling,  welcher  mit  der  L.  ein 
Eohde  a.  a.  0.  (vgl.  Pringsheim  a.  a.  0.)  be-  neben  ihm  stehendes  Mädchen  umfaßt;  dieses 
zeichnet  es  als  ein  fruchtloses  Bemühen,  die  un-  in  Chiton  und  Mantel  gekleidet  hält  sich  mit 
bestimmt  bezeichneten  Osög  und  öed  mit  den  der  R.  am  Wagenrande  fest  und  scheint  sich 
Namen  bestimmter  chtbonischer  Gottheiten  be-  die  Entführung  nicht  ungern  gefallen  zu  lassen. 
nennen  zu  wollen,  stimmt  also  im  wesentlichen  lo  Über  dem  Paar  stehen  die  Namen  EXEAOI  un<l 
mit  Fw'ttningler  n.  H.O.  {vgl.  Auch  Meütenverke  IfAIIAH  (vielleicht  Baalbi,  wie  iMÜitig  ver- 
dei-  griechischen  Flastik  b^^wwdi  knmA.  B.Pick,  mutet,  und  wozu  die  Spuren  passen),  über  den» 
Arch.  Jahrb.  IH  ( 1898J,  160)  und  Toepff'er  a.  a.  0.,  Jüngling  vor  den  Pferden  '////// \ //'///////  HEP|  MHI. 
der  seine  Ansicht  noch  schärfer  {Beiträge  zur  Abgebildet  ist  das  Relief  bei  Max.  Collignon, 
griechischen  Alter tumswissetisch aß  339 f.)  aus-  Histoire  de  la  scul})ture  grecque  2,VJ0  Yig.MO. 
geführt  und  begründet  hat,  überein.  Im  Wesen  'Ecjprj/i.  igx-  1893  pin.  9.  Svonmos- Barth,  Das 
sind  gewiß  der  'Gott'  und  die  'Göttin'  dem  Plu-  Athener  Nationah)ni.<^cum  Taf.  38.  Kikulc  von 
ton  und  der  Persephone  gleich,  aber  im  Kulte  Stradonitz  ä.  a.  O.  Taf.  2,  der  iiuf  Taf.  1  ein 
von  Eleusis  haben  sie  neben  diesen  eine  selb-  ganz  ähnliches  attisches,  aber  in  Rhodos  ge- 
ständige Existenz  gehabt.  Auch  sonst  finden  20  fundenes  Relief  publiziert,  das  sich  von  dem 
sich  Osd  bzw.  Oto?  häufig  ohne  Nennung  einer  Echelos-Basile-Relief  nur  durch  das  Fehlen  der 
bestimmten  Gottheit;  doch  ergibt  sich  gewöhn-  Beischriften  und  in  der  Figur  vor  dem  Wagen 
lieh  ohne  weiteres  ans  dem  Zusammenhang  unterscheidet,  die  statt  des  voraneilenden  Her- 
{ygl.  z.  B.  Plato  Bep.  lyl  y.  321 A:  TZQossv^o^s-  mes  einen  bärtigen  Mann  in  der  Geste  der 
vog  zfj  ^fö)),  welche  Gottheit  gemeint  ist  Adoration  zeigt;  auch  das  Relief bruchstück 
Schwierigkeit  bereitet  die  Deutung  der  nach  &uß  Chios  {Studniczka,  Ath.  Mitt.  IS  [IHiiS],  190  f. 
von  Prott  a.  a.  O.  268  Anm.  2  vollständigen  In-  Kekule  von  Stradonitz  a.  a.  0. 16)  gehört  sicher- 
schrift  eines  auf  Aigina  mitten  zwischen  Grä-  lieh  einer  ganz  ähnlichen  Darstellung  an,  zeigt 
bem  gefundenen  Porosblockes :  060.     [Höfer.]  also  die  Verbreitung  derselben  mythisch- reli- 

Tbea  Allane  {Gsä  khuv}])  s.  d.  Art.  Sybaris  30  giösen  Vorstellung,  wie   sie  im   Mythos   vom 

nr.  i).     [Hafer.]  Raube   der  Köre    durch    Pluto  zum  Ausdruck 

Thea  Asteria  {Ssä  kaxB^ia).   Auf  Münzen  kommt.  Ed.  Meyer,  Hermes  30  (1896),  2.^0  hat 

von  Philadelphia  in  der  syrischen  Dckapolis,  unter  Zustimmung  von  E.  Petersen,  Arch.  für 

einer  Kultstätt«  des  'tyrischen'  Herakles,   er-  Beligionswiss.  13  (1910),  61.    Kekule  von  Stra- 

scheint  die  Büste  seiner  Mutter  Asteria  {Eu-  donitz  a.  a.  0.  12.    L.  Malten,  Arch.  Jahrb.  29 

doxos   von  Knidos  bei  Athen.  9,  392  d.    Cic.  de  (1914),  186  f.  in  Echelos  =  Echelaos,  dem  Fürst 

nat.  deor.  3, 16)  mit  obiger  Legende,  W.  Wroth,  der  unterirdischen  Xaoi  (vgl.  die  Hadesbezeich- 

Catal.  of  the  greek  coins  Brit.  Mtis.  Galatia,  Cap-  nungen'AyjiGiXaog/Ay^aavögog [Hesych.],  Usener, 

padocia  and  Syria  Introd.  XC  p.  306, 2  pl.  38, 10.  Gütternamen  361,  26)  den  Herrn  der  Unterwelt 

Head,  Hist.  num.^  787.     [Höfer.]                           40  erkannt;  demnach  würde  ßajjilrj  eine  Ausdruks- 

Thea  Basileia  {Ssa  BaalUia).    Eine  Weih-  form  für  Persephone  als  Herrin  der  Unterwelt 

inschrift  von  einer  kleinen  aedicula  auf  Thera  sein.  —  Svoronos  a.  a.  0.  127  f.  will  in  Echelos, 

ist   gewidmet:    Gsa   Bccedsin,   C.  I.  G.  2  add.  dessen  Name  er  als  'Herr  des  Sumpfes'  (i';^«!' 

2465c  p.  1085  f.    1.'  G.  12,3,416.    Gazette  arch.  to  tkog)  deutet,  den  Theseus  erkennen,  der  die 

8  (1883),  pl.  37;  vgl.  p.  222.    Hiller  von  Gaer-  Basile  =  ßaöUsLcc  raubt;  in  letzterem  vermutet 

tringen,  Die  Insel  Tliera  1,306  f.  (vgl.  3,107);  Svoronos   die   Personifikation   der  königlichen 

vgl.  Conze,  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad.  71  (1872),  Gewalt  und  zwar  gerade  jener  Königsherrschalt, 

824  Anm.  1.  F.  Bechtel,  Hermes  34  (1899),  401  f.,  die  Theseus  den  Mächtigen  seiner  Zeit  entrissen 

der  mit  dem  Kult  der  Thea  Basileia  den  Frauen-  habe  (vgl.  Plut.  Thes.  32).   In  der  Deutung  von 

namen  ßatfiidxXfta  aus  Thera  (J.  G^.  12, 3,613  ag)  50  ßaai'Ar]     als    Personifikation    des    Königtumes 

in  Zusammenhang  bringt.   Basileia,  Basile,  Ba-  stimmt  Svoronos  mit  E.  Curtius,  Die  Stadtge- 

silis  usw.  als  Name  oder  Beiname  von  Göttin-  schichte  von  Athen  79  überein,  der  eine  solche 

nen  ist  ziemlich  häufig,  so  daß,  wo  nicht  der  in   dem  gleich   anzuführenden  Zeugnis  (nr.  2) 

Göttemame  selbst  noch  hinzugefügt  ist,   nur  annimmt,  in  dem  auch  v.  Wilamowitz,  Aristo- 

aus  dem  Zusammenhang,  z.  B.  der  Paarung  mit  teles  und  Athen  2, 130  und  Anm.  10  in  der  Ba- 

einem  Gotte,  auf  das  Wesen  der  Basileia  ge-  gLXt^  'den  göttlichen  Exponenten  für  die  ßccci- 

schlössen  werden  kann.    Hierfür  kommen  fol-  Xgta,  die  ihre  Enkel  auf  Erden  üben'  erkennen 

gende  Zeugnisse  in  Betracht:  will. 

1)  Echelos  und  Basile.    Auf  der  einen  Seite  2)  Ein  athenisches  Dekret  vom  Jahre  418 

eines  im  Jahre  1893  bei  Neu-Phaleron  gefun-  60  v.  Chr.  nennt   ein   Uqov   xov  KoSqov   %(A   xov 

denen  Votivreliefs,    dessen   Stil    auf   die    Zeit  Nr\U(ag   v.dcI  rfjg   BaaiXrig,   I.  G.  1   Suppl.  53  a 

kurz    nach    dem    Parthenonfries    hinweist,    ist  {C.  1.  A.  4,1  p.  66)  Z.  4.  14.  30  bzw.  t6  r^^svog 

nach  P.  Wolters,  Athen.  Mitt.  18  (1893),  21 2  ff.  tov  NriXioog  -acci  rjys  BaaiXrig  Z.  12.  29.  32  bzw. 

(vgl.  Kavvadias,    'E(frm.  üq%.   1893,    109ff.  xo  NrfXuov  Z.  27;  ygl.  v.  Wilamoivitz,  Lectiories 

130 ff.  Ad.  Wilhelm,  ebenda  1902,  138 f.  Kekule  ejjigraphicae  {Ind.Schol.  Göttingen  1SS6/S6)  p.  G. 

von  Stradonitz,  Echelos  mid  Basile  =  65.  Ber-  Toepff'er,  Ati.  Geneal.  240  und  Anm.  2.   Judeich, 

linerWinckelmannsprogramm  10 ;  \g].a,ach  Arch.  Topographie  v.  Athen  78. 

Anz.  25  [1910],  155f.)  folgende  Darstellung  er-  Schon   Vrlichs,   Rhein.  3Ius.  12  ri857),  307 


541                    Thea  Basileia  Theagenes                       542 

hat  bei  Plato  Charmid.  1  p.  158A:  «/?  tt;v  Tocv-  ter,  deuen  die  Weihun^  gilt  —  früher  dachte 

Qiov  TtaXaiöTQccv  r^v  v.axc(vriv.Qv  tov  ri)?  ßaai-  man  irrig  an  Personennamen,  Namen  heroisier- 

li-Kfjs  (cod.  A.  und  G.  bei  Jickker  haben   ßaai-  ter  Toten  —  eine  eng«*  Be/ä»dmng  zur  ünter- 

IX  weit  anzunehmen.  Die  Baölkfia  ist  Königin  des 
Xfig  bzw.  ßaadr]g)  Isgov  siarjX^ov  vorgeschlagen:  Totenreichea,  Zeuxippos  'der  HosscHchirrer'  (vgl. 
KavavTiiiQv  TOV  rt'ig  BaGilficcg  hfiov,  \v^d  H\nitev  j^n  Hadesbeimiinen  KXvroTKoXog),  der  Unter- 
hat (i.  Löschcke,  Vermutungen  zur  (jriech.  Kunst-  weltsgott,  v.  Wilamoivitz,  Jieden  a.  a.  O.  Kekule 
gcsvhichte  und  zur  Topographie  Athens  (Dorpat  ^o,,^  Stradonüz  12  Anm.  24.  Malten  a.  a.  0.  187 f. 
1884)  S.  19  diese  Vermutung  wiederholt,  die  Nicht  ganz  sicher  ist  die  Lesung  eines  Weih- 
jetzt  allgemein  angenommen  ist,  nur  daß  man  j^  epigramms  eines  in  Argos  lebenden  Atheners 
auf  Urund  der  oben  angeführten  Inschrift  das  Archelaos  (2.  oder  3.Jahrh.  n.Chr.),  wo  Kaibel, 
auch  der  Überlieferung  nälier  kummende  Ba-  Kpiyr.H22,{)  schreibt:  Jaöovxog  ^is  Koqt]?,  Ba- 
ciXr]g  schreibt.  Auch  hier  wird  jetzt  ziemlich  ^aär,  Jiög,  Uqu  öri-KÜv  '^'Ihmg  xIbI^qu  (piQcov 
allgemein  mit  Ed,  Meyer  a.  a.  0.  287.  Kekuh  ß^,,^}yj,  f^^^^^  ^p^,^^  während  Dittenhcrqer,  I.  G. 
von  Stradonitz  a.  a.  0.  12.  v.  Wilqmowitz,  lie-  3^  170.^  mit  G.  Wolff,  Wiein.  Mus.  19  (i8G4i,  301 
den  und  Vorträge  (1901)  S.  G9  Anm.  1.  Sitzmigs-  nach  Vers  7  derselben  Inschrift  (xltiöovxog  icpv 
her.  d.  Berliner  Akademie  1906,  07.  Furticangler,  ßacdriidog  ^'Hgrig)  auch  in  v.  9  schreibt:  JaSov- 
Sitzungsber.  d.  phüos.  Classe  d.  Kgt.  Bayer.  Akad.  ^^^^  ,^g  Koqtiq,  ßaad[7]i\Sog  lEgä  orixööv  "'Hgag 
d.  Wiss.  zu  München  1897,  410.  Judeich  a.  a.  0.  ^  ^_  x^  ßei  Cougny,  Anth.  Append.  1,  283/3  p.  46 
345.  E.Petersen  ii.ü.O.iM.  Malten,  Ärch.  Jahrb.  ^0  steht:  Jaöov{6giis  Kogrig  Baoilfig  Jibg  hgög 
a.  a.  0.  188.  Basile  als  Königin  der  Unterwelt,  ^'^„^.  ^^ch  ist  wohl  an  der  Lesart  Baail&v, 
Neleus  'der  Erbarmungslose'  (Belegstellen  bei  unter  denen  K.  Keil,  Philologus  Suppl  2  (1H63), 
Malten  a.  a.  0.)  als  Unterweltgott  gedeutet.  591  Köre  und  Demeter  versteht,  festzuhalten, 
Löschcke  a.  a.  0.  18  hatte  gemeint,  daß  unter  (Jscner,  Götternamen  222  Anm.  12.  Kern  bei 
der  athenischen  Basileia,  die  auch  Arist.  av.  Pauly-Wissowa  s.  v.  Basilai,  zumal  da  auch 
1536  f.  und  Kraiinos  im  SchoL  Arist.  av.  1530  gonst  Persephone  nicht  selten  die  Bezeichnung 
erwähnen,   die  '^auch  als  BaGilhia   angerufene  '^Köni<Tin'  führt. 

Mi]TrjQ  am  Markte'  zu  verstehen  sei,  wenngleicli  Auf  Goldblechinschriften   aus  Thurioi  wird 

Aristophanes  der  Oekonomie  seines  Stückes  ent-  jig  j^Q-ovlcov  ßaoiXna  neben  Eukles  oder  Euklos 

sprechend  unter  BaoiXua  die  wiedergewonnene  30  (euphemistische  Bezeichnung  des  Hade.s),  neben 

Weltherrschaft  der  Vögel,   die  Zeus  in  Besitz  Eubuleus   und    den   Q-8ol   a^avaroi   bzw.  i^sol 

genommen  habe,  verstehe.   Auch  der  mit  Y  un-  (^'^^O  dcci^ovi:g  aXXoi  angerufen,  /.  G.  14,641^  ^  3. 

terzeichnete  Verfasser   des    Artikels    über   die  i^  orphischen  Hyninos  (19,  6)  wird  Persephone 

Ssu  BaöiXsicc  auf  Thera  in  der  Gaz.  arch.  a.  a.  ^Is  v.ccrax^ovlcov  ßccöiXsia  angerufen.   Auch  un- 

0.  hatte  die  genannte  Göttin  mit  der  Götter-  ter  der  Göttin,  welche  in  dem  Epigramm  aus 

mutter  identifiziert.    Eine  Stütze  für  diese  An-  Kos  als  ßccoiXsia,  Jibg  7toXvoovv(is  xovga  ange- 

sicht  geben  scheinbar  die  von  M.  Fränkel  her-  ^edet  wird  {Herzog,  Koische  Forschungen  und 

ausgegebenen  Inschriften  von  Pergamon  481  ff.,  Funde  113,^  nr.  169),   ist  wohl  Persephone   zu 

auf  denen  eine  Priesterm  tiig  Mrirgog  Ti)g  Ba~  verstehen,  Gruppe,  Gr.  Myth.  1521, 1.  Vgl.  auch 

adslag  genannt  wird;   vgl.  ebenda  334  fi^örTjg  ^^  den   sibyllinischen   Orakelspruch    bei   Phlegon, 

Mritgbg  Baodriag.    Auch  die  BaaiXsLa  des  Bio-  Mirabilia  10  {Paradoxographi  ed.  Westermann 

nysios  Skytobrachion  bei  Biod.  3,  57,    die   als  135  y  2  =  i?.  Hendess,  Oracula  Graeca  [Diss. 

MsyäXri  JVIrjrrje  verehrt  wurde  (s.  Basileia  nr.  1),  ^/^^^  ji^l  4]  157,  34  p.  83),  wo  unter  der  ßaoi- 

gehört  wohl  hierher;  vgl  Bd.  2,  Sp.  2852,  41  ff.  ;t7]i?  %ovQa  gleichfalls  Persephone  gemeint  ist; 

Doch  läßt  sich  aus   diesen  Stellen,  wo  durch  ^gi  ^uch  Pambasileia  nr.  2.    Im  Kult  von  Ka- 

Hinzufügung  von  MijvriQ  zu  BaGiXtia  die  Gott-  tana  begegnet  Persephone  Bccadig,  1.  G.  Sic.  et 

heit   ohne  weiteres  bestimmt  bezeichnet  wird,  j^^/  450.  _  über  ''Hga  Bccodsicc  bzw.  Bacdig 

kein  Schluß  auf  das  Wesen  der  nur  allgemein  g_  Gruppe,   Gr.  Myth.  78 f.  Anm.  17.    1082  ob. 

als  BaoUr]   oder  BccöiXsicz  bezeichneten  Göttin  1132,2.   C/^ener  a.  a.  0.  227.  Biels,  Sibyllinische 

ziehen.    Über  die  Deutung  der  ßaodioacc  ^Qv-  -^q  Blätter  52  f.  Anm.  1,    über   Aphrodite    Baadig 

coGtoXog  XgvGOTttÖdog  in   der  Grabschrift  des  Qruppe  1082.  1364,  G.    üsener  228,  über  Selene 

Aberkios  auf  Kybele  ist  Bd.  2,  Sp.  2880  ff.  aus-  als  ^sä  ßccadaia,  Orph.  Hymn.  9, 1.    A.  Biete- 

führhch  gehandelt.  Hmzuzufügenist,  daß  sich  ^^^h,   Ahraxas  81   (vgl.  101).    Gruppe  1534,1; 

gegen  diese  Deutung  auch  C.  Bobert,   Hermes  über  Artemis   Bcc6drilr]   Herod.  4,  33.    Gruppe 

29  (1894),  421  ff.  besonders  428  Anm.  1  ausge-  1557^  2.     Usener  228,    über   Nemesis    BaodsLcc 

aprochen  hat.  Ör/^A.  Hymn.  61, 1.  Bieterich  a.  a.  0. 101  Anm.  5. 

ii)  Totenmahlrelief  aus  Athen,  jetzt  in  Triest  Über  die  BaoiXsia  als  Himmelskönigin  s.  Use- 

mit  der  Inschrift  .  . .  dJGiog  r[cp]  Zsv{^)i7cna}  %al  ner  227 — 231.    Gruppe  1364,  6.     [Höfer.] 

xhl  BccaL{X)H(x,  I.  G.  2, 1573  {C.'l.  G.  1,  925  und  Theagenes  {Qsccyhrig).     Über  den   als  Gott 
P.  Pervanogiu,  Bas  Familienmahl  auf  oltgriech.  60  bzw.   als  Heros  verehrten  Athleten  Theagenes 

Grabsteinen  S.  IG  nr.  11.    S.  70  mit  ungenauer  aus  Thasos  s.  F.  Beneken  Bd.  1  Sp.  2526,  56 ff. 

Lesung  und  Abbildung);  abg.  Conze,  Sitzungs-  und  Bio  Chrys.  or. 31^.  QU  Eeiske  {1.^317 Bind.), 

ber.  d.  Wiener  Akad.  71  (1872),  Taf.  1,  2  (vgl.  Euseb.  Praep.   cv.   5,  34.    Athenag.  Suppl.  pro 

S.  324);  vgl.  V.  Buhn,  Arch.  Zeit.  43  (1885),  21  Christ.   14  p.  62    Otto.     Nilsson,   Griech.  F'este 

Anm.  29.   TF«mer  ForZe</6&?ä«er  Ser.  4  Tafel  12.  455,  1.    Bohde,  Psyche  1^,  193  f.    Die  richtige 

Svoronos- Barth  a.  a.  0.  541  Abb.  250.    Malten,  Schreibung   des   Namens    ist,  wie   das    durch 

Arch.  Jahrb.   a.  a.  0.  187   Abb.  7.    Auch    hier  Pomtow ,   Berl.   Phil.  Wochenschr.   1909,  252  f. 

ist  wohl  mit  Sicherheit  in  den  Namen  der  Göt-  (vgl.  765)  entdeckte  Epigramm  aus  Delphi  lehrt: 


543                     Thea  Hagne  Theaneira                       544 

Theogeues  (nicht  Theageues,  OioySvris)^  Sohu  21.  133)  läßt  den  Kult  der  'Ayvd  voraussetzen, 
des  Timoxenos  (nicht  Timosthenes.  Ttnoo^ivrie^       Usener,  Göttemnmcn  865. 

wie  Paus.  6, 11,  2  angibt);  vgl.  1.  G.  XII,  8  Add.  Thea  Hypsislc  {9tä  'Tünarri).    Eine  Weih- 

p.  VIII.    Dittenherger,  Sylloge  3»,  »6  p.  39 f.  R.  inschrift  aus  Gjölde  (dem  alten  SatalaV)  lautet: 

Herzog,  Hermes  60  (lUlö),  820.     Vgl.  auch  v.  &eü  'Ti^Jtcrrrj  .  .  tixrji't  A't*'  und  v.  Premerstein, 

Wüamowitz,  Euripides  Herakles*  47  Anna.  77.  Bericht  über  e%n4!  zweite  Meise   in  Lydien   in 

[Höfer.  j  Denkschriften  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien 

Thea  Hagne  {Osa  l^yvij)  s.  Hagna,  wo  fol-  64  (lUll)  U  p.  97  nr.  189  mit  der  Bemerkung: 

gende  Inschriften,  die  später  publiziert  worden  Der  wohl  mit  Anlehnung  an  den  d^ebg  "Ti/uffrog 

sind ,  sowie  folgende  Ergänzungen  nachzntra-  lo  ffeschatiene    Beiname   der    großen    weiblichen 

gen  sind:  Hauptgottheit    Kleinasiens    begegnet    unsere» 

1)  Phazemon  {Straho  12,560;  das  spätere  Wissens  hier  zum  ersten  Male.  [Höfer.] 
Neapolis  oder  Neoklaudiopolis):  Ofa'Ayv^  kv-  Theal  Anonyinoi  (Vlvobvv^oi  i^f«/),  Bezeich- 
xmvtog  . . .  xav*  övifov  6v4axriaev^  Cum(ynt,  Studia  nung  der  Erinyen,  AW.  Iph.  Taur.  944.  frgm. 
Pontica  S  («»  Rectteil  des  inscr.  gr.  et  lat.  du  in  Beri  Klassiker  texte  5,  2,  126  Vers  8  (Mulgccg 
Pont  et  de  VArminie  puhl.  par  Afiderson-Cu-  tag  t'  Scvuvvnovg  d-sag).  Vgl.  Awr.  Ch:  Hl  und 
mont-Gr^goire)  S.  74  nr.  h6;  vgl.  Bev.  epigr.  du  Schal.  Bohde  Psuche  1-,  174,  1.  (Höfer.] 
mW»  JSr.Ä  l  (1913),  869.  Nach  Cuwone  soll  hier  Thea  Kaie  (Wa«  xal^)  s.  Kaie  Thea  und 
unter  der  Thea  Hagne  die  Kybele  oder  Ma  zu  En  Pandois.  —  lireccia,  Cat.  general  des  ant 
verstehen  sein,  wie  Kybele  auf  einer  Inschrift  20  egyptiennes  du  Mu^ee  d'Alexandrie  67 :  Jscri- 
aus  Andeira  in  der  Troas  gleichfalls  'd'sö?  ayyi^  zioni  Greche  e  Latine  117  p.  73  liest:  (9fa 
genannt  werde,  CIG  6886,  vgl.  Bd.  2,  Sp.  2866,  Kcclf)  iv  navSoLx[xi]  xai  avvvdoig  0801?.  — 
ISfif.  Ausfeld,  Rhein.  Mus.  55  (1900),  371    ideutifi- 

2)  Larisa  (in  der  südlichen  Aiolis)  ...Uq^tg  ziert  Panda  mit  der  von  Pseudo-Kallisth.  1, 
Hvxig  *Ayv^{C)  Öfa(*)  (iv^O-Tjxav,  Keil  und  v.  Pre-  31  genannten  Örtlichkeit  fldcvdvta  (Ausfeld  a. 
merstein,  BericfU  tü>er  eine  Reise  in  Lydien  und  a.  0.  352  Anm.  2  zu  S.  351.  Ders.,  Der  griech. 
der  südlichefi  Aiolis  in  Denkschr.  d.  Wiener  Alexanderroman  46  Anm.  5.)  [Höfer.] 
Aiad.  Phüos.-Hist.  Klasse  53  (1910),  92  nr.  199  Thea  Megiste  (Gsä  Msylarri).  Eine  Inschrift 
(Abb.  93  auf  S.  98).  aus  der  Umgebung  von  Mareia  in  Ägypten  ist 

8)  Priester  9sccl  Kogvi^vrit  ayvrit  auf  einer  so  geweiht  dsd  ^sylarrj  iv  Uevlco  . .  (zwei  Buch- 
Inschrift  aus  Tschitschekli  Jeni  Kjoi,  Keil  und  staben  fehlen),  Cat.  gen.  des  ant.  egypt.  du  mu- 
V. Premerstein,  Bericht  über  eine  dritte  Reise  in  sie  d'Alexandrie:  Breccia,  Jscrizioni  Greche  e 
Lydien  {Denkschr.  d.  Wien.  Akad.  57, 1  [1914])  Latine  p.  273.  Über  das  (jötterepitheton  yiiyi,- 
S.  37  nr.  64.  Der  Beiname  KoQvr\vri  kann  nach  6tog  und  iiByag  s.  Bd.  2,  Sp.  2549 ff.  und  be- 
den  Herausgebern  vor  der  kappadokischen  Stadt  sonders  Bruno  Müller,  Miyccg  ffsog  (==  Dissert. 
KoQvri  {Ptol.  6,7,  9)  oder  der  lykaonischen  Stadt  phil.  Halens.  21,  3  [1913]).  [Höfer.] 
K6Qva.  {ebenda  5,6,16)  oder  auch  von  einer  bis-  Theaueira  {^sävsiQcc),  Troerin,  die  nach  der 
her  unbekannten  Ortschaft  in  der  Nähe  der  Eroberung  von  Troja  durch  Herakles  dem  Tela- 
Fundstätte  abgeleitet  sein.  Zu  Bd.  1,  Sp.  1813,  mon  (s.d.)  als  auserlesene  Siegesbeute  zufiel.  Von 
61 :  Die  Mysterieninschrift  von  Andania  steht  40  diesem  schwanger  floh  sie  von  seinem  Schiffe, 
jetzt  auch  Dittenherger,  Sylloge*  653, 33.  69.  84.  durchschwamm  das  Meer  und  kam  nach  Milet, 
Collitz  4689.  Ziehen,  Leges  Graec.  sacrae  2,  58.  wo  sie  sich  in  einem  Walde  verbarg.  Hier  fand 
/.  (r.  5, 1, 1390.  Die  Deutung  der  "^yia  als  Kore  sie  der  König  von  Milet,  mit  Namen  Arion, 
haben  auch  Toepffer,  Att  Genealogie  219.  Ziehen  nahm  sie  auf  und  erzog  den  Sohn,  den  sie  ge- 
a.  a.  0. 177  aufgenommen.  Nach  Hagna  (=  Köre)  bar,  Trambelos  (s.  d.l,  wie  seinen  eigenen,  Istros 
fuhrt  Hagnagora,  die  Schwester  des  Aristome-  (l^.iT.  G^.  1,421.  M.  Wellmann,  De  IstroCaUima- 
nes  {PaurS.  4,  21,  2.  24, 1),  ihren  Namen,  Usener,  chio  [Diss.  Greifswald  1886]  S.  8  Anm.)  im  >Schol. 
Götternamen  355.  Hiller  von  Gaertringen,  Hira  Lykophr.  467.  Die  Übereinstimmung  mit  äbn- 
und  Andania  [71.  Berl.Winckel man nsprogramm)  liehen  Sagen  erlaubt  die  Annahme,  daß  Arion 
7.  10.  Bei  Orph.  Hymn.  76, 10,  wo  man  ver-  50  die  Theaneira  zu  seiner  Gemahlin  gemacht  hat. 
schieden  korrigiert  hat,  liest  0. -ÄTerw,  (rcne^AZia-  Von  Tzetzes  zu  Lykophr.  467.  469  (p.  170,9. 
kon  Karl  Robert  zum  8.  März  1910,  S.  97:  KaX-  171,3)  wird  Theaneira  der  Hesione  gleichge- 
Xiönrj  6VV  (irirgl  v.aX  a-häwarrj  (wofür  man  nicht  setzt  {Oedveigav  rrjv  xcc).  'H6i6v7]v  bzw.  'Hato- 
Evvoiiir}  lesen  oder  eine  besondere  Göttin  Ei-  vr\v  rr]v  -nai  ©tdvBiQccv).  Diese  Gleichsetzun^ 
Svväxri  bilden  darf)  %ta  ayv^  und  versteht  kann  nicht  richtig  sein;  sie  ist  lediglich  ver- 
unter der  letzteren  Göttin  entweder  Demeter  anlaßt  durch  die  seit  Hellanikos  (F.  IL  G.  1,  64. 
oder  Persephone,  allenfalls  Brimo,  für  die  frei-  H.  Kullmer,  Jahrb.  für  klass.  Phil.  Suppl.  27, 
lieh  das  Epitheton  ayvi]  nicht  nachweisbar  ist.  569)  im  Schol.  Lykophr.  469  (vgl.  Apollod.  2,6,4. 

4)    Thera:    Zaganicav    Aaoöixtvg  .  .'Ayv[y]  3,12,7)  geläufige  Tradition,  daß  Telamon  die 
^sSi..  XaQiözrjQiov,   I.  G.  12,3,410.    Die  Hei- 60  Hesione   als  Siegespreis  empfangen  habe.    Te- 

mat   des    Dedikanten   weist   darunf  hin,    daß  lamons  und  Hesiones  Sohn  ist  Teukros  (4poZ/od. 

unter  der  'Ayvrj  &iög   die  syrische  Göttin    zu  3,  12,  7).  Wann  und  wo  sollte  sie,  falls  sie  mit 

verstehen  ist.  Theaneira  identisch  wäre,  diesen  geboren  haben. 

Zu  Bd.  1,  Sp.  1814, 49  ff.:  Zu  den  Belejrstel-  da   sie  ja   in   Milet    den   Trambelos    gebiert? 

len  für  den  Kultus  der  Hagne  Thea  auf  Dolos  Oder  soll  man  gar  annehmen,  Theaneira-Hesione 

kommt  die  Inschrift:  köddcp/Ayvi/  (9fw(t),  Corr.  habe   dem  Telamon  den  Teukros  zuerst  gebo- 

Hell.  36  (1912),  203  nr.  14.     Der  Monatsname  ren  —  in  diesem  Falle  hätte  sich  das  Eltern- 

Ayvatog  (Phthiotis,  L  G.  9.  2,  109  a  28.  71.  109  b  paar  ungefähr  ein  Jahr  in  der  Troas  oder  sonst 


54;")  Thea  Nikephoros  Theano  546 

wo  i)i  Asien  aufhalten  müssen  -— ,  und  sei  erst  =p.  16  Boissonade;  vgl.  Rademacher,  Rhein. 
bei  ihrer  zweiten  Schwanfrerschaft  dem  Telaraon  Mus.  63  [1H98J,  462),  dessen  Kult  bezeugt  ist 
entflohen?  Aber  nach  dem  ausdrücklichen  Zeug-  für  —  l)  Athila(JJathanaia():  -ö^fw  (HaotäO'ov  Jta- 
nis  des  I.yJcophron  (v.  407  Ttäriiag)  ist  TeukroH  tqoco  ^JEccväQvo),  C.  I.  G.  3,  4609.  Waddington 
(s.  d.)  auf  Salamis  geboren;  vgl.  v.  Holzinifer  zu  '2374a.  Cagnat, Inscr.Gr. adresRoman,pertinent68 
Lykophr.  ii.n.O.  Theaneira  ist  also  eine  eigene,  3  nr.  1238.  Brünnov  und  /;.  DomaszewsH,  Die 
selbständige  Persönlichkeit.  Die  Gleichsetzuiig  rrovincia  Ärahia  3  S.  106.  —  2)  Zor'a  (Tra- 
der  Hesiono  mit  Theaneira  erklärt  sich  wohl  chonitis):  &i:av8Q[ixxi\  oder  (9favdV(to>]  vnsQ 
daraus,  daß,  nachdem  Hesione,  die  Ursprung-  acorriQlas  xal  vti-K7]g  xmv  hvqiojv,  Waddington 
lieh  eine  Hellenin  und  die  rechtmäßige  Ge-  lo  2481.  Cagnat  u.  a.  0.  nr.  1156.  —  3)  Awwas 
mahlin  des  Telamon  gewesen  ist  (Heinr.  De-  (Hauran):  Tempel  des  Gottes  fysovdQinov  (so!) 
gen,  De  Troianis  scacnicis  specimina  duo  [Diss.  genannt,  Waddington  2046.  —  4)  Bostra  s. 
Leipzig  IDOOJ  p.  58 f.),  zur  Troerin  gemacht  unten  Z.  23 ff.  —  5)  Die  in  Preßburg  gefun- 
worden  ist,  nun  zwei  dem  Telamon  als  Sieges-  dene  Inschrift  eines  Soldaten,  dessen  Heimat 
beute  zugefallene  Troerinuen  vorhanden  waren,  nicht  angegeben ,  aber  wohl  in  Arabien  zu 
mit  denen  man  sich  nicht  anders  abzufinden  suchen  ist,  lautet:  Dis  patris  ManaJpho  et 
wußte,  als  daß  man  sie  einander  gleichsetzte.  Theandrio,  C.  I.  L.  3,  3668,  Ephem.  Kpigy.  2 
Vermutlich  knüpfte  sich  an  ihre  Flucht  durch  (1875),  390  nr.  722.  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4349 
das  Meer  auch  eine  Delphinsage.  Eine  so  ge-  (\g\.  Arch.  epigr.  Mitt.  aus  Oe.st.  8  [1884],  184, 8). 
waltige  Strecke,  wie  von  der  troischen  Küste  20  Über  das  Wesen  des  Gottes  gibt  die  einzige 
bis  nach  Milet  zu  durchschwimmen ,  konnte  dürftige  Auskunft  Damaskios,  vita  Jsidori  in 
nicht  ohne  göttliche  Hilfe  geschehen.  Der  Kö-  phot.  Bill.  347  b  26  Bekker  =  Migne ,  Fatrol. 
nig  von  Milet,  Arion,  der  sie  findet  und  rettet  Svr.  Gr.  103  p.  1290:  ^yvco  Sh  ivrccvd'cc  (in  Bostra) 
{diiacDOs),  trägt  denselben  Namen,  wie  der  les-  röv  ©scxvöqIttiv  ,  Scqqsvcotov  övtcc  dsbv  xccl  xbv 
bische  Sänger,  unter  dem,  wie  man  längst  er-  a%'r\lvv  ßiov  iiinviovta  tatg  ipvxcclg.  Daß  für 
kannt  hat  {Gruppe,  Gr.  Myth.  1227,  2;  vgl.  icQQEvcoxov  vielmehr  kqqsviotiov  zu  schreiben 
Usener,  Sintflutsagen  Udt;  imdevs  K.  Klement,  ist,  ist  längst  erkannt,  Mordtmann,  Zeitschr. 
Arion  45  ff.),  sich  Apollon  birgt.  In  Milet,  wo  d.  Deutsch.  Morgenland.  Gesellsch  29  (1875), 
Theaneira  landet,  war  ein  Kultus  des  Apollon  105.  Bosch,  ebenda  38  (1884),  654.  Fr.  Baethgen, 
Delphinios,  Dio^.  iaeri.  1,  29.  Auch  in  Lesbos,  30  ^etYr«(/e  zur  semitischen  Religionsgesch.  102. 
der  Heimat  des  Arion,  war  die  Sage  vom  Sohne  Schürer,  Gesch.  des  jüdischen  Volkes  2*,  46 
der  Theaneira  Trambelos  (s.  d.)  lokalisiert,  Eu-  Anm.  73.  Der  Gott  wird  also  als  mannbar  be- 
phorion  hei  Parthen.  26;  vgl.  De</m  a.  a.  0.  59.  zeichnet  und  als  ein  solcher,  der  männliches 
Vielleicht  darf  man  auch  den  Namen  des  Tram-  _  so  wird  doch  wohl  ad^rilvg  aufzufassen  sein, 
belos,  der  von  Arion- Apollon  als  eigener  Sohn  nicht,  wie  Bosch  a.  a.  0.  übersetzt,  'un weib- 
angenommen wird,  mit  dem  sonst  unerklär-  Hch'  oder  '^ weiberlos',  indem  er  dabei  an  eine 
liehen  Beinamen  des  Apollon  TQciiißiog  {Äno-  dem  Damaskios  unverständliche  Zurückführung 
nym.  Laur.  in  Anecd.var.  Gr.  et  Lat.  ed.  Schoell  der  auch  dem  Heidentume  nicht  fremden 
nnd^^Mrfßmjmci  1, 267,11, 40)  in  Zusammenhang  mönchischen  Askese  und  Ehelosit;^keit  auf 
bringen,  für  den  vielleicht  auch  der  Name  der  40  Christus  annimmt  —  Leben  den  Seelen  ein- 
ionischen Stadt  Tqüiltiti  {Steph.  Byz.)  zu  ver-  flößt.  Nach  dem  Vorgang  von  Zoega  und 
gleichen  ist,  wofür  die  Lokalisierung  des  Tram-  Movers  haben  Bosch  a.  a.  0.  653  und  Fossey, 
belos  in  Miletos  angeführt  werden  könnte.  Journ.  Asiat.  9.  Serie  11  {1S2S),  SU  L  den  The- 
Wenn  Achilleus  diesen  'apollinischen'  Heros  andrios  mit  Dusares  (s.  d.)  identifiziert;  s. 
Trambelos  tötet  {Aristohulos  hei  Athen.  2, 4:Sd.  dagegen  Mordtmann  und  Baethgen  a.  a.  0. 
V.  Wilamoivitz,  Sitzungsher.  d.  Kgl.  Preuß.  Akad.  Aus  dem  mannhaften  Charakter  des  Thean- 
d.  Wiss.  1906,  44  Anm.  4.  Eaphorion  und  Istros  drios  erklärt  es  sich,  daß  an  seine  Stelle 
aa.  aa.  00.),  so  würde  Usener  ein  neues  Beispiel  später  der  heilige  Georg  getreten  ist,  dessen 
für  den  von  ihm  (Bhein.  3Ius.  bS  [1898],  365ff.  Kirche  in  der  trachonitischen  Ortschaft  Zor'a 
<S*>ti^/fMisaö'e>j  94  f.)  angenommenen  Gegensatz  und  50  wohl  an  Stelle  eines  Tempels  des  Th.  erbaut 
Kampf  zwischen  einem  'poseidonischen'  und  worden  ist,  jBtte^m  a.  a.  0.  und  Anm.  2.  Auch 
'apollinischen'  Heros  zu  buchen  haben.  Vgl.  als  Personennamen  kommt  OsdvdgLog  {Wad- 
Teukros,  Telamon,  Trambelos.     [Höfer.]  dington    1905)    vor.    Bosch   a.  a.  0    führt   die 

Thea  Nikephoros    s.  Bd.  2,   Sp.  2219,  3  ff .  Göttemamen  ©sdvdgtog  und  Gsav^gixjig  (Chri- 

2221,  20 ff.  Bd.  3,  Sp.  360,  60  &.  und  die  gleich-  stus  der  'Gottmensch'  heißt  dsccv&gixrig,  S.  Mar- 

falls   aus  Komana   stammende  Inschrift   (frag-  ximus  im  SchoUon   zu  Dionys.  Areopag.  2,  78; 

mentiert):  x&v  rfjg  NELxrjcpogov  Ssäg,  Melanges  Ygl.  W^yttenbach  in  Adnotat.  ad  Eunapiump.  ISO 

de  la,  faculte  Orientale  Universite  Saint- Joseph  ed.  _Bo^ssona(Ze)  auf  das  kirchengriechische -O'gori'- 

Beyrouth  5  (1911),  321  nr.  17.    Zu  den  Göttern,  Sglcc  und  ^Eccvägog  für  dsav^gcoTticc  und  d-sdv- 

die  die  Epiklesis  Nikephoros  führen,   kommt  60  d-ga)7Cog  zurück  und  sieht  in  Theandrios  'eine 

Eros  hinzu:  "Egcorog  l<liy.r\cp6gov  (Delos),  I.  G.  synkretistische  Fratze  des  Gottmenschen';  vgl. 

11,4  nr.  1304   und   die  Weihung  dargebracht  auch  Usener,  Strena  Helbigiana  316,  der  auf 

UccgccTtL,  "löi,  kvovßi,  d-Eotg  JVixrjqpo^otg,  I.  G.  ähnliche  Bildungen,  wie  ard-gcoTtoialacov,  dso- 

a.  a.  0.  nr.  1230.     [Höfer.]  dccl^icov,  dsog  rjgaig  hinweist.     [Höfer.] 

Theandrios,  Theandrites  {OsdvSgiog,  Osav-  Theano   (ßsKvm),   1)  Tochter  des  Thraker- 

ägitrig),     arabischer    bes.    nabataeischer    Gott  königs   Kisses   oder  Kisseus  —  daher   KioGriig 

{@v(so  l)ccvSgixrig    .    .    .    kgocßloig     Ttolvxl^ritog  genannt,  flom.  JZ.  6,  299  —  Hom.  II  11,223  f., 

^EÖg,    Marinus   vita   Prodi  19   p.  47.    Fabric.  Gattin  des  Antenor,  ifow.  aa.  aa.  0.  5,  70.  Luc. 


547                         Theano  Theano                         548 

Imag.  19.  Schol  Eur.  Attdr.  224.  TzeU.  zu  Lij-  dorf).  Tzetz.  Posthorn.  516.  Suid.  s.  v.  UulXä- 
hophr.  V  840  (p.  219,  22  ScÄCtfT.  668  (p.  219,  26).  <r»o»;  vgl.  Stiehk  a.  a.  0.  596.  Auf  den  Verrat 
Sthol.  Eur.  Hec.  3,  wo  als  ihre  Mutter  Tele-  der  durch  Odysseus  durch  ein  geheuchelte» 
kleia,  Tochter  des  Ilos  genannt  wird.  Als  ihre  Liebesversprechen  {Welcler,  Annnli  4  ( 18.'J8|  383 
und  des  Antenor  Söhne  werden  genannt  Iphi-  =  Alte  Denkmäler  3,  450  ==  Die  griech.  Traif- 
damas  Hom.  11.  II,  221  ff.  Schol  Hom.  II.  11,  iidien  1, 147.  0.  Jahn.  Philologns  1  [1846],  ö'3) 
266.  J^twt.  ad  fibm.  J/.  840,10.  36),  Archelochos  oder  durch  sonstige  Versprechungen  {Overbeck, 
und  Akamas  {Apollod.  Epit.  S,S4;  vgl.  Hom.  II.  Bildwerke  zum  theb.  oder  troisdien  Heldenlreis 
2,828),  Glaukos  und  Eurymachos  {Paus.  \0^  S.  681  f.)  gewonnenen  Theano  hat  man  die  Dar- 
27, 3),  Helikaon  und  Polydamas  {Serv.  ad  Verg.  lo  Stellung  einer  bei  Overbeck  Taf.  25, 1  abgebil- 
^en.  1,242).  Eine  vollständige  Aufzahlung  samt-  deteu  Amphora  in  Berlin  (nr.  8025)  bezogen. 
Hoher  Söhne  des  Antenor,  als  deren  Mutter  in  der  ein  durch  den  Pilos  als  Odysseus  (nach 
Theano  zwar  nicht  ausdrücklich  genannt,  aber  Chavannes  a.  a.  0.  9  wäre  es  Diomedes)  cha- 
doch  anzü9ehen  ist,  gibt  R.  Stiehle,  Philologus  rakterisierter  Manu  einer  durch  den  Schlüssel 
16  (18601,  693  f.;  es  sind  außer  den  schon  ge-  als  Priesterin  bezeichneten  Frau,  die  das  Pal- 
nannt^n  noch  folgende:  Koon,  Medon,  Thersi-  ladion  hält,  eine  Tänie  darbietet;  doch  hat 
lochoB,  AntheuB,  Agenor,  Polybos,  Demoleon,  Ijuckenbach,  Jahrb.  /.  /.7a.s.s.  Phil.  Suppl.  11,  627 
Erymanthos,  Laodokos  und  Hippolochos.  Ihre  (vgl.  auch  Furtwängler,  Berl.  Vasen  2  S.  842  f.) 
Tochter  ist  Krino  {Paus.  a.  a.  0.).  Den  Bastard  gegen  diese  Deutung  schwerwiegende  Bedenken 
des  Antenor  Pedaios  (s.  d.)  erzieht  sie  ihrem  20  geäußert.  Mit  größerer  Wahrscheinlichkeit  ist 
Gatten  zu  Liebe  wie  ihr  eigenes  Kind,  Hom.  Theano,  die  hier  als  treue  Priesterin  erscheint, 
II.  6,  69  ff.  Von  den  Troern  zur  Priesterin  (vgl.  die  voll  Schrecken  entflieht,  während  Odysseus 
Tzetz.  zu  Lykophr.  658.  Tzetz.  Posthomer.  516)  und  Diomedes  mit  Hilfe  der  Helena  das  Pal- 
der  Burggöttin  Athena  eingesetzt,  läßt  sie  die  ladion  rauben,  auf  der  Neapeler  Vase  {Heyde- 
Hekabe  und  die  anderen  Troerinnen  beim  Sturm  mann  3231  S.  530)  zu  erkennen,  0.  Jahn  a.  a. 
des  Diomedes  auf  die  Stadt  in  den  Tempel  ein,  0.  56.  Overbeck  S.  585.  Luckenbach  S.  626.  C7ia- 
bringt  der  Göttin  den  kostbaren  Peplos  dar  vannes  S.  5  nr.  5.  Welcker,  Gr.  Trag.  1, 147.  — 
und  spricht  das  Gebet,  in  dem  sie  um  Schutz  Auf  dem  Bd.  2,  Sp.  983/84  (s.  v.  Kassandra)  ab- 
vor  der  Wut  des  Tydiden  fleht,  Hom.  IL  6,  gebildeten  Vasengemälde  wird  unter  der  rechts 
297  ff.  Serü.  zu  Verg.  Aen.  1,  480.  Klug  und  be-  so  entsetzt  Fliehenden,  inschriftlich  als  'Priestevin 
sonnen  (vgl.  Lucian.  Pro  imag.  7.  Tzetz.  Ante-  der  Troer'  bezeichneten  Frauengestalt  gleich- 
hom.  239)  hält  sie  die  Troerinnen  von  der  be-  falls  Theano  zu  erkennen  sein.  Theano  oder 
absichtigten  Teilnahme  am  Kampfe  erfolgreich  wahrscheiulicher  Hekabe  auf  einem  ^Homeri- 
ab,  ^in^/Swyni.  1,449  ff.  475.  Mit  ihrem  Ge-  sehen  Becher',  C.  Bobert,  Homerische  Becher 
mahl  Antenor  hat  sie  einst  den  Odysseus  und  {50.  Hallesches  Wiyickelmannsprogramm)  S.  43. 
Menelaos,  die  nach  Troia  gekommen  waren,  —  2)  eine  der  fünfzig  Danaiden;  ihre  Mutter 
um  Helena  zurückzufordern,  gastlich  aufge-  ist  Polyxo  (s.d.),  Apollod.  '■i,l,b. 
nommen,  Tryphiodor  659;  vgl.  Hom.  II.  S,  207  3)  Gemahlin  des  Königs  Metapontos  von 
Bd.  2,  Sp.  2781,  60  ff.  Noack,  Hermes  27  (1892),  Ikaria  (d.  i.  des  attischen  Demos  der  aegeischen 
457.  Zum  Danke  dafür  wird  sie  nebst  Mann  40  Phyle,  Wünsch,  Rhein,  Mus.  40  [1894],  103. 
und  Kindern  nach  der  Eroberung  Troias  von  Beloch,  Hermes  29  [1894],  605 ;  nach  v.  Wilamo- 
den  Griechen  geschont  und  wandert  mit  An-  tcitz,  Euripides  Herakles^  10  Anm.  22  gehört 
tenor  und  ihren  Söhnen  Helikaon  und  Poly-  Metabos— Metapontos  ursprünglich  nach  An- 
damas  nach  Illyrien  aus,  Serv.  zu  Verg.  Aen.  1,  thedon  am  Fuße  des  Messapiongebirges),  die  aus 
242.  Auf  Polygnots  Gemälde  in  der  Lösche  der  Furcht  wegen  ihrer  Kinderlosigkeit  von  ihrem 
Knidier  in  Delphoi  war  der  Auszug  des  Antenor  Gatten  verstoßen  zu  werden,  sich  an  Hirten 
aus  seinem  durch  ein  Pantherfell  gekennzeich-  wendet-,  mit  der  Bitte,  ihr  ein  Kind  zu  verschaffen, 
neten  Hause  mit  Theano,  seinen  Söhnen  Glau-  das  sie  unterschieben  will.  Die  Hirten  senden 
kos  und  Eurymachos  und  seiner  Tochter  Krino  ihr  die  zwei  Söhne  der  Melanippe,  der  Tochter 
dargestellt,  Patts,  a.  a.  0.  C.  Bobert,  Die  Iliu-  50  des  Desmontes  —  dieser  Vatersname  ist  aus 
persis  des  Polygnot  {17*"  Hall.  Winckelmanns-  dem  nicht  verstandenen  deaii&rig  herausgespon- 
programm)  S.  54.  P.Weizsäcker,  Polygnots  Ge-  neu  —  oder  des  Aiolos.  Melanippe  (s.d)  war,  weil 
mälde  in  der  Lesche  der  Knidier  in  Delphi  29  f.  sie  von  Poseidon  verfährt,  diese  beiden  Söhne 
Spätere  Quellen  —  nach  Welcker,  Der  epische  geboren  hatte,  von  ihrem  Vater  geblendet  und 
C^cZus  2,241  wahrscheinlich  aber  schon  So-  in  Gewahrsam  geworfen,  ihre  Kinder  ausgesetzt 
phokles  in  den  Adnaivai  {Nauck^  ^.210;  s.  da-  und  von  Hirten  gefunden  worden.  Diese  wer- 
gegen  Ferd.  Chavannes,  De  Palladii  raptu  64,  den  also  der  Theano  überbracht,  die  sie  unter- 
der  diese  Version  schon  für  die  kleine  Ilias  schiebt.  Später  gebiert  die  Theano  selbst  dem 
in  Anspruch  nimmt)  —  lassen  die  Theano  an  Metapontos  Z>villinge,  doch  dieser  wendet  seine 
ihrer  Vaterstadt  Verrat  üben,  indem  sie  das  60  ganze  Liebe  ausschließlich  den  älteren  —  sie 
Palladion  entweder  dem  Antenor  überläßt,  um  heißen  Boiotos  und  Aiolos  —  wegen  ihrer  Schön- 
es an  die  Griechen  auszuliefern  {Dictys  5,  8.  heit  zu.  Daher  sucht  Theano  diese  zu  beseiti- 
Cedrenus  1,  229,  18  ed.  Bonn.  Malalas  p.  109,  gen  und  ihren  eigenen  Kindern  die  Nachfolge 
10  ed.  Bonn:,  vgl.  Ferd.  Noack,  Der  griechi-  in  der  Herrschaft  zu  sichern.  Als  Metapontos 
sehe  Dictys  in  Philologus  Suppl.  6,  430.  475.  sich  einst  entfernt  hatte,  um  der  Diana  Meta- 
486 f.),  oder  selbst  dem  Odysseus  und  Diome-  pontina  zu  opfern,  offenbart  sie  ihren  Kindern 
des  das  Heiligtum  verrät,  Schol.  Ven.  B  Hom.  den  wahren  Sachverhalt  und  fordert  sie  auf, 
//.  6,  311  (p,  191,  30  Bekker  =  p.  303,8  Din-  den  Boiotos  und  Aiolos  auf  der  Jagd  zu  über- 


549                        Thearios  Thebaios                        550 

fallen  und  zu  töten.    Es  kommt  zum  Kampfe,  verweist.  Da.s  in  Inschriften  auH  dem  karisr-hen 
in  dem  mit  Hilfe  Poseidons  Boiotos  und  Aiolos  Thean^ela,  das  vielleicht  seine  (iründung  auf 
siegen  und  ihre  Gegner  ersclilagen.    Als  deren  Troizen   zurückführte  {Ilelbitj,    Göttinger    Gel. 
Leichen   in   die  Königsburg  gebracht   w^erden,  Nachr.  IHdii, '2b i.  Ä.  Wilhelm,  Östcrr.  Jahre nhefte 
tötet  sich   Theano   aus  Verzweiflung.     Boiotos  11  1 1908],  74),  crwäiinte  mpov  tov  yf7röU&)vos  roii 
und  Aiolos  befreien  von  Poseidon  über  die  Lage  ©sagiov  {\Vilh<im  a.  a.  0.  71  nr.  7,j.  72  nr.  8„  = 
ihrer  Mutter  unterrichtet,  diese  aus  dem  Ker-  Hicks,  C/amcal  revieir  3, 'IM  nr.  1,./,  vgl.  C.  Sviith 
ker,  töten  den  Desmontes,  führen  die  Mutter,  eftenda  p.  139)  ist  mit  den  Herausgebern  gleich- 
der   Poseidon    das   Augenlicht   wiedergegeben  falls  Troizen  zuzuweisen.  Ein  Kultus  des  Apol- 
hat,    zu    Melapontos    und    enthüllen    ihm    die  10  Ion  Thearios  ist  aus  ]Hnd.  Xem.  3,  70  ^122)  mit 
Treulosigkeit  der  Theano.    Dieser  heiratet  die  Schal,  wohl  auch   für  Aigina   aus  der  Erwäh- 
Melanippe  und  adoptiert  ihre  Söhne,  Hygin.  f.  nung  eines  Platzes  fi)suQiov^  der  dem  Apollon 
186  p.  117  Schm.    Dies  wird  im  allgemeinen  der  Pythios  gehörte,  zu  erschließen.     Gruppe,   Gr. 
Inhalt  der  MsXaviiini]  di6\L(bxi<s  des  Euripides  Myth.    139, 5.     Der    Beiname    (•^tdiiiog    hängt 
sein,  nur  daß  bei  diesem,  wie  M^ümch  a.a.O.  jedenfalls     mit    -O'fwpsfv,     -ö-tcopo?     zusammen 
98  flF.  102.  105  (vgl.  Er.  Müller,  De  Graecorum  (identisch    ist    der    von    Hcsych.  s.  v.  ©söaQiog 
deorum  partihus   tragicis  [lieUgionsgesch.  Ver-  bezeugte  Apollonbeinamen)  und   hat  ungefähr 
siiche  u.  Vorarbeiten  YlU^  3]  S.  105)  wahrschein-  dieselbe  Bedeutung  wie  nQo6^)iog,  Eni.  Jacobs, 
lieh   macht,   der   Mordanschlag    gegen   Aiolos  Thasiaca    (Diss.  Berlin    1893)    S.  43.     Bei    der 
und   Boiotos  von  Theano   und   ihren   Brüdern  20  Entsühung    des    Orestes    scheint    der    Apollon 
geschmiedet  wird,  nicht  von  Theano  und  ihren  Tb.  eine  Rolle  gespielt  zu  haben:   vor  seinem 
Söhnen,    die    bei    Euripides    wobl    überhaupt  Tempel  befand  sich   das   Zelt  des  Orestes,   in 
nicht  vorhanden  waren.  dem  dieser  bis  zu   seiner  Entsühnung  weilte, 
4)  eine  der  Töchter  des  Skedasos  (s.d.),  wo  Paus.  a.  a.  0.    Bd.  3    Sp,  980,  65  ff.     Wide,   De 
nachzutragen  ist  Er.  Pßster,   BeliquienTcult  im  sacris  Troezeniorum  21tf.     [Höfer.] 
Altertum  {Ueligionsgesch.  Versuche  u.  Vorarbei-  Thea  Soteira  {0sä  Zmxsiocc).    Eine   Altar- 
/en  5, 1)  S.  308  f.  und  besonders  X.  J/aZ^e>*,  jDas  inschrift   aus   Manawly    lautet:    @Bcc{i)   Zcorsi- 
Pferd  im  Totenglauben  in  Arch.  Jahrb.  29  (1914),  (>rj(t) .  .  .&vBd'r\%s,  Keil  und  v.  Prcmerstein,  Be- 
214  ff. :    der   Name    der   einen    der  Leuktrides  rieht  über  eine  dritte  Reise  in  Lydien  {Denkschr. 
MiXr,ticc  ist  wohl  in  MoXTticc  zu  ändern;   kon-  30  d.  Wien.  Akad.  57,  I  [1914J)   S.  14  nr.  17    mit 
stant    kehrt   in    allen    Namensangaben   (Innw,  dem   Bemerken:    ^Ob    unter   der  Q-eu  ZmxHga 
Ev^LTtTCTi)  die  ""Stute'  wieder.   Man  hat  sich  die  eine  bestimmte  Gottheit,  etwa  Artemis-Hekate, 
toten    Jungfrauen    als    in   der   Gestalt   weißer  oder  eine  nicht  näher  bezeichnete   Form   der 
Stuten  umgehen   zu  denken   (S.  214,  3);    nach  kleinasiatischen  weiblichen   Hauptgottheit   zu 
anderer  Tradition  werden  sie  auch   in  Wolfs-  verstehen  ist,  bleibt  dahingestellt.'    Ygl.  d.  Art. 
gestalt  erscheinend  gedacht  (S.  239,  20);  darauf  Soteira,  wo  Sp.  1247  nr.  XXI  f.  Stellen  angeführt 
führt  die  Erzählung  bei  Paus.  9, 13,  4  f.,  nach  sind,  wo  Soteira  auch  ohne  Namensbeifügung 
der  die  in  den  Herden  des  Kleombrotos  ein-  einer  bestimmten  Göttin  erscheint.     [Höfer.] 
brechenden  Wölfe    ein   nijvii^ia   der   Skedasos-  Tliel)a[i]genes  (077(?ckr[i]-/8vr]V)>  Beiname  1)  des 
töchter  waren   (Deneken  in  Röscher,   M.  L.  1,  40  Dionysos,   Dionys.  Per.  623.    Schal.  Soph.  Ant. 
2472,  24  ff   Röscher,  Kynanthropie  61).    Zu  den  154  (6  ©rjßaYSvrjg  Jlovvgo?,  ö  rrjt  @ri§r\g  tcoU- 
unter  Skedasos  angeführten  Belegstellen  kom-  rris);  vielleicht  auch  Anonym.  Laur.  hei  Schäu- 
men   Gregor.   Naz.   or.   4   in   Julian   1   p.  109  Studemund,   Anecd.  var.  Gr.  et  Lat.  1,  268, 17, 
{Migne  35, 592)  und  Cosynas  ad  Carm.  Gregor.  wo    @rivccioysvT]s    steht.    Vgl.   Thebaios   4.    — 
bei  Migne  88,  621  f.  — 5)  Gemahlin  des  Troers  2)  des  Herakles,  Hes.  Theog.  530.    Schal.  Soph. 
Amykos,  Mutter  des  Mimas  (s.  d.  nr.  6),  Verg.  Trach.  116;   vgl.  0.  Jahn- Michaelis,  Griechische 
Aen.  10,  702.  —  6)  s.  Theo.     [Höfer.]  Bilderchroniken  S.  44  mit  Anm.  294  und   den 
Thearios  {QedQios).,  Beiname  des  Apollon  in  Art.  Thebaios  nr.  3.  —  3)  des  Polyneikes,  Eur. 
Troizen;   sein   Tempel,  eine   Stiftung  des  Pit-  Suppl.i3Q.  —  Über  die  Form  des  Namens  vgl. 
theus,  lag  an  der  Agora  und  galt  für  eines  50  W.  Schulze,  Quaest.  ep.  508.    Pott,  Kuh^is  Zeit- 
der  ältesten  Heiligtümer,  Paus.  2,  31,  6.    Bur-  schrift  für  vergl.  Sprachforschung  9  (1860),  345. 
sian,  Geogr.  v.  Griechenl.  2,  89.  —  Inschriftlich  Düntzer  ebenda  12  (1863),  4.     [Höfer.] 
wird  das  Icxgov  rov  kxöXXcovog  xov  Osagiov  in  ThebaieiiS   (Qrißaisvg),    Beiname    des    Zeus» 
Troizen  erwähnt:  —  a)   Corr.  Hell.  17  (1893),  Herod.  1,182.  2,42.  54.  4,181;  s.  Thebaios  nr.  1. 
103  nr.  24,  e  =  Michel,  Recueil  d'inscr.  Gr.  170  [Höfer.] 
nr.  116  =  Dittenberger,   Sylloge   2^  473,^   p.  82  Thebaios  (Srißatog)   l)  Als  Zsvg  0rißcciog — 
=  I.  G.  4,  748^5   (im  Index  p.  399    steht    irr-  oder  Orißccisvg  (a.  d.)  —  wird   der   ägyptische 
tümlich   7I85).  —  b)   Corr.  Hell.  a.  a.  0.  110  Ammon,    der    Gott    von    Theben,     der    nach 
nr.  28  =  /.  G.  a.  a.  0.  755io-  —  c)  Iccqov  'AnoX-  Spiegelberg,  Zeitschr.  f.  ägypt.  ^Sprache  49,  127  f. 
Xcovog  xov  GaccQLcc  {so  l),  Inschrift  des  Cyriacus  60  ein   Gott   der  Luft   ist,   infolge   seiner  Gleich- 
von  Ancona,  mitgeteilt  von  R.  Sabbadini,   Ci-  setzung    mit    Zeus    bezeichnet,    wie    ja    auch 
riaco  d' Ancona  e  la  sua  descrizione  autografa  Thebai  JiööTtoXig  heißt,  Eust.  ad  Dionys.  Per. 
del  Pelopanneso  trasmessa  da  Leonardo  Balta  211.  Eudocia  Viol.  75  (p.  83  Flach).  Der  grie- 
in  Miscellanea  Ceriani  (Mailand  1910)  S.  227  f.  chische  Text  der  Weihung  eines  Bronzegefäßes 
(nicht    S.   221,    wie    Revue    des   etudes   gr.   24  aus  Memphis  (6.  Jahrh.  v.  Chr.)  lautet:  MiXdv- 
[1911],  309  angegeben  ist).   Vgl.  auch  i^r.  P/^s^er,  Q-iog  [la  ccvsd-riTcs  xä    Zrjvl   @r}ßai(ü   aTiccX^a,   S 
Reliquienkult  im  Altertum  61  Anm.  192,  der  auf  Birch,  Zeitschr.  f.  ägypt.  Sprache  9  (1871)  119. 
den  troizenischen   Namen  QccQig  {I.  G.  4:,S06)  C.Smith,  Class.  Review  6  (1891),  18.   Arch  Anz.6 


551  Thebaios  Thebe  552 

(1891),  59.    Maltet ,  Les  pretniers  etahlisseiiieuts  Tbobe   {(r^ßri)^  Heroine  und   Epouyme  ver- 

des  Grecs  en  EgypU  (Paris  1893)  p.  4471'.  Frei-  achiedener  Städte  gleichen  Namens,  (die  zum 

sigke,  Satnmelbuch  griech.  Urkunden  aus  Aegyp-  Unterschiede  von  der  Eponyme  gewöhnlich  in 

ten  1694  pl47.    Eine  Weihung  aus  Naukratis  Pluralbildung  auftreten  ©»j/??] :  fifißui  =  *A^ifivri', 

ist  gleichwlls  z/ii  Öij^aio)  dargebracht,  P/inffer«  *A^vcti  =^  Mvy.r]vr\'.  Mi'x^vat,  Usener,  Götier- 

JPeirie,  Naukratis  1, 63,  2  plate.  30,  2.  Preiaigke  namen  232.  v.  Wilamoiritz,  Kuripidcs  Herakles 

ft.  a.  0.  2463  p.  198.    Ob  die  Ergänzung  einer  66^  Anm.  14)  und  demnach  genealogisch  vor- 

zweiten  Inschrift  aus  Naukratis  {Petrie  a.  a.  0.  schieden  eingereiht.    Sie  ist 

61,122):  To*  ZTjvi  r«  l^^ßaim]  durch  C  Smith  I.  Eponyme   von  Theben  in   Boiotieu    und 

a.a.O.  das  Richtige  trifft,  ist  zweifelhaft    Vgl.  lo  als  solche 

auch  Pto<o,  P/wedr.p.  276  b  vgl.  mit  p.  274 d,e.  a)    Tochter    des     Prometheus    und    einer 

2)  Als  Beispiel  von  Mensch envergötterungen  Nymphe,  Steph.  Byz.  s.  v.  Srjßri  =  Herodian 
bei  den  Ägyptern  {r&v  xag*  Alyvittloig  &v^Qm-  ed.  Lente  1,  809,  7.  Über  die  Verbindung  des 
%mv  3toT^,  yivo^ivtov  Ss  &v^QGinixi  S6\^  ö-ewv)  Prometheus  mit  Theben  s.  Bd.  2  Sp.  2536  (s. 
nennt  Clem.  Alex.  Stromat.  1,21  p.  399.  400.  v.  Megaloi  Theoi)  Bd.  3  Sp.  3037, 11  ff.  Sp.3040, 
Pott  (=  869    Migne  =  2,  83,  8   Stählin)   den  40  ff.  (s.  v.  Prometheus). 

*£p^})ff  6  Srißttiog  und  den  koxXrixiog  6  Mtn-  b)  Tochter  des  Amphitryon,  J^Jtym.  M.  Flo- 

q>ivrig.    Nach  K.  Setfit,  Imhotep,  der  Asklepios  rent.  bei  M.  E.  Miller,  Melanges  de  litterature 

der  Atgypier  9=  Untersuchungen  zur  Gesch.  u.  fjrecque  p.  168  s.  v.  &i^ßt]. 
Altertumskunde    Aegyptens    2,  101    ist    dieser  20        c)  Tochter  des  Zeus  und  der  lodama:  T^shg 

*Eif(ifjg   6    Grißaiog   identisch    nicht    mit    dem  fityslg  'lodd^a  .  .  .  ysvvu    ©i^ßriv   r^v    diScoaiv 

alten  Gott  von  Hermopolis,  sondern,  wie  der  Alyvntay  &(p'  ov  'Slyvylri  V  ^vßl^  so  berichtet 

Zusatz  6   Orißalog  lehre,  mit  einem  jüngeren  nach  der  Rezension  von  Scheer  {Scholia  in  Ly- 

Gott  Toth,  einem   Lokalgott  im  Gebiete  des  kophr.  2  p.  347)  Lykos  von  JRIieyion  {F.  H.  G.  4 

alten  Thebens,   dessen   Tempel   aus   der   Zeit  p.  667  a  frgm.  14  a  [das  angeblich  zweite  Frag- 

des  Ptolemaios  bezeugt  ist  {Lepsius,  Denkmäler  ment  des  Lykos  von  Bhegion  (F.  H.  G.  4,  667 

Text  3, 186 ff.),  und  der  ursprünglich  ein  ver-  fr.  14b  ist  zu  streichen;   es  beruht  auf  einem 

götterter  Hoherpriester  von  Memphis,  namens  Irrtum  C.  Müllers,  der  die  unten  s.  11  a.  E.  er- 

De-h6  griech.  T^oog,  gewesen  sei.  Dagegen  er-  wähnte  Stelle  aus  Rufin.  Becogn.  nicht  selbst 

hebt  W.  Spiegelbergt  Zeitschr.  f.  äaypt.  Sprache  so  eingesehen,  sondern  aus  Unger,  Theb.  Paradoxu 

46  (1909),  89  f.  Bedenken  und  erklärt  den  Bei-  63  abgeschrieben  hat] ;  vgl.  W.  Radtkc,  Hermes 

namen    als    'Thot  erhört';    der   Beiname    sei  36  [1901],  47   Anm.  1)  bei  Tzetz.  zu  Lykophr. 

dann  dem  Gottesnamen  selbst  noch  hinzuge-  1206.    Die  Vulgata  hat  für  Alyvntm:  '^yvyco, 

fügt  worden.  dessen  Erwähnung  durch  die  folgenden  Worte : 

3)  Beiname  des  nach  der  späteren  (i?.  Wi7a-  aqp'  ov  'Slyvyir]  rj  Grißr]  gefordert  wird,  und 
mowitz,  Euripides  Herakles*  62.  Friedländer,  so  schreiben  auch  Chr.  GoUfr.  Müller  in  der 
Rheiti.  Mus.  69  [1914],  341  Anm.  1)  Überliefe-  Ausgabe  des  Tzetzes  zu  Lykophr.  2  p.  958, 
rung  in  Theben  geborenen  Herakles  —  ein  Carl  Müller,  F.  H.  G.  a.  a,  0.  und  Radtke  a. 
ßmii^g  'HgccKUovg  ©rjßaiov  befand  sich  aber  a.  0.  ^Slyvyto^  während  Sclteer  vermutet:  Aiyv- 
auch  in  Gadeira,  Philostr.  vit.  Apoll.  Tyan.  5,  40  tttco,  Sccp'  ov  (^"Slyvyog,  öd-avy  'Slyvyir]  17  Q^ßri- 
4;  vgl.  Eust.  ad  Dionys.  Pers.  451  p.  184,  26  f.  Die  Lesart  'Slyvym  wird  auch  durch  die  Notiz 
Bernh.  — ,  Paus.  6,  8,  8.  8,48,1.  Varro  bei  im  Schol.Aristid.  Panathen.  p.iilS,  27  f.  emipioh- 
Serv.  ad  Verg.  Aen.  8,  664.  Ammian.  Marcell.  len,  wonach  Thebe  die  Gemahlin  des  Ogygos 
16,  10,9  (p.  64,23  Clark).  Arnob.  advers.  nat.  ist;  freilich  werden  die  beiden  hier  als  attische 
1,36  (p.  23, 22  Reifferscheid).  4,22  (p.  158,24).  Autochthonen  bezeichnet,  die  nach  Ägypten 
Isidor,  Orig.  14,4,11;  vgL  Hirzel,  Berichte  über  gekommen  seien,  wo  Ogygos  die  Stadt  Theben 
die  VerhancU.  d.  K.  SäcJts.  Gesellsch.  d.  Wiss.  gegründet  habe  (s.  unten  nr  III). 
Phü.-hist.  Gl.  48  (1896),  328.  Identisch  (vgl.  d)  Tochter,  und  zwar  neben  Aigina  die 
über  den  synonymen  Gebrauch  von  Orißatog  jüngste  {Find.  Isthm.  8  [7],  19  f.  [37  f.]  und 
und  BoMorog  J.  Beloch,  Klio  Beiträge  zur  alt.  f-o  Schnl.  z.  d.  St.)  des  Asopos,  und  zwar  nach  the- 
Gesch.  6  [1906],  39  f.)  mit  dem  'JfpaxX^?  Sri-  banischer  Sage  des  boiotischen,  nach  der  Sage 
ßatog  ist  der  'HgaxXfjg  BoimtLog,  Plut.  de  Herod.  der  Phliasier  des  phliasischen  Flußgottes  glei- 
maligr.  14;  eine  Weihung  der  Delphier  gilt  eben  Namens  (Patts.  2, 5, 2.  Friedländer,  Rhein. 
'Hga'KXet    Boi(otlg)[l]  ,     Pomtow ,    Berl.    Philol.  3fws.  69  [1914],  300  Anm.  5)  und   der  Metope 

Wochenschr.  1909,  316.  Anm.  1911,  61.     Philo-  (s.  d.),  Pind.  Ol.  6,84  (144)  und  Schol.  z.  d.  S. 

logus  71  (1912),  43.  Herod.  5,  80.    Diodor.  4,  72.    Etym.  M.  450,  44 

4)  Beiname  des  Dionysos  (vgl.  Thebaigenes),  s.  v.  ©rißri.  Schol.  Pind.  Nem.  4,  30.  36.  Schöl. 
Arrian.  Anab.  2, 16,  3.  5, 1,  2  (vgl.  W.  Quandt,  Pind.  Pyth.  4,  25.  ScJiol.  B.  L.  Hom.  11.  2,  505 
Diss.  Phil.  Hai.  21  [1913],  2,  177).  Eust.  ad  (p.  81  Bekker).  Schol.  Tzetz.  Exc(j.  Hom.  II. 
Dionys.  Per.  623. 1153  (p.  313,3.  316,  7  Bernh.).  60  p.  132,  8.  145,  20  Hermann.  Nach  Schol.  Pind. 
Tzetz.  Chüiad.  8,  584.  Isthm.  8  [7],  37  war   die  sonst  als  Mutter  der 

5)  Beiname  des  Teiresias  (s.  d.),  Hom.  Od.  Thebe  genannte  Metope  ihre  Schwester,  und 
10,492.  11,90.  165.  Tzetz.  zu  Lykophr.  Alex.  nach  Oc.  Amor.  3,6,33  ist  Asopos,  der  sonst 
684  (p.  226,  29  Scheer).  als  Vater  der  Thebe  erscheint,  ihr  Gatte,  dem 

6)  Eigenname:  Troer,  Vater  des  Eniopeus  sie  fünf  Töchter  gebiert.  Wenn  Alex.  Berg, 
(8.  d.),  Hom.  II.  8, 120  und  Schol.  Townl.  z.  d.  Des  Publ.  Ovid.  Naso  erotische  Werke  1, 107 
S.     [Höfer.]  Anm.  aus  dem  von   Ovid  b..  a.  0.  der   Thebe 

Thebanische  Kriege  s.  am  Schluß  des  T.  gegebenem   Epitheton    'Martia'    schließt,    das 


553  Thebe  Thebe  554 

Mars    mit  Thebe    die   Ov.  a.  a.  O.  3, 0, 41    ge-  deusarkophag     des     Lateranischen     Museums, 

nannte   Euadne  (s.  d.  nr.  5)   gezeugt  habe,  so  während   W.  Heibig,   Führer  durcJi  die  ö/fent- 

ist    data    eine    unerwiesene    Vermutung.    Nach  liehen   Saminlungen   klasa.   Altert,  in    Hom  2', 

Pirui.  Jsthni.   a.  a.  0.   und  Schal,  i.  d.  St.   (vgl.  43   nr.  1209   in   der  von  Htark  als  Thebe   be- 

PrxM«.  5,  22,  6)  erregten   die  Asopostöchter  Ai-  zeichneten  Figur  eine  Bergnymphe  erblickt), 
gina  und  Thebe   den   Gefallen   des   Zeus,    der  Auf  zwei  homerischen  Bechern,  deren  eine 

sie    raubte   und    zu   seinen   Geliebten   machte,  im  engen  Anschluß   an   tJuripides'  Phoinissai 

und    so    wird    wohl    auch    Korinna   (Berliner  den  Zweikampf  der  Oidipussöhne,   der  andere 

Klassikertexte  5,  2  S.  32  v.  öl  ff.  und  v.  Wila-  die  sterbenden  Brüder  zeigt,  erscheint  als  Zu- 

motvitz  ebenda   S.  50)   von  dem   Raube  dieser  lo  schauerin,    auf    einem    Felsen    thronend,    die 

beiden  durch  Zeus  gesungen  haben.    Die   von  Stadtgöttin,    auf   dem    ersten    (in  London  be- 

den  Phliasiern  nach  Olympia  geweihte  Gruppe  findlichen)  Becher  mit  der  Beischrift  f)HBHy 

stellte  die  Entführung  der  Aigina  durch  Zeus  H.  B.  Walters,  Class.  rewiew  8  (1894),  326.  Cat. 

im    Beisein    ihres    Vaters    Asopos    und    ihrer  of  the  greek  and  etruscan  vases   in    the   Brit. 

Schwestern,  unter  ihnen  der  Thebe,  dar,  Paus.  Mus.  4,  p.  254  nr.  9104  pl.  16.  C.  Robert,  Arch. 

5,22,6.  Overbeck,  Gr.  Kunstmythol.  2,399.  Br.  Jahrb.  23(1908),  195  Taf.  6N  p.  191.  C.Robert, 

W.    Sauer,     Die    Anfänge     der    statuarischen  Oidipus   1,  152   Abb.  58,  —  auf  dem  zweiten 

Gruppe  29.     Eine  ganz   ähnliche   Darstellung  (in  Halle  befindlichen)  Becher  mit  der  Beischrift 

findet   sich   auf  einem  Vulcenter  Stamnos  des  0HBAIA,  Arch.  Jahrb.  &.&.  0.  Ta.t  60  p.  190f. 

Vatican,    Mu^.   Gregor.  2, 20.     Braun,   Antike  20  Oidipus   1,  453   Abb.  59.    Auf  der  Vase   Gort, 

Marmorwerke    1,6.     Overbeck    a.  a.  0.    2,400  Mus.  etr.  1   Taf.  IZO  =  Arch.  Jahrb.  20  (1906) 

nr.  4.     M\  Helhig,    Führer   durch    die    öffentl.  Taf.  7   erkennt  Engelmann,   Arch.  Jahrb.  a.  a. 

Samml.  klass.  Altert,  in  Rom  1',  314  nr.  504.  0.  187   in   der  untern  Gruppe  den  Zweikampf 

Nach  Apollod.  3,  5,  6^  (vgl.  Paus.  9,  5,  6)  ist  des  Eteokles  und  Polyneikes,  in  dem  Mittel- 

Thebe  die  Gemahlin  des  Zethos  (s.  d.).  bild    den    Opfertod    des    Menoikeus    und    den 

Auch  als   Stadtgöttin  baw.  Lokalpersonifi-  Kampf  zwischen  Tydeus  und  Periklymenos  in 

kation  (vgl.  Pind.  Isthm.  1,1.  7,1.  Schal.  Pind.  Gegenwart  der  Thebe,  der  Personifikation  von 

Pyth.  4,  25)    erscheint    Thebe.    Im   Asklepios-  Theben. 

tempel  von   Messene  befand  sich  eine   Statue  II,   Eponyme   des  hypoplakischen  Theben, 

der  Thebe  von  der  Hand  des  Damophon,  Paus.  30  Tochter    des    Adramys,    eines    Pelasgers,    des 

4,  31, 10.  C.  Robert,  Hermes  29  (1894),  434.  Als  Ktisten  und  Eponymen  von  Adramyttion,  deren 

Zuschauerin  bei  dem  Kampfe  des  Kadmos  er-  Hand  von  diesem  demjenigen  zugesagt  wurde, 

scheint  Thebe  auf  zwei  Vasengemälden :  der  in  einem  Wettkampf  und  Wettlauf  {"A-^ga- 

a)  Vase  des  Assteas,  jetzt  in  Neapel,  H.  ^vg  mit  cc  intensivum  zu  dga^islv  Tümpel  bei 
Heydemann,  Die  Vasensammlung  des  Museo  Pauly-Wissowa  s.  v.  Adramys.  P.  Friedländer, 
Nazionale  zu  Neapel  ;^226  p.  523  (vgl  Arch.  Argolica  11  Anm.  26;  \g\.  a^uch.  P.  Friedländer, 
Zeit.  29  [1872],  36.  Welcker,  Alt.  Denktn.  3,  388.  Herakles  [Philologische  Untersuchungen  19]  S. 
H.  Brunn,  Gesch.  d.  griech.  Künstler  2,662=  160  Anm.  3)  siegen  würde.  Der  Preis  fällt 
451^.  W.  Klein,  Die  griech.  Vasen  mit  Meister-  dem  Herakles  zu,  der  die  Thebe  heiratet 
Signaturen'  209  f.  nr.  4.  P.  Kretschmer,  Die  40  und  am  Fuße  des  HXccxlov  ögog  eine  Stadt 
grieeh.  Vaseninschr.  222,206);  abg.  Millingen,  gründet,  die  er  nach  seiner  Gattin  &rjßr]  be- 
üned.  ancient  monum^nts  26.  Mus.  Borbanico  nennt,  Dikaiarchos  frgm.  11  {F.  H.  G.  2,238; 
14,  28.  Dubais- Maisonneuve,  Inirod.  pl.  2.  Wie-  vgl.  Ed.  Schwartz,  De  scholiis  Homericis  ad 
ner  Vorlegeblätter  1  Taf.  7.  Röscher,  Myth.  Lex.  histor.  fabul.  pertin.  in  Jahrb.  f.  klass.  Phil. 
2,  Sp.  830.  Baumeister,  Denkmäler  770  Abb.  8  Suppl.  12,  441)  im  Schal  Toivnl.  Ven.  B.  Hom. 
(Beischrift  &HBH.    C.  Z.  G^.  4,  8481).  II.  6,396;   vgl.  Schal.   Townl.  Hom.  II.  1,366. 

b)  Hydria  aus  Vulci,  jetzt  in  Berlin  {A.  Eust.  ad  Hom.  II.  649,  45  ff.  K.  B.  Stark,  Niobe 
Furtwängler,  Beschreib,  der  Vasensamml.  im  399.  Statt  des  Adramys  wird  im  Schal.  Ven. 
Antiquarium  2634  p.  744.  Heydemann,  Arch.  A.  Ham.  II.  6,  396  auch  Granikoe  als  Vater 
Zeit  29,  35  f.  P.  Kretschmer  a.  a.  0.  212);  abg.  50  der  Thebe  genannt;  vgl.  Gruppe,  Gr.  Myth. 
Gerhard,  Etr.  u.  campan.  Vasenb.  Taf.  C  3.  4.  309,  2.  3.  —  Auf  Münzen  von  Adramyttion  er- 
Welcker,  A.  D.  3,  Taf.  23,  1  (vgl.  p.  389).  scheint  das  Brustbild  der  hier  wohl  mehr  als 
Wiener  Vorlegebl.  1,  7.  Beischrift:  ©HBA  (0.  Stadtgöttin  aufzufassenden  @HBH  mit  Mauer- 
I.  G.  4,  8426).  kröne,  H.  v.  Fritze,  Die  antiken  Münzen  My- 

Mit  großer  Wahrscheinlichkeit  wird  Thebe  siens  S.  33  nr.  99.  100  S.  56  nr.  170  (vgl,  S.  7). 

auch  auf  einer  rf.  Hydria  des  Louvre,  auf  der  —    In    Zusammenhang    mit    dem    Hypoplaki- 

gleichfalls  der  Drachenkampf  des   Kadmos  —  sehen  Theben  muß  wohl  auch  die  von  Diodar 

aber  ohne  Beischrift  zu   den  Figuren  —  dar-  5,  49,  3  angeführte  Genealogie  gebracht  werden, 

gestellt    ist,    zu    erkennen    sein    (abg.   Miliin,  wonach  Thebe  die  Tochter  des   Balix  ist,   die 

Man.  ant  ined.  2  pl.  26  p.  119  ff.  Gall.  Mythol.  60  den  Korybas^   den   Sohn  der  Kybele  und  des 

98,  395.     Peintures   de   Vases   2,  7.     Inghirami,  lasion  heiratet.  Denn  ihr  Name  und  der  Name 

Vasi  fittili  3,  239.    Raoul.-Rachette,  Man.  ined.  ihres  Vaters  Kilix  weist  auf  die  noXig  KiXiv,(ov 

4,  2),   Welcker  a.  a.  0.  388.    Heydemann,  Arch.  @rißr]  vipLTCvXog  Hom.  II.  6,  545.  Quillt.  Smyrn. 

Zeit.  29, 36.     Pariser    Antiken    {12.   Hallisches  3, 545,   wie    der   Name   ihres    Gatten   Korybas 

Winckelmannspragr.)   52,45.     Unsicherer   sind  naeh    der    Troas    (vgl.  Bd.  2    Sp.  1608, 59  ff.), 

weitere  Deutuugen  auf  Thebe,  Panafka,  Arch.  Und  schließlich  gehört  hierher  auch  die  Notiz 

Zeit.  4  (1846),  223  (etruskischer  Spiegel).  221  bei  Rufin.  Recognit.  10,  21  {Migne  Patrol.  Ser. 

(Henkelverzierung).  Stark,  Niobe  196  f.  (Niobi-  Gr.  1  p.  1432),  daß  Thebe  und  ihr  Bruder  Lo- 

RoscHER,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.     V.  19 


555                        Thegylis  Theiodamäs                      556 

kro8  Kinder  des  Zeus  und  der  Megakleite,  der  'ßxfavot)),  bei  Eust.  ad  Hom.  Od.  1864,  34.  Suid. 

Tochter  des  Makareus  sind.    Dies  führt  nach  s.  v.  KEQn<o7csg  (p.  222,  6  Beruh.)  sind  die  Ker- 

Lesbos:    denn  Megakleite  ist  sicher  mit  Me-  kopen  Söhne  der  Th.  und  des  Okeanos  {Oelag 

gaklo  (s.  d.),  der  Tochter  des  lesbischen  Makar  xal  'SUsavov.    Im  Schal.  Hom.  B  M  11.  24,  316, 

(g.  d.)  bzw.  Makareus  (s.  d.  nr.  1)  identisch.  wo  von  den  Kerkopen  gehandelt  wird,  emen- 

111.    Eponyme   von    Theben    in    Ägypten.  diert  Loheck,  Aglooph.  121)9   statt   des  unver- 

Schon  oben  (I,  3)  ist  Thebe  als  Gemahlin  des  ständlichen  ^^läaovg:  Gsiae  viovg.    Zur  Etymo- 

Ogygos    erwähnt    worden.     Nach    Porphyrios  logie  des  Namens  Qeia,  den  E.  Braun,  Rhein. 

{Porj^yrii  Quaest.  Hotner.  ad  Jliad.pertin.  ad  Jtfu«.  N.  F.  7  (1850),  198  von  der  goldgelben 
Schröder  p.  138)  im  SehoL  Ven.  B.  Hom.  II.  9,  lo  Farbe  des  Schwefels  (!)  ableitet,   vgl.  Ahrem, 

888  (vgl.  auch  Schol.  Touml.  a.  a.  0)  war  Thebe  Kuhns  Zeitschrift  für  vergl.  Sprachforschung  8 

Tochter  des  Neilos,  an   dessen  Stelle  andere  (1854),  173 if.  176.    [Höfer.] 

den  Epaphos  oder  den  Proteus  oder  auch  den  Theias  (Geiag)^  Sohn  des  assyrischen  Könige 

Libys  nannten.    Die  'Si^ßri  ii  Alyvnxia*  (vgl.  Belos,  Gemahlin  der  Nymphe  Oreithyia,  ulnton. 

Nonn.    Dionys.   4,304.   6,86.   41,270:    öij|3rjs  Xt6.  34, 1,    Vater  der  Myrrha  (oder   Smyrna), 

&Q'lsy6voio   q>$Qaw(ios   irclsro    Si^Bri)   ist   von  mit  der  er,  ohne  es  zu  ahnen,  blutschänderisch 

Zeus  Mutter  des   'vierten*   Herakles,   Lyd.  de  verkehrt  (das  Nähere  s.  unter  Adonis),   Pany- 

mens.  4,46  (=4,67  p.  122,2  Wuensch),    nach  assts  bei  Apollod.  3,14,4.  Antimachos  {Schnei- 

einem  'i«ro^ixös'   bei  Tzete.  zu  Lykophr.  1206  dewin,  Philologus  3  [1848],  250,  4.    Stiehle,  Phi- 
erzeugt  Zeus  mit  Thebe  den  Aigyptos.  —  Eine  20  lologus  4  [1849],   389   vgl.  Bergk,   Poet.  Lyr. 

Art   Personifikation    des   ägyptischen   Theben  Gr.  2*,  293)  bei  Prob,  ad  Verg.  Eclog.  10,  18. 

findet  sich  in  einem  ganz  späten  Gedicht,  das  Anto7i.  Lib.   34,  1  ff .    Tzetz.  zu    Lykophr.  829 

die    azaxvmSris    ftij"jp    ^vß^    preist,    Berlin.  (p.  265,  27  ÄcÄeer).    jEii«^  zu  ^om.  7/.  1168,  32. 

ElassikertexU  5,2,147.     [Höfer.]  Schol.   Oppian.   Hai.   3,403.    Schol.    in    Tzetz. 

Thegylis    (SriyvXig),    Beiname    der    Athena,  Exeg.    II.    p.  138, 5    Hermann.     Bei    Cramer, 

Steph.  Bye.  s.  v.  Ha^upvliu.  Drdko  Straton.,  De  Anecd.  Gr.  Paris.  4, 183,^:    Qstdg:   'O  ßvXXiog 

metris  poeticis  (ed.  G.  Hermann)  p.  76,  22.  He-  ov  ijQccGd-ri  rj  Q^vydtriQ  Mvqqu  wird  zu  schrei- 

rodian.  ed.  Lentz  1,91,28.     [Höfer.]  ben  sein:  Qüag  ö  BvßXiog^  ov  x.  r.  X.    In  der 

Theia  (öcta).  1)  Tochter  des  Uranos  und  der  auf  einen  sonst  unbekannten  Zoilos  ziirüekge- 
GaiÄ,  eine  der  Titaniden^J/cs.TÄco^r.  135.  (Auch  so  führten  Notiz  im  Etym.  M.  117,36   {Meineke, 

Hes.  Theog.  19   will   Peppmüller  [s.  d.  Adtiot.  Anal.  Alexandr.  279)  xriv  yccQ  QsiavTog  ^ririgu 

von  Rzach  z.  d.  St.]   statt  'Hm  :  Gsiccv   lesen).  oi  2^vQvat%   &XX'  kmccv  -naXavoi,  (die  Kyprierj 

Orph.  frgm.  96 ,  2  Abel  (vgl.  Proclus   ad   Plat.  korrigiert  M.  Haupt,  Observat.  crit.  2  (=  Opu^- 

r«m.  297A  ed.  DieW  3, 189,  6).  Clem.  Rom.  Ho-  cula   1,74)   firiT^ga   in   d-vyar^ga.     Nach   dem 

mil.6,2  {Migne  Ser.  Gr.  2,  IdG,  wo  Bsd  steht).  Schol.   Townl.  Hom.  II.   11,20    und    Eust.  zu 

Rußn.  Recogn.  10, 17   {Migne  a.  a.  0.  1, 1429).  Hom.  II.  827,  4  (darnach  ist  Blccvtog  im  SchoL 

10,  81  (p.  1487).  Cyrill.  Al^.  c.  lul.  2,  63  Aubert  Ven.  B.  Hom.  11,  20  in  Qsiavtog  zu  verbessern) 

t.  9  c.  681  BM.  Apollod.  1,1,3    Comut.  de  nat.  ist  Theias  Vater  der  Kinyras   (s.  d.),  der  bei 

deor.  17  p.  94  Osann.  In  der  Ev^i}  «pos  Mov-  anderen  als  Vater  der  Myrrha  genannt  wird. 
calop  19,  wo  bei  G.  Hermann  und  Abel  steht  40  Als  Theias  die  unselige  Handlungsweise  seiner 

Aritm  T*  svnXo-KUfiov  &£lriv  ös^iv^v  ts  ^imvriv  Tochter  erkennt,  legt  er   Hand  an  sich,  Ant. 

schreibt  0.  Kern,    Genethliakon    Karl  Robert  Lib.  34, 6.    Zur  Etymologie  des  Namens  vgl. 

zum  8.  März  1910  S.  95:  A-^rm  r*  «-ßxXoxaftov,  Ahrens  an  der  am  Ende  des  Art.  Theia  ange- 

Osiriv  6sfivi^v  t£  jdiatvTiv.  Von  Hyperion  (s.  d.)  führten  Stelle.     [Höfer.] 

ist  Theia   Mutter  des   Helios   {Pind.  Isthm.  5  Theinaecus.    Der   hispanische    Gott   Cosub 

4],  1  und  dazu  v.  Wilamowitz,  Sitzungsber.  d.  (Cososus)    der   wohl    dem   Mars    gleichgesetzt 

'erl.  Akad.  1908,  330.    Schol.  Pind.  a.  a.  0.  2.  wurde  (Coso  M(arti?),  C.  I.  L.  2,  5071  p.  706  = 

lulian.  er.  4  p.  136  c  [=  1, 176, 15  Hertl.'].   Schol.  Suppl.  5628;  vgl.  5960)  erhält  auf  einer  ande- 

Hom.  Toicnl.  9,  480.  Et.  M.  und  Et.  Gud.  s.  v.  ren  hispanischen  Inschrift  das  Epitheton  Thei- 
^Tntgiaiv.  Schol.  Hom.  1,8.  Schol.  Apoll.  Rhod.  50  naecus:   Coso   Theinaeco  .  .  .  pos(uit)  ex  voto, 

464.   Schol.  Eur.  Troad.  856.    Phoen.  175;    vgl.  Boletin  de  la  Real  Academia  de   la  Hittoria 

Rapp  Bd.  1,  Sp.  2016,  4ff.),  der  Selene  {Schol.  61  (1912),  535,  wo  Theinaecus  =  ('^sivai-nog  von 

Apoll.  Rhod.  Schol.  Eur.  Troad.  Phoen.  a.  a.  0.,  dem  griechischen  ^sivco  abgeleitet  wird,  was 

vgl.  i2o«cÄ€r  Bd.  2,  Sp.  3160,  2  ff.)  und  der  Eos,  wohl    kaum    anzunehmen    ist.     Die    Inschrift 

Hes.  Theog.  371  ff.  {Schol.  Pind.  Ol.  7,  72.   Am-  kurz   erwähnt  auch  Rev.  epigr.  N.  S.  1  (1923), 

man.  de  diff.  voc.  s.  v.  ij^iiga.    Eust.  ad   Hom.  391.     [Höfer.J 

1627, 67).    Apollod.  1,  2,  2.    Hygin.  fab.  praef  Theiodamäs  {©sioSdnag)  1)  ein  in  Zusammen- 

p.  11, 16  Schm.   Nach  Schol.  Pind.  Isthm.  4  (5),  1  hang  mit  dem  Heraklesmythos  stehender  Heros, 

scheint  es,  als  hätten  manche  auch  den  Eros  Zur  Etymologie  des  Namens  vgl.  Pott,  Kuhns 
und  die  Elpis  als  Kinder  der  Theia  bezeichnet.  60  Zeitschrift  f.  vergleich.  Sprachforschimg  7  (1868), 

Als  Sohn  der  Eos,  der  Tochter  der  Theia  heißt  244.    Gruppe,  Gr.  Myth.  105. 

Boreas  Q^iag  du,vdii(ov  (=  Abkömmling),  Suid.  ,     ,      „,     .    , 

s.  V.  08lag  diivd{i<ov  (p.  1178, 18  Bernh):  6  Bo-  I-  ^^^  dryopische  Theiodamassage. 

giag  6  dvi^g.  dfivdfuov  dh  6  dnoyovot.  mg  yccg  Aus  Schol.  Apoll  Rhod.  1, 131,  wo  Mnaseas 

'Höiodog  {Theog.  379)  Xiyu,  vfig  Qslag  dnoyovoi  {F.  H.  G.  3,  151  fragm.  10)  zitiert  wird  und  wo 

ot    avBiLot.   —   2)    Mutter    der    Kerkopen:    bei  die  Worte  Qsiodd^avrog  tov  jQvoTtog  stehen, 

Tzetz.  zu  Lykophr.  91  (p.  51,  7  Scheer).    Zenob.  erschließen  Pape-Benseler  s.  v.  Ssioddiiag  und 

6,  10  heißt  sie  Tochter  des   Okeanos  {Bsia   i]  Weizsäcker,  Roschers  Myth.  Lex.  Bd.  1,  Sp.  1204, 


g 


557       Theiodamas  (dryopische  Sage)  Theiodamas  (dryopische  Sage)       558 

30  einen  Theiodamas,  Sohn  des  Dryops.    Doch  stimmt  Cosinus  ad  Greg.  Naz.  curin.  3,  486  bei 

ist   dieser  Schluß   nicht   zwingend :    die  Worte  A.  Mai,  Spicilegium  Jiomanum  2  p.  64  --=  Migne 

xov  jQvonog   können   ebenso  gut  nur  den  Th.  a.  a.  0.  48  p.  400;   Schol.  Apoll.  Wiod.  1,  1212, 

als  Dryoper  bezeichnen.    Noch  weniger  richtig  nach  welchem  auch  Kallimachos  in  den  AixLa 

ist  die  Bezeichnung  des  'Therodomantus'  (so!)  {Frgm.  410;   vgl.  Kuaack,  CaWmachea  [Progr. 

als  'Coroni  filius'  im   Scliol.  Ov.  Jbis  488,   ein  d.    Kgl.    Maiienstiftsgymnas.   zu   Stettin    1887J 

Irrtum,  der  nach  Eüis  z.  d.  St.  daher  entstan-  S.  12  f    Hermen  23  [1888],  131  fif.  Gott.  Gel.  Anz. 

den    ist,    daß    Herakles    nach    Besiegung    des  1890,  881  ff.;  vgl.  ^/.  Ifoe/er,  Xowon  62)  die  Sage 

Theiodamas    und    der   Dryoper   den    Lapithen  behandelt  hatte.    Aus  dem   ßoriXdrris  Theioda- 

Koronos  tötete,    Apollod.  2,  7,  7,  2  (2,  154  W.;  lo  mas  ist  ein  Pflüger  {Kallim.  Ilymn.  3, 161;  vgl. 

vgl.  Diod.  4,37).    Übrigens  hat,  was  unter  Ko-  frgm  491b.  Apoll.  Bhod.  1,1214.  Nonn.&.&A).) 

ronos  nr.  1  nachzutragen  ist,  das  Abenteuer  des  geworden.    Herakles   begegnet  ihm   und  bittet 

Herakles  mit  Theiodamas  und  das  mit  Koronos  ihn   für   seinen   hungernden   Sohn   Hyllos    um 

das  Gemeinsame,   daß  Herakles  auch  bei  die-  Speise.  Th.  verweigert  dies  (und  schmäht  sogar 

sem  ein  ganzes  Rind  verzehrt.  Find,  hei  Fht-  den  Heros,  Nonn)\   da  nimmt  ihm   Herakles 

lostr.  Imag.  2,  24  =  Fragm.  108  Bergk*;   vgl.  den  einen  Ackerstier,   schlachtet  ihn  und  hält 

Knaack,  Hermes  23  [1884J,  140.  Gott.  Gel.  Anz.  mit  seinem  Sohne  einen  Schmaus.  Th.  eilt  nach 

1896,  882  und  Anm.  1.    Daß  Theiodamas  Kö-  der  Stadt,  holt  Hilfe  (vgl.  Ov.  Jbis  487 f.),   es 

nig  der  Dryoper  gewesen  sei,  wollte  G.  Türk,  kommt  zum  Kampfe,  in  dem  Herakles  —  nach- 

De   Hyla   {Breslauer  pJiilol.   Abhandl.  VH,  4)  20  dem  er  erst  in  solche  Bedrängnis  geraten  war, 

S.  89  aus  Apoll.  Bhod.  1, 1213  {diov  ©stodd^av-  daß  sogar  seine  Gemahlin  Deianeira  am  Kampfe 

tag)   erschließen;   doch  hat  schon  Knaack,  G.  teil   nehmen   muß;   Herakles   (oder  Deianeira) 

G.  A.  a.  a.  0.  881  Anm.  1  diesen  Einfall  zurück-  selbst    wird    an    der   Brust    verwundet   (Schal. 

gewiesen.    Freilich   wird   Th.   an  zwei   Stellen  Apoll.  Bhod.)  —  schließlich  die  Oberhand  ge- 

(abgesehen  von  dem  unzuverlässigen  Schol.  Ov.  winnt,  den  Th.  erschlägt  und  seinen  Sohn  Hy- 

ib.  a.  a.  0.,  wo  er  'tyrannus'  heißt)  als  König  las   mit   sich   fortführt.    Nach   Apoll.  Bhod.   1, 

der  Dryoper  bezeichnet  (Schol.  Kallim.  Hymn.  1216  ff.    (vgl.  Schol.  1218)    hätte    Herakles    den 

3,161.    Probus  ad  Verg.  Georg.  3,6),  und  auch  Th.,  der  ihm  die  Herausgabe  des  Stieres  ver- 

seine  Ehe  mit  einer  Tochter  des  Orion  (s.  unten)  weigert,  getötet,  um  einen  Grund  zum  Kampfe 

kann  für  seine  königliche  Abkunft  angeführt  30  gegen  die  räuberischen  Dryoper  zu  haben.  An- 

werden.  Als  Dryoperkönig  bezeichnet  ihn  auch  spielungen  auf  die  dryopische  oder  auch,  was 

Konr.  Wernicke,  Aus  der  Anomia  83  f.    Sonst  infolge  Fehlens  näherer  Angaben  ebenso  gut 

aber  erscheint  er  in  der  bescheidenen  Rolle  eines  möglich  ist,  auf  die  gleich  zu  behandelnde  rho- 

Rindertreibers   oder  pflügenden  Bauermannes,  dische  Theiodamassage  finden  sich  noch  Anth. 

und  als  König  der  Dryoper  wird  von  Apollod.  Pal.  (Planud.)  6,101.    Schol.  W.  zu  Anth.  Pal. 

2,  7,  7,  3  (2, 155 TT.)  im  Anschluß  an  das  Theio-  16, 123  (2, 620  ed.  Bübner).  Nach  Nonnos  a.  a.  0. 

damasabenteuer  des  Herakles  Laogoras  genannt  soll  Herakles,  weil  er  das  ganze  Rind  des  Th. 

Theiodamas  ist  Vater  des  Hylas  (s.  d.) ,  Apoll.  verzehrt  hat,  den  Beinamen  BovO-oLvag  erhalten 

JRÄod.  1, 1213.  1355.   Schol.  Apoll.  Bhod.  1.,  1201.  haben;    doch  liegt  bei  Nonnos  ein   auch  von 

Apollod.  1,  9,  19  (1,  inW.).    Catal.  Argonaut,  in  4o  Knaack  (s.  unten)  geteiltes  Versehen  vor;  denn 

derAusgabedes  J.poW.  i2/iocZ.p.536Äei7.  jE'Möfocm  der  Beiname  Bovd-oivag  gehört  nach  Lindos. 

p.  221.  p.  354  Flach.    Hyg.  fab.  14  p.  46  Schm.  Als  Quelle  für  die  dryopische  Theiodamassage 

{Hylas,  Thiodamantis  et  Menodices  [s.  unten]  . . .  nimmt  P.  Friedländer,  Herakles  (Philol.  ünter- 

filius,  ephebus  ex  Oechalia.  alii  aiunt  ex  Argis  suchungen  19)  S.  149  das  alte,  dem  Hesiod  oder 

comitem  Herculis,  woraus  Koehne,  Mem.  de  la  dem  Kerkops  von  Milet  zugeschriebene  Epos 

soc.d'arch.  et  de  numism.  de  St.-Petersb.  I,  1847  Aigimios  an;  ursprünglich  ist  dieser  Sage  nach 

S.  17   einen  Hylas  ^des   Theiodamas,  Fürsten  Friedländer,  worin  er  mit  Knaack,  G.  G.  A. 

von  Argos  oder  Oechalia,  und  der  Nymphe  Me-  879  f.  übereinstimmt,  nur  die  Person  des  Theio- 

nodike  [s.  unten]   Sohn'   gemacht  hat).    Hyg.  damas  eigen.  Hylas  ist  später  hinzugefügt  wor- 

fdb.  271.    Schol.  Veron.  und   Probus  ad  Verg.  50  den,  ebenso  der  auch  in  der  rhodischen  Sage 

Georg.  3,  6.    Serv.  und   Schol.  Bern,   ad  Verg.  wiederkehrende  Zug,  daß  der  Hungernde  Hyl- 

Fclog.  6,  4:3.   3Iythogr.  Lat.  1,  4:^.  2,19'^.    Schol.  los  gewesen  sei:  ursprünglich  ist  Herakles,  was 

Theokr.  13,  7— 9d  p.  260,6  Wendel.    Auch   im  auch   einige  Versionen  bewahrt  haben,   selbst 

Schol.  Theokr.  13,  7— 9a  p.  259,11    liest   man  der  Hungernde.  Phereky des  {F.  H.  G.  1,S2  frgm. 

xß.it  Hemsterhuis  iÜT  das  ühevlieieite  ^iXoddiiov  :  38)  hat  nach  Karl  Luetke,  Pherecydea  {Diss. 

@8Loddiiavtog  (vgl.  auch  Türk  a.a.O.  20),  und  Göttingen    1893)    S.  38 f.    die    Vernichtung    der 

bei   Propert.  1, 20,  6   heißt  Hylas  Theodaman-  Dryoper  berichtet,   ohne   das  Motiv  von   dem 

teus.    Für  das  Abenteuer  des  Herakles  kommt  Zusammenstoß  des  Herakles  mit  Th.,  wodurch 

in   Betracht   zunächst    der   kurze   Bericht  bei  natürlich  auch  die  Rolle  des  hungernden  Hyllos 

Apollod.  2,7 .,1  (2, 16^  W.)  =  Argum.Soph.Trach.:  60  wegfällt,  heranzuziehen. 

dis^ioiv  . . .  ^HgayiXfjg  tijv  zigvontov  y^coqav,  äzto-  Des    Theiodamas    Gemahlin    ist    Menodike, 

Q&v  XQocpfig,  äTtavxr\6avtog  &Bio8dybavxog  ßoriXcc-  die  Tochter  des  Orion;  vgl.  Hyg.  fab.  14  p.46,b 

xovvxog  xbv  ixsQov  xä)v  xccvQcav  XvGccg  (d"v6ag  Schm.:  Hylas,  Thiodamantis  et  Menodices  nym- 

Wagner)  svcairiaccxo  (vgl.  Tzetz.  Chiliad.  2,  465.  phae,  Orionis  filiae,  filius.    Für  Menodices  hat 

591).  Ausführlicher  berichten  Nonn.  Narrat.  ad  Muncker  (vgl.  M.  Schmidt  zu  Hyg.  a.  a.  0.)  Me- 

Gregor.  Nazianz.  invect.  1,41  bei  Migne,  Patr.  kionices  eingesetzt  aus  Tzetz.  Chiliad.  2,6 13  S.: 

Ser.  Gr.  36  p.  1008  (=  Mythogr.  Gr.  ed.Wester-  EuqpTj/iog   %atg  xfjg  JcagiSog  ^v  xal  xov  IJogsc- 

mann  p.  370  f.),  mit  dem  fast  wörtlich  überein-  ö&vog  slx'  ovv  EvQmTcrig  Tlxvov,  sixs  Mrixiovi- 

19* 


559       Ttieiodamas  (drjopische  Sage)  Theiodaiiias  (rhodische  Sage)        560 

*tlSi  ^»Jff  ^yccTQog  'Slglnvos,  »trs  rfjg  tov  Eigm-  des  Herakles  1',  31  [anders  1^280];  vgl.  Text- 

rot>,  Tfiv  'HgaxXiovg  dÖshpiiv  fjjwv  rijv  Actov6-  gesch.  der  griech.Bukoliker  11%.  Kidlmer,  Jahrb. 

^Tjv,  und   Otto  Jessen,  Prolegomena  in  Catal.  f.  klass.   Phil.  Suppl.  27,  581»),   aber  als  Vater 

Argonautarum  {Diss.  Berlin)  p.  49  '  Sententiae  des  Hylas  wird  er  nirgends  genannt.  Doch  gibt 

controvertae  III*  vermutet,  daß  bei  Schol.  Lg-  es  allerdings  t^berlieferungen,  die  einen  andern 

kophr.  886  (p.  287,  14  Scheer)   für  E^fpriiu>s  . . .  Vater  des  Hylas  atatt  des  Theiodamas  nennen 

vl6g  atv  xal  aitbg  noasiS&pog  xal  Mrixiovixrii  und  zwar  den  Theiomenes  (s.  d.)  oder  den  Keyx 

i)  JmQi'iog  rijg  Evgamrig  («^pwra,  cod.  Ämbros.  (Nikandros  bei  Anton,  lAheral.  20  und  im  Schol. 

222)  d^yargögy  ya^^p6ff  dh  kXxiirjvrig  inl  Auo-  Theoer.  13,  7  p.  269  Wendel)  oder  gar  den  He- 

96u,r\   ^vfaxQi   zu   schreiben    sei :    E^tpriy^og  . . .  lo  rakles  selbst  {Sokrates  im  Schol  Theoer.  a.  a.  0. ; 

vlhg  mv  xal  wbthg  Tloesticbvog  xal  MTixtovUrig  vgl.  Antikleides  im  Schol.  Apoll.  Jihod.  1, 1207. 

T}  'Slgltovog  ^  Eigoara  d'vyargog.  Mekionike  (vgl.  1289.    Knaack,  G.  G.  A.  880),  woraus  sich  dann 

über  sie  auch  L.  Malten,  Kyrene  [Philol.  ün-  leicht  erklärt,  daß  Hylas  als  Liebling  des  Po- 

tersuchungen  20]  S.  168.    E.  Maaß,  Gott  Gel.  lyphemos  erscheint;  vgl.  Türk  a.  a.  0.  40. 
Anz.  1890,  883)  als  Mutter  des  Euphemos  von 

Poseidon  nennt  auch  Hesiod  (frgm.  148  Rzach)  ^-  ^i®  rhodisohe  Theiodamassage. 

im  Schah  Find.  Pyth.  4,36  und  das  Schol.  zu  Quellen:  Apollod.  2,  5,  11 ,  8  (2,  118  W). 

Pind.  Pyth.  4, 15   (Mekionike  T.  des  Eurotas),  Lactant.  Divin.  inst.  1,  21,  31  ff.  (=  Corp.  Script. 

wo  auch,  ebenso  wie  Schol.  Pind.  a.  a.  0.  76  eccles.  Lat.  19,  p.  84 f.  ed.  Brandt)  und  Instit. 

als   seine   Gemahlin  Laonome,   die  Schwester  20  «pt^^w'C  18,9  (p.  098  J5rand^).   Kanon  11.   Phi- 

des  Herakles  genannt  wird,   als   deren   Gatte  lostr.  Imag.2y'i^{2,SlS  Kayser).    Orig.adv.  Cel- 

nach  anderen   Quellen  {Schal.  Apoll.  Rhod.  1,  .sww.  7, 54  p.  732  738(=2, 204, 4ff.  ed. Ä'oetecAaw). 

1241)  Polyphemos  (s.  d.  nr.  1),  der  demnach  ein  Weitere  Stellen  s.  außer  den  im  Texte  ange- 

Doppelgänger  des  Euphemos  ist,  genannt  wird  führten  unten  Sp.  562. 

(vgl.  L.  Malten  a.  a.  0.  134f.).  Literatur:  Mar.  Wilh.  Heffter,  Die  Götter- 

Die  Vermutung  Munckers  hat  den   Beifall  dienste  auf  Rhodos  I,  1  ff.    Knaack,  Hermes  23, 

von  Knaack,   G.  G.  A.  876,2  (vgl.  Studniczka,  139 ff.    GöU.  Gel.  Anz.  1890,  881  ff.    U.  Hoefer, 

JTyr«»«  108  Anm.  50)  gefunden,  während /Temr.  Kanon  52.  113.    O.Gruppe,  De  Cadmi  fabula 

KüefUzle,   Über  die  Stemsagen  der  Griechen  I  13  f   und   Bursians  Jnhresber.  86  (1895),  288  f. 

(Diss.  Heidelberg  1897)   S.  31  Anm.  2   an   dem  so  -ff-  van    Gelder,    Geschichte   der  alten   Rhodier 

überlieferten  Namen  Menodike  festhält.  XnaacÄ;,  346  ff.     Mart.  P.  Nilsson,   Griech.  Feste  460. 

G.  G.  A.  a.  a.  0.  876  Anm.  2  hält  es  femer  für  Weitere  Literatur  im  Texte, 

wahrscheinlich,  daß  mit  Benutzung  der  Mun-  Herakles   kam  nach  Erlegung  des  Busiris 

cÄ;«r8chen  Konjektur  bei  Hyg.  a.  a.  0.  zu  lesen  auf  seiner  Rückkehr  von  Aigypten  und  Asien 

sei:    Hylas  Thiodamantis  (^sive  ut  alii  dicunt  (Apollod.)  oder  auf  seiner  Rückkehr  aus  dem 

Euphemiy  et  Mecionices  . . .  ßius.  Worauf  sich  Lande  der  Hyperboreer  (Tzetz.  Chiliad.  2,  386ff.) 

aber  die  Behauptung  von  Knaack  a.  a.  0.  stützt,  nach  Thermydrai  oder  Thermydron,  dem  Hafen 

daß  der  dem  Euphemos  gleichzusetzende  Poly-  von  Lindos  auf  Rhodos  {Apollod.  Tzetz.  Hiller 

ßhemos  Vater  des  Hylas  sei,  ist  mir  unerfind-  v.  Gaertringen,   Ath.  Mitt.  17  [1892J,  317).    Er 

eh.    Auch  Escher  bei  Pauly-Wissowa  6, 1169,  40  oder   sein    Sohn  Hyllos   {Kanon)   hungert;   da 

21  ff.  (s.  V.  Euphemos)   behauptet:   'Hylas  .  .  .  trifft  er  einen  Bauersmann  (^OTjXarrjg  Tis,  J.poZlod. 


nach  Eupharion  bei  Schol.  Theoer.  XIII  7  &goti]Q  tig  AlvSLog,  Kanon;  yscagyog,  Phüastr. 
der  Sohn  des  Euphemos.'    Das  kann  nur  auf      Origines.    Zenob.  4,  95  p.  113;   aratar  quidam, 

die  alte  Rezension  der  Scholien  {Dübner  p.  SO.  Lactant.     tig    r&v    AivSitov,   Diogen.  6,  16  = 

Chr.  Ziegler,  Cod.  Ambras.  222  Schal,  in  Theacr.  Apostol.  10,  71  p.  500).    In  fast  allen  Berichten 

p.  78):    TOV  TfXav  Z'wxparTjs   vlov  'HgaxUovg  also  ist   der  Lindier  namenlos;    nur   Philostr. 

(prielvy . .  .Eicpogicov  Ss  EvcpT^^ov  tov  noöSLS&vog  nennt  ihn  Gsioddcuavrcc  tov  Äivöiov.,  und  Am- 

igco^Livov  {bo  l)  gehen.    Doch  hätte  Knaack,  der  mian.  Marcell.  22,12,4  spricht  von  einem  Thio- 

G.  G.  A.  874  f    das   Schol.   Theacr.   zitiert  mit  damas  agrestis  hämo  Lindius  (vgl.  H.  Michael, 
dem   Bemerken:    'in   den  Namen  schwer  ver- 50  Philol.  Abhandl.  Martin  Hertz  dargebracht  S.  2^5 

derbt,  aber  längst  mit  Sicherheit  verbessert'  nnd  dagegen  E.  Maaß,  Deutsche  Litter atur zeit. 

schon  bei  Türk  a.  a.  0.  20.  40  finden  können,  1888,  1640,  nach  dem  die  Berichte  des  Philo- 

daß  das  Scholion,  wie  es  jetzt  auch  bei  Wendel  Stratos  und  Ammianus  unabhängig  voneinander 

p.  259  und  Frl.  Scheidweiler,  Euphorianis  Frag-  sind,  während  nach  0.  Crusius,  Philo!.  Suppl. 

menta  {Diss.  Bann  1908)  p.  61  nr.  87  steht,  zu  6, 2S7  Ammianus  aus  Phüastratas  geschö-pft  hat). 

lesen  ist:  tbv  "^av  Zatigdtrig  {F.  H.  G.  4,  449  Ob   der  Name  Theiodamas   aus   der   trachini- 

frgm.  11)  vlbv  'HgaxUovg  cprielv,   'AnoXXmviog  ds  sehen   Sage   nach   Rhodos    übertragen   worden 

ö    ^Podiog    SsioddiiccvTog ,    <^Niyxav<^ägog    Sky  ist   oder  in   der  rhodischen   Legende   gegeben 

X^vxos,   Eitpngioiv  Ss  HoXvcpi^pLov  (cod.  Evq)7]-  w^ar,   hängt  von  der  Entscheidung  ab,  wo  die 

iU)v,  veranlaßt  durch  das  vorausgehende  Eicpo-  60  ältere   Kultstätte    des   Herakles   Bovd-olvccg   (s. 

gimv)  tov  HoGsidäivog  igmfisvov  (so!).   Das  wird  unten;   zum  Namen  vgl.  auch  P.  Friedländer, 

bestätigt  durch  Sokrates  im  Schal.  Apoll.  Rhod.  Herakles  52/53  Anm.  4)   zu  suchen  ist.  —  Nun 

1,  1207:  iTXav   igm\uvov   noXvtprjfiov    xal   oix  erzählt    die   Legende   weiter:    Herakles    bittet 

^HgaxX^ovg    ysviöd-ai.   =    Eudocia  409   p.  691  den  Landmann,  ihm  den  einen  von  den  Stieren, 

Flach.    Polyphemos  wird  wohl  ursprünglicher  mit  denen  er  ackerte,  zu  verkaufen,  was  jener 

als  Herakles  mit  der  Hy lassage  verbunden  sein  abschlägt  mit  der  Begründung,  daß  seine  ganze 

{Seeliger,    Rascher   Mythal.  Lex.  1,  2794,  53  ff,  Hoffnung,  den  Acker  zu  bestellen,  auf  diesen 

Knaack,  G.  G.  A.  874.    v.  Wilamowitz,  Euripi-  beiden  Stieren  beruhe  {Lactant.;  nach  Kanon 


5l)i        Theiodamas  (rhodische  Sage)  Theiodamas  (rhodieclie  Sage)        562 

schmäht  er  sogar  noch  den  bittenden  Herakles;  Damit  aber  fügt  er  einerseits  Stall   schweres 

nach  Philosir.  wirft  er  nach  ihm  mit  Steinen).  Unrecht  zu,  andererseits  sind  ihm  selbst  (s.  un- 

Da  nimmt  ihm  Herakles  den  einen  Stier  weg,  ten)  eine  Anzahl   Stellen   entgangen,   die   den 

schlachtet  und  ver/elirt  ihn  (7'£;etr.  67it7.  2,  :i86.  Herakles    Buthoinas   nennen.     Stoll   führt   an: 

690;    nach    Lact,   schlachtet    und    verzehrt    er  a)  .^w<Ä.  P/awwd.  123,  was  A'/tr/ac/- (s.  oben  nr.  4) 

beide  Stiere;  vgl.  Diogenes  J'Jpist.iiii.i^Episto-  zitiert.  —  b)  Kaatath.  Jfam.  p.  1623,8  (1623,4 

logr.   ed.  Ilercher  260,  23:    AivÖicov   tov^   ßovg  heißt  Herakles  Bovcpuyos   wegen   eines   Wett- 

xartipaYSv).    Voll  Erbitterung  schmäht  und  lä-  Streites  mit  Lepreus;  1623,8  heißt  es  aber  wei- 

stert  der  Bauer  (von  einem  Berge  aus,  Apollod.)  ter:  ov  ^övog  'HguxXfjs  ßovd^olvag  ryf,  &XXcc  xal 
den    Heros,    der    aber   die    Schmähungen    mit  jo  aXXoi).  —  c)  Suid.  s.  v.  Rovd-og  Tttgitpoitu  und 

Lachen  und  heiterem  Gleichmut  hinnimmt  und  s.  v.  "'TXXog.    An  der   Stelle   heißt   es   (p!  1016 

erklärt,  es  habe  ihm  noch  nie  besser  geschmeckt  Bemhardy) :    inl   röjv  .  .  .  naxvcpQovow   BiQiycai. 

als  jetzt  unter  solclien  Verwünschungen  [Conon.  Kai  Bov&olvag  o  'HgaxXTjg  x.  r.  X.  und  nach  der 

Lact.).    Deshalb,   sagt  Apollodor  (vgl.  Kanon)  adnotatio   von  Bemhardy  zu  'TXXog  heißt  es: 

xal  vvv,   insiöixv  d'vcooiv  'HganXel,   (istä  xara-  ^suhsequebatur  ante  Guts far dum:  Bovd'OLvag  ö 

Qcav   xovTO   ngaTtovöti'.    Auch  die  einleitenden  'Hga-KXfjg  x.  r,  X.^  quae  A.  V.  in  margg.  hahent 

Handlungen   des   Opfers   werden    mit    Flüchen  ex  v.  Bov%-oivag  (immo  Bovxog   tisql^joizu).  — 

begleitet    {y.axäQxovxai     iTtagw^Lsvoi    Fhilostr.):,  d)  Gregor.  Nazianz.  or.  3  s.  Knaack  oben'nr,  3, 

das  Opfer  besteht  in  einem  ßovg  ccQÖxrig  {Phi-  —  e)  Eudakia  p.  96  u.  209  (Diese  beiden  Stel- 
lostr.\    nach    Lactani.   in    ^duo    iuncti   boves'),  20  len  aus  Eudokia  [=  p.  1G2.  333  Flach])  stim- 

Herakles   aber  freut   sich   über  das  Opfer  %ctl  men  wörtlich  mit  Nonn.  bei  WeHtermanyt,  My- 

Aivöloig  SiScoai  v.uxuQ03\iivoig  xuyu%-d  {Canon).  thogr.  p.  370  —  s.  oben  Knaack  nr.  1  —  über- 

Nach  Lactant.  fand    das  Opfer  an  einem  ßov-  ein,  enthalten  also  den  Heraklesbeinamen  Bov- 

tvyog    genannten   Altar    (ara,    quam    de   facto  d-oivag.     Das    sind    die    von    Knaack    alle    als 

ßov^vyov  nominavit  [Hercules])  statt,  und  He-  falsch  (!)   bezeichneten   Stellen.    Dagegen    sind 

rakles   bestellte   sich  den  Landmann,   der   ihn  A'naacA;  folgende  Belege  entgangen:  1.  Gregor. 

geschmäht  hatte,  zum  Priester  und  verordnete,  Naz.  or.  iF  in  Julian.  I,  134  'Migne  35,640: 

daß  dieser  (und  ebenso  seine  Nachfolger,  Lact.  nov   dt   mönsg  Aivdioig  svösßlg  xö  yiaxaguGd'ai, 

Inst.  Epit.)   bei   dem    Opfer,   das  nach  Zenob.  x(Z  Bov&oivcc,  —  2.  Basil.  Minim.  Schol.in  or.I 
4,95  kraft  eines  Orakelspruches  {y.axu  xQV'^y-öv)  30  contra  lulian.  p.  (i04A  3  {Migne  36,  1109  = 

ihm    dargebracht    wurde,    dieselben    Verwün-  Boissonade  in  Natices  et  extraits  des  manu.scrits 

schungen  anwenden   solle,    die  ihm   seinerzeit  de  la  biblioih.  du  roi  et  autres  bibliatheques  X, 

das   Mahl    gewürzt   hätten.    Anspielungen    auf  2  p.  249  note  1.  XI,  2  p.  287:  Bovd'oivav  .  .  .  xbv 

dieses   eigentümliche  Opfer   finden   sich   außer  avxbv  Xeysi,  'HgayiXia.    Ovxog  yccg   disgxö^isvog 

an  den  genannten  Stellen  bei  Diogenian.  Pro-  ^svyixr]v  agoxgi&vxcc  svgcov  x«t  xov  txagov  xov- 

verb.  6,  15  p.  272  =  Apostol.  10,  71  p.  506.   Dio-  xov  Q-vcag  x&v  ßoobv  &oivi^v  kavxov  nal  ßgcöfia 

genian.  Si.  ü.O.  l,9ß  i».  SOS  (PöSlol  xr}v  d-vGiav),  TtsnoirixaL,   i^   ob   xai   dtvö^aöxai   (diese    Stelle 

woraus   Hesych.  'Podiot   xr]v    d-vaiav  ...  zu   er-  ist    später  von  Knaack,  G.  G.  Ä.  1896,  883,  1 

ganzen  ist  (=  Apof,tol.  15,  29  p.  635  =  Dioge-  aus  Notices  et  extraits  10,  248 f.  angeführt  wor- 
nian.  cod.  Vindob.  3,72  p.  48.   Hesych.  s.v.  Aiv-  40  den,    aber    ohne    das    Lemma  Bov&olvav).  — 

dioi   xi]v   Q-vgLccv.    Gregor.  Naz.  Sectio  II  Poe-  S.  Herodian.Epivierism.-pJSl  Boissoyiade:  ^oivr\ 

mata,  quae  spectant  ad  alios  (ed.  Maurian.  1085  . .  .  oQ'sv  xccl  Bovd-oivag,  6  ßovg  ia&icov,  ^gxl  dh 

V.  278  =  Migtie,   Ser.  Gr.  37   p.  1573   v.  278:  inwvv^ov    xov    'HgocxXiovg.   —    4.  Moschopulos 

Aivdog    icpißgv^ovo'  isgotüi)   und  an  den  unten  nsgl  6%88.  p.  96  (Wien  1773):  d'oivri,  i^  ov  v,al 

Sp.  562  angeführten  Stellen.  Zunächst  soll  fest-  Bov^oivccg  6  'HgayiXfjg,  b  ßovv  oXov  ioüiav.  — 

gestellt  werden,   an  welchen   Stellen   Herakles  5.  Eustath.  epist.  ^iß  {Opuscula   ed.  Tafel  347^ 

mit  dem  Beinamen  Bovd'oivag  bezeichnet  wird.  50):  xi\g]  yag  dv  ovxag  avxov  xccxccyiavx^ösxaL, 

Knaack,  Hermes  2S,S20  hemeikt:  'Neue  Be-  sL   \iri    avxb    tovxo    BovQ^oivag   slt]    i'/,slvog;  — 

legstellen   für  Bov&OLvag,    den    Beinamen    des  6.  Vielleicht  gehört  hierher  auch  Hesych.  ßov- 
Herakles   habe  ich  nicht  gefunden'  —  aufge-  5o  d-mvris  ßov%BLXog,  wo  Is.  Vossius  (vgl.  M.  Schmidt 

führt    hat    Knaack   a.  a.  0.  131  tf.    135  Anm.  1  z.    d.    St.)    schreibt:     ßovd'oivag-     ßovxiXog.    — 

folgende  Stellen:    1.  Nonn.  Narrat  ad  Gregor.  7.  Elias  Cretensis  ad  Gregor.  Naz.  or.  3,123  (in 

invect.  1,  41,  s.  oben  Sp.  557,  66.  2.  Gregor.  Naz.  der  Übersetzung  von   Leicenklau  in   der  Aus- 

or.  IV contra  lulian.  l.,12S  [ed.  Maurian.  14=6  =  gäbe   des    Gregor.  Naz.  Coloniae  1690   Tom.  2 

Migne  a.  a.  0.  35  j).  661]:    6    Bov^oivag.,    xov  p.  394 D):   Hercules,   qui  arantem  Hiodarnantis 

ysmgybv  xvgavvTJaccg ,  ycal  xbv  ägoxriv  ßovv  Xa-  (so!)   bovem   dilaceraverit ,  integrumque  comedit 

(pv^ccg  -Kai  xriv   TilfjGiv   Xccßibv   f'x  xfjg  ':tg(x.hcog.  indequeBovd'olvag  appellatns  est. —  S.  Elias  Cret. 

3.  Gregor.  Naz.  or.  3  p.  46  [ed.  Coloniae  1690  ad  Naz.  or.  3,  98  Tom.  2  p.  367 CD:  Buthoinam 

Tom.  1  p.  81  =  or.  IV  contra  lulian.  I  p.  114 —  Herculem  . . .  ut  qui  Diadamantis  bovem  arantem 

115  =   Migne  35  p.  604J:  xbv  Bovd-oivccv  Ttccg-  60  abstulerit  eiimque  comederit.   Cui  etiam,tamquam 

riGOiiiv   ccvxotg  "nal  xbv  TgiEGnegov.  —  4.  Anth.  deo ,  Lindii  sacra  facientes  maledictis  ipsum  et 

Planud.  123, 1.  —  5.  Georgias  Pachymeres  bei  cantumeliis   conflgebaut,    Buphagum  .  .  .  appel- 

Walz,  Rhet.  Gr.  1  p.  565  — ;  '^ich  erwähne  die-  lantes.  Ille  autem  ex  his  probris  et  cantumeliis 

sen  Umstand,  fährt  Knaack  fort,  weil  es  nach  tamquam  de  amplissimis  honoribus  ingentem  lae- 

Stoll  {Raschers  mythol.  Lex.  Sp.  838)  scheinen  titiam  capiebat,  eo  nomine  se  iactans,  quod  bo- 

könnte,  als  ob  ich  eine  Anzahl  Zeugnisse  un-  vem  integrum  vorasset,  atque  ob  suam  ignomi- 

berücksichtigt  gelassen  hätte.   Die  angeführten  niam  gloriam.    Knaack,  G.  G.  A.  a.  a.  0.  879. 

Stellen   sind    aber   alle   falsch!'     So   Knaackl  881f.  fvM.  Ä^erwes  a.  a.  0.  133.  140^  hat  die  An- 


563        Theiodamas  (rhodiache  Sage)  Theiodamas  (rhodische  Sage)        564 

sieht  aufgestellt,  daß  Herakles  in  Thessalien  als  ob  admirationem  viriutis  deferri  plncuit,  a  civi- 
JBov^oivaff,  in  Lindos  als  Bov^v/tj?  verehrt  wor-  hus  am  ei  posita  est,  quam  de  facto  ^ov^vyov 
den  sei.  Beide  Behauptungen  können  als  un-  nomiuavit,  ad  quam  duo  iiincti  boves  immola- 
richtig  erwiesen  werden.  Von  einem  Kult  des  rentur,  sicut  tili  quos  abstulerat  aratori.  Knaacks 
Herakles  Bov&oivag  in  Thessalien  ist  überhaupt  (a.  a.  0.)  Vorschlag,  ^ov^vyr\q  zu  schreiben,  ist 
nichts  bekannt.  Knaack,  G.G.Ä.SHi  bemerkt:  unverständlich;  wenigstens  würde  man  Bov^v- 
'Wie  fest  die  Sage  in  Thessalien  haftet,  be-  yov  erwarten  (vgl,  Aihson  451,1).  Aber  wie 
weist  auch  der  Name  eines  pharsalischen  Neu-  kann  Herakles  den  Altar,  der  ihm  von  den 
börgers  Bov^oivog  Tlaidivaiog  (4.  Jahrh.  Fick,  Lindierii  errichtet  wurde,  'de  facto',  d.  h.  doch, 
Bezzenb.  Beiir.  V  [jetzt  auch  7.  G.  9,  II  nr.  234,  lo  (vgl.  oben  561,  57  Herakles  Bov^tdva^  .  .  .  xi]v 
186]).  Das  ist  das  einzige  Beweismittel,  was  %Xi)Giv  Xaßdiv  ix  ri)g  ngd^emg)  'auf  Anlaß  der 
Knaack  für  den  thessalischen  Kult  des  Her.  zu  Grunde  liegenden  Tatsache'  ßov^vyog  bez. 
Bnthoioas  anführt.  Doch  wird  man  daraus,  ßov^vyov  nennen?  Die  Annahme  von  Knaack 
selbst  wenn  man  ein  unbedingter  Anhänger  und  anderen,  daß  darin  eine  Epiklesis  des  He- 
der von  Usener  in  seinen  Götternamen  auf-  rakles  liege,  ist,  wie  gezeigt,  irrig.  Es  bleibt 
gestellten  Hypothese  ist,  noch  nicht  einen  wohl  kein  anderer  Ausweg  zu  einer  Erklärung, 
Kult  des  Herakles  B.  erschließen  dürfen,  zu-  als  daß  man  unter  'ara  ßov^vYog\  oder,  um 
mal  da  in  Thessalien  noch  andere  mit  Bov-  dieses  m.  W.  sonst  nicht  bezeugte  Adjektivum  zu 
zusammengesetzte  Personennamen,  z.  B.  Bov-  beseitigen,  unter  'ara  ßovtvyios''  denjenigen 
e^gag  (/.  G.  9,  H,  5ab.  13,17.  68,  8\  begegnen  2o  Altar  versteht,  an  dem  als  Opfer  für  Herakles 
(s.  auch  den  Index  J.  G.  a.  a.  0.).  Ja  selbst  die  ein  ^vyov  ßo&v  dargebracht  wurde,  eine  Er- 
Annahme, daß  Herakles  in  Thessalien  den  Bei-  klärung ,  die  eigentlich  schon  in  den  Worten 
namenßov^oiWff  geführt  habe,  mag  dies  immer-  des  Lactant.  'ad  quam  duo  iuncti  boves  im- 
hin  auch  sachlich  möglich  sein,  beruht  auf  molarentur^  liegt.  Die  ara  ßoty^vyLo?  mag  an 
einem  Irrtum.  Zur  Erklärung  der  oben  561,  56  derselben  Stelle  gestanden  haben,  wo  Herakles 
angeführten  Stelle  des  Gregor.  Naz.  (6  Bov-  das  Rindergespann  geopfert  und  verzehrt  hatte 
^Oivag  xov  yttogyov  xvQccvvi]6ag  usw.)  erzählt  {BV(oxslro  Q'vöctg,  Äpollod.  2,  7,  7,  1).  Denn  Lac- 
Nonnos  a.  a.  0  das  Abenteuer  des  Herakles  tant  wird  das  Ursprüngliche  berichtet  haben, 
mit  Theiodamas,  verlegt  es  aber  irrtümlich  daß  Herakles  nicht  einen,  sondern  beide  Pflug- 
nach  Drjopien.  Auf  diesem  Irrtum  beruht  auch,  30  stiere  weggenommen  hat.  Vielleicht  ist  mit 
daß  Nontios  aus  der  lindischen  Sage  die  Schmäh-  Hüler  von  Gaertringen  zu  I.  G.  12, 1, 791  und  bei 
imgen  des  Th.  gegen  Herakles  herübernimmt.  Pauly -Wissowa  s.  v.  Bov-Konia  GEvöccioia  (vgl. 
Daß  bei  Nonnos  (^xiTjd'rj  dta  xi]v  ccltiav  xavxriv  M.  Holleaux,  Melanges  Henri  Weil  197  f.  und 
Bovd-oivagy  iitSLÖf}  olov  i^oinid-ri  xbv  ßovv)  ein  Anm.  1  zu  198)  das  lindische  Fest  der  Bov.6nia 
Irrtum  vorliegt,  geht  daraus  hervor,  daß  der  (7.  G.  a.  a.  0.  792—801)  oder  der  Boxonia  Gso- 
von  ihm  kommentierte  Gregor  von  ^azianz,  daiaia  (7.  G.  a.  a.  0.  791.  804)  auf  dieses  Opfer 
wo  er  überhaupt  eine  örtlichkeit  anführt,  wo  an  Herakles  zu  beziehen;  vgl,  aber  auch  P. 
der  Buthoinas  verehrt  worden  ist,  Lindos  nennt:  Stengel,  Opfei'bräuche  der  Griechen  205.  Nilsson 
AtvSiotg  tiösßhg  xb  xcctagüad^ai,  tc5  Bovd'oivcc  a.  a.  0.  279.  Wie  dem  Herakles  in  Lindos,  so 
(s.  oben  562,28),  und  auch  ein  anderer  Kom-  40  wurden  dem  Apollon  Spodios  in  Theben  ißösg 
mentar  des  Theologen,  Elia^  Cretensis,  ver-  ^pyarat  geopfert.  Paus.  9. 12,1.  Nilsson  a.  a,.  0. 
weist  den  Kult  des  Buthoinas  nach  Lindos  (s.  174.  Wie  aber  sind  die  Schmähungen  und  Ver- 
562,61).  Daraus  ergibt  sich  mit  Notwendigkeit,  wünschuugen  zu  verstehen,  unter  denen  das 
daß  Gregor  auch  au  den  anderen  Stellen,  an  Opfer  stattfand?  Knaack,  G.  G.  A.^S2.  Gruppe, 
denen  er  den  Buthoinas  ohne  Erwähnung  sei-  Gr.  Myth.  895  Anm.  4  zu  894  (vgl.  auch  Heff'ter 
ner  Kultstätte  nennt,  Lindos  (vgl.  oben  561,44:  a.  a,  0.  24flF.)  erinnern  an  die  sogar  sprich wört- 
Aivdog  icpvßQLJ^ova'  legotai)  im  Auge  gehabt  lieh  gewordenen  uqccI  Bov^vystot,  die  gegen 
hat,  und  daß  No^inos  irrtümlich  die  ihm  viel-  den  Töter  des  Ackerstieres  geschleudert  wurden, 
leicht  geläufigere  thessalische  Sage  eingesetzt  Toepff'er,  Ätt.  Geneal.  139.  Gruppe,  De  Cadmi 
hat.  50  fab.  13,  Letzterer  ist  {Gr.  Myth.  a.  a,  0.)  der 
Ist  Herakles  aber  in  Lindos  als  BovO-olvag  Ansicht,  daß  dieser  Fluch  ursprünglich  gegen 
verehrt  worden,  so  kann  er  dort  nicht  zugleich  den  Dämon  der  Rinderpest,  an  dessen  Stelle 
als  Bov^vyrig  ^^ult  genossen  haben:  eins  schließt  in  der  rhodischenSage  vielleicht  der  stiertötende 
das  andere  aus  trotz  E.  Maaß  bei  Herrn.  Dib-  Herakles  getreten  sei,  gerichtet  gewesen  sei. 
belt,  Quaest.  Coue  mythol.  49  Anm.  2  zu  48.  Die  Nach  van  Gelder  347  ist  Herakles  an  Stelle 
einzige  Stelle,  wo  Herakles  Bov^vyrig  genannt  eines  karischen  oder  phönizischen  Gottes  ge- 
wird, ist  Suidas  {Bov^vyrig  ö  'HgayiXrjg),  und  treten,  dessen  blutloses  Opfer  durch  das  Stier- 
diese  Stelle  ist  Knaack  entgangen.  Toepifer,  opfer  ersetzt  worden  sei;  die  Flüche  bei  die- 
Att.  Geneal.  146,  4  ist  geneigt,  die  Suidas&ieWe  sem  seien  auf  Abneigung  der  ursprünglichen 
auf  Rhodos  zu  beziehen,  doch  ist  wohl  eher  60  vorgriechischen  Bevölkerung  gegen  blutige  Op- 
mit  Nilsson  a.  a.  0.  451, 1  ein  Irrtum  der  mytho-  fer  zurückzuführen.  Diese  feierlichen  &Qal  Bov- 
graphischen  Überlieferung  anzunehmen.  Aber  ^vy^ioi  sind  aber,  wie  das  Aition  zeigt  (vgl. 
selbst  wenn  Herakles  wirklich  Bovtvyrig  ge-  Nilsson  a.  a.  0.  451, 1),  gegenüber  dem  in  Lin- 
heißen  haben  sollte,  ist  diese  Epiklesis  für  dos  hochverehrten  (Parrhasios  bei  Athen.  12, 
Lindos  ausgeschlossen,  wo,  wie  oben  nachge-  543 f.  ==  Bergk,  P.L.  2*,  321  frgm.  3;  vgl.  Plin. 
Aviesen  worden  ist,  der  Heros  als  Bov&OLvag  n.h.  35,71)  Herakles  gar  nicht  am  Platze,  der 
verehrt  wurde.  Knaack,  Hermes  140  stützt  sich  ' Aivöioig  diSoaoc  v.cctaQ(o^ivoi.g  xayccd-d'.  Die 
auf  Lactant. :  postquam  Herculi  divinos  honores  richtige  Erklärung  des   sonderbaren  Brauches 


565        Theiodamas  (rhodische  Sage)  Theios  (und  Theion?)              566 

hat  lu.  E,  Usener,  Rhein.  Mus.  30  (lH7ö),  226,  der  thessalischen,  wenn  man  nicht  gerade  an- 
dern nich  im  großen  und  gan/en  J^ilsHon  451  nehmen  wolle,  daß  die  Dryopergeechichte  von 
anschließt,  gegeben.  S})ott-  und  Schimpfreden  einem  andern  nichtrhodischen,  aber  verwandten 
gegen  einen  Gott  zeigen  einen  Kultusbrauch  Kultbrauche  ausgegangen  und  aus  der  epi- 
von  großer  Altertümlichkeit.  Zwar  empfindet  sehen  Formung  (s.  Sp.  558,  44)  in  die  rhodieche 
<iie  Entwicklung  des  sittlichen  Bewußtseins  in  Kultaitiologie  übernommen  worden  sei. 
einem  solchen  Brauche  zeitig  einen  Widerspruch  2)  Gemahl  der  Neaira,  die  ihm  am  Sipylos- 
mit  dem  Begriti'e  der  Gottheit;  aber  diesen  berge  den  Dresaios  gebiert,  der  später  im  Kampfe 
Brauch  fortzuführen,  gestattet  oder  fordert  wohl  mit  Polypoites  fällt,  Quint.  Smyrn.  1,292.  Nach 
gar  der  zähe  Konservativismus  der  Superstition,  lo  Gruppe,  (iriech.  Myth.  4li4,  4  und  oben  Bd.  3, 
aber  im  Widerspruch  mit  dem  sittlichen  Emp-  Sp.  1066,  22ff".  unter  Orpheus  wäre  dieser  Theio- 
fiuden  vermag  er  flicht  zu  entstehen;  daher  ist  damas  mit  dem  Vater  des  Hylas  identisch 
ein  solcher  Brauch,  wo  wir  ihm  begegnen,  im-  3)  Sohn  des  Priamos,  mit  dem  Orpheus  eine 
mer  ein  Zeichen  hohen  Alters,  der  von  den  Begegnung  hat,  Orph.  Lith.  94  (vgl.  394  und 
S))äteren  gewöhnlich  nicht  mehr  verstanden  dazu  ^6eZ).  Dcmetrios  Mosch .  JJypothes.  zu  Orph. 
und  als  wunderliche  Einzelerscheinung  aufge-  Lith.  p.  13  f.  Abel.  Vgl.  Gruppe  oben  unter  Or- 
faßt wurde.  Beispiele  solchen  Brauches  sind  ^^/tewÄ  Bd.  3,  Sp.  1066,  19ff. 
die  Spott-  und  Schimpf  lieder  der  römischen  4)  ein  Gigant  (Theodamas)  ITi/^m. /afe.jprae/". 
Mädchen  auf  Mars,  den  hochgefeierten  National-  p.  10, 11  *S'c/iw».     [Höfer.] 

gott  (Ov.  Fast.  3,  675  if.),  die  Spottreden  im  20  Theioiiienes  {©tLO(itvrig)  nannte  Hellanikoa 
Kulte  des  Apoll on  Aigletes  auf  der  Insel  Anaphe  {Schol.  Apoll.  Mhod.  1, 131.  1207.  Eudocia,  Vio- 
(Apoll  Bhod.  4, 1694  tf.  Apollod.  1,  9,  26,  2  Ko-  lar.  409  p.  691  Flach)  den  Vater  des  Hylas  (s.  d.), 
non  49),  die  Schmähungen  im  thessalischen  als  welcher  sonst  Theiodamas  (s.  d.)  genannt 
Peleuskultus  {KaUimachos  im  ScJiol.  Find.  New.  wird.  Irrtümlich  hat  K.  0.  Müller,  Dorier  1, 
5, 25  =  frgm.  136  Sehn.).  Auch  der  Brauch,  beim  451  aus  Theiomenes  —  Theiodamas  einen  'Theio- 
Aussähen  des  Kümmels  (xt'iLcirov)  Verwünschun-  menes,  Sohn  Theiodamas  des  Dryoperkönigs' 
gen  und  Schmähungen  auszustoßen  (y.arapäöot'at  gemacht;  vgl.  F.  JRohde,  Der  griech.  Boman 
rfxo:t|3^a(7g)rja£rr),  damit  er  gut  gerate  (jf7/('op/ir.  105,3  (=113^3).  Auch  J.  Marquart,  Philo- 
Hist.  plant.  7,3,3;  vgl.  den  ähnlichen  Brauch  logus  Suppl.  6,579  teilt  den  von  Müller  be- 
beim  Ausschneiden  des  ^ccvdQccyogccg,  Theophr.  30  gangenen  Irrtum.  —  Herrn.  Dibbelt,  Quaestio- 
a.  a.  0.  9,  8,  8),  entspringt  derselben  Gedanken-  nes  Coae  mythologae  {Dii^s.  Greifswald  1891) 
Verbindung:  Lob  bringt  Gefahr:  daher  tadelt,  p.  46  n.  6  zu  p.  45  vermutet,  daß  an  Stelle  des 
flucht  und  schmäht  man ,  während  man  das  Theiomenes,  wie  der  Vater  des  Hylas  ursprüng- 
Gegenteil  meint.  lieh  geheißen  habe,  von  einem  Schriftsteller 
Daraus  ergibt  sich  die  Altertümlichkeit  des  der  ähnlich  klingende  Name  Theiodamas  ge- 
rhodischen  Kultes:  das  zu  seiner  Erklärung  setzt  worden  und  von  den  Alexandrinern  über- 
erfundene Akiov  —  Knaach,  Hermes  23,141.  nommen  worden  sei.  [Höfer.] 
G.  G.  A.  881  führt  es  auf  die  ^P68ov  yitiöig  Theiou  {d'slov)  s.  Theios. 
des  ApoUonios  Bhodios  zurück  —  ist  natürlich  Theios  lf)stos).  Eine  aus  Baschören,  45""^ 
jünger  (vgl.  auch  v.  Wilamowitz,  Euripides  He-  40  nordöstlich  von  Dorylaion,  stammende  Inschrift 
rakles  Vorwort  S.  XI  Anm.  1).  Ob  es  aber  ein-  lautet:  .  .  .  ^sico  xat  ÄTtöXlavi  ^v%r]v  vtcIq  x^s 
fach  als  Dublette  der  dryopischen  Version  auf-  kccvxcbv  öcorrigias,  Koerte,  Athen.  Mitt.  25  (1900), 
zufassen  ist  {Knaacl'  a.  a.  0.  U.  Hoefer,  Konon  431  nr.  54.  Dazu  bemerkt  Koerte  a.  a.  0.  432: 
113.  van  Gehl  er  3b0[deäsen  Berufung  ü,uf  Phere-  ©sico  ist  ganz  sicher,  das  naheliegende 'Oö/ca 
kydes  hinfällig  ist;  s.  oben  558,54].  Gruppe,  ausgeschlossen.  Mir  ist  sonst  kein  Beispiel  für 
Cadtni  fab.  lA.  BursiansJahresber.Sb.,lSd6,28^  appellativischen  Gebrauch  von  d-stos  bekannt, 
[nach  dem  die  Caerimonie  der  während  einer  ...  In  unserer  Inschrift  ist  das  Adjectivum 
heiligen  Pflügung  über  die  Übertretung  gewisser  genau  so  zum  Götternamen  geworden  wie  so 
heiliger  Gebote  ausgesprochenen  Flüche  durch  oft  oGLog  mit  oder  ohne  diytaiog.  Theios  und 
^dryopische'  Demeterpriester  aus  Hermione  nach  50  Apollon  zusammen  bezeichnen  nach  Koerte 
Lindos  übertragen  worden  ist]),  ist  doch  nicht  so  jenes  proteische  Wesen,  das,  als  Reiter  mit 
sicher.  Dibbelt  48  (vgl.  E.  Maaß,  Deutsche  Litte-  Strahlenkranz  und  Doppelaxt  dargestellt,  meist 
raturztg.  1888,  1640)  hält  die  Theiodamassage  als  Einheit  auftritt,  aber  auch  in  zwei  Per- 
für ursprünglich  in  Rhodos  heimisch:  der  lin-  sonen  gespalten  werden  kann  und  bald  als 
dische  Gegner  des  Herakles,  Theiodamas,  dessen  ''Oöiog  {■nccl)  zJiKaiog,  bald  als  Ares  erscheint, 
Name  nach  Knaack,  Callim.  12  aus  der  trachi-  aber  in  allen  griechischen  Namenshüllen  doch 
nischen  Sage  fälschlich  nach  Rhodos  übertra-  immer  seine  Eigenart  bewahrt.  Doch  jst  der 
gen  worden  sein  soll,  sei  erst  später  durch  die  durch  obige  Inschrift  erwiesene  Gebrauch  von 
einwandernden  Argiver  in  Erinnerung  der  f)stog  nicht  so  vereinzelt,  wie  Koerte  meint. 
Kämpfe  de«  Herakles  mit  den  Dryopern  zu  60  Ein  athenischer  Opferkalender  aus  der  Zeit 
einem  Dryoper  gemacht  und  die  Sage  nach  Hadrians  bestimmt  als  Opfer  am  Ende  des 
den  ursprünglichen  Wohnsitzen  der  Dryoper,  Munychion  zwei  Hähne  (der  Hahn  dem  Herakles 
nach  Thessalien,  übertragen  worden.  Theioda-  heilig,  Mnaseas  F.H.  G.  3,151  frgm.  11  aus  Ael. 
mas  wäre  also  dann  an  die  Stelle  des  Koronos  hist.an.lS,4:l)R\THera,'klesu.Q'stog:Movvvxi(bvos 
{Find.  frgm.  168.  Knaack,  G.  G.  A.  882  und  ß'  ccTCiövrog  'H[Qa]yiUl  yial  dsico  aUv.roQug  ß\ 
Anm.  1)  getreten.  Auch  Friedländer  a.  a.  0. 151  C.  I.  G.  1,  0283^.  I.  G.  3, 1, 11^.^.' v.  Prott,  Leges 
und  Anm.  2  hält  die  rhodische  Geschichte,  weil  Gr.  sacr.  1  p.'  8  nr.  337  —  Böckh  zu  C.  I.  G. 
sie  kultische  Begründung  hat,  für  das  Vorbild  wollte  ^stog  als  "^ Oheim'  fassen:  "Q^slog  videtur 


567                          Theios  Thelxinia                       068 

Eurystheus  esae,  Alcmenof  frater patru€Us\vfSLB  Umgebung  vor  Philadelpheia  stammt:   Arvqpi- 

natürlich     nicht     angeht.     Näher     kam     dem  dlce  .  .  .  M  t6   d-stov   vtcsq  ryg  iöiag  Gtorccglas 

Wahren    txm  JhroH    a.  a.  0.   12:    *Mihi    Gstog  xai    tw»'    löiiov    7tc:vT(or    «W-O-tjxe»',    Keil   und 

aut  heros  ignotua  aut  notnen  proprium  videtur\  I^emerstein,  Bericht  ühtr  eine  dritte  Heise  in 

indem  er  (Anm.  8)  zugleich  auch  auf  die  —  Lydien  (Denkschr.  d.  M^ien.  Akad.  hl,  I  [1914]) 

unten  zu  erwähnenden  —  Weihungen,  darge-  nr.  30  S.  29  mit  der  Bemerkung:    'der  Präpo- 

bracht    Jtl    i'tpiarm    xai    ^eim   oder   xai  ^Bim  sitionalausdruck  inl  t6  d^siov  muß,  wie  in  einer 

Scyyilmy  hinwies,  ^ie  jedoch  z.  T.  nicht  heran-  Inschrift  bei  Buresch ,  Aus  Lydien  128  nr.  64 

zuzielien  sind,  da  9Btog  in   ihnen  adjektivisch  {inl  rbv  Jia)  als  Umschreibung  für  den  Dativ 

zu  fassen  ist.  Aus  Stratonikeia  (Karien)  stam-  10  eingetreten  sein.   Unter  t6  ^fiov  ist  die  in  dem 

men    die  Weihungen:   *Ti/>itfTa)(»)    xai   ^f/o()(t),  Heiligtum,    in  welchem   die   Stele   aufgestellt 

Ot)fT.Ae/J.  ft  (1881),  182  nr.  4.  Schür  er,  Sitzungs-  \var,   waltende  göttliche  Macht  zu  verstehen, 

ber.  d.  Kgh  Preuß.  Akad.  d.  Wiss.  eu  Berlin  die  möglicherweise  einer  nilheren  Bezeichnung 

1897,  2H.    Jd  x)ipi'ox<o{i)  xal  »flm,  Corr.  hell.  entbehrte.     |  Höfer. j 

1.*)  (1891),  418  nr.  1.  Schüret  a.  a.'0.  210;  v^l.  Theisoa  {ffsiaoa),  Eponyrae  von  Theisoa  in 
auch  die  ganz  ähnliche  fragmentierte  Inschrift  der  Parrhasia,  mit  den  zwei  anderen  Nymphen 
aus  Lagina  (Karien)  ^tl  itpialrm]  xai  f>EISlT  Neda  und  Hagno  als  Erzieherin  des  Zeus  ge- 
.  .  .  JSIAIKSIS  . . .  ^ANISIN  vnhQ  ai)Tov,  Corr.  nannt,  Pawi.  8,  88,  3,  und  als  solche  hoch  ver- 
hell.  11  (1887),  169  nr.  67.  Schürer  a.a.O.  210.  ehrt.  Paus.  8,38,9;  dargestellt  am  Athenaaltar 
Auf  jeden  Fall  ist  in  den  beiden  Weihungen  so  in  Tegea,  Paus.  8,47,3.  Nach  V.Be'rnrd,  De 
aas  Stratonikeia  'ö-stoj*  nicht  als  Epitheton  Vorigine  des  cultes  arcadiens  207  soll  sie  iden- 
des  (Zeus)  Hypsistos  aufzufassen,  sondern  es  tisch  sein  mit  Theiosso,  dem  phoinikischen 
steht,  wie  in  den  oben  angeführten,  als  selb-  Namen  der  Elissa:  Qsioaam  xara  ji^i;  rCov  fpoi- 
ständiger  Göttemamen.  Fraglich  ist  es,  ob  in  vix(ov  yXmccav  'EXiaaccv  xaitiff^at,  v(p'  t)s  qprjfft 
dem  Epigramm  aus  dem  Grenzgebiet  Lydiens  Kagxri^ova  y,ti6d-'i)vai,  Tim.  frg.  23.  Nach  Ah- 
und  Mysiens:  sv^tkusvog  d-slco  ^laxxos  hsv^cc  rens,  Kuhns  Zeitschr.  f.  vergl.  Sprachforschung 
vo^iv,  K.  Buresch,  Aus  Lydien  140  Q^um  als  3  (1854),  103  ist  der  Name  von  d-fiaai  {Hesych.), 
Dativ  zu  Sstog  oder  (ro)  9'slov  zu  fassen  ist.  dem  Aorist  zu  dem  epischen  Defektivum  d-dco 
Wo  freilich  das  letztere  in  Inschriften  be-  statt  des  prosaischen  <9'r3>Laf(o  = 'säugen,  nähren* 
gegnet  {Dittenberger,  Sylloge*  nr.  256,20.  269,  30  abzuleiten  u.  bedeutet  die 'Säugende'.  |  Höfer.] 
4.26.  552,16.  279,17.  658,31.  662,32.  653,40.  Thelpon  (ffiXnav),  ein  auf  An dros  verehrter 
Hüler  V.  GaeHringen,  Inschr.  von  Priene  17, 12),  Heros,  Th.  Saucius,  Andros  (=  Sonderschriften  d. 
erscheint  es  immer  in  Verbindung  mit  Präpo-  österr.  arch.  Inst.  8)  S.  157.  Doch  handelt  es  sich 
sitionenund  daher  mit  dem  Artikel  verbunden,  wohl  um  einen  heroisierten  Toten.  [Höfer]. 
der  ja  auch  bei  Schriftstellern  Regel  ist  (Herod.  Thelpiisa  s.  Telphusa. 
1,32.  3,108.  T/mÄ:.  5,70;  vgl.  auch  die  von  Thelpiisie  s.  Telphusie. 
ItoMe,  Der  griech.  Roman  462^  Anm.  2  aus  Thelpusios  s.  Telphusios. 
Heliodor  gesammelten  Stellen).  Daß  t6  d-sCov  Thelxiepeia  (Osltiinsicc)  eine  der  Seirenen, 
genau  dieselbe  Bedeutung  wie  oi  d-soi  hat,  Apollod.  Epist.  7, 18.  Tzetz  zu  Lykophr.  712 
«eigt  Antiphon,  der  or.  5,  76  slg  tö  &bIov  ccgs-  40  (p.  764  Müller;  vgl.  aber  auch  Scheer  z.  d.  St., 
ßstv,  ebenda  129  nsgl  rovg  9'sovg  aasßstv  sagt.  der  die  Worte  ausgeschieden  hat).  Tzetz.  Chi- 
Als  Adjektivum  erscheint  ^slog  in  der  Wei-  liad.  6,716.  Eiist  Sid  Hom.  Od.  1749,46.  Schol. 
hung  aus  Stratonikeia:  Jd  v-tpierm  xal  ^üto  Hom.  Od.  12,39.  Vgl.  Weicker,  Der  Seelenvogel 
ccyytXto,  Corr.  hell.  6  (1881),  182  nr.'  3.  Schürer  in  der  antiken  Literatur  und  Kunst  40.  P. 
a.  a  Ö.  210  (vgl.  die  gleichfalls  afts  Stratoni-  FriedUinder ,  Herakles  {Philol.  Untersuch.  19) 
keia  stammende  Inschrift:  Jd  v^iexai  xat  S.  62.  Franz  Müller,  Die  antiken  Odyssee- 
&ya^m  &yyiX(o  vgl.  Angelus  Bonus,  C.  I.  L.  6,  Hlustrationen  37  Anm.  4.  Gruppe,  Gr.  Myth. 
142 d),  Schürer  a.a.O.  210.  In  der  mäonischen  344,16.  Pott,  Kuhm  Zeitschrift  f.  vergleichende 
Inschrift:  0«oj  off/co  xal  Sixaim  {Le  Bas  1670)  Sprachforschung  9  (1860),  415.  [Höfer.] 
läßt  es  Buresch  a.  a.'O.  76  Anm.'  unentschieden,  50  Thelxinia  {ffiX^ivia)  1)  nach  Hesych.  s.  v. 
ob  O-eiea  =  O-ew  mit  vulgärer  Nasalaussprache,  {©sX^ivia  ir]fHgcc  xiiiaraL  naga  kd-rivccioi?)  Kxdt- 
welche  in  Inschriften  öfter  zum  Ausdruck  name  der  Hera  in  Athen.  Schmidt  zu  Hesych. 
kommt{Inschr.v.Prtene  196..  LG.  12,3,S6S  und  a.  a.  0.  vermutet  GeX^tvori,  Meineke:  TiX^ivta. 
ÄfppM  349)  oder -ö-ftco  (von  TÖ-ö^ftov)  zu  schreiben  Nach  Otto  Hofjmann,  Die  Makedonen  96  wäre 
sei;  es  wird  wohl  das  erstere  vorzuziehen  sein.  die  Hera  Thelxinia  die  Göttin,  die  die  Lie- 
Freilich  besteht  mit  Rücksicht  auf  die  unter  benden  vereinigt;  ähnlich  erklärt  Weicker,  Die 
Pantheion  mitgeteilten  Zeugnisse,  besonders  Aeschyl.-Trilogie  189  Anm.  289  sie  als  'die  zur 
auf  die  Sp.  1555, 15  zitierte  isaurische  In-  Ehe  freundlich  anlockende  =  UsiO^oa,  Gegen 
Schrift:  /^lovvöov  y-ul  UocvO-iov  {=TIav%'Elov),vfO  die  von  manchen  für  den  Beinamen  Thelxinia 
Jlai^aiov  =  «avTf ff  ^eot  steht,  die  Möglichkeit,  60  in  Anspruch  genommene  sinnbetörende  Kraft 
daß  0€töj  doch  Dativ  zu  ^tlov  ist;  dann  würde  der  Göttin,  die  sich  in  Verhängung  des  Wahn- 
es, yi\e  ndv^Biov  =  ndvxBg  ^soi  ist,  für  ^soi  sinnes  z.  B.  über  die  Proitiden,  Athamas  und 
stehen  (s.  Pantes  Theoi  Sp.  1554, 33  ff.).  Doch  Ino,  Herakles,  lo,  Dionysos  äußert,  wendet  sich 
spricht  gegen  diese  Auffassung  die  Stellung  Gruppe,  Gr.  Myth.  1124,2.  Vgl.  auch  d.  A. 
des  d-stog  in  der  ersten  der  oben  mitgeteilten  Praxidike  Sp.  2919, 46  ff.  —  2)  eine  der  Praxi- 
Inschriften;  man  würde  dann  knoXXavi,  %ccl  dikai  s.  Bd.  3  Sp.  2912, 35 ff.  21)19, 6 ff.  48 ff". 
öfico  erwarten.  Sicher  aber  haben  wir  das  Neu-  bis  2920,  51  ff.  2923, 61  ff.  Nach  Ehrlich,  Rhein. 
trum  vor  uns   in   einer  Inschrift,   die  aus  der  Mus.  63  (1908),  638   sind  die  drei  Praxidiken 


5(39                       Thelxinoe  Themis  (Name)                   570 

nicht  Ogygoitöchter,  ßondern  ünterweltgötter.  Schol.  Apoll.  Rhod.  4, 892.    llygin.  fah.  itraef. 

Ihre  Namen  Aulis  und  Alalkomenia  sind  aus  (p.  12,11    Schm.).    Thelxiope    verhält    sich    zu 

böotischen    Stiidtenamen  (lid.  3   Sp.  2919)   ab-  Thelxinoe   (s.  d.  nr.  3)  wie  das  gleichfalls  als 

geleitet,    ^)E^^il'o^a  (so!)    aber,    die    'Sinnbetö-  Sirenenname     angeführte     'AyXaönr]     {Apollod. 

rende'  sei  passend  als  Name  einer  Erinys  ge-  Epist.   7, 18.     Tzetz.    zu    Lykophr.   712    p.   754 

wählt.     [Höfer.  I  Müller) -au  dem  Sirenennamen './i/Zaoi/OT]  {'Tzetz. 

Thelxinoe  ((''hX^ivoi])    1)  Tochter  des   Zeus  Chiliad  6,716).     [Höfer.] 

(Jiög  rov  aid^^Qog)  und  der  Nymphe  Plusia  (für  Thelyiiiitris  {OriXviiitQLs),  Beiname  des  Dio- 

nXovcia    schreibt    E.    Maafi,    Aratea    211  =  nysos,   Anonym.  Laurent,  in  Anecd.  varia  Gr. 

J^hilol.  Tnters.  12    S.  211:    Tlisgla),    mit    ihren  lo  e<    Lat.    ed.    Scitoell.   Studemund    1,268,    V,.. 

Schwestern  Arche,  Melete   und  Aoide   als   die  Xiketas  ebenda  275.   282   (bei  Niketas  a.  a.  0. 

vier  ältesten  Musen   genannt,   Aratos  (vgl.  W.  heißt  es  auch  AioXouitQig).    Luc.  Dialog,  deor. 

H.  Grauert,  Rhein.  Mus.  1  [1827],  337.  J.  Frey,  18, 1.  Bacch.  3.    Das  Beiwort  bezieht  sich  auf 

Rhein.  Mus.  N.  F.  13  [1858],  134)   bei    Tzetz.  die  in  späterer  Zeit  dem  Dionysos  zugeschrie- 

Schol.  zu  Hesiod.  Op.  1  p.  23.  Gaisf.  (=.p.  25')  bene  Weichlichkeit,  wie  sie  auch  in  Bildwer- 

und   in   Anecd.  Gr.  Oxon.  ed.  Gramer  4,425,1  ken  zutage  tritt,  Gruppe,  Gr.  Myth.  l-i^O-,  vgl. 

=  Eudocia  655    p.  484  Flach.     Nach   Cic.   de  Eur.  Backcli.  235.  455.  353  {d-riXvfLOQcpog). 

nat.  deor.  3,21,54   (und   dazu  Hirzel,   Berichte  [Höfer.] 

über  die  Verhandl.  d.  K.  Sachs.  Gcsellsch.  d.  Wiss.  Themeliuchos   {GhpLhXiovxos) .,    Beiname    des 

zu  Leipzig.  Phil-Hist.  Cl.  48  [1896],  313  und  20  Poseidon,  der  die  Grundmauern  {^tyiiXicc),  die 

Anm.  1)    sind    Thelxinoe    und    ihre    oben    ge-  ihm  geweiht  sind  (Myth.  Vat.  3,  10,  2),  hält  und 

nannten  Schwestern  Töchter  des  Zeus  und  der  schützt  (kacpccXiog  Qi^ovxf- ,  d'Sßi-iXia  viQ^s  qpv- 

Neda  (s.  d.).    Thelxinoe  erscheint  auch  in  einer  XaGOcov,  Oppian.  Hai.  5,  680.  ^öqccvu  yvs  ßco^oig, 

Aufzählung  von  Musen,  die  zwar  die  Neunzahl  Orph.  Hymn.  17,  9),   also   gleichbedeutend   mit 

aufweist,  aber  von  den  üblichen  Namen  bis  auf  Asphalios ,  Panasphalios  {Athen.  Mitt.  24,  358), 

zwei  abweicht:  KaXXi%6Qr\,'EXi%r\,  Evviy.r],  OsX-  Hedraios  CESgalog,  Journ.  ofhell.  stud.  10  [1889], 

^ivoT],    TsQ-^LxoQT],   EvrigrcT].,  EvusXdöi],  z/tV,  81)   und   rairjoxog,  Apollodoros   {Schwartz   bei 

^v6nri,  Schol.  zu  JECes.  Op.  1  p.  23.  —  2)  Diene-  Pauly-Wissotva  1,  2873,  64  ff.  (s.v.  Apollodoros) 

rin  der  Semele,  Nonn.  Dinoys.  8, 195.  —  3)  Eine  im  Schol.  Gen.  A.BD  Hom.  11.  21,  447.  Cornu- 

der  Seirenen,  wofür  auch  die  Variante  Osi^iÖTcri  30  tus  de  nat.  deor.  22  p.  125  Osann  =  42,  22  Lang: 

(s.  d.)  angeführt  wird,    Schol.  Apoll.  Rhod.  4,  rairioxog  liystai  ö  TIoGsidcöv   'accI  (^susXiovxog 

892  =  Eudocia  858  p.  656  Flach]  vgl.  Kirch-  V7t6   rivatv   -accI  d-vov6iv  avtä  kacpccXaia)  Uoosl- 

hoff,    Philologus  15  (1860),  5.    —    4)    Unsicher  dävt    TfoXXaxov    maav    in     avxa    v.£i^ivov    xov 

(vgl.  Diels,   Sitzungsher.  der  Berl.  Akad.    1896,  uGcpaXwg  iörccvat  xa  oix7]^atcc  inl  x-qg  yfig. 

459)  ist   die    von    H.  Weil,  Bull,  de  la  Corr.  [Höfer.] 

Hell.  19  (1895),  404  im  delphischen  Päan  des  Themigonoi  {Qs^iyovoi),  Beiname  der  Horai 

Philodamos  Vers  54  vorgeschlagene  Ergänzung  als  der  Töchter  der  Themis,  Pind.  Paean.  1,  6 ' 

und  Deutung  @sX[t,Lv6cc]  =  Aphrodite,  wozu  er  p.  273  Schroeder.  Über  die  Hören  als  Töchter  der 

Eur.  Bakch.  402  ff.  vergleicht:   Kvtcqov,  väGov  Themis  (s.  d.)  vgl.  Bd.  1,  Sp.  2716,  2 ff.      [Höfer.] 

x&g    ktpQodlxag,     iv    a    dsX^lcpQovBg    vB^ovxai  10      Themis  (Seius  =  ^iuig),  Göttin  des  Rechts. 

dgaxolGiv  'KQcoTsg.  Doch  kann  der  dritte  Buch-  Name.    Oi^ig  von  Wurzel  d's,  wie  xi-%'ri-{Li 

stabe  in  @£Xiiv6a{'i)  auch  ein  A  sein:  Q-B&[gVj  setze,  tue,  d-E-^a  Satz,  d's-GL-g  Satzung,  d-s-o- 

....  —  5)  s.  Thelxinia.     [Höfer.]  ^6-g  Satzung,  d's-iie-Xio-v,  Q'i-^E-Q'Xo-v  Grund- 

Thelxiiioia  s.  Thelxinia  nr.  2.  läge.      G.  Curtius,    Grundz.^  254  n.  309;    vgl. 

Thelxion  {SbIIIcov).   In  der  sikyonischen  Ge-  Benfey,  WL.  2,  266  (anders  Ahrens,  D.  Göttin 

nealogie  der  Könige  (Aigialeus,  Europs,  Teichin,  Th.  2,  27ff'. ,   der  einen  Stamm  Q^sa  oder  eine 

Apis,  Thelxion,  Aigyros)  der  fünfte  König,  Sohn  Wurzel  %ayb  mit  Grundbedeutung  ''häufen'  an- 

des  Apis,  Vater  des  Aigyros,  Paus.  2,  5, 7.  Hier-  nimmt.     Auch  JB.  Hirzel,    Th.,  Hike  und  Ver- 

mit   stimmen   Kastor   und   die    Chronographen  wandtes  54   geht   vom   Stamme   d-sii   aus   und 

überein,  nur  daß  bei  ihnen  der  Sohn  des  Thel-  50  hebt  die  Grundbedeutung  eines  lebendigen  An- 

xion  nicht  Al'yvQog,    sondern   AiyvdQog   heißt,  triebs  und  danach  von  Rat,  Ermahnung  hervor). 

Euseb.  Chron.  ed.  Schöne  1,113  f.  2, 13i.{=  Syn-  Das    Appellativ    ^s^ig    bedeutet    danach    '^  Sa- 

kellos  191,13.  196,4).    Interpres  Armenius  bei  tzung', 'Gesetz',  der  Eigenname  ©eVs^Setzerin', 

Schöne  üj.Si.O.  Appendix  1^.1.  Anonym,  obendd»  mhd.  'säze',  ^Satzungen  setzende  Göttin';  vgl. 

Appendix  ^Q.  Excerpta  Lat.  Barb.  ehendd,  21Q',  Fick,   Vergl.  W.^  1,  102,  274;   IJers.,  Gr.  Per- 

vgl.  Ed.  Meyer,   Forschungen  zur  alten  Gesch.  soT^ewnamew  LXI.  175,  entsprechend  indog.dhämi 

1,87  und  Anm.  1.    W.  Christ,  Studien  zu  de-  Satzung,  von  dhä,  gr.  d'8-,  -O-rj-,  setzen,  stellen, 

mens  AJexandrinus  in  Ahhandl.  d.  philos.-philol.  legen.     Schol.  Hes.  th.  135  OiyiLg-  7;  Q^ioig  xov 

Klasse  d.  Kgl.  Bayer.  Akad.  d.  Wiss.  21  (1901),  Ttavxbg    17    cciisxdd-stog.      Etym.   M.  s.  v..,    vgl. 
517.    In  der  argivischen  Genealogie   erscheint  60  X.  Meyer,   Hdb.  d.  Gr.  Et.  3,  454.     Schrader, 

Thelxion    zusammen    mit   Teichin    (s.  Telchis,  Reallexikon    der   indog.  Altertumsk.  656    unter 

wo  Sp.  246,  46  ''Sohn  des  Europs'  zu  lesen  ist)  ""Recht';  Ders.,  Sprachvergleichung  u.  Urgesch.^ 

als  Mörder  des  Apis,  Apollod.  2,1,1,4.    Tzetz.  11,2,404.    Die  Abwandlung  in  der  Deklination 

zu  Lykophr.  177.    Außer  der  unter  Telchis  an-  attisch  und  in  der  v.oivri  vom  Nominalstamme 

geführten    Literatur    s.    van   Gelder,    Gesch.    d.  ^s^lö-,  dorisch  von  Q-sillx-;  ionisch  ge.  Gsiiiog 

alten  RhudierAd.  Blinkenberg,  Hermes  bO  {1915),  Hdt.  2,  50.     Die  älteste  Gestalt  des  Nominal- 

281.  298.     [Höfer.]  stammes  ist  d's^iax-;  danach  die  Abwandlung 

Thelxiope    {Osl^lonri),    eine    der    Seirenen,  bei  Homer.     Die  Komposita,  welche  d-s^ig  als 


571                   Themis  (Wesen)  Themis  (Abstammung,  Ehe)         572 

ersten  Teil  haben,  sind  ausschließlich  mit  d^s-  nur  bei  edlen  Frauen  an' ;  daß  solclie  Gedanken 

luüt-  gebildet,  ebenso  die  Derivata  bei  Homer  auch  dem  Alteiiume  nicht  fern    lagen,    zeigt 

und  den  Epikern.    Dieselbe  Abwandlung  auch  Hirzel  412):  Das  ist  die  Göttin  Themis,  die 

in  der  Mundart  von  Thessalien  (iVW/wt/r,  i>i«i.  zunächst  das   in    sich    verkörpert,    was    ^^fug 

Thess.  88);  ebendaselbst  ein  Monatsname  Sb-  bedeutet,  danach  handelt  und  darüber  wacht, 

fUattog.      Entsprechend    gebildet    0ffii6ticid£gy  der  sodann   auch   besondere   Beziehungen   auf 

d.  i.   Tbemistöchter,  bei   Hesych.     Vgl.  Brug-  Grund   örtlicher  Auffassung  beigemischt  sind. 

wann,  Gr.  Gramm.\  §§  212.  185.  227,  6.  Hirzel  faßt  das  Wesen  der  Th.  als  Göttin  des 

Das  Wesen  der  Göttin  stimmt  mit  der  Be-  liats  und  hebt  das  Treibende  in  ihrem  Walten 
deutung  des  Appellativs  &^nig  so  überein,  daß  lo  hervor,  S.  3  ff.    Uns  scheint  die  Bedeutinig  des 

man   sie  solchen  Personifikationen   abstrakter  ewig  Seienden,  unverrückt  Bestehenden,  danach, 

Begriffe,  wie  Eris,  Moira,  Dike,  Charis,  Peitho,  auf  sittlichem  Gebiete,  des  Geziemenden,  wel- 

Kike  u.  a.  an  die  Seite  stellen  darf,  wobei  zu  ches  ist,  weil  es  sein  soll,  und  dementsprechend 

beachten  ist,   daß  schriftliche  Unterscheidung  waltet,  zu  überwiegen.  V^l.  7>.  ISchnndt,  Ethik 

bei  diesen  Worten  in>    Altertum   ebensowenig  rf.  6'r.  1,387.  372.   Leüst,  Graeco-itul.  Jiechtsyesch. 

stattfand,  wie  mündliche,  und  daß  die  Personi-  206  if.  J.  E.Harrison,  Themis,  Kap.  11  p.  480  ff. 

fikation  nicht  neben,  sondern  mit  dem  Appel-  Abstammung.  Th.  gehört  dem  Geschlechte 

\&tiv eutsi&ndenist  {Lehnt,  Thcmi8,in Pop.  Aufs.'  der   Titanen    an.      Sie   galt    als   Tochter   des 

96.    Usener,  Göttern.  364  ff.    Gruppe,  Gr.  Myth.  Uranos  und  der  Gaia,  Hes.  th.  136.    Diod.  6,  66 

u.  Rel-Gesch.  1068  flf.    Hirzel  2.  19).     Um  das  20  (nach  kretischer  Sage).     Apd.  1,  1,  3.     Orph. 

Wesen   der  Th.    allseitig   zu   erschließen,   ist  fr.  8,  22  (vgl.  Loheck,  Agl.  606).     Clem.  Rom. 

daher  ein  Eingehen-  auf  die  Bedeutungen  des  Honi.  6,  2.    Cornut.  17.     Nach  Hygin.  f.  praef. 

Appellativums   unerläßlich.     Ursprünglich   ist  sind  der  Th.  und  der  Titanen  Eltern  Aether 

fti^ig  8.  V.  a.  'Satzung',  'Gesetz*,  danach,  was  und  Terra;  hier  ist  Aether  nur  eine  andere 

gesetzt  ist  an  und  für  sich  und  ein  für  allemal,  Benennung  für  Uranos.     Einfach  als   Tochter 

also  eine,  von  höherer  Macht,   die  auch  über  des  Uranos  und  der  Gaia  wird  sie  bezeichnet 

den  Göttern  steht,  gefügte,   Ordnung,  unver-  Orph.  h.  79,   1.  2.     Als  T.    des    Uranos  heißt 

rückt  von  Urzeiten  her  und  auf  immerdar,  welche  sie    Oi}Qavioc  Pind.  fr.  6   (vgl.  Aesch.  Pr.  164 

im  Himmel  und   auf  Erden  gilt,  daher  gött-  und  dazu  SchoL  Med.).     Soph.  El.  1064.     Bei 

liches  Recht  und  über   das  künstliche  Recht  so  Menauder  de  enc.  8,  153  ist  Th.  Tochter  des 

der  Menschen  erhaben.    So  wohnt  dem  Begriffe  Kronos;   dies  scheint  eine  Verwechselung  mit 

die  Bedeutung  des  Heiligen  inne;  er  steht  dem  Uranos  zu  sein.    Bloß  Tochter  der  Gaia  ist  sie 

von  dixtf  gegenüber,  wie  lat.  fas  dem  tws.    Da-  genannt   Eiir.  Iph.   T.  1259  f.   (vgl.  Proclus  in 

her  bedeutet  <9-eV*s  tc^i  soviel  als:   es  ist  ge-  Plat.   Tim.  6,  295  d.     Paus.  10,  5,  3),  Titanin 

setzt,  d.i.  es  soll  so  sein;  es  ist  durch  höheres  imd    Tochter    der    Gaia    oder    Chthon  Aesch. 

Walten  also  gefugt  und  gebührt  sich  demnach,  Eum.  6,  2,    einfach  Titanin  Aesch.  Prom.  874. 

daher  denn  auch  'es  ist  erlaubt',  in  dem  Sinne:  Clem.    Strom.  1,  366  P.      Schal.    V.    IL   20,  4. 

'erlaubt  ist,  was  sich  ziemt'  (vgl.  Hesych.  ^b-  Bei  I^ykophron  129  heißt  Ichnaia  eine  Tochter 

fug-   diTiciiov,  a|<ov,  nginov).,  und  verneinend  des  Helios;   diese   Ichnaia  ist  aber  Th.   (s.  d. 

ov  billig  iiGxi)    8.  V,  a.    es    ist   nicht  gesetzt,  40  Scholion  zu  der  Stelle  und  unten  Sp.  603f.;  vgl. 

d.  i.    es   soll   nicht  sein,    ist  verboten.     Beides  Gruppe,  Gr.  Myth.  1080  f.  6.).    Nach  ihrer  Ab- 

in  höherem  Sinne,  nämlich  nach  heiliger  Ord-  kunft  wird  sie  benannt  rjvysv^g  hymn.  Ven.  94, 

nung,  die  für  alle  gilt  {Eitipedocles  lustral.  carm.  BvnaxiQticc  Orph. h. 79, 1,  Ttalcciysvrig  Aesch. Prom. 

437    o-ö    TtBÄEzai    roig   ^tiv    ^Ffiitov   tdös.,    xoig  873,   TcgtaßtiQa  Apollon.  Bh.  4,  800;  vgl.  ^föjv 

d'ad-BuiaTot\   6Jl/,a  t6  ^tv  Ttdvrav  i'o/Aifiov  öid  j]  TtQBaßvtäzT]  bei  Aristid.  1,  337    Dindf.  und 

X  tvQvu.i6ovxog    al^iqog    iivs^^cog    xixaxai    öicc  Longa,e\Si  hei  (Jlaudian.  Bapt.  Pr.  1,  219;  doch 

x'ccnksxov  at)}'?)e),  an  die  selbst  Götter  gebunden  ist  sie  nicht  als  Greisin  zu  denken,  s.  u.     Als 

sind    (z.  B.     Apollon    bei    Piaton,    Ap.  21,  b.  Himmel  und  Erde    zueinander    in    Beziehung 

Pindar,  Pyth.  9,75).    Somit  bezieht  sich  -itt/it?  traten,   da  ist  sie  entstanden,   und  in  diesem 

auf  die  Ordnunj^  im  Götterstaat,  auf  die   den  50  Sinn    ist  sie  älter    als   Zeus  und  alle    Götter 

Göttern  ihrem  Wesen  nach  anhaftenden  Pflich-  des  Olympos:  Himmelsklarheit  beschattete  die 

ten,  wie  auf  das  Verhalten  der  Menschen  gegen  'Feste'  der  Erde,  und  diese  gebar  eine  Toch- 

die  Gottheit,  auf  das  von  den  Göttern  Geschützte,  ter,   welche  den  Anteil  von  Vater  und  Mutter 

als  Heiligtümer,  Mysterien,  Eid,  auf  Pflichten  in  sich  trägt,  als  eine  heilige  Kraft,  die  alles, 

der  Pietät  gegen  geheiligte  Personen,  auf  die  was  auf  Erden  gegründet  ist,  in  richtige  Ord- 

durch   die  Ordnung  der  Natur  gesetzten  Be-  nung  setzet;    vgl.   Schiller:   'heil'ge   Ordnung, 

dürfnisse  alles  Lebenden,  auf  das  Recht  der  segensreiche  Himmelstochter'. 

Mitleidsbedürftigen.    Sodann  bezeichnet  es  die  Ehe.    Hes.  th.  901  ist  Th.  die  zweite  unter 

Ordnung    der  versammelten  Massen,    Leitung  den  sieben  aufeinander  folgenden  Gemahlinnen 

der  Rats  Versammlungen  und  Gerichte  und  He-  60  des  Zeus  (die  erste  war  Metis).    Nach  I^indar 

gung  der  Rechtspflege  auf  Erden,  der  strafen-  fr.  6  fuhren  die  Moiren  Th.  auf  goldnem  Ge- 

den  wie  der  schützenden.     Also  enthält  ^i^iig  spanne    von    den    Quellen    des    Okeanos    zum 

den   Begriff  des  heiligen   Rechts.     Dieser,  zu  Olympos,  um  des  rettenden  Zeus  ccQxccia  aXo%og 

einem  lebendigen  Wesen  geworden,  und  zwar  zu  werden  (a(j;^ata  von  ccg^ri  in  dem  Sinne  von 

zu  einem  Weibe,  dem  Geschlechte  des  Wortes  uraniänglicb.  Vgl.Boschcr.  oben  Bd.  1,  Sp.  2103 

entsprechend,   aber  dann   auch   mit  gewissen  unter  'Hera').    Gemahlin  des  Zeus  ist  Th.  auch 

Seiten  der  Frauennatur  übereinstimmend  ('willst  in  der  orphischen  Theogonie,   s.  Piocl.  in   Tim. 

du  genau  erfahren,  was  sich  ziemt,  so  frage  2,  121,    und  bei   Menander   de  encom.  8,  153. 


57H                   Tliemis  (Kinder)  Themis  (Kinder)                   574 

Als  Geliebte  des  Zeus  jj^ilt  TL.  nach  der  Orts-  cci  Nviicpat   ai   Jibg  ■ncci  ("HyuÖO:^  olnovöui   iv 

aage  von  Ichnai  in  Makedonien  Stcjth.  li.  s.  v  6n7\Xaioy   thqI  xov  'Hqiöuvov)',   danach  Apd.  2, 

und   bei    Späteren:    Apd.  1,8,1.     Nonniis  D.  5,11.  Hesych.  Gt^iötiadss- Nv^cpcxi^M. Schmidts 

5,620.     Claudian.  B.Pros.  1,107.      Sinn   der  Änderung  in  Wtcria^eg  ist  unnötig).    Die  Kinder 

Verbindung  ist:    der  höchste  der  Gtitter,  Herr  des  Rechts  weilen  im  Gelobten  Lande  an  den 

des  Himmels  und  der  Erde,  übt  seine  Gewalt  Enden  der  Welt  (wie  die  Abier,  //.  13,  G,  dt- 

nach  den  Gesetzen  der  Sittlichkeit,  und  so  ver-  v.at('itocxoi.  avd-^xoTtuiv,  die  Hyperl»oreier,  llclla- 

eint    er    sich   mit    der    Vertreterin    altheiligen  mV.o.s  bei  T'/em.  yIZ.  «Sir.  1,  350,  vgl.  642  P.),  wie 

Rechts.     Indes  ist  das  eheliche  Verhältnis  zwi-  Th.  selbst  bei  Find.  fr.  6  von  den  Quellen  des 

sehen  Th.  und  Zeus  wenig  in  den  herrschenden  lO  Okeanos   geholt   wird.     Diese    Nymphen    sind 

Glauben   eiugednmgen,   in   welchem   Hera   als  nicht    selber   Themiden,    sondern    horenartige 

die  Gattin  des  Kroniden  galt;  bei  Homer  steht  Gestalten  und  als  solche  in  Dreizahl  zudenken, 

Th.  mit  dieser  in  ganz  freundlichem  Vernehmen,  wie  Ordnung,  Recht  und  Frieden.     Es  ist  der 

8.  II.  In,  00  ff.  nämliche  Gedanke,   wie   die  Versetzung  unter 

Kinder.     1.    D(^  Th.    von  Zeus   die  drei  die  Sterne:  das  Recht  flüchtet  in  unerreichbare 

Hören  Eunomia,   Dike,   Eirene  {Hes.  th    001  f.  Ferne.  —  6.  Die  Hesperiden  werden  als  Töch- 

Pind.  Ol.  13,  6  tf.    Orph.  h.  43,  1  f.    Cornut.  20.  ter  des  Zeus  und  der  Th.  bezeichnet  von  dem- 

Hygin.  f.  1^<3.    P.  L.  G^  3,  734  f.  adesp.  Apd.  selben   Pherekydcs  bei  Schol.  Eur.  Hippol.  742 

1,  3,  1),  Wohlgesetzlichkeit,  Recht  und  Frieden,  <l>iQE'^vöric;  dh  Jibg  -accI   ©iiiidög   (fr^oiv   avrd?. 

in   demselben  Sinne,   wie  Diod.  5,  ü7  der  Th.  20  Indes  nimmt  man  wohl  mit  Recht  an,  daß  eine 

zugeschrieben   wird   m   TtSQl  tr^v  tvvo^dccv  xa/  Verwechselung  mit  den  eben  genannten  The- 

BiQr\v7]v   anoÖEL^aöd-ai ,    und   ähnlich,    wie   bei  mistiaden  vom  Eridanos  vorliegt.    Im  Heraion 

BaJcchylides  fr.  20    Dike    als    Begleiterin    der  zu  Olympia    war    ein   Standbild    der  Th.    von 

Eunomia  und  Th.  bezeichnet  ist.     Eunomia  als  Dorykleidas  aufgestellt,  daneben  Sitzbilder  der 

Soteira  und  Tochter  der  Th.    findet  sich  auch  Hören,  als  ihrer  Töchter,  einWerk  des  Smilis,  Im 

Find.  Ol.  0,  25  f. ;   über   den   besonderen  Sinn  Schatzhause  der  Epidamnier  ebendaselbst  waren 

vgl.  TJesych.  d'sutara-  s^voucc,  vo^c^lcc  und  ahn-  Bildwerke  des  Atlas,  des  Herakles  und  der  fünf 

liches;    s.  u.  603.     Die   Hören   heißen  Töchter  Hesperiden  von  Theokies  Diese  Hesperiden  wur- 

der  Th.  ohne  Angabe  der  Namen  Pind.  fr.  6.  den  nachmals  ebenfalls  in  das  Heraion  versetzt. 

Paus.  5,  17,  1        Hygin.    f.  praef.      Den    Sinn  30  und    zwar,    wie    die   Zusammenstellung   lehrt, 

dieser  Kindschaft    gibt    Hes.  th.  003  '"SIqccq  —  neben  Th.  und  die  Hören.    Ob  der  Grund  dafür 

ocit'  ^()y'  o)Q£vov6i, 'KaTad^i'rjTotöi  ßQOtoiGi.     Cor-  bloß  die  Übereinstimmung  dieser  iiltertümlichen 

nutus  20  'E-A  f)iiudog  Uybrai  6  Zsvg  yavvfjGai  Werke  in  Material,  Stil  und  Herkunft  bestan- 

rccs  P^Qixg.    vcp'   oiv  xa  äyccQ-a  Ttdvxa  v.ad''  rj^iäg  den   hat   —   Dorykleidas    und  Theokies  waren 

coQSvfxcci  Kai  q)vXd.xx£X(xi.  Vgl.  Papp,  ob.  Bd.  1,  2,  beide  Lakedaimonier  und  Schüler  des  Dipoinos 

Sp.  2716.  —  2   Die  drei  Moiren  Klotlio,  Lach esis,  und  Skyllos  —  oder   in   der  Geltung   der  He- 

A.troi^o^^ccixs  ÖiöovGiv  ^■vrixoig  äv^Qi'oTcoiGiv  ^isiv  speriden    als    Themistöchter ,    läßt    sich    nicht 

ayci^ov  xs  -nanöv  rt,  werden  neben  den  Hören  feststellen;    man   möchte   sich  für   das   erstere 

als  Töchter   des  Zeus  und   der  Th.  bezeichnet  entscheiden,    da    außer    den   Hesperiden   auch 

JSes.th.  004  tf.  (ebd.  217  heißen  sie  Töchter  der  40  eine  Athena  des  Dontas,  des  Bruders  des  Do- 

Nv^).  Apd.  1, '6,1.  Über  die  Bedeutung  s  ie/*rs  rykleidas,  in  das  Heraion  übertragen  worden 

104:  *■  alles,  was  in  der  Welt  geteilt  und  zugeteilt  ist,    lauter  Werke    von   Holz,    Elfenbein    und 

ist,  ist  nach  der  Th.  geteilt'.  Vgl.  das  deutsche  Gold.     S.   unten    Sp.  580.     Paus.  5,  17,  1.    6, 

Ur-teil,  urspr.  s.  v.  als  Vas  erteilt  wird'  {Kluge.  10,  8;  dazu  Blümner  2,  1,  300  f.  der  Ausgabe. 

Etym.  Wtb.),   dann  in  juristischem  Sinne  der  Weniger,  Olymp.  Forsch.  1,  üT/iO  6, 1006,  77. — 

Rechtsspruch.  —  S.  Astraia,  Sternhilde,  Tochter  6.  Während  nach  der  gewöhnlichen  Auffassung 

des  Zeus  und  der  Th.,  ist  gleich  Dike;  diese  wal-  Th.    nur    Töchter    gebar,    d.i.   Abstraktionen 

tete  im  goldenen  Zeitalter  unter  den  Menschen  weiblichen  Geschlechts   aus   ihrem  Wesen  ab- 

und  wurde  danach  unter  die  Gestirne  versetzt,  geleitet  wurden,  macht  sie  Aischylos  Prom.  18. 

wo    sie    das    Sternbild    der  Jungfrau    bildete:  50  200.  874    zur  Mutter  des  Prometheus  (welcher 

Eratosth.  cat.  0;   vgl.   Arat.  phaen.  96  &.     Der  sonst   ein  Sohn   der  Klymene   oder    der  Asia, 

Name  Astraea   findet   sich   für  uns   zuerst  bei  Asopis  u.  a.  heißt) ;  der  Vater  ist  nicht  genannt. 

Ovid.  M.    1,  150.     luv.  6,  10.      Bei    Martian.  Der  Sinn  ist  auch  hier  verständlich:  Prometheus 

Cap.    2,    46     sind    Th.,    Astraea    und    Erigone  bedeutet:  6  -kqooq&v  xu  ^iridsa.,  xu  ßovXevuaxcc 

gleichgesetzt.  Vgl.  Stall,  ob.  Bd.  1,  Sp.  650  und  {Etym.  M.   s.   Aeseh.  Prom.  85   —  vgl.  Suppl. 

TTermcÄ-c  bei  Pa?(7?/-I'r«sso?6-a  2,  2  unter  Astraia.  700   itQOiLaQ-svg  svv.oiv6a7\XLg  ccQxd);    Th.  aber, 

Gi'uppe,  Gr.  M.  1080,  6.  450,  2.     In   einer  In-  die  Satzungen  setzende,   ist,   wie  gezeigt  wer- 

schrift  von   Sinope   {American  Journal  of  Ar-  den    wird,    der    Zukunft    kundig.     Vgl.    Bapp 

chaeology  0  [1005]    322)    bilden    die    6   Worte  oben  3,  2,  3032  ff.  3058  ff.  —   7.  Bei  Dionysios 

@i(iig,'^HXiog,  — slrji'?],  'Eptti)?,  'T&goxöog,   Hsi-  GO  H.  ant.  1,  31  wird  der  Führer  einer  aus  dem 

QLog  das  Akrostichon  '^©rjösv?',  dem  zu  Ehren,  arkadischen  Pallantion  nach  Italien  gezogenen 

dem   die   Inschrift   galt.     Auch   hier  steht  Th.  Auswanderersc^ar,    Euandros",    als    Sohn    des 

für  Dike  und   gleich   Tlagd-ivog   {Ball,  Archiv  Hermes    und    einer    arkadischen   Nymphe    be- 

/'.  Religionsiü.    13   [1010]   475).    —    4.   Töchter  zeichnet,  f^r  ol  iihv  "EXX7]vsg  ©e^iv  elvca  Uyov6L 

beider   sind  auch  die  Nymphen  des  Zeus  und  -/ort  d'socpoQVtXov  aTtoipcclvovatv,  die  von  den  rö- 

der  Th.  in  einer  Höhle  am  Eridanos,  zu  denen  mischen  Darstellern  Carmenta  genannt  werde; 

Herakles  auf  dem  Wege  nach  den  Hesperiden  iir]  d'  av  'EXXddi  cpcovfj    @E67Cup8bg   xfj    vv^cpr] 

s^elnngte:  Pherckydes  hei  Schol.  Apoll.  Rh.  4:,l'd9Vi  xovvo^lcc.     Nach  Plutarch.  Q.  B.  56,  278  b  soll 


575                 Themis  (und  Zens)  Themis  (und  Dione,  Khea  etc.)      57  & 

Carmenta,  die  Mutter  des  Euandros,  nach  Ita-  idäiscben  Grotte  und  hält  mit  den  Moireu  den 
lien  gekommen  sein,   6vofia^oiitvj]v  Gsutv,   die  jungen  Zeus  von  der  'l'ötung  der  Eindringlinge 
d*ivioi.  Nixü6rQäTi}v.     Näheres  über  diese   ar-  zurück:  ov  yccQ  ijv  oßiov  ccvrö^i  d-avslv  ()vfih>a. 
kadische  Nymphe  unten  Sp.  694,  vgl.  Wissowa,  In  diesen  Sagen  ist  die  Zeit  vor  der  Herrschaft 
oben    Bd.  1,  öp.  852  tf.     Preller- Jordan,  Böm.  der  olympischen  Götter  vorgestellt,  in  der  Zeus 
Myth.  405  ff.  —  noch    ein   kleiner   Knabe   war;    Th.    erscheint 
In  ähnlichem  Sinne,  wie  man  Th.  als  Gattin  bereits  als  heilbringende  Helferin,  eine  Eigen- 
dem  Zeus  beigesellt  hat,  aber  der  gewöhnlichen  schaft,  die  mit  ihrem  Walten  als  Rechtsgöttin 
Anschauung,  welche  Hera  als  solche  kannte,  sich  zusammenhängt  (s.  u.).    Einem  Götterkinde,  vor 
leichter  anbequemend,  wurde  ihm  die  Göttin  lo  allem  einem  solchen,  gebührt  P]rluiltung  und 
als  nahe  Vertraute,  nämlich  als  Beisitzerin  Ernährung,  zumal  wenn  böse  Mächte  es  be- 
find Ratgeberin,  zur  Seite  gestellt.    So  spricht  drohen.     In   gleichem   Sinne  reicht  Th.   auch 
Anaxarchos  bei  Plutarch.  {Alex.  52)  zu  Alexan-  dem  neugeborenen  ApoUon  Nektar  und  Am- 
der: ovx   olad-a   ort  triv  jditiriv  ix^t  Ttdgsdgov  brosia,   Htfmn.  Apoll.  124.     In   einem   theogo- 
6  Zbvs   xai   Tr]v   Sifiiv^   iva  itäv   ro   7t(faxb-\v  nischen  Hymnos  von  Athenas  Geburt  bei  Ga- 
^b  xov  xgaxoitvxog  ^'ffiiTOv  r}  %(xl  äinaiov;  vgl.  lenus  de  Hippocr.  et  Fiat,  dogin.  (5  S.  361  Kühn) 
Cid  princ.  inerttd.  4.  Eustath.  in  II.  9,  63  t}  di  ye  nimmt  Th.  die  aus  dem  Haupte  des  Zeus  ge- 
Gi^isi66xhi9fdxigilvc(i>xoi!)  Öixaiox^  (pv}.axti%ri,  borene  Athene    in  Empfang    (v.  IG    nach    der 
6Ut  xa\  To5  Jil  iXiysxo  ndgeögog.    Dieses  innige  Lesart  von  Ahrena  ^v^a  d-tä  nccgtÖanto  Otuig ; 
Verhältnis    bezeichnet   besonders    Jiymn.  /ov.  2o  anders    Usener,    lih.  M.   öG,  17i);    vgl.   Hirzd 
28,  2f.,  wo  es  von  Zeus  heißt:  0ifiL6Ti  iy-uXidov  16,  2).      Bei  Nonnos  Dion.  41,  1G2    wird    sie 
kl^oiUv^iJ  nvxivovg  odgovg  6tiQi^H  {iyxXidöv:  vgl.  geradezu   als    ff^^ng  slXsl&vicc  bezeichnet   und 
die  Lage  der  beiden  Frauen  im  Ostgiebel  des  leistet   der   Aphrodite   bei   Geburt  der   Beroe 
Parthenon  und  f/yw«.^jjo//.  P*/</j.  16G  von  Hera  Hilfe.     Indes   war  die  Göttin   am  meisten  bei 
o^f  «or*  sl?  avvrjv  Jib?  i'ßvd-s  firiXLosvxos,  ovxs  der  Pflege    des  jungen   Zeus   an  ihrer    Stelle, 
«ÖT*  elg  ^coxov  nolvdcciöalov^  mg  t6  nägog  tcsq,  und    die   andern  Sagen   scheinen   dieser  nach- 
wbxm  i(pf^oiisvri  TivxLvag  (pQu^iaxsxo  ßovUzg,  auch  gebildet.    Als  Erzieherin  seiner  ersten  Kindheit 
Eurip.  Alcest.  144  f.  "AlSov  vv^rpTj  nagsög^vEtg;  flößt  sie  dem  zukünftigen  Herrscher  der  Welt 
vgl. -irtwii» //. 2 1, 606) ;  ähnlich yl mm /a«.  21,1 1»  den  Sinn  für  Recht  und  Gerechtigkeit  ein,  die 
cubili  solioque  lovis — theologi  veter  es  coUocarunt.  so  solcher  Stellung  gebührt  (vgl.   Hirzel  167). 
Man  sieht,  wie  nahe  die  nagBÖgog  der  Gattin  Von  Geschlechte  Titanin,  ist  Th.  den  andern 
(Tittgdxoixig)  steht.   Find.  Ol.  8,  21  wird  Themis  Kindern  des  Uranos  und  der  Gaia  als  Schwester 
Soteira  Jibg  ^sviov  ndgedgog  genannt.     Öfter  beigesellt,   ürmächten,  welche  vor  den  Olym- 
freilich   noch   wird   Dike   so    bezeichnet   (vgl.  piern  die  Götterwelt  bildeten.   Auch  im  Hymnos 
Lobeck,    Agl.    396  f.).      Der  Ausdruck    ist   für  auf  ApoUon  93  f.  wird   sie  mit  Dione,   Rhea, 
Rechtsgottheiten  um  so  passender,  als  er  auch  Amphitrite,   die  dem    altem  Göttergeschlecht 
für  die  Bezeichnung  gewisser  Beamten  gebraucht  angehören,    zusammengestellt.      Dem    Kronos 
wurde:   Beisitzer,  assessores;   so  z.  B.  die  Par-  weissagt  sie,  daß   er  durch  einen  Sohn  seinen 
edroi  der  Archonten  in  Athen  (Hermann,  Gr.  Sturz  zu  gewärtigen  habe:  Myth.  Vat.  1,  104. 
StaatsaUeH.^  %  ISS,  16.  148,11.    iftr*e/ 5.  412ff.).  40  2,  16.  3,  16,  10.    Lactant.  ad  btat.  Ach.  2,  196. 
Ala  solche  Paredros   berät  Th.   den   Zeus  bei  Serv.  Ae.  3,  104.     Wie  sie  Rhea  bei  Erhaltung 
wichtigen  Unternehmungen  und  hilft  ihm  zur  des  Zeuskindes  beisteht,  so  tritt  sie  überhaupt 
Erreichung    seiner    Ziele.     Im  Titanenkampfe  den  Olympischen  Göttern  nahe,  zu  denen 
rät  sie  ihm,  sich  des  Felles  der  Ziege  Amal-  sie  auch  hielt,  als  der  Titanenkampf  losging, 
theia  als  Schild  zu  bedienen,  Schol.  II.  15,  229  bei  dem  sie  mit  ihrem  Sohne  Prometheus  dem 
(dazu    Hirzel    4,  2);    vgl.    Eratnsth.    Cat.  13.  Zeus  helfend  zur  Seite  stand  {Aescli.  Fr.  217,  s. 
Hygin.  p.  astr.  2,  13.     Um  die  Übervölkerung  oben).     Bei  Hesiod.  th.  16  wird  Th.  unter  den 
der  Erde  zu  verhindern,  bestimmt  sie  ihn  zur  neuen  Göttern  aufgezählt,  während  gleich  dar- 
Anstiftung   des   troischen  Krieges;   so  in  den  auf  (v.  19)  die  Titanen  Kronos  und  lapetos  mit 
Kyprien   bei   Frocl.  ehrest,  p.  472    Gaisf.  (wo  50  den  alten  zusammen  genannt  sind.     Auch  in 
für  QixiSog  zu  lesen  ist  G^^töog  gemäß  Flaton.  der  Gigantomachie  kämpft  Th.  auf  Seiten'  der 
rep.    2,  380  a.      Ahrens   16,  22.     Hirzel   2,  3);  Götter,    und   weil   sie    dabei   den    Spuren    der 
daher  Th.  auch  auf  dem  Vasenbilde  des  Paris-  Feinde    nachspürte,    soll    sie    den    Beinamen 
Urteils  {btephani,   Gompte  rendu  1861,   Taf.  3;  Ichnaia  erhalten  haben  {Tzetz.  Lyk.  129).     Bei 
nnten  Sp.  581  Abb.  4).  Nonnos  (2,  710)  hängt  sie  die  Waifen  des  er- 
Ein  anderes  Verhältnis  zu  Zeus ,  wie  das  schlagenen  Giganten  an  den  Toren  des  Olympos 
als  Gattin  oder  Ratgeberin,  findet  sich  in  der,  auf  und    zeigt   sie   der  schmerzerfüllten   Gaia 
auf  Musaios    zurückgeführten,    Überlieferung,  zum    abschreckenden   Beispiele.      So    war    sie 
daß  Rhea  das  neugeborene  Knäblein  Zeus  nach  auch  auf  dem  Friese  des  pergamenischen  Altars 
Kreta  gebracht  und  der  Th.  zur  Kindespflege  60  inmitten  der  olympischen  Gottheiten  dargestellt, 
eingehändigt  habe,  welche  das  Kind  der  Amal-  wie  die  Inschrift  ihres  Namens  beweist,  wäh- 
theia,   d.  i.  der  Nährerin  (s.  Stoll,  oben  Bd.  1,  rend  die  Gestalt  selbst  nicht  erhalten  ist.    Man 
Sp.  266)    zur    Ernährung    übergab:    Eratostli.  erkennt,  wie  sehr  der  Begriff  der  Titanide  als 
cat.  13.     Schol.   II.    16,  229).     Hygin.  p.  astr.  Tochter  der  Erde  dem  Bewußtsein  entschwunden 

2,  13.     Schol.  Gemian.  156.     Vgl.    Ovid.  Fast.  war;  denn  auf  demselben  Friese  hebt  die  Erd- 

3,  668  von  Anna  Perenna:  pars  Themin  .  .  .  göttin  gramvollen  Antlitzes  flehend  ihren  Arm 
putut  esse  . .  .  teque  lovi  primos,  Anna,  dedisse  empor.  Von  allen  Titanen  erscheint  Th.  neben 
cihos.     Bei  Antonin.  Lib.  19  weilt  Th.  in  der  Leto    allein    im   Olympos.     II.  15,  87  ff.    steht 


577 


The  Ulis  (in  der  Kunst) 


Themis  (in  der  Kunst) 


578 


sie  dem  Mahlf  der  (Jötter  vor  und  kommt  der 
Hera  mit  dem  liechor  entgegen,  die  sich  ihr 
gegenüber  vertraulich  ausspricht.  Zahlreiche 
Personennamen  sind  mit  ihrem  Namen  gebildet, 
und  dieser  Umstand  ist  insofern  von  Bedeu- 
tung, als  das  gleiche  bei  den  meisten  der 
Götter,  aber  bei  keinem  der  übrigen  Titanen 
geschehen  ist.  So  erschien  der  Volksauffassung 
Th.  den  Olympiern  durchaus  ähnlich.  Sie  er- 
hielt daher  auch  Dienste  mit  Altar,  Tempel, 
Priesterschaft,  Opferung  und,  wie  sich  aus 
Monatsnamen  schließen  läßt,  eindrucksvolle 
Festfeier,  ganz  wie  andere  Götter,  So  stellt 
sie  sich  als  eine  Gestalt  dar,  deren  a!llegori«che 
Bedeutung  allgemach  zurückgetreten  ist,  als 
ein  wirklich  persönliches  Wesen  und  anthro- 
pomorphisch,  weit  mehr,  als  dies  bei  Dike  der 
FaU  ist. 

Wie  man  sich  die  äußere  Erscheinung 
der  Th.  vorstellte,  ist  mehr  aus  gelegentlichen 
Bemerkungen  und  den  ihr  gegebenen  Beiworten, 
als  aus  Kunstgebilden  zu  erkennen.  Man  dachte 
sich  Th.  als  eine  jugendliche  Frau  {■kovqt}  heißt 
sie  Orph.  h.  79,  2)  von  würdevoller  Schönheit, 
Im  Hymnos  auf  Aphrodite  v.  92  ff.  ist  Anchises 
in  Zweifel,  ob  er  Artemis  oder  Leto  oder  Aphro- 
dite oder  Th.  oder  Athena  oder  eine  der  Chariten 
oder  Nymphen  vor  sich  sehe.  Von  ihrer  Schön- 
heit zeugen  Beiworte,  wie  y.cdXntdQyog  11.  15, 
87,  aylccöaoQfpog  Orph.  h.  79,  7,  yialvKöäTtig  ebd.  2; 
von  ihrer  Würde  ovgavia  Sojjh.  El.  1064,  alöoir] 
Hes.  th.  16,  \LsydXri  Ewr.  Med.  160,  dyvri  Orph. 
h.  79,    1,   TtdvTifiog  ebd.  7,    ci^ßäa^uog  ebd. 

Von  Darstellungen  der  Th.  durch  die 
bildende  Kunst  sind  folgende  überliefert: 
1.  Standbild  aus  Goldelfenbein  von  der 
Hand  des  Lakedaimoniers  Dorykleidas,  eines 
Schülers  von  Dipoinos  und  Skyllis,  im  Heraion 
zu  Olympia,  Paus.  5,  17,  ] :  s.  oben.  —  2. 
Marmor statue  im  Heiligtume  der  Th.  vor 
dem  neistischen  Tor  in  Theben,  Paus.  9,  25, 
4.  —  3.  Eine  sechs  Fuß  hohe  Holzfigur  der 
Demeter  Lusia  mit  Gesicht,  Händen  und  Fü- 
ßen aus  parischem  Marmor  im  Demetertempel 
zu  Thelpusa  in  Arkadien  wurde  von  manchen 
für  Themie  gehalten,  vielleicht  mit  Recht,  ob- 
gleich Paus.  8,  25,  6  widerspricht.  Näheres 
unten  Sp.  594.  —  4.  Auf  einem  kostbaren 
Teppiche  des  Alkimenes  von  Sybaris  sah 
man  eingewirkt  Zeus,  Hera,  Themis,  Athena, 
Apollon,  Aphrodite  {Aristot.  mirdb.  ausc.  96) 
nach  der  Expositionsszene  der  Kyprien  (vgl. 
Epic.  Gr.  fr.  ed.  Kinkel  1,17,  20f. ;  Benndorfhei 
Helbi(j,  Homer.  Epos^  232,  1),  —  Von  den 
unter  1  bis  4  genannten  Werken  ist  keines 
mehr  vorhanden.  Erhalten  ist  dagegen:  5.  ein 
kolossales  Standbild,  das  in  dem  kleineren 
der  beiden  Tempel  von  Rhamnus  in  Attika  an 
der  Hinterwand  der  Cella  in  der  linken  Ecke 
aufgestellt  war,  im  September  1890  ausge- 
graben wurde  und  jetzt  im  Nationalmuseum  zu 
Athen  verwahrt  wird  (xibb.  1).  Auf  der  oberen 
Plinthe  der  Basis  steht  an  der  vorderen  Kante 
die  Inschrift:  Msyccycli)?  Msyayi\XEOv]g'  Pociivov- 
<y[t]oj  avfd'Tiyisv  0i[LiÖL  Gtscpavoad'slg  vTtb  t&v 
d7]iiota)V  di'KaioGvvrig  8vs-a.cc  in[l  i^sgslag  KccXXl- 
6rovg  xal  wariaag  Ttccißl  y,ccl  avögccGi  yv^vaoi- 
aQ%cbv,  darunter  rechts  nachgetragen  ycal  'ncoiicp- 


20 


30 


vm 

^^^^^^^^^r '             '^'^■P^R^Va^V^H 

1 

UhjII 

^^B      ^'^^  ''Wj^Mw^^^ 

1)  Standbild  der  Theu.io  ^110.^01  l,,  u^r^m,^,,,,,  Denkmäler 
griech.   u.  römischer   Sculptur  Tafel  476). 


40 


dotg  xoQriycüv,  und  ebenso  nachgetragen  weiter 
links:  y.ccl  ^BLdoöTQatTqg  Nsuegsl  isgtlac,.  Auf 
der  Mitte  des  Bathron  die  Künstleiinschrift : 
XccLQSöTQarog  XcaQsSi]^ov  TafivovöLog  i-n;oLri6s. 
Das  Standbild  ist  aus  pentelischem  Marmor 
und  2,22  m  hoch.  Es  gehört  dem  Anfange  des 
drittel!  Jahrhunderts  v.  Chr.  an,  ein  Werk  von 
tadelloser  Ausfühnmg,  das  an  die  Artemisia 
des  Mausoleums  erinnert.    Der  hintere  Teil  des 

50  Hauptes  und  der  übrigen  Gestalt  ist  nachlässig 
gearbeitet;  man  erkennt,  daß  es  allein  zur 
Betrachtung  von  vorn  bestimmt  war.  Kopf 
und  Hals  sind  frei,  und  ebenso,  wie  die  Hände, 
eingesetzt.  Der  feingefältelte  Ärmelchiton  wird 
unter  der  Brust  durch  ein  schmales  Gürtelband 
zusammengehalten.  Ein  Himation  von  großem 
Faltenwurfe  mit  Spuren  zierlicher  Bemalung 
bedeckte  linke  Schulter,  Mittel-  und  Unter- 
körper.   Der  Chiton  kommt  unten  wieder  zum 

60  Vorscheine ;  die  Füße  tragen  Sandalen.  Der 
rechte  Arm  fehlt;  vom  linken  hat  man  die 
Hand  in  der  Nähe  aufgefunden;  sie  war  halb 
geschlossen,  drei  Finger  fehlen.  Attribute  zur 
besonderen  Charakteristik  der  Themis  sind 
nicht  vorhanden;  vielleicht  hielt  die  rechte 
Hand  ein  solches  (s.  Abb.  1).  Zuerst  veröffent- 
licht von  Stats/Ecpri^.  ccqx.  1891  Taf.  4;  dazu 
Text  Sp.  45 ff.     Vgl.  Blümner  zu  Paus.  1,  33. 


579 


Themis  (in  der  Kunst) 


Themis  (in  der  Kiuist) 


580 


BrunH'Bruckmann  96  nr.  476.  Athen.  Mitt.  15, 
1890,  849.  Collignon,  Gesch.  d.  Gr.  PL.  deutsch 
von  Baumgarten  2,  497,  Taf.  241.  Baedeker, 
Gr.*  118.  84.  Weiteres  untcu  Sp.591f.  —  6.  Von 


S)  Themis  erteilt  dem  Aigens  Orakel  (Dach  Gerhard,   Berliner 
Winckelinanruprogramm  1846). 

der  Gestalt  in  Hochrelief  auf  der  Südseite 
des  pergamenischen  Altarfrieses  rechts  neben 
Uranos,  welche  durch  die  Inschrift  OEMI^ 
sichergestellt  ist,  hat  sich  ein  Stück  von  Chiton 
und   Mantel  erhalten.    Die   Göttin  hatte,   die 


künstlerischen  Typus  der  Th.  ist  aus  dem  Ge- 
iUßbilde,  das  die  Göttin  allgemein  gefaßt  als 
Pythia  darstellt,  auch  hier  nichts  liesonderee 
zu  entnehmen.  Vgl.  Gerhard,  Auserl.  VB.  4, 
827.  828,  3  zu  S.  103  f.  Derselbe,  Berl. 
WinckelvKinnsprogr.  1846.  MüUer- 
Wieselery  Denkm.2,  74,  947.  Beinächy 
Bepertoirc  d.  vases  p.  II,  162.  —  S.  Die 
rotfigurige  Darstellung  de«  Pa- 
risurteils auf  einem  bei  Pantika])aion 
gefundenen  mächtigen  Krater  der 
Eremitage  zu  Petersburg  {Steiihani 
Comptc  rendu  1861,  :Vdü'.,  45flF.,  Atlas 
Taf.  3.  Beinach  a.  a.  0.  I,  7)  zeigt  in 
der  oberen  Reihe  mitten  die  Gestalt 
der  Themis  ebenfalls  inschriftlich  ge- 
sichert: GEMI^  (Abb.  3).  Von  dem 
Gefäß  ist  gerade  an  dieser  Stelle  ein 
Stück  ausgebrochen.  Sie  ist  jugend- 
lich gebildet,  mit  bloßen  Armen,  trägt 
Kopfband  mit  Blätterschniuck,  Ohr- 
gehenk  und  Halsband  aus  weißen  Ku- 
geln. Der  einfache  Chiton  läßt  die 
Körperformen  durchscheinen.  Die 
Göttin  unterscheidet  sich  durch  kein 
besonderes  Merkmal  von  den  übrigen 
weiblichen  Gestalten  der  Komposition. 
Lebhaft  redet  sie  der  vor  ihr  stehen- 
den Eris  (EPI^)  zu,  deren  Schulter 
sie  mit  der  Rechten  faßt,  während 
die  Linke  in  die  Seite  gestemmt  ist. 
Hinter  Th.  sieht  man  ein,  von  geflü- 
gelter Nike  gelenktes,  Zweigespann; 
dahinter  steht  Zeus  (erhalten  die  Buch- 
staben IV-).  Hinter  Eris  hält  ein  Viergespann 
mit  einer  ungeflügelten  Frau.  In  der  unteren 
Reihe  mitten  sitzt  als  Hauptfigur  Paris  (Name 
weggebrochen).  Links  daneben  steht  Hermes 
(EPMHC);  dann  folgt  Hera  (HPA)  sitzend.    An 


Rechte  erhebend,  mit  der  Linken  nach  einem  40  sie  lehnt  sich  stehend  Hebe  (HBH).  Rechts  neben 


niederfallenden  Giganten  gegriff'en,  der  sich 
mit  seiner  Rechten,  die  ein  Schwert  hält,  auf 
den  Boden  stützt.  Vgl.  Puchstein,  Beschr.  der 
Skulpturen  aus  Pergamon  1, 19.  20;  dazu  Taf.  1. 
Derselbe,  Zur  jyergam.  Gigantomachie^  Sitzungs- 
her, der  Berl  Äk.  1888,  1231  flF.  —  7.  Rot- 
figuriges  Innenbild  einer  Kylix  anis  Vulci 
in  der  Berliner  Sammlung  (s.  Abb.  2)  von  voll- 
endeter Zeichnung,  dar- 
stellend Themis  als  Pythia 
auf  dem  Dreifuß  orakel- 
gebend undvor  ihr  Aigeus. 
Die  Göttin,  eine  jugend- 
lich anmutige  Gestalt, 
langbekleidet  mit  nackten 
Armen  und  Füßen,  Ohr- 
gehänge, Schleierauf  dem 
Hinterhaupte,  sitzt  nach 
rechts  gewandt  auf  dem 
Dreifaß,  in  der  Linken 
eine  Schale,  in  der  Rech- 
ten ein  Lorberreis  haltend. 
Aigeus  als  Theoprop  steht 
in  ehrerbietiger  Haltung 
wartend  vor  ihr.  Die  Na- 
mensinschriften AEMK 
(sie)  und  AIFEY^  sichern 
die    Deutung.     Für    den 


Paris  steht  Athene  (Kopf  und  Inschrift  abge- 
brochen); dann  folgt  sitzend  Aphrodite  (A0PO- 
AITH),  der  ein  geflügelter  Eros  (EPß^)  zuredet. 
Die  ganze  Gruppe  gibt  das  Parisurteil  wieder. 
Die  Zusammenstellung  der  Th.  mit  dem  Wagen 
der  Nike  und  dazu  Eris  bedeutet  wohl,  daß  der 
Sieg  im  troischen  Krieg  auf  seiten  des  Rechts 
sein  werde.  —  9.  Die  auf  dem  Omphalos  sitzende 


S)  Themis  beim  Parisurteil  (nach  Step/iani,  Cuinplc  rendu  lö61,  Atlas  Taf  3) 


581 


Themis  (in  der  KuriHt) 


Themis  (weisHaj^end) 


582 


Frau  einer  andern  KertHcher  Vsise  (Cotnpte  rendu 
1860,  Atlns  2.  Furtwängler- lieichold  2  Tat".  69. 
Hcinach  a.  a.  0. 1, 3)  mit  der  farbifj^en  Darstellung 
einer  Beratung  der  Götter  über  den  troischen 


4)  Beratung  der  Götter  (nach  Cornpte  rendu  1860,  Atlas  Taf.  2) 
anwesend :  Themis,  Zeus,  Nike,  Athene,  Hermes,  u.  a. 


Krieg  (s.  ob.  Sp.  575)  ist  offenbar  Th.  Sie  spricht 
mit  lebhafter  Geste  zu  Zeus,  der  rechts  neben 
ihr  thront  und  ebenso  wie  Athene  r.  und  Her- 
mes 1.,  ihren  Worten  aufmerksam  zuhört  (Abb.  4). 
Vgl.  Boscher,  Neue  Omphalosstudien ,  Abh.  d. 
Sachs.  G.  d.  W.  31  [lölöj  1,  Taf.  6,  ö.  —  Andere 
Darstellungen  der  Th.  lassen  sich  zurzeit  nicht 
nachweisen  (die  von  Ahrens  1,  Sltf.  aufgezähl- 


21,  1  suhstantiales  polestates  ritu  diverso  pla- 
catae,  velut  ex  perpHuis  fontiuni  venis,  vati- 
cinia  mortalitati  suppedüant  vn'ba,quihns  nnmen 
praei'ssc  dicitnr  Thcmidis,  <juam  ex  eo  quod  fixa 
fatali  lege  decnia  praescire  facit  in 
postrruw,  (juae  tti^ti^L^va  sermo  Grae- 
cus  appetlut,  ita  cognominatam  in 
cubili  sotioque  lovis  vigoris  vivifici 
theologi  veteres  collocarimt.  Kuseb. 
praep.  ev.  3,  11  insi  di:  xal  Ti]g  ^lav- 
Tixr]g  dvväfihwc;  rt?  fi^ro'j^og  iiv  dv- 
vcc^ig,  ßeiiig  iii:V  v,iv.Xritai  ij  dvvcc^t,g^ 
x(p  rä  r8^i'£i(iti>C!C  y.al  hMÜGToy  -ati^isva 
Xsyfiv.  Aber  unter  ittfitöTts  verstand 
man  auch  Grundsätze  der  Sittlichkeit, 
des  Rechts  und  der  ewigen  Wahrheit, 
daher  entscheidende  Urteile,  Rechts- 
offenbarungen, weisen  Rat,  göttliche 
Gesetze  {Hirzel  20.  37 ff.).  Damit  zu- 
sammenhängend bedeutet  Q^EiiiaxBvevv 
Satzungen  künden,  weissagen,  recht- 
sprechen, Rat  erteilen  (da  Hirzel  Th.  als  Göttin 
des  guten  Rats  auffaßt,  wird  von  ihm  diese  Seite 
ihres  Wesens  besonders  betont;  s.  S.  7  ff",  und 
Jurertka,  Wiener  Studien  20, 1898, 120).  Dieses 
^e^LGtsvsLv  nun  ist  eine  der  bedeutendsten  Oblie- 
genheiten, welche  der  Gsiiig,  ihrem  Wesen  ent- 
sprechend, zukam.  So  wird  sie  zu  einer  weis- 
sagenden Gottheit,  fatidica  Ovid.  M.  1,  321  [fati- 


ten  Abbildungen  sind  unerwiesen    oder  falsch  30  cano  ?7e«^Hnpmesaa  cZmYore  9, 418  f.)  und  guten 


gedeutet,  ebenso  das  Gemmenbild  Welcher  A 
D.  2,  325,  Taf.  16,  31  'Th.  als  Schlafprophetin' 
Auch  die  Deutung  des  schönen  Frauen- 
kopfes, der  im  Gebiete  des  Asklepieion  am 
Südabhange  der  Akropolis  zutage  kam,  auf 
Th.  (Studniczka,  Themis,  ein  Werk  des  Meisters 
der  Niobe,  Festgabe  z.  Winckelmannsfeste  d. 
Ar  eh.  Seminars  in  Leipzig  1913)  ist  nicht  aus- 
reichend   gesichert).     Gellius  14,  4    gibt    eine 


Ratgeberin  v,8%uQL6[iivT]  ivrpQOVL  ßovXy  Orph.  h. 
79, 11 ;  svßovlog  Find.  Ol.  13,  8,  Isthm.  8, 32,  fr.  6; 
ogd^oßovXog  Aesch.  Pr.  18,  711-vvTri  Bacchyl.  fr.  29 
Bergk.  Nachher?'.  Verg.  A.  4,246  ist  sie  antiquis- 
sima  dearum  vates.  Sie  gilt  geradezu  als  Erfinde- 
rin der  Orakel  Biod.  5, 67 :  0siiiv  ät  ^v^oXoyovac 
\iavxsiag  yiccl  %'vaiag  -nai  d'hO^ovg  rovg  Ttsgi  xä>v 
^sg)v  TiQmrriv  8Lüri'y7]6aod'ai,  yial  xu  usqI  X7]v  svvo- 
ulccv  y.al  stgt^vriv  yiccxaäst^aL'  ölo  y.ccl  ^safiocpv- 


Stelle  aus  dem  Buche  des  Chrysippos  tcsqI  v.a-  40  Xav,ag  -nal  ^BO\ioQ^ixag  övo^d^sad^aL  xovg  nsgl 


Xov  Ticcl  i]8ovfig  wörtlich  an,  in  der  das  Bild 
der  Gerechtigkeit  —  lustitiae  —  auf  Grund  der 
Darstellung  von  Malern  und  Rhetoren  be- 
schrieben wird.  Gleich  die  Anfangsworte  -jtag- 
d'Evog  Sh  bIvccl  XEysxca  zeigen  aber,  daß  es  sich 
nicht  wohl  um  Th.  handeln  kann.  Als  'Jung- 
frau' galt  vielmehr  Dike  (vgl.  Hes.  opp.  296 
u.  schal.),  die  ja  auch  am  Himmel  in  dem 
Stembilde  der  Jungfrau  erkannt  wurde  (s.  ob 


xovg  d'EOvg  oaia  v.al  xovg  xcbv  ccv^qcotkov  vo^ovg 
dtacpvXccxxovxag'  y.al  xov  'JttoXXoj,  yiad"'  bv 
di]  ^Qovov  xovg  j(^Qriouovg  äuSdvai  ^^XXbl^  d'siiL- 
GXivsLv  Xeyousv  ccnb  xov  xi]v  Gifiiv  evqbxqLccv 
yByovivcci  xüv  ;f()r](>iLtMv.  Orph.  in  Musaeum  23 
heißt  sie  isgoGyionog  avögav.  Wenn  von  Th. 
erzählt  wird  {Zenob.  1,  62  Leutsch),  daß  sie 
weissagend  ermahnt  habe  ß^cc?  xat  x^änb^ccv 
ui]  TtccQocßccivsiv,   d.  h.    das  Gastrecht  nicht  zu 


Sp.  573  und  Puchsteiti,   Sitzungsber.  Berl.  Ak.  50  verletzen,    so  sieht  man   an  diesem  Beispiele, 


1888,  1239  ÖV).  Ähnlich  steht  es  mit  dem  Bilde 
der  Th.,  welches  in  dem  Romane  des  Eustathios 
xb  >to:'9''  'Tö^lvriv  zccl  'Tgulvlccv  ägäiia  2,  5,  bei 
Hercher  l%  172,  beschrieben  wird.  Es  stellt 
vier  Jungfrauen  dar,  deren  Bildung  er  ein- 
gehend angibt.  Die  über  ihnen  stehenden  In- 
schriften ^QovriGig.,  'iGxvg,  UcocpQOGvvr} ,  Qi^ig 
zeigen,  daß  die  Kardinaltugenden  gemeint  sind, 
und  daß  unter  Themis  vielmehr  Dike  oder 
Dikaiosyne  zu  verstehen  ist. 

Aus  dem  Wesen  der  Th.  als  der  Satzungen 
setzenden  Göttin  fließt  es,  wenn  ihr  die  Gabe 
der  We issagung zugeschrieben  wird.  Oi^LOxs g 
bedeutet  Satzungen,  dann  namentlich  Orakel- 
sprüche. Mantik  setzt  den  Glauben  an  Vor- 
herbestimmung voraus;  die  zukünftigen  Dinge 
müssen  festgesetzte  sein,  wenn  sie  erkennbar 
und  danach  verkündbar  sein  sollen ;  vgl.^mmmw. 


wie  sie  zum  Ziemenden,  d.  i.  sittlich  Guten, 
rät.  Hierher  gehört  daher  auch  ihre  Stellung 
als  Beisitzerin  und  Beraterin  des  Zeus  (s.  oben), 
und  so  wurde  sie,  die  der  Satzungen  kundige, 
überhaupt  als  Prophetin  der  Götter  aufgefaßt; 
antistes  deorum  initio  fuerat,  Mythogr.  Vat.  2, 
114.  Dem  Kronos  hatte  sie  verkündet,  daß 
ein  Sohn  ihm  den  Sturz  bereiten  werde  (s. 
oben).  Dem  Zeus  sagt  sie,  daß  er  im  Tita- 
60  nenkampfe  mit  dem  Schilde  der  Aigis  siegen 
werde  (s.  0.  Sp.  576).  Bei  Aischylos  teilt  sie 
ihrem  Sohne  Prometheus  mancherlei  aus  der 
Zukunft  mit  (209  ff.,  873  f.,  vgl.  756  ff.,  907  ff., 
947  ff.).  Nach  Claudian.  Bapt.  Pr.  1,  217  ff. 
hat  sie  dem  luppiter  kundgetan,  daß  Proser- 
pina dem  Pluto  zur  Gattin  bestimmt  sei. 
Durch  die  Weissagung,  daß  der  Sohn  der 
Thetis  stärker  sein  werde  als  sein  Vater,  hält 


583          Themis  (Verhältnis  zu  Ge)  Themis  (Verhältaiis  zu  Ge)          584 

sie  Zeus   sowohl   wie  Poseidon   von   der  Ver-  stalt  sei,  auf  der  alles  vorgehe,  in  so  viele  mit 

bindung  mit  der  Nereide  zurück:  Pind.  Jstfun.  einzelnen  Namen  belegte  Länder  sich  auch  die 

8,  8:8 ff.  Apd.S,13,b;  vgl.  Tzetzes  z.  Lyk.  llS.  Nationen  und  die  vielfachen  Schicksale  der- 
Ap.  Rh.  4,  798  ff.  Melanippides  bei  Schol.  II.  selben  verteilen.'  Und  allerdings  kann  man 
18,  350.     Lactant.  inst.  1,  11,  9.     Bei  Omd.  M.  in   solchem  Sinne  sehr  wohl  von   Gaia  sagen 

9,  403 ff.  verkündet  sie  den  Göttern  die  Kämpfe  TtoXX&v  6vo^^.äxcav  [lOQtf)}]  iiicc;  denn  die  ganze 
um  Theben  und  das  Schicksal  des  Amphiaraus  Menge  derartiger  Namen,  wie  'EXXds  oder 
nnd  des  Alcmaeon.  Urd^ig,  ^(oxig  u.  a.,  oder  'Aaia^  .iißvi],  Bottoricc 

Von  besonderer  Bedeutung  für  die  manti-  u.  dgl.,  sind  als  Epitheta  zu  dem  einen  Begriffe 

sehe  Seite  der  Th.  ist  ihre  Stellung  zurErd-  lo  yi)  zu  verstehen.     Demnach  beweist  die  viel- 

göttin;  denn  aus  den  Tiefen  der  Erde  wurde  besprochene    Aischylosstelle    nicht,    daß    der 

vornehmlich    die  Kunde    der  Zukunft   geholt.  Dichter  Gaia  und  Th.  schlechthin  als  identisch 

Man  hat  sie  mit  Gaia  schlechthin  für  gleich  ansah.     Wenn  sich  aber  später  in   einer  der 

erklärt  und  sich  dabei  auf  Aischyhs  Fr.  209  ff.  Sesselinschriften  des  athenischen  Theaters  außer 

berufen:  ^^ol  dl  tti^rriQ  ovx  ccnai  ^lovov  O^^ug  der  Th.    selber    auch    eine   Pfj  Siing   erwähnt 

%ttt  Fat«,  noXl&v  6vo(idTmv  (lOQcpij  (lia  rb  ^iXXov  findet  (s.  u.  Sp.  696),  so  bedeutet  dies,  daß  die 

ingaivoiro  «povwö'Wjrtxf t,  als  enthielten  diese  Erdgöttin  daselbst  in  ihrer  Eigen.schaft  als  Th., 

Verse  den  Sinn:   'Themis  und  Gaia:   es   sind  d.  h.  als  orakelkundige  Göttin, »gedacht  ist,  wie 

vielerlei  Namen,  aber  es  ist  eine  Gestalt.'    So  ebendaselbst   auch   eine  'Ad^ijvcc   als  Th.,   d.  i. 

bereits  Tzettes  exeg.  in  II.  62,  24  Herrn.  Aiaxv-  2o  als   rechtskundige,   bezeugt  ist   (oder   in   um- 

log  Siiuv  Uyu  xrjv  yfjv  iv  xm  IlQoyLri^Bi  ngo-  gekehrter  Folge  0i^i>g  KlXsl^vta  bei  Nonnos  D. 

(pocv&g  %xX.;   ad  Hes.  opp.  9  Se^ig  i]  yfj  xar'  41,126  die  Th.  ist,  in  ihrer  Stellung  als  Ent- 

MoxvXov  p.  38  Gaisf.;   ad.  r.  56  17  yccQ  GipLig  bindungsgöttin.     Vgl.   Zsvg  d-SfiiaTiog  bei  IHu- 

^xot   ^  Pf)  rot)   tfroijjftaxov   ÜQOurid'^cog  (irixTiQ  tarch  comm.  not.  14,  1065,   d.  i.    Zeus    als   den 

icxi  p.  69  Gaisf.     Der  Scholiast  zu  'Aisch.  Pr.  höchsten  Rechtes  waltend.    Ähnliche  Beiworte 

V.  874  nennt  Th.  17  xccxax^oviog  Sal^itov.     Von  des   einen  Gottes   aus   der  Sphäre  des  andern 

Neueren  namentlich  IFe/cAer,  Aesch.  TnZ.  40ft'.  sind    Hera   Eileithyia,    inschriftlich    bei   Keil, 

Nachtr.  39S.     Götterl  2,  2b:i  ff.     G.  Heimann  P/nZoü. 23, 621,  Aphrodite Peitho, Artemis Hekate, 

in  der  Ausgabe  u.  Opusn.  7,  AOL     Keck,  Neue  ebd.  622,  AthenaNike  u.  a.);  für  identisch  wird 

Jahrb.  81,  1860,  484  ff.    Ahrens  9  ff.     Dagegen  so  Athene   und  Th.   niemand    halten.      Das   eine 

besonders    Schoemann,    Des   Aesch.    gefesselter  freilich  geht  auch  a"us  dem  inschriftlich  über- 

iVom.  1844,  292  f.    In  den  Versen  am  Schlüsse  lieferten   ri)  @i}iLg   deutlich   hervor,   daß  Th. 

der  Tragödie  co  tirixgbg  ififig  osßag,   at  ndvxcov  und  Gaia  nach   einer  bestimmten   Seite  ihres 

ai&T}Q  xoivov  qpdo?  siXlaaoov^   ioogag  fi'  mg  ^x-  Wesens  verwandt  waren  (ebenso   wie  Th.  und 

tfixa  flTCttyj;«  hat  man  aus  der  Zusammenstellung  Athene),  wie  es   eben  auch  die  Überlieferung 

mit  dem  Aether  in  der  'Mutter'  ebenfalls  Gaia  bezeichnet,  wenn  sie  Th.  zur  Tochter  der  Gaia 

erkennen  zu  müssen  geglaubt:  Schol.  Med.  a  macht,  und  wenn,  wie   sich  zeigen  wird,  Th. 

Ffi  r\  &  Siyiig.    Schol.  A.  10  ftrjtTjp  i^i}  Fi)  und  und  Gaia  in  manchen  Gottesdiensten  eng  ver- 

danach    G.  Hermanne   Lesart.      Nun   ist   aber  bunden  sind.     Worin  aber  die  besondere  Ver- 

allein  Th.   als  die  Mutter  des  Prometheus  be-  40  wandtschaft   der   Satzungen    setzenden   Göttin 

zeichnet  v.  18.  209.  874,  und  eben  diese  Th.  mit  der  Göttin  der  Erde  bestand,  erkennt  man 

ist  874  ausdrücklich  Titanis  genannt,  die  Titanen  aus    der   Etymologie    des    Namens   (9fc'fit5   und 

aber  gelten   auch   dem   Aischylos  nach  v.  205  der  Beziehung,  in  welcher  der  durch  dies  Wort 

als  OvQccvov  x£  xai  X%^ovbg  xixvcc,  also  ist  Th.  ausgedrückte  Begriff  zu  dem  Wesen  der  Erde 

Tochter  der  Chthon.    Will  man  den  Dichter  steht.     Man  vergleiche  -O-f-ftf-Xtov,  -O-^-jxf-^Xov, 

nicht  mit  sich  selbst  in  Widerspruch  bringen  Grundlage,  gelegter  Grund,  und  solche  Aus- 

nnd  ihn  seinen  Helden  zugleich  als  Sohn  seiner  drücke,  wie  einerseits  Q-i^Lt^Xcc  Sixris  cpvXdxxs- 

Mutter  und  seiner  Großmutter  bezeichnen  lassen,  ö-O-at,  Solon  fr.  4,  14   Bergk,    -ö-^ftTjffig'  di-Kuio- 

80  muß  man  eine  Unterscheidung  von  Chthon  avpi]  naga.  Ilvd-icc,  Hesych.,  anderseits  d'By^BiXia 

und  Gaia  annehmen  und  Th.  zwar  als  Tochter  50  ycclrig,  Oppian.  hol.  5,  680.     0sii£XLOvxog  heißt 

der  Chthon,   aber  als  identisch  mit  Gaia,  an-  Poseidon,  wie  sonst  yai^oxog  bei  Cormitus  22 

sehen.     Ein  mißlicher  Ausweg,  zumal  da  der-  (ycci'qoxog  Xiysxai  6  floGudüiv  xal  dsasXLovxog 

selbe  Dichter  zu  Anfang  seiner  Eumeniden  Gaia  vnö  xivcav  xccl  9"vovciv  wbxcp  'AöcpaXsia  II06E1- 

und  Chthon  einander  gleichstellt  und  Th.  deren  8äivi  xxX.).     OsiiiXri  ist  der  Name  der  Erde  als 

Tochter  nennt:  ttjv  -jtgcaxo^iavxLv  Falccv  ix  Sh  fester  Grund  {Apollodoros  heilo.  Lydus  de  tnens. 

xfjg  ö^fiiv,   fj    dr)  xb  firixgbg  dsvxEga  xod'   i^sxo  4,38  S.  82:  cpigsxai  81  xai  XLg  ^ivd-og  jtsgl  ccbxov 

luivxslov  .  .  .  iv  dh  x<p  xgixa)  XdxBi  .  .  .  Tixccvlg  xaxcc  xbv  'AnoXXodoigov,  mg  sl'ri  ix  Jibg  xai  JTfy?, 

&IXti     Tcalg     ;f^ov6s  ' xa^i^sxo     ^oißri.       Diese  xfig  Sh  Ffjg  ©s^iiXrig  Ttgooayogsvoiiivrjg   Suc  xb 

Schwierigkeiten    werden   beseitigt    durch    die  slg  ainiiv  ■ndvxa  xatad'£ii8Xi.ovad-aL  xxX.).     Die 

Erklärung  von  Lehrs  (S.  107),  der  zufolge  Pro-  60  Erde  ist  hier  also  nicht  als  die  nahrungspros- 

metheus  a.  a.  0.  nichts  anderes  sagt,  als :  'Die  sende  (vgl.  Demeter),  noch  auch  als  Göttin  der 

Zukunft,  um  die  sich's  hier  handelt,  habe  ihm  Tiefe  (wie  im  Totendienste),   sondern  in  dem 

wiederholt   seine  Mutter  Th.,    und    auch    be-  Sinne  des  Festen,  Unverrückbaren,  Haltbieten- 

stätigend  seine  Großmutter,  vorher  verkündet,  den,  als   der  Grundfeste   alles   Seienden  {Fat' 

deren  Vielkundigkeit   er   durch    einen  Zusatz  Bvgvoxegvog  Tidvxav  EÖog  aecpaXhg  alsl  Hes.  th. 

andeutet,  durch  den,  daß  sie  vieler  Namen  eine  117   Goettl.)  aufgefaßt.    Dazu  steht  der  Begriff 

Gestalt  oder  ein  Leib  sei.    D.h.  deshalb  weiß  der   Satzung   setzenden  Th.    in   verständlicher 

sie  alles,  weil  sie  eine  zusammenhängende  Ge-  Beziehung:  'Fest,  wie  der  Erde  Grund'  stehen 


585            Themis  (Kult  in  Delphi)  Themis  (Kult  in  Delphi)            586 

ihro  'GrundBÜtze',  d-hfttatEi^.  So  (n-klärt  es  sich  den  Stoff  anwandten,  um  dadtirch  d<^HHon  Alter 
aber  auch,  daß  Gaia  iUt«^r  ist  und  Tli.  j^leich-  zu  k(»nnzeichnen.  Dem  entspricht  auch  die 
sam  von  ihr  entnommen:  Die  P^rde  int  der  dem  Volcenter  VaH(?nbiMe  zu^rundo  liegende 
Hoden,  auf  den  gesetzt  wird,  der 'Rechtsljoden'.  Überlieferung  (h.  o.),  wo  Th.  gleich  der  Pythia 
So  wird  Th.  mit  Fug  Gaias  Tochter,  die  ihr  vom  Dreifuß  herab  dem  Aigeus  jeneH  Orakel 
entspricht  in  bezug  auf  eine  Seite  ihres  Wesens.  verkündet,  welches  er  nach  J'lnt.  Thes.  3  in 
Wie  als  Priidikat  der  Ge,  z.  IJ.  auf  der  athe-  Delphi  begehrte.  In  einer  allegorischen  Er- 
iiischen  Inschrift,  so  erscheint  sie  dann  st^lb-  Zählung  bei  ThnnistioK  or.  24  S.  305  kommen 
ständig  neben  ihr,  als  Tochter  oder  Prophetin,  Aphrodite  und  die  Chariten,  um  sich  wegen 
d.  i.  in  (Jaias  Namen  Satzungen  verkündend.  lO  des  langsamen  Wachstums  des  neugeborenen 
Auf  die  enge  Verbindung  zwischen  Th.  und  Eros  Rat  zu  holen,  zu  Th.;  ovn(o  yccg  slxs  JhX- 
der  Erdgöttin  weisen  auch  manche  Ortssagen  (pov^  (t  'AnoXXojv.  Bezeichnend  ist,  daß  nament- 
und  die  ältesten  Spuren  ihres  Dienstes  zurück.  lieh  römische  Dichter  und  Sagensammler  ihr 
Unter  den  Stätten  gottesdienstlicher  Ver-  gelehrtes  Wissen  von  der  Th.  vorzeitlichem 
ehrung  der  Th.  obenan  steht  Delphi.  Daß  Walten  zu  Delphi  gern  anbringen.  J)eukalion8 
vor  dem  Dienste  des  Apollon  das  Orakel  von  Arche  landet  am  Parnassos;  die  beiden  Ge- 
Delphi der  Erdgöttin  geweiht  war,  galt  als  retteten  holen  sich  bei  Th.  ihren  Schicksals- 
eine feststehende  Tatsache.  Den  Übergang  von  spruch  Ovid.  M.  1,  321.  374  ff.  Lactant.  narr. 
dem  einen  Dienste  zum  andern  berichtet  der  1,  7  (wo  Th.  als  antistes  Terrae  bezeichnet 
hqbg  Xöyog  in  verschiedener  Weise.  Die  für  20  wird).  Froh,  ad  Georg.  1,  62.  Lactantius  zu 
uns  älteste  Überlieferung  bei  Aischylos  Eum.  2  Stat.  Th.  3,  661.  Atlas  hatte  von  Th.  Parna- 
(danach  Harpolration  s.  v.  d^s^iarsviiv)  nennt  sia  ein  Orakel  erhalten,  daß  ein  Nachkomme 
Gaia,  die  Urprophetin  (TtgcoroiLavtig)  erste  In-  luppiters  die  Goldäpfel  aus  seinem  Garten 
haberin  des  Orakels,  dann  deren  Tochter  Th.,  holen  werde:  Ovid.  M.  4,  642  ff.  und  ohne 
danach  die  Schwester  der  Th.,  eine  andere  Bezeichnung  von  Delphi  Lactant.  narr.  4,  19., 
Titanide,  Tochter  der  Erde,  Phoibe.  Von  Serv.  Verg.  Ae.  4,  246.  Mythogr.  Vat.  2,  114. 
dieser  erhielt  es  Phoibos  als  Geuethlion  ge-  Apollon  tötete  den  Python,  als  Th.  noch  in 
schenkt.  Die  Reihenfolge  Ge,  Th.,  Apollon  im  Delphi  Herrschaft  und  Dreifuß  inne  hatte, 
Besitze  des  Dreifußes  überliefert /S^c/io/.  jK'w/.  0/'.  Lucan.  5,  79  f.  Claudian.  in  linf.  jwaef.  14. 
159.  163.  Th.  in  Delphi  kennt  auch  Pindar;  30  Ein  besonderer  Wert  ist  diesen  Angaben  später 
vgl.  Fyih.  11,  9,  wo  sie  mit  Python  und  dem  Zeugen,  die  aus  gelehrten  Quellen  schöpften, 
rechtrichtenden  Nabelsteine  der  Erde  {öcpgcc  für  die  Beurteilung  der  Sagen  nicht  beizulegen ; 
Gi^iiv  iSQccv  Ilvd^cbvcc  TS  'Kccl  öq^-oSUccv  y&g  immerhin  bekunden  sie  die  verbreitete  An- 
ö^cpccXbv  -nsXcc^'^GSTs),  an  welchem  zu  alter  Zeit  schauung,  daß  Th.  vor  Apollon  das  Orakel 
die  Blutsühne  bittllehender  Mörder  vollzogen  besaß  Wie  es  dann  von  ihr  auf  Apollon 
wurde,  zusammen  genannt  wird.  (Vgl.  Koscher,  übergegangen  ist,  wird  in  zwiefacher  Weise 
Omphalos,  Abh.  d.  Sachs.  Ge:<.  d.  W.  29,  9,  1913.  überliefert:  nach  den  einen  geschah  es  auf 
Neue  Oinphalosstiidien,  ebd.  31,  1,  1915,  und  friedlichem,  nach  den  andern  auf  feindlichem 
den  Artikel  Pythios  ob.  3,  2,  3378  )  Hier  nähert  Wege.  Auf  friedlichem:  Th.  heißt  die  Erfin- 
sich  ihre  Bedeutung,  wie  das  Beiwort  Ugd  be-  40  derin  der  Orakelsprüche,  IJiod.  5,  67.  Orph. 
kündet,  der  des  Appellativs;  sie  bezeichnet  die  h.  79,  6;  s.  o.  Von  ihr  lernt  sie  Apollon;  von 
heilige  Gerechtigkeit  der  delphischen  Mantik  ihr  erhält  er  das  Orakel  geschenkt.  Die  Eu- 
{Hesych.  d-s^ri6tg-  drAcaoovvr,  Ttagä  11  u&iu),  und  molpia  des  Musaios  erzählte  nach  Paus.  10, 
zwar,  wie  es  scheint,  insbesondere  die  ver-  5,  3,  daß  einst  Poseidon  und  Ge  das  Orakel 
söhnende  Gnade,  wie  sie  in  dei# pythischeu  gemeinsam  besaßen;  Ge  gab  ihren  Anteil  an 
Blutsühne  zur  Geltung  kam.  Auf  die  Heilig-  Th.;  von  dieser  empfing  ihn  Apollon  zum  Ge- 
keit  der  delphischen  Th.  kann  man  auch  Plut.  schenke  —  dcogsdv  — ,  während  er  Poseidons 
sera  num.  rind.  22  S.  566  beziehen,  w^o  in  einer  Anteil  gegen  die  Insel  Kalauria  eintauschte. 
Vision  der  verstorbene  Thespesios  aus  dem  Geburtstagsgabe  der  Phoibe  an  den  Gott  wird 
Dreifuße  durch  den  Busen  der  Th.  blendenden  50  es  Aesch.  Eum.  7  genannt  (s.  0.),  nicht  ohne 
Lichtglanz  zum  Parnassos  emporsteigen  sieht,  besondere  Bedeutung;  denn  am  7.  Bysios,  der 
während  die  Sibylle  in  metrischer  Form  pro-  als  Apollons  Geburtstag  galt,  wurde  zu  Delphi 
phetische  Worte  kündet.  Orph.  h.  79,  3  sagt  jährlich,  wie  eine  Art  Kirchweih,  das  Fest  der 
von  Th.,  daß  sie  zuerst  den  Sterblichen  das  Theophanien  und  die  Stiftung  des  Orakels 
heilige  Orakel  zeigte  in  der  delphischen  Höhle.  gefeiert,  auch  früher  nur  an  diesem  einen  Tag 
den  Göttern  Recht  verkündend,  ^s^ußtbvovöcc  orakelt:  Plut.  Q.  G.  9  p,  292.  In  dem  neu 
^solGiv,  auf  dem  pythischen  Boden,  als  sie  in  entdeckten  Hymnos  des  Aristonoos  v.  5  f.  bat 
Pytho  die  Herrschaft  hatte,  und  sie  habe  auch  Apollon  nach  der  Entsühnung  in  Tempe  die 
den  Phoibos  die  Weissagungen  gelehrt.  Die  blumennährende  Gaia  und  Th.,  die  Göttin  mit 
Erfindung  des  Hexameters,  des  Verses,  in  dem  60  schönen  Flechten,  zur  Abtretung  des  Orakel- 
vor  alters  die  Orakel  verkündet  wurden,  schie-  sitzes  überredet  (s.  Criisius,  Delph.  Hymnen  5). 
ben  einige  der  Th.  zu:  Clem.  AI.  ström.  366  P.  Dem  friedlichen  Übergange  von  Th.  auf  Apollon 
Suid.  ^saTiLwSsi  (wo  zu  lesen  ist  Tr]v  (^efiLv  entspricht  es,  wenn  man  auch  die  Tötung  des 
i-KSt  tag  ^avtsiag  adsiv,  s.  Ahrens  1,  19,  27.  Drachen  durch  den  Gott  der  Th.  zuliebe  ge- 
Schol.  Arist.  PL  9).  Von  der  Anschauung,  daß  schehen  ließ.  Nach  Menander  enc.  326  hauste 
dereinst  Th.  Inhaberin  des  Orakels  gewesen.  der  Drache  auf  dem  Parnassos,  alles  verhee- 
geben  auch  manche  Sagen  Zeugnis,  deren  rend,  so  daß  Delphi  unzugänglich  war  und 
Erzähler  ihr  Wissen  auf  den  ihnen  vorliegen-  das  Orakel  der  Th.    leer   stand.     Um   der  lei- 

RoscHBR,  Lexikon  der  gr.  u.  röm    Mythol.    V  20 


587            Themis  (Kult  in  Delphi)  Themis  (Kult  in  Delphi)            58s 

deuden  Menschheit  zu  helfen,  tötet  Apollon  (iali  Loxias  auf  dem  Dreifuße  der  Tli.  den 
das  Ungeheuer  (ähnlich  Hymn.  Ap.  1\  122 tf.,  Mord  der  Mutter  für  Recht  befunden  habe, 
wo  aber  von  Th.  nicht  die  Rede  ist).  Der  idUaaf;  Phid.  Pyth.  1),  7ö.  Phit.  Apol.  21  b), 
philosophische  Mythos  bei  Plutarcft.  dcf.  or.  wird  diese  Überlieferung?  veranlaßt  haben.  So 
21  p.  421  läßt  den  ApoUon  nach  Tötung  des  heißt  es  denn  bei  Plutarch  de  Her.  mah  23 
Drachen  in  eine  andre  Welt  verbannt  werden,  p  süO  ausdrücklich,  daß  Th.  mit  ApoUon  zu- 
aas  der  er  nach  neun  großen  Jahren  gereinigt  sammen  das  Prophetenamt  verwalte  {avfinQo- 
wiederkehrt  und  nun  das  Orakel  übernimmt.  (prirevsiv),  und  bei  Schol.  PituL  Ni^.  123 
das  bis  dahin  von  Th.  verwahrt  wurde;  auch  wird  Th.  die  Paredros  des  Apollon  genannt, 
dies  setzt  ein  freundliches  Verhältnis  zwischen  lo  des  Orakels  wegen,  da  nie  ja  auch  Prophetin 
beiden  Gottheiten  voraus.  Auch  Claudian  in  war.  Nach  ApÄoros  bei  <S^rat«H  9,  422  f.  wurde 
Ruf.  praef.  14  nimmt  ein  ferneres  Walten  der  von  manchen  angenommen,  Apollon  habe  das 
Th.  nach  der  Drachentötung  an.  —  Dem-  Orakel  mit  der  Th.  hergerichtet,  um  dem 
gegenüber  steht  die  andre,  ebenfalls  alte,  Über-  Menschengeschlechte  zu  Segen  und  Gesittung 
lieferung,  der  zufolge  Apollon  sich  gewaltsam  zu  verhelfen.  (Über  Th.  in  Delphi  Poinfow, 
in  Besitz  des  Heiligtums  gesetzt  hat.  Wenn  Philol.  71  (1912]  ö7  f.)  —  Überblickt  man  di. 
Menaitder  de  enc.  200  allgemein  sagt,  daß  verschiedenen  Überlieferungen  von  der  delplii 
um  Delphi  Apollon  und  Poseidon  und  Th.  und  sehen  Th.,  so  läßt  sich  erkennen,  daß  die  Auf- 
Nyx  gestritten  haben,  so  beweist  das  an  sich  fassung,  weiche  sie  mit  Gaia  zusammenstellt,  die 
nur  wenig  für  dies  feindliche  Verhältnis;  doch  20  älteste  ist.  Denn  daß  in  Delphi  im  Zusammen- 
gewinnt es  an  Bedeutung,  wenn  man  andere  hange  mit  dem  alten  Heiligtume  des  mantischen 
Belege  zuzieht.  Am  stärksten  ist  die  Dar-  Schlundes  {atofLLov  Strab.  9,  419.  Diod.  16,  26. 
Stellung  des  Chorlieds  in  Eurip.  Iph.  T.  1269f .:  Imtin.  24,  26.  Lucian.  Ner.  10.  Dio  Cass.  63,  14) 
Apollon  habe  Th.,  die  Tochter  der  Ge,  von  zuerst  den  Göttern  der  Tiefe  in  Gestalt  der  Gaia, 
dem  hochheiligen  Orakel  vertrieben;  da  er-  Chthon,  Nyx  oder  des  Python  göttliche  Ehre 
zeugte  die  Erde  (Chthon)  nächtliche  Traum-  erwiesen  wurde,  wird  man  ebenso  annehmen 
gebilde,  die  vielen  der  Sterblichen  im  Schlafe  dürfen,  wie,  daß  die  Legende  von  der  Erle- 
die  Zukunft  verkündeten.  So  nahm  Gaia  dem  gung  des  Drachen  und  der  Buße  Apollons,  die 
Phoibos  die  Ehre  der  Orakel  aus  Groll  um  die  den  Mittelpunkt  des  delphischen  Sagenkreises 
Tochter.  Apollon  beschwert  sich  darüber  bei  30  bildet,  eine  Ersetzung  der  chthonischen  Mantik 
Zeus,  und  dieser  verhilft  dem  Loxias  wieder  durch  die  apollinische  bedeutet.  Die  Gestalt 
zu  seiner  Ehre.  Nach  Apd.  1,  4,  1  hatte  der  Th.  bequemt  sich  beiden,  der  Erdgottheit, 
Apollon  die  Weissagekunst  von  Pan  gelernt  wie  dem  Apollon,  an,  weil  sie  dem  Wesen  des 
und  kam  nach  Delphi,  wo  damals  Th.  Orakel  Orakelgebens  entspricht,  das  in  beiden  Fällen 
gab.  Python,  der  Drache,  war  Wächter  des  ein  d-s^LaTsvsv  bleibt;  ursprünglich  aber  ist 
Heiligtums.  Er  hinderte  den  Gott,  dem  Erd-  Th.  chthonische  Prophetin  als  Vertreterin  der 
Schlünde  zu  nahen.  Da  erlegte  ihn  dieser  und  unveränderlichen  Satzungen  der  Feste  der 
nahm  das  Orakel  an  sich.  Hier  ist  also  Python  Erde,  die  ihre  Mutter  heißt.  Bedeutisam  für 
als  hütender  Daimon  aufgefaßt,  der  den  Besitz  diese  Seite  altdelphischer  Dogmatik  ist  das 
der  Th.  schützt.  In  mancher  Beziehung  ahn-  40  Rechtsmal  im  Tempelhause,  der  unverrückbar© 
lieh  berichtet  Arg.  Pind.  Pyth.;  nur  ist  das  Nabel  der  Erde,  ein  Steinzeichen  alter  Zeü 
Wächtertum  des  Drachen  nicht  erwähnt:  an  dem  der  reuige  Missetäter  Schutz  und  Eni 
Apollon  lernt  die  Mantik  von  Pan ;  dann  kommt  sühnung  fand,  und  wo  die  Erinyen  nicht  wa- 
er  zu  dem  Orakel,  an  dem  zuerst  Nyx  geweis-  gen,  ihres  Rächeramtes  zu  warten.  An  eben 
sagt  hatte,  dann  Th. ;  damals  aber  war  Python  diesem  Onfphalos  aber  waltet  Apollon  als 
Herr  des  prophetischen  Dreifußes.  Diesen  tötet  Retter  und  Sühner.  Er  sitzt  auf  demselben 
Apollon  und  setzt  4en  Agon  ein.  (Der  Bericht  (z.  B.  auf  einer  amphiktyonischeu  Münze 
des  Schol.  verliert  an  Wert,  weil,  wie  das  Müller-  Wieseler  Benkm.  2,  134b.  Vgl.  das 
Folgende  zeigt,  seine  Angaben  aus  verschie-  Vasenbild  Overbeck,  Gallerte  h.  B.  Tf.  29,  11. 
denen  Quellen  ohne  Verständnis  zusammen- 50  GVi'ec/?.  Kunstmyih.  3,  5,  Münztafel  III,  35. 
gestellt  sind;  der  Anfang  des  hier  Erwähnten  Bötticher  Arch.  Z.,  Benkm.  u.  F.  1860  Tf.  138, 
läßt  jedoch  auf  denselben  Ursprung  schließen,  1.  Dazu  Eiirip.  Ion  5  f.),  wie  richtende  Anak- 
wie  der  Bericht  bei  Apollodoros.)  Endlich  ist  ten  oder  Geronten  auf  geglätteten  Steinen 
neben  dem  Sagenzuge  von  dem  friedlichen  (II.  18,  504.  Od.  3,  406.  8,  6),  oder  der  Bitt- 
und  von  dem  feindlichen  Übergange  des  flehende  umklammert  den  Stein,  Recht  und 
delphischen  Orakels  in  den  ausschließlichen  -Hilfe  suchend,  und  der  Gott  vollzieht  die  Rei- 
Besitz  Apollons  eine  dritte  Überlieferung  er-  nigung  an  ihm  {Jahn,  Vasenbilder  Tf.  1.  Böt- 
halten,  die  das  gemeinsame  Walten  beider  ticher  a.  0.  Tf.  137,  3.  138,  2).  Man  sieht,  wie 
Grottheiten  voraussetzt.  Die  volkstümlich  ge-  der  Gottesdienst  mit  den  Gedanken  an  Recht 
wordene  Auffassung  vom  Wesen  der  Th.,  als  60  und  Heil  verwoben  ist,  und  so  scheint  auch  in 
Vertreterin  des  höchsten  Rechts,  und  des  del-  Delphi  bereits  das  Wesen  der  Th.  als  Soteira 
phischen  Gottes,  als  gleiche  Ziele  verfolgend  vorgebildet,  als  welche  sie  später  anderwärts 
(vgl.  Alkaios  nach  Himer.  Or.  14,  10,  Bergk*  3,  Verehrung  fand.  Ein  eigener  Kultus  der  Th. 
147  <^6  Zsvg  xhv  'AnoXXmvccy  slg  zfaiqpov?  ni^LitBi  zu  Delphi  ist  nicht  bezeugt,  wenigstens  nicht 
%ai  KccGtccXlag  vdaara,  i-ASld^sv  ngocpijtsvöovTa  unmittelbar  durch  Altar,  Opfer,  Hieron,  Agalma 
dixriv  %al  ^i^Liv  rolg''EXXriGiv  —  nachher  rcaga  oder  Festfeier;  wohl  aber  darf  man  die  un- 
tolg  ixsi.,  sc.  tolg  'Tjtf  pjSop^oi?,  d-spLißtevaccg  — ;  verändert  festgehaltene  Anstellung  einer  Pythia 
femer  jE?*r.  Or.  162,  wo  Elektra  bitter  ausspricht,  als  eine  Erinneining    an  das   alte  Wirken   der 


589           Themis  (Kult  in  Olympia)  Themis  (Kulte  v.lclmai  in Thess.ii.Maked.)  590 

Gaia,  wie  derTh. ,  bezeichnen.  Denn  es  ißt  Themiato  (a.  d.),  der  (ienmhlin  des  Athanias,  igt 
kein  Zufall,  wenn  gerade  ein  Weib  das  pro-  vielleicht  eine  Hypostase  der  Th.  zu  erkennen 
phetische  Amt  im  Dienste  des  männlichen  yPreller- Robert ,  Gr.  M.  471,  1).  Die  einstige 
(rottes  innehat.  Auf  dem  Dreifüße  sitzend  Bedeutung  des  Dienstes  der  (»öttin  bei  den 
über  dem  Erdspalt  ist  sie  selbst  die  Stell-  Thessalern  ergibt  sich  vor  allem  aus  dem 
Vertreterin  der  Erdgöttin,  der  Entsenderin  des  Monatsnamen  Themistios  in  den  Kalendern  von 
mantischon  Hauches,  sie,  Themis,  die  Verkün-  Halus,  Larissa,  Metropolis  (liischoff,  de  fasttfi. 
derin  der  Tliemistes,  d.  i.  des  Bestehenden  im  Gr.  Leij)Z.  Stud  z.  cl.  P/tllol.  7,  327.  31'.)  f.  323  f. 
Wechsel  der  Dinge.  So  stellt  sie  bedeutsam  N.  Jahrb.  /'.  Phil.  115  [1892]  470;.  Eine  archa- 
das  Volcenter  Vasenbild  hellenischer  Herkunft  lO  ische  Inschrift,  an  einer  Kirche  zu  Tyrnavo  in 
der  besten  Zeit  dar,  und  so  erhält  sie  die  derNähe  des  alten  Metropolis  eingemauert,  lautet 
Tradition  durch  alle  Zeiten  delphischer  Weis-  — g  ^OQtotdSaOv^d't'iii- tu  StiiLoatL  (JjolUng,Ath. 
sagung.  (Vgl.  die  Artikel  Pythios  ob.  3,  2,  3375  Mut.  7,  1882,  223.  Collitz,  Gr.  Dialektimchr.  1, 
und  Python  ebd.  3403.)  386);  einethessalischelnschrift  auf  einer  Bleitafel 
Von  den  übrigen  Diensten  der  Th.  bekun-  von  Dodona  {Karapanos  pl.  34,  3  b):  Jl  Ncccol 
det  der  von  Olympia  nächst  dem  delphischen  xccl  Jimvcci  iniv.0Lv&xai  Mov[(S\aiaxuv  xo  yioivov 
das  höchste  Alter.  Dieses  Alter  ist  aus  ver-  nhg  ro\  l  kqIyvqqol  xui  ©fc/iiörofg]  ctl  «(v)txr[o]v 
schiedenen  Merkmalen  zu  erkennen  (vgl  E.  Cur-  iöxi  tu  @h^i\G]TL  xccl  ßeXTiov  i[G]yiLXQ^lisv.  Ein 
tiits,  Altf'ire  V.  Olymiiia,  Abh.  Berl.  Akad.  1881,  Ort  {M)ovöaia  findet  sich  auf  Inschriften  auch 
15;  aber  die  Verlegung  des  '"(laios'  in  die  20  sonst  (s.  Dütenberycr,  Syll:^  n.  453  Anm.j.  In 
Kapelle  hinter  dem  Theokoleon  ist  unhaltbar),  diesem  Mondaia  also  besaß  Th.  bares  Geld, 
Der  Dienst  der  Göttin  durch  Altar  und  Opfer  und  um  dessen  Ausleihuug  wurde  beim  Dodo- 
erhielt  sich  bis  ans  Ende  von  Olympia.  Nach  näischen  Orakel  angefragt  (vgl.  JJittenberger 
Pausanias  5,  14,  8  befand  sich  auf  dem  Erd-  a.  0.  n.  793).  Ausgrabungen  im  phthiotiscnen 
heiligtum  am  Abhänge  des  Kronoshügels,  dem  Theben  haben  u.  a.  einen  Tempel  der  Athene- 
sogenannten  Gaion,  ein  Altar  der  Ge,  von  Polias  zutage  gefördert,  dabei  Weihgeschenke 
Asche  gemacht,  wie  die  olympischen  Hoch-  mit  inschriftlicher  Widmung  an  Th.  -^  Auch 
altäro  des  Zeus  und  der  Hera  und  das  Herd-  das  makedonische  Ichnai  verehrte  die  Th, 
heiligtum  der  Hestia.  In  älterer  Zeit  soll  auch  Ichnaia,  und  die  Sage  erklärt  den  Namen  des 
ein  Orakel  der  Ge  dort  gewesen  sein.  An  .30  Ortes :  Zeus  habe  die  Spur  der  Th.  verfolgt  und 
dem  sogenannten  aro^uov  nun  war  der  Altar  sie  selbst  in  den  Gauen  der  Ichnaier  erfaßt,  y.al 
für  Th.  errichtet.  Unter  dieser  ^Mündung'  ccjto  tov  dKox^fivcci  yiaT  i'xvovg  vjvoy.dod'ri.,  Steph. 
wird  man  eine  ErdöfFnung  zu  verstehen  haben,  B.  "fxvcct.  In  dem  makedonischen  Ichnai  war 
die  dem  ebenso  bezeichneten  Erdspalte  von  ein  Apollonorakel;  so  begegnet  auch  hier  wie- 
Delphi  entsprach.  An  dem  Altare  der  Th.  der  Themisdienst  neben  apollinischer  Mantik. 
wurde  das  in  Olympia  übliche  Monatsopfer  Von  der  Stadt  Ichnai  wurde  ganz  Makedonien 
durch  die  Theokolen  und  ihre  Ministranten  'l^vaiä  %ä}QCi  genannt,  Hesych.  'l%v<xir\v.  Der 
ebenso  verrichtet,  wie  an  den  übrigen  Altären^  Name  Ichnaia,  d.  i.  Spürerin,  kommt  derTh.  als 
vgl.  Paus.  5,  15,  6.  Auch  in  Olympia  hat  nach-  Eechtsgöttin  zu,  und  zwar  in  ähnlichem  Sinne, 
mals  ein  anderer  Dienst  den  der  Gaia  in  den  40  wie  der  Nemesis;  s.  u.  Wenn  nun  beide  Städte, 
Hintergrund  gedrängt,  und    eine  andere  Man-  Ichnai  in  Thessalien  und  Ichnai  in  Makedonien, 


•o^t 


tik  trat  an  die  Stelle  der  chthonischen,   näm-  den,  sonst  nicht  eben  häufigen,  Dienst  einer  Göt- 

lich  die  aus  den  Opferzeichen  auf  dem  Hoch-  tin  pflegen,   die  einer  bestimmten   Seite  ihres 

altare  des  Zeus  durch  zünftige  Sehergeschlechter,  Wesens   gemäß,    ganz   unabhängig   von    Orts- 

aber  es    geschah,    soweit    wir    sehen    können,  beziehungen  den  Namen  Ichnaia  trägt,  so  sollte 

ohne  Streit,  und  Th.  behielt  ihrem  Wesen  zu-  man  meinen,    daß    der  Städtenamen   älter  sei 

folge  Stellung  und  Dienst  nach  wie    vor  (vgl.  als  der  Dienst,  und  daß  die  Namensähnlichkeit 

Weniger,   Hochfest  d.  Zeus  2,   Beitr.   z.  Alten  zu  dem  Kulte  der  Göttin  als  einer  Art  Stadt- 

6resc/j.  5, 1905,  58;  Olymp.  Forschungen  1,  Klio  heiligen  Anlaß  gegeben   habe.     Der  Ortsname 

6,  1906,  51 ;  3,  Klio  7,  1907,  167.    Die  Seher  v.  50  Ichnai  kommt  außer  den   beiden  Städten  nur 

Olympia,  Archiv  f.  Religionsw.  18  [191Ö]  b:-if^.).  in   einer  makedonischen   Gründung   vor.     Da- 

Eine  Goldelfenbeistatue  der  Th.  von  Doryklei-  gegen  findet  sich  für  das  makedonische  Ichnai 

das   stand  im  Heraion  neben  den  thronenden  die   Form  Achnai  und   Achne,   und   eine  Ort- 

Horen   des   Smilis  und  nahe   den   Holzbildern  schaft   Achnai    ist    auch    für    Thessalien    und 

der  Hesperiden  von  Theokies,   lauter  von  an-  Boiotien  bezeugt  {Steph.  B.).    Auch  war  Achne 

deren  Stellea  des  olympischen  Heiligtums  dort-  der  alte  Name   der  sporadischen  Insel  Kasos. 

hin  übertragene  Werke,  s.  Paus.  5,  17,  1.  6,  19,  Es  ist  also    eine    öfter  vorkommende   Ortsbe- 

5;  ob.  Sp.  574.  Zeichnung  und  vermutlich  auch  in  Makedonien 

Alt  und  keineswegs  unbedeutend  muß  der  und    Thessalien    älter    als    der   Name   Ichnai. 

Themisdienst  in   Thessalien   und  Makedonien  60  Durch  den  in  Thessalien  bedeutenden  und  wohl 

gewesen   sein.     In   beiden  Ländern  ist   er   an  auch  den  makedonischen  an  Alter  übertreflfen- 

den  Städtenamen  Ichnai  geknüpft.   Daß  in  der  den  Dienst  der  Th.   scheint  der  Ortsname   in 

thessaliscben  Stadt  dieses  Namens  Th.  Ich-  beiden  Landen    diese  Umwandlung   von    dem 

naia  verehrt   wurde,   bezeugt   Strabon  9,  435.  Beinamen    der    geehrten    Göttin    erfahren    zu 

In  der  Nähe  lag  Phyllos  mit  einem  Heiligtume  haben,    eine    Namensänderung,    die    ihrerseits 

des  ApoUon  Phyllios;  ob  aber  der  Dienst  der  wieder  das  Ausehen  der  damit  zur  Stadtgöttin 

Th.   mit   dem  dieses  Gottes   in   irgendwelcher  erhobenen  Th.  steigern  mußte.    Ähnlich  wurde 

Beziehung  stand,  ist  unbekannt.  In  der  Heroine  das  Dörfchen  S.  Rest(i)o  am  Fuße  des  Sorakte 

20* 


591     Themis  (Kult  von  Uucheta,  Theben  etc.)  Themis  (Kult  von  Rhamnus)         592 

b<'i  Rom  Kultstätte  eines  S.  Oreste  und  erhielt  dieser  Widmunij;  schließen,  daß  der  kleinere  und 

auch  dessen  Namen.  ältere  der  zwei  Tempel  beiden  (Jöttinnen,  Th 

In  ähnlieher  Weise,  nümlich  im  Zusammen-  und  Nemesis,  zusammen  gehört  hat.  Ottenbai 
hange  mit  der  mißverstandenen  Etymologie  des  dachte  man  sich  die  hohen  Frauen,  bei  feier 
Ortsnamens,  bildete  sich  eine,  auf  Th.  bezüg-  lieber  (Gelegenheit  durch  das  (lebet  der  Ge- 
liche,  örtliche  Legende  im  epirotischen  Ruche-  meinde  herl>ei<?erufen,  unsichtbar  auf  diesen 
ta,  wie  Philostephanos  in  den  Kpirotika  er-  Thronen  sitzend,  wie  sie  den  Opfern  und  aucli 
z&hlte.  Themis,  von  einem  Rinde  getragen,  wohl  anderen  Veranstaltungen  (Fackelzügen? 
—  ^jri  ßoos  öxov^ivriv  —  soll  zur  Zeit  der  den-  ihrer  Verehrer  zuschauten.  (Vgl.  Heivhel,  Über 
kalionischeu  Flut  dorthin  gekommen  sein;  vgl.  lO  vorheUenisrhe  (iötterkidte  S.  22.)  FiS  ist  aucl» 
Uarpokr.  s.  v.  Suidas  s.  v.  (wo  statt  *PiXoori-  wahrscheinlich,  daß  die  genannten  Priesteriimen 
(pavog  unrichtig  überliefert  ist  ^do^o^io^^;  vgl.  keine  anderen  waren,  als  jene  beiden,  deren 
Suid.  8.  v.  S^fuv)  und  Ety^n.  M-  (wo  t»/v  ^?jtü)  Namen  auf  dem  Bathron  des  ob.  Sp.  577 f.  be- 
iltoi  f^Buiv  steht  und  ebenfalls  ^iXoxoqos).  F.  schriebenen  Kolo8sall)iIdes  der  Th.  zu  lesen  sind. 
H.  G.  3,  80.  9.  Gruppe,  Gr.  M.  2,  1080,  6.  Den  Ausgrabungen  der  .Xrchilologischen  (Jesell- 
Mit  Bor-  anlautende  Städtenamen  sind  aber  schalt  von  Athen  im  Jahr  181)0  ist  die  Auf- 
gewöhnlich in  Kpeiros  (vgl.  Budeion,  Butho«^,  findung  des  Standbildes  und  zweier  andern  zu 
Buthrotos,  Bulimeis,  Buneima).  Dies  bezeugt  verdanken.  Alle  drei  waren  auf  hohen  Unter- 
die  Ursprünglichkeit  des  Namens  Bucheta  und  sätzen  nebeneinander  an  der  Hinterwand  der 
die  danach  erst  gebildete  Sage.  Daß  dann  20  Cella  des  älteren  Tempels  aufgestellt,  zunilchst 
in  Bucheta  irgendeine  Form  göttlicher  Ver-  in  der  Südwestecke  die  Figur  der  Th.  mit  der 
ehrung  der  Th.  sich  eingefunden  hat,  wird  man  oben  a.  a.  0.  angeführten  Widniungsinsehrift 
annehmen  dürfen,  ebenso,  daß  die  erste  An-  Daneben  das  Standbild  einer  I'riesterin  mit 
regung  zu  Sage  und  Kult  von  Thessalien  der  Widmung  (9^^tdt  yiccl  JV'f[ft]^(>ft  j  'lSQo>iXfj^ 
ausging.  ' Ieqottoiov  '  Pcc^voyöiog   |    icvs^ri-ns    xiiv    ^Lririqcc 

Boiotien   hat  in   mehreren    Orten    Themis-  *AQi6xov6riv  i  JVtxoxpaTov  ^ Fu^vovaiov  ligsiav 
dienst  gehabt.   Als  Rechtsgöttin  besaß  sie  ein  Ntn^aecog  au^  dem  Ende  des  3.  Jahrhundert> 
Heiligtum  in  der  nordwestlichen  Vorstadt  von  (C.   /.  Ä.  4,  2,   1380b.    Kirchner  a.  0.  141)7 
Theben  vor  dem  Ne'istischen  Tore  neben  dem  Man  beachte,   daß  auch  dieses  Weihgeschenl 
der  Moiren,  als  deren  Mutter  sie  ja  galt,  und  so  beiden  Göttinnen  dargebracht  ist.  Wenn  aber 
dem  des  Zeus  Agoraios  [Paus,  i),  25,  4.  Hesych.  die  Priesterin,  ebenso  wie  die  vorher  genann- 
kyoQcciu  OtpLis,,  ihrem  Wesen  nach  verwandte  ten,    Pheidostrate    oder  Philostrate    und  Kai- 
Gottheiten.    Auch  in  Tanagra  war  ein  Heilig-  listo,    als    eine    der  Nemesis   bezeichnet    wird 
tum  der  Th.  (Pau^.  9,  21, 1),  und  eine  bei  dem  (vgl.   die  Inschrift    auf  .  der    Themisbasis    und 
heutigen  Parapoungi  in  der  Gegend  des  alten  die  auf  den  Thronen),  so  läßt  sich  diese  Tat- 
Leu  ktra  gefundene  Inschrift  (lllelig  Asvoqpt'Xov  Sache    dadurch   genügend    erklären,    daß    der 
[i]fQitd^aacc    S^ntri.   Hhangabe  A.  H.  2,    1215.  Dienst  der  Nemesis,   wie   auch    ihr  stattlicher 
/.  G.  7,  1816.     Collitz   1,  857)  berichtet    von  Tempel  beweist,  später  weit  mehr  in  den  Vor- 
einer  Priesterin    der    Göttin,    setzt    also    zum  dergrund  getreten  ist    Eine  Widmung  an  beide 
mindesten    Altardienst   und    Opferung   voraus.  40  Göttinnen    (neben    Zeus    und   Athene)    enthält 

In   Attika   findet    sich    Th.    zu  Rhamnus  auch  die,  in  der  (iegend  von  Rhamnus  gefun- 

nach  einer  besonderen,  auch  für  andere  Dienste  dene,  Inschrift,  C.  I.  A.  4,  2,  1206b:    ...  cxu 

lehrreichen,    Seite    verehrt.      Auf   einem    vor-  ov  .  .   evg   G\rQ]a\rriy\bg  \  {xf:i'Qox^o\y\T\ 

springenden  flachen  Hügel,  von  einem  heiligen  %^hl<i  inl  ^Pcc^[vov\vxa  xal  xiiv  itccQaXiav  %aiQuv 

Bezirk  umgeben,  liegen  zwei  Tempel,  ein  klei-  !  \slg  x\bv  ircl  Mrjdfiot'  ägxovxog  iviavxbv  ^d 

nerer  aus  dem  sechsten  Jahrhunderte  v.  C.  von  UmxfjQL  -nccl  'y4d-[i]\     vu  HioxtJqcc  -auI  fliiiiSi  xai 

10,70  m   Länge  und    6,40  ni  Breite,   bestehend  Nsiitösi  avi^r^-Ahv.    Der  Archontat  des  Medeios 

aus    einer    Cella    mit  Vorraum    zwischen    den  fällt    in  Ol.  170,1  =  100/99   v.  C.    Das  dritte 

Antenwänden,   vorn  zwei   dorische  Säulen  aus  Standbild  an   der  Hinterwand  der  Cella,    das 

Porös;  dicht  daneben  nördlich,  gleichfalls  nach  .50  gerade  gegenüber  der  Türöffnung  seinen  Platz 

0.  gerichtet,  aber  nicht  ganz  parallel,  ein  grö-  hatte,  stellt  einen  Knaben  vor,  der  in  seiner, 
ßerer  von  22,90  m  Länge  und  10,30  m  Breite,  nicht  erhaltenen,  rechten  Hand  eine  Fackel 
bestehend  aus  Pronaos,  Cella  und  Opisthodom.  getragen  zu  haben  scheint;  auf  dem  Untersatze 
(Grundrisse  beider  bei  Frazer,  2,  452  zu  Paus.  steht  in  vier  Zeilen  folgendes  Distichon:    Av- 

1,  33;  der  des  kleineren  bei  Stazs,  'Eqprju.  Scqx-  oiyiXslÖrig  avi&r\v.£v  'Enccvögidov  vjo]?  o:3tar<(a^^ 
1891,  Sp.  46\  Dies  war  der  von  Pausanias  xv^  xovSe  dsa  xf/ös,  /)  xöS'  [?];i;^t  xt^tvog. 
(1,  33,  2)  erwähnte  Tempel  der  Nemesis  mit  nach  der  Schrift  aus  dem  fünften  Jahrhunderte 
dem  Kultbilde  von  Pheidias'  oder  Agorakritos'  {Stais  a.  0.  56.  C.  I.  A.  4,  2,  1393b).  Ob  die 
Hand,  ein  Peripteros  aus  der  Mitte  des  fünften  hier  gemeinte  Göttin  Th.  oder  Nemesis  war, 
Jahrhunderts.  Vordem  kleineren  Tempel  waren  60  läßt  sich  nicht  entscheiden.  An  die  genannten 
auf  beiden  Seiten  des  Eingangs  zwei  Marmor-  drei  Figuren  schlössen  sich,  an  derselben 
throne  aufgestellt.  Der  zur  Linken  trug  die  Hinterwand  aufgestellt,  noch  andere  an,  di' 
Inschrift  inl  UQttag  ^i,XoaxQd\xrig]  I  @i^i8i  nicht  mehr  am  Platze  stehen;  nur  in  der  ^ ord 
.Z^coffTparos  dvE'O'jjxti',  der  zur  Rechten  ^;rl  i£(>f  tag  westecke  fand  sich  ein  Bathron  mit  Inschrift: 
KaXXi6xo[yg'\  j  Nt^itati  \  ZcoGxgaxog  icvi^ri-Atv.  kvxicpiXov  f!Eo8coQOv  AiavUr]  rj  ^r^xTiQ  i  uvt- 
Die  Schriftzüge  bekunden  den  Anfang  des  Qrjxsv  (nach  Stais  a.  O.  47  aus  dem  4.  Jahr- 
3.  Jahrhunderts  (r. /.  (y.  462.  461.  0.7.^4.  1571.  hunderte;  6' i.  A  4,  2,  1401b  'de  aetate  tiluli 
1570.  Kirchner,  Prosopogi:  8117).  Man  muß  aus  nihil  consf of)  ]  nach  den  Fußspuren  zu  schließen, 


593      Themis  (Kult  vou  HliaimiuH,  Troiz(Mi)  Theniis  (Kult  in  Arkadien)  594 

stand  ein  bronzener  Knabe  darauf.  Es  leuchtet  Lykoia  selber  auf  eine  (Terichtsstätte  deutet 
ein,  daß  diese,  an  der  Hinterwand  nebenein-  ('der  Wolf  Itechtasymbol  h.  Ulrichs,  Ji.  n.  F. 
ander  aufj^estellten  Figuren  keine  Kultbilder,  1,  (52  tf),  so  passen  dazu  die  Sühnsttltte  des 
sondern  «gewöhnliche  Weihj^eschenke  waren.  Orestes,  der 'r(!ttende' Dionysos,  der 'befreiende* 
Dies  gilt  natürlich  auch  von  dem  Kolossalbilde  Sonnengott  und  der  (als  Prophet)  'schauende'' 
der  Th.,  dem  uuin  sonst  sicher  nicht  in  der  Apollon.  Mitten  darunter  steht  der,  von  dem 
Reihe  der  übrigen  den  bescheidenen  Platz  in  alten  rechtsprechenden  {]*(ihs.  2,  31,  3;  Konige 
der  Ecke  angewiesen  hätte.  vSie  darf  also  nicht  Pittheus  aufgestellte  (vgl.  r.  Lichtenher(f  ob. 
als  das  Kultbild  dieses  Heiligturas  aufgefaßt  lid.  3,  Sp.  2514  unter  Pittheus i  Altar  der  The- 
werden.  Hat  der  kleine  Tempel,  wie  nicht  zu  lO  mides.  Der  Annahme,  daß  es  zwei  waren, 
bezweifeln  ist,  dereinst  dem  (Gottesdienste  ge-  welche  die  beiden  Seiten  von  Recht  und  Gesetz 
dient,  so  wird  er  ursprünglich  beiden  Göttinnen  vertraten,  wie  in  Rhamnus,  liegt  nahe.  {Welcher^ 
gemeinsam  geweiht  gewesen,  nachmals  aber  (ir.  G.  3,  2  nimmt  drei  an,  ebenso  S.  Wide, 
zu  einem  Magazin  für  Weihgeschenke  herab-  de  sucris  Tmez.  70  u.  Lahm.  Kulte  166,  2,  eine 
gesunken  sein,  ganz  ähnlich,  wie  das  altberühmte  Vielheit  überhaupt  Hirzel  ö,  9.  163,  6.)  VAn 
Heraion  in  Olympia,  während  der  Kultus  durch  Opferdienst  dieser  Göttinnen  versteht  sich  bei 
den  größeren  Tempel  zu  seinem  Rechte  kam.  dem  Vorhandensein  des  Altars  von  selbst. 
Daraus  erklärt  sich  wohl  auch,  daß  Pausanias  Auch  der  Bericht  des  Pausania/i  (8,  25,  4) 
das  kleine  Heiligtum  gar  nicht  erwähnt.  Der  über  den  Tempel  der  Demeter  Erinys  im  On- 
merkwürdige  Umstand,  daß  vor  dem  Standbilde  20  keion  am  Flusse  Ladon  und  in  der  Nähe  des 
der  Priesterin  Aristonoe  ein  Grab  aufgedeckt  arkadischen  Thelpusa  scheint  hierher  zu  ge- 
worden ist,  will  insofern  nicht  viel  bedeuten,  hören.  In  diesem  Tempel  standen  zwei  Bild- 
ais darin  römische  Münzen  später  Zeit  —  die  säulen,  eine  der  Demeter  als  Erinys,  d.  i.  der 
jüngste  des  Fl.  Constantius  Nob.  Caes.  von  323  zürnenden  (iQivvstv  arkadisch  s.  v.  a.  tw  9-vii<ä 
n.  C.  {Wolters  bei  Roßbach  ob.  Bd.  3  Sp.  125)  xQV^^^^'-  l^aus.  a.  0.  Etym.  M.  p.  374,  1),  uncl 
-  aufgefunden  worden  sind.  Im  4.  Jahrhun-  eine  zweite  derselben  Göttin  als  Lusia,  vom 
derte  n.  C.  aber  war  der  heidnische  Gottes-  Bade  im  Flusse  Ladon  so  geheißen,  zwei  Bei- 
dienst bereits  verfallen.  Ob  die  gymnischen  namen,  welche  durch  eine  örtliche  Legende 
Agone  und  Lampadephorien,  die  mit  den  begründet  werden.  (Über  die  Bildsäule  s.  o.  577.) 
Diensten  von  Rhamnus  verbunden  waren,  auch  30  Die  Bemerkung,  welche  Pausanias  hinzufügt, 
der  Th.  gegolten  haben,  steht  dahin.  Über  daß  diejenigen  im  Irrtume  seien,  welche  das 
den  Sinn  der  Vereinigung  beider  Göttinnen,  Standbild  für  eines  der  Th.,  nicht  der  Demeter 
der  Nemesis  und  der  Th.,  d.  i.  der  strafenden  Lusia  hielten,  leitet  gerade  auf  die  rechte  Spur, 
und  der  erhaltenden  Hüterin  des  Rechts  nach  Demeter  Erinys  ist  eine  in  vieler  Beziehung 
den  zwei  Seiten  des  Gesetzes  von  Verbot  und  der  verbietenden  Th.  oder  der  Nemesis  ent- 
Krlaubt,  s.u.  Sp.  604f.  Die  Nähe  von  Marathon  sprechende  Gestalt,  eine  ernste  Thesmophoros, 
legt  es  nahe,  daß  die  Errichtung  des  großen  die  Verbot  und  Strafe  vertritt.  Verbot  be- 
Tenipels  der  Nemesis,  das  Überwiegen  ihrer  deutet  das  Kästchen,  welches  das  Arcanum 
Verehrung  imd  die  Herstellung  ihres  Stand-  birgt,  die  Strafe  aber  wird  durch  die  Fackel 
bildes  von  Meisterhand  in  dem  attischen  Rha-  40  bezeichnet.  Ihr  gegenüber  entspricht,  vielleicht 
mnus  durch  die  eindrucksvollen  Erlebnisse  des  von  der,  durch  die  Wassertaufe  versinnbild- 
Perserkriegs  veranlaßt  worden  ist.  Pausanias  lichten,  Reinigung  benannt,  die  Lusia  der 
(1,  33,  2)  hebt  dies  auch  ausdrücklich  hervor.  gnadenreichen,  verzeihenden  Th.,  wie  in  Rha- 
Vgl.  Leale,  Demen  22.  L.  Boß,  Arch.  Z.  8,  mnus.  Erinys  zürnt,  verbietet,  straft,  gleich  der 
1850,  167  if.  Bursian,  Geogr.  1,  341.  Lolling,  Nemesis;  s.  Bapp,  ob.  Bd.  1,  Sp.  1323.  Hirzel 
Ath.  Mitt.  4,  1879,  284.  Schneider,  Berl.  Phil  143  ff.  156.  Die  Beziehung  zum  Ladon  führt 
Wochenschr.  1884,  1305  ff.  Partsch,  ebd.  1895,  noch  auf  eine  andere  Überlieferung.  Th.  galt 
1020  f.  Stais,  'EcpaiJb.  ccqx-  1891,  45  ff.  Blümner  nach  Bion.  H.  Ant.  1,  31  als  eine  arkadische 
zu  Paus.  1,  33,  2  Bd.  1,  1,  336  ff.  der  Ausgabe.  Ortsnymphe  mit  der  Gabe  der  Weissagung, 
0.  Boßbach,  ob.  Bd.  3,  Sp.  125  ff.  Baedeker,  50  welche  von  Hermes  den  Euandros  geboren 
Gr.^  118  f.  hatte  und  von  den  Römern  Carmenta  ge- 
In  gleichem  Sinn  ist  wohl  auch  der  den  uannt  wurde,  d.  i.  so  viel  als  dsaTticodog' 
Themiden  geweihte  Altar  in  Troizen  aufzu-  räii  l^^sv  yuQ  atSäg  v.(xXovai  'Pcofialot,  xag^iLva. 
fassen.  Vor  dem,  von  Hippolytos  erbauten,  Damit  stimmt' Plutarch  Q.  B.  56  p.  278,  wel- 
Tempel  der  Artemis  Lykeia  lag  der  sogenannte  eher  berichtet,  daß  die  italische  Carmenta, 
heilige  Stein,  an  welchem  einst  neun  Männer  Euandros'  Mutter,  früher  Th.,  nach  andern 
von  Troizen  den  Orestes  vom  Muttermorde  ge-  (vgl.  Strah.  5,  230.  Plut.  Bomul.  21)  Niko- 
reini^t  hatten,  ein  Rechtsmal  in  der  Art  des  strate  geheißen  habe.  Nach  Paus.  8,  43,  2 
delphischen  Omphalos,  au  den  sonst  dieser  aber  war  Euandros  der  Sohn  des  Hermes  und 
Vorgang  geknüpft  wird.  Nicht  weit  von  der  60  einer  Tochter  des  Ladon.  S.  ob.  Sp.  574 f.  Man 
Artemis  Lykeia  folgen  dann  nahe  beieinander  sieht,  daß  manche  in  dieser  Tochter  des  Ladon 
der  Altar  des  Dionysos  Saotes,  dann  der  der  die  Th.  erkannten.  Ward  es  nun  erklärlich, 
Themiden,  der  Überlieferung  nach  von  Pittheus  wie  die  Göttin ,  welche  der  Erinys  entgegen- 
geweiht, und  der  des  Helios  Eleutherios,  end-  gesetzt  war,  als  Th.  gelten  konnte,  so  ersieht 
lieh  das  Heiligtum  des  Apollon  Thearios  {Paus.  man  weiter,  wie  auch  die  Sage  von  dem  Kei- 
2,  31,  7).  Es  ist  eine  Zusammenstellung  von  nigungsbad  im  Ladon  die  Variante,  welche 
lauter  auf  Recht  und  Sühne  bezüglichen  die  Flußnymphe  zur  Th.  machte,  zu  unter- 
Heiligtümem.     Wie   der  Tempel  der  Artemis  stützen  diente.    Nach  italischer  Sage  aber  war 


595           Themis  (Kult  von  Athen  Themis  (Kult  vou  Epidauros  etc.)    f)96 

die  Mutter  deeselben  Evander,  Carin.  lu.i   mier  Wie  in  Athen  unweit  des  Asklepieion  der 

Cannentis,  eine  Nymphe  der  Weissagung,  der  Themistempel  stand,  so  war  ihr  zu  Epidau- 

Th.  nach  Begriff  und  Namen  entsprechend,  wie  ros    im    heiligen    Bezirke    des    Apklepios    ein 

^^fiißTh?   und    carmina.      Vielleicht    ging    die  Heiligtum  erbaut;  Paus.  2,  27,  Ti.    Bemerkens- 

Entwickelung  der  Evandersage   in  Cumae  vor  wert  ist,   daß  auch   dort,   wi«^  in    Athen    und 

aich  {Preller- Jordan,  Böm.  Myth.  2,  341.   Über  l^oizen,  in  unmittelbarer  Niihe  die  Erinnerung 

Carmenta  s.  Wissotva  ob.  Bd.  1,  Sp.  861.    Der-  an  den  durch  des  Vaters  Fluch  umgekommenen 

selbe  Belig.  ti.  KuUus  tl.  Pöm.  181).  Hippolytos  wach  erhalten  wurde,    vermutlicli 

In   Athen    besaß   Th.    einen    Tempel   am  doch,  weil  Th.,   wenn    sie    einzeln    erscheint, 

Südabhange  des  Burgfelseus  zwischen  Dionysos-  10  neben  dem    Wesen   der  Soteira,   das  ihr  den 

theater  und  Odeion,  auf  dem  Pfade,   der  vom  Platz  in  der  Nähe  des  Heilgottes  verschaffte, 

Asklepiosheiligtume   zur   Burg   führte,   neben  auch  das  einer  Erinys,  die  strafend  rächt,   in 

dem  Heiligtume  der  Ge  Kurotrophos  und  der  sich   schließt  (die  Erinyen  des  beleidigten  Va- 

Demeter  Chloe   und   nahe    dem   Tempel     der  ters  in  der  Geschichte  des  Hippolytos  ähnlich. 

Aphrodite  Pandemos.    Vor  dem  Themistempel  wie  in  der  des  Phoinix  //.  U,  454).   Dazu  kommt 

war  dem  Hippolytos  ein  Grabdenkmal  errichtet,  dann  das,    mit    der  Wiederbelebung   des   un- 

Patn<.  1,  22,  1.      U.  Koehler   sieht   in    den  er-  gerecht   Bestraften    durch    Asklepios    wieder- 

haltenen  Grundmauern  eines  kleinen  ionischen  hergestellte,  Hecht  (über  die  Beziehungen  der 

Anteut^mpelß  aus  bester  Zeit  südlich  von  einer  Th.  zu  dem  Sagenkreise  des  Theseus  (iruppe, 

dort    entspringenden    Quelle     die    Reste    des  20  Gr.  M.  586,  2.  687).   Wie  in  Athen  wird  auch 

Themisheiligtums    {Ath.    Mitt.    2,   1877,    256;  in  Epidauros  das  Heiligtum  der  Th.  mit  einem 

vgl.  238,  auf  Taf.  XIII  mit  F  bezeichnet;  über  der  Aphrodite  zusammen  genannt;  man  glaubt 

den  Aufstieg  auf  den  Burghügel  239).    Monu-  die  Reste  beider  nordöstlich  von    dem  großen 

mentale  oder  inschriftliche  Stücke   sind  nicht  Tempel  des  Asklepios  aufgefunden   zu   haben. 

erhalten.     (Vgl.    Blümner   zu    Paus.   1,   22,   1,  Da  das  athenische  Asklepieion   von  Epidauros 

B.  1,  1,  230  d.  Ausgabe.     Judeich,  Topogr.  v.  her  gegründet  worden  ist,  und  zwar  unter  dem 

Aihefi,  1905,  S.  289,  15.   Baedeker^  34  und  den  Archontat  des  Astyphilos  420  v.  C.  {A.  KöHe, 

Plan  der  Akropolis.)   Von  den  Sitzen  des  naben  Athen.  Mitt.   1893,  246  ff.  auf  Grund  der   ür- 

Dionysostheaters  waren  die,  hinter  der  Vorder-  künde  C.  I.  A.  2,  1649  nach  richtiger  Ergän- 

reihe  mit  den  Sesseln  der  vornehmeren  Priester  30  zung),  so  wird  auch  der  Themisdienst,  soweit 

und  Beamten  folgenden,  für  priesterliche  Person-  er  mit  dem  des  Heilgottes  in  Verbindung  steht, 

lichkeiten   untergeordneten  Ranges  bestimmt.  mit  diesem  von  da   nach  Athen  gelangt  sein, 

Von    diesen    trug    einer   im    dritten,    rechten  allerdings    an    Vorhandenes    anknüpfend    {U. 

rBlick  auf  die  Skene  vorausgesetzt)  Keile   des  Köhler,  Ath.  Mitt,  2,  1877,  171  ff.  229  ff).   Über 

Theaterrundes   (von  der  Mitte  aus  gerechnet)  Epidauros    Frazcr,    Paus.    3,    256.    5,    570  f. 

auf  Reihe  4  die  Inschrift:    tfemc;  T/}?  ©^fttdo?;  Bliimner  zu  Paus.  2,  27,  1  ff.,  B.  2,  608  ff.  615 

ein  anderer,  Keil  1,  rechts  Reihe  5:  kgör^cpogog  d.  Ausgabe.  KaßßaSiag,  xb  Ugbv  xov  kayiXrinlov 

ß^[r\fi?  SspLi&og;  ein  dritter  ebendaselbst  Reihe  iv  'E7iidciVQ(p  (1900),  135  ff.    Herrlich^  Epidau- 

10:    hXritpoQov   Ad-riväg    OiiiiSog;    ein    vierter  ros,  Progr.  Berl.  1898,  20.     Dslbe.,  Berl.  Phil. 

ebd.    Reihe    20:     isgfcog    ^iliiiSog].     Ist    diese  40  TT. /Sc/m  1900,   1026  ff.   1067  ff.     Kern  bei  P.- 

letzte  Ergänzung  richtig,  so  wäre  dadurch  ein  Wissoira  6,  1,  50  u.  Epidauros.   Baedeker,  Gr.^' 

männlicher  Priester  der  Th.  bezeugt,   wie  ein  (1908)  S.  325.  Arch.  Anz.  1908,  S.  139. 

solcher  auch    für  Nemesis  Urania  (C  /.  A.  3,  Auf    Dienst    der   Th.   Soteira    in    Aigin  a 

289.  K.  Keil,  Philol.  23,  221  f.  234)  überliefert  möchte  man  aus  Pindar  Ol.  8,  28.  30  schließen: 

ist.     Dagegen    hat    Ge    Themis,   die    von    der  Atyivav  —  ^v^'u  Hcotsiqu  Jibg  ^sviov  TtaQsSgog 

Themis  selbst  wohl  zu  unterscheiden  ist,  eine  Sca-ntlrcci    Giuig    ^^,0%    ^v&qojticov.      Indes    läßt 

Priesterin  und  wie  Eileithyia  in  Agrai  (0.  /.  A.  sich  die  Ausdrncksweise  des  Dichters  auc  h  als 

3,  319)  auch  zwei  Hersephoren,  während  man  eine  bloße  Umschreibung  der  Tatsache  verste- 

solche  bisher  nur  im  Dienste  der  Athena  Polias  hen,  daß  die  Aigineten  vor  andern  Gastfreund- 

kannte  {Paus.  1,  27,  4).    'OXricpogog  hat  Kuma-  50  schaft  übten   (vgl.  Pind.  fr.  4,  6) ,    ohne    daß 

nudes  durch  OvXoq)6gog  erklärt  (vgl  Serv.  Verg.  ein  wirklicher  Kult  der  Th.  Soteira  vorhanden 

Aen.  11,  858).  Über  Ge  als  Themis  und  Athena  war;   in  diesem  Sinne  sprechen  sich  auch  die 

als  Th.  8.  ob.  Sp.  584.    Der  Beiname  dient  zur  Scholien  aus. 

Bezeichnung   einer   besondem,   sonst   der  Th.  Ähnlich  ist,  was Pmdar  von  der  Th.  in  Ten e- 

zukommenden,    Richtung    des    Wesens    dieser  dos  sagt,  Nem.  11,  9  x«i  ^tviov  Jibg  aaxslxai, 

Gottheiten    (Satzungen    setzend    durch    Weis-  @i[iig  &svaolg  iv  xgcncitctig.     Man   könnte  da- 

sagung  die  eine,  als  Staatenlenkerin  die  andre),  bei  an  Theoxenien  zu  Ehren  der  Göttin  denken; 

also  nicht  schlechthin  gleichstellend  {Plutarch.  doch  ist  es  auch  möglich  d-^iiig  als  Appellativ 

pr.  reipubl.  ger.  5  p.  802    nennt    den    Redner  und  den  Ausdruck  ^ibg  ^sviov  d^s^ug  als  einen 
xijg  noXiddagk^Tiväg  xal  xf)g  BovXaiccg  O^HiSog  60  Begii^,    nämlich    'des    gastlichen    Zeus    ge- 

TtgocprixTjg;  vgl.  dazu  die  Sesselinschr.  C.  I.  A.  bührendes  Recht'  zu  fassen,  und  dafür  erklären 

3,    272    u.   n.   683    itgicog    Jibg   ßovXaiov    yial  sich  ebenfalls  die  Scholien. 

li^vüg  ßovXaiac^  K.  Keil  a.  0.  216).    Die  In-  Daßim  Di dymaion  bei  MiletTh.  als  Soteira 

Schriften,    die    sämtlich    der  Kaiserzeit    anzu-  verehrt  wurde,  läßt  eine  unter  den  Trümmern 

gehören  scheinen:    C.  I.  A.  3,  350.   318.    323.  des   Apollontempels    gefundene    Inschrift   ver- 

H29.  K.  Keil,  Philol.  2S,G0S  f.  Geltzer,  Sitzungs-  muten,    welche    die    Widmung    goldener   und 

ber.  d.  Berl.  AJ:.  1872,  176  u.  d.  Tafeln.  Blüm-  silberner  Geräte  an  die  Rettergottheiten  durch 

tter  z.   Paus    1,  22.  "..   B.  1,  1,  242  d.  Ausg.  Seleukos    IL    Kallinikos     und    seinen    Bruder 


597      Themis  (Kult  vou  Didyniaion  etc.)  Tbemis  ((Jöttin  tle«  Itechts,  Kides)     598 

Hiertix    «jnthiilt:    tiV   ccvccd'eatv    rol<^   Q'eoI^  t«/(s  g,t(^og,   xtai?  yvvaixstog,    ö  iötiv,   tinf^fioig  -Kai 

HoaxfiQöiv   slg  xb   hgbv   rov   'AnoXXoiVOQ  toO   iv  (ivatixiog  tiTtttv,  (ioqiov  yvvccLxfiov,    und  daher 

Jiövfioig    ('.  I.  G.   *2852,    nämlich    kunstvoller  Kusih.  praep.  ev.  2,  H,  40.    Hierher  gehört  der 

Phialen    an    Agathe    Tyche,    an    Theniis,    an  OrpA/6c//r  7///wtnos  79,  ein  Kletikos  (v.  1.  11.  12;; 

Leto  und  an  Hekate,  ferner  andert'r  Gaben  an  in  diesem    heilit  Th.    vvxriTioXtvtog   (v.  7)  und 

Apollon,  Artemis  und  Zeus   Soter.    Dem  didy-  wird    angerufen    zu    ihren    heiligen    geheimen 

maischen    Orakel     des    Apollon,    das    in     I3e-  Weihen  zu  erscheinen,  v.  12:  tX^oig  —  svitgovg 

ziehimg   zu    Delphi    stand,    und    wo    ebenfalls  inl  fivatLnoXovg    TfXftug   öio,   v.ovQri.     Kbenda- 

einer  yvvi]  ;f()/j(y^foddg,  wie  der  Pythia,  die  Ver-  selbst  wird  der  Göttin  überhaupt  die  Ein- 
mittlung  oblag  (vgl.  7*.  Caiicr  b.  F.-Wissotra  lo  führung   der   bakchischc^n    Mysterien    und    der 

3,    1    unter   Jiraricliidai.     Jinrchnn'    ebd.   5,  1,  Heroendienste    (rt(iccl    fiandguiv ^    v.    10)    zuge- 

437  If.  unter  Didymoi),  kann  sehr  wolil  auch  in  schrieben. 

ähnlicher  Weise  Th.  beigegeben  gewesen  sein,  Die  bisher  gewonnenen  Ergebnisse  schließen 
und  zwar  als  rechtwahrende  Heilsgottheit  (vgl,  das  weitere  Verständnis  des  Wesens  der  Th. 
Scymn.  öi)  xbv  'JnoXXcova  xbv  Jiövy.))  Xbyco^  xbv  auf:  die  mit  dem  Urbeginn  aller  Dinge  geheim- 
■nai  d-efU6x£vovxa  yiccl  ^ov6riYkxi]v);  indes  ist  von  nisvoll  verbundene  höhere  Ordnung  als  wirk- 
eigentlichem Dienste  nichts  weiter  bezeugt.  same  Person  gedacht,  welche  göttliche  Macht 

Zu  Migonion  in  Lakonien  hat  Ährens  (1,  27  besitzt  und  unaufhörlich  waltet,  die  Satzungen 
aus  Paus.  3,  22,  1;  ebenso  S.  Wide,  Lak.  Kulte  setzende  Göttin  des  Rechts.  Ihr  Wesen 
23i)f.  143 f.  1G4)  Themisdienst  nachzuweisen  20  läßt  sich  scheiden  nach  den  beiden  Seiten  des 
versucht,  indem  er  das  von  Thetis  Bezeugte  göttlichen  Rechts  und  des  menschlichen  Rechts, 
(ayaX^tcc  f)£xiöog  xort  ^täg  IlQa^iSiyiag)  durch  wobei  festzuhalten  ist,  daß  das  menschliche 
Änderung  des  Namens  in  Themis  für  diese  in  dem  göttlichen  entstammt,  insofern  als  beides 
Anspruch  nimmt,  eine  Änderung,  die  zwar  be-  dem  einen  Grundgedanken  entfließt.  Als  Ver- 
sticht, aber  entbehrlich  ist;  denn  es  liegt  nahe,  treterin  des  göttlichen  Rechts  entspricht 
daß  Menelaos  nach  endlich  vollbrachter  See-  Th.  dem  lateinischen,  als  Gottheit  personi- 
fahrt  sich  der  Meergöttin  dankbar  erweist.  fizierten  Fas.  Dies  erkannten  schon  die  Alten, 
Übrigens  findet  sich  alter  Thetisdienst  auch  vgl.  Ausou.  Idyll.  12  technop.:  prima  deum  Fas, 
sonst  in  Sparta:  Paus.  3,  14,  4.  quae  Themis   est  Grais.  Paul,  ex  F'est.  p.  367 

Überblickt    man    die    Gegenden    Griechen- 30  iüfMe/Z.:  Tliemim  deam  putabant  esse,  qua£  prae- 

lands,  in  welchen  ein  Kult  der  Th.   erweisbar  ciperet  liominihus  id  petere,  qtiod  fas  esset,  eam- 

ist,  so  läßt  sich  auf  den  Weg  schließen,    den  queidesse  eocstimahant,  quod  et  fas  est.  Liv.^,b; 

seine  Verbreitung   genommen  hat.     Ausgangs-  vgl.    1,   32.     Hirzel   2,    2.    51,    1.    157,    161,   2, 

punkt  war  vermutlich  Delphi,  von  da  kam  er  Daher  galt  sie  als  die  Himmelstochter,  als  eine 

nachOlympia,  von  Delphi  ferner  nach  Thessalien,  heilige,   hohe,    Ehrfurcht  gebietende    Gottheit 

Makedonien,     Epirns,    ebenso    nach    Boiotien  («yi^»],  Ttdvxifiog,  Gtßdauiog;    OrpJi.  h.  79,  1.  7). 

(Leuktra,  Theben,  Tanagra,  Thespiai),  Argolis  Das  göttliche  Recht  aber  entfaltet  sich  wieder 

(Epidauros,  Troizen),  von  da  vermutlich  einer-  nach  doppelter  Richtung,   nämlich  auf  Götter 

seits  nach  Attika  (Athen  und  Rhamnus),  ander-  wirksam  und  auf  Menschen.  In  ersterem  Sinn 
seits  nach  Thelpusa.     {Gruppe,  Gr.  M.  584,  vgl.  40  ist  Th.  die  waltende  Macht,  welche  den  Göttern 

1080,  6,  nimmt  eine  alte  Kultstätte  in  Ostboi-  das  ihnen  Gebührende   zukommen  läßt,  daher 

otien  in  der  Nähe  vou  Aulis  an  und  sieht  darin  die  Pflegerin  göttlicher  Kinder,  Gemahlin  und 

den  Ausgangspunkt  ihres  späteren  Dienstes  in  Beisitzerin    des  Zeus   Tind  Verkünderin  ewiger 

Tanagra  und  Theben;   diese  Kiinststätte  habe  Satzungen    auch    im    Himmel.      Gottesdienst, 

wahrscheinlich  Themiskyra,  d.  i.  der  weiße  Fels  Heroendienst,  Weissagung   hat  sie  eingeführt; 

derThemis  geheißen.) -Der  Dienst  unserer  Göttin  Diod.  5,  67.     Orph.  h.  79,  3  ff.     Die  Mysterien 

trägt  an  manchen  Orten  Spuren  hohen  Alters.  sind    ihre  Erfindung  und    stehen   unter   ihrem 

Zwar  scheint  in  DodonaTh.  nicht  verehrt  worden  Schutze    (Orph.    a.    0.,    vgl.   Eur.    Bacch.    81 

zu  sein,  trotz  Orakel  und  Gaiadienst.  Dagegen  Q's^Lixsvfov  (==  Q-s^iatsviov)  OQyia,  d.  i.  auf  ge- 
spriclit  in  Delphi  und  Olympia  alles  für  eine  weit  50  setzliche  Weise  feiernd),  wie  alle  Heiligtümer 

zurückliegende  Zeit.    Ebenso  setzt  die  Art,  wie  der  Götter,  insofern   als  es  nicht  gestattet  ist 

Th  bei  Homer  und  Hesiod  erwähnt  wird,  den  {ov  d'euLg),  deren  Weihe  zu  verletzen.  Beispiele: 

Begriff  schon  als  p -rsönlich  gewordener  Götter-  Soph.  El.  565.  0.  B.  993.  Aristoph.  Thesm.  1150. 

gestalt  alter  L^berlieferung  voraus,  und  darauf  Eur.   Ion    220.   222;     auch    inschriftlich,    vgl. 

führt  auch  die  Bildung  von  Personennamen  in  Bittenherger   Syllr    632,  6.    624,    2.    3.   615,  9; 

früher  Zeit  (Chrysothemis  II.  9,  145.  287.    The-  ^b^Lig   {laxi)   und  ccGsßbg   gegenübergestellt   S. 

mistonöe  Hes.  sc.  356).    Manches  scheint  in  Ver-  Emp.  p.  173,  24  Bekk.  So  wird  sie  insbesondere 

gessenheit  geraten,  auch  der  Kultus  da  und  dort  eine  Hüterin    des  Eides,    ©s^Lig  uq-z-lcc,   den 

verblichen  oder  von  den  Orakeln  zu  den  eigent-  verletzen  die  Th.  verletzen  heißt,  und  steht 
liehen    Rechtsstätten    übergegangen     zu    sein  60  auch  in  dieser  Hinsicht   dem  Zeus    zur  Seite, 

(s.  u.).    Wie  die  inschriftlichen  Überlieferungen  vgl.  Eur.  Med.  168  ff.  207  ff. :  d^soy.Xvrsl  ö'  adiiAci 

vou  Parapoungi  und  Rhamnus  zeigen,   ist  der  TcaQ^ovaa  xdv  Zrivbg  oQ-aiccv  @i[Liv.  Nach  Piaton 

Dienst  der  Th.  dort  von  Priesterinnen  versehen  legg.  11,  936  e  soll  einer,  wenn  er,  vor  Gericht 

worden;   auch  die  Pythia,  sahen  wir,  ist  Ver-  zum  Zeugnis    aufgefordert,   behauptet,   nichts 

treterin  der  Gaia,   wie  der  Th.     Aus  späterer  zu    wissen,    dies    bei    den    drei  Göttern  Zeus, 

Zeit  sind  Spuren  mystischen  Dienstes  erhalten.  Apollon  und  Th.  beschwören.     Soph.  El.  1064 

Clem.    AI.   protr.    p.    19   P.:    y.al    tiqogbxl    xfjg  wird  sie  mit  Zeus  bei  feierlicher  Versicherung, 

Se^iiöog  xa  ccTtOQQjixa  GvußoXa,  ÖQiyavov,  7.vxvog,  und    Eur.  Med.  160    mit   Artemis    als    Zeugin 


599          Theniis  (Göttin  de«  Hecht«)  riieims.  i^lu-rutt    \  irsammlunjrtMi)      600 

des  Kidbnu'hs  angerufen.    In  der  griechischen  xoit'iovt'iaaöt  Tovrwr   cpiXoig   xQ^'i^^^^'  ^<-0-     ^^^ 

Schwurformel  römischer  Senatoren  einer  Mün-  trastliohe  Tisch  und  die  ccyvoTtXr}s  ffiut^^  werden 

chener    Handschrift    {Münch.   Gel.  Anz.    186(),  /usammen  genannt  OrpA.  ^ht/.  541);  vgl.  Ly<^opÄr. 

n.  19,  168  ff.)   steht  sie   nebst  Dike   unter  den  137.  QuiHtus  StnuiH.  4,  186  f.  stellt  Th.  bei  der 

Göttern,  bei  denen  der  Schwur  geleistet  >vird  Hochzeit  des  Peleus   und   der  Thetis   lächelnd 

(entsprechend  Fas    bei  den  Römern  Lir.  8,  6:  die    silbernen  Tische   auf.     Dazu   kommt   ihre 

attdi  luppiter  haec  scelera,  audite  Jus  Fasque,  Stellung  als  Symposiarchos  (s.  u.  i 

vgl.  1,  82)  daher  der  formelhafte  Ausdruck  rai,  Themis    ist   Tochttn*   des    Uranos    und    der 

^,  vij  (rijv)  Oifuv;   so  schon  S<^.  El.  1064,  (iaia.     Wenn    der  Himmel   die  Erde  freit  und 

namentlich  aber  bei  Späteren,  z.  B.  Anthol.  12,  lo  mit  ihr  eine  Tochter  zeugt,  so  kann  dies  auch 

31  {Phaniwi).    Theod.  Ptodr  8,  94  in  Herchers  bedeuten,  daß  Geist  von  oben  die  wüste  Masse 

Jirot.  2,  406.   Luc.  lupp.  tr.  19.   Nicet.  Eugen.  durchdringt  und  ordnend  gestaltet,  wie  es  ge- 

5,  76  in  Herchers  Erot.  2,  489.  übrigens  kommt  schiebt,  wenn  Zucht  und  (Jesetz  Menschen  wie 
bei  der  Auffassung  der  Th.  als  Eidesgöttin  Dinge  'zurechte  setzt'  und  'richtig  stellt'. 
wohl  auch  ihre  Beziehung  zur  Erdgöttin  (s.  o.)  Dieser  Geist,  der  die  Massen  ordnet,  als  han- 
in Betracht,  welche  vorzugsweise  bei  Schwüren  delndes  Wesen  gedacht,  ist  wieder  Th.,  wie 
angerufen  wurde,  der  Th.  nämlich  als  festen  das  Appellativum  ^i^ms  auch  in  dem  Sinne 
Grundes  der  Dinge  (vgl.  Schoemann  -  IJpsius.  von  vdfiog  gebraucht  wird  (s.  u.).  Daher  ist  es 
Gr.  Alt.  2*,  276).  —  In  menschlichen  Verhält-  wohl  verstilndlich,  wenn  Th.  als  Beruferin,. 
nissen  zeigt  sich  Th.  als  Vertreterin  göttlichen  20  Ordnerin  und  Vorsteherin  von  Vers  am  m- 
Rechts  überall  da,  wo  heilige  Pflichten  der  lungen  erscheint.  Dies  ist  an  allen  drei 
Pietät  und  jene  ungeschriebenen  Gesetze  in  Stellen,  an  denen  Th. ,  die  Göttin,  überhaupt 
Betracht  kommen,  welche  zu  halten  das  Ge-  bei  Homer  vorkommt,  der  Fall.  So  zunächst 
wissen  gebietet.     Dahin   gehört  die  Ehrfurcht  //.  20,  4  Ztvg  öt  Siuicza   yiÜsvot  d^sovg  ^yo- 

vor   den    Eltern,    vgl.    Aesch.  Suppl.  707  tF.    zb       grjvSs  yiaXeoaai rj  f('  uqu  Ttävr^  (fOLTi'iaccaa 

yocQ  rcxdrrb>y  oißag  xqLxov  zoS*  iv  d^eanioig  .Jinccg  xiXtvGt  Jibg  otgbg  dm^a  vha^ai,  und  Od.  2,  68 

yiyQanrai    ^ifyiazoziiiov    (denn^  Dike    ist    hier  Oeiiiazog    rj   z' ScvÖgiov    ScyoQag    r]^iv    Xvei    i\Sh 

völlig  der  Th.  entsprechend),  und  die  Liebe  zu  xa-O-i'^tt.   (Dazu  schol.  zi]v  yug  TiQoeGrrjyivlccv  rätv 

denselben;  vgl.  Od.  11,  451.    Femer  die  Treue  ixiiXrjoiibv  ^tbv  iniKaXetzai .    tivig  äh  anfjd^riaar 

der  Ehegatten  gegen  einander;  vgl.  JS*!*/-.  J/«*«/.  so  G^ßiöog  ccyaXiicc  tlocphgead^ai  si?  zag  iyiycXriaiag. 

160.    Od.    14,    129 f.     Auch    das    Naturrecht  Eusfath.    1434,    40    ztvsg    dt    ayaXau    G^udog 

gehört  unter  das  Gebiet  der  Th.,  wie  z.  B.  die  ivoniaav  zolg  ixHi»]6ta»oröir  daiiofiiteod-ai,  ngbg 

Vereinigung  von  Manu   und  Weib  bei  Homer  o  xcd  Y.ä^i]vzui  tpuai  xai  iysiQovzaL.)   In  beiden 

als  d^fiisT  bezeichnet  ist,  7Z.  9,  134.  276.  19,  177,  Fällen    gleicht    sie    einer    Heroldin,    welcher 

wo  ^ffiig  die  von  der  Natur  gesetzte  und  da-  die  Agora  zu  besorgen  obliegt.    Dazu  stimmt, 

durch    berechtigte    Ordnung    des    Lebens    be-  was  Aratos  Phaen.  106  tf.   von  Dike   eagt,   die 

zeichnet;  vgl.  Od.  23,   296  (Lei^t,  Graeco-ital.  dort  ganz  die  Rolle  der  Th.  spielt:  &ysLQo^iv7i 

Bechtsgesch.  206.    Hirzel  40  f.).     Das  Recht   zu  8^  ysgovzag  ije  nov    slv    ayogy    ^  svqvxoqo}  iv 

leben  steht  allen  Geborenen  zu.     Daher  ist  es  ayviij  öriuoztQag  rjsidsv  iTti6niQ%ov6cc  ^hiUGzocg 

wider    die    Th.,    daß    dem    Unschuldigen    ein  40  und  Artstides   1   p.  837    Dindf.    iy.xX7]6iat    xal 

Schaden   widerfahre,    vgl.    Aesch.    Eum.   418  f.  ßovXefzrjQicc ,    a    dsojv    i)    nQeGßvzccrr]    GvvdysL 

Insbesondere    stehen  alle    des  Mitleids  Be-  Gi\Lig.     II.  11,  807  heißt  es  von  der  Stelle  in 

dürftigen  auf  Erden  unter  dem  Schutze  der  der  Älitte  des  Schift'slagers,  wo  die  SchiflFe  des 

Göttin,   Elende  zumal,  Verlassene   und  Wehr-  Odysseus  sich  befanden    iva  acp'  ccyog'^zs  d-sfiig 

lose.  Es  ist  wider  die  göttliche  Ordnung,  Fremd-  rf ,  und  dazu   bemerkt  schol.  A :    onov   ccvtotg 

lingen  und  Bettlern  ein  Leid  zu  tun  (vgl.  Od.  xa  zt   mvio.  ininmqde-Kizo   'Aal   xa   8iv.u6tr]Qia 

6,  16.  101.  16,  97)  und,  wie  der  sühnbedürftige  iyivBzo-  i]  yaQ  Qi^ii?  ^nonzrig  x&v  i-K-uXriaiav. 
Mörder  den  Omphalos  der  Erde  zu  Delphi,  wo  So  wurde  Th.  zur  Göttin  des  Marktes,  wie 
gerechtes  Gericht  ergeht  {Pind.  Pyth.  11,  15),  ayopa  Versammlung  sowohl  als  Versammlungs- 
bittflehend  umschlingt  oder  zum  Herd  eines  50  ort  bedeutet.  In  Theben  vor  dem  Ne'istischen  Tore 
Hauses  flieht,  und  es  nicht  gestattet  ist,  ihn  stand  ihr  Heiligtum  neben  dem  der  Moiren 
von  der  Freistatt  zu  verstoßen,  so  spricht  und  des  Zeus  Agoraios.  s.  o.  Sp.  691.  Auf  den 
Aischylos  Suppl  360  von  einer  ixsaia  d^ifiig  Märkten  fanden  Gerichts-  und  Ratsversamm- 
Jibg  xXaQiov.  Die  Fremden  schützend  wird  Th.  lungen  statt,  vgl.  II.  18,  497  ff.,  wo  das  ver- 
zur  Hüterin  des  Gastrechts.  Den  Fremden  sammelte  Volk  den  'umstand'  bildet,  während 
aufzunehmen,  i^i  &i^ig  {11.  11,779.  Orf.  3,  187.  die  richtenden  Geronten  inl  ^tczotai  Xid^oioi. 
9,  268.  14,  56.  24,  286;  vgl.  Schröder,  Sprach-  Ugm  ivl  mrAXa  sitzen  (vgl.  Od.  8,  6.  16.  3,  406. 
vergleichg.  u.  Urgc^ch.^  2,  2,  296).  Zeus  Xenios  2, 14.  9, 112.  Ahrens  2, 14tf.  J.  Grim,m,  Bechts- 
waltet  über  dem  Gastrecht,  und  so  wird  Th.  altert.  747).  Die  freie  Äußerung  der  Agora  galt 
Soteira  seine  Paredros,  wie  zu  Aigina  {Pind.  60  als  gutes  Recht,  d-tiiig  (vgl.  //.  9,  32  f.,  ßovXag 
Ol.  8,  27,  fr.  4,  6);  ähnlich  ist  Th.  in  Tenedos  ßovXsvsiv  ebd.  24,  656).  Daher  wird  der  des 
zu  ihm  in  Beziehung  gesetzt  {Pind.  N.  11,  8).  Wortes  mächtige  Staatsredner  als  Prophet  der 
Sie  selbst  soll  durch  ein  Orakel  befohlen  haben,  Athena  Polias  und  der  Th.  Bulaia  bezeichnet 
Salz  und  Tisch  nie  zu  überschreiten  (s.  o.),  und  bei  PhU.  praec.  reip.  ger.  5  p.  802  (s.  oben), 
dies  wurde  zum  Sprichwort  in  dem  Sinne,  daß  Entsprechende  Beinamen  der  Th.  sind  die  oben 
die  daran  Teilnehmenden  als  Freunde  zu  be-  erwähnten  t^ßovXog^  ÖQd-oßovXog,  yiixagrifiivri 
handeln  seien  (vgl.  Zenoh.  1,  62  Leutsch:  s^cpgovL  ßovXf;  {vgl.  Hirzel  9  S.).  Als  Ordnerin 
"JXae  xai  xQaTif^av  iii)  TcaQaßaivsiv  iTCSidrj  xolg  Versammelter  wird  man  Th.  auch  an  der  dritten 


601      Themis  (Ordnerin  der  Agone  etc.)  Themis  (und  die  Könige,  Gerichte  etc.)     602 

Stelle,  in  der  sie  bei  Homer  erwühnt  wird,  /u  ■A.tXtvbi  u  ßovXf-zai.  11.  1> ,  i)8  wird  dem  Aga- 
betrachten  haben,  IL  15,  H7,  wo  Hera  zu  den  memnon  gewagt:  Xaiov  ^aoi  uva^  y.ai  toi  Ztvg 
beim  Mahle  versammelten  (lottern  eintritt:  17  iyyvdlitf-v  ay.fiTix^öv  x  ijöh  if-t^uarug,  ivcc  atpiat 
(\' ciXlovf  (ih'  '^aoF,  Gf^tazL  Üh -KCiXXtTKXQijcp  dfuTo  ßovXfvr/ad'cK ;  vgl.  2,  206.  Die  K(")nige  heißen 
Stnccg'  nQmri]  yag  ivavzhi  ijX^t  ^hovöa;  v.  95  'Ut/ürTroTröXo'  Hes.  /r.  82.  Jlymv.  (W.  215.  478 
spricht  sie  sodann  zuTh.:  icXXa  avy'  ccqxi-  ^boich  [S\r\,  l'in^l.  I'yth  5,85  Kurrifiar  i^i-(iianQt6vT(üv). 
ä6}ioig  SvidaiTog  iiGJis.  Vgl.  dazu //y7W//.  Jp.  124  Alles  von  einem  Herrscher  Getane  soll -ö^juirör 
ivom  neugeborenen  Apollon):  (">tfus'  viy.xccQ  xt  yial  öUuiov  erscheinen  Plut.  Alex.  ö2;  ad  princ. 
%al  cnLpQ06ir\v  igccxftvijv  ädavaxotg  xBiXtGGiv  inerud.  4,  j).  7H1.  Das  königliche  Zepter  des 
fTTT^'p^aro.  So  erscheint  Th.  an  der  Homerstelle  10  Hieron  wird  Pivd.  Ol.  1,  12  d-BfiLaxtlov  a-nuTttov 
als  Symposiarchos  der  Götter,  in  ähnlichem  genannt.  Vor  allem  aber  kommt  natürlich  die 
Sinn  etwa,  wie  Pyrrhos  bei  den  delphischen  Tätigkeit  der  |<;önige  als  Richter  in  Betracht 
Heroxenien  als  ^sfiioxÖTiog  tätig  war  nach  (vgl.  Hermann  St.  A.^  §  8,  Sit'.).  Denn  in  den 
Pind.  JV.  7,  ()i).  Vgl.  A.  Mommsen,  Delphika  Gerichten,  welche  von  den  damit  betrauten 
228 tf.  Bei  Pind.  fr.'  6  ist  sie,  (wie  sonst  Männern  in  und  auf  der  Agora  gehegt  wer- 
Praxidike,  Mnaseas  bei  Suid.  s.  v.)  Gemahlin  den,  hn<let  die  Satzungen  setzende  (iöttin,  die 
des  Zeus  Soter,  dem  bei  der  Mahlzeit  der  dritte  Ordneriu  der  Versammelten,  die  Vertreterin 
Trunk  gewidmet  wurde  {Philochoros  fr.  179.  des  heiligen  Rechts,  die  Hüterin  des  Eides, 
Pind.  Isthm.  5,  7  ff,  und  dazu  schol.  Piaton.  rep.  ihre  hauptsächliche  Wirkungsstätte  auf  Erden. 
9,  583.  Hesych.  s.  v.  ^axfiQog  Jiog.  Athen.  20  Daher  sind  der  Th.  die  Gerichtsstätten  heilig: 
15,  675.  Näheres  0.  Müller,  Aeschyl.  Eum.  (^buiSi  yocg  Uqu  xu  fiiv.aGxr]Qici ,  schol.  11.  18, 
187  f).  Daß  sich  in  dieser  Hinsicht  das  Wesen  504,  wo  von  dem  heiligen  Kreise  der  richten- 
der Göttin  mit  dem  berührt,  was  sie  zur  Hüterin  den  Geronten  auf  dem  Schildbilde  die  Rede  ist. 
des  Gastrechts  macht,  erklärt  sich  aus  der  Vgl.  Eustath.:  itgbg  öh  u  Ttv-nXeg  ö  zfjg  ciyoQ&g 
Ähnlichkeit  der  Verhältnisse  {Hirzel  12  f.).  Als  Slcc  xr]v  iv  avxäi  ^t\iiv  xal  dU7]v,  vrv  Uqöv  xl 
Aufseherin  von  Versammlungen  und  Satzung  6  xoiovxog  dvai  xv-aXog  Ö7]Xol.  Aus  dem  gött- 
setzende  Göttin  wird  man  sie  ferner  in  bezug  liehen  Rechte,  ^diug,  fas,  fließet  das  irdische, 
auf  die  Ordnung  der  Agone  betrachten  ^i'x^,  ius,  welches  dafür  zu  sorgen  hat,  daß 
dürfen.  Vgl.  Pind.  Ol.  11,  24  ayöivcc  ö'  i^alge-  jedem  das  Seine  zukommt,  und  daß  der  Recht- 
xov  asloai  f)^utx8g  mgoav  Jiög.  Die  Sieges-  30  schaffene  nicht  dem  Bösewicht  unterliege:  ov 
gesänge  heißen  Nein.  9,  52  -O-f /iiAtxToi :  dazu  yccg  ^B\iLxbv  —  anslvon  ccvöqI  vnb  xsLQOvog 
stimmen  bei  demselben  Dichter  Ausdrücke  wie  §XditxB6%ai .,  Piaton.  Apol.  30  d.  Th.  ist  es, 
xsd-^ibg  ded'Xav  Ol.  0,  117,  xt^fibg  Gxtcpccvmv  die  allen  kündet,  was  das  Gerechte  ist:  r^nsg 
ebd.  13,  39  {9-86fi6g  dor.  xsd'^og  steht  der  Be-  aTCUGi  Qs^iaxEvsi  xcc  diy.ccLcc,  Orph.  fr.  28 
deutung  von  ^e^iig  sehr  nahe,  wie  noch  gezeigt  (160 — 102  Abel);  sie  ist  die  ^cpogog  xfig  diy.aio- 
werden  soll),  wobei  man  sich  vergegenwärtige,  Gvvi^g,  schol.  Eur.  Or.  163.  Tzetz.  Lyc.  137,  und. 
daß  auch  der  olympische  Gottesfrieden  in  Elis  auch  insofern,  als  sie  über  die  Gerechtigkeit 
GtQ{i(x  hieß  und  Apollon  daselbst  als  -O'fp/ito?,  wacht,  galt  sie  als  Beisitzerin  des  Zeus,  des 
d.  i.  •O^Eöft/o?,  verehrt  wurde  (vgl.  Paus.  5, 15,  7.  höchsten  Richters:  d^sä  q;rAaxriJt^  xov  dvmxiov, 
Hesych.  Oeq^cc.  Weniger^  Hochfest  3,  Beitr.  z.  40  8ib  xo;i  xa  ziu  iXsysxo  TtccgEdgag  Eustath.  in 
alten  Gesch.  5,  1905,  203).  In  gleichem  Sinne  IL  9,  63,  wie  auch  die  Richter  ihre  Rechts- 
wird auf  späteren  pamphylischen  Münzen  und  Sprüche  von  Zeus  haben:  IL  1,  238  öixcco'TtoXoL, 
auf  lykischen,  pamphylischen  und  pisidischen  ©r  xs  Q-i^LGxag  i-a  ziibg  bigvaxcci\  vgl.  9,  98 
Inschriften  die  Festfeier  mit  dem  Ausdrucke  ( —  wie  SLyccconoXot  auch  ^huiGxoTCÖXoi  Hes. 
Q^i^iig  bezeichnet,  so  %-b[Lig  ncc^tpvXinyc^  C.  I.  G.  fr.  32)  und  16,  385  tf.,  wo  Zeus  böses  Wetter 
3,  4352  ff. ;  auf  Münzen  von  Aspendos  ©siiiSog  sendet,  weil  die  Menschen  GxoXiag  'ngivcoGL 
xo  ß,  Osiiidog  xo  f,  Mionnet,  Pamphylie  n.  12.  18  Q-fiiiGtag  (vgl.  Psalm  11,  6  'er  wird  regnen  lassen 
{Descr.  3,  448),  vgl.  C.  1.  G.  S,  4198  vsuctjGag  —  über  die  Gottlosen  Blitz,  Feuer  und  Schw^efel 
nccyngccxiov  xr]v  xixägx7\v  d^B^iiv;  4274  vsL'K7]Go:g  und  wird  ihnen  ein  Wetter  zum  Lohn  geben'). 
jtäX7]v  dsiiiv  nocidcav  4365;  vgl.  4366.  —  In- 50  So  wird  Th  selbst  schlechthin  z^txatocvvrj  ge- 
dem  Th,  in  all  diesen  Beziehungen  wie  eine  nannt:  Phot.  Suid.  Qi^iLv.  Schol.  IL  20,  4. 
göttliche  Heroldin  wirkt,  würde  ihr  das  Ab-  Pind.  Ol.  13,  11,  oder  z/ixrj:  schol.  Pind.  Ol.  8, 
zeichen  des  Skeptron  gebühren  (vgl.  Eustath.  28,  vgl.  Phot.  d-siiiGxog,  diyiaiog.  Die  Richter- 
II.  18,  497  ^Gxi  yug  xb  G-n^TCxgov  ov  ^ovov  Sprüche  heißen  d-^iiiGxsg,  (z.  B,  IL  1,  238,  16, 
ßccGiXsiag,  ccXXa  -nal  ^s^idog  Gv^ßoXov)  {%'BfiLSog  387.  Hes.  opp.  9,  th.  75)  wie  die  Orakel,  welche 
klein  zu  schreiben);  doch  ist  eine  Abbildung  häufig  als  Bechtsentscheidungen  höherer  Mächte 
der  Th.  mit  demselben  nicht  erhalten.  Auch  aufgefaßt  werden  dürfen  (s.  ob.).  Daher  be- 
steht sie  in  diesem  Sinne  dem  Hermes  nahe;  deutet  &e^iGx£v£iv.,  wie  -KgivEiv,  dtaxgivsLv  &t- 
vgl.  Orph.  in  Mus.  23.  Bemigius  bei  Mythogr.  ^iGxag,  rechtsprechen  (vgl.  Od.  11,  569  von 
Vat.  3,  9,  4  (der  jedoch  Th.  mit  der  an  den  60  Minos  d's}iiGxivovxcc  v^^vgglv  ij^isvor'  ol  di  (.uv 
Himmel  versetzten  Dike  zu  verwechseln  scheint).  diicpl  diyiccg  sl'govxo  avccnxcc)  ebenso  wie  Orakel 
Auf  Erden  liegt  die  Ordnung  der  Massen  geben  {Biod.  5,  67,  s.  ob.).  ^^niGxeg  als 
vor  allem  denen  ob,  die  Homer  als  Hirten  der  Satzungen  höherer  Macht  haben  bleibende 
Völker  bezeichnet.  Sie  haben  das  Regiment  Geltung  und  werden  daher  auch  zu  Gesetzen: 
von  Zeus,  der  bei  Plutarch  comm.  not.  14  p,  Plut.  Homeri  vitu  175  p.  1213:  Q^iiiiGxsg  yag 
1065  selbst  &s(ilGxiog  heißt,  und  sind  Verwalter  xal  &8G110I  ol  vouol.  Hesych.  Q'i^iGxa-  ^vvofia^ 
heiliger  Satzungen,  in  deren  Ausführung  das  vo^i-iicx.  Et.  Gud.  258,  11  Q-iynGxag,  8iY.ag^ 
Regieren  besteht;  vgl.  jyf.s«/cÄ. -O-fjLUffTfvff  a();^ft,  vo^iovg    y.ccl    -agixccg.     Suid.    Q^i[LiGxa'    vo^iov   7} 


603         Themis-Ichnaia  (und  Dike)  Themis  (und  Nemesis)              604 

dinriv.  Vgl.  Etym.  M.  Si^ig  ^45,  21,  ^k^taxtv-  dta  tö  xar'  rjji^og   ribv   avd^gwTCtov    TcoQtvtad-cci,, 

x6v  vo^o&frtxöv.     So  werden  sie   denn    natur-  und    bei    Quintus   Stn.   13,    21)9   wird    sie    als 

gemäß  der  Göttin  Th.  verdankt,  wie  ja  auch  7(avSsQxi]g,  die  allsehende,  bezeichnet.  Über 
ie  Wohlgesetzlichkeit,  Evrofiiccy  deren  Tochter  ihren  Dienst  in  den  beiden  Ichnai  s.  oben, 
heißt,  Diod.  ö,  ü7  fti^iv  dk  uvd^oloyoifaiv  ^av-  In  gleichem  Sinn  ist  Authol.  Pal.  9,  406,  1 
xUag  xctl  ^vai'as  xal  ^sa^iovg  rov?  negl  tmv  der  Beiname  Ichnaia  und  sind  OrjtiÄ. /i.  61,  2.8. 
^iäiv  irptoTijr  flariyrjaaöQ'at  xal  vä  nfgl  rijv  die  nilmlichon  Eigenscli alten  auch  der  Nemesis 
(vvofiiav  xa)  ti*p»Jt'/jv  ccrcoöd^ccad'ai^  d/o  xal  erteilt,  der  spiirenden  Kachegöttin,  die  mehr- 
^fff/toqpiUaxcfj,'  xai  d-saiio^hag  övoiid^fad-ai  rohg  fach  sich  mit  Th.  berührt,  s  Jioßbach  ob.  Bd.  3, 
xä  ntgl  Tovg  d'aovg  oaia  xai  xovg  x<bv  avd'Qm-  10  1,  Sp.  123  f.  130  tF.  Denn  auch  Th.  tritt  als 
n<ov  vöiiovg  Siccq)vXdrzovTag.  Wie ©"^/itcrf g  und  Straferin,  Rächerin  auf,  und  ebenso  Dike. 
&8aitoi  sachlich  wie  sprachlich  (dagegen  .4/*-  Bei  Aischylos  Sept.  437  rivhiv  duoiav  ^i^iv 
rens  2,  26.  Hirzel  22  ff.  32  flf.  341,  3.  320  ff.)  bedeutet  das  Appellativ  gradezu  Strafe,  wie 
verwandt  sind,  so  gleicht  Th.  auch  der  weithin  8i%i].  Vgl.  auch  Hesych.  ^E^LL^hoi'  ^laotiyovxto, 
als  dftf/toqpopoff  (8.  d)  gefeierten  Demeter  (in  vo^o-O^fTttTw  •  Kgi'jTeg.  Auch  wenn  Th.,  wie  wir 
Pheueos  heißt  Demeter  Biöiiia  Paus.  8,  16,  1;  sahen,  beim  Schwur  angerufen  wurde,  setzte 
bei  Orph.  h.  1,  25  ^BaiioSaxBiga).  Doch  ist  zu  man  ihre  Eigenschaft  als  strafende  HiUherin 
beachten,  daß  die  ^ta^ol  der  Demeter  nur  voraus,  so  z,  B.  Soph.  El.  1064,  wo  der  Chor 
Anordnungen  innerhalb  des  ihr  eigentümlichen  beim  Blitze  des  Zeus  und  der  himmlischen  Th. 
besonderen  Kreises  sind;  s.  Preller,  Demeter  u.  so  die  bevorstehende  Strafe  verkündet.  Vgl.  den, 
Pers.  335  ff.  852.  zwar  an  verkehrter  Stelle  stehenden,  aber  doch 
Aus  den  vorstehenden  Erörterungen  geht  wohl  alten  Vers  bei  Ovid  M.  7,  762  ulma 
hervor,  wie  nahe  die  Begriffe  des  göttlichen  Themis  non  talia  linquit  inulta.  Fand  uner- 
und  menschlichen  Rechtes,  ^^^iig  und  dixri,  hörtcr  Frevel  auf  Erden  endlich  seine  verdiente 
und  demgemäß  auch  der  gleich  benannten  Strafe,  so  ahnte  man  ein  göttliches  Walten 
Gottheiten  an  einander  herantraten,  und  so  und  erkannte  darin  Th.,  die  das  aus  dem 
durften  wir  füglich  einigemal  für  Th,  in  Gleichen  gerückte  Recht  wieder  richtig  stellt. 
Anspruch  nehmen,  was  für  Dike  bezeugt  war,  So  erklärt  sich  das  Schwert  unter  ihren  ge- 
da  beide  Begriffe  gelegentlich  auch  ineinander-  heimen  Symbolen  bei  Clem.  AI.  protr.  19  P. ; 
fließen  und  namentlich  bei  Späteren  nicht  30  sie  führt  es,  wie  Dike  {Aesch.  Choeph.  639)  und 
immer  unterschieden  werden.  Indes  ist  ein  Erinys  (Lycophr.  15.;;  s.  Rapp  ob.  Bd.  1,  Sp. 
Unterschied,  wie  sprachlich,  so  auch  sachlich  1335).  Bei  iJion.  Hai.*!,  75  wird  Th.  mit  Dike, 
vorhanden  (vgl.  Od.  9,  215  ovxs  8i%ug  sv  sl-  Nemesis  und  den  Erinyen  zusammen  genannt. 
doxa  ovre  d^i^iiaxceg.  Ptnd.  fr.  4,  6  oi)  d-ifiiv  Frevelstrafend  nahm  sie  auch  am  Giganten- 
ovdk  öixav  ^slvcov  VTtsgßcävovxag;  vgl.  Jus  kämpfe  teil,  s.  ob.  Sp.  576.  Wenn  nach  Schol. 
Fasque  L  v.  8,  5),  und  so  bezeichaet  es  auch  vct.  Pind.  Ol.  1,  37  Tantalos  seinen  Sohn  Pe- 
die  mythische  Überlieferung,  wenn  sie  Dike  lops  den  Göttern  zum  Schmause  vorsetzt  und 
zu  einer  Tochter  der  Th.  macht,  als  ein  Aus-  außer  Demeter  nach  einigen  auch  Themis 
flnß  derselben  (bei  Bakchylides  29  Bergk  P.  {xLvhg  öh  xijv  Se^iv  statt  @ixi8a  zu  lesen,  s. 
L.  G.*  3,  580  heißt  sie  ihre  Folgerin  jUav  4o  Drachmann)  von  dem  Fleisch  aß,  so  bedeutete 
baiav  ayvag  Evvo^iccg  &-k6Xov9'ov  xai  TTivvxag  das  eine  Verschärfung  des  zum  Himmel  schrei- 
Sinidog  (s,  ob.),  die  Vertreterin  menschlichen  enden  Frevels,  der  die  Göttin  des  Rechts  zur 
Rechts  und  der  Gerechtigkeit  auf  Erden.  Denn  Mitschuldigen  machte  und  um  so  schwerere 
Th.  ist  weit  früher  Göttin  gewesen  und  auch  Rache  herausforderte.  Im  Hymnos  8,  4  wird 
weit  mehr  zu  persönlichem  Wesen  geworden,  derselbe  Ares,  von  dem  es  B.  5,  761  heißt, 
als  Dike,  welche  als  Göttin  bei  Homer  eben-  daß  er  keine  %iiLig  kenne,  mit  gutem  Fug  als 
sowenig  vorkommt,  wie  Nemesis,  und  von  der  Gvvagoayog  O^iiLGtog  angerufen;  als  Vollstrecker 
auch  keine  Personennamen  gebildet  sind.  Des  der  Strafe  nämlich  heißt  er  so,  der  Rechts- 
weiteren vgl.  über  Dike  v.  Sybel  oben  Bd.  1,  göttin  Beistand,  in  ähnlichem  Sinne,  in  wel- 
Sp.  1018  flf.  und  Waser  bei  Pauly-Wissoiva  5,  50  chem  er  auch  als  Vollstrecker  der  Blutrache 
1,  574  flf.  Lehrs  96,  105  f.  Hirzel  157  ff.  166  f.  galt  (s.  Stoll  ob.  Bd.  1,  Sp.  484).  Somit  tritt  Th. 
209  f.  125.  44,  3.  354  f.  —  Aus  dem  Wesen  an  Bedeutung  wiederum  der  Nemesis  an  die 
der  Th.  als  des  göttlichen  Rechts  und  der  Seite;  vgl.  Hesych.  ^yccd-j]  xv^r]-  17  Nifisatg  xat 
Satzungen  setzenden  Göttin  fließt  ihre  feind-  ij  Q^^ig.  In  Rhamnus,  sahen  wir  (ob.  Sp.  691  f.), 
liehe  Stellung  zu  allem,  was  ihrem  Wirken  wurde  Th.  mit  Nemesis  verehrt,  beide  als 
und  Walten  entgegenläuft,  nämlich  Unrecht  Vertreterinnen  von  Recht  und  Gesetz  nach  den 
und  Übeltat,  besonders  Hybris.  Lehrreich  hier-  beiden  Seiten  des  Erlaubten  und  Verbotenen. 
für  ist  das  Chorlied  bei  Sophokles  O.  B.  863,  Denn  wie  d-^iiig  (sc.  iaxlv)  die  Bedeutung  hat 
wo  die  erste  Strophe,  ohne  sie  zu  nennen,  die  'es  ist  erlaubt',  fas  est,  so  bedeutet  viy.E6ig 
Th.  verherrlicht,  die  Gegenstrophe  aber  von  60  (sc.  ißxlv)  nefas  est,  z.  B.  Soph.  0  C.  1753;  vgl. 
der  Hybris  handelt.  Vgl.  Ätf.s.  opp.  214  flf.  240flf.  ^tsgxl  veiitaig  El.  1  AßT.  In  entsprechender 
Hierher  gehört  die  Auffassung  der  Th.  als  Weise  wurde  oben  die  Gegenüberstellung  der 
Ichn&ia.  {Hymn.  Ap.M.  Strab.d,4Sb),  die  das  Demeter  Erinys  und  der  Demeter  Lusia,  die 
Böse  aufspürt  und  mit  scharfem  Auge  erspäht.  einige  für  Th.  hielten,  erklärt,  und  den  glei- 
Lykophron  129  nennt  darum  Ichnaia  Tochter  cheu  Sinn  hat  es,  wenn  in  Troizen  ein  Altar 
des  Helios,  wozu  der  Scholiast  hinzufügt  -öv-  den  Themiden  geweiht  war,  zweien  nämlich, 
YdxT]g  08  xov'HXiov  ©ifiig  öiöxL  y.al  ccvxbg  Ttdvxa  deren  eine  die  Bedeutung  einer  Nemesis  ge- 
^Topa   xai  ndvxcc    iTca-Kovii.,   o%^bv  -auI  'l^vceicc,  habt  haben  wird,  wie  von  den  zwei  Nemeseia 


605     Themis  (Soteira;  neuorc  Literatur)  Themisio                         i\0i5 

in  Smyrua  eine  die  der  Th.,  s.  Paus.  7,  ö,  1.  mdUHsproffr.  1.^46.  —  Ausführlich  L.  Ähren«, 
Vgl.  Pind.  Ol.  10,  21),  wo  die  Qi^iittg  Jibs  die  döttin  TfumLs  I.  II.  Progr.  Hannover  1H62. 
^'anz  wohl  persönlich  «gefaßt  werden  können,  18G4.  —  K.  Lohrw,  Themis,  in  d.  Populären 
die  liechts^öttinnon  in  der  üblichen  Zwei/ahl,  Aufsätzen"  IHTo,  1)3  —  108.  —  L.  Stephani, 
ihrer  Bedeutung  als  Hnterinn«!n  der  A«^:one  (;omptc  rendu  de  la  eomm.  Imp.,  S.  Petersburg 
unbeschadet.  —  Dem-  'Verboten'  und  'Er-  18(>2,  44  ff*.  —  Lei  st,  (iraeco-ital.  Jicchlsgesch. 
laubt'  entspricht  als  KrtrebniH  des  Hechts-  1884,  S.  20otf.  —  Preller-Kobert,  (iriech. 
verf'aiirons  'Verurteilt'  und  'Freigesprochen'.  3/?/<//oZ.^  1894,  475ff'. —  (>.  (Iruppe,  Gr  Myth. 
Beides  geschieht  unter  dem  Einwirken  der  n  h'el.  Gesch.  190<),  2,  1080,  H  u.  sonst,  vgl. 
Th.,  deren  strafendem  Walten  das  freundlich  lo  Register.  —  K.  Hirzel,  Th.,  Diheu.  Verwandtes^ 
schützende  gegenübersteht,  wie  dem  Fhiche  L.  190H;  dazu  die  Besprechungen  von  Thal- 
der  Segen.  In  diesem  Sinne  ist  sie  Retterin  heim,  Jierl.  Phil.  W.-S.  28,  49ff.,  Kroll,  i\'. 
und  Erhalterin,  llontiQK,  aber  auch  überhaupt  Jahrb. 21,  öSlf.,  Swoboda,  N.  Philol.  Hund- 
in dem  höheren,  „daß  Gerechtigkeit  zum  Le-  schau  l8,  414  f.,  Rabel,  D.  Lit.  Z.  29,  2933  f., 
beu  führt",  d.  h.  Wohlbefinden  und  Frieden  Thumser,  Lit.  Zentralbl.  59,  1109.  —  Das 
erzeugt:  Eirene  ist  eine  Tochter  der  Th.  Sehr  Werk  von  J.  p].  Harri son,  Themis,  a  study  of 
schön  führt  diesen  Gedanken  Hesiod  aus  {opp.  the  social  origins  of  greek  religions,  Cambridge 
226  ff.),  und  in  ähnlicher  Weise  drückt  es  die  1912,  enthält  10  Abhandlungen  über  gottes- 
Sage  aus,  wenn  sie  Zeus  Soter  mit  Praxidike,  dienstliche  Stoffe  anderer  Art;  dann  folgt 
einer  gleich  Th.  gerecht  waltenden  Schicksals-  20  Themis  p.  480  —  535.  Vgl.  die  Besprechung  von 
göttin,  Zeus,  den  Ktesios,  d.  i.  den  Reichtum-  Gruppe,  Perl.  Philol.  W. -Sehr.  33,  1913,  429f. 
Spender,   erzeugen  läßt  {Suid.  Ufja^idlyiri;   vgl.  —  Vgl.  auch  die  Artikel  Dike,  Nemesis,  Pra^i- 

0.  Müller,  Aesch.  Eum.  ISS,  s.  ob.  3,  2,  2319  ff.).  dike,  Ihemista,  Themisio.     [L.  Weniger.] 

Um  Th.  als  Soteira  zu  verstehen,  vergleiche  man  Themiskyra  (f}8^ii6xvQa),  Amazone,  Eponyme 

auch  die  Pflege  von  Götterkindern  durch  Th.  und  der  Stadt  am  Thermodon  Appian.  Mithrid.  78. 

ihrWalten  als  Schützerin  der  Mitleidbedürftigen,  Evstath.  ad  II.  2,  814.     [Klügmann.] 

der  Bittflehenden  zumal  und  der  Fremden.    So  Tliemissos   (Se^iaoos),   Sohn   des  Dadas   (s. 

war    es   Th.   Soteira,    die   in   Aigina    als  Bei-  d.  und  P.  Kretsclimer,  Einleitung  in  die  Gesch. 

sitzerin  des  Zeus  Xenios  verehrt  wurde  {Pind.  der  griech.  Sprache  337)  in  Karien,  wurde  von 

01.  8,  21),  wie  auch  Pind.  fr.  6  Th.  Gemahlin  so  Wölfen  zerrissen,  worauf  Dadas  eine  Stadt 
des  Zeus  Soter  heißt.  Sie  ist  unter  den  dsol  gründete,  die  er  nach  seinem  Sohne  Themissos 
ccotfjQEg  in  Didymoi  genannt,  denen  Seleukos  benannte,  Steph.  Byz.  s.  v.  Qs^iGöög.  [Höfer.] 
Weihgeschenke  sandte  (s.  ob.  Sp.  596 f).  Daher  Themista?  {(Rs^laTa?),  auf  einer  Inschrift 
wohl  auch  stand  ihr  Heiligtum  zu  Epidauros  aus  Phalanna  findet  sich  die  Widmung  'Ogs- 
im  Haine  des  Heilsgottes  Asklepios  und  befand  6Tdda6ved-8K8Tä&siiiGora[i,-wozuLoUing,  Athen. 
sich  au(  h  in  Athen  ihr  Tempel  nahe  dem  3Iitt.  7,  223  bemerkt  'das  letzte  Wort  weist. 
Asklepieion.  Und  so  scheint  Th*.  als  Soteira  auf  f)siiiaaxa.  als  Nebenform  von  Qsiiig  (s.  d.) 
auch  eine  beliebte  Stadtgottheit  gewesen  zusein,  hin,  denn  an  eine  obskure  Ortsnymphe  ©siiiara 
der  eine  segenwirkende  Kraft  zugetraut  wurde  wird  gewiß  nicht  gedacht  werden  können' ;  vgl. 

—  iustitia  fundamentum  rei  publicae  —  und  40  auch  Fick-Collitz  1,  370.  —  Lolling,  Athen. 
deren  Heiligtümer  durch  ihr  bloßes  Vorhanden-  Mitt.  8,  101,  Anm.  bemerkt,  daß  er  nach  noch- 
sein eine  Mahnung  an  die  Gewissen  richteten.  maliger  Vergleichung  jetzt  ©iinaati  lese,  wie 
Der  Th.  Geltung  in  Theben,  Tanagra  und  teil-  auch  Solmsen,  Eh.  Mus.  58  (1903),  604  schreibt 
weis  auch  in  Athen  wird  sich  so  auffassen  und  mit  ihm  Kern,  I.  G.  9,  2,  1236.  [Höfer.] 
lassen,  wie  ja  auch  in  Athen  Athena,  die  Theiiiistaurora  {ßs^iGtayoga),  eine  der  Da- 
Stadtgöttin,  als  Th.  sich  priesterlichen  Dienstes  naiden,  tötet  den  Aigyptiaden  Podasimos, 
erfreute;  vgl.  ob.  Sp,  595  und  bei  Plut.  praec.  Hygin.  f.  170.     [Höfer.] 

reip.  ger.  5  p.  802,  wo  Athena  Polias  und  Th.  Theniiste  {@niiaxr]),  1)  Tochter  des  Ilos  (s.  d 

Bulaia  nebeneinander  genannt  sind.     Als  ret-  nr.  2,  wo  Themiste   nicht  erwähnt  wird),    Ge- 

tender  Helferin   gebühren    ihr   Beiworte,    wie  50  mahlin  des  Kapys  (s.  d.)  und  von  diesem  Mut- 

XiitdQri  Hes.  th.  901;  vgl.  ahna,  Ovid.  M.  7,  76.i;  ter  des  Anchises,   Apollod.  3,  12,2  (3,  141  W.). 

Tcaai^hovacc    Nonn.  D.  31,    94.     In    gleichem  Die  friiheren  Ausgaben  lasen  statt  des  hand- 

Sinn  erscheint  sie  dann  auch  der  Agathe  Tyche  schriftlichen  ^s^lo',  was  auf  Qsfiiörris  hinweist 

verwandt,  die  neben  ihr  unter  den  vier  Retter-  (s.  Wagner  z.  d.  St.)_,  Gefiidos.  —  2)  s.  Themisto 

gottheiten  von  Didymoi  genannt  ist.    Vgl.  auch  nr.  7.     [Höfer  ] 

Hesych.   ccyccd-rj   tv^tj-  t)   Ni^sGig  xorl  17  G^iug.  Theinistios  {GspLiörios),    Beiname   des   Zeus 

Bekker  An.  p.  209.  {Gerhard,  Agathodatmon  u.  als  des  Hüters  der  Rechtssatzungen  (-ö-f/xitrTS?), 

Bona  Bea,  Abh.  Berl.  Ak.  1847,  485,  36).  Plut.  de  commun.  not.  14  p.  1065  E.     [Höfer.] 

Literatur.     St.  Pighii,  Themis  dea  s.  de  Themisto  (0f|xtöra)),  1)  Tochter  des  Hypseus 

lege  divina,    Antw.    1568,   bei    Gronov.   Th.   9  60  —  'Tipri'tg  xovgri.,  Nonn.  Dionys.  9,314  — ,  Ge- 

p.  1139  ff.  —  Jo.  Fr.  Hombergk   zu  Vach,  mahlin    des  Athamas.    Als    ihre    Mutter    wird 

Themis  s.  de  ortu  legis  aeternae  sec.  sententiam  wohl  die  als  Gemahlin  des  Hypseus  und  Mutter 

Graecorum ,    Marburg    1725.    —  Bouterwek,  der  Kyrene  und  der  Alkaia  genannte  Chlida- 

de  iustitia  fabulosa  ad   rationem  tragoediarum  nope    anzusehen   sein ,   Pherekydes    (vgl.  Bd.  2, 

Gr.  philosophiam    atque    polilicam    pertincnte,  Sp.  1718,  56  ff.   L.  Malten,  Kyrene  [Philol.  Un- 

comm.  Soc    Reg.  Gott,  recent.  1811—13  vol.  IE.  tersuch.  20]  S.  8)  im  Schol.  Pind.  Pyth.  9,  31. 

—  Scheiffele,  in  Pauly's  R.  J*,'.  6,  2,  1788.  Bei  Hygin.  f.  4:  Athamas  . .  .  duxit  fNymphae 

—  E.  Gerhard,  d.  Orakel  d.  Th.,  Berl.  Winckel-  filiam  Themistonem  uxorem  hat  man  Nymphae 


607                         Themisto  Themisto                         608 

entweder  in  Hypsei   geändert  oder  angenom-  Sp.  2779,  64  t.  s.  v.  Porphyrien)  kannte.    Hierauf 

men,  daß  der  Name  der  Nymphe  ausgefallen  weist  das   Fragment  einer   Inschrift  aus  Ery- 

aei.  Aus  Schol.  G  Ov.  /Ws297:  *  Themisto  tixor  '  thrai,  die  Opferbebtimmungen  für  eine  Anzahl 

Athatnantis  fChoniaf  filia  BroUam  maritum  von  Göttern  und  für  Athamas  enthält:  M«ya]- 

8e  (ense'f)  infestantem  veneno  inteifeciV  glaubte       lot?    Ssolt  I^ixy  'Ofio»[ om xotra,  rgirrj 

Elhs  auf  Chione  als  den  Namen  ihrer  Mutter  kd-d^ctv[Ti,  J.  Keil,  Jahreshcfte  ile«  oesterr.  arcft. 

schließen  zu  können;  doch  ist  diese  Vermutung  Inst.  13  (1910),  lieihlott  Bö,  II,,.  Die  Vermutung 

jtehr  unsicher,  da  nach  ihr  Themisto  zwei  Gat-  liegt  nahe,  daß  Athamas  dii-sts  Opfer  erhalt, 

ten  gehabt  hätte,  den  Athamas  und  den  Bro-  weil   die  Bewohner  von  Erythrai   ihn  als  den 

4eM.     Außerdem    haben    Schoh  C    und    Ask.:  lo  Vater  ihres  Eponymos  betrachteten,  vgl.  Keil 

Themisto,  Echimüs  filia,  Brotheam,  levis  filium  a.  a.  0.  40. 

(yg\.  ApoUod.  2^2)  maritum  suum  insequentetn  Nach   Pape- Benseier  s.  v.  Kij^viilna  nr.  2 

ifUerfecit.     Nach    der    gewöhnlichen    Sage    ist  und  StoU  in  Boschers  Mythol.  Lex.  s.  v.  Eury- 

Themisto    die    dritte    Gemahlin    des    Hypseus  kleia  nr.  3  (vgl.  auch  Seeliger  bei  Boscher  a. 

(Nephele —  Ino  —  Themisto),  dem  sie  den  Leu-  a.  0.  s.  v.  Athamas  Sp.  671,14flf.)  soll  Eury kleia, 

kon,  Erythrios  (Erythros;  vgl.  auch  Schol.  D  die  Gemahlin  des  Melas  (s.  d.  nr.  6)  eine  Toch- 

Hom.  II.  2,  499),  Schoineus  und  Ptoos  (Ptoios)  ter  des  Athamas  und  der  Themisto  sein.    Ale 

gebiert»  Apollod.l^d^i^.   Tzetz.  zu  Lykophr.  22  Quelle  wird  Menekrates  (vgl.  über  diesen   an- 

p.  28,2  Seh.  (wo  für  ^pvdptog:  "Eqv^qos  und  geblichen  Histoiiker  Crusius  in  Jahrb.  f.  kla^s. 

für  IIx&ov  des  ApoUodor  Tittova  steht).  Nonn.  20  Phil.  135  [1887],  244)  bei  Zon.  4,38  angegeben: 

9,  S14if.  (wo  für  ^pvdpto?:  noQtpvgiav  [b.  nnt.]  doch   muß   es    erstens   statt  Zon(uras)   heißen 

genannt  wird,  der  der  Zwillingsbruder  des  Ptoos  Zcn(ohios)  und  zweitens  wird  an  der  angeführ- 

ist).    Den  Ptoos  allein  nennt  als  Sohn  der  The-  ten  Stelle  Eurykleia  als  Tochter  des  Athamas 

misto  von  Athamas  Äsios  von  Sanios  bei  Paus.  und  der  Ino,  aber  nicht  der  Themisto,  bezeich- 

9,23,6.    Über  Ptoos  als  Sohn  der  Zeuxippe  s.  net;  vgl.  Cmsius  a.  a.  0.  244  Anm.  6. 

d.  Art.  Ptoos.    Wenn  Herodor  im  Schol.  Apoll.  Der  Themisto  Eifersucht  auf  Ino  macht  sie 

Bhod.  2,1144,   der  nach  r.  Wilamowitz,  Her-  zur  Kindesmörderin,  ein  in  boiotischen  Sagen 

mes  26  (1891),  204  Anm.  1  Quelle  für  ApoUodor  öfter  begegnendes  Motiv  (v.  Wilamowitz,  Euri- 

sein  soll,  außer  Schoineus,  Erythrios,  Leukon  pidcs  Herakles^  86),  und  bringt  dadurch  Ver- 

und  Pt<x)8  noch  Phrixos  und  Helle  als  Kinder  so  derben  über  das  Haus  des  Athamas,  Athen.  13, 

und   zwar   als  die  jüngsten  des  Athamas  und  560c.  Anonym.  heiWestermann,  Mythogr.'A^b.,b 

der  Themisto  nennt,  die  vor  den  Nachstellungen  ==  Paradoxogr.  218,17;  vgl.  Oppian  Cyneg.  3, 

der  Ino  flüchten,  so  hat  er  Themisto  als  erste  248.    Bei  Hygin.  /".  1,  wo  (s.  oben)  Themisto 

Gattin  des  Athamas  angesehen.   Als  zweite  hat  die  zweite,  ino  die  dritte  Gattin  des  Athamas 

sie   dem  Pherekydes  gegolten,   der   im   Schol.  ist,  also  Themisto  von  diesem  wohl  verstoßen 

Piwd.PytÄ.  4,388  sie  als  Stiefmutter  des  Phrixos  ist,  beschließt  Th.  die  Kinder  der  Ino,  ^quod 

bezeichnet  hat.    Auch  bei  Hygin.  f.  1  ist  sie  se  Ino  coniugio  privasset^  zu  töten,  schleicht 

die   zweite   Gattin   des  Hypseus.    Als  weitere  sich   heimlich  in  den  Palast,   um   die  Kinder 

Kinder  des  Athamas  und  der  Themisto  nennt  ihrer  Nebenbuhlerin  zu  morden,  tötet  aber  '« 

Hygin.  f.  1  p.  38  Schm.  und  f.  239  p.  134  den  40  nutrice  decepta,  quod  eis  vestem  perperam  inie- 

Orchomenos  und  den  Sphingios  (s.  d.),  die  wie  ceraf  ihre  eigenen  (vgl.  Hygin.  f.  239),    Nach- 

ihre  Brüder  boiotische  Eponymen  sind:   Ptoos  dem   sie   ihren  Irrtum  erkannt  (vgl.  Avitus  in 

Eponymos  des  Ptoon,  Schoineus  Eponymos  von  Anth.  Lat.  1,  73,  p.  91  Biese  [1869].  Bohde,  Der 

Schoinus,  Erythrios  von  Erythrai  am  Kithairon  griech.  Boman  153'  Anm.  2),  tötet  sie  sich  selbst; 

(vgl.  aber  auch  unten  Sp.  608,  Z.  66  f.),  Orchome-  vgl.  Hygin.  f.  253.  Etwas  ausfürlicher  und  auch 

no8  von  Orchomenos,  Sphingios  gehört  zum  <^i-  etwas  abweichend  ist  die  Erzählung  bei  Hygin. 

xiov  ÖQog^  Leukon  begegnet  unter  den  sieben  f.  4,  die  nach  der  Überschrift  ^Ino  Euripidis\ 

Archegeten  von  Plataiai  und  hängt  wohl  mit  ^fv-  die  freilich  nach  Bursian,  Jahrb.  f.  klass.  Phil. 

Ticavis,  dem  alten  Namen  des  Kopaissees  zusam-  93  (1866),  776  (vgl.  Schmidt  zu  Hygin.  a.  a.  0. 

men,  vgl.  v.  Wilamowitz  a.  a.  0.  —  Leukon,  der  so  p.  40.    Nauck,  F.  T.  (?.'  p.  482)    Zusatz    eines 

auch  bei  Paus.  6,21,11  als  Sohn  des  Athamas  späteren  Bearbeiters  sein  soll,  den  Inhalt  der 

genannt  wird,  scheint  manchen  als  Sohn  des  Ino  des  Euripides  wiedergibt,  WeJcker,  Griech. 

Poseidon  und  der  Themisto  gegolten  zu  haben.  Trag.  615 ff.    J.  A.  Härtung,  Euripides  Bestitu- 

da   wahrscheinlich  bei  Hygin.  f.  157    in    dem  tus  l,ibS&.  Er.  Müller,  De  Graecovum  deorum 

Verzeichnis  der  'Neptuni  filii'  statt  Leuconoe  partibus  iragicis  {Beligionsgesch.  Versuche  und 

ex  Themisto,  Hypsei  filia  zu  lesen  sein  wird  Vorarbeiten  8,  III)  p.  108 ff.:   Athamas  hat  im 

Leucon  ex  Themisto  etc.    So  ist  Ptoos  (s.  oben)  Glauben,  daß  seine  zweite  Gattin  Ino  gestorben 

der  Sohn  des  Apollon  und  der  Zeuxippe,  Ery-  sei,  die  Th.  geheiratet;  als  er  aber  erfahrt,  dafr 

thros  Sohn   des   Poseidon  und   der  Amphime-  Ino  als  Bakchantin  auf  dem  Parnaß  schwärme 

dusa  {Schol.  D  Hom.  IL  2,499).  60  (nach   Nonn.  Dionys.  war  sie,   weil   ihr   Hera 

Es  ist  wohl  nicht  zweifelhaft,  daß  der  von  wegen  des  Dionysos  zürnte,  dorthin  geflohen). 

Nonnos  genannte  UogcpvQicav  mit  dem  in  an-  läßt  er  sie   heimlich  wieder  holen.    Wohl  er- 

deren  Quellen  ^EgvO^gios  usw.  genannten  Sohn  fährt  Th.,  daß  Ino  wieder  gefunden  sei,  weiß 

identisch  ist;  denn  igvO-Qoe^Bt  =  TtogtpvQovg.  Es  aber  nicht,  daß  unter  der  angeblichen  Sklavin, 

muß  auch  eine  Sage  gegeben  haben,  die  letz-  die  im  Hause  des  Athamas  weilt,  sich  Ino  birgt, 

teren    als    Eponymos    des    ionischen    Erythrai  Voll  Eifersucht  auf  ihre  Nebenbuhlerin  plant 

(vgl.  Erythra,  die  Tochter  des  Porphyrion  als  Th.   die    Ermordung    von    deren    Söhnen    und 

Eponyme  dieser  Stadt,  Boschers  Myth.  Lex.  3,  weiht  die  vermeintliche  Sklavin  in  ihren  Plan 


^09                        Themisto  Theobule                        610 

ein:  sie  befiehlt  dieser,  ihren  eigenen  Kindern  Berlin  2ö81),  S.  731;   abg.  Gerhard,  Trinkscha- 

weiße,  denen  der  Ino  schwarze  Kleider  anzu-  len  und  Gefäße  Tat".  27.    Furt icün gier- ReichoUl, 

ziehen.    Ino  vertauscht   die  Gewllnder  {Jiöldev,  Gr.  Kunstmalerci   125    [vgl.  Ilauser  ebenda  3, 

Die  llngläckszahl  13  [Mythol.  Bibliothek  5,  2]  2Hff.],  nach  Charlotte  Fränkel,  Satyr-  und  Bak- 

S.  24,  1),  Th.  trirtt  die  eigenen  Kinder  und  sühnt  chenriawen  auf  Vasenhildern  109  (vgl.  96  f.  nr.  x) 

ihre  Schuld  durch  freiwilligen  Tod.  einti  sterbliche  Dienerin  des  Dionysos.    Zur  In- 

Themisto,   die  mit  ihrem  Gatten  Athamas  schritt  vgl.  P.  Kretschmer,   Die  yriech.  Vasen- 

von   Boiotien  nach   Thessalien   gekommen   ist,  Inschriften  176. 

heißt  nach  der  im  thessalischen  Ichnai  ver-  7)  Im  'Aycov  'Outjqov  xal  'Haiödov  (Bioyru- 
ehrten  'Ixvcclr]  ©^^tg,  Gruppe,  Gr.  Myth.  566  lO  phi  ed.  Westermatni  34,24  =  Hesiod  ed.  Bzach 
Anm.  1,  587,  oder  ist  wohl  gar  mit  ihr  iden-  [Leipzig  1902]  S.  436,2)  heißt  es  bei  der  Auf- 
tisch (Themis  Kurzform  zu  Themisto),  Preller-  Zählung  der  verschiedenen  Mütter  Homers:  oi 
Robert,  Gr.  Myth.  l"*,  477  Anm.  1,  ihr  Vater  de  Ge^iarriv,  ^wofür  Barnes:  ©«fitarto,  K.  Maaß, 
Hypseus  ist  vielleicht  ursprünglich  der  Zeus  Oesterr.  Jahreshefte  11  {I90ii),  24  und  Anm.  66: 
'Ü^iffTos  oder  ''TTiarog,  Studniczka,  Kyretie  143.  0^fttv  vermutet.  Doch  wird  m.  E.  die  Lesart 
146 f.  151.  E.  Maaß,  Gott.  Gel.  Anz.  1890,  344.  GsfiiöTdi  geschützt  durch  Paus.  10,24,3:  Kv- 
349  (vgl.  Arch.  Jahrb.  21  [1906],  104).  Lud.  ngioi .  .  .  oIxslovvxccl  ^'0^r]Qov,  Otiiiaru)  ts  wbtm 
Malten,  Kyrene  {Philol.  Untersuchungen  20)  74  fir]t^Qa  slvai  xmv  rivcc  inixoiQiuiv  yvvaiTicbp  Xi- 
Anm.  1;  vgl.  W.  H.  Röscher,  Die  Zahl  50  im  yovai,,  und  weiter  führt  Pausanias  Verse  des 
Mythus  etc.  der  Hellenen  19.  Nach  Studniczka  20  alten  ky prischen  Wahrsagers  Euklos  an,  in 
a.  a.  0.  150 f.  ist  die  gleichnamige  Mutter  des  denen  gleichfalls  Themisto  als  Mutter  Homers 
Arkas  (s.  unten  nr.  2)  trotz  des  verschiedenen  genannt  wird.     [Höfer.J 

Vaternamens   ursprünglich   mit   der   Hypseus-  Themistouoe  (©e/itörovorj),  Tochter  des  Keyx 

tochter   identisch.    Eine  physikalische,   wenig  (s.  d),  Gemahlin  des  Aressohnes  Kyknos,  Hes. 

wahrscheinliche    Deutung    der    Themisto    und  Scut.  366.    Ihr  Name  knüpft  wahrscheinlich  ur- 

ihres    Vaters    Hypseus    schlägt    Forchhammer,  sprünglich,  wie    der   der  Themisto    (s.  d.)   an 

Hellenika  1,  290  (vgl.  284)  vor.  den  Kultus  der  Themis  an,  Gruppe,  Gr.  Myth. 

2)  Tochter  des   Inachos,   von   Zeus  Mutter  587,3.     [Höfer.] 

des    Arkas,     Rufinus   Becognit.  10,  21.    Istros  Theo   (0feb),    Name    einer   Jungfrau,    neben 

(frgm.  57)  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  'AgHaöicc  (p.  120,  30  ihren  Gefährtinnen  fsavco,  kßrtQÖTiri, ' iTtnoXvTi^, 

12).    Fust.  ad  Hom.  II  300,  29.  30.  ad  Dionys.  "AXv.riöxig  (der  Name  der  sechsten  Jungfrau  ist 

Per.  414.  v.  Wilamowitz,  Hermes  19  (1884),  447  unleserlich)  dargestellt  auf  einem  nach  L.  Pol- 

Anm.  2;  vgl.  F.  Maaß,  Arch.  Jahrb.  21  (19(j6),  lak,  Arch.-Epigr.  Mitt.  aus  Oest.  18  (1895),  21 

104.    Reinh.  Franz,  De  Callistus  fabula  {Leip-  nr.  21  dem  Xenotimos  zuzuweisenden  Onos  aus 

ziger  Studien  12  [IS^O],  ü)  ^.S4:6  f.    Vgl.  The-  Eretria,    Ji^Xt.   ccqx-   8    (1892),     78  f.    Hartwig, 

misto  nr.  1  a.  E.  'Ecpriii.  ccqx-  1897,    134  f.  und  Tafel  10,1.    Col- 

3)  eine  der  Nereiden,  Hesiod  Theog.  261.  lignon  und  Couve,  Catal.  des  vases  peints  du 
Schoemann,  Opusc.  academ.  2,  111.  Pott,  Zeit-  musee  national  d'Athenes  (1902)  ni.lbSS  S.  ^06  f. 
sehr,  für  Völkerpsychologie  und  Sprachu-issen-  C.  Robert,  Die  Knöchel  Spieler  innen  des  Alexa^i- 
schaft  14  (1883),  163.  Gruppe,  Gr.  Myth.  418,  40  dros  (21.  Hallisches  Winckelmannsprogr.)  S.  20 
7.  9.    Röscher  a.  a.  0.;    vgl.   oben  Bd.  3,  Sp.  Anm.  47.     [Höfer.] 

214,  44.  Theoboon  (@£oß6(ov\  in  der  rationalistischen 

4)  Tochter  des  Zabios,  des  Königs  der  Hy-  Umbildung  der  Autiopesage  Sohn  des  von  Zeus 
perboreer,  von  Apollon  Mutter  des  Galeos  (s.  d.)  stammenden  Bronton  (Bqcctcov  Cedren.,  der  auch 
oder  Galeotes  und  des  Telmissos  (s.  d  ),  Steph.  statt  Theoboon  die  Form  QedßoLog  [Gsoßoog, 
Byz.  s.v.  FaX^MTaL.  Gruppe,  Gr.  Myth.  12M,  2  \  Malalas]  bietet),  Bruder  des  Nykteus,  Ver- 
vgl.  oben  Bd.  1,  Sp.  2821,  43ff.  wandter  der  Dirke.  Er  schwängert  die  Antiope. 

5)  Angebliche  Herapriesterin  in  Argos  zur  und  die  von  dieser  geborenen  Zwillinge,  Am- 
Zeit,  da  die  Magneten,  die  aus  Thessalien  nach  phion  und  Zethos,  benennen  die  von  ihnen 
Kreta  ausgezogen  waren,  nach  einem  Aufent-  50  gegründete  Stadt  zur  Erinnerung  an  ihren  Va- 
halt  von  80  (=  2  X  40)  Jahren  infolge  des  ihnen  ter  OfjßccL,  loh.  Antioch.  im  Schol.  Tzetz.  ad 
von  Apollon  vorhergekündeten  Zeichens,  des  Exeges.  i/om.  JZ.  p.  132,  25  iF.  145,21.  Tzetz. 
Erscheinens  weißer  ßaben,  nach  Delphi  um  Chiliad.  1,  319  if.  Kephalion  {F.  H.  G.  3,628 
weiteren  Bescheid  schickten,  0.  Kern,  Die  In-  Frgm  6)  bei  Malalas  ed.  Bonn.  1,45  f.  49. 
Schriften  von  Magnesia  am  Maeander  17,^,  S.  14.  Cedrenus  1,  44,  1  tf.  Vgl.  Suid.  a.  v.  kvtiönr},  wo 
Derselbe,  Die  Gründuugsgeschichte  von  Magnesia  Theoboon  nicht  genannt,  sondern  als  ^ri?  rcor 
a.  M.  10  f.  V.  Wilamoivitz,  Hermes  30  (1895),  itoXirmv''  bezeichnet  wird;  vgl.  E.  Bethe,  The- 
190;  vgl.  Ed.  Meyer,  Berliner  Philol.  Wochen.  banische  Heldenlieder  2  Aujn.  2.  Ernst  Graf ,  Die 
sehr.  15  (1895),  453.  Pomtoic ,  Philologus  54  Antiopesage  (Diss.  Zürich  18M)  S.  24:.  [Höfer.] 
(1895),  247.  Neben  der  Herapriesterin  Themisto  60  Theobule  (OsoßovXr}).  1)  Bei  Hygin.  f.  97: 
wird  zur  weiteren  Datierung  der  sogenannte  '^ Arcesilaus  Lyci  et  Theobulae  filius''  vermutet 
TtQoäQicov  lElsvvXXog  in  Delphoi  in  der  oben  an-  Bunte  für  Lyci:  Arcilyci  (vgl.  Hom.  II.  14,451) 
geführten  Inschrift  erwähnt:  Powiow  bei  PawZi/-  und  bemerkt  zu  Theobulae  " Hanc  aliunde  non 
Wissowa  4,  2605.  novi\  Doch  steht  bei  Tzetz.  Prooim.  Alleg.  Hom. 

6)  f)8iii66rä),  nach  Heydemann,  Satyr-  und  II.  534:  xovtov  (^AXiv.xoQog)  Y,al'ÄQy.f6lXaog,  ar,- 
Bakchennamen  23  nr.  f  mit  Anm.  111  Mainade  xgog  dh  KXsoßovXrjg  über  KXsoßovXrig:  i)  @8o- 
auf  einem  Skyphos  aus  Chiusi  {Furtwängler,  ßovXr\g.  —  2)  Bei  Hygin.  f.  224,  wo  überliefert 
Beschreib,  d.  Vasensamml.  im  Antiquarium   zu  ist:     Myrtilus,    Mercurii    et    Tlieobules    fdius 


611                     Theodaimon  Tbeodoros                       612 

schreiben  nach  dem  Vorgang  von  Mutieker  alten  Thraker  2, 4s  in  Sitzungsher.  der  kaiserl. 
auch  Bunte,  Bursian,  Jahrb.  f.  klass.  Phil  93  Akad.  dr-r  ir/.s>.  phil-hist.  Cl.  130  (1893)  wäre 
(1866),  778,  Anm.  23  und  Jf.  iSc/*»iidt  (p.  132,  17)  Totis  eine  aus  dem  semitischen  Orient  nach 
Mercurii  et  Cleohules  filius.  Bei  dem  Schwanken  Phrygien  eingedrungene  Göttin,  zu  deren  Na- 
in  dem  Namen  der  Matter  des  Myrtilos  (Klee-  men  er,  wie  auch  Kaibel,  Gott.  Gel.  Nachr. 
hole  («.  d.  nr.  4J,  Myrto  [s.  d.  nr.  1],  Phaethusa  1901,  613  (vgl.  611),  den  phrygischen  Namen 
oder  Klymene  [Bd.  2,  Sp.  3817,  SSf.l,  Klytia  Torr?]?  (so!  nicht  Pottes,  wie  oben  Bd.  2,  Sp. 
[Hy^in  Astron.  2,  18J)  ist  eine  Änderung  des  2635,  3  steht)  vergleicht.  Vielleicht  darf  man 
überlieferten  Namens  Theobule  wohl  nicht  nö-  auch  an  das  Geschlecht  oder  die  Phratrie  der 
tig,  zumal  wenn  man  das  oben  unter  1)  An-  lo  ToTT£[rdat?J  auf  Chios  erinnern,  k&rjvä  20 
geführte  berücksichtigt.  [Höfer.]  (1908),  20) ff.  A.  Plassart  et  Ch.  Picard,  Corr. 
Theodaimon  (ÖeotfaiVwv).  Ein  llelief  aus  //eW.  37  (1913),  218.  220.  Auf  jeden  Fall  aber 
Amphipolis  mit  einer  merkwürdigen  Dar.stel-  ist  ein  Zusammenhang  des  Totoes  mit  Toris 
long  (s.  unten)  trägt  die  Widmung:  'hgriTsvov-  anzunehmen.  In  der  Weibinschrift  wird  man 
tog  Zmiov  roO  KaöodvSQov  Toro/jr*  OsoSai-  Gsodaliiovi  als  Epitheton  zu  "TTtvm  aufzufassen 
liovilTnvm  Tloxlioe KimSioe ^iJitvxos  trjv  si>xi^Vt  haben;  es  scheint  sonst  nicht  vorzukommen. 
Cominery,  Voyage  en  Macedoine  1,  126,  pl.  8.  Denn  daß  Tordrje,  f)to8oäinov  und  "Vnvos  drei 
l>£a«  nr.  1417.  Perdrizet,  Corr.  hell.  19(1906),  verschiedene  Gottheiten  sind,  ist,  wenn  auch 
682  22  (1908),  360  ff.  (mit  Abbildung  nach  möglich,  so  doch  unwahrscheinlich.  Vielleicht 
Cousinery  auf  S.  363).  W.  Baege,  De  Macedo-  20  geht  die  oben  erwähnte  Darstellung  auf  ügyp- 
num  sacris  {Diss.  pJtil  Hol.  22, 1  [1913]\  181  f.  tische  Vorstellung  zurück.  Der  Esel  ist  das 
Die  oben  angegebene  Lesung  ist  nach  Perdrizet  Tier  des  Set  (s.  Sp.  773,  42  ff.  Sp.  778),  und  so 
a.  a.  0.  22, 851  f.  sicher:  weder  das  von  Cousi-  erscheint  Set  als  böses  Geschöpf  mit  Eselskopf 
nery  für  Osoöaifiovi  gelesene  'AyaO^oSai^ovi  neben  Schildkröten,  Schlangen  und  Krokodil 
(vgl.  auch  Dimitzas,  MaxsSovmoi  nr.  864)  auf  einem  Talisman  aus  Edfu,  Daressy,  Ann. 
noch  das  von  einem  Anonymes  in  der  griechi-  SertK  Ant.  12, 143  f.  A.  Wiedemann,  Arch.  für 
sehen  Zeitung  KmvaTavrivovnoXig  1891  nr.  Beligionswiss.  17  (1914),  220  Anm.  1.  [Höfer.] 
174  statt  Tot6titi.  vorgeschlagene  Tcb(i)  y<{ijrt  Theodaisios  {OsoSaiaiog),  Beiname  des  Dio- 
^£odatixov(  X.  T.  X.  ist  anzunehmen.  Perdnzet  nysos,  Hesych.  Der  Name  soll  nach  Bich. 
hatte  anfangs  den  Gedanken,  Totoes  mit  dem  so  Schmidt,  De  Hymenaeo  et  Tala^io  dis  vcterum 
ägyptischen  Thot,  der  aber  keine  Beziehung  nuptialibus  (Diss.  Kiel  1886)  S.  27  den  Dio- 
zum  Schlaf  hat,  zusammenzustellen,  später"  nysos  als  Hochzeits-  und  Ehegott  bezeichnen, 
dachte  er  mit  Beziehung  auf  die  Darstellung  da  daisiv  besonders  vom  Hochzeitsmahle  ge- 
(s.  unten)  an  Einfluß  des  Gnostizismus  und  braucht  werde;  vgl.  Hesych. 'Hgoxia  xcc  9-eo- 
der  Mithrasreligion.  JSac^e  a.  a.  0.  181.  Anm.  1  äaioia.  ol  Sk  koqxriv  ol  ös  Isgä,  was  sich 
verweist  auf  den  Personennamen  Toro?]?,  der  nach  Schmidt  auf  die  Hera  als  Ehegöttin  be- 
sieh häufig  in  Papyri  findet  {Greek  Papyri  in  zieht.  Gruppe,  Gr.  Myth.  736,  4  und  Theophil 
the  Brit.  Mus.  ed.  Kenyon  HI  p.  6.  8—11.  15.  Saucius,  Andros  {Sonderschr.  des  österr.  arch. 
16)  und  nimmt  eine  Auswanderung  von  Thra-  InstVlll)  S.  111  leiten  den  Namen  0sodaiaiog 
kern  mit  diesem  theophoren  Namen  nach  40  und  den  Namen  des  als  dionysisch  wenigstens 
Ägypten  an.  Auf  dem  Relief  ist  ein  Esel  dar-  für  Kyrene  {Suid.  s.  v.  'AöTvägoiiia)  und  Andros, 
gestellt,  aus  dessen  Rumpf  sich  ein  weibliches  wo  w^ährend  der  Festfeier  aus  einer  Quelle 
Haupt,  das  vielleicht  mit  einer  Feder  geziert  sieben  Tage  lang  Wein  floß  {Plin.  N.  H.  2,  2.'J1. 
ist,  erhebt;  zwei  Schlangen  winden  sich  um  31, 16.  Paus.  6,  26,  2.  Philostr.  Imag.  1,  25)  be- 
den  Körper  des  Esels,  dessen  Schwanz  in  einen  zeugten  Festes  GsoSaiaicc  davon  ab,  daß 
Schlangenkopf  ausläuft.  Am  Boden  befinden  dem  Gotte  bei  seiner  Epiphanie  ein  Mahl 
sich  nach  oben  stehende  Dolche,  mehrere  Skor-  bereitet  wurde.  Indem  jedoch  der  Gott  selbst 
pione  und  etwas,  das  wie  lodernde  Flammen  Wein  fließen  läßt,  ist  er  gleichzeitig  auch  der 
aussieht.  Ob  man  mit  Perdrizet  als  Anlaß  zur  Bewirtende.  S.  auch  Xihson,  Gr.  Feste  279  f. 
Stiftung  des  Reliefs  eine  schreckliche  Traum-  .50  471,  wo  die  ©soöaioia  ausführlich  behandelt 
erscheinung  annehmen  soll,   die  Seleukos  auf  werden.     [Höfer.] 

Rat  des  Zoilos  durch  eine  Weihung  an  Totoes  Theodoros  (OsoSagog)  1)  ein  Hirt  in  Ery- 
darstellen  und  dadurch  gewissermaßen  in  ihren  thrai,  von  der  Nymphe  Idaia  Vater  der  Sibylle 
Wirkungen  aufheben  wollte,  bleibe  dahingc-  Herophile,  Paus.  10,12,7.  Die  Inschrift  einer 
stellt.  Perdrizet  nennt  den  Totoes  ^un  dieu  in  der  Sibyllinischen  Quellgrotte  in  Erythrai 
obscur  et  inferieur,  saw,«?  cuite  organise,  un  de-  gefundenen  Basis,  die  ein  Bild  der  Sibylle 
mon,  un  dieu  thrace  =  Hypnos^ .  Ist  Totoes,  was  trug,  bezeichnet  die  Herophile  als  Zißvl\Xu 
wahrscheinlich  ist,  ein  thrakischer  Gott,  denn  vviicprig  xai  GsoSooqov  'Egv^gaia  {Buresch, 
Amphipolis  liegt  in  dem  früher  zu  Thrakien  Athen.  Mitt.  17  (1892),  17.  Wochenschr.f.klass. 
gerechneten  Teil  Makedoniens,  so  darf  man  60  PM.  1891,  1043.  S.  Beinach,  Bev.deset.gr. 
seinen  Namen  wohl  zusammenstellen  mit  Tortg,  4  (1891),  280),  und  die  Sibylle  spricht  von  sich 
dem  Namen  einer  thrakischen  Gottheit:  Bsvötg,  selbst:  yiccl  GEoSagog  ^cprj  d-vrirbg  ifiol  yhvhrig^ 
kragyatlg^  Molig^  Toxlg  {^üxl  6h  tavra  dvoiuxta  Ath.  Mitt.  a.  a.  O.  21  Vers  4.  Wochenschr.  a.  a. 
datiLOvcav  xiiuofidvaiv  itctgu  Gga^iv),  Herodian  0.  1042.  Bev.  des  et.  gr.  &.  a,.  0.  2Sl.  N&ch  Suid. 
ed.  Lentz  2,761,1  ff.  (vgl.  1,107,21).  Dieselben  s.  v.  ZißvXXa  (p.  739,10  Bernh.)  geht  die  An- 
Namen begegnen  bei  Theodos.  in  Grammat.  gäbe,  daß  Theodoros  der  Vater  der  Herophile 
Gr.  ed.  Hilgard  4,  1,  S  328,  22,  nur  daß  hier  ist,  2i\ii Hermippos — gemeint  ist  wohl  der  Schü- 
Tixlg  statt  Torf?  steht.    Nach  Tomaschek,  Die  1er  des  Kallimachos,  Buresch,  A.  M.  a.  0.  25  — 


613                       Theognete  Theoi  Agnostoi                  614 

zurück:  2L!ißvXXccj  jinolXcovog  ■KcxlAauiag-  y.cctcc  dititj ,  \Alh.   Mut.    35  (1910),  4. 56  f.  (v^l.  Deiss- 

äd    Tivas  '/iQLaro-KQcctovs   xaJ   '  Trfairjt:  (Idulag,  mann,    Dir   cliristlichc    Welt  24  [1910 1,  218  ff.) 

E.  Maaß,  De  SibylUirum  indicibus  28  Anm.  66,  einen   Altar:    (^-hoig  'Ayv\wrtxnig\.     Vgl.    Usericr, 

nm  Übereinstinimun«,'  mit  J'aus.  a.  a.  0.  zu  er-  Bokde,  Jlcfxiing  aa.  aa.  00.  Jessen  bei  Pauly- 
zielen),  mg  öt  ''K{jyn7C7tog   OfodmQov.  —   2)  Auf       Wissoiva  Suppl.  1,  28  tf.  C.  Pascal,  II  culto  deyli 

einem    im    Asklepieion    in   Athen    gefundenen  dei  i'gnoti  a  Roma,  Jiull.  mmun.  Rom.  22  (1894), 

Relief  (abg.  Sroronos,   Das  Athener  National-  188  tf,    Wendland,  Die  hellenislisch-röm.  Kultur 

museum:  Deutsche  Ausgabe  von  W.  Barth 'Vai'.  HS  78,  2.     Gruppe,  Gr.  Mgth.    1092,  %.     v.  Frott, 

nr.  1401  rechts  unten  =  J.;cA. /«/tr6.  29  [1914],  Fasti  sacri  7.     Fr.  Poland,   Gesch.   d.  griech. 

218  Abb.  11)  ist  ein  Reiter  dargestellt  mit  der  lo  Vereinsiresens  212. 

Inschrift  ffi^oSagog  ijQO}?.  Unter  diesem  soll  Vorstehender  Artikel  ist  schon  im  Jahre 
nach  Süoronos  a.  a.  0.  ö38  Anm.  4  zu  S.  537  1912  gesetzt  worden.  Seitdem  ist  die  Litera- 
(vgl.  auch  Kutsch,  Attische  Heilgötter  =  lieli-  tur  (und  auch  das  Material)  bedeutend  erwei- 
gionsgesch.  Versuche  u.  Vorarbeiten  12,  III  S  85  tert  worden,  hauptsächlich  im  Anschluß  an  das 
nr.  106  S  127  nr.  48)  nicht  ein  gewöhnlicher  bedeutsame  Werk  von  E.  Norden,  Agnostos 
heroisierter  Sterblicher,  als  welcher  er  aber  TJieos  (Leipzig  1913);  vgl.  die  Besprechungen 
S.  350  erklärt  wird,  zu  verstehen  sein,  sondern  von  O  Weinreich,  Deutsche  Literaturzeitung  34 
ein  Heros  aus  dem  Asklepioskreise,  vielleicht  (1913),  2949  tf.  W.  Jaeger,  Gott.  Gel.  Anz.  1913, 
ein  Sohn  oder  ein  Geliebter  des  Gottes  oder  569  tf.  Meitzenstein,  Neue  Jahrb.  f.  d.  klass.  Al- 
ein Pferdearzt;  s.  dagegen  X.  Malten,  Arch.  20  tertum  3t  (1913),  146  ff.  395  tf.  R.  Wünsch,  Berl. 
Jahrb.  a.  a.  0.  219  Anm.  1.  Vgl.  auch  Furt-  Phil.  Wochenschr.  34  (1914),  10G5ft'.  Th.Plüß, 
wängJer,  Ath.  Mitt.  3  (1878),  291.     [Höfer.]  Wochenschr.  für  Mass.  Phil.  1913,  563tf.    1914, 

Tbeogiiete  (©aoyrv/V?]),  Tochter  des  Laodikos,  852  tf.;  s.  ferner:  Ad.  Harnack ,  Ist  die  Rede 
Gemahlin  des  Aison,  Mutter  des  Jason,  Andron  des  Paulus  in  Athen  ein  ursprünglicher  Be- 
im Schal.  Apoll.  Rhod.  1,  45.     [Höfer. J  standteil  der  Apostelgeschichte  =  Texte  u.  Un- 

Theogone   (©Eoyorrj),    von  Ares  Mutter  des  tersuch.  zur  Gesch.  der  altchristl.  Literatur  39 

lydischen   Konicas  Tmolos   (s.  d.),  Pseudo-Plut.  (1913),  1  tf .    Th.  Birt,  ''AyvoiOxoi   d'tol   und  die 

de  fluv.  7, 5.     [Höfer.]  Areopagrede  des  Apostels  Paulus  in  Rhein.  Mus. 

Theogonien  s.  am  Ende  des  T.  69  (1914),  342  ff.  (vgl  P.Corssen,  Zeitschr.f.neu- 

Theol    A(u)gdisteis    {SboI   'Avydiarstg)    auf  30  test.Wissensch.  li,  209  ff.).    O.  Weinreich,  De  dis 

einer  Inschrift  aus  Eumenia  in  Phrygien,  C.  I.  ignotis  quaestiones  selectae  (=  Arch.  f.  Religions- 

G.  3,3886,6  add.  p.  1103  =  Kybele  und  Attis,  ivissenschaft  18  [1915],  1  tf".).    Nicht  zugänglich 

Gruppe,  Gr.  Myth.  1088,  2.     [Höfer.]  war  mir  Francis   Cranford  BurJcilt,   Agnostos 

Theoi  Agnostoi  {Geol  ayvcoGtoi).     Der  Kult  Theos  in  Journ.  of  theol.  stud.  {Oxüord)  lf>  {191A), 

der  ^unbekannten  Götter'  ist  wie  der  Kult  der  455,  vgl.  Bursians  Jahresber.  44.  Jahrg.,  Bd.  174 

'Ttdvtsg  -O-foi"  oder  einfach   der  ^&8ol'  hervor-  — 177,  S.  319.    Auf  Nordens  Standpunkt  stehen 

gegangen   aus   dem  Bestreben,  ""jeder  Gottheit  im  großen  und  ganzen  W.  Jaeger,  Reitzenstein, 

das  Ihrige  zu  geben',  aus   dem  Wunache,  mit  Weinreich,  während  Plüß  und  Birt  beachtens- 

seiner  Verehrung  ^nicht  nur  die  bekannten  und  werte  Einwendungen  vorgebracht  haben.    Der 

anerkannten,    sondt-rn   auch    die    unbekannten  40  Singular   ccyv(06zog  Qsog    der    Apostelgeschichte 

Götter  zu  umfassen  und  dadurch  die  von  fremd-  ist  nach  Norden  (dagegen  Plüß  a.  a.  0.  1913, 

ländischen  Kulten  so  leicht   beeinflußte  Super-  555.  558)  eine  absichtliche  Änderung  des  durch 

siition  zu  heinhigen^  (Usener,  Götternamen  HAb)  antike  Zeugnisse  als  authentisch  überlieferten 

vgl.    Philostr.  vit.  Apoll.   6,   3:    acocpQovEGtsgov  Plurals:    'der  Verfasser    der   Areopagrede    hat 

yccQ  TÖ  negl  nccvroai'  Qscbv  sv   liysiv  -Kcd  xavt  die    polytheistische   Altarinschrift    durch   Um- 

kd'tjvriatv,  ov  %cc).  kyvojöttov  Jai^ovav  ßco-  Wandlung    des   Numerus   monotheisiert'   {Nor- 

liol  idQvvxcct.    In  Phaleron  gab  es  paiiol  ^stov  den  121).    Der  Singular  ist  überhaupt  in   der 

T8  övoiia^oiisvav  ocyvmötoiv  zal  rjQoaav,  Paus.  altgriechischen  Kulturwelt   nicht  nachweisbar, 

1, 1,  4.    Vgl.  auch  die  Bezeichnung  der  von  den  sondern   gehört  der  Zeit  der  Theokrasie  oder 

Einwohnern  von  Phaleron  irrtümlich  getöteten  50  des  Synkretismus  an.    So  nennt  Lydus  de  mens. 

Argeier,   die   mit   dem  Palladion  dorthin  ge-  y).  109,24.  Wünsch  den  Gott   der  Juden  einen 

kommen    waren,    als    ayvöötsg,    Pollux  S,  119.  'unbekannten  Gott' ;  Aißiog  (AiXaiog  cod.)  iv  tjj 

Hesych.  s.  v  ayvät&g;  vgl.  oben  Bd.  3,  Sp.  3420,  xor^öilov   ' Pcoiia'Cx'^    IgtoqIcc    ayvcaGxov    xov    ixst 

4  ff.  s.  V.  Palladion.  An  die  ^yvmGvcov  Scci^ovcov  xhlw\ibv6v  cprjaL;  vgl.  Lucan.  Phars.  2,593:  de- 

ß(o(ioi  knüpfte  der  Apostel  Paulus  an  in  seiner  dita  sacris  |  Incerti  ludaea  dei  und  dazu  Schol. 

Areopagrede,   in   der   er   von  einem  Altar  in  Bern.  "p.  Sb  Usener:   Livius  de  ludaeis  ^Hiero- 

Athen  sprach,  iv  co  inByiyQccnxo  kyvcoGtoj  @scp  solimis  fanum  cuius  deorum  sit  non  nominaf. 

{Acta  Apost.  17,  23);  vgl.  auch   die  ßcaiLoi  ccvoj-  Lydos  hat  also  das  ihm  durch  die  theosophische 

vv^oi  -KCixa  xovg  dr\iiovg  xäv  'Ad-jivocicav.,  Diog.  Spekulation   späterer   Zeit  bekannte    ccyvtoarog 

Laert.  1, 110.  Hesych.  s.v.  ßoawol  uvävviioi.  Die  60  eingesetzt  {Norden  60 f.).  Daß  die  Areopagrede 

zwei  Stellen  im  pseudolukianischen  Philopatris  von  Paulus  nicht  gehalten  worden,  sondern  von 

{vT]  xov  "AyvcoGxov  iv  'Äd-rjvccig  6,  cap.  9,  und  dem  Redaktor  an    Apollonios  von  Tyana  an- 

xov  iv  'Ad-^vaLg  "Ayvcoötov,  cap.  29)   setzen  die  geknüpft  ist,   steht  wohl  trotz   Harnack  fest; 

Stelle   der  Apostelgeschichte   voraus  {Usener  a.  s.  auch  E.  Schwartz,  Gott.  Gel.  Anz.  1911,  671. 

a.  0.  345,45).    In  Olympia  stand  beim  großen  Apollonios  hat  in. Athen  eine  Predigt  {diöclBlig) 

Zeusaltar '.^yvcoffrwf -O-scör  j3o)uo?  (Paws.  5,14, 8).  über  Opfer  und  Gebete  gehalten,   die  inhalt- 

Eine  Inschrift  aus  Pergamon    weiht  nach  der  lieh  mit  der  Schrift  -jtsQl  d'vaimv  verwandt  ge- 

höchst  wahrscheinlichen  Ergänzung  von  Hep-  wesen  ist,  von  der  ein  Fragment  durch  Ver- 


615  Theoi  Agnostoi  Theoi  Agnostoi  616 

mittlan^  des  Porphyrios  hei  Eitsebios  {Fraep.  erkennt  Birt  385  in  den  ignoti  dei  des  Miuu- 

ev.  4,  13)    erhalten    ist,    Norden   a.  a.  0.  42  tf  eins  solche  Götter,   deren  Namen  den  Itouiorn 

/a€</er  a.  a.  O.  007  ff. ;  vgl.  aber  auch  W.  ScJimid,  bisher  fremd  gewesen  waren,  wie  Anubis,  Isis, 

Wochenschr.  f.  klass.  Phil.  191S,  269.    Die  oben  Sarapis,   Mithras.    Birt  3H4ff.  nimmt  drei  Be- 

8p.  61 3,  Z.  44  f.  abgedruckte  Stelle  des  PÄi/os^ra/av  dentungen  für  äyvcoaro^'  iisöi  bzw.  ignotus  ({eus 

h&\t  Birt  a.a  0.  346  ff.  für  verderbt  und  schreibt  an,  einmal  bedeutet  es  den  ausländischen  Gott, 

6(o<pQovioTfQov  fUQ  To  "KBqI  TtdvTcov  d'eäiv  £v  H-  der  zwar  einen  Namen  führt,    aber  einen  sol- 

ysiv  xal  tawra  (^nd&ots  av  oder  auch  svQOLg  av}  eben,   den  der  Hörer,   der  Laie  nicht  versteht 

^^»jvi?öivx.T.i.;s. dagegen  ir.X»Wzmant»,7Mein.  (vgl.  Or.  Met.  14,  3ü(>:    ignotosque  deos   ignoto 

Mus.  Tl  (1916),  280f.    Plüß,  Wochetischr.  1918,  lo  carmine  adorat),  zweitens  bedeutet  es  den  Gott. 

656.   Festaabe  Hugo  Blümner  überreicht  42  ff.  dessen  Gestalt  man  nicht  kennt,  von  dem  ein 

W. Schmüt^Wochenschr.  f. klass. Phil.  ldlS,2fi(iS.  Abbild    unbekannt   ist   (vgl.   äyvaarai   nog(pai 

Dem    Redaktor    der    Apostelgeschichte    folgen  der   Hera,    Parmenion   in   Anth.   Planud.  216: 

Euthiilios  Diakon,  ed.  cathol.  epist.  bei  Migne,  oix  ayvcaarog  ^ot(iog  ^s6g :   Mer  in  seiner  Er- 

Patrol  Ser.  Gr.Sb^69'2{'E7ilyQoc(i(ucrov  iv  *Ad'^-  scheinung  wohl   bekannte   (iott   Phoibos',  auf 

vatg  ß(ouov:  (^Botg  'Aöiag  xai  EvgmTtqg  xal  Ai-  einem  Maueranschlajj^  in  Ägypten,  Klio  2,278. 

6yr]g  ^«m  re   &yvui6V(o   xal    ^ivto  —  denselben  Beitzenstein  Aib,'>.   Weitireich,  J)e  disign.MS.); 


''ortlaut  der  Inschrift  geben  auch  Oikumenios,  drittens  sind  ayvoiaroi  d-foi  Götter,  für  die  man 
Comment.  in  acta  apostol.  26  bei  Migne,  Ser.  keinen  Namen  feststellen  kann  {Paiis.  1,  1,  4. 
Crr.  118,  237  und  Theophylakf.  Expos,  in  acta  2o  5,14,8.  Philostr  a.a.O.).  Hierher  gehören  auch 
avostol.  17  bei  Migne,  Ser.  Gr.  125,  746  —  T69s  die  ßanol  &v(i}vv^oi  Diog.  Laert.  1,  110. 
TO  iniyQa\L^a  TlavXog  dvccyvovg  yid'ijvrjöt  idri-  Wie  der  Bericht  der  Kommentatoren  der 
fi?2/opef).  Isidor.  Peius.  Epist.  4,69  bei  Migne,  Apostelgeschichte,  die  den  dyvaöTog  ^sög  auf 
Ser.  ^rr.  78,  1128  (der,  wie  0»/umeneo.s  und  auch  Pan  beziehen,  auf  Herod.  6,  105  zurückgeht, 
Theophylakt.  die  Inschrift  'Ayvonörrp  dsat  auf  Pan  so  wird  die  Quelle  für  die  Erzählung  der  Er- 
bezieht, den  die  Athener  vor  der  Schlacht  bei  richtung  eines  Altars  für  den  '  unbekannten 
Marathon  nicht  gekannt  und  verehrt  hätten,  Gott'  zur  Abwendung  einer  Pest  in  dem  Be 
daneben  aber  noch  angibt,  die  Athener  hätten  rieht  des  Diog.  Laert.  a.  a.  0.  zu  suchen  sein. 
bei  einer  Pest,  nachdem  sie  vergebens  von  Denn  nur  dieser  gibt  als  Grund  zur  Berufung 
ihren  Göttern  Hilfe  erbeten  hätten  ,  im  GIau-30  des  kretischen  Sühnepriesters  Epimenides  nach 
ben,  es  gäbe  wohl  noch  einen  Gott,  der  bisher  Athen  eine  Pest  an,  unter  der  die  Athener 
bei  ihnen  noch  keine  Verehrung  genossen  und  schwer  zu  leiden  hatten :  Epimenides  läßt  weiße 
daher  die  Seuche  geschickt  hätte,  einen  Tem-  und  schwarze  Schafe  nach  dem  Areopag  füh- 
pel  und  Altar  mit  der  Widmung  *Ayvdaaz(p  ^sa  ren,  sie  dort  frei  laufen  mit  dem  Auftrag  an 
gebaut,  worauf  die  Pest  sofort  erloschen  sei).  seine  Begleiter,  wo  sich  ein  Schaf  niederlasse, 
Athana8.Comment.de  templo  ludaeor.  bei  Migne,  es  zu  opfern  tat  ngoörixovzi  ^sip.  'Daher  kann 
Ser.  Gr.  28,  1428  (der  die  Stiftung  des  atheni-  man',  heißt  es  weiter,  'auch  jetzt  noch  in  den 
sehen  Tempels  mit  der  Altarinschrift  'AyvdoaTO)  Deraen  von  Attika  als  Erinnerung  an  die  da- 
^sat  auf  Apollon  zurückführt).  loann.  Chrysost.  mals  vollzogene  Sühnung  ßco^ol  ccvoavvaoi  fin- 
in  acta  apostol.  honiilia  38  bei  Migne,  Ser.  Gr.  40  den',  Stengel,  Die  griech.  Kultusaltertümer  109 
60,  268  (vgl.  auch  Theophylakt.  a.  a.  0  ),  der  als  (143-).  Diels,  Sitzungsber.  d.  K.  Preuß.  Akad. 
Grund  für  die  Errichtung  des  Altars  mit  der  In-  d.  Wiss.  zu  Berlin  1891,  391  Anm.  4.  H.  De- 
schrift -Jyrobaroi  -O^sw  die  Besorgnis  der  Athener  moulin,  Epimenide  de  Crete  107  f.  Auf  diesen 
angibt,  'fitj  nors  xal  aXXog  rig  (^eoff)  ^  aivotg  Altären  stand  also  nur  dsSy  oder  Tay  d-am  (bzw. 
fihv  ovSino)  yvbJQifiog,  d'sgccTtEvöiiBvog  dh  ocXXa-  mit  einem  Eigenschaftswort,  Plüß  a.  a.  0.  1914, 
;|roi>*.  Daß  Paulus  (oder  vielmehr  der  Redak-  858),  während  der  Name  des  Gottes  fehlte. 
tor)  den  ursprünglichen  Plural  der  Altarinschrift  Birt  387  identifiziert  diese  ßa^ol  avoavv^oL 
in  den  Singular  umgesetzt  hat,  bezeugt  Hiero-  mit  den  für  Phaleron  bezeugten  ßw^ol  ^eiov 
nymus  ad  Titum  1,12:  ^ Inscriptio  autem  arae  rs  öro/xafo^tVtav  &yvoi)6tcov  xal  rjQdxov,  wo 
non  ita  erat,  ut  Paulus  asseruit,  ,ignoto  deo%  50  Bohde ,  Psyche  1*,  174  Anm.  1.  Hitzig- Blümner 
sed  ita:  ,Diis  Asiae  et  Europae  et  Africae,  diis  zu  Paus.  1,1,4.  Oikonomos,  Ath.  Mitt.  35 
ignotis  et  peregrinis.*  Verum  quia  Paulus  non  (1910),  310  Scyräotojv  auch  auf  rjQoacav  beziehen 
pluribus  diis  indigebat  ignotis,  sed  uno  tantum  wollen;  vgl.  aber  auch  Jfieger  a.  a.  0.  579  f. 
ignoto  deo,  .^ingidari  verbo  tisws  est^;  vgl.  Nor-  Plüß,  Wochenschr.f.  klass.Phil.  1913,555.  Nach 
den  117tf.  Weinreich,  De  dis  ign.  25ff.  Von  W.  Schmid,  Wochenschr.  f.  klass.  Phil.  191S,  2G0 
Altären:  'ignotis  deis^  in  Athen  geweiht  be-  und  Anm.  1  besteht  die  Möglichkeit  unzuneh- 
richten  auch  Tertull.  adv.  Marc.  1,  9  (vgl.  ado.  men,  daß  Phtlostratos  überhaupt  nicht  an  einen 
not.  '2,9:  ara  inscripta  ignotis  deis  und  dazu  Altar  mit  der  Aufschrift  ayvcaGtoig  d-eolg  ge- 
Birt  a.  a.  0.  356  f.)  und  August,  de  civ.  dei  6,  3.  dacht  habe,  sondern  vielmehr  an  Altäre  sonst 
Aus  der  Stelle  bei  Minuc.  Fei.  6,  2  p.  12, 10  60  unbekannter  und  nicht  verehrter,  nur  den  Athe- 
Schöne:  'undique  (Romanij  hospites  deos  quae-  nern  eigener  Götter,  wie  z.  B.  des  "EXsog.  Auf- 
runt  et  suos  faciunt,  . .  .  ara'i  exstruunt  etiam  fallend  ist  jedenfalls,  daß  die  Kommentatoren 
ignotis  numinibus  ex  manubiis^  hat  Norden  zur  Apostelgeschichte,  mögen  die  von  ihnen 
118  f.  auf  das  Vorhandensein  eines  Altars  in  angegebenen  alticc  geschichtlich  auch  wertlos 
Rom  mit  der  Inschrift:  'ignotis  deis^  geschlos-  sein,  übereinstimmend  von  einem  nicht  über- 
sen,  ein  Umstand,  der  möglicherweise  den  haupt,  sondern  nur  in  Athen  zeitweilig  noch 
Hieronymus  irrtümlich  veranlaßt  habe,  einen  unbekannten  und  unbenannten  Gotte  sprechen, 
aolchen  Altar  für  Athen  anzunehmen.   Dagegen  Nach  Birt  350.  352  ff.  sind  überhaupt  im  ganzen 


617                   Theoi  Agnostoi  Theoi  Agreis,  Theoi  Agrioi        618 

Altertume  Altarinschriften    äyvi»at(p  -O-foJ  oder  G15,  Z.26).  Was  schließlich  die  Frag«;  betrifft,  ob 

ccyvmGvoi?  &Fotg  unbekannt  gewesen,   das  Ur-  die  Überlieferung  darauf  hinweist,  einen  oder 

sprüngliche  ist  das  einfache -ö-cw,  TW -y^tw, -ö-for^^,  mehrere    Altilre    für    die   'unbekannten   Götter 

totg    d-sotg    gewesen;     vgl.    aber    auch     l^lüß,  anzunehmen',  so  spricht  nur  für  Olympia  das 

Wochenschr.  rJ13.  ööö.    1914,  855,    P^ineu  be-  Zeugnis  des  i'aM.sa»?m.s  (5, 14,8:  'y/yfcbffTojv -O^fc&v 

achtlichen  Kinwurf  gegen  diese  Annahme  würde  ßcouög)    klar    dafür,    daß    einer    Mehrheit    von 

die  schon  oben  erwähnte  Inschrift  aus  Perga-  Göttern  ein  Altar  errichtet  war,  während  die 

nion    an    die   Hand    geben,   wenn   ihre   Ergän-  Überlieferung   für  Phaleron   bei  Paus.  1,  1,4, 

zung  über  jedem  Zweifel  stände.  wo   in  den  Worten   ßoj^ol  ^tcbv  rs  6voy.cito\Li- 

l)er    Altar    aus    dem    heiligen    Bezirk    der  lo  vav  6cyvmorcov  -kccX  tjqüjiov  trotz  Jiohde,  Psyche 

Demeter  in  Pergaraon  mit  der  Inschrift  0EOII  1*,  174,1  und  Oihonmnos,  Ath.  Mitt.  35  (1910), 

AFI    Ka7tlTa)[v\    dccdovx<)[s]    i^t   abgebildet    bei  310  ccyvöaGtoyv  nur  zu  ^füv  gehören  wird,  nicht 

Ad.  Deissmann,   Paulus  zwischen   S.  178/179;  auch   zu   rigdtav,   und   für  Athen  bei   Philostr. 

ein  verkleinertes  F^aksimile   der  Inschrift  gibt  die  Möglichkeit  otfen  läßt,  an  mehrere  Altäre 

auch  Weinreich,  De  dis  i(/notis  30.   Die  Ergän-  mit  je   einem   unbekannten  Gotte   zu   denken, 

zung  zu  ccyvmaToig  halten  für  richtig  Hepding  vgl.  Fluß  a.  a.  0.  1913,  055,     [Höfer.] 

a.  a.  0,  Deissmann  a.  a.  0.  180  (vgl.  Die  Christ-  Theoi  Agoraioi  {08ol  'Ayogatoi)^  die  in  einer 

liehe  Welt  24  [1910],  281  ff.).   E.  Schwartz,  Gott.  Beziehung  zu  der  ayoga  stehenden  Gottheiten, 

Gel.  Anz.  1911,  671.    Weinreich,   Deutsche  Lit.  Aesch.  Agamn.  90.    Pollux  1,24.  Ob  in  der  In- 

Ztg.  a.  a.  0.  2958.    De  dis  ign.  30  ff.   W.  Schmid,  20  schritt  aus  Thera  (/.  G.  12,  3  nr.  452;  vgl.  I.  G. 

Wochenschr.  f.  Mass.  Phil.  1918,  267,  2.  Jalaberi,  12,  3  Suppl.  p,  301.    Collitz  4772)  kyogritoig  = 

Melnnges  de  la  facidte  Orientale  Universite  Saint-  ^soTg  'Ayogaloig  ist  oder  ob  damit  ein   sonst 

Joseph    Beyrouth    5,  2   (1912),  p.  L   (vgl.  auch  unbekanntes  Fest  gemeint  ist,  ist  zweifelhaft, 

Plüß  II.  a.  0.  1914,  859),    die  sich  gegen   die  Hiller  v.  Gaertringen,  Die    Insel  Thera  202  ff. 

vorgeschlagenen  Ergänzungen  ary^[a)Taro^s,  wo-  Ziehen,    Leges    Graec.   sacr.   2,1   p.  315  f.    zu 

ran    vorübergehend    Hepding  a.  a,  0.   gedacht  nr.  127,    Von   einzelnen    Göttern    führen   diese 

hatte  und  was   von  Kern,  Hermes  46   (1911),  Epiklesis:  Artemis  in  Olympia  {Paus.  5,16,4), 

434   empfohlen  wird,    oder   ay[yiXoig  (vgl.  die  Athena  iu  Sparta  {Paus.  3,11,9),  Themis  {He- 

lateinische  Inschrift  aus  Viminacium:  Dis  An-  sych.),  besonders  häufig  Zeus  und  Hermes,  wor- 

gelis,  Österr.  Jahreshefte  8  [1905],  Beiblatt  S.  6;  so  über  Wentzel  bei  Pauly-Wissowa  s.  v.  Agoraios 

vgl.  Bousset,  Arch.  f.  Beligionsiviss.  18  [1916],  die  Zeugnisse  zusammengestellt  hat.   Für  Her- 

I7lf.)    aus    inneren,    gegen    die    Ergänzungen  mes  kommt  hinzu  das  Weihepigramm  aus  De- 

ay[voig  oder  äy[ioig  aus  äußeren  (diese  Ergän-  los,    Corr.  hell.  29  (1905),  227   nr,  86  ==  J.  G. 

Zungen  würden  den   durch  die  Symmetrie  der  11,4,107  nr.  1143:  'Ayogccim  'Egfiti      [Höfer.] 

Inschrift  geforderten  Raum  nicht  füllen)  Grün-  Theoi  Agreis,  Theoi  Agrioi  {Osol  'Jygeig, 

den    wenden.     Das    letztere    Bedenken    würde  ©eol  'ÄygLoi).  Nach  Alexandros  Polyhistor  Av- 

durch  die  Ergänzung  äy[viTciig  gehoben  werden ;  v.iccyf.cc  frgm.  75  {F.  H.  G.  2,  235  ;  vgl.  Ed.  Stemp- 

vgl.  Pollux,  Onomast.  1,24:  Q-sol  ccnotgonäioi,  linger.   Studien  zu  den  ^^viY.d  des  Stephanos 

XvöLOL,    nccd-ccgGioi ,    äyvtrca.     Auch    an    Q'soig  von  Byzanz  [Progr.  d.  Kgl.  Maximilians- Gymn. 

&y]gioig  oder  ay]gor8goig  hat  man  gedacht,  s.  40  München    1902]   S,  32)    befanden   sich  in    dem 

d.  Art.  Theoi  Agreis  Sp.  622,  —  Norden  a.  a.  0,  nach  Kragos  (s.  d.)   benannten   Kragosgebirge 

66  Anm.  1  und  Birt  a.  a.  0.  352  Anm.  1  halten  '^rä   i7tovo(icc^6fi8va   @e&v  'Aygicov  avrgu.    Scna- 

die  Ergänzung   zu   aylvwaroLg   wenn    auch   für  ^•ccviGd'T^vai   yäg   cpccOi   xovg   n8g\  rov  Kgdyov^; 

möglich,  so  doch  für  allzu  unsicher,  um  daraus  vgl.  Eust.  ad  Dionys.  Per.  847:  ^Kgäyog  .  .  .  cctco 

weitere  Folgerungen  zu  ziehen.  Einen  weiteren  Kgdyov . . . ,  og  avtod^i  -ö'avcbv  rtfiarori,  iv  rovtoj 

wichtigen  Beleg  für  die  '"unbekannten  Götter'  S4   cpccoiv  oi   Tcalaiol   tm  Kgaym  Ssmv  'Aygicov 

würde   das  in  einem  Papyrus  in  Chicago  ent-  avrgu  8ivui ;  vgl.  Benndorf-Niemann,  Meisen  in 

haltene   Fragment   eines    Hymnus    auf  Apollo  Lykien  und  Karien   1 ,  76  und  Anm.  4.     Man 

geben,   an   dessen  Ende   die  Worte  iTt'  ccyvm-  wird  sich  wohl  diese,  nach  ^^^e^p'*,  ^2/^,  ^unsterb- 

€toig  iniloi^cci  stehen,   die  man  auf  die  %'8ol  50  lieh  gemachten',  nach  Eust.  ^toten  Götter'  nur 

<kyvü36xoL   bezogen    hat,    indem    man    vor    ^jt'  schlafend  zu  denken  haben,  Rohde,  Psyche  1', 

ScyvmöTOig  <^d'Boi6ivy  ergänzt,    Class.  revieic  28  131  Anm.  3;  vgl.  auch  die  Sage  von  den  ewig 

(1914),  143.   Weinreich,  De  dis  ign.  Abt  schlafenden  Heroen  auf  Sardinien,  J?o/ide,i^Äem. 

Weniger,  Klio  Beiträge  zur  alten  Gesch.  14  Mm8.  35  (1880),  157ff  ;  37  (1882),465ff.  =  ^Zeme 

(1915),  414   sieht  in  den  dsol  ayvtoGzoi  chtho-  *Sc/jn/ifm  2,197fF.  204ff.  lÄ&ni\&ch{Bohde, Psyche 

nische  unheimliche  Mächte,  deren  Name  nicht  a.  a.  0.   Weinreich,  Lykisthe  Zivölfgötter- Reliefs 

genannt  wird,   sowohl   aus  heiliger  Scheu  vor  [Sitzungsher.  der  Heidelberger  Akad.  der  Wiss. 

ihrem  Walten  in  der  Stille,  das  tiefes  Geheim-  Philos.-hist.  Kl.  4,  1913,  V]  S.  16)  sind  die  aus 

nis  umhüllt,  als  auch,  weil  der  Begriff  vorsieh-  einer  Inschrift  aus  Lydai  in  Lykien  bekannten 

tig   alle   schadenden  Mächte   ohne  Auslassung  60  f>8ol  'Aygstg  (Priester  'AnoXXcovog  y.a\  ^log  xai 

in  Einem  zusammenfassen  sollte,  auf  daß  keiner  Osatv  ^Aygicav),   Hicks,  Journ.  of  hell.  stud.  10 

übergangen    blieb    und    sich    verletzt    fühlen  (1889),  57  nr.  7   und   die  aus  derselben  Stadt, 

konnte.  Nach  Pascal  a.  a,  0.  (=  Studii  di  anti-  wo   sich  auch  in   der  gleich   zu  erwähnenden 

chitä  e  di  mitol.  85 ff,;  vgl.  Gruppe,  Bursians  Inschrift  der  theophore  Name 'y^ypfdqpco»' findet, 

Jahresher.  102  [1899],  241.    Gr.  Myth.  1092,2)  Fick -  Bechtel ,   Die   griech.  Personennamen   46. 

sind    die    'unbekannten   Götter'  ursprünglich  Sittig,  De  Graecorum  nominihus  theophoris  {Diss. 

Ortsgottheiten  und  stehen  in  einer  bisher  rätsel-  Phil.  Hai.  20,  1912)  42   bezeugten   @8oi  'Aygo- 

haften  Beziehung  zu  Pan  (vgl.  auch  oben  Sp.  rsgoi   (Priester  'AnoXlavog  ytal  ^ibg  y.al   ©e&v 

Koscher,  Lexikon  der  gr.  u,  röm.  Mythol.  V,  21 


t)19        Theoi  A^reis,  Theoi  Agrioi  Thooi  Agreis,  Tbeoi  Agrioi        t)20 

UyffOT^QOiv  xal  Jioox6q(ov  xori  IJccvog)^  Micks  'iyiuoi  wohl  als  Jtiger  auffassen.  Weinrerch  a. 
a.  a.  O.  06  nr.  6.  Die  Otol  l4ypf<V  wurden  auch  a.  0.  16  tf.  hat  die  in  Lykien  j?efuiide<ien  Zwölf- 
in Anazarba  in  Kilikien  verehrt:  eine  dem  ^ötter  Iteliefs  mit  der  Darstellung  (a.a.O.  1  if . 
Zeus,  der  Hera  Gamelia  und  dem  Ares  als  den  Taf.  1.  2)  von  je  sechs  liestalten,  die  in  der 
d-soif  Tioltovxots  gewidmete  Weihinschrift  ist  erhobenen  Rechten  einen  Speer  mit  breiter 
nicht,  wie  man  erwarten  sollte,  nach  .einem  Spitze  tragen  und  unterhalb  derer  je  sechs 
Priester  der  großen  Götter  wie  Zeus  und  Hera  Hunde  angebracht  sind,  auf  unsere  (-^eot  liygioi 
datiert,  sondern  nach  dem  Priester  der  einhei-  bezoj^en.  Die  Reliefs  tragen  fast  Hilmtlicli  die 
mischen  f9fÄv //yp^wv,  i/tcÄ«  a.  a.O.  11  (1890),  Weihung:  öt'odtxa  ^«oftf.  Dabei  ist  natürlich 
238  nr.  4.  Weinreich  hat  a.  a.  0.  17 f.  z.T.  un-  lo  nicht  an  den  griechischen  Zwölfj^ötterverein 
ter  Benutzung  der  entsprechenden  Artikel  bei  zu  denken  —  die  lykischen  Götter  sind  ja 
PauJy-Wissowa  eine  Zusammenstellung  der  auch  lauter  mUnnliche  Gestalten  — ,  sondern 
Epikleseis  ^kygiog^  .^ypdrfpo?,  ytyQOxiga,  'AyQ%vg,  wir  haben  die  altheimischen  ^Jäger',  die  Lan- 
'iypatog  (vgl,  auch  K  Maaß,  Oriiheus  83  Anm.  desheroen  zu  erkennen,  die  ursprünglich  in 
108)  gegeben.  Noch  nicht  konnte  ihm  die  unbestimmter  Mehrheit  vorhanden  waren,  aber 
Weihinschrift  auf  dem  Bruchstück^'  eines  Re-  vielleicht  unter  dem  Einflüsse  des  jj^ricchischen 
Vieh  östlich  von  Pautalia  in  Thrukien  bekannt  Zw^lfgötterkreises  oder  infolge  des  allgemeinen 
sein:  kygiai  Ssdi  'Ejrfijxda),  die  offenbar  dem  Glaubens  von  der  Zwölizahl  als  heiliger  und 
auch  als  Jäger  gedachten  'thraki^chen  Reiter'  typischer  Zahl  zu  einer  Zwölfheit  zusammen- 
gilt, Arch.  Anztiger  80  (1915\  222.                      so  gefaßt  worden  sind. 

Welche   Götter   aber   sind   nun   unter   den  Man  hat  die   &boI  "Aygiov  der  "Lykier  für 

^ypiot   Ofoi  zu  verstehen?   Hesychios  erklärt  wesensgleich    oder   völlig    identisch    mit   den 

sie  für  Titanen  (ayptoi  ^ioi'  oi  Tnävsg);  vgl.  I^-uXtiqoI    &sol    der    Solymer    erklärt,    Lobeck^ 

Max.  Mayer,  Die  Giganten  und  Titanen   103  .45r7ao/>/ja»J.  p.  1186  not.  i  (s.  unten)  und  p.  1314. 

Anm.  121.   Die  Bezeichnung  Titanen  wird  hier  Weivreich  a.  a.  0.  19  Anm.  27.    Lanckoronski, 

in  demselben  Sinne,  nur  von  Orts-  und  Landes-  Städte  Pamphylims  und  Pisidicns  2,  3  Anm.  3. 

heroen  zu  verstehen,  gebraucht  sein,  wie  von  Die  Erwähnung  dieser  Götter  findet  sich  bei 

den  kilikischen  Titanen  {Sleph.  Byz.  s.  v.  'Ä8ava.\  Plut.  de  def.  or.  21p.  421  d  e  =  Theodoret.  Graec. 

wie  von  den  Titanen  Xanthos  und  Balios  {Dio-  affect.  cur.  3  p.  46/47  Sylh.  (=  Migne,  Patrol. 
doros  Vf>n  Tarsos  bei  Eust.  ad  Hom.  11.  1190,, so  5fr.  Gr.  83,  880'  =  ed.  Paeder  3,  57  p.  84)  == 

56.    H.  L.  Ahrens,  Kleine  Schriften  308)  oder  Euseb.  Praep.  ev.  5,  5  p.  188 cd  (=1,  246  ed. 

dem  Titanen  Askos  und  seinem  Sohne  Damas-  Gifford) :    insl  xal  ZoXvfiovg  nwO-dvo^ai,  rovg 

kos,  Eudocia  p.  396.    Die  in  der  literarischen  Avxiav  nQoaoixuvg  iv  xolg  ^äXiara  n^av  xbv 

Überlieferung  als  oi  ytsgl  tov  Kgäyov  bezeich-  Kgovov.    iml  6'  icKoxrsivccg  tovg  ccQxovxag  {ccg- 

neten    Ziygioi    Qtoi   sind    wohl    mit    Meineke,  xriyixag^  Theodor.  Euseb.)  ccvxüv,  ZlgaaXov  xccl 

Anal,  crit'ca  ad  Athenaei  Deipnosophistas  189  Jgvov  {"Agvov.,  Theodor.,  "Agvxov,   Enseb.)   xui 

und  H.  Ehrlich,  Rhein.  Mus.  63  (1908),  638  als  Tgoacoßiov  {Töcoßiv,  Theod.  Euseb.\  icpvye  xal 

Kragos  und  seine  Brüder  Aufzufassen,  die  von  /ifrf;ua»prj(T6  OTioid^noxs  {xovxo  yug  ovx   ?;i;ov(7/v 

Panyasis  bei  Steph.  Byz.  633,  8  s.  v.  TgtulXt]  stnttv),  ixslvov  fiev  &ii8Xrid-f]vaL,  xovg  6h  nsgl 
als  'des  Tremiles  und  der   vvfKpr}  'Slyvyiri,   i^v  io''AQCaXov  axXr,govg  (axtg[g]ovg,  llieodor.  Euseb.) 

Uga^idixTiv  xai^ovGiv^  dXool  natSsg^  bezeichnet  d-sovg  TtgoaocyogBvsßd^at  {Tcgoöccyogtvöai,  Theod.)^ 

werden:    Tloos,    Xanthos,    Pinaros    und    Kra-  xal  ra?  xaxdgag  inl  xovxojv  Ttoieta&aL  öritioßia 

gos.    Ihre  Mutter  hält  Ehrlich  für  eine  Unter-  xal  iSia  Avyiiovg.'    Was  den  Text  betrifft,  ist 

Weltsgöttin,   und   erklärt  mit  Meineke,   gegen  wohl    &gxriyixag    statt    dgxovxag    vorzuziehen; 

den   sich   aber  schon  Ahrens  a.  a.  0.  369  ge-  von  den  Namen  der  drei  oxXriQol  oder  oxiggol 

wendet  hatte,  ihren  Grottenkultus  daraus,  daß  d'soL  (s.  unten)  kehrt  der  dritte  wohl  in   der 

in  ihnen  vulkanische  Kräfte  verkörpert  seien,  Glosse  des /Swirfas  wieder:  Toaißig.  dsbg  rcov..., 

worauf  schon  ihre  Namen  hinwiesen:  der  Name  wo  man  (s.  Btrnhardy  z.  S.)  nach  xüv  entweder 

Kgdyog  bezieht  sich  nach  Meineke  ^ad  subter-  LoXv^av  oder  Av/.i(av  oder  6xXr]ga)v  ergänzt. 

raneos  fragores  terraeque  motus\  wie  auch  der  50  Der  bei  Plut.  Jgvog,  bei  den  anderen  "Agvog 

Namen  seines  Vaters  TgsfiiXrig  *°^  xg^iiuv  hin-  bzw.  'jigvxog  überlieferte  Name  könnte  in  seiner 

weise,   die   Namen   Sciv&og  und   Tlivagog   'ad  letzteren  Form   an   den  Namen   der  lydischen 

nUilescentes  flanimarum  ignes  et   cinerum  pu-  Prinzessin  kgvrivig  (Herod.  1,74)  erinnern,  so- 

micumque  squalores^,  'TXmog  statt  Tgüog  von  wie  an  die  lykischen  Namen  zip»?  und  yip/v[6Ja? 

xgmstv   (=  perforare)    ad   montis  foramina   et  (unedierte  Inschrift  von  Termessos),  Joh.  Sund- 

firssuras.*  Osk.  Treuber,  Beiträge  zur  Geschichte  wall,    Die    einheimischen   Namen   der   Lykier 

der  Lykier  {Gymnasialprogr.  Tübingen  1886)  31  (       Klio  Beiträge  zur  alt.  Gtsch.  Beiheft   11) 

versteht  unter  den  ^Tttgl  xbv  Kgäyov^  die  der  S.  282.    Der  dritte  der  oxXr\gol  d-toi,  "jlgoaXog., 

Vorzeit  angehörigen  Bewohner  des  Kragos  über-  hat  r\2Lc\i  Lancloronski  a  a.  0.  zum  mindesten 
haupt,  so  daß  wir  hier  einen  sehr  alten  Seelen-  60  Namens-,  nach  Ed.  Meyer,  Allgemeine  Encyclo- 

kult  bezeugt  hätten,  bei   dem  die  Seelen  der  pädie  von  Ersch  und  Gruber  33,  S.  o3f,  s.  v. 

Vorfahren   überwiegend  als   feindlich   gesinnt  Karien   sogar  Wesens  Verwandtschaft  mit  "Ag- 

gedacht  wurden     Die  einfachste,  schon  durch  oriXig,    dem    Bundesgenossen    des    Gyges    im 

den    Namen   begründete    Deutung:   (vgl.  Micks  Kampfe  gegen  Kandaules,  Plut.  Quaest.  Gr.  45. 

aa:  aa.  00.  L.  Malten,  Kyrene  =  Philol.  Unter-  Derselbe   Stamm   ist  wohl  auch   in   den   lyki- 

suehungen  20,  S.  10),  worauf  auch  die  Bezeich-  sehen   Personennamen  "Agoag,  "Agaig,    'AgoäXa- 

nung  des   tbrakischen  Reiters  und  Jägers  als  yog,  kgcd^irig  u.  a.  enthalten;   vgl.  Sundwall  a. 

ayoiog  9^s6g  (s.  oben)  hinweist,  wird   die  ©sol  a.  0.  77.    Vielleicht  läßt  sich  noch  etwas  wei- 


()21         Theoi  Agreis,  Theoi  Agrioi  Theoi  Agyaioi                    622 

ter  kommen:    die  Einwohner   von  Tarsoa   ver-  118(5  not.  1  (vgl  //MHt7roron«A:i  a.  a.  O.  2,0  Anm.  4 

ehrten  als  (Jründer  und  Ahnherren  ihrer  Stadt  zu  S.  4,  wo  statt  Plut.  Quaest.  Gr.  45  zu  lesen 

Titanen:  ^ ScQxriyovs  ^x^'ch  l^Qoag  xal   ijfud-bovsy  i«t  Plut.  de  def.  or.  21)  hat  bei  Plut.  a.  a.  0.  für 

^äXXov  6h  TiTixvug\  sagt  J)io  (^firysost.  im  Ein-  Kgovov:  Kgäyov  einsetzen  wollen.  Aber  gerade 

gang   seiner   ersten    tarsischen    Hede   (2,1,14  diese  Korrektur,  g»*gen  die  freilich  aus  anderen 

IJind.).     Einer    dieser    Titanen    hieß   "Ogaavog  Gründen    schon    3Jax.  Mayer  {Pascher    AI.  L 

oder    VQGccvris:  \  (7a(>öOs)  .  .  .  vno    'Egtx^ovioi-'  s.  v   Kronos  Bd.  2,  Sp.  1490)  Einspruch  erhoben 

xTiGsrng  hsrsvxfh  xar£ö;^t'0'/]  öh  nccga  'ügüdvov  liat,  würde   gegen  die  von  ihm  angenommene 

^vbg  tCov  Titdvcov  ■nal  tTnxvlnsojg  gilr]xsv,   Ge-  üleichsetzung  der  0tol  "Aygioi  und  öfol  2«^xXrj- 

nesius  cd.  Bon.  Gl.,  b  {Corpus  Script.  Ilist.  Byz.:  10  goi   sprechen:    denn    unter    den   ersteren    sind 

Theophylactus.  Genesius).  Bei  der  nicht  seltenen  Kragos  und   die  mit  ihm  verehrten  Götter  zu 

Trübung  von   A   zu   O,  ''A^vXog:  "O^vXog  (s.  d.  verstehen;    durch    die    Konjektur   von   Lobeck 

Sp.  1283,  22  ff.),  krQtvg:  'Orgsvg  {Etym.  M.  637,  würde  aber  Kragos  in  ein  ftindliches  Verhält- 

3 f.  A'.  Maaß,  Gott.  Gel.  Anz   1890,  352.   Max.  nis  zu  dem  Götterkreis,   dem  er  selbst  ange- 

Mayer,  Hermes  27    [1892],   496),   "Aatainog    zu  hört,  gesetzt  werden. 

"OözayLog  (s.d.),  kann  sehr  wohl  auch  in  un-  Geraume  Zeit  nach  Abfassung  des  vorstehen- 
serem  Falle  "Ogßavog  für  "Agaccvog  stehen,  und  den  Artikels  hat  Weinreich ,  Triskaidekadische 
letzteres  mit  "AgoaXog  identisch  sein.  Es  wäre  Studien  (=  Peligionsgescnichtliche  Versuche  und 
dann  wie  oben  für  die  08ol  Aygeig  auch  für  Fo/ar&e«7ew  16,  1)  S.  70  tf.  erneut  über  die  yly()toi 
die  0801  ZytXr\goi  ein  Kult  in  Kilikien  nach-  20  ^fo/  gehandelt:  er  erwähnt  die  oben  (Sp.  619, 
gewiesen.  Ob  die  Lesart  0i:ol  Zy.Xr\goi  oder  Z.  18)  angeführte  Weihung  an  den  ctygiog  &sbg 
Osol  2JA,Lggoi  vorzuziehen  ist,  kann  als  gleich-  ^jrfrjxoo?  und  teilt  den  Vorschlag  von  P.  Munß. 
gültig  angesehen  werden,  da  beide  Begriffe  und  A.Brinkmann  mit,  die  viel  erörterte  In- 
synonym sind,  iofeecÄ,  .l^iZaop/i.  13 14  f. —  ZxXri-  Schrift  des  pergamenischen  Altars  zu  Qtolg 
gog  bedeutet  'hart,  unerbittlich';  vgl.  6Y.Xr]gog  ay[gioig'\  oder  ay[gorigoig'\  zu  ergänzen,  ein 
icdiLcov,  Arist.  Nuh.  1264  =  Xenokles  frym.  1  Vorschlag,  zu  dem  er  sich  aus  sachlichen  und 
bei  Nauck ,  Trag.  Gr.  Frgm.'  770.  Eur.  Alk.  äußeren  (iründen  ablehnend  verhält.  Besonders 
500.  Theokr.  440.  Die  Sphinx  heißt  G-uXriga  wichtig  aber  ist  der  von  Ed.  Meyer  dem  Ver- 
aoidög,  Soph.  O.  R.  36.  Die  dem  Kreise  des  Dio-  fasser  übermittelte  Hinweis  auf  die  phoiniki- 
nysos  angehörigen  KoßccXoi  heißen  gleichfalls  30  sehe  Parallele  der  &ygioL  dsoL  Phdon  von  By- 
GKXr}gol  dcciuovsg,  Schol.  Arist.  Plut.  279  p.  340b,  blas  berichtet  in  den  ^oiviTiL-nal  lgtoqIccl  in  dem 
i9  IJübner  und  hieraus  interpoliert  {Dindorf,  Abschnitte  über  die  svgstccl  {F.  H.  G.  3,  566 
Harpokrat.  183  not.  12.  180  not.  13)  bei  Harpo-  frgm.  2,  9):  Xgövoig  8h  vöxegov  noXXolg  ccTtö  tov 
krat.  p.  113,11  Bekker.,  Avas  nach  Loheck  a.  a.  0.  'Tipovgaviov  ytvsäg  yhvf-6%^ai  'Ayg^u  -nal  l4XUa, 
1315  hier  allerdings  auf  die  '^petulantia,^  der  tovg  aygag  y.a\  äXuLag  svQttdg,  i^  wv  yiXrid'fj- 
Daimonen  und  ihren  ^durus  et  agrestis  iocus^  vai  äy gBvt kg  xal  aXiug.,  und  weiter  (567 
sich  bezieht.  Die  Fluchgötter  der  Solymer  sind,  frgm.  2,  10):  dito  tovrcov  (sc.  TbxvIxov  xai  Frit- 
wie  es  ihr  Wesen  erfordert,  ^unerbittlich';  vgl.  vov  Avtox^ovog)  iytvovTO  sragoi^  vav  6  ^hv 
die  ^unerbittlichen  Göttinnen'  {'ÄTTagalrritoi  'Aygög  iv-ccXflro.,  6  ds  'JygovriQog  r)  'Ayg6~ 
dsai)  auf  einer  Inschrift  aus  Lesbos,  CoUitz  "266.  40  rrjs,  ov  yial  ^öccvov  tlvai  udXa  ötßda^Lov  xcd 
.AiTiri  d7iccgaixr\xog.,  Demosth.  25,11;  Q^bol  Ttaod  vccbv  ^vyocpugov^bvov  iv  ^oiri-/.r]-  Ttagd  ds  Bv- 
xb  SiyMiov  diiccQaix7iXoi,  Plato  Leg.  10,  907  B.  ßXioig  i^aigtxag  -Otcov  6  pLEyioxog  ovo^id^srai. 
Gegen  die  oben  berührte  Gleichset/ung  der  ^ETitvoricav  dh  ovxot.  aiddg  TiQogxL&Evai  xoig 
0sol  ZyiXrigoi  mit  den  Qtol  "Aygioi  hat  Trcuher  ohoig  v.al  Ttsgißokccta  yiai  a-mfiXccia  (vgl.  die  oben 
a.  a.  0.,  freilich  ohne  Begründung,  Widerspruch  Sp  6  8,  Z.42  erwähnten  Höhlen  der  dygioi  ^soi). 
erhoben:  ""Diese  6xXr,gol  mit  den  dygioi  d'bol  'Ex  tovxcov  dy  g  6t a l  kccI  ■avvriyoi  (vgl.  oben 
für  vollständig  wesensgleich  zu  halten,  dürfte  Sp.  620,  Z.  1).  Ovxoi  öa  xccl 'AXfjxai -na)  Tixävsg 
jedoch  in  etwas  zu  w^eit  gehen'  Der  Haupt-  -/o;Aoi)j'Tort  (vgl.  oben  Sp.  619,  Z.  23:  c^yp/ot -O^fo/- ot 
grund  dieser  Gleichsetzung  ist  m.  E.  die  Auf-  Tixävbg).  Ferner  berichtet  J'hilo  (569  frgm.  2, 
fassung  der  Bedeutiing  von  dygLog,  das  ja  50  25),  daß  Kronos  die  Stadt  Berytos  geschenkt 
synonym  mit  6%XriQÖg  sein  kann  {aygiog  und  habe  IIo6sid&vt  xai  Kccßsigoig  liygöxatg  ts 
GxXrigog  verbunden  bei  Arist.  Eth.  Nikom.  4,  8  %ccl  kXLSvaiv,  also  eine  wiederholte  Erwähnung 
p.  1128a,  9  [wo  die  Korrektur  dygoinog  wohl  des  'Aygog  bzw.  'Aygitvg  und  der  nach  ilm  be- 
nicht  nötig  ist].  Plut.  Solon  1.  JDio  Chrysost.  nannten  'Aygoxat,  so  daß  wohl  schwerlich  mit 
or.  7  p.  222  i?.  =  110, 16  Dmd).  Da  wir  aber  Benan,  Sur  Vorigine  et  le  charact.  verit.  de 
in  den  08ol  'kygiOL,  'Aygtig  usw.,  worauf  auch  Vhistoire  phenicienne  in  Mem.  de  VAcad.  des 
die  Bezeichnung  des  thrakischen  Jägers  als  inscr.  et  helles  lettres  23  (1858),  an  eine  mißver- 
d^sog  aygtog  und  die  oben  erwähnten  Reliefs  ständliche  Übersetzung  von  'Aygög  aus  dem 
weisen,  ^Jäger,  Götter  der  Jagd',  bei  denen  Phoinikischen  zu  denken  ist;  vgl.  0.  Gruppe, 
allerdings  ja  auch  eine  gewisse  Rauheit  anzu-  6o  Die  griech.  Culte  und  Mythen  1,  355  Anm.  9. 
nehmen  ist  {Hicks,  Journ.  of  hell.  stud.  10,57),  Auch  der  mehrere  Generationen  vor  Agreus 
erkannt  haben,  Jäger,  die  in  Höhlen  hausen  angesetzte  phoinikische  Gott  Usoos  erscheint 
und  von  ihren  Hunden  begleitet  mit  Lanzen  gleichfalls  schon  als  Jäger,  der  an  zwei  dem 
die  lykischen  Berge  durchstreifen,  etwa  in  der  Ilvg  und  üvsviia  geweihten  Säulen  blutige 
Art  unsers  "^ wütenden  Heeres',  darf  die  an  und  Opfer  darbringt:  alud  xs  enivdf-LV  avxulg  i^ 
für  sich  mögliche  Gleichung  dygiog  =  CKXrigog  vov  fiygsvs  d-7}Qi(ov.  [Höfer.] 
nicht  zu  einer  Identifikation  beider  Gruppen  Theoi  Agyaioi  (08oi  Hyvaloi),  Bezeichnung 
von  Gottheiten  benutzt  werden.  Z/OÖßc/t;,  Jg/ciop/?.  der  Laren  (s.  d.)  als  der  ^vicorum  atque  itine- 

21* 


623                    Theoi  Akraioi  Theoi  Genethlioi                  624 

rum  dei'  {Arnob.S.H)  in  derGlo8.se  im  Cot-p,  oderGomlane:  iVfoaop7js(?)  TVfa^a  tfe[fcjns.' |t^|tots; 

Ghss.  ed.  Goetz  2,  104,  16  =  6,244  b.  v.  Com-  ^[äJjjxoois.-  sixi/jv,  Journ.  of  hell.  sind.  32  (1912), 

pitalia:    Compitalia    ^i&v    &Yvai(ov    kogrccl    ai  169  nr.  31. 

yivd^Lsvai   iv  rotg  öSoig  vjto  r&v  TtgoarinopTav  Zu  S.  7  f.  (Apollou).    Fr.  Cumont  in  Sttddia 

tolg  vtxQots;  vgl,  E.  SamUr,  Familieufeste  der  Pontica  III  faec.  1,  p.  162  zu  nr.  146a  bemerkt: 

Griechen  und  Bömtr  114  Anm.  1.     [Höfer.]  *Nous  retrourer&na  ä  Sebastopolis  une  dedicace 

Theo!  Akraioi  {Osol  uxQutoO.    Auf  Münzen  ^AnoXXiovi  (nrixofo*  (n"  282).  Das  zweite  Faseikel 

TOD  Mjtilene  werden  als  &boI  ScxquIoi  bezeichnet  der  Studia  Pontica  III  ist  mir  noch  nicht  zu- 

Zeus  (mit  dem  Zepter)  in  der  Mitte,  rechts  von  gänglich;   doch   ist   anzunehmen,   daß   die  in 
ihm  Poseidon  (mit  dem  Dreizack),  links  Hades,  lo  Frage  stehende  Inschrift  mit  M^einreich  nr,  15 

Eckhel,  Doctr.  num.  vet.  2,  604.   Mionnet,  Descr.  identisch  ist. 

8,  46,  102.   Arch.  Zeit.  1852,  508.   Catdi.  Ivanoff  Zu  S.  13  (Hekate)  kommt  die  Inschrift  aus 

260.    Head ,   Bist.  num.  488.     üsener,   Bhein.  Varna,  dem  alten  Odessos:  'Exar»3(t)  inrixocoit) 

Mus.  58  (1903),  lo.    Nach  Pollux  9,  4   ist  die  'Afidtgtog:  . . . ,  Filon,  Monuments  antiques  au 

Bezeichnung  ^fol  &%qc(Ioi  gleichbedeutend  mit  Musee  National  in  Bull,  de  la  societe  archeol. 

ftBol   noXutg.    über  die  Epiklesis  'AxQula   und  Bulgare  3  (1912/13),  46  nr.  41. 

'AuQaiog  einzelner  Götter  s.  Wentzel  bei  Pauly-  Zu  S.  22  (Theos  Epekoos):   'y^yp/o)(i)  d-si^t) 

Wi880tca  1,1193  f.     [Höfer.]  i7i[r]K6(oi,  Weihinschrift  für  den  Hhrakischen 

Theoi  Basileioi  («eol  BaaiXHot).  Die  Perser  Reiter'  (Nähe  von  Pautalia),  Arch.  Anzeiger  30 
schwureil  bei   den  »boI  ßaoiXnoi  (die   lustin.  20  (1915),  222. 

11, 15, 10  regales  dei  nennt),  d.  h.  nicht  sowohl,  S.  23  f.  (Zeus).  Die  Inschrift  nr.  128  ist  jetzt 

-  wie  Abicht  zu  Herod.  3,  65  meint,  bei  den  're-  vollständig  veröflFentlicht  von  Keil  und  v.  Pre- 

gierenden'  Göttern ,  sondern  bei  den  Göttern,  merstein,  Bericht  über  eine  dritte  Meise  in  Ly- 

an  ihrer  Spitze  dem  Zeus  ßaaiXevg,  als  Schir-  dien  (Denkschr.  d.  Kais.  Akad.  d.Wiss.  zuWien, 

mer  der  königlichen  Majestät,  Herod.  3,  65.  6,  Phil.-hist.  Cl.  57  [1914],  1)  S.  61  nr.  77.    Nach- 

106.    Appian,  Syr.  60.    Plut.  De  Alex.  Magni  zutragen    ist   die    Inschrift   aus   Philadelphia: 

fort.  2,6  p.  338 f.    Cliariton,  De  Chaerea  et  Ca-  Jd  Tapyvrii'a)[t]  inri-KOO)  (Belegstelle  s.  u.  Tar- 

lirrhoe  6,7,10.    Dio  Chrysost.  or.  74  p.  399  J?.  gyenos).     [Höfer] 

(=  2,  260, 1  7>ind.).  Beiske  zu  Chariton  a.a.O.  Tlieol  Epiliurioi?   {@£ol  'Etcixovqloi^).    Die 

p.  490  f.    Lobeck,  Agioapham.  772  not.  X.    Ad.  30  angebliche  Überschrift  &£ol  ini-KovQiOL  bzw.  ^5«- 

Wühelm,  Jahreshefte  des  oesterr.  arch.  List.  1  xovgloig   &tolg   auf   zwei    attischen   Urkunden 

(1898),  156  f.    Gruppe,  Gr.  Myth.  1118,  4.  (0.  1.  A.  1,  170.  2,  814.   W.  Larfeld,  Griech.  Epi- 

[Höfer.J  graphik^  S.  553 f.    S.  Beinach,    Tratte    d'epigr. 

Theoi  D.vnatoi  (Ssoi  Jwccroi)  s.  Bd.  2,  Sp.  grecque  338)    beruht   auf  irrtümlicher  Ergän- 

859, 25  ff.  Sp.  2533, 18  ff.  Die  Inschrift  jetzt  auch  zung,    A.  Wilhelm,   Hermes  36  (1901),  448  ff. 

/.  G    12,8nr.  74,    Vgl.  0.  Kern,   Genethliakon  Vgl.  den  Art.  Theos  Blekuros.     [Höfer.J 

Carl  Bobert  zum  8.  März  1910,  S.  96.    Über  Theoi    Epilenaioi    {@boI    'EmXrjvccioL),    die 

Varros  {De  l  l  5,58}  THEOE    DYNATOE   s.  ^Keltergötter' neben  den  ^sol  inixägnioi,  aXü>oi 

Wissowa,  Hermes  22  (1886),  46  ■=  Gesammelte  und  TTgorigoaioL  erwähnt  bei  Maxim.  Tyr.  30,  4 

Abhandl.  zur  röm.  Beligions-  u.  StcCdtgeschichte  40  (2  p.  92  Beiske  =  p.  293,  1  Hobein),    v.  Prott, 

115.     [Höfer.]  Ath.  Mitt.  23  (1898),  225,  Anm.  4;  vgl.  Maxim. 

Theui  Entemeuioi  (0eot  ivTsiiivioi).    Eine  Ti/r.  a.  a.  0."  30,  5 :   inl   Xrivco   axr]6ä[LBvoi  Jio- 

Weihung  eines  Stephanephoren  aus  dem  Del-  vvam  xoQovg,  inl  uXw  JriurirQl  ogyia,  rrjv  iXcciag 

phinion  in   Milet  ist   dargebracht:    ['ÄTColXavi  yivaaiv   tri  'AQ-riva   inicpri^iaavrsg,   täv  ix  y^g 

Js]Xq>ivio}  xal  dsoig  ivxEiiBvLoig,  Kawerau  und  xagncbv  xotg  dsdayioGL  d^soTg  ScTtag^ätif^voL.    Als 

Behm,   Das  Delphinion   in   Milet  260    nr,  159  Epitheton  des  Dionysos  begegnet  imX'^viog  bei 

(=  Königl.  Museen  zu  Berlin,  Milet  384).  Unter  Orph.  Hym.  50, 1.     [Höfer.] 

diesen  ivreiiiviot,  d-sol  sind  die  im  Delphinion  Theoi  Ergatai  {0sol  'Egyäxai),  znsammen- 

neben  Apollo  verehrten    Götter  'Exdxr],    Zsvg  fassende  Bezeichnung  von  fünf  in  Megalopoliß 

ZtüXTjg^  'Agxsfiig  zu  verstehen,  Milet  a.  a.  0,  275  .50  in  Hermeugestalt  gebildeten  und  verehrten  Göt- 

nr.  129.  130.  131    (vgl.  S.  389  Anm.  1.  392  zu  tern:  Athena  Ergane,  Apollon  Agyieus,  Hermes, 

nr.  172.  408).  Auf  Delos  haben  sich  die  Weih-  Herakles  und  Eileithyia,  Paus.  8,  32,  4.  C.  Bo- 

inschriften  gefunden:   Zag[a\iii,  "lai,  'Avovß[L],  bert,    Pausanias   als  Schriftsteller    S.  189  und 

^tolg    ivxstisvioig   bzw.   {Zagoc]m,    "Tai,    9eoig  Anm.  2,  S.  209.     [Höfer.] 

iv[xBiifvioig],  I.  G.  11,  4,  1239.  1215.    Vgl.  den  Theoi  Genethlioi  {0sol  r8vid-XtoL\  die  Göt- 

Art.  Temenias.     [Höfer.]  ter,    zu   denen  man   um  Kindersegen   (naidcov 

Theoi  Epekooi  (Rsol  'Enrjxooi),  die  'erhören-  yvriöiav  yivEOiv,  Himer.  Grat.  1  p.  21  Werns- 
den'  'gnädigen'  Götter.  Über  'Enr^v.oog  als  Göt-  dorf.  Aristaenet.  Epist.  19  p.  150  Hercher.  riijxo- 
terbeiname  hat  nach  Drexler,  Jahrb.  f.  klass.  y.riv  ysviaO'oci  fioi  Tcccidcc  xat  noXXä  xovg  ysvs- 
Phü.  1892,  361  ff.  841.  1894,  330  und  Jessen  6Q  ^Xiovg  iXindgaw  &8ovg  nXrigmöai  uoi  diä  xd- 
bei  Pauly- Wissowa  5,  2731  f.  s.  v.  Epekoos  vor  x^^s  to  67tovda^6^svov,  Sopatros,  Diaeresis  re- 
allem 0.  Weinreich  in  seinem  Aufsatz  SboI  temat.  p.  320  Aid.  =  Bhet.  Gr.  ed.  Walz  8,  81, 
*EnTiY.ooi  in  Ath.  Mitt.  37  (1912),  1  —  68  gehan-  28  f.)  bittet,  unter  deren  Schutz  die  Kinder  und 
delt.  Im  folgenden  sollen  nur  einige  Ergän-  die  Ehen  stehen,  Plato  Leg.1,2  p.  729C.  9,16 
Zungen  gegeben  werden.  p.  879 CD.  Porphyr,  ad  Marcellam  2,  zu  denen 
Zu  S.  20  (Theoi  Epekooi)  kommt  die  Weih-  man  am  Geburtstag  betet,  Aristides,  Genethl. 
Inschrift  eines  Reliefs  mit  der  Darstellung  dreier  in  Apell.  I  p.  68  =  1,  113  ed.  Dindorf  Mann 
mit  Speeren  bewaffneten  Reiter  aus  Kundanli  und  Weib  sind  eng  verbunden  durch  die  -O-fol 


(525                  Theoi   Uenethlioi  'JMieoinos                         ü26 

yu[Li^XiOL  ytvbd'Xioi  tcphrioi,  Hierokles  bei  Stob.  elule    I'oscitloii   Wviaioi,    P.ms.  2,  88,  4.     A'if 

Floril.  07,  24  (3,  10,  9  Meinekc):   dieselbe  Ver-  diese  Ortschaft  l)eziftht   nioh  wohl,  was  Pam. 

bindiing  von  dsol  ya^rjUoi  und  ysvtiyXuu  auch  B,  7,  2  berichtet,   daß   die  Ar^iver  in  die  Jivri 

bei  Dionys.  Hai.  Rhetor.  2,2  (vgl.  3,4).    Pollux  genannte  (Quelle  xara  t6  Ftvt&Xiov  naXov^svov 

1,  24.  Maxim.  Ttjr.  26,  0  (2,  22  Beiske  =  Hobein  in  alter  Zeit  Kosse  aU  Opfer  für  Poseidon  ver- 

p.  248,  10:  d-eiöv  ycc(ir}lUov  rs  y.al  ohoyvIcov -kui  senkt  hiltten. 

ysvE^Xiaiv).    Ebenso  gelten    die  &boi    yBviQ-Xioi  Bei  Pind.  Ol   7,  128 ff.  (70 ff.)  in  der  Ode  für 

als  Ahnherren   und   Beschützer   der   Familien  Diagoras   aus  Rhodos  wird    Helios   ü^siicv  ö 

und  Geschlechter  =  Q'boX  ticctq^ol   (s.  Patrooi)  ytv^d-Xto?  axriVwi/  natt^g  genannt,  woza  Schal. 

oder  O-fol  y£vitai{Aesch.  Sappl.ll),  Äesch.  Sept.  lo  z.  d.  St.  bemerkt,    Helios  werde  ytvtd-XLog  ge- 

638.  Äppi'an,  Ital.  2  (1, 23,  8  ed.  Mendels.^ohn).  nannt    als    6    ^cpogog    rar    ytviahtov    änccvraiv. 

Plut.  de  superst.  4  p.  166  D.    Auch  bei  Memm-  Doch  wird  Pindar  den  (Jott  nur  als  Vater  des 

der  hai  Walz,  Rhct.  Gr.  d,  21  ö  ^^  SjiengelS,  4=01,  Lichtes   bezeichnen  gewollt   hal)en.    Die  erste 

19,  wo  der  Bräutigam  beten  soll  zu  "Egcon,  rf;  F]rklärung  ist  wohl   herausgesponnen   aus  der 

'Effrta,  ToTg  ytved'Xioi?  ist  das  letzte  nicht  Ap-  späteren  Auffassung   des   Helios   als   der  alles 

Position,    sondern    fügt    einen    neuen    Begriff  schaffenden  Urkraft,  wie  Macroh.  Sat.  1,17,35 

hinzu.    Vgl.  Lobeck,  Aglaophamiis  766ft.  1238  berichtet,    daß   in    Kamarina    dem   aU    Helios 

und  Anm.  h.    Theod.  Bader,  De  Graecis  quibus-  gedeuteten  Apollon  ksiytvvrjTr^g  geopfert  werde, 

damdeoruri\  appellationibus  (Prpgr.  Schlcmingen  d.  h.  '  ra  xov  ccvtbv  Scsl    yiyvBöd-ai  xul  ysvv&v, 

1867)  S.  9  ff.    Chr.  Petersen,   Über  die  Gehurt'^-  ijo  id  est,  quod  semper  exorieyix  gignitur,  quodque 

tagsfeier   bei   den   Griechen   in   Jahrb.  f.  klass.  ipse   generat    uni.versa    inseminando,    forendo, 

Philol.  Suppl.  2,  317  ff.    Jessen  bei  Paiäy-Wis-  producendo,  alendo,  augendoque\ 

sowa  8.  V.  Genethlios.    Von  einzelnen   Göttern  Den  bei  Pind.  Ol.  i'6.  101  (148)  genannten 

führt  den   Beinamen   V^vind^Xiog    Zeus,    Pind.  ^atfta)r  yfW-O'Xtos  erklärt  das /Vc/io?.  z.  d.  St.  als 

Pytii.  4,  298  (167).    Ol.  8,  20  (16).    [Aristot.]  de  t6  6vy%X7]g(of^lv  öaiiioviov  oder  ö  Q-hog  6  dioi- 

mundo   7,  410a  20.    Dio    Chrysost.  7   p.  269  jR.  y.mv  ...rbv  ßlov  anb  yavBOscog;  vgl.  Wilh. Schmidt, 

(=  1,  139,  19  Dind.).    Maximus  Tyr.  41,  2  (2,  Geburtstag  im  Altertum  {Religionsgesch.  Versuche 

276  B.  =  474,  10  Hob.).    Plut.  Amat.  4  {Uv(ov  u.  Vorarbeiten  7,  1)  S.  lOf.  (vgl.  i;.     [Höfer.] 

xal   Ixst&v   Sf.dixiag   6    ^iviog,    yovscov    ügag    0  Theoi    Helleiiioi    {Gsol    EXXijviui},    die    Ge- 

rsvid-Xiog  öiöiKSt.  xat   ii^rstüi).    Liban.  Declam.  30  samtheit    der   nationalen   hellenischen   Götter, 

49  (4,  751  Beiske  =  7,  665,  4  Foerster):  ngbg  TLcc-  die  besonders  in  dem  Sinne  angerufen  werden, 

rgapov  v.cc\  FsvsQ'Xiov.  Hieronymus  adv.  lovinian.  daß  sie  die  nationale  F'reiheit  und  Unabhängig- 

1,  48  p.  318  =  Migne,  Patrol.  Ser.  1,23  p.  280  keit  (dsovg  Tcdwag  '^EXXr]vlovg  zal  'EXsvd'sglovg 

(Ridicule  Chrysippus  ducendam  uxorem  sapienti  tovg  ccvtovg,  Ael.  var.  hist.  12, 1  p.  119,  14  Her- 

praecipit,   ne  lovem    Gamelium   et    Genethlium.  c/ier)  schlitzen  sollen,  ITerorf.  5,  49,  92  r;.  Heliod. 

violet.    Isto  enim  modo  apud  Ijatinos  ducenda  Aethiop.  5,  4.    Luc.  Herc.  2 :    vgl.  Ael.  a.  a.  0. 

uxor  non  erit,  quia  lovem  non  habent  Nuptialem).  2,  9   (öj  IloXiccg  'Ad-rivä   xal  'EXsv&^gis  Zsv   nal 

Wie   Zeus   als    Ttcctgoiog  und   y^vid-Xiog,    so  ^EXXi]V(ov  d-sol  Tcdvrsg):.  vgl   r.  Wilamowitz,  Ho- 

wurde  Apollon  in  Eretria  und  Magnesia  als  mer.  Untersuch.  Si^,^.   Aus  Naukratis  sind  Wei- 

natgmog  und  ysvEGiog  verehrt,  Plut.  de  Pyth.  or.  40  hungen  bekannt,  dargebracht  d-^solöi  T[olg]  ^EX- 

16  p.  402  A.  Vielleicht  gehört  hierher  auch  der  X-^vlcov  oder  'EHrjv[tots,  Hogarth,  Excavations  at 

delische  Apollon  Ff  vfcTcop,  Tim.  F.  H.  G.  1,211^  Naukratis   in   Annual   of  the   Brit.  School   at 

79  [Censor.  de  die  nat.  2,  3].    Arist.  F.  H.  G.  2,  Athens  5  (1898/99),  p.  44 f.  p.  55 f.   Auch  in  der 

165,  166.    Diog.  Laert.  8,  1,  13.     Gruppe,   Gr.  Stadt  der  von  Abkunft  hellenischen  Gelonoi  im 

Myth.  1233,2.    Erwähnt  sei  auch  die  in  Thra-  Gebiet   der   skythischen    Budinoi   bestand   ein 

kien  in  der  Nähe  des  heutigen  Jamboli  gefun-  Kultus  der  ^EXXriviv.01  dsoi,  Herod.  4,  108.  Über 

dene,    von    einem    römischen    Legionssoldaten  das  einzelnen  Göttern  (Zeus,  Athena)  gegebene 

dem  rsviyim{L)   'AiroXXbjvi    dargebrachte   Weih-  Epitheton  Hellenios,  -ia  vgl.  Jessen  bei  Pauly- 

inschrift,    Filon,    Monuments   ant.   au    Musee  Wissowa  s.  v.  Hellenios.     [Höfer.] 

National  in  Bull,  de  la  soc.  arcli.  bulgare  3,  1  50      Theoi  Ischyroi  [QeoI  'löxvgoi)  s.  Theoi  Dy- 

(1912/13),  S.  37  nr.  31.  natoi.    Den   dsbg  iGxvgög    (s.  d.  Art.  Ischyros) 

Aphrodite  heißt  [iBiXixtog  xal  y^vi^Xiog,  faßt  Pick,  Arch.  Jahrb.  13^  165  Anm.  102  als 

Plut.  Is.et  Osi'r.  48;  vgl.  die  mit  der  Aphrodite  eine  Form  des  Unterweltgottes  auf.       [Höfer.] 

Kolias  verbundene  Genetyllis,   die  so  genannt  Theoi   Kiboreias.    Auf  einer  Inschrift  aus 

ist   dm   t6   ysvsaacag  ccvtriv  slvcci  tolg  ccrd-gm-  Deir  El-Ashair  im  Norden  des  Hermongebirges 

noLg  cclticcv   ngoiGtcc^svTjv   toov   ydacov  xai  t&v  wird   ein    äg%iSQBvg  d'söbv   KißogEiag    erwähnt; 

inl  tolg  ydfioig  \iv6trigicov,  Schol.  Ar.  Niib.  52,  das  letztere  wohl  eine  Lokalität,  vielleicht  der 

Röscher,  M.  L.  2,  1270.  antike   Name    der   gegenwärtigen    Fundstätte. 

Poseidon  hatte  als  Fsvsd'Xiog  in  Sparta  Jalabert,  Melanges  de  la  faculte  Orientale  üni- 
einen  Tempel,  Paus.  3,15,  10.  Wide,  Lakon.  60  rersite  Saint-Joseph  Beyrouth  2,279.  [Höfer.] 
Kulte  45.  Das  Genethlion  bei  Troizen,  wo  The-  Theoi  Los^ioi  {&eoi.  loyioi),  die  Götter,  die 
seus  geboren  sein  sollte,  setzt  wohl  gleichfalls  die  Gabe  der  Rede  verleihen,  in  erster  Linie 
einen  Kult  des  Poseidon  Genethlios  voraus,  wohl  Hermes  Logios,  Liban.  or.  65  (3,  459,  9 
Paus.  2,32,9.  Wide,  De  sacris  Troezen.  12  f.  Beiske)  =  or.  62  {4:,  SSO,  17  Foerster).  [Höfer.] 
Nach  Apoll.  Bhod.  2,4:  gebar  die  bithynische  Theoinos  {Rsoivog),  Bezeichnung  bzw^  Bei- 
Nymphe Melia  dem  Poseidon  Genethlios  den  name  des  Dionysos:  Zu  Lykophr.  1247:  ov  (des 
Amykos.  Identisch  ist  wohl  der  in  der  südlich  Telephos)  not'  OUovgbg  äogv  yvdfixhsL  &BOivog 
von  Lerna  gelegenen  Ortschaft  Genesion   ver-  bemerkt  das  Schol.  p.  357,  19  Scheer:    &soivog 


627                         Theoinos  Theoklymenos                    628 

ö  aiTOj  (seil.  Jiovvaog)  otg  .iii.^*A.j,  ^// »///'•  .l'>i/<>/to«  (s.  oben)  j^enannten  dionysischen  Mai- 
882  N'j  TtdxfQ  SiotPfy  Maivaitou  jtvxrrjpte  xctl  vadsg  und  ursprünt^lich  wohl  auch  mit  den  von 
jJiovvaiog  Zxvßvatog  (v.  1.:  ^xiwr'aroc;  vj^l.  den  Aiolern  in  Orchomeuos  verehrten  Kopcavidse 
auch  Müller,  F.  H.  G.  2,9  fr.  10)  ^a  ra^'  Sioi-  rcuod^svoi  (s,  d.  A.  Koronides  und  dazu  die  Kr- 
vov  xai  Kogcavidag  (so  die  besten  Handschr.,  kUlrun^  für  die  bei  Ovid  auftretenden  zwei 
V.  1. :  KvQcavidov)  xogag.  Auch  die  Glossen  er-  männlichen  Coronae  von  K(tnnengießer,  Klio 
wähnen  den  Theoinos:  xov  yug  Jiovvaov  fHoi-  Beiträge  zur  alten  Gesch.  11  [1^11]  S.  33).  — 
vov  Ufyov^  a>g  drjZof  Alöx^'^og  (s.  oben)  xal  J.  Boehlau^  Bonner  IStudien:  Aufsätze  aus  der 
"/tfrpo?  ^v  a' 2rt'va*/ö)y(bi'(K/f.  G.  1,418  fr.  p.  5),  Altertumswissenschaft  Reinh.  Kekule  gewidmet 
Harpokrat.  s.  v.  f^aoiviov  (p.  151  Dind);  tov  lo  S.  130  schließt  aus  Nonti.  Diouys.  4s, 555,  wo 
-/äff  Jiövvöov  (^foivov  ^ifyov,  Phot.  s.  v.  ö«ot-  Koronis  als  Mutter  der  Charites  von  Dionysos  ge- 
viov  (p.  83, 24  f.)  &e6g  f^eotvog  Jiövvaog^  He-  nannt  wird,  daß  unsere  XopDjv/d^8ff(7ia>()oWdos?) 
sych.  8.  V.  Oeoivta.  Nach  der  Glosse  bei  Pliot.  xopat  mit  den  Charitcs  identisch  sind,  [liöfer.] 
83,26:  Otolviov:  Ugöv  diovvaov,  &(f'  ov  xal  Theol  Protoi?  (0fol /7pe5rot?),  zusammenfas- 
yivog  [hieraus  hat  Fritzsche,  De  Lenaeis  At-  sende  Bezeichnung  der  in  Megalopolis  zu  einer 
tieis  6  ein  attisches  Adelsgeschlecht  &hoivl6cci  Kulteinheit  verbundenen  Hören,  des  Pan  und 
oder  SBOtvtdöcct  erschlossen]  und  nach  der  des  Apollon,  PrtM.9  8, 31,3.  Ilsener,  Rhein.  Mus. 
noch  küraeren  bei  Bekker,  Anecd  Gr.  264,6:  58  (1903),  28.  Vjrl.  auch  die  Bezeichnung  des 
Osoiviov  iegop  ^lovvoovy  die  beide  freilich  Memnon  als  6  ^^bg  rav  d-srnv  [«plobrcov  in  einer 
nach  /.  Toepffer,  Att.  Genealogie  12  Anm.  2  in  20  Inschrift  aus  dem  ägyptischen  Theben,  (\  I.  G. 
stark  gekürzter  und  verstümmelter  Gestalt  vor-  3,4805.  Nach  Schubart  wäre  bei  /Viws.  a.  a.  0. 
liegen,  könnte  es  scheinen,  als  habe  der  Theoi-  statt  nQmtcov  zu  lesen  nargacov.  [Höfer.J 
no8  ein  eigenes  Kultlokal,  ein  Heiligtum  be-  Theoi  Samothrakes  {@söl  lla^od-Quxsg)  s. 
sessen,  und  so  hat  in  der  Tat  0.  Gilbert,  Die  Samothrakes,  wo  S.  306 f.  nr.  2  nachzutragen 
Festzeit  der  attischen  Dionysi^n  164  das  Theoi-  ist  die  Inschrift  aus  Delos:  &8otg  ^Jaiiod^ga^iv 
nion  mit  dem  Lenaion  identifiziert.  Dagegen  svxrjv^  Corr.  hell.  37  (1912),  202  nr.  11.  Die  In- 
halt Aug.  Frickenhaus,  Lende nvasen  {72*"^  BerL  schrift  aus  Koptos  (S.  307,  36)  s.  jetzt  auch  bei 
Winckelmantisprogr.)  26  (vgl.  29  Anm.  23)  die  Breccia,  Cat.  geveral  des  ant.  Egyptiemies  du 
Existenz  eines  selbständigen  Kultortes  des  Musee  d'Alexandrie  57 :  Iscrizioni  Greche  e  La- 
Theoinos  für  unwahrscheinlich;  vielleicht  sei  30  tine  p.  69  nr.  109.  —  @sol  iv  Za^oQ-gayir]  (S.  307, 
Theoinos  nur  der  besondere  Kultname  eines  29  f.),  Kaiinka,  Antike  Denkm.  in'  Bulgarien 
für  gewöhnlich  anders  genannten  Gottes,  wahr-  nr.  95,,,  p.  89.     [Höfer.] 

scheinlich  des  lakchos  (s.  d ).    Nach  Foucart,  Theoi  Skleroi  {ffeol  ZKXrjQoi)  s.  Theoi  Agrioi 

Le  culte  de   Dionysos  en  Attique  (=  Memotres  und  dazu  v.  Paucker,  Arch.  Zeit.  9)  1851),  379. 

de  Vinst.  national  de  France:  Acad.  des  inscr.  Panofka,  Arch.  Zeit.  10  (1852),  508.      [Höfer.J 

e<  6e/Zc«-/«/fr<'.s'37,  II  [1906J  p.  84f.)  wäreTheoi-  Tlieoi    Syngeneioi    {&sol    Svyyivsioi).    Auf 

nos  der  Name  des  speziell  im  Demos  Ikaria  einer  Inschrift  aus  Termessos  in  Pisidien  ([ev^a- 

verehrten    Dionysos    gewesen.    Dem    Theoinos  ü^kl   pihv   rm  Jd   xal  r]otg  aXXoig   ^sotg  rolg 

galt  das   Fest  der   Gsoivicc,   das    ausdrücklich  6vvysv[Eioig]  begegnen  die  ^boI  cvyy4vsiot.,  die 

als  ein  altes  Ge^chlechterfest  bezeichnet  wird;  40  wohl   mit  den   Tltöidixol  d-sol  (s.  d.)  identisch 

vgl.  Harpokrat.  p.  151:   ra  xatcc  drjuovg  Jio-  sind.  Ad.  Wilhelm,  Neue  Beiträge  zur  griech. 

vvGia  Sfoivia.  iUysto,   iv  olg  ol  yevvi)Tai  ini-  Inschriftenkunde  II  (Sitzungsber.  d.  Kais.  Akad. 

»vov  {dni^vov,  Phot),  Toepffer  a.  a.  0.  12.  14.  d.  Wiss.  in  Wien  166  [1912J,  III)  S.  3^.  12,.  S.9. 

105,  vgl.  V.  Prott,   Ath    Mitt.  2.S   (1898),   224.  [Höfer.] 

Mit  dem   Kulte  des  Theoinos  haben  die  Ge-  Tlieokles  {@BoxXr)g\  Vater  des  Sehers  Krios 

schlechter  der  Krokoniden  und  Koironiden  enge  (s.  d.  nr.  2),  Paus.  3,13,3.     [Höfer.J 

Beziehungen   gehabt,   Lykurg,  bei   Harpohrat.  TlieoklynienoH  {Qso-AXviiBvog).,  Seher  in  den 

a.  a.  0.   A.  Mommsen  hat  die  in  seiner  Heor-  von  Kammer,  Einheit  der  Odyssee  572.  Kirch- 

tologie  :i27  (vgl.  359**)  aufgestellte,  von  Gilbert  hoff,  Odyssee^  572.    Hennings,  Homers  Odyssee 

a.  a.  0.  162f.   gebilligte   Vermutung,   daß   un-  5a  114.  534 f.  L.  Adam,  Der  Aufbau  der  Odyssee 

beschadet  des  durch  feste  Zeugnisse  erwiesenen  85.  116   als   Interpolation,  von  v.  Wilamowitz, 

Qioivog  das   Fe^t  ursprünglich  nicht  OtoLvia,  Homer.   Untersuch.  42  f.  94,^  Dümmler,   Rhein. 

sondern    Gsöyvia.    (=  Geburts-  bzw.   Anferste-  Mus.  45  (1890),  197  f  =  ^Z.  6'c//n/i;en  2,399  als 

hungsfest    des  Dionysos)    geheißen    habe    und  jung    (vgl.    aber    auch    Nägelsbach- Autenrieth, 

daß  0soivia  absichtlich,  jedoch  nicht  sinnlos  Homer.  Theologie  167)  bezeichneten  Partien  in 

aus  Osdyiva  verdreht  sei,  in   der  Neubearbei-  Homers  Odyssee:  Theoklymenos,  der  Sohn  des 

tung  ^Feste  der  Stadt  Athen^   stillschweigend  Sehers  Polypheides  (s.  d.)  —  nach  Pherekydes 

zurückgenommen.    Diese  Vermutung  gründete  im  Schol.  Hom.  Od.  15,  223  hieß  seine  Mutter 

sich    auf  die    Lesart    ©toyvia    einiger    Hand-  Sariusa  (s.  d.),   sein  Bruder  Hannonides.    Die 

Schriften   für   GboIvlcc  bei  Demosth.  59,78  (die  60  Stelle  ist  Bd.  3,  Sp.  2691,  iff.  s.  v.  Polypheides 

Stelle  ist  abgedruckt  oben  Bd.  2  Sp.  280, 43  ff.  abgedruckt  und  behandelt.    Nachzutragen  ist 

u.  lobakchos),  und   so  nimmt  auch   Petersen,  die  Behandlung  der  Stelle  durch  A.  Ludwich, 

Rhein.  Mus.  68  (1913),  248f.  (vgl   242)  an,  daß  Jahrb.   f.   kJass.   Phil    105    (1872),    315f.,    der 

der  Name   des  Dionysosfestes   im  Volksmunde  schreibt:  noXvcpsidrig  6  MavxLov  yriuag  Zägia- 

zwischen  ©ioivia.  und  Geöyvia  ==  ^Geburtsfeier  cav  rrjv  Ainovog  iv  'EXsvaivi  mxsi '  yivovrai  dh 

des  Gottes'  geschwankt  habe.    Die  mit  Theoinos  avta  Tcaidsg  'Ag{Lovi8r\g  xcä  Gfo-AXviitvog.    Nach 

genannten  KogcavlSsg  xögai  sind  nach  Toepffer  Ludwich  ist  von  einem  Glossographen  zur  Er- 

a.  a.  0    13.  105  identisch  zunächst  mit  den  von  klärung    von    Hdgiaaav   das    gleichbedeutende 


62iJ                      Theoklyiiienos  Theoklyrnenos                      630 

aix^iiiiv  bei<:^eschrieben  und  dieses  von  dem  der  Psamathe,  Brudcir  der  Thcoiioc  (v.  4  ff.)  ist 
Schrtiber  (lea  Schol.  M  Jlom.  a.  a.  (>.  in  ein  iiacb  dem  Todß  seine.s  Vaters,  bei  dem  Helena 
nomen  proprium  verwandelt  worden ;  Uäiftaaav  weilt,  Herrscher  und  Nachfolger  d«'8  Proteus 
sei  dann  in  2JaQiov6ui>  verwandelt  worden.  {geworden  (466.  787,  1044.  n;4J»).  Ein  gewaltiger 
Freilich  ist  der  Eigenname  UdgiöGa  sonst  nicht  Jäger  (1169  f.),  grimmiger  Feind  aller  Hellenen 
zu  belegen  —  undTh.  Abkömmling  des  Melampus  (468)  opfert  er  jeden  von  die.sen,  der  in  seine 
(Melampus-Mantios-Polypheides-Theokl.vmenoH,  Hände  fallt  {ib'y.  4H0.  781.  80:5.  807.  1172  ff.), 
Etist.  ad  H()7n.  Od.  1780,  10  ff.  55,  vgl.  Plato,  trägt  also,  wie  Stark,  Gaza  und  die  pfiüist. 
Ion  9  p.  r)38  E.  Immiscli,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  Küste  282  bemerkt,  den  düsteren,  fremden- 
Suppl.  17,  176)  und  wie  sein  Vater  selbst  Seher,  lo  feindlichen  Charakter  des  ßusiris.  Der  einzige 
muß  ans  Argos  vor  der  Rache  der  Verwandten  sympathische  Zug  an  ihm  ist  seine  Liebe  zu 
eines  von  ihm  erschlagenen  Mitbürgers  fliehen,  seinem  verstorbenen  Vater  (1165  ff.).  Die  Be- 
kommt nach  Pylos,  wö  er  den  Telemachos  trift't,  lena  verfolgt  er  trotz  ihres  Widerwillens  gegen 
der  gerade  Vorbereitungen  zu  seiner  Abfahrt  ihn  mit  seiner  Werbung  (63  ff.  294  f.  :U4.  552. 
nach  Ithaka  trifft,  und  bittet  ihn  um  Schutz  und  784.  799.  118H),  läßt  sich  dadurch,  daß  Helena 
Aufnahme,  die  ihm  Telomach  bereitwillig  zu-  scheinbar  seinen  Wunsch  erfüllen  will  (1231  ff. 
sagt,  Hotu.  Od.  15,  223  ff.  Nach  der  Ankunft  in  13'Ji)ff.  1432  ff),  täuschen  und  schäumt,  als  er 
Ithaka  will  ihn  Telemachos  zunächst  an  Eury-  den  Trug  und  die  Flucht  der  Helena  entd^^ckt, 
machos,  den  einflußreichsten  Freier  seiner  in  seiner  Wut  so  auf,  daß  er  seine  Schwester 
Mutter,  verweisen,  da  er  es  im  Interesse  seines  20  als  Mitschuldige  töten  will  (1624 ff.  16;')6);  das 
Schützlings  nicht  für  angebracht  hält,  ihn  bei  Erscheinen  der  Dioskuren  löst  die  Schwierig- 
sich  selbst  aufzunehmen,  bittet  aber,  bestimmt  keiten.  Der  Name  Theoklyrnenos  wird  (v.  9?.) 
durch  eine  Prophezeiung  des  Theoklyrnenos,  erklärt:  ort  äi]  d-sovg  atßav  ßtov  diijveyyi' ;  das 
seinen  Gefährten  Peiraios  ihm  Aufnahme  zu  stimmt  aber  nicht  mit  seinem  Charakter;  heißt 
gewähren.  Od.  15,  508  ff.  Noch  zweimal  tritt  er  doch  aGEnrog  Ticctg  UgarsMc  {bi2)  und  &v6- 
Theoklymenos  als  Seher  auf:  einmal,  als  er  aiog  (1054).  Der  Vers  ist  daher  entweder  mit 
aus  dem  Hause  des  Peiraios  von  Telemachos  einigen  der  Herausgeber  zu  streichen  oder  mit 
in  den  Palast  geführt  in  Gegenwart  der  Pene-  Eug.  Heel,  Krit.  u.  execjet.  Bemerkungen  zu 
lope  verkündet,  daß  Odysseus  bereits  in  der  Euripides:  Helena  I  (Diss.  München)  20  ff.  26: 
Heimat  weilt.  Od.  17,  72  ft'.  151  ff.,  und  zum  an-  30  o^ri  öi]  d-£ovg  6^ßoiv  zu  schreiben.  Pott,  Kuhns 
dem,  als  er  den  übermütigen  Freiern  in  einem  Zeitschrift  6,  115  (vgl.  9,203  Anm )  erklärt  den 
fast  visionären  Zustande  ihr  Geschick  voraus-  Namen  als  'mit  der  Götter  Hilfe  beriihmt', 
sagt,  wobei  er  freilich  von  diesen  nur  Spott  läßt  aber  auch  (Philologus  Suppl.  2.  276)  die 
und  Hohn  erntet,  Od.  20,  350  ff.  Gegen  die  Möglichkeit  offen,  daß  der  Name  mit  yiXv^siv 
auch  schon  im  Altertum  verbreitete  Ansicht  zusammenhängt,  was  für  Theoklyrnenos,  den 
(P/Mi.P/ac.P/i/7.  4,12 \  daß  Theoklymenos  seine  Sohn  des  aliog  y^gav  Proteus,  passen  würde. 
Prophezeiung  vom  Freiermord  in  enthusiasti-  Doch  verbieten  sprachliche  Gesetze  diese  Ab- 
schem,  verzücktem  Zustand  {as^rivoag,  Plut.  a.  leitung.  —  3)  Diener  des  Kadmos,  Nonn. 
ik.O.  Hennings  a.a.O.  534;  \g\.  Pohde,  Psyche  Dionys.  5,11.  —  4)  Sohn  des  Lyderkönigs 
2^11)  vorbringe,  hat  sich  nach  dem  Vorgange  40  Tmolos,  Pseudo-Plut.  de  fluv.  7,5.  —  5)  Lieb- 
von  Lobeck,  Aglaopham.  264  besonders  jffew«-  haber  derIsmene  =  Periklymenos(s.d.),i^f/w>^e;•- 
»^€r^m^,  De  Theoclymeno  vate  (Progr.  Kgl.  mos  [frgm.  21)  im  Argum.  Soph.  Ant  —  Bobert, 
Kath.  Gymnas.  an  Marzellen  zu  Köln  18^2)  Oidipiis  1,12-1.  124.  1*28  hat  seine  Bild  und 
S.  15  gewendet:  Theoklyrnenos  ist  nicht  selbst  Lied  20  Anm.  19  entwickelte  von  Toepffer,  Atti- 
Ton  einem  göttlichen  Geiste  erfüllt,  sondern  sehe  Genealogie  226  Anm.  1  gebilligte  Ansicht, 
ausgenommen  von  der  Verblendung,  die  die  daß  auch  bei  Mimnermos  der  Liebhaber  der 
Gottheit  über  die  Freier  verhängt  hat:  vgl.  Ismene  den  Namen  Periklymenos  führte,  der 
Gruppe,  Gr.  Myth.  926, 2fi\  Theoklyrnenos,  aber  durch  den  aus  der  Schullektüre  bekann- 
dessen  Name  nach  Eust.  ad  Hom.  Od.  17hO,  19  ten  Namen  des  Sehers  der  Qdyssee  verdrängt 
bedeutet  ^tä  iv.  Q^eüv  v.lv(ov\  wird  weiter  als  50  worden  sei,  aufs  neue  betont.  Allerdings  führt 
Seher  genannt  bei  Hygin,  f.  128  (p.  112,4  mit  auf  der  korinthischen  Vase  des  Louvre  —  (zu 
der  Adnotatio  von  Schmidt).  Clem.  Alex.  Strom.  der  Bd.  3,  Sp.  1967,  60  ff.  angeführten  Literatur 
p.  400  P.  =  p.  869  Migne=  1,21,  131,  3  ed.  ist  hinzuzufügen:  &bg.  E.  Pottier,Vases  antiques 
Stählin  2,  83i7  {f)so'AXvu£vog  iv  Kscpallrivia);  du  Louvre  1  pl.  50  E  640,  vgl.  p.  58  nr.  640  E. 
vgl.  Ael.  n.  a.  8,  5  ©sokXv^i-vol  =  ""Wahrsager  Perrot,  Hist  de  Vart  9,  646.  Duriiy,  Hist.  des 
wie  Th.'  —  2)  Theoklyrnenos  in  Euripides'  Bomains  2,  132.  Wiener  Vorlegebl.  1889,  Taf 
Helena  ist  wohl  von  Euripides  frei  erdichtet  XI,  4.  Bobert,  Oidipus  1,  122  Abb.  32:  *^der 
und  selbst  der  Name  in  diesem  Zusammen-  nackt  auf  einem  breiten  Lager  liegenden  Is- 
hang  vielleicht  von  ihm  erfunden  worden,  mene  stößt  Tydeus  das  Schwert  in  die  Bru'St, 
wenngleich  es  nicht  ausgeschlossen  ist,  daß  60  während  ihr  Buhle  Periklymenos  feige  entflieht, 
sein  und  seiner  Schwester  Theonoe  (s.d.)  Na-  Ein  berittener  Knappe  des  Tydeus,  Klytos, 
men  schon  bei  Stesichoros  vorkamen;  aber  die  schließt,  natürlich  außerhalb  des  Hauses  zu 
Rolle,  die  Theoklymenos  und  Theonoe  spielen  denken,  links  die  Szene  ab')  —  der  fliehende 
und  ihr  Verhältnis  zu  Menelaos  und  Helena  Buhle  der  Ismene  den  Namen  Periklymenos, 
sind  sicher  eine  Neuerung  des  Euripides,  Max.  und  demgemäß  ergänzt  Bobert,  Oidipus  123 
Mayer,  De  Euripidis  mythopoeia  (Berlin  1883)  nach  dem  Vorgang  von  G  C.  Bichards,  Journ. 
S.  15  ff.  A.v.Premerstein,  Philologus  55(1896),  of  hell.  stud.  13,282  auf  dem  Fragment  eines 
648 ff.   Theoklymenos,    Sohn   des   Proteus  und  schwarzfigurigen  attischen  Skyphos,   auf  dem. 


Ü31 


Theou 


Theopliane 


632 


wie  der  vollständig  erhaltene  Name  '  laiii]vt] 
(vgl.  P.  Kretschmer,  Die  griech.  Vasenimchr.  228 
Nachtrag  33,  S.  60)  zeigt,  derselbe  Vorjrang 
dargestellt  war,  die  Buchstabenreste  N3M  zu 
(Perikly)men(08);  abg.  /.  H.  St.  a.  a.  0.  Taf.  11,  l. 
Botho  Graef,  Die  antiken  Vwen  von  der  Akro- 
polis  zu  Athen  1  Taf.  29,  603,  vgl.S.  68.  üohert, 
Oidipus  128  Abb.  33;  s.  auch  E.  Pfuhl,  Her- 
mes 50  (1916),  468  ff.  Aber  warum  kann  der 
Name  Tbeoklymenos  nicht  auf  einer  anderen 
Überlieferung  beruhen?  Neben  dem  Namen 
Eallisto,  der  Mutter  des  Arkas,  finden  sich  die 
Varianten  Megisto  und  Themisto,  —  die  Schwe- 
ster des  Tennes  heißt  Hemithea,  Amphithea, 
Leukothea,  neben  Theiodamas  findet  sich  Theio- 
menes,  —  die  Beispiele  lassen  sich  leicht  noch 
mehren.     [Höfer.] 

Theon  {Siayv)^  einer  der  Hunde  des  Daphuis 
(8.  d.),  Ael.  not.  an.  11, 13.     [Höfer.] 

TheonoS  (ösovörj)  1)  Tochter  des  Proteus 
und  der  Psamathe,  Schwester  des  Tbeoklyme- 
nos (s.  d.  1),  Eur.  Hei.  4  ff.  821.  Ariat.  Thesm. 
897.  Ihr  früherer  Name  war  Eldm  (Kurzform 
zu  Eiäod'ia)^  Eur.  11;  den  Namen  (XQriOTi^QLOv 
övoiia  V.  822)  Theonoe,  der  auf  ihre  göttliche 
Einsicht  {Plato,  Kratyl,  407  b.  Feit,  Kuhns 
Zeitschr.  6,243)  hindeutet,  erhielt  sie,  weil  sie 
von  ihrem  Vorfahren  Nereus  (v.  318  ff.  1003)  die 
Grabe  der  Weissagung  (daher  ^eaniaöbg  Gso- 
9071  V.  146.  859)  erhalten  hat.  Im  Gegensatz  zu 
ihrem  Bruder  Tbeoklymenos  (s.  d.)  ist  sie  gütig 
und  mitleidig,  wie  sie  ja  auch  schon  bei  Hom. 
Od.  4, 365  ff.  dem  Menelaos  beisteht.  Sie  kündet 
der  Helena,  daß  Menelaos  noch  am  Leben 
weilt  (529  ff.  873),  ist  den  Ehegatten  behilflich, 
auch  gegen  den  Willen  ihres  Bruders  das 
Land  zu  verlassen  (1005  ff.  1370  ff.)  und  wäre 
ohne  das  Einschreiten  der  Dioskuren  (1642  ff.) 
der  Rache  des  Tbeoklymenos  zum  Opfer  ge- 
fallen (1624  ff.).  —  Ihr  Name  ist  vielleicht  auch 
bei  Hygin.  f.  128  (p.  112,4)  einzusetzen  s.  M. 
Schmidt  z.  d.  St.  Von  ihrer  unerwiderten  Liebe 
zu  Kanobos,  dem  Steuermanne  des  Menelaos, 
berichtet  (nach  dem  Vorgang  alexandrinischer 
Dichter)  U.  Hoefer,  Konon  89  f.  109)  Kanon 
Narr.  8.  —  2)  Tochter  des  Thestor  (also  Schwe- 
ster des  Kalchas;  in  Beziehung  auf  das  Seher- 
amt ihres  Großvaters  und  Bruders  trägt  sie  ihren 
Namen)  und  Schwester  der  Leukippe.  Beim  Spiel 
am  Meeresstrande  wird  sie  von  Seeräubern  ent- 
fuhrt und  dem  König  Ikaros  von  Karien  ver- 
kauft, der  sie  zu  seiner  Geliebten  macht.  Ihr 
Vater,  der,  um  sie  zu  suchen,  auszieht,  erleidet 
an  der  Küste  von  Karien  Schiffbruch,  wird 
gefangen  und  Sklave  des  Ikaros.  Nachdem 
Vater  und  Schwester  verschwunden  sind, 
wendet  sich  Leukippe  an  das  delphische 
Orakel  und  erhält  die  Antwort,  sie  solle  als 
Apollopriester  in  die  Weite  ziehen ;  dann  werde 
sie  die  Verlorenen  finden.  Sie  läßt  sich  darauf 
ihre  Haare  scheren  und  kommt  als  jugend- 
licher Priester  nach  Karien.  Hier  erglüht  ihre 
Schwester  Theonoe  in  Liebe  für  den  vermeint- 
lichen Priester  und  läßt  ihn  vor  sich  führen, 
um  seine  Liebe  zu  genießen  —  damit  steht 
freilich  in  starkem  Widerspruch,  wenn  bei 
Hygin.  fdb.  256  (p.  142,  1)  unter  denen,  'quae 
castissimae  fuerunt',  Theonoe.  Thestoris  filia 


genannt  wird  — ;  erzürnt  über  die  Weigerung 
der  Leukippe  schließt  sie  diese  in  ihr  Schlaf- 
gemach  und  läßt  einen  Sklaven  holen,  um  sie 
zu  töten.  Der  Sklave  kommt,  —  es  ist  Thestor. 
Ohne  ihn  zu  erkennen,  übt^rgibt  ihm  Theonoe 
ein  Schwert,  Thestor  geht  in  das  Schlat'ge- 
mach,  wo  er  die  Mordtat  ausführen  soll.  Dort 
klagt  er,  daß  er,  Thestor,  nach  Verlust  zweier 
Töchter,  der  Leukippe  und  Theonoe,  nun  noch 

10  ein  Verbrechen  begehen  solle  und  kehrt  das 
Schwert  gegen  sich.  Leukippe,  die  des  Vaters 
Namen  gehört  hat,  entwindet  ihm  das  Schwert 
und  will  nun  mit  Hilfe  des  Thestor  Rache  an 
Theonoe  nehmen.  Aber  auch  Theonoe  hat  des 
Vaters  Namen  gehört  und  gibt  sich  ihm  zu  er- 
kennen; Thestor  kehrt  von  Ikaros  reich  be- 
schenkt in  seine  Heimat  zurück,  Hygin.  fab. 
190  (p.  121  Schm.).  —  Die  Erzählung  des 
Hygin.    scheint    den    Inhalt    einer    Tragödie 

20  wiederzugeben.     [Höfer.] 

Theope  {Gsonri)  1)  eine  der  Töchter  des 
Leos  (s.  d.),  deren  angebliches  {E.  Curtius,  Ge- 
sammelte Äbhandl.\.,^^b.  Judeich,  Topographie 
von  Athen  301)  Denkmal  das  Leokorion  war, 
Ael.  var.  hist.  12,28.  Schol.  Demosth.  54,7 
p.  126  bjg  ed.  Baiter  und  Sauppe,  Fhot.  (218,7) 
und  Suidas  (528,  18)  s.  v.  AEaxdgLov.  Apostol. 
10, 53.  Schol,  Liban.  Declam.  27  ed.  Morell 
(Paris  1606)  I    p.  605  b.  —  2)  Bakche,  rt^rjvTj- 

30  xHQK  Avaiov,  Mitkämpferin  des  Dionysos  gegen 
Lykurgos,  Nonn.  Dionys.  21,  86.  —  Zum  Namen 
Theope  =  ^göttlichen  Antlitzes'  s.  Pott,  Kuhns 
Zeitschr.  f.  vgl.  Sprachforsch.  9,  414.     [Uöfer.] 

Theophane  {f>80(pdvr}),  von  Poseidon  Mutter 
des  goldenen  Widders,  der  den  Phrixos  und 
die  Helle  über  das  Meer  trug,  Hyg.  f.  3.  Aus- 
führlicher berichtet  Hygin  hierüber  in  fab.  188: 
Theophane,  'Bisaltidis  fdia"*  (vgl.  Schol.  in  Ger- 
man.  Arat.  143,  9  Breysig:  genitum  autem  hunc 

40  arietem  dicunt  ex  Neptuno  et  Theophane,  Bu- 
saltidis  fdia)^  wurde  wegen  ihrer  Schönheit 
von  vielen  Kreiern  umworben  und  von  Posei- 
don nach  einer  Insel  (über  den  Namen  s.  unten) 
entführt,  wohin  ihr  die  Freier,.,  nachdem  sie 
ihren  Aufenthaltsort  erfahren  hatten,  zu  folgen 
sich  anschickten.  Um  diese  zu  täuschen,  ver- 
wandelte Poseidon  die  Theophane  in  ein  schö- 
nes Schaf,  sich  selbst  in  einen  Widder,  die 
Bewohner    der    Insel    in  Weidevieh.    Als    die 

M  Freier  bei  ihrer  Ankunft  die  Insel  menschen- 
leer fanden,  begannen  sie  das  Vieh,  d,  h.  die 
in  solches  verwandelten  Bewohner  zu  schlachten 
und  zu  verzehren.  Deshalb  verwandelte  Posei- 
don sie  in  Wölfe  und  wohnte  in  Widdergestalt 
der  Theophane  be^.  Kaum  richtig  ist  die  Be- 
zeichnung der  Theophane  als  ^Bisaltidis  filia^, 
wofür  Meziriac  (vgl.  Burmann  zu  Ov.  Met.  6, 
117)  ^Bisalti  filia^  schreibt.  Vielmehr  beruht 
diese  Angabe   auf  einem  Mißverständnis:   aus 

50  @so(pccvr}  ij  BiouXxig  (vgl.  Oc.  Met.  a.  a  0.,  wo 
es  bei  der  Aufzählung  der  Verwandlungen, 
deren  Poseidon  sich  l»ei  seinen  Liebschaften 
bedient,  heißt:  aries  Bisaltida  fallis)  h&t  Hygin 
ganz  ähnlich,  wie  er  aus  der  Mtlavlnnri  ii 
deeiicbtig  eine  Melanippe,  Desmontis  filia  {fab» 
186)  gemacht  hat,  eine  Theophane,  Bisaltidis 
fdia  geschaffen,  Bursinn,  Jahrb.  f.  klass.  Phil. 
93  (1866),  784.    Der   Name    der    Insel,   wohin 


63ri                      Theophaues  Theos  Agathos                   034 

l'oseidon  die  Th.  entführt,  lautet  CinmiNsa:  in  rinnen    des    ApoUon    im    delphischen    Tempel- 

i)isulam  Crumissaw;  dafür  hat  man  Cromiusam,  bezirk,    Nonn.  Dionys.  9,261.     Lobeck  a.  a.  0. 

Cromyusam,  Cromyonesura,  Croionusam,  Crinis-  Ho/}'mann  a.  a.  O.  'J7,132.     [Höfer.J 

sam   oder    Crionissam    vermutet.    Sollte    nicht  Tlieorios  {('^tiogiog)^  Heinarae  des  ApoUon  ^^ 

ursprünglich  mit  Bezugnahme  auf  den  in  einen  Thearios  (s.  d.  i,  J/esych.  k.  v.  GtmQiog.    Flut,  de 

Widder   verwandelten    Poseidon    und   auf   den  tl  a/md  Dclph.  21  p.  39ia.     |  Höfer. J 

von  ihm  gezeugten  Widder  Criunesum  {Kijiov  Theos  Agathos  [Oeug  .'/yaitoi,')-   Eine  unver- 

vfiGov)    dort   gestanden    haben?    Die  Deutung  öft'entlichte  Inschrift  aus  Athen  nennt  Priester 

einiger  Kunstwerke  {Wieseler,  Arch.  Xeitschr.  4  verschiedener  Gottheiten,   darunter  des  *ßpos, 

[1840],  211  if.    Gerhard,  ebenda  11  [1853J,  11«;  lo  ©eog  'Ayad^6g,  7.svg  Kuoiog  usw.,  uid.  Wilhelm, 

vgl.  ebenda  6  [1847],  374  und  Anm.  11)  auf  das  Beiträge  zur  griech.  Jufichriftenkundr   {Sonder- 

Abenteuer  des  Poseidon  mitTh.  ist  nicht  sicher,  Schriften  des  österr.  arch.  Inst.  VII)  S.  136.    Ein 

Oi^erbeck,  Kiinstmythologie '2,2,8. Si-i  ff.  Gruppe,  Kult    des    kyad'ög    @s6g   war    in    Megalopolis: 

Gr.  Myth.  114G,  13.     [H.öfer.|  MsyaXonoXixaig  .  .  .  ?ört .  .  .  'Aycc^ov    Seov    vocog. 

Theophaues  {f>eo(fävrig).    Über  die  göttliche  st  dt  Scyad^üv  ol  ^eol  dorfjQsg  sioiv  Scvd-QÖinoig, 

Verehrung  des  Historikers  Theophaues  s.  Bd.  1^,  Zeug  dh  imatog  Q-söav  iaviv,  iTCOfisvog  &v  r/g  ro» 

Sp.  2549,  24 ff.    Die  Münzen   von   Mytilene   mit  Xoyoy  xr]v  inlv.XriaLv  ruvr^v  ziiog  riv.iiai()Oixo  uv., 

der  Lebende  d-^bg  0so(pdv7ig  s.  bei  M.  Fränkel,  Paus.  8,  30,  ö,   der   also    den  'Ayan^bg  Ö-eo?  mit 

Arch.  Zeitschr.  43  (188ö),  152.    Newton  ebenda  Zeus  identifiziert,  während  Welzel,  De  love  et 

1854,  515.    Catal.  of  greek   coins   in   the  Brit.  i'O  Pane  dis  Arcad.  19  in  ihm  den  Aristaios  (s.  d.) 

Mus.  Troas  Aeolis  and  Lesbos  1S)A,  158,  pl.  39, 1  erkennen  will;  vgl.  auch  Immerwahr,  Kulte  u. 

{Vgl.  Introd.  p.  LXXIf.).  Head,  Hist.num.'^  563.  Mythen  Arkadiens  244,  der,  wie  Wernicke  bei 

[Höfer.]  Pauly-Wissowa  1,746,4   (s.v.  Agathodaimon) 

Theophroii     (Osocpgcov)     1)     Gefährte     des  den   Theos    Agathos   mit   dem    Agathodaimon 

Odysseus,  dargestellt  auf  einem  '"Homerischen  identifiziert    und    weiter   annimmt,    "^daß    hier 

Becher'    mit  dem   Kirkeabenteuer  (raegarische  wirklich  ein  Kult  des  Zeus  bestand,  oder  daß 

Schale    aus    dem    phthiotischen    Theben):    er  doch  wenigstens   eine   doppelte   Überlieferung 

trägt   den   Kopf  eines    Hahnes  und   statt   der  über  den  Namen  des  hier  verehrten  Gottes  vor- 

Hände  Vogelkrallen;  neben  ihm  sind  noch  drei  lag'(?).  —  Daß  der   ccyaQ-bg  d'sög  oft  mit  dem 

andere  Genossen  dargestellt,  Thestor  mit  Eber-  30  Scyad-bg  dcclfioav  identifiziert  worden  ist,  bewei- 

kopf,    MävsLxog    als    Mann    mit    Widderkopf,  &en  Stellen  wie  Schol.  Arist.  Eguit.S6:  rb  7tQ(b- 

svg  als  Mann  mit  Eselskopf,    Arbanito-  rov  Ttorr'jQiov  aya&ov  öaiaovog  inivov,  rovreotiv 

pullos,    'E(priii.   ccQx-    1910,  83  f.    Pin.  2   Fig.  1.  ccyad^ov  dsov.    Philochoros  {frgm.  19  F.  H.  G.  1, 

Franz    Müller,    Die    antiken    Odyssee- Illustra-  387)  bei  J.^/ie>i.  15  p.  693  D:  die  Tischgenossen 

tionen  Co;  vgl.  Wochenschr.  f.  klass.  Phil.  1911,  trinken  den  Schluck  ungemischten  Weines  als 

130.    Theophron   begegnet    auch    als   attischer  yEv^icc    y.ccl    dslyacc   vfjg   dvvd^sojg   tov    ccya&ov 

Personenname,  J.  G.  2,439..  Dittenberger,  Syl-  d-f-ov;  vgl.  Kircher,  Die  sakrale  Bedeutimg  des 

loge^  1  nr.  140, 140  p.  230;  ebenso  in  Erythrai,  Weines  in  Beligionsgesch.  Versuche  u.  Vorarb. 

Dittenberger-    nr.  600,87. 123.  124    p.  369f.    —  9,  II  S.  24 ff.   Bohde,  Psyche  l^,2bb  knm.    Die 

2)  Freier  der  Penelope  aus  Zakynthos,  Apollod.  40  Bemerkung  von  Hitzig-Bliiemner  zu  Paus.  a.  a. 

Epit.  7,29.     [Höfer.l  0.:   'Der  Kultus   des  'Aycc^bg  ^sog   findet   sich 

Theophylax  (6)foqpi)/,a:|),   Beiname   des  Pan,  nur  hier',  bedarf  der  Richtigstellung:  Der  athe- 

in  einer  Weihinschrift  ägyptischer  Jäger:  JTavt  nische    Kult    ist    schon    oben    erwähnt.     Dazu 

ögsoßdrsi    -/.at    d'socpvXay.i,    Bevue    des    etudes  kommt  ferner  die  Inschrift  auf  einem  Kantha- 

grecques  4  (1891),  55  nr.  10.  Nach  Wilcken  bei  ros   aus  Athen:  llyad'ov  -O-soö,  Athen.  Mitt.  26 

Prcisigke,  Sammelbuch  der  griech.  Urkunden  294  (1901),  74  nr.  17.    Catalogue  des  vases  peints  du 

ist  statt  dsocpvXayii.  zu  lesen  d-slgjocpvXayiL  =  Musee  national  d'Athenes  Supplement par  Geor- 

^riQocpvXocyii.     [Höfer.]  ges  Nicole  (Paris  1911),  p.  272  nr.  1173,  bei  der 

Theoria  {Sscogia)  1)  eine  der  Musen;  s.  Praxis  maa  freilich  auch  an  den  aya^bg  äccl^cov  (s.  o.) 

nr.  2.  —  2)  Personifikation  der  heiligen  Fest-  50  denken  kann.    Auch  in  Tegea  bestand  ein  Kult 

gesandtschaft  (-O'fco^t'o:) ,   die   die   Athener   von  des  Th.  A.:  Auf  einem  Hermenpfeiler  steht  die 

Prasiai  nach  Delos   zu  senden  pflegten,   Arist.  Inschrift:     KXsoitccg    'Aycc^ot    &8o[t]    ävsd-rixE^ 

Pax  523  f.  713.  715.  871.  873.  887.  906.   Nach  Arbanitopullos ,  'Ecp7]ii.  öcqx.  1906,  65  f.   nr.  17. 

L.Boß,  Beisen  auf  den  griech.  Inseln  des  ägäi-  Bomaios,  ebenda  1911,  152,  6  (Abb.  6).  I.  G.  5, 

sch^n  Meeres  2,  11  (vgl.  auch  Lolling,  Ath.Mitt.  2,  60,  und  auf  einem  Pfeiler,  der  ein  Menschen- 

4  [1879],  355  Anm.  2)  stellt  die  Kolossalstatue  haupt   trägt,    steht:   'Aya&bg    086g,   Arbanito- 

auf  der  Spitze   der  Klippe  von  Prasiai    diese  pullos   a.  a.  0.  1906,   43  f.  nr.  10   (Abb.  ebenda 

Personifikation  der  heiligen  Theorie  dar.  [Höfer.]  S.  35  Fig.  1).     Zwei  Inschriften  aus  Epidauros 

Theorides  {Gsagidtg),    1)   Bezeichnung  der  erwähnen  gleichfalls   den  'Ayad-bg  Oebg  {I.  G. 

Bakchantinnen:  ol  tcsqI  Jlovvüov  Bcckxccl,  He-  60  4,997  a.  1059.  Blinkenberg,  Ath.  Mitt.  24  [1899], 

sych.    Lobeck,  Aglaoph.  285  Anm.  a,  Bibbeck,  382),  dem  als  weibliches  Gegenstück  (vgl.  die 

Anfänge  u.  Fntwickelung  des  Dionysoscultus  in  Weihung  Jd  MsXlxv  xr]  MsXixri  Bd.  2,  Sp.  2558, 

Attica  14  u.  Anm.  3.  Nach  Otto  Hoffmann,  Die  14)  eine  Göttin  'AyaO'ri  zur  Seite  steht.    In  der 

Makedonen    S.  97    Anm.  132    (vgl.  S.  234.  244)  Überschrift  von  Urkunden  findet  sich  statt  des 

und  Hiller  v.  Gaertringen,  Hermes  46   (1911),  gewöhnlichen  @sol  oder  @s6g-   Tvxn  oder  !^ya- 

155    sind    diese    OEcogidsg    identisch    mit    den  9'fj  Tvxy  mitunter   auch    Gsbg  'Aya&og  (Itanos 

makedonischen  ©oiiQLdsg  rviitpoci,   novacci.  Mcc-  auf  Kreta),  Dittenberger,  Sylloge^  462,  (Magne- 

Tisdovsg,  Hesych.  —  2)  Bezeichnung  der  Diene-  sia  a.  M.),  ebenda  929.  —   Eine  Weihinschrift 


635                  Theos  Arabikos  Theos  Hierax                    (536 

aus  Physkos  im  ozoliachen  Lokris  ist  gewidmet  Theos  Erthreuo  {(-^fbs  'Egd-gsve),  auf  einer 

-Jii  Meilixirp,  'Aya^olf  &sotSy  Wilhelm  a.  a.  0.  Inschrift  aus  Hareiri  in  Syrien  liest  man  »fov 

13Ü  nr.  125;  mit  den  ccya9ol  d'soi  sind  zu  ver-  ' Eg^giis^  wozu  W'uddinifton,  Asienn'n.  -2650  be- 

jfleichen    die  Jcti^ovsg  äya^oL   einer  Inschrift  merkt  'je  crois  etre  sur  du  mot  *KpO-ßfi)f,  bien 

aus  der  Umgebung  von  Oly mos  in  Karien  (i?pfi»$  qu'il  paraisse  fort  bizarre',     f  Höfer  j 

^aiuöviov  &Ycc»<bv)y  Sitsungsber.  d.  Kaui.  Akad.  Theos  Geniieas  (Weis  Fsw^ui;).    Ein,   wohl 

d.  Wiss.  in  Wien,  Phitos.hiat.  Kl.  132  (18951,  sicherlich    aus    Syrien    stammendes,   jetzt    im 

8  6  nr.  2.  S.  6  Z.  1.     [Höfer.]  Louvre  befindliches  Helief  stellt  einen   Reiter 

Theo»  Ar«hlko8  (Ö-tüs^pa/Stxdff).  Eine  Weih-  mit  bartlosem,  jugendlichem  Angesicht  und 
Inschrift  aus  Gerasa  (Syrien)  lautet:  inkg  rijs  lO  langem  flatterndem  Haare  in  orientalischem  Ge- 
ro»» I^t-ßactibv  otorrigiag  ^sm  kgccßixw  ixrixocoy  wände  (Ärmelrock,  Mantel,  Weste (?),  Hosen) 
Germer-Durand,  Revue bibli<juelS\t5,SSb.  Lucas,  dar,  der  in  der  Rechten  eine  Peitsche  hält, 
Alitt.  des  deut'-ch.  Palästina-Vereim  7  (lUül),  wilhrend  hinten  am  Sattel  ein  Köcher  hängt. 
62  nr.  7,  Dittenberger,  Orientis  Graeci  inscr.  sei  Die  Inschrift  lautet:  OB(b{i)  rBvvia{C)  naxgmai{i) 
623  p.  319.  Etvue  des  etudes  grecques  10  (1897),  Matnßävvas  x«l  Mdgxog  viol  avrov  x.  r.  X., 
98.  Cagnat,  Inscr.  Gr.  cui  res  Roman,  pertinen-  Heiizey,  Acad.  den  imcr  et  belUs-lcttres :  Comptes- 
tos  3, 1313  p.  478  f.  Brünnow-Domaszeu'ski,Pro-  rendus  1902,  190  ff.  pl.  I.  Clermont-Ganncau, 
wncta  ^raftm  8(1909),  2Ü5  314  nr.  150.  O.Wein-  Recueil  arch.  Orient,  b  {190S),  154.  Dittenberger, 
reich,  Ath.  Mitt  Sl  (1912),  21  nr.  106.  Unter  Orient.  Graec  in.'^cr.  sei.  637  p.  344.  Lidzbarski, 
dem  »toi  !igaßi%6s  v/ird  mit  ClermontGanneau,  so  Ephemeris  für  sentit.  Epigr.  2,81;  vgl.  Ronze- 
Recueil  d'arch.  Orientale  2  (18i»8),  14  und  Wein-  valle,  Acad.  des  imcr.  usw.  1Ü04,  11.  Reo.  epigr. 
reich  a.  a.  0.  36  der  Uauptgott  Arabiens,  Du-  N.  S.  1  (1913),  399.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1583,  1. 
gares  (s.  d.  u.  d.  Art.  Tliesauros)  zu  verstehen  Daß  die  Weihinschrift  des  Reliefs  'dem  Gotte 
sein.     [Höfer.]  Genneaa',  und  nicht,  wie    Clermont •  G anneau 

Theos  Arcmthenos  (^«6?  *Ageu^nv6g\  sonst  a.a.O.  155fif.  wollte,  'dem  Gotte  des  Genneas' 
unbekannter  semitischer  Gott  auf  einer  In-  geweiht  ist,  daß  also  Genneas  nicht  Personen-, 
Schrift  aas  der  Nabe  von  Beirut  (Berytos),  sondern  Götternamen  ist,  beweist  die  von  Ronze- 
Dittcnberger,  Orientis  Graeciinscr  sei. 5S9  p.281.  valle,  Notes  et  etudes  d'arch.  or.  (Mclnnges  de 
Der  Name  ist  wohl  von  einer  Ortschaft  'Agiy,d'cc  la  fncuUe  Orientale:  Umoersite  Saint- Joseph  Bey- 
abzuleiten(vgl.^pifi,of^ataund'.4paaaO"a,  ,/osepÄ.  30  routh  5  [1911/12])  p.  86*  =  202  pl.  15,2  (zwi- 
rnt. 8,  349.  411.  417.  9,  105.  106.  112),  Cler-  sehen  p.  72*  u.  73*  =  p.  188  u.  ,1811)  publizierte 
mont-GanneaUy  Recueil  d'arch.  Orientale  1{\%^2,),  lateinische  Inschrift  auf  einem  Altar  aus  Koi- 
94.     [Höfer.]                         ^     ^                ^  lesyrien:   Vales  Camasi{?)  Deo  Genea.    Ferner 

Theos  Ari'hagetcs  (Ssog  'Agxay irrig),  ^on  stellt  sich  zu  dem  Gottesnamen  Gen(n)ea8  der 
zwei  Inschriften,  die  Mordtmann,  Arch.  epigr.  Kvgiog  Vewctlog  BcclaagxwS rig  in  der  Röscher, 
Mitt.  aus  Oesterreich  8,20s,  nr.  24.  28  publi-  iMyth.  Lex.  2,  1759,  48ttC  (s.  v.  Kyrios).  2,2554, 
ziert  hat,  ist  die  eine  SBm'Agxayixa^  die  an-  5 ff.  (s.  v.  Megrin)  abgedruckten  Inschrift;  vgl. 
dere  ''Hgcai 'Agxayita  geweiht;  sie  stammen  aus  auch  die  lateinische  aus  der  Nähe  von  Berytos 
Epivataes  {' E:ti,ßäxutg)  aus  der  Nähe  von  Se-  stammende  Inschrift:  Gen(naeo)  dom(ino)  Bal- 
lymbria.  Mordtmann  meint,  es  läge  zwar  nahe,  4o  marcfodi,  C.  1.  L.  3  Suppl.  6673  p.  1221.  Frei- 
in kgxocyirag  die  dorische  Form  von  'AgxrjyETqg  lieh  faßt  Ronzevalk,  Notes  etc.  p.  88*  =  204  in 
zu  sehen,  doch  bestehe  daneben  noch  die  Mög-  ersterer  Inschrift  yswatog  nicht  als  Götterna- 
lichkeit,  daß  es  ein  einheimisches  Wort  sei.  -men,  sondern  als  einfaches  an  yivgiog  ange- 
Die  letztere  Ansicht  ist  entschieden  irrig.  *Ag-  schlossenes  Epitheton;  vgl.  auch  Dittenberger 
Xayixag  (Agxr\yixrig)  ist  ein  so  vielen  Göttern  a.  a.  0.  zu  nr.  589  p.  28^  Nach  Damaskios  vita 
(Belegstellen  gesammelt  von  Kern  und  Jessen  Isidori  203  {Phot.  Bild  348  b  4)  wurde  der  Gott 
bei  Pau/y- irt5.so<<;a  s.  V.  Archegetes,  Archegetis)  Gennaios  von  den  Einwohnern  von  Heliupolis 
als  Führer  und  Geleiter  zur  neuen  Heimat  ge-  verehrt,  wo  sie  im  Tempel  des  Zeus  eine  Art 
gebenes  Epitheton,  daß  wir  es  auch  in  diesem  von  Löwenbild  aufgestellt  haben,  und  tatsäch- 
Falle  unbedenklich  werden  annehmen  können.  50  lieh  ist  auf  den  Bildsäulen  des  Juppiter  Helio- 
Es  wird  sich  um  den  thrakischen  dsog  rigoag  politanus  oft  ein  Löwenkopf  dargestellt  {Rud. 
handeln.     [Höfer.]  Asmus,  Das  Theben  des  Philosophen  Jsidoros  von 

Theos  Argaios  (Gsbg  'Agyatog).    Eine  frag-  Damaskios  122.  190).  Darnach  scheint  Genneas 

mentierte  Altarinschrift  aus  der  Umgegend  von  (Gennaios)  derselbe 'Gott,  wie  der  in  Heliupolis 

Caesarea  in  Kappadokien  wird   von  Gregoire,  zu  sein,  ein '"'H^Ltos  ^cptJtTtog,  und  dem  Namen 

Corr.  Hell.  33  (1909),  78  nr.  66    (vgl.  Rev.  des  Fswicci   bzw.   Fswatog    liegt    ein    semitisches 

it.  gr.  23  [1910],  325)  gelesen:  &t[m]  'Agylccitp],  Wort  zugrunde,  Lidzbarski  82.  Mit  rivog{a.  d.) 

unter  dem  der  göttlich  verehrte  Berg  gleichen  und  revfd  (s.  d.  und  v.  Baudissin,  Studien  zur 

Namens,  t6  'Agyatov  ögog,  zu  verstehen  wäre;  semit.  Religionsgesch.  1,  12)  steht  der  ^sog  Fsv- 

vgl.    Maxim.   Tyr.  8,8  p.  144   Reiske  =  2,  8  60  viag  wohl  kaum  in  Zusammenhang.     [Höfer.] 

p.  26j27  Hobein:  "Ogog  KannuSöxuig   xal  ^iog  Theos  Hierax  {^tog  7^pa|).     Eine  Inschrift 

xal  ogxog  xai  ayaX^ce.     [Höfer.]  aus   Ptolemais   erwähnt   die  Errichtung  eines 

The  '8  Blekuros  (Geog  BXrixovgog)  auf  einer  Altars  'AgßcH-KtSL  xal  'Ugccxi  ^t[(p],  Miller,  Rev. 

Weihinschrift  aus  Thrakien,  unbekannte,  wohl  archeol.  Trois.  serie  2   (1883),   174,   1.    Ditten- 

lokale   Gottheit,   Athen.    Mitt.  22  (1897),  475.  beryer,   Or.  Graec.  inscr.  sei.  52  p.  82.     Catal. 

Nach  G.  Seure,  Rev.  arch.  1911,  2,  443  nr.  11  general  des  ant.  egyptiennes  du  musee  d'Alexan- 

wäre  statt  6>*a>(i)  BXr^xovgoiU)  zu  lesen:  @iib{i)  .  drie  57:  Breccia,  Iscrizioni  Greche  e  Latine  48 

'EmxovgcoU).     [Höfer. J  p.  32.    Beide  Namen  —  'Agßaxxig  wohl  =  Har- 


iuM                     'J'heos  Koiuos  Theoxenios                       038 

m-achuti  s.  /v.  Meyer  Bd.  1,  Sp.  JitG  —  .sind  mählich  unter  dem  P]influß  der  tliiakischen 
wohl  BeiiiiimeM  des  a^p  Sperber  verehrten  Horos  Nachbarschaft  thrakischcs  (Gepräge  erhalten 
(s.  d.)  [  lltHer.  |  liat.  Zur  Etymologie  von  Jegj^t-Xarrig  vgl.  2'o- 
Theos  koiiios  s.  Koinos  Theos.  Die  Weih-  maschek,  Die  alten  Thrdhcr  2  (Hitzungsber.  d. 
inschrilt  aus  NordatVika  s.  jetzt  aucl)  CLL.  phil-hist.  Cl.  d.  Kais.  A/cad.  d.  Wi.ss.  130  [  181)4 1, 
8, 14426.  Cagnat,  Inscr.  (rr.  ad  res  Komnn.  per-  II,  S.  67).  —  2j  Zwei  InBchrif'ten  aus  dem  «yri- 
tinenies  l,i>34p.  309.  Coudraij  la  Iilancliere  timf  sehen  Nazala  .sind  geweiht  d-e(o  fieydln  JVafa- 
P.  Gauckler,  Description  de  l' Afriquc  du  nord :  Xr^viiiv  {Le  Bas  '2571a.  Onterr.  Jahreshe/'te  3 
Catahgtie  du  Miisee  Alaoni  (Paris  1897)  p.  84  [  IDOOJ,  Beiblatt  "20  nr.  2.  3).  Bruno  Müller, 
nr.  12.  Ein  (iegenstiick  zum  yiotios  ^e6g  hikWt  lo  Miyas  f>t6s  (l)is8.  Phil.  Hai.  X.KI,  3)  325. 
der  Üdiog  d^eög  bzw.  iöia  Q^iä  oder  'Cöioi  i'jQ(08s^  Sonst  tritt  zu  der  Bezeichnung  ^tyag  ^fog  fast 
worüber  man  vgl.  ().  Höfer,  Mythologisch' Epi-  dui*chgehends  der  Eigenname  des  betreffenden 
graphisches  {Progr.  d.Wettincr  Gymnas.zuDres-  Gottes;  vgl.  darüber  die  Zusammenstellung  bei 
den  1910)  S.  31.  [Höfor.]  Br.  Müller.  Nachzutragen  sind  die  zwei  Bronze- 
Theos  Mcj?ns(  6)fo?Ar{fya:?).  1)  Auf  autonomen  inschriften  aus  dem  arkadischen  Thisoa  (Thei- 
Müuzen  von  Odessos  erscheint  auf  der  Vorder-  soa):  hgov  rm(t)  MtyäXajii)  f)£ö)(i),  die  also 
Seite  der  bärtige  Kopf  eines  Gottes  mit  starker,  gleichfalls  den  Eigennamen  weglassen,  G.  Oiko- 
von  einem  Bande  umwundener  Tänie,  auf  der  nomos,  Berl.  Phil.  Wochenschr.  1911,  1207  (der 
Kückseite  derselbe  Gott  in  ganzer  Figur,  bärtig  unter  dem  'großen  Gott'  den  Zeus  versteht), 
mit  Täuie  in  langem  Gewände  linkshin  stehend,  20  A.  Beinach,  Bevue  epigr.  Nouvelle  serie  1  (1913), 
in  der  R.  die  Schale,  im  1.  Arm  das  Füllhorn;  86.     [Höfer.] 

die   Münzlegeude   lautet   (mit  kleinen   Abwei-  Theos  Olbios  {Shhg  "OXßiog)   s.  Olbios,   wo 

chungen):     Gsov    Mi-yccXov    'OdriGix&v    Kvqgcc,  nachzutragen  ist:  a)  die  Inschrift  eines  Weih- 

Pick,    Jahrb.    d.    Kais,   deutsch,   arch.   Inst.   13  reliefs  aus  Lampsakos:  Kägnog  Ilavllcovog  0so' 

(1898),  155  tf.  Taf.  10,20.    Verselbe  in  Die  an-  'Olßico  tv%aQi6rriQtov.,   A.  Beinach,  Bevue  epi- 

tiken   Münzen  Nordgriechenlands  herausg.  von  graphique  Nouvelle  serie  1  (1913),  172.  —  b)  die 

Imhoof-Blumer  I,  2,1  S.  549f.    nr.  2214.  2215;  ifnschriften  aus  Panderma,   die   teils  den  Zsvg 

vgl.  S.  52  t.  G.  Macdonald,  Catal.  of  greek  coins  "Okßiog  {Journ.  of  hell.  stud.  25,  1905,  56,  nr.  57 

in  the  Hunterian  coli.  1,418,  1  pl.  28,4.  Head,  nr.  6:  [^]t[/  '0\l[ßlai  8^](Tr]xo(^)G>,  was  zu  Wein- 

Hist.  num.^  276   Fig.  167.    Die  frühere   irrige  30  reich,  08Oi  ^Enr\v.oo't  in  Ath.  Mut.  37,  1912.  23  flF. 

Deutung  der  Münzlegende  KvQßa  als  Kvq{lov)  nachzutragen  ist;  Corr.AeZ/.  32,  1908,  523:  Ugsig 

Ha{Qd7tidog)  durch   Hardouin,  Pop.  Num.  368.  z/i6?  OXßiov)  teils  den  Osog  "Olßiog  {Journ.  of 

Opera  Sei.  127  (vgl.  Eckhel,  Doctr.  num.  ret.  2,  hell.  stud.  a.  a.  0.  56  nr.  1.  2)  nennen.    Über  den 

37.  Overbeck,  Kunstmyth.  Zeus  103)   ist  wider-  Zeus   Olbios  im   kilikischen   Olbia  (Bd.  3,  Sp. 

legt    durch    Scsiini,    Letk   Num.  7    p.  12  f.    L.  829,  41  ff.)   s.  Hill,   Catal.  of  greek  coins  Brit. 

Müller,    Numism.  d' Alexandre   le    Grand   172  Mus.  Lycaonia  LH.  LIII.    Gecil  Smith,   Class. 

(vgl.  W.  Drcxler,   Mythol.  Beiträge  78).   Es  ist  revieiv  4, 185  f.     [Höfer.] 

daher  nicht  statthaft,  in  dem  'Großen  Gott'  Theos  Triskaidekatos  (f)8bg  TQigyccad^'^ccTog), 
den  Sarapis  zu  erkennen,  w^enngleich  Kaiser-  als  'der  dreizehnte  Gott'  wird  von  Philostr. 
münzen  des  Severus  ihn  mit  dem  Attribut  40  J^Jpist.  39  p.  479  Hercher  das  personifizierte  Mit- 
dieses  Gottes,  dem  Kalathos,  darstellen.  Mag  leid,  Eleos  (s.  d.,  wozu  ergänzend  der  Artikel 
sich  hierin  immerhin  eine  P^inwirkung  des  all-  von  W  ser  hei  Pauly-Wissowa  tritt)  bezeichnet: 
mählich  eindringenden  Sarapiskultus  äußern  tov  'EUov  iotr'iaavTo  ßcofiov  cbg  tQigTicciSsndtov 
—  die  früheren  Kaisermünzen  zeigen  den  &£ov.  Über  die  Bezeichnung  eines  Heroen  oder 
großen  Gott  in  demselben  Typus  wie  die  auto-  Kaisers  in  Verbindung  mit  den  zwölf  Göttern 
nomen  Münzen  stehend,  mit  Schale  und  Füll-  als  d'sbg  TQtgyicci8Ev.atog  vgl.  Usener,  Bhein.  Mus. 
hörn  — ,  eine  Identifizierung  beider  Gottheiten  57  (1902),  171  tf.  =  Kleine  Schriften  4,  396  ff. 
ist  schon  deshalb  nicht  anzunehmen,  weil  auf  Q.  Weinreich.,  Lykische  Zwölfgötter-Beliefs.  lin- 
den späten  Kaisermünzen  immer  noch  der  ein-  tersuchungen  zur  Geschichte  des  dreizehnten 
heimische  Typus  des  'großen  Gottes'  mit  50  Qottes  {Sitzungsber.  der  Heidelberger  Akad.  der 
Schale  und  Füllhorn  erscheint,  während  gleich-  Wiss.  1913,  b)  S.  Iff.  35 ff.  Derselbe,  Triskai- 
zeitige  Münzen  den  Sarapis  in  der  gewöhn-  dekadische  Studien  {Beligionsgesch.  Versuche  u. 
liehen  Darstellung  zeigen,  Pick,  Arch.  Jahrb.  Vorarbeiten  XVI,  1)  Itf.  12.  14.  A.  v.  Domas- 
a.  a.  0.  156.  Ant.  Münz.  a.a.O.  527.  Eine  In-  zewski,  Die  Hermen  der  Agora  zu  Athen  {Sitzungs- 
schrift  aus  der  Zeit  des  Gordianus  (aus  dem  ber.  d.  Heidelberger  Akad.  d.  Wiss.  l^Oi.,  H))'$).b. 
Jahre  238)  gibt  ihm  den  Beinamen  JsQ^sXdxrig:  E.  Böklen,  Die  ^  UnglückszahV  Dreizehn  (My- 
Oeov  Msydlov  J8Q^sXdxo{v,  J.  Mordtmann,  thol.  Bibliothek  5, 2)  S.  5.  [Höfer.] 
Bev.  arch.  35  (1878)  p.  114  nr.  6.  Kaiinka,  An-  Theoxenios,  Beiname  des  Apollon  als  In- 
tike  Denkmäler  in  Bidgarien  108  f.  nr.  114.  haber  des  Festes  der  Oso^evia  in  Pellene  in 
Cagnat,  Inscr.  Gr.  ad  res  Born.  pert.  1,  1439  60  Achaia,  vgl.  Paws.  VII  27,  4  (dazu  Frazer  IV 
p.  482;  und  auf  den  gleichzeitigen  Münzen  S.  184  [die  2.  Aufl.  war  mir  noch  nicht  zugäng- 
werden  Jag^dXsia  d.  h.  Spiele  zu  Ehren  des  lieh]  und  Hitzig  -  Blümner  II  2  S.  845):  hzi 
©sog  Msyocg  zltg^aXätrig  erwähnt.  Pick,  Jahrb.  yiccl  'AitoXXmvog  Qso^sviov  TIsXXrivsvaLv  iBgöv, 
a.  a.  0.  156  f.  Ant.  Münz.  525.  528.  580  nr.  2370  ro  6h  dyaX^a  x(xXy.ov  itiTCoirirca-  v.cu  dyiöva  iiti- 
bis  2372.  Head.  a.a.O.  277.  Der  Beiname  ^fp-  xsXovei  Oso^ivia  xcp  knöXXtovi,  xid-hxsg  ccgyv- 
^sXdxrig,  vielleicht  von  einer  Ortschaft  abge-  giov  ad^Xcc  xiig  vl-arig,  Kai  ccvdg^g  dycovi^ovxaix&v 
leitet,  ist  thrakisch  und  zeigt,  wie  der  alte  inixcagiav.  Y gl.  Preller- Bobert  l  200;  Wernicke, 
ursprünglich  rein  hellenische  f)eog  Msyag  all-  P.-W.  II  1,53;  Deneken,  De  theoxeniis  (Berlin 


639                          Thera  Theras                         640 

1881)  S.  10;   A.,Mommsen,  Delphica  801  A.  1.  nike,  von  dem  Molioiiiden  Eurytos  Mutter  des 

Bei  Paus.  a.  a.  0.  werden  die  Ssoiivia  in  Pel-  Thalpios,  Poj«.  6,3,3.  Gruppe,  Gr.MijthATiyi. 

lene  dem   Apoll  allein  beigelegt;   die  älteren  [Höfer. ] 

P#wdrtrscÄo/t>H  zu  O/.  9,  146  nennen  Hermes  und  Therapuaia  {(^sganvala) ,   lieiname  der  He- 

Apoll;   vgl.  über  diese  Fraire  Nilsson,   (iriech.  lena  von  der  spartanischen  Ortschaft  Therapne, 

Feste  160  A.  4.  —  Über  die  delphischen  Gso-  wo  sie  Kult   hatte   und   begraben   sein   sollte 

^ivia  und  den  danach  genannten  delphischen  {Herod.  6,61.  Paus.  3,  l'J,  U)i  —  Orpheus  (frgm. 

Monat  Sfo^fviog  vgl.  Mommsen  a.  a.  0.  299 ff.;  286  Abel)  bei  Tzetz.  zu  Lykophr.  143  (p.  67,17). 

Bischoff',    De  fastis  {Leipz.  Studien  Yll)  352;  Tryphiod.  620  (vgl.  'Noack,   Hermes  27  [1892], 
HiUer  v.  Gaertringen,  P.-W.  IV  2,  2622,  Einzel-  lo  461).    Or.  ars  am.  3,  49.     [Höfer.] 

belege  am  bequemsten  mit  Wendeis  Index  bei  Therapnaios  (Osgccnvato?) ^  Beiname  1)  des 

CoUitZf  Samnd.  d.  griech.  DicUektinschriften  {\  Apollon   von   dem    Orte  Therapne  (Apollineae 

8.  827  und  329.  —  Zusammenfassend  über  die  Therapnae)  Stat.  Theb.  8,  422 ,  Apoll.   Rhod.  2, 

Theoxenienfeste  zuletzt  M.P.  Nilsson,  Griech.  163  und  Schol.  z.  d.  St.  (yilftov  dh  ft^ganvcclov 

Feste  160 ff.;  seine  Ansicht,  daß  die  Hesych-  .dibfvla).   Vom /s,7t/w.  3f.  446,  40  wird  die  Stelle 

alosseOsv^Evia' kTtolltovos  koQT7J  wohl  MTsprüng-  des   ApoUonios   auf  Polydeukes  (vgl.  Paus.  S^ 

lieh  Erklärung  einer  Dichterstelle  ist  und,  da  20, 1)   gedeutet.  —  2)  des   Hjakiuthos  (s.  d.)» 

auch  andere  Götter  außer  Apollon  Theoxenien  Nonn.  Dionys.  11,259;  vgl.  4, 134.  12,224.  Ov. 

genossen,  spezialisiert  werden  muß,  also  etwa  Fast.  5,223.  —  3)   der   Dioskuren  (Therapnai 
Iv  Tlslli^vrj  hinzuzudenken  sei,  erscheint  mir  20  fratres),  Stat.  Theb.  7,793;  vgl.  Bd.  1,  Sp.  1164, 

richtig.     [  Weinreich.  J  60 ff.    Stat.  Silv.  4,  8,  53.  5,  3, 140.    Schol.  Pind. 

Thera?  (öijpa?),  unsicherer  Name  einer  der  Isthm.  1,  43.    Vgl.  oben  nr.  1.     [Höfer.]            % 

Töchter  des  Amphion  und  der  Niobe,   Hytj.  f.  Therapne  (Ö«pa7ri'rj),  Tochter  des  Lelex,  Epo- 

69  (p.  77, 16  ScAw.),  wofür  E.  Bethe,  Genethlia-  uyme  von  Therapnai,  Paus.  3,19,9.    Usener, 

eon  GoUingense  43  Eleclra,  Bunte  und  v.  Wi-  Götternamen  232.    Vgl.  Tht^rapnes.     [Höfer.] 

lamomtz,  Hermes  26  (1891),  219  Neaera  ver-  Therapnes  {GsgdTtvrig),  Sohn  des  Lelex  und 

muten.     [Höfer.]  der  Peridike,  Bruder  des  Myles,  Polykaon,  Bo- 

Theragreutes  (Öijpaypfvr»??),   Beiname   des  molocho8(?),  Schol.  Eur.  Or.  626.    Doch  ist  es 

Dionjdos-ZagreuB,  Eur.  Bakch.  1020.   Weniger,  auch  möglich,  statt  Therapnes:  Therapne  (vgl. 
Arch   f.  Beligionswiss.  10  (1907),  72.     [Höfer.]  so  Bd.  2,  Sp.  1937, 1.  3307,  14),  also  eine  Tochter 

Theragros  {OiJQaYQog)^  Sohn  des  Klymenos  des  Lelex  zu  verstehen.     [Höfer.] 

in  Argos  und  der  Epikaste,  Bruder  des  Idas  Theras  {@i]Qas),  Oikist  der  Insel  Thera  (h 

und  der  Harpalyke  (s.  d.  nr.  2),  Euphorion  bei  Santorin). 

Parthen.  13  ^  Euphorionis  Fragmenta  ed.  Fei.  §  1.  Literatur.    Unter  den  Neueren  maß- 

Scheidweiler  {Diss.  Bonn.  1908)  frgm.  20  S.  33.  gehend  Fr.  Studniczka,Kyrene  eine  altgriechische 

PoU,  Zeitschr.  f.  vergl.  Sprachforschung  6  (1857),  Göttin,   Leipzig  1890,  vgl.  oben  Bd.  2,  1717  ff. 

131.     [Höfer.]         *  Vielfach  fördernd  E.  Maaß,  Gott,  gelehrt.  Arn. 

Theran  (Öi^par),    Name    eines    sonst   unbe-  1890,  337  ff.    Die  Ausgrabungen  in  dem  monu- 

kannten  Gottes  oder  Heros  auf  einer  Inschrift  mentalen  Werke   von  Hiller  von    Gaertringefi, 
aus  Argos  Scv^jd-Bv  rc5  öijpavi,  Le  Bas  2,  111  40  Thera,  Unter  suchungen, Vermessungen  und  Aus- 

p.  48,   *je  ne  sais  ä  quelle  divinitä  ou  ä  quel  grabun./en,    Berlin    1899  ff.      Zusammenfassend 

hSros  eile  se   rapporte.^     Gollitz  3281.    I.  G.  4,  und    ul  sichtig,    aber   zu    radikal    L.    Malten, 

676.  N2Mh  Usener,  Stoff  d.  griech.  Epos  {Sitzungs-  Kyrene,  Berlin  1911. 

berichte  d.  Wiener  Akad.  137  [1897],    III,  S.  51  §  2.     Überlieferung.     Die  ausführlichste 

=  Kleine  Schriften  4,  249 f.)  ist  der  Name  die-  Nachricht  bietet  Herodot  4,  147 ff.:   i'h.  ist  ein 

Ber  argivischen  Gottheit  derselbe  wie  der  des  Kadmeer,   dessen   Geschlecht   über  Autesion — 

in  den  Zeusmythos  verflochtenen  Flusses  07]Qr]v  Tisamenos— Thersandros— Polyneikes  auf  Oidi- 

bei  Knossos  auf  Kreta,  Diod.  5.  72;  es  ist  al-^o  pus  zurückgeht.  Autesion  ist  nach  Sparta  über- 

ßi^gavL  zu  betonen    S.  auch  Kannegießer,  Beitr.  gesiedelt,  und  seine  Tochter  (Argeia)  hat  dem 
z.  alt.  Gesch.  11  {l9ll),Zi  U.Art.  Theras.     [Höfer.]  50  Aristodemos  den  Prokies  und  Eurysthenes  ge- 

Therandros(?).   Auf  dem  Kentaurenfries  der  boren,   für    welche   später   ihr  Oheim  Th.  die 

Fran^oisvase  ist  nach  deren  Restaurierung  und  Vormundschaft  mit  der  Regierung  führt.     Als 

Reinigung   der  bisher   verdeckte   Name   eines  die    Neffen    selber   die  Herrschaft   angetreten 

Kentauren    GEPAN APOZ    wohl    verschrieben  haben,  beschließt  Th.,  der  nicht  anderer  Unter- 

fur    GEPANJPOH   zutage    getreten,    Milani,  tan  sein  will,   nachdem  er   selber  Regent  ge- 

Ate^ie  e  Roma  5  (1902),  711,   der  den  Namen  wesen  ist,   zu  seinen  Stammesgenossen  auszu- 

STiQccv8Q0s\\efii'.,\g\.  Berlin.  Philol.Wochenschr.  wandern.  Das  sind  die  Nachkommen  des  Phö- 

22  (1902),  1580  Anm.  2.  A.  de  Ridder,  Rev.  des  nikers  Membliaros,    der  einst  mit  Kadmos  die 

etudesgr.  17  {1901),  101.  Dagegen  meint  J2o6erf,  Insel  Kalliste  (früherer   Name  von  Thera)  an- 
Hermes  39  (1904),  473  (vgl.  Wochenschr.  f.  klass.  60  gelaufen  und  von  diesem,  seinem  Verwandten, 

Phil.   1904,    1095),    SriQavdQog    wäre    für    den  dort    zurückgelassen    worden    ist.      Auf    seine 

Vasenmaler    Klitias    doch    zu    abgeschmackt,  Fahrt    nimmt    Th.   mit  Volk    aus    den  Phylen 

S^Qavägog    wäre  =  Giggavögog,    attisch    für  und  einige  Minyer,  die,  einst  aus  Lemnos  von 

GsgüccvSgog,  zu  lesen  und  zu  deuten.     [Höfer.]  den    Pelasgern    vertrieben,   bei  ihren   Stamm- 

Thera(i)phone((9rjpa(i)(pov73;  Varianten:  0T]-  vätern  in  Lakedämon  Aufnahme  und   Gleich- 

poqjor?],  Origecpovr} ;  vgl.  Gottfr.  Hermann,  De  berechtigung  erlangt,  dann  aber  infolge  über- 

iteratis  apud  Homerum  16  (=  Opuscula  8,  23),  mutigen  Wesens   gefangen    gesetzt  und  durch 

Tochter  des  Dexamenos,  Schwester  der  Thero-  eine   List  ihrer   Frauen  befreit  worden  waren 


641                          Theras  Theras                          642 

{Her.  4,  145  f.).     Th.    f^elit    mit    droi    Dreißig-  scheint  die  beträchtliche  Zahl  von  Eigennamen 

rüderem   in    See   und    siedelt'  sich  in   freund-  choriambischer   Messung   auf  Verwendung  im 

schaftlicher  Vereinbarung  mit  den  Ikwohnern  Hexumeter  zu  deuten,  vgl.  AvrsaiaVy  Tiadfitvog, 

auf  der  Insel  an,  die  von  ihm  den  Namen  Thera  MnitßXiaQog,     OloXvxog.     Wenn     es     das     von 

erhält.     (So   auch  im  wesentlichen    I^aux.  3,  1,  ().  Müller  vermutete  Nationalepos  über  die  do- 

7  f.  15,  ().  4,  3,  4.  7,  2,  '2,  vgl.  auch  schal.  Find.  rische  Kolonisation  gegeben  hat,  so  wäre  dies 

Fyth.  4,  88.  455.    schol.  Apoll,  lilwd.  4,  1764.)  eine    geeignete  Quelle;    auch    das   von  Crusius 

Zurückgelassen  hat  er  in  Sparta  seinen  Sohn,  in  i?osc/it'rs  Lea:.  2,  857  0".  erschlossene  railesiscüe 

der  ihn  nicht  begleiten  wollte,  uir  iv  Xvv,oi6i,  Schitferepos  von  Kadmos  könnte  teilweise  hier 
wie  der  Vater  sagte,   woher  jenem   der  Name  lo  hineingespielt  haben.  Daß  übrigens  Th.  Gegen- 

OioXvnog  blieb.     Dessen  Sohn  war  Aigeus,  der  stand   dichterischer   Behandlung   gewesen   ist, 

Stammvater  der  Aigiden.      Auch   die   Aigiden  läßt  sich  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit   dar- 

müsseu  später  nach  Thera  nachgewandert  sein,  tun.  Wenn  nach  Hemd.  6,  52  die  Lakedämonier 

denn    es   traf   sie    dort  (wenn    die  lü%kenhafte  üiLoXoy^ovrsg  oväsvl  noirirfi  erzählen,  Ari- 

He7'odotsi(i\\e    richtig  verstanden    ist)   derselbe  stodemos  selber  habe  sie  in  ihr  Land  geführt 

Fluch    der    Kindersterblichkeit    wie    ihre    Ge-  (so    auch    Xen.  Affcs.  8,  7.    Ephor.  fr.  11),    so 

achlechtsgenossen    in    Sparta,    der   erst    durch  muß    die    andere  Version,    wonach    erst    seine 

Weihung   eines   Heiligtums    der    Erinyen   und  Söhne  Eurysthenes  und  Prokies  das  Land  durchs 

des  Oidipus  von  ihnen  wich.  [So  berichten  Los  erhielten  (Apollod  2,  173.  177  f.  Paus.  3, 
übereinstimmend  Lakedämonier  und  Theräer.]  20  1,  5  f.  4,  3,  4  f.)    in  Dichtwerken    vertreten    ge- 

Es   folgt  c.  150—153    der   theräische   Bericht  wesen  sein  (O.  Müller,  Dar.  1*,  52).    Nun  war 

über  die  Gründung  von  Kyrene,  dem  154 — 156  aber  Th.  Vormund  der  Söhne  des  Aristodemos 

der  kyrenäische  darüber  entgegengestellt  wird.  und  trat  nach  Paus.  4,  3,  4  offenbar  im  Inter- 

Die  Geschichte  Kyrenes  bis  Arkesilaos  IIL  wird  esse  seiner  Mündel   dem  betrügerischen  Kres- 

bis  c.  167  ohne  Diskrepanzen  erzählt.    Schwer-  phontes  bei  der  Landverteilung  entgegen.    Er 

lieh   wird    mit    Studniczka,   Kyr.  47.   Mythol.  wird   also    bei   der   bekannten   List   des  Kres- 

Lex.  2,  1738    auch    noch    auf   eine    besondere  phontes,    die    sich    die    Dichter    nicht   v^erden 

kyrenäische  Version  über  Theras  Gründung  zu  haben  entgehen  lassen,  seine  Rolle  gespielt 
schließen  sein,  wie  auf  eine  lakonische  für  haben.  Eine  dichterische  Reminiszenz  scheinen 
Kyrene:  Kyr.  108  If.  Unbefangen  betrachtet  er-  30  auch   die   Erinyen   bei  Herod.  4,  149   zu  sein, 

zählt  Herodot  der  Zeitfolge  nach:    Theras  Be-  Ygl.v.Wilamowitz,  Griech.  Trag,  übers.  2,235,1. 

siedelung,  woran  nur  Lakedämonier  und  Theräer,  Malten,  Kyr.  179,  2. 

nicht  Kyrenäer  ein  Interesse  hatten,  dann  Ky-  §  3.  Kritik  der  Überlieferung.  Wenn 
renes  Ursprung  in  zwei  Brechungen*),  woran  es  diese  einheitliche  Tradition  auf  ihre  histo- 
die  Lakedämonier  nicht  interessiert  waren.  Die  rische  Glaubwürdigkeit  zu  prüfen  gilt,  so  kann 
Herodoteische  Tradition  hat  in  der  Hauptsache  die  Person  des  Th.  nicht  isoliert,  zum  minde- 
auch  schon  etwa  30  Jahre  früher  Pindar  Pyth.  sten  muß  seine  Gefolgschaft  nach  ihrer  Zu- 
4,  257  tf.  5,  72  ff.,  und  sie  begegnet  uns  wieder  sammensetzung  untersucht  werden.  Den  lite- 
in  der  Alexandrinerzeit  beiJj9oZZ.i?/<o(^.  4, 1755  ff.  rarischen  Quellen  treten  jetzt  die  Ergebnisse 
und  hei  KalUm.hymn.  2,  71  ff.,  der  gewiß,  wenn  40  der  umfangreichen  Ausgrabungen,  die  das  un- 
es  eine  kyrenäische  Version  über  Theras  Grün-  schätzbare  Verdienst  J3t7Z«rs  f.  Gaertringen  sind, 
düng  gegeben  hätte,  diese  vorgetragen  haben  zur  Seite.  Die  ältesten  Inschriften  von  Thera 
würde.  Wir  haben  also  eine  im  wesentlichen  bestehen  in  einzelnen,  auf  den  Felsen  geschrie- 
einheitliche Tradition  vor  uns,  wenn  auch  des  benen  Namen,  göttlichen  und  profanen,  aus 
Th.  Name  nicht  überall  erscheint.  Denn  daß  dem  7. —  8.  Jahrh.  Erst  über  diesen  ältesten 
bei  Pifidar  Pyth.  4,  257  ff.  (von  den  Nachkom-  Steinzeugnissen,  also  später  als  sie,  ist  ein 
men  der  Argonauten  auf  Lemnos)  Aa-asdcciuo-  polygonales  Bauwerk  hergestellt,  in  dem  sich 
vicDv  ^ix^evTEg  avdgcbv  ijd-söi  bedeuten  soll  der  Name  Gr^gag  zu  finden  scheint  (J.  C.  Gr.  3, 
„gelangt  zuden  Sitzen  lakedämonischer  Männer",  382).  Damit  ist  ein  so  weites  Hinaufrücken 
nämlich  in  Thera,  ist  eine  spitzfindige  Deutung  50  des  Oikisten  Th.,  fast  bis  zur  dorischen  Wan- 
von  Maaß,  Gott.  gel.  Anz.  1890,  358  f.  Der  derung,  ausgeschlossen,  ganz  abgesehen  von 
Ausdruck  scheint  mir  vielmehr  gut  das  Streben  der  Unwahrscheinlichkeit,  daß  die  Spartaner, 
der  Minyer  nach  völliger  Gleichberechtigung  kaum  im  Besitze  des  Eurotastales,  sich  zu 
mit  lakedämouischer  Stammesart  zu  bezeich-  überseeischer  Kolonisation  versucht  gefühlt 
nen,  wovoü  Her.  4,  145 f.  erzählt.  Man  wird  hätten  {Studniczka,  Kyr.  bl.  Lex.  2,  1740).  Nun 
also  in  Sparta,  wo  es  Herodot  hörte,  und  in  ist  aber  andererseits  ausgemacht,  daß  Thera 
Kyrene,  wo  es  Pindar  vernahm,  über  Theras  als  lakonische  Kolonie  galt  {Busolt,  Griech. 
Ursprung  nicht  sehr  verschieden  berichtet  ha-  Gesch.  1,  198),  und  auch  Kyrene  wird,  doch 
ben.  Die  Stiftungssage  scheint  zu  sicher  in  wohl  immer  durch  Vermittelung  von  Thera, 
die  heroische  Genealogie  eingefügt,  als  daß  60  als  lakedämonische  Gründung  in  Anspruch  ge- 
bloß mündlicher  Bericht  ihr  zugrunde  liegen  nommen  (etwas  anders  Studniczka,  Kyr.  112). 
sollte.  Für  Pindar  hat  man  die  Ehoie  vom  Wenn  es  sicher  stünde,  daß  von  Thera  aus  die 
Argonauten  Euphemos  {Kirchhoff',  Hie  Compos.  Besiedelung  Kyrenes  nicht  eher  erfolgt  ist  als 
d.  Odyssee  56  ff.)  als  Quelle  vermutet  (s.  Stud-  dort  Lakonier  vorherrschend  geworden  waren 
niczka,  Kyr.  Ulf.  Lex.  2,  1738),  bei  Herodot  {Studniczka,  Lex.  2,    1746),    würde   man,   weil 

Kyrene  um  631   gegründet  ist,  einen  terminus 

*)  Daß  ifa/üön,  Aj/re«.  97 ff.  den   richtigen  Standpunkt  ^       nnpm     fnr    Hpn     7no-     dp«^     Th      frewinnen 

für    die    Beurteilung    dieser   beiden   Versionen    gefunden  ^^^,    ^^.^°^    tur    den    /Ug     des     iü.     gewinnen^ 

habe,  kann  ich  nicht  zugeben.  Doch  Hiller  V.  Gaertringen,  Ihera  1,  141  ü.  3,  52 


643                          Theras  Theras                          044 

bat,  dpnAusführung^envou  ».TTt/amofrifc;,  A'wrt)>.  ponnes,  so  daß  man  die  geschlossene  Tradition 

Herakl.  1,  2o6  ft*.  über  den  Gang  der  dorischen  schwerlich  ganz  verwerten  darf,  sondern  höch- 

VVanderung  folgend,  aus  den  Inschriften  schlie-  stens    eine    Beeinflussung    zugunsten    Spartas 

ßen  zu  müssen  geglaubt,  daß  Thera  eher  dorisch  zugeben  kann.    Über  Hezieiiungen  des  Th.  zur 

als  spartanisch  wurde  und  seine  dorische  Be-  Argolis  s.  unten. 

völkerung  von  der  See  her,  von  Kreta  erhielt  §  4.  Die  Minyer  des  Theras.  Was  die 
{v.Wilamomtz,  Berlin.  Sitzungsber.  1906,  75f.).  minysche  Gefolgschaft  des  Th.  anlangt,  so  muß 
Wenn  sich  auf  alten  Inschriften  die  Personen-  zunächst  mit  Stminiczka,  Kyr.  QO  ^\  Lex.  1741  f. 
nam^n  ^oD^tEvp,  7.  Gr.  Jiis.  3,  548  und  Jv^iäv  von  ihrer  mythischen  Abstammung  von  den 
ib.  f)50,  dazu  aus  späterer  Zeit  Jvfidvtov  vvfi'  lo  Argonauten  und  den  leninischen  Fraiuen  alge- 
qpat  und  'rXXitov  vvfiqpat  finden  {Hiüei'  v.  Gaert-  sehen  werden,  auch  ihre  Vertreibung  durch  die 
ringen.  Die  archaische  Kultur  dtr  Jnsel  Thera  attischen  Pelasger  ist  eine  raythographische 
31),  80  setzt  das  allerdings  das  Bestehen  der  Fiktion.  Dagegen  scheint  mir  der  Aufenthalt 
drei  dorischen  Phylen  im  7.  Jahrh.  in  Thera  der  Miny«»r  in  Lakedllmon  mit  nicht  genügen - 
TOrauB,  die  bekanntlich  in  Sparta  für  uns  nicht  den  Gründen  von  Studniczka  und  Maaß  852  ff. 
nachweisbar  sind.  Aber  diese  Phylen  sind  all-  (etwas  anders)  verdächtigt  zu  sein.  Beide  geben 
gemein  dorisch,  also  auch  spartanisch  {Ed.  zu,  daß  der  Stamm  in  der  Peloponnes  beglau- 
Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2,  254  f.),  und  wenn  bigt  ist  Der  Minyor  Euphemos  ist  vom  Taina- 
sie  durch  die  sog.  Lykurgische  Verfassung  ab-  ron  schwerlich  zu  lösen,  v.^\ilavw^r^tz,  Herakl. 
geschafft  sein  sollten,  so  würde  des  Th.  Zug  so  1,  266  f.  wird  recht  haben,  wenn  er  infolge  der 
damit  nur  vor  diese  Verfassung,  von  deren  <lori8chen  Wanderung  eine  starke  Schiebung 
Zeit  wir  übrigens  gar  nichts  wissen,  gerückt  der  Hellenen  (Pylier,  Minyer,  Lapithen  usw.) 
werden  müssen.  Es  ließe  sich  sehr  wohl  an  aus  Thessalien  und  Böotien  nach  der  Pelo- 
den  Anfang  des  7.  Jahrh.  denken.  Wir  müssen  ponnes  annimmt.  Hier  mußten  sich  die  Minyer 
immer  berücksichtigen,  daß  Herodot  gar  nicht  notgedrungen  mit  den  zuwandernden  Dorern 
von  einer  ausschließlich  dorisch-spartanischen  auseinandersetzen.  Das  scheint  ihnen,  wenn 
Kolonie  unter  Th.  erzählt,  sondern  es  sind  man  den  Spnren  der  Überlieferung  nachgehen 
außer  dem  Xtoig  &7tb  x&v  ffvlitov  noch  Minyer  darf,  zunächst  in  Güte  gelungen  zu  sein  — 
dabei,  ja  der  Führer  selber  ist  kein  Dorer,  die  Sage  spricht  dabei  von  uralter  Verwandt- 
sondem  ein  Kadmeer.  Wenn  alle  auf  drei  so  schalt  von  den  Argonauten  her  und  von  Be- 
Üreißigruderem  Platz  hatten,  so  kann  die  Macht  rufung  auf  die  Tyndariden  =  Dioskuren  — y 
nicht  groß  gewesen  sein,  auch  kommt  er  nicht  später  scheinen  sie  ihre  Ansprüche  gesteigert 
^Ificov  (d.  h.  die  Bewohner),  sondern  övrotxryffcör  zu  haben,  so  daß  eine  Partei  weichen  ipaußte, 
{Her.  4,  148),  woran  Pausan.  3,  1,  7  noch  die  natürlich  die  Minyer.  Die  einen  zogen  übers 
Hoffnung  auf  freiwillige  Abtretung  der  Königs-  Meer,  die  andern  nach  Triphylien.  Es  ist  nicht 
würde  knüpft,  die  sich  auch  erfüllte.  Man  einzusehen,  warum  die  Sage  erst  den  Umweg 
vergleiche  auch  die  spätere  Art  lakedämonischer  über  Sparta  hätte  konstruieren  sollen,  wenn 
Kolonisation:  Niese,  Herrn.  42,  452.  Daß  der  nicht  eine  historische  Tatsache  vorgelegen 
lakonische  Einfluß  nicht  stark  gewesen  sein  hätte.  Eine  rein  dorische  Kolonisation  wäre 
kann,  geht  wohl  daraus  hervor,  daß  „die  alte  40  dem  Ruhme  Spartas  zuträglicher  gewesen.  Die 
Schrift  Theras  von  der  lakonischen  gänzlich  Anknüpfung  an  die  Argonauten  wird  dem  Epos 
unabhängig  ist"  und  „die  lakedämonische  Ko-  zuzuweisen  sein,  dem  ja  die  Argofahrer  als 
lonie  Thera  nichts  weniger  als  lakonischen  Minyer  gelten.  Übrigens  treten  Minyer  aus  La- 
Dialekt  hat",  vgl.  Blaß  bei  Collitz  u.  Bechtel,  konien  auch  in  der  Kolonisation  von  Melos  und 
Sammluvg  der  griech.  Vialektiiischr.  ii,  2.  lASW.  Kreta  auf,  wie  Studniczka,  Kyr.  4 7  ff.  über- 
Malten,  Kyrene  166  ff.  bezeichnet  als  sicheren  zeugend  dargelegt  hat,  und  zwar  etwa  gleich- 
Gewinn  der  Ausgrabungen  die  Tatsache,  daß  zeitig  mit  den  theräischen  Ansiedlern;  vgl. 
mindestens  seit  1000  v.  Chr.  auf  der  Höhe  des  Konon  36  {Hoefer,  Konon  S.  71  ff.).  Plut.  de 
Messavuno  Dorer  gesessen  haben,  die  von  nir-  mulier.  virtut.  8.  quaest.  Gr.  21 ,  wo  Plutarchs 
gends  anders  als  aus  Kreta  gekopamen  seien.  50  Zeitangabe  des  Helotenkriegs  wohl  zu  vor- 
Wenn dieser  Zeitansatz  nicht,  wie  ich  fürchte,  werfen  ist  (^i/Z^r  r.  Gaertringen,  Thera  1,144,5). 
y.u  hoch  ist,  so  würde  allerdings  eine  von  §  5.  Die  Phöniker  auf  Thera.  In  Thera 
Sparta  ausgehende  Dorisiei-ung  nicht  möglich  findet  der  Oikist  ü^oivitisg,  die  acht  Genera- 
sein, an  der  Studniczka,  Gott.  gel.  Anz.  1901,  tionen  vorher  unter  Kadmos  an  der  Insel  ge- 
541  f.  doch  festhält.  Daß  die  älteste  dorische  landet  sind,  wo  Membliaros,  ein  Verwandter 
Besiedelung  Theras  von  Kreta  aus  erfolgt  sein  des  Kadmos,  zurückgelassen  worden  ist  {Her. 
müsse,  dies  zu  erhärten  genügen  die  von  4,  147 f.).  Dieser  Verwandte  wird  bei  Paus.  S, 
Malten  S.  167  angeführten  Momente  nicht,  we-  1,  7  f.  (Pragmatismus  des  Ephoros?)  zu  einem 
der  der  Dialekt,  der  z.  B.  auch  die  Tatsache  Manne  aus  dem  Volke,  um  die  Abtretung  des 
der  Gründung  Kyrenes  von  Thera  aus  wenig  60  Königtums  an  Th.  wahrscheinlicher  zu  machen 
bestätigt  {Bloß  b.  CoUüz  u.  Bechtel,  SGDI  3,  {Boeckh,  Kl.  Sehr.  6,  4).  Übrigens  gehört  Mem- 
2,  194),  noch  der  Kultus,  namentlich  nicht  der  bliaros  wahrscheinlich  bloß  auf  die  Nachbar- 
Kures,  über  dessen  Bedeutung  keineswegs  Klar-  insel  Anaphe;  vgl.  Steph.  Byz.  s.v.  &riQa  xx. 
heit  herrscht.  Überhaupt  weisen  die  Kult-  'Aväcpri.  Maaß  359,  1.  Es  herrscht  wohl  heute 
zusammenhänge  mehr  nach  der  nordöstlichen  Einstimmigkeit  darüber,  daß  weder  Kadmos 
Argolis  als  nach  Kreta  (allerdings  auch  nicht  noch  die  Kadmeer  Phöniker  sind,  wenn  auch 
nach  Sparta),  s.  Hiller  v.  Gaertringen  1,  144,  der  Name  Kadmeer  ethnographisch  nicht  ver- 
Malten  167,  13,  also  jedenfalls  nach  der  Pelo-  wendbar  ist.     Dazu  stimmt,  daß  Phönikisches 


645                           Theras  Theras                           646 

auf  Theia  ^ar  nicht  «gefunden  wurd«  n  ist,  s.  iJarlcpung  darin  süinen  Grund  haben,  daß  Th. 
Dragendorl}  h.  Iltllir  v.  G.,  Thtra  2,  285,  ;}22.  <len  hjuaklidiwchen  Einwanderern  gleich/eitiff 
Die  Heimat  der  Kadmeor  muli  naturgeniilß  «^'enetzt  wurde,  die  ^^irnticc  des  Aigcus  aber 
Böotien  gewesen  sein,  also  das  Land,  wo  auc  h  nach  gut  beglaubigter  Nachricht  erst  bei  der 
die  Minyor  zu  Hause  war<;n.  Die  verwandt-  Kroberuiig  von  Amyklai  stattfand,  des  letzten 
ßchal'tliche  Hezichung  des  Th  zu  den  Kadmeern  Holhverk«  der  vordorischen  Bevölkerung,  da» 
gründet  sich  auf  folgenden  Slanimbauni :  Kad-  erst  beträchtlich  nach  den  ersten  Erfolgen  den 
mos— Polydoro.s— Labdakos— Laios— OidipuH —  Eroberern  in  die  Hunde  fiel,  vgl.  schol.  Find. 
Polyneikcs  — Thersandros— Teisamenos— Ante-  Islhii'.  7,  18.  Aber  den  thebanii'chcn  Ursprung 
sion— Th,  (Bocckh,  Kl.  Sehr.  (5,  3).  Maaß  361  lo  der  Aigiden  als  ungeschichtlich  und  nur  er- 
bat nachgewiesen,  daß  dieser  Stammbaum  der  dichtet  zu  erweisen,  ist  m.  E.  Stvdnicz/.a,  Kyr. 
spartanischen  Konigslistc  parallel  läuft,  so  daß  «6  ff.  Lex  1740  f.  nicht  gelungen.  Bei  Pindar, 
Aristodemos  und  Theras  einander  entsprechen.  Jsthm.  7,  12  ff.  sind  die  Aiyttdai  Oi^fiag  ^ayopoi^ 
Daß  Kadmos  und  die  Kadraeer  schon  vor  der  dem  nicht  widerspricht,  daß  sie  JHnd.  Vyih. 
Einwanderung  des  Autesion  Beziehungen  zu  5,  74  tf.  aus  Sparta  ytysvvafihoi  genannt  wer- 
Sparta  gehabt  haben,  braucht  aus  der  von  den,  denn  die  theräischen  Ansiedler  die^e8  Ge- 
Favs.  3,  15,  8  berichteten  Tatsache  nicht  ge-  schlechts  waren  eben  erst  in  Sparta  geboren 
folgert  zu  werden,  daß  in  Sparta  bei  der  ;itf>;^rj  (falscher  Schluß  bei  Malten  171  f.).  Sie  sind 
IloixiXri  ein  ijQcpov  des  Kadmos  stand,  zumal  nach  Thera  gekommen  ov  ^)f(av  ätsg,  ScXXä 
es  wie  die  des  Oiolykos  und  Aigeus  erst  von  20  (joiqÜ  rig  aytv.  Diese  ^oiga  kann  sehr  wohl 
drei  Enkeln  des  Aigeus,  des  Enkels  des  Th.,  mit  der  von  Herodot  berichteten  Kindersterb- 
gegründet  sein  soll.  Es  war  natürlich,  daß  die  lichkeit  zusammenhängen  und  zur  Folge  ge- 
Enkel ihre  Kadmeische  Abkunft  auch  kultlich  habt  haben  die  tx  dtongoniov  erfolgte  Grün- 
beglaubigten. Für  den  kadmeisch-bö(  tischen,  düng  des  Erinyenheiligtums,  vielleicht  auch 
nicht  dorischen  Ursprung  der  ältesten  theräi-  die  Abwanderung  nach  Thera.*)  Die  nach- 
sehen Kultur,  a.ucli  der  uralten  Felsinschriften,  wandernden  Nachkommen  des  Th,  brachten 
die  er  leträchtlich  früher  datiert,  ist  zuletzt  ater  auch  einen  Sühnegott  mit,  den  Apollon 
Dörpfeld  in  der  W^odienschr.  f.  Jclass.  Phil.  1912,  Karneios,  als  dessen  Verehrer  sie  allgemein 
1085  eingetreten  unter  Berufung  auf  die  the-  gelten;  vgl.  Find.  a.  a.  0.,  und  bald  erhob  sich 
räiöche  Keramik  und  Totenbestattun?  (s  auch  30  der  Tempel  des  Apollon  Karneios  neben  dem 
Börpfeld,  Neue  Jahrb.  11)12,  15).  Doch  vgl.  Heroon  des  Th.;  s.  Hiller  v.  G.  5,  64  fF.  Die 
über  die  Tongefaße  der  theräischen  Gräber  Kameen  scheinen  ursprünglich  ein  Hirtenfest 
Pfuhl,  Mitt.  d.  archäol.  Instit.  athen.  Abt.  28,  gewesen  zu  sein,  mit  dem  aber  auch  Sühnungs- 
96 ff.,  bes,  284 tf.  riten  verknüpft  waren,  vgl.  oben  2,  961  ff.  S. 
§  6.  Theras  und  die  Aigiden.  Ob  das  Wide  und  Höfer.  Karneios  ist  herzuleiten  von 
Geschlecht  des  Th.  als  das  der  Aigiden  zu  vAgvog  =^  TigoßaTov  Hesych.  s.  v.  Er  wurde 
gelten  hat,  ist  eine  Streitfrage,  Her.  4,  149  schon  vor  der  Rückkehr  der  Herakliden  im 
leitet  jene  her  von  Aigeus,  dem  Sohne  des  Hause  des  Sehers  Krios  verehrt,  Paus.  3,  13,  3. 
Oiolykos  und  Enkel  des  Th.,  und  nennt  sie  Es  ist  anzunehmen,  daß  die  Dorer  ihn  mit 
eine  cfvXr]  yi^yälri  iv  Znagtr]  (wohl  ungenauer  40  einem  eigenen  Stammesgotte  verschmolzen  und 
Ausdruck  für  öißä:  Boeckh,  Kl.  Sehr.  6,5).  Er  dann  als  Nationalgott  verbreiteten  (so  Wide, 
setzt  also  ihr  Hervortreten  als  gens  einige  Gene-  dagegen  Aly,  Her  kret.  Apollonlmlt  8  f.).  Schon 
rationen  nach  der  Rückkehr  der  Herakliden,  StvdniczJca ,  Kyr.  68  hat  darauf  hingewiesen, 
trennt  sie  aber  nicht  von  dem  kadmeischen  daß  der  Vater  des  Ahnherrn  der  Aigiden  Oio- 
Volksstamme.  Das  ist  in  Sparta  geglaubt  wor-  lykos  offenbar  in  Beziehung  zu  bekannten  Be- 
den, vofür  die  neben  des  Kadmos  Heiligtume  nennungen  des  Lichtgottes  Lykaios.  Lykios  usw, 
von  Aigiden,  wann  immer,  errichteten  iigacc  steht.  Nun  haben  wir  zwar  bei  Herod.  4,  149 
des  Oiolykos  und  Aigeus  zeugen  Paus.  3,  15,  8,  eine  Etymologie  des  Namens:  Th,  habe  seinen 
Von  einem  ijgcpov  des  Th,  liest  man  nichts;  Sohn  zuiückgelassen,  als  er  ihm  nicht  folgen 
Fr.  Cauer  s.  v.  Aigeidai  b.  Pauly-Wissoua  1,  50  wollte,  mit  dem  Vergleiche  öiv  iv  Xvv.oi6i,  wo- 
950  spricht  wohl  irrtümlich  von  einer  Bildsäule  von  er  O/oXvxoc  genannt  worden  sei  mit  Spitz- 
des  Th.  in  Sparta.  Ihre  Heimat  muß  Theben  namen,  der  schließlich  das  Übergewicht  er- 
sein,  denn  bei  einer  Kindersterblichkeit  er-  halten  habe,  offenbar  über  einen  andern,  uns 
richteten  sie  auf  Götters})ruch  ein  Heiligtum  nicht  bekannten  Namen.  Aber  diese  Deutung, 
der  Erinyen,  des  Laios  und  des  Oidipus  mit  die  mit  einem  bekannten  Sprichworte  operiert 
Erfolg  und  ebenso  die  Abkömmlinge  dieser  {Tercnt.  Eunuch.  832),  allerdings  immerhin  auf 
Männer  in  Thera  (dies  nicht  ganz  sicher).  Zwistigkeiten  {Hom.  II.  22,  263)  hinweist,  in- 
Herodot  kennt  also  Aigiden  in  Thera,  die  nach  folge  deren  wohl  Th,  davonzog,  wird  man  nicht 
Th.  dorthin  gekommen  sein  müssen.  Das  stimmt  gelten  lassen.  Nähme  man  die  Erklärung  des 
wieder  zu  Find.  Pyth.  5,  72  ff.,  überdies  finden  60  ersten  Bestandteiles  an,  so  läge  der  Gedanke 
sich  im  Anfange  der  Kaiserzeit  in  Thera  die  an  xa-pi/og  sehr  nahe:  der  Name  OtdAvxos  könnte 
Namen    Oiolykos   und  Aigeus,  auch  Maisiadas 

(vgl,   Mataig  Paus.    3,  15,    8);    auch   ist  Erinyen-  *)  Wenn  es  hei  Her.  l,  149  nach  einer  Lücke  im  Text 

kult  mit  Wahrscheinlichkeit  auf  der  Insel  nach-  T-^'""  ^^''^^  ^'"^^''  V"'^«  ''"'  *>,  ^''^.'i  ro7a,anorö<r'  iv- 

T-T-7J               ^     r.     r.^  c       TiT                •    1  I  op"'»'   tuut(nr    yfyojo<T*    sc.  avrfi-i}],  so   mochte  ich  an  die 

gewiesen;    S.  HlUer  V.    (x.   3,    61t.       Wenn    nicht  spätere   Zeit    denken,    wo    man    mit   der  Aussendung   der 

Th.    selbst,    sondern    erst    sein    Enkel    Aigeus    an  Kolonie  nach  Libyen  sieben  Jahre  lang  zögerte  und  erat 

die  Spitze  des  Geschlechts  gesetzt  wil  d,  so  wird  ^""'f  Mißwacbs    ^^ozu    sich    die   Kindersterblichkeit  paB- 

j                1     rr,     7     •     T          -f-r       ^^.  o      '    1         1  ,        T  send  stellen  wurde,  nach  erneuter  Befragung  des  Orakels 

das  nach  btudmCZkaB,  Kyr.    91  f.  einleuchtender  zur  Lösung  der  Aufgabe  gedrängt  wurde,  JJer.  i,  151.  16*-. 


647                           Theras  Theras                          648 

eine  Verschmelzung    des    Kägvf^tos  mit   einem  nischen  Geschichte  mit  Dorieus,  dem  Stiefbruder 

Avuhos  sein,   unter  welchem   Namen  ApoUon  des  Kleomenes  {Herod.  6,  42),  der  auch  spar- 

t.  ß.    in  Argos    und    Sikjon    (allerdings   wohl  tanisches  Volk  als  Kolonisten  über  See  führte. 

vordorisch)  verehrt  wurde  (Lykeios  auf  Thera.-  HiUvr  v.  G.  1,  148  meint,   daß,   nachdem  die 

I.  Gr.  I.  3,  889).    Der  Träger  des  neuen  Kultes  Dorisierung  Theras  von  Kreta  oder  Argos  aus 

^Ite  dann   naturgemäß  als   sein  Sohn.     Aber  erfolgt  sei,  spilter  eine  Annäherung  an  Sparta 

die  Wortzusammensetzung    macht    Schwierig-  stattgefunden   und   ein    Thcriier   des   Th.    Ge- 

keiteu  {Malten,  Kyr.  114,  3),  und  eine  andere  schichte  in  Anlehnung  an  des  Dorieus  Zug  nach 

Spar  wird  uns  richtiger  fiihren.    Mach  i**«d«r,  Libyen    {Her.  5,  39  tf.)    erdichtet    habe.     Aber 

Pyih.  ö,  76 if.  haben  die  Aigiden  den  Kult  des  lO  dieser  Zug,  der  doch   nach  Westen  geht  (von 

Kameios  von  Tbera  auch  nach  Kyrene  getragen,  HilUr  merkwürdigerweise  über  Thera  geleitet 

was  auch  Kallim.  hymu.  2,  72  ff.  meinen  wird,  wegen  Her.  5,  42)  und  unglücklich   endet,  er- 

obwohl  er  den  Aristoteles  =  Battos  nennt,  dessen  scheint  dafür  zu  spät,  616  v.Chr.  oder  nach 

Begleiter   eben    Aigiden    waren.      Gewöhnlich  Niese,  Herrn.  42,  454  noch  später.    Vor  seiner 

schließt  man  {i.  B.  Maaß  869)  aus  Kallim.  74 f.  Abfahrt    stiftet   Th.    in   Sparta   ein  Heiligtum 

ix  iiiv  ae  2i^ndQTrig  ixTov  vivog  OiöiTcoäao  iiyccye  der    Athena,    Paus.  3,  15,  0,    wie    Studniczka, 

Srigairiv    ig    &x6xri6iv'  fx    6i    at    Si^gi]?  usw.  Kyr.  72  annimmt,  der  &QX7iy^Tig.,  wie  auch  Kad- 

mit  dem  Scholiasteu  z.  St.,  Th.  habe  den  Kar-  mos,  als  er  Thera  besiedelte,  Altüre  des  Posei- 

neioskult  nach  der  Insel  gebracht,  doch  nicht  don  und  der  Athena  weihte  nach  .'fchol.  Pind. 

§\m  zwingend,  denn  Th.  ist  Nachkomme  des  »o  Pyth.  4,  11  (am  Markte?  Hitler  v.  G.  3,  67  f.). 
idipus  im  6.,  nicht  im  6.  Gliede  (die  gleiche  Über  seine  Tätigkeit  auf  Thera  erfahren  wir 
Unstimmigkeit  bei  Paus.  4,  3,  4);  streng  ge-  nicht  viel  mehr,  als  daß  er  der  Tnsel  ihren 
nommen  könnte  man  aus  A'a//tmac/(05  eine  nach  neußn  Namen  gibt,  wofür  ihm  die  Theräer  vvv 
Theras  erfolgte  Überführung  des  Kultes  her-  hi  xatk  hog  ivccyi^ovciv  m  oUiütfj  I^aus.  3, 
auslesen,  wie  aus  Herodota  Angabe.  Wenn  1,7  f.  15,6.  7,2,2.  In  einem  polygonalen  Baue, 
Silier  V.  G.  1,  152.  3,  60  auf  Grund  von  zwei  der  sich  über  ältesten  Weihinschriften  erhebt, 
Epigrammen  der  Kaiserzeit,  /.  Gr.  I.  3,868.  861)  scheint  der  Name  S^gag  zu  stehen,  Hiller  v.  G. 
schließt,  daß  die  Priester  des  Kameios  sich  von  1, 150.  284.  3,  67.  7.  G.  I  3,  382.  Auch  ist  viel- 
Th.  herleiteten,  so  weist  der  Ausdruck  Aaxs-  leicht  der  sogenannte  Christosbau  (nach  Weih 
daiuovog  ix  ßaöiXi^wv  durchaus  nicht  direkt  so  für  Th.  in  Anspruch  zu  nehmen,  s.  hiller,  Thera 
auf  Th.,  sondern  vielleicht  auf  die  Aigiden,  so  1,  203.  Daß  sich  die  Könige  Theras  auf  Th. 
Studniczka,  Kyr.  95,  anders  und  kaum  richtig  zurückleiteten,  bezeugt  Her.  4,  150.  Wer  war 
Maaß  369.  Malten  170  tf.  nimmt  an,  daß  die  Theras?  Es  scheint  auf  der  Hand  zu  liegen, 
Wanderung  der  Aigiden  nach  Thera  im  6.  Jahr-  daß  der  Oikist  lediglich  zu  dem  Namen  der 
hundert  stattgefunden  habe  und  seitdem  der  Insel  erdichtet  ist.  So  meint  in  der  Tat  Stud- 
spartanische  Einfluß  dort  gestiegen  sei.  Das  mc^-Zra,  ifyr.  67,  daß  „der  Eponymos  dem  Stamm- 
Adelsgeschlecht  habe  den  Eponym  Th.,  „den  bäume  der  Aigiden  vorgeklebt  ist".  Daß  viele 
Mann  von  Thera",  überhaupt  erst  nach  Sparta  Inselnamen  des  ägäischen  Meeres  mit  denen 
gebracht  und  mit  seinem  Stammbaume  ver-  ihrer  Besiedler  gleichlauten,  ist  eine  bekannte 
knüpft,  er  bilde  das  Bindeglied  zwischen  spar-  40  Erscheinung,  z.  B.  Paros,  Naxos,  Mykonos,  vgl. 
tanischen  und  theräischen  Aigiden  und  als  Steph.  Byz.  s.  vv.  Aber  bei  Th.  liegt  die  Sache 
Kadmossproß  auch  zwischen  Theben  und  Sparta.  etwas  anders.  G^ga  und  O^gccg  haben  eine 
Diese  Hypothese  st^ht  auf  schwachen  Füßen  durchsichtige  Bedeutung:  Jagd  und  Jäger,  die 
Hätten  die  Aigiden  wirklich  so  stark  auf  die  bei  der  Sagenbildung  schwerlich  unberück- 
Tradition  eingewirkt,  so  würden  sie  sich  selber  sichtigt  geblieben  ist.  Studniczka  68  gibt  zu, 
wohl  eine  entscheidendere  Rolle  bei  der  Grün-  daß  der  Sohn  des  Th.  Oiolykos  einen  echt  my- 
dung  der  theräischen  Kolonie  zugeteilt  haben,  thischen  Namen  trägt;  warum  also  nicht  der 
denn  nur  Pindar  erwähnt  ihre  Wanderung,  aus  Vater?  Wir  werden  uns  in  den  Kulten  der 
Herodot  muß  sie  erst  erschlossen  werden.  Auch  Kolonisten,  die  Th.  führt,  nach  mythischen 
ist  es  Malten  176 if.  m.  E.  durch  sophistische  50  Jägern  umsehen  dürfen.  Die  Minyer  haben 
Interpretation  von  Pind.  Pyth.  ö  nicht  gelungen,  alten  Hadeskult  gehabt,  Euphamos,  einer  ihrer 
die  offenbare  Meinung  des  Dichters  zu  ver-  epischen  Vertreter,  ist  am  Tainaron  zu  Haus, 
dunkeln,  daß  die  Aigiden  ihren  Gentilkult,  die  wo  ein  Eingang  zur  Unterwelt  ist,  und  be- 
Kameen, sowohl  nach  Thera  wie  nach  Kyrene  zeichnet  in  seinem  Namen  selber  den  Herrscher 
mitgebracht  haben  {Studniczka,  Kyr.  02,  Gott.  des  Totenreichs.    Die  Vorstellung  des  Hades  als 

?el.  Anzeig.  1901,  542,   Maaß,  ib.  1890,  369).  großen  Jägers  {J.aygsvg)  ist  den  Dichtern  ver- 

>ann  aber  hätte  er  die  Wanderung  der  Aigi-  traut  {Prdler-Eobert,  Gr.  Myih.  1"*,  805,2)  und 

den  nach  Thera  um  mindestens   100  Jahre  zu  spiegelt  sich  in  mancherlei  Sagen  wider,  die 

spät   angesetzt,   denn  Kyrene  wurde   631   von  an  den  Küsten  des  saronischen  Golfes  lokali- 

Thera  aus  besiedelt.  60  siert  sind  und   auch  ins    Binnenland    reichen, 

§  7.  Wesen  und  Bedeutung  des  The-  wo  pinst  Minyer  gesessen  haben.  Wenn  wir  die 

ras.   Die  Person  des  Th.  weist  keine  charakte-  Abkömmlinge   des  Th.,   die  Aigiden,  der  Sage 

risiischen    Züge    auf.     Er  ist  Vormund  seiner  folgend  aus  Theben  stammen  und  Kadmeer 

Neffen,  ähnlich  wie  Lykurgos  Plut.  Lyc.  3,  1,  sein  lassen,  so  war  ihnen  ein  Kult  des  Ares  aus 

erfährt  mancherlei  Gegnerschaft  auch  wie  Ly-  ihrer  Heimat  altererbt.     Nun  wurde  zwischen 

kurgos  und  verläßt  wie  dieser  das  Land,  Plut.  Sparta  und  Therapne  ein  "Agrig  oder  'EwocXiog 

l.l.  3,5.     Seine  Abneigung,   sich   von    andern  ö/jpftTaj  verehrt,  der  sehr  wohl  „der  Jäger"  (s  d.) 

beherrschen   zu  lassen,  teilt  er  in  der  sparta-  sein  kann,  wenn  auch   sprachlich  eine  Gleich- 


649                         Theras  Theras                         650 

setzunjj^  mit  StQüixi]?  (von  ^ägao?)  ebensogut  Die  eigentliche  Wortbedeutung  verlangt  einen 
möglich  wäre  {Radermac'er,  Rh.  M  6;{,  402,  2).  genet.  obiect.  dazu,  der  vermutlich  in  dem  so- 
Nach  J*((us.  3,  19,  8  ist  dieser  0/jpfi'rac:  nach  genannten  alten  Namen  der  Insel  KuXXiazT]  zu 
seiner  Amme  0rjpro  benannt  und  sein  Bild  von  Muclien  ist.  KaXXiürtig^i'jQa  findet  Heine  Analogie 
den  Dioskiiren  aus  Kolchis  gebracht.  Schon  in  Aöorj?  ^rjQa  in  Lebadeia,  Paus.  9,  39,  4,  das 
H.  D.  Müller,  Ares  8H  f.  hat  in  ihm  den  Th.  ich  allerdings  als  Jagd  auf  Köre  erkläre,  nicht 
wiedergeJunden,  und  viele  sind  ihm  gefolgt  als  Jagd  der  Köre,  wie  z.  B.  Malten  76,  2.  Der 
(vgl.  Studniczka,  Kyr.  67,  66).  Entscheidendes  Jäger  der  Köre  ist  der  Unterweltsherrscher, 
ist  dagegen  von  Studniczka  nicht  vorgebracht  dort  als  BaaiXevg  neben  TQo<pmvtog  mit  Köre 
worden,  überdies  wird  die  Annahme  gestützt  lo  verehrt  (vgl.  Kchelos  und  Basile  auf  einem 
durch  den  Namen  (^/jpro,  der  sich  in  Thera  SitheniäQhenRelief:  Malten,  Archiv  f.  Religionsv. 
unter  alten  Felsschriften  gefunden  hat,  I.  G.  I.  12,  310).  KaXXiarri  i^^  ^^^  Beiname  oder  auch 
3,  369.  Für  //.  1).  Müller,  der  Ares  als  chtho-  Hypostase  der  Artemis  und  der  Hekate  bekannt, 
nische  Gottheit  auffaßt,  ist  er  der  Unterwelts-  welch  letztere  nicht  selten  der  Persephone 
Jäger,  wesensverwandt  „den  Eumeniden,  den  gleichgesetzt  wird.  Mag  man  nun  in  KaXXiarri 
Jägerinnen  des  JßSc//7//Ms"  S.  89.  Zieht  man  es  wie  in  ihren  Wesensverwandten  eine  Mond- 
aber  vor,  Ot]Qas  mit  (9fc'p(7av^po?  zusammenzu-  göttiu  sehen  mit  Usener  (vgl.  KaXi^s  Sgdfiog  in 
bringen  (so  w»hl  Hofj'mann,  Gr.  Dial.  1,  11  f.),  Megara)  oder  eine  Inselnymphe:  eine  Verfol- 
80  kommt  man  wieder  auf  einen  Ares,  wenn  gung  durch  einen  Räuber  oder  Jäger  ist  leicht 
Studniczka,  Kyr.  69  in  den  Ahnen  des  Th.  20  vorstellbar.  Von  Inselsagen  wäre  etwa  in  Par- 
Polyneikes  —  Thersandros  —  Teisamenos  richtig  allele  zu  stellen  die  von  Asterie,  wie  Delos 
Aresheroen  gemutmaßt  hat.  Gerade  im  weiteren  früher  hieß,  von  der  Kallim.  hymn.  4,  37  f. 
Verfolge  dieser  Ahnenreihe  scheint  eine  Ver-  sagt:  ßad^vv  ijXao  rccrpgov  ovgavo^sv  cpsvyovaa 
mischung  des  Ares-  und  Hadeskultes  einzu-  .diog  yd\iov  ScGvigi  lörj.  Wie  ich  anderweitig  zu 
treten,  wenn  man  die  Ehe  des  Polyneikes  mit  zeigen  hotte,  war  Kailiste  wohl  der  Name  der 
Argeia  so  deuten  darf,  der  Tochter  des  Ad  rastos,  Nymphe,  die  als  Tochter  des  Euphemos  und 
„des  Unentrinnbaren",  eines  offenbar  chthoni-  der  Erdscholle  aus  dem  Meere  stieg.  Die  Jagd 
sehen  Dämons  (vgl.  Adrasteia — Nemesis,  Stoll,  auf  sie  konnte  ©r'jQa  heißen,  aber  auch  sie 
Lex.  1,  82).  Die  dritte  Kolonistengruppe,  die  selltst  als  Jagdbeute.  Insofern  hätte  die  von 
Th.  führt,  sind  Dorer.  Angenommen,  der  so  manchen  gebilligte  Lesart  bei  Faun.  9,  39,  4 
ApoUon  Karneios,  der  jedenfalls  durch  Dorer  Xdpjjg  y.ocXoviiivr\g  &i]Q<xg  nichts  Auffälliges, 
nach  Thera  gekommen  ist  {Hierokles  b.  schöl.  wenn  sie  sonst  ohne  Anstoß  wäre.  Die  yarovo- 
Pind.  Pyth.  4,  11),  sei  ein  echt  dorischer  Gott,  iiaala  der  Insel  würde  sich  so  sehr  einfach  er- 
80  wäre  auch  für  diese  Gestalt  die  Vorstellung  klären.  Ich  sehe  also  in  der  Beziehung  von 
eines  Jägers  nichts  Ungewöhnliches,  man  braucht  Theras  zu  Thera  eine  Sage  von  der  Verfolgung 
nur  an  knöXXcov  ccygalo?  in  Megara,  Paus.  1,  einer  Nymphe  durch  einen  göttliciien  Jäger. 
41,  3  und  an  den  ccygsvg  und  ccygsvti^g  zu  er-  Für  Lakonien  ist  eine  solche  Sage  nicht  nach- 
innern,  vgl.  Preller- Robert,  Gr.  Myth.  1*,  272,  1.  weisbar,  wohl  aber  für  Argos.  Im  Stadtorebiet 
Malten,  Kyr.  10.  Wen  jagt  dieser  Gott?  Der  von  Argos  lag  das  Mvaiov  TtsSiov^  die  älteste 
Name  der  Insel  gilt  vielen  als  das  ,,Jagd-  40  Stätte  des  Raubes  der  Köre,  wie  Malten,  Archiv 
gebiet",  „der  Jagdgrund'^,  unter  Berufung  auf  f.  Religionsic.  12,  28öff.  einleuchtend  dargetan 
andere  gleich  oder  ähnlich  lautende  Ortsnamen :  hat  unter  Hinweis  auf  andere  Bräute  des  x>Lv- 
@f]Qai  in  Arkadien  und  auf  dem  Taygetos,  x6n(olog,  Z.  Z.  308ff.  Betrachtet  man  nun  die 
Sriga  rcbv  iXhcpävzav  in  J^gypten  und  Hadria-  alten  Götterkulte  von  Thera,  wie^  sie  durch  die 
notherai  iu  Mysien*),  s.  Grasherger,  Stud.  z.  d.  Grabungen  Hillers  v.  G.  etwas  klarer  hervor- 
gr.  Ortsnamen  247.  Studniczka,  Kyr.  145  f.  Die  getreten  sind  (vgl.  Hiller  v.  G.,  Kilo  1,  212  ff.), 
Möglichkeit  dieser  Auffassung  soll  nicht  ge-  so  wird  es  sehr  wahrscheinlich,  daß  eine  viel 
leugnet  werden,  obschon  %'il]ga  sonst  nicht  engere  Verwandtschaft  der  theräischen  Kulte 
Jagdrevier,  sondern  entweder  „das  Jagen"  oder  mit  nordostpeloponnesischen  besteht  als  mit 
„die  Jagdbeute"  bedeutet.  Aber  die  Felsen-  50  lakonischen.  Zfus  ZroLxcclog  ist  wohl  identisch 
insel  scheint  mir  kein  ertragreiches  Jagdrevier  mit  dem  EroiXBvg  von  Sikyon  [Per  Odelberg, 
der  göttlichen  Jägerin  zu  sein.  Nach  Philippson  Sacra  Corinthia  etc.  2.  Hiller  v.  G.,  Die  archaisch. 
in  Hillers  Thera  1,  75  f.  gibt  es  von  jagdbaren  Kult.  d.  I.  Thera  31)  und  verwandt  mit  der 
Säugetieren  dort  nur  Kaninchen,  die  Jagd  wird  kd-ava  ZxoixEia  von  Epidauros  {Inscr.  Gr.  Argot 
mehr  ausgeübt  auf  Rebhühner  und  im  Oktober  1073),  Lochaia  Damia  haben  ihre  Parallelen  in 
besonders  auf  Wachteln.  Nun  könnte  man  ja  Epidauros,  Aigina,  Troizen,  auch  in  Sparta 
an  die  norviu  ^rigöiv  denken,  die  als  Tier-  (ßamWide,  de  sacris  Troezen.  etc.  61  sqq.).  Am 
würgerin  auf  altertümlichen  Bildwerken  er-  saronischen  Golfe  lebten  Sagen,  die  den  Unter- 
scheint; vgl.  Studniczka,  Kyr.  153  ff.  Karo,  weltsherrscher  als  Mädchenjäger  widerspiegeln, 
Archiv  f.Religionswissensch.7  {1904:), HS.  Peichel,  60  wie  er  denn  auch  noch  als  Mädchenräuber  in 
Vorhell.  Götterk.  60,  auch  mit  Wasservögeln  in  einem  Märchen  der  Insel  Milo  erscheint,  vgl. 
den  Händen,  Studniczka,  Kyr.  164.  Mythol.  Kretschmer,  Mitteil.  d.  anthrop.  Gesellsch.  zu 
Lex.  2,  1753,  aber  %-riga  so  allgemein  erscheint  Wien  31,  62  ff.  (aus  Gruppe,  Bericht  über  die 
als  keine  treffende  Benennung  für  das  Eiland.  Literat,  z.  antik.  3Iythol.  usw.  \S9S— 190b .,^.'^24). 

Zu    erwarten  wäre,    daß   sich  auf  Thera    ein 

*)  "Oqtvyof^i'Kja  auf  Münzen  von  Tarsos  b.  Head,  hist.  Kultus  des  Hades  findet  mit  seiner  Beute,  der 

num.  618,  wo    es   offenbar  nicht  mit  Stark,  Berichte  der  S.  ir^~.rv      l-rr,^-..  ^o^  Ar^^^  v^»^  r?jß^    i     '              .o.^    .^ 

G.d.W.  1856,  44  als  Fest-,  .ondern   als  ( »rtsbenennung  zu  ^Ore.    Zwar  Ist  dort  Zf^?  mßovX.vg  =  xfvviog 

verstehen  ist.  Wie  sonst  aoi  den  Kykladen  (Jessen  b.  Pauly- 

RoscHKE,  Liexikon  der  grr.  u.  röm.  Mythol.     V.  22 


651                          Theras  There(i)tas                     652 

Wissowa  6,  863,  Malten,  Arch.  f.  Hdiaionstv.  rj,  würde  €*8  erufcbeu,  wenn  man  in  der  argivisehen 
440,  2)  nicht  nachweisbar,  aber  den  Kult  eine»  Gottheit  0r)ifav  (auf  einem  Architrav  in  Ar^os, 
Herrschers  chthonischer  Natur  pflegten  auf  Jnscr.  Gr.  Argol.  576),  auf  die  Usener,  Stoff  d. 
Thera  einzelne  Geschlechter:  Zbvs  MTjii'xtOff,  griech.  Epos  51,  hingewiesen  hat,  unsern  Th. 
J.  Gr.  L  3,  406  (dabei  409  TRiut^ivid&v'i)  SuppL  wiedererkennen  dürfte,  dessen  Schwester  übri- 
1316  Zfvff  MriUxioe  fd)v  ntgl  Tlolv^tvov,  vgl.  gens  Argeia  heißt.  Aus  S))arta  mag  die  Ein- 
1317.  1818  {Hiller  v.  G.,  Klio  1,  216).  Bekannt-  Wanderung  der  Aigiden  in  Thera  erfolgt  sein, 
lieh  ist  der  Meilichios  oder  Melichios  eine  die  den  Karneios  mitbrachten,  obgleich  auch 
chthonische  Gottheit,  euphemistisch  als  „der  dieser  als  minyscher  Gott  von  S.^\'id€  u.a.  an- 
Milde"  bezeichnet  und  außer  in  Athen  beson-  lo  gesprochen  wird.  Aber  ihr  Führer  oder  Ahn- 
ders in  der  nordöstlichen  Peloponnes  und  Bö-  herr  war  Th.  nicht,  der  nur  zur  Anknüpfung 
otien  verehrt,  vgl.  Höfer,  Lex.  2,  2668  flf.  Ältest«  an  die  Herakliden  diente.  Andererseits  ist  Th. 
Nennungen  des  Zeus  finden  sich  unter  den  auch  kein 'tatenleerer*  Eponymos,  sondern  eine 
hocharchaischen  FeUinschrift^n  in  der  Nähe  Gestalt  gemeinsamen  Kultes  der  Kolonisten,  in 
des  vielumstritt^nieu  Kures.  Nachdem  sich  her-  der  verschiedene  Stammesreligionen  zusammen- 
aaegestellt  hat,  daß  I.  G.  I.  3,  371  Kogag  fär  trafen.  Vgl.  Theran  u.  Thereitas.  |  R.  Holland.] 
KovQT^g  zu  lesen  ist,  s.  Supplem.  1311,  möchte  Thereitas  s.  Ther(e)itas.  fHöfer.J 
man  die  gleiche  Möglichkeit  auch  für  die  Ther(e)lta»  ((9ijp[f]tTaff).  Zeugnisse:  1)  He- 
übrigen  Belege  für  Kures  nicht  ausschließen  sych.  SrigUag  ö  'E.vvaXiog  jtccgcc  AdxcaöLv;  vgl. 
und  das  hier  allerdings  deutliche  iS"  ionischem  so  G.  Wentzel,  'Kni%Xi]aetg  VII,  19  (vgl.  VI,  8).  — 
Einfluß  zurechnen  (Kovpijs  nÜavog,  I.  G.  L  3,  2)  Paus.  3, 19,  7  ff.:  'Auf  dem  We>je  von  Amy- 
Suppl.  1369),  der  sich  kaum  abstreiten  läßt  klai  nach  Therapne  liegt  ein  uraltes  Heiligtum 
(„Dialekt-Vermittelung  zwischen  Dorisch  und  des  Ares,  dessen  Bild  (ayaiua)  die  Dioskuren 
Ionisch'',  Blaß  bei  Collitz  u.  Bechtel,  S.  G.  7>.  /.  '  aus  Kolchis  gebracht  haben :  ©riQuitav  (v.  1. 
8,  2,  148.  Hiller,  Thera  1,  144  f.).  Kores  neben  Srigtirccv)  61  inovoyiä^ovoiv  &no  Qr\QOvg.  xav- 
Zeus  (auch  sonst  kommen  hier  verschiedene  xr\v  yuQ  rgorpöv  tov  "Agscug  Xtyovai.  rajja  d'  ccv 
Kasus  der  Götternamen  vor)  würde  in  diesem  dx^jxodr«?  Tcagä  K6Xx<^v  XiyoiBv^  iTCsi  "EXXrivig 
den  Unterweltsgott  erkennen  lassen,  also  nach  ys  oix  i'aaaiv  "Agewg  tgocpov  Origm.  'Nach 
obiger  Vermutung  den  Jäger  und  sein  Wild.  meiner  Ansicht',  fährt  Pawsanias  fort, 'hat  Ares 
Jetzt  gewinnt  auch  des  Th.  Sohn  Oiolykos  30  den  Beinamen  nicht  von  seiner  Amme  Thero, 
die  richtigere  Deutung.  Zu  dem  Gedanken  sondern  weil  er  als  Kämpfer  rauh  gesinnt  sein 
Studniczkas,  Kyr.  68  an  den  bekannten  lichten  muß,  wie  ein  Löwe  und  wildes  Tier.'  Die 
Höhengott  stimmt  wenig  der  erste  Bestandteil  Deutungen  des  Theritas  sind  mannigfach.  Nach 
des  Wortes.  OloXvxog  kann  nur  „den  einsamen  Pott,  Zeitschr.  für  vergleichende  Sprachforschung 
Wolf'  bedeuten  (vgl.  olonoXng,  Pind.  Pyth.  4,  6  (1857),  131.  K.  Klement,  Arion  (Wien  1898) 
28,  oloßönrag^  Soph.  Aiac.  614,  Malten,  Kyr.  S.  50,  ist  er  ursprünglich  ein  Gott  der  Jagd, 
114,  3,  Oiaygog  „der  einsame  Jäger"  nach  der  sich  im  Laufe  der  Zeit  selbständig  zum 
Maaß,  Orpheus  154,  49),  eine  Bezeichnung,  die  Kriegsgott  entwickelt  hat.  Studniczka,  Kyrene 
uns  in  den  Kreis  der  Sagen  vom  Werwolf  67  sieht  in  Therites  den  'Jäger'  in  Beziehung 
führt,  der  in  deserta  abit  {Plin.  n.  h.  8,  81),  40  auf  das  wilde  Jagen,  das  in  der  spartanischen 
oder  zu  dem  religiösen  Wahnsinn  der  Lykan-  Jugenderziehung  eine  große  Rolle  spielte, 
thropie  (Rascher^  Abha^idl.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.,  Ebenfalls  als  Jäger,  aber  als  Menschenjäger, 
philol.-hist.  Kl.  17,  3  (1896),  3 ff.,  Bohde,  Kl.  als  chthonischen  Gott  (vgl.  den  'Jäger'  Za- 
S6hr.  2,  216  ff.),  deren  Kennzeichen  nach  Mar-  greus,  die  Erinyen  als  'Jägerinnen')  fassen 
celltis  von  Side  {Boscher  12  f.)  ein  nächtliches  ihn  auf  K.  Schwenk,  Rhein.  Mus.  2  (1833),  201. 
Umherstreifen  zwischen  Gräbern  ist.  Auch  die  Mythol.  d.  Griechen  227.  Welcher,  Gr.  Götter- 
Auffassung  des  Wolfes  als  „Vertriebener  oder  lehre  2,  730  f.  Heinr.  Dietr.  Müller,  Ares  88  f. 
Flüchtling''  (H.  B.  Müller,  Mythol.  d.  gr.  Stämme  K.  Dilthey,  Jahrbuch  des  Vereins  von  Alter- 
2,  106  ff.,  Nihson,  Gr.  Feste  9  {.^  da,z\i  Fleischer  tumsfreunden  im  Rheinland  53/54  (1873),  42. 
b.  Boscher  S.  63,  156)  könnte  der  Erklärung  50  Andere  (s.  Welcker  a.  a.  0.  730  Anm.  16)  dach- 
des  Namens  dienen.  Die  Beziehungen  des  ten  an  '-ö-f p/rTjs'  =  'Schnitter' ;  Lobeck,  Para- 
Wolfes  zu  den  Dämonen  des  Totenreiches  hat  lipomena  433  not.  54  an  ^rigsitrig  und  dement- 
Boscher  S.  60 ff.  nachgewiesen,  also  wird  dem  sprechend  an  Jrigm  als  den  Namen  seiner 
OloXvnog  eine  chthonische  Bedeutung  eignen,  rgoq)6g.  Wide,  Lakon.  Kulte  150  findet  dieselbe 
die  noch  von  anderer  Seite  her  wahrscheinlich  Wurzel  -ö'Tjp,  wie  in  Therites,  in  dem  lako- 
gemacht  werden  kann.  OloXvnog  ist  nicht  zu  nischen  Ortsnamen  Origcci  {Pauft.  3,  20,  b)  und 
trennen  von  O/oIvxtj,  die  bei  Ibyc.  fr.  45  eine  in  dem  Heroennamen  6)tjpaff(8.  d.),  dessen  Name 
Tochter  des  Bgidgsoag  heißt,  der  nach  Hom.  IL  ebenso  wie  andere  Eigennamen  derselben  Wur- 
1,404  den  menschlichen  Namen  Aigaion  führt,  zel  nach  Boiotien  hinweise;  so  erscheine  dort 
ein  Sohn  des  Poseidon.  Die  Reihe  Poseidon —  60  die  bei  Pausanias  genannte  xgocpog  des  The- 
Aigaion — Oiolyke  hat  ihre  Parallele  in  Oioly-  rites  als  Mutter  des  Eponymen  von  Chaironeia, 
kos — Aigeus,  der  wohl  unbestritten  als  Hypo-  des  Chairon  (Paus.  9,40,5.  Hesiod  ebenda  =^ 
stase  des  Poseidon  gilt.  Wenn  aber  der  Unter-  frgm.  142,4.  5;  Bzach;  vgl.  Usener,  Rhein.  Mus. 
weltsgott  nur  eine  Aussonderung  aus  der  Ge-  23  [1868J,  326  Anm.  23).  Es  sei  also  leicht 
Btalt  des  alten  Erdherrn  Poseidon  ist  {Malten,  möglich,  daß  der  Ares  Therites  in  Lakonien 
Kyr.  120),  so  rückt  Oiolykos  auch  von  hier  aus  mit  den  dort  wohnenden  Geschlechtern  böoti- 
in  den  Wesensbereich  seines  Vaters  Th.  Einen  scher  Abstammung  verbunden  gewesen  sei ;  so 
erwünschten    Schlußstein    für    die    Hypothese  finde  auch  die  Behauptung,  daß  die  Dioskuren 


Qbi)                     Therelimios  Theriraachos                     654 

d&s&yaXfia  des  Gottes  ans  Kolclüs  mitj^ebracht  Fnbrrfti  (gloss.  s.  v.)  nach  Lanzis  Vorgang  als 
hätten,  ihre  Erklilrung,  da  nach  E.  Maaß,  'fortasse  TriQf^vg,  rex  'l'hracura',  von  Deecke 
(iüit.  Gel.  Anzeigen  1890,  .'{52  das  Kolchis  der  hingegen  (in  Bezzenbergers  Jicitr.  "2,  167  nr.  56) 
Argonauten  nichts  anderes  sei  als  das  eubö-  '  (»h'iQug  i?)'  gedeutet.  Beides  ist  recht  un- 
ische  Chalkis-'Kalchis,  Gegen  die  Gleichsetzung  fiicher  und  mehr  geraten,  als  aus  der  Darstel- 
der  gleichnamigen  Mutter  <les  Chairon  mit  der  lung  erschlossen.  Die  dargestellte  Figur  zeigt 
'Amme'  Thero  s.  Stiidniczka  a.  a.  0.  149,  nach  einen  mit  Helm  und  Brustharnisch  bekleideten 
welchem  —  wie  auch  schon  H.  D.  Müller  a.  Krieger,  der  in  der  Linken  ein  Schwert  hält, 
a.  0.  88  iingenomraen  hat  —  der  Name  der  in  knieender  Stellung,  mit  einem  über  dem 
letzteren  einfach  aus  dem  Aresbeinamen  her-  lo  Haupte  kreisförmig  sich  bauschenden  Schleier, 
aus  erfunden  worden  ist.  Noch  wenijrer  Wahr-  Daß  es  sich  um  irgendeine  Beziehung  zum 
scheinlichkeit  hat  ni.  E,  die  Vermutung  von  Hü-  Meere  handelt,  zeigt  dieser  segelartige  Schleier 
ler  von  (jfaertringen,  Thera  1,150  Anm.  43,  daß  und  ein  auf  dem  HariiiHch  abgebildetes  See- 
die  Inschrift  aus  Thera:  ®;S"RÜ/H  (7.  G.  12,3,  pferd.  Infolgedessen  möchte  Lanzi  anneh- 
369.  Collitz  4726;  vgl.  /.  G.  a.a.O.  652:  ^rigm)  men,  daß  -ö^eres  für  griech.  @7jar}g  stehe,  nnd 
sich  auf  unsere  rgocpög  beziehe.  Einen  an-  es  auf  <len  Theseus  als  einen  Sohn  des  Po- 
deren  Weg  zur  Erklärung  der  Namen  Origltas  seidon  beziehen.  Auch  das  ist  ganz  unsicher, 
und  Thero  hat  TJsencr,  Der  Stoff  des  griech.  So  wird  man  zurzeit  Namen  und  Deutung  in 
Epos  {Sifzumjsher.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  der  Schwebe  lassen  müssen.  [C.  Pauli.) 
Wien  philos.-hist.  Ol.  137  [1897],  III)  S.  53  ff.  20  ThereiiS  {©riQfvg),  1)  einer  der  Kentauren, 
=  Kleine  Schriften  4,  250 ff.  (vgl.  auch  Nilsson,  Diod.  4, 12.  Ov.  Met.  12,  353.  Ros^cher,  Jahrb.  f. 
Gr.  Feste  406/7  Anm.  3)  eingeschlagen:  im  klass.  Phil.  105  (1872),  428;  vgl.  oben  Bd.  2, 
Gegensatz  zu  Studniczka  meint  er,  daß  der  Sp.  1073  Anm.  f-  —  2)  GriQsvg  6  0qu^  =  Terens^ 
Name  der  ^Amme'  des  Ares  nicht  aus  Grigitccg  Adamantios  Epitome  nach  Radermacher,  Rh. 
erschlossen  sei,  sondern  gegeben  sein  mußte;  Mus.  57  (1902),  640.  Doch  steht  in  der  von 
nur  müsse  man  Thero  statt  als  Amme  als  R.  Foerster,  Rh.  Mus.  55  (1900),  142  heraus- 
Mutter  des  Ares  ansehen;  nachdem  einmal  gegebenen  Handschrift  Trjgtojg  tov  Gga-nog. 
Ares  als  Sohu  des  Zeus  und  der  Hera  durch  [Höfer.J 
das  Epos  anerkannt  worden  sei,  habe  sich  Theriiiiachos  (0rjpt/xa;fog),  Sohn  des  Hera- 
die  örtliche  Nebensage  von  Thero  als  Mut-  30  kies  und  der  Megara  (gelegentlich  wird  auch 
ter  des  Gottes  nicht  halten  können,  Thero  eine  andere  Mutter  genannt  oder  der  Mutter- 
sei zwar  nicht  ganz  geschwunden,  aber  zur  name  gar  nicht  erwähnt),  von  seinem  durch 
Amme  herabgesunken.  Der  Name  Origm  sei  Hera  wahnsinnig  gemachten  Vater  getötet; 
nur  dialektisch  verschieden  von  Gccgaco  fifgaoa,  vgl.  v.  Wilamowitz ,  Euripides^  Herakles  83 ff.; 
dem  Beinamen  der  Athene,  und  ebenso  sei  0r]-  als  seinen  Bruder  nennt  Dionysios  iv  itgcotoi 
gixag  nur  die  dorische  Form  für  Gsgaltrig  (s.  d.)  Kv-kXcov  {F.  H.  G.  2,  9,  4)  im  Schal.  Pind.  Isthm. 
(vgl.  W.  Schulze,  Zeitschr.  f.  Gymnasialwesen  4, 104  den  Deikoon.  Diese  Zweizahl  ist  nach 
1893,  162.  Solmsen,  Indogerman.  Forschungen  Gruppe,  Gr.  Myth.  485,  9  die  ursprüngliche. 
7  [1896],  46.  Radermacher,  Rhein.  Mus.  63,  Euripides  soll  nach  Schpl.  Pind.  a.  a.  0.  noch 
462 f.),  Osgöitrig  aber  zu  der  Wurzel  ^sgö — ,  40  als  dritten  Sohn  den  Aristodemos  hinzugefügt 
=  'stark',  abstrakt  =  '^Mut',  die  in  den  Eigen-  haben.  Im  Hercules  für.  474.  994  f.  nennt  ^wn- 
namen  Sigoav  Sgaacov  &i]gcov  enthalten  sei,  pides  drei  Söhne,  aber  ohne  Namen  (vgl.  auch 
ebenso  wie  in  dem  Namen  des  makedonischen'  Tzetz.  Chil.  2,229).  Daher  nahm  Boeckh  an,  daß 
Heilgottes  Jdggcov  {Hesych.  Fick,  Kuhns  sich  die  Notiz  im  Schal.  Pind.  auf  ein  verlore- 
Zeitschr.  22,  227_,  Solmsen,  Indog.  Forsch,  a.  a.  nes  Drama  des  Euripides  beziehe.  Doch  ist  es 
0.  48  Anm.)  bedeute  der  '^Gesundheit  und  viel  wahrscheinlicher,  daß  die  Namen  im  Schol. 
Wohlsein  verleihende  Gott'.  So  ist  üsener  auf  Pind.  Zusatz  des  Grammatikers  sind,  v.  Wila- 
ganz  anderem  Wege  zu  dem  —  sprachlich  mowitz , .  Analecta  Euripidea  186.  C.  Robert, 
wohl  kaum  möglichen  —  Resultat  von  Ger-  Bild  und  Lied  242.  Nauek*  zu  frgm.  1016.  — 
hard,  Gr.  Myth.  1,369  §  348,4b  gekommen,  50  .IpoZZorfor  2,4,11g  (2,  70 IT.).  2,7,83  (2,165) 
der  den  Namen  Grigitag  aus  des  Gottes  ur-  nennt  Therimachos,  Deikoon  und  Kreontiades 
sprünglicher  Nährkraft  (d'iga  für  q)^g(o)  er-  (nach  Kreon,  dem  Vater  des  Megara),  Deinias 
klärte.     [Höfer.]  im  Schol.  Pind.  a.  a.  0.  fügt   zu    diesen   drei 

Therelimios  {OsgsXliiiog).  Aus  Hesych.  Osgs-  noch  den  Deion,  falls  dieser  Name  nicht  aus 

Xl\iiov:    tojtov    ovoiia.    "Kai  ÄTtoXXoav   xal   Zsvg  dem   vorausgehenden  Deikoon    entstanden   ist. 

fuhrt  G.  Wentzel,  'ETti-uXrjasig  VII,  46,   IV  und  Asklepiades  im  Schol.  Hom.  Od.  11 ,  269    nennt 

VII,  52,  XVI  ©sgsXiybiog  als  Beiname  des  Apol-  wieder  nur  zwei,  Therimachos  und  Kreontiades. 

Ion  und  Zeus  an.  Meineke,  Philologus  13  (1858),  Zu  diesen  beiden  fügt  das  Schol.  Lykophr.  Alex. 

547  nr.  594  verwandelte   SsgsXliiLov   in   0egs-  38  p.  33,  5  f.  Scheer  und  Schol.  Lucian.  p.  58 

livcciov,  das  nach  ihm  die  ursprüngliche  Form  60  Jacobitz  noch  den  Onites  und  Demokoon,  Ano- 

von  Osganvalog  ist.     [Höfer.]  nymas  bei  Westermann,  Paradoxa graphi  219,  9 

Theres  (-d-eres)  liest  man  auf  einer  Gemme  =  Mythogr.  345,  16   den  Aichmaios  und  Dio- 

von  Karneol  unbekannter  Herkunft,  die  einst  im  peithes,  Pherekydes  im  Schol.  Pind.  a.  a.  0.  den 

Besitze  des  Fürsten  von  Piombino  war.   Sie  ist  Antimachos,  Glenos  und  Klymenos  hinzu.  Hy- 

veröffentlicht  von  ian.2;*  2,  161  =  129  nr.  XVIII,  gin.  f.  31.  32.  72  (vgl.  162)   nennt   den   Theri- 

tav.  IX  nr.  7  und  von  Fabretti,  C.  I.  I.  nr.  2533.  machos  und  Ophites  (==  Onites?  =  'OäiTr}g{?) 

Lesung   und    Deutung    sind   unsicher.     Lanzi  Hesiad,  Berl.  Klassikertexte  5,  I  S.  23  v.  7.  13. 

gibt   erstere    als   03PE$,    und  dies  wird   von  r.  Wilamowitz,   Berl.  Klass.  a.  a.  0.  27;    vgl. 

22* 


655                         Therine  Themiios                       656 

auch    JE.  Bethe,    Quaest.  Diodor.   mythogr.    74  rrpwTov  :toi'f\6u6^ai  IJvqqiv  ^'tpfta/ov  Kgfj- 

Anm.  93).    Der  Name  fii]Qiiiccxog  des  Herakles-  t«  oixot'vror  iv  'Otpiovaar]  viiGof  roiyrov  dh  xal 

Sohnes  bezieht  sich  auf  die  vielen  Kämpfe  sei-  W^r  ivonhov  öp^/jöiv  tovg ' EvfoxgriTas  äidä^ai, 

nes  Vaters  mit  den  ^figts;  yg\.  K.  0   MüUer,  Oxynjnch.  Papyr.  10   p.  106    nr.  1241    Col.  V, 

Prolegomena  zu  einer  wissemchaßUchen  Mytho-  24  ff.    Ob  wir  mit  Grenfell  und  Hunt  z.  d.  St. 

loaie  *27ft.    Pott,   /eitschr.  f.   vergl.  Sprachfor-  p.    111     IJvqqiv    als    falsche    Schreibung?   für 

swung  6  (18ö7\  IHl.     [ Höfer.  1  IIvqqixov  auffassen  oder,  was  wahrscheinlicher 

Therine  (96PINH),  Personifikation  des  Som-  ist,  FIvqqov  lesen,  wir  haben  jedenfalls  den 
mers  auf  einem  Mosaik  aus  Kabr-Hiram  bei  auch  sonst  als  Kreter  (Bd.  3  Sp.  33ü8, 3H  fl\ 
Tjros,  auf  welchem  die  Husten  der  Jahreszei-  lo  3362,  16  flf.)  bezeugten  Erfinder  des  Waffen- 
ten dargestellt  sind,  Renan ,  Mission  de  Phe-  tanzes,  der  nvQQtxr],  zu  erkennen,  den  Pyrrhos- 
nicie  6li  pl.  49.  Heron  de  Villefosse,  Gazette  Pjrrhichos.  Sonst  nirgends  bezeugt  aber  ist 
arch.  5, 149.     [Höfer.]  der  Name  seines  Vaters  0eQ(iatog.  Ist  er  viel- 

Theriope  {0fiQi6xii\  Hund  des  Aktaion,  Hy-  leicht  der  Kponymos  von  Oig^t],  dem  spilteren 

gin.  f.  181;   nach   Bunte   wäre   statt  Theriope  Thessalonike?    Unter    der    als    sein   Wohnsitz 

zu  lesen:  Thero,  Nape  (s.  d.).     [Höfer. J  genannten   Insel  Ophiussa  verstehen  Grenfell- 

Tlieriphone  (SriQKfovri)^  Hund  des  Aktaion  Hunt  a.  a  0.  die  von  Plin.  n.  h.  4, 12,61  (vgl. 

(s.d.).    Hyg.  f.  181  (p.  37, 19  ^SfcÄm.).     [Höfer].  Bursian,   Geogr.  v.  Griechenland  2,681,1)   er- 

TheritttH  s.  Thereitas.  wähnte  zwischen  Kreta  und  Gaudos  gelegene 

Thentia  (06P/ii]),  Nymphe  der  warmen  Quel-  so  In.sel.  —  2)  Auf  Münzen  von  Apameia  in  Phry- 

len  von  Apameia,  erscheint  auf  einer  schönen  Pa-  gion   erscheint    das   Kultbild   der   ephesischen 

riser  Münze  aus  der  Zeit  Gordians,  in  der  Höhe  Artemis,  umgeben  von   vier  gelagerten  Fluß- 

linkshin   gelagert,    mit   nacktem    Oberkörper,  göttern,  denen  MAI.,  MAP.,  OP.  und  0EP.  bei- 

Zweig  in  der  R.,  die  L.  an  der  Wasserume.  geschrieben  ist,  Head,  Hist.num.- {i67.  Fig.  314. 

Imhoof-  Blumer,   Nymphen   und  Chariten   auf  Von  demselben,  Cat.  ofgreek  coins  in  the  Brit.  Mus. 

griech.  Münzen.  Athen  1908,  S.  167  u.  Taf.  X  Phrygia  XL;  aa.  aa  00.  werden  die  Inschrif- 

nr.  83.     [Röscher.]  ten  als  Maiandros,  Marsyas,  Orgas  und  Therma 

Therniaia  (ötp^aia),   Beiname  der  Artemis  erklärt;  der  letztere  Name  scheint  für  einen 

als  der  Göttin  der  warmen  Quellen  (^  xocg  7t q-  Fluß,  da  man  Otgua  doch   nur  als  Neutrum 

yug  ras  9BQ(iag  ix^i)  und  als  solche  auch  Ge-  30  Plur.   auffassen   kann,    wenig   passend;    daher 

Blindheit  spendende  Göttin,  die  man  um  Er-  empfiehlt  es  sich,   GsQualog  zu  lesen.    Früher 

lösung  {Ivöig)  von  Krankheit  anflehte,  wie  es  las   man   statt  06P:  GBP,    und  ergänzte  dies 

ü.  a.  der  Rhetor  Äristeides  (or.  26  p.  670  ==  ed.  zu  OBPiaccg,  s.  Bd.  2,  Sp.  2241,56.    Vgl.  auch 

DtW.  1,503  =  ed.  Ä:ct7  1,427,  3)  tat.   Ihr  Hei-  Therma.     [Höfer.] 

ligtum  lag  an  den  warmen  Quellen  bei  Poima-  Thermasia  {@SQtiaala),  Beiname  der  Demeter, 

nenon   am  Aisepos   in  Mysien  und   hieß  wohl  unter  dem   sie    ein   Heiligtum    sowohl   in   der 

koriiLiSog   9sQual,    Aristid.  a.  a.  0.    Wigand,  Stadt  Hermione  selbst  (Paus.  2,  34, 12.  Bursian, 

Aih.  Mitt.  29  (1904),  284.    Nilsson,   Gr.  Feste  Geoyr.   von   Griechenland  2,  97)    als   auch   im 

24uf.    Der  Kultus   stammt  wohl  wie  der  rho-  Grenzgebiet  von  Troizen  und  Hermione  besaß, 

dische  der  Artemis  Osqiiicc  {tö  nav[£]lov  noc\Qcc  40  Pau^.  2.  34,  6.  12.  Gruppe,  Gr.  Myth.  172,  2.  An 

ir^J  ö[«]pfita  ^ipre/tfirt,  /.  G.  12,  1,  24.  van  Gel-  den  Namen  der  Göttin  erinnert  noch  heute  das 

der,  Gesch.  der  alten  Rhodier  311.  339)  aus  Myti-  felsige  Kap  ftegiilai,  dessen  Bezeichnung  Bur- 

lene,  wo  Artemis   GsQiila  hochverehrt  wurde,  tsmw,  6^6'ogfy.  t?on  (rn><:7tew/aw^  2,  87,  1  auf  warme 

Gruppe,  Gr.  Myth.  316,  7.  8.  300,  13.    Ihr  Tem-  Quellen    zurückführt,    Gruppe   a.  a.  0.  746,13. 

pel  {ßv  tm  stgoa  Tug^Agtiaidog  tag  (9cpftta?)  auf  O.  Müller,   Dorier  2,424.    Ad.   Wilhelm,  Neue 

Mytilene  wird  erwähnt,  /.  G.  12,  2,  67^  .  Ihr  zu  Beiträge  zur  griech.  Inschriftenkunde  I  (Sitzunys- 

Ehren    feierten   die    Mytilenäer    die    Gsgynaxi]  her.  d.  phil.-hist.  Klasse  d.  kais  Akad.  d.  Wisa. 

navrjyvQLg  mit  Opfern  {LG  12,2,261),  in  der  zu  Wien  166  [1910])  S.  29.     [Höfer.] 

freilich  schließlich  die  agonistische  Seite  die  Thermia  (G>*pfn'a),  Beiname  der  Artemis,  s. 

kultische   verdunkelt   hat.    Oft   erwähnen    die  50  Thermaia.     [Höfer.] 

Ehrendekrete   einen    Ugsvg  x«l   ^Qx^^Q^vg  xai  Tlierinios  {©tgiiiog)    1)  Sohn    des    Haimon, 

Aytavo^irrig  xat   nccvayvgidgxrjg  tag  Oegfiiayiag  von  seinem  Bruder  Oxylos  versehentlich  durch 

xavayvQtog,    I.  G.  12,2,224.  242.  246.  247  ff.  einen   Diskoswurf  getötet,   Paz*s.  5,  3,  6.    Ther- 

Nüsson  a.  a.  0.  241.    Diese  Ttavdyvgtg  hat  sich  mios  ist  wohl   als   Eponymos  von  dem  aitoli- 

bis  in  die  neue  Zeit  in  einem  Fest  des  heiligen  sehen  Therma,  wo  die  aitolische  Landgemeinde 

Konstantin  erhalten,  C(ynze,  Leshos  16.    C.  Cur-  ihre  Wahlversammlungen  abhielt,  zu  betrach- 

tius,  Hermes  7  (1873),  411.    Öfter  erhält  Arte-  ten,     üsener,     Der     Stoff    des    griech.    Epos 

mis  öap^m  das  Epitheton /ifyaATj,  Z.  6^.  a.  a.  0.  {Sitzungsher.   d.    Wien.   Akad.   137  [1897],   III) 

108.  270.  614.     Bruno  Müller,  Miyag    0s6g  S.  27   Anm.  3. 

{Diss.  Phil.  Hol.  21)  S.  332.    Das  ihr  gegebene  60  2)  Beiname  des  Apollon,  und   zwar   \)  im 

Beiwort  Evd%oog  {I.  G.  a.  a.  0.  101.  103.  106.  aitolischen  Therma (Thermos).  Schon  aus PoZt/ft. 

106),  das  TTemicÄre  bei  PawZ»/-Trissoica  2,  1384,  11,7,2    (vgl.   6,8,7):    0tQ^ov,    ^v&a  rjv   Uqov 

68  von  ayiionai   ableitet,   gehört  vielmehr  zu  '.4n6XXcovog  war   ApoUonkult   für  Therma  be- 

dxovoa   und   ist  synonym   mit   inTj-Koog  =  Mie  zeugt.    Durch    die   Ausgrabungen    kommt   ein 

Kranken  und  ihre  Gebete  leicht  und  gern  er-  weiterer  inschriftlicher  Beleg  für  die  Existenz 

hörend',  0.  Weinreich,  Ath.  Mttt.  37  ri912),  28.  des  Tempels   hinzu:   iv  f)tQtiG)  iv  rc5  hgat  tov 

Vgl.  Thermia.     [Höfer.]                        ^  'AnoXcavog  (so!),  'E(p7]/i.  ccqx-  1905,68  nr.  29  — 

Ther ni&ios  (f>BQiuctog)  1)  oi  dk  x(xXx^Vi&Gniia  über  die  Ruinen  usw.  des  Tempels  s.  Soteriades 


(357                        Tliuninniui.  Thermuthis  •                    658 

*E(p7i|Li.  äc'^  i'-^^^i  1^1^^'-   iyO;J,71ti.    Jl.  Koch,  Kusl.     Der   Fluß   begleitete  die  Wanderunj^en 

Böm.  Mut.  30  (lyiö),  öltf.    AtU.  Mut.  39(1914),  der  Amazonen,  insofern  manohc  ihn  einen  sky- 

237;    vgl.   Antike   Denkm.  des   Inst.  2,  11  f.    —  thischen  Fluß  nennen,  -bc/io/. //  3,  189,  7Va7o«<r. 

Wichtig  ist  der  Beiname  (»Hgniog,  der  sich  auf  Vit.  Apollon.  7,  26,  5.     Tzetz.  Lykophr.  i;^33. 

einer   fragmentierten  Inschrift  WnülXcovi  W<-|(,)-  Nach  Orpheus  Ar (fon.  747  entspringen  Thermo- 

^teo]    und    auf    einer    ehernen    Wage    lindet:  don,  Tanais  und  Phasis  aus  dem  Araxes ;  nach 

1  "Änölliovog  I  M  I  HtQ^iov,  wo  das  M  8.  v.  a.  Hygin.  f.  21  kehrt  lasen  durch  den  Thermodou 
fivä  bedeutet,  So/cnWcs-,  'Kq)tin.  Scqx-  ^^•^^^^  ^^-  heim.  —  1i)  Flüßchen  in  Böotieu,  an  welchen 
Joh.v.Keitz,  De  Actolorumet  Acavnanam  sacris  Duris  bei  Flut.  a.  a.  0.  gleichfalls  eine  Ama- 
(D  SS.  Halle  1911)  S.  28.  Der  Beiname  ist  hier  lo  zonensage  knüpft,  vgl.  ^'^ep/t.  %^.v.  j^ftafoi/tto«/. 
ein  rein  lokalerund  bezeichnet  weiter  nichts  als  Waclisviuth,  Die  Stadt  Athen  1  S.  416,  Note, 
den  in  Therma  verehrten  Gott.  —  2)  in  Myti-  [Kliigmann.] 
lene:  '//;töUwros  (9e()^/[w,  Inschrift  des  CVriacMs  Thcniiodoii  (©fpfitodojv),  Gott  des  gleicb- 
pon -4»co««  herausg.  von  Kaibel,  KpJum  Epigr.  namigen,  vor  allem  durch  den  an  ihm  lokali- 

2  (1876),  21  nr.  27  =  /.  G.  12,2,104  p.  43.  —  sierten  Aniiizonenmythos  {Herod.  9,27.  4,110. 
3)  in  Olympia:  ßiofib^  yi^öUcovoi,'  Gsgiiiov,  Bakchylid.  9,43.  Diod.  4,16.  Fauf<  1,2,1. 
Paus.  0,15, 7.  Zur  Erklärung  des  Beinamens  Strabo  1,52.11,605.  Äppian.  Mithr.l^.  Kal- 
fügt  Pat*sawm.s  hinzu :  xhv  ^ilv  di]  ■naQu^llltioig  lim.  [frgm.  270  .Vc/m.J  bei  Tzetz.  zu  Lyk.^il. 
ffiffiLtov  xai  avtcp  uoi  TTcxQiöraTO  sUdCtiv  cu?  Steph.  Byz.  s  v.  'l^cc^ovfg.  Schol.  Lykophr.  646 
Harä  'Jxdida  yXibaöcxv  su]  d-^a^Log.  Darnach  2ü  [p.  215,  3  f.  Sdteer.].  Themist  or.  27  p.  333a 
wäre  also  Apollou  Thermios  =  GtöfiLog,  Be-  |p.  401,  23  7Jmrf  J.  FaZ.  i-Vacc.  4,  601.  Philostr. 
Schützer  der  göttlichen  Ordnung;  vgl.  Ilesyeh.  Her.  p.  330.  Epist.  47  p.  481,4  Hercher.  Verg. 
9t6tiiov  •  äixaiov.  Der  Erklärui. g  des  Pai*sam'«s  ^ew.  11,  659.  Apollod.  2,  b,  9^.  Pediasim.  22. 
stimmen  zu  0.  Müller,  Darier  2,514  (vgl.  1,  Sil.  Itul.  8,430;  vgl.  2,  80)  bekannten  Flusses 
252  und  Anm.  2,  wo  er  noch  für  Ableitung  im  Pontos,  Sproß  des  Okeanos  und  der  Tethys 
von  dem  unten  zu  erwähnenden  &tQ(icc  ein-  (Hygin.  fab  praef.  iß  11,  \0  Schni.),  nimmt  auf 
tritt).  Welcher,  Gr.  Götterl.  2,368  Anm.  109.  Befehl  des  Zeus  die  irrende  Sinope  (s.  d.)  auf, 
Stephani,  Compterendu  1861,67.67.  114.  1862,  Dionys.  Terieg  776  und  Eunt.  und  Schal  z.  d. 
67;  vgl.  V.  Bratt,  Arch  für  Beligiansiviss.  9  St.  Eine  Münze  von  Amisos  (Pontos)  zeigt  den 
(1906),  89.  In  etwas  anderer  Bedeutung,  näm- 30  inschriftlich  als  06PMQAQN  bezeichneten  Fluß- 
lich als  den  Schutzherrn  des  von  Iphitos  und  gott  mit  nacktem  Oberkörper,  linkshin  am 
Lykurgos  gestifteten  Land-  und  Gottesfriedens  Boden  sitzend,  die  Rechte  am  Knie,  die  Linke 

—  vgl.  Hesych.  '&^q(icc-  . . .  uritia.  xaJ  iv-ixsigia  mit  Zweig  an  der  umgestürzten  Urne,  der  Was- 

—  fassen  den  Apollon  Th.  auf  M.  Crain,  Philo-  ser  entströmt,  Dieudanne,  Bev.  num.  19()0  p.  126, 
logus  10  (1855),  583.  E.  Curtius,  Gesammelte  10,  Taf.  4,  10.  Imhoaf- Blumer ,  Kleinasiatische 
Abhandl.  1,226.  L.  Weniger,  Klia  Beiträge  zur  Münzen  S.  449  {Nachtrag  zu  S.  1  nr  3}.  Head^ 
alt.  Gesch.  6  (1905),  2u3.  14  (1915),  443.  Die  Hist.  num. ^  4:91.  Eine  Statue  des  Thermodon — 
Ableitung  von  d'SQfiog  und  Erklärung  des  hier  ist  aber  der  böotische  Fluß  Thermodon, 
Apollon  Th.  als  Gottes  der  Sonnenwärme,  wie  an  dem  sich  angeblich  Amazouengräber  {Plut. 
Siebeis  zu  Paus.  a.  a.  0.  vorschlägt,  ist  wenig  40  Thes.  27)  befanden,  gemeint;  vgl.  Herad.  9,43. 
wahrscheinlich;  vgl  Gruppe,  Gr.  Myth.  1241/2  Paus.  9,19,3.  Etym.  31.  445,28.  Schol.  Tzetz. 
Anm.  5.  Da  der  Apollon  Th.  in  Therma  seinen  a.  a.  0.  (p.  215,  4 f.  Scheer).  O.Mülkr,  Orcho- 
Beinamen  nach  der  Stadt  führt,  so  wird  bei  wiewos  28,  2.  357,  4.  Bursian,  Geogr.  v.  Griechen- 
den engen  Beziehungen  zwischen  Elis-Olympia  land  1,  222.  Ulrichs,  Beisen  u.  Forschungen  in 
und  Aitolien,  die  durch  die  Einwanderung  der  Griechenland  2,  251.  Wachsmuth,  Die  Stadt 
Aitolier  unter  Führung  des  Oxylos  (s.  d.  2)  Athen  im  Altert  1,-116  Anm.  E.  Maaß,  Hermes 
geknüpft  worden  waren,  eine  ÜbertrHgung  des  25  (1890),  408, 1,  P.  Fr ledländer,  Herakles  {Phi- 
Kullus  des  Apollon  aus  dem  aitolischen  Therma  lol.  Unters.  19)  172  Anm.  1  — ,  welcher  eine  ver- 
nach  Olympia  anzunehmen  sei  (vgl.  auch  wundete  Amazone  in  den  Armen  hielt,  erwähnt 
oben  1:  Thermios,  Bruder  des  Oxylos  und  50  Duris  {frgm.  6  J^.  if .  G.  2,471  =  Duridis  Sa- 
Eponymos  von  Therma);  vgl.  v.  Knitz  a.a.O.  mii  quae  supersunt  ed.  Hulleman  p.  74)  bei 
Der  lesbische  Apollon  Th.,  der  neben  Artemis  Plut.  Dem.  19.     [Höfer.] 

Thermia  (s.  d.)  steht,  wird  wohl  daher  zu  er-  Therniodosa  {OtQ^äSajoa),  Amazone,  Ge- 
klären sein,  daß  der  Artemisbeiname  auf  ihn  fährtin  Penthesileas.  Q.Smyrn.  1,46.  254;  vgl. 
übergegangen  ist.     [Höfer.  j  Thermodon.     [Klügmann.]. 

Thermodon  {GsQuöidutv),  1)  Fluß  im  Pontus,  Thermuthis  {Oigaovd-tg,  OsQiiovd'ig),  ägypti- 

über    seinen    Lauf    vgl.    Apoll.    Bhod.  2,   972.  sehe  Göttin,   vgl.  Epiphanias,  Panar.   Lib.  3, 

Strabo  11,  547.    Er  wird  in  der  Amazonensage  Cap.  12   p.  1093  ed.  Petavius  =  Migne,  Patrol. 

sehr  oft   genannt.     Die  Dichter  schildern,  wie  Ser.  Gr.  42,804  =  ed.  Dindorf  3,671  =  Corp. 

die  Amazonen   im  Thermodon  baden,  Prapert.  60  Haeresiolog.  ed.  Oehler  2,3,   p.  510;   aXXot  (d. 

3, 14,  13.  Nonnus  Dionys.  37,  117.  148.  P.  eudo-  Ägypter)  öl  Tr]v  Ti^ga^ßä),  "Exdrriv  ig^irjvtvou^- 

plut.  de  fluo.  14,  auf  seinem  Eise  tanzen,  Verg.  vr\v  (x\j  Tid^gcc^ßa,  'E-adtr]  igurivBvoii^vy]  Gehler)., 

Aen.  11,  659.    Sil.  Pal.  2,  73.    Claudian.  Bapt.  ^xtgoi  tfig  ' Evecpd-v  [tt)  'Evscp^v  oder   EvicpQ-vt, 

Proserp.  2,  6<>,  wie  er  besiegte  Amazonen  mit-  [=  Nicpö-vL]  Oehler),  aXXoi  ös  xi]  @sgaov9L{@sg- 

leidig  schützt,  Valer.  Flacc.  Arg.  5,  135.  Duris  ^ovd^Lti  oder  Pegiiovd'SL  Oehler)  tsUa^üvtcxL,  aXXot 

bei  Plut.  Demosth.  19,  oder  auf  Befehl  des  Zeus  ös  t/}  "loidi.    Derselbe  Epiphanius  (ed.  Petav. 

Sinope  aufnimmt,  die  an  Keuschheit  den  Ama-  p.  1055C  =  Migne  42,  736  =  3,671  Dind.  = 

Zonen  gleicht,  Dionys.  Perieg.  775  c.  schal,  und  2,3,442  Oehler)    berichtet,    daß    die    Ägypter 


659                       Tberiuutliis  Theio                           600 

^QOöxwavai   n;v  ^tgfiovTiv  t^sol)   xi]v  ^v/arsga  and  Ärsinoe  889  Tat'.  8,  3.     M  »&></«/,  Bie  Stadt 

roü  'Aiievoitp  img  tot«  0a(>acu,  insiör, . .  .  &vtd'QStl}t  Arsinoe  in  giiech.  Zeit  =  Sitzungsber.  d.  Kais, 

rbv  Mfovaicc.    Die  Pharaonentochter  0tQuov^is  Akad.  d.  Wiss.  phU.-hist.  Kl.  145  [li)02j,  IV  S.  27). 

wird  als  Retterin  und  Adoptivmntter  de»  Moses  Mit  dem  a(iq>o6ov  f>8Quov^)^iccxi)g  ist  wohl  das 

auch   {genannt  von  Joseph.  AtU.  lud. 'ä,  9^  b ff.  &fi(podov    'EQnov^iaxf)s   in    Arsinoe    identisch, 

Zonaras  1, 12.    Suid.  s.  v.  Sbquov^is  p.  1166,  20  Pap.  Fay.  28.    Wvssely  a.  a.  0.  26. 

Bernh.  Cedren.  p.  73f.  ed.  Paris.  (=  1,130,19.  Da  die  Göttin  oft  unter  dem  Bilde  einer 

181,  6  ed.  Bon.)  vjjl.  p.  48  (=  1,  86,  22).  Schlanjje  verehrt  wurde  oder  mit  Schiangen- 

Vielleicht  ist  Thermuthis  eine  vergötterte  köpf  (Maspeio  a.  a.  0.)  durgestellt  wurde,  er- 
Königin, wie  nach  Wilcken  (s.  d.  Art.  Premarres  lo  klärt  sich  die  Erzählung  Aelians  [Nat.  hist.  10, 
und  Wilcken,  Grundzüge  107.  Gott.  Gel.  Anz.  31),  daß  ffsQpiov^ig  der  Name  einer  heiligen 
1895,  167 f.  Ardi.  f.  Papyrusforsch.  4,  211  f.)  der  Schlange  (nach  Wiedemann,  Hei'odots  2^**  Buch 
Gott  UQa^Qffti'i  der  vergötterte  König  Ame-  316  wäre  es  die  Uräussch lauge)  sei.  Auch  in 
nemhet  III  der  12.  Dynastie  gewesen  ist.  Denn  einem  magischen  Text  {h'enyon,  Pap.  Brit.  Mus. 
nach  Artapaiios  (vgl.  J.  Freudent?uU,  Helleni-  1, 109)  wird  die  <9£p^ot)d'iff-Schlauge  erwähnt. 
g^8(iie  Studien  1.  2,  S.  148  ff.)  in  F.  U.  G.  3,  Das  Attribut  der  Schlange  bezeichnet  den  chtho- 
8S1.  222  genoß  die  Retterin  des  Moses,  die  hier  nischen  Charakter  der  Gottheit.  Zuweit  gehende 
aber  M^ppiff  Eponyme  von  Mfpoi],  heißt,  gleich-  SchlüsMC  auf  eine  von  den  Ägyptern  verehrte 
falls  nach  ihrem  Tode  göttliche  Ehren,  genau  Isis  —  Hekate  —  Thermuthis  haben  aus  einer 
wie  die  Isis.  20  Kombination  von  Aelian  und  Kpiphan.  a.  a.  O. 

Nach  W.  Spiegelberg,    Ägypt.  u.  griechische  gezogen  Jablonski,   Panth.  Aegypt.  1  p.  103  ff. 

Eigennamen  aus  Mumienetiketten  d.  röm.  Kaiser-  Zoega,    Numi   Aegypt.  Imjter.  2\i  ni.  9.    Das 

zeit {=  Demotische Studienl)  S.12*{.  VL.  Zeitschr.  Schlangen attribut  und  die  der  Thermuthis  zu- 

f.  ägyptische  Sprache  43  (1906),  89  Anm.  12  ist  geschriebene  Auferziehung  des  kleinen  Moses 

0fguov&i?  die  ägyptische  Erntegöttin  Rnht  •  et  erinnern   an   Demeter   und   ihre    Fürsorge    für 

=  Eenov^ig  mit  Artikel,  wie  auch  schon  H.  Triptolemos.     [Höfer.] 

Brugsch,  Dict.  geogr.  de  Vancienne  Egypte  \^l^  Tliero  (Grigm),  1)  die  ""schöne,   dem  Lichte 

erkannt  hat;  vgl.  über  diese  Göttin  G.  Maspero,  des  Mondes  ähnliche'  Tochter  des  Phylas  und 

Hist.  owc  des  peuples  de    Vorient  classique  I  einer  Tochter  des  thespischen  lolaos,  vou  Apol- 

(Egypte  et  Otaldee),  p.  82  Anm.  2,   wo  weitere  so  Ion  Mutter  des  Chairon,  des  Heros  Eponymos 

Literatur  angegeben  ist.    Derselbe  Gottesname  der  boiotischen  Stadt  Chaironeia,  Hesiod  frgm. 

ist  in   dem    ägyptischen   Monatsnamen    Phar-  142  (jRj^acÄ  Ausg.  v.  1902)  bei  Paws.  9,  40,  6.   Der 

muthi  {^UQiLov^i)  erhalten  =  'der  (Monat)  der  Name  ihrer  Mutter  scheint  (s.  d.  krit.  Apparat 

RDnt\  ferner  in   dem  Namen   des  Kanals  im  bei  Rzach  und  Hitzig-Bluemner  zu  Paus.  a.  a. 

Delta  0£Q(iov&iccxog  (v.  1.  ^tg^iovd'iuxbg)  nora-  0.)  AsiTCBcpilrj  zu  sein;  Kuhn  vermutet  JriKpiXi] 

fiös,  Ptolem.  Geogr.  4,  5  p.  700.  701.  705.  708  ed.  (vgl.  Hitzig-Bluemner  zu  Pau.^.  a.  a.  0),  Goett- 

C.  Müller,   in   dem   Namen   der   StadtC:»)   Oeg-  ling,  Hesiod*  271  ' IjtnocpiXr].    Als    Mutter   des 

fLOV^i-g.,  Steph.Byz.  s.  y.''Eg(iG}v&Lg;  vgl.  Brugsch  Chairon  von  Apollon  nennt  sie  eine  z.  T.  nicht 

a.  a.  0.  1314  ff.    Für  den  Kult  der  Thermuthis  unversehrt  überlieferte  Stelle   bei   Steph.  Byz. 

spricht  auch  der  häufig  vorkommende  Personen-  lo  s.v.  Xccigcaveia,  wo  als  Quellen  die  Botcor/xa 

name  Oigfiov^ig^  den  G.Ebers,  Durch  Gosen  des  Aristophanes  {F.  H.  G. 'i,  SSS)  und  vielleicht 

zum   Sinai  84.  139.  539   Anm.  55    freilich   als  auch  Hellanikos  {F.  H.  G.  1,  51  frgm.  49)   an- 

'geliebt  von  der  Göttin  Mut'  deutet,   Heliod.  geführt  werden,  falls  sich  das  Zitat  aus  letz- 

1,30 ff.    Preisigke,  Sammelbuch  der  griech.  Ur-  terem  nicht  etwa  nur  auf  die  am  Schlüsse  des 

künden  1,  43  p.  8.   68  p.  9.    42  p.  8  (hier  Tsg-  Artikels  des  Steph.  Byz.  mitgeteilte  geschicht- 

ItovQ'cg  geschrieben),  und  die  damit  zusammen-  liehe  Tatsache  bezieht;  vgl.  Niese,   Hermes  23 

hängenden  Namen  ©sg^ov&iav,  Mitteis,  Griech.  (1885),  87.  v.  Wilamowitz,  Aristoteles  und  Athen 

Urkunden  der  Fapyrussammlung  in  Leipzig  1,  1,  282  Anm    33   zu   S.  281.    Kulhner,  Jahrb.  f. 

31,17  p.  81.    Öfp/iov-ö-tov,  Papyr.  Oxyr.  116,7  klass.  Phil.  Suppl.  27,  647  f    Ohne  ersichtlichen 

(1  p.  181).    242,  23  (2  p.  184).     ffegiiovd-dgiov,  50  Grund    wollen    K.  0.  Müller,    Orchomenos   416 

Papyr.  Oxyr.  266,  3.  8.  11  (2  p.  215).    305  (2  und  C.  Müller,  F.  HG   1  Praef  XXVIII  adn.  2 

p.  308).    Arch.  f.  Papyrusforsch.  5, 121,  4  (=  B.  das  Fragment  statt  dem  Hellanikos  dem  Tlieo- 

G.XJ.  1109).  167,19  {GsgiLciv&ägiv).  393,12.  pow^os  zuweisen.  P/w^arcÄ,  der  selbst  aus  Chai- 

Einen  Kultverein  der  Göttin,  cvvodog  ©8g-  roneia   stammte   und    seinen   Sohn   nach   dem 

/tov<9-iax9j\  nennt  eine  wahrscheinlich  aus  Ale-  mythischen  Stadtgründer  Chairon  nannte  {Con- 

xandria  stammende  Inschrift  aus  dem  Jahre  25  sol.  ad  uxor.  5),  gibt  der  Geliebten  des  Apollon 

n.  Chr.,    Boiti,  Bull,  de  la  Soc.  arch.  d' Alex.  4  und  der  Mutter  des  Chairon  den  Namen  @ovgo> 

(1902),  99  nr.  73.  Seymour  de  Ricci,  Arch.  f.  Pa-  {Süll.  17)  mit  Beziehung  auf  den  Apollon  ©ov- 

pyrus forsch.  2  (1903),  432  nr.  13.    Cagnat,  Inner.  giog,   der  auf  dem    nahe  bei  Chaironeia  gele- 

Graec.  ad  res  Boman. pertinentes  \.,Zli.  nr.lO^^c.  ^fi  ^enen  Berggipfel    ©ovgiov   einen   Kult  besaß; 

Fr.Poland,  Gesch.  d.  griech.  Vereinswesens  222***  vgl.  K.  0.  Müller  a.  a.  0.  148 f.  Nach  dem  Vor- 

(vgl.  82ttt).  Mariano  SanNicolö,  Aegypt.Ver-  gang  von  Usener,   Rhein.  Mus.  23  (1868),  326 
einsnesen  zur  Zeit  der  Ptolemäer  u.  Römer  19.       Anm.  23,   der   in  Thero   eine  Mondgöttin   er- 

W alter  Otto,  Priester   u.  Tempel  im  hellenisti-  kannte,   setzt  auch  Studniczka,   Kyrenc  148  f. 

sehen  Ägypten  1,127  und  Anm.  4.    In  Arsinoß  (vgl.  Röscher,  M.  L.  2,1749f.)    die   Thero   der 

gab   es   ein   ä^cpodov  ©tgiiovd-iaytrig  {Nicola  a.  von    ihm    mit  Artemis    identifizierten   Kyrene 

a.  0.  19, 2.    Stud.  Pal.  10, 126)   und   eine   ttvatj  gleich   und   ihren   Sohn  Chairon   dem   sardini- 

rf]g©sgiiovd'iax^g{Fl.Petrie,Hawara,Biahmn,  sehen   Aristaios- Sohne  (Aristaios    =   ÄpoUon) 


6t)l                       Tliero^iiJias  ThersaTidros                      662 

Charinos  (8.  d.).    Nucli  Malten,  Kyteur  [J'fnlof.  Tjdeus    get<)tet,    Stat.  Thth.  2,682.  9,304.  — 

Untersuch.  20)  76  Anip    2  und  Arch.  Jahrh.  29  b)  Kutuler,  von  Aineias  getötet,  Verg.  Aen.  10, 

(1914),  196  Aiirn.  8  ist  Tliero,  die  Mägerin'  von  312.     |IIüfer.] 

Chaironeia,  identisch  mit  der  Köre  in  der  Ko-  Tlieronike  {GriQovi%7i\  Tochter  des  Dexame- 

Q7]g  ^■f]Qa.  in  Lebadeia  {l'aus.  9,39,  4),  bei  der  nos,    Schwester   der  Thera(i)phone,   Gemahlin 

aber  nicht  an  Persepbone  zu  denken  sei,  wie  des  Molioniden  Kleatos  und  von  diesem  Mutter 

A'.  Dilthcy,    Jahrh.  d.    Vereins   von   Altertums-  des  Amj)himacho8,  i'aws.  6.  3,  3.    Gruppe,  Gr. 

freunden   im  Eheinlaride  53/64  (1873),  meinte.  311/th.  Ali,  A.  Nach  Gottfr.  Hennann,  Ue  itera- 

Mit  Thero,    der  Amme   des  Ares,   identifiziert  tis  apud  Honieiwn  =^  Opuscula  8,23  wäre  ©rj- 
unsere  Thero  Wide,  Lakonische  Kulte  150  (vgl.  lo  Qofily.ri  zu  sclirciben.     [  Höfer. J 

den  Art.  Thereifas^.   über  den  vermuteten  Zu-  Tiiersandros  [HhQöavdgog),  1)  s.  Therandros. 

sammenhang  mit  Theras  s.  diesen  Artikel  oben  —  2)  Sohn   des   Sisyphos,   Vater  des  Proitoe, 

Sp.  649,  Z,  3flF.  des  Vaters  der  Maira  (s.  d.  nr.  3),  Noötoi  bei 

2)  Amme  des  Ares  s.  Thereitas  und  Theras.  Paus.  10,  30,  5.  Schol.  Hom.  Od.  11,  326  (p.  607, 

8)  Über  Thero   auf  Thera   s.  die  Art.  The-  16  Dind.).    Als   seine   Brüder  werden  Glaukos 

reitas   und    Theras.     Nach   v    Wilamonitz    bei  (s.  d.  nr.  12),  Ornytion  und  Almos  (Holmos,  Hol- 

Blaß,    Collitz    iJialektinschr.  472G   wäre   1.  G.  meios)  genannt,  i^aits.  2,  4,  3,   als  seine  Söhne 

12,  2,  369    Sigos  (=  Origog)    zu    lesen  =  'des  Haliartos  und  Koronos,  die  Eponymen  der  boio- 

Kentauren,   nämlich   des  Cheiron,   der  in   der  tischen  Städte  Haliartos  und  Koroneia,   Paus. 

Kyrenesage   eine   große  Rolle  spielt  und  auch  30  9,34.  7.  8.     Steph.  Byz.  s.  v.  'Aliagtos  (p.  73,9 

inschriftlich  {Khigmv,   Collitz  4117)   auf  Thera  Mein.)   und  s.  v.  Kogmvhicc  (p.  377,  13).     Schot. 

bezeugt  ist'.  B  L  Hom.  II.  2,  503.    Eust.  ad  Hom.  U.  268,  17. 

4)  Amazone  auf  einer  Kylix  im  britischen  28.  v.  Wilamowitz ,  Hermes  26  (1891),  212/213 
Museum  (0^^O),  Cecil  H.  Smith ,  Catal.  of  the  Anm.  2.  —  Boeclh  zu  C.  I.  G.  1,  7  will  auf  dem 
greek  and  etruscan  vases  in  the  Brit.  Mus.  3,  Thongefäß  aus  Korinth,  dem  sogenannten  Dod- 
70E  45.  Hartwig,  31  eisterschalen  Tat  Id.  A.  S.  wellschen  Gefäß  {Beschreibung  der  Vasensamm- 
Mnrray,  Designs  from  greek  vases  in  the  Brit.  hing  König  Ludwigs  211  S.  66.  Kretschmer, 
3Ius.  pl.  7  nr.  28;  vgl.  Petersen,  Annali  1884,  Zeitschr.  f.  ^^er gleichende  Sprachforsch.  29,  152 
276.  Corey,  De  Amazonum  ant.  figuris  56.  C.  nr.  38.  Collitz  3120),  mit  der  Darstellung  einer 
I.  G.  A.lbll.    Brit.  Mus.  nr.  820.                           30  Eberjagd   den  im  Kampfe  mit  dem  Eber  be- 

5)  Mainade  auf  einer  Schale  des  Oltos  im  griffenen,  inschriftlich  als  Qigeavdgog  bezeich- 
Museum  zu  Corneto,  durch  ein  Reh,  das  sie  in  neten  Mann  mit  unserem  Thersandros  identi- 
der  Hand  hält,  als  Jägerin  gekennzeichnet,  fizieren.  —  3)  Sohn  des  Polyneikes  und  der  Ar- 
Heydemann,  Satyr-  und  Bakchennamen  {5.  Hall.  geia,  der  Tochter  des  Adrastos,  Pind.  Ol.  2,  76 
Winckelmamisprogramm)  30  nr.  y.  Charlotte  nnd  Schol.  76.  80.  82  Herod.  4, 147.  6.  52.  Paus. 
Fränkel,  Satyr-  u.  Bakchennamen  auf  Vasen-  2,  20,  5.  Apollod.  3,  7,  23  (3,  82  W.).  Hygin.  f.  69 
hildern  S.  47.  88f.  nr.  U  (0EPO);  abg.  Movum  (p.  77,  10  Schm.).  f.  71a  (p.  78,  12).  Schol.  Kur. 
10  Tai".  23/24.  Wiener  Vorle  gehlütter  Dl.  Jane  Phoen.  135.  Schol.  Pind.  Ol.  2,76.  80.  82.  Schol. 
Harrison,  Prolegomena  to  the  study  of  greek  re-  Apoll  Bhod.  4,  1764.  Schol.  Kallim.  2,  74  Schol. 
ligion  367  Fig.  293.  Daremberg-Saglio,  Diction-  io  B  LV  Townl.  Hom.  II.  4,  404  (406).  Kust.  ad 
naire  des  ant.  3,2  p.  1483,  Fig.  4765.  Reinach,  Hom.  Jl.  489,  37.  Serv.  ad  Verg.  Aen.  2,  261. 
Bepert.  d.  vas.  1,293;  vgl.  Klein,  Meistersigna-  Stat.  Theh.3,ßSS.  Lactant.Placid.  ad  Stat.  Theh. 
turen*  ISO  UI.2B.  Yghd.  Art.  Satyros  S\:>.bl2,l.  3,697.  12,348.    Als    seine   Brüder   werden   im 

6)  Nymphe,  Begleiterin  der  Artemis,  Clau-  Schol.  Pind.  Ol.  2,76  Timias  (Tifitorc)  und  Ala- 
dian,  De  consulatu  Stilich.  3  (XXIV),  250.  309.  stör  {kldatcog)    oder   Androtimos    {kvdgÖTLuog) 

7)  Hund  bei  der  kalydonischen  Eber  jagd,  und  Alastos  ('^Aatyrog)  genannt.  Auf  Grund  die- 
0.  Jahn,  Beschreihung  der  Vasensammlung  Kö-  ser  Notiz  will  Bethe,  Thehanische  Heldenlieder 
nig  Ludwigs  nr.  333  S.  100;  abg.  Gerhard,  Aus-  111  Anm.  4  bei  Paus.  2,20,5,  wo  die  Brüder 
erles.  Vasenh.  235.  3Ionumenti  inediti  4,  59.  des  Thersandros  "Adgaatog  -nal  Tiiiiag  als  Teil- 
Beinach,  Bepert.  d.  ras.  2,  119.  Vgl.  Theriope.  50  nehmer  am  Epigonenzuge  (C.  Bohert,  Oidipus 
Theron  nr.  2.     [Uöfer.]  1,241)   genannt  werden,  den  ersteren  Namen 

Therodainas  {©rigoöcciiag),  \)  Hund  des  Ak-  in  "AXaötog   oder   kXdarag  ändern.     Wie   sein 

taion  (s.  d.\  Oo.  Met.  3,233.  Hyg.  f.  181  p.  37,  Vater   Polyneikes    die    Eriphyle   (s.  d.)    durch 

12  Schm.  (Variante:  Theridamas). —  2)  Falsche  das   Halsband   der   Harmonia    besticht,    ihren 

Lesart  für  Theiodamas  (s.  d.  S.  557,  5)  im  Schol.  Gemahl  Amphiaraos  zui-  Teilnahme  am  theba- 

Ov.  Ib.  488.     [Höfer.]  nischen    Kriege   zu   bewegen,   so  besticht   sie 

Theroleti^  (GrigoXirig),  Beiname  der  Artemis,  Thersandros   durch  den  Peplos  der  Harmonia 

Anonym.  Laurent,  in  A)iecd.  var.  Gr.  et  Lat.  ed.  (von   einem   ;fiTa)v   statt   des   sonst  ninlog  ge- 

Schoell  mid  Studemund  1,  270,  XH,  11,  synonym  nannten  Gewandes  spricht  Hellanikos  [frgm.  12] 

mit   d-rigoxrovog   (Eur.  Iph.  Aul.  1570.     Orph.  60  im  Schol.  Eur.Phoen.il;  vgl.  H.Kullmer,  Jahrb. 

Hymn.  36,9.    Hymn.  mag.  in  Dian.  l^Wessely)  f.  klass.  Phil.  Suppl.  27,496 — 500),  ihren  Sohn 

und  d-rigocpövog  {Eur.  Herc.  für.  378).     [Höfer.]  Alkmaion  (s.  d.)  zur  Teilnahme  am  Epigonen- 

Theron    (Oegcov),    l)    wahrscheinlich    Name  zuge  zubewegen,  Apollod.  S,  1,2^  {3,81  W.).  3, 

eines  Sohnes  des  Laokoon,  s.  Bd.  2,  Sp.  1842,  7,  5^  (3,  86  IT.).  D/od.  4,66.  Friedländer,  Ehein. 

64ff.  —  2)  Hund  des  Aktaion,  Ov.  Met.  3,211.  Mus.  69  (1914),  329f.    Nach  einer  Vermutung 

Hygin.  f.  181  (p.  37,  8  Schm.).  —  3)  Über  den  von  0.  Bibbeck,  Die  römische  Tragödie  im  Zeit- 

als  Heros  verehrten  Tyrannen  Theron  von  Akra-  alter  der  Republik  489  ff.  bestimmt  Thersandros 

gas  s.  Bd.  1,  Sp.  2519,  29 tt".  —  4)  Thehauer,  von  in   des  Accius  Tragödie   Epigoni  =  Eriphyle 


B63  Thersandros  Thersippos  G64 

den  noch   zaudernden  Alkmaion  zum  KeKlzug  Zwar    nenneu    ihn    beide    Quellen   Thossander 

¥3gen   Theben.    Nachdem    die    Epigonen   sich  (statt  Theraander),   aber  nach   dem   ausdrück- 

hebens  bemächtig  haben,  erhält  Thersandros  liehen  Zeugnis  des  Servius  zu  Ver<i.  a.  a.  O.  ist 

»lie  Herrschart  über   die   Stadt  und   ruft   die  dieser  Thessander  Sohn  des  Polyneikes  und  der 

nach  der   Eroberung  der   Stadt  nach   Homole  Ar^eia. 

in   Thessalien   ausgewanderten    Bewohner   zu-  Thersandros,  des  Polyneikes  Sohn  und  Va- 

rück,   Paus.  9,5,14.  8.7.    Seine  Gemahlin   ist  ter  des  Teisamenos,  ist  nach  Studniczka,  Ky- 

Demonassa,   die  Tochter  des  Amphiaraos,  die  retw  H9  (vgl.  Gruppe,  Gr.  Myth.  646,8.  1880,2) 

ihm  den 'J'eisamenos  (s  Tisamenos)  gebiert,  Pau«.  wie  sein  Vater  und  Sohn  nach  einem  alten  boio- 

9,5,16.  8,16,8.  ^afUDvaatfa  nennt  sie  da:iiSc/io/.  lo  tischen  Kultnamen  des  Ares  benannt  und  mit 

Pind.  Ol.  *2,  76,  Juiiofdvaaa  (AMAMAIOMAA)  dem  gleichnamigen  Sisyphiden  (so  auch  v.  Wi- 

heißt  sie  auf  dem  korintischen  Krater  in  Ber-  lamowitz  a.  a.  0.)  und  mit  dem  Sohne  des  Aga- 

lin  {Furtwängfer,  Beschreibung  der  Vasemamm'  medides  (s.  u.  nr.  ö)  identisch.   Zugleich  bezieht 

lung  im  Antiquarium  1,206  nr.  16i>ö),  der  in  sei-  sich  der  Name  .seines  Sohnes  Teisamenos,  wie 

ner  Darstellung,  Auszug  des  Amphiaraos,  mit  der  des  gleichnamigen  Sohnes  des  Orestes,  auf 

der  auf  dem  Kypseloskasten  in  Olympia  über-  die  Rache,  die  Thersandros  an  den  Wider.sachem 

einstimmt  (jPbm».  6, 17,  7:   Jriumvaöaa);  abge-  seines  Vaters  genommen  hat;  vgl.  O.Müller, 

bildet  ist  der  Krater  Mon.  d.  Inst.  10,4,5.  Bau-  Prolegomena  275. 

meister,Denkm.S.'27.  Wietitr  Vorlegeblätter ISSd,  4)  Kreter,  Gemahl  der  Arethusa,  Vater  des 

X.  Furtwängler-Reichold ,  Griech.  V^asenmalerei  so  von   Aineias  getöteten  HjUos,   Quint.  Smyrn. 

Taf.  121.    C.  Robert,  Oidipus  1  S.  224  Abb.  37.  10,80. 

Vielleicht  ist  sie  auch  auf  der  attischen  Vase  6)  Sohn  des  Herakleiden  Agamedides,  des 

in  Berlin  {Furtwängler  a.  a.  0.  2,  660  nr.  2396)  Königs  von  Kleonai  (0.  Müller,  Darier  1*,83, 1), 

zu  erkennen   in   dem   als    Demo   (z-HMß)    be-  Vater  der  Zwillingsschwestern  Luthria  (s.d.)  und 

zeichneten  Mädchen,  welches  neben  Eriphyle,  Anaxandra  (Max.  Mayer,   Giganten  und  Tita- 

Alkmaion,  Amphiaraos  (alle  diese  Personen  sind  nen  143),  der  Gemahlinnen  der  Zwillingssöhne 

inschriftlich  bezeugt)   erscheint,  so  daß  Demo  des  Aristodemos,  des  Prokies  und  Eurysthenes, 

als   Kurzform  zu   Demonassa   anzusehen   wäre.  Paus.  3,16, 6.     [Höfer] 

Verhängnisvoll  wird  ihm  seine  Teilnahme  am  Thersanoii  (?),  im  cod.  Frising.  Hyg.  fab.  14 

trojanischen    Kriege,    zu    dem   er   mit   vierzig  so  (p.  47    not.  23)    wird    unter    den    Argonauten 

Schiffen  ausfuhr,  Dictys  1,  14;  wenn  dieser  ihn  genannt:  Thersanon  {Schmidt  im  Index  p.  171: 

einmal  ^ex  Thebis%  das    andere  Mal  ^ex  Aeto-  Thersanor),  Solin  et  Leucothoe»  filius  ex  Andro; 

Ud*  kommen   läßt,  so  bezeichnet  er  wohl  mit  vgl.  Th.  Saucius,  Andros  {=  Sonde rschrißen  d. 

'ex  Thebis^   seine  Herkunft,   mit   'ex  Aetolia^  österr.  arch.  Inst.  8)  S.  53  Anm.  17.     [Höfer.] 
den  Ausgangspunkt  der  Fahrt,  die  er  wohl  mit  Thersilochos  {Otgöiloxog),  \)  Freier  der  Pe- 

Diomedes    antrat:    im    teuthranischen    Kriege  nelope  aus  Dulichion,  Apollod.  Epit.  7,  27.  — 

wird  er,  nachdem  er  selbst  viele  der  Gegner,  2)  Troer,   Gefährte   des    Hektor  {MiGn^Xr\v   xs 

unter  ihnen  einen  Freund  und  Heerführer  des  riavxov  re  Midovra  tt  @SQ6iXoxov),   Hom.  II. 

Telephos  erlegt  hat  {Dictys  a.  a.  0.),   erschla-  17,216.    C.  Robert,  Studien  zur  IHas  463.    Im 

gen,  KvngLu  bei  Proklos,  Chrestom.  hei  G.  Kin-  4lo  AuBchlnQ  hieran  dichtete   Verg.  Aen.  6,  4 -3 f.: 

kel,  EpicoruiH  Gr.  frgm.  1, 19, 1.   Apollod.  Epit.  Glaucumque  Medontaque  Thersilochumque,  Tris 

3,17.  Paus.  9,  5, 14.  Tzttz.  Proleg.  Alleg.  II.  654.  Antenoridas,  wobei  tris  Antenoridus  entweder 

1003  (=  Anecd.  Gr.  ed.  Matranga  1  p.  22.  23).  nicht    Apposition  ist  oder  ein    Versehen   Vir- 

Schfil.  ad   Tzetz.  Alleg.  IL  bei  Cramer,  Anecd.  gils,  eine  Kontamination  von  Born.  IL  a.a.O. 

Oxon.  3,  379,  10.   Sein  Leichnam  wird  von  Dio-  und  11,59  (TQhig  r'  kvrrjvoQidag)  vorliegt;  vgl. 

medes    geborgen,  verbrannt   und  seine   Asche  Ed.  Norden,   Virgilius  Maro  Aeneis   Buch  VI 

beigesetzt  'patrio  more\  Dictys  a.  a.  0.    Auf  zu  v.  483f.  S   252.    Alfons  Scholz,  De  Antenore 

die  Bergung  des  Leichnams  des  Thersandros  et  Antenoridis  {Diss.  Breslau  1911)   p.  24  f  — 

durch    Diomedes  (AlOME-i)    wird    mit   großer  3)  Paionier,  Genosse  des  Asteropaios,  von  Achil- 

Wahrscheinlichkeit  die  Darstellung  auf  einem  60  leus  getötet,  Hom.  IL  21,209.    Robert  a.  a.  0. 

attischen  Krater  der  Eremitage  {Stephani,  Va-  537.     [Höfer.] 

.sen  der  Eremitage  nr.  1275;    vgl.  A.Michaelis,  Therses  {^Hgorig),  1)  boiotischer  Gastfreund 

.Inna/t  1859,  267ff.;  abg.  Mon.  rf.  7?iÄf.  6  tav.  34.  des  Anios,  der  diesem  einst  einen  von  Alkon 

S.  Reinach,  Repertoire  des  va.ses  peints  1,152)  ziselierten  Mischkrug  geschickt  hatte,  den  Anios 

bezogen,   Eman.  Loewy,   Arch.   epigr.  Mitt.   4  dem  Aineias  zum  Gastgeschenke  gab,  Oo.  Met. 

(1880),  220 f    C.  Robert,  Arch.  Jahrb.  2  (1887),  6,  682.     Lact.  Plac.  narrat.  fab    Ovid.  XIII,  5 

250.  Thersandros  empfing  nach  seinem  Tode  in  (p.  702,4  Magnus),  wo  als  Künstler  Alco  Lin^ 

Elaia,  wo  sich  sein  (ivijllcc  auf  der  Agora  be-  dius  genannt  wird,    während  bei   Ov.  a.  a.  0. 

fand,  Heroenehren,  Paus.  9,  5,  14.  E.  Ihiaemer,  683:  Alcon  Hyleus  steht  (s.  d.  krit.  Apparat  bei 

Pergnmos  \6'2i.  191.    Friolländer  2l.  9..  0.  3il.  %q  Magnus).   —   2)    Sonst    unbekannter    Liebling 

Abweichend  von  dieser  fast  allgemeinen  Tra-  des   Hermes,   falls  bei   Clem.  Rom.  Hom.  b,lQ 

dition  über  den  Tod  des  Thersandros  von  der  (Migne,  PatroL  Ser.  Gr.  2, 185),  wo  Hermes  als 

Hand   des   Telephos    lassen   Verg.  Aen.  2,  261  Liebhaber  ntgaicog.^  Xqvgov,  0sq6ov,  'Oögvöav 

(Lact.  Plac.  ad  Stat  Theb.  3,  683)  und  der  von  genannt  wird,  die  Lesung  richtig  ist.  Zum  Na- 

ihm  abhängige  (  W.  Kroll,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  men  vgl.  die  Vollnamen  l4Xi.-d-iQ0rig  (s.  d.),  Avko- 

SuppL  27,  166)  Hygin  {f.  lOS  p.  98, 1  Schm.)  ihn  »igarig  (s.  d.).     f  Höfer.] 

den  ganzen  troianischen  Krieg  erleben  und  nen-  Ther»\\*^o»  {0s gaiTtTCog),   Sohn  des  Archip- 

nen  ihn  als  einen  Helden  im  hölzernen  Pferde  pos,   Vater    des    Phorbas,    athenischer  König. 


(365                        Thersites  Tliersites                         666 

SynkcU.  ii-lö,  8.  10  ^^  J^Iuseb.  <Jti<ni.  ad.  Mioenc  eine  iMMiiahc  luH/inierende  Wirkung'  liinterlüßt. 
•2,  tJ4.  66.  1,188.  [Höl'er.]  über  die  Szene  s.  auch  Bethe,  Homer  1,  208  f. 
Thersites  ((9t(>ötT7]tf,  über  den  Namen  8.  u.),  Die  später«;  Dichtung'  erweitert  durch 
<lie  Hauptperson  der  nach  ihm  benannten  manche  Einzelheit  Schicksale  und  Charakter- 
Szene  der  liias  (i>'2Uf).  Agamemnon  stellt  züge  des  Th.,  die  im  folgenden  gleichsam 
nach  dem  im  Traum  erhaltenen  Hefehl  des  biographiHch  aufgereiht  werden  sollen;  doch 
Zeus  seine  Mannen  auf  die  l*robe  durch  den  bleibt  er  auch  hier  eine,  wennschon  inter- 
Vorschlag heimzukehren.  Der  Versuch  fällt  essante  Nebenfigur.  Sosehr  Homer  sonst 
kläglich  aus.  Des  langen  Krieges  herzlich  die  Stammbäume  liebt,  für  Th.  ist  die  Ein- 
müde, eilen  sie  zu  den  Schiffen,  und  es  bedarf  lo  Ordnung  in  einen  solchen  erst  der  nachho- 
erst,  auf  Athenes  Dazwischenkunft  und  Ver-  merischen  Sage,  vorbehalten.  Sein  Vater  ist 
mittelung,  der  strengen,  auch  durch  Szepter-  hier  Agrios  (s.  d.),  der  Sohn  des  ätolischen 
schlage  unterstützten  Einrede  des  Odysseus,  Königs  Porthaon  (s.  d.)  zu  Pleuren  und  Ka- 
um die  Völker  zur  Heeresversammlung  zurück-  lydon  (A/iollodor  1,  7,  10,  2;  Ov.  Pont.  3,  9,  Of; 
zurufen.  Die  andern  Griechen  warten  deren  Quint.  Smyru.  1,  770 f.).  Deshalb  heißt  Th. 
nochmalige  Eröffnung  ruhig  sitzend  ab;  als  selbst  gelegentlich  AiroiXog:  Schol.  u.  Tzetz. 
keifender  Hetzer  und  Schwätzer  tut  sich  allein  Lykophr.  991».  1000;  vgl.  (Inliad.  7,  888.  9j8. 
Thersites  hervor.  Während  Achill  und  nächst  Insofern  nun  Porthaon  mit  dem  bei  Homer 
ihm  Nireus  sich  unter  den  Danaern  am  mei-  gleichfalls  als  Vater  des  Agrios  erwähnten 
steu  durch  Schönheit  auszeichnen,  ist  jener  20  Portheus  (s.  d.)  identisch  ist,  wird  so  von 
der  häßlich  ste  ü  rieche  vor  Tro.ja,  näm-  der  späteren  Sage  Th.  mit  dem  homerischen 
lieh  krummbeinig,  auf  dem  einen  Fuß  lahm;  Diomedes  in  c^inen  Yerwandt^chaltlichen  Zu- 
beide  Schultern  sind  höckerig  und  nach  der  sammenhang  gebracht,  von  dem  bei  Homer 
lirust  zusammengebogen;  seinen  vorn  einge-  selbst  noch  keine  Rede  ist  (s.  o.).  Portheus 
drückten  und  hinterwärts  sich  schräg  zu-  ist  nämlich  in  der  llias  (j^llof.)  Vater  von 
spitzenden  Schädel  bedeckt  nur  spärliches  Agrios,  Melas  und  Oineus,  und  diesen,  den 
Wollhaar  (v.  216  f.)-  Der  abschreckenden  äuße-  Vater  des  Tydeus,  nennt  Diomedes  mit  Stolz 
ren  Erscheinung  entsprechen  durchaus  Ver-  seinen  Großvater,  ohne  daß  er  jedoch  dabei 
halten  und  Sinnesart.  Laut  kreischend  beginnt  nötig  hätte,  etwaiger  Nachkommen  seiner  bei- 
er  jetzt  auf  Agamemnon  zu  schelten,  weil  er  30  den  Großoheime  Agrios  und  Melas  ausdrück- 
weiß, daß  die  enttäuschten  Griechen  auf  ihn  lieh  zu  gedenken.  Näheres  hören  wir  über  sie 
ohnehin  erbittert  sind.  Schnöde  Habgier,  erst  bei  Apollodor  a.  a.  0.  Porthaon  und  Euryte 
Herrschsucht  und  Wollust  wirft  er  dem  ober-  sind  nämlich  hier  Eltern  von  Omeus,  Agrios, 
sten  Heerkönig  als  Gründe  des  neuen  Gegen-  Alkathoos,  Melas,  Leukopeus  sowie  von  der 
befehls  vor,  verhöhnt  die  Griechen  wegen  ihrer  Sterope.  Wenn,  im  Gegensatz  zu  dieser  Ver- 
Gefügigkeit als  Weichlinge  und  sucht  sie  zum  knüpfung  des  Th.  mit  der  Sippe  des  Diomedes, 
endgültigen  Aufbruch  anzustacheln  (v.  225  f).  der  Schol.  zu  II.  B  212  einen  solchen  Zusam- 
Währeud  er  es  sonst  durch  sein  Schimpfen  mit  menhang  bestreitet  (vgl.  auch  Eustath.  11.  p. 
Achill  gänzlich  verdorben  hat,  vertritt  er  hier  204,  10).,  weil  Odysseus  ein»'n  Verwandten  des 
aus  bloßer  Widerspruchslust  gerade  dessen  40  Diomtdes  nicht  gezüchtigt  hätte,  vielmehr  nur 
Sache,  doch  nicht,  ohne  auch  ihn,  den  Ab-  Leute  aus  dem  Volke  schlagen  würde,  so  kann 
wesenden,  träger  Nachgiebigkeit  gegen  Aga-  diese  Behauptung  für  jffowcr  auf  sich  beruhen; 
memnon  zu  beschuldigen.  Über  den  dekla-  für  die  nachhomerische  Dichtung  aber  wird 
matorischen  Vortrag  der  Thersitespartie  (mit  sie  durch  die  spätere  Sage  direkt  widerlegt, 
kreischender  Fistelstimme)  vgl. i^ö7<e, i/o.  JaÄrft.  wo  der  Tydide  als  Verwandter  {Quint, 
1907,  S  577.  An  Stelle  des  Peliden  ersteht  Smyrn.  1.1  Gd;  Schol  Lykophr.  999)  für  den  ge- 
aber  dem  Störenfried  ein  Rächer  in  Odys-  töteten  Th.  gegen  Achill  tatkräftig  in  die 
seus,    der    mit    ihm    ebenso    bitter   verfeindet  Schranken  tritt  (s.  u.). 

ist  wie  Achill  (v.  220 f.).    Rückhaltlos  bezeich-  Nach  dem  angeführten  Schol.  zu  II.  £  212 

net  ihn  jener  als  den  schlechte.4en  Menschen,  50  (vgl.  Tsetz.  Chil.  7,  887.  927)  sind  Th  '  Eltern 

der   mit   vor   Troja   gekommen    sei    (v.  248 f.),  Agrios   und  Dia   (z/m),    und  zwar  wird  hier 

weist  ihn  energisch  zurecht  und   bedroht   ihn  letztere  die  Tochter  des  Porthaon   genannt,  so 

für    den   Wiederholungsfall   mit    schmählicher  daß  also  dieser  der  Großvater  des  Th.  nicht  väter- 

Strafe  (v.  258 f.).     Der  Drohung  folgt  alsbald  licherseits  {Apollodor  1,  7,  10,  2),  sondern  von 

die    Tat.      Mit    derben   Schlägen   züchtigt    er  seiten  der  Mutter  ist.    Jedenfalls  ist  er  vor- 

den   erbärmlichen  Wicht,   auf  dessen  Rücken  nehmer  Abkunft  {Tzetz.  a.  a.  0.  888.  *J28);  daß 

sich  blutige  Striemen  erheben.     Weinend  und  er  sich  jedoch  ihrer  nicht  rühmt,  rechnet  ihm 

vor  Schmerz  sich  krümmend,  setzt  er  sich  tief-  Libanios  ('Eyxwfi/ov  stg  Osgöirriv  4,  943  Beiske) 

beschämt  nieder  (v.  2ü5f.),   unter  dem   lauten  hoch  an.  Freilich  wüten  in  der  Familie  des  Vaters 

Gelächter  der  Versammlung,  die  ihm  die  ver-  60  Thronraub    und    Bruderzwist.     Agrios'    Söhne 

diente  Strafe  von  Herzen  ^önnt  und  Odysseus'  Th.,  Onchestos,   Prothoos,   Keleutor,  Lykopeus 

Eingreifen    als   seine  trefflichste   Leistung  be-  and  Melanippos  entreißen  dem  Oheim  Oineus 

lobt  (v   270f.).     So  hat  in  Th.  bereits  die  alte-  die  Herrschaft  {Paus.  2,  25,  2)  und  übertragen 

ste  Dichtung  mit  souveräner  Meisterschaft  das  sie    dem    eigenen    Vater,    werden    aber    von 

Muster  eines  Demagogen  veranschaulicht,  Oineus'    Enkel   Diomedes    mit    Ausnahme    des 

dessen  Erscheinung,  so  rasch  sie  auch  an  dem  Th.    und    Onchestos    umgebracht    {Apollod.  1, 

Leser  vorüberzieht,  dennoch  dauerndes  Interesse  8,  6);  nach  Anton  Liber.  37  erschlägt  Dfome- 

erweckt  und  wegen  ihres  einzigartigen  Reizes  des  auch  den  Agrios,  oder  dieser  gibt  .sich  in 


(367  Thersites  Thersites  ()68 

Stnmmbaum 

1)  bei   Apollodor  1,  7,  10,  2;  8,  6,  1 ;  8,  6,  1  und  2: 

Portliaon  —  Eiiryte 

/•  ''  ^— .«^-^^^^^        .^ 

Oineus  A^rios  Alkat.hoos  M^las  Leukopeus  Sterope 

I  , ; ^^ , 

Tyaeus     Thersites  Onchestos  Prothoos  Keleutor  Lykopeus  Melanippos 

Diomeiles  von  Diomedes  getötet. 

2)  im  Sdiol.  II.  B  212:  Porthaon 

Agrios  Dia 

Thersites. 
Vgl.  auch  die  genealogische  Tafel  zum  Artikel  Deukalion  Bd.  1,  Sp.  996. 

der  Verbannung  selbst  den  Tod  {Hygin.  fah.  dahin  erneuert,  ob  vielmehr  Thersites  noch  lebe. 
176.242).  Th.  kommt  jedenfalls  mit  dem  Leben  Neoptolemos'  bejahende  Antwort  wird  dem 
davon.  —  Nach  Pherekydes  {Schol  II.  B  212;  Scholiasten  (zu  v.  445)  ein  Anlaß  zu  der  Be- 
Müller,  fr.  hist.  Gr.  1,  91;  vgl.  Eustath.  II.  merkung:  rovro  nag  iörogiav  sowie  2u  einem 
^.  204,  S)  und  Euphorion  fr.  ISl  {Meineke,  Anal.  20  Bericht  von  Th.'  Tötuno^  durch  Achill  (s.  u.). 
Alex.  144;  Scheidiceiler,  Euphor.  fr.  124)  war  Dieser  chronologische  Einwurf  trifft  durchaus 
Th.  auch  „einer  von  denen,  die  gegen  den  zu,  da  ja  Sophokles'  Philoktet,  in  welchem 
Kaly donischen  Eber  auszogen'';  aber  da  er  aus  bereits  der  Sohn  des  Achilleus  eine  Haupt- 
Furcht  dem  Kampfe  auswich,  ward  er  von  rolle  spielt,  des  letzteren  Tod  vor  Troja  (durch 
seinem  Vetter  Meleagros  einen  Abhang  hin-  Paris'  Pfeilschuß)  zur  selbstverständlichen  Vor- 
abgestürzt und  zum  Krüppel  (vgl.  auch  aussetzung  hat  (oder  doch  haben  sollte!). 
das  verstummelte  Schol.  Lykophr.  999  u.  Tzetz.  Wichtig  aber  ist  für  Th.'  Charakteristik  hier 
Chil.  889  f.).  —  Während  sich  Odysseus  und  zweierlei:  einmal  kennt  Philoktet,  der  ja  vor 
Achilleus  von  dem  Zuge  gegen  Troja  durch  Troja  noch  gar  nicht  gewesen  ist  und  daher 
Verstellung  anfangs  fernhalten,  zieht  Th.,  ob-  30  auch  die  dortige  „Thersitesszene"  nicht  mit- 
wohl  gebrechlich  und  nicht,  wie  Odysseus  u.  a.,  erlebt  hat,  doch  diesen  Menschen,  offenbar  von 
durch  Eide  gebunden,  mit  in  den  Kiieg  {Liban.  früher,  als  einen  heillosen  Schwätzer  (v.  443 f.); 
a.  a.  0.  4,  943H.);  furchtlos  spricht  er  im  La-  und  während  ferner  Neoptolemos  den  gefal- 
ger  der  Griechen  seine  Meinung  aus  und  redet,  lenen  Helden  Antilochos  und  Patroklos  den 
wie  Demosthenes  (!),  niemand  nach  dem  Munde  Nachruf  widmet :  „Ja,  der  Krieg  verschlingt 
{ebenda  S.  945);  demnach  ist  er  nicht  schlechter  die  Besten!''  (v.  436),  lautet  Philokteta  Urteil 
als  Nestor  (S  947),  ja  zu  loben,  weil  er  die  über  den  noch  lebenden  Th.:  „Unkraut  ver- 
ihm  angetane  Unbill  zu  ertragen  weiß.  In  dirbt  nicht!"  (v.  446).  —  Eine  hämische  Äußerung 
dieser  fast  komisch  wirkenden  schmeichelhaften  des  Thersites  glaubt  Bibheck  {R.  Tr.  367)  auch 
Beurteilung  des  Th.  ist  es  freilich  ein  beschei-  40  in  einem  Fragment  von  Äcciu>^'  Nyctegresia  zu 
denes  Lob,   wenn   Libanios   hinzufügt,    er   sei  erkennen. 

auch  nicht  zu  den  Feinden  übergelaufen  (S.  948).  Endlich  ereilt  ihn  aber  doch  das  verdiente 

Ähnlich   heißt  es  bei   Max.  Tyr.  15,  5   p.  188  Geschick,  und  er  wird  das  Opfer  der  eigenen 

Hobein:  nicht  einmal  Th.  würde  durch  Fahnen-  Schmähsucht.     Als  er  nämlich  den  Achill  we- 

flucht  die  Sache  der  Griechen  geschädigt  haben,  gen  seiner  Liebe   zu   der  von  ihm  im  Kampfe 

während   Achill,    im    Zelte    sitzend,    diese    in  schwer  verwundeten  und  schon  im  Verscheiden 

großes    Unglück    stürzte.      Weniger   rühmlich  begriffenen  Amazone   Penthesileia  verspot- 

klingt  die  Notiz,  man  habe  ihn  mit  vor  Troja  tet,  bringt  der  gereizte  Held  „den  Mund  des 

genommen,  um  die  Heimat  von  einem  Friedens-  griechischen  Pöbels"  {Herder,  Kritische  Wälder 

störer  zu  befreien    {Eustath.  II.  p.  204,  4).  —  50  1,  21;   Bd.  8,  S.  175  Suphan)    für  immer   zum 

Der   homerischen  Szene,    seiner  Schmähungen  Schweigen:  Arktinos'  Aithiopis  bei  Kinkel,  fr. 

gegen  die  Könige  und  der  Züchtigung  durch  epic.   Gr.  p.  33;    Apollod.  epit.   5,    1    Wagner. 

Odysseus  gedenkt  dieser  bei  OtJ.  il/cL  13,  232 f.;  Nach  Schol.  Soph.  Phil.  445    sticht    Th.    der 

nicht  seiner  Herkunft  oder  seiner  Taten  halber,  Leiche  Penthesileias  mit  dem  Speer  das  Auge 

heißt  es  bei  l^zetz.  Chil.  7,  895 f.,   habe  Homer  aus,  wird  aber  dafür  von  Achill  mit  Faust- 

ihn  erwähnt,  sondern  wegen  seiner  Beschimp-  schlagen  (xov^u>Lots)getö tet.  Die  gleiche 

fungen  gegen  die  Helden:  die  Frechheiten  also  Strafe  trifft  ihn  bei  2'zetz.  Posth.  201  f.;  Schol. 

hätten    ihn    berühmt    gemacht.   —   Über    sein  Lykophr.  999;  Eustath.  Ilrp.  20S,  2.   Bei  Quint. 

Gebaren  im  weiteren  Verlauf  des  Krieges  hö-  Smyrn.  1,  722  f.,  wo  der  Pelide  ihn  gegen  Ohr 

ren  wir  bei  Sophokles:    als  Philoktet    (v,  403  60  und  Kinnlade  schlägt,  so  daß  alle  Zähne   sei- 

bis  444)  sich  nach  verschiedenen  griechischen  nem   Munde    entfallen  und   er   selbst  entseelt 

Helden,  die  vor  Ilion  liegen,  erkundigt,  bezieht  vornüberstürzt,  wird   man   an  Odysseus',  frei- 

Neoptolemos  die  Frage  v.  439 f.:  ava iiov  ^ihv  lieh  milderes,  Strafgericht  über  Iros  {Od.  a  96 f) 

<pa)r6?   i|ep7J<;oftat,  |  yXmacT]  Sk   dnvov   yt.cc)  erinnert.     Phantastisch   erweitert  ist   derselbe 

cotpov.,  Ti  vvv  xvpst;  ßlschlich  auf  Odysseus,  Vorgang  bei  Pherekrates  {Miller,  MeJanges  de 

so  daß   jener  berichtigend    erklären   muß,    er  litt,  grecque  p.  400):  6  Sh  kxütV'^'  iv  nm^  -koq- 

meine  den  Th.,  og  ovx  av  siXst   slöccTta^  slnstv,  prjs  avrbv  iTcdrcc^iv.,  man  nvg  iXTiiXa^iil)   iv. 

oTiov  (iridslg  i(ör\  — ,  und  nunmehr  seine  Frage  tmv  yvdd'ojv  (s.  u.).  Nur  bei  Lykophr.  AI.  1000  f. 


669                        Thersites  Thersites                        670 

versety.t  Achill  dem  „alfeiige^talti^en  Schild-  doch  der  Angeklagte  unter  Udysbouß'  Beistand 
ling  aus  Ätolien"  (TtfO-rjxo/iöt'qpö)  AiroiXw  qpO'o-  (Odvaa^cog  6vvayüQtvuvto<i)  gewinnt  {Lucian. 
ijco)  mit  der  vom  Blute  der  Amu/one  noch  vcr.  htst.  2,  20;  vgl.  auch  Liban.  'Eyxm^i.  Geqo. 
triefenden  Lanze  den  Todesstoß;  vgl.  Schal.  4,  947 1{.).  Übrigens  erklärte  man  Thersites' 
997.  9UÜ.  1000.  Über  Achills  Mordwaffe  in  Verunglimpfung  durch  Homer  auch  damit,  daß 
der  bildenden  Kunst  8.  u.;  auf  der  TafcwZa /^ac«  man  annahm,  dieser  sei  ein  betrogener  und 
ist  es  nämlich  aus  künstlerischen  Gründen  ein  vernachlässigter  Mündel  des  Thersites  (ScJwl. 
Knüttel.  —  Bei  Dict.  Crct.  4,  :J  wird  nur  Th.'  11  B  212  und  Kustath.  Tl.  p.  204,  12),  an  dem 
8pott,  aber  nicht  seine  Bestrafung  erwähnt. —  er  sich  daher  habe  rächen  wollen!  Und  doch 
Über  das  Ereignis  selbst  stimmen  die  Quellen  lo  durfte  Th.  Homer  sogar  noch  dankbar  sein, 
im  jiUgemeinen  überein;  von  seinen  Folgen  weil  dieser  ihn  nicht  wie  Tantalos,  Sisyphos 
berichten  nur  einige.  Bei  Arktinos  a.  a,  0.  er-  und  Tityos  in  der  Afkyia  (X  573 f.)  als  büßen- 
hebt sich  wegen  der  'J'ötung  des  Krüp-  den  Frevler  dargestellt  hat  (iVa^  Gor^.  p.  525 e); 
pels  unter  den  Achäern  Zwist.  Achill  freilich  war  er,  um  wie  diese  vornehmen  Ver- 
hält es  für  angezeigt,  nach  Lesbos  zu  fahren  brecher  zu  freveln,  nicht  mächtig  genug,  da- 
uud  hier  der  Leto  und  ihren  beiden  gött-  her  verhältnismäßig  unschädlich  und  unschul- 
lichen  Kindern  ein  Reinigungso|ifer  darzubrin-  dig,  vgl.  Lessing,  Laokoon  a.  a.  0.  Ja,  auch 
gen,  worauf  er  durch  Odysseus  von  der  Blut-  Alexander  der  Große  soll  erklärt  haben, 
schuld  gelöst  w^ird.  Wie  es  zu  jener  Ent-  er  wolle  lieber  Homers  Thersites  ald  der  Achill 
zweiung  der  Griechen  bei  Penthesileias  und  20  des  schlechten  Dichters  Choirilos  sein  {Por- 
Th.'  Tode  kommt,  erfahren  wir  aus  Quint.  phyrion.  ad  Hör.  A.  P.  357),  der  den  König 
Smyrn.l,  7(57  f.:  während  nämlich  die  Danaer,  auf  seinen  Feldzügen  begleitete  und  seine  Taten 
,,deren  Schande  er  gewesen  ist''  (v.  749),  in  in  fragwürdigen  Versen  beschrieb  {Hör.  Epist. 
lauten  Beifallsjubel  ausbrechen  (v.  747 f.\  tritt  2,  1,  232 f.;  Curt.  Huf.  8,  5,  8).  —  Ein  weit 
für  den  Getöteten  allein  sein  Verwand-  harmloserer  Gegner  des  Thersites  in  der  Unter- 
ter  Diomedes  (s.  o.)  ein,  den  die  übrigen  weit  ist  Nireus  {II.  ß671f.,  s.o.).  Dort  spielt 
Griechen  nur  mit  Mühe  davon  abbringen,  ge-  nämlich  eine  Szene  von  Lucians  Totengesprü- 
geu  den  Peliden  das  Schwert  zu  zücken;  vgl.  chen  (c.  25):  Nireus  und  Thersites  holen  den 
auch  Lessing,  Laokoon  Kap.  23. . —  Th.  wird  Urteilsspruch  des  Philosophen  Menippos  dar- 
sodann  fern  vom  griechischen  Lager  be-  3o  über  ein,  wer  von  ihnen  der  schönere  sei. 
graben  {Quint.  Smyrn.  1,  823  f.).  —  Drama-  Während  Nireus  auf  i/omcrs  Lob  pocht,  schiebt 
tisch  war  der  Vorfall  behandelt  in  Chaire-  Thersites  dieses,  unter  Hinweis  auf  die  Blind- 
mons  ^;fi/llti'5  Osga tro-Ktovog  oder  Oeg-  heit  des  Dichters,  beiseite  und  betont,  dem 
61X7]?.,  vielleicht  einem  Satyrspiel  {Nauck,  Totenrichter  sei  er  trotz  seines  Spitz- und  Kahl- 
fr.  trag.  Gr.  p.  782^);  die  zwei  Fragmente  ge-  kopfes  nicht  schlechter  (als  Nireus)  erschienen, 
währen  keinen  Anhalt.  Über  die  Penthe-  Menippos  gibt,  nach  Besichtigung  des  Knochen- 
silea  eines  unbekannten  römischen  Dichters  gerüstes  der  beiden,  höchstens  eine  Verschie- 
yg\.  Bibbeck,  E.  Tr.  G'21 ;  Bergk  {Ind.  lect.  Mar-  denheit  in  der  Schädelform  zu,  erklärt  aber 
bürg.  1844,  S.  16)  schreibt  sie  dem  Ennius  zu.  die  des  Nireus  für  schwach  und  unmännlich; 
Auch  in  der  Unterwelt  ist  Th.'  Stellung  40  überhaupt  nennt  er  niemand  im  Schattenreich 
eine  höchst  seltsame.  Der  Haß  gegen  Odys-  schön;  hier  herrsche  vollkommene  Gleichheit, 
aeus  gesellt  ihn  dessen  beiden  Gegnern,  dem  Th.  ist  damit  ganz  einverstanden  und  zufrieden 
Salaminier  Aias  und  Palamedes,  bei,  mit  denen  {iyiol  ^iv  ovv  xal  xovxo  iv.uv6v).  —  Ebenso 
er  am  Würfelspiel,  einer  Erfindung  des  letz-  äußert  sich  Menippos  bei  Lucian  in  dem  nach 
teren,  sich  vergnügt,  während  der  andere  ihm  benannten  oder  auch  Nekyomanteia  be- 
Aias  zuschaut;  so  stellte  es  Polygnotos  auf  titelten  Dialog  c.  15,  vgl.  auch  Charou  c.  22: 
einem  Gemälde  der  Lescbe  in  Delphi  dar  ©sqgIxt]  d'  laog  Oextdog  Tcdig  rjvxoiioio.  Übri- 
(Paus.  10,  31,  if. ,  vgl.  Bobert,  Beschreibg.  der  gens  werden  Thersites  und  Nireus  schon  von 
Gemälde  des Pohjgnöt,  HalleschesWinckelmanns-  Ov.  Pont.  4,  13,  15  f.,  aber  auch  später  manch- 
festprogr.  1892,  S.  17.  67),  vielleicht  im  An-  50  mal  {Aeneas  Sophist,  ep.  15  p.  17  Hercher;  Pro- 
schluß  an  ein  verlorenes  älteres  Epos,  da  ahn-  cop.  ep.  83  p.  564  H.,  ep.  128  p.  595  H.)  einander 
liehe  Spiel  Szenen,  freilich  ohne  Beteiligung  des  gegenübergestellt.  —  Noch  viel  phantastischer 
Th.,  \on  Pindar  (fr.  129,  i  Bgk.'^)  und  Euripides  nimmt  es  sich  aus,  wenn  bei  der  Verwandlung 
{Iph.  Aul.  I92f. ;  fr.  888  Nck.^)  erwähnt  wer-  der  menschlichen  Seelen  die  Agamemnons  ein 
den  {M.  Mayer,  Arch.  Zeitung  43,  246;  vgl.  Adler,  Thersites'  Seele  aber  ein  Affe  wird 
auch  Hitzig  u.  Blümner,  Pausanias  3,  2,  799;  {Plat.  Polit.  10  p.  620  c;  vgl.  Bohde,  Psyche  2*. 
Baumeister,  Denkmäler  1,  684).  Ebenso  er-  276).  Schon  bei  Lebzeiten  heißt  ja  Thersites  :rt- 
blicken  aber  Palamedes  und  Th.  einen  ge-  ^rtico^OQcpog:  Lykophr.  1000  und  Schol.  —  Wie 
meinsamen  Gegner  in  Homer:  dessen  Spiel-  schon  aus  der  oben  erwähnten  Zusammenstellung 
zeug  ('OfiTjpov  Ttaiyviov,  Philostr.  Heroic.  2,  19  60  mit  dem  sprichwörtlich  schönen  Nireus  hervor- 
p.  695  K.).,  heißt  es,  sei  Odysseus  gewesen,  dem  geht  {Ov.  Pont.  4,  13,  15 f.;  Ijucian,  Totengespr. 
zu  Gefallen  er  in  seinen  Dichtungen  Person  25;  Nekyomant.  15,  s.  o.),  gilt  Thersites  häufig 
und  Verdienste  des  Palamedes  ganz  wegge-  als  Tyi^us  körperlicher  Häßlichkeit  {Ov. 
lassen  habe  (vgl.  auch  vit.  ApoUon.  3,  22;  Art.  a.  a.  0.  3,  9,  9 f.;  Plut.  d.  aud.  poet.  3;  Max. 
Odysseus  Bd.  3,  Sp.  630);  und  ähnlich  fühlt  Tyr.  1,  5:  aiaxitov  xov  GsqüLxov.  Tzetz.  Chil. 
sich  Thersites  wegen  IJ.  B  212f.  von  Homer  7,  891:  tjv  dh  cpo^bg  yiccl  TcccgaßXaj^  ^coilos  xv^ttö^" 
benachteiligt  und  strengt  daher  noch  im  Schat-  tpsdvod'Qt^).  Als  solcher  ist  er  auch  sprich- 
tenreiche  einen  Prozeß  gegen  ihn  an,   den  je-  wörtlich,   daher  Paroemiogr.  Gr.  Append.  3, 


671                        Thersites  Thersites                       672 

19  (1  p.  419  Leutsch):  GtQaitnoi'  ßltfi^a  x«i  Hebung  des  Saluioneus  verglichen,  der  Zeus* 
SfQöixuov  eidatXov,  «apoi/iia  inl  rtbv  Ttdvv  Donner  und  Blitis  nachzuahoien  sucht:  Max, 
itvgftdibv.  —  Hippt)crat.  ep.  17  p.  302  Hercher ;  Tyr.  35,  2;  über  die  skurrile  Gleichstellung 
Lihan.  Epist  162-';  Nikol.  Frogymn.  p.  68,  16  des  Thersites  mit  Nestor  bei  Liban.  'Eyx.  (■'hgc. 
Feiten:  t^sgattai  =  mißgestaltete,  hilßliche  1,  iU7/?.  s.  o.  Endlich  wird  er,  wie  schon  bei 
Menschen;  Apul.  Florid.  1,  3:  Marsyns  fertur  J'Iat  Polit.  10  (s.  o.),  auch  dem  Agamemnon 
cum  Apolline  certuvisse,  Thersites  cum  de-  gegenübergestellt;  der  Weise,  sagt  der  Stoiker 
coro,  agrestis  cum  erudito,  belua  cum  deo;  Ariston  von  Chios  {Diog.  Laert.  7,  2,  1),  sei 
Clem,  Alex.  Paedag,  3,  4,  30  p.  99  Sylb  ;  Suid.  gleich  einem  guten  Schauspieler,  «lor  die  Rollen 
6.  GtQairris.  Vgl.  auch  Dieterich,  Pulcinella  lO  des  Th.  und  des  Agaujcmiiou  übernommen 
162  f.  Sein  'spitzes  und  lächerliches  Haupt'  habe  und  beide  gleich  })aö8eud  darzustellen 
verschafft  ihm  wenigstens  die  Ehre,  mit  dem  wisse;  vgl.  auch  Julian,  ep.  58  p.  377  ff. 
von  Kratinos  als  Zwiebelkopf  ver.-.potteten  Pe-  Körperliche  und  sittliche  Gebrechen 
rikles  verglichen  zu  werden  (Eustiith.  J  1.^.201,  zugleich  werden  durchgch«'chelt  in  mehreren, 
8,  vgl.  Plut.  Pericl.  13;  A'ocA',  Com.  1,  35).  zumeist  aus //owcr  entlehnten,  aber  parodistisch 
Andererseits  ist  er  auch  typisch  wegen  verdrehten  Versen  bei  Lucian.  Fugit.  30,  die 
seiner  gemeinen  Denkungsart  und  ra-  in  den  Worten  gipfeln:  TXQÖa^t  xvojv,  oni^Bv 
bulistischen  Zungendrescherei:  Soph.  di  i^co1^  ft^erff?]  d^  jfi/iai^a  (s.  7/. /^  181),  vgl. 
Phü.  43"Jf.,  8.  o.;  Aeschin.  3,  231:  f^fgairr,?  auch  Max.  Tyr.  26,  5:  aiGxQO^-  iötlv,  qpcov^r 
avavdgos  xorl  avxoqtävrijs.  Bei  Lucian  {vit.  20  insaßöXoc.,  yvm^iriV  ävccKtog,  tl>iiüv  cc-noXäorov 
Demonact.  61)  wird  Thersites  als  Kwitio^-  ng  dij^ov.  Vtmctrii  et  Lihanii  qui  feruntur  rvnoi 
driai,y6(iog  bezeichnet;  vgl.  Funk,  Philologns  fniöroXixol  et  inLoroXiyiol  ;^aeaxTj}c>fe  ed.  Val. 
1907  S.  697:  Die  Kyniker  tüten  besser,  nicht  den  Weicher t  (1910)  S  58:  —  ixBivov  xuv  Gsgoirov 
Herakles  als  ihr  Vorbild  und  ihren  Heros  aus-  'Ofii^Qa)  xaiimÖaviitiuv,  ov  j;gi'pojv  oi'^dfJ?  aJiXoe 
Zügeben,  sondern  den  Thersites,  jenes  eigenartige  oiks  rig  aioxitov  tv  toi$  "EX/iriöLv  tyiyövn. 
Musterbild  des  frechen,  schimpfenden  Dema-  Erfährt  somit  Th.  in  der  antiken  Literatur 
gogen.  Übrigens  weist  auf  seine  Frechheit  vielfach  eine  grelle  satirische  Beleuchtung,  so 
schon  der  Name  hin;  über  dessen  Deutung  s.  u.  ist  es  kein  Wundtr,  daß  diese  wirksame  Sagen- 
Nunist  aber  Th.,  wie  icS5»n^  a.a.O.  geistvoll  gestalt  wenigstens  vereinzelt  auch  in  der  mo- 
ausführt,  im  Gegensatz  zu  manchem  häßlichen  30  deinen  Dichtung  auftritt,  aber  auch  die  ge- 
Typus der  modernen  Poesie  (Richard  III.,  vgl.  lehrte  Forschung  mehrfach  beschäftigt  hat. 
auch  Franz  Moor),  bei  aller  Böswilligkeit  un-  Von  letzterer  kann  hier  nur  insoweit  die  Rede 
seh  äd  lieh  und  verfällt  daher  schon  bei  Homer  sein,  als  sie  der  antiken  Literatur  zugute  kommt, 
(ß  270 f.),  aber  auch  in  der  späteren  Dichtung  Armselig  ist  freilich  das  Gerede  von  Chr.  Ad. 
geradezu  der  Komik,  so  wahrscheinlich  in  Klotz,  Epist.  Homeric.  p.  24sq.,  31  sq.,  43sq., 
C'Aatremon«  (Satyrspiel ?) /4;ftUfi;t;6>£p<JtToxroi'os  der  die  ganze  Episode  aus  der  Ilias  weg- 
(s.  o.);  Piaton  a.  a.  0.  nennt  ihn  den  Spaß-  wünscht,  um  so  tiefer  und  anerkennender  ist 
mach  er  {xbv  yeXaroTioiov),  vgl.  Plut.  d.  aud.  die  Würdigung  durch  hervorragende  Denker 
poet.  3,  und  vollends  in  den  besprochenen  wie  Les.sing,  Taokoon  Kap.  23 f.  (s.  o.)  und 
ünterweltsszenen  ist  seine  Rolle  durchaus  40  Herder,  Krit.  Wälder  1,  21  (Bd.  3,  S.  166 f. 
possierlich.  Daher  ist  auch  Libanios'  'Eyxcb^/ov  Suphan),  wo  die  Wirkung  der  Szene  analysiert 
f/g  GBQcitriv  (4>,  943 f.  Peiske),  aus  dem  die  und  die  Begriffe  des  Häßlichen,  des  Lächer- 
auffallendsten  Züge  bereits  angeführt  wurden  liehen  sowie  des  Unschädlichen  eingehend  an 
(s.  o.),  humoristisch  gefärbt;  namentlich  wirkt  Thersites  erläutert  werden;  vgl.  auch  Blümmr, 
der  Vergleich  des  Schwätzers  mit  Demosthenes  Lessings  Laokoon  S.  G5:if.-  Ferner  hat  Fr, 
(8.  o.)  erheiternd;  das  ganze  rhetorische  Schau-  Jacobs,  Verm.  Sehr  6,  80 f.,  Notwendigkeit  und 
stück  hinterläßt  den  Eindruck  einer  künstlichen,  Wert  der  homerisch  n  Szene  hervorgehoben,, 
aber  harmlosen  Mohrenwäsche.  —  Bei  Seneca  aber  auch  die  sonstige  Sage  von  Th.  bespro- 
(de  ira  3,  23)  heißt  ein  Gesandter,  der  Alexan-  chen.  Eine  ganz  neue  Sei-te  weiß  dieser  Ge- 
ders  Vater  Philipp  eine  unbescheidene  Antwort  50  stalt  endlich  Usener,  Der  Stoff'  des  yriech.  Epos, 
gibt,  ein  Thersites;  doch  läßt  der  König  Gnade  Sitzungsberichte  der  Wiener  Akad.  d.  Wissevsch. 
ftir  Recht  ergehen.  Daß  es  nicht  auf  die  Ab-  1897,  Bd.  137  S.  If  ;  42f.  (AT  ScAr.  Bd.  4  S.  199 f.; 
kunft  ankommt,  erweist  Juvenal  (8,  2ti9f.)  an  239f),  abzugewinnen  durch  die  Deutung 
Thersites:  immer  noch  besser  dessen  Sohn  und  ihres  Wesens.  Darnach  sei  Thersites  nicht 
ähnlich  dem  Achill,  als  des  letzteren  Sproß-  eine  vom  Dichter  freigeschaffene  Kontrastfigur, 
ling,  aber  dem  Th.  geistesverwandt!  Beide  er-  etwa  dazu  bestimmt,  die  Frechheit  zu  ver- 
scbeinen  auch  11,  30 f.  im  Gegensatz  zu  ein-  körpern,  noch  auch  eine  geschichtliche  Person^ 
ander:  Thersites  werde  den  Mangel  an  Selbst-  sondern,  wie  die  meisten  und  berühmtesten 
erkenntnis  doch  nicht  soweit  treiben,  daß  er  homerischen  Helden,  namentlich  Odysseus,  ur- 
auf  Achills  Waffen  Anspruch  erheben  wolle,  60  sprünglich  eine  Gottheit  (S.  48).  Seine  Mutter 
in  denen  sich  nicht  einmal  Odysseus  sonder-  Dia  (s.  o.)  sei  wohl  mit  Hera  identisch.  Als 
lieh  ausnahm;  vgl.  Lucian. adv.indoct.l.  Wegen  der  von  ihm  gereizte  Achill  ihn  auf  die  Schläfe 
seiner  Teilnahme  am  Feldzug  wird  Thersites  schlägt,  leuchtet  aus  seiner  Backe  Feuer  auf 
dem  müßig  abseits  vom  Kampfe  sitzenden  {Pherekrates  b.  Miller,  Mel.  d.  litt.  gr.  p.  400,, 
Achill  sogar  vorgezogen:  Ma^.  Tyr.  15,  5  (s.  o.),  s.  o.).  Ferner  stellt  ZJsewcr  auf  dem  Woge  kunst- 
vgl.  Lucian.  d.  conscrib.  hist.  14,  20.  —  Ther-  voller  Untersuchung  eine  direkte  Beziehung^ 
Sites'  Streben,  es  (im  Reden)  dem  Nestor  zwischen  Th  und  der  attischen  Thargeliensage 
gleichzutun,  wird  mit  der  lächerlichen  Über-  bei  htros  fr.  33  {Müller,  fr.  hist.  Gr.  1,  422)  her 


673 


Tliersite> 


Thorsites 


074 


1)  Tötung  des  Thersito«  (ünwesend:   Achill  und  Phoinix  [in  der  Mitte],  Agamemnon  [1.]),  Diomedes  und  Menclaoa  [r.], 
Pan  und  Poine  [ob.  1.],  Athena  und  Hermes  [ob.  r.].     Apnlische  Amphora  in  Boston  (Aiwr.  .hivrn.  of  Arch.  12,  Taf.  19). 


darnach  wurde  nämlich  Pharmakos  (s,  d.  Artikel 
Sp.  2277 f.;  2282)  in  Athen  zur  Strafe  für  die 
Entwendung  heiliger  Opferschaleu  von  Achill 
gesteinigt:  Th.  sei  nun  seit  der  Kalydonischen 
Jagd  (s.  0.)  einer  der  mißgestalteten  cpccgiia-Kol 
und  überdies  dem  Namen  wie  dem  Wesen  nach  4o 
identisch  mit  dem  altlakonischen  Gotte  Sriglrccg 
oder  SrjQSLTccg  {Hesych.  s.  v.,  Paus.  3,  19,  8);  der 
Kampf  des  Achill  mit  Th.  in  der  Aithiopis  sowie 
mit  Pharmakos  in  der  attischen  Thargelien- 
sage  stelle  sich  dar  als  Gegensatz  zwischen 
Sommer  und  Winter;  diesen  letzteren  habe 
man  mithin  unter  Th,  zu  verstehen  {Usener 
S.  57  f.)  und  in  der  Gegnerschafc  zwischen  Achill 
und  Th,  einen  den  loniern  und  Achäern  ge- 
meinsamen Zug  alter  Göttersage  zu  erkennen  50 
(S.  63) ;  vgl,  auch  Usener^  Heilige  Handlung  S,  300 
{Kl.  Sehr.  Bd.  4  S.  437).  Gebilligt  wird  diese  Deu- 
tung von  0.  Gruppe,  Burs.Jahresber.  102  (1899), 
148;  vgl.  Mythol.  S.  923,  7.  Zweifel  an  der  Rich- 
tigkeit meteorologischer  Mythendeutungen  wer- 
den freilich  nie  verstummen;  vgl.  bes.  v.  Wila- 
mowitz,  Die  llias  und  Homer  (1916)  S.  271,2. 
Zugleich  kommt  bei  Usener  der  Name  mit 
seinen  nach  den  Dialekten  verschiedenen  Er- 
scheinungsformen zur  Besprechung.  Die  Alten  60 
bezeichnen  d'hQOog  =  Q^ccQaog  als  äolisch  {Schol. 
II.  B  212;  Bekker,  Anecd.  1190;  Cramer,  Anecd. 
Oxon.  1,  198).  Daß  es  jedoch  auf  griechischem 
Sprachgebiet  überall  erscheint,  beweist  Usener 
a.  a.  0.  S,  48 f,  mit  vielen  Beispielen.  Im  Do- 
rischen erfährt  die  Wurzel  d-^ga-  die  Abwand- 
lung in  d-TiQ-;  daher  die  Namensform  des  alt- 
lakonischen   Gottes    Or^gitcxg  (s,  0.);   vgl.   auch 


Willi.  Schulze,  Zeitschr.  f.  Gymnasial ivesen  1893 
S.  162.  Die  Verwandtschaft  der  Wurzel  d^sga- 
mit  dharsh,  'wagen',  im  Sanskrit  und  mit 
dharshi,  „stark",  im  Zend,  sowie  mit  lat.  fortis 
führt  zu  der  Bedeutung:  '^mutig'.  Der  Begriff  des 
Übermaßes  an  Mut  oder  des  Mutes  im  schlim- 
men Sinne,  den  schon  das  Etym.  Magn.  24,  38 
447,  22  von  d-sosiv,  'erhitzen',  herleitet,  be 
dingt  die  weitere  Bedeutung:  'hitzig',  'keck' 
vgl.  Benseier,  Griech.  Eigennamen  s.  v.;  Cauer 
Homerkritik  407 2;  Bader macher,  Bhein.  Mus. 
03  (1908),  462f.  Thersites  ist  also  der 
'Frechling';  s.  auch  G.  Curtius,  Etymologie 
256^;  Fick^-Bechtel,  Griech.  Personennamen  140. 
Weeldein  zu  Soph.  Phil.  442  übersetzt  es  alter- 
tümlich mit  'Kuhnrich';  vgl.  auch  d.  Art.  Phi- 
lotherseides  Bd.  3,  Sp.  2353. 

Daß  in  der  bildenden  Kunst  Th,,  trotz  des 
eigenartigen  poetischen  Reizes  seiner  Person, 
nur  eine  bescheidene  Rolle  spielt,  hat  man 
nicht,  mit  Unrecht  für  eine  Bestätigung  des 
von  Lessing  so  geistvoll  beleuchteten  griechi- 
schen Schönheitsprinzips  erklärt.  Allerdings 
hat  ihn,  wie  bereits  erwähnt  (s.  0.),  schon 
Polygnot  in  der  Lesche  zu  Delphi  veranschau- 
licht, wie  er  in  der  Unterwelt  mit  Palamedes 
und  dem  Telamonier  in  Gegenwart  des  ande- 
ren Aias  Würiel  spielt  {Pailsan.  10,  31,  If,). 
Da  übrigens  nach  dem  Zusammenhang  dieser 
Stelle  Thersites  hier  bärtig  war,  so  ist  aus 
dieser  Abweichung  von  Homer  zu  schließen, 
daß  sich  besagtem  Prinzip  zu  Liebe  der  große 
Maler  für  seine  Darstellung  die  volle  Freiheit 
gewahrt    hat.      Über    Polygnots    Nekyia    vgl. 


675                          Thesan,  Thesaii                         676 

Robert,  Hdüesches   Winekelmannsfestprogramm  delV    Accad.    rom.    ä'arcli.    11,    171  sqq.,    von 

1892,  S.  17.  67  (s.  o.)  Fi>rchh(tnnner,  Jahn  und  Cavedoui  im  Bull.  deW 

Während  mehrere  Marmorwerke  auf  Ther-  Inst.  1839,  27.  13»,  von  Braun  in  den  Monum. 

Sites'    Züchtigung    durch    OdyÄseus    (oder    auf  ined.   deW   Inst.   2,   tav.  LX,  von  Braun,  Pa- 

seine  Tötung  durch   Achilleus)  fälschlich  be-  nofka  und  C.  ().  Müller  in  den  Ann.  delV  Inst. 

zogen  worden  sind,  die  vielmehr  dem  Skylla-  1S38,  267—291,  im  Bull.  1840,  11  sq.,  im  Bull. 

abenteuer  angehören  (s.  Art.  Odysseus  Bd.  3,  1  1843,  89,  in  den  Ann.  1845,  03—67,  ferner  in 

Sp.  666,  vgl.  auch  Art  Skylla  Bd.  4,  Sp.  1060f.;  dem  Mus.  etr.  Vatic.  1,   tav.  XXIV,  von  Ger- 

andere  Belege  bei  Bliimmr,  Ijcssings  Lnokoon  hard,  Etr.  Spieael  3,   77 sq.,   Taf.  LXXVI  und 

S.  661  f.'),  ist  er  durch  Naraensbeischrift  be-  lo  von  Fal>retti,    C.  I.  I.    nr.  2097.     Den    ersten 

zeugt  in  einigen  griechischen  Bilderchroniken,  Spiegel  unbekannter  Herkunft,  gleichfalls  im 
80   seine  Bestrafung  durch  Odysseus  auf      Vatikan,  haben  herausgegeben  Braun  im  Bull. 

den    Reliefs    B   und    C.    bei   Jahn- Michaelis  delV  Inst.  1837,   73—80,  das   Mus.  etr.   Vatic. 

S.  13  nr.  8,  Taf.  II  und  lll:  ersteres  auch  bei  1,  tav.  XXXI  nr.  1,   Gerhard,  Etr.  Spiegel  4, 

Engelmann,  Bilderatlas  zu  Homer,  Utas  Taf.  I  44,  Taf.  CCCXCVI  und  Fabretti,  C.  1 1.  nr.  2477. 

4,  2.  Streifen  links;  freilich  ist  nur  der  Name  Der  zweite  Spiegel  unbekannter  Herkunft  wird 

SsqcIttis  zu  erkennen,  die  Figur  kaum  teilweise  erwähnt  von  Gerhard  im  Archäol.  Anzeiger  1857, 

vorhanden;    letzteres    siehe   zu   Art.  Nestor  11  nndistveröSentMchtvon Gerhard,  Etr.  Spiegel 

Bd.  3,  Sp.  298  mit  Abb.  8.  —   Seine  Tötung  4,  22.  Taf.  CCXC,  nach   dem  er  sich   im  Ves- 

durch  Achill  wird   veranschaulicht  auf  der  20  covat  von  Chiusi  befindet,  so  daß  er  also  wohl 

großen  Kapitolinischen  Ta5u/a  J^'aca  bei  Ja^n-  bei    Chiüsi    gefunden    ist,    und    von    Fabretti, 

Michaelis  A  S.  27,  nr.  54,  Taf.  I,  2.  Streifen  C.  I.  I  nr.  2513  w«.    Den  Namen  [^Jesan  haben 

V.  u.  links:  Thersites  ist  am  Altar   oder   am  Corssen    {Spr.  d.  Etr.  1,  260)  und   Deecke   (in 

Grabmale   der  Penthesileia   in  die  Kniee  ge-  Müllers  Etr.  1',  481)    auch    auf   dem  Spiegel 

sunken;    Achill    hat   ihn   mit   der  Linken  am  Fabr.    nr.    2506    lesen    wollen,    allein    Bugge 

Haare  gepackt  und  schwingt  mit  der  Rechten  (Etr.  Fo.  u.  Stu.  4,  35 sq.)  hat  gezeigt,    daß 

m  seinen  Kopf  zu  tödlichem  Streiche  einen  hier  vielmehr  mit  Friederichs  {Kleinere  Kunst 


A  X  I  A  A  E  Y  I 


igel;  dieser  ist  aus  malerischen  Gründen  an  60  nr.  70)  evan  zu    lesen  ist.     Außer  auf  den 

die  Stelle  des  literarisch  überlieferten  Faust-  Spiegeln  begegnet  der  Name  auch  verschiedene 
Schlages  (Schol    So2)h.   445;    Quint.   Smyrn.   1,  so  Male  auf  der  Mumienbinde,  und  zwar  in  Zu- 

722  f.,  8.  o.)  getreten,  weil  letzterer  nicht  wohl  sammenhängen,  die  keinen  Zweifel  lassen,  daß 

darstellbar  gewesen  wäre  {Welcher,  Ep.  Kyklos  es    sich    wirklich    um   unsere  Göttin  handelt. 

2",  172);  s.  Abb.  1.  —  Je  unscheinbarer  die  vor-  So  haben  wir:  -ö-esan  •  tins  •  •ö-esan  |  eiseraä  (5, 

genannten  bildlichen       19.  20);  -d-esan  | (.5,  -23);    -ö-esan  (7,  12); 

Darstellungen  sind,  -^esan  (9,  14.  18)  nebst  den  Kasusformen  ^esane- 
um  so  bedeutsamer  uslanec.  (5,  21)  und  ('d'esnin  (5,  16).  Die  Dar- 
ist ein  figuren  reich  es  Stellung  auf  dem  Spiegel  von  Volci  zeigt  drei 
Gemälde  einer  Figuren:  in  der  Mitte  steht  der  Gott  usil,  das 
prachtvollen  Ampho-  Gewand  über  den  linken  Arm  geworfen,  in  der 
ra  im  Museum  zu  40  linken  Hand  einen  kleinen  Bogen,  um  das 
e  p  r  I  f  H  t  Boston,veröifentlicht  Haupt  einen  Lichtkreis  und  eben  hierdurch 
8)  Aehiiiens  tötet  den  Ther-  und  besprochen  von  als  Sonnengott  gekennzeichnet ;  ihm  zur  Linken 
t^aMn^G^^uJ^BMe^ch^^Mk  J- ^^-Pciton  im  Amer.  sitzt  Neptun  (neO-uns),  den  Dreizack  in  der 
s.  «7  nr.  54,  T»f  IV*"**  Journ.  of  Archaeol.  Rechten,  während  rechts  die  vollbekleidete  und 
12,  406 f.  mit  Taf.  19;  schön  geschmückte,  jugendliche  -^-esan  steht, 
es  stellt  den  Tod  des  Thersites  dar  und  ist  Beide  Gottheiten  sind  in  einer  Meinungsver- 
auch  deshalb  besonders  wichtig,  weil  es  zugleich  schiedenheit  begriffen,  die  sie  dem  usil  vor- 
üseners  Vermutung  (s.  o.)  als  Stütze  dient;  s.  tragen.  Sehr  ähnlich  ist  die  Szene  auf  dem 
Abb.  2,  Sp.  673/74  oben.  Wir  sehen  auch  hier  ersten  Spiegel  unbekannten  Fundortes.  Er  ent- 
Thersites'  Tötung  durch  Achill,  er  ist  aber  hier  50  hält  vier  Figuren :  in  der  Mitte  steht  Zeus 
zur  Strafe  geköpft  worden;  sein  bärtiges,  mit  (tinia),  in  der  Linken  den  Blitz,  in  der  Rechten 
vollem  Haar  umgebenes  Haupt  liegt  am  Boden,  den  Donnerkeil;  ihm  zur  Linken  steht  -O-e^is, 
ringsum  allerhand  Opfergeräte;  Achill  sitzt  ihm  zur  Rechten  -^esan,  beide  geflügelt.  Beide 
in  der  Mitte  nackt  auf  seinem  Lager,  ihm  zur  sind  auch  hier  in  einer  Meinungsverschieden- 
Seite  Phoinix;  von  links  kommt  Agamemnon  heit,  die  sie  dem  tinia  vortragen.  Hinter  der 
herbei,  rechts  wird  Diomedes  von  Menelaos  -ö-esan  steht  Minerva  (menrva),  die,  nach  der 
zurückgehalten.  Darüber  links  bemerkt  man  Haltung  ihres  linken  Armes,  zugunsten  der 
Pan  und  Poine,  rechts  Athene  und  'Hermas'  (so).  -ö-esan  in  die  Erörterung  eingreift.  Von  dem 
Sämtliche  Personen  sind  durch  Inschriften  zweiten  Spiegel  unbekannter  Herkunft  (oder 
kenntlich.  [Johannes  Schmidt.]  60  von  Chiusi?)  haben  wir  gleichfalls  vier  Figuren: 
Thesaii  (-O^esan)  ist  der  Name  einer  etruski-  in  der  Mitte  den  tin-S-un  und  die  -ö-esan,  beide 
sehen  Göttin.  Derselbe  erscheint  auf  drei  stehend  und  fast  nackt,  die  -ö-esan  mit  Stim- 
Bronzespiegeln,  deren  einer  von  Volci  stammt,  binde  und  zwei  Halsbändern  geschmückt  und 
während  die  beiden  anderen  unbekannter  Her-  den  rechten  Ann  zärtlich  um  den  Hals  des 
kunft  sind.  Der  Spiegel  von  Volci,  der  sich  tin-ö-un  geschlungen;  dieser  hat  in  der  Rechten 
jetzt  im  vatikanischen  Museum  befindet,  ist  eine  Blume  und  um  das  Haupt  einen  Kranz; 
veröffentlicht  von  See.  Campanari  Tuscania  e  i  rechts  steht  ein  bärtiger  Mann  mit  unbeklei- 
suoi    monumenti    tav.    VI    und    in    den    Atti  detem  Oberkörper  und  der  Beischrift  memrun, 


677                        Thesauros  Theseus  (neuere  Literatur;          078 

links   eine    weibliche  Gestalt   mit    (•incr  Stirn-  (kitflus   a.  a.  0.  6,  tab.  XXXVI,    von  Winckel- 

binde  und  Armbändern  «geschmückt,    auch  sie  mann,  Monirm.  ined.  tav.  CI,  von  Lanzi  2  = 

mit   nacktem    Oberkörper    und    der    Heischrift  tav.   V'lll  nr.   11  und  von   Fabretti,  C.  I.  I.  nr. 

la     a     .    Auf  der  Mumienbinde  findet  sich  der  2532.  ^Iohk.  628.    Die  8zene  auf  der  Grabwand 

Name    unserer  Göttin    neben    denen    des   Zeus  stellt  Theseus  und  Peirithoos   wegen    des   ver- 

(tins),    der    oder    des    eisera  und   des   Sonnen-  suchten  Raubes  der  Proseq^ina   als  Gefangene 

gottes  (uslane).     Darüber,    daß   die  -O-esan   der  in  der  Unterwelt  dar.     Neben  ihnen  steht  ein 

griechischen  Eos  entspreche,  ist  bei  den  neueren  Dämon   von   greulicher   Gestalt,    der    die   Bei- 

Etruskologen  (K.  O.  Müller,  Gerhard,  Corssen,  schrift  tujiul^a   hat.     Die  Gemme   hat  nur  die 
Deecke)    keine   Meinungsverschiedenheit,    und  lo  Figur   des  sitzenden  Theseus    allein,  mit  dem 

man  wird  es  auch  nicht  leugnen  können,   ob-  Pallium  bekleidet  und  sich  den  Kopf  stützend, 

wohl  in  den  Spiegeldarstellungen  im  einzelnen  [C.  Pauli.] 

manches  dunkel  ist  oder  abweichend  von  dem,  Thegeides,  s.  Theseus  §  39  u.  40  sowie  Hip- 

was   wir  sonst  von    der  Kos   wissen.     So  auf  polytos,    Akamas   u.    Demophon,    Oinopion   u. 

dem  letzten  Spiegel    der  bärtige  memrun  und  Staphylos.     [Steuding.] 

der  jugendliche  tiu'O'un,  während  es  umgekehrt  Theseis  (^>;](>7]ts),  eine  der  Amazonen,  Hygin. 
sein  sollte.  Auch  über  die  Gegenstände  der  /"aft.  163,  wo  bei  der  Aufzählung  der  Amazonen- 
Meinungsverschiedenheiten  auf  den  beiden  an-  namen  es  heißt:  .  . .  Agaue,  Theseis,  Hippolyte 
deren  Spiegeln  sind  wir  nicht  unterrichtet.  etc.  Sollte  Theseis  nicht  eng  mit  Hippolyte 
Bezüglich  derer  zwischen  -ö-esan  und  -ö-e'd'is  20  zu  verbinden  sein,  um  sie  von  anderen  Homo- 
meint Gerhard,  daß  es  sich  um  die  Entschei-  nymen  zu  unterscheiden?  [Höfer.] 
düng  des  Zeus  über  den  Zweikampf  zwischen  Theseis,  s.  Theseus  §  4. 
den  Söhnen  der  beiden  Göttinnen,  Memnon  Thesens  {OiqaEixs).  Literatur.  Joh.  Meur- 
und  Achill,  handle.  Für  möglich  halte  auch  sius,  Theseus  sive  de  ejus  vita  rebusque  gestis 
ich  das,  aber  sicher  ist  es  nicht.  Was  den  liber  postumus.  U Itraj ecti  16S4:.  —  L.  Stephani, 
Namen  •O'esan  betrifft,  so  gibt  es  eine  ganze  D.  Kampf  zwisch.  Th.  u.  Minotaxiros.  Leipzig 
Reihe  von  Etymologien,  meist  aus  dem  Grie-  1842.  —  0.  Jahn,  Arch.  Beitr.  S.  251  ff.  IX. 
chischen,  aber  sie  sind  sämtlich  abzuweisen.  Theseus- Ariadne.  Berlin  1847.  —  N.  Schell,  De 
Der  Name  ist  echt  etruskisch,  und  über  seine  Thesei  origine  educatione  itinere  Athenas  sus- 
Alileitung  vermögen  wir  zurzeit  nichts  auszu-  30  cepto.  Ofen  1860.  —  Bers.,  De  tauro  Marath. 
sagen.  Die  Göttin  hat  sich  unter  dem  Namen  et  Minotauro.  Salzburg  1865.  —  H.  Heyde- 
Tesana  im  Volksglauben  erhalten,  und  das  mann,  Analecta  Thesea.  Dies.  Berlin  1865.  — 
Volk  sagt  von  ihr,  sie  sei  lo  spirito  della  alba  A.  Schultz,  De  Theseo.  Breslau  1874.  —  W. 
{Leland,  Etruscan.  roman  renieins  76),  was  also  Garlitt,  D.  Alter  der  Bildwerke  u.  d.  Bauzeit 
gleichfalls  die  Deutung  auf  die  Eos  bestätigt.  des  sogen.  Theseion  in  Athen.  1875.  —  A.  Conze, 

[C.  Pauli.]  Th.  u.  Minotauros.     38.   Berl.   Winckelmanns- 

Thesanros  (GriaavQog),  1)  Personifikation  des  progr.  1878.  —  H.  Kanter,  De  Ariadne,  quae 

Schatzes,   Diener  des  Plutos,   Luc.  Timon  29.  et  Bacchi  et  Thesei  fertur  conjux  1.  Diss.  Bres- 

39.  40.  41.  —  2)  d^sbg  &ri6ccvQ6g,  oder  wie  Sui-  lau  1878.    —    L.  Volkmann,   Analecta   Thesea. 
das  den  Namen  schreibt  ©svadgri?,  verballhor-  40  Diss.  Halle  1880.  —  Fr.  Wieseler,  D.  erhaltenen 

nisierte  Form  des  Gottesnamena  Dusares  (s.d.),  Denkm.  mit  Darstell,  d.   Troezenisch-Att.  Sage 

Georg.  Codinus   de  signis   Constant.   p.  52    ed.  v.  Aegeus,   Aethra  u.  Th.   in  d.  Nachr.   d.  K. 

Bonn.    Fr.  Baethgen,  Beiträge  zur  semit.  Beli-  G.  d.  W.  zu  Göttingen,  1886,  1  S.  65  ff.  —  W. 

gionsgesch.  96  Anm.  4.  v.  Baudissin,  Studien  zur  Müller.,  D.  Theseusmetopen  v.  Theseion  z.  Athen 

semit.  Beligionsgesch.  2^2b().  J.  Wellhausen,  Reste  in   ihr  Verh.  z.  Vasenmalerei.    Diss.    Göttingen 

arabischen  Heidentums  49.    Ckrmont-Ganneau,  1888.  —  Talfourd  Ely,  Th.  and  Skiron.  Journ. 

Rec.  d'arch.  orient.  4,248,5.  —  3)  Unter   dem  of  hell.  stud.  9,  1888  S.  272 ff.  —  Luigi  A.  Mi- 

oben  Bd.  2,  Sp.  2019,34.  45  s.  v.  Leusibora  aus  lani,  Tazza  di  Chachrylion  ed.alcuni  altri  va^i 

Hieronymus  als  Gott  der  Manichäer  angeführ-  inediti  con  le  imprese  di  Teseo.  Museo  Italiano 
ten  Thesaurus   ist  wohl   die    'Thesauros'   be- öo  3,  1890  Sp.  209ff.  Tf.  2 ff.    —  J.   Toepffer,  Th. 

nannte  Schrift  des  Mani  {Epiphan.  66,  3.  Phot.  u.  Peirith.  Aus  d.  Anomia  S.  30  ff.  Berlin  1890. 

Bibl.  cod.  85  p.  65  b,  3  Bekker.    K.  Keßler  bei  —  Jane  E.  Harrison,  Journ.  of  hell.  stud.  10, 

Herzog  -  Hauck ,    Realencyklopädie   für  protest.  1889  S.  231  ff.  und  deren  Mythol.  a.  Monuments 

Theologie  u.  Kirche  12,219,57.  221,  19  ff'.)   zu  of  ancient  Athens.  London  1890.  —  E.  Prigge, 

verstehen.     [Höfer.]  De   Thesei  reb.   gest.   quaest.   cap.    duo.     Diss. 

These  (■ö^ese)  ist  die  etruskische  Umformung  Marburg  1891.  —  L.  Pallat,  De  fah.  Ariadnea. 

des  griech.   Theseus  {Deecke  in  Bezzenbergers  Diss.  Berlin  1891.  —  0.  Wulff,  Z.  Theseussage. 

Beitr.  2,   167  nr.  56).     Die  Form  ist  zweimal  Diss.  Dorpat  1892.  — E.  Sarnoiv,  D.kykl.  Dar- 

belegt,   einmal  auf  der  Grabwand  der  Tomba  stell,  aus  d.  Theseussage.    Diss.    Leipzig  1894. 
deir  Orco  in  Corneto,  das  anderemal  auf  einer  60  —  E.  Petersen,  Theseo  nel  mare.  Boll.  d.  Istit. 

Gemme    von   Karneol    unbekannter    Herkunft.  Arch.  Germ.  9,  1894    S.  229  f.    —    Ghirardini, 

Die  Inschriften  und  Gemälde  der  Tomba  delP  Teseo  nel  mare.  Rendic.   d.  R.  Acc.   d.  Lincei. 

Orco  wurden  veröffentlicht  von  Heibig  in  den  Ser.  5  vol.  4,   1895  S.  86  ff.  —   C.  Robert,    Th, 

Ann.  deir  Inst.  42,  16  sqq.  und  ilfo www.  med.  9,  u.    Meleagros    bei    Bakchyl.     Herines  33,  1898 

tav.   XIV   und  XV  und,    jedoch    ohne  Abbil-  S.  134  ff.  —  5^.  Wide,  Th.  u.  d.  Meersprung  bei 

düngen,    von  F^abretti,    C.  I.  I.   suppl.  1,    wo  Bakchyl.  17.  Festschr.  f.   0.  Benndorf.  S.  13 ff. 

unsere  Inschrift    die   Nummern    411    und    412  Wien  1898.  —  E.  Pottier,  Pourquoi  Thesee  fut 

trägt.     Der    Karneol    ist    herausgegeben    von  ramid'Hercule.  Rev.  de  Vart  anc.  et  mod.^,  1901^ 


679          Theseus  (Abstamiming  etc.)  Theseus  (Sage  v.  Troizen)           680 

S.  1—18.  —  /..  Castiglumi,  Stud.  Alessaudr.  1,  Jahn,  A.  Aufa.  6  S.  76)  oder  eiue  von  ihr  ver- 

Aritmna  e  Twtfo.  Pisa  1907.  —  P.  Jacobsthal,  drängte  alte  Göttin  (5.  Wide,  Lak.  /Cu/i^' S.  56). 

TK  auf  d.  Meeresgrunde.  Ein  Beitrag  z.  Gesch.  Somit  ist  diese  Verbindung  als  lokale  Neben- 

ä.  griech.  Malerei    Leipzig  1911.  —  A.  Zacha-  form  der  althelleuischen  Kultgemeinschatt  des 

row.  Zur  Legende  über  Minos  u.  Minotauros.  Pos.  u.  der  Ath.  aufzufassen,  dit'  sich  für  Sparta, 

Russ.  Herrn.  10,  1912  S.  90 ff.  —  D.  G.  Roberts,  Athen,  Kolonos,  Pheneos,  Alalkomenai,  Kyrene, 

Th.  and  the  robber  Sciron.  Joum.  ofhell.  stud.  Thera,  Rhodos  und  Korintli   erweisen  läßt  (5. 
32,  1911  S.  106  ff.    [Jf.  A.Schwurtz,  Erechtheus       Wide  a.  a.  0.  S.  37  ff.  54  f  62.     Per  Odelherg, 

£t  Theseus  apud  Euripidem  et  Atthidographos.  Sacnt  Cor.  Stc.  Phlias.  S.  28).  In  Troizen  sollte 

Lugd.  Bat.  1917.*)J   Vgl.  d.  Art.  These.  lo  Athena  ebenso  wie  in  Athen  mit  Poseidon  um 

I.  (;esanitdar«tellnng  der  Saj?e.  den  Besitz  des  Landes  gestritten  und  es  dann 

j             1          1-  «  "^c"  "®^  Entscheidung  des  Zeus  mit  ihm  ge- 

J.  Abstammung,  Geburt  und  erste  Jugendjahre.  meinsam  besessen  haben  (Münzen   um  460  v. 

i.  Als  Vater  des  Theseas  galt  zunächst  Aigeus  Chr.  mit  Dreizack  u,  Athenakopf.     Pa«s.  2,  30, 

(unten  71.  Theogn   1233.  Soph.  0.  Col.  69.  649.  6.    Itnhoof- Blumer,  mann.  gr.  S.  182  f.  nr.  148. 

607.  Eurip  Suppl.  3.  7.  647.  666  u.  später  oft;  149;  vgl.  S.  181  nr.  132—146.     Cntal.  of  gr.  c, 

o.  Bd.  1,  146  u.  200),   der  Sohn   des   Pandion  Pelop.  S.  166 f.  Tf.  30,  17  ff.). 

oder  Skyrios  oder  Phemios,  Enkel  des  Erech-  3.   Bevor  Aigeus   von   Aithra   schied,    ver- 

theus  (o.  Bd.  1,  1297  u.  Bakchyl.  16,  11.  17,13;  barg    er   sein    euböisches    {Hygin:  astr.  2,    6; 

vgl.  Plut.  Th.  3.   Patts.  1,  17,  7).     Eigentlich  20  vgL  Xaeke,  Hecale  S.  74  f.)  Seh  wert  und  seine 

war  jedoch  Poseidon  sein  Vater  (o.  Bd.  1,  200.  Kiemensohlen     unter     einem     hohlen     Felsen 

Pind.  fr.  243  Bergk.  Bakchyl.  16,  33 ff.  Eurip.  {Kallim.  frg.  66   im   Etym.  Magn.  s.  v.  "ÄQ-ali. 

Hipp.  SST.  1167.    1315.    1318.    Uli  11.  Schol  z.  Lykophr.1322f.A9Af.    Apollod.  3,  20H.   Hygin. 

46.  Isokr.  Hei.  IS.  23.  Plat.  de  re publ.  3  y.  391  d  f  37.     Plut  Th.  3.    Paus.  1,   27,  8),    der    als 

und  später  häufig),    was  schon  Serv.  V.  A.  6,  Altar    des  Zeus    Sthenios  bezeichnet  wird,  in 

446.  7,  761  u.  Myth.  Vat  1,  46.  2,  128   durch  der    Nähe    eines    Heiligtums    der    bräutlichen 

Oleichsetzung    beider    richtig    erklären    (vgl.  Aphrodite  (Nv^qxx)  und  der  Quelle  des  jeden- 

Müller,  Dorier  1,  238 f.  u.  oben  Bd.  1  Sp.  146.  falls  zu  Poseidon  TavQiog  {Said.  s.  ravpidtov) 

200;  dagegen  spricht  Stephatii,  Th.  u.  Minot.  oder  Tavgsios  in  Beziehung  stehenden  Flusses 

S.  3).    Th.  ist  somit  ursprünglich  der  Sohn  des  30  Taurios  oder  Hyllikos  in  den  Bergen  am  Wege 

altionischen  Meergottes  Aigeus,  welcher  selbst  zwischen  Troizen   und  Hermione   {Paus.  2, 

.später  mit  dem  troizenisch-minyischön  Posei-  32,7.34,6).  Daß  dieser  Zeus  Z^^v/o?  aus  einem 

don  Alyaios  (Aristia.'i  frg.  1  Nauck*.  Plat.  ep.  ursprünglichen  Poseidon  entwickelt  worden  ist, 

9,  1  Bergk    Anth.  Pal.  7,   256,  1;    vgl.   Soph.  hat  0.  Höfer,  Mythol.-Epigr.,  Beilage  z.  Jahresb. 

frg.  342  Nauck^  u.  o.  Bd.  3  Sp.  2847)  oder  Ai-  d.   WeUlner    Gymn.  in   Dresden    1910    S.  84ff. 

yaicov  {Lykophr.  135.  Kallim.  fr.  103,  2  Schnei-  nachgewiesen;  vgl.  ob.  Bd.  4,  1532  ff. 

der  S.  362)  verbunden   wurde   (s.  unten  82  f.).  Auch  ein  Heiligtum  des  Poseidon  Phytal- 

wie  die  Überlieferung   auch    beide   zu   Vätern  mios  war  nicht  weit  davon    entfernt  {Paus.  2, 

des  Megareus  (s.  d.)  macht  {Usener,  Rh  in.  Mus.  32,  8).   Dabei  gab  er  Aithra  den  Auttrag,  seinen 

68,  1898  S.  356).     So  kann  ihn   Ovid  {Her.  4,  40  Sohn,   sobald  er    diesen  Felsen  heben    könne, 

109)  mit  Recht  als  Neptunius  heros  bezeichnen;  mit    seinem    Schwert    und    seinen    Sohlen    zu 

vgl.  auch  0.  Frick,  Arch.  Zeit.  15,  1857,  Sp.  36  Schiff  nach  Athen  zu  senden  (Hygin.  astron.  6. 

n.  Tf.  100,  1.      ^  Plut.  Th.  3.  6.   Tzetz.  z.  Lyl:  494.  Eustath.  z. 

2.  Um   die  Überlieferung  betreffs  der  bei-  Dioyi.  Per.  1017).     Aithra  gebar  den  Theseus 

den  Väter    auszugleichen,    hat    man    dasselbe  auf  einem  Fsvid'Xiov  genannten  Platze,  dessen 

Ausktmftsmittel  wie  bei  der  Geburtssage  des  Name   wohl  eigentlich  auf  den   Poseidon    A- 

Herakles    und    der    Dioskuren    (Zeus-Amphi-  vi%-Xiog  (zu  Sparta,  Paus.  3,  15,  10)  zurückzu- 

tryon,  Zeus-Tyndareos)  angewandt  und  erzählt,  führen  sein  dürfte,   in   der  Nähe  des  ihm  ge- 

daß  Aigeus  und  Poseidon  der  Aithra  in  der-  heiligten  Süßwasserstrudels  zfftvij  (/^«»/.s.  8,  7, 2), 

selben  Nacht  beigewohnt  hätten  (o.  Bd.  1  Sp.  200  .tO  vor   einem   Tempel    des    Are«    am  Wege    von 

u.  145).     Aithra,    Tochter    des    Pittheus    von  Troizen  nach  dem  Hafen  Ki-XsvdeQig  (Paus.  2, 

Troizen,   war  eine  Enkelin  des  Pelops,   daher  32,  9).     Erzogen    wurde    er    von    dem    weisen 

ihr  Sohn  Theseus  auch  Nachkomme  des  Pelops  Pittheus  (Plut.  Th.  4.  Kallim.  b.  Schol.  Eurip. 

(Hut.  Th.  3.  Paus.  1,  41,  6.  5,  10,  8)  genannt  Hipp.  11);  Konnidas  {Plut.  Th.  4)  oder  Kovsi- 

werden  kann.     Ihre  Verbindung  mit  Poseidon  drjg  {Hesych.)  war  sein  Aufseher  und  Pädagog, 

ist  außer  an  den  oben  Bd.  1  Sp.  201  angeführ-  d.  h.    wohl    sein    Lehrer    im    Ringkampf  (vgl. 

ten  Stellen  besonders  bei  Overbeck,  Kunstmyth.,  ytovl^sad^ai  ^=  yv^väj^eaj^ai  Athen.  9.    1<>.  388  c), 

Poseidon  S.  336  ff.  u.  o.  Bd.  3,  2807.  2869  be-  dem  die  Athener  am  Tage  vor  dem  Theseus- 

handelt.     Das  Beilager  fand  auf  Veranlassung  feste  einen  Widder  opferten  {Plut.  7h.  4);  doch 

und  im  Heiligtum  der  Athena  knctxovQia  statt  60  sollte  auch  Phorbas  (nach  Pokmon)  oder  Athene 

(o.  Bd.  1  Sp.  145  u.  200),  einer  Nebenform  der  (nach  Mros)    ihn    im  Ringkampf  unterrichtet 

k.   ^Qocrgia   {Schol.  Plat.  Euthyd.  302  d)   oder  haben  {Schol.  Pind.  Ntm.  5,  89  (48)  b.  Müller 

iWiJrrje,  die  der  in  Troizen  neben  Poseidon  ver-  F.  H.  G.  1,  421,  23),  so  daß   er  selbst  später 

ehrten  ÄoiLiag  oder  ^^O-f vtcff  (Paw*.  2, 30,  6.  32,  5  als    Erfinder   des   kunstmäßigen    Ringens  galt 

gleich  ist;  Aithra  ist  ihr  heroisiertes  Abbild  {0.  (Paus.  1,  39,  3.     Schol.  Jjukian.  lup.  trag.  21 

n  Inhalt:  I.  Erechtheus  p.  13.  -  II.  Orithyia,  Procri.,  %^'^^  /«^O-      ^if     Jagd     lehrte     ihn     Cheiron 

Creusa.  -  ui.  De  Euripidi.  'Aegeo».  -  IV.  De  Eurip.  {Xßnoph.  de  vcn.  1,  2.  Philostr.  her.  9).  Als  Ih. 

^Theseo».  -  V.  Theieu«  ap.  Atthidographot.    Röscher.]  im  siebenten  Jahre  stand,  kam  nach  troizeni- 


681    Theseus  (Haarweihe,  Steinhebiiii}^^ 

scher  Lokalsage,  die  nach  Kolkmann  (Paus. 
S,  143)  Agias  v.  Troizcn  überliefert  haben 
dürfte,  Herakles  zu  Pitthens.  Wiihrend  andere 
Knaben  vor  dessen  Lciwenfell  Hohen,  ergriff 
Th.  ein  Beil  und  ging  in  der  Meinung,  der 
Löwe  lebe,  auf  ihn  los  {Paus.  1,  27,  7;  vgl. 
Vol.  Flacc.  Arg    1,  2C.3). 

4.  Zum  Jüngling  herangewachsen,  weihte  er 
die  Locken  seines  Vorderhauptes  dem  Delischen 
ißchol  Hom.  II.  2,  11  Dind.  Bd.  1.  Kustath.  lo 
^Tom. /Z.  S.  165,  Gf.  Anecdot.  Paris.  3,  277,  32) 
oder  Delphischen  Apollon  (Plut.  Th.  6;  vgl.' 
Kallimach.  fr.  311.  Tzetz.  z.  Lyknphr.  \13'6). 
Dieser  Haarschnitt,  bei  welchem  das  Haar  vorn 
kurz  und  hinten  lang  getragen  wurde,  soll 
darnach  f)T]67}i'g  genannt  worden  sein ;  zuerst 
sei  derselbe  jedoch  bei  den  euböischen  Aban- 
ten  und  den  Kureten  in  Chalkis  in  Gebrauch 
gewesen,  und  zwar  um  im  Nahkampf  nicht 
an  den  Haaren  gefaßt  werden  zu  können  (Hom.  20 
//.  2,  542  u.  Schal  dazu.  Plut.  Th.  5.  Polyaen. 
strat.  1,  4;  vgl.  Lykophr.  Alex.  1133  u.  Schol., 
sowie  Dümmler  im  Arch.  Jahrb.  2,  1887,  S.  22). 
Sonst  wird  auch  erwähnt,  daß  Theseus  dichtes 
Haar  hatte  {Bakchyl.  10,  113)  und*es  schön 
geflochten  trug  {Paus.  1,  19,  1),  wie  dies  alt- 
ionische Sitte  war  {Schreiber,  Kulturh.  Bilder- 
ati. 1  Tf.  85,  16  u.  1),  oder  daß  er  Haare  und 
Bart  lang  wachsen  ließ  {Luk.  Cynic.  14) ;  nach 
CatuU.  64,  08  war  er  blond,  nach  Ovid.  a.  am.  30 
1,  5ü9f.  war  sein  Haar  nicht  aufgesteckt.  Auf 
den  Theseusvasen  ist  das  Haar  des  Helden 
häufig  hinten  aufgebunden,  diese  Tracht  ist 
aber  durchaus  nicht  für  ihn  charakteristisch. 
Sechzehn  Jahre  alt  {Paus.  1,  27,  8;  Plut.  Th. 
6),  wie  wahrscheinlich  nach  Agias  v.  Troizen 
berichtet  wurde  {Kalkmann,  Paus.  S.  143),  hebt 
Th.  den  erwähnten  Felsen  mit  Leichtigkeit 
empor  {Lykophr.  Alex.  494  f.  Apollod.  hihi.  3, 
16,  1.  Hygin.  fab.  37;  vgl.  poet.  astr.  2,  6.  40 
Plut.  u.  Paus.  a.  a.  0.),  eine  Szene,  welche  von 
der  bildenden  Kunst  oft  dargestellt  worden  ist. 

5.  So  befand  sich  ein  Rundwerk  aus  Bronze 
auf  der  Akropolis  zu  Athen,  über  dessen  Alter 
and  Stil  Pausanias  (1,  27,  8)  freilich  keine 
Andeutungen  macht.  Vielleicht  haben  wir  aber 

Nachbildungen  auf  athe- 
nischen Münzen  (Nach- 
weise bei  Fr.  Wieseler  in 
den  Nachr.  v.  d.  Kgl.  Ges.  50 
d.  W.z.Gött.  1886,1  S.71. 
Head,  Catal.  of  gr.  coins, 
Attica  S.  105  PI.  18,  8. 
Head,  hist.  num.^  S.  390; 
8.  Abb.  1).  Die  älteste  er- 
haltene Darstellung  von 
der  Auffindung  der  Gno- 
rismata  findet  sich  am 
Fries  des  Heroons  vonGjöl- 
ba8chi-Trysa(0.  Benndorf  60 
u,  G.  Niemann,  Das  Heroon  v.  Gjölhaschi-  Trysa. 
Wien  1889.  Tf.  19, 11.  Reinach,  Mep.  de  reliefs 
1, 459),  welches  den  letzten  Jahrzehnten  des 
5.  Jahrh.  v,  Chr.  angehört  {67).  Die  Auffassung 
entspricht  durchaus  der  in  Attika  geläufigen 
Weise,  wie  sie  das  oben  Bd.l  Sp.201  abgebildete 
Relief  der  Villa  Albani  bietet,  für  dessen  Haupt- 
gruppe, den  felshebenden  Theseus,  ein  Relief 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V. 


Theseus  (Steinhebung) 


682 


1)  Theseua  hebt  den  Stein 
Attisclie  Münze  (nach 
«inem  Exemplar  der 
Dresdner  Sammlung). 


im  (liebel  einer  dem  dritten  Jahrh.  v.  Chr.  an- 
gehörenden Urkuntlenstele  mit  dem  Ehrende- 
kret für  den  Troizenier  Telesias  aus  dem  As- 
klepieion  am  Südabhang  der  athenischen  Akro- 
polis das  genau  entsprechende  Vorbild  aufweist 
{Duhn,  Arch.  Zeit.  35,  1877  S..171f.  nr.  104. 
V.  Sybel,  Katal.  d.  Sculpt.  z.  Athen  S.  299 
nr.  4049).  Auch  auf  einem  Terrakottarelief 
Campanas  {ant.  op.  in  plast.  Tf.  117.  S.  Bei- 
nach,  Rcp.  de  rd.  2,  279,  3.  Arch.  Zeit.  18, 
1860,  S.  123),  einem  solchen  bei  Winnefeld, 
Architekt,  römisch.  Tonrcl.  74,  12;  und  auf 
einer  Anzahl  Gemmen  ( Wieseler  a.  a.  0.  S. 
69 f.;  S.  Reinach,  Pierres  grav.  Tf.  127,  89) 
stimmt  die  Körperbildung  und  Stellung  des 
Theseus  im  wesentlichen  mit  denen  der  Re- 
liefs und  Münzen  überein;  zuweilen  ist  eine 
Keule  oder  ein  Schild  hinzugefügt.  Dagegen 
hebt  Th.  auf  italischen  Steinen  und  Pasten 
strengeren  Stils  den  Stein  so,  daß  er  über  ihm 
steht.  Das  Schwert  ist  einmal  darunter  sicht- 
bar {Furtwangler,  Geschn.  Steine  im  Antiq. 
387—390.  S.  Reinach,  Pierres  grav.  Tf.  76,66). 
Auf  das  Vorhandensein  eines  berühmten  Wer- 
kes, wohl  der  älteren  Kunst,  zu  Troizen  schließt 
Wieseler  (a.  a.  0.  S.  71  f.;  vgl.  Imhoof- Blumer 
a.  P.  Gnrdner,  numism.  comm.  an  Pau>an  S.  49, 
Tf.  M  11)  nach  daselbst  geprägten  Bronzemün- 
zen des  Commodus,  Sept.  Severus,  Geta,  Philipp. 
Jun.,  die  fast  dieselbe  Darstellung  wie  die  aus 
Athen  zeigen  {Catal.  of  gr.  coins,  Pelop.  S.  167 
nr.  19.  S.  168  nr.  24.  25.  PI.  31,  5.  9).  Ein  in- 
schriftl.  bezeichnetes  Tonrelief  befindet  sich 
im  Brit.  Mus.  {Arch.  Anz.  des  Jahrh.  1894,  4 
S.  176  unter  Terracotta  13),  eine  Dreifußbasis 
aus  Nabulus  in  Konstantinopel  {Zeitschr.  d. 
deutsch.  Palästinavereins  6,  230  ff.  7,  136  ff.  u. 
Tf.  3;  vgl.  Beisch,  Griech.  Weihgesch.  S.  98 ff). 
Endlich  ist  auf  einem  etrusk.  Karneol-Skara- 
bäus  des  Gab.  des  Medailles  {Overbeck,  Kunst- 
myth.,  Poseid.  Gemmen  tf.  2,  12.  Babelon,  Le 
cab.  des  ant.  pl.  5,  16)  das  Steinhebeschema 
umgedeutet  und  der  bartlose  Theseus  durch 
Beigabe  des  Dreizacks  und  der  Inschrift  Ne- 
thunus  in  einen  Poseidon  verwandelt.  Die 
Sandalen  und  das  Schwert  sind  nicht  sichtbar 
{Wernicke,  Arch.  Anz.  d.  Jahrb.  1899,  4  Sp.  201 ; 
vgl.  H.  Bulle  o.  Bd.  3  Sp.  2855). 

6.  Auf  einigen  Gemmen  und  Pasten  sehen 
wir  die  der  Steinhebung  folgende  Szene  fest- 
gehalten, wie  Th.  das  gefundene  Schwert  seines 
Vaters  unter  dem  Arm  trägt  oder  es  prüfend 
betrachtet,  während  er  sich  mit  dem  Fuß  oder 
dem  Arm  auf  den  gehobenen  Felsen  stützt. 
Zuweilen  liegt  neben  ihm  die  Keule  am  Bo- 
den {Wieseler  a.  a.  0.  S.70.  Furtwangler,  Geschn. 
Steine  im  Antiq.  4229—32.  6233;  vgl.  2327). 
Den  Abschied  des  Th.  {Gsasvg)  von  seiner 
Mutter  {Aid-ga)  schildert  die  Darstellung  eines 
r.  f.  Kraters  der  Sammlung  Palagi  zu  Bologna 
{Gerhard,  A.  V.  3,  Tf.  158.  Pellegrini,  Catal. 
dei  vasi  ant.  dip.  d.  coli.  Palagi  ed  Univers. 
Bologna,  /»^f.  34f.,  neu  gezeichnet.  S.  Beinach, 
rep.  des  vases  peints  2  S.  81,  5),  während  Ger- 
hard a.  a.  0.  3  S.  31  f.  nur  von  einem  mütter- 
lichen Gruß  spricht.  Aithra  reicht  dem  ge- 
panzert und  mit  der  Lanze  bewaffnet  vor  ihr 
stehenden   Sohne   eine  Schale  zur  cjtovS'^;    in 

23 


683              Theseus  (am  Isthmos)  'Pheseus  (Ankunft  in  Athen)         684 

der  Linken  hält  sie  eine  gleiche,  nach  welcher  chthonischen  Gottes  des  Ackerbaus  und  der 
ein  hinter  Th.  stehender  Jüngling  die  Hand  Mordsühne  (s.  o.  Bd.  2  Sp.  lölSfiF.),  durch  ein 
»usatreckt.  Vgl.  Tischbein,  Coü.  of  engr.  fr.  Opfer  {Flut.  Thes.  12,  vgl.  23.  Paus.  1,  37,  4), 
emcfHues  1  Tf.  14.  Beinach,  rep.  2  S.  282,  1.  bei  dem  offenbar,  wie  bei  den  Keinigungs- 
Dieselbe  Abschiedsszene  Bieht  Heibig ,  Führer  d.  festen  der  Plynterien  und  Thargelien,  die  Fei- 
d.  öff.  Samml..  in  Harn  2,  838  S.  88  in  der  gen  eine  wichtige  Rolle  spielten  (yW/)//*cr,  ^«. 
rechten  Seite  des  oben  Bd.  1  Sp.  202  abge-  GeneaL  S.  135.  249).  Diese  Sühnung  ist  viel- 
bildeten Reliefs  der  Villa  Albani,  da  der  Jung-  leicht  auf  einer  Lekythos  zu  Palermo  darge- 
iing  dem  Th.  der  linken  Seite  sehr  ähnlich  ist.  stellt  {Heydemann,  Arch.  Zeit.  29,  1871,  S.  63, 
Dagegen  wird  das  Terrakottarelief  {Mon.  d.  lo  Taf.  46,  2.  Reinach,  rep.  1  S.  410,  3).  Nacli 
intt.  arch.  6  u.  7  Tf.  83),  welches  '  Wieseler  späterer  Sage  mußte  sich  Th.  im  Delphinion 
Ä.  a.  0  8.  68,  1  anführt,  besser  mit  Rutgers  vors  Blutgericht  stellen  {Pöll.  8,  119),  weil  er 
{Ann.  d.  inst.  arch.  86  (1863)  S.  464  f.)  wenn  den  Skiron  ins  Meer  gestürzt  und  so  des  Begräb- 
überhaupt auf  Theseus,  auf  dessen  Abschied  nisses  beraubt  hatte  {Stai.  Theb.  12,  676  ff.), 
von  Ariadne  gedeutet.  Inschriftlich  bezeichnet  s.  aber  unten  §  i>.  Am  H.  Kronios,  welcher  Mo- 
sind  Theseus  und  Aithra  auf  der  r.  f.  Kylix  nat  später  in  den  Ilekatombaion  umbenannt 
des  Hieron  zu  Petersburg,  die  o.  Bd.  4  Sp.  922,  wurde  {E.  Pfuhl,  De  Athenietmum  pompis  sacris 
17  besprochen  ist.  Die  Münze  von  Troizen,  S.  31),  kommt  Th.  nach  dem  am  Südfiiß  der 
auf  der  Millinqen  (Anc.  coins  4,  22  S.  64)  Akropolis  (Thuk.  2,  15,  3)  gelegenen  Flecken 
unseren  Abschiecl  zu  erkennen  glaubte,  ist  mit  20  Athen  (Plut.  Thes.  12). 

Imhoof-Blumer  and  Gardner  {Num.  comm.  on  Als  er  hier  im  langen  ionischen  Chiton  und 
Patisan.  in  den  Hell.  stud.  1886  ß.  48,  7)  auf  mit  zierlich  geordnetem  Haar,  der  altionisch- 
Hippolytos  und  Phaidra  zu  beziehen.  Dem  attischen  Nationaltracht  (Hom.  II.  13,  685. 
aufbrechenden  Theseus  (luschr.)  reicht  seine  Thuk.  1,  6,  3),  die  er  freilich  auf  den  Bild- 
Schützerin  Athena  einen  Zweig  auf  einem  r.  f.  werken  nibht  trägt,  an  dem  Platze  vorüber- 
Skyphos  aus  Orvieto  in  Wien  {Wiener  Vor-  geht,  wo  der  Tempel  des  Apollon  Delphinios 
Itgebl.  E  Tf.  12,  2.  Arch.  Anz.  7,  1892  S.  173,  gebaut  wird,  verspotteu  ihn  die  Arbeiter  we- 
194;  8.  unten  38  f.).  gen  seiner  mädchenhaften  Erscheinung.  Schwfei- 

gend  aber  löst  er  die  Stiere   von   einem  bela- 
2.  Wanderung  über  den  Isthmos.  30  denen  Wagen  und  wirft  ihn  hoch  in  die  Luft, 

Trotz    der    Mahnung    des  Pittheus    und  ®i»  Kraftstück,  welches  ihn  als  würdigen  Ver- 


/. 


seiner  Mutter,    die    ihm    in    Übereinstimmung      ^^^ter  der  attischen  Palästra  kennzeichnen  soll 

mit   dem   Auftrag    des  Aigeus  {Tzetz.  z.  Lyk.  (-?«"•"   ^>  1^^  !)•  Vor  des  Th.  Ankunft  in  Athen 

494)  den  Seeweg  empfehlen,    schlägt  Th.  den  °ieldet    ein    Herold    dem    König    Aigeus    das 

gefährlicheren  Landweg  über  den  Isthmos  ein  Herannahen  eines  starken,  von  nur  zwei  Män- 

(Plut.  Th.  6),  auf  dem  den  Reisenden  eine  Reihe  «^m    begleiteten    Helden,    welcher    auf   dem 

von  Unholden  bedrohten  {Apollod.  Übt.  2,  6,  5,  3.  Isthmos  den  Sims,  Skiron,  die  Sau  von  Krom- 

.3,  16,  1,  2.    Lukian.  Zeus  trag.  21;  vgl.  Hitzig  myon,  Kerkyon  und  Prokoptas  (d.  h   den  Pro- 

u.  Blümnerz.  Paus.  1,  44,  7).    In  den  Kämpfen  krustes)  erschlagen  habe.     Um  die  glänzenden 
mit  diesen  zeigt  Th.  nicht  bloß  Mut  und  Kör-  *<>  Schultern  trage  er  ein  Schwert  mit  Elfenbein- 

perstärke,  sondern  auch  schlagfertige  Gewandt-  ^^iff,    zwei  Wurfspieße    in    den    Händen,    auf 

heit,  wie  sie  dem  Erfinder  der  naXaiarmh  x^vii  ^^"^  feuerbrandhaarigen  Haupte  eine  lakonische 

{Paus.  1,  39,  3)  zukommt.     Über  die  Reihen-  Sturmhaube,   um   die   Brust   einen   purpurnen 

folge  der  Kämpfe  sowie  über  ihr  Auftreten  in  Leibrock  und  eine  dichte  thessalische  Chlamys. 

der  Literatur  und  Kunst  ist  oben  Bd.3Sp.  1974  ff.  Seine  Augen   glänzten   wie   Feuer,   und   doch 

gehandelt.       Das    Periphetesabenteuer     dürfte  sei  er  ein   eben   erst   herangereifter  Jüngling 

später  als  die  übrigen  erfunden  worden  sein,  ^er  Krieg  und  Schlachtenlärm  hebe  {Bakchyl, 

um   die  von  Herakles   in   den  bildlichen  Dar-  ^"^^  l&'n.  4:1  u.).                             .      .    i.    ,          , 

Stellungen  entlehnte  Keule  bei  Th.  zu  begrün-  .  9.  Theseus  findet  den  Staat  m  Aufruhr  und 
den  (5.9.  61).     Die  einzelnen  Kämpfe  u.  Aben-  ö»  ^i^eus    selbst    m    den    Händen    der    ^edeia, 

teuer  findet  man  unter  folgenden  Stich worten :  welche  er  nach  ihrer  Flucht   aus  Konnth  bei 

Periphetes,    Sinis,    Perigune,    Melanippos    4,  »ich  aufgenommen  und  geheiratet  hatte  (s.  o. 

Krommyon  und  Phaia,    Skiron,   Alykos,    Jope,  Bd.  2  Sp.  2496  f.).       ,          ,      _,               rr        r 

Kerkyon,  Alope,   Damastes,   Polypemon,  Poly-  .  Über  die  Aussendung  des  Th.   zum  Kampf 

pemonides,  Prokoptas,  Prokrustes;  ihre  kykli-  ^it  dem  marathonischen  Stier  und  über  den 

sehen  Darstellungen  werden  unten  §  5Tff\  be-  Versuch  der  Medeia,  den  rechtmäßigen  Thron- 

sprochen  erben  durch  Gift  zu  beseitigen,  ist  oben  unter 

Medeia    (Bd.  2  Sp.  2496 f.)    gehandelt  worden. 

3.  Thesens  in  Athen.  Von  dem  die  Rettung  des  Theseus  durch  sei- 
8.  Nach  Überwindung  aller  den  Wanderer  60  neu    Vater    schildernden    Terrakottarelief    ist 

auf  dem  Isthmos  bedrohenden  Feinde  gelangt  oben  Bd.  2  Sp.  2515  nur  die  erweiterte  Wieder- 

Th.  zu  den  Phytaliden  (s.  d.),   welche  am  Ke-  holung  des  Britischen  Museums  angeführt,  wo 

phisos  bei  Athen   als  Feigenbaumpflanzer  und  auf  beiden  Seiten  je  eine  Dienerin  hinzugefügt 

als  Verehrer  des  dem  Boden  Feuchtigkeit  speu-  ist.     Bessere  Exemplare  befinden  sich  im  Mu- 

denden   Poseidon   (pvTccXiiios   lebten.     Sie   rei-  seo  Kircheriano  zu  Rom  und  im  Berliner  Mu- 

nigten    ihn    von    dem    vergossenen    Blute    an  seum  {Campana,  Opere  in  plast.  Tf.  68,  Helbig,^ 

ihrem  Geschlecbtsheiligtum,  dem  am  Kephisos-  Fuhrer  d.  d.  öff.  Samml.  in  Rom^  2,  1468  S.  418. 

ufer  gelegenen  Altar  des  Zeus  nsilixiog.,  eines  ReinacJi,  Rep.  de  rel.  3,  269,  1),  sowie  in  Mün- 


ü8ö                 Tlieseus  (in  Athen  'Iheseus  (u.  d.  niarath.  Stier)         (586 

chen  {Ärch.  Anz.  des  Jahrbuchs  l.)l-j  >i).  IJ«  Vorlegebl.  1890/91  Tf.  8,  \^\  das  an  Stelle  aller 
Abb.  20).  Weni^  abweichende  Wiederholungen  anderen  Nebenpersonen  lediglich  Poseidon  setzt, 
sind  in  Jena  {Katal.  d.  Jen.  Mus.  256)  und  in  Nahe  verwandt  ist  die  Darstellung  eines  Vasen- 
Wien  (A^  Masner,  Die  Samml.  ant.  Vasen  u.  bilds  der  Eremitage  ((\  R.  de  St.  Petersb.  1874» 
Terrak.  im  K.  K.  Österr.  Mus.  nr.  934  S.  96),  Atlas  Tf.  3,  1 .  *S'.  Ueinach,  Uep.  d.  vases  peints 
Bnichstücke  in  Berlin  {Berliner  Mus.  nr.  257.  Bd.  1  S.  43,  2).  Von  der  späteren  Auffassung 
Agincourt,  Recueil  de  sculpt.  ant.  en  terre  cuifr  abweichend  wird  Aithra  also  bei  dem  Empfang 
i.  4,  1;  vgl.  0.  Jahn,  Arch.  Aufs.  S.  186).  des  Th.  in  Athen  als  anwesend  vorgestellt,  wie 

Die  Wohnung  des  Aigeus   lag  ebenda,    wo  ihr   in   Aphidnai    die    Helena   zur   Bewachung 

nachher  das  Delphinion  erbaut  wurde,  so  daß  iü  übergeben  wird  (77). 
man  später  in  diesem  die  Stelle  zeigen  konnte, 

auf  welcher  der  dem  Theseus  von  Medeia  ge-  4.  Der  marathonische  Stier. 

reichte    Giftbecher    verschüttet    worden    sein  .11.  Der   gewöhnlichen    Überlieferung    nach 

sollte  (Plut.   Th.  12).     Hier    erweist    sich    der  zieht  Th.  nicht  gleich  nach  seiner  Ankunft  in 

Zusammenhang  zwischen  Aigeus-Poseidon  mit  Athen   und    bevor   er  noch   von   seinem  Vater 

Apollon  Delphinios,  dessen  Kultstätten  gewöhn-  erkannt    worden    ist    (s.  o.  Bd.  2    Sp.  2496  f.), 

lieh  am  Meeresgestade  lagen  (s.  0.  Bd.  1  Sp.  429).  sondern    erst   nach    Niederwerfung  des  Pallas 

Der  Kampf  des   Theseus  mit  Pallas  und   den  und  seiner  Söhne   (s.  Bd.  3  Sp.  1333  ff.)   gegen 

Pallantiden  ist  oben  Bd.  2  Sp.  1334  und  1339  den  von    Poseidon  gesandten  und    die  Felder 

behandelt.     Wegen  Tötung  dieser  seiner  Ver-  2ü  verwüstenden  (Isokrat.  Hei.  13,  25  S.  213)  ma- 

wandten  {Hygin.  fah.  244)  wurde  Th.  im  Del-  rathonischen    Stier   (Philoch.   b.    Plut.    Th.  14. 

phinion,  der  Gerichtsstätte,  wo  diejenigen  ge-  Diodor.  4,   59),    der    oft    mit    dem    kretischen 

richtet  wurden,  welche  zur  Tötung  ihrer  Gegner  gleichgesetzt    wird    {Apollod.  bibl.  2,   5,  7,   4. 

berechtigt  gewesen    zu   sein  behaupteten,   an-  .Diodor.  4,  59;  vgl.  4,  13.    Hygin  f.  38.   Paus. 

geklagt    und    freigesprochen   {Paus.  1,  28,  10.  l,  27,  10).     Über  den  Tod  des  Androgeos  s.  o, 

Pollux  8   S.  119);    trotzdem    ging    er    auf  ein  Bd.  1  Sp.  342.     Unterwegs  wird  Th.  von  einer 

Jahr  nach  Troizen  in  die  Verbannung  {Euri}t.  armen  alten  Frau  namens  Hekale  oder  Heka- 

Hipp.  34  0".  und  Schol.).  line  {Naeke,opusc.2  S.  15  ff.),  der  Stammherrin 

10.  Eine  in  wesentlichen  Punkten  von  der  des  Demos  Hekale,  aufgenommen.  Sie  bewirtet 
gewöhnlichen  Auffassung  abweichende  Dar-  so  ihn  mit  einem  Gemüse  aus  Saudisteln  {Kallim. 
Stellung  der  Ankunft  des  Theseus  im  Palast  b.  Plin.  n.  h.  22,  22,  44,  88;  vgl.  26,  8,  50,  82. 
seines  Vaters  findet  sich  auf  mehreren  rot-  Julian,  ep.  41  S.  421b.  Murr,  I).  Pflanzen  in 
figurigen  Vasenbildern,  deren  bedeutendstes  der  griech.  Myth.  S.  183)  und  gelobt  dem  Zeus 
{Mon.delVIst.ll,Ti.^3.Wien.Vorlegebl.lS^0/91  ein  Opfer,  wenn  Th.  glücklich  zurückkommen 
Tf.  8,  2.  S.  Reinach,  Repert.  de  vases  peints  würde.  Da  sie  jedoch  inzwischen  stirbt,  stiftet 
Bd.  1  S.  226,  2)  dem  Brygos  zugeschrieben  wird.  Th.  aus  Dankbarkeit  gegen  sie  das  Fest  'Exa- 
Es  gehört  somit  in  die  Zeit  kurz  nach  500  v.  Chr.,  Xijciov  zu  Ehren  des  Zeus  'Eyiccl^iog.  der  wohl 
in  welcher  die  später  allgemein  gültige  Form  eine  Lokalform  des  Zeus  cplXiog  oder  ^iviog 
der  Überlieferung  noch  nicht  feststand.  Ein  sein  dürfte  {^ycdXsiog  =  ey.TtXog).  Zu  den  oben 
lieimkehrender  Jüngling  (Theseus),  der  eine  40  Bd.  1  Sp.  1884  angeführten  Stellen  sind  nach- 
Lanze in  der  L.  trägt,  streckt  die  Rechte  einem  zutragen  Priap.  12,  3  f.  Petron.  sat.  135.  Apul. 
vor    ihm    stehenden   Greise    (Aigeus)    zur   Be-  met.  1,  23. 

grüßung  entgegen;  zugleich  aber  wird  er  von  Theseus  überwältigt  und  fesselt  den  Stier 
einer  Frau  (Aithra)  leidenschaftlich  umarmt.  allein  und  ohne  Anwendung  von  Waffen  {Iso- 
Hinter  ihm  steht  die  durch  den  Bogen  ge-  krat.  Hei.  13,  25  S.  213.  Kallim.  Hek.  fr.  275 
kennzeichnete  Artemis,  mit  schützend  über  ihn  bei  Naeke,  Hec.  S.  253  und  im  Etym.  Magn. 
erhobener  Hand  Ganz  rechts  reicht  ihm  ein  s.  v.  'Epcörj;  vgl.  Naeke  a.  a.  0.  S.  255.  Gom- 
sitzender  Greis  eine  Trinkschale;  links  aber  perz.  Aus  d.  Hekale  des  Kallim.  S.  7.  Cic.  Tusc. 
stehen  zwei  Frauen,  die  ihr  Erstaunen  durch  4,  22,  50.  Diodor.  4,  59.  Schol.  Arat.  Phaen. 
Erheben  der  Arme  zum  Ausdruck  bringen.  50  167  rec.  Bekker.  Eustath.  Od.  7.  80  S.  1568,  44); 
Diese  Deutung  hat  zuerst  I.  L.  Ussing  {Om  er  führt  ihn  dann  durch  die  Ortschaften,  überall 
den  rette  Forstaelse  af  Bevaegelser  og  Stillinger  jubelnd  begrüßt,  nach  Athen  zum  Opfer  auf 
i  nogle  antike  Kunstvaerkr.  3)  gegeben,  und  die  Burg  ((rom^jer^;  a.  a.  0.),  und  zw-ar  schlachtet 
ihm  hat  H.  Bulle  {Berl.  Phil.  Wochenschr.  1904,  er  ihn  entweder  selbst  oder  sein  Vater  Aigeus 
29  Sp.  916)  beigestimmt.  Neben  Theseus  und  dem  Apollon  Delphinios  {Diodor  4,  59.  Plut. 
Aigeus  erscheint  Aithra  ebenso  auf  der  Kodros-  Th.  14).  Die  Angabe,  daß  er  der  Athene  ge- 
schale (s.  0.  Bd.  2  Sp.  2514  u.  Bd.  3  Sp.  2429  opfert  worden  sei  {Paus.  1,  27,  10),  beruht  auf 
Abb.),  die  kurz  nach  480  v.  Chr.  zu  setzen  einem  Irrtum.  Von  einer  Tötung  des  Stiers 
ist  {B.  Graef,  Arch.  Jahrb:  i:f,  1898  S.  73).  durch  Th.  heiichten  Apollodor  {Epit.Vat.  1,  6), 
Zweifelhaft  bleibt,  ob  der  rechtssitzende  Greis  60  vielleicht  nach  einer  dramatischen  Quelle,  wie 
mit  der  Schale  nach  üssings  Erklärung  Pittheus  etwa  dem  euripideischen  Aigeus  {A.  Michaelis, 
ist,  der  ja  freilich  auch  nach  Athen  giehört  Arch.  Ztg.  43,  1885  S.  282  u.  291  ff.  R.Wagner, 
{78);  vielleicht  ist  er  vielmehr  gleichfalls  als  Epit.  Vat.  ex  Apoll,  bibl.  S.  124  f.),  dann  auch 
Aigeus  zu  betrachten,  der  vor  der  Erkennungs-  Strabo  9,  1,  22  S.  399.  Ovid.  met.  7,  433  f. 
szene  dem  Sohn  den  Giftbecher  geboten  hat.  Hygin.  fab.  38.  Serv.  Verg.  Aen.  8,  294.  Eu- 
Daß  die  Deutung  auf  Theseus  richtig  ist,  be-  stath.  11.  2,  547  S.  284,  17.  In  Rücksicht  auf 
weist  eine  genaue  Wiederholung  der  Mittel-  diese  Tat  nennt  Nonnos  {Dion.  47,  408;  vgl. 
gruppe  auf  einem  jüngeren  Vasenbild  (TTecner  382  ff.)    den   Th.    Marathonios;    freilich  dürfte 

2:] '"" 


687         Theseus  (u.  d.  marath.  Stier) 


(Theseus  u.  d.  marath.  Stieri 


688 


er  auch  sonst  tats&chlich  nach  Marathon  ge- 
hören (77).    '* 

12.  Früher  als  bei  den  Schriftstellern  er- 
scheint der  Stierkampf  in  der  bildenden  Kunst. 
Abzuweisen  ist  freilich  die  Annahme,  die  Fort- 
führung des  gefesselten  Tieres  sei  bereits  auf 
dem  urayklilischen  Thron  von  Bathykles  dar- 
gestellt worden,  der  zwischen  680  und  540 
V.  Chr.  gearbeitet  zu  haben  scheint  {Hitzig  u. 
Blümner  zu  Paus.  H,  18,  9  S.  811.  Klein,  Gesch. 
d.  gr.  Kunst  1  S.  210),  neuerdings  jedoch  auch 
weiter  herabgerückt  wird  {Rwtrt  b.  Pauly- 
Wissowa  Bd.  3  S.  136.  L.  Maltefi  im  Arch.  f. 
JHeliaionsw.  12,  1909  S.  425.  446).  Es  bezogen 
n&mlich  Stephani,  Der  Kampf  zwisch.  Th.  u. 
Minot.  S.  65;  Heydemann,  Ännlecta  Thesen 
S.  22 f.;  W  Müller,  D.  Theseus metopen  v.  The- 
seion zu  Athen  S.  27;  Overbeck,  Plast.  1*  S.  70; 
Furtwängler,  Meisterw.  S.  709,  und  andere  die 
Worte  des  Pausanicks  (3,  18,  11)  xov  6\  Mtvca 
xaXoviiBvov  TccvQov  ovn  ofda  Scvd"'  oxov  Ttsnoirixs 
Bcc^uXi^S  dsds^ivov  re  %al  6cy6yiBvov  vnb  Grj- 
c4(og  fAvra  in  Rücksicht  auf  die  im  Altertum 
gewöhnliche  und  diesem  Schriftsteller  selbst 
geläufige  Gleichsetzung  des  kretischen  mit  dem 
marathonischen  Stier  auf  letzteren.  Bereits 
O.  Jahn,  Arch.  Beitr.  S.  257  f.,  und  neuerdings 
Dämmler,  Arch.  Jahrb.  2,  1887  S.  22;  O.Wulff, 
Zur  Theseussage  S.  17;  Hitzig  u.  Blümner  zu 
d.  Stelle  S.  817,  sowie  Klein,  Gesch.  d.  gr.  Kunst 
1  S.  204,  4,  halten  eine  Verwechslung  des  ma- 
rathonischen Stiers  mit  Minotauros  für  ausge- 
schlossen. Die  Entscheidung  gibt  die  Inschrift 
der  unten  26 E  besprochenen  chalkidischen  Hy- 
dria,  die  den  Minotauros  ebenfalls  als  Tocvqos 
Mivtoiog  bezeichnet;  vgl.  TavQos  Kvmaiog  bei 
Eurip.  Herc.  für.  1327.  Unbestimmbar  ist  die 
Entstehungszeit  zweier  Gruppen:  die  Fort- 
führung des  gefesselten  Stieres,  welche  die  Ma- 
rathonier  auf  der  Akropolis  zu  Athen  aufstellten 
(Paus.  1,  27,  10),  und  ein  Erzwerk,  das  die 
Bändigung  und  Fesselung  zum  Vorwurf  hatte 
(Anth.  Pal.  2  S.  656  =  Anth.  Planud.  4,  105 
Dübner). 

13.  Bei  den  Vasenbildem,  die  einen 
Stierkampf  zeigen,  besteht  die  Schwierig- 
keit in  der  Entscheidung  der  Frage,  ob 
der  Kampf  des  Herakles  oder  der  des  Th. 
zu  erkennen  ist.  Furtwängler  hat  oben  Bd.  1 
Sp.  2201  die  Übertragung  des  alten  Hera- 
klestypus auf  Th.  auch  für  die  jüngeren 
B.  f.  Vasen  als  nicht  ausgeschlossen  erklärt. 

Da  die  Unbärtigkeit  in  dieser  Zeit  bei 
Herakles  bereits  vorkommt,  gilt  für  diesen 
nur  die  Beigabe  von  Bogen,  Köcher  und 
Löwenfell  als  ausschlaggebend  *)  Für  The- 
seus dagegen  entscheidet  sich  F.,  wenn 
der  jugendliche  Held  langes  aufgebundenes 
Haar  trägt:  vgl.  Walters,  Cat.  Brit.  Mus.  B 
350.  —  Klein,  Euphron.*  S.  207  f.  be- 
hauptet, daß  Theseus  den  Stier  stets  in  der 
Schlinge  fange,  während  ihn  Herakles 
mit  der  Gewalt  der  Arme  zwinge,  was 
jedoch  nicht  zu  erweisen  ist.   H.  Heyde- 


mann (Anal.  Thesea  S.  25 ;  vgl.  Grie-ch.  Vasenb. 
S.  5,  7  und  Jason  in  Kolch.  7  ff.)  nahm  sechs 
schwär/, figurige  Bilder,  von  denen  eines  {Inghi- 
rami,  Vasi  fitt.  3,242)  als  gefälscht  wegfällt,  ent- 
schieden für  den  Stierkampf  des  Theseus  in  An- 
spruch; vgl.  auch  Lnoux,Va.se,s grecsetitalo-gr. 
du  musvearch  de  Madrid  nr.  79  u.  105.  Dagegen 
läßt  W.  Müller  (D.  Thesnis metopen  v.  Theseion 
S.  29)  die  Frage  unentschieden,  und  0.  WuJf} 

10  (Z.  Theseussage  S.  65)  sowie  E.  Sarnow  (7).  zyk- 
lischen Darstellungen  aus  der  Theseussage  S.  63) 
beziehen  nur  rotfigurige  Darstellungen  be- 
stimmt auf  Theseus.  Wenn  also  auch  z.  B. 
ein  unbärtiger  Held  in  einem  Stierkampf,  der 
als  Gegenstück  zu  dem  des  Herakles  dient, 
auf  einer  schwarzfigurigen  Vase  aus  Kypros 
(Munro,  Journ.  of  hell.  stud.  12,  1891,  S.  311  ff.) 
sicher  als  Theseus  aufzufassen  ist,  so  empfiehlt 
es  sich  doch  für  die  Feststellung  des  Thi'seus- 

20  typus  nur  rotfigurige  Vasen  zugrunde  zu  Ipgen, 
bei  denen  jeder  Zweifel  ausgeschlossen  ist. 
Drei  Hauptformen  sind  zu  unterscheiden: 

14.  a)  Im  Anschluß  an  den  ersten  Typus 
des  Herakleskampfes,  den  Furtwängler  oben 
Bd.  1  Sp.  2201.  2225,  30  auf  schwarzfigurigen 
Gefäßen  und  auf  Münzen  nachweist,  packt 
Theseus  seitwärts  stehend  mit  der  R.  den  nach 
rechts  fliehenden  Stier  am  rechten  Horu,  mit 
der  L.  faßt   er   nach   dessen  linkem  Fuß   und 

30  stemmt  sein  Knie  in  dessen  Seite  (Schale  des 
Kachi^lion,  aus  Orvieto  in  Florenz.  Mus.  Ital. 
3  Tf.  2.  S.  Rcinach,  Rep.  des  vases  peints  1 
S.  528;  s.  unten  59  Abb.  13). 

b)  Den  Übergang  zum  zweiten  Typus,  in 
welchem  Theseus  den  Stier  von  vorn  zu  Boden 
drückt,  bildet  eine  aus  Kapua  stammende  Dor- 
pater  Schale  schönen  Stils,  vielleicht  aus  der 
Werkstatt  des  Brygos  (0.  Wulff,  Z.  Theseussage 
S.  71).  Hier  versucht  er  erst,  das  Tier  nieder- 

40  zuzwingen,  indem  er  es  vorgebeugt  mit  der  R. 
am  linken  Hörn  und  mit  der  L.  am  linken 
Vorderfuß  packt.  Gewöhnlich  aber  setzt  er 
bei  diesem  dem  zweiten  Heraklestypus  (o.  a.  a.  0.) 


*)  Daher  ist  die  Daratellang  der  Hydria  bei 
Pottier,  Vases  ant.  du  louvre  2  F  399  PL  84  auf 
Herakles  la  besiehen. 


'1)  Theäens  u.  d.  marathon.  Stipr,  Kylix  aus  Vulci,  ;/*, 
(nach  Smith.  Cat.  of  tlie  yr.  a.  etr.  raaes  in  thc  lirit.  Mu$.  3  Tf.  2). 


689         Theseus  (u.  d.  marath.  Stier)  Theseus  (Zug  nach  Kreta)           690 

Entsprechenden  Kampfschema   auf  Kopf  oder  Athent-r  /u  J)elphi  an  den  *2.  Typus  und  zwar 

Hals   des   bereits   niedergesunkenen  Stiers  das  unmittelbar  an  die  Florentiner  Schale  an:  Th. 

Knie  {Gerhard,  A.V.  162,  1.     Reinach,  Bep.  2  (verschwunden)  setzte  den  1.  Fuß   auf  den  bis 

S.  83.   —   Mus.  It(d.  3  Tf.  3.    Beinach,  Bep.  1  zum  Hoden  niedergedrückten  Nacken  des  Tieres 

S.  529)   oder   den  Fuß   (Florentiner  Schale  im  und    faßte,    sicli  weit   überbeugend,    mit    der 

Stil  des  Hieron,    Mus.  Ital.  3  S.  2öG.    Beinach  Rpcliten  dessen  Hoden  (Fartwängler,  Berl.  phil. 

1   S.  531.    —    Stamnos    bei    Gerhard  A.  V.  3  Wochenschr.  1894  Sp.  1279  f.   Homolle,  Fouilles 

Tf.  162,  1.     Beinach  2  S.  83),  während  er  ihn  de  Delplies  4  Tf.  46/47,   6).     Die   Metope   des 

zugleich    mit    einem    Strick    bindet.     Nahezu  sogen.  Theseions  zu  Athen  steht  dagegen  dem 

vollendet  ist  die  Fesselung  auf  der  Schale  des  lo  1.  Typus  der  Vasenbilder  nahe:  Der  Held  faßt 

Euphronios    (Wiener   Vorlejjebl.   5,    1.     Pottier,  in    eiligem    Laufe    den    dahinstürmenden    und 

Va.'ies  ant.  du  Louvre  2  G  10 ^ '^.  Ibb;  ü.  :^2c  und  mit    dem    Schwanz    den    Rücken   peitschenden 

57  Abb.  11),  wo  Th.  nach  rechts  gebeugt  eben  Stier  an  Hörn  und  Nüstern;   zugleich   stemmt 

den  um  Füße  und  Hörn   des  Stiers   geschlun-  er  das  Knie   in    dessen  Seite,   um  ihn  herum- 

genen  Strick  unter  dessen  Leib   zusammenzu-  zureißen    (Stuart,  Ant.  of  Ath.  3,  1  Tf.  12,  8. 

binden  strebt.     Auf  der  Schale   von  Vulci  ist  Mon.  d.  Inst.  10  Tf.  43,  2.   Brunn- Bruckmanny 

der  Stier    bereits    am   Maul,    den  Füßen    und  Denkm.  Iö2  b). 

Hoden  gefesselt  und  gebändigt.     Th.  steht  vor  Ähnlich  war  jedenfalls    auch    die   Kampf- 

ihm   und   hält   die  Enden  des  Stricks  in   den  darstellung  der  sehr  zerstörten  Metopenplatte 

Händen  {m,  Brit.  Mus.  825,  jetzt  E  36,  abgeb.  20  des  etwas  jüngeren  Athenatempels  zu  Sunion 

Smith,  Catal.  3  Tf.  2;  s.  Abb.  2).  {Dörpfeld,  Mitt.  d.  arch.  Inst,  in  Athen  9,  1884 

15.  Zuweilen  drückt  Th.  den  ihm  gegen-  S.  336 f.  K.  Lange,  ebenda  ü,  1881  Tf.  9.  Fa- 
überstehenden  Stier  mit  der  1.  Hand  nieder  bricius,  ebenda  9,  1884  Tf.  19).  Auf  einem 
und  bedroht  ihn  mit  der  Keule  (Schale  aus  Terrakottarelief  {Campana,  Ant.  op.  in  plast. 
Caere  in  Wien,  Ann.  d.  Inst.  1878  Tf.  D.  Bei-  Tf.  64.  Beinach,  Bep.  de  rel.  2,  279,  2)  kniet 
nach  1  S.  339,  1)  oder  mit  einem  Hammer  Th.  seitwärts  auf  dem  bereits  vorn  zusammen- 
(Schale  aus  Chiusi  in  Bologna,  Mus.  Ital.  3,  brechenden  Stier,  indem  er  ihn  gleichfalls  an 
261.  Beinach  1  S.  532).  Ganz  auflfällig  aber  Hörn  und  Nüstern  packt.  Auf  einem  anderen 
ist  die  Darstellung  des  Kampfes  auf  den  Bruch-  Relief  {Campana  Tf.  120)  hält  er  das  fortstür- 
stücken  einer  Vase  in  der  Nationalbibliothek  30  mende  Tier  seitwärts  stehend  in  derselben 
zu  Paris  (/.  —  De  Witte,  Cat.  etr.  S.  65  Anm.  1.  Weise  fest;  vor  diesem  ist  eine  weibliche  Ge- 
J.  Harrison,  Journ.  ofhell.  stud.  lQ,l^'^9m.'i\  stalt  zu  Boden  gesunken,  welche  die  R.  ab- 
B.  57  Abb.  12  b).  Hier  packt  Th.  unter  dem  wehrend  oder  flehend  erhebt.  Sie  ist  aber  eine 
Stier  liegend  dessen  Hoden,  während  Athene  moderne  Ergänzung  {Beinach,  Bep.  d.  rel.  2, 
mit  Lanze  und  Ägis  dem  vor  Schmerz  brüllen-  278,  3). 

den  Tiere  entgegentritt  {Wulff  a.  a.  0.   S.  70.  In  anderer  Art  als  die  Vasen  des  3.  Typus 

Sarnoiv  a.  a.  0.  S.  65).      Ein    auch    auf  lason  schildert  die  Heimführuug  des  Stiers  ein  präch- 

bezogener  Stierkampf  in  Gegenwart  der  Medeia  tiges    Relief  bruchstück    {Fr.  Bruckmann,    La 

auf  einer  Vase  aus  Kertsch  ist  o.  Bd.  2  Sp.  2514  coli.  Barracco  Tf.  51  bis  =  Suppl.  S4:.   Beinach, 

•ftbgebildet  und  besprochen,                                    40  Bep.  de  rel.  3,  162,  1),  welches  der  Überliefe- 

Mehrere  Male  findet  sich  Athene  oder  die  rung  des  fünften  Jahrhunderts  nahe  steht.    Der 

Ortsnymphe  von  Krommyon  neben  dem  Stier-  gefesselte    Stier    wird    von    (wegj^ebrochenen) 

kämpf;    zuweilen  ist  ein  Begleiter  des  Th.  —  Dienern  an  der  Leine  fortgeführt,  Th.  aber  legt 

Peirithoos  {Plut.  Th.  30)  oder  Phorbas  (s.  d.  u.  sich  die  Siegerbinde  ums  Haupt.    Daneben  sitzt 

Michaelis,  Arch.  Zeit.  35,  1877  S.  76 f.)  —  oder  in  einem  Tempel  Herakles  mit  Löwenfell  und 

ein  Zuschauer  anwesend.    Einmal  ist  der  Wa-  Keule,  der  in  Marathon  als  Gott  verehrt  wurde 

gen  und  der  gerüstete  Wagenlenker  des  Hei-  {Paus.  1,  15,  3.  32,  4).                                # 

den  —  Phorbas  {Pherekyd.  fr.  108   bei  Müller  •                                                                 * 

F.  H.  G.  1,  97.    Hesych.  s.  v.)  —  mit  darge-  a«  Der  Zog  »ach  Kreta. 
stellt.                                                                           50        17.  Bei  des  Theseus  Rückkehr  nach  Athen 

c)    Der    dritte    Typus    schildert    die    Fort-  sollten  zum  drittenmal  {Ovid.  M.  8,  171.  Plut. 

führung  des  gefesselten,  sich  aber  noch  heftig  Th.  15.  17;   zum  zweitenmalD/odor.  4,  61)  die 

sträubenden  Stieres  (Schale  Basseggio  aus  Vulci  alle  neun  Jahre  {Ovid.  M.  8, 171.  Diodor  4,  61. 

im    Brit.  Mus.    nr.  824*,    jetzt    E  84.     Smith,  Plut.  Th.  15.    Boscher,  Die  ennead.  u.  hebdom. 

Catal.  3,  84  S.  112.    Journ.  of  hell.  stud.  2,  ISSl  Fristen  u.  Wochen  S.  23  in   den  Ahh.  d.  Kgl. 

Tf.  10;  s.  29  t  Abb.  5.  —  Kampanische  Schale  Sachs.  Ges.  d.  Wissensch.,  phil.-hist.  Kl.  21,  4; 

im  Louvre.  Beinach,  Peint.de  vases  antr,  Miliin  alljährlich,   Verg.  Aen.  6,  21  u.  Serv.  dazu,  so- 

1  Tf.  43,  sowie  mehrere  andere  bei  Wulff  a.db.O.  wie  zu  3,74.  6,14)  zur  Sühne  für  die  Tötung 

S.  721".  angeführte  Vasen),    der  auch  auf  atti-  des  Androgeos  an   Minos  nach  Kreta  zu  sen- 
schen Münzen  {Leake,  Numism.  hell.  Europa  1  60  denden  Opfer  abgehen  (s.  o.  Bd.  1  Sp.  343,  16 

S.  27.    Imhoof-Blumer  and  P.  Gardner,  Num.  u.  Bd.  2   Sp.  3005;    nach  der  Berechnung  des 

comm.  on  Pausan.  Tf.  DD  7  u.  8  S.  146)  nach-  Thrasyll.  Mendes.  bei  Clemens,  ström.  1  S.  145 

weisbar  ist  und  so  vielleicht  dem  Weihgeschenk  geschah  dies  im  Jahre  1250  v.  Chr.  Müller  F. 

der  Marathonier  (o.  12)  nachgebildet  sein  dürfte.  H.  G.  3,  503,  3).     Und  zwar  mußten  jedesmal 

16.  Unter  den  erhaltenen  plastischen  Denk-  je  sieben  Knaben  und  je  sieben  Mädchen  ge- 
mälem  schließt  sich  die  Metope  des  wahr-  liefert  werden  {Sappho  fr.  144,  bei  Serv.  V.  Ä. 
scheinlich  in  der  Peisistratidenzeit,  jedenfalls  6,  21.  Bakchyl.  16,  2.  Eurip.  Herc.  für.  1326  f. 
aber  vor  490  v.  Chr.  erbauten  Schatzhauses  der  Piaton  Phaidon  S.  58  a.  Isokrat.  Hei.  27.   Verg. 


691           Theseus  (Zug  nach  Kreta)  Theseus  (lug  nach  Kreta)          692 

Äefi.  6.  21.    Sehol.  II.  18,  690  ed.  Dtnd.  tid.  2  c)  Auf   dem    «chwarzfij^urijreu    Becher    des 

u.  4    Hyain.  astr.i^b;  fab.  il.  Diodor.  4,  61.  77.  GlaukyteB  u.  Archikles  aus  V'ulci  in  München 

ApoU.bm.  3,  15,8.  9.  Flut.  Th.  lö.  De  proverb.  {Miymim.  d.  Ist.  4,  öi>.    Gerhard,  A.  V.  '236.    O. 

Alexandr.  l)  Cr.   Paus.  1,  27,  10.   Seri\   V.  Ä.  6.  Jalni .   Beschr.  d.  Vasens.  d.  K.  Ludw.  Nr.  338. 

14  =  Myth.  Vat.  1,  43    2, 122.  Serv.  V.  Ä.  8,  74.  Wieuei-  Vorl  1889  Tf.  2.  2b    Klein,  Gr.  V.  m. 

Schol  Plat.  Min.  321 A  S.  287,  12   liekker,  Eu-  Meisters.*  S.  77.     Peihach,  Rep.  2,  119)   Hnden 

staÜi.  Hont.  Od.  S.  1688,  84.   Müller,  Dorier^l  sich    folgende    Namen:    1.  Lykiuos.    2.  Antias. 

8.  238.  Proleg.  z.  ein.  ir.  Mifth.  S.  417.  Koscher,  3.  Simon.    4.  Lykios.    ö.  Solon.    ß.  Timo  ...  — 

Die  Sieben-  u.  Neunzahl  in  Kult  u.  Myth.  d.  1.  Euauthe    ^Gruppe,   Gr.   Myth.  216   S.  694). 

Griechen  S.  28  u.  48,  in  den  Abh.  d.  Kgl.  Sachs,  lo  2.  Anthyla.    ,{.  Glyke.    4.  Enpedo.    6.  Eutil  .  . . 

G.  d.  Wisaensch.,  phil.-hist.  Kl  24, 1).  Jetzt  er-  6.  Eunike. 

bot   sich    Theseus,    selbst  noch    ein  Jüngling  d)  Schwarztigurige  Vase  ans  Vulci   in  Lei- 

{Catuil.  64,  181.  Nonn.  Dion.  47,  300.  806.  371.  den,   korinthisch -attischen  Stils   {Janssen,  De 

430 f.),   um    Vater   und   Vaterland    von    dieser  Gr.  Rom.  en  Etrur.  Man.  v.  h.  Mtis.  te  Leyden 

Schmach  zu  lefreien,  freiwillig  dazu,  persönlich  S.  62  Tf.  8,  8.     O.  Jahn,  B.  d.  V.  d.  K.  Jyudw. 

an   dem  Zuge  teilzunehmen  {Isokrat.  Hei  13,  Einl.  S.  118,  862.    /.  Boulez,    Choix  de  vases 

27  f.  S.  218.  Catull.  64,  81  f.  Hygin.  fab.  41.  Plut.  peints  d.  M.  d'ant.  de  Leyde  Tf.  10.   S.  Reinach, 

Th.  17.   Schol.  II.  18,  590  ed.*  Dind.  Bd.  2  u.  4).  Bep.  d.  v.  p.  2   S.  271):    1.  Phainipos.    2.  Asty- 

Dagegen  war  nach  Pherekydes  fr.  106  im  Schol.  dama[«].  3.  Kallikrates.  4.  Prokritos.  —  1.  Ti- 

Hom.  l  320   auch   Th.  durchs   Los   zum  Opfer  io  rmon]ike.  2.  Demodike.    Da  einige  Namen  der 

bestimmt  (vgl.  R.  Wagner,  Ep.  Vat.  S.  128 f.);  bei  Serr.  überlieferten  Reihe  Beziehung  zu  at- 

ursprünglich  aber  wurde  er  nicht  in  die  Vier-  tischen  üemen  haben,   darf  man  mit   Heyde- 

zehnzahl  mit  eingerechnet  (jBo^cäi/Z.  16,  2 f  und  mann.  Anal.  Thes.  S.  29,   annehmen,    daß  sie 

die  meisten  älteren  Quellen),  wie  dies  später  ge-  einer  Theseis  {73)  entlehnt  sind;  die  Vasenmaler 

Bchah  {Hygin.  astr.  2,  5).  Die  Erzählung  des  De-  aber    scheinen    bei    der  Wahl    ganz    frei  und 

mon  {Plut.  Th.  28),  daß  sich  auch  unter  den  Mäd-  willkürlich  verfahren  zu  sein,  wenn  sich  auch 

chen  zwei  verkleidete  Jünglinge  befunden  hätten,  bei    der    Franvoisvase    und    bei    der  Leidener 

ist  zur  Begründung  des  o.  Bd.  1  Sp.  1075, 18  er-  Anklänge  an  die  epische  Überlieferung  finden 

w&hntenOschophorienbrauchs  erdichtet  worden.  (P.  Friedländer,  Herakles  S.  175,  1), 

18.  Die  Namen  der  Opfer  waren  offenbar  so  19.  Vor  der  Abfahrt  am  sechsten  Munychion 
in  der  eigentlichen  Sage  nicht  festgestellt,  da  (gegen  Ende  des  April)  ging  Th.  mit  den  er- 
ganz verschiedene  Reihen  überliefert  werden.  korenen  Opfern  in  den  Tempel  des  Apollon 
a)  Zunächst  findet  sich  eine  solche  bei  Serr.  Delphinios,  der  als  Schützer  der  Schiffahrt  in' 
zu  Verg.  Aen.  6,  21,  vgl.  Thilos  Bemerkungen  Athen,  wie  in  Kreta,  viel  verehrt  wurde  {S. 
z.  d.  St.  u.  Stephani,  Th.  u.  Min.  S.  38 ff.;  Jahn,  Wide,  Lak.  Kulte  S.  87 f.  Theseus  u.  d.  Meerspr. 
Arch.  Beitr.  S.  453;  Bergk  poet.  lyr.^  S.  920  u.  hei  Bakchyl.  in  d.  Festschr.  f.  O.  Benndorf. 
1231.  Wenn  man  die  vjerschiedenen  Vermu-  Wien  1898,  S.  13 ff.)  und  gewiß  auch  zu  der 
tungen  zusammenzieht,  ergibt  sich  nach  Thilo  doppelten  Siebenzahl  der  Opfer  in  engster  Be- 
folgende Reihe:  1.  Hippophorbas  Alypi  oder  ziehung  stand  {Röscher,  Die  Sieben-  u.  Neun- 
Eurybii  (Aethlii  oder  Elati,  Stephani).  2.  Id&s  to  zahl  a.  a.  0.  S.  14f.;,  um  hier  den  mit  der 
Arcadis.  8.  Antimachus  (Antiochus?  Jahn)  Eu-  Wollbinde  umwundenen  Olivenzweig  als  Zei- 
andri.  4.  Menestheus  (Menesthes,  Steph.)  Suniua  chen  der  Bitte  um  Rettung  niederzulegen 
(Suniates  oder  Sunieus,  Siej^Ä.  —  Suniani,  JoÄn).  {Plut  Th.  18),    eine   ätiologische   Sage,    durch 

5.  Amphidocus  (Pidokos,  Steph.  —  Dailochos,  die  er  zum  Stifter  der  Delphinien  gemaclit 
Jahn)  Rhamnusius  (Rhamnuntis,  Jahn).    6.  De-  wurde  {54). 

moleon  Cydonis  (Cydantis  oder  Cydami,  Steph.).  Dann  befahl  ihm  der  delphische  Gott,   die 

7.  Porphyrion  Celei.    —    1.  Periboea  Alcathoi  Aphrodite  zur  Führerin  auf  der  Fahrt  zu  nehmen, 

(besser:  Eriboia  nach  Bakchyl.  17,  14,  der.Kli-  was   zwar  auf  ihre  Bedeutung  als  Schützerin 

tia8-Fran9oi8va8e  u.  Hygin.  p.  astr.  2,  5.  C.  Bo-  in  Meeresgefahren  (s.  o.  Bd.  1  Sp.  402,  30;   S. 

bert,  Hermes  S'S,  1898  S.  133.  Gruppe,  Gr.  Myth.  50  Wide,  De  sacr.  Troezen.  S.  31  ff.)  Bezug  haben 

216    S.  694).    2.   Melanippe    (Melippe,    Steph.)  kann,  zunächst  aber  doch  wohl  nur  sagen  soll, 

Pyrrhi  (Perii,  Pylii,  Pyris,  Steph.  —  Rari,  Jahn).  daß  für  Theseus  der  günstige  Ausgang  seines 

3.  Hesione  Celei.  4.  Andromache  Eurymedontis.  Unternehmens  durch  Erweckung  der  Liebe  im 

6.  Eurymedusa   Polyxeni.    6.  Europe    Laodici.  Herzen  der  Ariadne  herbeigeführt  wird.     Bei 

7.  Melite  Tricorythi  oder  Tricoroni  oder  Trico-  dem  am  Ufer  dargebrachten  Opfer  sei  die  ge- 
loni  (Triagoni,  Steph).  schlachtete  Ziege    in    einen   Bock    verwandelt 

b)  Eine  andere  Namenreihe  bietet  die  Kli-  worden  {Plut.  Th.  18),  abermals  eine  ütiologi- 

tia8-Fran9oisvase  in  Florenz  {Wiener  Vorlegebl.  sehe  Sage  zur  Erklärung  des  Beinamens  ini- 

1888  Tf.  3.  Furtwängler  u.  Beichhold,  Gr.  Vasen-  tgecyla,  den  Aphrodite  vermutlich   in  Phaleron 

maierei,  Tf.  1—3  u.  11—13.    S.  Beinach,   Bep.  60  führte  (O.  J.  A.  '6,  336;  vgl.  o.  Bd.  1  Sp.  419. 

d.  V.  p.  1  S.  134 f.;  vgl.  unten  5^) :  1.  Phaidimos.  Boehm  im  Arch.  Jahrb.  4,  1889  S.  208 f.    Bethe 

2.  Daidochos  {d.h.  JaSovxos,  J.  Boehlau,  Butes  ebenda  5,  1890  im  Arch.  Anz.  S.  27 f.).  Jessen 
u.   Koronis,    in    den'  Bonn.   Stud.   S.  133,  33).  bei  Pauly-Wissowa  unter  Epitragia  vermutet 

3.  . . .  Qv&csveg  (d.  h.  Eurysthenes).  4.  Heuchsi-  dagegen,  daß  Aphrodite  auf  dem  Bocke  reitend 
Stratos  (d.  h.  Euxistratos).  5.  Antiochos.  6.  Her-  den  Weg  nach  Kreta  gezeigt  haben  sollte, 
nipos.  7.  [PJrokritos.  —  1.  Hipodameia.  2.  Me-  während  Mommaen,  Feste  der  Stadt  Athen 
nestho.  3.  Koronis.  4.  Damasistrate.  5.  Asteria.  S.  450 f.,  das  Ziegenopfer  auf  den  Artemisdienst 
6.  Lysidike.  7.  [EJriboia.  bezieht. 


693  Theseus  (Zug  nach  Kreta)  Theseus  (Zug  nach  Kreta  694 


{liakchyl.  17,  14.    Klitins- VranQoisvase,  Hygin 
p.  astr.  2,  5,  —  Periboia,   Paus.  1,  17,  3),   der 


Als  Steuermann   für  die  Fahrt  nacli   Kreta 
diente  Phereklos  Amarsyadas  (s.  d.  ur.  '2,  oder 

NauwithooH    (s.  d,  nr.  2),    als   Untersteuermann  Tochter    des    megarischen    Königs    Alkathoos 

l'haiax  (a,  d.  nr.  2);  letztere  beiden  zur  Schilf-  {Paus.  1,  42,  1),   in  Liebe  zu  bemächtigen,   die 

fahrt    in   Beziehung    stehende    Heroen    liatten  er  später  nach  PliU.  TU.  29  und  nach  Pherekyd. 

Kapellen    in    Phaleron   neben    dem   Heiligtum  l*ei  Athen.  13,  4,  ööT  selbst  heiratete;  hier  wird 

des  altsalaminischen  Heros  Skiros  (s.  d.),  einer  sie  von  Istros  Meliboia  genannt,    welche  auch 

Nebenlorm   dos   Skiron   {Toepff'er,  Att.  (ienc.ul.  Statins  '.st/??.  3,  6,  4H)   als   Gattin   des  Theseus 

S.  274),    die    von    Theseus    gegründet    worden  erwähnt  (IVipff'er,  Att.  GeneaJ.  S.  271).  Bei  dem 

sein  sollten  (JVwY.  Th.  17),  so  daß  er  als  Stifter  lO  deshalb   entbrennenden   Streite    holt  Th.   zum 

der  Kybernesia  galt.     Vgl.  oben  4,  996  ff.  Beweis   seiner   durch    den    Zeussohn   Minos   in 

Die  früher    auf  den  Abschied   des  Theseus  Zweifel  gezogenen  Abstammung  von  Poseidon 

von  Aigeus  bezogenen  Bildwerke  (Heydemann,  einen  Siegelring  vom  (»runde  des  Meeres  wie- 

Anal.  Th.  S.  30  tf.     M.  Mayer,  Arch.  Zeit.  42,  der  herauf,   den  jener  vom    Bord   des  Schiffes 

1884  S.  271  ff.     Jieinach,  Bep.  de  rel.  3,  22,  2)  aus  hinabge.schleudert  hatte,  wie  ähnliches  auch 

sowie   die    von  Stephani  als  Ab.s;chieds-ö3roi'«^rJ  sonst   von    Meergottheiten    berichtet    wird    {S. 

aufgefaßten   Vasenbilder    (Compte- revdii   d.    l.  Wide,    Theseua  ii.  d.  Meersprung  hei  Rakchyli- 

comm.  arch.  St.  Petersb.  1873  S.  130.  157.  171  ff'.  des    in   der   Festschrift   f.  O.  Jienndorf,    Wien 

180.  185.  251.    —  1877  S.  122  ff.)   sind    anders  1898,  S.  13ff.).    Sobald  Th.  ins  Meer  gesprungen 

zu   deuten;    sein  Versprechen   hinsichtlich   des  20  ist,  wird  er  von  seinem  Halbbruder  Triton  (s.  d.) 

schwarzen  Segels  ist  oben  Bd.  1  Sp.  146,  20 ff'.  (Euphroniosschale    und,    wahrscheinlich    nach 

und  bei  Hygin.  fah.  41  behandelt.  Mikons  Vorgang  (u.  22),  der  Krater  zu  Bologna) 

Auf  der  Fahrt  nach  Kreta  landete  Th.,  wie  oder   von  Delphinen  {Bakchyl.  17,  97.    Hygin. 

nuch   im    Paian    des  Bakchylides  (17)   und  in  p.  astr.  2,  5;    vgl.  K.  Klement,  Arion  S.  .31  f. 

Piaions  Phaidon  (1)  angedeutet  wird,   infolge  43 f.)  zum  Palaste  seines  Vaters  getragen.    Heim 

eines  Sturms  auf  Delos  und  gelobte  dem  Apol-  Anblick  der  tanzenden  Nereiden  gerät  er  in 

Ion    O^Xiog   und   der  Artemis    OvXia,    die   hier  Schrecken;  er  wird  aber  von  Amphitrite  freund- 

als    Gottheiten    der    Rettung    verehrt    wurden  lieh  begrüßt  und  empfängt  von  ihr  einen  pur- 

{Prcller-Bobert,  Gr.  M.  1  S.  278, 1),  nach  Tötung  purnen  Mantel  (vgl.  Bohert,  Th.  u.  Meleagr.  hei 

des    Minotauros    Darbringung    von    Ölzweigen  30  Bakchyl.  im  Hermes  33,  1898  S.  143)  und  einen 

und  ein  Opfer  (P7ier«%^.  bei  J/ac/o?>.  »Sa^.  1,17,  Rosenkranz,   den   sie   einst  als   Hochzeitsgabe 

21;    vgl.  0.  Bd.  1  Sp.  584,  20.    Schol  Aristoph.  von  Aphrodite  erhalten  hatte  (^aJfccÄyZ.  17, 112 ff. 

equit.  729.  Paus,  bei  Eustath.  II.  1283, 8ff.),  d.h.  Paus.  1,  17,  3).  Auf  den  unt.  §  22  besprochenen 

die  Sendung  der  jährlichen  Theorie  nach  De-  Vasenbildern  hält  Amphitrite  den  Kranz  in  der 

los  (s.  unten  40),  sowie  die  Stiftung  der  beiden  Hand,   auch    auf  der  Euphroniosschale,   wo  er 

Fruchtopfer    des    Pyanopsienfestes    {Mommsen,  zum    großen    Teil    verschwunden    ist    {Pottier, 

Feste  d.  Stadt  Athen  S.  282).  Vases  ant.  du  Louvre  2  G  104  S.  155).     Ähn- 

Der  Sage   nach  benutzte  erstere   auf  ihrer  lieh  lautet  der  Bericht  bei  Hy^n.  p.  astr.  2,  5, 

Fahrt   das  immer  wieder  ausgebesserte  Schiff  vielleicht  nach  Hegesianax,  wie  Bohert  a.  a.  0. 

des  Theseus  (Plat.  Phaed.  1.    Kallim.  Del.  314.  40  S.  147  vermutet,  nur  wird  nach  der  einen  Über- 

Plut.  Th.  23;   vgl.  Philoch.  b.  Schol.  Soph.  Oed.  lieferung    daselbst    der    Kranz    dem    Th.    von 

Kol.  1047),    so   daß  man  sie    Ende  April    an-  Thetis  (vgl.  u.  46)   übergeben;    er  selbst  aber 

setzen  müßte;  in  Wirklichkeit  scheint  sie  aber  schenkt  ihn  dann  der  Ariadne,   und  Dionysos 

weit  früher  abgesandt  worden  zu  sein  (C.  Bo-  versetzt  ihn  unter  die  Gestirne  (o.  Bd.  1  Sp.  542). 

bert  im  Hermes  21,  1886  S.  161  ff.  u.  im  Arch.  Nach  dem  Verfasser  der  Kretika  dagegen,  der 

JaÄr6.  5,  1890  S.  225, 11.    Ä.  Mommsen  in  Bur-  nach    Boberts    Schätzung    {Eratosth.    cataster. 

sians  Jahresber.  1886  S.  338f.  1889  S.  257.    Feste  S.  243)   nicht   vor   dem   5.  Jahrh.  v.  Chr.  anzu- 

d.  St.  Athen  S.  451).  setzen  ist,  nach  M.  Mayer  {Gig.  u.  Tit.  S.  228, 

^<9.  Von  vorstehender  Darstellung  abweichend  176)  aber  bis  in  die  Zeit  Alexanders  herabzu- 
berichtet  Hellanikos  fr.  73  bei  Plut.  Th.  17,  4  50  rücken  wäre  (vgl.  E.  Neustadt,  De  love  Cretico 
und  wahrscheinlich  nach  ihm  Istros  bei  Diod.  S.  20.  40,  der  ihn  für  einen  Alexandriner  er- 
4,  61  und  Paus.  I,  17,  3  {Wellmann,  De  Istro  klärt),  hatte  diesen  Kranz,  ein  Werk  des  He- 
Call.  S.  91  ff.;  vgl.  B.  Wagner,  Ep.  Vat.  S.  126),  phaistos  {Ovid.  fast.  3,  513f.  Serv.  Verg.  Georg. 
darß  Minos  selbst  die  Kinder  und  besonders  1,  222),  Dionysos  der  Ariadne,  noch  vor  seiner 
den  Th.  ausgewählt  und  mit  sich  fortgeführt  Vermählung  mit  ihr,  im  Hause  des  Minos,  ge- 
habe, eine  Sagenform,  welche  auch  die  Er-  schenkt.  Auf  einer  Vermischung  dieser  beiden 
Zählung  in  dem  um  470  v.  Chr.  entstandenen  Darstellungen  scheint  es  zu  beruhen,  wenn  er- 
Paian  des  Bakchylides  (17)*)  und  das  Gemälde  zählt  wird,  Aphrodite  und  die  Hören  hätten 
des  Mikon  im  Theseustempel  am  Gymnasien  ihn  der  Ariadne  bei  ihrer  Hochzeit  mit  Dio- 
des  Ptolemaios,  nicht  weit  vom  Markte  zu  60  nysos  auf  der  Insel  Dia  gespendet  {Eratosth., 
Athen,  nach  der  Beschreibung  des  Pausanias  Schol.  Arat.  a.  d.  a.  0.  Hygin.  p.  astr.  2,  5,  3; 
(1,  17,  3)  zur  Voraussetzung  hat  {22).  Th.  ver-  vgl.  o.  Bd.  1  Sp.  542  u.  Neustadt  a.  a.  0.  S.'29'ff.)l 
hinderte  den  Minos,  sich  unterwegs  eines  der  Sie  hält  ihn  bereits  auf  der  Darstellung  des 
sieben    weggeführten    Mädchen,    der    Eriboia  Kypseloskastens  und  auf  zwei  sehr  alten  Vasen- 

«\  T^     -o  •       j     T,  1  ,   ,j      •  X     lu  X    •        ,  ^  bildern  in  der  Hand  (Paus.  5. 19. 1:  vel.  Hitzia- 

*)  Der  Paian   des  Bakchylides   ist   selbst   ein   solches  ^.7  ••               j            ci     . -,  ,0            .  i  i        '     '   *  6^- -"*•'"*' *i/ 

Preislied,   das    zu    dem  von  Theseus   gestifteten  Festtanz  ^J.^^!^^  ^^^"^  ?•  ^^^-  —  ^H^'   ^^    unt.  §  37.  — 

(s.  unten  40)  von    einem   Knabenchor   aus  Keos   vor   dem  Münchener  Becher   des  Glaukytes   U.  Archikles, 

Altar  des  ApoUon  in  Delos  vorgetragen  worden  ist.  0.  18 c).    Th.  fand  sich  dann  bei  seinem  Glänze 


(59Ö  Theseus  (Zug  nach  Kreta) 

wieder  aus  dem  Labyrinthe  heraus,  so  datJ  er 
geradezu  deu  Knäuel  der  landläufigen  Sa;;e 
vertritt  (Epiinenid.  bei  Ps- EratoatJi.  cntast. 
reliq.  5  S.  66.  Robert.  Schol  Arat.  v.  71.  ISchol 
Germ.  Arat.  v.  71  S.  62.  111)  f.  Breysig).  Wäh- 
rend der  Kranz  nach  der  gewöhnliclien  An- 
nahme aus  Gold-  und  Edelsteinen  bestand, 
war  er  nach  Timach.  bei  AtJien.  16,  32  S.  684 F 
aus  der  einer  Apfelblüte  ähnlichen  Blume  d-i]- 
csiov  gewunden,  welche  der  Leukerea  (s.  d.)  lo 
oder  Leukothea  {E.  Neustadt  a.  a.  0.  S.  83  ff.) 
heilig  ist.  Über  den  Ersatz  des  Kranzes  durch 
den  Kaden  vgl.  0.  Keller  in  Fleckeisefis  Jahrb. 
136,  1887  S.  52. 

21.  Den  von  Minos  ins  Meer  geworfenen 
King  geben  nach  Hygin.  p.  astr.  2,  5  die  Ne- 
reiden dem  Theseus  zurück;  bei  Bakchyl.  wird 
er  nicht  wieder  erwähnt,  und  auch  auf  den 
Vasenbildem  ist  er  nicht  dargestellt,  falls  nicht 
etwa  auf  der  Vase  Tricase  {22  Abb.  3)  der  20 
Gegenstand  in  der  Hand  des  Th.  mit  C.  Jatta 
und  E  Petersen  {Rom.  Mitteil.  9,  1894  S.  229f. 
Tf.  8)  als  Schachtel  oder  Muschel  gedeutet 
werden  darf,  in  welcher  der  Ring  verborgen 
wäre.*)  Der  Knöchelring,  den  Th.  auf  zwei 
Vasen  strengen  Stils  trägt,  ist  dagegen  ohne 
Bedeutung,  da  er  in  einer  gewissen  Periode 
der  Vasenmalerei  lediglich  als  Modestück  vor- 
kommt. Ebenso  steht  es  mit  dem  Fingerring 
des  Th.  auf  einem  Gemälde  aus  Herculaneum  30 
{Rotix,  Herc.  u.  Pomp.  2,  2,  2;  vgl.  Barre  u. 
Kaiser  ebenda  S.  4 f.);  erscheint  doch  auf  dem- 
selben Bilde  ein  solcher  auch  an  der  Hand 
eines  der  Mädchen.  Sicherlich  beweist  das 
Schweigen  des  Bakchyl.  aber  nicht,  daß  er  das 
Wiederbringen  des  Rings  abgelehnt  habe,  wie 
E.  Schwarz,  Zu  Bakchyl,  im  Hermes  39,  1904 

S.  (»41,  annimm*.  Nach  Paus.  1, 17,3  brachte  ihn 
Th.  aus  dem  Meere  wieder  herauf,  doch  auch  Mi- 
kon  hat  ihn  auf  seinem  Gemälde  wahrscheinlich  40 
nicht  dargestellt  {Robert,  Hermes  33, 1898, 140). 
Bei  diesen  Sagenformen  tritt  Poseidon  selbst 
in  den  Hintergrund.  Anders  bei  der  später 
gewöhnlichen  Auffassung,  die  zuerst  bei  Eurip. 
Hipp.  887  ff  1315ff.  vorzukommen  scheint.  Hier- 
nach empfängt  den  Th.  sein  Vater  persönlich 
und  verspricht  ihm  dabei  die  Gewährung  dreier 
Wünsche,  infolge  deren  Th.  später  aus  dem 
Labyrinth  und  aus  der  Unterwelt  gerettet  wird 
{Cic.  de  off.  1,  10,  32.  3,  25,  94;  de  nat.  deor.  3,  50 
31,  76.  Schol.  Eur.  Hipp.  1349.  Äshiep.  Trag. 
b.  Schol.  Hom.  Od.  11,  321);  den  letzten  ihm 
frei  stehenden  Wunsch  verwendet  er  zur  Tötung 
seines  Sohns  Hippolytos  (o.  Bd.  1  Sp.  2682). 

22.  Was  di^  künstlerische  Überlieferung 
dieses  Mythos  betrifft,  so  sind  uns  vier**)  Dar- 
stellungen auf  rotfigurigen  Vasen  erhalten***); 

*)  Vgl  eine  andere  Erklärung  bei  Jacobsthal,  Th  auf 
d.  Meeretgr.  S.  8. 

**j  Die  Zeichnung  der  Portlandvase,  die  als  „Thoseus  ^^ 
auf  dem   Meeresgrund"   gedeutet   worden  ist  {Klein,   Eu- 
phron."^  S.  l>^6  Anm.  1),   wird   besser  auf  Peleus  u.  Thetis 
bezogen    (Oeerbeck,  Thcb.  u.  Troisch.  Bäder  kr.  S.  204   nr.  49. 
Ghirardini  im  Mut.  Ital.  3,  1888  Sp.  85). 

***)  Ausführlich  behandelt  ron  P.  Jacobtthal,  Th.  auf 
d.  Meereigrund.  Ein  Beitrag  zur  Getch.  der  griech.  Malerei. 
Leipzig  1911.  Vgl.  auch  H.  Weil,  Journ.  d.  Sav.  1898  S.  .-«Sfif. 
U.  V.  Wilamowitz-Möllendorf,  Bakchyl.  S.  26  ff.  Revue  d'  äudet 
gr.  11   8.  46. 


Theseus  (Zug  nach  Kreta)  696 

und  zwar  fassen  zwei  von  ihnen,  ein  Krater 
aus  Agrisrent  {Mon.  d.  Inst.  1,  ö2f.  Wclcker, 
A.  D.  3  Tf.  26,  o.  Bd.  1  Sp.  lG79ff.,  wo  die 
Darstellung  auf  (ilaukos  bezogen  wird)  und  die 
Vase  Tricase  aus  Ruvo  {G.  Jatta,  Not.  d.  sc. 
1893  S.  242ff.  E.  Petersen,  Rom.  Mitt.  9,  1894 


8)  Theseus  bei  Poseidon,  anwesend:  Amphitrite  und^ 
Nereiden,  Vase  Tricase  (nach  Rom.  Mitt.  9,  1894  Tf.  8). 

S.  229  f.  Tf.  8,  1;  8.  Abb.  3;  Ghirardini,  Rendic. 
d.  R.  Acc.  d.  Line.  1895  S.  86  ff.)  die  Szen§ 
noch  in  altertümlicher,  der  Aufnahme  des  He- 
rakles in  den  Olymp  nachgebildeter  Art  {Ja- 
cohsthal  a.  a.  0,  S.  7  f.)  als  einfache  Begrüßung 
auf:  Th.  reicht  seinem  Vater  Poseidon  die 
Hand;  Amphitrite  hält  den  Kranz,  mit  dem 
sie  ihn  schmücken  will.  Außerdem  sind  Ne- 
reiden und  auf  der 'zweiten  Vase  vielleicht 
Nereus  zugegen.  Zum  Typus  i.st  die  Achilleus- 
vase  o.  Bd.  3,  249,  47  zu  vergleichen.  Die  bei- 
den andern  Gefäße,  die  Schale  des  Euphronios 
aus  Gäre  im  Louvre  (Schale  c.  —  A.Smith,  Journ. 
ofheV.stud.  18, 1898  S.  276  ff.  Tf.  14.  Klein,  Gr. 
Vas.  m.  Meisters*  S.  141.  Baumeister,  Denkm. 
S.  1793  Fig.  1877.  Pottier,  Vases  ant.  du  Louvre 
2  G  104  Tf.  102.  Winter,  Kunst gesch.  in  Bildern 
1,  89,  2.  Für twängler- Reichhold  Tf.  5;  s.  Abb.  4 


4)  Theseus  mit  Athene  vor  Amphitrite,  anwesend  Triton, 
Schale  des  Euphronios  (nach  Winter,  Kunttg.  in  Bildern  1,89,2). 

und  Vgl.  Schreiber  o.  Bd.  1  Sp.  320  Anm.)  und 
der  Krater  von  Bologna  {Mon.  d.  Inst.  Suppl. 
Tf.  21.     Mus.  Ital.  3   Tf.  1.    Reinach,    Rep.  1 


f)97          Theseus  (Zug  nach  Kn'ta)  Theseus  (Zug  nach  Kreta)          698 

S.  2S2  u.  527;  h.  die,  Abb.  beim  Artikel  'Jriton)  angef.  ötollcn).    Die  Lieferung  des  Knäuels  ist 

stehen  wahrscheinlich  mit  dem  o.  2(f  erwähnten  der  Grund,   weshalb  Daidalos  selbst  zuweilen 

üemälde  des  Mikon  im  Theseion  zu  Athen  in  als  Retter  des  Th.  genamit  wird  {Verg.  Aen.  6, 

einer  gewissen  Beziehung  {Moherf,  Dir  Nekyia  2üf.  Serv.  zu  6,  14.  Myth.  Vnt.  1,  43,  2,  124,  u. 

d.  Polygnot,  S.  40  f.,  u.  HermcH  33,  1898  S.  134  ff.  vgl.  o.  Bd.  2  Sp.  1781,  39).    Ja  nach  dem  Schol. 

142.  Klein,  Euphron.'*  S.  IHotF.  Petersen  a.a.O.  Lucun.  Phars.  2,  612  im  Voss.  II  gab  Daidalos 

S.  2.'50.  K.  Klement,  Arion  8.  44).*)  dem    Th.    Pillen    aus  Pech    und    Haaren    zum 

Da  das  Theseion  erst  um  474   v.  Chr.    neu  Fräße  für   iMinotauros   {li.  Holland,  Die  Sage 

aufgebaut  wurde  (4.9),   des  Kuphronios   Tätig-  v.  Daidalos  u.  Ikaros  S.  11,  3). 

keit  aber,  wie  die  Ausgrabungen  auf  der  Akro-  lo  Bildlich  ist  die  Knäuelübergabe  auf  einem 

polia   gezeigt   haben,    mit  Furtirängler   (Perl.  später  Zeit  angehörigen   Relief  zu  Pest  (Pei- 

Phil.  Wochenschr.  1894  Sp.  109)    zwischen   510  nach,   Itep.  de  rel.  2,    118,    1)   und    auf   einem 

u.  470  V.  Chr.,    oder  vielleicht  mit   W.  Klein  Tonmedaillon  aus  Vienne  {Fröhner,  les  mus.  de 

{Gesch.  d.  gr.  Kunst  1   S.  293 ff.)  kurz   vor  490  France   S.  62,    14)   dargestellt;    hier   übergibt 

bis   bald   nach   470    anzusetzen   ist,  so   bietet  Ariadne  sitzend  dem  vor  ihr  stehenden,  nur  mit 

dessen   Schale  jedenfalls    noch   den   alten   im  Mantel  bekleideten  und  das  pedum  haltenden 

Theseustempel  des  Peisistratos  (unten  53)  vor-  Th.  den  Knäuel ;    hinter  ihr    die   Statue  einer 

gebildeten  Typus,  der  Krater  von  Bologna  aber  Göttin,   hinter  Th.   ein   Hoplit.     Auf  ersterem 

wird  wohl  von  Mikons  Wandgemälde  abhängig  stehen  beide,  und  im  Rücken  des  Th    ist  der 

sein    {H.  Pulle,  o.  Bd.  3   Sp.  2880.    P.  Sauer,  20  Eingang  des  Labyrinths  sichtbar.     Auf  einem 

JV.  JaÄW>.  15,  1912  S.  482;  dagegen  spricht /a-  Wandgemälde    zu    Pompeji    {Heibig,    M'andg. 

cobsthal  a.  a.  0.  S.  8  ff.).     Am   schärfsten  tritt  nr.  1211)  hält  Th.  eine  Harpe  (vgl.  Jahn,  Ar  eh. 

die  künstlerische  Neuerung  hier  in  der  Gruppe  Peitr.  S.  256;  o.  Bd  2  Sp.  1545)  in  der  Linken, 

des  Th.  und  Triton   hervor,  in   der  die  alter-  hinter  ihm  das  Tor  des  Labyrinths,  auf  einem 

tümliche  Steifheit  völlig  geschwunden  ist  {Ro-  andern  {ebenda  nr.  1212)  legt  er  sich  Schwert 

bert  im  Arch.  Anz.  4,  1889  S.  141.  Furtwängler  und  Gewand  um,  während  Ariadne  den  Knäuel 

ebenda  S.  51).     Die  Motive  beider  Gefäße  ver-  hält,  die  ihm  auch  ersteres  geliefert  haben  soll 

einigt  in  sich  der  Triton  (s.  d.)  vom  Westgiebel  {Palaeph.  2). 

des  Persephonetempels  in  Lokroi  {Ant.  Denkm.  24.  Endli<;h  findet  sich  die  Knäuelübergabe 

1  Tf.  52  u.  danach  Collignon,  Gesch.  d.  gr.  Plast.  30  auf  einem  Felde  des  Salzburger  Mosaiks  {Jahn., 

2  S.  167).  Endlich  erscheint  Th.  vor  Minos  auf  Arch.  Beitr.  S.  256.  Arndt,  Arch.  Anal.  Tf.  5a. 
einem  etruskischen  Spiegel,  wo  ihm  irrtümlich  Engelmann,  Pilderatl.  zu  Orid  Tf.  14,  92  a)  und 
Hercle  beigeschrieben  ist  {G.  Körte  in  den  auf  einem  solchen  zu  Horkstow  {Th.  Morgan, 
Strena  Helbigiana  nr.  29  S.  164 ff.),  sowie  an  Pom.-brit.  mosaic-pavem.  S.  136),  so  wie  sie 
einem  Sarkophag,  den  C.  Robert  {A.  collect,  of  einst  unter  den  die  Theseussage  behandelnden 
roman  sarcoph.  at  Cliveden  im  Journ.  of  hell.  Gemälden  zu  Gaza  dargestellt  war  {Chorik  Gaz. 
f-tiid.  20,  1900  S.  81  ff.  Tf.  8)  in  die  erste  Hälfte  ekphr.  eik.  S.  157  f.  ed.  Poiss.).  Dagegen  wohnt 
des  3.  Jahrh.  setzte.  Yg\.  M.  Mayer,  Arch.  Zeit.  Ariadne  mit  dem  Knäuel  in  der  Hand  der 
1884  S.  271.**)  Erlegung  des  Minotauros  bereits  auf  den  älte- 

23.  Nach  der  Ankunft  des  Th.  auf  Kreta  wird  40  sten  Bildwerken  bei  (s.  u.  25 ;  vgl  Darewberg  "u. 
Ariadne  wohl  durch  die  Macht  der  Aphrodite,  Saglio  2  S.  6.  R.  Holhmd,  Die  Sage  v.  Daidalos 
die  er  auf  Apollons  Geheiß  zur  Führerin  ge-  u.  Ikaros  S.  27).  —  Über  den  Eintritt  des  Th. 
wählt  hatte  (s.  0.  19),  besonders  aber  wegen  in  das  Labyrinth  auf  einem  sf.  Gefäße  von  der 
seiner  außerordentlichen  Schönheit  von  Liebe  Akropolis  s  56.  Als  Waffe  benutzt  Th.  nach 
für  ihn  ergriffen  [Pherekyd.  b.  Schol.  Hom.  Od.  älterer  Anschauung  das  Schwert  {25  f.  u.  d. 
11,  320  F.H.  G.  1,  97,  106.  Hygin.  f.  43.  270.  Abb.  o.  Bd.  2  Sp.  3006 f.),  nach  späterer  die 
Catull.  64,  175f.  Diodor  4,  61.  Seneca  Hipp.  Keule  {Ovid.  heroid.  4,  115.  10,  77.  101.  Nonn. 
646 ff.  Dio  Chrys.  or.  29  S.  328,  30  Dind.  Plut.  Dion.  47,  436;  vgl.  27.  31  f.  35);  zuletzt  über- 
Th.  19,  1;  vgl.  30  u.  Paus.  1,  19,  1.  Philostr.  windet  er  den  Gegner  durch  die  Kunst  des 
im.  1,  15.  Lactant.  narr.  fab.  8,  2.  Serv.  z.  Verg.  50  Pankrations  {Schol.  Pind.  Nem.  3,  27.  5,  89. 
Aen.Q,  14.  Myth.  Vat.l,  43.  2,  124),  daher  sie  Apollod.  epit.  1,  9;  vgl.  Catull.  54,  110  f.  R. 
ihm  denn  auf  der  Klitias-Fran9oisvase  {Furt-  Wagner.,  Epit.  Vat.  S.  llOf ;  vgl.  27  f.  30.  33 f. 
wängler-Reichold  Tf.  13.  Wiener  Vorl.  1888,  3)  u.  d.  Abb.  0.  Bd.  2  Sp.  3009),  weshalb  dann  er- 
einen Apfel  als  Liebeszeichen  überreicht.  Sie  zählt  wurde,  daß  die  Opfer  entwaffnet  nach 
übergibt  ihm  dann  nach  späterer  Sage  den  auf  Kreta  kommen  mußten  {Hellnn.  F.  H.  G.\,  54, 
ihre  Bitten  von  Daidalos  gelieferten  Knäuel  (o.  73.  Apollod.  bibl.  3,  15,  8).  Nach  Pherekydes 
Bd.l  Sp.540  M. Catull. Q,4c,ll^.  Hyg.  f. 4:2.  Propert.  {Schol.  Hom.  Od.  11,  320)  gab  ihm  Ariadne  den 
3,  14,  7  f.  Ovid.  fast.  3,  462.  heroid.  4,  59  f.  10.  Rat,  wenn  er  im  innersten  Teil  des  Labyrinths 
12. 105.  met.S,n2t  Seneca  Hipp.  661,  \g\.  650.  den  Minotaures  schlafend  anträfe,  zunächst 
Lukian.  Herrn.  47.  Nonn.  Dion.  47,  368 ff.  385.  60  seine  Stirnhaare  abzuschneiden  und  ihn  dem 
435 ff.  48,  549,  sowie  die  o.  Bd.  2  Sp.  1781,  41  ff.  Poseidon  als  Opfer   zu   schlachten,   dann   aber 

den  am  Eingang  befestigten  Faden  wieder  auf- 

*)  Eine   in   wesentlichen    Zügen   abweichende,   aber  wickelnd    zurückzukehren.      Als    Schützcrin^im 

nicht  überzeugende  Deutung  bietet  Svoronos,  Mvijfi.  tou  Kampf  stand  ihm  Athene  zur  Seite  {Dio  Chrys. 

''^^•'**;  ^XV'^'^u!^'-^:  T\  ■.    ^.      .      r  ^        ,.  or.  so  S.  291,  25  Dind.). 

-)  Mit  Unrecht   18t   der  Trxtonkampf  auf  dem  alten  ^          MinotaurOS  und  den  Kampf  Selbst 

Pmax  von  Praisos   hierher  gezogen  worden   (Elderktn  im  .    ,        ;    «^  «v^^          i.^^ul*            ^^,  ^      ...          j^      y    , 

Amer.  journ.  of  Arch.  14,  1910  S.  190 ff.  Athen.  Mitt.  31,  1906  Ist   SChon   0.   Bd.  2    Sp.  3005  ff.,   ubcr   das  Laby- 

S.  391  Fig.  2).  rinth  Sp.  1778  ff',   gehandelt.     Im   Anschluß  an 


699            Theseus  (u.  Afliootauros)  Theseus  (u.  Minotaiiros)             700 

A.  J.  Evans  berichtet  A'.  Tittel  {llherg  u.  gra  {Bauet,  Gaz  arch.  9,  1884  Tf.  1.  Wulff 
Gerihs  N.  J.  1903  S.  403  ff.)  von  einer  Wand-  a.  a.  O.  S.  6).  Immer  packt  hier  Th.  den  vor 
maierei  in  einem  Korridore  an  der  Ostseite  ihm  stehenden  Min.  mit  <].  L.  am  Hern  und 
des  Palastes  zu  Knosos,  die  in  voller  Form  als  führt  mit  d.  R.  einen  Schwertstoß  nach  dessen 
L'rbild  der  Labyrinthdarstellnngen  auf  späte-  Brust;  hinter  ihm  hält  Ariadne  den  Knäuel 
ren  Münzen  von  Knosos  (o.  Bd.  2  Sp.  8008)  in  d.  R.,  durch  die  erhobene  L.  läßt  sie  wahr- 
betrachtet werden  kann.  Eine  Abbildung  der  schein  lieh  überall  (sicher  auf  B)  den  abge- 
Palastanlage  ist  sie  nicht,  eher  ein  Erklärungs-  vj^ickelten  Faden  laufen.  Auf  C  und  D  er- 
Tersach  für  die  Erfahrung,  daß  aus  dem  Toten-  innert  die  Stellung  des  Min.  bereits  an  das 
reich  niemand  4en  Rückweg  ins  Leben  findet,  lo  Laufschema,  das  auf  den  sf.  und  den  älteren 
P.  Perdrieet  (Die  Hauptergehn.  der  Ausgr.  in  rf.  Vasen  für  ihn  bezeichnend  ist.  Aus  ihr 
Delphi,  ebenda  1908  S.  24)  deutet  das  Laby-  ist  diejenige  der  altertümlichen  chalkidischen 
rinth  als  den  Palast  der  kretischen  Doppelaxt  Hydria  {E)  im  Louvre  {Man.  d.  Inst.  V>  Tf.  15; 
{XdßQvg),  deren  Kult  nach  Delphi  übertragen  vgl.  Dümmler  im  Arch.  Jahrb.  2,  1887  S.  21,  9) 
worden  ist,  wie  die  Ausgrabung  erwiesen  hat.*)  hervorgegangen,  wo  der  als  Tavgos  Mivaios 
In  dessen  entlegenstem  Teile  traf  Th.  mit  bezeichnete  Minotauros  nach  rechts  laufend 
Minotauros  zusammen  (o.  Bd.  2  Sp.  1781,  36).  seinen  Gegner  mit  d.  R.  umfaßt,  zugleich  aber 
Der  Kampf  selbst  gehört  zu  den  seit  frühester  von  diesem  umschlungen  und  mit  dem  Schwert 
Zeit  in  typischer  Art  dargestellten  Szenen.  Die  durchbohrt  wird.  Die  Zugehörigkeit  der  übri- 
älteste,  vielleicht  durch  das  orientalische  Schema  20  gen  von  0.  Wulff'  S.  18  n.  auf  diesen  Typus 
des  ein  aufgerichtetes  Ungeheuer  bekämpfen-  bezogenen  Vasenbilder  erscheint  zweifelhaft, 
den  Helden  (o.  Bd.  2  Sp.  786  u.  791)  beein-  jedenfalls  stürmt  auf  der  altertümlichen  atti- 
flußte  Form,  die  auch  auf  altgriechischen  Re-  sehen  Hydria  F  bei  Gerhard  (A.  V.  311. 
liefs  vorkommt  (Spartanische  Stele  bei  Milch-  Reinach,  rep.  2  S.  153)  Minotauros  mit  Steinen 
höfer,  Anf.  d.  Kunst  in  Griech.  S  187 ff.;  vgl.  in  den  Händen  im  Laufschema  dem  Th.  ent- 
Yase  aus  Syrakus  bei  Dümmler  im  Arch.  Jahrb.  gegen  (vgl  Pottier,  Va^es  ant.  du  Louvre  2  F 
2,  1887  S.  21),  tritt  uns  in  vierundeinhalb  er-  62  PL  68  auf  dem  Rande  eines  Kraters  oder 
haltenen  Exemplaren  zum  Benähen  von  Ge-  Dinos),  während  er  in  den  ältesten  Darstel- 
wändern  bestimmter  gepreßter  oder  getriebener  hingen  entschieden  Steine  nicht  als  Waffen 
Goldplättchen  aus  Korinth  (A)  entgegen,  deren  30  benutzt.  Bereits  fliehend,  aber  noch  von  vom 
eines  o.  Bd.  2  Sp.  3007  nach  Furtwängler,  Arch.  erscheint  Minotauros,  und  zwar  am  ganzen 
Zeit.  42,  1884  Tf.  8  S.  106 ff.,  abgebildet  wor-  Leibe  behaart,  auf  der  Schale  des  Archikles 
den  ist.  Hinter  Th.  steht  Ariadne  mit  dem  und  Glaukytes  in  München  {G — Gerhard  A. 
am  Original  in  Berlin  sichtbaren  Knäuel  in  V.  B.  236.  Wiener  Vorl.  1889  Tf.  2.  Reinach  2 
der  Rechten  ( Furtwängler  a.  a.  0.  Sp.  107.  S.  119);  er  greift  in  das  ihn  bedrohende  Schwert 
O.  Wulff,  Z.  Theseussage  S.  6f.).  Goldplättchen  seines  Gegners,  der  »ein  linkes  Hörn  gefaßt 
gleicher  Art  mit  anderen  mythischen  Darstel-  hat.  Auf  dem  korinthisch-attischen  Gefäß  in 
lungen  sind  durch  das  Alphabet  gelegentlicher  Leiden  {H — Roulez,  Cfioix  de  vases  peints  du 
Beißchriften  als  argivisch  erkannt  und  dem  musee  d'antiquites  de  Leyde  Tf.  10  S.  38.  Hol- 
7.  Jahrh.  v.  Chr.  mit  Sicherheit  zugewiesen  40  werda,  Jahrb.  d.  Inst.  5,  1890  S.  245)  und  auf 
worden.  Sie  haben  auf  den  Bildschmuck  der  der  vielleicht  chalkidischen  Amphora  in  Cagliari 
Kypsele,  de.s  amykläischen  Throns,  sowie  auf  (J — Bull.  Nap.  nouv.  ser.  4  Tf  13)  aber  packt 
die  korinthische  und  attische  Vasenmalerei  Th.  den  völlig  abgewandt  im  Lauf  nieder- 
des  6.  Jahrh.  stark  eingewirkt  {Klein,  Gesch.  sinkenden  Minotauros  am  linken  Arm. 
d.  gr.  Kunst  1  S.  77.  79),  wie  ja  auch  der  Mi-  An  Nebenfiguren  treten  auf  diesen  ältesten 
notauroskampf  am  amykläischen  Thron  dar-  Darstellungen  außer  Ariadne  Minos  (E,  F^H), 
gestellt  wurde  {Paus.  3,  18,  16;  vgl.  0.  12).  Athene  {F ,  H  u.  mit  Lyra  G),  Hermes  und 
Demnach  vertreten  sie  die  vorathenische  Ent-  verschiedene,  von  den  Opfern  {H)  auf. 
Wicklungsperiode  der  Theseusbildung  {F.  27.  Die  den  Minotauroskampf  enthaltenden 
Dümmler,  Arch.  Jahrh.  2,  1887  S.  21  f;  vgL  50  schwarzfigurigen  Vasen  hat  zuerst  1842  L. 
Conze,  38.  Berl.  Wincfcelmanmpr.  1878  S.  8),  Stephani  a.  a.  0.  S.  66  ff.  zusammengestellt, 
die  Dümmler  nach  Chalkis  verlegt,  eine  Frage,  wesentlich  vervollständigt  haben  seine  Auf- 
die  unten  §  77 f.  weiter  erörtert  wird.  zühlungO.Jahn,  Arch.  Beitr.S.2bSf.  W.Müller, 
26.  Dem  Typus  A  stehen  nahe  ein  Stempel-  Die  Theseusmetopen  v.  Tfieseion  S.  6  ff.  und  L. 
relief  (B)  auf  einem  Tonbecken  zu  Corneto  A.  Milani  im  Mus.  Ital.  3,  1  ff.  209  ff.  Nahezu 
(Zeichnung  bei  Furtwängler  a.  a.  0.  Sp.  107),  erschöpfend  aber  ist  die  Behandlung  derselben, 
das  mehrfarbige  Bild  einer  Hydria  (C)  in  Lon-  die  O.  Wulff',  Zur  Theseussage  1892  S.  27  ff., 
don  {Micali,  mx)n.  ined.  1844,  4,  1  S.  37.  Jahn,  geboten  hat.  Die  Ergebnisse  seiner  Unter- 
Arch.  Beitr.  S.  264,  25.  Cecil  Smith,  Journ.  of  suchungen  sind  etwa  folgende:  Bekannt  sind 
hell.  stud.  14,  1894  Tf.  7,  1  S.  208  f.,  der  das  Ge-  60  40  Amphoren,  2  Psyktere,  10  Hydrien,  2  Kannen, 
faß  um  600 v.Chr.  ansetzt;  vgl.  E.  Falzer,  Hy-  12  Lekythen,  11  Schalen,  2  Näpfe  und  16  Ge- 
dHa  68.  Prinz,  Funde  aus  Naufcratis  60.  fäße  anderer  oder  unbestimmter  Form.  Als 
LöschcJce,  Arch.  Jahrb.  6,  1891  Anz.  S.  18)  und  Maler  werden  Exekias,  Taleides,  Timagoras 
ein  schwarzfig.  Napf  (D),  angeblich  aus  Tana-  und  Nikosthenes  genannt,  die  man  in  die  Zeit 

,,  ^         ^.      ,,    ,              ^       .  X.  „.  „        ^     ,  550—520  V.  Chr.   setzen   darf.     Zu   der  Wulff- 

*)  Oegen  diese  Deutung  wenden  sich  Ed.  Meyer,  Gesch.  ,           o            ,               .,            u-\7^j         r>*i. 

d.  Alt.  pI,  637,  u.  E.  Bethe,  Rh.  Mus.  n.  F.  BdTes.  1910  JJ^«"   Sammlung  Sind  noch   Vasen    des   Brit. 

s.226f.  B^mr  tritt  ein  J.sch.7fer,  De  ioveapudCare,cuito.  Mus.    nach    Walters,    Catol.   2    nachzutragen: 

s.  S77f.  B  174  Amphora.    593  Pyxis.    596  Gefäßdeckel. 


Ol 


Theseub  (u.  Minotauro> 


These  US  (u,  Miuotauros) 


i02 


600,  47  Bruchstück;  Kerner  ein«'  altkorintliiscbe 
Schale  (Furticänijler,  Samud.  Somzee,  JS'achtr. 
104  Tf.  43);  eine  attische  Hydria  aus  Huvo 
-ipäteren  st".  Stils ,  seit  188U  im  Mus.  of  tine 
arts  in  Boston  (.4rc7j.  Anz.  1890  S.  52,  2),  eine 
Amphora  desselben  Stils  ebenda  seit  1899 
{Ärch.  Anz.  1901  S.  1G6);  eine  attische  Amphora, 
seit  189G  in  Dresden  (Arcli.  Anz.  1S98  S.  133, 
15);  eine  Lekythos  aus  Marathon  {Bull,  de  corr. 
hell.  15,  1891,  649);  das  Innenbild  einer  Schale 
im  Louvre  {Inv.  Campana  636,  bei  Fottier, 
Vases  ant.  du  Louvre  2  F.  83  PI.  69);  eine 
Lekythos  (ebenda  F.  18H  PI  77);  eine  flache 
Schüssel  (ebenda  2  G.  67  PI.  96);  eine  Amphora, 
auf  deren  Rückseite  Herakles  den  Löwen  er- 
würgt (Samml.  Arndt  im  Antiqu.  zu  München, 
Schrank  B  3);  attische  Amphoren  in  Madrid 
(Leroux,  Vases  grccs  et  italo-gr.  du  musee  arch. 
de  Madrid  nr.  52  u.  54);  endlich  eine  Lekythos 
aus  Vari  im  Nationalmus.  zu  Athen  (CoUignon- 
Couve,  p.  283  nr.  878.  Wolters,  Sitzb.  d.  Münchn. 
Akad.  1907  Tf.  2);  vgl.  auch  Graef,  U.  ant. 
Fa.s-.  V.  d.  Akropol.  3  nr.  1431. 

Th.  faßt  den  Gegner  mit  der  Linken  am 
Hörn,  Backen,  Hals,  JN'acken  oder  Arm  und  be- 
droht oder  verwundet  ihn  mit  dem  Schwert; 
Minotauros  ist  im  Laufschema  meist  nach 
links  niedergesunken,  zu  beiden  Seiten  stehen 
Nebenfiguren,  die  oft  Verwunderung  oder 
Freude  bezeugen.  Min .  ist  mehrfach  behaart 
und  mit  Nackenmähne,  aber  erst  im  spä- 
teren Stil  häufig  mit  Stierschwanz  versehen, 
vereinzelt  jedoch  bereits  auf  einer  attischen 
Amphora  ion.-korinth.  Stils  bei  Pottier,  Vases 
ant.  du  Louvre  2  E  850  PL  59.  Th.  trägt  einen 
Chiton  und  darüber  meistens  ein  Fell,  zuweilen 
auch  einen  Brustpanzer;  bärtig  erscheint  er 
nur  auf  den  älteren  Gefäßen.  Sein  Haar  hängt 
hinten  lang  herab  (vgl.  z.  B.  o.  Bd.  2  Sp.  3006) 
oder  ist  zum  Krobylos  aufgebunden,  zuweilen 
auch  mit  dem  Kranz  der  Ariadne  geschmückt 
(Pottier,  Vases  ant.  du  Louvre  2  G  67  PL  96). 
•  Min.  hält  gewöhnlich  Steine  in  den  Händen, 
oft  auch  nur  in  einer  Hand,  selten  faßt  er  ans 
Schwert  oder  an  den  Arm  des  Theseus.  Ein- 
mal flieht  er,  sich  nach  Th.  umschauend,  der 
ihn  noch  nicht  gepackt  hat,  sondern  mit  ge- 
zücktem Schwert  verfolgt  (Berlin  nr.  1744. 
Stephani  Tf.  9,  1).  Von  den  Nebenfiguren,  die 
meist  als  die  attischen  Opfer  zu  betrachten 
sind,  ist  nur  Ariadne  durch  Beischrift  einmal 
gekennzeichnet:  sie  überreicht  dem  Th.  als 
Liebeszeichen  einen  Apfel  (o.  23  u.  Bd.  2  Sp.  3006). 
Einmal  durchbohrt  Th.  den  Min.  mit  dem 
Speer,  während  er  das  Schwert  in  d.  L.  hält 
(München  nr,  74),  einmal  führt  er  die  Keule 
(Mus.  Campana  2,  250);  der  Ringkampf  findet 
sich  sicher  auf  einer  1896  aus  Italien  nach 
Dresden  gelangten  attischen  Amphora  (Arch. 
Anz.  1898  S.  133,  15),  vielleicht  auch  auf  einer 
Amphora  in  München  (nr.  569)  und  auf  einer 
Lekythos  aus  Thespiä  in  Athen  (nr.  2740). 

28.  Die  rf.  Vasen  sind  von  W.  Müller  a. 
a.  0.  S.  17 ff.,  Milani  S.  235f.,  Wulff  S.  45 ff., 
E.  Sarnow,  Die  cykl.  Darst.  a.  d.  TJieseussage, 
Leipzig  1894  S.  3  ff.  zusammengestellt  worden. 
Die  Bezeichnung  ist  hier  dieselbe  wie  bei 
Milani  und  Wulff.    Ihre  Listen  sind  nur  durch 


zwei  Gefäße  zu  ergänzen:  eine  Amphora  mit 
Goldschmuck  (Ghirardini,  Not.  d.  scavi  1893 
Ottobre.  Reg.  8,  3.  Capanorri.,  Tomba  etr.  sc.  n. 
p.  dt  Bientina  S.  403  tf.)  und  eine  Schale  schönen 
Stils,  die  aus  der  Sammlung  Branteghem  in 
das  Ashmolean  Museum  zu  Oxford  übergegan- 
gen ist  (Arch.  Anz.  1897,  2  S.  74).  Auf  den 
Bildern  strengen  Stils,  dessen  Blüte  noch  vor 
die  Perserkriege  fällt,  werden  die  alten  Formen 

10  mit  geringen  Veränderungen  weitergeführt;  so 
auf  Schalen  des  Epiktetos  (Brit.  Mus.  H28, 
jetzt  E  37),  Duris  (d:  Brit.  Mus.  824,  jetzt  E  48. 
Wiener  Vorlegebl.  6,  3.  Murray,  Des.  fr.  gv.  V. 
Tf.  8,  29;  s.  o.  Bd.  4  Sp.  929  f.  Abb.)  und  einer 
Schale  aus  Vulci  (m:  Brit.  Mus.  825,  jetzt  E 
36;  abgeb.  Smith,  Catal.  3  Tf.  2),  wo  fh.  den 
fliehenden  Gegner  am  Handgelenk  packt  und 
mit  dem  Schwert  bedroht.  Auf  einer  Schale 
zu  Bologna  (n:  Mus.  ital.  3  S.  260    S.  Reinagh, 

20  Itep.  S.  531)  und  auf  der  o.  Bd.  2  Sp.  3007  ab- 
gebildeten zu  Florenz  (h)  ist  Min.  vor  Theseus 
niedergesunken,  eine  Umformung,  welche  die 
Verwendung  als  Innenbild  veranlaßt  haÄ.  Ähn- 
lich ist  die  Münchner  Schale  372  (o:  Gerhard 
A.  V.  3,  232.  Beinach  2  S.  117-,  nur  etwas  seit- 
wärts verschoben,  so  daß  sie  sich  der  Schale 
des  Duris  (d)  anschließt. 

Eigenartig  ist  dagegen  die  Auffassung  des 
Kachrylion  auf  einer  Schale  in  Florenz  (a:  Mus. 

30  ital.  3  Tf.  2.  Reinach  1  S.  528 ;  s.  unt.  §  59  Abb.  15). 
Hier  ist  Min.  im  Gegensatz  zu  allen  übrigen 
Darstellungen  rücklings  nach  rechts  nieder- 
gesunken und  hält  mit  d.  R.  des  Th.  I.  Hand- 
gelenk umklammert,  während  ihn  dieser  mit 
d.  R.  im  Nacken  packt,  ohne  eine  Waffe  gegen 
ihn  zu  führen,  wie  dies  in  Werken  späterer 
Zeit  (z.  B.  Unterital.  Gefäß  in  Berlin  3630  und 
die  Gruppe  o.  Bd.  2  Sp.  3009  Fig.  6)  öfter  der 
Fall  ist. 

40  29.  Ganz  neu  tritt  jetzt  die  Bildung  einer 
späteren  Szene  des  Kampfs  auf  drei  Schalen 
auf  (20 :  des  Aison  in  Madrid,  abgeb.  Ant.  Denkm. 
d.  arch.  Inst.  2,  1892,  1  Tf  1.  Leroux,  Vases 
grecs  et  italo-gr.  nr.  196  Tf  25—28;  t:  Schale 
Basseggio   aus  Vulci  im  Brit.  Mus.  824*,  jetzt 


I 


6)  Theseus"  Heldentaten,   Schale  Basseggio  aus  Vulci  im 
Brit.  Mu3.   (nach  Kn;jeJmann ,  Bildern  th  zu  Ovid  Tf.  13,  .S4). 


703            Theseus  (u.  Minotauros)  Theseus  (ii.  Minotaiuos              704 

E  84,  abgeb.  J.  ofheÜ.  stud.  2,  1881  Tf.  10;  8.  31.  An  die  ältere  Darstellungsart  schließen 
Abb.  6,  und  u:  zu  Harrow-on-the-Hill  im  Schul-  sich  eine  archaisch«^  Kleinbronze  von  der  Akro- 
muaeumCatal.S.  18,62.  Wolters, Sitzh.  Münchn.  polis  {Wolters,  Äth.  Mut  *20,  18ÜÖ,  482;  Am 
Akad.  1907  Tf.  1;  vgl.  Welcher  bei  Müller,  Journ.  arch.  11,  18Uö,  358  Fig.  6)  sowie  das 
Handh.  ^  S.  688d.  Hartwig,  Meistersch.  S.  bSb  statuarische  Vorbild  von  Silbermünzen  aus 
Anm.  Elderkin,  Meatider  or  Labyrintti,  im  Knosos  an,  die  der  Zeit  von  500 — 431  v.  Chr. 
Amer.  Journ.  of  Arch.  14,  1910  S.  lf<öff.):  Th*.  angehöaen  {W.  Wroth,  Catal.  of  the  yrcvk  coins 
scblepptdenMin.  aus  dem  Labyrinth  heraus,  den  of  Crete  a.  the  Aegran  Islands  S  18  Tf.  4, 
er  schon  mit  dem  Schwerte  verwandet  oder  ge-  7 — 9).  Bieten  sie  auch  nur  die  Minotauros- 
tötet  hat;  auf  der  Schale  des  Aison  steht  Athena  10  gestalt,  so  ist  diese  doch  entschieden  einer 
hinter  ihm.  nach  dem  alten  Typus  gebildeten  Gruppe  ent- 
in der  rotfigurigen  Malerei  ist  Th.  regel-  nommen,  worauf  auch  der  Stein,  den  sie  ein- 
mäftig  jugendlich  bartlos  und  nackt  oder  mit  mal  in  der  Hand  hält  {Verctj  Gardner,  Types 
einem  fein  gefdJtelten  Chiton,  wie  er  in  der  Tf.  8, 18),  deutet.  Das  Didrachnion  aus  Knosos, 
Plastik  um  600  v.Chr.  gebildet  wurde,  bekleidet;  oben  Bd.  2  Sp.  3008,  zeigt  genau  dasselbe  Bild 
zuweilen  trägt  er  einen  Petasos  im  Nacken.  in  entgegengesetzter  Richtung;  eine  ähnliche 
Hie  und  da  tritt  er  auf  das  zurückgesetzte  Bein  Auffassung  zeigen  attische  Müu/en,  auf  denen 
seines  Gegners,  bei  dem  regelmüßig  der  Stier-  Th.  an  Stelle  des  Schwertes  die  Keule  erhalten 
sChwanz  sichtbar  ist.  Unter  den  Nebenfiguren  hat  (Head,  Cat.  of  gr.  c.  Attica,  Megaris,  Aegina 
sind  jetzt  Ariadne  und  Minos  deutlich  gekenn-  20  S.  105  f.  Tf.  18,  10.  Imhoof-Gardner  Tf.  DD 
zeichnet.  Insoweit  der  Minotauroskampf  auf  3 — 6;  vgl.  die  Münze  aus  Troizen  bei  Stephani, 
rf.  Schalen  in  Verbindung  mit  anderen  Theseus-  Th.  u.  Min.  S.  80).  Als  Vorbild  wird  für  sie. 
taten  vorkommt,  wird  auch  für  ihn  ebenso  wie  die  Gruppe  auf  der  Akropolis  {Paus.  1,  24,  1) 
für  diese  ein  Gemälde  als  Vorbild  anzunehmen  in  Anspruch  genommen  {Michaelis,  Arch.  Zeit. 
sein  {57f.)y  das  sich  freilich  hier  selbst  offenbar  25,  18G7  S.  31)  und  von  dieser  auch  diejenige 
dem  altüberlieferten  Typus  angeschlossen  hat.  in  der  Villa  Albani  zu  Rom  {Clarac  4  Tf.  811 A 
30.  Von  Werken  der  Plastik  kommt  außer  n.  2071 B.  Reinach,  Eep.  d.  I.  stat.  1,  484)  ab- 
deno;25  bereits  besprochenen  Darstellungen  zu-  geleitet  {Welcker,  A.D.  2  S.  302.  Jahn,  Arch. 
nächst  die  Metope  vom  Schatzhaus  der  Athener  Beitr.  S.  266.  Arndt  u.  Ainclung,  Phot.  FAnzel- 
»u  Delphi  (s.  o.  16')  in  Betracht.  Theseus  (ohne  so  aufn.  3  S.  23,  704.  Helbiy ,  Führer  d.  d.  ö.  S. 
Kopf)  in  fest  anliegendem,  feingefälteltem,  d.  kl.  A.  i.  JRom^  2,  862  S.  60).  Die  abweichende 
kurzem  Gewände  faßt  den  ihm  zugewandten,  ungeschickte  Haltung  des  r.  Arms  mit  der 
aber  nicht  energisch  angreifenden  Minotauros  Keule  auf  der  Münze  kann  durch  Raummangel 
mit  der  L.  um  dessen  Nacken  herum  am  1.  veranlaßt  sein,  so  daß  das  albanische  Werk 
Hörn,  in  der  erhobenen  R.  zückte  er  das  Schwert.  das  Ursprüngliche  bewahrt  haben  dürfte.  Da- 
Minotauros  griff  wahrscheinlich  mit  der  R.  da-  gegen  entsprach  die  Armhaltung  beim  Mino- 
nach,  um  den  Stoß  abzuwehren;  sein  Kopf  ist  tauros,  die  sich  noch  fast  unverändert  auf  einem 
nach  vom  und  unten  geduckt.  Mit  d.  L.  packt  Salzburger  Mosaik  in  Wien  vorfindet  {Arndt, 
er  des  Theseus  1.  Arm,  um  ihn  von  seinem  Arch.  Anal.  Tf.  5.  Engelmann,  Bilderati.  zu 
Hörne  wegzureißen.  Beide  schreiten  kräftig  40  Omd  Tf.  14,92b),  entschieden  dem  Münzbild, 
gegeneinander  aus  {Homolle,  Fouilles  de  Delphes  32.  Hiermit  stimmt  die  Minotaurosgruppe 
4  Tf.  39;  ifeumcÄ,  iep.  de  reZic/s  1, 126,  1).  An  vom  Fries  des  Heroons  von  Gjölbaschi-Trysa 
der  linken  Seite  des  Th.  ragt  die  Schwert-  (s.  unten  63.  67)  überein.  In  der  ausholenden 
scheide  steif  nach  rückwärts,  wie  auf  dem  sf.  R.  schwang  Th.  jedenfalls  die  Keule,  da  er  das 
Bruchstück  eines  Gefäßes  von  der  Akropolis  Schwert  nie  anders  als  zum  Stoße  benutzt. 
{Graef,  D.  ant.  Vas.  v.  d.  Akr.  zu  Athen  2  Tf.  76,  Hinter  ihm  flüchten  ein  Jüngling  und  ein 
1314).  Mädchen  als  Vertreter  der  Opfer  (Benndorf  u. 
In  engem  Zusammenhang  mit  der  Me-  Niemann,  Das  Heroon  von  Gjölbaschi-Trysa, 
tope  stehen  eine  streng  rotfig.  Pelike  des  Va-  S.  173  f.  Tf.  19,  10;  Reinach,  Rep.  de  reliefs  1, 
tikan  {Gerhard  A.  V.  B.  2,  161.  Reinach,  Rep.  so  459).  Dem  gleichen  Typus  schließen  sich  fol- 
2  S.  83,  1)  und  die  Bruchstücke  einer  Schale  gende  Werke  an:  1.  Die  Gravierung  des  ApoUas 
im.  Louvie  {J.  Harrison,  Journ.  of  hell.  stud.  10,  auf  dem  spätgriechischen  Spiegel  aus  der 
1889  Tf.  1  S.  234ff.  Wulff  S.  63),  nur  faßt  hier  Sammlung  Muret,  dessen  Echtheit  sicher  steht 
Th  den  Min.  nicht  am  Honi,  sondern  am  {Dumont  et  Chaplain,  Les  ceram.  de  la  Grece 
Maule,  und  dieser  hebt  das  rechte  Bein,  ein  propre,  2  S.  170  u.  200.  Gerhard,  Etr.  Spieg. 
Motiv,  das  aus  dem  Vorbild  der  Florentiner  Tf  243  A  2.  Arch.  Zeit.  1862  S.  302  Tf  146,  2. 
Schale  (o.  Bd.  2  Sp.  3007,  3)  und  ihrer  Ver-  De  Witte,  Arch.  Anz.  1867  S.  96.  Mylonas, 
wandten  {Mus.  Ital.  3  S.  260,  Beinach  1  S.  631)  'EXXriv.  ytccTOTirQa  n.  35);  2.  die  hellenistischen 
entwickelt  sein  dürfte.  Relief bruchstücke  aus  Rom  und  London  {Th. 
Im  ganzen  ähnlich  ist  auch  die  0.  Bd.  2  60  Schreiber,  Die  hell.  Reliefbilder,  Tf.  26);  3.  ein 
Sp.  3009  abgebildete,  um  440  v.  Chr.  anzu-  Sarkophag  in  Köln  {C.  Robert,  Die  ant.  Sark. 
setzende  Metope  des  sog.  Theseion  (u.  65) -y  3  Tf  42  nr.  137  b);  4.  eine  Kalksteinplatte  im 
diese  zeigt  aber  den  Minotauros  in  wildem  Museum  zu  Pest  {Jul.  Ziehen,  A.  A.  M.  a.  Oe. 
Angriff,  wie  dies  auf  der  Hydria  F  (o.  26)  der  13  S.  66  mit  Abb.,  nach  Sarnow  a.  a.  0.  S.  12); 
Fall  ist.  In  Nachahmung  einer  Ringergruppe  5.  eine  Gemme  {Mariette ,  Pierres  gr.  1,  76. 
umschlingt  er  den  Gegner  mit  der  Rechten,  Reinach,  Pierres  gr.  Tf  90),  falls  sie  antik  ist. 
während  seine  L.  nach  dessen  Kopf  oder  Haar  Auf  attischen  Münzen  {Head,  Catal.  Attika 
greift.  S.  105  Tf  18,  9.    Imhoof  -  Blumer  a.  Gardner, 


705             Theseus  (u,  Minotauros)  Theseus  (n.  Minotauros)             706 

Num.  vomm.  on  Paus.  S.  14(5)  faßt  der  Jugend-  anderes  Bronzewerk  des  5.  Jahrh.  v.  Chr.  zurück- 
lich nackt  tiargestellte  Th.  mit  d.  L.  den  ste-  zuführen,  da  hier  Minotauros  den  linken  Arm 
henden  Minotauros  am  Hörn  und  bedroht  ihn  senkt.  Der  damit  verbundene  Jüngling  gehörte 
mit  der  Keule,  oder  er  eilt  dem  fliehend  nieder-  nicht  zu  der  (Jruppe.  Vgl,  v.  Sybel,  Katal.  d. 
sinkenden  Gegner  mit  über  dem  Koi)f  ge-  Skulpt.  zu  Athen  nr.  290  S.  53.  Kine  dritte 
schwungener  Koule,  auf  dem  1.  Arm  das  Ijöwen-  Form,  die  als  (iriff  eines  Cistadeckels  im  Louvre 
(e\\,na>Gh{Imhoof-Blamcr-(rar(hi('r 'H.D\)ii—(y.  {Ä.  de  Longperier,  notice  des  bronzes  ant.  du 
Head  a  a.  0.  S.  105,  7(53).  Unter  etruskischem  Louvre,  nr.  429,  Heinach,  repert.  d.  stat.  2,  510, 
Einfluß  steht  ein  llelief  aus  Volterra  {Brunn,  3)  und  etwas  abweichend  auf  einer  Paste  in 
Urne  etrusche  2,  31,  1.  Jicinach,  JRrp.  de  rel.  lO  Berlin  (Furtwäufjler,  Beschr.  d.  geschn.  Steine 
3,  467,  2):  Th.,  nackt  mit  Chlamy.s  über  dem  im  Antiqu.  4228)  erhalten  ist,  verrät  sich  als 
1,  Arm,  packt  mit  d.  L.  das  r.  Hörn  des  ihm  Umbildung  des  Ringkampfs  zwischen  Th.  und 
aus  dem  Labyrintheingang  entgegentretenden  Kerkyon.  Eine  weitere  Stufe  des  Ringkampfs 
Minotauros;  dieser  faßt  mit  d.  R.  den  1.  Vorder-  zeigen  endlich  vier  von  einem  Gemälde  helle- 
arm des  Gegners,  in  d.  L.  hält  er  einen  Kno-  nistischer  Zeit  abzuleitende  pompejanische 
<5hen,  an  dem  er  kaut.  Zwischen  den  Kämpfern  Mosaiken,  von  denen  eines  sich  noch  daselbst 
kniet  ein  Knabe  mit  erhobenem  Schild;  hiffter  in  der  casa  del  Laberinto,  die  übrigen  in 
Th.  steht  eine  weibliche  Flügelgestalt  mit  Neapel  befinden  (Jahn,  Arch.  Beitr.  S.  2(59): 
Schwert  in  d.  R.  Th.  hat  seinen  Gegner  nach  rechts  hin  bereits 

33.  P]ndlich  tritt  auch  das  Ringkampfschema,  20  niedergeworfen,  so  daß  sich  dieser  mit  d.  R. 
das  schon  Kachrylion  {o.38a)  dargestellt  hatte,  auf  den  Boden  stützt,  mit  d.  L.  faßt  er  die  L. 
in  Gruppen  auf.  In  erster  Linie  ist  ein  gegen  des  Th.,  der  auf  ihm  kniet  und  ihn  am  1.  Hom 
Ende  des  4.  Jahrh.  v.  Chr.  geschaffenes  Bronze-  packt.  Vgl.  dazu  ein  in  Sousse  in  Tunesien 
relief  aas  Olympia  {Ausgr.  4  Tf.  24,  4  S.  17.  entdecktes  Mosaik  {Hannezo  im  Bull,  de  la 
FurtwängJer,  Olymp.  4,  Bronzef.  S.  101)  zu  societe  nat.  des  antiquaires  de  France  6,  1892, 
nennen.    Th.  faßt  mit  d.  L.  den  Kopf  des  rück-  3  S.  177  f.). 

lings  auf  einen  Felsen  niedergesunkenen  Min.,  35.  Eine   Szene,   die  sich  an   die  oben  29 

welcher  mit  d.  R.  d.  L.  des  Theseus  packt,  um  erwähnte  anschließt,  stellt  Th.  nach  Be^iegung 

sie  abzuwehren.     Dagegen   hat  Th.  mit  d.  R.  des  tot  zu  seinen  Füßen  liegenden  Ungeheuers 

d.  1.  Fuß  seines  Gegners  emporgezogen,  so  daß  30  dar,  umgeben  von  den  für  ihre  Rettung  dan- 

dieser  nur  noch  mit  dem  1.  Fuß  und  d.  1.  Hand  kenden  Kindern.    So  erscheint  er  insbesondere 

den  Boden  berührt.     Sein   Stierkopf  ist,   wie  auf  Wandgemälden  in  Pompeji  {Heibig,  Wand- 

a.uf  den  jüngeren  Vasenbildern,  trotzdem  nach  gem.   d.   v.    Vesuv   versch.    Städte    Campaniens, 

vorn  gewandt.     Bei  dem  jedenfalls  der  Groß-  nr.  1213—15,  u.  Nachtrag  S.  459.    Bull.  1875 

kunst    angehörenden    Vorbild    dieses    Reliefs  S.  235.    Heydemann,   Arch.  Zeit.  1872    Tf.  67 

scheint  das  Ringkampfschema  zum  erstenmal  S.  89 f.);  er  führt  als  Waffe  eine  lange  Keule, 

verwandt  worden  zu  sein,  da  die  ganze  Grup-  einmal    aber    Schwert    und    Speer.     Vgl.    ein 

pierung  lediglich  eine  Nachahmung  der  Skiron-  Stuckrelief  ebenda  {Mau,  Pompeji^  S.  416)  so- 

metope  des  Theseion  \^i{Monum.  d.  Inst.  10  Tf.  wie  das  Sarkophagbruchstück  des  Pal.  Castel- 

44,  3.    Friederichs -Wolters,  Die   Gipsabg.   ant.  4o  lani  {Matz-Duhn,  Ant.  Bildw.  in  Born  2,  2909. 

Bildio.^  351  S.  153).     Vgl.  das   bei  den  neuen  Sachs.  Ber.  1878   Tf.  5,  3)    und    den    Theseus- 

Ausgrabungen  in   Ägina  gefundene  argivische  Sarkophag  in  Rom  {M.  Mayer,  Arch.  Zeit.  12, 

Bronzerelief  derselben   Gattung  {Furtwängler,  1884   S.  274  mit    Abb.    Reinach,   Rep.   de  rel. 

Berl.  philol.  Wochenschr.  1901,  31/32  Sp.  1001).  3,  22,  2),  auf  welchen  beiden  Reliefs  Th.  über 

34.  Der  Torso  des  Minotauros  mit  Kopf  von  dem  erlegten  Min.  steht.  Auf  einem  Pompe- 
einer  Gruppe  ver\vandter  Art,  deren  Stil  auf  janer  Monochrom  setzt  er  sitzend  die  Füße 
ein  älteres  Original  als  die  oben  Bd.  2  Sp.  3009  auf  den  Körper  des  erschlagenen  Gegners  und 
abgebildete  Pergamener  Gruppe  aus  dem  oberen  spricht  mit  der  neben  ihm  stehenden  Ariadne 
Mäandertal  (jetzt  in  Berlin:  Conze,3S.Winckel-  {Jahn,  Arch.  Beitr.  S.  274).  Th.,  mit  starker 
mannsprogr.  Tf.  1)  zurückweist,  befindet  sich  50  Keule  in  der  R.,  vor  dem  im  Eingang  des  La- 
seit  kurzem  im  Thermenmuseum  zu  Rom  {L.  byrinths  liegenden  Minotauros  erscheint  auch 
Mariani,  Monum.  dei  Lincei  7,  Milano  1897  auf  einem  Sardonyx  des  Philemon  in  Wien  {S. 
S.  377  ff.  Tf.  10  ff.  Reinach,  Rep.  d.  l  stat.  2  Reinach,  Pierres  grav.  S.  175  Tf.  136,  51  nach 
S.  510)  und  eine  Wiederholung  des  Kopfes  im  Stosch.  Furtwängler,  Arch.  Jahrb.  3, 1888  S.  324 
Vatikan  {Amelung,  Die  Skulpt.  d.  Vat.  Mus.  2,  Tf.  10,  5),  während  er  auf  einem  Amethyst 
232  Tf.  44).  Sie  ist  als  Nachbildung  eines  den  abgeschlagenen  Kopf  des  Minotauros  in 
attischen  Bronzeoriginals  aus  der  zweiten  Hälfte  der  R.  hält  und  die  Keule  mit  der  L.  aufstützt 
des  5.  Jahrh.  V.  Chr.  {Heibig,  Führer^  1,  186  {Furtwängler,  Geschn.  Steine  im  Ant.  Tf.  50 
S.  106)  anzusprechen.  Theseus  muß  mit  der  nr.  6865).  Ebenso  wird  die  aus  Athen  stam- 
rechten  Hand  das  r.  Hörn  gepackt,  mit  der  L.  60  mende  Statuette    eines  mit   der  Chlamys    be- 

^den    1.   Arm    des    Ungeheuers    zur    Seite    und  kleideten  Jünglings,  der  einen  Stierkopf  in  der 

emporgerissen  haben;    der  r.  Arm  des  Mino-  L.  emporhält,  als  Th.  zu  deuten  sein  (Ä^ie.senY2'%, 

tauroa  war  erhoben  und  die  Hand   an  den  r.  Sculpt.  ant.  de  V Ermitage  S.  10.    Reinach,  Rep. 

Arm  des  Theseus  zu  vergeblicher  Abwehr  ge-  d.  l.  stat.  3  S.  145,  2).    Etruskisch  ist  ein  Relief 

legt  {Amelung  a.  a.  0.).    Die  Reste  einer  Gruppe  zu  Volterra   {Brunn,    Urne   etrusche   2,    32,    4. 

in  Athen  {Michaelis,  Arch.  Zeit.  25,  1867  S.  31  f.  Reinach,  Rep.  de  rel.  3,  468,  1):  Th.,  bekleidet 

S.  Reinach,   Rep.  de  la  stat.  2,  604,  3.   693,  2.  und  mit  gebogener  Keule  in  der  gesenkten  L., 

Arch.   Zeit.    1866    Tf.  208,   4.  5)    sind   auf  ein  setzt  den  1.  Fuß  auf  den  abgeschlagenen  Kopf 


707      Tbeseus  (Heimkehr  nach  Athen) 


Theseus  (Heimkehr  nach  Athen)      708 


dei  Min.;  die  R.  erh»*bt  er  im  Gespräch  mit 
der  ihm  gegenüber  sitzenden  Ariadne,  hinter 
der  eine  Dienerin  steht.  Anf  beiden  Seiten 
bewaffnete. 

Ohne  den  getöteten  Minotauros,   aber  von 

S6rettet«n  Opfern  umgeben,  zeigt  sich  Th.  in 
mppen  {Gerlach,  Wörlitzer  Ant.  Tf.  5  S.  8f 
Musee  de  Lamhise  4,  6.  Toulouse,  Phot.  Clarac 
361,  6R.  Beinach,  Rep.  de  la  stat  2  S.  510). 
Als  Sieger  wird  er  vor  dem  Labyrinth  von 
Athena  in  Gegenwart  zweier  geretteter  Mädchen 
auf  einem  sf.  Becher  aus  dem  Perserschutt 
der  Akropolis  durch  Handschlag  begrüßt  {(haef, 
D.  ant.  Vas.  v.  d.  Akrop.  z.  Athen  2  Tf.  73, 
1280),  und  auch  die  ganz  ähnliche  Begrüßung 
durch  Athena  zu  Delphi  {61)  ist  in  diesem 
Sinne  aufzufassen.  Auf  den  gleichen  Sieg  be- 
ziehen sich  endlich  Münzen  von  Knosos  {Head, 
hist.  num.^  S.  460 f.),  auf  denen  sein  Kopf  im 
Labyrinth,  oder  er  selbst  an  dessen  Eingang 
sitzend,  auf  einen  Stock  gestützt  und  eine  Nike 
in  der  Hand  haltend,  dargestellt  ist. 

6.  Heimkehr  nach  Athen. 

36.  Nach  Besiegung  und  Tötung  des  Mino- 
tauros  führte  Th.  mit  den  geretteten  Opfern 
einen  die  Windungen  des  Labyrinths  nach 
ahmenden  Reigen  auf,  den  ihn  Daidalos  ge- 
lehrt hatte  {ScJiol  Hotn.  IL  18,  590.  Eustath. 
1156,  61).  Daß  dieser  ebensowohl  nach  Kreta 
wie  nach  Delos  gehört,  zeigt  der  von  Daidalos 
für  Ariadne  in  Knosos  geschaffene  x^Q^S  (Hom. 
a.  a.  0.;  vgl  Philoch.  bei  Plut.  Th.  19),  den 
noch  Pausaniafi  (8,  16,  3.  9,  40,  3)  im  Original 
oder  einer  Nachbildung  auf  einem  Marmor- 
relief ebenda  sah.  Ivvntis,  Knossos  Excav.  190:i 
Brii.  Seh.  Ann.  9  S.  110,  erkennt  ihn  in  einem 
Spielplatz  zu  Knosos,  der  von  zwei  Seiten  mit 
theaterartigen  Stufenreihen  eingeschlossen  ist, 
und  eine  ähnliche  Anlage  hat  sich  auch  zu 
Phaistos  gefunden  {G.  Karo,  Arch.  f.  Religionsw. 
7  S.  139;  vgl.  145  u.  Fig.  26.  —  Bd.  8  S.  146). 
Im  auffälligen  Gegensatz  zu  allen  sonst  bei 
Homer  erwähnten  Reigen  tanzen  hier  Jüng- 
linge und  Jungfrauen  zusammen,  nicht,  wie  die 
Stelle  gewöhnlich  erklärt  wird,  ein  Teil  im 
Rundtanz,  ein  anderer  in  Reihen,  sondern  bald 
in  künstlichen  (labyrinthischeu)  Spiralen,  bald 
wieder  in  Reihen  gegeneinander,  ganz  so,  wie 
der  ihm  wesensgleiche  delische  ylgccvo?  (s.  u. 
40  u.  vgl.  0.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1  S.  254)  ge- 
schildert wird. 

An  dem  wahrscheinlich  im  Anfang  des 
6.  Jahrhunderts  v.  Chr.  gefertigten  (Hitzig- 
Blümner  zu  Paus.  5,  17,  5  S.  398.  Klein,  Gesch. 
d.  gr.  Kunst  1  S.  106)  Kypseloskasten,  wo  Th. 
neben  der  einen  Kranz  haltenden  Ariadne  die 
Leier  spielte  {Paus.  5,  19,  1),  war  er  bereits 
dargestellt,  vielleicht  auch  am  amykläischen 
Thron  (o.  Bd.  3  Sp.  2218:  vgl.  Klein,  Gesch.  d. 
gr.  Kunst  1  S.  20öj.  Auf  diesen  offenbar  dem 
Ariadnekult  eigentümlichen  knosisch-delischen 
Reigen  bezieht  sich  ein  Bildstreifen  der  zwi- 
schen 570  u.  560  V,  Chr.  in  Athen  geschaffenen 
Klitias-Fran^oisvase  (o.  18b  und  Klein,  Gesch. 
d.  gr.  Kunst  1  S.  231):  Das  Schiff  ist  eben  an- 
gekommen; ein  Jüngling  schwimmt  ans  Ufer 
^anders  erklärt   von  Heydemann  im   12.  Hall. 


Winckelmannspr.  1887  S.  64.  Boehlau,  Arch. 
Am.  4,  1889  S.  148.  Kenyon,  Bakchyl.  S.  167. 
Wulff,  Zur  Theseussage  S.  183  Anm.  138),  und. 
ein  anderer  ist  im  Begriff  sich  zu  demselben 
Zweck  ins  Wasser  zu  stürzen.  Th.  führt  die 
bereits  gelandeten  14  Opfer  im  Reigentanz  und 
selbst  die  Leier  spielend  der  ihn  empfangen- 
den Ariadne,  die  ihm  die  Siegerbinde  und  den 
Knäuel  reicht,  entgegen  {liobert  bei  Preller, 
10  Gr.  Myth.*  1  S.  683,  2.  Klein,  Gesch.  d.  gr. 
Kumt  1  S.  226).  Die  vor  Ariadne  stehende 
Amme  (Korkyne.  Plut.  Th.  20)  erhebt  die  Rechte 
wie  zur  Abwehr.  In  ähnlicher  Stellung  und 
ebenfalls  von  der  Amme  begleitet  erscheint 
Ariadne  auf  dem  Vaseubild  bei  Gerhard  A.  V.  J5. 


285.   Wien.Vorl.  1889,  2,  2b,  währeiul  Athene 


so 


30 


r>)  ThescuB  uiid  Axiailne.     Iimenbild  der  Schale  des 
Kachrylion  (nach  Murray,  De»,  fr.  gr.  tatet  Tf.  7,  Hn). 


40 


die  Leier  des  Th.  hält;  vgl.  SiepJiani,  C.  r.  1874 
S.  1:^6,  sowie  Th.  und  Ariadne  auf  dem  Innen- 
bild der  Schale  des  Kachrylion  {Brit.  Mus. 
E  41,  früher  827,  abgeb.  Murray,  Des.  fr.  gr. 
V.  Tf.  7,  26.  Wiener  Vorl.  D.  Tf.  7.  Mus.  Ital. 
3,  1890  Sp.  275f.;  s.  Abb.  6).  Der  entsprechende 
delische  Reigen  ist  unten  40  behandelt. 

37.  Nach  dem  Minotauroskampf  segelt  Th. 
mit   Ariadne    (s.  o.  Bd.  1  Sp.  540)    (unter  Zu- 

50  Stimmung  des  Minos,  Apollon.  Arg.  3,  1000) 
und  den  geretteten  Kindern  aus  Knosos  um 
Mitternacht  ab  {Pherekyd.  fr.  106  in  d.  Schol. 
Hom.  Od.  11,  321).  Daidalos  folgt  ihm  nach 
Athen  {Var.  lect.  Hyg.  fah.  40). 

Nach  Pherekydes  ließ  Th.  vorher  noch,  um 
eine  Verfolgung  unmöglich  zu  machen,  an  den 
Schiffen  der  Kreter  die  Böden  einschlagen 
(Plut.  Th.  19,  wo  sich  auch  mehrere  euheme- 
ristische    Deutungen    finden;    v^l.   Philoch.  fr. 

60  38  ff.  bei  Müller  F.  H.  G.  1,  390  f.  Joann, 
Antioch.  ebenda  4,  539,  16).  Von  einer  Herr- 
schaft des  Th.  über  Kreta  spricht  Suid.  s.  v. 
@TlGEvg  und  Alyatov  TciXayog;  vgl.  Malal.  4 
S.  87  ed.  Bonn.  Die  Einschiffung  der  Ariadne 
unter  Hilfeleistung  des  Th.  ist  auf  dem  Salz- 
burger Mosaik  dargestellt  {Arneth,  Arch.  Anal. 
Tf.  5.  Engelmann,  Bilderati.  z.  Ovids  met. 
Tf.  14,  92  c),  wahrscheinlich   aber  auch  schon- 


709      Theseus  (Heimkehr  nach  Athen) 


7)  Theseas  und  Ariadne.     Vaeoubild 
ß    I     (nach  Murray,  Journ.  »f  fielt,  ntud.  1889  Tf.  8). 

auf  einer  attischen  Vase  des  7.  Jahrh.  v.  Chr., 
die  dem  Dipyloustil  noch  sehr  nahe  steht.  Wie 
auf  der  Kypsele  und  der  Schale  des  Kachry- 
lion  (o.  36'  Abb.  6)  hält  Ariadne  den  rettenden 
Kranz  in  der  K.;  Th.  faßt  sie  am  Knöchel  der 
L.,  um  sie  auf  das  Schiff  hinauf  zu  führen 
{Murray  im  Journ.  of  hell.  stud.  1880  Tf.  8. 
Pemice  im  Arch.  Jahrb.  15,  1900  S.  92  tf.  Klein, 
Gesch.  (l.  gr.  Kunst  1  S.  74;  s.  Abb.  7). 

Er  landete  auf  der  Insel  Dia  (Hont.  Od.  11, 
:{26.  Pherekyd.  fr.  106  beim  Schol.  Hom.  Od. 
11,  321.  llieokr.  2,  45  f.  CatuU.  64,  121.  Ovid. 
met.  8,  174;  ars  am.  1,  527  f.  Hygin.  f.  43. 
Euanthes  bei  Athen.  7,  47  S.  296  c.  Phüostr.  im. 
1,  16,  1.  Quint.  Smyrn.  Posthorn.  4,  389),  unter 
welcher  ursprünglich  die  Knosos  gegenüber- 
liegende Insel  zu  verstehen  sein  wird  {Schoh 
Hom.  Od.  11,  325),  da  die  älteren  Dichter  nur 
diesen  Namen  kennen  und  Dionysoskult  in 
dieser  Gegend  durch  die  nicht  weit  östlich  da- 
von liegenden  Dionysiades  {Diodor.  5,  75)  er- 
wiesen wird.  Später  setzt  man  sie  freilich  mit 
Naxos,  einer  Hauptkultstätte  des  Dionysos 
(s.  0.  13d.  1  Sp.  1083)  und  der  Ariadne,  gleich 
{Kallim.  fr.  163  iv  z/iiy,  tb  yäg  ^ffxf  TtaXaixsQOv 
ovvoiiK  Nd^co  beim  Schal.  Apoll.  Bhod.  4,  425. 
Diodor.  4,  61.  5,  51.  Schal.  Theokr.  2,  45;  vgl. 
Alciphr.  epist.  2,  4,  10.  Eustath.  Hom.  Od. 
1688,  43.  Volkmann,  Anal.  Thes.  S.  6,  5). 
Non7ios  {Dion.  47,  260  ff.  375  f.)  nennt  nur 
Naxos,  auch  scheinen  die  römischen  Dichter 
im  Anschluß  an  die  Alexandriner  unter  Dia 
meist  Naxos  zu  verstehen  {Ovid  met.  3,  636  f. 
690.  8,  174),  während  es  freilich  zuweilen  als 
kleines  ödes  Eiland  geschildert  wird  {Ovid.  ars 
am.  1,  528.  Catull  64,  133.  152.  164ff.  184 ff.). 
Hier  trennte  sich  Th.  von  Ariadne;  über  das 
Schicksal  der  Verlassenen  sowie  über  den 
Grund  der  Trennung  gehen  die  Berichte  weit 
auseinander  (s.  o.  Bd.  1  Sp.  540  und  besonders 
Volkmann,  Anal.  Thes.  S.  3  ff.). 

38.  Dieses  Schwanken  ist  offenbar  durch 
Vermischung  einer  älteren  Sagenform,  in  wel- 
cher Ariadne-Aphrodite*)  mit  Dionysos  verbun- 
den war  (s.  0.  Bd.  1  Sp.  542,  45 ff.;  vgl.  Sp.l065, 
25.  1147,  4),  mit  der  attischen  Sage  von  der 
Entführung  durch  Th.,  veranlaßt  worden.  — 
Im  Gegensatz  hierzu  sucht  L.  Pallat,  De  fa- 
hula  Ariadnaea,  Berlin  1891,  zu  erweisen,  daß 
ursprünglich  Th.,  der  selbst  zum  Weinbau  in 
naher  Beziehung  stehe,  mit  der  chthonischen 
Göttin  des  Acker-  und  Weinbaus  Ariadne  zu- 
sammengehört habe,  später  aber  durch  den 
neuen  Weingott  Dionysos  verdrängt  worden  sei. 
In   ähnlichem  Sinne  deutet  Nilsson,  Gr.  Feste 

*)  0.  Wulf,  Zur  Theseussage  S.  162,  setzt  Ariadne  der- 
jenigen Aphrodite  gleich,  der  als  ältester  der  Moiren  (o. 
Bd.  2  S.  3089)  der  Knäuel  zugekommen  sei,  und  deutet 
■ie  so  als  die  Spinnerin  von  des  Theseus  Lebensfaden. 


Theseus  (Heimkehr  nach  Athen;      710 

S.  382,  die  Vermählung  der  Ariadne  mit  Dio- 
nysos als  Aufsaugen  ilires  Kultes  als  Natur- 
göttin durch  denjenigen  des  neu  eingedrun- 
genen Gottes,  —  Nach  den  Cretica  bei  Hygin. 
poet.  (istr.  2,  5  kam  Dionysos  zu  Minos  und 
schenkte  Ariadne  den  oben  20  u.  )i2  erwähn- 
ten Kranz  (vgl.  Serv.  V.  Aen.  3,  125),  wofür  sie 
sich  ihm  ergab.  Diese  Stelle  beweist  zugleich 
die  Tüchtigkeit  der  von  Preller,  Gr.  Myth.*  1 

10  S.  681 ,  aus  anderen  Gründen  (vgl.  o.  Bd.  1 
Sp.  618,  28)  vorgeschlagenen  und  von  Volkmann, 
An.  'Thes.  S.  6,  weiter  ausgeführten  Deutung 
der  Worte  .Jiovvöov  [laQxvQiyGiv  l)ei  Hom.  Od. 
11,  325,  nach  welcher  Ariadne  wegen  der  ihrem 
früheren  göttlichen  Geliebten  gegenüber  be- 
gangenen Untr(!ue  von  Artemis  getötet  wird. 
Vgl.  Pherekyd.  b.  Schal.  Hom.  Od.  11,  320. 
Gerhard,  Etr.  Spieg.  3  S.  38.  O.  Gruppe,  Chiech. 
Myth.  1,  244  f,  604.    Deshalb  erscheint  sie  auch 

20  auf  dem  Unterweltsgemälde  {Paus.  10,  29,  3: 
\g\.  Apoll.  Phod.  3,  997). 

Über  die  an  die  jüngere  Sagenform  an- 
schließenden Darstellungen  ist  oben  Bd.  1 
Sp.  545  gehandelt  worden,  doch  sind  folgende 
Bildwerke  nachzutragen:  1.  Ein  von  Polygnot 
abhängiger  attischer  Krater,  der  zwischen  461 
u.  451  V.  Chr.  nach  Camarina  gelangt  ist,  jetzt 
in  Syrakus:  Th.  wird  in  Gegenwart  des  Posei- 
don von  Atheua  bekränzt,  ehe   er  sein   Schiff 

30  zur  Abfahrt  besteigt  {G.  E.  Rizzo,  Vasi  greci 
della  Sicilia  1.  Cratere  di  Camarini,  P.  Acc.  d. 
Line,  Man.  ant.  14,  1905,  1,  8.  P.  Jacobsthal, 
Th.  auf  dem  Meeresgründe  S.  10  ff.  Tf.  4,  81 — 
2.  Th.  die  Ariadne  verlassend,  dabei  Hypnos 
und  Athene,  auf  einem  rf.  Stamnos,  der  1899 
vom  Mus.  of  f  arts  in  Boston  erworben  ist 
{Arch.  Anz.  1901  S.  167,  25).  —  3.  Scherbe 
eines  rf.  Kraters  im  Akad.  Kunstmuseum  zu 
Bonn,   äbgeb.  von  A.  v.  Salis,  Arch.  Jahrb.  25, 

40  1910  S.  138:  Links  Eros,  mitten  die  schlafende 
Ariadne  (nur  der  bekränzte  Kopf  ist  erhalten), 
rechts  steigt  Th.  auf  das  Schiff.  —  4.  Wand- 
gemälde bei  Heibig,  Wandg.  d.  v.  Vesuv  v.  St. 
Camp.  nr.  1216 — 1221;  vgl.  Herrmann- Bruck- 
mann,  Denkm.  d.  Malerei  d.  kl.  Altert.  Tf.  16. 

—  5.  Sarkophage  bei  C.  Bobert,  A  coli,  of  Bom. 
sarc.  at  Clieveden  im  lourn.  af  Hell.  stud.  20, 
1900  S.  81  ff.  Tf.  8,  in  Konstantinopel  {derselbe, 
Sarkoph.  3,  2,  44,  144.    Beinach,  Bep.  de  rel.  2, 

50  173,  3)  und  zu  Rom  in  Privatbesitz  {M.  Meyer, 
Theseus-Sark.  in  d.  Arch.  Zeit.  4=2,  1884  Sp.  273  t. 
Beinach  3,  22,  2).  —  6.  Die  friesartige  Deko- 
ration eines  Innenraums  aus  der  Zeit  Hadrians 
{Amelung,  Die  Skiilpt.  d.  Vat.  Mus.  2,  416  Tf.  61. 
Heibig,  Führer  1*  nr.  220.  Bobert,  Die  ant. 
Sark.  3  S.  174.    Beinach,  Bep.  de  rel.  3,  362,  3). 

-  7)  Ein  rohes  Relief,  Ephem.  arch.  1896  Tf.  5. 
Nach  A.  V.  Salis  a.  a.  0.  und  Hauser,  Furt- 
imngler-Beichhold  3  S.  104 tf.,  geht  dieser  Ty- 

60  pus  auf  ein  um  400  v.  Chr.  entstandenes  grie- 
chisches Original  zurück. 

39.  Eine  andere  Form  des  Abschieds  er- 
scheint auf  einer  rf.  Vase  {Jahn,  Vas.  z.  München 
nr.  329),  auf  der  Th.  der  sich  abwendenden 
Ariadne  eine  Schale  zur  Abschiedspende  reicht; 
auf  einer  Vase  aus  Cometo  {B.  Kekule,  Coppa 
Cornetana  col  mito  di  Arianna,  in  d.  Ann.  d. 
Inst.  52,  1880  S.  150tf.,  Man.  11  Tf.  20.    Bei- 


711      Theseus  (Heimkehr  nach  Athen)  ^      Theseus  (Heimkehr  nach  Athen       712 

noc/i,  Rep.  1,  222)  vermittelt  dage^n  Hermes  Reihen  yigavog  genannten  Reigen,  der  zu  dem 

die  Trennung,  wie  dies  auch  Serv.Verg.  Oeorg.  o.  36  besprochenen  kretischen  Tanze  in  eng- 

1,  222  andeutet,  falls  das  Bild  nicht  besser  auf  aiet  Beziehung  steht.     Er  wurde  um   den  aus 

Peleus  und  Thetis  (s.  d.)  bezogen   wird.     Das  linken  Hörnern    von  Opfertieren  geschiehteten 

Wandgemälde  bei  Helhig  a  a.  O.  nr.  1216  zeigt  Altar  KegccToav  getanzt,    der   bei    den  Ausgra- 

Th.  sitzend,  während  ihm  Ariadne  'ihr  Los  be-  bungen  neuerdings  wieder  aufgefunden  worden 

jammernd'    zuspricht.     Auch    die    Abschieds-  ist  (Wochcnschr.  f.  llass.  rhu.  IdOH,  A'2  Sp.  l\bl. 

szene  zweier  einander  gleicher  Tonreliefs  aus  —  Theophr.  hei  Athen.  10,  24  S.  424 f.  Kallim. 

der  Zeit  um  Christi   Gel.urt  {Bull.  nmn.  1877  Dd.  308 flf.  Dikaiarch.  bei  JHut.  Th.  21.  Paus. 
Tf.  8.  Anh.  Zeit.  Sb,  1878  S.  181.  Heibig,  Führer  lo  9,  40,  2,  4.     Luk.  sali.  34.    Pollux  on.  4,  101. 

1«  S.  420.  —  Mon.  d.  Inst.  1863  Tf.  83.  Ann.  Hesych  s.  v.  Jrilov  y.axbg  ßiofiög;  vgl.  L.  Pallat, 

1863  S.  459  ff )  bezieht  man  auf  Th.  und  Ariadne.  De  fah.  Ariadn.  S.  4).   E.  Neustadt,  De  looe  Cre- 

Anf  einer  Vase  aus  Vulci  {Furticängler,  Ber-  tico  S.  31  f.,  setzt  den  Tanz  demjenigen  um  den 

liner  Vas.  i.  Ant.  nr.  2179.     Gerhard,  JStr.  u.  Maibaum  gleich,  während    Mannhardt,  Myth. 

camp.  Vas.  Tf.  6  f.)  wird  Th.  von  Athena  ver-  Forsch.  S.  140,  den  deiischen  Reigen  als  alten 

trieben,    während    Dionysos    sich    bereits   der  Erntetanz    deutete,    der   erst   in   der  Zeit  des 

Ariadne  bemächtigt.  Kimou  zu  Th.  in  Beziehung  gebracht  worden 

Endlich   gab   es   eine   euhemeristische    Er-  wäre;    nach  Gruppe,   Gr.  Myth.  1   S.  21,    soll 

Zählung,  nach  der  Th.  die  Ariadne  von  Minos  dies    dagegen    bereits    durch    Peisistratos    ge- 
als  Gattin    erhielt,  weil  er  den  Tauros*)  im  20  schehen    sein.     C.  Rohert   im   Arch.  Jahrb    5, 

Kampfspielüberwunden  hatte (PÄttorÄ.  bei  7'ZMt.  1890  S.  225,  11  u.  Prellei- Robert,  Gr.  Myth.  1 

Th.  19,  4.    Hygin.  p.  astr.  2,  5;    s.   0    Bd.  5  S.  348,  3  erklärt  das  gestiftete  Fest  unter  Be- 

Sp.  150 f.  Tauros  9  unten,  vgl.  Wipprecht,  Zur  zugnahme  auf  Kallim.  Del.  307—315  für   die 

EntwicH.  d.  rational.  Mythendeutung  2  S.  32).  in   den   Hekatombaion    fallenden  Aphrodisien, 

Über  die  Söhne  des  Th.  und  der  Ariadne  s.  o.  und  Nilsson,   Gr.  Feste  S.  380  f.,   stimmt   ihm 

Bd.  1  Sp  542,  sowie  die  Artikel  Oinopion,  Sta-  bei.     Daß    der   Tanz    abends   und   unter   Be- 

phylos,  Demophon,  Akamas;  vgl.  Jahn,  Arch  nutzung  von  Zugseilen  stattfand,   beweist   die 

Beitr.  S.  276.     Nach    TF.  Kleins  Deutung  wer-  Auffiihrung  von   Fackeln   und  gv^iol  in    Fest- 

den    Staphvlos    und    Oinopion    auf   einem    rf.  rechnungen  des  deiischen  Hekatombaion  (Bull. 
Skyphos  aus  Orvieto  in  Wien  {Wiener  Vorl.  E  so  de  corr.  hellen.  6,  1882,  23  Z.  189  der  Rechnung 

Tf.  12,  2.     Arch.  Am.  7,  1892  S.  173   nr.  IM)  des  Jahres  180;  ebenso  im  Jahre  24fj  Z.  16  und 

einer  Nymphe  zur  Pflege  übergeben,  während  im  Jahre  201,  ebenda  14,  1890,  494  A.  2,  nach 

Athena  auf  der  anderen  Seite  dem  fortziehen-  Ntlsson  a  a.  0.).  Aus  diesen  Tanzseilen  könnte 

den  Theseus  einen  Zweig  reicht  (s.  o.  6  u.  38).  sich    vielleicht    der   Faden   der   Ariadne   ent- 

Über   des    Th.    Liebe    zu    Aigle,   der   Tochter  wickelt  haben. 

des  Panopeus,  s.  0.  Bd.  1  Sp.  153;  3,  1539.  In  Nach  Bekämpfung  des  Asterion  (s.d.),  d.h. 

Anlehnung    an    eine    alexandrinische   Vorlage  des  Minotauros,  baute  Th.  auf  dem  Markt  von 

findet  sich  bei  Catull.  64,  158  ff.  u.  bei  Nonn.  Troizen,  wohin  er  also  von  Delos  aus  gelangt 

Dion.  47,  373.  390  ff.,  404  f.  ein  Klagelied  der  sein  müßte,  der  Artemis  ZöntEiQu  einen  Tempel 
verlassenen  Ariadne  {E.  Ma^ß  im  Hermes  24,  40  {Paus.  2,  31,  1;   vgl.  Kalkmann,  Paus.  d.  Pe- 

1889  S.  628).  rieget  S.  143),    die    mit    einer    Aphrodite    ver- 

40.  Die  Landung  des  Th.  auf  Cypern  (s.  0.  mischt  zu  sein  scheint  {S.  Wide,  Lak.  Kulte 
Bd.  1  Sp.  643.  Nilsson,  Gr.  Feste,  S.  369)  so-  S.  122).  d.  h.  jedenfalls  mit  der  auf  den  Inseln 
wie  die  Nachricht,  daß  die  mit  ihm  von  Knosos  des  Ägäischen  Meeres  verehrten  Aphrodite- 
gekommenen Kreter  die  Stadt  Brenteion  (Brun-  Ariadne,  da  nur  diese  dem  Th.  gegenüber  als 
dusium  in  Calabrien)  gegründet  hätten  {Strabo  Retterinin Betrachtkommenkann(s.o.ii^.^5.58). 
6,  3,  6  S.  282.  Lucan.  Ph.  2,  61  Off.  u.  Schol.-,  41.  Bei  seiner  Rückkehr  nach  Athen  ver^ 
vgl.  5,  406  u.  Schol.  Myth.  Vat.  2,  12')),  ist  anlaßt  Th.,  weil  er  (oder  seine  heute,  Diodor 
offenbar  zur  Erklärung  örtlicher  Festbräuche  4,  61)  die  Segel  zu  wechseln  vergessen  hatte, 
erfunden,  und  ähnlichen  Ursprungs  mag  die  50  den  Tod  seines  Vaters  Aigeus  (s.  0.  Bd.  1  Sp.  146 
oft  erwähnte  Erzählung  von  seinem  Aufent-  u.  Hygin.  f.  43.  Aetna  578 f.;  vgl.  unten  78  u. 
halte  auf  Delos  sein;  s.  0.  19.  Hier  opferte  er  über  dessen  Heroon:  H.  G.  LoUing  in  d.  Mitt. 
dem  Apollon  und  setzte  Kampfspiele  zu  seinen  d.  arch.  Instit.  1886,  Athen.  Abt.  11  S.  322 f.). 
Ehren  ein  (Paus.  8,  48,  2,  3),  auch  errichtete  Er  landet  im  Phaleron  (vgl.  Pyo;}crL  3/20,  23  f.), 
er  der  Aphrodite  einen  Tempel  {Schol.  Cällim.  bringt  daselbst  das  vor  der  Ausfahrt  gelobte 
in  Del.  308)  und  stellte  ihr  ein  von  Ariadne  Opfer  dar,  bestattet  dann  seinen  Vater  und 
empfangenes  hermenartiges  Holzbild  auf,  wor-  stiftet  dem  Apollon  das  am  7.  Pyanopsion  be- 
aus  wir  auf  die  Verehrung  eines  alten  Ariadne-  gangene  Erntefest  der  Pyanopsia  (s.  o.  Bd.  1 
Aphroditebildes  in  Delos  schließen  dürfen,  wie  Sp.  432.  Mommsen,  Feste  d.  St.  Athen  S.  2S2S.) 
diese  Göttin  ja  später  Aphrodite  ccyvri  genannt  60  und  das  Weinlesefest  Oschophoria  (s.  o.  Bd.  1 
wurde  {Bull,  de  corresp.  hell.  1882,  489  tf.  1883,  Sp.  1075  u.  Mommsen  a.  a.  0.  Preller- Robert, 
368);  vgl.  Hesych.  advbv  ayvov  KQfjtsg.  Dann  Gr.  Myth.  1  S.  207  f.)  dem  Dionysos  und  der 
stiftete  er  derselben  Göttin  den  im  Hinblick  Ariadne,  wobei  er  den  oben  8  erwähnten  Phy- 
auf  den   Flug  der  Kraniche  in  geschlossenen  taliden    die  Besorgung    eines    ihm   selbst   ge- 

„  _,.    ^,  .  .    ,                ^,.    ,           ^           ^,  weihten  Ovf eis  überträgt  {Plut    Th.  22 {.  Etym. 

*)  Die  Gleichsetzang  von  ^Iinotauros,  Tauros,  Talos  -.^                  ^     „,           ,        o  ^;       ,                                 ^ 

uBd  Asterios  wird  o.  Bd.  5  8p.  8if.  behandelt;  die  ratio-  Magn.  ^.  v.  ElgEüiaivri.  Procl.  exc.  gramm.  B.  y. 

naliitiachen    Deutungen   bespricht    0.   Waser    ausführlich  OiaxO(pOQlcc),    das     am     8.   Pyanopsion     als     sein 

unter  Tauros  9;  a.  o.  Bd.  5  Sp.  i.'sof.  Hauptfest,  die  Orjosia,  gefeiert  wurde;  s.  u.  54. 


713         Theseus  (König  von  Athen) 

43.  Sowie  Th.  nach  seines  Vaters  Tode  die 
Herrschaft  als  siebenter  König  in  Attika  über- 
nommen hat  {Hifffin.  f.  4H),  veranlaßt  er  (nach 
der  zur  Zeit  der  Demokratie  herrschenden  Sage) 
seine  Untertanen,  die  seit  Kckrops'  (s.  d.)  An- 
ordnung in  zwölf  einzelnen  Ortschaften  (noXsig) 
gewohnt  hatten  {Theophr.  char.  26,  «.  Vhlloch. 
b.  Strabo  9,  1,  20  S.  3ü7.  Marm.  Far.^  1,  34. 
Etym.  m.  s.  v.  'Knccxgicc  xoaQcc.  Suid.  s.  v.  'Enax- 


Theseus  (König  von  Athen)  714 

den  Begründer  des  attischen  Staatswesens 
{Aeschin.  or.  3,  13  Schal.)  zurückgeführt,  um 
den  späteren  staatlichen,  rechtlichen  und  re- 
ligiösen Einrichtungen  einen  bestimmten  Ur- 
sprung zu  geben.  Die  Stiftung  der  Synoikia 
und  Panathenaia  und  der  damit  zusammen- 
hängenden Kultgebräuche  wird  unten  §  5ö  be- 
handelt. Ebendahin  gehört  aber  die  Erzählung, 
daß    Th.    zuerst    Münzen,    und    zwar   mit   dem 


TQia  xcoQK.  Charax  b.  Steph.  Byz.  s.  v.  k&fjvai),  lo  Bilde  eines  Ochsen  geschlagen  habe  {Plut.  Th. 


seit  Ions  Ansiedlung  aber  in  vier  unter  Phy 
lobasileis  stehenden  Geschlechtsverbänden  ver- 
*^inigt  waren  {Aristot.  Ath.pol.  41),  zur  Bildung 
ines  einheitlichen  Staatswesens  und  zur  An- 
1  kennung  von  Athen  als  gemeinsamer  Haupt- 
stadt, die  sich  am  Süd-  und  Südostfluß  der 
Akropolis  als  die  später  speziell  a6tv  genannte 
Altstadt  entwickelte  {Aeschyl.  Kum.  G8i)  f., 
welche  Verse  aber  wahrscheinlich  eingeschoben 
ind.  Thidyd.  2,  15.  Isokr.  Hei.  17,  35  S.  214. 
Aristot.  Atk.  pol.  frg.  2  u.  bei  Pliit  Thes.  25; 
vgl.  32.  Ps.-Demosth.  Neaer.  76.  Philoch.  bei 
Strabo  9,  1,  20  S.  397;  vgl.  Flut.  TÄ.  2u.  24f.; 
Eom.  u.  Th.  4;  de  exil.  17  S.  607.  Cic.  de  leg. 
•J,  2;  vgl.  Flin.  n.  h.  7,  56,  200.  D/odor.  4,  61. 
Bio  Chrysost.  or.  45,  S.  123,  7  Bind.  Faus.  1, 
22,  3.  26,  6.  8,  2,  1.  Schol.  Aristoph.  Flut.  627. 
G.  Synk.  Chron.  p.  172  C.  S.  325  Bind.). 

In  Wirklichkeit  bildete  sich  die  älteste  An- 


25.  FoUux  11,60.  Schol.  Aristoph.  av.  1160  und 
o.  Bd.  5  Sp.  151).  Aus  diesem  Grunde  war  die 
Münze  zu  Athen  wahrscheinlich  mit  einer  Ka- 
pelle des  Theseus  in  Verbindung  gesetzt,  der  hier 
in  Rücksicht  auf  den  von  Amphitrite  erhaltenen 
Kranz  {20)  i](j(og  <ST£q)avriq)6Qog  (s.  d.)  genannt 
wurde,  wie  aus  der  im  Gegensatz  zu  dem  äginä- 
ischen  Gelde  gebrauchten  Bezeichnung  der  atti- 
schen Drachmen  als  ürscpccvricpÖQOv  dgccxuai  her- 
vorzugehen scheint  {Boeckh,  C.  I.  Gr.  123  §  4. 
Staatsh.  2,  324  f.  C.  I.  A.  2,  46(5  ff.  476.  Curtius, 
Bie  Stadtgesch.  v.  Athen  S.  165).  Die  Nachricht 
wird  jedoch  als  wertlos  abgelehnt  von  Ilead, 
h.  w.*  S.  366.  Ferner  soll  Th.  den  Gerichtshot' 
im  Delphinion  eingesetzt  {Faus.  1,  28,  10.  Fol- 
liix  8,  10,  119;  Tgl.  Etym.  inar/n.  'EtiI  JsXtpi- 
vicp  S.  359,  4.  Flut.  Th.  18)  und  den  kunst- 
mäßigen Ringkampf  {Faus.  1,  39,  3)  oder  we- 
nigstens einige  Teile  desselben  {Schol.  Fiat.  leg. 


edlung  jedenfalls  im  Südosten  der  Akropolis  30  7,  16,  22  Bekk),  insbesondere  das  Pankration 


im  Ilissos;  dort  lagen  daher  der  Königshof  des 
Aigeus  und  um  ihn  herum  die  alten  Heilig- 
tümer des  Olympieion,  Pythion,  Delphinion, 
sowie  der  Stadtbrunnen  Kallirrhoe.  Die  Akro- 
polis war  damals  vielleicht  nur  Fluchtburg  in 
Zeiten  der  Gefahr.  Theseus  (d.  h.  die  späteren 
Könige)  hat  sie  zur  Herrenburg  umgewandelt 
und  die  Adelsgeschlechter  von  ganz  Attika 
;Tezwungen,    sich   ihm    zu   unterwerfen  und  in 


unter  Anleitung  der  Athene  {Schol.  Find.  Nem. 
3,  27.  5,  89)  erfunden  haben.  Als  Herakles  die 
olympischen  Spiele  einrichtete,  rang  Theseus 
mit  ihm,  ohne  daß  einer  von  beiden  besiegt 
wurde  {Ptolem.  bei  Fhot.  bibl.  151a,  34.  Aristipp. 
b.  Schol.  Find.  Ol.  11,  83),  Über  die  Stiftung 
der  nol£ai6x7]Qia  {Schol.  Aristoph.  nub.  28)  s. 
unten  §  54. 

Auch    die  Ausdehnung   der  Herrschaft  des 


einem  Machtbereich  ihre  Wintersitze  zu  bauen  40  ionischen  Stammes  gilt  als  Werk  des  Theseus; 


(vgl.  C.  Wachsmuth,  Bie  Stadt  Athen  im  Altert. 
1  Ö.  393  ff.  C.  Schuchardt,  Hof,  Burg  u.  Stadt 
bei  Germanen  u.  Griechen,  in  der  Zeitschr.  f. 
d.  Gymnasidlw.  62,  1908  S.  153.  Ilberg-Gerths 
Jahrb.  11,  1908  S.  318;  s.  aber  unt.  §  78).  Dem- 
entsprechend war  sein  eigener  Hain  und  sein 
Heiligtum  in  dem  jetzt  erst  neu  besiedelten 
nördlichen  Teil  der  Stadt  gelegen  (s.  §  53).  Die 
Anzahl  der  noXsig  stimmt   mit  derjenigen  der 


so  erscheint  er  sogar  als  Gründer  Smyrnas  und 
anderer  ionischer  Kolonien  in  der  Gegend  des 
Sipylos  {Tacit.  ann.  4,  56.  Aristid.  or.  20  S.  425, 
vgl.  22  S.  440  u.  unt.  §  76).  Besonders  aber  er- 
obert er  Megara  bis  zum  Isthmus  (s.  o.  Bd.  4 
Sp.  1005  f.).  Über  ein  ohne  sicheren  Grund  von 
Heydemann  auf  die  Siegesfeier  hierbei  bezo- 
genes Vasenbild  s.  Arch.  Zeit.  26,  1868,  S.  12 f.; 
vgl.  S.  102  f.,    abgebildet  23,  1865,  Tf.  199.  3: 


ionischen    Zwölfstädte    in    Kleinasien   deshalb  50  vgl,  Heydemann,    Gr.  Vasenb.  S.  11,  18).     Bei 


überein,  weil  die  ionische  Kolonisation  nach 
dieser  (athen.)  Auffassung  eben  von  Attika  aus- 
ging {I.  Lezius,  Gent.  u.  lok.  Fhylen  in  Attika, 
Fhilol.  66,  3  S.  321  ff  ;  vgl.  Busolt,  Gr.  Gesch.  1 
S.  379  ff.).  An  die  12  Phratrien  denkt  Schömann, 
op.  ac.  1  S.  175,  Gr.  Altert.''  1  S.  331.  In  der 
Zeit  der  Demokratie  gestaltete  man  den  Natio- 
jialhelden  zum  Ideal  eines  demokratischen 
Volkskönigs    um    {Eurip.  Suppl.   349 ff.   403 ff. 


der  Feier  der  Isthmischen  Spiele,  bei  welcher 
die  Athener  später  die  Ehre  der  Proedrie  ge- 
nossen, sollte  er  neben  oder  an  Stelle  des  alt- 
korinthischen Kultus  des  Melikertes  (s.d.)  den- 
jenigen seines  Vaters,  des  ionischen  Poseidon, 
eingesetzt  haben,  und  zwar,  wie  man  nun 
dichtete,  zur  Sühne  für  die  von  ihm  erschla- 
genen mit  ihm  verwandten  poseidonischen 
Heroen  Skiron  (s.  d.)  und  Sinis  (o.  Bd.  4,  927, 


429 ff.;  vgl.  aber  avcc^  113.  164.    Aristot  Ath.  60  57 ff.);  er  selbst  aber  trat  ebenso  wie  in  Olym- 


_?oZ.  41.  Isokr.  Fanath.  128f.),  von  dem  Aristo- 
■phanes  {ran.  143)  mit  Anspielung  auf  die  Ver- 
doppelung des  Theorikon  behauptet,  er  habe 
den  Charonobolos  verdoppelt.  Diese  Auffassung 
des  Th.  verherrlichende  Gemälde  sind  unten 
§  68  besprochen. 

43.  Nach    Ausbildung    des    Hauptzugs    der 
Sage  werden  eine  Reihe  von  Einzelheiten  auf 

RoscHKK,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V. 


pia  unter  den  ersten  Kämpfern  auf  {Marm. 
Far.  1,  35  f,  Hygin.  f.  273  S.  147,  12  Schm. 
Flin.  n.  h.  7,  56,  57,  205.  Flut.  Th.  25.  Faus. 
1,  37,  3,  4.  Schol.  Find.  arg.  ad  Isthm.  S.  515. 
Schol.  iSficandr.  Alex.  605),  Als  Sieger  im 
Waffenkampf  bei  diesen  Spielen  bezeichnet  ihn 
Anon.  Corinth.,  s.  Bio  Chrys.  ed.  Bind.  2  S.297,3. 
Vgl.  Wagner,  Epit.  Vat.  S.  121.     Auch  in  Delphi 

24 


715          Theseus  (Amazonenkampf)  Theseus  (Amazonenkampf)          716 

gab  es  einen  BriöBla  genannten  OTi(Plut  TÄ.ö).  Diodor.  4,  28.  Ära.  Eurip.  Hipp.  Z.  2.    Eustath. 

In  Rücksicht  auf  diese  Bejjründung  des  atti-  z.  Ih  8,  189;    vgl.  R.  Wagner,    Eh.  Mus.  46, 

sehen  Staatswesens  durch  Theseus  werden  die  1891  S.  398.  Klügmann,  Die  Amazonen  S.  62), 

Athener   später   ebenso   wie   Ksxgoniöai  oder  oder   an   ihrer   Stelle   Glauke  und  Melanippe 

'Eiffx^stScct  auch  Sriastdai  genannt  {Soph.  Oed.  {Apollod.  epit.  1,  16  u.  6,  2;    vgl.  R.  Wagner, 

Col.  1066  u.  Schol.  Said.  s.  v.  lyxotov.  Habron  Apollod.  epit.  19,  2  u.  dazu  S.  138  f.).   Über  die 

bei  Steph.  Byz.  s.v.  k9^vai.    C.  1.  A.  1  S.  862  Verbindung   der  Antiope   mit  Th.   und   ihren 

nr.  147;   vgl.   öijcrijtarfijs  in  der  Weihinschrift  Tod  s.  o.  Bd.  1  Sp.  383  u.  269;  Bd.  3  Sp.  2220, 

C  i.  G.  6280).     Zum    ganzen    Abschnitt    vgl.  besonders  aber  iL /M(;7«a«n  a.  a.  0.  S.  18  tf.   Über 
&5Ä<3>wawn,  Gr. -4i/er<.*  1,827  f.  332.  WacÄsmutA,  10  die   dem   Th.    zugeschriebene    Gründung    von 

D.  Stadt  Athen  i.  Altert.  1  S.  453  fif.     Curtius,  Pythopolis  {Mentkr.  b.  Plut.  TT».  26)  s.  Soloeis. 

Die  Stadtgesch.  v.  Athen  S.  39  ff.     Busolt,  Gr.  Auf  seiner  Gattin  Hippolyte  Veranlassung 

Gesch.  1,  886  ff.  Hermann- Thumser,  Chr.  Stcutts-  unternimmt  er  einen  Zug  gegen  Theben,    auf 

altert.  S.  805.   Gilhert,  Hdb.  d.  gr.  Staatsaltert.*  dem  diese  ihn  nicht  begleitet,  weil  sie  schwan- 

1  S.  112  f.    V.  Wilamotcüz-Moellendorff,  Philol.  ger  ist  {ßtat.  Theb.  12,  636  ff.).    Ihr  oder   der 

untersuch.  1,  8,  101.  —  C.  A.  Fickler,  de  Theseo  Antiope  Sohn  ist  Hippolytos  (s.  d.).     Das  mit 

popul.  Athen,  imp.  quem  dicunt  auctore,  Donau-  dem    Theseusfeste    in    Verbindung    stehende 

eschingen,  Schulprogr.  1838.     I.  D.  H.  Meyer,  Amazonenopfer  behandelt  Mommsen,  Feste  d. 

de    Theseo    Athen,    condit.,    Osnabrück    1846.  Stadt  Athen  S.  290. 

Th.  Kausei,  de  Thesei  synoecismo,  Frogr.  Dil-  20        Zur  Sagenentwicklung  vgl.  E.  Prigge,   De 

lenburg  1882.                        '  Thesei  rebus  gestis  quaestionum  cap.  duo,  Mar- 

burger  Diss.  1891  S.  6  ff.     A.  Deloraine  Corey, 

7.  Amazonenkämpfe  nnd  ünterweltsfalipl.  i>e  Amazonum   antiquiss.ffig.,   Berliner   Diss. 

44.  Als  Begleiter  des  Herakles  auf  seinem  1891    S.  46  ff.     R.   Wagner,    Epitoma  Vat.   ex 

Zuge  gegen  die  Amazonen  {Hegias  Troez.  bei  Apollodori  Bibl.  S,  137  ff.     P.  Friedländer,  He- 

Paus.  1,  2,   1.     Philoch.  b.   Plut.  Thes.  26,    1.  rakles  S.  137  f.  169  f. 

Apollod.  Epit.  Z,  1.  Pheidins  b.  Paus.  6, 11,  4.  45.  Auf  Vasenbildern  wird  in  späterer  Zeit 
Eurip.  Heraclid.  217.  Schol.  Pind.  Nem.  3,  64.  dieser  Kampf  häufig  geschildert,  während  von 
Etym.  m.  s.  v.  "Ecpsöog)  gelangt  Th.  mit  H.  nach  hierher  gehörigen  sf.  Vasen  nur  eine  durch  In- 
Themiskyra  am  Thermodon.*)  Trotz  der  Be-  so  Schriften  gesichert  ist  {Jahn,  Vas.  d.  K.  Ludw. 
lagerung  können  die  Helden  die  Stadt  nicht  7  S.  4);  vgl.  aber  Gerhard,  A.  V.  3,  43;  2,  65 
eher  nehmen,  als  bis  sie  die  Amazone  Antiope  u.  68.  Stephani,  C.  R.  1866  S.  167  ff.  Studniczka 
aus  Liebe  zu  Th.  überliefert  (vgl.  Achills  Liebe  im  Arch.  Jahrb.  2,  1887  S.  140.  Die  Denk- 
zn  Penthesileia),  welche  dieser  nach  anderen  mäler,  auf  denen  Theseus  in  Verbindung  mit 
Angaben  als  Eampfpreis  von  Herakles  erhält  Peirithoos  oder  Phorbas  auftritt,  sind  0.  Bd.  3 
(o.  Bd.  1  Sp.  383  u.  Hygin.  f.  30).  Nach  der  Sp.  1782  ff.  u.  2428  f.  angeführt.  Nachzutragen 
verbreiteteren  Darstellung  unternahm  Th.  diesen  ist  ein  Krater  in  Madrid  {Leroux,  Vases  grecs 
Zug  gegen  die  Amazonen  nach  dem  des  He-  ßt  italo-gr.  nr.  170  Tf.  22).  Die  von  Theseus 
rakles  {Herodor.  b.  Apollod.  bibl.  2,  6,  3,  6)  bekämpften  Amazonen  werden  inschriftlich  bald 
zusammen  mit  Peirithoos  (0.  Bd.  3  Sp.  1769  u.  40  Hippolyte  (0.  Bd.  1  Sp.  2680  u.  eine  Lekythos 
1766)  auf  einer  eignen  Flotte,  wobei  er  die  feinen  Stils  im  Mus.  of  fine  arts  zu  Boston 
Antiope  zur  Gefangenen  machte  {Pherekyd.,  nr.  44),  bald  Andromache  (0.  Bd.  1  Sp.  345), 
Hellan.,  Herodor.  b.  Plut.  Th.  26,  2.  Stat.  Melusa  oder  Melosa  (0.  Bd.  2  Sp.  2649  u.  2652 
Theb.  12,  519  ff.  Schol.  Hom.  II.  3,  189  Dind.  u.  ein  rf.  Stamnos  schönen  Stils  im  Ashmolean 
Bd.  3.  Tzetz.  Lyk.  1332 ;  vgl.  Diodor.  4,  28).  Mus.  zu  Oxford  mit  den  Namen  Theseus,  Rhoi- 
Oder  die  Amazonen  sandten  ihm  bei  seiner  kos,  Melou8a,^rc/t.^?i2^.  1897,  2  S.  74)  oder  Anti- 
Landung durch  Antiope  Geschenke,  und  er  aneira  (0.  Bd.  1  Sp.  370  und  unt,  §  63)  genannt, 
entführte  sie  (o.  Bd.  1  Sp.  383);  nach  Isokrat.  Vgl.  auch  unsere  Abb.  21  unt.  Sp.  758. 
Panath.  193  u.  Menekr.  b.  Plut.  Th.  26  scheint  Theseus  ist  meist  nur  mit  Helm,  Schild  und 
sie  sich  ihm  jedoch  freiwillig  angeschlossen  50  Lanze  oder  Schwert  bewaffnet,  sonst  aber  nackt, 
zu  haben,  oder  er  nahm  sie  in  Attika  selbst  ohne  Panzer  und  Beinschienen;  einmal  kämpft 
gefangen  (o.  Bd.  1  Sp.  383 ;  vgl.  Pind.  b.  Paus.  auch  er  zu  Pferde.  Bei  der  Entführung  um- 
1,  2,  1).  Dagegen  gilt  die  Gefangennahme  ge-  faßt  er  entweder  die  Antiope,  um  sie  fortzu- 
wöhnlich  erst  als  Grund  für  den  Einfall  der  tragen  (z.  B.  0.  Bd.  3  Sp.  1777),  oder  er  hat 
Amazonen  in  Attika  {Isokr.  Panath.  193.  Dio-  sie  bereits  auf  seinen  Wagen  gehoben,  wo  sie 
dor.  4,  28;  vgl.  0.  Bd.  1  Sp.  269),  während  zuweilen  von  Peirithoos  und  Phorbas  festge- 
iyil'opÄron(^Zea;.  1331  f.  u.J<g;ctzes  dazu)  Theseus  halten  wird  {Gerhard,  A.  V.  3,  44,  52). 
selbst  den  Gürtel  der  Amazonenkönigin  rauben  Auch  die  Sagenform,  nach  der  Antiope  dem 
und  die  Orthosia  entführen  läßt.  Unter  die-  Theseus  freiwillig  folgt,  findet  sich  auf  einem 
sem  Beinamen  der  Artemis  ist  hier  jedenfalls  60  Vasenbild  {Gerhard,  A.  V.  3  Tf.  168.  Welcker, 
Antiope  zu  verstehen,  obwohl  ihn  die  jüngeren  A.  D.  3  Tf.  22,  2.  Reinach,  Rep.  2,  86,  2); 
Schollen  z.  d.  St.  auf  Hippolyte  beziehen.  vgl.  Gerhard,  Etr.  Spiegel  3  S.  40  Tf.  306.  Auf 
Freilich  wird  auch  diese  als  die  von  Theseus  das  friedliche  Zusammentreffen  des  Th.  mit 
entführte  Amazone  genannt  (0.  Bd.  1  Sp.  2680  f.  Antiope,  die  an  der  Quelle  Kallirrhoe  ihre 
und  Simonides  bei  Apollod.  epit.  1,  16  u.  5,  2.  Pferde  tränken  will,  bezieht  Svoronos  'Eg^.  r. 

(ivrifi.  xov  'EXev6.  (ivöT.  v,vyiXov  S.  469  ff.,  einen 

*)  Eine  eigentümUche  Deutung  die.ee  Abeateners  ebenda    Fig.  20    abgebildeten    Sardonyx    des 

bietet  TT.  Leon/iard,  Hettiter  u.  Amazonen  s.  i8ff.  Pariser  Münzkabinetts  {Chobouillet,  Cat.  d.  cam. 


717  Theseus  (raubt  Anaxo  etc.) 

et  pierres  grav.,  Paris  1858,  S.  18  nr.  106.  Ba- 
belon,  Guide  au  Cah.  d.  med.,  Paris  1900,  S.  109 
Fig.  62  nr.  148).  Auf  der  einen  8eite  des 
Brunnens  steht  der  fast  nackte  Heros,  das 
Scliöpfseil  haltend,  auf  der  andern  kauert  die 
Amazone,  im  Begriff  aus  dem  emporgezogenen 
Kruge  zu  trinken;  im  Hintergrund  eine  bärtige 
Herme.  Da  nichts  der  Art  überliefert  ist,  bleibt 
die  Deutung  zweifelhaft;  doch  vgl.  Svoronos 
a.  a.  0.  S.  396.  lO 

Mit  dem  Aufschwung  der  Theseusverehrung 
zu  Ausgang  des  (5.  Jahrh.  v.  Chr.  tritt  ebenso 
wie  in  der  Vasenmalerei  in  der  Großkunst  sein 
Amazonenkampf  an  die  erste  Stelle.  Dies  zei- 
gen sowohl  die  Werke  der  Plastik  (u.  61  f.)  als 
die  Wandgemälde  des  Polygnot  und  seiner  Ge- 
nossen (u.  63),  und  auch  für  die  ganze  Folge- 
zeit bleibt  in  der  Kunst  der  attische  Amazo- 
nenkampf maßgebend,  obwohl  die  Gestalt  des 
Theseus  oft  nicht  kenntlich  gemacht  ist,  wie  20 
besonders  niemals  auf  den  Sarkophagen  {Bohert, 
Ant.  Sark.-Kel  2  S.  76).  Über  Tb.  im  Kampf 
mit  der  Amazone  an  dem  sog.  Stackelberg- 
schen  Throne  vgl.  Michaelis  im  Journ.  of  hell, 
stud.  1884  Tf.  48,  5  S.  146  ff.  Auch  ist  zu  den 
o.  Bd.  1  Sp.  277 f.  angeführten  Bildwerken  eine 
im  Museum  zu  Chalkis  befindliche  Gruppe  nach- 
zutragen, die  vom  Westgiebel  des  ApoUontem- 
pels  zu  Eretria  stammt.  Nach  FurtwänglerB 
{Äegina  1  S.  321  ff.)  Deutung  trägt  hier  Theseus  30 
die  Antiope  hoch  emporgehoben  fort,  um  mit 
ihr  den  Wagen  zu  besteigen,  doch  ist  von  dem 
Helden  nur  Oberkörper  und  Kopf  erhalten. 

46.  Nach  Antiope  soll  Theseus  eine  Troi- 
zenierin  Anaxo  (o.  Bd  1  Sp.  336)  geraubt  haben ; 
auch  wird  er  noch  mit  Jope  (s.  0.  Bd.  2  Sp.  293 
u.  Hippe  Bd.  1  Sp.  2666)  in  Verbindung  gebracht. 
Über  seine  Beziehungen  zu  den  Töchtern  des 
Kerkyon  und  des  Sinis  s.  d.  Art.  Sinis  0.  Bd.  4 
Sp.  927.  Auf  falscher  Lesart  beruht  wohl  der  40 
ihm  zugeschriebene  Raub  des  Chrysippos  (JTy^m. 
/'.  271),  auf  Verschreibung  seitens  des  Vasen- 
malers die  Liebesverfolgung  der  Thetis  auf 
einem  Lekanedeckel  (Stephani,  C.  R.  1877 
Tf.  5,  6  S.  257  f. ;  Graef  im  Jahrb.  d.  arch.  Inst. 
1886  S.  204;  s.  0.  20),  sowie  vielleicht  der  Raub 
der  Korone  (s.  d.  u.  hier  46  am  Ende). 

Euripides   {Hipp.  34  ff.)    läßt    den   Theseus 
wegen    der  Tötung   der  ihm   blutsverwandten 
Pallantiden  (s.  d.)    zur   Sühne   des  jxiaGfKx   mit  50 
seiner  Gattin  Phaidra  auf  ein  .Jahr  nach  Troi- 
zen  in  die  Verbannung  gehen. 

Die  Vermählung  mit  Phaidra,  die  ihm  den 
Akamas  und  Demophon  gebar,  ihre  Liebe  zu 
ihrem  Stiefsohn  Hippolytos  und  ihr  Tod  sind 
bereits  ausführlich  unter  diesen  Namen  be- 
handelt. 

Ebenso  steht  es  mit  der  Verbindung  des 
Theseus  und  Peirithoos,  dem  Raub  der  Helena, 
als  deren  Tochter  von  Theseus  Iphigeneia  ge-  60 
nannt  wird;  ferner  mit  dem  Gang  in  die  Un- 
terwelt und  der  Befreiung  aus  dieser  durch 
Herakles,  sowie  endlich  mit  dem  Kentauren- 
kampf während  der  Hochzeit  des  Peirithoos 
(s.  0.  Peirithoos  und  Helena). 

Nachzutragen  ist  folgendes:  Raub  der  He- 
lena durch  Th.  auf  einem  Tonbecher  (C.  Ro- 
bert,  Hom.  Becher   im    50.   Winkelmannpro gr., 


w 

Theseus  (ünterweltsfahrt) 


718 


Berlin  1890,  nr.  k).  In  der  o.  Bd.  1  Sp.  1934 
Z.  4  angeführten  Stelle  Schot.  Lyk.  513  ist  statt 
Ömgoig  mit  v.  Wilamowitz- Moellendorff'  Jovgig 
zu  lesen,  der  also  berichtet  hat,  Helena  sei 
erst  nach  der  Geburt  der  Iphigeneia  von  Th. 
zurückgegeben  worden  (JB.  Holland,  Heroen- 
vögel in  d.  gr.  Myth.  S.  8). 

Vor  Aphidnai  kämpfte  anf  seiten  der  Dios- 
kuren  der  Heros  eponymos  der  megarischen 
Ortschaft  Alykos,  der  Sohn  des  Skiron,  und 
wurde  von  Theseus  getötet  {Hereas  bei  Plut. 
Thes.  32),  während  nach  anderer  Überlieferung 
Timalkos,  der  Sohn  des  Megareus,  dort  durch 
seine  Hand  fiel  {Paus.  1,  41,  4.  42,  4). 

Auf  die  Fesselung  des  Theseus  und  Peiri- 
thoos in  der  Unterwelt  ist  außer  den  o.  Bd.  3 
Sp.  1787 ff.  aufgeführten  Bildwerken  ein  durch 
R.  von  Schneider  im  Arch.  Jahrb.  18,  1908 
Tf.  7,  2  veröffentlichtes  Berliner  Marmorrelief 


8)  Herakles,  reirithoos  und  Theseus  iu  der  Unterwelt. 
Marmorrelief  in  Berlin  (nach  Arch.  Jahrb.  18,  1903,  Tf.  7,  2). 

des  5.  Jahrh.  v.  Chr.  zu  beziehen,  das  dieser 
ebenda  S.  92  zweifelnd  als  Hochzeitsmahl  der 
Leukippiden  deutet  (Abb.  8).  Studniczka,  Fries- 
platten vom  ionischen  Tempel  am  Ilissos,  Win- 
ckclmannsf.,  Leipzig  1910,  denkt  an  die  Über- 
raschung der  Athener  durch  die  Pelasger, 
Herodot  6, 137;  Reinach,  Rep.  de  rel.  2,  426,  be- 
zeichnet es  als  unerklärt.  Die  beiden  Freunde 
sind  auf  ihrem  Felsensitz  festgewachsen  und 
betrauern  ihr  Geschick;  zu  den  Füßen  des 
Theseus  liegt  der  Reisesack  und  sein  Schild, 
unter  Peirithoos  sein  pilosähnlicher  Helm. 
Herakles  betrachtet  sie,  auf  seine  einst  durch 
Bemalung  angedeutete  Keule  gestützt  (vgl.  o. 
Bd.  1  Sp.  2500),  noch  zweifelnd,  ob  er  ihre  Be- 
freiung versuchen  soll.  Die  zugehörige,  ebenda 
Tf.  6  abgebildete  Reliefplatte  ist  jedenfalls  als 
Raub  der  Helena  zu  erklären,  da  die  Kompo- 
sition dem  0.  Bd.  1  Sp.  1933  f.  vorgeführten 
Vasenbild  sehr  ähnlich  ist.  Die  Reihenfolge 
der  Gestalten  ist  umgekehrt:  Th.  hat  Korone 
emporgehoben,  Helena  wird  von  Peirithoos  ver- 
folgt, falls  nicht,  wie  oben  Bd.  1  Sp.  1956  ver- 
mutet wird,  die  Namen  vertauscht  sind  (vgl.  o. 
Bd.  2  Sp.  1385);  eine  Dienerin  ist  auf  dem 
Relief  hinzugefügt.  Die  dritte  Platte  {ebenda 
Tf.  7,  1)  ist  demnach  ebenso  auf  die  beiden 
Freunde  zu  beziehen;  vielleicht  stehen  sie  sin- 
nend vor  dem  Eingang  in  den  Palast  des  Hades 
wie  auf  der  Ruveser  Vase  in  Karlsruhe  (ob.  1, 
1809.  3,  1786);  Pilos,  Schild  und  Reisepack 
liegen  auf  einem  zugehörigen  Plattenbruchstück 
neben  ihnen,  das  noch  den  1.  Fuß  einer  dritten 

24* 


719     Theseus  (Verbannung,  Tod  etc.) 

Gestalt  zeigt.  Die  Ton  Studniczka  beigefügte 
Wiener  Platte  {Reinach  a.  a.  0.  5)  nimmt  viel- 
leicht auf  den  Schutz  Bezug,  d^^n  Theseus  dem 
sterbenden  Oidipus  und  seinen  Töchtern  gegen 
den  Angriff  des  Kreon  gewährt.  Links  sucht 
sich  Kreon  des  auf  dem  Felsen  sitzenden  Oidi- 
pus zu  bemächtigen;  Antigone  bittet  den  The- 
seus, der  ihre  jüngste  Schwester  lokaste  (ob. 
Bd.  3,  728)  bereits  auf  den  Arm  genommen 
hat,  kniefällig  um  Hilfe.  Ismene  umklammert  lO 
schutzflehend  einen  säulenartigen  Altar,  von 
dem  sie  ein  bewaffneter  Thebaner  hin  wegreißt; 
vgl.  unten  §  53.  *) 

8.  Verbannan^,  Tod  and  Bestattung. 

47.  Über  den  Tod  des  Th.  gab  es  verschie- 
dene Sagen  {Paus.  1,  17,  4);  nach  der  einen 
blieb  auch  er  ewig  in  der  Unterwelt  {Od.  11, 
631.  Verg.  Ae^\.  6,  61 7 f.;  vgl.  Hygin  bei  Gell, 
n.  a.  10,  16 ff.  Propert.  2,  1,  37.  Polygnots  ün-  20 
terweltsbild  bei  Paus.  10,  29,  9  vielleicht  nach 
der  Minyas).  Val.  Flacc.  Arg.  2,  192  ff.  schil- 
dert seine  Folterung  durch  Tisiphone,  die  ihm 
abscheuliche  Speise  und  Trank  reicht  und  ihn 
mit  schwarzen  Nattern  umschlingt.  Vgl.  0.  Bd.  3 
Sp.  1782  ff.  Abb.  10  u.  14.  Herodor,  der  um 
420  V.  Chr.  ein  Werk  über  Herakles  schrieb, 
berichtete  nichts  von  der  Befreiung  des  Theseus 
durch  diesen  {fr.  34  bei  Müller  F.H.  G.  2  S.  37). 

-Nach  der  gewöhnlichen  Überlieferung  hatte  30 
dagegen  Menestheus  während  seiner  Abwesen- 
heit das  Volk  von  Athen  gegen  Th.  aufge- 
wiegelt>  und  da  er  die  Dioskuren  bei  der 
Rückforderung  der  Helena  unterstützte,  wurde 
er  von  ihnen  als  König  eingesetzt  (o.  Bd.  2 
Sp.  2792),  Demophon  und  Akamas  aber  mußten 
zu  Elephenor,  dem  König  der  Abanten  auf 
Euboia,  fliehen  (o.  Bd.  1  Sp.  1240).  Bei  seiner 
Rückkehr  aus  der  Unterwelt  zog  Th.  zunächst 
mit  einem  Heere  dem  Herakles  gegen  den  in  40 
Theben  herrschenden  Lykos  (s.  d.  nr.  5)  zu 
Hilfe  {Eurip.,  Herc.  für.  1163  ff.),  oder  er  sandte 
den  Athener  Thrius,  den  Eponymos  des  Demos 
Thria,  zu  seiner  Unterstützung  {Steph.  Byz.  s.  v. 
SQiovg)\  dann  brachte  er  den  in  Wahnsinn 
verfallenen  Freund  zur  Reinigung  von  seiner 
Blutschuld  mit  nach  Athen  und  weihte  ihn  in 
die  eleusinischen  Mysterien  ein  {Plut.  Th.  30. 
33).  Auf  dem  Bruchstück  einer  rf.  Vase  aus 
Pantikapäum  (0.  R.  de  St.  Petersb.  1869  S.  181,  50 
AÜ.  Tf.  4,  2.  Reinach,  Rep.  1  S.  31,  17;  s. 
Abb.  9)  steht  er  in  eifrigem  Ge&präch  vor  dem 
sitzenden  Herakles  (-xItj?).  Da  beide  mit  l>or- 
beer  bekränzt  sind,  dürfte  das  Bild  auf  diese 
Reinigung  zu  beziehen  sein.  Die  Mysterien- 
weihe sieht  auf  dem  Reliefrichmuk  einer  Mar- 

*)  Erit  w&hrend  der  Dracklegnng  wird  mir  eine  Deu- 
tang  dieser  Friesreliefs  bekannt,  die  A.  Brückner  in  den 
Wiener  Jahrethe/ten  13,  1910,  8. 50  ff.  gegeben  hat.  Sie  stimmt 
in  der  Hauptsache  mit  der  hier  gebotenen  überein,  nur  60 
betrachtet  er  die  Gestalten  der  ersten  Platte  als  Toten- 
richter, trotzdem  sich  die  zweite  von  ihnen  auf  eine  Keule 
stützt.  Die  Gruppe  der  Wiener  Platte  erklärt  er  als  die 
Flucht  des  Tyndareos  aus  Sparta,  der  Helena  auf  dem 
Arme  trägt,  am  sie  dem  (nicht  dargestellten)  Theseus  zu 
übergeben.  Auch  verweist  er  noch  auf  zwei  etr.  Spiegel 
{Gerhard,  Etr.  Sp.  2,  131.  4,  359),  auf  denen  Hermes,  bzw. 
eine  Lasa,  den  beiden  festgewachsenen  Freunden  den 
Sprach  des  Totengerichts  verkündet. 


Theseus  (Verbannung,  Tod  etc.)      720 


9)  Herakles  und  Theseus.    Vasenbrachstüok  aus  Pantikapäum 
(nach  C.  R.  de  St.  Peterib.  1869  All.  Tf.  4,  2). 

morume,  die  o.  Bd.  2  S.  1358  Fig.  8  abgebildet 
ist,  E.  Caetani  Cont.  Lovatelli  im  Bull.  d.  comm. 
arch.com.  7,  1879  S.  6ff.,  Th.  aber  ist  dabei 
nicht  dargestellt;  vgl,  Svoronos,  'Eqiv.  t.  /ti/rj/i. 
rot)  'EXsva.  fiuar.  tivyiXov  S.  476  f.  —  Schließlich 
übergab  er  die  für  ihn  selbst  in  den  einzelnen 
Demen  ausgeschiedenen  Krongüter  mit  Aus- 
nahme von  vieren  dem  Herakles  aus  Dankbar- 
keit für  seine  Rückführung  aus  dem  Hades 
{Eurip.,  Herc.  für.  1322  ff.  1421.  Philoch  b.  Plut. 
Th.  35.  Ael.  v.  h.  4,  5.  Aristid.  or.  5  S.  58f,or. 
38  S.  723  ed.  Bind.),  ein  Sagenzug,  durch  den 
man  offenbar  später  die  Tatsache  der  weit 
ausgebreiteteren  Verehrung  des  Herakles  als 
eine  Folge  der  Dankbarkeit  des  attischen 
Nationalhelden  zu  erklären  suchte  {H.  Dettmer, 
De  Hercule  Attico.  Bonn  1869.  v.  Wilamowitz- 
Moellendorff,  Eurip.  Herakl.  2  S.  275).  Eine 
andere  Deutung  bei  Göttling,  B.  d.  sächs.  G.  d. 
W.  6,  1854  S.  15.  Nach  Eurip.,  Herc.  für. 
1386  f.  begleitete  Th.  dann  noch  den  Herakles 
auf  seine  Bitte  nach  Argos,  als  er  den  Ker- 
beros zu  Eurystheus  brachte.  Auch  schützte 
er  {Isokr.  Hei.  31.  Diodor.  4,  57,  6.  Paus.  1, 
32,  5.  Val.  Max.  5,  3,  3)  oder  Demophon  seine 
Kinder  gegen  dessen  Verfolgung  (o.  Bd.  1 
Sp.  1432). 

4S.  Das  von  Menestheus  aufgewiegelte  Volk 
wollte  jetzt  dem  Theseus  nicht  mehr  wie  früher 
gehorchen,  und  als  er  Gewalt  brauchte,  unter- 
lag er.  So  sandte  er  seine  Kinder  zu  Elephe- 
nor, sprach  zu  Gargettos  an  der  Stelle,  wo 
später  das  Araterion  gezeigt  wurde  (ätiologische 
Sage),  einen  Fluch  über  Athen  aus  und  ging 
als  Verbannter  ( Val.  Max.  5,  3,  8)  nach  Skyro^, 
wo  er  von  seinem  Vater  oder  von  seinem  Groß- 
vater Skyrios  (o.  Bd.  1  Sp.  145)  ererbte  Land- 
güter besaß  {Philoch.  b.  Plut.  Th.  35  und  im 
Etym.  Magn.  s.  v.  &qccti]qiov.  Diodor.  4,  62. 
Plut.,  De  exil.  17  S.  607).  Nach  Paus.  1,  17,  6 
beabsichtigte  er  eigentlich  nach  Kreta  zu  Deu- 
kalion  (den  er  freilich  nach  anderer  Über- 
lieferung getötet  haben  sollte,  o.  Bd.  1  Sp.  997) 
zu  gehen,  wurde  aber  durch  den  Sturm  nach 
Skyros  verschlagen.  Die  spätere  demokratische 
Auffassung  ließ  ihn  die  Strafe  des  Ostrakismos, 
die  er  selbst  eingeführt  haben  sollte,  erleiden 
{Theophr.  char.  26,  6  u.  bei  Said.  s.  v.  Scqxt] 
ZüvQia,  sowie  bei  Eustath.  Hom.  II.  782,  55. 
Suid.  s.  V.  ©r]asloLOiv.  Euseh.  Chron.  in  d.  Ecl. 
hist.  bei  Gramer,  anecd.  gr.  Paris.  2  S.  196, 
21  f.  G.  Synkell.  Chron.  p.  172  C  S.  325  Dind.), 
und  zwar  auf  Betreiben  seines  Oheims  Lykos 
(0.  Bd.  2  Sp.  2187  f.),  der  einst  von  Aigeus  sei- 


721           Theseus  (Tod,  Bestattung)  Theseus  (Argonaut,  kalyd.  Jüger)     722 

nes  Besitzes  beraubt  worden  war  (Bd.  1  Sp.  145.  Nach   späterer   Auffassung   wurde   Theseus 

Bd   2  Sp.  2186.  Schol.  Aristoph.  Plut.  627;  vgl.  gleich  anderen   Heroen  unter  die  Gestirne  er- 

Eudoc.  b.  Villoison,  anecd.  1   S.  227),  oder  aus  hoben,  und  zwar  sah  man  ihn  entweder  in  dem 

Furcht  wegen  des  Raubes  der  Helena  {Tzetz.  z.  Engonasin  genannten  Sternbild,  indem  man  an 

Lykophr.  1324;   vgl.  Diodor.  4,  63),   oder  weil  das  mühsame  Aufheben  des  Steins,  unter  dem 

er  durch  seinen  Fluch  den  Tod  des  Hippoljtos  Schwert  und   Schuhe   seines  Vaters   verborgen 

veranlaßt  hatte  (Phüostr.  heroic.  19,  8   S.  731;  waren,  dachte  (Hegesianax  bei  Hygin.  Astron. 

vgl.    Athen.  13,  10   S.  560  c).     In   Athen    sollte  2,  6;  vgl.  5),  oder  man  bezog  den  Ophiuchos 

er  dreißig  Jahre  geherrscht  haben   (Euseb.  ex-  {Theon  z.  Arat.  75)  auf  ihn,  welche  Sternbilder 

cerpt.   chron.   bei   Gramer,   anecd.  gr.   Paris.  2  lo  aber   auch    dem    Herakles    gleichgesetzt    wur- 

S.  138,  13.     Ed.  hist.  ebenda  S.  11)6,  20).  den.     Die   in   der  Nähe   des  Engonasin   sicht- 

49.  Als  Theseus  vom  König  Lykomedes  seinen  bare  Lyra  wurde  für  diejenige  des  Theseus  er- 
Besitz zurückforderte,  führte  ihn  dieser  aus  klärt  {Anakreon  b.  Hygin,  Astr.  6).  Ebenso 
Furcht  für  seine  Herrschaft  {Aristot.  Ath.  pol.  betrachtete  man  das  Sternbild  der  Krone  als 
frg.  4)  auf  einen  Felsen,  angeblich  um  ihm  den  Kranz,  den  er  von  Amphitrite  oder  Thetis 
seine  Güter  zu  zeigen,  stieß  ihn  aber  plötzlich  erhalten  hatte  (o.  20).  Bei  Lukian  {hint.  ver. 
hinab,  so  daß  er  starb  {Hcraclid.  Lemb.  1,  2  2,  19.  22  f.)  erscheint  Th.  auf  der  Insel  der 
bei  Müller  F.  U.  G.  2,  208.  Paus.  1,  17,  6.  Seligen,  wo  er  neben  Achilleus  an  der  Spitze 
Schol.  zu  Aristoph.  Plut.  627).  Nach  andern  der  Heroen  gegen  die  Bösewichter  kämpft, 
kam    er   in  ähnlicher  Weise  infolge   eines  zu-  20 

fälligen  Fehltritts  um  (Plut.  Th.  35;  vgl.  Cim.  9.  Einreihung  in  fremde  Sagen. 
8.  Lycophr.  Alex.  1324 ff.  u.  Tzetz.  dazu),  oder  50.  Das  Bestreben,  den  attischen  National- 
er sollte  der  Gattin  des  Lykomedes  nachge-  heros  nicht  durch  den  Ruhm  des  dorischen  He- 
stellt  haben  {Lykophr.  bei  Eustath.  Hom.  11.  rakles  überstrahlen  zu  lassen,  hat  bewirkt,  daß 
S.  782,  54.  Suid.  s.  v.  clqx^  H-kvqlcc).  Usener,  in  späterer  Zeit  Theseus  auch  zu  einigen  alten 
Göttern.  S.  200 f.  erklärt  die  Tötung  des  The-  Mythen  in  Beziehung  gebracht  wurde,  denen 
seus  durch  Lykomedes  als  Gegenstück  zu  der  er  ursprünglich  durchaus  fremd  war.  Die 
Vertreibung  des  Lykos,  der  letzterem  nahe  stehe,  Sprichworte  ovx  avev  ys  Gria^cog  {Zenob.  prov. 
durch  Aigeus  (s.  o.  Lykos  nr.  6  u.  unten  §  82).  5,  33.  Plut.  Th  29.  Suid.  s.  v.  Eustath.  Hom.  11. 
O.  Wulff,  Zur  Theseussaqe  S.  174,  nimmt  an,  so  1129,  54)  u.  aXioff  outo?  7/eo;x>L^S  {Plut.  Th.  29. 
daß  die  Insel  Skyros  überhaupt  nur  infolge  .  Suid.  s.  v.  Pausan.  bei  Eustath.  Hom.  11.  S.  589, 
eines  Ausspruchs  des  delphischen  Orakels,  nicht  42  ff.  Gaisford,  Paroem.  gr.  1  S.  6.  Cod.  Bodl.  46. 
aber  wegen  eines  dort  bestehenden  Heroenkults  Ptol.  Heph.  b.  Phot.  bibl.  p.  151a  37)  und  die 
als  Begräbnisplatz  des  Theseus  gegolten  habe.*)  Bezeichnung  beider   Heroen   als    kxalQoi   {Me- 

Nachdem  man  nämlich  in  der  Schlacht  bei  nander  de  epideict.  625  b.  Walz,  Rh.  gr.  9  S.  259) 
Marathon  Theseus  aus  der  Erde  aufsteigen  und  bringen  die  gleiche  Absicht  zum  Ausdruck, 
auf  Seiten  der  Griechen  kämpfen  gesehen  zu  Über  des  Th.  Verhältnis  zum  homerischen  Hei- 
haben glaubte  {Plut.  Th.  35.  Paus.  1,  15,  3),  denkreis  ist  noch  unten  §  7i  zu  handeln;  jeden- 
wurden  nach  einem  im  Jahre  476/75  v.  Chr.  falls  aber  wurde,  er  in  die  Sage  der  Argonauten, 
eingeholten,  delphischen  Orakel  {Aristot.  b.  40  der  kalydonischen  Eberjagd  und  in  den  Zug 
Schol.  Vat.  Eurip.  Hipp.  11.  Plut.  Th.  36.  He-  der  Sieben  gegen  Theben  erst  spät  eingescho- 
raclides    Ponticus    1,  2    bei    Müller  F.  H.  G.  ben  (vgl.  Plut.  Th.  29). 

2,  208;    vgl.  Paus.  3,  3,  7)   seine   Gebeine   auf  Als  Teilnehmer  am  Argonauten zug  tritt 

der     eben     damals     eroberten     Insel     Skyros  er  auf  bei  Apollod.  bibl.  1,  9,  16,  8.    Hygin.  f.  14 

{v.  Wilumowitz-Moellendorff',   Aristot.  u.  Athen  S.  46  Schm.   Stat.  Theb.  5,  432.    Achill.  1,  157; 

1  S.  146.     Robert,    Marathonschi.   S.  52.     Ed.  vgl.  0.  Bd.  1  Sp.  533.  Auf  einem  Mißverständ- 

Meyer,    Geschichte    des    Altertums    3    S.  493  f.     .  nis  beruht  wahrscheinlich   die  Angabe  zweier 

Busolt,    Gr.    Gesch.  3   S.  103    Anm.  u.  S.  106)  Aristophanesscholiasten,   daß  Theseus   den  He- 

aufgefunden     und     von    Kimon     {Com.    Nep.  rakles    zur    Teilnahme    veranlaßt    habe    {Cod. 

Cim.  2.     Diodor.  4,  62,   4)  kurz  vor   der  Feier  50  Paris.  Q  bei  Duebner  S.  607   und    Cod.  Bodl. 

der  Dionysien  mit  großem  Gepränge  nach  Athen  BorviU.  10,  1.  3,  13;    vgl.  G.  Türk,  De  Hyla, 

übergeführt  (nicht  erst  im  Jahre  468  v.  Chr.,  Breslauer*  philol.  Abh.  7,  4  S.  13 f.). 

wie  man  fälschlich  aus  Plut.  Cim.  8  geschlos-  Unter  den  Jägern  des  kalydonischen 

sen  hat).     Hier  setzte  man  sie  in  dem  umfang-  Ebers  wird  Theseus  angeführt  bei  Apollod.  bibl. 

reichen  neben  dem  Gymnasien  des  Ptolemaios  1,  8,  2,  4.    Ovid.met.  8,  302.  404,   Hygin.  f.  HS. 

{Plut.  Th.  36)  nahe  der  Burg  {Aristot.  Ath.  pol.  Paus.  8,  45,  6.     Zenob.  5,   33   und  ebenso  bei 

15)    gelegenen    alten  Theseustemenos,   in  wel-  Suid.  Paroem.  gr.  ed.  Gaisford  1  S.  88.  C.  Bodl. 

chem  inzwischen,  vielleicht  schon  474  v.  Chr.,  731.     Die  Darstellungen  der  Jagd,   auf  denen 

der  von  den  Persern  zerstörte  Tempel  neu  auf-  Theseus  erkennbar  ist,  sind  o.  Bd.  2  Sp.  2612  ff. 

gebaut  worden  war,  bei  {53),  wie  man  ja  auch  60  behandelt;  vgl.  auch  Hitzig  u.  Blümner  z.  Paus. 

sonst  den  Heros  ol'Kiazrjg  auf  dem  Markte   zu  8,  45,  6  Bd.  3   S.  286.     Er    wird    dabei    meist 

begraben  pflegte  (0.  Bd.  1  Sp.  2491).**)  durch  die  Keule  und  das  umgehängte  Schwert 

bezeichnet.  Auch  bei  dem  Tode  des  Meleagros 

*)  über  den  Zusammenhang  von  ayi^jo;  oy.vQor,  Skiron  Jgt  er  zugegen  (O.  Bd.  2  Sp.  2620.  Bd.  3  Sp.  759). 

nnd  Skyros  mit  dem  Sprung  vom    „Weißen  Felsen"  han-  o   n        \                       r 
delt    Töpfer,    Att.  Geneal.    S.  274    und    0.  Gruppe,  Arch.  f. 

Relig.  15,  1912   S.  367  ff.,  sowie  Waser  und  Seeg  o.  Bd.  4  versucht  die  Überführung   der  Theseusreliquien  ala  Le- 

Sp.  1008  u.  1015.  gende    zu    erweisen.    Er    vermag    aber   die  Angabe    des 

**)  Fr.  Pfister,  Der  ReliquienkuU  im  Altertum   S.  198  ff.  Aristoteles  nicht  zu  entkräften. 


723 


Theseus  (und  Oidipus) 


Theseus  (Kult) 


724 


Neben  Tydeus,  Aktaion  und 
Kastor  inschriftlich  bezeug 
erscheint  Theseus  mit  pi- 
leos,  Chlamys  und  Lagobo- 
lon  bei  einer  Hasenjagd  auf 
einer  rf.  Vase  {MiUin,  Peint 
d.  vases  ant  1  Tf.  11.  Mül- 
ler- Wieseler,  Denkm.l  Tf.46, 
212);  vgl.  die  Jagdszenen 
bei  TisMein,  Coli,  ofengr. 
4,  60  bei  Beinach,  Rep.  2 
6.  383,  8,  sowie  Xenoph. 
Kyneg.  1,2.  10  u.  Klein, 
Gesch.  d.  ar.  K.  1  S.  63.  Auf 
der  Rückkehr  von  der  Eber- 
jagd nach  Athen  kehrte  The- 
seus beim  Flußgott  Ache- 
loos  ein  {Ovid.  tnet.  8,  546  ff. 
726). 

51.  Durch  die  attischen 
Tragiker,  zuerst  durch  Äe- 
schylos  in   seinen  Phoenis- 
Sfn,  wird  Theseus  mit  der 
thebanischen    Sage    in 
Verbindung  gebracht.    Als 
König  von  Attika  gewährt 
er  dem  aus  Theben  versto- 
ßenen Oidipus  (o.  Bd.  3  Sp. 
734  f.)    eine   Ruhestatt    im 
Eolonos  Hippiosund  schützt 
ihn  und  seine  Töchter  gegen 
Kreon,  der  ihn  gewaltsam 
zurückführen  will  (Welcker, 
Äesch.  TriUS.  367.  371 ;  vgl. 
das  Wiener  Relief  o.  §  46).     Er  schaut  allein 
das  wunderbare  Ende  des  Oidipus,  läßt  ihn  be- 
statten (vgl.  DIon.  Hai.  6,  17)  und  seine  nach 
dem  Tode  des  Vaters  schutzlosen  Töchter  Anti- 
gone  und  Ismene  nach  Theben  geleiten  {Sophokl. 
Oed.  Kol.  631  ff.  898  ff.). 

Nach  dem  unglücklichen  Ausgang  des  Zugs 
der  Sieben  gegen  Theben  verhalf  Theseus  dem 
Adrastos  durch  Besiegung  und  Tötung  des 
Kreon  zur  Bestattung  seiner  Genossen  (o.  Bd.  1 
Sp.  80;  Bd.  2  Sp.  1416  u.  Isohr.  Helen.  15,  31; 
vgl.  Paneg.  16,  55.  Ovid.  heroid.  2,  71.  Dion. 
Hai.  ant.  6,  17  S.  885.  Val.  Max.  5,  33.  Stat. 
Theb.  12,  546  ff.).  Auf  diesem  Kriegszug  führte 
Phorbas    seine    Reiterei    {Eurip.  Suppl.  680) 


10)  Theseus,  von  Sosippos  angebetet.     Attisches  Relief  in  Paris 
(nach  Clarac  Tf.  260  A). 

II.  TheseusTerehriing  und  deren  räumliche 
Verbreitung. 

52.  Die  Behauptung,  daß  die  Athener  dem 
Th.  göttergleiche  Ehren  erwiesen  {ti^cüs  ^<>o- 
d-eoLg  hiiLr\Gccv  Diodor.  4,  62 ;  vgl.  Schol.  Äristoph. 
40  Plut.  627.  Tertull.  ad  nat.  2,  14),  will  offen- 
bar nur  seine  hohe  Verehrung  als  Heros  zum 
Ausdruck  bringen;  da  er  jedoch  sowohl  einen 
eignen  Priester  ().bqbv(s  ©riaecag  C.  2.  A.  2,  1-205. 
3,  295),  als  auch  besondere  hgonoiol  C.  I.  A.  2, 
741  frg.  c  und  d.  1180)  hatte  und  die  ihm  ge- 
schlachteten Tiere  größtenteils  gegessen  wur- 
den, so  opferte  man  ihm  jedenfalls  wirklich 
ebenso  wie  dem  Herakles  03g  d-em  (Stengel  bei 
I.  V.  Müller,  Handb.  5,  3  S.  98) , '  obwohl  sich 
Nach  Aeschyl.  u.  Philoch.  bei  Plut.  Th.  29  ver-  50  freilich  auch  sonst  nicht  selten  Beispiele   für 


anlaßte  Th.   dagegen  die  Bestattung  der  Ge- 
fallenen durch  Abschluß  eines  Vertrags. 

Auch  den  vertriebener  Admetos  uiid  dessen 
Familie  nahm  Theseus  in  Athen  auf  (0.  Bd.  1 
Sp.  69;  vgl.  aber  die  abweichende  Lesart  im 
frg.  9  des  Phanodemos  bei  Müller  F.  H.  G.  1 
S.  367). 

Auf  einem    die    Bildung   des  Theseus    als 


den  Brauch  finden,  daß  man  das  Fleisch  von 
Heroenopfern  genoß  (0.  Bd.  1  Sp.  2506;  vgl. 
A.  Thomsen  im  Arch.  f.  Religionsw.  12,  1909 
S.  483  f.).  Ein  dem  Th.  v(A  seinem  Priester 
ApoUonides  errichteter  kleiner  runder  Altar, 
der  auf  der  Akropolis  ausgegraben  worden  ist 
{C.  I.  A.  2, 1250),  hat  hierfür  keine  Beweiskraft; 
die  niedrige  iG^äga  der  einzigen  sicher  auf 
seinen  Kult  bezüglichen  Darstellung  (0.  Bd.  1 


attischer  Ephebe  verspottenden  Witze  des  Ko-  60  Sp.  2499 f.  u.  hier    Abb.  10)    kennzeichnet   ihn 


mikers  Lynkeus  von  Samos  beruht  dessen  ero- 
tische Beziehung  zu  Tlepolemos  {Athen.  7,  44 
S.  295  a,  b).  Der  unzuverlässige  Ptol.  Hephaestio 
bei  Phot.  bibl.  S.  147  b  21  berichtet  endlich 
noch,  Theseus  habe  den  Liebling  des  Herakles 
-Abderos  getötet,  als  er  ihm  den  Tod  des  Hel- 
den meldete,  was  sich  als  Nachahmung  der 
Lichassage  kennzeichnet. 


aber  entschieden  als  Heros.  Er  stützte  sich 
auf  seine  Keule,  die  in  Bemalung  angegeben 
war. 

Vielleicht  darf  man  auch  das  attische,  dem 
6.  Jahrh.  v.  Chr.  entstammende  Heroenopfer- 
relief  in  der  Marciana  zu  Venedig  ( FaZewfiweZ/i, 
Marmi  scolp.  d.  Marc.  Tf  40.  lieinach,  Bep. 
de   rel.   3,   430,   2.     Dütschke,   Ant.   Bildw.   in 


725                   Theseus  (Kult)  Theseus  (Kult)                   726 

Oherit.  5,  264)  mit  Conze,  Arch.  Zeit.  30,  1872  426  und  421  v.  Chr.  seitens  des  Staates  eine 
S.  88,  Friederichs -Wolters,  Die  Gipsabg.  ant.  Geldsumme  entliehen  wurde  (C /.  yl.  1,  273  e  11). 
Bildiv.  nr.  1134,  u.  Rouse,  Greek  votive  offerings  Außerdem  j?ab  es  noch  drei  andere  Theseua- 
S.  32,  7,  wej^en  der  dem  Heros  im  Nacken  heiligtümer  {Philoch.  bei  Plut.  Th.  35;  vgl. 
hängenden  Mütze  (vgl.  Abb.  10),  der  zudem  Eurip.  Herc.  für.  1326),  die  außerhalb  der 
statt  der  Löwenhaut  eine  Chlamys  trägt,  eher  eigentlichen  Stadt  gelegen  haben  müssen,  da 
für  Th.  als  für  Herakles  in  Anspruch  nehmen.  Thuk.  6,  61  dasjenige  in  der  Stadt  {iv  ©Tjaeico 
Er  steht  vor  einem  von  Bäumen  umgebenen  rw  iv  nöXsL)  ausdrücklich  den  übrigen  gegen- 
dorischen Tempelchen,  die  Linke  auf  eine  ülDerstellt.  Der  Schal,  zu  Aeschin.  3,  13  unter- 
Keule gestützt,  und  faßt  mit  der  11  das  Hörn  10  scheidet  dagegen  nur  zwei  Theseia,  eines  in 
des  Opferstiers,  den  drei  kleiner  gebildete  Men-  und  eines  außerhalb  der  Stadt.  Zwei  befan- 
schen  anbetend  heranführen.  den  sich  zwischen  den  langen  Mauern,  da  in 

Falls  in  dem  Jüngling  (ohne  Kopf)  auf  den  einer  Inschrift  römischer  Zeit  über  Herstellung 

beiden  neuattischen  Reliefs    am  Hyposkenion  von  Heiligtümern,  Plätzen  u.  dgl.  (Eq)ri^  &qx- 

des  Dionysostheaters  zu  Athen   {Brunn-Bruck-  1884  S.  169  f.  Z.  48)  Tra^a  rcc  ^ictyiQcc  tIxt]  kd-riväs 

mann,  Denkm.  Tf.  15;  Reinach,  Rep.  de  reite fs  noliäSogxiyLBvog  kyud^fn  Tv^ri?-  Tsutvr]  f).riai(og 

1,45)  mit  Freuner  (o.  Bd.  1  Sp.  2650)  wirklich  tb^svo?  .  .  .  aufgeführt  werden.     Das  eine  von 

Th.   zu  erkennen   ist,    dürfte   er   nur   als  Ver-  ihnen,  das  wahrscheinlich  weiter  nach  der  Stadt 

treter  von  Athen  zu  betrachten  sein,  trotzdem  zu  lag,  diente  den  innerhalb  der  langen  Mauern 

er  zwischen  zwei  Göttinnen  (Eirene?  u.  Hestia?)  20  Wohnenden     als     militärischer     Sammelplatz, 

steht.     Dieselbe  Bedeutung  hat  er   auf  einem  während  die  Bewohner  des  Peiraieus  auf  dem 

angeblich      ebenda     gefundenen      Bruchstück  Hippodamischen  Markt  zusammen  kamen  {An- 

(Schöne,  Gr.  Ret  Tf.  27,  113),  auf  dem  er  nackt  dokid.  1,  45),  das  andere  gehörte  zum  Peiraieus 

mit  der  Keule  in  der  L.,  sonst  aber  in    ahn-  und  war  mit  vielen  Bäumen  bestanden  (0.7.  Gr. 

lieber    Art    wie    auf    der    Athenametope    des  1,  103  =  C.  I.  A.  2,  1059,  2).     Das  letztere  ist 

Athenerschatzhauses  zu  Delphi  (unten  §  61)  ge-  sicherlich   mit  Recht   von  Milchhöfer   in   dem 

bildet,  der  Athena  die  Hand  reicht.  neuerdings    aufgefundenen,    o.  Bd.  1    Sp.  2493 

53.  Das  vor  der  Überführung  der  Gebeine  beschriebenen    Heroentemenos     wiedererkannt 

des  Th.  nach  Athen  neu  errichtete  Haupthei-  worden  (vgl.  Curtius,  Die  Stadtgesch.  v.  Athen 

ligtum  (o.  49)    erhob    sich    sicherlich   auf  den  30  S.  190.     Milchhöfer,   Karten  v.  Attika  1,   37  ff. 

Trümmern    der    durch    die    Perser    zerstörten  2,  12),  nur  werden  dort  die  beiden  rsfiivri  nicht 

Theseuskapelle,  die  bereits  zur  Zeit  des  Peisi-  voneinander  getrennt. 

Stratos  von   einem  umfangreichen  rinsvog  um-  Das   vierte   Theseusheiligtum   lag   am   Ko- 

geben  war,  so  daß  der  Raum  als  Musterungs-  lonos  Hippios,  nahe  einem  Altar  des  Poseidon 

platz   verwandt   werden   konnte   (Aristot.  Ath.  Hippios,  an  der  Stelle,  wo  nach  attischer  Lo- 

pol.  15;  vgl.  Thukyd.  6,  61,  2.  C.  I.  A.  2,  446,  kaisage  Th.   und  Peirithoos  in   die  Unterwelt 

13 ff.).     Es  lag  auf  der  Südostseite   des  Kera-  hinabgestiegen  sein  sollten;  beide  wurden  hier 

meikos    bei    dem   Gymnasion    des    Ptolemaios  zusammen  und  neben  ihnen,  vielleicht  im  glei- 

{Plut.  Th.  36.     Kim.  8.     Paus.  1,  17,  2),   dem  chen  Heroon,  auch  noch  Oidipus  und  Adrastos 

Asco-KÖQiov  gegenüber   {Heges.  bei  Strabo  9,  1,  40  verehrt  (Paus.  1,  30,  4;  vgl.  Soph.  Oed.  Col.bT. 

16 f.  S.  396),  in  der  Nähe   des  Heiligtums  des  1599  u.  Schol.     Schol.  z.  Aristoph.  equit.  785,  o. 

i]Qa)g  iargog  (Demosth.  18,  129.  19,  249.  Apollon.  Bd.  3  Sp.736.  1769).  Die  o.  §  46  besprochenen  die 

de  Aeschin.    orat.  S.  401,    21  =  S.  13  R;    vgl.  Hauptabenteuer  des  Th.  und  Peirithoos   schil- 

C.  I.  A.  2,  403  f.    Milchhöfer,  Athen,  bei  Bau-  dernden  Reliefs   aus  parischem  Marmor,   Ori- 

meister,  Denkm.  1  S.  169  f.   Weizsäcker  hei  Fleck-  ginalwerke  des  5.  Jahrh.  v.  Chr.,  die  zu  einem 

eisen,  N.  Jahrb.  135,  1887  S.  612.    Rekonstruk-  Fries  gehört  haben  (R.  v.  Schneider,  Arch.  Jahrb. 

tion  der  Agora  von  Athen  nach  W.  Judeich  in  18,  1903  S.  91  if.),  können   bei  ihrer  Höhe  von 

Hitzig  u.   Blümners  Paus.  1,    1  Tf.  5).     Auch  0,46  m    sehr    wohl    einem    kleinen    ionischen 

Ratssitzungen  wurden  in  diesem  Theseion  Tempel  von  der  Größe  des  Niketempels  am 
abgehalten   (C.  I.  A.  2,  481,  4)    und  Verwal-  50  Burgaufgang  entstammen,   und   es   dürfte  die 

tungsämter    durch    die    Thesmotheten    verlost  Vermutung    gestattet    sein,    daß    sie    aus    den 

(Aristot.  Ath.   pol.  62.    Aeschin.   3,  4,  13    und  Trümmern   dieses  Heroons   nach  Venedig  ent- 

Schol);  regelmäßig  aber   diente   es,  jedenfalls  führt  worden  sind.     Vgl.  dagegen  Studniczka 

in  Rücksicht  auf  den  von  Th.  den  Hilfsbedürf-  o.  %  46,  der  dieses  Tempelchen  an  den  Ilissos 

tigen  gewährten  Schutz,  als  Asyl  für  Verfolgte  verlegt;  dann  würde  das  Theseusheiligtum  zwi- 

{Diodor.  4,  62.    Philoch.  im  Etym.  magn.  s.  v.  sehen  den  langen  Mauern  in  Betracht  kommen. 

OriaBiov,  vgl.  Aristoph.  ebenda  s.v.  Sr]6Ei6xQiip  Wahrscheinlicli  hatte  Th.  auch  noch  unter 

und  equit.  1312),   später   besonders    für   Leute  dem  Namen  ^iVfqporvrjqpöpos  ^'p&jg  (o.  §  43)  neben 

niederen  Standes  und  Sklaven  (Plut.  Th.  35 f.;  der  städtischen  Münze  ein  Heroon  (Antiph.  bei 
vgl.   Schol.  Aristoph.  Plut.   627,    wo    aber    die  60  Harpokr.  u.  Suid.  s.  v.  Hesych.  s.  v.   etscpccvo- 

Zeiten  vermischt   sind.     Hesych.  u.  Phot.  s.  v.  cpoQiovtoc.  Bekker,  Anekdot.  gr.  1,  311,  18),  das 

©r]astov.     Bekker,  Anekd.  gr.  1,  264,  21),    und  eben  wegen   dieser  Bezeichnung  später  nicht 

zwar  scheinen  letztere  daselbst  so  lange  Schutz  unter  seine  Krongüter  (§  47)  gerechnet  wurde. 

gefunden  zu  haben,   bis  sie   an  einen  anderen  Über  das  sog.  Theseion  wird  unten  §  64  ge- 

Herm  verkauft  waren  (Aristoph.  bei  Pollux.  7,  sprechen. 

13).    Hier  wurde  der  in  Inschriften  (C.  1.  A.  1,  54.  Alle  auf  Th.  bezüglichen  Kulthandlun- 

203,  3.    210,  11.    215,  7.    273  e  11)    erwähnte  gen  sind  als  dem  Stammheros  (Dio  Chrys.  or. 

Schatz  des  Th.  aufbewahrt,  aus  dem  zwischen  69  S.  234,  21  Dind)  erwiesene  Ehrungen  und 


727                    Theseus  (Feste)  Theseus  (Feste)                   728 

Totenopfer  aufzufassen,  doch  brachte  man  ihn,  des  Balchylides  dürfte  für  diesen  Zweck  ge- 
wie  oben  §  19  u.  40 (.  bereits  erwähnt  worden  ist,  schaffen  worden  sein,  und  vielleicht  ist  die  Be- 
später mit  verschiedenen  Festen  und  Bräuchen  arbeitung  eines  solchen  auch  bei  Ovid,  inet.  7, 
in   der  Art   in  Zusammenhang,    daß   man   sie  481  ff.  erhalten. 

durch  ihn  bei  seinena  Kretazug  einsetzen  ließ.  55.  Da  Th.  als  Begründer  des  athenischen 

So  wurde  er  zum  Stifter  der  Delphinien,  Ky-  Gesamtstaats  galt,  hat  man  ihm  die  Stiftung 

bemesien,  Aphrodisien,  Pyanopsien  und  Oscho-  der  hierauf  bezüglichen  Feste,  der  Synoikia 

pborien.  und  Panathenaia,  zugeschrieben. 

Mit  dem  Erntefeste  der  Pyanopsien  waren  Die  Ewoiy-ioc  {Thuk.2, 16.  Charax Per g. hei 

jedenfalls  seit  alter  Zeit  die  Epitaphien,  eine  lo  Steph.  Byz.  s.  v.  jid^i]vai\  avvoixiaiUy  v.  1.  6vv- 

Totenfeier,  verknüpft,  die  später  in  Inschriften  oixsicc  Schol   Aristoph.   pax   1019  f.  =  1017  f ; 

neben    den    Theseen    erscheinen  {Dittenberger,  ^«roi'xta  Plut.  Thes  24)  wurden  am  16.  Heka- 

Syü   847.     Mommsen,   Feste  der  Stadt  Athen  tombaion  der  Athene  {Thuk.  2,  16)  mit  Opfern, 

S.  278  ff.).    Seit  der  Überführung   der    Gebeine  unter  denen  auch  ein  ursprünglich   unblutige? 

des   Th.   nach   Athen   wurden   sie   bei    dessen  der  Eirene  {Schol.  Arist.  a.  a.  0.;  vgl.  Momm- 

Grabmal  und  Tempel  am  8.  Pyanopsien,  dem  sen,  Fested.  St.  Athen  ^.^^^.  Busolt,  Gr.  Gesch. 

Tage  seiner  Rückkehr  ans  Kreta  {Plut.  Th.  36),  1  S.  886  f.)  genannt  wird,  gefeiert,  eine  beson- 

begangen,  und  ihm  selbst  brachte  man  dabei  dere  Verehrung  des  Theseus  scheint   aber  da- 

Totenspenden  und  Kränze  dar  {Schol.  Aristoph.  bei  nicht  stattgehabt  zu  haben.     Später  wird 

Ach.  961.  Suid.  u.  Phot.  lex.  s.  v.  Ttegucysigofisvot;  20  der  Eirene  eine  Menge  Vieh  geschlachtet  (C.  /.  A. 

Tgl.  Suid.  s.  V.  6x6gvyoi),  nachdem  bereits  am  2,  2  S.  102  f.  nr.  741  a— d).    Wohl  nur  infolge 

7.  sein  Lehrer  im  Ringkampf  Konnidas,  sein  einer  Verwechselung  mit  den  Metoikia  hat  man 

Vater  Aigeus   und   die   Amazonen  Totenopfer  angenommen,   Theseus   habe    auch   die  Meta- 

erhalten  hatten.  Das  Thesen  sf est  feierte  man  geitnia  eingesetzt  {Schümann,  Gr.  Altert. 2  S. 432. 
mit  einem  Festzug,  Opfern,  einem   Fackeliauf      Mommsen,  Feste  S.  36.  Preller-Robert,  Gr.  M. 

sowie  mit  gymnischen  und  hippischen  Agonen,  1  S.  211,  2). 

wobei  ursprünglich  alle  Kosten  aus  Staatsmit-  Das  ursprünglich  jedenfalls  nur  von  der 
teln,  später  von  einzelnen  reichen  durchs  Volk  Phyle  Athenais  der  Athene  am  drittletzten  He- 
gewählten Agonotheten  bestritten  wurden  katombaion  begangene  Erntedankfest  wurde 
(C.  /.  A,  2,  444  ff.  4  Sppl.  2,  446  b).  An  das  30  vielleicht  bereits  bei  Bildung  des  Gesamtstaats, 
Theseusopfer  schloß  sich  als  sein  icsQiSsiTCvov  wahrscheinlich  aber  erst  kurz  vor  der  Herr- 
der  große  Festschmaus  an,  bei  welchem  man  schaft  des  Peisistratos  (566  v.  Chr.),  zum  ge- 
das  ganze  Volk  bewirtete.  Den  Wettkämpfen  meinsamen  Hauptfest,  den  Panathenäen,  er- 
gingen Paraden  voraus,  die  mit  Fackelrennen  hoben,  doch  hat  man  auch  diese  Änderung  dem 
zu  Fuß  und  zu  Roß  am  Abend  endigten.  Der  Nationalhelden  Th.  zugeschrieben  (Plut.  Thes. 
gymnische  Agon  selbst  zerfiel  in  Dolichos,  Sta-  24.  Paus.  8,  2,  1;  vgl.  Preller- RobeH,  Gr.  Myth. 
dion,  Diaulos,  Pale,  Pygme,  Pankration,  Hopli-  1*  S.  211,  2.  E.  Meyer,  G.  d.  A.  2,  222  S.  331). 
tes  und  die  Hoplomachie  mit  kleinem  Rund-  E.  Pfuhl.,  De  Atheniensium  pompis  sacris  S.  29). 
Schild  und  Speer  oder  mit  großem  Langschild  Aus  Mißverständnis  redete  man  dann  von  einer 
und  Schwert,  der  sich  endlich  der  Speerwurf  40  doppelten  Stiftung  (jScäo/.  P/ai.  Parmen.  S.  127  A 
zu  Fuß  anschloß.  Daran  beteiligten  sich  be-  und  danach  Suid.  u.  Phot.  a.  v.  navad"^vaLa. 
sonders  Knaben  verschiedener  Altersklassen  und  Apostol.  14,  6).  Jedenfalls  hatte  Theseus  bei 
Jünglinge,  es  werden  aber  auch  Männer  unter  deren  Feier  keine  hervorragende  Bedeutung.  — 
den  Siegern  genannt.  Da  Euripides  als  Knabe  Auf  eine  Beziehung  desselben  zu  den  Eleusi- 
bei  solchem  Agon  gesiegt  hat  {Gell.  n.  a.  16,  nischen  Reinigungen  und  Weihungen  schließt 
20,  3),  dürfte  er  gleich  bei  Einführung  des  aus  der  o,  §  47  behandelten  Weihung  des  He- 
Theseusfestes  mit  eingesetzt  worden  sein.  Nach-  rakles  durch  ihn  Svoronos,  Mvrni.  xov  'EXbvc. 
träglich  hinzugefügt  ist  dagegen  vielleicht  der  ^vtfr.  xv-kXov  S.  476 f.;  vgl.  S.  386.  395.  End- 
Reiterwettkampf  des  11.  Pyanopsien,  da  bei  ihm  lieh  war  dem  Th.  wie  seinem  Vater  Poseidon 
keine  feste  Ordnung  hervortritt,  obwohl  man  50  der  achte  Tag  jedes  Monats  als  dySoatov  ge- 
in  Rücksicht  auf  ihn  Th.  Stifter  der  noXB(iiaTriQia  weiht  (Plut.  Thes.  36.  Schol.  Aristoph: Plut.  1127, 
nannte  (Schol.  Aristoph.  nub.  28.  Hesych.  s.  v.  vgl.  627  f.  Hesych.  s.  v.  'Oyöööiov,  was  von 
innoSgoiila).  Erwähnt  werden  Wettkämpfe  mit  Röscher  im  Arch.  f.  Religionsw.  6, 1903,  1  S.  62  ff. 
Rennpferden,  Offiziersreiten  und  Wettritte  ge-  richtig  gestellt  worden  ist),  womit  seine  An- 
meiner  Soldaten,  einmal  ein  Wagenrennen,  wie  kunft  in  Athen  am  8.  Hekatombaion  und  seine 
ja  Th.  auch  als  Erfinder  des  Kriegswagens  galt  Rückkehr  aus  Kreta  am  8.  Pyanopsion  zusam- 
{Schol.  Aristoph.  nub.  28).  Den  Schluß  bildete  menhängt  (Plut.  Th.  12.  36). 
ein  Wurfspießschleudem  vom  Pferde  (nach  In  Rücksicht  auf  wirkliche  Theseusverehrung 
Mommsen,  Feste  d  Stadt  Athen  im  Altert.S.2HS  f.,  außerhalb  Attikas  erfahren  wir  nur,  daß  man 
wo  alle  Nachweise  aufgeführt  sind;  vgl.  E.  so  ihm  in  dem  Poseidontempel  auf  dem  Vorge- 
Pfuhl,  De  Atheniensium  pompis  sacris  S.  52 ff.).  birge  Rhion  in  Atollen  am  Korinthischen  Meer- 
in späterer  Zeit  fanden  an  den  Theseen  busen  mit  seinem  göttlichen  Vater  zusammen 
außerdem  rednerische  und  dichterische  Wett-  für  Seesiege  geopfert  hat  (Paus.  10,  11,  6), 
kämpfe  (iy-Km^Lov  und  noiri{uc)  statt,  bei  denen  doch  ist  das  jedenfalls  nur  als  eine  Ehrung 
jedenfalls  Lobreden  und  Lobgedichte  auf  Th.  ihres  Nationalhelden  durch  Athener  aufzufassen. 
vorgetragen  wurden  (C.  I.  A.  3,  1,  62.  1147.  Über  die  Gründung  von  Brundusium  ist  oben 
I.  G.  S.  1,  2727;  vgl.  Xenoph.  conviv.  8,  31.  §  40  und  über  des  Th.  Beziehung  zu  Smyma 
Maaß,  Orpheus  S.  122);  das  zweite  Theseuslied  unten  §  76  gehandelt.     G.  Kirchner,  Attica  et 


729      Theseus  (Entwicklung  d.  Typus) 

Peloponnesiaca,  Grcifsw.  1890,  S.  60  ff.  und  S. 
Wide,  Lok.  Kulte,  Leipzig  1893,  S.  88,  suchen 
Theseusverehrung  auch  in  Lakouien  nach/.u- 
weisen.  Zuzugeben  ist  ein  Zusammenhang  des 
spartanischen  Heros  Aigeus,  des  Sohnes  des 
Oiolykos  (o.  Bd.  1  Sp.  14(5  f.  3  Sp.  802),  mit  dem 
Vater  des  Theseus,  da  ebenso  wie  bei  diesem 
von  Kinderlosigkeit  der  Nachkommen  des 
Oiolykos  berichtet  wird  {Herodot.  4,  149);  auf 


Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)     730 

Akrop.  zu  Athen  2  Tf.  73,  1280)  zeigt  auf  der 
Vorderseite  den  siegreichen  Th.  vor  dem  La- 
byrinth von  Athena  begrüßt  (35);  auf  der  Rück- 
seite erscheint  die  Bestrafung  von  Skiron  (s.  d.) 
im  1.  Typus  und  diejenige  des  Sinis  (o.  Bd.  4, 
931)  ganz  wie  auf  den  älteren  rf  Schalen  {59). 
Auf  zwei  ähnlichen  Bruchstücken  (ebenda  2 
Tf  76,  1314a,  b)  steht  Th.  vor  dem  Labyrinth 
im  Begriif  hineinzugehen;  hinter  ihm  sind  die 


Theseuskult  in  Sparta  ist   daraus   aber   nicht  lo  Reste   zweier  Frauengestalten    sichtbar.     Sehr 


zu  schließen.  Ebensowenig  ergibt  sich  solcher 
für  Tegea  aus  den  beim  Raube  der  Helena  er- 
wähnten Nebenumständen,  wie  Kirchner  S.  62  tf. 
annimmt,  obwohl  Th.  dort  in  der  üiebelgruppe 
des  Athenatempels  als  Vorkämpfer  bei  der  Ka- 
lydonischen  Eberjagd  erschien  {Paus.  8,  45,  6). 
Dagegen  wurden  Theseusstatuen,  weil  er 
als  Erfinder  der  Ringkunst  galt  {3),  neben  sol- 
chen  des  Hermes   und   Herakles   in   manchen 


zweifelhaft  ist  die  Deutung  auf  das  Skiron- 
abenteuer bei  dem  Innenbild  eines  Tellers  aus 
Athen  {Walters,  Cat.  des  Brit.  Mus.  B  80);  wohl 
aber  muß  die  rohe  Zeichnung  eines  Gefäßes  in 
Petersburg  (nr.  116.  Stephani,  C.  li.  1866  S.  155. 
Beinach,  rep.  1,  55,  (>)  mit  Klein,  Kuphr.*  S.  198 
als  Prokrustes  erklärt  werden  (o.  Bd.  4,  1011). 
Auf  einer  Lekythos  aus  Vari  sieht  Heyde- 
mann  {Gr.  Vasenb.  S.  8  Anm.  3  h)  neben   dem 


Gymnasien   aufgestellt,  wie  dies  insbesondere  20  Minotauroskampf  Thes.  u.  Periphetes  (?)  oder 


für  Messene  bezeugt  ist  {Paus.  4,  32,  1). 

III.  Entwicklung  der  Theseusdarstellung. 

56.  Da  bereits  im  ersten,  alle  Überlieferung 
zusammenfassenden  Teile  zur  Ergänzung  der 
literarischen  Quellen  die  den  Theseusmythos 
behandelnden  Kunstwerke  aufgeführt  sind,  wird 
hier  nur  eine  Übersicht  über  die  Entwicklung 
der  Theseusdarstellungen  bis  zur  Ausbildung 
feststehender  Typen  geboten. 

Ganz  unbestimmbar  ist  das  Alter  der  Ein- 
zelstatue, die  Pausanias  (4,  32,  1)  neben  ähn- 
lichen Bildern  des  Hermes  und  Herakles  im 
Gymnasion  von  Messene  sah  und  als  ägyptisch 
bezeichnet.  Während  hierbei  Stephani  {Th.  u. 
Min.  S.  41)  an  ein  hocharchaisches  Holzbild 
dachte,  erklären  es  Hitzig  u.  Blümner  z.  d.  St. 
als  Werk  eines  alexandrinischen  Künstlers.  Da- 
gegen  erscheint   die   Beziehung   auf  Th.    sehr 


nochmals  Minotauros,  doch  dürfte  auch  hier 
eher  an  Prokrustes  zu  denken  sein.  Vgl.  Ker- 
kyon?  bei  Gerhard,  A.  V.  3  S.  37  Anm.  28,  u.' 
Periphetes?  bei  Urlichs,  Verz.  d.  a.  S.  d.  Univ. 
Würzburg  3,  81.  Endlich  erscheint  auf  einer 
Amphora  zu  Madrid  {Leroux,  Vases  grecs  et 
italu-gr.  nr.  77)  als  Gegenstück  zu  dem  Kampf 
des  bärtigen  Herakles  mit  dem  erymanth.  Eber 
der  Kampf  eines  unbärtigen  nackten  Jünglings 
30  mit  einem  Wildschwein.  Da  aber  Köcher  und 
Keule  daneben  sichtbar  sind,  bleibt  die  Deu- 
tung auf  Theseus  unsicher. 

Diese  wenigen  Ausnahmen  beweisen  nicht 
das  Auftreten  der  isthmischen  Kämpfe  des  Th. 
bereits  in  der  Zeit  des  schwarzfigurigen  Vasen- 
stils, sondern  nur,  daß  dieser  hie  und  da  auch 
in  späterer  Zeit  vereinzelt  benutzt  worden  ist 
(vgl.  W.  Klein,  Gesch.  d.  griech.  Kunst  1  S.  289). 
In  diesem  Stil  hat  sich  eine  eigentlich  typische 


zweifelhaft  bei  einer  hochaltertümlichen,  jeden- 40  Darstellung  des  Th.  noch  nicht  entwickelt; 
falls  als  Stütze  eines  Dreifußhenkels,  vielleicht  weder  im  Körperbau,  noch  in  Tracht  und  Be- 
mit  einem  Minotauros  zusammen,  verwandten  waffnung  unterscheidet  er  sich  von  andern 
Kleinbronze  aus  Olympia  (C.  Purgold  in  den      Heroen  (0.  §  27). 

Ann.  d.  Inst.  57,    1885    S.  167 ff.    Tf  B).     Die  57.    Mit    dem    Aufblühen    der  rotfigurigen 

scheinbar  zugehörige  Minotaurosfigur  stammt       Vasenmalerei,  das  in  die  Zeit  des  Peieistratos 
aus  Kreta  und  befindet  sich  jetzt  im  Louvre 
{Longperier,  Bronzes  a.  d.  L.  430.  Catal.  Cam- 
pana 2,  4,  2  Tf  B  1). 

Dem  7.  Jahrh.  v.  Chr.  gehören  die  ältesten 
Darstellungen  des  Minotauroskampfs  voratheni-  50 
scher  Entwicklung  (o.  §  25)  sowie  das  vielleicht 
auf  die  Einschiffung  der  Ariadne  bezügliche 
attische  Vasenbild  (o.  §57)  an,  dem  6.  der  Rei- 
gen am  Kypseloskasten  und  auf  der  attischen 
Klitias-Fran9oi8vase  (o.  §  36),  an  der  er  auch  im 
Kentaurenkampf  erscheint  (0.  Bd.  3  Sp.  1772). 
Am  amykläischen  Thron  war  außer  dem  Mi- 
notauroskampf die  Entführung  der  Helena  durch 
Th.  und  Peirithoos  {Paus.  3,  18,  15),  vielleicht 
auch  Th.  mit  dem  Chor  der  geretteten  Mino-  60 
taurosopfer  (0.  §  36)  abgebildet. 

Auf  sf  Vasen  begegnet  der  Minotauros- 
kampf sehr  häufig  (0.  §  27),  selten  der  Stier- 
kampf (0.  §  13)  und  einmal  der  Raub  der  An- 
tiope  (0.  Bd.  1  Sp.  383.  München  nr.  7). 

Ein  im  Perserschutt  gefundener  sf.  Skyphos, 
dessen  Stil  aber  der  streng  rf  Malerei  durch- 
aus gleichzeitig  ist  {Graef,  Die  ant.  Vas.  v.  d. 


11)  Heldentaten  des  Theseus,  Schale  des  Euphronios 
(nach  Wiener  Vorlegebl.  5,  1). 


731      These  US  (Entwicklung  d.  Typus) 

nnd  seiner  Söhne  (Studniczka  im  Arch.  Jahrb. 
2,  1887  S.  166.  Michaelis,  Die  arch.  Entdeck, 
d.  neunzehnten  Jahrh.  S.  278)  zu  setzen  ist, 
treten  plötzlich  kyklische  Darstellungen  von 
acht  Theseuskämpfen  auf,  und  erst  im  Anschluß 
an  diese  werden  dann  auch  Einzelbilder  glei- 
cher Art  nachweisbar.  Die  meisten  der  in 
Betracht  kommenden  Schalen  sind  bereits  im 
vorhergehenden  angeführt*):  1.  Schale  des 
Kachrylion  {28  a)  mit  Sinis,  Minot.,  Prokrustes,  lO 
Skiron,  EerKjon,  Stier.  Innen:  Eros;  s.  59, 
Abb.  13. 

2.  Des  Euphronios  aus  Caere  im  Louvre  (22 c) 
mit  Skiron,  Prokrustes,  Kerk.,  Stier;  s.  Abb.  11. 
Innen :  Th.  auf  d.  Meeresgrunde,  s.  o.  22,  Abb.  4. 

3.  Des  Duris  (28  d)  mit  Skiron,  Kerkyon, 
San,  Sinis.  Innen:  Minot.;  s.o.  Bd.  4,  929  Abb. 

4.  Aus  Volci  {14  u.  28m)  mit  Prokr.,  Kerk., 

*)  Aafsfthlang  nach  E.  Samow,  D.  cykl.  Dartt.  a.  d. 
ThuevMagt  S.  9  ff.,  die  Beieiohniiog  nach  Milani,  Mut.  Ital. 
Z  8.  S85f.  —  Vgl.  o.  Skiron,  Bd.  4  Sp.  1011  f. 


Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)     732 


12  a)  Theseus  und  Kerkyon,  Innenbild  von  12  b. 


12b)  Theseus  mit  Minotouros,  Stier,  Sinis,  Skiron,  Prokrustes,  San;  anwesend  Athena.     Schale  in  der  Pariser 
Nationalbibliothek  (nach  Journ.  of  hell.  $tud.  10,  1889,  Tf.  If.)- 


I 


733      Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)  Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)      734 

Min.   Stier,  Sau  (obwohl  irrtümlich    ein  Eber  metopen  vom  Theseion  zu  Athen  in  ihrem  Ver- 
gezeichnet ist);  8.  0.  Abb.  2.    Innen:  Jüngling.  hältnis  zur  Vcisenmalrei,  Göttingen  1888,  sind 

5.  Zu    Florenz   (38  h.    Mus.  Jtnl.  '.i  Tt".  3  ß.  sie  vollständig  verzeichnet. 

Reinach,  Rep.  2,  529)  mit  Sini«,  Skiron,  Prokr.,  Abgesehen    von    diesen   kyklischen  Bildern 

Stier.     Innen:  Minotauros.  erscheint  Th.  auf  rf.  Vasen  im  Amazonenkampf 

6.  Früher  bei  7>MC  de  Z/Mt/we«,  jetzt  in  der  Pari-  {Klügmann,  Amazonen  S.  46  ff.),  als  Jäger  mit 
8erNationalbibl.(J!5i)  mit  Min.,  Stier,  Sini8,Skir.,  umgegürtetem  Schwert,  in  der  R.  die  Keule, 
Prokr.,  Sau.    Innen:  Kerkyön;  s.  Abb.  12a  u.  b.  bei'  der  Kalydonischen  Jagd   (Berlin  nr.  2r)38. 

7.  Aus  Chiusi  in  Bologna  (28n)  m.  Kerk.,  Gerhard  A.V.  321  f. \  sowie  im  Kentaurenkampf 
Prokr,,  Stier,  Skiron.  Innen:  Min.  Von  I.  D.  lO  (Bruchstücke  in  Berlin  nr.  2403.  J^J.  Curtius, 
Beazley  im  Journ.  of  Hell.  stud.  30,  1910  S.  44  Arch.  Zeit.  41,  1883,  S.  349  Tf.  17,  1.  Sarnow 
u.  63  werden  die  Schalen  nr.  6  u.  7  sowie  un-  S.  15,  1),  worüber  unten  §  63  gehandelt  wird, 
ten  nr.  17  u.  20  dem  Kleophrades,  einem  Schüler  58.  Das  plötzliche  Auftreten  der  übrigen 
des  Euthymides,  zugeschrieben.  Kämpfe    hat    man    vor    Kenntnis    des    wahren 

8.  In  München  (<26^o)  mit  Min.,  Prokr.,  Skir.,  Alters  der  kyklischen  Schalen  durch  Nach- 
Periphetes,     Innen:  Bakchantin.  ahmung  eines  Bilderfrieses  im  städtischen  um 

9.  Des  Aison  {39w)  mit  Skiron,  Sau,  Sinis,  474  v.Chr.  erbauten  (49)  Heiligtum  des  Theseus 
Stier,  Prokr.,  Kerk.     Innen:  Minot.  (W.  Gurlitt,  D.  Alter  d.  Bildw.  u.  d.  Bauzeit 

10.  Schale  Basseggio  im  Brit.  Mus.  {29 1,  d.  sog.  Theseion  in  Athen,  S.  55)  oder  durch 
Abb.  6)  mit  Sinis,  Stier,  Skiron.  Prokr.,  Kerk.,  20  Anlehnung  an  die  Metopen  des  erst  nach  dem 
Sau.  Innen  Mitte:  Minot.,  ringsum:  Skir.,  Stier,  Parthenon  errichteten  sog.  Theseion  {W.  Klein, 
Sinis,  Sau,  Kerk.,  Prokr.  Euphronios^  S.  199  u.  209)  zu  erklären  versucht. 

11.  Aus  Nola  {29u)  mit  Prokr.,  Sau,  Sinis,  W.  Müller  a.  a.  0.  S.  61  beschränkt  die  Ab- 
Skiron.  Innen  Mitte:  Minot,  ringsum:  Skiron,  hängigkeit  von  den  Metopen  auf  einzelne  von 
Stier,  Prokr.,  Kerk.,  Sau,  Sinis.  den  jüngsten  Vasen,    die  er  nach  430  v.  Chr. 

12.  Einst  in  der  Sammlung  Canino,  jetzt  ansetzt.  Luigi  A.  Milaniim  Mus.  J^aZ.  3,  1890, 
verschollen  {p.  —  De  Witte,  Not.  d'une  coli.  d.  S.  277  ff.  vermutet  die  Quelle  der  Vasenbilder 
V.  p.  Paris  1845,  23  S.  75)  mit  Stier,  Prokr.,  in  älteren  Werken  der  Großkunst;  Kachrylion 
Sau,  Sinis.  Innen:  Th.  und  weibliche  Gestalt;  scheine  zuerst  gegen  die  Mitte  des  5.  Jahrh. 
Gerhard  A.V.  3  S.  33,  9  vermutet  Th.  u.  An-  30  die  jüngeren  Theseustaten  auf  Vasen  behandelt, 
tiope  oder  Phaidra,  doch  ist  eher  wie  beim  seine  Vorbilder  aber  besonders  der  Plastik  ent- 
Innenbildder  Schale  des  Kachrylion  {36,  Abb.  6)  lehnt  zu  haben,  während  die  folgenden  Vaseu- 
an  Ariadne  zu  denken.  maier   sich   an    die  neu   aufblühende   Malerei 

Je  zwei  Bilder  dieser  Reihe  zeigen:  anschlössen.     Dadurch  erkläre   sich  der  große 

13.  Im  Brit.  Mus.  E  74,  früher  826  (s),  mit  Unterschied  zwischen  der  noch  der  schwarz- 
Sinis  und  Sau.  figurigen  Manier  nahestehenden  Art  des  Kach- 

14.  In  München  nr.  301,  abgeb.  0.  Jahn,  rylion  und  der  des  Euphronios,  der  sich  Po- 
Arch.  Zeit.  23,  1865,  S.  23ff.  Tf.  195,  mit  Sinis  lygnot  und  Mikon  zum  Vorbild  nehme  (S.  282). 
u.  Skiron;  s.  unten  Abb.  14.  Einen  Abschluß  erreichte  in   diesen  Unter- 

15.  Im  Mus.  civico  zu  Verona,  M.  Lehnerdt,  40  suchungen  0.  Wulff,  Zur  Theseussage.  Dorpat 
Arch.  Zeit.  43,  1885,  S.  115  ff.  Tf.  7,  1  {z)  mit  1892.  Er  weist  S.  123  ff.  klar  nach,  daß  die 
Stier  u.  Sau.  Zeichnungen    der  Vasenmaler    strengen    Stils 

16.  Pelike  in  Florenz,  Mus.  Ital.  3  Tf.  4.  durch  einen  älteren  malerischen  Zyklus  ange- 
Beinach,  Rep.  1,  530  (j)  mit  Skiron  u.  Minot.  regt  worden  sind,  wenn  man  sie  auch  gewiß 

17.  Pelike,  im  röm.  Kunsthandel  gezeichnet,  nicht  vor  dem  Original,  sondern  aus  dem  Ge- 
Gerhard  A.V.  3  S.  34 f.  Tf.  159,  mit  Prokrust.  dächtnis  in  der  Werkstatt  nachgezeichnet  hat. 
u.  Sinis.  So  erklären  sich  die  Abweichungen  der  Bilder 

^  18.  Krater    aus    Chiusi,    Noel   des  Vergers,  untereinander  sowie  einzelne  Mißverständnisse. 

VEtrurie  Tf.  14,  mit  Prokrust.  u.  Sau.  Den  Kampf  mit  Periphetes,    der   sich  nur  auf 

19.  Stamnos  im  Brit.  Mus.  E  442,  früher  50  der  Münchener  Schale  (oben  nr.  8)  findet  (s.  u. 
784,  mit  Stier  u.  Prokrust.  59).,   kannte  der  strenge  Stil  und  sein  Vorbild 

20.  Desgl.  ebenda  E  441,  mit  Minot.  u.  Pro-  jedenfalls  noch  nicht  (s.  o.  Bd.  3  Sp.  1975  f.). 
krust.;  abgeb.  Journ.  of  Hell.  stud.  30,  1910  Wenn  Wulff  S.  135  f.  und  190,  144  dieses  Vor- 
Tf.  1  f.  und  ebenda  S.  57  f.  von  /.  B.  Beazley  bild  aber  in  dem  von  Kimon  neu  errichteten 
dem  Kleophrades  zugesprochen.  Theseion  sucht,  so  hat  ihn  die  Ausgrabung  des 

21.  Schale  im  Louvre  {salle  G,  no.  71)  mit  Perserschutts  auf  der  Akropolis  widerlegt  (s. 
Minot.  u.  Prokrust.,  dazwischen  der  Kampf  des  o.  56) ;  denn  nach  Graef,  Die  Zeit  der  Kodros- 
Herakles  mit  dem  nem.  Löwen;  abgeb.  bei  E.  schale,  im  Arch.  Jahrh.  13,  1898  S.  67,  war  der 
Pottier,  Pourquoi  Th.  fut  Vami  d'HercuJe  in  strenge  Stil  mit  dem  Jahre  480  v.  Chr.  abge- 
dcT  Rev.  de  Vart  ant.  et  mod.  9,  1901,  S.  9  Fig.  4.  60  schlössen;  vgl.  Studniczka,  Die  Zeitbestimmung 

Die  einzeln  auf  Vasenbildern  vorkommenden  der  Vasenmalerei  mit  roten  Fig.,  im  Arch.  Jahrb. 

Abenteuer    sind    meistens    unter    den    Sonder-  2,  1887  S.  167.     Die  Ausführungen   W.  Klein» 

2kriiVehx2ingeiü\ixt*);heiW.  Müller,  Die  Theseus-  {Gesch.  d.  gr.  Kunst  1  S.  308  ff.),  der  ihn  weiter 

herabzurücken  sucht,  überzeugen  nicht,  da  er 

•       *>/.*;^^^-*'^*8«^^/«*=  '^^-  "^^  f  j'^«^  auf  einem  Krater  ^^^^^^   g    3^^   trotzdem  zugibt,  daß  die  Haupt- 

m  Madrid  (ieroMX,   ^ases  grecs  et  italo-gr.  nr.  215.    Ossorio,  ,..,.    ^     •,  i         •••         j.  j  o  i^' 

Vasos  griegos  Tf.  31);   das  Bild   ist  aber  eher  als  Th.  und  tatigkeit   SOgar    des  jüngsten    der    großen   attl- 

Sinis  zu  deuten  -  Vgl.  auch  Th.  u.  Prokruttes  im  Arch.  schcn  Schalenmaler,  des  Brygos,  noch  vor  480 

Jahrb.  29,  1914,  32  ff.  V.  Chr.  fällt.  Wir  müssen  jetzt  also  annehmen. 


735     Theseus  (Entwicklung  d.  Typus) 

dafi  sich  jener  Zyklus  von  sieben  Theseustaten*) 
der  älteren  Schalen  bereits  in  einem  zur  Zeit 
des  Peisistratos  (Arütot.  Ath.  pol.  15)  oder 
Hippias  ausgemalten  Theseion  fand  (vgl.  W. 
Mahhberg,  Die  Metopen  d.  altgr.  "Tempel,  und 
die  Selbstanzeige  in  d.  Berl.  Phil.  Wochenschr. 
1893,  26  Sp.  820f.),  das  außerdem  als  achtes 
Bild  die  Vorlage  des  Mittelstücks  der  Eupbro- 
niosschale  ^Th.  auf  dem  Meeresgründe'  {o.  22c) 
enthalten  haben  mag.  Den  Wechsel  der  Bil- 
dungen auf  den  Schalen  schönen  Stils  wird 
dann  der  neue  Bilderzyklus  des  Ton  Kimon 
nach  der  Zerstörung  durch  die  Perser  wieder 
aufgebauten  Theseions  (o.  §  49.  53)  veranlaßt 
haben,  da  nun  die  Vasenmaler  ihre  alten 
Musterbücher  durch  die  neuen  Bilder  erwei- 
terten und  beide  Gattungen  durcheinander 
mischten. 

59.  Auf  den  älteren  Schalen  1—7  ist  der 
Ringkampf  des   Kerkyon   und   der   Sturz   des 


IS)  HeldeDtaten  des  Theseus,  Schale  des  Kachrylion  57a 
(nach  Mui.  Ital.  di  ant.  eleu».  8,  1890  Tf.  2). 

Skiron  einander  gleich  (o.  Bd.  4,  1011  f.;  vgl. 
die  Einzeldarstellung  des  Skironsturzes  auf  der 
Schale  des  Duris  in  Berlin,  Furtwängler,  Vctsens. 
im  Antiq.  2288),  wennschon  einigemal  im  Ge- 
gensinn, die  Bestrafung  des  Prokrustes,  der  auf 
den  übrigen  Schalen  in  gleicher  Stellung  auf 
einem  Steinsitz  liegt,  und  diejenige  des  Sinis 
einander  durchaus  ähnlich  behandelt,  so  daß 
hier  die  Schale  des  Kachrylion  (a,  s.  Abb.  13) 
uns  eine  Vorstellung  von  den  Vorbildern  dieser 
Szenen  im  alten  Theseion  bieten  kann.  Im 
Minotauros-  und  Stierkampf  weichen  dieselben 
Schalen  jedenfalls    deshalb    voneinander    ab, 

*)  Diesen  sieben  Taten  entspricht  einerseits  die  Sage 
▼on  den  sieben  Knaben  und  sieben  Mädchen,  die  Ton  Th. 
nach  Kreta  geftlhrt  werden,  anderseits  die  Hebdomaden- 
lehre  Solons  (Jrgm.  27  Bergk)  und  die  delische  inrtttjQig 
{Arist.  n.  noX.  t.  li&}jv.  54,  7),  sowie  die  sieben  Mädchen 
der  Delphinienfeier  {Plut.  The».  18.  0.  Müller,  Bor.  1,  328, 
2.  A.  Momriuen,  Fette  der  St.  Athen  S.  450 ;  vgl.  auch  die 
swei  mal  sieben  Oerarai:  ib.  S.  399f.).    [Boscher.] 


Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)     736 

weil  diese  beiden  Kilmpfe  damals  bereits  in 
verschiedener  Auffassung  alter  Besitz  des  Kunst- 
handwerks waren  (13  f.  2ti).  Der  Kampf  mit 
der  Sau  tindet  sich  nur  auf  d  und  m,  und  zwar 
in  ganz  verschiedener  Form. 

Die  erstere  (o.  Bd.  4  Sp.  929  Abb.)  ist  wahr- 
scheinlich der  kalydonischen  Eberjagd  nach- 
gebildet, wie  ein  Vergleich  mit  dem  Bilde  einer 
Wiener  Amphora  {Laborde,  coli.  d.  v.  gr.  de  M. 

10  l.  comte  de  Latnberg,  1  Tf.  i)2.  Beinach,  lUp. 
2,  210)  zeigt;  auf  m  (o.  Abb.  2)  ist  ein  ge- 
fesselter Eber  in  ganz  naturalistischer  Art 
dargestellt.  Ein  Schluß  ist  aus  diesen  Bildern 
nicht  zu  ziehen. 

Die  Schale  nr.  8  schließt  sich  an  die  erste 
Gattung  insofern  an,  als  der  Minotauroskampf 
nach  einer  alten  Form,  die  drei  übrigen  Kämpfe 
aber  sämtlich  nach  dem  Muster  der  IVokrustes- 
bestrafung    gebildet    sind;    nur    schwingt  Th. 

20  wechselnd  den  Hammer,  das  Fußbecken  oder 
die  Keule  in  der  Rechten.  Eine  selbständige 
Periphetesdarstellung  ist  also  hier  nicht  zu 
sehen. 

Auf  ein  anderes  jedenfalls  späteres  Vorbild 
gehen  die  jüngeren  Schalen  9 — 11  zurück  (s.  29, 
Abb.  6).  Vielleicht  schließen  sie  sich  also  an 
den  Bilderschmuck  des  Kimonischen  Theseions 
an,  dem  sie  nach  ihrer  Entstehungszeit  nahe 
stehen,    obwohl    die   isthmischen    Kämpfe    für 

30  dieses  nicht  bezeugt  werden  (vgl.  unten  63). 
Es  sind  immer  die  sieben  Szenen:  Minot.^ 
Skiron,  Sau,  Sinis,  Stier,  Prokrustes,  Kerkyon. 
Von  den  nur  zwei  Szenen  enthaltenden  Ge- 
fäßen folgen  nr.  16,  17  u.  19  der  älteren,  nr.  13 
u.  15  der  jüngeren  Gattung;  nr.  14,  18  u.  20 
weichen  von  beiden  ab.  Der  Proknisteskampf 
auf  nr.  20  ist  aber  dem  auf  Fig.  12  b  abgebil- 
deten verwandt,  wie  ja  auch  beide  Schalen 
dem  Kleophrades  zugeschrieben  werden  {Beazley 

40  im  Journ.  of  Hell.  stud.  30,  1910  S.  44  u.  57). 
Sonderbildungen  treten  vor  allem  in  den 
Kämpfen  mit  Sinis,  Skiron  und  der  Sau  her- 
vor; der  letzte  ist  schon  oben  bei  m  erwähnt 
und  abgebildet.  Skiron  uijd  Sinis  erscheinen 
auf  der  nebenstehenden  Schale  in  München 
(o.  Bd.  4  Sp.  930.  Beinach,  Bep.  1,  396 ;  s.  Abb.  14). 
Zwei  andere  Sinisdarstellungen  bieten  die  Vase 
bei  Miliin,  Feint,  de  vases  ant.  1  Tf.  34,   und 


14)  Theseus  mit  Skiron  und  mit  Sini«,  Schale  in  Mtlncben 
(nach  Arch.  Zeit.  23,  18(35  Tf.  195). 


737      Theseus  (Kntwickluut^  d,  Typus) 

der  Napf  in  Berlin  {FurticängJer,  B.  d.  Vasens. 
im  Antiq.  2580.  Stephani,  Th  u  Min.  Tf.  0,  2). 
Auch  hier  mögen  Gemälde,  die  sich  vielleicht 
in  dem  einen  oder  andern  der  Nebenheilig- 
tümer dc8  Th.  (o.  53)  befanden,  die  Anregung 
gegeben  haben.  Für  die  SinisdarHtellung  der 
Münchener  Schale  wird  dies  durch  den  Um- 
stand bewiesen,  daß  sie  mit  derjenigen  des 
Frieses  von  Gjölbaschi  zusammentrifft;  vgl.  o. 
Bd.  4  Sp.  930.  Der  Skironkampf  der  Münche-  lo 
ner  Schale  deckt  sich  dagegen  mit  demjenigen 
eines  Vasenbruchatücks  im  Louvre  (Wernicke, 
Arch.  Jahrb.  7,  1895  S.  209  Abb.)  und  ist  sehr 
ähnlich  dem  einer  Kotyle  der  Sammlung 
Dzialinsky  in  Paris  {Mon.  d.  Inst.  3,  47  B. 
Heinach,  Rep.  1,  119). 

60.  Die  Darstellung  der  Theseustaten  auf 
den  Vasen  stimmt  nun,  wie  zuerst  E.  Sarnow 
{Die  zyklischen  Darstellungen  aus  der  Theseus- 
sage  in  der  antikefi  Kunst  und  ihre  Uterarische  20 
Quelle,  Leipzig  1894)  ausführlich  nachgewiesen 
hat,  vollkommen  mit  der  literarischen  Über- 
lieferung überein.  In  beiden  tritt  kluge  Ge- 
wandtheit und  Unerschrockenheit  in  Gegensatz 
zu  wilder  Kraft  und  roher  Grausamkeit,  wo- 
rauf der  gebildete  Athener  im  Vergleich  mit 
dem  Barbarentum  stolz  war.  Den  maßgeben- 
den Künstlern  hat  also  bereits  dieselbe  Sagen- 
form für  diese  Kämpfe  vorgelegen,  wie  wir  sie 
noch  jetzt  in  unseren  Quellen,  und  zwar  schon  30 
seit  etwa  470  v.  Chr.  durch  Bakchylides,  der 
Min.,  Sinis,  Sau,  Skiron,  Kerkyon  und  Polype- 
mon-Prokoptas  erwähnt,  bezeugt  finden.  Daß 
diese  nur  auf  einem  Theseuslied  beruhen  kann, 
ist  selbstverständlich  (s.  u.  7,9).  Trotzdem  gibt 
Sarnoiü  (S.  77)  auch  die  Möglichkeit  zu,  daß 
die  Schalen  insgesamt  in  letzter  Linie  auf  eine 
bildliche  Vorlage  zurückgehen,  und  daß  man 
in  diesem  Sinne  von  einer  Urquelle  in  Gestalt 
eines  Bilderfrieses  sprechen  darf.  Beide  An-  40 
nahmen  dürften  so  miteinander  zu  vereinigen 
sein,  daß  ein  solcher  Fries  zunächst  im  An- 
schluß ah  eine  Theseis  oder  Atthis  in  dem 
alten  bereits  für  die  Zeit  des  Peisistratos  be- 
zeugten (Aristot.  r.  p.  Ath.  15)  Theseusheilig- 
tum  geschafi'en  worden  ist,  von  dem  dann  die 
bildliche  Überlieferung  ihren  Ausgang  genom- 
men hat  (0.  53). 

61.  Die  für  uns  erreichbare  nächste  Stufe 
derselben  bilden  die  Metopen  des  Schatzhauses  50 
der  Athener  in  Delphi  (s.  0.  14  n.  30)]  vgl. 
Pomtow  im  Arch.  Anz.  17,  1902  S.  85;  abge- 
bildet bei  Homolle,  Fouilles  de  Delphes,  4  Tf.  38  f. 
43.  46—48,  und  danach  bei  Reinach,  Rep.  de 
reliefs  1  Tf.  121  ff.),  das  vielleicht  schon  zur 
Zeit  der  Peisistratiden,  sicher  aber  vor  490  v.  Chr. 
erbaut  worden  ist  {Hitzig  u.  Blünuier  zu  Paus. 
10,  11,  5  S.  699,  welche  die  Literatur  über 
diese  Frage  anführen). 

Während  wir  den  Schmalseiten  die  Gery-  60 
oneia  und  Amazonenkämpfe,  sowie  eine  Gi- 
gantomachie  zusprechen  müssen,  boten  die 
Langseiten  je  sechs  Kämpfe  des  Herakles  und 
des  Theseus.  In  letzteren  glaubt  der  Leiter 
der  Ausgrabungen  Homolle  den  Minotauros- 
kampf,  Theseus  vor  Athena,  Kerkyon,  Peri- 
phetes,  Skiron  und  Sinis  zu  erkennen,  auch 
weist   er   auf  deren  Verwandtschaft   mit    den 


Theseus  (Entwicklung  d.  Typu«)      738 


15)  Theseus  und  Kerkyon,   Metope   des  Schatzhauses 

der  Athener  zu  Delphi 

(nach  Homolle,  fouilles  de  Delphes  4  Tf.  46—47,  2). 

jüngsten  sf.  und  den  strengrotfig.  Vasen  hin 
{Pomtow  im  Arch.  Anz.  10,  1895  S.  11,  1. 
Studniczka,  Jahrb.  11,  1896  S.  265.  Klein,  G. 
d.  gr.  Kunst  1  S.  319;  vgl.  0.  Bd.  3,  1978,  49 
u.  bes.  die  oben  29,  Fig.  5  abgeb.  Schale).  Da 
sich  von  Periphetes  aber  höchstens  eine  Dar- 
stellung {Gerhard  A.  V.  232  f.)  findet,  ist  die  0. 
Bd.  4  Sp.  1009  Fig.  1  als  Skiron  aufgefaßte 
Gestalt  jedenfalls  als  Prokrustes  zu  bezeichnen, 
der  für  die  Periphetesbildung  als  Muster  ge- 
dient hat  (0.  .59).  Die  R.  erhebt  er  zur  Abwehr 
gegen  den  Hammerschlag  des  Th.  wie  auf  den 
Scüalen  o.  29  Abb.  5  u.  57  Abb.  12  b.  Dagegen 
ist  die  von  Homolle,  fouilles  de  Delphes  Tf.  46  '47, 
5  abgebildete  und  von  Reinach,  rep.  de  rel.  1, 
124,  4  zweifelnd  Prokrusteskampf  benannte 
Gruppe  auf  Skiron  zu  beziehen.  Th.,  in  leichtem 
Gewand,  setzt  den  r.  Fuß  weit  vor  und  holt 
mit  gerade  aufgerichtetem  Körper,  jedenfalls 
das  Waschbecken  in  beiden  Händen  schwin- 
gend, zum  Schlag  auf  den  vor  ihm  linkshin 
niedergesunkenen  nackten  Gegner  aus.  Dieser 
stützt  sich  nach  vorn  gewandt  mit  der  R.  auf 
den  Boden  und  erhob,  wohl  um  Gnade  bittend, 
die  L.  gegen  Theseus;  vgl.  die  Schale  o.  29 
Abb.  5.  Den  Kerkyon  {ebenda  Tf.  46/47,  2; 
Reinach  1,  123,  2;  s.  Abb.  15)  umschlingt  The- 
seus stehend,  fast  von  hinten,  mit  beiden  Hän- 
den, um  ihn  auszuheben.  Kerkyons  R.  hängt 
bereits  erschlafft  über  den  Nacken  seines  Geg- 
ners herab,  und  sein  Kopf  senkt  sich  nieder. 
Die  Gesichtsbildung  ist  bei  ihm  wie  bei  Pro- 
krustes fast  tierisch. 

Auf  der  Sinismetope  {ebenda  Tf.  48,  2; 
Reinach  1,  121,  2)  beugen  sich  beide  Kämpfer 
im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Darstellungen 
nach  links,  so  daß  sie  gleichzeitig  die  Fichte 
niedergezogen  haben  müssen.  Sie  tragen  leich- 
tes Gewand,  und  bei  Sinis  hängen  Haarsträhne 
auf  die  Schultern  herab;  der  hinter  ihm  ste- 
hende Theseus  ist  etwas  kleiner  gebildet. 

Die    Athenametope    {Arch.    Anz.    10,    1895 


739     Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)  Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)     740 

8.  99,  HomoUe,  fouilles  de  Delphes,  4  Tf.  38,  u.  S.  678  ff.    Über   die  Theseusgestalt  ist  nichts 

Gaz.  d.  beaux  arts  1896  nr.  453;    Beinach,  1,  bekannt. 

126,  2)  zeigt  uns  die  durch  Ägis  und  Schild  63.  Von  größtem  Einfluß  für  die  Weiter- 
gekennzeichnete Göttin,  wie  sie  ihrem  Schutz-  bildung  der  Darstellungen  aus  dem  Theseus- 
ling,  der  als  nalg  ngca^ßog  (Bakchyl.  17,  65  f.)  Sagenkreis  war  die  Ausschmückung  des  etwa 
gebildet  ist,  nach  Besiegung  des  Minotauros  474  v.  Chr.  (o.  49)  auf  Kimons  Veranlassung 
^5)  jedenfalls  einen  Zweig  oder  Kranz  als  erneuerten  Theseions  durch  Polygnot  und  Mikon 
Siegeszeichen  überreicht,  was  sie  auch  auf  (Ärtemon  bei  Harpokr.*)  Suid.  Phot  a.  v.  TloXv- 
dem  Becher  aus  Orvieto  in  Wien  {Wiener  Vor-  yvtoToe.  Patis.  1,  17,  2  f.).  Auf  der  einen  Wand 
legebl  E  Tf.  12,  2;  s.  o.  5  u.  39),  sowie  auf  lo  war  zum  Hinweis  auf  die  Vernichtung  des 
einem  attischen  Mischkrug  {38)  tut.  Die  Metope  Perserheeres  die  Besiegung  der  Amazonen  durch 
mit  Th.  und  der  Amazone  {HomoUe,  F.  d.  D.  4  Theseus  und  die  Athener,  auf  der  zweiten  in 
Tf.  40;  Beinach  1,  126,  1)  ist  jüngeren  Stils  gleichem  Sinne  der  Kampf  des  Theseus  und 
als  die  übrigen,  also  wohl  später  einmal  an  der  Lapithen  gegen  die  Kentauren  gemalt.  Auf 
Stelle  einer  älteren  Platte  eingesetzt  worden.  der  dritten  hatte,  wie  Paus,  hier  hervorhebt, 
Th.  erhob  wahrscheinlich  in  d.  R.  das  Schwert  Mikon  den  Theseus  bei  Amphitrite  dargestellt. 
xum  Stoß;  mit  d.  L.  erfaßt  er  das  Nackenhaar  Daß  diese  Szene  in  einfacherer  Form  bereits 
der  bereits  unterliegenden  Gegnerin.  im  älteren  Theseion  vorhanden  gewesen  sein 

Der  vorpersischen  Zeit  gehört  femer  ein  mag,  ist  oben  22  erörtert  worden.  Sie  dürfte 
jedenfalls  auf  der  Akropolis  gefundener  Jung-  20  neben  den  sieben  Taten  der  älteren  Schalen 
lingstorso  des  Akropolismuseums  von  vorzüg-  gestanden  haben,  wie  sie  Euphronios  neben 
lieber  Ausführung  an  {Kastriotis,  Kat.  S.  21  diesen  als  Innenbild  benutzt  hat.  Bei  Erneue- 
nr.  145.  jS^udntczA'f^^i/*.  itftW.  11, 1886  S.  193,  3.  rung  des  Baues  mußten  dann  die  isthmischen 
DeWn'ick,  ebenda  26,  1900  S.  386  ff.,  abgebildet  Kämpfe  den  zur  Verherrlichung  des  Siegs  über 
hei  Brunn- Bruchnann,  Denkm.  Tf.  646  rechts),  die  Barbaren  bestimmten  Bildern  weichen; 
welcher  von  H.  Schrader,  Arch.  Marmorsk.  im  doch  wurden  sie  wohl  nur  auf  die  Außenseite 
Akr.-Mus.,  Wien  1909,  S.  62—66,  als  'Theseus  derselben  Cellawand  verlegt,  weil  man  sie 
im  Kampf  mit  einem  der  Unholde  (Prokrustes?)'  schon  aus  Pietät  schwerlich  ganz  weggelassen 
erklärt  wird.  Th.  zwingt  seinen  Gegner  mit  haben  würde.  Zur  Zeit  des  Pausanias  mögen 
d.  L.  nieder  und  bedroht  ihn  mit  der  Waffe  so  sie  aber  bereits  zerstöi-J;  gewesen  sein,  da  ja 
in  der  R.  Schrader  verbindet  den  Torso  mit  sogar  das  eine  Innenbild  durch  das  Alter  ge- 
andem  im  Museum  vorhandenen  Bruchstücken  litten  hatte  (Pau^.  1,  17,  3).  Wie  die  isthmi- 
zn  einer  Gruppe,  die  er  in  den  Abbildungen  sehen  Kämpfe  und  die  Amphitriteszene  auf  die 
64  u.  66  wiederherzustellen  versucht.  Auf  die  Vasenmalerei  (o.  22  u.  59),  so  hat  der  Ken- 
linke Schulter  des  Jünglings  greift  von  hinten  taurenkampf  auf  die  nachfolgende  Plastik  ein- 
tmd  unten  her  eine  schmale  rechte  Hand  mit  gewirkt  (s.  o.  Bd.  3  Sp.  1772 ff.).  An  die  Ama- 
dünnen  langen  Fingern;  der  Riese  Prokrustes  zonenschlacht  schließt  sich  vielleicht  das  Bild 
streckt  dagegen  die  Hände  dem  Sieger  stets  einer  rf.  Vase  schönen  Stils  zu  Neapel  {Heyde- 
um  Gnade  flehend  oder  abwehrend  entgegen,  mann,  Racc.  Cum.  239.  Fiorelli,  Vasi  rinv.  a 
ohne  ihn  zu  berühren.  40  Cuma  Tf.  8.  Beinach,  rep.  1,  482,  2.  Baumeister 

Näher  liegt  also  die  Beziehung  auf  Theseus  Fig.  2151;  s.  Abb.  16  u.  vgl.  o.  Bd.  2  Sp.  1429. 
im  Kampf  mit  der  Amazone,  besonders  wenn  3  Sp.  2242)  an,  das  in  Polygnots  oder  Mikons 
man  die  delphische  Metope  betrachtet,  die  den  {Klein,  Gesch.  d.  griech.  Kunst  1  S.  420ff.)Kom- 
Hero8  in  ganz  gleicher  Stellung  zeigt.*)  positionsart     zwei     Reihen     von    kämpfenden 

62.  Über  die  Terrakottagruppe   'Sturz  des  Griechen   und   Amazonen    übereinander   zeigt. 

Skiron  ins  Meer',   die  Pausanias  (1,  3,  1)   auf  Th.   {0T}6vg),   mit  Helm,    rundem  Schild    und 

dem  Dach  der  Königshalle  zu  Athen  sah,  vgl.  Wehrgehänge,    sonst   aber   nackt,    zückt   das 

o.  Bd.  4  Sp.  1009.  Schwert  gegen  eine  mit  Schwert  und  Bogen 

Aus  dem  Zehnten  der  marathonischen  Beute  bewaffnete  Amazone  [Av]tiav6[iQcc]'.i  seine  Ge- 

soll   Pheidias    als    sein    erstes   größeres  Werk  50  nossen  Phylakos,  Phaleros,  Munichos,  Teithras 

eine    Erzgruppe    von     dreizehn    Figuren     zur  sind  Eponymen  attischer  Demen,   die  in  der 

Weihung  nach  Delphi  gefertigt  haben,   unter  Theseussage  auch  sonst  eine  Rolle  spielen  (78), 

welchen  sich  Th.,  der  Mitkämpfer  bei  Marathon,  Astyochos  aber  bezeichnet  hier  jedenfalls  den 

befand  {Paus.  10, 10, 1).  Die  Aufstellung  könnte  Stadtbewohner,  d.  h.  den  eigentlichen  Athener. 

dann  erst  zwischen  465  und  460  v.  Chr.  {Col-  Ein  stärkerer  Einfluß  ist  von  dem  Amazonen- 

lignon,  Gesch.  d.  gr.  Plastik,  deutsche  Ausg.  1,  bilde  ausgegangen,   das  Mikon  bald  nach  459 

550)  erfolgt  sein,  woran    freilich  E.  Thrämer  v.  Chr.  in  der  Stoa  poikile  zu  Athen  malte  (Paus. 

zu  CoUignon  a.  a.  0.  und  andere  zweifeln.  H.  1,  15,  2,  vgl.  Bobert,  Marathonschi.  S.  7  ff.),  bei 

Pomtow,  Stud.  z.  d.  Weihgesch.  u.  d.  Topogr.  v.  welchem  hervorgehoben  wird,  daß  er  die  Ama- 

Belphi  2,  91  ff.  nimmt  an,    daß   das  Denkmal  60  zonen  als  Reiterinnen  kämpfen  ließ  (Aristoph. 

488  87  V.  Chr.    errichtet   und    vielleicht    dem  Lysistr.  678  f.  u.   Schal.  Arrian.  An.  7,  13,  5). 

Hegias  zuzuschreiben  sei,  dessen  Namen  Pau-  So  findet  sich  auf  jüngeren  rf.  Vasen  öfter  der 

sanias    mit     dem    des     Pheidias     verwechselt  Zweikampf  einer  berittenen  Amazone  mit  einem 

habe;  vgl.  Hitzig  u.  Blümner  zu  Paus.  a.  a.  0.  *x  x^.    »   ^           ,     -  ^     -      .    -    *  <    *   ^    .     . 

"^                 ^  *)  Die  Änderung  iv  ta>  0t]ai(u;  ifoo>  ist  trotz  Curhua 

*)  Eine  zu  Eretria  auf  Euboia  aufgefundene  Giebel-  Einspruch  {Arch.  Am.  4,  1889  S.  153),  dem  Klein  {Getch.  d. 

irruppe,  die  gegen  den  Ausgang  des  6.  Jahrh.  t.  Chr.  ge-  griech.  Kumt  1    S.  421)  beistimmt,  zu  billigen.     Dagegen 

schaffen   worden  ist,   erkannte  Furtwängler  {Ägina  1,  323)  ist  vielleicht  die  Ausschmückung  des  Theseions  mit  Klein 

als  den  Raub  der  Antiope  durch  Theseus.  »•  a.  O.  dem  Mikon  allein  zuzuschreiben. 


741     T 


Kntwicklnn«^  <1.  TypuH)      742 


16)  Theseus  im   A  h.h.  .  .ii.  n  l  ■,  m;  pi     imufsimd  von  1.  u.  r.:  Laodoke,  Tli i-,   inm-u    i,   .^i, .,,,,.■  ]i,.i;.. 

Phalakros,  Aatyochos,  Ariatomaclie,  Munichos,  Okyale,  Teithraa.     Vaae  zu  Neapel  (nach  Baumeister  l'ig.  :il51;. 


zuweilen  als  Theseiis  inschriftlich  bezeichneten  20 
Griechen,  wie  z.  B.  Gerhard  A.  V.  3  Tf.  163  f. 
{Klügmann,  Die  Amaz.  S.  47.  Helhig,  Führer^  2 
*  ur.  1237.  Reinach,  Bep.  2,  83;  siehe  o.  Bd.  3 
Sp.  1783f.).  Auch  das  0.  Bd.  3  Sp.  1779  wieder- 
gegebene Vaseubild  gilt  als  Nachahmung  eines 
Wandgemäldes,  In  derselben  Halle  malte  Mi- 
kon  {Ael.n.a.lj  38.  Arrian.an.l,  13,  5.  Harpokr. 
V.  Mix(ov.  Sopatr.  1,  8  8.  120  Walz)  oder  wahr- 
scheinlicher Panainos  {Paus.  5, 11,  6.  Plin.  n,  h. 
35,  8,  57;  vgl.  Brunn,  Gesch.  d.  gr.  K.  2  S.  19,  30 
u.  Klein,  Gesch.  d.  gr.  K.  1  S.  424 f.),  jedenfalls 
unter  Leitung  Polygnots  {Plut.  CimA),  den  The- 
seus,  wie  er  in  der  Schlacht  bei  Marathon  aus 
der  Erde  emporstieg  {Paus.l,  15,  3),  um  seinen 
Landsleuten  beizustehen.  Über  die  Abhängig- 
keit der  Reliefs  an  der  Westwand  des  Heroons 
von  Gjölbaschi  von  diesen  Gemälden  vgl.  Benn- 
dorf,  Heroon  v.  Gjölh.-Trysa  S.  139  ff.  Robert 
im  Herrn.  25,  1890,  41 6  ff".  Hit  zig -Blümner  zu 
Paus.  1,  15,  3.  Heydemann,  8.  Hall.  Winckel-  40 
mannspr.  S.  9.  Collignon-Baumg arten,  Gesch. 
d.  gr.  PI.  2  S.  228.  Klein,  Gesch.  d.  griech. 
Kunst  1  S.  439  f.  Endlich  stellte  Poljgnot 
noch  in  der  Lesche  der  Knidier  zu  Delphi  den 
Theseus  in  der  Unterwelt  dar  {Paus.  10,  29,  9; 
vgl.  R.  Schoene,  Zu  Polygnots  Delphischen  Bil- 
dern, Arch.  Jahrb.  8,  1893  S.  209  f.  u.  Robert 
bei  Preller,  Gr.  Myth.^  1  S.  831  ff.),  worüber 
oben  Bd.  3  Sp.  1788  ff.  ausführlich  gehandelt 
worden  ist.  Ebenda  bespricht  Weizsäcker  die  50 
übrigen  Werke  der  bildenden  Kunst,  in  denen 
Th.  mit  Peirithoos  verbunden  erscheint. 

^4.  In  der  fälschlich  dem  Alkamenes  zuge- 
schriebenen, bald  nach  456  v,  Chr.  ausgeführ- 
ten Kentaurenkampfgruppe,  welche  den  West- 
giebel des  olympischen  Zeustempels  schmückte, 
stand  nach  der  zweiten  jetzt  allgemein  ge- 
billigten Ergänzung  und  Anordnung  von  Treu 
{Olywpia,  3,  76  f.  u.  134f.)  Th.  auf  der  linken 
Seite  Apollons.  Der  Kopf  (abgeb.  Die  Funde  60 
von  Olympia,  Ausg.  in  eijiem  Bande  Tf.  14  a)  ist 
vollkommen  erhalten,  zeigt  aber  noch  alter- 
tümliche Ausdruckslosigkeit,  trotzdem  Th.  mit 
beiden  Händen  weit  ausholend  das  Beil  gegen 
seinen  Gegner  schwingt.  Das  Gewand  ist  auf 
den  vorgesetzten  linken  Schenkel  hinabgeglitten. 
Die  Giebelgruppen  sind  trotz  der  Untersuchung 
der  Standspuren  durch  Br.  Sauer  unbekannt. 


An  den  Querriegeln  des  Thrones  seines 
olympischen  Zeus  stellte  um  448  v.  Chr.  Phei- 
dias  den  Theseus  als  Begleiter  des  Herakles 
im  Amazonenkampfe,  und  zwar  wahrscheinlich 
in  Rundbildern,  dagegen  in  Relief  und  als 
Sieger  über  die  in  Attika  eingefallenen  Ama- 
zonen am  Fußschemel  dar  {Paus.  5,  11,  4.  7. 
1,  17,  2.  Overbeck,  Gr.  Plast.''  1  S.  359 f.).  Über 
Th.  und  Peirithoos  auf  dem  Gemälde  des  Pa- 
nainos an  den  Thronschranken  s.  0.  Bd.  3 
Sp.  1785,  4. 

Am  Schilde  seiner  438  v.  Chr.  vollendeten 
Athena  Parthenos  bildete  Pheidias  abermala 
den  attischen  Amazonenkampf,  auf  den  San- 
dalen der  Göttin  die  Kentaurenschlacht  {Paus. 
1,  17,  2.  Plin.  n.  h.  36,  18);  ob  hier  aber  Th. 
mehr  als  an  den  Metopen  des  Parthenon  kennt- 
lich gemacht  war,  ist  nicht  überliefert.  We- 
nige Jahre  jünger  als  die  Skulpturen  des  letz- 
teren sind  die  von  ihnen  zum  Teil  abhängigen 
Bildwerke  des  sogenannten  „Theseion",  das  jetzt 
entweder  als  Hephaisteion  (nach  Pervanoglu^ 
Lolling,  Sauer  u.  Dörpfeld  *),  als  Herakleion  in 
Melite  (nach  Bursian,  Wachsmuth,  Curtius) 
oder  als  Tempel  des  Apollon  Patroos  (nach 
Milchhöfer  u.  Malmberg)  oder  Delphinios  (nach 
E.  Maaß,  De  Lenaeo  et  Delphinio,  Lektionskat 
Greifswald  1891  f.)  bezeichnet  wird.  Da  die 
erhaltenen  Bildwerke  lediglich  Taten  des  He- 
rakles und  Theseus  zeigen,  die  Metopen  der 
nach  Osten  gerichteten  Hauptfront  aber  ersteren 
angehen,  so  dürfte  der  Bau  wohl  mit  bestem 
Rechte  dem  in  Athen  seit  alter  Zeit  als  Gott 
verehrten  Herakles  v-cclXivi-nog  und  aZs|txay.o? 
zuzusprechen  sein.  Die  übrigen  Bildwerke  neh- 
men jedenfalls  deshalb  Bezug  auf  Theseus,  weil 
zur  Zeit  der  Erbauung  des  Tempels  die  Sage 
ging,  daß  dieser  mehrere  seiner  Heiligtümer 
zum  Dank  für  seine  Befreiung  aus  der  Unter- 
welt an  seinen  Retter  abgetreten  habe  (o.  47). 

Auch  der  Umstand,  daß  der  Tempel  später 
dem  Hagios  Georgios  geweiht  worden  ist, 
spricht    für    ursprüngliche   Heraklesverehrung. 

*)  Der  eigentliche  Hephaistoßtempel  wurde  nach  lite- 
rarischen und  inschriftlichen  Zeugnissen  gegen  417  v.  Chr. 
vollendet;  er  ist  aber  schwerlich  mit  dem  sog.  Theseion 
gleichzusetzen  {Dragendorff ,  Gott.  gel.  Anz.  1874,  17  ff.,  To~ 
pogr.  von  Athen  318,  3.  Pfuhl,  De  pompis  lacr.  p.  62.  L.  Mal- 
ten bei  Pauly-  Wistowa  8,  1,  Sp.  312). 


T4r>      Theseus  (Entwicklung  d.  Typus) 

Die  Metopen  sind  illter  als  die  Friese  und  etwa 
um  440  V.  Chr.  von  einem  aus  der  Schule  des 
Kritios  stammenden  Künstler  (etwa  Amphion 
von  Knosos?)  geschaffen  {Furticängler,  Meifitenc. 
S.  72.  W.  Anielung,  N.  Jahrb.  f.  d.  kl.  Altert. 
3,  1900  S.  10  ff.  Br.  Sauer,  Das  sog.  Theseion 
1«  sein  plast.  Schmuck,  u.  C.  Robert  darüber 
im  Lit.  Zenir.  1899,  49  Sp.  I7l8f.). 

65.  Die  acht  Metopen  der  Seitenfronten  piit 
Theseostaten  enthalten:  Minot.,  Stier,  Sinis, 
Prokrust.;  Periphetes,  Kerkyon,  Skiron,  Sau 
{Mon.  d.  Inst  10  Tf.  43  f.,  68  f.  Brunn- Arndt- 
Bruckmann,  Denkm.  162  f.  bietet  nur  Sau,  Stier, 
Kerkyon,  Skiron;  vgl.  die  Einzelartikel  sowie 
W.  Müller,  Die  Tl^eusmetopen  vom  Theseion 
zu  Athen.  Göttingen  1888.  0.  Wul/f,  Zur  The- 
seussage.  Dorpat  1892.  E.  Sarnow,  Die  cykl. 
Darst.a.d.  Theseussage.  Leipzig  1894.  Br.  Sauer 
a.  a.  0.  und  danach  Reinach,  Rep.  de  reliefs  1, 
61  f.).  Sie  schließen  sich  im  allgemeinen  an 
den  aus  der  älteren  Schalengruppe  bekannten 
Typus  an,  bilden  ihn  aber  selbständig  weiter, 
indem  entweder  ein  früherer  oder  ein  späterer 
Augenblick  der  Handlung  vorgeführt  wird,  als 
überliefert  war.  Ersteres  ist  bei  Minot.  der 
Fall,  der  noch  wuchtig  angreift,  während  er 
auf  den  Schalen  bereits  nahezu  überwunden 
ist;  ähnlich  steht  es  mit  dem  Stierkampf  (o.  15) 
und  mit  Skiron  (s.  d.  Abb.  o.  Bd.  4,  1010).  Da- 
gegen ist  die  Sau  bereits  an  ihrem  Gegner 
emporgespmnge^  was  eine  wirkliche  Sau  frei- 
lich nicht  tut,  und  Kerkyon  ist  ausgehoben, 
80  daß  er  den  Boden  nicht  mehr  berührt. 
Prokrustes  liegt  auf  seinem  Lager  und  streckt 
die  Hände  dem  Th.  flehend  oder  abwehrend 
entgegen;  Sinis  (s.  d.)  steht  noch  aufrecht  und 
klammert  sich  an  den  Baumstamm  an,  wäh- 
rend er  auf  den  Schalen  meistens  bereits  nieder- 
gesunken ist.  Über  Periphetes  ist  o.  Bd.  3 
Sp.  1978  ausführlich  gehandelt. 

In  der  teilweise  den  Parthenonskulpturen 
nachgebildeten  Kentaurenschlacht  des  West- 
frieses {Brunn- Arndt- Bruckmann,  Denkm.  Tf. 
408;  Reinach,  Rep.  de  reliefs  1,  49  f.)  ist  Th. 
durch  kein  sicheres  Merkmal  gekennzeichnet 
(8.  o.  Bd.  3  Sp.  1775).  Der  Ostfries  stellt  einen 
zusammenhängenden  Kampf  dar;  in  der  Haupt- 
gruppe tritt  ein  ungerüsteter,  die  übrigen  an 
Kraft  und  Größe  überragender  Jüngling  vier 
Steinblöcke  schleudernden  nackten  Feinden 
kühn  entgegen  {Brunn-  Arndt  -  Bruckmann, 
Denkm.  Tf.  406f.).  Daß  dies  Theseus  im  Kampf 
gegen  die  als  „Schwinger,  Schleuderer"  auf- 
gefaßten Pallantiden  ist,  erscheint  einleuch- 
tender als  alle  anderen  Vermutungen  (s.  o. 
Bd.  3  Sp.  1334).  WelcheWaffeTh.  geschwungen 
hat,  ist  nicht  mehr  ersichtlich,  doch  war  es 
wahrscheinlich  ein  Schwert;  W.  Amelung  {N. 
Jahrb.  f.  d  kl.  Alt.  3,  1900  S.  9  f.)  denkt  an 
eine  Lanze,  obwohl  diese  ganz  selten  bei  The- 
seus nachweisbar  ist. 

66.  Fast  gleichzeitig,  aber  ein  wenig  jünger 
(etwa  435  v.  Chr.)  sind  die  Bildwerke  des  Po- 
seidontißmpels  auf  Sunion  (früher  als  Athena- 
tempel  bezeichnet,  Athen.  Mittheil.  9,  1884 
Tf.  17 ff.;  Reinach,  Rep  de  reliefs  1,  416 f.), 
die  auch  dem  Stile  nach  den  Theseionskulp- 
turen   sehr  nahe    stehen.     Trotz   großer   Ver- 


Theseus  (Entwicklung  d.  Typus)      744 

stümmelung  sind,  abgesehen  von  einer  Gigan- 
tomachie,  ein  Kentaurenkampf  und  die  Jugend- 
taten des  Theseus  kenntlich;  am  besten  ist  der 
Stierkampf  erhalten. 

Die  Deutung  des  Vorkämpfers  im  Amazonen- 
fries des  von  Iktinos  kurz  nach  430  v.  Chr.  zu 
Bassai  bei  Phigalia  in  Arkadien  erbauten 
ApoUontompels  als  Theseus  {Overheck,  PL*  1 
Fig.  182  Süd  22.  S.  553),   die  von  Friederidis- 

10  Wolters,  D.  Gipsnbg.  ant.  Bildw.  nr.  903  S.  303, 
Collignon-Baumgarten,  Gesch.  d.  gr.  PI.  2  S.  170, 
Kekule  v.  Stradonitz,  D.  gr.  Skulptur*  S.  112, 
Klein,  Gesch.  d.  griech.  Kunst  2  S.  193  und 
andern  gebilligt  wird,  hat  wegen  der  Löwen- 
haut, der  Keule  und  des  Bo<jens  Klügmann, 
Amaz.  S.  öl  Anm.  98  angezweifelt.  Der  Bogen 
als  Waffe  des  Theseus  ist  freilich  nicht  nach- 
weisbar, er  ist  aber  auch  in  dessen  Hand  nicht 
'  erhalten  und,  da  das  Köcherband  fehlt,  trotz 

20  Furtwänglers  Annahme  (o.  Bd.  1  Sp.  2226)  nicht 
notwendig  zu  ergänzen.  Vielleicht  schwang 
er  in  der  R.  das  Schwert  und  hielt  in  der  L. 
die  Scheide.  Daß  aber,  wie  Robert,  Die  ant. 
Sark.-Rel.  2  S.  76,  erklärt,  der  attische  Ama- 
zonenk#mpf  hier  überhaupt  nicht  gemeint  sei, 
erscheint  deshalb  unwahrscheinlich,  weil  in 
dem  anschließenden  Kentaurenkampf  die  Frauen 
und  Knaben  sicher  auf  die  attische  Sage  deuten. 
Hier  ist  der  Angreifer  auf  der   12.  Platte  der 

30  Nordseite  (o.  Bd.  3  Sp.  1769  f.)  durch  das  gleiche 
neben  ihm  an  einem  Baume  hängende  Löwen- 
fell gekennzeichnet.  Er  schützt,  wie  in  der 
Giebelgruppe  zu  Olympia,  eine  Frau;  in  der 
Rechten,  die  er  bis  hinter  den  Kopf  erhoben 
hat,  schwang  er  die  Keule  oder  ein  Beil.  Zu- 
zugeben ist  aber,  daß  hier  Theseus  im  Herakles- 
typus gebildet  ist.  Eine  andere  Deutung  bietet 
Weizsäcker  o.  Bd.  3  Sp.  1776. 

67.  Gegen  Ende   des  5.  Jahrh.  v.  Chr.   er- 

40  scheinen  Theseustaten  noch  einmal  auf  dem 
Friesrelief  der  Ostwand  des  Heroons  von  Gjöl- 
baschi-Trysa  im  südlichen  Lykien.  Trotz  starker 
Zerstörung  ist  an  der  Innenseite  der  Ostwand 
die  Auffindung  der  Gnorismata  {Benndorf  u. 
Niemann,  D.  Her.  v.  Gj.-Tr.  Tf.  19,  11;  Rei- 
nach, Rep.  de  reliefs  1,  459)  nach  der  gewöhn- 
lichen Auffassung  (o.  Bd.  1  Sp.  201),  aber  im 
Gegensinn  und  ohne  alle  Nebenpersonen  er- 
kennbar.  Die  Minotaurosplatte  ist  bereits  oben 

50  32,  das  Sinisabenteuer  o.  59  behandelt.  Der 
Skironkampf  (Tf.  19,  2;  s.  Abb.  17)  zeigt  die 
Art  der  älteren  rf.  Schalen;  am  ähnlichsten  ist 
er  derjenigen  von  Florenz  (o.  57,  5  h). 

Im  Amazonenkampf  der  Westwand  ist  Th. 
nicht  sicher  bezeichnet,  vielleicht  aber  mit 
dem  Griechen  gemeint,  der  eine  Amazone  am 


60 


17)  Theseus  u.  Skiron.     Belief  (nach  Benndorf  u. 
Niemann,  D.  Neroon   v.  Gjölbatchi-Trysa   Tf.  19,   2). 


745    Theseus  (Kutwicklun^r  des  Typus)  Theseus  (Eutwicklun*,'  des   lypus)    746 

Arm  packt  und  zugleich  mit  dem  Schild  be-  Kümtl.^  S.  67.    127).     Auf   diesem    Bilde  des 

echützt    (Innenseite  4   Tf.  14   B    14.    lieinach,  Euphranor  in  der  Freiheitahalle  auf  der  West- 

lUp.  de  ri'liefs  1,  452,  2);   vp^l.  aber  Jt  Koepp  eeitc  des  Kerameikoa  zu  Athen,  das  später  auf 

im  Arch.  Jahrb.  22,  li)07  S.  75,  der  diese  Dar-  das  römische  Kapitol  gebracht  wurde,  übergab 

Stellung  auf  den  Kampf  des   Bellerophon  be-  der  Stammheros  jedenfalls  die  Demokratia  als 

rjiieht  und   die  attische  Amazonenschlacht  auf  Braut  dem  Demos  von  Athen,  eine  Allegorie, 

rder  Südfront  zu  erkennen  glaubt.    In  der  Ken-  durch  die  man   ihn  als  Stifter  des  Freistaats 

taurenschlacht  mit  Frauenraub   auf  der  west-  feierte  {Plin.  35,  11,  40.  S.  129.    Paus.  1,  3,  2). 

liehen  Hälfte  der  Außenseite  an  der  Südmauer  Als  Schützer  seines  Heimatlandes  gegen  den 
(Tf.  23  B  2;  Beinach  1,  462,  7)  schwingt  The-  lo  Angriff   der  Perser   stellte   ihn   kurz   vor   338 

seus  ebenso  wie  in  Olympia  mit  beiden  Händen  v.  Chr.  Aristolaos,  der  Sohn  des  Pausias,  neben 

das  Beil  gegen  einen  Kentauren,  der  eine  nieder-  der  Media  und  Arete,  sowie  wieder  mit  dem 

gesunkene  Frau  umschlingt.  Demos   von   Athen   verbunden   dar  {Plin.  h.  n. 

OS.  In  der  Zeit  der  2.  Blüte  der  attischen  35,   11,  40   S.  137.    Klein  a.  a.  0.   2    S.  315). 

Kunst  stellte  Skopas  um  380  v.  Chr.  im  Ost-  Den  Minotauroskampf  auf  einem  dem  Askle- 

giebel  des  Tempels  der  Athena  Alea  zu  Tegea  pios  geweihten  Schilde  erwähnt  eine  zwischen 

den  Th.  als  Teilnehmer  an  der  kalydonischen  320  und  317  v.  Chr.  verfaßte  attische  Inschrift 

Eberjagd,  und  zwar  wahrscheinlich  so  dar,  daß  (C.  /.  A.  2,  2,  835  Z.  68).    Ob  das  Gemälde  im 

er  mit  Meleagros  das  anstürmende  Tier  ab-  Dionysostempel  zu  Athen,  auf  dem  des  Theseus 
wehrte   (o.  Bd.  2    Sp.  1616  f.    (7oZ%now-^awm- 20  Abfahrt  von  Naxos   und   das    Erscheinen   des 

garten,   Gesch.  d.  gr.  PI.  2  S.  251  tf.);   er  oder  Dionysos   dargestellt  war   {Paus.  1,  20,  3  und 

einer   seiner   Mitarbeiter  bildete  ihn  um  348  Hitzig- Blümner  z.  d.  St.),  dieser  oder  einer  frü- 

V.  Chr.  auf  einem  Innenrelief  des  Mausoleums  heran    Periode    angehörte,    ist  nicht    zu    ent- 

7.U  Halikarnassos,  wie  er  den  Skiron  (s.  d.)  auf  scheiden. 

einen  Felsen  niedergeworfen  hat  (Overbeck,  PL*  70.  Da  die  Werke  späterer  Zeit  eine  selb- 

2  S.  106).    Auch   der  Porträtkünstler  Silanion  ständige   Bedeutung    für   die  Sagengeschichte 

schuf  einen  Theseus  {Plut.  Th.  4),  über  dessen  nicht  besitzen,   werden  sie   hier  nicht  weiter 

Auffassung    nichts    bekannt    ist,    wennschon  verfolgt,   sie  sind  aber  oben  in  der   Gesamt- 

Furtwängler  {Über  Statuenkopien  im  Altert.  1,  Übersicht  angeführt. 

559  Tf.  2  f.)  eine  Statue  in  Ince  Blundell  Hall  30  Die  Auffassung  der  Theseusgestalt  selbst 
{Springer- Michaelis ,  Handb.^  S.  304  Fig.  541)  stehi  seit  Ausbildung  des  rotfigurigen  Vasen- 
auf ihn  zurückgeführt  hat.  stils    völlig   fest;    er   wird    ausschließlich    als 

Dasselbe  gilt  von  der  Statue,  die  neben  jugendlich  schöner,  schlanker  und  durch  gym- 
solchen  des  Herakles  und  des  Apollon  am  nastische  Übung  gleichmäßig  gekräftigter  bart- 
Arestempel  zu  Athen  aufgestellt  war  {Paus.  loser  Heros,  dessen  edle  Bildung  zu  der  ro- 
1,  8,  4;  vgl.  Weizsäcker  bei  Fleckeisen,  N.  J.  husten  Derbheit  des  Herakles  in  absichtlichem 
135  S..591).  Vielleicht  ist  diese  jedoch  in  Gegensatz  steht,  von  den  Künstlern  dargestellt, 
einem  der  attischen  Münztypen  wieder  zu  er-  während  eine  besondere  Haartracht  kaum  her- 
kennen. In  Betracht  kommen  Bronzemünzen,  vortritt  (o.  27.  29).  Bekleidung  und  Bewaffnung 
auf  denen  Th.  stehend,  nackt  und  mit  aus-  40  ist  dieselbe  wie  in  früherer  Zeit,  doch  kommt 
gestreckter  rechter  Hand  erscheint,  während  nunmehr  im  Anschluß  an  sein  Eingreifen  in 
er  die  L.  auf  die  Keule   stützt  oder  diese  im  den  Kentaurenkampf  das  Beil    und   der  dem 

1.  Arm  trägt  {Imhoof  -  Blumer  a.  P.  Gardner,  Prokrustes  abgenommene  Hammer  bei  ihm 
num.  comm.  on  Paus.  Tf.  DD  1  S;  145 f.);  oder  vor.  Nur  eine,  wie  es  scheint,  jetzt  erst  auf- 
er hält  in  der  herabhängenden  R.  eine  Strigilis  tretende  oder  nachweisbare  Einzelbildung  ist 
und  die  Keule  in  der  erhobenen  L.  geschultert  noch  hervorzuheben,  bei  welcher  der  nackte 
{Cat.  of  gr.  coins,  Attica  S.  105  n.  759  Tf.  18,  Heros  den  rechten  Fuß  vorwärts  setzt  und  die 
7).  Ganz  ähnlich  ist  mit  Vertauschung  der  Keule  in  der  gesenkten  Hechten  nach  unten 
Seiten  (was  auch  sonst  bei  Münzen  vorkommt)  hält:  Fragmente  einer  Statuette  mit  der  In- 
die  auf  ein  Original  der  attischen  Blütezeit  50  schrift  @r\6i(og  auf  dem  Untersatz  {v.  Sybel, 
zurückgehende  Herme  der  Villa  Ludovisi,  jetzt  Katal.  d.  Skulpt.  zu  Athen,  nr.  2925  S.  2u8); 
im  Mus.  delle  Terme  zu  Rom  {Heibig,  Führer^  Gemme  des  Hyllos,  des  Sohns  des  Dioskurides 

2,  906.  Mon.  d.  Inst.  10,  57,  2;  Brunn-Bruck-  {Furtwängler,  Arch.  Jahrb.  3,  1888,  S.  129  f. 
mann  Tf.  329  a;  vgl.  o.  Bd.  1  Sp.  2159).  Furt-  Tf.  3  nr.  10.  Geschn.  Steine  im  Antig.  nr.  6866). 
wängler,   Meisterw.  S.  430,   erklärt  die  Herme 

freilich  als  Herakles.  IV.  Überlieferung  der  Theseussage. 

69.  Auch  die  Malerei  hatte  inzwischen  die  71.  Die  älteste  Erwähnung    des   Th.,    und 

Theseusgestalt  von  neuem  behandelt;  so  hatte  zwar  als  Teilnehmer  am  Kentaurenkampf  und 

Parrhasios  im  Auftrage  der  Stadt  Athen  den  als  Sohn  des  Aigeus,  findet  sich  bei  Homer, 
Theseus,  vielleicht  ebenso  in  Verbindung  mit  60  11.  1,  265,  welche  Stelle  auch  Paus.  10,  29,  10 

dem  Demos,  gemalt  {Plut.  Th.  4;  de  glor.  Ath.  (vgl.  dazu  Hitzig  u.  Blümner  S.  7  90  f.)  anführt. 

2  S.  346  a;    vgl.  Klein,  Gesch.  d.  gr.  Kunst  2  Da  der  Vers  aber  in  guten  Handschriften  wie 

S.  175),   wie   dies   später  Euphranor  tat,    der  in  dem  F«ewe^.  A  fehlt  und  von  den  Scholiasten 

behauptete,  sein  Theseus  habe  sich  mit  Fleisch,  übergangen  wird,  dagegen  bei  Hesiod,  sc.  182, 

der  des  Parrhasios   aber  von  Rosen   genährt.  wiederkehrt,  hat   man  ihn  als  daher  entlehnt 

Während  ihn  jener  also  als  zarten  Jüngling  angesehen;    ja  E.  Meyer,    Hom.  Parerga   im 

aufgefaßt  hatte,   hob  letzterer   die   Kraft   des  Hermes  27,  1892  S.  374 ff.,  verdächtigt  ihn  als 

Ringers  an  ihm  hervor  {Brunn,   Gesch.  d.  gr.  attisches    Einschiebsel    bei     beiden    Dichtem. 

Boschs«.  Lexikon  der  gr.  a.  xön.  Mythol.    V.  25 


747       Theseus  (ältere  Überlieferung)  Theseus  (altere  Überlieferung)       748 

Dagegen   suchen  ihn  C.  Robert  im  Hermes  a.  Paus.  9,  29,  1   (o.  Bd.  3   Sp.  1759\    ohne  das 

».  O.  S.  376  Anm.  1,   von  Wilammvitz- Mollen-  Buch  selbst  noch  zur  Hand   gehabt  zu  haben. 

dorff,  Hom.  Unters.   S.  260,  23,    Toepfl'er,   Aus  Proklos  bei  Phot.  bibl.  319,  36  nennt  einen  Sa- 

d.  Anomia  S.  81,    0.  Wulff,    Zur   Theseussage  laminier  dieses  Namens  als  Verfasser  von  Ky- 

S.  142,    P.  Friedländer,  Herakl.  S.  167  f.,  und  prien,  welche  Athen.  682  D  dem  Heqvsias  bei- 

Weizsäcker  o.  Bd.  3  Sp.  1761,   sicherlich   mit  legt,  daher  Berak,  Gr.  Lü.-Gesch.  2,  72  Anm. 

Recht,  hauptsächlich  deshalb  als  ursprünglich  16,  beide  einander  gleichgesetzt  hat.    Da  aber 

homerisch  zu  erweisen,  weil  Th.  im  Kentauren-  in  der  von  Pausanias  aus  jener  Atthis  ange- 

kampf  bereits   auf  der  zwischen   670  u.   560  führten  Stelle  die  Gründung  von  Askre  behan- 

V.   Chr.    gefertigten    Klitias-Fran9oisva8e    in-  lo  delt  wird,  so  ist  sie  jedenfalls  aus  der  Schule 

schriftlich  bezeugt  ist.    Durchaus  in  Überein-  //^•.«ftodÄ  hervorgegangen.  Was  sie  über  Theseus 

Stimmung    mit   der   späteren    Sage    erscheint  berichtet   hat,    ist  nicht  bekannt;    schwerlich 

Aithra,  des  Pittheus  Tochter,  //.  3,  144  unter  kommt  sie  jedoch  als  Hauptquelle  der  attischen 

den  Dienerinnen   der  Helena;  Th.  und  Peiri-  Theseussage  in  Betracht. 

thoos  aber  werden  Od.  11,  631  als  Göttersöhne  73.  Dies  ist  vielmehr  eine  bereits  oben  {60) 
bezeichnet.  Ganz  unzweifelhaft  echt  ist  die  aus  der  Übereinstimmung  der  Denkmäler  unter- 
Erzählung von  der  Entführung  und  dem  Tod  einander  und  mit  der  literarischen  Überliefe- 
der  Ariadne  {Od.  11,  321  flf.),  da  sie  eine  später  rung  erschlossene,  wahrscheinlich  in  der  zweiten 
völlig  verschollene  Sagenform  voraussetzt  (o.  38)  Hälfte  des  6.  Jahrh.  v.  Chr.  entstandene  The- 
und  die  älteste  wahrscheinlich  hierauf  bezüg-  20  seis,  die  Aristoteles  poet.  8  neben  einer  Hera- 
liche  Darstellung  dem  7.  Jahrh.  v.  Chr.  ange-  kleis  anführt,  ohne  ihren  Dichter  zu  nennen; 
hört  (0.  37).  Die  zum  Teil  schon  im  Altertum  vgl.  Plut.  Th.  28.  32.  Schal.  Pind.  Ol.  (3,  52) 
{Schol.  n.  8,  144.  Plut.  Th.  34)  gegen  die  Echt-  3,  60b  ed.  Drachmann;  vgl.  Epic.  Graec.  fr.  ed. 
heit  dieser  Stellen  erhobenen  Einwände  können  Kinkel  1  S.  217.  Wdcker,  Ep.  Cycl.^  1,  300t!". 
also  nicht  als  stichhaltig  gelten,  besonders  Klügmann,  Die  Amazonen  S.  18  f.  B.  Wagner, 
wenn  man  außerdem  bedenkt,  daß  die  ältesten  Epit.  Vat.  ex  Apollod.  hibl.  S.  139.  Bh.  Mus. 
Kykliker  die  Theseussage,  abgesehen  von  den  N.  F.  46,  1891  S.  19.  Ilberg,  o.  B.  .S  Sp.  2220. 
isthmischen  Abenteuern,  als  allgemein  bekannt  Zu  scheiden  ist  dieses  Werk  von  der  Theseis 
behandelt  haben.  So  wird  die  Verbindung  des  des  Atheners  Pythostratos,  der  nicht  vor  Epa- 
Th.  mit  Ariadne  in  den  Kyprien  {Prokl.  bei  30  meinondas  lebte  {Diog.  Laert.  2,  59.  Jahn, 
Kinkel,  Ep.  Gr.  fr.  S.  18;  bei  Didot  S.  5»2a;  Arch.  Beitr.  S.  272,  41),  sowie  von  der  in  Prosa 
vgl.  von  Wilamowitz-MöUendorff,  Hom.  Unters.  verfaßten  des  Zopyros,  welche  die  Sage  sehr 
149)  und  sein  Aufenthalt  in  der  Unterwelt  in  ausführlich  behandelt  haben  muß,  da  sie  erst 
der  Minyas  {Paus.  10,  28,  2;  vgl.  Hitzig  u.  im  3.  Buch  die  Medeageschichte  erzählte  {Stob. 
Blümner  z.  d.  St.  S.  778)  erwähnt;  Hesiod  aber  flor.  64,  38.  Suid.  s.  '^i^vgiörov).  Eine  lateini- 
kennt  seine  Liebe  zu  Jope  und  Aigle  (0.  Bd.  2  sehe  Theseis  des  Cremutius  Cordus  aus  der 
Sp.  293).  Bei  Arktinos  {Prokl.  bei  Kinkel  S.  50.  Zeit  des  Domitian  erwähnt  luvenal.  1,  2.  Da- 
Sdiol.  Eurip.  Troad.  31)  und  LescJies  {Paus.  10,  gegen  gehören  die  einer  Theseis  des  Diphilos 
26,  7  f.)  findet  sich  die  Befreiung  der  Aithra  {Schol.  Pind.  Ol.  10,  83  p.  253  Boeckh)  zuge- 
durch  Demophon,  und  Akamas,  bei  Hegias  aus  40  schriebenen  choliambischen  Trimeter  wahr- 
Troizen,  den  Kalkmann,  Paus.  S.  141  ff.,  freilich  scheinlich  dem  Theseus  des  Komikers  Diphilos 
von  dem  Nostendichter  getrennt  und  für  nach-  aus  Sinope  an  {Christ,  Gr.  Lit.-Gesch.  S.  80,  4). 
alexandrinisch  erklärt  hat,  die  Liebe  der  An-  74.  Im  5.  Jahrh.  wirkten  die  Tragiker  auf 
tiope  zu  Theseus  {Patis.  1,  2,  1),  die  auch  Pin-  die  Ausgestaltung  der  Theseussage  ein.  So 
dar  behandelte  {Paus.  1,  2,  1.  Plut.  Th.  28),  behandelt  die  Aufnahme  des  Oidipus  durch 
der  Raub  der  Helena  aber  bei  den  Kyklikern  Th.  Aeschylus  in  den  Phoin.  und  ähnlich  So- 
und Alkman  {Schol.  II.  3,  242.  Paus.  1,  41,  4).  phokles  im  Oed.  Col;  die  Bestattung  der  Freunde 
72.  Um  600  v.  Chr.  erwähnte  Sappho  die  14  des  Adrast  Aeschyl.  in  d.  Eleusin.  u.  Eurip. 
Begleiter  des  Theseus  {Serv.  Verg.  Aen.  6,  21),  in  d.  Suppl;  den  Tod  des  Hippolytos  Eurip. 
unter  denen  notweVidig  die  Minotaurosopfer  zu  50  im  gleichnamigen  Stück  (o.  Bd.  3  Sp.  2221  f.), 
verstehen  sind  {Stephani,  Thes.  u.  Min.  S.  20.  die  Rückführung  aus  der  Unterwelt  durch 
36.  Volkmann,  Anal.  Thes.  ,S.  20),  und  min-  Herakles  und  die  demselben  gewährte  Hilfe  im 
destens  auf  dieselbe  Zeit  gehen  die  ältesten  Herc.  für..,  in  welchem  Theseus  mit  Anspielung 
Darstellungen  des  Minotauroakampfes  zurück  auf  die  Ereignisse  nach  der  Schlacht  bei  Delion 
(o.  <25),  wie  auch  die  dem  Hesiod  zugeschrie-  die  Leichen  der  Argiver  von  den  gottlosen 
bene  Dichtung,  welche  die  Unterweltsfahrt  des  Thebanern  zurückfordert  {Dieterich  im  Bh.  Mus. 
Theseus  und  Peirithoos  behandelte  {Paus.  9,  31,  91  S.  42).  Im  Theseus  {Cic.  2usc.  3, 14,  29.  Plut. 
b),  dieser  Periode  angehören  wird  {Christ,  Gr.  Consol.  ad  Apoll.  S.  112.  Dind.  fragm.  S.  93) 
Lit.  S.  77.  Kinkel,  frg.  ep.  1,  215  ff.  E.  Bohde,  schilderte  Euripides  den  Streit  mit  Minos,  das 
Psyche  S.  278,  2).  Ausführlich  erzählte  den  60  Hinabtauchen  auf  den  Meeresgrund  und  den 
Amazonenkampf  und  den  Kretazug  Simonides  Kampf  mit  Minotauros  {Straho  10,  4,  8  S.  477. 
{Apollod.  frg.  Sabb.  im  Bh.  Mus.  46,  1891  S.  184,  Tzetz.  Chil.  11,  555.  Schol.  Aristoph.  Vesp.  313 
12;  vgL  B.  Wagner  ebenda  S.  393.  Plut.  Th.  17.  ed.  Dübner).  Über  den  verlorenen  Aigeus  des 
Schol.  Soph.  Ai.  727)  und  später  Bakchylides  Euripides  ist  Wagner,  Ep.  Vatic.  S.  124  ff.,  über 
{o.  20),  doch  schon  für  die  Zeit  der  Peisistra-  feinen  Hippolytos  AnakalyptomenosWelcker,  Gr. 
tiden  beweisen  die  Denkmäler  die  ausgebreitete  Tr.  2,  729 ff.  und  Bergk,  Gr.  Literaturg.  3  S.  528 f., 
Kenntnis  der  ganzen  Sage.  Eine  alte  Atthis,  sowie  über  beide  von  Wilamowitz- Möllendorf 
die    er    dem    Hegesinos    zuschieibt,    erwähnt  im  Herrn.  15,  1880,  S.  483  zu  vergleichen. 


749       Theseus  (in  der  Komödie  etc.)  Theseus  (Heimat  und  Wesen)        750 

Auch  Sophokles  hatte  bereits  einen  Theseus,  delt  hat.    Nach  seiner  Erörterung  folgte  Apol- 

einen   Äigeus   und    eine   Vhaidra   geschriehcn,  lodor    in    den    kretischen     Abenteuern    einem 

doch  ist  deren  Inhalt  nicht  zu  ermitteln  (JV^/McA:,  mythographischcn   Handbuch   und  dem  Vhilo- 

trag.  ar.  fr.*  S.  184  SophoJd.  fr.  225  nach  Phot.  s/epÄawo.s,  wahrscheinlich  auch  dem  ^sA/e/j/ac^cs; 

Lex.  S.  342,  11  u.  Suidus  öfiTtviov  v^cpog).    Eine  in  der  Hadesfahrt  ist  der  Einfluß  des  Panyasis 

um   41i)  V.  Chr.  aufgeführte  Tragödie   Theseus  durch    die    Vermittelung    des    ]*herekydes    be- 

eines  unbekannten  Verfassers  nennt    eine  In-  merVh&r  (Wagvcr,  J'Jp.  Fai.  S.  137.  147.  15Gff.). 

Schrift  (C.  /.  A.  2,  2,  972  2  Z.  8).  Dasselbe  Handl.uch  hat  auch  JJiodor  4,  59—64 

Komödien  mit  dem   Titel    Theseus  werden  bei  seiner  Aufzählung  der  Theseustaten  aus- 

angefübrt  von  Aristonymos,  einem  Zeitgenossen  lo  geschrieben  {Bethe,  Quaest.  Biod.  62), 
des  Aristophanes,  und  von  dem  wenig  jüngeren 

Theopompos   {Meinekc,  fr.  com.    Gr.   1    S.  196  V.  Heimat  und  Wesen  des  Theseus. 

u.  240;  vgl.  Athen.  3,  33  S.  87  a  u.  3,  23  S.  82  c),  76.  Während  Theseus  früher  unbestritten  als 

von    den     Dichtern     der    mittleren     Komödie  Athener  aufgefaßt  wurde,  hat  man  in  neuerer 

Anaxandrides  und  Atiaxilas    {Meineke  1,  368.  Zeit  versucht,    den  eigentlichen   Ursprungsort 

371  u.  407)  und  von  Diphilos,dem  Zeitgenossen  seiner  Sage  außerhalb  Attikas  nachzuweisen, 

des  Menander   {Meineke  1,  455;  ygh  Athen.  6,  G.  Kirchner,  Attica  et  Peloponnesiaca,  Grji)hisw. 

80  S.  2G2a.  10,  74  S.  451b.  c).     Sicher   spielte  1890    S.   60  f.,    und    gleichzeitig    besonders    /. 

Th.    auch    in    vielen    andern    Komödien    eine  Töpffer,  Theseus  u.  Pcirithoos  {Aus  der  Anomia, 

Rolle,    wie    die    seiner  Sage  entlehnten  Titel  20  Arch.  Beitr.    C.  Robert   dargehr.,    Berlin    1890 

andeuten  (z.  B.  Skiron  des  Alexis  bei  Athen.  15,  S.  30 — 46),  sowie  im  Anschluß  an  diese  ().  Wulff, 

23    S.  678 e),   wir   kennen   jedoch   von   keiner  Zur  Theseussage,  Dorpat  1892  S.  142 IF.,  gehen 

den  Inhalt.    Endlich   wurden  Teile  der    Sage,  von  der  Tatsache  aus,  daß  das  älteste  Zeugnis, 

und   zwar   besonders   die   Jugendabenteuer  zu  welches  wir  über  Th.  besitzen  (iforn.  iZ.  1,  265), 

Pantomimen  benutzt  {Liban.  or.  pro  pant.  Bd.  3  ihn  in  Thessalien  als  Genossen   der  Lapithen- 

S.  374,   9    ed.  lieiske).     Über   Lobgesänge    auf  fürsten    im    Kentaurenkampfe    auftreten    läßt. 

Th.  vgl.  0.  54.  Sie  betrachten  deshalb  Thessalien  als  Heimat 

75.  In  seinen  larogiaL  oder  ysvsccXoyicci  be-  der    Theseus-    und    Peirithoossage    (0.    Bd.    3 

handelte    um    die    Mitte    des   5.  Jahrh.  v.  Chr.  Sp.  1761)  und  meinen,  sie  sei  von  da  mit  dem 

die  Theseussage  zusammenhängend  Pherekydes  30  Stamme   der  Dryoper   über  Phokis    nach    der 

aus  Athen  {frg.  39.  106—109  bei  Müller  F.  U.  attischen  Tetrapolis,   später  nach  der  Gegend 

G.  1  S.  82.  97  f.)  und  vielleicht  ähnlich  Andron  von  Troizen  in  Argolis   und   dann  von   beiden 

aus    Halikarnassos    {frg.  13    ebenda  2    S.  351).  Seiten   aus    nach    Athen   gelangt   (vgl.  Pallat, 

Ihnen    folgen    die   Verfasser   von    prosaischen  De  fabula  Ariadnaea  S.  16,  doch  auch  die  Be- 

Atthiden:    Zu    Anfang    des    Peloponn.  Kriegs  denken,  welche  Gurlitt,  Götting.  gel.  Anz.  1892 

{Biisolt,  Gr.  G.  1  S.  21,  3)  Hellanikos  von  My-  S.  519,    gegen    Töpffer   erhoben   hat).     Dabei 

tilene  {frg.  73—76,  Müller  F.  IL  G.  1  S.  54  f.)  stützen  sie  sich  auf  das  Zeugnis  des  Ps.-Hero- 

und  im  4.  Jahrh.  Kleitodemos  oder  Kleidemos  dot,  vita  Hoin.  2,  der  einen  angesehenen  Thes- 

{frg.  4 — 6,  ebenda  1  S.  359  f.),  welche  die  Sagen-  saler  Th.,  Nachkommen  des  PJumelos  (s.  d.  1), 

Überlieferung  zum  Teil  rationalistisch  umdeuten  40  als  Gründer  von  Smyrna  nennt,  während  frei- 

{F.  Wipprecht,  Zur Entwickl.  d.  rational.  Mythen-  lieh  Tacitus,  ann.  4,  56,  und  Aristides  (20  S.  425. 

deutung2  S.  26f.),  dann  Phanodemos  {frg.  9  bei  21  S.  431.  436.   22  S.  440.   41  S.  763  Dindorß 

Midier  1   S.  367),    Androtion    {frg.  31,   ebenda  unter  diesem  offenbar  den  allbekannten  Athener 

S.  374),  Demon  {frg.  3  f.,  ebenda  S.  378)  und  be-  verstehen.  Noch  zweifelhafter  sind  die  Angaben 

sonders  der  später  hauptsächlich  benutzte  Phi-  des  J.  Malalas  (4  S.  87  ed.  Bonn.)und  des  Georg, 

lochoros  {frg.  36—41.  45—49.  51  bei  Müller  1  Kedrenos  {C.  Script.  Byz.  1  S.  215),  die  Aigeus 

S.  390  ff.),  der  sich  vielfach  an  Androtion  an-  und  Th.   zu  Königen   von  Thessalien  machen, 

schloß  {Busolt,  Gr.  G.  1  S.  366,  1).    Istros  faßte  da  gar  nicht  ersichtlich  ist,  aus  welcher  Quelle 

endlich  zwischen  248  u.  224  v.  Chr.  in  seinen  sie  diese  Nachricht  geschöpft  haben  könnten 

kTTixä  {frg.  13f.  23,  bei  Müller  1  S.  420f.)  die  50  (s.  o.  43).   —    0.  Gruppe,  Gr.  Myth.  S.  582  f., 

Angaben    der   früheren  ,  Atthidographen,    ins-  betrachtet   Th.,   weil  er   mit   zwei   kretischen 

besondere   des   Pherekydes   u.    Hellanikos,   zu-  Heroinen  verbunden  wird,  selbst  als  ursprüng- 

sammen,   so  daß  er  für  die  erhaltene  Vulgata  lieh  kretisch,  und  E.  Neustadt,  de  love  Cretico, 

in  Plutarchs  Theseus  die  Hauptquelle  bildete,  Berlin   1906   S.  35 f,    stimmt    ihm   hierin   bei, 

wenn  dieser  daneben  auch  den  Philochoros  und  während  P.  Friedländer,  Herakles,  Berlin  1907 

jfiTZeiYoc/emos  noch  unmittelbar  eingesehen  haben  S.  171  ff.,   die   Erfindung   des  Minotauros-  und 

mag  {W.  Gilbert  im  Philol.  33,  1874,  S.  46— 66.  anderer  Theseusabenteuer  in  die  kleinasiatische 

Wellmann,  De  Istro  Callim.,  Greifsw.  Diss.  1886.  Aiolis,  besonders  nach  Smyrna,  verlegen  möchte. 

Busolt,  Gr.  G.  1  S.  369.  F.  Wipprecht,  Zur  Ent-  77.  Bedenken  wir  aber,   daß  der  Ursprung 

wickl.  d.  rational.  Mythendeutung  2    S.  25  ff.).  60  eines  Kultes  da  zu  suchen  ist,  wo  er  am  stärk- 

Von    der    Übersicht    über    die    Theseustaten,  sten   auftritt   und    wo   Ausstrahlungen    in  der 

welche  die  Pseudo- Apollodorische  Bibliothek  im  Nachbarschaft    nachweisbar    sind,    so    spricht 

16.  Kap.  gab,  ist  nur  der  Anfang  erhalten;  da-  alles  dafür,   daß  Attika   doch   die  Heimat  des 

gegen  sind  von  großer  Bedeutung  sowohl  die  Th.  ist;  denn  alle  Örtlichkeiten,  die  für  seine 

Epitoma  Vaticana  als  die  Sabbaitischen  Frag-  Sage   Bedeutung  haben,   liegen   in   und   rings 

mente  aus  Apollodor,  die  R.  Wagner  {Ep.  Vat.  um  Attika  herum,  oder  sie   stehen  zu  dieser 

ex  Apollod.  bibl.  Leipzig  1891   u.    Rhein.  Mus.  Landschaft   sonst  nachweislich   seit  alter  Zeit 

46,  1891  S.  181  ff.  380—419)  eingehend  behau-  in  naher  Beziehung.     So  Euboia  mit  Chalkis, 

25* 


751        Theseus  (Heimat  und  Wesen)  Theseus  (Heimat  und  Weseu)        752 

Eretria  und  Aigai,  Skyros,  das  opnntiscbe  Lokria,  zum  euböiscben  Sunde  in  Beziehung  zu  stehen 

Ostboiotien,  Me^ra,  der Isthmos  und  die  Nord-  {S.  Wide,    Th.  u.  d.  Meerspr.   b.  Bakchtfl,  17, 

küste  von  Argolis  mit  Troizen,  sowie  die  Inseln  S.  20,  Separatabdr.  aus  d.  FestscJir.  f.  0.  lienn- 

bis  nach  Delos  und  Naxoi  hin,  d.  h.  die  Gegend,  dorf).    Westlich  grenzen  Pallene,    das  Reich 

welche   jetzt  als  Ursitz  der  lonier  angesehen  des  Pallas,  Sphettos  und  Gargettos  an,  wo  Th. 

(E.  H.  Meyer,  o.  Bd.  3  Sp.  2844)  und  durch  die  die  Pallantiden  überwand. 

Verbreitung  des  geometrischen  Vasenstils  für  In  Marathon  schließt  Th.  den  Freundschafts- 

das   9.  Jahrb.  v.  Chr.   zu   einem   einheitlichen  bund  mit  Peirithoos,    der  als   Eponymos   des 

Kulturgebiet  zusammengeschlossen  wird.     Be-  attischen  Demos  Perithoidai  (o.  Bd.  3  Sp.  1761) 

merkenswert  erscheint,  daß  dieser  Stil  außer-  lo  ebenso  wie  Pitheus- Pittheus  (s.  d.)  als  Ahnherr 

dem  nach  Lakonien,  Thera,  Melos,  Cypern  und  des  Töpferdemos  nach  Attika  gehört;  denn  erst 

Kreta  gelangt  ist  {Klein,  Gesch.  d.  gr.  Kunst  1  mit  Th.  zusammen  dürfte  der  Großvater  nach 

S.  47),  wohin  auch  die  Theseussage  ihren  Weg  Troizen  gelangt  sein.    Die  Erzählung  von  einer 

genommen  hat.     In  Attika  selbst  darf  freilich  Einwanderungjener  Geschlechter  aus  Thessalien 

Athen  keinen  Anspruch   darauf  erheben,    als  und  die  Wanderung  des  Th.  über  den  Isthmos 

deren  Heimat  zu  gelten,  da  Th.  hier  als  Ein-  nach  Athen  hat  man  aber  wohl  nur  erfunden, 

dringling    angesehen    wurde    {Plut.   Th.   13).  um   einen  Ausgleich   der  später   an   den  ver- 

Auch  hatte  sein  Vater  Aigeus  den  echten  Pan-  schiedenen  Orten  festgelegten  Sagen  unterein- 

dioniden  Lykos  vertrieben,  er  selbst  aber  mußte  ander  zu  schaffen.    Auch  Aithra  erscheint  auf 

dem    Erechtheiden    Menestheus    nach    kurzer  20  Vasenbildern  neben  Aigeus,  Theseus,  Medeia 

Herrschaft  wieder  weichen.  Dagegen  weist  ihm  und  Phorbas  in  Athen  (10),  nachdem  die  Heimat 

die    Sage    die   ionische    Tetrapolis   im    Osten  ihres   Sohnes  aus  Aphidnai  dahin  verlegt  ist. 

Attikas   mit   Marathon,    wo    er   während    der  Aus   der   Küstengegend   im   Osten   Attikas 

Perserschlacht   als    ijgme   imxmQiog   aus    dem  stammt  also  wahrscheinlich  das  in  der  Sage 

Boden  emporstieg,  und  besonders  die  ebendort  durch  Aigeus  und  Th.  vertretene  seekundige 

gelegene  Burg  Aphidnai  als  seinen  Stammsitz  Geschlecht,  das  durch  das  Ilissostal  allmählich 

zu;  denn  hier  lebt  seine  Mutter,  und  die  ge-  nach    Athen    vordrang   (vgl.    Wachsmuth,   Die 

raubte  Helena  birgt  er  hinter  ihren  Mauern.  Stadt  Athen  im  Altert.  1   S.  398  f.  441»),   dort 

Diese  selbst,  die  nach  der  gewöhnlichen  Sage  zur  Herrschaft  gelangte  und  dieses  schließlich 

aus  dem  fernen  Sparta  entführt  wird,  dürfte  30  zur  Hauptstadt  der  ganzen  Landschaft  machte, 

wohl  sicher  eigentlich  die  Tochter  der  im  be-  indem  es  die  Bewohner  der  einzelnen  offenen 

nachbarten  Rhamnus  heimischen  Nemesis  sein  Ortschaften  zum  Schutze  vor  brandschatzenden 

(o.  Bd.  1  *  Sp.  1929  ff.),    wie   Toepffer  (a.  a.  0.  kretischen  Seeräubern  in  seine  Mauern  aufnahm 

S.  36  ff.)  und  S.  Wide  {Athen.  Mttteil  21,  1896,  und    durch    Bildung    von    Schiff baugenossen- 

S.  886 f.)  dargelegt  haben.  schaften    {rav-ngagiai)    zur   Abwehr   befähigte 

78.    Auch    Ariadne   wurde    nicht   nur    auf  {Helhig,  Les  vases  du  Dipylon  et  Jes  Naucraries, 

Naxos  und  Kreta,  sondern  ebenso  in  dem  nahe  Mem.  de  l'Acad.  des  inscr.  et  helles  leilres,  36, 

gelegenen  opuntischen  Lokris  verehrt,  wo  man  1898,  1  S.  387  ff.    Klein,  Gesch.  d.  gr.  Kunst  1 

ihr  in  Oinoe  ein  Trauerfest  mit  Totenopfern  S.  5lff.). 

und  Klagen  feierte  (Cert.  Hom.  et  Hes.  225  ff.  40  79.  Als  Vorgängerin  von  Athen  auf  dem 
S.  246  Rzach^',  vgl.  Nilsson,  Gr.  Feste  S.  383).  Gebiete  der  Kulturentwicklung  wird  Aphidnai, 
Weitere  Sagenzusammenhänge  mögen  nur  an-  von  aller  Sage  unabhängig,  für  diese  Zeit  durch 
gedeutet  werden:  Zwischen  Marathon  und  den  Fund  von  Gefäßen  in  den  Gräbern  eines 
Aphidnai  lag  der  attische  Demos  Oinoe  mit  Hügels  erwiesen,  deren  geometrische  Dekoration 
dem  Hauptdionysostempel  der  Tetrapoliten  sich  durch  die  Technik  der  Mattmalerei  als 
{Seeck  bei  Pauly-Wissowa  2  S.  2203),  wo  An-  Vorstufe  der  athenischen  Dipylonvasen  kennt- 
drogeos  ermordet  wurde  (0.  Bd.  1  Sp.  343,  25;  lieh  macht.  Der  geometrische  Stil  ist  aber, 
vgl.  Toepffer  im  Herrn.  23  S.  326);  Oinopion  wie  es  scheint,  eine  aus  vormykenischer  Zeit 
aber  ist  ein  Sohn  der  Ariadne  und  des  Th.  —  stammende  Dekorationsart,  die  sich  bei  der 
Wie  mit  Ariadne  verbindet  sich  dieser  mit  50  jonischen  Bevölkerung  Mittelgriechenlands  als 
Aigle  und  raubt  Korone  (o.  Bd.  1  Sp.  1934  u.  ßauernstil  erhielt  und  nach  dem  Zusammen- 
hier  46);  Aigle-Koronis  steht  ihrerseits  in  dem  bruch  der  mykenischen  Kultur  im  Dipylonstil 
gleichen  Verhältnis  zu  Apollon  und  Ischys,  Athens  während  des  9.  Jahrb.  v.  Chr.  seine 
dem  Sohne  des  Stammheros  von  Elateia  in  Vollendung  und  Verbreitung  fand  (Ä"Zem,  GescÄ. 
Phokis  (o.  Bd.  2  Sp.  1388  ff.),  wie  Ariadne  zu  d.  gr.  Kunst  1  S.  46.  52),  ein  Vorgang,  der  also 
Dionysos  und  dem  starken  Theseus.  Ein  Ort  mit  der  Urentwicklung  der  Theseussage  in  der 
namens  Koroneia  liegt  auch  im  Süden  des  Art  gleichläuft,  daß  Th.  die  altionische,  Schitf- 
Paraliabezirks  Aigeis,  der  Heimat  des  Aigeus,  fahrt  treibende  und  den  Meergott  verehrende 
der  sich  unmittelbar  an  die  Ebene  von  Mara-  Bevölkerung  vertritt.  Wenn  trotzdem  seine 
thon,  d.  h.  an  das  Gebiet  des  Th.,  anschließt.  60  ältesten  bildlichen  Darstellungen  nicht  aus 
Dieses  Koroneia  erhebt  sich  vor  der  Bucht  von  Athen,  sondern  aus  Korinth  oder  Arges,  aus 
Prasiai,  von  der  ursprünglich  die  delische  Chalkis  und  Tanagra  stammen,  so  beweist  das 
Theorie,  wenn  nicht  etwa  von  Marathon  selbst,  nicht,  wie  Dümmler  (o.  J25)  und  andere  an- 
ausging {Deniosth.  4,  34.  Paus.  1,  31,  2).  Dort  nehmen,  die  frühere  Bekanntschaft  mit  der 
an  der  Ostküste  stürzte  sich  also  Aigeus  bei  voll  ausgebildeten  Sage  in  diesen  Gegenden; 
der  Rückkehr  des  Th.  von  Delos  in  das  nach  denn  diese  war  nach  Aufnahme  der  Buchstaben- 
ihm  benannte  Meer  (o.  Bd.  1  Sp.  146),  und  auch  schrift  im  8.  Jahrh.  {Klein,  G.  d.  gr.  K.  1  S.  56. 
der  Meersprang  des  Th.  scheint  ursprünglich  60)  durch    das  Epos   im  Laufe   des   7.  Jahrh. 


753        Theseus  (Heimat  und  WeHen) 

V.  Chr.  jedenfalls  bereits  in  ganz  Giiechenland 
verbreitet  worden.  Der  Grund  ist  vielmehr  die 
frühere  Entwicklung  der  bildenden  Kunst  an 
diesen  Orten,  besonders  in  Argos  und  Chalkis 
(Klein  a.  a.  0.  1  S.  67  ff.  223).  Sobald  aber  die 
attische  Gefiißmalerei  sich  zur  selbständigen 
Mythendarstellung  erhob,  behandelte  sie  auch 
die  Theseussage,  und  zwar  zunächst  die  Ent- 
führung der  Ariadne,  vielleicht  ebenfalls  noch 
im  7.  Jahrh.  auf  einer  dem  Dipylonstil  nahe-  lo 
stehenden  Vase  (o.  37,  Abb.  7),  und  sicher  auf 
der  Klitias-Francoisvase  (o.  36)  zwischen  070 
und  660  V.  Chr.,  bis  dann  in  der  Zeit  des  Peisi- 
stratos  die  Erhebung  des  Th.  zum  attischen 
Natioualhelden  und  zum  Vertreter  des  geeinten 
Athen  einsetzte.  Damals  erkannte  man,  daß 
die  Macht  und  Größe  Attikas  auf  der  Einigung 
der  Landschaft  unter  einem  Herrscher  und  auf 
der  Erhebung  Athens  zur  Hauptstadt  beruhe. 
In  dem  mythischen  Stifter  des  owoimoiiog,  20 
der  in  Wirklichkeit  vielleicht  um  1)00  v.  Chr. 
anzusetzen  ist  {Klein,  G.  d.  gr.  K.  1  S.  52;  vgl. 
Seeck  bei  Vanly -Wissowa  2  S.  2217),  feierte 
man  also  zugleich  den  Peisistratos,  der  Ähn- 
liches in  der  Gegenwart  erreicht  hatte.  Später 
aber  machte  man  Th.  beim  Emporblühen  der 
Demokratie  aus  der  gleichen  Veranlassung  zum 
Begründer  der  Volksherrschaft  (s.  o.  42). 

80.  In  Rücksicht  auf  das  für  die  weitere 
Ausbreitung  der  Theseussage  hervormgend  30 
bedeutende  Naxos  hat  E.  Maaß,  de  Lenaeo  et 
Delphinio,  Greifsw.  prooem.  18i)l  S.  8,  den  Zu- 
sammenbang des  dortigen  Ariadnedienstes  mit 
der  athenischen  Dionysosverehrung  nachge- 
wiesen; die  Übereinstimmung  zwischen  der 
Kultvermählung  der  Gattin  des  Basileus  mit 
Dionysos  (o.  Bd.  1  Sp.  1073)  und  der  Vermäh- 
lung dieses  Gottes  mit  der  vom  attischen 
Königsohn  Th.  getrennten  Ariadne  läßt  sich 
nicht  durch  Zufall  erklären.  Dabei  wurde  die  40 
Basilissa  von  14  Ehrenfrauen  {VsquqccI)  be- 
gleitet, wie  Ariadne  von  den  14  durch  Th. 
geretteten  Opfern  (s.  oben  58  Anm. ;  vgl.  Rosclier, 
Die  7-  und  9-Zahl  ün  Kultus  und  Mythus  der 
Griechen  S.  24). 

Im  Kretazug  des  Th.  vermutete  L.  Stephani 
{Der  Kampf  des  Th.  u.  Min.  S.  11  f.  u.  S.  28) 
einen  historischen  Kern,  indem  er  die  Bildung 
der  Sage  durch  einen  wirklichen  Menschen- 
tribut, der  nach  Kreta  infolge  einer  Kultver-  60 
bindung  für  den  Baal-Moloch-Kronosdienst  ge- 
liefert worden  sei,  erklärte  (vgl.  o.  Bd.  1  Sp.  1228. 
2,  3108);  von  Wilamoivitz-Moellendorff  {Eurip. 
Herakl.^  S.  302)  aber  denkt  an  eine  tatsäch- 
liche Eroberung  Athens,  wie  o.  78  Einfälle  von 
Seeräubern  als  Veranlassung  des  6vvoiv,ia^6<s 
betrachtet  worden  sind.  Vgl.  Bethe  im  Bh.  M. 
65,  1910  S.  2(iOff.  —  Auf  etwas  anderem  Wege 
gewinnt  0.  Wulff  a.  a.  0.  S.  154  ff.  den  Zu- 
sammenhang zwischen  Th.  und  Minotauros,  60 
indem  er  diesen  mit  dem  chthonischen  Stier- 
dionysos Kgrioiog  von  Argos  (o.  Bd.  1  Sp.  1056  f.), 
in  dessen  Tempelbezirk  das  Grab  der  Ariadne 
gezeigt  wurde  {Paus.  2,  23,  7  f.  Nonn.  Dion. 
47,  665  ff.),  gleichsetzt,  wie  Helbig,  o.  Bd.  2 
Sp.  3011,  im  Anschluß  an  H.  D.  Müller  den 
altargivischen  stiergestaltigen  Gott,  der  auch 
zu   Zeus  wird  (und   nach   Bethes  Ansicht  aus 


Theseus  (Heimat  und  Wesen)        754 

Kreta  stammt),  zur  Vermittelung  herbeizieht. 
Diese  Annahme  wird  durch  altertümliche  Fest- 
bräuche in  den  nahe  gelegenen  Städten  Korinth 
und  Sekyon  gestützt.  Dort  beging  man  näm- 
lich alljährlich  während  der  Heraia,  einer 
TtivQ-nLog  ioQxr]  (o.  Bd.  1  Sp.  2078),  an  den 
Gräbern  von  je  sieben  einstmals  geopferten 
Knaben  und  Mädchen  ein  Sühnfest,  und  sieben 
Knaben  und  sieben  Mädchen  nächtigten  dabei 
im  Tempelbezirk  der  Hera  &v.()aia  (o.  Bd.  % 
Sp.  2493  f.),  die  hier  an  die  Stelle  der  Insel- 
Ariadne  getreten  sein  muß.  In  ähnlichem  Sinne 
wurden  durch  sieben  Knaben  und  sieben  Mäd- 
chen Sühnungen  vorgenommen,  die  man  später 
mißverständlich  mit  der  Abwehr  einer  Pest 
und  mit  der  Tötung  des  Python  durch  Apollon 
in  Zusammenhang  brachte  {Paus.  2,  7,  7  f.). 
Schon  0.  Müller,  Dor.  1  S.  328,  hat  dieses 
Sühnfest  aber  mit  der  Feier  des  Apollon  Del- 
phinios  in  Athen  verglichen,  der  zu  Th.  in 
naher  Beziehung  steht  {W.  Aly,  Der  kretische 
Apollonkult  S.  30  ff.  S.  Wide,  Th.  u.  d.  Meerspr. 
hei  Bakchyl.  17  S.  18  f.  in  der  Festschrift  für 
O.  Benndorf)  und  dem  er  den  marathonischen 
Stier  opfert. 

81.  So  waren  die  Elemente  des  Theseischen 
Stier-  und  Minotauroskampfes,  die  dann  in  der 


18)  Minotauros  auf  einer  Gemme  aus  Knosos 

(nach  A.  J.  Evans,  The  Palace  of  Knosso»   and 

its  dependencies  S.  19,  in  den  Neuen  Jahrh.  Yon 

Ilherg  und  Gerth  1903  S.  403,  1). 

athenischen  Darstellung  vereinigt  wurden,  an 
den  älteren  Sitzen  der  Sage  in  Marathon  unft 
an  der  Nordküste  von  Argolis,  in  Einzelzügen 
vorgebildet.  Die  Mi- 
notaurosgestalt  an 
sich  gehört  dagegen 

entschieden  nach 
Kreta.  Finden  sich 
doch  dort  auf  sehr 
alten  Gemmen,  die 
teils  inKnosos  selbst, 
in  größerer  Anzahl 
aber  bei  Kato  Zakro 
im  Osten  Kretas  zum 
Vorschein  gekom- 
men sind,  Mischbil- 
dungen von  der  Art  ' 

des  Minotauros  in  allen  erdenklichen  Ver- 
bindungen, männlich  und  weiblich,  mit  und 
ohne    Flügel,    mit    Stier-,    Bock-,    Esels-    und 


19)  Geflügelter  weiblicher  Mi- 
notauros ?  {Ebenda  S.  403,  8.) 


755       Theseus  (Heimat  und  Wesen) 


Theseus  (Heimat  und  Wesen)        756 


Adlerköpfen  {K.  Tutel,  Der  Palast  in  Knosos 
in  d.  N.  J.  V.  Ilberg  u.  Gerth  1903  S.  403, 
Abb.l  und  8;  vgl.  G.  Karo,  Altkret.  KtHtstätUn 
im  Arch,  f.  Reiigionsw.  7,  1904  S.  133,  s.  Abb. 
18  und  19)  oder  auch  mit  tierischem  Ober- 
körper und  Stierschwanz,  aber  mit  mensch- 
lichen Beinen  (Abb.  20) 
aus  Knosos  nach  A.  J. 
Evans,  Annual  of  Brit. 
School  at  Athens  7  S.  18  lo 
Fig.  7a;  vgl.  J,  E.  Har- 
rison,  ProUg.  to  the  study 
of  gr.  rel  S.  483). 

Beim  Zusammentref- 
en  der  kretischen  mit 
der  ionisch  -  attischen 
Kultur,  das  nach  Aus- 
weis der  Vasenfunde  im 
Anfang  des  neunten" 
Jahrh.  v.  Chr.  erfolgt  sein  20 
mag  {Klein,  G.  d.  gr.  K 1 
S.  62),  hatman  nun  jeden- 
falls den  altargivisch- 
korinthischen  und  wohl 
allgemein  altionischen 
Stiergott,  der  auch  als 
marathonischer  Stier  er- 
20)  Gemme  »U8  KnoK>8  (nach  scheint,  im  Minotauros 
HarrUon,  Proleg.  8.  *88).  wieder  ZU  erkennen  ge- 
glaubt und  sie  einander  30 
gleichgesetzt.  Wie  aber  andere  mythische  Aben- 
teuer mit  der  Ausbreitung  des  geographischen 
Horizonts  in  die  Ferne  rückten,  so  wurde  in 
Verbindung  mit  dieser  Gleichsetzung  auch  der 
Stierkampf  des  nunmehr  bereits  zum  attischen 
Helden  gewordenen  Theseus  in  die  neu  erschlos- 
sene Inselwelt,  wo  noch  Raum  fnr  Wunderbares 
war,  hinausgeschoben;  daher  denn  der  Kretazug 
lediglich  von  Athen  ohne  Rücksicht  auf  die 
älteren  Sitze  der  Theseussage  ausgeht.  Der  40 
einfache  Stierkampf  von  Marathon  erhält  bei 
dieser  Verlegung  infolge  des  Strebens,  gewisse 
Kultgebräuche  des  eben  damals  aufgenomme- 
nen Dionysosdienstes  (o.  Bd.  1  Sp.  107u)  zu 
erklären,  eine  durch  Nebenzüge  stark  erwei- 
terte Gestalt.  Der  Gegensatz  des  bekämpften 
Stiergottes  zu  Th.  setzt  sich  im  Verhältnis  des 
gleichfalls  in  Stiergestalt  auftretenden  Dionysos 
zu  diesem  fort,  nur  erscheint  der  neue  Gott 
im  Wettstreit  um  Ariadne,  obwohl  sie  selbst  50 
bereits  dem  altionischen  Kulturkreis  angehört, 
dem  Heros  gegenüber  schließlich  als  Sieger. 

82.  Damit  kommen  wir  zur  Frage  nach  dem 
Wesensgrund  des  Th.,  die  ebensowenig  wie. die 
nach  seinem  Ursitz  bisher  sicher  gelöst  ist. 
Euhemeristische  Deutungen  finden  sich  bei 
Tzetzes,  Chil.  1,  473f.  hist.  19  und  2,  741  ff. 
hist.  51   sowie  bei  Palaephat.,   de  incredib.  2. 

—  L.  Stephani  a.  a.  0.  S.  8  ff.   betrachtet  Th. 
als   Stammheros   des    ionisch-attischen    Staats  60 
und  als  Gegenbild  zu  dem  dorischen  Herakles. 

—  L.  Preller,  Gr.  Myth.""  2  S.  285,  faßt  ihn  als 
ionischen  Nationalheros,  Curtius,  Gr.  Gesch.^  1 
S.  55  f.,  als  Verkörperung  des  griechischen  Volks 
und  seiner  Schicksale  in  ältester  Zeit  auf; 
letzterer  setzt  ihn  aber  außerdem  mit  dem 
tyrischen  Stadtgott  Melqart  und  durch  diesen 
mit   Herakles    gleich.    —    Chr.  Petersen    {Gr. 


Myth.  S.  118  f.  im  Artikel  ,,Griechenland''  bei 
Ersch  u.  Gruber)  erkennt  in  ihm  einen  som- 
merlichen Heros,  dessen  Taten  den  Sieg  des 
Sommers  über  Sturm  und  Überschwemmung 
des  Winters  bedeuten,  und  E.  Neustadt  {De 
love  Cretico  S.  30  ff.)  stellt  Th.  in  seiner  Ver- 
bindung mit  der  Fruchtbarkeitsgöttin  Ariadne 
dem  nordischen  Maikönig  an  die  Seite.  Vgl. 
die  ähnliche  Deutung  von  D.  G.  Roberts,  Th. 
and  the  robber  Sciron  im  Juurn.  of  Hell.  Stud. 
32,  1912  S.  105  ff.  —  Bestimmt  als  solarisches 
Wesen  sucht  ihn  L.  Stacke  {Fleckeisens  Jahrb. 
78,  1866  S.  780  ff.)  zu  erweisen,  und  auch  J. 
Mähly  {Die  Sontxenheldcn  der  Mythologie,  Gym- 
nasialpr.  Basel  1889)  hält  ihn  für  einen  Sonnen- 
heros*). —  Als  ursprünglich  wesensgleich  mit 
Herakles,  ja  als  seinen  Doppelgänger  von  Haus 
aus  und  damit  als  Gottheit  des  Naturkreislaufs 
wie  Apollon  und  Dionysos  betrachtet  ihn  E. 
Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2,  167  S.  258.  Seine 
Fesselung  in  der  Unterwelt  ebenso  wie  sein  Zug 
nach  der  Insel  Kreta  ist  nach  ihm  im  selben 
Sinne  wie  die  Dienstbarkeit  des  Apollon  bei 
Admetos  oder  diejenige  des  Herakles  bei  Eury- 
stheus  als  mythische  Erklärung  für  die  Untätig- 
keit der  Gottheit  während  der  Winterzeit  zu 
deuten  {ebenda  2,  67  S.  102).  —  Dagegen  sehen 
Wernicke  {Kerkyaneus  im  Arch.  Jahrb.  7,  1892 
S.  216),  Robert  {Preller,  Griech.  Myth.*  1  S.  677), 
Usener  {Rh.  Mus.  53,  1898  S.  356)  und  Gruppe 
{Griech.  Myth.  S.  683)  in  Th.  eine  Hypostase 
des  Poseidon  (vgl.  o.  1—3).  Usener  (a.  a.  0. 
S.  373)  setzt  dabei  Aigeus  dem  Poseidon  gleich 
und  deutet  ihn  als  Wintergott,  während  sein 
Gegner  Lykos,  der  Lichte,  Vertreter  der  Som- 
merzeit sei.  Von  seinem  Bruder  vertrieben, 
gehe  er  nach  dem  Lichtlande  Lykien  (o.  Bd.  2 
Sp.  2187),  an  Th.  aber  vollziehe  sich  die  Wieder- 
vergeltung, indem  er  durch  Lykomedes  getötet 
wird.  —  0.  Wulff  {Zur  Theseussage,  Dorpat 
1892  S.  1420".)  hält  Th.  für  einen  thessalischen 
Lapithen,  diese  selbst  aber  ebenso  wie  ihre 
Gegner,  die  Kentauren,  für  Sturmdämonen. 
Wie  Boreas  ccld'Q7\YSvirr\q  heiße,  so  habe  Th. 
die  Aithra  zur  Mutter  (vgl.  E.  H.  Meyer,  o. 
Bd.  3  Sp.  2807);  die  mit  ihm  verbundenen 
Amazonen  seien  gleich  den  nordischen  Wal- 
küren im  Luftraum  zu  Hause,  der  Stierkampf 
scheine  dagegen  eines  mythischen  Keimes  zu 
entbehren. 

83.  Niemand  wird  bezweifeln,  daß  Th.  in  der 
Zeit  der  jüngeren  Weiterbildung  und  Ausbrei- 
tung seiner  Sage,  der  insbesondere  seine  isth- 
mischen Abenteuer  angehören,  lediglich  das 
ionisch-attische  Heldenideal  verkörpert,  welches 
während  der  Peisistratidenherrschaft  geschaffen 
wurde.  Gleich  Herakles  und  im  Anschluß  an 
sein  Vorbild  säubert  er  die  Welt  von  bösartigen 
Riesen  und  Ungeheuern,  mit  deren  Grundwesen 
er  selbst  nichts  zu  tun  hat,  wenn  ihnen  auch 
ursprünglich  eine  Naturbeziehung  anhaftet,  wie 
z.  B.  Skiron  mit  Rücksicht  auf  die  Darstellung 
am  Turm  der  Winde  zu  Athen  (s.  o.  Skiron  2) 
als  der  von  den  Skironischen  Klippen  herfegende 


•)  Nur  der  Vollständigkeit  wegen  erwähne  ich  die 
yon  A.  Dühring,  Gr.  Heroen  u.  Abendgeister  S.  37ff. ,  vorge- 
brachte Deutang  des  Tb.  als  Morgen-  and  Abendstem. 


757      Theseus  (Heimat  und  Wesen) 


Theseus  (Heimat  und  Wesen) 


758 


20    5 


Orkan  gedeutet  worden  ist  {K.  Maaß,  Der 
Kampf  um  Temcsa,  Arch.  Jahrb.  22,  l'.)07 
S.  40,  43).  Keinesfalls  aber  hat  Tii.  von  An- 
fang an  des  eigentlich  mythischen  Kerns 
völlig  entbehrt,  da  sonst  seine  frische  Le-       , 
benskraft,  die  Kponymen  und  dgl.  an  sich       ^ 
nicht  eigen  ist,  unerklärlich  wilre.  Zweifel-       ] 
los  richtig  ist  seine  Zugehörigkeit  zu  Posei-       \ 
don  erkannt  worden;  in  diesem  selbst  sieht       I 
E.  H.  Meyer  (o.  Bd.  3,  Sp.  2789;  vgl.  2792.  j^j 
2797.  2802)  den  die  Gesamtwasserwelt  be-       | 
herrschenden  Windgeist,  den  Urheber  des       | 
Wintersturms  (vgl.  Preller- Bobert,  Gr.  Myth.       I 
1  S.  582),  und  auch  den  Aigeus  erklärt  er       | 
mit  Usener  als  heroisierten  Wintersturm-       ! 
geist  (0.  Bd.  3,2797.  2848).  Von  allen  my-        1 
thischen   Beziehungen  abgesehen   ist  Th.       - 
ebenso  Stammheros  der  lonier,  wie  Posei-       I 
don  (YSviaLos)  ihr  Stammgott  ist  (3,  2826,        i 
2832  tf.);  beiden  ist  der  achte  Monatstag 
geweiht,  beiden  werden  ritterliche  Spiele 
gefeiert  (3,  2833  u.  o.  54),  und  ihre  Tempel 
besitzen  Asylrecht  (3,  2833  u.  53).     Aber 
auch    die  Möglichkeit,   daß  Theseus   die 
Grundbedeutung  als   Sturmgeist  mit  sei- 
nen Vätern  teile,  ist  nicht  bestimmt  ab- 
zulehnen, denn  in  diese  Richtung  weisen 
nicht  nur  die  von  Wulff  o.  80  angeführten 
Vorstellungen,  sondern  ebenso  seine  Auf- 
fassung als  Frauenräuber  (Ariadne,  Antiope, 
Anaxo,   Helena;  vgl.  Gruppe,   Gr.  Myth. 
S.  589)  und  Stierbezwinger  (Marathonischer 
Stier,  Minotauros).    Zu  dem  Raube  der  in 
Attika  seit  Urzeiten  mit  ihm  verbundenen 
Amazone  bietet  die  Entführung  der  Orei- 
thyia  durch  Boreas  ein  vollwichtiges  Gegen- 
stück.    In  dem  Stierbezwinger  wird   da- 
gegen einst  vielleicht  der  Sieg  des  Sturm- 
geistes   über    den    brüllenden    Gewitter- 
wolkendämon,  der  später  zum  Gewitter- 
gott wurde,  angeschaut  worden  sein,  weil 
der  Wind  die  Wolken  vertreibt.  Die  Steine, 
die    Minotauros   zwar  nicht   auf  den   äl- 
testen Bildern  {26),  dann  aber  regelmäßig 
in  den  Händen  führt,  wären  demnach  mög- 
licherweise   als   Donnerkeile    aufzufassen, 
wenn  auch  der  dem  Minos  nahestehende 
Zeus  Labrandeus  auf  höherer  Kulturstufe 
als  Blitzsymbol  die  Doppelaxt  trägt  (vgl. 
Bd.  4,  Sp.  49.  53).    Hält  Minotauros  doch 
auf   der    alten  Gemme    aus    Knosos    (81, 
Abb.  18)  den  flammenden  Blitz  tatsächlich 
in  der  linken  Hand. 

84.  Bei  dieser  Annahme  könnte  auf- 
fallen, daß  im  Kultus  des  Theseus  Toten- 
bräuche die  erste  Stelle  einnehmen  (o.  54). 
In  der  Hauptsache  mag  sich  dies  aus  sei- 
ner Verehrung  als  verstorbener  Held,  d.  h. 
als  Heros,  ergeben;  indessen  sind  auch 
Beziehungen  von  Dämonen  der  winterlichen  eo 
Stürme  zur  Unterwelt  nachweisbar  (o.  Bd.  3, 
Sp.  2793  ff.),  und  Poseidon  selbst  ist  als 
X^ovios,  6U6ixd'(ov  u.  dgl.  unterirdischer 
Gott  und  hütet  die  Pforten  des  Tartaros 
(0.  Bd.  3,  Sp.  2798.  2813.  2822).  Ja  die 
ihm  gefeierten  isthmischen  Spiele  stellen 
sich  als  ursprünglicher  iTtitdcpios  aymv 
dar,    der    später   auf   irgendeinen   Heros 


50  &, 


759       Theseus  (Heimat  und  Wesen)  Thesmophoros                    760 

(Melikertes,  Sinis,  Skiron)  bezogen  worden  ist  minyisch-mykenisch    oder   als    kleinasiatisch- 

(o.  Bd.  3,  Sp.  2846  u.  hier  43),  karisch  angesprochen  werden.     [Steuding.] 

Das  Hinabsteigen  des  Th.  in  die  Unterwelt  The8imene8(?)  (W^jötft^vijf?);  vgl.  Hygin.  f.  71 

und  seine  Fesselung  daselbst  soll  ihn  zunächst  p.  78, 14:    Thesitnenes,   Parthenopaei   ßius   ex 

wohl  nur  als  den  gleich  Herakles  vor  keiner  Clymene  nympha  Nysius.    Nach  E.  Maaß,  De 

Gefahr  zurückschreckenden  Helden  kenntlich  Lenaeo   et  Delphinio   15,  4   (vgl.  K.  Klanenty 

machen,  der  zeitweilig  dennoch  der  Macht  des  Arion  46)  bedeutet  der  Name  '  og  ^ivog  zld-s- 

Todes  erliegt;  es  könnte  aber  natürlich  auch  rai,  vim  adhibens*  und  ist  Vollname  zu  The- 

aas  seiner  Grundbedeutung  als  x^ovtog  erklärt  seus;    vgl.  Dibbelt,    Quaest.  Coae  myth.  (Diss. 

werden.     Ebenso  hat  man    seinen   Zug   nach  lo  Greifswald  1891)  p.  33.    Doch  kann  der  Name 

dem  fernen  Kreta  und  das  Eindringen  in  das  dies  kaum  bedeuten   und  für  Thesimenes  ist 

Labyrinth  als  Gang  in  das  Totenreich  aufgefaßt  mit  Jacobi,  Handwörterbuch  d.  griech.  u.  röm. 

iß.  TluZ/f  a.  a.  0.  S.  161  ff.;  vgl.  E.  Meyer  o.  82\  Mythologie  859.  E.  Bethe,  Theban.  Heldenlieder 

und  das  Kinderopfer  für  Minotauros  samt  dem-  111  Anm.  6.   Gruppe  in  Bursians  Jahresber.  85 

jenigen  in  Korinth  ließe  sich  hiermit  verbinden.  (1895),  289.    Gr.  Myth.  538,4.    Robert^  Hermes 

Wie  diese  Züge  aber  tatsächlich  im  einzelnen  53  (1918),  224    (der   außerdem    statt:    Nysius: 

untereinander  zusammenhängen,   entzieht  sich  Mysius  schreibt)  nach  Fau^  3, 12,  9  TXriainivrjg 

sicherer  Erkenntnis.    Nicht  besser  steht  es  mit  zu  schreiben.     [Höfer.] 

der  Annahme,  daß   die  Urform  des  Theseus-  Theskelos  {&ia>isXog)j  Genosse  des  Phineus, 

mythos,   gleich    dem   minyisch-äolischen   Po-  20  im  Kampfe  mit  Perseus  durch   das  Medusen- 

seidonkultus  (o.  Bd.  3  Sp.  2834),  in  Thessalien  haupt  versteinert,   Ov.  Met.  6, 182.   Lact.  Plac. 

entstanden  sei  (76),  denn  das  ist  eine  Frage,  zu  Ov.  a.  a.  0.  (p.  654,10  ed.  Magnus  [Berlin 

die   nicht  ohne   Entscheidung  über  die  Aus-  1914]).    An  einer  anderen  Stelle  (p.  654,  2)  hat 

bildung  der  spezifisch  ionischen  Stammesgenos-  Lact.  Plac.  statt  Thescelus:  Thessalus.     |  Höfer.] 

senschaft  und  ihren  allerursprünglichsten  Sitz  Theskera  (©fffx^pa),   eine   der  Ammen    des 

gelöst  werden  kann.  Dionysos.    Theognost.  bei  Cram.  Anecd.  Oxon. 

85.    Zweifelhaft   bleibt   endlich    auch    die  2,  106,  31.     [Höfer.] 

Deutung  des  Namens  Griasvg.    Helladios,  bei  Thesniia  (Gsafiicc),  Beiname  der  Demeter,  nn- 

Phot.  bibl.  219   S.  533a  21   Bekker,   führt  drei  ter  welchem  sie  15  Stadien  nordöstlich  von  Phe- 

verschiedene  Ableitungen  an:  1.  von  Q^-qg  Lohn-  30  neos  in  Arkadien  ein  Heiligtum,  eine  Stiftung 

arbeiter,  2.  von  ^ffvai  im  Sinne  von  „mit  den  des  Triaules  und  des  Damithales,  besaß.  Paus. 

Händen  arbeiten",  so  daß   Th.   als  dpacrrtxcö-  8,16,4.  Immerwahr,  Kulte  u.  Mythen  Arkadiens 

xatog  ijQcag  bezeichnet  würde,   3.  hält  er  Ein-  97 ff.  The8mia  =  Thesmophoros  (s.  d.);  vgl.  PreZ- 

tritt  des  S  für  ursprüngliches  T  für  möglich,  ler,  Demeter  u.  Persephone  334, 1.       [Höfer.] 

ohne  jedoch  eine  weitere  Vermutung  auszu-  Thesmodoteira    {@8Cfiod6reiQa),    zusammen 

sprechen.     Im  Altertum  dachte  man  sonst  an  mit  niang  und  Ji-nri  als  Göttin  angerufen;  sie 

einen  Zusammenhang  mit  d^iaig  in  Rücksicht  führt  das  Beiwort  Sc^vfiav.  Orph.  hymn.  prooim. 

auf  das  Niederlegen   der   Erkennungszeichen  25.     [Höfer.] 

unter  dem  Felsen  oder  gar  mit  d-aßig  im  Sinne  Thesmophoros    {@E6(io(p6Qog).     1)    Beiname 

von  Adoption  wegen   der  Anerkennung  durch  40  der    Demeter.      Neuere    Literatur    darüber: 

Aigeus  {Plut.  Th.  4);  meist  aber  wurde  Th.  als  Preller,  Demeter  und  Persephone.  Hamb.  1837, 

„Gründer,  Stifter"   (von   riO-tVat,  ^rjGco   Schol.  S.  335  ff.    Welcker,   Griech.  Götterl.  Gott.  1860, 

Aeschin.  3,  13.    Et.  Magn.  s.  v.  Bekker  anecd.  II,  S. 495 ff.  Preller- Robert,  Gr.  Mythol.V.  Berl. 
847,29)  aufgefaßt,  wie  dies  auch  noch  Stephani'     1894,  S.  777  ff.    Bloch  oben  Bd.  2,  Sp.  1328  ff. 

{Th.  u.  Min.  S.  15)  und  andere  tun  (Baunack,  A.  Mommsen,  Feste  der  Stadt  Athen^.   Leipzig 

Studien  1   S.  291.    R.  Hirzel,  Themis,  Dike  u.  1898.  S.  308 ff.  bes.  316,  8.   M.  Nilsson,  Griech. 

Verw.  S.  333;    bekämpft    von    W.  Kroll    bei  Fes^e.  Leipzig  1906,  S.  313  ff.  bes.  323  ff.  A.  4  ff. 

Ilberg-Gerth,  N.  J.  11,  1908  S.  581).  0.  Gruppe,  Griech.  Mythol.  u.  Religionsgesch.  II. 

Abzulehnen  ist  ferner  die  Vermutung  von  München  1906,  S.  1175f 

JE.  Maaß   {De  Lenaeo  et  Delphinio,  Greifsw.  50        Der  Beiname  hängt  natürlich  eng  zusammen 

prooem.  1891   S.  16),   der  Th.  als  Kurzform  zu  mit  dem  Namen  des  verbreitetsten  und  ältesten 

SriGi^evrig  (s.  d.)  betrachtet,  da  dieser  Name  aller  griechischen  Feste,   der   ©saiiocpoQLa, 

sonst  nicht  bezeugt  ist  und  bei  Hygin.  f.  71  das  wir  fast  überall,  d.  h.  bei  fast  allen  grie- 

nur  auf  falscher  Lesart  statt  Tlesimenes  beruht.  chischen  Stämmen,  nachweisen  können.    Siehe 

0.  Wulff,  a.  a.  0.  S.  170,  hat  im  Anschluß  außer  oben  Bd.  2,  Sp.  1329  die  Übersichten  bei 
an  die  oben  unter  2  angeführte  Ableitung  und  Preller  a.  a.  0.  S.  337  f,  Preller-Robert  1,  777  ff. 
im  Gegensatz  zu  Pittheus,  den  er  „Rater"  über-  Welcker  2,  507  ff.  Gruppe  S.  1175,  5.  Nilsson 
setzt,  den  Namen  Theseus  als  „Täter"  zu  er-  S.  313f;  vgl.  auch  den  Monat  QsGiiocpÖQiog  zu 
klären  versucht,  während  Gruppe,  Gr.  Myth.  Latus  (Kreta)  und  auf  Rhodos  (Preller  S.  337). 
S.  584  ihn  als  Kurznamen  für  Griencnog  (Diog.  60  —  Das  Fest  war  ursprünglich  überall  an 
Laert.  5,  2,  14,  57)  auffaßt.  Mit  Bezugnahme  die  Aussaat  des  Wintergetreides  geknüpft; 
auf  Hippothoon,  den  Sohn  der  Alope,  deutet  über  die  wenigen,  die  ursprüngliche  Regel  be- 
er ihn  als  „der  von  einer  Stute  Gesäugte",  ob-  stätigenden  Ausnahmen  s.  Pfeiler  a.  a.  0.  S.  337 
wohl  bei  Th.  nichts  der  Art  überliefert  ist.  und  Nilsson  a.  a.  0.  S.  316.  —  Am  besten  sind 

Wenn  also  der  Name  Theseus  unübersetz-  wir  natürlich  über  die  Feier  zu  Athen  unter- 
bar bleibt,  so  teilt  er  dieses  Schicksal  mit  den  richtet;  vgl.  darüber  Preller  a.  a,  0.  S.  339  ff. 
Namen  der  Hauptgottheiten  Griechenlands,  die  Welcker  a.  a.  0. 601  ff.  Bloch  ob.  Bd.  2,  Sp.  1331  f. 
deshalb  neuerdings  als  vorgriechisch-pelasgisch,  Preller-Robert  1,  778f    A.  Mommsen   a.a.O. 


761                   Thesmophoros  Thesmophoros                    762 

S.  308 ff.  Stengel,  Die  griech.  Kultusaltenümer*  {Didymos'i)  geschöpfte  Notiz  bei  Clem.  Alex- 
S  203 f.  Hier  wurden  die  Thesmophorien  in  protr.  2,  17  p.  14  Pott.  {Rohcle  a.  a.  0.  S.  360.) 
den  Tagen  vom  9.  bis  zum  13.  Pyanopsion  ge-  Am  letzten  Tage  des  Festes,  dem  13.,  der  KccX. 
feiert  (Schol  Arist.  Thesm.  80),  und  zwar  aus-  UyivHu  hieß  (Älciphr.  3,  39.  Schol.  Ar.  Thesm. 
schließlich  von  unbescholtenen  liiirgersfrauen  HO),  wurden  laszive  Tänze  und  Spiele  aufge- 
(Arist.  Thesm.  330) ,  nachdem  sie  sich  durch  führt  (PoW.  4, 100.  Sm't/.  s.  v.  ;^a;ixtd(xüv  dt'wy^a) 
neuntägige  Enthaltung  vom  ehelichen  Umgang  und  geschmaust  (Isae.  3,  80  u.  8, 19).  —  Fragen 
vorbereitet  hatten  (Oo.  Met.  10,  434.  IHin.  n.  h.  wir  jetzt  nach  der  Bedeutung  des  Namen» 
24,  59).  An  dem  ersten  Zxrivia.  genannten  Tage  ^iß^LocpÖQog.,  so  stehen  sich  zur  Zeit  zwei  ver- 
(Schol.  Arist.  Thesm.  834)  begaben  sich  die  lo  schiedene  Erklärungen  gegenüber.  Nach  iV^t7,s5on 
Frauen  nach  dem  Demos  Halimus,  wo  am  10.  a.  a.  0.  S.  324  zeigt  die  sprachliche  Analogie 
eine  mit  allerlei  ausgelassenen  Scherzen  und  der  ähnlichen  Festnamen  wie' E()(7rjqpdpta, 'O<y;to- 
Neckereien  gewürzte  Mysterien feier  {Flut.  Sol.  qpdpta,  'AQQr^xotpdQia,  fPaXXocpÖQia  usw.  deutlich, 
8.  Clem.  Alex.  Protr.  29  F.:  ^vöTijgicc)  sta,itfand.  daß  die  d'sGfiol  etwas  bei  dem  Feste  Getra- 
Am  11.  kehrten  die  Frauen  nach  Athen  zurück  genes  sind.  Der  Lukianscholiast  sagt  geradezu, 
(Schol.  Arist.  Thesm.  80)  und  stiegen  zum  hoch-  daß  die  Thesmophoriftn  auch  ScggTitixpogia  ge- 
gelegenen Thesmophorion*)  empor  {Hesych.  nannt  wurden,  also  müssen  die  aogrira  in  den 
avoöog).  Der  12.  war  ein  Fasttag  {vriörsicc:  ^liyaga  der  Demeter,  d.  i.  die  mit  Grips  (cxipa) 
Schol,  Arist.  Tliesm.^Ovi. 31^.  Aristoph.Av.  Ihm.  vermischten  Ferkelreste  {A.  Mommsen,  Feste 
Flut.  Is.  u.  Os.  69).  Jetzt  wurde  wohl  das  merk-  20  S.  314),  die  von  den  &vrX'qTQLat  heraufgeholt  und 
würdige  Sühnopfer  dargebracht,  das  uns  das  mit  dem  Saatkorn  zusammen  als  Fruchtbar- 
von  Bohde  {Kl.  Sehr.  2,  S.  356  f.)  entdeckte,  keitszauber  ausgestreut  wurden,  die  d-sa^oL 
wohl  auf  Didymos  beruhende  Scholion  zu  Lu-  sein  {\g\.  Frazer,  Encycl.  Brit.^  23^'2^J6).  Gegen 
kian  Dial.  m er.  2, 14r  kennen  lehrt,  wo  es  heißt:  diese  sonst  recht  plausible  Erklärung  scheint 
&86^o(poQia  [sie!]  ^oQxr]  'EXXt]v(ov  ^vatt]Qia  allerdings  der  Umstand  zu  sprechen,  daß  bis- 
TtfQiixovöcc,  rä  Sh  avrcc  xal  axLQQocpOQLcc  xccXalrcci..  her  dsG^iog  in  dieser  Bedeutung  noch  nicht 
ijysto  Ö8  xccrä  rbv  iivd-(oöt6TSQov  Xoyov,  ort,  nachgewiesen  worden  ist.*)  —  Viel  älter  und 
<^orsy  ccvd'oXoyovöci  rjQTtd^sro  r]  Kogri  "^^o  rov  verbreiteter  dagegen  ist  eine  andere  Deutung, 
nXovravog.,  tote  -kcct'  innvov  rov  ronov  Evßov-  wonach  d-t6y,6g  hier,  wie  auch  sonst,  soviel 
Xsvg  {s.d.)  Tig  övßoarrig  ^v£j.Lsv  vg  Kai  övynatSTfö-  SO  wie  vo^og  im  sakralen  Sinne,  also  &86^ocp6- 
^7]6civ  rw  jjaöfiart  t^  Kogrj.  sig  ovv  tl^tjv  rov  gog  die  Gesetzgeberin  {legifera)  ist.  Für  diese 
EvßovXeag  gL7[:(^Tyet6^ai  rovg  xoigovg  dg  xa  Auffassung  sprechen  verschiedene  Umstände: 
%a.G^(xxa  [=  \iiycig<x\  xf\g  ^rj^rixgog  ycccl  xfjg  Ko-  1.  daß  statt  ^ea^iocpogog  als  Beiname  Demeter» 
^rjg.  xcc  dh<^iir}'^'}  caTt^vxa  xüv  i^ißXrid'^vxcov  slg  auch  Q-eciiod-exig  und  Qsaiioöoxstgcc  {Orph.  hy, 
xä  iiiyccga  yiccxuvarpigovGLv  avxXijrgLca  ytccXov-  1,  25),  sowie  ©föfim  (zu  Pheneos:  Paws.  8,  25,  4) 
lisvccL  ywatneg  -nad-ccgsvaacaL  xgiwv  ijiLsgav  ccl  vorkommt;  vgl.  Cornut.de  nat.deor.  p.  169  Os.-. 
yLccxcißccivovGLv  Big  xu  advxcc  [=  ^iyaga]  xal  ägxrjybv  'Asyov  vo^icav  xat  d'EGiicbv  X7]v  Ar\- 
ccvsvsyyiaöai  ircLxi^saaLV  i-Jtl  xcbv  ßafi&v.  atv  ^rixgav .  .  .  .ivxsvQ'Ev  xat  d'sa^od'sxLV  avxj]v 
voiii^ovöL  xov  Xa^ißdvovxcc  yial  xm  önögrp  Gvyyia-  TtgoßriyogsvGav.,  olov  vo^tod'BXLV  ov6av,  ovk 
raßdXXovxcc  Bvcpogiav  e^SL^vy.  XiyovGi  da  y.al  40  ogO'aig  xivcav  d'sG^ov  vnoXcxßovxcov  slgfjod'ca  xov 
ögdxovxixg  y.dx(o  slvcct  nagl  xcc  xda^ccxa^  ovg  xcc  '/.ccgnbv  anb  rov  avxbv  ciTtoxldsad-ca  yiccl  -ö-rj- 
"KoXXa  xcbv  ßXri^EvxcDv  'naxsGd-isiv.  dib  xat  xgo-  Gavgi^E6%-ai.  —  2.  So  entspricht  die  Demeter 
xov  yivsad-ocL  oxccv  dvxl(b6Lv  ccl  yvvcclyiEg.,  xai  %^B6^ocp6gog  genau  der  durchaus  auf  griechi- 
oxav  ccTtoxi^oivxcci  TtdXiv  xä  nXdc^axa  iv.Elvcc  scher  Vorstellung  beruhenden  Ceres  legifera 
Iva  dvaxo^griöoiGLv  ol  dgdxovxsg.,  ovg  voui^<^ovy6L  der  Römer  (s.  ob.  Bd.  1,  Sp.  864.  Preller- Robert 
cpgovgovg  xäv  ddvxav.  xcc  öh  avxcc  yial  dggr]-  1,  S.  782,4.  Gruppe  1176,4).*)  Vgl.  über  die 
xocpogia  xaXEtxai,  xal  dysxai,  xbv  avxbv  Xöyov  leges  Cereris  die  von  Freller  a.  a.  0.  S.  352,56 
^Xovxa  ^Egl  xfig  xmv  xagnav  ysviöscog  v.ai  xi]g  und  353,  3*8  gesammelten  Stellen,  besonders 
r&v  dvd-goiTtcov  67iog&g.  dvacpsgovxai  ds  yidv-  Flut.  Conjug.  praec.  1:  Msxd  xbv  ndxgiov 
tavd^a  dg grjxa  Isgd  ix  6xsaxog  xov  aixov  Tiax-  60  &sa^6v .,  bv  v^itv  17  xfjg  JrJnr]xgog  Ugsia 
BüxEvac^Eva  fitjxrj^atra  dgaxovxav  xal  dvSgcöv  6vvsigyvv{iivoLg  i(pi]g^oosv.  Denn  was  lag  näher, 
Gxri^dxcov.  XaiißdvovGL  dh  xmvov  Q-aXXovg  dicc  als  Demeter,  die  Stifterin  des  Ackerbaus,  mit 
t6  TtoXvyovov  xov  cpvxov.  i^ßdXXovxai  dh  xal  sig  allen  seinen  göttlichen  und  wirtschaftlichen 
tä  iisyaga  ovxag  xaXov^sva  ddvxa  ixelvd  xs  Segnungen  auch  für  die  Urheberin  aller  Satzun- 
xal  xotgo<^Ly,  mg  ijdr]  ^cpa^sv,  xal  avxol  did  xb  gen  zu  lialten,  welche  das  menschliche,  beson- 
noXvxoxov,  slg  övvd'rnia  rf/?  ysväaecog  xal  xcöv  ders  aber  das  weibliche  und  eheliche  Leben 
Scv&gmTiGJv,  ag  x<>^Qi'(>'^'nQicc  xf}  zlrj^rixgi,  iTtsidr]  betrafen  (vgl.  Welcker  a.  a.  0.  2,  S.  496,  der 
xbv  dr]ji7]xgL0v  xagnbv  nagixovaa  inoiriGsv  i]pi8-  ebenso  wie  Gruppe  [S.  1176]  sogar  den  ^EG^bg 
Qov  xb  xav  dvd'göiTiav  yivog.  b  [iev  ovv  dvco  XixxgoLO  TcaXaiov  [Od.  W  296]  auf  die  uralten 
x^g  Eogxfjg  Xoyog  6  ^ivd-ixog-  6  öh  TtgoxEiiLEvog  60  Satzungen  der  Demeter  beziehen  möchte.  Vgl. 
cpvGixög'   d'EG^ocpogla  xaXslxai  xad'oxi   &£6^o- 

(fdgog  7]  JriH'^xrjg  xaxovo^d^ExaL,  Xid-Stöa  v6-  *)  Wenn  misson  a.  a.  O    S.  323  gegen  die  Deutung  der 

^LOV    ijxOL    ^86 liov,    xad''    ovg  xrjV    XgO(pi]V   710-  Demeter  -dsajuocpöoog  =  legifera   geltend  macht,  daß  ^fo- 

gi^EüO-ai  xe  xal  xaxsgyd^EG^ai  ccvd-göiTtovg  diov.  ^"^''^  (p((jtiv  (im  Sinne  von  voiuo&steiv,  r6,uov  tt-d^fvat. 

Vgl.    dazu    auch    die    aus    der    gleichen    Quelle  /?«'/'"'')  'l^ein  Griechisch   sei',   so  zeigen  wenigstens  die 

°  Synonyma   &Baiuo&ftiz,  -^sa/LioöorBiQa,  &€ajina  (=  Deme- 
ter)  nnd  die   lateinische  Übersetzung  Ceres  legifera   (s.  o.) 

*)  Über  seine  Lage  s.  Preller- Robert  1,  778  A.  2.    Cur-  deutlich,  daß   die  Alten   selbst  an  die  Möglichkeit  jener 

Hut,  Stadt  Athen  29.  Bedeutung  gedacht  haben. 


763                        Thesmos  Thespiadgs                      764 

auch  PreVer  a.  a.  0.  S.  352,  66  f.  u.  353,68.  iiavrsioisth  ^sani^Hv.  Yg\.  Maaß,  Arch.  Jahrb. 
Preller-Bobert*  1,  S.  782,  4).  —  Ob  man  freilich  21  (1906),  104.  Auch  KoHnna  scheint  von  der 
so  weit  gehen  darf,  an  den  Thesmophorien  die  Asopostochter  Thespia  und  ihrem  Raube  durch 
ümtragung  geschriebener  ^BOfioL  anzuneh»  Apollon  erzählt  zu  haben,  v.  Wilamowitz,  Berl. 
men  ißchol.  Theoer.  4,26;  vgl.  Preller  a.  a.  0.  Klassikertexte  6,  2,  31  (Vers  28),  60.  [Höfer.] 
S.  861  A.  66)  und  eine  SchriftroUe,  die  Demeter  Thespiadal  (0tö«mdai),  Bezeichnung  der 
(Ceres)  in  einigen  Bildwerken  hält  {Bröndsted,  Enkel  des  Thespios  (s.  d.),  der  Söhne  der  fts- 
Beisen  2,  S.  240,  9.  Welcher  a.  a.  0.  2,  S.  496,  3)  aniäösg,  Diod.  4,  29.  6, 16.  {Arist,)  Mir.  ausc. 
darauf  zu  beziehen,  ist  etwas  zweifelhaft.  100  (104).  Eust.  und  Schol.  Dionys  Per.  468 
2)  Beiname  der  Köre  oder  Persephone;  vgl.  lo  (Geogr.  Gr.  min  2,  304.  449).  Hygin.  f.  162 
Aristoph.  Thesm.  296 f.:  »^xtc^i  xatv  Bsö^iocpo-  (Thespiades).  Vgl.  den  Art.  Thestiadai  a.  E. 
potv,  d.  i.  Demeter  und  Persephone,  und  Pind.  [Höfer.] 
fr^m.  hymn.  8  dg  nBQas<p6v7iv  :  IIOTvia  ö-eöjLio-  Thespiadös  (6)fö7tta<Jrjs),  1)  Nach  Steph.  Byz. 
(fogs.  8.  v.  Siansia  =  Eust.  ad  Hom.  II.  266,  G  ist 
8)  Beiname  des  Dionysos:  Orph.  hymn.  Thespiai  Wvia^oc  ©BOTtidSov,  xara  d^  rivag 
42, 1 :  SsafiotpoQov  nccXi»  vagd-rinotpögov  Ji6vv-  Osoxiov*  Derselbe  Name  kehrt,  wie  es  scheint, 
cov  X.  T.  X.  rRoscher.l  im  Schol  Theokr.  13,  9  (p.  259, 17  ed.  Wendel) 
4)  Nach  aem  Schol.  Luc.  Tim.  17  (p.  112,  6  wieder:  nuiSev^tivai  xov  'HgccxUa . . .  tiveg  . . . 
Babe)  würde  auch  Hisstia  den  Beinamen  Thes-  -öjri  Xslgcovog  xal  Oeamddov  {Gsartccdog  cod. 
mophoros  führen:  tfj  Gs6no(p6Q(p  :  r$  'EgtIoc  ao  Ambras.  886,  ©eöTiddovg  Apogr.  Barb.,  ©sati- 
inccQ^BVBvovto  yuQ  cd  iignat.  ai)ri^g  navxaxo^.  ddov  Hemsterhuys)  [cpaalv].  Klügmann,  Arch. 
Nun  würde  an  und  für  sich  die  Epiklesis  Zeitschr.  34  (1876),  199  wußte  mit  dem  Thestia- 
Ssc^o(f)6Qog  in  der  vulgären  Bedeutung  (=  rt-  den  als  Erzieher  des  Herakles  nichts  anzu- 
9it6a,  voyMvg  r)toi  9sa[Lovg.,  Schol.  Luc.  Dial.  fangen.  Auf  dem  richtigen  Wege  war  Wendel, 
meretr.  2, 1  p.  276,  26  f)  für  Hestia  durchaus  am  der  ©saniov  schreibt,  aber  die  näher  liegende 
Platze  sein.  Aber  abgesehen  davon,  daß  die  und  durch  obige  Zeugnisse  verbürgte  Form 
angeführte  Stelle  der  einzige  Beleg  für  das  Geaniddov  hätte  einsetzen  sollen.  Eine  m.  W. 
Hestia- Epitheton  Thesmophoros  wäre,  scheint  noch  nicht  herangezogene  Stelle  bei  Suidas  b. 
sich  aus  Schol.  Luc.  Dial.  meretr.  7,  4  p.  279,  v.  drjl^'tfSTat  (p.  1239,4  Bernh.):  xal  irjXriaig  rj 
21  ff.  {rfjg  Ssapio(p6QOV  at  iigsLai  inagd'EvsvovTo  so  ßXdßr].  ^ArjGTalinsXd^dvTccginldriXi^asLtoovßocäp 
diu  ßlov  'A9"^vriaiv,  mg  xal  iv  'Pmiij]  al  ti)g  ©sanidSov^  gibt,  verglichen  mit  Apollod.  2,  66, 
^EoTiag)  zu  ergeben,  daß  eine  Verwechslung  wo  erzählt  wird,  daß  der  achtzehnjährige  He- 
der Hestia  mit  Demeter  vorliegt,  veranlaßt  rakles  den  Kithaironischen  Löwen,  der  ^(pd-figa 
durch  die  Betonung  der  Jungfräulichkeit  der  ßoccg  . . .  ©senlov,  getötet  habe,  den  Beweis,  daß 
Priesterinnen  beider  Göttinnen.  Übrigens  scheint  Thespios  und  Thespiades  identisch  sind,  wenn- 
der  Ausdruck  ^ inagO'svsvovto  diu  ßiov''  doch  gleich  bei  Apollodor  von  dem  Löwen,  bei  Sui- 
eine  längere  Enthaltsamkeit  der  Priesterin  der  das  von  Räubern,  die  die  Herden  des  Th.  heim- 
Demeter  Th.  vorauszusetzen,  als  Mommsen  a.  suchten,  die  Rede  ist.  Ist  aber  Herakles  bei 
a.  0.  317,  5  (vgl.  Preller,  Demeter  u.  Persephone  Thespiades  =  Thespios  aufgezogen  worden,  so 
343.  Petersen,  Mythol.  258)  annimmt:  'Die  Jung-  40  ergibt  sich  natürlich  und  ungezwungen  daraus 
fräulichkeit der  The smophor OS- Priesterin  .. .  die  Motivierung  für  seinen  Verkehr  mit  den 
kam  ohne  Zweifel  auf  Enthaltung  während  der  Töchtern  des  Thespios :  wir  haben  diese  Er- 
Amtsdauer  hinaus;  eine  Ehefrau  oder  Witwe,  Zählung  wohl  als  eine  Parallele  zu  dem  My- 
die  z.  B.  mit  60^  Jahren  Priesterin  wurde  und  thos  von  dem  Aufenthalte  des  Achilleus  bei 
bis  zum  70.  am  Leben  und  im  Amte  blieb,  den  Töchtern  des  Lykomedes  auf  Skyros  zu 
hatte  sich  die  beiden  letzten  Dezennien  hin-  betrachten.  —  2)  Bezeichnung  a)  des  Argos, 
durch  so  zu  führen,  wie  eine  Ttag&evog^  das  des  Erbauers  der  Argo,  Val.  Flacc.  Argon.  1, 
genügte.'     [Höfer.]  124.  —  b)  des  Tiphys  (s.  d.),  des  Steuermannes 

Thesmos  (Öfff/Ao?).  Personifikation  des  gött-  des  Argo,  Val.  Flacc.  a.  a.  0.  2,  368.  5,  44.  Vgl. 
liehen  Gesetzes   auf  einer  Orakelinschrift  aus  50  den  Art.  Thestiadai  a.  E.     [Höfer.] 

Konia  (Ikonien)  'Egusiriv  ds  'Agyufpovxriv  Qsa-  Thespiades  {©samadsg),  1)  Bezeichnung  der 

(i6v  TS  rlovTsg,  av  vfisiv  xgsLcb  ii,ByaXoiyi,icc  (?)  in  Thespiai  (vgl.  Gruppe,  Gr.  Myth.  76,  2)  ver- 

ccydXaaza.  xsv^ccl  oxfiaal  xs  &(iq)'  "Ageoag  ixarfp-  ehrten  Musen,  Varro  de  lingua  Lat.  7,  70  (so!, 

d-sv  dsLXT^Xtp^  Heberdey-  Wilhelm,  Beisen  in  Ki-  nicht  6,  2,  wie  Maximilian  Mayer,  Athen.  Mitt. 

likien  (=  Denkschr.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wissensch.  17  [1892],  263  und  Bie,  Boschers  Myth.  Lex.  2, 

44  [1896],  VI)  161  nr.  267.     Vgl  Nomos.  3248,7  angeben,   auch  bei  Pape-Benseler  s.  v. 

[Höfer.]  Gsoniai  ist  das  Zitat  [7,  2]  irrig).   Fulgentius, 

Thesmothetis  (öeff/xo^tTig),  Bezeichnung  des  Mythol.  p.  605  St.  =  1, 11  p.  7,  5  Helm.  Thespia- 
Demeter,  Comut.  de  nat.  deor.  28.  Lobeck,  Aglao-  des  deae  heißen  sie  bei  Ov.  Met.  5,310.  Als  'The- 
IJÄaw.  198f.  not.  b.  Thesmothetis  ist  wohl  Voll- 60  spiades'  werden  Statuen  einiger  griechfscher 
form  zur  Kurzform  Thetis  (s.  d.).        [Höfer.]  Künstler  bezeichnet,  für  welche  die  Deutung 

Thesp(e)ia  {9iö7ts{L)a),  Tochter  des  Asopos,  auf  die  Musen  näher  liegt  als  auf  die  Töchter 
Eponyme  von  Thespiai,  Paus.  9,  26,  6.  Diod.  des  Thespios  (s.  d.).  Plinius,  n.  h.  36,  39  und 
4,  72  (ihre  Mutter  ist  Metope).  Nach  Schol.  Ct'cero  m  Ferr.  II,  4,  2, 4  (vgl.  auch  P/m.  34,  69; 
Arat.  223  {Comment.  in  Arat.  reliquiae  ed.  Maaß  bei  Max.  Mayer  a.  a.  0.  und  Bie  a.  a.  0.  3428, 
378,  1)  hatte  ihr  Apollon  drei  Geschenke  ver-  26 ff.  sind  beide  Zitate  aus  Plinius  falsch!)  er- 
liehen: iTCmvviiov  a'bxfig  noXiv  inl  yfjg,  iv  ov-  wähnen  ^Thespiades  .. .  ad  sedem  Felicitatis^. 
guvSi   xi]v   TLagO'ivov   (das    Sternbild)   iv  xolg  Man  hat,  ohne  genügenden  Grund,  diese  The- 


765                     Thespiadös  Thespiad^s                     766 

8piade8  für  ein  Werk   des  Praxiteles  erklärt;  attrilmtloscn,  teils  musizierenden  oder  lesenden 

so  z.  B.  II.  Brunn,  Gesch.  der  griech.  Künstler  Cic'wandKjifuren,    stehende    wie    sitzende    oder 

1,341  (240*).    M.  Mayer  a.  a.  0.  261  fiF.    Bie  a.  selbst  in  leichter  Tanzbewej^ung,  den  Eindruck 

a.  0.  3428 f.;  s.  daj^egen  die  Ausführungen  von  des  Genrehaften  erwecken,  in  römischen  Kreisen 

Klein,  Praxiteles  227.    Ferner  gab  es  ^Thespia-  ganz  gewiß,  wo  man  sie  vielleicht  gar  hie  und 

des'  des  Kleomenes,  Plin.  36,33.    Mayer  262.  da  mit  den  Thestiaden  verwechselte  (Hercules 

Brunn  1,545  (381*)   und  wohl   auch  trotz  des  Musarura,  Reliefs  usw.,  vgl.  Ath.  Mitt.  u.  oben 

sich  auf  die  handschriftliche  Überlieferung  bei  Bd.  2,2,  Sp.  3264).    Ks   macht   keinen  Unter- 

Plin.  34,66    stützenden    Zweifels    von    Brunn  schied,  von  wessen  Hand  die  Mantinea-Reliefs 

1,409  (286'f.;   'Thespiades'   des    Euthykrates,  lo  stammen,  die  jetzt  dem  jüngeren  Praxiteles  zu- 

Klein  a.  a.  0.  228,1.    Derselbe,  Arch.  Jahrb.  9  geschrieben  werden   {Vollyraß',   Bull,  de  corr. 

(1894),  165  f.  —   2)  Bezeichnung   der   Töchter  hell.  ld08,2SiJ',  vg\.Sieveking  u.  Buschor,  Münch. 

des  Thespios  (s,  d.),  I)iod.  4,29.   Sen.  Hera.  Oet.  Jahrb.  1912,  2,  125),  zumal  sich  die  Tanagraie- 

369;  \g\.  Suid.  (9f ffrtadaj  (so  1  p.  1173,7  JBerw/i.).  rinnen  noch  immer  nicht  datieren  lassen.   Zur 

—  3)  Vgl.  Thestiadai  a.  E.     [Höfer.J  Zeit  des  großen  Praxiteles  jedenfalls  hatte  diese 

Individualisierung  noch   kaum  begonnen;   das 

Bie  Thespiaden  in  der  Kunst.  Chigi-Relief  scheint  ja  die  Musenverhältnisse 

A.  Es  tritt  hier  der  eigentümliche  Fall  ein,  des  4.  Jahrh.  für  Attika  noch  einigermaßen  ge- 

daß  die   mythologische   und   dichterische  Be-  treu  widerzuspiegeln. 

Zeichnung  nicht  der  Kunst  vorangeht,  sondern  20        Benndorf,  de  epigr.  anthol.  67,  welcher  die 

—  sowie  uns  die  Nachrichten  vorliegen  —  Bezeichnung  Th.  für  Musen  nicht  kannte,  so- 
eigentlich  der  Vorgang  sich  umgekehrt  gestal-  gar  leugnete,  dachte  an  rasende  Bakchantin- 
tete.  Als  Farro  und  Ovid  M.  6,310  (der  Ath.  M.  nen*).  Wenn  diese  dann  noch  ihre  Übungen 
1892,  263  zitierte  Kommentator  ist  Harduin,  in  unbekleidetem  Zustande  ausführen  sollen 
nicht  Varro)  die  Thespiaden  als  die  Musen  von  {L.  Urlichs,  Griech.  Statuen  im  Bep.  Born  14, 
Thespiai  erklärten,  waren  solche  Gruppen,  eine  Würzburg  1880,  13.  M'agner-Progr.),  so  ist  das 
mindestens,  bereits  als  Beute  nach  Rom  ge-  mehr,  als  einer  römischen  Tempelfa^ade,  selbst 
langt  und  dort,  z.  T.  gewiß  auch  durch  Nach-  der  Felicitas  (s.  unten),  zugemutet  werden  kann, 
bildungen,  populär  geworden.  Speziell  die  eine  wenn  man  nicht  geradezu  an  jenes  pompejani- 
aus  Thespiai,  die  durch  Mummius  entführte,  30  sehe  Vergnügungslokal  mit  der  Aufschrift  'hie 
so  zu  benennen,  bedurfte  es  für  die  römische  habitat  Felicitas^  erinnert  werden  soll.  Mitbe- 
Kunstwelt  kaum  des  dortigen  Musenkultus  oder  stimmend  war  für  solche  Auffassung  offenbar 
literarischer  Vermittelung;  zu  den  profanae  eine  Bemerkung  0.  Jahns  (an  der  unten  zitier- 
rechnet sie  Cicero  (unten).  Zunächst  ist  also  ten  Stelle),  als  ob  die  Verliebtheit  eines  Rö- 
jedenfalls  an  Musen  zu  denken,  obwohl  Brunn,  mers  einer  jener  Statuen  gegenüber  nicht  auch 
Jahn  und  die  meisten  späteren  Archäologen  eine  harmlosere  Deutung  gestattete  und  nicht 
sich  diese  von  philologischer  Seite  {Harduin  auch  einer  bekleideten  Schönen  gelten  konnte 
zu  Plin.)  gegebene  Erklärung  entgehen  ließen.  (vgl.  Athen.  Mitt.  Söl,  2).  Die  Preise,  welche  für 
Einmal  eingeführt  wurde  die  Bezeichnung,  wie  die  Tanagraier  Terrakotten  gezahlt  werden, 
wir  bei  Plinius  sehen ,  auch  auf  die  in  Rom  40  gelten  auch  nicht  dem  deshabille.  —  Nach  Ana- 
befindliche, vielleicht  dort  entstandene  Gruppe  logie  von  Th.  hat  man  in  Rom  den  Namen 
des  Kleomenes,  eines  hellenistischen  oder  hell.-  Appiades  (oben  Bd.  1,  1,  Sp.  468)  gebildet,  na- 
römischen  Künstlers  (vgl.  die  übrigen  Werke  türlich  ohne  daß  jene  darum  Nymphen  zu  sein 
in   derselben  Sammlung  Plin.  36,33)   übertra-  brauchten. 

gen,  aber  auch  —  bei  Plinius  wenigstens  —  B.  Die  Überlieferung  von  derjenigen  Th.- 
auf  die  des  Euthykrates  unbekannten  Ortes.  Gruppe  in  Rom,  die  ich  dem  Praxiteles  zu- 
Das  konnte  am  ehesten  in  Rom  selbst  ge-  schreibe,  wird  in  den  obigen  Bemerkungen 
schehen,  sei  es  durch  Verse  oder  Künstler  und  Höfers  nur  gestreift,  bedarf  aber  heute  drin- 
Kunstliebhaber,  bzw.  Kunstschriftsteller.  Aber  gend  erneuter  Klärung.  ^Musen  des  Praxiteles' 
daß  in  diesen  etwas  geziert  klingenden  Ausdruck  50  gibt  es  in  der  Tat  erst  seit  jenem  Aufsatz  in 
doch  noch  etwas  anderes  hereinspielt,  haben  den  Ath.  Mitt.  1892,  woran  sich  die  ausgiebige 
die  Reliefs  von  Mantinea  (Bd.  2,  2,  Sp.  3251)  Literatur  mit  und  ohne  Quellenangabe,  am 
gelehrt  —  wo,  gerade  wie  auf  den  Vasenbil-  übersichtlichsten  bei  Svoronos,  Das  Athen.  Ka- 
dern^ die  einzelnen  Musen  zum  Teil  attributlos  tionalmuseum ,  Text  I  p.  180,  anschließt.  Der 
sind  — ,  in  Verbindung  mit  ihren  allernächsten  Beifall,  den  Mayers  ^sorgfältige  Arbeit'  und 
Verwandten,  den  tanagraiischen  Terrakotten,  Hretfen des  Urteil'  {Klein,  Jahrb.  d. ^Arch.  Inst. 
auf  deren  frappierende  Art-  und  Stilverwandt-  1894,  9,  165)  fand,  z.  T.  sogar  mit  Übernahme 
Schaft  nach  dem  Unterzeichneten  am  nach-  der  Druckfehler,  hat  seither  merklich  nach- 
drücklichsten Furtwängler  {Meisterwerke  682)  gelassen.  Es  ist  aber  nicht  bloß  von  archäo- 
hingewiesen  (übrigens  mit  ungenauem  Zitat,  60  logischem  Interesse,  die  'haltlose  Konjektur' 
da  in  Bädekers  Griechenland,  2.  Aufl.,  die  Man-  {Heibig,  Führer^  1  p.  172)  nachzuprüfen.  Cic. 
tinea-Reliefs  noch  kaum  bekannt  sein  konnten  Verr.  II  4,  2, 4 :  Mummius,  cum  Thespiadas,  quae 
und  die  3.  erst  1894  erschien);  vgl.  Bevue  arch.  ad  aedem  Felicitatis  sunt,  ceteraque  profana  ex 
1893  (21),  72  {S.  Beinach).  Als  man  gewohnt  war,  illo  oppido  signa  tolleret  etc.  Vgl.  II  4,  57, 126. 
die  einzelnen  Musen  bestimmter  individualisiert  Die  von  Plin.  36,  39  mit  gleichen  Namen  er- 
zu  sehen,  eine  Charakteristik,  die  aber  noch  in 

frühhellenistischer    Zeit    nicht     zum    Abschluß  *)  ^j^    deren    auch  Praxiteles  gemacht  {PUn.  36,  23, 

gekommen  war,    mußten   jene    graziösen,    teils  abersehen  Athen.  Mitt.  262,  worauf  hier  nichts  ankommt). 


767                    Thespiadgs  Thespiadgs                     768 

"w&hnte  Grnppe  stand  dort  bis  zum  Brande  des  der  Autor  84,  69  dem  Praxiteles  und  seinen 
Tempels  unter  Claudius;  das  gleiche  berichtet  Werken  anweist,  zwischen  zwei  für  sich  be- 
Plin.  84»  69,  beidemal  mit  dem  Ausdruck  fuere,  stehenden  Künstlerreihen,  und  für  die  man  ra- 
▼on  gewissen  Praxitelischen  Figuren,  signa  (un-  tionelle  Erklärungen  vergeblich  gesucht  hat, 
ten).  Der  Identifikation  beider  Werke  durch  ergab  sich  höchst  wahrscheinlich  aus  gewissen 
^rMtin  widersprach  0.  Jahn,  Hhein.  Mus.  1864,  Schwierigkeiten,  die  ihm  seine  Exzerpte  hier 
818 A.,  weil  Buch  84  von  den  Marmorwerken,  bereiteten,  ungelösten  Widersprüchen,  denen 
86  von  den  Bronzen  handele;  —  wiewohl  auch  er  aus  dem  Weg  zu  gehen  trachtete.  Und  an 
Ärwnn  dies  schon  genügend  erwogen  hatte.  Auf  einer  ebenso  brüchigen  Stelle,  ja  einer  viel 
dieses  Argument,  das  einzige  nennenswerte  in  lo  schlimmeren,  stehen  in  B.  «6  die  Thespiaden, 
Jahns  Anmerkung,  Btützt  sich  JS.  Seilers,  Pliny*s  und  zwar  unter  Umständen,  welche  deutlich 
chapters  on  the  hist.  of  art,  p.  211,  Klein,  Prax.  erkennen  lassen,  daß  die  beiden  Partien  ihrem 
und  wer  sonst  bei  dem  Widerspruch  beharrt,  Ursprung  nach  zusammengehören.  Hier  34,  68: 
mag  er  die  erstgenannte  Gruppe  als  Musen  Abschluß  der  ersten  Reihe  der  Bronzekünstler 
anerkennen  (Seilers)  oder  nicht.  Über  die  Art  mit  Quellenangale:  artifices  qni  compositis  vo- 
der  Aufstellung  ante  oder  ad  aedem  ist  zwar  luminibus  condidere  haec,  mit  kurzem  Nachtrag 
direkt  nichts  Genaueres  überliefert.  Wenn  aber  aus  den  Perserkriegen;  dann  plötzlicher,  ge- 
gesagt wird,  um  das  GebÄude  herum  {in  the  waltsamer  Übergang:  Praxiteles  quoque{\)  mar- 
orectrirt,  ÄeWers  p.  56, 13)  sei  eine  ganze  Anzahl  more  etc.,  ein  Satz,  der  ursprünglich  seine 
PraxitelischerWerke  vereinigt  gewesen*),  so  gibt  20  Stelle  anderswo  gehabt  haben  muß  (vgl.  Oeh- 
uns  dazu  weder  der  Plinius-Te^i  (unten)  ein  michen,  Plin.  Studien  181);  nun  folgen  die  Erz- 
Recht,  noch  entspricht  das  den  engen  Verhält-  werke  oder  als  solche  von  PI.  zusammenge- 
nissen  des  Tempelareals  (vgl.  Hülsen,  Böm.  stellte,  wahrscheinlich  in  alphabetisch  gedach- 
Mitt.  189S,  8,86.  Kiepert-Hülsen,  Formae  urhis  ter  Ordnung:  Kora,  Katagusa,  Liber  Pater*), 
B.  *1II  Dg,  »IV  Dg).  Die  bronzene  Venus,  die  Methe,  Periboetos  f^et  signa  qiiae  ante  F.  aedem 
wahrscheinlich  im  Innern  stand,  verbrannte;  fuere,  Veneremque  quae  ipsa  aedis  incendio  cre- 
die  andern  signa,  von  denen  dies  nicht  gesagt  mata  est  Claudii  principatu,  marmoreae  Uli  — 
wird  und  nicht  zu  beweisen  ist,  figurieren  als  parem],  stephanu^am,  pseliumenen,  oporam,  [ty- 
eine  Nummer  unter  den  Werken  des  Meisters  rannicidas'J ;  Sauroktonos,  Phryne  mit  literari- 
und  bildeten  eben  eine  Reihe  in  der  kleinen  30  seh em Pendant,  [awngra  mit Kalamis-Geschichte]. 
Vorhalle  oder  zwischen  den  Säulen.  Der  Bau,  Die  kritischen  Vermerke  im  Text  sind  längst 
über  dessen  Kleinheit  Augustinus  an  der  oben  bekannt:  der  Wagenlenker  und  die  Tyrannen- 
Bd.  1,  2,  Sp.  1478  zitierten  Stelle  spricht  (vgl.  mörder  sind  durch  Verwechselung  mit  halb- 
Paiily-Wissowa  R.  E.  6,  2165),  wahrscheinlich  archaischen  Künstlern,  zum  Teil  mit  dem  älte- 
ein  Podiumtempel  und  keinesfalls  mit  Posti-  ren  Praxiteles,  hereingekommen;  der  Satz  mit 
cum,  rückwärtiger  Prostasis,  ausgestattet,  den  signa  aber  wird  aus  den  verschiedensten 
konnte  bei  einer  Arealbreite  von  vielleicht  Gründen  (Bobert,  Arch.  Märchen  60.  Oehmichen 
10  m^  da  er  auch  keine  aussichtsfreien  Längs-  134.  121,  Münzer,  Herrn.  18Ü5  [30],  520)  von 
Seiten  hatte,  um  ganze  Reihen  kostbarer  Ori-  dem  ursprünglichen,  quellenmäßigen  Bestände 
ginalskulpturen  aufzunehmen,  nur  an  der  von  40  ausgeschieden ;  et  wurde  ofienbar  eingefügt,  als 
der  Straße  her  sichtbaren  Frontseite  dergleichen  Plin.  seine  römisch-museographischen  oder  pe- 
Schmuckstücke  aufweisen.  Diese  ^Figuren'  riegetischen  Notizen  verarbeitete,  die  haupt- 
waren, mit  oder  ohne  Künstlernamen,  bekannt  sächlich  im  Buch  der  Marmorworke  zur  Ver- 
genug,  um  selbst  bei  minder  flüchtiger  Schreib-  wendung  kamen;  immer  neben  den  kunstge- 
weise  Pls*  Ausdruck  zu  rechtfertigen,  der  nicht  schichtlichen  Exzerpten.  Auch  hier  (86,  39)  er- 
wohl  einem  bloßen  Bruchteile  der  dort  sieht-  leben  wir  nun,  daß  die  (oder  eine)  fragliche 
baren  Statuen  gelten  kann  und  für  eine  zweite  Gruppe  von  Frauengestalten  an  den  Schluß  zu 
Gruppe  eigentlich  kaum  Platz  läßt.  An  Brunns  stehen  kommt  (was  Klein,  Prax.  228  unkritisch 
ästhetisches  Bedenken  gegen  die  Vereinigung  für  eine  'untergeordnete  Stelle'  ansah),  genau 
einer  Bronze-  und  einer  Marmorgruppe  sei  50  wie  in  34  die  Praxitelesbronzen;  auch  hier  bildet 
unter  diesen  Umständen  nur  kurz  erinnert.  Nun  den  Abschluß  die  Quellenangabe,  Varro  mit 
die  Materialfrage  selbst.  darin  zitierten  Griechen  Xenokrates  u.  a.,  nur 
Die  ganze  Scheidung  der  Kunstwerke  nacb  daß  sie  diesmal  zu  den  Römern  bzw.  den  in 
naturwissenschaftlichem  Gesichtspunkte,  nach  Rom  und  Italien  überhaupt  arbeitenden  Künst- 
dem  Material,  wobei  Terrakotta-  und  Gipswerke  lern  überleitet,  insofern  der  hier  plötzlich  auf- 
in das  Malerbuch  kamen,  rührt  bekanntlich  tretende  Pasiteles  zugleich  Künstler  und  Kunst- 
von  Pliniu^  selber  her;  und  es  war  dabei  un-  Schriftsteller  war.  Sitae  fuere  et  Thespiades  ad 
vermeidlich  für  ihn,  an  Punkte  zu  geraten,  wo  aedem  Fei.,  quarum  unani  amavit  eques  Bomanus 
seine  Notizen  versagten.  Gewisse  Werke  bringt  I.  P.,  ut  tradit  Varro  admirator  (so  cod.  B)  et 
er  einmal  als  Marmor-,  einmal  als  Elfenbein-  60  Pasitelis,  qui  et  quinque  volumitia  scripsit  nobi- 
arbeiten  (36,  43  und  7,  85:  s.  Kalkmann,  Die  lium  operum  etc.  Folgt  Pasiteles  und  Arkesilaos 
Quellen  der  K.-G.  des  Plin.  p.  34,  2).  In  den  nebst  einigen  römischen  Marmoranekdoten  (da- 
teiden  uns  interessierenden  Partien  nun  gehen  zwischen,  §  41,  invenio  et  Canachum  laudatum 
Marmor-  und  Bronzewerke  völlig  durcheinan-  inter  statuarios,  d.  h.  Erzbildner,  fecisse  mar- 
der.    Schon   die   ganz   isolierte   Stellung,    die  morea).  Hier  ist,  wie  man  sieht,  die  Kompila- 

")  Ähnlich  L.  Urlicht  a.  a.  O.  Auch  Klein,  Prax.  a.  a.  O'  *)  Die  Namen  Dionysns ,  Bacchns  gebraucht  Plinlus 

spricht  Tön  einer  ganzen  Sammlimg.  nie,  auch  wenn  er  sie  in  seinen  Quellen  yorfinden  mochte. 


769                      Thespieus  Thespios                       770 

tionsarbeit  völlig  in  die  Brüche  gegangen,  das  nischen  Könige  oder  der  zehnte  in  der  Reihe 

eigentliche  Bindeglied  verloren.    Was   hat  die  der  lebenslänglichen  Archonten,  Kuseh.  Chron. 

Gruppe  mit  den  römischen  Künstlern  zu  tun?  1,  187.  188.  2, 72 ff.  ed.  Schmie.    SynktUos  p.  308, 

Soviele   Möglichkeiten    man   mit   Furtwängler  1  if .  cd.  lionn.    [Höfer.] 

(Plin.  u.  s.  Quellen  ISll,  1^.40  i'.  in  Jahrb.  f.  Jd.  Thespios    (oianLog),    Gründer   und    Epony- 

Fhil.  9,  Suppl.-Bd.)  durchgehen  mag,   um  die  mos  (vgl.  E.  Maaß,  Farnga  Attica  7   Anm.  2) 

Ungereimtheit  der  Stelle  ins  Licht  zu  setzen,  von  Thespiai  in   Boiotien,    das  er  aus  Athen 

i'^.s  eigner  Vorschlag,  den  ich  hier  aufgenommen  eingewandert   und   aus    dem    Geschlechte    des 

(ebenso  Mayhoff),  statt  udmiratur  et  Pasitelcs,  Erechtheus  (oder  direkt  Sohn  des  Erechtheus, 
hilft,  wenigstens   in   dieser  Form,   auch   nicht  lo  Diod.  4,  29)    entstammend    {ytyovivai    Öh    Sctco 

viel  weiter.    F.a  Hauptgrund,  der  Zusammen-  'Egsx&tojs  ccvtöv)  erbaut  haben   soll,   Paus.  9, 

hang  mit  Arcesilaum  quoque,  analog  35,  155  26,  6.    Als  sein  Vater  wird  Teuthras,  der  Sohn 

(M.  Varro  tradit  —  magnificat  Arcesilaum  —  des  Pandion  genannt,  Kust.  ad.  Ilom.  II.  2(}Q,6 

laudat  et  Pasitelen),  käme  bei  der  Lesung  ad-  =  Steph.  Byz.  8.  v.  Oianhia  =  Herodian  ed. 

miratur  et  Pasitelen   {Kalkmann  34,  1)   sogar  Lentz  1,280,  19  genannt,  doch  ist  der  Vaters- 

noch  ungezwungener   zu    seinem    Rechte.    Ein  name  statt  Teuthras  Tei&Qag  (s.  d.  und  die  dort 

halbwegs  vernünftiger  Sinn  läßt  sich  aber  dem  angeführte  Literatur)  zu  schreiben.   Dies  weist 

ganzen    Satzgefüge   weder   so   noch    so   abge-  auf    alte    Verwandtschaftsbeziehung    zwischen 

winnen,    auch   nicht   einmal   durch   Annahme  Attika  und  Thespiai  hin,  Bursian,  Geographie 
einer   kleinen    Lücke    nach    Varro    admirator.  20  v.  Griechenland  1,  237  f.      Über    Kepheus    als 

Man   kann   höchstens   zu   erklären   versuchen,  Vater  des  Thespios  {O^ansiav  . . .  Scnb  Otantiov 

•wie  der  Schaden  entstand.   Da  der  gewaltsame  [^o!]  xov  Kr]cpe(og,  w  [dem  Thespios]  &vyavtQBg 

Übergang  von  der  Periegese  zu  Pasiteles  mit  7j6civ  v',  Schol.  B.  L.  Hom.  11.2,  ^9H)  s.  Tümpel 

dessen   doppeltem  Charakter  zusammenhängt,  in  diesem  Lexikon  Bd.  2,  Sp.  1113,34ff.  Grw/jpe, 

so  kommt  man  über  den  Verdacht  nicht  hin-  Gr.  Myth.  1346,  1.    Im  Mythos  spielt  Thespios 

weg,   daß  Plinius,  als  er  dies  schrieb,  durch  abgesehen    davon,    daß    er    den  Herakles   von 

seine  Notizen  verwirrt,  die  Gruppe  dem  Pasi-  dem  Morde  entsühnt,  den  dieser  im  Wahnsinne 

teles  selber  zuteilte  (etwa:  admirator  Pasitelis,  an  seinen  Söhnen  von  der  Megara  und  den  zwei 

ohne  et)  oder  doch  die  Möglichkeit  offen  hielt;  Söhnen  des  Iphikles  begangen  hatte  {Apollod. 
zumal  er  von  mehreren  Künstlern  Thespiadeu  30  2,  4,  12),  nur  eine  Rolle  als  Vater  der  fünfzig 

erwähnt  fand.    Die  aus  B.  35  angeführte  Par-  Töchter,  der  sogenannten  GsortidSeg,  mit  denen 

allelstelle,  wonach  Arkesilaos  das  unvollendete  Herakles  das  bekannte  Liebesabenteuer  hatte; 

Tempelbild  der  Felicitas  schuf,  also  in  dessen  vgl.  Schol.  Soph.  Track.  460.   Als  Gattin  des  Th. 

Person  (für  unsere  Stelle)  eine  wirkliche  Ver-  und  Mutter  der  fünfzig  Töchter  wird  von  J.^oZ/o<i. 

bindung  mit  dem  Vorangehenden  gegeben  wäre,  2,  4,  9  Megamede,  Tochter  des  Arneos  {kgratogy 

ist  nicht  geeignet,    diesen  Verdacht  zu  min-  Heyne;  er  hat  wohl  als  Eponymos  des  boioti- 

dern;   wie  viel   natürlicher  wäre   es   gewesen,  sehen  Arne  zu   gelten)  genannt.     Nach  Diod. 

mit  Arkesilaos,  gleichwie  in  35,  zu  beginnen,  a.  a.  0.  hatte  Th.  die  fünfzig  Töchter  ix.  nXsio- 

statt   mit   dem    störenden   Pasiteles.    Die  Ver-  vav  yvvccLx&v,  vgl.  Suidas  s.  v.  ©soriädsg.,  wo 
wechselung  mit  Praxiteles  wäre  somit  nicht  40  (vgl.  Bernhardy  z.  d.  St.  p.  1173)  zu  schreiben  ist: 

erst  den  Schreibern  unserer  Codices,   sondern  Qsaxiov    (©sönlov)    ix    TtolXöbv    yvvaixmv   r^auv 

schon  dem  Autor  selber  passiert,  und  zwar  in  (^v' y^^vyaxBQBg.,  alg 'Hgccxliig  iiiLyrj.  Während 

umgekehrter    Reihenfolge,    nämlich    bei    den  die  Überlieferung  in  der  AngalDe  von  fünfzig 

Thespiaden;  sei  es,  daß  er  seine  äußerst  klein  Töchtern    des  Tb.    vollständig   übereinstimmt, 

{minutissime)  geschriebenen   Exzerpte   (vgl.  A.  finden    sich    manche    Schwankungen    hinsicht- 

Klotz,  Philol  1907  [42],  328)  hier  nicht  lesen  lieh  der  Zeit,  während  der  Herakles  den  Thes- 

konnte  oder  den  Vorleser  mißverstanden  hatte  piostöchtern  beiwohnte,    und  hinsichtlich   der 

(vgl.  Mayer,  Apulien  338).    In  seiner  Jugend-  Zahl  der  von  diesen  geborenen  Söhne  (—  über 

zeit,  wo  jene  Figuren  an  ihrem  Orte  zu  sehen  ihre  Namen  und  die  Namen  ihrer  Mütter  vgl. 

waren,  wie  viele  tausend  andere  in  Rom,  fiel  50  Heyne,  Ad  Apollod.  Bihl.  not.  2,  7,  8  p.  486ff.; 

es  ihm  nicht  ein,  sich  um  dergleichen  zu  küm-  nicht  genannt  ist  in  der  Aufzählung  bei  Apol- 

mern.    Kurz,  von  welcher  Seite  man  sich  dem  lodor  der  in  anderen  Quellen  IHellanikos]  als 

.Problem  nähern  mag,  immer  ergibt  sich,  daß  Sohn  des  Herakles  und  einer  der  Töchter  des 

die  beiden  Stellen  in  B.  34  und  36   einander  Thestios    [1.:  Thespios]   bezeichnete   Stephane- 

ergänzen,  und  daß  die  Gruppe,  gleichviel  von  phoros    [s.  d.],   Phot.  Lex.  s.  v.  ZtsqiccvriCpoQog 

welchem  Material,  jedenfalls  Praxitelisch  war.  p.  537,  25  Porson,  Harpokration  s.  v.  [p.  278, 15 

Solche  halb  verlorene  Spuren   der  Praxiteles-  Bind.],  Suid.  s.  v.  [p.  895,3  Bernh.\   Kullmer, 

Verehrung  wie  in  B.  36   geben   uns  auch  erst  Jahrb.  f.  klass.  Phil  Suppl.  27,  bObl)  — sowie  hin- 

das  Recht,  die  Isoleirung  des  Meisters  in  B.  34  sichtlich  des  weiteren  Schicksales  dieser  Söhne 
aus  seiner  überragenden  Stellung  zu  verstehen  60  vgl.  W.  H.  Boscher,  Die  Sieben-  und  Neunzahl 

{yg\.  Seilers  ip.XXUT),  einem  Verhältnis,  das  jetzt  im  Kultus  und  Mythus  der  Griechen  {Abhandl. 

mehrfach  verdunkelt  ist,  zum  Teil  durch  Kol-  d.  philol.  -  hist.  Klasse    der   Sachs.   Gesellschaft 

lisiou  mit  der  Lysippos-Partei.     [M.  Mayer.]  d.  Wiss.  24,  I)  S.  42  f.    W.  H.  Boscher,  Die  Zahl 

Thespieus  {@B67ti8vg),  1)  Vater  der  Hyle,  der  50  in  Mythus,   Kultus,  Epos  und  Taktik  der 

Eponymos  der  gleichnamigen  Stadt  in  Boiotien,  Hellenen  {Abhandl.  usw.  33,  V)   S.  54 ff.     Nach 

Steph.  Byz.  s.  v.  "TArj  p.  647,  15.  Eust.  ad  Hom.  Apollod.  2,4,  10,  1  kommt  Herakles  im  Alter 

//.  267,8.  —  2)  Sohn  des  Ariphron,  Vater  des  von    achtzehn   Jahren    zu    Thespios,    um    den 

Agamestor,  der  siebenundzwanzigste  der  athe-  Kithaironischen   Löwen,    der    die  Herden    des 


771                        Thespios  Thespios                        772 

Amphitryon  und  des  Thespios  heimsuchte,  zu  gleichen  laßt  (vgl.  Röscher,  Sieben-  u.  Neunzahl 

erlegen.     Thespios  bewirtet  (vgl.  auch   Tzetz.  42  Anm.  103).   Auch  die  Angabe  bei  Apollodor 

Chiliad.  2,  221)  den  Helden  fünf2ig  Tage  und  2,  7,  8,  1,  daß  die  iUteste  Thespiade  Zwillinge 

führt  ihm  jede  Nacht  von  dem  Wunsche  er-  geboren  habe,  kann  unter  dem  Einflüsse  dieser 

füllt,    daß    seine   Töchter   von    einem  solchen  Version    stehen,    da  sie  offenbar  bestrebt  ist, 

Helden  Kinder  gebären,  eine  seiner  Töchter  zu,  die  Zahl  von  60,  die  ja  am  natürlichsten  und 

denen  Herakles  beiwohnt  im  Glauben,  daß  es  selbstverständlichsten  erscheint,  voU/Aimachen, 

immer  ein  und   dieselbe  Jungfrau  sei.    Damit  wie   denn    auch    Apollodor   an    einer   anderen 

stimmt  der  Bericht  bei  Diod.  a.  a.  0.  überein,  Stelle  (2,  7,  6,  1)  von  60  (7  -f-  8 -f-  40)  Söhnen 

nur  daß  bei  diesem  das  Motiv  von  dem  Kithai-  lo  der  Thespiostöchter  spricht,  eine  Zahl,  die  auch 

ronischen   Löwen    fehlt;    dafür  heißt   es,   Th.  Diodor  (4, 29)  ausdrücklich  bezeugt.    Nach  der 

habe  aus  dem  gleichen  Wunsche  heraus,  den  oben  (Sp.  771, 22 f.)  angeführten  Stelle  des Pawsa- 

»och  Apollodor  angibt,  den  Herakles  zu  einem  nias  würden  52  Söhne  anzunehmen  seien.  Nach 

Opferschmause  eingeladen.  'S&ch Berodor  (frgtn.  einer  Vermutung   von   Röscher,   Siebenzahl  43 

7  F.  E.G.  2,  80)  bei  Athen.  13,  66ßE  fand  die  Anm.  104    wÄre   die   Angabe   bei   Hygin.  fab. 

Schwängerung  der  fiinfzig  Thespiostöchter  in  162:  duodecim  Thespiadae,  quos  ex  Thespit  re- 

sieben   Tagen   (Nächten)   statt,   nach  Ephoros  gis  filiabus  procreavit  (Hercules)  hierauf  v^rück- 

(frgm.  8  F.  H.  G.  1,  235)  bei  Theon  Soph.  Pro-  zuführen,  indem  bei  Mygin  irrtümlich  XII  statt 

gymnas.  in  Rhet.  Gr.  1,161  Walz  =  2,  67  Spengel  LH  in  den  Text  gekommen  sei  (vgl.  aber  auch 

(«fpl     x&v     Ttsvn^xovra     Gsaniov     d-vyarigoiVy  20  unten). 

als  ccTtdoatg  itagd^dvoig  o^aatg  afia  tprialv  fit-  Nach  v.  Wilamowitz,  Euripides  Herakles^  29 
yfivai  Tov  ^HQuuXiu)  und  nach  Paus.  9,  27,  7  Anm.  66  gibt  die  boiotische  Sage,  daß  Herakles 
(^xovtfa  ^\v  xai  &lXov  Xoyov^  mg  diä  nuaibv  6  in  einer  Nacht  den  fünfzig  Töchtern  des  Thes- 
'HgaxXfig  täv  SsOTciov  TtaQ&sfxov  diB^iXd-oi  ty  pios  zu  Söhnen  verhilft,  in  naiver  Weise  die 
a^f)  wxtl,  xal  mg  agaevag  natdag  avrw  tiaoai  Verschmelzung  der  alten  Bevölkerung  mit  den 
xixoiBv,  dtiv^ovg  öh  ij  rs  vacoraTTj  xai  i]  ngsa-  neuen  Zuwanderern  wieder.. 
ßwarri  =  Schol.  Wech.  Anth.  Pal.  16,  92  p.  617  Nach  0.  Gruppe,  Archiv  für  Religionswissen- 
ed.  Dübner)  sogar  in  einer  einzigen  Nacht  (vgl.  schaß  lö  (1812),  376  f.  knüpfte  die  Sage  von  der 
auch  Stat.  Sihh  3, 1,  43).  Dieser  letzten  Version  ungewöhnlichen  Leistungsfähigkeit  des  Hera- 
folgen auch  die  christlichen  Apologeten  und  so  kies  bei  den  Thespiaden  wahrscheinlich  an  den 
Kirchenväter,  so  Clem.  Alex.  Protrept.  2,  33,  4  weißen  Stein  {agyog  Xi^og,  Paus.  9,  27,  1)  in 
p.  24,  20  Stählin  (=  p.  28  Potter  =  Migne,  Pa-  Thespiai  an,  den  man  Eros  nannte,  der  die  Be- 
trol.  Ser.  Gr.  8,  108).  Arnob.  adv.  nat.  4,  26  deutung  einer  üppig  erzeugerischen  Naturkraft 
(jß.lBS^lZS.  Reifferscheid).  Tatian.or.  ad  Grae-  hatte  und  an  dem  vermutlich  auch  ein  Zauber 
cos  21  (p.  23, 13  Schwartz  =  p.  92  Otto).  Gregor.  zur  Wiederherstellung  oder  Erhöhung  der  Man- 
Naz.  or.  IV  contra  lul.  I  ed.  Maurian.  =  Migne  neskraft  geübt  wurde.  Die  Sage  hat  die  über- 
S.  Gr.  35,  6rtl  (xal  tatg  nsvrijxovTa  Gsaniov  natürliche  sexuelle  Potenz  auf  Herakles  über- 
d'VYccrgdaiv  iva^Xev(ov  'HgaxXi^g  iv  fiia  vvxrl  tragen  und  den  Zauber,  durch  den  sie  verlieben 
—  xai  Tgiaxaidixarov  ad'Xov  TovTov  innsXiaccg-^  wurde,  gestrichen.  In  der  Ortslegende  stand 
vgl.  zu  den  letzten  Worten  den  Vers  aus  dem  40  ursprünglich  ein  anderer  Name,  der  des  Jphi- 
li^Xov  'IlgayiXeovg  [Arg.  Soph.  Trach.]:  ©satlsca  kies:  dieser,  nicht  Herakles,  ist  der  ursprüng- 
&vyargä>v  rgigxaLöixarog  n^Xsv  a&Xog.  Anth.  liehe  Held  des  Tbespiadenabenteuers,  wie  denn 
Pal.  16,92, 13;  tb  xgiGxcciSixaxov,  zotov  Xvygbv  auch  unter  Führung  des  lolaos,  des  Sohnes  des 
%6xsv  asQ^Xov:  (lovvovvxl  Ttsvf^xovra  ^vvsX^^aro  Iphikles,  die  Thespiadai  ausziehen;  es  scheint 
xovgatg;  vgl.  0.  Weinreich,  Triskaidekadische  daher,  daß  lolaos  selbst  als  Thespiade  ange- 
Studien  [Religionsgesch.  Versuche  u.  Vorarbeiten  sehen  werden  muß.  Auch  Friedländer,  Herakles 
XVI,  1]  S.  82 f.  und  Anm.  2).  Nonn.  Abb.  bei  {Philol.  Untersuch.  19)  S.  57  (vgl.  52  Anm.  4) 
Migne  36,  1008  =  Westermann,  Mythogr.  Gr.  nimmt  an,  daß  Herakles  in  der  thespischen 
370  nr.  28 ,  4  Cosmas  ad  Carm.  Gregor.  Naz.  Sage  einen,  uns  freilich  mit  Namen  nicht  be- 
3,  501  bei  Migne  38,  405.  623.  Basil.  Minim.  50  kannten,  Vorgänger  ersetzt  habe.  Kaibel,  Gott. 
Schol.  in  Gregor.  Naz.  or.  1  contra  lul.  in  No-  Gel.  Nachr.  1901,  507  nimmt  mit  Paus.  9,  27,  8 
tices  et  extraits  des  manuscrits  XI,  2,  87  =  an,  daß  nicht  der  Zeussohn  Herakles,  sondern 
Migne  36,  1109.  Nonn.  Abb.  b>.  &.O.  Vgl.  auch  der  gleichnamige  idäische  Daktyl,  der  dem 
Sen.  Herc.  f. '119:  pecorumque  ritu  virginum  op-  Eros  {&gy6g  Xid-og)  in  Thespiai  und  in  Parion, 
pressi  greges.  Außer  der  oben  (Sp.  770)  schon  d.  h.  dem  Priapos  nahe  verwandt  sei,  das  Lie- 
erwähnten  Version  gibt  Pausanias  (9,  27,  6)  besabenteuer  bestanden  habe,  als  dessen  Frucht 
noch  eine  zweite,  von  ihm  selbst  als  unwahr-  52  Söhne  hervorgegangen  seien,  die  natürlich 
scheinlich  bezeichnete  wieder,  nach  welcher  wie  ihr  Vater  selbst  wieder  Daktylen  gewesen 
sich  eine  der  Thespiostöchter  der  Umar-  seien,  so  daß  es  kaum  ein  Zufall  sei,  wenn 
mung  durch  Herakles  widersetzt  habe  und  60  Pherekydes  im.  Schol.  Apoll.  Rhod.  1 ,  1129  die 
daher  von  ihm  bestimmt  worden  sei,  Zeit  ihres  Zahl  der  Daktylen  auf  52  angebe. 
Lebens  als  jungfräuliche  Priesterin  in  seinem  Eine  gesicherte  Darstellung  des  Abenteuers 
Tempel  zu  Thespiai  zu  walten,  vgl.  C.  Fries,  des  Herakles  mit  den  Thespiaden  ist  noch 
Klio  Beiträge  zur  alten  Geschichte  4  (1904),  229.  nicht  nachgewiesen.  Nach  S.  Trivier,  Hercule 
Darnach  wären  49  Thespiosenkel  anzunehmen,  et  une  des  Thespiades  in  Gaz.  arch.  4  (1878), 
womit  sich  der  oben  angeführte  Bericht  des  14  f.  ist  zwar  eine  a.  a.  0.  Taf.  4  abgebildete 
Herodor,  daß  Herakles  die  60  Jungfrauen  in  Terrakotta,  eine  erotische  Gruppe,  auf  Herakles 
sieben  Nächten  geschwängert  habe  (7  X  7)  ver-  und    eine  der  Thespiaden  zu  beziehen;    doch 


773                        Thespios  Thespios                         774 

hat  schon  F.  Lenormant ,  Gaz.  arch.  a.  a.  0.  An  die  auf  Sardinien  gestorbenen  und  be- 
211  f.  darauf  hingewiesen,  daß  die  erwähnte  grabenen  (/^ömä.  9,  23,  1)  Thespiaden  knüpft 
Terrakotta  nicht  aus  Tanagra  stammt,  sondern  eine  merkwürdige  Sage  an,  über  die  handelt 
wahrscheinlich  zu  den  angeblichen  Terrakotten  K.  liohde,  Bhein.  Mus.  36(1880),  167  ff.  (vgl.  37 
aus  Ephesos,  unter  denen  sich  sehr  viele  un-  [1882],  406)  =  Kleine  Schriften  2,  I97tf.  (ygl. 
echte  befänden,  gehört  und  daß  überdies  die  204).  JoJin  Koch,  Die  Siebenschläferlegende,  ihr 
Darstellung  sich  vielmehr  auf  Herakles  und  Ursprung  und  ihre  Verbreitung  24  ff.  P.  Michael 
Omphalo  beziehe.  Ebensowenig  sicher  ist  die  Huber,  Die  Wanderlegende  von  den  Sieben- 
Annahme  eines  Herakles  Phallophoros  mit  Be-  schläfern  384  tf.  Zu  Aristoteles,  Phys.  ausc.  4, 
Ziehung  auf  die  Töchter  des  Thespios,  den  lO  11  p.  218b,  21  flF.:  orccv  firidhv  avrol  (istaßdX- 
A.  Colson,  Hercule  Fhallophore  dieu  de  la  ge-  Xaiitv  rr]v  diccvoiav  ?)  Xdifa^ev  fisraßccXXovrsg, 
neration  (Separatabdruck  aus  den  Annales  du  ov  doxst  ijfiLv  y%yoviv(xi  x{i6vog^  v.a.^än8Q  oiöh 
Musee  Guimet  4)  und  in  der  Gaz.  arch.  3  (1877),  rotg  iv  Uagdol  ^vQ-oXoyov^^voig  yiadsvöeiv  nagcc 
168  flF.  mit  Taf.  26  in  einer  Statuette  der  Samm-  rolg  tJqcoglv  orccv  iytQ^ö)aiv  öwäTtrovai  yDCQ^ 
lung  Pourtalös  (jugendlich  nackte  Figur  mit  t6  tcqqxsqov  vvv  xai  vöxfQov  vvv  xal  tV  noi- 
einem  Löwenfell  über  dem  linken  Arm,  die  in  ovölv  ,  i^aiQovvrsg  dia  xj]v  Scvcciad-rialav  xb  fis- 
der  linken  Hand  ein  Füllhorn  voll  von  Phalloi,  xcc^v  bemerkt  Simplicius,  Commentar.  in  Ari- 
in  der  rechten  das  Ende  der  abgebrochenen  stoteJem  Gr.  im  Auftrage  der  Berliner  Akademie 
Keule- trägt)  zu  erblicken  glaubte;  vgl.  Movat,  herausg.  von  Diels  Bd.  9  p.  707,  31flr.  —  der 
Gaz  arch.  4  (1878),  176  f.  20  Kommentar  des  Joh.  Fhiloponus,  Comm.  in  Arist. 
Über  das  fernere  Schicksal  der  Thespios-  Gr.  u.  s.  w.  ed.  Vitelli  Bd.  17  p.  715,  16 tf.,  der 
enkel  berichtet  Diodor  (4,  29)  weiter,  über  die  von  einem  zweitägigen  Tempelschlaf  spricht, 
Quelle,  auf  welche  Diodors  Bericht  zurückgeht,  kommt  hier  nicht  in  Betracht,  da  er,  wie  Ari- 
sind  die  Meinungen  geteilt:  0.  Sieroka,  Die  stoteles  selbst,  die  Namen  der  Heroen  ver- 
mythographischen  Quellen  für  Diodors  drittes  schweigt  — :  ivvia  yccg  xCav  'HguTiXst  ysy8v6- 
und  viertes  Buch  {Gymnasialprogr.  Lyck  1878)  xibv  naidoav  ix  xüv  ©eaxiov  —  über  die  häu- 
24  und  Joh.  Geffcken,  Timaios'  Geographie  des  fige  Verwechselung  von  Oicniog  und  Oioxiog 
Westens  {Philol.  Untersuch.  13)  66  ff.  suchen  gegen  vgl.  Heytie  ad  Apollod.  Bibl.  not.  ad  2, 4, 1  p.  331 . 
Müllenhoff,  Deutsche  Altertumskunde  465 ff.  und  ad  2,  7,  6  p.  467.  ad  2,  7,  8  p.  486  —  rov 
Er.  Bcthe,  Quaestiones  Diodoreae  Mythographae  so  ©saTtuag  ^vyccxiQwv  iv  Zagdol  rsXsvrrißdvxcov, 
{Diss.  Göttingen  1887)  34.  39.  69  zu  erweisen,  Üsyov  eag  'AqiöxqxeXov  g,  xdxa  ds  xai  'AXs- 
daß  Timaios  die  Quelle  sei:  der  größte  Teil  h,ä.vSQov  xov  i^rjyrirov  xmv  'AQioxoxiXovg  aarjTt- 
von  ihnen  sei  auf  Geheiß  des  Herakles  unter  xd  xs  xccl  oXoxXtiqcc  dLoc^LivBiv  xa  Gm^iaxa^  %al 
Führung  des  lolaos  (s.  d.)  als  Kolonisten  nach  cpccvrccciciv  v.cc%'Bvd6vx(ov  nccgsxo^Bvcc.  xccl  ol  ^ihv 
Sardinien  ausgewandert,  zwei  (so!)  seien  in  iv  üagdot  rJQcosg  ovxot.  nccQd  xovxoig  öh  ovsl- 
Theben  zurückgeblieben  und  deren  Nachkom-  gav  sve-asv  ?)  aXXrig  xivbg  XQBiccg,  sUbg  riv  6v^- 
men  genössen  auch  jetzt  noch  große  Ehren,  ßoXfncog  (?)  xivag  iiaxgoxiQovg  yKxd-svdsLv  vnvovg. 
sieben  aber  seien  in  Thespiai  verblieben:  diese  Darnach  hat  also  der  gelehrte  Peripatetiker 
letzten  habe  man  8r\\iovxoi  genannt,  und  ihre  Alexandros  von  Aphrodisias  berichtet,  daß  die 
Nachkommen  hätten,  wie  man  behauptete,  bis  40  Söhne  der  Thespiaden  nach  ihrem  Tode  un- 
in  die  jüngsten  Zeiten  die  Regierung  in  Thes-  verwest  und  unversehrt,  Schlummernden  gleich, 
piai  geführt  (vgl.  über  diese  sogenannten  drj-  in  Sardinien  (vermutlich  in  einer  heiligen  Höhle) 
ILovxoi  Tittmann,  Darstellung  der  griech.  Staats-  liegen,  und  daß  die  zu  ihnen  Herabsteigenden 
Verfassung  381.  Schömann  -  Lipsius ,  Griech.  in  einen  traumlosen  Schlaf  verfallen.  Merk- 
Staatsaltertümer  1,  148.  v.  Wilamowitz  a.  a.  0.  würdig  ist  es,  daß  die  Zahl  der  Thespiosenkel 
Szanto  bei  Fauly -Wissowa  5,  202).  Darnach  mit  neun  angegeben  wird.  Wie  oben  (Sp.  773) 
wären  also  41  Thespiaden  nach  Sardinien  aus-  bemerkt,  berichtet  die  gewöhnliche  Sage  von 
gewandert,  mit  ihrer  Zustimmung,  fährt  Dio-  41  bzw.  40,  vielleicht  auch  von  allen  50  Thes- 
dor  4,  30  (vgl.  5,  16)  fort,  habe  lolaos,  der  von  piaden,  die  nach  Sardinien  gekommen  sein 
den  Thespiaden  wie  ein  Vater  geehrt  worden  50  sollen.  Bohde,  Kl.  Sehr.  a.  a.  0.  199  hält  es  für 
sei,  die  einheimische  Bevölkerung  'UXaoi  ge-  möglich,  aus  der  oben  (Sp.  773  a.  E.)  angeführ- 
nannt.  Der  Bericht  des  Apollodor  (2,  7,6,  1)  ten  Stelle  (^loXccog  dycov  xäv  Ttcciöcov  xivug  xov 
läßt  40  Söhne  der  Thespiaden  nach  Sardinien  HguuXiovg)  zu  schließen,  daß  nach  einer  sonst 
auswandern,  7  in  Thespiai  zurückbleiben  und  nicht  bezeugten  Version  der  Sage  überhaupt 
3  nach  Theben  geschickt  werden.  Das  Orakel,  nur  9  Thespiaden  nach  Sardinien  ausgewan- 
auf  Grund  dessen  Herakles  die  ihm  von  den  dert  seien  oder  daß  von  der  bei  Hygin  (oben  Sp. 
Töchtern  des  Thespios  geborenen  Söhne  nach  772, 19)  angeführten  Zwölfzahl  der  Thespiaden 
Sardinien  entsendet,  hatte  geboten  «Tcomav  die  drei  nach  ^.poZ/otfor  (ob.  Sp.  773,  62)  in  The- 
eig  Zcgdoü  ni^ipccL  xal  xovg  iy,  xüv  ©Eöniddcov  ben  zurückgebliebenen  abzuziehen  seien,  woraus 
avxm  ysvo^ivovg  vlovg  (also  wohl  alle  60:  vgl.  60  sich  gleichfalls  die  Neunzahl  ergeben  könnte. 
Bescher,  Die  Zahl  50  S.  66  Anm.  95)  7]y£^övag  Aber  offenbar  ist  die  Zahlenangabe  bei  Hygin 
Tcoifj6ccL  xavxTjg.  Von  der  Auswanderung  der  verderbt,  da  von  einer  Zwölfzahl  sonst  nirgends 
Thespiaden  nach  Sardinien  im  allgemeinen,  berichtet  wird.  Auch  die  dritte  von  Bohde 
ohne  eine  bestimmte  Zahl  anzugeben,  berich-  in  Betracht  gezogene  Möglichkeit  erweist  sich 
ten  (Aristoteles)  Mir.  ausc.  100  (104:).  Eust.  und  als  nicht  stichhaltig.  Diodor  (6,  16)  sagt  er, 
Schol.  z\iDionys.Per.4:öS.  Strabo  5,225  {'loXaog  'läßt  die  Thestiaden  (1.:  Thespiaden)  von  Sar- 
äyav  xmv  naidav  xivdg  xov  'HgccxXiovg);  vgl.  dinien  nach  Kyme  weiterziehen  (vgl.  Festus  s. 
auch  Paus.  7,  2,  2.  9,  23,  1.  10,  17,  6.  Romam  p.  266  Müller  =  p.  362,  27  ff.  Ponor) .  .  . 


77Ö                      Thesprotos  Thessalos                       776 

Hat  die  Sage  nur  neun  Thestiaden  von  dem  seien;  und  da  aus  iferod.  2,  56  hervorgeht,  daß 
Zage  nach  Kyme  zurückbleiben  lassen?*  Aber  mit  dem  Thesproterjjfebiet  die  Gegend  um  Do- 
Diodor  sagt:  *l6Xaog  fihv  . . .  ixav^i^fv  slg  T»jr  dona  gemeint  ist,  können  wir  den  Thesproter 
''EiXdda.  oi  dh  OeöicidSai  rijg  vi]Cov  Tigof^ano-  Thessalos  bei  Vell.  Pat.  a.  a.  0.  einerseita  iden- 
Ttg  inl  noXlag  y^vsäg  xb  TsXevralov  i^i^ts-  tifizieren  mit  dem  von  Hygin  (f.  226:  qui  pH- 
aov  slg  tipf  'ItaXiccv  xal  xofTcoxrjtfa»  iv  rotg  xaxcc  nii  templa  deorum  constituerunt)  genannten 
Xvftfji' Tojrotff.  Die  Bemerkung,  daß  die  Thes-,  Thessalos:  *  Thessalus  templum  [quod  est  in 
piaden  erst  nach  vielen  MenBchenaltern  aus  Sar-  Mncedonia,  von  Schmidt  wohl  mit  Recht  ein- 
dinien  ausgewandert  seien,  beweist,  daß  es  sich  geklammert]  Jovis  Dodonaei  in  terra  Molos- 
nicht  um  die  Thespiaden  im  eigentlichen  Sinne,  10  8orum',  andererseits  mit  a)  Thessalos,  dem 
um  die  wirklichen  Thespiosenkel,  sondern  nur  Sohne  desGraikos,  dem  man  seltsamerweise 
um  ihre  späten  Nachkommen  handeln  kann.  die  Gründung  von  Thessalonike  zuschrieb,  Isi- 
So  bleibt  die  Neunzahl  bis  auf  weiteres  uner-  dor.  Etym.  15,  1,  48.  Sohn  des  Graikos  heißt 
klärt.  Bohde,  Kl  Sehr.  204  möchte  die  Sage  Thessalos  auch  bei  Steph.  Jiyz.  s.  v.  rgatnog 
(und  damit  wohl  auch  die  Neunzahl)  auf  phoi-  (p.  212,  16)  und  bei  Synkell.  238,  6  =  Euseh. 
nikischen  Ursprung  zurückzuführen.  Koch  a.a.O.  ed.  Schoene  2, 16.  Anonymos  bei  Cramer,  Atiecd. 
26  erklärt  die  sardinischen  Neunschläfer  für  6rr.  Pam.  2, 176, 1.  Weitere  genealogische  Ver- 
die  neun  Kabeiren  bzw.  Korybanten  (über  die  bindungen  sind  folgende: 
Neunzahl  der  Korybanten  vgl.  Röscher,  Die  b)  Sohn  des  Herakles  und  der  Chalkiope, 
Siebenzahl  etc.  60  t  u.Anm.  113).  Übrigens  sollen  20  der  Tochter  des  Eurypylos,  Vater  des  Antiphos 
die  Nachkommen  der  Thespiaden  nicht  nur  (s.  d.)  und  des  Pheidippos  (s.  d. )iZbwi. /Z.  2,  677. 
nach  Kyme,  sondern  nach  einer  vielleicht  aber  (vgl.  H.  H.  Roer,  De  nominihus  heroum  pro- 
auf  Versehen  {Geffcken  a.  a.  0.  81  und  Anm.  4).  priis  quae  in  Iliade  inveniuntur  ab  ethnicis  de- 
beruhenden Angabe  {Sil.  ItcU.  11, 18)  auch  nach  rivatis  44).  Auf  Irrtum  oder  Versehen  der  Ab- 
Kroton  gekommen  sein.     [Höfer.l  Schreiber   beruht   die    Notiz    bei   Hygin  f.  97 

ThesprotOH  {GsOTcgaTog).,  1)  Eponymos  der  (p.  92,2  Schmidt,  der  allerdings  korrigiert  hat)» 

Thesproter,  Söhn  des  Lykaon,  Vater  des  Am-  daß  Antiphus  der  Sohn  des  Thessalos  und  der 

brax,  ApoUod.  3,8,1  (3,96  W.)  Steph.  Byz.  %.  Chalkiope    gewesen    sei:    Chalkiope   ist    sonst 

V.  'Aiißgaxia  und  *E(f)VQa.  Eust  zu  Dionys.  Per.  Mutter,  nicht  Gattin  des  Thessalos.    Aus  Flut. 

492  Schol.  Dionys.  Per.  493.  Tzetz.  zu  Lykophr.  so  Quaest.  Gr.  58  p.  304 de,   wo  von  dem  Kampf 

481  (p.  173,  22  Scheer).    Eudocia  48  (p.  82, 11  des  Herakles  mit  Antagoras  und  den  Meropem 

Flä(^).  Fligier,  Zur praehistorischen Ethnologie  auf  Kos  erzählt  wird,  von  seiner  Flucht  TCQog 

der  Balkanhalbinsel  iQ.  Ed.  Meyer,  Forschungen  yvvaHa  Ggärtav,  bei  der  er  sich  in  Weiber- 

zur  alten  Geschichte  1,55  Anm.  1.   Überdie Rolle  tracht  verbirgt,  von  seinem  schließlichen  Siege 

des  Thesprotos  in  der  Thyestes-Pelopiasage  bei  über  die  Meroper  und  seiner  Hochzeit  mit  der 

Hygin.  f.  88   s.  d.  Art.  Pelopeia;  ferner  Eugen  Tochter  des  Alkiopos  erschließt  E.  Maaß,  Her- 

Petersen,  De  Athreo  et  Thyeste  {Progr.  Dorpat  mes  26(1891),  189  eine  'Thrassa  (also  Personen- 

1877)  S.  9  ff.    Derselbe,  Die  attische  Tragödie  als  name!),  Tochter  des  Alkiopos,  Mutter  des  Thes- 

Bild-  und  Bühnenkunst  619  ff.    Auch  bei  Ac-  salos  =  Chalkiope',  F.  Back,  De  Graec.  cacrim. 

cius  (Welcker,  Die  griechischen  Tragödien  370.  40  20  will  bei  Plut.  tr]v  'AXxionov  mit  C.  Robert 

().  Ribbeck,  Die  römische  Tragödie  im,  Zeitalter  in  XccXxionriv  ändern ;  vgl.  Tümpel  bei  Pauly- 

der  Republik  458  f.)  in  den  Pelopida£  erscheint  Wissowa   1,  1547  s.  v.  Alkiopos.     Auf   keinen 

der  Name  des  Thesprotos  in  zwei  Fragmenten :  Fall  aber  ist  mit  Maaß  eine  Identität  der  yvvT] 

Tragicorum   Roman,  frgm.  ed.  Ribbeck   1 ,  292  Ggarxcc  mit  Chalkiope  anzunehmen.  Vgl.  über 

frgm.  65   (=  Charisius  p.  254  P.  =  Grammat  Herakles — Chalkiope — Thessalos  Eust.  ad  Hom. 

Lat.  ed.  Keil  1,  286)  und  293  frgm.  66  (=  Cha-  II.  318,  20.  Pherekydes  im  Schal.  Ven.  AB  Hom. 

risius  p.  247  P.  ==  p.  276  Keil).  —  2)  Beiname  des  II.  14,  255.    Schol.  Toivnl.  Hom.  II.  14,  250  (ed. 

Zeus  =  Dodonaios  (vgl  Eur.  Phoen.  982),  Aesch.  Maaß  Bd.  2  S.  539).  Schol.  Ven.  B  Hom.  II.  2, 677. 

Prom.  829  (»31).     [Höfer.]  ApoUod.  2,  7,  89  (2,  166  W;  vgl.  dazu  C.  Luetke, 

Thessalos  (GsoaaXög)^   Eponymos  der  grie-  50  Pherecydea  59,  4).  Epit.  3,  13.  6,  15.  Vell.  Pat. 

chischen  Landschaft  Thessalia,  Eust.  a,d  Dionys.  1,  3,  2.  Tzetz.  zu  Lyk.  911  (=  ApoUod.  Epit.  5, 

Per.  427   {&n6  OsaaaXov  tivog).    Plin.  nat.  hist.  15b).    Diod.  5,  54,  1.    Strabo  9,  5,  23  (p.  444). 

4,  28  {Haemonia  —  HeUas,  eadem  Thessalia  et  Schol.  Apoll.  Rhod.  3,  1090.    Schol.  Pind.  Nem. 

Dryopia,   semper  a  regibus  cognominata;  vgl.  4,40.  Tabula  Farnesiana,  C. IG. ödSi.  O.Jahn- 

Ed.  Meyer,  Forschungen  zur  alt.  Gesch.  1,  105  Ad.  Michaelis,  Griech.  Bilderchroniken    S.   70 

Anm.  1).  Isidor.  EtymoJ.  14,  4,  12  (TJiessalia  a  Z.  235  ff.  Taf.  5.  Buttmann,  Mijthologus  2,  256f. 

Thessalo  rege   cognominata).     Etwas  Näheres,  0.  Müller,  Dorierl^.,  4:2b.  v.Wilamotvitz,  Isyllos 

wenn  auch  nicht  über  seine  Abkunft,  so  doch  von  Epidauros  {Phil.  Untersuch.  9)  S.  53.    Der- 

über  seine  Stammeszugehörigkeit  berichtet  FeZ/.  selbe,    Euripides   Herakles'*  27    und    Anm.  53. 

Pat.  1,  3,  2:   acer  belli  iuvenis,  nomine  Thes-  60  P.  Friedländer,   Herakles  {Phil.  Untersuch.  19) 

Salus,  natione  Thesprotius,  . ..  eamregionem  S.  94 ff.  Herrn.  Dibbelt,  Quaest.  Coae  mythologae 

armis   occupavit,    quae   nunc   ab   eius   nomine  {Diss.  Greifswald  IS^Jl)  S. '60  S.   'i^ ach  Schol.  Ar. 

Thessalia  appellatur.     Damit   stimmt  die  Er-  Vesp.  163  ist  der  Herdkiessohn  Thes.salos  Va- 

zählung  (vgl.  Hiller  von  Ga^rtringen,  Das  König-  ter  des  Penestas  {Hsviatag),  nach  dem  die  den 

tum  bei  den  Thessalern  in  Aus  der  Anomia  2  thessalischen    Eroberern    hörige   Bauernschaft 
Anm.  3)  bei  Herod.  7,  176  überein,   nach  der      Jlsviöxcct  hieß. 

die  Thessaler  aus   dem  Thesprotenlande  nach  c)  Sohn  des  Haimon  —  Haimonia  war  ein 

dem   von  ihnen  besetzten  Gebiete  gekommen  alter  Name  Thessaliens  — ,  Rhianos  im  Schol. 


777                      Thestiadai  Thestiadai                       778 

Apoll.  Rhod.  3,  1090  und   bei  Steph.  liyz.  s.  v.  bei  Anton.  Lib.  2,2.  3.  4.  Diod.  4,34.  Apollod. 

M^ovia  (p.  49,  7);  vgl.  Mrineke,  Analecta  Ale-  1,  8,  1  (1,  64V  1,  8,  2^  (1,  68).  1,  8,  2^  (1,  71).   1,  8. 

xandr.  187.  Straho  9,  6,  23  p.  443  {ixuXf-lro  \&£G-  3,  ft".  (l ,  72  ff.).    Zenoh.  5 ,  33  (p.  133,  27.   134,  1), 

GccXia]  .  .  .  At^ovia  .  .  .  anb  Ai^ovog^    ©STtaXioc  Eudocia  287  (]).  472, 17  Flach).  Kust.  ad  11.  774, 

<Jt  aito  0iTraXov  rov  Ai^iovos),  Strabo  9,  6,  23  27.    Als  ihre  Einzelnamen  werden  folgende  an- 

l).  444  (usvoivo^iccGd'ccL   äh   rr]v  ^ihv  'EXldöcc  Scnb  gegeben: 

''EXXrivo?   xov   JsvxccXicovos,    rr]v   fis    OstraXiav  Aphares  und  Iphiklos,  JSa/iCÄy/td.  6,128f. 

&7tb  rov  vlov  yli^iovog):,  vgl.  Ed.  Meyer,  Forsch.  Während   Iphiklos  (h.  d.  und    0.  Jessen,   Pro- 

zur  alten  Gesch.  109  und  Anm.  2.    Einen  um-  legonunaincatalogum Argonautarum[I)iss.Ber- 

gekehrten   Stammbaum,    Thessalos,    der  erste  lo  Zm  1889]  p,  49:  Sentcntiae  controversae  nr.  VIJ 

König  Thessaliens,  V.ater  des  Haimon  (yl^(i(ov  auch  sonst  bezeugt  ist,  soll  Aphares  als  Name 

statt  Ai{L(ov  die  Handschriften)   findet  man  im  eines  Thestiaden  sonst  nicht  vorkommen.  Blaß 

Schol.  Ven.  B  Hom.  //.  2,  681,  während   Ewst.  zn  Bakchyl.  {ed.  III.  Leipzig  1904)5,  129.  C.Mo- 

ad  Hom.  II.  321,25   zwischen  Thessalos  und  bert,  Hermes   33  (1898;,  155.    Doch   sucht  E. 

Haimon  noch  einen  Al'ycov  einschiebt,   so  daß  Seh wartz,  Hermes  3[i  (1904:),  QH2  im  Schol.  A  DL 

Haimon  der  Enkel  des  Thessalos  ist.    Der  Thes-  Hom.  IL  9,567 :  'ScdsXq}ol  dh  'AXd-aiag  "IcpixXog, 

salos-Sohn  Al'ycov  wird  wohl  als  Eponymos  der  noXvcpdvTj^g  (noXvq)6vrris,  Dindorf),  <^dvrig^ 

Stadt  der  Malier  ./4^yobvrj  oder  AlytovEicc  (Heka-  EvgvnvXog,  IlXrih.ni'jtog''  den  Namen  'A(pä- 

taios   und    Rhianos   bei   Stcph.  Byz.  AlyonvEia.  (>^?s  aus  dem  überlieferten  ^ävr]g  zu  gewinnen. 

Lykophr.  903  und  Schol.)  anzusehen  sein.  20  Doch  ist  diese  Vermutung,  so  ansprechend  sie 

d)  Sohn  des  Aiatos,  des  Sohnes  des  Phei-  ist,  wohl  nicht  sicher  genug;  «Z'ai^rjs  kann  über- 
dippos,  und  seiner  Schwester  Polykleia,  Polyaen.  dies  auch  eine  aus  dem  vorausgehenden  HoXv- 

8,  44.  1,  12.  Charax  {frgm.  8  F.  H.  G.  3,  638)  (pdvtr]g  entstandene  Dittographie  sein;  vgl. 
bei  Steph.  Byz.  s.  v.  Jmgiov  (p.  254,  14),  wo  0.  Höfer,  Berl.  Phil.  Wochenschrift  1919,  42. 
<7.  Müller,  F.  H.  G.  a.  a.  0.  statt  Aldxov  Ata-  Allen  aber  ist  die  Stelle  bei  Lactant.  Placid. 
-Kov  lesen  wollte;  vgl.  Buttmann  a.  a.  0.  25 f.  ad  Stat.  Theb.  1,402  entgangen,  wo  es,  wenn 
Der  Name  des  Vaters  des  Thessalos  birgt  sich  auch  nicht  von  Meleagros,  so  doch  von  Tydeus 
wohl  auch  in  dem  'Agarog  des  Pausanias  bei  heißt:  ^occiderat  avunculum  suum  Thoantem, 
Eust.  ad  Hom.  IL  331,  21  (=  Aelii  Dionysii  et  AUhaeae  matris  fratrem,  vel,  ut  quidam  volunt, 
PausaniaeAtticistarum  f rag menta ed. E.Schwabe  so  Apharen.  Manifestius  tarnen  est,  quod  Mena- 
frgm.  204  p.  172)  und  in  dem  ylgdviog  bei  Said.  lippum  (vgl.  Hygin.  f.  69)  fratrem  suum,   dum 

9.  V.  QhxxaXcbv  aocpioiia  (p.  1175,  2  Bernh.),  bei  venatur,  occidit.^  Es  kann  keinem  Zweifel  un- 
Phot.  Lex.  p.  88,  17  Porson,  und  Append.  Pro-  terliegen,  daß  wenigstens  mittelbar  diese  Notiz, 
verb.  3,  20  {Paroemiogr.  Gr.  1,  420)  und  ist  wohl  die  den  Thestiaden  Aphareus  nennt,  auf  Bak- 
auch  bei  Zenob.  4,  29  {Paroemiogr.  1,  92)  ein-  chylides  zurückgeht.  Ganz  irrig  ist  die  Ansicht 
zusetzen  [Aldjxoy  ©sxxccXo).  Aiatos ,  der  Vater  von  Kenyon ,  The  poems  of  Bacchylides  S.  52 
des  Thessalos,  ist  wohl  der  Eponymos  der  thes-  Anm.  128,  Jebb,  Bacchylides  the  poems  and  fra- 
salischen  Stadt  Aia;  vgl.  Steph.  Byz.  s.  v.  Ala:  gments  zu  5,  129  und  von  Jurenka,  Hie  neu- 
iaxL  dh  xai  ©sxxaXiag  dXXr],  7]g  ^i\Lvr\x(x.i  Uo-  gefundenen  Lieder  des  Bakchylides  38  f.  zu  5, 
cpoxXiig  {frgm.  829)  .  .  ^ariv  xig  Ala  @s66(xXä)v  40  62:  'kcpdgrixcc,  sonst  nicht  Sohn  des  Thestios, 
'jtccyyiXriQiu.     .  sondern  des  messenischen  Königs  Perio(so!)res. 

e)  Sohn  des  lason  und  der  Medeia,  der,  Seine  Söhne  sind  Idas  und  Lynkeus  ... .  Diese 
dem  Mord  von  der  Hand  seiner  Mutter  ent-  führt  Oo.  Met.  8,  304  als  Söhne  des  Aphareus 
gangen,  in  Korinth  aufwuchs,  später  nach  lol-  und  Teilnehmer  an  der  Jagd  an.  Er  nennt  sie 
kos,  der  Heimat  seines  Vaters  zurückkehrte,  aber  gleichzeitig  Thestiadae  (Enkel  des  The- 
wo  gerade  Akastos,  der  Sohn  des  Pelias  ge-  stios),  faßte  also  den  Aphareus  auch  als  Sohn 
storben  war,  dessen  Herrschaft  er  antrat  und  des  Thestios  auf.*  Oaid  nennt  unter  den  Teil- 
Eponymos  der  Thessaler  wurde,  Diod.  4,  54,  6.  nehmern  an  der  Jagd:  ^Theseus  \  Et  duo  The- 
55,  2  (=  7,  7  ed.  Vogel  2,  136).  0.  Müller,  Or-  stiadae  prolesque  Aphareia,  Lynceus  |  Et  velox 
chomenos  256f. ;  vgl.  Strabo  11,  14,  14  p.  531:  50  Idas.^  Es  ist  an  und  für  sich  schon  klar,  daß 
xotg  ©sttccXolg  .  .  .  xotg  dnb  'Idaovog  yial  Mri-  ^Thestiadae'  und  ^proles  Aphareia'  nicht  als 
Ssiccg.  ein  Begriff  aufzufassen  ist  =  ^die  Thestios- 

f)  vgl.  Thissaios.  Theskelos.     [Höfer.]  enkel  und  zugleich  Söhne  des  Aphareus',  son- 
Thestalos?(0f(>raXog?),  Sohn  des  Herakles  und  dern  daß  es  zwei  getrennte  Gruppen  sind  (vgl. 

derE pikaste,  der  Tochter  des  Augeias,  Apollod.  Apollod.  1,  8,  23  ff.,  wo  unter  den  kalydonischen 

2,  7,  8,  9  (2,  166  Wagner).    Der  Name  scheint  Jägern  genannt  werden:  "läag  yiccl  Avyyisvg  kcpa- 

verderbt   zu   sein;    OsxxccXog   als   Heraklessohu  gscog  in  Msaorjvrig  .  .  .  Oriösvg  Aiy hoag  ...  ^sxcc. 

wird  unmittelbar  vorher  genannt;  vgl.  P.  jPned-  xovxoiv  xarl  ol  ©bgxLov  natdsg).    Zum  Überfluß 

länder,  Herakles  {Philol.  Untersuch.  19)  S.  133  nennt  aber  Ovid  selbst  (v.  434)  noch  einmal 
Anm.  3.    Buttmann,   Mythologus  2,  263  Anm.  60  die  'Thestiadae'  und  fügt  (v.  440 f.)  ihre  Na- 

Gruppe,  Gr.  Myth.  473,  1.     [Höfer.]  men    hinzu,    Plexippos    und    Toxeus;    vgl. 

Thestiadai    {©saxiddca),    Bezeichnung    der  Myth.  Lat.  1,204  (^.64:,  \3  Bode)   (mit  kleiner 

Söhne  des  Thestios,  besonders  der  an  der  Kaly-  Variante  heißen  sie  im  SchoL  Ov.  Ibis  601  To- 
donischen  Jagd  beteiligten  und  dabei  von  Me-      xippos  et  Plexippos).   Zu  diesen  beiden  tritt 

leagros  getöteten,  Strabo  10,466.  Ov.  Met.  8,  noch  als  dritter  Thestiade  hinzu,  der  gleich- 
304.  434.    Eust.  Sid  Hom.  IL  774:,  23.    Eudocia      falls    von  Meleagros   getötet  wird,    Agenor, 

222  (p.  356,  2  Flach)  =  Gsaxiov  nccldsg,  Eur.  Lactant.  Plac.  Narrat.  fab.  Ovid.  8,  4  (p.  676, 18 
frgm.  530q  {N.^}  hei  Macrob.  6,18,7.  Nikandros       Magnus).    Plexippos    und   Agenor   nennen 

BoscHBB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V  26 


779  Thestiades  Thestios  780 

Lact.  Plae.  zo  Stat  Theh.  2,  481.  4,  103  imd  als  Sohn  des  Agenor  (s.  d.  nr.  6),  des  Sohnes 
Myth.  Lat.  2, 144  (p.  125,  7.  10).  des  Plenron,  Areios  (ein  Dichter  dieses  Namens 
Bei  Hygin.f.  178(28, 18):  * Hexippus, Heus,  ist  sonst  unbekannt;  nur  im  C.  1.  G.  4748  wird 
Lynceus,  Thestii  fiUi,  fraires  AUhaeae*  und  f.  ein  "Agsiogf  'Outiqixo^^  noiriri]<s  i-K  Movasiov  ge- 
nA{2d,l):  ^Idett6,Plexippus,Lynceu8,Althaeae  nannt;  daher  wohl  Btatt  Areios:  Asios)  bei 
fratres^  liegt  ein  durch  Versehen  des  Abschrei-  Paus.  3, 13,  8  oder  als  Sohn  des  Ares  und  der 
bers  veranlaßter  Irrtum  vor,  der  die  Namen  Demonike,  der  Tochter  des  Agenor,  die  dem 
Ideus  und  Lynceus,  die  in  f.  173  (p.  28, 16)  Gotte  außer  dem  Thestios  noch  den  Buenos, 
kurz  vorausgehen,  irrtümlich  noch  einmal  setzte,  Molos  und  Pjlos  göbar,  ApoUod.  1,  7,  7,  (1, 
0.  BunU  und  Schmidt  z.  d.  St.,  die  Tlexippus  lo  69 TT.);  vgl.  t?  Wilamowitz,  Ikrliner  Klassiker- 
et  Toxeus'  oder  'Plexippus  et  Agenor*  oder  tca:«c  6,1  S.  24/26  Anm.  3.  Im  Schal.  Apoll.  RJiod. 
'Plexippus,  Toxeus  et  Agenor'  vorschlagen.^  1,  146  lautet  der  Name  seiner  Mutter  statt 
Im  Schol.  Townl,Hom,ll.  9,b61  werden  als  ^Tjftovtxrj:  Jr^iodlxT}.  Vielleicht  ist  für  beide 
die  von  Meleagros  getöteten  Thestiaden  Kly-  Namen  (vgl.  Stoll  in  diesem  Lex.  s.  v.  Demo- 
tios  und  Prokaon  genannt.  Mit  Klytios  ist  doke.  Dümmler  bei  Pauly-Wissowa  1,774,16 
Klytia,  die  Tochter  des  Thestios  (s.  d.  unt.  d),  s.  v.  Agenor)  der  Name  der  Jti^oSökt]  einzu- 
zu  vergleichen,  und  vielleicht  ist  mit  ihm  iden-  setzen,  der  schönen  von  vielen  umfreiten  Toch- 
tisch  der  auf  der  Münchner  Vase  beim  Ring-  ter  des  Agenor,  Hesiod  fr  gm.  3S  Hz  ach  hei  SchoL 
kämpf  der  Atalante  und  des  Peleus,  zwischen  Ven.BHom.ll.  14,200.  Schol.  Amhr.  Hom.Od. 
denen  der  Eberkopf  liegt,  dargestellte  Klytios,  20  1,  98.  Seine  Gemahlin  ist  Deidameia,  die  Toch- 
O.  Jahn,  Münchtier  Vasenkat  126.  Gerhard,  Xer  des  Feneres,  Schol.  Apoll  Rhod.  1,201.  liQ, 
Auserl.  Gr.  Vasenbilder  3  S.  168  Taf.  237.  Bei-  oder  Laophonte,  die  Tochter  des  Pleuron  (die 
nach,  Bepertoire  des  vases  peints  2,120;  auf  nach  Apollod.  a.  a.  0.  die  Schwester  seines 
einer  anderen  Vase  in  München  {Jahn  333.  Großvaters  Agenor  ist),  Pherekydes  im  Schol. 
Gerhard  a  a.  0.  235/236)  mit  der  Darstellung  Apoll.  Bhod.  1, 146,  oder  Leukippe  (s.  d.  nr.  4), 
der  Kalydonischen  Jagd  ist  der  nur  undeutlich  Hygin.  f.  14  (p.  47, 10).  Nach  0.  Jessen,  Prole- 
erhaltene  Name  KINO  vielleicht  auch  Klytios  gomena  in  catalogum  Argonautarum  {Diss.  Ber- 
zu  lesen.  —  Prothoos  und  Kometes  nennt  lin  1SS9)  20  soll  Hyginus  {^ Jphiclus  alter  Thestii 
Patisanias  (8, 45,  6)  als  Söhne  des  Thestios  und  filius  matre  Leucippe  AUhaeae  frater')  auf  Schol. 
Teilnehmer  an  der  Kalydonischen  Jagd,  dar-  30  Apoll.  Bhod.  1,201  {'kXd-aia  -nal  "icpiytXog  ScdeX- 
gestellt  am  Tempelgiebel  der  Athena  Alea  zu  <pol  ix  Ji^iSapLeiag  ri)g  Jlfptrjpovs')  zurückgehen, 
Tegea;  vgl.  oben  Bd.  2,  Sp.  2616f.  und  da  ein  Sohn  des  Perieres  Leukippos  (s.d. 
Bei  Diod.  4,  48,  5  werden  unter  den  Argo-  nr.  1)  heißt,  im  Schol.  Apoll.  Bhod.  a.  a.  0.  . . . 
Hauten  genannt  *AtaXccvTri  xai  ol  Geaniadat,  ix  ^riidcc^Eiccg  (Jf]  AsvxiTtnrigy  rfig  TlBQiriQOvg 
XQOsccyoQsvoiisvoi  (vgl.  ebenda  4, 41,  2 :  'AraXavtri  zu  schreiben  sein.  Doch  ist  dies  eine  m.  E.  will- 
hi  dk  oi  Osaniov  naWsg).  Anonym,  hei  Cramer,  kürliche  Vermutung.  Bei  Apollod.  1,7,  lOj  (1, 
Anecd.  Gr.  Paris.  2, 195, 22  ol  esajceaiov  nccidsg,  62  W.):  Osoticp  . . .  i^  Evgvd-enLÖog  tfjg  KXso- 
wo  0.  Jessen,  Prolegomeiia  in  catalog.  Argonaut.  ßoiccg  iyivovto  Q^vyariQsg  x.  r.  A.,  nach  dem  also 
26  wohl  m.  R.  ©f<yjtioü  vorschlägt.  Jessen  meint  die  Gemahlin  des  Thestios  Eurythemis,  die 
weiter  (S.  26.  33. 48),  daß  nach  thespischer  Sage  40  Tochter  der  Kleoboia  wäre,  will  Heyne,  da 
die  Argo  von  den  Thespiaden  (vgl.  den  Art.  man  die  Angabe  des  Vaternamens  vermißt, 
Thespiades)  Tiphys  und  Argos  erbaut  worden  lesen:  EvQvQ-iiiidog  xfig  KXsoäaiov  oder  Evg. 
sei,  und  versteht  darum  unter  den  Sseniddat,  r\  KXsoßoiag.  Als  Gemahlin  des  Thestios  nennt 
des  Diodor  'Thespii  filii'.  Von  solchen  aber  Eumelos  im  Schol.  Apoll.  Bhod.  1,146  die  be- 
weiß die  Überlieferung  nichts  (man  könnte  reits  von  dem  Sisyphiden  Glaukos  geschwän- 
höchstens  an  seine  Enkel  denken),  so  daß  wohl  gerte  Panteidyia,  die  ihm  die  Leda  (s.  unten) 
an  obigen  Stellen  eine  der  häufigen  Verwech-  gebar,  so  daß  diese  yövco  ii\v  FkavTiov,  X6ya> 
seiungen  zwischen  Sianiog  und  Oiatiog  anzu-  8s  ©saziov  war. 

nehmen   ist;   des   letzteren    Sohn   Iphiklos   (s.  Nach  Pseudo-Plut.  de  fluv.  22, 1  ist  Thestios 

oben)  ist  Argonaut;  vgl.  Jul.  Stender,  De  Ar-  50  Sohn  des  Ares  und  der  Peisidike,   der  nach 

gonautarum  ad  Colchos  usque  expeditione  fabu-  langer  Abwesenheit  in   Sikyon   nach   Aitolien 

lae  historia  critica  (Kiel  1874)  p.  9.     [Höfer.]  zurückgekehrt  seinen  Sohn  Kalydon  mit  seiner 

Thestiades  (©affrta^Tjs),  1)  Sohn  des  Thestios  Mutter  in   einer  Lage  fand,   die   ihn  zur  An- 

=^  Iphiklos,  Apoll.  Bhod.  1,  201.  —  2)  Enkel  nähme   eines  Ehebruches  veranlaßte  und  ihn 

des  Thestios  =  Meleagros,  Ov.  Fast.  6,  305.  zum  Mörder  machte.  Voll  Reue  stürzte  er  sich 

[Höfer.]  in  den  nach  ihm  Thestios S^enannten  Fluß,  dem 

Thestias   (Oeatidg),    Tochter   des   Thestios:  späteren  Acheloos.    Sonst  hat  Thestios  nur  ge- 

1)  Althaia,  Aesch.  Choeph.  605.  Ov.  Met.  8,452.  nealogische  Bedeutung;  über  die  Namen  seiner 

473.  Trist.  1,  7, 18.  —  2)  Leda,  Eur.  Iph.  Aul.  Söhne  s.  d.  A.  Thestiadai.    Als  seine  Töchter 

49.   Hei.  133.  Theokr.  22,5»    [Höfer.]  60  (in  der  folgenden  Aufstellung  sind  diejenigen 

Thestios  (Sißtiog).,  1)  Herrscher  von  Pleuron  Zeugnisse,  in   denen   Althaia  und   Leda   zu- 

in  Aitolien,  Strabo  10,  461.  466.  Ov.  Met  4,487.  sammengenannt  werden,  mit  einem  *  versehen) 

Eust.  ad  Hom.  11.  774,  39.  Eudocia  287  (p.  473,  sind  überliefert: 

11  Flach).   Schol.  AD  Hom.  II.  9,629.    H.  D.  a)  Althaia,  Bakchylid.  5,  137.    *Eur.  frgm. 

Müller,   Mythol.  der  griech.  Stämme  1,  210  f.,  515  {Nauck^  bei  Arist.  Bhet.  3,9  p.  1409b,  10. 

nach  welchem  wohl  die  im  östlichen  Teil  der  *  Pherekydes  im  Schol.  Apoll.  Bhod.  1,1^^.  Strabo 

auf  der  Nordseite  der  Tgixojvig  Xl^vt]  wohnen-  10,  466.  Nikandros  bei  Anton.  Lib.  2, 1.  Paus. 

den  GsGtihlg  {Polyb.  6,  7)  benannt  sind.   Er  gilt  8,  45,  6.  Satyros  bei  Theophil,  ad  Autolycum  2,7 


781                         Thestios  Thestor                        782 

(p.  64  Otto  =  F.  H.  G.  3,1G5  frgm.  21).  Apollod.  G.  1,  283  =  Si/nkell  p.  261.  499  od.  Bindorf.). 

*l,7,10j  (1,  62).  1,8,1  (1,64).  JDiod.  4,34.  Zenoh.  Porphyr.  Tyr.frgm.  1  {F.  H.  G.  3,690).  Biodor. 

r),3.S.    So}iol.  ADL  Hom.  11.  9,  567.    Eust.  ad  7,  17  (ed.  Vogel  2  p.  146).    Hei  Satyros  a.  a.  0. 

Jlom.  imi,Hif.  Fudocia '2S7  {\}.  ^7^  Fl.).  Hy-  folgt   auf  Kibsos  fKeisos)   Maron,    auf  diesen 

gim. /•.  14  (47,  8).    157(14,9).    129(112,8).    171  Thestios,  auf  diesen  JixooV  (?).     fHöfer.] 

(27,  19).  173  (28,  18).  174  (29,  7).  Auch  bei  Hy-  Thestor  {Q^arcog),  1)  Sohn  des  ApoUon  und 

gin.  f.  14  (47,  4):    ' Ancaeus  .  . .  Neptuni  fdiiis,  der   Laothoö  {l'herekyd.  FHG  I   p.  88   frg.  70 

matre  Atta  Cathesti  filia^   hat  Heinsius  wohl  bei  nchol.  Apoll.  Bhod.  Arg.  1,  139)   oder   der 

mit  Recht:   ^ Althaea  Thestii  filia^   korrigiert;  Aglaia  {Tzetz.  Lycophr.  427),  einer  der  Argo- 

vgl.  Friedlaender,   Herakles  (Philol.  Untersuch,  lo  nauten  {Apoll.  Bhod.  Arg.  a.  a.  0.  und  aXXoi  im 

a.  a.  0.  Anm.    Schol.  Apoll.  Rhod.  1,  201.    Myth.  schol.  zu  dieser  Stelle),  Vater  des  Kalchas  (Hom. 

Lat.  1,  204,  p.  64, 13  Bode).  Vgl.  Thestias  nr.  1.  B.  1,  69.  Pherekyd.  a  a.  0.  Omd.  met.  12, 19;  27. 

In  Alexandreia  gab  es  u.  a.  eine  Phyle  kXd-r}ig  Statins,  Achill.  1,497;  516.  Hygin.fah.  97;  128; 

...  6cnb  .  . .  &vyaTQ6g  Gsariov  und   eine  Phyle  190.    Qu  Smyrn.  6,67;  68.    Tzetz.  z.  Lycophr  on 

0saTlg   anb   &B6tiov  tov  'AXd-aiag  nccrgog,   Sa-  427;  980;   1047;  978:    ZtQig,  ^vd^cx  xLg  KäXxocg, 

tyros  a.  a  0.;    ebenso   findet   sich   eine  Phyle  011;^    6    Otatogog,   &XX*   ö^ww^og   avtSy  (idvrig 

f)söTi(xSca   auf  Tenos,   C.  I.  G.  2,  2338-g,  gg  ff.  vnb  'HQaxXsog   &vrjQid-r};    vgl.    dazu    Immisch, 

F.  Maaß,  Gott.  Gel.  Anz.  1890,  357  Anm.  1.  Klaros,   Jahrb.  f.  ' Philol.  Suppl.  17,  158),   der 

b)  Leda  s.  außer  den  oben  (unt.  a)  angeführ-  Leukippe  und  Theonoe  {Hygin.  fah.  190),  auch 
ten  Stelleu:  Asios  bei  Paus. '6,  13,8.  Strato  10,  20  des  Theoklymenos  {Hygin.  fah.  128),  ein  Seher 
461.  ^po//orf.  3,10, 5^  (3,125).  Bufinus,  Becogni-  {Hygin.  fah.  190).  Zu  diesem  seinem  Berufe 
tiones  10,21  {Migne  Ser.  Gr.  1,  1433  =  Firmi-  paßt  sein  Name  vortrefflich.  In  ©eotcog  steckt 
cus  Maternus  ed.  Bursian  "p.  b4:,2'2).  Schol.  Eur.  wie  in  0e6Tiog,  ©saTtiog  die  Wurzel  d^sa-  zu 
Gr.  457.  Endocia  276  (454,  16  Fl).  Myth.  Lat.  -Ö-tWo^at  bitten,  beten  {G.Curtius,  Griech.Etym. 
2,132  (p.  119,42  5.).  Lactant.  Plac.  narr.  fah.  1^  1879,  520  Anmerk.  Bechtel-Fick,  Griech. 
Ovid.  6, 1  (p.  661,2  Magnus).  Sero,  ad  Verg.  Aen.  Personennamen*  423.  H.  Boer,  De  nominibus 
8, 1;S0,  wo  statt  Thyestae  fiUas  Ledam  et  Hyper-  Heroum  propriis  quae  in  Biade  inveniuntur  ab 
mnestram:  Ihestii  zu  schreiben  ist.  Vgl.  unten  ethnicis  derivatis,  Diss.  Münster  1914,  53,2. 
nr.  d.  Thestias  nr.  2  und  Clemens  Bomanus  Ho-  Vgl.  Preller- Pleiv,  Griech.  Myth.  2,  480). 

mil.  5,  13  {Migne  2,  184):    NsuiösL  rfj  tov  0s-  30        Thestor  wurde  auch  mit  Idmon,  dem  Sohne 

6riov   rfj    ticcl   At^da    vo^iiöd^siarj    {övo^iccöd'siörjy  des    Apollon    und    der    Asteria    oder    Kyrene, 

Valckenaer,  Diatrihe  in  Eurip.  reliqu.  p.  68  ed.  gleichgesetzt:  Chamaileon  hei  schol.  Apoll. Bhod. 

Lips.);  über  die  Gleichsetzung  der  Nemesis  mit  Arg.  1,  139:  X  qprjct  tov  0£6toQcc  "Id^ovcc  tcccqcc 

Leda  vgl.  Bd.  2,  Sp.  1924,  31.  Bd.  3,  Sp.  129,  9ff.  rotg   &Q%(xioig  -aaXsiöd-aL   diä  zb  ^intsigov  thcct 

128,  20.  (vgl.  Seeliger  oben  2, 105.    Gruppe,  Griech.  Myth. 

c)  Hypermnestra,   Apollod.  1,  7,  10^  (1,  62).  1,  553,  8;  563,  4). 

Schol.  Eur.  Phoen.  173.   L>iod.  4,  68  (wo  die  in  Von  den  romantischen  Erlebnissen  des  Th. 

den  Hss.  oft  vorkommende  Verwechslung  von  und  seiner  Töchter  berichtet  Hygin.  fah.  190 

0867tiog  und  086TLog  Bernhard  in  d.  Lex.  Bd.  1,  (vielleicht   nach    einem    Drama?    vgl.    Gruppe 

Sp.  2844  s.  V.  Hypermnestra   2  u.  3   veranlaßt  40  a.  a.  0.  641,2):   Theonoe  wird  beim  Spiel  von 

hat,  eine  Tochter  des  Thestios  und  eine  solche  Seeräubern  geraubt,  nach  Karien  verschleppt 

des  Thes^pios  anzunehmen).    Serv.  ad  Verg.  Aen.  und  an  König  Ikaros  verkauft,  der  sie  zu  seiner 

a.  a.  0.    Unter  den  auf  der  Basis  des  amyklai-  Geliebten   erhebt.    Der  Vater  erleidet  auf  der 

ischen  Apollon  dargestellten  ©saziov  d'VYccr^gsg  Suche   nach   seiner   Tochter    Schiffbruch    und 

(Paws.  3,  19,  5)   sind  nach  G.  Bathgeher,  Gott-  kommt  als   Sklave  ebenfalls   nach  Karien   zu 

heilen  der  Aetoler  587  b  Althaia,  Hypermnestra  Ikaros.    Leukippe  fragt  Apollon  in  Delphi  um 

und  Leda  zu  verstehen.  Rat,   der  ihr  gebietet:    Pro  meo  sacerdote  per 

d)  Nach  loann.  Antioch.  frgm.  20  {F.  H.  G.  terras  vade  et  eos  reperies.  Sie  schneidet  sich 
4,549)  =  Cedrenus  1,212,1  ed.  Bonn.  =  Mala-  das  Haar  ab,  durchwandert  als  Jüngling  die 
las  82,  6  ff.  ed.  Bonn,  ist  Thestios  König  in  La-  50  Lande  und  gelangt  nach  Karien.  Hier  verliebt 
konien,  Gründer  und  Eponymos  der  Stadt  The-  sich  Theonoe  in  den  angeblichen  Jüngling  und 
stia  am  Eurotas  und  Vater  der  Leda,  der  Kly-  will  ihn,  da  er  ihr  nicht  zu  Willen  ist,  töten 
tia  und  der  Melanippe.  Klytia  findet  ihr  Seiten-  lassen.  Der  Sklave  Th.  wird  gerufen.  Qui  cum 
stück  in  Klytios,  dem  Bruder  der  Althaia;  mit  intrasset  et  gladium  teneret,  Thestorem  se  voci- 
Melanippe  ist  die  gleichnamige  Tochter  des  tari  dixit,  duahus  filiis  Leucippe  et  Theonoe 
Oineus  und  der  Althaia  {Nikand.  bei  Ant.  Lih.  amissis:  ad  hoc  exitium  venisse,  ut  sihi  scelus 
2,1)  und  Melanippos,  der  Sohn  des  Oineus  imperaretur.  Quod  ille  in  se  cum  convertisset 
{Hygin.  f.  69.  Lact.  Plac.  ad  Stat  Theb.1,  A02)  et  vellet  ipsum  se  interficere,  Leucippe  audito 
zu  vergleichen.  patris  nomine,  gladium  ei  extorsit.    Quae  ad  re- 

e)  Clytaemnestra,  Thestii  filia,  Hygin.  f.  240  60  ginam  interficiendam  ut  veniret,  patrem  Thesto- 
beruht  wohl  auf  Irrtum.  rem  in  adiutorio  vocavit.    Theonoe  patris  no- 

2)  In   der  mythisch   chronologischen   Liste  mine  audito  indicat  se  ßiam  esse  eins.   Icarus 

der  makedonischen  Könige  (vgl.  A.  v.  Gutschmid,  autem  rex  agnitione  facta,  cum  muneribus  cum 

Hie  Makedonische  Anagraphe  in  Symbola  Philol.  in  patriam  remisit. 

Bonnens.in  honorem  Fr.  Bitschelii  104ff.  126ff.)  2)  Th.  Vater  des  Alkmaon,  der  von  Sarpe- 

Herakleide:  Herakles-Hyllos-KIeodaios  (Kleo-  don  vor  Troja  getötet  wird,  Hom.  B.  12,  394. 

demos)  —  Aristomachos  —  Temenos  — Kissos  —  Schol.  Ven.  A  sagt  zu  dieser  Stelle:  on  ov  KäX- 

Thestios— Merops,  Theopompos  frgm.  30  {F.  H.  xavtog  ccdsXcpbg  liXxndoov,   aXX'  u(io3VV[jLog,  insl 

26* 


783                      Thestorides  Thethis                         784 

XQoaidiixsv  &v  Ti  «/?  dtdyvoaaiv.   Ahnlich  schol.  unbekannter  Herkunft    befindet    sich   jetzt   in 

Touml.x   £^f]ilov,    tl  KdXxavxöis  iexiv  &.diXtpöq.  Paris   im  antiken  Münzkabinett  und  ist   ver- 

il  9h  ^v,  xSv  duad(priasv  &  jrotrjTtjV  ötfentlicht  von  De  Witte,  Catah  Durfoid i229q. 

Gruppe  a  a.  0.  1,  640 f.  bemerkt,  daß  der  nr.  1975,  von  Gerhard,    Über  die  Mctdllspiegel 

NamediesesTheatoriden  Alkmaon  an  Alkmaion  pl.  III  und  Etr.  Spiegel  3,  217,  Taf.  CCXXXI 

aus  dem  Amjthaonidengeschlecht  anklinj^t,  mit  und  von  Fabretti,  C.  I.  I.  nr.  2625.  Der  sechste, 

dem  der  Thestoride  Kalchas  in  Verwandtschaft-  der  im  Besitz  des  Grafen  Bucciosanti   in  Or- 

lichen  Beziehungen  steht.  Argivische  Kolonisten  vieto   ist,   ist  herausgegeben   von    Gamiirrini, 

brachten  die  Sagen  von  Kalchas  und  seint»m  Append.  nr.  651,  und  der  siebente  endlich,  der 

Geschlecht   nach    Rhodos   und    der   Südküste  lO  in  Rom  in  d6r  Sammlung  Alessandro  Castellani 

Kleinasiens  (vgl.  auch  Hygin.  fah.  190).    'Daß  sich  befindet,  von  Gamurrini,  Append.  nr.  902. 

jener  Thestoride  Alkmaon  von  der  Hand  des  Nicht  enthalten  ist   der  Name  unserer  (iöttin 

ebenfalls   im   Süden   Kleinasiens    lokalisierten  auf  dem  Spiegel  {Fabr.  nr.  106)  des  Florenti- 

Sarpedon  fällt,  scheint  demnach  eine  politische,  ner  Museums,  wo  statt  -O-e-ö^is  vielmehr   e-O-is 

den  Gegensatz  zwischen  rhodischen  und  joni-  (s.  d.)  zu  lesen  ist,  der  Name  einer   anderen 

sehen  Ansiedlem  in  Lykien  betonende  Sage.'  Göttin.    Den  Spiegel  Fabr.  nr.  109  {orig.  ine.  1) 

8)  Th.,  der  Sohn  des  Enops,  ein  Trojaner,  habe  ich  s.  v.  pele  beschrieben:    Peleus  (pele) 

Wagenlenker  des  Pronoos,  von  Patroklos  er-  trägt  die  Thetis  (ß-ed-is)  unter  dem  Schreckens-' 

schlagen,   Hom.  II.  16,  401  (vgl.  schol.  Ven.  ß  schrei    der   tarsura   (s.   d.)   davon.     Auch    der 

und    Townl.  zu    dieser    Stelle).    Roer  a.  a.  0.  20  Spiegel    Fabr.    nr.  1068    (Perugia)    zeigt   den 

möchte  den  Namen  dieses  Trojaners  von  der  pele  und  die  -ö-e^is  und  ist  gleichfalls  von  mir 

thrakischen  Stadt  SiattoQog  (vgl.  Steph.  Byz.)  s.  v.    pele    beschrieben.    Die    beiden    Spiegel 

ableiten.  Garn.  nr.  651    und   952  enthalten  den   Peleus 

4)  Th.,  ein  Trojaner,  der  von  Aias  getötet  gleichfalls.    Die  dargestellte  Szene  ist  die,  daß 

wird,  Qu.  Smym.  3,  229.     [Bubbe.]  -ö-e^is,  in  deren  Begleitung  sich  eine  dienende 

6)  Gefährte  des  Odysseus  bei  dem  Kirke-  Frau,  calaina  genannt,  befindet,  sich  das  Haar 
abentener,  dargestellt  mit  einem  Schweinekopf  ordnet,  wobei  pele  sie  erblickt  und  von  ihrer 
und  inschriftlich  als  GEZTß?  bezeichnet  auf  Schönheit  hingenommen  ist.  Auch  auf  dem 
einem  sogenannten  Homerischen  Becher  aus  dem  Spiegelbruchstück  GaM.  nr.  952  überrascht  der 
phthiotischen  Theben,  Arbanitopullos ,  'E(pr\a.  30  mit  der  Chlamys  bekleidete  Peleus  (peleis)  die 
äqi.  in,  1910,  83  Pinax  2  Fig.  1.  M^ochenschr.  mit  einem  schön  gesäumten  Peplos  angetane 
f.  klass.  Phil.  1911,  131.  Franz  Müller,  Die  an-  Thetis  (^ei^is),  die  vor  ihm  flieht;  von  beiden 
tiken  Odyssee-Hlustrationen  64  f.  [Höfer.]  Figuren  ist  nur  der  untere  Teil  erhalten.  Aus 
Thestor ides  (SsaTogiSrig),  Beiname  1)  des  diesen  Spiegeln  folgt  die  Identität  der  d^ed-is 
Kalchas,  des  Sohnes  des  Thestor  (s.  d.),  Hom.  11.  mit  der  griech.  Thetis.  Die  übrigen  Spiegel 
1,69;  Stat.  Achill.  1,A^1  u.bl6;  Christod.  ecphr.  stellen  andere  Szenen  dar,  an  denen  Peleus 
2,  61;  Oo.  Met.  12,  19  u.  27;  eine  Glosse  ©.  nicht  beteiligt  ist.  Der  Spiegel  von  Tosca- 
bei  Hesych  ist  verdächtig  und  ohne  Bedeutung.  nella  enthält  fünf  Personen:  in  der  Mitte  sitzt 
—  2)  Des  von  Sarpedon  getöteten  Alkmaon,  Odysseus  (uO-ste),  zu  seiner  Linken  Achilleus 
Hom.  IL  12,  394.  Schol.  A  bemerkt  dazu,  daß  40  (a;fle),  der  sich  auf  seinen  Speer  stützt;  hinter 
dieser  Thestoride  nicht  Bruder  des  Kalchas  sein  Odysseus  steht  Thetis  (t^e^is),  welche  die  He- 
könne,  da  dies  sonst  gesagt  wäre.  S.  Gruppe,  lena  (elinei)  ansieht;  Menelaus  (menle)  endlich 
Gr.  M.  641,.  Vgl.  Thestor  2.  [Ruhl.]  sitzt  zur  Rechten,  die  Hände  auf  die  Knie 
Thethis  (-O-ed-is)  ist  die  etruskische  Wieder-  gestützt.  Auf  dem  Spiegel  Fabr.  nr.  2;U6  bis 
gäbe  des  Namens  der  griechischen  Göttin  b  Cerveteri,  den  ich  s.  y.  qpul^sna  genauer  be- 
Thetis  {Deecke  in  Bezzenbergers  Beiträgen  2,  schrieben  habe,  hatten  wir  sechs  Personen: 
164  nr.  13).  Der  Name  befindet  sich  auf  zehn  Polyxena  (qpulqpsna),  Aias  (aivas),  Venus  (tu- 
Bronzespiegeln,  von  denen  einer  aus  Perugia,  ran),  Menelaos  (menle),  Thetis  (-O-e-^-is)  und 
einer  aus  Toscanella,  einer  aus  Cerveteri  stammt,  'Herkules  (hercle).  Den  Spiegel  l^afer.  nr.  2477 
während  die  übrigen  unbekannter  Herkunft  50  (orig.  ine.  2)  habe  ich  s.  v.  -ö-esan  beschrieben. 
sind.  Um  diese  Spiegel  auseinander  zu  halten,  Er  enthielt  die  vier  Personen  tinia,  '9-e8an  und 
bezeichne  ich  sie  im  folgenden  mit  ihren  -ö-eO-is,  die  beide  dem  ersteren  eine  Meinungs- 
JPo6rettt-Nummern.  Die  Literatur  des  Spiegels  Verschiedenheit  vortragen,  und  menrva.  Den 
von  Perugia  {Fabr.  nr.  1068)  habe  ich  s.  v.  Spiegel  Fabr.  nr.  2506  {orig.  ine.  3)  habe  ich 
pele  angegeben.  Der  Spiegel  von  Toscanella  s.  v.  tin^un  genauer  beschrieben.  Die  Darstel- 
lst verönentlicht  von  Fabretti,  C.  1. 1.  suppl.  2  lung  enthielt  vier  Personen :  tinO-u  und  evan 
nr.  106.  Die  Literatur  des  Spiegels  von  Cer-  in  zärtlicher  Umarmung,  d-ed'is  und  tvami  (V) 
veteri  {Fabr.  nr.  2346  Ws  ^)  habe  ich  s.  v.  qpul-  als  Zuschauer.  Auch  der  Spiegel  Fabr.  nr. 
qpsna,  die  des  ersten  Spiegels  unbekannter  Her-  2514ter  {orig.  ine.  4)  ist  s.  v.  priumne  von  mir 
kauft  {Fabr.  nr.  109),  der  jetzt  im  Florentiner  60  schon  beschrieben.  Er  enthält  vierPersonen :  pri- 
Museum  ist,  habe  ich  gleichfalls  s.  v.  pele  ge-  umne,  'O-eO-is,  ziumi^e  (Diomedes)  und  eine 
geben,  die  des  zweiten  {Fabr.  nr.  2477),  der  vierte  mit  der  unleserlichen  Beischrift  cl ... -O-e. 
sich  jetzt  im  Vatikan  befindet,  s.  v.  -ö-esan.  Der  Spiegel  Fabr.  nr.  2525  {orig.  ine.  5)  hat 
die  des  dritten  {Fabr.  nr.  2506),  der  jetzt  im  vier  Figuren:  in  der  Mitte  die  Thetis  (-ö-ei^is), 
Berliner  Museum  ist,  s.  v.  tin^n,  die  des  vier-  geflügelt,  mit  reichem  Schmuck  und  herabge- 
ten  {Fabr.  nr.  2514 ter)^  der  früher  zu  Rom  in  glittenem  Gewand;  sie  hat  die  Rechte  auf  die 
der  Sammlung  Campana,  jetzt  im  Petersburger  Schulter  des  Achilles  (a;^le)  gelegt,  von  dem 
Museum  ist,  s.  v.  priumne.    Der  fünfte  Spiegel  sie  Abschied  nimmt;   rechts  vom  Achill  steht 


785  Thetis  (Genealogie)  Thetis  (und  Peleus)  786 

sein  noch  knabenhafter  Sohn  Neoptolcmos  (ne-  18  p.  58,  24  f.     Kuripidcs  (frgm.  488  N.*   vgl. 

vtlane);  ganz  links  sitzt  eine  im  Schmuck  der  Pseudo-Eratosth.    Cutast.    18.     Schol.  German. 

^e&is  sehr  ähnliche,  jedoch  ungetl (igelte  Frau  Caes.  Arat.  p.  79 , 3.  141,6  ed.  lireysig.    Com- 

ohne    Beischrift.     Daran,    daß    die    -ö-e-ö-is   die  mentar.  in  Aratuinreliquiae  ed.  J^.  Maaßp.  21^) 

griechische  Thetis  sei,   ist  kein  Zweifel  mög-  autem  in  Melanippa  Hippen {Melanippenliunte), 

lieh.     [C.  Pauli.]  CJiironis  Centauri  fdiam,  Thetin  antea  apjjella- 

Thetis  (0£Ttg*);  Ennius  bei  Varro,  De  ling.  tum  dicit;   vgl.  v.  Wilamowitz ,  Antigonos  von 

Lat.  7,87   hat   für  Thetis   die    Form  'Thelis').  Karystos  {Fhilol.  Unters.  IV)  S.  134.    Jn  diesem 

Genealogie:  Nach  der  Überlieferung  eine  der  Zusammenhang   ist   auch    die   euhemeristische 

Nereiden  {ocXlcci,  Hom.  IL  18,  432.  139),  Tochter  lo  Erzählung  des  Staphylos  von  Naukratis  {frgm.  2 

des  Nereus  (s.  d.)  — ,  der  aber  bei  Homer  nie  F  H.  G.  4,  505  f.)  im  Schol.  Apoll.  Bhod.  4,  81G. 

mit  diesem  Namen  genannt  wird,  sondern  als  JEudocia  226  (p.  364  Flach)  zu  erwähnen,  nach 

aXtog  y£Q(ov  {IL  1,  538.  556.  20,  107.  24,  562.  der  Cheiron  im  Bestreben,  den  Peleus  berühmt 

Od.  24,58;  vgl.  Paus.  3,21,9)  oder  mit  Bezie-  zu  machen,  Philomela,  die  Tochter  des  Aktor, 

hung   auf  Thetis   als   TtavijQ   yigcov  {IL  1,358.  zu  sich  entboten,  und  das  Gerücht  ausgesprengt 

18,  36)  erscheint  — ,  Hes.  Theog.  240.  244.  1003.  habe,  Peleus  wolle  auf  Be.schluß  des  Zeus  die 

1006.  Apollod.  1,  2,  7  (1, 11  W.).   Pind.  Pyth.  3,  Thetis  heiraten,  und  zu  dieser  Hochzeit  würden 

92  (163).  Eur.  Iph.  Aid.  949.  Tzetz.  Älleg.Hom.  die  Götter  unter  Sturm  und  Regen  erscheinen. 

IL  1, 120.    Ihre  Mutter  ist  Doris,  Hes.  a.  a.  0.  Dann  habe   er  die  Zeit  eines  Gewitters  abge- 

241.    Apollod.  a.  a.  0.    Tzetz.  Exeges.  in  Honi.  20  wartet  und  die  Philomela  dem  Peleus  vermählt, 

Jl.  p.  60,2   ed.  G.  Hermann.    Daher  heißt  sie  und  so  habe  sich  das  Gerücht  behauptet,  Peleus 

Nr]Qtt'g,  Nrigritg,  JVrjptrr],  Bruchmann,  Epitheta  habe  die  Thetis  geheiratet;  vgl.  oben  Sp.  785, 

deorum  p.  159  f.    Luc.  Dial.  deor.  1,  2.    Dial.  63.  Erzogen  wurde  Thetis  von  Hera,  Hom.  IL 

w?ar.  11,2  u.ö.  Unter  ihren  Schwestern,  den  50**)  24,60.   ApoUod.  3,l'6,b^  (3, 169W.),  eine  Form 

Nereiden,  nimmt  sie  die  hervorragendste  Stelle  der  Sage,  die  auch  den  Kyprien  schon  bekannt 

ein:  Nr]Qr]id(ov  ScQLGTa.,  Alkaios  im  Papyr.  Oxyr.  war,   die  erzählten,   daß  Thetis  ^'Hgcc  x^oi^^o- 

nr.  1233,  Bd.  10,  S.  55,  Col.  ü,  11.     zltonoLva  iiivr]^  den  Liebesbund  mit  Zeus  zurückgewiesen 

(bzw.  TiQsaßsiQcc)  nsvxr\v.ovxu  Nrigritdoav  y.oq&v,  habe;  ähnliches  berichtete  auch  Jlesiod  (frgm. 

Aesch.  {frgm.  174  N.^  im  Schol.  Arist.  Ach.  883.  80,  Leipzig  1902),  Volum.  HercuL  colL  alt.  8, 105 

NriQr'idcov  Ttgatta,  Eur.  Iph.  Aul.  1078.  jtQSGßiGrri  30  und  dazu  Beitzenstein,  Ind.  lect.  ncad.  Bostoch. 

9vYarT]Q    alioio    y^govrog,    Orph.  Argon.  12eQ.  1891/92,  S.  In.  JTermes  35  (1900), 73  flf.  Es  scheint 

Über  die  Frage,  ob  Thetis  von  Haus  aus  eine  diese  Erzählung  von  der  Erziehung  der  Thetis 

Nereide  gewesen  ist,  s.  unten  Sp.  793f.    Neben  durch  Hera   eine  Parallele  zu  der  Erziehung 

der  gewöhnlichen  Überlieferung,  die  der  Thetis  der  Hera  durch  Tethys  (s,  d.). 
den  Nereus  zum  Vater  gibt,  findet  sich  eine  Thetis  und  Peleus  (s.d.).  Über  dieGewin- 

andere  spätere,   die  an  Stelle  des  Nereus  den  nung  der  Thetis  durch  Peleus  hat  Bloch  Bd.  3, 

Cheiron    nennt,   der  ja  in   der  Thetis -Peleus-  Sp.  1833  ff.  hauptsächlich  im  Anschluß  an  Grä/", 

Achilleussage    eine    große    Rolle    spielt;    vgl.:  Arch.  Jahrb.  1  [1886],  196  ff.  und  Beitzenstein, 

^LUTTScpavijyiccaL  de  rivsg  xal  negl  rfjg  'AxiXXtcog  Hermes  35,  73  ff.  gehandelt.   Inzwischen  ist  die 

fir]r()d?,    y.a9-dnBQ   Avai^Lay^og   {F.  H.  G.  3,  338  40  treffliche  (vgl.  auch  >S?'^^W2^s&er.  d.p/^^7o.'J.-p/^^7oZ. 

frgm.  11)  6  'Al^h^avdQBvg  iv  ta  ösvTegqj  r&v  N6-  u.  hist.  Klasse  der  K.  Bayr.  Akad.  d.  Wiss.  zu 

6t(ov  xara  Xi^iv  Xsycov  Zovidag  {F.  H.  G.  2,  465  München  1915,  lü  S.  17,  Anm.  2)  Dissertation 

frgm.  6;   das  Fragment  gehört  in  die  Gsößcc-  \on  J.  Kaiser,  Peleus  und  Thetis  {Mimchen  ldl2) 

XtTcd,    B.  Graef,    Arch.  Jahrb.    1    [1886],    199  erschienen.  Ihre  Verwandlungsgabe  erwähnt  zu- 

Anm.  4)   yag   xal  'AgiaroreXrig   6   Ttsgl   Evßoiccg  erst  Pindar,  Nem.  4,  64 ff.  (101  ff.);   vgl.  Para- 

nsTtgccyxatsvuEvog  v-ccl  6  rovg  ^gvyiovg  Xoyovg  doxogr.  Vatican.  33   in  Berum  natur.  scriptor. 

ygccipag  v.ccl  Jcct^axog  (vgl.  F.  H.  G.  2,442  frgm.  8)  ed.  Keller  1,110  (vgl.  v.  Wilamoiüitz,  Euripides 

Ttal    zliovvOLog    0    XaX-Kidivg   {F.  H.   G.  4,  394  Herakles   1,  272,  1»  =  23^,  45):    nag'  V^rjgcp 

frgm.  6)    ov    rrjv    nsgl   'A%LXXhog    ÖLB67iagaivr\v  ngcorsvg   stg  Tcdvra  fiftf ftopqpO'ÖTO ,    yiccd^ä   Ging 

dcffi-nav  7]iitv  ini  x<^9(^S  ^ö^ccv  ocXXd  xovvccvxiov  50  (so  Bohde  für  y.ad'ä  xig  der  Hdschr.)  -nocgd  TLiv- 

ol   ^hv   ix    Osxidog   avxbv   voni^ovat   ysyov^vai  daga;  \gl.  Eust.  a.d  Hom.  0(^.1685,64.    Tzetz. 

Tf]g  Xaigcovog,  Jat^axog  {F.  H.  G.  2,  4:4:2  frgm.  S)  Chiliad.  4,519.    Daß  bei  Pind.  a.  a.  0.  nvg  öh 

Sh  ix  ^iXo^iriXag  tfjg  "A-nxogog  (vgl.  unten  Sp.  786,  Ttccyngaxsg    Q^gaGv^ccxcivoov    xs   Xsovxcav    Qvv%(xg 

14  f.).    Cheiron  als  den  Vater  der  Thetis  nennen  ö^vxdxovg  d%[Ldv  xorl  dsLvoxdxcov  axdoaig  odov- 

ferner   Tzetz.  Prooim.  in   Hom.  Alleg.  IL  426.  xo3v  ^yccasv  v^^id-govcov  ^iav  Nrigstdcov  eine  Ver- 

443.  451.   Alleg.  Hom.  11.1,180.  18,134.    Schol.  Wandlung  der  Thetis,  wie   das  eine  Scholion 

zu   Tzetz.  Alleg.  Hom.  IL  bei   Cramer,  Anecd.  meint,   al'g  xs  nvg  y.a.1  sig  Xiovxa  yial  slg  dia- 

Oxon.  3,  377,  28  ff.     Tzetz.  Antehom.  180   und  (pogovg  Idiccg  zu  verstehen  ist,  ist  wahrschein- 

Chiliad.  6,  996.  Bictys  1, 14.  6,  7.  Malalasb,  41  lieber  als  die  Interpretation  des  anderen  Scho- 
p.  97, 14  ff.  edi.Bonn.'y  vgl.  Hygin.  Astronom.  2,  60  lions,  das  nur  eine  Verwandlung  in  Feuer  an- 
nimmt (ro  öl  Xbovxcov  -ugaxovv  nvg,  co  dnsixcc- 

*)   Bisweilen   auch    &e^t;,    z.  B.  auf   den  Vasen   bei  ^sv  iccvXTjV  7]  Oexig)     Ygl.  QMCh  Schol.  Pind.  Nem.  i 

Overbeck,  GatLher.Bildw.  T&t.7,6.    Mon.  ined.  Ylll,  Ib,  auf  3,60:    nSXeßccXXs    xdg    ^ogq)CCg    6x£    ^8V    slg  nvg^ 

dem  Spiegel  Annali  d.  /.  4,10,7,  so  fast  regelmäßig  auf  ^^^  ^^  ^^^  q.     '       Yon  einer  Verwandlung  der 

den   etrusk.  Spiegeln:   Tgl.  Klügmann-Körte,  Etr.  Spiegel  Y  mu^j.-        ?      «n  '  ps^j  •   t-4.   „    „u    X/' .„  • 

rr«f  Q7   c  10Q  /M  *  \     o     An  ■4-  1  Ihetis  iig  öiacpogovg  iöiag  spncht  auch  Eurt- 

Taf.  97,  S.  123   (We5^<c);    Röscher,    De   asptrahoiie    vulg.  ap.  .,       ,/.    '        .,/?r.o  tit^x    •         otit?       i,       ^-c 

Graecos  S.  21f.  (vgl.  Art.  Thethls  von  Pauli).  P^^^^  (A'fi'»«-   1^93  N.")    im    Schol.   Lykophr.    1/5 

**)  Vgl.  Röscher,  Die  Zahl  50  in  Mythus,  Kultus,  Epos  u.  (P-  ^ö,  4).    SophokUs   {frgm.  561)   im   Schol.  Pind. 

Taktik  der  Hellenen  etc.  S.  16  ff.  Nem.  3,60   nennt  Thetis  nccvx6[Logrpog  und  er- 


787 


Thetis  (und  Peleus) 


Thetis  (und  Peleus) 


788 


1)  Th«tit  ringt  mil  Peleus,  anwisend: 
(oftoh  Otrkard,  AmmrL  Vom,  III,  8^7  : 


l'hciron  und  Nert'ido,  \':no  in  .MUmhcn 
Baumeitter,  J)«iikm.  S.  1799  Fig.  1882). 


wähnt  ihre  Verwandlung  in  Xioav  Sgcixcav  rs,  20  daß  er  dort 
TTvp,  vd(OQ^  frgm.  164  bei  Schol.  Find  Nem.  3,  Mädchengewandung 
60;  vgl  ApoUod.  S,  IS,  A^  (13,170):  nvg,  vdoop, 
^-ngiov.  Bei  Oo.  Met.  11,  243  ff.  verwandelt  sie 
sich  bald  in  einen  Vogel,  bald  in  einen  Baum 
oder  in  eine  Tigerkatze.  Von  einer  Verwand- 
lang in  einen  Tintenfisch  (ffrjTrta)  berichtet 
Schol.  Apoll.  Rhod.  1, 682.  Schal  Eur.  Ändr.  1265. 
Etym.  M.  711,  21.  Schol.  Lykophr.  176  (p.  85,5). 
Tümpel,  Bemerkungen  zu  einigen  Fragen  der 


naxuG'KivdGcci.  Touro)  dh  roi  do- 
Qccxi  xal  TlqXtvi  iv  rcclg  ^äxocig 
rigiatsvas  xal  /tfra  raöra  kxil- 
Xfvg.  ii  iatOQia  nccgä  tm  ra  Kv- 
ngia  Ttoii^aavTL  (vgl.  Äoollod. 
bibl.  3, 170  IT.).  Eine  großartige 
bildliche  Darstellung  des  Hoch- 
zeitszuges der  Götter  auf  dem  Pe- 
lion,  um  dem  vor  dem  Gsridstov 
(in  dem  die  sich  entschleiernde 
i»ir30  sitzt)  stehenden  Peleus 
ihre  Hochzeitsgaben  darzubrin- 
gen, verdanken  wir  der  FrauQois- 
vase  (s.  Fig.  3). 

Als  Achilleus  (s.  d.)  neun  Jahr 

alt  war  und  Kalchas  verkündet 

hatte,     daß     ohne     ihn     Troja 

nicht  bezwungen  werden  konnte, 

brachte  Th.  ihn,  da  sie  wußte, 

seinen    Tod    finden    werde,    in 

zum    König    Lykomedea 

(s.  d.)  nach  Skyros  (s.  d.),  Äpollod.  3,13,8  (3, 

17 IW.).  Schol  Harn.  JM ,  4 1 7 .  Schol  Townl  Hom. 

11  19,326.    Eust.  ad  Hom.  II  11«7,  15.    Tzetz. 

Chiliad.  4,  998  ff.  8,79811'.    Hygin.  f.  96.   Als  er 

trotzdem  am  Kriege  teilnimmt,  gibt  sie  ihm  in 

mütterlicher  Fürsorge  eine  Truhe  mit  Röcken, 

Mänteln  und  Decken  mit,   Hom.  II  16,  222 ff., 


schickt  ihm  als  Begleiter  den  von  ihr  und  Pe- 
griech.  Bdigionsgesch.  {Progr.  Neustetti'n  1887)  so  leus  aufgenommenen  Epeigeus  (s.  d.)  mit,  warnt 


S.  11.  Nach  den  letzteren  Stellen  hätte  Peleus 
die  Thetis  in  dieser  Gestalt  überwältigt  und 
sich  ehelich  mit  ihr  verbunden:  xar^tyj^ev  airrip 
iv  or\niag  (togcpjj  "kccI  iulyr]  airy  (vgl.  Schol  in 
JDosith.  ara  p.  347  in  Schol.  in  Theocrit.  ed.  Wen- 
del), o^sv  nal  Zr]nLccg  %(ogiov  Mccyvriöiag  ©sr- 
raUxiis.  Damit  vergleiche  man  Schol  Lyk.  178 
(p.  89,  16 ff.):  6  de  EvgntiSrig  una^  qpTjffl  niyfjvcct 
Ihilia  x^  GixiSi  iv  riß  Ztirnddi.  xai  Sxbqoi,  gvv 


ihn  zuerst  vom  Schiffe  ans  Land  zu  steigen, 
da  der  erste  fallen  müsse  (s.  d.  Art.  Protesi- 
laos),  Äpollod.  Epit.  3,  29 ;  ebenso  hatte  sie  ihn 
gewarnt,  den  Tenes  (s.  d.)  zu  töten,  da  er  sonst 
von  der  Hand  des  ApoUon,  als  dessen  Sohn 
nach  einer  Überlieferung  Tenes  galt,  fallen 
werde,  Äpollod.  Epit.  3,  26.  Wagner,  Curae  my- 
thogr.  196.  Gruppe,  Gr.  Myth.  670  Anm.  2.  Nach 
Späteren  hatte  sie  ihm  einen  Sklaven  (o^xErrj?, 


aitm.  Scheer  zu  Schol  Lyk.  178  verweist  auf  40  Plut.  Quaest.  Gr.  28)  oder  einen  ^Mahner'  {{Lvr^ 
Eur.  Ändr.  1265,  doch  findet  sich  dort 
nur  die  Erwähnung  des  Vorgebirges  Se- 
pias,  nichts  aber  von  einer  ehelichen  Ge- 
meinschaft. Nauck  hat  daher  die  Stelle 
unter  die  Fragmente  aufgenommen  (frgm. 
1093).  Von  einer  Verwandlung  in  eine 
Robbe  (qpcbxij)  berichtet  Ptolem.  Heph. 
hei  Photius,  Bibl  ed.  Bekker  149b,  1  ff., 
freilich  nicht  gelegentlich  des  Ringkamp- 
fes mit  Peleus,  sondern  er  erzählt,  daß 
Thetis,  dneixuöd-staa  (pa>y,Tj,  die  Helena 
bei  der  Abfahrt  der  Griechen  von  Troia 
getötet  habe.  Sonst  ist  die  Verwandlung 
in  eine  (ptoxr]  (so!  nicht  qpvxrj  [cpvxr}  =  ein 
unbekannter  Fisch],  wie  z.  B.  Tümpel 
a.  a.  0. 12***  noch  schreibt)  der  Psamathe 
(8.  d.),  der  Schwester  der  Thetis,  eigen, 
Äpollod.  3, 12,  69  (3, 158  TT.). 

Es  folgt  jetzt  die  in  den  Kyprien  und 
in  Vasenbildem  (s.  unten)  gefeierte  Hoch- 
zeit des  Peleus  und  der  Thetis  (vgl.  Epic. 
graec.  frgm.  ed.  Kinkel  I  p.  22  fr-  2  = 
Schol.  Ven.  Ä  etc.  ad  II.  U 140:  xara  yag 
xbv  HriUcog  xal  GixiSog  ydnov  oi  d'sol 
avvax^ivtsg    elg    x6   U'qhov    in*   sioaxia 

i*6lU^0V  HriUl  d&ga,  XdgoiV  Sl  flsUap  j,  p^^^^,  ^^^^^  ^it  ^^,i^  einen  Löwen  und  Schlange  verwandelten 
St^alfj  xeiltov  Slg  ÖOgv  nagiöXB.  (paal  ÖS  ThetU,  Innenbild  einer  r.-f.  Vulcenter  Schale  in  Berlin  (nach  Gerhard, 
Ad-rivav    ^ihv    ^iöai    aino,     H(patÖCOV    dh        Trinkichalen,  Tat.  IX,  l  =  Baumeister,  Denkm.  9. 1191  Fig.  IS8I). 


789  Thetis  (Achilleus  etc.) 


Thetis  (u.  Neoptol.,  Zeus,  Hera  etc.)     790 


3)  Die  Hochzeit  des  Peleus  und  der  Thetis:  Ton  links  nach  r.:  Hera,  Zeus,  Urania,  Kalliope,  Hören,  Dionysos, 
Chariklo,  Hestia,  Demeter,  Iris,  Cheiron,  Peleus,  Thetis  (nach  Baumeitter,  Denkm.,  Taf.  LXXIV). 


ficav)  mitgegeben,  der  ihn  an  die  Weissagung 
erinnern  sollte,  Schol.  Lykophr.  232  (p.  106,27 
Scheer).  241  (p.  108,  25);  vgl.  J^Just.  ad  Hum.  Od. 
1697,  57.  V.  Holzinger,  Lykophrons  Alexandra 
8,  206.  Sie  hat  ihm  sein  Doppellos,  kurzes  Le- 
ben, aber  dauernden  Nachruhm  auf  der  einen, 
langes  ruhmloses  Leben  auf  der  anderen  Seite 
vorgelegt,  Hom.  II.  9,  410ff.,  nachdem  Zeus  ihr  20 
es  verkündet  hatte,  Schol.  Hom.  2Z.  1,  417.  Über 
die  Warnung  an  ihn,  den  Hektor  zu  töten, 
8.  unten  Z.  29  ff.  Sie  hört  die  verzweifelten  Aus- 
brüche des  Schmerzes  ihres  Sohnes  um  den 
toten  Patroklos  und  eilt  mit  dem  gesamten 
Gefolge  der  Nereiden  aus  der  Tiefe  des  Meeres 
zu  ihm  {Hom.  IL  18,  35ff.),  und  als  Achilleus 
ihr  seinen  festen  Entschluß,  den  Hektor  zu 
töten,  mitteilt,  eröffnet  sie  ihm,  daß  nach  Hek- 
tor auch  er  bald  fallen  müßte  (v.  94  f.  Flaio,  30 
Apol.^.  2Sc),  verspricht  ihm  aber,  ihm  neue 
Waffen  von  Hephaistos  zu  beschaffen  (v.  135  ff.). 
Am  folgenden  Morgen  überbringt  sie  dem  Sohne 
die  neuen  Waffen  {Hom.  II.  19,  Iff.  Hygin.  f. 
106.  Ov.  Met.  13,288;  vgl.  Apollod.  Epit.  4,7) 
und  kehrt,  nachdem  sie  den  Leichnam  des  Pa- 
troklos durch  Ambrosia  und  Nektar  vor  Ver- 
wesung geschützt  hat*),  ins  Meer  zurück  (19, 
soff.).  Im  Anschluß  daran  erzählt  Phylarchos 
ifrgm.  82  F.  H.  G.  1,  357)  im  Schol.  Find.  Nem.  40 
4,81  und  Schol.  Lykoi.hr.  175  (p.  84,  32ff.),  daß 
Hephaistos  die  fertigen  Waffen  nur  unter  der 
Bedingung  habe  geben  wollen,  daß  ihm  Thetis 
ihre  Liebe  schenke  (vgl.  die  ähnliche  Sage  von 
Athena  und  Hephaistos,  Apollod.  3, 14, 6,).  Diese 
habe  es  ihm  zugesagt,  habe  aber  erklärt,  sie 
wolle  die  Waffen  erst  anlegen,  um  zu  sehen, 
ob  sie  dem  Achilleus,  dem  sie  an  Gestalt  ähn- 
lich sei,  auch  passen  würden.  Hephaistos  sei 
auf  ihren  Wunsch  eingegangen,  sie  habe  die  50 
Waffen  angelegt  und  sei  entflohen.  Da  Hephai- 
stos (wegen  seiner  Lahmheit)  sie  nicht  habe 
einholen  können,  habe  er  nach  der  Fliehenden 
seinen  Hammer  geworfen  und  sie  schwer  am 
Knöchel  verletzt.  Sie  habe  Heilung  gefunden 
iv  Ttt>  ccn  avtfjg  tiXtiQ-evtl  ©stlösIco  (vgl.  Sp.  792). 
Auch  auf  ihren  Enkel  Neoptolemos  (s.  d.) 
erstreckt  sich  ihre  Fürsorge:  um  ihn  dem  Ver- 
derben, das  den  heimkehrenden  Griechen  in- 
folge des  Zornes  der  Athena  droht,  zu  ent-  60 
ziehen,  rät  sie  ihm_,  während  die  anderen  von 
Tenedos  abfahren,  zwei  Tage  auf  der  Insel  zu 
bleiben  und  zu  opfern,  Apollod.  Epit.  6,5.  In 
den  NoGxoi  p.  53  Ki.  und  bei  Apollod.  Epit.  6,12 
(vgl.  Schol.  Lykophr.  902  p.  291,  29  Seh.)  heißt 
es,  daß  Neoptolemos  Geridog  vrcod-snivris  ns^y 

*)  Vgl.  Röscher,  Nektar  und  Ambrosia  S.  58  f. 


TCoiEiTcn  rrjv  Tcogsiccv.  Da  eine  Fußwanderung 
von  Tenedos  nicht  möglich  ist,  muß  man  an- 
nehmen, daß  diese  Wanderung  erst  später  be- 
gonnen hat:  Neptolemos  entgeht  durch  seinen 
Aufenthalt  auf  Tenedos  dem  Sturm,  fährt  dann 
ab,  landet  in  Thessalien  und  beginnt  hier, 
nachdem  er  av^ßovXfj  Oiridog  seine  Schiffe  ver- 
brannt hat,  seine  V\  anderung,  Schol.  Hom.  Od. 
3, 188.  Eust.  ad  Hom.  Od.  1463,  35.  F.  Stiehle, 
Fhilologus  8  (1853),  68  f.  Wagner,  Curae  my- 
thogr.  270  ff.  Gruppe,  Gr.  Myth.  698,4.  Nach- 
dem er  in  Delphoi  auf  Anstiften  des  Orestes 
erschlagen  worden  ist  und  sein  Leichnam  von 
seinen  Dienern  nach  Phthia  gebracht  worden 
war,  erscheint  sie  dem  greisen  Peleus  und  gibt 
ihm  den  Auftrag,  den  Leichnam  des  Enkels  in 
Delphoi  zu  bestatten,  Eur.  Andr.  1239  ff.  1263  ff. 
Allein  unter  allen  Göttern  half  sie,  von  ihrem 
Vater  Nereus  auf  die  dem  Zeus  drohende  Ge- 
fahr hingewiesen  {Schol.  Hom.  II.  1,  399),  dem 
letzteren,  als  Hera,  Poseidon  und  Athena  (oder 
Apollon;  vgl.  A.  Ludwich,  Textkritische  Unters, 
über  die  mythol.  Schölten  zu  Homers  Ilias  II 
[Ind.  Schol  Königsberg  1901/1902]  S.  7)  ihn 
fesseln  wollten,  indem  sie  den  Aigaion-Briareos 
nach  dem  Olympos  rief,  Hom.  II.  1,  396  ff. 
Schol.  Hom.  a.  a.  0.  399.  424.  430.  Fhihdem. 
tceqI  f-ufff /5.  90  p,  41  Gomperz,  Schol.  Lykophr. 
397.  399  (vgl.  34  p.  28,  32  Seh.).  Serv.  zu  Verg. 
Aen.  6,  287  Lucian.  Dial.  deor.  21,  2.  lupp. 
Trag.  40;  vgl.  Schol.  Eur.  Hec.  21.  lulian.  ep. 
24  p.  393  b  =  p.  510  Hertlein,  JS'ägelsbach,  An- 
merkungen zur  Ilias^  S.  87.  E.  Maaß,  Orpheus 
191  f.  JDietr.  Mülder,  Die  Ilias  und  ihre  Quellen 
137  ff. 

Den  von  seiner  Mutter  Hera  (über  ihr  Ver- 
hältnis zu  dieser  s.  u.  Sp.  793, 6  ff.)  wegen  seiner 
Lahmheit  vom  Himmel  herabgeschleuderten 
Hephaistos  nahm  sie  bei  seinem  Sturz  ins 
Meer  im  Verein  mit  Eurynome  auf,  Hom.  II. 
18,398.  405.  Hymn.  in  Apollod.  Fyth.  140.  Nach 
Apollod.  1,  3,  5  (1,  19  TT.)  rettet  Thetis  den  von 
Zeus  auf  die  Insel  Lemnos  geworfenen  Hephai- 
stos {Hom.  II.  1,  590 ff.);  vgL  Bd.  1,  Sp.  2049, 
Z.  61  ff.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1315,  6.  Über  ihre 
Begegnung  mit  dem  liebestollen  Hephaistos  s. 
Sp.  789,  42  ff. 

Den  vor  dem  Wüten  des  Lykur^^os  flüchten- 
den Dionysos  nimmt  sie  im  Schöße  des  Mee- 
res auf,  Hom.  II.  6,  135  ff.  Apollod.  3,  5, 1,  (3, 
34  W.).  Tzetz.  zu  Lykophr.  273.  Nonn.  t)ionys. 
20,354.  21, 139.  Serv.  zu  Verg.  Aen.  3, 14.  Quint. 
Smyrn.  2,  437  ff.  Agatharchid.  de  mari  Erythr. 
bei  Fhot.  Bibl.  444  a,  28  =  Geogr.  Gr.  min.  ed. 
C.  Müller  1, 116,  20.  Zum  Danke  dafür  {Schal. 
ABB  Townl.  Hom.  II.  23,  92  mit  der  Subskrip- 


791        Thetis  (u.  Theseus,  Aias  etc.)  Thetis  (Kultstatten)                792 

tion  larogtl  I^rriaixoQog  [frgm.  72  Bergk,  P.  L.  Aias  auf  Delos,  das  unter  öqtv^  nregov^t^vri  zu 

G.  8*,  228j)  schenkte  ihr  Dionysos  die  goldene  verstehen  ist,   sondern  von  einem  Grabe,   das 

Urne,  in  der  die  Asche  des  Achilleus  beige-  nicht  fern  (yeirco»')  von  Delos  sich  befindet,  und 

setzt  wurde,  Hom.  Od.  24,  74  flf.  Tzetz.  Lykophr.  damit  ist  eben  Mykonos  gemeint,  wie  das  ScJiol. 

«73.    E.  Maaß,  Hermes  23  (1888),  72  Anm.  2.  401  p.  160,11   {yntoav   ob   rf/g  ^riXov   iaüv   rj 

Die  60  Argonauten,  unter  denen  sich  ihr  Mi'xwr,  h'&a  6  Al'ces  xi^unrui)  richtig  erkannt 
Gemahl  Pelens  findet,  geleitet  sie  auf  Veranlas-      hat.  Auch  das  Epigramm  des  (Aristoteles),  Pc- 

suDg  der  Hera  sicher  durch  die  Gefahren,  die  plos  16  bei  Bergk,  Poei.  Xyr.  2*,  347  nennt  My- 

ihnen  Ton  der  Skylla,  der  Charybdis  und  den  konos   als  Grabstätte  des  Aias.    Gegen  Delos 

Flankten  drohen,  Apoll  Bhod,  Arg.  4,  780—841  lo  spricht  auch  das   von   den  Athenern  Ol.  88,  3 

(Gruppe,  Gr.  Myth.  671,  8).  Apollod.  1,  9,  26  (1,  erlassene  Verbot,  auf  dieser  Insel  jemanden  zu 

136  W).   Schol  Lykophr.  175  (p.  82,  22  Scheer).  begraben  (Thuk.  3, 104);  vgl.  K.  Wagner,  Curac 

Orph.  Argon.  1260  ff.   Boscfier,  Die  Zdhl  50  etc,  mythographae  261.  Mein.  Mus.  N.  F.  46  (1891), 

S.  14.    Der   von   Akrisios   ausgesetzten    Danae  410.    7i'.  Dittrich  a.  a.  0.  184. 

und  deren  Sohn  Perseus  bringt  sie  im  Verein  Den  von  Herakles  ins  Meer  geschleuderten 

mit  Doris  Rettung,  indem   sie  die  Kiste,   in  Lichas  (s.  d.)  verwandelt  sie  beim  Vorgebirge 

der  jene   eingeschlossen   waren,    seriphischen  Kenaion  in  eine  Felsklippe,  Lact.  Flac.I^arrat. 

Fischern  ins  Netz  treibt,  Luc.  dial.  mar.  12.  fab.  Ovid.  9,  2  (p.  080, 18  Magnus). 

Dem  Thesen 8  (s.  d.)  schenkt  sie,  als  er  beim  Wenn  sie  schließlich  die  Helena,  die  An- 
Streit mit  Minos  ins  Meer  springt,  um  dessen  20  stifterin  des  Trojanischen  Krieges,  tötet  (s.  Sp. 
Ring  zu  holen,  den  Kranz,  den  sie  einst  von  787),  erfüllt  sie  eine  Pflicht  der  vergeltenden 
Aphrodite  als  Hochzeitsgeschenk  erhalten  hatte,  Gerechtigkeit. 

Eygin.  Astronom.  2,  b.    Quelle  für  Hyginus  ist  Kultus.    Im  Anschluß   an   die  Erwähnung 

wahrscheinlich  ^e^Tfstanaa;;  yg\.  C.  Bobert,  Era-  der  im  isthmischen  Poseidontempel  dargestell- 
tosih.  Caiast.  Beliquiae  221.    M.  Wellmann,  De      ten  Nereiden  sagt  Paus.  2,1,8:  ravtaig  (den 

Istro  Callimach.  94.    Andere  nennen   an  Stelle  Nereiden)  xai   ir^Qcad't  'EXidöos   ß(oiiovg    ol8u 

der  Thetis  die  Amphitrite,  J5aÄ:c%/id6S  17,  112.  övtag,   rovg   de  xal   xBiiivr]    Gcpioiv   äva^ivrag 

Paus.  1,17,8.    Hygin.  a.  a.  0.;  vgl.  C.  Bobert,  f  noi^aiviöiv  (Verbesserungsvorschläge  s.   bei 

Arch.  Anzeig.  4  (1889),  142.   Hermes  33  (1898),  Hitzig -Bluemner  zu  Paus.  a.  a.  0.  385;  vgl.  488 

132  ff.  146  f.    Boscher,   Myth.  Lex.  6,  694  s.  v.  so  und  außerdem  4J.  Maaß,  Griechen  u.  Semiten 

Theseus.    Über  die  Darstellung  der  Liebesver-  auf  d.  Isthmus  v.  Korinth  86,  1,  der  yionLavi\LL- 

folgung  der  Thetis  durch  Theseus,  dessen  Name  civ  =  'den  Windstillenden'  vorschlägt),  hO-a 

wahrscheinlich   durch   eine  Verschreibung  des  xai  kxdXsi  xiilccI.    Die   enge  Verbindung   des 

Vasenmalers  hierher  gekommen  ist,  s.  d.  Art.  Kultus   des  Achilleus  und  der  Nereiden  weist 

Theseus  Sp.  717,  Z.  42  tf.    Den  Wolf,   der  die  darauf  hin,   daß  mit  den   letzteren   in   erster 

Herden  des  Peleus  heimsuchte,  versteinerte  sie  Linie  Thetis  gemeint  ist;  vgl.  unten  Sp.  793, 

an   dem   neSiov  Avxoeiöig  (vgl.  Hesych.  s.  v.)  wo  sie  in  Verbindung  mit  ihrem  Enkel  Neopto- 

oder  Ttsölov  Avxov  (Avxoato^iov)  oder  Av-nsiov  lemos  genannt  wird. 

(Etym.  Gud.  374,  59.   Etym.  M.  571,  34.  Choiro-  Heimat  desThetiskultus  ist  Thessalien,  wenn- 

boskos,  Orthogr.  bei  Cramer,  Anecd.  Gr.  Oxon.  40  gleich  es  nicht  ausgeschlossen  scheint,  daß  er 

287, 24)  genannten  Orte  Thessaliens,  Schol.  Ly-  von  Ostboeotien  aus  gegründet  oder  wenigstens 

kophr.  175  (p.  86, 14).  901,  wo  auch  eine  andere  beeinflußt  worden  ist  {Gruppe,  Gr.  Myth.  110). 

Version  der  Sage  erwähnt  wird,  nämlich  daß  Wenn  die  thessalischen  Theorien,  die  auf  Be- 

Psamathe  aus  Zorn  wegen  der  Ermordung  ihres  fehl  des  Dodonäischen  Orakels  dem  Achilleus 

Sohnes  Phokos  (s.  d,)  den  Wolf  geschickt  habe,  alljährlich  am  Sigeion  opferten,  angesichts  der 

ihn  aber  schließlich  auf  Bitten  ihrer  Schwester  troischen  Küste  angelangt  waren,  sangen  sie, 

Thetis  versteinert  hätte  (vgl.  Ov.  Met.  11,  366  ff.  bevor  sie  landeten,  einen  Hymnos  auf  Thetis, 

380  f.  398  ff.  Eudocia  762  p.  563  F7.).  E.  Maaß,  Philostr.  Heroic.  p.  741  (=  207  f.  K.).    Bergk, 

Gott.  Gel.  Anz.  1890,  343.  Poet.  Lyr.  3\  687.     Badermacher,   Hermes   71 

Den  Leichnam  des  von  den  Wogen  ans  50  (1916),  151  ff. 
Land  gespulten  Lokrers  Aias  bestattet  sie  Thetideion,  nördlich  von  Pharsalos,  ur- 
voll Mitleid  auf  der  Insel  Mykonos,  Apollod.  sprünglich  wohl  nur  ein  Heiligtum  der  Thetis 
^pit.  6,  6.  Damit  scheint,  was  die  örtlichkeit  (t6  Osvidstov  Ibqov,  Schal.  Pind.  Nem.  4,  81 ;  rö 
betrifft,  ein  Widerspruch  vorzuliegen  mit  der  Uqov  xfig  ©ixidog,  Hypothes.  Eur.  Androm.); 
Erzählung  im  Schol.  A  Hom.  II.  13,66:  ixQL-  vgl.  Stepji.  Byz.  s.  v.  GsaxlSeiov,  noXig  Gsaoa- 
(pivxcc  8b  avxov  y.axä  JfiXov  vb-kqov  Sixig  iXB-  Xtxr?'  *EXXdvi7cog  (frgm.  100)  dh  dixoc  xov  a  qprjölr 
i^aaöcc  &cc7frBt  ....  17  laxogia  nagU  KaXXi^dx<p  ccnb  Qixidog.  Etym.  M.  Florent.  ed.  M.  E.  Mil- 
(frgm  13  d  Sehn.  =  frgm.  23.  E.  Dittrich,  CaU  ler,  Melanges  de  litt.  Grecque  157:  QbxLbiu  ■nö- 
limachi  Aetiorum  Über  I  in  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  Zt?  nBxa^v  ^agauXlas  .  .  .  ^Bv6xdxvog  @BxiBir}g^ 
Suppl.  23,  210)  und  mit  Tzetzes  zu  Lykophr.  387  60  (vgl.  A.  Meineke,  Hermes  3  [1869],  453).  Nach 
p.  146, 14  (vgl.  401  p.  160, 13.  20.  1141p.  335,9):  Eur.  Andr.  16  ff.  Pherekydes  im  Schal.  Pind. 
ixQupivxa  vnb  xmv  ^v^dxcov  17  Ghig  ^dipsi  nBgl  Nem.  4,  81  (=  Schal.  Lykophr.  175  p.  84,  31  Seh.) 
xbv  TgiiLOvxa.  Dieser  Ort  Tremon  (vgl.  Eust.  wohnten  Peleus  und  Thetis  nach  ihrer  Vermäh- 
zu  Dionys.  Per.  525)  ist  von  Tzetzes  aus  den  lung  Iv  ^ccgGdXay  yial  Iv  ©BXLÖiico,  0  v.aXBtxaL 
Versen  des  Lykophron  401  f.;  xv^ßag  Sh  vBitcav  &nb  xi)g  Ohidog  i]  -nöXig-,  vgl.  Kullmer,  Jahrb. 
ÖQxvyog  TCXBQoviiivr^g  xgi^v  (pvXd^Bi  qox^ov  f.  klass.  Phil.  Suppl.  27,  553  f.  E.  Maaß,  Her- 
Alyaiag  dXog  frei  erfunden.  Und  Lykophron  mes  23  (1888),  72.  Vgl.  ferner  Strabo  9,  431. 
spricht  auch  gar  nicht  von  einem  Grabe  des  Suid.s.v.  Gixig  (jß.  1176,16  Bernh).  Schol.  Eur. 


793                 Thetis  (Kultstätton)  Thetis  (in  der  Kunst)               794 

Andr.n.  Ein  ayaX^icc  f)hidog  nennt  Eur.  Andr.  ii\mx\iter\  'Ovo ^ad-h ig   oder    No^o&^ng    'Na- 

246;   d-täg  ßQhag^  ebenda  311;  (iof^ibg  &^Tidog,  meugeberin '    (iib. !    kann    No^o^^tig    'Namen- 

ebenda  TiGö.  j^eberin'    bedeuten?)   oder  Ilvgid-trig    'die   ina 

Sepias,  der  südöstlichste  Teil  der  Halbinsel  Feuer    legt'.    Am    meisten    hat    die   Annahme 

Magnesia,  war   der  Thetis   und   den   Nereiden  für  sich,   daß  Thetis  Kurzform  zu  Rtcuo^iri^ 

geweiht.    Die  Perser  opferten  nach  den  schwe-  (i.  d.),   die  Göttin   also  identi.sch  mit  Demeter 

ren  Verlusten,  die  sie  durch  den  Sturm  an  der  ist,  E  Maaß,  DeLenaeoet  Ddphinio  \h  Anm.  4, 

magnesischen  Küste  erlitten  hatten,. Tfo  kvi^ico  Derselbe,  Orpheus  p,.  a.  0.    Gruppe,  J)e  Cadmi 

.  . .  xal  rf]  Qbxi  xa/  x%ct  Nr]Qrjiai,  Herod.  7,  191;  fabula  (Frogr.  des  Askanischen  Gynrn.  zu  Berlin 

vgl.  F.  Stert  gel,  Opferbräuche  der  Griechen  151.  lo  1891)  S.  25f    Derselbe,  Gr.  Myth.  110.  116.  41  r> 

Erythrai:    Priestertum    'AxdXtiog,     &iri8og,  Anm.  6.  (518  Anm  1.  1140.  1177.     [Höfer.] 

NriQHdoav,   H.  Gaehler,  Erythrae  {Diss.  Berlin  Thetis   in  der  großen  Kunst.    Faus.  5^ 

1892)    S.  79.     Dittenberger,     Sylloge*    6Ö0^.j.7„  22,2   erwähnt  ein  Weihgeschenk,  welches  die 

(p.  367f.).    CoUitz  56923.  j7  (S.  723  f.).    H.  Her-  Bewohner  von  Apollonia  in  lonien  wegen  der 

brecht.    De  sacerdotii   apud   Graecos   emptione  Eroberung  von  Thronion  in  Epirus  in  Olympia 

venditione  (Diss.  phil.  Arg  entor.  10  [ISSl])  ^S^^.  aufgestellt  hatten.  DieBasis  des  Werkes  (des  Ly- 

49^^.  kios)  bildete  einen  Halbkreis,  und  auf  der  Mitte 

Sparta:  i8Qov  tfig  ©indog . . .  tb  ^Iv  di]  ^6a-  derselben  standen  Thetis  und  Hemera,  welche 

vov  Tfig  ©ixiöog  iv  anoQgrjta)  (pvXaGGovöi,  Faus.  Zeus  um  Beistand  für  ihre  Söhne  anflehen.    An 

3, 14,  4.    Wide,  Lakon.  Kulte  222  if.                      20  den  beiden  Enden  waren  Achilleus  und  Memnon 

Migonion:    MsvElaog  . .  .  "IXlov  kXcov  xccl  . .  .  zum    Kampfe     bereit    einander    gegenüberge- 

otxcids    ccvaöad^ilg    ayal^icc    Sixidog    xal    %'B&g  stellt  usw.  (s.  Brunn,  Künstler gesch.  I,  258).  — 

üga^iSUag   iÖQvGaxo   iyyvg  xfjg  Miyvcorixiöog,  Auch  Skopas  hatte  eine  berühmte  Gruppe  ge- 

Faus.  3,22,2.   Doch  lesen  Schubart,  Wide,  De  schaffen,   die  Poseidon,  Thetis  und  Achilleus 

sacris   Trotzen.  37  (vgl.  Lakonische  Kulte  183  sowie  die  Schar  der  übrigen  Nereiden  auf  Del- 

Anm.  3.  22),    Hitzig  -  Bluemner    statt    Oexiöog,  phinen,  cete  und  Hippokampen  sitzend,  ferner 

das  aber  Spiro  beibehält,  ©i^ii^og:,  vgl.  d.  Art.  Tritonen  und  den  Chor  des  Phorkys,   Seetiere 

Themis  Sp.  597,  Z.  18  ff.  (pistrices  ac  multa  alia  marina)  darstellte  (P/in» 

Kardamyle-Leuktra:  Zwischen  beiden  Orten  36,26;  vgl.  JBrwwn  a.  a.  0.  I,  322).  Dieses  Werk 

ov  TCÖQQoa  xov  aiyLCiXov   ri^svog  Isgbv  rmv  Nr}-  30  befand  sich  später  in  dem  Tempel  des  Cn.  Do- 

gicog   ^vyax^gcov    an    der   Stelle,   von    der   aus  mitius   im  Zirkus  Flaminius  und   stellte  wohl 

einst  die  Nereustöchter  den  Achilleussohn  Neo-  die  Überbringung  der  von  Hephaistos  für  Achil- 

ptolemos,    den   Enkel   der   Thetis,    auf  seiner  leus  gefertigten  Waffen  dar  (vgl.  Welcker,  Ant. 

JBrautfahrt  nach  Sparta  zur  Ehe  mit  Hermione  Denkm.  I  S.  204  ff.  u.  Brunn  a.  a.  0.).  'Die  Kom- 

von  weitem  begrüßt  hätten,  Faus.  3,  26,  7.  position  gliedert  sich  sehr  schön  in  eine  Mittel- 

Kroton:  Thetis  weiht  der  Hera  einen  Gar-  gruppe:  Poseidon,  Achilleus  und  Thetis,  und 
ten  (oder  schenkt  ihr  den  Tempel  auf  dem  zwei  Flügel:  die  Nereiden  auf  dem  einen,  die 
Lakinion,  Serv.  zu  Verg.  Aen.  3,552),  wo  die  Tritonen  und  Gefolge  auf  dem  andern.' 
einheimischen  Frauen  beständig  um  den  toten  Th.  in- Vasenbildern,  Spiegeln  und 
Achilleus  klagen.  Schal,  zu  Lykophr.  857.  v.Wi-  40  Wandgemäl  den  (vgl.  im  allgemeinen:  Over- 
lamowitz.  De  Lycophronis  Alexandra  {Ind.  Sem.  beck,  Galerie  her.  Bildw.  S.  171  ff.  u.  Taf.  VIII, 
Hib.  Greifsuald  1883/84).  /.  Geffcken,  Timaios'  Iff.  Baumeister,  Denkmäler  S.  1796 ff.  S.  Bei- 
Geographie des  Westens  {Fhilol.  Untersuch.  XIII)  nach,  Bepert.  d.  vases  peints  II,  418  unter  Thetis). 
S.  17.  Wir  unterscheiden  folgende  Szenen: 

Etymologie.  @sxig  gehört  zu  O-grij?,  Q^ixig  a)  Die  Verfolgung  (bzw.  Überraschung)  der 

(ri^Q-hai),  es  fragt  sich  nur  in  welchem  Sinne.  Thetis  durch  Peleus  ist  dargestellt  auf  folgen- 

(Über  die  unwahrscheinliche  Ableitung  von  Q'ico  den  Monumenten:  1)  Monum.  Ined.  I  pl.  VI  = 

'laufe'  s.  Bd.  1,  S.  64,  60.  61,  50  f.)   Fott,  Zeit-  Beinach,  Bepert.  d.  vases  l-p.Qi  {V&seimLouvie: 

sehr.  f.  vergl.  Sprachforsch.  8  (1859),  174  ff.  war  Felee  surprenant  Thetis  au  milieu  de  ses  seurs,- 

auf  dem  richtigen  Wege,  als  er  ©ex ig  mit  ©e-  50  ä  g.  le  vieux  pere  Neree,  mit  weiteren  Litera- 

liig  verglich   und   den   Namen  mit   ^Ordnerin'  turangaben).   —   2)   Monum.  I  pl.  XXXVII  = 

übersetzte,  nur  daß  er  dann  sie  und  ihren  Ge-  Beinach  a.  a.  0.  I  p.  78  (Neapel :  Felee  saisis- 

mahl  Peleus  auf  naturphilosophischem  Wege  sant  Th.;  alentourNereides,  Chiron, Neree, Zeus) ^ 

erklären  wollte :  'Der  Thetis  (als  .  . .  Schöpferin  —  3)  Monum.  XI  pl.  XX  =  Beinach  I  p.  222 

und  Ordnerin),  seit ...  mit  dem  sterblichen  Pe-  (Corneto:  Peleus,  s.  Sandalen  in  d.  Hand  hal- 

leus  (das  Fott  von  nriXog  =  Urschlamm  ablei-  tend,  nähert  sich  der  schlummernden  Th. ;  vgl. 

tet),    d.  h.  dem   vergänglichen  Stoffe,   ehelich  Ov.  Met.  11,221-,  links  Hermes;  rechts  Eros). — 

verbunden,  lag  . . .  das  Geschäft  ob,  den  rohen,  4)  Gerhard,  Auserl.  Vasenb.  Taf.  182  (Würzburg: 

an   sich   toten  Stoff  wirklich  umzubilden  und  A)  Peleus-  Th.  verfolgend,   anwesend  fliehende 

ordnungsvoll  zu  gestalten  oder  gar  zu  beleben.'  60  Nereide.    B)  Nereus  sitzend  und  Doris,   denen 

Mannhardt,  Ant.  Wald-  u.  Feldkulte  S.  207,  der  eine  Nereide  die  Nachricht  von  der  Entführung 

in  der  Thetissage  einen  'Elfenmythus'  und  eine  der  Th.  überbringt ;  vgl.  Overbeck  a.  a.  O.  S.  1 74  f.). 

Parallele   zu  dem  vielfach  verbreiteten  Motiv  —  5)  Klügmann- Körte,  Etrusk.  Spiegel  V,  Taf. 

erblickt, 'wie  ein  Held  die  Wassermuhme  raubte  96,  S.  123:    Th.,   eben    dem   Bade   entstiegen, 

(a.  a.  0.  S.  60 ff.),  hält  &ixig  für  verwandt  mit  ordnet  ihr  Haar  mit  Hilfe  eines  Spiegels;  r.  von 

rri^lg  =  Muhme,    Tante    etc.     Laistner,    Das  ihr  Calaina  =  FccXrivr]?    Im   Kücken  der  Th. 

Bätsei  der  Sphinx   1 ,  140   sieht  in    ©ixcg    die  schleicht  sich  (P)ele  unbemerkt  heran  und  will 

Koseform  zu  dem  Vollnamen  Ilcadod-itig ' Adop-  sie  ergreifen.    Er  ist  völlig  nackt.    Nahe  ver-^ 


795 


Thetis  (in  der  Kunst) 


Thetis  (in  der  Kunst) 


796 


Die  Amazonenvase 
von  Ruvo.  Leipzig 
1861  =  Meinach  II, 
277:  B  4.  Reihe:  Pc- 
le'e  saisissant  Thetis; 
sur  son  do.s  se  deroule 
un  serpent;  ä  g.  et  ä 
dr.,  4  Nereides  s'en- 
fuient.  —  Ä  dr.,  le 
Centaure  Cfiiron;  a 
g.,  une  Nereide  vient 
annoncer  la  nouveüe 
ä  Neree.  —  10)  Ger- 
hard, Etrusk.  Spiegel 
Taf.CCXXV,TextllI, 
S.  213  =  Overbeck, 
Gal  S.  205:  Peleua 
trägt  Th.  davon, 
deren  Verwandlung 
durch  eine  Schlange 
angedeutet  ist.  — 
ll)Klügmann-Körte, 
Etrusk.  Spiegel  V, 
Taf.97(TextS.123f.): 

4)  Wfcgen  der  xf^ut,  Vasenbild  dei  Heraogs  Ton  Luynes  (nach  Overbeck,  O.  h.  B.  22,  9).  ?®\®^^   !^^^!),.  ^^*   ^A® 

fliehende  Ih.  ereilt 
wandt  die  schöne  Vase  aus  Kameiros  {Salz-  und  umfaßt  sie  mit  den  Armen ;  ein  an  P.  heran- 
mannf  Necrop.  de  Cam.  Taf.  58).  —  6)  Gerhard,  springender  Löwe  oder  Panther  deutet  die  Ver- 
Etr.  Spiegel  IV  Taf.  CCCLXXXVI :  Thethis,  lang-  Wandlung  an.  —  12)  ebenda  Taf.  CCCLXXXVII, 
bekleidet  und  mit  Schulterflügeln   ausge-  30  2:  (vgl.  Text  IV  S.  36):  P.  hat  die  vor  ihm  ste- 


stattet,  blickt  sich  fliehend  nach  ihrem  Ver- 
folger Peleus  um.  Sie  erscheint  auch  sonst  an 
Schultern  oder  Schläfen  beflügelt  nach  Ger- 
hard a.  a.  0.  S.  35  A.  90.  —  7)  Ähnlich  Taf. 
CCCLXXXVIL  —  8)  Taf.  CCCLXXXVII,  1;  vgl. 
Text  IV,  5  S.  35.  —  9)  Taf  CCXXVI  (s.  Text 
III  S.  213:  Thethis  von  Pele  davongetragen, 
anwesend  eine  Frau,  Tarsura.  —  Vgl.  auch  oben 
Art.  Feie  Sp.  1822  f.,  Thethis  u.  überhaupt  Over- 
beck, Gal.  S.  174  f. 

b)  Der  Liebeskampf  (vgl.  oben  Art.  Peleus 
Sp.  1834 f.  u.  Overbeck  a.  a.  0.  S.  177 f.):  1)  Mo- 
num.  I  pl.  XXXVIII  (Vulci  jetzt  Würzburg)  = 
Beinach  a.  a.  0.  p.  78:  in  der  Mitte  Ging  und 
nriJi{svs]  zwischen  KvfiaO'OTi  u.  Nccda;  1.  Mf/Ltr?], 
£n£(i}^  rTiavxri;  r.  3'afta'9"rj,  KvnaroXi]yTi  und 
Nereus.  —  2)  Monum.  XII  pl.  XV  (Ruvo)  = 
Beinach  I  p.  231:  Ringkampf  zwischen  Th.  u. 
Peleus  in  Anwesenheit  mehrerer  Nereiden.  — 


hende  Göttin  umschlungen.  —  Die  älteste  nach- 
weisbare Darstellung  dieses  Motivs  fand  sich  auf 
der  Kypseloslade  nach  Patts.  5,  18,  5:  nsTtoirirai, 
öh  xal  ©ins  nccgd'ivog .,  Xcc^ßdvsrcci  dh  avrfig 
TlriXsvg,  xal  Scnb  tqg  ;tftpös  tt)^  Sinöog  ötpig 
ini  tbv  nr\Xia  ißrlv  oq^Cöv. 

c)  Die  Hochzeit  (vgl.  Overbeck  a.  a.  0.  S.  197  f.). 
Die  schönste  und  älteste  Darstellung  des  Hoch- 
zeitszuges verdanken  wir  der  Fran9oisvase  (s. 
40  Fig.  3  auf  Sp.  789 f.).  Außerdem  kommt  noch  in 
Betracht  ein  schwarzfig.  Stamnos  von  Clusium 
bei  Overbeck  a.  a.  0.  Taf.  VIII  Fig.  6:  0ETI^ 
folgt  als  schüchterne  Braut  dem  PELEVS,  der  sie 
an  der  Hand  fübrt,  zum  Cheiron  KIPON,  wel- 
cher aus  seiner  Grotte,  dem  Orte  des  ersten  Bei- 
lagers, dem  jungen  Paar  bewillkommnend  ent- 
gegentritt. —  Hierher  gehört  auch  das  Sarko- 
phagrelief in  Villa  Albani  =  Zoega,  Bassir.  II 
Taf.  52   und   Overbeck  a.  a.  0.  Taf.  VIII  nr.  8 


Bull.  Nap.  n.  s.  V.  pl.  10  =  Beinach  I  p.  487,  50  (s.  auch  S.  201  f.):  Zu  dem  nebeneinander  sitzen- 


12:  (Neapel):  Pelee  embrassant  Thetis;  a  g.  un 
homme  et  une  femme.  —  4)  Gerhard,  Äuserl.  V. 
Taf.  178  (Vulci,  Brit.  Mus.)  =  Beinach  II,  89: 
Peleus  packt  Thetis;  I.  zwei  fliehende  Nereiden 
und  ein  Hippokamp;  r.  Nereiden,  von  denen  eine 
einen  Thunfisch  in  der  Hand  hält.  —  5)  Ger- 
hard Tvä.  180  =  Beinach  II,  90:  Ringkampf  des 
P.  und  der  Th.;  anwesend  mehrere  erschreckte 
Nereiden.  —  6)  Gerhard  Taf.  227  =  Beinach 


den  Paar  treten  hier  Hephaistos  und  Athene, 
beide  Waffen  als  Geschenke  bringend.  Es  fol- 
gen die  vier  Hören,  sodann  ein  Knabe  mit  ge- 
senkter Fackel  (Hesperos?)  einem  Fackel  und 
Amphora  tragenden  Jüngling  (Hjmenaios?)  vor- 
leuchtend; den  Schluß  bilden  Aphrodite  und 
Eros.  —  Vgl.  Art.  Peleus  Sp.  1837  f. 

d)  Auf  die  Eintauchung  des  neugeborenen 
Achilles  in  das  Styxwasser  bezieht  Conze,  Arch.- 


II,  115  (München):    TL^XB^^vyg,   attaque  par   2  60  epigr.  Mitteil.  I  (1877),  S,  73—76  mehrere  von 


pantheres,  a  saisi  Ging,  qui  se  tourne-vers  Xi- 
eov;  ä  dr.  fuit  novt(^oy\iiSa.  Vgl.  Overbeck 
a.  a.  0.  S.  180,  Taf.  VII,  5.  —  7)  Sammlung 
Luynes  {Bibl.  Not.)  nr.  33  =  Beinach  II,  261.  — 
8)  Boulez,  Choix  de  vases  peints  pl.  12  =  Bei- 
nach H,  272,7  (Museum  in  Leiden):  Pelee  lut- 
tant  avec  Th.,  qui  se  transforme  en  hon,  entre 
le  Centaure  Chiron  et  une  Nereide.  —  9)  Schulz, 


ihm  aufgeführte  und  besprochene  Bildwerke. 

e)  Thetis  in  der  Werkstatt  des  Hephaistos, 
um  die  Waffen  Achills  in  Empfang  zu  nehmen 
(vgl.  Overbeck  a.  a.  0.  S.  433).  Älteste  Darstel- 
lung auf  dem  Kypseloskasten:  Paus.  5,19,8: 
'£|^S  xal  inntav  awoigiSsg  xal  yvvcctxsg  iitl  x&v 
awagiStov  siolv  iat&acci'  msgä  ds  xolg  innoig 
XQVßä  ißti    xal   ScvriQ    didtoaiv    onXa   /ita    xmv 


797 


Thetis  (in  der  Kunst) 


Thetis  (in  der  Kunst) 


798 


yvvaiyiuiv.  tavtcc  is  tijv  Uargo-Kkov  TsX8vrr}v 
ix^f'V  xsv-iicciQOvxca'  NrigeiÖag  te  yuQ  inl  twv 
Gvvoagidaiv  elvai  nal  (9i^tiv  xcc  onXa  Xa^ijidvsLv 
■nccQcc  'HcpaiöTOv.  xal  di]  %al  akXmg  ö  xa  önXcc 
dtäovg  oi>x£  xovg  nodag  iaxlv  igga^^vogy  xccl 
iiniöd'sv  oiyiixri?  t'nsxcci  oi  nvQäygav  ^x^^-  — 
Damit  vergleiche  man  das  Volcenter  Vasenbild 
(in  Berlin)  bei  Overbeck  S.  433  (Taf.  XVIII  Fig.  6) : 
Heph.  sitzend  vor  der  stehenden  Thetis,  der  er 
den  Helm  überreicht,  sowie  das  Relief  im  Louvre  lo 
bei  Overbeck  Taf.  XVIII,  5  und  andere  S.  434f. 
angeführte  Bildwerke,  sowie  die  Wandgemälde 
bei  P.  Herrmann-Bruckmann  Taf.  140  (vgl.  Text 
S.  li)2)  und  Taf.  141  -=  HeJbig  nr.  1318c  (vgl. 
ebenda  nr.  1316— 1318c). 

f)  Thetis  ihren  Sohn  tröstend  (?).  Vgl.  das 
Wandgemälde  bei  Heibig  nr.  216:  Thetis,  den 
trauernden  Achill  verlassend  (?). 

g)  Thetis  ist  ferner  anwesend  bei  der  Psy- 
chostasie:  1)  von  Hektor  und  Achill:  Monum.  2o 
d.  I.  II  Taf.  X  B  (Vase  aus  Corneto)  =  Reinach 

a.  a.  0. 1  p.  89 :  Fsychostasie  d'Hector  et  d'Achille, 
peses  par  Hermes  en  presence  de  Zeus  et  de 
Thetis.  Anders  Ocerbeck  a.  a.  0.  S.  527,  der  hier 
statt  des  Hektor  Memnon  annimmt. 

2)  von  Achill  und  Memnon:  Monum.  VI — 
VII  pl.  Va:  Beinach  I,  144:  Hermes  pesant  les 
eidola  d'Achille  et  de  Memnon  (s.  d.)  en  pre- 
sence de  Thetis  et  d'Eos. 

h)  Thetis  bringt  ihrem  Sohn  die  neuen  30 
Waffen  (vgl.  Ocerbeck  a.  a.  0.  S.  435  ff.  u.  Taf. 
XVII  nr.  1  ff.).  —  Zu  den  von  Overbeck  a.  a.  0. 
verzeichneten  Monumenten  kommen  jetzt  na- 
mentlich mehrere  schöne  Wandgemälde  bei 
Herrmann-Bruckmann  Taf.  138  (Text  S.  189  f.) 
u.  Taf.  139  (Text  S.  190f.):  Thetis  bringt  die 
Waffen  Achill,  auf  dem  Rücken  eines  jugend- 
lichen Seekentauren  sitzend  (vgl,  Heibig  a.  a. 
0.  nr.  1319—1321). 

i)  Thetis  übergibt  die  Waffen  ihrem  Sohn:  40 
Vase  von  Kameiros  :  Monum.  XI  Taf.  VIII  (Brit. 
Mus.)  =  Beinach  a.  a.  0.  I  p.  219 f.:  Der  traa- 
ernde  Achill  sitzend,  getröstet  von  seiner  ihm 


5)  ÄXJE  und  EFAS,  d.  h.  Achill  und  der  Eos  Sohn,  von 
Mercur  gewogen,  AVJV  [Apollon]  als  Zuschauer.  Etius- 
kischer  Spiegel  (nach  Miliin,  Peint.  d.  vases  I  Taf.  LXXII,  1). 


799                        Thetlumr  Thipurenai                      800 

mit  anderen  Nereiden  die  Waffen  überbringen-  achaft  oder  eines  Flurbezirkes  (Pagus),  in  der 

den   Mutter  und   Athene.    Vgl.   das  Wandge-  römischen   Provinz   Africa   Proconsularis,    ge- 

m&lde  bei  Heibig  nr.  1322  und  nr.  1328  (Achill  nannt  von  einer  großen  Steininschrift,  welche 

sich  in  Gegenwart  von  Th.  waffnend)  und  den  herstammt  von  einem  kleinen  Berg  einige  Kilo- 

etruskischen    Spiegel    bei     Gerhard    111    Taf.  meter  westlich  der  alten  Trümmerstätte  Hen- 

CCXXVIU  (Text  S.  216).  schir  Metkides  {CIL  8  Tab.  II  Fg)  und  jetzt 

k)  Thetis  anwesend  beim  Kampfe  zwischen  in    Paris    verwahrt    wird,    CIL  8    {Suppl.   1 

Achill   und  Memnon:    1)   Vase    in  Würzburg:  p.  1698)  nr.  16749  =  Dessau,  Inscr.  Lut.  sei. 

Arch.Zeitg.iSblTt^,n=IieinachlS.Zli.—  4493:   Diis   Magifae   Augg.   {=  Augustis)    Q. 
2)  Gerhard,  Auserl.  Fcwenb.  Taf.  167  =  ÄeinocÄ  lo  T(....ius)  Pohticus  simulacra  deorum  n(umero) 

11,84.  —  8)  Gerhard  Taf.  180  =  Heinach  II,  69.  V,  Masidenis  et  Thililvae  et  Sugganis  et  les- 

—  4)  Gerhard  Taf.  204  =  Beinach  II,  103.  —  danis  et  Masiddice,  et  templum  a  fundamentis 

6)   Gerhard  Taf.  206   =-   Beinach  II,  106.  —  ex  stia  pecunia  fecit  usw.   (die   vier   übrigen 

6)  Gerhard  Taf.  211    «=  Beinach  II,  107.   —  Götternamen  sind  in  diesem  Lexikon  nachzu- 

7)  Sammlung  Luynes  «=  Beinach  II,  254.  —  tragen).    [Keune.J 

Mehr  bei  Overheck  a.  a.  0.  S.  617 f.,  der  auch  Thimrae  (-Ö-imrac)   ist  der   etruskische  Zu- 

auf  die  Darstellung  des   Eypseloskastens   bei  name  einer  lasa  (s.  Deecke,  Lex.  s.v.).    Sie  ist 

Patis.  5, 19  verweist:  uix^J^Xst  xai  Mdy.vovt  ^ux-  einmal  belegt,  und  zwar  auf  demselben  Spie- 

voiuvoig  7eocQB6xi^xaaiv  ai  (iritiQss.  Weiteres  s.  gel  unbekannter  Herkunft,   der  auch  die  lasa 
in  den  Artikeln  Memnon  Sp.  2673f.  und  £"08  20  racuneta(8.  Art.  racuneta)  enthält.  Die  Literatur 

Sp.  1270 f.  und  Beschreibung  desselben  ist  ebendort  s.  v. 

y        1)  Thetis  bei  der  Bergung  der  Leiche  Achills  racuneta  angegeben.    Die  Lasa  ^imrae  ist  der 

durch  Aias:   s.  dazu  Overheck  a.  a.  0.  S.  649 f.  lasa  racuneta  ganz  ähnlich,   nackt,    geflügelt 

m)  Th.  bei  Achills  Totenklage   ist   bisher  und  mit  Salbentopf  und  Scheitelstift  versehen, 

von  Overheck  S.  665  mit  Sicherheit  nur  auf  der  nur   ruht   sie   nicht   auf  einen    Blumenkelch, 

Tabula  Iliaca  nachgewiesen,  wo  0ETII  und  eine  sondern  steht,  da  sie  der  Hauptgruppe  ange- 

MOYZA  an  Achills  Mnema  (AXIAAEION)  stehen.  hört,  aufrecht  neben  einem  Baum;  auch  hat  sie 

n)  Ganz  singulär  scheint  auch  die  Darstel-  anderen,   zwei  Schmetterlingsfühlhörnern  ähn- 

lung  eines  etruskischen  Spiegels  bei  Gerhard  liehen,   Kopfschmuck  (ebenso  die  mean),  als 
IV  Taf.  CCCXCVIII  (Text  S.  47)  zu  sein :  Mene-  so  die  lasa  racuneta,  die  ein  Diadem  trägt.     Für 

laos  (Menle)  will  Helena,  die  das  Palladion  um-  die  Deutung  des  Namens  ^imrae  fehlt  es  bis 

klammert,  töten,  wird  aber  von  der  hinter  ihm  jetzt  an  einem  Anhalt.     [C.  Pauli.] 

stehenden  Thethis  gehindert.    Anwesend:  Tu-  Thincsiis   (oder   Thingsus?),    ein  mit   Mars 

ran,  Aifas  (=  Aias),  Phulphsna  (s.  d.)  =  Po-  identifizierter  Kriegsgott  auf  einer  Inschr.  aus 

lyxena.     [Röscher.]  Housesteads,  s.  Bd.  2,  Sp.  2399.  Er  scheint  auch 

Thetlumr.  Auf  dem  etruskischen  Placentiner  auf  dem  zugleich  gefundenen  Kelief  als  Mars 

Templum   in  Reg.  13^  findet   sich   eine  Laut-  dargestellt  zu   sein.     W.  Scherer   bei  Hühner, 

gruppe,  die  Bogqi  {Bronzo  piacentino  17  nr.  31)  Altgerm,  aus  Engl,  in  der  Westdeutschen  Ztschr. 

als   ^etvml^    gelesen  hatte,    während  Deecke  3,  2, 120fF.  (u.  8, 137)  bringt  Th.  mit  dem  nieder- 
{Etr.  Fo.  4,  42)  vielmehr  -^etlvmr  liest.   Letz-  40  deutschen  thing,  ahd.  ding,  Volksversammlung 

teres    halte   auch   ich   für   das  Richtige.     Die  in   Zusammenhang.     Der  Name   der  Tuihanti, 

Lautgruppe  enthält  keinen  einheitlichen  Namen,  denen  er  wohl  zugehören  würde,  hat  sich  nach 

wie   Poggx  und  Deecke  geglaubt  hatten,  son-  demselben   in    dem    der  Landschaft  Twenthe, 

dem   zerlegt  sich  in  <9^etl  und  vmr.     Ersteres  dem   südwestl.   Teil  von  Over-Yssel,   erhalten, 

ist  der  abgekürzte  Genetiv  *'ö^etual,  von  dem  Vgl.  Haug,  Ber.  üb.  röm.  Epigr.  in  Bursians 

Namen  der  Schicksalsgöttin  te-^u  oder  -^etu,  Jahresh.  ISSi,  AO,  IQS.  W.  Plegie,  Mars  Thingsus, 

das   vmr  hingegen   ist   der   abgekürzte  Name  Amsterdam  1884  u.  d.  Rez.  im  Korrespondenzbl. 

des  Gottes  umr[u].     Näheres  über  die  te-^u  s.  d.  Westd.  Ztschr.  11,  S.  255 — 259.    [Steuding.] 

in  meinem  Artikel  s.  v.  teihum,  über  den  umr[uj  Thipurenai  (-O^ipurenai)  findet  sich  auf  einem 
8.  T.  umr,  um.     [C.  Pauli.]                                     50  tönernen    etruskischen    Becher   von    Cerveteri, 

Thettale  (GsTrocXri)^  Mainade  s.  Kosko.    Die  der  veröffentlicht  ist  von  Lepsius,  Ann.  delV 

Inschrift  s.  jetzt  bei  0.  Kern,  Die  Inschriften  Inst.  1836,  199  und   Über  die  Tyrrhen.  40,  von 

von  Magnesia a.  M.21bVk  32  ^.1^0  (ygl.E.Maaß,  Orioli  Album  22,   195,    im  Mus.  etr.   Vatic.  2, 

JBrcr?wcs26  [1891],  183);  vgl.  üsener,  Bhein.  Mus.  tav.  XCIX  nr.  7,  von  Mommsen,  Unterit.  Dial. 

1903,  11.     [Höfer.]  17,  von  Franz.,  Eiern,  epigr.  graecae  not.  1  und 

Theuth  8.  Thoth.  von  Fäbretti,    C.  I.  I.   nr.    2404,   tab.   XLIIL 

Thia  s.  Theia.  Die  Inschrift  ist  ohne  Worttrennung  geschrieben, 

Thiasos  (Giaeog),  Führer  der  Satyrn  im  Zuge  und  wir  sind  daher  nicht  sicher,  ob  die  obige 

des    Dionysos    nach    Indien:    Nonn.  Dion.  14,  Lautgruppe    wirklich    ein    einheitliches   Wort 
105 f.:    -xal  Zuxvqov?  yisgoEvrag  ixoaiisov  rj^s- 60  sei.    Doch  ist  es  immerhin  nicht  unwahrschein- 

fiot^Bg  II  Hoiiiiviog  Qiacö?  xs  xai  'T^ixsQcog  xal  lieh,    und   die   Abtrennung   wird   so    von   ver- 

'OQBGxrjg  7L.X.L  —  Vgl.  Arch.  Ztg.  41,186.  schiedenen  Gelehrten  vorgenommen.    Was  nun 

[Röscher.]  die  Deutung  betrifft,  so  hat  Cuno  (im  Fleckei- 

Thiba  (Öt^a),  Amazone,  Eponyme  einer  Ort-  sens  Jahrb.  1873,  658)  ^ipurena  als  weiblichen 

Schaft  am  Pontus.  Arrian  bei  Eustath.  ad  Dion.  Vornamen    =    lat.    Tiburina    gedeutet,    auch 

Perieg.  828.  Steph.  Byz.  v.  ©ißat'g.  [Klügmann.]  Deecke  (Etr.  Fo.  3,  167)  sieht  darin  einen  mit 

Thililva,  einheimischer  Name  einer  der  fünf  -^-epri    verwandten    Namen.     Bugge    hingegen 

Gottheiten  von' Magifa,  vermutlich  einer  Ort-  (in  Deeckes  Etr.   Fo.  und  Stu.  4,   39)  möchte 


801                        Thisadie  Thoas  (Etymologie)               802 

in  der  J^autgruppe  eeraisi  der  Tnschrift  den  Hom.  N  222.  228  vgl.  Herodian  2,  G58,  26  u.  ö., 
Namen  der  llora  und  in  mlisiai  -d'ipurenai  sowie  das  Kyzik.  Epüjr.  Anth.  Pal.  3,  10,  1.  — 
Beinamen  derselben  finden,  und  /war  in  o^ipu-  Ableitungen:  Hodvtsiog  Herodian  1,137,  1  u. ö., 
renai  ein  lat.  Tiburna,  weil  Inno  speziell  in  wozu  rö  Gouvtslov  Strab.  14,  655  und  Plolem. 
Tibur  verehrt  wurde.  Da  die  Deutung  des  geogr.  b,2,3S,  ferner  Thoantea  (/.^mwa)  Val. 
eeraisi  schwerlicli  richtig  ist,  so  hängt  auch  FL  Arg.  8,  208  vgl.  Ovid  Ibis  382,  Sil.  Ital. 
die  des  -d'ipurenai  in  der  Luft.  [C.  Pauli. |  4,771  und  14,2<)0.  —  (^oai/rtas  Apoll,  lihod. 
Thisadie  (?)  rf.  Phisadie  und  C.  Robert,  Ho-  l.^VM.  712  und  Omd  Jfer.6,  103;  dafür  Thoan- 
merische  Becher  {fiO  Berliner  Winckelmanns-  tis  Stat.  Theb.  6,  650  und  (Thoantida)  700,  wo- 
progr.)  47  f.  Studien  zur  Ilias  449.  Vgl.  auch  lo  hingegen  vielmehr  auf  Öoatrf^;?,  piur.  <9oavTcrff, 
Pd.  3  Sp.  1760,  23  tf.  [Höfer.]  der  korrupt  (wie  die  andern)  als  Qoccvxi?  über- 
Thisbe  s.  Pyramos.  lieferte  Demenname  von  Alexandria  führt,  bei 
Tliissaios  (?)  {&iü6oclo9'i).  Sehr  verdachtig  Satyr,  fr.  21,  FUG  3,  HJö',  vgl.  Kenyon,  Archiv 
ist  bei  Buftn.  Recognit.  10,  21:  ^luppiter  vitiat  f.  Papyr.  2,74.  —  Guccvriocvog  in  Pisidien  CIG 
. . .  Chrysogenian  Penei,  ex  qua  nascitur  This-  3,4380  e— h,  neben  einem  06ag). 
saeus\  der  letzte  Name.  Steckt  in  dem  auf  Der  Name  hat,  wie  Al'ccg  Occviiag  Geiag  KäX- 
den  griechischen  Text  der  Homilien  des  Clemens  %ccg  neben  entsprechenden  Verben  auf  -afo 
Romanus  zurückgehenden  Namen  Riaaalog  viel-  stehen,  ebenso  neben  sich  &od^a);  vgl,  d-oog  (zu 
leicht  f)866c(k6g?  (Vgl.  Thessalos  f).  [Höfer.]  d-e<o,  Bechtel,  Lexilogus  166),  weswegen  er  auch 
Tliliithii  (^luO-u)  erscheint  auf  der  einen  20  als  Flußname  verwendet  war;  der  Acheloos 
etruskischen  Bleitafel  von  Volterra  (Fabretti,  hieß  früher  so,  nach  Strab.  10,  400  und  Steph. 
C.  I.  I.  nr.  315)  in  der  Lautgruppe  O-luO-u-pit  Byz.\.  'AxsXmog.  Vgl.  auch  das  verwandte  Thoe, 
und  wird  von  JDeecke  (Etr.Fo.'i:,  60)  für  einen  Name  einer  Rennstute  Siat.  Theb.  6,462,  was 
Clötternamen  gehalten.  Weiteres  darüber  s.  v.  allerdings  wie  Qori  als  Name  eines  Meermäd- 
tlusco.  [C.  Pauli.]  chens  neben  @6(ov.,  f)6coacc,  Oocorrig  auch  za 
Thinesio  (Ofisoio)),  ^die  Hebamme',  Name  &o6g  Xaii^ngog  gehören  könnte  (vgl.  Bechtel  a. 
einer  dem  Kreise  der  ägyptischen  Volksgötter  a.  0.  und  Fick- Bechtel,  Die  griech.  Personen- 
ungehöngenGehurtsgöttm, W. Spiegelberg, Jigyp-  namen^  392).  Daneben  gab  es  nun  noch  ein 
tische  u.  griech.  Eigennamen  (=  Demotische  Stu-  drittes  Wort  d-oog  im  Sinn  von  ^scharf '/zackig', 
dien  I)  S.  14* ff.,  nr.  88.  [Höfer.]  30  das  bei  den  ^^001  d-oal  Hom.  o  299  (=  'O^slat 
Time  (O-ne)  wird  in  der  zweiten  Zeile  der  Strab.  S,  350  und  10,  458;  Hesych.  v.  0OAI) 
Reg.  1  des  Placentiner  Templums  gelesen,  vorliegt,  worauf  auch  für  @6ag  die  oben  er- 
dessen Literatur  ich  in  dem  besonderen  Ar-  wähnte  Bezeichnung  @oävtf-iov  von  ccxrcci  auf 
tikel  über  das  Templum  angegeben  habe.  Dies  Rhodos  und  Karpathos  hinführen  könnte,  so- 
'^•ne  wird  mit  Recht  von  Poggi  {Bronzo  Piac.  wie  der  Umstand,  daß  der  Name  von  Tyana  == 
7)  und  von  Deecke  (Etr.  Fo.  4,  24)  von  dem  Ooccva,  der  die  Kappadokisch-Kilikischen  Fels- 
aui  (=  lanus)  der  ersten  Zeile  abgetrennt  und  passe  beherrschenden  Stadt,  mit  dem  Taurier- 
für  einen  besonderen  Götternamen  erklärt,  könig  06ccg  in  Verbindung  gebracht  wird  {Ar- 
Einen  solchen,  der  mit  '9'n  anfinge,  kennen  wir  rian  peripl.  pont.  Eux.  7  und  bei  Steph.  Byz.  v. 
nun  allerdings  bisher  nicht,  und  deshalb  ist  40  Tvocva).  Indessen  haben  wenigstens  die  Alten 
man  gezwungen,  sich  auf  Vermutungen  zu  be-  selber  bei  ©occg  wirklich  Anschluß  an  Q-oog 
schränken.  Poggi  vermutet,  daß  eine  -O-ana  =  ^schnell'  empfunden:  0oa?,  og  myivv  nodcc  xi- 
Diana  oder  die  -ö-anr  (cf.  s.  v.)  dahinter  stecken  Q'slg  i'aov  ntsgolg  slg  xovvo^l  riX%-8  rods  Tto- 
könne.  Das  verwirft  Deecke  (1.  c.  27)  mit  Recht.  Sayisiug  %ci.qiv  sagt  Iphigenie  bei  Eurip.  32, 
Er  selbst  ist  geneigt,  statt  d-ne  vielmehr  sne  und  parodierend  behandelt  Aristophanes  die 
zu  lesen,  dies  in  snena-O"  (cf.  s.  v.)  zu  vervoll-  Tragiker -Etymologie  nach  dem  Schema  lucus 
ständigen  und  dies  auf  Grund  von  Martian  als  a  non-  lucendo:  @6ag,  ßgcnövraxog  cav  iv  av- 
Göttin  Salus  zu  deuten.  Das  alles  ist  ganz  un-  d-gconoig  dgcciistv  (Lemniei'innen,  fr.  361  hei  Kock 
sicher  und  scheitert  schon  daran,  daß  die  Le-  1,  486).  Vgl.  auch  -d^oog  als  zweiten  Namens- 
sung  'O-ne  ganz  sicher  ist  und  von  sne  nicht  50  bestandteil  in  Namen  wie  kXvidd'oog,  kgritd-oos 
die  Rede  sein  kann.  Nur  darin  wird  Deecke  u.a.  bei  Fick-BechieP  147.  Vermutlich  war  in- 
recht haben,  daß  4n  -^-ne  eine  Göttin  stecke,  dessenbeiderursprünglichenNamengebung, 
die  mit  ani  =  lanus  ein  Götterpaar  bilde'.  worauf  die  nähere  Zugehörigkeit  zu  dem  mit 
Wie  aber  diese  Göttin  geheißen  habe,  wie  also  d'oog  zusammengehörenden  d-od^co  hinführt,  bei 
das  -ö-ne  zu  vervollständigen  sei,  das  wissen  der  schnellen  Bewegung  mehr  als  an  Laufen 
wir  zurzeit  nicht  und  müssen  warten,  bis  etwa  an  dionysisches  Schwärmen  gedacht;  vgl.  Mat- 
ein Zufall  uns  die  Lösung  dieser  Frage  ermög-  vccg  d-od^sL,  Eurip.  Troad.  307  u.  349;  T^mXog 
licht.  [C.  Pauli.]  yiaXbv  AvSolai  ^oao^a  hymn.  Orph.  49,  6 ;  »or\- 
Thoantea  \  gog-  rsragccy ^svog  Hesych.  u.  ü,.  Diese  von  TFe/- 
Ttioaatias  |  s.  Thoas  zu  Anfang.  60  cker  {die  äschyl.  Trilogie  Prometheus  593)  nahe- 
Thoantis  I  gelegte  Auffassung  (vgl.  auch  die  Namen  &6- 
Thoas  (Nom.  @6ag,  äol.  Qoocig  Herodian  1,  a^o?,  Thoactes)  empfiehlt  sich  vor  der  von  ihm 
239,  2  JLeni^  u.  ö.;  Gen.  ©occvxog.,  daneben  @6cc  schließlich  bevorzugten  Anknüpfung  an  den 
Herodian  2,  649,  30  und  Inschr.  in  Rhodos,  Wettlauf  von  Lemnos  (welcher  Agon  übrigens 
Collitz  SGDI  4215,  in  Delphi  ebd.  1730  u.  ö.;  als  inixdcpiog  für  Thoas  erscheint,  also  doch 
Akk.  Ooccvxa,  daneben  06ccv  Hesiod  Ehöen  (?)  schwerlich  dessen  Namen  veranlassen  konnte), 
fr.  IIS  Rz.^',Yok.  @6ccg  Eur.  Iph.  T.  14:H6.  14:14:  weil  wenigstens  der  lemnische  Thoas,  wie 
vgl.  Herodian  2,  659,  9  u.  ö.,    daneben    ©oav  wir  noch  sehen  werden,  ausgesprochen  diony- 


803               Thoas  (Allgemeinea)  Thoas  (I  von  Lemnos)              804 

•  ische  Züge  an  sich  trägt,  und  dies  ist  sagen-  Hypsipyle  sich  der  caeUstis  origo  rühmt;  vgl.' 

ffeschichtlich  der  älteste  Träger  des  Namens.  ebd.  6/266ff.  658f.  676  und  Ovid  Her.  6,114). 

Zugleich  würde  sich  dann  erklären,  daß,  wie  Dagegen  wäre  er  nach  Ps.-Acro  zu  Hor.carm. 

schon  bemerkt,  wiederholt  meer-  und  wind-  1,17,28  (1,  79, 11  A'fWer')  vielmehr  Enkel  des 

umrauschte  Kaps  Boavxtiu  heißen;  denn  diese  Dionysos:    Thyoneus  Liberi  filius,  qui  in  Chio 

Bezeichnung   setzt    doch    schon    den    Namen  irtsula   regnavit,  pater  Thoantis  Lenwi  rcgis, 

S6ae^  vielleicht  sogar  die  Kultstätte  eines  Ooag,  cuius  filia  fuit  Hypsipyle:  vgl.  Myth.  Vat.  1, 199 

voraus,  so  daß  die  oben  erwähnte  Verknüpfung  (dieser   J^etoneus    seu    Thioneus;    das    ganze 

mit  9o6g'  ö^vf  minder  einleuchtet;  wohl  aber  übrigens   vielleicht    falsche    Statiusü.us\eg\ir\g; 

bleibt  der   T^&log  als  xaXbv  Avdotoi  ^(Jatf/ia  lo  vgl. /wsen,  JB.E  9,  440,  62  flF.).  Eine  Unbestimmt- 

in  der  angenommenen  Vorstellungssphäre.   'An  heit  ist  in  das  genealogische   Verhältnis  wie 

sich  ist  ITioas  der  stürmende,  tosende,  also  ein  bei  Oinopion  und  anderen  meist  schon  durch 

Ausdruck  für  den  winterlichen  Dionysos'  sagt  den  Namen  als  solche  kenntlichen  Dionysos- 

Usener,  Sintflutaagen  106,  und  schon  das  my-  söhnen  (vgl.  besonders  Bd.  3,  Sp.  791  ff.)  wohl 

thol.  Wörterbuch    des    alten   Hederich   nimmt  dadurch   gekommen,   daß   bei    Ion   von   Chios 

Thoas  Nr.  la  für  eine  Hypostase  des  Dionysos  einige  derselben  (Oinopion  und  Staphylo«)  Söhne 

(2366),  wie  denn  auch  die  Reihe  der  Dionysos-  nicht  der  Ariadne  und  des  Dionysos,   sondern- 

söhne,  in  der  er  steht,  z.  T.  schon  durch  ihre  vielmehr,  in  durchsichtiger  Tendenz  zur  Zeit 

Namen  (Oinopion,  Staphylos,  Euanthes  u.  a.)  des  attischen  Reiches,  Söhne  der  Ariadne  und 

auch  für  den  Namen  Thoas  die  gleiche  Auf-  20  des  attischen  Theseus  waren,  wodurch  dann 

fasiung  nahe  legt.  andere  aus  der  Reihe  der  ursprünglich  brüder- 

Zu  besonders  reicher  sagengeschichtlicher  liehen  Gestalten  zu  Söhnen  des  Oinopion,  also 
Entfaltung  ist  der  Name  Thoas  nicht  gelangt,  vielmehr  zu  Enkeln  des  Dionysos  wurden, 
weswegen  er  hier  und  da  auch  als  Füllname  Müller  zu  Ion  fr.  13  FHG  2,  60  setzt  in  der 
für  ganz  schattenhafte  Gelegenheitsfiguren  der  lat.  Übersetzung  ergänzend  auch  Thoas  in  die 
Sagendichtung  verwendet  wurde,  die  wir  später  Reihe  dieser  Oinopionsöhne.  Die  Unsicherheit 
aufzählen.  Immerhin  tragen  ihn  einige  alte  und  kommt  besonders  bei  Diodor  5,  79  zum  Aus- 
sagenechte Gestalten,  zwei  davon  scheinen  auch  druck,  wo  der  Ariadnesohn  Oinopion  (ov  ivioi 
noch  in  historischer  Zeit  in  der  Personennamen-  ^ivQ'oXoyovGL  JiovvGov yBv6iLivov)vox\  Rhadaman- 
gebung  weiter  zu  wirken,  wenigstens  die  eine  so  thys  Chios  erhält.  Von  den  zugehörigen  Sagen- 
auch  ausgesprochen  i'n  ihrem  zugehörigen  Orts-  gestalten  aber  heißt  es  sehr  unbestimmt:  rwv 
bereich.  Denn  schwerlich  zufällig  heißt  wie  o  äXXcov  xäv  nsgl  wbxbv  (d.  h.  wohl  thqX  Olvo- 
der  homerische  Aitolierfürst  (unten  Nr.  2)  auch  nioavcc)  ijysiiovoiv  knacxco  vfjaov  t)  TtoXiv  öoa- 
der  aitolische  Strateg,  der  aus  delphischen  In-  Q-^accßd^ccL  Xiyovai  xov  'Paddfiav&vv,  ©öccvxi  nlv 
Schriften  {SGDI  1730—2126  öfter)  sowie  aus  Afj^vov  v.xX.,  während  z.  B.  bei  Slat.  Theb.  5, 
Polybios  (21, 14  u.  ö.)  und  anderen  Schriftstel-  487  für  den  lemnischen  Thoas  Chios  fraterna 
lern  bekannt  ist.  Sonst  begegnet  der  Name,  heißt.  Abgesehen  von  diesem  durch  Ion,  wie 
abgesehen  von  dem  Parteigänger  des  Philipp  es  scheint,  verursachten  Schwanken  ist  sonst 
in  Oreos  {Demosth.  9  ^  bd)  und  gelegentlicher  die  Abstammung  des  Thoas  von  Ariadne  fest- 
Verwendung  in  der  Spätzeit  {Syjies.  ep.  08  u.  40  stehend;  vgl.  ApoUod.  epit.  Sabb.  9  (wo  Dionys 
79),  wie  es  scheint  nur  in  der  Levante:  in  Alt-  die  Ariadne  nach  Lemnos  bringt  und  dort,  also 
Milet  (Plut.  act.  Graec.  32),  in  Magnesia  {Ar-  in  Thoas'  zukünftiger  Heimat,  nicht  nur  diesen 
rian,  Anab.  6,  23  u.  ö.),  bei  zwei  Zeitgenossen  selbst,  sondern  auch  Staphylos,  Oinopion  und 
im  4.  Jahrh.  v.  Chr.  in  lasos  (SGDI  5515),  noch  Peparethos  erzeugt).  In  der  6.  Heroide  Ovids 
später  in  Knidos  (ebd.  3510)  und  in  Lindos  114  nennt  sich  Hypsipyle  Minoo  nata  Thoante, 
(ebd.  4215),  und  aus  derselben  Gegend  wird  der  natürlich  wegen  der  Minostochter  Ariadne.  — 
Kapitän  Thoas  aus  der  Zeit  des  Perseus  stam-  Lemnos,  die  olvocfÖQos  (vgL  Hom.  H  ^67f^. 
men  {Polyb.  30,  8).  Da  wir  in  Rhodos  und  Kar-  0  230 ff.),  ist  die  Heimat  des  Dionysossohnes 
pathos  auch  die  Godvxsia  fanden,  so  wäre  im-  Thoas:  cpiXoivoL  sind  die  Lemnier  mg  &7t6yovoL 
merhin  möglich,  daß  auch  bei  diesen  Namen-  50  ©oavxog  xov  Jiovvaov:  Scholl,  (besonders  T, 
gebungen  lokale  mythologische  Reminiszenzen  doch  auch  A  Genev.)  zu  Hom.  !S  230;  231.  Be- 
im Spiel  sind.  Vielleicht  war  die  Sagenbedeu-  reits  in  dieser  Iliasstelle  ist  Lemnos,  wo  Hera 
tung  von  Thoas  Nr.  la  doch  ausgebreiteter  den  Hypnos  trifft,  die  7t6Xig  9-sioio  ©oavroff, 
und  nachhaltiger,  als  die  unmittelbare  Über-  und  dieser  Thoas  ist  es,  der  ^  743  ff.  im  Han- 
lieferung uns  erkennen  läßt.  Thoas  dürfte  eine  delsverkehr  mit  sidonischen  Händlern  erscheint 
sich  wiederholende  Figur  nicht  nur,  wie  wir  (vgl.  Schol.  Genev.  zu  745).  Auch  Herodot  6, 138 
■eben  werden,  in  Lemnos,  Sikinos,  Chios,  son-  kennt  den  Thoas  von  Lemnos.  A'qfivog,  7]v  6 
dem  überhaupt  in  Inselsagen  gewesen  sein.  Jiovvöov  oUl^ei  @öag,  sagt  Skymnos  644;  vgl. 
Diese  Gestalten  flössen  dann  in  der  berühm-  femer  Ovid  Metam.  13,399,  Ar]aviüav  ßccötXsvg 
testen,  der  von  Lemnos,  zusammen;  vgl.  Jessen,  60  Schol.  Pind.  Ol.  4,  32  c  (1,  136  Drachm.),  Ps.- 
Thoassagen,  RE  9,  440 ff.  Acro  a.  a.  0.    Insonderheit  gehört  er  nach  der 

la)   Thoas   von   Lemnos,    der    ältere,  Stadt  Myr in e:\4poW.  jRAod.  1,634 ff.  (vgl. ÄdioZ. 

Sohn  de3  Dionysos  nach  JpoW- iJÄod.  4,  424ff.  T  zu  ^231).    Die  eponyme  Heroine  erscheint 

(vgl.  Scholl,  zu  3,997),   Skymnos  644,  Apollod.  als   seine   Gemahlin   {Schol.  zu  Apoll.  Ehod.  1, 

epit.  Sabb.  9   {Mythogr.gr.  1,116,10  Wagner),  601   und   M.  M.  v.  MvqIvt],    nicht  'Tochter', 

Satyros    n.    dri^av  'AXs^av^QScov  fr.  21  FHG  wie  Twwi^JcZ  versehentlich  angibt  Bd.  2,  Sp.  3310, 

3,165,  Sclwl.  T  zu  Ä  231,  Luct.  Plac.  zu  Stat.  68).    Mit  ihr  erzeugt  er  Hypsipyle  {Apollod. 

Theb.  4,  768  S.  252,  9  Jahnke  (wo  seine  Tochter  1,  9, 17  =  I  114  Wagner).    Und  zwar  heißt  bei 


805              Thoas  (I  von  Lemnos)  Thoas  (I  von  Lemnos)               806 

Apoll.  Bhod.  die  0oavTiccg  (1,  637.  712;  vgl.  sammenhang  nur  eben  zu  nennen.  Sein  hojies 
798.  829.  890  f.)  einmal  (1,  718)  des  toten  Thoas  Alter,  das  Erbarmen  steigernd,  hebt  schon  die 
XTikvyitri  ysyavia^  was  auf  Geschwister  hinzu-  euripideische  Ilypsipyle  hervor:  noXibv  ort  na- 
deuten  scheint.  Tatsächlich  kennt  Stat.  Theb.  rigos  ov-k  hf^iov  xäga  fr.  LXIV  Kol.  2, 17.  Zu 
5,  226;  4G7  eine  Schwester  X^casfe,  und  Hypsi-  alberner  Motivierung  erscheint  es  verwendet 
pyle  selbst  ztlhlt  ebd.  219  ff.  als  zur  propria  im  Schal,  zu  Apoll.  Jihod.  1,620:  äiä  rrjv  r)Xi- 
stirps  gehörig  noch  einige  männliche  Namen  xtav  ov-k  altios  oiÖh  ovvfgyog  tfjg  &atXybLccg 
auf:  Cydon,  Crenaeus,  üydimus^  offenbar  Ba-  (die  die  vor  Eifersucht  Rasenden  ihren  Män- 
Btarde  des  Thoas  (vgl.  Luct.  IHac.  zu  222  S.  274,  nern  vorwarfen).  Die  Rettung  selbst  wird  sehr 
7  Jahnke).  Ursprünglich  war  indessen  Hypsi-  lo  verschieden  erzählt,  teils  ganz  kurz  {rapui  de 
pyle  gewiß  die  selbständige  Gestalt  einer  Toten-  clade  Thoanta,  Ovid  Her.  6,lSb;  vgl.  Hyyin 
göttin,  die  'Herrin  der  hohen  Pforte'.  So  v.  254  [140,  11  Schm.]  und  Luct.  Plac.  zu  Stat. 
Wilamoivitz,IHelUasundHo7nerSQ^{\g\.bS),  Theb. 'i,  7 21  [2 Ad,  12  Jahnke \),  teils  mit  viel 
der  wohl  mit  Recht  annimmt,  daß  vor  der  Er-  Einzelheiten.  Wir  stellen  Valerius  Flacc.  Ary. 
Weiterung  des  geographischen  Horizontes  auch  2,  242 ff.  voran,  weil  er  am  ausführlichsten  ist 
die  Fahrt  nach  dem  goldenen  Vließ  überhaupt  und  weil  kein  Zweifel  daran  bestehen  kann, 
nur  zu  ihr  und  nach  ihrer  noch  mythischen  daß  er,  der  gerade  hier  sehr  weit  sich  von  sei- 
Insel  gegangen  ist  (vgl.  auch  schon  Maaß,  Or-  nem  Vorbild  Apollonios  entfernt,  vielfach,  auch 
pheiis  149  und  Jessen  BE  9,  436  ff.).  Sie  dürfte  wo  sich  die  Einzelheiten  nicht  festlegen  lassen, 
also  erst  sekundär  mit  Thoas  genealogisch  ver-  20  auf  ältere  Sagendichtung  zurückgreift,  die  nicht 
knüpft  worden  sein,  der  dann  freilich  als  ihr  notwendig  durchweg  jünger  als  Apollonios  sein 
Vater  oft  bezeugt  wird;  vgl.  außer  den  schon  muß  und  die  dem  gelehrten  Dichter  sicher 
genannten  Stellen  u.  a.  Eur.  Hyps.  fr.  IV  2  nicht  lediglich  durch  Apollonioskommentare 
S.  54  V.  J^rmm;  Aristoph.fr.%blKock\  die  iexo-  vermittelt  war  (zu  beachten  ist  auch  410,  wo 
qicc  von  Nemea  Schol.  zu  Clemens  Frotr.  1,  306,  Hypsipyle  dem  Jason  zum  Abschied  ein  Ge- 
25  ff.  Stählin;  schol.  Vind.  Ol.  4,32c  (1,  136  webe  schenkt,  auf  dem  sie  die  Rettung  des 
Drachm.);  Stat.  Theb.  5,  34  ff.;  239;  700;  720  Vaters  bildlich  dargestellt  hatte,  wie  auch  das 
(vgl.  675);  Hyg.  254  (140,  11  Schm.).  Durch  Schwert  und  notum  insigne  Thoantis,  418, 
Hypsipyle  wird  Thoas'  Gestalt  auch  mit  hinein-  'Hq)aL6t6t8vxtcc  und  Geschenke  des  Gottes  selbst, 
gezogen  in  die  wichtigen  Sagen  über  die  Arniviu  30  sehr  verständlich  in  Lemnos).  Die  Rettung  voll- 
xaxa,  die  Argonautensage,  die  Stiftung  der  ne-  zog  sich  so ,  daß  Hypsipyle  dem  Vater  das 
meiscben  Spiele,  was  sich  z.  T.  schon  im  Hin-  Schwert  gibt,  mit  dem  sie  ihn  hätte  töten  sollen 
tergrund  des  homerischen  Epos  bemerklich  (252),  dann  bringt  sie  den  verhüllten  Thoas 
macht.  Vgl.  außer  Klügmanns,  Artikel  Bd.  1,  ad  conscia  Bacchi  templa  (254),  also  in  den 
Sp.  2853  ff.  jetzt  besonders  Jessen  a.  a.  0.  und  Schutz  des  Ahnherrn  des  Geschlechtes.  Sie  ver- 
Bobert,  Die  Jasonsage  in  der  Ilypsipyle  des  birgt  ihn  sub  pedihus  dextraque  dei,  so  daß  das 
Euripides,  Hermes  44,  1909,  376 ff".  heilige  Gewand  des  Kultbildes  ihn  verhüllt. 
Einmütig  ist  die  im  übrigen  sehr  stark  va-  Am  nächsten  Morgen  führt  sie  ihn,  als  Diony- 
riierende  Überlieferung  über  den  Mord  der  lern-  sos  selbst  verkleidet  (265),  auf  einem  Wagen 
nischen  Männer  durch  die  Lemnierinnen  darin,  40  in  dionysischem  Zuge  mitten  durch  die  Stadt 
daß  Thoas  (soweit  die  Erzähler  seiner  über-  davon,  angeblich  um  das  durch  den  Männer- 
haupt oder  doch  eingehender  gedenken)  als  der  mord  befleckte  Kultbild  am  Meere  zu  lustrieren 
einzige  Mann  gerettet  wird  von  seiner  Tochter  (275.  Es  ist  sehr  merkwürdig,  hier  eine  Um- 
Hypsipyle  (versehentlich  ^öcoffg  xov  sccvtfjg  av-  biegung  des  aus  der  euripideischen  Iphigenien- 
dga  ©öccvtcc  Apost.  10,  65.  Paroem.  gr.  2,503).  Thoas-Dichtung  bekannten  Motivs  wiederzufin- 
Wenn  Herodot  6,138  sagt:  al  yvvatxsg  rovg  den).  Draußen  vor  der  Stadt  angelangt,  ver- 
ttfia  OoccvTi  avdgccg  6cpst£govg  anoy.tiivaüoit  birgt  sie  den  senex  (280),  wagt  sich  aber 
(ähnlich  Bidymos  im  Schol.  zu  Eurip.  Hek.  887  nicht  ein  zweites  Mal  öffentlich  hinaus,  ^on- 
[1,  70,  llff.  (ScÄiü.]  rovg  6vv  @6avxi  ndvxccg  &7t-  dem  läßt  ihn  heimlich  die  Flucht  ausführen, 
B-Kxeivav) ,  so  muß  das  keine  Abweichung  be-  50  übers  Meer,  auf  einem  alten  Fahrzeug,  das  sich 
deuten.  Vielmehr  liegt  hier  in  gekürzter  Fas-  der  Thetis  und  dem  Glaukos  geweiht  am  Strande 
sung  die  Variante  vor,  wonach  der  zunächst  vorfand  und  das  ihn  nach  Taurien  trägt  de- 
gerettete Thoas  später  (d.  h.  nach  der  auch  lubraque  saeva  Bianae  (301;  vgl.  Thoantea 
Herodot  4,145  wohlbekannten  Argonautenepi-  Biana  8,208).  Hic  illum  tristi,  dea,  praefici» 
sode)  den  Lemnierinnen  doch  noch  zum  Opfer  arae  ense  dato.  Valerius  schließt  803  mit  einer 
fällt.  YgLinod-.  zu  Pindars  Nem.  S.  4:24:  Boeckh  Hindeutung,  daß  es  dieser  Dianae  in  kurzem 
und  Apollod.  S,  Q,  4:  cclad'o^svixL  yag  ccl  A'q^vLccL  bestimmt  sei,  nach  einem  Egeria-Hain,  nach 
varsgov  Qoccvxcc  oseaaasvov  ixslvov  ^ihv  ^xxsivav.,  Alba  und  Aricia  zu  gelangen  (vgl.  unten  Sp.  817, 
Tr]v  Ss  'TipLTtvXriv  anriuTtolriaav,  zusammengehal-  47  ff.).  Zu  Thoas  in  Taurien  stimmt  Hygin  120 
ten  mit  1,9,17:  [lovt]  8'  iacoösv  'Txpinylr]  xov  60  (103,  14  Äc/im.),  wo  Orest  das  Orakel  erhält,  ut 
kocvxfig  nuxigu  ngvipaöa  Goavxoc,  eine  Überlie-  in  terram  Tauricam  ad  regem  Thoantem  pa- 
ferung,  die  ihre  Bedenken  hat,  wie  Bobert  a.  trem  Hypsipyles  iret,  sowie  15  über  die  Lem- 
a.  0.  398  zeigt,  g,ber  sie  ist  nun  einmal  vor-  niaden  {b0,8  Schm.)  über  Hypsipyle:  patrem 
banden.  Im  übrigen  begnügen  sich  manche  Be-  suum  Thoantem  dam  in  navem  imposuit,  quem 
richte  über  das  sprichwörtliche  ATq^LViov  v.av.6v  tempestas  in  insulam  Tauricam  abstulit.  —  Ein 
(die  paroemiographische  und  sonstige  Tradi-  alter  Mann  ist  Thoas  auch  bei  Apull.  Bhod. 
tion  sorgfältig  zusammengestellt  von  Jessen  a.  l,62üff.  Von  der  Rettung  erwähnt  er  nur  die 
a.  0.  437, 40ff.),  Thoas'  Namen  in  diesem  Zu-  Seefahrt,  die   aber  nicht  in  einem  Boote  ge- 


807               Thoas  (I  von  Lemnos)  Thoas  (H,  S.  d.  Jason)              808 

schiebt,  Xagvccxt  8*  iv  xoiXri  ftir  twrfpO"*  aXbi  Schon  die  j^enannten  Berichte  zeigen  die  Ver- 
fi%i  (figta^ai*),  ein  Motiv,  das  Ustner  im  Ab-  flechtuug  der  Schicksale  des  Thoas  nicht  nur 
schnitt  der  Sintflutsagen  ^das  Götterkndblein  in  in  die  Ar^ivia  xaxa,  sondern  auch  in  die  mit 
der  Truhe*  105 ff.  Anlaß  gab,  die  Gestalt  des  diesen  verknüpfte  lemnischeArgonautonepisode. 
Thoas  in  eine  längere  Reihe  verwandter  Ge-  Diese  ist  ein  altes  Zetema  (6'tra6. 1,45),  worüber 
stalten  einzugliedern.  Der  Zug  kehrt  wieder  jetzt  außer  Robert  a.  a.  0.  und  Jessen  RK  2, 
in  der  vnö^iaig  zu  Pindars  Nemeoniken  (S.  424  755 f.  sowie  9, 436  f.  auch  Malten  zu  vergleichen 
Boeckh):  ivtig^ccaa  %iß<oT^  itpvXartsv.  Hier,  wie  ist,  Kyrene  {philol.  Unters.  20,  1911)  153,  bei 
bei  ApoUodor,  mißlingt  die  Rettung:  die  Lern-  denen  weitere  Literatur  nachgewiesen  wird, 
nierinnen  avri»  iihv  xarfnovraöav  iveig^aoat  lo  Der  von  Hypsipyle  (oder  den  Leinnierinnen 
tfi  mßcoxa.  Bei  Apollonios  dagegen  glückt  die  überhaupt)  veranstaltete  Agon,  an  dem  die  Ar- 
Flucht,  doch  gelangt  Thoas  nicht  nach  Tau-  gonauten  teilnehmen,  galt  als  inirdcptog  ccyt'ov 
rien,  sondern,  von  Fischern  {iitaxx^Qes)  gerettet,  des  Thoas  (dann  wohl  im  Zusammenhang  mit 
nach  der  Insel  Olvolri  (623 f.,  also  wieder  ein  der  bei  Statius  erwähnten  Scheinbestattung) 
Weinland!),  später  Sikinos  genannt,  nach  einem  oder  der  erschlagenen  Lemnier  überhaupt:  Pin- 
Sohne  des  Thoas  und  der  vriiäg  Olvolri  vvfKpri.  dar  Ol.  4,  31  ff.  (mit  Schol.  zu  31c  und  32  a 
Das  sehr  gelehrte  Scholion  gibt  u.  a.  an,  auch  [1, 136  Drachm.])  und  —  hier  nicht  wie  sonst 
Xenagoras  {nsgl  vriacav  fr.  12  FEG  4,  528)  meist  bei  der  Hinfahrt,  sondern  bei  der  Heim- 
habe diesen  Sohn  des  Thoas  und  der  Oinoie  fahrt  der  Argonauten  —  Pyth.  4,  449  ff.  (mit 
gekannt,  und  zeigt  im  übrigen  zwei  Ansichten  20  Schol.  zu  461  [2, 160  Drachm.]).  Nach  der  Pin- 
über  die  Quelle  des  Apollonios.  Nach  der  einen  darexegese  kam  der  Agon  schon  bei  Simonides 
folgte  er  dem  Theolytos  (in  dessen  Banxixä  vor  {fr.  205  J5e.*),  später  bei  Kallimachos  (fr. 
Ijtij?  ^t/i.  7,  296a),  nach  dem  Nachweis  des  197);  vgl.  auch  PAt7os«r.  Gt/mn.  3  (2, 263,  3  ivay- 
Aaklepiades  von  Myrlea  dagegen  dem  Kleon  ser).  Ferner  erneuert  sich  des  Thoas  Name  bei 
von  Kurion  (in  dessen  .^pyovavrixa?  Scholl,  zu  den  Söhnen  der  Hypsipyle  von  Jason.  Hierbei 
1, 687).  Vgl.  Susemihl,  Gesch.  d.  griech.  Lit.  in  weiß  freilich  der  ältere  Zweig  der  Überliefe- 
ifer Alexandriner  zeit  1 ,  382  und  zu  der  Sage  rung,  entsprechend  dem  homerischen  Epos,  nur 
von  Sikinos  Höfer  Bd.  4,  Sp.  821,63ff.,  sowie  von  dem  einen  'IriöoviSrjg  'Evrivog,  der  offen- 
üsener,  Sintflutsagen  149.  —  Für  sich  steht  die  bar  zur  Zeit  der  Troica  des  alten  Thoas  Nach- 
Darstellung des  Stat.  Theb.  6,  240 ff.;  vgl.  Luct.  so  folger  im  Regiment  von  Lemnos  ist:  H  468, 
Plac.  zu  5,  29  (268,  22  ff.  Jahnke)  und  Myth.  Vat.  $  41,  «F  747  (vgl.  Quint.  Smyrn.  4,  383  ff.).  Er 
1, 133  und  199.  Hypsipyle  holt  den  Vater  vom  ist  auch  wohl  der  Wirt  der  Griechen  gewesen 
Lager  fort  und  eilt  mit  ihm  durch  die  Mond-  bei  dem  Gelage  von  Lemnos  0  230  ff.;  vgl. 
nacht  davon,  worauf  Thoas'  göttlicher  Vater  v.  Wilamoioitz,  Homer  u.  d.  Ilias  53  und  über 
Thyoneus  erscheint  und  dem  Sohne  Hilfe  bringt  die  Sagenbedeutung  der  Gestalt  auch  Töpff'er, 
(265 ff.  Die  Vergilnachahmung  bemerkt  schon  attische  Genealogie  185  f.  Ihn  allein  nennen 
Luct.  Plac.  zu  260,  von  den  Neueren  zuletzt  Asklepiades  im  Schol.  AD  zu  H  468,  sowie  Ni- 
Robert  a.  a.  0.  400).  Er  heißt  Hypsipyle  mit  kolaos  Dam.  fr.  18  {FHG  3,368);  vgl.  Bd.  1, 
Thoas  dahin  eilen,  gemini  qua  bracchia  muri  Sp.  1404, 11  ff.  Dagegen  erscheint  sonst  in  der 
litus  eunt  (279),  und:  tu  lato  patrem  commi<<6  40  jüngeren  Überlieferung  ganz  überwiegend  ein 
profundo.  succedam  curis.  So  läßt  sie  ihn  curvo  Brüderpaar,  aus  begreiflichen  Gründen  öfter 
robore  clausuni  (287)  davonfahren;  m.  E.  ist  als  Zwillinge  bezeichnet  {Oüid  Her.  6,  121; 
das  ein  absichtlich  unbestimmter  Ausdruck,  Stat.  Theb.  5,464.  713;  6,433  und  besonders 
der  die  Traditionen  von  der  Truhe  und  vom  343:  geminis  eadem  omnia:  vultus,  currus,  equi, 
Kahn  auszugleichen  bezweckt  (obwohl  Luct.  vestes,  par  et  concordia  votis),  doch  immer  so, 
Plac.  fluviali  navigio  erklärt).  Hypsipyle  er-  daß  nur  der  epische  Euenos  in  der  Überliefe- 
richtet  dann  zuhaus  (314ff.)  zum  Schein  einen  rung  wirklich  feststeht  (auf  der  Neapler  Arche- 
Scheiterhaufen  {sceptrum  super  armaque  patris  morosvase  ist  nur  der  eine  der  beiden,  E{)VBGig, 
...et  notas  regum  velamina  vestes),  neben  dem  namentlich  bezeichnet;  vgl.  Baumeister,  Denk  m. 
sie  mit  blutigem  Schwert  steht.  Hierauf  folgt  50  1, 114).  Der  zweite  Name  variiert:  Nebropho- 
die  Argonautenepisode.  Erst  darnach  erreicht  nos  {Apollod.  1,  9,  17  =  1, 115  Wagner),  Deipy- 
die  Stadt  das  für  Hypsipyles  spätere  Schick-  los  (so  Muncker  mit  Recht  satt  Deiphilus  bei 
sale  verhängnisvolle  Gerücht  (486):  vectum  Hygin  Ib,  während  M.  Schmidt  bO,  14:  Dexiphi- 
trans  alta  Thoantem  fraterna  regnare  Chio.  Also  lus  wollte;  vgl.  aber  Deipylus  Hygin  273  [147,  8 
Rettung  des  Thoas  nach  Chios,  auf  die  wein-  Schm.'\),  überwiegend  indessen  ist  die  Wieder- 
berfihmte  Insel  seines  Bruders  Oinopion,  doch  aufnähme  des  Großvaternamens.  Dies  führt  auf 
wohl  auch  hier  wiederum  Ba-uxlov  [irixavalg,  b)  Thoas  von  Lemnos,  den  jüngeren, 
wie  es  schon  bei  Euripides  heißt,  wo  freilich  Sohn  des  Jason  und  der  Hypsipyle  (vgl. 
Hypsipyle  erst,  als  sie  schon  selbst  geflüchtet  Schluß  von  nr.  la,  Sp.  808,  24 ff.).  Ob  und  inwie- 
ist  vor  der  Rache  der  Lemnierinnen  und  in  60  fem  Aischylos*  Hypsipyle  {Nauck^  S.  79)  diesen 
Nemea  weilt,  erfährt,  daß  Thoas  öiacoarat  und  Thoas  berücksichtigte,  ist  nicht  festzustellen, 
in  die  alte  Heimat  zurückgelangt  ist  (fr.  LXIV  Dasselbe  gilt  von  dem  Stück  Nemea  (ebd.  49) 
Kol.  2,  47  ff.    Näheres  unten  Sp.  812,  60  ff.).  —  und  Sophokles'  Lemniai  (ebd.  215,  wo  überdies 

fr.  354:  iv  Armviatg  TtQot^gaLg).   Über  andere 

«  TT  ,  j       •„»!.*      #a>v           V    •  1.    j  TT  Dramen  Töpff'er  a.  a.  0.  202  Anm.  1.    Dagegen 

*)  Vgl.  daa  Tielleicht  auf  Thoas  zu  beziehende  Vasen-  •  i.     -m      •    -j     »     rr        •      7                   ^u          •«  1^-    :„ 

biid  in  Berlin  bei  lUinack,  Repert.  d.  .ose,  I  p.  275  =  An-  '^^  Eunpidcs    HypsipyU   nunmehr  Wieder    in 
naii  1847  pi.  M.  =  Furtwängier  2300: ' Homme  barbu  (le  roi      großem  Umfange    kennthch   geworden   (außer 

Thoa*7)  »ortant  d'un  cofre  en  boU.'  fr  .752—770  JV.*  im  Oxyrh.  Pap.  6  nr.  852.  Vgl. 


809           Thoas  (11,  Sohn  d.  Jason)  Thoas  (II,  Sohn  d.  Jason)  .        810 

Eurip.  Hypsip.  fragm.  ed.  van  Herwerden,  Traj.  'TipinvXr},   &vccYvcoQti;6fievoL   r^    firiTQL    xai    tj]v 

ad  Bh.  VJOd;   Tragicor.  (jraec.  fragm.  papyr.rec.  xqvgtiv  ^Eixvvvreg  aiinsXov,  orceg  tjV  avtolg  tov 

Hunt,    Oxon.  1912;    Suppl.  Euripidetim  von  v.  ytvovg   oviißoXov   (dies    trifft    einleuchtend    zu- 

Arnim,   Bonn  1913   in  Lietznianns  Kl.  Texten  Hammen   mit  Thoas'  oder  Euneos'  Worten  bei 

nr.  112,  46 ff.,  wonach   ich   zitiere.    V^l.  ferner  Euripides  fr.  LXIV  Kol.  2,54,   von  denen  der 

Menozzi,  slud  Ital.  di  fdol.  dass.  18  (1910),  1  ff.  Versschluß  olvianbv  ßoxgvv  kenntlich  ist;   vgl. 

u.  Petersen,  i«;/t.il/.  68(1913),  584  ff.  i^o&ert  a.  a.  Robert  397  f.;    sowie    mit    Schol   zu    Äristoph. 

0.  (Sp.  805,  36)  setzt  das  Stück  ins  Jahr  409,  die  Ran.   1320    naga    t6    i^   'Tipinvlri?    EvQinidov 

taurische  Iphigcnie  in  die  Jahre  vorher.   Nach  ^olvävd-u  tgifpsi  xhv  legöv  ßoTQvv*,  fr.  765  N.*)^ 

V.  WUamowitz  (bei  v.  Herwerden  13)  wären  Eu-  lo  xocl    qv6(isvos    cchrriv    ttJj    6iä    tov    'Ag^epLÖgov 

neos  und  Thoas,  auf  der  Suche  nach  der  Mutter,  ^dvarov    nag'    KvgvdUrig    tLpLoyglag.     Freilich 

schon  zu  Beginn  des  in  Neraea  spielenden  Stückes  bleibt  auch  hier  der  Zweifel,  ob  und  wie  dies 

aufgetreten,  und  dem  Thoas  gibt  v.  Herwerden  gvsad-cci  mit  dem  für  Euripides  sicher  stehen- 

(vgl.  Robert  376.  390 ff.)  die  schon  aus  fr.  752  den    Eingreifen  des  Amphiaraos  zu   vereinba- 

N.^  bekannten  Eingangsworte  des  Ganzen  Jio-  ren   ist.    Als  Mittler   scheint  dieser  anwesend 

vvaog,  og  ^vgöoiöi  -aal  vsßgcov  Sogalg  %rX.,  pas-  (neben  Parthenopaios   und  Kapaneus)   auf  der 

send  für  den  den  Prolog  sprechenden  Abkömm-  Archemorosvase,     die    Hypsipyle    zeigt,     wie 

ling  des  Gottes  (andere  ließen  Hypsipyle,  Wel-  sie  sich  vor  Eurydike  verantwortet  in  Gegen- 

cker,  Gr.  'Trag.  2,  556 ,  den  Gott  selber  reden).  wart  der  beiden  Jünglinge,  über  denen  Diony- 

Sicher  spricht   Hypsipyle  fr.  l  Kol.  1,  4tf.  mit  20  sos    erscheint.    Ziemlich    unbestimmt    auch    in 

den  beiden  Jünglingen,   und  Thoas  führt  hier  d'esem  Punkte   die   vjtod-tßig  zu   Findars  Ne- 

nach  der  erhaltenen  Personenbezeichnung  das  meoniken  (S.  424  Boeckh),  wonach  Amphiaraos 

Wort,  um  Obdach  bittend.   In  dem  Stücke  wurde  dem  Thoas  und  Euneos  "die  zum  Tode  bestimmte 

Hypsipyle   durch   Amphiaraos'   Dazwischentre-  und  von   Eurydike    eingeschlossene   Hypsipyle 

ten  vor    dem   Schicksal  bewahrt,   das  ihr  als  ^gezeigt'  hat.    Es  ist,  wie  gesagt,   durch  das 

Wärterin  des  verunglückten  Opheltes  von  dessen  Verflochtensein  der  Aktion  der  Brüder  mit  der 

Mutter  Eurydike  zugedacht  war:  fr.  LX  Kol.  1,  des  Amphiaraos  nicht  zur   Klarheit  über  den 

22ff.    Undeutlich   bleibt,   wie   es    dann  weiter  Gang   der   Dinge   bei   Euripides   zu    kommen, 

zum  Wiederauftreten   der   Hypsipylesöhne   {fr.  Was  den  avayvoigL6\i6g  selbst  angeht,  so  zeigt 

LXII?    vgl.   V.  Herwerden  40)    kam    und    zum  so  das   an    die    Beschreibung    des    kyzikenischen 

avciyvfOQia^ög    sowie   zur  entscheidenden    Ret-  Reliefs  anschließende  Epigramm  cpatvs,   06av, 

tung  der  Mutter  (vor  Opheltes'  Vater  Lykur-  Bdxxoio   cpvtbv  xods  xtL,   daß  die  Hauptrolle 

gos?   Lycus  bei  Hygin  74  [79, 15  aScäw.],  wo  hierbei   dem   Thoas   zufiel.    Doch   scheint   das 

aber  nur  Ädrastus  et  ceteri  pro  Hypsipyle  de-  Schlußdistichon,  dessen  Hexameterausgang  ver- 

precati  sunt).   Vgl.  Töpffer  203  ff.,  v.  Herwerden  derbt  ist,  auch  Euneos  bedacht  zu  haben,  wor- 

10  f.,    Robert  393  ff     Ob   Statius,  insonderheit  auf  yial  vor  ov  hinweist:    ötsixs  Ss  -nccl   av  Xl- 

Theb.  5,  710ff.,   wie   Welcher  annahm   (2,  560),  Ttojv  'Aöanidog  f  vsuv  xovqccv  \\  ysiva^ivriv  a^cav 

heranzuziehen  ist,  scheint  sehr  unsicher.    Nach  Afnivov  ig  7]yad'ir\v.  Unter  den  Verbesserungen 

ihm  war  es  Dionysos  selber,  der  die  Zwillinge,  leuchten  am  meisten  die  von  Jacobs  ein,   die 

seine  Urenkel,  von  Lemnos  zu  der  gefährdeten  40  den   durch  jenes  xat  geforderten  zweiten  Na- 

Mutter  nach  Nemea  sandte.    Eine  Steigerung  men  einführen:  Evvo' agovguv  od%v  Evvos  y,gd- 

bestand  in  des  Statius  Vorlage  darin,  daß  die  vav.    Freilich  wäre  dann  anzunehmen,  daß  die 

Jünglinge  Tor   dem   dvccyvcogLß^og  für  Lykurg  im  vorausgehenden  Prosatext  gebrauchte  Form 

und  gegen  Hypsipyle  Partei  nahmen  (719.  Har-  Evvoog  nicht  hsr.  Verderbnis,   sondern  beab- 

tung,  Eurip.  rest.  2,  ASl   wollte   in   der   Stelle  sichtigt    wäre,    was   aber    bei    dem    sonstigen 

des  Aristot.  Poet.  14, 1454a,  8   6  vlbg  X7]v  ^r}-  Schwanken  des  Namens  nichts  Auffälliges  hat 

tsgcc   iTidiSovca  ^iXX(ov  &vsyvcoQL68v  den  über-  {Evvr\og,   Evvi(og  —  Euneos  auch  Stat.  Theb. 

lieferten  Dramentitel  iv  tfj  "EXXy  in  'TipntvXrj  6,342.  433.  464  —  Evvsvg;  vgl.  Töpffer  185  und 

ändern,  was  aber  schon,  wie  v.  Herwerden  li  Jessen  i?j5;  9,  439).   Nur  macht  diese  von  Euri- 

bemerkt,   an  dem  singularischen  6  vlog  schei-  50  pides  abweichende  Namensform  das  Band  wie- 

tert).    Die  Erkennung  bei  Statius  erfolgt  da-  der  locker,  welches   die  kyzikenische  Darstel- 

durch,  daß  die  Jünglinge  die  Worte  ^Lemnos'  lung  mit  dem  euripideischen  Drama  verknüpft, 

und  'Thoas'  sprechen  hören  (7 19 ff.;  vgl.  658).  und  das  gleiche  ergäbe  sich  auch  sachlich,  da 

Die  noch  zweifelnde  Mutter  überzeugt  schließ-  alles  dafür  spricht,  daß  bei  Euripides  gerade 

lieh  vultus  et  signa  Argoa  relictis  ensibus  atque  dem  Euneus  es  nicht  bestimmt  war,  die  Mutter 

umeris  amborum  intextus  lason  (dunkle  Worte,  nach   Lemnos   heimzuführen.    Halten   wir  uns 

zu  denen  die  antike  Erklärung   versagt)  und  in  dieser  Unsicherheit  an  die  sicheren  Reste 

zuletzt  noch  sichtbare  und  hörbare  Kundgebun-  des  Stückes  selbst,  so  ist  vor  allem  aufschluß- 

gen  des   Bacchus  (729).    Mit    besserem  Recht  reich  der  Kommos  fr.  LXIV,  der  nach  geschehe- 

(wenn  auch  nicht  vorbehaltlos,  wie  sich  zeigen  60  nem  ävayv(ogiöii6g  zwischen  Hypsipyle  und  den 

wird)  als  diese  Darstellung  des  Statius  darf  zu  Söhnen  stattfindet.    Sie  spricht  von  ihren  eige- 

Euripides   in   Beziehung    gesetzt   werden   das  nen  Schicksalen,  und  auf  ihre  Frage  berichtet 

Relief  im  Tempel  der  Pergamenischen  Apol-  Euneos   (25  ff.),    daß    die    Argo    ihn   und    den 

lonis  zu  Kyzikos  nach  der  Anth.  Fal.  3, 10  er-  Bruder   mitgenommen   habe   ig  KoXxav  nöXiv 

haltenen  Beschreibung  nebst  Begleitepigramm :  (35).    Dies  ist  schwer  mit  der  sonstigen  Über- 

iv  8s  Tc5  •Adxa  8v6iv  nXsvga  ionv  iv  ccgxji  tov  I  lieferung  zu  vereinbaren.    Man  müßte   anneh- 

Ttlvccxog  Evvoog  (so  auch  der  Lemmatist,  Evvsag  men,  daß  Euripides  die  Argonauten,  die  sonst 

Welcher)  ysyXv^^iEvog  xal  ©dorj,  ovg  iyivvriösv  im    allgemeinen    vor    Hypsipyles    Niederkunft 

RoscHBB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.   V.  27 


811       •    Thoas  (II,  Sohn  d.  Jason)  Thoas  (II,  Sohn  d.  Jason)  812 

wieder  abfahren,  so  lange  Zeit  auf  Lemnos  Präsens  (fQovgil  beweise,  daß  Hypsipyle  noch 
Tcrweilen  läßt,  daß  in  diese  Zeit  nicht  nur  die  nichts  vom  Ausgang  des  Abenteuers  wisse,  und 
Geburt  der  Jasoniden  fällt,  sondern  auch  (da  andererseits  erwidere  sie  auf  den  Vers  'Agym 
sich  Hypsipyle  von  der  Argofahrt  der  Söhne  (la  xal  rovd*  i']yccy*  flg  RoX^tov  nöUv  die  Worte 
nnterrichtetzeig^)  die  nachtrilgliche Entdeckung  (86)  &xoyaGTlöi6v  y'  i^atv  atigvbiv,  woraus  zu 
von  Hypsipyles  Rettung  des  alten  Thoas  und  schließen  sei,  daß  Jason  auf  der  Hinfahrt  nach 
ihre  seltsamerweise  trotz  ihrem  Beschützer  Ja-  Kolchis  ihr  die  Kinder  weg-  und  sie  mitge- 
Bon  erfolgte  Vertreibung  aus  Lemnos  durch  die  nommen  habe.  Dus  erste  Argument  besagt 
Lemnierinnen.  Allerdings  spricht  Oyid /fer.  6,  nichts.  Ganz  abgesehen  davon,  daß  das  vom 
67  von  einem  zweijährigen  Aufenthalt  der  Ar-  lo  Chor  vorausgesetzte  Lied  der  Hypsipyle  in  leb- 
gonauten,  doch  ist  seine  Hypsipyle  beim  Ab-  hafter  Vergegenwärtigung  der  Ereignisse  das 
schied  zwar  aravida  (61),  hat  aber  noch  nicht  Praesens  historicum  haben  konnte  (sie  selbst 
geboren.  Selbst  bei  Stat.  Theb.  6,  459 f.,  wo  sagt  ja  später  rdös  hol  räöe  &vßög  IStiv  Titat 
der  Aufenthalt  ein  Jahr  dauert  und  Jason,  was  Kol.  3, 14),  so  ist  auch  bei  der  Annahme  d< 
sn  beachten  ist,  als  nicht  gütig  gegen  Hypsi-  Heimkehrbesuchs  auf  Lemnos  sehr  wohl  die 
pyle  geschildert  wird,  auch  die  Geburt  der  Anordnung  der  Dinge  bei  Statvis  denkbar, 
Zwillinge  wirklich  noch  in  seiner  Anwesenheit  wonach  Hypsipyle  damals  bereits  flüchtig  oder 
erfolgt  (463  thalami  monimenta  coacti  enitor  vertrieben  war  und  Jason  die  Kinder  aus  der 
geminos  duroque  ftub  hospite  mater  nomen  avi  Obhut  der  Schwester  empfing.  Und  was  &no- 
renovo,  i.  e.  Thoantis\  gestaltet  sich  doch  der  20  tiaötiSiov  angeht,  so  heißt  dies  alsdann  Tem 
weitere  Verlauf  so,  daß  es  erst  (486 flf.)  nach  von  meiner  Mutterbrust  (wie  du  damals  mit 
Jasons  Abfahrt  zur  Entdeckung  und  Bestra-  deinem  Bruder  es  warst)',  nicht  'von  meiner 
fang  der  Rettungstat  und  damit  auch  zur  Tren-  Mutterbrust  hinweg*,  eine  Interpretation,  die 
nung  der  Mutter  von  den  Kindern  kommt,  die  Robert  386  zwar  ablehnt,  aber  nicht  widerlegt 
sie  vor  ihrer  Flucht  der  Obhut  ihrer  Schwester  hat.  Er  selbst  vermag  sich  den  großen  Schwie- 
Lykaste  ^n%ertraut  (467 ;  vgl.  226).  Da  demnach  rigkeiten,  in  die  das  Festhalten  an  tig  KöXxiov 
keine  Möglichkeit  scheint,  die  Stelle  bei  Euri-  nöXiv  führt,  nur  durch  die  Annahme  zu  entr 
pides  mit  den  sonstigen  Berichten  auszuglei-  ziehen,  Euripides  denke  sieb  die  Arnivia  xaxa 
chen,  schlug  Mahaff'y  vor,  v.  35  statt  slg  KoX-  überhaupt  erst  nach  der  Argonautenepisode 
X€üp  zu  schreiben  *AQym  fis  xal  rovö*  riyocy*  ig  SO  eingetreten  und  vorher  Jason  und  Hypsipyle 
7(bZx6v  %öXiv^  was  t).  Herwerden  gebilligt  hat.  in  legitimer  Ehe  vereint  während  der  Anwe- 
Nach  Jolkos  soll  Hypsipyle,  so  verlangt  es  Ja-  senheit  des  alten  Thoas  in  Lemnos  (was,  wie 
Bon  bei  Apoll.  IthoJ.  1,904 flf.,  wenn  sie  einen  Robert  selbst  399  sieht,  den  Sinn  der  alten 
Sohn  gebiert,  diesen  senden,  falls  Jason  nicht  Sage  verdirbt,  die  die  Argonauten  doch  als 
selbst  wiederkehre.  Daß  aber  mit  einem  zwei-  Ersatz  für  die  gemordeten  Ehemänner  ein- 
ten Besuch  in  Lemnos  auf  der  Heimfahrt  ge-  geführt  hatte).  Die  Söhne  nahm  dann  Jason 
rechnet  werden  kann,  bei  dem  dann  Jason  die  nach  Kolchis  mit.  Aber  um  das  völlige  Schwei- 
Kinder  nach  Jolkos  mitnehmen  konnte,  wäh-  gen  verständlich  zu  machen,  das  im  euripidei- 
rend  die  inzwischen  vertriebene  Hypsipyle  nichts  sehen  Kommos  der  angeblich  mit  nach  Kolchis 
davon  wußte,  zeigt  weniger  Pindar  Pyth.  4,  40  gelangte  Euneos  über  alles  bewahrt,  was  dort 
251  flf.,  wo  dieser  Besuch  auf  der  Heimfahrt  vor  sich  ging  und  die  lebhafteste  Teilnahm 
der  erste  überhaupt  ist,  als  die  merkwürdige  der  Hypsipyle  finden  mußte  —  er  fährt  un 
Tradition  des  Myrsüos,  wonach  die  dvacadia  mittelbar  (v.  37)  fort:  inü  ö'  'Idotov  ^d^ccv'  it^og, 
der  lemnischen  Frauen,  ein  Zug,  der  sonst  in  yfjTSQy  nccxriQ  — ,  so  nimmt  nun  Robert  an. 
die  Geschichte  von  den  Ari^viu  xaxa  verwebt  Euripides  ioV^Q  einer  ganz  absonderlichen  Ver- 
ist,  vielmehr  durch  die  Eifersucht  der  mit  Ja-  sion  der  Argonautensage ,  in  der  u.  a.  Medea 
ßon  gekommenen  Medea  mit  Zaubermitteln  über  ganz  ausgeschaltet  war,  Jason  aber  in  Kolchis 
die  Lemnierinnen  gebracht  wird  (i^HG^  4,  458,7  umkam,  verschlungen  vom  Drachen  des  Vlieses 
=  Schol.  zu  Apoll.  Rhod.  1,  615.  Phot.  Suid.  v.  (Zeugnis  das  Bild  einer  attischen  Kylix  bei 
A^^vta  xaxa.  Auch  Aniigonos  Karystios  118  50  Robert  388).  Hieran  schlössen  sich  die  weiter- 
[Westermarms  Paradoxogr.  89]  gehört  hierher,  '  hin  folgenden  Angaben  im  Kommos,  wo  Euneos 
da  117  die  sehr  ähnliche  Geschichte  zur  Auf-  sagt  (40):  'ÖQcpBvg  fis  xal  xovd'  riyccy'  slg  @qu- 
klärung  des  Namens  der  Ozolier  aus  Myrsilos  xtjs  xotcov  (nämlich  Orpheus  als  Argonaut,  von 
genommen  ist).  Freilich  ist  nun  sehr  befremd-  Kolchis  auf  dem  Landweg,  nach  Thrakien,  der 
lieh,  daß  Medea  es  ruhig  mit  angesehen  hätte,  eigenen  Heimat  des  Orpheus),  und  auf  Hypsi- 
wie  Jason  seine  Bastarde  mit  nach  Jolkos  nimmt.  pyles  Frage,  wie  sie  von  dort  nach  LemnoB 
Aber  in  der  Nachricht  des  Myrsilos  sind  der  gekommen  seien  —  oflfenbar  weiß  sie,  daß  die 
zweite  Besuch  und  Medeas  Wirksamkeit  dabei  Söhne  von  dort  sie  zu  suchen  ausgezogen  sind 
getrennte  Dinge,  und  es  'ist,  wie  Robert  aus-  —  antwortet  er  (47):  Söccg  ytoy.i^8i  cbg  natriQ 
führt,  sehr  gut  möglich,  daß  Euripides  seine  60  fSvolv  xiv.voiv  {ßv  ovxs  reo  v.  Arnim),  wodurch, 
eigene  Medeadichtung  in  dem  Hypsipylestück  was  beiläufig  bemerkt  werden  mag,  Hypsipyle 
vollkommen  ignorierte  (379.  387).  Indessen  ge-  die  erste  Nachricht  von  der  Rettung  des  Va- 
rade  Robert  hat  die  hier  vertretene  und  auf  ters  erhält,  so  daß  also  nach  Euripides  das  Vor- 
Mahaffys  Emendation  gegründete  Ansicht  aus-  gehen  der  Lemnierinnen  gegen  Hypsipyle  nur 
führlich  bekämpft.  Er  stützt  sich  u.  a.  auf  die  auf  die  Entdeckung  des  Rettungsversuches  sich 
Worte  des  Chors /r.  I -fiToZ.  2  (S.  60,  9  ?;. -4r«*m),  gründete,  nicht  auf  die  Tatsache  seines  Ge- 
Hypsipyle  singe  beständig  von  der  Argo  und  lingens.  Gegen  die  Inanspruchnahme  jener  im 
dem  Vlies,   0   öftfia   dga-Kovrog  (pQovgsl.   Dies  übrigen  verschollenen  Version   der  Jasonsage 


813           Thoas  (II,  Sohn  d.  Jason)  Thoas  (der  Taurierkönig)            814 

für  Euripides  spricht  indessen  die  Ausdrucks-  kann  hier  vielleicht  noch  weitergehen,  im  An- 
weise des  Sohnes  inel  ö'  'Idaav  ^^av'  ipiog^  Schluß  an  das,  was  Marx  in  Ilbergs  Jahrbb. 
^fjxSQ,  Ttati]Q^  was  kein  Zuhörer  anders  als  vom  13  (1904),  673  tF.,  bes.  6H4  f.  über  den  lemni- 
natürlichen  Tod  des  Jason  verstehen  konnte.  sehen  Philoktet-Hephaistos  ermittelt  hat.  Es 
Auch  versteht  man  nicht,  watum  diese  Hypsi-  ist  auffällig,  wie  viel  Zöge  der  Hephaistos- 
pyle,  wenn  sie  es  mit  einem  durus  Jason  zu  sage  in  der  Thoassage  wiederkehren.  Hephai- 
tun  hatte  und  das  Kno^LaöxiÜiov  in  dem  Vers  stos  wird  verstoßen,  Hera  verbirgt  und  entfernt 
über  die  mitgenommenen  Kinder  im  gleichen  ihn,  eine  meerumrauschte  Höhle  ist  zeitweilig 
Sinne  der  Anklage  zu  fassen  wäre,  in  ihren  sein  Aufenthalt.  Dionysos'  Eingreifen  bewirkt 
Liedern  bei  der  Fahrt  des  Grausamen  weilte,  10  die  Rückführung.  Diese  Motive  der  lemnischen 
und  warum  sie  bei  der  Nachricht  von  seinem  Göttersage  kehren  gewiß  nicht  zufällig  in  der 
Tode  nun  in  einen  Wehruf  ausbricht  (37  if.).  lemnischen  Heroensage  wieder.  Ein  Neben- 
ich glaube  demnach,  die  J?o&erische  Auffas-  einander  stieß  auf  Schwierigkeiten.  Die  dich- 
sung  ist  aufzugeben.  Dann  ist  aber  auch  das  terische  Ausgestaltung  der  einen  Reihe  mußte 
überlieferte  ti?  Koi-xav  noXiv  tatsächlich  un-  die  andere  ignorieren.  —  Ein  Motiv  in  der 
haltbar,  und  wir  nehmen  mit  Mahaff'y  an,  Ja-  Sage  von  den  beiden  Jasoniden  fällt  übrigens 
8on  hat,  auf  der  Rückfahrt  Lemnos  wieder  auf-  noch  in  den  Aufenthalt  von  Nemea,  ihre  Teil- 
suchend, die  durch  Hypsipyles  inzwischen  er-  nähme  am  Stiftungsagon.  V^l.  die  viiöQ-Bais 
folgte  Entfernung  verwaisten  Söhne  nach  Jolkos  zu  Find.  Nem.  S.  424  Boeckh,  Hygin  273  (147,  8 
mitgenommen,  wo  sie  bis  zu  seinem  Tode  ver-  20  Schm.)  und  vor  allem  Stat.  Theb.  6,  340  ft".  und 
weilten.  Dann  nahm  sich  Orpheus  ihrer  an.  464 if,  sowie  476,  wo  Thoas  zum  Sturz  kommt 
Wir  hören  (43),  daß  dieser,  in  Thrakien,  den  (seltsamerweise  wie  bei  ^ttm^w«  sein  aitolischer 
Euneos  zum  Musiker  ausbildete,  den  Thoas  zum  Namensvetter  Nr.  2;  vgl.  unten  Sp.  811),  45). 
Krieger.  Von  dort  hat  sie  der  alte  Thoas  heim-  c)  Thoas  der  Taurierkönig.  Wir  schlie- 
geholt,  den  hier  die  Rettung  Bccv-xiov  iir]%cc-  ßen  ihn,  obwohl  sagengeschichtlich  Thoas 
val?  (49)  offenbar  nicht  nur  glücklich  von  Nr.  2  den  Vorrang  hat,  hier  an,  weil  ein  Teil 
Lemnos  fort,  sondern  auch  glücklich  in  sein  der  Tradition  den  Taurier  mit  Thoas  Nr.  la 
altes  Reich  zurückgeführt  hatte.  Unsicher  bleibt,  gleichsetzt;  vgl.  oben  Sp.  806,  52.  Die  Gleich- 
was  in  dem  Stücke  Dionysos  am  Schlüsse  als  setzung  spottet  freilich  jeder  Sagenchronologie, 
deus  ex  machina  getan  hat,  ob  er  zunächst  30  Der  lemnische  Thoas  ist  schon  zur  Zeit  der 
einen  neuen  Zwist  verhütete,  der  zwischen  den  Argonautenepisode  ein  Greis.  Zu  Beginn  der 
Jasoniden  und  Lykurg  ausbrach,  wie  Bobert  Thebaica  mag  er  noch  leben,  wie  Euripides 
annimmt  (396 ff.),  oder  ob  er  sich,  was  die  allge-  u.  a.  voraussetzen;  daß  er  die  Troica  erlebt 
meinere  Ansicht  ist,  damit  begnügte,  den  Euneos  und  sogar  überlebt  und  schließlich  noch  der 
nach  Athen  zu  senden,  wo  das  yivog  ^ovöiaov  tatkräftige  Gegenspieler  Orests  gewesen  sein 
der  Evv8idai  an  ihn  anknüpft,  das  als  gentiles  soll,  ist  ungeheuerlich  und  steht  denn  auch 
Priestertum  den  Kult  des  Dionysos  ^sXnö^svog  im  schroffen  Widerspruch  mit  der  Tatsache, 
pflegte  (weshalb  der  über  den  Jasoniden  auf  daß  für  die  Ilias  der  Fürst  von  Lemnos  viel- 
der  Archemorosvase  erscheinende  Gott  die  Leier  mehr  sein  Enkel  Euenos  ist.  Es  handelt  sich 
führt;  vgl.  Toepffer  181  ff.,  bes.  185ff.).  Zu  den  40  also  um  stark  willkürliche  Mythopoiie  irgend- 
attischen Gentilsagen  gehört  dann  wohl  auch,  eines  Dichters,  die  Usener  {Sintflutsagen  106) 
daß  Menekrates,  der  Verfasser  einer  Lokalge-  religionsgeschichtlich  zu  ernst  nimmt.  Aber 
schichte  des  bithynischen  Nikaia,  Euneos  und  diese  Mythopoiie  ist  verhältnismäßig  alt,  sie 
Thoas  als  jugendliche  ovöTQazsvovtss  des  The-  reicht  zurück  in  die  attische  Tragödie,  bis  zum 
seus  im  Amazonenzug  und  weiterhin  als  ixi-  Chryses  des  Sophokles  {fr.  658 — 662  iV.^),  den 
6vdrai  und  voaod-ETai  der  bithynischen  Theseus-  der  Chryses  des  Pacuvius  nachbildete  {trag. 
gründung  Pythopolis  kennt,  allerdings  unter  Born,  fragm.^  dS — 103  i??'ö/),),  welches  Stück  bei 
Beigabe  eines  dritten  Bruders  Soloeis  {Blut.  den  zusammengehörigen  Berichten  Hygins  120 
Jhes.  26  i^'i^G^  2,  345,  8 ;  vgl.  Weil,  Bevue  des  {Iphigenia  Taurica  103, 12  ff.  Schm.)  und  121 
etudes  gr.  22,96  und  Toepffer  201).  Inwieweit  50  {Chryses  104,  8  ff.  Schm.)  zugrunde  liegt;  vgl. 
Euripides  durch  diesen  Ausblick  in  die  atti-  Naeke  opusc.  1,91;  Bibbeck,  die  röm.  Tragödie 
sehe  Sagenwelt  den  nächsten  Gang  der  Dinge  248  ff.  {röm.  Dichtung  1^  171),  sowie  Tümpel, 
selbst  beeinflußt  gedacht  hat,  bleibt  unsicher.  BE  3,  249  f.,  freilich  auch  die  sehr  abweichen- 
Die  Heimführung  der  Mutter  war  doch  eine  den  Ansichten  anderer,  besonders  Boberts,  über 
Hauptangelegenheit.  Sollte  etwa  Thoas  allein  die  Höfer  Bd.  3,  Sp.  998,  6  ff.  berichtet.  Hygin, 
sie  ausführen?  Das  kyzikenische  Epigramm  120  bezieht  sich  auf  die  Vorfabel.  Orest  und 
wendet  sich  mit  der  Aufforderung  gerade  hier/cu,  Pylades  haben  mit  Iphigenie  dem  (von  Lemnos 
wie  es  scheint,  vielmehr  an  Eunqos.  Es  blieb  nach  Taurien  gelangten)  Thoas  das  Kultbild 
auch  zu  berücksichtigen,  daß  es  Euneos  ist,  entführt  und  sind  auf  der  Flucht  gelangt  ad 
den  das  Epos  zur  Zeit  der  Troica  als  Herrscher  60  insulam  Zminthen  ad  Chrysen  sacerdotem  Apol- 
von  Lemnos  nenut.  Immerhifi  ist  anderer-  Unis.  Zunächst  fügt  über  diesen  Chryses  Hygin 
seits  auch  in  Betracht  zu  ziehen,  was  Jessen  121  das  Nötige  hinzu,  das  immer  noch  der 
richtig  bemerkt  hat  BE  9,436,  daß  die  in  der  Vorfabel  angehörte.  Wir  erfahren,  daß  des 
Tragödie  so  beliebte  Philoktetsage,  welche  nach  Priesters  Tochter,  die  bekannte  Chryseis,  nach 
ihrer  besonderen  Ausgestaltung  durch  die  Tra-  ihrer  Rückkehr  von  Agamemnon  einen  Sohn 
giker  ein  einsames  Lemnos  voraussetzt,  die  desselben  gebar,  den  jüngeren  Chryses,  diesen 
Weiterentwicklung  der  jüngeren  lemnischen  aber  für  ein  von  Apollo  empfangenes  Kind  aus- 
Sagengestalten   beeinträchtigen   mochte.    Man  gab.   Dieser,  inzwischen  herangewachsen,  weiß 

27* 


815           Thoas  (der  Taurierkönig)  Thoas  (der  Taurierkönig)           816 

also  nicht,  daß  der  eingetroff'ene  Orest  sein  geschichtliche  Bestimmtheit  geht  dieser  rein 
Halbbruder  ist.  Mit  dem  Erscheinen  des  Ver-  dichterisch  gesehenen  Figur  ganz  ab.  Die 
folgers  Thoas  setzt  die  eigentliche  Handlung  Frage,  ob  Euripides  für  den  Taurierfürsten 
ein  (hierher  paßt  das  anonyme  Tragiker fragm.  den  Namen  Thoas  schon  vorfand,  ist  nicht 
LXXIH  Ribb.*  295:  tela  famuli,  tela  propere  sicher  zu  beantworten.  Die  Kypna  wußten 
(^fertefy  sequitur  mf  Toas;  vgl.  liibbeck  röm.  von  Iphigeniens  Versetzung  slg  Tccvqovs  (S.  19 
Trag.  262).  Er  fordert  die  Flüchtigen  zurück.  Kinkel) ,  und  ebenso  geht  aus  Herodot  4,103 
Der  junge  Chryses  will  sie  ausliefern  (hier  kam  hervor,  daß  die  Gleichsetzung  der  Agamemnons- 
es  zu  dem  berühmten  Edelmutswettstreit,  bei  tochter  mit  der  Parthenos  der  Taurier  sehr 
dem  Pylades  sich  als  Orest  dem  Thoas  aus-  lo  früh  erfolgt  sein  muß.  Oflfenbar  ist  der  Kult- 
liefem  lassen  wollte,  eine  Haaptszene,  die  auch  name  TavQonöXog  die  Hauptveranlassung  ge- 
Oüid  vor  Augen  hat:  narratur  Pyladen  ipse  wesen.  Aber  eines  Königs  der  Taurier  bedurfte 
probasse  Thoas,  Trist.  1,8,28).  Da  bewirkt  der  die  Sage  erst,  als  man  anfing  von  Iphigeniens 
alte  Chryses  den  icvayvaQia^og.  Der  junge  Rückführung  und  dem  liaub  des  göavov  zu 
Chryses  tritt  nun  für  die  Halbgeschwister  ein,  erzilhlen,  wobei  die  Motive  der  Überlistung 
worauf  er  cum  Oreste  fratre  Thoantem  inter-  und  der  Verfolgung  von  selbst  den  üegen- 
fecit  et  inde  Mycenas  cum  signo  Dtanae  in-  spieler  erforderten.  Wann  aber  und  von  wem 
columes  pervencrunt.  Bei  Pacuvius  war  das  so-  die  Entführungssage  aufgebracht  wurde,  ist 
phokleische  Vorbild  sicherlich  sehr  stark  mit  Gegenstand  bloßer  Vermutungen.  Die  meist 
Einflüssen  euripideischer  und  nacheuripidei-  so  angenommene  Zuweisung  an  Euripides  (vgl. 
scher  Dichtung  durchsetzt  (Einzelheiten  bei  Leo,  Bd.  3,  Sp.  994  fiF.)  ist  wegen  der  nicht  aufzuklä- 
GescÄ.d.  röm.  ü<.  1,  229),  und  in  der  Vorfabel-  renden  zeitlichen  Verhältnisse  zwischen  der 
erzählung  Hygins  spürt  man  die  taurische  Iphi-  taurischen  Jphigenie  und  dem  sophokleischen 
genie  so  deutlich,  daß  die  Zweifel  an  der  so-  Chryses  zu  keiner  Sicherheit  zu  bringen.  Zie- 
phokleischen  Vorlage  überhaupt  verständlich  linskis  gei-^treiche  Konstruktion  einer  delphi- 
sind. Indessen  der  Kern  der  Handlung  ist  wohl  sehen  Orestie  vermag  gleichfalls  nichts  zu  ent- 
nnberührt  geblieben  und  dazu  gehört  die  Thoas-  scheiden  {Ilbergs  Jahrbb.  3,  1899,  165).  Bobert 
gestalt,  deren  freilich  verwegene  Gleichsetzung  hält  jetzt  (a  a.  0.  40uf.)  für  gut  möglich,  daß 
mit  dem  Lemnier  dem  Sophokles  nicht  zuzu-  die  Entrückung  des  lemnischen  Thoas  statt 
schreiben  ich  keinen  genügenden  Grund  sehe.  30  nach  Chios  oder  Sikinos  nach  'den  nordischen 
Leider  ist  aber  das  zeitliche  Verhältnis  zwi-  Inseln  der  Seligen'  alte  Sagenvariante  war,  und 
sehen  dem  Chryses  und  der  taurischen  Iphi-  kombiniert  damit  die  Angabe  in  Euripides* 
genie  nicht  zu  ermitteln;  die  Annahme  bei  Hypsip^yle,  daß  Thoas  in  Thrakien  erscheint, 
Christ -Schmid,  Gesch.  der  griech.  Lit.  1®,  367,  bei  Orpheus,  um  von  dort  seine  Enkel  nach 
Sophokles  habe  sich  an  das  (kurz  vor  412)  auf-  Lemnos  zurückzubringen.  Einfacher  ist  wohl 
geführte  euripideische  Drama  angeschlossen,  die  alte  Annahme,  die  von  der  Tatsache  aus- 
ist unerweislich  und  hängt  mit  Hypothesen  geht,  daß  die  Tauropolossage  der  attischen 
über  die  Erfindung  von  Orests  Taurierfahrt  Ostküste  u.  a.  auch  die  räuberischen  Tyrrhe- 
durch  Euripides  zusammen;  vgl.  jetzt  auch  nier  von  Lemnos  kennt  {Herodot  0,138),  die 
Ose.  Klotz,  Unters,  zu  Eurip.  Ion,  Diss.  Friburg.  40  auch  das  ^oavov  von  Brauron  entführt  haben 
1917,  S.  59  ff.  Bei  diesem  steht  der  Taurier  {Plutarch,  mul.  virt.  2i^7E).  Wurde  damit  Lem- 
Thoas  merkwürdigerweise  außer  aller  Genea-  nos  eine  Provinz  des  Tauropoloskultes,  so  ist 
logie  (ebenso  einfach  ngbg  06ocvtcc  tbv  ßa-  der  Ausgangspunkt  gut  kenntlich,  von  dem 
aiXia^  Apollodor  epit.  Vat.  Sabb.  6,  27  \Myth.  aus  gerade  der  Lemnier  Thoas  zum  unrecht- 
er. 1, 225  Wagner].  Leider  versagt  die  iaroglcc  mäßigen  Besitzer  des  ^occvov  werden  konnte 
in  den  neuen  Scholien  zu  Kallimachos,  Ämherst  (vgl,  Thoantea  dea  bei  Ovid  Ib.  382,  Thoantea 
Pap.  2,  18  nr.  20).  Thoas  ist  für  Euripides  Diana  bei  Silius  It.  4,771  vgl.  14,  260  und 
ein  bloßer  Name  für  die  anziehend  erdachte  Val.  Flaccus  8, 208).  Das  verflicht  sich  dann 
und  gezeichnete  Figur  des  zwar  hellenischer  mit  der  alten  Gleichsetzung  der  taurischen 
Klugheit  nicht  gewachsenen,  aber  nicht  unedel  50  Parthenos;  vgl.  Otfr.  Müller  OrcÄ.*  305  und 
empfindenden  und  gesitteten  Barbarenkönigs  Köchly  iü  F.  G.  Schönes  Iph.  Taur.^  l'SS.  Wäh- 
(31;  vgl.  Steiger,  Euripides  [Erbe  der  Alten  5]  rend  indessen  Sophokles  unbedenklich,  wie  es 
26).  Bezeichnende  Züge:  Iphigenie  traut  auf  scheint,  mit  dem  lemnischen  Thoas  operierte, 
das  TCBi&nv  742.  1049.  Sie  möchte  die  Gast-  hat  Euripides  wenigstens  in  der  Iphigenie,  wohl 
Verpflichtung  gegen  ihn  wahren  1021  ff.  Als  wegen  der  erwähnten  sagenchronologischen  Be- 
er auftritt  (1153 ff.),  erweist  er  sich  als  gut-  denken,  nur  den  Namen  Thoas  beibehalten, 
herzig,  religiös  (ov  qptlco  rappT]©-'  oq&v  1198),  ihn  aber  von  aller  genealogischen  Bestimmt- 
erregt  sich  über  den  Muttermord  CAnoXXov,  heit  losgelöst,  und  aus  der  Gestalt  die  allge- 
ovä'  iv  ßugßccQoig  hXr]  rig  av  1174),  bewundert  meine  Verkörperung  des  Barbarenfürsten  ge- 
Iphigeniens  Klugheit  (1180.  1202.  1212  ff.).  Nur  60  schaffen,  die  als  solche  stark  nachwirkte  (z.  B. 
leicht  regt  sich  das  Mißtrauen  (1184),  er  läßt  in  dem  Inderkönig  im  hellenistischen,  der  tau- 
sich  folgsam  (1203 ff.)  täuschen  (1213 ff.),  und  rischen  Iphigenie  parodistisch  nachgebildeten 
obwohl  er  nach  erhaltener  Aufklärung  (1307  ff.)  Mimodrama  Charition,  jetzt  bei  Crusius,  Heron- 
zur  rächenden  Verfolgung  (1422  ff.)  unter  Dro-  dae  mimiambi^  101  ff.).  Sogar  das  Lokal  läßt 
hungen  an  den  Chor  (1431)  sich  anschickt,  so  j&wrtpirfes  im  Gegensatz  zu  der  tatsächlich  genau 
läßt  er  sich  doch  von  Athena  schließlich  willig  fixierten  Kultstätte  der  taurischen  Parthenos 
begütigen  (1475 ff). -Man  sieht  leicht,  irgend-  (vgl.  zuletzt  v.  Stern,  Hermes  52,  1917,  14ff.) 
welche  sagengeschichtliche  oder  gar  religions-  in  der  Unbestimmtheit  eines  allgemeinen  pon- 


I 


i 


817           Thoas  (der  Taurierkönig)  Thoas  (der  Aitolier)                818 

tisch-nordischen  Barbarentums.  Auch  das  wirkt  Hier  dürfte  ein  Thoas  ursprünglich  sein  (vgl. 

in  der  späteren  Mythopoiie  nach.    Die  'l'aurier  ohen  Sp.  802,  ;^3  ff ,),  das  Taurosgebirge  hat  dann 

gehen  ganz  in  dem  weiten  Begriff'  des  Skythen-  vermutlich   den   Taurier  daraus  gemacht  und 

tums  auf.    Thoas  Macoticle  clarus  in  ora,  Onid  den  fliehenden  Orest  herbeigezogen.    Vielleicht 

ex  Ponfo  3,  2,  4;{ff. ,  in  einer  fingierten  Einge-  stehen   im  Zusammenhang  damit  die  anderen 

borenenerzählung,   die   den   ^skythischen'   Ort  Überlieferungen,  die  Orest  mit  kappadokischen 

in  die  Nähe  von  Tomis  verlegt;  ebenso  Trist.  Orten   und    mit   dem   Amanos   in   Verbindung 

4,  4,  63  flf.   Skythen  auch  bei  Lukian  Toxaris  1  ff.  bringen  (Bd  3,  Sp.  991),  13  ff.  u.  6(5  ff. ;  1000,  5  ff.). 

(die  Taurier  eine  pLotQu  2Jyivd^ibv  auch  Scliol.  zu  2)  Thoas  der  Aitolier.    Hier  handelt  ea 

Lykophr.  1'61-i  [2, 379  ^V/^.J),  wo   in  einer  mit  lo  sich    um    eine   nicht   unbedeutende   und  voll- 

der  ovidischen  Erfindung  vergleichbaren  Weise  kommen  sagenechte  Gestalt,  die  schon  früh  im 

die  Rede  ist  von  einer  'skythischen'  Aufzeich-  Epos  zu  fester  Geltung  gelangt  sein  muß;  vgl. 

nung  nebst  Bildern  in  einem  Oresteion  (5;  vgl.  Robert,  Oedipus  1,  139  (die  Zurückführung  auf 

hierüber  und   über   die    erhaltenen   Bildwerke  Samos,  die  Friedländer,  Heraklen[philoL  Unters. 

zum  Orestes-Iphigenia-Mythus  überhaupt  i/ö/er  19,  1907]  86.  89.  87  vertritt,  auch  für  den  lem- 

Bd.  3,  Sp.  997,  37 ff.  und  Sp.  1001,  24 ff.:  daselbst  nischen  Thoas,  scheint  mir  ganz  hypothetischer 

auch  abgebildet  1002  Thoas  auf  einem  Mün-  Art  zu  sein).  —  In  der  Ilias  führt  ihn  der  Ka- 

chener  Sarkophag,    1007  auf  einem   kampani-  talog  ein  B638ff. :  AixoiXibv  d'  rjyttTo  06ag  kv- 

schen  Wandbilde,  das  JUhlnck  röm.  Trag.  225 f.  Ügaliiovos  viog  (vgl.  ApoUod.  epit.  Salb.  3,  12 

wohl  mit  Recht  auf  das  sophokleisch-paciivia-  20  [Mythogr.  gr.  1, 191,  löTTw^w. :  kvdgainovog  y.al 

nische  Drama  bezieht).    Was  sonst  die  spätere  rÖQyi]?];  IHktys  1, 17  vgl.  1, 13;  Bares  14;  Hy- 

Sagendichtung  angeht,  so  steht  bei  Änt.  Lib.  gin  97  [91, 18  äc/jw. :    Andrnemonis   et    Gorges 

27,  mit  dem  Lemma  iöTOp«riV/xo:»'deo?  fTfpotov-  filius']).    Die  Herrscherstellung  in  Aitolien  (TJyf- 

fiivcüv  ö',  eine  Geschichte  von  der  Helena-  und  iicov  AlxtoXiag  auch   Hesych.  v.  0OAZ)    hat  er 

Theseustochter  Iijhigenie,  die  von  Klytaimestra  durch   seinen  Vater  erlangt,   ohne  von  Haus 

als    eigen    ausgegeben    und    aufgezogen    beim  aus    dorthin    zu   gehören:    ov    yag    h'    Olvfiog 

aulischen  Opfer  (wobei  aber  Artemis  sie  durch  nByaXr/rogog  vltsg  rißav.,  ovo'  ag'  h'  ccvrog  Uriv., 

einen  ^oay^og  er5:etzt)   Tcaga.   66avra  xhv  Bogv-  ^dvs   öh    ^avd'bg  MsXtaygog   (JB  641).     Näheres 

adevovg  versetzt  wird   und    in   Erinnerung   an  darüber  Jpo/Zoc?or  1,  8,  6  (=  1,78  TFa^w.):  vgte- 

das    Opfer    das    pontische   Volk    Tavgoi,    sich  so  gov  ös  Jio^riörig  ^^  Agyovg  nagaysvönsvog 

selbst  T'ciVQOTToXog  nennt.  Also  Ablehnung  der  rrjv  ßaGiXsiav.,  iTtsidrj  yrigccibg  rjv  6  Oivhvg^  kv- 
attisch-lemnischen  Sage,  und  wenn  diese  Iphi-  dgccinovi  reo  rrjv  d^vyaxigcc  xov  Olvicog  yi]fiavrL 
genie,  von  deren  Heimführung  nicht  die  Rede  dtdcoyis.,  xbv  öh  Olvia  dg  IlsXoTiovvrioov  iqyhv 
ist,  zuletzt  nach  Leuke  zu  Achill  kommt  als  (vgl.  Eustath.  zu  O  285).  Andraimon  und  die 
cid'ävaxog  dai^iov  und  'Icpiyivsicx.  'Og6iXo%icc,  so  Oineustochter  Gorge  auch  sonst  öfter  als  El- 
klingt,  obwohl  da  schon  die  Hirschkuh  be-  tern  genannt,  Gorge  wohl  schon  bei  Hesiod  fr. 
gegnete,  die  Erzählung  der  Kyprien  nach  {stg  118  Bz.^:  r]  ds  ©oav  xb-äs  viov  (leider  nur  we- 
Tavgovg  ^sra-noiii^si  kccI  cc^dvccxov  nout  S.  19  gen  der  Akkusativform  zitiert).  Vgl.  außer 
Ki.).  Andere  kontaminierten  die  sophokleische  Apollodor  und  Eustath  an  dein  genannten  Stel- 
und  die  euripideische  Darstellung  insofern,  als  40  len  Lykophron  1013  {y.(xgxsgov  Fögyrig  xokov 
Orest  schon  bei  der  Entführung  der  Schwester  mit  Schol.,  auch  zu  1012  [2,  314  5'cA.]),  und  den 
den  Thoas  tötet,  der  in  diesem  Fall,  wohl  schon  ps.-oristot.  Feplos  im  Epigramm  auf  Thoas'  Grab 
von  Sophokles  ab,  mehr  der  grausame  als  der  23  {Böse  ed.  min.  400).  Andraimon  ist  eigent- 
gesittete  Barbar  ist:  so  Lukian  Toxaris  2.  3.  5  lieh  Lokrer  von  Amphissa;  vgl.  Oertel  Bd.  1, 
{xi^Qjgriaa^tvovg  xov  ßaöiXta  xfig  vßgsag)  und  Sp.  342  und  Toepffer  B.  E.  \.,  2133.  Dort  sind 
Servius  zu  Aen.  2,  116  {Hygin  261  [144,  21  auch  Andraimon  und  Gorge  begraben,  und  der 
Schw.\  Myth.Vat.  1,20).  Hierbei  ist  zu  beach-  ;dortige  Athenatempel  (über  Beziehungen  zwi- 
ten  die  Verknüpfung  dieser  Sagenform  mit  der  'sehen  Gorge  und  Athena  Bobert,  Oedipus  a.  a.  0.) 
Aetio^ogie  der  nach  Rhegion  und  Aricia  füh-  enthielt  ein  Kultbild,  das  ihr  Sohn  Thoas  als 
renden  Artemis  ^av.sXtrig  (vgl.  Bd.  3,  Sp.  2234,  50  troische  Beute  mitgebracht  hatte,  der  dann 
58 ff.).  Denn  die  gleichfalls  damit  und  anderer-  also  ursprünglich  auch  als  Lokrer  zu  gelten 
seits  mit  dem  lemnischen  Thoas  rechnende  Ver-  hat  (Paus.  10,38,4).  Sein  gleichsam  sekundäres 
sion  des  Vahrius  Flaccus  (oben  Sp,  806,  14 ff.)  Aitoliertum  hebt  ja  auch  der  Schitfskatalog 
führt  darauf,  daß  irgendeine  eindrucksvolle  deutlich  hervor.  Den  nach  unserer  Auffassung 
Dichtung  im  Hinj;ergrunde  stehen  muß.  Das  dionysischen  Namen  hat  er  wohl  erst  durch 
dürfte  der  Chryses  des  Pacuvius  sein,  der  in  Angliederung  an  das  Oineusreich  und  seine 
seinem  sicherlich  stark  kontaminierten  Stück  z.  T.  dionysischen  Gestalten  empfangen:  Deia- 
die  Gelegenheit  ergriffen  haben  mag,  etwa  neira,  seine  Mutterschwester,  sollte  Althaia 
durch  einen  deus  ex  machina,  mit  einer  sol-  von  Dionysos  empfangen  haben,  und  seine  Mut- 
chen mehr  nationalen  Wendung  zu  schließen.  60  ter  Gorge  selbst  wird  von  Oineus,  der,  wenn 
Vgl.  die  Ansichten  von  Preller  und  Bobert  Bd.  3,  die  genealogischeVariante  begründet  ist, schwer- 
Sp.  997,  46ff. —  Ganz  abseits  steht  dieAnknüp-  lieh  von  Haus  aus  ihr  Vater  war,  Mutter  des 
tung  des  kappadokischen  Tyana  (©occva)  an  Tydeus  {Peisandros,  nach  ApoUod.  1,  8,  5  = 
Thoas:  ItcI  ©öccvxl  ßcxGiXst  Tavgcov,  og  xovg  l^lo  Wagn.).  So  erscheinen  auch  im  System 
dftqci  'Ogtßxriv  v.al  TLvXädriv  8icav.(x>v  a^Qt- xfjgde  der  alexandrinischen Demennamen (6'a^i/ros oben 
Tfj5  x^^Q^S  iXd^tiv  qriui^txcci  v.ccl  ivxav^cc  v6c(p  Sp. 802, 10  ff.)  in  der  gleichen  dionysischen  Phyle 
iino^ccvHv,  Arrian  peripl.  pcnt.  Eux.  6  {Steph.  neben  den  auf  den  lemnischen  Thoas  zurück- 
Byz.  V.  Tvarcc,  Htrodian  1,  338, 10 :  2,  595,  3i.).  gehenden  ©occvritg  u.  a.  auch  'AWri^ig  und  Jriicc- 


819                Thoas  ider  Aitolier)  Thoas  (der  Korinthier)             820 

vitQtts.  Eine  entfernte  andere  Möglichkeit,  den  gelangt  er  nach  Temesa  im  Bruttierland : 
Namen  Thoas  bei  dem  Aitoler-Lokrer  zu  er-  Tinxl^av  d'  ol  vvv  yiaXovaiv,  Avootav  xTiö/xa, 
klären,  böte  vielleicht  die  Überlieferung,  welche  v6Tfgov  61  xal  j^lrtoX&v  twv  ^itTo.  ©oarrog,  ovg 
den  ominösen  Beinamen  der  ozolischen  Lokrer  ^^c/JaAov  ßp^rrioi,  Strabon  6,  265.  Hier  tritt  er- 
tn  erklären  sucht:  nuncupantur  a  foetore  dra-  neut  die  Verbindung  mit  Odysseus  hervor;  denn 
conis,  quem  Apollo  inieremit,  seu  quod  uxoies  Aristoteles  in  der  'Waxriaiav  TioXirela  {fr.  607 
eorum  Veneris  iro  viris  suis  fuerint  foedüate  Böse  min.,  aus  Flut.  qu.  Graec.  14)  berichtet, 
Uuiri  odori<  invisae  (Servius  ampl.  zu  Aen.  8,  nach  dem  Freiermord  habe  sich  Odysseus  einem 
899).  Also  Übertragung  eines  bekannten  Motivs  Schiedsspruch  des  Neoptolemos  unterzojren, 
der  Sage  von  den  J-^uvia  xaxa,  und  damit  lo  durch  welchen  er  verbannt  wurde.  Avtos  ^hv 
auch  die  Möglichkeit  der  Übertragung  lemni-  ovv  slg  *ItaXiav  ^ct^öttj  xri.,  was  ergänzt  wird 
scher  Namen.  Allerdings  ist  zu  beachten,  daß  durch  Apollodor  epit.  Salb.  7, 40  {Mythogr.  gr. 
Qoag  in  Aitolien  auch  als  Flußname  begegnet,  1,237,  ISTI'apw.),  wo  gleichfalls  diese  Verban- 
fur  den  späteren  Acheloos,  nach  Strabon  10,  nung  erzählt  und  dann  mit  einer  Verderbnis 
450;  Steph.  Byz.  v.  *AxiXioos.  —  Der  Aitolier-  des  Ländernamens  berichtet  wird :  'üdvaaia  ös 
führer  Thoas  erscheint  im  Epos  außer  in  B  in  slg  AlxoiXiav  ngiig  Göccvrcc  (cod.  ^öevrcc)  xov 
den  Eampfszenen  ^  527  ff.  (vgl.  Hygin  1 14  ^AvSgcciyiOvog  Tcagccyivo^itvov  rijv  tovtov  ^vya- 
[101,4  (ScÄwi.]).  In  seiner  Gestalt  begegnet  Po-  riga  yfi^iat.  xal  xocraXinovra  Ttaidoc  Atovrotpogov 
seidon  dem  Idomeneus  iV'^216ff,  Im  Kriegsrat  ^x  ravtrig  yrigaiov  xBXsvTi)öai,.  Die  von  }\agrnr 
O  281  ff.  wird  der  AItohX&v  Sx*  &Qictog  gelobt,  20  Bhein.  Jtfws.  46,  1891,  415  nicht  herangezogene 
als  Kämpfer  wie  auch  als  Redner  {onnöre  xov-  AristotelessteWe  läßt  es  zwingend  erscheinen, 
(0(  igicüktav  nsgl  ^iv^av).  Er  ist  unter  denen,  daß  AhcoXiav  in  irgendeiner  Instanz  aus  Ver- 
die  die  Briseis  und  Agamemnons  Geschenke  sehen  für '/TaX/av  gesetzt  worden  ist  (was  Bd.  8, 
abholen,  T  239.  Wie  ihn  schon  Jf  168  mit  Sp.  628,  4üb  ersehen  ist),  um  so  mehr,  als  noch 
Odysseus  zusammenstellt  (unter  den  Helden,  eine  weitere  Spur  des  Aufenthalts  des  Odysseus 
die  bereit  sind  zu  einem  Kampf  mit  Hektor),  in  Temesa  kenntlich  ist.  Unweit  der  Stadt  hat 
so  tritt  auch  sonst  im  Epos  öfter,  wenn  auch  Polites,  für  Odysseus  der  xriöiarog  hägcav  xfd- 
nicht  durchgehend,  eine  Paarung  zwischen  den  vozarog  rs  (x  225),  seinen  Namen  für  die  klas- 
zwei  nordwestgriechischen  Helden  hervor.  Bei  sische  Heroisierung  einer  lokalen  Spukgestalt 
Homer  selbst  in  der  Lügenerzählung  des  Odys-  so  hergeben  müssen,  des  rjgag  iv  Tt^^ajj.,  vgl. 
seus  I  499  (über  deren  Alter  vgl.  Bobert,  Stu-  Strabon  a.  a.  0.  und  Paus.  6,  6,  7,  wo  es  aller- 
dien  zu  Utas  80).  In  den  Antehomerica  ist  dings  heißt,  Odysseus  sei  nach  Temesa  ge- 
Thoas  natürlich  unter  den  Helenafreiern  und  kommen  nXavm^istog  ^srä  aXcoaiv  rriv  'IXiov 
wird  als  solcher  bei  Hygin  81  {S2,  IS  Schm.)  (vgl.  Boh de,  Psyche  ISO).  Eine  Bestätigung  bie- 
unmittelbar  neben  Ulysses  aufgezählt,  mit  dem  tet  auch  die  Tatsache,  daß  in  den  Scholien  zu 
zusammen  er  auch  Mitglied  der  Friedensge-  iyÄJopÄr.  1011  flP.  mehrfach  der  Versuch  hervor- 
sandtschafb  war,  nach  Diktys  5, 10.  Weiterhin  tritt,  die  dort  genannten  epeirotischen  Namen 
ist  er  es,  durch  dessen  Schläge  sich  Odysseus  für  den  Aufenthalt  des  Thoas  in  italische  um- 
so entstellen  läßt,  wie  es  für  den  Spionengang  zudeuten:  1017;  1021  {aXXoag)  und  zu  1014  so- 
nach Troja  erforderlich  ist :  acfgaylg  ^Livst  ©öav-  40  gar:  Ttgoxegov  yccg  nsgl  Aißvriv  a(i(p(a,  vörtgov 
zog  iv  nXsvgalg  hi,  Lykophr.  780  (daß  es  6  'Av-  6'  riXd^ov  xal  xarcoxTjffav  eig  'iraXlccv.  Die  epi- 
dgaifwvog  ist,  f^agt  das  Scholion  dazu,  2,246  zephyrischen  Lokrer,  die  später  (nach  Äirafton) 
Seh.).  In  der  Odyssee  tut  es  Odysseus  selbst  Temesa  besetzten,  werden  den  ursprünglich 
(ö  243),  aber  Lykophron  gibt  die  Version  der  lokrischen  Thoas,  den  Gefährten  des  Odysseus, 
kleinen  Ilias  wieder  (fr.  8  Ki.).  Bei  Quintus  dahin  versetzt  haben.  Sehr  wohl  möglich,  daß 
Smyrn.  erscheint  Thoas  im  Wagenwettkampf  auch  das  Thoasgrab  des  ps. -aristotelisch efi  Pe- 
4,603.  623,  wobei  er  (wie  Thoas  der  jüngere  plos  (oben  Sp.  818,42)  dort  zu  denken  ist. 
aus  Lemnos,  siehe  oben  Sp.  814,21)  einen  ün-  3)  Thoas  der  Korinthier  ist  nach  Paus. 
fall  erleidet,  dessen  Schilderung  hinter  624  2,  4,  3  mit  einem  Bruder  Phokos  Sohn  des  Sisy- 
ausgefallen  ist,  aber  durch  die  Heilung  des  50  phossohnes  Ornytion.  Während  Phokos  nach 
Podaleirios  638  vorausgesetzt  wird.  In  der  dem  phokischen  Tithorea  übersiedelt  (Archeget 
Schlacht  erscheint  er  6,640  (wobei  er  den  Paris  von  Phokis;  vgl.  Paus.  2,  29,3  und  9,  17,  6), 
verwundet  587.  Sein  iraigog  heißt  Jri'Co7iiTr,g  bleibt  Thoas  in  Korinth,  und  sein  Geschlecht 
680)  und  11,90.  Desgleichen  gehört  er  zu  den  setzt  dort  die  Herrschaft  der  Sisyphiden  noch 
Insassen  des  von  Odysseus  ersonnenen  hölzer-  drei  Generationen  fort,  von  Thoas'  Sohn  Da- 
nen Bosses  (12,318;  Vergil.  Aen.  2,262;  Hygin  mophon  an,  bis  zur  Ankunft  der  Dorier.  Die 
108  [98,2  Schm.]\  vgl.  auch  og  xccl  totg*Argioig  spezifisch  delphische  Version  im /Sc/ioZ.  zu  iwrep. 
naiGlv  ocgxr)v  evyxadstXs  tr]v  ngid^iov  Paus.  Or.  1094  {1,  205,  6ß.  Schw.;  vgl.  Schol.  BT  zu 
5,  3,  6  nebst  10,  38,  4).  Die  JVos^ewdichtung  Homer  B  517,  wo  aber  Thoas  nicht  genannt  ist) 
scheint  ihm  teils  in  Epeiros  ein  Heim  ange-  60  sagt  "OgvvTog  statt  'Ogvvriav  und  läßt  schon 
wiesen  zu  haben  {Lykophr.  10,  Ulf.,  wo  der  diesen  (aus  Aonien  kommend)  durch  Waffen- 
xagrsgog  Pogyrig  toxoj,  der  ötgartiXccTrig  avg,  hilfe,  die  er  den  Hyampoliten  gegen  die  opun- 
zusammen  mit  Nireus  zunächst  nach  Libyen  tischen  Lokrer  leistet,  zum  Herrn  des  phoki- 
und  von  da  nach  Epeiros  kommt  und  dort  ein  sehen  Landes  werden:  iysvovto  dh  avrät  Tcatdeg 
unstetes  und  armseliges  Leben  führen  muß,  ^&xog  -aal  @6ag.  &XX'  6  fihv  ©oag  &^cc  rm  na- 
bis  die  dortigen  Kolchier  beide  aufnehmen,  xgl  elg  Kogivd'ov  cctv^Xuos,  ^ütiog  dh  äiaSt^d- 
also  eine  mittelbare  Beziehung  auch  dieses  (isvog  rrjv  dgxrjv  xov  naxgbg  ^(oxiag  ccvxovg 
Thoasnamens  mit  dem  Argonautenkreise!),  teils  d)v6(iaGsv.    Da  die  Einsetzung  des  Sisyphos  ins 


821      Thoas  (Sohn  d.  Ikarios  u.  8.  w.)  Thoasa?                         822 

Herrscheramt  von  Korinth  durch  Medea  schon  gliedert  war.    Es  scheint  dabei  bedeutsam,  daß 

Eumelos  bezeugte  {fr.  S  Ki.),   so  kann   die  an  nach  Apollod. 'A,  10,  ti  (=--  S,  l'iöWagn.)  Ikarios, 

erster   Stelle   genannte   Überlieferung   als    die  der  Vater  des  Penelopebruders  Thoas,  ans  La- 

korinthische  gelten.   Jedenfalls  sitzt  der  Name  kedairaon  vertrieben,   gerade  zu  Thestios  sich 

Thoas   in    der   Folge   der   korinthischen  Sisy-  begibt,    worauf    er    nach    der    überwiegenden 

phiden  fest.    Sage  scheint  er  nicht  entwickelt  Tradition  in  Akarnanien  festwurzelt;  vgl.  iJd.  2, 

zu  haben.    Vielleicht  bedeutet  er  nur  eine  Ver-  Sp.  113, 12  ff.  Hiernach  ist  nicht  ausgeschlossen, 

legenheitsauskunft  der  alten  korinthischen  Vers-  daß   der    eben  erwähnte  Penelopefreier  Thoas 

chronik  und  eine  dem  wichtigeren  Stammheros  ohne  Verwechslung  des  Inselnamens  aus  einer 
der  Phokier  zu  Liebe  geschehene  Übertragung  lo  Vermischung    mit    dem    auf    die    angedeutete 

nicht  der  Gestalt,  wohl  aber  des  Namens  Thoas  Weise  vielleicht  landschaftlich  ihm  nahestehen- 

aus  dem  Phokis  benachbarten  lokrischen  Am-  den   Penelopebruder  Thoas   entstanden  ist.  — 

phissa  (dann  also  eine  Dublette  zu  Thoas  Nr.  2).  Zum  Schluß  einige  gänzlich  schattenhafte  Ge- 

4)  Thoas,  einer  der  Brüder  der  Penelope,  stalten,  für  die  der  Name  Thoas  ohne  irgend- 

Sohn  des  Ikarios  und   einer  Nymphe  Peri-  einen  erkennbaren  Anlaß  willkürlich   gewählt 

boia,  bei  Apollodor  3,10,6  (=  3,126  Wagn.).  erscheint: 

Es    sind    verschiedene    Erklärungen    möglich.  5)  Thoas,  ein  Troer,  von  Menelaos  erlegt, 

Entweder  liegt   bei  diesem  Peloponnesier  eine  Ilias  71  311    (mit   StTiXi]   ngög  zr]v   u(icovv(iiav 

derThoasgestalten  aus  den  Inselsagen  zugrunde.  seil,  des  Trojaners  mit  einem  Griechen).    Viel- 

Ikarios  wäre  dann  mit  Ikaros  verwechselt,  der  20  leicht  veranlaßte  die  Tatsache,  daß  Homer  den 

nach  der  gleichnamigen  Insel  gehört,  dem  Ge-  Namen   hüben   und   drüben    verwandte,    auch 

burtslande   des   Dionysos   (vgl.  Preller -Robert,  die  Namenwahl  sowohl  Vergils,  bei 

6/r.  ilfi/^/toZ.  1,1*, 677),  mit  der  Weinstadt  Oinoe  6)  Thoas,  dem  Aeneasgefährten,  von 

(wie  auch  der  attisch -dionysische  Ikarios  ge-  Halaesus  getötet,  Aen,  10,415,  wie   auch  des 

legentlich    als    Ikaros    erscheint:    oben  Bd.  2,  Statins,  der  in  der  Figur 

Sp.  116, 66.  Usener,  Sintflutsagen  106  scheint  7)  Thoas  des  Thebaners  den  Namen 
sogar  zu  glauben,  daß  dieser  Thoas  zu  dem  gleichfalls  bei  der  Gegenpartei  verwendet,  wie 
Attiker  gehöre).  Es  gab  dort  einen  besonderen  Homer.  Dieser  Thoas  ist  ein  Opfer  des  Tydeua 
blühenden  Kult  der  Tauropolos  (mit  welchem  (8,696),  weshalb  möglicherweise  auch  eine  Ver- 
Kult sich  der  Name  des  lemnischen  Thoas  ver-  so  wechslung  mit  diesem  Thoas  bei  dem  oben 
knüpft  hatte);  vgl.  die  Belege  bei  Köchly  in  Sp.  821,60  erwähnten  vorliegt. 
Schönes  Iph.  Tanr.^  16 f.  Dazu  kommt  folgen-  8)  Thoas  von  Dulichion,  Penelope- 
des:  eine  Ikariostochter  und  Schwester  der  Pe-  freier;  vgl.  oben  Sp.  821,56. 
nelope,  Gemahlin  des  Eumelos  von  Pherai,  wird  9)  Thoas,  Bruder  der  Althaea;  vgl.  oben 
Odyssee  d  71i7    so    eingeführt:    'IcpQ-iiirj    ytovgrj  Sp.  821,60  und  zu  Nr.  7. 

ßsyaXi^TOQO?  'Ixagioio.  Aristarch  zweifelte,  ob  10)  Thoas,  älterer  Name  des  Acheloos; 
'[cpQiyLY]  Name  oder  adjektivisches  Epitheton  vgl.  oben  Sp.  802, 20  und  819,12. 
sei,  infolgedessen  ward  die  mythographische  11)  Fanyassis  (fr.  25  Ki.)  soll  nach  den 
Tradition  nach  den  Namen  der  Penelopege-  Hsr.  des  Apollodor  3,  14,  4  (=  3,  183  Wagn.) 
schwister  durchforscht  (vgl.  Jessen,  RE  9,  443,  40  den  Adonis  genannt  haben  06ccvTog  ßccödsmg 
64  ff.).  Dabei  erscheint  in  den  Schölten  u.  a.  kaGvgiojv.  Aus  der  Parallelüberlieferung  ist 
auch  —  im  Schol.  Ms.  Barn,  belegt  aus  An-  längst  festgestellt,  daß  Gsiavtos  zu  verbessern 
c?ron  (dem  Halikarnassier,  Müller  FHG  2,  3b0,  ist;  vgl.  Heyne,  Obss.  327  und  Koch  in  der 
7)  —  als  Name  dieser  Ikariostochter  der  be-  Ausg.  des  Ant.  Lib.  277.  [Immisch.] 
rühmte  lemnische  Name  Hypsipyle  (verderbt  Thoas  (©OAM),  Name  eines  geflügelten 
zu  örinvXriv,  aber  Schol.  M  richtig  ttvsg  ds  Rosses,  das  mit  einem  andern  (wahrscheinlich 
'Ti\)Lnvl7\v  XeyovöL  und  ebenso  HPQ,  wo  nur  Dias  benannten)  zusammen  vor  einen  Wagen 
Q  oipiTtvXr]  hat).  Unter  den  Brüdern  aber  zäh-  gespannt  ist,  der  wahrscheinlich  den  Amphiaraos 
len  die  Scholien  auch  Gocov  auf,  ersichtlich  und  die  Eriphyle  trug,  auf  einer  frühkorinthi- 
ein  Versehen  für  06ag.  Ferner  kommt  in  Be-  50  sehen  Vase  aus  Aigina.  Die  Deutung  ergibt 
tracht,  daß  die  Insel  Ikaros  früher  JoXtxr]  hieß  sich  aus  der  bei  Antimachos  {Kinkel,  Frgm. 
(oben  Bd.  2,  Sp.  115,  3  ff.).  Der  unsichere  Thoas  Kpic.  1,  S.  285  =  Schol.  Rind.  Ol.  6,  21)  er- 
von  dort  könnte  also  durch  Verwechslung  mit  haltenen  Notiz,  daß  die  beiden  Rosse  des  Am- 
Dulichion  und  unter  Verdrehung  seines  Ver-  phiaraos  Thoas  und  Dias  hießen.  Vgl.  Stud- 
hältnisses  zu  Penelope  vielleicht  identisch  sein  niczka,  Mitteil.  d.  athen.  Inst.  1899  (24)  S.  368. 
mit  dem  Thoas,  welcher  bei  Apollod.  epit.  Sabb.  [Röscher.] 
7,  27  {Mythogr.  gr.  1,  234,  1  Wagn.)  unter  der  Thoasa?  (0oa(>a?),  nach  Pott  in  Kuhns  Zeit- 
Zahl  der  Freier  der  Penelope  erscheint.  -^  sehr.  f.  vergl.  Sprachforschung  7,  262  die  Femi- 
Doch  bietet  sich  auch  noch  eine  andere  Mög-  nalform  zu  0öag,  Tochter  des  Teukros,  Mutter 
lichkeit.  Nach  Luct.  Plac.  zu  Stat.  Theb.  1,  4U2  60  des  Priamos,  Stamis  {Stamon?  Skamon,  Din- 
(48,  5 ff.  Jahnke)  nannten  manche  den  Verwand-  dorf,  Schol.  in  Hom.  II.  1  p.  154,  Anm.  20)  im 
ten,  dessen  Tötung  Tydeus  aus  der  Heimat  Schol.  D  Hom.  II.  3,  250  p.  109  b,  3  Bekker  ^ 
forttrieb,  Thoantem  Althaeae  malris  fratrem.  F.  ^.  (7.  4,  491,  6.  Der  Codex  Parisin.  27 6Q  bei 
Das  wäre  also  ein  aitolischer  Thestiossohn  Cramer,  Anecd.  Gr.  Paris.  3,  2S2,  16  und  der 
Thoas  aus  Pleuren,  natürlich  nur  eine  Namens-  Codex  Mureti  hat  nach  einer  an  E.  Maaß,  Her- 
dublette  des  berühmten  aitolisch- lokrischen  mes  24  (1889),  644  Ton  iS'cÄim&er^f  erfolgten  Mit- 
Thoas  Nr.  2,  der  durch  seine  Mutter,  die  AI-  teilung  statt  ©ooröa :  Oöaaa.  Nach  iH/aa^  a.  a.  0. 
thaiatochter  Gorge,   der  gleichen  Sippe  ange-  ist  diese  Mutter  des  Priamos  identisch  mit  der 


823                           Thot*  Thorybos                        824 

gleichnamigen  Tochter  des   Phorkys,   die  von  zitierten  Stelle:  Staims  iv  tw  jrfpl  Aiaßov   im 

Poseidon  Mutter  des  Polyphemos  ist,  JHom.  Od.  Schol.  D  zu  Ilom.  11.  3,  250  Bekker   G6ct6a\ 

1,71.  ÄpoUod.Efnt.  7,4.  Porphyr.  Antr.  vtjmph.  dieselbe  Form  ist  wiederholt  bei  Stmnis  oder 

86.  Nonn.  Dionys.  89,  29.H.  Hesych.  s.  v.  Socaccc.  Sktwwn  oder  Stamon  F.  H.  Hr.  4,  491,  6.   IHn- 

Ttetz  Argum.  et  AUeg.  Hmn.  U.  1, 118  (P.  Ma-  dorf  zitiert  dieses  Scholion  mit  der  Form  flofoau 

tranga»  Anecd.  Gr.  1,288).  Schol.  Theokr.  11,07  in  den  Scholia  Graeca  zu  der  angef.  Stelle  nur 

p.  247  Wendel;  Tgl.  v.  Wilamoicitz'  Homer.  Un-  in   einer  Anm.  mit  Hinweis  auf  F.  H.  Gr.  a. 

teri>uchungen\%.  E-Hohde, ühein. Mus. SQ{ISS1)^  a.  0.    Da  sich  aber  die  Schreibung  mit  w  dort 

896   Anm.  1  =  Kleine  Schriften   117   Anm.  1.  nicht  findet,  so  liegt  offenbar  ein  Versehen  Tor. 

Maaß   erklart   Goioöu   für   die   Nymphe   vom  lo  [Ruhl.] 

AthoB  {*S6(og:  ^A^otog  fÄ229]  =  Pharai :  Apha-  Thootcs  (Öomrrjs),  'der  Schnelle',  Herold  des 

reu8  =  Paisos:   Apaisos);   vgl.  oben   Sp.  1688  Menestheus,  Hom.  II.  12,  342 ff.     |Ruhl.] 

Anm.    Auch   der    Name   der   Poseidontochter  Thoraios  (©opafoff),  Beiname  des  ApoUon, 

Thoosa,   die   von   ApoUon   den   Linos   gebiert  Lykophr.A1ex.Sbl.  Nach  dem  S^c/ioZ.  z.  d.  St.  = 

(Cerfam.  Hom.  et  Hes.  cod.  Laurent,  p.  486,  42  ffTtfpftoyovoe  xal  yevrrjT/xog.    6  avxog  ydg  iatt 

ed.  maior  Rzach)  ist  nach  E.  Maaß,   Orpheus  töj  ^Uoo-  nävxa  dh  6  tjXios  ysvvcc  x«i  TQ^(pBi  xal 

163  f.   nicht  anzutasten  und   nicht,  wie   z.  B.  u^^st,.   Das  Epitheton  bezeichnet  also  wohl  den 

Greve,  Boschers  Myth.  Lex.  2,  2056,  62 ff.  und  Apollon  als  Gott  der  Zeugung,   Gruppe,   Gr. 

Rzach  tun,  um  Übereinstimmung  mit  Charax  Myth.SbZ^S.  Konr.  ZacKer,  De  nominibus  Grae- 
(fr.  20)  bei  Suid.  s.  v.  "Oiirigog  (F.  H.  G.  8,  641)  20  eis   in   -aiog,  -uia,  -atov  (Diss.  phil.  Hall.  3) 

f.u  erzielen,  in  Ai9ovgcc  zu  ändern:  'gerade  für  S.  197.  S.Wide,  Lakonische  Kulte 'dO.  Nach  letz- 

die  Tochter  des  Meergottes  eignet  sich  die  Be-  terem  ist  der  Apollon  Thoraios  identisch  mit 

Zeichnung  Thoosa  (von  ^wf,  wie  Xrjrcb  von  x^-  @oQdxr\g  'AnoXlav  naga  Aäx(06iv  (Hesych.)  und 

vog);  diese  Meernymphe  ist  mit  der  Odyssee,  mit  dem  A^oWonOogräxiog {Hesych. a.v.Oogva^; 

wo  Phorkys   ihr  Vater  ist,  in  der  Chalkidike  vgl.  Paus.  3,10,8.   Herod.  1,69.    Xenoph.  Hell. 

zu  Hause.'    Thoosa,  nicht  Aithusa,  schreiben  6,6,27).    [Höfer.J 

auch   Loesner  in  seiner  Ausgabe  des  Hesiod,  Thorates  {Oogatrig),   Beiname  des  Apollon 

Loheck ,  Aglaopham.  823.    0.  Gruppe,  Boschers  in    Lakedaimon    nach    Hesych.  s.  v.  ftogärrig' 

Myth.  Lex.  8, 1076,  33  ff.     f  Höfer.J  kicdXXav  Tcagä  Ad-ncoaiv  und  M.  Schmidt  z.  d.  St. 

Thoe  {S6ri),  1)  Tochter  des  Okeanos  und  der  so  Gruppe,  Gr.  Myth.  etc.  853,  A.  8.   S.  Wide,  La- 

Tethys:   Hes.  Theog.  364.  —  2)  Eine  der  Ne-  kon.  Kulte  90.    Preller- Bohert  P  S.  269,4.  730, 

reiden  (s.  d.).    11.  18,  40.                  [Röscher.]  2  und  den  Art.  Thoraios.     [Röscher.] 

Tho^rls  8.  Toeris.  Thorax  {&6Qai),  1)  Teilnehmer  an  der  kaly- 

Thon  {Smv,  auch   S6(ov  ^   (9<»r),  König  von  donischen  Eberjagd  auf  der  Fran^oisvase  (ßo- 

Ägypten,  Gemahl  der  Polydamna  (s.  d.),  welche  gctxg).,  Furtwängler  und  Beichold,  Griech.  Vasen- 

der  Helena  ein  Kummer  und  Groll  bannendes  maierei  1,  60,  Taf.  13.  —  2)  Ein  König,  p]rfin- 

vpäguttxov  schenkte:   Odyss.  4,  219  ff.    Vgl.  die  der  des  nach  ihm  benannten  Panzers  (-S-cop«^), 

Schol.  u.  Eustath.  z.  d.  Stelle,  sowie  Herod.  2,  Serv.  ad  Verg  Aen.  9,  506;  vgl.  Mart  Kremmcr, 

113,  der  einen  Smvig  als  Wächter  der  kano-  De  catalogis  heurematum   (Diss.  Leipzig  1890) 
pischen  Nilmündung,  und  Strah.  17  p.  800,  der  40  p.  7,  1.  —  3)   Gott  des  gleichnamigen  Berges 

eine  Stadt  Öwrig  daselbst  erwähnt.     [Röscher.]  (Z)tod.  14,  36)   auf  einer   Münze    des  L.Veras 

Thoon  (S6(ov),  1)  einer  der  Giganten  (s.d.):  von  Magnesia  (Mionnet  3,  149,647;  abg.  Bayet 

^poZ/od.6t6Z.  1,  6,2.  —  2)  König  von  Ägypten:  et    Thomas,    Milet   121,26),    Imhoof- Blumer, 

Luc.  Alex.  5    (s.   Thon).    —   3)   Begleiter    des  Kleinas.  Münzen  1,  80,  Anm.  zu  nr.  '29. 

Bakchos   in   Indien:    Nonn.  Dion.  28,  112.  —  [Höfer.] 

4)  Troer,  a)  Sohn  des  Phainops:  11.  6,  152.  —  Thoreke  (Gagrixri),  Amazone,  Gefährtin  Pen- 

b)  einer,  der  Odysseus  erlegt:  II.  11,  422.  —  thesileas,  Tzetz.  Posth.  181.     [Klügmann.] 

c)  einer,    den  Antiochos  tötet:  II.  13,  645.  —  Thorlkos  ((9optxd?),  Heros  eponymos  eines 
6)  Ein  Phaiake:   Od.  8, 113.  —  Vgl.  Schol.  II.  Demos  der  Akamantischen  Phyle  nach  Hesych. 
N  643 :  G6(üV£g  ßägpagot,  rgsig,  6  filv  vnb  Jlo-  60  s.  v.  Gogmög  (vgl.  M.  Schmidt  z.  d.  St.). 
^ijdovg,   6   Sh   vnb  'OSvöa^ag^  ö   öh  vnb  kwi-  [Röscher.] 
Xoxov  ccvaigov^BvoL.     [Röscher.]  Thornakips  (Gogvccmog),  Beiname  des  Apol- 

ThooSA  (Öötötfa),  1)  Tochter  des  Phorkys,  Ion  in  Lakonien:  Hesych.  Gogva^-  vnonodiov 
von  Poseidon  Mutter  des  Polyphem,  Hom.  Od.  ^  hgbv  knoXXcovog  iv  ry  A(xv.(ov Ly.fi.  Send  te 
1,  71 ;  Porphyr,  antr.  nymph.  35 ;  Apollod.  epit.  Gogvccnog  ©oQvd'niog  'AnöXXav.  Von  dem  Kulte 
7,  4  W;  Nonn.  Dionys.  39,  293  (Hesych.).  Sie  des  Apollon  Pythaeus  auf  dem  Thornax  han- 
ist die  Personifikation  der  stürmischen  Meeres-  dein  Herod.  1,  69.  Paus.  3, 10,  8.  Vgl.  Preller- 
flut,  die  'schnell  Dahinschießende',  Preller-  Bobert*  1,  267,  2.  274,  3.  Gruppe,  Myth.  u.  Bel- 
Robert,  Gr.  Myth.  1*,  561  u.  623.  —  2)  Die  Gesch.  S.S6S,S.  [Röscher.] 
personifizierte  Schnelligkeit  bei  Empedokles  fr.  60  Thornax  (Qogvai)^  1)  =  Apollon;  s.  Thor- 
122  in  Diels,  Fragm.  der  Vors.*  p.  209^.  —  3)  nakios.  —  2)  Tochter  des  Japetos,  Mutter  des 
Von  Apollo  Mutter  des  Linos?  Statt  Aithusa  Buphagos:  Paits.  8,  27, 17:  dvai  de  'lansrov  rt 
ist  nämlich  im  Certamen  Hes.  p.  28647,  I^^^ich  -noctdalt.  Eovcpocyov^  xai  06gva-)iog'  tavtrjv  xal 
ed.  min.*  im  Laurentianus  ffodoörig  überliefert.  iv  rfi  Aa-ncavixfj  Oögvayicc  ovo^a^ovOL.  [Röscher.] 
—  4)  Pauly,  B.  E.  4,  42,  Pape- Benseier,  Gr.  Thorybos  (^dpr^og),  der  personifizierte  Lärm, 
Eigenn.  1'  1252  Z  20  und  Gruppe,  Gr.  M.  Be-  Sohn  der  Adikia;  das  Gegenteil  ist  Hesychia, 
gisterl9,(ih  Z  10  geben  als  Gemahlin  des  Lao-  die  Tochter  der  Dike,  Schol.  Bind.  Pyth.  8,  1. 
medon   eine  Thoosa  an.      Doch  steht  in    der  [Höfer.] 


825       Thoth  (griech.  Nameneformen)  Thoth  (ägypt.  Namensformen)        826 

Thoth^  ägyptischer  Gott.  ohne  Zusatz  lautlicher  Zeichen.  Später  kommen 

.     .jg.  die   phonetischen   Zeichen   für  den    Auslaut  tj 

^^  '  hinzu.    Über  die  Hinzufügung  der  Zeichen  für 

1.  Griechische  Formen.  Der  Name  hat  t-t  bei  der  ältesten  Henennungsform  für  das 
in  griechischer  Wiedergabe  sehr  verschiedene  Thothfest  vgl.  unter  B.  4.  Wie  der  Name  ur- 
Formen.  f)iv%-  in  der  ältesten  Erwähnung  bei  sprünglich  lautete,  ist  daher  nicht  genau  zu 
Plato  {Phileh.  18b.  Phaedr.  134);  man  hat  ver-  sagen.  Lautlich  mit  allen  seinen  Konsonanten 
mutet,  aus  einem  besonderen  ägyptischen  Dia-  ausgeschrieben  begegnet  er  uns  überhaupt  ziem- 
lekte  (Rec.  de  trav.  23,200).  Gav^^  spät  be-  lieh  selten.  Zuerst  kommt  er  so  im  Mittleren 
zeugte  Form  {Pap.  gr.  Lugd.  Bat.  ed.  Leemans  lo  Reiche  vor,  und  zwar  an  einer  der  Hauptkult- 
2,103.  Dieterich,  Ahraxas  189.  Reitzenstein,  statten  des  Thoth,  in  Gräbern  und  auf  Sarko- 
Poimandres  22).  ©ovd"  (Inschr.  von  Rosette^  phagen  von  Der  el-Bersche  in  der  Schreibung 
griech.  Text,  Zeile  49.  Clem.  Alex,  ström.  15,  Dhivt  und  in  den  theophoren  Personennamen, 
131.  Euseb.  praep.  ev.  1^9);  wovon  auch  die  aus  in  denen  der  Gottesname  den  ersten  Bestand- 
Govd^lKoais  entstandenen  Formen  der  Königs-  teil  bildet,  Dhutj  und  Bhtj,  in  hebräischen 
namen  Gov^i^coGig,  &(imaLg,  ©^ov^oieig  (im  Buchstaben  also  etwa  "^nns  und  Tn::.  Für  das 
dbVTntni&Q^xen  J^kisehiiis  Thmötiwsis  \\nCi  Thmösis)  Hieroglyphenzeichen,  das  gewöhnlich  hierbei 
abzuleiten  sind,  wie  auch  der  zweite  Bestand-  den  anlautenden  Konsonanten  wiedergibt,  aber 
teil  von  MioqiQCiyiLov^ioGig  {Sethe,  Untersuch.  auch  für  den  ganzen  Namen,  treten  in  dieser 
zur  Gesch.  u.  Altertumsk.  Ägyptens  1,73).  Gmvd;  20  Zeit  und  später  bisweilen  Zeichen  ein,  die  ein 
auch  als  Monatsname  und  in  Namen  von  Ägyp-  Brot  vorstellen  (Maspero,  Inscr.  des  pyramides 
tern  wie  Xivad-av^.  ©cavt  Personenname;  vgl.  üb  Anm.  1,  Mem.  p.  p.  les  membres  miss.  arch. 
Xead'covTTjs y  kgd'covrrig  (Petri,  Pap.  3).  0ood'  fr.  au  Caire  1,  157,  Anm  1.  162  Z.  408.  An- 
nach  Pseudo-Sanchuniathon  die  den  Alexandri-  nales  du  Service  2,  213.  217.  219.  221.  3,  277  f. 
nern  geläufige  Benennung  für  diesen  Gott,  auch  Lacau,  Cat.  sarcoph.  anter.  au  nouv.  emp.  2,  89. 
Monatsname;  ferner  in  Personennamen  wie  Jüa-  140.  [Nach  Mitteilung  von  <Sie«>irfor/f  auch:]  <S'ar- 
vfO-cb-ö"  (Var.  XcivhQ^öiQ-7]g,  Xccv-sad-md-rig)  ^  Ziv-  Icophag  des  Thothhotp,  Leipzig).  Man  hat  dahinter 
Q-totig^  riccd'wtrig.  Qovx  in  ©ovxsvg.  ©d-O-,  Mo-  einen  besonderen  Namen  des  Gottes  Thoth  ge- 
natsname.  0dr,  z.  B.  in  den  Personennamen  0o-  sucht,  der  etwa  Ta  gelautet  und  Brot  bedeutet 
revg  {Hihbeh  Pap.  1,  nr.  68;  vgl.  Spiegelberg  in  30  habe  {Brugsch,  Bei.  u.  Myth.  442.  Turaeo  41). 
der  Zeitschr.  f.  äg.  Sprache  1908,  101);  eine  un-  Es  handelt  sich  aber  schwerlich  um  mehr  als  um 
veröffentlichte  Bilinguis  ergibt  die  Gleichung  eine  Schreiberkünstelei,  der  allerhöchstens  eine 
des  ]s  &mer):^  Dhwtj-rh  =  ©otoqxv?,  der  also  etwa  etwas  veränderte  Aussprache  des  Anfangskon- 
Thot-erche  gesprochen  wurde  (nach  G.  Möller).  sonanten  zugrunde  liegen  mag.  In  demselben 
Auch  in  Zsvd-OTsvTov  =  Mes  Sohns  des  Tho-  Zeiträume  zeigt  sich  nämlich,  dem  Lautwandel^ 
teus'  {Spiegelberg,  äg.-griech.  Eigennamen  aus  der  damals  vor  sich  ging,  entsprechend,  wie 
Mumienetiketten  39,  nr.  271),  ©orovg  {Zeitschr.  ganz  vereinzelt  auch  später  die  Schreibung 
f.  äg.  Spr.  1884,  50.  54 f.),  @otoQtaLog,  Fem.  Dhictj,  genauer  Thwtj  =  ^r:nD  {Lepsius,  Alt. 
©OTopTocts  = 'Thot  ist's,  der  ihn,  d.  h.  den  Sohn,  Texte  des  Totenbuchs  46,  Anm.;  vgl.  Zeitschr. 
beim  Fem ,  der  sie,  d.  h.  die  Tocl^ter,  gibt'  40  f.  äg.  Spr.  11,  141.  Lacau  a.  a.  0.  1,  80;  vgL 
{Rec.de  trav.SZ,  127.  128.  138  Anm.  3.  Zeitschr.  ebd.  2,  204)  wohl  Tehoutej  oder  Tehoutej  zu 
f.  äg.  Sprache  1905,  85.  H.  Ranke,  Keilinschr.  sprechen.  Für  die  Zeit  des  Neuen  Reichs  führt 
Material  zur  altäg.  Vokalisation  =  Abhandl.  der  die  keilinschriftliche  Wiedergabe  Tihut  (vgl. 
Ak.  d.  Wiss.  Berlin,  phil.-hist.  Kl.  1910,  Anh.,  Ranke  a.  a.  0.)  wie  später  die  aramäische  r'nr^ 
Abt.  2,  41),  ©oTo^ovg.  Tovd'  und  Tt-d-  in  den  auf  den  regelrechten  Abfall  der  Endung  j  und 
Königsnamen  Tov&iicoaig,  Tid-iiooGig.  Enthalten  auf  die  Aussprache  Tehüt  oder  Tehout.  Nach 
ist  der  Name  auch  in  Mavs&dog  =  'Geliebt  von  Ausfall  des  h  entstanden  dann  die  koptischen 
Thoth'.  tber  kd-w&rig  und  Tat  vgl.  unten.  Zu  Formen  GOOTT  (sahidisch;  Zeitschr.  f.  äg.  Spr. 
dem  auslautenden  ^  dieser  Formen  haben  Boris  21 ,  94  f. ;  vgl.  ebd.  38,  88.  Melanges  d'epigr.  eg. 
T^iraev{BogTot,J.e.VZ-l^^^=  50  ^g^^  ^93^  {Zeitschr.  1883,  105)  und 
fakulteta  tmp.  S.  Peterburgsk.  umv.,  T.  46,  13)  '  ^'  ,  \o  --  •  ■, .  -r.  1  x- 
und  Sethe  {Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  19.06,  145)  die  OlüOTT,  auch  eAT_(fajjumisch).  Der  kopti- 
Wiedergabe  des  ägyptischen  t-Lauts  in  'ÄQ-ql-  sehe  Ortsname  WIUANe«JOTT  {Zoega,  Catal. 
ßig,  Movd;  Neid',  I^7]d-  verglichen.  Spiegelberg  18),  in  dem  viele  diesen  Gottesnamen  wieder- 
in  Rec.  trav.  egypt.  assyr.  23  (1901),  199—200  finden  wollen,  wird  allerdings  nichts  anderes 
w^eist  die  Form  0OOYT  dem  sahidischen,0COOYT  gewesen  sein  als  Plural  von  dem  koptischen 
dem  bohairischen  Dialekt,  0OY0  dem  achmi-  Worte  für 'Sammelplatz' (z.B.  für  Handwerker; 
mischen  und  0AT  dem  fajjumischen  Dialekt  der  vgl.  Quatremere,  Mem.  geogr.  hist.  sur  VEg.  1» 
spätägyptischen  Sprache  zu.  Aus  dem  Griechi-  50),  'Viehhof,  ^iiavXig.  An  unbetonter  Stelle 
sehen  übernommen  sind  die  Formen  Thoyth  60  wurden  verkürzte  Formen  gebraucht.  Dies  spie- 
und  Thoth,  die  Cicero  {nat.  deor.  3,  22)  und  gelt  sich  namentlich  ab  in  der  Verwendung 
Lactantius  {inst,  divin.  1,  6)  brauchen.  der  oben  angeführten  griechischen  Wiedergaben 

2.  Ägyptische  Form.  Ägyptisch  wird  der  mit  knappster  Vokalisierung  Gor-  usw.  in  Zu- 
Name  des  Thoth  in  ältester  Zeit  nur  mit  der  sammensetzungen.  Selbst  das  auslautende  t  der 
Abbildung  der  ihn  vorstellenden  Ibisfigur  auf  durch  allmählichen  Lautschwund  schon  reich- 

''^v  lieh   zusammengeschrumpften  Grundform  geht 

einer   Prozessionsstandarte     _/^   geschrieben,  bisweilen  verloren;   so   in   ©vGvring,   @v6vtoit 

(neben    Gorav&rig,    QoxövdaLg)  =  Thot-sötem 


827                   Thoth  (Deutung)  Thoth  (Kultus,  alt.  Zeit)            828 

(Zeüschr.  f.  äg.  Spr.  22,  54.  49,  90.   Bec.  de  trav.  daraus   in   relij^iösen    spilthieratischen  Texten 

«8,  199 f.  24,  84— UO.  26,66.   i^piegdberg,  Äg.  u.  geradezu  ein  Doppelgänger  des  Thoth:   'Heil 

griech.  Eigenn.  3Uf.,  nr.  90.  Vgl.  unter  B.  1.  d).  n  rn 

8.  Deutung.    Eine  ganz  sichere  etymolo-  dir, ...  Thoth !  Preis  dir  H^*  (Text  bei  Turacv 

frische  Deutung  hat  sich  für  den  Gottesnamen  ...        .    ,                ^„v      ...      ,.     tt-        i 

l)ehowtiJ  nicht  gewinnen  lassen.   Dualistischen  ^tV*/"S^"?    >'  ^  ^*    Auch  in  die  Hierogly- 

Sinn,  wie  man  vielfach  annahm,  hat  das  Wort  "^^t,?'^  7^'^^'^  verirrte  sich  eine  daraus  ab- 

iedeifalls  nicht.    Die  Endung  ist  nicht  das  1j  f}^'^^^.  Zeichengruppe  {Brugsch,  Wth  o    29. 

des  femininen  Duals,  sondern  nur  das  adjek-  »^)5  ^°^   ^«   ««^^°°*   ^^«  Thoth  vorstellende 

tivische  j.   Am   ansprechendsten  ist  die  Auf-  lo  Zeichen  ^  denselben  Lautwert  wie  \\  {Bmgsch, 

fassung  von-F.  LI.  Grifßth  {Ä  collection  of  hiero-  xl                                            i 

glyphs  [=  Archaeol  Survey  of  Eg.,  Mem.  6]  21 ;  »^'«o-  6.  ^ö-  y^eitschr.  f.  äg.  Spr.  13,  53),  den  die 

dagegen  Fiehl  in  Sphinx  3,61),  Dhiitj  bedeute  Neueren  mit  a,  jetzt  mit  t  wiedergeben.    Der 

'der  Dehutische*;  wie  Osiris  nach  Andet,  dem  Gott  Ä  oder  J,  von  dem  neuere  Mj^thologen 

9.  unterkgyptischen  Gaue  Ande^,  'der  Ande-  (Brugsch,  Bei  u.  Mythot.  441)  als  'Bezeichnung 

tische'  heiße,  so  sei  Thoth  nach  Dhwt,  dem  des  Gottes'  Thoth  sprechen,   entspringt  also 

Namen   des   16.  unterägyptischen   Gaues   (vgl.  nur  aus  der  Fortpflanzung  eines  Lesefehlers. 

B.  1.  b),  benannt  worden.  Dehoictij  würde  dem-  Vgl.  Schäfer  in  der  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  40,  121. 
nach  auch  ein  Gegenstück  zu  Nubti  (Roschers 

Lexikon  Bd.  4,  Sp.  729),  dem  nach  dem  Orte  20                                B-  Kiütus. 

Nubt  benannten  Gotte  sein.    Nur  steht  nicht  1.  Kultusstätten,  a)  Älteste  Zeit.   Die 

fest,  wie  der  Name  des  15.  unterägyptischen  ältesten  Denkmäler  bieten  so  gut  wie  gar  keine 

Gaues  lautete,  ob  wirklich  Dhwt.    Wohl  des-  deutlichen  Angaben  über  die  örtlichkeiten,  an 

halb  läßt  G.  Steindorff  {Die  ägypt.  Gaue  =  Abh.  denen  in  diesen  Zeiten  Thoth  angebetet  wurde. 

d.  phil.'hist.  Kl.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wissensch.  27,  In  einer  Aufzählung  wird  einmal  {Pyr.  1271; 

873  f.)  die  Wahl,  ob  man  in  diesem  Falle  den  dazu  Turaev  24)  eine  Reihe  von  Gottheiten  je 

Namen  des  Gaues  von  dem  des  Hauptgottes,  einem  Orte  zugewiesen,  darunter  Thoth  einer 

der  in  dem  Gau  verehrt  wurde,  oder  den  Na-  Stadt,  deren  Namen  sonst  nicht  vorkommt  und 

men   des  Gottes  wie  den  der  Göttin  von  Bu-  etwas  wie  'Thron'  oder  'Sitz  des  Thoth'  be- 

bastis  von  dem  der  Kultusstätte  ableiten  wolle,  so  deuten  mag.    Auch  wird  einmal  Thoth  ange- 

Andere  Deutungsversache:  Reinisch,  Mira-  rufen  als  'der  in  Hetepw-Neteriü\  was  vielleicht 
mar  116.  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  10^  2i;  dagegen  eine  Ortschaft,  aber  eher"  wohl  Name  eines 
Turaev  a.  a.  0.  13.  Pietschmann,  Hermes  Tris-  Heiligtums  oder  Terapelraumes  ge^^^esen  sein 
megistos  2 — 4.  Zeitschr.  f.  ägypt.  Sprache  15,  28.  mag.  Jedenfalls  weist  nichts  in  diesen  Angaben 
Brugsch,  Relig.  u.  Myth.  439  f.  Maspero,  Hist.  auf  eine  uns  bekannte  Gegend.  Ferner  gehören 
anc.  des  peuples  de  V Orient  1, 145  Anm.  3.  Rec.  nach  einem  an  Re-Atum  gerichteten  Spruche 
de  «rat?.  20,  156  f.  Ancient  Egypt  4,117.  Eine  {Pyr.  153—159;  vgl.  Boeder,  Urkunden  189  f. 
ganz  gekünstelte  Schreibung  fiir  den  Namen  Breasted,  Development  of  religion  and  thought  in 
des  Thoth,  die  spät  und  vereinzelt  in  der  Weih-  Anc.  Egypt,  Lond.  1912,  119  f.)  zu  Seth  und 
inschrift  des  Tempels  von  Dendür  in  Nubien  40  Ncphthys  die  Gottheiten  des  Südens,  zu  Osiris 
auftaucht  {Brugsch,  Geogr.  Inschr.  1,78  u.  nr.  und  Isis  die  des  Nordens,  zu  Thoth  die  des 
•580;  Dict.  geogr.  335),  hat  man  Täud  oder  Westens,  zu  Horus  die  des  Ostens.  Brugsch 
Taaud  lesen  wollen.  Aber  selbst,  wenn  das  {Rel.  u.  Mythol.  450 f.)  hat  diese  Verteilung  im 
zuträfe,  hat  man  hierin  weder,  wie  Reinisch  Sinne  des  von  ihm  ersonnenen  Religionssystems 
{^Miramar  116;  dagegen  Turaev  a.  a.  0.  14)  astronomisch  zu  deuten  versucht,  aber  schwer- 
wollte, die  Grundform  des  Namens  Thoth  noch  lieh  richtig  (vgl.  Turaev  a.  a.  0.  26  Anm.  3). 
das  lautliche  Vorbild  für  Tdccvrog  oder  Tav-  Dazu  würden  Zweck  und  Wortlaut  dieses  Spruchs 
-ö-og,  den  Namen,  den  angeblich  {Euseb.  praep.  nicht  stimmen.  Der  Tod  des  eben  verstorbenen 
€V.  1,  9)  Thoth  bei  den  Phöniziern  geführt  hat.  Königs  wird  dem  obersten  Gotte  und  den  ihm 

_-.     „.        ,     ,        '^     .  i.  •      TT.      i^.    1  50  nachgeordneten  Mächten  des  Jenseits  angekün- 

Die  Hieroglyphe  ^  ist  im  Hieratischen,  ^^^^     Maßgebend   für   die   Bezeichnung   ihres 

und  zwar  in  der  kursiven  Buchschrift  des  Mitt-  Machtbereichs  würde  also  lediglich  sein,  was 

leren  Reiches  so  stark  vereinfacht  worden,  daß  ^^^^  ^^m  Ebenbilde  der  wirklichen  Welt  rein 

später,  als  die  hieratischen  Schriftzüge  zu  einer  geographisch  betrachtet  im  Gesichtskreise  von 

deutlicheren    Form   zurückgekehrt  waren,   sie  Hehopolis    als   ihr   eigentliches   Hoheitsgebiet 

von    ägyptischen   Schriftgelehrten   häufig  ver-  sich  darstellte.    Danach  wird  in  dieser  frühesten 

kannt  und   mit  dem  Zeichen   für   die  Hiero-  ^eit  Thoth  im  westlichen  Delta,  also  etwa  in 

f\  der  spätem  Hermopolis  parva  seine  vornehmste 

glyphe  [1  verwechselt  wurde.    Dieses  Zeichen  Kultusstätte  besessen  haben.    Auch  ist  aus  der 

,     y          1     T      i.u-ij  r-     j       XT            j  60  Botschaft  an  die  Gottheiten  des  Westens,  die 

Thnl'  h  r  AU      fli  a'  ^"^  ^r'^^I  f '  Thoth  hierbei  aufgetragen  wird,  ersichtlich,  daß 

Thoth  behandelt  und  tritt  demgemäß  mit  den  ^^^  ^^^  eigentliche  Plychopoipos   hier  nicht 

entsprechenden  Deutebildem  für  Gottesnamen  ^^^   ^^^^^^^   ^^^   Schakalgott   der  'Westhöhe' 

I  oder  ^  versehen  auf  (Stellen  bei  Pietsch-      S^^\  daß   also  Thoth  nicht  etwa  wegen   der 

I            \ll  Macht,   die  er  nach  damaligem  Glauben   be- 

mann,  Hermes  Trism.  8  Anm.  3.    Turaev  84,  5.  reits  im  Amenthes  ausgeübt  haben  wird ,  bei 

G.  Möller,  Über  die  in  einem  späthierat.  Papyrus  dieser    Göttergruppierung    zum    Vertreter    des 

enthaltenen  Pyramidentexte  16  f.).  Zuletzt  wurde  Westens  geworden  ist.   Auch  nach  der  Reihen- 


829            Thoth  (Kultus,  illt.  Zeit)  Thoth  (Kultus,  alt.  Zeit)            830 

folge  in  einer  anderen  Aufzählung  der  Götter  Fünf  führt.  (Vgl.  Lepsius,  Götter  der  4  Bie- 
der vier  Himmelsgegenden  (Pyr.  1612 — 1614.  me7ite  [=  Abh.  d.  Akad.  d.Wiss.,  phil.-hist.  Kl.^ 
Maspero,  Inscr.des  pyr.  267  f.  376.  Mein,  mein-  Berlin  1856.  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  1871,  8'J— 95. 
hres  mixs.  arch.Caire  1,147),  die  ebenfalls  von  Dümichen,  Gesch.  Ägyptens  185  f.  210  —  220. 
Heliopolis  ausgeht,  hat  Thoth  den  Westen  inne  Brugsch,  liel.  u^  Myth.  123  —  160;  Ägyptologie 
(Turaev  27).  Während  die  späteren  Inschriften  25  f.  Maspero,  Ktudcs  de  myth.  et  d'arch.  2,  2:^3 
bis  zur  Eintönigkeit  bei  Erwähnung  von  Gott-  — 260.  367.  381 — 385;  Hist.  anc.  des  peuplcs  de 
heiten  auch  die  Stätte  nennen,  wo  Hie  haupt-  Z'oneMi  cZass.  1,145 — 148.  2'Mraey  a.a.  U.  16— 20. 
sächlich  weilen,  fehlt  jeder  solche  Hinweis  an  Sethe,  Von  Zahlen  u.  Zahlwörtern  33)  Als 'Herr 
den  Stellen,  wo  in  den  Grabin.schriften  der  lO  der  Acht'- Stadt  wird  Thoth  unendlich  oft  be- 
Pyramidenzeit  das  Amt  eines  Priesters  des  zeichnet.  Nicht  selten  heißt  er 'der  in  Chmunu* 
Thoth  vorkommt.  ^  (z.  B.  imj  Hmunu.  Grifßh,  Siut  (t  Der  Eife 
b)  Hermopolis. 'Es  hat  wohl  politische  17,26),  'Thoth  in  Chmunu'  im  J^munu.  Pap. 
und  reichsgeschichtliche  Gründe  gehabt,  daß  Sallier  4,  15,  7),  der  'Herrliche  in  Chmunu 
schon  im  Alten  Reiche  unter  den  Orten,  an  weilende'  {ChampoUion ,  Notices  dencr.  1,749. 
denen  Thoth  verehrt  wird,  eine  Stadt  Mittel-  Brugsch,  Bei.  u.  Myth.  441),  der  'Herrliche  in 
ägyptens  am  meisten  hervorzutreten  beginnt,  Chmunu'  {Lepsius,  Denkm.  3,  191),  der  'Herr- 
die  Hauptstadt  des  15.  oberägyptischen  Gaues,  liehe  der  Herr  von  Chmunu'  {ebd.  3, 188  f.),  der 
des  Gaues  Unu  oder  Unut  {Wnw ,  Wnwt.  'Herrliche,  der  verlangt  nach  Chmunu',  auch 
Brugsch  a.  a  0.  146  f.  Steindorff  a.  a.  0.  871),  20  der  'herrliche  Ibis,  der  verlangt  nach  Chmunu' 
die  bei  den  Alten  Hermopolis  magna,  bei  Pli-  {Brugsch,  Dict.  geogr.  781.  Pap.  Anast.  5,9), 
nius  (w.  h.  5,9)  oppidum  Mercurii  (die  Stellen  'Thoth  im  Achthause'  {Brugsch,  Dict.  geogr. 
im  Bec.  de  trav.  24,  5  u.  7)  heißt.  Ihr  altägypti-  1056);  und  nach  ihm  wurde  die  Stadt  das  'Haus 
scher  Name  war  Chmunu  {Hmnw),  koptisch  des  Thoth  des  Herrn  von  Chmunu'  {Pap.  Har- 
Schmün  {'Eöiiow,  vgl.  Wessely,  Studien  10,  nr.  ris  1,61)  genannt.  An  Ort  und  Stelle  ist  bei 
190),  jetzt  Aschmunen.  Chmunu,  von  dem  Zahl-  Aschmunen  wenig  mehr  über  den  Kultus  des 
Worte  8,  das  noch  koptisch  srmm  lautet,  be-  Thoth  zu  ermitteln  gewesen.  Der  große  Porti- 
deutet  die  Stadt  der  'Acht',  nämlich  einer  kus  des  Tempels,  den  noch  J)e>2on  gezeichnet  hat 
Gruppe  von  acht  Göttern,  die  hier  als  eine  {vgl.  d&zu  Thom.  Legh,  Narrative  of  a  journey 
Einheit  angebetet  wurde  und  hier,  wenigstens  30  in  Egyp f'^LondASn,S8 — 90.  Wilkinson,M.SC. 
zur  Zeit  des  Äthiopen  Pianchi,  also  im  8.  Jahrh.  3*,  165.  ChampoUion,  Lettres  85),  ist  erst  1822  zer- 
V.  Chr.,  ein  Heiligtum  für  sich,  getrennt  von  stört  worden.  Übersicht  des  Geländes:  Descrip- 
dem  des  Thoth  besaß.  Was  die  'Acht'  ur-  tion de  V E yypte,  Ant.  4=^50;  dansich  hei  Maspero, 
sprünglich  vorstellten,  beibt  ungewiß.  Nach  Hist.  anc.  des  peuples  de  l'or.  cl.  1, 144:.  Annales 
späten  Darstellungen  und  Texten  gelten  sie  in  du  service  8,  213.  Zu  der  'Achtstadt'  gehörte, 
der  ägyptischen  Theologie  als  ürwesen,  deren  v^ie  es  scheint,  Hesort  (geschrieben  Hsrt,  auch 
Dasein  dem  ersten  Erscheinen  des  Lichts  voran-  Hsrj.  Lepsius,  Denkm.  2,  119.  Naville,  Saft 
ging,  das  nach  einem  Mythos  von  einer  'An-  el-Henneh  6,3  u.  S.  9.  Totenbuch,  K.  146  Nav. 
höhe  in  Chmunu'  aus  erfolgt  war.  Und  zwar  Brugsch,  Geogr.  Inschr.  1,  216.  232.  nr.  998; 
faßte  man  sie  als  vier  Paare  auf,  die  aus  ]e  io  Dict.  geogr.  535 f.  749 — 752.  Turaev  16 f.  119); 
einer  männlichen  und  einer  weiblichen  ihrer  es  wird  eine  Benennung  für  den  Tempelbezirk 
Benennung  und  Bedeutung  nach  einander  zu  des  Thoth  und  der  Acht  sein.  Ferner  lag  im 
einer  begrifflichen  Einheit  ergänzenden  Gott-  Gau  von  Unu  die  'Flammeninsel'  oder  'Insel 
heit  bestanden.  Die  vier  männlichen  Urwesen  der  beiden  Flammen',  'Insel  der  Doppelflamme' 
findet  man  als  Frösche  oder  mit  Froschköpfen,  {Iic-nsrsr{-').  Brugsch,  Dict.  geogr.  359.  1362. 
die  vier  weiblichen  als  Schlangen  oder  schlan-  Ders.  Bei.  u.  Myth.  472.  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  33, 
genköpfig  gedacht  und  dargestellt;  wohl  weil  122..  Turaev  119  f.    Vgl.  Pyr.  397c:  Iw-n-sjsj) 


Frösche  und  Schlangen  als  Ausgeburt  eines  ur-  zu   der  Thoth   in  Beziehung   stand;   sie  wird 

anfänglichen  noch  von  keinem  Sonnenstrahl  er-  unter  anderem  erwähnt  als  der  Ort,  wo  sich 

hellten  Weltzuständes  betrachtet  wurden.  Doch  50  die  heiligen  Bäume  des  Gaues  befanden,  und 

sind  bisweilen  auch   an  die  Stelle  dieser  Ge-  wird  der  Name  der  Nekropole  von  Unu  sein. 

bilde,  wohl  jenes  Mythos  vom  ersten  Sonnen-  Als   Stätte,   an  der  Thoth  weilt,  wird  häufig 

aufgange  wegen,  wennschon  nachträglich,  als  das  'Vogelfallenhaus'  {iTt  jbtj)  genannt,  und 

gleichwertig  andere  'Acht'  getreten,  die  Gruppe  zwar  bereits  in  einem   der  Pyramidentempel, 

von  Pavianen,   der  nach  einer  wohl  viel  mehr  wo    dahinter    'Herr    der   Acht'    gestanden    zu 

volkstümlichen  Anschauung  die  Begrüßung  und  haben  scheint  {Sethe  bei  Borchardt,  Tempel  des 

Anbetung  des  lichtbringenden  Gestirns  eine  Art  Sahure  2,  99,  Taf.  21.  ChampoUion,  Notices  descr. 

angeborener  Pflicht  war.    Jene  als  Frosch  und  2,  42;    Monum.  3,  287.    Mariette,  Karnak  42. 

Schlange  auftretenden  Wesen  sind  im  Grunde  Brugsch,  Dict.  geogr.  18.    Turaev  121);   ob   er 

nur  vier  Mächte,  die,  um  eine  Achtheit  heraus-  60  dabei  nur  als  ein  Genosse  des  Königs  bei  dem 

zubekommen,  ganz  abstrakt  in  je  eine  mann-  Vogelfange  gelten   soll,   der  in  den  Tempeln 

liehe  und  eine  weibliche  Erscheinungsform  zer-  mehrfach  dargestellt  wird  und   dort   offenbar 

legt  worden  sind;  und  auf  diese  Vierzahl,  ver-  nicht    als   Sportbild  aufzufassen   ist,   oder   ob 

mutet  man,  wird  es   sich  beziehen,    daß    der  auch  eine  bestimmte,  Thoth  geweihte  Baulich- 

Oberpriester  des  Thoth  (z.  B.  Brit.  Mus.  nr.  1324;  keit  diesen  Namen  führte  und  ob  sie  zu  Hermo- 

Hierogl.  Texts  1,  Taf.  4,8.  Stele  Leiden  5,  46),  polis  magna  gehörte,  ist  nicht  mit  Bestimmt- 

wie  es  scheint,  nach  einem  Beinamen  des  Got-  heit  zu  sagen, 

tes,  dem  er  diente,  den  Titel  des  'Großen  von  c)  Unterägypten.  Wohl  nicht  minder  alt, 


831            Thoth  (Kultus,  alt.  Zeit)  Thoth  (Kultus,  alt.  Zeit)            832 

wenn  nicht  um  vieles  alter  als  in  dem  ober-  den  Vorrang  gehabt  haben.  In  dieser  Gegend 
üg^-ptischen  war  die  Verehrung  des  Thoth  in  wird  auch  eine  der  drei  Herraesstädte  unter- 
dem  unterilgyptischen  Unugaue  {Brugach,  Dict.  zubringen  sein,  die  Strabon  (17, 18.  19.  22)  im 
geogr.  148  f.  Kaville,  Goäien  6  M  6),  dessen  Delta  erwähnt.  Die  zweite  bezeichnet  er  als 
Hauptstadt  vielleicht  schon  in  einem  Spruche  nsgl  tr}v  Bovtov  iv  vi^am  xsiiiivi] ;  die  dritte, 
der  ryramidenmschriflen  (190a  und  191  a; /^ei7-  die  er  zusammen  mit  Lykopolis  und  Mendes 
sehr.  /■  äg.  Spr.44t,6.  7.  11)  gemeint  ist,  in  dem  nennt,  mag  nach  Tanäh  gehören.  Vielleicht 
ein  'nördliches'  von  einem  'sildlichen'  Unu  nur  eine  besondere  JBenennung  für  Herniopolis 
unterschieden  wird.  Nach  der  Nomenliste  von  minor  oder  einen  heiligen  Bezirk  in  ihr  mag, 
Kdfu  {Brugsch,  Dict.  geogr.  188.  136G)  lührt  die  lo  wie  Turaev  (149)  vermutet,  Chetrans  {Iltrns) 
Hauptstadt  dieses,  des  15.  unterügyptischen,  sein,  das  auf  der  Inschrift  eines  Altars  in  Tu- 
Gaues  die  Bezeichnung:  'Haus  des  Thoth-wep-  rin  {Transact  Soc.  Bill.  ^rch.  3.422.  Brugsch, 
rehwi*,  d.  i.  'Tempel  des  die  beiden  richten-  Die*. p«o^r.  1058.  1321)  als  unteragyptische  Kul- 
den  Thoth*.  Ein  anderer  Name  dieses  *nörd-  tusstatte  des  Thoth,  und  zwar  als  Gegenstück 
liehen  ünu  war  Ba'h  (B'h)  ==  '  Überschwem-  zu  dem  oberftgyptischen  'Achthause'  vorkommt. 
mung',  'Kanal'.  Überreste  von  dieser  Stadt  Aus  den  Ruinen  von  Athribis  stammt  ein  Denk- 
sucht Naville  {Ahnas  el-medine  21 — 26)  in  dem  mal,  auf  dem  Thoth  'der  große  Gott  Herr  von 
jetzigen  B8klije(J5a«dcArcr,-4^y|9/cn*  160.  Anna-  Schetot'  genannt  wird  {Brugsch  ebd.  797  und 
Us  du  Service  des  antiqu  2,  74),  einem  im  nord-  Geogr.  Jnschr.  3,  38,  nr.  68). 
östlichen  Abschnitte  des  Deltalandes  gelegenen  2o  d)  An  verschiedenen  Orten  als  Mit- 
Orte,  und  als  die  Statte  dieses  'Thothhauses'  bewohner.  Als  Inhaber  eines  Heiligtums  oder 
betrachtet  er  den  Hügel  von  Tanäh,  östlich  Mitbewohner  eines  Tempels  läßt  sich  Thoth 
von  Mansüra,  nördlich  von  dem  ehemaligen  in  Ägypten  noch  vielfach  nachweisen,  wenn 
Mendes.  Weiter  nimmt  Naville  an,  daß  nicht  auch  zumeist  nur  nach  späten  Zeugnissen.  Zu 
bloß  das  jetzige  Ascfamunen,  sondern  auch  erwähnen  sind:  Tanis  {R^.  de  trav.  15,150 f.) 
Ba'h  den  Namen  Chmunu  geführt  habe.  Das  und  eine  örtlichkeit  'Mächtig  an  Kraft',  die 
wesentlichste,  was  er  dafür  anführt,  ist,  in  vielleicht  in  oder  bei  Tanis  lag  {Brugsch,  Dict. 
Bubastis  {Naville,  Festival  Hall,  Taf.  8,  S.  21)  geogr.  744.  Pap.  Bologna  2;  dazu  Chabas  mel. 
werde  Thoth  als  'der  in  Chmunu'  eigens  unter  eg.  3,1,245  und  Turaev  148),  Bubastis,  wo  in 
den  Göttern  Unterägyptens  aufgeführt.  Daß  ein  so  Herodots  (2, 138;  dazu  Wiedemann  498;  Naville, 
Thoth  mit  diesem  gangbaren  Beiworte  in  Osor-  Bubastis  60 — 62)  Zeit  von  dem  Heiligtume  der 
kons  II.  Zeit  zu  den  Göttern  des  Delta  zählte,  Stadtgöttin  aus  ostwärts  eine  gepflasterte,  von 
ist  damit  allerdings  erwiesen.  Aber  für  Na-  'himmelhohen'  Bäumen  eingefaßte  Straße  ig 
villes  Annahme,  daß  hierbei  eben  Ba'h  gemeint  'Egii^o)  Isgov  führte,  ferner  Saia  und  andere 
sei,  spricht  nicht  gerade,  daß  auf  einer  Statue  Ortschaften  im  Delta  {Turaev  149  unter  10  u. 
aus  saitischer  Zeit  im  Louvre  (A  94.  Pierret,  11),  und  Memphis,  von  dem  es  in  einem  Pa- 
Jnscr.  Louvre  2,  51  f.  Piehl,  Jnscr.  hier.  1,  16.  pyrus  {Turaev  150;  Anhang  nr.  15)  emphatisch 
Tuiaev  128  Anm.  3)  ein  und  dieselbe  Bitte  in  heißt:  'bist  du  nicht  das  Haus  des  Thoth  dei- 
paralleler  Ausfertigung  an  Thoth  den  Herrn  nes  Gottes'.  In  Oberägypten  sind  haupisäch- 
von  Chmunu  und  an  Thoth  den  HeiTn  von  Ba'h  40  lieh  zu  nennen:  Ro-sontj  und  Schopstim  Möris- 
als  an  «wei  besondere  Wesen  gerichtet  wird.  See-Gebiete  {Brugsch,  Dict.  geogr.  730.  780  f. 
Daß  jedoch  in  Unterägypten  der  Ortsname  Lanzone,  Pap.  du  lac  Moeris  V);  Pawedwojt 
Chmunu  —  es  fragt  sich  nur,  seit  wann  —  {Pap.  Harris  1,61.  Brugsch,  Dict.  geogr.  175  u. 
sogar  ziemlich  häußg  vertreten  gewesen  sein  963),  vielleicht  das  koptische  Phuöit,  vermut- 
muß, das  lehren  die  koptischen  und  arabischen  lieh  südlich  von  Surarije  gelegen,  Herakleopo- 
Ortsbezeichnungen :  Eschmün- Tanäh  (Synaxar  lis,  Speos  Artemidos  (?  Boeser,  Beschreibung, 
zum  10.  Mesore);  Schmün  erman  (=  'Gianat-  jV.  R.,  Abt.  3, 1),  Abydos,  Tentyra,  Theben,  wo 
apfel-Schmun'.  Champollion,  Eg.  sous  les  pha-  er  auf  der  Westseite  des  Nils  als  Thoth-sötem 
raons  2,  122.  Quatremere,  mem.  geogr.  hist.  1,  (?  = 'Thoth  erhört';  vgl.  oben  Ovair^ig  usw.) 
495 — 498.  Peyron,  Lex.  copt.  294  Amelineau,  5ö  einen  Tempel  bei  Medinet  Habu  hatte  (Cham- 
Geogr.  170  f)  jetzt  Aschmün  er-Rummän  {Rec.  polUon,  Not.descr.  1,  600.  Baedeker  si.  a.  0.  311), 
de  trav.  20,16b.  Baedekern  a.  0.  161.  Annales  Hermonthis  (C7jawij3oif/?ow  a.  a.0. 1,860.  Lepsius, 
du  Service  des  ant.  2,  70  f.)  nordöstlich  von  Man-  Denkm.  3,  237  b),  ferner  Latopolis  {Brugsch, 
süra  in  der  Bichtung  auf  Menzale  zu;  Aschmün  Geogr.  Jnschr.  1,283,  nr.  1477),  Apollinopolis 
im  südwestlichen  Delta  nordwestlich  von  Kairo  magna  {Wilkinson,  manners  dt  cust.  3*,  Taf.  62), 
in  der  Richtung  auf  Menüf  {Baedeker  27).  Semnut  und  Philae  {Champollion,  Mon.  91  ter  3. 
Eine  andere,  Thoth  wohl  schon  seit  uralter  Lepsius,  Denkm.  3,175  c.  Brugsch,  Thesaurus 
Zeit  geweihte  Ortschaft,  die  Hermopolis  parva  760,33.  Turaev  130.  146  f.). 
oder  minor  der  Alten  (Stellen  im  Rec.  de  trav.  e)  Nubien.  Mit  der  Herrschaft  der  Ägypter 
24,  3)  ist  im  nordwestlichen  Delta  zu  suchen.  60  hat  sich  auch  die  Anbetung  des  Thoth  nach 
Sie  wird  bei  dem  jetzigen  Damanhür  gelegen  Nubien  hinein  ausgedehnt  (vgl.  Turaev  129  f.). 
haben  {Quatrimere  1,362—364.  Brugsch,  Dict.  Er  gehört  zu  den  Göttern,  unter  deren  Schutz 
geogr.  b21.V2ß9— 1211.  Baedeker  2b\  wenn  üuch  dies  Gebiet  vorzugsweise  gestellt  wurde,  Be- 
der  arabische  Ortsname,  koptipch  Timinhör,  sonders  sind  ihm  Untertan  das  nach  dem 
'Ortschaft  des  Horus',  dem  nicht  entspricht.  Nubsbaume  (vgl.  B.  6)  benannte  Pnubs  (vgl. 
In  einer  benachbarten  Örtlichkeit,  meint  Tu-  Brugsch,  Dict.  geogr.  334 f.  Zeitschr.  f.  äg.Spr. 
raev  (a.  a.  0.  149,  unter  Verweisung  auf  Rec.  10,  88)  und  Pselchis.  Seiner  Verehrung  begegnet 
de  trav.  11,80)  möge  die  Verehrung  des  Thoth  man  unter  anderem  in  Deböt  {Roeder,  Temples 


833           Thoth  (Kult  auf  d.  Sinai)  Tlioth  (Kult  d.  mittl.  Reichs)        834 

immerges  "2,  9.  39.  Taf.  2,  13.  38a),  Talmis  (z.  B.  nisse.    Nur  Thothnacht  =  'Thoth  ist  stark'  ist 

Bec.  de  trav.  20,  197.  Gauthier,  Teniplrs  immer-  aln  Personenname   schon  im  Alten  Reiche  bis 

ges,  passim),  Dendür  (Champo/lion,  Not.  descr.  jetzt  nachzuweisen    [Lepsius,   Denkm.  2,  112e. 

1,123.  lirugsch,  Thcs.  761,39.   Froc.  Soc.  Bibl.  113bc.    Margaret  A.  Murray,  Index  of  names 

Ärch.  32,35),  Bo^'jj^a  {Boeder  a,  a.  0.  112),  Ma-  and     titles  of  the  Old  Kingdom  16),  vielleicht 

harraka,  Derr,  Abu  Simbel.  auch    schon    Thothmose    {Zeitnchr.  f.  äg.  Spr. 

f)  Sinai.  Viel  früher  noch  als  in  Nubien  13,70). 
ist  im  Wädi  Maghära  auf  der  Sinaihalbinsel  b)  Mittleres  Reich.  Die  Inschriften  und 
eine  Ausbreitung  der  Verehrung  des  Thoth  Sarkophage  des  Mittleren  Reiches  aus  der  Ge- 
nachzuweisen {Turaev  37  f.  114  Anm,  8.  Baim.  lo  gend  von  El-Bersche,  wo  gegenüber  von  Her- 
WeillyBec.desinscr.cg.duSinaibi^.lQ^knm.^.  mopolis  auf  dem  Ostufer  des  Nils  die  dama- 
nr.  7.  9.  20.  21.  37).  Auf  einer  Felswand  wird  ligen  Gaufürsten  des  oberägyptischen  Unu  sich 
hier  schon  Cheops  abgebildet,  wie  er  vor  Thoth  bestatten  ließen,  zeigen,  daß  die.se  Feudalherren 
steht  und  mit  dem  Streitkolben  ausholt,  um  neben  ihren  weltlichen  Ämtern  im  Dienste  des 
einem  Vertreter  der  überwundenen  Bewohner  Thoth,  der  hier  deutlich  vor  allen  anderen 
dieser  Gegend  den  Schädel  zu  zerschmettern  Gottheiten  den  Vorrang  hat,  die  vornehmsten 
(Lepsius,  Denkm.  2,  2.  Maspero,  Hist.  anc.  des  priesterlichen  Würden  innehaben,  wie  sie  auch 
peuph's  de  Vorient  class.  1,  365).  p]s  wird  auf  zum  Teil  seinen  Namen  in  ihren  Namen  (Thot- 
eine  viel  ältere  Überlieferung  zurückgehen,  nacht;  Thothhotp)  führen  {Lepsius,  Denkm.  2, 
daß  in  diesem  Gebiete  Thoth  in  dieser  Form  20  135.  Hierogl.  Texts  Brit.  Mus.  5,  7  u.  8.  Egypt 
gehuldigt  wird,  die  zu  allem,  was  ihm  sonst  Explor.  Fund  Memoir  3—4:  El  Bersheh  1—2. 
eigen  ist,  gar  nicht  paßt.  In  derselben  Hand-  Turaev  45  f.  113).  Soweit  dabei  Streiflichter 
lung  wird  dort  auch  ein  Herrscher  aus  der  auf  den  Kultus  fallen,  verrät  sich,  wie  das  bei 
5.  Dynastie,  Neweserenre',  dargestellt,  aber  der  großen  Gleichförmigkeit,  die  auch  sonst 
nicht  vor  Thoth;  doch  ist  daneben  über  dem  in  den  ägyptischen  Kultusgebräuchen  hervor- 
Bilde  eines  großen  Libationskruges ,  auf  dem  tritt,  nicht  anders  zu  erwarten  ist,  nichts  die 
des  Königs  Name  steht,  zu  lesen:  ^Thoth  der  Praxis  von  Hermopolis  sonderlich  Unterschei- 
Herr  der  Fremdvölker  gibt  kühles  Wasser'  deudes  {Turaev  113 — 116).  Zeugnis  von  beson- 
{Lepsius,  Denkm.  2, 152  a.  Brugsch,  Wanderung  derer  Verehrung  des  Thoth  im  Mittleren  Reiche 
zu  den  Türkisminen  83.  Sethe,  Urkunden  1,  54.  30  legt  auch  die  Tatsache  ab,  daß  in  diesem  Zeit- 
W.  M.Fl. Petrie,Besear dies  in  Sinai  ^6,  nr.bS).  abschnitte  wohl  in  Oberägypten  ein  König 
Im  ganzen  gehört  Thoth  nicht  zu  den  Göttern,  Dhowtj  vorkommt,  der  vielleicht  der  11.  Dy- 
deren  Namen  am  Sinai  am  häufigsten  vor-  nastie  zugehörte  {Berlin  Mus.  nr.  1175.  Aus- 
kommen. Als  'Vorsteher  von[Ma]fek',  der  Nie-  führl.  Verzeichn.  1894,  61  f.  Äg.  Inschr.  Museum 
derlassung  im  Wädi  Maghära  bezeichnet  ihn  1,  253—255.  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  30,  45—47. 
ausdrücklich  eine  Anrufung  auf  einer  Statue  Turaev  46,  Anm.  5;  133,  Anm.  1.  Quibell,  Na- 
im  Vatikan,  die  ein  Gehäuse  mit  einem  Pa-  gada  43).  Auch  einzelne  Privatpersonen  frth- 
vian  darin  vor  sich  hält  (nr.  96.  Turaev,  An-  ren  im  Mittleren  Reiche  bereits  den  Namen 
hang  nr.  1.  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  46,75).  Eine  Thoth  mit  und  ohne  Zusatz  (13.  Dyn. :  Brit. 
Aufzählung  von  Kultusstätteü  des  Thoth  gibt  40  Mus.  64  ■»  =  Hierogl.  Texts  2,  Taf.  40.  Andere 
Brugsch,  Dict.  geogr.  962,  und  vor  allem  Tu-  Beispiele  bei  Turaev  a.  a.  0.  u.  Zeitschr.  f.  äg. 
raev,  Bog  Tot  145—150,  eine  Übersichtskarte  Spr.  4<),  121—123).  Eine  Stele  eines  Priesters 
Petrie  in  Ancient  Egypt  4,  115.  des  'Hauses  des  Thoth'  aus  der  Zeit  der  12.  Dy- 

2.  Geschichtlicher  Überblick,    a)  AI-  nastie  hat  das  Britische  Museum  (583;  Hierogl. 

tes  Reich.    Alles  weist  daraufhin,  daß  schon  Texts  2,  Taf.  27). 

in  ganz  frühen  Zeiten  Thoth  zu  den  allgemein  c)  Neues  Reich.  Sichtlich  ein  Aufschwung 

anerkannten  Gottheiten  Ägyptens  gehörte.  Als  in   der   Verehrung   des  Thoth   tritt   mit   dem 

Vorsteher  seiner  Heiligtümer  wie  der  anderer  Neuen  Reiche  ein.   Das  veranschaulichen  nicht 

Kultusstätten    von    besonders    hervorragender  bloß  die  vier  Thutmosis  in  der  Reihe  der  Herr- 
Bedeutung  finden  wir  unter  der  4.  Dynastie  50  scher  der  18.  Dynastie,  sondern  auch  die  vielen 

Prinzen   von   Geblüt   {Ed.  Meyer,    Gesch.   des  Personen,  die  fortan  den  Namen  des  Thoth  in 

Altertums^  1,  2,  §  247).    Priesterin  des  Thoth  ist  ihrem  oder  als  ihren  Namen  führen.  Als  Gegen- 

auch  Merisonch,  die  Gemahlin  des  Chephren  stück  zu  den  Amememhet('Amon  an  der  Spitze') 

{De  Bouge,   Mon.  5  premieres   dynasties  277.  der  12.  Dynastie  begegnet  uns  nun,  allerdings 

Lepsius,  Denkm.  2,14:.  Mariette,  Mastabas  ISS).  nicht  als  Königsname,  Thowtemhet  ^ 'Thoth 

Doch   spricht  manches   dafür,    daß  Thoth  zu  an  der  Spitze'  {Egypt  Expl.  Fund,   Mem,  11, 

solcher  Geltung  lange  vorher  gekommen  und  Taf.  7  u.  10).  Hatschepsowt  hat  in  Der  el-bahri 

einmal     zeitweilig    noch    viel    mehr    hervor-  darstellen  lassen,  wie  sie  von  Thoth  bei  ihrer 

getreten   sein   mag,    nur  nicht  an   einer   der  Geburt     geliebkost    wird,    Thowtj     hieß    ein 

Stätten,  an  denen  der  Volksglauben  zuerst  in  60  hoher  Beamter  unter  Thutmosis  I.,   der  sich 

theologische  Systeme  gebracht  wurde.    Unter  bei  Köm  el-ahmar,  ebenso  ein  anderer  aus  der 

den  Königsnamen  des  Alten  Reiches  sind  Be-  Zeit  der  Hatschepsowt  und  Thutmosis'  III.,  der 

Ziehungen    auf   Thoth    nicht    erkennbar    und  sich  auf  der  Westseite  von  Theben  ein  Grab 

Zusammensetzungen  mit  diesem  Götternamen  hat  herrichten  lassen  {Bec.  de  trav.  22, 115 — 

nicht  vertreten.    Die  Übersetzung  ''EQ[ioyivr\g,  125).    Von  einem  hohen  Beamten  des  Ameno- 

die  Eratosthenes  in  seiner  Königsliste  für  'Ad-m-  phis  III.  namens  Cheriuf  (Hrjwf )  stammt  die 

-9-7]?,    den  Namen    des   2.  und  3.  Königs   der  hübsche  Statue  im  Berliner  Museum  (nr.  2293. 

1.  Dynastie  gab,  beruht  auf  einem  Mißverstand-  Ausführt  Verzeichn."^  140.    Turaev  a.  a.  0.  49, 


835        Thoth  (Kult  d.  neuen  Reichs)  Thoth  (Priesterschaft)               836 

Anm.  2.  69.  72.  134.  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  33, 123  als  'der  Erste  von'  Sais,  ein  Beiname,  den  er 
— 125.  Äg.  Inschr.  Museen  2,  39—42.  Bäder,  schon  viel  früher  geführt  haben  mag.  Die  Er- 
ürkunden  13f.)  mit  Inschriften,  in  denen  Thoth  Zeugnisse  eines  bei  Memphis  gelegenen  Garten- 
aufe  höchste  gepriesen  wird.  Nicht  minder  in  grundstückes  werden  auf  einem  Steine  aus 
seinen  vielseitigen  Eigenschaften  verherrlicht  Apries'  Zeit  im  Berliner  Museum  ihm  über- 
wird er  in  einer  täglich  zu  wiederholenden  wiesen.  Neben  anderen  Göttern  kommt  Thoth 
Anrufung,  die  auf  einem  als  Schreibtafel  her-  auf  einer  granitnen  Kapelle  aus  Amasis'  Zeit 
gerichteten  Brette  im  Britischen  Museum  steht,  in  Leiden  vor  {Boeser,  Denkm.  Satt.  Zeit  1, 
das  ungefähr  aus  derselben  Zeit  herrührt  {Zeit-  Taf.  6).  Bevorzugt  wird  er  unter  den  Gotthei- 
9chr.  f,  äg.  Spr.  33, 120—123.  Turaev  72.  120.  lo  ten,  für  die  Nektanebos  so  großen  Eifer  kund- 
188).  Wie  sich  die  religiösen  Neuerungsbestre-  gibt,  der  in  Turra  Steine  für  einen  neuen  Tem- 
l^ungen  Amenophis'  IV.,  der  sich  ja  im  ober-  pel  des  Thoth  brechen  ließ,  von  dem  vielleicht 
ägyptischen  Unugau  etwas  südlich  von  Herme-  zwei  dem  'Thoth  in  Bhwf  geweihte  Löwen  im 
polis  magna  seine  neue  Hauptstadt  gründete,  Vatikan  (i?ec.  </c<rav.  6, 118.  Wiedemann,  Ägpt. 
EU  dem  Kultus  des  obersten  Gottes  von  Chmunu  Gesch.  718)  und  zwei  Obelisken  aus  schwarzem 
stellten,  ist  nicht  ersichtlich.  Die  Verfolgung,  Stein  im  Britischen  Museum  (nr.  623.  624. 
die  über  verschiedene  Götter  verhangt  wurde,  Guide  Eg.  Galleries^  Sculpture  247)  stammen, 
scheint  sich  nicht  auf  Thoth  erstreckt  zu  haben.  Überbleibsel  eines  unter  Philippus  Arrhidaeus 
Jedenfalls  finden  wir  unter  der  19.  Dynastie  errichteten  Tempels  und  eines  Tempels  aus  der 
und  in  der  nachfolgenden  Zeit  eher  eine  Stei-  20  Ptolemäerzeit,  sind  bei  Aschmunen  erhalten. 
gerung  in  der  Bedeutung,  die  Thoth  als  Vor-  Unter  dem  Äthiopen  Ergamenes  wurde  der 
bild  und  Schutzgott  der  schriftgelehrten  Be-  Tempel  des  Thoth  in  Pselchis  begonnen;  unter 
amtenschaft  erworben  hatte,  wie  das  besonders  Euergetes  II.  und  Kleopatra  vollendet.  Aus  der 
die  Anrufungen  lehren,  die  in  den  Schulpapyri  Zeit  des  Euergetes  IL  stammt  auch  ein  kleiner 
im  Britischen  Museum  vertreten  sind  {Chabas,  Tempel  des  Thoth  bei  Medinet  Habu,  der  un- 
Mel.  eg.  1862,  119.    Maspero,  Du  genre  epistol.  vollendet  blieb. 

26  f. ;  Hymne  au  Nil  8  f.  Erman,  Ägypten  443  f.  3 .  P  r  i  e  s  t  e  r  s  c  h  a  f  t.  Im  1 6.  oberägyptischen 
Turaev  a  a.  0.  132).  Aber  auch  die  Herrscher  Gaue  geben  die  Listen  dem  Oberpriester  des 
halten  diesen  Gott  besonders  in  Ehren.  Die  Nomos  die  Amtsbezeichnung  der  'Große  von 
eifrige  Bautätigkeit,  die  unter  Ramses  II.  ent-  so  fünf  (vgl.  oben  B.  1.  b),  Gewaltige  der  beiden 
wickelt  wird,  kommt  auch  Thoth  zugute,  z.  B.  Throne  (d.  i.  höchster  Verwaltungsbeamte  im 
durch  Errichtung  eines  ihm  hauptsächlich  ge-  Nomos)';  im  unterägyptischen  hieß  er  der  'die 
widmeten  kleinen  Tempels  bei  El-Käh  {Zeit-  beiden  Richtende  Kahlhäuptige';  beide  mit 
sehr.  f.  äg.  Spr.  13,  66.  Baedeker^  317).  Von  dem  Zusätze  'der  die  Bräuche  für  seinen  Geist 
einem  stattlichen  Tempelbau,  den  Amenephthes  (Aa)  vollzieht'.  Bruchstücke  von  dem  Sarko- 
(Merenptah)  errichten  ließ,  sind  bei  Aschmunen  phage  eines  Priesters,  der  unter  anderen  Titeln 
noch  ansehnliche  Überreste  vorhanden  {Annales  auch  den  freilich  auch  sonst  vorkommenden  eines 
dMScrrtcc8,212— 220),  wo  auch  Ramses  II.  etwas  'Kahlhäuptigen'  führte,  sind  bei  Baklije  (vgl. 
gebaut  hat.  Aus  der  Aufzählung,  die  Ramses  III.  oben  B.  1.  c)  gefunden  {Navillc,  Ahnas  el-me- 
im  'Großen  Harris-Papyrus'  von  dem  gibt,  was  40  dine  22—26).  Die  Oberpriesterin  war  im  ober- 
er für  die  Götter  getan  hat,  geht  hervor,  daß  ägyptischen  Unu-Nomos  die  'Geliebte',  in  dem 
seine  Fürsorge  zwar  sich  in  erster  Linie  auf  die  anderen  die  'Richtende'  (?),  beide  mit  dem  Zu- 
Gottheiten von  Theben,  Heliopolis  und  Memphis  satze  'die  vor  seinem  (oder,  wenn  die  höchste 
erstreckte,  dann  aber  zunächst  auf  Schow  und  Göttin  des  Nomos  gemeint  sein  sollte,  vor  ihrem) 
auf  Thoth.  Dem  Heiligtum,  das  er  zu  seiner  Antlitze  das  Sistrum  schüttelt'.  Noch  weniger 
eigenen  Verherrlichung 'im  Hause  des  Herrn  von  besagen  die  zum  Teil  nur  unvollständig  über- 
Chmunu'  baut,  überweist  er  allein  89  Hörige,  lieferten  Namen  der  Standartenträger  und  an- 
und  in  'Hesorj'  erneuert  er  'seinem  Vater  Thoth  deren  Priester  {Brugsch,  Biet,  geogr.  1361.  1368 ; 
dem  in  Chmunu' dessen  Gotteshaus.  Für  ihn  baut  Ägyptologie  281.  283.  Turaev  113.  116).  Eine 
er  auch  in  Pawedwojt  (oben  B.  1.  d).  Ganz  be-  50  'Große  des  Frauenhauses  des  Thoth',  die  außer- 
sondere Frömmigkeit  für  Thoth  legt  Ramses  IV.  dem  'Sängerin  des  Amon'  ist,  kommt  in  einer 
an  den  Tag.  Als  Osorkon  nach  Hermopolis  m.  Inschrift  bei  Drah  Abul-Negga  auf  der  West- 
kam, da  'tat  er,  was  sein  Herr  der  Herr  von  seite  von  Theben  vor  {v.  Bergmann,  Hierogl. 
Chmunu  lobt'  {Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  ^b, '6)^  und  Inschr.  bl).  Eine  Stele  von  einem  'Gefolgs- 
als  Pianchi  auf  seinem  Siegeszuge  die  Stadt  mann  im  Hause  des  Thoth'  hat  das  Museum 
einnahm,  brachte  er  Stiere,  Kälber  und  Ge-  in  Turin  (nr.  1563).  In  diesem  Museum  ver- 
flügel  zum  Opfer  dar  'seinem  Vater  dem  Herrn  treten  sind  auch  (nr.  3454)  ein  Tempelbeamter 
von  Chmunu'  und  im  Tempel  der  'Acht'.  Thoth  des  Thoth  und  durch  Aufschriften  auf  Töpfen 
ist  auch  vertreten  auf  den  Denkmälern  schlich-  von  rotgebranntem  Ton  (nr.  112 — 117)  und  an- 
ter Gläubigkeit,  die  auf  Votivsteinen  aus  der  60  dere  kleine  Denkmäler  (z.  B.  nr.  104)  verschie- 
Gräberstadt  von  Theben  zu  uns  spricht  {Bec.  dene  'Sängerinnen'  {hrijt)  dieses  Gottes,  einer 
d€<rar.  2,159 fiF.  3, 103tF.  Turaev  1^'di.  Sitzungs-  Kategorie,  von  der  es  auch  in  anderen  Samm- 
ler. Ak.  d.  Wiss.  Berlin  1911,  1102—1104).  Hier  lungen,  an  kleinen  Denkmälern,  die  wohl  durch- 
befand sich  ein  dem  Thothsoteni  (vgl.  oben  weg  aus  der  Gräberwelt  von  Theben  stammen, 
A.  2)  geweihter  Tempel.  nicht  fehlt  {Bec.  de  trav.  5,  71.  Ausf.  Verzeichn. 

d)  Späte  Zeit.  In  der  Spätzeit  ägyptischer  Berlin*  240,  nr.  2578.  Turaev  145). 

Geschichte  taucht  Thoth  auch  auf  Denkmälern  4.    Feste,     Tempelausstattung     und 

der  Deltagegenden  auf,  z.B.  als  'der  vor',  d.i.  Bräuche,   a)  Feste.  Über  die  Feste,  die  Thoth 


837           Thoth  (Feste  u.  Bräuche)  Thoth  (heil.  Tiere;  Ibis)            838 

gefeiert  w\irden,  ist  weni«^'  bekannt.  Das  wich-  13ß2.  1367)  werden  die  Heiligtümer  des  Thoth 
tigste  'Thothtest',  das  in  ganz  Ägypten  einen  im  wesentliclien  anderen  GottoHhiiusern  ge- 
Festtag  bildete,  fiel  auf  den  19.  Tag  des  erston',  glichen  haben  und  ebenso  in  den  Bräuchen, 
nach  alter  Ordnung  (vgl.  Eduard  Meyer,  Nach-  die  dort  ausgeübt  wurden  {Turaev  114).  Auf- 
träge  zur  ägypt.  Chronologie  [Abhändl.  d.  Preuß.  tUUig  ist  wohl ,  daß  nach  der  Liste  von  Den- 
Akad.d.  >F.*1907j,  14  -17)  des  zweiten  Monats  dera  {lirugsch,  Diel,  geogr.  1376)  im  Ifv  ober- 
des  ägyptischen  Jahres,  de^p  7.  August  jnl.  ägyptischen  (iaue  die  Standarten  der  obersten 
(Brugfich,  Dict.  gcogr.  1363.  1371;  Geach.  Ag.  Priester  nicht  wie  im  15.  unterägyptischen 
607;  liel.  u.  Myili.  464  f.;  Thesaurus  365.  Du-  {lirugsch  ehd.  1379)  den  Ibis  des  Thoth,  son- 
michen,  Kalend.-Inschr.,  Taf.  13.  Ed.  Meyer,  lo  dern  die  Hieroglyphe  der  Göttin  Seschat  {Ro- 
Chronologie  35,  Anm.  1.  Bec.  de  trav.  15,184.  schers  Lexikon  Bd.  4,  Sp.  714)  als  Abzeichen 
Turaev  138 — 140)  Nach  Pluiarch  {Is.  u.  Os.  68),  führten.  In  der  Ausstattung  wohl  fast  aller  Göt- 
der  diesen  Festtag  erwähnt,  aßen  an  ihm  die  tertempel  Ägyptens  war  librigens  der  Ibis- 
Ägypter  Honig  und  Feigen  und  sagten  dazu  Thoth  auf  der  Standarte,  wie  ihn  die  älteste 
'süß  ist  die  Wahrheit'.  Es  ist  zweifellos  das-  Schreibung  des  Namens  (oben  A.  1)  zeigt,  schon 
selbe  'Thothische  Fest',  Dhwtijt  (vgl.  Erman  'seit  Urzeiten  das  Gegenstück  zum  Falken- 
in  der  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  19,  51.  Brugsch,  Bei.  Horus'  (v.  Bissing,  Sonnenheiligtum  des  Bathures 
u.  Myth.  465),  oder,  wie  nach  Turaev  (37,  Anm.  2)  [=  Sitzungsber.  hayer.  Ak.  d.  Wiss.  1919,  pliil.- 
die  alte  Schreibung  Dhivtt  zu  erklären  sein  hist.  Kl.,  Abh.  9J,  7).  Schon  auf  einem  der 
würde,  der  'Festtag  der  Thothe',  der  in  Grab-  20  Schminksteine  aus  der  Zeit  vor  der  1.  Dynastie 
inschriften  schon  von  der  Pyramidenieit  an  Manethos  sieht  man  fünf  solche  Standarten, 
(vgl.  z.  B.  Fyr.  2118.  Mariette,  Mastabas  108.  zwei  mit  den  beiden  Schakalgöttern,  dann  den 
115.  116.  130  usw.)  unter  den  Feiertagen  auf-  Ibis -Thoth,  dann  den  Horus -Falken  und  das 
gezählt  wird,  an  denen  dem  Verstorbenen  alle  Abzeichen  des  Minw  von  Koptos  {Bulletin  de 
die  Dinge,  die  ihm  gespendet  und  gewünscht  Correspond.  hellen.  16,  312.,  Taf.  1.  Aegyptiaca  f. 
werden,  zugute  kommen  sollen;  und  wohl  nach  Ebers  129.  Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.^  §  201). 
diesem  Feste  führt  der  Monat,  in  dem  es  ge-  Eine  Ibis-  und  eine  Falkenstandarte  aus  ver- 
feiert wurde,  mindestens  seit  den  Tagen  des  goldetem  Holz  besaß  angeblich  als  Geschenk 
Neuen  Reichs  {Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  Sd,  128  i'.)  den  des  Cheops  ein  kleines  Heiligtum  der  Isis  im 
Namen  des  Thoth  (vgl.  oben  A.  1),  koptisch-  30  Osten  der  großen  Pyramide  von  Gize  {Maspero- 
arabisch  noch  jetzt  Tut.  Nach  der  Monats-  Quibell,  Guide  to  the  Cairo  Museum  44.  E.  de 
Übersicht  auf  der  Rückseite  des  Papyrus  Ebers  Bouge,  Bech.  s.  les  monum.  5  prem.  dynasties 
(0,2)  und  späteren  Verzeichnissen  {Brugsch,  265.  Mariette,  Monum.  divers  53).  Eine  Ab- 
Thes.  472.  Dümichen,  Erste  Angabe  über  die  bildung  auf  einem  Relief  im  Sethostempel  von 
Begierungszeit,  Leipzig  1874,  Eduard  Meyer,  Abydos  {Mariette,  Abydos  1,82,23.  Capart, 
Nachträge  zur  ägypt.  Chronologie  8)  würde  aller-  Abydos,  Temple  de  Seti  I,  T.  28)  zeigt  uns  einen 
dings  die  Schutzgottheit  des  ersten  Monats  kleinen  tragbaren  Naos,  aus  dem  sich  ein  sol- 
Tech  {Tli)  heißen.  Es  ist  möglich, -daß  erst  ches  Gestell  mit  dem  schreitenden  Ibis  darauf 
nachträglich  oder  zunächst  nur  im  Volksmunde  erhebt.  Klemens  von  Älexandrien  {ström.  b,l 
der.  Monat  nach  dem  Gotte  des  Festes,  das  40  Migne  2,69)  erwähnt,  daß  die  Ägypter  in  ihren 
als  das  Hauptfest  des  Monats  erschien,  umge-  sogenannten  ^(ouaüiaLg  ^d^s&v  xQvcä  öcyccX^ata' 
nannt  wurde,  ähnlich,  wie  sicher  das  bei  einem  einhertrugen :  dvo  ^ihv  xvvas,  eVa  öh  Ugayccc, 
anderen  der  Monatsnamen  geschehen  ist.  Ein  yial  Ißiv  ^lav;  sie  nannten  diese  vier  Bildwerke 
zweites  nicht  so  allgemein  gefeiertes  Fest  dieses  tEcaagcc  ygäfi^ara.  Darstellungen  von  solchen 
Gottes  fiel  auf  den  29.  Thoth,  an  dem  man  Prozessionen:  Naville,  Eestival  Hall  of  Osorkon, 
nach  der  Anweisung  für  gute  und  böse  Tage,  T.  9.  v.  Bissing ,  Kultur  des  alten  Ägyptens, 
die  der  Papyrus  Sallier  IV  gibt,  gut  tut,  'keine  T.  21.  Ein  Bildwerk  aus  Holz,  das  wohl  einmal 
Feuerflamme  mit  der  Hand  anzuzünden,  bei  auf  einer  solchen  Stange  gesteckt  hat,  der 
Nacht  nicht  hinauszugehen',  was  Turaev  (140)  wagerechte  Bestandteil,  auf  dem  der  Ibis,  ein 
mit  dem  nicht  ganz  klaren  Verbote  des  'Hin-  50  weißgefiederter,  steht,  befindet  sich  im  Berliner 
ausgehen  bei  (?)  seinem  Schauen'  (d.  i.  vielleicht  Museum  (nr.  10671). 

bei  Mondschein),  das  nach  den  Angaben  der  c)  Wassersprengen.  Eine  religiöse  Ge- 
Listen von  Edfu  {Brugsch,  Dict.  geogr.  1363)  wohnheit  des  täglichen  Lebens  war,  daß  Schrei- 
für den  15.  oberägyptischen  Gau  bestand,  ver-  her  aus  dem  Wasseinapfe,  aus  dem  sie  ihre 
glichen  hat.  Am  5.  Tybi  als  am  Tage  der  Farben  anfeuchten,  Thoth  eine  Spende  dar- 
Söchmet  {Boscher,  Lexikon  Bd.  4,  Sp.  580 ff.)  bringen,  was  auch  zugunsten  des  Geistes  des 
erhalten  Schow,  Ptah  und  Thoth  Opferbrot,  Imhotp  von  'jedem  Schreiber'  in  Inschriften 
Re'  und  dessen  Gefolge,  Ptah,  Thoth,  Hu  und  gefordert  wird,  die  auf  Imhotpfiguren  späterer 
Sa  Weihrauch.  Andere  aber,  kärgliche  Angaben  Zeit  zu  stehen  pflegen  {Turaev  70,  Anm.  2. 
über  Feste  des  Thoth  und  Tagewählerei,  bei  60  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  36, 147  f.). 
der  er  in  Betracht  kam,  enthalten  die  Inschrif-  5.  Heilige  Tiere,  a)  Ibis.  Wie  bei  an- 
ten  von  el-Bersche  (vgl.  oben  B.  2.  b),  der  Kaien-  deren  ägyptischen  Gottheiten  war  bei  Thoth 
der  von  Esne  und  der  erwähnte  Sallier- Papy-  dessen  Verehrung  mit  der  Heilighaltung  von 
rus  4  {Brugsch,  Materiaux  p.  s.  ä  la  reconstruct.  Tieren  in  Zusammenhang  gebracht.  Als  Thoth 
du  calendrier  Taf.  10.  Turaev  140 — 142).  zugehörig  wurde  vor  allem  und  zwar  in  ganz 
b)  Barken  und  Standarten.  In  ihrer  in-  Ägypten,  der  Ibis  betrachtet  (die  Stellen  der 
neren  und  äußeren  Ausstattung  z.  B.  mit  Bar-  klassischen  Schriftsteller  bei  Wiedemann,  He- 
ken    (deren   Namen   bei   Brugsch,  Dict.  geogr.  rodots  2.  Buch  293).  Apion  (bei  Aelian.  nat.  an. 


839            Thoth  (heU.  Tiere;  .Ibi«)  Thoth  (heil.  Tiere;  Ibis)            840 

10,  29)  erzählte,  ihm  sei  in  HermopoHs  von  den  el  medineh  22).    Andere  Fundstiitten  liep^en  bei 

Priestern  ein  Ibis  gezeigt  worden,  den  sie  für  Sakkära  {Wiedemann,  Herodots  2.  Buch  293. 

unsterblich   ausgaben.     Dort   wurde   demnach  Reiniscfi,  Miramar  i)8),  bei  Tüua  in  den  (yrüf- 

wohl  damals  (1.  Jahrh.  n.  Chr.)  ein   Exemplar  ten  der  Nekropole  von  Aschmunen-Hermopolis 

aU  unmittelbare  Verkörperung  der  Gottheit  in  {Pnssalacqtia,  Catalogue  20.  Äusführl.  Verzeichn. 

besonderer  Obhut  gehalten  ( Vriet/emawn  a.  a.  0.).  ^er/m' 316.  Aunah-s  du  scrv.  l.lA^i),  auch  bei 

Vielleicht  handelte  es  sich  aber  auch  nur  um  Hagg   Kandil,   Ijei   der  Schünet   ez-zebib   bei 

eine    Prahlerei    eines    der   Angestellten    einer  Abydos  (Maspero,   Guide   du  visiteur  Boulaq 

Pflegeanstalt    für    Ibisse,    einer    Ißioiv   Tpoqpr?'.  1883,  141;    Guide  to  the  Cairo  Mtiseum*  451. 
Über   diese  Anstalten,   die   in   einem   Erlasse  lo 'iVoor^s',  Carrc  2.  4.  1913),  bei  Drah  abul-Negga 

des  Ptolemaeus  Euergetes  II.   vom  Jahre  118  im  W.Yon  Theben  (Äusführl.  Verzeichn.  &.  ü..O.)^ 

V.  Chr.  zu  dem  verschiedenen  Zubehör  der  grö-  bei  Köm  Ombo.    Die  Mumien   sind  oft  kunst- 

fieren  Kultusstätten,  den  iXdaaoaiv  iegots,  ge-  voll  umwickelt,  so  daß  die  verschiedenfarbigen 

rechnet  werden,  geben  neuerdings  die  Ostraka-  Binden  außen  Muster  bilden.   Häufig  liegen  sie 

und  Papjrusfunde  Auskunft  {Preisigke  u.  Spie-  zu  mehreren  zusammengebündelt  in  grob  ge- 

gelberg,  Prinz- Joachim- Ostraka  [==  Schriften  d.  arbeiteten  Tonkrügen,   die  mit  einem  flachen 

W'»ss«wcÄa/*e/.Cres^ttscÄ.5^ray86.  Heft  10].  Straß-  Deckel   aus   gleicher  Masse   geschlossen   sind, 

bürg  1914,  24—25  u.  pass.).   Die  Pfleger  hießen  Mitunter  haben   die   Deckel   der  Ibismumien- 

ißtoßoaxoi.   Die  Ortsnamen  Ibiu   {Geogr.  Ant.)  behälter  die  Gestalt  eines  Falkenkopfes  ähn- 
und  Ibion  (Geogr.  Mav.  'Ißtcov  Oxyrhynch.  Pap.  20  lieh  der  einen  Art  von  Kanopen.    Gelegentlich 

9, 114),  die  mit  altägyptischem  Hebenu  (£ruy«c/»,  enthalten  die  Krüge  nur  allerlei  Überreste  von 

Dict.  geogr.  1191.  1252;    vgl.  Pauhi -Wissowa,  mehreren  Exemplaren,  wie  das  in  anderen  Tier- 

lUal-Encycl.  9,  807)  nichts  zu  tun  haben,  son-  mumienumhüllungen  auch  vorkommt,  oder  nur 

dem  von   dem  altägyptischen  Worte  für  Ibis  Eier,  auch  deren  nur  eins.   Nicht  selten  sind  sie 

(h'b;  koptisch  hiboi  und  hip)  abzuleiten  sind,  bloß  Attrappen.  Über  einen  Ibissarg  im  Berliner 

weisen   darauf  hin,  wie  weit  verbreitet  diese  Museum  nr.  6938  s.  Pietschmann,  Hermes  Tris- 

Ibisgehege  waren.    Der  ^bis'  begegnet  uns  als  megistos  9.  Turaev,  Beilage  X.  Üljereinstimmend 

Ägyptischer  Personenname  (z.  B.  gen.  IßoLxog:  mit  der  Beschreibung,  die  von  dem  heilig  ge- 

Spiegelberg,Äg.u.gri€ch. Eigennamen  51*,  nr.^l.  haltenen  Vogel  die  Alten  gaben,  ist  unter  die- 
^ißiog:  Parthey,  Äg.  Personennamen.   Phib  noch  30  sen  Mumien   nur   die    Spezies  Ibis   aethiopica 

als  Name  eines  koptischen  Mönchs :  Zoegra,(7a<aZ.  Lath. ,  zoobgisch  früher  /.  religiosa  benannt, 

367).   Auch  das  weist  auf  die  religiöse  Bewer-  vertreten.  Kopf  und  Hals  sind  unbefiedert;  das 

tung  des  Ibis  hin,  während   die  alexandrini-  Gefieder  des  Körpers  ist  weiß;   Flügelspitzen 

sehen  Griechen  4bis'  wegen  der  wenig  wähle-  und  Schwanz  sind  bläulich-schwarz.    Nach  An- 

rischen  Nahrungssuche,  die  sie  an  diesem  Vogel  gäbe  der  meisten  Ornithologen  kommt  in  Ägyp- 

aussetzten,    eher   als   einen   Verunglimpfungs-  ten  dieser  Vogel  gegenwärtig  so  gut  wie  gar 

namen,  etwa  wie  'Schmutzfink',  verwendet  zu  nicht  vor,  sondern  erst  viel  weiter  südlich  bei 

haben    scheinen.    Die  ganze  Gattung  stand  in  Chartum,  während  in  Strabos  Zeit  die  Straßen 

Herodots  (2,65;  vgl.  Diod.  1,83)  Zeit  so  sehr  Alexandriens   von  ihm  wimmelten.    Selbst  im 
unter  dem  Schutze  des  Aberglaubens,  daß,  wer  40  Sommer  soll  er  selten  nördlich  bis  22°  nördl.  Br. 

auch  nur  unabsichtlich  einen  Ibis  tötete,  sein  gehen.  Doch  hat  ihn  noch  Savigny  am  Menzale- 

Leben  verwirkt  hatte.  Gestorbene  Ibisse  brachte  see,  also  unter  32*^  nördl.  Br.  erlegt.   Literatur: 

man,  berichtet  er  (2,  67),  zur  Bestattung  nach  /.  Bruce j  Travels  to  discover  the  source  of  the 

Hermopolis.    In  einer  Urkunde  finden  wir  (139  Nile^  7   [Edinburgh  1805],  270  —  275;    Reisen 

v.Chr.)  einen  y^fvO-corrjg ('Thotessohn')  als  einen  deutsch  v.  J.  J.  Volkmann  [Leipzig  1791],  175 — 

x&v  ix  Ilccd^vgscog  lßLox<x(f(ov  (Pap.  Grenfell  2,  181 ;  dazu  Blumenbach  ebd.  291  u.  Taf.  35.  Allg. 

15.  2,7).  Mit  einem  der  drei  Hermaia,  die  ein  Literat- Zeitung,  Halle  u.  Leipzig  1805,  3  Titel- 

Tebtynis-Papyi-us  (1, 88)  um  115  v.  Chr.  aufführt,  kupfer.  Description  de  VEg.,  oiseaux,  Taf.  7, 1 ; 

war  ein  IßtoracpfTov  verbunden.    Die  Ibisse  und  vgl.  Maspero,  Eist.  anc.  des  peuples  de  Vorient 
Falken  der  Heiligtümer  von  Ombos  (Preisigke  50  class.  1,  35.    /.  C.  Savigny,  Hist.  nat.  et  mythol. 

u.  Spiegelberg  a.  a.  0.  24.  28—37)  wurden  nach  de  Vibis  [Paris  1805],    Brehms  Tierleben*  Vögel 

ihrem  Tode  offenbar  zusammen  mit  in  Freiheit  1,191 — 194.  B.  Hartmann,  Naturgesch.-medizin. 

gestorbenen,  di^hin  abgelieferten  Tieren  beider  Skizze  der  Nilländer  198.    Proceedings  Zoolog. 

Gattungen  von  den  Angestellten  zur  Bestattung  Soc.  London  1877,  485 — 487.   Wiedemann  a.  a. 

hergerichtet  und  vnirden  von  Zeit  zu  Zeit  zu  0.  320  f.;  Ders.,  Der  Tierkult  der  alten  Ägypter 

Hunderten,  ja  zu  Tausenden  an  Zahl  von  selten  [=  Der  alte  Orient  14,  Heft  1  (Leipzig  1912)]. 

der  dazu  bestehenden  Thiasitenvereinigung  un-  G.  E.  Shelley,  Handb.  of  the  birds  of  Egypt 

ter  Anwesenheit  der  höchsten  Bezirksbehörden  261  f.    v.  Heuglin,   System.   Übersicht   über   die 

beigesetzt.  Einzelheiten  aus  dem  Betriebe  einer  Vögel  Nordostafrikas    [=  Sitzungsber.  d.  k.  k. 

ähnlichen  Werkstatt  in  Memphis  würde  nach  60  Ak.  d.  Wiss.  Wien,  math.-naturw.  Kl.  1856]  61. 

Bevillouts  Angaben  (Rev.  egyptol.  2,  76  f.)  ein  Comptes  rendus  de  l'Acad.  des  sciences  133,  854 

demotischer  Papyrus  in  der  Nationalbibliothek  — 857.    Annales  du  Service  des  ant.  3,  19—21. 

in  Paris  bieten.    Man  hat  in  Ägypten  ganze  Archives  du  Museed'hist.  nai.de  Lyon  1^0S,S— 10 

Friedhöfe  entdeckt,  auf  denen  Ibisse  stellen-  [LjonldOdj.Lortet-Daressy,  La  faunemomißSe 

weise  neben  Falken  oder  Katzen  oder  Pavianen  de  Vantique  Eg.  im  Catalogue  gener.  des  antiquites 

bestattet  worden  sind.   Einzelne  Ibisse  in  Kap-  du  Musee  du  Caire  [25],  59  — 61. 109  —  114.  148— 

sein  aus  einer  Art  Zement  hat  man  bei  Bakllje  152.  Taf.  28.  45 f.  67  f.  B.A.L.d;  V.G.L.  Van  So- 

(vgL  oben   B.  1.  c)    gefunden  (Naville,   AJinas  meren,  Studiesofbirdli fein  Uganda  {Lond.  1911). 


841                         Thoth  Thoth                         842 

Eine   zweite  Art  Ibis   iila  Vogel    Ägyptens  Schatten  seines  Strauches  (?)';  und  noch  in  der 

wird  von  Jlcrodot  (2,  76j  erwähnt.    Kr  sei  'ge-  Ptolemilerzeit  führt  die  ihm  geweihte  heilige 

waltig   schwarz   über   und    über'  und  schützte  Barke    des    15.    unterägyptischen    Gaues    den 

Ägypten   vor  den   geflügelten   Schlangen,    die  Namen  'Thoth   der  in   seinem  Strauche  (?)   in 

im  Frühjahre  von  Arabien  her  in  Scharen  ein-  der  Thothstadt  das  gesamte  Land  aufteilend' 

zufallen  versuchten.    Nach  Savigny  (a.  a.  0.  43)  {Brugscit,  Dict.  g<'ogr.  1362.  Turaev  129).    Wie 

würde  Liunes  T(uUnltis  faicinellus  {Faleinellus  andere  Götter,    z.  IJ.  Ptah   und   Osiris,    erhielt 

igneus   Gray;   vgl.  Procecd.  Zool.  Hoc.  a.a.O.  auch  Thoth  als  Beinamen  C/try-Wt-/"  Mer  unter 

503 — 505;   Ehreuhcig,    Über  den    Cg nocejyhalus  seinem    Ölbaume'    {Mariette,    Abydos    l,3öc. 

356 f.  Plegadis  faicinellus)    gemeint   sein,    der  lo  Sphinx  5,2).    In  einer  der  Anrufungen  aus  den 

auch  neuerdings  in  einzelnen  Exemplaren  ein-  Gelehrtenschulen  wird  Thoth  gefeiert: ''0  großer 

balsamiert  nachgewiesen  ist  {Ärmales  du  serv.  Palmljaum  (mvi)  von  CO  Ellen,  an  dem  Nüsse 

des  mit.  3,  18.  21).  sind,  und  zwar  Kerne  in  den  Nüssen  und  Flüs- 

b)  Tech-Vogel.  Außer  dem  weißen  Ibis  sigkeit  in  den  Kernen'  (i  Sallier  8.  Goodwin 
ist  schon  vor  der  Zeit  des  Neuen  Reiches  ein  in  Chahas'  Mel.  2,  240).  Lefebure  (Sphinx  5, 15) 
anderer  Vogel,  der  Tech  oder  Technj  (th,  thnj),  meint,  Thoth  sei  hier  mit  dem  ihm  gewidme- 
als  Tier  des  Thoth  betrachtet  worden  {Pierret,  ten  Baume  identifiziert,  dem  Palmbaume,  auf 
Essai  s.  la  mythologie  eg.  2ü.  Brugsch,  Bei.  u.  dem  nach  Aelian  {nat.  anim.  10,29)  der  Ibis 
Myth.  440.  465.  Turaev  85).  In  ptolemäischer  niste.  Als  geweihte  Bäume  'im  i)fs<- Hause' 
Zeit  tritt  das  Wort  Tech,  Techen  {th,  ihn)  oft  20  des  15.  unterägyptischen  Gaues  werden  in  den 
als  Name  oder  Beiname  des  Gottes  auf;  so  Listen  von  Edfu  {Brugsch,  Dict.  gcogr.  1370) 
heißt  er  'der  hehre  Tech  von  Tentyra'  {Dil-  nur  Arten  aufgeführt,  die  auch  anderen  Gott- 
michen,  Bauurkunde  von  Dendera  2%.  Pietsch-  heiten,  nicht  bloß  Thoth,  zugeteilt  waren. 
mann,  Herrn.  2'risni.2).  Zu  vergleich'rtn  ist  viel-  7.  Verbotenes,  Das  religiöse  Verbot,  das 
leicht  der  Vogelname  ^///«^  e^m,  den  die' koptisch-  im  15  oberägyptischen  Gaue  bestand,  wurde 
arabischen  Wörterbücher  (Pe2/?*on,  Iv^p7.  45.  257.  schon  oben  (13.4)  erwähnt.  Beim  15.  unter- 
Annales  du  serv.  des  ant.  1,  62)  mit  Jcurkij,  dem  ägyptischen  heißt  es  (jB7'i«^sc/i,  D/c^.  ^eo^rr.  1372): 
arabischen  Worte  für  Kranich,  Gr^s  cinerea  'Sein  Abscheu  ist  der  Na'rfisch,  der  ist  verhaßt 
{Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  3,  48.  6,  55)  erkläijen.  in  seiner  (des   Gaues)  Stadt';   derselbe  Fisch, 

c)  Pavian.  Während  der  Ibis,  s.icher  wohl  so  der  im  Märchen  von  den  zwei  Brüdern  den 
wenigstens  der  Aveiße,  mit  keiner  anderen  Gott-  ins  Wasser  geworfenen  Phallus  verschluckt  und 
heit  zusammengebracht  wurde  als  mit  Thoth,  offenbar  in  dem  alten  Mythos,  der  dem  Mär- 
teilt sich  Thoth  mit  anderen  Gottheiten  (vgl.  chen  zugrunde  liegt,  sich  ähnlich  an  einem 
oben  unter  B.  1.  b)  in  den  Hundskopfaffen,  den  Gotte  versündigte  wie  nach  Plutarch  {Is.  u.  Os. 
Kynokephalos  {Plutarch  Is.  u.  Os.  73).  Nach  18)  der  Lepidotos,  Phagros  und  Oxyrhynchos  an 
Strabo  (17,40)  verehren  diesen  Affen  die  Her-  Osiris.  Als  Pianchi  Ägypten  eroberte,  durfte 
mopoliten.  Es  ist  der  Pavian,  Cynocephalus  ha-  von  den  Dynasten  des  Landes,  die  ihm  hul- 
niadryas  Desm.,  bei  dem  Zoologen  sogar  eine  digten,  nur  einer,  und  zwar  der  von  Hermopolis 
besondere  Varietät  C.  Thoth  Ogilby  haben  un-  magna,  den  Palast  der  bigotten  Äthiopen  be- 
terscheiden wollen.  Der  Kynokephalos  w^ürde  40  treten,  'denn  er  war  rein  und  aß  keine  Fische' 
nach  Ehrenberg  (339)  auch  von  luvenal  (15,  4)  {Pianchi- Inschr.  152).  Vgl.  auch  Horapollo  1, 14. 
gemeint  sein,  der  nur  der  Quantität  wegen  in  [Pietschmann.J 
dem  Verse  Effigies  sacri   nitet  aurea  cercopi- 

theci  dafür  den  Cercopithecus  eingesetzt  habe.  ^'  Kosmische  Beziehungen.  *) 
Mumifizierte  Affen  oder  Überreste  von  ihnen  1.  Verhältnis  zur  Sonne,  a)  Ein- 
sind an  verschiedenen  Orten  beigesetzt  gefun-  setzung  des  T.  Das  uralte  'Buch  von  der 
den  worden,  so  unmittelbar  neben  Ibismumien  Himmelskuh',  auch  als  'Vernichtung  des  Men- 
bestattet,  bei  Tüna  (s.  oben  unter  2.  !)_,  also  in  schengeschlechtes'  (Destruction  des  hommes) 
deutlichem  Zusammenhange  mit  der  Anbetung  bekannt  (Übersetzung  bei  Boeder,  Urk.  zur  Bei. 
des  Thoth  von  Hermopolis  magna,  ferner  in  50  des  alten  Äg.  1915,  142  mit  Literatur),  erzählt 
sehr  erheblicher  Anzahl  in  dem  'Atfenfriedhofe',  in  dem  Mythus  von  den  Schicksalen  des  Sonnen- 
Gabbänet  el-kirüd,  bei  Theben.  gottes,  daß  dieser  sich  nach  der  Empörung  der 
Literatur :  Ehrenberg,  Über  den  Cynocephalus  Menschen  grollend  auf  den  Rücken  der  den 
der  Ägyptier  nebst  einigen  Betrachtungen  über  Himmel  bildenden  Kuh  zurückzog.  Er  sagte 
die  ägypt.  Mythe  des  Thot  und  Sphinx  [=  Ab-  zu  Thoth  angesichts  der  übrigen  Götter:  'Setzt 
handlungen  d.  Ak.  der  Wiss.  Berlin,  phys.  Kl.  (ihn)  hierher  in  den  Himmel  an  meine  Stelle, 
1833],  337 — 367.  Bob.  Hartmann  in  der  Zeit-  denn  ich  werde  meinen  Glanz  leuchten  lassen 
sehr.  f.  äg.  Spr.  2,  9.  Ders.,  Natur gesch.-mediz.  in  der  Unterwelt;  du  sollst  dort  Schreiber  sein 
Skizze  der  Nilländer  185.    Gaillard  et  Daressy, 

Faune   momifiee  de   Fant.  Eg.  im   Catalogue  ge-  6O  *)    Die    folgenden   Abschnitte    sind   nur   eine    kurze 

neral  des  antiquites  eg.  du  Musee  du  Caire  [25],  Darstellung,  deren  Knappheit  dadurch  veranlaßt  ist,  daß 

85 — 91.  124  —  126.  Taf.  50 — 52.    MasperO,  Guide  Herr  Geheimrat  Pietschmann  verhindert   war,   den  2.  Teil 

du  visiteur  au  Musee  du  Caire  1902,371.    Ders.  äea  Artikels  Thoth  selbst  zu  schreiben;  er  stellte  mir  seine 

U.   Quibell,    Guide    tO    the    CairO    Museum^  483.  handschriftliche   Übersetzung    des    Buches    Boris   Turaev, 

Annales   du  Service   des  antiquites   1,  75.  f.'i^^'  ^^T'^'  l^^-  ^6;  Petersburg  1898)  und  seine  samt- 

,,     TT     •!•          TD"                 o   i:         -1         "M.     L  liehen   umfangreichen  Zettelsammlungen   zur  freien  Ver- 

b.  Heilige  Baume.  Schon  m  den  ältesten  ^^^^^^.  ^^^,  «.^^^^  ^^.^^^  ^^^,^^.^,  ^„^^t  ^^.^^  ^u- 

iexten   {Pyr.  1377.     MasperO,    InSCriptlOnS    des  sammenfassung,   die  er  als  der   beste  Kenner  hoffentlich 

2)yr.  325)   wird   Thoth    herbeigerufen    'aus    dem  bald  durch  eine  erschöpfende  Untersuchung  ersetzen  wird. 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V.  28 


843  Thoth  Thoth  844 

und  sollst  die  dort  Wohnenden  beaufsichtigen!  sitzenden  Sonnengott   stehen;   hier   ist  er  als 

Du   sollst  an    meiner  der  dem  Weltenherrscher  Bericht  erstattende 

Stelle  sein,   du  Stellvertreter;  man   soll   dich  Wesir  gedacht  (vgl.  D.  4.  a). 
'Thoth,  Stellvertreter  des  Re*  nennen.  Ich  werde  Eine  Bilderreihe  im  Tempel  von  Edfu  {Cham- 

dich  aber  (Boten)  aussenden  (h'b)  lassen,   die  pollion,  Monum.  123—130;   Not  descr.  1,89; 

größer  als  du  sind  —  so  entstand   der  Ibis-  Lamone,  Dizion.  mitol.  egiz.  181 — 186)  stellt 

vo^el  fh'b)   des  Thoth.    Ich  werde   dich   aber  16  SonnenschiflFe  dar,  die  zu  16  Stunden  aus 

deine  fiand  erheben  lassen  gegen  die  ürgötter,  dem  täglichen  Lauf  der  Sonne  gehören.  In  fast 

die  mächtiger  sind  als  du,  und  es  wird  mir  allen  Tagesstunden  steht  Thoth  zwischen  der 

gut  gehen,  wenn  du (hn)  —  so  entstand  lo  Bemannung  des  Schiffes,  und  zwar  meist  in  der 

der  Technivogel  (thnj)  des  Thoth.  Ich  werde  Nahe  des  Re.  Einige  Schiffe,  die  ansclieinend 
dich  aber  die  beiden  Himmel  mit  deiner  Herr-  die  Zeit  des  Sonnenuntergangs  darstellen,  ent- 
lichkeit  und  mit  deinem  Licht  umgeben  (jnli)  halten  die  untergehende  Sonnenscheibo  und 
lassen  —  so  entstand  der  Mond  (j'h)  des  Thoth.  die  Mondscheibe,  und  in  beiden  Fällen  auch  T. 
Ich  werde  dich  aber  die  Hanebu  (h*-nbw,  In-  In  den  Bildern,  die  dem  nächtlichen  unter- 
sein des  Mittelmeeres)  umkreisen  lassen  —  so  irdischen  Lauf  der  Sonne  angehören,  fehlt  T., 
entstand  der  Pavian  ('n'n)  des  Thoth.  Du  sollst  weil  er  zu  dieser  Zeit  ja  als  'Stellvertreter  des 

[hier  ist  ein  Satz  mit  einem  Verbum  t'  Re'  in  Gestalt  des  Mondes  über  der  Erde  fest- 

o.  ä.  ausgefallen] ....  —  so  wurde  er  zum  Wesir  gehalten  ist. 

(t*tj).    Du  sollst  aber  mein  Vertreter  sein.  Das  20        d)  Als  Helfer  des  Sonnengottes.   Eine 

Antlitz  aller,  die  dich  schauen,  soll  durch  dich  Reihe  von  Bildern  und  Texten  im  Tempel  von 

geöffnet  werden  (d.  h.  die  Menschen  sollen  bei  Edfu  schildert  Kämpfe  zwischen  dem  könig- 

Nacht  durch  dich  sehen  können),  und  alle  Men-  liehen    Sonnengott   mit    seinem    heldenhaften 

sehen   sollen  für  dich  Gott  anbeten  (d.  h.  dir  Kämpfer  Horus  von  Edfu  und  dessen  Helfern 

danken)!'  auf  der  einen  Seite  und  dem  bösen  Set  und 

Die   in   der  Bestimmung  des  Re  umrissene  seinen   Genossen,   Krokodilen   und  Nilpferden 

Persönlichkeit   des  Thoth  zeigt  schon  die  in  Ruf  der  anderen  Seite  (übersetzt  mit  Literatur 

der  späteren  Zeit  ausgebildete  Vielseitigkeit:  hei  Boeder,  Urk.  Bei.  Äg.  191b,  120).  T.  beteiligt 

er  ist  zunächst  der  Mondgott,  dem  Ibis  und  sich  gelegentlich  an  dem  Kampfe  auf  der  Seite 

Pavian  geweiht  sind,  dann  der  Schreiber,  d.  h.  30  der  Sonne,  und  die  Beischrift  in  einem  Bilde, 

Beamte,  und  der  oberste  von  ihnen,  der  im  auf  dem   er  vier  Genossen    des  Set   gefesselt 

Namen  des  königlichen  Sonnengottes  regierende  hält,  nennt  ihn:  '^T.,  der  zweimal  große,  Herr 

Wesir  (vgl.  unten  D.  4.  a).  von  Schmun,  der  die  Feinde  samt  ihren  Wun- 

b)  Beiwort  'Stellvertreter  des  Re'.  den  berechnet'.  Die  wesentliche  Tätigkeit  des 
Diese  Bezeichnung,  die  wir  eben  Re  dem  T.  T.  besteht  jedoch  im  Verleihen  der  Namen 
hatten  geben  sehen,   ist  zu  einem  ständigen  (vgL  unten  D.  2.  b). 

Beiwort  des  T.  geworden,  das   er  in  Texten  In   mehreren  Museen   finden   sich   Statuen 

aller  Art  und  verschiedener  Zeit  erhält,   z.  B.  von   aufgerichteten   Pavianen    mit    erhobenen 

auf  Särgen  (Berlin  33)  und  Denksteinen :  Louvre  Händen,  also  in  der  Haltung  eines  betenden 

C  64.  Gelegentlich  heißt  T.  auch  'Sohn  des  Re'  40  Menschen,  z.  B.  Berlin  9941,  «942  (ed.  Turaev, 

(Lepsius,  I)enkm.  3,  281  c).    Der  zuweilen  vor-  Tot,  Anhang  XII  mit  einem  Opfergehet  an  Thoth 

kommende  männliche  Personenname  Thoth-Re  von  Schmun),  Kairo  548  (Maspero- Boeder,  Füh- 

spricht  für  eine  enge  Verbindung  der  beiden  rer  1912,  64  mit  Tafel  34).   Aus  Reliefs  wissen 

Gottheiten.  wir,  daß  diese  Paviane  die  Sonne  anbeten;  sie 

c)  T,  im  Sonnenschiff.  Der  Vorstelluugs-  folgen  dabei  dem  Gotte,  dem  sie  zugehören, 
kreis,  der  den  Sonnengott  in  einem  Schiff  über  dem  T.  Ein  Naos  in  Kairo  536  {ebd.  S.  52)  aus 
den  Himmelsozean  faliren  läßt,  bringt  auch  dem  Tempel  von  Abu  Simbel,  in  dessen  Kultus 
stets  T.  in  dieser  Barke  unter;  im  einzelnen  die  Sonne  eine  hervorragende  Rolle  gespielt 
allerdings  in  verschiedener  Weise  Ein  in  das  hat,  enthält  die  Statue  eines  Pavians  mit  Mond 
Totenbuch  eingegliederter  Sonnenhymnus  sagt  so  und  eines  Skarabäus  mit  Sonne  auf  dem  Kopfe: 
bei  der  Beschreibung  des  Sonnenschiffs:  'Thoth  daneben  beten  zwei  nach  Osten  gewendete  Pa- 
und  Maat  stehen  in  ihm'  [Ani  1, 17  ed.  Budge).  viane  die  aufgehende  und  zwei  nach  Westen 
Ein  anderer:  'T.  bleibt  vorn  in  deinem  Schiff,  gewendete  die  untergehende  Sonne  an.  Aus 
um  alle  deine  Feinde  zu  vernichten'  {Tbch.  15,  allen  diesen  Stücken  ist  die  enge  Verbindung 
5  ed.  Lepsius).  Eine  aus  dem  Neuen  Reich  des  T.  mit  der  Sonne  und  die  Mitwirkung  der 
stammende  Gebrauchsanweisung  für  den  Spruch  heiligen  Paviane  klar;  übrigens  scheinen  die 
des  Totenbuchs  'Buch  der  Verherrlichung  des  Paviane  stets  nur  der  Tagessonne  zu  dienen, 
Verklärten  und  des  Einsteigens  in  die  Barke  während  Schakale  die  Aufgabe  haben,  die  Sonne 
des  Re  mit  seinem  Gefolge'  sichert  dem  Zau-  auf  ihrem  nächtlichen  Wege  durch  die  ünter- 
berer  bei  richtiger  Verwendung  des  Textes  zu:  60  weit  zu  ziehen. 

'Er  soll  in  die  Barke  des  Re  steigen  an  jedem  Gelegentlich  ist  T.  freilich  in  Verwirrung 

einzelnen  Tage.  Thoth  soll  ihn  zählen  (als  Fahr-  des"  eigentlichen  Sachverhaltes  auch  auf  dem 

gast),  wenn  er  hinausgeht  und  hereinsteigt  in  Schiff  der  Nachtsonne  abgebildet,  und   er  ist 

richtiger  Weise  in  die  Barke  des  Re  (als)  ein  dem  Sonnengotte  auch  sonst  in  der  Unterwelt 

herrlicher  Verklärter'   (Tbch.  100   Nachschrift  behilflich.    Z.  B.  führt  T.  den  Verstorbenen  in 

ed.  Naville\   ebenso:   'Thoth   soll  ihn  zählen'  das  Totengericht  und  zu   allerhand  Dämonen 

<ddi.  Lepsius).  In  Bildern  sieht  man  T.  als  Schrei-  ein,   und    dann   auch  vor  den  Thron  des   Re 

her  vor  dem  in  seinem  Schiffe  auf  einem  Thron  (Sarg  in  Leiden  ed.  Leemans,  Monum.  24—27; 


845 


Thotli 


Thoth 


846 


Sarg  in  Peter8bui<r  Ermitage  775   ed.  Goleni- 
scheft',  luv.  lOH). 

e)  Bei  der  Nachtsonne.  Die  Darstel- 
lungen der  nächtlichen  Fahrt  der  Sonne  durch 
die  Unterwelt  im  Grabe  des  Königs  Seti  I.  (ed. 
Lefebure  in  Mem.  Mission  Frau <^.  Caire'2,  1886) 
lassen  oftmals  im  Vorrücken  der  Stunden  aucii 
den  T.  und  seine  Tiere  Ibis  und  Pavian  auf- 
treten, bald  im  Sonnenschiife,  bald  am  Ufer 
neben  ihm.  Einmal  (1,  ;iO,  31)  heißt  er  'Thoth 
auf  seiner  Treppe'.  An  anderer  Stelle  (1,  24) 
wird  diese  Treppe  dargestellt,  auf  der  ein  Gott 
•Emporheber'  dem  höchsten  Gott  sein  linkes 
Auge,  d.  h.  den  Mond,  darbrachte.  In  der  6.  Stunde 
der  Fahrt  stehen  die  Tiere  des  T.  vorn  im 
.Sonnenschiff  mit  der  Beischrift  'Thoth,  der 
Vorderste,  der  Herr  der  Unterwelt'  (4,  39). 

T.  ist  dem  Sonnengott  in  der  Unterwelt 
wertvoll  wegen  seiner  Kenntnis  der  Zauber- 
formeln. Saß  das  SchiflF  auf  einer  Sandbank 
fest  oder  bedrohten  die  Dämonen  aus  dem  Ge- 
folge des  Set,  des  Herrn  der  Finsternis,  den 
Sonnengott,  so  half  T.  durch  seine  Beschwö- 
rungen; seine  Formeln  wirkten  noch,  wo  alle 
anderen  Kräfte  versagten.  Deshalb  sagt  ein 
Sonnenhymnus,  der  den  Weg  der  Sonne  in  der 
Unterwelt  schildert:  'Der  Zauber  des  Re  ist 
hinter  dir,  die  BeschwöruDgen  des  T.  sind  hin- 
ter dir'  (Florenz  1603  nach  Schiaparelli,  Catal 
337).  So  kommt  T.  zu  dem  Beiwort  'Führer 
der  Götter  in  der  Unterwelt'  {Pap.  Luynes  in 
Ttec.  trav.  ('gypt.  assyr.  1,90);  ähnlich  im  Lied 
des  Haremheb:  'Führer  der  Duat,  der  die  Be- 
fehle im  Westen  im  Gefolge  des  Re  ausführt' 
{Meyer  in  Z.  ägypt.  Spr.  15,  1887,  149). 

2.  Mond,  a)  Gestirn.  Durch  den  Befehl 
des  Götterkönigs  im  'Buch  von  der  Himmels- 
kuh' (vgl.  oben  l.a)  war  T.  auch  als  Mond 
eingesetzt,  und  zwar  für  die  Nacht,  wenn  der 
Sonnengott  sich  in  der  Unterwelt  befand.  Die 
ägyptische  Bezeichnung  des  Gestirnes  ist  j'h, 
und  dieses  Wort  j'h  'Mond'  kommt  häufig  als 
Beiwort  des  Gottes  T.  vor  (z.  B.  Turin  Pap. 
XXIV  1  C),  ebenso  das  Beiwort  'Mond,  der  am 
Himmel'  ist  (Berlin  2293).  Auch  die  Beiworte 
'Stier  unter  den  Gestirnen  (?  oder:  unter  den 
Göttern?)'  (Berlin  2293)  und  'Stier  des  Him- 
mels' {Brugsch,  Thes.  1,37.  27)  weisen  wohl 
ebenfalls  auf  T.  als  Mond  hin.  Ein  ausführ- 
licher Anruf  an  diese  Gestalt  des  Gottes  steckt 
in  dem  großen  Hymnus  Ramses'  IV.  an  T. :  'Du 
bist  der  Mond  am  Himmel,  verjüngst  dich 
nach  Wunsch,  alterst  nach  deinem  Belieben 
und  gehst  hervor,  um  die  Finsternis  zu  ver- 
treiben', womit  oifenbar  auf  die  Zu-  und  Ab- 
nahme des  Gestirnes  hingedeutet  ist. 

Die  innige  Verbindung  des  T.  mit  dem 
Monde  ist  in  den  Pyramidentexten  des  Alten 
Reichs  überall  schon  vorausgesetzt  und  geht 
so  weit,  daß  auch  anderen  mythologischen  Be- 
ziehungen des  T.  die  Idee  der  Mondgottheit 
zugrunde  gelegt  wird,  zweifellos  oft  in  nach- 
träglicher Entstellung  der  ursprünglichen  My- 
then. In  vielen  Fällen  bildet  T.  das  Gegenstück 
zum  Sonnengott,  z.  B.  in  Spruch  128  {Pyrami- 
dentexte ed.  Sethe):  'Der  Tote  umflutet  den  Him- 
mel wie  Re,  er  umwandelt  den  Himmel  wie 
Thoth'.   Auch  sonst  wird  T.  mit  Gottheiten  des 


Lichtes  und  des  Himmels  zusammengestellt,  an 
welchem  er  eine  hervorragende  Rolle  spielt. 
In  Spruch  709  ist  er  in  Beziehung  zur  Barke 
des  Re  getreten,  in  der  wir  ihn  schon  früher 
(oben  1.  c)  gefunden  haben. 

Plutarch  dein.  12  weiß  nur  noch  eine  äußere 
Beziehung  des  T.  zum  Mond:  Hermes  soll  mit 
Selene  Brett  gespielt  und  ihr  ein  Siebzigstel 
Jedes  Tages  abgewonnen  haben,  worin  wohl  ein 

10  Hinweis  auf  die  Bildung  der  Schalttage  steckt. 
Die  Vorstellung  von  T.  als  Gott  des  Mondes, 
der  auf  der  Erde  die  dunkle  Nacht  erhellt,  hat 
die  Rolle  des  T.  als  Begleiter  des  Sonnengottes 
in  der  finsteren  Unterwelt  veranlaßt  (vgl.  oben 
C.  1.  e).  So  haben  wir  es  zu  verstehen,  wenn 
T.  als  Begleiter  der  Toten  im  dunklen  Reich 
der  Unterwelt  auftritt,  ohne  daß  seiner  Eigen- 
schaft als  Mondgott  dabei  gedacht  wird. 

b)    Zusammenstellung    mit    anderen 

20  Mondgöttern.  Der  aus  dem  j'h  'Mond'  ge- 
bildete Mondgott  Ja'  h  {Lanzone,  Diz.  mitöl.  egiz. 
84  ff.)  hat  sich  im  Neuen  Reich  völlig  mit  T. 
verbunden,  und  Anrufungen  an  Ja' h-Thoth  sind 
häufig  {Tur.  79  mit  Anhang  nr.  7,  dazu  Maspero 
in  Bec.  trav.  4  [1883],  143,  XIV  und  Erman  in 
Sitzungsher.  Äkad.  Wiss.  Berlin  1911,  1102). 

Der  in  Theben  heimische  Sohn  des  Amon 
und  der  Mut  namens  Chons  ist  u.  a.  auch  Mond- 
gott und  als  Heilgott  ein  Helfer  der  Menschen, 

30  so  daß  er  Beiworte  wie  Nofer-hotep  'Schön  an 
Güte'  und  'Ratgeber'  und  'Gnädiger'  erhielt. 
Er  steht  in  dieser  Hinsicht  also  dem  T.  nahe. 
Beide  Götter  werden  im  Neuen  Reich  (Berlin 
6910  G  3)  und  später  gern  vereinigt  genannt, 
z.  B.  im  ptolemäischen  Thoth-Tempel  zu  Theben 

«  trägt  Chons  die  Benennung:  'Chons,  Herr  der 
Freude,  Thoth  in  Schmun,  der  Mond,  der  am 
Himmel  strahlt'  {ChampoUion,  Monum.  600).  In 
einem  Ptolemäerrelief  in  Karnak  sind  die  bei- 

40  den  Götter  verbunden  zu  dem  ibisköpfigen: 
'Chons -Thoth,  zweimal  Großer,  Herr  von 
Schmun',  dem  die  Nehem-awit,  die  Gattin  des 
Thoth,  zugewiesen  ist  {Lepsius,  DenJcm.  4, 14  b). 
T.  hat  mit  Schow,  dem  Sohne  des  Re,  nur 
in  einigen  nebensächlichen  Punkten  Berührun- 
gen, und  die  Zusammenstellung  der  beiden 
Götter  wird  erst  dadurch  verständlich,  daß 
Chons  und  Schow  länger  und  inniger  mitein- 
ander verbunden  gewesen  sind.   T.  und  Schow 

50  werden  schon  im  Neuen  Reich  zusammenge- 
bracht {Lanzone,  Diz.  tav.  37, 1  mit  Bec.  trav.  2, 
168,  IV),  öfter  in  der  Spätzeit  (z.  B.  Sarg  des 
Achnes-ran-nefer-senb  ed.  Budge  188.  262),  und 
stark  ausgeprägt  im  Kalender  des  Tempels  von 
Esne  {Brugsch,  Materiaux  C.  XII,  II),  ^Y0  Schow 
Tätigkeiten  des  T.  übernimmt.  Auch  im  Tempel 
von  Dakke  in  Nubien  (vgl.  unten  F.  3.  c);  dort 
auch  sonst  in  Verbindung  mit  dem  Mythus  von 
Hathor  in  Nubien  (vgl.  unten  E.  8). 

60  Bei  dem  Bestreben,  die  Götter  in  Beziehung 
zu  den  Naturkräften  zu  bringen,  ist  Osiris, 
dessen  finsteres  Reich  die  unterirdische  Welt 
der  Toten  war,  zum  Mondgott  geworden.  In 
der  älteren  Zeit  hat  man  davon  noch  nichts 
gewußt,  aber  der  späteren  ist  sie  geläufig,  vgl. 
Plutarch,  De  Is.  41.  Osiris  als  Mondgott  Ja'h 
spielt  zusammen  mit  T.  eine  Rolle  im  'Gebiet 
des  Mondes'  auf  der  Nordseite  des  späten  Tem- 

28* 


847  Thoth  Thoth  848 

pels  von  Dendera.   Von  dem  Moudgott  'Osiris  Einzelheit  knüpfen  zahlreiche  Stellen  in  den 

— Ja'h—Thoth'  besitzen  viele  Museen  Bronze-  religiösen  Texten  und  Bildern  an,  in  denen  das 

figuren,  die  ihn  als  Mumie  oder  als  Jungen  Horusauge  ein  beliebtes  Thema  ist.  Die  Vignette 

mit  dem  Kinderzopf  oder  als  Mann  darstellen,  zu  Totenbuch  ed.  Lepsius  149  Abschnitt  5  zeigt 

meist  mit  dem  Monde  auf  dem  Kopfe.  einen  ibisköptigen   Mann  mit  dem  Horusaui 

Ein  dem  T.  nahestehender  Mondgott  in  rein  rüzat-Auge')   in    der  Hand   (ähnlich  Bild 

menschlicher    Gestalt    namen.««    Schepsi    (sp^j  Kap.  17);  Figuren  eines  Pavians  mit  dem  Aujj» 

'Herrlicher,  Ehrwürdiger")  wird  von  Ramses  H.  sind  häufig.    T.  wird  'ßringer  des  Auges'  ge- 

im  Tempel  von  Wadie8-Sebu'a(Xcp5ius,i)«>iA:m.  nannt  {Bergmann,  Hierogl.  Iiischr.  52,  l)b). 
S,  182)  dargestellt  und  ist  auch  sonst  bekannt,  lo        Ferner  ist  T.  als  Arzt  vorgestellt,  der  die 

3.   Kampf  zwischen    Horus    und   Set.  Wunden   im  Kampfe  zwischen  Horus  und  Set 

a)  Thoth   als  Schiedsrichter  oder  Hei-  heilt  {Totenbuch  ed.  Naoüle  17,30).    T.  heilt 

fer.    Nach  einer  schon  in  den  Pyramidentexten  die  Verletzung  des  Horus  durch  Bespeien, 
vorhandenen  Vorstellungsgruppe  gehört  T.  in  Diese  Vorstellungen  werden  dadurch  kosmisch 

den  Kreis  der  Götter  um  Osiris,   und   er  ist  umgedeutet,  daß  man  im  Horusauge  den  Mond 

einer  der  großen  Götter  Ägyptens,  wenn   er  sieht.  Nun  heißt  T.  'Füller  des  Auges'  {Pierret, 

auch  nicht  in  die  Große  Neunheit  von  Helio-  J^tiides  1,59;   Pap.  Louvre  311).    Zahllos  sind 

polis   aufgenommen   ist.    Nach   W  240   ist  T.  in  späten  Texten  die  Anspielungen  darauf,  daß 

neben  Horus  und  Set  ein  Kind  der  Nut,   und  T.  den  Mond,  das  eine  Auge  des  Ke,   wieder 
zu  den  'Kindern  der  Nut'  gehört  er  auch  im  20  auffüllt,  nachdem  es  klein  geworden  war.    Die 

Totenbuch  Kap.  1;    T.  heißt  'Bruder   des   Set  Verbindung  des  Mondes  mit  dem  Horusauge, 

und  Osiris'   W.  236.  allerdings  ohne  Hinzufügung  des  T. ,  ist  Plu- 

In  den  Kampf  zwischen  Horus  und  Set,  eines  tarch,  De  Is.  65  bekannt. 
der  hervorragendsten  Ereignisse  im  Osiriskreise,  Eine  zweite  kosmische  Umdeutung  knüpft 
hat  T.  eingegriffen,  wie  wir  aus  den  Pyrami-  an  die  Sonnenfinsternis  an,  mit  der  die  Ver- 
dentexten  und  dem  Totenbuch  (Kap.  17.  95.  96)  letzung  des  Horusauges  gemeint  sein  soll 
wissen.  In  vielen  Fällen  wird  die  Gegnerschaft  {Brugsch,  Bei.  452  ff.).  T.  soll  auch  die  beschä- 
der  beiden  Götter  als  ein  Kampf  mit  Waffen  digte  Sonne  wiederhergestellt  haben.  Die  Deu- 
aufgefaßt,  z.  B.  in  den  Mythen  von  Edfu  {Na-  tung  ist  aber  aus  ägyptischen  Texten  nicht  zu 
ville,  Mythe  d' Horus  1870);  dort  hilft  der  zau-  so  belegen,  und  sie  wird  von  kritischen  Forschern 
berkundige  T.  dem  Horus,  den  in  ein  Nilpferd  wie  Turaev  (S.  59)  völlig  abgelehnt. 
verwandelten  Set  zu  erstechen.  In  Philä  ver-  c)  Set  durch  T.  ersetzt.  Horus  und  Set 
leiht  T.  seinen  Schutz  der  Isis  mit  dem  Horus-  treten  in  einer  umfangreichen  Gruppe  von  Texten 
kinde  {Champollion ,  Monum.  1,  79);  oder  er  und  Bildern  als  Königs-  und  Landesgötter  zu- 
stellt seinen  Zauber  einem  Falken  im  Sumpf-  sammen  auf;  vgl.  Art.  Set  Sp.  742  ff.  Nachdem 
dickicht  zur  Verfügung  {Lepsius,  Denkm.  4, 36  b).  Set  als  Osirismörder  durch  das  Überwiegen  der 
Die  Mettern  ich  stele  (Streifen  3)  zeigt,  daß  dieser  Osirisreligion  aus  den  Tempeln  und  Gräbern 
Schutz  gegen  Set  ausgeübt  wird,  dessen  Bundes-  verdrängt  war,  trat  T.  für  ihn  ein ,  und  zwar 
genossen  Krokodil  und  Schlange  T.  niedertritt.  seit  Dyn.  18.    Die  Hss.  von  Dyn.  18  ab  setzen 

In  anderen  Fällen  ist  der  Kampf  zwischen  40  in  Totenbuch  ed.  Naville  17,  41  statt  Set  den 
Horus  und  Set  als  ein  Rechtsstreit  vorgestellt,  T.  ein.  Im  Tempel  von  Amada  übergießen  T. 
und  zwar  ist  dieser  Mythus  schon  in  den  Pyra-  (statt  Set)  und  Horus  den  König  Amenhotep  III. 
midentexten  vorhanden  und  auch  im  Totenbiich  mit  den  Lebenszeichen  {Lepsius,  Denkm.  3,  65  d ; 
(Kap.  83.  84;  schon  im  Grab  des  Harhotep  vgl.  ebenda  4:,  2  c).  In  Ahjdos  {Mariette  l,Sl&) 
Z.  411 — 25  nach  Maspero  in  Mem.  Mission  binden  T.  (statt  Set)  und  Horus  die  Wappen- 
Frang.  Caire  1,  162)  überliefert.  Bei  diesem  pflanzen  der  beiden  Landeshälften  am  Königs- 
Kampfe  war  'T.  zwischen  ihnen',  spielte  also  thron  zusammen.  Die  Ersetzung  ist  zuerst  fest- 
die  Rolle  eines  Schiedsrichters,  und  zwar  'an  gestellt  von  Lepsius,  Über  den  1.  ägypt.  Götter- 
dem  Tage,  als  er  erstrahlte  als  dieser  ehrwür-  kreis  (1851)  27. 

dige  Gott'  (spsj,  vgl.  den  Gott  Schepsi  inC.  2.  b,  50        4.  Sonstige  kosmische  Beziehungen, 

spsj  ist  ein  ständiges  Beiwort  des  Mondgottes).  Eine  Reihe  von  allerdings  nicht  einheitlichen 


sp 

Nt 


ach  Z.  24  des  berühmten  Osirishymnus  {Bibl.  und  nicht  durchgehends  klaren  Stellen  weist  T. 
Nat.  20  ed.  Ledrain,  Monum.  egypt.  pl.  21)  hat  eine  bestimmte  Stelle  im  Weltbild  zu.  Nach 
T.  in  dem  Prozeß  zwischen  Horus  und  Set  das  einem  Bilde  zu  Totenbuch  Kap.  161,  das  im 
Urteil  des  Re  aufgezeichnet.  Bei  Plutarch,  De  Neuen  Reich  ständig  am  Ende  des  Sargkastens 
Is.  cap.  19  hat  Hermes  dem  Horus  dazu  ver-  angebracht  wird,  ist  T.  einer  der  Götter,  die 
helfen,  daß  Typhon,  der  ihn  wegen  unehelicher  das  Himmelsgewölbe  an  den  vier  Ecken  unter- 
Geburt bei  den  Göttern  verklagte,  abgewiesen  stützen;  er  hat  dann  eine  Stange  mit  einem 
wurde.  Aus  seiner  Tätigkeit  hat  T.  schon  in  Querstück  oben  in  der  Hand,  in  der  wir  eine 
alter  Zeit  das  Beiwort  'der  die  beiden  Kamp-  60  Himmelsstütze  zu  sehen  haben.  Im  Libro  dei 
fer  richtete'  erhalten.  funerali  (ed.  Schiaparelli  23)  ist  T.  einer  der 
b)  Thoth  heilt  das  verletzte  Horus-  Schützer  der  vier  Weltgegenden,  und  zwar 
ange.  Pyr.  58  b  ist  ein  Mythus  vorausgesetzt,  scheint  es  schon  in  den  Pyra  midentexten  {W  b 
nach  welchem  T.  mit  dem  Horusauge  erscheint  und  350;  N  221)  die  westliche  zu  sein.  Auch 
und  es  dem  Horus  gibt,  der  dadurch  erfreut  sonst  sorgt  T.  für  die  westliche  Gruppe  der 
wird;  die  Szene  gehört  offenbar  in  den  Kampf  Götter  (IT  225),  und  er  wird  mit  den  westlichen 
zwischen  Horus  und  Set,  bei  dem  Set  dem  Göttern  zusammen  genannt  {Pyr.  157;  Birch, 
Horus    sein   Auge    ausgerissen   hat.    An   diese  Amamu  19, 10). 


849                        Thoth  Thoth                        850 

D.  Gott  der  Weisheit.  e)    Schützer    der    Schreiber.     Begreif- 
1.  iSchrilt  und  Schrauben,   a)  Erfinder  Hcherweise  ist  T.  als  Schntzgott  der  Schreiber 
der  Schritt.    Aus   der  Verbindung  vorschie-  verehrt  worden.    Schreiber  sprengen  aus  dem 
dener  Stellen  der  Pyramidentexte  lilßt  »ich  er-  Napf,   in  dem  sie  ihre  Tinte  bereiten  wollen, 
'  liließcn,  daß  sie  bereits  T.  und  Seschat  (s.  d.)  ^in  paar  'liopfen  Wasser  und  rufen  dabei  T. 
Is  Schützer  der  Schrift  und  der  Bücher  und  an  {l'ierret,   Kivdis  egyjitol.  2,9ü;   Schäfer  in 
inn  wohl  auch   als  Ertinder  der  Schrift  ken-  ^eitschr.  ä(,ypt.  SjjV.  36  [1H98|,  U7;   Gaidiner, 
•u  (ed.  Sethe  954.  1465b.  1146  u.  a).    Deutlich  chcnda  40  [1902-3],  3).    Auf  diesem   Wasser- 
vorausgesetzt ist  diese  Vorstellung  im  Anfang  '»apfe   (Louvre)  und   der  Palette  (Berlin  8042) 
Ics   Pap.  Ebers  1,8    für  *T.,    der  Wort   und  lo ''""S<^   "lan    gern   Tiebete    an  T.   an.    Schüler 
Schrift  schenkt,  der  die  Bücher  schallt'.    Klar  müssen  Lieder  an  T.  abschreiben  {Ihip.  Anastasi 
Musgesproclien  wird  es  in  der  griechischen  Über-  '^I-  ^Oi  ""d  in  der  Bibliothek  des  Tempels  von 
liofcrung,  z.  B.  schreibt  Plato,  Philebus  Kap.  1,  ^^dfu  ist  ein  Hymnus  auf  T.  angebracht  {Bera- 
isB    dem    ©svd-   nach    ägyptischen    Berichten  mami ,   Hierogl.  Inschr.  66).    Diese  Bibliothek, 
die  Erfindung  der  Buchstaben,  die  Unterschei-  das  'Bücherhaus'  oder  'Lebenshaus',  ist  dem 
dnng  zwischen  Vokalen,  Konsonanten  und  Halb-  T.  in  vielen  seiner  Beiworte  anvertraut,  z.B. 
vokalen  sowie  die  Begründung  der  Grammatik  'Erster  des  Bücherhauses' (passim).  DenWasser- 
zu  (wobei  die  letzteren  Punkte  unägyptisch  und  "^^P^  ^pd  das  Schreibzeug  des  T.  erbittet  der 
offenbar   griechischer  Zusatz   sind).    Auch  bei  '^^^^   sicli  auch  noch  für  das  Jenseits  {Töten- 
dem   phönizischeu    Sanchuniathon    hat    Taaut  20  ^^^'*  .^ap.  94).    Auf  Statuen,   die  ein  Schreib- 
die  heiligen  Schriftzeichen  erfunden.  kundiger  sich  in  sein  Grab  mitnimmt,  läßt  er 

b)  Schreiber  der  Götter.  InderzuC.  l.a  ^i^h  von  einem  Pavian,  dem  heiligen  Tiere  des 
wiedergegebenen  Stelle  des  Kuhbuchs  war  T.  T.,  begleiten,  der  ihm  dann  auf  den  Knien 
als  Schreiber  der  Götter  eingesetzt,  und  zwar  '^i*^*  {Schiaparelli  in  Giornale  della  Societä 
vom  Götterkönig,  dem  als  dem  Sonnengott  er  Asiatica  7,  317)  oder  über  den  Kopf  blickt 
insbesondere  zugewiesen  ist.  In  einem  Sonnen-  (Berlin  2284;  Kairo:  Legrain,  Statues  2  pl.  26). 
hymnus  des  Totenbuchs  {Am  ed.  Btidge  1,10)  2.  Rede  und  Sprechen,  a)  Gebieter 
heißt  es  doshalb:  'T.  schreibt  täglich  die  der  Gottesworte.  Mit  der  Schrift  zusammen 
Wahrheit  auf.  Beiworte  des  T.  {Turaev  167  IT.)  hat  T.  nach  Pap.  Ebers! ,  8  die  Rede  eingesetzt, 
nennen  ihn:  'Schreiber  der  Neunheit',  'Schrei-  30  Er  heißt  in  einem  häufigen  Beiwort  'Herr  der 
ber  der  Wahrheit',-  'Schreiber  der  Wahrheit  Gottesworte'  (passim)  und  tritt  überall  auf,  wo 
der  Neunheit',  'Schreiber  der  Wahrheit  der  es  eine  Ansprache  zu  halten  oder  eine  feier- 
großen Neunheit' usw.  T.  hat  außer  den  Schrift-  liehe  Verkündigung  zu  machen  gibt.  Man  bildet 
zeichen  auch  die  heiligen  Symbole  für  die  Göt-  T.  gern  mit  erhobener  Hand,  d.  h.  als  reden- 
ter  gezeichnet,  z.  B.  im  Auftrage  des  Re-Ha-  den  Mann  ab.  Er  brachte  den  Menschen  zu- 
rachte  die  geflügelte  Sonnenscheibe  über  den  erst  geordnete  Vorstellungen  von  den  Göttern 
Tempeltoren  {NavilJe,  Mythe  d'Horus  19,  1—2).  und  verfügt  über  jede  gelehrte  Kenntnis.   Nach 

c)  Für  den  König.  Wo  die  Götter  dem  Porphyiius  (ÄlüUer,  P)agm.  B,  270,  o)  zeichnete 
König  etwas  Gutes  verleihen,  pflegt  T.  es  ihm  sich  'Taaut,  den  die  Ägypter  Thoth  benennen, 
aufzuschreiben.  Er  schreibt  ihm  auf  die  Blätter  4o  durch  Weisheit  bei  den  Phöniziern  aus  und 
des  heiligen  Baumes  von  Heliopolis,  daß  er  brachte  zuerst  das,  was  sich  auf  die  Gottes- 
langes Leben  und  unendlich  viele  Regierungs-  Verehrung  bezieht,  aus  ungebildeter  Masse  in 
jähre  haben  solle;  er  ritzt  ihm  die  Jahre  in  wissenschaftliche  Kenntnis';  von  der  Gottes- 
die  Palmrippe  und  überreicht  ihm  die  Sym-  lehre  des  Taautos,  von  der  Vergötterung  des 
hole  der  Regierungsjubiläen ,  des  glücklichen  Drachens  und  der  Sehlange  und  von  den  heili- 
Fortbestehens  und  des  ewigen  Lebens.  So  bei  gen  Schriften  des  Taaut  ist  auch  weiterhin 
Thutmosis  HL  {Lepsius,  Denkm.  3,15.  55.  59),  die  Rede.  Wenn  man  Paulus  Hermes  nannte, 
bei  Haremheb  {ebenda  119),  bei  Seti  L  {ebenda  weil  er  das  Wort  führte  {Apostelgesch.  12,14), 
151a),  bei  RamsesH.  (e&£wc?a  188;  Champollion,  so  steckt  darin  vielleicht  auch  eine  Erinne- 
Monum.  43)  und  bei  den  späteren  Königen  bis  50  rung  an  den  ägyptischen  T. 

zu  den  Ptolemäern  {Pochemonteix,  Edfou  291;  b)  Verleiher  von  Namen.   Die  Tätigkeit 

Bergmann,  Hierogl  Inschr.  54).  des  T.  als  Redner  hat  ihn  dazu  geführt,  für 

d)  Verfasser  von  Büchern.  Nach  Toten-  Ordnung,  Gesetz  und  Namengebung  zu  sorgen: 
buch  ed.  Naville  68, 10  begibt  sich  Hathor  nach  'seine  Worte  haben  die  beiden  Länder  einge- 
Heliopolis  'mit  den  Schriften  der  Gottesworte  richtet'.  Er  ist  der  'Festsetzer  der  Grenzen 
und  dem  Buche  des  T.'.  Beiworte  des  T.  nen-  aller  Länder'  (Hymnus  des  Haremheb),  'der 
nen  ihn  'Herrscher  der  Bücher',  'Oberhaupt  die  Dinge  an  ihre  Stelle  setzt'  {Pop.  Luynes), 
des  Buches,  der  mitten  unter  den  Büchern  der  'Einrichter  (stnnw)  der  beiden  Länder' 
sitzt'  u.  ä.  {Turaev  171).  In  den  Kämpfen  bei  {Totenbuch  125).  Im  Mythus  von  der  Geflügel- 
Edfu  beauftragt  Re  den  T.,  das  'Buch  vom  6o  ten  Sonne  verleiht  T.  ingesamt  24  mal  an  einen 
Schutze  des  Osiris'  zu  verfassen  {Naville,  Mythe  Gott,  Ort  oder  Tag  einen  Namen,  der  mit  dem 
d'Horus).  In  der  griechischen  und  phönizischeu  Ereignis  zusammenhängt,  an  dem  jeder  betei- 
Überlieferung  wird  T.  mehrfach  als  Verfasser  Hgt  ist  {Naville,  Mythe  d'Horus).  Die  Namen- 
heiliger  Schriften  genannt,  und  dieser  Zug  ist  gebung  spielt  auch  sonst  eine  große  Rolle, 
echt  ägyptisch  und  seit  alter  Zeit  belegt;  'alles  c)  Schöpfer  durch  das  Wort.  Maspero 
Seiende  ist  durch  die  Schrift  des  T.  zusammen-  hat  in  einem  Aufsatz  über  die  Neunheit  {Revue 
gefaßt',  heißt  es  in  der  Litanie  von  Liilsor  de  Vhist.  des  relig.  25,  Iff.;  Bibl.  Egtjptol.  2, 
{Bec.  trav.  egyt.  assyr.  32,  68).  1893,  382)  und  über  die  Allmacht  des  Wortes 


851  Thotb  Thotli  852 

(Bec.  tniv.  egypt.  assyr.  24,  1902,  168)  seine  Auf-  Au  anderen  Stelleu  heißt  T.  allein  »ler  'Zähler 

faasung  von  dem  Hergang  der  Schöpfung  nach  der  Zeiten,  Monate,  Jahre'  (Bergmann,  Hierogl. 

dem  Dogma  von  Hermopolia  dargestellt    T.  hat  Inschr.  54)  oder  erhält  Beiworte  (Spiegclherg  in 

durch  die  Macht  des  Wortes  geschaffen;  seine  Zeitschr.  ägypt.  Spr.  50,  1912,  48)  wie  'Herr  der 

Stimme  genügte,  um  Wesen  entstehen  zu  lassen,  Zeit',  'der  die  Zeit  zählt\  und  sonst  heißt  er: 

zusammenzuführen  und  neue  hervorzubringen.  'Herrscher   der  Jahre*,  'der  die  Jahre  berech- 

Neben  T.  spielt  eine  Achtheit  dabei  eine  Holle;  net*  (Turaev  109). 

entweder  sind  es  acht  Paviane,  oder  vier  Paare,  b)  Abwiegen  von  Waren.   Die  besondere 

von  denen  die  Männer  Froächkopf,  die  Frauen  Begabung  des  T.  für  zahlenmäßij?e  Feststel- 
Schlangenkopf  haben ;  vgl.  krt.  Sonne  Sp.  1194.  lo  lungen  veranlaßt  seine  Tilti<?keit  bei  dem  Ab- 

Aus  diesen  Vorstellungen  hat  sich  eine  beson-  wiegen.   In  dem  Totengericht  steht  er  neben 

dere  Kosmogonie  von  Hermopolis  herausgebildet  der  Wage,  auf  der  das  Herz  gej^en  die  Wahr- 

mit  umfangreichen  Schöpfuugssagen;  die  Acht-  heit   aufgewogen   wird    {Totenbmh   Kap.  125). 

götter  sind  die  'Väter  und  Mütter',  T.  ist  ihr  Über  die  Ergebnisse  der  Expedition  der  Köni- 

Führer  und   schafft  durch   die  'Gottesworte',  gin   Hatschepsut   nach    Punt   wird    schriftlich 

die  ygaiifutTa  iBQa  des  Dekretes  von  Kanopus.  Rechnung  gelegt  vor  T.  und  Seschat,  die  von 

T.  mit  den  ürgöttern  ist  in  den  von  Hermo-  ihnen   schriftlich  festgelegt  und  nach   Zahlen 

polis  beeinflußten   Bildern    des  Tempels    von  berechnet  werden  {Urk.  4,  336);   den  Pavian, 

Ei-Charge  dargestellt  {Hoskins,  Great  Oasis  sein  beiliges  Tier,  hat  T.  an  die  Wage  gesetzt. 
pl.  6),  und  ein  Lied  der  ürgötter  ist  dort  an-  20  Auch  für  Ramses  HI.  hat  T.   das  Gold   abge- 

gebracht  (Brugsdi,  Reise  nach  der  gr.  Oase).  wogen  (Tempel  von  Medinet  Habu).    In  seiner 

Die  Ürgötter  sind  aus  dem  Schlamm  entstan-  Eigenschaft   als   Gott   des    Messens    erhält   T. 

den,  und  T.  heißt  der  'alleinige  Gott'  in  Her-  häufig  das  Beiwort  th  oder  thn,  das  einen  Ibin 

mopolis.     Andere     Beiworte    nennen    T.    den  zu  bezeichnen  scheint,  aber  im  Wortspiel  mit 

'guten  Gott  der  Urzeit',  'der  zuerst  entstand',  dem  Zeiger  th  an  der  Wage  gebraucht  wird. 
'der  von  selbst  entstand',  'der  sich  selbst  er-  c)  Vermessen  des  Landes.    Ein  Tempel 

zeugte',  'der  nicht  geboren  wurde'  {Turaeo  175).  des  Gottes  üpuat  in  Siut  ist  im  Mittleren  Reiche 

T.  ist  es,  'auf  dessen  Rede  hin  Himmel  und  'erbaut  von  den  Händen  des  Ptah,  gegründet 

Erde  festgestellt  wurde' (Lepwu5,Z)enÄ;m.  4,89  a).  von  T.'  {Lepsius,  Denkm.  2,152d).    Damit  ist 

Die  Rolle  des  T.  als  Urgott  und  Schöpfer  so  gemeint,  daß  T.  das  Land  vermessen  und  den 
hat  ihm  in  Hermopolis  die  weitere  eines  Göt-  Grundriß  des  Gebäudes  festgelegt  hat,  wie  wir 
terkönigs  und  Weltherrschers  von  selbst  zuteil  es  oft  in  späteren  Tempelreliefs  sehen.  Ram- 
werden lassen.  In  einem  'Täglichen  Gebet  an  ses  IL  hat  einen  Thebaaischen  Tempel  errichtet 
T.*  werden  die  Götter  im  Himmel  und  auf  Er-  'nach  den  Aufzeichnungen  des  T.'  {ebd.  3, 17ö). 
den  angerufen,  T.  zu  schauen,  wie  er  mit  dem  In  Edfu  hat  der  Gott  des  Vermessens  selbst 
Uräus  geschmückt  ist  und  die  Kronen  aufge-  die  Aufsicht  bei  der  Gründung  geführt  {Berg- 
setzt  hat;  jeder  Gott  und  jede  Göttin  verehrt  mann,  Hierogl.  Inschr.  45).  Im  Totenbuch  Ka]). 
T.,  der  der  oberste  aller  Götter  und  Göttinnen  183  wird  aus  diesem  Grunde  darauf  ange- 
iet  (Zeitschr.  ägypt.  fijpr.  33,  1896,  121).  Der  spielt,  daß  T.  'die  Tempel  begründet  auf  ihrer 
Turiner  Königspapyrus  verzeichnet  T.  als  einen  40  Stätte'.  Auch  anderweitige  Hinweise,  daß  T. 
der  göttlichen  Herrscher  der  Urzeit.  Beiworte  'die  Kapellen  eingerichtet'  habe,  so  daß  jeder 
in  Inschriften  nennen  ihn:  'Lebender  Herrscher  Gott  und  jede  Göttin  ihn  verehrt  {Londoner 
der  Götter',  'Oberhaupt  aller  Götter  und  Göt-  Hymnus  ed.  Turaev),  oder  daß  T.  'die  Tempel 
tinnen','Oberhaupt  der  großen  Neunheit', 'Fürst  eingerichtet  hat'  (Berlin  2293),  sind  in  diesem 
der  Götter',  'König  der  Götter'  (Turaev  172,  Sinne  zu  verstehen,  wenn  auch  hinzukommt, 
101;  176).  daß  T.   die    Gottesverehrung   und    die    Opfer- 

Die  Angabe  bei  Plutarch,  De  Is.  12,   daß  darbringung  geordnet  hat.    Auf  diese  letztere 

Isis,  die  Tochter  der  Rhea,  von  Hermes  ab-  Tätigkeit  zielen  wieder  andere  Beiworte  und 

stamme,   ist  nur  verständlich,   wenn   man   in  Erwähnungen  hin. 

Hermes-Thot  einen  der  ältesten  großen  Götter  50  Außer  der  Wage  hat  T.  auch  die  Elle  er- 
sieht, der  in  einer  Reihe  mit  dem  Sonnengott  funden,  und  viele  Meßellen  aus  Stein  tragen 
(Helios-Re)  und  dem  Erdgott  (Kronos-Geb)  steht.  Anrufungen  an  T.  (Pietschmann,  Hermes  Tris- 

S.  Zahl,  Maß  und  Zeit,    a)  Berechnen  meg.  13).  Die  'Elle  des  T.'  (Geogr.  Pap.  Tanis 

der  Zeit.   T.,  der  durch  die  Schrift  eine  klare  14,56)  ist  in  seiner  Hand,  und  Re  läßt  T.  den 

Erfassung  und  Bewertung  in  die  Welt  gebracht  Nil  vermessen  'mit  seinem  Stamme'  (Pap.  Sallier 

hat,  wacht  auch  über  alle  anderen  Dinge,  die  4,  9, 9).    Aus  dieser  Tätigkeit  erhält  T.  die  Bei- 

mit  Zählen,  Rechnen  und  Messen  zu  tun  haben.  worte:  'der  das  Land  berechnet  und  seinen  In 

Er  schreibt  dem    König   die   Zahl   der  Jahre  halt  zählt',  'der   den  Himmel   berechnet  und 

seines  Lebens  auf  (Lepsius,  Denkm.  3,  151a)  seine  Sterne  zählt',  'der  Gott,  der  dieses  Land 
und  gibt  ihm   die  Zeichen  des   Lebens  (Ma-  m  vermessen  hat',  'der  die  Grenzen  der  Felder 

riette,  Abydos  1,  22).    Auch  sonst  wird  die  Le-  kennen  lehrte',  'der  jedes  Handwerk  und  seine 

benszeit  des  Menschen,  die  Summe  ihrer  Jahre  Angelegenheit  kennen  lehrt',  'der  die   Dinge 

von    T.    abgezählt    (Pap.   Rhind    ed.   Brugsch  kennt' (TMraer  169 — 171).  Aus  der  Kenntnis  der 

bzw.  Möller;  Brugsch,  Thes.  898).    Sowohl  T.  zahlenmäßigen   Verhältnisse   der   Gegenstände 

wie  Chons  werden  als  Götter  der  Zeit  ange-  hat  sich  also   ein  allgemeines  Wissen  um  das 

sehen,    und   deshalb   erhält   die    Vereinigung  innere    Geschehen    der   Welt    entwickelt;    der 

Chons-Thot  im  Thot-Tempel  zu  Theben  (Cham-  Schritt  zum  allwissenden  Gott  (vgl  unten  G.  2) 

pollion,  Monum.  600)  entsprechende  Bei  worte.  ist  nicht  mehr  weit. 


853                        Thoth  Thoth                        854 

Gerade  in  den  hier  hervorgehobenen  Tätig-  Heim  mit  liinderkopf  aufgesetzt,  als  Horua  ihr 

keiten  wird  T.  gern  zusammengestellt  mit  dem  die  Krone  abgeschlagen  hatte  (PliUarch,  J)e  Is. 

Gotte  jsdn   oder  jsds,    vielleicht  'Oardvi}?  bei  19),   wobei    seine  Zauberkunst  ihm  wohl  auch 

Philon  von  Jhjblos.    Nach   seinen    Vorschriften  zustatten  kam.    T.  hat  die  Beiworte  'Gebieter 

sind  Statuen  angelertigt(Dendera),  nach  «einem  des  Gerichts',  'Einrichter  des  Gerichts',  'Ab- 

Plane  ist  der  Tempel  errichtet  (Edfu).  wäger  der  Wahrheit';  ferner 'Richter  der  Neun- 

4.  Wesir,  Beamter  und  Richter.  a)We-  heit',  'Herrscher  des  Richtens',  der  die  Worte 
sir  und  Vertreter  des  Götterkönigs.  Der  entscheidet',  'der  das  Recht  entscheidet',  'der 
Sonnengott  und  Götterkönig  hat  T.  als  seineu  das  Böse  aburteilt',  'Herr  (oder  Fürst,  Herr- 
Vertreter  eingesetzt  (vgl.  oben  C.  l.a)  und  ihn  u»  scher)  des  Rechts';  andere  Boiworte  verbinden 
dabei  seinen  Wesir  (t'tj)  genannt,  den  höchsten  T,  mit  Ma'at,  der  Göttin  des  Rechts  (Turaev 
Beamten   des   Reiches    nach   ägyptischer  Vor-  172). 

Stellung     Deshalb    stehen    T.    und    Ma'at   im  5.  Arzt  und  Zauberer.    a)BeidenGöt- 

SonnenschiS {Totenbnch  desÄni  1, 17  ed.Budge),  tern.  T.  hat  im  Götterkreise  durch  seine  Weis- 

und  Bilder  des  thronenden  Götterkönigs  zeigen  heit  Taten   vollbracht,   in   denen  er  als   Arzt 

T.  vor  ihm,   oft  die  Papyrusrolle  zur  Bericht-  wirkt;  freilich  oft  bei  übernatürlichen  Heilun- 

erstattung  in  der  Hand  haltend.    Man  sieht  T.  gen,  zu  denen  er  Beschwörungen  braucht.  Diese 

in  dem  großen  Schiff,  'wie  er  Friede  und  Recht  Beschwörungen  bilden  eine  besondere  Kenntnis 

vor  ihn  setzt'  (Berlin  229.-J).    Dem  T.  als  Wesir  des   T.,   mit   denen    er    stets   in    vorbildlicher 

sind  die  Pflanzen  und  Tiere  unterstellt,   Erde  20  Weise  zu  arbeiten  weiß,  so  daß  Zauberer  ihn 

und  Wasser   haben    ihm   ihre   P^rtriignisse    zu  anrufen.    Die  Belege  aus  der  Göttergeschichte 

überbringen;  aus  anderen  Befähigungen  des  T.  für  diese  Tätigkeit  sind  zahlreich.    T  heilt  das 

ergibt  sich,  daß  er  Tempel  aufführt,  Gaue  und  Horuskind,  das  von  Skorpionen  oder  Schlangen 

Städte   benennt  usw.    Schließlich  wird  er  ein  gebissen  wird,  und  zwar  kommt  er 'versehen  mit 

Leiter  aller  Ordnung  im  Himmel  und  auf  Er-  iieinem7jfiubei''  {Metternichstek  ed.  Golenischeß'). 

den,  der  die  Kultur  in  jeder  Weise  gehoben  Als  Set  der  Isis  den  Kopf  abgeschnitten  hatte, 

und    den   Staat    gesichert    hat.     Die    Beamten  bildete  T.  seine  Gestalt  neu  durch  Zauber  (P«p. 

sehen  in  ihm  ihr  Vorbild,  das  sie  anrufen  um  Ballier  4,  3,  5).    Der   Sonnengott    braucht   auf 

Schutz  und  Hilfe.  seiner  nächtlichen  Fahrt  durch  die  Unterwelt 

Nach  später  Überlieferung  soll  Hermes  unter  so  den  T.  wegen   seiner  Kenntnis  der  Zauberfor- 

König  Sesostris  wohltätig  gewirkt  und  Gesetze  mein;  mit  ihnen  macht  T.   das  SchiflF  wieder 

gegeben  haben  {Cedremis  1  p.  36,  15;    Chron.  flott,  wenn  es  auf  Sandbänke  geraten  ist  {Buch 

Pasch.  1  p.  85ff'.;  Aelian.  V.  H.  ed.  Herch.  12,  Ämduat).   Deshalb  heißt  T.  'Führer  der  Götter 

4.  14,34).  in   der  Unterwelt'  {Pap.  Luynes  in  Rec.  trat. 

b)  Richter  und  Kenner  des  Rechts.  egypt.  assyr.  \,20).  Der  Sonnengott  hat  'den 
Zum  Amte  des  Wesirs  gehört  im  irdischen  wie  Zauber  des  Re  und  die  Beschwörungen  des  T.' 
im  himmlischen  Reich  die  Rechtspflege.  Eine  bei  sich.  {Totenhiich  15  nach  Florenz  1603). 
Anrufung  an  T.  als  Wesir  nennt  ihn  deshalb  Durch  seine  'Beschwörungen'  hilft  T.  dem  Ho- 
sogleich:  'der  das  Recht  entscheidet  und  die  rus  auch  im  Kampfe  des  Sonnengottes  gegen 
Wahrheit  berechnet,  der  die  Wahrheit  liebt  40  seine  Feinde  {Narüle,  Mythe  d'Horus). 
und  dem  Recht  gibt,  der  Recht  tut'  (Berlin  b)  Für  die  Menschen.  T.  übt  seine  Tätig- 
6910  G  3)  oder  feiert  ihn  als  'König  des  Rechts'  keit  ebenso  für  Menschen  aus.  Der  Anfang  des 
(Berlin  2293).  Der  Tote  wendet  sich  mit  seinem  medizinischen  Papyrus  Ebers  nennt  sogleich 
Gebete  um  gerechtes  Urteil  im  Totengerichte  T.,  der  'Treffliches  sendet  durch  Gelehrte  und 
an  T.( Tofcn&wc/?  Kap.  18),  durch  dessen  Zauber-  Ärzte,  seine  Nachfolger,  um  den  Gottgeliebten 
formein  allerdings  das  gerechte  Urteil  über  die  zu  befreien,  den  er  lebendig  macht'.  In  einem 
Taten  beeinflußt  werden  kann,  so  daß  das  sitt-  Rezept  gegen  Nasenkrankheiten  heißt  es:  'Diene 
liehe  Moment  im  Totengericht  durch  T.  stark  Re,  bete  zu  T.'  {Ebers  90).  Der  Setna  Romav 
untergraben  wird  {Turaev,  Tot  52— 53 ;  Breasted,  schildert  die  zauberkräftige  Wirkung  der  Schrif- 
JJevelopment  of  reUgion  and  thought  in  ancient  50  ten  des  T.  In  den  Zauberformeln  wird  T.,  ohne 
Egypt,  1912,  307).  Der  Betende  hat  Ver-  den  sie  nicht  gelingen  können,  angerufen 
trauen,  wenn  T.  'im  Gerichte  des  Osiris  ist'  (Metternichstele).  Medizinische  und  magische 
{Lacau,  Sarcophages  1,217,27),  und  in  der  Tat  Papyri  lassen  T.  mitwirken  durch  seine  Zau- 
steht  T.  ja  neben  der  Wage,  auf  der  die  berei  bei  der  Heilung  von  Schlangenbiß  oder 
Gerechtigkeit  des  Herzens  festgestellt  wird  bei  Mitteln  gegen  andere  Gifte. 
{Totenbuch  Kap.  125).  Der  'Lebensmüde'  (ed.  c)  Für  die  Toten.  Nachdem  das  Toten- 
Erman,  Akad,  Berlin  1896)  verlangt:  'mich  6 «c7i  Zauberformeln  in  sich  aufgenommen  hatte, 
richte  Thot,  der  die  Götter  befriedigt'.  Der  die  dem  Toten  im  Jenseits  bei  Not  und  Ge- 
Beamte möchte  'fehlerlos  in  der  Rechtschaffen-  fahr  helfen  sollten,  drangen  auch  Anweisungen 
heit  wie  T.'  sein,  da  der  Gott  einst  im  Götter-  60  für  den  Gebrauch  ein,  die  ebenso  geformt  sind 
gericht  den  Horus  als  rechtmäßigen  Nachfolger  wie  für  Lebende.  Sogleich  im  Anfang  des  1.  Ka- 
des  Osiris  anerkannt  und  durchgesetzt  hat.  So  pitels  (ed.  Naville  1,  3)  tritt  T.,  der  König  der 
ist  T.  auch  der  beste  Kenner  der  Rechtmäßig-  Ewigkeit,  auf  und  kämpft  für  den  Toten.  T. 
keit  des  irdischen  Königs  und  verkündet  schon  ist  der  Urheber  der  Formeln,  die  nur  mit  Zan- 
der Mutter  seine  bevorstehende  Geburt  (Tempel  berkraft  wirksam  werden.  Der  Spruch  für  die 
der  18.  Dynastie)  und  ruft  später  wieder  seine  Herzskarabäen  Kap.  30  ist  unter  den  Füßen 
Thronbesteigung  vor  aller  Welt  aus  {Lepsius,  des  T.  in  Schmun  gefunden  worden.  Zahlreiche 
DcüÄ'wi.  3, 261  f.).  Hermes  hat  der  Isis  auch  einen  weitere    Anspielungen    im    Totenbuch    und    in 


855 


Thoth 


Thoth 


856 


Grabinschriften  lassen  T.  als  einen  wichtigen 
Helfer  des  Toten  erscheinen,  der  ihm  durch 
seine  vielfachen  Kenntnisse  wertvoll  wird. 

Wir  hatten  T.  als  Prüfer  des  Rechts  im 
Totengericht  gesehen  {Totenhuch  Kap.  126);  er 
führt  dann  den  gerecht  Befundenen  zu  Osiris, 
und  durch  T.  geschieht  in  mannigfacher  Weise 
die  Zulassung  bu  den  Gerichten  (Kap.  18).  T. 
ruckt  hierdurch  dem  Osiriskreis  nahe  und  ge- 
winnt enge  Beziehungen  zu  den  Angehörigen 
des  Osiris,  mit  denen  sich  auch  anderweitige 
Verbindungen  herausgebildet  hatten.  Der  Tote 
braucht  Sprüche  für  das  Zusammensein  mit  T. 
(Kap.  96—96)  und  einen  anderen  für  die  Be- 
kanntschaft mit  den  Geistern  von  Schmun 
(Kap  116).  In  dem  späten  Ritual  für  die  Ein- 
balsamierung (ed.  Maspero  1883)  liest  T.  den 
Toten  das  'Buch  vom  Atmen'  und  gibt  ihm 
dadurch  die  Fähigkeit  zum  Atmen  wieder; 
bei  dem  Einwickeln  der  Leiche  macht  T.  durch 
seine  Formeln  die  Glieder  gesund,  und  die 'Binde 
des  T.'  wird  an  die  Ohren  gelegt  usw.  Im 
'Buch  vom  Atmen'  (ed.  Brugsch  15)  heißt  es: 
'T.,  der  zweimal  Große,  Herr  von  Hermopolis, 
schreibt  für  dich  das  Buch  vom  Atmen  mit 
seinen  eigenen  Fingern,  damit  deine  Seele 
atme  bis  m  Ewigkeit'. 

Ein  Teil  dieser  Vorstellungen  ist  aber  alt. 
Schon  in  den  Pyramidentexten  des  Alten  Reichs 
hilft  T.  dem  Horus  bei  seinem  Kampfe  gegen 
seine  Feinde  und  bei  der  Fürsorge  für  die 
Leiche  des  Osiris.  Wie  T.  den  Set  und  seine 
Genossen  zurückgeschlagen  hat,  so  hilft  er  auch 
dem  Toten  bei  der  Vertreibung  seiner  Gegner 
und  wendet  Gefahren  von  ihm  ab.  An  vielen 
Stellen  der  Pyr.  erscheint  T.  als  'der  Starke 
der  Götter'  oder  hilft  dem  Toten  durch  seine 
Rede  oder  verschafft  ihm  Verpflegung  oder 
salbt  seine  Füße,  reinigt  oder  pflegt  irgendwie 
seinen  Körper,  trägt  ihn  auf  den  Spitzen 
seiner  Flügel  usw.  Auf  diese  Fürsorge  be- 
zieht es  sich,  wenn  der  Tote  auf  seinem  Sarge 
in  der  Folgezeit  gern  'angesehen  bei  T.'  ge- 
nannt wird. 

d)  Der  dreimal  Größte  TgiGiieyiotog. 
Die  einzigartige  Macht,  die  T.  durch  seine 
Zauberkraft,  abgesehen  von  seinen  sonstigen 
Fähigkeiten,  hatte,  hat  seine  Bedeutung  in  der 
(jötterwelt  und  sein  Ansehen  bei  den  Menschen 
immer  weiter  gesteigert.  Auch  von  hier  aus 
hat  die  Entwicklung  zu  einem  allumfassenden 
Gott  geführt  (vgl.  unten  G.  2).  In  griechischer 
Zeit  tritt  unter  seinen  Beiworten  auf:  'der 
zweimal  Große'  oder  'der  zweimal  sehr  Große' 
und  'der  dreimal  Große'  oder  'dreimal  sehr 
Große'.  Die  letztere  Form  ist  als  Trismegistos 
bei  den  griechisch  Sprechenden  verbreitet  ge- 
wesen, und  man  scheint  eine  Beziehung  dieses 
Namens  zu  der  dreifachen  Bündelkrone  ge- 
sucht zu  haben,  die  T.  gelegentlich  auf  dem 
Kopfe  trägt.  Die  Bewohner  von  Hermopolis 
sprechen  unter  Kaiser  Gallienus  von  ihrem  väter- 
lichen Gott,  dem  dreimal  größten  Hermes  {Wes- 
sely  in  Denkschr.  Wien.  Äkad.  42). 

Die  Weisheit  des  T.  mit  Betonung  der  Zau- 
berkraft wird  häufig  in  der  späten  griechisch- 
orientalischen  Zauberliteratur  gerühmt.  Hermes 
heißt  &V7JQ  (poßsghg  iv  cotpiu  {Malala,  Chronogr. 


ed.  Bonn.  p.  26  f.).    Näheres  bei  Pietschmann, 
Hermes  Trismegistos  1876. 

E.  Familie  des  Thotli. 

1.  Ma'at.  Die  häufige  Zusammoustellung 
von  T.  und  Ma'at  scheint  nur  auf  ihrer  inneren 
Ähnlichkeit  zu  beru- 
hen: beide  sind  Wahr- 
heitsgotthoiten.      Die 

10  Heimat  der  Ma'at  ist 

nicht  bekannt.  Später 

ist  die  Verbindung  bei- 
der   innig   geworden, 

wie  das  Beiwort  'Stier 

der  Ma'at'  von  T.  zeigt. 

T.  und  Ma*at  werden 

oft  zusammen  darge- 
stellt, z.  B.  im  Sonnen- 

schiflF;  ein  in  Bronze- 
20  und      Fayencefiguren 

häufiger  Typus  stellt 

einen  hockenden  Ibis 

mit  ein  er  kleinen  Ma'  at 

oder  auch   nur   ihrer 

Straußenfeder  vor  sich 

dar  (Abb.  2). 

2.  Seschat  (s.  d) 


1)  Felsrelief  im  Sinai 
{Leptiiu,  Dcnkm.  II,  2  c). 


Ihre  eigentliche  Heimat 
ist  unbekannt,  die  Zusammenstellung  mit  T. 
und   ihre    Ansiedlung   in    Hermopolis   scheint 

30  wiederum  nur  auf  innerer  Verwandtschaft  zu 
beruhen.  Die  häufige  Begleiterin  des  T.  ist 
vielleicht  aus  einem  ganz  anderen  Götterkreise 
hervorgegangen.  In  jedem  ihrer  Züge:  Schrei- 
berin, Vermesserin  und  Verkünderin,  steht  sie 
T.  nahe. 

3.  Meh-wert.  Wenn  die  Götterliste 
{Brugsch,  Biet,  geogr.  1391)  und  die  Gauliste 
{Brugsch- Dümichen,  Rec.  monum.  egypt.  6,88) 
im  späten  Tempel  von  Dendera  die  kuhgestal- 

40  tige  Göttin  Meh-wert  (vgl.  Art.  Sonne  Sp.  1193) 
als  Gattin  des  T.  und  Herrin  von  Hermopolis 
auftreten  läßt,  so  liegt  offenbar  nur  ein  ver- 
einzelter später  Zug  vor.  Er  ist  veranlaßt  durch 
die  starke  Betonung  der  Rolle  des  T.  als  Ur- 
gott  und  Schöpfer,  bei  der  ihm  die  Kuh  des  Ur- 
meeres  eine  angemessene  Begleiterin  war.  Bil- 
der zu  Totenbuch  Kap.  17,  36  ed.  Naville  zeigen 
allerdings  schon  den  ibisköpfigen  T.  mit  dem 
Uzat-Auge  vor  der  Meh-wert-Kuh. 

50  4.  Hathor.  Wo  T.  als  Herr  des  Sinai  auf- 
tritt (vgl.  oben  B.  1.  f),  wird  er  gelegentlich 
von  Hathor  begleitet.  Diese  ist  die  eigentliche 
und  allgemeine  Herrin  jenes  Gebietes,  so  daß 
die  Zusammenfügung  der  beiden  Gottheiten 
gerade  an  jener  Stelle  nur  örtliche  Gründe 
haben  kann. 

5.  Wepset.  In  dem  Tempel  der  griechi- 
schen Zeit  von  Pselchis,  heute  Dakke  in  Nord- 
nubien,  erscheint  die  Göttin  Wepset  (wps-t) 

60  bei  T.  {Lepsius,  Denkm.  5, 17;  Boeder,  Dakke). 
Sie  ist  vermutlich  eine  nubische  Sonnen-  und 
Feuergöttin,  und  der  in  jener  Gegend  ange- 
siedelte T.  (vgl.  oben  B.  1.  e)  hat  sich  der 
Ortsgöttin  zugesellt. 

6.  Nehem-awit,  Schließlich  bleibt  nur 
eine  einzige  Begleiterin  des  T.  übrig,  die  ihm 
nicht  nur  gelegentlich  aus  irgendeiner  inneren 
oder  örtlichen  Beziehung  heraus  zugesellt  ist, 


857 


Thoth 


Thoth 


85S 


sondern  die  keinen  anderen  Cliarakter  hat  als 
seine  Gattin  zu  sein,  und  die  in  Hermopolis 
ihre  eif^entliche  Heimat  hat:  das  ist  Neheni- 
iiwit  (nlnn-'wj  •  t,  Aussprache  und  Bedeutunj^ 
unsicher).  Wir  kennen  sie  nicht  in  illterer  Zeit, 
und  vielleicht  ist  ihre  Uestalt  erst  nachtrü.«^- 
licli  erfunden  oder  doch  getbrrat  worden.  Jeden- 
falls scheint  sie  ihre  Heimat  in  Hermopolis  zu 
haben,  von  wo  sie  als  Gattin  des  T.  auch  in 
andere  Tempel  der  griechischen  Zeit  gewan-  lo 
dert  ißt.  Sie  trägt  das  Sistrum  als  Kopfschmuck 
und  wird  in  den  Beiworten  als  Weltherrin, 
Himmels-  und  Götterkönigin  bezeichnet. 

7.  Eitern  und  Kinder.  Die  ägyptische 
Mythologie  hat  keine  allgemeingültige  Genea- 
logie des  T.  aufgestellt.  Wohl  hören  wir  schon 
in  den  Pyranndentcxten  des  Alten  Keichs  und 
später,  daß  gewisse  Gottheiten  als  Vater  oder 
Mutter  oder  als  Geschwister  des  T.  genannt 
werden.  Aber  die  Angaben  sind  nicht  überein-  20 
stimmend  und  gehören  offenbar  ganz  verschie- 
denen Vorstellungskreisen  an  und  sind  immer 
nur  lokale  Überlieferungen  geblieben.  Die  Be- 
tonung der  Eigenschaft  des  T.  als  Urgott  und 
Schöpfer  macht  es  nach  ägyptischer  Vorstel- 
lung unmöglich,  von  seinen  Eltern  zu  sjjrechen  : 

er  ist  aus  sich  sell)st  entstanden.  Wie  die  äl- 
tere Zeit  darauf  verzichtet  hat,  ihm  eine  Gattin 
zu  geben  und  diese  in  seine  Taten  und  Schick- 
sale hineinzuweben,  so  ist  ihm  in  seinem  Sagen-  30 
kreis  auch  kein  Sohn  zuteil  geworden.  Er  ist 
eben  immer  eine  einzigartige  Persönlichkeit 
unter  den  Göttern  geblieben,  und  die  Verallge- 
meinerung seiner  Züge  und  die  Schematisie- 
rung der  Göttergestalten  in  späterer  Zeit  hat 
ihm  keine  Familienangehörigen  verschafft. 

8.  Mythus  von  Hat  hör  in  Nubien.  In 
der  Erzählung  vom  Auszug  des  Hathor-Tefnut 
nach  Nubien  {Junl:er  in  Abh.  Akad.  Wiss.  Berlin 
1911)  wird  T,  ausgesandt,  um  die  wilde  Göttin  40 
zu  besänftigen;  er  löst  seine  Aufgabe  durch 
seine  Beschwörungen  und  hat  dabei  z.  T.  die 
Gestalt  eines  Pavians.  SetJie  {Zur  altägypt.  Sage 
rom  Sonnenauge,  das  in  der  Fremde  icar,  in: 
Unters.  Gesch.  Altertumsk.  Äg.  V  3,  1912)  hat 
dem  Mythus  einen  anderen  Sinn  gegeben. 
Junker,  Die  Omirislegende  {Denkschr  ,  Wien. 
Akad.,  phil.-hist.  Kl  59,  1917),  legte  ein  erwei- 
tertes Material  vor,  und  Spiegelberg,  Der  ägyp- 
tische Mythus  vom  Sonnenauge  (StrsbQhuig  1917)  50 
bereicherte  es  durch  einen  demotischen  Papy- 
rus. In  allen  diesen  Untersuchungen  steckt  auch 
für  T.  ein  reiches  Material  mit  vielen  eigen- 
artigen Zügen. 

F.  Darstellung  im  Bilde. 
1.  Männergestalt.  Die  rein  menschliche 
Gestalt  kommt  bei  T.  verhältnismäßig  selten 
vor:  meist  hat  er  auf  menschlichem  Körper  den 
Kopf  eines  der  unter  2.  genannten  Tiere.  Ruht  60 
auf  dem  Männerkopfe  der  Mond,  so  heißt  T. 
in  der  Beischrift  gewöhnlich  noch  Osiris-Mond 
(ja'h),  in  Sebu'a  in  Nubien  unter  Ramses  II. 
auch  Schepsi  {Lepsius,  Denkm.  3, 182).  In  seiner 
Angliederung  an  Schow  in  Nubien  trägt  T. 
auf  dem  Männerkopfe  die  Federn  jenes  Gottes. 
Das  gewöhnliche  Kleid  des  Mannes  ist  der 
enge  Knieschurz.    In   den  südnubischen  Pyra- 


miden von  Baikal  und  Begerauije  wird  er  durch 
das  lange  Kleid  der  Xubier  ersetzt  {chnida  5, 
19  ff.),  zuweilen  auch  durch  das  Löwenfell  [ebd. 
ö,  38).  Bilder  auf  Särgen  mit  Szenen  aus  der 
Unterwelt  geben  dem  T.  häufig  den  Leib  einer 
Mumie,  meist  mit  Ibiskopf  (auch  im  'Totenbuch 
und  auf  Grabsteinen).  Zahlreiche  verschiedene 
Darstellungen  finden  sich  im  Tempel  von  El- 
(Jharge  (Hoskins,  (ireat  Oasis;  Brugsch,  Heise 
nach  der  gr.  Oase),  auf  dem  Naos  von  Saft  el- 
Henne  {lioeder,  Naos,  Catal.  Gener.  Mv^ee  d\t 
Cairc,  1914)  und  sonst. 

Auf  gemalten  Bildern  des  T.  ist  seine  Haut- 
farbe meist  rotbraun,  seltener  dunkelgrün  (auf 
gelben  Holzsärgen)  oder  himmelblau  (auf  Papp- 
hüllen von  Mumien  der  22.  Dyn.).  Leichentücher 
griechischer  Zeit  zeigen  ihn  gelb  oder  echwrarz 
(Berlin  13277,  12441—2).  Einige  Bilder  von 
Särgen  und  aus  späten  Tempeln  Laben  einen 
grünen  Körper  (ChampoUion,  Fantheon  eg.  82; 
Monum.  91  ter,  3),  worauf  auch  eine  Malanwei- 
sung [Vleyte,  FAudes  130)  hinweist. 

2.  Tiergestalt,  a)  Ibis.  Figuren  dieses 
meist  hockenden  Vogels,  die  als  'Thot'  in- 
schriftlich beglaubigt  sind ,  finden  sich  häufig 
sowohl  als  Rundplastik  in  Bronze,  Fayence 
oder  Holz,  wie  in  Relief  oder  Zeichnung. 
Doch  wird  die  Verkörpe- 
rung des  Gottes  in  rein 
tierischer  Gestalt  eigent- 
lich nur  als  Symbol  oder 
Andeutung  verwendet, 
ganz  selten  in  unmittel- 
barer Verbindung  mit 
anderen  Göttergestalten. 
Der  hockende  Ibis  erhält 
gern  eine  Straußenfeder, 
die  Hieroglyphe  für 
'Recht',  als  Attribut  mit  Hinweis  auf  den 
Kenner  des  Rechts  (Abb.  2).  In  später  Zeit 
setzt  man  dem  Ibis  auch  den  Mond  oder  eine 
Krone  als  Kopfschmuck  auf. 

Wo  der  Gott  als  handelnde  Person  auftritt, 
gibt  man  ihm  den  Körper  eines  Mannes  mit 
Ibiskopf;  die  Verbindung  ist  zuerst  belegt  in 
dem  Felsenbilde  aus  dem  Sinai  unter  König 
Cheops  {Lepsius,  Denkm.  II,  2  c  =  Abb.  1).  Diese 
Gestalt  des  T.  ist  die  weitaus  häufigste  bis  zum 
Ende  der  ägyptischen  Religion,  neben  der  alle 
übrigen  Formen  zurücktreten.  Auf  dem  Ibis- 
kopf sitzt  häufig,  aber  nicht  immer,  als  Kopf- 
schmuck der  Mond  oder  meist  eine  Krone  (i?oec?er^ 
Dakke  2,  1913,  Taf.  85.  90.  93.  110.  129). 

b)  Pavian.  Der  stets  auf  den  Hinterbeinen 
hockende  und  den  Körper  aufrichtende  Pavian 
ist  ein  häufiges  Symbol  des  T.  In  einigen  Fäl- 
len steht  er  in  deutlicher  Verbindung  mit  dem 
Monde;  z.  B.  neben  dem  Skarabäus  als  Sonnen- 
tier (Naos  in  Kairo).  Bronzefiguren  des  hocken- 
den Pavians  zeigen  ihn  gern  mit  dem  Monde 
auf  dem  Kopfe  (Abb.  3).  In  anderen  Fällen  er- 
heben die  Paviane,  die  dann  meist  zu  mehreren 
auftreten,  betend  die  Hände;  sie  sind  hier  als 
die  die  Sonne  anbetenden  Tiere  gemeint,  tragen 
aber  trotzdem,  ein  an  Thoth  gerichtetes  Opfer- 
gebet ( Berlin  9941—2).  In  Plastiken  und  Reliefs 
hockt  der  Pavian  gern  auf  einer  Treppe,  in  der 
wohl  eine  Anspielung  auf  die  inschriftlich  oft 


2)  Amulett:  Ibis  mit 
Feder  (Fayence). 


859 


Thoth 


Thoth 


860 


3)  Bronzotigur  :    Parian  mit 
Mond  (Hildeaheim  18S0). 


erwähnte 'Treppe  von 
Hermopolis '  steckt. 
Wo  T.  als  ibisköpfiger 
Mann  an  der  Wuge 
steht,  hockt  gelegent- 
lich der  Pavian  dane- 
l>en,  z.  B.  bei  dem 
Abwiegen  der  Ergeb- 
nisse der  Expedition 
nach  Punt  (Üyu.  18) 
und  im  Totengericht 
{rotenbuch  Kap.  125). 
hie  7ai  Weisung  des 
Pavians  zu  T.  ist  ge- 
wiß uralt,  wenn  auch 
Belege  aus  der  Zeit 
vor  dem  Neuen  Reich 
nicht  vorzuliegen 
scheinen;  sie  betrifft 
gelegentlich  vorzugs- 
weise den  Gott  der 
Schrift.  Selten  sind 
Darstellungen,  in  de- 
nen der  Pavian  an 
Stelle  des  Gottes  und 
wie  er  selbst  ange- 
betet wird;  auf  zwei  guten  Beispielen  {Turaeo 
Taf.  II:  Denkstein  aus  Theben,  und  Hildesheim 
1883)  trägt  der  hockende  Pavian  den  Mond  auf 
dem  Kopfe. 

Die  Gestalt  des  pavianköpfigen  Mannes  für 
T.  ist  recht  selten  Sie  kommt  im  Buch  von 
der  Unterwelt  {Ämduat  ed.  Lefebure  in  Mem. 
Mission  Frani'  Caire  1,  39,  2.  Streifen)  vor  bei 
einem  thronenden  T.,  der  als  solcher  durch  die 
Beigabe  eines  Ibis  auf  der  Hand  gesichert  ist. 
Ferner  unter  den  Bildern  des  Osiris-Thoth  aus 
einer  mittelägyptischen  Kapelle  Ptolem'äus'  I. 
in  Hildesheim  {Boeder,  Denkm.  des  Pelizaeus- 
Museums  nr.  1883). 

3.  Kopfschmuck,  a)  Mond.  Seiner  Eigen- 
schaft als  Mondgott  verdankt  T.  den  Kopf- 
schmuck eines  Mondes;  dieser  wird  stets  in 
der  üblichen  Weise  dargestellt  als  schmale  gelbe 
Sichel,  über  der  die  rotbraune  Scheibe  des 
dunklen  Teiles  des  Mondes  steht.  Der  Mond 
wird  sowohl  auf  den  Männer-  wie  Ibis-  und 
Paviankopf  gesetzt;  er  kann  beliebig  zugesetzt 
werden  oder  fehlen,  wenn  er  natürlich  auch  in 
Fällen  bevorzugt  wird,  in  denen  T.  als  Mond- 
gott auftritt.  Eine  Unterscheidung  der  Dar- 
stellung des  Mondgottes  als  Mann,  Ibis  oder 
Pavian  läßt  sich  nicht  erkennen. 

b)  Krone.  Häufig  erhält  T.  die 'Atef-Krone', 
d.  h.  die  auf  wagerechte  Widderhörner  gestellt« 
oberägjptische  oder  Bündelkrone.  Sie  erscheint 
besonders  auf  dem  Ibiskopf  (s.  d),  da  dieser 
ja  der  häufigste  ist,  aber  auch  auf  dem  Männer- 
kopfe. Sie  ist  bis  in  die  römische  Zeit  zu  be- 
legen, z.  B.  in  den  südnubischen  Pyramiden 
{Lepsius,  Denkm.  5,  20.  31).  In  den  späten  Tem- 
peln trägt  T.  gelegentlich  eine  dreifache  Atef- 
krone,  vielleicht  mit  Hinweis  auf  seinen  Titel 
•"der  dreimal  Große'. 

c)  Federn.  Die  Augleichung  des  T.  an 
Schow  in  Nubien  hat  ihm  die  Federn  als  Kopf- 
schmuck verschafft,  die  dieser  von  Onuris 
( jn-hr  •  t  Anhor)  erhalten  hat.   Beide  Götter  er- 


scheinen z.  B.  in  Dakke  mit  den  vier  glatten 
Federn  auf  dem  Kopfe  {Boeder,  Dakke  2,  1913, 
Taf.  73.  102.  1«7.  134.  142),  ebenso  T.  in  den 
südnubischen  Pyramiden  römischer  Zeit  {LI) 
V,  19  b.  31.  33.  88). 

4.  Gegenstände  in  der  Hand,  a)  Pa- 
pyrusrolle.  Oft  hält  T.  in  der  Hand  einen 
kurzen  dicken  Gegenstand,  den  man  für  ein 
Stockende  ansehen  könnte,  wenn  es  nicht  ge 

10  legentlich  deutlich  eine  Papyrusrolle  wäre. 
Diese  ist  dem  Gotte  der  Schrift  angemessen, 
und  er  hat  sie  oft  bei  sich,  wo  er  in  die  Lage 
kommen  kann,  aus  ihr  vorlesen  zu  sollen.  Ge- 
legentlich hat  er  sie  aufgerollt  und  hält  sie 
lesend  vor  sich;  z.  B.  in  Bildern,  in  denen  er 
als  Wesir  vor  seinem  göttlichen  König  steht. 
Oder  auch,  wo  er  als  'Herr  der  Gottesworte" 
etwas  verkündigt.  Zuweilen  ist  e.s  offenbar  ein 
Zauberbuch,  das  der  Gott  hält,  gerade  wenn 

20  von  ihm  Beschwörungen  oder  wundertätige 
Formeln  erwartet  werden. 

b)  Schreibzeug.  Wenn  T.  in  seiner  Tätig 
keit  als  Schreiber  der  Götter  abgebildet  wird, 
hält  er  die  Palette  mit  der  Tinte  und  den  Bin- 
sen wie  ein  irdischer  Schreiber.  Dieser  Gegen- 
stand wird  ständiges  Attribut  des  Gottes,  auch 
wo  er  in  anderen  Funktionen  erscheint.  Er 
begegnet  vorwiegend  bei  der  Aufzeichnung  der 
Regierung  des  Königs,   im  Totengericht   und 

30  bei  dem  Wesir. 

c)  Auge.  Das  heilige Uzat- Auge  findet  sich 
oft  bei  T.  Der  Mann  oder  Pavian  hält  es  auf 
der  Hand,  am  Sockel  wird  es  eingegraben,  es 
begleitet  den  Ibis  oder  steht  in  sonst  einer 
Verbindung  mit  dem  Gotte.  In  der  Zusammen- 
stellung steckt  ein  Hinweis  auf  das  Horusauge, 
das  T.  geheilt  hat;  es  wird  als  Mond  gedeutet, 
der  das  eine  Auge  des  Himmelsgottes  ist,  oder 
man  sieht  in   ihm   mystische   Beziehungen   zu 

40  Zauberwirkungen  und  zur  Beschützung  des 
Menschen  gegen  Gefahren. 

G.  Geschichtliclie  Entwicklung. 
1.  Ältere  Zeit.  Wir  haben  uns  zu  denken, 
daß  in  uralter  Zeit  in  der  Gegend  von  Hermo- 
polis unabhängig  voneinander  eine  Reihe  von 
Gottesvorstellungen  vorhanden  gewesen  sind. 
Zunächst  ein  Gott  des  Mondes;  dann  ein  weiser 
Mann,  der  Wesir,  Richter,  Redner,  Schreiber, 

50  Vermesser  und  Urheber  aller  staatlichen  Ord- 
nung war;  ferner  ein  Ibis,  der  durch  sein  Ge- 
baren den  Eindruck  rätselhafter  Klugheit  er- 
weckte. Diese  Vorstellungen  sind  zusammen- 
geschmolzen und  haben  sich  an  eine  einzige 
Gottespersönlichkeit  geheftet,  die  in  Hermo- 
polis Hauptgott  wurde.  Von  selbst  fiel  ihr  nach 
ägyptischer  Sitte  die  Rolle  eines  Götterkönigs, 
Weltenherrschers  und  Schöpfers  zu,  als  der 
jeder  große  Gott    an  seinem  Heimatsitze  an- 

60  genommen    wurde,    freilich    blieb    dieser   Zug 
vorläufig    noch    im    Hintergrunde    und    drang 
jedenfalls  nicht  mit  den   übrigen  Zügen  über       , 
die  Grenzen  des  heimatlichen  Gaues  hinaus.  | 

Im  Alten  Reich  ist  die  Verschmelzung  voll-  j 
zogen:  T.  ist  zu  der  festumrissenen  Gestalt  ge-  « 
worden,  die  für  alle  Zeiten  bleibt.  Die  bildende  ^ 
Kunst  schafft  den  Typus  des  ibisköpfigen  Man-  ^ 
nes,  der  festgelegt  wird  und  an  dem  Gotte  für      | 


I 


861  Thotli  Thüth  S&^ 

immer  haftet     Die  religiöse  Literatur,   die   in  uiyntische    Zuspitzung   oder    eine    gedankliehe 

den  Pyramidinte.vteu  vorliegt,  hat  T.  aus  Her-  Umbiegung,  die  ihnen  früher  fern  gelegen  hat. 

mopolis  in   den   Kreis  der  großen   Götter  de«  In  bezug  auf  die  Tatsachen,  die  diesen  Speku- 

Landes  übernommen  und  ihn  und  seine  Mythen-  lationen  zugrunde  liegen,  erhalten  wir  aus  der 

kreise  auch  au  anderen  Orten  in  das  Leben  und  griechisclien  Zeit  unschätzbare  Mitteilungen. 
Wirken  der  Götterwelt  hineingearbeitet  Als  Beispiele  für  die  griechische  Überliele- 

Im  Neuen  Reich  und  in  der  Spätzeit  hält  rung  sei  genannt,  daß  Piaton  {Phaidros  210.' 
Hermopolis  und  mit  ihm  viele  Orte  Mittel-  [134])  von  Oevd-  als  einem  der  alten  Götter  bei 
ägyptens  bis  zur  Großen  Oase  El -Charge  an  Naukratis  erzählt,  dem  der  Vogel  heilig  iat, 
der  Überlieferung  von  dem  Heimatgotte  fest;  lo  der  Ibis  genannt  ist,  er  habe  die  Ziffern,  Arith- 
alle  seine  Züge  werden  bewahrt,  ausgesponnen  metik,  Geometrie,  Astronomie,  Buchstaben,  das 
und  in  gegenseitige  Beziehung  gebracht.  All-  Schriftwesen,  das  Würfel-  und  Brettspiel  er- 
mählich erhält  das  Wesen  des  T.  aber  eine  funden;  dann  folgt  ein  legendarischer  Bericht 
Fülle  von  Einzelzügen,  so  daß  er  schwer  über-  über  eine  Reise  zu  König  Thanus  von  Theben, 
sehbar  wird  und  nicht  mehr -einheitlich  bleibt;  der  unägyptisch  ist.  Im  Philehus  ^Kap.  8, 18  B) 
Einzelheiten  widersprechen  sich,  werden  aber  ist  ©tvQ-  ein  Mittelding  zwischen  einem  Gott 
nicht  ausgeglichen,  sondern  leben  ohne  Rück-  und  einem  göttlichen  Menschen,  dem  nach 
sieht  auf  Unstimmigkeiten  fort.  Die  Sammlung  ägyptischen  Berichten  ähnliche  Erfindungen  zu- 
des  Totenbnches  und  die  große  Zahl  der  typi-  geschrieben  werden.  Manetho  kennt  Hermes  in 
sehen  Tempelreliefs  legt  vieles  in  kanonischer  20  drei  verschiedenen  Formen:  Thoth,  den  Vater 
Weise  fest.  Gute  und  irrtümliche  Überliefe-  des  Agathodaimon  und  Tat;  der  erste  schrieb 
rungeu  werden  dadurch  über  das  ganze  Land  hieroglyphische  Königslisten  auf  Stein,  der 
hin  bis  in  die  neu  angelegten  Tempel  in  den  zweite  umschrieb  sie  in  hieratische  Buchschrift 
syrischen  und  nubischen  Kolonien  verbreitet.  auf  Papyrus.  Tat  (verkürzte  Namensform,  wie 
Der  Pavian,  dessen  Verbindung  mit  T.  gewiß  sie  in  Zusammensetzungen  vorliegt,  vgl.  Sp.  826) 
viel  älter  ist,  nimmt  seit  dem  Neuen  Reich  ist  bei  Stobaeus  der  Sohn  und  Nachfolger  des 
einen  großen  Raum  als  sein  Begleiter  ein.  Die  zum  Himmel  emporgehobenen  Thoth.  Cicero  de 
in  der  Spätzeit  vollzogene  Durchsetzung  der  nat.  deor.  3,  22,  56  nennt  fünf  verschiedene  For- 
ägyptischen Religion  mit  den  Osirismythen  hat  men  des  Hermes-Thoth.  Lactantius  ed.  Fritsche 
auch  T.  stärker  als  vorher  in  diese  hineinge-  30  1,  13  weiß,  daß  Hermopolis  von  ihm  gegründet 
zogen;  freilich  ist  er  fest  mit  den  Sonnensagen  ist,  und  Clemens  ITom.  b^2S  spricht  von  seinem 
verbunden,  die  ein  Gegengewicht  gegen  jene  Grabmale, 
bilden.  In  der  hermetischen  Literatur  und  bei  den 

2.  Spätere  Umgestaltung.  Große  reli-  Kirchenvätern  strömen  ägyptische,  hellenisti- 
giöse  Texte  des  Neuen  Reichs  wie  das  Kuh-  sehe,  gnostische  und  christliche  Quellen  zu- 
buch  (vgl.  oben  C.  1.  a)  oder  der  Hymnus  Ram-  sammen  zu  einem  in  allen  Farben  schillernden 
ses'  IV,  oder  Lieder  an  T.  (Zeitschr.  Ägypt.  Spr.  Bach,  dessen  Wässer  ihren  Ursprung  nicht  mehr 
33,  1895,  121)  nennen  nebeneinander  eine  An-  immer  erkennen  lassen.  Hier  ist  der  Trisme- 
zahl  von  Zügen  des  T.,  die  keine  innere  Ver-  gistos  zu  einem  mystischen  Allgott  geworden, 
bindung  haben.  Gleichzeitig  werden  an  anderen  40  der  ähnlich  wie  Isis  eine  umfassende  Univer- 
Stellen  die  Einzelheiten  selbständig  ausgestaltet.  salität  erlangt  hatte  (vgl.  oben  D.  3.  c,  5.  d) : 
Insbesondere  ist  die  Neigung  vorhanden,  T.  zu  Hermes  omnia  solus  et  ter  unus  {Martial  5, 
einem  allwissenden  und  allvermögenden  Gott  Epigr.  24),  Er  hat  Wunder  getan  und  philo- 
zu  entwickeln,  der  die  Macht  vieler  anderer  sophische  Bücher  verfaßt.  Mit  dem  hundsköp- 
Gottheiten  in  sich  vereinigt.  Im  Neuen  Reich  figen  Anubis  wächst  er  zusammen  zu  einem 
war  Amenhotep  III,  schon  ein  König  genannt,  Hermanubis  (schon  Plut. ,  De  Is.  61);  ebenso 
■"der  den  Leib  prüft,  der  kennt,  was  sich  im  berührt  er  sich  mit  Imhotep,  dem  Erfinder  der 
Herzen  befindet,  ein  Wissender  wie  T.'  {Lep-  Medizin  (schon  bei  Eratosthenes).  Kyrülos  voti 
sius,  Denkm.S,'!3c).  Ramses  III,  nennt  T,  einen  Alexandria  (1  adv.  lulian.  p.  30)  beruft  sich 
Gott,  vor  dem  nicht  nur  die  Dinge,  sondern  50  auf  Hermes,  der  an  die  heilige  Dreieinigkeit 
auch  die  Gedanken  abgewogen  werden  {Du-  geglaubt  habe.  Clemens  von  Alexandria  {Strom, 
michen,  Hist.  Insclir.  1,246,2;  Champollion,  6,  4)  zählt  die  heiligen  Bücher  der  alten  Ägypter 
Monum.  1,17).  Später  heißt  es  in  Edfu,  daß  auf,  die  er  verfaßt  habe.  Aus  ihnen  soll  die 
Tiberius  *■  dem  Weltall  Gesetze  gab  wie  T.,  pythagoreische  Lehre  und  die  platonische  Philo- 
der Schöpfer  des  Rechts'  {Brugsch,  Thes.  inscr.  sophie  sich  entwickelt  haben  {ebd.  1,  15,  131 
aeg.  4,  628),  und  T.  wird  in  Dendera  genannt:  p.  356;  lambl.  myst.  1,  2,  5;  Tertull.de  anima  2 
'"Schöpfer  des  Glücks,  Herz  des  Re,  Zunge  des  p.  538  [Oehler];  Theoph.  Antioch.  ad  Autol.  3, 
Atum,  Kehle  des  Amon,  Gebieter  der  Zeiten,  82).  Bei  den  christlichen  Ägyptern  lebt  T,  in 
König  der  Jahre'  {ebenda  759).  der  Benennung  des  1.  Monats  des  koptischen 

In  der  griechischen  Überlieferung  tritt  be-  60  Kalenders  fort  (s.  oben  A.  1  am  Ende), 
greif licherweise  die  dem  Fremden  ferner  lie-  Die  Übereinstimmungen,   die   Pierret,  Me- 

gende   Bindung  des  T.  an   die  örtlichen  Ver-  langes  d'archeol.  eg.  et  assyr.  1873,  112 — 7  zwi- 

hältnisse  von  Hermopolis  zurück,  und  ihr  Thot-  sehen  altägyptischen  und  hermetischen  Texten 

Hermes   ist    eine  im  wesentlichen  durch  seine  anführt,  sind  nicht  gesichert.  Neuere  Literatur : 

Stellung  im  Pantheon  interessante  Persönlich-  R.  Beitzenstein,  Poimandres  1904:-,  P.  Wendland, 

keit.  Seine  Mythen  und  Taten  werden  von  phi-  Die  hellenistisch-röm.  Kultur  2 — 3,  1912;   Zie- 

losophisch  geschulten  Köpfen  umgedeutet,  und  linski,  Hermes  und  die  Hermetik  im  Archiv  für 

die    ägyptischen   Vorstellungen    erhalten   eine  Bel.-Wiss.  8,  1905:   Beit zen stein ,  Die  hellenist. 


863                      ThözopithC  Tbrasios                        864 

Mysterieltreligionen*  1920,  14.  102;    Franz  Cu-      nes,  Dardanos   (s.  unter  Xiphos),  Damigeron, 
mofU,  Astrology  and  Beligion  among  the  GreeJc      Nectabis  und  Berenike.     [Preiaendanz] 

and  i?oma»w  1  »12,  76— 7;    Kroll,  Hermes  Tris-  Thrake  (©^«xrj),  Eponyme  des  gleichnamigen 

megistosy  i^mZ-J^tizyAZ.  8, 1,  792 -828.  Landes  bzw.  ferdteiles,  Tochter   des  Okeanos 

3.  Ausland.    Aus  der  Verbreitung  des  T.  und  der  Parthenope,    Schwester   der  Europa, 

über  seine  Ägyptische  Heimat  hinaus  in  Nach-  Andron.  im  SchoL  Aesch.  Pers.  186  =  l'zetz.  zu 
barländer,  die  sich  für  Syrien  (besonders  in  der      Lykophr.  894  (p.  289,  24  Scheer).   1284  (p.  862, 

Literatur  der  heidnisch  gebliebenen  Sabier),  Ära-  28).  Als  Titanin,  wohl  infolge  ihrer  genealogi- 

bien,  Nubien  und  Libyen  belegen  und  weit  in  die  sehen  Anknüpfung  an  Okeanos  und  infol<re  ihres 
grieohisch-römische  Kulturwelt  verfolgen  läßt,  lo  Verhältnisses  zu  Kronos  (s.  unten)  wird  Tlirake 

ist  am  interessantesten  das  Auftreten  in  der  bezeichnet  bei   Steph.  Byz.  s,  v.  Bi^wia  und 

phönizischen  Literatur.    In  der  Eosmogonie  des  O^axi],  zugleich  gilt  sie  als  Mutter  mehrerer 

Sanchuviathon  bei  Philon  von  By blas  (Müller,  EponymenthrakischerVolksstömme:  vonKronos 

l^m^w. /<i«/.^racc. 3,560 fF.) ist Misor, die Personi-  ist  sie  Mutter  des  Dolonkos,  Steph.  Byz.  s.  v. 

tikation  des  ägyptischen  Landes,  der  Vater  des  Bi9vvia   und   (9p«x»].     Tzetz.  zu  J.ykophr.  533 

Taaut,  den   die  Ägypter  OcaoO-,   die  Alexan-  'p.  191,  13);   vgl.'  Steph.  Byz.  s.  v.  JoXoyxoi. 

driner  Gad-  (nach  anderen  Öovö*)  und  die  Grie-  Philodem.  tcsqI  evatß.  p.  25  (52b)   und   dazu 

eben  Hermes  nennen;  in  eine  im  wesentlichen  0.  HÖfcr,  Mythologisch- Epi graphisches  (Progr. 

mit  der  griechischen  Mythologie  spielende  Er-  Wettin  Gymnas.  Dresden  1910)  S.  14,  von  Zeus 
Zählung  ist   dann  eingestreut,  daß  Taaut  den  20  Mutter  des  Bithynos,  Steph.  Byz.  s.  v.  Bi^vvia 

Himmel    gestaltet    und    die   heiligen    Schrift-  (vgl.  s.  v.  ^oilo'/xot).  Jpjjm«.  ilftW.  1,  vonObria- 

zeichen  erfunden  habe.  Hermes  der  Trismegi-  reos   Mutter   des  Trieros,   des  Eponymos   der 

stos  war  bei  Kronos  und  half  diesem   durch  TQtfiQis  oder  Tqtiqs?.,  Arrian.  bei  Steph.  Byz. 

Erfindungen  und  Zauberworte.    Nach  Poiphy-  s.  v.  Tgiijoes  (vgl.  Max.  Mayer  Bd.  2,  Sp.  1480, 

rill«  {ebd.  270,5)  zeichnete  sich  Taaut,  den  die  52  fF.  unter  Kronos,  Haines  21  [1892],  495  tf.). 

Ägypter  Thoth  benennen ,  durch  Weisheit  bei  Von  Arrian.  bei  Eiist  zu  Dionys.  Per.  322  wird 

den   Phöniziern   aus   und    ordnete   zuerst    die  Thrake  als  eine  zauberkundige  Nymphe,  eine 

Gottesverehrung.  Eiisebius  {ebd.  572)  läßt  Taaut  der  Medeia,  Agamede  oder  Kirke  ähnliche  Ge  ■ 

den  Phöniziern  und  Ägyptern  das  Beispiel  für  stalt  bezeichnet.    Eine  Darstellung  der  Lokal- 
die  Vergötterung  von  Tieren  geben,  die  er  auch  30  Personifikation  von  Thrake  haben  wir  vielleicht 

in  seinen  heiligen  Schriften  festgestellt  habe.  auf  einem   pompejanischen  Wandgemälde   zu 

Das  gesamte  Material  hierzu  ist  kritisch  ge-  erblicken,  das  den  OPct)EYC  als  Kitharoden  mit 

sichtet  bei  Pietschmann ,  Hermes  Trismegistos  Herakles  (HPA  ..  HZ)  unter  den  Musen  6YT6PTTH, 

1876;  dort  ist  S.  33  eine  ägyptisch-phönizische  0AAHA,     OYPNIE,    TEPVIXOP,    MEAnOMENe 

Statuette   des   Harpokrates   aus   dem   Nildelta  zeigt;  neben  einer  anderen  vollständig  zerstör- 

in  Madrid  erwähnt,  die  in  einer  Genealogie  den  ten  Figur,  von  der  nur  Reste  eines  weißen  Ge- 

Personennamen  :;::   enthält.   Eine  phönizische  wandes  erhalten  sind,  steht  ..  .KH  {W.  Heibig, 

Gemme   (Maspero,   Hist.  anc.2,blS  nach  de  Wandgemälde  Cam2Janiens  nT.SdH]).  HS  f. ^  Tsif. 

Vogiie,  Mel.  d'archeol.  Orient,  pl.  1, 1,  p.  106—8)  10),  welches  von  Schoene,  Bullettino  39  (1867), 
zeigt  den  Mond  über  dem  ibisköfigen  T.  und  40  49,  E.  Maaß,  Orpheus  149,40  zu  [EvQvdL]KH, 

andere  Symbole.     [Roeder.]  von  Dilthey,  Bullettino  41  (1869),  152.    Knapp, 

Thözopithe  {'&(o^0Tii9ri)y  nicht,  wie  bei  Bruno  Über  Orpheusdarstellungen  {Gymnas.  Progr.  Tü- 

Müller,   Miyas  ^Bog   {Diss.  phil.  Hai.  21,  3)  hingen  1895)  14  zu  13,2  (vgl.  W.  Heibig,  ünter- 

385,  als  Namen  einer  Gottheit  {^a^OTtid^T}  &qxte  suchungen  über  die  campan.  Wandmalerei  293) 

&^sä  nsyiöTTi)  zu  verstehen,  sondern  als  Anfang  zu   [0(»r/]KH   ergänzt  wird.   —   Auf  römischen 

eines  bekannten  magischen  'Logos'  (vgl.  meine  Kaisermünzen    erscheint   die    inschriftlich   be- 

'31iszeUen  zu  den  Zauberpapyri*  Wiener  Stud.  zeugte  Thracia  in  kurzem  Gewände  mit  Schale, 

41  [1919],  8 — 13),  der  ganz  ausgeschrieben  im  Kranz  und  Palme,  Cohen  2, 112  Adrien  77.  — 

Großen  Par.  Zauperpap.  Z.  1283  — 1290  steht,  2,  350  .4n<onm  816.  M.  Jatta,  Le  rappresentanze 
mit  dem  Anfangsstichwort  Z.  1301,  vor  dem  50  figurate  delle  provincie  Roiyiane  2S  Thracia  1.  2, 

Gebet:   Zigxts   ^sä  ...  zu    sagen,    1308   nach  Tav.  4, 1.  2.  Bei  Bändigung  der  Rosse  des  Dio- 

Schluß  nochmals  C&to^oTti^ri*  Xoyog  Pap.).   Im  medes  durch  Herakles  personifiziert  eine  weib- 

Buch  des  Jeil  heißt  eine  der  zwölf  Emanatio-  liehe  Figur  das  von  ersterem  beherrschte  Thra- 

nen:  Sa^a^a^ai,  ein  Aeon:  ©a^coat;   \ gl.  kop-  kien  (Schale  in  Villa  Albani  bei  Zoe</a,  J5amn7. 

tisch -gnost.  Schriften  von  C.  Schmidt  1  (1905),  LXH.  LXIIL),  Platner,  Beschreibung  Borns  3,2, 

282,  322,  23.     [Preisendanz.]                               '  S.  504.    Ferd.  Piper,    Mythol   der    christlichen 

Thphe  (0g)»J),  als  zauberkundiger  Hierogram-  Kunst  1,2,  S  575.     [Höfer.] 
mateus  genannt  im  zweiten  Leidener  Zauber-  Tbrakia(0ßr(:xia), Beiname derAphrodite. Vgl. 
papyrus  W.    Seine  Schrift  oder  sein  Brief  an  Hesych.  s.  v.  ^gaL-nici-  'AcpQoSitri.    [Röscher.] 
den  König  Ochos  wird   erwähnt:   tv  xfi  ngog  m      Thrapf»iarimorirok    {0Qccii)LaQi^oQiQon),    in 
'Sl^ov.    Darin  habe  er  den   'heiligen  Namen'  der  '^ Mithrasliturgie*  des  Großen  Par.  Zauber- 
in bestimmter  Weise  geschrieben;  col.  22,9 —  papyrus  Z.  652 f.  Name  eines  Tages-  und  Stun- 
16  (mit  dem  Namen).    Vgl.  A.  Dieterich,  Kl.  denregenten  (6  rfig  gthlbqov  rj^iegag  %ccl  mgag 
Sehr.  8.  10;  Abraxas,  Index.    Wessely,  Ephesia  wgovo^iog),  der  zum  Weissagen  erscheinen  soll. 
Grammata,  S.  4,  denkt  an  die  Möglichkeit,  ihn  [Preisendanz.] 
„mit  dem  aus  Tertullian  und  den  Papyri  be-  Thrasios  (Öpafftoff),  1)  Päonier,  von  Achilleus 
kannten  Typhon"  zu  identifizieren.  Tertullian,  getötet,  Hom.  II.  21,  210.  —  2)  S.  Thrasios' 
de  anima  57,  stellt  diesen  Typhon  neben  Osta-  nr.  1,  Bd.  3,  2453.     [Ruhl.] 


865                         Thraso  Thria-                          86(5 

Thraso    ((')qcc6i'>j),    1)  Beiname    der   Athene,  Vater  des  Sillos  und  (»roßvater  des  Alkmaion 

8.  d.  Tharso.  —  2)  Amazone  auf  einer  r.-f.  Vase  ist,  werden  an  ihn  die  Ahnherrn  der  Alkmai- 

iu  Arezzo.  Literatur  s.  unter  Teisijjyle.  [Höfer.  |  oniden    angeknüpft,    Paus.  2,  18,  8;    Impffer, 

Thrassa  {Oqucöu),  1)  Tochter  des  Ares  und  Attische  Gmeal.  225;  228;  232.    Sein  Grab  lag 

der  Tereine,  Gemahlin  des  Hip])onus,  Mutter  der  in  der  Nähe  von  Pylos,    l*aus.  4,  36,  2.     Mit 

rolyphonie,  Jioios  ht'i  A)ifoti.  Liber.  21.  —  2)  Das  Nestor  und  Antilochos  war  er  auf  dem  Bilde 

Et.  M.  477,  1  nennt  eine  Thrassa  von  Ares  Mut-  des  Omphalion  im  Tempel   der  Messene   dar- 

ter  des  Ismaros,  des  Eponyms  der  thrakischen  j^^estellt,  Paus.  4,  31,  11.  —  2)  Freier  der  Pene- 

Stadt  Maroneia.    Vgl.  Fr  eller- Robert,  Gr.  M.  V  lope,  Apollod.  cpit  7,  27  W.  —  3)  Ein  rhodi- 
787,  Anm.  3:  Toepffer.Att.Geneal  AS  Anm.  1.  In  lo  scher  Eponym,  /.  Gr.  12,  1,  1144.     [Ruhl.] 

beiden  Verbindungen  des  Ares  mit  cinerTh.  liegt  Thrasymelos(0(>aövf(rjAoj),  v.l.  f.Thrasydemos 

ein  Hinweis   auf  seine  Natur  als   thrak.  Gott,  od.  Thrasybulos  (s.  d.),  Wagenlenker  Sarpedons: 

Gruppe,  Gr.  M.  1375  mit  Anm   3.     [Ruhl]  Kiistath.'z.  II.  1(5,  463,  p.  1071,  10.    |Roscher.J 

Thrasybule  (6)paöy/5ovX7j),  Gattin  des  Iphitos,  Tlirax  (©pu^),   alter  König  und   Eponymos 

Mutter  des  Schedios  und  des  Epistrophos,  Tzetz.  der  Thraker,   Constant.  Vorphyrog.  De  them.  2 

Proleg.  AUeg.  Hom.  II.  541.    I3ei  Hygin.  f.  97  p.  46  (ed.  Bonn.)   und    daraus   wohl   auch    mit 

(p.  91 ,  8  Schm.)    wird   als    Gattin    des    Iphitos  Berkel  (vgl.  Mcinele  z.  d.  St.)  bei  Steph.  Byz. 

Hippolyte  genannt.     [Höfer.]  s.  v.  &Qu-Ar\  einzusetzen.     [Höfer.  | 

Tlirasybulos    {&QaGvßovXog)    =    Thrasyde-  Threpsippas  (?)  s.  Threpsippos. 

raos('?)  (s.  d.).                                                             20  Threpsippos  {f)QbipLn7tog),  so  Faber  für  ©qs- 

Thrasydemos    {f)QccavS7]itog)y    Wagenlenker  ipinnccg   Apollodor  2,    161  W,    den    Sohn    des 

und  %'8QCiTcoiv  des  Sarpedon,  von  Patroklos  ge-  Herakles    und    der    Thespiade    Panope.     Vgl. 

tötet:  II.  16,  463 f.  —  Nach  den  Schol.  z.  d.  St.  Loheck  zu  Soph.  Ai.  604.     [Ruhl.] 

lasen  andere   hier  0QacvßovXov.    Vgl.  Thrasy-  Thriagoiios  {(dQLdyovog).  Unter  den  von  The- 

melos.     [Röscher.]  seus   aus  dem  Labyrinth  befreiten  Jungfrauen 

Thrasymedes  {@Q0(.6v^7]driq),  1)  Nestors  Sohn  nennt  Serv.  zu  Verg.  Aen.  6,  21 :  Milita  Triaconi, 
von  Anaxibia,  Apollod.  1,  94  W-,  Dict.  Cret.  1,  wofür  mit  Stephani,  Theseus  u.  Minotauros  und 
13,  oder  von  Eurydike,  Hygin.  fab.  97  p.  90,  0.  Jahn,  Archäol.  Beiträge  453  (Nachtrag  zu 
17  Schm.  Er  und  Antilochos  sind  die  hervor-  S.  275)  zu  lesen  ist:  Melite  Thriagoni  (mit  Be- 
rageudsten  Söhne  Nestors,  Paus.  4,  31,  11.  30  ziehung  auf  den  attischen  Demos  Thria);  vgl. 
Nach  der  gen.  Hyginstelle  zog  er  mit  15  Schif-  Bd.  4,  Sp.  691,  5^  f.  [Höfer.] 
fen  nach  Troja.  In  der  Ilias  treten  besonders  Thriai  {&qJccl,  Etym.  M.  QqIccl)  hießen  drei 
charakteristische  Züge  nicht  hervor,  und  auch  Nymphen  (Philochoros  bei  Zenob.  5,  75;  = 
die  den  folgenden  Stellen  beigefügten  Epitheta  F.H.G.  1,  416  n.  196.  Hesych.  s.  v.  Etym.  M. 
sind  die  für  die  Helden  allgemein  üblichen.  455,  34.  Schol.  Callim.  Ap.  45.  Hymn.  Hom. 
Er  kämpft  an  der  Seite  seines  Bruders  Anti-  Merc.  554),  Töchter  des  Zeus  (Pherehjdes  b. 
lochos  und  tötet  den  Maris,  der  jenen  bedroht.  Gramer,  an.  Par.  4,  183,  21  =  FHG.  4,  637, 
16,  321  ff.  {avrid-sog);  vgl.  Gruppe,  Gr.  Myth.  Archiloch.  fr.  168  bei  Bergk  P.L.  GrMl,  432. 
647.  Auch  17,  378  ff.  sind  beide  zusammen  Gramer,  an.  Oxon.  4^,  SS7,  26  hei  Bergk  a.  0.  lU, 
genannt;  17,  705  (dlog)  wird  er  den  Pyliern  40  689 f.),  Schwestern  (^ZZ«/^?*.  .ffom.  ülferc.  552),  die 
zu  Hilfe  geschickt;  9,  81  zieht  er  mit  7  an-  am  Parnassos  hausten  (Hymn.  Hom.  Merc.  555. 
deren  Führern  auf  Wache  vor  Troja.  10,  255  Philoch.  a.  0.),  Erzieherinnen  des  Apollon 
{^svBnToXsiLog)  gibt  er  dem  Diomedes  sein  (PhilocJi.  a.  0.).  Ihr  Name  wird  von  der  Drei- 
Schwert.  14,  lO  {litTioöccfiog)  nimmt  Nestor  des  zahl  abgeleitet  (Etym.  M.  a.  0.  Gramer,  an. 
Thr.  Schild.  Zu  diesen  beiden  Stellen  bemerkt  Pa?'.  a.  0.).  Sie  gehörten  dem  Apollon  zu  (jF/yww. 
Gruppe  a.  a.  0.  647,,,  Th.  scheine  nach  einem  H.  Merc.  564.  Callim.  h.  Ap.  45;  vgl.  Etym. 
alten  Aresnamen  genannt;  es  sei  kaum  ein  Zu-  M.  a.  0.),  waren  die  Erfinderinnen  der  Wahr- 
fall, daß  Diomedes  und  Nestor  seine  Waffen  sagung  durch  Steinchen,  i/^r^qpot  (Etym.  M.  a.  0. 
anlegten,  und  alte  Lieder  hätten  wohl  seine  Schol.  Callim.  Ap.  45),  die  nach  ihnen  selber 
Rüstung  besungen.  Bei  Hygin.  fab.  114  p.  101,  5  50  d-QLai  genannt  wurden  (Philoch.  a.  0.;  vgl.  Schol. 
Schm.  wird  er  unter  den  Helden  erwähnt,  die  Callim.  Ap.  45),  und  galten  überhaupt  als  die 
2  Feinde  getötet  haben.  Nach  Quint.  Smyrn.  ersten  Weissagerinnen,  fidvTSig  (Hesych.  d-giai). 
2,  342  versucht  er  vergeblich,  den  Memnon  —  „(Thrien)  gibt  es'\  so  sagt  im  (homerischen) 
von  der  Leiche  des  getöteten  Antilochos  weg-  Hymnos  auf  Hermes  (552  ff.)  Apollon  zu  Her- 
zudrängen; ebd.  12,  319  steigt  er  mit  in  das  mes,  „als  Schwestern  geboren,  Jungfrauen,  mit 
hölzerne  Pferd;  vgl.  noch  6,  540.  Die  Teil-  schnellen  Fittichen  prunkend,  drei.  Auf  dem 
nähme  am  Zug  nach  Troja  erwähnen  außer-  Haupte  sind  sie  mit  weißem  Mehle  bestreut  und 
dem  Paus.  4,  31,  11;  das  Fragment  einer  Ta-  haben  ihre  Behausungen  unter  der  Schlucht  des 
bida  Iliaca  C.  I.  Gr.  6126  B,  wo  er  den  Ni-  Parnassos  (-uTrö  Ttrvx'i-  nagvriaoto),  fernab  der 
kainetos  tötet  (vgl.  0.  Jahn,  Bilderchronik  p.  67  60  Wahrsagung  Lehrerinnen,  der  ich  bei  den  Rin- 
Tafel  3  D^);  Tryphiod.  169;  Tzetz.  Posthorn.  645.  dern,alsich  noch  ein  Kind  war,  mich  befleißigte: 
Dagegen  leugnet  Philostr.  Her.  3,  2  p.  166,  mein  Vater  kümmerte  sich  nicht  darum.  Von  dort 
24  K,  daß  Thr.  oder  ein  anderer  Sohn  Nestors  alsdann  eine  nach  der  andern  ausfliegend,  holen 
vor  Troja  gewesen  sei.  Daß  er  glücklich  zu-  sie  ihre  Speise  aus  Honigwaben  und  bringen 
rückgekehrt  ist,  ergibt  sich  aus  dem  3.  Buch  alles  zum  Ziele  (%qo!.ivov6lv  Byiaarcc;  vgl.  Od. 
der  Odyssee]  v.  39  nimmt  Telemach  zwischen  19,  567  von  den  wahren  Traumbildern  oi 
ihm  und  Nestor  Platz,  442  ff.  schlachtet  erden  ^'  hviicc  v,qccivov6L.  Eur.  Ion  4=67).  Wenn  diese 
Opferstier;  vgl.  Athen.  14,  660  b.  c.     Indem  er  berauscht  sind,   nachdem  sie  Honig  gegessen. 


867  Thriai  Thriai  868 

BO  wollen  sie  willig  die  Wahrheit  verkünden.  ob.  Bd.  1,  Sp.  1541  fiF.  Wissowa,  Rel.  u.  Kult.  d. 
Wenn  ihnen  aber  die  süße  Speise  der  Götter  Böm.  210.  Losung  aus  Weidenzweigen  bei  den 
vorenthalten  wird,  alsdann  versuchen  sie  seit-  Skythen  Herod.  4,  67,  aus  der  in  Stäbchen  zer- 
ab  vom  Wege  zu  führen  (nsigobvrai,  d'^arftra  schnittenen  Rute  eines  fruchtbringenden  Bau- 
nagk^  ödbv  rjyeiiovsvsiv:  so  die  Hss.,  der  Laur.  mes  überhaupt  Tacit.  G.  10  Caes.  B.  G.  1,  68; 
am  Rande  yg.  tpivSovtai  $*ijx£na  Si  aU^Xonv  fraxineae  tabellae:  Venantius  Fortunat.  7,  18, 
dfvioi'öai,  Baumeister  Soviovaai).  Diese  drei  19.  Ammian.  29,  1,  29.  31,  2,  24.  Vgl.  Kluge, 
Schwestern  bietet  ApoUon  dem  Hermes  zum  Etym.Wört^rb.  Mutcr  ^B\ic}i\  Homcyer,  Monats- 
Geschenk  an.  Daß  in  den  wiedergesehenen  ber.  d.  Berl.  Akad.  1853,  2,  768  ff.  Aehnliches 
Versen  des  H^mnos  von  den  Thrien  die  Kede  lo  bei  den  Kelten:  Schrader,  Beallexik.  d.  indog. 
ist,  hat  im  Hinblick  auf  die  oben  angeführten  Altert  unter  'Los'.  Auch  in  Delphi  war 
Zeugnisse,  zu  denen  die  Erzählung  von  Hermes  diese  Art  der  Weissagung  einmal  üblich  ge- 
Rinderdieb  bei  Apollodor  (8,  10,  2)  kommt,  G.  wesen.  Auf  (ilrund  derselben  entstand  und 
Hermann  erkannt  und  daher  v.  662  geschrieben  erhielt  sich  für  alle  Zeiten  der  Ausdruck 
^Qial  yoLQ  rivis  elai,  während  in  den  Hss.  ävaigstv  für  die  Orakelgebung  der  Pythia; 
MolQtti^  im  Moscoviensis  I^iLvcci  gelesen  wird.  zunächst  vom  Aufnehmen  der  Lose  gebraucht, 
Vgl.  Schneidetcin,  I%ilolog.  8,  697  f.  Maaß,  Or-  wie  legere  (sortilegus  inschriftlich  Orelli  2303 
j^eus  221  f.,  8«).  JRosc/wT,  Philol.  60,  1901,  in  Praeneste,  surculos  tollere  bei  Tacitus  G.  10) 
^IZ.  .Wenigem;  Ztschr.Sokratesb  {1^11)  S.  808  f.  „lesen",  d.  i.  auflesen,  dann  übertragen  vom 
—  Nach  Steph.  B.  s.  v.  Sgta  und  Philochoros  80  Lesen  der  Buchstaben,  bei  den  Deutschen  bis 
b.  Zenob.  6,  75  war  es  Athena,  welche  die  heute  {Kluge  a.  0.  u. 'Lesen').  Wahrscheinlich 
Weissagung  durch  Lose  erfand.  Zeus  aber  erklärt  sich  aus  dieser  Form  der  Orakelgebung 
nahm,  weil  es  ihn  verdroß,  daß  die  delphischen  in  Delphi  auch  der  Gebrauch  des  Dreifußes, 
Sprüche  Apollons  dadurch  beeinträchtigt  wur-  dessen  oXfiog  ursprünglich  das  zweckmäßigste 
den,  der  Thrienmantik  den  (Glauben.  Als  nun  Gefäß  für  die  Lose  gebildet  hat.  Dies  bekun- 
die  Menschen  sich  wieder  dem  delphischen  det  die  spätere  Angabe,  daß  beim  Orakelgeben 
Orakel  zuwandten,  sagte  der  Gott  durch  den  die  Lose  im  Kessel  sich  regten  und  empor- 
Mund  der  Pythia :  „Viele  sind  Loswerfer,  aber  sprangen :  Suidas  Uvd-io  •  —  Isgbv  tov  '^TröUrn- 
wenige  sind  weissagende  Männer",  was  dann  vog,  o  eyiccXslto  UvO-m-  iv  co  ;ta;ixoüff  rginovs 
zum  Sprichworte  geworden  ist.  Etwas  ab-  so  iSqvto,  yial  vnsQ&sv  qp/a^rj,  tj  tag  fiavrfnag  elx^ 
weichend  berichtet  Etym.  M.  a.  0.,  die  Thrien  \br\(fovg'  ainvsg  igo^Lsvcav  t&v  iiavt £vofLBV(07> 
seien  es  gewesen,  welche  die  mantischen  rjXXovTo,  yial  rj  IJvd'ia  iy.q}OQov(jsvr}  fixoi  ivd-ov- 
Steinchen  erfanden  und  sie  der  Athena  über-  oicböce,  heysv  cc  i^^cpsgsv  6  AitoXXiüv.  Eudociu 
gaben.  Diese  aber,  um  dem  Vorwurfe  zu  ent-  viol.  265  p.  109  —  TTv^cb-  iv  r}  ißtaxo  6  rgi- 
gehen,  fremdes  Eigentum,  nämlich  des  ApoUon,  jtovg  6  x'^^'^ovg,  i^  ov  xccX-kov  xQiTcoöog  i]  ficcv- 
sich  angeeignet  zu  haben,  warf  sie  in  jene  rsicc  i^erpigETO'  indvca  yocg  tov  TgiTtodog  rjv  xLg 
Ebene,  welche  davon  den  Namen  der  thriasi-  qpiaX?j,  iv  tj  al  i/j^qpot  ort  uavtiyial  ijXXovro  xai 
sehen  erhielt.  Vgl.  Steph.  B.  Ggta.  ini^Sav,  T]vl-na  ^JjtöXXav  tr}v  iiavTsiav  i^icpsgs. 
Die  Thrien  sind  ihrem  Wesen  nach  nomen-  {Wieseler,  d.  delph.  Dreifuß,  Abh.  Gott.  Ges. 
artige  Gestalten,  ähnlich  den  Moiren,  aber  40  d.  W.  1871,  15,  16.  47).  Man  versteht  danach 
nicht,  wie  diese,  in  tieferer  Symbolik  eine  von  auch  den  technischen  Ausdruck  ixTtinTti  XQ^~ 
unvordenklichen  Zeiten  her  durch  höhere  6^6g  (Beispiele  Xenoph.  Conv.  5,  10.  Diog.  L. 
Macht  gefügte  Verteilung  des  Schicksals  be-  1,  32.  Aelian.  b.  Suid.  s.  v.  "Ayiog.  Suid.  s.  v. 
deutend  (vgl.  TFei>säcAer,  ob.  Bd.  2,  Sp.  3084  f.  u.  Kd^uynia  Xvsig.  Lucian.  Alex.  43.  FoUux  1, 
Moira),  sondern,  in  volkstümlicher  Auffassung  19).  Das  durch  den  Losgebrauch  eingewöhnte 
die  jedesmalige  Entscheidung  durch  die  zu-  und  geheiligte  Gefäß  wurde  in  Delphi  sodann 
fallende  Lage  von  Loswürfeln  bezeichnend.  auch  als  geeigneter  Sitz  der  Pythia  über  den 
Vertreterinnen  einer  Art  Kleinorakel  von  Hirten  Erdspalt  gestellt.  (Vgl.  Reisch  b.  Pauly-Wisso- 
und  Bauern  (vgl.  Hymn.  H.  in  Merc.  556  in)  ra  5,  2,  1679  u.  'Dreifuß'.)  Die  ältere  Art  der 
ßovcC).  Daß  diese  Art  der  Wahrsagung  sehr  50  Orakelgebung  durch  eingeritzte  Lose  aus  Holz 
alt  war,  läßt  sich  aus  verschiedenen  ümstän-  aber  hängt  offenbar  mit  dem  Baumdienst  und 
den  schließen.  Man  bediente  sich  bei  den  durch  diesen  mit  der  Weissagung  aus  den 
Griechen  sehr  früh  schon  der  Stäbe  oder  Tiefen  der  Erde  zusammen;  vgl.  m.  Ausführungen 
Täfelchen  von  Holz,  dann  auch  wohl  kleiner  in  d.  Abh.  Der  heil.  Ölbaum  in  Olympia,  Progr. 
Scherben  oder  Würfel  von  Tierknochen,  in  die  Weimar  1895,  19  f  Olymp.  Forschgn.  3  {Dienst 
man  Zeichen  einritzte  und  sie  dann  durch-  d.  Muftergöitin)  Kliol.llbi.  @td)v  iv  yovvaGL 
einanderwarf  und  danach  aus  ihnen  das  Los  in  Sokrates  2,  1  (1914)  S.  14  ff.  Anwendung  von 
zog  oder  herausspringen  ließ.  Über  diesen  y,X^goL  noch  im  späteren  delphischen  Dienst 
Brauch  im  älteren  Gottesdienste  vgl.  Jambli-  ist  von  Plutarch  de  ei  ap.  Delph.  16  p.  391 
chos  de  myst.  3,  17  p.  141  Parthey.  ÄcÄoZ.  60  bezeugt;  vgl.  auch  de /ra^erwo  awiore  21  p.  492. 
Aristoph.  PL  39.  Schol.  Pind.  Pyth.  4,  337.  Weiteres  bei  Kaibel,  Heimes  10,  193  ff.  23, 
Losorakel  in  Dodona  bezeugt  Cicero  de  div.  1,  532  ff.  und  Heinevetter,  Würfel  u.  Buchstaben- 
76;  in  Olympia  Hesych.  cpgvxrbg  dsXcplg.  —  Es  orakel  in  Gr.  u.  Kleinasien,  Breslau  1912, 
ist  bekannt,  daß  der  nämliche  Brauch  auch  S.  33  ff.  —  Hierher  gehört  nun  das  von  den 
bei  andern  Völkern  bestand,  über  die  sortes  Thrien  Berichtete.  &gla  (von  Q-glov)  bedeutet 
aus  Eichenholz  mit  altertümlichen  Schrift-  Blätter,  namentlich  Feigenblätter  oder  Wein- 
zeichen im  Dienste  der  Fortuna  Primigenia  zu  blätter  {Etym.  M.  a.  a.  0.  Gramer,  an.  Par.  4, 
Praeneste  s.  C*cero  df  rf/r.  2,  85.  1 ,  34.  \g\.  Peter,  184,  1),    ^giai    die    accvxi%al    rhfjcpoi.   (Hesych 


869 


Thriai 


Thriai 


870 


9'Qicci.  Steph.  B.  ffqla.  Schal.  Callini.  Ap.  45. 
EUjm.  M.  a.  0).  Daher  wird  %Qia.tHv  bei  He- 
sifchios  unter  IJcrufuiifT^  auf  Kiiripidvs  und  So- 
pholies  süwolil  durch  rpvXloXoytfv,  wie  durcli 
ivQ^ovai&v,  ^vi)ovaia.i;fiv,  erklärt.  Vielleicht  ist 
es  nicht  olane  Bedeutung,  daß  Themif?  auf  dem 
DreifuÜe  der  Volcenter  Schale  ein  Lorbeer- 
zweiglein mit  7  BUlttern  in  der  Hand  hillt. 
Vgl.  den  Artikel  Thcmis  ob.  Sp.  679  Abb.  2. 
Die  als  „Thricn"  bezeichneten  Steinchen  wa-  lo 
ren  drei  an  Zahl  und  wurden  (wie  in  Bura 
vier  Astragalen  Pann.  7 ,  '26,  6)  gleich  Wür- 
feln hingeworfen.  Dies  lehrt  der  Ausdruck 
^Qio^öXog  (vgl.  die  von  Loheck  Agl.  814  bei- 
gebrachte Stelle  eines  handschriftlichen  Glossars 
bei  Du  Cange  s.  v.  Wr^rpcig  p.  1781:  &Qtoß6lot 
anb  ipf](pov  noiVT8is)  und  das  Sprichwort  FloXXol 
^QioßoXoi.,  TtccvQoi  di  TS  ficcvTLEs  ccvÖQes  bei  Steph. 
B.  s.  V.  ©QLCi,  welches  in  hergebrachter  (in  sa- 
kralem Gebrauche  bekanntlich  auch  anders  ge-  20 
faßter,  Loheck  Agl.  813)  Form  auf  die  Tatsache 
hinweist,  daß  die  bequeme  Art  dieser  Mantik 
durch  Lose  zwar  vielen  zugänglich  ist,  daß  aber 
zwischen  solchen  Wahrsagern  und  von  göttlicher 
Weisheit  erfüllten  Propheten  ein  großer  Unter- 
schied besteht.  Thriobolie  verlangt  keine  beson- 
dere Kunst;  daherließen  die  in  Delphi  maßgeben- 
den Kreise  jene  ursprüngliche  Art  die  Zukunft 
zu  erkunden  fallen  und  setzten  die  andere  an 
die  Stelle,  während  die  alte  mit  der  Zähig-  so 
keit,  die  gottesdienstlichen  Bräuchen  eignet, 
sich  in  dürftiger  Gestalt  als  untergeordnete 
Wahrsagung  erhalten  hat.  Das  will  es  be- 
deuten, wenn  der  angeführte  Spruch  der  Py- 
thia  in  den  Mund  gelegt  ist,  und  wenn  es 
heißt,  daß  Zeus  der  Steinchenmantik  den 
Glauben  nahm  dem  ApoUon  zuliebe  (ähnlich 
Eurip.  Iph.  T.  1264),  der  bekanntlich  als  des 
Zeus  TtQocprixri?  {Aesch.  Enm.  19)  seine  Orakel 
erteilte.  Die  Thrienmantik  scheint  zunächst  40 
an  Delphi  geknüpft;  das  bedeutet  das  Wohnen 
der  Schwestern  unter  der  Schlucht  des  Par- 
nasses (nicht  „unterirdisch",  wie  Härtung,  Gr. 
M.  4,  51)  meint.  Denn  das  pythische  Heilig- 
tum liegt  wirklich  unter  einer  Schlucht;  es  ist 
die  zwischen  den  Bergwänden  der  Phaidriaden 
Phlembukos  und  Rhodini  befindliche  {Ulrichs, 
R.  u.  F.  1 ,  47.  118  f.  Baedeker,  Gr.  ^  14  f.), 
und  die  yvaXa  IIcxQvricoto,  ^oißov,  d'sov  werden 
oft  erwähnt,  z.  B.  Hesiod  th.  499.  Hymn.  in  50 
Ap.  393.  Eurip.  Phoen.  237.  Jon  245.  —  Was 
dann  weiter  in  dem  (Homerischen)  Hymnos 
von  den  drei  Schwestern  erzählt  wird,  daß 
ihr  Haupt  mit  Mehl  bestreut  war,  kennzeich- 
net sie  nach  der  gewöhnlichen  Meinung  als 
Greisinnen;  vgl.  Hesych.  ciX(fix6xQfüg'  Xsvy.-^- 
noXid,  cbg  äXcpixcc.  (In  dem  Orakel  bei  Diodor 
excerpt  Vat.  22,  20  p.  47  Mai.  Aristid.  or. 
i^acr.  4,  524  Dincl.  sind  unter  den  Xevv.cc\  xogccL 
aber  weder  die  Thrien  zu  verstehen,  wie  Bau-  60 
meister  S.  246  seiner  größern  Ausgabe  der 
Hymnen  andeutet,  noch  die  Moiren,  wie  A. 
Mommsen,  Delphika  181  annimmt,  sondern 
Schneejungfrauen,  den  '^Titanen'  des  Onoma- 
kritos  {Paus.  8,  37,  5)  verwandt,  s.  Weniger, 
feralis  exercitus,  Arch.  f.  Bei.  -  Wissensch.  10, 
243  if.).  Das  ist  vielleicht  richtig;  die  Pythia 
war  ja  auch  eine  alte  Frau;   auf  der  Ruveser 


-/-SJJJiliktJJiLTM 


Thrie(?)  nach  Arcfi.  Zly. 
186»,  111. 


Amphora  (bei  O.  Jahn,  Vasenb.  1)  mit  der  Dar- 
stellung des  Orest  am  Omphalos  hat  ßie  weißes 
Haar.  Die  Darstellung  legt  aber  auch  den  Ver- 
gleich mit  Bienen  nahe,  deren  Köpfe  von  weiß- 
lichem Blütenstäube  bedeckt  sind.  An  Bienen 
erinnern  ferner  ihre  Fittiche,  sowie  das  Aus- 
fliegen einer  nach  der  andern  und  das  Honig- 
essen.Vgl.  Welcker,  Gr.  Götterl.  3,  S.  120  ff.  Daß  die 
auf  der  beifolgenden  Figur  nach  Arch.  /Jg.  1869, 
S.  111  wiedergegebene 
Darstellung  eines  gc- 
stanztenGoldplättchens, 
das  man  neben  vielen 
andern  zu  Kameiros  in 
einem  Grab  aufgefun- 
den hat,  eine  der  Thrien 
bedeute,  ist  nicht  ge- 
rade wahrscheinlich: 
immerhin  ist  die  Über- 
einstimmung mit  der 
Schilderung  des  Hymnos 
auffallend.  (Weiteres  bei 
Pouls€n,Der  Orient  und  diefrühgriechischeKunst, 
S.  141f.  Arch.Anz.  1904,  S.  41.)  Der  Bienenleib 
der  geflügelten  Jungfrau  dient  zum  Ersätze  dessen, 
was  sich  nicht  wiedergeben  ließ,  Blütenstaub 
und  Honiggenuß  (vgl.  E.  Curtius  Arch.  Z.  a.  0. 
u.  1870,  S.  10  f.).  Über  die  Biene  als  manti- 
sches  Tier,  die  Bezeichnung  von  Nymphen  und 
Priesterinnen  als  .Bienen  und  diese  Vorstel- 
lung besonders  auch  in  Delphi  s.  ob.  Bd.  2,  2, 
Sp.  2640  unter  Melissa  8.  Die  Pythia  heißt  Biene. 
Wenn  die  Ortslegende  erzählt,  daß  der  erste 
Tempel  in  Delphi  eine  Lorbeerhütte,  der  zweite 
aber  ein  Gebilde  von  Wachs  und  Federn  ge- 
wesen sei,  ein  Werk  der  Bienen  und  der  Vögel 
{Paus.  10,  5,  5.  Philostr.  V.  Ap.  6,  239.  247), 
so  deutet  dies  vielleicht  auf  einst  in  Delphi 
gepflegte  Mantik  der  Thrien  sowohl,  als  der 
Vogelschau  (vgl.  0.  Müller,  Dor.^  1,  344,  4. 
Welliger,  Symholik  der  Biene,  Progr.  Breslau 
1871;  ob.  Bd.  2,  Sp.  2640  unter  Melissa  u.  Bd.  S,  1, 
Sp.  16S9  u.  Parnassos).  Verbindung  von  Losung 
und  Vogelschau  begegnet  auch  sonst;  vgl.  Pind. 
Pyth.  4,  190.  Eur.  Phoen.  838  ff.  Durch  den 
Honiggenuß  werden  die  Thrien  begeistert. 
Honig  hat  berauschende  Kraft;  Kronos  ist 
trunken  von  Honig  {Orph.  fr.  114.  115  Abel). 
Aus  Honig  und  Wasser  wird  der  Met  bereitet. 
Saga,  die  Prophetin,  wohnt  nach  der  nordischen 
Mythe  mit  Odin  im  Bache  der  Versenkung  und 
trinkt'  mit  ihm  Met  {Welcker,  Gr.  G.  3,  121. 
Boscher,  Nektar  u.  A.  35.  Eehn,  Kulturpflanzen 
n.  H.^  1347).  Es  scheint  nicht  ohne  Bedeu- 
tung, daß  die  drei  Thrien  von  Philochoros 
bei  Zenöb.  5,  75  als  xQocpol  ^TtoXXcovog  be- 
zeichnet werden.  Der  Hymnos  nennt  den 
Honig  Speise  der  Götter;  auch  der  junge 
Zeus  wird  von  Bienen  mit  Honig  genährt 
{Boscher  a.  0.  30;  s.  ob.  Bd.  2,  2,  Sp.  2638).  Von 
den  Thrien  lernt  Apollon  die  Weissagung. 
Daß  der  Gott  später  seine  alten  Lehrerinnen 
gerade  an  Hermes  abtritt,  erklärt  sich  daraus, 
daß  diesem  Gotte  Glückslose  und  Würfel  heilig 
waren  {Bosch er,  Hermes  83  f.  und  ob.  Bd.  1, 
Sp.  2380).  —  Merkwürdig  ist  die  Überlieferung, 
weiche  auch  der  Athena  die  Erfindung  der 
Thriobolie  zuschreibt,  eine  Ortssage,  die  durch 


871  Thriai  Thriai  872 

den  Nameu   der  Thriasischen  Ebene  und   dos  u^voj,  "Joru^o^.*)  —  Hesyclt.  d^Qia^ßsvöac  d'o- 

Demos  Thiia  bei  Eleusis,   um  den   die  Ebene  Qvßi)aai.  ßofjaai..  —  d'Qicc^ißsvaa^;-  :Toii7Ttv6as.  — 

lag,  veranlaßt  scheint.    Das  Erfinden  und  Weg-  Suid.  Ggicc^ßag.  inidsiiig  *'ix/;c,  ;TOfi«j),  xal  tö 

werfen  der  Lose  durch  die  Göttin  erinnert  an  asuvvvsad'ai  [ebenso  Et.  M.  s.  v.J  . .  toro/taff-O-rj 

das   gleiche  Verfahren   mit   der   Flöte  (s.  Fo-  Sh   ^:rü   tü>v   inäiv   twv   Trptorojr   sig  Jiovvooi 

«rÄ^r  ob.  Bd.  l,Sp.  680).  Auf  Wahrsagung  durch  ytyQcctififvcov    i^   'IvSiccg    im    cig^cctos    riyQtoi 

Würfel  im  Dienste   der  Athena   Skiras   deutet  iTtavsgxö^srov.  Xiyovoi  yaQ  d-giaatv  ['^  ^gidocct 

Photios  Lex.:   EhIqov   rÖTtog  'Adi^vnciv  itp    ov  Q'gi&ad'ai?  Bemh.]    riiv    x&v    noirittbr    ^laviai 

Ol  navTH9  i^ccd'i^ovxo^  zusammengehalten  mit  ri  &n6  toö  d-gta,   tcc  q)vXXa  ti)g  avufj^  avccnsi- 
Pollux  9,  96   udliara  *Ad^i]vriaiv    ixvßEvov   inl  lO  ^ivris  rw  Jiovvaoi.*)    xul  OTt  ngdtrov,  nglv  ini- 

I^xigo)  iv  rtö  ti)?  Gx^gccdog  *A97iv&g  *»«w.    Theo-  vorid'i)vcci,  xcc  ngoooansXcc,   avHi)s  cpvXXois  ixccXv- 

pomp   bei    Harpokration:  ünigdtpia   iXsyov   rcc  ntov  Ttdvreg  xa  iccvxöiv  TTgocmna  cpvXXoig  Gv%i]g 

xvßivxr^gia^  iTtsidi^   öiixgißov  iv   Zxig<p  ol   xv-  iv  xca   axdtnxEiv  xaXvnxovT^s  axdi^^iaxa  &L~ 

ßevovxBg,  ag  SsoTto^Ttog   iv  rw  v'  VTioaripLuivBi .  xovg  &gta(ißsvovxag  ^Xsyov  [ährlicli  Et.  M.  s.  \ 

Weiteres  bei  Heeg  oben  in  den  Artikeln  Skiras  und  Lyd.  de  mens.  1,2:   d^giaußov  Covö^a^ov  oi 

und  Skiros.    (Vgl.  Nilsson,  d.  Würfelorakel  inl  Jiovvaov  d^sgccTtovxeg  xi\v  7co^^i]v  ano  rCbv  %^vq- 

^xipo>,  Ardi.  f.  Beligionsgesch.  16,  1.  *2,  S.  316.)  acov  xal  xäv  Idfißtov  oiovd  xiov  axcoiiiidrioi' . 

Literatur:     Lobeck,    de    thriis    Delphicis  oiovsl  d^vgaia^ßov,  ?)  änb  xov  &goHv  [Q-ogatr 

1820.   —   Lobeck,    Aglaophamu^   p.    814  ff.    —  Et.  M.  u.  Suid   nriSrixLxog  ydg]  xaxä  lIXovTccg- 
K.  O.  Müller,  Darier*  1,  344.  —   K.  F.  Her-  20  x^^\   ^^^  diese  Zeugnisse  in  Betracht  zieht, 

maun,  Gottesd.  Altert.*  §  39,16.  16. —  Welcker,  wird  es  wohl  mit  mir  nicht  unwahrscheinlich 

Gr.  Gött^rl.  3,  120.  —  Bergk,   Gr.    Literatur-  finden,   daß  tatsächlich   d-gia^ßag   mit   i'apißog 

gesch.  1,  334,  54.  —  Bouche- Leder cq,  Hist.  de  (von    Idnxto    =    Wurf,    Wurfvers,    Spottvers, 

la  diviuatimi  1,  192  ff.     2,  204.     8,  44.  82.  —  cxwft.aa;  vgl.  Cwr^ti^s,  Grundz.  d.  gr.  Etym.^  6bS) 

Preller- Robert  Gr.  M.  1,  283,  1.  399.  —  Schoe-  zusammenhängt  und  ähnlich  wie  der  Beiname 

manu-Lipsius^    Gr.   Mtert.    2*,   302  f.  337  f.  —  JiQ'vga^Lßog  ursprünglich   einen  zu  Ehren  der 

Gruppe,  Gr.  Myih.  910.  1234,  2.  925,  1.  1252.  Götter    unter    rhythmischen    Tanzbewegungen 

—  Weniger,  Ssibv  iv  yovvaff*,  in  der  Zeitschr.  gesungenen  Hymnus  bedeutete.  So  versteht  man 

Sokrates  2,  1914,  S.  1  ff.     Losorakel  hei  Gr.  u.  auch  leicht  die  Gleichsetzung  von  d-glaußog  und 
Eöm.  ebd.  5  (1917^  S.  308.     [L.  Weniger.]           30  triumphus  (triumpus),  denn  auch  bei  den  römi- 

Thriambos  {Sgucnßog),  Beiname  des  Diony-  sehen  Triumphzügen  handelte  es  sich  um  ozdoii- 

808,    zuerst   bezeugt   in   Verbindung   mit    der  ^ara  der  im  rhythmischen  Drei  schritt  (vgl.  di' 

ähnlich  gebildeten  inavv^la  JL&vgaußog  von  tripudia    der    salischen  Priester    nach   Liv.  1 

Pratinas  in  einem  bei  Athenaeus  p.  617  über-  20,4  etc.  und  den  dreifachen  Refrain  triunip' 

lieferten  Hyporchem,  wo  es  zum  Schlüsse  heißt:  triumpe,  triumpe  im  Liede  der  Arvalen)  einher 

^gtafißodLd-vgaußs  xiGGOxaix*   ava|,   axovs  ziehenden    Soldaten    gegen    den    Triumphatoi. 

xav  i^ucv   Jdigtov   xogilav.    In   hellenistischer  Demnach  ist  es  wahrscheinlich,   daß   auch   in 

Zeit,   namentlich   seit  Alexanders    d.  Gr.  Zug  dem  ersten  Bestandteil  von  d-gi-cc^ßag  nichts 

nach  Indien,  wurde  d-gicc^ßog  gewöhnlich  auf  anderes  als  die  Zahl  3  steckt,  so  daß  der  grie- 
dessen  mythisches  Prototyp,  den  Sieges-  und  40  chische    Ausdruck    auch    in   dieser    BeziehuDg 

Triumphzug    des    aus    Indien    heimkehrenden  seine   Gleichsetzung  mit  lat.  triumphus  recht- 

Dionysos,  bezogen,  und  zugleich  mit  dem  römi-  fertigen  würde.   Über  die  Aspiration  vor  einem 

sehen  triumphus  {triumpus)  gleichgesetzt  oder  g  vgl.  Curtius,  Grundz.^  S.  501,  der  an  d-givcc^ 

in  Verbindung  gebracht.    Vgl,  z.  B.  Diod.  Sic.  =  xglvcc^  =  Dreizack,  an  d-gova  =  xgövu  etc. 

4,5:  Ggiaußov  8'  aijxbv  [r.  Jlov.]  övoiiccod-rivai  erinnert  (vgl.  auch  Art.  Thriai  z.  Anf.  u.  Tgi- 

(paaiv    dnu    xov    Tigcäxov   rwv    ^vri^ovsvoiievmv  vaxiri  =  0gLvcc'/.ir]).**)  —  Andere  aus  dem  Alter- 

xaxayaysiv   anb   xi]g  atgatslccg   d-giafißov   tig  tum  stammende  Ableitungen  von  Q-giov  =  Fei- 

xriv  Ttaxgida,  xi]v  i^  'Ivdibv  7toir]odiisvov  indv-  genblatt  (s.  ob.)  oder  von  d-riglov  i=  d-jjglapLßog) 

oöov   fisxä  ytoXXcjv  Xacpvgcov.    Arr.  an.  6,28,2:  bei  Suid.  und   im  Et.  M.  {dioxi   iitl  ^r\gCiiv  = 
xcd  xavxcc  ngbg  ^ilfiriGiv  xfjg  ^lovvgov  Bccx^^^^S  50  irtl  Xsovxcov  ßeßrixsv  6  Jlov.)   oder  von  d^ogstv 

icTCSLxdGdTi    kXs^dvdgco.,    ort    xal    vntg    ixsLvov  (s.  ob.)   erwähne   ich   nur   als   Kuriositäten.    — 

Xöyog  iXiysxo   xcctaGxgarpd^LSvov  'Ivöovg  Jlo-  Vgl.  auch  PraZ/er-JSo&er^*  1,  674,  3.  703,  5.  736,  4. 
vvGov   ovx(o    xr]v   TtoXXrjv   xijg   kciag   ineXQ'tiv  [Röscher.] 

xal  Ogltx^ßov  xs  uvxbv  iTtixXrid-rjvaL  xov  Jlov.  H.  Güniert,  Von  der  Sprache  der  Götter  und 

xal   inl   xalg   vixaig  xatg   ix  TCoXi^iov   noyLTiug  Geister  (1921)  64  will  Th.  auf  einen  Ausruf  wie 

i^l    xa   uvxa  xovxat  d-gidußovg.    S.  auch  Plut.  lai.,  aiai  zurückführen  und  bringt  es  zusammen 

Marcell.  22  u.  Athen.  1,30b,  wo  Ogiaußog  und  mit  Id^co,  idXs^og,  aid^o)  u.  a.,  wozu  la^ißog  ge- 

Jid'vgaußog  als   gleichwertige  oder  vergleich-  hört  und  Sid'vgaiißogj  td-viißog^  Eva^ßtvg  u.  a. 

bare  Beinamen  des  Gottes   angeführt  werden.  Vgl.  schon  Alhr.  Dieter  ich,  Arch  f.  hel.-Wiss. 
Fragen  wir  nach  der  ursprünglichen  Bedeutung  60  11  (1908),  165.     [Fehrle.] 
des  Namens  Oglaiißog,   so  kommen  vor  allem 

folgende  Zeugnisse  in  Betracht:  Hesych.  &giafi-      Macrob.  Sat.  i,  19,  i.   Lact.i.div.  1,10.   Tertuii.  de  cor.  mii. 

ßog'  noanri.    iniÖBi^ig  vixrig.    n  JiovvGiaxbg  7, 12  (Liber  =  auctor  triumphi).    [Höfer.] 

*)  Mehr  b.  P.-Wiss.  u.  'Feige'  S.  2145 f.;  vgl.  2148,  53. 

**)  Anders  A.  Döhring   in  Mitra,  Monatsschr.  f.  vergleich. 

*)  Com.  de  nat.  deor.  p.  183  Os.:   'O  dt   »giä/uftog  icno  Mythenforachg.  1914,  Nr.  2,  Sp.  45f.  im  Artikel  JiS^üga/itflo;- 

ToO  ■9QOfiv  xal  ia^ifii^fiv  T/jv  y./.fjatv  eXa/tv   ü&ev  xal  iv  Fortlauf,  der  \'aufio;  als  Rhythmus  des  'Gehens'  im  Gegen- 

tolg  xaxä   z&v  noXtiiiojv  ^giafA(ioi:    nokkoii  itvartaiatoi;  satz  zu  tgo/aiox  'Lauftakt'  und  ^^iafi^iag  als  'Erntetanz' 

axtbntovttg  /^öirra/.   Vgl.  auch  Plin.  n.  h.  7,  191  u.  16, 144.  von  dtguttv  =  ^qi^tiv  (!  ?)  fassen  möchte. 


S73                        Thriasios  Thrinakie                       874 

Thriasios  ( Wymffto?),  auf  einer  in  der  thria-  eckspfsstalt  Siziliens  bekannt  war,  zum  Zweck 

sischen  Ebene  zwischen  Eieusis  und   dem   See  der  Identifizierung.    Man  setzte  die  Form  Tri- 

Rheitoi    gefundenen    Inschrift    steht    ein    dem  nakria  als  das  Ursprüngliche  und  erklärte  Thr. 

Harmodios  und  Aristogeiton  von   einem  Heros  als    euphonische    Ummodelung:    Strab.  6,  266 

Thriasios   erteilter   Orakelspruch  Sgiaeioi  ijQcp  ^ati  &'  ij  2^i,xhXia  TQiyovog  tw  airniuxi,  xaX  dicc 

irtl  ßanol?  igä  xce^iovreg  Öqxov  TtLatcoöaad'e -n.t.X.  rovro    TgivccyiQia    ^ihv    JtQÖTeQOV^    Sqivcckicc    d' 

'Id-'qvaiov  8,  151.   KaHtorches  a.a.O.,  vgl.  613  f.,  vartgov  7tQOGriyoQiv%"ri  nETovoiiaad-tToa  sicptovo- 

\  ermutet,  daß  der  Kultus  dieses  Heros  ein  sehr  xbqov.    Schol.  llom.  Od.  11,  107   (=   Eustath.) 

junger    und    daß    der    Orakelspruch    von     den  .  .  .  ^df *  yilv   Tgira-Kgiav    XiysaQ-aL^    Öia   dl    xb 

Priestern  gefälscht  worden  sei,  welche  dadurch  lO  EvrpoavoxsQov    ovxtoq   oiv6iLaaxaL.    JHod.  5 ,  2 ,  1 . 

«las  Ansehen  ihres  orakels?ebenden  Heros  heben  Steph.  Byz.  s.  v.  TQtvaxQia.    Plin.  nat.  bist.  3, 

wollten;    über    die    Heroen    als    Orakelgötter  86  u.  a.;   das  glaubt  sogar  noch  Nissen,   Jtal. 

Bd.  1,  Sp.  2485,  Z.  12  ff.     [Höfer.J  Landeskunde  1  (1883),  4,  Anm.  1.  Neben  Trina- 

Thriasos  {@Qicc6o?\  Freier  der  Penelope  aus  kria  tritt  öfters    als   Zwischenstufe   die  Form 

Same,  Apollod.  Epit.  7,  28.     [Höfer.]  Trinakia  auf  (das  Material  bei  Ereeman- Lupus 

Tliriuakie  {(^Qivuxlr})  1)  heißt  die  Insel,  auf  a.  a.  0.).  Ein  spätes  Kunstprodukt  ist  die  Form 

der  die  Herden  des  Helios  weiden,  gehütet  von  Tgicc-ngia  bei  Tzetzes  zu  Lykoplir.  966  u.  Eustath. 

seinen  Töchtern  Lampetie  und  Phaetbusa,  Hom.  zu  Od.  11, 106.  Daß  tatsächlich  der  Dichter  mit 

Od.  11,  107 ff.  12, 127ff  ;    260ff.    Über  die  Sage  Thr.  nicht  Sizilien  gemeint  haben  kann,  weil 
vgl.  Eapp,  oben  Bd.  1,  Sp.  2018 f.  Jessen,  Paulys  20  die  nur  von  den  Herden  und  ihren  beiden  Hir- 

Eealencyclop.  8, S3  f.  Alle  späteren  Erwähnungen  tinnen  bevölkerte  Heliosinsel  nach  der  ganzen 

fußen  auf  der  homerischen    Erzählung  (Apoll.  Darstellung  ein  kleines,  verlassenes  Eiland  ist, 

Hhod.  4,  965.    Nonn.  Dion.  38,  169    @QLvcc%vrig  zudem   die   Dreiecksgestalt  Siziliens   —  abge- 

/.Bniava  =  Ap.  Mhod.  a.  a.  0.;  15,  274.  27, 195;  sehen  von  der  sprachlichen  Unmöglichkeit  der 

andere  Stellen  s.  u.).  Das  ganze  Altertum  setzte  Etymologie  Thr.  '^  Trinakria  und  von  dem  un- 

Thr.  mit  Trinakria  gleich,   das   seit    Thul'.  6,  erklärt  bleibenden  v  —   dem  Dichter  keines- 

1*,  2    Gelehrten   und   Dichtern    (besonders    den  wegs  bekannt  sein  konnte,  ist  in  neuerer  Zeit 

römischen)   als  alter  Name  Siziliens  geläufig,  öfters  gezeigt  worden   (Völcker,   Über  homeri- 

niemals  aber  wirklich  im  lebendigen  Gebrauch  sehe  Geographie  und  WeJtkmidB,  Hannover  1830, 
gewesen  ist  (das  Material  breit  vorgelegt  bei  30  119.   K.  E.  v.  Baer,  Die  homerischen  Lokalitäten 

Ereeman -Lupus,  Geschichte  Siziliens  1  [1895],  in  der  Odyssee  1878,  15  ff.  B.  Heisterbergk,  Era- 

403 — 413).    Da  man  andererseits  auch  Skylla-,  gen  der  ältesten  Geschichte  Siziliens,  1889,  = 

Gharybdis,  Kyklopen  und  Laistrygonen  in  Si-  Berliner  Studien  f.  cla^s.  Philol.  u.  Archäol.  9, 

Zilien  lokalisiert  hatte  (schon  T/jwÄ;.  6,  2, 1),  also  3, 1  ff.    Ereeman  -  Lupus  a.  a.  0.  1,90^  u.  a.). 

bei  näherer  Überlegung  nicht  wohl  die  ganze  Aber  das  Altertum  hatte  auch  die  richtige  und 

große  Insel  mit   dem  einsamen,  nur  von   den  einzig  mögliche  Etymologie  schon  gesehen,  nur 

Herden  des  Helios  bevölkerten  Th.  identifizieren  daß  sie  gegenüber  dem  Axiom  der  Gleichsetzung 

konnte,  so  hat  man  später  die  schmale  Land-  von  Thr.  mit  Sizilien  nicht  aufkommen  konnte : 

zunge  von  Mylai  und  speziell  das  kleine  Stadt-  Steph.  Byz.  s.  v.  TgivayiQla  .  .  .  ixX'qd-ri  8'  ovttog 
chen  Artemision  (dessen  genauere  Lage  uns  un-  40  .  . .  ^  ort  Q-givoiy.i  iaxLv  oyboicc.   Eustath.  zu  Dio- 

bekannt  ist)  zum  Schauplatz  dieser  Erzählung  nys.perieg.  467  {Geogr.  Gr.  2, 131.  306, 1  Müller) 

gemacht:    ^ppmn.  6fZL  c«i?.  5,  116, 484    Mvlrnv  aXXoi   8i   rpaeiv,   ort    OgLvaxla    Xsysxai   diä   xb 

xal  kgxsy,i6iov,  itoXixvr^g  ßga%vxdx7\g,  iv  fj  cpccGi  ioi-asvai  %^givav.i-  onsg  ccitudsi  xy  x&v  nccXaiäv 

xag  'HXiov  ßov?  ysysad-aL  tiocl  xbv  vnvov  '08v6-  86^r}.    ov  yccg  öonst  xoiovxov  ax'^ficcxog  slvcct  7) 

ctü.     Schol.  Ap.  Bhod.  4,  965  MvXccg  8s  xsgao-  HiTcsXla.   Das  hat  v.  Wilamowitz,  Homer,  ünter- 

rriaov  Zi-AEXiag.,   iv  y   cxl  xov  "HXiov  ßosg  ivt-  suchungen  lGSi\  aufgenommen  und  sieht  in  dem 

ßovxo.    Plin.  7iat.  hist.  2 .,  220   Oirca   Messanam  ^gabelförmigen  Land'  unter  Bezugnahme  auf 

et  Mylas  flmo  similia  exspuuntur  tn  litus  pur-  Hom.  hymn.  1,  411  l^ov  %al  x&Qov  xsgipiiißgoxov 

gamenta,  undc  fabula  est  Solis  boves  ibi  stabu-  'HsXioLo.,  Talvagov^  ^v&cc  xs  ft^Xa  ßad'vxgixcc  ßoa- 
lari.  Nach  Philosteph.  im  Schol.  Od.  12,  301  war  50  xerat  ccisl  'HsXloio  ävaxxog  die  Peloponnes:  der 

in  Mylai  ein  Heroon  des  Phalakros,   der  seit  erste  Gestalter  des  Gedichtes  von  den  Helios- 

Panyasis  als   Wächter  der  Heliosherden   galt  herden   sei   sich    der   Bedeutung   des  Namens 

(oben  Bd.  3,  Sp.  2237, 22 ff.).    Nach  Holm,  Ge-  bewußt  gewesen,   und    erst   bei    de^    späteren 

schichte  Siciliens  im  Altertum  1  (1870),  54  wird  Einarbeitung  der  Geschichte  in  den  größeren 

unter  dem  Kastell  von  Milazzo  noch  heute  eine  Zusammenhang    der    Odysseusirrfahrten    seien 

geräumige  Höhle  gezeigt,  die  beim  Volke  die  die  Züge  hineingekommen,    die  zu   der  Glei- 

Höhle  des  Ulyss  heißt.    Aber  das  wird  wohl  chung  Thr.  —  Peloponnes  nicht  passen.    Diese 

vielmehr  moderne  Ciceronenweisheit  sein.  Offen-  Erklärung  (mißverstanden  von  Ereeman- Lupus 

bar  kam   das  Altertum  zu  diesem  Ansatz  auf  a.  a.  0.  413)    hat  sicherlich  viel  mehr  Wahr- 
Grund  der  Angabe  l?omers,  daß  Odysseus  awin'  60  scheinlichkeit   für    sich    als    Gruppes   (Griech. 

^TCBixa  nach   dem  Sky Ilaabenteuer  nach  Thr.  Mythol.  u.  Beligionsgesch.  639)  Zurückführung 

gekommen  sei  (Od.  12,  260),  und  erklärte,  daß  des  Namens  Thr.  auf  den  rhodischen  Heliaden 

Odysseus  die  schmale,  weit  ins  Meer  vorsprin-  Thrinax  und  die  daran  geknüpfte  Kombination, 

gende   Landzunge   wohl    für    eine   Insel    habe  die  Thr.-Sage  stamme  aus  Rhodos,  und  durch 

halten  können.    Das  Übliche  war  aber  die  Glei-  Vermittlung   der  rhodischen  Kolonien  in  Sizi- 

chung  Thr. — Trinakria— Sizilien.    Deutlich  ist  lien  sei  wohl  auch  die  alte  Sikelerstadt  Trina- 

Trinakria  volksetymologische  Umformung  von  kia  zu  ihrem   Namen  gelangt.    Nun  ist  aber 

Thr.,  vorgenommen  zu  einer  Zeit,  der  die  Drei-  diese  (einzig  und  allein  bei  Diod.  12,  29.  2  er- 

KoscHER,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.   V.  29 


875                      Thrinakie  Thrinax                       876 

wähnte)  Stadt  Trinakia  selbst  schon  sehr  pro-  Untergang  jener  Stadt  bewußt  miterlebt  haben 
blematisch  (s.  u.),  noch  unwahrscheinlicher,  daß  muß.  So  bricht  die  Hypothese  Heisteibergka 
die  als  aJite  Hochburg  des  Sikelertums  geschil-  völlig  zusammen,  und  die  Annahme,  daß  my- 
derte  Stadt  im  Innern  (Siziliens  ihren  Namen  thengeographische  Spekulation  im  Hinblick  auf 
von  einem  Gott  oder  Heros  der  später  an  der  die  inzwischen  bekannt  gewordene  Dreiecks- 
Küste  angesiedelten  rhodischen  Kolonisten  emp-  gestalt  Siziliens  diese  Inpel  mit  der  etymolo- 
fangen  haben  sollte  —  es  gibt  sonst  keine  alte  gisch  zurechtgerenkten  Thr.  Homers  gleich- 
Sikelerstadt  mit  griechischem  Namen  — ,  und  gesetzt  und  so  den  künstlichen  Namen  Trina- 
drittens  zeigt  doch  der  Umstand,  daß  dieser  k(r)ia  geschaffen  hat,  bleibt  die  natürlichste 
Thrinax  in  keiner  der  älteren  Heliadenlisten,  lo  und  wahrscheinlichste.  [Ziegler.] 
sondern  einzig  bei  Nonn.  Dionys.  14,44  be-  2)  Verschieden  überlieferter  und  gedeuteter 
gegnet  (a.  Drexler,  oben  Bd.  1,  Sp.  1982.  Mal-  Beiname  der  Hekate-Selene:  in  den  zweimal 
ten,  Patdys  JBeaZencycZ.  8, 2849),  daß  er  späte  ähnlich  redigierten  Fassungen  eines  Hymnus 
Erdichtung,  ätiologische  Rückbildung  aus  dem  auf  die  Göttin  im  Großen  Par.  Zauberpapyrus 
Namen  der  H^'liosinsel  ist,  ein  Zwillingsbruder  wird  sie  Z.  2822  angerufen  als  ^Qivaxia.  Dieser 
des  Heros  T[h]  r  i  nak  os  oder  Tri  n  akros  (s.  d.).  Form  steht  die  der  zweiten  Überlieferung  Z.  2626 
den  das  Sibyllenorakel  bei  ÄifpÄ.-By^r.  s.v.  Tpiva-  entgegen:  rpit'o;^/^  (ta  aus  «»j  geündert).  Mei- 
ngla  und  Eustaih.  zu  Dionys.  perieg.  A6T^  sowie  nekes  Erklärungen,  Herrn.  4  [18701,  66  'Sike- 
PhilosUph.  bei  Serv.  Atn.  1,  196  {FHG.  3,  31)  lische(?)'  und  HripVci  cuspide  (dxi's)  armata^Y 
als  utian^e  ▼on  Trinakria  und  vlbg  TtovrofiiSoio  20  wird  man  beide  ablehnen:  die  erste  aus  stili- 
JIoffftdaoDvos  afaxro?  präsentieren.  Ebenso  ab-  stischem  Grund;  denn  das  Epitheton  steht  in - 
zulehnen  ist  die  Annahme  Heisterbergka  (a.  a.  mitten  einer  Keihe  von  Beiwörtern,  die  alle 
0.  ö),  die  griechischen  Kolonisten  Siziliens  so  sehr  auf  die  Dreiheit  der  Attribute  und  Eigeü- 
hätten  den  Namen  der  alten  sikelischen  Haupt-  schaften  der  Göttin  hinzielen  —  rQixrvns,  xqL- 
stadt  Tiinakia  zunächst  auf  die  ganze  Insel  tpQ^oyys^  XQixäQocvs.,  rgingdacans  nrX.  — ,  daß  die 
übertragen  und  sie  alsbald  wegen  des  Gleich-  Form  ©pivaxm  den  Zusammenhang  völlig  spren- 
klanges der  Namens  mit  der  homerischen  He-  gen  müßte.  In  Meineke^  zweiter  Auffassung 
Hosinsel  identifiziert,  hierauf  sei  nach  dem  Un-  vermißt  man  die  Erklärung  des  v.  B.  Wuensch, 
tergang  der  Stadt  Trinakia  (440)  diese  selbst  Kleine  Texte  84,11  meinte:  (^gwaxia  sei  eine 
und  mit  ihr  die  Herkunft  des  Inselnamens  ver-  30  Nebenform  von  TQivaxgla  {Etym.  M.  456,  8  Gq. 

Hessen  worden  und  daher  die  Etymologie  und  crmaivBLTr}v  IJiyihXiav)  und  deutete 'dreispitzige' 

er  um  das  q  bereicherte  Name  Trinakria  auf-  Hekate,  wegen  ihrer  drei  Häupter.    Abgeaehen 

gekommen.  Alles  an  dieser  Hypothese  ist  halt-  von  der  Unwahrscheinlichkeit,  die  eine  solche 

los.   Erstens  widerspricht  es  aller  Wahrschein-  recht  kompliziert-gelehrte  Entstehung  des  Bei- 

lichkeit,  daß  die  übers  Meer  kommenden  Kolo-  namens  in  einem  magischen  Hymnus  an  sich 

nisten  die  Insel  nach  einer  Binnenstadt  hätten  enthielte  —  die   zweite   Überlieferung   bliebe 

benennen  sollen,  die  zunächst  und  für  lange  ungeklärt.  Ohne  Erklärung  des  Wortes  schrieb 

gar  nicht  in  ihren  Gesichtskreis   trat.    Zwei-  Usener,  Dreiheit,  Bh.  M.  58  [1903J,  166,  Tgiva- 

tens  ist  der  Name  TgivuyiLa  bei  Diod.  12,  29,  2  x/a.  Boscher,  Selene  u.  Verw.  123,  ö25,  rgivaxla. 
sicherlich   verderbt,    denn   es   ist   immöglith,  40  Eine  Interpretation  des  Epithetons  als  rpt-iax/a, 

daß    eine   Stadt,    die   Diod.    &tl    tb    ngatov  'die  mit  drei  Fellen  bekleidete'  Dreigestalt  der 

i6xri%via  xav  ZtxsXix&v  noXicov  nennt,  deren  Selene- Artemis  (Artemis  in  der  Nebris,  s.  oben 

Eroberung  im  J.  440  den  Schlußstein  der  Nie-  Bd.  1,  Sp.  567.  603)  verbietet  das  Metrum:  xqi- 

derwerfung  der  Sikeler  bildet,  niemals  vorher  müßte  lang  sein.    Somit  bliebe  nur  die  Ablei- 

und  niemals  nachher  genannt  worden  sein  sollte;  tung  von  ^glvcch,:  'die  Göttin  mit  dreizackiger 

auch  steht,  worauf  Vogel  z.  St.  hinweist,  in  der  Worfscbaufel',  wie  Selene  wohl  heißen  kann 

dem  12.  Buch  voraufgehenden  Kapitelübersicht  als    'Schützerin    der   Tenne',    aXu>og    (pvXaxd 

statt  des  zu  erwartenden  (Zvgaxöeiot  axgaxsv-  (Z.  2746  f.  des  Par.  Zauber/ ap.),  und  als  eine 

öavxsg   inl)    Tgivaxiove   das    (leider   ebenfalls  auch  der  Demeter  in  stoischen  Kreisen  gleich- 
verstümmeite)   Tlixrivovg  (oder  üixivovg   oder  50  gesetzte  Göttin  (Belege  beii2o.«c/jer  a.a  0.  124  f.). 

xivovg).   Und  drittens  ist  es  ganz  unglaubhaft.  So  sieht  auch  Badermacher,  Wien.  Stud.  39, 73 f. 

daß,  wenn  wirklich   die   Stadt   Trinakia   der  in  d-givaxia  die  Urform  (die  er  wohl  ebenfalls 

ganzen  Insel  ihren  Namen  gegeben  hätte,  dies  von  d-giva^  herleitet),    aus    der  tgivaxia   der 

hätte  völlig  in  Vergessenheit  geraten  und  nach-  zweiten  Fassung  'in  ganz  normaler  Umbildung 

träglich  die  besprochene  Etymologie  hätte  auf-  mit  Wechsel  der  Aspiration'  (wie  %ixmv  r^  xi- 

kommen  sollen.    Als  Thukydides  die  Insel  be-  ^mv,   Kccgi%oclog  rv.  Xccgixaiog)  entstanden  ist. 

suchte  und  danach  seine  sizilische  ägxccioXoyla  [  Pi  eisen d an z.] 

schrieb,  war  noch  kein  Menschenalter  seit  der  Thrinnkos  {Qgivaxog),  König  von  Sikelien, 

Zerstörung  der   angeblichen  Sikelerstadt  Tri-  von  dem  die, Insel  den  Namen  Thrinakia  (Tri- 
nakia verflossen,  und  schon  nennt  er  als  den  60  nakria)    empfangen    haben    soll,   schol.   Apoll. 

alten  Namen  der  Insel  Tgivaxgla,  den  sie  ge-  Bhod.  4,  965;  bei  Steph.  Byz.  p.  635  und  Evst. 

führt  habe,  bevor  in  grauer  Vorzeit  die  iberi-  a^  Dionys.  Perieg.  467,    p.  189,    17    heißt   er 

sehen   Sikaner  einwanderten:    kein  Wort  von  Trinakos   (Tgivaxog)   und  wird   ßovxoXog   und 

der  doch  erst  durch  die  später  gekommenen  i'jgcog  genannt.     [Höfer.] 

Sikeler  gegründeten  Stadt  Trinakia.  Und  was  Thrinax  {Ggiva^),  Sohn  des  Helios,  Bruder 

für  Thuk.  gilt,  das  gilt  erst  recht  für  die  Ute-  des  A^yrig  und  Maxocgsvg.,   die   zusammen  die 

rarische  Quelle,  der  er  die  sizilische  Urgeschichte  Teichinen  (s.  d)  vertreiben  {Nonn.  D.  14, 44  f.). 

entnahm ,  und   deren  Verfasser  Bestehen  und  Name  und  Mythus  hängen  wohl  mit  Thrinakia 


I 


877                       Thriphis  Thuöris                        878 

«=  Sizilien  (vgl.  Suid.  s.  v.  Ggcvoe^  =  Sizilien)  gefunden  wurde  und  eine  ihrer  Priesterinnen 

zusammen.    Vgl.  Thrinakie  1.     [Koscher.]  nuBnie,  CIL  12  (Add.p  806)  nr  5724  mit  Nach- 

Thri]ihis  s.  'iriphis.  trag  p.  862  (nach  Bevue  archeol.  3'""  serie,  10, 

Thrius  (0(»/oi)?),  8.  Theseue  §  47;  von  Steph.  Ubl,  2,  S.  277—281,  wo  S.  280  eine  Abbildung 

Byz.  8.  V.  wird  er  als  Heros  epon.  einer  Stadt  gegeben  ist):    ...ija  C.  f.  Carina  [flajminica 

bei  Paträ  in  Achaia  bezeichnet.     [Steuding.  |  8acer(do8)  [fdejae  IhvcoHs  [testjanievto  /(ieri) 

Throiiia,  Throuie  {&Qoviu,   (•^govir})^   eine  i(ussü).   Früher  war  infolge  der  Lesung  saccr- 

Nyuiphe,  P]ponjme  der  Stadt  Throuion  im  Ge-  [dojs  Atthucolis  als  Name  der  Göttin  Aethu- 

biete   der   Epiknemidischen   Lokrer,   Schul.  JJ  colis  verhtanden  worden.    Die  Göttin  hält  Mo- 

Hom.  11.  2,  5^3  (p  83b,  7  Bekler).   Thronia  be-  lo  wat,  Bull,  de  la  Soc.  des  Antiq.  de  France  188ß 

gegnet  in  zwei  Genealogien:  einmal  ist  sie  von  S.  171   für  dieselbe  wie  die   in   der  Beischrilt 

Poseidon  Mutter  des  Abderos,  des  Heros  Epo-  einer  eLd.  S.  107  von  H.  de  Geymiiller  erwähn- 

nymos  von  Abdera:    [A'oi'<J]os  ©goviag  'kßdr^QE  ten    Zeichnung    eines    antiken    Tempels    ohne 

XaXv.o%wQoc^\IIo6\tiöäv6(sxd  Ttcct^Bindar.  1  aean.  Orteangabe  IHacolis  genannte  Gottheit.    Diese 

2, 1  in  Oxyrhynthus  Bapyr.  6  p.  27  =  Bindari  Zeichnung  rührt  her  von  Ducerceau,   doch  ist 

carm.  ed.  O.  hchroeder  [11)08]  p.  274;  vgl.  H.  nicht  angepeben,  welcher  von  den  gleichnami- 

V.  Artiim,  Wiener  Eranos,  Zvr  50.  Ver&amm-  gen  Architekten  und  Zeichnern  Androvet  Du 

lung  deutscher  BhüoJogen  in  Graz  p.  9.   v.  Wi-  Cerceau  aus  der  Zeit  vom  16.  bis  ins  18.  Jahrh. 

lamouitz,  Snppho  und  Simonides  254  (vgl.  246  (vgl.  Vollmer  im  Allgemeinen  Lexikon  der  bil- 

Anm.  3).    Wie  bei  Bivdar  Abderos  Sohn  der  20  denden  Künstler  hng.  von  Thiime  10,   1914, 

1  hronia  heißt,  so  wird  er  auf  der  JatwZaJFarwe'S.  S.  29 — 33)  gemeint  sei.     [Keune.] 

Sohn  des  Thronikos  (s.  d.)  genannt,  und  da  er  TLuerls  (ägyjtt.  Toeris),  Name  einer  ägjpti- 

nach  Apollod.  2,  6,  8.,  (2,  \)1  W.)  und  Btolem.  sehen  Göttin   in  Nilpferdgestalt,  die  anfangs 

i/e/)Ä.  6  (p.  192,  24f.  Westermann  =  l'hot.  Bibl.  nur  volkstümlich  bekannt  ist  und  erpt  später 

ed.  Bikker  160b,  32)  ein  Lokier  aus  Opus  war,  in  das  offizielle  Pantheon  aufgenommen  wird. 

80   darf  man   seine   ÄJutter   Thronia   mit   der  Sie  ist  einerseits  eine  gute  Göttin,  die  Leben- 

oben  erwähnten  Eponyme  von  Thronion  identi-  den  und  Toten  ihren  Schutz  verleiht,  insle^on- 

fizieren;  vgl.  Jurenka,  BhiloJogus  (1912),  177.  dere  als  Geburtshelferin  und  Säuglingswärterin. 

Ferner  ist   ©govir}  Tochter  des  Belos  und  Andererseits   ist   sie   die  Genossin   des   bösen 

von  'Eg^icccov  Mutter  des  Aratos,  Hesiod  (frgm.  so  Gottes  Setech  (Seth- Typhon). 
23  Bzach)  und  Stesichoros  {/r(,m.  64  Bergk,  B, 

L.  Gr.  3*,  226)  bei  Straho  1,42.   Nach  Movers,  Übersicht:  A.Literatur.  B  Namensformen. 
Bhönizier  II  3,  1,  287   soll  Thronie  'die  thro-  C.  Zeitliche  Entwicklung.  D.  Lokalkulte.  E.  Kul- 
nende  Himmelskönigin  Urania',  Belos  'Baal',  tus  und  Piiester.   F.  Verwandtschaft:  1.  Eltern, 
Hermaon    ein    ungenannter   phöniziscber  Gott  2.  Genossen,  3.  Genossinnen,  4.  Kinder.    G.  Bei- 
sein.   Tümpel,  Jahii.  f.  klass.  Bhil.  Sujpl  16,  worte:    1.    Himmelsherrin,    2.    Auge    des    Re. 
179  hat  Hermaon  richtig  als  Hermes  aufgefaßt;  h.  Schützerin   der  Menschen.    I.  Böse  Göttin, 
zweifelhaft  aber  ist  seine  Erklärung  der  Ogoviri  K.  Geburlshelferin  und  Säuglingswärterin:  Go- 
als Eponyme   des   kyprischen    ©govoi   {Stralo  burt  des  Königs  bzw. eines  Gottes;  Schützerin  der 
14,  6.S3.  I'iolem.  5, 12).    Tümpel  selbst  hat  sj  ä-  40  Frauen.    L.  Totengöttin.    M.  Sternbild.    N.  Mo- 
ter   {Boscher,   Myth.  Lex.  2,  989,  2  ff.    Bauly-  natsschützerin.   O.Identifikationen.    P.  Darstel- 
Wissoua  s.  v.  Arabos)  Thionie  mit  dem  lokri-  lung. 
sehen  Thronion  (s.  oben)  in  Zusummenhang  ge- 
bracht, ebenso  Gruppe,  Gr.  Myth.  93,  17.  185.  ^'  Literatur. 
1346,1.     [Höfer.]  (Sämtlich  kurz  und  unvollständig.) /S^irG^arrf- 

Tbronikos   {Pgovixogjy    Vater   des    Abderos  ner  Wilkimon,  Manners  and  customs  of  the  an- 

(8.  d.)  nach  der  albanischen  Relieftafel,  C.  L  G.  cient  Egyptians,  2.  Series  (1841),  1,  428.  2, 181. 

5984  0  14.  Jahn- Michaelis,  G riech.  Bilderchro-  Suppl.  pl.  40,  1  —  10.    Baul  Bitrret,  Bantheon 

niken  S.  72  Z.  288.    Wenn  lümpel  bei  Bauly-  Egyptien  (1881),  37.   Der s.,  Biet,  d' archeol.  ('gpt. 

Wisi-owa  s.v.  Abderos,  sagt:  'nach  der  Tabula  50  (1885), 547.  Wi€demann,Eerodots 2. Buch {18'i)0), 

Farnesiana . .  .  war  er  (Abderos)   ein  fgovi^og  306 — 10.    Heinr.  Brugsch,  Bei.  u.  Mythol.  der 

d.  h.  aus  dem  (opuntischen)  Ihronion  gebürtig',  alten  Äg.  (1891),  462.    Hopfner,    Tierkult  der 

also    ©govi'Kog  als  Ethnikon  faßt,   so  erledigt  alten  Äg.  {Denkschr.  Akad.  Wiss.  Wien,  phil.- 

sich  diese  Auflassung  schon  durch  den  Wort-  hist.  57,  2:   1913)  63—67.     Alfred  E.  Knight, 

laut  "Aß^Ttgcc  (oder  Aßdrigccv) .. .  'HgccKXf]g  a{i)-  Amentet  (London  1915),  124—25. 
xt6E  rov    ©govixov    vlov    inmvviiov   ^A^iö-^gov. 

Vgl.    auch    K.  F.  Hermann,    Gesammelte   Ab-  B-  Namen sformen. 

handl.  u.  Beiträge  94  Anm.  15.     [Höfer.]  1.   Allgemeines.    Daß  wir   die   nilpferd- 

Thronios  {OgovLog),   1)  Sohn  des  Menelaos  gestaltige  Göttin  meistens  Toeris  benennen,  ist 

und  der  Helena,  Schol.  Theokr.  18,51  (p.  333,  2  60  nur  Gewohnheit  und  geht  darauf  zurück,  daß 

ed.  Windel)   —  2)  Ein  von  Deriades  Getöteter,  die  Göttin  uns  unter  diesem  Namen  schon  seit 

Nonn.  Bionys.  32, 188.      [Höfer.]  den  Untersuchungen  der  ägyptischen  Götterwelt 

Thucolis,  von  Holder,  Altcelt.  Sprachschatz  an  der  Hand  der  griechisch-römischen  Über- 

2,  ^p.  1825    als    keltisch    aufgeführter   Name  lieferung  bekannt   ist.    Wollten   wir  uns   mit 

einer  Göttin,  bezeugt  durch  die  Inschrift  einer  ihrer  Benennung  nach  den  ägyptischen  Denk- 

Steintafel,  welche  im  Jahr  1883  in  einem  Bach  malern  richten,  so  würden  die  Bezeichnungen 

bei  Antibes-Antipolis  {CIL  12,  Tab.  I  Nk  und  Apet  oder  Reret  ebenso  oder  noch  mehr  be- 

Om),  an  einer  'Le  Prugnon'  genannten  Stelle,  rechtigt  sein ,  da  sie  hieroglyphisch  nicht  sel- 

29* 


S79                        Thuöris  Thut-ris                        880 

tener  als  Toeris  sind.    Es  läßt   sich   zunächst  12.89;   Gvi^Qig  Uihch  1,36,3;  Svr\Qi  Wilckeny 

überhaupt   nicht  erkennen,   ob   hinter   diesen  ChresVom.  bl\  Ofovrigtg  BGU  ö&l,l\). 

verschiedenen  Namen  auch  verschiedene  Göt-  Auf  Denksteinen  des  späten  Neuen  Reichs, 

tinnen  stecken.  Man  sieht  auch  nicht,  daß  e  i  n  besonders  von  einfachen  Leuten ,   kommt  ^e- 

Name  die  eigentliche  Bezeichnung  der  Göttin  legentlich  ein   Frauenname  vor,    in  dem   man 

sei,  die  anderen  aber  nur  nebensächliche  und  schon  seit  längerer  Zeit  einen  Göttinnennamen 

gelegentliche  Beinamen.  Vielmehr  hat  man  den  erkannt  hatte;  er  ist  vvrnr  geschrieben  und  mag 

Eindruck,  daß  alle  diese  Namen  in  gleicher  werel,  vielleicht  auch  nur  wel  gesprochen  wor- 

Weise  für  eine  einzige  Göttin  angewendet  wer-  den  sein.  Dieser  Göttinnenname  ist,  wie  Ennan 
den,  ohne  irgendeine  besondere  Gestalt  oder  lo  in  ZettecÄr.  Jlgr.  Äpr.  44  (1907),  108  nachgewiesen 

Seite   von    ihr   zu   treffen.    Deshalb    vereinigt  hat,  identisch  mit  t'-wrt  =»  Toeris  nach  einer 

dieser  Artikel  alle  Erwähnungen  und  Darstel-  Variante  auf  dem  Denkstein  Berlin  72i)l.    Ist 

lungen  der  nilpferdgestaltigen  Göttin,  gleich-  dieses   wrnr  nur  eine  andere  Schreibung  von 

viel  ob  diese  ToSris,  Apet,  Reret  oder  anders-  wr«t  und  haben  beide  gleich  oder  ähnlicb  ge- 

wie  genannt  ist  oder  ob  sie  überhaupt  keine  lautet?    Das  Wort  wr  'Groß'   hat  im  Kopti- 

Beischrift  trägt,  so  daß  wir  nicht  wissen,  wel-  sehen  sein  r  erhalten  und  wird  nicht  mit  1  ge- 

chen  Namen  der  Ägypter  ihr  gerade  an  jener  schrieben;  sollen  wir  nun  annehmen,  daß  der 

Stelle  beigelegt  haben  würde.  Name  der  Nilpferdgöttin  schon  im  Altägypti- 

2.  Toßris.  Die  Namensform  beruht  auf  sehen,  wenn  auch  vielleicht  nur  in  einzelnen 
SovflQirß^  Plutnrch,  Dels.Vd^  und  dieser  Nameso  Provinzen  oder  Dialekten,  mit  1  gesprochen 
ist  nach  Entzifferung  der  Hieroglyphen  erkannt  wurde  und  Twele  lautete? 
als  eine  Wiedergabe  des  ägyptischen  Namens  3.  Apet.  Der  Name  der  Nilpferdgöttin 
der  Nilpferdgöttin  t'-wr^t  'Die  Große',  der  seit  lautet  hieroglyphisch  jp-t  oder  'p-t,  und  seine 
dem  Neuen  Reich  bekannt  ist.  Der  ägyptische  Vokalisierung  ist  unbekannt;  die  in  der  ägypto- 
Name  besteht  aus  dem  Artikel  t'  '  Die'  und  logischen  Literatur  auftretenden  Namensformen 
dem  Femininum  wrt  'Große';  da  der  Artikel  Apet  und  Opet  sind  willkürlich  zurechtgemacht. 
im  xigyptischen  erst  im  Mittleren  Reich  auf-  Der  Name  Apet  ist  seit  dem  Neuen  Reich  be- 
kommt und  im  Neuen  Reich  allgemein  ver-  legt,  und  er  kommt  insbesondere  der  Göttin  zu, 
wendet  wird,  ist  der  Göttinnenname  offenbar  die  bei  Karnak  neben  dem  Chonstempel  ihr 
erst  nach  2000  v.  Chr.  geformt  worden,  wäh-  so  Heiligtum  hat.  Er  ist  auch  in  den  Tempeln 
rend  die  ägyptischen  Götternamen  im  allge-  der  griechisch-römischen  Zeit  die  übliche  Be- 
meinen doch  ein  altertümliches  Gepräge  tragen.  Zeichnung  für  die  Göttin,  die  mit  Isis-Hathor 
Wohl  kennt  die  religiöse  Poesie  und  Prosa  identifiziert  wird,  und  scheint  dort  häufiger 
auch  eine  Göttin  wr-t  'Große',  aber  diese  ist  als  Toöris  zu  sein.  Ein  sicherer  Fall,  in  dem 
nicht  unser  Nilpferd,  sondern  unter  ihr  ver-  Apet  als  Bezeichnung  einer  Göttin  verwendet 
bergen  sich  mehrere  Götinnen ,  z.  B.  die  Him-  worden  wäre,  deren  reine  Nilpferdgestalt  durch 
melsgöttin  Nut,  die  Personifikation  einer  Götter-  Aufsetzen  eines  Frauen-  oder  Löwinnenkopfes 
and  Königskrone  und  andere.  Diese  Göttin  wr •  t  verändert  wäre,  ist  mir  nicht  bekannt.  Die 
'Große'  kommt  schon  in  den  Pyramidentexten  häufige  Zusammensetzung  Apet  wrt  'Große' 
des  Alten  Reichs  (3.  Jahrtausend  v.  Chr.)  vor,  40  hat  man  sich  doch  wohl  so  zu  erklären,  daß 
und  das  Wort  wrt  'Große'  wird  im  Mittleren  mit  dem  Beiwort  eigentlich  der  Name  t'-wrt 
und  Neuen  Reich  häufig  als  Beiwort  der  Mut,  =  Toeris  gemeint  ist,  der  seit  dem  Neuen  Reich 
Hathor,  von  Toteugöttinnen  usw.  verwendet.  als  selbständige  Bezeichnung  unserer  Göttin 
Aber  alles  dieses  hat  mit  unserer  Nilpferd-  auftritt, 
göttin  Toöris   nichts   zu   tun.  4.  Api-homs.    Man  hat  mit  der  Nilpferd- 

AUerdings   wird   auch    ToSris    unter    dem  göttin  Apet  auch   eine  Göttin  jpj-hms  zusam- 

Namen  wr.t  'Große'   angerufen;   z.  B.   steht  menbringen  wollen,  von  der  wir  aus  der  26.  Dy- 

dieser  Name  neben  rr-t  (Reret,  Nilpferd)  in  nastie    die   Bronzefigur   Kairo   38865    besitzen 

einer  Anrufung  auf  der  großen  Kairiner  Statue  {Daressy,  Statues  de  divinites  \Cat.  Gen.  du  Mu- 

(vgl.  D.  5).    Dort  ist  der  Name  wrt  nichts  an-  50  see  du   Gaire   1906]   mit  Phot.  Tafel  44).    Die 

deres  als  der  sonstige  t'-wrt  ■=  ToSris ;  wenn  Bronzefigur  stellt  eine  thronende  Frau  dar,  auf 

der  volkstümliche  Artikel  hier  weggelassen  ist,  deren  Kopf  eine  Krone  gesessen  hat.    Die  Bei- 

80  hat  man  das  nur  getan,  um  in  dem  feier-  schrift  lautet:   'jpj-hms,  erste  des  Horizonts, 

liehen  Text  auch  eine  gehobene  Form  des  Na-  die  das  schöne  Jahr  eröffnet.'    Sie  ist  Monats- 

mens  der  Göttin  zu  verwenden.  göttin,  vgl.  N.  2.  e. 

Der  Name  t'-wrt  'Die  Große'  ist  also,  wie  5.  Reret.  Das    Wort  rrt  'weibliches  Nil- 

die  Verwendung  des  Artikels  zeigt,  ein  volks-  pferd'  ist  das  Femininum  zu  dem  männlichen 

tümlicher,  und  er  hat  ein  sprachliches  Gegen-  Wort  rrj  'Schwein';  es  bezeichnet  also  ursprüng- 

stück  nur  in  der  Namensform  p'-r'    'Der  Re,  lieh  vermutlich  die  Sau  und  ist  auf  das   ihr 

der   Sonnengott'  für  den  in  älterer  Zeit  nur  60  ähnliche  weibliche  Nilpferd  übertragen.    Reret 

r'  'Re'  genannten  Sonnengott.   Die  Aussprache  ist  einer  der  häufigsten  Namen  der  Nilpferd- 

von  t*-wr-t  würden  wir  uns  für  die   spätere  göttin  und  seit   dem  späten  Neuen  Reich   zu 

Zeit  twere  denken,  und   das  paßt  vorzüglich  belegen;  in  den  griechisch-römischen  Tempeln 

zu  der  bei  Plutarch  überlieferten  Form.    Die  ist  er  neben  Apet  die  übliche  Bezeichnung  der 

in  den  griechischen  Papyros  übliche  Form  ist  Nilpferdgöttin.    Reret   ist    als   stehendes   Nil- 

SoriQig  {Pap.  Oxyrhynchos  passim,  jedoch  &ov-  pferd  der  üblichen  Form  dargestellt  {Lepsius, 

Qidog  12,1453    nach   Schubart);    vier    Frauen-  Dcnkm.  lY  S6  c). 

namen  lauten  nach  Möller:   GoT\oig  Tebt.  121.  Auf  Elfenbeintafeln   des   Mittleren   Reichs 


881                         Thuüris  Thufiris                         882 

kommt    ein    stehendes   Nilpferd    mit   der   liei-  :>.   Nf^ucHKeich.   In  dieser /fit  finden  wir 

gcbrift  jr  vor;  wenn  dieser  Name,  den  wir  Honst  die  Nilpferdgöttin  besonderH  unter  dem  Namen 

nicht  als  Bezeichnung  des  Nilpferdes  kennen,  Toeris,  aber  auch  Keret  und  Apet  von  Ange- 

etwa  in  rr(t)  zu  verbessern  ist,  wäre  das  der  hörigen  der  niederen  Volksschichten  in  Theben 

älteste  Beleg   für  diese  Bezeichnung  der  Nil-  verehrt;    ihr  Nam<>  'J'oi'ris   iHt  vielleicht  auch 

pferdgöttin  (Legge  in  Proc.  Soc.  Bibl.  Arch.  27  zum  Frauennamen  geworden  (B.  2);  auch  an  an- 

(rJOö),  pl.  III  zu  j).  ;{Ü1).  deren  Orten  und  unter  besonderen  lokalen  For- 

6.  Schepet.  Der  Name  spt  für  die  Nil-  mcn  ist  Toöris  im  Neuen  Reich  bekannt  ge- 
pferdgöttin  ist  nur  aitis  der  griechisch-römischen  wor<len.  Aber  sie  gehört  im  allgemeinen  nur 
Zeit  zu  belegen,  wo  er  nicht  häufig,  aber  doch  lo  dem  einfachen  Volke  an  und  wird  erst  ganz 
völlig  gesichert  neben  den  anderen  Namen  er-  allmählich  in  die  Tempel  aufgenommen.  Dort 
scheint,  z.  B.  in  dem  Geburtshaus  von  Dendera  begegnet  sie  uns  als  eine  der  Geburtshelfe- 
{Lepsius,  Denkm.WSöh.c  mit  Text  2  [1904],  rinnen  in  den  Darstellungen  der  Geburt  des 
247).  Schepet  wird  als  stehendes  Nilpferd  der  Königs.  Als  schutzverleihende  Göttin  und  als 
üblichen  Form  mit  einer  Krone  dargestellt  Spenderin  von  Speisen  an  die  Toten  wird  sie 
(Lanzone,  Diz.  mitol.  egiz.  tav.  394,  3).  gern   auf  Grabsteinen   einfacher   Leute   ange- 

7.  Mesechnet.  Der  Name  mshnt  bedeutet  rufen,  besonders  in  Theben.  Auch  wickelt  man 
'Geburtsgöttin'  und  ist  eine  der  vielen  ßezeich-  in  die  Mumienbinden  ein  kleines  Amulett  der 
nungen,  die  der  Nilpferd göttin  beigelegt  wer-  Nilpferdgöttin  aus  Fayence  ein  oder  trägt  ihr 
den.  Es  ist  richtig,  daß  sie  gelegentlich  im  20  Bild  als  Amulett  an  der  Halskette. 
Gegensatz  zu  anderen  Göttinnen  Frauengestalt  4.  Spätzeit.  Alle  die  für  das  Neue  Reich 
erhält  {Chassinat,  Mammisi  d'Edfou  p.  44  zu  angegebenen  Züge  der  Volksreligion  verstärken 
pl.  18).  Aber  es  ist  doch  zweifelhaft,  ob  die  sich  in  der  Spätzeit;  jede  mit  Zauberei  und 
von  Daressy  in  Rec.  trav.  34  (1912).  193  auf-  Beschwörung  verbundene  Tätigkeit  der  Nil- 
gestellte Ansicht  richtig  ist,  daß  Mesechnet  pferdgöttin  tritt  uns  jetzt  häufiger  entgegen, 
immer  als  stehendes  Nilpferd  mit  Frauenkopf  Figuren  der  Nilpf  erdgöttin  werden  in  der  Spät- 
dargestellt wird,  und  daß  jede  derartige  Figur  zeit  häufiger  als  früher,  in  größeren  Abmes-' 
Mesechnet  zu  benennen  sei,  auch  wenn  sie  sungen  und  aus  wertvollerem  Material  ange- 
keine  Namensbeischrift  trägt.  fertigt;  wir  besitzen  eine  große  Zahl  nicht  nur 

8.  Dut.  An  einigen  wenigen  Stellen  wird  so  von  billigen  Fayencefigürchen,  sondern  auch 
die  Nilpferdgöttin  in  später  Zeit  auch  dw-t  von  gutgearbeiteten  und  verhältnismäßig  kost- 
genannt oder  auch  nur  d-t.  Der  Name  sieht  baren  Statuen.  Die  im  Neuen  Reich  schon  ge- 
dem  Wort  dt  'Hand'  ähnlich,  seine  Bedeu-  pflegte  Darstellung  des  stehenden  Nilpferdes 
tung  ist  unklar.  Der  Name  ist  der  Nilpferd-  wird  schon  durch  Aufsetzen  eines  Frauen-  oder 
göttin  in  Dendera  beigelegt,  wo  sie  zusammen  Löwinnenkopfes  weiter  verändert. 

mit  Bes  den  kleinen  Harpokrates  schützt  (LejJ-  5,  Griechisch-römische  Zeit.  Die  Auf- 

sius,  De«7i?w.  IV  85  b ,    Zeit   des   Hadrian).    In  nähme  der  Nilpferdgöttin  in  das  offizielle  Pan- 

der   Darstellung  von   der  Geburt   des  Götter-  theon   ist  vollzogen.    In  Theben  hat  sie  unter 

kindes  heißt  eine  der  beiden  Hebammen:  'Ne-  dem  Namen  Apet   einen  eigenen  Tempel  er- 
buut,    dw-t,    Fürstin    der    Nilpferdgöttinnen'  40  halten,  in  welchem   sie  zur  Mutter  des  Osiris 

(Lepsiiis,  Benkm.  IV  82  b,  Zeit  des  Trajan).  -—  erklärt  worden  ist.    Gleichzeitig  hat  sich  aller- 

Zu  den  Stellen  vgL  unten  K.  3  c  (zweimal).  dings   der  böse  Ruf  an  sie  geheftet,   daß  sie 

^    r,   •  T  T-     -n         -11  ^i®  Genossin  des  Setech  (Seth)   sei.    Die  Nil- 

C.  Zeitliche  Entwicklung.  pferdgöttin  tritt  in  allen  Tempeln  der  griechisch- 

1.  Frühzeit.  Figur  aus  weiß-roter Breccia:  römischen  Zeit  auf,  und  zwar  besonders  in  den 
London,  British  Museum  35700  {Budge,  History  sogenannten  Geburtshäusern,  selbständigen  Ge- 
ofJEgypt  [1902],  5  mit  Abb.)  —  ist  Fälschung!  bänden,  in  denen  die  Darstellung  von  der  Ge- 

Eine  Elfenbeinfigur  der  Toeris  aus  der  Früh-  burt   des    Götterkindes   den   Hauptgegenstand 

zeit  eiwäiintv.  Bissing,  Kunstgeschichte  (IdOS),  7.  der  Abbildungen  ausmacht.    Bei  dem  in  die- 
^ach  Alfred  E.  Knight,  Ameutet  (London  1916),  bo  sem   Geburtshause  vollzogenen  Ritual  ist  die 

125   ist  ein  frauenköpfiges  Nilpferd   aus  AI  a-  Nilpferd  göttin  als  Geburtshelferin  und  als  Wär- 

baster  in   einem   Grabe   der  4.  Dynastie   1914  terin  des  neugeborenen  Gottes  aufgetreten, 
gefunden  worden.    Beide  Stücke  sind  mir  nicht 

bekannt;    sie    stellen   die   ältesten  Belege  der  ^'  Lokalkiilte. 

Nilpferdgöttin  dar.  1.  Allgemeines.    Herodot  2,71  berichtet, 

2.  Mittleres  Reich.  In  den  Grabungen  daß  Flußpferde  in  dem  Gau  Papremites  heilig 
bei  Der  el-Bersche  soll  in  einem  Grabe  des  sind,  bei  den  übrigen  Ägyptern  jedoch  nicht. 
Mittleren  Reichs  eine  Toerisfigur  aus  Holz  von  Wir  wissen  auch  aus  ägyptischen  Quellen,  daß 
9  cm  Höhe  gefunden  sein:  Ann.  Serv.  Aniiqu.  das  Nilpferd,  das  doch  zu  den  schädlichen 
Egypt  3  (1902),  281.  Ferner  ist  das  stehende  60  Tieren  gehört,  in  einzelnen  Gegenden  nicht 
Nilpferd  zuweilen  mit  einem  Messer  in  der  verfolgt  werden  durfte.  Z.  B.  sagen  die  Gau- 
Vordertatze  auf  den  Zauberstäben  des  Mittleren  listen  von  Edfu ,  daß  im  10.  oberägyptischen 
Reichs  dargestellt,  nach  denen  Jequier  in  Bec.  Gau  es  verboten  sei,  in  seiner  Stadt  das  Nil- 
trav.  30  (1908),  40  die  Schützerrolle  des  Nil-  pferd  zu  töten  (/.  de  Bonge  in  Bevue  archeolo- 
pferdes  festgestellt  hat  und  die  vollständig  gique  N.  S.  15  [1867],  341).  Auch  im  9.  und 
gesammelt  sind  von  Legge  in  Proc.  Soc.  Bibl.  10.  unterägyptischen  Gau  wird  das  Nilpferd 
Arch.  27  (1905),  130—52.  297—303;  28  (1906),  verehrt;  Gaumünzen  von  Alexandria  zeigen  ein 
159—70,  sämtlich  mit  Tafeln.  Nilpferd.    Die  Beispiele  könnten  vermehrt  wer- 


883                      ThutTis  Thuffris                      884 

den,  zeigen  aber  nur,  daß  es  mit  dem  Nilpferd  =»  Toßris  zugehört  {ChampoUion,  Not.  descript 
ebenso  steht  wie  mit  dem  Krokodil:  es  wird  2,72,4.  2,64;  LepsiuSt  Denkm,  IH  221g:  Säu- 
in einigen  Gegenden  verfolgt,  in  anderen  vet-  len  des  großen  Öypoätyls  von  Seti  I.  in  Kar- 
ehrt. Über  die  Heimat  unserer  Nilpferdgöttin  nak).  Dasselbe  Beiwort:  'Nut,  die  die  Götter 
ist  daraus  aber  nichts  zu  schließen.  gebar,  die  den  Oairis  gebar  in  Theben'  erhält 

2.  Mittelägypten.  Für  die  altägyptische  die  Ortsgöttin  Opet  in  Karnak  unter  Ptol.  VI. 
Zeit  können  wir  keinen  Beleg  dafür  anfuhren,  Philometor  I.  {ChampoUion,  Not.  descr.  2,27 — 
daß  das  Nilpferd  in  Mittelä^ypten  verehrt  wor-  28).  Die  vereinigte  Göttin  Opet-Apet  trägt  das 
den  sei,  oder  daß  die  Nilpterdgöttin  dort  eine  Schriftzeichen  opet  (jp-t,  Kapelle)  als  Kopf- 
besondere Rolle  gespielt  habe.  Aber  in  der  lo  schmuck.  —  Zur  Identifikation  der  beiden  Göt- 
griechischen   Zeit  sehen  wir  Toöris  plötzlich  tinnen  vgl.  unten  0.  1. 

eine  besondere  Bolle  spielen  in  den  Papyrus,  4.  Karnak.  Heiligtum  ptol.-röm.  Zeit  na- 
die  aus  Oryrhynchos  kommen  (Pap.  Oxy/ÄyncÄos  mens  'Tempel  der  großen  Apet  an  der  Weat- 
ed.  Orenfell  and  Hunt),  in  ihnen  wird  To^ris  seite  des  Tempels  des  Ghous';  dabei  kann 
oft  erwähnt,  und  zwar  sowohl  als  eine  dort  man  sich  unter  der  Benennung  'Große'  den 
mit  Isis  und  Sarapis  verehrte  Göttin  {Oxjf.  1,  Namen  'Toöris'  unserer  Göttin  denken  (vgl. 
46.  47)  oder  zusammen  mit  Isis  und  Sarapis  oben  B.  2),  und  für  den  Namen  Nilpferdgöttiu 
and  Osiris.  Es  gibt  einen  Tempel  der  Toöris,  Apet  ist  mit  der  obenerwähnten  Schnftspielcrei 
in  den  jemand  zum  Kultmahl  des  Serapis  ein-  (vgl.  D.  3)  der  Name  der  Ortsgöttin  Opet  ge- 
geladen wird  (0x^.12,1481).  Verschiedene  20  schrieben.  Die  Anlage  ist  seit  der  Preußischen 
Arten  von  Priestern  der  Toöris  kommen  vor  Expedition  gut  bekannt:  Lepsius,  Denkm.  IV 
(vgl.  unten  E.  3).  Der  Tempel  der  Toöris  heißt  30—37  mit  Text  6  (1913),  71—73;  sie  ist  von 
Oon^efov  (Oxi/.  9, 1188  V.Jahre  13  n.Chr.),  und  Rochemonteix  sorgfältig  untersucht  und  a-is- 
in  ihm  wira  ein  vergöttertes  Tier  namens  führlich  veröffentlicht  worden:  Unvollständig 
Osorphnas  gehalten,  das  wahrscheinlich  ein  Nil-  in  Bic.  trau,  ejypt.  asut/r.  3(1882,  72—86.  6 
pferd  ist.  Ein  Stadtquartier  wird  nach  Toöris  (1884),  21—35;  vollständig  in  Bibl.  egyptol.  3 
genannt:   ijt"  &u(p6^ov  Sq6iiov  Goi^qlSo;  {Oxy.  (1894),  169—818. 

3,  478.  479.  7,  1029.  12,  1419.  1616.  1550^.  Aus  Im  Allerheiligsten  ist  die  Göttin  'Apet,  die 

den  Papyrus  von  Oxyrhynchos  ist  die  Gleich-  Große'  in  verschiedenen  Geitalten   dargestellt 

Stellung  von  ToSris  und  Athena  belegt  (vgl.  so  {Lepsius,  Denkm.  IV  30  e).    Das    Heiligtum   ist 

unten  0.  3).  (Vorstehendes  und  die  späteren  An-  zunächst  der  Nilpferdgöttin  geweiht,  die  hier 

gaben  aus  Oxyrhynchos  nach  Mitteilung  von  besonders  stark  als  Göttermutter  auftritt  und 

W.  Schubart.)  als  solche  auch  mit  Nut  identifiziert  wird,  die 

Der  Frauenname  Sofjgig  ist  auch  in  Papy-  in  diesem  Tempel  den   Osiris  geboren  haben 

rus  anderer  Herkunft  als  Oxyrhynchos  zu  be-  soll.    Darauf  deatet  die  Darstellung  {Lepsius, 

legen;  vgl.  oben  B.  2.  Denkm.  IV  29  b)  mit  der  erklärenden  Böischrift 

3.  Theben.  Aus  Denksteinen  und  Papyrus,  unter  dem  Ruhebett,  auf  dem  der  zu  neuem 
die  aus  Theben  kommen,  wissen  wir,  daß  Toöris  Leben  wiedererwachende,  also  'neugeborene' 
am  Ende  des  Neuen  Reiches  von  einfachen  Leichnam  des  Osiris  liegt.  Nach  der  Auffassung 
Leuten  dort  verehrt  worden  ist.  Die  Kultstätte  40  von  Rochemonteix  ist  der  Tempel  der  Ort  des 
der  ToSris  scheint  auf  dem  Westufer  gelegen  zu  Sterbens  des  Osiris,  der  wiederersteht;  Osiris 
haben.  Ein  derartiger  Denkstein,  geweiht  von  ist  hier  erzeugt  worden  {Bibl.  egyptol.  3,  317). 
einem  Beamten  der  Totenstadt  auf  der  West-  Der  wesentlichste  und  häufigste  Name  für 
«eite,  zeigt  nebeneinander  die  schlangenköpfige  die  Nilpferdgöttin  ist  Apet;  daneben  wird  sie 
Göttin  Mersegert  und  'Toöris,  Herrin  des  Him-  mit  anderen  Göttinnen  identifiziert.  Ihre  Bei- 
mels'  als  stehendes  Nilpferd  der  üblichen  Ge-  werte  sind  nicht  sehr  z-ihlreich  und  auch  ziem- 
stalt  (Lanx^one,  Dizion.  di  mitol.  egiz  tav.  126, 1).  lieh  farblos,  so  daß  wir  uns  von  ihrem  eigent- 

Ein  anderer  Denkstein,  der  in  der  Nähe  des  liehen  Wesen  keine  genaue  Vorstellung  bilden 

Naos  mit  der  Statue  (vgl.  unten  D.  6)  gefunden  können.    Bei   dem   Beiwort:   'Die   die    Götter 

ist,  enthält  zwei  Formen  der  Toeris,  die  links  5o  gebar'  denkt  man   daran,   daß  sie  in  diesem 

aisstehendes  Nilpferd 'Toeris,  Gewaltige,  die  die  Tempel  den  Osiris   geboren  haben  soll,   aber 

Neunheit  geboren  hat,    Herrin  des    Himmels,  da-?  Beiwort  hat  sehr  häufig  diese  allgemeine 

Herrscherin  von  Ober- und  ünterägypten',  rechts  Form  und  nur  gelegentlich  einen  bestimmten 

als  thronende  Frau  'Toeris,  Mut  in (Orts-  Hinweis  auf  Osiris.    Eines  der  Bilder  der  Apet 

name),    Herrin   des   Himmels'    dargestellt   ist  im  Allerheiligsten  enthält  das  Beiwort  'Heilige 

{Mariette,    Monum.   divers  pl.  93   [1872]   mit  in  Theben'  {Lepsius,  Djwtw.  IV  30e),  das  wir 

p.  28  (1889)).  sonst  nicht  für  sie  kennen. 

Eine  Schriftspielerei  erschwert  uns  die  Er-  5.  Naos  mit  Statue  aus  Karnak.  Im 
mittlungen  über  die  Nilpferdgöttin  in  Theben.  Museum  von  Kairo  (Nr.  70027):  Mariette,  Mo- 
In  ihrem  Heiligtum  bei  Karnak  (vgl.  unten  D.  4)  60  num.  divers,  pl.  91—92  (1872)  mit  p.  28  (1889). 
führt  sie  meistens  den  Namen  Apet  (jp-t),  und  Zuletzt  veröffentlicht  in  Roeder,  Naos  {CataJ. 
da  dieser  die  gleichen  Konsonanten  enthält  Gener.  MiA,seeCaire,  Leipzig  1914:)  106 — 109  mit 
wie  der  Name  Opet  (jp-t),  der  Ortsgöttin  der  Taf.  37.  An  der  Vorderseite  unten  zwei  Bilder 
Oatseite  von  Theben,  zu  welcher  die  Tempel  des  vorToöris  opfernden  Stifters,  an  der  linken 
Karnak  und  Luksor  gehören,  wirft  man  die  Außenwand  die  sieben  Formen  der  Hathor. 
beiden  Namen  zusammen.  Die  Ortsgöttin  Opet  D  irch  ein  Fenster  war  bei  der  ursprünglichen 
erhält  das  Beiwort  'Große,  die  die  Götter  ge-  Aufstellung  der  Kopf  der  in  dem  Naos  stehen- 
bar',  das   eigentlich   der  Nilpferdgöttin   Apet  den   Statue    der  Nilpferdgöttin    sichtbar.    Der 


SS;) 


Thuöris 


Thuöris 


886 


Name  cier  Nilpfer{l<:röttin  ist  an  keiner  tStelle  in 
'U\n  hieroglyphischen  Beiöchriften  erhalten;  die 
fiinzugefügten  Beiworte  sind  unverständlich 
und  kommen  in  dieser  Form  sonst  nicht  vor. 
Die  Statue  der  Nilpferdgöttin  (unsere  Abb.  1) 
ist  mit  metallischer  Schilrie  in  hartem  grünem 
Stein  gearbeitet  und  9G  cm  hoch :  Darrssy,  Statnes 
de  dioinites  {Catul.  Gener.  Musee  Caire,  1906) 
284  mit  pl.  55;  Borchardt,  Kunstioerke  aus  dem 
Museum  zu  Kairo  (1008)  Tat'.  16;  Maspero- 
Roeder,  Führer  durch  das  Ägy}^.  Muf^eum  zu 
Kairo  (Kairo-Berlin  1912)  55,  Nr.  1016.  Über  die 
archäologischen  Einzelheiten  vgl.  unter  F.  1.  a. 


30 


1)  Statue  der  Toeria  aus  Karnalc 

{Mtiseum  von  Kairo). 

\n  den  Inschriften  der  Statue  sind  die  Hiero- 
glyphen zwar  peinlich  genau  gearbeitet,  aber 
der  Text  scheint  nicht  zuverlässig  zu  sein.  Am  50 
Rückenpfeiler  steht  ein  kleiner  Hymnus  an  die 
Nilpferdgöttin,  in  dem  die  Benennung  ^Große' 
(wr-t)  wieder  auf  Toeris  hinweist  (vgl.  oben 
B.  2):  '0  Große  (wr-t)!  0  Reret !  Heil  dir, 
Große  (wT-t),  Gewaltige  C'-t),  Fürstin  des 
Horizontes,  die  ihren  Herrn  schützt,  die  für 
ihre  Habe  kämpft!' 

6.  Der  el-Bahri.  Naville,  Tlie  temple  of 
Beir  el-Bahari  5  (1906),  pl.  149—150.  Zwei 
Wände  der  Kapelle  von  Ptolemaios  IX.  Euer-  60 
getes  II.  enthalten:  1.  Neit-Ament.  2.  Eine 
stehende  Nilpferdgöttin,  die  Vorderpfote  auf 
das  Schutzzeichen  stützend,  namens:  'Lebende, 
die  das  Seiende  auffrist,  die  mit  ihrer  Flamme 
verzehrt,  Herrin  der  Speisen,  Hen-in  des  Seien- 
den,   ,  Herrin  des  Schutzes  (hw),  Ge- 
liebte des  Ptah,  dessen  Pläne  den  Sohn  erret- 
teten, der  aus  Atum  hervorging.'   Man  hat  für 


diese  Darstellung  also  diejenige  Form  der  Göttin 
gewählt,  die  den  11.  Monat  schützt  (vgl.  unten 
N.  2.  f).  Sie  sagt:  Mch  speise  dein  Haus  und 
belebe  deine  Gattin.'  3.  Ein  nackter  Knabe,  wohl 
als  Sohn  der  Nilpferdgöttin.  4.  VAne  stehende 
Nilpferdgöttin  mit  Geierkopf  und  großer  Krone 
namens:  'Heknct  (hkn  t)  am  Kopfe  ihres  Herni, 

Tochter  des  Re,  die  ihren  Vater  schützt, , 

groß  an  Zauber  auf  dem  Haupte  des  Allherrn'; 
hier  ist  eine  Verkörperung  der  feuerspeienden 
Schlange  an  der  Stirn  des  Sonnengottes  ge- 
meint, als  die  wir  die  Nilpferdgöttin  sonst 
nicht  kennen.  Sie  sagt:  'Ich  belebe  dir  alh; 
Leute  durch  den  Schweiß,  der  au«  meinen 
Gliedern  dringt.' 

Auf  der  anderen  Wand  (pl.  160):  1.  Ptah  von 
Memphis.  2.  Stehende  Nilpferdgöttin  'Apet, 
Große  in  den  beiden  Himmeln,  Gottesmutter' 
usw.  3.  Horus  Heknu  (liknw)  als  nackter  Knabe. 
4,  In  einer  Kapelle  eine  stehende  Nilpferdgöttin 
mit  Löwinnenkopf:  'Auge  des  Atum,  die  ihren 
Vater  liebt,  Seele  der  Seelen,  prächtig  an  Schön- 
heit, die  Speisen  und  Nahrung  gibt,  Herrin  der 
Gesichter,  reich  an  Ohren';  vor  ihr  noch:  'die 
die  Feinde  niederwirft  unter  den  Toten  und 
Lebenden.' 

Man  sieht,  in  den  Benennungen  der  Nil- 
pferdgöttinnen sind  verschiedene  Vorstellungen 
zusammengeflossen;  es  handelt  sich  nicht  um 
einheitliche  Gottespersönlichkeiten,  sondern 
um  eine  Vermischung  aus  allerhand  Zügen, 
die  hier  in  den  meisten  Fällen  äußerlich,  in 
einigen  allerdings  mit  innerer  Beziehung  auf 
die  Göttin  vereinigt  werden.  Der  Grund  dafür, 
daß  sie  überhaupt  in  dieser  Kapelle  an  so 
hervorragender  Stelle  und  in  so  starker  Beto- 
nung erscheint,  wird  sein,  daß  die  Nilpferdgöttin 
eben  in  der  Gegend  von  Der  el-Bahri  seit  langer 
Zeit  verehrt  wurde  (vgl.  oben  D.  4).  Den  Bil- 
dern der  vergöttlichten  Weisen  Amenhotep  und 
Imhotep  ist  sie  beigegeben,  weil  sie  als  Götter- 
mutter und  Schützerin  der  Geburt  der  Götter- 
kinder in  der  Lage  war,  die  göttliche  Abstam- 
mung der  beiden  HallDgötter  zuverlässig  zu 
bekräftigen. 

7.  Oberägypten.  Neben  der  Verehrung 
der  Nilpferdgöttin  in  Theben  treten  andere 
Orte  stark  zurück.  In  Silsilis  betet  in  der 
Kapelle  Ramses^  II.  die  Königin  Nofret-ari 
mit  zwei  Sistren  vor  einem  menschenköpfigen 
Nilpferd  'Toeris,  die  auf  dem  reinen  Wasser 
wohnt,  die  im  Ozean  ist  (war?),  Fürstin  der 
Götter'.  Hinter  der  Toeris  stehen  Thot  von 
Schmun-Hermopolis  und  Nut,  die  beide  eben- 
falls 'wohnend  auf  dem  reinen  Wasser'  heißen, 
also  ebenfalls  in  Silsilis,  der  Stätte  des  'reinen 
Wassers',  angesiedelt  sind:  Lepsius,  DenJcm.Ul 
75  c  =  Champollion ,  Monum.  (1845),  pl.  103,1 
=  Rosellini,  Monum.  del  culto  (1844),  pl.  31, 1. 

Ähnlich  ist  die  Darstellung  auf  einer  Felsen- 
stele, die  von  dem  Wesir  Panehsi  (p'-nhsj) 
unter  Merenptah  errichtet  ist:  Lepsius,  Denkm. 
in  200  c  =  Champollion,  Monum.  103,  3.  Der 
Stifter  spricht  auf  ihr  ein  Opfergebet  an  'Toeris, 
die  auf  dem  reinen  Wasser  wohnt,  und  an 
Sobk  und  Silsilis  (hnw),  sie  mögen  Gnade  vor 
dem  König  geben!'  Toeris  hat  die  gleiche 
eigentümliche  Gestalt,  die  sonst  nicht  zu  be- 


887 


Thut?ris 


Thueris 


888 


3)  Toeris  mit  PrÄuen- 
kopf  (A'i«fi/«,  RamMts  IL). 


legen  ist,  mit  dem  Fraueukopf  und  der  Hathor- 
krone  auf  dem  Nilpferdkörper  (Abb.  2;  vgl. 
unten  P.  8). 

Im  1.  Katarakt  haben  sich  zwei  Felsinschrif- 
ten  gefunden,  die  eine  besondere  Verehrung 
der  Nilpferdgöttin  vermu- 
ten lassen.  Die  eine  sitzt 
bei  Assuan  und  zeigt  einen 
Mann  betend  vor  einem 
stehenden  Nilpferd  mit  der  lo 
Beiscbrift:  'Anbetung  der 
Toeris,  Auge  des  Re,  woh- 
nend   in   gb ':    CatcU. 

des  monum.  et  inscript.  de 
VEgypte  ed.  de  Morgan  u.  a. 
1 1  (1908),  204,  84.  Von  der 
anderen,  etwas  weiter  nörd- 
lich bei  Eubbanije,  ist  nur 
die  Inschrift  ohne  Darstel- 
lung veröffentlicht :  'Anbe-  »o 
tung  derToeris,  Tochter  des 
Re ,  wohnend  auf  dem  gb- 
Wasser,  Herrin  des  Neger- 
landes (t'-nhäj)  —  gib  ein 
schönes  Leben  mit  Gesund- 
heit!*: Bec.  trav.  egypt. 
assyr.  16  (1894),  174. 

8.  Späte  Tempel.  In 
den  Tempeln  der  griechi- 
schen Zeit  findet  sich,  gleich-  so 
viel  an  welchem  Orte  sie 
stehen  und  welcher  großen 
Gottheit  sie  geweiht  sind,  neben  dem  eigent- 
lichen Tempelgebäude  eine  kleine  Anlage,  die  in 
älteren  Beschreibungen  und  Veröffentlichungen 
das  'Typhonium'  genannt  wird,  in  neuerer  Zeit 
von  den  Franzosen  'Mammisi',  eine  dem  Kopti- 
schen entlehnte  Bezeichnung  für  'Geburtshaus'. 
Dieser  kleine  Nebentempel  ist  die  Stätte,  an 
welcher  die  Geburt  der  Gottheiten  stattgefun-  40 
den  hat.  In  einigen  Fällen  scheint  es  sich  um 
die  Geburt  der  Hauptgottheit  zu  handeln,  in 
anderen  bringt  die  Hauptgottheit,  wenn  sie 
eine  Göttin  ist,  ihr  Kind  dort  zur  Welt;  end- 
lich glaubt  man  in  den  Geburtshäusern  auch 
Anspielimgen  auf  die  Geburt  ortsfremder  Gott- 
heiten, besonders  des  Osiris,  zu  finden. 

ß.  Kultus  und  Priester. 

1.  Tempel.  Einen  besonderen  Kultus  der  50 
Toöris  können  wir  bei  dem  speziellen  Charakter 
der  Göttin  kaum  in  vielen  Fällen  annehmen. 
Immerhin  wird  ein  'Tempel  der  Toeris',  in 
welchem  die  Statne  eines  Mannes  aufgestellt 
ist,  schon  im  Neuen  Reich  erwähnt  (Turin  172, 
Holzstatue  des  Ramose  aus  Theben).  Bezeich- 
nungen wie  'Apet  im  Tempel  der  Apet'  Brugsch, 
Biet.  Geograph.  1159  (1879)  sind  zu  unbestimmt, 
um  uns  auch  nur  für  die  späte  Zeit  weiter  zu 
heJfen.  so 

2.  Kultbild.  Die  große  Steinfigur  der  Toe- 
ris  als  stehendes  Nilpferd  in  Kairo  (vgl.  D.  6) 
ist  gewiß  ein  Kultbild  gewesen,  vor  welchem 
geopfert  wurde.  Von  einem  ähnlichen  Stück 
ans  Gold  hören  wir  in  den  Papyrus  aus  Oxy- 
rynchos:  inifuXriTüav  ;ußvffov  goävov  k^r^väq 
xfis  xal  Soi]QLdos]  d'sag  usylarrig  (^»  IH"^);  i^ 
derselben    Urkunde    heißt   es    auch:    riöv    triv 


OoijQiv  noitiadvTOiVy  wo  es  sich  um  das  Kult- 
bild handelt. 

8.  Priester  der  To^ris  kennen  wir  nur  in 
den  Papyrus  als  Oxyhrynchos.  Dort  werden  sie 
allerdings  in  einer  ganzen  Anzahl  und  mit  ver- 
schiedenartigen Titeln  erwähnt,  so  daß  wir 
auch  an  anderen  Orten  eine  ähnlich  gegliederte 
Priesterschaft  anzunehmen  haben,  von  der  wir 
hier  einmal  durch  Zufall  Kenntnis  erhalten. 
Oxyr.  1,  46  wird  ein  hgsvg  Gor'jQidog  xal  Ei'ai- 
äog  xccl  ^^agcinig  (sie)  xal  ttav  avvvdcav  ^sdiv 
fieyiat(üv  xal  yiOO%oG(pQCiy icxo^  erwähnt;  ganz 
ähnlich  Oxyr.  1,47.  2,242.  4,806.  Ferner  gibt 
es  einen  aqxmuaxocpOQog  &oiiQi6og  xat:'  "Hoiäog 
xai  I^aJQdmdog  xal  *Slai[Qiog]  2,  241  und  einen 
naatoqtOQog  der  To^ris:  Oxyr.  .'J,  491  (Heiligtum 
im  Dorf  Muchinor)  10,1268.  Stolisten  sind  er- 
wähnt Oxyr.  2,  242,  ein  Isqot^xxodv:  Oxyr.  3, 
679.  12,  1550. 

4.  Fest.  Ein  'Fest  der  Toöris'  wird  im 
späten  Neuen  Reich  bei  Lieferungen  erwähnt 
(Liverpool  Ostrakon  M  18,  025  nach  Gardiner). 
Im  Neuen  Reich  hat  es  auch  ein  'Fest  der 
Opet'  gegeben,  das  nach  der  Kapelle  Opet 
Cpt)  in  Theben  genannt  war.  Später  ist  der 
Name  des  Festes  scheinbar  übertragen  worden 
auf  die  Nilpferdgöttin,  deren  Name  Apet  ('p-t) 
mit  denselben  Konsonanten  geschrieben  wurde. 
Auf  dieses  Fest  geht  die  Bezeichnung  des  Mo- 
nats zurück,  in  welchem  es  gefeiert  wird,  kop- 
tisch Epepe  oder  Epiphi.  Das  Fest  der  Göttin 
'pt  wird  häufig  erwähnt.  Aber  in  vielen  Fäl- 
len weiß  man  nicht,  welche  Göttin  eigentlich 
gemeint  ist.  Wenn  zu  dem  Monat,  in  welchen 
das  Fest  fällt,  als  Schutzgöttin  eine  stehende 
Frau  mit  Falkenkopf  gehört,  dann  ist  gewiß 
nicht  unsere  Nilpferdgöttin  gemeint  (Lanzone, 
Diz.  mitol.  egiz.  tav.  VII;  Brugsch,  Monum.  de 
VEgypte  1857,  pl.  X,  11  zu  p.  16).  In  einem 
Festkalender  von  Edfu  ist  aber  zweifellos  von 
einem  'Fest  der  Apet',  und  zwar  der  nilpferd- 
gestaltigen  Göttin  die  Rede  {Bochew.  1,  328). 
Auch  in  dem  aus  der  17.  Dynastie  stammen- 
den Kalender  des  Papyrus  Ebers  1  Rs.  13  wird 
für  den  2.  Sommermonat  als  Fest  und  Monats- 
name der  Name  einer  Göttin  Apet  verwendet, 
der  mit  dem  Tierfell  geschrieben  ist,  also  offen- 
bar die  Nilpferdgöttin  meint. 

F.  Verwandtschaft. 
Da  die  Nilpferdgöttin  keine  von  den  alten 
Gottheiten  ist,  enthalten  die  Texte  keine  feste 
Tradition  über  Gottheiten,  mit  denen  sie  in 
enger  verwandtschaftlicher  Beziehung  steht. 
Die  Zusammenstellungen  schwanken  meist  so 
stark,  daß  sie  kein  bestimmtes  Bild  ergeben. 

1.  Eltern  der  Göttin.  Toeris  wird 'Toch- 
ter des  Re'  genannt  (Bec.  trav.  16,  1894,  174; 
ebenso  Naville,  Deir  el-Bahari  5,  1906,  pl.  150 
in  ptolem.  Zeit).  Vgl.  'Auge  des  Re'  in  G.  II. 

2.  Genossen  der  Göttin,  a)  Verschie- 
dene Gottheiten.  Das  Beiwort  'Geliebte  des 
Ptah',  das  die  Nilpferdgöttin  in  den  Reliefs 
Ptolemaios'  IX.  in  dem  Tempel  von  Der  el-Bahri 
führt  (ed.  Naville  5,  pl.  149),  ist  vereinzelt.  In 
Theben  folgt  sie  gelegentlich  dem  Amon.  Zu 
Amon  tritt  sie  auch  in  Silsilis  als  Gegenstück 
auf  (Lepsius,  DenJcm.  III  200  c);    weshalb   sie 


S89                          Thuöris  Thuiins                          090 

dort  auch  mit  Thoth  und  Nut  zuHammengestellt  der  iNut".    In    dem   Fries  an   der  Fassade  de» 

wird   {chd.  17öc;    Champollion,  Moniiw.  1845,  Tempels  von  Erment  von  Ptolemaios  XVI.  steht 

pl.  103,  1.  313;   liosellini,   Moniivienti  del  culte  in  einer  oft  wiederholten  Gruppe  die  Nilpferd- 

1844,  pl.  31,  1),  vermag  man  nicht  /u  erkennen.  göttin  einem  Gott  gegenüber;  als  Gott  wechselt 

Ebensowenig  ist  eine  feste  Verbindung  in  der  ein  Kes  ab  mit  einem  Mann  mit  P]selkopf,  und 

Bronzegruppe  saitischer  Zeit  in  Leiden  zusehen,  der  letztere  muß  eine  Form  des  Setech-Typhon 

die  Toöris  und  Anubis  zeigt,   oder  in  der  Zu-  sein  (Lepsius,  Denkm.  IV  tJöa).    Dieser    Fries 

saramenstellung  von  Toörin  mit  dem  hockenden  muß  eine  beliebte  Dekoration  gewesen  sein,  denn 

Löwen    Mahes    {Chassinat,    Miunmisi   d'Kdfou  er  ist  auch  im  Tempel  von  Dendera  (vgl.  unten 

[Mem.  3Iisf<.  Fravr.  Caire  16,  1910]  pl.  32  link.s.  lo  K.  3.  c)  und    von    Ombos   verwendet    gewesen 

p.  133  und  pl.  37  links,  p.  140).    In  den  Papyrus  (ed.  de  Morgan  2,  332,  nr.  984).  —  Vgl.  unten  I. 

von  Oxyrhynchos  wird  Toöris  mehrfach  mit  Isis,  3.  Genossinnen  der  Göttin.    Der  Denk- 

Sarapis   und   Osiris   zusammen    genannt;    eine  stein    eines    Nekropolenbeamten    aus    Theben, 

innere  Verbindung  älterer  Herkunft  liegt  na-  der  noch   dem   späteren  Neueren  Reich  ange- 

türlich  auch  darin  nicht  (Ox?/r.  1,  40.  47.  2,  •J42.  hört,  stellt  die   nilpferdgestaltige  Toi'ris   dar, 

4,  806).    Aus  einer  Einladung  geht  hervor,  daß  neben  ihr  die  Mer-segert  als  Frau  mit  Schlan- 

das  Kultmahl  des  Sarapis  in  dem  Heiligtum  der  genkopf  (Turin  90:  Lanzone,  Dizion.  mitol.  egiz. 

Toöris  statttinden  konnte  (Oxyr.  12,  1484).  Viel-  tav.  126, 1);  hier  sind  zwei  volk.stüm liehe  Göt- 

leicht  spielt  hier  noch  die  Verbindung  mit,  in  tinnen   vereinigt,    die   auf  der  Westseite  von 

die  Toeris  zu  Osiris  in  den  Geburtshäusern  ge-  20  Theben  verehrt  wurden.    Ebenso  äußerlich  ist 

kommen  war  (vgl.  D.  8).  die  Zusammenstellung  der  Toeris  mit  den  sie- 

b)  Bes.  Die  häufige  Zusammenstellung  der  ben  Hathoren  aus  der  Spätzeit,  die  sich  auf 
Nilpferdgöttin  mit  Bes  beruht  auf  den  ähnlichen  dem  Naos  in  Kairo  (vgl.  D.  5)  und  wieder  auf 
Aufgaben  der  beiden  Gottheiten.  Sie  kommt  dem  von  Trajan  ausgeschmückten  Geburtshaus 
schon  im  Mittleren  Reich  bei  den  Zeichnungen  in  Dendera  findet  {Lepsius,  Denkm.  Text  2 
auf  Zauberstäben  aus  Elfenbein  vor  {Rylands  [1904],  42;  Brugsch,  Thes.  1368). 

in  Proc.  S.  B.  A.  10  [1888],  570).   In  der  Dar-  4.   Die    Göttin   als   Mutter,    a)  Allge-' 

Stellung  der  Geburt  des  Königs  Amenhotep  III.  mein.    Die    Beiworte   ''die    die  Götter  gebar' 

in   Luksor    stehen  Bes  und   Toeris  zusammen  {Lepsius,  Denkm.  lY 'SO  e  und  eonst)^  und"  Toih'iBy 

unter  dem  Ruhebett  der  gebärenden  Königin  so  die  alle  Götter  gebar'  {Lanzone,  Dizion.  mitol. 

{Lepsius,  Denkm.  III  74  c,  Text  3  [1900],  86).  egiz.  tav.  394,2)  bezeichnen  die  Nilpferdgöttin 

Auch  in  zahlreichen  Darstellungen  ptolemäischer  als  Göttermutter  in  der  Urzeit.    In  Wirklich- 

Zeit  stehen  Bes  und  die  Nilpferdgöttin  zusam-  keit  ist  es  vielleicht  nichts  als   eine  Auaspin- 

men  bei   der  gebärenden  Frau  oder  bei  dem  nung  des  Gedankens,  daß  sie  ihrer  Natur  nach 

neugeborenen    Kinde,    z.  B.    bei    der    Geburt  eben  eine  Helferin  der  Geburt  ist. 

des  Sohnes  des  Hathor  in  dem  Typhonium  von  b)  Ihr  Sohn.    Es  ist  fraglich,  ob  die  ägyp- 

Dendera:    I^epsius,  Denkm.  IV  82  b.  85  b.  c.  e,  tische  Mythologie   einen  wirklichen  Sohn   der 

dazu  Text  2  (1904),  247.   Ebenso  steht  in  einer  Toeris  kennt.  Brugsch  {Diction.  Geograph.  1879, 

Gruppe  am  Fries  der  Fassade  des  Tempels  von  306.  930  nach  Herod.  2,  63.  64)  und  Budge  {Gods 

Erment,  die  auf  den  im  Delta  aufwachsenden  40  o/"  <Äe  Egyptians  2,   1904,  359)   haben   es    als 

Horusknaben  anspielt,  die  Nilpferdgöttin  einem  sicher  hingestellt,  daß  Toeris  in  Ombos  schwan- 

Bes-artigen  Gott  gegenüber  (Lepsius,  Denkm.  ger  wurde  und  dort  ein  Kind  gebar,   das  ent'- 

IV  65  a,  Zeit  Ftolemaios'  XVL).  Endlich  sind  auf  weder   Osiris  oder   der   Sonnengott  war.    Die 

der  Metternichstele  (ed.  Golenischeff  1877,  Ta-  Texte  geben  für  beides  keinen  sicheren  Anhalt, 

fei  1,  Reihe  4)  in  den  Darstellungen  Bes  und  Auf  dem  Denkstein   der  Spätzeit,   der   zu 

die  Nilpferdgöttin  zusammen  abgebildet;  auch  dem  Kairiner  Naos  gehört  (Mariette,  Monum. 

sagt  ein  Zauberspruch  des  Isis,  daß  diese  bei-  divers  [1872—89]  p.  28  zu  pl.  93),  ist  ein  kleiner 

den   Gottheiten  (rr^t  und  jhtj)   seine    Glieder  Osiris  so  zwischen  zwei  großen  Formen  der  Toeris 

schützen  (Zeile  79).  dargestellt,  daß  man  ihn  für  ihren  Sohn  halten 

c)  Seth.  Nach  einer  berühmt  gewordenen  50  könnte.  Nut,  die  Mutter  des  Osiris,  trägt 
Stelle  bei  Flutarch  {De  Is.  cap.  19  b)  war  Thue-  in  Edfu  den  Beinamen:  ^Nut,  Große,  die  die 
ris  das  Kebsweib  des  Typhon,  und  sie  ging  Götter  gebar,  die  den  Osiris  gebar  im  Hause 
von  ihm  weg  zu  der  Partei  des  Horos.  In  fast  der  großen  Apet'  {Bochemonteix,  Edfou  1,311, 
allen  älteren  und  manchen  neueren  Darstel-  Ptol.  IV.),  so  ist  die  Mutterschaft  des  Osiris 
lungen  ist  hieraus  die  Folgerung  gezogen,  daß  wohl  von  ihr  auf  Apet  übertragen. 

die  Nilpferdgöttin  die  Genossin  des  Seth  und  In  vereinzelten  Stellen  wird  der  Sohn  der 

wie  er  böse  von  Charakter  sei.  Nun  finden  sich  Nilpferdgöttin  mit  Namen  genannt.    In  ptole- 

aber  fast  keine  Verbindungen  der  beiden  Gott-  mäischer  Zeit  heißt  sie  im  Chonstempel  von 

heiten  aus  älterer  Zeit,  wohl  aber  treten  Nil-  Karnak:  "^Apet,   Große,   die  die  Götter  gebar, 
pferde  auch  sonst  als  Helfer  des  Seth  auf.    Auf  60  Mutter   des   Kamutef    (k'-mwtf  ^  Stier   seiner 

einem    Denkstein    der    20.  Dynastie   in  Turin  Mutter')  {Brugsch,  Monum.  pl.  59, 2),    Die  In- 

(nr.  65;  bei  Maspero  in  Rec.  trav.  4  [1883],  151  schrift  einer  aus  dem  Serapeum  von  Sakkara 

unter  nr,  298),  den  ein  Nekropolenbeamter  in  stammenden  Statuette  der  Nilpferdgöttin  nennt 

Theben  geweiht  hat,  sind   als  verehrte   Gott-  sie  'Große  Apet  im  Leibe  der  Himmelsgöttin' 

heiten  dargestellt:  ein  Widder  ""Amon-Re,  Herr  und  sagt:  'Ihr  Sohn  ist  der  Stier  (?),  der  (seine?) 

von  Karnak',  ein  stehendes  weibliches  Nilpferd  Mutter  liebt,   der  sie   umarmt'  (Kairo  39147: 

'Toeris,  Herrin  des  Himmels'  und  zwei  schrei-  Daressy ,    Statues    de    divinites    [Catal.    Gener. 

tende  Nilpferde  'Setech  der  Schöne'  und  'Sohn  Caire  1905—1906]  285). 


891 


Thuöris 


Thußris 


892 


c)  I  h  r  e  T  0  c  h  t  ü  r.  In  einer  Kalenderinschrift 
an  der  Außenwand  des  Isistempels  von  Den- 
der»  heißt  es:  'Der  festliche  Tag,  an  detu  Isis 
in  Dendera  geboren  wurde  von  der  großen  Apet 
(Nilpferd)  im  Apethause'  (Brugsch,  Thes.  1378 
4-  102  —  DüniicJten,  Kalender inschr.  64).  Wir 
dürfen  keine  weiteren  mythologischen  Kombina- 
tionen an  diese  Stelle  knüpfen,  in  der  Apet 
die  Rolle  einer  Urgöttin  äbernommen  hat. 

Q.  Beiworte. 

1.  Himmelsherrin.  Beliebte  und  vielge- 
nannte Gottheiten  erhalten  gern  verschieJen- 
artige  Bei  werte,  die  ihr  Ansehen  oder  ihre 
Macht  kennzeichnen.  Einfache  Leute  aus  dem 
Ende  des  Neuen  Reichs  begnügen  sich  mit  der 
Anrufung  der  'ehrwürdigen  To&ris'  (Opfer- 
schale, Turin).  Aber  auf  ähnlichen  Denkmälern 
treten  schon  hochtönendere  Benennungen  auf 
wie :  'Toeris,  Herrin  des  Himmels,  Fürstin  aller 
Götter'  (Leiden  D.  19;  Brit.  Mus.  284;  Turin 
112).  Auf  den  Felseureliefs  Ramses'  II.  bei  Sil- 
«ilis  betet  die  Königin  vor  To'eris,  der  'Fürstin 
der  Götter*  (Lepsius,  Denkm.  lll  175  c  =  Cham- 
pollion,  Monum.  103, 1.  3  =>  Rosellini,  Monum. 
del  culto  pl.  31,1).  'Herrin  des  Himmels'  ist 
gerade  auf  volkstümlichen  Denkmälern  aus 
Theben  ein  nicht  ungewöhnliches  Beiwort  der 
Todris,  z.  B.  auf  Denksteinen  zusammen  mit 
anderen  tiergestalti>fen  Volksgottheiten  {Mas- 
pero  in  Ree.  trav.  4  [1888],  151,  nr.  298;  Lan- 
Zone,  Dizion.  mitol.  egiz.  tav.  126, 1)  und  auf 
dem  zu  dem  Kairiner  Naos  gehörigen  Denk- 
stein {Mariette,  Monum.  divers  [1872—1889] 
pl.  93  mit  p.  28). 

Nachdem  die  Nilpferdgöttin  in  die  Götter- 
schaft der  Tempel  aufgenommen  war,  ver- 
wandte man  die  hochtönenden  Bei  werte  ständig 
in  den  Inschriften.  'Herrin  des  Elimmeli,  Für- 
stin der  Götter'  begegnen  uns  häufig  im  Tem- 
pel der  Apet  in  Theben  (z.  B.  Lepsius,  Denkm. 
IV  30  c).  Auch  in  Dendera  heißt  die  Reret 
'Herrin  des  Himmels'  [ebd.  Text  2  [1904],  242; 
Brugsch,  Thes.  1368).  In  den  Papyrus  von  Oxy- 
rhynchos  ist  von  der  Nilpferdgöttin  als  Sovgi- 
do[s]  d-s&s  ^[y/Jffc»3ff  die  Rede  (12,  145S). 

Aus  diesen  Bei  werten,  die  der  Nilpferd- 
göttin die  Rolle  einer  Himmelsherrin  und  Götter- 
königin  zuschreiben,  haben  sich  andere  erge- 
ben, die  sie  zur  irdischen  Herrscherin  machen. 
So  ist  es  zu  verstehen,  wenn  ToSris  'Herrsche- 
rin von  Ober-  und  ünterägypten'  genannt  wird 
(Mariette,  Monum.  div.  pl.  90)  oder  Apet  'Für- 
stin beider  Länder'  heißt  {Lepsiu^s,  Denkm. 
IV  30  c). 

2.  Auge  des  Re.  Als  die  Nilpferdgöttin 
Ansehen  erlangt  hatte  und  dadurch  auch  die 
Beiworte  anderer  hochverehrter  Göttinnen  auf 
sie  übertragen  werden  kennten,  ist  sie  'Auge 
des  Re'  genannt  werden,  vereinz-^lt  schon  im 
Neuen  Reich  in  einer  Felsinschrift  bei  Assuan 
{de  Morgan,  Catal.  des  inonum.  1, 1  [1903],  204, 
34),  später  mehrfach  im  Thebanischen  Tempel 
der  Apet  (Rochemonteix  in  Biblioth.  Egyptol.  3 
[1894],  307).  Die  Übertragung  ist  wohl  nur 
eine  Spielerei,  eine  mythologische  Beziehung 
liegt  ihr  nicht  zugrunde.  Sollte  sie  mit  dem 
Beiwort  'Tochter  des   Re'   zusammenhängen, 


das  ebenfalls  aus  einer  Felsinschrift  bei  Assuan 
belegt  ist  (vgl.  eben  F.  1)? 

H.  Sohützerin  der  Menschen. 

1.  Auf  Amuletten  und  Schmuck.  Alle 
größeren  ägyptischen  Sammlungen  enthalten 
derartige  Stücke,  die  entweder  von  Lebenden 
an  der  Halskette  getragen  oder  bei  Toten  in 
die   Binden    eingenäht   werden    sind.     Ein   in 

10  Luksor  gekaufter  KIfenbeinkaram  der  Frühzeii 
zeigt  zwei  aufrechtstehende,  mit  dem  Rücken 
gegeneinander  gelehnte  Nilpferde;  ist  das  Stück 
echt,  so  ist  es  durch  sein  Alter  wie  durch  den 
Typus  bemerkenswert  {Seligmann  in  Äncient 
Egijpt  8  [1916],  63). 

2.  Mit  Schutzsymbel.  In  einer  Zeichnung 
zum  Toteubuch  (ed.  Naville  cap.  137  B  nach 
Hs.  Aa)  erscheint  eine  Göttin  'Api,  Herrin  de« 
Zauberschutzes  (s*)',  mit  der  wohl  unsere  Nil- 

20  pferdgöttin  Apet  gemeint  ist.  Die  Hieroglyphe 
s'  fitr  den  Zauberschutz  bildet  ein  häufige» 
Attribut  der  Göttin,  mit  dem 
sie  oft  dargestellt  wird.  Viele 
der  in  H.  1  genannten  Amu- 
lette und  Schmuckstücke  zei- 
gen ein  stehendes  schwange- 
res Nilpferd,  das  die  beiden 
herabhängenden  Hände  oder 
eine  von  ihnen  auf  das  Schutz- 

30  Symbol  stützt.  Sodas  Payence- 
figürchen  1208  in  Leiden  {Lee- 
mans,  Aegypt.  Monum.  van 
het  Nederland.  Museum  van 
Oudheden,  I.  Gi)dsdienst[iS^2 
—45]  pl.  16  zu  p.  13)  und 
Käfersteine  und  Plättchen 
ebenda  (Pleyte,  Religion  des 
Pre-Israäites  1862,  pl.  7,3— 
9  zu  p.  251).  Ferner  ähnliche 

40  Figuren  aus  Fayence  in  Berlin 
(nr.  7784)  und  im  Britischen 
Museum  (Ärundale  and  Bo- 
nomi,  Gallery  of  antiqu.  1844, 
pl.  21,  fig.  71).  Endlich  Ska- 
rabäen  in  Turin  {Lanzone, 
Dizion.  mitol.  egiz.  23)  und 
viele  andere  Stücke.  In  Re- 
lief ist  die  Darstellung  schon 
auf  den  elfenbeinernen  Zauberstäben  des  Mitt- 

50  leren  Reichs  vorhanden  {Rylands  in  Proceed. 
SBA  10,  1888,  570)  und  bleibt  auch  in  späte- 
rer Zeit  beliebt,  z.  B.  auf  dem  Denkstein,  der 
zum  Kairiner  Naos  gehört  (Mariette,  Monum. 
divers  1872—89,  pl.  91—92  =  Abb.  3). 

3.  Mit  Messer.  Man  hat  gelegentlich  an- 
genommen, daß  die  Nilpferdgöttin  mit  dem 
Messer  in  der  meist  mehr  oder  weniger  mensch- 
lich gebildeten  Hand  stets  ein  böses  Wesen 
sei,   das   dem   Menschen   schaden  welle.    Ein 

60  Blick  auf  die  elfenbeinernen  Zauberstäbe  des 
Mittleren  Reichs  zeigt,  daß  die  Annahme  falsch 
ist.  Denn  auf  ihnen  hält  die  Göttin  fast  immer 
das  Messer  in  der  Hand,  wo  sie  doch  im  all- 
gemeinen dem  Menschen  helfen  soll;  vgl.  die 
Bilder  in  der  C.  2  genannten  Literatur,  übri- 
gens hält  die  Göttin  das  Messer  auch  in  der 
oben  in  H.  2  erwähnten  Darstellung,  in  der 
das  Schutzsymbol  vor  ihr  steht.    Auch  in  den 


S)  Toeris  mit  Sohatz- 

symbol  (Denkstein  in 

Kairo). 


893 


Thuöris 


ThuOris 


894 


Bildern  der  Mcttornichstole  (od.  (iolenischeff 
1877)  hält  das  Nilpferd  ein  Messer  in  der  Hand 
(Tafel  V,  Reihe  XXV),  wo  Götter  darjj^estellt 
sind,  die  i^To^e  Schlanj^en  erstechen.  An  einer 
anderen  Stelle,  an  der  sie  einem  Manne  hilft, 
der  ein  Krokodil  bezwin<i;t,  hält  sie  das  Messer, 
während  vor  ihm  das  Schutzsymbol 
steht  (Faf.  3,  lleihe  4).  In  allen 
diesen  Fällen  ist  die  Nilpferdgöttin 
ein  den  Menschen  freundlichem  We-  lo 
sen,  das  sie  gegen  reißende  Tiere 
schützt.  Deshalb  wird  sie  auch  in 
4)  Toüris  mit  einem  Zauberspruch  gegen  solche, 
Messer  und  besonders  gegen  Löwen,  angerufen: 
^.hutzsymboi.  ^Verschlossen  ist  der  Mund  der  le- 
benden Toeris'  (Pap.  Harris  mag.,  Rs.  B  ü).  — 
Toeris  mit  Messer:  Abb.  4  nach  Lepsius,  Denkm. 
IV  82  b. 

4.  Volkstümlich  als  gute  Göttin.  Der 
Schutz,  den  man  in  dem  Lande  der  Krokodile  20 
uhd  Schlangen  von  der  guten  Nilpferdgöttin 
erhofft,  ist  offenbar  der  Grand  für  ihre  Beliebt- 
heit gewesen.  Im  La  ife  der  Zeit  übernahm 
Toeris  dann  wohl  auch  den  Schutz  des  Men- 
schen gegen  anderweitige  ihm  täglich  drohende 
Gefahren.  Jedenfalls  wurde  sie  eine  der  dem 
Mittelstande  und  den  kleinen  Leuten  am  mei- 
sten vertrauten  Göttinnen,  und  sie  erscheint 
häufig  auf  den  von  ihnen  stammenden  Denk- 
mälern in  den  Gebeten  unter  den  Gottheiten,  30 
die  um  ihren  Schutz  angerufen  werden.  Auch 
in  den  Zaubersprüchen,  die  wir  auf  Papyrus 
besitzen,  spielt  si-i  eine  Rolle.  Gelegentlich 
identifiziert  sich  der  Zauberer  mit  dem  weib- 
lichen Nilpferd  als  einem  Wesen,  durch  das 
er  Einfluß  ausüben  kann.  Ein  Zauberspruch 
beginnt:  'Ich  bin  die  Reret-Sau  die  ihren  Herrn 
•schützt  und  wegen  derer  der  Greis  wieder  ge- 
sund wird'  {Leiden  J.  346,  3,  9  nach  Gardiner)., 
und  ebenso  fängt  ein  anderer  an,  der  in  einer  40 
recht    unorthographischen    Abschrift    erhalten 

ist:  'Ich  bin  die  Sau,   die '  {Maximes 

d'Anii,  R^.).  In  einem  religiösen  Lied,  das  als 
Zauberspruch  verwendet  ist,  heißt  es:  'Apet 
(Nilpferd)  die  Große  schützt  dich  mit  Leben, 
Dauer  und  Glück'  (Turiner  Ostrakon  bei  Pleyte- 
Rossi,  Pap.  de  Tarin  148  nach  Gardiner). 

Das  Ausüben  des  Schutzes  bleibt  die  Auf- 
gabe unserer  Göttin,  auch  nachdem  sie  aus 
der  Verborgenheit  volkstümlichen  Lebens  bei  so 
einfachen  Gläubigen  hinein  in  das  glän- 
zende Licht  priesterlicher  Anerkennung  in  den 
Tempeln  und  in  dem  Dogma  der  Kirche  ge- 
treten ist.  Als  Schützerin  wirkt  sie  z.  B.  zu- 
sammen mit  Bes  bei  dem  Horuskinde  in  der 
oft  wiederholten  Gruppe,  die  auch  im  Pries 
von  Tempelwänden  griechischer  Zeit  verwendet 
ist,  so  in  Dendera  im  Geburtshause  {Lepsius, 
Denkm.  IV  85  b.  c  mit  Text  2,  1904,  247)  und 
in  Edfa  im  Geburtshause,  wo  sie  ausdrücklich  60 
sa.?t:  'Ich  schütze  den  Harsomtus,  das  Kind, 
den  Sohn  der  Hathor'  {Chassinat,  Mammisi 
d'Edfou  [Mem.  Inst.  Frang.  16,  1910],  p.  133  = 
140).  Als  freundliche  Göttin  ist  sie  sogar  noch 
bei  den  nubischen  Königen  in  den  meroitischen 
Pyramiden  von  Barkai  bekannt,  wo  das  stehende 
Nilpferd  im  Frauengewand  bei  dem  Totenge- 
richt  neben    den    dienstbaren    Geistern    steht 


{Lepsius,  Denkm.  V  20).  In  einer  anderen  Py- 
ramide steht  sie  bei  gabenbringenden  Gott- 
heiten {ebd.  21),  endlich  ist  sie  dort  merkwür- 
digerweise mit  anderen  Gottheiten  zusammen 
in  die  SonnonlonW«'  üiifjronommen  (ehd  24a.  b. 
53  b). 

I.  Böse  Göttin. 

In  d(^r  Mitte  des  19.  Jahrh.  war  man  meist 
der  Auffassung,  daß  Tociris  eine  böse  Göttin 
und  deshalb  die  Genossin  des  Seth  (vgl.  F.  2.  c) 
sei.  Lepsius  schrieb  eine  besondere  Abhand- 
lung über  die  Frage  'Weshalb  ist  Toöris  eine 
typhonische  Gottheit?'  (Äbhandl.  Akad.  Wiss. 
Berlin  1851.)  Dabei  bewertete  man  die  Göttin 
ebenso  wie  das  Nilpferd,  das  in  Ägypten  an 
manchen  Orten  als  heilig  verehrt,  an  anderen 
verabscheut  und  verfolgt  wird.  Nach  Plutarck 
hat  das  Nilpferd  seinen  schlechten  Ruf  erhal- 
ten 'wegen  seiner  Grausamkeit'  {De  Is.  cap.  50) 
oder  'wegen  seiner  Gewalttätigkeit  und  Un- 
verschämtheit, denn  es  tötet  seinen  Vater  und 
vergewaltigt  seine  Mutter'  {ebd.  32). 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  man  in  Ägyp- 
ten ein  Tier,  das,  wenn  es  aus  dem  Nil  auf- 
steigt und  die  Felder  zerstört,  erbittert  verfolgt 
haben  wird,  wo  nicht  religiöse  Bedenken  den 
natürlichen  Selbstschutz  des  Bauern  verhinder- 
ten. Und  das  Nilpferd  ist  nach  den  Darstel- 
lungen in  den  Gräbern  vornehmer  Herren  auch 
ein  beliebtes  Jagdtier  gewesen,  an  das  sich 
gern  wagte,  wer  den  Mut  dazu  hatte.  Der  bös- 
artige Charakter  des  Nilpferdes  wird  auch  zu 
allen  Zeiten  im  Bewußtsein  des  Volkes  und 
ebenso  in  den  religiösen  Anschauungen  zur 
Geltung  gekommen  sein.  Gelegentlich  treten 
denn  auch  wirklich  in  den  religiösen  Texten 
Nilpferdgöttinnen  von  gefährlicher  Art  auf,  vor 
denen  man  sich  in  acht  zu  nehmen  hat.  Dazu 
gehört  scheinbar  auch  die  Toeris  als  Monats- 
gottheit nr.  11,  die  dem  3.  Sommermonat  vor- 
steht; sie  heißt:  'Die  Lebende,  die  frißt  das 
Seiende  (?),  die  mit  ihrer  Flamme  verzehrt' 
(Belege  in  N.  2). 

K.  Geb  urtshelferin  und  Säuglings  wärterin. 

1.  Allgemein.  Alle  älteren  Monographien 
geben  übereinstimmend  an,  daß  die  Nilpferd- 
göttin, unter  welchem  Namen  sie  auch  auf- 
treten mag,  in  erster  Linie  als  Helferin  gebä- 
render Frauen  und  als  Wärterin  neugeborener 
Kinder  erscheint.  In  der  Tat  ist  dieses  die 
Rolle,  in  der  sie  uns  am  häufigsten  entgegen- 
tritt, und  auf  sie  mag  auch  das  Beiwort  'Erste 
des  Betchauses'  zurückgehen,  das  sie  als  spt 
{Lanzone,  Dizion.  mitol.  egiz.  tav.  394,3)  und 
zu  anderen  Namen  trägt.  Mit  diesem  Gebäude 
ist  das  'Geburtshaus'  gemeint,  das  den  Ort 
darstellt,  an  dem  die  Göttin  des  Tempels  ihr 
Kind  geboren  hat  (vgl.  oben  D.  8).  In  diesem 
'Geburtshause'  ist  die  Nilpferdgöttin  Herrin, 
und  sie  hat  die  Fürsorge  für  alles,  was  dort 
geschieht. 

2.  Geburt  des  Königs.  Darstellung  der 
Geburt  der  Königin  Hatschepsut  in  dem  von  ihr 
errichtetm  Tempel  von  Der  el-Bahri  (j^.  Weind- 
ler,  Geburts-  u.  Wochenbettdarstellungen  auf  alt- 
ägyptischen  Tempelreliefs  1915,  Abb.  7;  Ed.  Na- 


895                       Thut^ris  Thuöris                       896 

viüe,    The   temph   of  I)eir  el-Bahari  pl.  47).  krokodilköpfige  Männer  {Lepsius,  Denkm.  IV 

Eine    zweite    bilderfolge,    ebenfalls    aus    der  63  c  mit  Text  4,  1901,  6).    Auch   hier   stehen 

18.  Dynastie,  im  Tempel  von  Laksor  stellt  die  die  beiden  Nilpferdgöttinnen  dem  Kinde  nahe, 

Geburt  des  Königs  Amenhotep  III.  dar;  auch  nicht  bei   der  Geburt,  sondern  spilter  als  Er- 

hier   steht   das    Nilpferd    zusammen    mit   Bes  zieherin. 

unter  dem  Ruhebett,  das  den  Untersatz  für  c)  Dendera.  Das  Geburtshaus  des  Tem- 
die  Gruppe  der  gebärenden  Königin  und  ihrer  pels  von  Dendera,  der  der  Göttin  Hathor  ge- 
Umgebung bildet  {Lepsius,  Denkm.  III  74  c  mit  weiht  ist,  enthält  aus  der  Kaiserzeit  die  Bilder- 
Text  3,  1900,  86;  Gayet,  Temple  de  Louxor  reihe  mit  der  Geburt  ihres  Sohnes  Abi.  In  dem 
[Metn.  Mission  Fran['.  Caire  15,  1894]  pl.  66).  lo  Bilde  der  Entbindung  (Lepsius,  Denkm.  IV  82  b 

In  einem  Relief  in  Silsilis  wird  König  Ha-  mit  Text  2,   1904,   244)    steht    zwischen    den 

remheb  (Dyn.  19)  gesäugt  von  einer  Göttin  in  Schutzgottheiten,  die  unter  dem  Stuhle  der  Mut- 

Franengestalt  mit  der  Krone  der  Isis -Hathor  ter  sitzen,  auch  ein  weibliches  Nilpferd  namens 

(Rinderhömer   mit   Sonnenscheibe)   auf  einem  'Reret'  (Abb.  4).    Eine  der  beiden  Hebammen 

mit  Schlangen  besetzten  Untersatze;  der  König  heißt  'Dut  (dw-t),  Fürstin  der  Nilpferdgöttin- 

heißt  dabei  'geliebt  von  der  Göttin  t*-wrt'  nen'   (zum  Namen  vgl.  oben  B.  8).    In   einem 

(LepsitiS,  Denkm.  III  120  c).    Ist  damit  To^ris  Bilde  weiter  links  wird  das  neugeborene  Kind 

gemeint  oder  soll  man  'Die  Große'  übersetzen  von    der   Amme    gesäugt;    das   Ruhebett   der 

und  darin  ein  Beiwort  der  Isis  sehen?  ganzen   Szene  wird  getragen   von   der   sieben 

S.  Geburt  eines  Gottes,    a)  Edfu.    Die  20  Mal  wiederholten  Gruppe  zweier  sich  gegen- 

Tempcl   der   späten    Zeit   kennen   die  Bilder-  über  stehender  weiblicher  Nilpferde  mit  dem 

folge  von  der  Geburt  des  Königs  nicht  mehr.  Schutzzeichen. 

Statt  ihrer  haben  sie  in  den  Geburtshäusern  Zur  Zeit  des  Hadrian  ist  im  Tempel  von 

eine  Reihe  von   Darstellungen   eingeführt,   in  Dendera   die   oben   unter  b)   für   Erment   be- 

denen   geschildert  wird,  wie   die   Herrin   des  sprochene  Gruppe  angebracht  worden :  das  Kind 

Tempels  Mutter  wird;  die  Erziehung  eines  Göt-  sitzt  auf  der  Lotosblüte,  vor  ihm  steht  betend 

terkindes  spielt  auch  sonst  eine  Rolle  in  den  Bes,    hinter    ihm    erhebt    die   Nilpferd göttin 

späten  Tempelbildem.  Allerdings  enthalten  diese  schützend  den  Straußenfederwedel;    sie   heißt 

Bilder  gelegentlich  noch  einenäinweis  auf  den  'Det  (d-t).  Erste  des  Ammenhauses'  (zum  Na- 

jnngen  König,   der  neben   den  Götterkindern  30  men   vgl.  oben  B.  8).    In   einer  benachbarten 

erscheint  wie  ihresgleichen.  Darstellung   heißt   die   Nilpferd  göttin   'Reret, 

Im  Geburtshause  von  Edfu  wird  der  König      Große,  Erste  des hauses'  {Lepsius,  Denkm. 

Ptolemaios  IX.  als  Kind  neben  den  Götterkin-  IV  85  b.  c   mit  Text  2,  1904,  247).     Mit    dem 

dem  Ahi  und  Harsomtus  gewartet  von   einer  'Ammenhause'  ist  das  'Geburtshaus'  (vgl.  oben 

Reihe  von  Göttinnen,   die  nach  ihrem   Kopf-  K.  1  und  D.  8)   gemeint,   wie    schon   Brugsch 

schmuck  zwei  verschiedenen  Arten   der  gött-  {Diction.    Geograph.    1879,    1173)    richtig    ei- 

lichen  Wärterinnen  angehören.  Daneben  stehen  kannt  hat. 

zwei  weibliche  Nilpferde,  die  nicht  die  Namen  4.  Schützerin  der  Frauen.   Drei  Figür- 

tragen,  die  bei  Toeris  und  den  ihr  verwandten  eben  im  Berliner  Museum,  die  Jfö77er  in  ZeiYscÄr. 
Göttinnen   üblich    sind,    sondern  wie   Monats- 40  ö^fj/pt /S/)r.  54  (1918),  138 — 39  veröffentlicht  hat, 

göttinnen  nr.  8  und  9  heißen  (vgl.  unten  N.  2.  e).  lassen  die  Nilpferdgöttin  als  ein  dem  Volke  ver- 

Die  eine:  'Bewohnerin  des  Himmels,  Leiterin  trautes  Wesen  erkennen,   an  das  die  Frauen 

der  Götter',  die  andere:  'Api-homs,  Erste  des  sich  mit  ihren  Sorgen  wandten.    Figur  20599 

Horizontes'  {Lepsius,  Denkm.  IV  33  e  mit  Text  aus   Lapislazuli   mit   einer   goldenen   Doppel- 

4,  1901,  69).  federkrone   und  Holzfigur  19650   haben   einen 

b)  Erment  und  Ombos.  In  Erment  trägt  Hohlraum  für  eine  Weihgabe.  Die  Fayence- 
die  südliche  Außenwand  der  Cella  einen  Fries  figur  19791  (H.  6,5  cm)  aus  Abusir  {Borchardt, 
von  Ptolemaios  XVI.  und  Kleopatra  {Lepsius,  Das  Grabdenkmal  des  Königs  Sahure  1,  1910, 
Denkm.  IV  65a  mit  Text  4,  1901,  5),  in  wel-  130,  Abb.  177)  läßt  das  Nilpferd  die  rechte 
eben  zwei  Gruppen  abwechseln  mit  dem  Horus-  60  Vordertatze  wie  eine  menschliche  Hand  an 
kinde,  das  gewartet  wird.  Die  Nilpferdgöttin  die  linke  Brust  legen;  füllt  man  den  Hohl- 
hat entweder  einen  Pavianskopf  und  heißt  räum  im  Inneren  mit  Milch,  da  läuft  diese 
dann:  'Reret'  oder  'Knemet,  die  ihren  Sohn  zur  linken  Brust  und  tropft  aus  ihr  heraus, 
schützt',  oder  sie  hat  einen  Löwenkopf  und  Das  Stück  ist  wohl  von  einer  Frau  gestiftet, 
heißt:  'Hetmet  in  ihrer  östlichen  Gestalt'  oder  die  ihr  Kind  nähren  wollte.  In  diesem  Zusam- 
'Ripet-Löwin,  die  seinen  Leib  verjüngt',  oder  menhang  wird  es  wahrscheinlich,  daß  die  Nil- 
'Löwin,  die  ihren  Sohn  schützt  Tag  und  Nacht',  pferdgöttin  auch  mit  der  Göttin  Api  (jpj)  in 
oder   'Hetmet,  die   den    großen  Re    schützt'.  den  Pyramidentexten  (ed.  Sethe  381)  gemeint 

Eine  ähnliche  Darstellung  ist  auch  aus  dem  ist,  die  dreimal  zum  Heile  des  Toten  ange- 

Tempel   von   Ombos  erhalten,  vermutlich    aus  60  rufen  wird:  '0  Mutter  des  N.  N.,  reiche  ihm 

der  Zeit  von  Ptolemaios  XIII.   Neos  Dionysos  diese  deine  Brust,   damit  N.  N.  sie   sich   auf 

{Ombos  cd.  de  Morgan  u.  a.  2, 1909,  332,  nr.  984).  seinen  Mund  lege  und  er  diese  Milch  sauge, 

An  der  äußeren  Nordwand   der  Cella  von  die  weiß  und  . . .  süß  ist.' 

Erment  opfert  Kleopatra  vor  sieben  verschie-  In  der  Rolle  der  Frauen  schützerin  ist  Toeris 

denen  kindlichen  Göttern  in  Knabengestalt.  Hin-  bis  in  die  griechische  Zeit  hinein  volkstümlich 

t€r  ihnen  steht  eine  schützende  Göttin  mit  aus-  geblieben,  wie  der  Brief  eines  Mannes  an  seine 

gebreiteten  geflügelten  Armen,   ein  weibliches  Frau  in  den  Papyrus  von  Oxyrhynchos  (4,528) 

Nilpferd,  ein  Nilpferd  mit  Frauenkopf  und  zwei  lehrt.    Er  schreibt  an  sie:  nccgcc  xfj  as  cpiiovcr) 


l 


897                         Thueris  Thuöris                         898 

©oriQi.    Sollte    sie    damals    gerade    schwanger  Ende   des  Neuen  Reichs  stellt  Mer-segert  als 

gewesen  sein  oder  ihr  Kind  genährt  haben?  Frau  mit  Schlangenkopf  und 'Totalis,  Herrindes 

Zur  Zeit  Ptolemaios' IX.  finden  wir  die  Frauen-  Himmels'  als  aufrecht  stehendes  weibliches  Nil- 

schiitzerin  schon  in  den  Tempel  aufgenommen,  pferd  dar  {Lanzone,  Dizion.  mitol.  egiz.  tav.  126, 

vgl.  unten  h.  3   am  Ende  für  die  Kapelle  von  1),  also  die  beiden  auf  der  Westseite  von  Theben 

Der  el-Bahri.   So  hat  sich  der  Volksglaube  den  verehrtenVolksgottheiten,  denen  man  den  Schutz 

Zutritt  zu  den  Mauern  der  heiligen  Hallon  er-  über  Lebende  und  Tote  anvertraute.  Eine  Göttin 

zwungen.  Ta-wert  (t'-wrt  'die  Große')  in  Gestalt  einer 

liegenden  Kuh  wird   als  Göttin   in   der  Unter- 

L.  Totengöttin.  lo  weit  genannt,  die  dem  'Gabenfelde'  (slit-htp) 

1.  Totenbuch.  Vier  Hss.  aus  der  18.  und  vorsteht  und  dem  Toten  Speisen  gibt  (Statue 
ly.  Dynastie  zu  Kapitel  des  Totenbnchs  (ed.  saitischer  (V)  Zeit,  Brit.  Mus.  957).  Sie  ist  ge- 
Naville,  188G)  haben  ein  Bild  der  Kuli,  die  wiß  mit  der  Kuh  'Große'  (wr-t)  identisch,  die 
im  Papyrusdickicht  aus  dem  Berge  heraustritt;  auch  sonst  belegt  ist,  ohne  daß  man  Sicheres 
es  ist  Hathor,  die  Totengöttin  der  Westseite  über  sie  ermitteln  kann  —  aber  hängen  beide 
von  Theben,  an  die  der  Tote  sich  betend  wendet.  mit  unserer  Nilpferdgöttin  zusammen?  Völlig 
Vor  der  Kuh  steht  aufrecht  ein  Nilpferd,  teil-  ausgeschlossen  ist  ein  Zusammenhang  nicht 
weise  mit  einer  Krone  auf  dem  Kopf,  in  einer  angesichts  einiger  Stellen,  nach  denen  auch 
Hand  das  Götterszepter,  das  Lebenszeichen  oder  diese  Speisen  verteilt.  Auf  der  Schieferstatue 
eine  Ähre(?)  haltend.  Dieses  Nilpferd  ist  un-  20  Kairo  39147  {Daressy,  Statues  de  divinites  1905 
sere  Göttin,  und  wenn  sie  auch  nicht  eine  — 1906,  285  zu  pl.  LV)  aus  dem  Serapeum  von 
wirkliche  Totengöttin  sein  mag,  so  übt  sie  Sakkara  trägt  die  Nilpferdgöttin  unter  dem 
hier  doch  unzweifelhaft  den  Schutz  des  Toten  Namen  'Apet,  Große'  die  Beiworte:  'Herrin 
aus.  Aus  dem  Totenbuch  ist  das  Bild  auf  der  Speisen,  reich  an  Nahrung,  Herrin  der 
Grabwände  übertragen  worden;  sie  findet  sich  Speisen,  Herrin  der  Ohren'  usw.  In  der  Ka- 
in  dem  Felsengrabe,  das  Pen-nut  (Pn-nwt)  pelle  Ptolemaios'  IX.  Euergetes'  IL  in  Der  el- 
sich  unter  ßamses  V.  (Dyn.  20)  bei  Anibe  in  Bahri  betet  Imhotep  mit  seiner  Mutter  und 
Nordnubien  angelegt  hat  (Lepsius,  Benkm.  III  Gattin  vor  einem  stehenden  weiblichen  Nil- 
231b  mit  Text  5,  1913,  122).  Das  Nilpferd  pferd,  das  die  Namen  der  Monatsgöttin  nr.  11 
steht  wieder  vor  der  von  dem  Toten  angebete-  30  (vgl.  unten  N.  2)  trägt;  dieses  sagt:  'Ich  speise 
ten  Hathorkuh  und  hält  in  der  einen  mensch-  dein  Haus  und  belebe  deine  Gattin'  {Naville, 
liehen  Hand  einen  Skorpion.  Die  Darstellung  The  temple  of  Deir  el-Bahari  ö  [1906],  pl.  149). 
kommt  auch  noch  in  den  später  zugefügten  Der  zweite  Teil  der  Rede  spielt  auf  die  Rolle 
Zusatzkapiteln  zum  Totenbuch  vor;  das  Nil-  der  Göttin  als  Schützerin  der  Frauen  an  (vgl. 
pferd  „trägt  Halskragen  und  Krone  und  hält  oben  K.  4).  Auf  einer  anderen  Wand  ist  hinter 
eine  Ähre(?)  in  der  Hand  {Pleyte,  CJiapitres  dem  Weisen  Amenhotep  unter  anderen  Gott- 
supplementaires  du  Livre  des  Morts  1881,  162  heiten  ein  aufrecht  stehendes  Nilpferd  mit 
Tat'.).  Löwinnenkopf  dargestellt,   das  dieselben  Bei- 

Das  stehende  weibliche  Nilpferd  kommt  auch  werte   trägt  wie    die  Apet   auf  der   eben   er- 

iu  dem  149.  Kapitel  von  den  sieben  Stätten  der  40  wähnten  Kairiner  Schieferstatue  aus  Sakkara, 

Unterwelt  vor  (ed.  Naville,  1886,  Kap.  149 n);  nämlich:  'die  Speisen  und  Nahrung  gibt,  Her- 

ebenso    in   saitischer   Zeit  (ed.  Lepsius,   1842,  rin  der  Gesichter  und  reich  an  Ohren'  (Na- 

Kap.  149  n,  h,  m).  ville  pl.  150). 

2.  Totengebet.  In  der  Felsenstele,  die  der 

Wesir  Panehsi  unter  Merenptah  (Dyn.  19)  in  Sil-  M-  Sternbild, 
silis  errichtete,  ist  im  Opfergebet  'Toeris,  (woh-  1.  Identifikation.  'Na.ch.  Eusebius,  Prae- 
nend  auf )  dem  reinen  Wasser'  neben  Sobk  Herrn  par.  evangel.  3, 12  ist  das  Nilpferd  das  Symbol 
von  Silsilis  angerufen,  und  das  Gegenstück  des  Westhimmels,  der  Gegend  der  Finsternis; 
nennt  Amon-Re,  den  Herrn  von  Theben  {Lepsius,  soll  man  hierin  eine  Anspielung  auf  den  bösen 
Denkm.  III  200  c).  Hier  darf  man  in  der  Nil-  50  Charakter  der  Göttin  sehen,  den  man  ihr  wie 
pferdgöttin  nur  eine  Schützerin  der  Lebenden,  hei  Flutarch  in  später  Zeit  zuschrieb  (vgl.  F.  2.  c 
aber  keine  Totengöttin  sehen.  Wenn  auf  einer  als  Genossin  des  Seth)?  Aus  älterer  Zeit  kennen 
großen  steinernen  Schale  des  Neuen  Reichs  ein  wir  die  Nilpferdgöttin  nur  als  Sternbild.  Als 
Opfergebet  an  'Toeris  (auf)  dem  reinen  Wasser'  solches  ist  sie  im  Verzeichnis  des  Inhalts  der 
steht,  die  dem  N.  N.  Leben  geben  soll  (Brit.  Welt  aufgeführt:  Reret  (rr-t)  'die  Sau'  {Pap. 
Mus.  28),  so  ist  der  Grund  für  ihre  Anrufung  Golenischeff  1,  5  =  Hood  5).  In  den  Thebani- 
nicht  zu  erkennen.  Auf  einer  anderen  Altar-  sehen  Stundentafeln,  den  Listen  der  Sternauf- 
schale (Turin  103)  steht  ein  Opfergebet  an  die  gänge  in  den  Königsgräbern,  kommt  ebenfalls 
Göttin 'Große'  (wrt),  mit  der  vielleicht  unsere  eine  Reret  vor  mit  den  Teilen:  Füße,  Bein, 
Nilpferdgöttin  gemeint  ist.  Ganz  Unverstand-  60  Mitte  des  Pflockes  (mnj.t),  Hinterteil,  Scham, 
lieh  ist,  was  auf  einer  Stele  der  20.  Dynastie  Brust,  Zunge,  die  beiden  Federn  {Brugsch, 
(Turin  1124  des  Catalogue  von  Orcurti)  steht:  Thes.  inscript.  aegypt.  1,  1883,  128,  nr.  2  und 
'Opfergebet  an  allen  schönen  reinen  Dingren  usw.  S.  188).  Daraus  geht  hervor,  daß  das  Nilpferd 
für  den  Ka  der  Toeris,  Herrin  des  Himmels,  die  Zunge  herausstreckt,  den  Pflock  hält  und 
Fürstin  der  Götter';  hier  ist  die  Nilpferdgöttin  eine  Doppelfeder  als  Krone  trägt.  Brugsch 
angerufen,  als  ob  sie  eine  Tote  sei.  {Ägyptologie  1891,  343)  verweist  das  Sternbild 
3.  Darstellungen.  Der  Denkstein  eines  an  den  Nordpol  des  Himmels  und  sieht  in  ihm 
Beamten  der  Totenstadt  von  Theben  aus  dem  unser  Sternbild  Drache.   Es  bildet  eine  Gruppe 


899 


ThufcTis 


Thuöris 


900 


mit  dem  ägyptischen  Sternbild  Mesecbti  (mshtj 
'Yorderscbenkel  des  Stieres'),  das  es  am  Stnck 

fefesselt  hält.  Der  Mesechti  ist  der  spätere 
QXTog^  unser  Großer  Bär,  nach  Plvtarch  de  Js. 
21  der  Sitz  der  Seele  des  Typbon;  deshalb  bat 
man  den  Sinn  der  Gruppe  so  gedeutet,  daß  Isis 
als  Kilpferd-To^ris  den  Typhon  gefesselt  hält. 
2.  Darstellungen,  a)  Deckenbilder. 
Wir  kennen  das  Sternbild  des  Nilpferdes  aus 
einigen  Darstellungen  des  gestirnten  Himmels 
an  den  Decken  von  KOnigsgräbern  und  Tem- 
peln, auch  an  Särgen.  Dabei  sind  die  Stern- 
bilder, meist  ohne  Angabe  irgendwelcher  Einzel- 
steme,  als  Figuren  gezeichnet,  auf  deren  Um- 
riß oder  besonderen  Teilen  man  sich  die  Sterne 
stehend  zu  denken  hat,  aus  denen  sich  das 
Bild  zusammensetzt.  £inige  Figuren  bilden 
Gruppen,  stellen  also  Sternbilder  dar,  die  auch 
am  Himmel  dicht  neleneinander  sieben;  da- 
durch wird  die  Identifizierung  erleichtert. 
Obersichtliche  Zusammeubtellung  der  Quellen: 
Brugsch,  Thes.  inscript.  uegypt.  1  (1883),  124—27. 
b)  Königsgräber. 
Die  älteste  Darstellung 
sitzt  an  der  Decke  des 
Sarkopbagsaales  im 
Grabe  Seti  1.  in  den 
Thebanischen  Eönigs- 

gräbem  {Lepsius, 
Denkm.  III  137  mit 
Text  3, 1900,  219).  Das 
weibliche  Nilpferd 
(Abb.  5)  steht 
aufrecht  und 
legt  eine  Vor- 
dertatze auf  den 
Pflock,  von  dem 
aus  der  Strick 
zum  Stierschen- 
kel Mesechti 
läuft;  derPflock 
ist  das  schon  in 
den  Pyramiden- 
texten als  Me- 
nat(mnj-t)  vor- 
kommende Sternbild.  Auf  dem  Rücken  des  Nil- 
pferds sitzt  ein  Ktokodil,  das  oben  über  seinen 
Kopf  hinwegschaut.  An  der  berühmten  astro- 
nomischen Decke  des  Eamesseums  (Tempel 
Ramses'  II.  in  Theben,  Westseite)  gehört  das 
Nilpferd  zum  4.  Sommermonat;  der  Pflock  ist 
hier  wie  ein  Schwert  gestaltet,  das  Krokodil 
nur  klein  vor  dem  Nilpferd  gezeichnet  {Lep- 
sius, Denkm.  111  170  mit  Text  3,  l'JOO,  135; 
Brugsch,  Mmium.  egypt.  pl.  6).  In  einem  der 
Thebanischen  Königsgräber  der  20.  Dynastie 
kommen  zwei  verschiedene  Darstellungen  der 
Sternbilder  vor.  In  der  einen  sitzt  ein  Krokodil 
auf  dem  Rücken  des  Nilpferds  wie  im  Grabe 
Seti  I.,  aber  das  Nilpferd  hält  ein  kleines  Kro- 
kodil und  den  Pflock  wie  in  der  Decke  im 
Ramesseum.  In  der  anderen  Darstellung  hält 
das  Nilpferd  einen  Krug  vor  sich,  während  im 
übrigen  alles  wie  in  der  ersten  ist.  In  einem 
anderen  Königpgrabe,  das  eine  Darstellung  wie 
die  zuletzt  genannte  enthält,  trägt  das  Nil- 
pferd den  unverständlichen  Beinamen  Hesamet 
(Wm-t?).  Das  Grab  Ramses'  VI.  Neb-ma't-Ke 


6)  ToSris  als  Sternbild 
(Theben,  Grab  Seti  /.). 


gibt  in  der  folgenden  Beischrift  zur  astrono- 
mischen Darstellung  einen  interessanten  Hin- 
weis auf  die  mythologische  Deutung:  Der  Me- 
sechti (mshtjw)  ist  der  Schenkel  des  betech, 
und  er  ist  am  nördlichen  Himmel.  Der  Strick 
der  beiden  Pflöcke  (mnj-t)  und  das  Messer  be- 
steht in  einer  Kette  von  Gold,  'Isis  als  Nil- 
pferd hütet  ihn.'  {Brugsch,  Thes.  121—22  nach 
ChampolUon,  Kot.  descript.  2,  646.) 

10  c)  Tempel  und  Särge.  In  der  astrono- 
mischen Decke  von  PtolemaiosIX.  Euergetes  II 
im  Tempel  von  Philä  hält  das  aufrecht  stehende 
Nilpferd  den  Strick,  an  welchem  der  Stier- 
schenkel gefesselt  ist,  in  der  Vordertatze  (Lep- 
sius, Denkm.  IV  86  b).  Ähnlich  ist  die  Darstel- 
lung an  der  Decke  der  Vorhalle  von  Edfu 
(ptolem.  Zeit)  und  in  Dendera  (röm.  Zeit).  Auch 
das  Bild  auf  dem  Sarge  des  Amonpriesters 
Chetar  (röm.  Zeit)  gehört  hierher. 

so 

N.  Monatsschützerin. 

1.  Im  11.  Monat.  Nach  ägyptischer  Vor- 
stellung ist  jeder  Monat  dem  Schutze  einer 
besonderen  Gottheit  unterstellt,  die  Wahl  der- 
selben allerdings  mag  zu  verschiedenen  Zeiten 
und  an  verschiedenen  Orten  gewechselt  haben. 
Eine  gewisse  Überlieferung  wies  dem  11.  Monat 
Epiphi  (3.  Wintermonat)  die  Nilpferdgottin 
Apet  zu  {Brvgsch,  Materiaux  pour  servir  ä  la 

30  reconstruction  du  cdlendrier  des  anc.  Egypt. 
1864,  63),  und  so  steht  es  auf  den  astronomi- 
schen Deckenbildern  verzeichnet  {LanzonCy 
Dizion.  mitol.  egiz.  18),  z.  B.  im  Ramesseum 
(vgl.  oben  M.  2.  b). 

2.  Für  jedenMonat.  a) Darstellungen. 
Eine  mit  der  eben  genannten  nicht  zusammen- 
hängende Vorstellung  hat  liir  jeden  Monat  eine 
besondere  Form  der  Nilpferdgottin  als  Schütze- 
rin ausgebildet.    Die  Schutzgottheiten  der  12 

40  Monate  heißen  To'eris  und  haben  verschieden- 
artige Ausgestaltung  des  Nilpferdkörpers,  die 
der  fünf  Schalttage  heißen  IVlesechnet  (mahnt) 
und  haben  Nilpferdgestalt  mit  Frauenkopf;  so 
wenigstens  nach  der  Benennung  von  Daressy 
in  Becueil  de  tiavaux  egypt.  assyr.  34  (1912), 
189—1)3,  der  zuerst  das  Material  zusammen- 
gestellt hat.  Die  Darstellungen  sollen  auch 
auf  einem  unveröflentlichten  Sarg  des  Pete- 
Amenophis  aus  Kantara  (Museum  von  Kairo) 

50  stehen,  im  übrigen  finden  sie  sich  nur  in  den 
Tempeln  von  Ombos,  Dendera  und  Edfu.  (Ge- 
legentlich kommen  die  Namen  einzelner  Mo- 
natsschützerinnen  auch  als  Beiworte  von  Nil- 
pferdgöttinnen vor,  die  an  anderen  Orten  dar- 
gestellt sind. 

b)  Ombos.  Im  kleinen  Tempel  von  Ombos, 
der  als  Geburtshaus  in  seinen  Darstellungen 
und  Inschriften  eine  Fülle  von  Hinweisen  und 
Anspielungen   auf  die  Nilpferdgottin  als  Ge-    ■ 

60  burtsschützerin  trägt,  enthält  eine  Tür  die  8 
zwölf  Nilpferdgöttinnen  als  Monatsgottheiten. 
Die  Pfosten  der  Tür  ppinnen  das  Thema  der 
Geburt  des  Götterkindes  aus  Erhalten  ist  nur 
der  eine  Pfosten.  Seine  Darstellungen  sind  von 
de  Morgan  (Onilos  1,  46—48,  zur  bkizze  p.  30) 
unvollständig  und  in  falscher  Reihenfolge  ver- 
Öfi'entlicht,  aber  man  kann  sich  aus  der  Zeich- 
nung bei  Lepsius  (Denkm.  IV  34  a  mit  Text  4, 


901                        Thul^ris  Thuöris                       902 

1901,  116)  eine  Vorstellung  von  der  Anordnung  de  divini168  1906,  pl.44)  besitzen  wir  sogar  eine 
auf  dem  Original  bilden,  von  dem  eine  Photo-  plastische  Darstellung  der  Schutzgöltin  des 
gTKT^hia  {nv.l  ivü.  Berlintr  Wörterbuch  der  ä(]ypt.  1.  Sommermonats  (nr.  9  der  Liste).  Sie  heißt 
Sprache,  Akademie  der  Wissenschaften)  vorhan-  'Api-homs,  Erste  des  Horizontes,  die  das  schöne 
den  ist.  Der  Plosten  enthält  die  Toiiris  nr.  7 —  Jahr  erötfnet'  und  ist  dargestellt  als  thronende 
12  und  Mesechnet  nr.  1—2  (nach  der  Zählung  Frau  mit  einem  Uräus  am  Kopf  und  einer  (ver- 
Ton  Baressy)  in  acht  Reihen,  die  ein  halbes  lorenen)  Krone  auf  dem  Kopfe. 
Jahr  umfassen,  nämlich  Wintermonat  3 — 4,  f)  Namen.  In  den  eben  besprochenen  Dar- 
Sommermonat  1 — 4  und  die  Schalttage  Ge-  Stellungen  findet  sich  eine  im  allgemeinen  über- 
burlstag  des  Osiris  und  des  Horus.  Die  andere  lO  einstimmende  Folge  von  Namen  der  Monats- 
Hälfte  des  Jahres  (Überschwemmungsmonat  schützerinnen,  bei  der  die  einzelnen  Namen 
1 — 4,  Wintermonat  1 — 2  und  die  Schalttage  meist  im  wesentlichen  den  gleichen  Charakter 
'Geburtstag  der  Isis' bzw. 'der  Nephthy')  haben  haben.  In  der  Formulierung  und  in  den  Bei- 
auf dem  anderen  verlorenen  Pfosten,  ebenfalls  worten  freilich  weichen  die  Exemplare  vonein- 
in  acht  Reihen  gestanden,  und  zwar  mit  Toeris  ander  ab,  besonders  durch  ortsgeschichtliche 
nr.  1  —  6  und  Mesechnet  nr  3—4.  Der  Schalt-  Anspielungen,  aber  auch  in  anderer  Hinsicht, 
tag  'Geburt  des  Setech  (Typhon)'  hat  aus  reli-  Man  sieht  also,  daß  eine  ursprüngliche  Liste 
giösen  Gründen  gefehlt.  im  Laufe  der  Zeit  Abänderungen  erlitten  hat. 

Der   Inhalt   des   Ganzen    ist   also   offenbar 

eine  Verteilung   der   Göttergeburten    auf   das  20                        ^'  Identifikationen, 

ganze  Jahr.  In  jedem  Monat  ist  ein  bestimmtes  1.  Mit  Opet.  Wie  oben  in  D.  3  ausgeführt, 

Götterkind  geboren,  und  dieses  hat  seine  be-  veranlaßt  der  ähnliche  Wortlaut  es,  daß  schon 

sondere  Mutter,   Schutzgottheit  und  Wärterin.  in  der   19.  Dynastie   eine  Verwirrung   in   der 

c)  Dendera.  Aus  der  Kapelle  auf  dem  Dach  Schreibung  und  in  der  Theologie  zwischen  der 
des  Tempels  von  Dendera  sind  15  gleichartige  Nilpferdgöttin  Apet  und  der  Thebanischen 
Bilder  veröffentlicht,  in  denen  Toeris,  von  dem  Stadtgöttin  Opet  entsteht.  Diese  dauert  auch 
König  oder  einer  Gottheit  gefolgt,  vor  Hathor,  in  ptolemäischer  Zeit  an. 

die  Herrin  des  Tempels,  tritt  {Mariette,  Temple  2.  Mit  der  Göttermutter.  Die  Nilpferd- 
de  Benderah  4, 1873,  pl.  26—29).  Die  Bezeich-  göttin  hat  die  gebärenden  Göttinnen  geschützt, 
nungen  der  Toeris  sind  im  allgemeinen  dieselben  30  sie  ibt  selbst  die  Gebärerin,  die  mit  dieser 
wie  in  anderen  Tempeln,  aber  in  einigen  Fällen  Tätigkeit  besonders  vertraut  ist.  Aus  diesem 
ist  klar,  daß  eine  nur  in  Dendera  mögliche  Gedankengang  heraus  ist  man  wohl  dazu  ge- 
Formulierung gewählt  ist.  Z.  B.  bei  dem  1.  Som-  kommen,  die  Nilplerdgöttin  mit  der  Göttin 
mermonat:  'Api-homs  im  Horizonte,  die  die  zu  identifizieren,  die  als  Gebärerin  eine  große 
Herrin  von  Dendera  beschützt'  (pl.  26c)  oder  Rolle  in  der  Mythologie  spielt.  Das  ist  Nut, 
bei  dem  3.  Überschwemmungsmonat:  'Leuch-  die  alte  Himmelsgöttin,  die  Mutter  des  Osiris 
tende  am  Himmel,  die  die  Sonnengöttin  (jtn-t,  und  seiner  Geschwister  und  damit  die  Stamm- 
Beiwort  der  Hathor  von  Dendera)  verklärt'  mutter  des  ganzen  Göttergeschlechtes.  Wir 
(pl.  28  b)  usw.  kennen  das  Beiwort  'Große,  die  die  Götter  ge- 

d)  Edfu.  Auf  dem  Sturz  einer  Tür  im  40  bar'  in  Karnak  bei  Apet,  allerdings  in  ihrer 
kleinen  Tempel  (Geburtshaus)  von  Edfu  sind  Identifikation  mit  Opet  (vgl.  oben  1)  schon 
nebeneinander  vier  Schlangen  und  vier  hockende  unter  Seti  I.  {Lepsius,  Benkm.  lll  221g;  Cham- 
Göttinnen  dargestellt.  Die  Schlangen  heißen  Re-  pollion,  Not.  descr.  2,64.  72,1).  Der  Denkstein 
nent  (rnn-t),  die  Göttinnen  Mesechnet  (mshn-t),  aus  Karnak,  der  zu  dem  Kairiner  Naos  gehört, 
und  nach  den  Beiworten  sind  die  letzteren  die  nennt  die  eine  Nilpferd  göttin:  'Toeris,  Ge- 
Schutzgottheiten  der  Schalttage.  Eine  Bezie-  waltige,  die  die  Götterschaft  geboren  hat  usw." 
hung  zur  Nilpferdgöttin  ist  nicht  angegeben,  (Mariette,  Monum.  divers  1872—89,  pl.  93  zu 
auch  aus  den  Schriftzeilen  auf  den  Türpfosten  p.  28;  spätes  Neues  Reich).  In  ptolemäischer 
ißt  sie  nicht  zu  entnehmen  {Chassinat,  Mam-  Zeit  lebt  es  in  Edfu  weiter  in  der  Form:  'Nut, 
misi  d'Edfou  p.  44,  pl.  18,  Zeit  Ptolemaios'  VI)  50  Große,  die  die  Götter  gebar,  die  den  Osiris  ge- 

e)  Vereinzelte  Ewähnungen.  Gelegent-  bar  im  Haus  der  großen  Apet'  {Boche nionteix, 
lieh  wird  eine  oder  die  andere  der  Monats-  Temple  d'Edfou  1,311,  Ptol.  IV.).  In  Karnak 
Bchützerinnen  auch  außerhalb  der  Listen  in  den  heißt  die  wieder  mit  Opet  identifizierte  Apet: 
Tempeln  erwähnt.  In  einem  Bilde  des  Geburts-  'Große,  Heilige,  die  aus  Theben  kam,  Nut,  die 
hauses  von  Edfu  aus  der  Zeit  Ptolemaios  IX.  die  Götter  gebar,  die  den  Osiris  gebar  aus 
wird  ein  Kind,  das  bald  als  der  junge  König,  Theben'  {Champollion,  Not.  descript.  2,  27—28, 
bald  als  der  junge  Gott  Ahi  oder  Harsomtus  Ptol.  VI).  Ähnliche  Zusammenstellungen  der 
(Horus,  der  Vereiniger  beider  Länder)  bezeich-  Nilpferde öttin  mit  Nut  der  Göttermutter  sind 
net  wird,  von  Göttinnen  gewartet,  ähnlich  wie  häutig.  Sie  kommen  z.  B.  oft  vor  in  dem  von 
in  der  Bilderreihe  der  Geburt  des  Königs  (vgl.  60  Ptolemaios  IX.  errichteten  Tempel  der  Apet  in 
oben  K.  2  und  3.  a).  Daneben  stehen  zwei  weib-  Karnak  neben  dem  Chonstempel  (vgl.  oben  D.  4). 
liche  Nilpferde,  die  wie  die  Monatsgöttinnen  Toeris  wird  dadurch  in  manchen  Verbindungen 
nr.  8  und  9  der  Liste  in  N.  2.  f  heißen,  näm-  geradezu  die  Mutter  des  Osiris. 

lieh  'Bewohnerin  des  Himmels,  Leiterin  der  3.  Vereinzelte  Identifizierungen.  Bei 

Götter'  und  'Api-homs  im  Horizonte'  {Lepsius,  v.  Strauß,  Göiterglaube  1,446  kann  man  lesen, 

Benkm.  IV  332  mit  Text  4,  1901,  69).  —  Für  Toeris  sei  vermischt  worden  mit  Mut  und  üzat. 

Der  el-Bahri  vgl.  oben  D.  (5.  2.  Bei  der  zweiten  Identifikation  kann  nur  eine 

In  der  Statue  Kairo  38865  {Baressy,  Statuts  ganz  gelegentliche  gemeint  sein;  in  Mut  haben 


903                       ThutJris  Thueris                       904 

wir  vielleicht  eine  vereinzelte  Benennung  der  {Pleyte,  Religion  des  Pre-Isrwiitcs  1862,  pl.  7, 
GOttermutter  zu  sehen  (vgl.  oben  C.  8).  Jeden-  tij?.  3  —  9).  Ebenso  erscheint  die  Nilpferdgöttin 
falls  sind  diese  Beiworte  ebenso  belanglos  für  ohne  Krone,  wo  sie  als  Geburtshelferin  in  den 
die  Mythologie,  als  wenn  Toeris  in  einer  Fels-  Bildern  von  der  Geburt  des  Königs  auftritt, 
inschrift  aus  dem  Neuen  Reich  'Auge  des  Re*  zusammen  mit  Bes  unter  dem  Ruhebette  der 
heißt  und  dadurch  den  großen  Himmelsgöttin-  gebärenden  Königin  stehend,  und  zwar  in  Der 
nen  nahetritt  (de  Morgan,  Catal,  des  monum.  el-Bahri  und  in  Luksor  (vgl.  oben  C.  2).  Ferner 
et  inscript.  1, 1,  1903,  204,  84).  wieder  in  Erment  (Ptol.  XVI.)  als  KinderwÄr- 
Vereinzelt  tritt  ein©  IdenÜfizierang  mit  Isis  terin  (vgl.  Lepsius,  Denkm.  IV  63  c)  und  in 
(Wiedemann,  Herodots  2.  Buch  1890,  306  ff.)  lo  Dendera  (röm.  Zeit)  unter  dem  Ruhebett  der 
auf,  z.  B.  in  Dendera,  wo  ein  Text  unter  den  gebärenden  Hathor,  hier  in  einer  siebenmal 
verschiedenen  Formen  der  Isis -Hathor  auch  wiederholten  Gruppe  von  zwei  sich  gegenüber- 
eine Apet  auffuhrt  {Brugsch,  Dict.  Geograph.  stehenden  Nilpferden  {ebd.  IV  82  b).  In  den 
1879,  1169).  Die  in  der  kleinen  ßronzefigur  Bildern  zum  186.  Kapitel  des  Totenbuchs  (ed. 
eines  Nilpferds  dargestellte  Göttin  wird  kurz-  Naville,  1886)  gibt  die  Hs.  La  gar  keine  Krone, 
weg  'Neit'  genannt  (Kairo  39151  nach  Daressy,  Da  nur  einen  kleinen  Modius  auf  dem  Kopf 
Statues  de  divinites  287).  Die  in  der  Gruppe  des  Nilpferds;  die  letztere  Form  ist  in  das 
des  Frieses  später  Tempel  miteinander  wecn-  Grab  von  Anibe  übergegangen  {Lepsius,  Denkm. 
selnden  Formen  der  Nilpferdgöttin  (vgl.  oben  III  231  b).  Der  genannte  Modius  ladet  oben  aus 
K.  3.  a— b)  tragen  verschiedene  Namen,  dabei  20  in  der  Art  der  ägyptischen  Hohlkehle;  ganz 
den  von  Löwinnen,  wo  das  Nilpferd  einen  Lö-  gerade  ist  er  bei  der  großen  Kairiner  Statue 
winnenkopf  hat.  .  aus  Kamak  (Abb.  1;  vgl.  oben  K.  0)  gebildet. 
In  den  griechischen  Papyrus  aus  Oiyrhyn-  Einen  besonderen  Platz  nimmt  das  Stern- 
chos  in  Mittelägypten  endlich  ist  Toeris  der  bild  des  Nilpferds  ein.  Das  Tier  wird  in  der- 
Athena  gleichgestellt.  Ein  Priester  heißt  isgo-  selben  Formung  des  Körpers  wie  sonst  dar- 
tixrmv  kd^Tiv&s  0o-^[QiSog]  (3,  679),  ein  anderer  gestellt  und  trägt  keine  Krone,  abgesehen  von 
na6TO(p6Qov  kd-riväg  [ri)g  xal  Soi]Qtöos\  (10,  der  Sonnenscheibe  in  Edfa;  allerdings  geben 
1268).  Über  eine  Urkunde,  in  der  es  sich  um  die  Stundentafeln  ausdrücklich  die  ^  Doppel- 
ein Kultbild  ^oavov  handelt,  vgl.  oben  E.  2.  feder'  als  Teil  des  Bildes  an.   Auf  der  ältesten 

30  Zeichnung  der  Sternbilder  beugt  sich  ein  Kro- 

P,  DarsteUimg.  kodil,  das  auf  dem  Rücken  des  Nilpferds  sitzt, 

1.  Nilpferd,  aufrecht  stehend.    Diese  vorn  über  dessen  Kopf  (Grab  Seti  L,  vgl.  oben 

Gestalt  ist  die  gewöhnliche  der  Nilpferdgöttin.  M.  2.  b);  eine  ähnliche  (jruppe  zeigt  ein  elfen- 

Sie  steht  aufgerichtet  auf  den  Hinterbeinen,  beinerner  Zauberstab  des  Mittleren  Reichs  im 

so  daß  der  tragende  Leib  stark  vortritt;  Brüste,  Louvre,    wo    das    Nilpferd    einen    Gefangenen 

die  denen  einer  Frau  ähneln,  jedenfalls  aber  auffrißt  {Legge  in  Proceed.  See.  Bibl.  Ärchaeol. 

von   den   tierischen  Zitzen  völlig  verschieden  27  [1905],  pl.  VI  Vs.). 

«ind,  hängeQ  schlaff  herab.  Durch  diese  Aus-  b)  Mit  Federkrone.  Nach  den  Angaben 
gestaltung  erhält  der  Nilpferdkörper  einen  An-  der  Stundentafeln  der  Sternaufgänge  aus  dem 
klang  an  den  einer  schwangeren  Frau,  der  40  Neuen  Reich  hat  das  Sternbild  des  Nilpferds 
zweifellos  beabsichtigt  erewesen  ist.  Wir  kennen  eine  'Doppelfeder'  (Brugsch,  Thes.  188  ff.),  und 
auch  bei  anderen  Gottheiten  eine  solche  Ver-  so  zeigt  es  auch  die  Darstellung  der  Nilpferd- 
mischung nicht  nur  von  mehreren  tierischen  göttin.  Allerdings  wird  nur  selten  die  Doppel- 
Körpern  miteinander,  sondern  auch  von  tieri-  feder  allein  als  Kopfschmuck  gezeichnet  (z.  B. 
sehen  mit  menschlichen  Körpern.  Fremde  Ele-  Naos  Kairo  in  Mariette,  Monum.  div.  1872 — 89, 
mente  sind  auch  an  anderen  Teilen  in  den  Nil-  pl.91— 92).  Meist  erhält  die  Doppelfeder  irgend- 
pferdkörper  hineingetragen;  die  Vorderbeine  eine  Zutat,  auf  der  kleinen  Lapislazulifigur 
sehen,  je  länger  desto  mehr,  menschlichen  Ar-  Berlin  20599  die  wagerechten  Widderhörner 
men  ähnlich  und  erhalten  Hände  statt  der  {Z.  Ägypt.  Spr.  54,  1918,  138);  auf  der  Metter- 
Tatzen  ;  der  Rücken  hat  eine  wunderliche  50  nichstele  eine  kleine  Sonnenscheibe  (ed.  Goleni- 
Form,  für  die  noch  keine  feste  Deutung  ge-  schejf  1877,  Taf.  1)  und  ebenso  an  der  Bronze- 
funden ist.  Am  Nilpferdkopf  sitzt  fast  immer  figur  Kairo  39162  {Daressy,  Statues  de  div.  288) 
das  lange  dreisträhnige  Frauenhaar,  am  Halse  und  noch  in  den  Pyramiden  von  Meroe  {Lepsius, 
ein  mehr  oder  weniger  deutlich  ausgeführter  Denkm.  V  20.  21.  26). 

Perlenkragen.    Die  Holzfigur  Kairo  39172  {Da-  c)  Mit  Sonne.    Eine  ebenfalls  ältere  Dar- 

ressy,  Statues  de  div.  y\.  66)   zeigt   einen   ver-  Stellung  gibt  der  Nilpferdgöttin  als  Kopfschmuck 

hältnismäßig  schlanken  Leib,  bei  dem  Bauch  die  Sonnenscheibe  zwischen  Rinderhörnern.  So 

und  Oberschenkel  mehr  denen  einer  Frau  als  das  Bild  in  einer  Felsinschrift  bei  Assuan  {de 

eines  Nilpferds  ähneln.  Morgan,  Catal.  monum.  inscript.  1, 1,  1903,  204, 
a)  Ohne  Krone.  In  einer  beschränkten  An-  60  34),  ein  Denkstein  aus  Theben  {Lanzone,  Dizion. 

zahl   von   Fällen  trägt  das  aufrecht  stehende  mitol.egiz.  tav.  126, 1)  und  der  zu  dem  Kairiner 

Nilpferd  keine  Krone  auf  dem  Kopfe.   Durch-  Naos  gehörige  Denkstein  aus  Kamak  {Mariette, 

gehend  sehen  wir  es  so  auf  den  elfenbeinernen  Monum.  div.  pl.  93).    Dann  die  Holzfigur  Berlin 

Zauberstäbendes  Mittleren  Reichs  (vgl.  oben  C.  2,  19650  {Z.  Ägypt.  Spr.  54  [1918],  138),  und  ferner 

H.  2. 3);  und  meist  auch  auf  den  Bildern  der  Ska-  Zeichnungen  zum  Totenbuch  des  Neuen  Reichs 

rabäen,  die  als  Amulette  in  Fingerringen  oder  (ed.  Naville  cap.  186  nach  Ap;  Lb  setzt  einen 

an  Halsketten  getragen  wurden,  z.  B.  in  Turin  kleinen  üräus  an  die  Sonnenscheibe),  und  der 

{Lanzone,  Dizion.  mitol.  egiz.  23)  und  Leiden  Spätzeit  {Pleyte,  Chap.  supplem.  1881,  162  Taf. 


:)05 


'i'liiu' 


Tim. 


900 


t!)  Toeris  mit  rusatn- 

mengesetzter    Krone 

{^Üendera). 


nach  Pap.  Leiden  5).  Endlich  auch  kleiuo 
Fayeuc(3Hguren,  z.  H.  in  Leiden  1210  (Leemans, 
Aegypt.  Monum.  1,  Godsdienst  1842 — 45,  pl.  15 
/u  p  13).  In  einem  einzelnen  Falle  trügt  da« 
Nilpferd  als  Sternbild  auch  nur  eine  kleine 
Sonnenscheibc  ohne  Rinderhörner  (Edfu,  astro- 
jiom.  Decke). 

d)  Mit  zusammengesetzter  Krone.  In 
der  Spätzeit  kommt  die  Sitte  auf,  die  beiden 

eben  erwähnten  Kronen  mit- 
einder  zu  verbinden.  Das  ge- 
^  schiebt  meist  in  der  Weise, 
daß  sie  auf  einen  gemein- 
samen Untersatz  gestellt 
und  ineinander  gesteckt 
werden.  So  in  einigen  pla- 
stischen Bildern  in  Kairo 
(Baressy,  Statues  de  div. 
1905  —  1906,  p.  284  —  296 
mit  pl.  IV,  nr.  39145—203), 
wie  einer  Schieferstatue  aus 
Sakkara  (39145),  einerBron- 
zefigur  (39148)  u.  a.  Ebenso 
in  ptolemäischen  Tempel- 
reliefs in  Der  el-Bahri  {Na- 
villeyl.  149 — 150)  und  in  rö- 
mischen inDendera(j[/epsms, 
Denkm.  IV  85  b  =  Abb.  6). 
Auf  der  Metternichstele  (ed. 
Golenischeff'  1877,  Taf.  III, 
Reihe  4)  ist  jedoch  die 
Doppelfeder  oben  auf  die 
.Sonnenscheibe  gesetzt,  die  allein  auf  dem  Un- 
tersatz steht. 

e)  Vorderfüße  bzw.  Hände.  Die  bei  dem 
aufrecht  stehenden  Nilpferd  fast  immer  herab- 
hängenden Vorderbeine  haben  niemals  die  Form, 
die  das  Tier  in  Wirklichkeit  zeigt.  Die  Beine 
selbst  werden  stets  zu  lang  gezeichnet  und 
haben  nahezu  die  Form  menschlicher  Arme. 
Die  an  ihnen  sitzenden  Tatzen  sehen,  wenn  sie 
nichts  halten,  in  älterer  Zeit  wohl  tierisch 
aus,  aber  sind  nicht  naturalistisch  als  Nilpferd- 
tatzen ausgeführt.  Die  freie  Gestaltung  trifft 
auch  für  die  Hinterbeine  zu,  wenn  auch  in 
viel  geringerem  Maße,  und  man  hat  die  Glie- 
der des  Nilpferds  als  ^Menschenarme  und  Lö- 
wenfüße' bezeichnet  {Borcliardt,  Grabdenkmal 
des  Königs  Sahure  1,  1910,  130).  Eine  unver- 
kennbare Anlehnung  an  tierische  Tatzen  liegt 
aber  jedenfalls  in  allen  älteren  Darstellungen 
vor,  in  denen  die  Vorderbeine  frei  herabhängen, 
z.  B.  in  plastischen  Figuren  in  Berlin  (Z.  Ägypt. 
Spr.  54,  1918,  138),  in  der  Bilderfolge  der  Ge- 
burt des  Königs  (Der  el-Bahri  und  Luksor,  vgl. 
oben  K.)  und  im  Totenbuch  {Naville  cap.  186). 

Die  tierische  Gestalt  der  Tatze  ist  auch 
dann  noch  beibehalten,  wenn  sie  lose  auf  das 
Schut-'.zeichen  (s')  aufgelegt  ist  wie  in  der 
großen  Kairiner  Statue  (Abb.  1)  und  vielen 
anderen  Fällen  (vgl.  oben  2);  ebenso  bei  der 
auf  den  Pflock  gelegten  Tatze  im  Sternbild  im 
Grabe  Seti  I.  {Lepsius,  Denkm.  III  137),  und 
noch  in  den  ptolemäischen  Reliefs  in  Der  el- 
Bahri  {Naville  pl.  149—150). 

Die  Form  der  Tatze  mit  kurzen  Zehen  wird 
aber  schlechterdings  unmöglich,  wenn  sie  einen 
Gegenstand  umfassen  soll.    So  ergibt  sich  ganz 

RoscHKR,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol     "V 


von  selbst  die  Form  der  menschlichen  Hand 
mit  vorstehendem  Daumen  schon  in  den  Zeich- 
nungen auf  den  elfenbeinernen  Zauberstäbeu 
des  Mittleren  Reichs,  in  denen  das  Nilpferd 
ein  Messer  in  der  'Hand'  hält  (vgl.  oben  3). 
Bilder  des  Nilpferds  mit  einem  oder  zwei  Mes- 
sern zeigen  auch  später  eine  menschliche  Hand, 
z.  B.  unter  Ptolemaios  XVI.  in  Erment  {Lepsius. 
Denkm.  IV  63c).    Eine  Hand   ist  es  auch,  die 

10  bei  der  Wiedergabe  des  Sternbildes  den  Pflock 
faßt  {ebd.  III 1707,  Ramesseum),  oder  den  Strick 
packt  {ebd.  IV  35b,  Philä).  Zwei  menschliche 
Hände  hat  sogar  die  Nilpferdgöttin  mit  dem 
Skorpion  in  dem  Felsengrab  in  Anibe  {ebd.  III 
231b),  und  menschliche  Hände  haben  auch 
deutlich  die  Nilpferde  in  den  meroitischen  Py- 
ramiden der  römischen  ^eit:  ebd.  V  20.  21.  26 
(frei  aufgelegt!).  53  b  (desgl.).  In  den  Felsen- 
bildern   bei    Silsilis    aus    der  Zeit   Ramses'  II. 

20  freilich  ist  die  Form  der  tierischen  Tatze  bei- 
behalten, obwohl  sie  das  Lebenszeichen  hält 
(Ijepsius,  Denkm.  III  175  c). 

f)  Rücken  und  Schwanz.  In  einigen  Bil- 
dern des  aufrecht  stehenden  Nilpferds  ist  sein 
Rücken  glatt  wie  der  des  Tieres  gezeichnet, 
und  auch  der  Schwanz  ist  nur  klein  und  kurz. 
So  in  der  Darstellungs folge  von  der  Geburt 
des  Königs  in  Der  el-Bahri  und  Luksor  (vgl. 
oben  K.  2)  und  in  der  ähnlichen  von  der  Ge- 

30  burt  des  Götterkindes  in  Dendera  (oben  K.  3.  c). 
Ebenso  in  dem  allerdings  undeutlichen  Bilde 
zur  Felsinschrift  bei  Assuan  aus  dem  Neuen 
Reich  {de  Morgan,  Catal.  monum.  inscript.  1, 1, 
1903,  204,34).  In  ptolemäischer  Zeit  in  der 
astronomischen  Decke  in  Philä  {Lepsius,  Denkm. 
IV  35  b)  und  auch  sonst  {ebd.  IV  63  c  in  Er- 
ment). 

Diese  naturalistische  Darstellungs  weise  ist 
aber  nicht  die  übliche.    Meist  hat  der  Rücken 

40  in  seiner  ganzen  Länge  einen  schmalen  Ansatz, 
der  so  aussieht,  als  ob  ein  Fremdkörper  an 
ihn  angefügt  sei.  Auf  den  Zauberstäben  des 
Mittleren  Reichs  (oben  C.  2)  ist  der  Ansatz 
ziemlich  kurz  und  reicht  nicht  so  weit  hinab, 
wie  der  Nilpferdschwanz  tun  würde.  Er  ist  ge- 
legentlich quergestreift  {Legge  in  Proceed.  Soc. 
Bibl.  Archaeol.  27  [1905],  pl.  III  zu  p.  301),  wie 
auch  später  oft  (Abb.  1 :  Kairiner  Statue) ,  wo 
er  zuweilen  wie   geschuppt   erscheint   {Toten- 

50  buch  ed.  Naville  cap.  186  und  ed.  Pleyte,  Chap. 
supplem.  162).  Im  Neuen  Reich  ist  der  Ansatz 
manchmal  recht  breit  {Lepsius,  Denkm.  III 23 1  b) 
und  hat  eine  dekorativ  geschwungene  Rand- 
linie {ebd.  111 170).  Bei  der  gleichen  Zeichnung  ist 
er  einmal  geflochten  wie  ein  Zopf  {ebd.  III  137}. 
In  später  Zeit  wird  der  Ansatz  mit  dem  daran 
sitzenden  Ende,  das  wie  der  Schwanz  bis  auf 
den  Boden  reicht,  wieder  etwas  schmaler  {ebd. 

IV  85  b)  und  ist  in  den  ptolemäischen  Reliefs 
60  in  Der  el-Bahri  sogar  auffallend  klein  {Naville 

pl.  149 — 150).  Auch  in  den  meroitischen  Pyra- 
miden hat  er  eine  mäßige  Größe  lebd.  V  26), 
er  fehlt  dort  vollständig,  wo  das  Nilpferd  ein- 
mal ein  langes  Kleid  wie  eine  Frau  trägt  {ebd. 

V  20). 

Für  den  auffallenden  Ansatz  weiß  ich  keine 
einleuchtende  Erklärung  zu  geben.  Leemans 
sagt  schon  1842  in  seiner  Erläuterung  der  Denk- 

30 


907 


Thut-ris 


Thulithicla 


908 


mäler  von  Leiden:  Der  Rücken  des  ^«ilpferds 
ist  mit  einem  Krokodilschwans  bedeckt.  Man 
kann  diese  Deutung  häufig  hören,  sie  ist  auch 
neuerdings  wiederholt  worden  {Borchardt,  Grab- 
detikmal  des  Königs  Sahure  1,  1910,  130).  Nach 
einer  genaueren  Betrachtung  des  Rückens  und 
einer  Vergleichung  der  vielfachen  Formen  des- 
selben kann  diese  Deutung  aber  nicht  richtig 
sein.  Sie  beruht  vielleicht  darauf,  daß  einige 
Darstellungen  des  Sternbildes  auf  dem  Rücken 
des  Nilpferds  ein  vollständiges  Krokodil  sitzend 
zeigen  (vgl.  oben  M.  2.  b).  Diese  Gruppe  kommt 
auch  plastisch  in  kleinen  Fayencefiguren  vor 
(Berlin  7786  mit  Krokodil  auf  dem  Kopfe, 
14191  mit  Krokodil  auf  dem  Rücken). 

8.  Nilpferd,  hockend.  Einzigartig  ist 
die  Holzfigur  eines  hockenden  Nilpferds  im 
Britischen  Museum  {Arundale  atid  Bonomi, 
Gallery  of  aiUiquities  1844,  pl.  24,  tig.  87).  Die 
Haltung  ist  eine,  die  das  Tier  in  Wirklichkeit 
niemals  einnimmt;  deshalb  sind  die  Vorder- 
und  Hinterbeine  umgestaltet  zu  menschlichen, 
die  'Hände'  liegen  auf  den  'Knien'.  Von  dem 
Nilpferd körper  ist  also  nicht  viel  mehr  übrig 
geblieben  als  der  massige  Körper  und  der  Kopf 
mit  dem  geöfiiieten  Rachen. 

8.  Nilpferd  mit  Frauenkopf.  Das  auf- 
recht stehende  Nilpferd  erhält  schon  im  Neuen 
Reich  gelegentlich  einen  Frauenkopf.  Zunächst 
in  den  Felsenbildem  aus  der  Zeit  Ramses'  II. 
in  Silsilis  {Lepsius,  Denkm.  III  175  c  [=  Abb.  2; 
vgl.  oben  D.  7  für  die  lokale  Form]).  Dort  sitzt 
an  dem  Frauenkopf  ein  Uräus,  auf  ihm  die 
übliche  Krone:  Rinderhömer  mit  Sonne  (vgl. 
oben  P.  1.  c).  Das  Nilpferd  trägt  ein  langes 
Kleid,  auf  das  ungewöhnlich  langes  Haar  in 
abgetreppten  Stufen  fällt.  Das  Bild  zur  8.  Stätte 
der  Unterwelt  im  Totenbuch  der  Spätzeit  (ed. 
Lepsiiis  cap.  149  h)  zeigt  ein  aufrecht  stehendes 
Nilpferd  mit  einem  Frauenkopf,  auf  dem  drei 
Schlangen  sitzen.  Der  gleichen  Zeit  gehören 
Fayencefiguren  eines  Nilpferds  mit  Frauenkopf 
an,  z.  B.  Kairo  39197  {Daressy,  Statues  de  div. 
295,  aus  Sakkara)  mit  Uräus  an  der  Stirn  und 
eine  andere  im  Britischen  Museum  {Arundale 
and  Bonomi,  Gallery  of  antiquities  pl.  21,  fig.  72). 
Aus  ptolemäischer  Zeit  stammt  das  Tempel- 
relief in  Erment  {Lepsius,  Denkm.  IV  63  c)  und 
im  Apettempel  in  Kamak  {ebd.  IV  30  c). 

Eine  phantastische  Ausgestaltung  des  Typus 
enthält  die  Metternichstele.  Dort  sitzen  auf 
dem  Nilpferdkörper  zwei  mit  dem  Hinterkopf 
aneinandergesetzte  Frauenköpfe,  auf  denen  eine 
gemeinsame  Krone  ruht  (Golenischeff  Taf.  V, 
Reihe  XXIII  und  XXV);  in  einem  anderen  Falle 
ist  ein  Frauenkörper  mit  dem  einer  Kuh(?) 
zusammengefugt  {ebd.  Taf.  IE). 

4.  Nilpferd  mit  Löwenkopf.  In  einigen 
wenigen  Fällen  erhält  der  Nilpferdkörper  den 
Kopf  einer  Löwin.  Der  Typus  ist  plastisch  be- 
legt durch  eine  Fayencefigur  in  Kairo  {Daressy, 
Statues  de  div.  nr.  39198),  bei  der  auf  dem  Lö- 
winnenkopf ein  frei  aufgerichteter  Uräus  steht, 
und  eine  Steatitfigur  im  Britischen  Museum 
{Arundale  and  Bonomi,  Gallery  of  antiquities 
pl.  21,  fig.  71).  Der  Fries  in  Erment  mit  ver- 
schiedenen Gestalten  der  Nilpferdgöttin  als 
Schützerin  des  Götterkindes  (vgl.  oben  K.  3.  b) 


7)   Toeris   mit  Lö- 
winnenkopf  {Friet 
in  Ennenl). 


gibt  ihr  in  mehreren  Fällen 
einen  Löwinnenkopf  (Z/t:jostu8, 
Denkm.  IV  65  a  =  Abb.  7), 
und  auch  die  Benennungen 
in  den  Beischriiten  spielen 
auf  die  Löwin  an. 

5.  HermemitNilpferd- 
kopf.  Nur  ein  einziges  Mal 
ist  eine  Herme  mit  aufsitzen- 

lu  dem  Nilpferdkopf  mit  Hals- 
kragen und  Frauenhaar  be- 
legt, und  zwar  im  Allerhei- 
ligsten  des  Apettempels  in 
Karnak  (Lepsius,  Denkm.  IV 
30e,  Ptol.IX  =  Abb.  8).  Die 
Krone  hat  die  zusammenge- 
setzte Form,  bei  der  die 
Doppelfeder  vereinigt  ist  mit 
der  Sonne  zwischen  Rinder- 

20  hörnern. 

6.  Frau.  Einige  nicht  zahlreiche,  aber  doch 
gesicherte  Reliefs  stellen  die  Nilpferdgöttin  in 
völlig  menschlicher  Gestalt  dar.  Und  zwar  ist 
Toöris  den  Ägyptern  schon  im  Neuen  Reich  so 
vertraut  geworden,  daß  sie  sie  sich  als  Frau 
vorgestellt  haben.  Ein  Bild  in  Silsilis  zeigt 
eineToöris  (t'-wrt  'Die  Große')  genannte  Göt- 
tin, die  den  König  säugt  {Lepsius,  Denkm.  III 
120  c);  es  wäre  allerdings  möglich,  daß  sie  eine 

30  Isis-Hathor  mit  dem  Beinamen  'Die  Große'  dar- 
stellt. Sie  trägt  langes  Haar  mit  einer  schweren 
Flechte  wie  Hathor,  daran  hinten  eine  große 
Schlange ;  auch  der  Untersatz  des  Kopfschmucks 
(Sonne  zwischen  Rinderhörnern)  wird  von  ver- 
schiedenen Schlangen  gebildet,  z.  T.  mit  Königs- 
kronen. Von  den  beiden  Formen  der  Toeris, 
die  auf  dem  zum  Kairinor  Naos  gehörigen 
Denkstein  stehen,  ist  die  eine  ein 
stehendes  Nilpferd,  die  andere  eine 

40  thronende  Frau  mit  Uräus  am  Haar 
und  als  Kopfschmuck  der  Sonne 
zwischen  Rinderhörnern  (Mariette, 
Monum.  div.  1872—1889,  pl.  93). 
Von  zwei  Frauengestalten  mit  der 
gleichen  Krone  heißt  die  eine 
Toeris  (Lanzone,  Dizion.  mitol. 
egiz.  tav.  394,2,  mit  Uräus  am 
Haar),  die  andere  Apet  {ebenda 
Taf.  IX  links,    mit    Geierhaube). 

50  Auch  in  dem  Tempel  der  Apet 
in  Karnak  wird  die  Göttin  als 
stehende  Frau  dargestellt,  am 
Kopfe  die  Geierhaube,  darauf 
die  Sonne  mit  Uräus  zwischen 
Rinderhörnern  {Lepsius,  Denkm. 
IV  30  d).  Im  gleichen  Tempel 
kommt  neben  der  Herme  mit 
Nilpferdkopf  (oben  P.  5)  eine  ein- 
zigartige    Form    der    Apet    vor, 

60  die  sich  an  ihre  Frauengestalt 
anchließt:  eine  Stange  mit 
Hathorkopf  (Frauengesicht 
mit  Kuhohren  und  langem 
Haar)  und  Sonnen  scheibe 
{ebd.  IV  30  c).        [Roeder.] 

Thiiflthicla  (^ufl^icla)  er- 
scheint   in    der    Benennung    gj  ToörU  als  Herme 
einer  etruskischen  Göttin  auf  {Apet-TempeiinKarnak.) 


909                     Thuf(u)ltha  Thupltha,  Thuf(u)ltba            910 

(lerJ^asis  einer  kleinen  -weiblichen  liron/.estatue  taT.  XL  nr.  1,  von  Javascn,  Mus.  Lvgd.-Batav. 
unbekannter  Herkunft.  Sie  ist  verötientlicht  inscript.  etc.  24^  tab.lll  nr.  36,  von  Sticlel.,  Das 
von  Brunn  in  den  Ann.  dclV  Inst.  1861,  412,  Ktiubkische  etcldO,  Taf.  IT  nr.  8,  von  Fahretti, 
!tav.  agg.  T.  nr.  2,  von  Conesfabih  in  den  Mein.  C.  J.  I.  nr.  1054,  tab.  XXXV  und  von  Pat«/t, 
de  la  Soc.  imper.  des  antiq.  de  France  27,  und  C.  J.  E.  nr.  445.  Die  Inschrift  der  Statue  von 
von  lahrdti,  C.  1.  J.  nr.  2ü()3l>i8.  Ihr  Text  Cortona  ist  verötientlicht  von  J'assert,  Meni. 
lautot :  tite  :  alpnas  |  turce  :  aise  |  ra»  :  -öufl-öic  |  della  soc.  Colowlaria  tav.  I  nr.  1,  Ton  ColtclUm, 
la  :  trutvecie  ^Tite  gab  (dies)  zum  (jlescbcnk  Biie  ragionamenti  etc.  23,  tab.  II,  von  Lanzi  2, 
der  Aisera  Thutlthicla.  .  ..'  Was  das  letzte  533  =  455,  tav.  XV  nr.  6,  von  Mic(dt,  Storia 
Wort,  trutvecie,  heißt,  wissen  wir  bis  jetzt  lo  etc.  tav.  XLIII,  von  Inghirami,  Stör,  della  To.sc. 
nicht.  Vielleicht  gibt  es  noch  einen  zweiten  tav.  LXXXI  nr.  2.  Müller,  benhin.  der  alten 
Ik'leg  unserer  Form,  nämlich  auf  einer  kleinen  Kunst  1,  Taf.  LVIII  nr.  291,  von  Janssen, 
Bronzestatue  männlichen  Geschlechts  von  un-  Mus.  Lugd.-Bat.  inscript.  etc.  23,  tab.  III  nr.  33, 
bekannter  Herkunft,  die  ehedem  beim  Senator  von  Bertani,  Essai  etc.  30,  von  Fahretti,  C.  1. 1. 
Bonarrota  in  Florenz  war.  Sie  ist  herausge-  nr.  1055,  tab.  XXXV  und  von  l'auli.,  C.  I.  E. 
«j:elen  von  l?or?arro/a  bei  Z)ewj3S/<'r  1,  tab.  XXIV,  nr.  446.  Die  Statuette  von  Cetona  haben  ver- 
aus  ihm  von  Fasseri,  Lett.  Bonc.  10,  324  und  öfientlicht  Sozzi  im  Bull.  delV  Inst.  1842,  21, 
Faralip.  63,  von  Lanzi  2,  537  =  459  nr.  38,  Anonym.  Le  iscr.  del  museo  De  Minicis  in 
von  Gori,  Mus.  etr.  1,  tab.  C,  von  Fahretti,  iermo  36,  nr.  330,  Fahretti,  C.  I.  I.  nr.  804, 
C.  I.  1.  nr.  274,  von  FauU,  C.  I.  E.  nr.  2341.  20  tab.  XXXII  und  Fauli,  C.  I.  E.  nr.  2340.  Die 
Bonarrota  überliefert:  eiceras  -öufi-Si  (rechtes  Literatur  des  Placentiner  Templums  habe  ich 
Bein)  cvei  •  a  (linkes  Bein).  In  dieser  Form  ist  in  dem  Artikel  s.  v.  Templum  von  Piacenza 
die  Inschrift  keinesfalls  richtig,  und  da  nur  angegeben. DielnschriftderLampe lautet:  a-vels 
Bonarrota  sie  gesehen  hat,  so  haben  wir  ein  •  cus  •  <9upl'9aö  •  alpan  •  [  turce  'Aule  Velsu,  der 
gewisses  Recht  zur  Emendation.  Deeclce  {Etr.  Cusithi  (Sohn),  gab  (dies)  der  Thupltha  zum 
Fo.  4,  o2)  schlägt  eiseras  -O-ufl'O'i  |  clsi  vor.  Geschenk',  wobei  die  Namen  des  Gebers  ab- 
Ob  er  mit  dem  cla  für  cvei  •  a  das  Richtige  gekürzt  zu  sein  scheinen.  Auf  der  Statuette 
triö't,  ist  mir  zweifelhaft,  aber  das  eiseras  von  Cortona  steht:  velias  •  fanacnal  • -^ufl'&as  j 
-öuf  l-^i  ist  sicherlich  richtig,  und  dies  wird  alpan  •  mena;te  •  den  •  ce;^a  •  tu-ö^ines  •  tlena;feis 
dann  aus  eiseras  '9ufl'9i[cla]  abgekürzt  sein,  30  und  die  vier  ersten  Worte  heißen:  'der  Velia 
wie  auch  Deecle  selbst  an  einer  späteren  Stelle  Fanacni  Geschenk  andieThufltha'.  Dielnschrift 
(Etr.  Fo.  u.  Stu.  2,  53)  annimmt.  Die  Form  der  Statuette  von  Cetona  weicht  in  den  verschie- 
aiseras  oder  eiseras  (beide  Schreibungen  wech-  denen  "Überlieferungen  etwas  voneinander  ab. 
sein  auch  auf  der  Agramer  Mumienbinde)  ist  Am  wahrscheinlichsten  ist  mir,  daß  sie  lautet: 
der  Genetiv  von  aisera  'dea'  {Deecke  1.  c.  52),  lautni :  '9uful'9^as  |  a/joan  :  turce :  '[Name]  fami- 
und -^ufl-öicla  ist  eine  nähere  Bestimmung  dazu,  liaris  gab  (dies)  der  Thufultha  zum  Geschenk', 
die  selbstverständlich  von  dem  Namen  der  Auf  dem  Templum  steht  in  Reg.  16'  -^ufl-öas, 
Göttin 'Oufl'&a  (siehe  s.  V. 'Oupl'&a)  algeleitet  ist.  in  Reg.  16  und  1'  abgekürzt  -^uf  = -Oufl-^as. 
Die  sprachliche  Erklärung  dieser  Form  -^^ufi-  Alle  diese  Formen  sind  Genetive,  und  zwar 
-T^icla  ist  bis  jetzt  nicht  gefunden.  Vgl.  im  40  die  des  Templums  in  südetruskischer  Schrei- 
übrigen die  Artikel  s.  vv.  aisera  (in  den  Nach-  bung  mit  s  ($)  am  Ende,  die  anderen  gemein- 
trägen)  und  '9'upl'9a.     [C.  Pauli.]  etruskisch   mit    s    (N ).     Der  Nominativ   heißt 

lhuf(i])ltha  (-Öufi-Oa,  -Ouful-Öa),  Name  einer  -Öupl-Öa,  resp.  '&uf(u)l'9a.    Was  nun  das  Wesen 

etiuskischen  Göttin;  vgl.  s.  v.  -öupl-öa.  der  Göttin   anbetrifft,    so  hat  Corssen  (Spr.  d. 

[C.  Pauli.]  Etr.  1,  639),   einer  indogermanischen  Etymo- 

Thulutyr    ('O^ulutyr)    wird    als   Unterschrift  logie  von  tubh  'stoßen'  zu  Liebe,  aus  ihr  eine 

einer  der  etruskischen  Terrakottagruppen  von  peinigende     und     quälende    Unterwelts-    und 

Bolsena   (Fahretti,  C.  1.  1.  nr.  2095b)   gelesen.  Todesgöttin  machen  wollen,  und  den  gleichen 

Deecke  (Etr.  Fo.  4,  59)  will  darin  den  Plural  Charakter  legt  ihr  auch  Bugge  (Etr.  io.  und 

(oder  Dual)   eines  Götternamens    finden,  wäh-  50  Stu.  4,    217)    bei,    indem    er   die  -^ufl-Öa  mit 

rend  Bugge  (in  Bezzenhergers  Beitrogen  11,  9)  der  aisera  (cf.  s.  v.  -öufl-O^icla)  identifiziert,  die 

in  <&u — luter  zerlegt  und  in  du  das  Zahlwort  ihm  eine  Todesgöttin  ist.     Allein  Deecke  (Etr. 

für  'zwei'  findet.  Weiteres  darüber  s.  v.  tluscv.  Fo.  4,  32)  hat  bereits  mit  Recht  darauf  hin- 

[Daniehson  liest  ^.  C.  I.  E.  biso  QulüteT -and  gewiesen,   daß  für  eine  solche  Auffassung  in 

fügt   bei:    ^Lectio   induhia   est,   interpretatione  den   Denkmälern    nicht    der    geringste   Anlaß 

nihil  incertius.^]     [C.  Pauli.]  vorliege,   daß   die  Göttin  vielmehr  eine  Heil- 

Tbupltba,  Thuf(ii)ltba  (-S-upl-Oa,  #uf[u]l'9-a)  und  Segensgöttin  zu  sein  scheine,  die  er  mit 

ist  der  Name  einer  etruskischen  Göttin.    Sie  ist  der  ups  zu  identifizieren  geneigt  ist.  Möglich, 

belegt  auf  einer  Bronzelampe  und  einer  Knaben-  aber    auch   nicht    sicher.     Auf   etymologische 

Statuette  von  Cortona,  auf  dem  Fragment  einer  60  Spielereien    einzugehen,  wie   die   von    Deecke 

kleinen    Bronzestatue    aus    Cetona    bei   Chiusi  (Etr.  Fo.  u.  Stu.  2,  53,  not.  203),  daß  '9-ufl'&a 

und  dreimal  auf  dem  Bronzetemplum  von  Pia-  =   lana    sein    könne,    indem    -öuplu-  =   lat. 

cenza.     Die  Inschrift  der  Lampe  ist  veröfifent-  duplo-  sei,  verlohnt  der  Mühe  nicht.     Ebenso 

licht  von  Posseri  in   den  Mem.  della  soc.  Co-  ht  Lattes'  (I  giudizi  etc.  20  sq.)   Gleichsetzung 

lombaria  1,    39  sq.,    tav.  I  nr.  3,   im  Marucell.  -Oufl-O^icla  =  lat.  *duplitticula  glatt  abzulehnen. 

A.  bl,  2,  von  Coltellini,  Due  ragionanunti  etc.  Das  Verhältnis  der  oben  belegten  drei  Formen 

18,  tav.  I,  von  Lanzi  2,  484  =  411  und  495=  zueinander  ist  dieses,   daß  -Oupl-Sa  die  älteste 

421,  nr.  XI  tav.  XIV  nr.  2,  von  Micali,  Storia  etc.  Form  ist,   zu  der  -öufl'&a  sich  verhält  wie  pu- 

30* 


911                         Thuras  Thyestes                       91 1^ 

fluna:    pupluua  (=  Populouium).    In  ^iifuld^a  Suidas  s.  v.  (vgl.  Bernhardy  zu  der  Stelle)  ein 

endlich    haben    wir   zwischen   f  und   1   einen  Beiname   der   Ares:    Stellen    bei    Bruchmann, 

Hilfsvokal,    der   die   Klangfarbe    des   vorher-  Epitheta  deorutn  . . .  Suppl.  zu  lioschers  M.  Jj 

gehenden  Vokals   zeigt,   wie    auch   sonst  oft.  p.  39.     Daher  könnte  man  auch  oben  in  nr.  1 

Die  Endung  -^  ist   eine  weibliche,   die  sich  an  Ares  als  den  Gegner  des  Herakles  nach  der 

auch  in  dem  Namen  der  Göttin  tali^a  (cf.  s.  v.)  Tötung  des  Kyknos  denken;  vgl.  Hitziq-Bliiiu 

und  in  dem  Appellativum  lautniO'a  'familiaris,  ner  Komm,  zu  Paus.  3,  18,  11.     [Ruhl.J 

liberta'  findet,  dessen  Maskulinum  lautni  heißt.  Thuro  (Govgm),  von  ApoUon  die  Mutter  des 

[Thtdin,  Rdigionsgesch.  Vers.  u.  Vorarb.  8,  Chairon,   des   Gründers   von  Chaironeia,   Plul 

1906,  36  faßt  aiseras  «"ufiO-icla  als  Plural  und  lo  Sulla  17.     Siehe  Art.  'Thero'.     [lluhl.J 

erklSj-t  scharfsinnig,  aber  überkiihn  den  Na-  Thiiros  (©oOpos),  ein  namentlich  in  der  Hin 

men  duflO-icla  nach   Torps  Auslegung  -O-u  ==  häufiges,  den  stürmischen  Kriegsgott   charak 

'eins*  {Etr.  Beitr.  1, 64)  als  Consentes  et  Com-  terisierendes  Beiwort  des  Ares.   Vgl.  außer  de». 

plices  'die  Einträchtigen,  Einigen*,  vgl.  Ärnob.  bei  Bruchmann,  Epitheta  deorum  . .  .  Suppl.  zu 

a.  n.  3,40:  Hos  Consentes  et  Complices  Etrusci  Roschers  M.  L.  p.  39  gesammelten  Stellen  nocli 

aiunt  et  nominant.,  quod  una  oriantur  et  oc-  C.I.  Gr.  178;  ebd.  add.  2109,  5.    S.  auch  Thur- 

eidant  una.]    [C.  Pauli.]  ras.    [Ruhl.] 

Thuras  s.  Thurras.  Thurras  {BovQqa?)  oder  Thuras  (©oupas,  /" 

Thurens  (öovpev^),   Heerführer  des  Inder-  J.ne. /r.  f),  ö.  6, 1),  auch  Thuros  (s.  d.).  Qovqqoc^. 

königä  Deriades  (s.  d.  u.  vgl.  Gruppe  S.  1518,2)  20  nach  Ninos  König  der  Assyrer,  ovtivcc  fisrcopö- 

bei  Nonms  Dion.  21,822.  22,66.  139.  165.  23,  ^vaasv  6  TtccvriQ  Za/trjff  6  tri?  Piag  &SsX(p6g  "Agsa 

116.  24, 144  etc.     [Röscher.]  stg  övoiicc  tov  jtlai/rjrog  äar^gog,  ist  kriegerisch. 

Thuria  {Oaugia)^   Quelle  von  Thurioi,   von  kämpft  mit  dem  yiYccvroYSvijg  Kavxaaog,  einem 

Strabo  und  Steph.  Byz.  erwähnt,  erscheint  als  aus  dem  Geschlechte  des  laphet,   des  Sohnes 

Nymphe  personifiziert  auf  Münzen  von  Thurioi.  des  Noa,  nimmt  sein  Land  in  Besitz,   kommt 

Vgl.  Imhoof-Blumer,  Nymplien  u.  Chariten  auf  nach  Thrakien,  wo  er  stirbt;  ihm  nQmtcp  ävh- 

griech.  Münzen.    Athen  1908,   S.  17:  '0OYPIA  GxriGuv  Gt^Xriy  ot  kaavQiot  xal   63g  dsbv  Ttgog- 

r.  Kopf  der  Th.  mit  Ohrgehäng   und   Schilf-  txvvovv   und   nennen   ihn    BauX   d'iov,    o    inn 

kränz  linkshin.'    Taf.  I  nr.  30.     [Roscher.J  ^Ed^SQiirivsvoiisvöv  "Agrig,  noXi{L(ov  d'sog    rovrov 

Thurides  (Oouptde;).  Bezeichnung  der  Musen  so  (ivriaopsvei,  17  nQotfritLyir}  YQccq)r}  tov  JavirjX  y.ai 

als  Nymphen  bei  den  Makedoniern  nach  jffe5yc/f.  t&p  rgtiöv  naidcov,  oti,  nQOGrivuyxoi^ovxo  ccvzdo 

B.y.  SovQtdBs  vvu(pcci  Movöaif  Mayiedovsg.   Vgl.  TtgoGyivvslv.   (Chronicon  Paschale  ed.  Bonn.    1, 

PreUer  Robert  I*  S.  720  A.  2,  Gruppe  S.  829,3  68, 1  ff.).     [Höfer.] 

und  über  die  nahe  Verwandtschaft  zwischen  Thyami«  {Qvaiug),  Sohn  des  Tarberos,   mit 

Musen  und  Nymphen  ob.  Bd.  III,  Sp.  619,  2 ff.  Holkasos  zusammen  Führer  der  KvgatoL,  der 

[Röscher.]  Bundesgenossen  des  Deriades  im  Kampfe  mit 

Thuriäl  {OovQti]l)  wird   als    Erster   in   der  Dionysos:   Nonn.  Dion.  26,  181;  von  Deriades 

Engelreihe  genannt,  die  ein  Zauberrezept  des  getötet:  32,  186.     [Röscher.] 

Dardanos,  das  ^i<pog  (s.  u.  Xiphos),  für  einen  Thya«;  (0yas),  Sohn  des  Brises,  Bruder  der 

Liebeszwang   auf  ein   goldenes    Blättchen    zu  40  Hippodameia- Briseis  (deren  Gatte  hier  Menetes 

schreiben  verordnet,   Großer  Par.  Zauberpap.  [s.  d.  Art.  Mynes]  heißt),   samt  seinem  Bruder 

1814 f.:  dg  Sovqli^I,  Mi,xcci]l,  Faßgi^ly  OvqlijI.,  Andros    von    Achilleus    getötet,    Jo.  Matal.  5 

3fi<7a?jX,  ^Iggai^ly  'larga^l.     [Preisendanz.]  p.  126  =  p.  101,  5  ed.  Bonn.     [Höfer.] 

Thurimaehos  (9ougiiiaxog%  Sohn  des  Aigy-  ThyeUe  {0vülri\  Windsbraut,   Mutter   des 

ros  (Aigydros),  Vater  des  Leukippos  (s.  d.  nr.  3),  Deimos  und  Phobos  nach  Äntimachos  {frgm.  46 

siebenter   König   von    Sikyon,    Paus.  2,  5,  5.  Kinkel)  bei  Schol.  Yen.  A  zu  Hom.  II.  J  439: 

Etisebios,  Chron.  ed.  Schoene  1,  173  f.  178.  2,  15  nXavrid'sig  dh  jivtiybccxog  L7t7Coiv"AQS(og  övo^ara 

{Synkell.ld6j6).  Eusebius,  Chron.  Appendix  p.  7.  anoSeäcoytsv'  dsl^bgr'  ijSs  ^oßog,  TCoSccg  uIvstm, 

86.  216.    Bei  Augustin.  C.  D.  18,  3  heißt  er  Tu-  vif  Qüil^g.   Vgl.  dazu  Preller- Robert  P  S.  338, 

riacus.  Vgl.  Pott,  Zeitschr.  f.  vergl.  Sprachfor-  50  4,  der  au  ein  Mißverständnis  des  Ant.  glaubt; 

schung  6  (1857),  408.     [Höfer.]  Gruppe  S.  1084,1.  1378,7.      [Röscher] 

Thurios  (Govgiog),  ein  —  wie  es  scheint  —  Thyene  (©yijv/j),   nach  gewissen  Überliefe 

willkürlich  erfundener  Name,  der  ohne  tiefere  rungen  eine  der  Hyaden  (vgl.  oben  Bd.  1 ,  2, 

mythologische  Bedeutung  die  stürmische  Kraft  Sp.  2752 ff.;   2?ea?ewc.  8,  2,  2615ff.),  dodonische 

seines  Trägers  ausdrückt,  Suidas,  Hesych  s.  v.;  Nymphe;  vgl.  Oo.  Fast.  6,  711  (Dodoni  Thyene: 

Preüer- Robert,  Gr.  Myth.  1*  71.     So  heißt    1)  von  Riese  mit  UsenerB  Beifall,  Götternamen  46, 

bei  Pau<i.  3,  18,  11  der  Gigant,  dessen  Kampf  69,  'endlich  richtig'  Thyone  geschrieben).   Hy 

mit  Herakles  am  amyklaiischen  Thron  darge-  gin,  astr.  2,21,  nennt  sie  als  letzte  in  der  von 

stellt  war.  Da  aber  ein  Gigant  dieses  Namens  Pherekydes  überlieferten  Hyadenreihe  (Thiene, 

sonst  nicht   bekannt   ist   nnd   die  Darstellung  90  cod.  Ambr.  12  ed.  Chat.).  Änderungen  zu  Thyone 

des  Herakles   allein   mit  einem   einzelnen  Gi-  oder  Dione  (s.  oben  Bd.  1,  Sp.  2754.  Realenc.  8, 

ganten  merkwürdig  erscheint,  so  nimmt  Furt-  2,  2621)  scheinen  unangebracht.  Vgl.  Thyone  2. 

wängler   —   s.  0.  Bd.  1,  2211   —   an,    daß  Th.  [Preisendanz.] 

kein  Gigant,   sondern   ein   sonst  unbekannter  Thyestes  {Oviatrig),  Sohn  des  Pelops,  Bruder 

Gegner  der  Herakles  gewesen  sei.     Robert  bei  des  Atreus,  Vater  des  Aigisthos  (s.  diese  Ar- 

Pavly-Wissowa  R.-E.  3,  130  s.  v.  'Bathykles'  tikel). 

hält  ihn  für  einen  Hippokoontiden.    Vgl.  M.  Nach  JTower  B  106  ff.  hinterließ  Atreus  ster- 

Mayer,  Giganten  u.  Titanen  266.   —  2)  Nach  bend  das  Szepter  des  Pelops  dem  herdenreichen 


913                        Thyestes  Thyia                           914 

{noXvaQvi)  Th.,  dieser  dasselbe  dem  Agaiuem-  Krniordung  des  Atieus  durch  Aij^isthoB,  so  hat 

non,  offenbar  in  friedlicher  Erbfolge.  hier  die  den  eing(!wanderten  Doriern  zugeschrie- 

Laut  peloponnesisch  er  Sage,  die  Hella-  bene  Absicht,  das   untergegangene  Herrscher- 

uikos  (iSchol.  z.  d.  St.,  fr.  4'2  M.)  berichtete,  tö-  geschlecht  in  den  Augen  der  Nachwelt  herab- 

tete  'Jh.  mit  Atreus  in   Pisa  den   Stiefbruder  zusetzen  {Bobert,  Bild  und  Lied  S.  188;,  noch 

Chrysippos  (s.  d.)  aus  Eifersucht  auf  Anstiften  weitere  Spuren  gelassen.  —  Der  wirkungsvolle 

der   Hippodanieia.    Vom  Vater   verflucht   und  Stoff  gehörte  zu  den  meistbchandelten:   außer 

vortrieben,    wohnen   die  Brudermörder  in   Tri-  dem    Svioxri^   iv    2Yxrwrt    und    dem    fJvtarrig 

phylien  (Schul.  Faiv.  Or.  4).  Nach  anderer  Über-  ÖFvrfQO'^  des  Sophokles,  sowie  dem  Wv^örTjt,-  ^les 
liefcrung  übergibt  ihnen   Sthenelos  das   argi-  lo  Eunpidcs  führten  den  Titel,  soviel  wir  wissen, 

vische    Midea   (^po//o</.  2,  4,  6),   sie   kommen  UrAgödi^n  yon  Agathon,  Apollodoros,  Karhinos, 

schließlich  nach  Mykenai  (ß^rafe.  8,  377;  Apol-  Ohairewon,    Kleophon,    Diogenes  von   Shiope; 

lod.  Epit.  '1,\0W.).  bei   den  Römern  genoß  nach  dem  Drama  des 

Weitere  Greuel  knüpfen  sich  an  den  Streit  Enniüs,   das  in  seinem  Todesjahre  aufgeführt 

um  die  Herrschaft  zwischen  dem  älteren  Atreus  wurde,  besondere  Berühmtheit  das  des  Varius, 

und  Th.  (dieser  der  ältere  nach  Schol.  Eur.  Or.  aufgeführt   zur  Feier   des   Sieges   bei   Actium 

12)   und   an  den  Raub  des  goldwolligen  Lam-  i.  J.  29  v.Chr.;  vgl.  darüber  Garrod,  The  Class. 

mes   oder  Widders    durch   Th.,   dessen    Besitz  Quarterly   10  (11)16),   S.  206  ft".   und    Homman 

das  Vorrecht  sicherte.   Um  dieses  Wahrzeichen  ebd.  11  (1917),  S.  42ff.    Erhalten  ist  allein  der 
der  Macht  zu  gewinnen,  bediente  sich  Th.  der  20  'Thyestes'  des  Seneca. 

Hilfe  von  Atreus'  Gattin  Aerope  (s.  d.),  die  er  Das   Grab    des   Th.    mit    einem   steinernen 

verfiihrt  hatte,  mußte  jedoch,   nachdem  Zeus  Widder    zeigte    man    zwischen    Mykenai    und 

den  Lauf  der  Gestirne  gewendet  und  dadurch  Argos,  Paus.  2,18,2. 

den  Frevel  kundgetan,  aus  dem  Lande  flüchten.  Etymologie.    Der   Tyrann   Dionysios   er- 

In  zahlreichen  Tragödien  wurde  der  Stofi"  klärte  den  Namen  als  'Mörserkeule',  mit  Hin- 
Äufs  gräßli(  hste  ausgesponnen.  Aus  der  Ver-  blick  auf  -S^usm,  Mörser  (Hellad.  bei  Phot.  Bibl. 
bannung  sendet  Th.,  um  sich  an  Atreus  zu  532  b,  32);  Neuere  im  Gegensatz  zu  dem  'un- 
rächen,  dessen  Sohn  Pleisthenes  (s.  d.),  den  er  beweglichen'  Atreus  mit  unmittelbarer  Ablei- 
als  den  seinigen  aufgezogen,  gegen  den  Vater,  tung  von  %vco  als  'Wüterich',  ''Stürmer'  (s. 
der  ihn  umbringt  {Hyg.  fab.  86,  Quelle  un-  so  Gerhard,  Griecli.  Myth.  2,  180;  Apul.  Vasenb. 
sicher).  Langjähriges  Fernsein  des  Th.  ist  die  S.  29),  oder  als  den  'Opfernden'  (s.  Max.  Mayer, 
gewöhnliche  Voraussetzung  der  tragischen  Dich-  De  Eurip.  mythop.,  Berl.  1883,  S.  31f.),  so  zu- 
t<n-.  Er  kehrt  nach  der  Auffassung  bei  Aischylos  letzt  Fick-Bechtel,  Die  griech.  Personennamen'^ 
Agam.  1587)  freiwillig  als  Hilfeflehender  zu-  S.  427:  'vielleicht  als  Qvs6-^i-tr,is  zu  denken; 
rück,  so  auch  im  '^Thyestes^  des  Ennius  und  vgl.  iits^ov  %^vog  Aesch.  Agam.  1409'.  Auf  die- 
im  ^ Atreus^  des  Accius  {s.  Bibbeck,  Die  röm.  selbe  Ableitung  weist  der  Name  des  beim  Opfer 
Tragödie  S.  199,  448  f.);  bei  Hygin  {fab.  88)  des  Kadmos  tätigen  Thyestes  Nonn.  Dionys. 
und  im  'Thyestes'  des  Seneca  (296  ff.)  dagegen  5,13.  S.  auch  Gruppe,  Griech.  Myth.  u.  Beli- 
durch  Versprechungen  des  Bruders  herbeige-  gionsgesch.  l^böd  f.  [J.  Ilberg.] 
lockt.  Sein  bettelhaftes  Auftreten  bei  Euripi-  40  Thyia  (©um,  1^,  ion.  ©vlri,  außerdem  tu  ©via. 
des,  die  ©vioxEia  gäy-ri.,  riefen  den  Spott  des  Über  Ableitung  und  Bedetitung  der  Namen  s.  u.; 
Äristophanes  {Ach.  433)  hervor.  Über  das  furcht-  über  die  Zweisilbigkeit  des  Wortes  ©vta  und  den 
barste  Motiv,  die  sprichwörtliche  Bewirtung  Zirkumüex  a^uch  im  fem.  s.  Herodian.  ed.  Lentz 
mit  dem  Fleische  der  Söhne  {tä  inwwiia  dsiTtva  1,271,  wogegen  Usener,  Götternamen  S.  43,  im 
('^vs6T0v  Eur.  Or.  1008;  Thyestea  mensa  Ovid,  fem.  ©via  liest):  1)  i]  ©vice,  nom.  appell.,  die 
Ep.  ex  Ponto  4,  6,47)  s.  das  Nähere  Bd.  1,  Sp.  Bakchantin  oder  Mainade;  meist  im  plur. 
714,  Z.  26  ff.  Von  den  Flüchen  des  entsetzten  ©vIcxl:  Soph.  Ant.  1151;  Strab.  10,468;  also 
Vaters,  der  Thyestea  exsecratio  {Cic.  in  Pis.  43),  synon.  v.  ©viäg,  nach  Curtius,  Etymol.  S.  258  f.: 
den  Thyesteae  preces  {Hör.  Epod.  5,  86)  hallte  die  Stürmende,  Brausende,  abzuleiten  von  Q-v  - 
die  tragische  Szene  wider;  seine  Verzweiflung  50  biv,  vgl.  Q^vsllcc,  Windsbraut;  zugrunde  liegt 
erinnert  an  die  des  Oidipus,  weshalb  Aristo-  der  Begriff  heftiger  Bewegung  =  ÖQfx&v. 
teles  {Poet.  c.  13  p.  1453,11.  20)  beide  zusam-  Schol.  Apoll.  Bhod.  1,  636;  Schol.  Pind.  Pyth. 
menstellt.  Wir  hören  die  Verfluchung  (vgl.  3,177;  Suid.  s.  ©vmvri;  nach  Prellwitz,  Gott. 
Aischyl.  Agam.  l^Qli.)  noch  \)Q\  Ennius  in  einer  Gel.  Anz.  1886,  S.  764,  fem.  zu  ^mg,  Schakal: 
berühmten  Stelle  aus  dessen 'T/i^/esfes',  wo  dem  die  Läuferin,  was,  obwohl  sprachlich  zweifel- 
Atreus  entsetzliches  Ende  durch  Schiffbruch  haft,  zum'h.l  Q-öog  commune  ist,  wenigstens  zu 
gewünscht  wird  {fr.  14  v.  362— 365  Fa7?Z.-);  s.  demselben  Stamm  und  der  gleichen  Bedeutung 
auch  den  Schluß  von  Senecas  ^Thyestes'.  zurückführt.  —  2)  i^  ©vta,  angeblich  die  epo- 
Die  Rache  des  wiederum  vertriebenen  Tby-  nyme  Nymphe  einer  (gleichnamigen)  Kultstätte 
estes  wurde  in  anderen  Tragödien  vorgeführt,  60  in  oder  bei  Delphi,  eine  Tochter  des  pho- 
von  Sophokles  im  ©vsatrig  iv  Ziv.vcbvL,  von  Ac-  kisch-boiotischen  Flußgottes  Kephisos  iHero- 
c*MS  vielleicht  in  den  'Ptlopidac'  {Bibbcck,  Die  dot.  7,  178)  oder  des  Kastalios,  eines  ur- 
röm.  Tragödie  S.  457  ff.;  vgl  628  f.)  S.  darüber  eingesessenen  Bewohners  von  Delphi  {Paus.  10, 
Bd.l,Sp.  151,Z.15f.  (^e>s^//os);  Sp.714,Z.54ff.  6,4).  Für  einen  Sohn  von  Apollon  und 
(^i?-ews);  Bd.3,  Sp.l862,Z.34ff.(Pe7opm).  Wenn  Thyia  gilt  Delphos,  der  Stammheros  von 
somit  auf  das  Pelopidenhaus  immer  neue  Un-  Delphi,  über  dessen  Herkunft  jedoch  auch  an- 
taten gehäuft  wurden:  bewußte  oder  unbewußte  dere  Zeugnisse  vorliegen  (s.d.  nr.  1,  Bd.  1, 
^vyaxQoai^ia  des  Th.,  Selbstmord  der  Pelopia,  Sp.  985).    Th.  opferte  zuerst  dem  Diony- 


915                          Thyia  Thyias                          916 

808  in  Delphi  und  feierte  ihm  zu  Ehren  Or-  die  sich  auch  in  einem  Kultbild  von  Praxiteles' 

ffien,  weshalb   nach  ihr  die   Mainaden   auch  Meisterhand  verkörperte  (Patts.  6, 26, 1).    Der 

Th  jiaden  (s.  d.)  genannt  werden  {Paus,  a.  a  Festmonat  von  nicht  genau  bekannter  Jahres- 

0.);  in  Wahrheit  verhält  es  sich  umgekehrt:  zeit  hieß    Svtog,   au!   einem   Proxeniedekret 

Th.  ist  selbst  eine  Thyiade  (öor«  =  öüta?,  s.o.),  etwa  aus  der  Zeit  nach  Alexander  d.  Gr.  auch 

die  ihr  mythologisches  Dasein  lediglich  einem  für  Olympia  bezeugt  {Arch.  Zeitg.  1876,  S.  183; 

etymologischen  Spiel  verdankt,  durch  welches  Dittenberger  u.  Purgold,  Imchr.  v.  Olympia  nr. 

denThyiaden  eine  eponyme  Vertreterin,  gleich-  .^9,  S.  76  £:  ©ui'co  sc.  fttjvo?),  vielleicht  identisch 

sam  eine  Ahnfrau  geschaffen  werden  sollte.  —  mit  dem  von  Kallimach.  fr.  563  (2,  688  f.  Sehn.) 

Thyia  war  mit  dargestellt  auf  dem  berühmten  lo  erwähnten  Wintermonat  JfiöffO-üo?;  vgl.  Bischoff', 

ünterweltsgemälde   des   Polygnotos    in  Fast.  Or.antiquior.,  Leipz.Stud.  7,  MS;  Usener, 

derdelphi8chenLeschederKnidier(PaMS.  10, 29,  Göttern.  &.  a,.  0.    Ein  geheimes  Priesterinuen- 

5 f.):  angelehnt  an  Thyias  Knie  sah  man  die  kollegium  von  sechzehn  Frauen  rief  betend  den 

in   der   homerischen  Nekyia  {X  281)    erwähnte  Gott,  den  man  sich  stiergestaltig  (ravpo/zopqpof) 

Chloris  (s.  d.  nr.  4,  Bd.  1,  Sp.  896 f.);  während  oder  'mit  dem  Stierfuße  tobend'  (reo  (io^m  nodi 

Thyia  bei  Homer  nicht  genannt  ist,  wird  sie  d"u(ov)  vorstellte,  in  Versen  herbei,  die  erhal- 

bei  Pausanias,  dessen  Text  freilich  hier  gerade  ten  sind  bei  Plut.  Is.  et  Os.  35  u.  Qnaest.  Gr. 

eine  Lücke  hat,  unter  Hinweis  auf  eine  andere  36;  vgl.  auch  Bergk,  Lyr.  3*,  666 f.:  Garm.  po- 

Überlieferun^  (elnov  dh  xal  aXXov  ig  cciTcts  X6-  pul.  6.     Seltsame    alljährliche    Erscheinungen, 

yov)  als  Geliebte  des  Poseidon  (s.  d.  Bd.  3,  20  namentlich  ein  wunderartiger  Vorgang,  bei  dem 

Sp.  2806),  Chloris  als  die  Gattin  von  Poseidons  drei  Kessel  in  einer  Kapelle  hinter  versiegelten 

Sohne  Neleus  (s.  d.)  bezeichnet.  —  Gerade  diese  Türen  leer  aufgestellt,  aber  am  andern  Mor- 

Beziehung  Thyias  zu  Poseidon  verbindet  sie  mit  gen  mit  Wein  angefüllt  gefunden  wurden  {Theo- 

einem  andern  Zeugnis,  nach  welchem  sie  die  pomp.  fr.  296,   Müller  1,  328;  Paus.  6,  26,  1), 

Tochter    des    Deukalion    und    von    Zeus  unterstützten  den  frommen  Trug,  über  den  sicli 

Mutter  des  Magnes  und  des  Makedon  ist:  die  von  orgiastischer  Festlust  ergriffene  Menge 

Hesiod.  fr.  26  Rz.  bei  Konst.  Porph.  de  them.  leicht  hinwegsetzen  mochte.    Über  die  Diony- 

p.  22   ed.  Paris.;    Steph.  Byz.    s.   MocyLEdovla \  sosfeier  in  Elis  s.  auch  Platarch.  Mal.  virt.  15 

EusUUh.  Dion,  Per.  427;  vgl.  auch  Schol.  II.  u.  Ps.-Aristot.  Mirab.  123,  sowie  Weniger,  Das 

S  226,  wo  für  Ald^Qias  mit  Lobeck,  Aglaoph.  30  Kollegium  der  Sechzehn  trauen  u.  der  Diony- 

326   SvtMs  gelesen  wird.    Daß  diese  Th.  sich  sosdienst  in  Elis,  Progr.  Gymn.  Weimar  1883  t 

von  der  angeblichen  Nymphe  in  Delphi  nicht  Nilsson,   Griech.  Feste  S.  291  f.;   Schömann  u. 

trennen  läßt,  lehrt  eine  Betrachtung  des  dor»  Lipsius,  Griech.  Altertümer  2,  522. 

Ügen  Mythenkreises ;  vgl.  darüber  W^entper,  Das  [Johannes  Schmidt.] 

Kollegium   der   Thyiaden  von  Delphi,   Progr.  Thyiades  s.  Thyias. 

Gymn.  Eisenacfi  1876,  S.  20f.  und  den  Art.  Me-  Thyias,  seltener  Thyas  (Gvids,  ©odg),  oft 

laina  nr.  1,  Bd.  2,  Sp.  2664f.   Wie  Th.,  so  wird  im  plur.:  Thyiades,  ThyB,des{©vi,uS6g,  @occ- 

nämlich  auch  Melaina  Mutter  des  Delphos  ga-  Ssg);   über   die   prosodische   Bedeutung   des    t. 

nannt  und  erweist  sich,  ebenso  wie  Melanis,  vgl.  Bentley  zu  Hör.  C.  2,19,9;  zunächst  eine 

Melantheia,  Melantho,  Kelaino  (s.  die  betr.  Art.),  40  der   zahlreichen  Bezeichnungen   für    Bake  he, 

von    denen  jede   gleifchfalls    Delphos'    Mutter  Bakchantin,   also   im  plur.   die   Cgöttlichen) 

heißt,  als  identisch  mit  Thyia,  mag  nun  Apol-  Begleiterinnen  des  Dionysos   oder  die  mytho- 

lon   oder  Po.seidon  (s.  0.)   für   den  Vater   des  logischen  Mainaden  (s.  d);    dann,    gleichfalls 

Delphos  gelten  oder  letzterer  von  einem  dritten  meist  im   plur.,   die   Frauen  des   historischen 

Erzeuger  abgeleitet  werden.  —  Über  Zeus'  und  Dionysoskultus,  die  (menschlichen)  Priesterinnen 

Thyias  Sohn  Makedon  und  seine  Gattin  Orei-  des   Gottes.    Das  Wort   -ö-y^t)«^»»   ursprünglich 

thyia  s.  den  Art.  nr.  3,  Bd.  3,  Sp.  954.  —  Weil  adj.,  bedeutet  stürmend,  brausend;  vgl. -S-ugilia, 

Th.  zusammen  mit  Chloris  auf  Polygnots  Ne-  die   Windsbraut;    an   der   ältesten    Belegstelle 

kyia  dargestellt   war   (s.  o.),   glaubte   Welcher  Aesch.  Suppl.  546  Kirchhoff   wird  die  von  der 

auf  dem  pompejanischen  Wandgemälde  mit  der  50  Bremse  der  Hera  verfolgte,   rasend  dahinstür- 

Hochzeit   von   Zephyros    und   Chloris    {Heibig,  mende  lo  (locLvoiiivcc  d-vidg  genannt;   das    zu- 

Kampan.  Wandgem.  nr.Qli:;  Ooerbeck,  Pompeji  gründe   liegende  verb.  &vslv  erklären  richtig 

S.  66S.  698.  602*)  Th.  in  der  auf  einem  Felsen  mit   ogfiav   schon   Schol.  Apoll.  Rhod.  1,  6.i6, 

sitzenden  Frau  zu  erkennen;  noch  zweifelhafter  Schol.  Pind.  Pyth.  3,177,   Suid.  s.   ©ywr/j;   s. 

sind  andere  Vermutungen;  s.  Heibig  nr.  214.  —  Curtius,  Etymol.  S.  258f.,  wonach  Grundbedeu- 

8)  i]  SvUt,  die  schon  unter  2)  erwännte,  nach  tung    die    heftige    Bewegung    ist.     Diese 

der  einheimischen  Nymphe  Th.  benannte  Kult-  kommt  mannigfach  zu  Ausdruck  und    Betäti- 

stätte  in  Delphi,  an  der  beim  Anrücken  des  gung  in  dem  ausgelassenen  Treiben  der  Bak- 

Xerxes  und  seines  Perserheeres  die  geängstetcn  chen,  die  im  Gefolge  ihres  Gottes,  unter  lau- 

Bewohner  auf  den  Rat  ihres  Gottes  den  Win-60  tem  Geschrei  oder  Gesang,  rauschendem  Lärm 

den   einen  Altar   errichteten    {Herodot  7,  178;  musikalischer  Instrumente  und  dem  Schwingen 

vgl.  ein  ähnliches  Orakel  und   den  daraufhin  von    Thyrsosstäben    und    Fackeln,    aufgeregt, 

dem  Boreas,   dem  Räuber  der  Oreithyia,  von  weil  angetrunken,  auf  die  Höhen  sagenberühm- 

den    Athenern    errichteten    Altar:    c.  189).    —  ter  Gebirge  rennen,  sich  dort  in  lockeren  Tän- 

4)  xa  Svlcc,  ein  in  der  Nähe  der  Stadt  Elis  zen  tummeln  und  zu  gewissen  heiligen  Zeiten 

gefeiertes  Fest  des  Dionysos.  Er  genoß  hier,  das  Land  zum  Schauplatz  ekstatischer  Orgien 

wo  man   sich,  wie  anderwärts,   seiner  Geburt  machen.    Oft  wird  von  Dichtern  eine  rasende, 

rühmte  {Hom.  hymn.  34,  3 f),  hohe  Verehrung,  aufgeregte  Person,  Weib  oder  Mann,  mit  einer 


917                          Thyias  Thjias                          918 

Thyiado  vort^liclien :  Acsch.  Sept.  481  A'.  oder  auf  attischem  Boden  sonst  nichts;  'der 
(Hipporaedon,  einer  der  angriifalustigcn  Sieben  Beruf  der  attischen  Thyiaden  scheint  in  der 
vor  Theben);  v,  818  nennt  sich  der  schmerz-  Festfahrt  nach  Delphi  aufj^egan^^eii  zu  sein' 
lieh  bewegte  Chor  selbst  ho;  Lyk.  AI.  149.  505  (Rapj),  Rhein.  Muf<.  27,  6).  Nach  J)elphi  also 
(Helena);  römische  Dichter  wenden  diesen  Ver-  gingen  die  attischen  Weiber  zu  einer  hoch- 
gleich liäuHg  an:  Verg.  Ä.  ^,  S02  (die  eifer-  heiligen  Dionysosfeier:  Paus.  10, 4, 2;  sie  bil: 
süchtige  Dido);  Hör.  C.  3,15,  10  (die  übermü-  deten  eine  Festgesandtschaft  {^toanla);  lei- 
tige Pholoe);  Stat  Tit.  5,  92  (die  erbitterte  Po-  der  führt  hier  Hesych.  irre  mit  der  Glosse- 
lyxo,  s.  d.  nr.  7),  vgl.  9,794;  und  Thyiades  d'tojQlöss'  ai  -ttbqI  thv  Jiowaov  Bdxxcci  —  denn 
(oder  Thyiai,  s.d.]  bedeutet  bei  Dichtern  lo  bei  der  weiblichen  Festabordnung  kommen  eben 
ganz  dasselbe  wie  Bakchen:  Soph.  Ant.  nicht  mythologische  Bakchen,  sondern  allein 
1151;  Apoll.  Jihod.  1,G'^Q;  Norm  17,259;  34,  priesterliche  Thyiaden  in  Frage.  Auf  einer 
194;  43,42  u.  ö.;  Anth.  Pal.  7,485;  9,77,4;  schon  durch  Apollons  einstigen  Vorgang  ge- 
Catull.  04,  392;  Hör.  C.  2,  19,  9;  Ov.  Fast.  6,  weihten  und  daher  vorgeschriebenen  Straße 
514;  Stat.  Tb.  12,  792;  vgl.  dazu  Paus.  10, 19,  4  (Ephor.  fr.  70,  Müller  1,  255,  bei  Strab.  9,  422) 
(Dionysos  und  die  Thyiaden  als  westliche  Gie-  über  den  Kithairon  und  Theben  zogen  also 
belgruppe  am  Apollontempel  zu  Delphi),  sowie  die  Athenerinnen  nach  Delphi.  Obgleich,  zu- 
die  Glosse  bei  Hsych.:  Ovidg'  ßax;^?}.  ol  Sk  mal  bei  der  weiten  Entfernung  dieses  Ziels 
Maivccg.  (20  Meilen),    die   Wanderung   über   Berg   und 

Von  den  Bakchantinnen  der  Dichtung  ist  20  Tal  mühsam  war,  ließ  es  doch  die  Prozession 
das  Wort  übergegangen  auf  die  Dionysos-  unterwegs  an  der  Verrichtung  von  Zeremonien 
priesterinnen.  Glichen  sie  doch  bei  der  Aus-  (Chorgesängen,  Reigentänzen)  nicht  fehlen;  der 
Übung  ihres  Berufs,  wenn  nicht  Verrichtungen,  Empfang  an  einzelnen  Stationen  bot  dazu  Ge- 
wie  Opfer  und  Gebete,  bisweilen  eine  ernstere  legenhnit;  ausdrücklich  werden  solche  Auffüh- 
Haltung  erheischten,  in  lärmendem  Gebaren  rungen  in  dem  phokischen  Städtchen  Panopeus 
und  lustiger  Stimmung  oft  jenen  Übermensch-  bezeugt  {Paus.  10,4,3).  Bleibt  bei  der  Wall- 
lichen Gebilden  religiöser  und  poetischer  Phan-  fahrt  der  attischen  Thyiaden  manches  dunkel, 
tasie;  die  bildende  Kunst  vollends  machte  zwi-  so  sind  wir  etwas  genauer  über  die  korporativ 
sehen  diesen  Kultpersonen  und  jenen  Schwärm-  organisierten  Priesterinnen  an  dem  Festort  Un- 
geistern kaum  einen  Unterschied.  Zwar  hat  30  terrichtet,  denen  sich  jene  zugesellten;  vgl. 
dann  gewiß  auch  das  Verhalten  der  Prieste-  Weniger,  Über  das  Collegium  der  Thyiaden 
rinnen,  ihr  strenger  Opferdienst  sogut  wie  ihr  von  Delphi,  Progr.  Gymn.  Eisenach  1876.  Frei- 
orgiastisches  Treiben,  die  Darstellung  der  Thyia-  lieh  die  Anzahl  der  Mitglieder  kennen  wir  so 
den  (Bakchantinnen)  in  Literatur  und  Kunst  wenig  wie  die  der  Athenerinnen;  denn  ob  man 
beeinflußt;  aber  ursprünglich  sind  die  Thyiaden  für  letztere  die  vierzehn  attischen  Gerairai  oder 
übermenschliche  Dienerinnen  und  Begleiterin-  Matronen  (Schömann  u.  Lipsins,  Gr.  Altert.  2, 
nen  des  Weingottes,  und  jener  Name  ist  dann  51^)  halten  darf,  steht  dahin.  In  beiden  Grup- 
erst  auf  die  Priesterinnen  übertragen  worden  pen  mochten  die  Frauen  überwiegen;  doch 
(s.  dagegen  den  reichhaltigen  Art.  Mainaden  waren  Mädchen  nicht  ausgeschlossen 
von  Rapp,  Bd.  2,  Sp.  2243,  der,  unter  Hinweis  40  {Diodor  4,3;  vgl.  Weniger  S.  5 f.).  Männer,  be- 
auf  seinen  gediegenen  Aufsatz  im  Rhein.  3Ius.  sonders  die  sogenannten ''Offtoi,  wirkten  bei  ge- 
1872,  S.  If.  u.  562  f.  über  denselben  Gegen-  wissen  heiligen  Akten  an  Ort  und  Stelle,  nicht 
stand ,  die  BegriiFsentwicklung  umkehrt ,  als  aber  bei  der  Hauptfeier,  den  nächtlichen  Orgien 
hätten  die  Dionysospriesterinnen ,  namentlich  auf  dem  Parnaß  (s.  u.),  mit.  Jahrhundertelang 
die  delphischen  Frauen  (s.  u.),  zuerst  bei  Pro-  erhielten  sich  die  frommen  Bräuche,  so  daß 
saikern  0vta^fs  oder  Qvlai,  die  Stürmenden,  Plutarch  (s.  u.)  und  Paiisanias  (10,4,3;  6,4: 
geheißen,  was  sodann  von  den  Dichtern  auch  32,7)  von  den  pythischen  Dionysosfesten  noch 
auf  die  mythologischen  Mainaden  angewendet  als  Zeitgenossen  berichten.  Das  Hauptfest,  zu 
worden  wäre:  dem  widersprechen  die  eben  dem  sich  die  neuangekommenen  attischen  Frauen 
zitierten  ältesten  und  wichtigsten  Belegstellen  50  mit  den  delphischen  Kolleginnen  vereinigten, 
aus  griechischen  Dichtern  und  ihren  römischen  hieß  Trieteris  oder  Trieterika  (Paus.  10, 
Nachahmern,  wo  die  Thyiaden  eben  Mainaden,  4,  3;  lAtcan.  5,  74;  vgl.  Ov.  Fast.  1,  393f.;  Sen. 
Bakchantinnen,  nicht  Priesterinnen  sind).  Herc.  Oet.  592 f.);    es   wurde   im  Winter   tzuq' 

Jedenfalls  kommt  der  Ausdruck,  anfangs  hos  oder  crag'  iviavtöv,  Jahr  um  Jahr  oder 
eine  Benennung  göttlicher  oder  halbgöttlicher  ein  Jahr  um  das  andere  begangen,  also  daß 
Wesen,  nachmals  menschlichen  Frauen  im  auf  ein  Festjahr  allemal  ein  festloses  folgte; 
Dienste  des  Bakchos  zu.  In  Attika,  wo  doch  hat  sich  bei  der  Schwierigkeit,  das  an- 
der Dionysoskult  im  kunstmäßigen  Drama  zur  tike  Mondjahr  mit  unserem  Sonnenjahr  in  Ein- 
fruchtbarsten und  edelsten  Entfaltung  gelangte,  klang  zu  bringen,  der  Kyklos  oder  die  Epoche 
scheinen  die  dem  Gotte  zugewandten  Weiber  60  dieser  Trieteris  bis  jetzt  nicht  nachweisen  las- 
zuerst  Thyiaden  genannt  worden  zu  sein;  sen.  Ausdrücklich  sei  bemerkt,  daß  ein  Diony- 
sagt  doch  Pawsawm.s  (10,  4,  3):  iSiddxd'riv  {ühei  sosfest  in  gleichen  Zwischenräumen  an  vielen 
ein  Dionysosfest,  s.  u.)  vTtb  tätv  nccg'  kd'i]-  Orten  der  griechischen  Welt  gefeiert  wurde 
vccioig  yiccXovfiEvcov  GvidSoiv.  ccl  ds  0viä-  (s.  d.  Art.  Dionysos,  Bd.  1,  Sp.  1039;  Gruppe, 
fisg  yvvaiy.sg  ^iv  slaiv  krt ly.ccl,  (poLt&Gcci  Mythol.  S.  956,  2;  Weniger  S.  3). 
dB  ig  tbv  IIccQvccoov  tcccqcc  irog  avxcci  t£  y.al  Nach  Delphi,  an  die  nachmalige  klassi- 
al  yvvccixsg  JsXcp&v  ayovoiv  OQyia  JiovvGco.  sehe  Orakelstätte  des  Apollon,  der  hier  erst 
Doch  hören  wir  von  den  Thyiaden   in  Athen  durch  Erlegung  des  Drachens  Python  heimisch 


919                         Thyias  Thyias                         920 

geworden  war,  hatte  schon  vor  jenem  sein  omate  und  frohe  Erlebnisse  ihres  Gottes,  gleich- 
albbruder  Dionysos  mit  dem  Beinamen  Za-  sam  ein  unvollkommenes  Drama,  wie  sich  ja 
grens  (s.  d.)  seinen  Weg  gefanden.  Nach  einem  daraus  auf  attischem  Boden  allmählich  das 
ergreifenden  Mythos  war  das  Bakchosknäblein,  kunstmäßige  Drama  entwickelte,  ]i/.w.,  wenn 
ein  Sinnbild  des  hinsterbenden,  aber  neuer-  man  an  Plutarchs  und  Pausanias'  Zeit  denkt, 
weckten  Naturlebens,  von  den  Titanen,  die  längst  entwickelt  hatte.  Während  sich  die 
Hera  entsendet  hatte,  auf  dem  Parnaß  in  Stücke  Einzelheiten  der  'mimetisch'  dargestellten  Hand- 
zerrissen und  in  Delphi,  wo  man  noch  später  hing  unserer  Kenntnis  entziehen,  lassen  sich 
im  Allerheiligsten  des  Apollontempels  sein  Grab  docn  einige  Hauptzüge  ermitteln  {Weniaer 
zeigte,  bestattet  worden  {Philoch.fr.  22,  Müller  lO  S.  10  f.).  Nach  einem  von  jubelnder  Festlust  be- 
1,387;  Tzetz,  Lykophr.  20S;  Kallimach.  fr.  S7^  gleiteten  Fackelreigen  führten  die  Thyiadeii 
Sdtn.;  Euphorion.  fr.  15,  Mein.  AncU.  Alex.  49;  den  Überfall  des  im  Walde  spielenden  Bakchos- 
Plut.  Is.  et  Os.  36;  Etym.  Magn.  266,  14;  Cleni.  kindes  durch  die  Titanen*)  vor,  die  es  zerfleisch- 
Äkx.  Protrept.*^'iylS  p.  Ib  Pott).  Dskü  Apollon  ten  und  seine  Glieder  teils  roh  verspeisten, 
und  Dionysos  an  derselben  Kultstätte  verehrt  teils  in  einem  Kessel  zum  Mahle  kochten.  Diese 
wurden  und  au  Delphi  denselben  Anteil  hat-  grelle,  grausige  Szene,  welche  Dichtkunst  und 
ten  jPlut.  de  El  ap.  Delph.  9),  verdankten  sie  Malerei,  wenn  auch  unter  veränderten  Verhält- 
der Ähnlichkeit  ihres  beiderseitigen  Charakters.  nissen,  vielfach  beschäftigt  hat,  konnte  durch 
Zitiert  doch  Macrohius  {Saturn.  1,  18,  6)  aus  das  Zerreißen  von  Tieren,  etwa  Zicklein  oder 
Aischylos  (fr.  Sil  Nck.*)  für  Apollon  den  sonst  20  Rehkälbern,  nur  symbolisch  angedeutet  wer- 
dem  Dionysos  beigelegten  Namen  o  Kiaasvs  den;  doch  schreckte  man  in  dem  orgiastischen 
sowie  den  weiteren  6  Banx^vs  und  bezeugt,  Taumel  vor  der  afiocpayicc  nicht  zurück ;  andere 
es  verschmelze  Euripides  im  Likymnios  {fr.  Stücke  \mrden  über  dem  Feuer  gesotten.  Mitten 
ill  Nck.*)  beide  Götter  zu  einer  Einheit.  Von  in  dem  wüsten  Jubel,  in  den  sich  schon  Re- 
den Milesiem  wurde  Apollon  Thyios  (s.  d.)  gungen  der  Trauer  um  das  gemordete  Wesen 
zubenannt  (ffe«t/cÄ.  8.  v.);  für  ihn,  den  Erwecker  mischen,  erscheint  Zeus,  verstößt  die  Un- 
musikalischer Begeisterung,  die  an  die  orgia-  holde  mit  seinen  Blitzen  in  den  Tartaros  und 
stische  Festfreude  erinnert,  war  das  Epitheton  rettet  die  Überbleibsel  des  Kindes,  dem  im 
durchaus  zutreffend,  ähnlich  wie  Timotheos  delphischen  Tempel  eine  Grabstätte  bereitet 
(fr.  1;  Bergk,  Lyr.  3*,  620)  Apollons  Schwester  so  wird  {dem.  Alex.  Protr.  2, 18  p.  15  Pott;  Tzctz. 
Artemis  MaivdSa  ^vitkda  nennt,  weil  sie  wie  Lyk.  208;  Etym.  Magn.  256, 10).  Hier  findet  die 
eine  Bakchantin  über  die  waldigen  Gebirgs-  nächtliche  Bergfeier,  deren  schreckliche  Einzel- 
höhen dahinstürmt  {Gruppe  S.  840,  5;  1284).  züge  schwer  realisierbar  sind,  eine  friedlichere, 
Im  Wesen  der  beiden  Gölter  Apollon  und  Dio-  wennschon  von  Schmerz  und  Jammer  beglei- 
nysos,  aber  auch  in  dem  ihnen  gewidmeten  tete  Fortsetzung.  Aber  nochmals  erfolgt  ein 
Dienst  stimmt  manches  überein;  namentlich  Umschwung  der  Stimmung  mit  der  Wieder- 
konnte  das  Rasen  derThyiaden  mitdemEn^u-  belebung  des  Gottes.  Unter  Zeus'  Beistand 
siasmos  der  ApoUonpriester  leicht  zusammen-  erwecken  ihn  als  Neugeborenen  die  Thyiaden; 
gestellt  werden  {ebenda  S.  1246).  Wie  wenig  weil  sie  ihn  in  einer  Wanne  {XUvov)  wiegen, 
beide  in  ihrer  Verehrung  an  gemeinsamer  Stätte  40  heißt  er  ÄL^vitrig^  das  Wiegenkind  {Hesych. 
einander  beeinträchtigten,  bekräftigte  überdies  s.  v.;  Himer.  or.  9,560;  vgl.  Loheck,  Aglaoph. 
die  bildende  Kunst,  indem  das  westliche  Gie-  572  f.;  Weniger  S.  13 f.). 

belfeld  am  dortigen  Apollontempel  Dionysos  Ein  anderes  Fest,  bei  dem  die  Thyiaden  in 
und  die  Thyiaden,  Statuen  von  der  Hand  Delphi  amtlich  mitzuwirken  hatten,  fand  im 
des  Atheners  Androsthenes,  schmückten  {Paus.  Spätsommer  aller  acht  Jahre  statt  und  hieß 
10,19,4  mit  der  Anm.  von  Hitzig  u.  Blümner  daher  Ennaeterides  {Plut.  Quaest.  Gr.  12); 
S.  736  f.).  es  galt  mehr  noch  der  Verherrlichung  des  Apol- 
Die  priesterlichen  Thyiaden  nun,  die  delphi-  Ion  als  der  seines  Halbbruders  Dionysos,  zeigte 
sehen  vereint  mit  den  attischen,  feierten  ober-  übrigens  beide  wieder  treu  vereint.  Der  erste 
halb  des  Kultortes  auf  den  stürmischen  Höhen  50  Teil,  asntriQLov  (nach  Poscher,  Fleckeis.  Jahrb. 
des  Parnaß  bei  und  in  der  Korykischen  1879,  S. 734 f.  (yTfTrxr^^'piof),  veranschaulichte  Apol- 
Grotte  ein  rauschendes  nächtliches  Dionysos-  Ions  siegreichen  Drachenkampf.  Eine  Beteili- 
fest.  Der  mehrstündige  Aufstieg  in  den  kürze-  gung  der  Thyiaden  käme  dabei  nur  dann  in 
sten  und  kältesten  Tagen  des  Winters  war  Betracht,  träfe  an  der  Belegstelle  Plut.  defect. 
manchmal  mit  nicht  geringen  Gefahren  ver-  orac.  16  p.  418  a  statt  des  sinnlosen  fii]  aloXcc 
bunden  (Pliit.  de  prim.  frig.  18);  brennende  Sb  die  von  Weniger  '^.11  vorgeschlagene  Text- 
Fackeln,  die  den  ganzen  Kult  kennzeichneten  Verbesserung:  ^  ui  d-vadsg  tov  6cyicpi%^aXr)  %o- 
und  dem  Festmonat  den  Namen  Dadopho-  qov  ruifi^vaig  Öaolv  a.yov6iv  das  Richtige,  wo- 
rios  (=  November — Dezember)  gaben,  konnten  nach  also  die  Th.  dem  Knaben,  der  die  Rolle 
nicht  verhüten,  daß  sich  die  Frauen  im  Nebel  60  des  Apollon  spielte,  mit  brennenden  Fackeln 
einst  gänzlich  verirrten  (rfe  wwZ.rtW.  13  p.  249  e).  das  Geleit  geben  und  das  Drachenzelt  anzün- 
War  man  glücklich  am  Ziel,  auf  der  unwirt-  deten;  freilich  sind  andere  Vorschläge  {0.  Mül- 
lichen  Höhe,  angelangt,  so  begann  die  Feier  ler:  y  al  'Olfiai  oder  AloXidui)  überzeugender; 
der  dpyta.  Die  rituellen  Festbräuche  brachten  vgl.  Schreiber,  Apollon  Pythoktonos  S.  15,  29, 
ein  Stück  Kultuslegende,  einen  Teil  des  Diony-  ^^^^  ^^  ._  ^^  ^^^^  ^^^  ^.^^^^^  ^^  Titaniunen 
sosmythos  zur  Darstellung    In  phantastischem  ,  ^^^^^^  ^^  -.  ^_  ^.^^^^  ,.^  ^-^^^„,  ^.  ^^^^^^  ,^.  Griechen, 

Schmuck    und   nut   noch  phantastischerem   Ge-  Leipzig  1904{,  S.  36  f.  u.  Hebdomadenlekren  iL  grUch.  Philo- 

baren  veranschaulichten  die  verzückten  Weiber  Mpken  u.  Ärzte,  Leipzig  i906,  s.  32  f. 


t 


im                         Thyias  Thyllophoros                    922 

sowie  Moscher  a.  ii.  O.    Dagej^en  ist  die  Hetei-  ^^ar   nicht  den    mythologischen  Thyiaden  oder 

ligung  der  Thyiaden  sicher  beglaubigt  für  den  Bakchantinnen  (natürlich  erst  recht  nicht  den 

/weiten  Teil,  der  iiQioic;  hieß  und  eine  Heroi-  priesteilichen  Tb."!   beigezählt  werden   darf  (g. 

sierung  oder  Vergötterung  Semeies   darstellte.  d.  Art.  Thyone). 

Hei   ihrer   Heraufführung    aus    dem    Hades    in  Zur  Deutung  des  Wesens  kann  als  maß- 

den  Olymj)  (s.  d.  Art  Semele,  Bd.  4,  Sp.  664  f.)  gebend  gelten,  was  in  dem  Art.  Mainaden  über 

gaben    ihr   und    ihrem    iSohne  im   Mythos    die  die  verwandten   oder  sogar  identischen  Nym- 

i  göttlichen)  Häkchen,  dagegen  an  diesem  Feste,  phen  und  'Vegetationsgeister'  erörtert  ist  (Bd.  2, 

(las   eine    'Miuiesis'    des   Mythos   darbot,   die  Sp,  2244f.).    Nur   eins   sei    hinzugefügt:    wenn 

imesterlichen   Thyiaden   das   Geleit:   während  lo  beim   Anrücken   der  Perser  die  Oelphior  ge- 

sie  bei  den  Trieterides  dem  Dionysos  zur  Auf-  rade  in  Thyia  den  Winden  einen  Altar 

erstehung  verhalfen  (s.  o.),   bereiteten  sie  hier  errichteten  (Herodof  7,  178;  s.o.),  so  ist  dies 

seiner  Mutter  eine  weihevolle  Wiedererweckung.  wohl  Rest  und  Nachklang  einer  Anschauung, 

Der  dritte  Teil  des  Festes,  nach  einem  armen  nach  welcher  die  Thyiaden,  die  -Krausenden', 

Waisenmädchen  (yharila  (s.  d.)  benannt  (P^f^.  ursprünglich   brausende  Winde,   rasende 

\)naest.  (ir.  12),  zeigte  namentlich  die  Führern  Stürme  gewesen  sind;  vgl.  auch  Baumeister, 

AQXnyf^?)  'les  Thyiadenkollegiums  bei  der  Ar-  Denlm.    2,  846;    Gruppe,    Mythol.    S.  841,3; 

beit;  das  Kind  sollte  bei  einer  Hungersnot  zur  h\  Bruhn,  Eur.'  Bakchcn  S.  2 f. 

Sühne  geopfert  werden;  doch  war  bei  der  sym-  Die    bildende    Kunst    bietet   ims   nichts 

bolischen  Darstellung  des  tiefsinnigen  Natur-  20  mehr,  was  zur  Vergegenwärtigung  der  Thyia- 

mythos  für  das  Menschenopfer  längst  eine  Puppe  den  dient.    Polygnots   Unterweltsgemälde  mit 

eingetreten,  die  man  in  einer  Bergschlucht  un-  dem  Bild   der  thyia  (Paus.  10,  29,  5)  und   die 

ter  mancherlei  Zeremonien  begrub.    So  entfal-  Thyiaden  des  Androsthenes  im  westlichen  Gie- 

teten  im  Kult  des  Dionysos  die  Thyiaden  von  belfelde    des    delphischen   Apollontempel    (10, 

Delphi  eine  vielseitige,  freilich  wohl  mehr  grell-  19,4)  sind  für  uns  verloren,  wozu  leider  noch 

phantastische   als  innigreligiöse  Wirksamkeit:  kommt,   daß  weder  die  etwaige  Beschreibung 

immerhin  wurde  ihnen  das  Verdienst  nachge-  der  Tempelskulpturen   in   Eur.  Ion  190  —  218 

rühmt,  zuerst  dort  dem  Dionysos  Orgia,  rau-  noch    die    an    Ort    und    Stelle    ausgegrabenen 

sehende  Feste,  gefeiert  zu  haben:  Paus.  10,6,4;  Reste  der  Giebelfiguren  die  Angabe  des  Pausa- 

denn  die  angebliche  Nymphe  Thyia  (s.  d.),  von  30  nias  bestätigen,  sondern  vielmehr  aufHerakles- 

der  dies  hier  erzählt  wird,  ist  nichts  anderes  arbeiten   und    eine   Gigantomachie  hinweisen; 

als  selbst  eine  der  Thyiaden  oder  ihre  älteste  vgl.   die   schon  zitierte   Anm.  von   Hitzig  und 

Vertreterin,    der    man    erst    nachträglich    das  Blümner  S.  736f.    Auf  Vasenbildern  sind  Bak- 

selbständige  Leben   einer  Halbgöttin  beilegte,  chantinnen  nirgends  als  Thyiaden  bezei(  hnet. 

und  ihr  Name,  der  ja  schon  an  sich  Thyiade  Charlotte    Fränkel,    Sntyr-    u.    Bakchmtawen, 

bedeutet  {Soph.  Ant.  1151;  Strah.  10,468),  nur  1912,   führt   im  Index   die    häutige  Beischrift 

ein    eponymer  oder  etymologischer  Notbehelf.  'Mainas'  an,  nicht  aber  'Thyia'  und  '^Thyias'. 

Minder  wichtig  und  eindrucksvoll  ist,  was  [Johannes  Schmidt.] 
von  dem  schwärmerischen  Treiben  der  Thyia-  Thyios  {@viog,  oder  Sviog\  üsener,  Götter- 
den in  Elis  überliefert  wird.  Über  das  von  4o  nainenA^.  Maaß,  Orpheus  186,25,  1)  in  Milet 
ihnen  gefeierte  Fest  s.  d.  Art.  Thyia  nr.  4  {xa  ein  Beiname  Apollons  {Hes.  ji-n.  iv  Md-^rco). 
f)vla)\  über  ihre  Korporation:  Weniger,  Das  Gruppe,  Gr.  Myth.  1246,  stellt  das  Rasen  fler 
Kollegium  der  Sechzehn  Frauen  u.  der  Diony-  dionysischen  Thyiaden  zusammen  mit  dem 
sosdienst  in  Elis;  Progr.  Gymn.  Weimar  1883.  Enthusiasmus  der  apollinischen  Priester.  'Apol- 
Der  über  die  ganze  griechische  Welt  verbrei-  Ion  ist  zum  Vertreter  des  orphischen  Dionysos 
tete  Kultus  des  Weingottes  kommt  hier  nur  geworden',  ohne  daß  'eine  Vermischung  der 
insoweit  in  Frage,  als  sich  ihm  Priesterinnen  Gottheiten  vorliegt',  E.  Maaß  a.a.O.  üsener, 
unter  dem  Namen  Thyiaden  widmeten.  Götter namen  [1895]  43,  vermutet  (nach  Fest 
Diese  Bezeichnung  beschränkte  sich  aber,  so-  Thyia  und  Festmonat  Thyios),  daß  in  Elis 
viel  wir  wissen,  auf  Attika,  Delphi  und  Elis  00  auch  Dionysos  'Thyios'  oder  'Thyos'  hieß, 
und  bildete  sicher  nur  ein  äußerliches  Merkmal  Nach  Usener  a.  a.  0.  43  'ergibt  sich  aus  dem 
und  Kennzeichen  der  dortigen  Dionysosdiene-  dorischen  Monatsnamen  Diosthyos',  daß  auch 
rinnen,  die  ihrem  eigentlichen  Beruf  nach  von  Zeus,  als  '©-vo?',  als  'Zeus  Stürmer',  verehrt 
den  übrigen  Kultgenossinnen  nicht  wesentlich  wurde;  vgl.  den  thessalischen  Monatsnamen 
verschieden,  höchstens  straffer  organisiert  waren.  Thyos  (Listen  bei  Bischoff,  De  fastis  Graec.  anti- 

Eür  die  Erklärung  des  Namens  trifft  quior.,  Leipz.Stud.l  [1884],  412ff.).  —  2)  Über 

bereits  dessen  antike  Ableitung  von  d^vsiv  den  heiligen  Elischen  Festmonat  Th.  s.  u.  Thyia 

=  oQ^iäv  das  Richtige  (s.  0.).   —    @vidg  und  (Fest).  Literatur:  E.  Bischoff  a.  a.  0.  344.  347 

Svlu  sind  gewiß  stammverwandt  mit  &vä}V7\\  —349.   Dort  auch  über  den  Thyos  S.  323f.  337. 

nun  leitet  eine  gleichfalls  schon  antike  Etymo-  60  340  (Lamia).                                  [Preisendanz.] 

logie  dieses  Wort  von  Q-vstv,  opfern,  her  und  Thyllophoros    {QvXlocp6QO<s),    Beiname    des 

erklärt  es  aus  den  Opfern,  die  man  der  Semele,  Dionysos   auf  einer  Inschrift  aus   Kos,   Patou 

mit  der  Thyone  (s.  d.)  gleichgesetzt  wird,  nach  und  Hicks  Inscriptions  of  Kos  nr.  27.    Ditten- 

ihrer  Vergottung  und  Einführung  in  den  Olymp  berger  Sylloge  2%  598.  Ziehen.  Leges  Graecoruni 

dsbY^ehiSbcht  halbe  {Diodor.  o,  62,  9  ;  Schol.  Pind.  sacrae  133   p.  332  ff.    Collitz,  Dialektinschriften 

Pyth.  3,177;  Schol.  Opp.  Kyn.  1,27).    Ist  diese  3627.     Der   Beiname    erklärt    sich,    wie   Paton 

Erklärung   schon   an   sich   zweifelhaft,   so  hat  richtig  gesehen  hat,   aus  Hesych.:  Q^vXXa  yiXd- 

sie  mit  Qvidg  noch  weniger  zu  tun,  da  Thyone  öov>g    1)    cfvXXa,    wozu  Müllensiefen  bei    Collitz 


923                     Thjmantria  Thyme                         924 

ft.  a.  0.  p.  348  Docb  bemerkt,   daß  ^vXlov  ver-  War  Laokoon  Priester  Thymbraei  ApoUinis  (vgl. 

mntlicb  au  ahd.  tola  (racemus),   toldo  gehört.  den   Namen  Thymbraios    des   Laokoonsohnes, 

Zu  vergleichen  ist  der  gleichfalls  auf  Kos  hei-  unten  nr.  3),  und  so  findet  denn  auch  der  Tod 

mische  Dionysos  Skyllitas  (s.  d.).     [Höfer.]  der  Söhne  bzw.  des  einen  Sohnes  des  Laokoon 

Thymantria  (^ftayrpi«),  Beiname  der  Se-  durch  die  Schl&n^en  ivr^rov  Ov^ißgalov  kxöX- 

lene-Hekate   im   Großen  Par.  Zauherpapyrus  löii>off  vao5  statt,  Sc/^oZ.  Z/yA;o|)/tr.347  (p.  135, 14f.). 

Z.  2267,   wo   sie   <paoyuv(ov   9.  genannt  wird.  Besonders   häutig  aber  wird  der  Tempel   des 

'Schwertermutigende*    deutete    Wünsch;    ich  ApoUon  Th.  als  die  Stätte  genannt,   an   der 

möchte  9.  zu  ^tucivsiv  stellen  wie  arifidvxQia  Achilleus   durch  Meuchelmord   fällt:    Tzets.  zu 

KU   arifiaivBiv  u.  ä.    Bildungen   in  dieser  Lite-  lo  Lykophr.  269  (p.  110,0)    323  p.  128,30;  vgl.  zu 

ratur,   etwa   'der   ihr  Sinn   nach   Schwertern  807  (p.  126, 18).  Eudocia  85  p.  144, 14  Fl.  Tzetz. 

steht  \    [Preisendanz.]  Posthorn.  409  (vgl.  891 .  405).  Philostr.  Her.  p.  737 

Thymbra  (öwft^pa),  vielleicht  die  Eponyme  =  p.  204  .äT.  (der  aber  irrtümlich  den  Homer 

des  vorstädtischen  Kultorts  von  Pergamos,Thym-  zitiert,   s.  //.  22,  360:    ivl   llxaifjoi    nvlrjoiv). 

bra.    Aber  die  Erklärung  des  Et.  M.  zu  9va-  Eust.  zu  Hom.  II.  10.  430  p.  810, 11.  Steph.'jiyz. 

ßga:   xa9*  higovs  dh  &ko  Ov^ißgrig  kann  sich  (^v^ißga.  Dictysi,  10.  11.  DaresSi.  Schoi  Eur. 

auch  auf  die  dort  wachsende  Satureia,  d-v^ißga,  Troad.  16.    Hec.  41.     Anonymos    bei    Gramer, 

beziehen.    Die  Möglichkeit  der  Annahme  einer  Anecd.  Gr.  Paris.  2,205, 16.  Malalas  ed.  Bonv. 

thymbra- Nymphe   ist  gegeben;    vgl.  Boscfier,  p.  130, 8  ff.    Bei  römischen  Dichtern  wird  daH 

Philol.  63  [1894],  875,  Anm.  52 f.                          20  Epitheton  Th.,  wie  manche  andere,  oft  ohne 

[Preisendanz.]  bestimmte  Beziehung  oder  Bedeutung  und  Ab- 

Thymbralos   {GviißQccios   —   Nebenformen:  sieht  angewendet  {Noack^  Hermes  27  [1892], 

a)  Ovußgiosy  Steph.  Byz.  s.v.  Ov^ißga  Eust.  ad  442  Anm.  1):    die    Anrufung   des   Thymbraios 

Hom  II.  10,430  p.  816, 14.    Anonym.  Laut,  in  durch  Aineas  auf  Delos  {Verg.  Aen.  3,84)  kann 

Anecd.  var.  Gr.  et  Lat.  ed.  Schoell  und  Stude-  durch  Erinnerung  an  die  heimische  Kultstätte 

mund  1  p.  267,  II 18.  loann.  Malalas  5  p.  130,  8  erklärt  werden.    Ohne  solche  iieziehungen  sind 

ed.  Bonn,    b)  Zv^ißgccTog,  Steph.  Byz.  a.  a.  0.  aber  Stellen  von  Stat.  Theh.  1,  643.  699.  3,513 

Eust.  a.  a.  0.  p.  810,  11.    c)  Jv^ißgios  und  Jv^i-  638.  4,  515.  Siii:  1,  4,  117.  —  Nach  Macroh.  1, 

ßguvgy  HeUanikos  bei  Eust.  und  Steph.  Byz.  17,  49  bedeutet  der  Name  Thymbraios  '6  xovs 

aa.  aa.  00.  Kullmer,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  Suppl.  so  öiißgove  d-sig'.  —  2)  Sohn  des  Laokoon,  Bru- 

27,  580  und  Anm.  1  fF.).   1)  Beiname  des  Apollon  der  des  Antiphates  (Antiphas),  Hygin.  fab.  135 ; 

von  der  an  der  Mündung  des  Thymbrios  (Thym-  vgl.  Bd.  2,2  Sp  1833.  —  3)  Ein  von  Diomedes 

bros,  Thymbris)  in  den  Skamandros  gelegenen  erlegter  Troer,  Hom.  II.  11,  320.    Kroll,  Neue 

Ortschaft  Thymbra  mit  einem  Heiligtum  des  Jahrb.  f.  da^  klass.  Altert.  Jahrg.  16  (1912).  179. 

Gottes,  Strabo  13,  598.  Eur.  Bhes.  224  (vgl.  508)  Herrn.  Heinr.  Beer,  De  nominibus  heroum  pro- 

Steph.  Byz.  a.  a.  0.  Eust.  a.  a.  0.  und  ad  Hom.  priis  quae   in  Iliade   inveniuntur  ab  ethnicis 

Od.  1697,59.   Hesych.  Av>ialov  yial  Sviißgalov  derivatis  {Diss.  1914)  p.  15.     [Höfer.] 

Tov  Hv^iov  xal  xov  iv  Xgvor],  Schol.  Eur.  Hec.  Thymbris  {Ov^ißgig),  Nymphe  des  gleichna- 

41.    Bhes.  608    (th   rov   kitoXloavog   alaog   xov  migen  Flusses  in  Troas,   von  Zeus  Mutter  des 
Ovußgalov).  Dort  verbleiben  Helenos  und  Kas-  40  Pan,  Apöllod.  1,  22  TT  nach   der  Verbess.  von 

Sandra  (bzw.  nur  Helenos),  von  ihren  Eltern  Aegius;  Hypothesis  Pind.  Pyth.  p.  297  Boeckh. 

bei  der   Feier   ihrer   Geburt   absichtlich   oder  Gegen  die   bei  Schol.  (Tz.)  Lykophr.  722  und 

versehentlich  zurückgelassen,  eine  Nacht,  in  Apollod.  a.  a.  0.   von   der    Epitome  Vat.  u.  a. 

der  zwei  Schlangen  ihnen  die  Ohren  ausleck-  überlieferte  Lesart  "Tßgig  —  s.  o.  Bd  1,  2707  — 

ten,  ein  Zeichen  der  ihnen  verliehenen  Seher-  hatte  sich  schon  Creuzer,  Symb.  u.  Myth.  4,  203, 

gäbe,  Schol.  Townl.  A.  B.  L.V.  zu  Hom.  II.  7,  Anm.  1   (jewendet,    da   die    aus    den  Wassern 

44.   Eust.  zu  Hom.  IL  663,  40  ff.    Tzetz.  zu  Ly-  geschöpfte  Gabe  des  Gesangs  und  der  Weis- 

kophr.  Alex,   yiv og  Avxocpgovog  p.  5,  17 ff,  sagung    und    das    Orakel    des    thj^mbraii sehen 

Scheer.  Apollon  entscheidend  für  eine  Mutter  Th.  des 

Im  Tempel  des  Apollon  Th.  tötet  Achilleus  50  Pan  sprächen.     Trotzdem   ist   diese   Lesart  H. 

den  Troilos  (s.  d.),  Apollod.  Epit.  3,  32.  Tzetz.  zu  merkwürdig,  weil  nach  Theaitetos  Schol.  Theoer. 

Lykophr.  307  (p.  125, 10 f.),  und  ähnlich  hatte  id.  1,  118   ein   sizilischer   Fluß   Thymbris  auf 

Sophokles  im  Troilos  {Schol.  T  zu  Hom.  II.  24,  syrakusisch  ccno  tfjg  vßgsag  heißen  sollte.  Vgl. 

257)  gedichtet,   daß  Achilleus  den  Troilos  in-  Gruppe,  Gr.  Myth.  1390g.     [Ruhl] 

novg  yvfivu^ovxa  (vgl.  Dio  Chrysost.  or.  11  p.  Thymbros  {('^tnißgog),  Freund  des  Dardanos. 

338  B.  =  1, 189,  25  Bind.)  nccgä  x6  ©vfißgatov  Letzterer  nannte  eine  von  ihm  gegründete  Stadt 

beschlichen  und  erschlagen  habe;  vgl.  B.Wag-  dem  Thymbros  zu  Ehren  Thymbra,  Steph.  Byz. 

ner,  Bhein.  Mus.  N.  F.  46  (1891),  401.  Im  Haine  s.  v.  Gvtißga.  Eust.  ad  Hom.  II.  816, 12.  Etym. 

des  thymbrischen  Gottes  opfern  die  Griechen  M.  s.  v.  Svaßgu.    H.  Kullmer,  Jahrb.  f.  klass. 
und  Troer  bei  einem  nach  dem  Tode  des  Troi-  60  Phil.  Suppl. 'il,  580  und  Anm.  2.  Vgl.  Thymbra. 

los   geschlossenen   Waffenstillstand,    und   bei  [Höfer.] 

dieser  Gelegenheit  sieht  Achilleus  die  Polyxena  Thyme  (©v/ajj),   Personifikation  des  Bauch- 

und  wird  von  Liebe  zu  ihr  ergriffen,  Dictys  opfers.  P.  Hartwig  hat,  Strena  Heibig.  111— lli, 

2,  52.  3, 1.  Cedrenus  ed.  Bonn.  1,  227, 12  ff.  Ma-  die  Darstellung  emer  attischen  Weinkanne  (um 

lalas  130,  8  ff.    Nach  Euphorion   (Euphorionis  440)  aus  seinem  Besitz  nach  der  Inschrift  ge- 

Fragmenta   ed.  Fei.  Scheidweiler  [Diss.  Bonn  deutet  als  sitzende  Mainade  Kraipale,  Personi- 

1908]  frgm.  80  p.  58f.)  bei  Serv.  ad  Verg.  Aen.  fikation   des  Katzenjammers,   der  eine  hinter 

2,  201.   Myth.  Lat.  2,207  (vgl.  Hygin.  fab.  135)  ihr  stehende  weibliche  Figur  einen  Becher  mit 


925 


Thymedeia 


Thyone 


926 


dampfendem  Inhalt  boiträf^t.  Über  ihr  der  Name 
©TMII,  den  Hartwig  unwahrscheinlich,  Wänxch 
(B.  ph.  W.  20  |lüOOj,  912)  zu  Oo^LriSsia  ergänzt, 
unter  Zustimmung  von  Gruppe,  Gr.  Myth.  1070,  ö. 
Tatsächlich  bedarf  es  nach  der  Abbildunji^,  Str. 
Hdb.  Taf.  III,  gar  keiner  Ergänzung.  S.  Eurem, 
OpferrUus  und  Voropfer,  1915,  227  f.,  faßt  mit 
Recht  die  Thyme  als  Personifikation  oder  eher 
als  'Exponent  des  Rauchopfers,  der  ■O-ü/iara' 
auf.  Kraipale,  die  auf  dem  Vasenbild  durchaus 
nicht  den  Eindruck  einer  Trunkenen  macht,  er- 
hält keinen  heißen  ''Linderungstrank'  {Hartwig) 
gegen  den  Katzenjammer,  sondern  gießt  Diony- 
sos eine  Spende,  wozu  Thyme  räuchert.  Ihr 
Gefäß  enthält  wohl  Weihrauch:  Hus  et  merum 
gehören  zusammen';  vgl.  Eurem  228,  der  zur 
Sache  noch  Fr.  Poulsen,  Nordisk  Tidsshrift  for 
Phil.  13,3,  73 ff.  zitiert.  Wenn  man  Kraipale 
mit  Methe  identifizieren  dürfte,  wäre  Paus.  6, 
24,  8  Text  zum  Bild.     [Preisendanz.] 

Tiiyinedeia  s.  Thyme. 

Thymeuphrl  (Gv^svcpQi),  'Engel'  der  neunten 
Stunde,  um  dessen  Sendung  die  'ägyptische' 
Selene  und  Aphrodite  Urania  im  'Seleniakon 
des  Klaudianos',  Griech.  Zauberpap.  Brit.  Mus. 
CXXI  905  (meiner  Zählung)  gebeten  wird;  vgl. 
Reitzenstein ,  Poimandres  257,  2.  Die  übrigen 
Engel  heißen  Menebain,  Neboun,  Lemnei,  Mor- 
moth,  Nouphier,  Chorborbath,  Orbeeth,  Pan- 
möth,  (Thym.,)  Sarnochoibal,  Bathyabel,  Abra- 
thiabri.  Ein  ähnliches  Zauberwort  in  einem 
Logos  des  griech.  Zauberpap.  Brit.  Mus.  XL  VI 
354  (360  Wess.):  Thimamenphre,  hier  ohne  Be- 
ziehung zu  den  Stundengöttern.  Gundel,  Hess. 
Bl.f.  Volksk.  12  [1913J,  126  erinnert  an  die  äg. 
Menphri.  [Preisendanz.] 

Thymoites  {©viioitris),  1)  Sohn  des  Laome- 
don,  Bruder  des  Priamus,  JDiod.  3,  67,  5;  Dict. 
Cret.  4,  22.  In  der  Ilias  3,  146  erscheint  er 
mit  anderen  Brüdern  in  der  Begleitung  des 
Priamus,  ohne  aber  als  Br.  bezeichnet  zu  sein. 
Derselbe  ist  wohl  gemeint  bei  Charit,  erot.  5, 
5,  9  p,  95  Hercher,  wo  er  wie  an  der  Iliasstelle 
als  Bewunderer  Helenas  auftritt.  Verg.  Äen.  2, 
32  mahnt  er  als  erster,  das  h.  Pferd  in  die 
Stadt  zu  ziehen,  aus  Rache,  wie  Servius  zu  der 
Stelle  bemerkt  (vgl,  Script,  rer.  myth.  lat.  tres 
Bode  1,  212),  da  Priamus  des  Th.  Gattin  (Kylla) 
und  Sohn  (Munippos)  hatte  töten  lassen.  Es 
war  nämlich  von  dem  an  einem  bestimmten 
Tag  geborenen  Sohn  Unheil  für  die  Stadt 
prophezeit  worden,  und  als  die  Gattinnen  des 
Th.  und  Pr.  zu  gleicher  Zeit  Mütter  wurden, 
bezog  Pr,  jene  Weissagung  auf  den  Sohn  des 
Th.  Vielleicht  brachte  ihn,  den  Griechenfreund, 
der  attische  Demos  Thymaitadai  mit  seinem 
Ahnherrn  in  Verbindung:  Gruppe,  Gr.  Myth. 
22io  .  —  2)  Enkel  des  Laomedon,  Zeitgenosse 
des  Orpheus,  der  auf  seinen  Wanderungen  von 
Libyen  nach  Westen  bis  an  den  Okeanos  kam. 
Auch  Nysa  soll  er  besucht  und  dort  die  Ge- 
schichte des  Dionysos  erfahren  haben  v,a.\  cvv- 
xä^ciod'cci  tj]v  ^Qvyiav  ovo^cc^oubvriv  7Coir]6LV, 
ccQXcÜKols  rrj  xs  diaXiy.t(o  xat  rol?  yga^iLccGi 
XQTiGdusvos,  Diod.  3,  67,  5  {Lobeck,  Aglaoph.  1, 
369).  —  3)  Ein  alter  Troer,  ohne  erkennbare 
Beziehungen  zu  den  obigen,  Quint.  Smyrn.  2, 
9 ;  Christod.  eipthr.  2,  247.  —  4)  Sohn  des  Oxyn- 


tes,  der  letzte  Theside,  König  von  Athen,  Paus. 
2,  18,  9;  Georg.  Synkellos  p.  178  yl;  Euseb.chron. 
Schöne  1  p.  186;  Suidas  s.v.;  Toepff  er.  Attische 
Geneal  225.  Er  kam  auf  den  Thron,  nachdem 
er  seinen  älteren  Bruder  (er  selbst  wird  &ÖtX(p6? 
v6d-os  föv  genannt)  durch  Hinterlist  getötet 
hatte,  Demon  bei  Athen.  3  p.  96  d  =  Fr.  H. 
Gr.  1,  378,  1 ;  Nikol.  Dam.  Fr.  H.  Gr.  3,  386,  60. 
Als   in    einem   Krieg   zwischen    Athenern   und 

10  Böotern  der  Böoter  Xanthos  den  Th.  zum  Zwei- 
kampf herausforderte,  weigerte  sich  dieser, 
darauf  einzugehen.  Darauf  übernahm  Melan-  ^ 
thos  (s.  d.)  den  Kampf,  siegte  und  war  an  Th. 
Stelle  König,  Paus.  a.  a.  ().,  Jo.  Antioch.  F.  H. 
G.  4,  539,  19;  Apostat.  3,  31;  Et.  M.  119,  6 
s.  V.  ylTtarovQicc;  ebd.  633,  44  s.  v.  KovQeutTig. 
Er  ist  der  Eponym  der  Thymoitadai,  Toepffer, 
Attische  Geneal.  169;  Gruppe,  Gr.  Myth.  47. 
Der   Name    bedeutet    nach   Ribbeck,    Anf.  des 

20  Dionysosk.  12  'der  Leidenschaftliche'  —  s.  o. 
Bd.  3,  1238  8.  V.  Oxyntes  das  über  die  Namen 
der  letzten  Thesiden  Gesagte  — ,  während  ihn 
V.  Wilamowitz,  Aristoteles  u.  Athen  2,  129  von 
&v(iov,  Thymian,  herleitet.  —  5)  Th.  =  Dimoi- 
tes  bei  Parthen.  erot.  31?  S.  o.  Bd.  1,  1020. 
Schon  Lobeck,  Pathol.  serm.  gr.  proleg.  384  be» 
tonte  nämlich,  daß  Dimoites  kein  griechischer 
Name  sei.  Daher  schlägt  Maas  im  Gott.  Gel. 
Anz.  1889  nr,  20  p.  826  vor,  Thymoites  an  jener 

30  Stelle  zu  lesen,  und  zwar  den  Namen  des  unter 
nr,  4  genannten  Thesiden,  so  daß  dann  wie  Th. 
auch  Troizen  den  Oxyntes  zum  Vater  gehabt 
hätte.  —  6)  Ein  Troer  aus  der  Begleitung  des 
Aeneas,  Verg.  Aen.  12,  364.     [Ruhl.] 

Thymos  (©vftog),  dichterische  Personifikation 
des  Q'viio?  durch  Kleanthes  in  einem  dialogi- 
sierten Gedicht,  Wechselrede  zwischen  Th.  und 
Logismos;  Stoicor.  vett.  frg.  ed.v.  Arnim  1,  570. 

[Preisendanz.] 

40  Thynias  (@vvi,dg\  Beiname  (bi-)thynischer 
Nymphen,  Apollon.  Rh.  2,  485  {GvvLccäos  vv^- 
(pr}g);  Prop.  1,  20,  34  (nymphis  Thyniasin). 

[Ruhl.] 
Thynnaros  {Ovwagos),  Name  eines  Gottes 
oder  Heros  auf  Münzen  von  Synnada,  wo  es 
nach  einer  Inschr.  {Rev.  archeol.  1888,  II  S.  220) 
ein  religiöses  Kollegium  der  Owragidai  gab. 
S.  Imhoof-Blumer,  Griech.  Münzen.  Münchener 
Akad.  1890,  S.  224  (748),  N,  742  b.      [Röscher.] 

50  Thyiios  {©wog).,  Sohn  des  Phineus  von  seiner 
zweiten  Frau  Idaia  oder  einer  skythischen 
Nebenfrau,  Bruder  des  Mariandynos,  Schol. 
Apollon.  Rh.  2,  140;  181  (nach  cod.  Paris,  soll 
dieser  Bericht  auf  Hesiod  zurückgehen:  vgl. 
fr.  53  (79)  Rzach,  wo  aber  im  cod.  Laur,  cpaoi 
statt  (pr]6L  steht).  Indem  Th.  als  Sohn  aus 
zweiter  Ehe  bezeichnet  wird,  kann  er  auch  nicht 
zu  den  geblendeten  Phiniden  gehören,  Arrian 
bei  Eusihat.  Dionys.  Perieg.  809  nennt  ihn  nnd 

60  den  Mysos  Söhne  der  Nymphe  Arganthone; 
ebd.  793  sind  Th,  und  Bithynos  die  Söhne  des 
Phineus,  Th,  ist  der  Stammheros  der  Thynoi 
und  Eponymos  von  Thynia,  S,  außer  den  gen. 
Stellen  noch  Steph.  Byz.  s.  v.  ©vvicc.  [Ruhl.] 
Thyone  {©vmvri,  dor.  ©vmva),  Göttin  oder 
Heroine  aus  dem  dionysischen  Mythenkreise, 
meist  völlig  identisch  mit  Semele  (s.  d., 
Bd.  4,  Sp.  663  f.  mit  den  für  die  Gleichsetzung 


927                         Thyone  Ihyone                         928 

dort  angeführten,  hier  nicht  wiederholten  Be-  bei   dem   Schwanken  der   Berichte   und   ihrer 

legstellen,  unter  denen  namentlich  Beachtung  handschriftlichen  Lesarten  weitere  Klarheit  über 

verdient  der  delphische  Paian  des  Philadamos,  Thyones  Ammen  würde  schwer  erbringen.  Denn 

Buil,  de  corr.Ml  1895;  19,400  1  6:  ov  Öij/Ja«s  auch   Pherekydes  {fr.  46,   Müller  1,  h4)   nennt 

%OT*  iv  wicttg  Zrivl   ytivocxo  xaXXinatg  Gvmva.  zwar  nach  Hygin.  Astr.  2,  21  unter  den  Dodo- 

Ttdvtsg  d'  ScoxigBs  Scyxogtvaav^  xdvtss  ^^  /Jporol  nischen  Ammen  des  Liber,  wie  es  scheint,  aus- 

xägriaav  öaig,  Bdxx^»*  yiwaig.  Vgl.  dazu  Viels,  drücklich  Thyone,   führt  aber  nach  ScJioL  IL 

Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1896,  S.  467).    Wie  2^486,  wo  er  als  diese  Ammen  die  Hyaden  be- 

Semele  gilt  also  Th.  für  die  Mutter  des  Dio-  zeichnet,  bei  deren  Aufzählung  nicht  Thyone, 

nysos  (s.  d.  Bd.  1,  Sp.  1044f.).    Daher  hieß  er  lO  sondern   Dione  an;   es  ist  mißlich,   den  Text 

beiden  Khodiem  BvonviSug  {Uesych.  s.v.);  von  des   Hygiv    dem  Homerscholion  harmonistisch 

Opp.  Kyneg.  1,27;   4,286  wird   er  Qvmvatos^  anzugleichen  (gegen  Luetke,  Pherecydea  1893, 

von  Bor.  C.  1, 17,  28;  Or.  Met.  4, 13;  Stat.  Theb.  S.  31)  oder  andrerseits  in  diesem  mit  Valcke- 

5,266;  Poet.  tat.  min.  ed.  Baehrens  8,304,  Laus  naer  Ovmvi]  zu  schreiben,  zumal  es  auch  bei 

Liberi  v.  3:    Thyoneus,   von   Auson.  Idyll.  13  Ov.  Fast.  6,711  (s.  Peter  zu  d.  Stelle  im  krit. 

praef.:  Thyonianus  genannt;  das  letztere  Epi-  Anhang)  ungewiß  bleibt,  ob  hier  als  Vertreterin 

theton  gibt  Cat%dl.  27,  8  dem  Wein.    Übrigens  der  Hyaden  (s.  o.)  die  Dodonische  Thyone  oder 

wird,  nur  um  des  äußerlichen  buchstäblichen  Dione  angerufen  wird.   Letztere  ist  auch  sonst 

Gleichklangs  willen,  von  Hesych.  &v(ovidas  auch  ^in  mehrere  nicht  sicher  zu  sondernde  Wesen 

als  acc.  plur.  fem.  von  ^vmvig  überliefert  und  20  gespalten'  {Gruppe,  Mythol.  S.  1737);  gibt  doch 

dies  mit  tovg  cvxivovg  (oder  axvtivovg)  q>dlri-  Euripides  {Antig.  fr.  177  Nck.^)^  einem  ihm  ge- 

raff  erklärt,  was  an  die  dem  Dionysoskult  eigen-  läufigen    etymologischen    Spiel    zuliebe,    dem 

tümlichen  Phallosproze8sionen,z.B.  in^m/ojoA.  Dionysos  zur  Mutter  die  Dione  und  weist  da- 

Ach.ibd  f.  eriüneTt;  \g\.  Auch  Gruppe,  Gr.  Kulte  mit,  wenn   auch  nur  stillschweigend,   der  Th. 

I».  Myth.  1,  648 f.;  Mythol.  S.  854,  2.  —  Th.  ist  gleichfalls   eine  niedrigere  Stellung  an,  wäh- 

Mntter  des  Dionysos  entweder  von  Zeus  (so  rend  umgekehrt  Nisus  (oder  Nysos)  bei  Cicero 

nach  der  vorherrschenden  Überlieferung)  oder,  oder  seinem  Gewährsmann  die  Rolle  des  Vaters 

wie  man  in  Nisa  am  Kithairon  erzählte,  von  eingetauscht  hat  gegen  die  des  Erziehers  (s.o.). 

Nisos  {Cic.  nat.  deor.  3,58:   Dionysos   muUos  Ist  durch  die  letzten  Zeugnisse  die  Bedeu- 

habemus quintum  Niso  natum  et 'Thyone.  so  tung  Thyones  etwas  geschmälert,  so  darf  sie 

Vgl.  Ampel.  9  u.  Lyd.  de  mens.  4,51  Wünsch);  andrerseits  nicht  zur  einfachen  Bake  han- 
dieser scheint  mit  Dionysos'  Erzieher  {Hygin.  tin  erniedrigt  werden.  Gewiß  ist  der  Name, 
fab.  167.  179,  vgl.  131),  der  wohl  auch  Nysos  wie  Thyia,  Thyias,  von  %"vsiv^  brausen,  stür- 
genannt  wird,  zusammenzufallen  (s.  die  betr.  men,  rasen,  abzuleiten,  mit  dem  ja  auch  ^vq- 
Art.).  —  Es  kann  hier  nicht  entschieden  wer-  öo?,  d^iaaog  stammverwandt  sind  (Curtius,  Ety- 
den,  ob  die  Mutter  des  Dionysos  als  eine  Göt-  mol.  S.  258.  717).  Aber  der  Annahme  Heyde- 
tin  der  Erde,  der  Erdtiefe  zu  fassen  ist  manns  {Satyr- u.  Bakchennamen,  Hall.  Winckel- 
(s.  d.  Art.  Semele  Sp.  664 f.;  aber  auch  die  mannsprogr.  1S80,S.  6;  \g\.  auch  Preller-Bobert, 
Zweifel  und  Einwände  im  Art.  Dionysos  Bd.  1,  Gr.  Mythol.  1*,  661,  u.  d.  Art.  Semele  Sp.  664), 
Sp.  1047,  und  bei  Gruppe,  Mythol.  S.  1415 f.);  40  als  wäre  Th.  bisweilen  nur  Bakchenname,  wider- 
jedenfalls  werden  Zeus  und  Ge  seine  Eltern  sprechen  die  Bildwerke.  Von  den  durch  Na- 
Bchon  von  Apollod.  fr.  29  bei  Lyd.  de  mens.  a.  mensbeischriften  bezeichneten  Bildern  Thyones 
a.  0.  u.  Diodor.  3,62,9  genannt,  wonach  Se-  zeigt  das  Gemälde  einer  schwarzfig.  Hydria  in 
mele  und  Th.  nur  zwei  verschiedene  Bezeich-  Berlin  (nr.  1904;  abgeb.  bei  Gerhard,  Etrusk. 
nungen  der  Erdgöttin  wären,  letztere  angeb-  u.  kampan.  Vasenb.,  Taf.  4 — 5;  vgl.  auch  C.  I. 
lieh  hergenommen  von  den  ihr  dargebrachten  (xr.  7446)  ihre  Heraufführung  aus  der  Un- 
Opfergaben  {Diodor:  Send  x&v  ^voiiivcav  avr  fj  t  er  weit  durch  den  Sohn,  also  ihre  Erhebung 
9'vaimv  tial  d'vriXäiv).  Andere  Zeugnisse  un-  zur  Gottheit.  Ebensowenig  läßt  Th.  die  höhere 
terscheiden  zwischen  Semele  und  Th.  nach  Würde  auf  den  übrigen  Bildern  vermissen. 
der  Lebenszeit:  die  Mutter  des  Dionysos  so  Bei  der  Hochzeit  von  Peleus  und  Thetis 
heißt  anfangs  Semele  und  ist  als  Tochter  des  ist  sie  mit  Dionysos,  dem  phorminxspielenden 
Kadmos  eine  Sterbliche;  erst  als  ihr  der  Sohn  ApoUon,  Herakles  und  Athene,  Ares  und  Aphro- 
die  Unsterblichkeit  verschafft  und  sie  aus  der  dite,  Poseidon  und  Amphitrite,  also  lauter  an- 
Unterwelt in  den  Himmel  führt,  nimmt  er  ihre  gesehenen  Göttern ,  zugegen-  auf  dem  Bilde 
Umnennung  vor  {Apollodor.  Bibl.  d^ '3S :  Scva-  einer  schwarzfig.  Hydria  im  Museo  etrusco  zu 
yayav  i^  "Aidov  xr^v  yL7]xiQa  xal  nqogayoQSvGag  Florenz  {Heydemann,  Antikensammlungen  i'H 
Svmvriv  (i€x*  avr^g  slg  o'bgavov  ScvijXd'sv.   Dio-  Ober-  u.  Mittelitalien  S.  88,  nr.  26;    G.  Körte, 

dor.  4,2b:  Jl6vv6ov fivd'oXoyovöiv  äva-  Annali  d.  I.  1877,   S.  179;   Amelung,  Antiken 

yaysiv  xr]v  firix^ga  Us[i.iXvv  i^  Ziiäov  nal  {isxa-  in    Florenz    nr.  224).   —   Auf   einem   Ruveser 

dovxa  x^g  dd-avaaiag  0v(ovr}v  pisxovoiidaaL.  60  Krater  {Heydemann,  Satyr-  u.  Bakchennamen 

Charax  b.   Anonym,  de  Incred.   16,   Westerm.  1880,  mit  Tafel;  vgl.  Charlotte  Fränkel,  Satyr - 

Mythogr.  325 :  Zefiüriv »siag  iwigag  Xaxslv  u.  Bakchennamen  1912 :  ß;  Abbildung  in  diesem 

urq^riaav  xai   ©vcövtjv  oivoiiaöav).  —  Wesent-  Lexikon  Bd.  3,  Sp.  2118;  s.  auch  C.  I.  Gr.  8380) 

lieh  tiefer  und  schärfer  wird  zwischen  Semele  erscheint  Th.  dicht  neben  dem  bequem  gela- 

und  Th.  bei  Panyaais  fr.  6  Kinkel  im  Schol.  gerten    Dionysos    anmutig    thronend    und    ge- 

Pind.Pyth.  3,177  unterschieden;   danach  sind  schmückt  mit  Diadem,  gesticktem  Gewand  und 

sie  zwei  verschiedene  Personen,  und  zwar  Th.  Thyrsos,  wogegen   die   übrigen  Personen   des 

die  Amme  des  Dionysos.    Freilich  läßt  sich  Thiasos   an   Würde  oder  Haltung  z.T.  erheb- 


929                       Thyoneus  Tiauranceaicus                   930 

lieh  zurückstehen.  —  Ähnlich  ist  es  bei  einem  lamowitz ,  lierl.  Klassikertexte  5,1,24  aus  fPr\- 

iindern  rotfig.  Vasenbilde:  hier  sitzen  auf  Fei-  ps?'»?  verschrieben.     [Höfer.) 

sen   allein   Dionysos   und  Thyone;    ihr    Name  Tliyrla  (©upia),   Tochter   des    Amphinomos, 

lautet  hier  durch  einen  Schreibfehler  Ithyone  von  Apollon  Mutter  des  Kyknos  (s.  d.),  Nikan- 

(s.  d.  Art.,  Bd.  2,  Sp.  567;    vgl.  auch  Gruppe,  drns  u.  Arcus  6  Adcxcov   iv  uafiaTi  Kvyivro  bei 

MythoJ.  S.  1415,6).     Rinufsumher    stehen    zwei  Anton.  Liher.  12,  1;  auf  die  Kunde  vom  Tode 

ausdrücklich  mit 'Mainas' bezeichnete  Bakchan-  ihres  Sohnes  stürzte  auch  sie  sich  in  die  Km- 

tinnen   und    zwei   Satyrn  {Heydemann   a.  a.  0.  vi'onii  Xi\Lvri,  ""^^  beide  wurden  durch  den  Hat- 

S.  2i);  Ch.  Frünkel:  n;  6\ /.  6rr.  8383).  —  End-  schluÜ    des   Apollon    in    Schwäne    verwandelt, 

lieh    sehen   wir  auf  einem  arg  verstümmelten  lo  a.  a.  0.  12,  8.   In  der  Darstellung  bei  Ovid  Met. 

Bilde  einer  Volcenter  Vase  {Welcher,  A.  D.  3,  7,  371  flF.  (380)  heißt  sie  Hyrie.     [Ruhl.J 

136  f.  mit  Tat*.  13;  0.  I.  Gr.  8413),  das  angeb-  Thyrxeus  {QvQldvg),  Bfiname  des  Apollon  zu 

lieh    die    Einführung  Thyonea   in    den   Olymp  Kyaneä,    Paus.  7,  21,  13.     Die   Bedeutung  ist 

darstellte?),  diese  im  Gespräch  mit  dem  rück-  unsicher.     Lauer,  System   der   Mythologie  276 

wärtsgewendeten  Dionysos;  ihnen  gehen  Dione  faßt  ihn  im  Sinne  von  ^vQatog:  'Th.  am  Ein- 

und  Simos,  gleichfalls  sich  unterredend,  voran.  gang  des  Bosporus  auf  den  Symplegaden'.   Das 

Als  einfache  Mainade  gibt  sich  aber  Th.,  zu-  Orakel  lag  aber  in  Lykien!  Nach  Welcher,  Gr. 

mal  mit  ihrer  feierlichen  Handbewegung,  hier  Götterl.  2,  330  (wo  die  Form  0ü(?|is  steht)  be- 

ebensowenig    kund  wie  auf  den  vorgenannten  deutet  er  den  ^jugendlich  Schlanken',  und  nach 

Vasengemälden.     [Johannes  Schmidt.]                 20  Pape- Benseier,  G^WecÄ.  J5^i^e«w.  1^  523  vielleicht 

Thyoneus,  1)  Beimime  des  Dionysos,  Ov.  Met.  ''Sprosser,  d.  h.  aufsprossen  machend,  vgl.  lat. 

4,  13;  Hör.  carm.  1,  17,  2H;  Stat.  Tkeb.  5,  265;  turgeo  u.  &vQao?\     [Ruhl.] 

Poet.  Lat.  Min.  3  p.  304  Inc.  Laus  Liberi  y.  3;  Tliyrxis  s.  u.  Thyrxeus;   vgl.  auch  Farnell, 

von  seiner  Mutter  Thyone  als  'der  verklärten  Cults  4,  230. 

göttlichen  Mänade',  Preller- Robert,  Gr.  Myth.  Thysta  s.  u.  Thyia  (Pest). 

1-^  685.     S.  0.  Bd.  1,  1048.    Vgl.  die  ähnlichen  Tliy^tas  s.  u.  Thyias. 

Bezeichnungen  ©vcovaio?^  OvcovlSccg.  —  2)  Sohn  Tiaiiiat  s.  am  Schluß  des  Bandes, 

des  Dionysos  und  König  auf  Chios,  Vater  des  Tianil  (tiami)  liest  Fabretti  den  Namen  eines 

Lemnerkönigs  Thoas  (s,  d.),  Schol.  Pseudacron.  Götter  Jünglings      auf      einem     Bronzespiegel. 
Hör.  c.  1, 17,23  (=  Script,  rer.  myth.  lat.  trcs  1  30  Näheres  darüber  cf.  s.  v.  tin^O-un.  [C.  Pauli.] 

p.  199  Bode).     [Ruhl.]  Tiamii  s.  Men. 

Thyonidas(0vcart<yas),  Beiname  des  Dionysos  Tiana,  eine  Inschrift  aus  Topusko  in  Kroa- 

bei  den  Rhodiern,  Hesych  s.  v.  Nach  derselben  tien  ist  Vidaso  et  Tianae   gewidmet,  archäol. 

Glosse  bezeichnet  &.  aber  auch  tovg  övxlvovg  epigr.  Mitt.  aus  Österreich  13  (1890),  16,  nr.  2. 

{Herwerden  i.  Mnemosyne  N.  S.  29  [1901]  218  Kalinha- Swoboda  a.  a.  0.   17    vermuten,    daß 

Gxvrivovg,   doch   ohne  Grund)   qpaXrjra?,  worin  diese  Göttin  Tiana   mit  Diana  vielleicht  iden- 

eine  Erinnerung  an  die  Phallosprozessionen  im  tisch  sei,  wenigstens  sei   nicht  ausgeschlossen, 

Dionysosdienste  liegt,  Gruppe,  Gr.  Myth.  8542 .  daß  der  Anklang  an  Diana  beabsichtigt  und 

Ebd.  141 6^  hält  es  Gr.  für  wahrscheinlich,  daß  auf  eine  volksetymologische  Umgestaltung  des 

wir  es  in  diesem  Namen  statt  der  Bezeichnung  40  barbarischen   Namens   zurückzuführen   sei;    in 

einfach  der  Abstammung  von  Thyone  mit  einem  Vidasus   (Stamm  vid,  keltische   Endung  asus) 

Hinweis  auf  die  Natur  des  D.  als  Feuergottes  habe    man    vielleicht    einen    Sonnengott,    den 

zu    tun    haben.     Vielleicht   bedeute  d-vavidag  Gemahl  oder  den  Bruder  der  Göttin  zu  sehen, 

das  bei  der  Feuererzeugung  gebräuchliche,  obere  Darnach   ist   auch   in    der  gleichfalls   aus  To- 

Reibeholz,  das  aus  Feigenholz  hergestellt  war  pusko    stammenden    Inschrift    C  L  L.  3,  3941 

und  als  Phallos   betrachtet  wurde,    oder   auch  Vidasolithanae   sacrum  etc.  die  Trennung  des 

den  durch  die  Reibung  erzeugten  Funken,  ^vmvri  Namens   in   zwei,  Vidasus   und   Tiana,   vorzu- 

aber  das  untere  Reibeholz.  Beide  W"orte  gingen  nehmen.   Kalinha-Swoboda  a.  a.  0.     [Höfer.] 

möglicherweise  auf  eine  ältere  verschollene  ße-  Tiasa  {Tia6a),  Tochter  des  Flußgottes  Euro- 
deutung von  "O-ro)  'brennen'  zurück.     [Ruhl.]      5o  tas ,  ein  Quell  oder  Flüßchen  in  Lakedaimon 

Thyos,  vielleicht  Beiname  des  Zeus:  s.   ob.  (jetzt  wahrscheinlich  die  Magula),  an  dem  nach 

unter  Thyios  1.     [Preisendanz.]  Älkman  fr.  105  {Bergk,  Lyr.  3*,  67)  den  beiden 

Thyraios  {Qvgcctog  oder  ©vQaiatag'?) ,  Epo-  Chariten  Phaenna  und  Kleta  —  die  Spartaner 

nymos  und  Gründer  von  SvQcctov  im  südlichen  kennen   nur  zwei  —  ein  Heiligtum  erbaut  ist 

Arkadien  oder  von  Thyrea  in  Argolis,  Sohn  des  {Paus.  3, 18,  6.  10;  vgl.  9,  35, 1),  wohl  identisch 

Lykaon,  Paws'.  8,  35, 7 :   Avy.dovog  Sh  slvcci  @v-  mit    Tiassa    {Hesych.    s.    v.)    oder    Tiassos 

Qcclov  t£  xccl  ^T^ovvTcc  TtQosS^Xcoasv  ijiilv  ü  lo-  {Athen.  4,139  b);   s.  auch  Curtius,   Peloponne.-i 

ybg.    Vgl.  damit  8,3,3:    vnb   ös  'Txpovvtog  xat  2,244;    Wide,  Lakon.  Culte  124 f.;  214. 

<^ Övgaiov ?}  MsXaLV8ai  ts  i-ariöd-riGccv  xccl  'T^ovg,  [Job.  Schmidt.] 
hl    &E    &vQat6v  ts  -A.(xl  Al^oviai-   So^rj   ds  tfj  60      Tiasii  (tiasii)   liest  Bugge  die  Beischrift  zu 

kg-KÜdiov   xccl   7]  Gvgioc   iv  rfj  jiQyolidi  yfi  xcxl  der  Figur  eines  göttlichen  Jünglings  auf  einem 

o    QvQsdTrig  xccXov^svog  y.6X7fog  &7t6  xov    Sv-  Bronzespiegel  und  deutet  dies  als  *^d'Lm6i,og= 

Q  OL  lata  xovtov  xcc  ovo^uxa  ia%riytaGi.  Vgl.  Bur-  ^d-imxrig  =  Achill.     Näheres    darüber  cf.  s.  v. 

sian,   Geogr.  v.  Griechenl.  II,  231.    Steph.  Byz.  tin^un.     [C.  Pauli.] 

s.  V.  Ougatov^  TtoXig  'Agv-ddcov,   v.xlöaa  'T^povv-  Tiauranceaicus,  Genius  — ,  Schutzgeist  einer 

xog.  TtKLÖbg  Avzdovog.     [Röscher.]  sonst  nicht  bekannten  Örtlichkeit  in  der  hispa- 

Thyreus  {©vQSvg)^  Sohn  des  Oineus  und  der  nischen  Landschaft  Callaecia,  dem  von  einer 

Althaia,  Apollod.  1,  8, 1  (1,  64  TF.),  nach  v.  Wi-  Frau  aus  der  auch  von  Schriftstellern  bezeug- 


931                   Tiauranceaicus  Tiberinns                       932 

ten  lusitanischen  Stadt  Talabriga  (Holdfr,  AH-  a.  0.  2,  Sp.  1887),  Cari . .  heflac(ae,  Nymphae?) 

celt  Sprachschatz  2,  Sp.  1706/7)  eine  Steinin-  CIL  2,2681   (o.  Bd.  1,  Sp.  861),    deus   Menti- 

8chrift  geweiht  war,  gefunden  zu  Estoraos  bei  viacu8{'i)   CIL  2,5649  (=  2628,  o.  Bd.  2,  Sp. 

Ponte  de  Lima  {CIL  2,  Suppl.  Tab.  I  Ebc),  jetzt  2801),  Eonctenaihuacus  {^)  CIL  2,  241U,  Navia 

in  Lisboa-Lißsabon ,  Dessau,  Jnscr.  Lot.  sei.  S,  Sesmacai?)  Cü  2,  2602  (o.  Bd.  4.  Sp.  724),  La- 

p.CXyC)iU^Bi.9297  Jx&chArcheologoPortugues  res  Tarmucenbaci {7)  Ceceueci  CIL  2,2472  (o. 

12,  1907,  S.  38:  Camala  Arqui  f(üia)  Talabri-  Bd.5,  Sp.  111),  £a«dwea€/o6ri<7UÄ(?)Cii  2,2616, 

gensis  Genio  Tiauranceaico  (oder  Tiaurauceaico)  Tameobiigus  CIL  2,2377,  deus  Lurhedicus  CIL 

v(otum)  s(olvü)  l(ibens)  m(eritoj.    Sowohl   Ca-  2,6563,  dtus  EndovelUcus  oder  bloß  Endovel- 

tnalos,  Camala  als  auch  Arquius  u.  ä.  sind  in  lo  licus  (häufig:  CJL  2,  Svppl.  Index  p.  1127,  o. 

Hispanien  heimische,  wohl  iberische  Namen;  Bd.  1,  Sp.  1244 — \1iQ>\  luppiter  Ladicus  ClL^i^ 

vgl.   CIL  2,  Suppl.  Index  p.  1080  und   1078.  2525  (o.  Bd.  2,  Sp.  1785),  3/awirftca  C7i  2,  6669 

Holder  a.  a.  0.  1,  Sp.  707  f.  und  220  (doch  ebd.  (o.  Bd.  2,  Sp.  2307),  Laris  Pindeneticii'f)  CIL 

3,  Sp.  689  gestrichen,  weil  nicht  keltisch).    Die  2,2471  (o.  Bd.  8,  Sp.  2610),  Laves  Turolic(i)  CIL 

Namenbildungen    auf    -aicuSf     aigus,    •aecus,  2,431.  Vgl.  zu  diesen  iberischen  Namen  JE/ ü5ner, 

-aegus  (auch  -egus,  -ecus  geschrieben)  sind  dem  Mon.ling.Jler.^.  CHI  f.  CXf.  CXXi.  CXXXVIIf. 

keltiberischen  Sprachgebiet  in  Hispanien  eigen-  —  Die  örtliche  Schutzgottheit  wird  entweder 

tümlich  und   ursprünglich  Adjektiva,  wie  die  allgemein   als   Genius  loci  (seltener  weiblich: 

Matres  Gallaicae  CJL  2,2776  (s.  o.  Bd.  1,  Sp.  Tuiela  loci),   auch   Gtnius  jTuUla)  huius  loci 

1592)  und  der  hier  besprochene  Genius  T.  leh-  20  verehrt,  oder  es  wird  die  ürtlichkeit  genauer 

ren   (vgl.   Genius   Arvernus   CIL  13,  1462  =  bezeichnet:    Genius   coloniae,   curiae,    theatri, 

Dessau  7087).    Es  sind  vorwiegend  Namen  von  thermarum,  horreorum,  fontis  usw.,  was  manch- 

Ciottheiten,  die  vielfach  recht  fremdartig  klingen  mal    durch   Nennung   des   Namens    geschieht, 

und  deren  Lesung  daher  nicht  selten  zweilel-  wie    Genius    Carthaginis    (ebenso   wohl    auch 

haft  ist.    Beispiele  für  Personennamen :  ^ratca  in    Nordafrika:    Genius    Sesase,    Genius    Va- 

Arai  f(ilia)  CIL  2,2952,  Amhaicus{'i)  CIL  2,  nisnest),    Genius  Baetis,    Genius  lllyrici  und 

2985,  Calhucus   CJL  2,114.  858  und  Gallaeca  Baciarum.    Statt  dessen  tritt  aber  häufig  der 

ebd.  556  (übereinstimmend  mit  dem  Yolksna-  Name  der  Örtlicbkeit  als  Gottheit  auf  mit  oder 

men  der  iberischen  CaJlaici,  der  Bewohner  der  ohne  Beifügung  von  deus,  dea  und  öfters  als 

Landschaft  Callaecia,  Gallaecia)  mit  der  latei-  30  Beiname    einer   römischen    Götterbezeichnung 

nischen   Ableitung   Gallaecianus   CJL  2,4200,  hinzugesetzt,  so  in  Hispanien  in  den  ölen  auf- 

Melgaecus  CIL  2,  2486  (vgl.  2426).    Beispiele  geführten   Belegen  Ton  (wohl  iberischen)  Na- 

für  Göttemamen:  Abiafelaesurraecus  (?)  CJL  2,  men,  welche  teilweise  in  diesem  Lexikon  nach- 

2524,  Aegiamunniaegus  CJL  2,  2523  (0.  Bd.  1,  zutragen  sind,  so  auch  im  keltischen  Sprach- 

Sp.  85),  Banderaeicus  (?)  CJL  2,  2387  (0.  Bd.  1,  gebiet  z.  B.  Aramo,  Arausio,  Aventia,  Aximus, 

Sp.749),  Bandiaeapolosegus  CJL  2, 740  (0.  Bd.  1,  Bedaius,  Bergimus,  Bihracte,  Bolvinnus,  Celeia, 

Sp.  749),  Bandiarbariaicus  CJL  2,  454  (0.  Bd.  1,  Cemenelus,  Letinno^  Luxovius,  JSemausus,  Va- 

Sp.  749),  Bcantunaecus  {^)  oder  Cantunaecus  (^)  sio,  Vienna,  Vintius;  Allobrox,  Noreia ;  Abnoba, 

CIL  2,  861  (0.  Bd.  1,  Sp.  764  und  861),  Bmer-  Arduinna,  Vosegus;  Jcauna,  Matrona,  Stquana 

vasecusi^?)  oder  b(enej  mer(itusj  Vasecus(?)  CIL  40  usw.   Einigemal  finden  sieb,  entsprechend  dem 

2,  868  (0.  Bd.  1,  Sp.  788),  Mars  Cariociecus  CIL  Genius  Jovis,  Genius  Martis  u.  a.  {Birt  o.  Bd  1, 

2,6612,   Castaeci  oder   Castaecae  (Nymphae^)  Sp.  1619.    Otto  in  der  Neubearbtg.  von  Paulys 

CIL  2,  2404   (0.  Bd.  1,  Sp.  866),   dii   Ceceaigi  BeaUncyclopädie  7,  S.  1164 f.),  Bezeichnungen 

CIL  2,2597  (0.  Bd.  1,  Sp.  868;   vgl.  unten  Ce-  von  örtlichen  Gottheiten,  wie  Genius  Apolhnis 

ceaeei)^  Lares  Cerenaeci  CIL  2,2384  (0.  Bd.  1,  Atepomari,  Genius  Mercurii  Alauni;   vgl.  CJL 

Sp.  859),   deus  domenus  Cubuneneoecus  CIL  2,  7,165:   Genio  Averni.   Vereinzelt  ist  der  oben 

5662  (=  2375,  vgl.  0.  Bd.  1,  Sp.  1196:  Dom-),  angeführte  Genius  Arvernus  (sonst  Genius  Leu- 

Diaecus  CIL  2,  4977   und  zu  5276  (0.  Bd.  1,  coruni,  Genius  Noricorum  u.  ä.).   Während  die 

Sp.  1002),  Eaecus  CJL  2,  741.  742.  763  (0.  Bd.  1,  Weihung  CJL  12,  6783  einfach  lautet:  Accoro, 

Sp.  1209),  Beuveanabaraecus{7)  CIL  2,  686  (o.  50  lautet  sie  ebd.  6798:  [GJinio  Acoro,  und  der 

Bd.  4,  Sp.  76/77),   Vagodannaegus  CIL  2,  2636,  öfiers  als  Mars,  einmal  auch  als  Silvanus  he- 

Virroreviiiaefcjus  CJL  2, 2575.    Auch  Namen-  zeichnete  britannische   Cocidius  heißt  CJL  7, 

bildungen  auf -agfUÄ, -acws, -i^fMS, -iCMS  gehören  644:    Genius  pr[ae]sidi(i)  und  ebd.  886:    Ge- 

alle  oder  teilweise  hierher,  wie  die  Personen-  nius  vallfij.     [Kenne.] 

namen  .  .uUbagus  CJL  2,5712,    Turaga  CJL  Tiberinus,    der   Gott   des   Flusses   Tiberis 

2,  6336a,   Assaracus{?)  CJL  2,  6108,   Ammica  {Varro  de  IL  6,71  a  fontihus  et  fluminibus  ac 

CJL   2,3198,   Antubellicus  CIL  2,5202   (vgl.  ceteris  aquis  dei,  ut  Ttberinus  ab  Tiberi),  wie 

766),    Apilicus  CIL  2,  6660,    Assalica  CIL  2,  Numicius    der   des   Flusses  Numicus   (vgl.  W. 

4365.  4356,  Caricus  CIL  2,899.  2928,  Caricus  Schulze,   Zur  Gesch.  lat.  Eigennamen  S.  481). 

Cari  f(ilius)  ebd.  2954,  Crovesica  CIL  2,  6740,  60  Mit  der  Unterscheidung   des   Serv.  Aen.  8,  31 

usw.  (manche  dieser  Namen  sind  nicht  als  vom  in  sacris  Tiberinus,  in  coenolexia  Tiberis,  in 

Namen  des  Vaters  abgeleitete  Bildungen,  son-  poemate  Tihris  vocatur  stimmt  der  Sprachge- 

dem  vielleicht  als  Herkunftsbezeichnungen  nach  brauch  im  allgemeinen  überein,  insofern  die 

Örtlichkeiten  zu   deuten,  z.  B.  Paesica  Arga-  adjektivische  Form  Tiberinus  (näml.  deus)  in 

monica  CIL  2,  2856,  Argilicus  ebd.  5616,  Ave-  der  Regel  von  dem  Gotte  oder  der  Personifika- 

licu^,  Avellicus  ebd.  5350.  5876),  femer  die  Na-  tion  des  Flusses  gebraucht  wird,  doch  sind  in 

men   von   Gottheiten    Tongoenabiagus   Lessau  der  Dichtung  und    der   gehobenen  Prosa  die 

4608  (iberisch ,  nicht  keltisch ,  trotz  Holder  a.  Stellen  nicht  selten,  wo  Tiberinus  (unter  Weg- 


933                       Tiberinus  Tiberinus                        934 

lassung  von  amnis)  nur  den  Fluß  ohne  den  Ge-  =  Dessau  7260)  in  Trastevere  abgehaltenen  ludi 

danken  an  rersonitikation  oder  Vergöttlichung  piscatorit  {Fest  p. -210.  23H.  Ovid.  fast.  6,2'd7  ü.) 

bezeichnet  (z.  B.  Ovid.  fast.  4,  2U1  qua  se  Ttbe-  zum  Kulte  des  Flußgotten  standen.    Zeugnisse 

rimis  in  altum  dividit;  0,  105  adiacet  antiquus  der  Verehrung  des  Tiberinus  besitzen  wir  außer 

Tiberino  lucus  Helenii.   Flor.  1,4,2  interflnen-  aus  Koni  (vgl.  aucii    C77>  6,  773       Dessau  Q2a 

fem  urhi  l'iberinum  povte  commistt,  vgl.  Schulze  Impieratoresj  Diocletianus  et  Maximianus  Au- 

a.  a.  0.  S.  537);   über  den   erst  von   Vergil  aus  g(usti)   prrpurgatis  fontium  rivis  et   üineribus 

der  Sibyllinenpoesie  in  die  lateinische  Dichter-  ecriim  ad  peremiem  usum  refectis  Tiberino  pulri 

spräche   einj^eführteu  Namen  Thybris  vgl.  K.  aquarum  omnium  et  rejurtoribus  admirabilium 

Meister,   Lateinisch- griechische   Eigtimamni    1  lo  fabricartim  priscis  vtris  honori  dederunt  curavte 

M*J16)  S.  ö3iF.    Den  Kult  des  Tiberinus   sollte  (iquas  Ij.  Aelio  Dlijon/y/sio  c.  v.)  von  mehre- 

Komulus   eingeführt  haben  iMinuc.  Fei.  25,7.  ren  Punkten   des  Flußlaufes;  in  Ostia  gab  es 

August,  de  civ.  Dei  4,  23.  ü,  10),  doch  kennt  die  einen   Tempel    des  Tiberinus    pater  (CiL   14, 

alte  Festtafel  zwar  ein  Fest  des  Flusses  (s.  Art.  376  Z.  17),  Weihinschrilten  liegen   aus  Horta 

\'olturnus),  aber  nicht  den  Namen  Tiberinus;  {CIL   11,3067   =  Des.-au    2152   Sex.  Atusius 

denn   wenn   im   Kalender   des    Fhilocalus   die  Sexfti)  fil(ius)  Fabia  Koma  Friscus  evoc(atus) 

Portunalia  (17.  August)  als  7Vt<?rmaZm  bezeich-  Aug(usti)  primus  omnium  aram   Tiberino  po- 

iiet  sind,   so  ist  das  keine  alte  Überlieferung,  suit,  quam  caligatus  voverat)  und  der  Gegend 

sondern  eine  willkürliche,  auf  Grund  der  Orts-  von    Tuder    {CIL  11,4644    =    Dessau    3902) 

angäbe  in  portu  Tiberino  {Varro  de  l.  l.  6,  li))  20  vor.    In  der  Dichtung  und  der  bildenden  Kunst 

gemachte  Abänderung,  durch  die  sich  Mowm-  hat   man    den   Tiberinus    ganz    nach    Art   der 

sen  (CIL  1'  p.  325)   zu  seiner  mit  Recht  all-  griechischen  Flußgötter  dargestellt,  so  in  den 

•jjemein    abgewiesenen    (oben  Bd.  3    Sp.  2787)  Schilderungen  bei  Verg.  Aen.  8,  31fiF.  und  Clau- 

Gleichsetzung  von  Portunus  und  Tiberinus  hat  dian.  paneg.  Prob,  et  Olybr.  cons.  209  ff.  (der  ihm 

verführen   lassen.     In   den   Gebetsformeln    der  sogar  taurina  cornua  gibt,  v.  220f.,  und  ihn 

römischen  Priester  wurde   nicht  nur  der  Fluß  zum  Sohne  des  Oceanus,  v.  215,  und  Vater  der 

unter  verschiedenen,  seine  besonderen  Eigen-  Njmphen,  v.  263,  macht)  und  in  den  Statuen 

Schäften  hervorhebenden  Bezeichnungen  {Serv.  im  Louvre  {Fröhner,  Notice  de  la  fculpture  an- 

^4en.  8,  63  in  sacris  etiam  Serra  dicebatur ;  8,95  iique   du   musee   national   du   Louvre   nr.  449, 

Tiberim  libri  augurum  colubrum  loquuntur  tam-  30  Gegenstück  des  Nil  im  Belvedere  des  Vatikans, 

quam  flexuosuni)  angerufen,   sondern  auch  der  Hellig,  Führer  durch  die  Samml.  klass.  Alter- 

Name  Tiberinus  fand  sich  sowohl  in  den  Ge-  tümer  in  Rom^  nr.  34)   und  auf  dem  Capitols- 

beten   der  Auguren  {Cic.  de  nat.  deor.  3,  52  in  platze  {Heibig  a.  a.  0.  1  S.  412),  sowie  auf  Re- 

augurum  precatione  Tiberinum,  Spinonem,  AI-  liefs,  in  denen  die  Gestalt  des  gelagerten  Fluß- 

monem  [so   ürsinus,  überlief,  anemonem],  No-  gottes  das  Bild  abschließt  (Basis  Casali,  Heibig 

dinuni,   alia  propinquorum   fluminum   nomina  a  a.  0.  nr.  54,  Altar  aus  Ostia,  Heibig  nr.  1463, 

videmus;  über  Beziehungen  zwischen  der  Ver-  vgl.  auch    das    esquilinische  Gemälde   ebenda 

ehrung    des    Flusses    und    der    Auspicienlehre  nr.  1454). 

s.  Serv.  Aen.  1,13)  wie  in  denen  der  Pontifices  Eine  junge  Tradition,  als  deren  Vertreter 
{Serv.  Aen.  8,330  von  Tiberinus:  nam  et  a  40  uns  ausdrücklich ^Zeara^zder  Polyhistor  gensrnnt 
pontificibus  indigitari  solet)^  aus  denen  wohl  wird  {Serv.  Aen.  8,  330 ,  vgl,  Mommsen,  Rom. 
die  von  Ennius  ann.  54  Vahl.^  {Macr.  sat.  6, 1,  Chronol.^  S.  256.  Niese,  Rom.  Geschichte^  S.  94 
12)  teque,  pater  Tiberine,  tuo  cum  flumine  sancto  A.  2),  hat  den  Namen  Tiberinus  einem  der  Mit- 
und  weiterhin  von  Vergil  Aen.  8,  72  tuque,  o  glieder  der  albanischen  Königsreihe  (s.  über 
Thybri,  tuo,  genitor,  cum  flumine  sancto  nach-  diese  C.  Trieber,  Hermes  29,  1894  S.  124  ff. 
gebildete  Anrufung  adesto,  Tiberine,  cum  tuis  Ed  Schwartz,  Die  Königslisten  des  Eratosthenes 
undis  {Serv.  Aen.  8,  72)  stammt.  Den  Kultbei-  und  Kastor,  Abhdl.  d.  Göttin g.  Gesellsch.  d.  Wiss. 
namen  pater  {CIL  14,376  Z.  17  cellam  patri  40, 1894  S.  3  ff.  Pais ,  Storia  critica  di  Roma  1 , 1 
Tiberino)^  der  außer  an  den  eben  angeführten  S.  263 ff.)  gegeben  und  erzählt,  dieser  sei  im 
Stellen  (vgl.  auch  Verg.  Georg.  4,  369)  auch  in  50  Kampfe  in  den  Fluß  gestürzt  und  darin  er- 
dem  Gebete  des  Horatius  Codes  bei  Liv.  2, 10,  trunken,  worauf  der  bisherige  Name  Albula  in 
11  Tiberine  pater,  te  sancte  precor,  haec  arma  Tiberis  verwandelt  worden  sei  {Varro  de  l.  l. 
et  hunc  militem  propitio  flumine  accipias  be-  5,  30.  Paul.  p.  4.  366.  Corp.  gloss.  lat.  4, 184,  22. 
gegnet,  teilt  Tiberinus  mit  anderen  Flußgöttern  5,  486,  19.  Liv.  1,  3,  8.  Dion.  Hai.  1,  71,  2.  Dio- 
{Wissoiva,  Relig.  u.  Kultus  d.  Römer'^  S.  224),  dor.  7,  5, 10.  Steph.  Byz.  s.  v.  l4X§cc.  Ovid.  fast. 
seine  Deutung  als  pater  aquarum  omnium  2, 389f.  4, 47 f.;  we^.  14, 614ff. ;  Ib.  b\2.  Serv. 
{CIL  6,773  =  Dessau  626,  Inschrift  des  Dio-  ^m.  8,330.  Ps.-Aur.Vict.  origo  18,1.  Lact.  inst. 
cletian  und  Maximian)  war  erst  zu  einer  Zeit  div.  1,11,59),  während  andre  den  Namen  des 
möglich,  als  Rom  die  Hauptstadt  der  V/elt  ge-  Flusses  von  einem  Veienterkönige  Thebris  her- 
worden war.  Wann  das  auf  der  Tiberinsel  ge-  60  leiteten  ( Varro  u.  Serv.  a.  a.  0.,  vgl.  K.  Meister 
legene  Heiligtum  des  Gottes,  dessen  Stiftungs-  a.  a.  0.  S.  70),  eine  Tradition,  die  auch  Verg. 
tag  auf  den  8.  Dezember  fiel  {Tiberino  in  in-  Aen.  8,  330S.  vor  Augen  zu  haben  scheint.  Ab- 
sula,  fast.  Amit.  CIL  1^  p.  336),  gegründet  seits  davon  liegt  eine  andere  Überlieferung, 
war,  wissen  wir  nicht  (vgl.  M.  Besnier,  Vile  die  den  Flußgott  zum  Sohne  des  lanus  und 
Tiberine  dans  l'antiquite  S.  304 ff.),  ebensowenig  der  Camasena  machte;  wenn  nach  Serv.  a.  a.  0. 
in  welcher  Beziehung  die  am  7.  Juni  von  der  auch  dieser  im  Flusse  umgekommen  sein  soll 
römischen  Fischerinnung  (corpus  piscatorum  et  {ibi  in  bello  periisse  tradunt) ,  so  beruht  das 
urinatorum    totius    alvei    Tiberis  CIL   6,  1872  wohl   auf  Kontamination    mit   der   Erzählung 


935  Tiberis  Tierdilmonen  1)36 

vom  Albauerkönige  Tiberinui.  Über  die  Erzäb-  CIL  14,3040.  —  Ferner  findet  sich  T.  als  Hei- 
lung des  Ennius  von  der  Vermählung  des  name  des  Hercules  in  dem  Bruchstück  einer 
Flußgottes  mit  llia  s.  oben  Bd.  2  Sp.  118.  Inschrift  CIL  6,342  =  30742:  HJerculi  Tibur- 

[Wissowa.]  Uno  e[t  .  . .  usw.,  welches  nicht  aus  Tibur-Ti- 

Tiberis  s.  Tiberinus.  voli  verschleppt  ist,  wie  CIL  14,3662  an<]fp- 

Tibios  {Tlßiog),  ein  (mythischer?)  Phryger,  uommen  wird,  sondern   in   Rom   beim  Forum 

Eponymos  (und  Gründer?)  von  Tißiov  in  Phry-  ('sub  Tabulario')  gefunden  wurde,   vermutlicli 

gfien.    Steph.  Byz.  s.  v.  Tißiov^  rön^og  ^gvyiccsy  herrührend  von  einer  Weihung  in  den  statio- 

&n6  Tißiov  Tivog,    ix  rovrov  xtxl  Tißiovg  tovg  nes  municipionim  am  Forum  Romanum  {Plin. 

dovlovg  xcdoi^i.    Vgl.  Pape- Benseier,  Wörterb.  lo  n.  h.  16,286),  und  zwar  in   der  statio   (dieses 

d.gr.  Eigennamen^  11, 1521  uTLteTTißia('»'Fhry-  Wort  ist  auf  dem  Bruchstück   noch  erhalten) 

gien),  Tißioi,  Tißiog.    [Röscher.]  der  municipes  Tiburtini,  welche  also  auch  hier 

TiburuMS,  eponymer  Gründer  von  Tibui-,  von  ihrem  göttlichen  Schutzherrn  huldigten;    vgl. 

Vergil  Aen.l.^ll  und  11,519   und  von  Sex-  HueUen,  CIL  6,  4,  2  p.  3013  zu  nr.  30742.    Der 

*»!«(?)  bei  Solin.  2,  8   Tiburtus  genannt;    die  von    einer   Genossenschaft    von    Tanzpriestern 

Namensform  Tibur  bei  Serv.  Aen.  7,  670  {Tibwr  (Saht)  bediente   Kult  des  Hercules  Tibortinus 

vel  Tiburnus)  beruht  auf  falscher  Nominativ-  stand  in  enger  Beziehung  zum  Kult  des  luppiter 

bildang    zum  Kasus   Tiburti  {Dessau  CIL  14  Praestes  zu  Tibur  {CIL  14,  3555.   Wissoiva,  Ke- 

p.  366  nr.  8);  Tibumi  arx  heißt  Tibur  in  dem  ligion  u.  Kultus  der  Bömer*  S.  124.  272—273. 
inschriftlichen    Gedicht    aus    Burdigala    CIL  so  5ö5, 2). 

18,581  =»  Buecheler,  Carm.epigr.Sll,b.  Wenn  Diana  wird  gleichfalls  Tiburtina  genannt 

der  von  Horaz  carin.  1,  7, 13  erwähnte  Tibumi  von  Martial.  7,  28, 1:  sie  Tiburtinae  crescat  tibi 

lucus  (danach  Sueton.  rita  Horat.  p.  7,  20  Vollm.  silva  Dianae  et  properet  caesum   saepe  redire 

domusque  ostenditur  circa  Tibumi  luculum ;  siuch  nemus.    In  einer  erhaltenen  Weihinschrift  von 

Stai,8Uv.  1,8,74  Ula  recubat  liburnus  in  umbra  Tibur,  CIL  14,  3536  heißt  die  Göttin  Diana 

geht  a,Jif  Horaz  zurück)  ein  heiliger  Hain  war,  OacZesits,  in  einer  anderen,  handschriftlich  über- 

80  war  Tiburnus  eine  alte  Lokalgottheit.    Cato  lieferten  Inschri^  CIL  l^,HbS7:  Diana  opifer(a) 

{orig.  frg.  bQ  Peter  =  Solin.  2,  S)  \iQ.tte  bXb  Grün-  Nemorensis;    Mittelpunkt    der   Verehrung    der 

der  von  Tibur  Catillus.  den  Befehlshaber  der  Diana  Nemorensis  war  aber  Aricia  in  Latium, 

Schiffe  des  Arkaders  Euander,  genannt,  die  ge-  so  vgl.  o.  Bd.  1,  Sp.  1004.  CIL  14  p.  204.   Wissowa 

wohnliche  Tradition   machte   die   drei  Stadt-  in  Neubearbtg.  von  Paiilys  Beal-Encyclopädie 

gründer  Tiburnus,  Coras  und  Catillus  zu  Söhnen  Bd.  5,  Sp.  328  ff.   und   Religion  u.  Kultus  der 

des  Amphiaraus  {Serv.  Aen.  7,670.    Plin.  n.  h.  Römer*  S.  247  ff.    Daß  Tibur  an  diesem  Kult 

16,237).    Doch  hat  Catillus  immer  einen  Vor-  beteiligt  gewesen,  lehrt  Cato  orig.frgm.bS  Peter 

rang  unter  den  drei  Brüdern  behauptet  {Horaz  {Hist.  Rom.  frgm.  p.  62),  erhalten  bei  Priscian., 

carm.  1,18,2  solum  Tiburis  et  moenia  Catili,  vgl.  auch  Appian.  bell.  civ.  6,24.     [Kenne.] 
vgl.  2,  6,  5    Tibur  Argeo   positum  colono.    Sil.  Tiburtus  s.  Tiburnus. 

Ital.  4,  225.  8,  364.  Stat.  silv.  1, 3. 100),  und  dem  Tichnondaes  (TtxvovSaT]s\  mystischer  Name 

hat  die  Erzählung  eines  unbekannten  Sextius  oder  magisches  Begrüßungswort  für  die  sechste 
bei  Solin.  2,  8  Rechnung  getragen,  die  Catillus  40  der  sieben  'Schicksalsgöttinnen  des  Himmels', 

allein  nach  dem  Tode  seines  Vaters  Amphia-  ovquvov  Tvxocl,  in  der  sog.  Mithrasliturgie  des 

raus  als  Führer  eines  ver  sacrum  (vgl.  Verg.  Großen  Par.  Zauberpap.  Z.  672  a.   Sie  kommen, 

J.cn.  7,  672  Argiva  iuventits)  nach  Italien  kom-  entsprechend  den  sieben  Polherrschern,  durch 

men  und  erst  dort  drei  Söhne  Tiburtus,  Coras  Tore  aus  der  Tiefe,  in  Bjssosgewändern,  mit 

und  Catillus  zeugen  ließ,  welche  die  Sicaner  Schlangengesichtern,    goldenen   Zeptern.    Ihre 

aus  der  Stadt  vertrieben  und  diese  nach  dem  Epitheta:   hehre  und  gütige  Jungfrauen,  hei- 

ältesten  der  Brüder  Tibur  genannt  hätten.   Vgl.  lige,  hochheilige  Wächterinnen  der  vier  Säulen 

R.  Ritter,  De  Varrone  Vergilii  in  narrandis  ur-  {asiivai^  ccyad-al  Tcagd'^voi,  isgccl,  biioSiaitoi  xov 

bium  populorumque  Italiae  originibus  auctore  Mivt/xjtp  poqpop,  ccyioaTurca  cpvXooiLGGai  tmv  tsa- 
{Dissert.  philol.  Halenses  14,  1901)  S.  329  ff.        50  accgcov  6TvXi6iitov).  Ihre  Namen  oder  ßegrüßungs- 

[ Wissowa.]     I  werte:   Chrepsenthaes,    Meneschees,  Mechran, 

Tibnrtinns  heißt  Hercules  Victor  in  der  Ararmaches,  Echommie,  Tichnondaes,  Erourom- 
Weihinschrift  von  Tibur-Tivoli  in  Latium  CIL  bries.  (Im  letzten  Namen  könnte  aQOvgcc  und 
14,  3564  {Dessau  Inscr.  Lat.  sei.  3416),  dessen  eine  Form  von  o/tl^pstr  stecken, 'Flurberegnende' 
Verehrung  in  Tibur  durch  zahlreiche  Zeugnisse  Daß  sonst  wohl  nur  Wortspielereien  wie  meist, 
von  Schriftstellen  und  Inschriften  beglaubigt  leichter  oder  schwieriger  erkennbar,  in  den  voces 
ist,  8.  Dessau  im  CIL  14  p.  367—368.  Die  ge-  liegen,  zeigt  wohl  der  Name  des  mit  den  Sie- 
nannte Inschrift  ist  Herculi  Tiburt(ino)  Victforij  ben  lebenden  Geistes.)  Dieterich,  Mithraslit.  70, 
et  ceteris  dis  praet(oriisy  Tiburt(inis)  geweiht  meint,  diese  Tychen  müßten  Sterne,  nicht  Pla- 
von  einem  hohen  Staatsbeamten,  Konsul  des  60  neten,  repräsentieren,  und  vergleicht  sie,  mit 
J.  106  n.  Chr.,  L.  Minicius  Natalis  {Prosopogra-  Annahme  einer  Vermischung  gnostischer  und 
phia  Imp.  Rom.  2,  S.  379  nr.  440),  der  in  Tibur  ägyptischer  Vorstellungen,  den  schlangenköpfi- 
dem  Asklepios  Tempel  und  Altar  mit  griechi-  gen  Weibgestalten  der  Ogdoas,  der  großen  acht 
scher  Inschrift  geweiht,  anderswo  anderen  Gott-  Weltgötter.  [Preisendanz.] 
heiten  durch  Inschriften  gehuldigt  hat  und  dem  Tierdämonen.  Das  Wort  Dämon  hat  ver- 
die  Tiburtini  die  Ehrendenkmäler  C/i^  14,  3699  schiedene  Bedeutungen  {Waser,  Pauly-Wisso- 
und  3600  gesetzt  haben.  Praetoria  ist  auch  ivas  Realencycl.  Bd.  4,  Sp.  2010;  Andres,  ebd. 
Fortuna    benannt  in    der  Inschrift   von  Tibur  Suppl.  3,  267 ff);    in    dieser  Zusammensetzung 


937 


Tierdämonen 


Tierdämonen 


938 


bezeichnet  es  da«  gottllhn liehe,  dem  Menschen 
überlegene  Wesen  {H.  Usener,  Götternamen  24H, 
292  ff.),  und  zwar  ein  Wesen,  das  vollständig 
oder  teilweise  Tiergeatalt  besitzt. 

Die  Vorstellung,  daß  es  dämonische  Tiere 
gibt,  findet  sich  bei  vielen  Völkern;  sie  ist 
eine  unter  den  vielen  unvollkommenen  An- 
schauungen, aus  denen  sich  das  Weltbild 
primitiver  Stämme  zusammensetzt.  LFm  sie  zu 
schaffen,  haben  richtige  und  unrichtige  Heob-  lo 
achtungen  und  Schlüsse  zusammengewirkt. 
Daß  manche  Tiere  stark  ausgeprägte  Eigen- 
schaften besitzen,  die  sie  dem  Menschen  über- 
legen machen,  ist  richtig  beobachtet:  die  Stärke 
des  Löwen,  die  Schnelligkeit  des  Hirsches,  die 
List  des  Fuchses  ist  mehr  als  menschlich. 
Richtig  ist  auch  der  Schluß,  daß  diese  Kräfte 
abhängig  sind  von  der  Tierseele,  und  durch 
sie  in  Bewegung  gesetzt  werden.  Aber  un- 
richtig ist  es,  wenn  diese  Seele  ganz  nach  20 
Analogie  der  menschlichen  gedacht  wird,  etwa 
erfüllt  von  der  bewußten  Absicht,  einem  Men- 
schen nützen  oder  schaden  zu  wollen,  oder 
begabt  mit  dem  Verständnis  für  des  Menschen 
Worte  und  alle  seine  Handlungen. 

Durch  solche  Denkweise  kann  sich  die  Vor- 
stellung von  Tieren  entwickeln,  die  dem  Men- 
schen gleichartig  und  dabei  doch  überlegen 
sind.  Diese  Überlegenheit  erscheint  in  zwei 
verschiedenen  Graden.  Entweder  ist  sie  eine  30 
partielle,  und  der  Mensch  kann  sich  unter  be- 
stimmten Voraussetzungen  doch  zum  Herrn 
des  Tieres  machen,  sich  seinen  Nutzen  sichern, 
seine  Schädigung  fernhalten.  Das  geschieht 
meist  durch  bestimmte  Worte  und  Handlungen, 
denen  Zauberkraft  zugeschrieben  wird:  es  ist 
ein  wesentlicher  Zug  für  die  Tierdämonen, 
daß  der  Mensch  durch  den  Zauber  über  sie  eine 
gewisse  Gewalt  hat.  —  Oder  die  Überlegenheit 
des  Tieres  ist  eine  so  vollständige,  daß  es  stets  40 
den  freien  Willen  behält,  ob  es  dem  Menschen 
nützen  oder  schaden  will.  Auch  dann  naht 
man  ihm  mit  bestimmten  Worten  und  Hand- 
lungen, die  aber  dann  Gebet  und  Opfer  heißen: 
derartige  Wesen  sind  tiergestaltige  Götter. 
Ihren  Kult  pflegt  man  zur  Religion  zu  rechnen, 
während  man  die  Anschauungen  von  Tier- 
dämonen einer  Unterschicht  religiösen  Denkens, 
dem  Volksglauben  oder  Aberglauben  zuweist. 

Als  eigentliche  Tierdämonen  sind  daher  50 
solche  animalische  Wesen  zu  fassen,  die  zwi- 
schen gewöhnlichen  Tieren  und  tiergestaltigen 
Göttern  in  der  Mitte  stehen,  Wesen,  denen  in 
abergläubischer  Weise  der  Wirklichkeit  ent- 
gegen außerordentliche  Kräfte  zugeschrieben 
werden,  auf  die  man  mit  Zauber  zu  wirken 
sucht,  ohne  ihnen  einen  eigentlich  göttlichen 
Kultus  zu  gewähren.  Doch  sind  die  Grenzen 
dieses  so  umschriebenen  Gebietes  unsicher,  so- 
wohl nach  den  gewöhnlichen  wie  nach  den  60 
göttlichen  Tieren  hin.  Wenn  die  Mäuse  durch 
eine  Zauberformel  beschworen  werden,  den 
Acker  zu  verlassen  {Geop.  13,  5,  4),  so  werden 
sie  wie  Dämonen  behandelt,  während  man 
sonst  von  dämonischen  Eigenschaften  dieses 
Tieres  nur  wenig  hört.  Andererseits  gab  es 
in  Rom  die  divae  Corniscae,  dämonische 
Krähen  (/.  VürÜieim,  Mnemos.^7,  1909,  822 f.): 

Röscher.  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V 


aber  sie  hatten  ihren  heiligen  Hain  {Fest.  p. 
66  L)  wie  sonst  die  Götter.  Die  Steigerung 
des  Tieres  zum  Dämon  und  von  da  zum  Gott 
geschieht  sehr  unmerklich;  deshalb  können 
auch  im  folgenden  diese  drei  Kategorien  nicht 
scharf  auseinandergehalten  werden. 

Die  letzten  beiden  Beispiele  zeigen,  daß 
Griechen  und  Römern  der  Glaube  an  dämo- 
nische Tiere  nicht  fremd  gewesen  ist.  Sonst 
ist  aus  dem  Altertum  namentlich  die  Ver- 
ehrung bekannt,  die  man  der  Fauna  in  Ägypten 
erwies  (s.  Th.  Hopfner,  Der  TierkuU  der  alten 
Ägypter,  Denksr.hr.  Wien.  Akad.,  phü.-hist.  Kl. 
57,  1913,  2.  Abh.j.  Noch  in  der  Gegenwart 
ist  der  Tierglaube  bei  primitiven  Völkern  sehr 
verbreitet,  so  unter  den  Indianern  Nordamerikas 
(Belege  bei  /.  G.  Frazer,  Totemism  and  exn- 
gamy,  4  Bde.,  London  1910).  Die  Frage,  in 
welchem  Verhältnis  diese  oft  sehr  ähnlichen 
Anschauungen  der  verschiedensten  Völker  zu- 
einander stehen,  darf  man  nicht  einheitlich  von 
einem  einzigen  Gesichtspunkt  aus  entscheiden 
wollen.  Daß  parallele  Entwicklung  derselben 
Ideen  ohne  Übertragung  von  einem  Volk  zum 
andern  möglich  ist,  zeigt  das  Beispiel  der 
Ägypter  und  Indianer.  Die  Anschauungen  der 
Griechen  und  Römer  werden  sich  zu  einem 
guten  Teil  in  der  indogermanischen  Urzeit  ent- 
wickelt haben;  das  darf  man  wohl  aus  der 
Verbreitung  schließen,  welche  z.  B.  die  Werwolf- 
sage  besitzt  {Gruppe,  Griech.  Myth.  u.  Bel.- 
Gesch.  806,  9 ;  W.  Mannhardt,  Wald-  u.  Feld- 
kulte  2,  322).  Solcher  Glaube  hat  lange  fort- 
bestanden: noch  in  nachchristlicher  Zeit  erzählt 
Petron  seine  Werwolfgeschichte  {Sat.  c.  62)  und 
berichtet  Philostrat  von  dem  Pestdämon  in 
Hundegestalt  {Apoll.  Tyan.  4,  10);  man  darf 
annehmen,  daß  noch  damals  die  dem  Tier- 
dämonismus zugrunde  liegenden  Denkweisen 
bei  Griechen  und  Römern  lebendig  und  fähig 
waren,  neue  Triebe  spontan  aus  sich  heraus 
zu  erzeugen.  Daneben  aber  ist  die  Möglich- 
keit der  Beeinflussung  durch  fremde  Völker 
nicht  abzuleugnen;  eine  Abhängigkeit  dieser 
Art  ist  sicher  vorhanden  bei  der  jüngeren  Auf- 
fassung der  Sphinx  (Bd.  4  Sp.  1338)  oder  in 
der  Sage  vom  Vogel  Phönix  {Gruppe  a.  a.  0. 
795).  Aber  nur  selten  kann  man  mit  Sicherheit 
sagen,  welche  der  verschiedenen  Möglichkeiten 
(Ursprung  in  der  idg.  Urzeit,  in  der  Zeit  der 
Sonderentwicklung,  Übernahme  von  fremden 
Völkern)  eine  bestimmte  Vorstellung  der  Grie- 
chen oder  Römer  geschaffen  hat. 

Die  Zeugnisse  für  den  antiken  Tierdämo- 
nismus sind  lückenhaft.  Einmal  nennen  sie 
uns  nicht  alle  Tiere,  mit  denen  irgendwelcher 
Volksglaube  verbunden  war.  So  kommt  es, 
daß  wir  in  Rom  verhältnismäßig  wenig  von 
dieser  Erscheinung  hören,  obwohl  sie  dort  ja 
sicher  vorhanden  war.  Auch  muß  man  es  eine 
Lücke  nennen,  daß  wir  nicht  erfahren,  inwie- 
weit dasselbe  Tier,  das  einigen  dämonisch  er- 
schien, von  andern  entweder  als  Gott  oder  als 
gewöhnliches  Tier  aufgefaßt  wurde,  und  wie 
weit  man  ihm  entweder  eine  oder  mehrere 
dämonische  Eigenschaften  zugeschrieben  hat. 
Denn  alle  diese  Vorstellungen  sind  in  derselben 
Zeit    für    verschiedene    Angehörige    desselben 

31 


939                    Tierdämonen  Tierdämonen                    940 

Volkes,  sogar  für  denselben  Menschen  zn  ver-  für  den  Wolf  R.  de  Block,  Le  loup  davs  les 

schiedenen  Zeiten  möglich.     In  Ägypten  aßen  mythologies  de  1a  Gr^ce  et  de  Vltalie  anciennes, 

ohne  Scheu  die  Kjnopoliten  den  Oxyrhynchos,  luv.  de  Vinstntction  publique  en   Belgique   20 

die   Oxyrhynchiten    den    Hund,    während    das  (1877),  145 ff.;  für  das  Pferd:   Malten ,  Arcfi. 

Tier   den    feindlichen   Nachbani   als    göttlich  Jahrb.  29  (1914),  179  ff.     Anderes  wird  später 

galt  (Plut.  de  Is.  72,  p.  880 B).    So  können  wir  zu  erwähnen  sein, 

aus  unserem  Material  nur  das  Vorhandensein  Die  Objekte  des  antiken   Tierdämon ismus 

bestimmter    Vorstellungen    erschließen,    nicht  zerfallen  nach  ihrem  Äußeren  in  verschiedene 

aber  ihre  Verbreitung,  weder  örtlich  noch  zeit-  Kategorien.     Es   sind  entweder  wirklich   vor- 
lich.     Mitunter    mögen    sogar    ausgebildetere  lo  handene  Tiere  oder  Geschöpfe  der  Phantasie, 

Vorstellungen    zeitweise  erloschen    und    dann  deren   Erscheinung   mehr   oder  weniger   tier- 

dnrch  ein  unheimliches  Vorkommnis   spontan  gestaltig   gedacht  wird.     Mit   realen   Hunden 

aus  den    zugrundeliegenden    Denkformen   neu  und  Wölfen  verbindet  man  im  Altertum  ebenso 

erzeugt  worden  sein.  abergläubische  Vorstellungen  wie  mit  phanta- 

Trotz  seiner  Lückenhaftigkeit  ist  das  Ma-  stischen  Drachen  oder  mit  den  stymphalischen 

terial   des    antiken   Tierdämonismus    gewaltig  Vögeln.     Femer  macht  es   einen  Unterschied, 

groß.     Von  den  Monumenten  und  vereinzelten  ob  der  Glaube  sich  an  die  ganze  Gattung  heftet, 

Bemerkungen  der  Autoren  abgesehen,  könnte  so  daß   z.  B.  jede  Schwalbe  Unglück  bringt 

man   allein    aus  P/initi«'  Naturgeschichte  und  {Diog.  La.  8,  11  ö(ioQO(piovg  x^^i^övag  ^li]  ^x^iv), 
AeiianB  Tiergeschichten  ein   ganzes  Lexikon  20  oder  ob  ein  einzelnes  Tier  Gegenstand  beson- 

hierozoicum  zusammenstellen.     Das  zu  tun,  derer  Scheu  ist,  wie  etwa  der  nemeische  Löwe 

kann  natürlich   nicht  Aufgabe  dieses  Artikels  allein    von    allen    Löwen    unverwundbar    ist 

sein.     Er   beschränkt  sich    darauf,    die   wich-  {ApoJlod.  2,  7ft  Wagner). 

tigsten    Formen    zu    schildern,    in    denen    uns  Bei    einzelnen    dieser   Anschauungen    läßt 

der  Glaube  an  dämonische  Tiere  entgegentritt,  sich   die  Entstehung  noch  mit  einiger  Wahr- 

und   für  jede   Form    einige   wenige   Beispiele  scheinlichkeit  erklären.    Oft  mag  ein  einzelnes 

anzuführen.    Für  das  übrige  sei  eine  Auswahl  Raubtier  bestimmte  Gegenden  als  Bauernschreck 

der  wichtigsten  Literatur  gegeben.  W.  Wundt,  unsicher  gemacht  und  sich  lange  den  Nachstel- 

Völkerpsychologie,  zuerst  2.  Bd.  Mythus u.Relig.,  lunpen  der  Menschen   entzogen  haben.     Diese 
S.Teil  (Leipz.  1906),  S.  238 ff.;  ^.<yc  (rtift^rwatw,  so  haben  dann   ihren  Mißerfolg  durch  besondere 

Die  Tiere  in  der  indogermanischen  Mythologie,  Stärke  des  Tieres  erklärt  oder  mit  den  Augen 

aus  dem  Englischen  übersetzt  von   M.  Hart-  der  Furcht  in  ihm   überhaupt  ein  Fabelwesen 

mann,  Leipz.  1874;  Victor  Hehn,  Kulturpflanzen  gesehen.    Aus  der  Erinnerung  an  solche  Dinge 

und  Haustiere,   7.  Aufl.  von   0.  Schrader  und  sind  die   Mythen  von  einzelnen   dämonischen 

A.  Engler,  Berlin  1902;    0.  Kellei;   Thiere  des  Tieren,  wie  vom  kalydonischen  Eber  (s.  Bd.  2 

elctssiwhen  Altertums,  Innsbruck  1887,  und  Die  Sp.  2691)  oder  von   der  krommyonischen    Sau 

ant.  Tierwelt  1.  2,  Leipzig  1909. 13;  P.  Schwarz,  {Apollod.  epit.  1,  1  W.)  entstanden.  Andererseits 

Menschen  u.  Tiere  im  Aberglauben  d.  Griechen  übertrug  sich,  was  man  an  einem  Tiere  Un- 

und  Römer,  Celle  1888;  31.  W.  de  Visser,  Die  heimliches  bemerkt  hatte,  leicht  auf  die  ganze 
nicht  menschengestaltigen  Götter  der  Griechen,  40  Gattung.    War  einmal  ein  Mensch  gestorben, 

Leiden  1903,  S.  167  ff.;    Eug.  Kagarow,  Eeti-  nachdem  sich  das  Käuzchen  hatte  hören  lassen, 

sehismu8,Pflanzenkult  und  Tierverehrung  im  alten  so   galt  jedes  Käuzchen,   das    man    hörte,    als 

Griechenland,    St.  Petersburg   1913    (russisch);  Todesprophet  {Plin.  nat.  hist.  10,  34).  —  Kom- 

Witold  Klingt r,  Das  Tier  im  antiken  und  mo-  plizierter  und  aus  verschiedenen  Anlässen  ent- 

demen  Aboglauben  Kiew  1911    (russisch;    die  standen  sind  die  Vorstellungen  von  Phantasie- 

beiden  russischen  Werke  sind  von  mir  nicht  wesen.     Daß  Furcht  die  treibende  Kraft  sein 

benutzt);    0.  Gruppe,    Griechische    Mythologie  kann,  wurde  bereits  gesagt:  mitunter  mag  die 

und  Rd.-Gesch.,  München  lti06,  S.  79*2 ff.,   Re-  ungenaue  Beobachtung  einer  furchtbaren  Er- 

gister  S.  1897  ff.;  in  Pauly- Wissouas  Realency-  scheinung  hinzugetreten  sein.     Damit  rechnet 
elopädie  s.  den  Artikel  Aberglauben   von  Rieß  50  bereits  Palaiphatos,  wenn  er  Kap.  1  die  Ken- 

1,  S.  68  ff.,  und  die  verschiedenen  Einzelartikel  tauren  als  Reiter  erklärt,  die  man  nicht  genau 

{Aal,  Adler,  Bremse,  Eisvogel,  Elefant  usw.).  gesehen  habe.  Odermit  der  theriomorphen  Vor- 

Wichtigere  Monographien  sind:  für  den  Bären  Stellung  des  dämonischen  Wesens  trat  die  an- 

J.  J,  Bachofen,  Der  Bär  in  den  Religionen  des  thropomorphe    in   Konkurrenz:   dann   entstand 

Altertums,    Basel    1863;    für    die    Biene    Gu.  aus  diesem  Nebeneinander  eine  Kontamination, 

Robert-Tornou,De  apiummellisque  apud  veteres  eine  Gestalt  mit  Menschen  und  Tiergliedern. 

significatione  et  i-ymbolica  et  mythologica,  Berlin  So    der   Minotauros    (Bd.  2   Sp.  3004).     Dieser 

18y3,  und  Joh.  Ph.  Glock,   Die  Symbolik  der  Prozeß  läßt  sich  bei  vielen  griechischen  Göttern 

Bienen  und  ihrer  Produkte,   Heidelberg  1891;  wahrnehmen;  meist  vollzieht  er  sich  auf  dem 
für  den  Hahn  E.  Bäthgen,  De  vi  ac  significa-  60  Wege  einer  allmählichen  Anthropomorphisie- 

tione  gaUi  in  religionibu^  et  artibus  Graecorum  rung.     Die   Flußgötter  sind   zuerst  Stiere,   er- 

et  Romanorum,  Diss.  Göttingen  1887;  für  die  halten  zunächst  einen  Menschenkopf  mit  Hör- 

Sch lange  Mähly,  Die  Schlange  im  Mythus  u.  nem,  dann  auch  einen  Menschenleib,  bis  zuletzt 

Kult  der  klass.  Völker  1867  (mir  nicht  zugäng-  nur  die  Homer  an  den  ursprünglichen  Tiergott 

lieh)  und  Er.  Küster,  Die  Schlange  in  der  grie-  oder    Tierdämon    erinnern   (Bd.  1   Sp.  1488  ff.), 

chischen  Kunst  und  Religion,  Religionsg.  Vers.  Daß  sich  hierbei  bestimmte  theriomorphe  Teile 

Vorarh.  13,2;  über  Schlangengötter  mit  Men-  besonders  zäh  erhielten,  kam  z.  T.  daher,  daß 

schenkopf  ITeinreicÄ,  ^.  e/oÄrft.  47  (1921),  142ff.;  man  mit  ihnen   besondere  Vorstellungen  ver- 


941  Tierdämonen  Tierdämonen  942 

l)and;  so  wird  man  beim  Stierleib  an  die  wilde,  Bakchylidesb,  104 ff.  als  Bild  unwiderstehlicher 

vorwärtsHtürmende  Kraft  jjedacht  haben.    Deut-  Kraft  geschildert;  der  Hund  des  Kephalos  war 

lieh  ist  das  bei  den  der  Vogelwelt  entlehnten  so  schnell,  daß  er  jedes  Tier  einholte  {Suidas 

Flügeln  {H.  Usener,  Kl.  Sehr.  4,  491);  sie  cha-  u.  Tevuriaia).  Beispiele  für  ganze  Gattungen  gibt 

riikterisieren   die   schnelle  Bewegung  im  Luft-  es  un/ilhlige.    Der  Adler  stößt  aus  großer  Hohe 

räum  etwa  bei  Eros,  ötj  cpoiru  vTisQTCovriog  {Soph.  auf  seine  Beute,  er  muß  also  tatsächlich  einen 

int.  785)  oder  bei  den  im  Luftraum  schweben-  scharfen  Blick   haben.     Aber  übertreibend  er- 

It'n  Totenseclen  (Bd.  8  Sp.  ;{'227  u.  Artikel  Sei-  zählt  man,  sein  Auge  sei  so  stark,   daß  er  in 

renen).     Von   dämonischen  Tieren  sind  so  mit  die  Sonne  sehen  könne  ohne  zu  blinzeln,  und 

Klügeln  gedacht  die  Drachen,  welche  den  Wa-  lo  daß  er  seine  Jungen  an  dieser  Eigenschaft  er- 

uen    der   Medea   und    des  Triptolemos  ziehen  kenne  {l*lin.  nut.  hist.  10,  10).    Mitunter  haben 

TTTjroi  ÖQÜ-novreg  Apollod.  1,  32.  146).    Solche  solche    gesteigerten    Kräfte   einer   Tiergattung 

l'eile   von  Tieren  könnten  mitunter  auch   der  im  Mythos  eine  weitere  Ausbildung  erfahren, 

mythologische    Ausdruck    für    elementare    Er-  Die  Bremsen  vermögen  durch  ihren  Stich  das 

seheinungen  sein.     Nahe  Hegt  es  z.  B.,  in  der  Rindvieh  rasend  zu  machen   und  zum  Darch- 

feuerspeienden  Chimaira  (Bd.  1  Sp.  893f.)  eine  geben  zu  bringen   {(Jd.  22,  300).     So  wird  die 

Krinnerung  an  einen  Vulkan  zu  sehen.     Aber  kuhgestaltige  lo  von  einer  dämonischen  Bremse 

I  »(^weisen  läßt  sich  so  etwas  nicht,  und  Gruppe  durch  Länder   und  Meere  getrieben   {Apollod. 

:i.  a.  0.  S.  793 ff.)  betont  m.  E.  zu  stark  die  ur-  2,  7  W.)^  und  die  dämonische  Kraft  des  olatgog 

-prüngliche  Feuernatur  vieler  Tierdämonen.       20  der  Bremse  entwickelt  sich  zu  einem  selbstän- 

Wie   der  geflügelte  Drache,   dem   man  die  digen  Dämon  üistros  (Bd.  3  Sp.  803). 
Kraft  des  Fliegens  zutraut,  das  Organ,  das  Sitz  Die  Anschauungsweise  des  ]jrimitiven  Men- 

dieser   Kraft    ist,    von    einem    anderen    Tiere  sehen    ist  meist   anthropozentrisch.     Jene   un- 

adoptiert,   so  kann  auch  die  gesteigerte  Kraft  heimlichen  Tiere  interessieren  ihn  vor  allem, 

des  dämonischen  Tieres  dadurch  zum  Ausdruck  soweit  er  selbst  mit  ihnen  in  Berührung  kommt 

kommen,   daß   man   ein  geeignetes  Organ  des  und  soweit  sie  ihm  bei  dieser  Berührung  nützen 

Tieres  selbst  multipliziert.     Kerberos,  der  ge-  oder  schaden.  Diesen  beiden  Äußerungen  frem- 

waltige  Höllenhund  und  Fresser  der  Tiefe,  er-  der  Kräfte  gegenüber  fühlt  sich  der  Mensch 

hält  zur  Bezeichnung  seiner  Gefräßigkeit  drei  durch  den  Selbsterhaltungstrieb  zur  Stellung- 

Mäuler  und  damit  drei  Köpfe  (Usener,  Dreiheit,  30  nähme  getrieben:  er  versucht  den  Schaden  von 

Rhein.  Mus.  58,  1903,  169).  sich    abzuwenden    und    den    Nutzen    sich    zu 

Mannigfach  sind  die  Typen  phantastischer  sichern.     An  und  für  sich  hat  jeder  Dämon  die 

Tierdämonen,   die   durch   diese   verschiedenen  Macht,  sowohl  zu  nützen  wie  zu  schaden.    Der 

Vorstellungen  entstehen.    Entweder  werden  sie  Bär  ist  als  Raubtier  gefürchtet,   als  nahrung- 

aus    wirklich    vorhandenen    und    deutlich    er-  spendende  Jagdbeute  beliebt.  Aber  naturgemäß 

kennbaren  Tierteilen  komponiert,  wie  Chimaira  überwiegt   bei   vielen   Tieren   die  eine   Eigen- 

über  deren  Bildung  Robert,  Sitz.-Ber.  Äkad.  schaft  über  die  andere.    Namentlich  die  schä- 

München   1916,    Abh.  H  9  ff.)    und    Kerberos.  digende;  mit  ihrer  Zuneigung  zur  Wölfin  stehen 

t  )der  diese  Teile  haben  zwar  reale  Existenz,  die  Römer  ziemlich  allein,   sonst  ist  der  Wolf 

aber  die  Phantasie  hat  sie  derart  umgestaltet,  40  fast  immer  ein  böser  Dämon.     Tiere,  die   nur 

daß  ihre  ursprüngliche  Form  kaum  noch  er-  nützlich    sind,    werden    vielfach    domestiziert, 

kennbar  ist.  So  beim  Greifen  (Bd.  1,  Sp.  1742  ff.),  und  viele  von  ihnen  verlieren  durch  die  fort- 

der  aus  Teilen   des  Löwen  und  Adlers  zusam-  währende  Nähe  für  den  Menschen  sehr  bald 

mengefaßt  ist.     Endlich    aber   können    solche  das    Dämonische.      Nur    sobald    Abnormitäten 

Tiere  auch  Glieder  erhalten,  denen  eine  Wirk-  sich  zeigen,  wird  auch  hier  die  Dämonenfurcht 

lichkeit  nicht  zukommt;  so  haben  die  stympha-  wieder  wach:  wenn  ein  Rind  mit  zwei  Köpfen 

lischen  Vögel  eisernes  Gefieder  (Schol.  Apoll.  geboren  wird    {lul.  Obsequ.  ed.  0.  Boßbach  c. 

i?/?06?.  2, 1031. 1055),  die  Stiere  des  Aietes  eherne  31.  32),  oder  ein  Ochse  redet  wie  ein  Mensch 

Füße  {Apollod.  1, 128  W.).   Diese  Stiere  sind  ein  {ebenda  c.  26.  27),  äußert  sich  diese  Furcht  in 

Geschenk  des  Heph aistos,  dem  auch  sonst  der  50  religiösen  Sühnungen    {L.  M^ülker,  Die  gesch. 

Mythos  die  Erschaffung  dämonischer  Tiere  zu-  Entwicklung  d.  Prodi gienwesens  bei  d.  Bömern, 

spricht,  so  der  goldenen  und  silbernen  Hunde  Diss.  Leipz.  1903,  S.  39  ff.).     Aber  diese  Bege- 

des  Alkinoos  {Od.  7,  91).  hungen    der   Religion    sind    bereits    eine    ent- 

Geradeso  verschieden  wie  das  äußere  ist  wickeitere  Form  der  Übelabwehr.  Ursprünglich 
auch  das  innere  Wesen  der  Tierdämonen.  Zum  vollzieht  sie  sich  im  Zauber.  Dem  Tierdämon, 
Teil  werden  ihnen  Eigenschaften  und  Kräfte  dessen  Angriff  droht,  tritt  man  mit  einer  pro- 
zugeschrieben, die  gänzlich  übernatürlich  sind.  phylakti.schen  Magie  entgegen.  Ist  ein  Mensch 
Die  Sphinx  der  Thebaner  redet  und  versteht  in  solcher  Gefiihr,  so  schützt  er  seinen  Leib 
die  Sprache  der  Menschen  {Apollod.  3,  52  W.)-,  durch  Einnehmen  oder  Einreiben  wirksamer 
die  Drachen  vermögen  zu  fliegen,  obwohl  das  60  Antidota,  oder  er  trägt  sie  als  Amulette.  Wer 
ihrer  Schlangennatur  entgegen  ist;  die  Chi-  die  Leber  einer  Viper  gegessen  hat,  wird  nie- 
maira  schnaubt  Feuer.  Die  Hunde  des  Alkinoos  mals  von  einer  Schlange  gebissen  {PHn.  nat. 
altern  und  sterben  nicht:  dafür  sind  sie  das  hist.  19,  71).  Als  Jason  die  feuerschnaubenden 
Werk  eines  Gottes.  Aber  meist  besitzen  diese  Stiere  des  Aietes  bändigen  soll,  feit  er  sich 
Tierdämonen  sehr  reale  Qualitäten,  nur  ins  durch  eine  Salbe,  die  für  einen  Tag  unver- 
Fabelhafte  gesteigert.  Das  ist  der  Fall  bei  wundbar  macht  {0.  Berthold,  Die  Unverwund^ 
einzelnen  Tieren  ebenso  gut  wie  bei  ganzen  barkeit  in  Sage  und  Aberglaube  der  Griechen, 
Gattungen.     Der  kalydonische  Eber  wird  von  Beligionsg.  Vers.  Vorarh.  11,  1  S.  48  ff.).     Die 

31* 


943  Tierdämonen  Tierdäraonen  944 

Schilderons:  eines  Armbandes,  das  ge^ren  tolle  aus  dem  Mißverständnis  bei  P/»n.  Uf«/. /u»^.  7, 17; 
Uuode  schützt,  gibt  PUnius  a.  a.  0.  28,  82.  0.  Jahn,  Über  dsn  Aberglauben  des  bösen  Blicken 
Ein  Ort  kann  gleichfalls  durch  ein  Amulett  bei  den  Alten,  Ber.  Sichs.  Ges.  der  Wiss.  phil. 
geschützt  werden:  wo  ein  Eichenpfahl  steckt,  hist.  Cl.  1856,  86).  Der  nccg^iivog  oder  Cancer 
dahin  kommt  keine  Schlange  (Varro  r  r.  1,  hat  seinen  Namen  von  der  Ähnlichkeit,  di«^ 
88,  3).  Oder  man  zieht  um  den  Ort  einen  das  Aussehen  des  Tumor  malignus  mit  det: 
magischen  Kreis,  den  kein  Tierdlmon  durch-  Krebs  besitzt  {Isid.  Orig.  4,  8,  14;  M.  Hüflci , 
brechen  kann:  darum  laufen  die  'Wolfsab-  Deutsches  Krankheitsnamenbuch,  München  IS'J^ 
wehrer',  die  Lupercl,  im  Kreise  um  den  Fuß  S.  827).  Bekannt  waren  Hund  und  Wolf  als 
des  Palatin  (L.  Deubner,  Lupercalia,  Arch.  für  lo  Krankheitsdämonen,  s.  W.  H.  Koscher,  Das  von 
Bei- Wiss.  13,  1910,  488).  Unterstützt  werden  der  Kynantiiropie  handelnde  Fragment  des  Mar- 
die  Zauberhandlungen  durch  die  Zauberlieder,  cellus  von  Side,  Abh.  phil.-hist.  Glosse  Sachs. 
die  man  mitunter,  um  ihnen  dauernde  Wirkung  Ges.  der  Wiss.  17,  3,  1896,  18  ti'.:  es  gab  eine 
zu  verleihen,  aufiichreibt.  Aus  dem  4.  Jahr-  Art  melancholischen  Wahnsinns,  in  dem  die 
hundert  v.  Chr.  ist  eine  Bleitafel  aus  Kreta  Menschen  sich  so  vom  xuüjv*)  oder  Xvxos  be- 
erhalten  (Ä.  Wunsch,  Neue  Fluchtafeln,  Bhein.  se^jsen  glaubten,  daß  sie  sich  wie  Hunde  oder 
Mus.  65,  1900,  75;  Zar  Oeisterbannung  im  Wölfe  gebärdeten.  Auch  der  Alptraum  wird 
Altertum,  Festschr.  d  Schhs.  Ges.  f.  Volkskunde  Dämonen  zugeschrieben,  die  in  den  Gestalten 
1011,  S.  17ff.),  welche  Übel  vertreibt,  V.  6f. :  der  verschiedenen  Tiere  erscheinen  {W.  11. 
'Exatpog  "Enraqpog  "Exarpog  qpföy',  ccucc  qisvys  20  Boscher,  Ephialtes,  Abh.  phil. -hist.  Classe  Sachs. 
XvKaiva,  I  qp«u)'f  %va)v  aaa  ffy,  xal  ÜQoyiXonog,  Ges.  der  Wiss.  20,  3,  1900  S.  128  unter  'Alp'). 
atB  avvomog.  Epaphos  und  Proklopos  sind  Ein  Beispiel  für  den  Tiernamen  einer  Krank- 
dämonische Wesen:  da  wird  man  Wölfin  und  heit  gibt  ferner  Serenus  Sammonicus  in  seinem 
Hund  als  Tierdämonen  auffassen  müssen.  Liber  medicinalis  {Bährens  ?L)S.  ^,  WZ)  w.  12'^-. 
Deutlich  tritt  uns  diese  Vorstellung  vom  Hund  est  elephans  morbus.  Aber  zu  seiner  Zeit  wer- 
noch  entgegen  in  einer  apotropäi sehen  Inschrift,  den  die  meisten  das  nur  als  ein  Gleichnis, 
welche  die  unheimliche  Meute  der  Diana  fern-  nicht  mehr  als  Identität  mit  einem  Dämon 
halten  soll;  die  wahrscheinliche  Lesung  des  empfunden  haben.  Fraglich  bleibt,  ob  der 
Textes  {B.  Wünsdt,  Antikes  Zaubergerät  aus  Krankheitsname  anas  etymologisch  dasselbe 
Pergamon,  Arch.  Jb.  Erg.-Heft  ü,  4H)  lautet:  so  Wort  ist,  das  sonst  'Ente'  bedeutet  {Thes.  ling. 
Domna  Artemix,  kave  ne  audea^s  solvere  kate-  lat.  2,  19). 

nas  tuas  en  canes  tuos  agrestes  silvaticos  . . .  in  Ehe  es  eine  rationolle  Medizin  gab,  ist  man 
Corte  nostra  7ion  intren,  pecora  nostra  non  tan-  solchen  Krankheitsdämonen  mit  Exorzismen 
gant.  Die  Hunde  aus  dem  Gefolge  der  Arte-  zu  Leibe  gegangen,  um  sie  aus  Menschen  und 
mis  galten  deshalb  für  besonders  furchtbar,  Vieh  zu  vertreiben;  s.  derartige  Bannsprüche 
weil  Artemis  mit  Hekate  wesensgleich  ist,  bei  B.  Heim,  Incantamenta  magica  graeca  la- 
Hekate  aber  in  ihrer  wilden  Jagd  Totenseelen  tina,  Jb.  für  Phil.  Suppl.  Bd.  19,  476  ff.  Und 
in  Hundeleibern  mit  sich  führt  {B.  Wünsch,  zwar  glaubte  man  sie  leichter  los  werden  zu 
Zu  Sophron,  Jb.  f.  Philol.  Suppl.  Bd.  27,  116);  können,  wenn  man  ihnen  statt  des  Wesens, 
8.  G  Wol/f,  Porphyrii  de  philos.  ex  ora>c.  haur.  40  das  sie  befallen  hatte,  ein  anderes  zum  Ersatz 
p.  151:  in  einem  Orakel  der  Hekate  stand  der  anwies,  meist  Tiere,  die  draußen  in  der  Ein- 
Vera  yaicc  d'  i^imv  6xvXd)i(ov  dvocpsgov  yivog  öde,  fern  von  den  Menschen,  hausten  {B. 
7}vioxsvst,  und  dazu  hatte  Porphyrios  bemerkt:  Schmidt,  Alte  Verwünschungsformeln,  J b.  f.  Phil. 
axvXayisg  . . .  oi  TtovriQol  dai^ovsg.  Vielleicht  ist  143,  1891,  568 ff.;  B.  Wünsch,  Festschr.  Schles. 
unter  den  xvvsg  v.ccl  yLvvr\yitai  der  attischen  FoZA:sÄ:.  a.a.O.  28ff.).  Dadurch,  daß  diese  Tiere 
Opfervorschrift  {Leges  Graecorum  sacrae  2,  1  von  den  Dämonen  heimgesucht  werden,  er- 
nr.  18  Ziehen)  diese  wilde  Jagd  gemeint.  halten  sie  selbst  etwas  Dämonisches.  Haupt- 
in den  angeführten  Fällen  fürchtet  man  sächlich  gilt  das  von  den  Ziegen  {Oxyrrh.  Pap. 
von  den  dämonischen  Tieren  hauptsäcuiicn  d  n  7  p,  25  v.  12,  aus  KaUimachos'  Aitia:  alXs  Öh 
Schaden,  den  sie  als  Kaubtieio  ami'hteten  50  vovaog  \  alyag  ig  ayQidöccg  ri]v  ccTtOTtepinoiisd'a) 
(pecora  nostra  non  tangant).  Aber  von  solchen  und  Uaben  {ig  nogaxag^  Dion.  et  Paus.  frg. 
Wesen  ging  noch  eine  viel  dämonischere  Wir-  coli.  E.  Schwabe  S,  164). 

kung  aus,  wenn   sie  unsichtbar  in  Menschen  Daß  man  Tieren,  die  einen  Schaden  verur- 

und  Tiere  eingingen   und   sie  mit   Krankheit,  sacht  hatten,  den  Prozeß  machte,  erklärt  sich 

mit    Besessenheit    quälten.      Daß    die    Krank-  aus  der  volkstümlichen  Anschauung,   die  zwi- 

heiten  durch  Dämonen  erregt  werden,  ist  ein  sehen  menschlichem  und  animalischem  Denken 

Völkergedanke  (s.  z.  B.  M.  Höfler,  Krankheits-  und  Handeln  kaum  einen  Unterschied  macht. 

dämonen,  Arch.  für  Bei.- Wiss.  2,  18y9,  86 ff.).  Was    dem   Menschen  recht  ist,    ist  dem  Tier 

Viele  dieser  Dämonen  werden  tiergestaltig  ge-  billig.    Dem  Eber,  der  das  Saatfeld  verheerte, 

dacht:  irgendeine  Äußerlichkeit  im  Bilde  der  60  schlug  man  die  Zähne   aus  {Od.  18,  28);   der 

Krankheit  hat  man   auch  am  Wesen  oder  in  Euclio  des  Plautus  verklagt  den  räuberischen 

der  Tätigkeit  eines  Tieres  beobachtet,  und  so  Geier  beim  Prätor  {Aulul.  316);   s.  {H.  Usener, 

schließt   man    in    primitiver    Denkweise,    daß  Lit.  Centr.-Blatt  lSQ4c,  516 f. 
dieses  Tier  nun   in   dem  Menschen  sitze  und  Groß  wie  der  Schaden  ist  auch  der  Nutzen, 

auf  ihn  sein  Wesen  übertrage  oder  durch  ihn  den    man   von    dämonischen    Tieren    erwartet, 
seine  Tätigkeit  ausübe.   Eine  Krankheit,  in  der  ,j  ^g,   ^^^^  ^^^^^^^^3  ^„f.^tz  im  Rh.  Mu,.  /.  pmioi. 

das  menscnllL-he   Auge  fortwährend   zittert   wie  i^.  f.  53  S.  Ifi9  fif.  ' nie  Hundekrankheit  {y.6m)  der  Pandareos- 

ein   nervöses   Pferd,    hieß   Znnog   (zu  erschließen  töchter  u.  andere    mythische  Krankheiten. 


945                    Tierdämonen  Tierdämonen                    946 

Seine  Gewinnung  nimmt  gleichfalls  veischie-  die   Aupurn    der  Römer  (Wissona,   lieal-Enc. 

dcne  Formen  an.    Kinigo  Tiere  sind  besonders  2,  '2313  0'.).     Über  deren  Kunst  s.  A.  Bauche- 

fruchtbar;  sie  hält  man  für  Spender  der  Frucht-  Lechrtq,  Histoire  de  la  divination  dans  l'anti- 

harkeit  und  des  Reichtums  überhaupt  und  ver-  quiU',  namentlich   1,  127;    über  die  einzelnen 

t'hrt  sie   deshalb   als  Rringer  von  Segen   aller  Formen,  in  denen  sich  das  höhere  Wissen  der 

Art.      So    wurde    die    fruchtbare    chthonische  Tiere  oöenbavt  —  besonders  weisen  sie  oft  den 

Schlange    als    Hausbewohnerin    gern    gesehen  Weg  bei   Koloniegründungen   —   s.   L.    Hopf, 

und    als    dyo&og    öai^Kov    verehrt    {E.   liohde,  Tierarakel  und  (Jraheliiere  in  alter  und  neuer 

r.^yche  l^  254 f.;  an  31.  P.  ^'ilsson,  Aih.  Mut.  Zeit,  Stuttgart  18i-8 

33,279  erinnert  mich  Jv.  i>t'wZ)w<r;  Gantuhinietz,  lo        Durch  die  Vorbedeutung,  welche  die  Tiere 

rauhj-Wissoua,    Sujppl.  III  48  ft").     Für    die  für  den  Ausgang  eines  künftigen   Ereignisses 

Schlange,    die   dem  Asklepios  heilig  war    (ii.  haben,  wird-  auch    ihr  Erscheinen   im    Traum 

llfrzofi,  Arch.  f.  h'cI.-Wiss.  10,  1907,227),  be-  bedeutungsreich.  ArttwidorH  (hieirokrüika  sind 

engt  P/m?ws  Fruchtbarkeit  u.  Hausgewöhnung,  voll  davon;  s.  S.  112,  6H.:  atröv  iötiv  (iil  TiixQct 

Hat.  hist.  29,    72:    vulgo  paycüur   in  domibus,  %ad-t^6y.svov  t]  ^nl  d^vÖQot  vi/^rjJ.OTaTö),  aya^bv 

nc  nisi  incendiis  snnina  exurerentur,  non  esset  rolg  inl  ngä^iv  6g(i(baiv^cpoßcv^Bvoig  dsnovriQov. 

fccnnditati  eorum  resistere.  Aber  man  begnügt  sich  nicht  mit  dem,  was 

Besonderen  Nutzen  stiften  diejenigen  Tiere,  die  Tiere  geben,  Reichtum  und  Offenbarung, 
welche  die  dämonische  Gabe  der  Weissagung  man  sucht  sich  auch  anzueignen,  was  sie  be- 
besitzen. Durch  ihre  feineren  Organe  wittern  20  sitzen:  ihre  übernatürlichen  Kräfte.  Das  ge- 
die  Tiere  den  Feind  eher,  als  der  Mensch  das  schiebt  vielfach  durch  Essen.  Nach  primitiver 
vermöchte,  und  geben  das  durch  Warnurgs-  Anschauung  verleibt  man  sich,  wenn  man  den 
ruie  ihren  Mittieren  zu  erkennen.  Daraus  hat  Bären  ißt,  zugleich  die  Kraft  des  Bären  ein 
man  generalisierend  die  Anschauung  abgeleitet,  {Dieterich,  Miihrash'turgie*  100);  daher  die  na- 
daß  die  Tiere  überhaupt  wissend  sind:  daß  mentlich  im  Dionysosdienst  bezeugte  w/uoqpaym 
sie  nicht  nur  die  Annäherung  des  Jägers,  son-  von  Tieren  (Bd.  1  Sp.  1037),  die  man  verzehrte, 
dern  alle  Dinge  sehen,  auch  wenn  sie  für  den  um  ihrer  dämonischen  göttlichen  Kräfte  hab- 
Menschen  jenseits  der  Schianken  liegen,  die  halt  zu  werden.  Auf  diese  Weise  entstehen 
ihm  Raum  und  Zeit  setzen.  Solche  Kenntnis  Kommunionsriten,  deren  ehemaliges  Vorhanden- 
ofl'enbareu  die  Tiere  gleichfalls  mit  bestimmten  30  sein  man  auch  sonst  in  der  giiechischen  Religion 
(lebärden,  und  besonders  begnadete  Menschen  nachzuweisen  versucht  hat  {S.  Beinach,  Cultes, 
sind  imstande,  diese  Zeichen  zu  verstehen  und  Myihes  et  Beligions  2,  85 ff.,  3,  24ff.  55 ff.;  Die- 
richtig  zu  deuten.  Zeichen  dieser  Art  bieten  terich  a.  a.  0.);  so  entsteht  eine  primitive  Heil- 
sich entweder  von  selbst,  oder  sie  werden  kunst,  die  durch  ,das  Einnehmen  zauberkräf- 
künstlich  eingeholt.  Von  den  auguria  ohJa-  tiger  Stoffe  das  Übel  der  Krankheit  besiegt. 
tiva  sind  am  bekanntesten  die  des  Angargs:  Daher  aß  man  Viperleber  gegen  Schlangenbiß 
wer  auf  ein  Unternehmen  auszieht,  dem  künden  (oben  Sp.  942").  Den  Segen  dieser  Tieikräfte 
beg<  gnende  Tiere,  ob  die  Reise  glücklich  oder  kam  man  sich  aber  auch  zunutze  machen, 
unglücklich  sein  wird.  Jedes  Tier  hat  dabei  indem  man  den  Teil,  in  dem  man  sie  lokali- 
seine  bestimmte  günstige  oder  ungünstige  Be-  40  siert  denkt,  mit  dem  Leib  des  Menschen  äußer- 
deutung;  hier  wird  der  Glaube  hineinspielen,  lieb  in  Berührung  bringt.  Auch  dafür  hat  die 
daß  die  Tierdämonen  den  Menschen  freundlich  Medicina  popularis  tausend  Rezepte,  die  Sal- 
oder  feindlich  gesinnt  sind:  es  bringt  Glück,  ben  mit  animalischen  Stoffen  oder  Umhängen 
wenn  ein  freundlicher,  Unglück,  wenn  ein  von  Tierteilen  für  Mensch  und  Vieh  vorschrei- 
feindlicher  Dämon  um  den  Weg  ist.  Theo-  ben,  rm  Übel  zu  vertreiben  oder  fernzuhalten. 
phrast.  Char.  16  gibt  dafür  zwei  Beispiele:  Der  kleinere  Teil  dieser  Rezepte  beruht  auf 
wenn  dem  Deisidaimon  ein  Wiesel  über  den  richtiger  Beobachtung  bestimmter  therapeu- 
Weg  läuft,  so  wartet  er,  bis  ein  anderer  die  tischer  Eigenschaften;  der  größere  Teil  ist 
Stelle  überschritten  oder  er  drei  Steine  dar-  durch  unrichtige  Schlüsse  zu  einer  abergläu- 
üler  geworfen,  d.  h.  bis  der  Dämon  einen  Er-  50  bischen  Verwendung  gekommen.  Welcher  Art 
satz  erhalten  hat  oder  der  Bann  gebrochen  ist.  Denkprozesse  dabei  am  Werke  waren,  zeigt 
Hört  er  die  Käuzlein  schreien,  so  ruft  er:  z.  B.  Lukian  Bhihps.  7:  gegen  Podagra  nähte 
'idr,Tä  -ngeirrcüv,  d.  h.  er  stellt  sich  in  den  man  den  Zahn  einer  Spitzmaus  in  ein  Löwen- 
Schutz  einer  Göttin,  die  mächtiger  ist  als  der  feil  und  band  es  um  die  Schenkel.  Andere 
unheildrohende  Dämon.  Mehr  Beispiele  s.  bei  aber  zogen  das  Fell  einer  Hirschkuh  vor,  weil 
P.  Schwarz  a.  a.  0.  (oben  Sp.  939).  dies  Tier  besonders  schnell  und  fußkiäftig  sei. 

Zukunftj-künder  sind  namentlich  die  Vögel;  Die  Kraft  der  Füße  haftet  also  der  Haut  auch 

Iliasl2,  200ff.  wird  der  Adler  von  der  Schlange,  nach  dem  Tode  der  Tiägerin  an  und  überträgt 

die  er  geraubt  hat,  in  die  Brust  gestochen;  ein  sich    auf  das   Menschenbein,    dem    sie   umge- 

Seher  ist  zur  Stelle,   der  das  auf  den  ungün-  60  bunden  wird.     Dies  war  ein  Beispiel  für  das 

stigen  Ausgang  des  Kampfes  deutet.    Die  ent-  TCfgidytrsiv,  ein  Beispiel  für  Salben   gibt  Bli- 

wickeltere  Kunst  solcher  Deutung  begnügt  sich  nius  nat.  hiU.  29,  123:  weil  der  Adler  beson- 

nicht  mehr  mit  den  zufällig  sich  einstellenden  ders  sehkräftig  ist  (s.  0.  Sp.  942),   salbt  man 

Zeichen,  sondern  führt  ihre  Erscheinung  herbei.  kranke  Augen  mit  seiner  Galle.     Ebenso  hält 

Romulus  und  Remus  beobachten  so  lange,  bis  man.   von   Tieren   und  Orten   das  Unheil  fein, 

ihnen    ein    Vogelzeichen    die    Herrschalt   ver-  Eine   Spitzmaus,   lebendig   in  ein  Tongehäuse 

kündet    {Enn.   Ann.   v.   79 ff.    Vahl.^).     Dieser  gesteckt,  hängt  man  dem  Vieh  um,  damit  es 

Deutung  liegen  die  oiaviarcci  der  Griechen  ob,  nicht  gebissen  wird  {Cohim.  6,  17,  6).    In  einem 


947 


Tierdämonen 


Tierdämoneu 


948 


Acker   vergräbt   man    all    Apotropaioii    einen 
AdlerHugel  {Geopan,  1,  14,  2). 

Den  begehrten  Schntz  vermag  das  dtVmo- 
nische  Tier  auch  durch  sein  Bild  zu  verleihen. 
Ursprängliches  Denken  unterscheidet  nicht 
zwischen  Original  und  Abbild :  trage  ich  das 
Bild  eines  Tierdämons  bei  mir,  so  habe  ich 
den  Dämon  selbst  an  mir,  dessen  Kraft  ebenso 
auf  den  Träger  übergeht  wie  die  Beweglich- 
keit der  Hindin  aaf  den  kranken  Fuß  (oben  lo 
Sp.  946).  Daher  werden  Bilder  von  Tierdä- 
monen seit  ältester  Zeit  als  Amulette  getragen. 
Diesem  Zweck  haben  die  sog.  Inselsteine  ge- 
dient: geschnittene  Steine  mykenischer  Zeit, 
die  hauptsächlich  auf  den  Inseln  des  Ägäischen 
Meeres  gefunden  worden  sind.  Auf  sie  hat 
Ad.  MücMtöfer  aufmerksam  gemacht.  Die  An- 
fänge der  Kunst  in  Griechenland,  Leipz.  1883; 
S.  41:  'sie  sind  fast  sämtlich  durchbohrt  und 
wurden  somit  amulettartig  oder  reihenweise  20 
getragen.'  Doch  ist  'reiheoweise'  kein  Gegen 
satz  zu  'amulettartig*:  vielfach  hat  man,  um 
Kräfte  zu  kumulieren,  mehrere  Amulette  zu- 
sammengefugt; eine  Amulettreihe  ist  abgebildet 
bei  O.  Jahn  a.  a.  0.  Taf.  5  Abb.  2.  Seit  Milch- 
höfer  hat  sich  das  Material  namentlich  durch 
kretische  Ausgrabungen,  deren  Funde  einer 
noch  älteren  Zeit  angehören  {0.  Roßbach, 
Gemmen,  Fauly-Wissoivas  Bealenc.  7,  1058), 
sehr  vermehrt.  So  durch  die  Steine  von  Zakro  so 
(Z>.  G,  Hogarth,  Journ.  Hell.  Stud.  22,  1902, 
S.  76 ff,  333 ff.  Taf  6—10);  G.  Maraghiannis, 
Antiquites  Cretoises  1,  Taf.  31;  s.  auch  A.  J. 
Eoans,  Scripta  Minoa  1,  Oxford  1909,  S.  8  ff.). 
Diese  kretischen  Steine  fanden  auch  als  Ring- 
steine Verwendung  {Babelon,  Gemmae,  Darem- 
berg-Saglio,  Dict.  des  ant.  2,  1470):  da  war  die 
Kraft  des  Bildes  durch  die  prophylaktische 
Kraft  verdoppelt,  die  der  Ring  als  Zauberkreis 
besitzt.  Wenn  man  sie  zum  Siegeln  benutzt,  40 
und  daher  auch  Petschafte  mit  solchen  Dar- 
stellungen bekannt  sind  {O.  Roßbach  a.  a.  0. 
Sp.  1057),  so  liegt  hier  wohl  eine  Kreuzung  mit 
der  rein  praktischen  Absicht  vor,  einen  Gegen- 
stand durch  ein  solches  Bild  äußerlich  kennt- 
lich zu  machen. 

Auf  den  kretischen  Gemmen  und  den  Insel- 
steinen erscheinen  vielfach  Tiere  oder  Teile 
von  Tieren  (Evans  a.  a.  0.  S.  206  ff.),  ohne  daß 
man  ihnen  überall  dämonische  Bedeutung  zu-  50 
schreiben  mußte  (so  findet  sich  nichts  spezifisch 
Tierdämonisches  auf  den  von  Xanthudidis  ver- 
öffentlichten Gemmen,  '£qp.  &qx.  1907,  1,  141  ff. 
Taf.  6).  Da  aber  haben  wir  Dämonisches  an- 
zunehmen, wo  Misch- 
gestaltenauftreten. So 
ist  bei  Evans  S.  34 
Fig.l5a(s.  Abb.  l)der 
Kopf  eines  Ziegen- 
bocks mit  Flügeln  und  60 
Menschenbeinen  kom- 
biniert. Häufig  er- 
scheinen diese  Misch- 
wesen in  Aktionen,  die 
nur  Dämonen  vor- 
nehmen können.  So 
schleppt  z.  B.  ein  Tier 
mit    Pferdekopf    und 


^L-^^ 


1)  Nach  Eeant  a.  a.  O.  S.  34, 
Fig.  15  a. 


Vogelleib  zwei  getötete  Löwen  auf  einer  Stang«« 
über  der  Schulter  weg  (Abb.  2),  bei  Milchhö/a 
S.  66  b;  ein  ähnliches  Motiv  kommt  noch  auf 
vier  andern,  ebendort  abgebil- 
deten Inselsteinen  vor.  Mildi- 
lu'ifer  knüpfte  daran  die  Aus- 
deutung auf  einen  Dämon  der 
in  schwarzen  Wolken  auftre- 
tenden Wanderheuschrecke; 
die  Wolke  werde  durch  den 
Pferdekopf  dargestellt  (S.  64)     „,  ^^    ».  ^n  uk,^ 

Dem   wird  man   nicht  folgen,    '^''^o  1  J^f " 

1  ,  .  «    » •  1  .    o   .  '        a.  a.  u.  B.  öo  D. 

zumal  hier  möglicherweise  ein 
orientalischer  Typus  eingewirkt  hat  {Roßbach 
a.  a.  0.   1060),    wie   überhaupt   mancher   Zug 
dieser   Art  asiatischen    oder   ägyptischen    Ur- 
sprungs ist  (Babelon  a.  a.  0.  1471). 

Das  Motiv  der  Mischgestalt  zum  Ausdruck 
des  Dämonischen  findet  sich  häutig  auf  den 
griechischen  Gemmen  auch  der  historischen 
Zeit.  Eine  Zusammenstellung  solcher  Typen 
geben  Imhoof- Blumer  und  Otto  Keller,  Tier- 
und  Pßanzenbilder  auf  Münzen  und  Gemmen 
des  klass.  Altertums,  Leipzig  1881),  Taf  2.').  2G 
(auf  Münzen  Taf.  11—18).  Reichhaltiger  ist 
Ä.  Furtwängler ,  Die  antiken  Gemmen.  Dort 
begegnen  uns  Darstellungen  auch  solcher  Tier- 
dämonen, deren  Namen  wir  nicht  kennen  und 
die  uns  so  zeigen,  daß  der  Glaube  an  solchr 
Wesen  über  den  Kreis  der  offiziellen  Mythologie 
hinausgritf.  19,  71  erscheint  ein 
Wesen  mit  drei  Pferdeköpfen,  64,  7 
(Abb.  3)  kämpft  ein  Dämon,  der 
einen  Tierkopf  trägt,  mit  einem 
Panther.  Viel  zahlreicher  sind  die 
üblichen  Mischgestalten,  meist  mit  ^J,,i^*°^f^o' 
der  Menschenform,  bei  Wesen,  "'"'*''' 
welche  der  griechische  Mythos  auch  sonst  kennt 
(Acheloos  6,  39  und  öfter;  SUene  5,  53  und  öfter: 
Giganten  mit  Schlangenbeinen  37,  32):  für  sie 
muß  auf  die  einschlägigen  Artikel  dieses  Lexi- 
kons verwiesen  werden.  Auch  zeigt  sich  die 
Neigung,  bekannte  Erscheinungen  des  Mythos 
umzugestalten,  indem  man  ihrem  Leibe  gegen 
die  übliche  Auffassung  Teile  von  Tieren  beilegt. 
Silen  erhält  einen  Pantherleib  mit  Flügeln  (10, 
52),  Pan  den  Leib  einer  Heuschrecke  (25,41), 
Eros  einen  Hundekörper  (66,  3).  Hinter  solchen 
Dingen  wird  nicht  mehr  überall  wirklicher 
Glaube,  sondern  eher  der  künstlerische  Spiel- 
trieb stehen,  der  sich  gelegentlich  ganz  offen- 
kundig an  der  schwierigen  Aufgabe  freut,  he- 
terogene Elemente  zu  einem  harmonischen 
Gebilde  zu  fügen.  So  bietet  25,  42  eine  Kom- 
bination aus  Teilen  von  Mensch,  Vogel,  Raub- 
tier und  Hornvieh;  45,  42  zeigt  einen  Raben 
mit  Pferdekopf,  der  von  einer  Ameise  am 
Flügel  gelenkt  wird;  das  könnte  für  einen  Myr- 
mex  geschnitten  sein,  der  ein  Pferd  Korax 
(Paus.  G,  10,  7)  besaß.  45,  47  ist  ein  Pferde- 
kopf mit  Flügeln,  46,  31  ein  Hahn  mit  Esels- 
kopf, 64,  10  ein  reitender  Flügel.  Ganz  phan- 
tastische Schöpfungen  der  Künstlerlaune 
scheinen  8,  25;  25,  42,  61,  45  zu  sein.  Aber 
der  Tierdämonismus  war  keineswegs  erstorben, 
auch  wenn  er  lange  Zeit  scheinbar  nur  den 
Gemmenschneidern  die  Zierformen  lieferte.  In 
den   unteren  Schichten   der  Bevölkerunsr  lebte 


949 


TierdUmonen 


Tierdämonen 


950 


4)  Nach  Babelon 
a.  a.  O. 


er  fort,  und  in  der  Zeit  des  späten  Synkretis- 
mus findet  er  auf  den  geschnittenen  Steinen 
der  Amulette  von  neuem  einen 
ernsthaften  Ausdruck.  Eine  solche 
'gnostische'  Gemme  gibt  Abb.  4 
wieder  (nach  Babelon  a.  a.  0. 
S.  1481):  der  Dämon  hat  Hahuen- 
kopf,  Menschenleib,  Sclilangen- 
füße.  S.  auch  die  löwenköplige 
Knuphisschlange,  Bd.  2  Sp.  1250.  lo 

Nicht  nur  den  Menschen,  son- 
dern auch  den  Orten  zum  Schutz 
haben  Bilder  der  Tierdäraonen 
gedient.  Am  Burgtor  von  Mykene  sind  zwei  Lö- 
wen angebracht,  die  früher  nach  außen  blickend 
das  der  Burg  nahende  Unheil  verjagt  haben. 
Bekannt  sind  aus  späterer  Zeit  die  Darstellungen 
des  Malocchio  (s.  d.  Mosaik  vom  Caelius,  P. 
Bienkowski,  Eranos  Vindohoncnsis  S.  285  f.),  wo 
das  böse  Auge  von  einer  Reihe  von  Tieren  an-  20 
gegriffen  wird:  von  Schlange,  Hirsch,  Löwin, 
Kind,  Skorpion,  Bär,  Ziegenbock,  Krähe,  Rabe 
—  das  ist  eine  Musterkarte  schützender  Tier- 
dämonen. Die  letzten  Ausläufer  eines  ähnlichen 
Tierbildzaubers  sind  die  bis  ins  Mittelalter  zu 
verfolgenden  Telesmata  (0.  Weinreich,  Antike 
Heilungswunder,  Beligionsgesch.  Vers.  Vorarb.  8, 
1,  lG2tf.),  die  z.  T.  dem  ApoUonios  von  Tyana 
zugeschrieben  wurden:  etwa  ein  ehernes  Skor- 
pionenbild, das,  in  einer  Stadt  vergraben,  alle  ao 
Skorpionen  von  ihr  fernhält.  Die  Landplage 
weicht  wohl  deshalb,  weil  sie  sieht,  daß  der 
Ort  bereits  von  ihrem  dämonischen  Ebenbild 
besetzt  ist  (s.   Usener,  Kl  Sehr.  4,  492). 

Nutzen  und  Schaden,  wie  sie  der  Mensch 
durch  das  Tier  erfährt,  können  so  gewaltig 
sein,  daß  das  Tier  durch  die  Religion  zum 
Gott  erhoben  wird.  Die  Überbleibsel  des  alten 
Tierkultes  berühren  sich  mit  dem  Tierdämo- 
nismus so  eng,  daß  auch  über  sie  einiges  40 
gesagt  werden  muß.  Als  Reste  solch  alten 
theriomorphen  Kultes  sind  bestimmte,  dem 
Tierdämonismus  nahestehende  Verwendungen 
von  Hülle  und  Namen  eines  Tieres  zu  deuten. 
Wenn  der  Gott  ein  Tier  ist,  so  kennzeichnen 
sich  die  Gläubigen  als  die  Seinen,  indem  sie 
sich  in  das  Fell  des  heiligen  Tieres  kleiden 
und  so  am  Gottesdienst  teilnehmen.  Auf  einem 
Fresko  von  Mykenä  sind  drei  Männer  mit 
Eselsköpfen  abgebildet,  die  hintereinander-  so 
schreitend  zusammen  eine  lange  Stange  tragen, 
wohl  Diener  eines  Eselgottes  bei  einer  Pro- 
zession (Ä.  B.  Cook,  Animal  Worship  in  the 
Mycenaean  Äge,  Joiirn.  Hell.  Stud.  14,  1894, 
S.  81).  Auf  späteren  Gemmen  erscheinen  Män- 
ner mit  einem  Hirsch-  oder  Eselskopf  (Fiirt- 
wmgler  18,  43.  44).  Die  letzten  Ausläufer 
dieser  sakralen  Begehungen  sind  später  Feste, 
an  denen  Menschen  in  Tiergestalt  auftreten 
{Fr.  Marx,  Aktaion  und  Prometheus,  Ber.  d.  60 
Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  1906,  101  ff.;  K.  Kuruniotis, 
Tb  iv  AvY.ooovQu  Msyccgov  T?)g  ^867toivr]s, 
Ecpriii.  ägx-  1912,  156  ff.);  dazu  gehören  wenig- 
stens zum  Teil  wahrscheinlich  die  Tierchöre, 
die  in  der  attischen  Komödie  begegnen  (J. 
Poppelreuter,  De  comoediae  Atticae  primordiis, 
Diss.  Berol.  1893,  5 ff.;  A.  Dieterich,  Pulcinella, 
Leipzig  1897,  S.  32).    Daher  stammen  auch  die 


Tiernamen  bestimmter  l^riesterkoUegien  (Äpxrot, 
^tUaacci,  TavQoi,  Gruppe  a.  a.  0.  1598,  3)  und 
die  Grade  der  Mithrasniysterien  {Dieterich, 
Mithraslitiirgie  150 f.).  Auch  die  Tracht  der 
Krieger  ist  häufig  ein  Tierfell,  und  dieses  ist 
mitunter  wohl  als  Hülle  des  Tiergottes  zu  be- 
trachten, in  dessen  Namen  sie  fechten  (  Verg. 
Aen.  .7,  688:  fulvosque  lupi  de  pelle  galeros). 
In  dieselbe  Richtung  mögen  z.  T.  auch  die 
Schildzeichen  wei.sen;  Kodros  führt  im  Schild 
die  Schlange,  die  Schlange  ist  Schutzgeist  des 
Heiligsten  auf  der  Akropolia  {Baumeister, 
Denkmäler  3  Abb.  2149). 

Nur  in  solchen  Resten  hat  sich  der  Tier- 
kult erhalten.  Die  nonnale  Gestalt  der  Götter 
in  der  späteren  Zeit  ist  die  menschliche.  Sie 
setzt  sich  nicht  nur  in  der  Weise  durch,  daß 
sich  die  Tiergestalt  allmählich  vermenschlicht 
(s.  0.  Sp.  940),  sondern  es  kann  auch  neben 
dem  menschengestaltigen  Gott  sein  ursprüng- 
liches Wesen  als  sein  heiliges  .Tier  treten 
Zeus  hat  den  Adler,  Apollo  den  Raben,  Athena 
die  Eule  {E.  Pottier,  La  chouette  d'Athene, 
Bull.  corr.  hell.  32,  1908,  529  ff.).  Diese  heiligen 
Tiere  haben  ans  der  Zeit,  da  sie  noch  Götter 
waren,  etwas  Dämonisches  zurückbehalten.  Sie 
besitzen  die  Gabe  des  menschlichen  Handelns 
(der  Adler  des  Zeus  raubt  für  seinen  Herrn 
den  Ganymedes,  Apollod.  3,  141)  und  der 
menschlichen  Rede  (der  Rabe  des  Apollo  meldet 
seinem  Herrn  die  Untreue  der  Koronis,  Apollod. 

3,  119),  und  ihre  Gegenwart  bringt  nach  wie 
vor  den  Menschen  Segen.  Diesen  versucht  man 
wiederum  sich  durch  ihr  Bild  zu  sichern,  nur 
blaßt  dieses  Bild  immer  mehr  ab  zum  schüt- 
zenden Zeichen  und  schließlich  zum  Zeichen 
schlechthin.  Wie  im  Orient  seit  alter  Zeit, 
ist  bei  den  Griechen  seit  Alexander,  bei  den 
Römern  seit  Augustus  der  Adler  das  Wappen 
der  Monarchen  {Oder  bei  Pauly -Wissowa  1 
Sp.  375):  die  zeusentsprossenen  Könige  unter- 
stehen dem  Schutz  des  Zeusvogels  und  be- 
zeichnen durch  ihn  ihre  Würde.  So  erscheinen 
heilige  Tiere  vielfach  auf  Münzen  als  Abzeichen 
der  Staaten  {Imhoof- Blumer  u.  Keller  a.  a.  0 
Taf.  Iff.):  Akragas,  das  den  Zeus  Atabyrios 
verehrt  {Polyb.  9,  27,  7),  führt  den  Adler  (Taf. 

4,  28);  Delphi  hat  den  Raben  des  Apollo 
{ebenda  33);  Athen  die  Eule  der  Pallas  {ebenda 

5,  17  ff.).  Noch  in  der  römischen  Kaiserzeit 
verleihen  die  heiligen  Tiere  den  Kriegern 
Schutz.  So  möchte  man  sich  den  Adler  der 
Perser  {F.  Sarre,  Klio  3,  346 ff.;  L.  Deubner 
weist  mich  darauf  hin)  und  der  römischen 
Legionen  erklären,  und  vielleicht  den  Eber 
der  zwanzigsten  und  der  ersten  Legion  {^von 
Domaszewski,  Abhandlungen  zur  römischen  Me- 
ligion  S.  12),  der  oft  auch  auf  Münzen  erscheint 
(Taf.  4,  10  ff.).  Damit  wird  nicht  bestritten, 
daß  andere  Tiergestalten  der  Signa  ursprüng- 
lich Zodiakalzeichen  sind  {Domaszewski  a.  a. 
0.  Iff.). 

Auch  im  Mythos  leben  die  alten  Tiergötter 
und  heiligen  Tiere  fort,  namentlich  in  den 
Verwandlungssagen.  Der  Glaube,  daß  Götter 
Tiergestalt  annehmen  können,  mußte  sich  schon 
aus  dem  Nebeneinander  beider  Offenbarungs- 
formen in   der   Religion   entwickeln.     Hekate, 


951                    Tierd&moDen  Tierdämonen                    952 

die  Göttin  des  wechselnden  Moude»  jutißovGa  So  berichtet  Omd  {Fast.  2, 24;}  ff.),  Phöbus  habe 
Jb.  des  arch.  Jnst.  Erg.- Heß  6,  24)  macht  vor  einst  den  Raben  mit  einem  Krug  y.wm  Wasser- 
allen von  dieser  Gabe  Gebrauch;  bei  Lukian  holen  geschickt,  der  Vogel  habe  seine  verspä- 
Philops.  14  erscheint  sie  zuerst  als  Weib,  Hxa.  tete  Rückkehr  damit  entschuldigt,  daß  er  von 

ß)Vff  iyivtxo  «dyxoioff,  tlra  0xvla|  itpaivsro.  einer  Wasserschlange  aufgehalten  worden  sei, 
iese  Fähigkeit  teilt  sie  mit  den  verwandten  v.  266  antiqui  monumenta  perennia  facti  anguis 
Gespenstern  des  Hades,  Empusa  wird  Aristoph.  avis  crater  sidera  iuncta  micattt. 
Ran,  290  (vielleicht  ist  das  die  Vorlage  für  Die  letzten  Beispiele  zeigen,  daß  eine  un- 
Lukian  gewesen)  x6ts  (i^v  ys  ßovg^  vvvi  d*  dgtvg^  disziplinierte  Ätiologie  die  Erzeugerin  solcher 
TÖre  S'  av  yvvi^^  und  endlich  zum  Hund.  Hunde-  lo  Mythen  sein  kann.  Das  gilt  auch  für  die  Vor- 
gestalt nimmt  der  Pestdämon  bei  Philostratos  stufe  der  künstlerischen  Metamorphose,  für  die 
an  (oben  Sp.  988).  Auch  Heroen  verwandeln  volkstümliche.  Vom  Adler  erzilhlte  man  sich, 
sich,  sie  haben  dann  diese  Gabe  von  den  Göt-  er  sterbe  vor  Hunger,  weil  im  Alter  sein  Schna- 
tem  als  Geschenk  erhalten.  Hes.  Katal.  fr.  31  bei  sich  so  krümme,  daß  er  keine  Nahrung 
{Kinkel,  Epic.  graec.  fr.  S.  98):  dem  Perikly-  mehr  zu  sich  nehmen  könne.  Dazu  bemerkt 
menos  hatte  Poseidon  gewilhrt,  daß  er  zum  Äristoteh.^  H ist.  an.  9, '62 -p.  619 &  IS:  iTriXiyixai 
Adler,  zur  Ameise,  zur  Biene  und  zur  Schlange  öh  xai  ftv^og,  wj  xovxo  Ttdaxsi^  öioxi  üv&Qionog 
werden  konnte:  das  erinnert  sehr  an  Proteus,  nox*  atv  rfdinriae  ^ivov. 

Od.  4,  467  f.  In  solchen  Tieren,   die  ehemals  Menschen 

Ihrer  Verwandlungsgabe  bedienen  sich  die  20  waren,  mußte  volkstümliches  Denken  dämoni- 

Götter  namentlich  in  erotischen  Mythen.    Luk.  sehe  Wesen  sehen.     Ganz  besonders  gilt  das 

Deor.  dial.  2  wirft  Zeus  dem  Eros  vor:    oMv  von   Schlange,   Vogel    und  W^olf.     Der  Aber- 

iexiv  6  fit]  nfxoirtxdg  fis  . .  .  xavgov  . . .  xv-nvov,  gläubische  des  llieophrast  (Char.  16)  errichtet 

&it6v.    Eine  Version  erzählte  also,  daß  Zeus  da,    wo  er  im  Hause  eine  Schlange    gesehen 

selbst  der  Adler  gewesen  sei,  der  den  Gany-  hat,  ein  jjQtaov:  er  hält  sie  also  für  eine  Toten- 

medes  raubte;  als  Schwan  betört  er  Leda,  als  seele  {liohde,  Psyche  1*,  244).     Das  lag  nahe, 

Stier  entführt  er  Europa.     In  solchen  Mythen  denn  sie  kommt  oft  scheinbar  aus  der  Erde, 

wandeln  sich  auch  Heroinen  zu  Tieren:  lo  zur  dem  Aufenthalt  der  Unterirdischen.  Über  Vögel 

Kuh  (Bd.  2  Sp.  264),  Kallisto  zur  Bärin  (Bd.  2  als   Träger  der  Totenseele   s.  Georg  Weicker, 

Sp.  931).     Nun  werden  Europa  und   Leda,   lo  30  Der  Seelenvogel   in  d.  alt.  Literatur  u.  Kunst, 

und  Kallisto  als  Mütter  von  Göttern  und  He-  Teubner  1902:  dort  wird  auch  gezeigt,  wie  aus 

roen  genannt,  und  einige  sind  durch  ihre  Söhne  solchen  Vorstellungen  die  mythische  Figur  der 

Stammütter  von  Völkern :    lo  durch  Epaphos  Sirene  (s.  d.)  entstehen  konnte.    Als  Rabe  iBiegt 

und  Danaos  der  Danaer  (Bd.  1  Sp.  953),  Kai-  die  Seele  des  Aristeas  (Plin.  nat.  hist.  7,  174), 

listo  durch  Arkas  der  Arkader  (Bd.  1  Sp.  652):  als    Geier   die   des   Peregrinus  aus  dem  Leib 

das  hier  sich  einstellende  Problem,  inwieweit  (Xt*c.  de   morte    Per.  39).     Auch   Bienen    und 

solche   Sagen   unverstandene  Reste   totemisti-  Schmetterlinge   werden  als  Seelen  der   Toten 

scher   Religionen   sind,    die   in    dem   heiligen  betrachtet   (Weicker  S.  30.    Güntert,   Kalypso 

Tier  zugleich  den  Stammvater  oder  die  Stamm-  215  ff.).    Diese  Vorstellungen  hängen  mit  dem 

mutter  des  Geschlechts  verehrten,  ist  noch  nicht  40  alten  Glauben  zusammen,  daß  die  Seele  mit 

spruchreif.  dem  letzten  Hauch  in  die  Luft  entweicht  und 

Eine   künstlerische   Ausbildung  haben   die  dort    weiterlebt    {Rohde,  Psyche  1*,  249;   vgl. 

Sagen   von   Heroen,   die   in   Tiere   verwandelt  dazu  auch  Röscher,  D.  hippokrat.  Schrift  vov 

wurden,  durch  die  Literatur  der  Metamorpho-  der  Siebenzahl  u.  ihr  Verhältnis  z.  Ältpythago- 

sen    erfahren,    so    durch    Nicanders   'Extgov-  reismus  1919,  S.  81). 

oviLsvUy  von  denen  uns   Ovids  Metamorphosen  Im  Wolf  dagegen   steckt    die  Seele    eines 

ein    Spiegelbild    geben,     s.    Georges    Lafaye,  lebenden  Menschen.     Weit  verbreitet  ist  der 

Les    wetamorphoses    d'Ovide    et    leur    modeles  Glaube,  daß  es  Leute  gibt,  die  ihre  eigentliche 

grecques  (Paris  1904);  chap.  I  Les  origines  du  Gestalt  aufgeben,  zum  Wolfe  werden  und  sich 
sujet  dans  la  litterature  grecqtie.   S.  245  f.  gibt  50  wie   Wölfe    gebärden    können    (s.  0.  Sp.  938). 

Lafaye  einen    ausführlichen  Index  der  Tiere,  Um  diese  Meinung  zu  erzeugen,  scheinen  Vor- 

in  deren  Gestalt   die  Menschen  bei  Ovid  ver-  Stellungen    mancherlei    Art    zuf^ammengewirkt 

wandelt  werden,  s.  auch  W.  Buhbe,  De  meta-  zu  haben.     Caroline  Stewart   {Die  Entstehung 

morphosibus  Graecorum  (Diss.  phil.  Hai.  24,  1)  des  Werwolfglaubens,  Ztschr.  d.  V.  für  Vnlksk. 

3 ff.    Eine  Abart  dieser  Literatur  sind  die  Ka-  19,  1909  S.  30ff.)  denkt  sich  als  Veranlassung 

tasterismen,    wie    sie  Eratosthenes  gesammelt  Fälle,  bei  denen  Menschen  sich  zu  irgendeinem 

hatte  {Knaack  hei  Pauly-Wissowa  6  Sp.  377  ff.).  Zweck  tatsächlich  mit  einem  Wolfsfell  beklei- 

Unter  den  Konstellationen,  in  denen  das  Volk  deten;    Röscher   {Kynanthropie    S.  22)    daran, 

bestimmte  irdische  Dinge  erkannte,   schlössen  daß  Lykanthropen   nach   Genesung  von    ihrer 

sich  einzelne  auch  zum  Bild  eines  Tieres  zu-  60  Krankheit   erzählt   haben,    sie    seien  wirklich 

sammen.    Die   Frage,  wie    das   Tier    an    den  Wölfe  gewesen. 

Himmel  gekommen  sei,  beantwortete  man  mit  Wie  im  Mythos  so  treten  die  Tiere  mit 
einem  Mythos.  So  wird  der  Große  Bär  als  die  übernatürlichen,  mehr  oder  minder  dämonischen 
verstirnte  Kallisto  erklärt  (Bd.  2,  Sp.  932f ):  da  Fähigkeiten  begabt,  auch  in  verwandten  Weisen 
wird  also  an  einen  bereits  vorhandenen  Mythos  des  Erzählens  und  des  Denkens  auf.  Im  Mär- 
angeknüpft. Oder  es  wird  ein  neuer  Mythos  er-  chen  erscheinen  sie  dem  Menschen  durchaus 
fanden:  ein  solcher  verrät  sich  meist  durch  gleichartig,  mit  menschlichen  Empfindungen 
das  Farblose  und  Gesuchte  seiner  Erzählung.  begabt;   s.  Aug.  Marx,   Griech.  Märchen  von 


953                        Titatina  Tifatina                        954 

ddnkharen  2'ieren,SiuiigaTtlS>^\).  Erinneroiigen  der  Göttin,  an  der  Stelle  der  heutigen,  ver- 
an  die  Zeit  ör^  (pcovi'jevra  r^v  xü  ^coa  [Xen.  Mem.  lassenen  Benediktinerabtei  S.  Angelo  in  Formis 
2,  7,  13)  bietet  die  namentlich  in  Griechenland  \CIJj  10,  2,  Tab.  III  Hab,  auch  HI.  Kiejiert, 
sehr  verbreitete  Tierfabel  (Hnusrafh  bei  Form.  Orb.  Ant.XX].  —  Den  Bcmamen  T.,  &\ih- 
Pauly-Wissoiva  Q  Sp.  17()4tf.),  in  der  die  Tiere  geschrieben  oder  abgekürzt  (T?/«^,  yV/'.)  nennen 
handelnd  und  redend,  z.  T.  mit  bestimmten,  acht  Inschriften  (s.  u.,  Zeugnisse  6.  7.  9.  14.  15. 
ihrer  Eigenart  entsprechenden  Kigennanien  (der  17.  22.  23;,  davon  eine  ^9)  mit  beigefügtem 
schlaue  Fuchs  heißt  Ktgöth^  Luc.  Heimat.  84)  zweiten  Beinamen  Trivia,  vgl.  hicola  Ti/utae 
eingeführt  werden.  Eine  andere  Art  von  Er-  in  einem  spätzeitlichen,  inschriftlichen  Weih- 
zählungcn  geht  nicht  auf  Worte  und  Taten,  lo  gedieht  (10);  auch  findet  eich  der  Beiname 
sondern  auf  merkwürdige  Sitten  und  Gebräuche  bloß  durch  den  Anfangsbuchstaben  T  ange- 
einzelner Tiergattungen  aus,  die  ins  Fabelhafte  deutet  (7.  8.  21  V).  In  den  übrigen  InBchrilten  Ul 
gesteigert  und  moralisch  ausgedeutet  werden.  — 1.'].  16.  18—20)  heißt  die  Göttin  lediglich 
Die  ordentlichen  Bienen  sind  so  reinlich,  daß  Diana.,  ebenso  bei  Velleius  (1),  vgl.  Süius  (2) 
sie  Menschen  angreifen,  wenn  diese  vom  Liebes-  und  Tah.Peut.  (5),  bei  Griechen  (3.  4)  Artemis. 
genuß  kommen  (Colum.  9, 14,  3,  Olck  bei  l'auly-  Nach  Tansanias  (3),  der  das  Heiligtum  selbst 
Wissoiva  3  Sp.  440).  Hier  liegen  die  Wurzeln  besucht  hat,  war  dieses  höchstens  etwa  30  Sta- 
der  iu3  Mittelalter  so  beliebten  Physiologus-  dien  (=  3  röm.  Meilen,  weniger  als  A:^/^  km) 
Literatur.  von  Capua  entfernt.  Es  lag  im  Gemeindejjebiet 
Derartige  bestimmte  Eigenschaften  der  Tiere  20  von  Capua,  weshalb  Athenaios  (4),  der  gleich- 
waren im  Altertum  so  bekannt,  daß  ein  kurzer  falls  das  Heiligtum  besucht  hat,  kurz  iv  Kanvr] 
Satz  genügte,  um  daran  zu  erinnern.  So  ist  sagt,  vgl.  die  Inschrift  (20)  CIL  10,  8071,  5. 
das  Tier  in  Sentenzen,  Gleichnissen,  Sprich-  Eine  nach  der  Göttin  via  Dianae,  iter  Dianae 
Wörtern  ein  beliebtes  Element;  auch  hier  hiiu-  genannte  (Prozespions-) Straße  führte  von  dem 
tig  mit  Qualitäten,  die  man  eher  dämonisch  nach  dem  Fluß  Yolturnus  benannten  Stadttor 
als  animalisch  nennen  kann.  S.  C.  S.  Köhler,  von  Capua  zur  Tempelstätte  hinaus  (11.  12). 
Das  Tierliben  im  bpriclmort  der  Griechen  und  Als  Capua  von  den  Römern  im  J.  543  der  Stadt 
Eömer,  Leipz.  1881  S.  26,  11  The^aurum  draco,  Born  =-  211  v.  Chr.  eiobert  war  und  wegen 
S.  149,  15  habet  equum  Seiani:  da  liegt  die  seines  Anschlusses  an  Hannibal  durch  Auf- 
Vorstellung von  schätzehütendeu  Drachen  und  30  lösung  seines  Gemeinwesens  bestraft  wurde, 
dämonischen  unglückbringenden  Tieren  zu-  zerfiel  sein  Gebiet  in  Landbezirke,  Pagi,  mit 
gründe.  Das  Sprichwort  lupus  in  fabida  {A.  sakralem  Mittelpunkt,  unter  welchen  der  Pagus 
Otto,  Die  Sprichwerter  der  Mömcr,  Leipz.  1890,  Dianae  Tifatinae  der  bedeutendste  gewesen 
199,  s.  auch  das  Verzeichnis  S.  384 ff.)  ist  der  sein  muß.  Diese  Paoi  waren  alljährlich  aus  der 
letzte  Nachklang  des  alten  Glaubens,  daß  die  Bauernschaft  neugewählten  Beamten  unterstellt, 
Nennung  des  Namens  genüge,  um  den  Wolfs-  welche  die  Amtsbezeichnung  magistri  führten, 
dämon  herbeizubeschwören.  Nach  Mommsen  {CIL  10  p.  366/367  u.  367  Col.  I, 
Diese  Kedewendungen  bieten  die  abgeblaßte  auch  Hülsen  a.  a.  0.)  waren  die  meisten  der 
Form  des  antiken  Glaubens  an  Tierdämonen.  inschriftlich  bezeugten  Magistri,  Freie  und  Fi ei- 
Dieser  Glaube  hat  sich  in  seinen  meisten  Er- 40  gelassene,  Bezirksvorsteher  des  Pagus  der  Diana 
Scheinungsarten,  nur  wenig  durch  das  Mittel-  Tifatina,  insbesondere  aber  CIL  10,  3775—3781 
alter  verändert,  erhalten  bis  in  die  Neuzeit,  aus  den  Jahren  644— 655  der  Stadt  =  110— 99 
wie  jeder  Blick  in  die  Sammlungen  zur  neu-  v.  Chr.  (3781:  s.  u.,  Zeugnisse,  nr.  13),  nebst 
griechischen  und  italienischen  Volkskunde  lehren  Ephem.  epigr.  8  p.  120,  nr.  460  u.  p.  122,  nr.  473 
kann.  Noch  heute  hält  man  in  Griechenland  aus  den  Jahren  646  und  670  d.  St.  =  108  und 
die  Schlange  für  einen  schützenden  Hausgeist  84  v.  Chr.  Diese  Amtswürde  blieb  auch  noch 
und  redet  von  schätzehütenden  Drachen  {B.  späterhin  bestehen:  ihre  Inhaber,  welche  die 
Wünsch,  Was  sich  das  griechische  Volk  erzählt,  gottesdienstlichen  Obliegenheiten  zu  besorgen 
Hess.  Blätter  für  Volksk.  5,  1906,  112),  noch  und  das  Tempelgut  zu  verwalten  hatten,  sind 
heute  verwendet  man  in  Italien  dieselben  Teile  50  uns  durch  zwei  Grabschriften  (15.  16)  als  ma- 
von  Tieren  als  zauherkräftige  Amulette  wie  g (ist ri)  fani  Dianae  (Ti f.)  hezeugt.  Eine  andere 
vor  2000  Jahren  {Gitis.  BeVucci,  II  feticismo  Grabschrift  (17)  nennt  einen  pr(aefectus)  i(ure) 
primitivo  in  Italia,  Perugia  1907,  33  u.  ö.).  d(icundo)  montis  Dianae  Tif.,  also  einen  Ober- 

[R.  Wünsch.]  richter  für  das  Tempelgebiet  der  Diana  an 
Tifatina,  Beiname  der  Diana,  abgeleitet  vom  und  auf  dem  Mons  Tifata. 
Namen  der  im  Altertum  bewaldeten,  heute  Innerhalb  des  Pagus  hatte  das  Heiligtum 
kahlen  Berggruppe  Tifata,  welche  öfters  in  der  der  Diana  T.  eigenen  Grundbesitz,  welchen, 
Geschichtschreibung  genannt  ist  (bes.  mit  Be-  nach  dem  Zeugnis  des  wahrscheinlich  aus  Capua 
zug  auf  das  Dauerlager  des  Hannibal,  J.  215  gebürtigen  oder  hier  wohnhaften  Velleius  (1), 
V.  Chr.:  in  Tifatis,  J.  211:  in  valle  occulta  po^t  60  L.  Cornelius  Sulla  zum  Dank  für  seinen  im 
Tifata  montem  imminentem  Capuae;  Tifata  ist  J.  671  der  Stadt  Eom  =  83  v.  Chr.  am  Mons 
Neutr.  Plur.;  die  Berggruppe  heißt  heute  nach  Tifata  über  den  Konsul  Norbanus  erfochtenen 
einer  an  ihrem  südwestlichen  Ende  gelegenen  Sieg  erheblich  vergrößerte  durch  Angliederung 
Stadt:  Monti  diMaddaloni,  iV^i55en,7<aLirfAiv7e.  eines  Heilbades  mit  vielem  Ackerland.  Diesen 
2,  2,  ,S.  709.  Mommsen,  CIL  10  p.  366,  Col.  II).  von  Sulla  geschenkten  Landbesitz,  der  offenbar 
Am  westlichen  Fuß  dieser  Berggruppe  (nicht  durch  habgierige  Umwohner  verkümmert  wor- 
auf der  Höhe),  nördlich  von  Capua  (S.  Maria  den  war,  haben  Augustus  und  Vespasianus 
Capua  vetere),   lag  das   altitalische  Heiligtum  wiederhergestellt,  wie  die  Inschriften  von  Grenz- 


955  Tifatina  Tifatina  95(> 

sieinea  (6.  7)  bezeugen,  welche  Vespasiauus  im  A.  Literarische  Belej^e:    1.    Wlleius  2, 

J.  T7  n.  Chr.  hat  setzen  lassen.  Die  Tempelstätte  26,  4  (J.  88  v.  Chr.):  t>ost  victoriam  Sulla  (ilescen- 

der   Diana   T.   bezeugt   als    Eigentümerin   ein  dens  montem  Tifata)  gratis  Dianae,  cuius  nit- 

Siegelstempel  (14)  mit  dem  Namen  der  Göttin,  mini  regio  illa  sacrata  est^  solvit:  aqwis  salu- 

und  erhaltene  Inschriften  nennen  einen  (unfreien)  britate  medendisque  corporibus  nobiles  agrosque 

Qatsvenralter,  Vilicus  (18),  und  eine  Freigelas-  oinnis  addixit  deae»  huius  gratae  religionis  me- 

sene  (19)  Mer   Diana'.    Bei  der  Tempelstätte  moriam  et  inscriptio  templi  adßxa  posti  hodie- 

war  ein  Vicus  erwachsen,  den  eine   Inschrift  que  et  tabula  testatur  aerea  intra  aedem  (Hb.: 

(12)  nennt  und  der  in  der  einzig  erhaltenen  a^rea   inteie   oder   interea).    Vgl.   Frü/dich    in 

Reisekarte,  Tab.  Peut.  (6),  vermerkt  ist  unter  lO  Pauly-Wissowa,  Beil-Encylop.  der  claas.  AUer- 

der  üblichen,  vom  Insigne  ('Aushängeschild')  tumswiss.  4, 1,  Sp.  1646.  —  Über  die  kampaui- 

der   ursprünglich    hier   Destehenden   Herberge  sehe  Heimat  des  Velleius  (vermutlich  Capua)  s. 

überkommeneu  Bezeichnung  Ad  Dianam.  Mommsen,  CIL  10  p.  367, 1.    Tm/fel,  Gesch.  d. 

Als  Weihegaben  im  Tempel  nennen  Pausa-  röm.  Lit.  §  278, 1  (»2  S.  194). 
«üu  (3)  einen  Elefanteuschädel  (wohl  eine  Jagd-  2.  Siliiis  Ital.  13,116fif. :    HirHchkuh,    von 

beute,  vgl.  Zeugnis  10)  und  Athenaios  (4)  einen  Capys,  dem  sagenhaften  Gründer  von  Capua 

altertümlichen  silbernen  Becher  mit  Worten  aus  aufgezogen,  (124  f.)  numen  erat  iam  cenia  loci 

Homer  in  Goldschrift.    Aus   der  Stips  Dianae,  famulamque  Dianae  credebant,   ac  tura  deum 

d.  h.  aus  den  frommen  Geldspenden,  waren  Bau-  de  more  dabantur  (also  Tierkult,  'Totemismus';. 

lichkeiten  mit  einer  Abschlußmauer  errichtet  20  (Vgl.  Vergil.  Aen.  7,  483if.) 
auf  Privatgrundstücken,  die  gleichfalls  aus  den  3.  Pausanias  6,  12,  3   behauptet  (wie  luba, 

Opfern    käuflich   erworben    waren,    auch    die  vgl.   M.  Wellmann  in   Pauly -  Wissowa ,    Meal- 

Kosten  von   Marmorbildwerken  waren   daraus  Encyclop.  ö,  2,  Sp.  2261),  daß  die  Stoßzähne  des 

bestritten,  alles  nach  dem  Zeugnis   einer  In-  p]lefanten  in  Wirklichkeit  Hörner  seien:  tovto 

Schrift  vom  J.  99  v.  Chr.  (13).   Weihinschriften  ovx  ccxorjv  ygacpa^  d-saadiisvo^^  öl  ilicpccvcog  iv 

der  Diana  T.  sind  Yiicht  bloß  an  der  Tempel-  yij   x\i  Kccintaviov  -Kgaviov   iv  'AgttfLidos   ibqoj- 

statte.  S.  Angelo  in  Formis,  gefunden  (8 — 10),  araälovs  ök   ojg  tQtdaovtcc  ccnixbi  ndhotu  Ka- 

sondern   auch   anderwärts   festgestellt  (21,   in  «urjs  t6  Isqov^   aur/j   dh   tj  firitgonoXis   ianv  i) 

Pompeji,  ist  fraglich),  so  in  Gallia  Narbonensis  Kanvr]  rav  Kafntaväiv. 

im  Lande  der  Vocoutii  (22  =  27)   und   an  der  so        4.  Athen.  11,  466e:   roiovrov  d'6o(iev  itoxri- 

Donau  in  Pannonia  inferior  (23);   an  letzterer  giov  ygafiiiaTiyibv    dvayisiusvov    iv   Kanvr]  tfn 

Stelle  war  ihr  ein  Tempel  errichtet,  wie   die  Ka\ntavicc?  xfi  'AgviuidL  ägyvgovv,  ^x  reo v 'Oft 73- 

erhaltene  Bau-  und  Weihinschrift  aus  der  Zeit  gixmv  inöäv  ncctscyifvuGiiivov  xccl  ivTsrvTtcauiva 

um  200  n.  Chr.  besagt.  (Hs.  A:  -ov)    ^x^""   "^^    ^^'H   xgvaoig   ygd^iiccGLv, 

Die  Vorstellung  von  der  Diana  T.,  welche  wg  tb  Niarogog  öv.    489  b:   onotov  n  xal  vvv 

wenigstens  in  späterer  Zeit  Geltung  hatte,  war  ^ativ    Idslv    iv   Kccnvj]    nöXat    Tfjg    Kccanav Ca.^ 

die  von  den  Griechen  übernommene  der  Arte-  dvaxBi^Bvov  zfi  'Agts^idL  Ttozr'igLov,  önsg  liyov- 

mis,  Diana  als  Schutzherrin  der  Jagd.    So  war  eiv  i-ABlvoi  Niaxogog  ysyovivoci-   toxi  dh  ägyv- 

sie,  abgesehen  von  einigen  Zutaten,  dargestellt  peov,  xgvaolg  ygdu^ußiv  ivtsxvTcco^sva  f';^oi;  xcc 
auf  dem  Wandgemälde  (26)  einer  Kapelle  im  40 'Oarjptxa  ^nri.   —   Vgl.  W.  Heibig,  Das  homer. 

Bereich   ihres   Tempelgutsbezirkes,    und   auch  Epos  aus  den  Denkm.  erl.  S.  272 ff.  (0.  Bd.  3,1 

auf  dem  Weihdenkmal  der   Narbonensis  (27)  Sp.  29lf.). 

ist  sie  als  Jägerin  vor  Augen  geführt.    Daher  Zu  3 — 4:  Über  derartige  Sehenswürdigkeiten 

hat  ihr,  der  Jagdgöttin,  ein  vornehmer  Mann  iuTempe]nB. Friedländer, Sittengeschichte Boms*^ 

im  4.  Jahrh.  n.  Chr.   seine   seltene   Jagdbeute  2  S.  173  ff.,  »1  S.  445  ff.  (bes.  S.  447  und  451), 
geopfert  (10).    Auf  Münzen  von  Capua  (24)  ist  5.  Tab.  Peut.  (6,  3/4  ed.  Miller):    Ad   Dia- 

sie  durch   einen  Köcher  gekennzeichnet,    auf  na(m)  ^  ßeischrift   zu  einem  Tempelhäuschen, 

Stirnziegeln   mit   eigenartiger,    altertümlicher  Miller,   Itin.   Bjm.   Sp.  365,   vgl.  S.  XLIV,  4. 

Darstellung  (25)  durch  Köcher  und  Bogen;  von  Die  Entfernuugszahl  ///  an  der  Straße  Capuae 

Silius  (2)  wird  die  Hirschkuh  (cerva)  ihre  Die-  50  — Sijllas  bezieht  sich  wohl  auf  jenen  Rastort 

nerin  genannt  (vgl.  die  Wandmalerei  [26]  und  am  Dianatempel;  außerdem  ist  an  dieser  Straße 

C/Z  9,  6314,  Weihdenkmal  der  Diana  von  luva-  die  Zahl  VI  vermerkt,    welche   vielleicht   die 

num  im  Gebiet  der  Frentani  in  Mittelitalien,  Entfernung  von  Capua  oder  Ad  Dianam  bis  Syl- 

wo  auf  den  Seitenflächen  der  Inschrift  Hirsch  las  angibt  (anders  Miller,  Itin.  Rom.  Sp.  365  f.). 

und  Hirschkuh  oder  Rehgeiß  dargestellt  sind).  Das  den  Rastort  Sijllas  darstellende  Bildchen 

Die  ursprüngliche  Auffassung  von  der  Diana  ähnelt  den  Bildchen,  welche  die  Badeorte  kenn- 

T.  wird  jedoch  wohl  die  allgemein  altitalische  zeichnen  {Miller  S.  XLV,  5);  vermutlich  ist  das 

gewesen  sein,  welche  in  Diana  eine   Frauen-  von  Sulla  dem  Heiligtum  geschenkte  Bad  (s.o. 

und    Geburtsgöttin    verehrte    (Wissoica).     Auf  nr.  1)  gemeint.   Auf  eine  Reisekarte  geht  auch 

dem  Wandgemälde  (26)  umgibt  ihr  Haupt  ein  60  zurück  Geogr.  Rav.  4,  33  (p.  276,  6  F.):  Sila. 
dreifacher  Kranz,  und  in  einer  Hand  hält  sie  B.  Inschriften:    6.  CIL  10,3828  (Dessau, 

eine  Fackel;  die  Göttin  ist  also  hier  als  lud-  Inscr.  lat.  sei.   3828),  zu    C^pua:    Imp(erator) 

fera,    als    Mondgöttin    gekennzeichnet.    Durch  Caesar  Vespasianus  Aug(ustus)  co(n)s(ul)  VIII 

den  ihr  in  einer  Weihinschrift  (9)  gegebenen  [J.  77  (oder  78)  n.  Chr.]  fities  agrorum  dicatorum 

Beinamen  Trivia  ist  sie  der  Hekate  gleichge-  Dianae  Tifat(inae)  a  Cornelio  Sulla  ex  forma 

stellt  (vgL  die  Art.  Triformis  und  Trivia).  Divi    Aug(usti)    restituit.    —    Forma    ist    eine 

Zeugnisse.    (Die  Ziffern   entsprechenden  Karte,  ein  Katasterplan  (Darem&er^-Äa^Zio,  7)ic- 

obigen  Verweisungen.)  tionn.  des  antiq.  2,  2  p.  1252). 


957                         Tifatina  Tifatina                        958 

7.  Notizie  degli  scnvi  1893,  p.  105  {Dessau  ibi  fecerunt  opera  supra  scripta.  Die  Inschrift 
3240),  ifefiindon  bei  der  Kirche  S.  Anc^elo  in  For-  war  in  die  peaannte  Mauer,  die  Einfriedigung 
mis:  Jmp.  Caesar  Vespasianus  Aug.  cos.  VflJ  der  angegebenen  Baulichkeiten,  eingelassen; 
fines  locor(um)  dicntornm  Dianae  fif'at.  a  Cor-  vgl.  CIL  10,  3774—3780. 

nelio  Sulla  ex  forma  Divi  Aug.  restituU.  Oben  14.  CIL  10,  805i),  1  {Dessau  3241),  Siegel- 
auf dem  Cippus  steht:  P  •  D  |  T,  von  lanelli  ge-  Stempel  (Signaculum),  gefunden  bei  S.  Angelo 
deutet:  V(raedia)  l)(ianae)  T(ifatinne).  —  lo-  bei  Capua,  jetzt  zu  Neapel:  Diane  Tifatine 
cor.  (niclit  agrorum,  wie  nr.  G)  stand  auch  in  (Genitiv  -e  statt  -ae,  wie  oft).  —  Der  Fundort 
der  gleichlautenden  Inschrift  des  (verschollenen)  ist  gewiß  bei  der  Kirche  S.  Angelo  in  Formis, 
Grenzsteines,  welchen  Meteüus  im  16,  Jahrh.  lo  nicht  bei  einer  anderen  Kirche  S.  Angelo,  wie 
zu  Capua  abgeschrieben  hat.  CIL  10  p.  1219   angenommen   zu   sein  scheint. 

8.  Ephcm.  epigr.  H  p.  122,  nr.  472,  inepixtylio  15.  CIL  10,  ;{924  {Dessau  <j30.'>),  gefunden 
marmoreo  rep.  S.  Angelo  in  Formis:  [...IJJia-  bei  der  Kirche  S.  Angelo  in  Formis,  jetzt  zu 
nae  T(ifatinae)  d(ono)  d(at)  [oder  d(at)  d(e-  Neapel:  C.  Velleio  C.  f.  PaKatina  trihu)  Urbano, 
dicat)].  mng(istro)  fan{i)  Dian(ne)  Tif(atinae),  honorato 

\).  CIL  10,  371)5  {Dessau  3270),  vor  der  Kirche  equo  publ(ico)  ab  Imp(eratore)  Antonino  Au- 
S.  Angelo  (nach  Holstenius),  auf  den  vier  Sei-  g(usto)  cum  ageret  attatis  an(num)  V,  von  Sei- 
ten einer  Basis  (von  einem  VVeihebild),  Beginn  nen  Eltern  gesetzte  Grabschrift, 
unbestimmt:  Bianac  \  Tifatinae  \  Triviae  \  sa-  1(5.  CIL  10,3918  [Dessau  6304),  zu  Capua, 
crum.  —  Außerdem  ist  eine  Weihinschrift  der  20  Grabschrift  Mitteris  optimae  aetatis':  Q  Peticio 
Diana  (ohne  Beinamen)  durch  Gewährsmänner  M.  f.  Fal(erna  tribu)  mag(istro)  fani  Dianae 
des  17.  Jahrh.  überliefert:  CIL  10,  3794  mit  usw.  Auch  das  Fehlen  eines  Cognomen  weist 
Ortsangabe  'Capuae'.  auf  frühe  Zeit. 

10.  CIL  10,  S19G  {Buechelercarm.epigr.2:A'i.  17.  CIL  10,  4564  {Dessau  6306),  Hn  agro 
Dessau  3261),  gef.  bei  der  Kirche  S.  Angelo  in  Pontelntone  agri  Caiatini  (circ.  12  md.  pnss.  a 
Formis,  jetzt  zu  Neapel:  incola  Tifatae,  i)ena-  Capua/ ,  jetzt  zu  Capua:  D(is)  M(anibus)  s(a-, 
tibus  incluta  virgo,  j  haec,  Latona  (so  statt  La-  crum),  C.  Terentio  C.  fd(io)  Pal.  Charino  pr(ae- 
tonia,  Latoa  =  Diana  oder  Verwechslung  der  fecto)  i(ure)  d(icuij,do)  montis  Dianae  Tiffati- 
Mutter  mit  der  Tochter),  tuis  statult  miracula  nae)  C.  l'erentiu^  Hypercompwi  ßlio  bono  contra 
te  nplis  I  cunctis  notus  homo,  silcarum  cultor  et  30  votum.  Vgl,  CIL  10,  3J33,  gefunden  S.  Angelo 
ipse,  I  landibus  inmensis  vitae  qui  seroat  liono-  in  Formis:  praefecft .  . .].  Über  praetor  oder 
rem,  \  Dilmatius  signo,  prisco  de  nomine  Lae-  praefectus  i.  d.  vgl.  Mommsen,  CIL  10  p.  367/ 
tus.  I  credo  quidem  donam  nullis  hoc  antea  na~  368  und  B'jm.  Staatsrecht  3, 1,  8.  799,  2.  —  Lage 
tum  I  colhbus  aut  silois:  tantum  Caput  explicat  des  Fundortes  Pontelatone  s.  C/L  10  Tab.  III  Gl. 
■umbris  \  ....  Der  spätzeitliche  Jä;^ersmaan  und  18.  CIL  10,  Add.  8217  {Dessau  3523),  ge- 
Dichter  hat  willkürlich  Tifata  als  Femininum  funden  bei  S.  Angelo  in  Formis:  Siloano  sa- 
Singularis  gebraucht  (statt  Neutr.  Plur.).  —  c[r(um)]  Ursu^us  vilficus)  DianfaeJ  et  candi- 
Zur  Weihung  vgl.  CIL  11,  5262  {Buecheler  carm.  dati  (folgen  acht  Namen,  davon  6  —7  griechisch, 
epigr.  1800),  auch  CIL  2,  2660  {Buecheler  1526).  1 — 2  lateinisch)  ex  viso.  —  Candidati  sind  die 

11.  C/L  10,3792,  gefunden  zu  Capua  im  40  dem  Sklaven  Ursulus  als  Vilicus  untergeord- 
Amphitheater,  jetzt  zu  Neapel,  ^Feriale  domCi)-  neten  Sklaven  wohl  genannt,  weil  sie  als  seine 
norum'  (d.  h.  Verzeichnis  der  gottesdienstlichen  Nachfolger  in  Betracht  kamen  {Mommsen). 
Feiern  zu  Ehren  des  Kaiserhauses),  vom  J.  387  19.  CiL  1,1242  (1^,2,1  p. 638,  nr.  1597)  =  6'/X 
n  Chr.,  8t:  VIII  kalfenda^)  Aug(ustas)lustratio  10,4263,  aus  Campania  (genauere  Herkunft 
ad  flumen  ad  iter  Dianae.  Der  Fluß  ist  der  nicht  bekannt),  jetzt  zu  Neapel:  M.  Orfio  M. 
Volturnus.  /'.  Falferna  tribuj  Bufa  Dianaes  Uibertaj  sibi 

12.  CIL  10,  3913  {Dessau  5380),   gefunden  et  coiiuci  suuo  (=  coniugi  suo)   fecit.  —  Dia- 

zu  Capua  im  Amphitheater:  G.  Lart Ga-  naes   ist    griechische    Genitivbildung    (Belege : 

hinio  P.  f.  Pal(atina  tribu)  Fortuito  dictatori  Dessau  3  p.  842). 

Lanfuvii,  vgl.  CIL  14  p.  191^  II  vlr(o)  Capuoie,  50        20.  CIL  10,  8)71,  5,   eingeschrieben   unter 

quod  viam  Dian(ae)   a  porta  Volturn(ensi)  ad  einem  silbernen  Gefäß  in  Gestalt  einer  Muschel 

ricum  usi(ue)  su%  pec(unia)  silice  straver(unt),  (Gewicht:  298,30  gr), -gefunden  zu  Herculaneum, 

ob   muniß'j(entiam)    eius   d.  d.     Die   in  nr.  11  jetzt  zu  Neapel:  Flavi  B'iji;  scriptum  Capuae 

und  12  genannte  Straße  von  Capua  zum  Heilig-  at  Deanam  (=  ad  Dianam),  supervaqua  (=  su- 

tum  der  Diana  ist  teilweise  noch  erhalten  {Novi,  pervacua)  curiose(?)  notabis  .... 

Iscrizioni  monumenti  e  vico  scoperti  ...  1861,  21.  CIL  10,801,  Pompeii,  im  Apollotempel 

p.  27).  (P.  Wolters,  Archäolog.  Bemerkungen  2  =  Sitz.- 

13.  CIL  1,  569  (l^  2,1  p.  520,  nr.  680)  =  CIL  Ber.  d.  Münchener  Äkad.  d.  Wiss.  1915,  3.  Ab- 
10,3781  {Dessau  5561)  vom  J.  655  d.  Stadt  ==  hdlg.,  S.  44  f.),  Anfang  einer  Weihinschrift  des 
99  v.  Chr.,  aus  einer  alten  Mauer  bei  der  Kirche  60  M.  Fabius  Secundus  permissu  aedil(ium)  usw.: 
S.  Angelo  in  Formis,  jetzt  zu  Neapel:  . . .  heisce  T  •  D  •  V  •  S.  Wolters  (a.  a,  0.  S.  52)  zieht  der  von 
mag(istreis  =  altlateinisch  für  hi  magistri)  mu-  Tarallo  vorgeschlagenen  Ergänzung  T(riviae) 
rum  ab  gradu  ad  c(h)alcidic(um)  et  calcidicum  Dfeae)  r(utum)  s(olvit)  Deutung  des  T  =^  Tfi- 
et  portic(um)  ante  culin(am)  long.  p(edes .  . . ,  fatinae)  vor,  also:  Tifatinae  Dianae  v.  s. 
Zahl  ist  nicht  eingetragen^  et  signa  marmor(eaj  22,  CIL  12,  1705  (Z>essat*  3242),  Fundort:  Le 
Cast(oris)  et  Pol(lucis)  etloc(a)  privat(a)  destipe  Pegue  [CIL  12,  Tab.  II  Be,  vgX.ebd.  p.  974], 
Dian(ae)  emendum  [et  f/aciendum  coeraverfej  noidöstlich  von  Y sihesLs  [Andree,  Handatlas  ^"^^ 
(^=  cnraverunt),   d.h.  emerunt   loca  privata  et  93/94  DElj    im    Departement    Vaucluse,    im 


969                        Tifatina  Tigres                         960 

eiDstmaligen  Gebiet  der  Vocontii    (Hauptort:  o.B(K  1,1,  Sp.  1003/1004  (unzulSrglich,  auch  mit 

Yasio,  jetzt  Yai»-on)  in  der  Naibonensis;  ver-  irrigen  Verweisen).    Hülsen  in  J'aubj-Wi.'soua, 

sturomeltes  Steinbild  in  Relief  (s.  nr.  27)  mit  Heal-Emcycl.  8,2  (181)9),  Art.  Caj)ua\  Sp.  1567  f. 

Inbchrift,  jetzt  zu  Avignon:  Diar-ae  [Tijjatinae  Mau-v.  Menkhn,  Kntal.  d.  Bihl.  des  K.  Deutsch. 

Jf.  Jccius  Mun-tnius.  Vor  Eirschfeld  Archäol  Jtist.  in  Born  1, 1  (1913),  S.  329.  [Keune.] 

war  der  Beiname  der  Göttin  falsch  gelesen:  Tifaltnus,  Beiname  des  luppiter  nach  der 

Latinae.  Berggruppe  Tifata  (s.  d.  Art.  Tifatina),  wo  er 

23.  Mahler  in  Archaeologiai  Eriesitö  1909,  ein  Heiligtum   hatte,  nur  bezeugt  durch  Tab. 

S.  245  (daher:  Berve  archeol  *  1 6,  1910,  2,  p.  448  Beut.  (C,  4  ed.  Miller) :  Jovis  Ti/atinus,  Beischrift 

nr.  140),  Fundort:  Duna-Pentele  an  der  Donau  lo  bei  einem  Tempelbildchen,  rechts  über  einem 

(Andree*'^,  i9/80  E  5)  =»  Intercipa  in   Panno-  kleinen  Gebirge;  \g\.  Milhr,  Bin.  Bow.  Sp.  ;^()5 

nia  inferior  (Kiepert,  CJL  S,  Suppl.  Tab.  VII  [70«««=  7om  ist  altertümliche  und  volkemUßige 

Ep  und  FOA  XVJl  Cf):  [Nvwjim  Diavae  T[i-  Benennung  statt  luppiter  (=  Joris  pater)].   Der 

flativae  [pro  sjalvte  Jwpp.  Sep(tiniii)  Ären  et  Tempel  lag  sicher  auf  der  Höhe,  was  auch  in 

[M.  Aur(elii)  AJni(oninf)  Avgg.  («=  Avgusto-  der    Tab.  Bevt.  zur   Anschauung   gebracht  zu 

i«m) agente  Baeßjio   Caecilliavo  . . .  tri-  sein  scheint.  Nach  diesem  Tempel  war  vielleicht 

h(M'no)  coh(orti8)  usw.  tevtplum  [a  sojlo  exstru-  ein   Stadttor  von   Capua   Borta  Jovis  {Liv.  26, 

xeru/fitj.  14,  6,  J.  211  v.  Chr.)  benannt.  —  Monimsen,  CIL 

jDie  Ausgrabungen  von  Nori  (s.  o.  zu  nr.  12)  10  p.  59  (§  IX)  und  p.  860  Col.  II.    Ibissen,  Bai. 

haben  an  oder  auf  den  Tifata  auch  Inschriften  20  Ldslde.  2,2,  S.  710/711.     [Keune.l 

zutage  gefördert;  darunter  sind  bei  dem  Tempel  Tiirnsos  {Tlyacog),  Sohn  des  Herakles  von 

gefunden  CIL  10,3874.4036.4070.4290,  außer-  der  Thespiade  Phyleis,  Apöllod.  2,  7,  8,  4  (2, 

dem  3811.  3946.  3983.  4018.  4(i57.  4317,  meist  163  Tf".).     [Höfer.] 

Grabschriften,  teilweise  von  großen  Grabdenk-  Tigorimis,  pagus  s.  Ende  des  Buchst.  T. 

malern.  —  Vgl.  CIL  10,  3904.  4080  u.  a.]  Tigres   (TiyQr,?  und   Tiygig).     1)  Eponymer 

C.  Bildliche  Darstellungen:  24.  Mün-  Gott  des  asiatischen  Stromes,  Bruder  des  Eu- 

zen  von  Capua  mit  Kopf  der  Diana  und  Köcher  phrates  und  der  Mesopotamia,   Kinder  einer 

daneben   (Münzkatalog"  Berlin   3,1,84).    Vgl.  Aphroditepriesterin,  Janibl.  dram.  H.   Auf  der 

B'riedlävdtr,  Oskische  Münzen  S.  10,  nr.  7.  von  den   Strömen  Euphrat  und  Tigris   gebil- 

26.  Stirnziegel  (Antefiia)  von  Capua:  Diana,  30  deten    Insel,   wo    die   Priesterin   lebte,    stirbt 

mit  Köcher  und  Bogen,  auf  einem  galoppieren-  T.  als  Kind,  von  einer  Kantharide  (0,  Keller, 

den  Pierd,  unter  welchem  f  ine  Gans,  i«'.  ier>or-  Ant.  Tierwelt  2,414)   gestochen.    Die   Mutter 

mant,  Gaz.  arch.  7,  S.  82 ff.  mit  PI.  14  (auch  glaubte  an  die  Heroisierung  des  Sohnes,  rbv 

Darfwberg-Sagho,  Dict.  des  üntiq.  2, 1,  p.  166  vibv  ivuaytvcctcu   (c.  9).    Als   später  der  ihm 

fig.  2396).  sehr  ähnliche  Rhodanes  erscheint,  ist  die  Mutter 

26.  Wandstuckmalerei  (3.  Jahrh.)  einer  Ka-  überzeugt,  daß  der  Tote  wieder  zum  Leben  ge- 
pelle,  ausgegraben  bei  S.  Angelo  in  Formis,  kommen  sei  und  daß  Köre  ihm  folge.  Mit 
G.  Mintrtini,  Comm.  di  Caserta  1877.  p.  41  und  Euphrat  und  anderen  großen  Strömen  als  Sohn 
Comwent.  in  honor.  Mommsen.  p.  660  ff.  Janelli-  des  Okeanos  und  der  Thetis,  nach  Kekonstruk- 
Fiorellif  Notiz,  d.  scari  1877,  p.  117.  1880,  40  tion  aus  Hes.  Th.  337 ff.,  genannt  bei  Bygin 
p.460ff.  3/oiwwJser»,  CiL  10,  p.  366  367  adnot.  2:  fab.  praef.  Als  Flußgott  personifizieren  ihn 
Die  Göttin,  mit  Kimlus,  Strahlenkrone  und  Münzen  aus  Seleukia  {ZtUvv.itav  xihv  ngog  t« 
Kranz,  sonst  in  ihrer  bekannten  Jagdkleidung,  TiyQSi)  bei  Imlwof-Bhmer,  Monn.  gr.  451,  nr. 
hält  Bogen  und  Köcher  in  der  linken  Hand,  65  mit  Tyche,  'd  ses  pieds  le  ligre  nageanf; 
eine  große  Fackel  in  der  Rechten,  trägt  auch  nr.  68  Tyche  und  le  Tigre  cornu  nageant^; 
ein  Tierfell  über  dem  linken  Arm  und  ist  be-  offenbar  aus  der  Zeit  Phraates'  IV.  Zusammen 
gleitet  von  der  Hirschkuh.  mit   Euphrates    zeigt  ihn    eine   Traiantmünze 

27.  Steinbild  von  Le  Pegue  (s.  o.  nr.  22),  (Jahr  116;  ^ Armenia  et  Mesopotamia  in  potesta- 
CIL  12,1705,  abgebildet  \on Esperand ieu,  Be-  iem  p.  B.  redactae^):  Genant  un  roseou  et  ap- 
cueil  gcneral  des  bas-reliefs  de  la  Gaule  rom.  1  50  puye  svr  une  urne"*;  Cohen,  Descr.  hist.  des  tnon- 
(1907),  p.  232,  nr.  311 :  Diana  jagend,  mit  dem  naies,  Bar.  1882,  21,  nr.  39;  bei  Sabatier,  Jcono- 
Bogen  in  der  Linken,  mit  der  Rechten  im  Be-  graphie  1847,  82,  nr.  439,  1.  Baumeistir,  DenJc- 
griff,  einen  Pfeil  aus  dem  Köcher  hervorzuholen,  mäler  2, 1298  r.  spricht  von  Münzen  mit  Meso- 
hat  den  linken  Fuß  auf  einen  knienden  Hirsch  potamia  zwischen  den  Flußgöttern  Euphrat 
gesetzt,  den  rechten  Fuß  vielleicht  auf  einen  und  Tigris;  vgl.  ob.  Bd.  2,  Sp.  2843  34  ff.  Nach 
Felsblock.  A.  v.  Doviaszewkie  Deutung  enthält  auch  das 

Neuere  Literatur:  /.  Beloch,  Campanien  achte  Relief  des  Hadriansbogens  in  Benevent 

(1879),  S.  361— 367.    Nissen,  Bai  Landeskunde  rechts  unten   den  T.   mit  erholener  Rechten, 

2,2  (1902),  S.  709f.    Mommsen,  CIL  10  (1883),  huldigend  zum  Kaiser  emporblickend;  vgl.  JaÄ- 

p.  366—368,   auch  Index  p.  1132.  1152.  1219.  M  refh.  d.  est.  arch.  Inst.  2  (1899),  185.    Zur  Ent- 

1228.    Lenoimant,  Gazette  archeol.  7  (1881/82),  stehung  des  Namens  überliefert  Blutarch  nsgl 

p.  82—85.    B.  Baris  in  Daremberg-Saglio,  Biet.  norau&v  (24)  zwei  Erzählungen,  in  denen  der 

des  antiq.  2, 1  (1892),  p.  155.    "B  issoua  in  der  Tiger  namengebende  Rolle  spielt    Üler  T.  und 

Neubearbeitung  von  Bauhjs  Beal-Encyclopädie  Euphrat    als    Sternbilder   der   Babylonier   vgl. 

der  dass.  Altertumswissenschaft  Bd   6, 1  (1103),  F.  Boll,  Sphära  137 f.    Mit  Pheifcon,  Geon  und 

Art.  Dia wa,    Sp.  326— 328   |die  ausführlichste  Euphrates  einer  der  vier  Paradiesflüsse  (J.  Jl/os. 

Besprechung];  ders.,  Beligicn  u.  Kultus  der  Bö-  2, 10;  vgl.  Bhil.  leg.  alleg.  1 ,  19,  21,  27),  deren 

«ler*  (1912),  S.  247  und  261.  Vgl.  auch  Steuding  ayioi  ayyeXot  in  einer  spätem  griech.  Beschwö- 


961 


Tilenus 


Timandros 


962 


Tmiff  augerufen  werden,  bei  Pradel,  Ret.  Vers, 
u.  Vorarb.  3,  3,  287  (3ö)  f.  mit  weiteren  Hele<^en 
S.  312  (00);  bei  Mombritius  Sanctuarium  2,  259, 
31,  rassio  S.  Mathci,  vt'rl'ü|jft  er  als  Paradieses- 
fluß über  alle  mötjlicben  Fischgattiingen.  — 
2)  P]iner  der  fünfzig  Hunde  Aktilons;  Hygin. 
fah.  181,  Ov.  met.  3,217.  Vgl.  Röscher,  Die 
Zahl  50  in  Mi/thus,  Kultus,  Epos  u.  Taktik, 
S.  81  f.  —  {{)  Peloponnesischor  Fluß  (Harpys); 
8.  Nikothoe,  Bd.  3,  1,  Sp,  3133.      [Preisendanz.  ]    lo 

TileuiiS;  Beiname  des  Mars  auf  einer  In- 
schrift aus  Hispania  Tarraconensis:  Marti  Ti- 
leno,  Kphem.  Epigr.  9  (1913),  293  p.  114.  Der 
Beiname  ist  nacli  Dias  Jimenez  z.  d.  St.  abzu- 
leiten von  dem  we.stlich  der  Fundstätte  gele- 
genen Berge,  der  noch  heute  ^ElTeleno'  heißt; 
vgl.  auch  M.  Mncias,  Eiugraßa  Romana  de  la 
ciudad  di  Astorga  (1903)  p.  27  f.     [Höfer.J 

Tiliiitia  (tilimia)  liest  man  auf  einem  etrus- 
kischen  Bleispiegel,  der YonConrstabile, 3Ionum.  20 
di  Perugia  4  nr.  70.>  =  MXXXIII,  tav.  LXXI 
=  XCViI  und  von  Fabretti,  C.  I.  /.  nr.  19 16  bis 
veröffentlicht  ist.  Die  Darstellung  zeigt  den 
geflügelten  Zeus  im  Augenblick,  wo  er  der 
Semele  erscheint,  deren  Körper  schon  vom 
Blitz  zerschmettert  ist.  Daraufhin  hat  Bugge 
{Etr.  Fo.  u.  Stud.  4,  50  und  in  Bezzenbergers 
Beitr.  10,  15)  das  tilimia  aus  *timilia  ableiten 
und  dies  einem  lat.  Stimula  =  griech.  Semele 
gleichsetzen  wollen.  Abgesehen  von  der  Frage  30 
der  Echtheit  des  obigen  Spiegels  (etruskische 
Bleigegenstände  sind  oft  Fälschungen)  muß 
obige  Deutung  aus  sprachlichen  Gründen  völlig 
abgelehnt  werden.  Es  steht  nicht  einmal  fest, 
ob  tilimia  überhaupt  ein  Name  sei. 

[C.  Pauli.] 
Tilphossa,  Tilphosaia  s.  u.  Telphusia  Sp.  350. 
Tilphossios  (Beiname  Apolls)  s.  u.  Telphu- 
sios  Sp.  351. 

Tiltliazes  (TiXO-a^rj?),  Name  eines  thrakischen  40 
Gottes,  den  G.  J.  Kazaroiv,  Monuments  ant.  de 
Balgarie  {Bull.  sog.  arch.  Bulgare  2  [1911],  177. 

190)demSilvanus 
gleichsetzt.  Be- 
legt 1 :  auf  einem 
Marmorrelief  un- 
bekannten Fund- 
orts im  Atheni- 
schen National- 
museum, mit  In-  50 
Schrift:  TiXd-d^si 
und  nü)[log?]N  sL- 
yicavog  sv'^riv  (?), 
Bild  bei  Kaza- 
rowllGxixidArch. 
Jahrb.  27  [1912]. 
Änz.  567,  nr.  8 
C£.F//ow;).2:auf 
ähnlichem  Relief 
aus  Komare  (Bez.  60 
Bela-slatina),  bei 
Kazarow  111  .Dqt 
Gott  erscheint  als 
un  b  ä  rtiger  j  unger 
Mann  mit  star- 
kem Haarwuchs,  unbekleidet,  in  der  Rechten 
Keule,  in  der  Linken  Hirten  (krumm)  stab;  hinter 
ihm  springender  Hund.    Ohne  Inschiift,  Keule 


.zesrelief  im  Athen.  Natio- 
nalmuseum. 


und   Hund    auf  dem    weniger  gut    erhaltenen 
Relief  aus  Koinare.     [Preisendanz.] 

Tliiialkos  (iVftaXxos),  der  ältere  Sohn  von 
Megareus  (s.  d.,  Bd.  2,  Sp.  2546  f.  nr.  1),  dem 
eponymen  Gründer  von  Megara  in  Griechen- 
land {Paus.  1,  41,  3).  Als  Helena  von  Theseus 
und  Peirithoos  geraubt  und  zu  Aphidnai  in 
Attika  verborgen  gehalten  wird,  ziehen  die 
Diüskuren  aus,  um  die  Schwester  zu  suchen. 
IJber  Korinth,  das  sie  erobern  {Plut.  Thes.  32), 
und  durch  Megara,  wo  sich  ihnen  der  Kötiigs- 
sohn  T.  anschließt,  gelangen  sie  nach  Athen; 
aber  in  den  Kämpfen  um  die  Burg  Aphidnai 
flndet  (nach  megarischer  Überlieferung)  T.  von 
Theseus'  Hand  den  Tod  {Paus.  l,41,4f.,  wo 
freilich,  nach  Alkman  fr.  13  bei  Bergk,  Lyr. 
3\  18,  Zweifel  über  die  Anwesenheit  gerade 
des  Theseus  erörtert  werden;  doch  ist  dieser 
zugegen  und  tötet  dort  auch  den  Alykos  nach 
Hereas  fr.  3,  Müller  4,  427,  bei  Plut.  a.  a.  0.). 
T.'  Grabgebäude  in  Megara  dient  später  als 
Rathaus  {Paus.  1,42,4).  Vgl.  auch  die  Art. 
Dioskuren,  Bd.  1,  Sp.  1161;  Helena,  Sp.  1934, 
und  Thexeus,  Bd.  5,  Sp.  718.       [.Joh.  Schmidt.] 

Timandra  {Ti^ocvSqcc),  1)  Tochter  des  Tyn- 
dareos  und  der  Leda,  Gemahlin  des  Echemos,. 
Apollod.  3,  126  W;  Paus.  8,  5,  1;  Schol.  Pind. 
Ol.  11  (10),  80;  Hesiod  frg.dO  (114)  Rzach.  Von 
Echemos  war  sie  Mutter  des  Euander,  Serv. 
in  Verg.  Aen.  8,  130.  Später  bewirkte  der  Zorn 
der  beim  Opfer  vernachlässigten  Aphrodite, 
daß  sie  ihren  Gatten  verließ  und  dem  Götter- 
liebling Phyleus  folgte,  der  sie  n  ich  Dulichion 
führte,  Stesich-iros  im  Schol.  Eurip.  Or.  249 
(^  Stes.  fr.  26  P.  L.  Gr.^  Bergk)-,  Hesiod  fr. 
93,  3  f.  (117)  Rz.;  Eustath.  Hom.  305,  17; 
C.  Robert,  Bild  u.  L'ed  180.  —  T.  ist  abge- 
bildet auf  einer  Berliner  Schale  des  Hieron 
(wiederholt  veröffentlicht,  s.z.  B.  Gerhard,  Trink- 
schalen u.  Gefäße,  Tfl.  11,  12;  Arch.  Ztg.  \%^% 
If. ;  Reinach,  Rep.  des  vases  1,  437,  Ooerbeck, 
Her.  Gall.  13,  3,  Wiener  Vorlegebl.  Ser.  A  Tß.  6, 
Furtwängler  V.-S.  2291;  vgl.  C.  I.  Gr.  8220.) 
bei  der  Darstellung  der  Entführung  der  Helena, 
wo  sie  einen  vergeblichen  Abwehrversuch  macht, 
als  Paris  die  H.  fortführen  will.  C.  Robert 
a.  a.  0.  53  f.  Wegen  der  dort  vorkommenden 
Form  Tt^ccdgcc  s.  Kretschmer,  Die  gr.  Vasen- 
inschr.  ihrer  Sprache  nach  unters,  p.  161  nr.  142. 
—  2)  Die  Geliebte  des  Aigypios,  Mutter  des 
Neophron,  die  von  Zeus  in  eine  Meise  yalyid'ccl- 
Xog)  verwandelt  wurde,  Boios  bei  Anton.  Lib.  5. 
Vgl.  den  Mythus  u.  seine  Deutung  o.  Bd.  1, 
154.     [Ruhl.] 

TituandreiiS  {TLuavSgsvg) ,  Vater  der  Kotto 
(Kottyto)  und  Eurythemis,  die  von  den  Hera- 
kliden  verehrt  wurden,  weil  sie  von  ihnen  auf 
dem  Zug  nach  dem  Peloponnes  unterstützt  wor- 
den waren,  oi  TtsgV iTtTtoötgatov  im  Schol.  Theoer. 
id.  6,  40.  Lobeck,  Agiaoph.  2,  1038  verweist 
noch  auf  Schol.  Pind.  Ol.  13,  56;  die  dort  ge- 
nannte Kotyto  ist  aber  eine  Tochter  des  letzten 
vordorischen  Königs  von  Korinth  Timandros, 
s.  0.  Bd.  1,  2031    s.  V.  'Hellotis'  und   2,  1403. 

[Ruhl.] 

Timandros  {TLy,ccvSgog),  vornehmer  Mysier, 
den  Kaikos  tötete;  Plut.  de  fluv.  21,  1;  vgl.  ob. 
Bd.  2,  1,  Sp.  894,  27  ff.  [Preisendanz.] 


963                       Timavus  Timo                          9(34 

TinaTOSf  Fluß  bei  Aquileia  (Ibisse» ,  Ital.  außer   Betracht.    Vgl.  ButcheUr,   Jihtin.  Mus. 

Landeskunde  2, 1,  S.  288 f.  Holdei',  AltceltSpraeh-  63  (1 Ü08),  S.  82 1  ff.  Heisch,  Jahreshefte  d.  Österr. 

sehatz  2,  Sp.  1850  f.  Kiepert,  Foimae  Orbis  An-  Archäol.  Institutes  in  H'tcnll(1908),  S.27G  — 297. 

Uqui  XXIll  Ek),  'welcher  die  Einbiltlungskralt  CIL  1,2,  l,  ed.  altera  (1918),  nr.  652,  p  513— 

der  Alten  viel   beschäftigt  bat*   und    der  als  514  (zur  Inschrift  des  Tuditaniis)  und  nr.  2196, 

Gottheit  verehrt  wurde,  gleich  zahlreichen  Flüs-  p.  692  (zur  Weihinschrift  von  Montereale).   Das 

sen  (vgl.  o.  Bd.  1,  Sp.  1487  ff.  und  die  allerdings  Heiligtum   des  Timavus  bei  Aquileia  (ro  TL- 

nicht  vollständige  Liste  in  der  Neuhearhtg.  von  fiauov)  ist  bezeugt  durch  6^<ra6. 5, 1,8  f.  (Cp.  214  f.), 

Faulys  lieulencyclopädie  Bd.  6,  Sp.  2791  ff.,  in  nach  welchem  hier  die  Veneter  oder  Eneter, 

welcher  Timavus  und  außerdem  z.  B.  Icauna,  lo  Heneter  {pi  'Evtroi)  dt  n  Heroä  Diomedes  ver- 

Sequana,  Ura,  Adsalluta,  Savi*8  nachzutragen  ehrten;  vgl.  o.  Bd.  1,  1,  Sp.  1027  und  Keubear- 

sind).   Der  Namq  des  Flusses  Timavos  ist  wohl  beitung   von   Pault/s   Beal-Encyclopüdie  6,  1, 

keltisch  (vgl.  Beider  a.a.O.  und   1,  Sp.  816  Sp.  82».    Über  den  Kult  handelt  »SYico«»  a.  a.  0. 

mit  Nachtr.  8,  Sp.  777—778:  -avo).    Als  Gott  S.  1089— 1050.    Der  VollBtändigkeit  halber  sei 

war  er  genannt  in  einem  in  Satumischen  Ver-  noch  verwiesen  auf  Schulze,  Zur  Geschichte  der 

sen  abgefaßten  Gedicht  eines  Denkmals,  wel-  latein.  Kigtnnamen  {Abk.  der  Ges.  d.  Wiss.  Göt- 

ches  der  Konsul   des  Jahres  der  Stadt  625  =  tingen  N.  F.  V  2)  1904,  S.  587;  vgl.  dazu  Maver, 

V.  Chr.  129,  P.  Sempronius  Tuditauus,  nach  Be-  Einfluß  der  vorchristl.  Kulte  auf  die  Tofono- 

siegUDg  der  Japuden  (Japoden)  im  selben  Jahr  mastik  Frankreichs  {Sitz.-Ber.  Akad.  der  Wiss. 

zu  Aquileia  errichtet  hatte,  von  wo  er  ohne  so  Wien  Bd.  175,  2.  Abhdlg.,  1914),  S.  36.   Hofer, 

Zweifel  zu  jenem  Feldzug  aufgebrochen  war.  s.  Bd.  5  Sp.  351,  Art.  Temavus.     [Kenne.] 

Vgl.  über  diesen  Feldzug  Fischer,  Hörn.  Zeit-  Timeas  {Ti^iag)^  ein  Epigone,  Sohn  des  Po- 

tafeln  S.  148,  Mommsen,  Köm.  Gesch.  2'",  S.  169,  lyneikes,  Paus.  2,  20,  5;  Schol  Find.  Ol.  2,  76 

V.  Premenlein,   Oesterr.  Jahresh.  10,   S.  264  ff.  nennt  ihn  Ti^Lag.     [Ruhl.] 

Bruchstückejenes  inschriftlichen  Gedichtes  sind  Timeles  (Ti/i^Ärjg).  Auf  einer  Erzmünze  aus 

zu  zwei  weit  auseinanderliegenden  Zeiten,  im  Aphrodisias,  Karien,  eine  Personifikation :  sitzen- 

J.  1788  und  1906,  in  der  Nähe  von  Aquileia  der  Flußgott  mit  Rosenkranz  in  der  Rechten, 

gefunden,  Dessau  8885  (3,  p.  IX — X).   Der  den  Füllhorn  in  der  Linken,  zur  Seite  umgekehrte 

T.   nennende    Vers    lautet   mit   Ergänzungen:  Urne,  mit  Inschrift  TIM6AHC.    Mionnet,  Descr. 

(Tuditanus)  Komaje  egit  triumpufm .],  de-  so  de  medailles  ant.  3,  324,   nr.  125. 

dit  Timavo  (erg.  aedem  oder  dona),  es  handelt  [Preisendanz.] 
sich  also  um  ein  Weihgeschenk,  das  der  Kon-  Timo[Tifia»]  a)  Name  eines  der  Mädchen,  die 
8ul  beim  Aufbruch  in  den  Krieg  dem  Timavus  als  Begleiterinnen  des  Theseus  und  als  Mino- 
gelobt  hatte,  als  er  offenbar  an  diesem  Fluß  taurosopfer  nach  Kreta  fuhren:  auf  einem 
sein  Lager  aufgeschlagen  hatte  (wie  ja  auch  Becher  aus  Vulci  ClGr  4  nr.  8139;  Literatur 
in  einem  früheren  Feldzug  des  Jahres  576  der  s.  ob.  Sp.  692  c  (Theseus).  Die  Inschrift  TIMO 
Stadt  =  178  V.  Chr.  gegen  die  Histrier  der  da-  wurde  seit -firZem«  Interpretation  falsch  bezogen, 
malige  Konsul  das  erste  Lager  nach  dem  Auf-  seit  Beinach  mit  einer  angeblichen  Lücke  ver- 
bruch  von  Aquileia  bezogen  hatte  ad  lacum  sehen,  während  die  Abbildung  bei  Gerhard 
Timavi,  d,  h.  an  einem  Quellsee  des  T. ,  vgl.  40  und  die  Beschreibung  bei  Jahn  vollkommen  den 
Liv.  41,1 — 2).  In  der  folgenden  Zeile  des  Ge-  richtigen  Tatbestand  geben.  /.  Sieveking  hatte 
dichtes  ....ria  ei  restitufit  ....Jreis  tradit  war  die  (jüte,  das  zu  bestätigen:  'Auf  die  Amme 
von  einer  Herstellung  (des  Tempels  des  Fluß-  folgen  rechts  ein  Mann  (AYKIOC),  eine  Frau  (€Y- 
gottes?)  die  Rede.  Demselben  heiligen  Fluß  NIK€),  ein  Mann  (lOAON),  eine  Frau  (TIMO), 
scheint  die  Weihung  eines  kleinen  Altars  zu  ein  Mann  ohne  Namen,  denn  der  Rest  der  In- 
gelten mit  einer  Inschrift  in  altertümlicher  schrift  hinter  ihm  scheint  seiner  Richtung  wegen 
Schrift  und  Sprache  des  7.  Jahrb.  der  Stadt,  schon  zur  Sphinx  zu  gehören.  Klein  hat  eine 
Pais,  Corporis  Inscr.  Lat.  Suppl.  Ital.  1  nr.  380  der  sinnlosen  oberen  Inschriften  (6YTIA)  dar- 
(p.  48)  =  Dessau  3900,  gefunden  in  Montereale  untergemengt.  Der  Name  TIMO  gehört  ein- 
am  Fluß  Celina,  wo  dieser,  aus  dem  Gebirge  so  wandfiei  zur  letzten  Frau,  von  einer  Lücke  ist 
hervorbrechend,  die  Ebene  betritt,  in  der  Ge-  keine  Rede'.  —  b)  Die  aus  Herod.  6, 134  f.  he- 
gend der  Stadt  Maniago,  also  70  km  nordwest-  kannte  parische  ünterpriesterin  der  chthoni- 
lich  von  Aquileia  {CIL  5,  Tab.  I):  Tt(berius)  nischen  Göiter  {vjto^d-nogog  r&v  x^oviav  d^tav), 
Poppax(us)  Ti(beri)  f(iliu8)  Temavo  d(ono)  d(e-  die  Miltiades  unglücklichen  Rat  zur  Eroberung 
du)  l(ibens)  m(erito).  Zwar  nimmt  Sticotti,  von  Faros  erteilte.  Von  den  Pariem  des  Ver- 
MisceVan.  in  onore  di  Attilio  Hortis,  Triest.  rats  angeklagt,  wurde  sie  durch  eine  Entschei- 
1910,  S.  1044  an,  daß  hier  ein  anderer  Tima-  düng  der  Pythia  freigesprochen,  weil  sie  Mil- 
vus  gemeint  sei,  aber  treffend  hat  Mommsen  tiades  ins  Verderben  gebracht  habe.  Zur  Na- 
vermutet,  daß  wohl  ein  Händler  jene  Altar-  mensfoim  s.  Bechtel-Fick,  gr.  Personennamen 
inschrift  in  der  Ferne  geweiht  habe  eingedenk  60  266,411.  Vgl.  auch  CIGr  12,6.  2  nr.  1234.  Der 
Beiner  Handelsreisen  im  Bereich  von  Aquileia  Name  bestand  auch  sonst  auf  der  Insel:  CJGr 
(oder  weil  er  in  Aquileia  ansässig  war).  —  Die  12,5.2  nr.  228.  1447,  eine  Timaro  nr.  37211; 
Ergänzung  der  erstgenannten  Inschrift  durch  viermal  eine  Tiniarete  (186,  12.17.18.  19),  wo- 
V.  Premerstein  a.  a.  O.  S.  271  (vgl.  S  273.  275  f.  zu  Timo  Kurzform  sein  dürfte  —  c)  Sakrale 
280  f.),  welche  einen  anderen  Sinn,  keine  Wei-  Teilnehmerin  an  den  Pythiaden  (Jahr  106/5), 
hung  ergibt:  fcoloneis  Aquileiensibus  agros  sog.  nvgcpogog  'die  in  den  heiligen  Dreifuß 
captosj  dedit  Ttmavo  [tenus  usw.J,  ist  nicht  reines  Feuer  aus  Delphi  holte':  Tivgcpogog  17  iy 
glaubhaft,   läßt   auch   die   metrische  Fassung  JsXcpmv'    Tifiä.    Liste  bei  Dittenberger,  Syll.'^ 


96")                     Timomachos  Tina                           966 

2,711  D' mit  Anm.  9;  L.  Ziehen,  Jahresber.  üb.  d.  meiner  neuen  Ausg.)  beschworen  xara  tfjg  ni- 

kl.  Alt.  Wüa.  172  [1915],  3,  120.     [i^reifiendanz.]  XQ&g  jiväyurig  xai  xara  xibv  TmonQiwv  xerocyii^- 

Tinioinachos  (7Y/io/ta;^oi.),  Führer  der  theba-  i/wv,  wo  Wuensch   schreiben   wollte   Y.arä  x(bv 

nischen  Aipreiden,  der  die  Spartaner  in  ihrem  (inl  rö)vy  ri^ioaQiibv  r.,  wohl  nach  l'ajj.  Leid. 

Kampfe   ^egen  Amyklai  unterstützte  und  sich  W  (I  :SUÖ)  4,20;  11,6:  iru^ag  ccirbv  inl  iCtv  xi- 

jjrroße  Verdienste  um  die  Ausbildung  des  spar-  uwqiüv  (vgl.  Dieterich  Abr.  34);  aber  auch  hier 

anischen   Kriegswesens   erwarb;    bei  der  l^est-  kann    man    TnioiQiöiv    dämonisiei-t    verstehen, 

feier  der  Hyakinthien  wurde  sein  eherner  Pan-  Dazu    berechtigt    der    gleiche    I'apyrus    Kol. 

zer  (von  den  Thebanern  Önlov  genannt)  öflent-  7,  28,  wo  6  X(;(s)iöro?  {%{iriaxog  edd.;  angerufen 

lieh  ^MS^e^icWi,  Aristoteles  \m  schol.  IHnd.  Jsthm.  lo  wird  als  uriaag  xr}v  kvdynriv  %ul  TinioQiav  xal 

7,  IS  =  f'rgni.  489  Hose.     [Höfer.J  xiiv  Bä6<xvov^  und  wo  man  schwerlich  mit  iJie- 

Tinioiiike  (7'«[f£orJ(xf),  eine  der  Personen,  in  terich  Abr.  190,211".  nur  Abstrakta  sehen  darf, 

deren  Gegenwart  auf  einer  Vase  Theseus  den  Deutlich   geht  dagegen   die  abstrakte  Auffas- 

Minotauros  erlegt.    Nach  Boulez,  choix  devases  sung  hervor  aus  dem  Schluß  des  Großen  Par. 

peintcs  de  Leyde  pL  10  bei  Beinach,  Repertoire  Zauberpapyrus ,    der    Typhon    auffordert:    dbg 

des  vases  2,  271.     [Ruhl.]  amy  xr]v  -aivrioiv  r^g  Q-ccXäco7\g^  [n^avDcygvnviccv 

Timor:    Clandian  3,34  {In  Bufinum  1,  34):  xov  Mivdfixvg  (fehlt  ob.  Bd.  2,  Sp.  2770  ff.)  xat 

im  Erebus  hausen  Discordia,  Fames,  Senectus,  xccg  xmcogiag  (fehlt  der  Genetiv).    Hier  ist  der 

Luctus,  Timor,  Audacia  u.  andere.     [Höfer.]  Daimon  timoros  vorhanden:  TyphoE,  der  über 

Tiiiioria  s.  u.  'Timoros.  20  die  genannten  Strafen  verfügt;  vgl.  auch  Z.  2606, 

Timorios    {Ti^oiQiög):    vgl.    Bhein.  Mus.    55  2670    axl^ov    m-Kgatg    xi^togiaig .  .  .  ;    hier    soll 

(1900),  248.  257.     [Hüfer.J  Selene-Hekate  die  Rolle  des  Strafenden  über- 

Tiuioros  (Ti^agog),  zunächst  Beiname  für  nehmen.  Nicht  in  diese  Sphäre  von  Strafdämo- 
(lottheiten,  denen  das  Vollziehen  einer  Strafe  nen  gehört  der  T/ficopog  dor/^wv  im  ^ersten,  ganz 
zukommt.  So  verehren  die  Kyprier  einen  Zeus  grostischen  Stücke  des  hermetischen  Poiman- 
Timoros,  dem.  Alex.protr.  2,  39,  2  (29,  6  Stähl],  dres'  {Dieterich  Abr.  35).  Denn  er  {Herrn.  Tris- 
{Bernays'  Kon^.  öivcciicogog  VLnzulsLSsig),  der  wohl  meg.  ed.  Barth.  1,23)  ist  dem  guten  Geist  der 
identisch  ist  mit  dem  Zsvg  Z^xrig  auf  Kypros,  S^ele  entgegengesetzt,  wie  er  in  den  Frommen 
der  die  Schuldigen  aufspürt;  vgl.  Gruppe,  Gr.  und  Reinen  lebt  (1,22),  und  haust  als  verderb- 
Myth.  1116,9.  (Zu  vergleichen  wäre  etwa  die  30  liches  Element  in  den  Schlechten,  Verkomme- 
jüdisch-griech.  Imprecatio  des  Qbbg  ö  viptarog  nen,  Neidischen,  Gewinnsüchtigen  und  Mör- 
aus  Khtnea,  Ditt.  SyU.  S^,  llSl ,  Schluß:  i'va  dem,  um  das  Feuer  ihres  Verbrechergeistes 
i'>idLX7]Grjg  xb  alficc  zb  ccvcxixiov  ^r\xri6SLg  xat  immer  mehr  zu  entfachen  und  zu  schüren, 
xi]v  xaxißxriv.  Wenn  ihn  Euripides  Siippl.  511  damit  sie  von  Vergehen  zu  Vergehen  steigen. 
'Z.  6  xi^cogov^svog^  nennt,  deckt  sich  das  wohl  Dieterich  a.  a.  0.  hat  ihn  schwerlich  an  rich- 
mit  Timoros,  wie  er  nach  L.  Farneil,  The  Cults  tiger  Stelle  eingereiht.  Identifiziert  werden  die 
of  the  greek  States  1  [1896],  67  nur  durch  Clem.  Timoroi  mit  den  Timoriai  im  Herrn.  Trism. 
AI.  Überliefelt  ist.  Auf  dem  Kapitol  wurde  13,  7.  Nach  Hermes'  Lehre  stecken  im  JMen- 
(20  V.  Chr.)  ein  Tempel  des  Ares  Timoros  er-  sehen  ^furchtbare  und  viele'  ccXoyoi  xfig  vXr\g 
richtet  (ob.  Bd.  2,  Sp.  2392,  43);  vgl.  Dio  54,8.  40  xi(icogoi.,  unter  denen  zwölf  TuKügiai  besonders 
Des  Zeus  Beisitzerin  Dike  erhält  die  gleiche  hervorragen  (ayrom,  yLv^r?],  axpaöta  usw.);  doch 
Bezeichnung  als  Timoros  des  göttlichen  Ge-  ihnen  untergeordnet  bestehen  noch  nltiovEg 
setzes  {Aristot.  de  mundo  7,  5  nach  Plat.  leg.  aXXccL.  Von  ihnen  muß  man  sich  zu  reinigen 
716a),  Orph.  ^.62,4;  x.  x'Jbv  xaxorpd^rcov  bei  suchen.  Beitzenstein ,  Poim.  200,  Anm.,  faßt 
Theod.  Prodr.  Bhod.  et  Dos.  5,  207.  Unpersön-  diese  xi^agiai  '"persönlich'  und  setzt  sie  den 
lieh  gefaßt  ist  sie  in  der  Dira  aus  Phlius,  bei  MoTgaL  xov  d'avdxov  des  Zosimos  {Alchim.  gr. 
Ditt  Syll.  3^,  1176.  'ültrix'  ist  Ceres  auf  einer  Berth.  244,  bei  Beitzenstein  214, 1)  gleich,  wie 
Bleitafel,  Wuensch,  Tab.dev.Att.24:;  Nemesis:  mir  scheint,  mit  Recht,  obwohl  sie  schon  hart 
ßaeiXiKav  öcci^iovav  xiiicogog  Inschr.Dittenb.  Or.  an  der  Grenze  zwischen  Personifikation  und 
gr.  inscr.  sel.^H'S.llQ.  Die  Erinyen  als  Timoroi:  50  Abstrakt  stehen.  Bei  Audollent,  Tab.  defix.  242, 
Orph.  H.  69,  7,  70,5  {x&v  ccölxcov  x.).  Neben  6.  7  erscheint  6  d'sbg  6  inl  xibv  xmagiüv  nccv- 
ihnen  bestehen  aber  die  xiiiagol  d'eol  als  be-  xog  ivipvxlov  .  .^gana^uricp  (1.  Uaxgccnsgv.fi'qcp). 
sondere  Dämonenklasse;  Plutarch,  Def.  or.  13  '  [Preisendanz.J 
(417  b)  erwähnt  den  Glauben  {äcciiiovag)  xmv  Timothea  {Tiiio^icc)  s.  Anchuros  und  B.  H. 
vnsgricpdvav  xai  usydXmv  xni&govg  ccölthcov  Klausen,  Aeneas  u.  d.  Penaten  111  Anm.  287. 
nfginoXstv;  vgl.  Jambl.  vit.  Pyth.  222,  155  [Höfer.] 
Nauclc:  xdg  'Egivvag  ins-uccXioaxo  yal  xovg  x.  Timiiclios  {Tt}iovxog),  Beiname  der  Aphro- 
d-eovg.  Sie  heißen  Jambl.  de  myst.  2,1  (84,1  dite  auf  einer  Inschrift  aus  Paros  (iöw 2/,  ^J'cA. 
Parih.)  xä  el'dri  x&v  xiiicogi&v  ificpcchovxeg.  Epigr.  Mitt.  aus  Österr.  11,  186  nr.  3)  nach  der 
Auch  Synesius  kennt  dai^ovag  xiuaigovg.  Zu  60  Ergänzung  von  0.  Bubensohn,  Athen.  Mitt.  25 
ihnen  gehört  wohl  auch  die  Timoria  selbst,  (IvOO),  362:  'Arp[go8ix7i  T^lilovxw,  Inscr.  Insul. 
die  man  sich  als  weibliches  Strafdämonenwesen  Mar.  Aeg.  5,  222.  [Höfer.] 
vorzustellen  hat,  wie  die  römische  Ultio,  der  Tin  (tiu),  Name  des  etruskischen  luppiter, 
20  n.  Chr.  von  Caecina  Severus  ein  Altar  be-  der  für  gewöhnlich  tinia  heißt,  siehe  s.  v.  tinia. 
antragt  wurde,  Tac.  ann  3, 18  {aram  Ultioni),  [C.  Pauli.] 
und  die  eines  der  Kinder  von  Nyx-Erebos  ist  Tina  (tina),  Name  des  etruskischen  luppiter, 
nach  Hygin  fab.  praef.  Im  Lond.  Zauberpap.  der  für  gewöhnlich  tinia  heißt,  siehe  s.  v.  tinia. 
Br.  Mus.  CXXl  wird  einmal  (311  f.  Wess.,  302  f.  [C.  Pauli.] 


967  Tinge  Tinia  986 

Tlnge  (Tt'yy»?,',  die  G&ttin  des  Antaios  (8.  d.).  wo    weder   pinas    noch   tinas,    äomlem    titia« 

Nach    Überwältigung  dieses  Riesen  im  fernen  die  richtige   Lesung  ist  (cf.  Lex.  1,  c.   Pauli, 

Westen  gesellt  sich  Herakles  ihr  zu  und  zeugt  Etr.  Fo.    m.   Stu.    1,    ö,    ur.  20    und   C.  I.  K 

mit  ihr  den  Sophax  (s.  d.,  Bd.  4,   Sp.  1212);  nr.  1413).   Da -eri  eine  etruskische  Kasusenduu«; 

dieser  wird  König  von  Mauretanien,  begründet  ist  (cf.  meö-lumeri,  "ö-ezeri,  sacnicleri),  so  kann 

das  dortige  Herrschergeschlecht  und   benennt  von  tina  auch  die  Form  tineri  auf  dem  Pilaster 

nach  seiner  Mutter  die  von  ihm  erbaute  Stadt  eines  Grabes  von  Coraeto  herkommen  (Fabr. 

Tingis  (jetzt  Tanger):  P/u*.  Ä«rtor.  9  nach /«46a  nr.  2279,   wo   auch   die   weitere  Literatur   an 

fr.  19  bei  Maller  3,471.  —  Nach  Pherekyd.  fr.  gegeben  ist).     Endlich  haben  wir  eine  Anzahl 
83 e  bei  Müller  1,80  heißt  Antaios'  Weib  Iphinoe  lo  Belege,  die  eine  Form  tins,  in  füdetniskischer 

(s.  d.  nr.  8),   Herakles*   Sohn   Palaimon  (s.  d.  Schreibung  tins,  nebst  den  Varianten  tinsi  und 

nr.  2,  Bd.  3,  Sp.  1256  f.)  oder  Polaimon  (?  s.  d.,  tinSin  enthalten.    Auch  diese  Formen  scheinen 

8p.  2606  f.).  [Joh.  Schmidt]  sich   sämtlich   auf  unseren  Gott  zu   beziehen. 

Tiuia  (tinia)  ist  der  etruskische  Name  aes  Sicher   ist   dies    zunächst  für  das  Placentiner 

Zeus.     In  dieser  Form  erscheint    er  zunächst  Templum.    Hier  findet  sich  der  Name  viermal, 

auf  12  etruskischen  Bronzespiegeln.    Ich  werde  nämlich  als  tins  (Reg.  1'),  tin  (Reg.  15.  Iti)  und 

auch  hier  die  einzelnen  Spiegel,  der  besseren  ti  [tins?]  (Reg.  16').     Da  auf  der  Bronze  alle 

Unterscheidung   halber,    mit    ihren    Fabretti-  Götternamen   im  Genetiv  stehen,   so   ist  auch 

Nummern  anführen.     Einer    derselben   {Fabr.  tins  ein  solcher  (tin  und  ti  sind  Abkürzungen) 
nr.  2139)  aus  Vulci,  ein  zweiter  {Gerhard  tab.  so  und  der  Nominativ  lautet  tin.    Dieselbe  Form 

CCCXLVI)  aus  Orvieto,  ein  dritter  (Fa6r.  C /. /.  tins  begegnet  einmal   auch  auf  der  Bleiplatte 

suppl.  1,  nr.  396)  aus  Corneto,  ein  vierter  {Fabr.  von  MagUano  (s.  Lex.  2,  628),  au  deren  Echt- 

suppl.  3,   nr.  394)  aus   Palestrina,   die  übrigen  heit  ich  jetzt  wegen  der  Parallelismen  zwischen 

{Fabr.  nr.  2470.  2471.  2 471  bis.  2477.  2478.  250 J,  ihr  und  der  Mumienbinde  (cf.  Krall,  Agramer 

Gerhard  tab.  CCLKKXII,   Garn.  App.  nr.  832)  Miim>enbinde  61)  nicht  mehr   zweifele.    Diese 

sind  unbekannter  Herkunft.   Die  Literatur  der-  Form  tins  zeigt,   wie  schon  gesagt,   die  süd- 

selben  habe  ich  bei  den  meisten  schon  in  an-  etruskische    Schreibung    und    lautet    gemein- 

deren  Artikeln  angegeben,  und  zwar  Fahr.  i>r.  etruskisch   tins.     In  dieser  Gestalt  findet  sich 

2178  8.  T.  preale,  Fabr.  nr.  2139.  2470—2500,  der  Name  in  einer  Stelle  der  Agramer    Mu- 
sappl.  1   nr.  395,  s.  v.   O-alna,  Fabr.   suppl.  S  ZQ  mienbinde    (5,  19  sq.).      Sie    lautet:    nunx^en 

nr.  394  s.  v.  öttnr,  Fabr.  nr.  2477  s.  v.  -O-esan.  -ö-esan  •  tins  •  iJ-esan  |  eiseras  •  seus:  Da  -S-esan 

Es  erübrigt  also  nur  noch,  die  Literatur  der  und  eisera  (cf.  s.  vv.)  zweifellose  mythologische 

noch    übrigen   Spiegel    aufzuführen.     Es   sind  Namen  sind,  so  kann  es  kaum  zweifelhaft  sein, 

deren   noch   vier,   der  von  Orvieto    und   drei  daß  aach  in   tins  ein  solcher  vorliege.     Auch 

originis  incertae.    Der  Spiegel  von  Orvieto  ist  diese   Form   ist   Genetiv,    wie   die   nach   dem 

herausgegeben  von  Gerhard,  Etruskische  Spiegel  zweiten    '»•esan    stehende    sichere  Genetivform 

4,91,   tab.  CCCXLVI.     Bei   Fabretti  fehlt   er.  eiseras  •  seus   beweist.     Eine    ältere   Form  des 

Sein  orvietanischec  Ursprung  wird  wahrschein-  Sufdxes  -s  ist  -si  (cf.  Pauli,  Etr.  Fo.  u.  Stu.  3, 

lieh  durch   das  Wort  suO-ina  auf  seiner  Spie-  47  sq.  46).     Sie  liegt  vor   in  dem  tin.si,  wie  es 
gelfläche,    welches    meist    auf    Gegenständen  40  in  einer  Reihe  weiterer  Stellen  der  Mumien- 

sich   findet,   die   aus   Orvieto   stammen.     Von  binde  (2,  6;  3,  21;  4,  2;  5,  4;  8,  15.  y  0;  9,  3. 

den  drei  Spiegeln  originis  incertae  ist  der  erste  10)  enthalten  ist,  in   denen   teils  vollständig, 

veröffentlicht  von  Dzinpster  1,  tab.  III  und  aus  teils  mit  Sicherheit  herzustellen,  die  Wendung 

ihm  von  Lanzi  2^  202  sq.  =  ICO,  tav.  X,  nr.  5,  eö^rse  •  tinsi    tiurim  •  avils  •  %is  sich  findet.    Die 

von  Gori,  Mus.  etr.  1,  13  und   2,  3,    im  Mus.  letzten  vier  Worte   sind  sicher  zu  übersetzen. 

Kircher.  1,SQ,  tab.  XXII,  yon  Inghirami,  Storia  Sie  heißen:  ^in  des  Zeus  Monat  des  Jahres  II 

ddla  Toscana  tav.  XXXIII,  nr.  2,  von  Gerhard,  oder  IV)'  (cf.  das  Nähere  s.  v.  tiv).    Auch  hier 

Über  die  Gotth.  d.  Etr.  Taf.  1,  nr.  2  und  Etr.  ist  also  die  Form  tinsi   ein  Genetiv.     Endlich 

Spiegel  3,   76,  Taf.  LXXIV  und  von  Fabretti,  haben  wir  noch  auf  der  Mumienbinde  (6,  14) 
C.  i.  i.    nr.  2471.     Der   zweite   derselben    ist  50  in  dunklem  Zusammenhang  eine  Form  tinsin, 

herausgegeben  von  Gerhard,  Etr.  Spiegel  4,  10,  in  der  auch  der  Name  unseres  Gottes  enthalten 

Taf.  CCLXXXII.     Bei  Fabretti  fehlt  er.     Der  sein  wird.     Der  Genetiv  tins  ist  ohne  Zweifel 

dritte  endlich  ist  herausgegeben  von  Gamur-  auch  enthalten  in  der  FÄta  tinscvil,  die  fünf- 

Ww»,  Append.  nr.  832.    Außer  auf  diesen  Spie-  mal  belegt  ist.    Sie  findet  sich  auf  dem  Erzbilde 

geln  ist  die  Form  tinia  belegt  auf  einer  steiner-  einer  Chimära  von  Arezzo    {C.  L  E.   nr.  377), 

nen  Säule,  die  in  Orvieto  in  einer  Zisterne  auf-  auf  dem  Erzbilde  eines  Greifen  {C.  I.  E.  nr.  400), 

gefunden  worden  ist   {Gamurrini,    Bull.  delV  auf  dem  Erzbilde  eines  Hundes  {C.  I.  E.  nr.  472), 

Inst.  1880,  134  =  C.  L  E.  nr.  4919).  Außer  der  auf  einem  ehernen  Handgriff  {C.  L  E.  nr.  471) 

Form  tinia  findet    sich  auch  die  Form   tina.  und  auf  einer  ehernen  Leuchterplatte  (C.  /.  E. 

Diese  liegt  zunächst  sicher  vor  auf  einem  Spie-  60  nr.  443),  letztere  vier  aus  Cortona.     Die  Lite- 

gel  von   Arezzo  {Fabr.  nr.  459),   dessen  Lite-  ratur    dieser  Inschriften   ist  unter  den   ange- 

ratur  ich  s.  v.  seO-lans  angegeben  habe.   Zwei-  gebenen   Nummern    des    C.  I.  E.    aufgeführt. 

mal  scheint  sich  auch  der  Genetiv  dazu  in  der  Dieselbe  Form  in  der  südetruskischen  Schrei- 

südetruskischen    Schreibung    tinas    mit    s    (>)  bung  tinscvil  mit  s  (>)  statt  s  (/V\)  begegnet  auch 

statt  s  (Vi)  zu  finden,  nämlich  in  den  beiden  C.  L  E.   4919.  4920   (Orvieto)   und  5168.  5169 

Inschriften  Fabr.  nr.  2610  und  suppl.  3,  nr.  356  (Bolsena).  Dies  tinscvil  ist  zweifellos  die  Bezeich- 

(cf.  Lex    2,  6-J6).     Hingegen  ist  derselbe  nicht  nung  eines  Weihgeschenkes,   denn  -cvil,  -;uvil 

vorhanden  in  der  Inschrift  Fabr.  suppl.  3,  nr.  85,  heißt  'Geschenk'  {De.ecke,  Etr.  Fo.  4,  29:  Pauli, 


J 


969                          Tinia  Tinos                          970 

Ktr.  Stud.  3,  114  und  Altit.  Stud.  H,  49).  Daß  und  die  Keule  in  der  Rechten  haltende  Her- 
os ursprünglich  'Geschenk  an  den  Tin'  hieß,  kules  (hercle);  alle  drei  schauen  auf  die  vierte 
zeigt  der  Stein  von  Orvieto,  wo  die  Inschrift  Figur,  die  zur  Hechten  sitzt  und  die  Beischrift 
tinia  |  tinscvil  lautet.  Später  wurde  das  Wort  aile  haben  soll.  Man  will  in  ihr  den  lolaus 
dann,  wie  das  tinscvil  |  mi :  unia  |  1  •  |  curtun  sehen,  aber  das  ist  sprachlich  unmöglich,  denn 
Mies  ...  der  Inno  von  Cortona'  des  Bronzehand-  lolaos  würde  etruskisch  *ulae  oder  *ule  heißen 
i,M-iffs  dartut,  auch  in  allgemeinerem  Sinne  für  müssen.  Ich  möchte  eher  glauben,  daß  statt 
Weihgeschenke  an  andere (Jottheiten  gebraucht.  aile  vielmehr  a;^le  zu  lesen  und  die  Figur  so- 
Schließlich  haben  wir  auf  einem  Travertinblock  mit  den  Achilles  darstelle.  Er  scheint  eine 
von  Arezzo  {Gamurrini,  Append.  nr.  88  tav.  IV  lO  Streitsache  gegen  den  Herkules  vorzutragen. 
^  G.I.K.  nr.  371)  die  Inschrift  tins  |  lut.  Wie  Auf  dem  vierten  Spiegel  endlich  {Gerhard 
(hon  Gamurrini  selbst  gesehen  hat,  vergleicht  Taf.  CCLXXXII)  haben  wir  drei  Personen: 
>ich  diese  Inschrift  dem  tinscvil,  und  es  ist  links  den  luppiter  (tinia),  Strahlen  ums  Haupt, 
mir  darum  nicht  unwahrscheinlich,  daß  auch  den  Donnerkeil  zu  seiner  Rechten;  mit  der 
sie  eine  einzige  zusammengesetzte  Form  tinslut  Linken  umfaßt  er  liebend  die  luno  (uni), 
enthalte,  nicht  zwei  getrennte  Wörter.  Damit  hinter  der  eine  dritte  Person,  eine  Dienerin 
sind  die  Belege  von  dem  Namen  unseres  Gottes  mit  Scheitelstift  und  Salbenbüchschen  steht, 
erschöpft,  und  es  ergibt  sich,  daß  dieser  Name  die  die  Inno  bräutlich  geschmückt  hat.  Denn 
die  drei  Formen  tinia,  tina  und  tin  hatte.  Der-  die  herabsinkenden  Gewänder  der  beiden  Haupt- 
artige Suffixunterschiede  begegnen  in  den  20  persouen  und  zwei  Sterne  am  Himmel  lassen 
etruskischen  Götternamen  auch  sonst,  wie  in  keinen  Zweifel  daran,  daß  wir  die  Darstellung 
alpan  und  alpanu,  zipna  und  zipanu,  vel;^ans  der  Brautnacht  von  luppiter  und  luno  vor  uns 
und  vel;^anu.  Die  Darstellungen  der  Spiegel  haben.  Die  Figur  des  tinia  erscheint  mit  ver- 
habe  ich  zumeist  schon  in  anderen  Artikeln  schiedenen  Attributen  und  in  verschiedener 
gegeben.  Sie  zerfallen  in  vier  Gruppen:  die  Darstellung,  bald  bärtig  und  majestätisch,  bald 
(T<^burt  der  Minerva  {Fabr.  nr.  459.  2471^18  bartlos  und  jugendlich,  aber  dennoch  kann 
•2478,  suppl.^l,  nr.  395,  suppl.  3,  nr.  394,  we-  kein  Zweifel  sein,  daß  es  überall  der  luppiter 
i,n^n  deren  lö.  auf  die  Artikel  s.  vv.  se-O^lans,  ist.  Wegen  des  weiteren  verweise  ich  in  betreff 
pr.eale,  -ö-alna  und  o^^anr  verweise);  die  Geburt  dieses  Punktes,  so  wie  der  übrigen  in  Betracht 
des  epeur  {Fahr.  nr.  2470  und  'iöOO;  cf.  s.  v.  30  kommenden  Fragen  auf  die  klaren  Darlegungen 
i^alua);  luppiter  als  Schiedsrichter,  und  zwar  im.  Le.x.  2,  627  sqq.,  deren  sachlichem  Inhalt  ich 
/wischen  -O-alna  und  turms  {Fabr.  nr.  2139;  allewege  zustimme.  Hiergegen  halte  ich  die 
f.  s.  V.  'd'alna),  zwischen  turms  und  apulu  dort  aus  anderen  Quellen  angeführten  Etymolo- 
yFabr.  nr.  2471),  zwischen  -O-esan  und  ite^is  gien  des  Namens  tinia  sämtlich  für  falsch.  Die 
(i<''a7>r.  nr.  2477  ;  cf.  s.  v.  -ö-eö-is),  und  ebensowohl  Figur  des  tinia  hat  sich  im  heutigen  italieni- 
auch  zwischen  lasa  und  maris  {Garn.  nr.  832)  sehen  Volksglauben  erhalten.  Noch  jetzt  heißt  er 
und  a;^le  uvjl-,  hercle  {Gerhard  Taf.  CCCXLVI) ;  Tinia  oder  Tignia  und  ist  ein  ^folletto  (d.  i. 
endlich  ein*  Liebesszene  zwischen  tinia  und  spirito)  grande,  ma  cattivo\  Er  ist  der  ^spirit 
uni  {Gerhar(i  Tsit  CCLXXXII).  Es  erübrigt  also  of  the  thunder  and  lightning  and  hau;  should 
nur,  noch  die  Spiegel  zu  beschreiben,  die  in  40  any  peasent  ever  curse  him,  then  when  a  tempo- 
anderen  Artikeln  noch  nicht  behandelt  sind.  rale  comes,  he  appears  in  the  lightning,  and 
Es  sind  deren  noch  vier.  Auf  dem  ersten  der-  bruccia  tutta  la  raccolta^  {Leland,  Etrusc.  Rom. 
selben  {Fat<.nr.  2471)  haben  wir  drei  Figuren:  Remains&.'il).  [Vgl.jetztauch  T/jwZm,  J2eZi^ton5- 
in  der  Mitte  steht  luppiter  (tinia)  nackt,  einen  gesch.  Vers.  u.  Vorarb.  3,  24.  31  ff.]  [C.  Pauli.] 
Efeukranz  ums  Haupt  und  mit  einem  Hals-  Tiniae  s.  Ende  des  Buchst.  T. 
schmuck,  in  der  rechten  Hand  einen  Stab,  in  Tinos  (Dativ:  Tinü)  oder  Tina  (Dativ:  Tina), 
der  linken  den  Donnerkeil,  sein  Blick  ist  dem  zweifelhafter  keltischer  Name  oder  Beiname 
Apollo  (apulu)  zugewandt,  der  links  vor  ihm  einer  Gottheit  in  einer  halb  lateinischen,  halb 
sitzt,  mit  herabgeglittenem  Gewände,  auch  er  fremdartigen  Inschrift  von  Voltino,  in  der  Nähe 
mit  einem  Halsbande  und  einem  Lorbeer-  50  des  westlichen  Ufers  des  Gardasees  (Lacus  Be- 
kränze geschmückt;  rechts  hinter  luppiter  steht  nacus),  südsüdwestlich  von  Limone  {CIL  5,2, 
Hermes  (turms),  das  Gewand  zurückgeschlagen,  Tab.  I).  Die  Inschrift  (jetzt  im  Museum  zu 
den  Flügelhut  auf  dem  Haupte  und  einen  Stab  Brescia)  hat  in  den  ersten  vier  Zeilen  lateini- 
in  der  Rechten,  während  er  die  Linke  auf  sehe  Buchstaben  (mit  Ausnahme  von  zwei  Schrift- 
luppiters  Schulter  legt.  Die  Szene  macht  den  zeichen),  der  Rest  ist 'möglicherweise  etruskisch, 
Eindruck,  als  ob  die  beiden  Götter  luppiters  in  dem  von  Pauli  so  genannten  Sondrio-Alpha- 
Entscheidung  angerufen  hätten.  Auf  dem  bete  geschrieben'  {Skutsch  in  Pauly-Wissowa, 
zweiten  Spiegel  {Garn.  nr.  832)  haben  wir  Beal-Encyclop.  6,  1,  Sp.  781).  Die  anfänglich 
gleichfalls  drei  Personen:  tinia,  maris  und  sichere,  dann  fragliche  Lesung  ist:  Tetumus 
lasa.  Da,  soweit  ich  es  feststellen  kann,  eine  60  Sexti  Diigiava  Sasadis  (Sassaris)  tome  decavi 
Abbildung  dieses  Spiegels  nicht  vorhanden  ist,  Obuldinu  (obuldunu)  Tinu  oder  (V)  tomezedai 
-0  kann  ich  keine  näheren  Angaben  machen.  Obalzana  {?)Tina.  Die  die  Weihung  einleiten- 
Der  dritte  {Gerhard  Taf.  CCCXLVI)  enthält  den  Namen  nennen  einen  Mann  Tetumus  Sexti 
vier  Personen:  in  der  Mitte  sitzt  luppiter  (tina)  (filius)  und  eine  Frau  JJugiava  Sassaris  (ßliaj, 
mit  herabgesunkenem  Gewände,  Strahlen  ums  wohl  einEhepaar,mitkeltischenNamen.  Ebenso 
Haupt,  in  der  Linken  einen  Stab  und  den  hebt  auch  z.  B.  eine  keltische  Weihinschrift 
Donnerkeil  zu  Füßen;  links  von  ihm  steht  des  Ucuetis  zu  Alesia  an  mit  dem  allerdings 
luno  (uni),  noch  weiter  links  der  unbekleidete  stärker  latinisierten  Namen  3fartialis  J)anno- 

EoscHBR,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V.  32 


971                        TinthuD  Tios                          972 

tali  (erg.  fiUus).  —  TA.  JUcmmsen,  Die  pord-  (Leianil,  Etrw^can  Bcwan  Knuains  122).     Le- 

Orwikischtn  Alphabete  auf  Inschriften  urd  Mün-  lands  Gewahrfmöniier  versicherten,   er  sei  lo 

een  =  Mitteilungen  der  Antiquar.  Gestlhch.  in  spirito  del  foU;ore.     Wenn  es  hagelt,   so  solle 

Zürich  7  (185S),    S.  210   mit  Taf.  2,  17,   nach  man    den   Gewittergott,    Tituno   oder   Tignia^ 

einer  Zeichnung  von  Odorici  (auch  bei  Odorici,  anrufen  (I.e.  215).    Ist  diese  Bemerkurg  richtige 

Storie  Bretciane  1,  ISbi^p.bl).    CiX  6, 4888—  so  iet  sie  von  Wichtigkeit.    Denn  da  Tignia  da» 

Hiibner,  Exemj^  scripturae  epigr.  Lat.  nr.  19.  etr.  tinia  (b.  d.>  ist,  Tithonos  aber  etr.  tin^u(n) 

Stokes,  CeUic  Veclension  p.  66.    Fauli,  Corpus  heißt,  so  ergäbe  sich  ein  Zusammenhang  zwi- 

Inscr.  Etrusc.  nr.  SO.    Bolder,  Altcelt.  Sprach-  sehen    beiden    Gottheiten   und    ihren   Namen. 
schätz  2,   Sp.  1864,  Tgl.  auch  1,  Sp.  ia66.    2,  lO  Die  Form  tin^u(n)  wftre  &ho  echter  und  älter 

Sp.  824.  1373.  1636.  1802.—  Über  Tinia{Tina\  als  das  griech.  Ti&covos  und  würde  im  Grie- 

den   etruskischen  Zeus-Iuppiter,  s.  Aust  oben  chisthen  *Tivd^6iv  lauten  müssen.     Der  Nasai 

Bd.  2,1,  Sp.  627  ff.  und  Pauli,  Art.  Tinia.  hätte  sich  in  der  Longe  des  griechischen  t  er- 

(Keune.)  halten.     Da   Ti^avog  keine   genügende   indo- 
TiuscYÜ  8.  Tinia.  geimanische  Etymologie  hat,  ist  der  Gott  ohne- 
Tintbnn  (tin^un)   ist  der  etruskische  Name  hin  vorgriech.-etruskischer  Herkunft  verdächtig' 
eines  Heros,  der  sich  auf  zwei  Spiegeln  findet.  ftin^un  neben  Ti^cotog  erklären  Bugge,  Eir 
In   ebendieser  Form  tin^un   begegnet  er  nur  Fo.  u.  Stu.  4,84  und  W.  Schvhe,  Z.  G.  L.  E. 
einmal,  auf  einem  Spiegel  unbekannter  Her-  209.  243  wie  Tintinius  nebtn  Titinius  rein  laut- 
kunft,  der  veröffentlicht  ist  von  Gerhard,  Eir.  20  lieh  durch  Yci ausrahme  des  Nasals.] 
Spiegel  4,  22,  Taf.  CCXC,  nachdem  derselbe  [C.  Pauli.] 
ihn  schon  im  Archäol.  Anzeiger  14,  1857,  71  er-  Tios  {Tiog),   ein  milesischer  Priester,  nach 
wÄhnt  hatte,  und  von  Fabretti,  C.  J.l.  nr.2613»'i».  dem  die  gleichnamige  Kolonie  der  Milesier  an 
Da  der  Spiegel  nach  Gerhard  sich  imVescovato  der  Südküste  des  Pontos  Euxeinos  benannt  ist: 
von  ChiuBi  befindet,  so  wird  er  wohl  auch  im  Steph.  Byz.  s.  Tiog;  Pomp.  Md.  1,19.   DieGiün- 
ager   Clusinus    gefunden    sein.     Weiter  haben  düng    der   Stadt   sowie   die   Benennung   ihres 
wir  den  Namen  in  der  Form  tin-Sn  (eigentlich  Schutzgottes  Zhvg  Tiog  wird   einem  Eroberer 
I  tin^n  I,  doch  hält  man  die  beiden  Striche  für  Pataros  (s.  d.),   dem  nachmaligen  eponymen 
bedeutungslos)   auf  einem  zweiten  Spiegel  un-  Heros   der  als  Kultort  des  Apollon  bekannten 
bekannter  Herkunft,  herausgegeben  von  Ger- %Q  Stadt  Fataia  in  Lykien,  zugefchrieben:  Steph. 
hard,  Etr.  Spiegel  2,  8.  3,  217,  Taf.  CC  XXXII  Byz.  a.  a.  0.  nach  Bemosthenes  h  Bid-vviaxoig. 
und  von  Falreiti,  C.  I.  I.  nr.  2506.    Fried(richs,  Er  soll  mit  Thrakern  aus  Europa  gekomaen 
der  den  Spiegel  gleichfalls  herausgegeben  hat  sein  und,  bevor  er  seine  Raubzüge  in  Klein- 
{Klein,  Kunst  und  Industrie  60,  nr.  70),  liest  asien  südwärts  bis  nach  Lykien  ausdehnte,  sieb 
tin^u,  und  zwar  nach  Autopsie.     Die  Darstel-  nach  Veitreibung  der  Kimmerier  in  Bithynien 
lung  des  ersten  dieser  Spiegel  habe  ich  s.  v..  niedergelassen  haben:  Arrian  bei  Eustath.  ad 
desan  gegeben.    Sie  enthielt  die  vier  Personen  Dior?j/s.Pcn>p.  322.  Griechische  Eitelkeit  nannte 
tin-^n,  <&e8an,  memrun  und  la#ai-,  von  denen  übrigens  den  Dionysos  Gründer  der  Stadt  und 
tin^on  und  -d-esan  in  der  Mitte  als  Liebespaar  prägte  dies  auf  ihre  Münzen  (s.  u.).   Die  Stadt 
standen.    Sehr  ähnlich  ist  die  Darstellung  des  40  wird  meist  zu  Bithynien,  von  Steph.  Byz.  und 
zweiten  Spiegels  (Fabr.  nr.  2506),  doch  tragen  Pomp.  Mel.  a.  a.  0.  aber  zu  Paphlagonien  ge- 
bier  die   Personen   zum    Teil   andere   Namen.  rechnet,    da   sie   nahe    an    der   Grenze   beider 
Auch  hier  haben    wir   vier  Personen:    in  der  Landschaften    liegt    und    diese    sich    geändert 
Mitte  stehen  als  Liebespaar  tint^u  (rechts)  und  haben  mag.   Ist  die  Ableitung  des  Namens  der 
evan  (links),  er  bis  auf  die  Fußbekleidung  ganz  Stadt,  oder  richtiger  des  Beinamens  ihres  Gottes 
nackt,  sie  mit  nacktem  Oberkörper,  zwei  Hals-  (s.  o.),  von  r/fiav  (tUiv)  bei  Steph.  Byz.  zutref- 
bändem    und    Armspangen;    links    hinter    ihr  fend,  so  würde  sich  jener  auf  dessen  Verehrung, 
sitzt  die  -Ö^e-O^is,  in  Kleidung  und  Schmuck  ganz  seinen  Kult,  beziehen.  —  Die  Namensform  der 
ähnlich,  nur  daß  sie  auch  noch  eine  Stirnlinde  Stadt  unterliegt  manchen  Schwankungen.  Über- 
trägt;   ganz    rechts    ist  ein   zweiter  Jüngling,  50  wiegend  heißt  sie  i^  T/o?,  wie  sie  jedoch  <S<ra6. 
nur  mit  Schuhen  und  einem  um  die  Schultern  12,544  nur  ausnahmsweise  nennt;  ri  Ttog (Tnog) 
geschlungenen    Mantel    bekleidet.     Seine  Bei-  ist   der  Name   bei   Memnon.  fr.  7.  16.  27.  52, 
Schrift  liest   Gerhard  tfami  (d.i.  tvami)    oder  Müller  H.bZl  f.  und  Aelian.h.  anim.  15,  b;  Tiov 
tsami,  Fabretti  tiami,  während  Friederichs  die  bei  Ptol.  5, 1,  7;  endlich  Tisiov  meist  bei  Stra- 
Schriftzüge     ganz    unleserlich    nennt.     Bugge  bon:   12, 542f.  565  und  Ps.-Skyl.  90;   dagegen 
(in  Deeckes  Etr.   Fo.   u.  Siu.  4,   34  sq.)   denkt  beruht  Tr\iov  bei  Eustath.  11.  p.  362,  40  u.  Od. 
daran,  tiasii  zu  lesen,  und  dies  auf  Grund  von  p.  1472,  41  wohl  nur  auf  Textverderbnis.    Tiiog 
Gerhards   Deutung    der    Figur    als  Achill,    =  ist  die  übliche  Namensform   auf  Münzen,  wo 
•^^lebffioff  =  <P^£o}T»]5  zu  erklären,  allein  das  demgemäß  die  Einwohner  Ttiavoi,  aber  auch 
ist  sachlich  wie  sprachlich  gleich  unsicher  und  60  Tiavoi  genannt  werden;  in  der  Literatur  heißt 
schwerlich  annehmbar.    Daran,  daß  tin-ö^un  der  ein    Bewohner   Tiavog:   Schol.  Apoll.  Bhod.  2, 
griech.  Tithonos  sei  (vgl.  Deecke  in  Bezzenbergers  789;  Strab.  13,  623;  Lukian.  Alex.  43,  oder  Tioc- 
Beiträgen  2,  170,  nr.  97\  wird  nicht  zu  zwei-  vBvgx  Steph.  Byz.,  eine  Bewohnerin  Tiotvri',  drei 
fein  sein,  obwohl  im  einzelnen  manches  dunkel  werden    aufgezählt    bei    Phleg.    Trall.    fr.   29, 
bleibt,   worauf  ich   schon    s.  v.  -^-esan  hinge-  Müller  3,  609.    Lateinische   Namen    der   Stadt 
wiesen  habe.    Wie  die  -O^esan,  so  hat  sich  auch  Tios:  Pomp.  Mel.  1, 19,  und  Tium:  Plin.  N.  IT. 
der  tin^n    im  italienischen  Volksglauben  er-       6,1,1,4.   Hauptschutzgott  der  Stadt  ist  Zeus, 
halten ,    und   zwar   unter  dem  Namen    Tituno  entweder  Tios  (Steph.  Byz. ;  s.  o.)  oder,  wie  sich 


973                         Tipanu  Tiphys  1                       974 

aus  Münzen  ergibt,  Surgasteuß  (s.  d.,  Bd.  4,  spraehlich,  auch  nur  der  geringste  Anhalt  da- 

Sp.  1607)  zubenannt.    Auf  andern  Münzen  er-  für    vor,    daß    die    tig^anati    die    Venus    sei. 

scheint  Jiuvvaoi^   At/öttj?:    Kcklui,   1).  N.  Weder  ihre  Gestalt,  noch  ihr  An/ug  entspricht 

2,438;    Head ,    H.   N.   618";    (ireek    Coins    in  dem.    Der  bloße  Name  ntunis  reicht  dafür  nicht 

the  Brit.  Mus.,   Bithynia  p.  203;   s.  auch    den  aus,    denn    hebr.-phön.  ädön  ist  doch  nur  ein 

Art    KtisteSf    Bd.  2,   8p.  Iö8();    wieder   andere  Appellativuni,  welches  Moniinus,  deus' bedeutet, 

zeigen   den    'Acv-Xrimog   2J(ori'jQ;   s.  den  Art.  und  der  auf  unserem  Spiegel  dargestellte  atunis 

t^oter    Bd.  4,  JSp.  1253.    Endlich  wird  auch  der  ist  gar  nicht   der  Adonis   der  Venus   —  inso- 

Gott  Mi]  V  Tide  ILO  V  {s.  d.  Art.  Men)  \on  Koscher  fern  hat  Friederichs  recht  —  sondern  ein  be- 
{Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  1891,   S.  126,  6ö)  lo  liebiger    anderer    Götterknabe,    welcher,    das 

mit  Tion  in  Verbindung  gebracht;  \i^\.  Gruppe,  wissen   wir  nicht.     Es  handelt  sich  in  unserer 

Myth.  S.  15.'{5.                            [.loh.  Schmidt.]  Szene,  wie  ich  glaube,  um  einen  uns  im  übrigen 

Tipauii  (tipanu)  erscheint  einmal  als  Name  unbekannten   semitischen    Mythus,   denn   auch 

einer  dienenden  etruskischen  Gottheit  auf  einem  die  Form   ti^anati  macht  einen    durchaus  bp- 

Spiegel  unbekannter  Herkunft,    der   sich  jetzt  mitischen  Eindruck.     Es  wird  ein  semit.  Femi- 

im    lierliner    Museum    befindet.     Er    ist    ver-  ninum    darunter    verborgen    sein.     Das    ist  ja 

öffentlicht   in    der   Archaol.    Zfitung    10,    159,  freilich    auch    nur   eine  Vermutung,    aber  ich 

von  Boulez  in  den  Ann   delV  Jvst.  1803,   186,  glaube  nicht,  daß  sich  zurzeit  etwas  Positives 

von  Gerhard,  Etr.  Spiegel  4,  61,  Taf.  CCCXXIV  fiber  die  tiqpanati  aussagen  lasse, 

und    von    Fabretti,    C.  I.  I.    ur.  2505ter.     Die  20  [Körte  bestätigt  auf  erneute   Anfrage   die 

Darstellung  zeigt  vier  weibliche  Personen:    in  Lesung  turan  ati  'Venus  als  Mutter',  b.  Herbig, 

der   Mittelgruppe    die    beiden   auch    sonst  be-  Süz.-Ber.  d  Mütich.  AJc.  d.  Wiss.  Philos.-philol- 

Kannten    Göttinnen   alpanu  und   a;^uvitr,     die  hist.  Kl   1914,2,26.    Steht  turan  i==  xvQavvog) 

sich  umarmen,  links  und  rechts  je  eine  Neben-  'Herrin'  {Htrhig,  ebenda2S),  zu  atunis  =  semit. 

figur,  links  die  tipanu,  die  einen  Spiegel  hält,  ädön  'dominus'  auch  dem  Namen  nach  in  Be- 

rechts  die  -^anr,  die  einen  Vogel  auf  der  Hand  ziehung  ?]     [C.  Pauli.] 

hat.     'Ein  genaueres  Verständnis  dieser  Gott-  Tiphys  I  (Ttcpvg,  lat.  Tiphys;  über  den  Na- 

heiten  zu  ermitteln,  reichen  deren  Namensin-  men   s.  u.),    der   Steuermann    der  Argonauten 

Schriften  nicht  aus',   sagt  Gerhard  mit  Recht.  während  des  ersten  Teils  der  Fahrt  nach  Kolchis. 

Der  Name  tipanu  ist  übrigens   wahrscheinlich  30  Über    seine    Abstammung    und     Heimat 

verlesen,   statt  zipanu,   eine  Möglichkeit,   von  schwanken  die  Berichte.    Sein  Vater  heißt  bei 

der   in   dem  Artikel   zipna   gehandelt   werden  Apollodor  1,  111  Hagnias  (s.  d.)  oder  Hagnios 

wird.     [C.  Pauli.]  (dies   richtige   Lesart  für  Agnias   oder  Agnios 

Tiphaiiati  (tiqpanati)  findet  sich  auf  einem  im  Schol.  Lykophr.  890);  er  selbst  wird  daher 
etruskischen  Bronzespiegel  unbekannter  Her-  'Ayviddrig  (Hagniades)  genannt:  Apoll.  ]\hod.  1, 
kunft  als  Beischrift  zu  einer  weiblichen  Ge-  105.  560.  1296;  2,557.  854;  Orph.  Argon.  123. 
stalt.  Der  Spiegel  ist  veröffentlicht  von  Engel,  544.  693;  Valer.  Flacc.  1,  482;  2,  48.  Dagegen 
Kypros  2,  639 sq.,  von  Gerhard,  Ftr.  Spiegel  ^,  sind  seine  Eltern  Phorbas  (s.  d.  Art.  Sp.  2425 
117,  Taf.  CXVI,  von  Fabretti,  C.  I.  I.  nr.  2512  u.  2428)  und  Hymane  (s.  d.)  oder  richtiger  Hyr- 
und  von  Friederichs,  Berlins  antike  Bildwerke  40  mine  (s.  d.)  bni  Hygi)i.  fab.  14  u.  18;  vgl.  auch 
2,  55,  nr.  53.  Die  Darstellung  zeigt  zwei  Fi-  0.  Müller,  Orchovienos  S.  259*.  Diese  zweite 
guren:  links  einen  nackten,  geflügelten,  noch  widersprechende  Angabe  beruht  jedoch  nicht 
knabenhaften  Jüngling  mit  derBeischrift  atunis,  auf  selbständiger  Überlieferung,  sondern  ist 
rechts,  auf  einem  reichen  Stuhle  sitzend,  die  verschuldet  durch  den  Wirrwarr  im  Texte  des 
völlig  bekleidete  tiqpanati;  beide  haben  die  Hygin.  Eine  geistvolle,  wennschon  kühne  Ver- 
rechte Hand  erhoben  und  spielen  mit  einem  mutung  C.  Boberts  {Nachr.  d.  Göttin g.  Gesellsch. 
Vogel.  Man  hat  geglaubt,  wo  ein  Adonis  sei,  d.  W.,  phil.-hist.  Kl.,  1918  S.  470;  475  f.; 
müsse  auch  eine  \enus  sein,  und  so  hat  man  492  f.;  496  f.)  kann  hier  nur  angedeutet  wer- 
denn  flugs  aus  der  tiqpanati  eine  Venus  gemacht.  den.  Der  Argonautenkatalog  in  fab.  14  geht 
Das  ist  geschehen  von  Jahn  und  JDe  Witte  in  50  zurück  auf  die  Schol.  zu  Apoll.  Bhod.  Nun  ist 
den  Ann.  delV  Inst.  1845,  358.  394,  von  Ger-  nach  Schol.  1,172  vielmehr  Augeias  Sohn  (des 
hard  (1.  c),  von  Friederichs  (1.  c.  und  schon  Helios  oder)  des  Phorbas  von  der  Hyrmine. 
früher  in  der  Archäol.  Zeitschr.  17,  112).  Letz-  Mit  Benutzung  dieser  Scholiennotiz  hatte  Uy- 
terer  will  das  nach  der  Zeichnung  bei  Gerhard  gin  offenbar  geschrieben:  Augeas  Solls  et Äau- 
völlig  sichere  tiqpanati  sogar  als  turanati  ge-  sidawes  Amphidamantis  fdiae  fdius;  [aliiPhor- 
lesen  wissen  (Eir.  Spiegil  5,  35  wird  ihm  zuge-  bantis  et  Hyrmines  filium  dicuntj.  Die  einge- 
stimmt mit  den  Worten :  'turanati,  Aphrodite,  klammerten  Worte  sind  ausgefallen  und  am 
so,  nicht  tiqpanati,  ist  unzweifelhaft  zu  lesen,  Rande  nachgetragen  worden,  dann  aber  meh- 
und  ebenso  von  Bugge  in  Btzzenbtrgers  Bei-  rere  Zeilen  weiter  oben  an  die  falsche  Stelle 
trägen  11,  17,  der  das  turanati  als  die  'Tyri-  60  hinter  Tiphys  geraten,  wo  sie  die  richtige  Ge- 
sche'  deutet)  und  meint,  der  geflügelte  Adonis  nealogic:  Hagniae  filius  verdrängt  haben.  Daß 
'sei  eigentlich  Amor  und  nur  etruskisch  um-  die  Textverderbnis  alt  ist,  ergibt  sich  aus 
getauft'.  Gerhard  hingegen  (Gotth.  d.  Etr.  38,  fab.  18:  denn  auch  dort  hat  sie  der  Inter- 
not. 88)  zieht  als  Stütze  die  Venus  Tifernatium  polator  eingesetzt.  —  Als  seine  Heimat  gilt 
[Gori  Irn^r.  pag.  341)  heran.  Da«  alles  sind  gewöhnlich  Siphai  oder  Sipha  (Schol.  Apoll. 
'wunderliche  und  willkürliche  Annahmen',  wie  Bhod.  \.  10b;  davon  die  Bewohner  Zicpai^Tg: 
Friederichs  mit  Recht  die  Aufstellungen  Ger-  Orph.  Arg.  125).  Der  dfj(iog  Zicpccsvg  liegt 
hards  nennt.     Es  liegt,   weder  sachlich   noch  im   Gebiete  von  Thespiai  in   Boiotien  (Apoll. 

32* 


^75                       Tiphys  I  Tiphys  I                       076 

Bhofi.  1,  105;  daher  heißt  Tiphys  Thespiadee:  ters  Throne  alles  ringsum  dem  Gott  zu  Dien- 
Valer.  FUtcc.  2,  H68;  ö,  44;  dagegen  ist  1,124  sten  ist  (1,689 f.).  Bei  Gefahr  und  Verzagtheit 
Argus,  der  gleichfalls  aus  Thespiai  stammende  der  Mannen  ermutigt  er  sie  und  leukt  das 
Erbauer  des  Schiffes  Argo,  gemeint;  vgl.  1,  98).  Schiff  mit  festem  Maß,  bis  sich  der  Sturm  ge- 
Da  Sipha  (ü'qp»])  die  ionische  Form  für  dori-  brocheu  (2,  47 f.  390 f.).  Daß  die  Argo,  vom 
flches  Titfu  (Pausan,  9,  32,  4)  ist,  so  wäre  Ti-  Winde  gedreht,  in  den  bereits  verlassenen  Ha- 
pbys  nach  diesem  boiotischen  Hafen  benannt  fen  von  Kyzikos  zurückkehrt,  wo  grausige 
{Fick^-Bechtel,  Gr.  Personefinamen  S.  867),  der  Kämpfe  die  Helden  erwarten,  ist  nicht  seine 
bald  (neben  Pagasai,  lolkos,  Aphetai  in  Thes-  Schuld,  sondern  Kybele  hat  ihn  arglistig  ein- 
salien)  fttr  die  Abfahrtstelle  der  Argonauten  lo  geschläfert  (3,  89 f.;  OrjoÄ.  ^r^.  530f.  537.  544f.). 
(so  bei  Steph.  Byz.  s.  *A(f>6Qiiiov) ,  bald  wieder  Um  so  mehr  drängt  er  später  beim  Aufenthalt 
für  deren  Landun^platz  bei  ihrer  Heimkehr  an  dem  mysischen  Flusse  Kios  zur  Weiter- 
{Paman.  a.  a.  0.)  gilt.  Nur  nach  Pherekydes  fr.  fahrt;  freilich  versäumt  dabei  Herakles,  auf  der 
62  {Müller,  fr.  hist.  Gr.  1 .  87),  allerdings  dem  Suche  nach  seinem  von  den  Nymphen  geraub- 
altesten  bekannten  Zeugnis  für  Tiphys,  stammt  ten  Liebling  Hylas,  das  Einsteigen  {Apoll. 
er  aus  Potuiai  in  Boiotien  und  heißt  deshalb  Rliod.  1,  1272f.;  Valer.  Flacc.  3,  Gl3f.;  Orph. 
riorvtsvs.  Arg.  654  f.).  Über  den  Verlust  jenes  besten  Ge- 
Die  Angaben  über  Zahl  und  Namen  der  fährten  heftig  erzürnt,  bedroht  Telamon  den 
Argonauten*)  weichen  erheblich  voneinander  Tiphys  als  Urheber  der  verfrühten  Abreise  tät- 
ab;  unter  den  achtundzwanzig  Helden  aber,  die  20  lieh  {Apoll.  Bhod.  1,  1289f.  1296  f.;  vgl.  Valer 
übereinstimmend  als  Teilnehmer  am  Zuge  l'Zacc.  3,  637 f.),  so  daß  die  Boreassöhne  nur  mit 
bezeichnet  werden,  befindet  sich  auch  Tiphys  Mühe  Frieden  stiften.  Nachdem  die  Argonau- 
{%.  Seeliger  im.  Krt,  Argoiiautensage  ^^.bQ^.hlQ.  ten  am  Eingang  zum  Bosporos  durch  die 
683;  Jessen.,  Proleg.  in  catalogum  Argonauta-  Kunst  des  tüchtigen  Steuermanns  (2,  174 f.: 
tum,  Berl.  Diss.  1889,  u.  Art.  Paiily*-  Wissowa  2,  ic^Xolo  xvßsgvrirfiQoe  —  Ticfvog  —  8uT}(ioGvvTjai) 
743 f.;  Apoll.  Bhod.  1, 105 f.  mit  Schal.;  2, 175 f.  vor  schwerer  Gefahr  behütet  worden  sind,  lei- 
u.  ö.;  Apoüodor  1,  111;  Hygin.  fab.  14  u.  18;  tet  er  bei  der  Fahrt  durch  die  Kyan eischen 
Valer.  Flacc.  1,  419f.  u.  ö.;  Orph.  Argon.  123f.).  Felsen  oder  Symplegaden,  während  Euphe- 
Athene  selbst  ermutigt  ihn,  der  Schar  der  Hei-  mos  (s.  d.)  eine  Taube  vorausfliegeu  läßt,  das 
den,  die  nach  dem  goldenen  Vlies  ausziehen,  so  Ruderwerk  durch  Lehre  und  Beispiel  so  sach- 
sich  anzuschließen  {Apoll.  Bhod.  1,  109 f.);  er  gemäß,  daß  er  dem  bedrohten  Fahrzeug  zur 
gehört  neben  lason,  Herakles,  dessen  Freund  Rettung  verhilft  {Apoll.  Bhod.  2,  657  f.  573  f. 
Ankaios,  Theseus,  dem  Schiffsbaumeister  Argos  584 f.  6 10 f.;  Valer.  Flacc.  4,  679 f.  694 f.).  Immer- 
(s.  c),  dem  Sänger  Orpheus,  den  Dioskuren  hin  überkommt  selbst  ihn,  den  Mutigen,  hier 
und  den  beiden  Aiakossöhnen  zu  den  geach-  ein  Zagen,  so  daß  er  mit  sinkender  Hand  die 
tetsten  Reisegenossen.  Vermöge  seines  reiferen  Zügel  schießen  (d,  h.  das  Steuer  fahren)  läßt 
Alt«rs  und  höheren  Ansehens  trifft  er  bei  der  {Senec.  Med.  346  f. :  pcUluii  audax  Tiphys  et 
Abfahrt  mancherlei  Anordnungen;  so  gibt  er  omnes  latente  manu  misit  habenas).  —  Doch 
den  jüngeren  Geführten  mit  lauter  Stimme  das  das  Ziel  der  Reise  soll  er  selbst  nicht  errei- 
Zeichen  zum  Einsteigen;  auf  sein  Geheiß  stoßen  40  chen.  Während  die  Argonauten  bei  Lykos,  dem 
sie  das  Fahrzeug  vom  Lande  {ApoU.  Bhod.  1,  König  der  Mariandyner  im  östlichen  Bithynien, 
381f.;  vgl.  519f.  mit  Schol.  515;  Orph.  Argon.  gastliche  Aufnahme  genießen,  kommt  der  Seher 
276.  622  f.  704 f.).  Während  Herakles  und  An-  Idmon  (s.  d.)  auf  der  Eberjagd  ums  Leben,  und 
kaios  besondere  Ehrenplätze  erhaltet!  und  Ja-  mitten  in  der  Totenklage  um  ihn  rafft,  zum 
son,  da  Herakles  ablehnt,  mit  dem  Oberbefehl  tiefen  Schmerz  der  Genossen,  eine  kurze  Krank- 
betraut wird,  übertragen  die  Genossen  dem  heit  den  Tiphys  hinweg  {Apoll.  Bhod.  2,  815 f.; 
Tiphys  das  Amt  des  Steuermanns  {Apoll.  854f.;  OrpÄ.  ^r(jr.  720 f.  725 f.;  Apollodor  1 ,  126 ; 
Bhod.  1,  401f.;  vgl.  Orph.  Argon.  360f.  373f.  Schol.  Lykophr.  890;  Hygin.  fab.  14  u.  18;  Stat. 
444f.;  Valer.  Flacc.  1,  418 f.).  Dazu  befähigt  Theb.S,2i2  u.  Bibbeek,  R.D.  3,211;  bei  Valer. 
ihn  seine  genaue  Kenntnis  von  Wind  und  Wet-  50  Flacc.  6,  2.  15  erliegen  beide  einer  Seuche). 
ter,  von  Jahreszeiten  und  Gestirnen;  ebenso  ist  Da  der  Argonautenzug^  die  erste  Seefahrt  der 
er  mit  Land  und  Meer  wohlvertraut,  auch,  nach  Heroenzeit,  für  ein  waghalsiges  Unternehmen 
den  Begriffen  der  Heroenzeit,  der  Gegend  kun-  gilt,  so  erscheint  Tiphys'  vorzeitiger  Tod  als 
dig  {Apoll.  Bhod.  1,  106f.  mit  Schol. \  Valer.  eine  Strafe,  die  das  herausgeforderte  Meer  über 
.FYocc.  1,481  f.;  3, 37 f.;  5, 44 f.).  Dafür  beschränkt  ihn  verhängt  {Senec.  J^I ed.  616 f.).  Nach  Nym- 
sich  freilich  seine  Tätigkeit  auf  die  Leitung  phis  fr.  8  {Müller  S,  13)  ist  die  bithynische 
der  eigentlichen  Seefahrt;  von  einer  Mitwirkung  Mariandynerstadt  Herakleia  am  Pontos,  wohl 
bei  Kämpfen  ist  keine  Rede.  So  verlassen  die  Lykos'  Hauptstadt,  der  Sterbeort  des  Tiphys. 
Argonauten  unter  Tiphys'  kluger  und  beson-  Aus  den  dichterischen  Darstellungen  geht  deut- 
nener  Führung  (v.  660 f.:  cpQad^oovviß  y^riti.  tr«  60  lieh  hervor,  daß  sein  Tod  auf  der  Hinfahrt 
dattpQOvog  'AyviaScco  Tlcpvog)  den  heimatlichen  erfolgt.  Daß  demnach  Tiphys  das  Ziel  der 
Hafen.  Unermüdlich  schaut  er  nach  Himmel  Fahrt  nicht  sieht,  ist  ein  sinniger  Zug  der 
und  Sternen  aus  {Valer.  Flacc.  l,481f.;  vgl.  2,  Sage,  der  sich  bei  Palinurus  (s.  d.)  wiederholt 
367 f.;  3,  37 f.);  schweigend  sind  die  Ruder-  {Preller,  Gr.  Myth.  2',  332 f.;  vgl.  Verg.  Aen.  6, 
knechte  seines  Winks  gewärtig,  wie  an  lupi-  835 f.;  6,  337 f.).     Nur  der  alte  Logograph  He- 

•)  Vgl.  darüber  jetzt   Ro.cl.er,    D.  Zahl  50  in   Mythu,,  ^^doros  {fr.  58;    MülUr  2   41)   läßt  ihn   auf  der 

Kuitu,,Epo,  U.Taktik  d.  Hellene»  u.  anderer  Völker.  Leipzig  Heimreise   an  jenem  Orte  sterben;   aus  Ly- 

1916,  s.  Uff.  kophr.  890  braucht  man  dies  jedoch  nicht  zu 


977                        Tiphys  I  Tiphys  I                        978 

schliefen  {Gruppe,  Afythol.  'S.  öl-J/d).  Das  Amt  kniipluu«,'  mit  xitpvov  (und  icfvov)  lieber 
des  Steuermanns  üliernimmt  als  sein  Nach-  beiseite  lassen.  Freilich  die  Getreideart  rttpi] 
folper  Ankaios  {Simonidcis  v.  Keos,  Geneal.  (Aristot.  h.  a.S,2i)  scheint,  selbst  wenn  sprach- 
fr.  1,  Müller  2,  V2;  Apolhdor  1,126;  Apoll.  \\c\i\i^xvfB.x\(\t{(ira8h('ryer,Gr.()rt8namtnS.'lbb)y 
Bhod.  2,  H64f.;  4,  '209 f.  1260;  Orph.  Arg.  729;  sachlich  mit  Tiphys  erst  recht  nichts  gemein 
Schol.  Lyk.  a.  a.  0.;  Hyyin.  fah.  14).  Andere  zu  haben  {Gruppe  S.  549,  4).  Wohl  aber  liegt 
Bewerber  müssen  diesem  weichen,  unter  ihnen  xlcpog,  Sumpf,  feuchter  Ort,  Siilzlache,  dem 
Poseidons  Solin  Krg^inos  (vi joo//. /Mor/.  2, 8'.»4f.),  Namen  des  als  Tiphys'  Geburtsort  erwähnten 
der  jedoch  nach  Hcrodoros  fr.  59  {Müller  2,  41)  boiotischen  Seestädtchens  I^(pai  oder  Tlcpat 
u.  Valer.  Flacc.  ö,  Üo;  8,177,  vgl.  1,419,  wirk-  lo  (s.  o.)  zugrunde;  von  ihm  hätte  somit  sein 
lieh  diese  Ehre  erlangt,  während  hier  Ankaios  berühmter  Sohn  den  Namen  erhalten  {Fick*- 
zurücktreten  muß.  Wer  auch  immer  Tiphys'  Bechtel  &.&.O.  367;  v.  Wilamowitz,  Hermes  21, 
Rolle  übernimmt,  seiner  Erfahrung  gegenüber  111  A.  3);  in  der  Endung  des  Wortes  müßte 
erscheint  jeder  als  magister  indoctus  (Senec.  man  eine  nicht  genau  bestimmbare  Verstüm- 
Med.  618).  Unter  den  Argonauten  bleibt  Ti-  melung  erkennen  und  dieses  selbst  als  Kose- 
phys' Andenken  lebendig  ( Fa/n'.  i*7ac<'.  5,  42  f, ;  wort  auffassen.  Solche  verkürzte  Namensfor- 
102 f.);  auf  der  Rückfahrt,  bei  den  Symplega-  men  finden  sich  nicht  selten  auf  attischen  Va- 
deu,  erinnert  sich  sein  Nachfolger  anerkennend  sen,  z.  B.  Tv^vg  =  Tvötvs  {Gruppe  S.  527,8), 
der  von  ihm  geleisteten  Dienste  (8, 181  f.).  Ob-  Nj)Qvg  =  Ntiqsvs,  Olvvg  =  Olv8vg,  S^övg  = 
wohl  eine  Nebenperson,  behauptet  er  in  den  20  f)ri6evg  {Kretschmer,  Gr.  Vaseninschr.  S.  193f.), 
Heldensagen  doch  ein  gewisses  Ansehen  als  aber  auch  sonst,  z.  B.  Nlxvg  ==  Nixevg  {C.  I. 
Typus  des  Steuermanns  {Verg.  Ed.  4,  34;  Gr.  2,  3440),  ""Hqv?  {DiUenh.  SyU.  452,  10  u.  ö.), 
Ov.  Her.  6, 48 ;  A.A.  1,6.  8 ;  Trist.  4, 3,  77 ;  Fp.  ex  sowie  endlich  "'InTtvg.  Demnach  erklärt  Koscher, 
Font.  1,  4,  37 ;  3Ianü.  Astron.  5,  45 ;  Setiec.  Med.  Abhandig.  d.  Sachs.  Gesellsch.  d.Wissensch.  Bd.  20 
3.  317;  bes.  617:  Tiphys  imprimis  domitor  pro-  (1900),  S.  54 f.,  den  Namen  des  Steuermanns 
fundi;  Stat.  Theb.  5,  4i3.  477;  vgl.  8,212,  s.o.;  Ttipvg  gleichfalls  für  eine  Verkürzung  aus  Ti- 
Clatidian.  bell.  Get.  4 f.;  11  f.;  ein  unbekannter  q)Svg.  Nun  ist  zwar  diese  Form  nicht  ohne  wei- 
Dichter  bei  C/<ormM.s  p.  272, 13  Keil,  nennt  ihn  teres  identisch  mit  TKpaisvg,  womit  bei  Fati- 
aurigam  celeris  carinae;  Ammian.  Marcell.  22,  sanias  (9,32,4)  der  Bewohner  von  Tiphai  in 
8,  22)  sowie  als  Ahnherr  der  nautischen  30  Boiotien  bezeichnet  wird  (s.  o.);  immerhin  geht 
Kunst  {Apost.  3,60c  bei  v.  Leutsch,  Paroem  'Tiphys'  nach  dieser  Auffassung  auf  den  Na- 
2  p.  301:  ccQxnvos  rfig  vccvzLyifjg.  Philostr.  men  des  Städtchens  Tiphai  zurück;  und  so 
/wa</.  2, 15:  Tlcpvg  TivßsQvcc-  —  X^ysrai  ovroöl  verrufen  antike  Etymologien  auch  sind,  so 
ngoatog  ccvd'QdaTtcov  ccnLOtov^evriv  d-ccQgfjöai  braucht  doch  nicht  auch  diese  deshalb  talsch 
rr]v  xixvriv).  zu  sein,  weil  sie  aus  dem  Altertum  stammt, 
Daß  der  Steuermann  der  Argonauten  von  sondern  beansprucht  jedenfalls  volle  Beachtung 
Aischylos  (Argo  fr.  21  Nck.^)  ^Icpvg  genannt  {Boscher  &.  a.  0.  S.54  Anm.  158;  vgl  v.Wilamo- 
wird,  ist  beachtenswert,  wenn  es  auch  die  Sage  witz,  Hermes  21,  111  Anm.  3).  —  Zu  einer 
nicht  bereichert.  Vielleicht  liegt  nur  Textver-  ganz  andern  Erklärung  gelangt  freilich  Usener 
derbnis  {Mor.  Schmidt,  Zeitschr.  f.  d.  Altert.  1856,  40  {Sintflutsagen  S.  258).  Nicht  mit  dem  angeb- 
S.  363)  oder  Verwechselung  mit  einem  andern  liehen  boiotischen  Geburtsort  des  Tiphys  bringt 
Argonauten,  Iphis  (s.  d.  Art.  nr.  2),  vor.  Inter-  er  dessen  Namen  in  Zusammenhang,  vielmehr 
essant  würde  es  freilich  sein,  wenn  —  die  Rieh-  mit  dem  in  Bithynien,  Phrygien  und  Paphla- 
tigkeit  der  Lesart  vorausgesetzt  —  Tiq)vg  und  gonien  heimischen  und  dann  mit  seinen  Trä- 
'Jqpvg  gleichbedeutend  und  nur  dialektisch  ver-  gern  nach  Griechenland  gekommenen  Sklaven- 
schieden  wären  und  der  Name  des  Heros  zu-  namen  rlßiog  {Strab.  7,304;  12,553;  Theophr. 
sammenhinge  mit  dem  der  narzissenartigen  CJiar.  9;  Lukian.  Fhilops.  30;  d.  saltat.  29; 
Pflanze  xitfvov  oder  tcpvov  {Theophr.  h.  pl.  6,6,  Galen.  Bd.  10,  S.  4  ^.;  Steph.  Byz.  622,  12; 
11;  7,13.7;  c.  pl.  1,10,5).  Das  würde  zugleich  v.  Leutsch,  Faroem.  1,431,18),  dessen  Stamm 
eine  Verbindung  herstellen  mit  der,  wie  Ti-  50  riß-  nach  thrakisch - phrygischem  Lautgesetz 
phys,  in  Thespiai  heimischen  Sage  von  Nar-  mit  rtqp- identisch  ist  (t/sewer  a.  a.  0.).  Danach 
kissos  und  dem  ihm  verwandten  Hyakinthos  wäre  also  Name  und  Gestalt  des  Tiphys  viel- 
((rrwppe  S.  549, 4).  Alle  drei  haben  ja  allerdings  mehr  in  der  Gegend  aufgekommen,  wo  die 
eine  gewisse  Beziehung  zum  Regen  {Gruppe  Sage  ihn  sterben  läßt.  Wenn  freilich  Usener 
S.  833),  Tiphys  insofern,  als  er  nach  ihm  sich  annimmt,  Tiphys  sei  ursprünglich  allgemein 
richtet  und  Ausschau  hält  {Valer.  Flacc.  2,  51  f.;  der  geisterhafte  Fährmann  gewesen  und  dieser 
367 f.).  Die  Entwicklung  der  sprachlichen  Form  einerseits  der  Steuermann  der  Argo,  anderer- 
fände eine  Stütze  in  der  Gleichung:  seits  der  Führer  des  Totenschiffs  geworden,  den 
notaMv  :  noasvd&v  :  Hoomv  =  dann  erst  wieder  der  griechische  Volksglaube 
TV/«,»^  •  yr«.,,^  .  ^r«,..«  rr       1  60  zum  Urheber  des  Alpdrückens   (s.  u.  den  Aih. 

\gl.  Curtius,  EtymolS.  24:6^;  Busolt,  Gr.  Gesch.  volle  Verknüpfung  oder  sogar  Identifizierung 
1*,  518,  3;  Solmsen,  JRhein.  Mus.  1903,  S.  619f.  ganz  verschiedenartiger  Personen  kaum  über- 
Wem  jedoch,  bei  der  ohnehin  unsicheren  zeugen:  Tiphys  als  Totenfährmann  läßt  sich 
Etymologie  des  Namens  Toseidon*,  die  daran  nicht  erweisen,  nach  dem  Wegfall  dieses  Mittel- 
anknüpfende Ableitung  von  '  Tiphys '  nach  gliedes  aber  auch  die  Gleichsetzung  des  Argo- 
ifar^^  linguistischen  Form  und  physikalischen  nauten  mit  dem  Alpdämon  nicht  aufrechter- 
Beziehung  zu  kühn  erscheint,  wird  die  Ver-  halten;    die    Gleichnamigkeit    allein    beweist 


979                       Tiphys  I  Tiphys  U                     980 

nichtd;  denn  selbst  der  den  beiden  Wesen  ge-  bestreitet  sogar,  daß  es  Tiphys  sei.    Da  aber, 

meinsame  buchstäblich  gleiche  Name  hat  höchst  wie  sich  jetzt  erweisen  läßt,  die  treif  liehe  Gra- 

wahrscheinlich  einen   ganz   verschiedenen   ür-  vierung  auf  ein  Gem&lde  des  Polytinot  zuruck- 

eprung  {Jioteher  a.  a.  0,  S.  64  Anm.  168).  geht  {Robert,   lUupersiß  S.  34;    FurtwängUr, 

Die  bildende  Kunst  ist  für  die  Kenntnis  Meisterwerke  S.  152),   auf  dem  die  Personen, 

des  Tiphys  nicht  ergiebig.  Ob  die  bildnerischen  wie  auf  dem  Bilde   des    Mikon  (s.o.),   durch 

Darstellangen  der  Argonautensage,  von  denen  Namensbeischriften    bezeichnet   waren   {Paus. 

die  alten  Schriftoteller  berichten  (s.d.  Art.  Bd.  1,  8,11,3,   vgl.  1,18,1;  i^noA.  4,28,  Paroem.  1, 

Sp.  626f.)t  Auch    den  Tiphys   veranschaulicht  91),    so    ist    allerdings    für    den    Mann    am 
haben,  läßt  sich  nicht  entscheiden;  ebensowenig  lo  Steuerbord  des  Schiffes  kein  Name  wahrschein- 

bestimmt  ist  er  auf  erhaltenen  Bildwerken  zu  lieber  als  Tiphys. 

erkennen.    Doch  wird    hier   sein  Vorkommen  Tiphys   II    {Tltpus),   der   Dämon    des    Alp'- 

mehrfach  vermutet.    Während  nach  der  alten  drückens,  ein  unheimlicher  vielnamiger  Traum- 

AwMSonis  des  Possig  {Athen.  l,2dQd;   Müller,  geist. 

fr.  hitt.  Gr.  4, 488)  Glaukos  sowohl  Erbauer  als  Von  ihm  handelt  TT.  H.  Boschers  (am  Ende 

auch  Steuermann  der  Argo  ist,  berichtet  von  «jes  Art.  Tiphys  I  zitierte)  pathologisch-mytho- 

einer  Teilnahme  des  Tiphys  am  Schiffsbau  die  logische   Sonderschrift  '  Ephialtes'   {Äbhandlg. 

literarische  Überlieferung  nichts.    Wohl  aber  ^    Sächs.  Gesellsch.  d.  W.  Bd.  20,  1900);   denn 

deutet  man  auf  einigen  Terrakotten  als  Tiphys  dies   ist   seine  Hauptbenennung;   s.  auch   den 
den  bärtigen  Mann,  der,   während  Argos  am  20  Art.  EphiaUes  nr.  3  in  diesem  Lexikon,  Bd.  1, 

Schiffe  selbst  zimmert,  unter  Athenes  Leitung  Sp.  1281,  sowie  bei  Pauly^-Wissowa  Bd.  5,  Sp 

das  Segel  am  Mastbaum  befestigt,  gewiß  eine  2847  f.  u.  Bd.  6,  Sp.  21.    Wesen   und   Erschei- 

für  den   künftigen  Steuermann  ganz  passende  nungsformen  des  bösen  nächtlichen  Würgegei- 

'l'ätigkeit;  8.  die  Abb.  des  Terrakottareliefs  im  stes  nach  Rascher  nochmals  eingehend  zu  be- 

Brit.  Museum  zum   Art.  Argo  Bd.  1,  Sp.  602,  sprechen  ist  dieses  Ortes  nicht,  zumal  Tiphys 

und  Bauttieister,  Denkmäler  1,  122,  Abb.  127;  gar  nicht  sein  wichtigster  oder  auch  nur  häu- 

femer  0.  Jahn,  Berichte  d.  Sächs.  Gesellsch.  d.  finster  Name  ist;  wohl  aber  verdient  letzterer 

W.  1861,  S.  332f.;  über  ein  weiteres  Tonrelief  selbst  nach   Vorkommen  und   Bedeutung  hier 

in  der  Villa  Albani:  Reibig,  Sammlungen  Roms  erörtert  zu  werden.  Überzeugend  leitet  Röscher 
2",  61  (die  3.  Aufl.  übergeht  das  Bildwerk),  vgl.  30  s.  53f.  Ticpvs  von   tvtpog,   Qualm,  Rauch,   ab. 

v.Bohden,  Terrakottareliefs  der  Kaiserzeit,  T&f.  Ein    älteres,    nicht   nachweisbares   Töq>vs  hat 

82  u.  Textbd.  S.  12  f.  u.  254  f.,  wo  alle  einschlä-  nämlich  durch  Dis.similation  dieselbe  Abwand- 

gigen  Eiemplare  oder  Bruchstücke  verzeichnet  Jung  erfahren,  vermöge  deren  q>vTvg  zu  cptrvg, 

sind;  über  ein  Bronzetäfelchen  aus  dem  Museo  rpvrvo}  zu  (pirva  geworden  ist  {Curtius,  Etym. 

Borgia  in  Velletri,  jetzt  in  Neapel:    Winckel-  717*).    Mit  tvq)og,   deutsch  Typhus,  wird  nun 

mann-Fea,  Storia  2,51,  u.  Millin^  Gal.  Myth.  zunächst  eine   mit  Delirien  oder  dumpfer  Be- 

pL  130,  147.  —  Sodann  ist  auf  dem  prachtvollen  täubungr  verbundene  Krankheit  des  Körpers  be- 

att.  Bjrater  aus  Orvieto  {Mon.  d.  f.  XI  Taf.  38)  zeichnet;    ihre    Symptome    sind   nämlich   dem 

nach  dei  kuüsksänug  Roberts  {Annali  d.  I.  1882,  Zustand  derer  ähnlich,  die  bei  längerem  Ver- 
S  281f.)  als  Tiphys  der  bärtige  Mann  im  Hut  40  weilen  in  Qualm  und  Rauch  Erstickungszufälle 

zu  erkennen,  der  rechts  einen  Abhang  herun-  erleiden.    Auf  das  Geistige  übertragen,  bedeutet 

tersteigt  und   die  Argonauten   zum  Aufbruch  sodann    tvtpos    mit    den   verwandten   verbalen 

(von  Pagasai  oder  Aphetai;  mahnt;  y gl  Apoll.  Ausdrücken  Torheit,  Wahnsinn, Unzurechnungs- 

Bhod.  l,381f.  622f.;  Orph.  Arg.  281;  s.  0.    Ro-  fähigkeit;   s.  Hesych.  s.  tvcpog-  ScXa^ovsla,  xsvo- 

bert,  der  (nach  brieflicher  Mitteilung)  anderen  ^o|m;  ».tstvcpojTai-  KnoXalsv  —  iußsßgovTriTcci', 

Vermutungen    gegenüber    an    jener    Annahme  s.  Tf^rvcpibGd-ai- ne^rivevai,  \i.  Harpokrat.  p.  171: 

jetzt  noch  festhält,  fuhrt  das  Bild  auf  ein  Ge-  Tsrvcpcouocf  ivißsßQOvrriuai,  ^^m  Töav  cpgsväv  yi- 

mälde  des  Mikon  {Paus.  1,18,1)  zurück.  —  yovcc.    Über  den  tvcpog  vgl.  auch  Hippokr.  II 

Ebenso  erkennt  Robert  auf  der  Pariser  Amykos-  p.  496  f.  K.,  über  die  rvcpm&Big  nvQSToi  Erotian. 
vase   {Gerhard,   Au^erl.  Vasenb.  163.  154)  den  50  expos.  voc.  Hippocr.  p  356  Franzius,   über  die 

Tiphys  in  dem  bäi-tigen  Manne,  der  mit  einer  tvq>o^ccviri  Hippokr.  III  p.  617  K.  u.  Galen.  e.vp. 

Lanze  (oder  einem  Ruder)  ganz  rechts  neben  ^qc,   Hippocr.  p.  682  Franzius,   sowie    Galen. 

dem  Hinterteil  der  Argo  steht;  Gerhard  (Textbd.  yd,  19  S.  416,  7  K. 

S   16  u.  18)  deutet  ihn  freilich  als  Jason.  -  j^^^  ^^^  ;.         j^  ^-^^^^  bildlichen  Sinne 

kt  aut  den  angeführten  Bildern  Tiphys  durch  j^^    gleitete  und  persönlich  gefaßte  Tüpvg  be- 

den  Bart  als   älterer  Mann  gekennzeichnet,  zeichnet  also  einen  vampyrartigen  Dämon  der 

80    erscheint    es    zweifelhaft    ob  mit  Wteseler  nächtlichen  Betäubung  und  Herzbeklemmung. 

(Phtlologus  o,  599f.)  auf  der  Ftcoromschen  C^ta  ^.^^  ^-^^^  ^^^^  nirgends  ausdrücklich  gesagt, 

ein   bartbser  jugendlicher   Argonaut     der,  .^^^  ^^^^  ^^^^  ^^^  ^^^  erklärenden  Zusammen- 
behaghch  auf  dem  Schiffshinterdeck   sitzend,  60  gtluung  von  Tt>vs  mit  gleich  bedeutenden  Eigen- 

nach   dem    Schauplatz   des   an    Amykos    voll-  namen    wie 

zogenen   Strafgerichts   hinblickt,    als   der  be-  ' 

rühmte  Steuermann  gedeutet  werden   darf  (s.  'EniäXrrig  bei  Moiris  p.  372  u.  Phot.  Lex.  s. 

auch   den    Art.  Argonauten   Bd.  1,   Sp.  526  f.).  Tlcpvg^ 

O.Jahn  {Die  Ficor.  Cista,  1862)  warnt  vor  zu-  'E(fidXtr]g  bei  Moiris  ebenda  u.  Hesych.  s. 

weitgehender  Benennung  der  einzelnen  Figuren,  Tf qpvj, 

und  auch  Hdbig  a.  a.  0.  2^  305  läßt  den  Mann  'HniaXog   oder    *HnidXrig   bei    Didymos    im 

unbenannt;  Behn,  Die  Ficor.  Cista  (1907)  S.  39,  Schol.  Ar.  Wesp.  1038, 


5)81                         Tiphyse  Tiiyns                          982 

£vo«a?(?)  oder  E^aTtav  ebenda;  vgl.  Roacher  thia,  die  besonders  allem,  was  zu  Herakles  in 

S.  5G.  67  u.  Rohde,  Psyche  2*,  85.  irgendeiner  Beziehung  steht,  vielfach  beigelegt 

Die  riltselhafto  Glosse  bei  Hesych.  s.  Tiq)vg'  werden. 

«'fc'ailüS  ist  offenbar  verdorbt;  Rohde,  Rhein.  Mus.  a)  Tirynthiua  (TY^wv^to,«^:  Herakles.  So 

87,4(57,  1,    schlilj^t  dafür   J)   ijticclr]g.    Röscher  genannt   nach   dem   Herrensitze  seines  Vaters 

8.  ^)0  A.  139    j)7nälT]g  oder   i]nia\og  vor.    Außer  Amphitryon,    obwohl    er  selbst  nach   der  ver- 

diesen    Benennungen    gibt  es  noch    zahlreiche  breitetsten  Version  der  Sage  (z.  B. /festV)<Z.*//<j«/y 

Synonyma,  die  jedoch,  weil  nirgends  zu  Tiphys  ApoUod.  2,  57  ff,   Paus.  9,  11,  Anton.  Liberal., 

in  Beziehung  gesetzt,   füglich   hier  auüiir  Be-  Metam.  29,  33,  3,  Plautus,  Amphitruo  Prolog. 

tracht  bleiben   können.    Den  griechischen  Na    lo  v.  97)    in    Theben    erzeugt    und    geboren    ist. 

men  gesellen  sich  mehrere  lateinische  (fnuus,  Doch  wird   auch  T.  als   Geburts-   und  Aufent- 

Ificubus,   Faitnus   ficariax ,    Pilosus)    zu;    vgl.  haltsort  des  Herakles  genannt.    So  flieht  Am- 

7v*osc/ter  S.  ö9f.    Aber  sie  alle  bezeichnen  einen  phitryon    nach   Diodor  4,   10  («.  u.)    erst   nach 

beiln<»stigenden  Spukgeist,  nämlich  den  Dämon  der  Geburt  des  Herakles  aus  Tiryns  nach  The- 

des  Alpdrückens,  des  Fiebertraums,  des  nacht-  ben,  so  bewirtet  Herakles  den  Iphitos  in  Tiryns 

liehen   Würgen s  und  Erstickens,  des  Asthmas,  und    stürzt    ihn   von    den    Mauern   von   Tiryns 

der  Epilepsie  {Röscher  S.  48f.;  53f.;  76f.).    Daß  herab  {ApoUod.  2,  129;  vgl.  auch  Paus.  5,  2,2), 

die  buchstäbliche  Gleichnamigkeit  dieses  We-  während  er  bei  Statius,  Theo.  4,  148  geradezu 

«ens   mit  dem  Steuermann   der  Argo   {Hesych.  der  immanis  alumnus  von  Tiryns  heißt  {Lact. 

s.  Ticpvg)   nicht  zu   einer  künstlichen  Identifi-  20  Placidwi  ad  Theb.  4,  147  ed.  Jahnke:  Juppiter 

zierung   beider   mythologischer   Gestalten  ver-  mutatiis  in  Amphitryonem  concubuisse  cum  Alc- 

führen  darf  (gegen  Usener,  Sintfli\tsfigen  S.  258),  mena  Electryonis  ßlia  dicitur  in  urbe  Tirynthia, 

ist  im  Art    Tiphys  I  erörtert  worden;  vgl.  Ro-  und",   natus   est  Hercules,    unde   et    Tirynthius 

scher  S.  54  A.  158.     [.Johannes  Schmidt.]  dicitur.     Vgl.    auch    Theb.   11,   45    alumni   dei 

Tiphyse?(7^(qpyo'/j  ,  Tochter  des  Thespios,  von  [voraus   geht   pubes   Tirynthia]    und    Theb.  i:, 

Herakles  Mutter  der  Lynkaios,   Aoollod.  2,  7,  157,  wo  die  Tirynthier  einen  Herculeum  paeana 

8,  5   (2,   1G4  W.).      Wagner  z.  d.  St.   vermutet  singen      Servius  ad  Aen.  7,  662:   Tirynthius  a 

Td-ipovGrig  statt  TicpvGris.     [Höfer.]  Tirynthe  cioitate  Argis  vicina,  in  qua  nutritus 

Tirieiisis,  r«ie/a—,  Schutzgöttin  (Tutela  loci)  est  Hircules.    Ebenso  ad  8,  228.).    Schon  Pin- 

-einer  sonst  nicht  bakannten  Örtlichkeit  Tiria  33  dir  fO'.  10,  33)   nennt  das  Heer  des  Herakles 

oder  Tiriuin  in  Hispania  Tarraconensis.  Ihr  war  TiQvvd't.og  argcctoi,  und  bei  Ephippos  nennt  sich 

«in  bei  Pinhäo  {(JIL  2  Siippl.,  Tab.  I  Fd,  am  Herakles  selbst  einen  Tigvvd'iov  'Agysiov,  wäh- 

Douro)  in  eine  Kirchenwand  eingemauerter  AI-  rend  die  Ttoo^ocvcig  SsvoaXsiu  in  Delphi  (nach 

tar  von  drei  Brüdern  geweiht,  Ephem.  epigr.  8  Paus.  10,  13,  8)   den   Herakles    im    Gegensatz 

p.  400,   nr.   lila:    Tutelae    Tiriensi   Pompei(i)  zum  ägyptischen  Herakles,  dem  Kccvcoßsvg,  als 

Clitus  Corinthu(s)  Calvinus  ex  voto.      [Keune.]  'Hga-alirig  Ttovvd'tog  be/,eichnet.     Der  substan- 

Tiröel  u.  Tirse  s.  Ende  des  Buchst.  T.  tivische  Gebrauch  des  Wortes  Tigird-iog  findet 

Tiryii'i  {TiQüvg^vvd'og).  Über  die    Form  vgl.  sich  bereits  bei  KaUim%chos  {Dian.  14'3)  und 

Fiaeh  zu  Hesiod  Scut.  81,  wo  verwiesen  wird  begegnet  noch  bei  Erykios  {Anthol.  Pal.  9,  237). 

auf  Lobeck,  Phrynicho^  p.  116  u.  Par  dipomena  40  In   der   römischen  Poesie    wird    dann    die  Be- 

Gramm.  Grmc.  (Leipzig  1837)  l  p.  94  u.  167.  Zeichnung    des    Herakles    ah   Tirynthius    sehr 

Flach  liest  Scut.  81  TiqwQ'ov  und  erklärt  TL-  beliebt.    Die  Stellen  siehe  bei  Carter,  Epitheta 

<>uvg,  vi^a-oj  für  eine  Erfindung  des  Dichters  des  deorum,    quae    apud  poetas    Latinos    leguntur 

Verses  bei  Hephasst.  Enchir.  1,  3  (=  Hephaest.  (Suppl.  dieses  Lexikons),    wo  nur   Val.  Flacc. 

ed.  Gonsbruch  lOOlj  p.  2,  8)  TiQvvg,  ovSe  ri  rslxog  1,  lOJ  zu  ergänzen,  Avian  31,  5  in  32,  5,  Stat. 

^Tti^QK8a8,  TiQvg  als  eine  Grammatikererfindung.  Theb.  6,  468  in  467  (==  489  ed.  Klotz)  zu  än- 

Das  Wort  scheint  ungriechischen  oder  vielmehr  dern  und  zu  bemerken  ist,  daß  sich  die  letzte 

■^ vorgriechischen'  {Kretschmer,  Gesih.  d.  griech.  Stelle  nicht  auf  Herakles,   sondern   auf  seinen 

Spr.  S.  40S)  Ursprungs  zu  sein,  wie  alle  mit  -vd-  SohnChromis  (s.u.)  bezieht.  Eine  besondere  Vor- 
gebildeten Ortsnamen  (vgl.  X'r^iscJ'iwigr  S.  402  ff.).  50  liebe   für   die    Bezeichnung   Tirynthius    haben 

1)  Nach  Pau>^.  2,  25,  8:    Sohn   des   Argos,  Statins  und  Valerius  Flaccus;   auch  bei  Ooid. 

Heros  der  Stadt  Tiryns.  findet  sie  sich  wiederholt.    Die  älteste  Erwäh- 

"i)  Nach  Steph.  Byz.  s.  v.  Tiqvvg:    Tochter  nuag  a  if  dem  Gebiete   der   lat.  Poesie  dürfte 

des    Alos,    des  Vaters    des    Amphitryon,    also  bei  Verqil,  Aen.  7,    662    u.    8,   228    sein.     Die 

Schwester  des  Amphitryon.     Doch  ist  zu  Verbindungen,    in    denen    der  Name    auftritt, 

beachten,  daß  der  Vater  des  Amphitryon  sonst  siehe    bei    Carter.     Am    häufigsten     ist  Tiryn- 

Alkaios  heißt.     Aus   diesem  Grunde  und   weil  thiu-?  h^ros. 

Tiryns    kein  weiblicher   Name    sei,   hält  denn  b)  Tirynthia:  Alkmene,  die  Mutter  des 

auch  Meineke  {Steph.  Byz.  ed.  Meineke.  Berol.  Herakles  (bei  Eur.  Alk.  838  adj.  mit  'Al-Awrivri 

1849)    die   S'iepVa/^os- Stelle   für  korrupt.     Auf  60  verbunden, — dazu  das  Scholion:  17  yap'/^ix/Ltrjv»] 

einem     Mißverständnis     der     /S^ep/ianos- Stelle  aito    Tigvvd'ög   iatLv    —    bei    Ooid   Metam.    6, 

scheint    Eustathios    zu    II.  B  55'J   zu   beruhen,  112  Substantiv,  gebraucht).     Auch  bei  ihr  gilt 

der,    sonst    mit    Stephanos    übereinstimmend,  das  oben  Bemerkte:    Ihr  Vater    Elektryon    ist 

Tiryns  als  Bruder  des  Amphitryon  bezeichnet.  König  von  Mideia  {Paus.  2,  25,  9  daher  MiSs- 

—  Wichtiger  als  diese  spät  bezeugten  Heroen  äng    Theokrit  13,    2   u.   24,    1)    oder    Mykene 

oder  Heroinen  sind  die  vom  Namen  der  Stadt  {Apollodor  2,   54);    sie    selbst    floh    nach   der 

Tiryns  gebildeten,  zum  Teil  als  nomina  propria  verbreitetsten  Version   der  Sage  (s.  u.  Amphi- 

verselbständigten  Epitheta  Tirynthius,    Tiryn-  tryon)  scho  1  vor  der  Geburt  des  Herakles  mit 


.983                          Tiryns  Tisamehbs                      984 

Amphitryon  aus  Tiryns.  Nur  Diodor  4,  10  be-  (6,  627 — 36),  daß  Hercules  auf  der  Heimkehr 
richtet:  iitxcc  di  ravva  (d.  h.  nach  der  Tötung  mit  den  Rindern  des  Geryones  am  Ufer  des 
der  beiden  Schlangen)  6  (ihv  'A^tpiTQvmv  qn^ycc-  Tiber  vorbeigekommen  sei  und  dort  mit  der 
dsvütls  ix  TiQvv^os  fitvamriöfv  big  S^ßccg.  Tochter  des  'Arcadius'  (d.  h.  des  Euandrus) 
Hinter  dieser  Notiz  scheint  sich  eine  von  der  einen  Sohn,  Fabius,  erzeugt  habe,  den  Stamm- 
üblichen Darstellung  abweichende  Sagenversion  vater  des  Geschlechtes  der  Fabier  (vgl.  Ovid^ 
zu  verbergen,  während  selbstverständlich  die  Fast.  2,  285 ff.:  Heracleae  gentis;  Ex  l'onto  3, 
oben  zitiwien  Scholien  zu  Kuripides  u.  Slatitts  8,  99  f.  Nach  Geffcken  a.  a.  0.  S.  80  schöpfen 
erst  aus  der  Bezeichnung  Tirynthia  herausge-  sowohl  Silius  wie  auch  Ovid  an  diesen  Stellen 
spönnen  und  darum  wertlos  sind.  Jedoch  ge-  lO  aus  Varro.  Vgl.  auch  Juvenal  8,  14).  Nach 
nügt  zur  Krklärung  auch  vollkommen  die  An-  Flutarch,  Vit.  Fab.  Max.  cap.  1  war  nach  einer 
nähme  der  Übertragung  des  Beinamens  vom  Überlieferung  eine  vvfxqprj,  nach  einer  anderen 
Sohne  auf  die  Mutter:  Die  Mutter  des  Tiryn-  eine  yvvr)  inix^ogicc  Mutter  des  ersten  Fabius. 
thiers  ist  eben  die  Tirynthierin.  Worauf  diese  Beziehung  der  Fabier  zu  Her- 
c")  Tirynthiusheros:  Chromis,  derSohn  cules  beruht,  ist  nicht  sicher  festzustellen. 
des  Herakles:  Stat  Theb.  6.  Er  besaß  nach  Münzer  (bei  Fauly-Wissowa  6,  2  Sp.  1739  f.) 
Lact.  Placid.ud  Theb.  6,  846  (824)  u.  486  (414)  nimmt  an,  daß  Verrius  J'laccuk,  auf  den  wahr- 
die  Hesse  des  Diomedes.  Vgl.  über  ihn  Stat.  scheinlich  die  merkwürdige  Etymologie  des 
Theb.  6,  846,  480,  464  {Chromin  Herculeum),  Namens  Fabius  bei  Festus  (p.  87  M:  Sie  hätten 
479,  486.  In  Apoüodors  großer  Aufzählung  der  20  früher  Fovii  geheißen,  quod  princeps  gentis  eiua 
»atÖBS  'HgaxXiovi  fehlt  Cbromis.  Suidas  s.  v.  ex  ea  nattis  sit,  cum  qua  Hercules  in  fovea 
gibt  nur  Xgcbfug-  ovotuc  -kvqiov.  Statius  kennt  concubuit)  zurückgeht,  auch  überhaupt  Erfinder 
noch  vier  Thebaner  dieses  Namens:  1)  2'heb.  jener  Zurückführung  des  Geschlechtes  auf  Her- 
2,  618;  8,  18;  4,  597,  2)  Theb.  7,  714,  8)  Theb.  cules  sei.  Auf  einige  frühere  Berührun«(en  von 
8,  476,  4)  Theb.  9,  252.  Der  Name  begegnet  Fabiern  mit  Hercules  weist  gleichfalls  Münzer 
auch  bei  Longus  (8,  15,  1  u.  4;  4,  38,  2)  als  hin.  [Ostern.] 
Sohn  des  Philetas.  Ti8aiiien08  (Ttcra^ero?),  Name  zweier  mythi- 

d)  Tirynthia  culmina  und  Tirynthia  scher  Heroen,  auch  mehrerer  Personen  aus  hi- 
tecta  nennt  Sil.  Italic.  1,  661  u.  2,  800  die  storischer  Zeit,  wo  er,  namentlich  auf  Inschrif- 
Stadt  Sagunt,  die  nach  ihm  (vgl.  1,  505;  2,  so  ten  (C.  I.  Gr.  1,202  nr.  142,2;  Kaibel,  EpUjr. 
507;  2,  654  f)  von  Hercules  gegründet  ist,  nr.  874, 2),  auch  in  der  Form  Tugu^bvö?  er- 
während sie  ihren  Namen  von  dem  Begleiter  scheint.  Über  den  Akzent  des  Eigennamens 
des  Hercules  Zacynthus,  dem  Sohne  des  Dar-  zum  Unterschied  von  der  Partizipialform  riffa- 
danus,  erhalten  habensoll,  der  nach  dem  Aben-  ^svog  vgl.  Kühner- Blass  l^  §  40,  S.  330;  über 
teuer  mit  Geryones  auf  dem  Rückwege  nach  die  Bedeutung  des  Namens  s.  u. 

Theben  in  der  Mittagshitze  von  einer  giftigen  1)  Sohn  des  Orestes  (s.  d.Bd.  3,  Sp.   1012  f.) 

Schlange   gebissen,    dort   begraben    wurde   (1,  und  der  Hermione  (Bd.  1,  Sp.  2433),  der  einzigen 

283  ff.).     (Vgl.  auch  Dion   Halic.  1,  50;  Paus.  Tochter  von  Menelaos  und  Helena:   Sophokles^ 

8,    24,    3;    Steph.  Byz.   s.  v.  Zä.y.vvd'og.     Nach  Hermione    {Nauck,   fr.   trag.    Gr.  p.  176*j    bei 
Strabo  3,  4,  6  fp.  216  M]  ist  Sagunt  ein  xzicfia  40  Eustath.  Od.  p.  1479,  10  f.;  Schol.  Od.  S  4.\  Schol. 

Zaxvv^itov  [vgl.  auch  Liv.  21,  7J.     Vgl.  auch  Eur.  Or.  1654;   Apollod.  hibl.  2,171.  176;   epit. 

dieses  Lexikon  s.  v.  Hercules  Bd.  1,  Sp.  3010.)  6,28;   Polyh.  2,  41,  4 f.;  4,1,5;    Strab.  8,383; 

e)  Quondam  Tirynthia  castra  wird  bei  Paus.  3,1,6;  Tzetz.  Lyk.  1374;  Euseb.  Chron. 
SU.  Ital.  3,  357  das  Gebiet  der  Cerretani  1,180.  1^1  Schoene;  Hygin.  fab.  124;  Vell.  Pat. 
{in  Hisp.  Tarracon.)  genannt,  vielleicht  weil  1.^1  ?^.Yj.;  Ov.  Ib.  ZiQ  {fisamenipatri=  Orestae). 
Hercules  auf  seinem  Zuge  nach  den  Rindern  Von  Menelaos  erbt  Orestes  die  Herrschaft  über 
des  Geryones  auch  durch  ihr  Gebiet  gekommen  Sparta,  die  dann  auf  seinen  Sohn  Tisamenos 
sein  soll  und  dort  lagerte.  Hübner  (bei  Pauly-  übergeht.  Während  dessen  leiblicher  Bruder, 
Wissoica  s.  V.  Cerretani)  nimmt  an,  daß  irgend-  wie  der  Vater  Orestes  geheißen  (s.  d.  Bd.  3, 
ein  Grammatiker  wie  Asklepiades  von  Myrlea  50  Sp.  1014),  auswandert  und  König  der  Molosser 
die  Beziehung  auf  Tiryns  (d.  h.  Hercules)  er-  wird,  die  nach  ihm  auch  'Ogiarai  genannt  wer- 
funden  habe.  den  {Steph.  Byz.  s.  v. ;   vgl.  Solin.  9,  4  f.) ,  führt 

f)  Tirynthia  aula  {Stat.  Silv.  2,  2,  109):  Tisamenos  mit  seinem  unehelichen  Halbbruder 
Wahrscheinlich  eine  Villa  des  Pollius  Felix  bei  Penthilos  (s.  d.  nr.  1),  den  sein  Vater  mit  Eri- 
Herculaneum  im  Gegensatz  zur  villa  Sur-  gone,  der  Tochter  des  Aigisthos,  gezeugt  hat^ 
rentina  desselben  Besitzers  {T.  ora  Baehrens,  daheim  drei  Jahre  lang  die  Regierung  gemein- 
T.  arva  Nohl.  T  aula  ed.  princ.  u.  apograph.  schaftlich :  Vell.  Pat.  1,1,4.  Doch  geschieht 
libri  Sangallensis).  Über  Herculaneum  als  Grün-  dieser  Doppelregierung  sonst  keine  Erwähnung, 
düng  des  Herakles  vgl.  Dionys.  1,  44.  (Nach  sondern  T.  erscheint  als  alleiniger  König:  Paus. 
Geffcken,  Timaios'  Geographie  des  Westens  S.  143  60  2, 18,  6,  wo  Penthilos  zwar  genannt,  aber  nicht 
auf  Vano  bzw.  Timaios  zurückgehend.)  als  Mitregent  bezeichnet  ist;   Hygin.  fab.  124. 

g)  Tirynthius  heros  {Punica  8,  217)  und  Aus  der  Herrschaft  vertreibt  den  T.  die  Ein- 
Tirynthia  proles  (Punica2,3)  ist  bei  Silius  Wanderung  der  Herakleiden  in  den  Peloponnes: 
Jtalicus  die  Bezeichnung  für  Fabius  Maxi-  Polyb.  2,41,4;  Apollod. bibl.  2, 171  f.;  Strab.  8, 
..pius  Cunctator,  wie  bei  ihm  auch  die  300  383;  Paws.  2,38, 1;  3,1,5;  7,1,7;  Euseb. chron. 
^Fabier,  die  den  Heldentod  an  der  Cremera  a.  a.  0.;  Vell.  Pat.  a.  a.  0.:  Im  Kampfe  mit 
atarben,  Tirynthia  gens  (Punic.  7,  35)  ge-  ihnen  findet  T.  den  Tod:  Apollod.  1,176.  Nach 
nannt  werden.     Bei  Silius  wird   auch    erzählt  einer  andern  Erzählung  wird  T.  zwar  aus  seinem 


985 


Tisamenos 


Tisamenos 


986 


Königreich  Sparta  und  Argos  vertriebfn,  aber 
nicht  getötet;  viehnohr  wird  ihm  vertragsmäßig 
zugestanden,  mit  seinen  Untertanen  abzuziehen, 
und  80  wendet  er  sich  nach  der  Nordküste  des 
Peloponues  und  bittet  die  dort  wohnenden, 
übrigens  stammverwandten  loner  um  Aufnahme 
für  sich  und  seine  Mitflüchtigen  in  ihre  Land- 
schaft. Jene  lehnen  aber  das  Gesucli  ab,  weil 
sie  fürchten,  T.  werde  vermöge  s  e  i  n  e  r  T  ü  c  h  - 
tigkeit  und  edlen  Herkunft  auch  über  sie 
zum  König  gewühlt  werden.  Da  erobern  die 
Ankömmlinge  das  Lantl  mit  Gewalt,  wobei  je- 
doch T.  in  der  Schlacht  fällt.  Seine  siegreichen 
Achäer  belagern  die  loner  in  ihrer  Hauptstadt 
Helike  und  lassen  sie  schließlich  nach  Attika 
abziehen.  Ihres  Königs  T.  Leiche  bestatten  die 
Achäer  zuniichst  in  Helike,  bringen  sie  aber 
dann  nach  Sparta;  noch  zu  Pausanias'  Zeit 
zeigte  man  dort  das  Heroon  an  der  Stelle,  wo 
die  Lakadaimonier  einst  ihre  gemeinsamen 
Mahlzeiten,  die  sogenannten  (feidivia,  hielten: 
Paus.  7,  1 ,  7  f.  Seine  Söhne  befestigen  in  der 
von  den  lonern  geräumten  Landschaft  Achaia 
ihr  neues  Königreich.  Nicht  weniger  als  fünf 
Söhne  werden  genannt:  Paus.  7,  6,  2.  Zunächst 
ist  der  älteste,  Kometes,  des  Vaters  Nachfolger 
in  der  Herrschaft :  Dämon  fr.  20  (Müller  1 .  382  f.) 
im  Schal.  Eur.  Blies.  251;  Euseb.  a.  a.  0.;  er 
wandert  aber  nach  Asien  aus:  Paus.  a.  a.  0. 
Ob  die  vier  anderen,  Daimenes,  Sparton,  Tellis 
und  Leontomenes,  nacheinander  oder,  was 
ebensowenig  wahrscheinlich  ist,  gemeinschaft- 
lich und  etwa  sogar  mit  ihrem  Vetter  Dama- 
sios,  dem  Sohne  des  Penthilos  (s.  o,\  regieren, 
steht  dahin.  In  unbekannter  Zeit  schließt  mit 
Ogjgos  (s.  d.  nr.  2)  die  Reihe  der  Könige  von 
Achaia  ab,  worauf  die  Volksherrschaft  beginnt : 
Polyh.  2,  41,  5;  4, 1,  5;  Strab.  8,  384. 
2)  Oidipus 

Amphiaraos  -f-  Eriphyle       Poiyneikes  Eteokles 

Amphilochos  Demouassa  -f-  Thersandros  Laodamas 

Tisamenos 

Autesion 

Theras     Argeia  -j-  x\ristodemo8 

Prokies  Eurysthenes 
T.  ist  ein  König  von  Theben;  seine  Eltern 
sind  Poiyneikes'  Sohn  Thersandros  (s.  d.  nr.  3) 
und  Demonassa  (s.  d.),  die  Tochter  von  Amphia- 
raos und  Eriphyle:  P«ms.  9,  5,15.  Als  Eteokles 
und  Poiyneikes  im  Bruderkampfe  vor  Theben 
gefallen  sind,  führt  zunächst  Kreon  die  Herr- 
schaft über  die  Stadt,  entweder  als  selbstän- 
diger König  {Soph.  Antig.)  oder  als  Vormund 
für  Eteokles'  Sohn  Laodamas  (Paus.  1,39,2; 
9,5,13.  10,3),  der  dann  selbst  König  wird, 
aber  bei  der  Verteidigung  Thebens  gegen  die 
Epigonen,  zu  denen  Poiyneikes'  Sohn  Ther- 
sandros gehört,  durch  Alkmaion  den  Tod  findet. 
Diese  erheben  nunmehr  Thersandros  zum  Herr- 
scher von  Theben.  Er  zieht  mit  den  Griechen 
gegen  Troja,  fällt  aber  tapfer  kämpfend  in 
Mysien  von  der  Hand  des  Telephos  (s.  d.,  Bd.  5, 
Sp.  282).    Bei  dem  zweiten  Zuge  der  Griechen, 


der  wirklich  bis  vor  Ilion  gelangt,  ist  Thersan- 
dros' Sohn  T.  noch  zu  jung,  um  Führer  der 
Boioter  sein  zu  können  (Paw«.  9,  5,  15).  Dies 
ist  vielmehr  der  Thebaner  Peneleos  (//.  ß  494), 
den  jedoch  vor  Troja  Telephos'  Sohn  Eurypylos 
erschlägt  {Paus.  a.  a.  0.;  Qiiinf.  Smyrn.  7,  104 f.; 
Dict.  Cret.  4,  17).  Nun  wählen  die  Thebaner 
daheim  den  Tisamenos  zum  König  {Paus. 
a.  a.  0.).   Während  er  von  dem  Geschlechtsfluch, 

10  der  seit  den  Zeiten  des  Laios  und  Oidipus 
über  Thebens  Herrscherhaus  waltet,  unbehelligt 
bleibt,  verfolgt  die  Kache  der  Erinyen  seinen 
Sohn  Autesion.  Dieser  wandert  deshalb  auf  ein 
Orakel  hin  zu  den  Herakleiden  in  den  Pelo- 
])0nne8  aus  {Pau^.  a.  a.  0.);  seine  Tochter  Ar- 
geia wird  als  Gattin  des  Aristodemos  die  Mut- 
ter von  Prokies  und  Eurysthenes  und  somit 
die  Ahnfrau  des  lakedaimonischen  Königshauses 
{Hcrodot.  6,62);  sein  Sohn  Theras  (s.  d.)  besie- 

20  delt  die  Insel  Kailiste,  die  angeblich  von  ihm 
den  Namen  Thera  erhält  (4,  147;  Pau^.  3. 15,  6  f ; 
Schol  Apoll.  Bhod.  4, 1764,  wo  der  ganze  Stamm- 
baum zurückverfolgt  wird:  Theras  —  Autesion 
—  Tisamenos  —  Thersandros  —  Poiyneikes  — 
Oidipus). 

Der  Name  TiGccyLevög  ist  nichts  anderes 
als  das  Part,  xieäiisvog  mit  verändertem  Akzent 
(s.  0.)  und  bedeutet  also  ^Rächer';  vgl.  Etym. 
Magn.  p.  760,  1    mit   der  Ableitung   von  r/fiw- 

30  QfjGai.  Orestes,  der  Rächer  von  klassischem 
Gepriige,  führt  selbst  diesen  Beinamen  nach 
Gramer,  Anecd.  Oxon.  2,  S21,S.  Wenn  Orests 
Sohn  und  ebenso  der  Enkel  des  Poiyneikes  so 
heißen,  von  denen  der  eine  selbst  bei  den 
Feinden  Achtung  genießt  {Paus.  7,1,7:  xara 
TS  ävögaya^icxv  v.cil  yivovg  do^av),  der  andere 
inmitten  der  Kriegsstürme  seiner  Zeit  und  der 
Greuel  des  Labdakidengeschlechts  fast  allein 
friedlich  regiert,  so  hat  jener  Name  in  beiden 

40  Fällen  nicht  die  Bedeutung,  die  für  ihre  Trä- 
ger bezeichnend  ist,  sondern  schreibt  sich  von 
dem  Brauche  her,  nach  welchem  manche  Per- 
sonen der  griechischen  Heldensage,  wie  Astya- 
nax,  Eurysakes,  Megapenthes,  Neoptolemos, 
Odysseus,  Telemachos  (s.  d.  Art.  Odysseus  Bd.  3, 
Sp.  649),  nach  Taten,  Schicksalen  oder  Kenn- 
zeichen ihrer  Angehörigen,  namentlich  ihrer 
Väter,  benannt  sind;  vgl.  BeJcker,  Anecd.  Gr. 
868,27:    'Ogeerris,    iTt^iSi]    rrjv    Klvtcci}L'q6XQav 

50  irißccxo .,  Tiöauevov  xov  naldcc  ccvxov  ^yiäXfOs, 
und  wie  Orest  an  der  Mutter  den  Vater  rächt 
und  danach  den  Sohn  benennt,  so  übt  auch 
der  Epigone  Thersandros  Rache  für  den  ge- 
fallenen Vater  Poiyneikes  und  gibt  seinem 
Sohne  jenen  Namen  aus  dem  gleichen  Grunde, 
s.  auch  Grote,  Gr.  Gesch.  Bd.  1,  Kap.  18;  0.  Mül- 
ler, Borier  1,  63,  6;  Prolegomena  S.  275;  Eume- 
niden  S.  174;  v.  Wilamowitz ,  Orestie  2,25,1. 
Die  Erklärung  bei  Eustath.  Od.  p.  1749,  16 f.: 

60  Tiacciisvbv  cpsQcovv^cog  ovxco  xXrid'ivxci  Ttagä  xr]v 
lisxä  nsvovs  rtötv,  ircsl  6  naxrjQ  'Ogiexrig  ixi- 
öccxo  xovg  q)0V8ccg  xov  kya^s^vovog  trifft  nur  in 
dem  begründenden  Zusatz  das  Richtige,  wäh- 
rend sich  freilich  die  Herleitung  von  xiaig  und 
HEvog  als  hinfällig  erweist.  —  Beachtung  ver- 
dient endlich  die  Annahme  von  Studniczka, 
Kyrene  69  (vgl.  Gruppe,  Myth.  506.  646,  3, 
1380,  2),  Poiyneikes,  Thersandros  und  Tisame- 


987  Tisandros  Titanen  988 

DOS  seien  Aresheroen,  benannt  nach  einer  boio-  tler  Gegensatz  der  Kronoskinder  zu  ihrem  Vater 

tischen  Kultbezeiehnune  des  Kriegsgottes.  Falls  darauf  deutet,  daß  sie  diesem  erst  durch  genea- 

Orestes  mit  Recht  für  eine  Hypostase  des  Apol-  logische  Spekulation  zugewiesen  sind.   —  Dio 

loa  gilt  (Ztelinski,  die  Orestessage  und  die  Recht-  Chrysüst.  HO  p.  ööüR  300M:  tov  ribv  Titdvoav 

fertigungsidee ,  J Ib.- Jahrb.  1899,  S.'88f.;  Hü/er  at^xroi  ia^fv  i^iter,*  aitairfs*  oi  ccvd'Q(a:foi;  vgl. 

im  Art.  Orestes  tid.  8,  Sp.  97öf.  995),  so   kann  S3  am  Anfang:  ä^myo^ii  ix'x^  i'iQvtui  xal  j^u(- 

auch   für   seinen    Sohn   T.   ein   göttlicher   ür-  ^«ov»,  a&XXov  de   Tita  vag;   anders   30,  556  R. 

Sprung  in  Frage  kommen,  zumal  die  j  ihrhun-  304  M.    Anstatt  des  lapetos  steht  neben  Kroiios 

dertelange    Erhaltung   des    Grabes    in   Sparta  Atlas  als  Stammvater  der  Menschen  bei  D/oJor: 

(Paus.  7, 1,  7)  einen  dortigen  Kult  des  T.  sicher  lo  Mayer   a.  a.  0.    S.  57.    —    Wenn   Homer   den 

vermuten  läßt;   vgl.  auch  Wide,  Lakon.  Kulte  Okeanos,  ebenfalls  einen  Titanen,  als  Urquell 

S.  354.  [Johannes  Schmidt.]  aller  Wesen  (14. 246)  und  insbesondere  der  Götter 

Tisandros  (Tiffavdpo,^),  der  dritte  und  jüngste  {ih.  201  und  302  'Slyitavöv  te,  &eibif  yevsaiv,  x«l 

Sohn  des  lason  und  der  Medeia,  Dioti.  4,  54, 1.  ^rictgcc  Trid-vv)  nennt,   so  denkt  er  sich  wohl 

[Ruhl.J  zunächst  IJranos  und  Gaia  als   dessen  Kinder 

Tisianes.  * Tisianes  et  Bucures  Mauri  et  ooo-  {Schümann  a  a.  0.  p.  35  f.).   —   Der  Wohnsitz 

rum  progenies  dii  Syrii\-  Arnob.  adv.  nat.  1, 37  der  Titanen  vor  ihrem  Sturze  ist  der  Himmel 

(p.  24, 1  Reiff er  scheid);  vgl.  Hildebrand,  Excurs  {Hesiod.  tlieog.  820)  oder  der  Olymp:  Hesiod  Op. 

IV  zu  Äpul.  Metam.    [Höfer.J  et  D.  110  f.,   Apoll.  Rhod.  2,  1232,   vgl.  Aesch. 

Tisiphone  s.  Teisiphone.  20  Prom.  9.'>6  und  Horat.  carm.  12,  8  domus  Sa- 

Titiiia  {Tivaia)  =«  Ge  als  Mutter  der  Titanen  iurni  ==*  sedes  deorwn;  über  Kronos   als  Herr- 

(8.  d.).  die   von  ihr  den  Namen  haben  sollen,  scher  auf  Erden  im  goldenen  Zeitalter  s.  den 

nach  Diod.  3,57:   OvQavov  Ss  iLvd-okoyovai  ye-  Artikel  Krooos  Sp.  1458. 

vicd-ai  :tatdag  ix  xlsiovav  yüvccixSiP  nivre  Jtgög  Gemeinsam    ist    den    eigentlichen    Titanen 

Toig  TttraQäxovza,  xal  roinatv  ojtrwxaidfxa  Xe-  als    Erdsöhnen   der   Charakter   des  Uralt -Ehr- 

yooaiv  vxdgxsiv  ix  Tircciag  .  . .  xoLvfj  Sh  ndcv-  würdigen,    der    bisweilen    ins    Riesenhaft- Un- 

ras    &no    n)i    urirgog    ovouuj^oaivovg    Tit&vocg.  heimliche  hinübarspielt.     {Hsych.  s.  v.  äygLoi 

Tfjv    dh    Tltcctav    athcpQova    ovaav    xal    noXXaiv  d'sol'  Titävsg;  Tirävag  ßo&v  =  Gespenster  ru- 

&ytt^<bv  airiav  ysvoaivriv  rotg  laoig  cc  Tod-ead-fj-  fen;  vgl.  .\rt.  Kronos  lid.  2  Sp.  1490  Mitte;  tixa- 

pai  fif ra   vrjv  r«Xevri)v  v;r6  rcbv  sv  Ttad'ovcoav^  .so  vcbdsi  (Hinsiv  Lic.  Tim.  54,  vgl.  Icaromen.  23, 

F^  V  pifxovoiiccad'sioav.  Vgl.  auch  5,  66,  wonach  Said.  s.  v.  rLtavmSeg  und  s.  v.  ad'sov)    Im  Mythus 

die  Titanen  in  kretischen  Sagen  als  Söhne  eine«  treten  sie  z.  T.  als  Empörer  und  frevelnde  Un- 

der  Kureten  und  der  Titaia  aufgefaßt  werden.  holde  auf.     M.  May.r  sagt  mit  Recht:  „Das 

Vgl.  Preller- Robert*  1,45  Anm.  3,  wo  der  Name  Volk  hat  zwischen  Riesen  und  Titanen  eigent- 

T.  =  r^   als   spätere   Fiktion  aufgefaßt  wird.  lieh    nie    unterschieden''    (Art.    Kronos    Bd.  2 

Vgl  auch  Sp.  1002.  [Röscher.]  Sp.  1454,  5,    Gig.  u.   Titanen  S.  12>ff.).     Plat. 

Titanen  {Tnävsg)  heißt  eine  Gruppe  von  Legg.  3  p.  701 C  stellt  tqv  IsyopL^vqv  nuXcciccv 
Gottheiten,  die  den  olympischen  Göttern  gegen-  TiravLxqv  rfvöiv  in  Parallele  mit  oqxcov  xal 
über  als  älter  {Hesiod.  theog.'i2i  Ttr^öt  fisrä  Tclureav  xal  t6  nocgäitav  d'sä>v  fi^  (pgovtl^siv. 
ngotegoiöi  dsoia  v,  Antimach.  fr.  42  Kink.  yq-  40  Während  Zeus  als  Begründer  und  Hort  einer 
yeviag  n  d-eovg  ngotegriysvsvg  Ttr^va?)  gelten  sittlichen  Weltordnung  und  die  ihn  umgebea- 
und  zum  Teil  in  feindlichem  Gegensatz  zu  den  (Jötter  als  ethische  Potense  1  wirken,  er- 
Zeus und  den  Seinigen  stehen.  Der  Name,  ur-  .scheinen  die  Titanen  als  Verkörperungen  ge- 
sprünglich  wohl  nur  wenigen  Gestalten  zu-  waltiger  Naturkräfte,  der  Mächte  des  Himmels 
kommend,  fand  im  Laufe  der  Zeit  immer  wei-  (Hyperion,  Phoibe,  Kronos?  Koios?),  der  Erde 
tere  Ausdehnung,  so  daß  endlich  die  Grenz-  i^Themis,  lapetos?)  und  des  Meeres  (Okeanos 
linien  gegen  andere  Gruppen,  wie  namentlich  ünl  Tethys).  Als  Vertreter  dieser  drei  Reiche 
die  Giganten,  unsicher  wurden.  scheinen  Kronos,  lapetos,  Okeanos  an  der 
Im  Mittelpunkt  dieses  Götterkreises  steht  Spitze  des  ganzen  Titanengeschlechts  zu  stehen 
als  sein  Oberhaupt  Kronos.  Daher  werden  die  .50  (vgl.  Piaton,  Cratyl.  3D7CD).  Der  von  späteren 
Titanen  Hom.  Iliad.  15,  225  und  14,  274,  He-  Mythographen  als  König  der  Titanen  genannte 
siod.  theog.  851  als  Kgovov  ancplg  iovtsg  und,  Ogygos  ist  nach  Buttmann  (Mythol.  1,  205  ff.) 
da  Kronos  Sohn  des  üranos  ist,  Iliad.  5,  898  identisch  mit  Ogen,  Okeanos. 
als  OüQccvLcovsg  bezeichnet.  Er  und  mit  ihm  Den  Namen  Titanen  soll  nach  Hißstod.  iÄeo^. 
eng  verbunden  lapetos  erscheinen  Iliad.  8,  47'J  v.  207  Uranos  seinen  Kindern  im  Zorn  gegeben 
Clcixstog  t£  Kgovog  ts)  als  Vertreter  der  im  haben:  cpdaxs  äh  xixaivovtccg  dxccad'ccXiri  iiiyoc 
Tartaros  eingeschlossenen  Titanenschaft.  Kro-  gi^ai,  ^gyov,  xoto  d'  ^nsixoc  xLölv  asxoTti.od'ev 
nos  ist  als  Vater  des  Zeus  und  seiner  Ge-  lasad'aL.  Das  Verbum  xLxalvo},  die  episch  ge- 
schwister  der  Ahnherr  der  olympischen  Götter;  dehnte  Form  für  xsivco,  bedeutet  spannen,  an- 
neben ihm  stand  lapetos  als  Ahn  der  von  a  spannen,  ausstrecken  {xBlgccg>,  ohne  Objekt  wie 
seinem  Sohn  Prometheus  und  Enkel  Deuka-  contendere  sich  strecken,  streben,  eilen  (Iliad. 
lion  ausgegangenen  Menschheit;  vgl.  Hymn.  23,  403  xixaivsxov  laufet!).  Man  kann  an  un- 
in  Apoll.  335  (157)  Tixfjv^g  zs  d-eol,  xmv  i^  av-  serer  Stelle  x^^Q^S  ergänzen  oder  intransitiv 
dgsg  TS  d-soi  x£  und  dazu  den  Art.  lapetos  verstehen:  sich  streckend, aufreckend;  verbindet 
uns.  Lexikons,  Mayer,  Gig.  u.  Tit.  S.  57  und  man  damit  dzacd-aXlrj,  so  erhält  man  den  Be- 
Schömann  opusc.  2  p.  270.  —  Procl.  ad  Hes.  Op.  griff  des  frevelhaften  Strebens,  der  Empörung 
et  Dies  48  gibt  dem  lapetos  29  Kinder;  seine  (Schömann:  sechste  contendentes),  der  auf  die 
Nachkommen  heißen  wieder  Titanen,  während  Tat  des  Kronos  paßt.     Das  tlaiv  des  folgenden 


989                         Titanen  Titanen                         990 

Verses  scheint  auch    wortspielend   zur   Erklä-  Mörder  des  Zagreus  sich  mit  eiueui  Kalk-  oder 
rung  des  Titanennamens  dienen  zu  sollen,  aber  Gipsüberzug  unkenntlich  gemacht  haben  sollen 
jedenfalls  kann  TfratVoi/Ta»*,  obwohl  es  nur  hier  {Harpocr.   s.  v.   &noiiäxT(ov),    so    beruht    diese 
wie  in   Tixdv  ein  langes  i  hat,  im  Munde  des  Erfindung   nach    A    Dieter  ich,    Rh.  Mus.  1893 
scheltenden  Uranos  nicht  die  'Rächenden'  oder  S,  280  eben   auf  dem  Anklang   von   Titan  au 
'Strafenden'  bedeuten,   wie  allerdings  die  Or-  tiravog,    und    Miß    Harrison    durfte    also    die 
phiker  den  Namen  verstanden  {ProcL  in  Plat.  Autoritilt    dieses   Gelehrten    nicht   für   sich    in 
Tim.  1  p.  57;  vgl.  Hcsych.  s.  v.  rirai/fff*  Ttiiagol  Anspruch    nehmen.     Noch   weniger   wird    man 
«iffo  tov  xixaivaiv).    Diese  Deutung  ist  erat  aus  an  hebr.  tit  (=  Lehm,  Kot)  denken  dürfen,  etwa 
dem  Mythus  gefolgert.                                             lo  im  Hinblick  auf  die  Lehmgebilde  des  Frome- 
Will  man  die  7\räi;fi^  mit  dem  Stamm  von  n'w,  theus.     Auch   die  von  M.  Mayer,    Tit.  u.  Gig. 
dessen  Quantität  schwankend  ist,  in  Zuj*ammen-  S.  74  if,,    angenommene    DitFerenzierung    eines 
hang  bringen,  so  muß  man  an  die  Bedeutung  ursprünglichen  Tdv  zu  Zfiv  u.  Tixä»  entbehrt 
'ehren'  anknüpfen.     Dann  ergibt  sich   in   der  jeder    Wahrscheinlichkeit.      Die    lon    einigen 
Tat  eine  plausible  Erklärung  des  offenbar  siihr  versuchte  Zusammenstellung   der   Titanen  mit 
alten  (iSc'/iöma/m  a.  a,  0.  p.  117  ff.)  Götternamens.  Tlxvö?,  xlxvqos  und  weiter  mit  Tirlg,  tttus  ist 
Mit  Heranziehung  von  Hesych.  xixrivt]  •  ßaßiXlg  veranlaßt  durch   die  späte  Auffassung  der  Ti- 
und  xixa^-  ivxi^og  ?)  Svvocötrig,   ol  dh  ßaOLXsvg  tanen  als  noianiodtis  ^foi  {Nicand.  A>;toL  fr.  4, 
deuten  iVe/ier-ßoÖPrf 'die  Ehrwürdigen, ayaxraff,  Hesych.  8  v.  xixäv  naiösQaaxrig),  die  sicherlich 
mythische  Könige  der  Urzeit'  (vgl.  Schol.  Iliad.  20  von  den  Komikern  durch  obszöne  Deutung  des 
14,  274  Ttxccv  Ttagcc  xb  xix6g)\  ähnlich  Gruppe,  xixcclveiv    aufgebracht    worden    ist.     Während 
Gr.  Myth.  1,  421    Anm.  3.     Bei  Htsiod  heißen  Kaibel  in  dem  Aufsatz  Jcc-hxvIol  'lÖccloi,  Nachr. 
die  Titaneu  ayaüoi  wie  die  Könige  (theog.  632).  d.  Ges.  d.  Wiss.  zu  Göttingen  lÜOl    S.  488 ff.  u. 
Der  Name  Kreios  bezeichnet  den  Herrschenden,  Wilamoivitz,   Eurip.   Herakles    1*    S.  81    Anm. 
wie   vielleicht  auch   Kronos  (xpatvov?),   wenn  hier  eine  ernsthafte  Möglichkeit  sehen,  erblickt 
dies  überhaupt  ein  griechisches  Wort  ist.    Als  Bücheier,  Ärch.  für  Lexikographie  2  S.  ö08  mit 
der    'Ehrwürdige',    der    'Herr'    konnte    auch  Recht   in    dieser   respektlosen    Auslegung    des 
Helios  Tlxccv   heißen,    ebenso  wie    Hyperion,  Titanennamens  nur  ein  Spiel  des  Witzes.    Tl- 
mit  dem  er  ja  im  Grunde  identisch  ist.     Daß  xvog  und   xixvgog  sind    wohl    richtiger    zu    xv 
der  Name  ursprünglich  diesem  Gott  allein  ge-  30  'schwellen,  groß  sein'  zu  stellen  {Gurt.  Etym. 
hört  habe,   ist  schon   deshalb  nicht  glaublich,  S.  212);    doch   vgl.   auch  Preller-B.  S.  234,  wo 
weil  Helios  nicht  im  Kult  und  überhaupt  nicht  an  raus*  ^i^yccg,   noXvg  {Hesych)  erinnert  wird, 
vor  der   Kaiserzeit  so  genannt  wird:   Preller-  und  Gruppe,  Gr.  Myth.  2  S.  1018  Anm.  1 
Bobert  S.  48;  Gruppe,  Gr.  Myth.  2,  1285  Anm.  Kaibel  stützt  seine  Auffassung  der  Titanen 
8,  wo  'Titan'  bei  Helios  als  'Herrscher'' erklärt  als  phallischer  Dämonen   nicht    nur   auf  ety- 
und  die  Folgerung  ilf.  ilfayers,  daß  die  ältesten  mologische    Gründe,    aber    die    anSeren    sind 
Titanen  Sonnengötter  gewesen  seien,  abgewiesen  ebensowenig  stichhaltig;  verfehlt  ist  schon  der 
wird   (vgl.  1,  421    Anm.  3).     Daß    nicht    selten  Ausgangspunkt:  die  irrtümliche  Beziehung  der 
ursprüngliche   Gruppennamen   später   zur    Be-  Glosse  des  Etym.  M.  auf  den  Dämonen  Kovi- 
zeichnung  Einzelner  gebraucht  wurden,   zeigt  40  ffaXo?  anstatt  auf //laöJ   3,  13  ycovioaXog  mqvvx' 
an    einer    Reihe    von    Beispielen    Wilamoivitz,  öcaXlrjg.    Phallische  Züge  treten  bei  den  Titanen 
Götting.  Nachr.  1895  S.  231.     Wenn  ein  Tixäv  erst  in  der  späteren  Literatur  auf  und  erklären 
neben  Kronos  {Sibyll.  3,  110  u.  a.  Stellen  bei  sich  teils  aus  der  herabziehenden  Tendenz  der 
Mayer,    Gig.  u.  Tit.   S.  72   Anm.)  oder  neben  Komödie,  teils  aus  der  Verwechselung  mit  an- 
Helios {Pausaß.  2,  11,  5)  als  deren  Bruder  er-  deren    Naturdämonen    {Gruppe,    Gr.    Myth.    1 
scheint,  so  ist  diese  Gestalt  doch  wohl  aus  dem  S.  128.3  Anm.  5,  S.  13D0  Anm.  2).     Kaibel  geht 
Beinamen  erwachsen.    Ein  wirklich  alter  Haupt-  von   den  idäischen  Daktylen  aus,  deren  einer, 
gott  dieses  Namens  müßte  mehr  Spuren  hinter-  Tixiag,  seinen  Namen   von   titus  (griech.  rixog 
lassen   haben.     Vgl.  noch  den  Artikel  Kronos  ist  nur  erschlossen  aus  einer  unsicheren  Lesart 
Bd.  2  Sp.  1469  nr.  11  und  1480  oben.  —  Ttr«  50  bei  Hesych)  =  (puXlog  haben  mag.    Mit  diesen 
(Eos,  Hemera)  ist  wie  Ttxavlg  (Artemis)  wohl  haben  aber  die  Titanen,  und  auch  nur  ein  Teil 
nachträglich    erst    als    Feminmform    aus   dem  derselben,  die  lapetiden,  höchstens   die  Berg- 
männlichen Namen  gebildet  worden.    Von  dem  natur  gemein  (die  Daktylen  als  Bergschmiede, 
Titanennamen  erst  abgeleitet  sind  ferner  Tl-  mit  den  lemnischen  Kabiren  verwandt:  Kaibel 
Tccta  (Schömann  p.  118,  Freller- Bobert  1  p.  44,  3),  a.  a.  0.  S.  502).    Der  sonst  so  verdiente  Gelehrte 
Ti.xdviog  Heros   in  Marathon,   ein   Gigant   Tl-  wandelt  hier  auf  den  Bahnen  des  antiken  Syn- 
rriviog,  das  Fest  Tuccvlu,  Tixavlg  yfi  =  Attika;  kretismus,  dem  Daktylen,  Satyrn,  Kureten  usw. 
TixccvlSsg  kennt   Hesiod  noch   nicht,   sie   sind  in  ein  unterschiedsloses  Chaos  zusammenfallen, 
zuerst  aus  J.Ä;wsi7rtOS  bezeugt  (ilf.  Mayer  S.  229);  und  treibt  diese  gefährliche  Art   der  Mythen- 
über  'kgxsiitg   TLxrjvlg  s.  Gruppe,  Gr.  Myth.  2,  60  behandlung    auf   die    Spitze    (s.  bes.   S.   513!). 
1286  Anm.  1  und  1276  Anm.  9;  xixccviG^og  bei  Gegen  die  neuerdings  auch  sonst  beliebte  tJber- 
Strabo  {Pr.-Bob.    S.  78   Anm.  5)  =  nccLaviöiiog  treibung  der  phallischen  Deutungen  haben  sich 
mit  Bezug   auf  Titan,  Helios,  ApoUon.  —  Die  im   allgemeinen   Furtwängler  und   W.  Wundt 
von  Miß  Harrison,  Proleg.  to  the  study  of  Greek  {Völkerpsych.  Bd.  2  S.  405)  mit  Entschiedenheit 
Belig.  S.  494  versuchte  Herleitung  des  Titanen-  ausgesprochen ,     insbesondere    gegen    Kaibels 
namens  von  xixavog,  wonach  er  'Erdgeborene'  Erklärung  der  Titanen  A.  Bieterich   (brieflich 
{clayborn,  earthborn  like  Adam)  bedeuten  soll,  dem  ünterz.  gegenüber,  doch  ohne  nähere  Be- 
ist  schwerlich   richtig.     Wenn  die  Titanen  als  gründung.) 


991                  *      Titanen  Titanen                         992 

Bei  der  Frage  nach  dem  Wesen  der  Ti-  halten:  HtsKui.  theog.  163.  ('hthonisch  ist  un- 
tanen  darf  vor  allen  Dingen  nicht  außer  acht  zweifelhaft  der  nach  den  Titanen  im  Kampf 
gelassen  werden,  daß  diese  keine  homogene  gegen  Zens  auftretende  Typhon  oder  Typhoeus» 
Gestaltenreihe  sind.  Eine  Anzahl  Götterwesen  dessen  Bedeutung  für  die  kretische  ur  böotisch- 
▼on  verschiedener  Art  und  Herkunft,  die  aller-  euböische  Sage  Gruppe,  Gr.  Mifth.  2  S.  812 
dings  gewisse  Züge,  wie  namentlich  das  Däm-  betont;  vgl.  auch  den  Artikel  Kronos  Bd.  2 
mergrau  eines  hohen  Alters,  gemeinsam  haben,  Sp.l466  unten.  Die  Erdnatur  derlapetiden 
finden  wir  von  der  systematisierenden  Theo-  glaubt  Referent  im  Art.  Prometheus  uns.  Lex, 
logie  der  hesiodischen  Dichtung  in  eine  Gruppe  erwiesen  zu  haben,  lapetos,  Gemahl  der  Erd- 
znsam mengefaßt.  Die  Zwölfzahl  ist  eine  will-  lo  göttin  Themis,  ist  der  Stammvater  des  Erden- 
kilrliche  Beschränkung  nach  dem  Muster  des  volkes.  Menoitios  erinnert  an  den  Unterwelts- 
olympischen Götterkauons.  Jedem  der  sechs  hirten  Menoites:  3/  Mayer,  Gig.  u.  Tit.  S.  97. 
männlichen  Titanen  ist  eine  Gattin  zugeordnet:  Über  den  chthonischen  Kronos  handelt  aus- 
Okeanos  und  Tethys,  Koios  und  Phoibe,  Krios  fiihrlich  M.  Mayer  im  betr.  Art.  d.  Lex.  Kap. 
und  Eurybie,  Hyperion  und  Theia,  lapetos  und  14ff.  23.  27.  42.  66.  58a;  vgl.  Gruppe,  Griech. 
Themis,  Kronos  und  Rheia.  In  der  Aufzählung  Myth.  1,  148  (Zeus  x^^vt.og  neben  Kronos)  und 
Theog.  v.  183—130  wird  allerdings  Eurybie  2,  1104.  1107,  Auch  Okeanos  hat  seine  chtho- 
nicht  genannt  (erst  v.  375),  dagegen  Mnemosyne.  nische  Seite,  wie  der  erdbebenerregende  Po- 
Bei  Homer  kommen  nur  vor:  Okeanos  und  seidon:  Gruppe  a.  a.  0.  2,  811  Anm.  5;  814. 
Tethys,  Kronos  und  Rhea,  lapetos  (neben  Kro-  20  Es  geht  nicht  an,  das  Chthonieche  hier  überall 
nos  lliad.  8,  477 — 488  als  Vornehmste  der  im  einer  vorgefaßten  Sonnentheorie  zuliebe  für 
Tartaros  Eingekerkerten)  und  Themis,  letztere  sekundär  zu  erklären.  M.  Mayer  stützt  seine 
Göttin  überall  {Jiiad.  20,4;  15,  87;  Od  2,68)  Ansicht,  daß  Kronos  im  Kern  Sonnen-  oder 
nur  als  Ordnerin,  Heroldin  der  olympischen  Himmelsgott  sei,  hauptsächlich  auf  das  nach- 
Götter. Es  sind  dies  gewiß  nicht  zufällig  ge-  barliche  Verhältnis  mit  Herakles  und  die  or- 
rade  diejenigen,  die  auch  sonst  als  die  be-  phische  Gleichsetzung  mit  Kronos,  p^esteht  aber, 
deutendsten  erscheinen,  so  daß  die  andern  weit  daß  die  winterliche   Natur   desselben    Kronos 

fegen  sie  zurücktreten.  Von  diesen  Geringeren  {Theopomp,  bei  Plut.  de  Is.  et  üs.  65)  sich  da- 
nden  sich  noch  in  den  sog.  homerischen  Hymnen  mit  schwer  vereinigen  lasse  (Art.  Kronos  Bd.  1 
genannt:  Koios  in  Apoll.  62,  Hyperion  (bei  so  Sp.  1498V  Das  Verschlingen  des  ^airvio?  oder 
Homer  als  Name  oder  Beiname  des  Helios)  als  Meteorsteins  {ib.  Kap.  44.  47)  kommt  mehr  der 
Titan  (Vater  des  Helios)  *n  Ccrer.  26,  vgl.  Äynm.  Erde  als  dem  Himmel  zu;  das  Ausspeien  ist 
31  (32),  4;  Mnemosyne  in  Merc.  429.  Von  den  nebensächlich.  Wenn  der  phrygische  Kronos 
Kindern  der  Titanen  erwähnt  Homer  einzelne,  oder  Akrisios  {ih.  Sp.  1530)  vom  Sonnendiskos 
aber  ohne»  ihrer  titanischen  Abkunft  zu  ge-  getroffen  wird,  so  kann  er  ebendeshalb  schwer- 
denken; so  auch  den  lapetiden  Atlas  {Schö-  lieh  Sonnengott  sein.  Daß  manche  Züge  des 
mann  op.  2  p.  46V  Er  nennt  die  Titanen  vno-  Kronos  auf  Sonne  oder  Himmel  hinweisen,  läßt 
ra^äQioi  {lliad.  14,  279  O-fov?  .  .  .  tovg  vno-  sich  nicht  leugnen,  doch  scheint  hier  Ver- 
raQTagiovg  ol  TirfjvEg  xaX^ovrcci;  vgl.  Paußan.  quickuug  mit  einer  asiatischen  Gottheit  vor- 
8,  37,  3)  und  ivBQXfQoi  {ib.  15,  225),  auch  oi  40  zuliegen.  Als  cölestisch  können  außer  üranos 
JIvsq9£  b'sot  Kqovov  a/tqplg  iovxtg  (ib.  14,  274)  und  Aither,  die  noch  über  den  Titanen  stehen, 
und  deutet  mit  kurzen  Worten  auf  den  Kampf  nur  die  geringeren  Titanen  Koios  (verwandt 
des  Zeus  gegen  sie  hin  {ib.  15,  221  bis  225).  mit  xolXov,  coelum?),  Hyperion  und  Theia, 
Hypnos  verlangt  sie  für  Heras  Eid  bei  der  Phoibe,  aus  dem  weiteren  Kreise  Pallas,  Perses, 
Styx  als  Schwurzeugen  {ib.  14,  271  ff.).  Ob  Astraios  bezeichnet  werden  {M.  Mayer,  Gig. 
unter  OiiQaviavtg  lliad.  5,  898  mit  Welcher  die  n.  Tit.  S.  68).  Soweit  diese  als  im  Tartaros 
Titanen  oder  mit  NägeUbach  die  olympischen  befindlich  gedacht  werden,  sind  sie  als  ge- 
Götter zu  verstehen  sind,  bleibt  fraglich;  vgl.  stürzte  Zeupgegner  dort,  während  für  jene 
Nägelsbach,  Hom.  Theol*  S.  78.  Gegen  Wel-  andern  die  Erdtiefe  der  eigentliche  Wohnsitz 
ckers  Ansicht,  die  Verbannung  in  den  Tartaros  50  gewesen  sein  muß,  woraus  eben  die  Sage  von 
sei  nur  eine  Konsequenz  des  zur  Erklärung  einer  Verbannung  in  oder  unter  die  Erde  leicht 
der  Wandlung  in  den  Gottesvorstellungen  er-  entstehen  konnte.  Wir  haben  demnach 
fandenen  Mythus  von  älteren  Göttern  {Götter-  in  jenen  chthonischen  Gewalten  die 
lehre  1  S.  267),  bemerkt  M.  Mayer  S.  103  mit  eigentlichen  Titanen,  die  Urtitanen  zu 
Recht,  dieser  Aufenthalt  im  Tartaros  sei  viel-  erkennen,  worauf  uns  schon  andere  Erwä- 
mehr  das  Wesentliche  an  dem  ganzen  home-  gungen  ebenfalls  hinwiesen.  Bestätigt  wird 
rischen  Titanenmythus.  dies  auch  durch  eine  Betrachtung  der  Namen. 
Angesichts  der  Wichtigkeit  gerade  dieses  Kronos,  lapetos,  Okeanos  sind  undurchsichtige 
Zuges  liegt  die  Frage  nahe,  ob  die  im  Tar-  Wörter,  deren  griechischer  Form  vielleicht  vor- 
taros  wohnhaft  gedachten  Titanen  nicht  ur-  60  griechische  Wurzeln  zugrunde  liegen;  dagegen 
sprünglich  chthonische  Wesen  seien.  Als  sind  Hyperion  als  Beiname  des  Sonnengottes, 
Tix^vccg  x^oviovg  bezeichnet  sie  Hesiod.  theog.  Phoibe  und  Theia  (Mondgöttin?  Schömann, 
697  schon  vor  der  Erzählung  ihres  Sturzes.  opusc.  2  p.  115),  Eurybie,  Mnemosyne  durch- 
In  der  Umgebung  von  Demeter  und  Köre  er-  sichtige  Bildungen,  auch  Koios  und  Krios  nicht 
scheinen  sie  Apoll.  JRhod.  4,  988 ;  Pausan.  8,  ohne  Wahrscheinlichkeit  aus  griechischen  Wur- 
37,  3.  Sie  sind  yriysvtlg  {Antimach.  fr.  42K)  zeln  herzuleiten  {Preller  -  Robert  1  S.  46).  Im 
wie  die  Giganten.  Fairig  4v  xfv^^wvt  werden  Kult  sind  alle  diese  letzteren  mit  Ausnahme 
die  Kinder  des  üranos  vom  Vater  zuruckge-  der  zu  Eleutherai   verehrten    Mnemosyne   gar 


993                         Titanen  Titanen                         994 

nicht  oder  nur  iti  seltenen  Spuren  nachzuweisen:  Zu   der   Gestalt    des   Krouos    sind    offenbar 

M.  Mayer,   Giif.  u.  Tit.   S.  6;{ff.     Dagegen   ist  mehrere  Götterwesen  verwandter  Art,  aber  ver- 

für  Kronoa  Kult  vielfach  bezeugt  (s.  den  betr.  schiedener  Herkunft    zusammengellosaen,    und 

Art.   und  Schümann,  opusc.  2   p.  116),   ebenso  so  erklärt  es  sich  auch,   daß   bald   die  chtho- 

für  Rheia  (s.  d.)  und  Themis  (s.  d.)  und  wenn  nische,   bald   die  solare   Seite,   die   M.  Mayer 

nicht  für  deren  Gatt<Mi  lapetos,  so  doch  reich-  zu   stark  betont  hat,    mehr    hervortritt.     Den 

lieh  genug  für  dessen  Sohn  Prometheus  (s.  d.);  semiti8ch-i)höniki8chen  Einschlag   unterschätzt 

Okeanos  und  Tethys  aber  sind  hochangesehene,  dieser  Forscher;   hat  doch   sogar  die  etymolo- 

allgemein  anerkannte  Gottheiten.  gische  Deutung  als  Baal  Karnaim  manches  für 

Sonach  ist  es  wahrscheinlich,   daß   zu   den  lo  sich   {Assmann,  Fhüologus  57,  1908   S.  161  ff.), 

sechs   'großen'   Titanen   (Kronos,   lapetos,  Vgl.  über  den  phönik.   Kronos  auch   Gruppe, 

Okeanos  mit  ihren  Gattinnen)  die  andern  (Koios  Griech.  Myth.  1  S.  253  und  4til   Anm.  3  und  2 

und  Krios  sowie  Hyperion,  Theia,  Phoibe,  Eu-  S.  777/8;    1107    Anm.  1.    Preller  -  liohert   1,   53. 

rybie,  Mnemosyne  und  Dione)   erst  später  zur  Aber  gewiß   ist  Kronos   nicht  rein   oder  auch 

Vervollständigung   des   Systems   auf  die   Zahl  nur    vorwiegend    semitisch.      Die    eigentliche 

der  olympischen    (lötter    hinzugefügt    worden  Stätte    des    Kronosdienstes    und    der    Kronos- 

sind  (Vermutungen  über  die  dabei  mitspielen-  mythen   ist    Kreta    {Griq}pe  1    S.  247,   411.    2, 

den  spekulativen  Ideen  bei  Schümann,  opusc.  "1  1106  Anm.  2).     Hier  war  der  geeignete  Boden 

p.  164).    Von  diesen  Titanen  zweiter  Ord-  für  die  Entstehung  einer  solchen  Mischgestalt, 
nu n g  mag  gelten,  was  (rrwppt,  (7r.  ilfi/^/j.l  S.  421  20  Die    Eteokreten  waren   nach  Fick,    Vorgriech. 

Anm.  3    nicht    von    allen    hätte    sagen    sollen,  Or^swawe/^  (Göttingen  1Ü05)  ein  vorhellenisches, 

daß  ihre  Namen    aus    veralteten  Kultbezeich-  mit  den  Pelasgern  verwandtes  Volk.    Den  Zeus 

nungen  der  Götter  gewonnen  seien.     Sie  haben  brachten  diesen  nach  E.  Fritzsche,  Die  Anfänge 

deutlich    etwas   Abstraktes,    keine    plastische  des  HeUenentums  die  Südachäer,  und   so  mag 

Wesenheit,  keine  Mythen,  keinen  oder  seltenen  sich  in   dem   Zusammentreffen   auf  Kreta   die 

Kult.     Die  stoische   Doktrin   bei    Plutarch  de  Gegnerschaft  des  Kronos  und  Zeus  ausgebildet 

placit.  philos.  1,  ß 'Haio^og  ßovXo^svog  Toli  ysv-  haben.     {Vgl  Gruppe,   Griech.  Myth.  1,  411  ff. 

vrirotg  d'sotg  nategag  avGTi]öca  sl6r]yays  roiov-  2,  1105ff. ;    Spuren  einer  kretischen  Theogonie 

xovg    avTÖg    y^wr^togag    Kotov    re    Kgstov    d-'  mit  6  Titanen   und   5  Titaniden   [Theia  fehlt] 
TTtsgLovcc   r'    'iciTfSTOv  ts   enthält,   insofern  sie  30  bei    Diodor.   5,   65.)     Diese    Insel    stand,    wie 

nicht    die    Titanengestalten    selbst    oder    ihre  Gruppe  nachgewiesen  hat,  mit  Ostböotien  und 

Namen   als  Erfindungen   des   Hesiod,   sondern  Euböa  religionsgeschichtlich  in  lebhaftem  Aus- 

nur  ihre   genealogische  Verknüpfung  mit  den  tausch.       Altböotisch     waren     die     lapetiden: 

olympischen   Göttern   als   Dichtung   hinstellen  Gruppe,    Gr.  Myth.  1    S.  97,   Art.  Prometheus 

will,  immerhin  eine  Ahnung  des  Richtigen.  Bd.  3    Sp.  3048.      In    Theben    finden    wir    den 

Bei  Kronos  und  lapetos,  die  im  Homer  eng  Prometheus  in  Verbindung  mit  den  ebenfalls 
verbunden  auftreten,  ist  nun  aber  noch  die  chthonischen  u.  altböotischen  {Gruppe  2,  1170, 
Frage  zu  erörtern,  ob  sie  nicht  etwa  fremden  Anm.  1),  vielleicht  pelasgischen  Kabiren,  die 
Ursprungs  und  somit  der  eigentliche  Stamm  auf  einer  Inschrift  aus  Imbros  zugleich  mit 
des  Titanengeschlechts  ein  ungriechisches  Ge-  40  den  Titanen  angerufen  werden:  Osol  usydXoi 
wachs  ist.  Beide  Namen  lassen  sich  schwer  .  .  .  nal  Kaouslls  ava^  .  .  .  Kolog  Kgstog  'Ttis- 
aus  griechischen  Wurzeln  überzeugend  erklären,  gicov  ElccTtstog  Kgovog.  In  Theben  feierte  man 
wenigstens  hat  noch  keiner  der  Deutungsver-  ein  Fest  Kgovtcc:  Art.  Kronos  §  24;  Kronos, 
suche  allgemeinere  Zustimmung  gefunden.  Vater  des  lemnischen  Hephaistos:  ebenda  Sp. 
lapetos  erinnert  im  Namen  sowie  in  seiner  1463  f.  Von  böotischen  Einflüssen  auf  Imbros 
Rolle  als  Stammvater  und  in  seiner  Beziehung  und  Lemnos  spricht  Gruppe  S.  225.  Der  Ti- 
zur  Flutsage  sofort  an  den  biblischen  Japhet.  tanenname  Koios  erinnert  an  Korjg  oder  Koirig, 
Da  er  aber  in  der  Völkertafel  an  der  Spitze  die  Bezeichnung  des  Kabirenpriesters;  vgl. 
der  westlichen  Stämme,  u.  a.  auch  der  lonier  Tivg-z-oog  {Schümann,  opusc.  2  p.  106).  Über 
(lavan)  steht,  so  ist  jedenfalls  die  Annahme,  50  Prometheus  und  andere  Titanen  in  Böotien 
daß  die  Semiten  einen  ihnen  von  Griechenland  handelt  ausführlich  Gruppe,  Gr  Myth.  1  S.  415 
her  bekannt  gewordenen  Namen  umformten,  Anm.  2  und  S.  414 ff.;  vgl.  S.  58 ff.,  wo  die  Be- 
weit wahrscheinlicher  als  die  umgekehrte  (vgl.  Ziehungen  zu  Kreta  erörtert  werden;  S.  411: 
den  Artikel  lapetos  und  Gruppe,  Gr.  Myth.  1  „Die  .Sage  von  der  Geburt  des  Zeus  und 
S.  96),  zumal  das  Wort  sich  auch  aus  dem  der  Überwindung  der  Titanen,  die  Namen 
Semitischen  bisher  nicht  befriedigend  hat  er-  der  letzteren,  sofern  sie  nicht  bloße  Abstrak- 
klären  lassen  {Schümann,  opusc.  2  p.  270  not.  8).  tionen  sind,  gehören  zu  den  ältesten  Schichten 
Die  vom  Unterz.  im  Artikel  Prometheus  vor-  der  religiösen  Vorstellungen  bei  den  Griechen, 
gelegten  Untersuchungen  weisen  den  lapetos  den  kretischen  und  den  mittelgriechischen." 
uud  sein  Geschlecht  den  Pelasgern  zu,  also  60  Kretisch  sind  Okeanos,  Kronos  und  Zeus,  Leto 
einer,  wie  jetzt  wohl  allgemein  zugestanden  und  Asteria,  Perseus,  Perseis  u.  Perses  (S.  252), 
wird,  vorhellenischen  Bevölkerung  Griechen-  wohl  auch  sein  Bruder  Pallas  und  sein  Vater 
lands  und  der  Inseln.  Von  einem  pelasgischen  Kreios.  S.  412:  „Erst  in  den  von  Kreta  aus 
Kronos  handelt  der  betr.  Artikel  Sp.  1535—38.  beeinflußten  mittelgriechischen  Koloniestaaten 
Einer  Griechenland  und  Kleinasien  gemein-  ist  aus  den  dort  erweiterten  u.  umgestalteten 
samen  vorgriechischen  Bevölkerung  teilt  auch  altkretischen  Kultlegenden  der  Kern  der  spä- 
Kretschmer,  Einl.  in  d.  griech.  Sprache  S.  496  teren  (theogonischen)  Göttersage  geschaffen 
<iie  Titanen  zu.  worden.''     Hier  erzählte  man  von  Perseus,  von 


995                         Titanen  Titanen                         996 

Pallas'    (Pallene   auf   EubCa)    Gemahlin    Styx  nur  vereinzelt   lokalisiert,    und    zwar   handelt 
und    von    Kreios,    Aigaion,    Phorkys,    1  hemis,       es  sich   um   autochthoue  Heroen,   Urväter  der 

Elektra    und    Atlas,    wohl    auch    von    den    in  Stumme,    die   als   erdgeborcne,    riesige,    halb- 

Messenien  und  Kos  bezeugten  Titanen  Hype-  göttliche  Wesen,  mithin   als  Titanen   im  wei- 

rion  und  Koio».     „Atlas  und  sein  Mythenkreis  teren  Sinne  angesehen  wurden.     So   in  Phliu» 

waren    bei  Tanagra   lokalisiert.     Auch  Asope,  (3f.  3/ay^r  S.  72  Anm.  u.  S.  IUI),  Argos  {Apoll. 

die  Gemahlin   des   lapetos,   Mutter  des   Atlas  2,  8,  68;  PreUer-F.  1  S.  46)  und  Arkadien  (3/. 

und  Prometheus,  weist  wahrscheinlich  auf  die  Mayer  S.  84).     Ob  die  Titanen  Koios,  Eleklra 

boiotische  Asoposlandschaft,  mit  der  auch  Pro-  und  Krios,  die  uns  als  Eponymen  peloponne- 

metheus(Itha8)  mannigfach  verknüpft  erscheint"  lo  sischer  Flüsse  entgegentreten  {inixmgioi  ijQtofg: 

(Gruppe   a.  a.  0.    1    8.  416    Anm.  2   und  419;  Pausan.  4,  33,  6;    ein  Kq^Tov   ögog  in   Argoa; 

1107  Anm.  1 ;  über  den  kabirischen  Prometheus  s.  den  Art.  Koios),   dort    ihre   Heimat   haben 

1  S.  417  mit  Anm   2  und  2  S.  13U8,  wozu  Art.  und  erst  von  da  aus  zu  allgemeinerer  Geltung 

Prometheus   Bd.   3    Sp.  3040    zu    vergleichen).  gelangt  sind  oder  vielmehr  weit  bekannte  Na- 

Mnemosyne  wurde  in  Eleutherai  an  der  attisch-  men  alter  Katurgötter  jenen  Flüssen  beigelegt 

boiotischen  Grenze  verehrt  (Hes.  theog.  54;  Kult  worden  sind,  wird  sich  nicht  mehr  entscheiden, 

derselben  in  Attika:  Schol  Oed.  Coh  100).     Die  lassen;   M.  Mayer  S.  69 f.   sieht  in  diesen  Ge- 

ostböotischen  Heiligtümer  hatten  ihre  Filialen  stalten    vordoribche,    altachäische    Gottheiten, 

in  Wcstboiotien,  Lokris  und  Phokis.    In  Lokris  oder  Heroen.     Autochthone  Heroen  sind  Any- 

finden  wir  Atlas  und   Menoitios  wieder,  Pro-  20  tos  in  Lykosura  {Pavsan.  8.  73,  3),  Buphagos,^ 

metheus  und  sein  Sohn  Deukalion  gehören  der  Sohn  des  lapetos,  in  Arkadien  (ih.  27,  17),  der 

lokriscb-phokischen  Sage  an,  Hesione  ist  viel-  'Titan',  Bruder  des  Helios,  ein  Berggott  und 

leicht  die  Stadtgöttin  von  Opus  {Gruppe,  Gr.  Schützer  des  Wachstums  zu  Tirdvcc  zwischen 

Mylh.  1  S.  96;  Prtihr-Pobtrt  1  S.  46;  Artikel  Sikyon  und  Korinth:  Paus.  2,  11,  6.     Über  Ti- 

lapetos  Bd.  3    Sp.  67;   der   doppelte    Stamm-  tanen  in   Sizilien   s.  den  Artikel  Kronos  §  25. 

bäum  des  opuntisch-lokrischen  Herrscherhauses  Bloße  Ortsheroen  sind  ofiFenbar  auch  die  klein- 

bei  Pifidar,   Ol.  9,  56 ff.).     Sind   die  einzelnen  asiatischen  Titanen,  welche  außer  Kronos  und 

Gestalten    dieses    Kreises    meist    ursprünglich  Rheia  gelegentlich  penannt  werden: /SVfjoÄ.  5^^r 

euböisch-böotisch,  bo  geschah  die  genealogische  s.v.  "Aöava-  ^oxt  di  6 'kdai/os  Fi^g  xal  O^gcc- 

und  epische  Zusammenfassung  auf  opuntisch-  30  vov  Tra/'g,  xai  "Oarccnos  {Mayer  küra-nog,  Bergk 

Büdthessalischem  Gebiet  (lolkos,  Phthia).     Die  "OetaGog)  xal  Zävdr,g  xal  Kgovog  xal  'Pia  xal 

Gottheiten  der  von  den  Anwohnern  des  Mali-  'la-nttog  xal  "OXv^ßgog   {Salmas.  OXv^L-nog)',   da- 

schen    Meerbusens    zurückgedrängten    Euböer  zu  Xanthos  und   i3alio8:    Biador  <  p.  Eustath. 

und  Böoter  wurden  zu  Gegnern  der  siegreichen  ad  Iliad.  19  p.  1190,  A.skos  mit  seinem  Sohn 

olympischen  Götter  {Gruppe  a.  a.  0.  1  S.  417).  Damaskos:  Eudocia  p.  396.     Über  Titanen  in. 

Die  Titanomachie    verdankt    ihre    Ausbildung  Bithynien:  Mayer  S.  40  und  6*2.     Soweit  sonst 

offenbar  Thessalien.     Hier  verbanden  sich  Er-  Titanenkult  in   Kleinasien  vorkommt,  wird  er 

innerungen    an  alte  Erdrevolutionen    (s.    über  auf  synkretistischem  Zusammenhang  mit  dem 

das  Pelorienfest   PreUer-Rob.  1  S.  53,   Mayer,  Kult  der  großen  Mutter  Rheia  beruhen. 

Tit.  u.  Gig.  S.  131f.;   über  (ie  Bedeutung  der  40        Über  die  Titanomachie  oder  den  Krieg 

Erdbeben   für   die   mythenbildende    Phantasie  der  Titanen  gegen  Zeus  (von  Homer  nur  ganz 

Gruppe,  Gr.  Myth.  2,  814)  mit  den  von  Böotien  kurz  angedeutet,  IJiad.  15,  224)  haben  wir  den; 

her  aufgenommenen  Riesensagen.  Feuergöttern  ausführlichsten  und  wichtigsten  Bericht  in  der 

und  Berggöttern,  die  dem  von  Dodona  einge-  hesiodischen    Theogonie.     Schon  v.  113  u.  392 

wandelten  Zeus  den  '!  hron  einräumen  mußten.  wird   auf  diesen  Kampf  hingedeutet.     Die  an 

(Über  die  pelasgische   Urbevölkerung  Thessa-  v.  531  anschließende  Erzählung  (eingeschaltet 

liens,    die   Einwanderung   von    Epirus,    Bezie-  ist  die  Prometheusepisode  v.  532— Gl(i)  zerfällt 

bungen  zu  Kreta  vgl.  O.  Kein,  Neue  Jahrb.  7  in    zwei    Teile.-    die    Befreiung    der    Hekaton- 

1904    S.   13  ff.)      Die    Titanen    kämpfen    vom  cheiren    v.  617—663   und    die   Entscheidungs- 

Othrys  aus  gegen  die  den  Olymp  verteidigen-  .5o  schlacht  v.  664—719.     Ein  Anhang,  v.  729  bis 

den  Götter:  Hes.  theog.  632f.    Das  Nähete  über  735,  berichtet  über  die  Bestellung  derHundert- 

die  Sage  vom  Titanenkriege  s.  unten.  —   Der  händigen   zu  Wächtern  des  Tartarus.  —  Gaia 

delphische  Titanenkult  (Artikel  Kronos  Bd.  2  gebar  dem  Uranos  zuerst  6  Söhne  u.  6  Töchter. 

Sp.  1523)  dürfte  mit  kretischen  Einflüssen  zu-  Die  Namen  der  einzelnen  werden  v.  133 ff.  ge- 

sammenhängen.   —  In  Attika   finden  wir  kul-  nannt,    der   Gesamtname   Titanen    erst   später 

tische  Verehrung  des  Kronos  und  des  Prome-  (v.  207)  angegeben  und  aus  ihren  Taten  erklärt, 

theus.     Wie  der  letztere  im  betr.  Art.  unseres  Nach  ihnen  erzeugte  Uranos  mit  der  Gaia  noch 

Lesikons  den   Pelasgem   zugewiesen  wird,    so  die  Kyklopen  und  Hekatoncheiren.     Der  Vater 

vermutet  M.  Mayer   in   dem  attischen  Kronos  verbarg  aber  alle  Kinder,  die  er  von  Gaia  hatte 
ebenfalls  eine  pelasgische  Gottheit  (Art.  Kronos  60  (oder  nach  Schömanns  Lesart  in  v.  156    \tov- 

Bd.  1  Sp.  1535  nr.  58a:  das  Kronosfest  ein  Fest  tcov  filv  für  xal  xatv  puv]  nur  die  schreeklieh- 

der  unterworfenen  Urbewohner  wie   die   thes-  sten,    d.  h.   die   Hekatoncheiren),    sobald    eins 

salischen    HsZcbpfa;    vgl.    Sp.  1537    oben    und  geboren  war,  wieder  im  Schoß  der  Mutter  und 

Gruppe  1   S,  32).     Der   Kult   des   Kronos   und  ließ  sie  nicht  ans  Licht  herauf.     Die  dadurch 

der  Rheia  neben   Zeus  Chthonios  zu  Olympia  bedrängte  Erde  forderte  nun  ihre  Kinder  auf, 

weist  auf  altkretische  Ansiedelungen:    Gruppe  die  ihr  angetane  Schmach  am  Vater  zu  rächen, 

1  S.  142,  148;    Preller- Bob.  1,  51,  55   Anm.  2.  und   Kronos    entmannte    ihn    mit    der    Sichel. 

Im  übrigen  Griechenland  finden  sich  Titanen  (Nach  ApoUodor  1,  1  griffen  alle  Titanen  außer 


997                         Titanen  Titanen                         998 

Okeanos   den  Uranos    an.)     Wie   Kronos    frei-  Furgat.  12,  26 IF.)   als  GegDer  der  olympischen 

kam  und  ob  die  andern  EingeschlosRenen  durch  Götter    auftritt.     Daß   jene    Stellung    die    ur- 

ihn  befreit  wurden,   sagt  llesiod  nicht      Nach  sprüngliche  ist,   hat  Referent  in  der  Abhandl. 

Apollodor  sind   nur  die  Kyklopen   und  Heka-  Promethais  (Progr.  d.  (lymn.  zu  Oldenburg  \S*J& 

toncheiren   (nur  diese   auch   in   der  orphischtv  S.  29  Anm.  u.  S.  86  Anm.  12,  13)  gezeigt,  in- 

llicogonie:    ISchimariv,    opusc.    2    p.    18)    Ton  dem   er  in   den  Hundorthändigen  die  Wasser- 

Uranos  gefesselt  und  in   den  Tartaros  gewor-  diimonen  der  Brandung  und  natürlichen  Gegner 

fen  worden;  dann  wurden  sie  von  Kronos,  der  der  titanischen  Erdgewalten  nachwies,*)     Vgl. 

mit   den   andern    Titanen  erst   nach  jenen   er-  ScÄöw/awn  a  a.O,  p,  96  (über  den  Namen  y//yaicov) 

/engt  war,   erlöst,   aber   von    diesem   nochmals  lo  sowie  Prellcr-li.  1    S.  4'J,   M.  Mayer,    Tit.  uvd 

eingekerkert,   bis  Zeus   sie  wieder  in  Freiheit  Gig.  S.  123  u.  128  und  Art.  Prometheus  Bd.  3 

setzte.     Daß  Kronos  die  von  ihm  Befreiten  so-  Sp.  3040  Z.  44  ff. 

gleich  wieder  eins]»tTrt,  ist  sonderbar.  Mayer  Somit  beging  J/estod  keineswegs  eine  ,,8inn- 
S.  230  fetzt  diese  „Ungeschicklichkeit"  auf  die  widrige  Verschiebung  der  Parteien",  wie  M. 
Heclinung  des  unbekannten  Redaktors,  dem  Mayer  ihm  vorwirft,  der  freilich  den  Titanen- 
Apollddor  folgt.  Wenn  Friederühs,  Die  Be-  begriff  auch  auf  die  Kyklopen  und  Hekaton- 
(leuiuvg  der  TiUtiiowachie  für  die  Theogotiic  cheiren  ausdehnen  möchte  {Gig.  u.  Tit.  S.  134) 
Hisitdx,  Progr.  des  Gymv.  zu  liostock  1907,  —  Was  die  übrigen  Teilnehmer  am  Kampfe 
meint,  Hesiod  habe  genau  derselben  Auffassung  betrifft,  so  wird  auf  der  Seite  der  olympischen 
Ausdruck  geben  wollen,  so  geht  er  von  der  20  Götter  nur  Zeus  genannt,  und  dieser  hält  sich 
Annahme  au.s,  daß  in  v.  617  unter  TTccrr'iQ  Kro-  merkwürdig  zurück.  Friederichs  a.  a.  0.  S.  8f. 
nos  zu  verstehen  sei.  Diese  Ansicht  billigt  und  ähnlich  schon  Schömavn,  Die  hesiodische 
sein  Rezensent  Fw.  Bruhn  {Monatsschr.  f.  höh.  Theog.  S.  225  erklären  dies  ansprechend  aus 
Schulen  7,  5  S.  245),  wä,hrend  Seh ömann  2i.&.0.  einer  Scheu  des  frommen  Dichters,  den  Zeus 
p.  99  not.  13  sich  für  Uranos  erklärt.  Bei  der  selbst  am  eigenen  Vater  die  Strafe  vollziehen 
Unklarheit  der  hesiodeischen  Darstellung,  die  zu  lassen;  ebendeshalb  seien  die  Hundert- 
aus verschiedenen  Überlieferungen  kombiniert  händer  so  in  den  Vordergrund  gerückt.  Des 
scheint,  ist  hier  keine  sichere  Entscheidung  Zeus  Eingreifen,  so  großartig  es  geschildert 
zu  treffen,  doch  scheint  wenigstens  Apollodor  ist,  hat  nur  die  Wirkung,  daß  die  Titanen 
unter  -jTccttjQ  v.  502  den  Kronos  verstanden  und  30  durch  die  Blitze  geblendet  und  verwirrt  wer- 
deehalb  eine  erneute  Fesselung  der  Uraniden  den,  worauf  die  Hekatoncheiren  leicht  die 
durch  diesen  angenommen  zu  haben.  Hesiod  Oberhand  gewinnen.  (Dagegen  zerschmettert 
redet  hier  nur  von  den  Kyklopen,  wie  die  folgen-  Batrachcm.  282  Zeus  die  Titanen  mit  dem 
den  Verse  zeigen ;  wahrscheinlich  sind  aber  die  Blitz.)  Diese  Auffassung  des  Zeus  als  des 
Hekatoncheiren  mitzuverstehen,  da  ja  auch  diese  reinen  Vertreters  der  Idee  des  Guten  und  der 
von  Zeus  erlöst  werden.  In  der  ursprünglichen  heiligen  Ordnung  entspricht  der  auch  sonst  in 
Sage  wird,  wie  Schömann  mit  Grund  vermutet,  der  Theogonie  herrschenden  nud  zeugt  somit 
die  Tat  des  Kronos  nicht  die  Befreiung  der  dafür,  daß  die  Titanomachie  dem  ursprüng- 
Erdsöhne  zur  Absicht  gehabt  haben,  sondern  liehen  Plan  des  Gedichts  angehört  und  nicht, 
nur  die  Hinderung  weiterer  Zeugungen  des  40  wie  der  größte  Teil  der  Piometheusepisode, 
Uranos.  Waren  also  von  diesem  auch  die  Ti-  spättr  eingeschoben  ist.  —  Die  Zahl  der  gegen 
tanen  eingekerkert,  so  wurden  diese  mit  Kronos  Zeus  kämpfenden  Titanen  nennt  Hesiod  eben- 
frei, die  Kyklopen  und  Hekatoncheiren  aber  sowenig  wie  ihre  Kamen.  Wenn  v.  676  (vgl. 
erst  durch  Zeus.  —  Auch  der  Bericht  über  die  667)  von  cpälayyi?  die  Rede  ist,  so  ist  wohl 
Titanomachie  ist  nicht  ohne  Widersprüche  und  an  Scharen  untergeordneter  Götterwesen  zu 
Lücken.  Die  Dauer  des  Krieges  wird  v.  635 f.  denken,  die  als  Xccol  den  Vorkämpfern  folgen, 
auf  10  Jahre*)  angegeben  (so  auch  Apollodor  Von  den  Titanen  können  Themis  und  Mnemo- 
1,  2,  1),  wobei  indes  wohl  die  Erinnerung  an  syne  als  Gattinnen  des  Zeus,  Rheia  als  Feindin 
den  Trojanischen  Krieg  maßgebend  war;  die  df s  Kronos  nicht  an  der  Empörung  teilgenom- 
teilweise  Wiederholung  von  v.  629  in  685  macht  50  men  haben.  Okeanos  und  Tethys  wohnen  bei 
die  ganze  Angabe  der  Interpolation  verdächtig.  Homer  auf  der  Erde,  nicht  mit  den  bestraften 
Vom  Anlaß  und  Beginn  des  Kampfes  wird  Empörern  im  Tartarus,  und  ihre  Tochter  Styx 
nichts  gesagt;  erst  viel  später  erfahren  wir  steht  nach  v.  398  (cpiXov  dicc  ^rjdfo;  Ttatgog)  auf 
(v.  882),  daß  ti^qI  n^äcov  gestritten  worden  sei.  der  Seite  des  Zeus.  Okeanos  ist  überdies  als 
Die  Erzählung  beginnt  mit  der  Befreiung  der  Meergott,  wie  Poseidon  und  die  Hekatoncheiren, 
Hekatoncheiren,  die  von  Zeus  wie  die  Kyklopen  ein  natürlicher  Gegner  der  Titanen  (s.  oben 
als  Helfer  gewonnen  werden.  Auffällig  ht  die  Sp.  998,  2—12).  Alle  diese  Gottheiten  konnten 
große  Rolle,  die  bei  Hesiod  den  3  Hundert-  auch  unter  dem  Regiment  des  Zeus  noch  Amt 
händigen  zugewiesen  ist.  Homer  kennt  nur 
einen  solchen  Riesen,  den  Briareos,  und  auch  60        *)  i^  meiner  Monographie  „Die  Zahi  .50  in  Mythus, 

er  ist  Helfer  des  Zeus  {Iliad.  A  402 ff.),  während  Kultus,  Epos  und  Taktik   der  Hellenen  und  anderer   Völker, 

er  in  der  KykUschen  Titanomachie  (und  heiVergil      besonders  der  Semiten'',  Leipzig  1916,  s.  27  ff.,  habe  ich  Yer- 

Aen.  10,  565  ff.  —  vgl.  6.287  —  Ovid.  FaSt.^.,  8Ö5,  sucht  zu  beweisen,   daß    die  Vorstellang  von  öOköpfigen 

Clandian     de    raptU    Proserp.    3,    188     Briareia  ^^»^   100  armigen  Meeresriesen   (Hekatoncheiren)    ein- 

turba,  Stat.  Theb.  2,  565ft.   und  danach  Danie  ^^^  /"\'^r  ^''' t^^''f^  ^^""  (Aigaion!)  beherrschen- 

'  den    furchtbaren    Fünfzigrudern,    die    als    gewaltige 

*)  Vgl.  Röscher,    Die   enneadischen   und   hebdomadi sehen  Meerungeheuer  aufgefaßt  und  mit  „Augen",    einem  als 

Fristen  u.   Wochen  d.  alt.  Griechen  S.  9   und  Preller  -  Robert  Tierkopf   gebildeten    Rammsporn    usw.    ausgestattet 

Gr.  Myih.  1,  57,  die  hier  10  Ennaeteriden  annehmen.  wurden,  erwachsen  ist.     [Röscher.] 


999                         Titanen  Titanen                       1000 

und  Bedeatung  haben,  während  Koios,  Phoibe,  handelte  sicli  darum,  ob  Kronos  den  Tliron  be- 
Hyperion, Theia  verdrängt  werden  mußten  halten  oder  Zeus  an  seiner  Stelle  herrschen 
durch  die  jüngeren  HimmeUpotenzen  (Helios,  solle.  Themis  und  ihr  Sohn  Prometheus  halten 
Selene)  und  Kreios  vielleicht  durch  Poseidon.  zum  Zeus,  und  der  Titan,  welcher  seine  Hrüder 
Dietie  letzteren  sowie  lapetos  und  die  Seinigen  vergeblich  vom  Kampf  abzumahnen  gesucht, 
sind  neben  Kronos  die  eigentlichen  Gegner  rühmt  sich  (v.  219):  ifiaig  6s  ßovXatg  Tagragov 
des  Zeus  {J*reller-E.  1  S.  47  unten).  Von  dem  fisXafißad'ijs  xsvd'^utv  tiaXvnrsi  rov  ncclaiysv^ 
lapetiden  Mem>itio8  {Hesiod.  theog.  6 14 f.)  be-  Kqovov  ccvtoCai  av^ifiocxolai.  Im  Befreiten  Pro- 
zeugt  die  Teilnahme  am  Titanenkampfe  Apol-  metheus  bilden  die  Titanen  den  Chor.  Sie  sind 
hdor  1,  2,  2;  dies  muß  auch  für  die  andern  lo  aus  dem  Tartaros  entlassen  und  kommen,  die 
lapetiden  außer  Prometheus  gelten;  M.  Mayer  Leiden  des  Feuerbringers  anzuschauen.  — 
S.  231.  Das  Schol.  Venet.  24,  274  nennt  aus-  Äpollodor  folgt  im  wesentlichen  dem  Hesiod 
drücklich  Coeus,  Crius,  Hyperion,  Saturn us,  {M.  Mayer,  2 it.  u.  Giy.  229 ff.  und  Art.  Gaia 
lapetus  als  Gegner  des  Zeus.  Vgl.  noch  Serv.  Bd.  2  Sp.  1668:  oben  Sp.  997).  Er  nennt  außer 
ad  Aen.6,  580:  untis  de  Titanibus,  Hyperionüi  dessen  12  Titaneu  aber  nach  orphischem  Vor- 
fiUu8f  contra  lovetn  non  fecit,  unde  et  coelum  gang  noch  die  Dione.  Die  Dauer  des  Krieges 
meruit  (Art.  Helios  Bd.  2  Sp.  2016;  Mythogr.  gibt  auch  er  auf  1(>  .lahre  an,  erzählt  aber 
Vat.  1,  11).  Hesiifd  gibt  auch,  wo  er  die  Be-  nichts  Näheres.  —  Hygin.  fah.  150  und  Schol. 
strafung  der  Titanen  erzählt,  keine  Namen:  Iliad.  15,  229  lassen  den  Titanenkampf  erst 
ob  das  Los  des  Atlas  als  Strafe  gedacht  ist  äo  beginnen,  als  Zeus  schon  länger  im  Besitz  der 
(v.  746 ff.),  bleibt  unklar,  doch  bemerkt  M.  Herrschaft  gewesen;  es  handelt  sich  also  um 
Mayer f  Gig  u.  Tit.  S.  97  Anm.  112:  „Es  fehlt  eine  Empörung.  V^ielleicht  liegt  hier  eine  Ver- 
nicht  an  Versionen,  die  sogar  den  weisen  Atlas  wechslung  mit  den  Giganten  vor.  ITber  Hygins 
an  dem  Kampf  teilnehmen  lassen",  und  S.  90:  Verhältnis  zu  Hesiod  vgl.  Art.  Kronos  Bd.  2 
„Atlas  trägt  anscheinend  bei  Aeschylus  (v.  351.  Sp.  1469,  12.  Bei  Hygin.  fah.  150  reizt  Hera 
427),  wahrscheinlich  schon  bei  Emnelos,  der  die  Titanen  gegen  Zeus.  Die  Vermischung 
den  Hesperidenbaum  in  der  Titanomachie  er-  von  Titanen-  und  Gigantenkampf  findet  sich 
wähnt,  seine  Last  zur  Strafe  für  den  Titanen-  auch  bei  Ovid,  Fast.  3,  796  ff.  {Mayer,  Gig.  u. 
kämpf,  in  dem  er  nach  Hyg  fah.  140  u.  Myth.  lit.  S,  233). 

Vat.  2,  53  sogar  der  Anführer  gewesen  sein  so  Während  die  Sage  vom  Kampf  der  Titanen 
soll.  Auch  Pmdar  P.  4,  288  versteht  die  Last  mit  den  olympischen  Göttern  bereits  bei  Homer 
als  Strafe;  verschieden  deutbar  ist  Quint.  als  bekannt  vorausgesetzt  wird,  gehen  unsere 
Smyni.  11,  419."  Zeugnisse  für  die  Gigantomachie  kaum  über 
Eine  dem  Thamyris  zugeschriebene  Titano-  das  sechste  Jahrhundert  zurück  {M.  Mayer, 
machie  zitiert  Plutarch  de  musica  c.  3  aus  Gig.  u.  Tit.  S.  161).  Die  Theogonie  hat  keine 
Herachdes  Ponttcus;  eine  TiravoYQoccpioc  (wohl  Gigantenschlacht,  und  auch  in  den  Resten  der 
irrtümlich  statt  . . .  ficcxioc)  des  Musaios  Schol.  andern  hesiodischen  Gedichte  ist  keine  Spur 
Apoll.  Rhod.  3,  1179;  derselbe  Dichter  soll  in  davon  nachzuweisen.  0.  Müller  hielt  diesen 
der  Theogonie.,  deren  3.  Buch  vielleicht  mit  jener  Mythus  für  attischen  Ursprungs  und  das  attische 
Titanengeschichte  identisch  ist  {Gruppe,  Gr.  40  Pallene  für  den  Anknüpfungspunkt  (vgl.  Robert 
Myth.  1  S.  429,  Robert,  Eratosth.  p.  240 f.),  von  zu  Preller  1  S.  75  f).  Die  hervorragende  ße- 
Zeus'  Vermählung  mit  den  Titaniden  Asteria  teiligung  des  Herakles  weist  jedenfalls  auf 
und  Mnemosyne  erzählt  haben  {Schol.  Apoll.  3, 1  eine  relativ  junge  Entstehungszeit.  Wenn  also 
und  1039,  3,  467).  Aus  Musaios  stammen  wohl  eine  der  beiden  Götterschlachten  Nachahmung 
auch  die  Züge:  Rheia  von  den  Titanen  be-  der  andern  sein  sollte,  so  ist  die  Wahrschein- 
drängt:  Erat.  Katast.  p.  102,3  {Robert),  Schol.  lichkeit  entschieden  für  die  Priorität  des  Ti- 
Hom.  0.  229  {Mayer  S.  1.50);  Titanenkampf  tanenkampfes.  Die  Möglichkeit,  daß  die  Gigan- 
auf  Kreta:  Eratosth.  a.  a.  0.  —  In  den  orphi-  tomachie  nur  eine  Nachbildung  der  Titano- 
schen  Theogonien  scheint  der  Titanenkampf  machie  gewesen  sei,  gibt  auch  31.  Mayer  a. 
nicht  vorgekommen  zu  sein  {Schömann,  opusc.  50  a.  0.  zu.  Demnach  erscheint  der  Kampf  gegen 
2  p.  19).  Ob  der  Methymnäer  TeUsis  eine  Ti-  die  olympischen  Götter  als  ein  wesentlicher 
tanomachie  oder  eine  Gigantomachie  geschrie-  Bestandteil  der  Titanen-,  nicht  der  Giganten- 
ben, läßt  das  verstümmelte  Zitat  der  Tabula  sage  (bei  der  gerade  dieser  Zug  in  den  ältesten 
Borghese  Schömann  a.  a.  O.  p.  22)  nicht  er-  Überlieferungen  zurücktritt:  Gruppe,  Griech. 
kennen.  Das  Wenige,  was  wir  über  die  Ky-  Myth.  1  S.  434),  und  ebenso  der  damit  durch 
klische  Titanomachie  des  Arktinos  oder  Eumelos  den  Mythus  in  ursächliche  Verbindung  gesetzte 
wissen  oder  vermuten  können,  hat  Welcher  im  Aufenthalt  im  Tartarus.  Kommt  dieser  VVohn- 
Epischen  Kyklos  zusammengestellt.  (Jenannt  sitz,  wie  Mayer  versichert,  außer  den  Giganten 
waren  hier  Helios,  Uranos  (als  Sohn  des  Äthers),  nur  den  im  Erdinnern  waltenden  Naturkräften 
Aigaion  (auf  der  Seite  der  Titanen,  s.  oben),  60  zu,  so  ist  ebendaraus  schon  zu  schließen,  daß 
vielleicht  Cheiron  und  Prometheus  (als  IthasV  solche  Mächte  wenigstens  in  einigen  der  Ti- 
S.  den  Art.  Prom.  Bd.  3  Sp.  3034)  nebst  seiner  tanen  verkörpert  sind.  Wie  die  Giganten 
Gemahlin  Hesione.  Vgl.  den  Art.  Kronos  Bd.  2  deutlich  in  Beziehung  zu  vulkanischen  Aus- 
Sp.  1455  oben.  —  Diesem  Kyklischen  Dichter  brüchen  und  Erderschütterungen  stehen  (s.  den 
folgte  in  allen  Hauptumständen  des  Titanen-  Art.  Giganten  Bd.  1  Sp.  1652),  so  sind  auch 
'ka.m])fes,vrie  Welcker  darlegt.,  Aeschyl US.  Den  diese  aufrührerischen  Titanen  Unterweltsdä- 
Anlaß  des  Streits  finden  wir  im  Prom.  vinct.  monen  {H.  D.  Müller,  Ares  S.  64).  Als  ein 
201  ff.  genauer  als  bei  Hesiod  angegeben.     Es  ähnliches  Wesen  wird  auch  Typhoeus   in  der 


1001 


Titanen 


Titanen 


1002 


'J'hnt'ioHie  822  aus  dem  Tartarus  ^ehornii  und 
bei  Pindar  in  den  Tartarus  hinabgestürzt 
{Mayer  a.  a.  0.  S.  10;}).  Die  Strafe  der  Titanen 
ist  im  Grunde  keine  andere  und  ebenso  zu 
erklären  wie  die  der  Giji^anten  und  anderer 
Dämonen  des  Erdfeuers  und  Erdbebens,  welche 
unter  Vulkane  und  sonstige  Berge  geworfen 
werden.  Wie  Enkelados,  l3riareos,  Typhoeus 
unter  dem  Ätna,  so  liegt  lapetos  unter  Inarime: 
(huppt',  Gr.  Myth.  1  S.  434  Anm.  2.  llimmels- 
und  Sonnengötter  konnten  gewiß  nicht  ur- 
sprünglich als  Empörer  u.  Unterweltsbewohner 
gedacht  werden;  vielmehr  erst,  nachdem  sie 
aus  andern  Gründen  (als  entthronte  „Herrscher'') 
iin  die  echten  Titanen  angeschlossen  waren, 
wurden  sie  Mitschuldige  und  Mitgefangene. 
Der  chthonische  Kronos  und  die  lapetiden  sind 
Erdgewalteu,  und  die  Titanomachie  trägt  deut- 
lich die  Züge  einer  (vulkanischen)  Erdbeben- 
katastrophe. Gerade  in  vulkanischen  Gegenden 
wurde  viel  von  Titanen  erzählt  {M.  Mayer,  Gig. 
und  Tit.  S.  108  118.  131  f.).  Der  Name  Mie 
Ehrwürdigen'  konnte  auch  uralte  Götter wesen 
wie  Okeanos  und  Tethys,  die  bei  Homer  noch 
für  sich  stehen  {Preller- Robert  1*  S.  32  Z.  9  f.),  ja 
selbst  vor  dem  Glanz  der  Olympischen  ver- 
blaßte Himmelsmächte  unter  sich  befassen. 
Immer  aber  hat  sich  mit  dem  Titauennaraen 
die  Vorstellung  alter  Götter  {Gruppe,  Griech. 
Myth.  1  S.  435  mit  Anm.  7)  und  des  himmels- 
teindlichen  Trotzes  verbunden  erhalten,  offen- 
bar a  potiori,  ausgehend  von  dem  Gedanken 
an  jene  unbändigen  Gewalten  des  Erdinnern. 
(Vgl.  Preller -Robert  S.  47  unten  u.  48  oben 
mit  Anm.  1.)  Die  Kyklopen  und  die  Hekatonchei- 
ren  (letztere  offenbar  poseidonische  Wesen),  in 
denen  M.  Mayer  (a.  a.  0.  S.  104)  die  eigent- 
lichen Titanen  erblickt,  sind  nie,  der  Sonnengott 
erst  spät  so  genannt  worden.  Eine  Erklärung 
der  Titauen,  welche  ohne  Zwang  der  Tradition 
möglichst  nahe  bleibt,  wird  einer  solchen,  wenn 
auch  noch  so  geistvollen,  Neudichtung  des 
Mythus  gegenüber  den  Vorzug  verdienen.  Sie 
muß  es  entschieden  ablehnen,  daß  „alles,  was 
an  dem  homerischen  Titanenmythus  alt,  echt 
und  greifbar  erscheine,  auf  Riesen-  oder  Gi- 
gantengeschlechter hinauslaufe"  {Mayer  a. 
a.  0.  S.  132).  Sind  auch  jene  alten  Götter,  die 
Titanen,  „als  Gesamtheit  nirgends  zu  fassen", 
80  sind  doch  ein  guter  Teil  von  ihnen  greif- 
bare, sogar  im  Kult  nachweisbare  Gestalten 
mit  verwandteu  Zügen  und  von  den  Giganten, 
mit  denen  sie  später  viel  verwechselt  werden, 
ursprünglich  deutlich  unterschieden.  (Die  Bei- 
spiele dieser  Verwechslung  stellt  M.  Mayer 
S.  145  Anm.  211  zusammen.)  —  Ebensowenig 
wie  der  Auffassung  Mayers  vermag  der  Unter- 
zeichnete, wie  aus  den  obigen  Darlegungen 
schon  zur  Genüge  hervorgeht,  der  Theorie 
Welckers  {Götterl.  1,  272)  beizupflichten,  dem 
die  Titanen  als  „ausgesonnene  Potenzen"  gelten, 
oder  der  bei  Preller -Robert  1  S.  43  a.  E.  aus- 
gesprochenen Ansicht,  daß  Uranos  und  Kronos 
erst  aus  Zeus  abstrahiert  seien.  Wenn  auch 
Nägelsbach,  Hom.  Theol.  2  S.  77  u.  Nachhom. 
Theol.  S.  101  glaubt,  die  systematisierende 
Theologie  erst  habe  „eine  ältere,  die  Olympier 
erklärende  Götterwelt  von  diesen  rückwärts" 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.     V. 


geschaff'^n  (allerdings,  gibt  N.  zu,  nicht  ohne 
Hinzunahme  vorhandener  Namen  und  uralter 
Kulte!),  80  ist  diese  Annahme  jedenfalls  auf 
das  oben  Festgestellte  einzuschränken. 

Spätere  Weiterbi  Idiingen  des  Tita- 
nenmythus. „Von  Hesiod  an  bis  ins  dritte 
Jahrhundert  hört  man  wenig  von  den  Titanen" 
(Art.  Kronos).  ,,Ein  Sprung  über  viele  Jahr- 
hunderte führt  zu  künstlichen  Nach-  u.  Weiter- 

10  bildungen"  {Mayer  S.  14*.)).  Diese  beruhen  teils 
auf  der  Verquickung  mit  orphischen  Vorstel- 
lungen, teils  auf  synkretistischer  Verwechslung 
der  Titanen  mit  andern  mythischen  Wesen. 
Mit  den  Satyrn  werden  die  Titanen,  insofern 
sie  auch  ungebändigte  Naturkräfte  sind,  zu- 
sammengeworfen, wenn  sie,  wohl  infolge  von 
Erfindungen  der  Komödie  {Kratinos?  vgl.  Mayer 
S.  239  Anm.  201)  als  Ttgiccnoi^BL?  gelten  und 
Priapos  als  einer  der  Ihrigen  bezeichnet  wird: 

20  Luc.  de  Salt.  21  und  79;  vgl.  Plut.  Num.  15. 
Auch  der  Kult  der  Kybele  und  ihre  Gleich- 
setzung mit  Hheia  war  hier  von  Einfluß  {Gruppe 
2,  1285  Anm.  8).  In  dem  allgemeinen  Gewirr 
von  Satyrn,  Kureten,  Korybanten,  Kabiren, 
Teichinen,  Daktylen  usw.  erscheinen  die  Ti- 
tanen außer  mit  Panen  und  Paliken  (Artikel 
Kronos  Bd.  2  Sp.  1479/80,  1487/^8;  Gruppe, 
Griech.  Myth.  2,  1390  Anm.  2)  und  den  ihnen 
allerdings  wesensverwandten  Kabiren  (Artikel 

30  Kronos  Bd.  2  Sp.  1463  f. ;  Preller- Robert  1  S.  858 
Anm.  4,  S.  859  mit  Anm.  8)  auch  mit  den  Ku- 
reten vereinigt.  Nach  Diodor  zeugte  ein  Kuret 
mit  Titaia  (s.  d.)  zusammen  die  Titanen  {Gruppe, 
Gr.  Myth.  l,  58  f.)  „Die  Kreter",  sagt  Diodor, 
„behaupten,  daß  die  Titanen  zur  Zeit  der 
Kureten  geboren  wurden  und  sich  in  der  Ge- 
gend von  Knossos  ansiedelten,  wo  noch  ein 
Haus  der  Rhea  gezeigt  werde."  Statt  der 
Kureten  werden  auch  die  Titanen  als  Mörder 

40  des  Epaphos  genannt:  Mayer  S.  150.  Die 
orphischen  Titanen  werden  von  Diodor  3,  62 
als  yr]y£v8tg,  von  Varro  {Serv.ad  Georg.  1,  166) 
und  Späteren  {Lob.  Ägl.  710.  132)  als  Giganten 
bezeichnet.  Sie  sollen  in  Patrai  dem  Dion^ysos- 
kind  nachgestellt  haben  {Paus.  7,  18,  3).  Über 
die  Zerreißung  des  Zagreus  durch  die  Titanen 
bemerkt  Wüamowitz,  Eur.  Her.  1^  S.  60:  „Es 
ist  eine  orphische  Dichtung,  die  man  sich  hüten 
muß  über  das  pisistratische   Zeitalter   hinauf 

50  zu  datieren,  und  in  den  Kultus  hat  sie  nicht 
einmal  zu  Eleusis  zu  irgendwie  berücksichti- 
genswerter  Zeit  Eingang  gefunden."  Vgl. 
Pausan.  8,  37,  5,  wonach  Onomakritos  die  Ti- 
tanen zu  den  eigentlichen  Tätern  bei  den  Leiden 
des  Dionysos  machte  (In  der  Legende  von 
Thessaloaike  erschlagen  zwei  Kabiren  den 
dritten,  Dionysos:  Kaibel,  Nachr.  d.  Gott.  Ges. 
d.  Wiss.  1901  S.  513.)  Alt  ist  nur  der  Kern: 
die ''Tötung    des    Vegetationsgottes    und    sein 

60  Wiederlebendigwerden.  Diesen  Mythus  behan- 
delt lichtvoll  L.  V.  Schröder,  Die  Vollendung  d. 
arischen  Mysteriums  in  Bayreuth,  S.  60  ff.,  bes. 
Anm.  71.  In  die  pisistratische  Zeit  setzt  auch 
Gruppe  {Gr.  Myth.  1  S.  430  Anm.  2)  die  jün- 
gere orphische  Theogonie.  Nach  dieser  zeugt 
auf  Kreta  Zeus  mit  Persephone  den  Dionysos 
(Zagreus).  „Er  empfängt  von  Zeus  die  Welt- 
herrschaft,   wird    aber   trotz    der    Bewachung 

33 


1003                      Titanen  Titanen                       1004 

durch  Apollon  und  dieKuretcn  noch  als  kleines  Altert."  1916,  Bd.  37,  S.  649— 694  die  Abhand- 
Kind  von  den  7  Titanen  (die  nach  Damasc.  1,  lunjir  „Kronos  und  die  Titanen"  von  Max  Poh- 
286j  R.  von  Zeus  erzeugt  sind)  zerrissen  und  letus.  P.  hält  es,  wie  ich,  für  wahrscheinlich,, 
gekocht  ifragm.  192  ff.  Ahel\  ebenso  in  der  daß  Kronos  schon  der  vorgriechischen  Bevöl- 
Hauptsache  Nonnos  Dionys.  6,  156 ff.  der  die  kerung  angehörte.  Die  oben  im  Anschluß  an 
Sage  von  der  großen  Flut  und  Deukulion  0.  Gruppe  vertretene  Meinung,  der  Kronoskult 
anschließt).  Zeus,  der  dies  durch  Hekate  er-  sei  von  Kreta  ausgegangen,  wird  durch  die 
f&hrt,  blitzt  wahrbcheinlich  die  Titanen  nieder  Ausführungen  von  P.  in  Fruge  gestellt.  Er 
{Clem.  Alex-,  fr.  200  Ab.);  aus  ihrer  Asche  ent-  sieht  in  Kronos  einen  Höhen-  und  Wettergott^ 
stehen  die  ersten  Menschen  einer  neuen  Welt-  lo  den  Spender  des  Erntesegens.  Ein  Berg-  und 
Ordnung,  die,  weil  die  Titanen  vom  Leib  des  Erntegott  konnte  aber  sehr  wohl  auch  eine 
Dionysos  gekostet,  auch  Teil  an  diesem  haben."  chthonische  Seite  .haben,  ebenso  wie  etwa  De- 
Vgl.  M.  Mayer,  Gig.  u.  Tit.  S.  237-38  u.  außer  meter,  und  ohne  eine  solche  sind  die  düsteren 
der  bei  Gruppe  a.  a.  0.  angegebenen  Literatur  Züge  des  Kronosdienstes  nicht  zu  erklilren. 
besonders  die  geistvollen  Ausführungen  der  Sehr  beachtenswert  ist  Tf'iiawiO/tJi^' Vermutung, 
Miß  Uarrison,  Proleg.  to  the  study  of  Greek  Kronos  sei  in  Olympia  einmal  der  schlafende 
Beligion  p.  490 f.  —  M.  Mayer  S.  241  will  in  Berggeist  gewesen  (Med.u.  FoWr.' 204,  Pohlenz 
diesen  Titanen  ,,die  feindlichen  Autochthonen,  S.  694).  In  den  Titanen  erkennt  auch  P.  die 
mit  denen  Bakchos  überall  zu  kämpfen  hat",  alten,  von  den  Olympiern  verdrängten  Götter. 
erkennen.  Auch  die  Deutung  auf  chthonische  20  Ihre  Zwölfzahl  läßt  er  zutreffend  aus  hetero- 
Gewalten, Winterdämonen,  denen  der  Vegeta-  genen  Elementen  und  nach  dem  Vorbild  des 
tionsgott  zum  Opfer  fällt,  böte  sich  dar.  Aber  olympischen  Götterkreises  entstanden  sein.  Die 
es  handelt  sich  vielmehr  offenbar  um  eine  Ableitung  von  rirö;  „ehrwürdig^  erscheint  auch 
Theophagie  (vgl.  darüber  im  allg.  5a/.  J?e»wacÄ>  ihm  sachlich  passend,  doch  vermutet  er  un- 
'jLa  niwrt  d*0rph4e\  Bevue  archeol.  1902,  2  p.  242  griechischen  Ursprung  des  Namens.  Auf  die 
—  279,  und  *Hippolyte\  Arch.  für  BeHgions-  einzelnen  Titanen  außer  Kronos  geht  er  nicht 
wiss.  10  p.  47 — 60),  so  daß  also  diese  Titanen  ein,  sondern  verweist  nur  auf  M.  Mayer.  Den 
im  Grunde  die  Verehrer  des  Bakchos  sind,  Artikel  Prometheus  uns.  Lexikons  kennt  er  nicht, 
denen  das  Verzehren  des  Gottes  Anteil  an  daher  unterschätzt  er  die  bedeutsamen  Be- 
seinem  Wesen  verschafft.  Der  Gedanke  an  30  Ziehungen  der  Titanen  zu  Boeotien  und  den 
das  Keltern  des  Weines  liegt  jedenfalls  der  Kabiren.  Der  Wert  von  i'.s  Abhandlung  liegt 
Zagreuslegende  nicht  zugrunde,  sondern  ist  hauptsächlich  in  der  ausführlichen  und  gründ- 
erst  nachträglich,  wohl  von  den  Stoikern,  zu  liehen  Widerlegung  Kaihels.  Dagegen  vermag 
ihrer  Deutung  herangezogen  worden  {Gruppe,  er  Ed.  Meyers  Ansicht  (im  Genethliakon  für 
Gr  Myth.  2  S.  1437  Anm.  1).  Robert  S   171  f.)   nicht   zu   entkräften,    der   in 

In  bildlicher  Darstellung  erscheinen  den  Titanen  segenspendende  Geister  der  Erd- 
die  Titanen  mit  Ausnahme  des  Prometheus  tiefe  erkennt.  Denn  der  Umstand,  daß  der  ver- 
sehr selten.  Man  vgl.  darüber  die  Einzelartikel.  breitetste  und  älteste  Kult  des  Kronos  ein 
Hier  sei  nur  erwähnt,  daß  C.  Robert,  Über  d.  Höhenkult  war,  ist  damit  keineswegs  unver- 
pergamenischen GigantenfriesiHermes Idll Bd.46  io  einb&T,  und  für  Schömanns  Yervautving,  daß 
Heft  2)  die  ganze  Südseite  des  Frieses  den  Kronos  in  der  ursprünglichen  Erzählung  nur 
Titanen  und  Titanenkindern  zugewiesen  hat.  einen  einzigen  Sohn  verschlinge  oder  vielmehr 
Im  einzelnen  findet  er  dargestellt:  Okeanos  nur  zu  verschlingen  suche  (wodurch  Natursym- 
und  Hy|ierion,  Rheia,  Tethys,  Theia,  Themis  bolik  ausgeschlossen  sein  soll),  hat  P.  nichts 
und  Phoibe,  dazu  8  Titanenkinder:  die  Ge-  Beweiskräftiges  beigebracht.  Ed.  Meyers  An- 
schwisterdreiheiten  Helios,  Selene,  Eos  und  sieht  steht  mit  der  von  mir  begründeten  Auf- 
Astraios,  Pallas,  Perses,  das  Geschwisterpaar  fassung  des  Prometheus  im  Einklang,  dürfte 
Asteria  und  Leto,  endlich  die  Titanenenkelin  aber  auf  die  im  obigen  Artikel  als  „Urtitanen'' 
Hekate.  bezeichneten  Wesen  einzuschränken  sein. 

Zum  Abschluß  seien  noch  in  alphabetischer  50  Im  übrigen  sei  aus  der  Zahl  der  im  Text 
Folge  diejenigen  mythologischen  Personen  zu-  wiederholt  herangezogenen  Schriften  noch  ein- 
sammengestellt,  die  entweder  von  antiken  mal  besonders  auf  das  gruudlegende  Werk 
Autoren  ausdrücklich  als  Titanen  bezeichnet  Maximilian  Mayers  'Giganten  und  Titanen' 
werden  (mit  Ausschluß  der  oben  schon  auf-  (1887)  hingewiesen.  Das  darin  verarbeitete  um- 
geführten  kleinasiatischen  Ortsheroen)  oder  fassende  Material  verpflichtet  jeden  Nachfolger 
durch  genealogische  Anknüpfung  bzw.  Wesens-  zu  aufrichtigem  Dank,  auch  wenn  er,  wie  Re- 
verwandtschaft  in  diesen  Kreis  gehören:  Aither,  ferent,  die  von  Mayer  gewonnenen  Ergebnisse 
Aloeus,  Anytos,  Asteria.  Astraios,  Atlas,  Bu-  mehrfach  anzufechten  sich  genötigt  sieht, 
phagos,  Dias,  Dione,  Dryas,  Eos,  Euboia,-  Eu-  [K.  Bapp.] 
rybie,  Eurynome.  Hekate,  Helios,  Hesione,  60  Titanen  (2).  1.  Vorweg  sei  eine  kurze  Aus- 
Hyperion, lapetos,  Koios,  Kreios,  Kronos,  Le-  einandersetzung  mit  vorstehendem  Artikel  ge- 
lantos,  Leto,  Menoitios,  Mnemosyne,  Ogygos,  stattet,  sowie  eine  knappe  Präzisierung  meines 
Okeanos,  Pallas,  Peiras,  Phaethon,  Phoibe,  Standpunktes  überhaupt.  Schon  darin,  daß 
Phorkys,  Polos,  Priapos,  Prometheus,  Rheia,  Bapp  für  die  Idee  von  dem  chthonischen  Cha- 
Selene,  Sykeus,  Tethys,  Theia,  Themis,  Thrake.  rakter  der  Tit.  in  den  Einzelnamen   eine  Be- 

[K.  Bapp.]  stätigung  zu  finden  glaubt,  zeigt  sich,  wie  weit 

Nachtrag:   Nach  Fertigstellung  dieses  Ar-  wir  auseinandergehen.    Die  Vergleichung  von 

tikels  erschien  in  den  „Neuen  Jahrb.  f.  d.  klasif.  'TTisgiojv  scheint  jener  These  nicht  gerade  gün- 


1005                       Titanen  Titantin                       1006 

stig,  ebensowenig  Empedokles  (J^rellcr- Robert  Daremherg -  Saglio ,  Biet.  s.  v.  Tit.)  hätte  man 
I  48).  Gruppe  sagt  II  1286,8:  'Mayer,  der  er-  von  B.  ein  Wort  darüber  erwartet,  worin  die 
kannt  hat,  daß  Titan  —  ein  uralter  Name  des  große  Unwahrscheinlichkeit  der  vorgeschlage- 
Sonnengottes  ist',  indem  er  einen  neuen  grie-  nen  Etymologie  liegen  solle.  In  dieser  Hinsicht 
chischen  Heleg  beibringt.  Wie  hätte  auch  ein  hilft  uns  auch  ii.s  Betonung  von  J;l^o^/^ot  Hes. 
solcher  Begriff  erst  unter  den  Römern  der  Kai-  Theog.  097  nicht  weiter,  ein  Moment,  das  in 
serzeit  aufkomratni  können  (vgl. jetzt  Fohlenz,  seinem  Sinne  so  wenig  beweist,  wie  das  ver- 
JV. /.  37,  582,  2).  Bei  der  Vermutung,  der  Tit-  vereinzelte  OvQavicoiBg  i/bw.  E  898  für  das 
Name  könne  ursprünglich  einer  Mehrheit  ge-  Gegenteil  beweisen  würde.  Gegenüber  dem, 
hört  haben,  stützt  sich  li.  auf  eine  seltsame  lo  was  Ji.  gegen  Kronos'  vorwiegend  solaren  Cha- 
ßehauptung  von  WUammoitz,  der  mit  (Tnst-  rakter  bemerkt,  eine  solche  Persönlichkeit  könne 
hafter  Miene  erklärt:  Mrjr^peg,  A'e/Lt^fffts,  'Aqzb-  nicht  von  einem  Sonnendiskus  getroffen  werden, 
^iidsg  sei  das  Ursprüngliche,  nicht  die  Einzahl.  ließen  sich  Dutzende  von  Fällen  beibringen, 
Bei  Silenos  und  Erinys  ist  solches  Verhältnis  wo  wesensverwandte  Personen  des  Mythus  in 
gar  nicht  zu  beweisen.  Mindestens  müßte  doch  Gegensatz  geraten,  wie  z.  B.  Poseidon  und 
hervorgehoben  werden,  wieviel  häufiger  das  Briareos  (Konon,  F.  H.  G.  4,  3G8,  3).  —  In  an- 
Umgekehrte,  die  Vervielfältigung  eintritt  {Gig.  derer  Richtung  als  der  Kreis  der  Tit.-Götter 
M.  Tit.  79),  die  sich  dem  Griechen  (eu  'Hgä-  lie«j;t  der  Kampfmythus,  bei  dem  es  sich  stets 
xXsigl  Äristoph.  Kccl.  16<i8)  im  Handumdrehen  um  Riesen  handelt.  Die  Bergtürmung,  die  Sa- 
ergab.  —  B.  findet  die  Zeugnisse  nicht  genü-  20  gen  von  den  Kyklopen  und  von  vielarmigen 
gend  ''für  eine  wirklich  alte  Hauptgottheit'.  Meeresriesen  sind  in  dieser  Hinsicht  gleich- 
Darin  liegt  schon  eine  Umbiegung  meines  Grund-  wertige  Elemente.  Die  Nähe  des  Olymps,  viel- 
gedankens;  denn  z.  B.  Rhea  oder  die  verwandte  leicht  nicht  unbedingte  Voraussetzung,  konnte  in 
Göttin  Kleinasiens  war  doch  in  ihrer  Art  auch  dem  Maße,  wie  dieser  zum  Göttersitz  wurde, 
eine  Hauptgottheit.  Die  Alten  selbst  haben,  mitwirken,  um  regional  begrenzte  Vorgänge  und 
scheint  es,  darüber  gegrübelt,  wieso  unter  den  Sagen  zu  einem  mythischen  Weltkampf  zu  er- 
Olympiern gerade  der  bei  den  Barbaren  so  hoch-  weitern.  Die  thessalische  Wasserkatastrophe 
geehrte  {Ar.  Fax  406)  Helios  fehle,  und  erfan-  mit  ihrem  Nachhall  (IlBXmQia)  wie  von  dem 
den  einen  Mythus  wie  den  von  Rhodos  und  liingen  ungeheurer  Naturgewalten,  der  umge- 
seiner  Ausnahmestellung.  Sie  ahnten  nicht,  30  kehrte  Vorgang  am  Rhyndakos  [Gig.  126  f.), 
wie  früh  das  Agens  sich  von  seinem  Objekt  enthält  solche  Ansätze.  Gleichwie  also  die  An- 
löste und  an  wie  vielen  Stätten  solche  Kulte  lasse  verschieden  sein  konnten  und  nicht  im- 
tatsächlich  geherrscht  hatten,  deren  Nieder-'  mer  vulkanischer  Natur,  so  auch  die  Personen 
schlag  wir  eben  in  der  Titanensage  erkennen.  selber.  In  jedem  Fall  konnten  sie  nicht  anders 
Eins  der  hervorstechenden  Momente  ist  die  gedacht  werden  denn  als  Feinde  und  Störer 
uralte  Vermengung  von  Himmel  und  Sonne.  der  Weltordnung  des  Zeus,  nachdem  die  Idee 
In  Korinth-Sikyon ,  dem  einstigen  Vorort  Ar-  von  den  Olympiern  einmal  feste  Wurzeln  ge- 
kadiens,  tritt  noch  die  eigentümliche  Vermi-  schlagen.  So  wenig  etwa  Typhoeus  in  deren 
ßchung  von  Donner-  und  Sonnengott  hinzu.  In  Regionen  Fuß  fassen  könnte,  so  wenig  passen 
jenen  Gegenden  muß  sich  der  Begriff  Titan  40  dorthin  die  Hesiodischen  Ungeheuer,  die  der 
herausgebildet  haben.  Um  diesen  gruppierten  entsetzte  Erzeuger  selber  in  die  Erdtiefen  zu- 
sich  dann  verwandte  Kultreste  und  Erinnerungen,  rückgestoßen.  Wenn  die  Götter  diese  zu  Hilfe 
die  das  gemein  hatten,  verblaßten,  veralteten  rufen,  so  ist  das  bereits  ein  Schritt,  wo  die 
Wesen  zu  gelten.  Der  Etymologie  müssen  wir  Dichtung,  etwa  durch  Homer  A  404  angeregt, 
diesmal  größeres  Gewicht  beilegen.  Da,  wo  die  das  natürliche  Verhältnis  überspringt.  Flectere 
Eigenschaften  des  Titan  so  nahe  mit  denen  des  si  nequeunt  super os  Acher ontamovebunt:  Feinde 
Zeus  kollidierten,  wie  gerade  in  Korinth-Sikyon,  der  Oberwelt  bleiben  jene  darum  doch.  Hesiod 
dem  Zusammenkunftsort  der  Parteien,  wo  der  selber  vermag  sich  der  volkstümlichen  Grund- 
festeste Punkt  des  Kronosdienstes  liegt  (Elis),  anschauung  so  wenig  zu  entziehen,  daß  er  von 
dort,  im  Umkreis  der  Zävtg,  müssen  wir  für  50  riroüvovtss  ^iya  EQyov  qs^ccl  spricht,  wo  nie- 
die  Tirävfg  Aufschluß  suchen;  am  besten  durch  mand  an  den  heimtückischen  Streich  des  Ej:o- 
Vermittlung  der  in  Kreta  erhaltenen  Form  nos  denken  kann,  sondern  lediglich  an  drohend 
Ttjjv,  Tdv,  die  dort  in  ganz  besonders  bedeut-  emporgereckte,  vergeblich  anstürmende  Erd- 
samer Verbindung  auftritt  (unten  Sp.  1013,  54).  riesen.  Diesen  Begriff  vermengt  Hesioda  Ety- 
Über  das  lange  l  in  tiTccv  s.  Gig.  81.  Also  nicht  mologie  mit  demjenigen  von  den  Tit.-Göttern, 
eine  koordinierte  Nebenform  des  Zeusnamens  auf  die  sie  nicht  paßt.  Die  schiefe  Parteistel- 
würde vorliegen,  sondern  eine  irrationale,  rein  lung  (richtiger  Eumelos)  kann  so  wenig  maß- 
mythologische Neubildung.  Als  der  Zeusname  geblich  sein  wie  andere  Konstruktionen  in  dem 
zuerst  in  jenen  Gegenden  vernommen  wurde,  komplizierten  Jff.schen  System.  —  Auch  Bapp 
herrschten  dort  noch  solare  Kulte,  oft  neben  60  erwartet  von  den  volkstümlichen  Titanensagen 
denen  einer  weiblichen  Gottheit.  Während  nun  Riesen.  Aber  welche  nun  eigentlich?  Er  über- 
der  Zeuskult  die  älteren  absorbierte,  erfuhr  er  sieht,  daß  Hesiod,  vielfach  sogar  für  eine  und 
gleichzeitig  in  solchen  Kreisen,  denen  die  Form  dieselbe  Sache,  verschiedene  Sagenformen  hat, 
Tdv,  Triv  nicht  geläufig  war,  eine  mythologische  die  sich  nicht  in  einem  System  unterbringen 
Absplitterung  nnd  wurde  in  die  überall  stagnie-  ließen  {Gig.  20.  25.  88.  106;  vgl.  Boscher  in 
renden  Niederschläge  vorzeitlicher  Zustände  Philol.  53,  p.  372  A.  45).  Die  oben  angeführten 
hineingezogen.  Nach  den  wenigen  bisher  laut  Riesen,  auf  die  das  xixaivBiv  11.  L  g.  eigentlich 
gewordenen  Stimmen  (Gilbert.  Gr.  Götters.  184.  gemünzt  war.  konnten  alle  Titanen  in  diesem 

33* 


1007                      Titanen  Titanen                      1008 

Sinne  heißen;  ihretwegen  z.  B.  Euboia  Titanen-  prinzipiell  von  seinen  Leidensgefilhrten.    Jene 

land  (nicht  wegen  Kreta,  Gruppe  58),  der  Vater  zuerst  von  E.  Bohde,  Kl  Sehr.  2,285;  Psyche* 

der   Aloaden    *Titan%   Sehol.  Lucan  6,410   u.  1,63  bekämpfte  Auffassung,   die  auf  Schuld 

dergl.;    nur   daß   eben    die    Dichtung   andere  und  Sühne  hinaus  will,  scheitert  schon  an  dem 

Wege  einschlug   und  nicht   alle    Ansitze   znr  Beispiel  des  völlig  schuldlosen  Sisyphos  (auch 

Entwicklung  gelangten.  an   Pirithous).    Nicht   aus    irgend    einer   Ver- 

Die  Philosophen  deuteten  solche  unförm-  schuldung  folgen  jene  Strafen ;  sondern  die  de- 
uche Fabelwesen  als  mißratene  Versuche  der  possedierten  Heroen,  meist  hypostasierte  Kult- 
kaum  dem  Chaos  entstiegenen  Natur  {Empe-  gestalten,  müssen  irgendwie  mit  den  Göttern 
dokles,  Plato;  vgl.  Apulien  396;  Gruppe,  Kulte  lo  der  herrschenden  Geschlechter  in  Konflikt  ge- 
u.  M.  688).  Eingehendere  Betrachtung  führt  raten  sein.  Aus  alter  Sage  und  uniinfechtbaren 
auf  etwas  anderes,  das  auf  derjenigen  Stufe  Zeugnissen  läßt  sich  zudem  von  Tan talos- Atlas, 
des  Volks-  oder  Dichterbewußtseins,  wo  jene  Sisyphos,  Ixion  dartun  {Gig.%%),  daß  ihre  Stra- 
in  Aktion  treten,  nicht  mehr  empfunden  wurde.  fen  nur  ihre  ursprüngliche  Funktion  am  Him- 
Bekannt  ist  Poseidon  —  Aigaion  —  Briareos,  mel  ausdrücken:  vgl.  Dümmler,  B.  Phü.Woch. 
A>.  1638.  (ri^r.  121.  128.  Mit  besonderer  Deut-  1890  [10),  87.  Kretschmer,  Einl.  204.  Max 
lichkeit  vollzieht  sich  die  Wandlung  älterer  MüUer,  Wiss.  Myth.  2 ,  9  A.  1 ,  deutsche  Ausg. 
Götterformen  in  titanische  Gestalten  bei  den  üsigid^oog,  der  Läufer  (vgl.  Talos  =  6  rjUos), 
Kjklopen.  Nur  daß  die  Verbannung  in  die  Erd-  der  um  nichts  in  der  Unterwelt  schmachtet, 
tiefen  von  der  nachhesiodischen  Sage  konse-  20  Pha^hon,  der  die  Qualitäten  zum  Titanen  mit- 
quenter  herausgearbeitet  wird  als  in  der  Theo-  bringt,  auch  gelegentlich  so  bezeichnet  wird, 
gonie,  die  aber  mit  den  Blitz-  und  Donner-  die  minder  tragisch  entwickelten  Figuren  des 
schmieden  ihrem  eigentlichen  Charakter  durch-  Epopeus,  Endymion  {Maaß,  Herrn.  1891,  186), 
aus  gerecht  wird.  Daß  diese  einstmals  Götter  der  wegen  seiner  Begehr  zur  Hera  in  die  Un- 
waren,  bezeugt  Hellanikos,  der  es  aus  den  terwelt  hinabgestoßen  wird  (Eöen,  Hes.  fr. 
Kyklopensagen  schlechterdings  nicht  erraten  158  M.):  sie  alle  gehören  in  diese  Kategorie. 
oder  erschließen  konnte,  im  Einklang  mit  ge-  3.  In  bezng  auf  Kronos  hat  sich  bereits 
wissen  arkadischen  Kulten:  Gig.  107.  Als  Ein-  (trotz  Malten,  Ärch.  Jahrb.  1913  [13],  38,  7j 
heit  war  solche  stirn-  oder  dreiäugige  Gottheit  manches  geklärt.  Aus  dem  Art.  Kronos  ergab 
in  dem  uralten  Holzbild  von  Argos  anzu-  30  sich  (vgl.  Pohlenz),  daß  der  Moloch  ausscheidet 
schauen  (s.  unter  Triopas).  Waren  solche  Da-  und  die  Verknüpfung  mit  Phönikisch-Kartha- 
monen  in  der  Odyssee  bereits  zu  Unholden  gischem  erst  nachträglich  eintrat.  Ferner:  wäh- 
geworden,  so  hatten  sie  in  den  Eöen  ihre  rend  der  semitische  Name  Melech  in  dieser 
Unsterblichkeit  überhaupt  eingebüßt.  Leider  Form  nicht  bei  den  Griechen  erscheint,  wohl 
erfährt  man  von  all  diesen  wichtigen  Um-  schon  weil  Kronos  v.at'  i^oxvv  als  ßaaiXBvg  ge- 
ständen (s.  Frazer  zu  Paus.  2,  24,  3;  Röscher  feiert  wurde,  scheint  aus  jenem  der  Kultname 
Bd.  2,  1,  Sp.  1676;  Kuhnert,  Gott.  Anz.  1888,  Meilichios  hervorgegangen  zu  sein,  der  grie- 
414)  aus  Grappes  Lehrbuch  so  gut  wie  nichts,  chisch  gedacht  auf  seinen  Träger  höchstens  in 
liest  dafür  aber  zwei-  bis  dreimal  Kv>cl(07tsg  euphemistischem  Sinne  paßte  (vgl.  ob.  Bd.  2,  2, 
«=  KsgxoiTies.,  einen  vielleicht  mit  lat.  circus,  40  Sp.  2.360,  (>6).  Daran  sei  hier  erinnert,  weil 
auch  wohl  der  alten  Verschreibung  arXccg  aus  Bapp  Berücksichtigung  der  Orienteinflüsse  bei 
oilos,  zusammenhängenden  Nonsens  des  Etym.  mir  vermißt  (vgl.  auch  PW,  Suppl.  3,  1107). 
M  ,  von  wo  nur  noch  ein  Schritt  zu  den  an  Die  Person  des  griechischen  Kr.  hat  Usener, 
Bäumen  hängenden  großen  Gorillas  ist,  die  Göttern.  (1896),  einem  Gedanken  Welchen 
jemand  für  Urbilder  der  kyklopischen  'Rund-  nachgehend,  in  attributive  Begriffe  aufzu- 
augen'  ausgab.  lösen    gesucht,    ohne  jedoch    dem    wirklichen 

2.  Die  Kunst  der  Hellenen,  sehr  verschie-  Kult-  und  Sagenbestand  Rechnung   zu  tragen, 

den  von  der  indischen,  hat  nicht  die  mensch-  Auszugehen    ist    auch    hier    vom    Peloponnes. 

liehen  Ungeheuer  mit  den   vielen  »Gliedmaßen  Immer  klarer  erkennt  man,  wie   in  Elis  Kro- 

aufgenommen.    Sie  kannte  überhaupt  nur  die  50  nos,  des  Helios  Altargenosse  (vgl.  auch  Eiihe- 

Gigantomachie,  die  chalkidische  Nachahmung  meros,  Kr.  1508  u.  1468)  durch  Zeus  verdrängt 

der  Titanenepen  {Gig.  159;  vgl.  El.  Meyer  ob.  wurde,   ohne  daß  uns  Pindar  mit  seiner  Mei- 

3,2,2832;  Gruppe  "HO,  b).  Im  Unterschiede  von  nung,   der  Hügel  von  Olympia  führe  den  Kr.- 

den  Tit.-Göttern  wie  von  den  titanischen  Rie-  Namen  noch  gar  nicht  so  lange,  darin  irre  zu 

sen  sind  die  Gigantenvölker  bis  auf  die  Führer  machen  braucht.   Pohlenz  vermutet,  der  fromme 

namenlose  Scharen.    Zwischen  beide  Klassen,  Dichter  habe  sich   in  seinem  Glauben  an  das 

doch  näher  an  die  Tit.,  tritt  eine  Anzahl  von  Elysion  und  Kr.s  Fortleben  daselbst  durch  jenen 

Heroen  als  Frevler  und   Büßer,   die  zuerst  in  Bergsitz  gestört  gefühlt.    Doch  wenn  die  junge 

der  Göttemähe  lebten,  gleich  den  Giganten  der  Tradition  von  Herakles  bei  Pindar  den  Vorzug 
Odyssee,  r;  205,  und  dem  Menschengeschlecht  60  erhält,    so   läßt  schon    dies    darauf  schließen, 

des  Prometheus.    Vergebeng  würde  man  ihrer  daß   hier  weniger  Tendenz  als  Unkenntnis  im 

einen   wie   Ixion   herausgreifen   und   zu   einer  Spiele  sei:  der  Hügel  führte  auch  noch  (s.  un- 

fiktiven   Gestalt  moralisierender  Dichtung   zu  ten)   einen  anderen  Namen,   der  mythologisch 

stempeln  suchen  {Wilamowitz,  Hom.  Unt.  203;  überall    mit   dem    des    Kronos   alterniert,   und 

folkloristisch  gewendet  bei  Gruppe  1019).    We-  wovon  Pindar  nichts  wußte.    Zuvor  sei  noch- 

der  besaß  man  in  Zeiten  der  'Blutrache'  einen  mals   betont,   eine  wie  große  Rolle  der  Name 

Motor,  um  ein  feuriges  Rad  in  ständiger  Dre-  'König'   bei   Kr.  spielt,    von   dessen  Burg  die 

hung  zu  halten,  noch  unterscheidet  sich  Ixion  Burg  des  Zeus  (Pind.)  eine  Nachahmung  sein 


1009                       Titanen  Titanen                       1010 

wird.  Mit  allen  anderen  Rechten  ging  der  Titel  bei  dem  bctreflfenden  Feste,  den  UtlioQia^  einer 
an  den  Nachfolger  über.  Aber  was  bei  Zeus  alten,  wohl  pelasgischen  Gottheit  substituierte, 
nur  leere  Titulatur  war,  hatte  bei  Kr.  als  Lo-  4.  rohlenz  entwickelt  den  Gedanken  (vgl. 
kalgottheit  noch  den  Vollklatig  eines  wirklichen  Kr.  Sp.  1508,  63),  daß  Kr.  im  Grunde  nur  etwas 
Götteruamens,  ähnlich  wie  bei  der  Basile  {Kr.  wie  ein  illterer  Zeus  gewesen  sei.  Kr  läßt  Kr. 
1608),  einer  Königin  ohne  Hofstaat,  bald  Mut-  im  Gewölk  auf  den  Berggipleln  thronen,  gibt 
tergottheit  bald  Jungfrau.  Eben  mit  diesem  ihm  Donner  und  Blitz  und  dazu  den  Ernte- 
Beinamen  hing  ja  die  Lehre  von  dem  Fort-  segen,  gegen  welches  letzte  gewiß  am  wenig- 
leben des  Kr.  und  seiner  Entrückung  in  die  sten  einzuwenden  wäre.  Die  sizilischen  Münzen 
Heroengetilde  zusammen,  sowie  die  Hesiodi-  lo  reichen  aber  nicht  aus,  das  übrige  zu  begrün- 
schem  Pessimismus  oder  verwandtem  Geiste  ent-  den,  wo  es  die  heiligen  Stätten  selber  nicht 
keimte  Idee  von  dem  goldenen  Zeitalter  unter  tun.  Weder  die  Kr.-Höhen  in  Sizilien  noch  die 
diesem  Urkönige,  soweit  sie  sich  nicht  aus  Hügel  im  Mutterlande  sind  wolkenbedeckte 
dem  ehemaligen  naclibarlichen  Beisammenleben  hohe  Berge.  Die  vorhomerische  Götterwelt  zeigt 
von  Göttern  und  Menschen  ergab;  eine  Vor-  eben  ein  anderes  Aussehen  als  die  der  Olym- 
stellung,  die  aber  hier  ein  Herabsteigen  des  pier  und  hat  in  dem  Namen  Tizccv  einen  un- 
Götterkönigs,  nicht  wie  bei  den  Olympiern  eine  verächtlichen  Exponenten.  Der  Sinn  dieses 
Erhöhung  der  Menschen  zur  Folge  hatte.  Schon  Höhenkultes  muß  also  in  anderer  Richtung 
die  Furcht  vor  dem  Nachfolger  in  der  Herr-  liegen.  Atlas,  die  ogiarsQaL  Plejaden,  der  Son- 
schaft  ist  ein  Motiv  der  Heroensage,  das  man  20  nenstein  des  Sisyphos  und  des  Tantalos-Atlas 
dem  Zeus  nicht  angedichtet  haben  würde.  lassen  den  Vergleich  des  Himmelsgewölbes  mit 
Unter  solchen  Umständen  möchten  wir  an  dem  einer  Bergkuppe  deutlich  genug  durchblicken. 
Gedanken  festhalten,  daß  die  mit  dem  Kronos-  Der  frühhellenistische  Autor  Derkyllos  F.H.  G. 
kult  in  Olympia  betrauten  ßo;(>i;iat  oder  Eaödaf?  4,388,10  erzählt  von  dem  Kronoshügel  am 
die  Gottheit  hypostasierten  wie  die  arkadischen  Alpheios,  wo  ein  gewisser  Stein,  yivXivÖqo?  ge- 
Priesterinnen  {Kr.  1489  §  28).  Wenn  ihre  Be-  nannt,  wenn  es  blitzte  und  donnerte,  den  Ab- 
fugnisse  sich  in  dem  Priesterstaat  allmählich  hang  herabrollte.  Ich  habe  die  Stelle  früher 
erweiterten  (s.  d.  Inschr.  Pohlenz  559),  so  steht  {ApuUenldS)  gänzlich  mißverstanden;  Weniger 
das  ebensowenig  im  Wege  wie  wahrscheinlich  168  hat  den  Mythus  noch  nicht  durchschaut, 
des  Aristoteles  (PoZ.  1322  b,  26;  Weniger,  Klio  io  Ohne  uns  bei  dem  Steinnamen  aufzuhalten, 
6,  22)  allgemein  gehaltene  Angabe  von  den  wo  mancher  an  phallos-ähnliche  Bätylien  er- 
Titeln der  Opferpriester,  die  Olympia  nicht  innern  wird,  konstatieren  wir  den  neuen  Na- 
nennt  und  sich  auf  andere  Orte  mitbeziehen  men,  den  wir  hier  für  den  Kr.-Hügel  lesen: 
könnte  (z.  B.  Kos,  mit  Rheakult).  Mit  Olympia  i-arovQog  wurde  von  Hercher,  Flut,  de  fluv.  19,4 
müssen,  ob  von  Anfang  an  oder  nicht,  die  im  Hinblick  auf  den  Bärenberg  bei  Kyzikos 
Kr.-Kulte  von  Athen,  von  Theben  mit  seinen  treffend  zu  ccqxtovqos  (sonst  =  Bärenhüter)  er- 
Agonen,  von  Lebadeia  irgendwie  zusammen-  gänzt.  Damit  gelangen  wir  an  einen  Wende- 
hängen. Vom  letzten  Orte  führt  die  Verbindung  punkt,  wo  die 'neueren  Arbeiten  versagen,  weil 
mit  Hera  Henioche  und  Zeus  auf  den  Bereich  sie  das  im  A'^j-.-Artikel  Dargebotene  vernach- 
des  elischen  Kr. -Hügels  mit  seiner  Hippoda- 40  lässigten.  {Pohlenz  555  vermißt  Wesentliches, 
meia  und  dem  Altar  des  Kr. -Sohnes  Pelops  das  Kr.  1530  zu  lesen  war;  [richtige  Verwer- 
{Kqovlos  Find.  Ol.  3,  23).  Dem  im  Z^r. -Artikel  tung  des  Artikels  vermißt  man  auch  560,  vgl. 
Bemerkten  füge  ich  noch  dies  hinzu:  in  Attika  Kr.  1477  u.  2,1,  1605,  IC);  auch  567  zu  Kr. 
erscheint  statt  der  wagenlenkenden  Göttin  jene,  1505  f.  u.  ö.]).  Allerdings  kann  man  heute  auf 
die  als  Basile  von  Echelos  entführt  oder  als  dem  vorgezeichneten  Wege  noch  ein  gut  Stück 
Basileia  von  Zeuxippos    geheiratet  wird.    Der  weiter  kommen. 

erstere  ist  von  Echelaos,  dem  lesbischen  Pen-  Vom  Peloponnes  aus  und  speziell  von  Olym- 

thiliden,    also    indirekt    Pelopiden,    nicht    zu  pia -weist  uns  die  Zeusgeburt  und  anderes  nach 

trennen;   und  der  zweite,   der  nicht  =  Hades  Kreta.    Es  stellte  sich  dort  heraus  {Kr.  1531 

{Kern,  PW  v.  Bas.)  sein  muß  (vgl.  denselben  50  u.  Et.  M.  144,  32),  daß  eine  der  beiden  heiligen 

Relieftypus  Svoronos,  Mus.  Athens  Tf.  82),  steht  Grotten  und  zwar  die  Idäische,  eigentlich  kg- 

in  einer  attischen  Genealogie  mit  lauter  nord-  ■ndaiov   oder  'Aq-keglov   olvxqov  hieß,    und   daß 

peloponnesischen  Namen  {Gig.  64.   Wilamowitz,  dieser   für  die  alten  Grammatiker   nicht  ver- 

Aus  Kydathen   147.    f  Kyklops  wohl  verderbt  ständliche  Name  sich  weiter  über  die  Inseln 

wie   Schol.  Ap.  Rh.  4,  269,    in    unserem    Falle  nach  Kleinasien  verfolgen  läßt, 

wohl  aus  *Pelops).  —  Jedoch  kann  Kr.  nicht  ganz  Auf  kleinasiatischer  Seite  kann  der  Kauka- 

ursprünglich  von  Süden  gekommen  sein.    Und  sus  (als  Zufluchtsort)  hier  füglich  außer  Betracht 

es  wäre  ebenso  ungünstig  wie  unnötig,  (mit  Poh-  bleiben.    Was  wir   aber   an  der  Propontis  von 

Zcw0)  Delphi  und  seinen  Stein,  also  einen  wich-  Kronos'    Spuren    finden    (Ä>.  1480),    das    sind 

tigen  Knotenpunkt,  besonders  für  nördliche  Ver-  60  Ausstrahlungen  von   der  Südseite  her,  wo  Bi- 

bindungen,  auszuschalten.    In  Thessalien  ist  thynien  Kronia  hieß  {Plin.  N.  H.  5,  134),  und 

zwar  der  Kr.-Kult  unter  diesem  Namen  nicht  vor  allem  von  der  »Bären -'Insel'  Kyzikos,   mit 

bezeugt,    aber    wohl    annehmbar   {Weniger   7,  ihren   zwei  Bergen,   dem  Didymos  der  Kybele 

181,  2)  wegen  der  ganz  gleichartigen  attischen  und  dem  Bärenberge,  wo  die  Stadt  lag  {Steph. 

Kronia   {•worühei  Malten  a.a.O.   willkürlich).  Byz.  Kv^.;    Plin.  6,4.0;   Strah.  12,bTbC]    Mar- 

Nur  müßte  dieser  thessalische  Kr.,  der  am  Pe-  quardt,  Cyzicus  11.   Topographie:  Mau-Merck- 

lion  Roßgestalt  annimmt,  dem  Poseidon  ebenso  lin,  Kat.  d.  Köm.  Inst.  1, 1,  208).  Nikander  Alex. 

nahe  gestanden  haben  wie  dem  Zeus,  den  man  6  vermengt  nur  scheinbar  beide  Anhöhen:    'fl 


1011  Titanen  Titanen  1012 


Aqktov  in'  6nq>ocX6saoav  ivdaeao,  //x*  ^*  'PEtVjff 


Hesych  8.  v.  und  PhoHus  (=  Stiid.)  unterrichtet 

__^ .  ,                                .    .„               .-  werden  (vgl.  Parofmto^r.  1  p.  427).  Es  war  eine 

Aoßgivris  9'ceidiun  re  «al  6pyatfTt|piov  "/frTfcö.  bewaldete  örtlichkeit  am  Hymettos,  mit  Quelle 
Agathokles  F.  H.  G.  4,  290  {Schal.  Hes.  Theog.  und  einem  Heiligtum  der  Aphrodite  (jeden- 
486)  verlegt  die  Sage  von  Kronoa  und  Rhea  auf  falls  l4<pp.  KvXia  d.  i.  KvXXicc\  falsche  La.  KctXia)\ 
die  nahe  Sisel  Prokonneaos.  Kybele  selber  hat  wovon  Kratin  fr.  102  K.  und  Aristoph.  fr.  273  K. 
mit  den  Bären  nichts  zu  schatten;  und  erst  in  allerhand  Pikantes  anzudeuten  wußten.  Uns 
der  hellenischen  Ausprägung  als  Rhea  oder  kommt  es  nur  darauf  an,  ob  nicht  Kyllos,  der 
Yermischung  mit  dieser  wäre  sie  stark  genug  nach  Ausscheiden  des  attischen  KephaloH  näher 
gewesen,  die  Kronossage  an  sich  zu  ziehen.  lO  an  den  ßärensohn  Arkeisios  heranrückt,  in 
Eine  Idee  wie  die  von  den  zwei  Brüsten  der  Rhea  Attika  ebenso  fremd  war  wie  dieser.  Man  er- 
far  eben  jene  Berge  (Philostephanos,  Schol.  Ap.  innert  sich  nun,  daß  sowohl  die  Laertest'amilie 
Rh.  1,  986)  entwickelte  sich  durch  griech.  öi-  wie  (dies  nach  der  attischen  Version)  Kephalos 
dviMv  leicht  aus  dem  Dindymon;  die  Bären-  von  Hermes  abstammen;  dieser  mütterlicher- 
sage  aber  nicht.  Hier  spielt  noch  ein  beson-  seits,  jener  durch  Antikleias  Vater  Autolykos. 
dere»  Moment  hinein,  welches  nicht  aus  dem  —  Kyllos  aber  ist  dasjenige  sprachliche  Ele- 
"Wesen  der  Rhea  zu  entnehmen  war  (vier  Er-  ment,  welches  dem  Bergnamen  Kyllene  zugrunde 
klärungsversuche  Schol.  Ap.  Rh.  I  9H6).  Wenn  lie^t.  Es  war  der  Kenntnis  der  Griechen  so 
uns  nun  gesagt  wird,  daß  ytxpitf^a?  der  Name  weit  entrückt,  daß  manche  einen  Eponymen 
des  Kronos  bei  den  Phrygern  sei  (Kr.  1630),  20  Kyll^n  für  den  Berg  annehmen  zu  müssen 
80  ist  das  so  gut  als  stände  da  kgxaioiog:  eine  glaubten.  Besser  klingt  schon  die  Glosse  bei 
Gleichung,  von  deren  Richtigkeit  wir  uns  bald  Steph.  Byz  KvXXiog  =  'Ep^^?,  nur  daß  dies 
genug  überzeugen  werden,  um  weiteren  Su-  nicht  auf  dem  Umwege  über  KvXXriviog  zu  ge- 
chens  nach  des  Kronos  Spuren  überhoben  zu  winnen  war  (vgl.  X06.  Pa<Ä.  1,  354).  Es  verbleibt 
sein;  nur  daß  daraus  noch  nicht  (wie  ich  im  nur  noch  ein  über  See  verschlagener  Homo- 
JTr.-Art.  meinte,  danach  Gilbert)  auf  phrygi-  nym  (s.  unten  §  10).  Gleichwie  Arkeisios  muß 
sehen  Ursprung  zu  schließen,  sondern  ein  an-  Kyllos  einer  sehr  alten,  vielleicht  nicht  einmal 
derer  Weg  offen  zu  halten  ist,  (den  die  Sprach-  reingriechischen  Sprachschicht  angehören.  In 
forschung  allein,  s.  Usener,  Rh.  Mus.  23,  1868,  Thessalien  ist  in  historischen  Zeiten  Kyllos 
334,  vielleicht  nicht  finden  würde),  da  die  ganze  so  Personenname  {Arch.  Ephim.  1917,  p.  34  u.  131; 
Gruppe  Arkas  (Arkadia),  Arkeisios  usw.  mytho-  Anth.  Pal.  9.  IG),  KvlXagos  ist  ein  Dioskuren- 
logisch  durchaus  nach  dereuropäischen  und  zwar  roß,  auch  ein  junger  Kentaur,  KlXccqios,  d.i. 
nordgriechischen  Seite  gravitiert  (§  6).  Wiesich  KiXXÜQLog,  urspr.  wohl  KvXXdgiog  =  6  rjXiog 
die  Anrechte  der  beiden  Hauptpersonen,  Kronos  Hes.  Weiteres  unten.  Es  wird  gestattet  sein 
und  Rhea,  verteilen,  können  wir  hier  noch  nicht  zu  tragen .  welche  Bedeutung  der  Trrj'pa ,  d.  i. 
darlegen  (s.  unten)  und  konstatieren  nur,  daß  Tasche  oder  Sack,  in  dem  Ortsnamen  zu- 
in  Olympia  Kronos  das  Übergewicht  hat  oder  komme.  Nur  aus  dem  Perseusmythus  kennen 
erlangt,  an  der  Propontis,  vielleicht  auch  in  wir  etwas  Ähnliches,  die  nißiaig.,  ein  so  wesent- 
Kreta  die  weibliche  Göttin  vorherrscht,  bei  der  liches  Attribut,  daß  es  den  Helden  selbst  da 
aber  das  Ark-  und  ßärenmotiv  nicht  so  her-  40  begleitet,  wo  er  von  dem  darin  steckenden 
vortritt  wie  im  Kreise  der  Artemis.  Gorgohaupt  keinen  Gebrauch  mracht;  also  in 
5.  Wir  hören  von  einem  Arkeisios  in  Attika,  der  ältesten  Darstellung  der  Andromedasage, 
der  nach  Aristoteles  (oben  Bd.  1,  1,  Sp.  55t,  20)  wo  er  das  Unsreheuer  nur  mit  Steinwürfen  be- 
von  einer  nachher  in  ein  Weib  verwandelten  kämpft  (ob  Bd.  3,  2,  Sp.  2047).  Diese  Tasche 
Bärin  geboren  wurde;  wie  man  sieht,  ein  kraß  aber,  und  zwar  nur  dieses  von  seinen  Attri- 
ur wüchsiger  Mythus.  Die  Genealogie  selbst  hält  buten,  gehört  dem  Hermes;  so  laut  dem  älte- 
nun  aber  nicht  Stich  und  ist  nur  als  Rück-  sten,  ohne  Recht  angezweifelten  Zeugnis  des 
Wirkung  jenes  Stammbaumes  zu  betrachten,  Pherekydes  (3,2,  1988).  Nicht  als  ob  nun  etwa 
den  man  seit  der  Übertragung  des  Kephalos  hinter  Kyllos -Pers aus  sich  Hermes  selber  ver- 
von  Attika  nach  den  westionischen  Inseln  kon-  50  berge;  die  argivischen  Herrscher  entlehnen  nun 
struiert  hatte  (vice  versa  wurde  Arkeisios'  Ge-  einmal  von  diesem  die  Zeichen  ihrer  Macht, 
burt  nach  Attika  gezogen).  Dort  hat  der  alte  das  goldene  Lamm,  selbst  das  königliche  Zepter. 
Laertes  den  Arkeisios  zum  Vater  und  wird  Nur  auf  den  nahen  Zusammenhang  mit  dem 
nach  oben  hin  mit  dem  nunmehr  kephalleni-  nördlichen  Peloponnes  kommt  es  uns  an.  — 
sehen  Heros  als  Urenkel  verbunden.  Dazwi-  Dieselbe  altkorinthische  Vase,  Berlin  F.  1652, 
sehen  steht  aber  noch  als  Vater  des  Arkeisios  ist  auch  wegen  der  Rückseite  von  Wichtig- 
ein KiXsvg  Schol.  Ven.  Hom.  £173  Bekk.,  bei  keit:  ein  galoppierender  ithyphallischer  Esel, 
Eust.  ß  631  Kr\Xsvg  geschrieben.  Toepffer,  Att  auf  dem  ein  Mann  seitlich  aufsitzt.  Es  scheint 
Gen.  85,  der  auf  die  Laa.  nicht  eingeht,  hat  sich  hier  niemand  der  Ode  Pindars  P.  10,  50 ff. 
mit  dieser  unbekannten  Figur  nichts  anzufangen  60  erinnert  zu  haben,  wo  Perseus  zum  Apollofest 
gewußt.  Röscher  s.  v.  vermutet  wenigstens  Kor-  der  'Hyperboreer'  und  dessen  Eselshekatomben 
ruptel  aus  KdXsvg;  die  Verschreibung  mit  ein-  kommt.  Der  Zusammenhang  dieser  Szenen  in 
fachem  X  begegnet  auch  bei  dem  lesbischen  Bild  oder  Wort  ist  nicht  zu  umgehen,  da  an- 
Killos:  Schol.  Eur.  Or.  990.  Bei  Hesych.  s.  v.  dere  Perseusfahrten  als  die  zur  Gorgo  und  Andro- 
KiXXsia  macht  sich  Korruptel  in  anderer  Be-  meda  archaisch  nicht  populär  waren.  Man  hat 
Ziehung  bemerkbar;  aber  die  Glosse  leitet  uns  sich  etwa  vorzustellen,  daß  die  Tiere  vor  der 
auf  den  richtigen  Weg.  Sie  spricht  von  KvXXov  Schlachtung  herumgehetzt  wurden,  um  das  zähe 
arjQcc  in   Attika,  wovon   wir   durch  denselben  Fleisch  mürber  zu  machen;   darum   der  Hund, 


I 


1013                       Titanen  Titanen                       1014 

darum  der  festliche  Kopfschmuck  und  das  kurze  [Bei  Steph.  Byz.  v.  Kvvvu  iat  des  Koios  Bruder 
ärmellose,  zum  Schlachtfest  bequeme  Gewand.  JCvvvog;  bei  Dion.  Hai.  A.  U.  1,27,  in  einem 
Natürlich  ist  in  den  hyperboreischen  Eselsopfern,  Stammbaum  mit  durch  we«?  griechischen  Namen, 
wie  dies  schon  von  anderen  au8gesi)rochon  wurde,  ein  -fTvXXo?  /jj/ivr/s  Vater  der  l^iLia,  die  Kotys 
nur  eine  Spiegelung  griechischer  Feste  zu  er-  heiratet.  Ob  nicht  beidemal  AV'Uo?  zu  lesen  sein 
keimen;  für  Delphi  ist  diese  Art  Opfer  (Inschrift-  mag?  Zu  Kotys  =?  Kottos  vgl.  Gyges  =  Gyes. 
lieh)  bezeugt,  wahrscheinlich  ist  sie  auch  für  Die  Glosse  wäre  bei  *S'<ep/<.  falsch  eingereiht,]  Zu 
Nordgriechenland,  die  Heimat  des  Akrisios.  beachten  noch  Atlas  =  Kyllene,  Preller- Hoher t 
Nun  zurück  zu  Kyllos.  Die  Lexika  lehren  uns  2,  1,  285.  —  Wenn  es  sich  nunmehr  aufklärt, 
ein  Wort  x/^Zog  =  Esel  kennen;  Killa  in  der  lo  warum  Kyllos  so  nah  mit  Arkeisios,  dem  Bären- 
Troas  und  auf  Lesbos  fällt  in  den  apollinischen  söhn,  verbunden  ist,  der  anderwärts  seinen  Na- 
Kreis,  der  sich  freilich  in  der  Person  des  Killos  men  mit  Kronos  teilt,  so  ist  dem  Schlüsse  nicht 
(s.  liobert,  Bild  u.  Lied  187),  mit  einem  anderen  auszuweichen,  der  das  einzige  Merkmal  des  grie- 
berührt; weiteres  bei  Kretschmei',  J'Jinl.  HQ^.  In  chischen  Kronos,  ay-nvlog,  angeht;  denn:  xvX- 
Lampaakos  (der  Name  ist  thessali.sch)  galten  Xog  =  -kolXo^^  xannvXog.  Die  Wendung  eines 
<lie  Eselsopfer  dem  Priapos.  —  So  dunkel  diese  nicht  mehr  verständlichen  Beiwortes  nach  der 
Verhältnisse  sein  mögen,  ist  doch  -nvXXog  nicht  geistigen  Seite  hin,  zu  &'yycvXoai]tLg,  ergab  sich 
ohne  weiteres  mit  Esel  zu  übersetzen,  wie  man  bei  einem  menschlichen  oder  göttlichen  Wnsen 
dies  versucht  hat  {Gruppe  1312).  Höchstens  von  selbst;  vgl.  Sisyphos,  den  ciloXoufjrig  und 
kann  wegen  des  Anklangs  eine  Verwechselung  20  seinen  Berg  (oben).  Für  die  Gesamtheit  der 
hier  und  da  stattgefunden  haben.  Aus  ytvXXog  hier  schwebenden  Fragen  ist  der  Umstand  ge- 
=  y.nfji7tvXog  (Lex.)  den  Begriff  Esel  herleiten  wiß  nicht  gleichgültig,  daß,  wie  an  die  kre- 
zu  wollen,  ist  gezwungen  und  um  so  unberech-  tische  Arkeisiongrotte  ein  Zeuskult  oder  doch 
tigter,  wenn  wir  schon  ytiXXog  =  övog,  also  einen  die  Sage  der  Zeusgeburt  sich  ansetzte,  so  an 
zureichenden  Grund  dafür  haben.  Mit  den  ycvX-  den  Kyllosberg  daselbst  der  Zeuskult  unter 
>Ldb -Glossen  hat  es  nun  eine  besondere  Be-  jenem  uralten  Namen  Ttr'jv,  der  in  Kreta  {Gil- 
wandtnis.  x.  =  f  x^^^S-,  yiciiLTivXog  heißt  es  da.  bert  4r)9)  und  im  Peloponnes  noch  mit  solaren 
Die  klassischen  Schriftsteller  (s. /S'^ep/i.  Thesaur.  Kulten  zusammentraf. 

s.  V.)  zeigen  das  Wort  in  Beziehung  auf  die  (i.  In  eine  andere  Sagensphäre  führt  uns 
verschiedensten  Körperteile,  Ohr,  Hand,  Fuß,  30  Akrisias- Kronos.  Es  ist  schwer,  ihn  von  dem 
als:  krumm,  aber  deutlich  mit  der  Grund bedeu-  auf  den  Pelasgerburgen  angetroffenen  Akri- 
tung,  die  in  der  •" hohlen  Hand'  Aristophan.  sios  zu  trennen.  Aus  diesem  einen  einfachen 
.E^M.  1082  am  meisten  hervortritt  und '"krüppel-  'AycQalog  zu  machen,  haben  wir  kein  Recht; 
haft'  als  die  abgeleitete  erscheinen  läßt.  An  denn  die  mancherlei  Gottheiten,  die  solch  un- 
xcf/iTtvXo?  ist  also  kein  Anstoß  zu  nehmen.  Aber  terscheidendes  Beiwort  führten,  hatten  eben 
krumm,  konkav  ist  noch  nicht  =  lahm;  nament-  auch  andere  Namen,  Akrisios  aber  nicht.  Jene 
lieh  wenn  man  damit  das  mythologisch  gewor-  Gleichsetzung  mit  Kronos  läßt  sich  aus  den 
dene  XvUog  verbindet.  Solcher  Deutung  wider-  Verhältnissen  von  Olympia,  Kreta,  Kyzikos  und 
streben  alle  obigen  Götter-  und  Tiernamen,  ihren  Ark-Bildungen  ohne  weiteres  verstehen ; 
wie  auch  v.vXXcc  und  v.vlXov  =  junger  Hund  40  während  'AxQiog,  Zi-KQig,  'A-ngcclog  niemals  hätten 
(Elis)  und  KvXXw,  einer  von  Aktaions  Jagd-  auf  Kronos  hinführen  können.  Zn  der  klein- 
hunden.  Mit  anderen  Worten:  in  %a)>L6g  steckt  asiat.  Endung  lag  vgl.  §  10. 
ein  Fehler  und  zwar  m.  E.  eine  Verschreibung  Mit  Akrisios  geraten  wir  abermals  in  den 
von  yiOLlog.  Schon  Loi^cA*,  Pai/i.  1,  354  statuierte  Perseusmythos ,  übrigens  (im  Flug  nach  dem 
'/.vXXog  =  xodog]  (neuerdings  will  man  den  Gorgohaupt)  einen  der  echtesten  Naturmythen. 
Namen  des  ganzen  Kyllenegebirges  von  einer  Gleich  dem  Kronos  um  seine  Herrschaft  be- 
Höhle ableiten).  —  Hiermit  ist  nun  mancherlei  sorgt,  sucht  der  alte  König  die  Nachkommen- 
gewonnen. Das  wird  deutlich,  wenn  wir  noch  schaft  im  Keime  zu  ersticken.  Er  sperrt  die 
die  mit  ax-  anlautenden  Nebenformen  hinzu-  zukünftige  Mutter  ein,  etwa  in  einen  hohen 
nehmen,  also  öy.vXXog  mit  den  Beinamen  der  50  Turm?  Nein,  in  ein  unterirdisches  Gemach, 
Artemis-Hekate  (nichts  von  Seehunden,  Maaß,  das  zwar  nach  mykenischer  Weise  mit  Bronze- 
Herm.  1891,  178)  und  des  Dionysos  (oben  Sk-  platten  belegt  ist,  doch  aber  die  Grundidee 
1023,  1071,  1075),  andererseits  den  kretischen  ziemlich  deutlich  erkennen  läßt.  Daß  es  sich 
Berg  Skyllion  mit  seinem  Kult  des  Trr}v  ZxvX-  nicht  um  die  Gattin,  sondern  um  die  eigene 
Itoc,  oben  1024,  1072.  Unzertrennlich  davon  Tochter  handelt,  macht  keinen  Unterschied, 
ist  G-KoXiog  '^  krumm,  gerundet'  und  der  arka-  da  des  Herrschers  eigene  Gattin  in  keiner 
dische  Berg  Skolion  mit  seinem  Pan  Skoleitas,  Weise  hervortritt.  Den  eigentlichen  Namen  der 
Paus.  8,6,  wo  der  Bergname  so  klar  als  das  in  der  Kammer  hausenden  Göttin  erfahren  wir 
Ursprüngliche  bezeugt  ist,  daß  Usener,  Rh.  nicht;  nur  den  ihres  Stammes,  von  dem  ein 
Mus.  4'.i,  469  und  Gruppe  745,  898  in  dem  60  Bruchteil  früh  nach  Rhodos  übersiedelte,  oder 
analogen  Fall  von  Kreta  das  Verhältnis  nicht  bei  der  Kriegswanderung  der  Danuna  (ägypt.) 
hätten  umkehren  dürfen.  dort  verblieb.  Um  so  bestimmter  weiß  man. 
So  gelangen  wir  über  einen  uralten  Berg-  daß  der  Name  der  kleinasiatischen  Göttin  (Art. 
namen  und  seine  leichten  Brechungen  zum  Kyhele  1639)  Grotte,  Kammer  bedeutete,  was 
freien  Ausblick  auf  die  Gruppe  xoia  =  acpatga,  wiederum  mit  dem  Kult  des  Berges  zusam- 
Ksxola  in  ^Ibodos  {Gig.  62  A.),  Koiag  in  Klein-  menhängt.  Die  eigentliche  Heimat  des  übri- 
asien  {Kretschmer,  Einl.  368),  Koios-Polus  und  gens  auch  in  Pylai  {Strab.  9,  420)  bekannten 
Coelus,  denen  sich  nun  Kyllos  ameihen  würde.  Akrisios   ist  Thessalien   (Flucht   nach   Larissa, 


1015                       Titanen  Titanen                       1016 

Grab  dort),  wo  ja  auch   die  Hyperboreer  der  mehr  fallen  die  vielen  phrygischen  Namen  ins 
Persenssage  zu  suchen  sind  {Gruppe  107).   Das  Gewicht,    die  wie  AivSinoqi?   mit  -tcoqi?  zu- 
Ende  der   Heroine    Larissa,    die    ins  Wasser  sammengesetzt  sind  (Kretschmer  184),    einem 
stürzt,  erinnert  an  Danae;  und  ihre  Vergewal-  Element,  das  jedem  griechischen  Ohr  wie  'Kuh* 
tigung  durch   den  eigenen  Vater  (oben  Bd.  2,  klingen  mußte.  Wenn  also  bei  den  Pherephattia 
Sp.  1901)  bietet  vielleicht  ein  Korrektiv  für  die  die  Kyzikener  eine  schwarze  Kuh  opferten,  so 
lose  Nebeneinanderstellung  von  Akrisios  und  hat  sich  die  Wahl  dieses  bei  Persephone  ganz 
der  Muttergottheit  'AxQiaimvri  {Hom.  S  819).  ungewöhnlichen  Opfertieres  einheimischen  Ver- 
7.  um  von  der  weiblichen  Gottheit  ('Rhea')  hältnissen  angepaßt  (vgl.  auch  Steph.  Byz.  Mä- 
das  Nötigste  zu  sagen,  müssen  wir  den  Blick  lo  axavQOi).    Weit  leichter  ergab  sich  die  Anpas- 
noch  einmal   übers  Meer  richten,   den  vielen  sung  bei  Dionysos,  der  hier  in  der  bekannten 
Fäden  folgend,   die  nach   der  südlichen  Pro-  Stiergestalt  verehrt  wurde  (^</*.  11,  476  a),  ohne 
pontis,  bes.  Kyzikos  hinführen.    Die  einzelnen  alle  sonstige  Vermischung  der  Kulte,  da  hier 
Schichten    lassen    sich    hier,    ungeachtet   der  Kybele   den  Attis  neben   sich  hat  {Nikander). 
Meinungsverschiedenheiten  im   einzelnen  [Lit.  Auch  in  Prokonnesos   drilugte  sich  die  Perse- 
b.  Bobert,  Gr.  Heldens.  831, 41,  hinreichend  son-  phonevage  neben  dem  Kybelekult  (in  die  Rhea- 
dem,  um  zwischen  Kybele  und  Rhea  (mit  Krouos)  Kronossage)  ein.   Soweit  ging  das  Bestreben,  sich 
ein  weiteres  Element  zu  entdecken.  Auf  phrygi-  die   Tradition  der  Einheimischen   anzueignen, 
Bchem,  z.  T.  auch  mysischem  Terrain  hatten  sich  daß    nun    die    ins    Schwarze    Meer    segelnden 
Pelasger*)  niedergelassen,  die  dann,  von  Tyr-  20  Argonauten  zu   Stiftern    des   uralten    Kybele- 
rhenern (wahrscheinlicher  Aiolern)  verdrängt,  auf  dienstes  selber  wurden.   Dabei  wird  behauptet 
dem  Plakianeplateau  noch  zu  iTcrocfofs  Zeit  eine  (Apoll.  Bh.  1,  1120,   Orphica  6öQ  f.  Abel) ,   das 
Sprachinsel  bildeten.   Zugleich  beobachtet  man  Holzbild   sei ,   aus   dem  Knorren  einer  Reben- 
jene  ständige  Verschiebung  von  süd-kleinasiati-  wurzel  geschnitzt,  auf  der  Bergspitze   aufge- 
sehen Küstenelementen  nach  Norden  hin,  welche  stellt  worden.    Eine  Unwahrscheinlichkeit  über 
sich  bei  Homer  bis  zu  der  Vorstellung  von  einem  die   andere.    Auf  den   Bergspitzen   im   Freien 
zweiten,    nördlichen    Lykien   verdrehtet,    und  wurden  doch  wohl   nur  Steine  in  mehr  oder 
die  der  Verbreitung  des  karischen  Kults  von  weniger  roher  Gestalt  aufgestellt.    Ohne  eine 
Labraunda  früh  den  Weg  ebnete.  Die  Griechen  Grotte   mag  man   sich   den   Kybelekult  über- 
fanden den  Gott  mit  der  Doppelaxt  dort  meist  80  haupt  nicht  denken.  Ferner:  die  ältesten  Holz- 
Bchon  vor  (daher  Zeus  Ztgärios,  Tenedos  usw.;  xoana  näherten  sich  meist  menschlichen  Grö- 
vgl.  J.  Schäfer,  Diss.  Hol.  1912,  p.  371if.).  Ent-  ßenverhältnissen,  um  nicht  von  ungeübten  Augen 
scheidend  für  die  weitere  Gestaltung  der  Dinge  für  Kinder  angesehen  zu  werden,  was  bei  den 
waren   die  Milesier,   die   eine   starke  Kolonie  'vom  Himmel  gefallenen'   Palladien  nicht  zu 
aus  Kyzikos  machten.   Sehr  bezeichnend  führt  befürchten  war.    Da  Kybele  stets  nur  matronal 
nun    die    dortige   Kybele    dreierlei   Beinamen,  sitzend  gedacht  wurde,   wäre  selbst  für  eine 
einen  phrygischen,  Dindymene,  einen  pelasgi-  Figur   in    y,   Lebensgröße   ein   Holzblock   von 
sehen,  Plakiane,  und  einen  dritten  noch  uner-  mindestens   60 — lo  ccm  erforderlich  gewesen. 
klärten(obenSp.  1011,3.  Ci(T  3668.  J/ar^warJ^,  Statt    also    nach    der    entfernten    Möglichkeit 
Cyzicus  95.  Lolling,  Athen.  Mitt.  1882  [7],  151).  40  eines   solchen    Monstrums    von  Weinbaum    zu 
Mit  ihr  rivalisiert   der  Kult  der  Persephone,  forschen,   wollen   wir  lieber  (gegenüber  Kyb. 
die   sich  hier   attisch -ionisch   ^sQtKfäxta  und  1640,33)    feststellen,    daß  die  Alten  von   den 
EmxnQo.  nennt  (die  dazwischen  eingeschobene  Reben   im    Dienst  der   Kybele  absolut  nichts 
Adxasteia  kommt  für  uns  weniger  in  Betracht).  Sicheres  wußten  (Schal.  Ap.  Bh.  1, 1117),  und 
Mythologisch  wird  nun  die  Ideenwelt  der  Pro-  wollen  sogleich  fragen,   ob  nicht  eine  falsche 
pontis    beherrscht   von    einem    einzigen    Leit-  Etymologie  oder  sonst  ein  Mißverständnis  zu- 
motiv,  dem  von  der  übers  Wasser  schwimmenden  gründe  liegt.  Gleich  die  allernächste  Nachbar- 
Kuh,  einem  Mythus,  der  bei  verschiedenen  An-  schaft,  Skylake,  die  pelasgische  Schwesterstadt 
lassen   bis  in  die  Römerzeit   sich   wiederholt,  von  Plakia,  würde  hier  eine  Handhabe  bieten 
wobei  die  Lokalsage  einmal  (Arr.  fr.  35  F.H.  G.  ßo  wegen  der  verwandten  Worte,  die  Weinrebe  be- 
3, 593)  betont,  daß  dies  nicht  die  lo- Kuh  gewesen,  deuteten  (oben  Sk-  1075;  zu  X  und  XX  ebenda 
sondern  eine  andere:  ein  Wink,  den  wir  nicht  1072);   eine  Deutung,   der  sich  die  Dionysos- 
ungenützt  lassen   werden.    Man    findet  Votiv-  diener   am    Orte   (z.  B.   Phyle    Oinopes)    nicht 
kühe  aufgestellt   in  Byzanz,  Chalkedon,   Da-  widersetzt  haben  werden.    Spielte   diese  Ver- 
malis,  in  Ephesos,  wo  Kroisos  goldene  Kühe  tauschung  der  Begriffe  wirklich  von  jeher  eine 
ins   Artemision    weihte;    eine    Bobg    xoitri    ^^^  Rolle,  so  sehr,  um  zum  Rebenholz  greifen  zu 
Ortsname,  Plin.  N.  JB.  5, 143,  in  einer  Gegend,  lassen,  so  ließ  sich  aus  solchem  Material  höch- 
wo  die  lo-Kuh  nicht  hinkam.    Bo'iskos  ist  Per-  stens   ein   Kopf  herstellen,   d.  h.  ein  mensch- 
sonenname  in  Kyzikos  (wie  übrigens  auch  sonst).  lieber,  wenn  es  kein  Tierkopf  war.   Dazu,  d.  h. 
Von    dem  ztir  Stadtgründung  leitenden  Rind,  60  zu  einem  Pfahl  mit  Kopf  würde  die  von   der 
das  ja   auch  in  Boiotien  ein  beliebtes  Motiv,  Stiftungslegende  betonte  dichte  Umhüllung  mit 
rede  ich  gar  nicht:    es   kommt  in  der  Troas  Eichenlaub  immer  noch   besser  passen   als  zu 
{Lykophr.  1206)  vor,  im  pelasgischen  Heimats-  einem   kleinen  Sitzbild,   dergleichen  vor   dem 
lande  zu  Pella  (Et.  M.  659,  38)  und   dem  un-  7. — 8.  Jahrh.  ohnehin  nicht  gut  denkbar. 
fernen  Aineia  (Hegesipp  b.  Konon  48).    um  so  Über  den  dritten  Kultnamen  Aoßgivri  weiß 

•)    D«    Bind   die    homerischen    Bundesgenos.en    der  ^^^^   f^^l«^'  f  ^- .^^;  «i«^'  ^'l'^'t^'lU^^-   S' 

Troer.   Auf  ihre  thessalische  Herkunft  deutet  vielleicht  Btancht  m  Stud.  itol.  dl  fll.  1904  [12],  326)  nichts 

J  qvont:;,  strab  ii,h%6.  Vgl.  auch  d.  Art.  rrü>pa».  Rcchtes.  Gesetzt  auch,  der  Stadtberg  hätte  wirk- 


1017  Titanen  Titanen  1018 

lieh  einst  diesen  Namen  geführt,  gleichviel  ob  keinen  rechten  Anhalt  findet.  Die  eigentüm- 
er  zuerst  oder  die  Göttin :  nichts  gewöhnlicher  liehen  Sprach-  und  Stammesverhältnisse  ge- 
in  diesem  Dialektgebiet  als  die  Verdunkelung  statten  wohl  die  Frage,  ob  dieser  Bereich  nicht 
des  a-Lautes  zu  o:  Tqo-ko- slub  Tagyio-,  ßovo-n-  b.ub  italischen  Spracheleraenten  zugänglicher  war 
böot.  (iava,  nogig  aus  ndgig  {Kretschmer,  Juni.  als  andere.  Schon  ^öjg^  der  nordthessalische 
184.  233.  3G2.  397);  umgekehrt  wird  Agdos  =  Keiname  der  Demeter,  besagte  dem  Lateiner 
(ix^og  vermutet.  Weiteres  derartige  aus  Klein-  mehr  als  anderen  und  bot  für  die  an  der  Pro- 
aeien  a.  a.  0.  210;  vgl.  auch  AanTo-,  Aotxxcc-  pontis  mehrfach  angetroffene  Meinung  von  der 
Lancloronsky,  l^amph.W^-p.  \^.  Ganz  von  selbst  Mitgift  (an  die  Tochter)  eine  bessere  Hand- 
leitet ferner  nach  Analogie  von  Bpi'ycg  =  4^(>vyf(j  lo  habe  als  die  schwache  Anspielung  auf  den 
die  barbarische  Aussprache  (qp  =  /3)  auf  ein  v  Namen  Prokonnesos.  Vollends  die  eigentüm- 
statt  des  i.  In  der  Tat  würde  das  rätselhafte  liehe,  zwischen  Kind  und  Rebe  pendelnde  Kult- 
Wort  durch  XdßQvg  und  A(xßQvrd-i.og  am  ehesten  form  oder  Sage  konnte  der  echt  mythologischen 
sich  dem  Verständnis  erschließen,  auch  ohne  Begritfsvertauschung  von  ij?7««/ws und  i;j7js  kaum 
die  Tatsache  der  bis  hierher  reichenden  Verbrei-  entgehen,  wenn  sie  sich  nicht  geradezu  mit 
tung  des  labraundischen  Kults.  Die  Folgerung,  dem  Skylakemotiv  begegnete  und  die  helleni- 
daß  dieser  Berg  einst  der  männlichen  Gottheit  stisch  bezeugte  Stiftungslegende  beförderte, 
gehört  habe,  wagen  wir  nicht  zu  ziehen.  Jeden-  Im  Griechischen  würde  das  auf  ttvXog  {Hesych) 
falls  ergibt  sich  auch  von  dieser  Seite  her,  daß  führen,  Itylos,  den  in  zartem  Alter  hingemor- 
die  Kuh  frühzeitig  in  diesem  Kybelekult  eine  20  deten  Gegenstand  kleinasiatischer  Aödonklage. 
Rolle  gespielt  haben  muß,  mag  nun  in  der  [Wiewohl  der  Kult  der  Aoßgivri  nicht  aut 
Folgezeit  eine  Votivkuh  dabei  gestanden  haben  dem  Wege  eindrang,  den  die  Hera-Io-Fabel 
oder  nicht.  des  Epos  nahm,  die  von  der  Lokalsage  der 
8.  Wir  können  hier  der  verderbten  Prop^^r^f-  Propontis  abgelehnt  wurde,  schalte  ich  hier 
stelle  4  (3),  22,  1 — 7  nicht  aus  dem  Wege  gehen  doch  ein,  daß  im  Lande  der  argivischen  Hera 
—  die  übrigens  in  der  ganzen  Anlage  recht  der  karisch-kretische  Kult  nicht  unbekannt  ge- 
sehr  der  Anrede  Nikanders  an  den  befreun-  blieben  war.  Zu  den  Fundobjekten  mykeni- 
deten  Arzt  (oben  Sp.  1010  f.)  ähnlich  sieht:  scher  Stätten,  die  längst  darauf  hinwiesen,  ge- 
Frigida  tarn  multos  placuit  tibi  Cyziciis  annos  |  seilt  sieh  das  Zeugnis  Lykophrons  1092 ,  der 
Tülle,  Propontiaca  qua  fluit  (fremit,  Boehrens)  so  von  Agamemnon  sagt:  Manche  bringen  für  die 
Isthmus  aqua,  \  Dindymus  et  sacroe  fdbricata  glücklichejleimkehr  vergeblich  Dankopfer  (dem) 
finvenxa  Cybellae,  \  raptorisque  tulit  qua  via  KsqSvXg)  AaßQw&ico  (Jii).  Die  Herausgeber 
Ditis  equos.  Man  sieht  leicht,  daß  das  frag-  schreiben  durchweg  AccQvv^icp,  obwohl  meh- 
liche  Wort  ohne  Änderung  eines  Buchstabens  rere  Kodizes  deutlich  ß  und  q  haben;  b.  Brach- 
auch  iuvenca  gelesen  werden  kann  (so  Voss  zu  mann  z.  St.] 

Catull,  Broukhusius,  Burmann,  Lachmann,  10.  So  schließt  sich  also,  mit  einer  über- 
Hertzherg,  H.  Keil,  Paley),  wenngleich  die  Ver-  raschenden  Wendung  allerdings,  der  Kreis  der 
treter  dieser  Lesart  sie  archäologisch  nur  ganz  Kybele  an  der  Propontis  und  läßt  keinen  Platz 
ungenügend  zu  begründen  wußten,  durch  Hin-  frei  für  die  Bärensage  von  Kronos  und  Rhea, 
weis  auf  Isis,  auf  Mithras-Taurobolien  oder  40  die  aus  anderen  Kreisen  hier  eindrang.  Dafür 
den  damit  doch  nicht  identischen  Persephone-  entschädigt  uns  aber  in  gewissem  Sinne  Milet 
Dienst;  so  daß  die  Opponenten  leichtes  Spiel  und  seine  Kolonisation  der  Nordküste.  Sie  fand 
hatten.  Jetzt  übersehen  wir  die  Dinge  etwas  dort  eine  Gottheit  Titias  vor  (Schol.  Ap.  Rh.  1, 
besser  und  können  auf  prosaische  Notbehelfe  1126),  die  dem  milesischen  Kult  der  Rhea  als 
(mehr  wollte  auch  M.  Haupt  nicht  geben;  vgl.  zweiter  TiägsSgog  beigesellt  wurde.  Das  war  ein 
Baehrens)  wie  e  vite,  oder  in  dente,  aus  Bein  Kompromiß  mit  der  eignen  Kultform,  wo  eigent- 
(Enck,  comment.  Prop.,  Barton  u.  Bobinson,  lieh  Kyllenos  diese  Stelle  einnahm.  EinBaitylos- 
Class.  Eev.  1893,  7,  153,  Hosius),  oder  in  caute,  förmiges  Kultmal  vielleicht  eben  dieser  Per- 
auf dem  Berge  {Housman,  Journ.  of  Phil.  1892,  sönlichkeit*)  konnten  wir  (oben  Bd.  2,  1,  Sp. 
21,122)  verzichten.  So  verlockend  nun  die  öü  1335,  vgl.  1619)  im  nördlichen  Peloponnes 
Fosssche  Konjektur  aussehen  mag,  es  verblei-  nachweisen.  Es  liegt  überaus  nahe,  mit  Rhea 
ben  doch  mancherlei  Bedenken,  die  sofort  hin-  und  Titias  den  Kult  der  euböischen  Alera 
wegfallen,  wenn  wir  statt  der  Kuh,  die  den  (s.  PW  v.  Elara**)  und  ihres  Sohnes  Tityos 
Tullus  so  lange  gefesselt  haben  soll,  lieber  die  in  Parallele  zu  setzen.  Diese  Höhlengöttin  ist 
Kultgrotte  einsetzen,  deren  Säuberung  und  zwar  so  gut  wie  die  einzige  alte  auf  grie- 
Schmückung  den -9- o:;ia^rj7roAoi  (ikfar^wardM 00;  chischem  Boden;  aber  auch  sie  unterliegt, 
oben  Bd.  2, 1,  Sp.  1656)  oblag.  Jedenfalls  würde  gleich  Danae,  dem  Verdacht  kleinasiatisehen 
dabei  auch  das  schon  von  Phillimore,  Index  Einflusses.  Denn  1.  was  Titias  betrifi't,  so  er- 
verh.  Prop.  angekreuzte  fahricata  sich  ändern  folgt  der  Umlaut  von  i,  in  v  auf  griechischem 
müssen  und  die  "^heilige  Kybele'  einen  antike-  60  Sprachgebiet  leichter  als  der  umgekehrte  (viel- 
ren  Anstrich  erhalten;  also  leicht  schon  in  dem  pisidischen  Tityas.sos, 
anstatt  fa  hricaxa\  \venxa  Kaibel,  Gott  N.  1901,  505).  2.  Die  Freundschaft 
Dindymus  et  sacrata  ubrofa  caverna  Cybellae,  zwischen  Tityos  und  Rhadamanthys  konnte 
indem  m  übergeschrieben  in  das  nächste  Wort  sich  schon  von  Kleinasien  (Diod.  5,  79  u.  84. 
geriet.  Zu  umbrofa  vgl.  Ap.  Eh.  1,1121.  1142.  Pau^.  7,  3,  7)  herschreiben.  3.  'AUgiov,  das 
Jjucrez  2,  628. 

J).  Mit  all  dem  wird  man  jedoch  die  Kuh  aus  *)  „Daktyios«;  s.  d.  Schlußanmerkung, 

diesem  Kreise  nicht  los;  wohingegen  die  Rebe  ♦*)  Ein  Druckfehler  ist  dort  y.ünfjov  2235,41. 


L 


1019                       Titania  Titaresios                     1020 

mütterliche    Grottenheiligtam ,    ist   nur    durch  werden  tTirä  Tiraviösg  J)  kgri^iäsg  (s.  Gruppe, 

den    Rhotazismus    verschieden    von    *AXioiov,  Gr.  Myth.  1286, 1);  8elene  als  Tochter  Helios' 

kXscicciov,   'AXfoiaiy  '^l»iff«ov,  peloponnesiachen  oder  Hyperions,  oder  als  T.  des  Zeus  und  der 

Ortschaften,  von  denen  die  eine,  bei  Mantinea,  Leto  {Boscher,   Selene  97  f.),    Titania,    Titenia, 

einen  Rheakult  aufweist,  die  andere,  südlich  Titenias:   4pollod.  4,6,4,  Nonn.  1,219,    Stat. 

von  Sparta,  deutlich  als  lelegisch  gekennzeichnet  Theb.  1,337;   Tothys  als  Tochter  der  Titaea 

wird  {Paus.  3,20,1;  vgl.  Gig.  45.,  oben  Bd.  2,  2,  und  eines  Kureten,  Titanenschwester,  Titanis: 

Sp.  3806).    Es  verbleibt  also  von  Grottenheilig-  Apoll.  1,18,  Kallim.  4,  17,  Oi^.  fant.  5,81:  Kirke 

tümem  dieser  Göttin  außer  Olympia  mit  dem  als  Schwester  des  Helios -Titan,   des  Titaneu 
Ausblick  auf  Kreta,   nur  Thaumasion  mit  an-  lo  Aietes,  Tochter  von  Helios  und  Perse,  die  Se- 

scheinend  junger  Sage  und  einem    Kult,  der  lene  gleich  ist  {Boscher,  Selene  9S  f.):  Oü.  Met. 

vielleicht  schon  unter  dem  Einfluß  Olympias  14,382.  488,  Val.  Fl.  7,347,  Titanis:   Ov.  Mit. 

und    dessen,   was    man    dort   „Khea"   nannte,  13,  968;  14,  14,  376,  Fa^.  i'7.  7,  212;  vgl.  itfayer, 

zustande  kam.    Trifft  die  wohl  allgemein  an-  Giganten  79,  ob.  Bd.  2, 1,  Sp.  1196.  Als  Enkelin 

genommene  Erklärung 'i¥a  =  <Jp£ia  das  Rechte,  des  Titanen  lapetos  heißt  Pyrrha  T.  bei  Ov. 

80  muß  damit,  wie  dies  auch   dem  ft.  Jahrh.  Met.  1,395,  der  die  Bezeichnung  Titania,  Ti- 

wieder  zum  Bewußtsein  kam  (oben   Bd.  2,  1,  tanis  besonders  liebt.     [ Preisendan z] 

Sp  1662)*),  von  Hause  aus  die  kleinasiatische  Titania  (ra  Tirävia),  griechisches  Fest,  er- 

ISaia  fi^r7)p  gemeint  sein;  denn  Olympia,  The-  wähnt  im   Schol.  Guelf.   Eur.  Gr.  89  {Dind.  2, 
ben,  Lebadeia,  Platäa,  Athen  sind  keine  Berg-  20  57),    Theodos.  gramm.  ed.  (roettl.  09,19.    Über 

länder;  und  alle  übrigen  zeigen  die  Göttin  in  seine  Art* oder  seinen  Verlauf  sind  wir  durch 

Beziehung   zum  Wasser   (s.  Immerwdhr,   Ark.  diese  Überlieferungen   nicht  unterrichtet,   die 

Kultt  91),  wollen   also  auf  qfiv   hinaus;   eine  nur  aufs  Grammatische   ausgeben:   alphabeti- 

Deutung,  die  an  sich  wertlos  (ÄV.  1473),  doch,  sehe  Aufzählung  von  Festnainen  dia  xov  -icc  bei 

insofern  sie   überhaupt   den    Namen   nur  wie  Theodosius,  ähnlich  beim  Schol iasten,  der  we- 

eine  Hülle  betrachtet,  geeignet  erscheint,  einer  nigstens  erklärt:   Kq6viu  rj  sogti]  xov  Kqovov, 

besseren  Etymologie  den  Weg  zu  bahnen.    Und  xal  Jiäaia  f]  tov  Jiog,  Kai  Tirdvia  rj  tav  7V 

zwar  gilt  die  Bezeichnung  wirklich  den  Bergen,  xävcov.   Die  Möglichkeit  der  Identität  des  Festes 

in    deren    Innern    die    kleinasiatische    Göttin  mit   den  Peloria,    seiner  (unwahrscheinlichen) 
wohnt,  ohne  daß  etwa  der  Vergleich  mit  dem  30  Zugehörigkeit  zu   den  üiasia  und  Kronia  hat 

Himmelsgewölbe  Platz  griffe,  wie  bei  den  mann-  Max.  Mayer  aufgestellt,  Giganten  und  Titanen 

lieben  Hiftimelsgöttem     Denn   sie  hat  keinen  1887,  S.  132,  185  und  oben  Bd.  2,  1,  Sp.  1519. 

Gatten.  Erst  nachträglich  wurde  sie  mit  dieser  Vorkommen  eines  Monats  Gigantios  in  Delphi, 

oder  jener  Göttin  ausgeglichen  und  Hhea  selbst  d.h.  Amphissa  und   Tritaea,   auf  das   Mayer 

zur  Himmelskönigin,  mit  den  Sternbildern  der  132,   186    hinweist,  —   vgl.  die    Tabellen    bei 

Bären  als  ihren  Händen:  Porphyr,  vit.  Pyth.  41,  E.  Bischoff,  Leipz.  Stud.  7  (1884),  361  f.  —  hilft 

dies  wegen  der  Daktylen.**)  Bei  Rhea  ist  das  ehe-  auch  nicht  weiter.     [Preisendanz.] 

liehe  Verhältnis  wahrscheinlich  von  vornherein  T(e)itanias  [T{s)iTccviog],  Beiname  des  Askle- 

gegeben.    Die  Ausprägung  dieser  Gestalt,   die  pios  auf  einer  Inschrift  aus  dem  sikyonischen 
kretische  Zeusgeburt  und  die  Verbindung  mit  40  Titane  {Corr.  hellen.  3,  19a),  wo  nach  Paus.  2, 

Kronos  sind  Momente,  von  denen  keines  ohne  11,  6.   27,  1    sich   ein    bedeutendes    Heiligtum 

das  andere  zustande  kommen  konnte.    Darum  (zur  Lage  desselben  s.  iwZes ilfar^/ia,  C/on. /teZ/en. 

ist  es  so  schwer,  die  beiden  Hauptgottheiten  a.  a.  0.)  des  Gottes  befand,  vgl.  Bd.  1,  S.  624, 

gesondert  zu  behandeln,  von   denen  jede  die  Z.  49  fr.  und  den  Artikel  Alexanor.    [Höfer.] 

andere  in  Kult  oder  Sage  nach  sich  zog.  Titanokrator  (Ttravoxparwp),  "^der  Titanen- 

f Mayer.]  bezwinger',   Beiname  des   Zeus,    Luc.   Tim.  4. 

Titania  {Tixavia\  wie  Tivocvig,  Beiname  ver-  Philopatr  4.  Anonymus  Ambras,  in  Anecd.  var. 

schiedener  weiblicher  Gottheiten,  die  ihrer  Her-  Gr.  et   Lat.  ed.  SchoeH-Stitdeinund  1,26;),  99. 

kunft  nach  sich  mit  den  Titanen  berühren.    So  Anonymus  Laurent,  ebenda  267,  91.     [Höfer.] 
ist  Leto  Titania  als  Tochter  des  Titanen  Koios  50      Titanos  {Tixavog),  so   schreibt  Gaisford  im 

und  der  Titanin  Phoibe  (s.o.  Bd.  2,2,  Sp.  1959):  Et.  ilf.  760,  38    'wohl    minder   genau'   (Max. 

vgL  Ov.  Met.  6,  346  (185 f.  Titanis);    Artemis  Mayer,  Giganten  u.  Titanen  70)  statt  des  sonst 

als  Tochter  von  Zeus  und  Leto  auch  in  ihrer  genannten  Titanios,  Titenios   oder  Titinios  — 

Gleichsetzung  mit  Selene:  Stellen  bei  den  La-  s.  d.  —  für  den  Titanen,  nach  dem  Attika  Tt- 

teinern  J5^«nius  317  (262)  (Titanis  Trivia),  Varro  xav\g  yfi  heißen  soll,  und  der  allein  nicht  am 

1. 1.  7, 16,  Sil.  It.  9, 169.  10,  538,  Oc.  Met.  3, 173;  Kampf  gegen  die  Götter  teilnahm.     [Ruhl.] 

vgl.  Euseb.  pr.  ev.  1, 10, 18  H.,  wo  gleichgesetzt  Titaresios  (TixaQ'^atog),  Gott  des  gleichna- 

*v  r.,    T>     .,  .u  ,.     •     ^,                j    »  ,.       ,  ,.  migen  Flusses,  neben  dem  Flußgott  Peneios  dar- 

•)   Die   Parallelkalte    in    Olympia    und    Athen    (oben  "^   „,          ,.     •    ^_             ni, -j     i      i             «    *  i    i, 

Bd.  2'  1.  8p.  1660)  beweisen  nichts  dagegen.    E.  war  leich-  g^^^l*   ^""^  ^J^^^^^T^"  Phllostr .  Jmag .  2    14   bc- 

ter,  solche  einzufahren,  als  die  einmal  bestehenden  zu  60  schriebenen  Gemälde;  Vgl.  A.  Friedenchs,  Die 

beseitigen,  was   nicht  ohne  Änderung  des  Festkalenders,  PhilostratlSChen  Bddev  HSl .  Heinr.  Brunn,  Jahrb. 

ohne  Einbuße  der  Priesterschaften  an  Areal,  Opfergaben  f.  klasS.  Phil.   Suppl.  4,  283.   286.      [Höfer.] 

usw.  geschehen  konnte.  TitaresioS  (TirapjjfftOff), Beiname  des Mop SO 8, 

••)  Letztere  wie  die  Korybanten  ursprüngl.  ein  einziger  jj^g   g^,.  181 ;   Apoll.  Bkod.  1,  65;   entweder  nach 

Kultgenosse  (1  +  ^  Scf.oi.  Jp.  Rh^  1, 1129;  oben  Bd.  2, 1,  ^^^  ^^^^^   g^^^t  Titaron,  wohl  in  der  Nähe  des 

'^.'Zi:Z^^Z,^ZT^aZ':^'^^^  r.tÄ:  Titarosberges  {Strabo  7,  329,  4)  am  oberen  Lauf 

Koryb.aus  xoqvip,],  Daktyios  wahrscheini.  aus  Dikte;  vgl  des  Titaresios,  oder  nach  s.  Großvater  Titaron 

digitus  U.A.                                            -  80  genannt,  Schol.  Apoll.  Bh.  1,  65     Vgl.  Tzetzes 


10-il                        Titaron  Tithonos                       1022 

zu    Lykophron  881/96   u.   Holzinger  im   Kam-  rler   jrenannt   wird   und    bei    Apollod.  a.  a.  0. 

mentar  zu  dsr.  St.  p.  291).     (Ruhl.j  Podarkos  (s.  d.  nr.  1)  heißt.    Gewiß  ist  bei  Ov. 

TItanni  {TiräQwv),  Vater  des  Arapykos  (s.  d.),  Fast.  4,  943  niit  Assaraci  frater  Tith.  gemeint; 

Schol.  Apoll.  Hhoil.  l,  65.    Suid.  s.  v,  Titccqojvos.  doch  bezeichnet  hier  frater  nur  den  Verwand- 

Er  ist  Eponymos   der  thessalischen    Stadt  Ti-  ten;  s   Peter  z.  d.  St. 

taron    {Steph.   Ihjz.).    Vgl.  Titaresios  und   den  Von  ab  weichenden  Genealogien  macht 

Artikel  Lapithen  (nr.  60).     [Höfer.]  die  eine  den  Tith.  zum  Bruder  des  Laome- 

Titax  {Tira^),  ein  'mythischer  Kurzname'  für  don:  Eustath.  IJion.  Per.  248;  Serv.  Ge.  1,  447; 

Titakos,  den  Eponymos  der  attischen  Titakidai,  3,  48;  Aen.  1,  489;  4,  585;  Vict  Cret.  4,  22;  Myth. 
K    Maass  im  Hermes  23  (1888)  618;    Toep/fer,  lO  Vat.  1, 139;  2, 194;  die  andere  zum  Sohne  von 

Att.   Geneal.  290:    M.  Mayer,  Giganten  u.   Ti-  Kephalos    und    Eos    und    zum   Vater    des 

tanen  76    leitet   ihn  von  raöaca    ab  und  nennt  Phaethon:  Apollod.  H,  IUI  (s.  die  Art.  Eos  u. 

ihn    p.  143    ein    Synonymon    von    ccvcc^.     Dem  Phaethon);  ho  wird  Tith.  der  Ahnherr  des  Ki- 

«ntspricht  die  Hesychglosse  s.  v.  xitcch,-  Urztuag  nyras  (s.  d.  nr.  1),    was   nach    Pobert,   Hermes 

^  dvväavi]?-  Ol   dh   ßccaiXsvg.     S.  noch  Gruppe,  18,  441,  erst  von  einem  Atthidographen  erfun- 

Gr.  M.  42 13.     [Huhl,]  den  worden  ist,  um  den  Athener  Kephalos  mit 

Tith«>es  (Tid-ori?).  Auf  einer  zwischen  Koptos  Kinyras,  dem  ersten  König  von  Kypros,  in  Ver- 
uud  Apollonospolis  Parva  gefundenen  Inschrift  bindung  zu  bringen  und  so  Athens  Macht- 
wird ein  ocQx'^Q^^S  \Ti]d'oriovg  yial  'Ä^^iOivog  ansprüche  auf  diese  Insel  historisch  zu  be- 
^iöav   und   <lie  Statue   xov  ^vqlov  Tid'or^ov  er-  20  gründen. 

wähnt,  Sayce,  Rev.  des  etude.<^  gr.  7  (1894),  299  Drei  troische  Prinzen,  Anchises,  Ganymedes 

nr.  11.    Caynat,  Jnscr.  Gr.  ad  res  Rom.  perti-  und  Tith.,  finden  den  Beifall  von  Göttern  we- 

nentes  1,  1185  p.  405.    Damit  vgl.  man  Mnnetho  gen  ihrer  .Jugendschönheit;  für  Tith.  wird 

bei  Synkell.  33, 17  (ed.  Bonn.),  wo  in  der  ägyp-  sie  mehrfach  bezeugt;  Hom.hymn.  4,218;  Schol. 

tischen  Königsliste  nach  dem  'ATtoXXatv  r]^ld'sog  Toivnl.  11.  Ä  1;    Tyrt..fr.  12,5  Bgk.*\  No?in.  16, 

folgt  '//fiucüv   rjui^sog  und   auf  diesen    Tt-d-orig  278;  48,665;  Lucian  deor.  conc.  S;  Hygln.  fab. 

7]^id-sog.     ( Höfer.]  270.    Sie  ist  der  Anlaß  zu  seiner  Entführung 

Tithonos  (Ti-ö-ojvö?).  Andere  griech.  Namens-  durch  Eos:  Hom.  hymn.  a.a.O.;  Eur.  Troad. 

formen  sind  nicht  sicher  beglaubigt;  denn  weder  847  f;  Apollod.  3,147;  Schol.  Ven.  A  11.  F  151. 
wird  die  erste  Silbe  TslQ-.  {C.  1.  Gr.  3,  4740,  3)  30  ^  5;  Schol  Pind.  Ol.  2,  148;  Schol.  Apoll.  Rhod. 

von  Kaibel,  Epigr.  nr.  1002,3  bestätigt,   noch  3,158;  Dion.  Hal.techn.rhet.  6;  Hör.  C.  1,28,8, 

lautet   die   letzte  Silbe  auf  der  Inschrift  einer  wo  rewiof ms  m  awras  entweder  bedeutet:  durch 

Nolaner  Amphora  -r]?,  wie  sie  Kretschmer,  Gr.  die  Lüfte  entrückt,  oder:  in  den  Himmel,  den 

Vaseninschr.  S.  204   ansetzt,   sondern  nach  der  Olymp.    Über  das  sonst  erwähnte  irdische  Ziel 

•deutlichen    Abbildung   des   Gemäldes    bei   Ste-  der    Entführung    (Syrien,    Assyrien,    Arabien, 

phani ,  CR.  1872,  Taf.  5,  3  auch  hier -o?;  lat.  Ägypten,  Äthiopien)  s.  u. 

Tithonus;  etrusk.  tin-O^n  bzw.  tin^un  (s.  d.).  So  wird   er  der  Gatte   der  Eos  (Aurora): 

Er  ist  eine   Naturgottheit   des   griechisch-  II.  A  \i.  mit  Schol.;   Od.  s  1  mit  Schol;  Res. 

orientalischen    Mythenkreises,    als    Glied    der  TÄ.  984;   Ibyk.  fr.  SO  Bgk.'^;   Eur.  Troad.  854:; 
Königsfamilie    von    Ilion    zugleich    verbunden  40  Ant^patr.  Anth.  Pal.  5,3;   Quint.  Smyrn.  6,1  f.; 

mit  der  Sage  vom  Trojanischen  Kriege.  iVonn.  48,  666,  vgl.  15,  278;  Kaibel,  Epigr.  992,1. 

Eos  (s.  d.,  sowie  Preller- Robert,  Gr.  Myth.  1002,3;  Apollod.  bibl  3,  147;  epit.  5,3;  Diodor. 

1*,  4J0f.),  die  Göttin  der  Morgenröte,  liebt  alles  4,  75;  Aelian.  nat.  anim.  5,  1;  Athen.  12,  548  f.; 

Schöne   und  Jugendliche  und   sucht  es  zu  ge-  Phüostr.  Her.  19  (2,197  Kayser);   Schol.  Pind. 

winnen.    So  raubt  sie  den  Orion,  den  Kleitos,  a.a.O.:  Her aclit.  Incred.  2S  {Westerm.  Mythogr. 

den  Kephalos  (s.  d.  betr.  Art.),  so  auch  den  Tith.  318);  Verg.  Ge.  1,  447;  A.  4,  585.  8,  384.  9,  460; 

Sein  Vater  ist  nach  vorherrschender  Über-  Ov.  Her.  18,111;  Amor.  1,13,35.  2,5,35;  Met. 

lieferung  Laomedon,   der  Sohn  des  Ilos  und  9,421;  Fasi.  1,461.  3,403.  6,473:  SV7.  Ji^.  1,576; 

dessen  Nachfolger  als  König  von  Troja:   11  T  Val  Fl  1,311.  3,1;  Stat.  Silv.  1,2,45.  218.   4, 
^37;  Schol.  Ven.  A  IlFlbl  u.  A;  Schol.  Pind.  2,  50  6,  16.  5,  1,  34  u.  4,  9;   Theb.  2,  134.  334;  Auson. 

148;  Apollod.  3, -liQ;  Dtodor.  A,  15;   Tzetz.  Lyk.  Per.  11  11;    Od.  5.  17;   Eleg.  in  Maecen.   119 

IS;   C.  I.  Gr.  3,  5984  C  =  Jahn- Mich.,  Bilder-  (Baehrens,  Poet.  lat.  min.  1,  132);  Hygin.  f  270  ; 

chron.  S.  73 f.;    Hygin.  fab.  270;    Myth.  Vat.  1,  Myth.  Vat.  1,  139.  2,  194.    Aurora   heißt  daher 

204;  seine  Mutter  Skamandros' Tochter  Strymo  Titho7iia  coniunx:  Verg.  A.  8,384;  Ov.  Fast.  3, 

(s.  d.):  Apollod.  a.  a.  0.;  Schol.  Ven.  A  H.'a  5;  403;    Sil.  It.  5,25;    Tithonia:    Ov.  Fast.  4,943; 

Schol  Ven.  u.  Townl  T  237 ;  Tzetz.  Proleg.  Alleg.  Val.  Fl  a. a.  0. ;  Stat.  Silv  1, 2, 45 ;  4, 6, 16 ;  5, 4,9 ; 

II  173;    Etidok.  Viol.  p.Q05  Fl;    oder  ßhoio:  Tithonis:  Stat.  Silv.  5,1,34.  —  Hemera  (s.  d.) 

Apollod.  u.  Tzetz.  Lyk.  a.  a.  0.;    oder  Otreus'  ist,  in  gleicher  Bedeutung  wie  Eos,  Tith.' Gattin 

(Atreus'?)   Tochter  Plakia:   Apollod.  a.  a.  0.;  nach  Hellan.  fr.  142  {Müller  1,  64)  u.  Schol.  Ar. 
oder  endlich  Leukippe(?):  s.  d.  nr.  3  u.  Tzetz.  60  Ran.  ed.  Duebner.  p   531;  vgl.  Tzetz.  Lyk.  18. 

Pioleg.  Alleg.  172.  Tith. und  Eos  haben  zwei  Söhne:  Emathion 

Zahlreich  sind  Tith. 'Geschwister:  II  T  und  Memnon:   Hes.  Th.  984  u.  Schol.  Apollod. 

237 f.,   vgl.  r  147;    Biodor.  3,  67,  5;   4,  75,  4;  3,  147;  Schol  Ven.  A  II.  A  5;  Schol  Pind.  2,  148. 

Apollod.  3,  146;  unter  ihnen  ist  für  Tith.  allein  Das  Schol.  Eur.  Troad.  850   ergänzen  Dindorf 

Priamos    von    Bedeutung,    der    überwiegend  u.  Schwartz  wohl  mit  Uecht:  rsxvcc  ^x^iv  ['H^a- 

sein   Bruder   {Schol.  Ven.  A  II  I  151;    Schol  d-icovcc  xal]  Msuvova. 

Lyk.  18;  Tzetz.  Proleg.  Alleg.  II  172;  Myth.  Vat.  Emathion  (s.  d.,  Bd.  1,  Sp.  1242,  nr.  1,  so- 

1,204),  nur  von  Tzetz.  Lyk.  IS  sein  Ha'lbbru-  wie   bei   Paidy--Wissona   die   Art.   Emathion, 


1023                     Tithonos  Tithonos                     1024 

6,  2480 f.,  u.  Herakles,  3.  Supplbd.  S.  964.  984.  Teutamos  sein  Hilfegesuch  richtet,  sendet  dieser 
986)  wird  als  König  von  Äthiopien  von  He-  ein  gewaltiges  Heer  von  Äthiopen  und  Susia- 
rakles  auf  dessen  Zuge  nach  den  Äpfeln  der  nern  unter  Memnon  ab  {Ktesius  bei  Biodor 
Hesperiden  im  Kampfe  getötet:  Fherekyd.  fr.  2,22),  der  auch  bei  Pausati.  10,31,7  aus  Susa 
3Zg  {Müüer  1,80);  C.  I.  Gr  8,  6i»84C;  Apöllod.  herbeikommt.  Nach  Strab.  15,680b  ist  Susa 
8,147;  nach  2,119  wohnt  er  in  Arabien.  sogar  Tt-O- ovo  u  xriG/ia,  und  hiermit  stimmt 
Nach  Pherekyd.  a.  a  0.  (vgl.  lustin.  7, 1)  ist  er  wohl  Isidor.  Orig.  16, 1:  Susis  oppidum  Persi- 
ursprunglich  in  Makedonien  heimisch  und  dae  aiunt  Memtionis  patrem  (so  im  cod.  Goth.; 
der  Eponym  für  dessen  alten  Namen  *H\i(x9-iu.  aonat  fratrem)  constituisse.  l^&ch  Suid.s.  Zovaioi 
Gruppe  {Mythol.  S.  302)  schließt  daraus  auch  lo  wird  Tith.  hei  diesen  als  Gott  verehrt;  vgl. 
für  Tith.  auf  eine  makedonische  Herkunft  und  Jacobs,  Verm.  Sehr.  4, 4.  18o. 
leitet  seinen  Namen  von  der  Landzunge  Sitho-  Gewiß  haben  die  dem  Memnon  gewidmeten 
nia,  den  seiner  Mutter  Strymo  vom  dortigen  Dichtungen  oder  Dichte rstelleu  auch  seinen  Va- 
Flnsse  Strymon  ab  (s.  u.).  ter  Tith.  berücksichtigt:  Hesiod.  Katal.  fr.  46 
Weit  bekannter  ist  Memnon  (s.  d.  Art.  von  {Kinkel  p.  104);  vgl.  ApoUod.  epit.  5,  3;  der  Di- 
ifoKawd,  Bd.  2,  Sp.  2663 f.).  Er  tritt  zuerst  in  thyrambos  Memnon  des  Simonides  von  Keos 
^rittmo*' ^itAiopi«  auf,  die  ja  von  seinen  Äthio-  (Bergk,  Xyr.  3*,  398f.);  •Aischylos'  Tragödien 
pen  den  Namen  hat;  die  Erwähnungen  in  der  Wv%oGxccaici  und  Memnon;  Sophokles'  Memnon 
Od.  S  187  f.  u.  i  622  sowie  Hes.  Th.  984  f.  sind  zi=  Al&ionsg;  die  Memnon  betitelten  Stücke  des 
jüngeren  Ursprungs.  Daß  er  aus  Äthiopien  so  Theodektes  (V  vgl.  Welcker,  Trag.  3,  1078)  und 
{Apollod.  8, 147)  oder  dem  Nilland  {Diodor  4,  des  Timesiiheos  [ßuid.).  Ein  Grabepigramm  auf 
27,  3)  dem  Priamos  nach  Troja  zu  Hilfe  kommt,  den  in  Syrien  bestatteten  Memnon,  Pseud- 
wird  durch  seine  Verwandtschaft  mit  dem  Herr-  aristot.  Pepl.  nr.  55  (Bergk,  Lyr.  2*,  353),  ge- 
scherhause von  Ilion  vermittelt.  Manche  poe-  denkt  auch  seiner  Eltern;  und  unter  den  zahl- 
tische Motive  wiederholen  sich  hier.  Dem  reichen  noch  heute  lesbaren  Inschriften  der 
Raube  des  Ganymedes  ist  die  Entführung  des  beiden  sogenannten  Memnonkolosse  in  Ober- 
Tith.  frei  nachgebildet  und  derselben  Göttin  ägypten  tun  zwei  gleichfalls  der  Eos  und  des 
zur  Last  gelegt,  die  als  Räuberin  schöner  Jung-  Tith.  Erwähnung:  Kaibel,  JEpigr.  Gr.  nr.  992, 1. 
linge  schon  vielberufen  ist.  Der  doppelte  An-  1002,  3.  Das  zweite  deutet  sinnig  das  an  dem 
klang  von  Ttrcb,  einem  Synonymon  fÜT'HfieQcc  so  nördlichen  Koloß  einst  beobachtete  akustische 
«  *Hms  (Lykophr.  941  mit  Schol.  u.  Tzetz. ;  Kai-  Naturwunder;  auch  sonst  beschäftigt  das  Rätsel 
limach.  fr.  206  Sehn.,  vgl.  M.  Mayer,  Giganten  die  andächtigen  Besucher  der  heiligen  Stätte, 
u.  Titanen  S.  78 f.),  an  Ti^cavög  sowie  dieses  wobei  Tith.  miterwähnt  wird:  Philostr.  Her.  19 
Namens  an  Tirdv  (Schol  II.  A  1),  womit  ja  (2, 197  Kayser);  Kallistr.  Ekphr.  9  (2,432  K.)-, 
der  Sonnengott  bezeichnet  wird,  mag  eine  Ver-  Avien.  Descript.  orb.  terr.  3,  367  f. 
bindung  beider  Lichtgottheiten  zu  einem  Paare  Während  dem  ^^emnon  die  Sage  einen  ruhm- 
herbeigefuhrt  haben,  das  wahrscheinlich  zuerst  vollen  Tod  im  Kampfe  mit  dem  besten  Grie- 
bei  Arktinos  im  fernen  Osten  wohnt.  Dorthin  chen  gönnt  und  die  Mutter  für  den  Gefallenen 
richtet  Priaroos,  durch  den  langen  Krieg  be-  von  Zeus  die  Unsterblichkeit  erbittet  (Arktin. 
drängt,  an  den  Bruder  sein  Hilfsgesuch,  dem  40  Aith.  nach  Proklos  bei  Kinkel  p.  33),  ist  dem 
dieser  durch  Entsendung  seines  Sohnes  Memnon  Tith.  ein  seltsames  und  klägliches  Schicksal 
und  eines  Äthiopenheeres  willfahrt:  Apollod.  beschieden.  Auch  ihm  erwirkt  ja  Eos  bei 
epit.  b,S;  Athen.  lb,6S0h;  Quint.  Smyrn.2,494;  Zeus  die  Unsterblichkeit,  versäumt  es 
Mythogr.  Fat.  1,  139.  2, 194.  Durch  das  Auftre-  aber,  zugleich  um  seine  ewige  Jugend 
ten  der  phantastischen  Söhne  des  Orients  ge-  zu  bitten.  Im  Hom.  hymn.  4,  218 f.  wird  ge- 
winnt die  Dichtung  neues  Leben;  vgl.  Hesych.  schildert,  wie  sie  sich  zuerst  am  Okeanos  des 
8.  Tid^tavoxo^ov'  fd-vos  pi^Xccv  t6  oXov  acbiia,  jungen  Liebesglücks  mit  Tith.  freut,  dann  aber 
Xivxbv  6^  Ttt?  -KOiiccg,  sowie  Laevius  bei  Gell.  beim  Ergrauen  und  Ausgehen  seines  Haares 
17,7,6;  Verg.A.  1,489;  Senec.  Ag.  212.  Andere  sich  der  ehelichen  Gemeinschaft  enthält,  doch 
Motive  sind  freilich  bereits  verbraucht;  so  be-  60  ihn  mit  Speise  und  Ambrosia  sowie  mit  schö- 
tritt  Memnon,  wie  Achill  (II.  ZT)^  in  gott-  nen  Kleidern  versorgt.  Als  er  bei  zunehmen- 
entstammter Rüstung  den  Kampfplatz;  und  dem  Alter  und  wachsender  Entkräftung  sich 
wie  Telephon' Weib  Astyoche  ibren  Sohn  Eury-  nicht  mehr  rühren  kann,  hält  sie  ihn  hinter 
pylos  aus  Mysien  nach  Troja  schickt,  erst  verschlossenen  Türen  im  Schlafgemach  zurück, 
nachdem  sie  durch  einen  goldenen  Wein-  aus  dem  nur  sein  kraftloses  Stimmchen  noch 
stock  bestochen  ist  (Schol.  Od.  X  519;  Schol.  hervortönt.  Die  Anspielungen  auf  diesen  My- 
/ut?cn.  6, 655),  so  muß  das  gleiche  Geschenk  thos  sind  häufig;  oft  ist  Tith.  sprichwört- 
den  Tith.  erst  gefügig* machen,  damit  er  den  lieber  Typus  des  Greises:  Mimner m.  fr. 
Memnon  hergibt  (Äerr.^^n.  1,489).  Kaum  besser  4  Bgk.*;  Ar.  Ach.  688  mit  Schol.;  Antip.  Anth. 
als  solche  Wiederholungen  ist  es ,  wenn  Tith.,  60  Pal.  5,  3 ;  Kaibel,  Epigr.  nr.  992,  1 ;  Schol.  IL  F 
statt  entführt  zu  werden,  nach  euhemeristi-  Ibl  u.  A  1.  b;  Eustath.  zu  AI;  Lucian.  Hermot. 
scher  Auffassung  von  Troja  aus  einen  Feld-  50;  dial.  mort.  7;  deor.  conc.  8;  Klearch.  fr.  21 
zug  nach  Äthiopien  unternimmt  und  dort  (Müller  2,  310)  bei  Athen.  1,  6c,  vgl.  12,548; 
mit  Eos,  die  er  nun  erst  kennen  lernt,  den  Zenob.  6,18;  Biogen.  8,37;  Gregor.  Cypr.  (cod. 
Memnon  erzeugt  (Biodor.  4,75;  Heraclit.  In-  Leid.)  3,13;  Apost.  16,  bl;  Append.  Paroem.  4, 
cred.  28).  Noch  phantastischer  nimmt  sich  Tith.  68;  Ps.-Plut.  Proverb,  centur.  1,  68;  Suid.  s.  Ti- 
als  assyrischer  Statthalter  der  Landschaft  d-carov  yfigag  u.  v,uxayr\Qa.6cag\  Nicet.  Choniat. 
Penis  aus;  als  Priamos  an  den  Assyrierkönig  de  Andron.  Comnen.lib.  1  (Corp.  Byz.  IS,  361,  ^)i 


1025                      Tithonos  Tithonos                      1026 

TlgiriTCov  Kgovov  ts  xal  TiQ-avoi)  noXvETi6t8QOv\  (erst  bei  alexandriiiischen  Dichtern  nachweis- 
Hor.  C.  2,  16,  30;  Ov.  Her.  4,96;  Amor.  1, 13, 1  f.  barer,  vielleicht  aber  schon  illterer)  Name  Tirm 
3,  7,  42;  Met.  i),  421;  Propert.  3,  10  (18),  7.  15.  (s.  d.)  noch  mehr  dazu,  beide  als  ein  zusammen- 
3,20(26),  10;  Friap.  57,4  u.  77,4;  Senec.  Ag.  gehöriges  Paar  aufzufassen.  Ihm  wird  als  Hei- 
827  f.;  Stat.  Silv.  2,2,108.  4,3,151:  Titlionia  mat  naturgemäß  der  Osten,  woher  alles  Licht 
senectiis;  Myth.  Vat.  1,  131).  2,  194.  Verloren  ist  kommt,  oder  der  heiße  Süden  zugewiesen:  bald 
die  Schrift  des  Peripatetikers  Ariston  von  Neos:  Assyrien  (Susa),  wo  Tith.  von  der  Höhe  gött- 
Tid-iovbg  nsQl  yVQ^^S,  die  Cicero  im  Cato  Maior  licherWürde((SiMtd.  s.i^ovöiot)  durch  Vermensch- 
benutzt  hat,  vgl.  1,3;  wohl  nach  ihm  verfaßte  lichung  zum  Statthalter  von  Persis  herabsinkt 
M.  Terentius  Varro  eine  Menippeische  Satire  lo  (7>iodor  2,  22;  vgl.  «SVra/v.  16,  680b);  bald  Sj- 
über  denselben  Stoff ;  s.  No7'den,  Fleckeis.  Jahrh.  rien,  das  nach  anderer  Genealogie  sogar  Tith.' 
Supplhd.  18,  S.S2S;  Schanz,  Gesch.  d.  Eöm.  Lit.  Geburtsland  ist  {ApoUod.  S,  IS l);  bald  Ara- 
1*,  2,  365.  hien  (Apollod.  2,  lld);  bald  das  Wunderland 
Nach  Tzetz.  Lyk.  IS  macht  Eos  selbst  den  Aiaie  {Od.  /i  3f. ,  vgl.  Rohde,  Psyche  1,75); 
Gatten  unsterblich,  vergißt  aber  ihn  ewig  jung  bald  Äthiopien,  wohin  er  entweder  von  Eos 
zu  machen.  Auch  mit  dem  greisen  Tith.  teilt  entrückt  wird  (s.  o.)  oder  als  Eroberer  zu  Felde 
Eos  noch  das  Lager  bei  Propert.  3,  10(18),  17  f.  zieht  {Diodor  ^,  75),  und  von  wo  er  seinen  Sohn 
Einen  phantastischen  Zuwachs  der  Sage  er-  auf  den  trojani.schen  Kriegsschauplatz  sendet 
örtert  am  ausführlichsten  Tzetz.  Lyk.  18:  Tith.  {Arktin.  Aith.).  Nach  homerischer  Geographie 
wird  so  alt,  daß  er  zusammenschrumpft  und  20  gibt  es  Äthiopen  im  Osten  und  Westen  {Od. 
wie  ein  kleines  Kind  in  einem  Korbe  oder  in  a  22  f.).  Da  es  sich  11.  ^  1  u.  Od.  s  1  um  Sonnen- 
einer Wiege  schläft;  da  verwandelt  ihn  Eos  aufgang  und  Erscheinen  der  Morgenröte  han- 
in eine  Zikade;  nach  Suid.  a.  a.  0.  und  den  delt,  so  kommen  hier  als  Tith.'  Landsleute  die 
Paroemiograplien  (s.  0)  geschieht  es  auf  seinen  östlichen  Äthiopen  in  Betracht;  die  volks- 
Wunsch.  So  ist  er  ein  titxL^'.  Hellan.  fr-  tümliche  Auffassung  fixierte  seinen  Wohnsitz 
142  il/.  beim  Schol.  F  Ibl,  fiovaiTKoTccvog  tüv  im  Nilland  (Dwdor  2,  22.  4,  27).  Die  Novelle 
nrrivuiv;  Schol.  Townl.  Alu.  Eustath.;  Serv.  freilich  von  Tith.'  Liebesleben  mit  Eos  sowie 
Ge.  3,328;  ^en.  4,  585;  Schol.  Stat.  Theh.'\lb\\  seinem  Alter  und  Zusammenschrumpfen  spielt 
Myth.  Vat.  \,\Z*d.  2,194.  Der  Annahme  J^opps  sich  am  Okeanos,,  an  den  Enden  der  Erde, 
(s.  d.  Art.  Eos.  Sp.  1263),  das  Märchen  schriebe  3o  ab  {Hom.  hymn.  4,  227),  und  auf  die  Insel  Kerne 
sich  her  aus  der  mißverstandenen  Deutung  von  im  Okeanos  verlegt  den  Aufenthalt  Lykophr. 
Hom.  hymn.  4,  237:  tov  6'  ijtoL  cptovr]  Q8l  ccöitE-  18  u.  1084,  vgl.  Tzetz.  u.  Schol;  das  Meer  heißt 
rag.,  ovd^  xl  xlxvg  ^avi  stehen  mehrere  Gründe  bei  Aüien.  2,  1025  schlechthin:  profundum  Ti- 
entgegen:  die  starke  Negation,  die  verschiedene  thoneum.  Bezeichnet  nun  Tith.  das  Tagesge- 
Quantität  der  ersten  Silben  (hijcv?  —  cicada),  stirn  und  entspricht  sein  Abnehmen  und  Hin- 
vor  allem  die  Bedeutung  von  -ntyivg  (Spann-  schwinden  dem  Sonnenuntergang  (s.  u.),  so  ist 
kraft).  Die  Worte  ßel  aonstog  bleiben  unklar  die  Stätte  seines  kümmerlichen  Alters  i  m 
nach  der  üblichen  Übersetzung:   "^seine  Stimme  Westen  anzusetzen. 

tönt  noch  unaufhörlich' (s.  JBa«*>we/s^e>' z.  d.  St.),  Von    den    modernen    Lokalisierungen 
aber  auch  nach   G.  Hermanns  Verbesserungs- 40  verlegt    die    Gruppes    {Mythol.   S.   313  f.)    den 

Vorschlag:  tqbI  äßTceTov  {vox  immense  tremulat).  Wohnsitz  des  Tith.  nach  Milet,  der  Heimat  des 

—  Für  die  Herleitung  der  Szene  aus  II.  ri51f.  Arktinos;   doch  liegt  die  ältere  troische  Sage 

( Welcker,   Gr.  G.  1 ,  686)   scheint  zu  sprechen,  zeitlich  der  Aithiopis  gewiß  voraus  (s.  o.),  der 

daß  der  Schol.  Tith.'  Verwandlung  gerade  z.  d.  also  Tith.  nicht  erst  sein  Dasein  verdankt.    An 

St.  erzählt;  er  tut  dies  aber  nur,  weil  die  dort  anderer  Stelle  bringt  Gruppe  (S.  302)  den  Tith., 

genannten  troischen  Greise  Verwandte  des  Tith.  seine  Mutter  Strymo   und  seinen  Sohn   Ema- 

sind;  die  von  Homer  belobte  anmutige  Sprech-  thion,  nach  einem  Zeugnis  für  letzteren  {Schol. 

weise  der  würdigen  Alten  hat  mit  dem  klag-  Hes.  Th.\)Sö),  mit  drei  makedonischen  Na- 

lichen  Gewimmer  des  zum  Kinde  gewordenen  men  in  Verbindung  und  zeigt  so  für  die  Er- 
Tith.  nichts  gemein.                                                  50  klärung  des  Tith.  den  Weg  ins  griechische 

Wesen  und  Herkunft  des  Tith.    Wäh-  Mutterland.  Mag  aber  Tith.  nach  Sithonia, 

rend  Memnon  erst  der  Aithiopis  des  Arktinos  der  mittleren  Landzunge  der  Halbinsel  Chalki- 

sein  Dasein  verdankt  (s.  d.  Art.,  Bd.  2,  Sp.  2653 f.  dike,   benannt   sein   oder  nicht,   er  kann  sehr 

2680 f.),   ist  seinem  Vater  wohl  eine   frühere  wohl  in  Nord-  oder  Mittelgriechenland  seinen 

Entstehung  zuzuschreiben.    Nach  dem  Epos  Ursitz   haben.    Dies   erörtert  sinnreich  Escher 

ist  Tith.  in  Troja  beheimatet  und  wie  .\n-  im  Art.  J^os  hei  Pauly^-Wissoua  5,  2658 f.:  dem 

chises,  Ganymedes  und  namentlich  Priamos  mit  eingeborenen    Griechen    erscheint    das    lichte 

der  älteren  Sage  von  Ilion  verbunden;  obwohl  Morgenrot  jenseits  des  Meeres  (iL  'P227);  an 

bereits  Gatte   der  Eos,  wird  er  bei  Ov.  Fast.  der   kleinasiatischen  Küste,  vielleicht   in    der 

6,473  Phryx  angeredet.    Sein  Name,   der  an  60  Troas,  lernt  er  zuerst  das  Morgenland  kennen 

Tixdv    anklingt    {Schol.  11.  Alu.  Eustath.;  und   verbindet,   zumal  wenn   ihm   dichterische 

Schol.  Bern.  Verg.  Ge.  3,  28),  gewährt  dem  Ärkti-  Phantasie  innewohnt,  den  im  Osten  emporstei- 

nos  eine  Handhabe,   die  gleichsam  neuaufge-  genden   Sonnenhelden,   dem  seine  Gattin  Eos 

legte    Erzählung    von    einem   Raube    der    Eos  voranleuchtet,  mit  dem  dortigen  Herrscherge- 

daranzuknüpfen.    War  Tith.  durch  die  Gleich-  schlecht.    So   wird  Tith.  unter  die  Priamiden 

Stellung  mit  Titan  zum  Sonnengott  geworden,  eingereiht,    büßt    aber   gerade    dadurch    seine 

der  sich  mit    der    Morgenröte,    einer    andern  göttliche  Würde  ein;  denn  dort  gibt  es  schon 

Lichtgottheit,  wohl  verträgt,  so  verlockte  deren  einen  Sonnengott;  dem  Helios  (mit  dem  er  ur- 


1027 


Tithonos 


Tithonos 


102» 


der  sie  mit  Recht  verwirft,  wird 
freilich  mit  der  eij^jeneü  Deutung 
(von  ^äaiv,  säujjen,  vjijl.  rid-i^vri) 
kaum  überzeugen;  denn  auch  wenn 
der  greise  Tith.  wie  ein  Kind  ge- 
füttert wird,  80  ist  er  doch  darum 
kein  'Säugling'.  —  Die  von  Sonne 
{Zeitachr.  f.  vergl.  Sprach  f.  10, 178) 
vorgeschlagene,  auch  von  Max 
Müller  {Essays  2',  77)  befürwortete 
Etymologie  Ti^mvö«  =  'Ti^tavo 
=  skr.  didhyana,  der  Leuchtende 
{(Jurtius,  Etym.  S.  236*)  hat,  selbst 
wenn  sie  nicht  zutritFt,  wenigstens 
das  für  sich,  daß  sie  ^u  dem 
Wesen  des  Tith.  paßt. 

Es  herrscht  nämlich  nicht  nur 
bei  den  alten  FCrklärern,  welche 
Tith.  mit  Titan  vermengen  (s.  o.), 
sondern  auch  neuerdings  die  An- 

.«.  -  ,_^  ^     mi.i.        L^     i    ^1   v,<  V      V     1  .-    A     X    j  Behauung  vor,  daß  er  eine  Lieh t- 

1)  Kot  r«/folgt  den  Tith.;  rechts  sein  fftlsohlieh  so  bezeichneter  Jasdffenosse         i.t.-i,     '*.  •         o  u 

^  gottneit,    ein    öonnenneros. 


(nach  einer  rotfig.  Vase  in  Petersbarg). 


spningiich  identisch  war)  muß  er  nun  den  Platz 
räumen  und  auf  die  Stufe  des  schlichten  Heros 
herabsteigen,  der  an  Eos'  Seite  allmählich  nur 
ein  Scheindasein  fristet.  —  Nicht  im  eigent- 
lichen Griechenland,  sondern  im  Orient  sucht 
Tith.'  Heimat  Bugge  (und  mit  ihm  Torp,  Fe»- 
haUnis  d.  Etriisk.  zu  d.  Indogerm.  u  d.  vor- 
^ech.  Bevölkerung  S.  229 f.):  der  Name  Tith. 
ist  darnach  'anatolisch',  vorgriechisch 
und  aus  dem  Griechischen  kaum  zu  erklären; 
die  Etrusker  hätten  ihn  aus  ihren  kleinasiati- 
schen ürsitzen  ziemlich  unverändert  mit  nach 
dem  Westen  gebracht.  Allerdings  ist  er  auf 
etruskischen  Spiegelinschriften  in  der  Fassung 
tin^hAn  (s.d.)  bzw.  tin9-n  bezeugt  (Gerhard,  Etrusk. 
Sp.  4,  22,  Taf.  290;  3,  217,  Taf.  232;  Deecke, 
Bezz.Beitr.  2, 170;  iv.  Schulze,  Lat.  Eigennamen  40 
S.  209.  243).  Diese  Form  mit  n  in  der  ersten 
Silbe  hält  Bugge  für  die  ursprüngliche  und 
bringt  sie  in  ^sammenhang  mit  dem  Namen 
der  Stadt  Tintunia  auf  der  kappadokischen 
Ejubinschrift  (Chantre,  Mission  en  Cappadocie 
p.  46).  Im  Etruskischen  habe  sich,  meint  er, 
die  alte  'anatolische'  Namensform  erhalten; 
Tith.  (eig.  *Tinthonos)  gehöre  einem  orientali- 
schen Mythenkreise  an,  der  sich  dann  west- 
wärts über  die  Griechenwelt  bis  in  das  Gebiet  50 
der  Etrusker  erweiterte.  Denn  auch  Emathion, 
sonst  für  einen  Makedonen  angesehen  (s.  o.), 
gilt  manchem  eher  für  einen  Orientalen,  mag 
ihn  nun  Tümpel  {Fleckeis.  Jahrb.  Supplbd.  16, 
S.  189  f)  zu  Amathus,  dem  kyprischen  Kultort 
der  Aphrodite,  oder  Deecke  (bei  ColUtz,  Dia- 
lektinschr.  1, 12)  zu  der  syrischen  Chetiterstadt 
Hamat  in  Beziehung  setzen. 

Leider  bleibt  bei  diesen  geographischen  Er- 
örterungen der  Name  Tithonos  dunkel,  zu  eo 
dessen  Klärung  weder  Sithonia  in  Makedo- 
nien, noch  Tintunia  in  Kappadokien,  noch 
vollends  das  etrusk.  tind'un  wesentlich  beiträgt. 
Die  Ableitung  im  Etym.  Magn.  758,28:  Tt^. 
r)  rjiL^Qcc,  nagcc  rb  rid-aaös  (zahm)  t6  örj^ca- 
vov  To  rj(i,SQog  ist,  zumal  mit  der  Verquickung 
der  gar  nicht  stammverwandten  Wörter  rjiiegog 
und  iiniga,  wertlos.    Gruppe  {Mythol.  S.  954,  5), 


das  Tagesgestiru  ist;  nur  über 
Zeitpunkt  und  Dauer  seiner  Erscheinung  sind 
die  Ansichten  .verschieden,  je  nachdem  das 
Hinschwinden  und  Zusammenschrumpfen  blo& 
den  raschen  und  kurzen  Verlauf  des  Tages- 
anbruchs (TTe/cÄrer,  Gr.  G.  1,  685)  oder  den  mü- 
den abendlichen  Schluß  eines  ganzen  Tages 
30  {Preller- Robert,  Gr.  Myth.  1*,  442)  oder  sogar 
das  winterliche  Ende  eines  vollen  Jahres 
{Max  Müller  a.  a.  0.)  bedeuten  soll. 

Die  bildende  Kunst  veranschaulicht  den 
Tith.  selten;  oft  ist  die  Beziehung  zu  ihm  un- 
sicher. So  zeigen  die  auf  Tith.'  Entführung 
durch  Eos  gedeuteten  Vasenbilder,  wenn  die 
Namensbeischrift  fehlt,  wohl  eher  den  Raub 
des  Atheners  Kephalos  (s.  d.),   was   sich   aus 


2)  Tithonos  (Tin.9^un)  mit  Eos  zwischen  Jlfemnon  und 
La(s)a  (nach  Gerhard,  Etrusk.  Äptepel  ,yraf.  890). 


1029 


Tithoroa 


Titias 


1030 


dem  attiscbcn  Ursprung  der  Gefilße  oder 
ihrer  Gemälde   erklärt.    Mehrere    solcher 
\)mUmgen{heiStephnni,  C.  U.  1872,S.  177f.) 
werden  dalier  von  Furtwänglfr,  Arch.Zeitg. 
1882,  S.  .H50,  abgelehnt;  vgl.  auch  Knapp, 
P/»7o/.  1894,  S.  ööif.    Nun  zeigt  aber  eine 
rotHg.  Nolaner  Amphora,  jetzt  in  der  Pe- 
tersb.  Ermitage  nr.  H)S:{,  abgeb.  bei  Stephani 
a.  a.  0.  Taf.  5,  :s,  den  Namen  Tith.,  freilich 
nicht  bei    dem   von    Koh   Verfolgten,    sondern 
fälschlich    bei   einem   hinter   ihr  herlaufenden 
/.weiten  Jüngling,  wohl  seinem  Jagdgefährten, 
;ius   dessen   Gesellschaft   Eos   den  Tith.  raubt; 
s   Abb.  1.  —  Von  etrusk.  Spiegeln  tragen  zwei 
tue  Inschriften  Tia^n  bzw.  TinQ-un.    Auf  dem 
ersten   {Gerhard,    Ktrusk.  Sp.  3,217,   Taf.  282) 
sieht  man  Evau  {==  Eos)  und  Tin%-n  (d.  i.  Tith.) 
eingerahmt  von  -ö-ed-is  (Thetis)  und  einem  Jüng- 
ling (Achill?);  die  Szene  ist  nicht  klar;  s.  auch 
!.  Art.  Evan;  auf  dem  zweiten  (Gerhard  4,22, 
Taf.  21)0)  stehen  nebeneinander: 

La(8)a,Tin'9'un.  '9'esan(Eo8),  Memrun(Memnon) ; 
<  d.  Art.  Lasa,  Themn  u.  Mcmrun.  Es  ist  ein 
Gruppenbild  des  Memnon  und  seiner  Eltern 
mit  einer  dienenden  Jungfrau;  s.  Abb.  2.  — 
Auf  einem  Ruveser  Krater  in  Neapel  {Heyde- 
mann,  Vasensamnil.  nr.  3256;  Beinach,  Vases 
peints  p.  100)  sieht  man  zwei  Viergespanne 
mit  gettiigeiten  Rossen:  auf  dem  einen  Helios, 
darüberschwebend  Eros,  auf  dem  andern,  das 
jenem  voranfährt,  Eos  angeblich  mit  Tith., 
der,  geschmückt  mit  dem  Strahlenkranz,  die 
Zügel  und  das  Kentron  hä,lt,  darüber  Nike; 
ihnen  voraus  Selen  e  zu  Pferde.  —  Den  alten 
Tith.  gegenüber  der  jungen  Eos  zeigt  eine  an- 
dere rotfig.  Nolaner  Amphora,  jetzt  im  Ashmo- 
lean  Museum  zu  Oxford;  vgl.  Percy  Gardner, 
Journ.  of  Hell.  Sind.  18i)2/93,  S.  137;  s.  Abb.  3. 
—  Die  Pflege,  die  Eos  dem  kleinen, 
seh  wächlichenTith.  widmet,  der  gekrümmt 
auf  einemi  muldenförmigen  Lager  ruht,  ist  dar- 
gestellt auf  dem  Relief  eines  etrusk.  gepreßten 
Gold  Schmucks;  vgl.  Gerhard,  Ges.  Ahhandl.  Taf. 
8,  4;  9.  Abb.  4.  [Johannes  Schmidt.] 

Titliorea  (TfO-opsa),  eine  Nymphe,  nach  der 
die  gleichnamige  Stadt  in  Böotien  benannt  war, 
Paus.   10,  32,  9;  Steph.  Byz.  s.  v.   Ti%'OQia. 

[Ruhl.J 

Tithras  s.  Teithras  ob.  Bd.  5,  210  f. 

Tithrone  {Tid-giovij^  Tid-gcarri),  Beinamen  der 
Athena,  unter  dem  sie  im  attischen  Demos 
Phlya  einen  Kultus  hatte,  Paus.  1,  31,  4.  Nach 
Bergk,  Kleine  Schriften  2,665,51  und  Usener, 
Götternamen  11  bangt   der  Name  mit   Tgitm, 


20 


3)  Nolaner  Amphora:    Eos    und    Tithonos  (Journ.  of  Hell. 
Stud.  1892/93,  S.  137). 


4)  Etrusk.  Groldschmuck :  Tithonos  gepflegt  von  Eof 
{Gerhard,  des .  Abh.  Taf.  8,4). 


Tgiravicc,     Tguiovig    zusammen;      s.    dagegen 
Gruppe,  Gr.  Myth.  1143, 1  a.  E.     [Höfer.] 

Titias  (Titiag),  ein  idäischer  Daktyle.  Nach 
Kallistratos  ttsqI  'HgayiXsias  im  Schol.  Apollon. 
Bh.  1,  1126  (vgl.  F.  H  G.  4,  354,  2)  ist  er 
Sohn  des  Zeus  oder  der  ä,lteste  der  Söhne  des 
Mariandynos;  ebenso  Schol.  Apollon.  Bh.  2,780 

30  p  429,  32  f.  Die  Mutter  war  Anchiale,  Ap.  Bh. 
1,  1130;  der  Bericht  über  die  Wunderzeugung 
der  id.  Daktylen  aus  dem  Staube  (vgl.  Schol. 
Ap.  Bh.  1,  1125  u.  PJt.  M.  465,  30)  ist  nach 
dem  Wortlaut  bei  Ap.  Bh  1,  11 30  f.  auch  auf 
Titias  anzuwenden:  Kaibel,  Nachr.  d.  Gatt.  Ges. 
d.  Wiss.phil.-hist.KI.WOl,  489.  Eustath.  Dionys. 
Perieg.  787  nennt  ihn  Vater  des  Mariandynos, 
und  Kallistratos  im  Schol.  Aesch.  Pers.  917  (statt 
des  überlieferten  Titvov  hat  Welcher,  Kl.  Sehr. 

40  1,  11,  5  Tirlov  verbessert)  V.  des  Priolaos,  Ma- 
riandynos und  Bormos.  Nach  Schol.  Apollon. 
Bh.  2,  780  p.  429,  30  ist  er  auch  Vater  des 
Lykos;  ebd.  p.  430,  3  nach  Nymphis  und  Kal- 
listratos V.  des  Priolaos  oder  Bormos  (so  we- 
gen Athen.  14,  619;  der  Laurentianus  schreibt 
Barynos);  vgl.  noch  F.  H.  G.  4,  353,  1.  Für 
Naucks  Versuch,  auch  die  bei  Pollux  4,  54 
überlieferte  Genealogie  für  Titias  als  den  V. 
des  Bormos  herzustellen,  s.  o.  Bd.  3,  2992  nr.  4. 

50  Die  Schollen  schwanken  zwischen  den  Formen 
Titias  und  Titios.  Neben  der  Kybele  rufen  die 
Argonauten  Apollon.  Bh.  1,  1126  ff.  den  Kyl- 
lenos  und  Titias  an,  ol  ^iovvol  itoXicov  ^oigce- 
yitai  r\8\  rcägEdgüi  \  Mr]r4gog  *Iöair]s  xfxiijarai, 
06Ö0L  ^ccGLv  I  ^dxTvXoi  'IdcclOL  KgritaUsq  .  .  . 
Nach  dem  Scholion  geht  diese  Charakterisierung 
auf  Maiandrios  zurück,  der  auch  berichtet,  daß 
sie  in  Milet  vor  der  Göttermutter  Opfer  er- 
hielten.   Vgl.  auch  Menekl.  F.H.G.  4,  448,  9. 

60  Für  die  Bedeutung  der  \ioigayh(xi  bekennt 
Kaibel  a.  a.  0.  497  Anm.  1  keine  Erklärung 
geben  zu  können.  Die  Schollen  lassen  im  Stich. 
Was  er  gegen  die  Vermutung  'Stadtschutz- 
götter' —  statt  noXiav  wäre  dann  noXscov  zu 
lesen  —  vorbringt,  würde  sich  auch  gegen  Tüm- 
pels 'Schicksalslenker  ihrer  Städte'  richten. 
S.  dessen  Artikel  ^Anchiale'  in  Pauly-Wissowa 
1,  2104.     In    demselben    Schol.  1,   1126    nennt 


1031                 Tititititititi  Titos                         1032 

Kallistratos  den  T.  einen  ijQoyg  ^/x^upto;  der  koristisch  erklärt:  7'ira) ..  .ouro  Atyf rat /;  i^u^pa- 
Mariandynen,  dem  das  Volk  die  Förderung  nagcc  yag  t6  rndv,  Ttrövo»:,  yiveruL  Tixavii. 
seines  Wohlstandes  verdanke,  und  von  dem  xai  ixetd'sv  vTtoxoQiöTixov  Tixm,  ag  'Tipinvlr]  • 
er  daher  göttliche  Ehren  empfing  {&ns9sm&ri).  *3><u,  Eldo^ia-  Eidco.  Danach  auch  I^eller- 
C.  Hock,  Kreta  1,  292  f.  vermutet,  daß  diese  ito6eH*  148,8:  'T.  hypoküristischfür'i'tToycWta 
Hegünstigung  der  Bergbau  treibenden  Marian-  (vgl.  7piTa>-  TpiToy^vaa)'.  Dagegen  hillt  3/ayer, 
dynen  (s.  ApnUon.  Bh.  2,  141)  in  der  Einfiih-  Giganten  78  f.  Tito  lediglich  für  die  Feininin- 
rung  der 'Metallurgie' bestanden  habe.  Schließ-  form  vom  Maskulinum  Tittov,  die  vorkommt 
lieh  erzählt  noch  ApoUofi.  Hh.  2,  780  ff.  mit  bei  Lykophr.  1403  (?;  inocxTtog  etogd-vy^  Titto- 
Scbolien,  daß  Herakles  Hut  seinem  Zug  zu  den  lo  vog),  im  italischen  Fluß  Titon,  im  Herg  Tito- 
Amazonen  unterwegs  den  von  den  Bebrykern  nios  (Steph.Byz.).  Titon  wäre  dann  (nach  A/flt/er) 
bedrängten  Mariandynen  beigestanden  und  eine  frühe  dialektische  Nebenform  für  das  sehr 
die  B.  besiegt  habe.  Bei  den  Leichenspielen,  alte  'Titan*  (Helios),  entstanden  vor  der  Zeit. 
die  zu  Khren  des  im  Kampf  gefallenen  Prio-  die  in  den  Titanen  (>ötterfeinde  und  Giganten 
laos  gtattfanden,  besiegte  H.  im  Faustkampf  sah.  In  keinem  Fall  ist  Tito  eine  erst  alexan- 
den  Titias  (786:  xagxfQOv^  hg  Tcdvreaoi  /teW-  drinische  Bildung:  als  Frauenname  begegnet 
TTQfirsv  ijid'ioiaiv  |  sliog  z*  rjSk  ßiriv)  und  schlug  das  Wort  schon  auf  einer  Stele  des  4.  Jahrb., 
ihm  die  Zähne  aus.  Im  Schol.  Apnllon.  B)i.  2,  'zum  deutlichen  Zeichen,  daß  es  als  Göttername 
780  ist  T.  als  Eponym  der  Stadt  Tition  er-  bereits  außer  Gebrauch  gekommen  war'  {Mayer 
wähnt.  Es  lassen  sich  demnach  deutlich  2  so  78).  Nach  F.  Solmsen,  Ind.  Fijn^ch.  30  (1912), 
Genealogien  und  Lokaltraditionen  aus  den  Nach-  87  Anm.  'werden  wir  nicht  zu  bezweifeln  ha- 
richtcn  der  Scholien  feststellen.  Titias,  der  ben',  daß  Tito  ein  altes  Feminin  zu 'iVrös  bildet: 
Sohn  des  Zeus,  der  idäische  Daktyle  und  Be-  'geehrt',  'gescheut'  (Partiz.  zu  t/w),  woher 
gleitet  der  Göttermutter,  gehört  nach  Milet,  auch  Tixäv  zu  deuten  ist.  Bei  dieser  Erklä- 
Gruppe,  Chr.  Mytii.  967,,  und  die  Milesier  wer-  rung  weiü  Solmsen  aber  nicht  zu  sagen,  'warum 
den  die  Sage  nach  Norden  verpflanzt  haben,  die  Alexandriner  Tito  gerade  jene  Funktion 
Loheck,  Aglaophamos  2,  1165;  M.  Mayer,  Gi-  [den  TagheraufzuführenJ  zuerteilt  haben'.  Vgl. 
ganten  u.  Titatien  77;  0.  Kämmet,  Heracleotica  Tithonos  Sp.  1023.  [Preisendauz.J 
31, ;  Gruppe  a.  a.  0.  320.  In  der  2.  Genealogie  Titoplo  {TixönXoi)  nennt  Epicharm  witzhaft 
ist  er  durchaus  mariandynisch  als  riQcog  iyxm- zq  in  der  Travestie  '  Hebes  Hochzeit'  eine  der 
Qtog^  Vater  oder  Sohn  des  Mariandynos.  Für  sieben  Musen,  Töchter  von  Pieros  und  Pim- 
den  Namen  vermutete  JTämmc/ a.  a.  0.  31  phry-  pleis:  Nsdovv,  TQirmvr]v^  'Aaajnovv,  ^EnxccTto- 
gischen  Ursprung.  Nach  Kaibel  a.  a.  0.  490,  griv,  kxsJLcaiSa,  TlxotcIovv  xai  'Podiav,  so  nach 
wo  die  Belege  beigebracht  sind,  hat  der  Stamm  Tzetzes  zu  Hesiod  Op.  6;  vgl.  Cramers  Anecd. 
ithyphallische  Bedeutung.  Wegen  Titias  als  Ox.  4,424;  Kaibel,  Com.  gr.  fragm.  1,1  [l899j, 
der  ursprünglichen  Form  auch  des  Namens  des  98  (Epich.  nr.  41),  will  Tixdnkovv  in  Tixtovovv 
Krdriesen  Tityas  oder  Titios,  der  wie  T.  Sohn  ändern  wegen  Philostephanos  schol.  Lycophr. 
des  Zeus  ist,  und  dessen  Verbindung  mit  Ge.  1276,  wo  aber  lediglich  vom  italischen  Fluß 
im  Verhältnis  des  Titias  zur  Kybele  ihr  Ana-  Titon  und  den  Etymologien  dieses  Namens  dit^ 
logon  zu  haben  scheint,  vgl.  M.Mayer  a.a.O.  77.  40  Rede  ist.  Hermann,  Opusc.  2,  290,  vermutete 
Näheres  über  das  in  diesem  Verhältnis  ange-  eine  Verderbnis  aus  naytraXovv,  Flach,  Eudo- 
deutete  Zusammenwirken  eines  männlichen  zeu-  cia  294  (484,  26),  schreibt  nach  der  Überliefe- 
genden  und  weiblichen  empfangenden  Ele-  rung  der  Stelle  im  Violar.  TinonXovv.  Das 
ments  bei  Kaibel  a.  a.  0.  410  ff.  und  A.  Biete-  Fragment  de  Musis  in  Iriartes  Cat.  bibl.  Matr. 
rieh,  Mutter  Erde  93.  Vgl.  ob.  Sp.  1018.     [Ruhl.J  p.  32i>  gibt  TltotiXovv,  woran  auch  festzuhalten 

Ti  tl  ti  ti  ti  ti  ti  {xl  xl  xtX.),    Nachahmung  ist:   Bildung  aus   dem  Namen   des  illvrischen 

der    Stimme    des    Sperbers,    der    den    großen  Flusses  Titos  und  ni{(ox)oj.    Literatur  s.  oben 

Schöpfungsgott  der  Leid.  Kosmogonie  im  Pap.  Bd.  3,   Sp.  87,  Z.  32  ff.  {Stoll   zu   Neilo),    dazu 

Z/««d.  W  11,  27.  14,2  'in  seiner  eigenen  Sprache  noch  Gruppe,   Gr.  Myth.  829,3,  der  die  Rich- 
begrußt  und  dazu   schreit,   iva  Xocßr;  rgoq)r,v  50  tigkeit  der  Überlieferung  anzweifelt. 

XL'  XI'  x*-'  X^'  X*-'  X'-'  %'''  '^'''  ^''^^-  Jeweils  sieben  [Preisendanz.] 

Silben.  In  der  Parallele  col.  4,  29  wird  rt   durch  Titos,  Name  des  Mercurius  auf  faliskischen 

xtn-  ersetzt;  an  zwei  weiteren  (sich  parallelen)  Inschriften,  die  C.  T/iulin,  Mitt.  d.  Arch.  Inst. 

Stellen  wird  die  Anrufung  :;tt  (7  mal),  rtqp  (7- und  22  (1907),  296—303  veröffentlicht  und  bespro- 

3mal)  als  isgaxLCxi  bezeichnet,  col.  14,  2.  2,41.  chen  hat.   Man  erhält  aus  den  drei  Abfassungs- 

,                       [Preisendanz.]  formen    dieser    Inschriften    auf    Schalen-    und 

Titios  8.  Titias.  Tellerbruchstücken  aus  dem  Merkurtempel  zu 

Titnaios  (Tirvatog),  Flußgott,   Pottier,   Rei-  Sassi  Caduti  nur  den  Dativ:  Titoi  Mercui  und 

nach,  Veyries,  La  necropole  de  Myrina  35.  Tito  Mercui,  als  dessen  Nominativ  Titos  Mer- 

[Höfer.]      60  cus  gelten  muß.   Im  Gottesnamen  Titus  findet 

Tito  {Ttxm)  sagt  Lykophron  für  r}^4ga  (rb  ThuUn  erst  die  'plausible  Erklärung  des  Na- 

Tixovg  (pdog  294),  Kallimachos  für  'Hojg  ifrg.  mens  der  altrömischen  Priesterschaft  Sodales 

206;  Tixio'  i\iüg  r\  a^giov  Hes.  j]  i\^iga  Suid.).  Titii:   es   sind  die  Priester  oder  Kultgenossen 

Meichenberger,  Entwicklung  des  metonym.  Ge-  des  Gottes  Titus'     Thulin  sieht  auch  auf  einer 

brauches  van  Götternamen  S.  104,  hält  das  Wort  Münze  der  Gens  Titia  mit  einem  spitzbärtigen, 

für  eine  alexandrinische  Bildung  nach  'Titan'  an  den  Schläfen  beflügelten  Kopf  den  alten  fa- 

wie  Enyo  nach  Enyalios  (dagegen  Gruppe,  Gr.  liskischen  Hermes;   Literatur   a.  a.  0.  301  *~^. 

Myth.  1286,  2).  Im  Et.  M.  wird  die  Form  hypo-  Wissowa,  Religion  u  Kultus  der  Römer^  564* 


1033                        Tityas  Tityos                        1034 

steht  Thulins  Deutanj?  von  Titos  anscheinend  Oött.  gel.  Nachr.  1901,  490,  vjsfl.  Gruppe,  Gr.  M. 

skeptisch  gegenüber,  hält  sie  wenigstens  nicht  1018,2,   und   auf  dasselbe  lüuft  hinaus  Wila- 

für   gesichert.     F.   Solmsen    liat    dem    Namen  moivitz'  Erklärung  als  Aaificov  dQ&dvvrig,  Eur. 

ritos  eine  einleuchtende    Erklärung   gegeben,  Her.  1',  81A.,  wo  auch  Tizvnog,  Tit&vag  und 

Indog.  Forsch.  30  (1912),  10,  wo   er  den  Gott  lat.  Titus  herangezogen  sind.    Oder  Titjos  be- 

r.  Mercus   als    italischen  Gegenstück   oder   als  deutet   der   'Riese',    vgl.  rav-g-   (liyag^    noXvg^ 

italische  Nachbildung   des  griechischen  ithy-  xotvvag'  iiByocXvvag  Hesych  ,  davon   Tdv-ysto-v 

phänischen   Hermes  (Herod.  2,  27,    Paus.  6,  das  Gebirge,  Curtius  a.a.O.  Prell  er- Robert,  Gr. 

26,  ö)   anspricht    und    vermutet,   Titos   könnte  3f.  1,  234,  2. 

für   "tt-tu-s   latt.  Tizvg)   eingetreten  oder   aus  lo        II,  Genealogisches.    In  der  Regel  wird 

*ti-tii-os    (gr.    Tixvög)    entstanden    sein,    oder  Tityos  schlechthin  als  Sohn  der  Erde  bezeich- 

uber  auch  Kurzform  eines  *Tituo8  Tituros  oder  net,  und  letzten  Endes  dürfte  damit  durchaus 

(Igl.  sein,    über  die  phallische  Bedeutung  der  das  Richtige  getroffen  sein,  insofern  als  Elara 

mit  tit-  gebildeten  Wörter  vgl.  Kaibel,  Nachr.  oder  Alera  (s.  o.  Bd.  1,  Sp.  1231,  22  ff.    Tümpel 

d.  Ges.  d.  Wiss.   Goctt.    1901,   490    und   unten  bei  Pauly -Wissowa  5,  2234  f.,  63  ff.),    die   als 

Art.  Tityros.     [Preisendanz.]  Mutter  des  Tityos  genannte  boiotische  Heroine, 

Tityas  s.  Tityos.  bloß  eine  besondere  Erscheinungsform  der  Ge 

Tityoktouos    [Tixuoy.T6vog)    heißt    1)    ohne  ist.     Aus    Hesiods    Ellagidrig    Tirvög,    frg.  63 

jeden  Zusatz  Artemis,  Antipater  in  Anth.  Pal.  Rzach,  aus  den  Katalogen  im  Et.  M.  p.  60,  40 
it,  7U0;  Kallim.  hymn.  Dian.  110  und  Schol.  —  20  (=  Herodian.  frg.  708  ed.  Lentz  2,  ;^87.  505)  ist 

"1)  Apollo,  Orph.  hymn.  34,  1.     [Höfer.J  die  Form  EUdga  zu  erschließen,  wogegen  Pmri. 

Tityou  3.  Tityos  frg.  294  Bergk  aus   Et.  M.  60,  37  ff.  die  (nach 

Tityos  (TiTvog,  -oö,  ep.  -oto,  Apoll.  Bhotl.  1,  Max.  Mayer,   Gig.  29   richtigere)   Form  kliqu 

181.   Nonn.  D.  20,77,  Tirvog  Menandr.  rhet.  n.  bietet,  wird  man  doch  kXigag  o^ov  {viov  Syl- 

imS.  17  p.  441,  13  Spengel).  bürg,  o^ov  mit  Hemsterhuys  Bergk)  ohne  wei- 

I.  Sprachliches.    Die    griechischen    For-  teres  als  Tityos  erklären.    Als  'EXaga  kennt  sie 

men  Tityos  und  Tityon  (Akk.)  haben  auch  die  Simonides  frg.  234    C^iccgccg   y^vsä.,    vgl.  auch 

Römer  beibehalten,   und  zwar  'ist  die  Bevor-  Herodian.  a.  a.  0.).    Strab.  9  p.  423,  vgl.  auch 

/ugung  der  griechischen  Endung  aus  dem  Be-  Schol.  Od.  7,  324  u.  Eustath.  z.  St.  p.  1581,  55  ff., 
.streben   zu  erklären,   die    Lautverbindung  -yu  30  als  'Eidgr}  Pherekydes  F.  H.  G.  1,71,  5  h^i  Schol. 

y.w  dissimilieren',  Norden,  Aen.B.  VP412,  wo  Ap.  Eh.  1,7G1.    Apoll.  Rh.  1,762.    Apollod.  1, 

A.  1  der  Hinweis  auf  vier  Breslauer  Disserta-  23  W.    Nach  Pherekydes  hat  Zeus  die  von  ihm 

tioneu  "De  vocum  Graecar.  ap.  poet.  Lat.  usu\  schwangere    Elare,    des   Orchomenos  Tochter, 

deren  Ergebnis  ist,   daß  Tityos  und  Tityon  in  aus  Furcht  vor  der  Eifersucht  der  Hera  in  die 

der    römischen   Poesie    bis    zum   5.  Jahrh.  mit  Erde  verstoßen  (wie  ähnlich  nach  des  Aischylos 

einziger  Ausnahme  von  Val.  Fl.  3,  226  (Satur-  Alxvalai   Zeus    zam   Schutz    gegen    die    Gattin 

niim  Tityiimque)   die  regelmäßig  gebrauchten  auch  des   Hephaistos  Tochter  Thaleia   in    die 

Formen  sind  (L.  Sniehotta  1903,  S.  43.  47.    C.  Erde  verborgen  habe,  wo  sie  dann  die  Paliken 

A.  Z wiener  Vi (i'd,  S.  132.  142.  P.  Neumann  191i,  gebar,   Aisch  frg.  5/11  Nauck);   als  aber  Elare 

S.  43.  C. -E/'.sieW  1913,  S.  49).  Tt-rv-d-?  ist  wohl  40  gestorben,  habe  die   Erde  den  Tityos  empor- 

als  volkstümlich  reduplizierte  Nominalbildung  wachsen  lassen  {&v£dcoy,s),   weshalb  er  yrjysv^? 

zu  bezeichnen  wie  Täg-tccg-o-g,  s.  d.  Bd.  5,  Sp.  gena,nntweTde.Z\iPherekydes  frg.  6  vgl.  Apollod. 

1-26,  32  ff.,  ebenso  Tdvtcäog  =  *TdX-TaX-o-g,  und  1,  23  W.  Ap.  Rh.  1,  761  f.  {Ttvvbv  \iiyav,  ov  g' 

•die  Reduplikation  ist  dieselbe  wie  bei  ri-ry-öH-(ö,  hsycev   ys  |  dt'  'Eldgrj,   d-gsil^sv  ds  ycccl  axp  iXo- 

wogegen  bei  aiol.  T'-wgog  {Ti-Q-avog)  wie  bei  isvaaro  Fccloc);  vgl.  Preller -Robert,    Gr.  M.  1, 

•aiol.  Zi-6v(pog  der  Annahme  von  Reduplikation  81,2.  182,  2.  Gruppe,  Gr.  M.  811,2.  Und  wäh- 

die  Dehnung  des  t  im  Wege  steht  Cti-  scheint  rend   bei   dem    Tavbg  yairjiog  viog   Od.  7,  324 

Intensivreduplikation',  Prellwitz,  Et.  Wb.^  463  nach   der  Erklärung  von  Schol.  u.  Eustath.  z. 

zu  ti'rvgog).    Es   handelt  sich  also  um  die  re-  St.  (p.  1582,  6  f.)  noch  nicht  direkt  an  die  Ge 

-duplizierte  W  tu,  tu-  ^schwellen',  vgl.  rv-Xo-g,  50  als   Mutter   des   Tityos   gedacht   ist   {yfjg   vlog 

Tv-Xri   Schwellung   usw.,    skr.   tü-tu-mä-s,    lat.  olcc    i-Kstd-su   dvadod-klg)^    nennt   ihn    dann    die 

tü"b-er,  tü-meo  usw.,   G.  Curtius,  Grdz.^  226;  'orphisclie  Interpolation'  derNekyia  (und  diese 

auch  Brugmanii,  Grundriß  2, 1  (1892),  93  stellte  erst)  geradezu  Fairig  igLKvdiog  viov.  Od.  11,576, 

Tityos  zj    ai.  tü-tu-ma-s  'kräftig'.    Neben  Tt-  wozu  aber  Schol.  V  immer  noch  die  Elara  aus- 

Tüdg  kommen  noch  folgende  Namensformen  vor:  spielt  als  Mutter  des  Tityos.    Auch  von  einem 

TITVO^  ==  Tirj''Mi^  (falls  nicht  der  letzte  Buch-  'Eldgiov   xi    öTtijXaiov    dito  xf\g    Tixvov    ^rjxgbg 

Stabe  als  liegendes  Sigma  aufzufassen  ist)  auf  'Eldgocg  berichtet  Strab.  9,  423,  das  auf  Euboia 

der  sf.  Amphora  aus  Caere  im  Louvre,  unten  gezeigt  werde  nebst  einem  rjgaov  xov  Tixvov. 

Kunstdeokm.  nr.  8,    TITVA>  auf  der  rf.  Am-  Neben  Orchomenos   aber  kommt  auch  Minyas 

phora  derselben  Herkunft  ebenda  K.-D.  15,  end-  60  in  Betracht  als  Vater  der  Elara,  vgl.  Schol.  Od. 

lieh  TITV>  auf  der  rf.  Pelike  aus  Corneto  zu  7,324:  'KXdgcc]  xfj 'Ogxoiisvov,  xLvhg  6s  MivvoVf 

Berlin  K.-D.  IG.    'Tixvg,    Ttxvag,    Tixvav,   Tl-  was  gestützt  wird  durch  J^wsta^Ä.  z.  St.  p.  1581, 

xvog  sind  verschiedene  reduplizierte  Bildungen  55,  wo  allerdings  Mivoiog  überliefert  ist  statt 

von  der  Wurzel  tu-  , schwellen',  bezeichnen  also  Mivvov,  vgl.  auch  Gruppe,  Gr.  M.  1245  A.    Im 

wohl  den   von  Übermut  und  Geilheit  Schwel-  Sinne   des   ApoUonios   nennt  auch   Vergil   den 

lenden',   P.  Kretschm-r,   Gr.  Vaseninschr.  204.  Tityos  nur 'Pflegling',  'Zögling'  der  Erde:  ' Ti- 

An  rtrot,  xuig  (=  xb  ywai-nstov  aldolov,  Phot.),  tyon  Terrae  omnipotentis  alumnum'',  Aen.  6,  595 

wovon  auch  Tixdv  komme,  erinnert  G.  Kaibel,  (alumnus  =  d-Qs:xt6g),    vgl.  auch    Serv.   z.   St., 

RoscHBR,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V  34 


1035                       Tityos  Titjos                       1086 

wogegen  Tityos  sonst  allgemein  direkt  als  daß  er  sie  zu  scheuchen  vermag  mit  seinen 
Sohn  der  Erde  erscheint  (z.  B.  Quint  Smyrn.  Hunden.  Denn  (hier  nur  wird  auch  der  Grund 
3,897),  als  yfjy*r»}ff  Luk.  Neeyow.  14.  Nonn.  der  Strafe  knapp  angedeutet,  bei  Tantalos  und 
Dion.  20,  77,  ^gaavg  viög  ScQOvffrig  Nonn.  4,  881,  bei  Sisyphos  dagegen  als  bekannt  vorausgesetzt) 
'terrigena*  Stat.  3A«fc.  1,710,  *  Terrae  filitts'  Leto  hatte  er  gewaltsam  fortgezogen,  d.  h.  miß- 
Hyg.  f.bb  p.b9,lB  Seh.  Myth.  vat.  2,  lOA  p.  110,  handelt,  des  Zeus  hehre  Lagergenossin  {dib^ 
7  Bode,  *unu8  Gigantuni*  Mvth.  vat.  1, 13  p.  4,  xv^qt)  naQccxoirig  heißt  auch  Here  selbst  //. 
28  JH.,  und  wie  es  scheint  als  der  Giganten  einer  18,  184,  anderseits  wird  auch  Leto  direkt  unter 
wird  Tityos  noch  besonders  herausgehoben  Hör.  des  Zeus  Gemahlinnen  gerechnet,  Jl.  21,  498  f.) ; 
od.  8,4,77,  vgl.  auch  Seneca  Herc.  f.  977  (T.  lo  an  Leto  hatte  er  sich  vergriffen,  als  sie  aul 
»wischen  den  *Gigantes  pestiferi*  und  dem  Gi-  dem  Weg  nach  Pytho  war  durch  Panopeus, 
ganten  Mimans  aufgeführt);  Thyest.  806  (T.  zwi-  den  Ort  mit  den  schönen  Tanzplätzen.  An- 
sehen Giganten  und  Typhoeus).  Lucan.  Phars.  klänge  an  diese  Verse  der  'Nekyia'  bieten  im 
4,696  (T.  /w^ischen  Gig.,  Typhon  —  Briareos,  besonderen  Menandr.  rhet.  n.  iniö.  17  p.  441, 
Antaios).  Claudian.  de  JII.  cons.  Hon.  159  ff.  13  f.  Spengel.  Quint.  Smyrn.  8,  31>2ff.;  auf  des 
(T.  zwischen  Typhoeus  und  Enkelados);  Gig.  Tityos  Attentat  auf  Leto  {Tixvov  intßovXr'j  un- 
26 f.  —  Des  Tityos  Tochter  ist  Europe,  die  einst  ter  den  Stoffen  der  Pantomime  Luk.  de  salt.  38) 
dem  Poseidon  an  des  (boiotischen)  Kephisos  spieltiV^onwos  verschiedentlich  an,  7>ion.  2. 307  f. 
ufern  den  Euphemos  geboren,  der  dann  am  4, 831  ff".  48,  396 f.  418.  Des  weiteren  erfahren 
Tainaron  heimisch,  wo  ja  auch  sein  Vater  ein  20  wir,  daß,  weil  Leto  mit  Zeus  das  Lager  geteilt 
berühmtes  Heiligtum  besaß  (s.  0.  Bd.  4,  Sp.  8,  (worauf  sie  Apoll  und  Artemis  geboren ,  Hes. 
52  ff.),  Pind.  P.  4,  44  ff.  (Eigmitcc  Titvov  ^vyd-  theog.  918/20),  Hera  den  Riesen  aufgeboten, 
Tijp).  Ap.  Rh.  1,179 ff.  {E-bgoanri  Tixvolo  {isycx-  daß  er  Leto  Gewalt  antue;  darauf  sei  Tityos 
ö^fviog  xovQTi).  Schol.  Ap.  Rh.  1,181.  4,1562.  von  Zeus  mit  dem  Blitze  erschlagen  worden; 
Hyg.  f.  14  p.  47,  2  f.  Seh.  (wozu  C.  Robert,  D.  so  Hyg.  f.  56  p.  69, 16  ff.  Seh.,  wo  auch  der  Zu- 
Argonautenkat.  in  Hygins  Fabelbuch,  Gott.  gel.  satz,  daß  Tityos  nun  in  der  Unterwelt  über 
Nachr.  1918,  494.  500).  Tzetz.  Chil.  2,  613  f.  cf.  neun  Morgen  ausgestreckt  liege  und  daß  eine 
Ei>(pi^lioLO  EiQmxr]iädao  Maximus  n.  %axaQX&v  Schlange  (ebenso  oqpetg  Schol.  rec.  Pind.  0.  1,  97 
412  f.  p.  82, 13/15  Abel)  ihm  beigesellt  sei,  seine  Leber 
III.  Sagenüberlieferung.  Nach  Od.  7,  30  abzufressen,  die  mit  dem  Mond  wieder  nach- 
323  f.  führten  die  Phaiakenschiffe  den  blonden  wachse.  Für  gewöhnlich  indes  sind  es  Apoll 
Rhadamanthys  nach  Euboia  zum  Besuch  bei  und  Artemis,  die  die  Mutter  am  Schänder  ihrer 
Tityos,  der  also  auf  Euboia  hauste,  wo  er  dann  Ehre  rächen;  es  ist  ihre  gemeinsame  Tat,  oder 
auch  nach  Strab.  9,423  als  Heros  verehrt  ward.  sie  treten  einzeln  auf  als  Tirvo-atövog^  Gruppe, 
Strabon  zitiert  Od.  7,32;  und  fährt  fort,  daß  Gr.  M.  106, 1/3.  Der  Artemis  reißend  schnelles 
auf  der  Insel  nebst  der  Elarischen  Höhle  (s.  o.)  Geschoß  hat  den  Tityos  erlegt  nach  Pind.  P. 
auch  ein  Heroon  des  Tityos  gezeigt  werde,  mit  4,  90  ff.,  sie  wird  TttvoxTÖve  angerufen,  Kallim. 
Ehren  verbunden.  Rhadamanthys  gehört  nach  h.  3  {üg''AQt.),  110.  Anih.  Pal,  9,790,5,  und 
Kreta,  und  wenn  schon  nicht  klar  gesagt  ist,  nach  Euphorion  frg.  145  {Meineke,  Anal.  Alex. 
daß  die  Phaiaken  den  Rhadamanthys  auch  zu-  40  150)  aus  Schol.  Ap.  Rh.  1,  179  war  es  Artemis, 
rückfuhren,  spricht  doch  die  Stelle  für  die  An-  die  Tityos  anzutasten  gewagt,  weshalb  er  nun 
nähme  von  E.  Drerup,  Hotner*  13S  f.,  daß  die  büße.  Dagegen  ist  Apoll  der  Rächer  nach 
Phaiaken  (wenigstens  nach  der  älteren  Dich-  Ephoros  F.H.G.  1,255,70  (bei  Strab.  9,422). 
tung)  auf  Kreta  gedacht  wurden,  vgL  auch  Apoll.  Rh.  l^lb^^.  Orph.  h.  M,l  {Titvo-ktovs). 
G.Finsler,  Homer*  1,2^.  Ludolf  Malten,  Arch.  Plut.  Pelop.  16.  Menandr.  rhet.  n.  iniS.  17  p. 
Jahrb.  28  (1913).  39  A.  Herrn.  Muchau,  Jahres-  441, 13  f.  Spengel.  Quint.  Smyrn.  3,  394  f.  Schol. 
ber  üb.  d.  Fortschr.  d.  kl.  A.  Bd.  182  (1920),  u.  Eust.  z.  Od.  7,  324  (p.  1581 ,  57).  Hör.  od.  4, 
307  f.  Dagegen  vermutet  Max.  Mayer,  Apulien  6,  2.  Myth.  vat.  2, 104  usf.  Oder  aber:  die  Leto 
377,  Rhadamanthys  habe,  wie  in  anderer  Sage  ruft  ihre  Kinder  herbei,  und  diese  schießen 
Minos,  seine  Schiffe  im  Sturm  verloren  und  sei  50  den  Tityos  nieder  mit  ihren  Pfeilen  {xataro- 
deshalb  von  den  Phaiaken  heimgefahren  wor-  ^svovaLv)^  Apollod.  1,23  TT.;  das  war  zu  sehen 
den  (zunächst  nach  Euboia),  wie  es  auch  von  am  Thron  des  Apoll  zu  Amyklai,  im  Knidier- 
den  Rhodiern  heiße  Strab.  14,  654,  daß  sie  lange  anathem  zu  Delphi,  im  Reliefschmuck  des  Tem- 
vor  der  Olympiadenära  weite  Fahrten  zur  Ret-  pels  der  Apollonis  zu  Kyzikos,  Paus.  3, 18, 15. 
tnng  Schiffbrüchiger  unternahmen.  —  Ander-  10,11,1.  Anth.  P.  3,14,  unt.  K.-D.  2/4;  diese 
seit»  erscheint  Tityos  in  der  Nekyia  der  Odys-  Auffassung  vertrat  Pherekydes  F.  H.  G.  1,  71,  5 
see  als  erster  der  drei  großen  Büßer,  Od.  11,  aus  Schol.  Pind.  P.  4, 160,  womit  Philodem.  n. 
576/81,  in  der  nach  Wilamowitz  im  6.  Jahrh.  s'bffsß.  34^,3/5  {Gomperz,  Herkul.  Stud.  2,  7)  in 
zu  Athen  entstandenen  'orphischen  Interpola-  Verbindung  gebracht  wird  von  Th.  Gomperz 
tion',  Wilamowitz,  Hom.  Unters.  199 ff.  (f.  Ti-  60  a.  a.  0.  157  u.  C.Lütke,  Pherecydea,  Diss.  Gott. 
tyos  S.  200f.);  Die  Utas  und  Homer  111,  dazu  1893,  p.  6,  wogegen  G.  Schmidt,  Philodemea, 
auch  Preller -Robert,  Gr.  M.  1 ,  820  ff.  Rohde,  Progr.  Petersb.  1885,  p.  2  die  Stelle  auf  Hyakin- 
Psyche*  1,61  ff.  Finsler,  Homer*  1,303.  Über  thos  bezog  (im  Sinne  von  Apollod.  1,17.  3, 
neun  Plethren  hin  liegt  der  Erde  Sohn  am  Bo-  116  W.)*);  ferner  vgl.  noch  Myth.  vat.  1,  13. 
den  ausgestreckt  (sieben  Plethren  bedeckte  Ares  ^^^            ^^^^^^  ^^^  ^^^^          ^^^ 

in    seinem    Fall,    7Z.  21,  407),    und    zwei    Geier  ^^,^  '^^  Beziehung  der  Stelle  auf  Thyos,  wie-z.  B.  auch 

sitzen    ihm    links   und    rechts    und   weiden   ihm  iVonn. /J.  2, 306.  20, 83.  48,  398.  419  Orion  in  einem  Atemzug 

unter  die  Haut  dringend   die  Leber  ab,   ohne  mit  Tityos  zusammen  genannt  wird. 


J 


1037  Tityos  Tityos  1038 

Apost.  16,  76.  Arsen.  49,80  (2,680, 10  if.  Leiitsch;  ferner  Culex  2:^8.  Hör.  od.  3,  4,  78 f.  Ov.  Ib.  182. 
ungefähr  dasselbe  App.  narr.  1 '6  bei  Wester-  Sen.  Herc.  f.löiji  Phuedral2^'6;  Ay.  IS\  {Thyest. 
mann,  Mv^oyg.  p.  386,  14  ff.  Sutd.  s.  'Arvog),  12).  Oc^avta  634.  luv.  13,51.  Claudian.  in  Rufin. 
wo  die  Strafe  im  Hades  so  verstanden  ist,  Ti-  2,511;  r.  Pros.  2,  3.H9tF.;  Gig.  26.  Paulin.  Nol. 
tyos  leide,  ein  anderer  Sebastian,  den  Körper  carw.  31,  479.  Boeth.  de  consol. philos.  3,  12,  :i8f. 
gespickt  mit  den  Pfeilen  der  Arterais  und  des  (p.  253).  Myth.  vat.  2,  104  p.  110,  10  f,  J5. ;  für 
Apoll.  —  Bei  Panopeus  in  Phokis  fielen  Pau-  'Tityi  vultur'  {Petron.  frg.  25  Buch,  aus  Vulg. 
sanias  die  auf  Tityos  bezüglichen  Verse  Ho-  myth.  2,  6.  Anth.  hat.  2,  87  nr.  636,21  Riese, 
mers  ein,  wo  dieser  der  Panopeer  Stadt  yiaXXl-  Lact.  Firm.  div.  inst.  7,  21)  s.  unt.  V,  Doch  gibt 
XOQOs  nennt,  und  dies  bringt  er  in  Zusammen-  lo  es  (was  hervorzuheben  ist  gegenüber  L.  Rader- 
hang  mit  dem  Reigen  der  Thyiaden  zu  Pano-  machcr,  Rh.  M.  1908,  553)  vereinzelt  auch  ab- 
peus.  Paus.  10, 4,  2  f.  Zu  Panopeus  ''bei  der  weichende  Versionen,  nämlich,  daß  eine  oder 
Schlucht'  6ndet  sich  nach  Paus,  auch  des  Ti-  mehrere  Schlangen  die  Quälgeister  sind  {Hyg. 
tyos  Grabmal  (Tirvov  itvfjucc).  Allein  der  Um-  /.  55.  Schol.  rec.  Pind.  0.  1,97)  oder  daß  das 
fang  dieses  Erdaufwurfes  beträgt  bloß  etwa  das  Leiden  rationalistisch  zurückgeführt  wird  auf 
Drittel  eines  Stadions  (200'),  und  das  stimmt  die  in  der  Leber  des  Riesen  steckenden  Ge- 
schlecht zu  Homers  Angabe  von  den  neun  Ple-  schösse  der  beiden  Götter  {Apost.  16,  76.  Arsen. 
thren  (=  900':  tcHQ^qov  iaxl  t6  ?y,xov  ^legos  xov  49,80.  App.  narr.  73  bei  Westermann,  MvQ-oyQ. 
arccdiov.,  Schol.  Od.  ^1,511).  Statt  nun  etwa  das  p.  386, 17  f.  Suid.  s.  Ttrvdg).  Ist  auch  'schon 
Tityosgrab  als  apokryph  zu  bezeichnen  (es  ist  20  die  kurze  Andeutung  von  Tityos'  Strafe  in  der 
ja  auch  nicht  einzusehen,  daß  des  Tityos  Kör-  Odyssee  nur  dann  verständlich,  wenn  die  Leber 
per  gleichzeitig  im  Hades  und  im  Phokerland  als  immer  nachwachsend  vorgestellt  wird' 
liegen  kann),  hilft  sich  Pausanias  recht  plump  (Gruppe,  Myth.  Lit.  1898/1905,  S.  626),  erst  Ver- 
aus  dem  Dilemma  mit  der  rationalistischen  gil  Aen.  6,  598  ff.  spricht  ausdrücklich  und  zu- 
Deutung, Od.  11,577  beziehe  sich  nicht  auf  gleich  ausführlich  von  der  steten  Erneuerung 
die  Größe  des  Tityos,  sondern  sei  eine  Lokal-  der  Leber,  ihrer  'Unsterblichkeit',  just,  wie 
bezeichnung  im  Hades,  der  Platz,  auf  den  Ti-  hinsichtlich  des  Prometheus  schon  jffes.  <Ä.  524  f., 
tyos  verbracht  wurde,  führe  den  Namen  HX^-^-pcc  wobei  Vcrgil  Homer  {X  576  ff.)  und  Lucrez  (3, 
ivvia.  Gleichwohl  beruft  ersieh,  um  die  Glaub-  984 ff.)  zu  überbieten  sucht,  vielleicht  auch  des 
Würdigkeit  der  Größe  des  Tityos  zu  bekräf-  30  Accius  Prometheus  {Norden,  Aen.  V^  284): 
tigen,  auf  das  Zeugnis  eines  Kleon  von  Magne-  Hmmortale  iecur  tondens^  ist,  was  zuerst  Heyne 
sia  am  Hermos,  der  bei  Gadeira  die  von  des  gesehen,  kontaminiert  aus  Hes.  th.  523  f.  7]7tciQ 
Gottes  Blitz  angebrannte,  ans  Land  gespülte  ä^dvccxov  und  Od.  11,578  rinuQ  ^xeigov;  diese 
Leiche  eines  ca.  fünf  Plethren  großen  ccvtjq  &a-  Eingeweide  heißen  fruchtbar  (fecunda)  zu  stets 
XccööLog  gesehen  habe,  Paus.  10, 4,  5  f..  dazu  wiederholter  Strafe  (zu  Aen.  6,598  vgl,  Sen. 
Robert,  Paus,  als  Schriftst.  37  f.*  Walter  Bacher,  Ag.  18  ^uhi  tondet  ales  avida  fecundum  ie- 
De  Paus.  stud.  Hom.  {Diss.  Halle  1919)  p.  77.  cur'),  und  der  Geier  durchwühlt  sie  zum 
Wie  eine  Begründung  dafür,  daß  Tityos  zu  Schmaus,  hausend  in  der  Tiefe  der  Bimst  (vgl. 
Panopeus  begraben  liege,  mutet  an  des  JEpho-  Lucr.  3,  985  ''sub  magno  scrutentur  pectore'\ 
ros  (ganz  in  seinem  Sinn  gleichfalls  rationa-  40  und  keinerlei  Erholung  wird  gegönnt  den  nach- 
listisch  gefärbte)  Notiz,  Tityos  sei  ein  gewalt-  gewachsenen  Fasern.  Daß  diese  Verse  Vergih 
tätiger  und  ungerechter  Mann  gewesen,  der  den  besonderer  Beliebtheit  sich  erfreuten,  zeigt  ihre 
Ort  beherrschte  und,  als  Apollon  zu  den  Pano-  starke  Auswirkung,  die  Fülle  von  Reminiszen- 
peern  kam,  von  diesem  erschlagen  wurde,  Eph.  zen  an  diese  Fertigstelle  bei  den  späteren  rö- 
F.  HG.  1,  255,  70  (Strab.  9,  422.  Theon.  prog.  mischen  Autoren,  wofür  vgl.  Ant.  Zingerle,  De 
4  p.  95,  23  ff.  Spengel).  Hitzig-Blümner,  Paus.  scriptor.  lat.  locis  qui  ad  poenar.  ap.  inf.  de- 
;-',  635.  M.Mayer,  Gig.  19.  Tixvov  rcöliq  heißt  scriptionem  spectant,  Kl.  philol.  Äbh.  3,  69  ff. 
Panopeus  Nonn.  D.  4,  331.  Interesse  hat  auch  Der  hier  u.  a.  gebotenen  Konfrontierung  von 
in  diesem  Zusammenhang,  daß  die  Panopeer  Stellen,  da  immer  wieder  fast  mit  denselben 
selbst  sich  nicht  als  Phoker  bekannten,  viel-  50  Worten  die  ungeheuerliche  Ausdehnung  des 
mehr  verbunden  sich  fühlten  mit  dem  boioti-  Tityos  über  neun  'iugera'  ausgesprochen  wird 
sehen  Orchomenos,  Paus.  10,4, 1,  wie  auch  des  {Lucr.  3,  988  f.  Verg.  Aen.  6,  596  f.  Aetna  80. 
Tityos  Mutter  Elara  hinweist  nach  dem  minyi-  lib.  1,  3,  75.  Prop.  4,  4,  44.  Ov.  met.  4,  457 f.; 
sehen  Orchomenos,  s.  0.,  und  wie  man  auch  zu  Ib.  181.  Phaedr.  fab.  app.  5, 13.  Claudian.  r. 
Tegyra,  wenig  östlich  von  Orchomenos  am  Pros.  2,  338  f.  Hyg.  f.  55  p.  59,  18f.  ÄcÄ.,  vgl. 
Nordrand  der  Kopa'is,  mit  der  Geburt  des  Apol-  Ov.  am.  3, 12,  25.  Stat.  Th.  1,  710.  11, 12  f.  Luk. 
Ion  die  Tityosgeschichte  in  Verbindung  brachte,  Nekyom.  14.  Quint.  Smyrn.  3,  396),  sei  eine  Zi- 
Plut.  Pelop.  16.  —  Statt  von  zwei  bzw.  meh-  tatenlese  zur  Seite  gestellt  für  die  ewige  Dauer 
reren  Geiern  {Od.  11,  578 f.  Apollod.  1,  23  TF.  der  Strafe:  Lucr.  3,  986.  990 f.  Verg.  Aen.  6, 
Luh.  d.  mort.  30,  1.  Anth.  P.  3,  14,  4.  9,  377,  3.  60  598 ff.  Hör.  od.  3,4,  77 ff.  Ov.  ex  P.  1,2,4:1  f. 
Ivwcr.  3,  984  ff.  Tiö.  1,  3,  76.  Prop.  3, 13,  31.  Ov.  (zu  Hnconsumptum  semperque  renascens  iecur' 
met.  10,43;  Ib.  194.  Sen.  Thyest.  10;  Herc.  Oet.  vgl.  Ov.  Ib.  194  ^hic  inconsumpto  viscere  pascet 
947  [effodiat  avidus  hinc  et  hinc  vultur  fibras].  aves').  Phaedr.  f.  app.  5, 14.  Sen.  epist.  mor.  3, 
1071-,  Stat.  r/iefe.  4,  538.  6,754.  11, 13 ff.  Myth.  3  (24),  18  {'viscera  et  renasci  posse  cotidie  et 
vat.  1,13  p.  4,  30f.  B.)  ist  bei  römischen  Dich-  carpi');  Herc.f.lbQ  {^aeternas  dapes')',  Phaedra 
tern  vielfach  bloß  von  einem  Vogel  die  Rede,  1234;  Ag.  18  {^fecundum  iecur');  Thyest.  11  f. 
wofür  bestimmend  sein  mochte  der  eine  Adler  Claudian.  r.  Pros.  341;  Gig.  26.  Hyg.  f.  55  p.  59 , 
des  Prometheus,  so  zunächst  Verg.  J.en.  6,597ff.,  20  Seh.    Myth.  vat.  1,  13.  2,  104  p.  4.  31  f.  110. 

34* 


1039                       Tityos  Tityos                       1040 

10  f.  B.    Sehol  rec.  Find.  0.  1,97;   'assiduae'  Ix.,  nicht  Tit.),  sodann  Hör.  od.  S.U.  21  iS.  (Ix., 

beißen  des  Tityos  Vögel,  Tib.  1,8,70.   Oo.  Ib.  Tit.,  Dan.),  ins  weinerlich  Seutimentale  über- 

182,  usw.    Bei  Tityos  heben  die  Epitheta  her-  setzt  Ov.  met.  10,  41  ff.  (Tant..  Ix.,  Tit..  Dan., 

vor  seine    Kraft  und   Größe  (jisyaa&Bvris  Ap.  Sis.).   Sen.  Herc.  Oet.  lOölff.  (Ix.,  Tit.,  Charon, 

Bh.  1, 181.  (äyccg  ebd.  761.  'ifpaxXetff  offOff  Luk.  Tant).  Boeth.  de  consol.  phil  3,  12,  .<4tf.  p.  258 

Nekyom.  14.    quantus  Stat.  Th.  6,  768.  11,  12.  (nach  Kerberos  und  Eumen.   Ix.,  Tant.,  Tit.), 

i%SQ<pittXos  Quint.Smyrn.  3,892.  novXvniXsd'Qog  vgl.  auch  Sil.  It.  11,  472  ff.  (wo  indes  wieder  die 

ebd.  396)  oder  beziehen  sieh  aaf  seine  Lüstern-  Wirkung  beschränkt  ist  auf  Acheron  und  Sis.), 

heit   und   sein  Vergehen  gegenüber  der  Leto  Zingerle  a.  a.  0.  ()8  f. ;  ähnlich  setzen  die  Strafen 
(ita^/e  %al  &q>goavvi]  fi^Bfit^vatUvB  Änth.  P.  3, 14.  lO  der  ewigen  Büßer  aus  bei  der  geraubten  Per- 

^QUövs  vl6s  &QovQTig  Nonn.  D.  4,  881.    jrofrd-  sephone  Ankunft  im  Hades,  die  festlich  gefeiert 

ßXr\xo9  ebd.  20,  77.  iganucvlg  öfiua  tnaivtov  ebd,  wird,  Claud.  r.  Pros.  2,  336  ff.  (Ix.,   Tant.,  Tit.), 

48,896.  UncorUinens*  Hör.  od.  8,4,77.   ^foedus^  yTOzvL  Bihbeck,  R.  D   3,359.    Oder  wie  Ooid  in 

Aetna  80);   er  ist   die   verkörperte   ^nequitid*  der  Ibis  seinem  Widersacher  all  die  überlie- 

Hor.  od.  3.  4,  78,  heißt  Waptor^  Hör  od.  4,6.  2,  ferte  Höllenpein  (^veterum  tormenta  reorum^)  in 

'Apollineae  Umerator  matris'  Stat.  Th  11,12;  Aussicht  stellt  (173  ff.  Sis.,  Ix.,  Dan.,  Tant.,  Tit. ; 

für  Y^YBPrjs^  *terrigena\  '  Terrae  alumnus'  usw.  189  ff.  Sis,  Ix.,  Tant,  Tit.;  vgl.  dazu  die  Nach- 

t.  0.  ii;  vgl.  Carter,  Epith.  deor.  {ap.  poet.  lat.)  bildung  bei  Claud.  in  Ruf.  2,. 506  ff.  sowie  die 

p. 98.  ^Tantalos,  Sisypbos,  Tityos  gehören  seit  Übertragung  der  Strafe  des  Tityos,  richtiger 
Homer  zum  festesten  Bestände  der  Hadesschil-  20  des   Prometheus    auf  die  Verräterin   Tarpeia, 

derungen,  auch  bei  den  Römern;  Fcr(jFt7  erwähnt  Sil.  It.  13,  839  ff.),  so  erachten  sich  bei  Seneca 

(von  den  dreien)  nur  den  Tityos*  {Rader niacher,  Phaidra  und  Deianeira  all  dieser  unter welts- 

Bie  Büßer  Vergils,  Rh.  M.  1908,  5)0).    Aber  quälen  für  würdig,  PA.  1229  ff.  (angespielt  wird 

wie  bei  Homer  Tityos,  Tantalos  und  Sisyphos,  auf  Sis.,  Tant.,  Tit,  Ix.);  Herc.  0«;^.  942  ff.  (Sis., 

so  erscheinen  Fiat.  Gorg.  81  p.  625  E  Tantalos,  Tant.,  Ix.,  Tit.,  Dan.),  vgl.  auch  Octavia  633  ff. 

Sisyphos  und  Tityos.    Desgleichen  sind  diese  (Tant.,  Sis.,  Tit.,  Ix.).    Endlich  vgl.  noch  für 

typischen   Höllenqualen   im  ps.  plat.  Axiochos  solch     stereotype,     gemeinplatzartig    wieder 

13  p.  37lE  summarisch  angedeutet  mit  Tavrd-  kehrende  Gruppierung:  Aetna  SO  IS.  (Tit.,  Tant., 

Xov  dl^os^  TiTvofü  öitXdyxva  und  SiGvcpov  TcitQog  Ix.).   Hör.  od.  2, 14,  8  ff.  (Geryones  u.  Tit.,  Dan. 
ffviJwTo?,  ihnen  vorangestellt  aber  JavaUcov  30  u.  Sis.).    Tib.  1,3,  73  ff.  (Ix.,  Tit.,  Tant.,  Dan). 

vdQBtai  &vsXBtg  (dies  unser  erstes  literarisches  Prop.  3,  13,  30 f.  (Tit.,  Sis.).    Oo.  met.  4,  467  ff. 

Zeugnis   für   die   Übertragung  der  Strafe   der  (Tit.,  Tant.,  Sis.,  Ix.,  Dan.).    Phaedr.  f.  app.  5 

Afivritoi    auf    die    Danaostöchter   als    aycrjAot,  (Ix.,  Sis.,  Tant.,  Dan.,  Tit.).    Sen.  ep.  mar.  ü^S, 

vgl.  Waser,  Arch.  f.  Ret  2  [18991,  56 ff.^.    Und,  (24),  18  (Ix.,  Sis.,  Tit.);  Herc.  f.  760 ff.  (Ix.,  Sis. 

wie  es  scheint,  erst  in  alexandrinischer  Zeit  Tant.,  Tit ,  Dan.);  ^^.  15 ff.  (Ix.,  Sis.,  Tit.,  Tant.); 

gesellt  sich  der  alten  Dreiheit  auch  Ixion,  für  Thyest.  l  ff .  (Tant.,  Sis.,  Ix.,  Tit.).    Stat.  Theb. 

dessen  Lokalisierung  im  Hades  immerhin  nicht,  4,  537  ff.  (Sis.,  Tant.,  Tit.,  Ix).  luv.  13,  51  f  (Ix., 

wie  noch  Wilamowitz,  Hom.  Unters.  203,4  an-  Sis.,  Tit.).    PawZm.  iVoZ.  c.  31,  479  ff.  (Tit.,  Tant., 

genommen,  Diod.  4,69,   sondern  Apoll.  Rh.  3,  Ix.,  Sis.,  Dan.).    Wie  2'Äeofcr.  td.  22,  94  Amykos 
61  f    als   erster  Gewährsmann   zu  gelten   hat:  40  dem  Tityos  verglichen  wird  {Tixvöa  bvaXlyxtog 

'man  darf  behaupten,   daß  Ixion  und  die  Da-  auch  Anth.  Pal.  11,107,3),   so  erscheint  Luk. 

na'iden  eigentlich   erst  zum   römischen   Hades  rhet.  praec.  13  Tityos  zusammen  mit  Otos  und 

gehören'  {Rtdermacher  a.  a.  0.  533).  Das  schließt  Ephialtes   als   Typus  des  Riesen   (auch  Nonn. 

nicht  aus,  daß  Ixion  einer  der  drei  Büßer  ist,  20,  81  f.  werden  Otos  und  Ephialtes  mit  T.  zu- 

mit  denen  zusammen  Tantalo3  der  vierte,  Pmd.  sammen  genannt),   und  wie   der  Pygmaie   das 

OZ.  1,62(97):  {TdvxaXog  ^xsi)  ^sru  tgiäv  tsrag-  Zwerghafte,   so  repräsentieren  Tityos  und  der 

tovn6vov{fisTccIJLövq)ov,TLrvov^'I^iovog  Scholl.,  Kyklope    das   Riesenmäßige,    Diog.  Laert.  1,  l 

vgl.  auch  Welcher,  Rh.  M.  10,  1856,249.  Rader-  n.  36  (dass.  Suid.  s.  vovg);   Tixvoi  sind  Riesen 

tn»cher  a.a.O.  562,  1);  denn  wenn  auch  Pind.P.  und  Frevler  wie  Tityos,  Strab.  9,  423.   Plut.  de 
2,  21  ff.  den  Ixion  noch  nicht  im  Hades  leiden  io  facie  in   orbe   lunae   30,  9.    Hesych.  s.  'iXdccov, 

läßt,  so  kennt  er  ihn  doch  als  Typus  des  ün-  vgl.  auch  oi   Ttsgl  Tixvov   Schol.  Dem.  24,  104; 

dankbaren,  dessen  Strafe  allen  Sterblichen  ein  direkt  sprichwörtlich  aber  sagte  man  Ttxvov 

warnend  Beispiel  gab.    Die  volle  Vierzahl  rückt  6s  jtegifiivsi  xal  'I^iovog  xoXaaxi]gicc ,  Apostol. 

z.  B.  auf  Luk.  Nek'iom.  14  (Ix.,  Sis.,  Tant.,  Tit.);  cent.  16,  76.    Arsen.  49,  80  (C.  paroem.  Gr.  ed. 

vgl.  noch  Schol.  Demosth.  24,  104  p.  771,  24 ff.  Leutsch  2,680,  10 ff.).    Vgl.  Pauhj-Wissowa  10, 

Dind.  (Tant.,  Tit.,  Ix.).   Anth.  P.  9, 143,  3  f.  (Ix.,  1377  f.,  62  ff. 

Tit.),  und  häufig  genug  bilden  nebst  Kerberos,  IV.  Bildliche  Darstellung.  Vgl.  beson- 

Charon  und  den  Erinyen  die  vier  Büßergestal-  ders  /.  Millingen,  Ap.  et  Tit.,  Ann.  d  I.  2  (1830), 

ten  samt  den   Dana'iden  (wofür  ^Belides'    Ov.  225/31  z.  ilfow.  1,  23.  t.  d'agg.  H.  L.  Preller,  Ap. 
met.  4,  463.  10.  44;    Ib.  177;    Ars  am.  1,  74  =  60  e  Tizio,  Mon.  Ann.  e  Bull  1856,  40/44  T.  10 f. 

Trist.  3,  l,6i.    Sen.  Herc.  Oet.  964)    die  unter-  Gh.  Lenormant-J.  de  Witte,  Elite  des  mon.  cera- 

weltliche  Staffage;  gelegentlich  auch  erscheint  mogr.  2,  162/84  T.  55/60.    G.  Loeschcke,   Arch. 

in  der  alten  Dreiheit  Tityos  durch  Ixion  ver-  Jahrb.  2  (1887),  277/79.     Overbeck,   Gr.  Kunst- 

drängt,  Radermacher  a.a.O.  533.    Ein  mannig-  myth.,  5.  Apollon   S.  39  f  63.  382/91  T.  19,  8. 

fach  variiertes  Motiv  ist,  wie  solche  Höllenpein  23 ,  2/8.    Müller-  Wieseler  -  Graef,    Ant.  Denkm. 

und   fiaxaiOTtovia   durch   des   Orpheus  Gesang  S.  268.  317  ff.  T.  26,  4  f.  7.   S.  Reinach,  Rep.  des 

Unterbrechung  erfährt,   an^etönt  Vera.  Georg.  vases  1,70,1.  94.2.  244,3/6.  245.  24'J,  3.  öu5,  2. 

4, 481  ff.  (wo  indes   nur  Eumenidcs,  Cerberus,  2,26,4.232,3.    Furtwängler- Reichhold,  Griech. 


1041 


Tityos 


Tityos 


1042 


Vasenmalerei  l,276tt.  T.  55. 
C.  Robert,  Ar  eh.  Herrn.  64. 
138. 

A.  Literarische  Über- 
lieferung. Literarisch  be- 
zeugt sind  die  folgenden  fünf 
Darstellungen :  1 )  Auf  des 
lason  purpurnem  Mantel,  der 
Athen  a  Werk,  war  u.  a.  Apol- 
lon  zu  schauen,  ein  kräftiger 
Junge,  doch  noch  nicht  voll- 
reif, den  gewaltigen  Tityos 
(wie  David  den  Riesen  Go- 
liath) mit  dem  Pfeil  erlegend, 
ihn,  der  dreist  die  Leto  am 
Kopftuch  zerrt,  ApoJl.  Bh.  1, 
769 ff.  —  2)  Am  Thion  des 
Apollon  zu  Amyklai,  dem 
Werk  des  Bathykles  von  Ma- 
gnesia vom  Ende  des  0.  Jahrh. 
V.  Chr.,  stellte  unter  den  14 
Innenreliefs  das  6.  Apollon 
(lar  und  Artemis,  Titjos  mit 
dem  Bogen  erschießend,  Paus. 
3.  18,  15.  Hitzig- Blümner  z.  St.  1,  825  f.,  zuletzt 
E.  Fiechfer,  Arch.  Jb.  33  (1918),  167;  am  ehesten 
ist  für  diesen  vorwiegend  ionischen  Bau  die 
Darstellung  der  Szene  heranzuziehen,  wie  sie 
auf  altionischen  Denkmälern  erscheint,  auf  den 


1)  Tityos,  die  Leto  entführend,  1.  Apoll,  r.  Artemis,  rf.  Amphora  im  Loarre 
(nach  Overbeck,  Kunttmyth.  T.  23, 4). 

Nek.  d.  Polygnot  {16.  Hall.  Winckelm.-Progr., 
1892)  S.  10.  22  f.  26.  28.  30.  35.  46  f.  63.  74.  77. 
83.  Marathon  Schlacht  in  d.  Poikile  'u.  Weit.  üb. 
Polygnot  {18.  Hall.  W-P.,  1895)  S.  96.  118 f. 
Paul  WeizsäcJcer,  P.s  Gemälde  zu  Delphi  S.  39. 


beiden  Goldringen  zu  Paris  (im  Louvre  und  im  so  49  f.  63  f.  Hitzig- Blümner  3,  787  f.  Franz  Mül- 


Cab.  des  med.)  und  auf  den  beiden  kleinen  Am- 
phort'n  zu  Paris  und  zu  Brüssel,  unt.  nr.  9/12. 
—  3)  In  einer  von  den  Knidiern  zu  Delphi  ge- 
stifteten Gruppe  w^aren  (außer  Triopas,  dem 
Ktisten  von  Knidos,  neben  seinem  Pferd)  Apoll 
und  Artemis  dargestellt,  im  Beisein  der  Leto 
ihre  Pfeile  abschießend  auf  Tityos,  der  an  ver- 
schiedenen Stellen  seines  Körpers  bereits  auch 
verwundet  war,  Paus.  10,  11,  1.    Den  Haupt- 


ler,  B.  ant.  Od.-lUustrationen  112  usf.  Daß  bei 
einer  so  figurenreichen  Komposition  der  Maler 
verzichtet  hätte  auf  die  für  rasches  Erkennen, 
klares  Verständnis  nötigen  Merkmale,  wie  das 
beim  Tityos  die  die  Strafe  vollziehenden  Geier 
sind,  ist  kaum  denkbar:  6  %oXa^6iievog  hi,  von 
Weizsäcker  zu  Ehren  gezogen,  müßte  konjiziert 
werden,  wenn  es  nicht  überliefert  wäre.  Das 
ä^v&QOv    dürfte    als   Farbbezeichnung   zu   ver- 


stein    der    Basis    dieses    Knidieranathems    hat  40  stehen  sein :  des  Tityos  Hautfarbe  war  wie  das 


H.  Pomtow  ermittelt  in  dem  120  Zentner  schwe- 
ren Block,  dem  riesigsten  zu  Delphi,  mit  der 
Weihinschrift:  Kvidtoi  x&i  knoXXcovi  |  ccTto  röjx 
TCoXsiiicov  ds'ndrccv  und  mit  den  Einlaßspuren 
von  der  Kolossalfigur  des  Triopas;  nach  der 
Inschrift  rückt  Pomtoic  das  Denkmal  hinunter 
in  die  Jahre  386/79  v.  Chr.,  die  paar  Jahre,  da 
Knidos  autonom  war,  Pomtoic,  Delphica  2,  14 
{Berl  phil.  Wschr.  1909,  187).  Hitzig-Blümner , 
Pau^.  3,  691  f.  Vgl.  unt.  nr.  7.  —  4)  Unter  den  5o 
GxvloTCLv äy.ia  (Säulen- Relief bildern),  die  den 
Tempel  der  ApoUonis,  der  Mutter  Eumenes'  II. 
und  Attalos'  IL,  zu  Kyzikos  schmückten,  stellte 
das  14.  Tityos  dar,  wie  er  von  Apoll  und  Ar- 
temis beschossen  wird,  nachdem  er  der  Leto 
Gewalt  anzutun  sich  erdreistet;  das  darauf  be- 
zügliche Epigramm  weist  bereits  auch  auf  die 
Strafe  in  der  Unterwelt  hin,  Epigr.  Cyzic,  Anth. 
P.  3,14.    Klein,  Gesch.  d.  gr.  K.  3, 137  ff.  (139). 


Aussehen  der  Fische  im  Acheron  {Paus.  10, 
28,  1)  äyLvÖQÖ?,  wahrscheinlich  grau  {Bobert, 
Nek.  28.  63.  Hitzig-Blümner  a.  a.  0.),  und  das 
ovds  6X6%XriQov  legt  in  der  Tat  den  Gedanken 
nahe  an  unvollständige  Darstellung,  daß  näm- 
lich Polygnot  hier  sein  beliebtes  Mittel  ange- 
wendet habe,  einen  Teil  der  Figur  durch  eine 
Terrainwelle  zu  verdecken,  Bobert,  Nek.  63. 
Marath.  96.    Vgl.  unt.  nr.  23. 

B.  Erhaltene  Kunstdenkmäler.  Drei 
verschiedene  Szenen  führen  uns  die  Denkmäler 
vor,  vereinzelt  des  Tityos  Attentat  auf  Leto, 
in  zahlreichen  Beispielen  seine  Bestrafung  durch 
die  Letoiden,  vereinzelt  wieder  den  Büßer  in 
der  Unterwelt. 

a)  ""Die  Untat  des  Tityos  selbst  stellt  bis 
jetzt  nur  eine  Vase  dar'  {Furiw.),  nämlich 
(>)  die  rf.  Amphora  aus  Vulci,  aus  S.  Beugnot 
im    Louvre,   in   der   Art   des  Euthymides,    De 


5)  In  Polygnots  Nekyia  in  der  Lesche  der  60  Witte,  Cat.  Beugnot  nr.  4;  Ann.  d.i.  17  (1845), 


Knidier  zu  Delphi  war  auch  Tityos  gemalt, 
der  noch  gestraft  wiid  (6  xoXa^onsvog  hi  nach 
dem  Leidensis  La,  ov  xoXcc^ousvog  hi  ^der  nicht 
mehr  gestraft  wird'  nach  den  übrigen  Hand- 
schr.),  aber  zufolge  der  Ewigkeit  der  Strafe 
schon  ganz  abgezehrt  ist,  ein  nebelhaft  undeut- 
liches und  nicht  einmal  vollständiges  Schatten- 
bild, Paus.  10,  29,  3,  wozu  besonders  C.  Bobert, 


401.  3.  Gerhard,  Auserl.  Vasenb.  T.  22.  0.  Jahn, 
Arch.  Aufs.  130:  Einl.  z.  "Beschr.  d.  Vasens.  K. 
Ludwigs'  S.  CXVII A.  850.  Elite  2,  166/68  T.  56. 
Overbeck,  Ap.  S.  63,  16.  386  f.,  4  T.  23,4  (dar- 
nach unsere  Abb.  1).  CIG  7421.  Klein,  Mei- 
stersig.  191 ;  Lieblingsinschr.^l22t.  Kretschmer, 
Vaseninschr.  197  f.  Beinach  2,  26,  4.  Furtw.- 
Beichh.  277.    Dargestellt  ist  des  Tityos  Angriff 


1043 


Tityos 


Tityos 


S)  Zwitohen  Leto  (?)  und  Hennet  Tityot,  von  Apoll  and  Artemii  rerfolgt,  vor  Tityos  Qe, 
tf.  Amphon  im  LoaTre  (nftoh  Oeerbeck  a.  a.  O.  T.  S3.  S). 


1044 

Darstellung  voa  Ti- 
tyos' Tod  im  Fries 
der  einen  Schmal- 
seite des  Siphnier- 
Schat/.haüses  zu 
Delphi,  nach  Ver- 
mutung Ri((l.  He- 
berdeys,  Ath.  Mitt. 
34  (1009),  159  ff. 
T.6.3f.,vgl.2iom7- 
les  de  Delphis  4,  pl. 
7/8  (f.  die  vom  Wa- 
gen steigende  Uöt- 
tin).  27,  1  (f.  d. 
Tityoskopf).  Zu- 
nächst wird  die 
vom    Wagen    stei- 


auf  Leto,  der  ihre  Kinder  zu  Hilfe  eilen,  gende  Göttin  erklärt  als  Artemis,  im  Begriff, 
und  zwar  ist  'Tityos'  Frevel  regelrecht  nach  nach  r.  den  Pfeil  vom  Bogen  zu  schnellen 
dem  Schema  des  Liebesraubes  oder  der  Lie-  20  (T.  5,3,  S.  169  f.).    Dazu  der  Kopf  eines  wilden 


bes Werbung  gebildet:  Tityos  umfaßt  Leto  und 
trägt  sie  davon,  Apoll  kommt  und  will  ihn 
hindern'  {Furiw),  vgl.  dazu  Theseus  mit  Ko- 
rone,  Gerhard,  Äuserks.  Fow.  T.  168.  Reinach 
2,84,11,  auch  Peleus-Thetis- Darstellungen  0. 
Bd.  6,  Sp.  787  f.  In  der  Mitte  der  Komposition 
hält  der  nackte,  bekränzte,  bärtige  Tityos  (er 
allein  ohne  Beischrift)  die  vom  Boden  gehobene 
Leto  {Ahzovg)  um  die  Hüften  geschlungen,  um 


Ungeheuers  (T.  5,4,  S.  160  f.)  mit  struppig  an 
Stirn  und  Schläfen  sich  sträubendem,  in  lan- 
gen Strähnen  in  den  Nacken  fallendem  Haar, 
starkem  Backen-  und  Schnurrbart,  wulstigen 
Lippen  und  großen,  runden  Augen;  ein  Pfeil 
ist  von  1.  dem  Unhold  tief  in  die  Schläfe  ge- 
drungen; der  zähnefletschende  Mund,  die  unter 
hochgezogenen  Brauen  vorquellenden  Augen  und 
die  krankhaft  gerunzelte  Stirn  malen  in  reali- 


sie  rechtshin  davonzutragen.    Die  Göttin,  voll-  30  stischer    Anschaulichkeit    seinen   Todeskampf. 


bekleidet,  hat  die  R.  zur  Stirn  erhoben  mit 
Gewandstück  (offenbar  eine  Gebärde  der  Scham- 
haftigkeit),  mit  der  L.  sucht  sie  sich  freizu- 
machen. Von  1.  packt  Apoll  {AnoXXov)^  nackt 
bis  auf  den  Mantel  über  dem  1.  Oberarm  (l. 
oben  hinter  ihm  raumfüllend  Köcher  und  Bo- 
gen), mit  der  R.  den  Räuber  {'raptor''  Hör.  od. 
4,  6,  2)  am  r.  Ellbogen,  mit  der  L.  faßt  er  Leto 
am  erhobenen  r.  Unterarm;  Artemis   dagegen 


Apoll  dürfte  mit  einem  zweiten  Viergespann 
den  Anfang  der  Darstellung  eingenommen  haben ; 
dann  kommt  Leto  (deren  Kopf  Heberdey  mit 
allem  Vorbehalt  vermutet  in  dem  Fragment 
S.  162  Abb.  2,  s.  Z.  von  Conze  veröffentlicht 
Ann.  33,  1861,  65  t.  d'agg.  E  2,  dann  auch  von 
Homolle  herangezogen)  an  den  gebührenden 
Platz  1.  neben  dem  den  Abschluß  bildenden 
(rechtshin  zusammenbrechenden)  Tityos,  wo  sie 


naht  von  r.,  vollbekleidet,  mit  Bogen  und  Pfeil  40  gut  den  Raum  über  dessen  lang  hingestrecktem 


in  der  L.,  die  R.  erhoben  mit  Gestus  der  Über- 
raschung. Das  beigeschriebene  Aidog  wollte 
Jahn  ergänzen  zu  k[Qxfii\idog\  dem  steht  ent- 
gegen De  Wittes  Versicherung,  die  Inschrift  sei 
zweifellos  und  vollständig,  und  so  scheint  denn 
Artemis  'hier  als  AlSöag  bezeichnet,  wohl  nicht 
ohne  Rücksicht  auf  die  Gewalttat,  die  sie,  die 
Schützerin  von  Zucht  und  Ehre,  verhindert', 
Kretschmer  a.  a.  0.,  der  u.  a.  hinweist  auf  Eur 


Unterkörper  füllt,  ihren  Kindern  zustrebend, 
vielleicht  noch  vom  r.  Arm  ihres  Räubers  um- 
schlungen, während  dessen  L.  am  Boden  Stütze 
sucht;  zwischen  ihr  und  Artemis  ein  lokal- 
andeutender Palmbaum.  Selbst  dem  auf  dem 
aufgebogenen  Deichselende  sitzenden  Vogel 
schreibt  Heberdey  Bedeutung  zu,  etwa  als  Par- 
allelerscheinung zum  Raben  der  Koronislegende 
(0.  Bd.  2,  Sp.  1388, 12  ff.) :  durch  einen  Vogel  vom 


Hippol.  78,  wo  Aidos  als  Dienerin  der  Artemis  so  Anschlag  auf  die  Mutter  verständigt,   ist  das 


deren  feuchte  Wiesen  pflegt  (dazu  auch  Robert 
Arch.  Herrn.  228  f.),  aus  der  Inschrift  aber  er- 
schließt, 'daß  Aidos  ursprünglich  nur  eine  Eigen- 
schaft der  Göttin  Artemis  selbst  bezeichnete 
und  sich  erst  sekundär  zu  einer  gesonderten 
Persönlichkeit  herausbildete'.  Dafür,  daß  die 
eine  Namensform  im  Nom.  {AnolXov),  die  an- 
dere im  Gen.  (Astovs),  lassen  sich  weitere  Bei- 
spiele beibringen  (vgl.  Overbeck  a.  a.  0.  386  A.  e). 


Geschwisterpaar  zu  Hilfe  geeilt;  noch  vom  Wa- 
gen herab  hat  Apoll  den  rächenden  Pfeil  dem 
Räuber  in  die  Schläfe  gesandt,  die  Schwester 
schickt  sich  eben  an,  seinem  Beispiel  zu  folgen, 
ohne  sich  nur  Zeit  zu  nehmen,  vollends  vom 
Wagen  abzusteigen.  'Dem  Mythos  in  Delphi 
zu  begegnen  kann  um  so  weniger  befremden, 
als  er  in  der  Nähe  von  altersher  lokalisiert  war 
(X  576  ff. ,  s.  0.)  und  im  Heiligtum  selbst  noch 


gleichwohl  wage  ich  die  Vermutung,  es  sei  zu  60  ein  zweites   Mal   in  dem  bekannten   Knidier- 


verbinden  aldojg  Arjzovg,  was  besagen  sollte, 
es  gehe  hier  um  die  'Ehre  der  Leto';  zu  ver- 
gleichen wäre  dann  etwa  das  jr^ötofia  bei  dem 
vor  Athena  niedergesunkenen  Giganten  auf  der 
ef.  Amphora  in  München  nr.  473,  vgl.  Kretschmer 
a.  a.  0.  83, 1  (wo  noch  ähnliche  Beispiele).  122. 
b)  Beschießung  des  Tityos.  Im  An- 
schluß an  nr.  3    stelle  ich  hier  voran    7)  die 


Anathem  {Paus.  10,  11,  1,  o.  nr.  3)  vertreten  ist' 
(S.  161).  In  dem  bisherigen  Aufbau  des  Knidier- 
Schatzhauses  glaubt  Heberdey  (S.  164  f.)  den 
Skulpturenschmuck  dreier  Bauwerke  vereinigt; 
an  zweiter  Stelle  aber  konstatiert  er  ein  dem 
ersten  stilistisch  wie  auch  wohl  zeitlich  nahe- 
stehendes Gebäude,  in  dem  mit  Zuversicht  der 
Thesauros  der  Siphnier  zu  erkennen  ist,   mit^ 


1045 

Fries,  von  dessen 
Darstellungen  die  jo 
einer  Lang-  und  einer 
Schmalseite  auf  Leu- 
kippidenraub  un(i 
Tityos'  Tod  zu  deu- 
ten, die  der  beiden 
anderen  unklar  «ind. 
—  Im  weiteren  bilde 
derNamensbeiscbrif- 
ten  wegen  den  Aus- 
gangspunkt 8)  die  sf. 
Amphora  aus  Caere, 


Tityos 


Tityos 


1046 


:i)   Vert'olguug  des  Tityo»  ^uubst  Mutter)  durch  Apuilou,  Hf.  Amphora  in  dür  Bibl.  uat. 
zu  Paris  (nach  Luyne»,  Deicr.  6). 


aus  S.  Campana  im  Louvre ,  mittleren  Stils, 
also  etwa  dem  2.  Drittel  des  6.  Jahrh.s  zu- 
gehörig, Prelhr  a.  a.  0.  40.  43  T.  10, 1.  Hey- 
dcmann,  Ath.  Mut.  8  (1883),  286  f.  Loeschcke 
a.  a.  0.  2771".  Dumont-  Chaplain-  Pottier,  Les 
ceram.  de  la  Grt'ce  pr.  1,325  f.   400  f.    Overbeck 


zipfel  hält,  —  10)  Altionische  sf.  Vase  aus 
Caere,  aus  S.  Ravestein  im  Museum  zu  Brüssel, 
Cat.  du  Musee  de  Ravestein  n.  223  (wo  Tityos 
und  Ge  als  Inder  erklärt  sind).  Furtwängler 
a.  a.  0.  Der  fliehende  Tityos  und  die  Ge  sind 
analog  gegeben  wie  auf  der  Pariser  Amphora, 


,39  C.    384  f.  ,2    T.  23 ,  2  (darnach  uns.  Abb.  2).  20  ebenso   Apoll    im    kurzen   Chiton   und    bogen- 


Holwerda,  Ärch.  Jb.  5  (1890),  249,  61.  Kretsch- 
mer,  Vaseninschr.  204.  lieinach  1,  244,  3  f.  Pot- 
tier, Vases  ant.  du  Louvre  2,  80,  E  864.  Müller- 
Wies.-Graef  S.  317  T.  26,4.  Zwischen  Leto(?) 
1.  und  Hermes  r.  (""den  Beschauer  an  die  Jlo? 
ßovXrj  mahnend,  die  sich  auch  hier  vollzieht') 
Artemis  und  Apoll  im  Knielaufschema  mit  ge- 
spanntem Bogen  den  Tityos  verfolgend;  zwi- 
schen den  Verfolgern  und  Tityos  dessen  Mutter 


schießend;  aber  nicht  zu  Wagen,  und  ihm  folgt 
noch  Artemis  in  weißer  Haube  und  kurzem 
bis  zu  den  Knieen  reichendem  Chiton,  gleich- 
falls schießend,  nicht  fehlt  zwischen  Apoll  und 
Tityos  der  Hund,  der  gegen  den  Riesen  an- 
springt; Dekoration  und  Stil  sind  dieselben 
wie  beim  Pariser  Ex.  (nr.  9).  —  11)  Altioni- 
scher Goldring  aus  Etrurien  (daher  auch  als 
"^etrusk.  Goldring  archaischen  Stils'  bezeichnet), 


Ge,   alle   außer  Leto   durch   Namensbeischrift  30  ein  Prachtstück  der  früheren  S.  Campana  (Bild - 


bezeichnet.  Tityos,  bärtig  und  nackt,  ein  am 
ganzen  Leib  zottiger  Mann,  ist  gleichfalls  im 
Knielaufschema  gegeben  nach  r.  fliehend;  Mut- 
ter und  Sohn  erheben  gnadeheischend  die  R. 
Wahrscheinlich  ist  TITVO^  zu  lesen,  nicht 
TITV/ON,  vgl.  Kretschmer  a.  a.  0.  101,83  über 
die  Stellung  des  Sigma,  mit  der  es  die  Vasen- 
maler weniger  genau  nahmen  als  die  Stein- 
metzen. —  Sodann  vier  altionische  Denkmäler, 


fläche  3  cm  lang),  jetzt  im  Louvre,  E.  Braun, 
Ann.  14  (1842),  222  ff.  t  d'agg.  ü.  Ooerbeck  40 
A.  c  (l).  Müller -Wies. -Graef  S.  318  T.  26,  5. 
Furtwängler  a.  a.  0.  F.  57.  Die  Darstellung  ent- 
spricht im  wesentlichen  wieder  der  von  nr.  9, 
vor  allem  aber  fehlt  der  Greif  hinter  Apoll, 
der  hier  nackt  erscheint;  ferner  hat  er  dem 
Tityos  bereits  zwei  Pfeile  in  den  Rücken 
gejagt,  von   denen  dieser  den   oberen  mit  der 


zwei   kleine   Amphoren    und    zwei   Goldringe,  4o  L.  faßt,  wogegen  er  die  R.  wie  abwehrend  dem 


nämlich  9)  kleine  sf.  Amphora  aus  Etrurien, 
aus  S.  Luynes  in  der  Bibl.  Nat.  zu  Paris  (Cab. 
des  med.),  Panofka,  Ann.  1835,  85.  Mon.  2,  18. 
Duc  de  Luynes,  Descr.  de  quelques  vases  gr. 
pl.  6  (darnach  unsere  Abb.  3).  Elite  2,  173  ff. 
T.  59.  F.  Bummler,  Rom.  Mitt.  2  (1887),  174 
n.  9.  Dumont- Chaplain- Pottier  sl.  a.  0.  1,270. 
Ooerbeck  40  0.  A.  b.  Reinach  1,  94,  2.  2,  252,  3. 
Furtwängler,  Ant.  Gemmen  3,  84  f.  F.  59.    Dar- 


neuen Pfeil  entgegenstreckt,  Oberkörper  und 
Kopf  nach  dem  Gespann  zurückwendend;  wei- 
ter 1.  wieder  in  ähnlicher  eiliger  Bewegung 
die  Mutter,  bei  der  Tityos  Schutz  gesucht,  in 
kurzem  Chiton,  hier  von  des  Tityos  r.  Knie 
und  Ellbogen  überschnitten,  so  daß  ihre  L. 
verdeckt  ist.  —  Und  12)  der  altionische  Gold- 
ring aus  S.  Durand  im  Gab.  des  med.  zu  Paris, 
Chabouillet,  Cat.  des  camees  n.  214.    Overbeck  40 


gestellt  ist  die  Verfolgung  des  Tityos  (nebst  50  A.  c  (2).   Furtwängler  F.  58  (in  Vergrößerung), 


Mutter)  durch  ApoUon,  der  jugendlich  un- 
härtig  auf  einem  von  zwei  galoppierenden 
Flügelrossen  linkshin  gezogenen  Wagen  steht, 
vorgebeugt,  im  Begriff,  von  dem  von  seiner 
L.  gehaltenen  gespannten  Bogen  mit  der  R. 
«inen  Pfeil  abzuschießen;  hinter  dem  Gott 
hockt  sein  Greif,  unter  den  Pferden  läuft 
linkshin  ein  Hund.  L.  von  den  Pferden  flieht 
in    großer   Gestalt  (wie    schon   der  Raum  mit 


eine  kleinere  Replik  von  nr.  11,  die  indes  den 
fliehenden  Tityos  (wie  es  scheint,  einen  Stein 
erhebend)  allein  zeigt,  ohne  die  Mutter,  ander- 
seits hinter  Apoll  einen  Jüngling  mit  Schwert 
und  Lanze  beigefügt.  —  Weiter  Bruchstücke 
sf.  Vasen  von  der  athenischen  Akropolis:  13)  sf. 
Vasenscherbe  von  der  Akropolis  im  Akropolis- 
mus.  zu  Athen,  {Mylonas)  Eph.  arch.  1883,  53  ff. 
7t.  3.    Heydemann,   Ath.   Mitt.   8,   1883,   286  f. 


sich  brachte)   ein  nackter  bärtiger  Mann  mit  60  Loeschcke  a.  a.  0.  278  f.  Dumont-Chaplain-Pot- 


langem  Haar,  im  Rücken  bereits  von  einem 
Pfeil  getroffen,  den  er  mit  der  L.  herauszuziehen 
sucht;  den  Kopf  wendet  er  zurück  nach  dem 
Verfolger,  die  R.  hält  er  vorgestreckt.  Vor 
ihm  eilt  gleichfalls  nach  1.  eine  bekleidete 
weibliche  Gestalt,  die  gleichfalls  den  (mit 
Haube  bedeckten)  Kopf  zurückwendet,  die  R. 
erhebt,  wogegen  sie  mit  der  L.  einen  Gewand- 


tier  1,322  A.  2.  Overbeck  39  B.  383,1  T.  19,8 
(darnach  unsere  Abb.  4).  Reinach  1,  505,  2. 
Hitzig -Blümner,  Paus.  1,  826.  Die  richtige 
Deutung  hat  zuerst  Heydemann  gegeben,  nur 
ist  neben  Tityos  nicht  Leto,  sondern  Ge  zu 
erkennen  und  die  Vase  nicht  erst  um  500 
V.  Chr.  zu  datieren,  sondern  erheblich  früher 
(die    Stickereien    am    Gewand    der    Ge    z.  B. 


1047 


Tityos 


Tityos 


1048 


haben  ihre  Analogien  an  der  Fran9oi8va8e). 
Apoll,  etwa  zur  Hälfte  erhalten,  behelmt  und 
wie  68  scheint  gepanzert,  den  Köcher  voll 
Pfeile  an  der  Seite,  verfolgt  von  1.  den  Tityos 


4)  Apoll  und  Artemi«  verfolgen  Tltyo«  und  Ge, 

tf.  Scherbe  von  der  Akropolis  im  Akropolismna 

(nach  Ottrbeck  ».  a.  O.  T.  19,  8). 

mit  gespanntem'  Bogen;  ihn  begleitet,  gleich-  30 
falls  bogenschießend,  Artemis,  von  der  jedoch 
(im  Vordergrund)  bloß  noch  der  eine  Arm  mit 
dem  vorgestreckten  Bogen  und  ein  Stück  des 
pfeilstrotzenden  Köchers  zu  sehen  ist  (durch 
aufgetragenes  Weiß  sind  die  beiden  weiblichen 
von  den  männlichen  Gestalten  unterschieden). 
Fast  vollständig  erhalten  ist  die  Gruppe  des 
Tityos  und  der  zweiten  Frauenfigur  in  dem 
stickereigeschmuckten  Gewand,  die  den  nackten 
Tityos  zum  größeren  Teil  verdeckt  und  gegen  40 
die  herandringenden  Götter  wie  abwehrend  die 
R.  erhebt,  während  am  vorgestreckten  1.  Arm 
Tityos  sie  hält.  Namentlich  nach  Maßgabe  der 
sf.  Amphora  nr.  8  (wo  ja  die  Namenabeischrift 
AE  nicht  etwa  Ari[rc6  zu  ergänzen,  sondern  Fi) 
zu  lesen)  ist  diese  weibliche  Gestalt  mit  Sicher- 
heit als  Ge  zu  deuten,  des  Tityos  Mutter,  zu 
der  dieser  gefluchtet  ist,  hinter  der  er  sich  zu 
bergen  trachtet:  Tityos  sucht  Hilfe  und  Kraft 
bei  der  Mutter  Erde,  und  gewiß  ist  dies  ein 
alter  volkstumlicher  Sagenzug,  daß  die  Söhne 
der  Erde  durch  Erfassen  der  Mutter  und  Fest- 
halten an  ihr  die  Lebenskraft  sich  erneuen; 
auch  von  anderen  Erdriesen  her  kennen  wir 
dies  Motiv,  zumal  von  Alkyoneus,  von  dem  es 
übertragen  ward  auf  Antaios  (s.  z.  B,  Lucan. 
Phars.  4,  598/600),  vgl.  Waser  'Gig.'  bei  Pauly- 
Wissowa  Suppl.  3,  659,  12  ff.  —  Und  14)  sf. 
Vasenfragment  von  der  Akropolis,  BotJio  Graef, 
Akrop.-Vasen  H.  1  (1909),  76  T.  39  nr.  631b. 
Es  sind  drei  Teilstücke  von  der  Schulter  eines 
sf.  Gefäßes,  von  denen  a)  vermutlich  Nike  und 
Zeus  in  der  Gigantomachie,  b)  vermutlich  den 
vom  Pfeil  des  Apollon  getroffenen  Tityos  zeigt 
mit  Ge,  c)  technisch  durchaus  zugehörig,  in- 
haltlich aber  schwer  mit  a)  und  b)  zu  verbin- 
den ist.  Tityos  ist  bärtig,  nackt  (dabei  die 
Schamhaare  weit  hinaufreichend,  die  Behaarung 


an  den  Hoden  durch  gravierte  Punkte  ange- 
deutet), nach  r.  fliehend  (im  Kuielauf8chema\ 
linkshin  zurückblickend;  die  Arme  sind  ent- 
sprechend bewegt,  die  L.  ist  erhoben,  die  K. 
greift  zurück  und  faßt  den  im  Rücken  stecken- 
den Pfeil ;  r.  Ge  bekleidet,  die  R.  auf  des  Soh- 
nes r.  Schulter  legend,  die  L.  vorstreckend.  — 
Auf  Grund  dieser  sf.  Vasenbilder  wird  man 
sich  vorstellen   können,  wie   derselbe  Gegien- 

10  stand  am  amyklaiischen  Thron  (o.  nr.  2)  ver- 
anschaulicht war;  eher  aber  hat  man  sich  hie- 
für an  die  altionischen  als  an  die  altattischen 
Darstellungen  zu  halten.  —  Ferner  sechs  rf. 
Vasen,  nämlich  15)  die  rf.  Amphora  aus  Caere» 
aus  S.  Campana  im  Louvre,  Preller  a.a.O.  40 
T.  10,  2.  Arch.  Ztg.  17  (1859),  104*.  Overbeck  63, 
18.  390  f.,  9  T.  23,  5  (darnach  unsere  Abb.  6). 
Kretschmer,  Vaseninschr.  'J04.  Reinach  1,  244, 
5 f.  0.  Bd.  2,  Sp.  2649,  19  ff.    Apoll  {AnoXXov), 

20  jugendlich  unbärtig  im  kurzen  Chiton  mit 
Mantel  über  dem  1.  Unterarm,  mit  hohen 
Stiefeln,  mit  Lorbeerkranz  im  langen  Haar, 
mit  Bogen  in  der  vorgehaltenen  L.  und  mit 
Schwert  in  der  gesenkten  R.,  dringt  ein  auf 
den  nackten  bärtigen  Riesen  TU  VAS,  den 
er  bereits  mit  einem  Pfeil  im  Rücken  getroffen, 
der,  aufs  1.  Knie  niedergesunken,  mit  der  R. 
über  die  Schulter  zurückgreift,  um  den  Pfeil 
herauszuziehen,  die  L.  gnadeheischend  gegen 
Apoll  vorgestreckt  hält;  hinter  Apoll  folgt  eine 
königliche  Frauengestalt  rechtshin,  mit  der  L. 
das  Gewand  lüftend,  die  R.  erhebend  mit  be- 
dauernder Gebärde,  MsXoaa  (=  MiXovaa)^  nach 
Preller  und  Overbeck  die  'Hochgeehrte',  Leto 
nach  gewöhnlicher  Annahme,  vielleicht  aber 
auch  dies  die  Ge  (von  ihr  abgedrängt  fällt 
Tityos).  Das  Schwert  schwingt  Apollon  wie  in 
der  Gigantomachie,  so  nicht  selten  gegen  Ti- 
tyos (zu  dieser  nr.  15  vgl.  nr.  16.  18 f.;  in  der 
Scheide  trägt  er  es  K.-D.  8.  17),  vielleicht  eben 
als  derXQvöäoQog  (z.  B.  //.  5,  509.  15,  256)  oder 
XgvaäojQ  'der  mit  dem  goldenen  Schwert',  was 
seit  alters  ein  besonderes  Epithet  des  Gottes, 
8.  0.  Bd.  1,  Sp.  900,  44 ff.  Overbeck  a.  a.  0.  388. 
Preller-Boberij  Gr.  M.  1,290,5.  Pauly-Wissowa 
3,  2484,  67  ff'.  Gruppe,  Gr.  M.  1239,  7.  1253, 1 .  — 
16)  rf.  Pelike  (Stilstufe  des  Duris)  aus  Cometo 
im  Berliner  Antiquarium  {Inv.  8189),  h.  0,33  m. 


5)  Apoll  uud  Tityos,  1.  Melosa  (=  Ge  ?),  rf.  Amphora 
im  Louvre  (nach  Overbeck  a.  a.  O.  T.  23,  5). 


1049 


Tityos 


Tityos 


1050 


(Figurenhöhe     0,205    m), 
FurUränfjh'v,  Arcfi.  Anz. 
18U2,  lOÖf.     Kretschmir, 
Vaseninschr.  204:   Tityos 
(TITVS),  von  vier  Pfeilen      ^ 
beschossen,  ist  ins  r.  Knie 
gesunken    und   ist   entsetzt    über 
den   mit  weiten  Schritten  heran- 
stiirmenden    Apoll,    der   mit    ge- 
schwungenem    einschneidigem 
Schlachtmesser   auf  ihn   losgeht; 
Tityos  hat  ein  geflecktes  Fell  um- 
geknüpft,  Apoll  trügt  kurzen  Chi- 
ton und  Stiefel   bis  an  die  Knie, 
in  der  L.  den  Bogen.  —  17)  Die 
prächtige  Amphora  streng  rf.  Stils 
aus   Vulci    im    Brit.  Museum,    h. 
0,497  m.  {Cat  3,206,  K278),  hi- 

(jhirami,    Vasi    fitt.  45,      MÜlingen     6)  Apollon,  Tityos  and  Ge,  rf.  Krater  im  Louvre  (nach  Overbeck  a  a.  O.  T.  28,6). 

a.    a.    0.   228/30    z.    Mon.    1,   23. 


T.  23,3.  Müller -Wies.- Graef  S.  319  f.  T.  26,7. 
Elite  2,162/66  T.  55.  Overbeck  63,19.  387  f.,  5 
Reinach  1,  70,  1.  Furtic  an  gier -B  eichhold  1,  277. 
Auf  der  Vorderseite  Apoll  nach  r.  schreitend, 
bloß  mit  Chlamys  über  Schultern  und  1.  Unter- 
arm, mit  Schwert  an  der  1.  Hüfte,  mit  Bogen 


sind,  mit  struppigem  Bart,  ist  im  Entweichen 
begriffen  nach  r.  auf  eine  Palme  zu  und  streckt 
die  R.  wie  abwehrend  oder  um  Schonung  bit- 
tend gegen  Apollon  aus,  während  er  mit  der 
L.  die  gleichfalls  nach  r.  fliehende  Frauen- 
gestalt bei  der  l.  Hüfte  umfaßt,  wiederum  Schutz 


in  der  vorgestreckten  L.,  im  Begriff,  mit  den  30  und  neue  Kraft  suchend  bei  seiner  Mutter.  Diese 


zierlich  gespreizten  Fingern  der  H.  dem  Köcher 
einen  Pfeil  zu  entnehmen,  um  ihn  auf  Tityos 
abzuschießen;  auf  der  Rückseite  die  Gruppe 
des  Tityos  mit  seiner  Mutter.  Bereits  von  zwei 
Pfeilen  getroffen,  ist  Tityos  aufs  1.  Knie  ge- 
sunken, nackt  bis  auf  den  vom  Hals  in  den 
Rücken  fallenden  Mantel  und  unbewehrt;  sein 
Haar  wird  durch  eine  Binde  gehalten  und  ist 
hinten  wie   das   des  Apoll  in   einen  y.Q(o§vXos 


im  langen  Gewand  wendet  den  Kopf  dem  Apol- 
lon zu,  hält  auch  die  R.  (wie  Tityos)  linkshin 
ausgestreckt,  mit  der  L.  hebt  sie  einen  Ge- 
wandzipfel empor;  drei  Pfeile  stecken  in  einer 
auf  ihrer  r.  Schulter  befestigten  Platte:  soll 
diese  darauf  hindeuten,  daß  die  Göttin  unver- 
wundbar? —  19)  Die  großartige  rf.  Schale  aus 
Vulci,  aus  S.  Canino  zu  München,  im  Fresko- 
stil   der  Mtinchner    Penthesileiaschale    (Furt- 


zusammengefaßt;  mit  matter  Gebärde  versucht  40  wängler-Bcichhold  T.  6),  Gerhard,  Trivksch.  T. 


er  die  R.  gegen  Apoll  zu  erheben,  während 
seine  L.  am  Körj^er  einer  hinter  ihm  stehenden 
Frauengestalt  aufliegt  dicht  unter  der  r.  Brust; 
diese,  in  eiliger  Bewegung  nach  r.,  blickt  auf 
Apoll  zurück,  mit  der  R.  ihr  schleppendes  Ge- 
wand, mit  der  erhobenen  L.  den  Schleier  he- 
bend. Die  Deutung  dieser  Figur  ist  kontrovers : 
wurde  sie  früher  allgemein  als  Leto  bezeichnet, 
die  dem  Tityos,  der  sie  bereits  an  der  Brust 
gepackt,  zu  entfliehen  sucht,  hat  der  Umstand, 
daß  gelegentlich  (s.  nr.  8)  die  Ge  bei  Tityos 
inschriftlich  beglaubigt  ist,  Overbeck  veranlaßt. 


C  1/3.  Jahn,  Münch.  Vasens  134  f.,  402.  Overbeck 
63,21.  389,7  T.  23,  8.  Furtwängler-H eichhold 
1,276/78  T.  55  (darnach  unsere  Abb.  7.  Von 
1.  stürmt  Apoll  heran,  ein  herrlicher  Götter- 
jüngling, in  der  R.  das  Schwert,  in  der  L. 
Bogen  und  Pfeile;  vor  ihm  ist  Tityos  in 
die  Knie  gesunken,  und  beide  Arme  erhebt  er 
flehend  zu  dem  zürnenden  Gott,  vor  dem  auch 
des  Erdriesen  Mutter  flieht^  die  gewaltige  Ge, 
die,  nach  Apollon  umblickend,  mit  der  L,  das 
Gewand  hebt,  mit  der  R.  das  Kopituch  empor- 
zieht.  —  Endlich    20)    die    rf.    Vase    schönen 


auch  hier  an  Ge  zu   denken,  und  mit  Recht  50  Stils   aus  Agrigent,   s.  Z.  bei   Sam.  Rogers  in 


hat  ihm  gegen  Graef,  der  an  der  früheren 
Deutung  festhalten  wollte,  Furtwängler  bei- 
gestimmt. —  18)  Der  vorzügliche  rip.  Krater 
aus  Caere,  aus  S.  Campana  im  Louvre,  Preller 
a.  a.  0.  44  T.  11.  Overbeck  63,  17.  .^88  f.,  6 
T.  23,  6  (darnach  unsere  Abbildung  6).  Beinach 
1,245.  Mmer-Wies.-GraefS.26S.  Furtwängler- 
Beichhold  1,277.  Apoll  {AitoXlov),  jugendlich 
unbärtig  mit   Kranz   im   Haar   (der  Kopftypus 


London,  jetzt  verschollen,  Millingen  a.  a.  0. 
230  f.  t.d'agg.  H.  Elite2,lQS/10T.bl.  Overbeck 
63,  20.  389  f.,  8  T.  23, 7.  Beinach  1,  249,  3.  Furt- 
wängler-Beichhold  1,277,3.  Apoll,  jugendlich 
unbärtig,  nackt  mit  über  den  ausgestreckten 
\.  Arm  niederhangendem  Mantel,  hält  in  der 
vorgestreckten  L.  den  Bogen,  im  Begriff,  mit 
der  R.  den  Pfeil  zu  entsenden;  hinter  ihm  Ar- 
temis gelassen  dastehend  im  langen  Gewand, 


ist  etwa  der  des  Harmodios,  mit  stark   ent-  60  mit  Bogen  in  der  vorgehaltenen  L.,  die  R.  in 


wickeltem  Kinn),  bekleidet  mit  kurzem  gefäl- 
teltem Chiton,  den  Rundköcher  am  Rücken, 
die  L.  vorgestreckt  mit  dem  Bogen,  mit  der 
R.  das  Schwert  schwingend,  dringt  rechtshin, 
nachdem  er  seine  Pfeile  aus  der  Ferne  ent- 
sandt, nun  mit  dem  Schwert  auf  den  Gegner 
ein.  Tityos,  nackt  bis  auf  das  Fell  im  Rücken, 
dessen  Vorderpfoten  unter  dem  Kinn  geknüpft 


die  Hüfte  gestützt.  R.  ist  Tityos  vor  einem 
Lorbeerbäumchen  hingesunken  zu  Füßen  seiner 
Mutter,  die  der  Artemis  entsprechend  im  lan- 
gen Gewand  ruhig  linkshin  steht,  mit  der  vor- 
gehaltenen R.  auf  das  Zepter  gestützt;  Tityos 
aber,  nur  unterwärts  in  ein  weites  Himation 
gehüllt,  mit  der  L.  auf  den  Boden  sich  auf- 
stützend, hat  die  R.  erhoben  mit  Abwehrgebärde. 


1051 


Tityos 


Tityos 


1052 


—  Weiter  zwei  Skarabaien:  21)  Karoeol-Skara- 
baios  aus  Orvieto  zu  Berlin,  Furhcängler,  Arch. 
Ztg.  1886,  162;  Beschr.  d.  geschn.  Steine  im  Ant. 
S.  16  (T.  4  nr.  137);  Ant.  Gemmen  2,38.  3,  100 
T.  8,18.  Overbeck  386,3  F.  21.  Tityos,  ins  r. 
Knie  gesunken,  mit  langem  Haar  und  Bart, 
dicker  Nase,  Band  (oder  Kranz)  um  die  Brust, 
Tersucht  den  Pfeil  herauszuziehen,  der  ihm  in 
der  r.  Hüfte  steckt.    Dieser  pfeilgetroffene  Ti- 


abhän^ig  von  Homer,  allenfalls  auch  darin,  daß 
die  Geier  nicht  auf  beide  Flanken  verteilt  sind. 
—  Zweifelhaft  ist  die  Deutung  auf  Tityos  bei 
zwei  älteren  Denkmälern,  einem  'Inselstein' 
und  dem  Fragment  eines  Toureliefs;  also  24) 
Graugrünlicher  Steatit  im  Brit.  Mus.  (Cat.  nr.  8 1). 
Rev.  arch.  36  (1878),  pl.  20,  2.  1903,  1,  1(56. 
Milchhöf'er,  Anf.  d.  Kunst  S.  80  F.  57.  Wiener 
Vorl.  Ser.  D  9,  6.  Furtirängler,  Arch.  Ztg.  1885, 


tyos  ist  als  Einzelfigur  entlehnt  der  größeren  lo  226.    Staduiczka,  Ath.  Mitt.  11  (1886),  89  f.  92. 


Szene  der  Goldringe  nr.  11  f.,  also  wohl  auch 

altionische  Arbeit;   ähnlich   erscheint   er  (22) 

auf  einem  Skarabaios  aus  Cometo,  von  0.  Boß- 

back  als  Silen  verkannt,  vgl.  Roßbach,  Ann. 

1886,  218  t.  GH  34.   FuHwänaler  a.  a.  0. 
c)  Tityos  als  Büßer  in  der  Unterwelt. 

Zu  der  Darstellung  in  Polygnots  Nekyia  o.  nr.  6 

kommt    28)    der 

Tityos  im  zweiten 
Unterweltsbild 

anter  den  Odys- 
seelandschaften 

vom   Esquilin   in 

der  Vatikan.  Bi- 
bliothek,   Woer- 

mann,    D.    ant. 

Odysseelandsch.  v. 
esquilin.    Hügel 

T.  7  (darnach  o. 

Bd.3.  Sp.  1023f.). 

Bart.  Nogara,  Le 

nozze  Aldobr.,   i 

paes.    con    scene 

ddV  Od.  ecc.p.  49 

1. 12.  26  f.  Heibig, 

Führer^    1,  265, 

414.  Franz  Mül- 
ler, D.ant.Od.-lll. 

114,  R.  unter  dem 

schräg   vorsprin- 
genden   Felsen 

(auf  dessen  Pla- 
teau man    Orion 

jagen   und   Sisy- 

phos    den    Stein 
wälzen     sieht , 

während  im  Vor- 
dergrund   fünf 

Danaiden    zu    erkennen    sind)    liegt    auf    dem 


7)  Apollon,  Tityos  und  Ge,  rf.  Schale  zu  München  (nach  Furtwängler- 
Rcichhold,  Gr.  lutenm.  T.  55). 


Hub.  Schmidt,  Obsero.  arch.  in  carm.  Hesiodea, 
Diss.  Hai  12,  126.  Preller  -  Robert ,  Gr.  M.  1, 
822,1.  Furttcängler,  Ant.  Gemmen  2,24.  8,73 
T.  6,34:  ein  nackter  Mann  liegt  ausgestreckt 
und  wird  von  einem  Geier  zerfleischt.  'Es  ist 
im  Kreise  dieser  Gemmen  wahrscheinlicher,  daß 
die  Figur  der  Sage  als  daß  ein  beliebiger  <len 

Raubvögeln  hin- 
geworfener Leich- 
nam gemeint  ist' 
(Furtwängler).  — 
Und  25)  Relief- 
fragment aus  Ton 
(wohl  Bruchstück 
eines  großen  Ge- 
fäßes) ,  herrüh- 
rend aus  TenoB, 
1883  der  Samm- 
lung der  Archäol. 
Gesellschaft  zu 
Athen  geschenkt, 
br.0,23m,h.0,165, 
Studniczka  a.   a. 

0.  87/92:  ein 
nackter,  bärtiger 
Mann,de8senLeib 
vier  wie  es  scheint 
durch  Eindrücke 
mit  dem  Finger- 
nagel bezeichnete 
Wunden  trägt, 
liegt  leblos  auf 
dem  Boden  und 
wird  durch  einen 
großen  Raubvo- 
gel, der  sieb,  wie 
wohl  der  leicht 
gehobene  Flügel 
andeuten   soll, .  eben  auf  seine    Beine   nieder- 


grünen  Plan    über    dem  Unterweltsstrora    die  m  gelassen  hat,  in  den  Weichen  angehackt.    Wie 


augenfälligste  Figur  in  diesem  Gemälde,  die 
riesige  Gestalt  des  struppig  bärtigen  Tityos, 
nackt,  von  ziegelroter  Hautfarbe;  der  Name  ist 
an  des  Riesen  r.  Seite  auf  dem  Grasboden  in 
weißer  Schrift  beigeschrieben;  zwei  Geier,  mit 
den  Krallen  an  des  Riesen  1.  Seite  festgehakt, 
schlagen  ihre  Schnäbel  in  sein  Fleisch.  Man 
sieht  den  gewaltigen  Körper  in  Verkürzung  mit 
den  Beinen  nach  dem  r.  Bildrand  hin  ausge- 
streckt, die  Beine  gespreizt  mit  Riemen  am  eo 
Boden  befestigt;  dies  ist  wohl  auch  für  die 
Arme  anzunehmen:  gebunden  muß  sein  der  r. 
Arm,  der  steil  aufwärts  gestreckt  ist,  dessen 
Lage  also  unnatürlich,  der  1.  aber  ist  offenbar 
auch  nicht  damit  beschäftigt,  die  Geier  abzu- 
wehren, sonst  sähe  man  ihn  nicht  an  der  1.  Seite 
anliegend,  sondern  mehr  erhoben:  bloß  in  dieser 
geringfügigen  Einzelheit  erscheint  der  Malerun- 


der Stil  durchaus  gleichartig  ist  mit  dem  der 
Dipylonvasen  und  der  diesen  nahestehenden 
Metall-  und  Tonreliefs,  reiht  sich  nach  Stud- 
niczka auch  die  Darstellung  den  durchaus  (V) 
nichtmythologischen  Bildern  des  Dipylonstils 
an,  und  dieses  'Genrebild  (?)  gewinnt  dadurch 
an  Interesse,  daß  der  erschlagene  Krieger, 
den  man  oloivolGi  Öoclxcc  im  Felde  liegen  läßt, 
auch  dem  Epos  eine  geläufige  Vorstellung  ist'. 
—  Des  weiteren  dürfte  bei  dem  bekannten 
Innenbild  der  '  kyrenäischen '  Schale  in  der 
Vatikan.  Vasensammlung  bei  Helbig'^  534  der 
Deutung  auf  Tantalos  (oder  Sisyphos)  und  Ti- 
tyos doch  vorzuziehen  sein  die  auf  die  beiden 
büßenden  Titanen  Atlas  und  Prometheus,  vgl. 
ob.  Bd.  1,  Sp.  709,  18 ff.  Bd.  3,  Sp.  3088 f.,  35 ff. 
Bd.  4,  Sp.  965  Abb.  2.  972,  9  ff.  —  Desgleichen 
scheiden  für  Titvos  besser  aus  drei  rf.  Vasen: 


1053                       Tityos                        '  Tityos                       1054 

die  rf.  Kanne  zu  München  bei  Jahn  nr.  1107,  men  und  den  Unhold  erschießen;  daß  er  nach 
wo  an  Herakles  und  Antaios  zu  denken  ist,  dem  Tode  büßt,  ist  eine  späte  (jedenfalls  spä- 
keinesfalls  an  Apoll  und  Tityos,  wie  Gerhard  tere)  Mmdichtunt?'  {WilamowUz,  Hom.  Unters. 
meinte,  Äuserl.  Vas.  ü9f.,  4  (darnach  lieimieh  201).  Daß  im  besonderen  die  Leber  (nnaQ,  ie- 
2,48,8);  ferner  die  rf.  Amphora  aus  Nola,  A7i7<^  2,  cur)  der  leidende  Teil  ist,  erklärt  sich  daraus, 
170/73  T.  58,  wo  der  Gegner  der  Letoiden,  die-  daß  den  Alten  dies  Or<,'an  vorzüj?lich  als  Sitz 
ser  ins  1.  Knie  gesunkene  Jünj^ling  mit  Keule  des  Beji^ehrens,  der  sinnlichen  Bej;fierden  und 
in  der  R.,  mit  Fell  und  pilosartii^er  Pelzmütze,  Leidenschaften  jralt  {Poll.  2, -227.  Serv.  Aen.  6, 
eher  als  der  Jäger  Orion  zu  bezeichnen  ist  denn  5U5.  Myth.  vat.  2,  105.  3,6,5  p.  110,  25  f.  176, 
als  Tityos;  endlich  die  rf.  Amphora  freien  Stils  lo  43  ff.  B.),  und  wie  überhaupt  die  Strafen  in  der 
aus  S.  Campana  im  Louvre,  für  deren  Bild  Unterwelt,  Hißt  sich  die  Bestrafung  des  Tityos 
0.  Eoßbach,  N.  Jahrb.  f.d.  kl.  Ä.  7  {1901],  SSiJ  f.  unter  dem  Gesichtspunkt  der  'Talion',  der 
eine  nicht  just  überzeugende  Deutung  gefunden  Wiedervergeltung  betrachten,  als  diesem  Prinzip 
(■"Die  Abwesenheit  des  Apollon  haben  Misse-  angepaßt:  Tityos  wird  an  der  Leber  gestraft, 
täter,  kräftige  Gestalten,  wie  der  gleichfalls  d.  h.  dem  Teile,  mit  dem  er  gefrevelt,  vgl. 
ihm  feindliche  Sohn  der  Ge,  Tityos,  benützt,  Ä.  Dieterich,  Nekyia  20ijü\  llud.Hirzel,  I).  Ta- 
um  seinen  Tempel  zu  überfallen;  schon  ist  eine  Hon,  Phüol.  Siippl.  11,474;  doch,  meint  Hirzel, 
Säule  niedergeworfen  und  soll  unter  schimjjf-  ""müssen  wir  uns  hüten,  zu  rasch  für  Talion  zu 
liebem  Spott  zertrümmert  werden;  doch  das  halten,  was  einer  späteren  Zeit  so  scheinen 
Verbrechen  ist  nicht  unentdeckt  geblieben •  Leto  20  mochte,  worin  aber  eine  ältere  Zeit  nur  die 
oder  Artemis  oder  vielleicht  auch  eine  Prieste-  ungeheure  Qual  sah,  die  die  Götter  deshalb 
rin  ist  herbeigeeilt,  und  bald  wird  der  Gott  auch  über  Prometheus  verhängten  und  damit 
selbst  erscheinen  und  blutige  Rache  nehmen').  für  Verbrechen,  zu  denen  sie  nicht  mehr  im 
—  Dagegen  sei  noch  daran  erinnert,  daß  26)  der  strengen  Talionsverhältnis  stand'.  Bekannt  ist 
Leto  Gegner  am  Pergamener  Fries,  der  im  all-  die  epikureische  Auffassung  (was  Seneca  ^Epi- 
gemeinen  menschlich  gestaltet  ist,  doch  aus-  cuream  cantilenam^  schilt,  ejnst.  mor.  3,3,18), 
gestattet  mit  krallenartigen  Zehen  und  mit  die  ihren  Niederschlag  gefunden  bei  Lucrez 
Vogelkrallen  statt  der  Hände,  mit  Flügeln  am  8,  984/94,  wozu  Serv.  Aen.  6,  595.  Myth.  vat.  2, 
Rücken,  aus  dem  überdies  an  Stelle  eines  105.  3,  6, 5  p.  110, 22fF.  176,40fiF.  5.,  vgl.  G^rwjjpe, 
Schwanzes  eine  dünne  Schlange  heraus  wächst,  30  Gr.  M.  1018,  2.  Ein  Tityos  (heißt  es  Lucr.  3, 
daß  dieser  "^Vogelgiganf  von  0.  Puchstein  Ti-  992  ff.)  ist  für  uns  hier  (im  Leben)  derjenige, 
tyos  benannt  worden  ist,  s.  o.  B.  2,  Sp.  1980,  den  in  den  Fesseln  der  Liebe  (Hn  amore  ia- 
49 ff.  Waser  hei  Pauly-Wissowa  Suppl.  3,711,  centein^  v.  992  nimmt  wieder  auf  das  ^ Ache- 
-50  ff.  759,  8  ff.  runte  iacenteml  v.  984)  die  Geier  zerfleischen, 
V.  Lokalisierung,  Kult,  Deutung.  Lo-  d.  h.  bange  Herzensbeklemmnis  oder  andere 
kalisiert  wurde  Tityos  beidseitig  des  Euripos,  Kümmernisse  der  begehrlichen  Liebe:  "^ Tityos 
sowohl  auf  Euboia,  wo  'EXccqlov  xv  onr^Xaiov  ist  an  wem  die  Liebe  nagt .  .  .  ,  kurz,  es  erfüllt 
(^nach  des  Tityos  Mutter  Elara'),  ferner  ein  sich  schon  hier  acherusisches  Leben  den  Toren' 
iiQGiOv  xov  T.  xccl  XLiiDci  xLvsg,  Strab.  9,423,  wie  {Lucr.  3,1023)',  Ribbeck,  Rom.  D.  1,282;  ötatt 
auch  in  Boiotien,  und  ^ihre  ältesten  griechi-  40  wie  den  Tityos  in  der  Unterwelt  zwei,  verzeh- 
schen  Kulte  und  Mythen  empfingen  die  mytho-  ren  uns  im  Leben  ihrer  vier  Geier,  Anth.  P. 
logisch  nicht  zu  trennenden  Länder  auf  beiden  11,  377,  3  f.  In  diesem  Sinn  dürfte  auch  Perron. 
Seitendes  Euripos  von  Kreta  aus '(von  wo  Rhada-  frg.  25  Buch,  aus  Fulg.  myth.  2,6(80)  auf  den 
manthys  den  Tityos  auf  Euboia  besucht,  Od.  Geier  des  Tityos  sich  beziehen,  nicht  auf  des 
7,  323f.,  s.  o.),  vgl.  Gruppe,  Gr.  M.  58.  60.  Mit  Prometheus  Adler,  wie  das  schon  Salmasius 
dem  minyischen  Orchomenos  ist  Tityos  ver-  erkannt,  s.  o.  Bapp  Bd.  3,  Sp.  3075,  54 ff.;  mit 
knüpft  durch  seine  Mutter  Elara,  und  auch  im  Douza  wird  statt  handschr.  'tepidi'  zu  schrei- 
nahen Tegyra  erzählte  man  von  Tityos,  Plut.  ben  sein  "^Tityi',  d.  h.  '^voltur .  .  .  \  non  est  quem 
Pelop.  16.  Gruppe  74,13;  die  Namensform  Ti-  Tityi  vocant  poetae,  \  sed  cordis  (^malay,  livor 
tyas  aber  erinnert  an  die  anderen  boiotischen  50  atque  luxus\  wozu  Vomanii  de  interno  livore 
Bildungen  Marsyas,  Minyas,  Phlegyas,  Gruppe  21  ff.  {'est  ales  Tityique  vultur  intus'),  Anth. 
S.  279,  und  wenn  nach  Od.  11,581  Phokis,  im  ZaL  2,  87,  636  i?eese.  Lact.  Firm  7,21,  vgl.  Zin- 
besonderen  Panopeus  der  Schauplatz  ist,  auf  gerle  a.a.O.  63 f.  —  Vom  Standpunkt  der  Mär- 
dem  Tityos  frevelte,  Panopeus,  als  dessen  Herr  chenforschung  aus  schließt  sich  die  Tityosfabel 
Tityos  auftritt  bei  Ephoros  FHG  1 ,  255 ,  70  der  Kategorie  der  Traummärchen  an,  insofern 
{Strab.  9,  p.  422.  Theon.  prog.  4,  p.  95,  23 ff.  als  Qualen  und  Foltern  wie  die,  zu  denen  Ti- 
Spengel)  und  wo  des  Tityos  ungeheures  Grab  tyos  und  Ixion  verurteilt  wurden,  ursprünglich 
(Tlzvov  (ivf]}icc,  Paus.  10,4,5),  so  ist  bezeich-  auch  auf  Martern  der  Träume  zurückgehen 
nend,  daß  die  Bewohner  von  Panopeus  {Tlxvov  mochten,  v.  d.  Leyen,  D.  Märchen  { Wiss.  u.  Bil- 
-jcoXig,  Nonn.  D.  4,  331)  selbst  sich  nicht  als  60  düng  nr.  96)  S.  38  (96)  Bieterich,  Nek.  76 f. 
Phoker,  sondern  als  Phlegyer  ausgaben,  die  Radermacher,  Rh.  M.  1908,  535.  Wenn  aber 
aus  dem  Orchomenischen  ins  Phokerland  ge-  auch  das  Bild  des  den  Geiern  preisgegebenen 
flüchtet  seien,  Paus.  10,  4,  1.  Göttliche  Ver-  Tityos  seine  Wurzel  gehabt  haben  kann  in  alt- 
ehrung  aber  genoß  Tityos  auf  Euboia,  Strab.  persischem  Brauch,  Tote  und  Verbrecher  von 
9,  423 ;  vgl.  Fr.  Pßsfer,  Reliquienkult  im  Altert.  Raubvögeln  zerfleischen  zu  lassen  (wie  dies  für 
(jR.  V.  V.  5)  364.  640.  'Die  einfache  altertüm-  Prometheus  angenommen  wurde,  s.  o.  Bd.  3,  Sp. 
liehe  Sage  (wie  sie  Gegenstand  der  Vasenbil-  3042,  61  ff),  ist  dochÄ  i^emacÄs  rationalistische 
der)  läßt  der  Leto  ihre  Kinder  zu  Hilfe  kom-  Deutung  und  Zurückführung  auf  ein  mißver- 


1055                       Tityroi  Tiv                          1056 

standened  GemiÜde  (Bev.  arch.  1008,  1 ,  166  ff.)  Ebenso  hat  Kaibel,  Nachr.  d.  Ges.  d  Wiss.  Goett. 
abtulehnen,  vgl  Gruppt,  Myth.  IM.  1898/1906,  1901,  490  Ttros,  'Vogel*,  als  Synonym  lür  den 
626.  Badermacher  a.  a  O.  »34  f.  —  Endlich  Phallos  erklärt  (Schal  Pers.  1 ,  20  'a  memiri 
dürfte  bezeichnend  sein,  daß  im  Falle  des  Pro-  ririlis  mapnitudine  dicU  titi*)  und  meint,  die 
metheus  der  Adler  des  Zeus  der  Vollstrecker  Tityroi  hießen  8o  'nicht  gerade  wegen  ihrer 
der  Strafe  ist,  bei  Tityos  hingegen  der  Oeier,  Hocksohren  (J^esyc/»)',  Bondern  wegen  ihrer  Phal- 
wie  denn  Apollon  selbst  gelegentlich  als  Geier  len,  und  spricht  ihnen  sprachliche  Verwandt- 
erscheint, vgl.  den  kn.  Fvnaitvg  auf  dem  Berg  schaft  mit  «len  Satyrn  ab,  wilhrend  sie  Mcm 
Lyssos  bei  Ephesos,  Kon.  36.  Ulr.  Uoefer,  Ko-  Wesen  nach  kaum  von  ihnen  zu  unterscheiden 
non  1^.  101.  Grttppe,  Gr.  M.  1231,2:  vgl.  über  lO  sind*  (498).  Dieser  Auffassung  hat  Wemicke 
die  Beziehungen  dea  Geiers  zum  Totenreich  a.  a.  0.  widersprochen,  der  lediglich  die  Be- 
1^.  H.  Roschtr,  Kynanthropie  (Abh.  d.  Sachs.  deutung  'Bock'  aus  Tityros  und  Satyr  liest 
Ges.  d.  Wiss.  89,8)  68  ff.  82  ff.  [Waser.l  und  —  mit  unzureichenden  Einwänden  —  das 
Tityroi  (TtTvpo»)  nennt  S^rafco  10, 470  unter  ithyphallische  Moment  bestreitet;  vgl.  auch 
den  TTpöxoXot,  ;i;opet;Tat  und  d^sQaTt&vrai  des  Kuhnert  oben  Bd.  4,  Sp.  518—521.  Solmsen  a. 
Dionysos:  Il&vhs  xal  £dxvQoi  xal  T. ,  ähnlich  a.  0.  32  ist  der  ganzen  Frage  eindringlich  nach- 
p.  468:  Jiovvöov  ZftXrivol  te  xai  Zütvqoi  xal  gegangen  Kr  weist  nach,  daß  das  Wort  nicht 
T.  nal  Bcnixai'  xri.,  ebenso  p.  466.  Er  scheint  vor-,  sondern  westgriechisch  ist;  der  Name 
demnach  Satyroi  und  Tityroi  voneinander  zu  Tityros  begegnet  im  Sizilischen:  Ziegenhirt  bei 
trennen,  doch  stellt  er  auch  p.  468  Bakchai,  so  Theokr.  3,2,  Sänger  e//d.  7,72;  Epicharms  Va- 
Lenai,Thyiai  nebeneinander,  die  doch  im  Grunde  ter  bei  Suid.\  nach  Ath.  4, 182d  hieß  bei  den 
das  gleiche  bedeuten.  So  widerspräche  der  Be-  italischen  Doriern  die  Satyrflöte:  ccvXog  xitvqi- 
richt  Strabo^  nicht  der  Möglichkeit,  daß,  wie  vos\  dann  auf  Westkrota  (Vorgebirge);  in  La- 
die  Bakchennamen,  auch  die  der  Satyrn  »»ich  risa  {Titvgtia  yvvälG.  9,2,(538);  in  Tanagra 
nur  lokal  und  dialektisch  unterschieden  (vgl.  {IG.  7,  1444);  aus  Atolien  wird  neben  Tityros 
WernickCy  Heim.  32  [1897J,  2i)5f.).  Wie  die  bei  P/to*.  149,  26  Bekk.  ein  Tityrmos  belegt,. 
Dionysosdienerinnen  in  Elis  0viai  hießen,  so  IG.  2,  3401.  Das  Wort  selbst  läßt  den  alten 
in  Delphi  und  Athen  ffviäifg.  War  Satyroi  der  Stamm  tu  '"schwellen,  strotzen'  erkennen,  eine 
üblichere  Name  für  die  Begleiter  des  (iottes,  Intensivreduplikation  ii,  die  späterhin  durch 
80  nannte  man  sie  dorisch,  bes.  im  Lakonischen  so  'metrischen  Zwang'  gelängt  wird  'Solmsen  36 
Tityroi:  ^Laconum  Hngua  tityrus  dicitur  aries  Anm.),  das  r- Suffix,  das  sich  auch  in  rv-po? 
maior,  qui  gregem  anteire  constievit^  Serv.  Verg.  findet.  So  wäre  nach  Solmsen  Tityros  ein  We- 
ed.  prooem.  (vgl.  Eust.  IL  1157,:^8  2^495:  dco-  sen,  dem  das  Schwellende,  Strotzende  und  — 
Qix&g  Preüer- Robert ,  Schol.  Theokr.  7,72;  Gr.  aufs  Sexuelle  übertragen  —  Geile  eigen  ist,. 
Myth.  1,726.  2).  Nach  dem  Tier  hießen  die  eine  Eigenschaft,  die  auf  den  Bock  wohl  paßt,. 
'Festleiernden,  die  das  Tier  des  Gottes  nach-  während  Satyros  als  ein  Kompositum  ange- 
ahmten, wie  um  diesen  sich  ganz  eigen  zu  sprochen  werden  kann,  bestehend  aus  dem 
machen,  und  suchten  sich  dem  Tier  vermutlich  oben  erklärten  -rvgog  und  der  Silbe  aa:  sie 
auch  durch  eine  Bockshaut  und  andere  Mittel  begegnet  in  einer  Reihe  von  Wörtern,  die 
ähnlich  zu  machen.  Sie  hießen  daher  auch  rl-  40  'Schwanz,  Penis'  bedeuten:  'cui  membrum  tur- 
TVQOi,  Böcke,  wovon  vielleicht  goctvqol  nur  dia-  gef  ist  der  Satyr  {Solmsen  43).  Vgl.  Tityos.  — 
lektisch  verschieden  war,  nicht  nach  einer  Wur-  Zur  Interpretation  des  T.  als  einer  Affenart^ 
zel  bestimmter  Bedeutung,  sondern,  wie  manche  schol.  llieokr.  3,2  (nach  Theophr.  Oh.  5);  vgL 
Wörter,  nur  nach  andeutendem  Klang,  daher  Wemicke  a.  a.  0.  296  Anm.  [Preisendanz.] 
häufig  auch  ^fjQsg,  (pfjQtg\  Welcker,  Gr.  Götter-  Tityros  {Tirvgog)  oder  Tityron.  a)  Vorge- 
lehre  3, 146.  —  Daß  beide  Worte  sich  inhalt-  birge  im  nordwestlichen  Kreta,  Kydonia,  ragt 
lieh  decken,  darüber  sind  sich  die  alten  Er-  'wie  ein  riesiger  Damm  ins  Meer  hinaus',  Aß- 
klärer  wohl  einig,  wie  Schol.  Theokr.  3,  2  rovg  mann,  der  im  Phüol.  67  (1908),  197  Zusammen- 
xQÜyovg  xixvQovg  Xsyovat,  vvv  dh  Övond  iaxiv  hang  des  Wortes  mit  dem  babylonischen  Orts- 
ainölov  (vgl.  Phot.  xixvQidhg  %<xl  T.  xgayov  fldog),  50  namen  oder  der  assyrischen  Bezeichnung  für 
und:  xov  TixvQov  oi  iihv  xvQLovy  ol  öh  Zäxvgov  'Brücke':  Titurru  vermutet;  vgl.  dagegen  die 
ilvui  qpaffi  oder  Ael.  V.  U.  3,  40 :  ol  evyxoQiv-  Erklärung  Solmsena  für  xixvQog  unt.  Tityroi^ 
xöil  ^lovvaov  ZdxvQoi  ryffav,  ol  vn'  ivitov  T.  die  auch  für  den  Bergnamen  zu  Recht  be- 
dvona^öiLivoi.  Kurz  Hesych:  Tixvgog-  üdxvQog.  stehen  kann.  Auf  dem  Berge  stand  nach  Strab. 
Die  Hei leitung  des  Wortes  ist  noch  nicht  klar-  10,479  ein  Diktynnaheiligtum  Diktynnaion; 
gestellt  U.  V.  Wilamowitz,  der,  Griech.  Trag.  :i  s.  weitere  Belege  bei  Preller- Robert,  Gr.  Myth. 
(1906),  6*,  Satyros  und  T.  für  vorgriechische  1,317,2.  Die  Göttin  war  von  Minos  verfolgt 
Wörter  ausgibt,  trennte  früher,  Einl.  in  die  worden.  Maaß,  Griechefi  u.  Semiten  ii'S,  Gruppe^ 
Gr.  Trag.  82*',  die  Stämme  von  Satyros  und  Gr.  Myth.  1388,  7  machen  aus  ihm  willkürlich 
Tityros,  da  beide  Wörter  dorisch  seien,  und  60  den  'Bergesherrn'  und  'lüsternen  Geist'  Tity- 
hält  sie  für  'gleiche  hypokoristische  Bildungen'.  ros,  um  den  Bergnamen  zu  erklären.  —  b)  Aito- 
An  der  üblichen  Deutung  von  T.  als 'Bock' zwei-  Her,  dessen  Tochter  Helena  mit  Achilleus 
feit  er,  pflichtet  dagegen  Buecheler,  Woelffl.  kämpfte  und  ihn  verwundete,  Phot.  bibl.  149, 
Arch.  2, 116  ff.  508  bei,  der  die  phallische  Be-  26  Bekk.     [Preisendanz.] 

deutung  anderer  mit  xi-  gebildeten  Wörter  auf-  Tiv  (tiv)  ist  die  etruskische  Bezeichnung  des- 
gezeigt  hat:  'es  sind  alles  ÖQ^-dwai'  (b.  die  Mondes  und  zweifellos  auch  die  der  Mond- 
Einschränkungen  bei  Solmsen,  Indog.  Forsch.  göttin.  Das  Wort  findet  sich  zunächst  auf  der 
30  [1912],  36 f.  Anm.,  Tixdv  und  Herleitungen).  Placentiner  Bronze  (cf.  s.  v.  Templum  von  Pi- 


1057                    Tlepolemos  Tlepolemos                   1058 

acenza),  wo  die  untere  Seite  durch  zwei  Linien  Diodor.  4,  30.  Doch  wird  «ie  auch  eine  Tochter 
in  zwei  Teile  geteilt  ist,  deren  einer  der  Sonne  des  II.  ß  613  erwähnten  Aktor  (s.  d.  nr.  4)  ge- 
(usils),  der  andere  dem  Monde  (tivs)  zuge-  nannt:  Schol.  Pind.  OL  1,  ^2.  Ebenda  heißt  sie 
schrieben  ist.  Beide  Formen  sind  Genetive  n&ch  Pherekyd.  fr.  31  a.  {Müller  1,S2)  Ast jge- 
(cf.  s.  V.  usil),  und  es  heißt  der  Nominativ  so-  neia,  oder,  nach  d«m  Zeugnis  einiger  (th'cV) 
mit  tiv  (so  auch  Deecke,  FAr.  Fo.  4,  H).  Einen  Antigene.  Endlich  ist  nach  Find.  Ol.  7,  42 
zweiten  Beleg  ebendieses  Namens  wollte  mit  SchoL  v.  36.  40.  42  u.  Hesiod.  fr.  101)  Jiz.^ 
Poggi  {Bronzo  Piac.  11),  nr.  42)  in  der  Form  ihr  Name  Astydameia,  sie  selbst  eine  Toch- 
tivis  auf  der  Bronze  finden,  allein  Deecke  ter  des  Doloperkönigs  Amyntor  (s.  d,  nr.  1)  in 
(FJtr.  Fo.  4,  28)  hat  dargetan,  daß  vielmehr  lo  Thessalien.  Es  überwiegt  also  die  Überlieferung, 
tins  zu  lesen  sei  (cf.  s.  v.  tinia).  Dagegen  nach  der  Tl.'  Mutter  As ty och e  heißt  und  aus 
haben  wir  eine  sichere  Ableitung  von  tiv  in  Ephyra  ist.  Ihre  Heimat  ist  nach  den  meisten 
der  Form  tivrs  in  der  Altersangabe  eines  Ver-  Zeugnissen  die  Hauptstadt  der  Thesproter 
storbenen  auf  einem  Sarkophage  aus  dem  am  Flusse  Selleeis  in  Epeiros:  //.  B  659;  Ar- 
Grabc  der  vipinana  von  Foscaudla  {Fabr.  nr.  gum.  Soph.  Track.;  Äpollod.  bibl.  2,  149;  Ktym. 
2119).  Dies  tivrs  wurde  früher  auf  Grund  indo-  Magn.  s.  EsXXoi:,  Hesych.  s.  ZblXriug.  Da  der 
germanischerEtymologien  als 'dierum' gedeutet,  Selleeis  in  Sikyon  nicht  in  Frage  kommt,  Ho- 
allein  Deecke  (in  Jiezzenbergers  Beitr.  1,  272)  vier  aber  v.  659  Astyoches  Heimatstadt  an  einen 
hat  au.s  sachlichen  Gründen  nachgewiesen,  daß  Fluß  dieses  Namens  verlegt,  so  ist  doch  wohl 
es  vielmehr  ""meusium'  bedeute,  ein  Ergebnis  20  nur  an  Thesprotien  zu  denken,  wodurch  die  Be- 
von  unbezweifelbarer  Sicherheit.  Es  scheint,  hauptung  von  S^raö.  7,328;  8, 338  f.,  es  sei  Ephyra 
als  ob  in  einer  Anzahl  von  Stellen  (2,  6;  3,  in  Elis,  die  Stadt  des  frommen  Giftmischers 
21/22;  4,  2;  5,  4;  8,  15;  9,  3/4.  10/11)  der  Ilos  (s.  d..  Od.  cc  259;  /K^28),  gemeint,  sich  er- 
Agramer  Mumienbinde  gleichfalls  eine  Form  ledigt;  vgl.  auch  0.  Müller ,  Dorier  1,  422. 
von  tivr  "^Monaf  vorkomme.  Die  Wendung  Nach  Herakles'  Tod  und  Vergottung  siedeln 
lautet:  eO-rse  •  tinsi  •  tiurim  ■  avils  •  jjis  und  da  seine  Kinder  aus  Argolis  zuerst  nach  Trachis 
avil  ""Jahr'  bedeutet  {Pauli,  Etr.  F'o.  u.  Stu.  in  Thessalien  zu  König  Keyx  über;  ihr  Ver- 
2,  122),  so  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  wie  auch  folger  PJurystheus  fordert  aber  ibre  Ausweisung, 
Krall  {Mumienbvmle  56,  s.  v.)  annimmt,  daß  worauf  sie  in  Athen  Aufnahme  finden  und  in 
tiurim  zu  tivr  gehöre.  Das  u  statt  v  hindert  30  dem  attischen  Demos  Trikorynthos  ihre  Woh- 
das  nicht,  denn  im  späteren  Etruskisch  geht  nung  aufschlagen.  Von  dort  kehren  Tl.  und 
nicht  selten  von  Konsonanten  ein  v  in  u  über,  sein  Großoheim  Likymnios  (s.  u.)  mit  seinen 
wie  z.  B.  in  avile,  avle,  aule  =  lat.  Aulus,  in  Kindern,  während  die-übrigen  Herakleiden  der 
onevna,  cneuna  =  lat.  [GJnaevius  u.  a.  Die  Heimat  noch  fern  bleiben  müssen,  nach  Argos 
letzten  vier  Worte  des  obigen  Passus  bedeuten  zurück  {Diodor.  4,  57,  2.  4;  58,  4  f.).  Zum  Jüng- 
sodann:  'in  des  Zeus  Monate  des  Jahres  H  ling  herangewachsen,  erschlägt  Tl.  in  Ti- 
(oder  IV)'.  Über  tinsi  'lovis'  cf.  s.  v.  tinia,  ryns  den  Likymnios  (s.  d.),  Alkmeues  grei- 
der  tinsi  tiur  wäre  dann  der  lat.  lulius  =  *Io-  sen  Halbbruder.  Homer  {B  G61f. ,  vgl.  Strab. 
vilius.  Das  ;^is  (==  eis)  ist  ein  Zahlwort  und  14,653;  Paw5.  2,  22,  8)  erwähnt  nur  den  Vorfall 
bedeutet  "^zwei'  oder  '"vier'  [Pauli,  Etr.  Fo.  40  als  Grund  seiner  Auswanderung.  Näheres  be- 
u.  Stu.  3,  140),  wahrscheinlich  ^zwei'  {Skutsch,  richtet  Pind.  Ol.  7,  27  f.:  im  aufwallenden 
Indog.  Forschungen  5,  265).  Ob  etwa  das  tiu  Zorn,  der  auch  den  Weisen  betört,  habe  er 
der  Bleiplatte  von  Magliano  aus  tiv  entstanden  mit  einem  harten  Olivenstab  Alkmenes  Bruder 
sei  und  das  evitiuras  ebendort  mit  tivr,  tiur  getötet,  als  dieser  aus  Mideas  Gemächern  kam ; 
zusammenhänge,  läßt  sich  bei  dem  unklaren  schon  der /Sc/z-oZ.  v.  52 a  schwankt,  obmitMidea 
Inhalt  der  Stellen  nicht  ausmachen.  Als  Göttin  (s.  d.  nr.  2)  Likymnios'  Mutter  oder  der  Ort 
ist  die  tiv  bisher  nicht  nachzuweisen,  da  -aber  Midea  gemeint  sei,  von  dem  nach  Pind.  OL 
usil  (cf.  s.  V.)  sowohl  '^Sonne'  als  '^Sonnengott'  10,66  Likymnios' Sohn  Oionos  (s.d.)  zum  Wett- 
bedeutet, so  kann  es  kaum  zweifelhaft  sein,  kämpf  in  Olympia  auszieht,  um  aus  ihm  als 
daß  auch  die  tiv  eine  Göttin  war.  50  erster  Olympionike  hervorzugehen.  Tl.  erschlägt 

[C.  Pauli.]  den  Verwandten  infolgeeinesStreites  nach 

Tlepolemos  {TlriTtoUiios;,  bei  Pind.  Ol.  7,  20.  Diodor.  4,  58,  7  {igiGocvta  Ttsgi  nvcov)  und  Schol. 

77  dor.  TXccTtoXsaog):  über   die  Bedeutung   des  Pind.  Ol.  7,  46.  49  a;    ob   hier  in   den   Worten 

Namens  s.  u.  —  1)  ein  Sohn  des  Herakles  (daher  nsgi  tvvtov   xtiicbv   eine   Dittographie   vorliegt, 

^Hga^Xsldrig:  Il.BQ63-E62^;  Ps.-Aristot.  epigr.  sodaß  in   diesem  Falle  das  Schol.  mit  Diodor 

18  A  u.  B,    Bergk,  Lyr.  2\  347  f. ,   vgl.   Tzetz.  übereinstimmen  würde,  steht  dahin.    Dagegen 

Som.  91:   vlbv   cpilov  'HQccyiXfjog,  II.  Lat.  528:  tötet   er  den  Alten  aus  Verseheu  (axovfftcog, 

satus  Hercule)  und  einer  Königstochter,  welche  ov^   gxobv),  und   seine  Tat  ist   cpovog  ccxovöiog 

dieser    bei    der    Eroberung   der   Stadt  Ephyra  nach  anderen  Zeugnissen:  Deinius  fr.  ^  {Müller 

erbeutet    und    zu    seiner    Gattin    macht,    über  60  3,  25)  und  Derkylos'  Argol.  fr.  2  {M.  4,  387)  im 

ihren  Vater,   ihre   Heimat  und   ihren   eigenen  Schol.  Pind.  Ol   7,49.  50;    vgl.  Diodor.  5,59,6. 

Namen  verlautet  Verschiedenes.  Sie  heißt  näm-  Tl.  will  nämlich  mit  dem  Stabe  entweder  ein 

lieh  nach  den  meisten  Berichten  Astyocheia  Rind  {Schol.  Pind.  Ol.  7,  36.  46)  oder  einen  Skla- 

oder  Astyoche  (s.d.  nr.  1):  II.  B658:  Argum.  ven  treffen  {Apollodor  2,170,    der  den  greisen 

Soph.  Trach.;   Apollod.  bibl.  2,  149.   166;    epit.  Likymnios  unachtsam   führt   {Schol.  II.  B  662; 

3,13;  Steph.  Byz.  s.  'EcpvQoc;  Hygin.  fab.  97.  162  ;  Eustath.  IL  p.  316,  1).    Auf  die  Tat  im   allge- 

ihr  Vater  ist  der  Thesproterkönig  Phylas  oder  meinen   bezieht  sich  wohl  auch  das  Fragment 

Phyleus    von  Ephyra:    Apollod.  bibl.  a.  a.  0.;  aus    dem    Likymnios    des    Tragikers   Xenokles 


1059                   Tlepolemos  Tlepolemos                   1060 

iNauek,  Fr.  trag.  Gr.  p.  770*)  in  Arpttophanes'  1, 14.  17.    Schon  bei  den  Ereignissen,  die  denen 

Wolken  126* f.;  nach  dem  Schol.  BV  ist  es  eine  der  Utas  vorausliegen,  also  im  Kreise  der  Ky- 

E^age  Alkmenes  über  ihres  Bruders  Tod.    Die  pria,  wird  Tl.  genannt.    Vor  dem  Angriff  aut 

Fragmente  von   Euripides'  Likymnios  {Nauck  Ilion    landen    die    (üriechen    in    Mysien;    sie 

p.  607*)  gewähren  keine  Ausbeute.  wollen  Trojas  mächtigen  Grenznachbar  Tele- 

Von  den  Angehörigen  des  Getöteten  wird  phos   (s.  d.   Bd.  6,  Sp.  '282)    verhindern,    den 

Tl.  genötigt,  das  Vaterland  Argos  zu  meiden:  Troern  zu  Hilfe  zu  kommen.    Da  wird  dieser 

er  baut  Scniffe,  wandert  mit  viel  Volk  aus  und  vor  dem  drohenden  Einfall  gewarnt:  sein  Halb- 

gelangt  auf  beschwerlichen  Irrfahrten  nach  bruder  Tlepolemos,  wie  jener  ein  natürlicher 
hodos:  Jl.  B  «62 f.  mit  Schol;  Apolhdor.  2,  lo  Sohn  des  Herakles,  sendet  einen  Boten  und 
170;  Strab.  14,  663  f.;  Diodor.  4,  68,  7 ;  nach  ö,  verrät  die  feindliche  Absicht  der  Griechen  so- 
59,6  zieht  er  freiwillig  und  ohne  bedroht  zu  wie  ihre  gewaltige  Streitmacht  {Philostr.  Her. 
werden  in  die  Fremde.  Seine  Gattin  Polyxo  2, 14;  2, 167  K.]  Dict.  Cret.  2,5);  vgl.  über  die 
(b.  d.  nr.  6),  eine  Argiverin,  teilt  die  Verbau-  Rückwirkung  späterer  guter  Beziehungen  und 
nung:  Paus.  3,19,10;  sonst  heißt  sie  Philoxo  Verbindungen  zwischen  Rhodos  und  Mysien 
oder  Philozö^  (s.  d.) :  Polyaen.  1,  IS;  Tzetz.  Lyk.  oder  Pergamon  in  der  Attalidenzeit  auf  jene 
911  (8.  u.).  Auf  der  fruchtbaren  Insel  gründet  Sage:  Brückner,  Berl. philol.  Wochenschr.  1905, 
er  dieStadt«  Lindos,  lalysos  und  Kameiros,  nach  S.  267  f,  und  Gruppe,  Burs.  Jahresher.  Bd.  137, 
denen  sich  die  neue  Bewohnerschaft  auf  drei  S.  626f.  Als  in  den  darauf  beginnenden  Kämpfen 
Bezirke  verteilt;  hier  waltet  er  als  glücklicher  20  zwischen  Mysern  und  Griechen  Telephos  durch 
König,  auf  den  Zeus  reichen  Segen  herab-  Achills  Lanze  schwer  verwundet  worden  ist, 
schüttet:  //.  ß6ö6f.;  668 f.;  vgl.  Apöllod.,  Dio-  tritt  vorläufige  Waffenruhe  ein;  mehrere  grie- 
dor.  und  Paus.  a.  a.  0.;  Ael.  Arist.  or.  43,546.  chische  Führer,  unter  ihnen  Tl.,  kommen  den 
Rhodos  heißt  yata  TXriTtoU^ov  hei  Nonn.  14,41.  Kranken  zu  trösten  {Biet.  Cret.  2,  5  f.).  Wich- 
Die  argivische  Abkunft  der  Rhodier  bestätigt  tiger  ist  sein  Erscheinen  vor  Troja  selbst.  Kin- 
Thuk.  7,57:  'Podiot  kgyttoi  yivog;  vgl.  Pind.  geführt  wird  er  auf  dem  dortigen  Kriegsschau- 
01.  7,  18  f.  Freilich  bestreitet  Strab.  14,  653,  platz  im  SchiflFskatalog :  B  653  f.  als  "HgctxXsi- 
daß  Tl.  Gründer  der  dorischen  Tripolis  auf  drjg  rjvg  rs  fi^yag  zs  (=  E  628),  sowie  als  6ov- 
RhodoB  sei,  da  er  zur  Zeit  des  Trojanischen  gixXvrds.  Ps.-Aristot.  eprigr.  18  A  nennt  ihn: 
Krieges,  also  vor  der  Herakleidenwanderung  30  gri^i^voga  9viioX^ovTcc,  18B:  sv't]voga,  Tzetz. 
gelebt  habe;  er  meint  daher,  die  Leute  des  Hom.92:  jjvogir)  xo^öcovra.  Unter  anderen  grie- 
TI.  seien  Aiolier  gewesen.  Doch  kennt  auch  chischen  Helden  wird  er  erwähnt  bei  Plut. 
sonst  schon  die  Heldensage  den  Zusammenhang  Quaest.  Gr.  37.  Im  Gespräch  mit  Nestor  er- 
zwischen Rhodos  und  Argos:  das  edle  rhodiscbe  neuert  er  das  Andenken  seines  Vaters  Hercules, 
Geschlecht  der  Eratiden  {Pind.  Ol.  7,  172)  hat  so  daß  jener  Versäumtes  nachholt  und  nungleich- 
zum  mythischen  Ahnherrn  den  König  Eratos  falls  den  einstigen  Kriegskameraden  feiert,  aber 
von  Argos  {Paus.  2,  36,  4),  und  die  Diagoriden  zugleich  auch  dessen  pietätvollen  Sohn  belobt 
von  lalysos  führen  ihren  Stammbaum  auf  Tle-  {Ov.  Met.  12,  531  f.;  vgl.  Schol.  IL  E  635).  Auf 
polemos  zurück;  vgl.  Boeckh,  Explic.  Pind.  Ol.  7  seine  Ausdauer  im  Kriege  deutet  schon  sein 
p.  166,  und  Busolt,  Gr.  Gesch.  1*,  3.06,  2.  40  Name  hin,  vgl.  Etym.  Magn.  s.  TX.  ix  zov 
TL  gehört  zu  den  zahlreichen  Freiern  der  rXco,  tX'^gco-  xXriaLnoXeiiog.  Doch  der  'Speerbe- 
Helena:  Hygin.  fah.  81;  nicht  genannt  ist  er  rühmte'  {B  657)  findet  schließlich  indem  lanzen- 
bei  Apollod.  bibl.  3, 129f.,  auch  nicht  nachweis-  kundigen  Lykier  Sarpedon  (s.  d.)  einen  eben- 
bar in  Hesiod.  Katal.  fr.  94  f.  Bzuch^  {Berl.  hurtigen  Gegner;  sein  Zusammentreffen  im 
Klassikertexte  V  1,28 f.);  doch  kann  mancher  Zweikampf  mit  ihm  bedeutet  zugleich  für  Tl. 
Name  hier  verloren  gegangen  sein.  Odysseus  das  Ende  (E  628  f.).  Ein  Zeussohn  und  ein  Zeus- 
(s.  d.  Art.,  Bd.  3,  Sp.  614),  selbst  einer  der  enkel  stehen  einander  gegenüber.  Höhnend  zieht 
Freier,  schlägt  Helenas  Vater  Tyndareos  (s.  d.)  letzterer  die  Abstammung  Sarpedons  von  Zeus 
vor,  er  solle  alle  Freier  eidlich  zum  Schutze  in  Zweifel  und  rühmt  stolz  den  Löwenmut  Bei- 
des schließlich  Erwählten  verpflichten.  Ein-  50  nes  eigenen  zeusentsprossenen  Vaters  Herakles. 
Bchlägige  Komödien:  'EXivi^g  fivriöT'^gsg  des  Sarpedons  etwas  kleinlaute  Antwort  gipfelt  in 
Alexis  {Kock,  Com.  2,  320);  s.  auch  den  Art.  schwerer  Androhung  des  nahen  Verhängnisses, 
Helena,  Bd.  1,  Sp.  1935 f.  Tl.,  der  gleichfalls  dem  Tl.  auch  wirklich,  allerdings  nach  ernster 
mitgeschworen  hat,  muß  also  nach  dem  Raube  VerwundungdesGegners,  erliegt  (v.  655 f.  668 f.); 
der  Helena  am  Zuge  gegen  Ilion  teilnehmen.  vgl.  Hygin.  fah.  113;  Tzetz.  Hom.dli.;  Diodor. 
Seine  Gattin  Polyxo  (s.  o.)  bleibt  als  Regentin  5,  59,  6.  Seine  nahe  Verwandtschaft  mit  dem 
der  Insel  mit  ihrem  unmündigen  Sohne  zurück:  Feinde  kann  ihn  nicht  retten:  Schal.  11.  Z  234. 
Paus.  3,19,10;  ob  dieser  Dei'pylos  (s.  d.  nr.  4)  Zwei  fälschlich  dem  Aristoteles  zugeschriebene 
heißt  und  auf  ihn  sich  Ps.-Aristot.  epigr.  40,  Grabepigramme  {Bergk,  Lyr.  2^347f.  s.  o.) 
Bergk,  Lyr.  2*,  351,  bezieht,  steht  nicht  ganz  60  gelten  der  Ruhestätte  des  Tl.;  18 A  versetzt 
fest.  Nach  iZ.  JB  653  f.,  ^jooZ/od.  c/M^.  3,  13  und  seine  Asche  nach  Rhodos;  nach  18B  ist  er 
Hygin.  fah.  97  zieht  er  mit  seinen  Rhodiem  auf  fern  von  der  Heimat  in  der  Ebene  von  Troja 
neun*)  Schiffen  aus;  der  Zusatz  Mycenis  (statt  bestattet.  —  Seine  Witwe,  die  Reichsverweserin 
etwa  Rhodo)  bei  Hygin  beruht  wohl  auf  einer  und  Vormünderin  des  Söhnchens  (s.  o.),  beweist 
Verwirrung  des   Textes;   vgl.  auch  Dict.  Cret.  ihre  Liebe    zu   dem  Gefallenen   durch  die  Art, 

wie  sie  sein  Andenken   zu   ehren  oder  seinen 

•)  über    die    9-Z»hl    in   diesem    Falle    vgl.   Rotcher,  Tod  zu  rächen  SUCht.    Bei  TzetZ.Lyk.  911  (nach 

Ennead.  Studien  s.  2it.  Pindar),  WO  sie  Philo zoe  heißt,  veranstaltet 


1061                      Tlesenor  Tluscv                       1062 

sie  Leichenspiele,  bei  denen  Knaben  um  Weiß-  Stcmphriger,  Studien  zu  den  'E&viyid  des  Ste- 

pappelkränze  kämpfen.    Bei  Pohjnen.  1,  l.'{  will  phanos  von  Byzanz  {Pro<fr.  des   Maximilians- 

Bich  Philoxo  an   Menelaos   und   Helena,   die  Gyvinas.  München  1902)  S.  31  ff.  avlh  Hekaiaios 

auf   der   Heimreise    von    Ägypten    in    Rhodos  geschöpft  hat,  in  der  Inschrift  bei  iyewnf/or/"t*>/«'i 

landen,  blutig  rächen;  doch  entgehen  die  bei-  Niemann,  Beisen  in  Lykien  und  Karien  S.  77, 

den   durch  List   dem  Mordanschlag,   dem   nur  nr.  51A.  X\x{ Bolycharmos  %e\it  nvich  Stemplimier 

eine  von  Menelaos  als  Helena  verkleidete  schöne  a.  a.  0.  32  auch  Steph.  Jiyz.  s.  v.  Tkcbt;  zurück. 

Dienerin  zum  Opfer  fällt.   Bei  Paus.  3, 19,  i)f.  Mit  Cheleidon,  der  Eponyme  der  im  lykischen 

endlich  flieht  Helena  nach  Menelaos'  Tode  aus  Meere  gelegenen  Chelidonischen  Inseln  {Strabo 

Sparta  vor   ihren  Stiefsöhnen  Nikostratos   und  lo  p.  620.  651.  663.666.677.682.  Plin.  n.h.  6,  ISl), 

Megapenthes  zu  ihrer  argivischen  Landsmännin  zeugt  Tlos  den  Sidymos,  Polycharmos  bei  Benn- 

Polyxo  (s.  d.,  Bd.  3,  Sp.  2746 f.);    statt   aber  dorf-Niemann  a.  a.  0,  77,  nr.  51  C.    Vgl.  Treu- 

jene  in  Rhodos  aufzunehmen,  läßt  P.  die  An-  her,  Geschichte  der  l.ylier  20.    Nach  Thrämer 

stifterin   alles  Unheils  im  Bade  ergreifen   und  bei  Pauly-Wissowa  4,  2177,  34  ff.  (s.  v.  JJarda- 

durch  ihre  in  Erinyen  verkleideten  Dienerinnen  no.s)  ist  Tkoog  mit  Tgmg   verwandt   oder  iden- 

aufhängen.   —   Nach    Tzetz.  Lyk.  911    landen  tisch.  Andere  Etymologie  des  Namens  s.  Bd.  4, 

auf  der  Heimfahrt  Tl.'  Leute  {ol  rov  TXrinoXf-  Sp.  619,  Z.  54  s.  v.  Theoi  Agreis.     [Höfer.] 

\iov)  in  Kreta,  werden  aber  dann  von  Winden  Tluscv  (tluscv)  erscheint  als  etr.  Göttername 

westwärts  verschlagen    und   siedeln  sich    ueqI  auf  dem  Templum  von  Piacenza,  dessen  Lite- 

xag  'IßrjQLxc^g  vqGov?  an.  —  Sein  Heldentod  vor  20  ratur    ich    in    dem    besonderen    Artikel    s.    v. 

Troja   wird    übersehen    in    Ps.-Aristot  Mirah.  Templum    angegeben    habe.     Er    findet    sich 

^MSC.  107:  am  unteritalischen  Sybarisflusse  findet  dort  dreimal,   männlich  als  tluscv  in  Reg.   10, 

ein  Kampf  zwischen  den  P^inwohnern  und  den  als   tlnsc   in   Reg.    10'   und    14'.     Da   auf  dem 

auf  Irrfahrten  hierher  gelangten  Rhodiern  unter  Templum  alle  Namen  im  Genetiv  stehen,  so  ist 

ihrem  Anführer  Tl.  statt;  Philoktet,  der,  gleich-  der  Name    unter    allen    Umständen    verkürzt, 

falls  dorthin  verschlagen,  diesen  zu  Hilfe  kommt  da  weder  tluscv,   noch  tlusc  ein  Genetiv  sein 

{ßor]d"^6as '  Podiotg  roig  ^iftä  TXriiToXsfiov),  fällt  kann.     Da  der  Name  sonst  nirgend  vorkommt, 

in  der  Schlacht;  vgl.  Lykophr.  921  f.  mit  Tzetz.  so    können   wir  nicht   wissen,    was  fehlt,   und 

—  Damit  auch   der  Humor  nicht  ganz   fehlt,  wieviel   fehlt.     Es    ist  daher  auch  keineswegs 

führt  uns  der  Komiker  Lynkeus  von  Samos  bei  30  sicher,   ob  Deecke  {Etr.  Fo.  4,   69)  recht  hat, 

Athen.  7,  295 b    den  Tl.   zusammen  mit  The-  wenn  er  tluscu  liest.    Es  kann  sein,  da  v  auf 

seus  (s.d.,  Bd.  5,  Sp.  723)  beim  Fischessen  vor.  dem  Templum   auch  sonst   mehrfach  =  u  ist, 

Die  erotische  Szene  artet  dahin  aus,    daß  der  aber  das  v  kann  auch, ebenso  gut  ein  echtes  v 

schöne  Theseus   für   einen  Fisch   dem  Tl.  sich  sein  und  der  Name  z.  B.  tluscv[il]  oder  ähnlich 

hingibt.    —    Die    bildende    Kunst    wies    ein  lauten.    Das  können  wir  einfach  nicht  wissen. 

Gemälde  von  Apelles' Zeitgenossen  Protogen  es  Damit  werden  auch  Deeckes  weitere  Kombina- 

auf,  das  den  Tl.  darstellte  {Plin.  N.  H.  35, 106).  tionen  hinfällig  oder  mindestens  ganz  unsicher. 

Derselbe  Künstler  wmrde  auch  berufen,  für  die  Diese   gingen   dabin,    daß   möglicherweise  mit 

Rhodier  einen  andern  Stadtheros,  den  lalysos,  unserem  Namen  das  -ö-ulutyr  auf  einer  Terra- 

zu  malen,  was  er  in  mehrjähriger  hingebender  40  kottagruppe    von   Bologna  und   das  -^-luO-u-pit 

Arbeit  besorgte  (PZm^.  7>?«<?ir  22;  J.eZmn.  F.  if.  auf  einer  Bleiplatte   von  Volterra   zusammen- 

12,41;  Fronto  ad  M.  Caes.  2,2  p.  31  ed.  Mai.;  gehöre.     Erstere  ist   veröffentlicht  von  Brunn 

Brunn,   Künstlergesch.  2,  23S).  —  2)  Nach  II.  in    den    Ann.    delV   Inst.    1862,    275 sqq.    und 

11416  f.  ein  Lykier,   Sohn  des  Damastor,   Ge-  Monum.  ined.  Q/7,  tsiv.LXXU  und  \on  Fabretti, 

nosse  Sarpedons,  von  Patroklos  in  der  Schlacht  C  /.  /.   nr.  2095  b,    tab.  XXXIX;    letztere   im 

getötet.     [Johannes  Schmidt.]  Cod.   Marucell.   t.  247/248,    von    Lanzi  2,   464 

Tlesenor  (T^Tjffrji^cop),  Sohn  des  Aipytos  (s.d.  3),  =  393,  nr.  469,  tav.  XIII,  nr.  16,  von  Orioli,  Album 

Bruder  des  Peirithoos,  Hesiod  bei  Apollon.  Lex.  XIX,    124,  von  Fabretti,   C.  I.  I.  nr.  315,  tab. 

Homer,  s.v.  Alnvnov  xbv  xov  Alnvxov  =  frgm.  XXV  und  von  Pauli,  C.  I.  F.  nr.  52  b.  Deecke 

113  (188)  Bzach.     [Höfer.]  .50  nimmt  an,   daß  tluscv   für  tlut-scv  stehe,   und 

Tlesimenes  {TkrjGiiitvrig),  Sohn  oder  Bruder  daß  dies  tlut-  mit  dem  ■9'ulut-  und  d-lnd'-  der 

des  Parthenopaios,  Vater  des  Arkadiers  Aulon,  anderen   Formen  identisch   sei.     In   der  Form 

Paus.  3,  12,  9.  Vielleicht  war  seine  Mutter  die  ■O'ulutur  will   Deeeke    einen  Plural   sehen  und 

Nymphe    Klymene:    Hygin.   fab.  71    p.  78,  14  erklärt  dann  auf  Grund  von  ilfarimnws  Ca^e/Za, 

Schm.,  wo  schon  Jacobi,  Handwörterb.  der  gr.  der  in  Reg.  10  den  Neptunus  und  Consus  (= 

u.  röm.  Myth.  p.  859    das    überlieferte  Thesi-  noaBidcbv   ivoßlx^oiv  nach  Dionysios  Halic.  2, 

menes    in    Tlesimenes    verbessert    hat.     S.    a.  31)  nennt,    diesen  Plural  sachlich  durch  Nep- 

Gruppe,  Gr.  M.  5384.     [Ruhl.]  tunus   und  Consus,   und   einer   von  beiden  sei 

Tlete  {xXr]xi]).,  Epitheton  der  Selene-Hekate  dann  als  -O'lu'&'u  oder  tlusco  bezeichnet  worden. 

im  Großen  Par.  Zauberpap.  Z.  2285,  'Dulderin'.  60  Diese  Kombination    beruht    darauf,    daß    man 

[Preisendanz.]  früher    eine    Pluralendung    -(a)r    annahm,    die 

Tlnscvil,  etruskisch,  siehe  s.  v.  tinia.  Deecke  eben  auch  in  -O-ulutvr   fand.     Ich  weiß 

[C.  Pauli.]  nicht,   ob,  außer  etwa  in  Mailand,  heutzutage 

TI00S5  Tl^*  {TX&og,  TXmg),   Sohn  des  Tre-  noch  jemand    an    diese    Pluralendung    glaubt, 

miles  und  der  Praxidike,  Bruder  des  Kragos,  Poggi   {Bronzo   Piacentino    12,   nr.  16)   wollte 

Pinalos  (Pinaros)  und  Xanthos,  Eponymos  der  das  tluscv  and  die  Wurzel  lue  feuchten'  und 

lykischen  Stadt  Tlos,  Panyassis  bei  Steph.  Byz.  die   Götternamen    Lucetius,    Lucina    usw.    an- 

s.  V.  TQ8(iiXri  u.  TX&g.    Polycharmos,  der  nach  schließen,    aber    das    geht    natürlich    ebenso- 


1063                      Traolia  Toga                        1064 

wenig.     Zu  irgendwelcher  positiven   Deutung  ribut*  (167),  *sacer  Tni.*  (163  f.),  'sanctiis  Mons^ 

fehlt  jeder  sprachliche  und  sachliche  Anhalt.  (172).   —  b)    Er   ist  wahrscheinlich    identisch 

•    .    .                   [C.  Pauli.]  mit  dem  lydischen  König  Tmolos,   der  seiner 

Tmolia  (Tfimlia)  ist  die  Artemis,   die   die  Gemahlin  Omphale  nach  seinem  Tod   die  He- 

Jungfrauen  am  Halys  verehren  daqpvotfxiov  xofT*  gierung  hinterließ  {Apollod.  2 ,  Q ,  S) ,   und  der 

&X60S:  Diogenea  trag,  in  der  * Semek*  hei  Athen.  mit  der  Berekynthischen   Nymphe  Pluto   den 

14,636;   vgl.  Famell,   Colts  2,  687"^  Gruppe,  Tantalos  zeugte;  Literatur  s.  o.  Bd.  4,  Sp.  75 

Crr.  Myth.  2S\.    [Preisendanz.J  (Tantalos),  Z.  43— 45,   ^rriippc  a.  a.  0.  656,  3; 

Tmolos  (Tfiäilog),  a)  Berg  in  Lydien,  heute  Nicol.  Dam.  fr.  17  {FHGr.  3,367):  Tdvralog  & 
Bou»  Dagh.  Auch  Tymolos  (Tv/x<oiLoff),  die  ur-  lo  TfimXov,  dqp'  ov  rö  ögog  iu  AoSia  xaisfrat.  — 
sprQngliche,  von  Dichtern  noch  gewahrte  und  c)  Sohn  des  Proteus,  der  sich  w'e^en  der  Ge- 
anffewandte  Namensform,  für  die  im  Lat.  Ti-  walttaten  seiner  Söhne  —  für  Tmolos  tritt  bei 
molus  eintritt.  Vgl.  Steph.  Byz.  unter  Tv^mXog,  Apollod.  2,5,9,14  Polygonos  ein,  der  andere 
Plin.  N.  H.  5, 110.  'Der  Stolz  Asiens,  der  hoch-  hieß  Telegonos  —  von  Poseidon  aus  Thrakien 
heilige  Thron  des  Zeus-Dionysos-Sabazioa  und  in  seine  Heimat  Ägypten  zurückversetzen  ließ: 
der  vielnamigen  Göttermutter,  welcher  Name  vgl.  ob.  Bd.  3.2,  Sp.  3173  ff.  (Proteus)  mit  Lite- 
ITymolos]  zum  Vergleich  mit  tumulus  und  tvft-  raturangaben.  Herakles  tötet  beide  Söhne  in 
pog  einladt*  Buresch,  Aus  Lydien  194.  Hier  Torone;  y gl.  Hafer,  Konon  (1S90)  57,  der  (hand- 
8oll  Zeus  ffeboren  sein:  in*  ocxgtoQsiag . . .  x6-  sehr.)  den  Verweis  hinterließ  auf  Westermanns 
xog  iariv,  og  ^dXat.  ^hv  Fovccl  Jibg  Teriov,  20  Mythogr.  383  =  Nonn.  narr,  ad  Gregor,  or.  1 
v&f  dh  .  .  .  ^9V6iov  nQoaayoQsvetai  (Eunielos  contra  lul.  (Migne  P.  Gr.  36,988):  'nur  steht 
hei)  Lyd.  de  mens.  Wue.  123,  n  f.  (yg\.  Creuzer,  hier  Miblog  statt  TfiäXog,  und  fast  wörtlich 
Symb.*  8,  1842,  141.  2),  dann  wohl  auch  Dio-  Gosmas  ad  Greg.  Naz.  Carm.  45  (Migne  P.  Gr. 
nysos  (vgl.  die  Belege  bei  Gruppe,  Gr.  Myth.  38,451):  UgviXBvg  sIxb  . . .  M6aXov'KCilTTiXiyovov\ 
1438,1),  wenigstens  hielt  er  sich  hier  mit  Hippa,  —  d)  Sohn  des  Ares  und  der  Theogone,  Lydi- 
seiuer  Amme,  auf  {Orph.  H.  47,4,48;  vgl.  ob.  scher  König,  dessen  Geschiöhte  bei  Ps.-Plut 
Bd.  1,  1,  Sp.  1086,  Z.  50,  Gruppe  284, 11).  Die  de  Fluv.  7,5  erzählt  wird:  er  liebte  und  ver- 
Münzen der  Stadt  Tmolos  betonen  die  Bezie-  gewaltigte  Arripe,  nccQQ-ivov  x^  'AQxiaidi  övv- 
hungen  der  Gegend  zu  Bakcho^,  ebenso  die  avccaxgucpoiisvriv,  im  Heiligtum  der  Göttin,  die 
puteolanische  Basis  {Jahn,  Ber.  d.  sächs.  Ges.  so  ihn  durch  einen  wütenden  Stier  töten  ließ. 
d.  Wiss.  3,  1851,  153,  Gruppe  284,  11).  Hier  Sein  Sohn  Theoklymenos  beo^rub  ihn  und  nannte 
wurde  Artemis  in  orientalischen  Kultformen  den  Berg  nach  ihm,  der  vorher  Karmanorion 
von  ihren  Dienerinnen  verehrt  als  Tmolia  (s.  &7tb  KccQiidvoQog  xov  Jlovvoov  geheißen  hatte, 
ob.).  Darum  heißt  der  Berg  hgog  (Aesch.  Pers.  —  e)  Nach  Cicero,  De  nat.  deor.  3,  21,  53  wer- 
49,  Eur.  Bacch.  Qb\  i]yd^Bog  0.  H.  41,4,  xaXov  den  als  Dioskuren  in  dritter  Reihe  genannt 
^vdor<Fi -ö-daff^a  nennt  ihn  0. -ff.  48,  6.  Er  wurde  Atrei  filii:  Alco,  Melampus  und  ein  dritter 
als  reich  an  Wasser,  Wein,  Gold  gerühmt;  Stadt  verstümmelter  Name:  euiolus,  ouiolus,  meulolus 
auf  seinem  Gipfel:  vnal  vnpÖBvxi  TviioaXat  IL  die  Hss.,  vrora,\is  Davisius^ et  Tmolus^  herstellte, 
20,385  (Buresch  ld4:  'Tmolos-Aureliopolis' ;  s.  ^ et  Eucolus^  Piasberg  —  beides  nur  Konjekturen. 
Denkschr.  Ak.  Wien  54,  1911,  9).  Auf  Münzen  4o  [Preisendanz.] 
Personifikation  des  Berges  (in  Verbindung  mit  Tnebiiatos  (Tvsßovarog),  a.  Art.  Sitapnebaan. 
Dionysos):  Head,  (htal.  of  the  gr.  coins  of  Ly-  Die  Inschrift  steht  auch  Journ.  of  hell.  stud. 
dia  (1901)  323,  nr.  1,  aus  Tm.  Aureopolis:  '  Tmo-  21  (1901),  280  nr.  IV.     [Höfer.] 

lus,  naked,  Standing  r.,  bearded  and  crowned  tvith  ?  To Ein   mit   To....   oder   mit   0... 

mne,  resting  with  r.  an  knotted  staff;  his  left  beginnender  Beiname  des  Mars  wird  von  Häb- 

arm,  outstretched  and  covered  with  nebris,  sup-  ner  CIL  7,  Index  p.  331  vermutet  in  dem  in 

ports  infant  Dionysofi;  the  hoofs  of  the  fawn-skin  England  gefundenen  Bruchstück  einer  Inschrift 

are  knotted  round   the  neck  of   Tmolos'    (Taf.  nr.  79:    MARTO,  vgl.  Holder  2,  Sp.  1864,   der 

23,  1).    Recto:    Faustina  junior.    Aus    Sardes,  aber  Sp.  1896  die   nämliche  Inschrift  aafführt 

ebenda  247   nr.  77:    Recto:   ^TiicoXog.    Bearded  50  nnter    Toutatis   (s.    Touta.s).    Die    Angabe    des 

head  of  Mt.  Tmolus  r.,  tcearing  wr^ath  of  vine-  Fundortes   des   Bruchstückes    "^Chasterton'    ist 

leaves    and    grapes:    border   of   dots.'     Verso:  nicht  bestimmt;  es  scheint  gemeint  Great  Ca- 

Jnnger  Dionysos.  Ähnlich  Head  249  nr.  93  aus  sterton  bei  Stamford  oder  Chesterton  Lordship, 

Sardes:  'Bearded  naked  figure  (Tmolos?)  seated  südlich  von  Castor  in  Huntingdonshire,  in  der 

r.  on  rock;  with  his  r.  he  holds  a  vine-tree,  Gegend  der  alten  Ortschaft  Durobrivae. 

which  is  growing  before  htm,  and  he  rests  his  l.  [Kenne.] 

upon  ihe  rock:  horder  of  dots.'    Recto:  Göttin  Toeris  s.  Thueris. 

Roma;    Zeit:    Caracalla-Gordian.     Vgl.    auch  Toga,  pro vinzialer,  iberischer  oder  keltischer 

Mionnet,  Descr.  de  med.  ant.  4  nr.  1019  f.  659.  Name  einer  örtlichen  Göttin,  verehrt  durch  eine 

Dieser  eponyme  Berggeist  ist  bekannt  durch  60  Weihinschrift  im  ehemaligen  Gebiet  von  Cau- 

sein  Schiedsrichteramt  im  musischen  Agon  des  rium  (Coria)  in  Lusitania,  und  zwar  einstmals 

Apollon  und  Pan,  bei  dem  auch  Midas  zugegen  vorhanden   in    La  Torre   de  la   Mata  bei  San 

war  (vgl.  ob.  Bd.  2,2,  Sp.  2957):    Oo.  Met.  11,  Martin  de  Trebejo  [CIL  2  Suppl.,  Tab.  I  Je] 

156 — 194     Er  wird  hier  bezeichnet  als  'senior  (bei  Hoyos,  9  leguas  von  Ciudad  Rodrigo),  CIL 

iudex'   (vgl.   die  Erzmünze  aus  Tmolos:  'tete  2,801  (Dessau,  Inscr.  lat.  sei.  4512a)  nach  Do- 

barbue  de  vieillard'  Mionn.  und  Gruppe,  Gr.  campo    16.   Jahrh  :    Togae   Veienta    Tusca  pro 

Myth.  1051»,  2   mit   Hinweis  auf  den  Typ  des  victoria,  Garici  Fuscini  vfotumj  s(oloitj  l(ibens) 

bärtigen  Berggottes),  der  \tures  liberat  arbo-  a(nimo).  Der  Geschlechtsname  der  Frau,  welche 


1065                      Togotes  Tolma                       1066 

*für  den  Sieg'  eines  Mannes  ihr  Gelübde  voll-  13,  2G:    Deo  Baacei-andosno.     [)«'r  Dativ  auf  -e 

zogen  hat,  lautete  richtig  wohl:  Veienia.    Von  (Tole)  für  mrsnnliche  Namen  ist  allerdings  be- 

2\  ist  abgeleitet  der  Name  des  Gottes  Togotea  legt  durch  nicht  wenige  Weihinachriften  pyre- 

(8.  d.),    gleichfalls    in    Lusitania.    —    Hübner,  nitischer  Götter,  wie  CIL  13,  70;    Deo  Artahe 

Mon.  limj.  Iher.  p.  253.  Holder,  AHcelt.  Sj^ach-  und  71:  Artelie  deo,  182tt'. :  Erge  deo  (auch  deo 

schätz  2,  Sp.  18()t).     [Keune]  Erge).  (JO:  Garre  deo  (neben  dfco]  (iarri:  49;, 

Togotos,  wohl  iberischer  Name  eines  ort-  vgl.  68.  06.  86.  174    und    Hübner,    Mon.  ling. 

liehen  Gottes  in  Spanien, /foW(!/•,vlZt6•e/^iS'prac/t-  i6er.  p.  CXII/XIII.     Auch  führen  einheimische 

A'c7ia<2;  2,  S.  1870..  Diesem  Gott  war  geweiht  eine  Gottheiten   Doppelnanfen  ,   wie  CIL   13,6315: 

Inschrift  von  Caesarobriga^Talavera  de  laReina)  lo  Apollini  (iranno  Mogouno  und,  nach  der  all- 

au  der  Ostgrenze  der  römischen  Provinz  Lusi-  gemeinen    Annahme,   CIL    13,  78.    79:    Bocco 

tania,  CIL  2,  893:  Togoti  L.  Vibius  Priscus  ex  Harousoni  (Harausoni) ,   wilhrend   CIL  13,  31 

voto.  Wahrscheinlich  ist  derselbe  Gott  gemeint  (=    Esperandieu    Recueil    2   nr.  845)    gewöhn- 

in  der  Weihinschrift  der  benachbarten  Gegend  lieh   (auch  o.  Bd.  1,  1,  S.  058;    Astoilnnno   deo 

zu  Avela  (Avila)  an  der  Westjjjrenze  von  Hispa-  gelesen   wird,    Dessau  4529 a   dagegen   trennt: 

nia  Tarraconensis,  (J'/L  2,  5801:  Deo  To.  votum  Asto    Ilunno   mit   Rücksicht  auf  die    Weihin- 

€t  ara.  Val(erius)  Maternus  . .  . ;  die  Zufügung  schriften,  welche  einen  pyrenäischen  Gott  i/wn- 

von  deus  zum  Namen  kennzeichnet  den  Gott  nus  (oder  Ilunnis    mit  einem  auch  für  andere 

als  einen  einheimischen,  provinzialen  {Robert,  Götter  derselben  Gegend  nachweisbaren  Wech- 

Epigraphie  de  la  Moselle  1  8.07/08.  Iliese,Westd.  20  sei)  nennen.    Auch  der  Name  Andossus  ist  be- 

Zeitschr.  17,  1898,   S.  15 ff.).    Vgl.  den   Namen  legt,  mit  Sicherheit  allerdings  nur  für  Männer, 

einer    Gottheit    Toga    in    einer    lusitanischen  CIL    13,    124.    188.    264-    (vgl.    26:    Andoxus, 

Weihinschrift  CIL  2,  801  :=  Dessau  Inscr.  Lat.  203 :  Andossius  u.  a.),  vielleicht  aber  auch  als 

sei  4512a  (Fundort:    CIL  2,  Suppl.  Tab.  I  Je;  Beiname   des   Hercules   CIL  13,  220:    \'?H]er- 

Fundorte  von  CIL  2,  893  =  Dessaw  4512  und  cufli)    deo    Andos(so)      In    der    Weihinschrift 

CIL  2,  5801:    8.  CIL  2,  Suppl.  Tab.  I  Ji  und  CIL  12,4310  indessen  istAnrfo.se  nicht  als  Bei- 

Hi).     [Keune.]  name  des  Hercules  zu  fassen,  sondern  mit  der 

Toiblas  {TotßXdg),  böser  Geist  der  12.  Mitt-  Weihung  an  Hercules  ist  hier  verbunden  die 

wochstunde;    ihm   entspricht   als    »uter  Xccqcc-  Ehrung  eines  keltischen  Götterpaares  Ilunnus 

xtrJX.    Hygroni.  Salom   cmgr  70,   Cat.  cod.  astr.  so  (et)   Andosa;    vgl.  Korrbl.  Westd.  Zeitschr.  15, 

5ir.  8, 2,  152.     [Freisendanz.J  1890,   S.  58,  21.     Unsicher    ist    CIL  13,  197: 

Toleandossus  (so  haben  Sacaze  und  Hirsch-  Ergean  deo  (wo  Dumege  interpoliert  hat:  An- 
feld  die  ältere,  gewöhnliche  Lesung  Tolian-  dosso)  und  188:  Deo  Erge  \  Andosion  Andossi 
dossus  berichtigt)  ist  der  wohl  iberische  Name  Vitalis  usw.  Schließlich  sei  noch  bemerkt,  daß 
einer  der  zahlreichen  örtlichen  Gottheiten  im  Holder  den  Bestandteil  des  Namens  der  Gott- 
eigentlichen  Aquitanien  in  und  an  den  Pjre-  heit  Tole  in  dem  Ortsnamen  Theux  (Fundort 
näen,  gleichgesetzt  dem  Hercules  und  daher  des  Weihdenkmals:  8aint-Elix-Theux)  wieder- 
diesem   als  Beiname  gegeben  in   der  Weihin-  erkennen  will;   solche  Anklänge   der  örtlichen 


o^n 


Schrift  eines  Altärchens,  welches  1832  im  ehe-  Namen  von  Gottheiten   an  heutige  Ortsnamen 

maligen  Gebiet  der  Ausci  (um  Auch)  zu  Saint-  40  sind  ja  öfters  unverkennbar,    vgl.  CIL  13,  00. 

Elix  (Departement   Gers,   Arrondissement   Mi-  11.86  =  Esperandieu,  Recueil  {2)  nr.SS6.  Marer, 

rande)  an   der  kleinen  Baise  gefunden  wurde  Einfluß  der  vorchristl.  Kulte   auf  die  Topono- 

und  im  Museum  zu  Toulouse  verwahrt  wird,  mastik  Frankreichs  (Sitz.-Ber.  der  Wietier  Akad  , 

CIL    13,  434:     Herculi     Toleandosso     invicto  Phüos.-hist.  Kl.  175.  Bd.,    2.  Abhandl.)    1914, 

Primigenius  Sembi  fil(ius)  v(otum)  s(olvit)  l(i-  S.  7  ff. 

bens)  m(erito).    Die  Verwendung  einheimischer  Literatur:    Holder,   Altcelt.   Sprachsch.   2, 

Namen   von    Orts-  oder   Landesgottheiten    als  S.  1871  und  1,  S.  149f.  (doch  in  den  Nachträ- 

Zunamen  römischer  Gottheiten,  welchen  jene  gen  3,  S.  019  getilgt,  weil  nicht  keltisch,  son- 

gleichgesetzt   wurden,  ist  besonders  in  galli-  dem  iberisch).  Ihm  in  Paiclys  R.  E.  Neubear- 

schen  Gegenden  häufig,  vgl.  Mars  Lelhunnus,  5o  beitung  1,   S.  2130.     Haug    ebenda   8,   S.  012. 

Leherennus  Mars,  Lenus  Mars,  Mercurius  Cis-  R.  Peter  o.  Bd.  1,2,  Sp.  3021  f.    Dessau  Inscr. 

■sonius,  Mercurius  Visucius,  Apollo  Borvo  usw.  LMt.  sei.  4535  (=  CIL  13,454),  vgl.  4521  und 

Den  Beinamen  Invictus  führt  Hercules  vornehm-  4530  (=  CIL  13,  20  und  12,  4310).  CIL  13,  434 

lieh  in  stadtrömischen  und  militärischen  Inschrif-  =  Rachou,  Catalogiie  des  Gollections  de  Sculp- 

ten  {Preller- Jordan,  Rom.  Mythol^  2,290,2',  vgl.  ture    et    d'Epigraphie   du    Musee    de    Toulouse 

auch  R.  Peter  o.  Bd.  1,  2,  S.  2901  ff.  und  Boehm  (1912)  p.  120  nr.  289. 

in  Paulys  R.  E.  Neubearbeitg.  8,  S.  500ff.).    Der  Zu  Andossus  und  ähnlichen  Namen  vgl.  auch 

Stifter  unserer  Inschrift  war  ein  Einheimischer,  Hübner,  Mon.  ling.  Iber.  p.  XCV  unten, 

wie  seine  Namengebung  verrät,  wenngleich  er  [Keune.] 

«elbst  im  Gegensatz   zu   seinem  noch  iberisch  60     Toletor  {ToXsxoo) ,  Dämon  des  Zeus(stern.s): 

benannten     Vater    Seinbus    (vgl.    CIL     13,  50.  6  Zsvg  %x£i  ccyyüovs  ß\  2JsQ7rsQ8r]l  xai  'Paqparji, 

100)    unter    dem    Einfluß    der    Romanisierung  Sccluovag  tgetg'  IIovtriQ,  T.,  xal  'OqvUX.     Cod. 

bereits  einen  lateinischen  Namen,  Primigenius,  Par.  gr.  2419;  Cat.  cod.  astr.  gr.  8,  2, 173. 

führte  (vgl.  Lothr.  Jahrb   1897,  9,  S.  182.  1903,  [Preisendanz.] 

15,  S.  433).    Der  Name  des  Gottes  T.  setzt  sich  Tolma  {T6l[ia),  die  personifizierte  Kühnheit, 

zusammen  aus  den  beiden  Bestandteilen  Tole  Antiphilos  in   Anth.  Pal.   9,   29;    als   Gottheit 

und  Andossus,  und  man  hat  ihn  auch  in  zwei  genannt   von    Cosmas  Hierosolym.   ad    Gregor. 

Namen  zerlegen    wollen,  ebenso   wie   in  CIL  Naz.  carm.   52    bei    Mai,   Spicileg.   Roman.   2 

BoscHEB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mytliol.  V.  35 


1067                    Tolumnius  Tongoenabiagus                1068 

(nb.:  nach  S.  240  begisnt  neue  Faf^iDieivng)  tolinm  weihte  (im  J.  22  v.Chr.);  vgl.  Wisfoua, 
p.  180  (— =  Migne,  Patrol  Ser.  Gr.  38,  462.  FeUgicn  u.  Kult  d.  Fimer*  S.  122  mit  Anm.  6. 
Vor  dem  Angriff  auf  de«  HaEdrubal  Lager  Huehen  im  Kenn nclaior  lopogi  02 hicus  7.\i  Kie- 
brachte  Scipio  nach  Jjiptaf?.  Pkw.  21  der  Tolma  p(rt-Evehin,  Fcrniae  Uibis  Bon:ae  Atdiquae 
und  dem  Phobos  ein  nöchtliches  Opfer  dar,  S.  83.  Gardlhausen,  Avguslus  utid  seine  Zeit 
dem  PhoboB,  damit  das  Heer  kein  panipcher  1,  S.  686  u.  S.  970f.,  mit  Belegstellen  2,  S.  378, 
Schrecken  befalle,  der  Tolma,  damit  sie  den  88  und  S.  686,56.  Münzen  des  Augußtus  vom 
Mnt  verleihe,  der  den  Sieg  verlörgt,  X.  Leuh-  J.  22  v.  Chr.  bei  Cohev,  Dtscr.  hist.  d(s  nictin. 
ner,  Athen.  Miii.  27  (1902),  264.  Die  Notii  fiappe(8  scus  VEmpire  r(m.*  1  p.  88f.,  nr.  178 
im  Schol  Aefch.  Prcm.  12,  daß  Tolma  in  Athen  10  —180.  184—186.  Mon.  Aticyr.  c.  19  ■=  4,  6. 
einen  heiligen  Pezirk  gehabt  habe,  hat  Tolma  Süden.  Avg.  29,  1.  Ftsilahndir  CIL  9,  4192, 
för  Hybris  eingesetzt,  v.  WilamouHz,  Herakles  Sept.  1:  Jovi  Tonanti  in  Capiloh'o.  |Keune] 
2«,  129,  1.  Beniner  a.  a.  0.  264  Anm.  2.  Bei  Tonans  heißt  Pluto  (D?5)  eiimal  bei  Siat. 
Flut.  Js.  et  Osir.  76  a.  E.  wiid  die  Monas  Apol-  Theb.  11,  209:  infervo  tononii,  s.  Carter  a.  a.  0. 
Ion  (vgl.  Pivt.  de  tl  apvd  Le1j.h.  20.  Lohetk,  S.  83.  Gemeint  ist  wohl  der  von  luppiter  los- 
Aglaoph.  716),  die  Djae  "Egig  und  T6?na  ge-  gelöste  Gott  des  nöchtlichcn  Himmels  und  der 
nannt;  vgl.  Grünhaum,  Zeitschr.  dtr  Deutschen  nächtlichen  Gewitter  und  Blitze,  Sutnrnanvs, 
worgenlär.d.  GffWZscÄ.  81,811 ;  dasselbe  belichtet  der  spfiter  dem  Gott  der  Unteiwelt  {Bis  poter) 
von  Apollon  und  Tolma  Nikcrnach.  Geras,  bei  gleichgestellt  wurde  (Wissoua,  lielig.  u.  Kult. 
Fhot.  Bihl.  148a,  33.  89.  [Höfer.]  20  d.  Bcmr^  S.  122  und  bes.  S.  136;  vgl.  B.  Peter 
Tolumnius  1)  Bundeegenosfe  des  Turnus,  o.  Bd.  4,  Sp.  1600  f.),  ebenso  wie  Saturnus  {B. 
Veig.  Aen.  11,  429.  W.  Kroll,  Jahrb.  f.  klass.  Peter  0.  Bd.  1,  1,  Sp.  1181  ff.  Wissowa^  S.  2C4/ 
Phil  Suppl  27, 144.  —  2)  Augur  im  Heere  der  206  und  310),  der  von  Mariial.  5, 16,  6  als  fal- 
Rutuler,  Vtrg.Aen.l2,2öS.  ti ach  Bich.  Hein ze,  cifer  tonans  (ohne  h'amennennung)  gekenn- 
Vergils  epise^e  Technik  229' Anm.  1  ist  er  mit  zeichnet  wird.  Allerdings  wird  an  letztgenannter 
nr.  1  identisch.  [Höfer.]  Stelle  {nam  si  falciferi  defendere  tewpla  To- 
Tolypiane  {ToXvTtiavri),  auf  einer  Inschrift  wow/ts  ..  rdm  ...)  Tcwaw^/s  für  verderbte  Über- 
aus Kjzikos  (Marmorplatte  mit  der  Darstellung  lieferung  erklärt  und  ist  durch  verschiedene 
einer  Göttin)  befindet  sich  die  Widmung  /ir^rpl  Änderungsvorschläge  ersetzt  worden,  g.  Fritd- 
ToXvniavy  =  Kybele,  Athen.  Mitt.  10,204,  nr.29,  30  ländir,  Ausgabe  des  Martialis  mit  erkl.  Anmer- 
vgl.  ebenda  12,  266.     [Höfer.]  kungcn  I  (1886),  S.  394  f.                    [Kenne.] 

Tomön  {Ton&v),  einer  der  10  Namen,  bei  Tongoenabfagns  ist  (wohl  iberischer)  Name 

denen  der  Stern  des  Krcnos  beschworen  wird,  eines  örtlichen  Gottes  (Genius  loci)  in  der  In- 

cod.  Par.gr.  2419;  Cat.  cod.  astr.  gr.  8,2,173.  schrift  eines  Felsendenkmals  bei  einer  Quelle 

Die  anderen  Namen: 'OeqpÄr, 'OxTTTJ,  T.,OvXi6ß,  in  einem  Privatgarten  ('quintal  do  Idolo')  zu 

BiQiitj  Ovygdvy  Zagofi^  'OSi^X,  Zisr.,  Zaräd.  Braga  in  Portugal  ==  Bracara  Augusta  in  der 

[Preisendanz.]  hispanischen    Landschaft   Callaecia,    Hübner, 

Tomos  (Tdfioff),  der  als  Heros  verehrte  Grün-  CIL  2,  2419,  verbessert  Ephem.  epigr.  8  p.  401, 

der  von  Tomoi,  erscheiiit  gewöhnlich  lorbeer-  nr.  115  mit  Erläuterungen  p.  402  f.  (daher  Dfs- 

bekränzt,  seltener  mit  dem  Diadem  geschmückt  40  sau,   Inscr.  lat.  sei.  4608   und   Holdtr,  Altcelt. 

auf  Münzen  von  Tomoi,  kenntlich  durch   die  Sprachschatz  2,  Sp.  1887).    Das   Bildwerk   des 

Umschrift    l'ofiog    oder    Topio?    Ktiötrig    oder  Denkmals  ist  grobe  Arbeit,  besser  ist  die  Schrift, 

Tonov  f^gaog:  Eckhel  d.  n.  2,  18.     [Höfer.]  welche  auf  die  frühe  Kaiserzeit  weist.  Das  Bild 

Tönalionos  {TavaXtavog),  einer  der  Kamen,  des  mit  der  römischen  Toga  bekleideten,  bär- 

bei  denen  Helios  beschworen  wird,  im  cod.  Par.  tigen  Gottes,  der,  stehend,  in  der  rechten  Hand 

gr.  2419,  Cat  cod.  astr.  gr.  8,  2, 174.  einen  Gegenstand,  wahrscheinlich  ein  Füllhorn 

[Preisendanz.]  trägt,    ist    eingefaßt    von    der   Weihinschrift: 

Tonans  heißt  luppiter  in  zahlreichen  Dichter-  [Cejlicus    Fronio    Arcohrigensis    Ambimogidus 

stellen,   s.  Carter  Epitheta  deorum   apud  poet.  fecit  Tongoenabiago,  und  zyvaieo,  6a.Q  der  "^ame 
Lat.  {=  Suppl.  zu  diesem  Lexikon,  1902)  S.  56 f.,  50  des  Gottes  allein  (in  zwei  Zeilen)  auf  der  rech- 

ebenso  auch  in  Weihinschrilten,   CJL  12,  601  ten  Seite  steht.    Rechts  von  diesem  Namen  ist 

(Dessau  Inscr.  Lat.  sei.  S0A4:):  lovi  Tonanti,  \g].  noch   eine  Basis   mit  Giebeldach   ('Ära   fasti- 

CiX  9,2162.  C/L  1 1, 37  73  (Dm-öw  a.a.O.  3047):  giata')  eingehauen,  welche   außer  einer  Büste 

sacr(umj  Jovi  Tonanti  Fulminanti.    Vgl.  noch  (des  Gottes?)  und   anderem  Bildwerk  die  In- 

die  mangelhaft  überlieferte  Inschrift  CIL  11,  schrift  trägt:  Celicus  fecit  Front [0 ...  . 

3778   (iovt    Tonanti   et  Herculi  Musino   usw.)  Der  Name   des   Gottes  beginnt  sicher  mit 

vom  Jahr  148  n.  Chr.  und  CIL  11,  4172:   Jovi  T— ,  wie  sorgfältige  Prüfung  von  Leite  de  Vas- 

FuJmini  Fulguri  Tonanti  [L.J  Bustius  L.  f.  concellos  ergeben  hat,  der  vorher  P —  gelesen 

[CJaepio  pont(ifex)  ex  s(enatus)  c(onsulto)  de-  hatte.    Er  setzt  sich  aus  drei  Bestandteilen  zu- 
dicavit.  Vgl.  auch  /.  Grimm,  Beutsche  Mytho-  60  sammen,  von  welchen  der  erste  auch  in  ande- 

logie*^  1,  S.  140.  ren  Namen  in  Callaecia  sich  findet,  wie  Ton- 

Abgekürzt  durch  T  ist  der  Beiname  in  CIL  gius,  Tongetamus,  Tongobriga;  der  zweite  Be- 

3  Suppl.  10418  {Bessau  a.  a.  0.  7126).  —  Vgl.  standteil  -nali-  bedeutet  wohl  Wasser,  vgl.  die 

auch   CIL  6,  432  {Bessau  a.  a.  0.  3046):   lot'i  iberischen  Flußnamen  in  Hispanien  iV^afcm  (Na- 

sancto  Brontonti,  sowie  unten  Art.  Tonitrator.  via)  oder  Nabios  und  Nebis  (Belege  bei  Hol- 

Kult    des    luppiter    Tonans    besteht    erst    seit  der,  Altcelt.  Sprachschatz  2,  Sp.  694.  695);   zur 

Augustus,  der,  dem  Tod  durch  Blitzschlag  ent-  iberischen  Endung  -agus  s.  den  Art.  Tiauran- 

ronnen,  dem  Gott  ein  Heiligtum  auf  dem  Capi-  ceaicus.  —  Die   Namengebung  des   C(a)elicu8 


f 


1069                     Tonitrator  Torrhebos                     1070 

Fronto  ist  unrömisch  und   entspricht  Namen-  deutet  als  'Herr  des  G^'ierbergs'.  Seine  anderen 

gebungen,  wie  wir  sie  häutig  in  Hispanien  an-  Namen:  '/ato  laiislov  JaißaQai  JavßeXaxh  BfXX 

treffen  {Kphem.  epigr.  8  p.  402).    Derselbe  ('aeli-  Bai    Icai^k    l'biXovTftXov ,    o   ^iyag    debi;   'laza- 

cus  Fronto   ist  genannt  in   der  Inschrift  CIL  ßamd-  T.    Vielleicht  darf  man    aber  nur  eine 

2,2420,  nach  welcher  ein   Enkel   und   dessen  Vox  magica  in  dem  Wort  sehen  als  Teil  eines 

zwei  Söhne  die   zum  Felsendenkmal   gehörige  Logos,  wie  er  ähnlich  im  Großen  Par.  Zauber- 

heilige  Quelle  gegen  Ende  des  1.  Jahrh.  n.  Ch.  pap.   Z.    1629    steht    (ebenfalls    Liebeszauber): 

'erneuert'  haben  {Ilübner).    Der  Ahn  C{a)elicus  .  .  .  BaX  .  .  .  laßad-  'Aßum^,    /.aßuwd-,    kStoval, 

Fronto  stammte  aus  Arcohriga;  in  der  antiken  (i  ^toi  6   niyag  'ÜQasvorpgri   opyearrj?.     Nach 

Literatur    sind    mehrere    gleichnamige    Städte  lo  Tf'. /S^Äw^a/^s  gütiger  Nachprüfung  ist  die  Form 

genannt  (Holder,  Altcelt.  Sprachschatz  1,  Sp.lS^  Togytärr]g  gesichert.     [Preisendanz.] 

und  3,  Sp.  661  f.),  nach  Hübner  (a.  a.  0.  p.  402)  ToronaioH  {Togavalog).     Die   fragmentierte 

ist  die  Heimatstadt  des  Stifters   dieselbe  wie  Inschrift  ({Papadopoulos- Kerameus,  ö  Iv  Kiav- 

in  CIL  2,  765  (Coria  =  Caurium  in  Lusitania).  gxuvxlvovjcoXsl  kXXriviv.bg  cpiXoXoy.  GvXXoyog  1886, 

Ambimogidus  ist  wohl  die  keltische  Benennung  p.  83,  9):  ['A7t]6XXa>vL  Toqco  ....  \B'b%]r]v  ergänzt 

des  Angehörigen  einer  Völkerschaft  in  Callae-  Dumont,    Müanges   d'archeol.    ei    d'epigraphie 

cia   {Hübner,   Ephem.  epigr.  8  p.  402.    Holder  397  nr.  74  z.  ii  (vgl,  Index  p.  509  s.  v.  Apollon 

a.  a.  0.  1,  Sp.  121  und  3,  Sp.  589).    Das  Fels-  zu  'AnoXXcovi  Toq(ü[vai(p).     [Höfer.] 

denkmal  ist  abgebildet  vor  A.  Bellino,  Tnscr.  Torone  (Toqwvti):  erwähnthei  Lykophr.  Alex, 

rom.  de  Braga  (1895).     [Keune.J  20  115  f.  (s.  Philarg.  zu  Verg.  Georg.  4,  391)    als 

Tonitrator  heißtluppiter  in  der  Weihinschrift  Gattin  des  Proteus  (s.  Bosch.  Lex.  3,  2,  3177. 

CIL  3,  Suppl.  8374,  vgl.  p.  2256  {Dessau  Inscr.  30):  6vXXhv.TQOio  ^Xhyqaiag  noatg  |  ßrvyvbg  To~ 

Lat.  sei.  3045):   I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  To-  gcovrig;    Heimat  in  Phlegra   in  Thrakien.     Als 

nitratori  usw.    Dieser  sonst  nicht  belegte  Bei-  ihr  Vater  wird  Proteus  genannt  im  schol.  zu 

name  ist  abgeleitet  vom  Substantivum  iomYrMS,  Nonn.   Bion.   21,  287;    vgl.    Steph.   Byz.   s.  v. 

tonitru,  tonitruum  oder  tonitrum,   ebenso  wie  Topobvrj  629,  10.     Sie  wird  auch   erwähnt  als 

Tonitrualis   bei   Apuhius,   de   mundo   37,    wo  Tochter  Poseidons  und  der  Phoinike,  s.  Steph. 

unter  den  Benennungen  des  Juppiter  aufgeführt  Byz.;    Bosch.    Lex.   3,2,    2399.    47.     Proteus' 

werden:   Fulgurator  et   Tonitrualis  et  Fulmi-  Söhne  von  ihr  sind  Tmolos  u.  Telegonos  nach 

nator.     [Kenne.]  so  dem  obengen.  schol.  zu  Lyk.;  vgl.  Tzetz.  Lyk. 

Tophaticl   {Tocpanril),   der  gute   Engel   der  124  [(I/pfotfr?)    iXQ^oiv    i^   yliyvntov    Toqmvriv 

9.  Freitagstunde;  ihm  entspricht  der  böse  Da-  yocy.Bl.,i^7]g avtat'naidsgTuaiXog  v.ccl  TriXiyovog^., 

mon  Eliasem.  Hygrom.Salom.  cvigrlO,  Cat.cod.  Eustath.  p.  686,  24;   Welcker,  Aesch.   Tril.  10, 

astr.  gr.  8, 2, 153.     [Preisendanz.j  '   11.    612,    22.    —    Eine    Tochter    des   Proteus, 

Torchobolis  deus,  nordafrikanische  örtliche  Eurip.  Hei.  11,  Kon.  8  heißt  Eido  =  Theonoe, 

Gottheit,  genannt  in  der  verstümmelten  Weih-  daher   vielleicht    die  Verwechslung    Torone? 

inschrift    eines    (oder   mehrerer)   Soldaten  von  [Preisendanz.] 

Ain  Zui  {CILS  Tab.  II  Ff),  einer  Ortschaft,  die  Torquatiana,  Beiname  der  Fortuna,  herge- 

mit  altem  Namen  Vazaivi,  statio  Vazaivitana  leitet  vom   Personennamen   Torquatus,   in   der 

(nicht:  Vazanis)  hieß,  CIL  8,  Suppl.  2,  p.  1671,  40  stadtrömischen  Weihinschrift  CIjL  6,  204 :  For- 

nr.  17621  =  Dessau  4483:  Diis  conscrvatoribus,  tunae  Torquatianae  Q.  Caecilius  Narcissus  d.  d. 

I(ovi)    O(ptimo)    M(aximo) ,    Mercurio,    Genio  (auf  den  Seitenflächen,  wie  häufig,  Henkelkrug 

exercitus,  Torchoboflji  deo Da  der  Stein  und  Opferschale).    Vgl.   die  zu  TulUana  {For- 

unten  abgebrochen  ist,  ist  von  dem  von  Dessau  tuna)  angeführten  Belege.     [Kenne.] 

wohl  richtig  ergänzten  L  nur  I  erhalten  (vgl.  Torrhebos  {ToQQrißog,  Togrißog),  ein  lydischer 

auch  Ephem.  epigr.  7,  p.  234,  n.  728),  und  der  König,  der  eine  Sohn  des  Atys  oder  Attis  (s.  d.): 

Rest  der  Inschrift  mit  der  Angabe  des  Stifters  Xanth.  fr.  1  {Müller  1,  36)  bei  Dion.  Hai.  Ant. 

fehlt.     [Keune.]  iJom.  1,28;  Nicol.  Damasc.fr.  22  (Müller  d.SlO) 

Torcle(ii)sis,    Beiname   des  Weingottes  Li-  bei  Steph.  Byz.  s.  v.    Die  Herrschaft  über  das 

ber  in  einer  Weihinschrift  der  zur  Provinz  Dal-  50  alte  Reich  Maionien  vererbt  sich  auf  die  bei- 

matia  gehörigen  Insel  Brattia,  jetzt  Brazza  ge-  den  Nachkommen  des  Atys.    Wie  nach  Lydos 

nannt,  (77X3,3093  (mit /Sw^^^M  p.  1646  nr.  10100)  die  Bewohner   des   einen  Teils  Lyder  genannt 

=  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4058,  auf  einem  AI-  werden  (Herodot  1,7;  7,74),   so  nach  T.  eine 

tar,  gefunden  bei  Skrip  im  Innern  der  genann-  Völkerschaft  an  der  Südgrenze  ToQgrißoL  (Dion. 

ten  Insel  [CIL  3  Suppl.  (2)  Tab.  VI  Ji],  jetzt  im  Hai.  a.  a.  0.)  oder  Toggrjßioi  (Steph.  Byz.  a.  a.  0.). 

Museum  zu   Spalato:    Veselia  Felicetas  Libero  Herodot  1,94   nennt  diesen  andern  Sohn  statt 

m(agno)  patri  Torclesi  ex  voto.    Wie  Mommsen  T.  vielmehr  Tyrrhenos,  der  als  eponymer  Ahn- 

zu  CIL  3,3098   bemerkt,  ist  Torclesis  =  Tor-  herr  der  Tyrrhener  die  Herleitung  der  angeb- 

clensis  zwar  gebildet  wie  ein  Ethnikon,  scheint  lieh  mit   diesen   identischen  Etrusker  aus  Ly- 

aber  doch    abgeleitet  vom    lateinischen   Wort  60  dien  verschuldet    hat;    vgl.    Tzetz.  Lyk.  1351. 

für  „Kelter'^  und  zwar  von  torc(u)lum  =^  tor-  Während   Mommsen,   B.  G.  l^  121,   Toggrißoi 

cj<?ar  oder  torcMZarmm;  zum  Ausfall  des  n  vor  s,  für  dasselbe   zu  halten  scheint  wie  Tvggr\voi, 

insbesondere  in  der  Endung  -ensis,  s.  zahlreiche  glaubt  Eduard  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2  §  320, 

Belege  bei  Dessau  a.  a.  0.  Bd.  3  p.  826.  [Keune.]  schon  Herodot  habe  mit  den  Torrhebern,   von 

Torgiates  (Togyiatrig)  heißt  in  einem  Liebes-  denen  er  schweigt,  die  Tyrrhener  verwechselt. 

Zauber  bei  Plaumann,  Amtl.  Ber.  aus  d.  Kgl.  —  Eine  Stadt  in  Lydien  heißt  nach  dem  König 

Kunstsamml.  35  (1913/14),  S.  207,  der  zum  Bei-  T.,  ganz  wie  dieser  selbst,  Toggrißog,  das  fem. 

stand   angerufene  Daimon ,  von  Plaumann  ge-  Toggrißlg  bezeichnet  anscheinend  eine  Bewoh- 

35* 


1071 


Torrhebos 


Totenbuch 


1072 


nerin  dieser  Stadt,  ebenso  aber  nach  T.  auch 
eine  Landschaft  des  benachbarten  Karien  {Steph. 
Bye.  a.  a.  0.)  mit  einem  Berge  namens  Kariös 
und  einem  Heiligtum  des  Kario»  (s.  d.  nr.  1). 
Dieser  ist  ein  Sohn  des  Zeus  und  der  Torrhe- 
bia.  Steph.  Byz.  erzählt  sodann  mit  relativi- 
scher  Anknüpfung  (5?):  er(?)  hörte,  an  einem 
See  lastwandelnd,  der  nach  ihm  {&n  cettxo^) 
lilivTi  Toggrißia  genannt  wurde,  den  Gesang 
der  Nymphen,  welche  die  Ljder  auch  Musen  lO 
nennen,  und  wurde  von  ihnen  in  der  Musik 
unterrichtet;  er  selbst  wieder  unterrichtete  die 
Lyder,  und  seine  Sangesweisen  wurden  deshalb 
{8uc  xovto)  Torrhebische  {(iBlri  Toggrißta)  ge- 
nannt. So  maß  man  es  bei  Steph.  Byz.  ver^ 
stehen,  und  so  wird  es  auch  in  dem  Art.  Ka- 
riös (■.  0.)  aufgefaßt;  aber  die  Beziehung  auf 
Kariös  ist  unrichtig;  vielmehr  wird  Torrhe- 
bos von  den  Nymphen  für  die  Musik  begei- 
stert (Gruppe,  Mythol.  829,  3);  dta  rovro  hat  20 
nur  dann  einen  Sinn,  wenn  T.  der  Erfinder 
der  lydischen  Weisen  ist,  die  deshalb 
nach  ihm  benannt  werden,  wie  er  ja  auch  nach 
Piutarch.  de  mtts.  lö  ^zuerst  die  Harmonie  an- 
gewendet hat*;  und  ebenso  hat  der  Ort  seiner 
mspiration  von  ihm  den  Namen  Torrhebischer 
See.  Über  die  dortigen  Nymphen  s.  auch 
Preller- Robert,  Gr.  Mythol.  1*,  488.  Dagegen 
ist  jene  Gattin  des  Zeus,  Torrhebia,  nach  der 
Landschaft  genannt,  in  der  sie  als  Göttin  oder  so 
Heroine  verehrt  wird,  ebenso  wie  Kariös,  der 
wohl  nur  eine  Hypostase  des  Zeus  Kariös  ist, 
seinen  Namen  von  Karien  hat.  —  Von  der 
Landschaft  Torrhebis  ist  die  Stadt  Torrhe- 
bos zu  unterscheiden ;  man  vermutete  sie  früher 
bei  Mylasa  im  südlichen  Karien,  einer  Kult- 
Btätte  des  Karischen  Zeus  (s.  0.);  vgl.  Menke, 
Lydiaca  (Berlin  1843)  S.  25.  Erst  Drexler 
(Fleckeis.  Jahrb.  1892,  S.  842 f.)  hat  aus  einem 
Münztypus  von  Hierapolis  in  Phrygien  (jetzt  40 
einer  hochinteressanten,  vom  Sinter  heißer 
Quellen  gleichsam  vergletscherten  Ruinenstätte, 
vgl.  Humann,  Cichorius,  Judeich,  Winter,  Alter- 
tümer V.  Hierapolis  1898),  geschlossen,  daß  T. 
in  oder  bei  Hierapolis  zu  suchen  ist.  Die 
Münze  (vgl.  Greek 
Coins  in  the  Brit. 
Mus.,  Phrygia  p.  232 ; 
pl.  29, 9 ;  8.  die  Abb.) 
zeigt  nämlich  die  in-  50 
schriftlich  bezeich- 
neten beiden  Stadt- 
heroen Mopsos  (s.  d. 
nr.7;Bd.2,Öp.3209f.) 
und  T..  die  nackt, 
aber  mit  langherab- 
„     ^  hängenden   Mänteln 

MOnse  von  Torrheboä:  Mopsos     „•    „    j««      „ .-^v.^» 

u.  T.  iGr.  Coin,  in  tke  BrU.  Mus.,     Tu    ^^J^^      ItV. 
Phrygia,  pl.  29,  9).  ^^^hen  ;   MopSOS  hält 

in  der  Rechten  einen  60 
Lorbeerzweig  und  stützt  sich  mit  der  Linken 
auf  einen  Bogen  (beide  Attribute  deuten  auf  den 
apollinischen  Charakter  des  Halbgottes  hin); 
T.  hält  in  der  ausgestreckten  rechten  Hand  die 
Statuette  einer  Göttin  mit  einer  Mauerkrone 
(wohl  der  kleinasiatischen  Artemis),  den  linken 
Arm  stützt  er  auf  eine  Lyra,  die  hinter  ihm  auf 
einem  Sockel  eteht.   Diese«  Instrument  kenn- 


zeichnet ihn  als  Erfinder  der  lydischen  Ton- 
weisen (8.  o.)        [Johannes  Schmidt] 

Totais  8.  Onoskelis. 

ToUs  (Totates)  =  Toutas  (Toutates),  s.  Teu- 
taies  Zu  York  =  Eburacum  in  Britannia  sind 
zwei  silberne  Pingerringe  gefunden,  welche 
Weihegaben  waren.  Det  eine  trägt  die  Weih- 
inschrift: IJeo  Sucelo  (s.  Sucellus  o.  Bd.  4,  Sp. 
1679 f.),  der  andere  die  Inschrift:  Tot,  welche 
zu  Tot(ati  Marti)  ergänzt  worden  ist.  Ephem. 
epigr.  3,  p  813,  nr.  181.  Holder,  Ältcelt.  Sprach- 
schatz 2,  Sp.  1895  {Totatis).'   [Kenne.] 

Totates  =  Teutates  s.  d. 

Toteubiich.  Totenbuch,  das  ägyptische: 
Sammlung  von  religiösen  Texten,  auf  Papyru» 
geschrieben  und  dem  Toten  in  das  Grab  mit- 
gegeben. —  Textausgaben:  R.  Lepsius,  Das 
Totenbuch  der  Ägypter  nach  dem  hieroglyphi- 
schen Papyrus  in  Turin,  Leipzig  1842.  Edouard 
Naville,  Das  ägyptische  Totenbuch  der  XVIII. 
bis  XX.  Dynastie,  Berlin  1886.  W.  Pletjte,  Cha- 
pitres  supplementaires  du  Livre  des  Morts 
(Leide  1881).  E.  Ä.  Wallis  Budge,  The  chapters 
of  Coming  Forth  by  day  1—3  {Books  on  Egypt 
and  Chaldaea  28—30,  London  1910).  —  Voll- 
ständige Übersetzungen:  The  life-wgrk  of  Sir 
Peter  Lepage  lienouf  (Bibliothrque  Egyptologi- 
que,  Serie  Etrangere  1,  l^aris  1907) ;  enthält  Ka- 
pitel 1—139  von  Renoufxxndi  Kapitel  140—184 
von  Naville  übersetzt,  als  Abdruck  aus:  Pro- 
ceedings  of  the  Society  of  Biblical  Archaeology 
14(1892)— 19  (1897)  und  24  (1902) —26  (1904). 
—  Femer:  E.  A.  Wallis  Budge,  The  book  of  the 
dead,  An  english  translation  1 — 3  (Books  on 
Egypt  and  Chaldaea,  6—8  London  1901).  — 
Teilweise  übersetzt:  Boeder,  Urkunden  zur  Re- 
ligion des  alten  Ägypten  (Jena  1915)  224—96. 

A.  Geschichte  des  Totenbuches. 

Die  älteste  Sammlung  religiöser  Texte  aus 
Ägypten  liegt  in  den  sog.  Tyramidentexten' 
vor,  die  hieroglyphisch  an  die  Wände  der 
Innenräume  von  Pyramiden  der  5.  und  6.  Dy- 
nastie eingemeißelt  sind.  In  diesen  Inschriften 
liegen  Sprüche,  meist  in  direkter  Rede  vor,  die 
ohne  Überschriften,  Einleitungen  oder  sonstige 
erläuternde  Verbindungen  nebeneinanderge- 
stellt sind.  Der  Redende  ist  hier  zu  denken 
als  ein  betender  Mensch,  nämlich  der  verstor- 
bene Pharao;  dort  als  ein  göttliches  Wesen 
irgendwelcher  Art,  das  sich  seiner  Macht  rühmt 
und  seine  Erlebnisse  schildert;  dann  als  der 
tote  Pharao,  der  als  Götterkönig  zum  Sonnen- 
gott in  den  Himmel  hinaufsteigt;  endlich  fin- 
den sich  Gebete  für  den  Schutz  der  Leiche, 
gesprochen  zu  denken  im  Totenritual.  Die  Zu- 
sammensetzung ist  also  ein  buntes  Mosaik  ohne 
Einheitlichkeit  in  Muster  und  Ton. 

Im  Mittleren  Reich  (Dyn.  12)  finden  wir  die 
schon  vorher  begonnene  Sitte  ausgebreitet,  die 
Totentexte  mit  der  Schreibbinse  in  Tinte  auf 
die  Wände  des  Sarges  zu  schreiben,  und  zwar 
in  der  abgekürzten  Form  der  Hieroglyphen, 
die  diese  beim  Schreiben  anzunehmen  pflegen 
und  die  die  Grundlage  für  die  'hieratische' 
Buch-  und  Briefschrift  abgegeben  hat.  Die 
sog.  'Sargtexte'  bilden  eine  unmittelbare  Foi-t- 
setzung  der  Pyramidentexte,  nur  in  Übertra- 


1073                    Totenbuch  Totonbuch                    1Ö74 

gung  vom  König  auf  den  Privatmann.  Der  Be-  Das  Verhältnis  des  T.s  zu  den  Sargtexten 
stand  der  Texte  ist  ähnliüh.  Ein  Teil  der  ist  ähnlich  wie  das  der  Sargtexte  zu  den  Pyra- 
Sprüche  der  Pyramidentexte  ist  verschwunden,  midentexten.  Im  T.  sind  noch  viele  Sprüche 
ein  anderer  durch  neue  ersetzt;  wieder  andere  mit  ihren  Überschriften  vorhanden,  die  in  den 
sind  gekürzt  oder  erweitert,  gelegentlich  auch  Sargtexien  stehen;  aber  nur  ganz  wenige 
in  mehrere  selbständige  Teile  zerlegt.  Völlig  Sprüche,  meist  nur  einzelne  Sätze  oder  Rede- 
neu sind  die  Überschriften,  die  man  inzwischen  Wendungen  haben  sich  aus  den  Pyramiden- 
über  die  Sprüche  gesetzt  hat  und  die  den  texten  bis  in  das  T.  erhalten  (z.  B.  Kap.  178). 
Zweck  angeben,  dem  der  Spruch  im  Munde  des  Auch  die  altertümliche  Gedankenwelt  der  Pyra- 
Toten  dienen  soll.  Vereinzelt  treten  Nachschrif-  lo  midenlexte  spiegelt  sich  in  dem  T.  nur  in  einer 
ten  auf,  in  denen  eine  Anweisung  gegeben  wesentlich  veränderten  Form  wieder,  während 
wird,  in  welcher  Weise  und  mit  welchen  ri-  die  Ideenkreise  von  Sargtexten  und  T.  sich 
tuellen  Handlungen  der  Spruch  zu  rezitieren  recht  nahe  stehen.  Die  in  den  Sargtexten 
ist,  damit  er  seine  Wirkung  ausübt.  geschaffene    äußere   Form:    zuerst    eine    Über- 

Seit  dem  Anfang  des  Neuen  Reichs  (Dyn.  18)  schrift,  dann  der  Wortlaut  des  Textes,  zuletzt 
wird  es  üblich,  eine  Papyrusrolle  mit  Toten-  gelegentlich  noch  eine  Nachschrift,  ist  im  T. 
texten  neben  die  Leiche  in  den  Sarg  zu  legen;  beibehalten  worden.  Im  einzelnen  bat  die  Tä- 
die  auf  sie  geschriebene  Sammlung  pflegen  wir  tigkeit  der  priesteflichen  Bearbeiter  viel  an 
'Totenbuch'  zu  nennen.  Die  angewendete  den  Texten  geändert.  Im  allgemeinen  hat  man 
Schrift  hat  im  wesentlichen  noch  den  gleichen  20  es  zwar  nicht  gewagt,  den  Wortlaut  eines  der 
Charakter  wie  in  den  Sargtexten,  wiederum  in  aus-  heiligen  Sprüche  absichtlich  umzustoßen.  Aber 
geprägtem  Gegensatz  zu  den  weltliclien  Hand-  man  fand  ja  oft  genug  mehrere  verschiedene 
Schriften  der  gleichen  Zeit.  Der  Text  des  Toten-  Überlieferungen  für  die  Schreibung  der  Wör- 
buches  ist  in  fortlaufenden,  meist  senkrechten  ter  und  damit  auch  für  den  Sinn  der  Sätze 
Zeilen  geschrieben.  Die  einzelnen  Sprüche  folgen  vor,  so  daß  sich  von  selbst  die  Notwendigkeit 
innerhalb  der  Zeilen  unmittelbar  aufeinander,  der  Redaktion  ergab;  dieser  ist  man  freilich 
und  vor  ihnen  selbst,  die  mit  schwarzer  Tinte  ge-  gern  durch  das  ISebeneinanderstellen  der  ver- 
schrieben sind,  steht  in  Rot  die  Überschrift  des  schiedenen  Überlieferungen  aus  dem  Wege  ge- 
Spruches (meist  'Kapitel'  genannt).  Zwischen  gangen.  Femer  gaben  gelehrte  Priester  einen 
einzelne  Gruppen  von  Texten  sind  Bilder  ein- 30  theologischen  Kommentar  zu  besonders  wich- 
geschaltet, die  gelegentlich  auch  jedes  einzelne  tigen  Texten  oder  zu  einzelnen  dunklen  Stellen  ; 
Kapitel  begleiten.  Einige  Kapitel  sind  uns  auch  .  dieser  ist  uns  stets  innerhalb  des  fortlaufen- 
hieroglyphisch  an  Grabwänden,  Särgen  undGrab-  den  Textes  überliefert  und  wird  nicht  immer 
steinen  erhalten,  aber  die  Textfassung  ist  dort  durch  die  Frage  'Was  ist  das?'  eingeleitet 
nicht  zuverlässiger  als  in  den  flüchtig  geschriebe-  (z.  B.  ed.  Naville  113,  14). 

nen  Papyrus.  Überhaupt  ist  nicht  zu  beobachten.  Die  quellenkritische  Durcharbeitung  des  T. 

daß  die  sorgfältige  Ausführung  der  Schrift  ein  An-  kann    nicht    durch    Veröffentlichung    einzelner 

zeichen  für  das  Vorhandensein  einer  sorgsam  ge-  Texte    geleistet    werden,    sondern    nur    durch 

prüftenTextredaktion  sei  — oft  ganz  im  Gegenteil!  Nebeneinanderstellung   der   verschiedenen   Le- 

Das  T.  des  Neuen  Reiches  hat  durch  die  40  sungen  in  den  einzelnen  Handschriften.  Die- 
ganze  Spätzeit  weitergelebt,  sein  Umfang  ist  sen  Weg  hat  Naville  vorbereitet  für  die  Has. 
bedeutend  gewachsen,  Texte  und  Bilder  sind  -der  18. — 20.  Dynastie.  In  zahlreichen  Versuchen 
ausgestaltet.  Die  Schrift  erstarrte  in  Dyn.  20  hat  man  die  Quellenkritik  praktisch  durchge- 
bis  21  zu  einer  'hieratischen',  bis  schließlich  führt  bei  der  Übersetzung  des  T.,  jedoch  ohne 
diese  gelehrte  Form  in  Vergessenheit  geriet  und  zulängliche  Vorarbeiten.  Die  erste  methodische 
in  Dyn.  26  mit  archaisierender  Tendenz  durch  Untersuchung  der  neueren  Zeit  hat,  wenn  man 
die  abgekürzten  Hieroglyphen,  unter  den  Ptole-  von  einigen  älteren  Aufsätzen  absieht,  Grapow 
mäern  dann  durch  die  gleichzeitige  weltliche  für  das  17.  Kapitel  {Biss.  Berlin  1912;  fortge- 
'demotische'  Schrift  ersetzt  wurde.  Das  aus  setzt  in  den  hieroglyphischen  Textausgaben  der 
ptolemäischer  Zeit  (nach  Mitteilung  vou  Spie-  50  'Urkunden')  geleistet,  der  nach  bestimmten 
gelberg)  stammende  umfangreiche  T.  des  Ef-onch  Gesichtspunkten  Lesungen  auswählte  und  einen 
(jwf-'nh)  ist  von  Lepsius  (s.  o.)  in  Faksimile  verständlichen  Text  herstellte,  um  dessen  äl- 
herausgegeben.  Die  Handschrift  ist  in  glän-  teste  Foi-m  zu  suchen.  Die  zukünftige  Aufgabe 
zender  Weise  ausgeführt,  nachdem  die  Kodi-  für  die  Quellenkritik  wird  es  sein,  diesen  Weg 
fikation  des  T.s  stattgefunden  hatte,  bei  der  für  die  einzelnen  Kapitel  weiter  zu  gehen,  und 
die  späten  Kapitel  183—186  hinzugefügt  wor-  zwar  unter  Heranziehung  aller  vorhandenen 
den  sind.  Aus  ptolemäischer  Zeit  sind  sehr  Überlieferungen;  er  ist  für  einzelne  Kapitel  er- 
viele  T.  vorhanden,  aber  noch  nicht  zusam-  folgreich  beschritten  von  Sethe  in  Z.  Ägypt. 
menfassend  durchgearbeitet;  sie  enthalten  Spr.  54  (1918)  und  56  (1922). 
nachträglich  überarbeitete  Textfassungen,  so  60  _  ^,.  ,  „  ,  -.. 
daß  sie  für  die  Quellenkritik  von  Verhältnis-  ^'  Gliederung  des  Totenbuehs. 
mäßig  geringem  Werte  sind.  Wie  allerdings  L  Zahl  und  Zählung  der  Kapitel 
in  ihnen  die  hieratische  Schrift  oft  durch  die  Lepsius  gab  den  Kapiteln,  die  in  der  Turiner 
altertümlichen  Hieroglyphen  ersetzt  wird,  so  Handschrift  der  saitischen  Zeit  vorkamen,  nach- 
hat man  auch  für  die  Redaktion  alte  Vorlagen  einander  die  Nummern  1 — 165.  Er  richtete  sich 
herangezogen,  die  im  einzelnen  zweifellos  oft  nach  den  Überschriften  der  Kapitel,  die  ge- 
eine gute  Überlieferung  enthalten.  Franz  Lexa,  wohnlich  durch  das  Wort  'Spruch'  (r)  oder 
Das  demotische  Totenbuch,  Leipzig  i910.  'Buch'  (s'-t)  bezeichnet  werden.    Gelegentlich 


1075                     Totenbuch  Totenbuch                     1076 

erscheint    eine    Überschrift   wie    'Anfang   der  in  der  Unterwelt  usw.  usw.'    Es  ist  ein  uralter 

Sprüche  von  . .  .*  oder  besondere  Bezeichnungen,  Text,  der  im  Mittleren  Reich  einen  Kommon- 

die  sich  auf  Gruppen  von  Kapiteln  beziehen;  tar  erhalten   hat  und   sehr  häufig  verwendet 

diese  Gruppen  kommen  aber  bei  unserer  Ein-  wird.  Der  Text  hat  mythologischen  Inhalt  (vgl. 

teilung  in  Kapitel  nicht  zum  Ausdruck.  C  VI)  und  ist  ohne  weitere  Umgestaltung  in 

Navüle  hat  sich  der  Einteilung  und  Zäh-  die  Sammlung  aufgenommen  worden.  —  Kap.  21 
lung  von  Lepgius  vollständig  angeschlossen,  ob-  bis  30:  Einheitliche  Gruppe,  die  schon  im  Neuen 
wohl  er  vom  Standpunkt  des  Neuen  Reichs  aus  Reich  fast  immer  vereinigt  in  derselben  Reihen- 
eigentlich  hätte  anders  zählen  müssen;  er  folge  wie  später  erscheint.  Texte  und  t^ber- 
wahrte  aber  aus  praktischen  Gründen  die  Ein-  lo  Schriften  stcnen  in  engem  Zusammenhang  und 
heit  der  Zählung  und  fügte  die  Nummern  beziehen  sich  auf  Handlungen  aus  dem  Ritual ; 
Kap.  166—186  hinzu.  Vorher  waren  allerdings  sie  gehören  zu  den  wenigen  Texten  des  T., 
von  Pleyte  die  Nummern  166 — 174  für  andere  die  man  sich  ohne  weiteres  im  Zeremoniell  der 
Texte  vergeben  worden,  die  als  spätere  Zu-  Bestattung  denken  kann.  Nach  ihrem  Inhalt 
Sätze  in  den  Handschriften  auftraten.  Außer  wird  die  Leiche  hergerichtet:  der  Mund  wird 
diesen  gibt  es  in  den  erhaltenen  Handschrif-  gegeben  und  dann  geöffnet  (Kap.  21 — 23),  der 
ten  noch  weitere  Kapitel,  die  teils  vorbände-  Zauber  wird  gebracht  (Kap.  24),  der  Tote  er- 
neu Texten  verwandt,  teils  völlig  selbständig  hält  die  Fähigkeit,  sich  an  seinen  Namen  zu 
sind;  sie  haben  noch  keine  festen  Nummern  erinnern  (Kap.  25),  sein  Herz  wird  ihm  gegeben 
erhalten,  da  sich  noch  kein  Bearbeiter  für  dieses  so  und  gegen  Raub  geschützt  (Kap.  2G— 3u).  Alle 
Gebiet  gefunden  hat.  diese  Vorgänge  vollziehen   sich   scheinbar  im 

Die  Anordnung   der  Sprüche  in  den   Hss.  Jenseits,   sind  aber  natürlich  ein  Abbild   des 

des  Neuen  Reiches  ist  nicht  die  der  Saitischen  irdischen  Rituals.  —  Kap.  31 — 63:   Folge  von 

Zeit,  nach  welcher  Lepsius  gezählt  hat.    Son-  Texten  ganz   verschiedener  Art  ohne  einheit- 

dem  die  T.  des  Neuen  Reichs  enthalten  stets  liehe  Zusammenfassung;   sie  sollen  feindliche 

nur  eine  Auswahl  von  Texten,  höchstens  90,  Tiere   vom  Toten   abwehren    oder   ihn    gegen 

meist  nur  eine  beschränkte  Anzahl  wichtiger  andere  Schäden  schützen,  wie  Abschneiden  des 

Texte,  oft  auch  nur  einzelne.     Erst  die  Spät-  Kopfes,  nochmaliges  Sterben,  Faulen  der  Leiche 

zeit  hat  die  feste  Folge  der  Kapitel  hergestellt.  usw.    Die  zum  Leben  notwendigen  oder  wün- 

n.  Gruppen  von  Kapiteln.     Der  Inhalt  so  sehenswerten  Dinge   werden   dem   Toten   ver- 

der  Überschriften,   die   im  Mittleren   und  vor  schafft;  sein  Leben  wird  gegen  Zerstörung  ge- 

dem    Neuen    Reich    den   Sprüchen    vorgesetzt  schützt,  sein  Thronsessel  darf  nicht  weggenom- 

worden  sind,   lehrt  uns,  daß  gewisse  Kapitel  men  werden,  die  Knochen   seines  Kopfes  sind 

eine  innere   Einheit  bilden,    zu  einer  Gruppe  richtig  zusammengesetzt,  er  hat  Luft  zum  Atmen 

zusammengefaßt  werden  können  und  auch  im  und   bekommt  Speise  und  Trank.  —   Kap.  64 

Altertum  in  der  Tat  zusammengefaßt  worden  trägt  wieder  die  Überschrift  'Spruch   für  den 

sind.    Wir  ersehen  es   aus  dem  Auftreten  von  Ausgang  bei  Tage  aus  der  Unterwelt'  und  ist 

Gruppenüberschriften,  die  allerdings  auch  wie-  eins   der  wichtigsten   und  häufigsten  Kapitel, 

der   als    Überschriften    einzelner    Sprüche    er-  das  schon  in  Dyn.  11  belegt  ist:  Paul  Guieysfißy 

scheinen,  z.  B.  'Hinausgehen  am  Tage'  (Kap.  15  40  Rituel   funeraire   egi/ptien,   chapitre  64,    Paris 

B  III.  17.  64)  oder  'Spruch   der  Vervollkomm-  1876.    Der  Text  enthält  einen  mythologischen 

nung  des  Verklärten'  (Kap.  141 — 143.  148).  Die.  Monolog  und  eine  Anrufung.  Angegliedert  sind 

Überschriften  zu  den  einzelnen  Sprüchen  sind  Kap.  65  —  75.    —    Kap.  76  —  88:    Geschlossene 

später  als  diese  selbst  verfaßt  und  haben  meist  Gruppe  von  Kapiteln,  die  sämtlich  überschrie- 

keinen  inneren  Zusammenhang  mit  dem  Wort-  ben  sind  'Spruch  für  die  Verwandlung  in  . . .', 

laut  des  Textes  selbst;  in  anderen  Fällen  wie-  und  zwar  soll  sich  der  Tote  verwandeln  kön- 

der  sind  solche  inneren  Verbindungen  deutlich  nen  in  einen  Falken,  eine  Lotosblüte,   einen 

vorhanden  und  bestätigen  uns,  daß  die  Ver-  Phönixvogel,  einen  Reiher,  eine  Seele  (Vogel 

fasser  der  Überschriften   mit  ihnen   den  Sinn  mit  menschlichen  Händen  und  Menschenkopf), 

des  Textes  richtig  getroffen  haben.  50  eine    Schwalbe,    eine    Schlange,    ein    Krokodil 

Aus  dem  T.  seien   folgende  Gruppen  von  oder  in  bestimmte  Götter,  oder  endlich  'in  alle 

Kapiteln  bzw.  besonders  wichtige  Texte   her-  Gestalten,   die  er  wünscht'.  —  Kap.  89—107: 

ausgehoben:  Zusammenhanglose   Gruppe    von   Texten,    die 

Kap.  1 — 16:  Jüngere  Gruppe  von  Texten,  dem  Toten  Annehmlichkeiten  in  der  Unterwelt 
eingeleitet  durch  die  Gruppenüberschrift  'An-  verschaffen  sollen,  z.  T.  von  ähnlicher  Art  wie 
fang  der  Sprüche  von  dem  Hinausgehen  am  frühere  KapiteL  Er  soll  im  Jenseits  über  den 
Tage  der  Anrufungen  und  Verklärungen  und  Strom  gesetzt  werden  und  die  nötigen  Opfer 
von  dem  Hinausgehen  aus  der  Unterwelt  und  erhalten.  Besonders  beliebt  ist  Kap.  99  aus 
der  Rückkehr  in  sie  —  zu  sprechen  am  Tage  einer  Gruppe  von  Texten,  zu  der  auch  Kap.  130 
der  Einsargung'.  Hierin  ist  Kap.  6  bestimmt  6o  bis  186  gehört,  und  die  sich  mit  der  Fahrt  in 
für  die  Beschäftigung  der  Totenfiguren  als  Ar-  dem  Sonnenschiff  beschäftigen;  dort  will  und 
heiter,  und  der  Text  wird  deshalb  auf  Toten-  soll  der  Tote  Platz  nehmen  neben  dem  Sonnen- 
figuren geschrieben.  Kap.  15,  zu  welchem  16  gott  und  zusammen  mit  den  übrigen  großen 
die  Bilder  gibt,  enthält  in  mehreren  Fassungen  Göttern.  —  Kap.  108—109  und  111 — 116  (die 
Lieder  an  den  Sonnengott.  —  Kap.  17,  an  das  Gruppe  ist  unterbrochen  durch  Einsprengung 
18—20  angehängt  sind,  beginnt  mit  einer  neuen  von  Kap.  110,  woraus  die  ün sorgfältigkeit  der 
Gruppenüberschrift  'Anfang  der  Anrufungen  Kodifikation  erhellt;  ähnlich  ist  Kap.  79  in  die 
und  Verklärungen  für  Ausgang  und  Rückkehr  'Verwandlungen'    eingesprengt):    Sprüche   für 


1077                     Totenbuch  Totenbuch                    1078 

Keaiitnis  der  Seelea  verschiedoaer  Sblldte,  Ge-  Muad  gelebt.  Oft  sind  es  ausführliche  Lob- 
gentien  uad  Hiai-nöl9richtun;?eQ;  gemeint  sind  preiaungen,  die  in  dieser  Fassung  eigentlich 
DämDnen,  die  wir  als  Gehilfen  der  Götter  ken-  nicht  in  das  T.  gehören  und  wolil  auch  aus 
nen.  —  Kap.  110:  Hiufiger  und  wichtiger  Text  dem  Tempelkult  oder  wenignteni  aus  Hss.  hier- 
von den  Elysischen  Gafildan,  in  die  der  Tote  her  übernommen  sind,  die  aus  dem  Kreis  des 
eingeht,  wenn  er  das  Gericht  (Kap.  125)  be-  Tempildienstes  stammen.  Unter  den  angerufe- 
standen  hat.  Es  hat  eine  Gruppenüberschrift:  nen  Göttern  nehmen  die  beiden  den  Saupt- 
' Anfang  der  S,)rüche  des  Gabenfeldes  (oder  platz  ein,  um  die  sich  das  Leben  und  die 
Feld  Jaru,  die  sog.  Elysischen  Gelilde)  und  der  Wünsche  der  Toten  drehen.  Zunächst  der  Son- 
Sprüohe  vom  Hinausgdhen  am  Tage  usw.'  Der  lo  nengott,  den  man  am  Morgen  bei  Aufgang  und 
mythologische  Tett  (vgl.  C.  VI)  hat  seinen  Schau-  am  Abend  bei  Untergang  verehrt,  um  seines 
platz  im  Gabenfeldö.  —  Kap.  117  —  124;  Wei-  erwärmendes  Lichtes  teilhaftig  zu  werden,  so- 
tere  Texte  für  das  Verhalten  in  der  Unterwelt  wohl  bei  Tage  über  der  Erde  wie  bei  Nacht, 
und  die  Ankunft  an  dem  Eingang  zum  Jen-  wenn  er  seinen  unterirdischen  Weg  von  Westen 
seits,  deshalb  vielleicht  als  Vorbereitung  auf  nich  Osten  durch  das  Totenreich  macht  (Kap.  15 
das  Totengericht  gemeint  —  Kap.  125:  Der  bis  16).  Ferner  Osiris,  der  Herrscher  der  Un- 
berühmteste und  häufigste  Teil  des  T.  mit  Tex-  terwelt,  an  den  sich  viele  einzelne  Stellen  des 
ten  u;id  Bildern  zum  Totengericht,  bei  dem  T.  wenden,  gelegentlich  auch  längere  Hymnen 
das  Herz  gigan  das  Rocht  aufgewogen  wird.  und  Gebete  (Kap.  18  nach  Äni  ed.  Budge).,  im 
Der  Text  wird  in  der  Üöerschrift  oft  'Buch  20  Sinne  dieser  Lieder  sind  auch  die  zahlreichen 
(ebenso  die  ang-^gliederten  Kap.  127 — 129)  vom  selbständigen  Anrufungen  gehalten,  die  auf 
Eintritt  in  die  Halle  der  dopp3lten  Gerechtig-  Grabsteinen  oder  an  Grabwänden  überliefert 
eit'  genannt.  —  K^-p.  141— 154:  Sprüche  für  sind.  Im  Totengaricht  (Kap.  125  Einleitung) 
die  Kenntnis  des  Jenseits,  besonders  in  topo-  wird  Osiris  natürlich  als  oberster  Totenrichter 
graphischer  Hinsicht.  Der  Tote  wird  befähigt,  und  'Herr  der  doppelten  Gerechtigkeit'  ge*- 
durch  Kenntnis  der  Namen  der  Orte  und  Da-  feiert.  Neben  den  beiden  Hauptgöttern  werden  • 
monen  die  Tore  im  Jenseits  zu  durchschreiten  die  anderen  großen  Götter  sämtlich  mehr  oder 
und  sich  in  den  Festungen  zurechtzufinden.  weniger  ausfübrlich  und  häufig  angerufen.  Z.  B 
Kap.  151  stellt  die  GrabkammBr  mit  ihrer  gan-  wird  Thot,  der  schreib-  und  rechtskundige  Ge 
zen  Einrichtung  dar. —  Kap.  155 —171:  Sprüche  33  lehrte,  gebeten,  den  Toten  in  den  zehn  (jre- 
für  die  Anbringung  der  Amulette  und  die  son-  richtshöfen  zu  rechtfertigen,  wie  er  es  mit 
stige  Ausstattung  der  Mumie  und  des  Grabes.  Osiris  getan  habe  (Kap.  18  ed.  Nav.)  oder  ihm 
—  Kap.  174— 186:  Zusammenhanglose  Gruppe  das  Schreibzeug  zu  gaben,  das  in  geheimnis- 
von  Testen,  teils  mythologischen  Inhalts,  teils  voller  Beziehung  zu  Osiris  selbst  steht  (Kap.  94). 
für  den  Schutz  des  Leichnam?  und  aaderwei-  KI.  Erlebnisse  des  Toten.  Viele  Texte 
tige  Hilfe  im  Jenseits.  wählen  die  Form,   daß   der  Tote   seine  Erleb- 

_,    _  -     ,^    ,       _,      ..   ,  nisse  in  der  Unterwelt  schildert.    Er  beschreibt 

C.  lahalt  der  Spraohe.  ^ei^g^   ^^^^   .j^^^  ^^.^„3  i^  ^^^  ^^^^  ^-^^ 

I.  Gebete  für  den  Toten.    Die  häufigste  und  öffne  alle  Wege,  die  im  Himmel,  auf  der 

Form  der  Texte  des  T.  ist,  daß  für  ihn  eine  Hilfe  40  Erde  und  auf  der  Duat  sind'  (Kap.  9,  2  —  4  ed. 

erbeten  wird;  von  ihm  ist  also  in  dritter  Per-  Nao.).     Er  erzählt:  "^IVIir  wird  mein  Mund  ge- 

son  die  Rede.  Vereinzelt  ist  einmal  als  redende  geben,    damit  ich  mit  ihm  rede  vor  den  Göt- 

Person  der  AnmutefiPriester  angegeben  (Kap.  18  tern   der   Duat'   (Kap.  22,. -J  ed.  Nav).     ^Mein 

nach  Ani  ed.  Badge).  Herz  gehört  mir,  damit  es  in  mir  bleibe'  (26,  2) 

n.   Gebete   des   Toten.    Häufig  sprechen  oder  ""Mein  Herz  ist  bei  mir  und  wird  mir  nicht 

die  Texte    des  T.  in    der  ersten   Person,    und  weggenommen'  (29  A,  2).     ^Die  vier   Knochen 

auch  wenn  sie  nicht  durch  den  Satz:  '^NN'  sa^t'  meines  Hinterkopfes  sind  verbunden'  von  Göt- 

eingeleitet  werden,  müssen  wir  uns  den  Toten  tern,   die  einsein  genannt  werden  (50,2).     So 

als    redend   denken.    In  Kap.  17    sind  au   den  ist  er  in  ordnungsmäßiger  Verfassung  und  kann 

Monolog  des   Urgottes   Gebete   angehängt,    in  50  bei  Tage  die  Unterwelt  verlassen,  um  wie  ein 

denen  der  Sprecher  die  Totenrichter  um   Be-  Lebender  einherzugehen:    'Die  Tore  des  Him- 

freiung  von  Sünde  anruft;  ähnlich  spricht  der  mels   sind   mir   autgetan,    die   Tore   der   Erde 

Tote  im  Totengericht  (Kap.  125),  wo  er  Schutz  sind  mir  aufgetan  .  .  .  und  ich   gehe  am  Tage 

vor  dem  ^Henker  und  anderen  bösen  Geistern  hinaus   an   den  Ort,   den   mein  Herz  wünscht' 

erfleht.    Über  das  ganze  T.  hinweg  sind  Anru-  (68,  2).    Glücklich  genießt  er  das  jenseitige  Le- 

fungen  an  einzelne  Götter  verstreut,  z.  B.:  '0  ben:    'Ich    gehe    gerechtfertigt    gegen    meine 

Atum,  gib  mir  süße  Luft!'  (Kap.  56,  3  ed.  iVay.)  Feinde  (aus  dem  Gericht)   hervor.    Ich   durch- 

oder   die   Anrufung  vieler  Götter  in   Kap.  79,  ziehe  den  Himmel,  ich  dringe  in  den  Horizont 

wo   der  Tote  sich  als   neuer  Götterkönig  an-  ein,  ich  eile  über  die  Erde  mit  meinen  Schrit- 

kündigt,   der  nun  den  Thron   besteigen  wird.  60  ten  .  .  .     Ich  esse  mit   meinem   Munde  usw.' 

In  dem  Totengericht  (Kap.  125)  nimmt  die  Rede  (Kap.  10  u.  48). 

des  Toten  die  Form  der  Beichte  an,  in  der  er  Mit  derartigen  Schilderungen  ist  gemeint, 

bekennt,  die  und  die  Sünde  nicht  begangen  zu  daß   der  Tote  sich   durch   das  Hersagen  bzw. 

haben.    Selten  stellt  der  Tote  sich  als  Priester  das  Mitnehmen  der  Sprüche  das  in  ihnen  ge- 

vor,  der  den  Gottesdienst   vollzieht  (Kap.  1  B,  schilderte    glückliche^  Leben    sichert.     Gewiß 

19  ed.  Nav.).  würde  der  Sinn  der  Übersetzung  im  einzelnen 

Anbetungen  von  Göttern  in  kürzerer  oder  anders,  wenn  man  statt  des  Indikativs  den  Op- 

längerer  Form  sind  dem  Toten  häufig  in  den  tativ  annähme,  also  statt  'ich  gehe':  'möchte 


1Ö79                    Tötenbuch  Totenbucb                    1080 

ich  gehen'  usw.    Gelegentlich  vertilgt  es  sich  lichung  geraten,  in  der  der  Tote  auftritt  als 

auch  gut  mit  dem  allgemeinen  Sinn  dea  Tex-  Ösirie,  der  durch  Horiis  befreit  ist,  der  von  Nut 

tes,  den  Wunsch  einzusetzen.    Aber  alle  Texte  geboren  wurde  und   als  Orion  über  den  Him- 

kOnnen  nicht  so  zu  übertragen  sein.     Die  Er-  mel  zieht  usw  (69, 1 — 5  ed.  Nav.).   Als  Spruch 

Zählung  in  der  I.Person  entspricht  der  ö,gyp-  für  die  Verwandlung  in  eine  Seele  erscheint 

tischen  Auffassung  ebenso  wie  die  Monologe  eine  Identifikation  mit  der  Sonne,  die  sich  Re 

in'  Kap.  6,  in  denen  der  Tote  sich  als  der  und  und  Chepra  nennt,  die  Finsternis  vertreibt  usw. 

der  Gott  vorstellt.  (86,2-10  ed.  Nav.). 

IV.  Wechsel  reden  des  Toten.  Gelegent-  Diese  Texte  sind  nicht  so  zu  verstehen,  daft 
lieh  erscheinen  im  T.  Unterhaltungen  des  To-  lo  der  Tote  sich  in  eine  lose  Beziehunj?  zu  den 
ten  mit  anderen  Personen  in  direkter  Rede,  Gottheiten  setzt,  oder  daß  er  ihre  Gestalt  wie 
und  zwar  tritt  der  Dialog  als  typische  Form  ein  Gewand  annimmt,  um  zu  tiiuschen,  oder 
auf,  wenn  der  Tote  ein  Tor  zu  durchschreiten  daß  er  sich  nur  nebenbei  mit  göttlichen  Eigen- 
bat. Dann  wendet  er  sich  an  den  Türhüter:  schaften  versieht.  Sondern  es  entspricht  ganz, 
'(iffne  mir!*  'Wer  bist  du?*  'Ich  bin  einer  der  ägyptischen  Auffassung,  daß  der  Tote  vor- 
von  euch!*  'Wer  ist  mit  dir?*  'Die  beiden  gibt,  sich  vollständig  und  dauernd  in  den  be- 
mrtj-Göttinnen  sind  es*  (Kap.  58  ed.  Lepsius).  treffenden  Gott  verwandelt  /u  hab(>n.  Er  hat 
In  den  Sprüchen  von  den  Toren,  den  Wohnun-  alle  seine  Eigenschaften  angenommen,  erlebt 
gen  und  den  Festungen  im  Jenseits  (Kap.  144  seine  Schicksale  und  erfreut  sich  der  dem 
bis  147)  spielen  diese  Dialoge  mit  dem  Tür-  80  Gotte  erwiesenen  Ehrungen.  Der  Sinn  der 
hüter,  dem  Wächter  und  dem  Herolde,  der  in  Sprüche  ist  es,  daß  der  Tote  den  Traum  der 
dem  Tore  anmeldt,  eine  große  Rolle.  Im  To-  göttlichen  Persönlichkeit  und  Macht  ganz  und 
tengericht    erscheint    eine    Wechselrede    von  gar  auskosten  soll. 

knappen  Fragen  und  Antworten  an  den  Stel-  VI.  Mythologische  Erzählungen.  Viele 

len,  an  denen  der  Tote  sich  den  Weg  dadurch  Andeutungen  von  mythologischen  Einzelheiten 

erzwingt,  daß  er  Kenntnis  der  Gegend«und  der  sind  in  das  T.  eingestreut,  besonders  bei  den 

vorzunehmenden  Zauberhandlungen  zeigt.  Dann  eben    (C  V)    behandelten    Identifikationen    mit 

nennt  er  auf  Befragen   die  Namen  der  einzel-  Göttern  und  bei  den  Anrufungen  von  Gotthei- 

nen  Teile  des  Tores  (Pfosten,  Schwelle,  Riegel,  ten  (C  II).    Aber  gelegentlich  haben  sogar  zu- 
Schloß  usw.)  sowie  den  Namen  des  Pförtners,  so  sammenhängende  Texte  mythologischen  Inhalts 

und   endlich   antwortet  er  dem  Thot   auf  die  durch    irgendwelche   Zutalligkeiten   Aufnahme 

Fragen  nach   seinem  Begehr  und  nach  seiner  in  das  T.   gefunden.     Das  berühmte  17.  Kap. 

Reinheit  (Kap.  125  Schluß,  21  ff.).  beginnt  mit  einem  Monolog  des  höchsten  Got- 

V.  Der  Tote  als  Vertreter  von  Göt-  tes  im  Dogma  von  Heliopolis,  der  sich  Urgott,. 
tern.  Hänfig  führt  der  Tote  sich  selbst  in  Schöpfer,  Göttervater,  Sonnengott,  Himmels- 
direkter Rede  als  ein  mythischer  oder  magi-  könig  und  Weltenherrscher  nennt.  Die  Lieder 
scher  Gegenstand  ein,  um  sich  dadurch  erhöh-  an  den  Sonnengott,  Kap.  15,  preisen  seine  Wir- 
tes Ansehen  zu  geben.  'Ich  bin  die  reine  Lo-  kung  als  Gestirn,  schildern  seine  Kämpfe  gegen 
tosblüte,  die  im  Horizont  emporgesprossen  ist'  die  Mächte  der  Finsternis,  lassen  ihn  vom 
und  an  der  der  Sonnengott  riecht  (Kap.  80).  40  Himmel  aus  über  Götter  und  Menschen  herr- 
Die  Sprüche  76  —  88  sollen  ihm  gerade  die  sehen  und  nachts  den  Toten  Licht  bringen. 
Fähigkeit  geben,  nach  Wunsch  andere  Gestal-  Verschiedene  Mythen  von  Heliopolis  sind  in 
ten  anzunehmen  (vgl.  B  II).  Er  schreibt  sich  widerspruchsvoller  Weise  in  dem  Kap.  115  ver- 
zuweilen  in  einem  Atem  die  Gestalt  verschie-  einigt,  das  die  Geister  von  Heliopolis  kennen 
dener  Götter  zu:  'Ich  weiß,  daß  ich  empfangen  lernen  soll.  In  die  vorangehenden  Sprüche,. 
bin  von  Sachmet  und  geboren  bin  von  Neit;  die  sich  mit  den  Geistern  anderer  Städte  be- 
ich  bin  Horus,  der  mit  dem  Horusauge  hervor-  schäftigen ,  sind  einige  Erzählungen  aus  dem 
kam;  ich  bin  Uto,  die  als  Horus  hervorkam'  Kranz  von  Mythen  geraten,  der  um  Horus  ent- 
usw.  (66, 1).  An  anderer  Stelle  nennt  er  sich  standen  war.  In  Kap.  110  stehen  zwischen  Re- 
zugleich  Atum  und  Doppellöwe  und  Chepra  50  den  eingesprengt  Bruchstücke  einer  Schilderung 
(^8  A,  2—9  ed.  Nav.),  oder  er  bezeichnet  sich  des  Kampfes  zwischen  Horus  und  Set.  Kap.  11^ 
als  Thot  und  großer  Gott  in  dem  Sonnenschiff  enthält  in  lebendiger  Form  die  bekannte  Ver- 
und  Totenrichter  und  anderweitiger  Gehilfe  des  wundung  des  Horus  durch  Set,  der  sich  in  ein 
Osiris  und  Horus  (1  B,  3 — 18  ed.  iVaw.)  Ein  schwarzes  Schwein  verwandelt  hat.  In  Kap.  113^ 
merkwürdiger  Spruch,  der  mit  Ehnas  (Hera-  fischt  Sobk  den  Horus  aus  dem  Wasser. 
kleopolis"»  zusammenhängt,  läßt  den  Toten  seine  .^^  -„  „  ^  -,  •, 
Körperteile  als  Götter  bezeichnen:  'Mein  Haar  ^'  Ursprung  und  Verv^endung  der 

ist  Nun,  mein  Gesicht  ist  Re,  meine  Augen  Sprucüe. 

sind  Hathor'  usw.,  bis  zu  den  inneren  Organen ;  In  einer  Anzahl   von  Stellen   schon   in  dert 

'Es  gibt   kein  Glied   an  mir,    das   von  einem  60  Sargtexten  des  Mittleren  Reichs,  dann  in  großem 

Gotte  frei  wäre'  (42,5 — 11  ed.  Nav.).  Umfange  in  dem  T.  des  Neuen  Reiches  haben 

Besonders    eindrucksvoll    ist    ein   Monolog,  die  Sprüche  Nachschriften  erhalten,   in  denea 

wenn   er  in   einheitlicher  Rede  die  Identifika-  sachliche  Angaben  verschiedener  Art  enthalten 

tion  mit  einem   der  großen  Götter  durchführt  sind.     Den   Nachschriften    sind    die   folgenden 

und  dabei  der  Einzelheiten  aus  der  Persönlich-  Zusammenstellungen     fast     ausnahmslos     ent- 

keit  und  Mythologie  der  betreffenden  Gottheit  nommen. 

gedenkt.    In  eines   der  Kapitel  vom  'Hinaus-  I.   Zeit  und  Ort  des  Ursprungs.    Wie 

gehen  bei  Tage*  ist  z.  B.  eine  Selbstverherr-  alle  geheiligten  Schriften,  so  soll  auch  das  T. 


1081                     Totenbuch  Totenbuch                     1082 

von  Thot,  dem  gelehrten  Schreiber  der  Götter,  eint;  Abendbarke  westlich  und  eine  Morgen- 
verfaßt sein.  Das  T.  ist  eines  der  berühmten  barke  östlich  von  ihm  aufgezeichnet  werden 
^hermetischen  Bücher'  {Clemens  Alexnndrtnus).  led.  Nav.).  Ähnlich  Kap.  133,  wo  ein  grünes 
Dadurch  wird  die  Entstehung  des  T.  in  die  Schiff  unter  einem  Himmel  mit  Sternen  stehen 
glückselige  Zeit  der  Götter  der  Urzeit  zurück-  soll,  während  Kaj).  134  über  einen  gekrönten 
verlegt.  In  Wirklichkeit  gehen  zwar  viele  ein-  Falken  zu  rezitieren  ist,  der  mit  dem  Sonnen- 
zelne  Vorstellungen  des  T.  in  die  vorgeschicht-  schiff  in  gelber  Farbe  auf  eine  neue  Binde  ge- 
liche  Zeit  zurück,  aber  die  Form,  in  der  sie  zeichnet  wird.  Alle  diese  Texte  sind  dazu  be- 
uns  überliefert  sind,  ihre  Zusammenfassung  stimmt,  den  Toten  mit  dem  Sonnengott  zusam- 
und  Umgestaltung  gehört  in  den  Anfang  des  lo  men  in  seinem  Schiffe  fahren  zu  lassen. 
Neuen  Reichs  und  ist  auf  der  Grundlage  der  I^ei  anderen  Sprüchen  ist  angegeben,  daß 
Totentexte  des  Mittleren  Reichs  ('Sargtexte')  sie  in  bestimmter  Weise  über  der  Leiche  an- 
und  weiterhin  der  des  Alten  Reichs  ('Pyramiden-  zuwenden  sind.  Für  Kap.  13  soll  ein  Kranz  von 
texte')  ausgeführt.  Blumen  am  Tage  der  Bestattung  auf  das  rechte 

Eines  der  Zusatzkapitel  zum  T.  (ed.  Pleytc,  Ohr  des  Verstorbenen  gelegt  werden,  und  Kap.  19 

Kap.  166)  gibt  an,  im  Totenreich  am  Halse  des  ist  zu  rezitieren  am  frühen  Morgen  über  dem 

Königs   Ramses  II.   gefunden   zu   sein.    In  den  göttlichen  Kranz,  der  über  das  Antlitz  des  Man- 

Nachschriften   anderer  Kapitel  wird   einzelnen  nes  gelegt  ist.    Für  Kap.  100  ist  es  notwendig, 

Sprüchen  ein  viel  höheres  Alter  zugeschrieben;  ein  Bild  auf  ein  reines  Blatt  mit  frischer  Zeich- 

allerdings  sind  die  Angaben  darüber  nicht  über-  20  nertusche,    vermischt    mit    Myrrhenwasser    zu 

einstimmend.    Unter  König   Usaphais  (Dyn.  1)  malen  und  es  dem  Verstorbenen  an  den  Nacken 

soll  Kap.  64  (ed.  iVav.)  von  einem  Maurermeister  zu   legen,   ohne   daß  es  seine  Glieder  berührt, 

in  einer  Tempelmauer  gefunden  sein,  der  Text  d.  h.  zwischen  die  Binden.   Ähnlich  bei  Kap.  101, 

von  Kap.  130  (ed.  Lepslus)  in  einer  Halle.    Zur  das   am  Tage   der  Bestattung  an   seinen  Hals 

Zeit   des  Königs  Mykerinos  (Dyn.  4)   lebte    der  gelegt  werden  soll.    Kap.  121  ist  am  Tage  der 

uns  auch  sonst  als  Weiser  bekannte  Prinz  Hör-  Einsargung   über   zwei   bestimmten  Fruchtker- 

dadaf;    diesem  wurde  der  Spruch  Kap.  64  (ed.  nen   zu   sprechen,    die   in    das   rechte  Ohr   des 

Lepsius  32)  gegeben,   als   er  eine  Tempelrevi-  Verstorbenen  gelegt  sind,  und  über  zwei  ande- 

sion  vornahm.    Ähnlich  wurde  vonihmKap.30  B  ren,  die  in  eine  Binde  von  feinem  Leinen  ge- 

(ed.  Nav.)   in   Hermopolis  (Schmun)  unter  den  30  lej^t  sind,   auf  welche  sein   Name  gesetzt  ist. 

Füßen    des  Gottes   Thot    auf  einem  Fayence-  Die  für  das  Herz  des  Toten  bestimmten  Sprüche 

ziegel  geschrieben  gefunden.   Ebenso  lautet  die  sind  zu  rezitieren,   nachdem    ein   grüner  Stein 

Nachschrift  zu  Kap.  148  (&d.  Nav.  16),  während  in  Käfergestalt,  in  Gold  gefaßt,   an  die  Stelle 

Prinz  Hordadaf  Kap.  37  a  (ed.  iV^aiJ.  23)  in  einem  des   Herzens   in   die  Leiche  gelegt  worden  ist 

geheimen  Kasten  in  einem  Tempel  von  Schmun  (Kap.  30  B.   ed.  Nav.    und    64,  33    ed.  Leps.). 

fand.    Alle   diese  Angaben   finden   sich  nur  in  Kap.  155 — 162  sind  für  Amulette  bestimmt,  die 

thebanischen  Totenbüchern.  in    genau    vorgeschriebener    Weise     bei    dem 

Als  Ort   der  Herkunft  war  eben  schon  bei  Toten  anzubringen  sind;  die  Anweisung  nimmt 

einzelnen  Sprüchen  Hermopolis-Schmun   ange-  überall   darauf  Bezug.    Für  Kä,p.  164   hat  man 

gegeben  (bei  Kap.  30  B,  64, 137  B  und  148).    In  40  die  Figur  eines  Geiers  mit  drei  verschiedenen 

einem  vereinzelten  Falle  geht  aus   den  ange-  Köpfen  (Geier,  Schlange  und  Mensch)  zu  zeich- 

rufenen  Göttern  hervor,   daß   der  Spruch  aus  nen,   wie   sie  uns  auch  erhalten  ist.     Kap.  165 

Theben  stammt  (Kap.  171  ed.  Nav.,  Text  S.  29).  soll  gesprochen  werden  über  gewissen  Götter- 

Vielleicht  ist  Memphis  die  Heimat  von  Kap.  172  figuren,  die  auf  eine  einzige  Binde  so  zu  zeich- 

(s.  ebd.).    Der  Mittelpunkt  der  ganzen  religiösen  nen  sind,  daß  die  eine  Figur  gerade  auf  dem 

Lehre   des  T.  ist  offenbar  Heliopolis,    das    an  Herzen   der  Leiche  liegt,   die  beiden  anderen 

vielen   verstreuten  Stellen   genannt   wird    und  auf    den    Brustwarzen.     Einige    Nachschriften 

gemäß   dessen  Theologie  viele   Sprüche   abge-  enthalten  Angaben  über  den  Zustand  des  Man- 

faßt  sind;  man  denke  nur  an  den  Monolog  des  nes,  der  den  Text  rezitieren  bzw.  den  Zauber 
Götterkönigs   in  Kap.  17   und   an   die   hervor- 50  ausüben   soll.     Kap.  148,24  ed.  Nav.:    'Dieser 

ragende  Rolle,  die  Heliopolis  in  Kap.  16  als  Ge-  Spruch  soll  verlesen  werden  von  einem  Reinen 

richtsort  und  als  Schauplatz  des  Kampfes  spielt.  und  Gesäuberten ,    der  kein  Ziegenfleisch  oder 

Auch  der  oft  erwähnte  Vogel  Phönix  (bnw)  ist  Fische  gegessen  hat'.    Die  Sprüche  vom  Toten - 

in  Heliopolis  zu  Hause,  ebenso  die  'Geister  von  gericht  (Kap.  125  Nachschrift  1  ed.  Nav.)  sollen 

Heliopolis'  und  andere  Dämonen,  so  daß  diese  von  einem  Manne  gesprochen  werden,  der  rein 

Stadt  der  Schauplatz  zahlreicher  Mythen   ist.  und  gesäubert  ist,  der  in  ein  neues  Gewand  ge- 

Natürlich  wird  Heliopolis  im  T.  auch  deshalb  kleidet  ist,  der  weiße  Sandalen  an  den  Sohlen 

häufig  erwähnt,  weil  seine  Göttern eunheit  die  trägt,     der     geschminckt     ist    mit    schwarzer 

maßgebende  geworden  war.  Schminke,  der  gesalbt  ist  mit  bestem  Myrrhenöl, 

II.  Gebrauchsanweisungen.  Zahlreiche  60  nachdem   er  einen  jungen  Stier   geopfert  hat, 

Nachriften    geben   an,    in  welcher  Weise    ein  sowie  Gänse,  Brot,  Bier  und  Gemüse.    Kap.  64, 

Spruch  zu  rezitieren  ist.    Meistens  handelt  es  33  (ed.  Leps.)    soll    in    großer    Verborgenheit 

sich  um  seine  Verwendung  als  Zauber,  bei  der  durch  einen  Mann  rezitiert  werden,  der  gerei- 

Ort  und  Zeit  gewöhnlich    belanglos   sind   und  nigt  und  gesäubert  ist  und  der  sich  nicht  den 

dem   Zauberer   nur    der  Gebrauch   bestimmter  Frauen  genaht  hat  und  der  kein  Ziegenfleisch 

Gegenstände  vorgeschrieben  wird.    Kap.  130  ist  oder  Fische  gegessen  hat. 

zu  sprechen  über  einer  gelbgezeichneten  Son-  III.  Verheißungen.  Zahlreiche  Nachschrif- 

nenbarke;    neben    eine   Statue   des   Toten   soll  ten  enthalten  Versprechungen  darüber,  daß  der 


1083                   Totenbuch  Totoes                      1084 

Text,  in  richtiger  Weise  rezitiert,  bestimmte  Die  beste  Ausführung  lilßt  Text  und  Bilder 
Wirkungen  haben  würde.  Meist  sind  die  Ver-  Hand  in  Hand  gehen,  und  der  Nane  des  Ver- 
heißungen allgemeiner.  Art:  Der  Verstchrbene  storbenen  wird  an  den  nötigen  Stellen  beim 
würde,  nachiiem  er  bestattet  ist,  wieder  hin-  Schreiben  eingesetzt.  Für  billigere  Herstellung 
ausgehen  kOnnen  bei  Tage  und  Gestalten  an-  werden  die  Bilder  zuerst  gezeichnet,  uod  die 
nehmen,  wie  sein  Herz  sie  ihm  eingibt  (18,  36,  Sprüche  werden  dann  eingesetzt,  soweit  der 
auch  64,3  ed.  Nav.;  ähnlich  20,  7  ed.  Lep8.\  gegebene  Raum  reicht;  oft  stimmen  Bilder  und 
ferner  soll  der  Verstorbene  über  seine  Feinde  Text  begreiflicherweise  überhaupt  nicht  zu- 
triumphieren im  Tode  und  im  Leben  (19, 16  einander.  Viele  Papyri  dieser  Art  sind  auf 
«d.  Lep8.)\  seine  Seele  soll  Macht  gewinnen  lo  Vorrat  angefertigt  worden  unter  Freilassung 
über  ihre  Feinde  und  im  Gefolge  der  unver-  eines  Raumes  für  den  Namen;  der  Käufer  ließ 
gänglichen  Sterne  sein,  seine  Seele  soll  leben  seinen  Namen  nachtrllglich  einssbzen,  der  sich 
in  Ewigkeit,  und  er  soll  nicht  noch  einmal  oft  genug  in  anderer  Handschrift  heraushebt. 
sterben  in  der  Unterwelt,  und  er  soll  nicht  zu-  In  den  Hss.  des  Neuen  Reich«  kann  man 
gründe  gehen  ewiglich  (137  A,  18  ed.  Nav.).  Er  für  die  besseren  annehm  in,  daß  die  Schreiber 
eoll  auf  der  Erde  unter  den  Lebenden  wandeln,  den  Inhalt  der  Texte  verstanden.  Wenigstens, 
■ohne  daß  er  zugrunde  geht  in  Ewigkeit  (81  ed.  soweit  er  In  ihren  Vorlagen  überhaupt  noch 
Leps.).  Andere  Verheißungen  schildern  mehr  verständlich  war.  Ein  sinnloses  Abschreiben 
oder  weniger  ausführlich,  daß  der  Verstorbene  durch  unwissende  Fabrikschreiber  setzt  in  grö- 
uicht  am  Tore  der  Unterwelt  zurückgehalten  20  ßerem  Umfange  erst  in  der  20.  Dynastie  ein. 
werden  soll  (91),  daß  er  in  dem  gepriesenen  Ein  häuftger  Fehler  der  Abschreiber  ist  da- 
Oefilde  seinen  Acker  bestellen  darf  (99),  daß  durch  entstanden,  daß  sie  sogen,  rückläufige 
•er  in  das  Sonnenschiff  steigen  (100.  136)  oder  Texte  vorfanden,  bei  denen  die  senkrechten 
Als  Stern  über  den  Himmel  ziehen  dürfe  und  Zellen  in  umgekehrter  Folge  (also  entgegen  der 
ein  Gott  sei,  während  sein  Schatten  als  Gott  Schriftrichtung)  zu  lesen  sind.  Wenn  sie  einen 
bei  den  Menschen  weilt  (10 1).  Das  Zusammen-  solchen  Text  in  der  scheinbaren  Folge  der  Zel- 
«ein  mit  dem  Sonnengott  wird  ausgemalt  (134);  len  (also  in  Wirklichkeit  rückwärts)  abschrie- 
weilt er  dort,  so  fallen  die  Menschen  und  die  ben  und  dabei  neue  Zeilenumbrüche  vornah- 
Toten  nieder  auf  ihre  Gesichter,  wenn  sie  ihn  men,  wie  es  der  ihnen  zur  Verfügung  stehende 
sehen,  als  ob  er  der  Sonnengott  selbst  sei.  30  Kaum  ergab,  so  entstand  ein  fürchterliches 
Gelegentlich  ist  der  Verheißung  auch  eine  Durcheinander,  in  das  wir  nur  Ordnung  bringen 
Warnung  angehängt:  'Wer diesen  Spruch  weiß,  können,  wenn  wir  einen  guten  Paralleltext  be- 
tritt (wieder)  hinein,  nachdem  er  hinausgegan-  sitzen. 

gen  ist  aus  dem  Westen.    Wer  diesen  Spruch  Die  Bilder  zu  den  einzelnen  Sprüchen  sind 

nicht  weiß,  tritt  nicht  (wieder)  hinein,  nach-  sicher  jünger  als  diese,  und  wir  kennen  sie  erst 

■dem  er  hinausgegangen  ist  aus  dem  Westen;  aus   dem  Neuen  Reich.    In  unseren   Hss.  sind 

und  er  weiß  nicht    hinauszugehen    am  Tage'  sie  oft  von  anderer  Hand  als  der  Text  herge- 

(86  ed.  Leps.).  stellt,  und  ihre  Zahl  pflegt  zuzunehmen,  je  jüa- 

Im  allgemeinen  beziehen  die  Verheißungen  ger  der  Papyrus  ist.    Oft  erläutert  das  Bild  den 

sich  auf  das  Leben  im  Jenseits  und  schildern  40  Text  in  erwünschter  Weise,   gibt  gelegentlich 

Ausführlich  die  Freuden,   die  den  Verklärten  auch   eine   Zeichnung   des   Gegenstandes,   der 

dort  erwarten  (72.  136).    Da  ausdrücklich  an-  nach  der  Gebrauchanweisung  für  die  Rezitie- 

gegeben  ist,  daß  der  Leichnam  nicht  zugrunde  rung  des   Spruches   benötigt  wird.    Zu  Kap.  1 

gehen  und  die  Seele  sich  nicht  vom  Leichnam  gehören    gelegentlich    Bilder    der    Bestattung, 

entfernen  solle,  ist  an  dieser  Absicht  nicht  zu  auf  denen  wir  die  Leichenprozession  zum  Grabe 

zweifeln.     In  vereinzelten   Fällen  jedoch  sind  sehen.    Dabei  wird   nach  dem  Grabritual  die 

die  Sprüche  auch  für  Lebende  bestimmt;  sonst  'Öffnung   des    Mundes'   vollzogen;    von   dieser 

hätte  es  keinen  Sinn,  Verheißungen  für  die  Le-  und  anderen  Zeremonien  ist  jedoch  fast  nichts 

benszeit    auf  Erden   auszusprechen   (so   schon  in  das  T.  aufgenommen  worden.    Berühmt  sind 

•oben  in  19,15).    'Wem  das  Buch  vom  Toten-  50  die  Bilder  zu  Kap.  12.5;  sie  zeigen  ausführlich 

^ericht  vollzogen  wird,  der  soll  gedeihen  und  alle  Vorgänge  beim  Totengericht,  die  Einfüh- 

■dessen  Kinder  sollen  gedeihen,  er  soll  ein  Lieb-  rung  des  Verstorbenen  vor  Osirls,  das  Abwie- 

ling  des  Königs  und  seiner  Hofleute  sein;  ihm  gen  seines  Herzeus  gegen  das  Recht  und  da- 

80II  Brot,  ein  Krug,   Kuchen  und  ein  großes  neben  den  Höllenhund,  der  auf  die  Verdamm- 

Stück  Fleisch  vom  Altare  des  großen  Gottes  ten  wartet.     [Roeder.] 

gegeben  werden'  (125  Nachschrift  6  ed.  iVa?.'.).  Totis  (Tort?),    von    den  Thrakern   verehrte 

Wer  den  Spruch  vom  Sonnenschiff  auf  Erden  weibliche  Gottheit:  vgl.  ob.  Bd.  4,  Sp.  611/612. 

w^eiß,   soll   sein   wie   Thot;    er  wird   von   den  ("Preisendanz.] 

Menschen  verehrt  und  fällt  nicht  dem  Zorne  Totoös  {Tororig),  thrakische  Gottheit  in  einer 

des  Königs  anheim  und  der  Flamme  der  Bastet,  60  Inschrift  aus  Amphipolis:  Tordrjrt  OsodalfiovL 

sondern    er   ist   gesund    bis    zu   einem  hohen  "Titvoi,  über  die  Höfer  oben  Bd.  4,  Sp.  611f. 

«chönen  Alter  (135  ed.  Leps.).  {Theodaimon)  gehandelt  hat  (s.  Abb.  nach  Cou- 

TP-,.     ^,.,„       ,„                ^^.  sinery,  Bull.   Corr.  hell.   22  [1908],   353);  vgl. 

E.  Die  technische  HersteUung  und  die  g,^,/^,^  Jahresber.  Ält.-Wiss.m  (1907),  Suppl. 

^  üiiaer.  ß27.    Totoes   ist  vielleicht  identisch  mit   dem 

Aus  der  Art,  in  welcher  uns  die  Texte  in  phrygischen  Götterjüngling  Tottes, 'der  als  Hel- 

■den    einzelnen    Hss.    erhalten    sind,    geht    die  fer  in  großer  Not  nächtlicher  Weile  nach  Milet 

fabrikmäßige  Herstellung  der  Papyrus  hervor.  gekommen'  ist  und  mit  Onnes  zusammen  den 


1085 


Tourenus 


Toxaris 


1086 


Kabirenkult  gegründet  hat:  Nicol.  Dam.  fr.  64 
bei  Kaibel,  Nachr.  Ges.  Wiss.  Gott.  l'JOl,  513, 
der  Tottes  auch   mit  Totol^s   zusammenbringt. 

Preisendanz.] 


Totoesrelief  aus  Amphipolis. 
Vgl.  ob.  Sp.  611, 17. 

Tourenus  lautete  vielleicht  der  örtliche,  kel- 
tische Beiname  des  Mercurius  in  der  römischen 
Inschrift  eines  auf  der  ^Hohenburg'  bei  Rup- 
pertsberg  (am  Hardt- Gebirge  bei  Deidesheim) 
in  der  bayr.  Rheinpfalz  gefundenen  Altärchens, 
jetzt  im  Museum  zu  Speyer,  CIL  13,  6122 
{Hildenbrand,  Der  röm.  Steinsaal  des  Histor. 
Museums  der  Pfalz  zu  Speyer  1911,  S.  55  nr.  178 
mit  Abb.  S.  54),  allein  die  Lesung  der  mangel- 
haft erhaltenen  Schrift  ist  recht  unsicher,  und 
von  dem  Beinamen  zu  Mercurio,  TOVRENO, 
sind  nur  vier  Buchstaben  zweifellos  bestimmt, 
denn  der  erste  Buchstabe  des  Namens  kann 
auch  I  gelesen  werden,  der  vierte  Buchstabe 
ist  T  oder  R,  der  sechste  vielleicht  N.  Stifter 
des  Weihdenkmals  war  jedenfalls  ein  Einhei- 
mischer, wenngleich  auch  seine  Namen  nicht 
mit  Sicherheit  gelesen  werden  können.  Holder, 
Altcelt.  Sprachschatz  2,  S.  1896  bringt  nach 
Glück  den  Namen  T.  zusammen  mit  tour,  irisch 
tuar  =  lat.  omen,  doch  ist  seine  Folgerung, 
daß  Mercurius  durch  den  Beinamen  T.  als  Gott 
des  Erwerbes,  des  Gewinns  {Caes.  b.  G.  6, 17, 1) 
gekennzeichnet  werde,  willkürlich.  In  Gallien 
und  den  von  gallisch-keltischer  Kultur  beein- 
flußten Landschaften,  insbesondere  Obergerma- 
nien, führt  der  als  Gott  der  Götter  hier  be- 
sonders häufig  verehrte  ''Mercurius^  oft  kelti- 
sche Beinamen,  die  entweder  örtlich  beschränkt 
oder  weiter  verbreitet  sind,  und  durch  welche 
der  Gott  eben  als  einheimischer  Orts-  oder 
Landesgott  bezeichnet  wird;  doch  die  Bedeu- 
tung dieser  Beinamen  genauer  zu  ergründen 
ist  uns  meist  versagt.     [Kenne.] 

Toutas  (oder  Toutates,  Dativ:  Toutati),  CIL 
7,  84.  3,  11721  =  5320.  6,31182.  Holder,  Altcelt. 
Sprachschatz  2,  Sp.  1896 f.,  ist  ursprünglichere 
Schreibung  des  Namens  des  gallischen  Gottes, 
der  bei  Luc.  1,  445  in  gräcisierter  Schreibung 
Teutates  lautet;  vgl.  Loucetios  —  Leucetius,  Tou- 
toni  {CIL  13 ,  6610)  —  Teuto7ii ,  auch  Holder  2, 


Sp.  890f.:  QU  und  Sp.  193.  291.  1896  —  1900 
(wohl  mit  Unrecht  erklärt  Holder  1,  Sp.  1482  f. 
u.  ö.  eu  für  die  ältere  und  ou  für  jungfere  Schrei- 
bung). Für  Toutati  scheint  eine  britannische 
Inschrift  Tutati  zu  bieten  und  eine  andere  viel- 
leicht Tot(ati),  8.  die  Artikel  Tutas,  Totas, 
auch  oben  Art.  To  ....  Vgl.  Teutates  und  Ta- 
ranis. Zu  CJL  6,31182  8.  /.  Carcopino,  Revue 
des  etudes  anc.  9  (1907)  p.  266—267   mit  Abb. 

10  Taf.  16.     [Kenne.] 

Toutates  =  Teutates  s.  d.  u.  Toutas. 
Toutiorix,  keltischer  Beiname  des  Heilgottes 
Apollo  in  einer  von  einem  Soldaten,  Centurio 
der  Legio  VII  Gemina,  unter  der  Regierung 
des  Kaisera  Severus  Alexander  (211 — 217  n.  Chr.; 
geweihten  Inschrift  im  Heilbad  Wiesbaden 
(Aquae  Mattiacorum),  CIL  13,7564:  In  h(ono- 
rem)  d(omus)  d(ivinac)  Apollini  Toutioriyi  L. 
Marinius  Marin ianus  9  (=  centurio)  leg(ioni8) 

20  VII  Gem(inae)  Alexandrianae  voti  compos. 
Durch  den  Beinamen  T.  ist  der  dem  griechisch- 
römischen  Apollo  gleichgesetzte  Gott  als  ein 
einheimisch-keltischer  Heilspender  gekennzeich- 
net. Der  Name  setzt  sich  zusammen  aus  den 
keltischen  Bestandteilen  toutio,  d.  h.  Volksan- 
gehöriger, und  rix,  d.  h.  König  (Holder,  Alt- 
celt. Sprachschatz  2,  Sp.  1897).  Ob  es  die  Be- 
zeichnung der  Heilung  spendenden,  göttlich 
verehrten  Quelle  in  Wiesbaden  war,  welche  der 

30  Centurio  als  Kurgast  benützt  hatte  (seine  Le- 
gion stand  meist  in  Hispanien),  oder  ob  ein 
göttliches  Wesen  seiner  Heimat  T.  hieß  und 
ob  er  also  einen  fremden,  ihm  vertrauten  Na- 
men auf  den  Heilgott  des  von  ihm  aufgesuch- 
ten Bades  übertragen  hat,  wissen  wir  nicht. 
Von  sonstigen  keltischen  Beinamen  des  Heil- 
gottes Apollo  (vgl.  Caes.  b.  G.  6,  17,  2)  sind  be- 
kannt: Anext  lomarus  {Holder  a.  a.  0.  3,  S.  622), 
Belenus  {Holder  1,  S.  370flF.  3,  S.  827  f.),  Borvo 

40  {CIL  13,  5911.  Holder  3,  S.  914),  Cobledulitavus 
{CIL  13,939),  Grannus  {Holder  1,  S.  2037  ff.), 
Grannus  Mogounus  {CIL  13,  5315),  Livicis? 
{CIL  13,  8006),  Maponiis  {Holder  2,  S.  414), 
Moritasgus  {CIL  13  Add.,  11240  und  11241), 
Vindonnus  {CIL  13,  5G44,  vgl.  5645.  Holder  3, 
S.  349),  Virotutis  {CIL  13,  2525,  vgl.  3185.  Hol- 
der 3,  S.  396).  Von  diesen  finden  sich  Belenus 
und  Borvo  häufiger  oder  gewöhnlich  als  selb- 
ständiger Name  der  Gottheit  verwendet,  und 

50  auch  Maponus,  Moritasgus,  sowie  Vindonnus 
sind  in  dieser  Verwendung,  also  unter  Weg- 
lassung des  Namens  Apollo,  nachweisbar.  Über 
Mie  keltischen  Epitheta  des  Apollo'  handelt 
auch  E.  Windisch,  Das  keltische  Brittannien 
bis  zu  Kaiser  Arthur  {Abhandlungen  der  Kgl. 
Sachs.  Ges.  d.  Wiss.,  Philol.-hist.  Kl  29,  6)  1912, 
S.  92—95.     [Kenne.] 

Toxamis  {Toxocc^Lg)  und  Kim(m)erio8  (s.  d., 
Bd.  2,  Sp.  1188),  zwei  skythische  Bogenschützen, 

60  abgebildet  auf  dem  obersten  Bilderstreifen  der 
Fran9oisvase  in  Florenz,  Teilnehmer  an  der 
Kalydonischen  Jagd;  C.  I.  Gr.  4,  8185a;  vgl. 
Baumeister,  Denkmäler  S.  1801  und  Tafel  74; 
Pottier,  Vases  antiques  du  Louvre  tom.  1  pl.  48 ; 
Furtivängler-Beichhold,  Gr.  Vasenmalerei,  Tafel 
13;  Kretschmer,  Gr.  Vaseninschr.  75,8;  85. 
[Johannes  Schmidt.] 
Toxaris  (To|api?),  nur  bei  Lukian  im  Skythes. 


L 


1087                      Toxeus  Toxitis                      1088 

An    einem    umgestürzten    Grabotein    vor   dem  klürunjf),  oder  sein  Bruder  Tydeus  (s.  d.;  Schol. 
Dipylon  su  Athen  haftend  will  L.  den  Kultus  Stat.  Theb.  1 ,  282).  —  8)   Sohn   des   Thestios, 
eines  fieberleidenden  Heros  unter  der  Epiklese  Bruder  der  Althaia  (s.  o.)   und  des  Plexippos. 
des  ^ivog  iaxQÖs  gefunden  haben;  der  Legende  In  den  Kämpfen,  die  sich  an  die  Kalydonische 
zufolge  sei  der  Kult  nach  der  großen  Pest  im  Jagd  anschließen,  werden  er  und  Plexippos  von 
Peloponnesischen  Kriege  gestiftet  worden,  zum  ihrem  Neffen  Meleagros,  dem  Sohne  des  Oineus 
Dank  für  das  die  Seuche  stillende  Mittel,  wel-  und  der  Althaia  (s.  o.),  getötet:  Ov.  Met.  S,4S9 f.; 
ches  er,  aus  seinem  Grabe  hervorgetreten,  an-  nach   ihrem  Vater  heißen  sie  v.  304.  484  The- 
gegeben  habe;  aus  dem  Relief bild  des  Grab-  stiadae,  deren  Eigennamen  freilich  »onst  sehr 
Steines  und  der  halbverlöschten   Schrift  sei  er  lo  verschieden  lauten  (s.  d.Art.  Thestiailai,  Bd  5^ 
als  ein  Skythe  namens  Toxaris  erkannt  wor-  Sp.  777f.);    Toxeus    und    Plexippus   nur   noch 
den;  er  sei  schon  vor  Anacharsis  nach  Athen  Mythogr.  Lat.  1,  204  (Bode,  Script,  rer.  myth. 
gekommen  gewesen  und  habe  diesen  bei  Sokm  S.  64,  14).    —    Toxeus'    Schwester    ist   Gorge 
eingeführt.     Letzteres    ist    jedenfalls    LukianB  {Apollod.  1,64.  75;  Epit.  8,12),  wohl  identisch 
Fiktion;  inwieweit  auch  das  übrige,  steht  da-  mit  Gorgo  (s.  d.,  Bd.  1,  Sp.  1694 f);  sie  kilmpft 
hin.     Vgl.    Hermes  20,  41    (s.   jedoch  Gruppe,  vor  Kalydon  mit  gegen  ihren  Bruder  Meleagros 
oben  Bd.  3,  Sp.  1138,  46  ff.),     [v.  Sybel.]  (Bd.  2,  Sp.  2606f.),  wobei  sie  drohend  ihres  an- 
Toxeus  (Toifvff),  1)  einer  der  Söhne  des  Eu-  deren  Bruders  Toxeus  Schild  schüttelt  {Norm. 
rytos  (8.  d.,  Bd.  1,  Sp.  1486  f.  nr.  2),  des  berühm-  86,  86).     VgL  Toxos.         [Johannes  Schmidt.] 
ten    Bogenschützen   und  Königs  von  Oichalia,  20      Toxeutes  {To^evtrjg)  und  Toxotes  {To^otrig} 
und  der  Antiope  (s.  d.,  Sp.  383  nr.  6 ;  bei  Hesiod.  sind   die  griechischen   Bezeichnungen  für  das 
fr.  110  Fzach^  im  Schol  Laur.  Soph.  Trach.  266  Sternbild  des  Schützen,  in  dem  die  Sonne 
heißt  sie  Antioche).  Herakles  zerstört  die  Stadt.  im  Dezember  steht.  Die  erstgenannte  Wortform 
Über  die  verschieden  berichtete  Veranlassung  gebraucht  Ärat  306.  Die  zweite,  häufigere  bie- 
hierzu,  namentlich  Herakles*  Rache  an  Eurytos  ten  die  Aratscholien  zu   300  u.  ö.    Die  Kömer 
wegen  der  ihm  verweigerten  Königstochter  lole  nannten   das  Sternbild  sagittarius  (s.  z.  B.  die 
(loleia),  sodann  über  die  Schicksale  des  Eurytos  unten  angeführten  Stellen).  Die  antiken  Astro- 
selbst,   der  entweder  bei  Einnahme  der  Stadt  nomen    zählten    in    ihm    16    (bzw.  22)    Sterne 
entflieht  oder  von  Herakles  getötet  wird  oder  (Hygin  Astron.  3,  26;   vgl.  den   Artikel  Stern- 
als  Nebenbuhler  im  Bogenschießen  dem  Pfeile  30  bilder).    Die  spätere,  landläufige  Sage  {Hygin 
des  erzürnten  Apollon  erliegt,  s.  die  Art.  Eu-  Astron.  2,2    und  Fab.  224)  wußte  zu  erzählen, 
rutos  Bd.  1,  Sp.  1435f  und  bei  Pauly*-Wissowa  daß  Krotos  der  Sohn  des  Pan  und  der  Nymphe 
VI  11.  Halbbd  S.  1359 f    Wie  ferner  der  Herr-  Eupheme  (vgl.  diese  Artikel;    über  eine  Ne- 
echersitz   Oichalia    bald    an    der   arkadischen  benüberlieferung,  nach  der  die  Mutter  Eusche- 
Grenze  von  Messenien,  bald  auf  Euboia,  bald  mo  hieß,  s.  Artikel  Krotos  nr.  1,  wo  unnötig 
an  zwei   Stellen  Thessaliens   oder   endlich   in  zwei  mythologische  Gestalten    dieses  Namens 
Aitolien  lokalisiert  wird  {II.  B  596.  790;    Od.  geschieden  werden),  der  Pflegemutter  der  Mu- 
9  14f ;  Strab.  9,438;  10,448;    Paus.  4,2,2.  3;  sen,   den  Musen   als  Gespiele  auf  dem  Heli- 
8,10),   so  schwanken  auch   Zahl  und   Namen  kon  so  lieb  geworden  sei,   daß  ihn  Zeus  auf 
der  bei  seiner  Eroberung  von  Herakles  getöte-  40  ihre  Bitten    unter  die    Gestirne  versetzte.    In 
ten  Königssöhne.   Toxeus  wird  mit  den  Brü-  dem  Zuge  des  Dionysos   begegnet  Krotos  in 
dem  Deion  (?  nach  Rzach  Didaion,  s.  u.),  Kly-  Silengestalt  (mit  Pferdefüßen  und  einem  Satyr- 
tios  und  Iphitos  (und  der  Schwester  loleia)  er-  schwänz)    schon    früh   auf  Vasenbildern   (s.  d. 
wlhnt  von  Hesiod  a.  a.  0. ;   dieselben   Namen,  Artikel  Krotos  nr.  2).    Wann  die  Erzählung  von 
wennschon    in  etwas  veränderter,   z.  T.  alter-  dem   Tcar aar sq lg ^6g   des  Krotos    aufgekommen 
tümlicher  Form,  finden  sich  auf  dem  Gemälde  ist,    läßt    sich    annäherungsweise    bestimmen. 
eines   altkorinthischen   Kraters    im  Louvre  zu  Im  Anfang   des    dritten   vorchristlichen   Jahr- 
Paris,   gefunden   in   Caere  {Mon.  d.  I.  6,  33;  hunderts  hat  der  Tragiker  Sositheos,  höchst- 
Welcker,  A.  D.  5,  261  f.,  Tafel  15):    Herakles  wahrscheinlich   in   einem   Satyrdrama   {Hygin 
beim   Gelage  als  Gast  des  Eurytios  (so!)  mit  50  Astron.  2   27   und  Schol.  zu  Cic.  Arat.,  s.  den 
dessen   vier  Söhnen  fitpirog,  JidaLFtov,   KXv-  Artikel  Krotos),  über  dessen  Inhalt  und  Titel 
xiog  und  To^og  (so !)  und   der  Tochter  fiöXcc.  nichts  Näheres  zu  ermitteln  ist,  den  Stoff  zum 
Drei  Söhne,  den  T.  mit  den  beiden  Brüdern  Vorwurf  gewählt.     [Orinsky.] 
Klytios    und   Deion,    nennt   Aristokrates  fr.  6  Toxia  (To^ia),  Bezeichnung  der  Artemis  in 
{Müller  4,  333)    im    Schol.  Soph.   Trach.  266;  dem  Rechte  Yon  Goitjn,  Bücheier  u.  Zitelmann^ 
dieselbe  Zahl,  jedoch  mit  einem  andern  Per-  Das  Recht  von  Gortyn  (=  Bhein.  Mus.  N.  F. 
sonennamen,  bei  Diodor.  4,  87 :  Toxeus,  Molion  40)  21   und  Anm.  8.     Comparetti,   Monumenti, 
und  Klytios  werden  von  Herakles  getötet,  lole  antichi:  Beate  acad.  d.  Lincei  3  (1893),   Col.  3 
gefangen  hinweggefahrt.    Vgl.  auch   die  betr.  Zeile  9  p.  107  (vgl.  174).     Usener,  Bhein.  Mus. 
Artikel.    Toxeus'  Auftreten   in   der  wenig  be-  60  68  (1903),  196  Anm.  2.    Vgl.  Toxitis.     [Höfer.] 
kannten  Tragödie  EvgvriSai  des  Ion  {Nauck,  Toxlkrate  (To^ixparr]),  eine  der  Töchter  des 
fr.  trag.   Gr.   p.  734*;    Welcker,    Trag.   3,  964)  Thespios,  mit  der  Herakles  den  Lykurgos  zeugte; 
läßt  sich  höchstens  vermuten.  —  2)  Sohn  des  Apoll.  2787.     [Preisendanz.] 
Königs  Oineus  von  Kalydon  und  der  Althaia,  Toxis  (Tobt's),  Amazone  auf  einer  rotfig.Vase 
einer  Tochter  des  Thestios:  Apollodor.  Bibl.  1,  in  Arezzo  Monum.  8,  6.     [Klügmann.] 
64;    Nikandr.  fr.  51  Sehn,   bei   Anton.  Lib.  2.  Toxitis  (To^ltig),  Beiname  der  Artemis,  in- 
Ihn  tötet  der  eigene  Vater  Oineus  {Apollodor:  schriftlich  bezeugt  aus  Kos.     Ich  verjianke  das 
vnsQTi7i8ri6avra  X7]v  tdcpgov,   ohne  nähere  Er-  Testimonium  der  Gute  B.  Herzogs:  „In  der  Jo_ 


A 


1089                    Toxoanassa  Tragia                        1090 

hanniterfestung   der   Stadt    Koh   sind    zwei  In-  Kallipolis,  7v'^/i7;.  cj3.  (/r.  1034  (s. /fer///.  19  [1884J, 

Schriften  verbaut,  beide  aus  hellenistischer  Zeit,  'JOl  Anm.);  Bur(;sch,Klaro8  H2, HG  \  Mordtmann, 

aber  dem  Material  nach  nicht  genaue  Gegen-  Ath.  M//^.  6  (1881),  2öl  f.,  V.  31  (vgl.  dazu  Wein- 

stücke.     Hestimmung:  (irenzsteine  der  heiligen  reich,  Ath.  M.  SH  [V.ilS],  G4f.).      Beiname   der 

Bezirke  in  einem  größeren  Heiligtum.     1.  Block  Artemis:  Jl  20,  3 'J.  71;  21,483;  Kpigramm  aus 

von     weißem      Marmor,      links     abgearbeitet:  Megaris,    CIGr  \,  öbSt  v.  7;    Simon,  ep.  107,4 

A|   (iot(ia   xara    [XTJJyft   ligrcifLi    [rftjoff    To^iri  Jigk  {Kaib.  ep.  gr.  461, i),  Aristoph.  Thf'sm.  910; 

[Ö\os.     2.  Platte  von  Travertin:  B  fiotgoc  'AnoX  \  Anth.  app.  ndd.  2,  198b  10;  Cougny,  Meliteniotes 

Xoivog  KccqIvslov."-  Danach  hat  i/er^^o,^  in  einer  1783    {Notices  et  Extr.  19,  2,  88);    des    Kros: 

andern  Inschrift  aus  Kos  3.  Jhdt.  v.Chr.!  im  ^rc/<.  lO  iV^onw.  1,  363;  Anth.  app.  4^61.  1  Cougnij;  to^o- 

f.  Rel.  10  1907), 401, 16  (68')  wohl  sicher  ergänzt:  cpoQcbv  bei  Asklep.  A.  Pal.  12,  162, 1;  aber  to^o- 

ig    xb    IsQÖv    Täs   'Agrccl^iöog    rag    To^iziSog].  poXog  heißt  Kros  vor  dem  6.  B.  der  A.  Pal.  (ed. 

„Ebenso    ergänze    ich   in    einer    Ehreninschrift  Stadtm.  y>.  SO)  nach   yl.  P.  9, 179,  1 ;  nicht  ro^o- 

für  C.  Stertinius  Xenophon,   den    Leibarzt   des  qpöpoj,    wie    Bind,  im   Thes.  gr.  ling.  7,  2299  B 

Claudius  [Ditt.  Syll.'*  2,  804f.!,   ebenfalls  in  der  angibt.     [Preisendanz.] 

Stadtfestung,  in  einer  langen  Liste  von  Priester-  Toxos    (7o|og),    sonst   Toxeus    (Dtod.  4,  37; 

ämtern,    z.  T.  ganz  alter  Kulte,   die  er  aufge-  Hes.  schol.  Soph.  Track.  266),   Sohn   des  Eury- 

funden  hat:    hgi]  xatä  y^[vog  ' Pjtag  xccl  AnoX-  tos,    Bruder  des  Iphitos.     So  überliefert,  nach 

Xiüvog  KccQvdov   nal  'A[QThiLi8og   Toi,ixLÖog\   xal  Welcker,  A.  1).  5,  263  nur  fehleriiaft,  auf  einer 

Jibg    TloXieoig    xaJ    "jh-ccvccg    no[XiäSog]    xrA."  20  Caeretaner  Amphora  aus  Korinth  (6.  Jahrh.)  mit 

Identisch  mit  dieser  Artemis  Toxitis  wird  sein  der  Szene  {S.  Reinach,  Ec'pert.  des  Vase.s  1, 151): 

die    in   Amyklaion,    Kreta,    bezeugte   Artemis  Herakles'  Gastmahl  bei  Eurytos,  in  dessen  Na- 

Toxia,   bei   der   eine  Frau   schwört  in   einer  men   wohl   ein  to|o-  steckt:    Eury(toxo)8,  wie 

nach    F.  Blaß   Wollig    dunklen    Eidesformel':  auch  Iphi(toxo)s;  vgl.  E.  Muaß  zu  Studniczkas 

xav  "Aqxsiiiv  tcccq*  'A^ivTcXalov  nag  xav  Tov.6iav:,  Kyrene,  Gott.  Gel.  Anz.  1890,  1.  344  Anm.    Vgl', 

vgl.  Collitz-B ecktet,  Griech.  Dial.-Inschr.  3,  2  Toxeus.                                          [Preisendanz.] 

Kreta  nr.  4991  Kol.  3,  9f.;  vgl.  Usener,  Eh.  M.,  Toxotes  s.  Toxeutes. 

N.  F.  58  [1903],  196,  2.  Daß  die  Epiklesis  Toxia  Trabaxian  {Tgaßa^iav)  als  'omnipotens  dae- 
vielleicht  der  Todesgöttin  Artemis  gehöre,  wird  mon' angerufen  auf  der  griech. -lateinischen  kar- 
vermutet i?gaZ-^MC.  2,1348,54f. ,  s.  ebda  1401.  30  thagischen  Bleitafel  bei  Audollent,  Deßxionum 
Möglicherweise  heißt  das  Wort  aber  auch  xo-  tabellae  230  A  3.  .  [Preisendanz.]  • 
xtta  und  deckt  sich  in  der  Bedeutung  mit  Xo-  Tragasos  (Tgccyaoog),  Eponym  von  Tragasai 
jffia.     [Preisendanz.]  in  der  Troas.     ''Ihm  zuliebe  ließ  Poseidon  das 

Toxoanassa  {To^oävaö6cc),  Amazone,  Gefähr-  Meerwasser  gerinnen  (ccXbg  Ttfi'^iv  inoiriotv)  — 

tin  Penthesileas,  Tzetz.  Fosth.  177.  [Klügmann.]  daher  die  Salinen  von  Tragasai.  Hellanikos  im 

Toxokleitos  (To^oyiXEitog) ,   einer  der  Söhne  1.  Buch  der  Lesbiaca.''   So  Stejyh.  Byz.,  ähnlich 

des    Herakles    und    der   Megara    (s.  d.,   Bd.  2,  Pollux  6.,^^  {aXsg  Tgayaoaloi).   Nach  Etym  M. 

Sp.  2543).    Im    Schol.  Find.  Isthm.  4,  104,   wo  ist   Tr.  Vater   der    Philonomia;    s.  o.   Bd.  3,  2, 

deren   Zahl    nach    mehreren    Gewährsmännern  Sp.  2351,  43  — 59,  und  unt.  Tewe.s  (Sp  363, 48ff.), 

ganz  verschieden  angegeben  wird,  verzeichnet  40  wo   Literatur.    Grund  zur  Annahme  von  zwei 

Baton  fr.  5  {Müller  4,350)  die  meisten,  näm-  Heroen  dieses  Namens  (Fape,  Gr  Eigennamen 

lieh   sieben,   und   unter  ihnen   den   T.    Nach  1545)  liegt  nicht  vor.     [Preisendanz.] 

der  herrschenden  Sagenfassung,  vertreten  durch  Tragia  {TgayLa),  Beiname  der  Aphrodite,  be- 

die   Kypria   (Kinkel   fr.  18),    Fanyasis  fr.  22  zeugt  in  dem  von  R.  Schöll-Studemund,  Anec- 

(ehenda  S.  263),  Stesichoros  fr.  58  (Bergk,  Lyr.  dota  var.  gr.  et  lat.  1,  veröffentlichten  Anonym. 

3*,  225),  Pherekydes  fr.  30  (Müller  1,  78),  Euri-  Laurentiantts     Dort  heißt  es  ohne  nähere  An- 

pides  (H.  F.  922 1\)  und  Apollodor  (Bibl.  2,12),  gaben,    1,269    unter    den    ^nidsrcc    kcpQoäixrig 

bringt    der   von    Hera    in   Wahnsinn   versetzte  nr.  18   nur:   xQayiag.     Als   Tragia   wird    sie  in 

Held  die  eigenen  Kinder  um,  was  auch  einige  der  neuen  Literatur  durchweg  mit  der  Epitra- 

Vasenbilder  (s.  Bd.  2,  Sp.  2544)  veranschaulichen,  so  gia  identifiziert  (über  sie  vgl.  Eisele,  ob.  Bd.  3, 

In  einer  jüngeren  Darstellung,  die  ihn  offen-  1, 1509f.;  Jessen,  Real-Encykl.  6,  l,222f.),  eine 

bar  von  jener  Blutschuld  entlasten  will  (Gruppe,  Gleichsetzung,  die  nur  für  den  gilt,  der  in  der 

Mythol.  485,  9),   fallen    sie   entweder  Fremden  'EiiixQccyicc  nicht  die  'Bocksreiterin'  sieht,  son- 

(Lysimach.  fr.  1,  Müller  3,  337)  oder  der  Tücke  dern   die  'Bocksgöttin',    zu    deren   Tieren   der 

des  Augeias  (Sokrates  v.  Argos  fr.  12,  M.  4,  499)  Bock  gehört.     Ein  Beweis  dafür,  daß  man  sich 

oder  (einige)  dem  Mord  des  Lykos  (Eur.  H.  F.  die  Epitragia  nur  auf  dem  Bock  reitend  vor- 

37  f.;  vgl.  Schol.  Stat.  Theb.  4,570)  zum  Opfer.  stellte,   wie   die  Pandemos   dargestellt  wurde, 

Wem  T.  mit  seinen  sechs  Brüdern  erliegt,  er-  fehlt  m.  W.  bisher.     Wie   Hermes   u.  Apollon, 

wähnt  das  Schol.  Find.  a.  a.  0.  nicht.  ohne  auf  dem  Vieh  zu  reiten,  ini^riXiog  heißen, 

[Johannes  Schmidt.]  60  kann  auch  Aphrodite  als  Epitragia  Schützerin 

Toxoph[i?]le  (ToxGotpXe) ,  Amazone,  Pottier,  des  Bockes  sein.  Als  solche  scheint  sie  mir  dar- 

Vases  ant.  du  Louvre  2  ur.^lb,  p.  82;  Dumont  gestellt    in    dem    Terrakottarelief    aus    Gela, 

et  Chaplaiv,  Ceramique  1,  311  ff.     [Höfer. J  Ashmolean  Mus.  Oxford,  das  F.  Gardner,  Me- 

Toxophone  (To^o(p6vr]),  Amazone,  Gefährtin  langes  Ferrot  121  —  124  beschrieben  u.  T.  2  ab- 

Penthesileas,  Tzetz.  Fosth.  177.  [Klügmann.]  gebildet  hat,  ohne  den  Namen  xgayia  dabei  zu 

Toxophoros  (To^ocpögog)   heißt  Apollon  bei  nennen.     Nach  ihm  kommt  diese  Aphrodite- 

Pmd.O?.  6,100;  iVonw.Dion.  37, 72  und  in  einem  Darstellung  aus  dem  Orient;   auf  andere  ähn- 

Steinepigramm  aus  Thrakien,  dem  Orakel  von  liehe  Funde  verweist  Gardner  122, 1.     Für  die 


1091 


Tragios 


Tragodia 


1092 


AnffassQDg,  die  in  dieser  Göttin  mit  dem  Bock 
Artemis  sehen  wollte,  liegen  keine  haltbaren 
Gründe  vor.    Der  Bock  ist  heiliges  Tier  der 


Aphrodite    mit  Bock.    TerrakotU  aus  Gels 
(Oxford,  Ashm.Mus.)  [Jtel.  Perrot}. 

Aphrodite;  vgl.  L.  Schröder,  Griech.  Götter  V 
48  ff.  Mit  ihm  als  dem  Symbol  der  Fruchtbar- 
keit dargestellt  und  verehrt  war  sie  'Tragia'. 

[Preisendanz.] 

Tragios  {Tgdytog),  Beiname  des  Apollo  auf 
Naxos  in  der  Stadt  Trageai,  Steph.  Byz.  Tgccyla, 
vgl.  Szanto,  Arch.  Epigr.  Mitt.  aus  Osterr.  13, 
179,  5.  Sauer,  Athen.  Mitt.  17  (1892),  76.  Andere, 
wie  Robcrt-Preüer  269,  4,  sehen  in  Tragios  eine 
Beziehung  auf  Apollo  als  Gott  der  Herden  und 
der  Weiden      f  Höfer.] 

Tragodia  (Tpayoidta,  lat.  Tragoedia),  die 
Personifikation  der  ernsten  dramatischen  Kunst 
oder  des  ernsten  Dramas;  s.  d.  Art.  Personifika- 
tionen, Bd.  3,  Sp.  2068 f.,  bes.  Sp.  2108.  2115  f. 
2124.  Selten  erscheint  sie  in  der  Dichtung, 
so  bei  Ovid.  Amor.  3,1,  wo  sich  Elege'ia  und 
Tragoedia  um  den  Dichter  streiten  und  zugleich 
charakterisiert  werden,  vgl.  Bibbeck,  Böm.  Dich- 
tung 2, 236  f.  238  f.  Äußere  Attribute  der  Tra- 
gödie sind  hier  der  Kothurn  (v.  14.  30.  45.  63), 
das  Schleppgewand  (12),  die  Perücke  (32),  das 
Königszepter  (13.  63);  auffälligerweise  geschieht 
der  Maske  keine  Erwähnung.  Ihr  Sehritt  ist 
würdevoll,  großartig  (11 :  ingens).  Ein  finsterer 
Stolz  ^48)  und  eine  düstere  Stirn  (12)  kenn- 
zeichnen ihr  Antlitz,  gewichtige  Rede  (35)  und 
erhabene  Dichtersprache  (39)  ihre  Ausdrucks- 
weise. Ihr  Wesen  ist  leidenschaftlich  (11.  35), 
nicht  in  den  Bewegungen,  die  im  Gegenteil  ge- 
messen sind,  wohl  aber  in  Gedankenfluß  und 
Gesinnung.  —  Überwiegend  ist  sie  ein  Typus 
der  bildenden  Kunst,  so  auf  einem  Ge- 
mälde des  Aetion,  eines  Zeitgenossen  Alexan- 
ders d.  Gr.,  bezeugt  von  Plin.  N.  H.  35,  78: 
auf  nobiles  picturae  waren  Liber  pater,  Tragoe- 
dia und  Comoedia  veranschaulicht;  vgl.  Brunn, 
Künstlerg.  2,245.  —  Erhalten  sind  folgende 
Darstellungen:  1)  Rotfig.  Gemälde  auf  einer 
Nolaner  Vase:  Gerhard,  Auserl.  Vasenb.,  Tafel 
66,2;  Baumeister,  Denkm.  S.  1301,  Fig.  1443; 


abgeb.  auch  in  diesem  Lexikon  Bd.  3,  Sp.  2116 f. 
Die  Namen  sind  beigeschrieben;  vgl,  CIGr. 
4,  7460.  Dionysos  gibt  dem  Satyrknaben  Komos 
aus  einem  Kantharos  zu  trinken,  den  Ariadne 
aus  einer  Kanne  wieder  iüUen  will;  hinter 
dem  thronenden  Gotte  steht  die  Tragoidia,  in 
Haltung  und  Antlitz  ohne  '  tragischen '  Aus- 
druck, mit  Thyrsos  in  der  Rechten,  einen  sitzen- 
den Hasen,  das  Zeichen  der  Liebeslust,  auf  der 

10  Linken,  die  ^reine  Personifikation  bakchischer 
Festlust  und  bakchischen  Festgesanges'  [Baur- 
meister)\  s.  auch  Heydemann,  Satyr-  u.  Bakchen- 
namen,  5.  Hall  Winckelniannsprogr.  1880,  S.  1 5  if . 
—  2)  Bild  einer  Oinochoe  des  6.  Jahrh.  im 
Aahmolean  Museum  in  Oxford;  s.  auch  Arch. 
Anz.  1901,  S.  165  a;  vgl.  Charlotte  Fränkel,  Satyr- 
u.  Bakchennamen  (1912)  S.  62:  Die  Tragodia 
schlaft  entblößt;  der  Silen  steht  vor  ihr  in 
frecher  Begierde;  die  Situation  ist  also  gar  nicht 

20  'tragisch'.  —  3)  Stark  verstümmeltes  Bild  einer 
griech.  Vase  aus  Emporion  in  Spanien,  jetzt  in 
Barcelona;  s.  Ch.  Fränkel  a.  a.  0.  S.  62f. :  in 
Gegenwart  von  Dionysos  und  Apollon,  von  Bak- 
chen und  Silenen  schmücken  drei  'Niken'  einen 
mächtigen  Dreifuß  als  Zeichen  eines  dithyram- 
bischen Sieges;  Komodia,  als  solche  bezeichnet, 
und  Tragodia,  nur  an  derMaske  kenntlich,  sind 
auch  anwesend,  aber  nicht  viel  mehr  als  Stati- 
stinnen. —  4)  Die  sog.  Apotheose  Homers, 

30  Relief  des  Archelaos,  etwa  100  v.  Chr.  in  Perga- 
mon  entstanden,  jetzt  im  Brit.  Museum,  abg.  in 
diesem  Lexikon  Bd.  2,  Sp.  3265  f.,  vgl.  Bd.  3, 
Sp.  2124.  Unter  zahlreichen  allegorischen  Figu- 
ren auf  dem  untersten  Bilderstreifen  huldigen 
dem  Homer  auch  Tragödie  und  Komödie,  jene 
eine  höhere  heroische  Gestalt  mit  Kothurn  und 
Onkos ;  vgl.  bes.  Friederichs-  Wolters,  Gipsabgüsse 
ant.  Bildw.  nr.  1629.  —  5)  Marmorne  Herme 
aus  dem  Theater  von  Hadrians  Villa  in  Tivoli, 

40  wohl  aus  der  damaligen  Kaiserzeit,  gefunden 
zusammen  mit  einer  anderen,  welche  die  Ko- 
mödie darstellt,  beide  jetzt  im  Vatikan.  Das 
Gesicht  der  Tr.  ist  ernst,  die  hohe  Frisur  und 
die  Bekränzung  mit  Weiulaub  erwecken  aber 
den  Eindruck  des  Künstlichen  und  Kleinlichen; 
vgl.  Friederichs -Wolters  nr.  1446. 

Auf  dem  unter  4)  genannten  Relief  des  Arche- 
laos sind  oben  in  der  Nähe  des  Zeus  die  Musen 
dargestellt,  unter  ihnen  die  (freilich  nicht  ein- 

50  wandfrei  erkennbare)  Melpomene,  unten  noch 
besonders  die  Tragödie  —  Beweis  genug,  daß 
beide  unterschieden  werden  müssen;  auch  die 
Tr.  mit  dem  Thyrsos  und  dem  Häschen  (s.  o.) 
wird  niemand  mit  der  Muse  des  ernsten  Dra- 
mas identifizieren  wollen.  Diese  hat  vielmehr 
auf  mehreren  Bildwerken  zu  Attributen  das 
Schwert  oder  die  Keule  (s.  Bd.  2,  Sp.  3270.  3290), 
also  Truizwafi'en,  die  auf  schwere  Kämpfe  hin- 
deuten, wie  sie  sich  seelisch  oder  sinnlich  in  der 

60  Tragödie  vollziehen.  Melpomene  verkörpert  dem- 
nach den  höheren  geistigen  Gehalt  des  Trauer- 
spiels, die  Tr,  dagegen  erscheint  nur  als  äuße- 
rer Bestandteil  des  Dionysoskults  und, 
wie  in  der  Herme  (s.  o.),  als  Gegenstück  zur 
Komodia.  Genießen  allegorische  Gestalten, 
besonders  seit  Lessing  (vgl.  Laokoon  Kap.  X,  XI), 
nur  eine  bescheidene  ästhetische  Schätzung,  so 
ist  speziell  den  Verkörperungen  der  Tr.   erst 


1095                        Tralla  Trambelos                    1094 

recht  ein  mäßiger,  nebeneächlicher  Wert  bei-  mit  »Item    Namen    Vinovia)  —■  Dessau  Jnscr. 

ziimeFsen,  zumal  da  pich  keine  der  vorhandenen  Lat.  fei.  4786,  Altar:  J(ovi)  O(ptimo)  M(aximo} 

zu  echt  iünstleriEchcm  AuFdiuck  erhebt.  et   Matrihvs    Ollototis   sive    iranswarinis  Fom- 

fJohannes  Schmidt.]  ponius  Donuius  h(enc)f(iciarius)  co(n)s(ularis} 

Tralla   {TgäXXcc),   Amazone,  Eponyme  einer  pro  saJute  sua  et  snorum  v(otuwJ  s(olvitJ  Ifibens) 

Ortschaft  Bithyniens,  JjWa«  bei  kv st.  ad  Dum.  a(nivw);   derselbe  keltische  Beiname  Ollot.  ist 

Perieg.  828,     |Kl\igmann.]  auch,  wie  es  .»-chaint,  herzustellen  in  den  Weih- 

Traiiiariiiflf  oder,  traiisniariiiae,  d.h.  'über-  inschriften  von  Binchester- Ftwofm  CIL  7,  424 

seeische',  heißen  mit  treffendem  Beinamen  die  und   425,  s.  Jhm  o.  Bd.  3,   S.  833 f.,  wo   mehr 
Muttergöttinnen  Matres  oder  dcae  Mali  es  (vgl.  lo  Literatur  angeführt  ist.  —  Auch  die  Inschrift 

Ihm  0.  Bd.  2,  Sp.  24G4ff.)  in  fünf  Weihinschrif-  auf  dem  Bruchstück  eines  Altares  vom  Fundort 

ten,  (wohl  alle)  heirührcnd  von  rcmischen  Sei-  Walton-House-Station,  Ephim.  epigr.  7,  S.  331, 

datcn    oder    Truppenabteilungen    ('Fähnlein'),  nr.  1081:   MATRI  |  BVSTP  |  MAP  ist  wohl  zu 

welche  auf  der  britanniBchen  Insel  standen  und  lesen:  Matrihvs  Tramarinis ;  dagegen  bezwei- 

deren  Heimat   das  Festland   war,  weshalb  die  feit  Haverfield  ebd.  S.  312,  nr.  980  die  Richtig- 

'Mütter'  in  einer  Inschrift  als  iraniarirtae  pa-  keit  der  Lesung  von  Hooppdl:  Matr.  \  Travior. 

iriae  bezeichnet  sind;   vgl.  llini,  Bcnn.  Jahrb.  einer  im  J.  187i)  zu  Binchester  gefundenen  In- 

sa  S.  61/62  und  "JO.    In   einer  der  fünf  Weih-  echrift.     [Kenne.] 

inechrilten  heißen  die  Göttinnen  Matres  01h-  Trambelos  {l^gd^ißrilog).  Der  Alexander- 
totac  sive  tron^maririae,  es  werden  also  hier  20  historiker  Aristobulos,  der  ja  wahrscheinlich 
beide  Beinamen  (durch  sive)  als  gleichwertig  als  letzter  der  als  Historiker  hervortretenden 
gekennzeichnet,  und  daher  hat  Th.  v.  Grien-  Zeitgenossen  des  Königs  und  Teilnehmer  des- 
berger,  Korrespondeuzblatt  d.  We^id.  ZtscJir.  10  Feldzugs  dessen  Geschichte  geschrieben  hat 
(181)1)  §  73  mit  Zustimmung  von  J}:m,  Botm.  und  alles  Erreichbare  zusammenfaßte,  berichtet, 
Jahrb.  i)2  S.  256ft".  in  dem  keltischen  Beinamen  wohl  anläßlich  der  Schilderung  der  Eroberung* 
Ollototae  {Holder,  Altcelt.  Sprachnhatz  2,  Sp.  Milets  (bei  Athen.  2,^3  1),  frg.  3  p.'Jl  31ülhr), 
847 f.)  den  dem  germanischen  Alavianni  ent-  in  Milet  gebe  es  eine  y/;^i'Ü*ro?  nQr]V7i.  Hier 
sprechenden  Namen  eines  sonst  nicht  bezeug-  habe  sich  Achilleus.  nachdem  er  den  Trambe- 
ten festländischen,  gallischen  Volksstammes  los,  den  König  der  Leleger  —  (über  Leleger  in 
der  OUotoiäi,  Ollototi  (Gesamtleute,  Allmänner)  30  Milet  s.  Strabo  13, Gll;  Aelian,  v.  Ä.  8, 5)  —  ge- 
erkennen wollen,  während  2<^arer/?e/d  (Ä^orr&Z.  tötet  hatte,  gereinigt.  Auf  dieselbe  Quelle' 
M'^d.  Ztsehr.  10  §  ÖO)  als  eine  sich  mit  trans-  geht  auch  Ji\ist.  IL  p  343,  4 sqq.  zurück,  der, 
marinae  deckende  Bedeutung  des  W^ortes  OUo-  ohne  den  Aristobulos  zu  nennen,  noch  hinzu- 
totae  den  Vorschlag  von  Siokes  =  'zu  einem  fügt,  auch  Lykophron  (v.  467f.)  erwähne  den 
anderen  Land  gehörig'  empfiehlt  und  Mcwat  Trambelos.  Die  Achilleusquelle  wird  sonst 
(ebenso  auch  6Ye&0'Mr</,  JBot^t^.  JöTÄrft.  105,  S.  98)  nicht  mehr  genannt;  dagegen  finden  wir  in 
die  M.  0.  sive  Tr.  mit  den  Matres  omnium  der  Nähe  Milets  einen  Ort  Achiileion  bei  Xen. 
gentium  {CIL  7,  887)  zusammengestellt  hat;  Hell.  3,2,17  und  4.8,17,  den  Steph.  Byz.  s.  v. 
vgl.  Ihm  0.  Bd.  2,  Sp.  2477  und  Bd.  a,  Sp.  833 —  fälschlich  mlr,6iov  U^vQvrig  ansetzt.  Lyhophron 
834.  Belege:  C/X  7,  303  (Lowther  an  der  40  a.  a.  0.  gibt  die  Genealogie:  Trambelos,  Sohn 
Grenze  von  Westmoreland  und  Cumberland)  =  des  Telamon,  Bruder  des  Teukros.  Die  Scho- 
llm,  Bonn.  Jahrb.  83,  S.  158  nr.  351  :  Deabus  lien  z.  d.  St.  führen  dies  weiter  aus.  Danach 
Matribus  tromari(nis)  vex(illaiio)  Germa[norum  hat  Telamon  nach  der  Einnahme  Troias  die 
.  .  .]  pro  Salute  ...  v.  s.  l.  wj.  —  CIL  7,  319  Theaneira  (s.  d.)  als  Beute  erhalten.  Von  Te- 
(Plumptonwall)  =  Ihm  a.  a.  0.  r.r.  352:  Deab(us)  lamon  schwanger  flieht  sie  vom  Schiff  und  ge- 
Matnbus  tramarinis  et  n(uviim)  Imp(€ratoris)  langt  schwimmend  nach  Milet.  Arion,  König 
Alexandri  Avg(usti)  (t  lul(iae)  Mammeae  ma-  von  Milet,  findet  sie  im  Wald,  nimmt  sie  aut^ 
tr(is)  Avg(usti)  n(ostri)  et  castroinm  toti\que'\  und  erzieht  ihr  Kind  Trambelos  als  eigenen 
domni  divinae  [....?  vexill]atio  .  .  —  CIL  Sohn.  Soweit  der  Scholiast  nach  Istros  {FHG 
7,  499  (Newcastle  am  Tyne,  mit  altem  Namen  50  1,421;  vgl.  Wellmann,  De  Istro  p.  8).  Was  da& 
Fovs  Aelius)  =  Ihm  a.  a.  0.  S.  159  nr.  358  mit  Scholion  weiter  über  den  Tod  des  Trambelos 
Abbildung  S.  42  Fig.  6  =  Dessau  Imcr.  Lat.  '  gibt,  gehört  zu  einem  Bericht  aus  der  Schrift 
5e7.  4784,  unterhalb  der  Darstellung  der  drei  thqI  Milr]xov  de^  Aristokritos  {FHG  ^,33b)\)ei 
sitzenden  Göttinnen:  Dea\bus']  Matribus  tra-  Parthen.  Erct.  26,  die  sich  gegenseitig  ergän- 
marinis  patri(i)s  Aurdius  luvenalis',  der  Stifter  zen.  Durch  das  Schollen  werden  die  Lokalisie- 
ist hier,  wie  anderswo,  nicht  ausdrücklich  als  rung,  durch  Parthenios  die  näheren  Umstände 
Soldat  bezeichnet.  —  CIL  7,  994  (Risingham,  des  Todes  gegeben.  Danach  trat  Trambelos- 
mit  altem  Namen  Habitancium)  =  Ihm  a.  a.  0.  dem  Achilleus,  als  dieser  von  seinem  Beute- 
S.  160  nr.  375,  Altar  mit  einem  Pinienzapfen  zug  aus  Lesbos  zurückkehrte,  feindlich  ent- 
iind  zwei  Opferschalen  als  Verzierung:  Matri-  60  gegen  und  ward  von  ihm  erschlagen.  Achilleus 
bus  tramarinis  lul(ius)  Victor  v(otum)  s(olvit)  bewunderte  seine  Tapferkeit,  erfuhr,  wer  er 
l(ibens)  m(erito)',  Stifter  des  Altars  war  wohl  wäre,  und  als  er  ihn  als  Sohn  des  Telamon 
derselbe  Offizier  {tribunvs),  welcher  am  selben  erkannte,  beweinte  er  ihn  und  begrub  ihn 
Orte  den  Altar  CIL  7,  980  geweiht  hat  und  feierlich.  Der  Grabhügel  werde  noch  jetzt 
welcher  auch  in  der  Weihung  eines  Fähnleins  Heroon  des  Trambelos  genannt.  Dies  Grab  be- 
(veocillatio),  CIL  7,  988b,  als  dessen  Befehls-  länd  sich  also,  wie  der  Vergleich  des  Aristo- 
haber  genannt  ist.  —  F.  Haverfield  in  Ephem.  bulos  mit  dem  Scholiasten  lehrt,  bei  Milet, 
epigr.  9,  4  (1913)  S.  570f.  nr.  1133  (Binchester,  nicht,  wie  es  nach  Parthenios  scheinen  könnte, 


1095                   Tranquillitas  Trapezeus                     1096 

in  Lesbos.    Parthenios  gibt  in  der  ersten  Hälfte  den  Münzen  des  An  ton  in  us  Pius  (s.  Cohen*  zu 

seiner  Erz&hlung  nach  Kuphorion   noch    eine  nr.  826;  J.  140/148  und  162  n.Chr.)  hat  sie  ein 

Episode  aus  dem  Leben  des  Trambelos,  die  in  Steuerruder  und   Ähren   [vgl.  die  Darstellung 

Lesbos  spielt.    Trambelos  liebte  in  Lesbos  die  der  Anuona    auf   Geldstücken    des    Hadrianus 

Apriate,  ohne  Erwiderung  zu  finden.    Schließ-  (Cohen*  2  p.  118  nr.  166  f),  vgl.  Wissoica  o.  Bd. 

lieh    wandte   er  Gewalt   an   und   als   sie   sich  1, 1,  Sp.  361];  auf  den  Münzen  des  Philipp us 

heftig  wehrte,   stürzte  er  sie  ins  Meer;    nach  {».Cohen*  zu  nr.  223)  und  Taci  tu  s  (s.  Co/wn*  zu 

anderer  Version  habe  sie  sich  selbst  ertrankt.  nr.  146)  hält  sie  einen  Delphin  und  ein  Zepter 

Cber  das  Motiv   der  sich  ertränkenden  Jung-  [Eckhel,  Doctr.  num.  vet.  7  p.  329  u.  497  nennt 
frauen  s.  m.  ReliquienkuU  1,860 f.;  ebenda  auch  lO  das  Tier  einen  Drachen,  ebenso  Cohen*  6  p.  116 

über  Quellen,  in  denen  Heroen  von  Blutschuld  zu   nr.  228  (Mragon   bip^de*)].    Nach   Cohen*, 

sich  reinigten.    Über  einen  mutmaßlichen  Zu-  Antoninus  Pitts  nr.  829  (J.  140/143  n.  Chr.)  trägt 

sammenhang  des  Trambelos  mit  Apollon  Tram-  die   Frau  dieses  Münzbildes  eine  Turmkrone. 

bios  s.  Höfer  o.  Bd.  5,  646.    S.  weiter  noch  Joh.  Die  angeführten  Münzbilder  und  ihre  Bei- 

iScAmtd^  Bd.  5,223;  Tiifmp«/ Bd.  1,2864;  2,1954.  Schriften  berechtigen  noch  nicht,  in  Tranquil- 

[Ptister.]  litas  eine  Gottheit  zu  sehen  {Wissowa,  Relig. 

TranquillitaS)  Personifikation   1)  der  Ruhe  u.  Kultus  der  Hörn.*  S.  887, 1),  wie  in  der  ver- 

auf  dem  Meere  und  2)  der  öffentlichen,  staat-  wandten  Securitas  {Wissowa^  S.  278,3.    J.  II- 

lichen  Sicherheit.  berg  o.  Bd.  4,  Sp.  596  — 697).  Jedenfalls  ist  eine 

1)  Auf  drei  in  Porto  d'Anzo  (Antium,  an  so  solche  Annahme  ausgeschlossen  für  die  Bei- 
der Küste  von  Latium)  gefundenen,  im  Museo  Schriften  Beata  Tranquillitas  auf  Geldstücken 
Capitolino  zu  Rom  verwahrten  marmornen  Rund-  aus  dem  ersten  Drittel  des  4.  Jahrh.  n.Chr., 
altären  von  gleicher  Gestalt  und  Größe,  deren  nämlich  des  Constantinus  I  {Cohen*  7  p.  231  f 
Schauseiten  mit  teilweise  gleichem,  teilweise  nr.  15—30)  mit  seinen  Söhnen  Crispus  und 
aber  verschiedenem  Bildwerk  geschmückt  sind,  Constantinus  iunior  {Cohen*  7  p.  340  f.  nr.  3—26 
CIL  10,  6642—6644  (=  Dessau,  Inscr.  lat.  sei.  und  p.  366—368  nr.  3—29),  sowie  des  Licinius 
8277—3279),  stehen  auf  Vorder-  wie  auf  Kehr-  Sohn  {Cohen*  7  p.  213  nr.  1),  Beischriften ,  für 
Seite  die  Inschriften :  [6642]  am  Neptuni,  [6643]  welche  nicht  einmal  Personifikation  offensicht- 
ara  Tranquillitatis  (auf  Rückseite  abgekürzt:  lieh  ist.  Die  genannte  Beischrifb  {Beata  ist 
Tratiquillita.)  und  [6644]  ara  Ventorum.  Hier  30  öfters  abgekürzt  Beat.,  auch  Bea;  die  in  Lon- 
ist  also  T.  die  Sicherheit  gegen  Stürme  auf  don  geschlagenen  Geldstücke  des  Kaisers  Kon- 
dem  Meere,  und  der  Altar  stellt  daher  auch  stantin  und  seiner  Söhne  schreiben:  Beat.  Tran- 
auf  der  Vorderseite,  unter  dem  den  drei  AI-  qlitas)  steht  auf  der  Rückseite  der  Münzen 
täreu  gemeinsamen  Bild  eines  Schiffsschnabels,  über  dem  bekannten  Bild  eines  Altares  mit 
ein  segelndes  Schiff  mit  Schiffer  dar  (Abb.  bei  Weltkugel  und  Sternen  darüber;  die  Aufschrift 
Stuart  Jones  a.  a.  O.  Plate  80  =  Lafaye  a.  a.  ü.  auf  allen  diesen  Altarbildern  lautet:  Votis  XX 
p.  40i  Fig.  7038).  Vgl.  Appian.  bell.  civ.  5,98  {=  vicennalibus) ,  d.h.  die  Münzen  sind  geprägt 
und  den  Art.  Venti.  Wissowa,  Relig.  u.  KuUus  zum  Andenken  an  das  20.  Regierungsjubiläum 
der  Römer  S.  252  u.  '  S.  22S.    H.  Stuart  Jones,  des  Kaisers  Constantinus  im  J.  325  n.  Chr.  oder 

A  Catalogue  of the  sculptures  of  ihe  Mu-  40  in   Erwartung    dieses    Jubiläums    in    der    Zeit 

seo  Capitolino  (Oxford  1912)  p.  330  nr.  26  a  mit  3*20/324  n.  Chr.  /.  Maurice,  Numismatique  Con- 

Plate  80  (hier  sind  auch   die   beiden  anderen  stantinienne  2  p.  CXXXIII  mit  Belegen  1  (1908) 

Altäre  abgebildet,    mit  Text  p.  327  f.  nr.  23  a  p.  428— 434  und  PL  XXIII,  1  [Münzstätte  Trier] ; 

und  p.  331  nr.  27a).    G.  Lafaye  in  Daremberg-  2  (1911)  p.  55-59    und    PI.  II  13—17   [Münz- 

Saglio,  Dictionn.  des  antiq.,  fasc.  48,  Halbbd.  9  statte  London],    p.  111  — llö    und   PI.  IV  6—9 

p.  401/402.   —   Für  'Meeresstille'   ist  tranquil-  [Münzstätte  Lyon]. 

Utas  die  regelrechte  Bezeichnung:  Cic.  Acad.  Daß  der  Kaiser  eine  Verkörperung  der  Ruhe 

prior.  2  §  100  und   ad  Attic.  6,8,4.  Caes.  bell.  und  des  Friedens  ist,  spricht  sich  in  der  An- 

(70/^3,15,3.    X.Jt7.  26, 11,3.  rede    an    die    Kaiser    der    spätröraischen    Zeit 

2)  Auf  Geldstücken  des  Hadrianus  {Cohen,  50  Iranquillitas  tua  aus  (Eutrop.,  Cod.  Theodos., 
Descript.  hist.  des  monn.  frapp.  sous  l  Empire  Cod.  lustin.,  Uilarius). 

rom.*  2  p.  225  f  nr.  1437—1443),  des  Antoninus  G.  Lafaye  a.  a.  0.  p.  402.    Cohen  a.  a.  0.' 

Pius  {ebd.  -2  p.  351  nr.  825— 829),  des  Philippus  8  p.  437  u.  365.    Vgl.  L.  iJeubner,  Personifika- 

Vater  {ebd.*  5  p.  116  nr  223-224),  des  Tacitus  tionen,  0.  Bd.  3,  2,  Sp.  2082.  2162.    Die  o.  Bd.  4, 

{ebd.*  6  p.  23/»  nr.  146)   hat  das   Münzbild   der  Sp.  596/597    angeführte    Abhandlung    von    W. 

Rückseite  dieümschnft:  Tranquillita,sAug(usti)  Koehler,    Personifikationen    abstrakter   Begriffe 

oder,  auf  den  Münzen  des  Philippus :  Tranquil-  auf  Hirn.  Münzen  ist  mir  nicht  zugänglich,  auch 

litas  Auga.  (=  AuguMorum)   [abweichend  An-  nicht  die  ältere   von  R.  Engelhard,  De  perso- 

toninus  Pius  nr.  825  nur:  Tranq.].   Die  Personi-  mj^ca^io/n'^MS  usw.  (1881).                    [Keune.J 

fikation  der  dem  Kaiser  verdankten  Staatsruhe  60  Transiiiariuae  (Matres)  s.  Tramarinae. 

und  öffentlichen  Sicherheit  ist  dargestellt  als  Trapedöel  {TganriSaril),  guter  (ieist  der  14. 

stehende  Frau;  auf  den  Münzen  des  Hadria-  Montagstunde,  entgegengesetzt  dem  bösen  ^ai- 

nus  (a.  Cohen*  zu  nr.  1437)  stützt  sie  sich  auf  fuov  Nvyirtdäiv,  Hygrom.  Saloni.  cmgr  70,   Cat. 

eine  Säule  und   hält  ein  Zepter   in  der  Hand  cod.  astr.  gr.  8,  2,  150.     [Preisendanz.] 

[dasselbe  Bild  der  Securitas  auf  späteren  Geld-  Trapezeus  {Tgane^svg),  ein  Sohn  des  Könige 

stücken,   z.  B.   des    Gallienus  {Cohen*  5  p.  435  Lykaon  (s.  d.)  von  Arkadien,  der  Gründer  der 

nr.  966),  der  Salonina  {ebd.  p.  507  nr.  108);  vgl.  dortigen  Stadt  Tganstovg  {Paus.  8,3,3).  Gleich- 

J.  llberg.  o.  Bd.  4,    Sp.  596    (Liefg.  62)];    auf  namig  sind  die   Stadt  und  ihr  Erbauer  nach 


1097  Traumgott  Trechos  1098 

Steph.  Byz.  s.  TgaTistovg.  Eine  andere  Sago  bei  s(olvit).  Zur  Schreibung  sei  bemerkt,  daß  beide 
Apollodor.  bibl.  3,981".  leitet  den  Namen  des  Denkmäler  in  ihren  wenig  guten  Inschriften 
Ortes  von  dem  Tisch  (rQCiTtt^a)  ab,  den  Zeus  etwa  des  2.  .Jhdts.  n.  Chr  C  und  G  nicht  von- 
ini  Zorn  umstürzt,  als  er  von  Lykaon  und  seinen  einander  unterscheiden;  der  Dativ  des  Namens 
Söhnen,  deren  Gottlosigkeit  er  unerkannt  er-  der  Göttin  auf  -e  (stat  -ae)  entspricht  zahl- 
proben will,  mit  Menschentleisch  bewirtet  wird,  reichen  Dativbihiungen  provinzialer  weiblicher 
worauf  er  die  Missetäter  mit  dem  Blitze  er-  Götterniimen.  Der  Soldat  war  lusiianisch-hia- 
schlägt.  Auch  bei  Hygin.  fab.  176  u.  Astrofi.  panischer  Herkunft,  wie  sein  Name  Tonyius 
2,4,  Ps.-Fratosth.  Kataster,  ü  u.  Tzetz.  Ly/c.  ASl  Tongdami  fdius  beweist  (vgl.  Hübner,  CIL  2 
wirft  Zeus  im  Zorn  den  Tisch  um,  weil  man  lo  Suppl  p.  1093  und  Man.  ling.  Tber.  p.  2«)1,  auch 
ihm  Menschentleisch  vorsetzt;  doch  tun  dies  Holder,  Altcelt.  Sprachschatz  2,  Sp.  Iö86.  1887, 
hier  Lykaon  oder  seine  Söhne  zu  dem  Zweck,  wo  die  beiden  Namen  als  keltische  aufgeführt 
ihrerseits  zu  erproben,  ob  der  Gast  ein  Gott  sind).  Auf  dem  der  Victoria  (geschrieben: 
ei;  den  Namen  gibt  der  Stadt  nach  Hygin.  Viqtorin,  a.  a  Ö.  nr.  14)  geweihten  Altar  nennt 
a.  a.  0.  später  Arkas,  den  Zeus  mit  Lykaons  er  sicli  genauer  sicnif'er  (so  statt  signifer) 
Tochter  Kallisto  (s.  d.  nr.  1)  erzeugt  hat.  Auf  coh(ortis)  II  Lus(itanoruvi) ,  er  diente  also  in 
die  Stadt  nimmt  die  Sage  von  Lykaon,  z.  B.  einer  Hilfstruppe,  die  sich  ursprünglich  aus 
bei  Ov.  Met.  1,104  f.  211  f.,  im  übrigen  keinen  Lusitaniern  zusammensetzte  (vgl.  über  die  ver- 
Bezug. Die  bei  Herodot  6,  127,  sonst  selten  er-  schiedenen  Cohortes  Lusitanorum  :  (Jichorius  in 
wähnte  Stadt  gab  (wohl  nach  ihrer  Zerstörung)  2»  der  Neubearbeitung  von  Paiilys  Real-  Kncyclo- 
ihrc  Kunstwerke  an  Megalopolis  ab:  Faus.  8,  pädie  der  class.  Alti/rtumswissenschafi  i,  Sp.  311 
31,5.  Nur  dem  Gleichklang  der  Namen  zuliebe  —314).  In  der  der  T.  geweihten  Inschrift  gibt 
herichtet  er  8,27,6,  arkadische  Auswanderer  er  dafür  seine  Heimat  an,  denn  er  nennt  sich 
on  dort  hätten  die  gleichnamige  berühmte  Igaeditanns  (geschrieben:  Icaedit.),  stammte 
^^tadt  am  Pontos  Euxeinos  (im  Kolcher-  also  aus  der  Volksgemeinde  der  Igaeditani  um' 
lande)  erbaut,  deren  Gründung  sonst  vielmehr  die  heutige  Idanha  a  Velha  (Kiepert  CIL  2, 
niilesischen  Griechen  aus  Sinöpe  zuge-  Suppl.  Tab.  I  Te.  Kenne  in  der  Neubearbtg. 
schrieben  wird:  Xen.  Anab.  4,8,2i;  5,5,10;  von  Faulys  Real -Ency dop.  Suppl.  3).  Der  in 
PioZ.  1, 15, 1);  Z)i;o<if;r  14,  30.  [Joh.  Schmidt.]  Ephem.  epigr.  b^.  a.  0.  (wohl  nach  Leite)  ge- 
Traiiniafott  s.  Oneiros  u.  vgl.  Ephialtes.  30  äußerten  Annahme,  daß  die  beiden  Altäre  aus  " 
Traviiiis,  vermutlicher  Name  einer  mit  dem  Idanha  verschleppt  seien,  scheint  schon  die 
keltijicheu  deus  Taranucnus  (o.Bd.  5,  Liefg.  Heimatangabe  des  Stifters  zu  widersprechen, 
71,  Sp.  91.  Holder,  Altcelt.  Sprachsch.  2,  Sp.  da  innerhalb  des  Gemeiudegebietes  Heimat- 
1 728  T 729)  verbundenen  Göttin  in  einer  VVeih-  angaben  nicht  gewöhnlich  sind  [Ausnahmen 
Inschrift,  C7L  13,  6094,  aus  Godramsteia  bei  in  Hispanien:  C/L  2,  2016— 2020];  dazu  liegt 
Landau  (nordwestl.),  im  Museum  zu  Mannheim  Fundäo  von  Idanha  a  Velha  in  Luftlinie  34  km 
•  Haug,  Rom.  Denksteine  des  Ghz.  Antiquariums  entfernt  und  ist  durch  einen  Gebirgsrücken  ge- 
n-  Mannheim  Nr.  18)  aus  der  Zeit  nach  150  trennt.  Ob  die  Deutung  des  Namens  Treba- 
■1.  Chr.:  In  h(onorem)  d(omus)  d(icinae)  deo  -runa  (=  Trebo-runa)  Mes  Hauses  Geheimnis' 
Taranucno  j  Travini  quibus  ex  collata  stipe  usw.  40  (Holder,  Altcelt.  Sprachschatz  2,  Sp.  1906)  rich- 
Zwar  ist  der  Anfangsbuchstabe  T  des  Namens  tig  ist,  muß  dahingestellt  bleiben.  Jedenfalls 
nicht  ganz  sicher,  aber  jedenfalls  ist  die  Ver-  ist  die  von  Leite  angenommene,  von  Holder 
rautung  von  Th.  Mommsen,  daß  vielleicht  et  wiederholte  Gleichstellung  Trebaruna  =  Vic- 
Ravini  zu  lesen  sei,  nicht  gerechtfertigt,  da  toria  nicht  gerechtfertigt,  wenn  auch  Victoria 
Zusammenstellung  von  Götterpaaren  ohne  et  in  Lusitanien  nachweislich  von  Bürgerlichen 
auch  sonst  nachweisbar  ist,  vgl.  die  Weihin-  verehrt  ward  (CIL  2,  457.  402)  und  die  Schrei- 
schfift  des  Metzer  Museums  aus  Saarburg  i.  L.  bung  Viqtoria  von  der  iberischen  Sprache  be- 
0/1^13,4542:  Deo  Sucello Nantosuelte  und  dazu  einflußt  scheint  {Hübner,  Mon.  ling.  Iber.  p. 
Kenne  Korrbl.  d.  Wd.  Ztschr.  15  (1.S96),  Sp.  58.  LXXIV^,  vgl.  p.  LH;  sonst  findet  sich  die  Schrei- 
Die  Annahme  von  Haug  a.  a.  0.,  daß  Travini  die  50  bung  Q  statt  C  hauptsächlich  vor  V)  Ablei- 
Ortsbewohner  oder  eine  Familie  bezeichne,  ist  tung  aus  der  keltischen  Sprache  ist  allerdings 
irrig.  Auch  Holder,  Altcelt.  Sprachschatz  2,  nicht  unmöglich,  denn  keltisch  ist  ire&-=  Wohn- 
Sp.  1087  und  1905  irrt,  wenn  er  Ravinus  oder  statte,  Siedelung,  Dorf  (vgl.  Holder  2,  Sp.  1908/ 
Travinus  als  Mannesnamen  aufführt.  [Kenne.]  1909:  trebo-,  auch  Ad.  Schulten,  Numantia  I, 
Trebaruna,  wohl  iberischer  Name  einer  Die  Keltiherer  usw.  1914,- S.  137),  stamm-  und 
wahrscheinlich  örtlichen  Göttin  in  Lusitanien,  sinnverwandt  mit  dem  Italischen  (umbrisch- 
bezeugt  durch  die  Inschrift  eines  Altars,  welchen  lateinisch  trefo,  trifu-tribus  =  Flur,  Gmu;  vgl. 
ein  Soldat  ihr  geweiht  hat  zugleich,  mit  einem  italische  Ortsnamen  Treha,  Trebula,  Trebium, 
anderen  Altar,  welcher  der  Victoria  geweiht  ist.  Trebiae).,  und  ebenso  ist  keltisch  (mit  dem  Ger- 
Diese  beiden  Altäre,  Epthem.  epigraph.  8  (1899),  60  manischen,  auch  Slavischen  gleichlautendes) 
S.  360  nr.  14.  15  (nach  Leite  de  Vasconcellos  im  runa,  belegt  durch  die  Namen  Runa,  Runas 
Archeologo  Portugues  1,  1895,  S.  226)  =  Dessau  (Gtv.  Runatis),  sowie  in  Vindruna  (Holder  2, 
J^iscr.ial  se^  4510,  befanden  sich  früher  in  Fun-  Sp.  1246—1247  und  3,  Sp.  350;  dagegen  nicht 
däo  (Stiehlers  Hand-Atlas^  nr.  32  D  3)  und  wer-  in  Sacr-una,  Vir-una,  vgl.  Holder  3,  Sp.  2i): 
denjetzt  in  Lisboa-Lissabon  verwahrt.  Die  Weih-  -nna  und  2,  Sp.  1282  f.  3,  Sp.  399).  [Kenne.] 
inschrift  der  T.  lautet  (a.  a.  0.  nr.  15):  ara(m)  Trechos  (T()7);^o?),  ein  aitolischer  Speerkämp- 
pos(uit)  Toncius  Toncetami  f(ilius)  Icuedit(anus)  fer,  den  Hektor  vor  Troja  tötet:  II.  E  706 
milis\=miles)Trebarunel(ibens)m(erito)ii(otum)  Tzetz.  Hom.  99.  [Johannes  Schmidt.] 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.   V.  36 


1099  Tremilos  Triauchen  UOO 

Treihilos  oder  vielmehr  Tremiles    Tgtuuog^  nach  Aigina  übersetzten  und  es  besetzten;  der 
'l\fi-^ilr,g,  Mcifieke,  AmiU.  p.  Ji68),  nach  welchem  Name  überliefert  im  Schot.  Pind.  Ol.  8,30:   '/p. 
Lykieu  früher  TQtfiih]  (7pt^tlta,  Hesych.  s.  v.)  ttg  ^gy^iog.    Vgl.  0.  Müller,  Aeyin.  43,  Dorm 
und  die  Lykier  7>«|tiAt<V  (vgl.  Ant.  Lih.  35)  ge-  1,  «8;  H.  U.  Müller,  Myih  d.  gr.  Stämme  1.  74,  i 
nauut  waren.  Die  ogygische  Nymphe  Praxidike  denkt  an  Herleitung  des  Wortes  „von  der  (Je 
(yi>fig>Y]  'Slyvyir^y  ri¥  nga^idiy.r^v  'naXioiyat:  ilyv-  stall  der  ganzen  Insel,  welche  die  Form  eines 
'/iri  die  lykische,  da  die  Lykier  'üyV'ytot  hießen.  Dreiecks  hat'*,  oder  nimmt  Bezugnahme  an  .,aut 
SUph.  B.  V.  'iiyryia,  oder  Tochter  des  Ogygis,  die  Gegend  der  Insel,  welche  l\)invQyic-  hieLV' 
Suid.  V.  riga^idi-Kfj)  gebar  ihm  am  Flusse  Sibros  Vgl.  auch  Hirschfeld,  Meal-Enzykl.  1, 1)66.  (Das 
vier  verderbliche  {6kooi)  Söhne,  schliiume  Räu-  lo  Wort  fehlt  in  den  Leiica.")     [Preisendanz.  | 
her:    Tloos   (od.  Tloa),  Xanthos.   Pinuros   und  Triaiicheu  {Tgiaviriv) ^  mit  drei  Hälsen;   sc 
Kragos.  Steph.  B.  v.  Tpfjictiljj  mit  den  Versen  heißt  Hekate  (s.  d.)  bei  Lykophr.  118G;  es  ist 
des  Panyasis  {fr.  17  JJübn.   Tgchimer  Panya».  einer  der  vielen  Beinamen,  die  sich,  im  (legen 
fragin.   fHresl.    1842)  p.  öl  f.).    Die  Namen  der  satz  zu  ^lovoTtQoaoiTiog  {Artemidor.  2,  37),  xbxqu- 
Sühne     bezeichnen    örtlichkeiten    in    Lykien,  ngoßfonog  {Uymn.  mag.  6  v.  22   bei  Abel,   Or- 
Steph.  B.    V.  Kgdyogy    Sav^og^    nivagay    'Il,oltg.  pÄic«  p.  293),  auf  ihre  Dreigestalt  beziehen. 
Strab.  14  p.  666 f.  Panya^  wird  in  seiner  He-  vom  Schol.  wird   er  erklärt  mit  Tgi-Kicpalo^ 
raklea  erzählt  haben,  daß  Herakles  diese  ün-  (s.  u.,  sowie  den  Art.  Trikephalos,  wo  die  Drei- 
holde getötet  habe.     [Stoll  ]  gestaltigkeit  des  Hermes,   des  (leryonens,  des 

Tre— B  (tre£:n  ist  der  Name  eines  Gehilfen  <u  Kerberos  und   anderer  Wesen   behandelt    ist 
des  Vulcau   (deO-lans).    Vgl.  über  ihn  s.  v.  seO--  Da  H.  von  Dichtern   und  Mythologen   oft  mit 
lans.     [C.  Pauli.]  verwandten  (iöttinuen  identifiziert  wird   (s.  d. 
TreTerae,    Matres  — .    heißen    die    Mutter-  Art.  Hekate,  Bd.  1,  Sp.  1896f.),  so  gelten  deren 
göttinnen  (vgl.  Jhm   o.  Bd.  2,  Sp.  2464  ff.)    in  Epitheta,  insoweit  sie  durch  eine  solche  Ver- 
einer Weihinschrift  des  Bonner  Museums,  wel-  mengung  erst   bedingt   sind,   dann    auch   ihr. 
che    von    Birten    am    Niederrhein    =    {Castrd)  Dies  ist  häufig  gerade  auch  bei  den  W^örtern 
Vctera  stammt  und   zum  Urheber  hatte  einen  der  Fall,   die  jene  Dreiheit  ihrer  Köpfe   oder 
Soldaten,   dessen  Heimat  offenbar  das  Trierer  Leiber  kennzeichnen.    Ein(^  ganze  Anzahl  sol- 
Land,    die   römische   Volksgemeinde   der  Tre-  eher  Beiwörter  ist  der  H.  unter  dem   Namen 
verer  {Civitas  Trererorum)  war,  CIL  13,  8634  so  Mene  (s.  d.,  sowie  d.  Art.  Mondgöttin)  gewid- 
(=  Brambach  CIBhcn.  149.  Jhm,  Bonn.  Jahrb.  met  in  der  Beschwörungsformel  eines  Pariser 
88,    S.  155    nr.  334.     Dessau,    Insa'.  Lat.  sei.  Zauherpapyrus  (bei  Wessely,  Denkschr.  d.  M^ic- 
4792):    Matribus   Treveris   T.  Paternius  Perpe-  ner  Akad.  d.  Wissensch.,  phil.-hist.  Kl.  Bd.  3(., 
tuu8    cornicular(iu8)    leg(ati)    leg(ionis)    XXX  Z.  2524  f.   u.  Z.  2824;    s.  auch  IJsener,    lihetK 
ü(lpiae)  V(ictrici8)  l(ibms)  ni(erito);  vgl.  Ihm,  Mus.  1903,  58,  166 f.): 

B.  Jb.  S.  18.61.    Die  Legion  {leg.  XXX  V.  F.),  rgixrvnszgicpd'oyyetgLytccgavi-tgtmvvntMrivr,. 

welcher  der  Stifter  der  Inschrift  angehörte,  ist  TgivayilriTgiTigoGcoTts  Tgiccvxsvs  xctlxQLOÖiTi. 

die    nämliche,    in    welcher    auch    die  anderen  —   —   —   —  —  —  —  —  —  —  —  —  —  — 

nachweisbaren  Legionare  aus  dem  Trierer  Lande  (pgiy.tbv Scvccvöi^cccaa dsä t g t. 6 6 o i g  oto^ütsögi. 
gedient  haben,  CIL  13,  1883  und  2614  (Grab-  40  Ganz    dieselbe    ausführliche    Anrede    in    «lern 

schiiften  von  Veteranen,   die  in  Lugudunum-  Hymn.    mag.    ö    v.   24 f.    bei    Abel,    Orphica 

Lyon   und   Cavillonum-Chalon-sur-Saöne,   wo  p.  293;    der   Anruf  rgixdgccvs    ebenda   p.  289, 

sie    nach    ihrer    Entlassung    aus    dem   Heeres-  v.  8  u.  p.  290,  v.  25,   sowie  YlsgChtpöva  zgi- 

dienst   ansässig    waren,    gestorben  sind),    vgl.  yidgavs:,    Par.  Pap.  Z.  2747,   und    endlich    xgi- 

CIL  13,  1,  2  p.  583  Col.  2.  —  CIL  13,8634  =  %dgavs  vvxicc  ■naoQ'ivs  v.XsidovxB  UsgGbtpccGn a: 

hehner.  Die  antiken  Steindenkmäler  des  Provin-  ebenda  7j.   1401  f.    Unter   dem   Namen   ßrimo 

2Ü»?tnu*ct*»ns -ju  iJonn  (1918)  nr.  345.    Vgl,  auch  (s.d.)   erhält  sie   bei   Lykophr.  lilii   das  £pi- 

0.  Schilling,    De  legionibus  liomanoritm  I  Mi-  theton    xgi^ogcpog.      Auch     beim    Komiker 

nervia  et  XXX  Ulpia  (Dtss.  Lips.  1893),  S.  45.  Charikleides  {fr.  1,  Kock  3,  394)  wird  sie  ange- 

[ Ke u ne. I      50  rufen :  ötonoLv  'E%dx7} r giiiogcpe  xgi- 

Trex  {Tgit).,  Name  eines  Winddämons  auf  ngoöcons,  das  letztere  Beiwort,  das  schon  aus 

der  von  R.  Wmisch,  Bh.  M.  N.  F.  56  (1900),  80  den   beiden  Hymnen    angeführt  wurde   (s.  o.), 

behandelten    kretischen  ßleifluchtafel :    aal   d'  erscheint  auch  in  dem  großen  Pariser  Zauher- 

ovvoiuc  Tgs^,  dvEfioj  Jibg  dyi.xr\.     [Preisendanz.]  papyrus  Z.  2878  sowie  bei  Artemidor  2,37,  und 

Tri»  Fata   s.   oben    Bd.  1,  Sp.  1449 f.  1452  für    die    mit    H.    identifizierte    Artemis    bei 

(Peter),  dazu  Jhm,   Botin.  Jahrb.  83,  68;  98 ff.  Kleomedes  {de  meteor.  2,5,111)  u.  Kornut.  34. 

Wissowa,   Bei-  264 f.,    Otto,    P.  W.  6,  2050 f.  Daher  heißt  es  im  Hinblick  auf  ein  Artemis- 

Während  man  meist  in  diesen  drei  Schicksals-  bild  bei  Diphilos  {fr.  124,  Kock  2,577):  -iih(pcc- 

gottheiten,  die  auf  Reliefs  als  drei  Frauen  ge-  Xdg  i%ovxsg  xgtlg  coansg  ^gxstilaiov.  Ferner  wird 
bildet  werden  und  ja  auch  Fatae  heißen,  die  60  die    der    H.  (und    der    Athene)    gleichgesetzte 

drei  Moiren  in  lateinischem  Gewand   erkennt  Selen e  xginXoov  sl^og  'ixovaa  genannt:  Nonn. 

{Peter,  Wissowa,  Otto),  betrachtet   Usener,  Rh.  5,  72  f.   (Art.  Mondgöttin  Sp.  3188),    und    bald 

3ft*s.  58,12    einen   Dreiverein   von   Schicksals-  darauf  6,  236:  xgKpvrig.    H.  heißt  t^  ifftro  na - 

^ott)ie^\teii  {tria  Fata,  tres  Fortimae,  tres  Parcae,  gr\vog:    Orph.  Arg.  91d,   xQLy,i(pccXog:   Schol. 

oder  i^atacj  als  etwas  bodenständig  Italisches.  LyÄ;.  1186  (s.  o.),  und  dementsprechend  triceps: 

[Weinreich.]  Serv.  ^.  4,  511  u.  Oo.  Met.  7, 194;  Diana  (=  H» 

Triakou  (Tptaxcav),  Führer  der  Epidaurisclien  cate)  triplex:  Fa^t.  1,387;  sodann  triformi  ^ 

Dorier,    die   nach    Herod.  8,46;    Paus.  2,29,5  3/c*.  7,  94.  177;  Äor.  C.  1,27,  23;  3,22,4;  Semr. 


Hol 


Triauehen 


Triballor 


H02 


Med.  7,  Phaedr.  412;  Val  Flacc.  7,  395;  tri- 
iiiort'a:  Scliol.  Hör.  C.  3,  28,  12,  s.  Heraeus, 
Ixliein.Mus.  11)03,  58,  464  f. ;  vgl.  tgiaogcpog (s.  o.) ; 
endlich  tergomina:  Vcrg.A.  4,511  u.  Äuson. 
griph.  18.  Außer  diesen  Beiwörtern  vgl.  auch 
Ov.  Fast.  1,  141:  ora  vides  Hccates  in  tres  ver- 
(jcntia  partes.  Claudian.  Bapt.  Pros.  1,  15:  ter- 
nas  Ilecate  varlata  fiyuras.  Apul.  Met.  11,  2: 
Proserpina  triformi  facie  larvales  impetus  com- 
primens.  Minne.  Fei.  Oct.  21,  14:  Trivia  trinis 
ivpitihus  et  multis  manibus  horrifica.  Trivia 
SU.)  ist  nämlich  die  Übersetzung  \on  tqlo- 
()iTig  (s.  0.);  so  heißt  sie  bei  Chari/deides  a.  a.  0.; 
Orph.  hymn.  2, 1 ;  Plut.  de  fac.  orh.  lim.  24;  Steph. 
Hyz.  8.  xQioSog\  Kornut.  34;  Pap.  Par.  Z.  2525. 
2728.  2810;  auf  Thera  wird  eine  "Agr^iLig  tQio- 
SiTLg  verehrt:  Hill  er  v.  Gaertringen,  Klio  2,  901, 
224. 

Selbst  wenn  nun  H.  'ursprünglich  nichts  an- 
deres als  eine  Wegegöttin  ist'  (s.  d.  Art.  bei 
Pauly^-Wissowa  7,  2775),  so  kann  man  doch 
in  Zweifel  sein,  ob  sie,  wie  jene  beiden  übri- 
ijfcns  späten  Beinamen  rgLodlrig  und  Trivia,  so 
auch  die  drei  Köpfe  den  Dreiwegen  verdankt, 
oder  nicht  vielmehr  zur  Kennzeichnungihres 
.^gespenstischen  Wesens  erhalten  hat.  Es 
ist  wohl  letzteres  der  Fall.  Straßenkreuzungen, 
namentlich  außerhalb  der  Ortschaften,  sind 
nämlich  im  Altertum  die  gewöhnlichen  Stätten 
für  Hinrichtungen,  aber  auch,  bei  der  Nähe 
von  Gräbern,  häußg  Schauplatz  von  Toten- 
beschwörungeu,  nächtlichem  Zauberunwesen, 
allerhand  Geisterspuk.  Kein  Wunder,  wenn  die 
lebhafte  Phantasie  des  Volks  und  der  geschäf- 
tige Geist  von  Dichtern  und  Künstlern  Hekate, 
die  an  solchen  unheimlichen  Orten,  noch  dazu 
bei  Nacht,  verehrt. wird,  teils  mit  entsprechen- 
den Attributen,  Fackel,  Schwert,  Dolch,  Schlüs- 
sel, Strick,  Geißel,  Schlaugen,  ausstattet,  teils 
auch  ihre  eigene  Gestalt  ins  Groteske 
steigert  und  erweitert.  Ursprünglich  ist 
H.  eingestaltig  (Ar temidor  2,  S7 :  ^ovo-itQoa- 
(oitog,  8.  Eoschers  Art.  Sp.  1889  u.  1900 f.;  Preller- 
Robert,  Gr.  Mytli.  1^  324)  und  bleibt  es  in  ver- 
einzelten Darstellungen  jederzeit.  Während  sich 
ferner  ein  Hermes  Dikephalos  nachweisen  läßt, 
der  also  etwa  an  einen  lanus  erinnert  (s.  d. 
Art.,  Bd  1,  Sp.  2415 f.),  kann  man  strengge- 
nommen von  einer  zweiköpfigen  Hekate 
nicht  reden,  da  diese  zwar  manchmal  doppelt 
erscheint,  aber  dann  über  zwei  selbständige 
Jjeiber  verfügt  und  somit  zwei  Einzelwesen 
darstellt.  So  haben  diese  im  Tempel  zu  Argos 
zwei  ErzkünsMer,  der  jüngere  Polykleitos  und 
sein  Bruder  Naukydes,  in  Bronzebildern  ver- 
anschaulicht, denen  dann  Skopas  ein  drittes 
marmornes  Hekatebild  zugesellte  {Paus.  2, 22, 7  ; 
Usener  a.  a.  0.  S.  208,  332).  Daneben  wird  sie, 
und  zwar  mit  der  Zeit  überwiegend,  dreige- 
staltig  dargestellt.  Werden  ihr  auch  fast  aus- 
schließlich drei  normale,  oft  künstlerisch  schön 
stilisierte  Menschenköpfe  verliehen,  so  erkennt 
man  doch  aus  anderen  Erwähnungen,  daß  es 
dabei  gleichwohl  auf  einen  phantastischen  Reiz, 
ja  unheimlichen  Eindruck  abgesehen  ist:  wie 
bei  Bildern  oder  Schilderungen  des  Chronos 
und  der  Skylla  (s.  d.  Art.  Trikephalos),  so  sehen 
wir  in  vereinzelten  Beschreibungen  der  H.  ein 


menschliches  Haupt  von  Köpfen  eine« 
Hundes  und  einer  Kuh  (oder  einer  Ziege) 
tiankiort  (Pap.  Par.  Z.  21 19  f.  u.  2878).  Auch 
die  vier  köpf  ige  H.,  die  einige  Male  (tr  wähnt 
wird,  dient  zwar  einem  allegorischen  Zweck 
{Cramer,  Anecd.  Paris.  1,  321,  31),  läßt  aber  doch, 
namentlich  in  dem  zweiten  Falle  {Hymn.  mag. 
5,22  bei  Abel,  (Jrphica  p.  293),  das  Streben 
nach    dem    Ausdruck    des   Abenteuerlichen 

10  erkennen.  So  ist  denn  auch  die  oft  genannte 
oder  dargestellte  dreiköpfige  H.  kaum  (^twas 
anderes  als  eine  Spukgestalt,  deren  gespen- 
stischen Charakter  erst  die  Kunst  gemildert 
und  veredelt  hat. 

Über  die  drei  gestaltete  H.  in  der  bil- 
denden Kunst  vgl.  bes .  F.  Petersen ,  Arch  - 
epigr.  Mitth.  aus  Osterr.  4,  140 f.;  5,1  f.  193 f., 
sowie  Roschers  Art.  a.  a.  0.  Danach  hat  sie 
entweder  drei   Köpfe  auf  drei   Leibern 

20  (Sp.  1904 f.),  oder  es  sitzen  drei  Köpfe  auf 
einem  Leibe  (Sp.  1908 f.).  Nach  Paus.  2,  30,  2 
war  der  erste  (namhafte)  Künstler,  der  sie  drei- 
gestaltig  darstellte,  AJkamenes\  seine  'Ex.  i-xi- 
TtvQYiSia,  auf  der  Akropolis  von  Athen,  scheint 
jenem  ersten  Typus  anzugehören  und  ihr  d'w 
auf  dem  Relief  von  Aigina  veranschaulichte  IL 
(jetzt  in  Königswart  in  Böhmen)  am  nächsten 
zu  kommen,  namentlich  im  Stil  weit  mehr  zu 
entsprechen    als    die   schon    ziemlich    barocke 

30  kapitolinische  Bronzestatuette 
(beide  abgebildet  bei  Rascher  a. 
a.  0.).  Den  zweiten  Typus 
vertritt  am  eindrucksvollsten  die 
H.  in  der  Gigantomachie  des  per- 
gamenischen  Altarfrieses;  hier 
hat  sie  einen  einzigen  Leib,  aber 
drei  Armpaare  und  drei  Köpfe.  Münze  von  Ly- 
Über  Gemmen  mit  diesem  Typus  ^'^^  ^^  Phrygien : 
8.  Roschers  Art.  Sp.  1908 f.;  über    «ekate (r.v. Coi«, 

40  Münzen,  z.  B.  von  Lysias  m  Phry-    phrygia,  pi.  3S  ? ). 
gien,  s.  Head,  H.  N.  680 2;  Greek 
Coins  in  the  Brit.  Mus.,  Phrygia  p.  331,  pl.  38 
n.  7  (s.  d.  Abb.).  [Johannes  Schmidt.] 

TribaUos  {TgißcclXog  oder  Tgi^aXog),  1)  nacli 
einer  thrakischen  Sage  Vater  des  Hipponoos 
(s.  d.  nr.  6),  der  mit  Thrassa  die  Polyphonte 
zeugt;  über  diese  Verächterin  der  Aphrodite 
und  ihre  sonderbaren  Schicksale  s.  Anton.  Lib 
21  (angeblich  nach  Boios  Ornithog.  2)  u.  d.  Art., 

50  Bd.  3,  Sp.  2713  f.  --  2)  einer  der  Kerkopen  (s.  d.), 
der  Erzschelme  und  Wegelagerer,  die  in  ver- 
schiedenen Gegenden  Griechenland. s  (Thermo- 
pylen,  Boiotien,  Athen)  und  Kleinasiens  (Ephe- 
sos?)  lokalisiert  werden,  in  Affen  (TriO-Tjxoi)  ver- 
wandelt den  Pithekusen  an  der  kampanischen 
Küste  den  Namen  geben  und,  einst  von  Hera- 
kles verfolgt  und  gezüchtigt,  in  dessen  Ge- 
schichte eine  tragikomische  Rolle  spielen.  Sel- 
tener   als    andere    Kerkopennamen    erscheinen 

60  Sillos  (s.d.,  Bd.  4,  Sp.  823)  und  Tribal(l)os: 
Schol.  Vindob.  LuJcian.  Alex.  4  (p.  181  Babe  -, 
ßachmann ,  Anecd.  2,340;  sie  stammen  aus 
Oichalia  (auf  Euboia'?),  daher  OlxccXifjsg,  trei- 
ben aber  ihr  Räuberhandwerk  in  Boiotien  und 
sind  verrufen  als  iTtLogxoi  und  ccgyot.  In  Athen, 
wo  nach  den  Kerkopen  der  Spitzbubenmarkt 
{Ksgy.oiTtcov  ayoga)  in  der  Nähe  der  HUaia 
benannt  ist  {Steph.  Byz.  s.  v. ;  Judeich,  Topogr. 

36* 


1103           ?Tribas  oder  Tribans  [?T]ricoria                    1104 

V.  Athen  314.  320)  und  als  Sammelpunkt  schlim-  (vgl.  CIL  13,  4  p.  87)  ^anz  anders:  \T(n)]  h(o- 

men  Gesindels  in  üblem  sprichwörtlichen  Rufe  norem)    d(omus) ,  d(%oiuae)    Marti    Bivi\is\    Q. 

steht  (Schol.  Lukian    a.  a.  0.;    Art.  Kerkopen  Varius    Iu(v)enis    [v(otum)]   s(oloit)    {l(ibens)\. 

Sp.  11 6U  f.),  haben  sie  durch  die  ältere  attische  Die    Kinleitungsformel    weist    die  Inschriit   in 

Komödie  auch  literarisches  Bürgerrecht  erlangt;  die  Zeit  nach  J.  150  n.  Chr.    Zur  Inschrift  wer- 

wie  aus  Orameutiteln  oder  Fragmenten  hervor-  den  mit  dem  Uild  des  Gottes  die  Darstell unj^tn 

geht,  traten  Kerkopen  als  Haupt- oder  Neben-  des  in   CIL  13,   302(>  c  (Esperandieu  Recueil 

personen  in   mehreren  Stücken  auf  (s.  d.  Art.  tics  bas-reliefs  .  .  de  la  Gaule  rom.  4  nr.  3133) 

Sp.  1172).   Sillos  und  Tr.  sind  bezeugt  für  Kra-  [C]em\tnnos  genannten  gehörnten  Gottes  {Ihm 

tinos'  k^x^Xoxoi  {Mein.  fr.  14;   2,  24  f.;   Kock,  lO  in  der  Neubearbtg.  von  Paulys  Real-IJncyclop. 

fr.  12;  l,löf.),  freilich  ohne  wörtliches  Zitat;  3,  Sp  11)Ö4;  vgl.  Eaperandteu  a.  a.  0.  5  nr  3663) 

denn  der  im  Schol.  Lukian.  gleich  darauf  an-  verglichen.  —  Zu  CIL  13,0061  vgl  jetzt  auch 

geführte,  etwa  so  lautende  Hexameter:  Esperandieu  Recueil  7   (1918),  nr.  5;")»6,  ohne 

imXoi  xt  TgtßaXos  xs  äva  ßagvSaifiovsg  ävögsg  Abbildung;  Esperandieu  erklärt  hier  das  Mild 

gehört  wohl  nur  dem  hier  als  Quelle  genann-  als  Darstellung  des  behelmten  Mars,  mit  Lanze 

ien   Diotimos   (nicht   auch   der    Komödie    des  in  der  Rechten.     [Kenne] 

Kratinos)  an.    Jedoch  ist  Sillos'  und  Tr.'  Vor-  Trlcops  heißt  1)  der  dreiköpfige  Höllenhund 

kommen  gerade  auch  bei  Diotimos  zweifelhaft;  Kerberos,  Cerberus  bei  Cic.  Tusc.  1, 10:  triceps 
die   aus   desi^en  Epos  ^HQaxXdovg  ad^loi   (oder      apud  inferos  Cerberus  und  bei  Seneca  (Vater) 

'Hgcixitta)  bei  Sutd,  s.  Evgvßccxog  u.  Apostol.  20  Oedip.  ö81:  triceps  catenas  Cerberus  morit  (jra- 

8,12  {Faroemiogr   2,247)   zitierten  Verse,  die  ves.    Vgl   Tricerberus  {TgixiQßfQog)  bei  Mytho- 

gleichfalls   von    zwei    verhängnisvollen   boioti-  graphen  {Forcellini  -  De  Vit ,  Totius  Latimtatis 

sehen   Räubern    aus    Oichalia,   z.  T.   mit   den  Lexicon  6,  p  173).  —  2)  der  dreileibige  Geryo- 

nämlichen  Worten,  reden,  weisen  nämlich  zwei  nes  bei  Fronto  ad  M.  Caes.  4,3.  —  H)  Hekate 

ganz  andere  Kerkopennamen  auf,  so  daß  bei  Ovid.met  7,li)4:  tuque  triceps  Hecate  nsyr. 

die   Vermutung   Meinekes  (Com.  2,  24  f.,  s.o.),  — Das  Beiwort  entspricht  dem  griechischen  rpt 

letztere  seien   im  Schol.  Lulian.  a.  a.  0.   von  xapavo?,  tQiv.uQr]vo?.    Vgl.  Triformis 

Sillos  und  Tr.  verdrängt  worden,  viel  für  sich  fKeune.j 

hat.    Beschränkt  sich  also,  nach  dem  etwaigen  \l  TJricoria  oder  vielmehr  Ricoria  (s  Ihm 

Wegfall  der  Belegstelle  aus  Diotimos,  die  ohne-  so  o.  Bd.  4,  Sp.  127/128),    Name  einer  einheimi- 

hin  schmale  literarische  Existenz  jener  beiden  sehen  Göttin  auf  einem  kleinen  Altar  von  58  cm 

vielleicht  auf  Ä'radnos' /ip;UiAo;f Ol  (s.  0  ),  so  fällt  Höhe,   23  cm  Breite  und  21  cm  Dicke,  ausge- 

doch  auf  den  Kerkopen  Tr.  von  anderer  Seite  graben  zu  Beziers,  d.  i.  in  der  alten  Stadt  Bae- 

einiges  Licht.    Es  sind  nämlich  nach  Hesych.  terrae  (CIL  12,  Tab.  III  Dh    Kiepert ,   Formae 

TQißcc':loi'   6vxo<pccvxcci.    Schlimmer  ist,  daß  Orbis  Antiqui  XXV  Li,  in  der  Gallia  Narbo- 

in  Athen   auch  junge  Taugenichtse   und  Päd-  nensis,  Hirschfeld,  CIL  12,  4225.    Esperandieu 

erasten    TQißaXXoi    hießen:    Demosth.  54,  39;  Recueil  general  des  bas-reliefs  de  la  Gaule  rom. 

Schol.  Aeschin   1,  52;  Etym.  Magn.  s.  v.;  Mtller,  1  nr.  539  p.  348.  Holder,  Altcelt.  Sprachschatz  2, 

Melanges  S.  285.    Gewiß  haben  sie  alle,  jener  Sp.  19ö0  und   Sp.  1183.    Der  Name  der   Göt- 

Kerkopenschelm  wie   diese    athenischen   Lust-  40  tin  steht  auf  der  Gesimsleiste  der  Vorderseite 

linge,  den  Namen  von  der  thrakischen  Völ-  über    ihrem    Bild,    während    die    Fort-et/.ung 

kerschaft  der  Triballer,  die,  ursprünglich  der   Weihinschrift   mit  dem   Namen  des  Stif- 

tapfer  und  streitbar  und  noch  von  Philipp  und  ters  und  der  Weiheformel  auf  der  linken  Sei- 

Alexander  dem  Großen  bekämpft  (Tämä.  2,96;  teufläche    Platz  gefunden   hat;    auf  der  recli- 

4,101;  Strab.  7,  301  f.;  Flut  Alex.  11;  Arrian.  ten  SHitenfläche  sind,  wie  häufig,  Schale  und 

Ana'».  1, 1  f.),  doch  schon  früher  in  rohe  Sitten-  Henkelkrug  als   Opfergefäße  abgebildet.     Die 

losigkeit    versunken    war,     sodaß    bereits    in  Lesung  der  Vorderseite  lautet  (nach  früheren 

^mtopÄawes'  FöV/eZn  (1529.  1533.  16 15 f.  1677 f.)  Gewährsmännern:    RICORIA)   nach   Hirschfeld: 

ihr  Vertreter  als  genußsüchtiger  Gauner  und  |  RICO  RIA/,  also  Ricoriale]  oder,  falls  der  Raum 

zugleich  mit  seinem  Kauderwelsch  als  Typus  50  reiche,  \T]ricoria[e],   doch  scheint  nach  Espe- 

des  barbarischen  Tölpels  erscheint.    Vgl.  auch  randieu   der  Raum  für  letztere  Lesung  nicht 

Lobeck,  Aglaopham.  1037.  12'j7;    Kock  zu  Ar.'  auszureichen.     Man   muß  also  der  Versuchung 

Vögeln  1529;  v.  Wilamowitz,  Antiy.  v.  Karyst.  widerstehen,  in  dem  Denkmal  eine  Ehrung  der 

44,  3.                                   [Johannes  Schmidt.]  Landesgottheit  der  Tricörii  (Tricores:  Plin,  n.  h.) 

?  Tribas  oder  Tribaus,  zweifelhafter  Name  in  Gallia  Narbonensis,  Holder,  Altcelt.  Sprach- 

einer  gallischen  Gottheit  in  der  Inschrift  einer  schätz  2,  Sp.  1950,  erkennen  zu  wollen,  deren 

zu  Langensulzbach  im  Tal  der  Sauer  im  Unter-  Gebiet   übrigens    weit    abseits    von   Baeterrae, 

Elsaß  (Kreis  Weißenburg)  gefundenen  und  da-  auf  der  Westseite  der  Alpen  lag  (Kiepert  FOA 

selbst    noch    vorhandenen    Steintafel    mit   der  XXIII  Fb  und  XXV  Km^.    Daß  unter  dem  Na- 

bildhchen  Darstellung  eines  stehenden  bärtigen  60  men  der  Göttin  nicht  ein  Mann  dargestellt  ist, 

Gottes,  der  einen  Kranz  mit  drei  Spitzen  oder  wie  (allerdings  mit  Fragezeichen)  im  CIL  12 

drei  Hörnern  trägt  und  in  der  Rechten  einen  angegeben  wird,  sondern  eine  Frau  und  zwar 

Herrscherstab  hält.  C/L  13,  6061  (daher  i/oZ-  die  Göttin,    ergibt    sich    nicht    bloß   aus   dem 

der,  Altcelt.  SpracJischatz  2,  Sp.  194:1):  \I]nh(o-  weiblichen  Namen,    sondern  auch  aus   Abbil- 

norem)  d(omus)  d(ivina£)  d(eo)  lribani(foit2L6ae:  düng  und   Erläuterung  von   Esperandieu;   die 

Triban[ti\)    Quartus   Iu{v)enis   (filius)    s(olvit)  göttliche  Frau  hält  in  der  Rechten  eine  Opfer- 

[l(ibefis)  m(erito)].    Doch  lautet  die  Lesung  von  schäle,    in    der    Linken    einen    unbestimmten 

Esperandieu  Rev.  epigr.  n.  s.  1  (1913)  p.  408  Gegenstand.    Hübner,  Mon.  ling.  Iber.  p.  CXII 


1105                     Tricorpus  Triesperos                      1106 

und  p.  254  hat  den  Namen  Tricoria  den  ibe-  sich  die  Komödie  des  willkommenen  Stoffes 

rischen  Götternamen  zugesellt.     [ Kenne. J  von   der    langen    Nacht    bemächtigt:    die   JVi>^ 

Tricorpus  {tricurpor),  entsprechend  dem  grie-  jüaxpa  des  MaUm  {Kock,  Com.  1,024)  hatte  näm- 

ehisclien  xQicui^io?  {Gloss.  Gr.  Lat.) ,   lieißt  der  lieh  gewiß   das   gleiche   Motiv,     Der  wohl  auf 

(ireileibige   Geryones   bei   Sil.  Ital.  3,  4*22   (von  den  'A^KpitQVüJv  des  Komikers  Arcinppos  (Kock 

Herakles):    Geryonae  peteret  cum  longa  tricor-  1,67*.))  zurückgehende  Am/>hüruo  des  Flautus 

jtoris   arva    und    13,201:    mortstrum    Geryones  {Rihbeck,    Böm.  Dichtung  1,125)   nimmt  aller- 

immane  iricorporis  irae.   Auch  T'm/.  .4fw.  (>,  289:  dings  auf  die  verlängerte  Nncht  Bezug  (v.  113. 

forma  iricorporis  umhrae  ist  Geryones  gemeint.  272 f.  548);  doch  ist  es  Herakles'  Geburtsnacht; 

Vgl.  Triformis.     [Kenne.]  lo  dagegen  gelten  der  Nacht,  in  welcher  der 

Tridynamos  {Tgidvva^iog),  Dreimalgewalti-  Heros  gezeugt  wird,  der  Hochzeitsnacht 
ger:  wichtige  mystische  Macht  in  den  kopti^ch-  seiner  Eltern,  alle  übrigen  Erwähnungen, 
gnostischen  Schritten,  wo  sie  einzeln  und  in  Diese  verteilen  sich  äußerlich  nach  der  ver- 
Mehrheit, auch  als  Tridynam(e)i8  häufig  auf-  schiedenen  Dauer  der  verlängerten 
tritt.  Einer  der  dreiraalgewaltigen  Götter  der  Nacht,  wobei  es,  da  mythologische  Maß-  und 
Gnosis  ist  I'^xxvraxovvxcavxovx^toX',  dermitAres  Zahlangaben  oft  schwanken,  manchmal  dunkel 
verbunden  wird  {Fist.  S.  234,  .'}5).  ein  anderer,  bleibt,  ob  die  zwischen  den  Nächten  liegen- 
Xccivx(o(üoox  (vgl.  den  Lichtgeist  der  Zaubcvfja-  den  Tage  mitgezählt  oder  ausgelassen  werden. 
pyri  Baivxcooocox),  der  an  Hermes  gebunden  Bisweilen  wird  der  Mythos  nur  angedeutet: 
wird  zur  Lenkung  von  Welt  und  Aeonen.  Vgl.  20  Meleagr.  Anlh.  Fol.  5, 171;  Flut  fort.  Rom.  8; 
den  Index  von  C.  Schmidts  Jcoptisch-gnostischen  Ov.  Her.  9,  9  f.;  Scnec.  H.  0  1501;  H.  F.  24. 
Schriften  1,  381.  Nach  Hippol.  nf.  omn.  haer.  1158f.;  Stat.  Th.  7,  189.  9,424;  I>racoti<.  2,  26 f. 
105,  3  ff.  269,12  Wcndl.  gebrauchten  die  Pera-  —  Eine  Gruppe  von  Stellen  bei  römischen  An- 
ten eine  dvacpri^ia  gegen  Christus,  nach  der  toren,  wo  deutlich  von  zwei  Nächten  oder 
sie  ihn  verkleinerten:  xQicpvijg  rt?  yiccl  tQi6w\t.cc-  von  der  Verdoppelung  der  Nacht  die  Rede* 
tag  Y.al  xQidvva^og  av^^Qüinog  ytcxXovfisvog  Xql-  ist,  läßt  es  gleichwohl  ungewiß,  wie  lang  man 
üTOg,  ccnb  tcbv  rgicav  ^x^^  ^^^  ^oGfiov  ^isqcov  iv  deren  Dauer  zu  bemessen  hat.  Fropert.  3,15 
lavToJ  Ttdvra  rä  GvynQi^ccTu  ■accl  tag  dWu^isig.  (22),  25:   lupiter  Alcmenae  geminas  requieverat 

[Preisendanz.J  Arctos;  Ov.Am.  l,'13,45f.:  Deum  genitor  —  Com- 

Trieros  {Tgifigog),  Eponymos   des  Thraker-  zo  misit  noctes  —  duas;    Trist.  2,402:   noctes  cui 

Stamms  Tr(i)ere8,  Sohn   des  0(m)briareos   und  coiere  duae;    Sen.  H.  0.  147 :  de  geminis  nocti- 

der  Thrake;   Steph.  Byz.  (nach  Arrians  Bithy-  bus;  1865:  noctes  duas  Jios  contulit;  Ag.  814  f  : 

niaka)  u.  TgifjQsg.     (Preisendanz]  geminavit  lupiter  noctis  horas;    dial.  10,16,5: 

Triesperos  [Tgi^Ttsgog) ,  Beiname  des  He-  visus  est  lup.  duplicasse  noctem ;  Hygin.  fah.  2d  : 
rakles  (s.  d.  Art.  Herakles  bei  Fauly'- Kroll,  lup.  tarn  libens  cum  ea  concuhuit,  ut  unum  diem 
3.  Supplbd.,  S.  1004.  1016,  1105,  wo  sich  aber  usurparet  (Muncker:  exstirparet) ,  duas  noctes 
die  Fundstellen  ansehnlich  vermehren  lassen),  congeminaret ;  Mythogr.  Vat.  1 ,  öO :  geminuta  est 
meist  bezogen  auf  die  Verlängerung  der  Hoch-  nox;  Mart.  Cap.  2,  157:  in  ortu  Herculis  gemi- 
zeitsnacht  seiner  Eltern  Zeus  und  Alkmene;  natae  noctis  obsequium.  Ist  bei  dieser  doppel- 
vgl.  Winter,  Alkmene  u.  Amphitryon ,  Frogr.  40  ten  Nacht,  wie  es  hie  und  da  scheint,  der  da- 
Magdal.  Gyrnn.  Breslau  1876  S.  34 f.  Dem  Vor-  zwischenliegende  Tag  mitgerechnet  und  wegen 
gang  mag  iZ.  2^239f.,  wo  Hera  den  Helios  des  von  lupiter  angeordneten  Ausbleibens  der 
wider  seinen  Willen  vor  der  Zeit  zu  des  Okea-  Sonne  etwa  gleichfalls  als  Nacht  aufzufassen, 
nos  Fluten  hinabsendet,  um  den  ermüdeten  so  ergäbe  sich  schon  für  die  ebengenannten 
Achäern  Ruhe  zu  verschaffen,  oder  vielleicht  Belege  eine  dreifache  Nacht,  die  dann  aus- 
eher  Od.  ip  243f.  345f.  mit  der  verlängerten  drücklich  an  den  meisten  andern  Fund- 
Nacht  für  das  wiedervereinigte  Paar  Odysseus  stellen  des  Mythos  bezeugt  wird, 
und  Penelope  zum  Vorbild  gedient  haben.  Da  sich  an  diese  der  I3einame  xgiienBgog 
Hesiod.  Scut.  Herc.  schweigt  über  den  Mythos.  knüpft,  kommt  es  auf  sie  hier  vornehmlich  an. 
Ihn  erzählte  wahrscheinlich  zuerst  Fherekydes,  50  Doch  soll,  ehe  sie  zu  prüfen  sind,  vorweg  er- 
zwar nicht  in  fr.  27,  Müller  1,  17  {Schol.  Od.  wähnt  werden,  daß  bei  Apollod.  2,61  von  einer 
l  266),  wohl  aber  nach  Schol.  ABB  7Z.  S'324,  Verfünffachung  der  Nacht  {xr]v  ^iuv  vvv.xu 
wo  es  am  Schlüsse  heißt:  i]  icxoglcc  nccgä  ^sgs-  TtsvxccTcXccGtdaccg),  bei  Lucian.  deor.  dial.  10  von 
v.vd8i.  Diese  Notiz  beruht  nach  TF^^^/er  S.  35,1,  einer  siebenfachen  Länge  (Helios  scheint 
Luetke,  Pherecydea  1893  p.  lof.  50f.  und  dem  drei  Tage  nicht;  vgl.  Aristid.  or.  40,  2  Keil; 
Art.  Alkmene  bei  Fauhß-Wissowa  l.lbl'l  auf  Achill.  Tat.  2,^1, A\  Orph.  Arg.\\\i^.),hQ.\  eini- 
Irrtum,  wird  jedoch  in  den  Nachträgen  bei  gen  Kirchenvätern,  die  der  fromme  Ärger  über 
Müller  4,  638  sowie  von  Freller-Bobert,  Gr.  die  Wollust  des  heidnischen  Gottes  zu  Über- 
Myth.  2*,  613  A.  5,  als  richtig  anerkannt.  Bei  treibungen  verleitet,  sogar  von  einer  neun- 
Ov.  Trist  2,402  erscheint  als  eine  Quelle  jenes  60  fachen  Dauer  (.4r«o&.  4,26:  illum  in  Alcmena 
Mythos  die  attische  Tragödie,  wenn  auch  das  novem  noctibus  pervigilasse  continuis;  Clem. 
Sophokles  beigelegte  fr.  1026  Nek.*  einem  an-  Alex.  Protr.  2,33  [1  ^.  3a  Bind.];  Cyrill.  Alex. 
dern  Dichter  gehört.  Die  kßcpixgvcov  betitel-  contra  Julian,  lib.  6)  die  Rede  ist. 
ten  Stücke  des  Soph.  und  des  Aischylos  von  Ganzüberwiegend  wird  aber  von  drei  Näch- 
Alexandrien  {Nauck'^^.lbQn.^24\  Welcker,  Gr.  ten  oder  einer  verdreifachten  Nacht  be- 
Trag.  1,  371  f.  3,1268)  sowie  Accius'  Amphitruo  richtet  und  mit  ihr  Herakles'  Epitheton  xgiia- 
(iiJ«66ecA;,Äöm.  IVo^r.  S.  553  f.)  gewähren  mit  ihren  nsgog  in  Zusammenhang  gebracht:  Fherekyd. 
dürftigen  Resten  keinerlei  Ausbeute.    Früh  hat  im  Schol.  ABB  II.  S  324  {Müller  4,  638);   Ly- 


1107  Triesperos  Triesperos  llO'^ 

kophr.  an  {TQiBöTtBQov  ABovTOf  =  Hcrakles)  mit      stantinopel   hatte  nach   der  liesohroibung  des 

Schal,  u.  Tz  etz.;  Dosiad.  Anthol.  Pallb,  26, 11;  Niketas  (a.  o.)  eiu  andres  Aussehen  und  wies 
Sehol.  Dosiad.  9/12  bei  Wendel,  Schoi  Theoer.  die  Hesperidenilpfel  nicht  auf;  immerhin  ist  es 
M9:  Apollod,2,61:Ti]v iiiavvvxxa  —  xccvd  rtvag       sehr  wohl   denkbar,    daß   sich   zuerst   an   eine 

rQi7tXce6tä6ttg{B.o.);  Lueian.  Sotnn.  11 ,  yg\.  Gall  Heraklesstatue  mit  den  Äpfeln  der  drei  He- 

1-»;    ^tt/>Är.  3,  38;    Lijd.  twen«.  4,  67  S.  120f.  speriden  das  Epitheton  ^'cheftet  hat.    Geriet 

yViinach;  Append.  narr.  h.  Westerm.  Myth.  310;  nun  durch   Verstümmelung    des  Bildwerks  der 

S<hol.  Clem.  Alex.  2,83  ^.  S0&  Staehlin ;  Nikeph.  betreffende  Arm  in  Verlust,  so  wurde  die  lU 

l^rogymn.  1  n.  Geora.  Prog.  1  (Walz,  Bhet.  I,  472  ziehung  auf  die   Hesperidenäpfel   Unverstand 
u.  666»;  J^do^.  446 b  p. 884  1^7. ;  lustin.  Martyr.  lo  lieh;   die   dichtende  Phantasie   suchte  für  den 

or.  ad  Gentil.  CS  (2,10  Otto);  Gregor.  Ncuianz.  Beinamen    nach    einem    anderen   Grunde    und 

or.  4  c.  77,122;  Kosmos  v,Jerus.  ad  carm.  Greg.  glaubte  ihn  zu  finden  in  dem  Mythos  von  AlK 

8, 601  (Migne  PG  37,406);  Niket.  Chron.  de  si^.  menes  verlängerter  Hochzeitsnacht,  mit  der  da 

Constantinopol.  6  (Corp.  Bye.  18,859,    wo  eine  Wort  ursprünglich  gar  nichts  zu  tun  hatte.  Der 

von  den  Barbaren  zerstörte  Bronzestatue   des  Kinwand,  es  werde  der  Zusammenhang  des  Bei- 

Herakl.  Triesp.  im  Hippodrom  von  Byzanz  er-  namens  mit  der  Verschiebung  der  'J'ageszeiten 

wähnt  wird).  bei  Herakles'  Entstehung  durch  das  ISynonymon 

Denselben  Vorgang  bezeichnet  das  Synony-  rgiaürivog  bestätigt,  erledigt  sich,   wenn  man 

mon  tgiöilrivo?:  iSTonn.  7, 126;  26,243:  An-  erwogt,  daß  letzteres  doch  erst  von  der  späte- 
thol.  Pal.  9,441:  16,102.                                           20  ren  Dichtung,  namentlich  Nmmos,  anjrewendet 

Ohne  Erwähnung  dieser  Epitheta  wird  die  wurde,  als  jene  (vermutlich  unrichtige)  Auffas- 

Begebenheit   von  der   dreifachen   Nacht   auch  sung  von  xQieaTtsQo?  bereits  Eingang  gefunden 

sensit  erzahlt:  Diodor  4,  9,  2 ;  Argum.  ^  Hesiod.  hatte.     Gruppea   Erklärung  kennzeichnet  also 

Scut.  Herc.;  Interp.  Serv.  Ed.  8,75;  Aen.  8,108;  den  H.  Triesp.  als  Besieger  der  drei  Hesperiden 

iMCan.  Catachth.h.Schol.  Stat.  lh.9,A2i;  Stat.  und   als   Eroberer  ihrer   Zauberüpfel.     Machte 

Th.  6,  267 f.  mit  Schol.;    12,  301  f.  mit  SchoL;  dieses  ernsthafte  Motiv,  das  dem  kärapfereichen 

Auson.  Griph.  28;  Myihogr.  Vat.  2,148.  Lebenslauf  des  Helden   angehört,  wahrschein- 

Trotz  der  zahlreichen  Zeugnisse  regen  sich  lieh  den  ursprünglichen  Inhalt  des  Beinamens 
doch  Zweifel,  ob  die  Beziehung  des  Wortes  auf  Tr.  aus,  so  hat  es  doch,  sei  es  dem  komischen 
Alkmenes  Brautnacht  richtig  ist;  vgl.  Gruppea  so  Mißverständnis  eine^  Mythographen,  sei  es  dem 

Art.  ^eraA;/«  a.  a.  0.  S.  1016,  39 f.    Gibt  es  doch  burlesken  Einfall  eines  dramatischen  Dichters 

schon  antike  Deutungen,  die  den  Beinamen  an-  frühe  schon  weichen  müssen.  [Joh.  Schmidt.] 
ders  erklären.    Nach  Cramer,  Anecd.  Par.  2,  380  Triforiniß,  dem  griechischen  rQi^ioQtpos  ent- 

=  loann.  Ant.  fr.  6  bei  JfüWer  4, 543  lehrte  He-  sprechendes  Beiwort  (Glcss.  Gr.  Lat),  ist  ins- 

rakles  in  den  Westlündem  [iv  totg  ^ansQioig  besondere  von  Dichtern  Gottheiten  und  anderen 

(liQSöiv  i]Toi  Totg  Svtmolg)  die  Philosophie,  wie  Gebilden  der  Mythe  beigelegt,  welche  in  der 

er  ja  auch   sonst  als  Verbreiter  geistiger  Kul-  Vorstellung  des  Volksglaubens  drei  Leiber  oder 

tur  gepriesen   wird  (s.  Gruppea  Art.  S.  1010  f,  drei  Köpfe  hatten     Gleichwertig  sind  die  Bei- 

bes.  1011, 31  f.),  and  erglänzte  dann  nach  seiner  Wörter  triplex,  tergeminus,  tricorpus  oder  -oj\ 
Vergottung  als  Gestirn  am  HimmeL  —  Phan-  40  triceps,  rQLV.äQriVog  oder  tgi-nägavog ,  tqi7cq6o(o- 

tastisch-allegorisch  ist  die  andere  Deutung  bei  nos,  xQi<pd-oyyog.   Die  lateinischen  Dichterstellen 

Tzetz.  Lyk.  33.  wonach  Herakles,  wie  es  in  dem  hat  (nicht  vollzählig)  zusammengestellt  Carter. 

biblischen  Buche  Jmias  (2,  1)  von  diesem  Pro-  Epitheta  deoruin  quae  ap.  j)oet.  Lat.  leguniur. 

pheten  erzählt  wird,  drei  Tage  im  Bauche  eines  1902,  griechische  (rgifLogcpo?)  Bruchmann,  Epiih 

Walfisches    zugebracht    habe,    die    Lykophro)i  deor.  quae  ap.  poet.  Graec.  leguntur,  lS2d  (beide 

deshalb  als  Abende  {ianigccg)  bezeichne,  weil  Verzeichnisse  sind  Supplemente  zu  diesem  Le- 

ps  in  dem  Leibe  des  Ungeheuers  dunkel  sei(!).  xikon). 

Einige  Züge  dieser  sonderbaren  Sagenfassung  1)  Die  dreigestaltige  Hekate  (s.  o.  Bd.  1,2. 

folgen  noch  bei  Tzetz.  zu  v.  34;  es  handelt  sich  Sp.  1903  ff.)  und  die  ihr  gleichgestellte  Diana 
dabei  um  das  Ungetüm,  vor  welchem  Herakles  50  (s.  o.  Artemis,  Bd.  1, 1,  Sp.  572).   Seneca  (Vater) 

die  Hesione  schützt;  vgl.  Apollod.  2,104.  Med.  7  (Anrede):    Hecate   triformis   und    ders. 

Mehr  Klarheit  schafft  eine  moderne  Den-  Pha€dr.A:Vl  (Anrede):  Hecate  triformis,  en  ades 

tung.      Mit     viel    Wahrscheinlichkeit     bringt  coeptis  favens.    Ohne  Nennung   eines  Namens 

Gruppe  a.  a.  0.  1004,  22f.  1016,  39,  unter  Hin-  fforat.  carm.  3,  22,  4:  diva  triformis.    Ovid.  met. 

weis  auf  Lyd.  mens.  4,67  S.  120  Wünsch,   den  7,94:   triformis  deae  und  177:   diva  triformis. 

Beinamen  in  Verbindung  mit  dem  Mythos  von  Sil.  Ital.  1, 119 f.:  tum  nigra  triformi  hostia  mac 

den  drei  Hesperiden  ^s.  Seeligers  Ait  Hespe-  tf^tur  divae.    CIL  2,  2G60(b)  mit  Suppl.  p.  91i' 

riden,  Bd.l  Sp.2596.  2600.  2602;  Preller- Roberi,  =  Dessau  3259  (Buecheler,  Carm.  Lat.  epigr.  '2 

Gr.  Myth.  1*,  564).  Bildwerke,  bei  denen  Hera-  P-  723  nr.  1526);  Delia  virgo  triformis.  —  Vgl. 
kies  diese  Zauberäpfel  in  der  Hand  hält,  sind  60  Bruchmann  a.  a.  0.  S.  96:  dienoiv  'Exdrri  xgio- 

mehrfach  bezeugt  oder  sogar  noch  vorhanden  ^»ti,  xQLfioQq)s,  xg'.TtQOßaTts  und  ebd.  S.  98  (Ly- 

(s    (rrM2)pe8  Art.  S.  1075,  34  f.,  sowie  Fwr^wän^i-  kophron   1175  f.):    Tcagd-tvog    Bgi^io   xgiuogcpog. 

lers  Art.  Herakles  in    diesem  Lexikon  1,2179);  Vgl.  nr.  2,   sowie    Triceps,  Triplex,  auch  Tri- 

auch  an  der  vergoldeten  Kolossalstatue  aus  dem  ^^«  "»d  Trioditis  {xgioÖlxi?). 
Theater  des  Pompejus,  jetzt  im  Vatikan,  sind  2)  Libera  =  Proserpina.     CIL  3,  1095 

sie  gewiß  richtig  ergänzt  (Heibig,  Sammlwigen  (Karlsburg  in  Siebenbürgen  =  Apulum  in  der 

Borns  l^  194  nr.  293);  freilich,  gerade  die  Bild-  danach  bwiannten  Dacia  Apulensis)  =  Dessau 

Säule  des  H.  Triesp.  im  Hippodrom  zu  Kon-  3268  b:    Trif(ormi)  Liberae  M.  Aurfelius)  Co- 


1 1 09                     Trigaranus  Trikareuos                     1110 

inaKu.v  Super  antistes;   s.  o.  Bd.  2,2,   8p.  2030  nauum   Hekiites   {Athen.  7,  ;^25a).    Nach'  der 

es   ist  die   in  spaterer  Zeit   mit   JAber  häufig  Ansicht  einiger  antiker  Gelehrter,  die  am  mei- 

/usammen  verehrte  Hekate  gemeint',  vgl.  ebd.  fiten   tiir  sich  hat,  wenn  sie  auch  nicht  unhe- 

>p.  202H:    6VL  G,  60U,  504.  507.  510.   11,671).  stritten   blieb,   bedeutete  TglyXrivog  soviel  wie 

Apul.  mef.  11,2:    ...  l'rosei'pina    tri  formt   facie  Tix'xopoi.-,  'mit  drei  Aiigen  ( Photion  Lex.  s.  v. 

hirvah's  hnpetus  comprimens  .  .  .  .  TQiyXiiva;    andere    Deutungen    bei   Kv^tath.  zu 

ft)  Der  dreiköpfige  Höllenhund  Kerberos,  Homer  a  184).    Antike  GelehrtenweiBheit,  die 

('erberus  (s.  o.  lid.  2,  ;L,  Sp.  11-J6).  Seiieca  (Vater)  sich  nicht  beweisen  läßt,  ist  die  Annahme,  daß 

Herr.  ()et.  1202:  non  me  triformis  sole  conspecto  die  Gleichheit  der  Namen  den  Anlaß  dazu  ge- 

ranis  ad  Styga  rerexit.    Stat.  Theb.  2,  5St'. :  iani-  lo  boten  habe,  der  Hekate  die  xQiyXa  beizugeben 

tor  triformi.s,  beidemal  ohne  Nennung  des  Na-  (darüber  Athen.  a.a.O.).  Vgl.  auch  don  Artik»«! 

tuens.    Vgl.   Tricep,s.  TriglmUhine.     (Orinsky.  | 

4)  Die   drei  gestaltige  Chimaira  (s.  o.  Bd.  Trigoueia  s.  TriUtgeneia. 

1,1,  Sp.  89:>f.    Hom.  Jl.  6,  181:    ngöod^s   Ucav,  TrljfonoH  (TQiyovog).  Heiname  des  Dionysos: 

iim^ev   dt  dgccHcav,    ptoat]   Sh  xi^iaiga).    Horat.  Orph.  Ift/nnf.  30,2.    T.  kann  auf  die  dreifache 

rrwi.  1,  27,  23 f.:    vix  illigatum  te  triformi  Pe-  Entstehung    des    Dionysos    gehen.      Über    den 

ii'isus  expediet  Chimaera.    Vgl.   Triphx.  dritten  Dionysos  sagt  JJiod.  04,  3  rgitov  di  yi- 

5"»  Der   dreileibige    Geryones,    Geryoneus  vbg^cci  zJiÖvvgöv   cpaoiv   iv  Orj^aig  rate   Botxa- 

s.  o.  ßd.  1,2,  Sp.  1030  ff.).    Seneca  (Vater)  Aga-  rlcxig  ^x  ^log  %al  2Ji:^^lr]g  rfjg  Kdfi^ov.     Orph. 

memn.  S41:    Geryonae  spoUum  triformis.     Vgl.  20  H.  bi^b  heißt  er  xQi(pv7]g.   Vgl.  oben  unter  Dio- 

Tricorpus,   Triplex,  auch  Triceps.  nysos  Sp.  1045,  59tf'.    TQiyovog  kann  auch  yrr/- 

6)  Die   dreigestaltige   Sphinx   (s.o.  Bd.  4,  (jio?,  echt  bedeuten  (i:res?/c/?  s.  v.;.   Darüber  und 

Sp.  1357  tf.),    Ausov.    [Idyll.]   20,  2,  401*.    ed.  über  xQLyovia  s.  unten  bei   Tritogeneia. 

SchenM    (Mon.   Germ.   hist.   Auct.   antiq.    5,  2  [Eugen  Fchrle.] 

p.  13u):  terruit  Aoniam  1^^  Boeotiam),  volucris,  Trikarenos  {TQiv.(xQ7ivog) ^  dreiköpfig,   heißt 

leo,    virgo,    triformis   Sphinx,   volucris  pinnis,  bei  Hedod.  Th.  287  Geryoneus  (s.  d.);    doch 

pedihus  fera,  fronte  piiella.  ist  tQLTidQr,vov  erst  eingesetzt  für  das  metrisch 

7  i  Außerdem  heißt  es  bei  Ovid.  met.  In,  unmögliche  xQiv.icpaXqv  der  Handschriften,  das 
söU:  mundi  regna  triformis,  denn  das  Weltall  freilich  für  diese  Stelle  auch  im  Schol.  Ar.  Eq. 
ist  dreigestaltig,  weil  es  sich  zusammensetzt  30  414  und  bei  Suid.  s.  KvvoyiscpaXog  bezeugt  wird. 
uis  Himmel,  Erde  und  Hölle  (Unterwelt).  Vgl.  Die  dreiköpfige  Gestalt  des  Riesen  ist  noch 
friplex.  [Kenne.]  durch  andere  Epitheta,  sonstige  Beschreibungen 
Trig:araiiiis  s.  d.  Art.  Tarvos  Trigaranus  von  und  bildliche  Darstellungen  iDewiesen  (s.  auch 
Höfer  o.  Bd.  5,  Sp.  128 — 132  (Lief.  71,  1916).  d.  Art.  Trikephalos),  womit  die  rationalistische 
r/L  1;^,  3026  mit  Add.  4  p.  36.  Esperandieu,  Erklärung,  er  sei  nach  einer  Stadt  Tgi-uccgr^via 
Jiecueil  des  bas-reliefs  de  la  Gaule  rom.  (Tome  4)  am  Pontos  Euxeinos  benannt,  bei  der  er  seine 
nr.  3134.  [Kenne.]  berühmte  Herde  geweidet  habe  {Palaephat.  In- 
Tri^lauthiue  (TQLyXavd-lvri,  nicht  TgiyXav-  cred.  25),  hinfällig  wird.  Diese  Deutung  wird 
ö'ivri,  wie  o,  Bd.  1,2,  Sp.  189U)  war  einer  der  ebenda  c.  40  auf  den  Kerberos  ausgedehnt, 
Beinamen  Hekates.  Er  geht  offenbar  auf  ihre  40  dessen  Dreiköptigkeit  erst  recht  fest>teht,  so  daß 
Dreigestaltigkeit.  In  Athen  stand  auf  einem  es  auch  bei  ihm  der  Beziehung  auf  jene  wohl 
Platze,  der  selbst  TglyXcx.  hieß,  ein  Weihgeschenk  erst  erfundene  Stadt  nicht  bedarf.  Mit  Tgt-^ä- 
an  Hekate  Triglanthine  {Athen.  7,  325  d  und  grivog  wird  manchmal  geradezu  der  Kerberos 
Eustath.  zu  Homer  5,  73,  wo  die  Form  des  Bei-  bezeichnet:  Luktan.  Philopatr.l;  Pseudolog.2d; 
namens  allerdings  verderbt  ist).  Mit  diesem  Fugit.ii2;  vgl.  auch  ^eZ.  .4 m^.  or.  14,  211,  AI- 
Beinamen  hängt,  wenn  auch  für  uns  nicht  mehr  ciphr.  3,  72,  3;  Apostol.  17,  34  (Paroem.  2,  695); 
durchsichtig,  die  Anrufung  Hekates  als  xqIb  stammverwandt  und  gleichbedeutend  ist  sein 
yXat-g- ■KsXsvonevr]  zusammen  (Athen,  und  Beiwort  xQiy.gccvog:  Soph.  Trach.  1098;  Eur. 
Eustath.  a.  a.  ().).  Die  xgtyXac  (die  Scholle  H.  F.  611.  1277;  so  heißt  aber  auf  einer  (aller- 
oder  ein  ihr  verwandter  Fisch)  war  der  Arte-  50  dings  ergänzten)  Inschrift  aus  Galatien  (C.  /. 
mis-Hekate  (über  das  Verhältnis  beider  zuein-  (rr.  3  nr.  4121,  5)  auch  die  Megale  Meter(?). — 
ander  s.  o.  iid.  1,  Sp.  571  f.)  heilig.  Ein  Epi-  Das  Ptoongebirge  mit  seiner  alten  Orakelstätte 
gramm  des  Apollonides  auf  Artemis  für  gu-  nennt  P/>?rfar  bei  ^S^raö.  9,  414  rpr/apf/i^oj;,  was 
ten  Fang  (A.  P.  7,  105)  beginnt  mit  dem  Disti-  hier  mit  xgiv.ogvcpov  erklärt  wird;  vgl.  auch  den 
chon:  TgtyXav  an'  dvd-gtxicLfig  xcci  (pvxidcc  6oi,  Orakelspruch  mit  der  Ewähnung  des  Xid^og 
XifisvlxL  I  "Agxs^L,  öcogsvticcL  Mfjvig  6  dfnxoßoXog.  xgi-n.  im  Schol.  Soph.  O.  C.  57.  —  Die  bekannte 
Über  den  Grund  der  Beziehung  der  Scholle  Schlangensäule  unter  dem  delphischen  Dreifuß 
auf  die  Artemis  herrschte  im  Altertum  Unklar-  (Thuk.  1,  132;  Paus.  10,  13,  9)  erscheint  hei  He- 
heit.  Daher  verfiel  man  auf  wertlose  etymolo-  rodot  9,  81  als  eine  Schlange  mit  drei  Köpfen 
•  gische  Spielereien  (Athen.  7,  325a).  Die  xgtyXcc  60  (öqp^e  xgLyidcgrjvog),  während  sie  in  Wahrheit  aus 
besaß  große  kultische  Bedeutung  (Athen.  7,  drei  ineinandergeschlungenen  Schlangenleibern 
324  c  ff.)  und  spielte  in  den  eleusinischen  My-  besteht.  An  dem  Denkmal  auf  dem  Atmeidan 
sterien  (Aelian  H.  A.  9,  51)  wie  im  Herakult  in  in  Konstantinopel  fehlen  jetzt  gerade  die  Schlan- 
Argos  (ehd.  9,  65)  eine  Rolle.  Auch  medizinisch  genköpfe.  —  Einen  spöttischen  Vergleich  mit 
wurde  sie  mannigfach  verwendet  (Plin.  N.  H.  dem  dreiköpfigen  Hadeshund  enthält  endlich 
28,  82.  32,  44).  V^l.  auch  den  Artikel  Triglenos.       der  Titel  TgL-aägavog  einer  Schmähschrift  des 

[Orinsky.]  Historikers     Theopompos    über    Griechenlands 

Trigleuos    (TgiyXrivog)    war    einer    der    Bei-       drei  Hauptstädte  Athen,  Sparta  und  Theben 


Uli  Trikephalos  Trikephalos  1112 

(Euseb.  Praep.  evang.  10,491;  Müller,  fr.  h.  Gr.  (or.  26,  SS8;  Bind.  1,  517)   im  Traum   als   ein 

1  p.  LXXIV),  sowie  einer  MeDippeischen  Satire  Wesen  mit  drei  Köpfen;  vpl.  Artemidar  1,  35. 
des  M.  Terentins  Varro  auf  die   drei   Macht-  6)  Geryoneus;  s.  d.,  Bd.  1,  Sp.  iG80f.  u. 

haber  des  ersten  Triumvirats  {Appian.b.c  2,9;  bei  Pauly^-Wissowa  7,  1286 f.;  s.  auch  d.  Art. 

Bücheier,  Ausg.  d.  Petron.  S.  222*).  Triharenoa^   denn   rpixc^prjvov   ist   bei    Hesiod. 

[Jobannes  Schmidt]  Th.  287  wohl  zu  lesen   statt  des  metrisch  un- 

Trikephaloft   (tpixiqpaioff) ,   dreiköpfig;   Pei-  möglichen,  aber  gleichbedeutenden  xQtxi^aXov. 

wort  mehrerer  Gottheiten  und  sonstiger  Wesen  Dieses  Epitheton   findet  sich  auch  sonst:   Lu- 

der  griechischen  Mythologie.  kian.  Toxar.  62,  Pedianim.  25  u.  Schol.  Ar.  Ach. 

1)  llekate:  Schol.  Ly kophr.  IISO;  dement-  lo  1082.  Daher  heißt  G.  bei  Frow/o  (arf  ilf.ra^s. 4, 3^ 
sprechend  tri cops:  (Serr.  ^cn.  4,  611;  Ov.  Met.  triceps.  Andere  Belegstellen  kennzeichnen 
7, 194;  im  übrigen  s.  d.  Art.  Triauchen,  sowie  mehr  die  Dreileibigkeit:  Stesich.  fr.  6  {Bergl, 
Ustner,  liheiii.  Mus.  1903,^68,  168  f.  3*.  208)  schildert  ihn  geflügelt,  mit  sechs  Hän- 

2)  Hermes  ist  bisweilen  auf  Gemmen  zwei-  den  und  zehn  Füßen,  was  aber  auch  auf  drei 
köpf  ig,  also  janusartig  dargestellt  (s.  d  Art.,  Köpfe  schließen  läßt.  Bei  Aisch.  Ag.  i^Si  Kinhh., 
Bd.  1,  Sp.  2415 f.);  auch  der  vermeintliche  la-  Eur.  H.  F.  432,  Diodor.  4,8,4,  Lijd.  de  mens. 
nu8  pater,  den  Kaiser  Augustus  aus  Ägypten  1,10,  Schol.  Ar.  Ach.  1082  heißt  er  rgiGcoiia- 
mitbrachte,  angeblich  ein  Werk  des  Skopas  rog;  Tzetz  Lyk.  662:  rpix^qra/lo?  v.al  rgiao)- 
oder  des  Praxiteles  {Plin.  36,28),  wird  so  auf-  fiog.  Vgl.  ferner  Lucret.  5,28:  tripectora  terge- 
gefaßt  {Urlichs,  Skopas  S.  57  f.;  Overbeck,  Pia-  20  mini  vis  Geryonai;  Verg.  A.  8,  202:  ter  gemini 
stik  2* y  22  \i.  Schriftquellen  S.i2S).  Femer  stand  nece  Geryonae;  Ov.  Trist.  ^,1,  IG:  tergeminum 
ein  vierköpfiger  H.  (Eqil.  xBTQcxxiq}aXog)  auf  virum ;  Verg.  A.  6,289:  forma  tricorporis  um- 
dem  Kerameikos  in  Athen,  ein  Bildwerk  von  hrae;  Sil  It.  3,  422:  tricorporis  G.,  vgl.  13, 
Aristophanes'  Zeitgenossen  Telesarchides  {Phot  201;  Hör.  C.  2, 14,7:  ter  amplum  G.;  Ov.  Her. 
8.  *£pti.  «Tpax.;  Eustath.  II.  p.  ISbSyS).  öfter  9,  91  und  Auson.  griph.  82:  triplex;  Senec. 
jedoch  wird  der  dreiköpfige  (Tp/x^qpaiog)  H.  Ag.  835  u.  H.  F.  231:  triformis,  vgl.  487; 
erwähnt:  Aristoph.  Triphai.  fr.  bbS^  Kock  1,532,  Hygin.  fdb.  30.  151  u.  Serv.  A.  7,662:  trimem- 
bei  Hesych.  s.  v.;  Philochor.  fr.  69,  Müller  1,  6m.  Nach  ApoUod.bibl.  2,  106  hat  er  den  zu- 
395,  bei  Harpokr.  s.  rpix.  'Epft.  Ein  solcher  sammengewachsenen  Leib  dreier  Männer,  der 
war  nach  Isaios  bei  Harpokr.  a.  a.  0.  unter  so  sich  von  den  Weichen  an  in  drei  Oberkörper 
den  Peisistratiden  an  einem  Wege  aufgestellt;  zerteilt,  nach  Plut.  praec.  reip.  ger.  26  viele 
vgl.  auch  Etym.  Magn.  776,24  u.  Suid.  s  tqi%^-  Schenkel,  Hände  und  Augen.  —  G.  wird  nicht 
q>aXos.  Dahin  gehören  vielleicht  auch  die  zahl-  bei  jeder  literarischen  Erwähnung  auch  ge- 
reichen Hermen,  die  auf  den  Straßenkreuzungen  schildert;  die  Bildwerke  aber  stellen  ihn 
Athens  standen  (Thuk.  6,27);  freilich  ist  für  sämtlich  mehrköpfig  dar,  was  also  gleichsam 
die  durch  den  Hermokopidenfrevel  verstüm-  zu  seinem  Wesen  gehört.  Der  Typus  mit  zwei 
melten  Bildsäulen  zwar  ein  vierkantiger  pfeiler-  Leibern  ist  ganz  vereinzelt  (Vase  in  Berlin 
artiger  Sockel  {xstgäycovos  iQyccoia:  Thuk.  a.  nr.  3258,  Gerhard,  ApuJ.  Vus.  8/10);  ein  vier- 
a.  0.;  vgl.  tsTQayoivov  Gx^tici:  Paus.  4,  33,  4;  köpfiger  darf  nicht  erschlossen  werden  aus  Ar. 
8,39,6),  aber  nicht  eine  drei-  oder  viergestal-  40  Ach.  1081  f.:  Dikaiopolis  schmückt  sich  hier,  um 
tige  Kopfbildung  bezeugt.  —  Sodann  wurde  den  Lamachos  zu  schrecken,  mit  vier  Feder- 
ein dreiköpfiger  H.  an  der  Ruinenstätte  von  huschen  und  fühlt  sich  nun,  selbst  gleichsam 
Nonakri 8  in  Arkadien  verehrt,  in  dessen  Nähe  ein  xeTQOcTixdog  oder  xsxgayiicpaXog  Frigvorr}?, 
Megalopolis  erbaut  war:  X2/^•0Jp/Jr.  680  mit  Ti^e^^;.;  jenem  Gegner  überlegen,  der  mit  seinen  drei 
vgl.  Paus.  8,  17,  6;  27,4.  Zweifelhaft  ist,  ob  Federbüschen  (Schal.)  doch  nur  ein  xQi'/.tcpaXos 
man  das  Epitheton  sroilvyios,  dasH.  in  Troizen  F.  ist.  Aus  dieser  scherzhaften  poetischen  Fik- 
führt  {Paus.  2, 31, 10),  mit  Usener  a.  a.  0.  S.  167  f.  tion  ist  aber  keineswegs  auf  einen  vierköpfigen 
als  nolvyviog  deuten  und  auf  ein  sechsarmiges  G.  zu  schließen,  zumal  sich  ein  solcher  sonst 
und  dreiköpfiges  Kultbild  beziehen  darf;  vgl.  nicht  nachweisen  läßt.  Seine  bildlichen  Dar- 
Preller- Robert,  Gr.  Myth  1*,  415  A.  2,  und  d.  50  Stellungen,  die  bereits  mit  den  Keliets  der 
Art.  Bd.  1,  Sp.  2346.  Doch  hat  Usener  a.  a.  0.  Kypseloslade  (Pans.  6,19,1:  xQsig  avägsg  Fr^ 
gewiß  recht  mit  der  Behauptung,  daß  nicht  gvovrig  sfalv  &XXriXoig  TtQOGtx^^ifvoi)  und  des 
erst  durch  die  Auf^tellung  der  Bilder  des  Her-  Amyklaiischen  Thrones  ^3, 18,  13)  beginnen  und 
mes  (und  der  Hekate)  an  Eingängen  und  sich  in  vielen  erhaltenen  fortsetzen,  sind  auf- 
Wegen, besonders  Kreuzwegen  (rp/o^oi),  und  gezählt  Bd.  1,  Sp.  1632  f.  u.  bei  PaMZy'-TTVssow;« 
durch  das  beiden  Gottheiten  zustehende  Wach-  7, 1290  f.,  wo  auch  die  antiken  (meist  allegori- 
teramt,  das  ja  einen  Blick  nach  verschiede-  sehen  oder  philosophischen)  und  modernen  (über- 
nen  Seiten  erheischt,  ihre  Vielköpfigkeit  be-  wieorend  meteorologischen  oder  astronomisch- 
dingt sei  {Preller  -  Robert  S.  324  f.;  Gruppe,  physikalischen)  Deutungen  verzeichnet  sind;  sie 
Myth.  1322,  6;  1334,  8),  sondern  vermutlich  co  alle  gehen  aus  von  der  Dreiheit  seiner  Leiber 
schon    in    älteren   Vorstellungen    des    Kultus  oder  seiner  Köpfe. 

ihren  Grund  habe.  6)  Orth(r)os,   Geryoneus'  Hund,   ist  drei- 

3)  Chronos  ist  in  der  Orphischen  Theo-  köpfig  nur  auf  einem  archaischen  Flachrelief 
gonie  {fr.  36  Abel)  als  dreiköpfiger  Drache  be-  von  Kypros  dargestellt  {Cesnola- Stern,  Oypr., 
schrieben,  der  zwischen  den  Köpfen  eines  Stie-  Tafel  24;  abgebildet  in  diesem  Lexikon  Bd.  1, 
res  und  eines  Löwen  das  Haupt  eines  Gottes  Sp.  1635);  ihn  erlegt  hier,  während  er  die  Herde 
habe;  vgl.  Usener  S.  168;  Gruppe  1697.  seines  Herrn  bewacht,  Herakles  mit  einem  Pfeile. 

4)  Asklepios  erscheint  dem^t7.  Aristeides  Sonst  erscheint  er  in  Literatur  und  Kunst  ein- 


1113  Trikephalos  Trikephalos  1114 

und  zweiköplig  (s.  d.  Art.,  Hd.  3,  Sp.  1217  f.).  Für  (pvxvtaL   löica^   ein   &T]Qiov   Ttoiv-ilov   y.ul  noXv- 

seincn    Bruder   gilt  der   Hadeshund    {Hes.  Th.  xBcpcxXov  auch 

309 f.;  Schol.  Apoll.  Iih()d.i,i:vJ9\  Pollux  5,46):  \))  Skylla   (s.  d.  nr.  1).    AnaxUafi  {fr.  22,  4, 

7)  Kerberos  Bei  Heu.  Th.  311  ist  ar  nevTT]-  Kock  2,270)  nennt  sie  rp/'/pavo?  ttovxiu  xrmr. 
xoi'Taxa()r]»'Oi,'(v. 771  hat  er  freilich  nur  zweiOhren,  während  Mün/.en,  besonders  von  Kyme.  sie  als 
also  einen  Kopf),  bei  Pindar.  fr.  249  ßfjJc*  sogar  Weib  darstellen,  dessen  Haupt  von  zwei  Hunds- 
Ixarorraxf'qpaAos  (Schol.  II.  0  308;  Schol.  Soph.  köpfen  flankiert  wird.  Ist  hier  die  Dreizahl  der 
Trach.  10\)S ;  \ g\.  J'zeiz.  Lyk  (ji)8),  womit  überein-  Köpfe  gewahrt,  so  wird  diese  durch  llin/ufü- 
stimmt /Tor.  C.  2,13,14:  bclua  centiceps;  an  einer  J?ung  verschiedener  'J'ierhilupter  (Hund,  Löwe, 
unechten  Stelle  3,  11,  IC  f.  hat  er  jedoch  nnr  lo  Bär.  Wolf)  Howie  von  Schlangenleibern  oder 
ein  Haupt  mit  einem  OS  ^r///><^Me,  das  allerdings  Fischschwänzen  phantastisch  überboten.  Bei 
hundert  Schlangen  mähnenartig  umgeben;  vgl.  Ausonius  igriuh  83)  setzt  sich  die  Scylla  tri- 
dazu  Ronclier,  Die  Zahl  50  in  Mythus,  Kultus,  plex  aus  Hund,  Jungfrau  und  Fisch  zusammen. 
J^J})üs  und  Taktik  (Leipzig  1816)  S.  72f.  Ein-  Vgl,  auch  Wa.sern  reichhaltigen  Art.  Skylla, 
köpf  ig  ist  er  auch  auf  einigen  Denkmälern,  so  Bd.  4,  Sp.  1035  f. 

auf  einem  altkorinth.  Napf  (Arch.  Zeltung  1859,  10)  Triton  (».  d.)  ist  mehrfach  im  Kampfe  mit 

Tf  125),  wo  allerdings  neben  dem  einen  Haupte  Herakles   veranschaulicht   (s.  d.   Art.  Herakles, 

noch   sechs  Schlangenleiber   sich  em])orranken  Bd.  1,  Sp  2192  f  2230).  Den  Seedämon  bezeichnet 

(s.  Furtaänglcr  in  dem  Art.  Herakles,  Bd.  1,  Sp.  der  Fischleib;  der  Oberkörper  ist  menschlich  ge- 

2205;  abgebildet  zum  Art  Kerberos  Sp.  1121  f.),  20  staltet  und  fast  immer  einköpfig  {Dreßler,  Tri- 

wohl  auch  auf  der  bekannten,  freilich  arg  be-  ton  u.  Tritonen,  Frogr.  v.  Würzen  1892,  S.  29  f.). 

schädigten  Metope  vom  Zeustempel  in  Olympia  Aber  eine  etru'sk.  Bronze  in  Paris  {Bahelon  et 

{A.  Bötticher,  Olympia  S.295f.);  zweiköpfig  Blanchet,   Bronzes  ant.  de  Ja  Bihl.  nat.  nr.  65 

auf  einigen  schwarzfig.  att.  Vasen  (Art  Herakles  p   31)  zeigt  ihn  mit  drei  Köpfen  bärtiger  und 

a.  a.  0   und  Kerheros  Sp.  1126).    Erst  der  ioni-  kahlköpfiger   Meergreise;    über    eine    ähnliche' 

sehen  Kunst  verdankt  er  seinen  dreiköpfigen  Gruppe  s.  A.  de  Longperier,  Bronzes  ant.  du 

Typus  (Furtivängler,  Man.  d.  I.  6,36),  der  seit  Louvre  p.  91,  nr.  437. 

der  attischen  Tragödie  stehend  ist.  Daher  heißt  11)  Ein  Drache,  dessen  drei  Köpfe  sich 

er  TQL-üQccvog:  Soph.  Trach.  1098  u.  Kur.  H.  F.  aus  einem  Halse  emporwinden,  schmückt  Aga- 

611.  1277  {ebenda  v.  24:  tgiGmiLarog)',  rQi-uccQrj-  30  memuons  silbernen  Scbildhalter:  11.  A  38 f. 
vog:  Ltikian.  Philopatr.  1]  Pseudolog.2d;  Fugit.  12)  Typhon  (s.  d)  wird  bei  Hesiod,  Pin- 

32;    Palaephat.  Incred.  40;   tQiy.i(p(xXo<s:  Euseb.  dar,  Aischylos  und  Aristophanes  durchgängig 

Praep.  evang.  3,  11;   Heraclit.  Incred.  33;    Ap-  als  7ioXvv.Eq)aXog  geschildert,  vgl.  auch  Philostr. 

pend.  narrat.  38  in  Wcsterm.  Mythogr.   S.  375  vit.  Apoll.  5,  13  u.  Boscher  a.  a.  0.  S.  771'.,   der 

(nach  Nonnos).    Auch   bei  ApoHod.  hibl.  2,122  die  50  Köpfe  des  Typhon  bei  Pindar  mit  ver- 

u.  Pedias.  30  hat  er  drei  Hundsköpfe,   endigt  schiedenen    Analogien    zu    erklären   sucht.    In 

aber  in  einen  Drachen,  und  von  seinem  Rücken  Eur.  H.  F.V271    nennt   aber   Herakles   unter 

gehen  allerlei  Schlangenhäupter  aus.  Nach  Hei'-  den  Wesen,  die  er  bekämpft  habe,  rQiacouätovg 

mesianax  fr.  2,11  Bach  ist  K.  rQi6xoi%oig  xfqpa-  Tvcpmvag,  dreileibige  Ungetüme  wie  T.    Durch 

Zafg  ausgestattet.  Weitere  Zeugnisse:  Cic.  Tusc.  40  das  Zitat  dieser  Stelle  bei  Plutarch.  fort.  Alex. 

1,5,10:  C.triceps;  Proprf.  4, 4,44:  tribus  faiici-  2,10  wird  die  Lesart  TücpCovag  gegenüber  i/Vms- 

bus;  Verg.  Georg.  ^^4:SS:  tria  ora;  Aen.  %,ill:  ley,    der   FiqQvovag   vorschlug,    gesichert;    vgl. 

latratu   trifauci;    Ov.  Her.  9,  93 f.    Met.  4,414:  v.  Wilamoivitz,  Eur.  Herald.  S   467-.     Von  der 

ternis  latratibus ;  Trist.  4,7,16:  tergeminum  ca-  Annahme  freilich,   eine  aus  dem  Perserschutt 

neni;  Sil.  It.  2,552:  ore  trifauci;  Stat.  Silv.  2,  der  athen.  Akropolis  wieder  emporgestiegene 

1,184:    terno  ore;    3,3,27:   tergeminus  ciistos;  archaische  Gruppe  grellbemalter  Porosskulptu- 

Theb.  2 .,b^:  tri formisianitor '.,  T,  783:  tergeminos  ren   stelle   den   Herakles   im   Kampf  mit   dem 

custodis  hiatus;  Avien.  Arat.  3,960:   canis  tri-  dreileibigen  T.  dar,  ist  man  zurückgekommen, 

formis;   Auson.  griph.  9:    triplex.    Vgl    außer-  seitdem  Furtivängler  mit  Recht  bestritten  hat, 

dem    Sen.  H.  1^.'803;    Stat.  Stlv.  5,  3,  59.  279;  50  daß    die    drei   gutmütigen   Gesichter   mit    den 

Theh.  2,27;  4.487.  —  Zur  Kennzeichnung  des  vollen  Backen  und  schmatzenden  Lippen  einem 

dreiköpfigen  Hadeshundes  ist  überdies  der  Aus-  kämpfenden  Scheusal  angehören  können  {Ber. 

druck    Tricerberus    geprägt:    Serr.  A.  1,133;  d.  Bayr.  Akad.  d.  Wiss.  1905,   phil.-hist.  Kl. 

Mythogr.Vat.  1,92.  lOS;  2,11.  164:  {Bode,  Script.  S.  433"f.).    Er    erkennt   in  ihnen   vielmehr   die 

rer.  myfh.  1,  31.  34.  35.  77.  128);  Fulgent.myth.  Bilder  wohltätiger  attischer  Wind-  und  Ahnen- 

1,5;    Fulgent.   contin.    Virg.  p.  156  Muncker.  geister,  der  Tritopatores  oder  Tritopatreis  (s.  d.), 

Vgl.  auch  d.  Art.  Trikerberos.  die  mit  Behagen  dem  (wesentlich  anders  auf- 

8)  Chimaira.  Nach  J^es.  T/i.  321  f  hat  sie  gefaßten)  Kampfe  des  Herakles  zusehen.  Sobald 
drei  Köpfe,  nämlich  eines  Löwen,  einerZiege  und  sich  nun  erweisen  läßt,  daß  sich  hier  die  Kör- 
emes  Drachen,  nach  II.  Z  181  sogar  drei  Leiber  60  per  jener  drei,  übrigens  sonst  wenig  bekannten, 
dieser  Tiere;  auch  nach  £'i«r.  low.  204  ist  sie  Tpt-  einzelnen  Gottheiten  darstellen,  ist  zugleich 
GmiLaxog;  nach  Hör.  C.  1,27,23  triformis;  nach  die  Frage  nach  einem  dreiköpfigen  Einzelwesen 
Theodor.  Hyrtac.Ep  2  ein  &riQiov  tgicpveg  ra  xccl  für  die  bedeutsame  Porosgruppe  erledigt. 
TQL^OQcpov.  Das  Erzbild  von  Arezzo  in  Florenz  Auf  italischem  Boden  sind,  natürlich  von 
und  andere  Darstellungen  (s.  die  Art.  Chimaira  der  Chimaira  abgesehen,  die  doch  dem  grie- 
u.  Bellerophontes)  stimmen  damit  überein.  chischen    Mythos    angehört,    die    Spuren    von 

Nach    Plat.  Republ.  9,  588c    ist,    ganz    wie  Vorstellungen  dreiköpfiger  Wesen  gering  oder 

Kerberos,  Chimaira  und  zahlreiche  andere  övurre-  sogar    zweifelhaft;    immerhin   verdient   Beach- 


1115                    Trikerberos  Trinx                        1116 

tang  die  Annahme  Useners  a.  a.  O.  S.  176,  der  wogegen  Kalkmanu,  Pausanias  S.  133;  e.  auch 

Beiname  Tricipitinus,  der  bis   388  v.  Chr.  den  Art.  Aisifmnetes,  Bd.  1,  Sp.  197 f. 

in   der   römischen  gens   Lucretia   nachweisbar  (Johannes  Schmidt.] 

ist,  schreibe  sich  her  von  dem  einer  dreiköpfigen  Trlkoloiios  (Tp^xö/Lcovoc),  1)  Sohn  des  Königs 

Schntzgottheit  gewidmeten  Familienkiiltus.  Lykaon  von  Arkadien,   (.iründer  der  dortif^en 

Die  Vorstellungen  von  dreiköpfigen  Wesen  Stadt  TQtxöXavoi  (7*aMS.  C,  21, 10;  8,3,4;  Ste]>h. 

in  der  Göttorlehre  und  Sagenwelt  anderer  als  Byz.  s.  v.),   Vater  von   Zoiteua   und  Paroreus, 

der  beiden  klassischen  Völker  zu  erörtern,  liegt  welche  die  arkadischen  Städte  Zoitia  und  Par- 

anßcrhalb  der  hier  gestellten  Aufgabe.  Vgl.  oria  erbauen  {Paus.  H,  35,  6).  —  2)  (Tloichnami- 
aber   l'sener   S.  177 f.,   sowie    G.  Wilke,    über  lo  fs^er  Abkömmling  von  1,    einer   der  Freier  der 

Di-  u    Trikephalie  in  d.  Mythologie  u.  Kunst  Hippodameia,  den  deren  Vater  Öinomaos  im 

(l.   indoeurop.    Völker,    Mitteilungen   d.  Wiener  Wettlauf  besiegt  und  wie  die  übrigen  Werber 

Anthropol  Gesellsch.  1912,  Bd.  42,  S.  28— 41.  (bis  auf  Pelops)  umbringt  {Paus.  6.21,10);   er 

[Johannes  Schmidt]  heißt  im  Schol.  Pind.  Ol.  l,  114:    Tginogavog. 

Trikerberos  {TgixigßsQos)  hieß  der  Hund  des  [Johannes  Schmidt.] 

Molosserkönigs    Hades   'wegen   seiner   Größe',  Trikorythos  {Tqixoqvü'os),  nach  Hesych  6e- 

Suid.  u.  KoQTi.     Er  zerfleischte  den  Peirithoos  Zeichnung  eines  ocrdg^o?  ijgcog,  nach  dem  „drei- 

und  seine  Geliebte,  die  Tochter  des  Hades,  als  fach  bebuschten  Helm'*.    J)ie  überli-iferte  Form 

sie  miteinander  zu  fliehen  versuchten:  Jos.  Ma-  bei  Hes.  * Tgi-nögLvd-og*  ist  in  Tgiy.ögvd'og  oder 
lalas,  Chron.  ed.  Dind.  62, 16  ff.,  vgl.  L  Dindorf  20  Tgi-nogvvd-og  zu  ändern:  s.  die  Erklärer  zur  Stelle 

im  Thes.  gr.  l.  7,  24H6  A.     [Preisendanz.]  in  Albertis  Ausg.  2,  1416,  20.     Titi-KÖgvd-ig  sind 

Trikka  (Tetxxa),  Tochter  des  Flußgottes  Pe-  die  Korybanten   bei  Eur.  Bacch.  123;    vgl.  ob. 

neios  (s.d.),  Eponyme  der  gleichnamigen  Stadt  Bd.  2,  1,  1608,  32;    1612,  .08;    Aias   ist  xgi%o- 

in  Thessalien,  Steph.  Byz.  s.  v.  Tpixxrj.    Nach  gvg,  Eur.  Or.  14:S0.    Wenn   oben  Bd.  4,  691,35 

East.  ad  Hom.  11.  3.S0, 26,  der  sie  gleichfalls  Tricorythus  als  Vater  eines  der  mit  Tbeseus 

eine  Tochter  des  Peoeios  nennt,  war  sie  Ge-  nach   Kreta  ziehenden  Opfer,   Melite  (die  ob. 

raahlin  des  Hypseu.*?  (s.  d),  der  nach  der  Über-  Bd.  2,  2643  f.  fehlt),  genannt  wird,    so  ist  die- 

lieferung  gleichfalls  ein  Peneiossproß,  also  ihr  ser  Name  nicht  überliefert  bei  Serv.  zu  Äert. 

Bmder  ist;  \f^\.  Lud.  Malten,  Kyrene{=  Philol.  6,21,  sondern  nur  durclf  Vermutung  rekon- 
Untersuch.  20)  S.  74  Anm.  1.    Auf  Münzen  ist  so  struiert;    vgl.  Seraii  commcntarii  ed.  Thilo  2,9 

eine  durch   Beischrift  als  TgUxcc  bezeichnete  adn.     [Preisendanz.] 

weibliche  Gestalt  im  Chiton  und  Himation  dar-  Trimoridios  (TpfinoßtJioj),  Beiname  des  Apol- 

gestellt,  r.  schreitend,  mit  dei*  R.  ein  Kästchen,  Ion  auf  einer  Inschrift  aus  Eretria:  knol-lcovog 

das  sie  in  der  L.  hält.  Öffnend,  Head,  Hist.num.  Tgi^og[i.di]ov,  Arirovg,  'Agv^uidog.,  Stauropulos, 

310».  K.  Regltng,  Die  griech.  Münzen  d.  Samm-  *E(fri^.  Siqx.  1895,  166  nr.  6.  7.  G.  12,  9  nr.  267. 

luna  Warren  118  nr.  729,  Taf.  17.     [Höfer.J  W/de    bei  Stauropulos  a.  a.  0.  vergleicht  die 

Tr.  erscheint  auf  schönen  alten  Münzen  von  Artemis  Tgi^Xagia,  deren  Heiligtum  drei  Städten 

Trikka  (abgebildet  bei  Iinhoof- Blumer,  Nym-  gemeinsam  gehörte;  in  betreff  der  Endung  des 

phen  u  Chariten  auf  griech.  Münzen.  Athen  Beinamen  verweist  Stauropulos  auf  den  eretri- 
1908,  S.  76.  Taf.  V  nr.  39—41)  bald  auf  einem  40  sehen   Namen  'AXiStog  {I.  G.  a.  a.  0.  245  B,  10 

Stuhl  mit  Rücklehne  sitzend,  in  der  R.  eine  p.  57.  249  B,  85  p.  65).     [Höfer] 

Schale,  in  der  L,  einen  Spiegel  vor  das  Gesicht  TQifiOQtfoq  s.  Triformis 

haltend,  bald  stehend,  entweder  mit  der  R.  Trinakros  (T^iWxpo?),  Eponymer  Heros  und 

auf  einen  Ball  schlagend,  oder  die  R.  auf  eine  Ktistes  von  Trinakria  (vgl.  Thrinakie  und  Tliri- 

Säule  lehnend,  die  L.  über  einen  vor  ihr  stehen-  nakos),  Sohn  des  Poseidon  (Steph.  Byz.  u.  Tgivcc- 

den  Storch   oder  Reiher  erhoben,  oder  in  der  xp/a,  Sibyllenorakel).  Nach  Babelon,  Descr.  des 

L.  ein  Kästchen  haltend,  dessen  Üeckel  sie  mit  monn.  de  la  rep.  vom.  1  il885),  137  f.  ist  er  auf 

der  R.  lüftet.     [Röscher.]  einer  Münze  der  gens  Alliena  v.  J.  47  v.  Chr.  ab- 

Trikkaios  (Tptxxatop),    Beiname  des  Askle-  gebildet:  'nu,  debout,  inclinö  ä  gauche,  posant 
pios  von  seiner  Kultstätte  in  Thessalien,  unter  50  le  pied  droit   sur  une  proue   de  vaisseau,    le 

welchem  er  einen  Filialkultus  in  Gerenia  hatte:  bras  ^rauche  envelopp^  d'un  raanteau,  et  tenant 

ftsixvvTUL   S'  iv   x]i    Fagrivia    Tgi%xcciov    isgov  la   triquetra   de   la  main   droite'.     A.  Allienus 

'AoxXri^tLov,  öc(pidgvua  Tov  iv  vtj  GsTTaXiy.f)  TgU-  war    Prokonsul    von    Sizilien;    \ gl.  Babelon  2 

xiy,  Strabo  S,ZBO.   Ziehen,  Leg  es  Graecoru  in  sa-  (1886),  13   zu  nr.  14;    nähere   Gründe,   die   zur 

crae  2,  1  p.  116  zu  nr.  40.     (Höfer.]  Gleichsetzung  der  Figur  mit  Tr.  führen,  gibt 

TrikltLria  {TgixXagia),  Beiname  der  Arte-  Babelon  nicht,   doch   liegen  sie  nahe.     Cohen, 

mis:   Paus.  7,19,1.  4.  6.  8;  22,11.    In  ihrem  Da^cr.  gen  des  monn.  de  la  rep.  ro7n.  1S!j1  redet 

Heiligtum  zu  Patrai  in  Achaia  diejit  als  Prie-  S.  15  mit  Eckhel,  nur  von  einem  'homme  nu'. 

Sterin  die  schöne,  jugendliche  Komaitho  (s  d.  stellt  aber  S.  16  fest,  daß  die  Haltung  der  Figur 
nr  2),  die  wegen  ihrer  Liebe  zu  dem  Jüngling  60  'exactement  celle  de  Neptune'  auf  einer  Pom- 

Melanippos  (s.  d.  nr.  5)  mit  diesem  auf  Geheiß  peiusmünze  sei,  denkt  dann  aber  wegen  ihrer 

des  delphischen  Orakels  der  Artemis  geopfert  Bartlosigkeit  eher  an  'Siculus,  fils  de  Neptune', 
wird;  das  seitdem  dort  ständig  gewordene  und       als  an  Neptun  selbst.     [Preisendanz.] 

alljährlich  vollzogene  Menschenopfer  findet  erst  Triux  {Tgiy^),  Geliebter  des  Herakles,  Schol. 
ein  Ende,  nachdem  von  Eurypylos  (s.  d.  nr.  3)  Apoll.  Bhod.  1,  1207,  wo  mit  Merkel,  (Apoll. 
der  Kult  des  Dionysos  Aisymnetes  in  Patrai  Bhod.  p.  530)  für  das  überlieferte  ^gi^  mit 
eingeführt  worden  ist.   Zur  Deutung  der  Sage       Bezug  auf  Strabo  17,  825  Tgiy^  zu   lesen  ist. 

vgl.  A.  Schultz,  Fleckeis.  Jahrb.  1881,  S.  305  f..  [Höfer.J 


1117                       Trioditis  Triopas                       1118 

Trinychos  ('r()nn';fo?)  steht  absolut  für  Hera-  qcotcu  <)'   ö  xvxÄoj.    tvtsvd^fv  ijöii  xcct  TQiodhLg 

kies  {xal   NeuEci   TQivvxrn  NfusCtrca  fjöf  aiXivu.  ^TrcH^i/O-rj   'accI   xdiv   XQioficov    tJtonTrjf    tvofilod'ri 

[d'^To])  Annotat.  ad  Anth.  FaL  9  ed.  Duebner  Siä  t6   titi-^üig   (UtaßdlXsiv    oötvovcKx   diu  t&v 

vol.  2  p.  250.    Man  vgl.  den  Herakles  zQiianf-  ^focov.  Weitere  physikaliscln;  Krklärunj^'en  geben 

Qog  oder  rQi6iXi]vog.     |  Höfer.]  Flut,  de  facie  in  orh.  lun.  937  F:  (Selene)  xqiu- 

Trloditis,  Beiname  der  Hekate,  die  an  Drei-  Slrig  icnv,   a^ia  ^yy.og   inl    tov  fcodtaxfif»  xal 

wegen  haust  und  da  durch  Opfer  verehrt  wird  nXärog  hnicp£QO\iivri   xat   ßäOog,   Laur.  Jjydua, 

{Petersen,   Arcli.  F^pigr.  Mut.  6,  16  ff.    Gruppe,  de  mens.  3,10  p.  44  Wünsch:    rgiutv  yäg   tlvcci 

Gr.  Mi/thol.  l2Sd,  2.  12U1,1.    Ilecicenbach,  F.  W.  Xtyo(iivcov   tüjv  rfjs  aeXi'ivr]g  dgofioiv,   o^i(og  (it- 
7,2775.  Fnrncll,  Culfs  2^  i)dS.  601.  Mac  Culloch,  u)  aov    v.a)    dciLtivov,    dt'    ovg    -/.ai    l'QioÖtrtv   xi]v 

Gross- Jioads  in  Hasiings  Kncyd.  of  Religions  a.  ' Ev.äxriv  —  olovbI  xiiv  lii:Xi]vr\v  —  m  noirixai  %u- 

Ethics  4,333),  Olympiod.  in  Fiat.  Fhaed.p.  233,  Xovöl.,  xgtalv  iogxalg  xov  ^Lf/va  diiXccßb.    xql^ioq- 

14  Norvin:    inl  xqioöov  %'vovoi  xf/    TgiodlxtSi  q)og  yag   i)  2JsXrivTi   und   die   unter  Art.  Trivia 

EyiccTtj.    Steph.  Byz.  s.  v.  xgloöog:    xonog   xgsTg  genannten  Autoren.    Der  Deutung  harrt  noch 

<)Sovg  ^X^^  '  ■  '  ^^'  '^'"'^ov  .  .  .xgtoöixig.  ovxoi  yäg  die    y.ögr]    Tgi  odtxi  g    im    Fap.  Faris.  2961: 

rj'EHCCxri'  ccvxt}  yiul  ivoÖia  iaXi]d-r}  .  .  .  xgiodixLg  it,ogy.i^(o    ce    xara    x^g    v.ogrig    TgiodixiÖog    7/r' 

dl    6x1   iv   xcclg  xgtödoLg  xETi^r\xcci.    Zu  der  bei  ioxiv   ccXrjQ'r]?  i]   iirJTrig  x<^o)v  >  xovg  ^iXsig.    So 

Götterbeinamen   häufigen  Denominativform   s.  liest  Freisendanz  'die  Mutter  der  (N.  N.)  Dii- 

Fadermacher,  Fh.  Mus.  63,461.    Ältester  Beleg  monen  (schreib  hin)  die  du  willst'.  Körte,  Arch. 
die  nicht  genau  zu  datierende  Komödie  vliv ctg  20  /".  FeJ.-Wiss.  18,  125  A.  3    denkt   an   Artemis, 

des  Charikhides  Mein.  4,  656  =  Kock  3,  394,  1,  was  demnach  ausgeschlossen  wilre.    Die  sonst 

auch  ßergk  PL  3,6  79  (aus  Athen.  l,^2hD,  ver-  übliclie  Konjektur  ^rixrig  IIXovxov  ist  verkehrt 

mittelt  durch  Pamphilus,  Kaibel,  F.  W.  3,2139):  Da  jetzt  durch  Oxyrh.  Fap.  11,  1380  v.  90  f.  be- 

dtCTfoiv'  'Endxr]  xgiodtxi,.,  XQi^ogq)E,  xgLTtgoöant,  zeugt  ist,  daß  man  Isis  iv  xy  ÄGsicc  xgiodstxiv^ 

xgiyXccig  yiriXsvii^va,  wohl  aus  einem  magischen  nannte    (vgl.  113  Isis  =  Hekate,    84   xgicpv^vj 

y.ccxädsGiLog  (s.  Kock  a.  a.  0.,  Abt,  RGVV  ^,2,  "Agxs^siv)^    so   erweitert   sich   die   Erklärungs- 

97).  Athen.  1,326  A'.  (Bekate)  xgiodixig  yäg  y.ccl  möglichkeit    Tcogri  —  ^i'^trig  Tg.    —   Der    Name 

xglyXrivog,  xai  xcctg  xgiatidöi  d'  ccvvfj  xa  dslnva  Tgiodoxog    ist    wohl '  theophor    zu     Tgiodlxig, 

(fsgovai   (aus   Apollodor,    Usener,    Kl.  Sehr    4,  Sittig,   De    Graec.   nomin.  theoph.   (Diss.  Fhil. 

224*)).  Orph.  Hymn.  1,1:  Etvodiriv'EKdxriv  %Xfi-  30  Hai.  20,  1)  67.  —  Vgl.  auch    den  Art,   Trivia. 

t(o,  xgiodlxLv,  vgl.  frg.  309  Abel.    Hymnus   bei  [Weinreich.] 

Hippolytos,  refut.  4,35,5  (p.  62  Wendland):  vsg-  Triopas  (r^Jtojrag),  eigentlich  Triops,  wie  ihn 

^sglri,  x9'ovir\  xs  ycccl  ovgccviri  ^loXh  Boiißm,  slvo-  Hcllanikos  bei  Steph.  Byz.  s.  v.   TgioTCLOv  und 

dir^,  xgiodixL,  dazu  Ganschinietz,  Texte  u.  Un-  Apollod.  Bibl.  1,7,4,2  nennt;    altthessalischer 

ters.  39,2  p.  65.   Zauberhymnus  bei  Abel,  Orph.  Heros,   der  landläufigen  Überlieferung  zufolge 

Y>.2Sd  \. 10:  devg'  'Ey.dxr],xQiodlxL  =  Fap.  Paris.  am  Dotischen  Gefilde  heimisch,  am  bekannte- 

2727  Wessely;  vgl.  ebd.  2785.    Ob  die  Inschrift  sten    vom  kleinasiati.schen  Koloniallande    her, 

aus  Thera  IG  12,  3  Suppl,  1325  {Hiller  v.  Gaer-  von  der  dorischen  Hexapolis,  wo  das  knidische 

tringen,^  Thera  3,163):  [Tg]Lodt[xLg]  aus  einem  Vorgebirge   seinen  Namen   trug  und  er  selbst 

Isgög  olxog  der  Hekate  stammt  oder  der  Arte-  40  als  IStadtgründer  galt.  Sohn  des  Aiolos  und  der 

mis- Hekate  gilt,  ist  ungewiß.    Denn  auch  die  Kanake  ist  er  IJiod.  5,61,   oder  des  Poseidon 

mit  Hekate  geglichene  Artemis  heißt  t^.,  vgl.  und   der  gleichen   Mutter  Apollod.,  Kallim.  h. 

ebd.  1329  {Hiller  v.  Gaertringen  a.  a.  0.):  [TlYog  6,  99  (101)'    Phorbas  ist  bald  sein  Vater:  Paus 

'AyX(0(pdvB{og  @£oxXfLdccg  xuv  xgi]od£lxiv  \^'Agxa]-  2,  16,  1 ;  4, 1, 1 ;  4,3,9;  26,8.   Clem.  Alex.  Strom.  1 

fut'  Bv  ^•givY.lK)  SL6CCX0  jtQoods  &vg&v].  Der  drei-  p.  138  Sylb.,  bald  sein  Sohn:  Hoin.  hyinn.  Apoll. 

gestaltigen  Hekate-Artemis-Selene  gilt  der  in  211;  Paus.  7,26, 12:  Folyzelos  b.  Hyg.  Astr.  2, 

doppelter  Fassang  im  PaiJ.Par^■s.  2522  £F.  2818  ff.  14;   Schol.  Theokr.  17,  68—69  rec.  Wendel  (zur 

erhaltene  Hymnos  {Abel  p.  293,  Wünsch,   Aus  Lesart  ygl.  Foscher  Bd.  3,2,  Sp.  2424).    Diese 

einem   grieeh.   Zauberpapyrus,   [Kl.   Texte   84]  Verbindung  wurde  speziell  in  Argos  gepflegt, 

p.  10),  den  ich  nach  der  mir  von  Freisendanz,  50  wo  Tr.  nun  auch  die  Messene  zur"  Tochter  er- 

dem  neuen  Editor  der  Zauberpapyri,  mitgeteil-  hielt:  Paus.  4,  1,  1  u.  unten.  Unsicher  ist  Diod. 

ten  Fassung,  doch  ohne  den  krit.  Apparat,  yor-  5,61,3,  wo  Tr.  von  dem  Apollosohn  Lapithas 

lege):  ^ibg  xiv.og,  lo%ia.igct.,  "Agxsyn,  Tlsgöncpovr],  und  der  Peneiostochter  Stilbe  herstammen  soll; 

sXcccprißoXe ,   vvv.xocpdvna,   xgUxvTts,  xgicp&oyyE,  wahrscheinlich   wegen  Diod.  4,58,7  u,  61    ist 

xgiy.dgccvs,  [xgimvvyiE,  Mrivr\,'\  Q-givccv.icc,  xgingoö-  der  Name   Phorbas   ausgefallen   und  Lapithas 

öJTtf ,   xgiavx^vs  xal  xgiodixi,   7)  xgiccolg  xccXd-  eine  Generation  höher  zu  rücken  {Bethe,  Herrn. 

QOiGiv  '^x^ig  cpXoyag,  dad^axov  nvg,  v.ccl  xgiodov  24,   1891,  S.  441).    A^on  Söhnen   des  Tr.  nennt 

iiiO'BTtBig  xgiGGcüv  dsyiddoiv  x£  dvdGaeig  xcci  xqlöI  Fausanias  periegetische  Quelle  2,  22,  1  nur  den 

iiogcpcä6i[v\   v.al   cpXhyiiaGi   -accI   6v.vXd%s66i  dsi-  Pelasgos,    die   genealogische  2,16.1   nur  lasos 

VTjv   i^   drovcüv   Tciimsig   o^Blav  loi\T^\v  cpgfarbv  60  und  Agenor  (vgl.  Kalkmann,  Paus.  266),    alle 

dvavdriüuGcc  dsd  xoia6olg  aro^dts66i.    Zur  Glei-  drei  Hellanikos  b.  Schol.  Hom.  F  Ib  (für  welche 

chung   Hekate-Selene-Artemis  {Boscher,  Selene  drei  Eastath.  als  Vater  Phoroneus  angibt).    In 

123;    Nachtrag    dazu   60;    Farnell  2,  598 f.)    s.  den  /Sc/?oZ.  £'<*?/>.  Or.  932  sind  es  Pelasgos  und 

Cornutus  34:  ovx  higcc  d'  ovca  avxijg  (sc.  kg-  lasos,  [außerdem?]  den  vccotsgoL  7.ufo\ge  Agenor 

xs^idog)   Tj   'Ey.dxr^    xgi^oQq)og    ttöfjzxccL   did   xb  und  Xanthos,   den  auch  Diod.  6,  Sl  hat:   man 

xgicc  Gxr\yi,ara  y^viv-mTccra  dnoxBXHv  xi]v  GsXtjvriv,  würde  eher  diesen  allein  der  älteren,  mutterländi- 

Urivosidij  yLvo^svrjv  v.al  ticcvgeXtivov  tcccI  xgixov  sehen  Gruppe  gegenübergestellt  erwarten.  lasos 

XL  aXXo  Gx^na  dvaXaußdvovGccv,  ^ad-'  ö  nsnXi]-  auch  bei  Augustin  G.  T>.  18.8,  der  den  Tr.  als 


1119                      Triopas  Triopas                      1120 

7.  K«nig  von  Arj?08  auffuhrt.  In  den  OrestschoUen  kennen  wir,  map  es  auscjesprochen  werden  oder 

ist  der  Name  fZcüffi?  von  Tr.s  Gattin  äugen-  nicht,    den   Kontlikt   mit  den    Pelasgeru,  den 

scheinlich  verderbt  (aus  ^wriffV  vgl.  ..4tA.  7,  296c  Eignern   und   Hütern    des   Dotischen   Geiildes 

a.  Apollod.  B'bl.  3,6,6,3-,  von  den  elterlichen  Bei  Diod.  ö,  61  ist  die  beliebte,  stets  unwahr- 

Namen  Phorbas  und  Evßoia  der  zweite  nicht  scheinliche  Form  der  Rückwanderung  gewählt, 

vertrauenerweckend  (=  ßo/fJrj/f?).  um  vorausgehende  Geschehnisse   später  anzu- 

Ganz  wesentlich  ist  sein  brüderliches  Ver-  knüpfen;  hier  entschuldbar  durch  die  über- 
h&ltnis  zu  Erysichthon,  mit  dem  ihn  Neuere  lieferung  (7>i>Mc/«V/as  b.  y1//*.  6.202  e),  daß  nach 
geradezu  identifizieren  (Prellei-Iiobeit  i,  166).  Tr.s  Tode  Zwist  unter  den  Kolonisten  entstand 
An  dessen  Frevel  gegen  Demeter«  Dotisches  lo  und  einige  in  die  Heimat  zurückkehrten;  wo- 
Heiligtum  erscheint  er,  wenn  nicht  beteiligt,  so  bei  jedoch  zu  beachten,  daß  Tr.  dort  die  Pe- 
doch  insofern  mitschuldig,  als  er  lebhaft  Partei  lasger  vertreibt,  als  ob  er  nun,  in  der  Fremde, 
für  den  Bruder  nimmt:  Kallim.h.  Cer.  Bei  Diod.  die  Macht  erworben,  seine  Feinde  zu  züchtigen. 
6,61,  Hygin.  Astr.  2,14,  /GS/ 1389  wird  die  Wäre  ihm  das  früher  gelungen,  so  hätte  er 
Tat  ihm  geradezu  selber  zugeschrieben.  Vater  nicht  zu  entweichen  brauchen;  der  Zorn  der 
des  KrysichthonisterbeiÄte;)^  Byz.%  Tgioniov  Göttin  hätte  ihn  ohne  geeignete  Interpreten 
u.  Schol.  Lyk.  1393:  "Epvff.  h  xotl  At&mv  xaXov-  {Diod.  4,68)  vielleicht  nicht  vertrieben.  Es  ist 
{livoi  vlbg  Tgiorrct  i^^TB(i€  xtX.  Auch  hier  ist  in  jedem  Falle  ein  pelasgisches  Milieu,  aus 
von  einer  Mißbilligung  keine  Rede  Eine  wich-  dem  sich  Tr.  und  sein  Bruder  loslösen.  Hat 
tage,  nur  in  fataler  Weise  entstellte  Genealogie  20  nun  die  griechische  Sage  für  Konflikte  über- 
bietet Suidas  oder  dessen  lexikalische  Quelle  haupt  ein  schlechtes  Gedächtnis,  schon  infolge 
(o.  Bd.  1, 1,  Sp.  137Ö  Crusius)  s.  v.  &7cb  Al'd^oavos  der  unvermeidlichen  Völkermischungen  und  der 
*HXiov  ftivog.  Hält  mau  diese  nämlich  neben  Anpassungsfähigkeit  der  Griechen  an  fremde 
die  rhodischen  Stammbäume  (unten),  wo  unter  Kulte,  so  erscheint  Tr.  im  weiteren  Verlaufe, 
den  Heliossöhnen  kein  Erysichthon,  stets  aber  also  bei  der  Verschiebung  nach  Süden  ganz 
Tr.  figuriert,  so  gelangt  man  mit  Crtisius  zu  eng  mit  dem  Pelasgernamen  verbunden;  sein 
der  Vermutung,  in  der  Glosse  müsse  irgendwie  Sohn  stiftet  sogar  den  Kult  der  Demeter  Ut- 
der  Name  des  Tr.  ausgefallen  sein.  Nur  daß  Xuayiu:  P^/ms.  2, 22.  Gab  es  doch  auch  eine 
eben  dort  für  einen  Bruder  kein  Platz  ist,  pon-  Demeter  kSöricpayia  trotz  des  gebrandniarkten 
demnurfiir  eine  Zwischengeneration  (vgl.  Sc//o/.  30  Frevlers  und  Fressers.  Diesen  ganzen  völker- 
Lyk,).  Der  Name  verbirgt  sich  m.  E.  jedenfalls  geschichtlichen  Hintergnind  vermißt  man  bei 
in  trtvos  (als  TPINOCTPIOTTOC),  welches  seinen  Zielinski,  Phil  N.  F.  4..  1891,  137  IT  ,  welcher 
Platz  vor  'HXiov  gehabt  hätte.  Unsicherheit  in  der  Erysichthon- (und  Tr.-) Geschichte  auch 
entstand  vielleicht  auch  durch  Kollision  mit  nach  CrMsü/s' evidenter  Erläuterung  einen  Streit 
dem  -ffcstodischen  Ai^onog,  welches  die  Le-  zweier  Götter,  der  Demeter  und  des  Poseidon, 
zika  vergleichend  zu  Atd-(ovo?  stellten:  Schol  um  den  Landstrich  sieht.  Poseidon  ist  den 
Lyk.  1396,  wogegen  Eust.  z.  Hom.  A  547  Ackerbauern  nicht  so  feindlich  (vgl.  Preller- 
p.  862  Einspruch  erhebt.  In  keinem  Falle  läßt  Eobert  103;  586);  und  wer  sagt  uns,  ob  hinter 
sich  die  Abstammung  des  einen  oder  anderen  dem  Götterstreit,  wie  ihn  z.  ß.  in  Athen  die 
von  Helios  etwa  aus  Rhodos  herleiten;  sie  40  Eigenliebe  der  Nation  herausbildete,  sich  nicht 
mußte,  darauf  deutet  schon  Konon  47,  bereits  Rivalitäten  von  Stämmen  verbergen  aus  Zeiten 
in  Thessalien  gegeben  sein  (ähnlich  Gruppe  her,  denen  es  weniger  um  Prestige  als  um 
119);  wohingegen  die  rhodischen  Sagen  die  Existenz  und  Landbesitz  zu  tun  war? 
des  Mutterlandes  vielmehr  vorauszusetzen  schei-  Es  will  uns  übrigens  scheinen,  als  ob  die 
nen.  —  Besser  als  die  rhodischen  Fabeleien  ganze  Sago  von  dem  Baumfrevel  frühzeitig  miß- 
versteht man  es,  daß  Tr.  König  von  Kos  heißt,  verstanden  worden  sei.  Die  Bäume  sind  dem 
Schol  Theokr.n,6S,  und  Vater  des  dortigen  Landmann  hinderlich  und  stets  in  Gefahr,  seiner 
Merops  {Gig.  u.  Tit.  43).  Bezeugt  wird  die  thes-  Erutegier  zum  Opfer  zu  fallen.  Es  handelt  sich 
salische  Einwanderung  daselbst  durch  die  be-  hier  nicht  um  sonnig  und  zerstreut  stehende 
kannte  Bezeichnung  der  Koerinnen  als  ©saad-  50  Fruchtbäame,  etwa  wie  die  attischen  iiogiai 
iat,  welche  Hesych  &ub  Philetas  anführt,  also  (an  die  mit  dem  entsprechenden  Frevel  ZiWiwsÄi 
von  einem,  der  es  wissen  konnte;  ebenso  durch  a.a.O.  ganz  passend  erinnert),  nicht  solche,  die 
das  Grab  des  Peleus  auf  derselben  Insel,  o.  man  allenfalls  der  Demeter  zuweisen  konnte; 
Bd.  3,  2,  Sp.  1843  f.,  vielleicht  auch  durch  sondern  um  einen  alten  Hain  mit  starkem,  echt 
das  Fest  der  Demeter  Aloäs  {Theokr.  7,  155).  thessalischem  Baum  wuchs,  der  Baumaterial 
Diese  der  dorischen  vorausgehende  thessali-  lieferte  (0.  Bd.  1,  1,  Sp.  1376).  Dort,  im  unge- 
sche  Kolonisation  gilt  für  den  ganzen  Be-  störten  Leben  und  Weben  der  Natur,  haben  die 
reich  der  Hexapolis,  und  mit  Unrecht  wird  Nymphen  ihr  Element,  selbst  in  dem  einzelnen 
Tr.  seit  Otfr.  Müller  als  ein  dorischer  Heros  Baum.  Diese  Wesen  also,  die  auch  im  Kult  des 
bezeichnet.                                                                  60  Triopion  in    erster  Linie   stehen,    hätten   sich 

So  schattenhaft  dieser  Tr.  als  Persönlichkeit  zu  beklagen,  nicht  Demeter.    (Für  die  kühne 

bleibt  gegenüber  der  wüsten,  aber  scharf  aus-  Behauptung,  daß  beide  im  Kult  unzertrennlich 

geprägten  Fabelgestalt  seines  Bruders  Vielfraß,  seien,    müssen    wir    die    Verantwortung    dem 

für  die  griechische  Kolonisationsgeschichte  be-  Schol.  Pind.  P.  4,  106  überlassen.)   Jene  Frevler 

deutet  er  gerade  genug;   auch  ohne  die  übri-  waren   vielmehr   enragierte  Ackerbauern   vom 

gens  recht  ansprechende  Einfügung  der  Trio-  Schlage  wie  Aloeus,  wie  die  attischen  Pelasger, 

piden    in  die  Lücke    Kallim.  h.  Cer.  99  {Bethe  zu  deren  Kulturresten  jüngere  Völker  voll  2seid 

a.  a.  0.  442).    Als  Motiv  der  Auswanderung  er-  und  Bewunderung  auf  blickten.   Auch  ihre  Sipp- 


1121                       Triopas  Triopas                       1122 

achaft  erscheint  als  ein  Geschlecht  von  Riesen  sich  weiter  zurückverfolgen.    Fs.-l'lut.  de  fluv. 

(Kallim.  h.  Cer.  35).  19, 1  kennt  eine  Elische  Sajtfe,  wonach  Kerka- 

Aufs   engste  zusammen  gehört  Tr.  mit  der  phos  sich  in  den  Fluß  stürzte,  der  von  da  an 

Aloeusfamilie.  Apollodor  a.  a  O.  nennt  als  Kin-  den  Namen  Nyktimos  angenommen  habe.    Wie 

der  von  Poi5eidon  und  Kanake:   Hopleus,   Ni-  man   solches  Zeugnis   auch   einschätzen  möge, 

reus,   Epopeus,   Aloous,   Triops.    Tr.s  Tochter  der  zweite  Name  würde  auf  die  Aiolidenlamilie 

Iphimode   ist   von   Poseidon   als   wirklichem,  Thessaliens  (vgl.  Preller-liohert  2,  1,  Söö)   hin- 

von  Aloeus  als  nominellem  Vater,   Mutter  der  deuten.    Dcmelrios  v.  Skepsis  bei  Strab.  9, 438 

beiden    Kiesenjünglinge.    Ihr    und    der    Söhne  nennt  am  Boibeischen  See,  an  den  (irenzen  des 
Grab   zeigte   man   in  Anthedon   an   der  Küste,  lo  alten   Perrhübergebietes,   Kerkaphos   als   Sohn 

Bekannter  ist   der  Tod   der  beiden  auf  Naxos  des  Urmenos;    so  wird   das   überlieferte  fUer- 

und  die  mütterliche  Kultstütte  in  Mylasa,  also  phios  gewiß  richtig  gelegen  (lioscher  o.  Bd.  3, 

dem  Tr.schen  Kolonialbereich.  Auf  dem  Wege,  2,  Öp,  2425).   Von  dem  älteren  Bruder  Ochimos 

den  die  Auswanderer  nach  Karien  hin  nahmen,  steht   bei  Flut.  qu.  (jraec.  27    eine   ätiologische 

muß  Naxos  eine  wichtige  Station  gewesen  sein.  Lokalgeschicbte,  wonach   er  eine  erwachsene. 

Dort  erscheint  auch  Iphimede  und  zwar  in  den  von    Kerkaphos    geliebte    Tochter    hatte,    das 

Dionysischen  Kreis  hineingezogen;  s,  besonders  Altersverhältnis  sich  also  etwas  verschiebt,  ohne 

Andriskos  bei  Parthen.  19;  P.  W.  9,  2022  f.,  vgl.  daß  von  anderen  Brüdern  die  Rede  wäre;  hotfent- 

o.  Bd.  2,  1,  Sp.  308 f.;  sie  wird  durch  die  dor-  lieh  ist  der  sonderbare  Name  nicht  durch  loka- 

tigen   Thraker   (das   sind   zugleich   die  Träger  20  les  Kauderwelsch  aus  Ormenos  oder  Or.simenos 

des  Dionysosdienstes)  aus  Thessalien  entführt.  entstanden.    Etwas  wirklich  Bezeichnendes  be- 

Von  Naxos  aus,  welches  man  nicht  ohne  über-  sagen    Diodorfi    (.Quellen    nur    von    dem    einen 

treibung   als   Heimat   der   Aloidensage   in  An-  Bruder  Triopas:  er  entfloh  nach  dem  Festlande 

s^Tuch  genomme.n  {Wilamowitz,  HojH.  Unt.  löO),  und    wurde    durch    den    König   Melisseus    des, 

übte  die  Sage  ihre  Ausstrahlungen  nach  Kreta.  Mordes  entsühnt.    Das  ließe  sich  in  kleinasia- 

Eine  Kolonie  Naxia  gab  es  in  Karieu.  tischem  Bereich  nur  an  die  Troas  und  den  dor- 

Auf  Rhodos  soll  Helios  mit  der  eponymen  tigen  gleichnamigen  König  (s.  o.  Bd.  2,2,  Sp. 
Lande^heroine  7  herrliche,  weise  Söhne  {Find.,  2642,  46  f.j  anknüpfen,  weist  aber  ins  Mutter- 
bei  Späteren:  Dioc?.  Astronomen)  erzeugt  haben,  land  zurück,  wo  die  Melissensagen  stets  De- 
Figuren, die  aber  da,  wo  Namen  genannt  wer-  cu  meter  angehen  (vgl.  bes.  Schol.  Find.  F.  4, 
den,  sich  als  solche  von  sehr  ungleichem  Wert  106,  den  Stellen  oben  Bd.  2,  2,  Sp.  2640  ist 
und  Charakter  herausstellen.  Ochimos,  Kerka-  Find.  fr.  158  hinzuzufügen),  (iierade  weil  diese 
phos,  Aktis  (Helios  kjirdyirLg  bei  Froklos  zu  Beziehung  hier  latent  bleibt  und  gewisser- 
Flat.  Tim.  1  p:  34  Biehl,  vgl.  außerdem  F.  W.  1,  maßen  unbewußt  zum  Ausdruck  kommt,  ist 
1216),  Kandalos,  Makar,  Triopas,  Tenages  heißen  das  Zeugnis  von  einigem  Werte, 
sie  in  wechselnder  Reihenfolge  bei  X>?;o6?.  6,  56  Vergebens  hat  man  nämlich  versucht,  die 
und  den  Schol.  Find.  Ol.  7,  131,  hier  mit  meh-  Persönlichkeit  des  Tr.  als  eine  koloniale  Er- 
reren  Versionen,  nebst  Schol.  BV  Hom.  ß  544  findung,  als  einen  ad  hoc  geschaiFenen  Epo- 
(korrigiert  von  Wilamoivitz,  Herrn.  18,  429);  wo-  •  nymen  des Triopions  hinzustellen:  F.  W.  7, 2849, 
bei  mit  Tenages  öfter  Phaethon  alterniert,  der  40  lediglich  wegen  der  Lesart  Tqlotcov  (statt  Tqlo- 
als  jüngster  nach  rhodischer  „Sage"  gilt,  wäh-  nog)  -Kolwvav  Theokr.  17,  68,  die  einen  Drei- 
rend  Tenages,  der  schönste  unter  den  sieben,  löcher- oder  Drei-Gesichter-Hügel  bedeuten  solle, 
der  deswegen  von  den  neidischen  Brüdern  um-  Gesetzt  auch,  es  wäre  von  solcher  Eigentäm- 
gebracht  wird,  mehrmals  seinen  natürlichen  lichkeit  der  Lokalitat  etwas  bekannt:  näher 
Platz  an  7.  Stelle  eingebüßt  hat.  An  1.  Stelle  Hegt  es  doch  anzunehmen,  daß  die  den  Ab- 
gerückt ist  er  offenbar  nur  versehentlich  in  Schreibern  wenig  geläufige  Form  Tqlo^j)  statt 
einer  Vers  Ion  der  Pmc/ar-Sc/ioZZ.,  die  ebendarum,  TgLOTtccs  der  Entstellung  ausgesetzt  war.  Und 
auch  als  die  einzige,  die  einen  Chrysipp  ein-  wie  sollte  man  gerade  in  einer  Epoche,  wo 
fügt  (vielleicht  Verwechselung  mit  Kydippe?)  dieser  Heros  mehr  Fleisch  und  Blut  gewonnen 
wenigerVertrauen  erweckt  (anders  JfaZfenP.  PF".  50  als  je  zuvor,  diese  Gestalt  sich  plötzlich  zu 
7,  2849).  Für  die  etwas  buntscheckige  Reihe  Nichts  verflüchtigen  lassen,  zumal  ja  den  Epo- 
ist  der  in  den  Find ar- Scholl,  genannte  Hella-  nymen  doch  jeder  kannte  und  heraushörte. 
nikos  nicht  verantwortlich  (s.  Preller- Kohert  2,  Die  Familie  der  thessalischen  Äoliden  bei  Apol- 
lo 3S'd  A.  2).  Tr.  i.st  hier  jedenfalls  in  eine  nicht  lodor  (oben)  mit  Tr.  darin  ist  frei  von  jedem 
durchaus  ebenbürtige  Gesellschaft  geraten;  er  Verdacht  rhodischer  oder  knidischer  ßeein- 
würde  an  letzter  Stelle  angefügt  sein  und  nicht,  flussung.  Tr.  läßt  sich  weder  von  Erysichthon 
wie  gewöhnlich,  vorTenagt^s  stehen,  wenn  dieser  trennen,  der  in  der  Heimat  zugrunde  ging,  noch 
Vorzugsplatz  nicht  dem  Jüngsten  zukäme.  In  andererseits  von  PHorbas,  dessen  Spuren  von 
der  recht  dürftigen  Erzählung  gehen  die  Brü-  der  Argolis  nach  Thessalien  zurückführen  wür- 
der außer  Landes,  oder  verbleiben  am  Orte,  je  60  den  (oben  Bd.  3,  2,  Sp.  2426,  28;  2425,8),  auch 
nachdem  sie  an  dem  Mord  beteiligt  waren  oder  wenn  wir  ihn  nicht  ausdrücklich  als  Sohn  einer 
nicht.  Makar  gehört  nämlich  nach  Lesbos,  Te-  Myrmidonin  bezeichnet  fänden  (ebd.,  vgl.  auch 
nages  nach  der  Troas,  Kandalos  ist  der  Epo-  Hellanikos  o.  Bd.  1,  1,  Sp.  1373).  Die  nahe  Insel 
nym  eines  Vorgebirges  Skandalon  auf  Kos  (vgl.  Syme  ergänzt  diese  Überlieferung  in  einigen 
Bethe  a.  a.  0.431,21),  mußte  also  schon  des-  Punkten.  Die  Ortsheroine  heißt  Tochter  der 
halb  fort.  Besser  steht  es  mit  Kerkaphos,  der  Jarlg:  Mnaseas  bei  Ath.  7,  296c,  und  neben 
seinen  Namen  mit  einem  Berg  an  der  Küste  Tr.  selbst  erscheint  als  Kolonieführer  Chtho- 
zwischen  Klaros   und   Kolophon   teilt;   er  läßt  nios,  ein  Sohn  Poseidons,  Diod.6,5d;  sollte  da 


1123                      Triopas  Triopas                      1124 

eine  Spur  von  Erysichthon  erhalten  sein?  vgl.  'Zeus*  fanden  die  Derer  laut  dem  Orakel  auf 

die  Bildung  Chthonia.  Tochter  des  Krichthonios-  der  Burg  von  Argos   vor,  eben  jenen,   dessen 

GrechtheuB.  uraltes  Holzbild  sich  dort  erhalten  hatte  (s.  ob. 

Der  triopische  Kult  erfuhr  frühzeitig  eine  1007,  zu  den  lit.  Quellen  WHamoicitz,  Born.  u. 

Übertragung  nach  Sizilien  (b.  Boeckh  zu  Schol.  i/.  382,  2);  vgl.  A.Becker,  De  Ehod.  jn-imoidiis 

Pind.  F.  27;  Explic.  145.   0.  Müller,  Prol.  161.  Leipzig  1882,  109,  der  übrigens  aus  Thessalien 

f^eller-Bobert  1,  267,  l^i  und  dann  jedenfalls  einen  solchen  Zeus  so  wenig  nachweisen  kann 

auch  in  die  gleichnamige  süditalische  Kolonie  wie Ptmofka (ygl.  Preller-Mobert  l^lbbjiigendvfo 

(der  Knidier  nach   Pais,  Sic.  c.  M.  Gr.  1,291):  seinen  Zeus  Triopas.    Jetzt  allerdings  gewinnt 

J|m/*en  867  f. ;  zu  neuen  Ehren  gelangte  er  durch  10  der   Gedanke   an   Wahrscheinlichkeit,    daß  es 

Ptolemaeus  Philadelphus  (ScAo/.  TÄeoÄT.  17,  69)  dergleichen   schon   in  Thessalien   gab,   zumal 

und  schließlich  durch  das  Triopeion  des  Hero-  der  Name  der  argivischen  Larisa  von  der  Toch- 

dCB  Attikus  (P.  TT.  H. 988.  /^öiw.  3/i«.  1894, 142),  ter  des  Tr. -Sohnes  hergeleitet  wird:   Paus.  2, 

in  dessen  Inschriftversen   {Inscr.  (fr.  Sic.  et  Jt.  24,1.   Zu  jenen  Resten  barbarischer  Kultformen, 

1889,  II  36)   mancherlei    Hellenistisches   nach-  wie  sie  o.  Bd.  2,  1,  Sp.  1489  und  Arch.  Jahrb. 

klingen  mag.  —  S.  a.  Preller  -  Bobert  I  257,  1  1892,  201  erörtert  sind,  gehört  auch  der  argi- 

u.  Head,  Bist,  nxtm.*  682  (über  Apollo  Triopios).  vische Götze.  Pausanias  2,24  oder  seinGewährs- 

Ein  seltsamer  Bericht  der  Hom ei'-Kommen-  mann  bezog  eine  allem  Hellenischen  so  ferne 
tatoren  zu  J  88,  Schol.  u.  Eustath.  p.  448,  8  hat  Mißbildung  auf  des  Zeus  Herrschaft  über  die 
uns  mehr  zu  sagen  als  man  beim  ersten  Blick  20  Reiche  der  Ober-,  der  Unterwelt  und  des  Mee- 
denken  sollte.  Karkabos  oder  Karnabas  von  res;  ebenso  Panofka,  auch  0.  Müller,  Handb.'^ 
Zeleia  hatte  seinen  Vater  Tr.,  einen  grausa-  513;  in  unseren  Tagen  noch  Farnell,  Cults  1, 
men  PerrhÄberkönig,  erschlagen  und  floh  nach  104:  als  ob  Hades  und  Meer  von  jeher  dem 
Brinthe  in  der  Troas,  wo  König  Tros  ihn  ent-  Himmel  koordiniert  gewesen,  gewissermaßen 
sühnte.  Es  machen  sich  hier  bereits  Klänge  unter  drei  olympischen  Brüdern  mit  einem 
auB  illyrischer  Zone  hörbar,  bei  denen  wir  nicht  primus  interpares.  Die  Frage,  woran  man  solche 
verweilen.  Brinthe  (vgl.  Aptdien  20;  316),  auf  dreifache  Herrschaft  ohne  alle  Attribute  er- 
Lesbos  Issa  {Diod.  1,81,  dazu  nachträglich,  da  kannt  habe,  beantwortet  Farnell  nicht  und 
Issa  auch  sonst  Stadtname,  der  Eponym  Issos;  bildet  statt  dessen  eine  römische  Jupiterstatue 
vgl.  Maaß,  Herrn.  24,  1889,  545),  ferner  SW  so  mit  dreierlei  Attributen  ab,  also  eine  lUustra- 
von  Mylasa  der  Ort  Bargylia  (vgl.  illyrisch  Bar-  tion  des  Antoninischen  Schriftstellers,  die  lür 
duli,  Apulien  349;  333  Pig.  74;  in  phrygischer  jene  graue  Vorzeit  nicht  mehr  beweist  als  eine 
Sprache  wechselt  dann  rf  u.  7),  und  gewiß  noch  römische  Gemme  für  den  Sinn  eines  Inselsteins. 
manches  andere  gehört  dahin:  Übertragungen,  üsener,  Bh.  M.  58,  183  wies  zwar  jene  'euhe- 
die  den  aus  Thessalien  mitgewanderien,  nicht  meristische'  Deutung  ab,  geriet  aber  ins  Folklo- 
zahlreichen  Pelasgem  (iTowo/i  47)  verdankt  wer-  ristische,  indem  er  sogar  dreibeinige  Motive 
den  (daher  auf  Lesbos  *  Larisa,  vulgo  -fLasia,  herbeizog;  er  ließ  sich  zugleich  durch  ein  an- 
Plin.  N.  H.  6,1S9).  Was  Zeleia  selbst  betrifft,  tikes  Mißverständnis  beirren:  auf  Grund  der 
80  gehört  dies  zu  den  bekannten  Erscheinungen,  verdunkelten  Kunde  von  dem  Dreiäugigen  zu 
welche  die  süd-nördliche  Völkerströmung  an  der  40  Argos  hatte  Pherekydes  dem  Argos  Fanoptes 
kleinasiatischen  Küste  mit  sich  brachte  (z.  B,  statt  des  zweiten  Gesichts  und  der  vielen  Augen 
Merops  von  Perkote  stammt  aus  Kos  und  der  am  Körper  ein  drittes  Auge  am  Nacken  zuer- 
Nachbarschaft).  Es  sollte  unter  diesen  Umstän-  teilt;  einer  Stelle,  die  keinerlei  organische  Ver- 
den nicht  Wunder  nehmen,  auch  den  Perrhä-  bedingungen  dazu  bot.  Den  Kern  der  ganzen 
her  Karkabos  dort  unten  anzutreffen.  Auch  Vorstellung  bildete  eben  das  Stirnauge,  die 
darauf  müssen  wir  gefaßt  sein,  daß  Karkabos  beiden  natfirlichen  Augenhöhlen  ließen  sich 
sich  als  eine  nordgriechische  Form  von  Ker-  nicht  ignorieren.  Wie  jene  monströse  Erschei- 
kaphos  herausstelle.  Die  Rolle,  welche  in  die-  nung  überhaupt  mit  dem  Kyklopentypus  zu- 
sem  thessalischen  Sagenbruchstück  die  Troas  sammenhängt,  ist  früher  erklärt  worden  (Lite- 
spielt,  die  angeblich  troische  Herkunft  des  drei-  50  ratur  s.  ob.  1007).  Die  dreiäugige  oder  stirn- 
ängigen  Zeusbildes  (unten),  das  Sthenelos  mit-  äugige  Bildung  zu  der  argivischen  Athena 
gebracht  haben  sollte,  das  Grab  dieses  Heros  6lvdsQyir\g  in  Beziehung  zu  setzen  {Gruppe 
am  Kerkaphosberge :  das  sind  jedenfalls  Mo-  1101.  1199.  1217),  wäre  Willkür,  zumal  das 
mente,  die  sich  gegenseitig  werden  erklären  seltsame  Xoanon  gar  nicht  in  deren  Tempel, 
müssen.  Andererseits  ist  schon  heute  soviel  sondern  in  einem  anderen  gezeigt  wurde.  (Mit 
klar:  Konnte  man  sich  sonst  bei  Hygin  f.  225,  gleichem  Rechte  ungefähr  ließe  sich  die  alt- 
wonach  Tr's  Sohn  den  Zeuskult  einführte  heidnische  Holzfigur  des  dreiköpfigen  Triglaff, 
(den  ersten  Zeusterapel  stiftete),  nichts  Rechtes  die  sich  einst  auf  dem  Marienberge  zu  Bran- 
denken,  so  wird  das  nun  anders,  wenn  wir  Tr.  denburg  a.  H.  befand,  zu  der  Marienkirche  in 
als  Fürst  bei  den  Perrhäbeni  finden ,  01  nsgl  60  Beziehung  setzen,  wo  man  sie  aufbewahrte.)  Mit 
Joadmvriv  dvöxBiiiEQOv  ol'd'  '^9svto,  Hom.  B  741),  solcher  Wendung  verliert  das  von  Gruppe  1217 
also  bei  den  ältesten  Stätten  des  pelasgischen  dennoch  herangezogene  Orakel  jede  Pointe. 
Zeus,  gleichviel  ob  der  Thesprotischen  selbst  Was  wir  aus  all  diesem  lernen  ist  dies: 
oder  einer  thessalischen  Filiale.  die    Umgestaltung   der   uralten    Gottheit   und 

Deutung,    Dieser  ^Dreiäugige'  hat  kaum  ihrer  homogenen  Gruppe  (vgl.  oben  1007)   zu 

seines  Gleichen  unter  den  griechischen  Heroen,  riesigen  Unholden  oder  auch  Baumeistern  hatte 

auch  unter  denjenigen,  die  sich  als  ehemalige  noch  nicht  Platz  gegriffen,   als  der  Tr.-Name 

Gottheiten  erkennen  lassen.   Einen  dreiäugigen  nach  Karien  gelangte.    Als   die  Kyklopensage 


1125                      Triopeis         •  Tnphylos                     1126 

nach  L^kieu  dran"^,  war  der  Zusammenhang  Poseidon,  Apollou:  oi  TQtf^  xij  xov  arpuyfvrog 
Ulniist  zerrissen  und  an  dem  triopischen  Kult  ^ooi,'  ßvQarj  ivovfjjiaav ,  woraus  Orion  entstand 
nichts  mehr  zu  ändern.  Waren  ja  Jiuch  die  iy.  riöv  ovqü)p  rh^^eiiäl,  daher  Ti)i7caTQog.  — 
Aloaden  zur  Zeit  jener  thessalisehen  Wände-  Die  Form  rQinuTQtig  hei  Ilcsych.  ist  Kurzform 
mng  übers  Meer  hin  noch  nicht  als  himmel-  aus  'VQixondxoQtg.  [l'reisendanz  J 
stürmende  Riesen  Lekannt.  Wohl  aher  wurde  Tripliacl  (7"(,Hfpo;r]i),  Name  des  sechsten  der 
Tr.  nachträglich  (bei  Kallim.)  mit  beinern  po-  24  TiQtaßvrtQoi.  in  einem  Zauhergehet  des  cod. 
seidonischen  Hruderzum  Übeltäter  und  Haupt  gr.  Far.  '231Ü  (426  v),  in  denen  lieitzenstein, 
einer  Sippschaft  von  Kiesen.  Das  Fehlen  des  l'oim.  301,  a  Stundenengel  vermutet.  Der  vier- 
Zeus  im  triopischen  Kulte  läßt  verschiedene  lO  zehnte  heißt  TgicpariX.  [Preisendanz.J 
Auffassungen  zu;  vielleicht  erschien  der  ein-  Triphis  {TQiq)is).  Äjzyptische  Göttin  Er))ä-t, 
stige  Nachbar  des  bildlosen  Dodonäischen  Zeut-  in  Panospolis  zusammen  mit  Pan  verehrt:  TqI- 
kultus  von  diesem  (Jotte  gar  zu  verschieden  (piÖog  yiai  llccvos  ^tCbv  fn-yiarojv  {CJG  H.ill^); 
und  mehr  dem  Helios  ähnlich  (vgl.  bei  den-  allein  C/6r  8,4711:  Sgitfiöi  ^tä  ^tyioxij.  Vgl. 
selben  Perrhäbern  Ixion  mit  dem  Sounenrad)  Br.  Müller,  Mtyag  -öeo's,  JJiss.  phil.  Hui.  21, 
und  wurde  erst  von  späteren,  peloponnesischen  350.  (245  f.)  ihr  Charakter  unbekannt;  vgl.  Er- 
Geschlechteru  zu  dem  dort  inzwischen  empor-  man,  Äg.  Bei.  223.  Abgebildet  auf  einer  Kupfer- 
gekommenen Olympier  in  eine  gewisse  Bezie-  kanne  (aus  Scarabantia)  mit  Jahrespalme;  s. 
hung  gesetzt.  Dieser  Zwiespalt  leuchtet  nament-  Brexler,  Myth.  Beitr.  2H,2,4,  [Preisendanz.J 
lieh  aus  Konon  AI  hervor.  Vgl.  auch  ran  G^eZ- 20  Tripliyle  (T(>tqpu)lrj),  Eponyme  der  Landschaft 
(lern,  Gesch.  d.  a.  Rhodier  bli.  (nicht  ohne  man-  Triphylien,  Mutter  des  Klytios;  s.  Hteph.  Byz. 
cherlei  Versehen).  Jedenfalls  am  Triopion  war  u.  TQirpvXia.  Pei  Apollod.  3,  7,  5  stammt  Kly- 
Tr.  einfacher  Heros;  unerdenklich  ist  es,  wie  tios  von  Arsinoe,  einer  Tochter  des  Phegeus. 
erst  von  dort  aus  sein  Name  hätte  nach  Argos  —  Pleisthenes,  der  sich  zu  Makistos  in  Triphy- 
gelangen  und  so  fabelhafte  Rückwirkungen  lien  niederließ,  heiratete  nach  Schol.  Eur.  Or.  4 
äußern  können,  wie  Gruppe  264  für  möglich  (einzige Quelle) Eriphyle;  vgl. ob. Bd.3, 2, 2562, 5 f. 
hält.  Ansprechend  vermutet  P.  Friedländer,  Argo- 
Von  Kunstdarstellungen  ist  bis  jetzt  /ica  (Diss.  ßerl.  1905)  52,  29  eine  Verderbnis  des 
nur  die  des  neben  seinem  Rosse  stehenden  Tr.  Namens  'EQicpvXri  aus  TQicpvXr}.  [Preisendanz.] 
zu  erwähnen,  eine  Gruppe,  welche  die  Knidier  30  Triphylios  (Tgicfvliog)  heißt  1.  nach  Eueuie- 
nach  Delphi  weihten:  ixo^iGav,  Paus.  10,  11,  ros  bei  Diod.  5,44,6.  7  der  Olymp  auf  der 
also  kein  Teil  eines  Baufrieses.  (Bei  Hitzig-  Fabelinsel  Panchaia  bei  Indien:  ölu  xb  xovg 
Blümner  z.  d.  St.  ist  irrig  Tr.  als  Zeussohn  be-  tcaxoiv.ovvxag  v7ia.Q%Biv  1%  xgicov  id-voav.  ür- 
zeichnet.)  Die  Inschriftbasis  mit  Einlaß-  und  sprünglicher  Name  des  Berges  war  Ovgavov 
Fußspuren,  welche  man  auf  dieses  Werk  bezog  dtcpgog  aus  der  Zeit,  als  Uranos  noch  auf  der 
{Fomtoiv,  B.  Phil.  Woch.  1909,  187;  Bourguet  Insel  lebte  und  herrschte;  vgl.  ob.  Bd.  3, 1,848, 
in  Fouilles  de  Delphes  3,  S.  84.  152)  gehört  35  fF. -r- 2.  Hier  soll  auch  Zeus  sich  einen  Tem- 
nicht  dazu:  Dinsmoore,  Bull,  de  corr.  hell.  1912  pel  gebaut  haben,  der  bei  D/orf.  5,  42,  6  IF., 
(36),  447.  458.  Doch  konnte  diese  Gruppe  auch  46,  4 — 7  beschrieben  wird.  In  ihm  stand  eine 
kein  Pendant  zu  der  knidischen  Tityosgruppe  40  goldene  Säule,  auf  der  Hermes  in  Hieroglyphen 
abgeben,  die  vier  Figuren  hatte  und  übrigens  die  Taten  von  Zeus,  Apollon  und  Artemis  ver- 
einen nur  oder  speziell  archaischer  Kunst  eigenen  zeichnet  hatte.  Nach  Lactant.  div.  inst. 1,11, SS 
Gegenstand  darstellte.  Ob  der  Tr.  also  aus  dem  ,42,6  Brdt)  war  Zeus  selbst  der  Verfasser  ^ut 
6.  Jahrh.  stammte,  oder  aus  der  Zeit  der  kni-  monumentmn  posteris  esset  rerum  suarum\  Den 
dischen' Autonomie  (4.  Jahrb.,  I.Hälfte;  vgl.  Namen  des  Zeus  TgLcpvXiog  nennt  Diod.  schon 
Pomtow),  bleibt  abzuwarten.  Im  ersten  Falle  5,42,5,  die  Überlieferung  bei  Lact,  heißt  ihn 
wäre  der  archaische  Gruppenrest  von  der  Akro-  Jupiter  Triphylius,  der  sich  wohl  mit  dem  Zeus 
polis  DicJcins  Cat.Acr.l  nr.  571  zu  vergleichen,  Panchaios  deckt;  s.  ob.  Bd.  3,  1,  1497,  47  if. 
im  anderen  das  wie  einem  Rundwerk  entnom-  "lyiexai,  tov  Jiog  xov  Tgicpvliov  heißen  die  P^in- 
mene  Stück  aus  Smyrna,  Berliner  Skulpturen  50  wohner  der  Stadt  Panara  auf  Panchaia.  Vgl, 
809,  Eekule,  Gr.  Skulpt.^  S.  197.  [Mayer.]  K.  Hoeck,  ^refa  3  (1829),  327;  CalUmachea,  ed. 
Triopeis  wird  Mestra  (s.  d.),  die  Tochter  des  (9. /Sc/meÄr  2  (1873),  252;  l^r.Pfister,  Reliquie n- 
Erysichthon,  Enkelin  des  Triopas  (s.  d.)  von  kult  {Rel.  Vers.  Vorarb.)  6, 1(1909),  SSI  i. 
üvid,  met.  8,  872  genannt.     [Pfister.]  [Preisendanz.] 

Triopides,  Nachkommen  des  Triopas,  Kai-  Tripliylos  {Tgi(pvlog)^  Sohn  des  arkadischen 

Um.hymn.in  Cer.  Sl.   Bei  Ovid,  met.  8,751  wird  Stammheros  Arkas  und  der  Laodameia,  Polyb. 

Erysichthon  Triopeius  genannt.     [Pfister.]  4,77,8;  Pat<Ä.  10,  9,  5  (der  betont,  nicht  Erato 

Triopios  s.  Triopas.  sei  die  Mutter  des  Tr.;  s.  dazu  Pomtow,  Mitt. 

Triops  s.  Triopas.  Arch.  Inst.  14  (1889),  28),  Eponymos  von   Tri- 

Tripator  {Tginäxcog)  heißt  Athene  im  erstell  60  phylien;  vgl.  Eust.  Dion.  Per.  409.    Erasos  sein 

Bomos-Technopaignion  der  A.  P.  15,25,26;  vgl.  Sohn,  Paus.  a.  a  0.    Die  Tegeaten  weihten  u.  a. 

das  beigeschriebene   SchoUon:    6oi^  ä)  'Ad'r]vä-  Heroen  nach  369  auch  seine  Statue  nach  Delphi, 

qprjöl  öt  'Ad-riväv  iv,  xgi&v  cpvyai  naxigiov,   sv-  deren  Künstler  Samolas  war.     Sie  wurde  wie- 

•0-fv  Tgixoyivsiccv  y.aXüad-ai.    Ähnlich  heiQt  xgi-  der  aufgefunden;   erhalten  ist  freilich  nur  ein 

Ttaxgog  Orion  (oder  Ares)  bei  Lyk.  AI.  328 :  xql-  Standbein.     Vermutungen   über  ihre  Komposi- 

näxgco  cpaßydvcp  Äccvödovog.     Schol.  und  Para-  tion   s.  bei  Pomtoio- Bulle,  Studien  zu  Delphi, 

phrase  erklären:    Kandaon   ist   Orion  bei    den  Mitt.  arch.  Inst.  Sl  {190Q),4.S9{.  49 1;  „Tr.  setzt 

Boiotern,    oder  Ares;    seine   Väter   sind   Zeus,  vielleicht   den    Fuß    auf  ein   erlegtes  Tier  .  ,  , 


1127 


Triplasios 


Triptolemos 


1128 


1)  J«'aurk  «i««  iripu,  bcUwariing.  \  aüuuüiiil  (uaoü  Gerhard, 
VoitHh.  I  Taf.  44^. 

Anspielung  auf  das  bergige  Laml  der  Jäger 
und  Hirten''.  In8chrift:  7p[i'(j?Juios  vgl.  Bull. 
Cwr.  Bell.  21  (1897),  282.  Auf  dem  zur  Heroen- 
gruppe gehörigen  ApoUonstein  ein  Epigramm 
mit  einem  auf  Tr.  bezüglichen  Distichon  (Pom- 
totv  a.  a.  0.  463  und  Beiträge  zur  Top.  v.  Delos 
64f.):  Aaod d IIS la  S'  ^zixrf  Tgicfvlov,  Ttatg  k\(iv- 
%lavTog]y  royyvXov  ix  novQCcg  d'  fiv  kiukovg 
'EQoclcog].  Auf  diesen  Versen  beruht  die  Kennt- 
nis des  Pausanins,  und  auch  Polybios  hat  „nur  40 
durch  seine  Herkunft  aus  Mcgalopolis  von  die- 
ser dort  in  Umlauf  gesetzten  Lokaltradition 
erfahren.  Noch  Strabo  weiß  kein  Wort  von 
der  ehemaligen  Existenz  eines  Triphylos,  8, 
337",  PonUow,  MdL  arch  Jnst.  14,24,1.  der 
vermutet,  es  bandle  sich  hier  um  eine  für  be- 
stimmte Zwecke  zurechtgemachte  genealogi- 
sche Erfindung.     [Preisendanz.] 

Triplasios  (TgiTtkaaiog) ,    Beiname   des   Mi- 
thras,  nach  Alb.  Dieterich,  Bonner  Jahrbücher  50 
1902,  33 f.:   'die   aufgehende,  leuchtende  und 
niedergehende  Sonne'.  [Höfer.] 

Triplex  im  selben  Sinne  wie  triformis  (s.  d.) 
ist  gebraucht  von  1)  Diana.  Ocid.  Heroid.  12, 
79:  per  triplicis  vultus  arcanaquc  sacra  Dianue 
und  Fast.  1,387:  (cervaj  tnplici  pro  virgine 
caesa  Dianae.  ('IL  6,511  ==  Buecheler,  Carm. 
Lat.  epigr.  (2  p.  727)  nr.  1529  B:  irtjjhcis  cultor 
venerande  Dianae;  auch  Petron.  fragm.  20 
P.  112  B.  (bei  Terent.  Maur.  gramm.,  dt  metris  6o 
2862  f.:  triplici  vidcs  ut  ortii  Triviae  rotetur 
ignis):  Tricia  triplex.  Dracont.  10,398:  regina 
polorum  triplex.  —  2)  Cerberus.  Ovid.met.  9, 
184/185:  nee  me  pastoris  Iberi  (d.  h.  des  Geryo- 
nes)  I  forma  triplex  nee  forma  triplex  iua,  Cer- 
here,  movit.  Vgl  Claudian.  liapt.  Proserp.  1,  85 
{Mon.  Germ.  hitt.  Auct.  aidi.i.  10  p.  353):  latra- 
tum  triplicem.  —   '•*>)  Geryones.   Ovid.  met.  9, 


iuacri.  tjr 


184  f.,  s.  nr.  2.  Claudian.  In  Bufi- 
num  1,  294  {Mon.  Germ  hist.  Auct. 
ant.  10  p.  29):  Geryon  triplex.  Auson. 
26  (Griphus),  82  =  Mon  Germ.  hist. 
Auct.  antiq.  5,  2  p.  131 :  Geryones  tn- 
phces,  triplex  conpago  Chimaerae.  — 
4)  Chimaera  s.  nr  3.  —  5)  Scylla 
(s.  oben  Bd.  4,  Sp.  1024,  Skylla  I), 
Auson.  26  (Griphux) ,  «3  =  Mon. 
Germ.  a.  a.  0. :  Scylla  triplex,  com- 
missn  tiibus,  cane  virgine  pisce.  — 
Außerdem  heißt  auch  Ö)  das  Weltall, 
wie  triformis  (s.  d.  nr.  7),  so  auch 
triplex  bei  Ooid.  met.  12,40:  triplicis 
con/inia  mundi;  vgl.  5,  368:  triplicis 
regni.     [Keune.J 

Tript<»lemos  (Tpt«roXa^off).  Die 
älteste  literarische  Erwähnung  des 
T.  gibt  zu  Anfang  des  6  Jahrhun- 
derts der  homerische  Demetorhymnus 
(v.  153.  474).  T.  ist  dort  einer  der 
eleusinischen  Könige,  bei  denen 
Demeter  in  ihrer  Not  um  die  ver- 
lorene Tochter  liebevolle  Aufnahme 
gefunden  hat  und  denen  sie  die 
Mysterien  offenbart:  dt/^e  .  .  .  Sgriß- 
(ioavvriv  d"'  hgäv.,  xal  inetpgaösv 
ögyia  Tt&ßiv  OB^iva.  .  . . 

Einige  Jahrzehnte  später  geben 
sf.  Vasenbilder  einen  Begrilf,  wie 
attischer  Volksglaube  sich  T.  vorstellte  (Über- 
sicht bei  Pringsheim,  Archüolog.  Beiträge  zur 
Geschichte  des  eleusin.  Kults  S.  95 ff.):  er  ist  ein 
bärtiger  Mann  von  würdigem  Aussehen,  mit  dem 
Szepter  als  Abzeichen  seiner  Würde,  fährt  auf 
einem  Sessel,  der  mit  Rädern  aungestattet  ist 
(Furtirängler,  Antike  Gemmen  III  S.  208,  1),  und 
trägt  Ähren  in  der  Hand.  Das  GetUhrt  geht  bis- 
weilen durch  die  Luft;  so  Abb.  1.  Ob  die  Per- 
sonen, die  in  feierlicher  Haltung  dabeistehen, 
Götter  oder  Menschen  sein  sollen,  wird  sich 
schwer  entscheiden  lassen.  Die  Fahrt  durch  die 
Luft  und  das  merkwürdige  Fuhrwerk  zeigen  an, 
daß  es  sich  um  die  wunderbare  Fahrt  eines 
göttlichen  Wesens  handelt.  Die 
Dar  .Stellungen  auf  sf.  Vasen 
sind  einander  in  der  Haupt- 
sache gleich.  Wir  dürfen  sie 
demnach  zurückführen  auf  eine 
bekannte  kultische  Handlung 
oder  auf  ein  Kultzwecken  die- 
nendes Bild.  Einsam,  wie  nach 
diesen  Vasenbildern,  fährt  T. 
auf  einem  Skarabäus  aus  Cor- 
neto  auf  dem  mit  Flügeln  ver- 
sehenen Thron  wagen  durch  die 
Luft  (Abb.  2). 

Diese  Bilder  haben  ein  Gegenstück  in  Dio- 
nysosdarstellungen auf  sf.  Vasen,  wonach  der 
Gott  mit  der  Rebe  in  der  Hand  auf  einem  Wagen 
f'iihrt' Gerhard,  Auserl.  Vas.l.  Taf  XL).  Hier  kön- 
nen wir  die  Darstellungen  zurückführen  auf  das 
Umherführen  von  Dionysosbildern  zu  kultischen 
Zwecken.  Beim  Umfahren  soll  der  Gott  Segen 
über  das  Land  verbreiten  (Nilsson,  Gr.  Feste 
280 ff.;  Frickenhaus,  Der  Schiffskarren  des  Dio- 
nysos, Jahrb.  des  arch.  Inst.  1912,  7 2 ff.;  Fisler, 
Schiffsumzüge  und  Seeräuberspiel  im  altgriech. 


2)  T.  durch  die  Luft 

fahrend  {nachA'Mr^ 

wängler,  (rcinmen  HI 

S.  20^  Fig.  133). 


1129 


Triptolomos 


Triptolemos 


1130 


DionysosluU,  Baye- 
rische Hefte  für  VoIIh- 
kiuule  I  1914,  214 ff.; 
K.  Helm,  AUgerwa- 
nisclte  Helitjionsgesch 
I  180  tf.).  Wie  hier 
'i\ ,  ist  vielfach  De- 
meter, die  iv  ^riQoi- 

ÜIV  ixTQtCpSl  ßQOTOVg, 

<lem  Dionysos  ent- 
j^egengestellt ,  der 
ßoTQVog  vyQov  -nibii* 
rJ)QS  xsi6r]VBY>iccro 
Kurip.   Bakch.  277. 

•J7y). 

Die    Entsendung 

des  Ikarios  mit  dem 

iiebzweig  dürfen  wir 

als  Nachahmung  der 

Fahrten  des  Tripto- 
lemos und  Dionysos 

ansehen  (s.  ob.  Ika- 
rios 1   und   Nilsson, 

Eranofi  15  (1916),  188). 

T.  fassen  wir  nach  den  bildlichen  Darstel- 
lungen auf  als  eine  göttliche  Person,  sei  es  als 
Gott  oder  Heros,  der  mit  der  Ähre  durchs  Land 
fährt,  um  Getreidesegen  zu  verbreiten,  oder  der 
eben  ausfährt,  um  den  Menschen  das  Getreide 
zum  Pflanzen  zu  bringen.  Bei  Gerhard  I  Taf.  XLI 
ist  er  auf  seiner  Fahrt  von  Hermes  begleitet. 
Auf  einem  andern  sf.  Vasehbild  {Gerhard  I 
Taf.  XLIII)  steht  vor  T.,  der  mit  einer  Ähre  in 
der  Hand  auf  dem  Wagen  sitzt,  ein  Mann  in 
bittflehender  Haltung,  der  mit  der  einen  Hand 
den  Fuß  des  T.  zu  berühren  scheint.  Mög- 
licherweise will  er  sich  dadurch  etwas  von  dem 
göttlichen  Segen  sichern  (vgl.  Weinreich,  An- 
tike Heilungswunder  hl  ^.  67lf.V 


3)  T. 


it  dem  Ptlug  neben  Demeter  und  Persephone,  böotiecber  Skyphos  des  Berliner 
Museums  (nach  Athen.  Mitt.  24,  1899,  Taf.  7). 

Boll,  Sphaera  354  f.  Über  T.  unter  den  Stern- 
bildern 8.  Boll,  Sphaera  111.  123,1;  ferner  unten 
im  Suppl.  Sternbilder;  Furtwängler,  Gemmen  2 
S.  255).  Von  den  an  den  Haloen  verwendeten 
anaQ%ai^  die  als  Steuer  in  Eleusis  eingingen, 
erhält  T.  sein  Opfer  d.  G.  I  suppl.  27b,  36 ff.; 
oben  bei  Thea  Sp.  536  f.).  Nach  einer  Inschrift 
aus  dem  Anfang  des  5.  Jahrh.  bekommt  er 
neben  anderen  Gottheiten  ein  Opfer  (7.  G.  1 1,5; 
vgl.  V.  Prott,  Äth.  Mitt.  24  (1899),  252  ff).  Paus. 
1,38,6  berichtet  von  einem  Tempel  des  T.: 
'EXevßLvloigt  dh  ^an  ^ihv  TQinxoli^ov  vaos.  Un- 
ter seinen  Trümmern  ist  das  bekannte  eleusi- 
nische  Relief  gefunden  worden,  das  oben  unter 
Kora  Sp.  1347  besprochen  ist.  Eine  Übersicht 
Bei  den  Fahrten  des  T.  wird  es  sich  handeln  40  über  die  eleusinischen  Bauten  geben  Lenormant 


um  ein  kultisches  nsQiä.yBoQ'cci  oder  TtsQicpi- 
QsQ'ai  oder  um  die  Epiphanie  des  Gottes  bzw. 
Heros.  Demnach  wäre  T.  in  Eleusis  ein  Lokal- 
gott oder  -heros,  der  den  Fluren  Segen  bringt, 
besonders  Getreide  spendet.  Seine  göttliche 
Natur  bestätigen  die  literarischen  Nachrichten : 
Paus.  1,  38,  6  Tb  ös  nsdiov  rö  'Pdgiov  öjcccgi^vai 
TtQ&rov  XiyovGi  'kccI  tcqcötov  ccv^f]öaL  xaQTtovg 
xcci    Siä    zovxo    ovXalg   i^    ccvxov  %Qfi6d'ai  oq)iöt 


und  Pottier  im  Dict.  von  Daremberg-Saglio  unter 
Eleusinia  S.  558  tf. 

über  Athen  erzählt  Paus.  1,  14,1:  vccol  öh 
vnsQ  xriv  'AQr\vr\v  (sc.  ' Evvedv.Qovvov)  u  ^hv  ^ij- 
^riXQog  Ttsitoirixai  xat  K6()7]5,  iv  ds  xm  Tqitixo- 
Xe(iov  -nsi^svov  iaxLv  ayaX^icc  (vgl.  Judeich,  Topo- 
graphie von  Athen  355).  Eine  Nachbildung 
dieser  Bildsäule  will  v.  Brauchitsch,  Die  pan- 
athenäischen  Preisamphoren  112,  vielleicht  mit 


■acci  7foi£L6d-ai  nsniiaxcc  ig  xag  Q-vaiag  'A.ccd'hxr]-  50  Recht,  in  den  kleinen  Triptolemosdarstellungen 


^sv.  ivxavQ-cc  aXoag  ^iccXovaivr}  TQLTtxoXiiiov  ncci 
ßcoiibg  SsUvvxcci.  Eine  Inschrift  aus  Eleusis 
vom  Jahre  329/8  erwähnt  xijv  aXco  xr]v  Isqccv 
{Eph.  arch.  1883  S.  122,  20).  Danach  steht  T. 
n>it  dem  Wachstum  des  Getreides  in  Verbin- 
dung {Nilsson,  Studia  de  Bionysiis  Atticis  9 6 ff.; 
Buhensohn,  Die  Mysterienheiligtümer  von  Eleusis 
itnd  SamofhrakeQ4:  u.  115 ff.;  Pringsheim  sl. a.  0 . 
109 ff.;  Jacohy,  Das  Marmor  Parium  S.  65 ff".; 
s.  ob.  bei  Kora  Sp.  13 25 f.).  Auf  der  rarischen 
Ebene  waren  uralte  heilige  Pflügungen  zu  Ehren 
des  T.  Daher  wird  er  als  Erfinder  des  Pfluges 
und  erster  Pflüger  genannt.  Vgl.  Kern  in  der 
Beal-Enz.  unter  'Pagiov  und  Bubensohn,  Ath. 
JfiY^.  24(1899),59ff.  und  Abb.  3  hier.  Wenn 
der  Pflüger  T.  neben  Osiris  gestellt  wird,  so 
ist  das  eine  für  den  T.-Mythos  wertlose  spä- 
tere Kombination  (ßervius  zu  Verg.  Ge.  1, 19;  vgl. 

KoscHEK,  Lexikon  der  er.  u.  röm.  Mythol.    V. 


auf  den  Säulen  der  panathen.  Preisamphoren 
(s.  unten  Sp.  1135)  und  in  Münzzeichen  sehen. 
Diese  kleinen  Darstellungen  gehen  auch  in  an- 
deren Fällen   auf  statuarische   Werke  zurück. 

In  einem  Scholion  zu.  Aristoph.  Ach.  47  wird 
ein  IsQsvg  JiJiiriXQog  yial  TQLnxoXiiiov  erwähnt, 
ebenso  in  einer  Inschrift  (/.  G.  III  704)  ein 
IsQsvg  TqltixoXe^ov.  Die  Begründung  für  den 
Kult  des  T.  ist  durch  das  ganze  Altertum  im 
wesentlichen  dieselbe  geblieben.  Vgl.  Arrian, 
Epict.  Diss.  1,4,  30:  TQinxoXiyLCo  .  .  .  Ugä  ycal 
ß(ü{iovg  Ttdvxsg  ävd'QCOTtoi  uvsaxdiiaGLv,  oxi  tag 
r]^SQOvg  xQocpäg  rjiilv  ^dca-nEv. 

Neben  T.  kannte  man  in  Eleusis  andere  gött- 
liche Wesen  desselben  Ranges,  die  miteinander 
verbunden  wurden.  Griechischer  Anschauung 
entsprechend  redete  man  von  einer  alten  Königs- 
familie.    Im  homer.  Hymnus  auf  Demeter  sind, 

37 


1131 


Triptolemos 


Triptolemos 


1132 


ohne  daß  auf  Verwandtschaft  eingegangen 
wird,  nebeneinander  als  Könige  genanut^v.  474  f.) 
TgiTiTolEucp  Ti  dioxXst  vt  jtlri^ixTiat^  £ü/id/l;rov 
f«  ßifj  Kslsä  O'*  i]yi]tOQi  Xadtif.  Nach  später 
umgehender  Anschauung  herrschte  ein^c  in 
Kleusis  Keleos  mit  seiner  Gemahlin  Metaneira 
(B.  oben  bei  Keleos  und  Metaneira,  dazu  Mar- 
mor Par.  Abs.  12  f.  und  Jacobyä  Bemerkungen 
Ö.  62  ff.).     Ihre  Söhne  waren  Triptolemos  und 


keine  yduri  ableiteten,  deren  ßeteiligang  an  den 
eleusimscheu  Mysterien  gewiß  wtlre.  Oenn 
die  Be^ieüung  der  Krokoniden  und  Koironiden, 
die  auf  T.  zurdckgeführt  werden,  zu  den  My- 
sterien ist  dunkel  (oben  bei  Kiokou  und  Koi- 
ron,  ferner  Töp/fer,  AU.  Genealogie  136  tf.). 

Unter  den  Lokalgöttern  dea  ö.  Jahrb.  war, 
wie  die  V^asenbilder  wabrscheiulich  machen, 
T.   der   erste.     Doch    wuide    er    bald    in    Ab- 


Demophon.     Die  (oben   unter  Demophon   und  lo  hängigkeit  gebracht  von  einer  göttlichen  Maciit 
Kora  Sp.  1316  ff)    behandelte    Feuerläuterung       ^       «      -  .... 

des  Demophon  {Hom.  Hymn,  auf  Dem.  28»  ff.; 
wird  nach  Ooid,  Fast.  4,  64Uff.  u.  Seroius  zu 
y^rg.  G.  1,  la  u.  163  auch  au  T.  vollzogen.  Vgl. 
Wemreich,  Ant.  Ueüungswunder  68  ff.;  Bert- 
hold, Die  UnverwunJbarkeit  in  Sage  u.  Aber- 
glauben der  Griechen  U  ff. ;  0.  Ci-usius,  Beitr. 
"f  griech.  Myth.  u.  Relgesch.,  Prgr.  Lpe.  2üf.; 
ii.  Maaß,  Ant.  Seelenfeste,  Intern.  Monatsschr.  f 


der  längst  an  vielen  Orten  Griechenlands  da» 
Wachstum  des  Getreides  unterstellt  war,  von 
Demeter  (oben  bei  Kora). 

Die  literarischen  Berichte  lassen  uns  zunächst 
wieder  ziemlich  im  Stich.  Dagegen  ist  T.  auf 
rf.  Vasenbildern  sehr  häuBg  dargestellt  (Abb 
oben  bei  Kora  Sp.  13691.).  Aber  er  fahrt  jetzt 
nicht  mehr,  wie  auf  den  sf.  Vasen  selbständige 
sondern  im  Dienste   der  Demeter.     Sie  sendet 


^^»sensch.,  Kunst  u.  Technik  19 IS,  Heft  6,  670  f.  20  ihn  aus,  oder  Demeter   und  Kora  sind  wenig- 

Als  Bruder  des  Keleos  wird  Dysaules  ge- 
nannt (oben  bei  Dysaules,  dazu  Malten,  Arch. 
f.  Bei.  Wiss.  12  (1909),  428 ff.;  A.  Dieterich,  Kl. 
Schriften  126ff ).  Im  orphisch  beeinflußten  My- 
thos sind  T.  und  Eubuleus  die  Söhne  des  Dy- 
saules und  der  Baubo  (über  die  Verwechslung 
der  beiden  vgl.  Kern,  Ath.  Mitt.  16  (1891),  1  ff.; 
Bhilios,  ebenda  20  (1895),  261  ff.;  Collignon,  Ge- 
schichte der  griedi.  Plastik,  deutsch  von  Baum- 
garten 2, 322  f. ;  Gruppe,  Gr.  Mythol.  u.  Relgesch.  30 


67),  oder  T.  steht  neben  Dysaules,  dessen  Züge 
als  Urmensch  bisweilen  auf  ihn  übertragen 
sind  {Malten  a.  a.  0.  428  ff.). 

Die  Eltern  des  T.  werden  je  nach  mytholo- 
gischer Spekulation  und  lokaler  Sagengestal- 
tung verschieden  angegeben:  außer  den  schon 
genannten  Vätern  Dysaules  und  Keleos  werden 
angeführt:  Eleusis  bzw.  Eleusinos  (oben  s.  v.), 
Ikariüs  (oben  s.  v.),  Trochilos  (unt.  Sp.  1136,  57), 
Uranos  und  Ge  (Paus.  1,  14,  2;  Apollod.  1,  4,  6),  40  Gemme,  „in  statuarischem  Motiv  . .  .  mit  poly 


steu.s  anwesend  bei  seiner  Ablahrt  und  reichen 
ihm  eine  Schale  zur  Spende.  Als  Übergang  in 
der  Autfassung  darf  wohl  das  sf.  Vasen  bild  bei 
Ooerbeck,  K.  M.  Taf.  XV  6  angesehen  werden^ 
auf  dem  T.  noch  bärtig  ist,  Demeter  und  Kora 
dabei  stehen,  als  er  ausfährt.  Eme  Abhängig- 
keit des  Heros  ist  aber  nirgends  angedeutet. 
Er  scheint  noch  selbständig  neben  den  Göt- 
tinnen zu  stehen. 

Noch  eine  Veränderung  ist  mit  dem  Heros 
vorgegangen:  während  er  früher  als  reifer  Mann 
bärtig  dargestellt  war,  ist  er  jetzt  unbärtig, 
ein  zarter,  schöner,  oft  weicblicher  Jüngling 
oder  Knabe,  ein  rechtes  Muttersöhnchen  mit 
langen  Locken  und  schönen  Kleidern  (vgl.  den 
Wandel  in  der  Gestalt  des  Theseus,  der  seit 
Ausbildung  des  rf.  Vasenstils  ebenfalls  jugend- 
lich schön  dargestellt  wird  [oben  bei  l'ueseus 
Sp.  729tf.j).  Als  Jüngling  erscheint  T.  auf  einer 


was  wohl  auf  orphischer  Überlieferung  beruht, 
die  vielleicht  wieder  auf  die  Volksreligion  zu- 
rückgeht, welche  Ackerbauheroen  gern  mit  Ge 
verbindet.  Wenn  als  Mutter  Polymnia  genannt 
ist,  80  soll  T.  dadurch  wohl  dem  Kreise  des 
Musaios  nahegebracht  werden  {Gruppe,  Gr. 
Mythol.  u.  Relgesch.  56).  Vgl.  Jacoby,  Das  Mar- 
mor Par.  S.  64  f. 

Die    verschiedensten   Einflüsse   gehen    wirr 


kletisierenden  Formen",  die  Linke  hält  den 
Griff  eines  Pfluges,  die  Rechte  Ähren  und  Mohn 
{Furtwängler ,  Gemmen  Taf.  44,  »).  In  einem 
Jüngling,  der  aus  dem  Bausche  seiner  Chlamys 
Samen  streut,  vermutet  Furtwängler,  Taf.  31,34 
allerdings  mit  einem  Fragezeichen,  den  T.  Man 
wird  ihn  aber  ebensowenig  mit  Bestimmtheit 
auf  T.  deuten  können  wie  den  bärtigen  und 
den  unbärtigen   Mann  (Taf.  21,  62  u.  63),    vor 


durcheinander  (vgl.  noch  oben  Diocles.  2  Eumol-  50  denen    eine    weibliche    Gestalt    aus    der   Erde 


pos  und  lakchos,  der  bes.  in  der  bildl.  Dar 
Stellung  bisweilen  mit  T.  verwechselt  worden 
ist;  dazu  Kern  in  Pauly-Wiss.,  Real-Enc.  s.  v.; 
Foucart,  Les  mysteres  d' Eleusis  110  f.  u.  Svo- 
ronos,  Eph.  arch.  2d[VJ  11], '69  S.).  Bald  wird 
mehr  von  Mitgliedern  einer  mythischen  Königs- 
familie gesprochen,  dann  wieder  scheint  es 
sich  um  Heroen  zu  handeln,  die  früher  ziem- 
lich oder  ganz  selbständig  nebeneinander  stan 


kommt,  in  der  Furtwängler  Ge  oder  Köre  sieht; 
sie  hält  eine  Ähre  in  der  Hand,  nach  der  die 
männliche  Gestalt  greift.  Die  Darstellung  ent- 
spricht allerdings  der  Auffassung  des  T.  auf 
Münzen  von  Eleusis  und  in  größeren  Bildern, 
die  in  griechisch-römischer  Zeit  weit  verbreitet 
waren:  Athen.  Mitt.  20,245tf.;  Overbeck  K.M. 
III  Text  581;  Robert,  Die  antiken  SarkophagA 
reliefs  3  S.  öODti'.;    Pagenstecher,  Galen.  Reite f-i 


den,  mit  der  Zeit  aber  zueinander  in  Verbin-  60  keramik  Taf.  19, 187  b.  22,  187  a. 


düng  gesetzt  wurden,  wobei  der  eine  in  Ab- 
hängigkeit vom  anderen  kam.  Gegen  die  An- 
sicht, daß  es  sich  bei  den  im  homerischen 
Demeterhymnus  474  f.  genannten  nur  um  Ver- 
treter alter  Adelsgeschlechter  handle,  deren 
Vorrecht  ehemals  die  Mysterien  waren,  spricht 
die  von  Rohde,  Psyche  1,  280  ff.  festgestellte 
Tatsache,  daß  sich  von  T.,  Diokles  und  Keleos 


Die  Veränderung  seines  Aussehens  ist  be-. 
dingt  durch  seine  Abhängigkeit  von  Demeterjj 
Das  Verhältnis  zu  ihr  nahm  das  eines  Kinde 
zur  Mutter  an.  Dadurch  war  zugleich  einer 
tiefen  religiösen  Bedürfnis  Rechnung  getragen:] 
man  wollte  Demeter  als  Mutter  kennzeichnen,] 
indem  man  ihr  ein  Kind  gab  (vgl.  Hari'ison,^ 
Proleg,^  562  f.; 


1133  Triptolemos  Triptolemos  1134 

In  T.  war  damit  zufjfloich  ein  Mittler  ge-  seile  läßt).  Die  Orphiker  haben  zur  Zeit  des 
Bchaffen  zwischen  der  j^roßen  (löttin  und  den  Peisistratos  in  Athen  «^Moße  l'ropaj^anda  ge- 
Menschen. Demeter,  Köre  und  T.  bildeten  fortan  macht,  Ihre  liChren  konnten  um  so  leichter 
eine  eng  verbundene  üreiheit  (Ptt.v7?<rt/t,  Atene  gerade  damals  Kingang  finden,  weil  die  Ver- 
e  Borna  9,7'.)).  H.  Seh ni der aYeiBuch  {Die  Aus-  einigung  von  Athen  und  Eleusis  am  Abschluß 
Sendung  des  T.,  Statuenyruppe  aus  der  ersten  war  und  dabei  so  wie  so  manche  Tradition 
Hälfte  des  5.  Jahrb.,  Stadel- Jahrbuch,  Frank-  geändert  wurde.  Für  die  eleusinischen  Myste- 
/wr^a. 3f.  1  [1921],23-tt'.\*einestatuari8cheGruppe  rien  hat  die  orphisehe  Lehre  allerdings  wohl 
dieser  Dreiheit  herzustellen,  auf  welche  das  be-  nur  in  Äußerlichkeiten  umgestaltend  gewirkt 
kannte  eleusinische  Relief  zurückgehen  soW,  lo  (Foucnrt,  Les  mysth-cs  d' Eleusis  2il  ff  ;  0.  Kern, 
hat  mich  nicht  überzeugt.  Orpheus,  eine  religionsgcsch.  Untersuchung  ?>i). 

Wenn  spätantike  Schriftsteller  berichten,  T.  Der  Raub  der  Köre  ward  jetzt  in  Eleusis 
habe  die Thesmophorien  gestiftet (6rrM/)jje a.a.O.  lokalisiert:  T.  und  Eubuleus  haben  Demeter 
1173,6),  so  ist  das  eine  wertlose  Kombination,  die  Stätte  des  Raubes  gezeigt.  Zum  Lohn  da- 
die  aus  seinem  nahen  Verhältnis  zu  Demeter  für  erhielten  die  Eleusinier  die  Gabe  der  Feld- 
erschlossen ist.  fruchte.    Ursprünglich  war  es  wohl  nur  T.  ge- 

Diese   Umwandlungen    des    T.  entsprachen  wcsen,   der   Demeter   vom    Raub    Kunde   gab, 

einem   Bedürfnis    der   griechischen    Religions-  .ImfiV/^s  jEJ/e»is,  4  (7^e// II  28f.)  nennt  ihn  allein 

entwicklung  des   6.  zum  5.  Jahrh,,   das  durch  neben  Keleos  und  Metaneira  (fairster,  Rauh  u. 

die  Erstarküng  des  mehr  persönlich  geBtalte-  20  Bückkehr  der  Persephone  i6,l)    Nach  Ckiudian, 

ten  Demeterkults  bedingt  w^ar,  de  raptu  Pros.  3,  48  war  T.  allein  von  der  Göt- 

Die  Athener  hatten  früher  eine  andere  Mut-  tin  belohnt,  also  ist  vorausgesetzt,  daß  nur  er 

tergottheit,   die   für   die  Saaten    wie    für   das  ihr  den  Weg    gewiesen    habe.      Malten  weist 

Wohl  der  ganzen  Stadt  sorgte,  Athene  {Fehr.le,  [&.  a.  0.  440,  b)  darauf  hin,  daß  bei  der  Aufzäh-. 

Die  kult.  Keuschheit  im  Altertum  IGDif.;    Ka-  lung  der  Ureinwohner  von  Eleusis  Bavßoi  aui 

linka,  Neue  Jahrbücher  1920,  412 f.).    Mit  dem  JvoavXri?  y.ccl   TgLTcröXsiiog   zunächst  nebenein- 

Wandel  Athens    zur   Handels-   und  Industrie-  ander  genannt  sind  und  Ev^^oXtios  tu  xal  Ev- 

stadt,   zur  Kriegsmacht   und    zur  Zentrale   der  ßovlsvg  mit  hi  dt  angefügt  werden,  so  daß  also 

Wissenschaft  und  Kunst  änderte  entsprechend  auch  danach  T.  nach  älterer  Auffassung  allein 

auch  die  Göttin  ihr  Wesen.     Bei  der  Vereini-  so  Sohn  des  Dysaules  und  der  Baubo  war. 
gung  von  Eleusis  mit  Athen  gab  sie  ihre  land-  In  einer  auf  einem  Papyrus  entdeckten,  in 

wirtschaftlichen  Funktionen  an  die  Kornmutter  den  Berliner  Klassikertextun  b,l  S.TflF.  verötfent- 

Demeterab  und  wurde  zur  „jungfräulichen  Herrin  lichten    orphischen    Er/ählung    vom    Koreraub 

der  geistig  hochstrebenden  Stadt".    Die  heili-  wird  zum  Schluß  auf  T.  hingewiesen, 
gen   Pflügungen    unter   der  Burg  wurden  jetzt  Dysaules,  der  erste  Mensch,  tröstet  nach  orph. 

der  Demeter  unterstellt  {Töpffer,   Att.  Geneal.  Überlieferung  die  Göttin.     Sein   Sohn  T,   tritt 

136  ff.).  auf  als  schlichter,  frommer  .Tüngling. 

Mit  Demeter   zog   auch  ihr  Liebling   T.   in  Die   orphische  Glaubenslehre   vom  jugend- 

Athen  ein  und  wurde  neben  den  eleusinischen  liehen  T.  wird  kaum   zufallig  mit  der  gleich- 

Göttinnen    am   Fuße    des    Burgfelsens    verehrt  40  laufenden     attisch-eleusinischen     Entwicklung 

{Pau>i.  1,  14, 1).  zusammentreffen. 

An  Stelle  des  alten  Heros  des  Pflügens  Bu-  Der  jugendliche  T.  sollte  nun  hinausfahren 

zyges  trat  jetzt  T.  (oben  bei  Buzyges).    Beide  in  die  Welt  und  als  Sohn  der  Demeter  und  als 

werden  in  später  Überlieferung  einander  gleich-  diccxavog   ihrer    Gaben    {Plat.  legg.  7 S2B)    den 

geaetzt  {Auson.Ep.  ad  Paul.  22  e(i.P(p.  275,47  f.,  Ruhm  Athens  verkünden,  das  mit  dem  Acker- 

Serv.  z.  Virg.  Ge.  1, 19).  bau  die  einst  rohe  Menschheit  zu  höherer  Ge- 

Athenes  alter  Kultgenosse  und  späterer  ju-  sittung  geführt  habe  und  in  den  Weihen  von 

gendlicher  Liebling,  der  Ackerbauheros  Erech-  Eleusis  die  höchste  Seligkeit  verkündet 
theus  bzw.Erichthonios,  der  Sohn  der  auch  durch  Er  befreit  die  Menschen  a  fero  victu  {Hygin, 

Demeter  verdrängten  Ge,  mußte  ebenfalls  dem  .50  Astr.  2, 14i  und  bringt  ihnen  die  alimenta  niitia 

T.  weichen  (Fehrle, Kult. Keuschheit  150f.  185 ff. ;  iOind.  Met.  5,G42ff.),  tov  TJ^iennv  yLccQTCov  (Pauf. 

Küster,  Die  Schlange  in  der  griech.  Kunst  u.  7,18,3.  8,4,1)  und   damit  mildere  Sitten.     In 

Beligion  98  t;  Petersen,  Burgtempel '^1;  Bobert,  gewissen,  wohl  asketisch-orphisch  beeinflußten 

Die  griech.  Heldensage  1,140;    v.  Wilamoicitz-  kreisen  wurde  er  nach  dem  Philosophen  Xeno- 

MöUendorff,  Aus  Kydathen  132,  wo   die  Ent-  krates  (Porphyr,  de  dbst.  4,22;    Hier,  ad  lov.  2 

Wicklung  anders  gegeben  ist),  p.  344  B  =  Bickel,  Diatribe  in  Senecae  frgm.  1, 

Bei  diesen  Umwandlungen  wurde  T.  mitver-  417)  gefeiert  als  alter  Gesetzgeber  Athens,  von 

verändert.    Der  plötzliche  Wechsel  der  Gestalt  dessen   Vorschriften  in   Eleusis  noch   die  drei 

bleibt  dabei  immerhin  auffällig,  besonders  wenn  bestehen:  die  Eltern  ehren,  den  Göttern  Früchte 

man   die  sonst  schrittweise,   nicht  sprunghaft  60  opfern,  keine  Tiere  töten  (vgl,  A.  Dieterich,  Ne- 

fortschreitende    Entwicklungsart    der    griechi-  kyia  165;   Hirzel,  Themis,  Dike  u.   Virwandtes 

sehen  Kultur  bedenkt.     Man  wird  deshalb  ge-  331,  4  und  343,  3), 
neigt  sein,  äußere  Einflüsse  zu  vermuten.  Verschiedentlich   veranlaßt  T.    Städtegrün- 

Der  von  lokalem  Glauben  verlangten  Um-  düngen  (i^■öan.  11,  44;    Malalas  2  S.  29.    Corp. 

Wandlung  kam  die  Lehre  der  Orphiker  zugute  scr.  hist.  Byz.;  Paus.  7,  18,  3;  Strdbon  14,5,12. 

und  beschleunigte  sie  {Malten  a.  a.  0.  428  ff.,  16, 1,  25).     Nach  Xenophon,  Hell.  6,  3,  6  iDeruft 

der  m.  E.    die   Entwicklung,   soweit  sie   nicht  sich  i.  J.  371  v.Chr.  der  attische  Unterhändler 

auf  orphische  Lehre  zurückgeht,   zu   sehr  bei-  Kallias    bei    Friedensverhandlungen    zwischen 

37* 


1135 


Triptolemos 


Triptolemos 


1136 


Athen  und  Sparta  auf  die  Kulturtat  des  T.  ro{) 
Ji^liriTQOs  Sh  xapjrot)  f/ff  nQmvr]v  rr}v  UeXonöv- 
vriaov  ffittgaa  ötoQi^auod^ai.  x&g  ovv  dixoiiov  »} 
vH&Sy  :fCiQ  wv  iidßsTS  öxig^iatay  rhv  rovrcav 
Ttorl  nagiTOV  iX^sI»  djjmoovtag^  J^M-^^S  tf,  oig 
^dmxafi£v^  firj  ovx^  ßovlBöd^cci  cbj  nXtiarr]v  TotJ- 
Toig  ictp^oviav  tQO(pi)s  ysvia^ai;  Wenn  wir  auch 
hier  die  starke  rhetorische  Aufmachuoj?  in  Be- 
tracht ziehen  müssen,  so  zeigt  die  Stelle  doch, 
daß  T.  als  alter  Kulturbringer  bekannt  war.  lo 
Seine  Kulturtaten  schließen  sich  immer  an  die 
Verbreitung  der  Landwirtschaft  an  {Preller^ 
Demeter  und  Persephone  2U4f.). 

Ein  bezeichnendes  Beispiel  dafür,  wie  die 
Athener  bestrebt  waren,  den  Kulturheros  von 
Eleusis  als  den  ihrigen  zu  betonen,  zeigen 
einige  panathenäische  Preisamphoren  aus  den 


6)  T.  mit  Schlan- 
gen {n&chfiiihoo/- 
BUnner  und  0. 
Keller,  Tier-  und 
Pßanxenhilder  auf 
Mümen  und  Gmt- 
inen, Taf.  12,  30) . 
Mü.   V.   Kyzlkoa. 


4  u.  5)  T.  mit  Ahren,  Brit  Museum  B.  604  (nr.  86)  (nach 
den  Abb.  der  M<muinenti). 

Jahren  367  imd  336  v.  Chr.  Die  Preisampho- 
ren, die  über  100  Jahre  nicht  mehr  gegeben 
worden  waren,  wurden  wohl  im  Zusammenhang 
mit  der  Gründung  des  attischen  Seebundes  i.  J.  40 
378  V.  Chr.  wieder  eingeführt  {v.  Brauchitsch, 
Die  panathen.  Preisamph.  81).  Der  Wohlstand 
Athens  war  wieder  gewachsen.  Auf  den  Säulen 
neben  der  Athene  wurde  jetzt  T.  angebracht. 
Vgl.  Abb.  4  u.  5  hier  und  bei  Brauchitsch  die 
nr.84.  85.  86  v.  J.  367  und  95.  96.  97.  98  v.  J.  336. 
Auf  den  Vasen  95.  96.  97  ist  ein  lehrreicl^är 
Unterschied  zu  älteren  Amphoren:  währe  od  die 
Säulen  früher  dorisch  waren,  haben  wir  jetzt 
ionische  Säulen.  Da,  wie  sonst  nachweisbar,  von  5o 
staatlicher  Seite  genaue  Vorschriften  über  die 
Ausstattung  der  Amphoren  (Anbringung  der 
Archontennamen)  gegeben  waren,  werden  auch 
die  ionischen  Säulen  einem  gehobenen  Patrio- 
tismus entsprechen,  wie  der  auf  denselben  Vasen 
dargestellte  T.,  der  an  Stelle  des  früher  üblichen 
Hahnes  trat,  welcher  zugleich  mit  dem  Beginn 
der  nach  den  Archonten  bezeichneten  Vasen 
verschwindet.  Die  so  einheitlich  geschmückten 
Vasen  sind  nicht  aus  derselben  Werkstatt.  Des-  60 
halb  können  wir  um  so  mehr  annehmen,  daß 
hier  eine  amtliche  Verordnung  maßgebend  war 
(v.  Brauchitsch  104.  110  f.).  Auf  athenischen 
Münzen  ist  T.  öfters  dargestellt  {Head,  Hist. 
num.^  384    386). 

Mit  den  Fahrten  des  T.  bringt  Boscher,  Der 
Omphalosgedanke  bei  verschiedenen  Völkern,  Ber. 
über  die  Verh.  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  70(1918), 


S.  V,  S.  69.  73.  76  den  eleusinisch- attischen  Om- 
phalos  zusammen,  der  Eleusis,  d.  li  Athen,  kenn- 
zeichuen  soll  als  ö^qpaloi,«  y»)g  u.  iLrirgonohi  rwv 
xagnäiv  {Xenoph.  de  vect.  1,6.  Aristid.  1  p.  168 
Dind.)  und  nicht  von  Delphi  entlehnt  zu  sein 
braucht. 

So  waren  die  Fahrten  des  Heros  umgedeutet. 
Er  fuhr  jetzt  in  alle  W«lt  hinaus  (vgl.  Gruppe» 
Zusammenstellung,  a.  a.  O.  1173,  6).  In  Achaia 
machte  er  den  eingeborenen  Herrscher  Eume- 
los  mit  dem  Getreidebau  und  der  Städtegrün- 
dung  bekannt  und  veranlaßte  so  die  Erbauung 
der  Städte  Aroa  {P fister,  der  Beliquienkult  im 
Ältertutn  68)  und  Antheia  (Paus.  7, 18,  3). 

Der  Sohn  der  Kallisto,  Arkas,  hatte  in  Ar- 
kadien den  Getreidebau  eingeführt,  den  er  von 
T.  gelernt  hatte  {Paus.  8, 4, 1). 

Auf  korinthischen  Münzen 
fährt  T.  in  einem  geflügelten 
Wagen,  der  von  Schlangen  ge- 
zogen wird  (Journ.  of  hell.  stud. 
0  [18851,  76). 

T.  kam  mit  Demeter  nach 
Sizilien  {Firm.  Math.  err.  prof. 
rel.  7,  4).  Vor  dem  Demeter- 
tempel in  Henna  stand  sein 
Bild  neben  dem  der  Göttin  {Cic. 
Fcrr.  2.  4,  49,  110  t*.).  Auch  auf 
Münzen  von  Henna  kommt  er 
vor  [Read*  137)  Zu  BoßbachB 
Ausführungen  über  Castrogio- 
vanni {Das  alte  Henna  in  Sizi- 
lien) vgl.  B.  ph.  Wo.  1914,  433.  575.  Die  Stadt 
Kyzikos  hat  ihn  auf  ihren  Münzen  (At>b.  6). 

In  Kilikien  soll  er  mit  den  von  Inachos  zur 
Nachforschung  nach  seiner  Tochter  ausireschick- 
ten  Argeiern  gewesen  sein  und  Tarsos  gegrün- 
det haben  {Strab.  14,  5, 12 ;  vgl,  16,  2, 5 ;  Knaack, 
Quaest.Phaeth.b9f^.,Mobert,Gr.Heldens.i,2bHW., 
bes  263  f.).  Auf  Münzen  von  Tarsos  ist  er  mit 
dem  Schlangen  wagen  Read  a.  a.  0.*  733.  Hill, 
Catalogue  of  the  greek  coins  of  Lycaonia,  Isau- 
ria  and  Cilicia  [1900]  195.  196). 

In  Sardes,  Alexandreia  (Head^  862)  und 
anderen  Städten  ist  er  auf  Münzen  bes.  der 
griech.-röm.  Zeit  häufig  {Ooerbeck,  K.  M.  3, 
Text  S  580  flf.;  Gruppe  56,9'.  Auf  einer  apul. 
Prachtamphora  in  Petersburg  ist  die  Entsen- 
dung des  T.  an  den  Nil  verlegt  {Overbeck,  K. 
M.  Taf.  XVI,  13  u.  Text  3  S.  554.  563;  Prings- 
heim,  Arch.  Beiträge  13  A;.  Dies  hängt  zusam- 
men mit  dem  Bestreben,  die  eleus,  Mysterien 
nach  Ägypten  zu  übertragen.  Vgl.  den  Artikel 
Eleusis  in  der  Meal-Enc. 

Auch  nach  Syrien  kommt  er,  in  Verbindung 
mit  der  losage  (oben  bei  lo),  nach  der  er  ein 
Argiver  wird.  Als  solcher  ist  er  Sohn  des  Tro- 
chilos,  des  ältesten  argivischen  Fuhrmanns  und 
zugleich  des  ersten  Hierophanten  {Bobtrt,  Gr 
Heldens.  1,  254,  3;.  Nach  einpr  späteren  Nach- 
richt {Malalas  2,  29)  ist  dort  lo  in  Verbindung 
gebracht  mit  einem  jährlich  wiederkehrenden 
Seelenfest  der  Bewohner  von  Antiochia. 

Sein  Sohn  Gordys  geht  nach  Armenien  und 
wird  dort  Eponym  von  Gordyaia  {Strab.  14,673; 
16,  750;  daraus  Steph.  Byz.  s.  rogövccia;  Joh. 
Antioch.  6, 14  =  FHG  4,  545). 

Große  Gefahren  hat  er  bei  den  Skythen  zu 


1137  Triptolemos  Triptolemos  1138 

besteheD,  deren  Könijf  Lynkos  ihm  nachstellt,  kam,  könnte  man  Bchließen  aus  Gregor  v.  Naz 

aber  zur  Strafe   dafür   von    Demeter  in   einen  or.  :}4, 4:    ovdh    Köqt}   tLg    initv    ügnaj^srai   xai 

Luchs  verwandelt  wird    oben  bei  Lynkos  .  JfiuTjxriQ  TcXav&tai.  ^al  KsXeovs  tivag  ineiadysc 

Der  Getenköni«^  Cliarnabon  tütet  dem  T.  eine  xal    TginroX^^ovs   %al    «^eaxofrat;    xal    ra    ^kv 

seiner   Schlangen,    Demeter  ersetzt  sie    durch  noist^    tu   (is  Tcäcxti.     Doch   zwingend    ist  der 

eine  neue  und  bestraft  den  König  [Hygin,  Astr.  Schluß  nicht.  In  Eleusis  wird  wohl  der  Schlan- 

1',  14).  genwa<ifen  zur  Zeit  des  Peisistratos  eingeführt 

Auf  den  sf.  älteren  Vu  sei  bildern  fährt  T.  auf  sein;    denn   so  weit  etwa  gehen  die  sf.  Vasen 

einem  Sessel,  der  mit  Hadern  versehen  ist,  die  ohne  Schlangen.     Dabei  mögen  die  Schlangen 

rf.  Bilder  zeigen  ihn  dagegen  häufig  auf  einem  lo  in    Verbindung    mit    Ercchtheus    und    Athene, 

Wagen,  an  dessen  Achse  Flügel  und  zu  dessen  deren  Erbe  T.  teilweise  übernahm,  nicht  ohne 

Seite  Schlangen  sind;  auf  anderen  Bildern  zie-  Bedeutung    gewesen    sein,    ebenso  der  Einfluß 

hen   die   Schlangen   den    Wagen.     Sie   sind  in  des  mit  orphischen  Elementen  stark  durchsetz- 

der  verschiedensten  Form  mit  dem  Gefährt  des  ten   Demeterkultes  Unteritaliens   und  Siziliens 

Heros  verbunden.  Die  Flügel,  die  bisweilen  am  (Kuhnert,  Arch.  Jahrb.  181)3,  104  ff.) 
Wagen  sind,   werden  auch  den  Schlangen  ge-  Als  Ackerbauheros  wird  T.  verschiedentlich 

geben.    Diese  haben  z.  B.  auf  einer  Münze  von  zur  Landwirtschaft  in  Beziehung  gesetzt.    Wir 

Kyzikos  große  Flügel,    das  Gefährt  ist   dabei  trafen  ihn  als  ersten  Pflüger  und  Erlinder  des 

kaum   sichtbar  (Abb.  6).    Deshalb   wohl  hatte  Pfluges  (oben  Sp.  1129),  er  ist  Hirt  {Clem.  AI. 

Head  in  der  ersten  Ausgabe  der  H.  n.  45'2  (s.  20  Vrutr.  2,20,  S.  15 f.  Stähl.),   nach   Kallimachos, 

die  zweite  ö25)  angenommen,  T.  reite  auf  den  Dcineterhymnos  21    lernt   er   bei    Demeter    das 

Schlangen  (vgl.  v.  Fritze,  Ä'omisma,  Unters,  auf  Ernten.    Er  ist  vereint  mit  den  verschiedensten 

demGebiet  der  antiken  Münzhmde  1  [1912],12  f.).  Gottheiten,  die  irgendwelche  Beziehungen  zum 

Vgl.  Demeter  mit  einem  ähnlichen  Schlangen-  Ackerbau  haben  (JRobcrt,  Die  ant.  SaikophagreV. 

wagen  auf  einer  Münze  von  Kyzikos  {Imhoof-  3,  511  ff). 

Blumer  und  Keller^   Tier-   und  Pflanzenbilder  Piaton   führt   in  der  Apologie  41  A  T.   bei 

Taf.  XII  31).  den  Unterweltsrichtern  an:  Mivag  rs  xal  'Pa- 

Die  Schlange  ist  bei  den  Griechen  nicht  nur  öä^ccv&vg  -/tori  Aiccabg  -/al  TQmxöXtiiog  -Aal  aXXot 
den  chthonischen  Mächten  beigegeben,  sondern  oaoL  tmv  rnii^ioiv  div.ccLoi  iyivovro  iv  reo  iav- 
auch  allen  Gottheiten  und  Heroen,  die  vor-  so  tmv  ßico.  Ihm  schließt  sich  Cicero  7'msc.  1,  41, 
übergehend  oder  dauernd  agrarische  Funktio-  98  an.  Im  Gorgias 'ö23f.  dagegen  nennt  er  nur 
i\en  hohen  {Küster,  Die  Schlange  S6,  bes.  137  ff.),  Minos,  Rhadamanthys  und  Aiako.s.  Diese  drei 
Der  athenische  Ackerbauheros  Erecbtheus  bzw.  bilden  das  RichterkoJlegium  auch  nuch  Demosth. 
Erichthouios  ist  zum  Teil  in  Schlangengestalt  18,  127;  Ps.-^lut.  cons.  ad  Apoll.  36;  Sen.  Ilerc. 
dargestellt  (Küster  98 f).  Zu  Demeter  hat  die  für.  733,  ebenso  nach  den  Darstellungen  unter- 
Schlange vielfach  Beziehungen  {Küster  140 ff").  italischer  Vasen.  An  die  Stelle  des  Mino»  ist 
Attische  Münzen  zeigen  sie  auf  dem  Schlangen-  T.  getreten.  Überblicken  wir  die  Gesamtheit 
wagen  {Overbeck,  K.  M.  580).  Schon  im  6.  Jahrb.  der  literarischen  und  bildlichen  Belege  {Gruppe, 
erscheint  Köre  oder  Demeter  auf  einem  lokri-  Gr.  M.  u.  Belgcsch.  862,  2;  Rohde,  Psyche  1, 
sehen  Relief  mit  dem  Schlangenwagen,  wie  sie  40  311, 1;  Harrison,  Prolcg.'^  60\)t;  Kuhnert,  Arch. 
nachher  auf  Reliefs  und  Münzen  mehrfach  dar-  Jahrb.  1893,  104  ff.),  so  erkennen  wir  den  Drei- 
gestellt ist,  meist  auf  der  Verfolgung  des  Räu-  verein  Minos,  Rhadamanthys  und  Aiakos  als 
bers  ihrer  Tochter  {Ausonia  3  [1908],  192;  Pa-  das  ältere  Kollegium.  Attischer  Glaube  fügte 
genstecher.,  Eros  u.  Psyche  n ;  Daremberg-Saglio,  den  T.  als  einen  der  gerechtesten  der  ersten 
Dict.  Art.  Ceres  S.  1053f).  Auf  sizilischen  Mün-  Menschen  hinzu.  Der  Landesfeind  der  Athener, 
zen  sind  Schlangen  vor  den  Pflug  gespannt  Minos,  wurde  in  der  attischen  Überlieferung 
{Preller,Demeteru.Pers.  Sil).  Ovid  fastA.bi'Jff.  getilgt;  somit  war  wieder  ein  Dreiverein  her- 
sagt von  Ceres,  die  soeben  den  jungen  T.  durch  gestellt.  Alle  diejenigen,  welche  durch  die 
Feuer  unsterblich  machen  wollte;  JDixit  et  egre-  Mysterien  in  Eleusis  ein  gutes  Leben  im  Jenseits 
diens  nubem  trahit  inque  dracones  transit  et  ali-  50  erhofften,  wie  es  schon  im  hom.  Bemeterhymnus 
fero  tollitur  axe  Ceres.  v.  483f  verheißen  war,  mochten  es  begrüßen. 

Es  ist  leicht  verständlich,  daß  der  Schlangen-  einen  ihrer  Heroen  dort  als  Richter  zutreffen, 
wagen  der  Demeter  auf  den  Ackerbauheros  T.  Die  Verbindung  des  T.  mit  der  Unterwelt 

übertragen  wurde,  sobald  dieser  seine  Selbstän-  war    auch    von    anderen    Gesichtspunkten   aus 

digkeit  verlor   und   in  Abhängigkeit  von    der  leicht  herzustellen:   als  Ackerbauheros  hat  er 

Göttin  kam.  immer  mit  chthonischen  Mächten  zu  tun.    Per- 

Nach  einer  Bemerkung  im  Et.  M.  p.  395,  13  sephone  und  Demeter,  seine  Schützerinnen,  ha- 

hat  Sophokles  im    Tript.   die  Worte:   dgä-nows  ben  vielfache  Beziehungen  zur  Unterwelt  (oben 

d'aiQov  ä^cpiTtXl^  stXricpOTB  {vgl.  Nauck.  Tr.  gr.  bei  Kora  Sp.  1333 ff.;    Dietcrich,  Mutter  Erde 

fr."^  539).     Demnach  hat  er  bei  seiner  Erstauf-  60  70.  85 ff.;  Bohde,  Ps.  1,211). 
führung  i.  J.  468  den  Heros  auf  dem  Schlangen-  Malten  will  (a.  a.  0.  446  zu  S.  441,  3)  den  T. 

wagen  dargestellt.    Ob  die  Darstellung  des  So-  als   Totenrichter    auf   die    orphische    Jenseits- 

phokles  aus  dem  Kultspiel  von  Eleusis  stammt  lehre  zurückführen.  Diese  mag  mitgewirkt  haben^ 

oder  Erfindung  des  Dichters  in  Anlehnung  an  wird  aber  kaum  ausschlaggebend  gewesen  sein, 
bildliche  Darstellungen   aus   attischem  Mythos  In  der  äußeren  Erscheinung  des  T.  ist  jetzt 

oder  orphisch-unteritalischer  Demeterverehrung  vielfach   wieder  ein  Wandel  zu  bemerken:    er 

war,  wird  kaum  zu  entscheiden  sein.    Daß  der  ist  bisweilen  wie  früher  als  würdiger  bärtiger 

Schlangenwagen  im  Kultspiel  von  Eleusis  vor-  Mann  dargestellt  (Abb,  7).     Ebenso  erscheint 


1139 


Triptolemos 


Trismegistos 


1140 


7)  Die  Untanreltsriohter  Aiakos  (Unk  ior  Mitte)  und 

Rhftdamanthys  (rechts)  (nach  Furtwän^  /,  Oriech.  Vasen 

HuUerei,  T»f.  10). 


er,  wenn  Hauser%  Deutung  des  Sarkopbages  von 
Torre  Nova  richtig  ist,  auf  Weihreliefs,  die 
auf  ein  Vorbild  des  4.  Jabrh.  zurückgehen  {Rizzo 
und  Haiiser,  Böm,  Mut.  25  [1910],  '287  ff.  und  91 ; 
8.  femer  die  Zusammenstellung  der  verschiede-  30 
nen  gleichartigen  Darstellungen  von  Svoronos, 
Eftiem.  arch.  29  [1911],  39ff,  und  die  Abb.  oben 
bei  Kora  Sp.  1358).  Rizzo  und  Hauser  sind 
darin  einig,  daß  es  sich  um  die  Einweihung 
des  Herakles  handle,  aber  in  der  Deutung  ein- 
zelner Personen  sind  sie  verschiedener  Meinung. 
Im  Gegensatz  zu  Rizzo  erklärt  Häuser  im  An- 
schluß an  Xenophon  {Hell.  6,  3,  6)  als  den  älte- 
sten Zeugen  dafür,  daß  Herakles  durch  T.  ein- 


(den  Speer,  der  im  Boden  steckt)  nsXi- 
^i^sv  igvaaeGd'ai  nsveaivcov  kann  TffXipit^tv 
bedeuten:  er  schüttelte.  In  der  Odyssee 
(p  125  findet  sich  der  Vers  wieder.  Hier 
kann  nsXiiii^sv,  das  vom  Spannen  des  Ho- 
j^ens  gebraucht  ist,  nicht  heißen :  er  schüt- 
telte, sondern:  er  strengte  sich  an.  n6Xt- 
itog  ist  demnach  die  Anstrengung,  dann 
der  Krieg,  wie  növog  auch  Kampfesmühe 
heißt.  In  dieser  Bedeutung  ist  das  Wort 
noch  erhalten  im  Neugriechischen  und  in 
griechischen  Kolonien  Unteiitaliens.  T.  ist 
also  der,  welcher  sich  dreimal  abmüht. 
Ist  nun  Tpi-  wörtlich  zu  nehmen  oder  als 
Steigerung,  als  pluralische  Zahl?  Im  erste- 
ren  Falle  wäre  an  die  rginoXog  r«io?,  das 
dreimal  gepflügte  Feld,  oder  an  die  Drei- 
zahl der  isQol  ägotoi  zu  denken.  Im  zweiten 
Fall  an  das  vielfache  Umpflügen  des 
Ackers  als  Sinnbild  harter  Arbeit.  ^  So 
mag  auch  der  erste  Pflüger  und  Sämann 
als  der  vielfach  sich  Mühende,  schwer  Ar- 
beitende, TtoXvnovog  oder  noXvyLuv^og  be- 
nannt worden  sein.'  Was  meine  Betrach- 
tung der  kultischen  Bedeutung  des  Heros 
ergeben  hat,  bestätigt  nach  Kretschmer  der 
Name,  der  'nicht  vom  Kampf  und  Krieg,  son- 
dern von  der  Arbeit  und  Plage  des  Acker- 
manns' kommt.  [Eugen  Fehrle.] 

l  Tris  (....)  ist  nach  der  Metzer  Weihin- 
schrift CIL  13,  4304  aufgeführt  bei  Holder, 
Altcelt.  Sprachschatz  2,  Sp.  1957.  Diese  Inschrift 
lautet:  Bis  M.  Senonum  (oder  Senuonum)  TRIS 
et  domin(o)  Mer(curio)  Cosumi ;  ex  ius(su)  Mer- 
cur(ii)  und  ist  eingehend  besprochen  von  Kenne 
im  Jahrh.  d.  Ges.  f.  lothr.  Gesch.  8  (1890),  1, 
S.  64  ff.  (vgl.  Tafelabbildung  IV  und  S.  254, 
wo  zu  verbessern:  Senuonutii),  der  ergänzt:  Bis 
M(atris)    Senonum    {Senuonum)    tris    und    tris 


geweiht  worden  sei,  den  bärtigen  Priester,  der  ^q  deutet  =  tribus  (S.  74—76)  oder  auch  =  Tri 


die  Weihung  vornimmt,  für  T 

Den  Namen  des  T.  habe  ich  bisher  außer 
acht  gelassen.  Er  scheint  zwar  sehr  durch- 
sichtig zu  sein;  aber  gerade  die  vorliegenden 
Deutungen  als  „Dreimalkrieger"  (v.  Wilamowitz, 
Aus  Kydathen  132;  0.  Kern,  Krieg  und  Kult 
hei  den  Hellenen  6;  Malten  a.  a.  0.  441,  3  u.  a.) 
einerseits  und  als  Gott  der  dreifachen  oder  der 
dritten  Pflügung  andererseits  {Usener,  Götter- 


vi(i)s  (S.  76—77).  Über  der  Inschrift  war  in 
einer  Nische  das  landläufige  Bild  des  Mercu- 
rius  angebracht.     [Kenne.] 

Trisavae,  Matres  — ,  ist  abweichende,  wohl 
irrige  Lesung  der  durch  handschriftliche  Quel- 
len der  ersten  Hälfte  des  17.  Jhdts.  überliefer- 
ten Weihinschrift  CIL  13,8633:  Matrihus  Fri- 
savis  paternis,  vgl.  Bramhach ,  CIRhen.  1970. 
Ihm,  Bonn.  Jahrh.  83,  S.  154  nr.  329.  Siehourg 


fiamen  141;  Gruppe  a.  a.  0.  49, 17  u.a.)  warnen  50  ebda.  105,  S.  96,   auch  Steuding  0.  Bd.  1,   Sp. 


^ur  Vorsicht.  Denn  sie  zeigen,  daß  die  Namens 
deutung  doch  schließlich  ausgeht  von  der  my- 
thologischen Gesamtauffassung  des  einzelnen 
Forschers.  Somit  kann  der  Name  höchstens 
angeführt  werden  als  Bestätigung  dessen,  was 
4ie  Erforschung  des  Mythos  und  Kultus  er- 
geben hat. 

Einen  zuverlässigeren  Boden  für  die  Erklä- 
rung des  Namens  T.  als  die  bisherigen  Deu- 
tungsversuche bietet  ein  Aufsatz  von  P.  Kretsch-  60 
mer  {Glotta  H  [1922],  51  ff.),  der  erst  nach 
Drucklegung  meines  Artikels  T.  erschienen  ist. 
Kretschmer  betont  richtig :  '  Das  Problem  des 
Namens  T.  liegt  in  dem  Widerspruch,  der  zwi- 
schen seinem  zweiten  Bestandteil  TcroXf^o?  und 
dem  Charakter  seines  Trägers  zu  bestehen 
scheint.'  Das  Wort  -xöXuLog  knüpft  er  an  an 
mXi^i^uv.    In  der  Rias  ^176:   vgl?   ^iv   fiLv 


1558  (wo  matres  statt  matronae  zu  ändern  ist) 
und  Ihm  in  dei'-Neubearbtg.  von  Faulys  Real- 
Encyclop.  des  class.  Alttrtumswiss.  7,  Sp.  105. 
Helm,  Altgermanische  Religionsgeschichte  l  (1913) 
S.  397.      ■  [Keune.] 

Trismegistos  (tQiötiiyiaToc),  Dreimalgröß- 
ter; vgl.  ob.  Bd.  2,2,  Sp.  2549ff.  'Megistos'. 
1)  Beiname  des  Gottes  Thoth- Herrn  es;  vgl. 
Bd.  6,  Sp.  855  d  ^Thoth';  W.  Kroll,  Real-Encycl. 
8,  1,  792—823;  Wetzer -Weite,  Kirchenlexikon 
12,  92  f.;  R.  Pietschmanns  Monographie  ^ Hermes^ 
Trismegistos^  1875;  Gruppe,  Griech.  Myth.  2, 
1239,4;  1484,2;  1604,6.  Häufig  begegnet  dasj 
einfache  ^Megistos'  bzw.  ^Megistö'  als  Epithe-j 
ton  zahlreicher  Gottheiten  in  den  Inschriften; 
Ägyptens  wie  fast  für  die  meisten  Götter  und] 
Göttinnen  (s.  ob,  Bd.  2,  Sp.  2550;  Br.  Müller A 
Msyag  &£6g,  Diss.philol.  Hol.  21,3.  1913)  sei 


1141  Trismegistos  Trismegistos  1142 

auch    für   Hermes:    Letrotine,   Recveil   des  in-      zur  Zeit  des  Sesostris,  habe  drei  ntylotug  vno- 
scriptionn  .  .  .  de  V Kgypie  1,  1842,  206.  Br.  Mül-       ataofig  gelehrt,  ^ikv  dl  dB6rriTa,  ebenso  Cedr. 
ler  nr.  227— 2;{3;  Pop.  lirit.  Mus.  40,  420,  wo       CSHByz.    1,   36  f.     [Loheck,    Aijluoph.     737  f. 
Wessely,  Denkschr.  Wien.  Ah.  36,  18H8,  öf.  ver-       Pidschmann  a.  a.  O.  36  f.],  ähnlich  Hpätcr  M<- 
bindet   v.oGiiov  ^r^Q^ul^ib  ^ibyiaxt.,   danach   auch       liteniotes  1607  ff.    Ein    Kpigramw   bei  Jioissoti- 
A.  Dietfridi,  Abra.ras  r.4.    Dagegen  kommt  die       n  ade  Anecd.  2,  Ulf.  erklärt,  Hermes  heiße  Tris- 
Bezeichnung  'Dreimal^rößter'  fast  nur  Hermes  megistos   ftxorwp:    ^ivriuovsvoag  iv   (Uro  tqitov 
zu.    Wird    sein   ilgyptischer   Name   ää,  ää   ur-  yfi'cV^or/  und  weil  er  (Toqpo?  TorravTax/g  gewesen 
tipriinglich  durch  ^Fya?  ^tyag  (CfGr  i691)  oder  sei;   vgl.  CyrilL  c.  lulinn.  5,  176  H:  'E(>fiot)  tov 
u^yag  ■xal  ^tycxg,  ^^ie  im  griechischen  Text  der  lO  tgUov  ty  Alyvnt(o  inidri^Yjaccvros.   Frei  von  der 
Rosettatia    wiederfjegeben    {Or.   Gr.   iriscr.   ed.  Sucht  solcher  Deuteleien  hat  sich  der  heidni- 
Ditt.  90,  19;   zur  Verdoppelung  des  ^syug  ebd.  sehe    Alchimist    Zosimus   {Phot.  hihi.  cod.  170) 
176  Anm.  3   juit   Literatur,   Wen  dl  and ,    Urchr.  gehalten;  er  nennt  neben  dem  'dreimalgroßen' 
/>/7<';vj^«r/on;/<'7<  1912*- ^  407.  20),  so  heißt  Her-  Piaton   in   natürlicher   Steigerung  Hermes   uv- 
nies  späterhin  positivistisch  Trismegas,  im  Pa^J.  Qio^tyag,    Text    bei    Tteitz.  Poim.   104,2    nach 
Ijond.  121,  560  Wess.  (ob.  Hd.  2,  Sp.  2051  f.)  und  Berthelot,  Alchimistes  grrcs.    Weitere  nichtgrie- 
Pap.  Greco-Kgizii  ed.  VitcUi  1  [1905],  50  kol.  chische  Deutungen  s.  efcrf.  174 f,  zu  den  orienta- 
1,97:  ein  Xi^oazQarog  (i(i6iiog^EQ(iov  d'fov  tqiö-  lischen  Erklärungen  vgl.  auch  A.  G.  Hoff'wann, 
utyälov  in  Hermui)olis,  268  n.  Chr.,  mit  super-  Ersch-Gruhers  Allg.  Encycl.  2,  fi,  3:^8  f.   Auf  Zu- 
lativischer  Betonung  seiner  Größe  xaro:  irävxa:  20  sammenhang   des  Namens   mit   der  dreifachen 
Trismegistos.  Eingehend  behandelt ie^rowwe,  Bündelkrone  des  Thoth  weist  Boeder  hin,  vgl. 
Recueil  1,  283—285  den  Namen,  wo  er  die  Bo-  '"Thoth',  Sp.  855  d.  So  wurde  auch  das  Epitheton 
setta}ia  bespricht.    Hier  fehlt,  Z.  19,  die  sakrale  des   Attis   als   tQino^-rixog  'Ä8(ovig  (Hippol  ref. 
dreinialitre  Steigerung;  nur  das  ^^yag  v.al  ^uyag  o.  haer.  5,9,8  [99,  14  Wendl.])    nicht    als  Ver-  . 
tindet    sich    für    Hermes.     Schon    Champollion,  Stärkung  des  einfachen  Wortes. hingenommen, 
Gramm,  c'fiypt.  S.  332  hat  beobachtet,  wie  drei-  sondern   man   schob   dieser  *■  Kultbezeichnung' 
faches  Wiederholen   eines   positiven   Adjektivs  besondere  Beziehungen  im  Reich  der  drei  Göt- 
im  Ägyptischen   den  Superlativ  ausdrückt,   so  tinnen    Aphrodite,    Persephonc,    Selene  unter; 
daß    dreifaches    fiiyccg   einem    ^Eyiorog   «rleich-  vgl.  Beitzen stein,  Poim.  85  (Anm.  4).  Man  könnte 
käme.    Danach  wies  Letronne  auf  die  lediglich  30  auch,   ohne  Rücksicht  .auf  die  Superlative  Be- 
superlative  Bedeutung  von  Adjektiven  wie  T(»/(>-  deutung    des  Wortes,    hinweisen    auf  die    be- 
yf'pcoj/,  XQiGdvGxr^vog,  xQLTCod-rjxos,  1er  felix  u.  a.  kannte  Dreiköpfigkeit  des  Hermes  TQLy.f(fccXog., 
hin;  vgl.  das  beliebte  Anhäufen  solcher  Kom-  Aristoph.  Triphal^s,  Mein.  Com. 2, 11^%,  Hesych. 
Positionen  bei  späteren  Autoren,  so  Theo  Smyrn.  s.  v.  'Eqii.  xqix.  ,  Lykophr.  Alex.  680  (u.  a.  bei 
exp.  rer.  Plat.  100,  13flP.  Hill.    Constant.  Man.  üsener,  Breiheit,  Bh.  Mus.  N.  F.  58,  1903,  167), 
Chron.  rec.  J.  Bekker  1837,  298 f.   Ind.  gramm.;  dem   dann  für  jede  seiner  Gestalten  der  Bei- 
vgl.  Usener,  Dreiheit,  Bh.  Mus.  N.  P\  58,  1903,  name   ^dyiaxog   zukäme.    Über   den    Charakter 
357.    Kretschmer,   Glotta  12,  1922,  52.    Davon  des  trikephalen  H.  s.  6rn*j9pe,  6r>.  3/i/^Ä.  2,  1322, 
trennt    Letronne    den    andern    Superlativ,    der  5;    B.   Schweitzer,    Herakles    1922,    66     84  ff.; 
durch    dreifaches    Wiederholen    eines    an    sich  40  vgl.    auch    die    dem    Hermes    verwandte    Ge- 
superlativen  Adjektivs   entsteht:  Hei  que  rgiö-  stalt  des  Seelenführers  Cbnuphis  in  den  Kyra- 
asyiöxog  trois  fois  trois  fois  (neuf  fois)' ,  For-  niden  (ed.  Mely  177,7).   Den  frühesten  Hinweis 
men,  wie  sie  auch  das  Griechische  nicht  häufig  der  Literatur   auf  Hermes   Trismegistos    sieht 
bildete,  vgl.  xgia^x^^f^'^og,  xQiG^Lcc^ccQLövog.  Wäh-  Kroll  a.  a.  0.  793,  35   in   der   Stelle  Mart.  PJp. 
rend  Jahlonsky,  Panth.  Aeg.  3,  10,18  und  Cham-  5,24,15:    ^Hermes    omnia    solus   et   ter   unus' ; 
polHon,  Panth.  eg.  15.  30,  den  'zweimalgroßen'.  Beitzenstein,  Göttin  Psyche,  Sitzungsber.  d.  Hei- 
'dreimalgroßen',  'dreimalgrößten'  Hermes  als  delb.  Ak.  1917,  10,  50\    w-ollte    sogar   das   Be- 
zwei   oder  gar   drei  Götter  auseinanderhielten  stehen    einer    römischen    Hermesgemeinde    zu 
(s.  Pietschmann  a.  a.  0.  30),   sah  Letronne  nur  Martiah  Zeit  aus  dem  Epigramm  ableiten  (für 
den   Einen   in  ihnen  {Bec.  1,  284).    Er  glaubt  50  '5,56'  1.  '5,24'),    ebenso   Hellenist.  Mysterien- 
aber,  daß  das  Wort  Trismegistos  zur  Zeit  der  relig.^  1920,  14 f.,  eine  Annahme,    die  er  jetzt 
Abfassung  der  Bosettana  noch   nicht  bekannt  (briefl.)  Y.nrücknimmt.  Beitzenstein  (Helleti.Wun- 
war,  sonst  hätten  es  die  Priester  von  Memphis  dererzähl.  127)  schließt  sich  auch  Paul  Vallette, 
dem  viel   schwächeren   ^iyag  -Aal  ^eyag  sicher  V Apologie  d' Apulee,  Paris  1908,  318,  an,  um  zu 
vorgezogen.   Er  hält  auch  so  gesteigerte  Super-  zeigen,   daß  auch  Apuleius  den  Hermes  Trism. 
lative  nicht  für  ägyptisch- sakral  und  ihre  hiero-  tijekannt  habe.    So  wahrscheinlich  das  an  sich 
glyphische    Darstellung    für    unmöglich.     Das  ist,   mir  scheint  die  Anspielung  auf  den  Her- 
wahrscheinlichste ist  für  ihn :  zur  Zeit  des  Epi-  mes   Ter  Maximus  gerade  bei  Martial  zu  feh- 
phanes  gab   es   noch   keinen  Hermes  mit  dem  len:  denn  aus  der  Formel  Her  unus'  kann  nicht 
Namen    Trismegistos.     Vgl.  auch  CIG  3,  3:^9;  60  wohl  xglg- iisyioxog  herausgelesen  werden  (vgl. 
Pietschmann  a.  a.  0.  35  f.    Andere  Worterklä-  Usener,  Dreiheit,  Bh.  Mus.  N.  F.  58,  1903,  36), 
rungen  mit  theologisch- mystischen  Mitteln,  die  sondern  nur  xglg-dg,  nach  Letronne?.  Auffas- 
schon  /.  H.   Ursinus,   De  Zoroastre,    Hermete  sung,  Becueil  1,  283,   eine  Superlative  Steige- 
Trismegisto ,    Sanchun.   [1661]    164    als   frigida  rnng  Yon  unus  (vgl.  unissime,  ipsissimus),  nicht., 
commenta  ablehnte,  entstanden  später;    so  die  wie  ihm  Pietschmann  a.  a.  0.  36    in  falschem 
bei  Suidas  s.  v.  'Eg^f]g:   etncov  iv  Tgiädi  iiiav  Zitat    entstellend    unterschob:    Her  maximus'. 
dviXL  -O-aorrjra;  vgl.  Malalas  Chron.  2,5,10  [ed.  Letronne^  Annahme  {Becueil  1,  284)  das  Wort 
Dind.  CSHByz.  8,  26]:   H.  Tr.,  weiser  Ägypter  begegne  als  solches  schon  68  n.  Chr.  in  einem 


1143                   Trismegistos  Trismegistos                    1144 

griechischen  Erlaß  aus  Ägypten,  beruhte  auf  Almv  Pap.  Leid.  W.  23, 17,  ^iya^  &iog  iityiaroi^ 
falscher  Lesung  der  Inschrift  {Journal  des  Sa-  ebd.  12,40;  einfaches  ^/t'yorf  und  fi^ytöro^' häufige 
vans  1822,  674,  4.  5)  bei  Dittmb.  Or.  gr.  inscr.  Auch  die  koptiscli-gnostischen  Schriften 
sei.  2,  nr.  669,6;  die  erste  Erwähnung  würde  Pistis  Sophia  und  Jeu,  denen  Zusamniensctzun- 
»ber  schon  in  die  Zeit  Ptolemaios'  IV.  (221 —  gen  mit  tqi-  vertraut  sind,  kennen  Trismegistos 
205)  fallen,  wenn  U.  Wückens  Ergänzung  in  nicht;  vgl.  Ausg.  von  C  Schtnidty  Index  U)'if. 
einem  Münchener  Papyrus  (Ardi.  f.  Pap.  1,  An  Gleiclisetzung  des  Isamena  aaa  loaxo  für 
1900,  480f.)  nicht  nur  Vermutung  dieser  'Vor-  den  'Unsterblichen'  (S.  81)  mit  dem  des  'Drei- 
stufe'des  TptfffiiyiffTog  wäre:  vxo  Toi)  iiByiaTov  malgrößten'  (analog  dem  ägypt.  hä)  ist  aus 
*al  ft(s/»tfrov  xai  fisyioxov  'Epfiov],  eine  von  10  verschiedensten  Gründen  nicht  zu  «lenken.  Eben- 
Br.  Mueller  a.  a.  0.  nr.  236  ohne  Vorbehalt  an-  sowenig  wird  man  Wiederholun<jen  des  a  wie 
genommene  Lesung.  Pap.  Brit.  Mtis.  47,45  «aa*  aaa  aa«  und  so 
Inschriftenbelege  stammen, nach  i2eite«n-  viele  andere  ähnliche  in  den  Zauberpapp,  für 
stein,  Poim.  2,  4,  nur  zufällig  aus  späterer  Zeit.  Hinweise  auf  rpt?  ^^ytffroj  halten,  da  nicht  die 
AutTallend  erscheint  dabei  aber,  daß  auch  die  geringste  Gewähr  für  ihre  Herkunft  aus  ägypt. 
Literatur  so  spät  den  Namen  überliefert,  wo  üa  vorliegt;  vgl.  zur  Buchstabenniystik  i*'.i)orn- 
sie  den  Hermes  selbst  kennt.  (So  führt  6raien,  *seift\  Das  AlpJmbet in  Mystik  u.  Magie,  Lp?..  i\i22 
TIbqI  anX.  (pagii,  6  prooem.  [9,  798  iC.]  'Egiii^v  In  der  Literatur  jfebrauchen  den  Namen 
xov  Alyvnrtov  an,  wo  er  gut  hätte  schreiben  zuerst  TertuUian  adv.  Val.  15  {Bibl.  patr.  eccL: 
können  x6v  Tgicii^ytatov;  auch  bei  Apuleius,  20  ^ Mercurius  ille  Trismegistus ,  magister  omniuvi 
de  magia,  fällt  trotz  bester  Gelegenheit  die  physicorum^),  und  Athenagoras,  hei  i\ein  es  hoiQt 
Bezeichnung  7W«9n«ytstu«  nicht.)  Das  erste  Zeug-  {Texten.  Unters.  4,2;  37, -24  Schwartz)^  Hennes 
nis  für  den  Namen  kommt  aus  Gordians  III.  ö  Tq.  iTtixalorfievog  habe  sein  Geschlecht  von 
Zeit  (288—244)  mit  der  Weihung  eines  Solda-  den  Göttern  abgeleitet:  H.  Tr.  gilt  nicht  mehr 
ten  auf  der  Basis  einer  verlorenen  Bildsäule  als  Gott,  sondern  nur  als  hervorragender  Ver- 
des  Hermes  Tr. :  Ssbv  fiiyar 'Ep^^r  Tgiö^iyi-  fasser  einer  theologisch -mystischen  Literatur 
6X0V  rdtos  *IovXio9  £sovi)Qog . . .  ccvid'rixsv;  vgl.  mit  göttlicher  Begabung.  So  stand  in  einem 
Or.^r.  twscr.««/.  ed.  Dt<t.  2,  1905,  nr.  710.  IGRl  'angesehenen'  Religionsbuch  der  Peraten  von 
nr.  1147  {Cagnat,  Inscr.  gr.  ad  res  Moni,  pertin.),  verschiedenen  Arten  der  dämonischen  ^wd^Bts: 
Arch.  f.  Pap.  2,  664  nr.  114.  Br.  Mueller  a.  a.  so  'Die  Dynamis  zur  Rechten  hat  Macht  über  die 
0.  nr.  236.  Aus  Gallienus'  Zeit  stammt  ein  Früchte.  Sie  hieß  bei  der  Agnosia  Men,  nach 
Papyrus  von  Hermupolis,  wo  H.  Tr.  Stadtgott  dessen  Abbild  entstanden  Bumegas,  Ostanes, 
war  (vgl.  Kroll  a.  a.  0.  799,  55),  mit  dem  Testi-  Hermes  Trismegistos,  Kurites'  usw.;  vgl.  Hippol. 
monium:  tov  \71ccxQmov]  rjiiiv  ^eov  rgiG^sylatov  ref.  omn.  haer.  ed.  Wendl.  110,  1.  Hier  steht  er 
'E(»|iM)i>;  vgl.  Wessely,  Denkschr.  Ak.  Wien  42,  in  einer  Reihe  mit  'anderen  großen  Theologen' 
1893,  9;  Br.  Müller  nr.  237.  Die  Stelle  CIG  {Reitzenst.  Poim.  2).  Euseb  ,  Praep.  ev.  l,3Gd 
8,4767,1.  2:  nagd  tc5  tivgico  rEg^iy  d'sa  tgia-  (1,81  Gaisf.)  behandelt  ihn  als  aviißovXog  mal 
fteytffrco]  beruht  nur  auf  Konjektur.  I^ori^-ög  des  Kronos,  als  seinen  ygoc^nLaxsvg  und 
In  den  Zauberpapyri  begegnet  der  Name  Zaubermeister  (vgl.  lieitzenstein  16l',  1),  Lactan- 
auffallenderweise  nur  einmal,  nicht  ^saepius\  40  tius,  d.i.  1,  Q,'6Brdt  führt  ihn  als  ägyptischen 
wie  Br.  Müller  a.  a.  0.  348  will,  und  zwar  im  Thoyth  an:  er  sei  zwar  Mensch,  doch  er  habe 
Großen  Zuub.-Pap.  von  Paris  Z.  886,  wo  in  einer  sehr  früh  gelebt  und  habe  über  omne  geniis 
Anrufung  des  Osiris  von  den  Namen  dieses  doctrinae  verfügt,  weshalb  er  Trismegistus  heiße 
Gottes  die  Rede  ist,  die  6  xgie^ByLaxog  'Egurig  {vgl.  inst.  epit.  679,11).  Xac^aw^  gebraucht  mit- 
in  Heliopolis  geschrieben  habe  {IsQoyXvcpiKoig  unter  auch  nur  das  Epitheton  Tr.  ohne  den 
ygdiii/iaöt).  Hier  dürfte  es  sich  um  den  magie-  (iottesnamen  (so  d.  i.  4,  9,  3;  4,  27,  20),  auch  die 
kundigen  Menschen  Hermes  handeln  (s.  unt.),  lateinische  Form  Mercurius  Termaximus  {d.  i. 
weniger  um  den  Gott.  Identisch  aber  mit  dem  1,7,2;  vgl.  Isid.  Et  8,11,49:  Trismegistus  id 
Gott  H.  Trismegistos  wird  der  im  Pap.  Mus.  est  Termaximus  ['recteV  Brdt  zu  Lact,  de  ira 
Brit.  121,  560  Wess.  zur  Erscheinung  angeru-  .w  11,  12]).  Augustinus  de  c.  d.  18,39  (ed.'  Domb. 
fene  iieycclocpgav  d'sog.,  xgiay.8yag  '£pfi^?  sein,  [1918]  2,  315.  22,  29)  setzt  den  Mercurius  Tris- 
wo  freilich  das  fteyaloqppwv  auch  gleichzeitig  megistus  als  ^ nepos  Mercurii  viaioris'  in  die 
auf  eine  Kontamination  mit  Hermes -Paytnu-  Zeit  nach  Abraham  und  Moses,  vor  die  grie- 
phis  (s.  oben  Höfer  unter  Paytn.)  hinzuweisen  chischen  Philosophen  und  Weisen;  er  betrachtet 
scheint.  Auf  die  Bekanntschaft  der  Verfasser  ihn  nirgends  als  Gott,  nur  als  Menschen,  nennt 
der  zahlreichen  Hermesgebete  in  den  Zauber-  ihn  auch  mitunter  bloß  UIW  oder  ^iste  Aegyp- 
papp.  mit  einem  Kult  des  H.  Trismegistos  tius'  {de  civ.  dei  8,  23,  26)  und  ^ Herrn.  Aeg.*  [H, 
deutet  nichts  hin;  Gelegenheit,  seinen  Namen  23,357,1  Domb.),  scheidet  ihn  streng  von  Her- 
zu nennen,  wäre  oft  genug  geboten  gewesen.  mes  maior,  quem  dicit  (H.  Trism.)  avum  suum 
Es  müßte  denn  sein,  daß  die  Bezeichnung  eo  fuisse,  und  der  in  Hermupolis  gewesen  sei,  wo- 
' Dreimalgrößter'  als  Geheimname  des  Kultus  bei  sich  Augu^stinus  immer  an  Apul.  Asclep. 
galt.  'Barbarische'  Namen  des  H.  finden  sich  hält.  Die  Vorstellungen  vom  göttlichen  und 
dagegen  in  Menge,  wie  im  Lond.  Pap.  122,  menschlichen  Charakter  des  H.  Tr.  ^^ehen  allent- 
und  andererseits  waren  die  Verfasser  der  Zau-  halben  unkhir  durcheinander.  Die  Tübinger 
bergebete  mit  den  Epitheta  ßiyag,  iieyLOxog,  Theosophie  bei  K.  Buresch,  Klaros  (ls8'.ij  be- 
dig-uiyag  für  ihre  Götter  wohl  vertraut  (6  (it-  trachtet  ihn  cap.  31  als  Menschen  (Zeit  Zenos 
yag  fiiyag  TvcpCbv  Groß.  Par.  Pap.  3270,  (liyag  474—491,  Neumann  bei  Buresch  90;  Hermes 
uiyag  Edgctnig  Pap.  Lond.  4t6, 12,   6  udy.  ^iy.  15  [1880],  605).    Schriften    unter    seinem    Na- 


1 


1145                       Tritaia  Tritogeneia                    1146 

raen  haben  die  Tendenz,  seine  Göttlichkeit.  verprangen  habe.  Bisweilen  lilßt  dies  auf  alten 
zu  betonen,  bo  die  Kyraniden,  deren  Sehen-  Kultbrauch  schließen  (Fchrle,  Kult.  Keuschh. 
ker  an  die  Menschheit  'Eg^uig  6  xQiapi,.  ^to^^  198  f.).  Von  T.  wissen  wir  zu  wenig,  um  Schliiss«* 
ist;  8.  Les  lapidaires  de  iuntiquitr  « d.  Mely  ziehen  zu  können.  Über  Geliebte  des  Ares  v<rl, 
•J  [1808],  8,  ß  (vgl.  Einleitung  11),  im  Text  Gruppe,  Gr.  Myth.  u.  Ucl.-Gesch.  1-J04, 1.  Zur 
<r  16  ist  er  der  ftaxaprorrob^  i^fwv,  wie  'Tris-  Namenbedeutung  der  T.  siehe  unten  hei  Tritn- 
uiakar'  in  einer  Inschr.  aus  Pselcis,  Letronne  geneia  u.  Triton  i  4.  [Eugen  Fehrle.] 
i»6'C.  1,  20i>,  2,  C7G  3;  5083,  3  und  im  Pap.  5r/i.  '  Tritenma  {Tgltsv^a).  Eine  fragmentierte 
i)fw6-.  46,  414  aaxar(),  und  näarig  aocpiag  xcc&riyri-  Inschrift  eines  Altars  mit  verstümmelten  Rc- 
Tr}s  .  .  .xal  SiöT^QOJv  6  ^aviiaarÖTaros  (li),  w'Jih  10  liefdarstellungen  aus  Limnobria  (Phrygien; 
lond  er  in  der  Madrider  IIs.  J  wie  oft  auch  lautet  .  .  .  na^fi^Qcoafv  toj  TgLtivucctt,  Ramsay, 
Honst  nur  als  6  Alyv-jrxiog  bezeichnet  wird.  Ein  (Hties  and  bishoprics  of  Phrygia  1,  337  nr.  171. 
'^^ftoraro? 'Epfify?  ^«f)<  (Hermes  der  Ibis)  o  Tgiaii.  unter  dem  sonst  nicht  bezeugten  Tgirtviiu  ist 
begegnet  Catal.  cod.  astrol.  gr.  1,  167,  5;  vgl.  wohl  mit  Jiamsay  a.  a.  0.  337,  2  eine  Gruppe 
Ueitzenütein ,  Poim.  118,  3,  Kroll  a.  a.  0.  799  von  drei  Gottheiten,  wahrscheinlich  Leto, 
nr.  IS.  Wo  es  sich  um  die  Lehre  und  Schriften  ApoUon  und  Artemis  zu  verstehen.  [Höfer.J 
des  H.  Tr.  handelt,  ist  er  nicht  immer  mit  sei-  Trito,  Tqitw:  Bezeichnung  der  Athene.  Anth. 
uem  Epitheton  benannt,  sondern  sehr  häufig  Pal.  6,  194:  -Tw^f,  d'sa  TqltoI,  xd  xfd-EVTu  <^Tf^ 
nur  als  Hermes.  Über  die  ihm  zugeschriebenen  xov  x*  ccvaO'Bvxa.  T.  ist  jedenfalls  eine  Kurz- 
Traktate  theologischen,  astrologischen,  alchi-  20  form  aus  Tritogeneia  (s.  d.).  Die  Alten  wollen 
mistischen,  magischen  u.  a.  Inhaltes  vgl.  Kroll  es  allerdings  anders  herleiten,  nämlich  aus 
a.  a.  0.  804  IV.  xgiTca,  das  in  verschiedenen  Mundarten  Haupt 
2)  Trismegistos  heißt  auch  der  Agathos  bedeute  und  darauf  hinweise,  daß  Athene  aus 
Daimon,  den  Osiris  so  anredet  bei  Cyrill.  c.  dem  Haupte  des  Zeus  entsprungen  sei.  Hesycli 
lulinn.  2;  vgl.  den  Text  bei  Reitzenstein,  Poim.  unter  xgixoj-  NUavögog  6  ÄoXocpioviög  (priai  xrjv 
126,  1.  Bei  den  Arabern  findet  sich  ^sogar  eine  yc8(paXi]v  y.ctXstv  'AQ-cc^avag.  Auch  das  Et.  M. 
Schwester  des  Hermes  mit  dem  barbari-  (u.  Tgixoyivsia)  und  Photios  (u.  rgitoyiv^g)  er- 
sehen Namen  Trismegistos  Theoslios  erwähnt',  wähnen  das  Wort  als  athamanisch.  Nach  Sui- 
Pietschmann  a.  a.  0.  46,  wo  als  Quelle  genannt  das  (u.  xgixoysvrig)  und  Cornutus  (Kap.  2,  S.  10 
wird  Ancimt  alphabets  and  hieroglyjihic  charac- ^0  Os.)  ist  es  athenisch;  ein  Schol.  zu  Aristoph. 
ters  by  Ahmad  ibn  AbubeJ& .  .  .  etiglish  by  lo-  Wolken  989  schreibt  es  den  Aiolern  zu,  Eusta 
f^eph  Hammer,  Lond.  1806,  100.  thios  504,27  den  Kretern,  ein  ^'chol.  zu  Tzetz. 
8)  Sonstiges  Epitheton;  vgl.  die  Ttaicovicc  Lyk.  519  bringt  unter 'den  verschiedenen  Be- 
xgLGiLiyictri  in  einem  spätgriechischen  Zauber-  gründungen  des  Namens  Tritogeneia,  ort  ix 
gehet  aus  cod.  Marc,  gr.app.  2,  163  bei  F.  Pra-  x-qg  xgixovg,  rjyovv  xt]g  TtscpaXfig  rov  zJiög,  iyfv- 
del,  Belgesch.  Vers.u.  Vorarb.  4^,2  (1907),  29,  26.  v^d'r]-  xgixoi  yag  ßoicotL-nAg  j]  xfqpaA?^.  Boiaxi- 
Die  Lesung  rgica.  x&v  vvv  Kccigür  fvScuuovicc  xw?  ist  von  dem  Herausgeber  M.  Ch.  G.  Müller 
{Journal  des  Savans  1822,  G74)  hat  sich  als  in  ßo/cöTixot?  geändert.  Danach  wäre  anzuneh- 
falsch  erwiesen;  s.  CJ6r  3, 4957,  4.  5;  Bitten-  men,  daß  das  Wort  auch  in  der  böotischen 
berger,  Or.  gr.  inscr.  2  nr.  669,  5.  [Preisendanz.]  40  Mundart  vorkam.  Die  Änderung  ist  nicht  nötig 
Tritaia  vgl.  Triteia.  Das  Sätzchen  kann  heißen:  in  der  gewöhnlichen 
Triteia  {Tgixsia).  Paits.  berichtet  7,22,8.9  Volkssprache  (d.  h.  mundartlich)  heißt  xgitm 
vom  Ursprung  der  Stadt  Triteia  (oder  Tritaia,  Haupt.  [Eugen  Fehrle.] 
wie  sie  bei  anderen  Schriftstellern  auch  heißt)  Tritogeneia  (TgixoyBvtia),  Beiname  der 
TgLxsiag  oUi6rr}v  ol  ^Iv  Ktlßldccv  ysvta&cii  Athene,  der  von  Homer  ab  durch  das  ganze 
iByovGiv ...  Ol  ds  oog  Agrig  cvyyevoiro  TgixELcc  Altertum  verbreitet  ist.  Meist  kommt  er  bei 
^vyaxgl  TgLxcovog ,  Isg&ad^ca  dh  rrjg  'A&riväg  Dichtern  vor,  sei  es,  daß  er  dichterische  Er- 
xijV  Tiag&Evov,  MsXdvLnnov  ös  rcaiöcc  "Agscog  xccl  findung  ist.  oder  daß  die  Dichter  einen  alten, 
Tgirsiug  oiy.iöai  xs  mg  7]v^T]d'r]  ri]v  tcoXiv  %cil  in  der  täglichen  Umgangssprache  weniger  ge- 
^ia^^ai  x6  övo^a  cctco  xf]g  [irixgog.  An  Heilig-  50  bräuchlichen  Namen  bevorzugten.  Bald  steht 
tümern  werden  genannt  ein  Isgbv  yiccXov^svov  T.  allein  für  sich,  bald  in  Verbindung  mit 
Msylercav  ds&v  .  .  .  xcct  'A^riväg  vaog,  xb  6s  Athene  oder  einer  Bezeichnung  für  diese,  oder 
ayccXiLcc  Xl&ov  xb  cccp'  Tjfxcbv.  xb  6h  agialov  ig  der  Beiname  ist  aus  dem  Zusammenhang  klar 
'PwLiriv^  Ticc^cc  ol  Tgixautg  liyov6Li\  iy-o^lGd-T].  wie  bei  Homer  II.  @  39  u.  Xl83,  wo  Zeus 
d^vBLv  6e  ivTccvd'a  xocl  "Agsi  v-al  xrj  Tgixsia  ro-  Athene  anredet:  d^dgöSi  xgiToyevsia,  cplXov  xt- 
^i^ovöLv.  Geht  der  letzte  Satz  auf  zuverlässige  %og  oder  II.  z/  515  und  Od.  y  378:  ^ibg  &vyä- 
Nachricht  zurück,  so  haben  wir  ein  altes  Götter-  xrig,  ycvöioxri  xgixoyivsia  und  Hes.  J/i.  895f.: 
paar:  Ares  und  Triteia.  Die  heimische  Göttin  yiovgriv  yXav/.conlda  TgixoyEvsiav  iGov  txovaccv 
T.  wurde  otfenbar  in  späterer  Entwicklung  Tiargl  ^tvog  xal  inicfgovci  ßovX'^v  oder  T/i.  924: 
verdrängt  durch  Athene,  die  sich  mehrfach  zu  60  avxbg  6'  i%  xcqpaKy?  yXavAüjTiiöa  Tgixoyivsiccv 
Ares  gesellt  (Fehrle,  Die  liult.  Keuschheit  im  .  .  .  ysiVaro  oder  Sc.  197:  zitbg  %-vydxrig  dysXsiri 
Altertum  189).  Die  Erinnerung  an  die  verdrängte  TgLxoyivstci. 

Gottheit  lebt  entweder  in  einem  Beinamen  der  Neben  T.  steht   die  Fonii  Tgixoysv7]g,  von 

größeren  Nachfolgerin  weiter   oder   in   einem  den  i/ow?mschen  Hymnen  an  (28,  4)  bis  in  die 

Mythos,  nach  dem  die  frühere  Göttin  Priesterin  späteste  Zeit  gebraucht.  Stellen  bei  Bruchmann, 

ihrer  Nachfolgerin  ist.  Gerade  bei  Athene  findet  Epitheta  und  in  der  unten  angeführten  Literatur, 

sich  auch  sonst  die  Erzählung,  daß  eine  ihrer  In  der  Antike  wurde  das  Wort  verschieden 

jungfräulichen  Priesterinnen  sich  geschlechtlich  gedeutet,  und  a\ich  heute  herrscht  keine  Klar- 


1147  Tritogeneia  Tritogeueiu  1148 

heit.    Im   folgenden    *:^ebe    ich   eine   Übersicht  yccQ    yfviödui    xöts    i,    k&riva.     Iötqos    ^i-    xor/ 

über  die  verschiedenen  Deutungsversuche.  TptToye'vatar    avxi^v   qpijffi  6iu  rouro   Xfyfßd-ai. 

1.  Mehrfach    wurde    T.    von    den    Alten    in  Schol.  II.  8,  39  Tgnoytvhta  .  .  .  on  TQirij  (pd-ivov- 
Verbindun;?   gebracht   mit   rpitco  =  Kopf   und  tog  izix^ri.    Man  verlej^te  demnach  die  (»eburt 
als  Kopfgeborene  erklflrt.    Siehe  bei  Tpiro»  und  der  Göttin  auf  den  dritten  Tag  des  bejifinnen 
Th.  Bergk,  Kl  philol.  Sdmftm  2, 6H6  f.  den    oder    des    ablaufenden    Monats     Wilhelm 

2.  Bisweilen  wird  der  Name  zusammenge-  Schmidt,  Geburtstaij  im  AlUrtum  91),  der  wci- 
bracht  mit  Tpffv  =  qpo^»rv.  T.  wird  dann  erklärt  tere  Literatur  nnfiihrt,  weist  darauf  hin,  daß 
als  gjo/Jfpa*  xaTawIijxTix»}  (SuiWos  8.  TptToy^vem  der  Haupttag  des  Panathenäenfestes  der  28. 
und  TQtxoyhvrn,  Kt.  M.  s.  TpiroysVfia).  Im  grie-  lo  Hekatombaion,  d.  h.  die  rQixi]  y  O-norroj  des 
chischcnVülksbewußtsein  war  diese  Anschauung  Monats,  gewesen  sei.  Vgl.  dazu  JJppoJd,  Athen. 
jedenfalls  nicht  lebendig;  sie  ist  zurückzufüh-  Mitt.  36,  107  f.  Schon  21i.  Bergk  betont  (A7. 
ren  auf  Grammatiker,  die  die  Kriegsgöttin  Athene  phü.  Sehr.  2,  637  f.),  daß  die  Benennung  Athenes 
als  die  schreckenerregeude  deuten  wollten.  nach  dem  Mond  in  der  Antike  weni^'  Anklang 

3.  Antike  und  neue  Erklärer  sehen  in  dem  gefunden  habe.  Über  Athene«  Beziehungen  zum 
ersten  Bestandteil  des  Wortes  das  Zahlwort  Mond  vgl.  Jioschcr,  Über  Sclenc  u.  Vcnntndtcs 
drei.  Daraus  haben  sich  verschiedene  Erklä-  123 f.;  Gruppe,  Gr.  Myth.u.  Bel.-Cesch.Vll^.w 
rungsversuche  ergeben  (s.  o.  Tripator):  f)  P.  Kretschmer  stellt  (wie  schon  frühere 

a)  Suidaa  s.  xgixoyBvrjs'  17  k^rivä,   i]xoi  oxl  Mythologen)  iti  der  (rlotta  10  (1920),  38 ft".  uaeli 

^x  Tt)s  VTj^voff  xai  xf]g  HJjXQug  xccl  xyg  K£q>aX'i]g  20  Lippold  {Atheti.  Mitt.  36  [1911],  105  ff.)  T.  aiil 

ToO   Jtbg  i^^X&fv  (vgl.  Et.  M.  s.  xgixoy^vsta).  eine  Linie  mit  Tritopatores  (s.  d.).    Die  Trito 

b)  T.  =  Drittgeborene,  d.h.  das  dritte  Kind  patores  {TQLxondxogsg  oder  TQixonaxgstg  S.  41 
des  Zeus  nach  Artemis  und  ApoUon:  Et.  M.  s.  bei  Kretschmer)  sind  die  dritten  Väter,  d.  h. 
T.  3x1  xQixti  nixa  rr\v  "ÄQXiyi^iv  xal  knoXXcava  die  Väter  in  der  dritten  Generation  rückwärtn 
iyivixo  {Suidiis  s.  xQixoysvrjg).  gerechnet,  die  Urgroßväter.    TgLxondxoiQ  ent- 

c)  Der  Amerikaner  Frank  Cole  Bahbitt  er-  spricht  also  TtgöxcanTtog.    Da  der  Grieche  über 
klärt  im   Anschluß  an  Seymour  xgtxoyev^g  =^  den  Urgroßvater  hinaus  keine  Bezeichnung  für 
Drittgeborener,  d.  i.  Zeus  nach  1.  Uranos  und  die  Ahnen  älterer  Stufen  hat,  bekommt  tgizo 
2.  Kronos,  und  T.  =  Tochter  des  Drittgeborenen  ndxtog   zugleich   die  Bedeutung:    Ahnherr  d('.> 
(Berl.  phiL  Wo.  34  [1914],  1055).                           so  Geschlechtes.    Dazu  mag  gekommen  sein,  daß 

d)  Saglio  sucht  in  Daremberg-Saglios  Die-  die  ^steigernde  Funktion  der  Dreizahl'  die  Be- 
tionnairc  Bd  1,  S.  635  die  Erklärung  von  xgi-  deutung  Ahnherr  zu  Urvater,  Erzvater  verall- 
yovog^  das  in  den  Orphischen  Hymnen  30,2  gemeiuert  hat.  Kretschmer  \  er  weint  neben  rgia- 
für  Dionysos  gebraucht  ist,  in  anderen  Gedan-  /laxapt-s  auf  xgiyigcov  uralt,  rgldovXog  Erzsklave, 
kenkreisen,  indem  er  auf  die  Dreiheit  antiker  zginogvog  Erzhure.  Die  Bildungen  mit  xgi-  wur- 
G ottgestalten,  die  sich  aus  einer  Einheit  ent-  den  nun  nach  dem  Grundsatz  der  Konträrbil- 
wickelt  haben,  wie  den  Dionysos  TpKpvTjg(0rp7i.  düngen  [F.Sommer,  KontrürbiJdungen ,  Fest- 
ifymn.  52,  5)  hinweist  und  auf  die  dreifache  Ge-  schrift  für  Windisch,  Leipzig  1914,  12.->ft.)  auf 
burt  des  Dionysos  (s.  bei  Trigonos).  Vgl.  Hesych  die  absteigende  Linie  übertragen,  wenn  sie  auch, 
xgiyovof  xgixriv  ysvedv  iniöxovxsg'  7}  ol  xgetg.  40  logisch  genommen,  dort  sinnlos  waren.  Wir 
In  solchen  Entwicklungen  werden  Deutungsver-  bilden  nach  dem  Worte  Urgroßvater  auch  Ur- 
suche  benutzt,  wie  einer  von  Demokrit  bezeugt  enkel,  obwohl  ur-  nur  für  das  erste  Wort  Sinn 
ist.  Eustathius  zur  11.  0  39:  Tgixoyivua.  6k  dX-  hat,  ebenso  Großneffe  nach  Großonkel;  der  La- 
Xriyogiiicag  7;  (pgovricig,  intl  xaxu  /JrnL6v.gixov  xgicc  teiner  sagt  pronepos  nach  proavus.  So  bildet 
ylvsxai  Tttvra  i^  avxfjg-  xb  £v  Xoyl^töd^ai.,  xb  Xi-  der  Grieche  xgixoytvr\g  und  xgixoyivf-ia  nach 
ytiv  xaXcög  xb  vorid'ev,  -Kai  xb  ögO^iag  ngdxxeiv  xgixoTcdxcog.  Die  Übertragung  wäre  dann  aller- 
avx6.  Et.  Oiion.ip.  153,5:  Tgixoyivtiu  q  'i^rtvä  dings  ausgegangen  von  der  Bedeutung  Stamm- 
xaxä  ^i}u6xgixov  (pgovrjGtg  voal^sxai.  yivsxai  dh  vater  für  rgixoTcdtcog.  Tgixoysvrjg  wäre  dem- 
i%  xov  cpgovslv  xgia  toröra'  ßovXsvsGd^ai  xa>lwj,  nach  der  Stammsohn,  xgixoyivBia  die  Stamm- 
Xiynv  dvunagxrixcag  v.ul  ngdxxsiv  d  Ott.  Vgl.  50  tochter.  Jetzt  glaubt  Kretschmer  sich  klar  zu 
Diels,Vorsokr.'2,i>.b6,2.  Im  Zusammenhang  hier-  sein  über  Hesychs  Erklärung  von  xgixoxovgri  als 
mit  steht  wohl  Suidasxguoyiv£ia  ...  OXL  xgia  yi-  yvrjaicc  Ttagd-svog,  das  er  als  stammhaft,  recht- 
vtxcci  i^  avxf]g^  d  ndvxa  xd  dvd-göiTfsicc  avvixst.  bürtig  erklärt.  Vgl.  die  bei  Suidas  s.  xgixoyt- 
Mystische  Spekulation,  die  Gottheiten  ins  Univer-  vbioc  überlieferte  nccgoifiicc  ncclg  ^oi  xgixoysviis 
sale  zu  dehnen  suchte,  ging  in  spätantiker  Reli-  sl't],  y.r]  xgixoyivsicc.  Eine  andere  Erklärung  von 
gionsentwicklung  neben  dem  Bestreben  her,  raeh-  xgixoxovgi]  hei  Beryk,  KL, phü.  Sehr.  2,  659  f. 
rere  Gottheiten  in  einer  Gestalt  zu  vereinigen.  4.  In  alter  und  neuer  Zeit  wird  T.  erklärt 
Ob  wir  die  Notiz  des  Suidas  in  solche  Entwick-  als  die  am  Tritonbach  <ieborene,  vereinzelt  als 
lungen  einreihen  und  für  die  xgi-yivvrixog  Q-td  die  im  Triton  Badende  (Suidas  s.  xgixoyEvr\g 
(Z.yA:opÄr.  519)  verwenden  dürfen,  bleibt  fraglich.  60  ...  ort    dntXovaaxo    iv    x'o    TgixavL   xü  AißvTji: 

e)  Die  Dreizahl  wird  mit  den  drei  Gestal-  itoxa^Lwi).  Et.  M.  s.  xgixoytveia.  Schol.  Apoll.  Bh. 
ten  des  Mondes  in  Verbindung  gebracht:  Et.  1,109;  4,  1808tf.  7> /oc/or  erzählt  3,  70,  Athene 
M.  767,  45  von  Athene  inti8r\  xgixocia  yiyoviv.,  sei  vom  Köni«^  Ammon,  der  mit  Amaltheia  einen 
oiovBL  ri  (patvofisvri  xgixaia.  y.cu  ydg  xr]v  avxrjv  Sohn  gezeugt  hatte,  ihn  aber  vor  Rhea  in  einer 
alvcci  Tfl  cbXtivxi  xal  xi]v  xgixriv  xov  \Lrivbg  xgi-  Höhle  verborgen  hielt,  als  Hüterin  des  Kindes 
rofirividcc  ixdXovv.  doKsi  ydg  ysytviic^-oci  xoxs  vor  die  Höhle  gestellt  worden,  und  sagt  dabei 
17  k^riva.  Harpokration  {F.  H.  G.  1,422,26)  y.Lxgbv  ngb  xovxcov  xa>v  xQOvcov  yriysvf]  (pavtt- 
xriv  xgixriv  xov  firivbg  xgixo\ir\vida  i-ndXovv,  doxet  oav  (sc.  xriv  'A%'r]v&v)   int   xov   Tgixoivog  nora- 


114y                    Tritogeoeia  Triton                        1150 

(jov,  öt*  UV  TQiTMvidix  nQooriYOQfvad^ai.  Zum  3 f.  Lcntz)  setzt  einen  Dämon  Trito«  vorau«. 
Alter  dieser  Überlioferunjr  v<,'l.  Gruppe  1212,2.  Dies  Wort  soll  etymoloj^isch  zu  tsiQuv,  jitgav, 
Aber  nicht*  nur  der  libysche  Tritonfluß  oder  terere  gehören.  Tritos  wäre  demnach  der  Zer- 
(hir  tritonische  See  dort  werden  /u  Athene  in  reiber  oder  Durchbohrer  der  Wolken,  deren 
Beziehung  f,'ebracht,  sondern  auch  der  Mach  Wasser  er  herauspreßt,  d.  h.  ein  Re^'engott. 
Triton  bei  Alalkomenai  in  Hoiotien  {Pdus.  9,  Neben  Tglrog  hätten  wir  Tgitav  und  TqixÖ) 
'.3,  7),  ein  Bach  dieses  Namens  in  Thessalien  wie  neben  TIÄovro?  JJXovtojv  und  Ulovrco.  Der 
Schol.  Apoll.  Uhod.  1,  109),  in  Kreta  (l)iodor.  Name  T.  wurde  dann  'auf  die  bekannte  Natur 
.,70.  72);  im  arkadischen  Aliphera  ist  eine  göttin  der  üwäischcn  Kultur,  die  auf  Berges- 
Juelle  Tritonis,  an  der  Athene  ^(iboren  sein  lo  häuptern  thront',  Athene,  von  Griechen  Über- 
soll, und  ein  Bach  Triton  (Paus.  8, 26,  6).  Vgl.  tragen.  So  bekam  die  fremde  Göttin  einen 
lierqk,  Kl.  philol.  Sehr.  2,  6ü4  f.  griechischen  Namen 

Das  Wort  TpiTwv  ist  vielleicht  eine  prähist.Be-  Th.  Bergk  {Kl.  Sehr.  2,  053  ff.)  legt  den  Na- 
■/Anchmmii:  für  Wassci  {vgl  Boisacq,  Dict.  (it.  de  la  men  Trito^enes  und  T.  die  Form  Tgitm  zu- 
/««(;?<(' ^>t'C(7t<c  s.v.),  die  in  dieser  Bedeutung  ver-  gründe  und  faßt  diese  als  den  älteren  Namen 
loren  ging,  sich  aber  noch  in  Eigennamen  erhal-  der  Quelle,  aus  welcher  der  namensverwandte 
ten  hat,  ähnlich  wie  bei  uns  ahe  =  aqua  früher  Fluß  entspringt.  Die  Göttin  wird  als  Schutz- 
ullgemein  VVasser  bezeichnete,  aber  aus  der  all-  geist  der  Quelle  TQnm  genannt.  V^l,  Hesych 
täglichenSprache  verschwand  und  sich  in  Eigen-  tQiTm'  gsvaa.  —  Über  Athenes  Beziehungen  zu 
Tiamen  noch  findet.  Von  der  allgemeinen  Be-  ^^  Triton  s.  unten  bei  Triton  §  23. 
deutung  tqItcov  =^  Wasser  ging  man  aus.  Meh-  Wenn  der  Stamm  tql-  allgemein  auf  Wasser 
rere  Mythologen  {K.  O.  Müller,  Preller,  Welcher,  weist  und  wir  einen  mythischen  Fluß  Tritos 
5er(jf/i,  ÄoscÄ er)  dachten  an  das  Himmels wasser;  und  eine  mythische  Quelle  Trito  voraussetzen 
im  einzelneu  waren  die  Begründungen  ganz  dürfen,  dann  könnte  die  Lösung  dieser  Frage 
verschieden.  L.  v.  Schröder,  Mysterium  und  Mi-  vielleicht  im  Sinne  Bergka  gesucht  werden,  der 
mu.s  im  Kigveda  135  f.  138  nimmt  diese  Den-  a.  a.  0.  649  sMgt:  'Nicht  die  Erde  ist  der  Schau- 
tungen  ohne   nähere  Begründung  wieder   auf.  platz  der  göttlichenGeschichte, sondern  jenesGe- 

Ausführlich  ist .  in  neuerer  Zeit  Farnell,  biet,  welches  dem  menschlichen  Blicke  entzogen 
J'he  cults  of  the  greek  states  1,266  ff.  von  der  ist:  nur  im  geheiligten  unsichtbaren  Reiche  der 
Bedeutung  wassergeboren  ausgegangen,  sucht  ^o  Götter  selbst  ist  der  Strom  Triton  zu  suchen.' 
sie  aber  anders  begreiflich  zu  machen  als  seine  Vgl.  Poscher,  D.  Gorgonen  u.  Vencandtes  30,  56. 
Vorgänger.  Er  nimmt  an,  T.  sei  ein  Kultname,  Von  den  vielen  Deutungen  des  Namens  T. 
der  sich  von  Thessalien  oder  Boiotien  aus  ver-  ist  keine  so  überzeugend ,  daß  sie  zur  Aner- 
breitet  habe.  Wenn  auch  schon  für  Aischylos  kennung  zwänge.  Möglichkeiten  sind  aneinan- 
wie  später  für  Pansanias  Triton  eigentlich  den  dergereiht,  viele  Wahrscheinlichkeiten  sind  ge- 
libyscheu  Fluß  bedeutet  habe,  so  sei  doch  nicht  geben,  besonders  bei  Kretschmers  Herleitung 
einzusehen,  daß  Homer  die  Göttin  nach  einem  und  der  Verbindnnor  der  T.  mit  einem  Ge- 
libyschen Flusse  T.  genannt  habe.  Athene  heißt  wässer,  die  jedenfalls  im  Volksbewußtsein  le- 
bei  Homer  auch  'AlaX-no^i:vr]Lg.  Das  ist  vom  bendig  war.  Eingehender  Forschung  wird  es 
boiotischen  Alalkomenai,  wo  ein  Tritonbach  40  vorbehalten  sein,  hier  Klarheit  zu  schaffen, 
war,  nicht  zu  trennen.  Demnach  würde  die  ho-  wenn  sie  nicht  jetzt  schon  ein  non  liquet  vor- 
merische  T.  und  damit  die  älteste  überhaupt  zieht.  [Eugen  Fehrle] 
nach  dem  boiotischen  Tritonfluß  benannt  sein,  Triton  [Tgltav),  Meer-  und  Flußgott,  und  die 
und  die  Kolonisten  aus  dem  griechischen  Mutter-  Tritonen.  Vgl.  /.  Escher,  Triton  und  seine  Be- 
land  würden  die  T.  in  ihre  neue  Heimat  in  Li-  kämpfung  durch  Herakles  (rec.  v.  Kuhnert,  Gott. 
byen  gebracht  haben,  sei  es,  daß  sie  dort  be-  gel.  Anz.  ISdl,  AS ^.;  Wernickc,  H.  Litt. -Zt.  ISOl, 
sondere  Anknüpfung  durch  Ähnlichkeit  des  Na-  206 f.;  Kretschmer,  Wochschr.  /'.  klass.  Phil.  1891, 
mens,  Kultus  oder  Mythos  einer  libyschen  Göttin  338 ff.);  P.  Dreßler,  Triton  u.  d.  Tritonen  i.  d. 
mit  der  heimischen  T.  fanden  oder  daß  sie  aus  Litt.  u.  Kirnst  d.  Griechen  u.  Römer  1.  H.,  Progr. 
besonderer  Anhänglichkeit  in  der  neuen  Heimat  50  d.  Gymn.  z.  Würzen  1892/93  (rec.  von  Steuding, 
ihre  alte  Göttin  behielten  und  nach  ihr  liby-  Wochenschr.  f.  klass.  Philol.  1892,  1196ff.;  1893, 
sehe  Gewässer  Triton  bzw.  Tritonis  benannten.  1306 f.:  Boscher,  Berl  phil.  Wochschr.  1893, 22 f.; 

xAuf  die  Verbindung  mit  dem  Wasser  geht  Lit.  Centralbl.  1893,  1054 f.;   Gruppe,  Bursians 

die  Namensdeutung  des  Serben  Milan  Budi-  Jahresher.  85  (1895),  293);   K.  Kuruniotis,  He- 

mir  zurück:  Atena  Tritogenija  i'  aticki  Trito-  rakles  mit  Halios  qeron  u.   Triton  auf  Werken 

patreiji,  Glasnik  zern.  Museja  32  (1920),  295 —  d.  älteren  griech.  Kunst,  Diss.  München  1893. 

328.    Mir  lag  die  serbisch  geschriebene  Arbeit,  .    ™,  ..            j    t     m  -i.           •      1       t  •*      * 

deren  Hauptgedanken  in  emer  Übersicht  zum  *   Triton  und  die  Tritonen  in  der  Literatur. 

Schluß  lateinisch  zusammengefaßt  sind,   nicht  §  1.  Triton  und  Halios  Geron.   Ist  Tri- 

vor;   ich  kenne  sie  nur  aus  Badermachers,  Be-  60  ton  ein  ursprünglich  griechischerGott? 

rieht   in    der    Philol.  Wo.  42  (1922),  Sp.  198 ff.  Es  ist  wahrscheinlich,   daß  die  Griechen,  vor- 

Budimir  stellt  T.  neben   die  Tritopatreis ,  die  nehmlicli    die  Bewohner  der  Meeresküste  {E. 

er  (gegen  Kretschmer  a.  a.  0.  41)  von  Trito-  Curtius,  Ber.  d.  Berl.  Ak.  43  (1890),  1148)  schon 
patores  sondert.  jRa6ierm«c/ier  billigt  diese  Tren-  in  sehr  alter  Zeit,  ehe  noch  Poseidon  als  ober- 
nung  (Sp.  203).    Beide  Namen,   T.  und  Trito-       ster  Herrscher  über  das  Meer  allgemein  aner- 

patreis,  gehören  mit  Triton,  Tritonis,  Amphi-  kannt  war,  eine  Meergottheit  unter  der  Be- 
trite  zusammen  (vgl.  i>\T/7^•  a.  a.  0.  657  ff'.).  Der  Zeichnung  '''Ahog  figcov  verehrt  haben  (siehe 
mythische  Flußname  TqZzo?  {Herodian.  2,578.       denselben  Bd.  1,  Sp.  1629.  1821).    Man  hat  nun 


L 


1151               Triton,  TritoDen  Triton,  Tritonen                1152 

anfi^enommen,  aus  diesem  Halios  Geron  hätten  {gewirkt,  die  Vorstellunji^  von  der  halbtieriscben 
sich  durch  örtliche  Differenzierung  die  Meer-  Natur  Tritons  zu  erhalten  und  in  der  Kunst 
^Otter  Nereus,  Proteus,  Phorkj'S,  Triton  und  zu  konsequentem  Ausdruck  zu  bilngen.  We- 
Glaukos  entwickelt  {Milchhöfei;  Anfänge  der  sentlich  anders  wird  Triton  aufgefaßt  von 
Kunst  in  Griechenl.  84.  Dreßer  a.  a.  0.  1,1).  Gruppe  {Gr.  Myth.  1,  45.  250.  2,  1226),  der 
Dem  gegenüber  erscheinen  die  Ausführungen  meint,  Triton  sei  vom  Apollon  Helphinios  Mif- 
von  Kxtruniotis  (a.  a.  0.  6ff.)  über  den  Halios  ferenziert*  worden;  dieser  sei  'identisch  oder 
Geron  und  die  anderen  genannten  Meergötter  doch  weni<?8tena  ausgeglichen' gewesen  mit  dem 
beachtenswert.  Nach  diesen  ist  anzunehmen^  fischgestalteten  Daimon,  der  unter  dem  Namen 
daß  es  in  der  griechischen  Götterwelt  nur  eine  lo  Triton  ursprünglich  Paredros  der  Amphitriti 
Gottheit  gegeben  hat,  der  der  Name  "AXio^  Fi-  und  Athene  gewesen  sei.  Apollon  Delphinid. 
Qcav  als  Kigenname  zukommt,  daß  dieser  Ha-  wie  Triton  entsprüchen  dem  gazilischen  Dagon 
lios  Geron  bei  Homer,  der  den  Nereus  noch  §2.  Der  Name  Triton.  Es  erscheint  zwei 
gar  nicht  kennt,  der  Vater  der  Nereiden  ist,  fellos,  daß  dem  Flußnamen  TqItcov  wie  dem 
und  daß  man  diesen,  als  die  Herrlichkeit  des  Namen  der  Meergöttin  ^acpiTglrri  der  vStamm 
einst  angesehenen  Halios  Geron  verblaßte,  ver-  xquo  zu  gründe  liegt  {Fick,  Griech.  Personev- 
anlaßt  durch  die  patronjmische  Form  des  Na-  namen  215.  KreUchwer,  Wochenschr.  /'.  klass. 
mens  der  Nereiden,  in  dem  Nereus  einen  Vater  Philol.  1891,  338f.),  also  eine  Hedeutung  haben 
gegeben  hat;  dieser  vermochte  den  alten  muß,  die  für  beide  Namen  paßt.  Diese  scheint 
Halios  Geron  nicht  völlig  zu  verdrängen,  er-  20  der  Begriff  Strömen  zu  sein:  der  Fluß  ist  d» 
hielt  aber  (wie  auch  Pborkys  und  Proteus)  Strömende,  die  Göttin  des  Meeies,  deren  Nam* 
dessen  Namen  als  Beinamen.  Vgl.  Bloch  in  bisweilen  metonymisch  für  Meer  gebrnucht 
diesem  Lex.  Bd.  3,  Sp.  l,  242.  Auffällig  ist,  daß  wird,  ist  die  alles  Land  Umströmende  (vgl. 
Triton  nie  mit  diesem  Beinamen  bezeichnet  Schümann,  Opusc.  2, 168.  Er  übersetzt  k^icpi- 
wird,  während  er  doch  ganz  offenbar  beim  tqItt}  durch  Circumtiua  und  leitet  es  sowie 
Kampfe  des  Herakles  mit  dem  Halios  Geron  Tgirav  von  einem  veralteten  tqio)  'fließen'  ab, 
an  dessen  Stelle  getreten  ist,  siehe  unten  §  17.  indem  er  auch  auf  die  Erklärung  von  rgirm 
Der  Umstand,  daß  Triton  zuerst  bei  Hesiod  durch  QsvpLu  bei  JFTest/c/^io.s  hinweist).  Folglich 
erwähnt  wird,  könnte  dazu  veranlassen,  ihn  ist  der  Meergott  Triton,  dessen  Name  dem 
(mit  Dreßlei',  Triton  1,  2  und  Kuruniatis  a.  a.  0.  so  des  Flusses  Triton  gleich  ist,  eine  Verkörpe- 
14)  für  eine  jüngere  Schöpfung  der  Mythen-  rung  der  heran-  und  fortströmenden  oder  -wo- 
bildung  zu  halten.  Steudinr/  {&.Ü..0.  1892,  1197)  gendcn  Meerflut;  in  der  Sage  und  namentlich 
erklärt  dies  vielleicht  richtiger  aus  seiner  lo-  in  der  Kunst  der  Alten  ist  die  Tritonengestalt 
kalen,  zur  älteren  ionischen  Literatur  in  keiner  ein  Sinnbild  für  die  mehr  oder  weniger  be- 
Beeiehung  stehenden  Bedeutung,  Im  Anschluß  wegte  Welle  des  Meeres.  Der  Stamm  tqlto 
an  die  Meinung  Furtwängler%  {Ahh.  d.  Berl.  geht  wohl  zurück  auf  die  Wurzel  tar,  die  auch 
Äk.  1879,  97),  daß  'die  Vorstellung  des  fisch-  den  Begriff  des  Durchdringens  oder  Vorwärts- 
Bchwänzigen,  Wahrheit  verkündenden  Greises',  dringens  enthält  {G.  Curtius,  Grundz.  d  griech. 
also  die  Idee  des  Halios  Geron,  'nicht  Ursprung-  Etym.^  222  nr.  238).  Stall  (in  diesem  Lex.  Bd.  1, 
lieh  griechisch,  sondern  semitisch-orientalisch'  40  Sp.  318)  will  Amphitrite  und  Triton  von  einem 
sei,  ist  vermutet  worden,  auch  Triton  sei  eine  in  Tgi^co,  rgv^co  enthaltenen  Stamme  ableiten, 
auf  orientalischem  Einfluß  beruhende  Gestal-  aber  diese  Verba  haben  guttural  auslautenden 
tung  (Dreßler  a.  a.  0.  1,15 ff.  Kurmiiotis  a.  a.  Stamm;  über  andere  Etymologien  vgl.  Dreßler, 
0.  16).  Steuding  (a.  a.  0  1892,  1198)  gibt  nur  Triton  1,  2  ff.  lioscher  (Berlin,  philol.  Wochen - 
zu,  daß  der  Kunsttypus  der  fischschwänzig  ge-  sehr.  1893,  21)  vergleicht  das  irische  triath. 
bildeten  Meerdaimonen  auf  orientalische  Vor-  Gen.  trethan,  das  nach  E.  Windisch  'Meer'  be- 
bilder  zurückgehe,  schwerlich  sei  auch  die  Idee  deute  und  dem  ein  vorhistorisches  trita,  Gen. 
selbst  entlehnt;  er  weist  hin  auf  'die  Analogie  <r?7awa  entspreche;  Gruppe  {Bursians  Jahresher. 
der  gleichfalls  in  der  Kunst  nach  fremdem  85  [1895],  293)  hält  den  Sinn  des  Namens  Triton 
Vorbild  gestalteten,  ihrem  Wesen  nach  aber  50  für  zweifelhaft  und  verwirft  {Gr.  Myth.  2,  1148 
trotzdem  echt  griechischen  Kentauren  und  der  Anm.  1)  alle  vorgeschlagenen  Etymologien. 
alpartigen  Würgerin  Sphinx,  die  ihre  Gestalt  §3.  Bedeutung  Tritons  als  Gottheit, 
dem  ägyptisch-babylonischen  Sinnbild  vonMacht  Von  Hesiod  (Theog.  931s;  vgl.  Orph.  Arg.  341) 
und  Schnelligkeit  entlehnt  hat'.  Steuding  hält  wird  Triton  ein  ^sLvög  &s6g  und  tvgvßlrig  ge- 
also  den  Tiiton,  den  sich  das  Volk  nie  anders  nannt,  bei  Euripides  {Cycl.  263)  heißt  er  ftt'yag; 
als  fischähnlich  vorstellte,  für  echt  griechisch.  aber  er  ist  doch  nur  ein  Meergott  niederen 
Man  hat  vielleicht  anzunehmen,  daß  die  Grie-  Ranges,  der  auf  eine  Stufe  mit  Nereus,  Pro- 
chen in  alter  Zeit  Vorstellungen  von  Meerdai-  teus,  Phorkys,  Glaukos,  Palaimon  und  Aigaion 
monen  in  nicht  ganz  menschlicher  Gestalt  gestellt  wird  (£"2«^  C//c^  263;  Ovid,  Met.  2,8s. ; 
hatten,  wie  die  vom  Halios  Geron  und  vom  60  13,  917  ss.;  Orph.  Arg.  Sil).  Er  vermag,  mit  dem 
Triton  (vgl.  Dreßler  a.  a.  0.  l,15f.),  daß  aber  Dreizack  Felsen  aus  dem  Meere  emporzuheben 
beim  Halios  Geron  allmählich  die  vollkommen  {Accius  bei  Cicero  de  nat.  d.  2,  35,  89)  und  In- 
menschliche Gestalt  durchdrang,  während  Tri-  sein  emporsteigen  zu  lassen  (Anthol.  Pal.  7, 
ton  nio  anders  als  halbtierisch  gedacht  und  699,3  s.);  er  besitzt  wie  andere  Seegötter,  Ne- 
dargestellt  worden  ist.  Die  feste  Form  des  reus,  Proteus,  Glaukos  (vgl.  Gaedechens,  Glau- 
orientalischen  Kunsttypus,  die  der  Grieche  an-  kos  76)  die  Gabe  der  Weissagung  (siehe  unten 
nahm,  weil  sie  seinen  Anschauungen  entsprach  §  9.  Steuding,  Wochenschr.  f.  klass.  Philol.  1892, 
(vgl.  Kuhnert  a.  a.  0.  53),  hat  gewiß  dazu  mit-  1197:   'Der  Halios  Geron,   der  wie  die  Meer- 


1153 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1154 


götter  der  Babylonier  [Ea]  und  der  Germanen 
[Mimir]  unergründliche  Weisheit  besitzt');  er 
wird  zusammen  mit  anderen  Meergöttern  als 
Zeuge  von  Eiden  angerufen  {Eur.  Cycl  26:5  s.; 
Orph.  Arg.  Sil).  —  Wenn  in  dem  von  Polybios 
(7,  9)  überlieferten  Eide  des  Hannibal  auch 
Triton  und  Poseidon  angerufen  werden,  so  hat 
man  nach  Furtiväntjhr  {Die  ant.  Gemmen  3, 
113)  unter  diesen  vermutlich  von  den  Griechen 
mit  Triton  und  Poseidon  identifizierte  pboini- 
kische  Meergottheiten  zu  verstehen.  Dieselben 
sind  auf  sardiuischen  Gemmen  dargestellt  in 
''Typen,  welche  die  Karthager  von  der  griechi- 
schen Kunst  erborgt  haben'.  Diese  Gemmen 
sind,  soweit  sie  sich  auf  Triton  beziehen,  un- 
ten §  13  besprochen).  Man  scheint  es  für  er- 
wünscht gehalten  zu  haben,  bei  einer  Seefahrt 
dem  Triton  zu  begegnen  {Aelian.  de  nat.  an.  13, 
21);  es  wird  ihm  auch  in  der  Argonautensage 
ein  Heiligtum  in  Libyen  zugeschrieben  {Herodot 
4, 179).  Vielleicht  ist  jedoch  dieses  hgov  von 
einem  libyschen  Gotte  herübergenommen,  mit 
dem  die  Griechen  ihren  Triton  gleichsetzten. 
Der  Triton,  dem  bei  Herodot  (4,188)  die  Li- 
byer am  Tritonissee  opfern,  ist  natürlich  ein 
libyscher  Gott,  in  dem  die  Griechen  ihren  Tri- 
ton wiederzufinden  glaubten.  Es  wird  dem  Tri- 
ton ein  Altar  errichtet  {Apoll.  Bh.  4, 1620ss.), 
aber  von  einem  förmlichen  Kultus  des  Triton 
ist  doch  eigentlich  nicht  die  Rede.  Daß  ein 
solcher  einst  in  Tanagra  bestanden  habe,  hat 
man  aus  einer  Lokalsage  dieses  Ortes  geschlos- 
sen (siehe  unten  §  10).  Spuren  weisen  darauf 
hin,  daß  Triton  in  Attika  und  Boiotien  in  be- 
sonderem Ansehen  stand.  Wir  finden  seinen 
Namen  bei  dem  Athener  Euripides  {Eur.  Cycl. 
263  s.)  und  sehen  ihn  im  Kampfe  mit  Herakles 
auf  sehr  zahlreichen  attischen  Denkmälern  dar- 
gestellt (vgl.  unten  §  17).  Athenische  Bleimün- 
zen zeigen  das  Bild  eines 
Triton  {Ann.  d.  I.  1866, 
353  nr.  265.  1868,  269  s. 
278  nr.  190).  Wir  begeg- 
nen Triton  i-n  Lokalsagen 
des  boiotischen  Tanagra 
(vgl.  unten  §  10)  und  auf 
Münzen  dieser  StB,dt{Arch. 
Zeit.  1883,  255.  1885,  263. 
Imhoof-Gardner,Numism. 
comm  on  Paus.  114,  s.  uns. 
Abb.  1);  er  wird  bei  dem 
boiotischen  Dichter  He- 
siod  {Theog.  931  ss.)  mit 
Ehrfurcht  erwähnt,  und 
der  Thebaner  Pindar 
[Pyth.  4,  19  SS.)  meint  (we- 
nigstens nach  der  Auffassung  der  Alten)  ihn  mit 
dem  Gotte,  der  den  Argonauten  die  Erdscholle 
darbietet  (vgl.  unten  §  9).  Daß  die  Argonauten- 
sage den  Triton  mit  Libyen  und  dem  halb  my- 
thischen Tritonissee  in  Verbindung  bringt,  läßt 
vermuten,  daß  dieser  Gott  bei  den  Griechen  in 
Kyrene  bekannt  und  angeäehen  war.  Die  bei 
Dreßler,  Triton  1,  6  auf  Grund  dieser  Spuren  aus- 
gesprochene Vermutung,  daß  Triton  besonders 
bei  den  loniern  und  Aiolern  in  Ansehen  ge- 
standen habe,  wird  von  Gruppe  {Bursians  Jah- 
resber.  85  [1895],  293)  zurückgewiesen,  der  nur 


'^  ; 


1)  Tauagralische  Bronze- 

niüaze    des    Anton.    Pius 

im    Brit.  Mua.    mit    dem 

Triton   als   Nebenfigur 

unter    Dionysos    (nach 

Imlioof-Gardncr,  Numisin. 

commcnt.    on    Paus.   114,  3 

pl.  X  7). 


tür  Kyrene  und  Tanagra  Triton  als  'sicher  be- 
zeugt' gelten  läßt,  aber  doch  Akragas,  Thera, 
Lindos  und  Teumessos  als  Kultstätten  des  ''ne- 
ben Athena  stehenden '  Triton  in  Anspruch 
nimmt.  Unhaltbar  sind  die  Annahmen  Eschera 
{Triton  36—57),  die  auf  der  unerwiesenen  (vgl. 
Dreßler,  Triton  1,  9  A.  12)  Voraussetzung  be- 
ruhen, daß  Triton  als  Vater  der  Athena  gegol- 
ten   habe.    Er   meint   (S.  45),   'wo   die   Geburt 

10  der  Athena  lokalisiert  sei'  (wo  also  der  mit 
dem  Athenakult  in  Verbindung  stehende  Triton- 
fluß oder  -see  angesetzt  wurde),  da  'habe  auch 
Triton  einst  Verehrung  genossen'.  —  Als  Sohn 
des  Poseidon  und  der  Amphitrite  (siehe  unten 
4j  4)  wohnt  Triton  bei  seinen  Eltern  auf  dem 
Grunde  des  Meeres  in  goldenem  Hause  {Hesiod. 
Theog.  931  ss.);  wenn  er  das  Meer  durchschweift, 
sind  Schwämme  sein  Lager  in  der  Tiefe  {Paul. 
Silent.  in  Anth.  Pal.  6,  65,  7  s.    Suidas  s.  v.  Tql- 

20  rcovog);  das  Meer  ist  überhaupt  das  Tqixoaviov 
olö^icc  {Orph.  Hymn.  24  [23],  6),  das  Ungestüm 
desselben  wird  mit  ylavAoio  Tglroavos  a-jtsiXoci 
{Anth.  Pal.  7,  550,  1),  die  hohe  See  einfach  mit 
TqItcov  {Antiphilos  in  Anth.  Pal.  10,17,3)  be- 
zeichnet. Da  also  TqItcov  geradezu  für  Meer 
gesetzt  wurde,  so  ist  es  erklärlich,  daß  das 
■ni'jros,  das  Poseidon  zur  Bestrafung  des  Lao- 
medon  sendet,  Tgircovog  yivcov  genannt  und 
Tgiroii-,  wie  es  scheint,  in  der  Bedeutung  Po- 

30  seidon  gebraucht  wird  (von  Lykophron  AI.  32  ss. ; 
vgl.  Tzetzes  ad  Lyc.  34.'  So  »auch  Suidas  s.  v. 
TgiTcavog-  UoGsidcbvog,  d-ccXccaarig).  Triton  er- 
scheint auch,  jedoch  nur  selten  und  erst  in 
späterer  Zeit,  als  Gottheit  des  sagenhaften, 
vielfach  nach  Libyen  verlegten  Tritonflusses. 
Bei  ihm  ist  Athena  aufgezogen  worden,  und 
Pallas  wird  als  seine  Tochter  genannt  {Schol. 
Ilias  8,39  [Dind.  vol.  3  Cod.Ven.  B].  Apollod. 
Bibl.  3,  12,  3,  6).   Diese  Sagen  verdanken  wahr- 

40  scheinlich  ihren  Ursprung  dem  der  Athena  oft 
beigelegten  Namen  Tqitoybvsicc  (vgl.  unten  §  23), 
da  ja  die  Pallas  bei  Apollodor  offenbar  eben- 
falls Athena  ist.  Darum  soll  auch  ein  simula- 
crum  Tritons  bekränzt  Palladia  harandine  einen 
Triumphwagen  der  Verteidigung  Libyens  ver- 
herrlichen (Claudian.  28,374ss.),  obwohl  der 
Gott  hier  nicht  ausschließlich  als  Flußgott  ge- 
dacht ist  (v.  379).  In  der  Argonautensage  (vgl. 
unten  §  9)  scheint  er  auch  zu  dem  gleichfalls 

50  in  Libyen  gesuchten  Tritonissee  in  engere  Be- 
jriehung  gesetzt  zu  werden  {Apoll.  Bh.  4, 1588  ss.), 
der  in  anderem  Zusammenhange  als  von  ihm 
geliebt  bezeichnet  wird  {Luc.  Phars.9,ii4:7  sa.); 
mit  den  ßvO-Loi  Tgltcovog  Q-älaiioi  bei  Constan- 
tinus  Manasse  2,  88  {Hercher)  scheint  eher  der 
Tritonissee  als  das  Meer  gemeint  zu  sein.  Falsch 
wäre  es  jedoch  zu  behaupten,  der  Triton  der  Ar- 
gonauten sei  nicht  Meergott,  sondern  Gottheit 
dieses  Sees  oder  des  Flusses  Triton.  Wie  er  bei 

60  Apollonios  Bhodios  sich  in  seiner  wahren  Ge- 
stalt zeigt,  erscheint  er  in  der  aus  menschlichem 
Oberkörper  und  doppeltem  Fischschwanz  zusam- 
mengesetzten Mischbildung  (v.  1610  SS.),  die  den 
Flußgöttern  niemals  gegeben  wird  (mit  Aus- 
nahme allerdings  des  Acheloos;  vgl.  jedoch  Gae- 
dechens,  Glaukos  16).  Die  Bezeichnungen,  die 
Lykophron  (886.  892)  dem  Triton  der  Argonauten- 
sage beilegt,  passen  doch  nur  für  einen  Meergott. 


1155  Triton,  Tritonen  Triton,  Tritonen  \1M\ 

§  4.    Triton    in    der   Genealogie    der  Sohne  Poseidons  wurde,  machte  mau  ihn  zum 

Götter.    Die   Selbständigkeit,    die  Iriton    in  Diener  seines  Vaters  und  daun  auch  der  Aphio- 

alter  Zeit  besaß,  mußte  verloren  gehen,  als  er  dite  (als  MeergOttin).    Noch  mehr  aber  mußt( 

in  die  Genealogie   der   Götter   eingefügt  und  er  an  Bedeutung  verlieren,    als  die   Künstler 

zum  Sohne  Poseidons  gemacht  wurde,  von  die-  und  Dichter  ihm  ein  ganzes  Oeschlccht  gleich 

sem  erzeugt  mit  des  Nereus  Tochter  Amphi-  artiger  Wesen  zur  Seite  stellten,  wie  dies  beim 

trite  {Hesiod.  T?i€og.  930s.    ApoUod.  Bihh  1,4,  Pan  und    Seilenos  geschehen   Avar.    Das  Meer 

6.   Uygin.  Fab.  p.  12, 1  [Schmidt].    Tzetzes  ad  wurde  mit  den  Gestalten  der  Tritonen  belebt, 

Lyc.  34.  886),    ebenso    wie    seine    Schwestern  die  den  Satyrn,  Seilenen,  Panen  und  Keutau- 
P6dTi  und  Bttd'satuviiri  (ApoUod.  Bibl.  1,4,6.  lo  ren  des  testen  Landes  entsprechen  als  'leben- 

8, 16,  4,  2).  Als  Enkel  des  Nereus  heißt  er  dessen  dige  Bilder  der  rauschenden,  tönenden,  gleiteu- 

yöyoff,  was  hier  als  'Nachkomme*  zu  fassen  ist  den  und  wandelbaren  Meorflut'  (Fnller-Plcu . 

(yg\.  EscJier,  Triton  32);   Tzetees  (ad  Lyc.  886)  Grtcc/i.  il/y</<.»  1,492).  Dies  hindert  jedoch  nicht. 

versteht  allerdings  dieses  yovog  als  vto?.  Wenn  daß  Triton  als  Einzelwesen  neben  ihnen  weitei 

derselbe  ebenda  sagt,  AUsandros  nenne  Eury-  vorkommt  (iVbn»*.  D/ow.  6,270.  294.  43,114.  149 

pylos  und  Triton  Söhne  des  Poseidon  und  der  205).    In  der  antiken  Literatur  finden  wir  Tri- 

Kelaino,  so  kann  dies  auf  einem  Mißverständnis  tonen  als  Gestalten  der  Poesie  (nicht  aln  Kunst- 

von  Schol.  Find.  PyHi.  4,67  beruhen,  nach  dem  werke)  erst  bei  Vergil  {Acn.  ö,  824);  vorher  ist 

Akesandros  sagt,  Eurypylos  sei  ein  Sohn  des  stets  nur  von  dem  Triton  als  Einzelwesen  die 
Poseidon  und  der  Kelaino  und  ein  Bruder  des  20  Rede.    Als  Werke  der  Kunst  werden  Tritonen 

Triton ;  denn  daraus  fo'gt  nicht  mit  Notwendig-  zuerst  in  der  großen  Statuengruppe  des  Skopas 

keit,   daß  Akesandros  sich  den  Triton  als  von  von  PUnius  (Nat.  hist.  36  [c.  5J,  26)  genannt; 

Poseidon  mit  der  Kelaino  erzeugt  dachte  (wie  denn   die  angeblichen  Tgiroavss  am  amyklaii- 

allerding^    Gruppe,   Gr.  Myth.   1,256    meint).  sehen  Throne  des  Bathykles  (P«Msan.  3, 18,  10) 

Wird   'Triton,  deus  maximus,'  als   Sohn   des  sind  wohl  noch   nicht   als  solche    aufzufassen 

Neptunus  und  der  Salacia  bezeichnet  (Servius  (vgl.  unten  §  11).    Aber   die  Vermutung,   daß 

ad  Verg.  Aefi.  1,144),  so  sind  nur  die  entspre-  Skopas  »feuerst  Tritonen  gebildet  habe  {Dreßler, 

ebenden    römischen   Gottheiten   an   die   Stelle  Triton  1, 10),  wird,  wie  es  scheint,  durch  die 

des  Poseidon  und  der  Amphitrite  gesetzt  (vgl.  in   Lokroi  Epizephyrioi   ausgegrabenen    Reste 
Prdler-Jordan,  Pöm.  Myth.^2, 121  A.  1).  Offen-  so  zweier  Giebelgruppen  widerlegt,  die  nicht  weit 

bar  als  Flußgott  gefaßt  wird  Triton  Sohn  des  über  die  Mitte   des  5.  Jahrhunderts   herabzu- 

Okeanos  und  der  Tethys  genannt  (iS^a^ahs  Co^»es,  setzen  sind  (vgl.  unten  §  24,4).   Da  jede  dieser 

Mythol.  8,  3  p.  819   der  Ausg.  von  1620]   nach  Gruppen  einen  Triton  enthielt,  so  ist  vielleicht 

^Numenius  in  libro  de  piscationibus\  —  Es  ist  anzunehmen,   daß   schon  vor  Skopas  Tritonen 

nicht  nötig,  dies  mit  Escher  [Triton  34 f.  57]  dem   Triton    zur   Seite    gestellt    worden    sind. 

auf  den  mit  dem  Namen   des  Triton  bezeich-  Aus  der  Kunst  nehmen  die  Schriftsteller  diese 

neten   Nil  [Apoll.  Hh.  4,  269  und   Schol.  dazu  Gestalten  in  ihre  Werke  auf;  vielleicht  ist  der 

(Hermippos).   Plin.  Nat.  hist.  5  (c.  9),  54]  zu  be-  Name  Tritonen   für  derartige  Wesen   erst  auf 

ziehen.     Wenn  Triton  zusammen    mit  Nereus  diesem  Wege  in   die  Volkssage  eingedrungen 
uns  in  der  Gigantenliste  des  Joh.  Tzetzes  {Abh.  40  (Pat^sa«.  8, 2, 7.  9,21,1.  Plin.  Nat.  hist.  32  [c.  11  \y 

d.  Berl.  Äk.  1840,  147 ff.  v.  92)  begegnet,  so  ist  144;  vgl.  Tacit.  Ann.  2,  24). 
mit  Mctx.  Mayer  {Giganten  u.  Titanen  260)  zu  §  6.  Die  Gestalt  Tritons  und  der  Tri- 

sagen:  'Nereus  undTriton  sind  für  uns  Nonsens.'  tonen.  In  der  Schilderung  derselben  schließen 

Außer  der  oben  erwähnten  Tochter  des  als  sich  die  Schriftsteller  natürlich  an  die  durch 
Flußgott  gefaßten  Triton,  Pallas,  wird  als  Toch-  die  Kunst  ausgebildeten  Typen  an  (vgl.  unten 
ter  Tritons  Tritaia  genannt  {Paus.  7,22,8s.),  §  12—15).  Nie  dachte  man  sich  Triton  in  voller 
die  Priesterin  der  Athena  gewesen  sei  und  Menschengestalt,  immer  geht  er  von  den  Hüf- 
später  selbst  göttliche  Ehren  genossen  habe  ten  ab  in  einen  oder  zwei  Fischschwänze  über. 
{Gruppe,  Gr.  Myth.  2,1204  Anm.  1,  nennt  sie  Wenn  Ovid  {Her.  7,498.)  den  Triton  mit  Ros- 
'Hypostase  der  Athene').  Allerdings  scheinen  50  sen  fahren  läßt,  so  ist  dies  eine  sicher  auf 
Pallas  und  Tritaia  Gestalten  zu  sein,  die  sich  Vermischung  Tritons  mit  einem  anderen  Meer- 
von  Athena  gleichsam  losgelöst  haben,  und  gotte  beruhende  Ausnahme  (vgl.  Gaedcchens, 
daß  sie  Töchter  des  Triton  genannt  werden.  Glaukos  19  f.).  Darum  wird  er  ein  x?)ros  ge- 
geht vielleicht  auf  den  Beinamen  Tritogeneia  nannt  {SchoU.  Apoll.  Rh.  4,1619),  vypov  tigag 
der  Athena  zurück.  Aber  die  dann  vorauszu-  {Aelian.  de  nat.  an.  13,21),  dL^OQq>os  (Lyc.  AI. 
setzende  Auslegung  desselben  'von  Triton  ge-  892),  semifer  {Claudian.  10,  145;  Apoll.  Sid. 
zeugt'  kann  eine  spätere,  vielleicht  auch  lo-  Carm.  11,38),  ScvSgocpvrjg  ccTÜsarog  an  i^vog 
kale,  mißverständliche  Auffassung  sein.  Man  ^yx^oog  ix&vg  {Nonn.  Dio7t.  36 ,  94:) ,  ccTt'  t^vog 
darf  aus  diesem  Beinamen  nicht  mit  Escher  axgi  yMgi^vov  ijiiLtEX^g  {Nonn.  Dion.  43,207  8.), 
{Triton  27 ff.)  schließen  wollen,  daß  Triton  in  60  seine  Gestalt —  ßgotoei8r]g  ScXXo(pvr}g  x^odovca 
einer  weit  zurückliegenden  Zeit  als  Vater  der  {Nonn.  Dion.  43,  206  s.),  sein  pcctu8  semiferum 
Athena  gegolten  habe,  da  keine  Spur  der  Über-  (alvus  desinit  in  pristim  Verg.  Aen.  10, 
lieferung  dies  bestätigt.  Triton  soll  ferner  mit  2118.),  die  fiopyat  derTritonen -ö-r^porvTrot  (Or/>»//. 
der  Hekate  die  Krataiis  gezeugt  haben  {Schol.  Hymn.  24  [23],  48.),  sie  selbst  pistrigeri  {Apoll. 
Odyss.  12, 124),  auch  erscheint  er  als  Vater  der  Sid.  Epist.  4,  8,  5  —  Triton  hier  kollektiv).  Der 
Skylla  {Eustath.  ad  Odyss.  12, 86).  doppelschwänzige     Tritonentypus     wird     von 

§5.   Sinken  der  Bedeutung  Tritons,  Schriftstellern    mehrfach    ihren   Schilderungen 

Auftreten   der  Tritonen.    Als  Triton  zum  des  Triton  wie  der  Tritonen  zu  gründe  gelegt 


llöT                Triton,  Tritonen  Triton,  Tritonen                1158 

Apoll.  Bh.  -i,  1613ss.  II.  Schol.  (la/-u.    (Vci.y  ./;  ^...>.;;    Uarum   heißt  er  seibat  canorus  (Ooid 

Hut.  (l.  1,  28,  78.    Noiui.  Diou.  6,  270«.  [36, 1)38.  Met.  2,8),  iinvta  (laut  tönend  —  Aelian.  de  nat. 

(la<,^e«,'en  ist  Triton  eiuHcliwänzig].  43,114.20688.  an.  13,21).    Ja  er  ertrankt  aus  Eifersucht  den 

Apoll.  Sid.  Carm.  W.d^s.);  auch  die  Gcstaltunj^  Misenus,   der   es  ^ewa^'t   hat,   gleich    ihm  das 

eines  Seekeutauren  (vijl.  unten  §  13)  wird  dem  Meer    von    de«    Tönen    einer    hohlen    Muschel 

Triton  zugesprochen  (Tzetzcs  (id.  Lyc.  34.  886;  widerhallen    zu    lassen   (Verg.  Am.  «,  171  ss.). 

Claudian  |1(),  144hsJ   scheint  ihn   als   Seeken-  Mit  ihren  KUlugen  setzt  er  das  Meer  in  Schrecken 
tauren  mit  Stiertußen  zu  denken;  vgl.  Jioschar       (Fmy.  Jen.  10,  201) s.),  ihr  gewaltiger  Ton  dient 

in  diesem  Lex.  Bd.  2,  8p.  1)2,  Z.  51  ff.).    Der  Für-  ihm   gleichsam   als    Waffe;    denn   er  soll  eine 

bung  seines  Elementes  gemäß  wird  Triton  cae-  lo  Muschel  ausgehöhlt  und  mit  ihrem  noch  nicht 

ruleus  genannt  {Ovid.  Met.  1,3.-I3.  2.8),   seine  gehörten  Klange   die  gegen  Zeus  kämpfenden 

i^vg  (Weiche)  —  x^ot^r]  grünlich  (Noun.  Dimi.  «liganten  in    die  Flucht  gejagt  haben  (Ilygin. 

6,  2i)3),    ebenso   die  vSchwänzc   {ölntvxo^  ovqtj)  Astr.  '2,2S).   Rascher  bemerkt  Berl.  philol.Wo- 

der  Tritonen  —  ^yxXoog  (Nohh.  Dion.  ij,  210 a.).  chenschr.  1893,  21  f.,  'daß  diese  Erzählung  bei 

Sein   Haar  ist  bald    über   der  Stirn   emporge-  Hygin  nur  eine  Variante   des  astronomischen 

sträubt  (Verg.  Aen.  10,  210s.    Lucian.   Timov  Mythus    vom    Aigokeros    (Aigipan)    ist'    (über 

64  [D/xr/.]),  bald  lang  herabhängend  und  schwer  diesen  Mythus  vgl.  Röscher,  Fleckeisens  Jahrb. 

vom  W'dssev  {Claudian.  10,145),  auch  mit  einem  1895,  333  ff.),  'wonach  Pan  beim  Kampfe  gegen 

Schilf  kränze    geschmückt   (Claudian.  28,  378);  die    ,  Titanen'    die    Muscheltvompete    erfindet 

wegen   seines   starken  Bartes  heißt  er   svgvys-  2ü  und  durch  deren  gewaltigen  Schall  die  Götter- 

vsiog  {Nonn.  JJion.  0,294.  36,93.  43,205;  vgl.  feinde  in  (panischen)  Schrecken  jagt.   Die  Va- 

Ooid.  Met.  1 ,  339).    Weiter   wird    er  squameus  riante   bei  Hygin  2,  23   hat  man   sich  einfach 

genannt  (Apoll.  Std.  Carm.  11,34);  die  Rauheit  aus  der  Auffassung  des  Aigokeros  (Capricornus) 

seiner   Erscheinung   wird    noch    erhöht,    wenn  als  Triton  (statt  als  lischschwänziger  Bock  oder 

sein  Rücken  oder  seine  Schultern  mit  Muscheln  Pan)  zu  erklären,  eine  Verwechselung,  die  umso' 

bedeckt  sind  {Ooid.  Met.  1,332.    Claudian.  10,  leichter  ^eintreten  konnte,  je  häufiger  der  pa- 

136ss.  144s.  150);   Pollux  (4,142)  nennt  unter  neske  (gehörnte)  Typus  der  Tritonen  vorkommt', 

den  ngÖGcüTCCi  rgayi-aä  auch   Tgitcov.  Über  die  Hörner  von  Tritonen  vgl.  unten  §  15. 

Eine  Schilderung  (Pausan.  9,  21,  1),  die  den  —  Anderseits  erschrickt  Triton  voj  dem  Getön 

Tritonen  der  Sumpfpflanze  ßargdxiov  ähnliche  3o  der    Tuben    einer    Seeschlacht,    das    mit   dem 

Kopfhaare,  durchgängige  Bedeckung  des  Kör-  Klange    seiner   Muschel  wetteifert  {Sil.  It.  14, 

pers  mit  dünnen  Schuppen,  Fischkiemen  unter-  371  ss.).    Mit  dem  cantus  derselben  geleitet  er 

halb   der   Ohren,  breiten  Mund  und  tierische  nach  der  Schlacht  bei  Actium  den  siegreichen 

Zähne  zuschreibt,  knüpft  an  die  Beschreibung  Augustus  über  das  Meer,   einstimmend  in  den 

von  Fischmumien  an  (vgl.  unten  §  10)  und  ent-  Beifall  der  Meeresgöttinnen  (Fropert.  4,  6,61s. 

spricht    nicht    sowohl    den    Schöpfungen    der  [Hertzberg]). 

Kunst  als  den  Schiffersagen.  §  8.  Triton  und  die  Tritonen  als  Die- 

Sehr  begreiflich  ist  es,  daß  Triton  vygbg  ner  des  Poseidon,  der  Aphrodite  und 
o^LTTig  genannt  {Nonn.  Bion.  6,  294)  und  die  der  Nereiden;  Triton  und  Skylla.  Vgl. 
Tritonen  gerühmt  werden  wegen  ihrer  Fähig-  40  unten  §  18.  20 — 22.  25 f.  28.  Triton  erweist  sich 
keit  zu  schwimmen  und  Lasten  zu  tragen  (Jni/<.  dem  Poseidon  dienstbar  namentlich  mit  der 
Pal.  11,494,5s.  =  Lucian.  epigr.  28).  Zwar  wur-  Muscheltrompete.  Durch  ihren  gewaltigen  Klang 
den  sie  unter  die  beluae  des  Meeres  gerechnet  ruft  er  auf  das  Gebot  Poseidons  bei  der  Deu- 
(Plin.  Nat.  hist.  32  [c.  11],  144),  aber  doch  re-  kaiionischen  Flut  die  Wogen  des  Meeres  und 
deten  sie,  wie  die  Sage  erzählte,  mit  mensch-  die  Gewässer  des  Landes  in  ihre  Grenzen  zu- 
licher  Stimme  und  bliesen  auf  durchbohrten  rück  {Ovid.  Met.  1 ,  S?jO  ss.) ,  durch  ihn  unter- 
Muscheln (Pawsan.  8,  2,  7).  Freilich  fehlte  es- in  stützt  er  Poseidon  im  Kampfe  mit  anderen 
späterer  Zeit  auch  nicht  an  Stimmen,  die  Ge-  Göttern  (iVonw.  D/ow.  36,  93.  43,205).  Als  dieser 
stalten  dieser  Art  für  nicht  existierend  erklär-  mit  anderen  Gottheiten  des  Meeres  den  Zeus 
ten  {Etym.  Gud.  s.  v.  ndaXov;  vgl.  luven.  Sat.  50  bei  der  Entführung  der  Europe  geleitete,  blies 
14,  283,  auch  Aelian.  de  hat.  an.  13,  21).  Cicero  Triton  letzterem  das  Hochzeitslied  {Nonn.  Bion. 
{ad  Att.  2,9,  1)  nennt  im  Scherz  die  Liebhaber  l,61ss.).  Als  Diener  Poseidons  erscheint  Tri- 
von  Fischteichen  piscinarum  Iritones.  ton   ferner,  wenn    er   mit  diesem    Schiffe   des 

§  7.  Attribute  Tritons  und  der  Tri-  Aeneas  von  Klippen  löst  (Verg.  Aen.  1,144s.), 
tonen.  Vgl.  unten  §  16.  Viel  häufiger  als  der  wenn  er  den  Gott  auf  die  Schönheit  der  Amy- 
Dreizack  {Accius  bei  Cicero  de  nat.  d.  2,  35,  89)  moue  aufmerksam  macht  und  dann  die  Jung- 
wird dem  Triton,  wie  bisweilen  auch  anderen  frau  rauben  hilft;  er  hat  die  Rosse  an  den 
Meergöttern  (Nereus,  Phorkys,  selbst  der  Skylla,  Wagen  Poseidons  anzuschirren  und  über  die 
vgl.  Jahn,  Sachs.  Per.  lS6i,  no  A.  39.  Gaede-  Delphine  als  Träger  des  Gottes  zu  gebieten 
chens,  Glaukos  21),  von  den  Schriftstellern  die  60  {Lucian.  Bial.  mar.  Q.  —  Vgl.  Martial.  Lib. 
gewundene,  unten  durchbohrte  Trompetenmu-  Spectac.  28,5s.  [Friedl.],  wo  an  ein  Standbild 
schelals  Attribut  beigelegt  (jLwc.P/iars.  9, 347  SS.  [vgl.  unten  §  31]  des  Triton  zu  denken  ist).  In 
Plin.  Nat.  hist.  9  [c.  5J,  9.  Claudian.  10,  129  ss.).  demselben  Verhältnis  stehen  natürlich  auch  die 
Indem  er  ihr  bald  furchtbare,  bald  liebliche  Tritonen  zu  Poseidon;  ihnen  befiehlt  er,  die 
Klänge  entlockt,  erscheint  er  als  Sinnbild  der  Leto  durch  das  Meer  nach  Delos  zu  tragen 
bald  machtvoll  tosenden,  bald  leise  rauschen-  {Lucian.  Bial.  mar.  10,2),  im  Kampfe  mit  Dio- 
den Meerflut.  Sie  ist  ihm,  wie  den  Tritonen  nysos  die  Bakchantinnen  zu  fesseln  {Nonn. 
gewohnt  und  vertraut  {f]d-d?  —  Nonn.  Bion.  6,  Bion.  43,  149);  sie  mischen  sich  unter  sein  aus 


1159                Triton,  Tritonen  Triton,  Tritonen                1160 

niederen  Gottheiten  des  Meeres  und  Seeunge-  Schon  Pindar  (Pyth.  4,1988.)  erwähnt,  daß  im 

heuern  bestehendes  Gefolge,  wenn  er  auf  sei-  Ausflüsse  des  Tritonissees  der  Argonaut  Euphe- 

nem  Wagen  über  die  Fluten  dahinfährt  {Ver^.  mos  eine  Erdscholle  als  Gastgeschenk  erhalten 

Äen.  6,  81788  ;  bei  Statins  [ÄchiU.  1.548.]  hei-  habe  von  dem  Gotte  (nämlich  Triton,  wie  ho- 

ßen  sie  armigeri  als  Diener  und  Begleiter  Nep-  zeugt  wird  Schol.  Pind.  Pyth.  4,  49.  Schol  Eur 

tuns,  an  Waffen  in  ihren  Händen  ist  hier  schwer-  Orest.  a64.  Schol.  Apoll.  Rh.  4,  1552.   Tzetzes  ad 

lieh  zu  denken).    Das  taten  sie,  als  er  seinem  Lyc.  754),    der   einem    Manne    gleichend    kIcIi 

Bruder  bei  der  Entführung  der  Europe  voran-  Eurypjlos,   Sohn  des  Poseidon,  genannt  habe. 

zog  {Lucian.  Dial.  mar.  16,8.  —  Jahn  [Sachs.  Studniczka  {Kyrene  105  f.)  zeigt  allerdings   in 

Ber.  1864,  185]  bemerkt,  daß  derartige  Schil-  lo  sehr  beachtenswerter  Weise,  daß  bei   Pmdar 

dernngen  sicherlich  unter  dem  Eindrucke  von  unter  dem   in  der  Gestalt  des  Eurypylos  den 

Kunstwerken  gemacht  sind),  sie  bliesen  bei  die-  Argonauten  erscheinenden  Gotte,  den  schon  die 

sem  Liebesabenteuer  als  Diener  des  Meerbeherr-  Alten,  als  Triton   aufgefaßt  haben,   Aristaios 

Sehers  das  Hochzeitslied  {Mosch.  Id.  2,11788.).  ein  iTauptgott  von  Kyrene,  zu  verstehen   sei 

Ebenso   wie   dem  ernsten  Beherrscher  des  dieser  sei  später  verkannt,  durch  Triton  er 

Meeres  dienen    Triton    und   die  Tritonen  der  setzt  und  von  diesem  auch  in  der  Pindarexe- 

lieblichen  Aphrodite,  in  der  bisweilen  die  gese  verdrängt  worden. 

heitere  Anmut  des  Meeres  zum  Ausdruck  Sodann  berichtet -öerotioi  (4, 179):  Jason  sei 
kommt.  Ti-iton  tr&gt  die  Göttin  auf  seinem  durch  den  Nordsturm  in  die  untiefen  des  Tri- 
Fischleibe,  wenn  sie  über  die  Wogen  dahin-  20  tonissees  getrieben  worden.  Als  er  hier  den 
zieht  {Nonn.  Dion.  1,59.  Claudian.  10,  127  8s.  Ausweg  nicht  finden  konnte,  sei  ihm  Triton 
ApoU.  Sid.  Carm.  ll,348s.).  Oder  Tritonen  um-  erschienen  und  habe  ihm  gegen  das  Verspre- 
schwärmen sie  dabei  in  Scharen  zugleich  mit  chen,  ihn  aus  seiner  Not  retten  zu  wollen,  einen 
niederen  Gottheiten  des  Meeres;  sie  geleiten  Dreifuß  abgefordert.  Dann  habe  er  sein  Ver- 
die  Göttin  auf  ihrem  Zuge  zum  Okeanos  mit  sprechen  erfüllt  und  den  Dreifuß  in  sein  Hei- 
den Klängen  der  Muscheltrompete  {Apul.  Mei.  ligtum  (vgl.  Sp,  1153)  gesetzt:  auf  dem  Dreifuße 
4  p.  308s.  [Hild.]'.  zwei  ziehen  ihren  Wagen,  sitzend  habe  er  geweissagt,  wenn  ein  Nach- 
einer beschattet  sie  mit  dem  Sonnenschirm,  ein  komme  der  Argonauten  diesen  in  seine  Ge- 
vierter hält  ihr  einen  Spiegel  vor).  Bei  der  Ent-  walt  bekäme,  so  würden  nach  der  Bestimmung 
führung  der  Europe  werden  unter  dem  ge-  so  des  Schicksals  100  hellenische  Städte  um  den 
staltenreicheu  Geleite  des  Zuges  auch  zwei  Tri-  Tritonissee  her  gegründet  werden.  Deshalb 
tonen  genannt,  die  Aphrodite  auf  einer  Mu-  hätten  die  libyschen  Bewohner  des  Landes  den 
schel   tragen   {Lucian.  Dial.  mar.  15,  3),   eine  Dreifuß  verborgen 

Dienstleistung,  die  auch  sonst  erwähnt  wird  Während  der  Gott  Pindara  eigentlich  nur 

{ApoU.  Sid.  Epist.  4,  8,  5  —  Triton  kollektiv  ge-  von  seinen  Erklärern  Triton  genannt  wird  und 

braucht).  der  Bericht  Herodota  mehr  auf  einen  mit  dem 

Triton  (Oi?kJ.  3fei.  2, 5  SS.),  wie  Tritonen  (Fcr^r.  Namen  Triton  bezeichneten  Gott  der  Libyer 
Aen.  5,  8178S.  Lucian.  Dial.  mar.  15,3.  Apul.  paßt,  bezieht  sich  die  Erzählung  des  Apollo- 
Met,  i:  p.  SOS  8.  [Hild.].  Dracont.  Carm.  prof.l.,  nios  Rhodios  geradezu  auf  den  griechischen 
14588.  —  Tritonis  alumni  =  Tritonen)  erschei-  40  Triton.  Er  berichtet  (4, 1537  8s.):  Den  Argo- 
nen  besonders  bei  den  mehrfach  erwähnten  nauten,  die  den  Ausweg  aus  dem  Tritonissc«' 
Seezügen  in  Gesellschaft  der  Nereiden  und  nicht  finden  können  und  deshalb  den  Lande.s- 
treten  mit  diesen  'Huldinnen'  des  Meeres  in  göttern  einen  Dreifuß  am  Ufer  aufgestellt  ha 
nähere,  namentlich  erotische  Beziehung.  So  ben,  erscheint  Triton  in  Gestalt  eines  jungcii 
hören  wir  den  Triton  der  Iphianassa  und  Do-  Mannes,  bietet  den  Helden  eine  Erdscholle  als 
ris  von  Perseus  erzählen  [Lucian.  Dial.  mar.  Gastgeschenk  dar  und  nennt  sich  Eurvpylos, 
14),  wir  sehen,  wie  er  bei  der  Deukalionischen  in  Libyen  geboren,  Beherrscher  des  Küsten- 
Flut  Thetis  trägt  {Nonn.  Dion.  6,  293s.),  wie  landes  {Schol.  Pind.  Pyth.  ■i,  49:  Triton  erschien 
er  die  Kymothoe  mit  seiner  Liebe  verfolgt  in  der  herrlichen  Gestalt  des  Eurypylos,  des 
{Claudian.  10,  136  ss.;  vgl.  unten  §  28;  Kymo-  50  Königs  von  Kyrene)  und  nach  dem  Willen  sei- 
thoe  und  Triton  verbunden  auch  bei  Verg.  Aen.  nes  Vaters  Poseidon  kundig  jener  Gegend  des 
1, 1448.).  Hingebender  zeigt  sich  ihm  Galateia  Meeres.  Dann  zeigt  er  ihnen  den  Aufgang  in 
{ApoU.  Sid.  Carm.  11,  Sl  SS.).  Ebenso  lassen  sich  das  Meer  und  scheint  mit  dem  Dreifüße  in 
diese  Töchter  des  Nereus  gern  von  den  Trito-  dem  See  zu  verschwinden.  Als  darauf  Jason 
nen  tragen  {Orph.  Hymn.  24[23],  Iss),  die  als  ein  geopfertes  Schaf  in  das  Wasser  wirft  und 
ihre  Liebhaber  gelten  {Claudian.  19,67  8.;  vgl.  den  unbekannten,  hilfreichen  Gott  anmft, 
Dracont.  Carm.  prof.  2,  33  8.).  taucht  Triton  in    seiner  wahren    Gestalt    mit 

Eine  späte  Sage  (ProÖMS  m  Ferp.  .Bttc.  6,  74)  dem  Oberkörper  eines  Gottes,  der  von  den 
erzählt,  daß  Triton  Liebhaber  der  Scylla,  der  Weichen  ab  in  einen  zweiteiligen  Fischschwanz 
Tochter  des  Phorcus  und  der  Crataeis  gewesen  60  übergebt,  aus  dem  Wasser  auf  und  zieht  das 
sei.  Als  aber  diese  den  Neptunus  an  seine  Schiff  in  das  Meer  hinaus.  Ihm  und  dem  Po- 
Stelle  gesetzt  habe,  da  habe  er  mit  einem  Zau-  seidon  errichten  die  Argonauten  Altäre  da,  wo 
bermittel,  das  ihm  Circe  gegeben,  die  Stelle  sie  in  das  Meer  gelangt  sind.  Die  Scholle 
des  Meeres  vergiftet,  durch  die  Scylla  zum  wird  infolge  eines  Traumes,  in  dem  sie  sich 
Neptunus  zu  gehen  pflegte.  So  sei  diese  zu  in  eine  Jungfrau  verwandelt  und  Triton  und 
ihrem  Delphinschwanz  und  den  ihre  Hüften  Libye  als  ihre  Eltern  nennt,  von  Euphemos  ins 
umgebenden  Hunden  gekommen.  Meer  geworfen;  es  entsteht  aus   ihr  die  Insel 

§  9.    Triton   in   der  Argonautensage.  Kailiste,  das  spätere  Thera. 


1161 


Triton,  Triton en 


Triton,  Tritoneu 


1162 


Bei  Lykophron  (886  ss.),  der  m«  n  an  //«- 
rodot  au/uschließen  scheint,  schenkt  Medeia 
dem  Triton  einen  goUlenen  Mischkessel ,  weil 
er  den  Arpfonauten  den  Wetif  für  ihr  Schitt" 
<lurch  en^^e  Klippen  <^ezeitft  hat.  Der  Gott 
wiederum  weissagt,  die  Griechen  würden  die 
llerrschalt  über  das  Land  Libyen  erlangen, 
wenn  jener  Mischkessel  in  die  Hände  von  (irie- 
chen  käme;  deshalb  würden  die  Asbystai  ihn 
verbergen. 

In  euhemeristischer  Weise  gestaltet  die  Sage 
IHodor  (4,56,6):  Die  Argonauten  seien  in  die 
Sjrten  verschlagen  worden  (nach  Schol.  Apoll. 
Eh.  4  arg.  scheint  es,  als  trügen  die  Argonau- 
ten auf  den  Rat  Tritons  ihr  Schiff  aus  der  li- 
byschen Syrte  in  den  Tritonissee)  und  hätten 
vom  Triton,  dem  König  von  Libyen,  die  eigen- 
tümliche Beschaffenheit  des  Meeres  erfahren. 
Der  Gefahr  entronnen,  hätten  sie  ihn  mit  einem 
Dreifuße  beschenkt,  der  sich  bis  auf  die  neue- 
ren Zeiten  bei  den  Euesperitae  erhalten  habe. 

Verwandte  Züge  der  Sage  sind  es,  wenn 
der  Halios  Geron  der  Byzantier  (vgl.  dieses 
Lex.  Bd.  1,  Sp.  1821)  als  Führer  des  Jason  und 
der  Seinen  durch  den  Bosporos  genannt  wird 
{Dionys.  Byz.  de  Bosp.  nav.  ed.  Wescher  p.  '20), 
und  wenn  Glaukos  in  Tritonengestalt  den  Ar- 
gonauten weissagend  erscheint  (vgl.  Gaedechens, 
Glaukos  7 8  f.). 

§  10.  Triton  in  den  Sagen  von  Tana- 
i^-ra.  Triton  erscheint  auch  in  den  Lokalsagen 
der  boiotischen  Stadt  Tanagra  {Pausan.  9,  20,  4 ; 
vgl.  die  Sp.  1153  angeführten  tanagraiischen 
Münzen,  die  unter  dem  Standbilde  des  Diony- 
sos einen  fischschwänzigen  Meergott  zeigen). 
Man  erzählte,  die  Frauen  der  Tanagraier  seien 
vor  dem  Feste  des  Dionysos  (und  zwar  des 
Jiovvoog  nsXccyiog,  wie  Maaß  [Hermes  23, 70  ff.] 
gezeigt  hat;  derselbe  weist  auch  auf  die  Par- 
allele hin,  welche  die  Sage  vom  Meergott 
Glaukos  bietet,  der  sich  auf  Naxos  in  Ariadne 
verliebt  und  von  diesem  See-Dionysos  bezwun- 
gen und  gefesselt  wird)  an  das  Meer  hinab- 
gestiegen, um  die  heiligen  Waschungen  vorzu- 
nehmen. Als  sie  schwammen,  habe  Triton  sie 
angefallen,  Dionysos  aber  habe  ihr  Gebet  um 
Hilfe  erhört  und  Triton  im  Kampfe  überwun- 
den. Wernicke  (Jahrb.  d.  Ärch.  I.  1887,  116  f.) 
sieht  in  dieser  Erzählung  eine  Andeutung  von 
der  Verdrängung  eines  älteren  Kultus  des  Meer- 
gottes (^des  Poseidon  oder  seiner  Hypostase 
Triton')  durch  den  jüngeren  Kultus  des  Diony- 
sos; vgl.  auch  Gaedechens,  Glaukos  148  und 
E.  Curtius,  Ber.  d.  Berl.  Ak.  43  (1890),  1149. 

Nach  dem  Berichte  des  Demostratos  (bei 
Aelian.  de  nat.  an.  13,  21)  und  des  Pausanias 
(9,  20,  4)  zeigte  man  im  Tempel  des  Dionysos  zu 
Tanagra  als  merkw^ürdiges  Schaustück  (d-av^icc, 
vgl.  Wolters,  Arch.  Zeit.  1885,  265  f.  Wernicke 
a.  a.  0.  114.  Preuner,  Bursians  Jahresher.  25, 
248)  die  kopflose  Mumie  eines  Triton  (einen 
anderen  Triton  —  wohl  auch  eine  Fischmumie 
—  hatte  Pausanias  [9,  21,  1]  in  Rom  gesehen). 
Dieses  Q^av^a  hatten  die  tanagraiischen  Dio- 
nysospriester vermutlich  aus  einem  dazu  ge- 
eigneten Fische  {Plinius,  Nat.  hist.  32  [c.  11], 
149.  151  erwähnt  einen  FischHriton'  aus  dem 
Geschlecht  der  pelamides),   dem  sie  den  Kopf 

RoacHBR.  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V. 


iib^tiiiiiiifii,  liergestellt,  um  die  erwäluite  Suge 
zu  veranschaulichen  (TF<"mic/.y' a.  a.  0.  117).  Da- 
durch entstand  vielleicht  die  rationalistische 
Umbildung  der  Sage,  die  J'ausanias  ebenfalls 
mitteilt  (9,20,5):  Triton  habe  zum  Meere  ge- 
triebenes Vieh  geraubt  und  auch  leichte  Fahr- 
zeuge angegriffen,  bis  ihm  die  Tanagraier  einen 
Mischkrug  mit  Wein  hinstellten.  Von  dem  Dufte 
augezogen,    sei    er    sogleich    herbeigekommen, 

10  habe  getrunken  und  sich  schlafend  auf  das 
Ufer  hingestreckt.  Ein  tanagraiischer  Mann 
habe  ihm  mit  dem  f^eile  den  Hals  durchge- 
hauen, deshalb  habe  er  keinen  Kopf.  Weil 
jener  ihn,  diese  Trunkenheit  benutzend,  erlegte, 
glaubte  man,  er  sei  von  Dionysos  getötet  wor- 
den. —  Daß  man  sich  die  Tritonen  (wie  die 
Kentauren)  als  Liebhaber  des  Weins  dachte, 
zeigt  Philostr.  Im.  1,  25.  Eine  Parallele  aus 
der  steiermärkischen  Sage  ist  in  diesem, Lex. 

to  Bd.  1,  Sp.  1067  angeführt. 

In  der  tanagraiischen  Sage  erscheint  hier- 
nach Triton  als  ein  Schaden  bringendes  Wesen, 
während  er  in  der  Argonautensage  und  sonst 
(vgl.  Sj).  1153)  sich  hilfreich  zeigt.  Daß  man 
den  Gedanken  des  Frauenraubes  schon  in  alter 
Zeit  mit  derartigen  Meerwesen  verknüpfte,  zei- 
gen zwei  flschschwänzige  Daimonen  an  einem 
archaischen  Bronzehenkel  im  Louvre  (abge- 
führt von  Furtwängler,  Goldfund  26  A.  3),  die 

:jü  je  eine  Frau  geraubt  haben  —  Tritonen  sind 
sie  wohl  noch  nicht  zu  nennen  (vgl.  unten  §  11). 
Daß  aber  auch  in  späterer  Zeit  dem  Triton 
oder  den  Tritonen  erotische  Gewalttätigkeit 
zugetraut  wurde,  beweist  die  unten  §  28  be- 
sprochene Marmorgruppe  im  Vatikan  (Helbig, 
Klass.  AUerthümer  in  Bom^  105  nr.  184). 

n.  Triton  und  die  Tritonen  in  der  Knnst. 

§  11.  Ursprung  des  fischschwänzigen 
40  Typus  der  Meerdaimonen.  Daß  dieser 
Typus  der  semitisch  -  orientalischen  Kunst 
entstammt,  läßt  sich  kaum  bezweifeln.  In 
Gaza  und  an  anderen  Orten  des  philistäi- 
schen  Landes  wurde  der  Gott  Dagon  in  einer 
Gestalt  verehrt,  die  als  Rumpf  einen  Fisch- 
körper ,  aber  Kopf  und  Hände  eines  Men- 
schen hatte  {Stark, 
Gaza2ASS.v.Bau- 
dissin.  Zur  sem.Be- 
50  ligionsgesch .2,177). 
Diesen  Gott  glaubt 
man  auch  inRelief- 
daratellungen  ge- 
funden zu  haben, 
die  den  Resten  des 
Palastes  des  assy- 
rischen Königs  Sar- 
gon  angehören  und 
eine  oben  mensch- 
60  liehe,  von  den  Hüf- 
ten alD  flschschwän- 
zige Gestalt  zeigen 

{Botta-Flandin,  Mo^i.  de  Ninive  1  pl.  32.  34,  s. 
uns.  Abb.  2).  Ebenso  wurde  auch  die  dem  Da- 
gon verwandte,  an  der  philistäischen  Küste  ver- 
ehrte Derketo  als  Weib  dargestellt,  dessen  untere 
Hälfte  ein  Fischschwanz  bildete  {Lucian.  de  Syr. 
dea  14).  Mehrfach  zeigen  babylonische  undassy- 

38 


2)  Flschschwänzige  Gottheit  (Da- 
gon?) aus  einem  Bas-relief  dea 
Palastes  des  Sargen  (nach  Botta- 
Flandin,  Monum.  de  Ninice  1  pl.32). 


1163 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


116-4 


S)   Drei  „Tritonen"  (f)   auf  einer    gr  Am-  jq 

phoim  «na  Ccrretrl  In  Rom,  Con»<  :  nach 

Rom.  Mitt,  2  [1887),  178, ::   1^;. . ,  J,. 

rieche  Siegel  solche  aus  Mensch  und  Fisch  zu- 
sammengesetzte Gestalten  (vgl.  Furttcängler, 
Abh.  d.  Berl.  Ak.  1879,  98;  weitere  Nachweise 
bei  Dreßler,  Triton  1, 16  A.  8.  11).  —  Dagegen 
muß  der  Triton  der  persischen  Münze  bei  Mioii- 
net,  Suppl.  8,428,40  wegen  der  beiden  Beine 
vorn  am  Körper  wohl  als  eine  Nachbildung  des 
Seekentaurentypus  angesehen  werden.  Ein  See-  20 
kentaur  findet  sich  auch  auf  einem  orientali- 
schen Siegelst«in  aus  der  Zeit  der  Sassaniden 
{ChabouüUt,  Camees  et  Pierres  gr.  de  la  Bibl.  Jmp. 
nr.  11 37).  Der  Typus  solcher  fischschwänziger 
Gestalten  scheint  nicht  nur  durch  die  Phoini- 
ker,  sondern  auch  von  Kleinasien  aus  den  Grie- 
chen überliefert  worden  zu  sein,  und  zwar  wahr- 
scheinlich durch  die  lonier  etwa  im  8.  Jahrhun- 
dert (nach  Ftiriicän^fkr,  Goldfund  2b;  in  diesem 
Lex.  Bd.  1,  Sp.  2193).  Beachtenswert  für  den  so 
Übergang  desselben  in  die  griechische  Kunst 
sind  zunächst  zwei  Gefäße  einer  Klasse  sicher 
sehr  alter  griechischerVasen  (vgl.  Dümmler,  Rom. 
Mitth.  2  [1887],  171  ff.).  Der  fischschwänzige 
Mann  auf  dem  einen  (bei  Dümmler  nr.  17  S.  176. 
185)  wird  den  fischschwänzigen  Wesen  auf  den 
orientalischen  Siegelsteinen  nachgebildet  sein, 
die  drei  Männer  auf  dem  anderen  (a.  a.  0.  nr.  2 
S.  172.  186  Taf.  8,  2  —  s.  uns.  Abb.  3),  an  deren 
vollständig  menschlich  gebildeten  Leib  in  der  ^0 
Gegend  des  Gesäßes  ganz  unorganisch  ein  Fisch- 
schwanz angehängt  ist,  haben  ihr  Vorbild  in 
assyrischen  Gestalten,  die  eine  übergestülpte 
Fischhaut  wie  einen  Mantel  tragen  oder  we- 
nigstens einen  Fischschwanz  neben  den  mensch- 
lichen Beinen  zeigen  (vgl.  Dreßler,   Triton  1, 

16  A.  8).  Eine  archaische  Gemme  von  der  Insel 
Melos  {Athen.  Mitth.  11  [1886],  172  [10].  174  — 
s.  uns.  Abb.  4)  läßt  in  der  Beflügelung  des  fisch- 
schwänzigen Meergreises  phoinikischen  Einfluß  ^o 
erkennen ;  für  diese  hatten  die  Phoiniker  über- 
mäßige Vorliebe.  Zahlreiche  Münzen  der  von 
einem  Phoiniker  erbauten  Stadt  Itanos  auf 
Kreta  {Steph.  Byz.  s.  v.;  vgl.  Dreßler,  Triton  1, 

17  A.  12)  zeigen  den  Fischdaimon  als  Haupt- 
figur (siehe  unten  §  31).  Auf  ein  hochaltertüm- 
liches Terrakottaidol  {Heuzey,  Fig.  ant.  de  terre 

cuite  pl.  17, 1  —  s.  uns. 
Abb.  5 ;  vgl.  Dreßler  a. 
a.  0.  A.  13)  aus  einem  60 
Cy^    '  tanagraiischen   Grabe 

y       sind      wahrscheinlich 
nach  einer  importier- 
,   ten Vorlage  zwei  Fisch- 

4)  Geflügelter  Meergreis  auf  ^aimonen  aufgemalt, 
einer  archaischen  tremme  ans  ,    .      ,       P        •, 

der  ältesten  griech.  Nekropoie    Symmetrisch  einander 

auf  Melos  (nach  Athen.  Mitt.     zugewendet.    Wie     auf 

11  [1886]  Taf.  6  nr.  10).        einem   der    oben    an- 


\ 


geführten  Siegel  steine  (Lajard,  CulU  de  Mithra 
pl.  62,  2'»).    Ähnlich  aufzufassen  sind  wohl    die 
Tgiroivsg  {Pausan.  n .  IS ,  10)    an    dem    Throne 
des   Apollon    in    .\niyklai,    einem   Werke    de 
Hathykles    aus    Magnesia    in    Kleinasien;    an 
eine  Verdoppelung  des  Triton  ist  in  der  Ent 
stehungszeit  dieses   Denkmals   (nach  Orerheci 
Plastik'^  1,74  vielleicht  die  Mitte  des  6.  Jahr 
hunderts)    kaum    zu    denken,     noch    weniger 
natürlich  bei  dem  Idol  von  Tanagra.   Wie  die 
Daimonen  dieses  Idols  wird  man  auch  die  bei- 
den  fischschwänzigen  Gestalten  unterhalb  der 
Henkel  einer  schwarzfigurigen  Amphora  {Ger- 
hard, Vasenb.  Taf.  317  f.)  zu  beurteilen  haben, 
da  in  der  schwarzfigurigen  Vasenmalerei  Triton 
noch  durchaus  als  Einzelwesen  erscheint,  und 
wohl  auch  die  zu  je  zwei  an  drei  Bronzehen- 
keln der  archaischen  Kunst  erscheinenden  Fisch 
daimonen   (angeführt   von   Furtwängler,   Gold 
fund  20  A.  3).    An   einem   derselben  i^im  Bril 
Mus.;  Journ.   of  hell.   Stud.  6,  284  pl.  D  —  ^ 
uns.   Abb.  6 ;    wahrscheinlich    Replik    davon . 
Gerhard,  Neapels  ant.  Bildw.  1,  235)  sind  diese 
mit  einem  bis  gegen  den  Nabel  reichenden  Gf'- 
wande  bekleidet,  ähnlich  wie  auf  einer  schwär/. 
Hgurigen  attischen  Schale  älteren  Stils  {Furi 
wängler,  Antiqiiarium  nr.  1755)  Triton  mit  kur 
zem,  engen  Chiton  dargestellt  ist.   Man  könnt« 
bei  diesen  Bronzehenkeln  auch  daran  denken, 
der  Künstler  habe  um  der  Symmetrie  willen 
die   Gestalt    des   Triton    wiederholt.     Ähnlich 
verwendet  ist  wenigstens  der  Fischdaimon  an 
einer  sehr  alten  Schüssel  (^Furtwängler,  Anti- 
quarium  nr.  1639),  er  komnat  dort  als  Bestand- 
teil einer  mehrfach  wiederholten  Gruppe  von 
sechs  Figuren  mehrfach  vor  (vgl.  Dreßler,  'Triton 
1,10  A.  6). 

§  12.  Verwendung  des  fischschwän- 
zigen Typus  in  der  Kunst.  Er  wurde  für 
die  Darstellung  mehrerer  Seegötter  niederen 
Ranges  verwendet.  Der  Halios  Geron  ist  in 
alter  Zeit  so  gebildet  worden  (vgl.  Furticängler. 
Abh.  d.  Berl.  ^^^  1879,  97; 
unten  §  17),  doch  scheint  bei 
ihm  die  ganz  menschliche 
Gestaltung  durchgedrungen 
zu  sein;  bei  Nereus  war  sie 
die  Regel,  wenn  auch  bei 
ihm  die  halbtierische  Bildung 
in  einigen  Fällen  nicht  zu 
bezweifeln  ist  (die  Nachweise 
hierzu  bei  Dreßler,  Triton  1, 
15  f.  18).  Daß  die  letztere 
auch  dem  Glaukos  zukam, 
ist  wohl  bezeugt  (siehe  dieses 
Lex.  Bd.  1,  Sp.l685).  In  den 
meisten  Fällen  aber  scheint 
man  in  den  fischschwänzigen 
Gestalten  der  Kunst  den  Tri- 
ton oder  Tritonen  sehen  zu 
müssen  (über  das  Auftreten 
der  letzteren  in  der  Kunst 
siehe  Sp.  1156),  wenn  auch  mit 
Ausnahme  der  der  ältesten  ^^^^  Terrakottaidol 
Zeit  angehörenden  Denkmä-    im  Louvre  aus  einem 

1er  (7    R    des  RprlinPr  Piriax      tanagraiischen  Grabe 

ler  {z.  ß.  aes  berliner  rmax,  .^  Eeuzey,  Fi, 
der  nach  Wiltsch  [Progr.  v.  ^„^^  ^e  terre  cuite  >i 
G.  Zittau  1901, 10 :  vgl.  Jahrb.       louvre  pi.  17,  i). 


5)  Hochaltertümli- 


1165 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1166 


(/.  Arch.  I.  1897,  27]  aus  den 
JSruchstücken  Inventar  nr.  82 
und  Furtwängler,  Aniiqua- 
rium  nr.  654  u.  781  besteht, 
des  Pinax  ebd.  nr.  485,  des 
Aryballos  ehd.  nr.  1079,  die 
sämtlich  korinthisch  sind  und 
'den  äl teste Q  Gattungen'  an- 
gehören, endlich  des  dem 
archaischen  korinthischen 
Stil  angehörenden  Alabastron 
Bull.  d.  I.  1870,  70).  Darauf 
führen  außer  den  oben  (Sp. 
1156)  angeführten  Zeugnissen 
von  Schriftstellern   auch    sie-    e)  Bronzehenkel  mit  zwei  Tritonen  im  Brit.  Mus.  (nacli  Journ.  of  hell.  Stud.  6,  284  pl.  D). 

ben  Monumente,   auf  denen 

ein  fischschwJlnziger  Meerdaimon  durch  Bei-  zahl  der  Denkmäler  den  Fischkörper  die  mensch- 
schrift  des  Namens  als  Triton  bezeichnet  liehen  Teile  überwiegen  (z.  B.  Furtwängler y 
wird:  a)  drei  schwarzfigurige  attische  Vasen:  Antiquarium  nr.  1079.  1639.  1676;  Goldfund 
1.  Furtwängler,  Antiquarium  nr. 1906;  2.  Brönd-  20  12.  43  f.;  vgl.  die  attischen  Vasen  mit  dem 
sted,   Descr.   of  the   vas.  of  Campanari    nr.  7       Kampf  des   Herakles  und   Triton  unten  §  17). 


(nach  Stephani ,  Compte-Bendu  1867,  21  A.  5); 
3.  De  Witte,  Descr.  d'une  coli,  de  vases  {Catal. 
etr.)  nr.  84.  —  b)  zwei  rotfigurige  Vasen: 
1.  Journ.  of  Phüol.  7,  2158s.;  2.  Klein,  Euphro- 
nios  182 ff.  —  c)  Vasenfragment:  Jahrb.  d. 
Arch.  I.  1887,  116  A.  3  (vgl.  unten  §  22).  - 
d")  Mosaik  von  St.  Bustice  aus  dem  3.  oder 
4!  Jahrhundert   n.  Chr.  Bull.  d.  1.  1834,  157  ss. 


Allerdings  muß  man  in  der  orientalischen  Kunst 
schon  früh  dazu  fortgeschritten  sein,  daß  man 
den  Menschenkörper  mehr  zur  Geltung  kom- 
men und  bis  in  die  Hüftgegend  reichen  ließ. ' 
Auch  für  diese  Bildung  finden  sich  Beispiele 
In  der  archaischen  griechischen  Kunst,  «o 
Gerhard,  Vasenb.  Taf.  317  f.  Furtwängler,  An- 
tiquarium nr.  485.  1755;   aucb   aus   einer  Ver- 


Es   enthält  vier   durch   Beischrift   als   Triton,  so  gleichung   der  Triton- Gestalten  in   den   unten 


Glaukos,  Borios  und  Nynphogenes  (sie)  be- 
zeichnete fischschwänzige  Meerdaimonen.  Hat 
der  späte  Künstler  die  beiden  letzten  Namen 
willkürlich  erfunden,  oder  hatten  die  Alten 
noch  mehr  derartige  Wesen  geschaffen,  als  wir 
durch  die  literarische  Überlieferung  kennen? 
Ein  ganz  menschlich  gebildeter  Triton  ist  in 
der  Kunst  nicht  nachzuweisen  (in  betreff  der 
Literatur  vgl.  Sp.  1156).    Daher  hat  man  sich 


§17  erwähnten  Giebelgruppen  aus  Porös  geht 
hervor,  daß  in  der  archaischen  Kunst  der  höhere 
wie  der  tiefere  Ansatz  des  Fischleibes  vorge- 
kommen ist  (vgl.  Wiegand,  Die  archaische  Foros- 
Architektur  der  Älcropolis  zu  Athen  82  f;. 

Das  Bestreben,  den  menschlichen  Leib  des 
Triton  und  der  Tritonen  immer  mehr  hervor- 
treten zu  lassen,  führte  dazu,  den  menschlichen 
Unterleib   mit   den  Ansätzen  der  Beine  hinzu- 


gewöhnt,  alle   fischschwänzigen   Gestalten   in  40  zufügen  und  diese  in  zwei  Fischschwänze  über- 


Kunstwerken, die  nicht  aus  bestimmten  Grün- 
den anders  zu  bezeichnen  sind,  Tritonen  zu 
nennen,  obwohl  in  ihnen  manchmal  auch  an- 
dere Meergötter  niederen  Ranges  verborgen 
sein  mögen.  Für  eine  größere  Anzahl  von  Denk- 
mälern hat  man  allerdings  sehr  wahrschein- 
lich gemacht,  daß  auf  ihnen  Glaukos  zu  er- 
kennen sei  (siehe  Gaedechens,  Glaukos  102 — 
136;  vgl.  dazu  Dreßler,  Triton  1,  19  A.  10  und 


gehen  zu  lassen;  so  entstand  der  Typus  der 
doppelschwänzigen  Tritonen.  Vorbilder  bo- 
ten der  Typhoeus  (s.  d.)  und  der  Kekrops  mit 
zwei  Schlangenschwänzen.  Ein  dritter  Typus 
entstand  dadurch,  daß  man  bei  den  einschwän- 
zigen  Tritonen  den  menschlichen  Leib  an  den 
Hüften  in  den  entsprechenden  Teil  eines  Hip- 
pokampen  (siehe  dieses  Lex.  Bd.  1,  Sp.  2673 ff.) 
mit  Pferdebeinen  übergehen  ließ,   so  daß  nun 


die  Nachträge   dazu  vor   Teil  2).    Aber  diese  50  an  den  Menschenkörper  der  Bug  und  die  Vorder- 


nur  halb  menschliche  Gestalt  konnte  recht  wohl 
auch  dem  Aigaion*)  gegeben  werden,  der  ja 
^aXccGGLov  ^riQLOv  genannt  wird  {Schol.  Apoll. 
Bh.  1,  1165),  und  möglicherweise  auch  dem 
Proteus  und  Phorkys;  ist  doch  dieser  Typus 
sogar  tür  den  Flußgott  Acheloos  verwendet 
worden  (Klein,  Vasen  m.  Meistersign.^  97  nr.  28). 
§  13.  Entwicklung  der  Tritonen -Typen. 
Ausführliche  Belege  hierzu  bei  Dreßler,  Triton 
1,  20  ff.  —  Vgl.  oben  §  6.  'Wie  in  dem  Bilde 
des  Gottes  Dagon  (siehe  §  11)  nur  Kopf  und 
Arme  menschlich  gestaltet  waren,  so  läßt  in 
der  archaischen  Kunst  der  Griechen  die  Mehr- 

*)  S.  jetzt  hinsichtlich  des  Aigaion  und  der  anderen 
Hekatoncheiren:  Röscher,  Die  Zahl  50  in  Mythus,  Kultus  usw. 
der  Hellenen  S.  27  ff.,  wo  die  Entstehung  des  Hekatoncheiren - 
typus  ans  dem  Typ  der  Pentekontoren  erwiesen  wird. 

[Koscher.] 


beine  eines  Pferdes  sich  anschlössen,  der  Pferde- 
leib aber  gleich  hinter  diesen  in  einen  Fisch- 
schwanz überging;  unzweifelhaft  wirkte  auch 
die  Gestaltung  der  Kentauren  als  Vorbild  mit. 
Angedeutet  ist  dies  in  der  allerdings  erst  sehr 
spät  (bei  Tzetzes  ad  Lyc.  34)  vorkommenden 
Bezeichnung  eines  so  gebildeten  Triton  als 
i^'^vo-iisvTccvgog  (siehe  Boscher  in  diesem  Lex. 
Bd.  2,  Sp.  92  ff.).  Die  Alten  nannten  auch  diese 
jetzt  meist  als  Seekentauren  bezeichneten 
Wesen  Tritonen  und  stellten  ,  in  demselben 
Kunstwerke  Seekentauren  mit  anders  gebilde- 
ten Tritonen  zusammen  (z.  B.  Fröhner,  Not.  1, 
nr.  440.  31atz-Duhn  2,  nr.  3198;. 

Man  darf  wohl  vermuten,  daß  die  Weiter- 
bildung des  ursprünglichen  Tritonen- Typus  auf 
Skopas  zurückgeht,  den  Schöpfer  der  großen 
Statuengruppe,  die  PJinius  {Nat.  hist.  36  [c.  5J, 

38* 


1167 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1168 


26)  ein  'voraöffliches  Werk'  nennt,  wenn  sm 
auch  die  Arbeit  eines  «ganzen  Lebens  «jewesen 
wäre'.  In  dieser  Gruppe  nämlich,  die  höchst 
wahrscheinlich  (die  Literatur  bei  Heydemann, 
Nereiden  mit  den  Waffen  des  Achill,  Abschn.  8) 
die  Überführung  des  Achilleus  nach  den  Inseln 
der  Seligen  und  seine  Aufnahme  unter  die 
Götter  darstellt,  waren  nach  PlinitM  enthalten 
^Nereides  supra  delphinos  et  cete  et  hippocam- 
pos  sedentes,  item  Tritoties  cftonisque  Phorci  et 
oistrices  tu;  multa  idia  marina\  kurz  eine  ganze 
Welt  von  Meerwetjeu,  deren  Gestaltenfülle,  so 
viel  wir  sehen,  im  wesentlichen  der  künstleri- 
schen Phantasie  des  Skopas  ihre  Entstehung 
verdankt  (vgl.  Jahn,  Sachs.  Ber.  1864,  176  Ov^- 
beck,  PlastS^  2,  22).  Von  der  Kunst  des  Skopas 
in  der  durch  diese  verlorene  Meerwesengruppe 
vertretenen  Richtung  uns  eine  Vorstellung  zu 
geben,  ist  mehr  als  irgend  ein  anderes  Werk 
geeignet  der  herrliche  Marmorfries  der  Glypto- 
thek zu  Mönchen,  der  den  Hochzeitszug  des 
Poseidon  und  der  Amphitrite  darstellt  {Brunn, 
Glypte  149  tf.  —  Vgl.  unten  §  18,  4). 

Bemerkenswert  ist,  daß  die  griechische 
Kunst  in  bezug  auf  die  Darstellung  eines  fisch- 
leibigen  Gottes  wiederum  auf  die  phoinikische 
Kunst  zurückgewirkt  hat.  Furtwängler  (Die 
ant.  Gemmen  3,  108 ff.)  zeigt,  daß  die  phoini- 
kische Glyptik  im  Verlaufe  des  6.  Jahrhunderts 
so  stark  von  der  griechischen  Kunst  beeinflußt 
worden  ist,  daß  die  ^heimischen  phoinikischen 
Vorstellungen  nun  in  griechischer  Umbildung 
vorgetragen  wurden'.  Ob  die  Verfertiger  zahl- 
reicher auf  Sardinien  gefundener  Skarabaien 
{Ann.  d.  I.  1888,  102,  6  tav.  H  78  —  82;  bei 
Furtwängler  Taf.  15,  36  —  38,    s.  uns.  Abb.  7) 


Keller  a.  a.  0.  Taf.   13,  32  =  Numism.  Chron. 
n.  s.  IS,  125,  letztere  vielleicht  aus  Azotos).   Der 
Kranz,  'der  sich  auf  Feste  und  Gelage  bezieht', 
begegnet  uns  auch  in  der  Hand  des  echt  grif 
chischen    Fischdaimons ,   der   vielleicht  Halios 
Geron   zu  nennen   ist,    auf  archaischen   Kyzi- 1 
kener    Eleklronmünzen    {Furtwängler   führt  a.  ' 
a.  0.    S.  118    an:    Numism.  chron.  3,  7,  1887, 
pl.  1,  11.  12.    Goldfund  '26  A.  0:    2  Exemplare 

10  in  Berlin ;  hierher  gehört  auch :  Brit.  Mus., 
Mysia  21  nr.  24,  wohl  ==  Imhoof-Keller  a.  a.  0. 
Taf.  13,  28),  das  Trinkhorn  halt  derselbe  auf 
dem  Fries  von  Assos  (vgl.  unten  §  17);  ein 
xparccfiov,  wahrscheinlich  eine  Art  Becher, 
hielt  auch  das  im  Schatzhause  der  Byzantier 
zu  Olympia  befindliche  Holzbild  eines  Triton, 
nach  Furtwängler^  Vermutung  {Ähh.  d.  Berl. 
Ak.  1879,  97)  des  zu  Byzanz  wahrscheinlich 
unter  dem  Bilde  eines  in  einen  Fischschwanz 

20  ausgehenden  Mannes  verehrten  Halios  Geron. 
§  14.  Tritonenfrauen  (Tritoniden)  und 
Tritonenkinder.  An  dem  Bilde  der  phili- 
stäischen  Göttin  Derketo  (vgl.  auch  den  Siegel- 
stein bei  Lajard,  CuJte  de  Mithra  p.  62,  1)  ha- 
ben wir  oben  (Sp,  1162)  gesehen,  daß  die  orien- 
talische Kunst  auch  Frauengestalten  aus  mensch- 


30 


40 


<)  Fisohdaimon  („Dagon")   auf  sardinischen  Skarabaien 

(TergrOftert  nach  Furtwängler,  Die  ant.  Gemmen  Taf.  15,86. 

87.  88) 

'mehr  hellenisierte  Karthager  oder  phoiniki- 
sierte  Hellenen'  gewesen  sind,  wird  sich  nach 
Furtwänglers  Meinung  (S.  109)  niemals  ent- 
scheiden lassen  —  Tatsache  ist,  daß  der  Typus 
des  auf  ihnen  dargestellten,  gewöhnlich  Dagon 
genannten  fischleibigen  Gottes  genau  dem  grie- 
chischen Triton  entspricht  {Furtwängler  a.  a.  0. 
S.  112  ff.).  Er  hält,  wie  jener  (siehe  unten  §  16), 
Fische  in  den  Händen  {Furtwängler  Taf.  15,  38; 
ebenso  auf  den  Münzen  des  phoinikischen  Ara- 
dos  [?]  bei  Imhoof-  Keller,  Tier-  u.  Pflanzenb. 
Taf.  13,  33.  34;  vgl.  auch  die  phoinikische 
Münze:  Mülingen,  Sylloqe  81, 1).  Auf  dem  sar- 
dinischen Skarabaios  Furtwängler  a.  a.  0,  Taf. 
16,  37  hält  er  den  Becher  und  einen  runden 
Reif,  auf  einem  nach  Furtwängler  'stilistisch 
sehr  ähnlichen  Skarabaios  in  Paris,  cab.  des 
med.''  (wohl  identisch  mit  dem  Arch.  Am.  1857, 
45  erwähnten  Skarabaios  der  zu  Beirut  gebil- 
deten Sammlung  Peretic)  trägt  der  Fischdai- 
mon  den  runden  Reif  oder  Kranz  und  ein 
Trinkhorn  (den  Kranz  auch  auf  den  phoiniki- 
schen Münzen  Mülingen,  Syllage  81,2.  Imhoof- 


8)  Tritonenfamili  t  r  Ann  tlisst-Gemme  in  Floren/, 

(zweifache  Vergrößerung  von  Furtwängler,   Die  ant.  Gem- 
men Taf.  41,  41). 

liebem  Oberkörper  und  Fischleib  zusammen- 
gesetzt hat.  Auch  diese  Bildung  ist  in  die 
griechische  Kunst  aufgenommen  worden,  wie 
auch  die  etruskische  derartige  Gestalten  zeigt 

50  {Micali,  Storia  tab.  110.  Bull.  d.  1. 1856,  36  nr.  1. 
1882,  132  8.;  vgl  Dreßler,  Triton  1,23  und  un- 
ten §  27).  Wir  finden  in  der  griechischen 
Kunst  einsohwänzige  und  doppelschwänzige 
Tritoninnen,  auch  weibliche  Seekentauren 
(Meerkentauriden)  kommen  vor  {Bull.  d.  I.  1876, 
28  nr.  22.  Heibig,  Kl.  Altert,  in  Roni^  1,  383  nr. 
568;  hiernach  ist  die  Bemerkung  bei  Dreßler, 
Triton  1,  23.  26  zu  berichtigen),  ja  auf  einei 
Gemme  bei  Furtwängler,  Die  ant.  Gemmen  Tai 

60  41,  41  (s.  uns.  Abb.  8)  sehen  wir  einen  doppeJ- 
schwänzigen  Triton  mit  seiner  Gattin  und  zwei 
Kindern,  die  alle  ebenso  gestaltet  sind,  wie  ei 
—  ganz  entsprechend  den  Weibern  und  Kin- 
dern der  Kentauren  und  Pane.  Vgl.  auch  das 
"^ Gefäß  in  Form  einer  Gruppe  (Tritonenfamilie)' 
Arch.  Anz.  1910,  211,  14.  Für  die  weiblichen 
Tritonen  hat  Voss  {Myth.  Briefe^  2 ,  64 ,  256) 
den  Namen  Tritoniden  vorgeschlagen,  obwohl 


1169 


Triton,  Triton en 


Triton,  Tritonen 


1170 


9)  Tritonide  und  Triton  von  ninem  unteritalischon  rotfig.  Skyphoa  der  Samml.  AI.  Cantellani  (nach  dem   Vorkauf«- 
kntalog  [Rom]  dieser  Sammlung  pag.  22  nr.  109). 


die  TgiztüvldEg  vvy^cpca  in  Boiotien  {Plutarch. 
de  Baed.  Plat.  6  ffr.  9 ,  6J) ,  die  ihren  Namen 
von  dem  Tritonflusse  Boiotiens  haben,  sicher 
in  voller  Menscheii<jest{ilt  zu  denken  sind.  Der 
einzige  Ausdruck,  mit  dem  im"  Alter^ume  aus- 
schließlich fischschwänzige  Frauen  bezeichnet 
werden,  ist:  TCccgQ-ivoi  Tgircovog  {Philostrat. 
Imag.  2,  18).  Diese  können  nicht  Nereiden 
sein  (als  solche  hat  man  vielfach  Tritonen- 
Frauen  erklärt,  vgl.  Weizsäcker  in  diesem  Lex. 
Bd.  3,  1,  Sp.  235);  denn  diesen  wird  von  den 
Schrittstellern  nirgends  die  volle  Menschen- 
gestalt abgesprochen.  Aus  Flinius  {Nat.  hist. 
9  [c.  5J,  9)  scheint  nur  hervorzugehen,  daß  das 
Yolk  zu  des  Plinius  Zeit  die  fischschwänzigen 
Meerfrauen  durch  ungenaue  Bezeichnung  mit 
den  Nereiden  zusammengeworfen  hat.  Über 
die  in  der  heutigen  griechischen  Volkssage  als 
iischschwänzige  Meerfrauen  fortlebenden  Fog- 
yovsg  vgl.  Dreßler,  Triton  1 ,  24 ,  Anm.  8.  Aus 
den  dort  S.  24  f.  angeführten  Denkmälern  seien 
hier  als  charakteristische  Beispiele  von  Trito- 
niden  hervorgehoben:  Sarkophagrelief  Gull. 
Giust.  2  tav.  142.  Mosaik  Morgan,  Mos.-Pav. 
Abb.  vor  p.  249.  Pompejanisches  Wandgemälde 
Heibig  nr.  308.  Rotfig.  unteritalischer  Skyphos 
Call.  Äl.Castellani  nr.  109  (s.  uns.  Abb.  9).  Korin- 
thische Kaisermiinzen  MüUer-Wi€seler,Denkm.- 
2,  Taf.  26,  287^  Imhoof- Keller,  Tier-  u.  Pflan- 
zenh.  Taf.  13,  35.  36.  Füge  hinzu:  Köpfe  von 
Tritoniden  solchen  von  Tritonen  gegenüberge- 
stellt an  den  Henkeln  eines  bronzenen  Kraters 
in  Berlin  Mise.  Inv.  8850,  Arcli.  Anz.  1900, 
183  ff. 

§  15.  Gestaltung  Tritons,  der  Trito- 
nen und  Tritoniden  im  einzelnen,  ihre 
Bekleidung  und  ihr  Schmuck.  Die  streng 
archaische  Bildung  Tritons,  die  sich  nament- 
lich auf  schwarzfigurigen  Vasen  findet,  ist  von 
der  späteren,  mehrfach  nach  dem  Vorbilde  von 
Gestalten  des  bakchischen  Kreises  entwickel- 
ten Bildung  der  Tritonen  zu  trennen;  natür- 
lich war  Triton,  wenn  er  in  späterer  Zeit  als 
Einzelwesen  dargestellt  wurde  (z,  B.  Beschreib. 
d.  pergani.  Bildiv.^  22),  von  den  Tritonen  nicht 
verschieden.  Zwischen  der  archaischen  Bil- 
dung Tritons  und  derjenigen  der  Tritonen 
scheint  eine  jüngere  Gestaltung  des  Meergottes 
in  der  Mitte  zu  stehen,  die  auf  rotfigurigen 
Vasen,  sowie  auf  Münzen  erhalten  ist;  verjnut- 
lich   sind  die  ältesten  Tritonen  vom  Triton  in 


dieser  Bildung,  so  zusagen,  abgezweigt  worden. 
Das  Haupthaar  fällt  in  der  archaischen  {Furt- 

20  irüngler,  Antiquarium  nr.  1676)  und  in  der 
jüngeren  ( Baumeister ,  Denkm.  3,  Abb.  1877) 
Bildung  Tritons  fast  immer  in  langen  Locken 
herab.  Das  über  der  Stirne  emporgesträubte 
(Wood,  Bise,  at  Ephesus  172;  nach  Fucian. 
Timon  54  malte  Zeuxis  den  Triton  so)  oder 
struppige  {Bütschke  3  nr.  85.  4  nr.  119)  Haupt- 
haar, das  sich  bei  Tritonen  findet,  ist  auf  diese 
von  den  Satyrn  {Bütschke  5  .nr.  38.  149)  über- 
gegangen.    Viel  häufiger  jedoch  sind  die  Tri- 

ao  tonen  mit  lang-  oder  kurzlockigem  Haar  dar- 
gestellt. In  Wandgemälden  findet  sich  das  Haar 
der  Tritonen  grün  gefärbt  {Hclbig  nr.  1069. 
1071  —  hier  ebenso  der  Bart);  auf  dem  Haare 
des  Triton  in  einer  Dresdener  Marmorgruppe 
(siehe  unten  §  20,  4)  'hat  sich  die  rote  Bema- 
lung sehr  frisch  erhalten'.  Aus  den  Köpfen 
der  Tritonen  ragen  nicht  selten  zwei  Hörner 
hervor,  die  meist  wie  Ziegenhörner  (z.  B.  Bütschke 
5  nr.  295)    gebildet    sind.    Diese    Ziegenhörner 

40  erklärt  Boscher  {Fiter.  Centralbl.  1893,  1054)  aus 
der  Analogie  mit  Pan,  insofern  die  Tritonen 
auch  als  Panisken  des  Meeres  aufgefaßt  wor- 
den seien;  vgl.  Wcrnicke  in  diesem  Lex.  Bd.  3, 
Sp.  1407.  1417.  Hörner  konnten  auf  die  Tri- 
tonen auch  von  den  Satyrn  {Stephani,  Compte 
Bendu  1874,  71  ss.)  und  den  Kentauren  (Boscher 
in  diesem  Lex.  Bd.  2,  Sp.  1034.  1080)  übertra- 
gen werden;  zu  vergleichen  sind  auch  die  Stier- 
hörner  der  Flußgötter  (siehe  Fehnerdt  in  diesem 

50  Lex.Bd.l,Sp.l490f.)  An  Stelle  der  Homer  sehen 
wir  bei  den  Tritonen  (wie  bei  anderen  See- 
wesen, vgl.  Preller- Pleiv,  Griech.  Myth.^  1,  490 
mitunterKrebsscheren  (Matz-Buhn  2m'. Sil 9. 
3200);  zwischen  diesen  findet  sich  ein  Koral- 
le na  st  {Fröhner.,  iVof.  1  nr.  439),  auch  r;igen 
je  4  Korallenäste  aus  Tritonenköpfen  hervor 
(Bartoli,  Pitt.  ant.  2  tav.  7.  10);  endlich  sitzen 
in  den  Haaren  zwei  kleine  flossenartige  Flügel 
(an   den  Köpfen   von  Tritonen   und  Tritoniden 

60  Arch.  Anz.  1900,  183  f.).  Der  Meergott  Triton 
wurde  in  der  älteren  Kunst  als  Meergreis  und 
darum  durchgängig  bärtig  dargestellt,  die 
Tritonen  sind  bald  alt  und  bärtig,  bald  .jung 
und  bartlos  {Fröhner,  Not.  1  nr.  134.  438).  Über 
die  flössen-  oder  blattähnlichen  Gebilde, 
in  die  Kopfhaar,  Augenbrauen  und  Bart  an 
Köpfen  von  Meerwesen  oft  übergehen,  vgl.  unten 
§  32.    Eine  ähnliche  Erscheinung  sind  die  klei- 


1171 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1172 


10)  Oberleib  eines    1  r      M  .        r  t  itue  im  Vatikan,  Ga- 
lerie   der    Statuen,    U,ii,:-j,   .^u,.^iui.  klass.  Altert,  in   Rovi^ 
1,110  nr.  191  (nach  Photographie). 

nen  Flossenzacken,  die  wir  zuweilen  an  Wan- 
gen, Brust  und  Unterleib  von  Tritonen  beob- 
achten {Frohner,  Not.  1  nr.  134.  438);  an  ihre 
Statt  treten  an  denselben  Stellen,  an  den 
Augenknochen  und  am  Halse  auch  Algen 
{Heibig,  Klass.  Altert,  in  Rom^  1,  390),  ''das  Ge- 
sicht ist  von  Meerpflanzen  wie  überwuchert' 
(Arch.  Anz.  1900,  184).  Nicht  selten  wird  in 
Beschreibungen  von  Kunstwerken  das  saty- 
reske  Gesicht  oder  der  Satyrkopf  eines 
Triton  erwähnt  {Dütschke  1  nu.  106.  111);  wahr- 
scheinlich von  den  Satyrn,  vielleicht  auch  von 
den  Kentauren  oder  auch  vom  Pan  (vgl.  Wer- 
nicke  in  diesem  Lex.  Bd.  3,'  Sp.  1418),  erhielten 
die  Tritonen  auch  die  zuweilen  bei  ihnen  sich 
findenden  Spitzohren  (z.  B.  Benndorf- Schöne, 
Lateran  nr.  296.  Heibig,  Klass.  Altert,  in  Rom^ 
1,  llOf.  nr.  191;  die  Ohren  sind  Vie  zackige 
Muscheln  gestaltet'  an  den  Köpfen  von  Tritonen 
und  Tritoniden  Arch.  Anz.  1900,  183 f.),  sogar 
das  Satyrschwänzchen  am  Rücken  eines 
Triton  kommt  vor  {Matz-Duhn  2  nr.  3164).  Im 
Gegensatz  zu  diesem  satyresken  Gesichtsaus- 
druck zeigt  eine  andere  Reihe  von  Tritonen 
den  der  sehnsuchtsvollen  Schwermut.  Ty- 
pisch für  diese  Bildung  ist  das  nur  im  Ober- 
teil erhaltene  marmorne  Rundbild  eines  jugend- 
lichen Triton  im  Vatikan  {Heibig,  Klass.  Altert. 
in  Bom^  1,  110  f.  nr.  191  —  s.  uns.  Abb.  10),  in 
dem  wir  nach  Heibig  'einen  Typus  zu  erkennen 
haben,  den  die  hellenistische  Kunst  aus  einer 
Schöpfung  des  Skopas  ableitete.  Der  großartige 
Kopf  zeigt  den  den  Wassergottheiten  eigentüm- 
lichen melancholischen  Ausdruck.  Wir  empfan- 


gen den  Eindruck,  als  ob  dieser  Dämon  schmerz- 
voll über  die  unendliche  Meeresfläche  dahin- 
hlicke  und  sein  geöffneter  Mund  einen  Seufzer 
ausstoße.  Das  Haar  erscheint  von  Feuchtigkeit 
<lurchdrungen,  die  Ohren  entsprechen  denen 
der  Satyrn,  und  die  über  der  Brust  zusammen- 
geknüpfte Fischhaut  erinnert  an  die  Nebris'. 
Diesem  Triton  ist  ein  ebenfalls  nur  im  Ober- 
teil erhaltenes  marmornes  Rundbild  eines  ju 
gendlichen  Triton  in  Berlin  {Ant.  Skulpt.  Berlins 
(1891J  nr.  286)  in  Gesichtsbildung  und  Aus- 
druck sehr  ähnlich  (vgl.  auch  die  Köpfe  von 
Tritonen  Arch.  Anz.  1900,  184).  Man  hat  ge- 
sagt, der  Charakter  der  Schwermut  und  Sehn- 
sucht, den  das  Meer  in  der  Poesie  aller  Völker 
liabe,  sei  von  der  Kunst  in  den  Wesen  zum 
Ausdruck  gebracht  worden,  in  denen  jenes  ver- 
körpert sei  {Brunn,  Gesch.  d.  gr.  Künstler  1,  331), 
aber  anderseits  auch  mit  Recht  hervorgehoben, 
daß  die  spätgriechische  Kunst  die  Neigung 
zeige,  derartige  Gefühlsstimmungen  selbst  da 
auszudrücken,  wo  der  dargestellte  Gegenstand 
es  gar  nicht  fordere  (nach  Conze,  Gott.  gel.  Anz. 
1866,  2,  1138  f.).  An  den  Tritonen  des  Mün- 
chener Frieses  (vgl.  Sp.  1187)  wenigstens,  den 
man  doch  auch  mit  der  Kunst  des  Skopas  in 
Verbindung  bringt,  ist  (mit  Ausnahme  des  die 
Leier  spielenden)  nichts  von  Schwermut  zu  be- 
merken, die  freilich  auch  zu  einem  Hochz^üts- 
zuge  schlecht  passen  würde;  ihre  Gesichter 
haben  vielmehr  einen  frischen,  kräftigen  Aus- 
druck (vgl.  Jahn,  Sachs.  Ber.  1854,  192).  An 
den  Rücken  des  Menschenleibes  finden  sich  ein- 
mal beim  Triton,  der  in  der  späteren  Bildung 
als  Seekentaur  einem  der  Tritonen  gleicht, 
Flügel  angesetzt,  die  aus  Seegewächsen  oder 
Teilen  von  Seetieren  gebildet  zu  sein  scheinen 
{Beschreib,  der  pergam.  Bildio.^  22;  zu  verglei- 
chen ist  der  geflügelte  Meergreis  auf  einer  ar- 
40  chaischen  Gemme,  siehe  oben  Sp.  1163.  —  Bei 
Preller -Plew,  Griech.  Myth.^  1,  491  ist  Triton 
mit  Typhoeus  verwechselt,  vgl.  Dreßler,  Triton 

2,  39,  Anm.  10).  Bei  anderen  Tritonen  gleichen 
die  Flügel  großen  Hautlappen  {Mac- Pherson, 
Ant.  of  Kertch  50,  34),  sind  manchmal  auch 
nur  kl^in  (Boux-Kaiser,  Hercul.  u.  Pomp.  1  Ser. 
1  Taf.  12 ;  3  Ser.  3  Taf.  73).  Vielleicht  hat  auch  hier 
das  Vorbild  geflügelter  Satyrn  {Beschreib.  Borns 

3,  2,  526,  9)  oder  von  geflügelten  Kentauren  der 
50  orientalischen  Kunst  (vgl.  Sauer  in  diesem  Lex. 

Bd.  2,  Sp.  1079)  eingewirkt.  Am  Rücken  des 
Menschenleibes  von  Tritonen  finden  wir  auch 
Flossenansätze  {Heibig,  Wandgem.  nr.  1321. 
Dütschke  4  nr.  133  'emporstehende  Ruderflossen'). 
Auf  dem  oben  Sp.  1164  erwähnten,  bei  Wilisch, 
Programm  v.  G.  Zittau  1901  (10 f.)  Fig.  32  ab- 
gebildeten korinthischen  Pinax  ist  ein  Meer- 
daimon  mit  geschupptem  Oberkörper  dar- 
gestellt, der  allerdings  vielleicht  noch  nicht 
60  Triton  zu  nennen  ist  Der  Fischschwanz, 
der  in  der  jüngeren  Bildung  Tritons  (vgl.  z.  B. 
die  Münzen  von  Itanos  bei  Svoronos,  Numism. 
de  la  Crete),  wie  es  scheint,  in  der  Regel,  bei 
den  Tritonen  ohne  Ausnahme  an  den  Hüften 
beginnt,  ist  dem  menschlichen  Teile  dieser  See- 
wesen gegenüber  oft  sehr  groß,  seine  mächti- 
gen Formen  versinnbildlichen  die  gewaltige 
Kraft  der  Meereswogen.  Der  Fischkörper  wurde 


117;1 


Triton,  Tritonen 


Tritoü,  Tritonen 


1174 


1)   Triton  trapt  Theseus   zu  Amiihitritc  und  Poseidon,   rotfig.  Vasenbild  von    einem  Krater   im  Museum   zu  Bologna 

(nach  Man.  d.  I.  suppl.  [1891]  tav.  21). 


in  der  archaischen  Kunst  ohne  weiteres  an  den 
Menschenkörper  angesetzt,  aber  schon  in  der 
Jüngeren  Bildung  des  Triton  auf  rotfigurigen 
Vasen  suchte  man  das  Unorganische  dieser  Ver- 
bindung durch  einen  die  Ansatzstelle  des  Fisch- 
leibes verdeckenden  Chiton  zu  mildern  (z.  B. 
Journ.  of  Philol.  7  pl.  A.  Heidemann,  Vasens.  zu 
Neapel  359  f.  nr.  2638.  Klein,  Euphronios^  186  f. 
=  3Ion.  d.  I.  suppl.  [1891]  tav.  21  —  s.  unsere 
Abb.  11.  —  Ein  Beispiel  von  Bekleidung  schon 
aus  der  sehvrarzfignrigen  Vasenmalerei  s.  oben 
Sp.  1164;' vgl.  auch  den  dort  erwähnten  Bronze- 
henkel im  Brit.  Mus.).  Vielleicht  geschah  dies 
auch  bei  den  ältesten  Tritonen  (vgl.  den  Triton 
der  einen  der  oben  Sp.  1156  und  unten  §  24,4 
erwähnten  Giebelgruppen  aus  Lokroi  Epize- 
phyrioi).  Die  für  ein  Meerwesen  auffallende 
Bekleidung  ist  wohl  von  den  Typhoeusgestal- 
ten  der  altkorinthischen  Vasen  entlehnt  (vgl. 
Mayer,  Giganten  und  Titanen  275  f.),  auch  bei 
den  Kentauren  findet  sich  eine  entsprechende 
Erscheinung  (vgl.  Heydemann,  Griecli.  Vasenb. 
Taf.  7,  1).  Die  spätere  Kunst  erreichte  bei  den 
Tritonen  denselben  Zweck  durch  einen  Flos- 
senschurz, in  den  man  die  Haut  des  Men- 
schenleibes übergehen  ließ,  dessen  Flossenzacken 
man  aber  vermutlich  mehr  und  mehr  blattartig 
gestaltete,  ähnlich  wde  man  die  Haare  an  Köp- 
fen von  Seegöttern  (vgl.  unten  §  32)  in  Flossen 
oder  Blätter  übergehen  ließ.  Daher  erscheint 
dieser  Schurz  als  ein  aus  Blättern  bestehendes 
Gebilde  (so  Matz-Bulin  2  nr.  3164.  Ath.  Mitth. 
2  [1877],  339  nr.  75),  es  kommt  aber  auch  vor_, 
daß  er  wie  ein  Fell  oder  Gewandstoif  aussieht 
{Ann.  d.  L  1854,  87.  Baumeister,  Benhm.  2  Abb. 
998  —  s.  uns.  Abb,  12).  Er  umgibt  bald  den 
ganzen  Leib  {v.  Sybel,  Skulpt.  z.  Athen  nr.  309), 
bald  ist  er  nur  auf  der  Vorderseite  gebildet 
{Muller-Wieseler,  l)enkm.-2,  Taf.  51,  643).  Auch 
wenn    erst    die   beiden   Oberschenkel    in   zwei 


Fischschwänze  übergehen,  wird  der  Ansatz  der- 

30  selben  durch  Flossen  verdeckt  {Furtivängler, 
Die  ant.  Gemmen  Taf.  41,  41).  Bei  den  See- 
kentauren finden  sich  die  Flossenansätze  da, 
wo  der  Bug  des  Pferdeleibes  und  der  Rücken 
des  Menschenleibes  in  den  Fischschwanz  über- 
gehen {Heibig,  Wandgem.  nr.  1071).  Aber  der 
Flossen-  oder  Blätterschurz  fehlt  bei  den  Tri- 
tonen aller  Typen  auch  gänzlich  {Coli.  AI.  Ca- 
stellani  nr.  109.  334),  ja  es  kommt  vor,  daß  der 
menschliche  Körper  aus  dem  kelchartig  sich  öff- 

40  nenden  Fischschwanze  herauszuwachsen  scheint 
{Athen.  Mitth.  13  [1888],  377  fif.,  Taf.  4  —  s.  uns. 
Abb.  13).  Nicht  selten  haben  die  Tritonen, 
bisweilen  auch  Triton  in  der  jüngeren  Bildung 
[Svoronos,  Numism.  de  la  Grefe  1,  201  s.,  nr.  1—4), 
etwa  in  der  Hüftgegend  zwei  längere  Ruder- 
flossen, die  bisweilen  blattartig  {Dütschke  1 
nr.  106.  3  nr.  82),  bisweilen  flügelartig  gebil- 
det sind  {Brunn,  Glypt.^  nr.  115).  Bei  den  See- 
kentauren finden  sich  die  Pferdebeine  und  -Hufe 

50  nicht  nur  mit  Flossen  besetzt,  sondern  Hufe 
■  oder  Beine  lösen  sich  sogar  gleichsam  in  Flos- 
sen auf  {Heibig,  Wandgem.  nr.  308.  Fröhner, 
Not.  1,  nr.  134.  438);  auch  in  eine  Art  von 
Schwimmhäuten  {Roux-Kaiser,  Hercul.  u.Pomp. 
3  Ser.  3,  Taf.  73),  in 
^scheren artige  Klauen' 
{Arch.  Zeit.  1860,  117), 
endlich  in  Krallenfüße 
{Brunn,  Glypt. "  nr.  115; 

60  vgl.  die  Abb.  in  die- 
sem Lex.  2,  93)  sehen 
wir  die  Pferdebeine  von 
Seekentauren  ausgehen. 
Li  den  Darstellungen 
des    fischschwänzifiren 


^2)    Triton  mit  Nereide  aus 
dem  (jetzt  ganz  zerstörten) 
TT   T       /^  /      1  j^  Mosaik  in  der  "Vorhalle  des 

Hahos  Geron  (vgl.  unten     zeustempels     zu     Olympia 
"17)    ist     der     Fisch-     (aa.ch  Baumeister,  Denkm. -2 


chwanz    nur    mäßig. 


Abb.  998). 


11 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1176 


% 


V 


^-^*W'i'lipi^illiJX>|  liP^f 


l'X)  Tritonen   an  einer  Grabstelc  des  Museums  im  Piräus 
—  durftber  neben  dem  Bilde  des  Verstorbenen  eine  Sei- 
rene (nach  Athen.  Mitt.  13  [1888],  877  ff.  Taf  4). 

kaum  S-formig  gekrümmt,  und  diese  Gestaltung 
scheint  sich  in  der  jüngeren  Bildung  des  Triton 
auf  Münzen  erhalten  zu  haben  {Svoronos,  Nu- 
mism.de  la  Crete  1,20188.,  nr.  1—17.  20—23  — 
siehe  uns.  Abb.  14).  Beim  archaischen  Triton 
in  den  schwarzfigurigen  Vasenbildem  mit  dem 
Herakleskampf  (vgl.  unten  §  17)  bildet  der 
schon  stärker  gewellte  Schwanz  regelmäßig  einen 
Wellenberg  zwischen  zwei  Wellentälern.  Diese 
Art  der  Krümmung  zeigt  sich  auch  in  der 
jüngeren  Bildung  des  Triton  auf  rotfigurigen 
Vasen  {Heydemann,  Vasens.  zu  Neapel  359 f., 
nr.  2638i.  Die  fortschreitende  Kunst  aber  stellte 
bei  den  Tritonen  die  Bewegung  der  Schwänze 
immer  kraftvoller  dar,  so  daß  die  Kühnheit  ihrer 
Windungen  oft  wahrhaft  überrascht  (Brunn, 
Glypte  nr.  115).  Es  ist  sehr  wahrscheinlich, 
daß  für  die  Bildung  des  Triton  der  Schwanz 
des  Delphins  gleichsam  als  Vorlage  gedient 
hat,  die  freilich  durch  mannigfache  Stilisierung 
abgeändert  wurde.  Durch  das  gespaltene 
Ende  wird  der  Schwanz  des  Triton,  wie  der 
Tritonen  als  Fischschwanz  gekennzeichnet,  aber 
seine  wellenförmige  Bewegung  und  noch  mehr 
seine  Windungen  erinnern  mehr  an  die  Natur 
der  Schlangen  als  an  die  der  Fische  (vgl.  Pe- 
tersen, Ann.  d.  1.1SS2,  SO 8.).  Auch  die  Schup- 
pen des  Schwanzes,  die  namentlich  in  der 
schwarzfigurigen  (vgl.  unten  §  17)  und  rotfigu- 


rigen {Baumeister,  Denkm.3,  Abb.  1877)  Vasen- 
malerei mit  der  größten  Sor^'^falt  ausgeführt 
sind,  zeigen  die  größte  Mannigfaltigkeit;  in 
der  späteren  Kunst  ist  die  Sclnippung  nicht 
festgehalten,  doch  finden  sich  Bei  spiele  von  ihr 
{(■larac,  Mus.  pl.  745,  1809).  Wenn  «lie  spätere 
Kunst  in  Mosaiken  und  Wandgemälden  die 
Farbe  (über  die  Färbung  Tritons  bei  den 
Schriftstellern  vgl.  oben  Sp.  1157)  des  Schwan- 
zes der  Tritonen  zum  Ausdruck  bringt,  so  er- 
scheint er  bläulieh  {Morgan,  Mos.-Fav.  234 
(Abb.  von  Morton  Farm,  room  nr.  12 1.  M^ood, 
Diso,  at  Ephesus  172)  oder  grünlich  {Heilig, 
Wandgem.  nr.  308),  auch  bunt  {Morgan,  Mos- 
Pav.  Abb.  vor  S.  249).  Bei  dem  Triton  d«;r 
größeren  der  unten  §  17  erwähnten  Giebel- 
gruppen aus  Porös  wechselt  die  Farbe  der 
Schuppen  streifenweise  ab  zwischen  Rot  und 
Blau  (welches  letztere  in  ein  dunkles  Blau- 
grün übergegangen  ist),  der  menschliche  Kör- 
per ist  blaßrot;  bei  dem  Triton  der  kleineren 
( Jiebelgruppe  zeigte  nach  Studniczka^  Beobach- 
tungen der  Bauchstreif  abwechselnd  Grün  und 
Rot,  und  auch  die  Schuppen  wechselten  in  der 
Farbe  (nach  Wiegand,  Die  archaische  Poros- 
Architektur  der  Akropolis  zu  Athen  83.  196). 
Ein  bemerkenswerter,  häufig  vorkommender 
Schmuck  des  Fischkörpers  ist  in  der  streng 
archaischen  {(ierhard,  Vasenh.  2  Taf.  111.  Ann. 
<L  I.  1882  tav.  J.  Mon.  d.  I.  11  tav.  41),  wie 
in  der  jüngeren  {Mon.  d.  1.,  suppl.  [1891]  tav.  21) 
Bildung  Tritons  ein  an  der  Brustseite  bis  zur 
Kndtiosse  hinlaufender  Streifen,  der  uns,  wenn 
auch  nicht  häufig,  auch  noch  bei  Tritonen  be- 
gegnet (so  Coli.  AI.  Castellani  nr.  109.  Baumeister, 
Denkm.  i',  Abb.  998;  bei  Carapanos,  iJodone^l. 
61,  8  der  Streifen  oben,  nicht  am  Bauche).  Der 
Fischschwanz  des  archaischen  Triton  zeigt  kleine 
Flo  ssen an  Sätze    (z.   B.    Gerhard,    Vasenb.  2 

40  Taf.  111),  die  in  der  jüngeren  Bildung  des 
Meeresgottes  auch  kämm  artig  gestaltet  sind 
(so  Mon.  d.  2.,  suppl.  [18*.)  l]  tav.  21).  Bei  der 
Bildung  der  Tritonen  scheint  allerdings  das 
Streben  zu  herrschen,  die  Fischschwänze  glatt 
und  weich  erscheinen  zu  lassen  (vgl.  Jahn, 
Sachs.  Ber.  1854,  191  f.),  aber  häufig  sind  auch 
ihre  Umrißlinien  durch  kleinere  Flossen  unter- 
brochen (so  Wood,  Disc.  at  Ephesus  76);  auch 
kammartige  Flossenansätze  begegnen  uns  bei 

50  ihnen  (z.  B.  Baumeister,  Denkm.  2,  Abb.  998). 

•  Beim  archaischen  Triton  der  schwarzfigurigen 
Vasen  findet  sich  eine  durch  Querstreifen  an- 
gedeutete bis  vierfache  ümschnürung,  die  das 
Ende  des  Schwanzes  vor  der  End flösse  zu- 


r- 


60 


14)  Triton  mit  Dreizack  auf  Silbermünzen  von  Itanos(uach 

Wroth,  Catal.  of  the  Greek  Coint  in  the  Brit.  Mu».  Crctc  etc. 

51  nr.  4.  5  pl.  13,  1.  2  =  Soorono»,  NumUin.  de  la  Crete  anc 

1,204  nr.  21.  22). 


1177 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


117H 


sammen zufassen    scheint   (z. 
B.  Ann.  (II.  1882  tav.  J).    In 
der    jüngeren     Bildunjjf    des 
Triton    wird    mehrfach    die 
Kndflosse   durch  einen   Hing 
vom   Schwänze   «j^etronnt   (so 
;iuf  den  meisten  Münzen  bei 
SDoronos,  Numüm.  dela  ('rete 
1,201  SS.);  bei  den  Tritonen 
kommt   dies   nur   selten   vor 
yBaiiin eistet.,  Denkm.  2  Abb. 
998)      Die    breite    PJudHosse 
ist  beim  archaischen  'JViton 
ohne  Zweifel  der  desDelphino 
nachgebildet  (vgl.  Wiegand,  Ute  archaische  Poros- 
\rchitektur  der  Alropolts  zu  Athen  83)  und  mit 
•  iniger  Stilisierung  halbmondförmig  {Ann.  d.  J. 
1882  tav.  .1)  oder  zangenformig  {MiUingen,  Feint. 
dl'  dir.  coli.  pi.  32)  gestaltet  worden ;  zweiteilig  ist 


l.*))  Suekentaurenariigcs    in  einen  Krobsschwanz  endigendes  Meerwesen,  ein  See- 
pferd zrtRelnd     auf  einem  potnpejaniBchen  Wandgeuiülde  (nach  Mut.  Horbonico  10 
tav.  8;  vgl.  Helbi;/,  Wandffein.  nt.  1074). 


nr.  191),  am  Halse  {Benndorf-Schöne,  Lateran 
nr.  68)  oder  auf  der  Schulter  {Matz-Duhv 
nr.  3199)  geknüpft,  es  hängt  ihnen  über  eine 
(wohl  stets  die  linke)  Schulter  (Fröhner, 
Not.  1  nr.  438)  oder  einen  (in  der  Regel  den 
sie  regelmäßig  auch  in  der  jüngeren  Bildung  20  linken)  Arm  {Gall.  Giust.  2  tav.  142)  oder  ist 


des  Triton  {Svoronos  a.  a.  0.).  Bei  den  Trito- 
nen machte  sich  offenbar  das  Bestreben  geltend, 
die  Endflosse  in  immer  mehr  Teile  auslaufen 
zu  lassen  (z.  B.  Visconti,  Opere  var.  1,  tav.  17 
(3  Teile).  Clarac,  Mus.  pl.  209, 199),  ja  schließ- 
lich hat  man  sie  auch  in  Büschel  von  Flossen 
aufgelöst  {Ann.  d.  I.  18G0,  348  ss.  Mon.  d.  I.  6 
tav.  43  s.);  über  andere  vereinzelte  Ge.staltungen 
des  Schwanzendes  vgl.  Dreßler,  Triton  2  ,  42. 
Wenn  der  Schwanz  eines  Seekentauren  ganz 
spitzig  endet  {Mus.  Borh.  6  tav.  21),  oder  wenn 
Tritonen  '^  Drachenschwänze,  Schlangenfüße, 
Schlangenbeine'  zugeschrieben  werden  (Matz- 
Duhn  2  nr.  3169. 3191 ;  3  nr.  3993,  ähnl.  Dütschke  5 
nr.  55),  so  beruht  dies  wohl  auf  mißbräuchlicher 
Nachahmung  der  Bildung  der  in  Schlangen- 
leiber ausgehenden  Giganten.  Eine  sehr  eigen- 
tümliche Gestaltung  von  Tritonen  ist  die,  bei 
der  der  menschliche  Körper  aus  dem  Vorder- 


um  einen  Arm  gewunden  {Ileydemann,  3.  Hall. 
Winckelm.-Progr.  41  nr.  2G)  —  ganz  so^  wie 
wir  es  bei  Satyrn  und  Kentauren  sehen.  Auf 
einer  Gemme  {Fiirtivängler,  Die  ant.  Gemmen 
Taf.  66,  12  —  8.  uns.  Abb.  16)  hat  der  Triton 
das  Fell  eines  gehörnten  Tieres  auf  dem  Kopfe. 
Wo  sich  bei  Tritonen  Gewandstücke  an  Stelle 
von  Tierfellen  finden,  sind  'sie  natürlich  in 
ähnlicher  Weise  angebracht  wie  diese  (Bei- 
spiele bei  Dreßler,  Triton  2,  43;  das  Gewand 
umschlingt  auch  die  Hüften:  Brunn,  Glypt.^ 
nr.  115).  Auch  bei  Tritoniden  finden  sich  Ge- 
wänder (z.  B.  OverbeckyKunstmyth.  3,  302 f.;  vgl. 
Dreßler,  Triton  1,26  nr.  5).  Vereinzelt  vorkom- 
mende Bekleidungsstücke  von  Tritonen  sind  Gür- 
tel, Hut  oder  Kappe  {Arch.  Anz.  1857,  12), 
Schifferhut  {Heibig,  Wandgem.  nr.  1076):  eine 
Tritonide  trägt  auf  dem  Kopfe  den  Kalathos 
{Gargiulo,  liacc.  de  Mon.  piü  interess.  del  Mus. 


leibe  eines  Krebses  (Krabbe)  hervorragt  (i<Vö7mer,  40  Borh.  [Neapel  1825]  tav.  31). 


Not.  1  nr.  5.  Heibig,  Wandgem.  nr.  1074—1076 
—  s.  uns.  Abb.  15). 

Die  Gestaltung  der  Tritoniden  (s.  oben 
Sp.  1169)  entspricht  natürlich  der  der  Tritonen; 
im  einzelnen  vgl.  die  Nachweise  bei  Dreßler, 
Triton  2,  42. 

Da  die  Bekleidung  des  Triton  schon  oben 
Sp.  1164  besprochen  worden  ist,  so  bleibt  hier 
nur    die   so    häufige  Ausstattung   der  Tritonen 


Als  Schmuck  des  Hauptes  zeigt  der  ar- 
chaische Triton  nicht  selten  eine  das  Haar  zu- 
sammenhaltende Binde  {Ann.  d.  I.  1882  tav.  .1), 
die  wir  auch  in  seiner  jüngeren  Bildung  (Jour- 
nal of  Philol.  7,  215  SS.  pl.  A),  bisweilen  bei  Tri- 
tonen [Coli.  AI.  Castellani  nr.  109),  auch  bei  Tri- 
toniden (ebenda)  vorfinden.  Häufiger  noch,  wie 
es  scheint,  ist  das  Haupt  des  archaischen  Tri- 
ton mit  einem  Kranze  geschmückt,  von  Myrte 


mit  Tierfellen   oder  Gewändern  zu  betrachten.  5o  {Gerhard,  Vasenb. 'i.^^o X.l'2,i),  von  Epheu  (Jr^/m, 


Tierfelle  wurden  den  Tritonen  verliehen  wohl 
nicht  im  Anschlüsse  an  die  Bekleidung  des 
Triton  mit  dem  Chiton,  sondern  nach  dem  Vor- 
bilde der  Satyrn  und  Kentauren;  an  die  Stelle 
des  Tierfells  mag  später  ein  Gewand  gesetzt 
worden  sein.  Dieses  Fell, 
das  nur  selten  als  von  einem 
Fische  {Heibig,  Klass.  Altert, 
in Rom,^l,lib f.  nr.  191)  her 


16)  Triton  mit  Tierfell 
auf  dem  Haupte  (Chal- 
cedon).  der  Sammlung 
A.  J.  Evans  (nach  Furi- 
wängler,  Die  ant.  Gem- 
men Taf.  66,  12). 


Vasens.  zu  Münchenrw.  391),  von  Lorbeer  {Arch. 
Zeit.  1871,  13,  15;  vgl.  den  Schilfkranz  im  Haar 
Tritons  bei  Claudian  28,  378).  Dem  gleichen 
Schmucke  begegnen  wir  beim  Triton  in  der 
jüngeren  Bildung  (von  Lorbeer:  Klein,  Euphro- 
nios^  186)  und  mitunter  auch  bei  Tritonen  (von 
Schilf:  Matz-Duhn  2  nr.  3204;  von  Meergras: 
Bartoli-Bellori,  Ant.  lucerne  1  fig.  5).  Vereinzelt 
findet  sich  auch  andrer  Schmuck  beim  archai- 
rührend  erkennbar,  auch  60  sehen  Triton  (Halsband:  Furticängler,  Anti- 
einzeln  blattartig  behandelt  quarium  nr.  1676)  wie  bei  Tritonen  und  Trito- 
niden {Coli.  AI.  Castellani  nr.  109:  Triton  und 
Tritonide  tragen  eine  Schnur  von  Perlen  (?)  um 
den  Hals  und  über  der  Brust  sich  kreuzende 
Bänder,  die  Tritonide  außerdem  einen  Ohr- 
schmuck  und  einen  Ring  um  jeden  Arm). 

§  16.  Attribute  Tritons,  der  Tritonen 
und  Tritoniden.    Vgl.  ölen  Sp.  1157. 


ist  {Heibig,  Wandgem.  nr. 
1072;  Heibig  nennt  bei  nr. 
1069  und  1076  die  Beklei- 
dung: *■  Flossengewand'), 
tragen  die  Tritonen  über 
der  Brust  {Heibig,  Klass. 
Altert,    in    Bom.^   1,  110 f. 


1179 


TritoDf  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1180 


a)  Attribute  des  archaischen  Triton. 
Da  wir  in  der  Hand  des  fischschwänzi^en  Meer- 
daimons  (des  Halios  Geron)  den  Fisch  als  At- 
tribut finden  {Furtwängler ,  Antiquarium  nr. 
1079,  vgl.  Dreßler,  TriUm  2,  44),  so  ist  es  sehr 
erklärlich,  daß  er  uns  als  Attribut  des  archai- 
schen Triton  begegnet  {Furt  ii  an  gier  ^  Antiqua- 
rium nr.  1766).  Triton  erscheint  in  Denkmälern 
altt  Hirt  und  Jäger  der  Fische  und  Delphine 
(siehe  unten  §  30);  dem  entsprechend  ist  dem 
archaischen  Tnton  auch  der  Delphin  als  At- 
tribut in  die  Hand  gegeben  worden  {Furtwäng- 
ier,  Antiquarium  nr.  1676.  Goldf.  7).  Der  fisch - 
schwänzige  Meerdaimon,  der  vielleicht  Halios 
Qeron  zn  nennen  ist,  findet  sich  mit  Kranz  und 
Trinkhorn  oder  Becher  ausgestattet  (s.  oben 
Öp.  11 67  f.),  Attributen,  die  ihn  als  dem  diony- 
sischen Kreise  verwandt  erscheinen  lassen.  Den 
Kranz  finden  wir  auch  beim  archaischen  Triton 
(Furtwängler ,  Antiqttarium  nr.  1676;  wohl  ar- 
chaischer Triton  mit  Zweig  in  der  Rechten: 
V.  Sacken- Kenner ,  Wiener  Münz-  u.  Ant.-Cab. 
220  nr.  94);  Triton  gilt  ja  auch  als  Liebhaber 
des  Weins  (vgl.  oben  Sp.  1162). 

b)  Attribute  Tritons  in  der  jüngeren 
Bildung.  Außer  dem  Fische  {Furtwängler,  An- 
tiquarium nr.  2608)  und  dem  Delphin  {Joum. 
of  Philol.  7,  215  SS.  pl.  A)  begegnen  uns  beim 
Triton  in  der  jüngeren  Bildung  das  Skeptron 
(ebenda),  der  Dreizack  und  wohl  auch  die  Mu- 
scheitrompete.  Den  Dreizack  führt  er,  um  mit 
ihm  Fische  und  Delphine  zu  erlegen  (vgl.  auch 
oben  Sp.  1157);  vielfach  ist  er  auf  Münzen  dar- 

fBstellt  dieses  Jagdgerät  in  der  Rechten,  einen 
isch  oder  Delphin  in  der  Linken  {Imhoof- Keller, 
Tier-  u.  Pflanzenbilder  Taf.  11,  22;  weitere  Be- 
lege unten  §  30).  Auch  die  Muscheltrompste, 
die  beim  archaischen  Triton  sich  noch  nicht 
findet,  kommt,  wie  es  scheint,  beim  Triton  in 
der  jünjieren  Bildung  auf  Münzen  vor  {Brit. 
Mus.,  Sicily  15  nr.89— 91.  Imhoof- Keller,  Tier- 
u.  Pßanzenb.  Taf.  8,  26  [nicht  Skylla!].  Svoronos, 
Numism.  de  la  Crite  1,  203  nr.  15— 17;  vgl.  Dreß- 
ler, Triton  2,  44  A.  17.  Gruppe,  Gr.  Myth.  1,  279 
Anm.  4). 

c)  Attribute  der  Tritonen  und  des 
Triton  in  späterer  Bildung.  Wenn  in  einem 
Kunstwerke  nur  ein  fisch^^chwänziges  Wesen 
dargestellt  ist,  so  kann  natürlich  auch  der  letz- 
tere gemeint  sein. 

V)  Auf  das  Meer  oderdas  Wasser  über- 
haupt bezügliche  Attribute.  Nicht  eben 
häufig  findet  sich  in  der  Hand  der  Tritonen 
der  Fisch  {Inilioof- Keller ,  Tier-  u.  Pßanzenb. 
Taf.  13,  37.  38)  oder  der  Delphin  {Benndorf- 
Schöne,  Lateran  nr.  58.  Athen.  Mitth.  2  [1877 J, 
405  nr.  234).  Den  Dreizack  führen  die  Tritonen, 
um  Delphine  zu  erlegen  [Engr.  gems  in  the  Brit. 
Mus.  nr.  633.  Imhoof-Keller,  Tier-  u.  Pßanzenb. 
Taf.  25,  54)  oder  um  Seetiere  (vgl.  unten  §  25) 
zu  bekämpfen  {Ant.  Skulpt.  Berlins  [1891]  nr. 
934);  häufig  ist  ein  solcher  Zweck  nicht  erkenn- 
bar (vgl.  die  Sammlung  von  Beispielen  bei  Ste- 
phani,  Compte  Bendu  1866,  92  A  1).  Eine  Har- 
pune mit  einem  Widerhaken  führt  der  Krebs- 
triton (vgl.  oben  Sp.  1177)  auf  dem  Wandge- 
mälde bei  Heibig  nr.  1076;  einer  von  Tritonen, 
die  im  Verein  mit  Eroten  dem  Fischfange  ob- 


liegen, eine  Art  Sieb  (?)  mit  Fischen  in  dem 
Relief  Bull.  Mun.  d.  Borna  1  (1872),  33  ss.  = 
Beibig,  Klass.  Altert,  in  Boyn  1,  457  nr.  591. 
Das  Attribut,  das  wir  am  häutigsten  bei  den 
Tritonen  finden,  ist  die  gewundene  Trompeten- 
muschel, die  aber  auch  ohne  Windungen  {Arch. 
Zeit.  1860,  Taf.  143),  sowie  mitunter  etwas  ge- 
bogen {Baumeister,  Denkm.  2  Abb.  1216)  er- 
scheint.   Sehr   beliebt  war  bei   den  Künstlern 

10  die  Gegenüberstellung  der  Muscheltrompete  in 
der  einen  und  des  Ruders  in  der  andern  Hand 
desselben  Triton  {Toelken,  Geschn.  St.  Kl.  3  nr. 
186.  Fröhner,  Not.  1  nr.  438;  zuweilen  als 
Steuerruder  bezeichnet:  Beschreib.  Borns  2,  2, 
278).  Bemerkenswert  ist  die  mehrfach  vorkom- 
mende Erscheinung,  daß  Tritonen,  welche  die 
Muscheltrompete  blasen,  die  freie  Hand  an  den 
Hinterkopf  legen  {Arch.  Zeit.  1860,  116.  Heyde- 
mann,  3,  Hall.  Winckelmann-Progr.  79  nr.  18 

20  Dütschke  1  nr.  41).  Nicht  oft  sehen  wir  an- 
dere Muscheln  in  den  Händen  von  Tritonen 
(^Mu8che^  wenigstens  in  den  Beschreibungen 
bei  Dütschke  1  nr.  106.  Matz-Duhn  2  nr.  3175); 
als  Seewesen  und  als  Wasserwesen  überhaupt 
halten  sie  auch  Büschel  von  Seepflanzen  (Ponce, 
Bains  de  Titits  pl.  24)  und  Zweige  von  Wasser- 
gewächsen {Gerhard,  Neapels  a.  Bildw.  1,  144 
nr.  2  — ■  Schilfstengel). 

Die  Attribute,  die  von  der  Schiffahrt  her- 

30  genommen  sind,  scheint  man  den  Tritonen  als 
den  Verkörperungen  der  das  Schiff  tragenden 
Wogen  verliehen  zu  haben.  Das  bereits  er- 
wähnte Ruder  ist  nächst  der  Muscheltrompete 
das  am  häufigsten  vorkommende  Attribut  der 
Tritonen.  Viel  weniger  häufig  finden  wir  bei 
ihnen  den  Anker  {Benndorf  -  Schöne ,  Lateran 
nr.  537.  Fröhner,  Not.  1  nr.  438),  noch  seltener 
kommt  das  Aplustre  vor  {Heibig,  Wandgem. 
nr.  1068.  1075),  nur  vereinzelt  die  Prora  (ebd. 

40  nr.  10G6). 

2)  Dem  bakchischen  Thiasos  ent- 
stammende Attribute.  Am  Triton  wie  an 
den  Tritonen  finden  wir  Züge,  durch  die  sie 
den  Satyrn  (einschließlich  des  Seilenos  und  der 
Seilene,  vgl.  Preller  -  Plew ,  Chr.  Myth.""  1,  603. 
Brückner,  Athen.  Mitth.  15  [1890],  101)  und  Ken- 
tauren des  bakchischen  Thiasos  verwandt  sind. 
Die  Körperbildung  (siehe  oben  Sp.  1171)  und 
Bekleidung  (siehe  oben  Sp.  1177)  der  Tritonen 

50  ist  durch  das  Vorbild  der  Satyrn  und  Ken- 
tauren beeinflußt.  Triton  wie  die  Tritonen 
gelten  als  Liebhaber  des  Weins  (s.  ob.  Sp.  1179), 
beim  Triton  wie  bei  den  Tritonen  ist  die  ero- 
tische Lüsternheit  ein  hervorstechender  Zugi 
(siehe  oben  Sp.  1161,  unten  §  25).  Der  See- 
thiasos  ist  vielfach  dem  bakchischen  nachge- 
bildet, Bestandteile  beider  Thiasoi  sind  mit- 
einander vermischt  (siehe  unten  §  25  f. ;  See- 
kentaur, der  den  Seilenos  trägt  an  einem  Sar- 

60  kophagfragment  Matz-Duhn  2,  2395;  Silene  em- 
pörte par  un  Centaure  marin,  Marmorgruppe 
im  Louvre  Arch.  Anz.  1900,  155)  oder  einander 
gegenübergestellt  (siehe  unten  §31).  Aus  alle- 
dem ist  erklärlich,  daß  eine  große  Zahl  von 
Attributen  aus  dem  bakchischen  Thiasos  auf] 
die  Tritonen  übergegangen  ist. 

Als  Hirten  der  Seetiere  (siehe  unten  §  25. 
30;   Vorbilder   waren    die   Herden  treibenden 


1181 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


ll.Sl^ 


Satyrn  und  Pan,  der  Herden^ott)  führen  die 
Tritonen  häutig  den  oben  gekrümmten  Hirten- 
stab, das  Pedum  {Helhig,  Wandgem.  nr.  1004. 
1068.  Jahrh.  d.  Arch.  1. 1890,219),  gerade  Stöcke 
oder  Stäbchen  {Fr öhncr,  Not  Inr.l'd^a.  Revue 
arch.  10  [1864],  2  pl.  15.  Helhig,  Wandgsm.  nr. 
1078.  Bull.  d.  I.  1877, 25  nr.  29),  auch  Peitschen, 
die  im  bakchischen  Thiasos  wohl  nicht  vor- 
kommen {Helhig,  Wandgem.  nr.  1092.  v.  Syhel, 
Skulpt.  zu  Athen  nr.  309).  Die  Lanze  {Bull.  d.  I. 
1877,  96  nr.  75)  und  4en  Bogen  {Minervini, 
Man.  poss.  da  Barone  1,  69  s.),  mit  denen  Tri- 
tonen gegen  Seetiere  kämpfen  (siehe  unten 
§  29),  haben  sie  wohl  von  den  Kentauren  ent- 
lehnt. Es  findet  sich  der  Bogen,  zugleich  ein 
mit  Schuppen  bedeckter  Köcher:  Benndorf- 
Schöne,  Lateran  nr.  bSl ;  die  Lanze,  zugleich 
das  Parazonion :  Matz-Duhn  2  nr.  3170;  ein  ge- 
krümmtes Schwert  oder  Messer:  Mus.  Borh. 
6  tav.  21;  vgl.  Dreßler,  Triton  2, 46  A.  9.  Weiter 
gehen  folgende  Attribute  auf  Vorbilder  im 
bakchischen  Thiasos  zurück:  Skyphos  {Rohcrt, 
A.  Sark.-Reliefs  2  Taf.  3,  9  c),  Kantharos  {Jahrh. 
d.  Arch.  I.  1890,  219),  'Trinkgefäß'  {Friederichs, 
Berlins  ant.  Bildw.  2  nr.  677*),  Krater  {v.  Syhel, 
Skulpt.  zuAthennr.309\  'Schale'  {Helhig,  Wand- 
gem. nr.  309),  Schale  mit  Früchten  {Dütschke 
1  nr.  70;  an  ihre  Stelle  sind  Fische  getreten: 
Bull.  d.  I.  1841,  47  s.),  Korb  {Helhig,  Wandgem. 
nr.  1065),  Korb  mit  Früchten  {Jahn.  Sachs.  Ber. 
1868,  183  nr.  36),  Korb  mit  Blumen  {Dütschke 
1  nr.  106),  'Gefäß'  {Overheck  -  Mau ,  Pompeji^ 
205),  Füllhorn  (nach  den  Abbildungen  in  Gall. 
Giust.  2  tav.  148.  Ponce,  Bains  de  Titus  pl.  24), 
Kranz  (?)  {Dütschke  5  nr.  849),  Zweig  (Lorbeer: 
Arch.  Anz.  1857,  12),  Thyrsos  {Helhig,  Wand- 
gem. nr.  1067),  Fackel  {Bull.  arch.  du  com.  des 
trav.  hist.  et  scient.  1888,  163  ss.),  Schlange  (?) 
{Minervini,  Mon.  poss.  da  Barone  1,  69),  Leier 
{Matz-Duhn  2  nr.  3165.  3170),  Flöte  (einfache: 
Clarac,  Mus.  pl.  187,  102),  Doppelüöte  {Ocer- 
heck,  Kunstmyth.  3,  363)  und  Syrinx  {Bull.  d.  I. 
1834,  158);  die  bei  Dreßler,  Triton  2,  46  auf 
Grund  von  Mon.  d.  I.  6  tav.  43  b  3  erwähnte 
Maske  ist  wohl  zu  streichen.  Petersen  {Ann. 
d.  I.  1860,  402.  411)  erklärt  die  in  dem  Sarko- 
phagrelief Fröhner,  Not.  1  nr.  438  und  in  einem 
der  Reliefs  Ann.  d.  I.  1860,  348  ss.  von  Seeken- 
tauren (mit  Nereiden)  getragenen  Kästchen  als 
die  bakchische  Cista;  die  in  der  Relief darstel- 
lung  Matz-Duhn  3  nr.  3449  und  auf  der  Paste 
Hubo,  Originalw.  in  d.  arch.  Abt.  d.  arch.-num. 
Inst,  zu  Göttingen  nr.  843  von  Tritonen  (mit 
Nereiden)  gehaltenen  Kästchen  wird  man  wohl 
als  Schmuck-  oder  Toilettenkästchen  anzusehen 
haben.  Schließlich  sei  noch  auf  die  Kinder 
hingewiesen,  die  im  bakchischen  Thiasos  häu- 
fig von  Satyrn  getragen  werden  (z.  B.  Matz- 
Duhn  2  nr.  2256.  2262.  2296).  Vielleicht  sind 
die  in  Sarkophagreliefs  von  Seekentauren  (ilfa^^- 
Duhn  2  nr.  3174.  3199)  und  Nereiden  (ebenda 
nr.  3196)  getragenen  Kinder,  soweit  sie  sich 
nicht  als  Eroten  erklären  lassen,  als  Nachbil- 
dungen der  im  bakchischen  Thiasos  vorkom- 
menden Kinder  zu  betrachten. 

d)  Die  Attribute  der  Tritoniden  ent- 
sprechen natürlich  fast  durchaus  Attributen 
von  Tritonen.    Zu  nennen  sind:  Delphin  {Coli. 


AI.  Castellani  nr.  109,  Conzc,  Ant.  Skulpt.  Berlins 
nr.  1068),  Dreizack  {Stephant,  Vasens.  d.  Er- 
mitage nr.  1800;  'Harpune'  Toelken,  Geschn.  St. 
Kl.  3  nr.  194),  Muscheltrompete  {Imhoof- Keller, 
Tier-  u.  Pflanzcnh.  Taf.  13,  35.  30),  '  Ruder- 
8tauge'(?)  {Arch.  Zeil.  1871,  58 f.),  Stab  {r,au- 
mcister,  Denkm.  2  Abb.  999),  Schäferstab  {Arch. 
Zeit.  1903,95  —  nicht  Nereide!),  Kanne  und 
Schale  {Dumont-Chaplain ,  Ceram.  de  la  Gria 

10  pr.  1  pl.  30,  6.  pl.  40,  2.  Winnefeld,  Vasens.  zu 
Karlsruhe  nr.  342),  Leier  {Overheck,  Kunstmyth. 
3,  302  f.  —  Tritonide  nicht  Triton,  vgl.  Dreßler, 
Triton  1,  26),  Flöte  {Cohen,  Med.  imp.'  1,  272 
nr-.  12—16.  304  nr.  3718.),  Alabastron  {Coli.  AI. 
Castellani  nr.  109).  Vgl.  auch  die  Seekentaurin, 
auf  der  Poseidon  sitzt,  und  dio  auf  der  Schul- 
ter ein  Tropaion  trägt  {Bidl.  d.  I.  1876,  28 
nr.  22),  siehe  unten  §  18,  1. 

§  17.   Der   fischsch wänzige   Halios 

20  Geron,  an  dessen  Stelle  später  Triton 
tritt,  wird  von  Herakles  überwältigt. 
Die  Reihe  der  mythologischen  Wesen,  denen 
die  griechische  Kunst  den  Triton  oder  Tritonen 
beigesellt  hat,  ist  mit  Herakles  (vgl.  Furt- 
toängler  in  diesem  Lex.  Bd.  1,  Sp.  2192  f.  2230) 
zu  beginnen,  weil  die  das  Ringen  dieses  Heros 
mit  Triton  darstellenden  Denkmäler  fast  aus- 
schließlich der  älteren  Kunst  angehören  (sie 
sind  bei  Escher,  Triton  116 — 139  eingehend  be- 

30  sprochen).  Daß  ein  Held  einen  wahrsagenden 
Meergreis  überwältigt,  um  ihn  zur  Mitteilung 
seiner  Weisheit  zu  zwingen,  ist  ein  mehrfach 
vorkommender  Zug  der  griechischen  Sage.  Me- 
nelaos  nötigt  nach  langem  Ringen  den  Proteus, 
ihm  guten  Rat  in  betreff  seiner  Heimfahrt  zu 
geben  {Homer,  Od.  4,  450  ss.),  Herakles  erfährt 
von  Nereus  erst  nach  langem  Widerstände,  wo 
er  die  goldenen  Äpfel  der  Hesperiden  zu  suchen 
habe  {Apollod.  Bibl  2,  5,  11,  4).    Die  ältere  Va- 

40  riante  zu  letzterer  Sage  bietet  der  Kampf  des 
Herakles  mit  dem  fischschwänzigen  Halios  Geron 
(Vgl.  oben  Sp.  1164),  an  dessen  Stelle  die  At- 
tiker  den  Triton  gesetzt  haben.  Gruppe  {Gr. 
3Iyth.  1,  471  Anm.  1)  bemerkt,  die  Beziehung 
zum  Hesperidenzug  scheine  früh  verloren  ge- 
gangen zu  sein;  attische  Künstler  ließen  Ke- 
krops  zusehen,  hätten  also  wohl  den  Kampf  in 
Attika  lokalisiert.  Merkwürdigerweise  ist  die- 
ser Kampf  in  den  erhaltenen  literarischen  Denk- 

50  malern  nirgends  erwähnt  (vgl.  Dreßler,  Triton 
1,  30  A.  0).  Als  Kampf  des  Herakles  mit  dem 
Halios  Geron  ist  wohl  die  Darstellung  auf  drei 
sehr  altertümlichen  Denkmälern  aufzufassen: 
1)  auf  einem  Inselstein  des  Britischen  Museums 
(Catal.  of  engr.  gems  nr.  82 
—  s.  uns.  Abb.  17),  d.  h.  auf 
einem  geschnittenen  Steine 
'jener  (nach  Furtivängler, 
Ahh.  d.  Bert  Ak.  1879,  96) 

60  ältest  griechischen  Gattung, 
jener  auf  den  Inseln  des 
Archipels  gefundenen  Kie- 
sel', 2)  auf  einem  'hoch- 
altertümlichen'  Relief  von  Meerdaimon  ringend 
dem  alten  dorischen  Tem-  *"^  ^«°^  8^«^^^-  s*®^'^ 
pel  in  Assos  {Friederichs-   J"^  ?'\*;,f7-   "/' 

TTT-  1.  /~i  ■        \        .      -r^     T       lna,chMtlchfioefer,L>teAn 

Wolters,  Gipsahg.  zn  Berlin  ß^ge  der  Kumt  in  Gric- 
nr.  8  —  12  —  S.  uns.  Abb.  18)      chenland  185  rig.  r)5) 


17)  Herakles   mit   dem 


1183 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1184 


18)  HenüclM  mn  ....u.  .t...,^^  u^ron  rlnffend  (links  daroneilend6  Nereiden),  Relief 

von  einem  Tempel   in  Assot  (im  Louvre),  Friedericht-Woller$,  Oiptahg.  in  Berlin 

nr.  8— IJ  (nach  haumeitter,  Denkm.  1  Abb.  :58ü). 

—  und  8)  auf  einem  in  Olympia  gefundenen 
vermutlich  in  Arges  gefertigten  Bronzerelief 
wahrscheinlich  aus  dem  G.  Jahrhundert  {ebenda 
nr.  341  —  s.  uns.  Abb.  19).  Auf  ihm  ist  nilm- 
lich  im  ältesten  argi vischen  Alphabet  der 
Meerdaimon  Halios  Geron  genannt  {Furtwäng- 
ler  a.  a.  0.  92).    In  der  Schlange  und  der  Flam- 


Stil  der  attischen  Vasen  des 
6.   Jahrhunderts     angehören 
(die    Literatur    bei    Dreßler, 
Tritoyi  1,2«J).  Ein  Verzeichnis 
derselben   bei    Gerhard,  Va- 
sevb.  2,  95  A.  12  (s.  uns.  Abb. 
21)   ist    fortgesetzt  von    Pe- 
tersen, Ann.  d.i.  1882,  76 ss. 
(Vase  R  bei  ihm  ist  rotfigu- 
rig),  vervollständigt  von  Ku- 
runiotis,  Herakles  mit  Halios 
geron  u.  'Triton  18ff. ;  hinzu- 
zufügen sind  noch  der  schwarzfigurige  attische 
Napf  in   Dresden   Arch.  Anz.  1898,  133  nr.  IG 
und  die  schwarzfigurige  Hydria  im  Museum  of 
Fine  Arts  zu  Boston  {Arch.  Anz.  1900,  219  nr. 
20),  wenn  diese  beiden  Gefäße  nicht  etwa  mit 
früher   angeführten   identisch    sind.     Auf   drei 
on  diesen   (angeführt  oben  Sp.  11G5)  ist  dem 


die  mit  dargestellt  sind,    erkennt  F«rt- 20  Meerdaimon   der  Name  Triton  beigeschrieben 


wüngler  {Die  Bronzen  von  Olympia  102,  2)  eine 
Andeutung  von  Verwandlungen  des  Seegreises, 
wie  sie  in  der  Darstellung  des  Ringens  zwi- 
schen Herakles  und  dem  ganz  menschlich  ge- 
bildeten Nereus  auf  altischen  Vasen  sich  findet. 
'Die  Sage,  die  in  der  attischen  Kunst  in  zwei 
Spaltungen  vorliegt,  die  als  Herakles- Triton 
und  als  Herakles -Nereus  erscheinen,  ist  hier 
in  der  Fassung  als  Herakles-Geron  noch. eins.' 
Verwandlungen  des  Seedaimons,  durch  die  er  30 
der  Umschlingung  des  Herakles  zu  entgehen 
sucht,  sind  nach  Pottier  (der  ihn  ^Triton  ou 
Neree'  nennt  —  Arch.  Anz.  1899,94  C.  A.  823) 
auch  auf  einer  schwarztigurigen  Lekythos  des 
6.  Jahrhunderts  im  Louvre  dargestellt  (ähnlich 
wie  bei  dem  Ringen  des  Peleus  und  derThetis), 
indem  aus  dem  Rücken  des  Seedaimons,  dessen 
Fiachleib  (nach  Pottier)  in  einen  Skorpionen- 
schwanz ausgeht,  ein  Schlangen-  und  ein  Löwen- 
kopf herausragt.  40 

Denselben  Kampf  des  Herakles  mit  einem 
fischschwänzigen  Daimon  finden  wir  in  einer 
sehr  zahlreichen  Gruppe  attischer  Denkmäler 
wieder.  In  Betracht  kommen  hier:  1)  Die  Poros- 
fragmente  der  '"größerenTriton— Heraklesgruppe' 
aus  dem  einen  Giebel  des  alten  Hekatompedon 
auf  der  Akropolis  zu  Athen  —  s.  uns.  Abb.  20; 
2)  Die  Porosfragmente  der  'kleineren  Triton- 
Heraklesgruppe'  aus  einem  Giebel  eines  Ge- 
bäudes auf  derselben  Akropolis  (über  beide 
Gruppen  vgl.  Wiegand,  Die  archaische  Poios- 
Ardiitektur  der  Akro-polis  zu  Athen  82  ff.  195  tf. 
Furtwängler ,  Die  Giehelgruppen  des  alten  He- 
katompedon auf  der  Akropolis  zu  Athen  in  den 
Sitz.-Ber.  der  Bayer.  Ak.  d.  W.  [philos.-philol. 
Kl]  1905,  433  tf.);  S)  eine  sehr 
große  Anzahl  schwarzfiguriger  Va- 
sen, die  nach  Furtwängler  (in  die- 
sem Lex.  Bd.  1,  Sp.  2193)  dem  äl- 
teren und  besonders  dem  späteren 


Kuruniotis  (a.  a.  0.  46)  nimmt  daher  an,  die 
attischen  Künstler  hätten,  als  sie  die  Darstellung 
des  fischschwänzigen  Halios  Geron  mit  Herakles 
für  Giebelschmuck  und  Vasendekoration  benutz- 
ten, den  Meerdaimon  nicht  Halios  Geron  ge- 


..-r\. 


19)    Herakles  mit  dem  Halios  Geron  ringend  auf  einem 

Bronzerelief  aus  Olympia  (nach  Furtwängler,  Die  Bronzen 

ton  Olympia  102,  2  Taf.  39,  699  a). 

nannt,  weil  sie  diesen  als  einen  ganzen  Mann 
kannten  (vgl.  oben  Sp.  1164);  sie  hätten  ihn 
0  vielmehr  als  Triton  bezeichnet,  weil  sie  nur 
diesen  in  der  Gestalt  des  peloponnesischen  (ar- 
givischen)  Halios  Geron  kannten  (vgl.  Triton 
in  den  Sagen  des  Attika  benachbarten  Tana- 
gra  oben  Sp.  1153).  In  allen  erwähnten  Denk- 
mälern (bis  auf  zwei)  ist  dargestellt,  wie  Hera- 
kles den  Daimon  von  hinten  her  ereilt  und  in 


'  (er;iklpsgrujii)e   ;iu- 
im  Akropolis-Museum  (nach 


dem   einen 
Wipffan'/ 


bei  des  alten  Kekatonipedon  auf  der  Akropolis  zu  Athen 
Die  arrjiaitche  Pnroiarchitektur  der  Akropolit  zu  Athen  Taf.  -4). 


1185 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1186 


verschiedener  Weise  gepackt 
hat.  Daß  das  Kreignis  wenig- 
stens nacli  der  ursprünglichen 
Auffassung  sich  im  Meere  voll- 
zieht, wird  auf  dem  Inselstein 
und  bisweilen  auf  den  Vasen 
durch  bei  gegebene  Fische  an 
gedeutet  {Petersen,  Ann.  d.  I. 
1882,  82),  in  dem  Relief  von 
Assos,  auch  auf  Vasen  durch 
Nenüden.  In  den  Vaseubildern 
ist  die  Anstrengung,  mit  der 
Triton  sich  loszuringen  sucht, 
durch  die  Windungen  des  sehr 
stark  gekrümmten  Fischleibes 
ausgedrückt(vgl.  ob.  Sp.ll74f.), 
während  der  Fischleib  des 
Meerdaimons  auf  dem  Insel- 
■^tein ,  den  Reliefs  von  Assos 
und  Olympia,  in  den  Porosfragmenten  (vgl.  20  packt,  schlägt.  Der  Held  wendet  hier  nur  mehr 
Sp.  1183),  wie  auch    in    den    meisten    archai-       Gewalt  an,  um  Triton   seinem  Willen  gefügig 


21)   Herakles   mit  Triton  ringeud   anl    • 
bei   Gerhard,    Aicserl.  Vasenb.  2,95  A.  12    la,i. 
Abb,  1961). 


I  hen    schwarzlig.  Hydria 
nach    BaumeiHtfr,    JJenkm.  3 


sehen  Einzeldarstellungen  desselben  nur  wenig, 
kaum  S-förmig,  gebogen  ist.  Eine  der  schwarz- 
tigurigen  Vasen  {Mülingen,  Anc.  uned.  mon. 
1,  11  —  bei  Kuruniotis  nr.  63)  zeigt  eine  ganz 
andere  Situation  des  Kampfes:  Herakles,  die 
Keule  in  der  Rechten,  schleppt  mit  dem 
linken  nach  hinten  gewendeten  Arme  den 
Triton    fort,    den    er    überwältigt    und    gefes- 


zu  machen.  Die  späteste  Darstellung  des  Tri- 
tonkampfes finden  wir  auf  der  wohl  eher  dem 
3.  als  dem  4.  Jahrh.  entstammenden  (Studniczka,. 
Athen.  Mitth.  11  [1886],  65  A.  1)  Bronzeplatte 
bei  Carapanos,  Dodone  pl.  16,  4.  Man  erkennt 
auf  ihren  Resten  noch,  daß  Triton  doppel- 
schwänzig  gebildet  war;  diese  Bronzeplatte 
dürfte  das  älteste  erhaltene  Denkmal  sein,  auf 


<e\t  hat.    Die  einzige  rotfigurige  Vase  (s.  uns.  30  dem  Triton  so  dargestellt  ist. 


Abb,  22),  die  hierher  gehört  (bei  Petersen  a. 
ii.  0.  R,  nach  Furtivängler  [in  diesem  Lex. 
Bd.  1,  Sp.  2193]  streng  rotfigurige  Schale  vom 
Anfang  des^  5.  Jahrhunderts)  scheint  eine  Szene 
nach  der  Überwindung  Tritons  darzustellen: 
Herakles  sitzt  ruhig  auf  dessen  Fischleibe,  die 
Keule  in  der  herabhängenden  Rechten.  Dieses 
Vasengemälde  läßt  deutlich  den  Zweck  des 
Ringkampfes  erkennen.    Herakles  wollte  Triton 


tj  18.  Triton,  Trito- 
nen und  Tritoniden  in 
Verbindung  mit  Posei- 
don, auch  mit  Amphi- 
trite  (vgl.  oben  Sp.  1158), 
Wie  die  Tritonen  in  der 
Literatur  als  Diener  Posei- 
dons erscheinen,  so  ist  dies 
auch  in  der  Kunst  der  Fall. 


kein   Leid    zufügen,    er   wollte   nur   den   Ent-  4ol)    Poseidon    wird    von 


fliehenden  festhalten  und  sich  von  ihm  Au 
kunft  erzwingen.  Wenn  dieser  ihm  den  Weg 
sperrte,  wie  v.  Wilamoivitz  {Euripides  Herakles 
2,  129)  meint,  so  wäre  der  Kampf  sicher  an- 
ders dargestellt  worden  (vgl.  Dreßler,  Triton 
1 ,  33).  Dieser  Auffassung  widerspricht  auch 
die  allerdings  originelle  Darstellung  des  Kampfes 
auf  dem  Karneol-Skarabaios  (des  strengen  Stils) 
im  Britischen  Museum   {Furtivängler,  Die  ant. 


23)  Herakles  bekämpft 
Triton,  Karneol-Skara- 
baios des  Erit.  Mus. 
(vergrößert  nach  Furl- 
wängler,  Die  ant.  Gem- 
men Taf.  9,  2). 


einer  Tritonide  getra- 
gen indempompejanischen 
Wandgemälde  Bull.  d.  1.  1876,  28  nr.  22  und  auf 
der  Bronzescheibe  mit  Relief  aus  der  römischen 
Kaiserzeit  Arch.  Zeit.  1871,  58 f.  2)  Ein  Zwei- 
gespann von  Tritonen  oder  von  Triton 
und  Tritonide  zieht  den  Wagen  des  Got- 
tes auf  den  drei  korinthischen  ßronzemünzen 
des    Domitianus:    Cohen,    Med.  im}).^  1,  527s. 


Gemmen  Taf.  9,  2  —  s.  uns.  Abb.  23)  nicht,  in  50  nr,  691.  Lnhoof- Gardner,  Num.  comm.  an  Paus. 


der  Herakles  mit  der  Keule  in  der  Rechten  auf 
den  Triton,  den  er  mit  der  Linken  im  Genick 


22)  Der  überwundene  Triton  scheint  mit  Herakles  zu  spre- 
chen, auf  einer  rotfig.  Vase  in  Chiusi  (nach  Ann.  d.  I.  1882, 
73.  85  tav.  d'agg,  K). 


16  pl,  D  57.  Imhoof- Keller,  Tier-  u.  Pflanzenh. 
Taf.  13,36  —  auf  zwei  dergleichen  des  Nero: 
Brit.  Mus.,  Corinth  68  nr.  554.  Cohen,  Med. 
imp.^  1,305  nr.  381  (auf  dem  Wägen  Poseidon 
oder  Aphrodite).  Mit  der  Muscheltrompete  ver- 
künden sie  dabei  das  Nahen  des  Meerbeherr- 
schers. Diese  Gespanne  vor  dem  Wagen  des 
Poseidon  (und  der  Aphrodite,  vgl.  unten  §  20) 
haben  ohne  Zweifel  ihr  Vorbild  in  den  aus 
60  Kentauren  oder  aus  Kentaur  und  Kentauride 
bestehenden  Gespannen  am  Wagen  des  Dio- 
nysos (z.  ß.  Dütschice  1  nr.  12,  23,  114).  Solchen 
Darstellungen  ist  offenbar  der  Triumphzug  des 
Augustus  über  das  Meer  nach  der  Schlacht  bei 
Actium  auf  dem  Wiener  Onyxcameo  bei  Boß- 
hach,  Aus  der  Anomia  205 ff.  nachgebildet;  hier 
wird  der  Wagen  des  Augustus  von  vier  Tri- 
tonen gezogen.    3)  Poseidons  Wagen  wird 


n^' 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritouen 


1188 


24)   Zwei    doppelsc-hwaiizige    Trltonen 

und    der  Amphitrit«,   »as    dem    Mai 

(naeb  Baumeister 


von  Tritonen  begleitet  in  dem  Sarkophag- 
relief Denkschr.  d.Wien.  Akad.  19  (1870),  öOflf. 
Taf.  9a,  dem  Mosaik  BuU.  arch.  du  com.  des 
trav.  hist.  et  scient.  1888,  163  ss.  (das  Gefolge 
Poseidons  ist  hier  in  die  zahlreichen  Felder 
verteilt),  dem  Mosaik  Arch.  Ans.  1903,  95  (nach 
der  Abbildung  Seekentaur  und  Tritonide,  nicht 
Nereide),  auf  der  Gemme  im  Brit.  Mus.  nr.  613 
(von  zweifelhafter  Echtheit)  und  der  antiken 
Paste  Furttcängler,  Die  ant.  Gemmen  Taf.  37,  3 


Jahrb.  d.  Arch.  1.  1897,  19) 
gehören,  wenn  es  nicht  we- 
gen seines  hohen  Alters  frag- 
lich erschiene,  ob  der  Fisch- 
daimon  bei  Poseidon  schon 
Triton  zu  nennen  ist  (vgl. 
oben  Sp.  1164).  Die  rotfigu- 
rige  attische  Schale  des  Eu- 
phronios  {Klein,  Euphronios- 
182  ff.  Baumeister,  JDenkm.  3 
Abb.  1877),  auf  der  allen 
Personen  die  Namen  beige- 
schrieben sind,  zeigt,  wie 
Theseus  von  seinem  Stief- 
bruder Triton  zu  Amphitrite 
in  die  Tiefe  des  Meeres  hin- 
abgetragen wird  (vgl.  Preller- 
Plew,  Gr.  Myth.^  2,  287.  288 
A.  1).  Theseus  steht  dabei 
20  auf  dem  Kopfe  und  den  erhobenen  Händen 
Tritons;  Poseidon  ist  hier  nicht  mit  darge- 
stellt. Dieselbe  Handlung,  aber  in  Anwesen- 
heit des  Poseidon  finden  wir  in  dem  rotfiguri- 
gen  Vasenbilde  von  einem  Krater  zu  Bologna 
{Klein,  Euphronios*  186  f.  Mon.  d.  I.  suppl. 
[1891]  tav.  21):  Triton  in  langem  Gewände 
'erhebt  Theseus  in  seinen  Armen'  (vgl.  unsere 
Abb.  11  oben  Sp.  1173).  Nach  Furtwüngler 
{Arch.  Anz.  1889,  141  f.)   ist  diese  Darstellung 


w.Tgcn    des   Poseidon 
firunn,   Olypt.^  149  ff. 


Auf  dem  Sarkophagrelief  bilden  sie  mit  Ne-  so  als  Nachbildung  des  Wandgemäldes  von  Mi- 


reiden  und  Seetieren  (siehe  unten  §  25)  einen 
Thiasos  des  Meeres,  in  dessen  Mitte  der  Gott 
einherzieht.  4)  Tritonen  ziehen  und  be- 
gleiten den  Hochzeitswagen  des  Posei- 
don und  der  Amphitrite  in  dem  Friesrelief 
zu  München  Brunn,  Glypth.^  nr.  115  —  s.  uns. 
Abb.  24  —  und  dem  Mosaik  aus  Pompeji  Over- 
heck,  Kutistmythol.  3 ,  'SG2  t  (sicher  von  dem 
Münchener  Relief  abhängig).    In   dem   Relief 


kon  im  Theseion  zu  Athen  anzusehen  {Pausan. 
1,17,28.).  In  dem  Relief  des  großen  Frieses 
vom  Altarbau  zu  Pergamon  {Beschreib,  d.  per- 
gam.  Bildtv.^  22)  ist  Triton  zwischen  Amphi- 
trite und  Poseidon  als  Seekentaur  mit  Flügeln 
aus  Seegewächsen  dargestellt;  er  schwang  in 
der  Rechten  eine  Waffe  im  Kampfe  gegen  die 
Giganten.  Auf  dem  pompejanischen  Wandge- 
mälde   Heibig    nr.  1092,    das    nach     Overbeck 


ist  das  Gespann   ans  zwei  doppelschwänzigen  40  {Kunstmythol.   3 ,  355  f.)    die    Entführung    der 


Tritonen,  in  dem  Mosaik  aus  Seekentaur  und 
Tritonide  (vgl.  Dreßler,  Triton  1 ,  26  nr.  5)  ge- 
bildet; in  beiden  Darstellungen  begleiten  die 
Meerwesen  mit  dem  Klange  der  Leier  und  der 
Doppelflöte  (vgl.  Brunn  a.  a.  0.  150)  den  Hoch- 
zeitszug ihres  Herrn,  in  den  sich  auch  noch 
andere  Tritonen  gemischt  haben.  Ob  auf  dem 
geschnittenen  Steine  Overbeck,  Kunstmythol.  3, 
365  f  =  Furtwüngler,  Die  ant.  Gemmen  Taf  46, 


Amphitrite  durch  Poseidon  darstellte,  trägt 
Triton  in  der  Rechten  eine  Peitsche,  mit  der 
Linken  hält  er  die  Zügel  eines  Rosses.  Ein 
Triton  und  eine  Tritonide  halten  in  dem  Mo- 
saik Morgan,  Mos.-Pav.  (Abb.  vor  p.  249?)  254  ss. 
265  s.  eine  in  Form  einer  Muschel  ausgespannte 
Draperie,  in  der  Amphitrite  sitzt;  an  sie  hat 
man  zu  denken,  da  Fische  über  ihrem  Haupte 
schwimmen.    Das  von  einem  Triton  getragene 


10  (dieselbe  Szene  zeigt  die  etruskische  Aschen-  so  Weib  mit  Dreizack  auf  den  geschnittenen  Stei- 


kiste  Gori,  Mus.  Etr.  3  class.  3  tab.  3)  Triton 
oder  Glaukos  als  Repräsentant  des  Meeres  un- 
t-er  den  Rossen  am  Wagen  des  Poseidon  und 
der  Amphitrite  sichtbar  ist,  erscheint  zweifel- 
haft (vgl.  Gaedechens,  Glaukos  161  f.).  Auch  in 
der  von  Pausanias  2, 1,  7  s.  geschilderten,  einst 
im  Tempel  des  Poseidon  auf  dem  Isthmos  von 
Korinth  befindlichen  Gruppe  von  Statuen  aus 
Gold  und  Elfenbein  sah  man  neben  den  Rossen 


nen  Overbeck,  Kunstmythol.  3,  368  und  Mont- 
faucon,  Ant.  expl.,  suppl.  1  pl.  25  (die  Darstel- 
lung wahrscheinlich  nach  einem  geschnittenen 
Steine)  ist  wohl  Amphitrite.  Bei  v.  Sacken- 
Kenner,  Wiener  Münz-  u.  Ant.-Cab.  438  nr.  548 
wird  ein  geschnittener  Stein  angeführt:  'Am- 
phitrite auf  einem  Triton'.  6)  Tritonen  fin- 
den sich  auch  anderweit  in  der  Nähe 
Poseidons.    Beispiele   sind   der  Torso   eines 


am  Wagen  des  Poseidon  und  der  Amphitrite  60  Triton  (oder  des  Triton?)  neben  dem  rechten 


zwei  Tritonen.  5;  Triton  sonst  bei  Posei- 
don und  Amphitrite,  auch  bei  dieser 
allein.  Wie  die  Schriftsteller  Triton  Sohn  des 
Poseidon  und  der  Amphitrite  nennen,  so  brin- 
gen ihn  auch  die  Künstler  mit  diesen  Gott- 
heiten in  Verbindung.  Hierher  würde  der  alte 
korinthische  Pinax  Furtwüngler,  Antiquarium 
nr.  486  (abgeb.  Ant.  Denkm.  1  Taf  7,  11;  vgl. 


Beine  der  verschollenen  Statue  des  Poseidon 
Arch.  Zeit.  1885,  283  ff.,  das  halbzerstörte  fisch- 
leibige  Seewesen  und  die  Tritonide  mit  Drei- 
zack auf  den  Fischtellern  mit  roten  Figuren 
des  späteren  Stils  Stephani,  Valens,  d.  Ermi- 
tage nr.  1799f.  (vgl.  Overbeck,  Kunstmythol.  3, 
320).  In  einem  Felde  des  Mosaiks  von  Portus 
Magnus  {Jahrb.  d.  Arch.  I.  1890,  215  ff.;  bringen 


1189                Triton,  Tritonen  Triton,  Tritonen                1190 

Seekentauren  in  Gesellschaft  von  Nereiden  und  Leier  Hpielt,  eine  Tritonide  schwimmt  daneben. 

Seetieren    den    Meeresspiegel    zum   Ausdruck,  Ebenso    trägt   ein    Seekentaur   ebenda   nr.  311 

unter  den  Poseidon,   der  die  Leto  verteidigt,  ein  Weib 'vermutlich  Aphrodite'.   In  dem  Arch. 

die  Insel  Ortygia  versenkt  hat;  ein  Seokcntaur  Anz.  1900,  77  besprochenen  Mosaik  aus  Bone 

deutet  die  Meerestiefe  an,   andere  schmücken  wird   (nach   Schultens  Meinung)   'Anadyomene 

Einfassungsstreiten  des  Mosaiks.    Zu  erwilhnen  von    zwei  Tritonen   aus    dem   Meer   gehoben', 

sind  auch  die  Tritonen  in  dem  oben  Sp.  1106  f.  8)  Tritonen  und  Tritoniden  ziehen  den 

besprochenen  Werke  des  Skopas,  die  vielleicht  Wagen    der    Aphrodite.     Auf    zahlreichen 

zum   Gefolge   des   mit   dargestellten  Poseidon  Münzen  Korinths,  wo   nicht  minder  eifrig  als 

gehörten.    Ganz  natürlich  ist  es,  daß  endlich  lo  Poseidon  Aphrodite  verehrt  wurde,    ist  diese 

7)   Tritonen    an   Tempeln   des   Poseidon  wie  jener  auf  einem  Wagen   dargestellt,   der 

als  Schmuck  dienen,  teils  in  Giebelfeldern  von  Tritonen,  noch   häufiger   von   Triton   und 

{Fröhner,  Not.  1  nr.  50.  Robert  14.   Hall.  Win-  Tritonide  gezogen  wird :  Bronzemünze  des  Clau- 

ckelm.-Vrogr.  11)  Taf.  1.  3),  teils  als  Akroter-  dixis:    Cohen,  Med.  imp.^  1,  261  nr.  119  —  der 

figuren  {Imhvof-Blumer,  Monn.  gr.  löl,  23.  24).  Agrippina:  Ebenda  1,272  nr.  12—16.    Imhoof- 

Diese  korinthischen  Bronzemünzen  des  Lucius  Keller,  Tier-  u.  Pflanzenb.  Taf.  13,  35.    Miliin, 

Verus  und  des   Geta  zeigen   den  Tempel  des  Myth.  Gall.^  29,  178  Taf.  43   (ob   Bronze?)  — 

Gottes  auf  dem  Isthmos  von  Korinth  (vgl.  Pai^san.  des  Nero:  Müller- Wieseler,  Dewytm.  *  2  Taf.  26, 

2,  1,  7).  287c.  Cohen,  Med.  imp.*  1,  304  nr.  3718.  1,  305 

§  19-  Tritonen  in  Verbindung  mit  20  nr.  381  (Aphrodite  oder  Poseidon?).  38Ö.  Im- 
Okeanos.  Ein  Triton  (oder  vielleicht  Triton ?),  hoof- Gardner,  Num.  comm.  an  Paus.  IS.  155 
der  auf  einer  Muschel  bläst,  'eilt  dem  Okeanos  pl.  FF  8.  Über  die  Vorbilder  dieser  Gespanne 
voraus'  in  dem  Sarkophagrelief  Miliin,  Myth.  vgl.  oben  Sp.  1186.  Fast  überall  sehen  wir  Mu- 
Gall.^  Taf.  93  (383);  letzterer  wird  von  einem  scheltrompete  oder  Flöte  in  den  Händen  dieser 
Seeungeheuer  getragen.  Andere  Sarkophag-  Meerwesen.  4)  Tritonen  anderweit  in  der' 
reliefs  {Beschreib.  jRoms  3,  3,  245  nr.  10.  Matz-  Nähe  der  Aphrodite.  Eine  Marmorgruppe 
Duhn  2  nr.  3205.  3207)  zeigen  in  der  Mitte  eine  in  Dresden  {Arch.  Anz.  1894,  29, 12)  zeigt  die 
große  Okeanosmaske ,  die  Nereiden  tragende  Göttin  mit  einem  Triton  hinter  ihren  Füßen 
Tritonen  halten  und  umgeben.  Tritonen  in  der  und  an  ihrer  linken  Seite;  er  bezeichnet  das 
Umgebung  einer  Okeanosmaske  zeigt  auch  das  30  Meer,  dem  sie  entstiegen  ist.  Auf  den  Bronze- 
Sarkophagrelief  Bull.  d.  Roma  1  (1873),  192 ss.  medaillen  der  Faustina  Cohen,  Med.  imp.^  3, 
tav.  4^  das  Stuccorelief  Overbeck-Mau,  Pompeji  159  nr.  272s.  sind  ein  Eros  und  ein  Triton  als 
•204 f.  und  das  Mosaik  von  St. Rustice  Bull.  d.i.  Nebenfiguren  zu  ihren  Füßen  angebracht  (auf 
1834,  157 SS.  (vgl.  oben  Sp.  1165).  Münzen   von   Bostra   Cohen,  Med.  imp.^  4,501 

§20.  Triton  (?),  Tritonen  und  Trito-  nr.  119s.  hat  das  Standbild  der  Astarte  zu  sei- 
niden  in  Verbindung  mit  Aphrodite  (vgl.  nen  Füßen  zwei  Tritonen).  In  dem  Relief  Tay- 
oben  Sp.  1159).  1)  Sie  wird  von  Tritonen  lor  Combe,  Anc.  marbl.  2  pl.  9  kämpft  neben 
in  einer  Muschel  getragen.  Von  ihr,  die  Aphrodite,  die  auf  einem  Felsen  sitzt,  ein  Tri- 
als  Göttin  des  heiteren  Meeres  und  der  glück-  ton  mit  einem  Seestiere.  Das  Marmorgefäß 
liehen  Fahrt  verehrt  wurde,  erzählte  man,  sie  40  Beschreib.  Roms  2,  2,  273  zeigt  (wohl  in  Relief) 
sei  aus  dem  Schaume  des  Meeres  geboren  und  eine  'nackte  Venus  oder  Nymphe'  auf  einem 
durch  eine  Muschel  an  den  Strand  der  Insel  Delphine  zwischen  zwei  Tritonen.  In  demWand- 
Kythera  gebracht  worden  {Paul.  Diac.  p.  52).  gemälde  aus  Herculanum  Heibig  nr.  309  hält 
Die  Kunst  läßt  diese  Muschel  von  den  in  den  ein  Seekentaur  die  Zügel  eines  Seestiers,  an 
Tritonen  personifizierten  Meereswogen  getragen  dessen  Fischschwanz  ein  Weib ,  vermutlich 
werden.  Dieses  Motiv  findet  sich  in  dem  Bruch-  Aphrodite,  angelehnt  liegt.  Das  Wandgemälde 
stück  einer, plastischen  Gruppe  aus  Kalkstein  ebendaher  Heibig  310  stellt  vermutlich  eben- 
Arch.-epigr.  Mitt.  aus  Österreich  -  Ungarn  16,  falls  diese  Göttin  auf  einem  Seepferde  dar; 
37fiF. ,  in  den  Sarkophagreliefs  Matz -Duhn  2  ihr  voraus  schwimmt  ein  Seekentaur, 
nr.  2893.  Benndorf- Schöne,  Lateran  nr.  296  50  §  21.  Triton  und  Tritonen  in  Verbin - 
(=  Gerhard,  Ant.  Bildw.  1.  Cent.  Taf.  100,1,  düng  mit  Thetis  (vgl  oben  Sp.  1159).  Triton 
siehe  dieses  Lex.  Bd.  3,  Sp.  238  Abb.  12);  Froh-  erscheint  als  Einzelwesen  in  Beziehung  zu  dem 
ner,  Not.  1  nr.  133  (wie  es  scheint,  Ursprung-  Raube  der  Thetis  durch  Peleus  auf  der  rot- 
lich auch  in  nr.  134),  in  dem  Relief  Beschreib.  figurigen  Kylix  des  frühen  schönen  Stils  Journ. 
Roms  3,  3,  255,  dem  silbernen  Relief  Arch.  Anz.  of  Philol.  7,  215  ss.  pl.  A;  Schwestern  der  Ge- 
1857,  39  {1.  Miscellansaal  des  Louvre).,  in  den  raubten  verkünden  dem  Nereus  und  Triton 
bronzenen  Reliefmedaillons  Heibig,  Klass.  AI-  (beide  Namen  sind  beigeschrieben)  das  Ereignis. 
tert.  in  Rom^  383  nr.  568,  endlich  auf  dem  aller-  Letzterer  hält  in  der  Linken  einen  Delphin,  in 
dings  aus  christlicher  Zeit  stammenden  (vgl.  der  Rechten  ein  langes  Skeptron  und  ist  mit 
Jahn,  Sachs.  Ber.  1853,17)  silbernen  Toiletten-  eo  einem  faltigen  Chiton  bekleidet  (vgl.  oben  Sp. 
kästchen  Visconti,  Opere  var.  1  tav.  17.  In  dem  1164).  Somit  ist  auch  auf  der  Lekythos  mit 
Wandgemälde  aus  Herculanum  Heibig  nr.  1067  schwarzen  Figuren  Arch.  Anz.  1854,  450  und 
scheinen  zwei  Seekentauren  die  Muschel  für  dem  rotfigurigen  Lekanedeckel  Heydemann, 
Aphrodite  herbeizubringen.  2)  Aphrodite  Vasens.  zu  Neapel  359  f.  nr.  2638  der  fisch- 
wird von  Tritonen  auf  dem  Rücken  ihres  schwänzige  Meerdaimon,  der  bei  der  Mittei- 
Fischleibes  getragen.  In  dem  pompejani-  lung  des  Raubes  an  Nereus  zugegen  ist,  Tri- 
schen  Wandgemälde  Heibig  nr.  308  ruht  sie  ton  zu  nennen.  In  dem  Mosaik  von  St.  Rustice 
auf  dem  Rücken  eines  Seekentauren,  der  die  Bull.  d.i.  1834,  157 ss.  trägt  Triton  die  Thetis; 


1191                Triton,  Tritonen  Triton,  Tritonen                1192 

die  Namen  sind  beigeschrieben  (vgl.  Sp.  1166).  leicht  Galene,    ausgestreckt   auf   der   Meeres- 

D&a  Relief  an  einem  Sarkophagdeckel  Causseus,  fläche  treiben. 

Mus.  Born.* 2,  lli  stellt  dar,  wie  vier  von  Tri-  §23.  Triton  inVerbindung  mit  Athena. 

tonen  getragene   Nereiden,  unter  ihnen   wohl  Den  Namen  Tritogeueia(8.  d.),  mit  dem  Atheua 

Thetis,  die  von  Hephaistos  für  Achilleus  neu  häufig  bezeichnet  wurde,  betrachtet  Steuding 

geschmiedeten    Waffen     diesem     überbringen.  {Wochenschr.  f.  klaas.  Fhilol.  1892,  1197 f.)  als 

Diese  Handlung  ist  auch  in  den  drei  pompeja-  Appellativnm  und  nimmt  an,  "daß  man  dadurch 

nischen  Wandgemälden  EngeJnwnn,  Bilderatlas  Pallas  Athene  unmittelbar  als  die  im  wogen- 

zu  Homer,  //ia«  Taf.  16  nr.  87.  Heibig  wr.\%\9.  den  Wolkenmeer  (oder  im   Reifeustrom?)    (Je- 
1821    ausgedrückt,    in    denen    wahrscheinlich  lo  borene  bezeichnet  hat',  was  Gruppe  in  Bur- 

Thetis  von  einem  Seekentauren  getragen  wird;  siansJahresber.  85(1895),  293  bezweifelt.  Sicher 

ebenso  auf  den  vier  einander  sehr  ähnlichen  ge-  ist  dieser  Name  wenigstens  später  zu  dem  Flusse 

schnittenen  Steinen  ilfa//«»,  öemtnc oni.  3  tav.  89.  Triton  in  Beziehung  gesetzt  worden;  denn  wo 

Gravelle,  Pierres  gr.  2  pl.  86.    Causseus,  Mus.  die  Tritogeneia  verehrt  wurde,  wollte  man  viel- 

Bom.^  1, 1  tab.  48.  Monaldini,  Thesaur.  Gemm.  2  fach  auch  einen  Tritonfluß  haben  {Preller-Bo- 

tab.  30:  eine  Nereide,  vielleicht  Thetis,  die  einen  bert,  Gr.  Myth.*  1,1S6^.;  vgl.  Dreßler,  Triton 

Schild  hält,  wird  von  einem  Triton  getragen.  1,2  A.  11).  i3ieser  Name  ist  die  Ursache  davon, 

Da  man  'das  Bild  der  die  Waffen  des  Achil-  daß  Athena  bisweilen  zu  einem   Gott  Triton, 

leus    über    das   Meer   tragenden    Nereiden    in  in   dem   man    diesen   Fluß    personifizierte,    in 
erotischem  Sinne  zur  Verzierung  des  Frauen-  20  nähere    Beziehung    gesetzt   wurde    (vgl.   oben 

Schmucks    zu    verwenden'    pflegte    {Stephani,  Sp.  1164).    Er  konnte  auch  bewirken,  daß  man 

Compte-Bendu  1865,  46  A.  2),  so  ist  auf  diesen  einen,  wenn  auch  mißverständlichen  Zusammen- 

Steinen  das  Erotische  teils  durch  die  Haltung  hang  zwischen  Athena  und  dem  Meergott  Tri- 

der  Figuren,  teils  durch  beigegebene  Eroten  ton  annahm,  zumal  da  dieser  in  der  Argonau- 

ausgedrückt.   Die  von  einem  Seekentauren  ge-  tensage   mit   dem   Tritonissee   (vgl.  oben  §  9) 

tragene  Nereide  mit  Schild  auf  dem  geschnit-  und  somit  auch  mit  dem  in  diesen  mündenden 

tenen  Steine  Eckhel ,   Pierres  gr.  pl.  15   dürfte  Flusse  Triton  {Herodot.  4,178)   in  Verbindung 

nicht  Thetis   zu   nennen   sein,  weil   ihre   Ge-  gebracht  wurde.    Hiervon   finden   sich   in   der 

wänder  den  Körper  gar  nicht  bedecken.    Über  Kunst  einige  allerdings  nicht  sehr  sichere  Spu- 
einige  andere  vielleicht  hierher  gehörige  ge-  so  ren.  Die  Marmorstatue  der  Athena  Matz-Duhh 

schnitt^ne  Steine  vgl.  Dreßler,  Triton  2,  9  A.  8.  1  nr.  621  hat  ein  'fischgeschwänztes  Meerwesen' 

Vergleichen  kann  man  auch  den  eine  Nereide  neben  dem  rechten  Fuße,  das  Triton  sein  kann. 

tragenden  Triton  an  der  etruskischen  Aschen-  Vielleicht  soll  Triton  sein  (oder  Glaukos?)  dio 

nme  DtUschke  2  nr.  514;  unter  seinem  rechten  Beifigur  neben  dem  Kopfe  der  Athena  auf  der 

Arme   'befindet  sich   eine   Pelta   dargestellt'.  korinthischen  Silbermünze  Imhoof  Keller,  Tier- 

Die  Statue   endlich   bei  Winckelmann,  Werke  u.  Pßnnzenb.  Taf.  13,  31,  ebenso  das  Meerwesen 

{Meyer  u.  Schulze)  6,  1,311  ff.  'hält   die   linke  mit  Muscheltrompete  am  Helm  der  Athena  auf 

Hand  auf  einem  Ruder  ruhend,  welches  auf  zwei   Lampen    Passer i,   Luc.  fict.  1  tab.  53.   2 

einem  Triton  steht';   Winckelmann  vermutet  in  tab.  25  (vgl.  Dreßler,  Triton  1,  8).    Ein  Triton 
ihr  eine  Thetis.                                                         40  (Relief)  mit  der  Muscheltrompete  und  Steuer- 

§  22.   Triton,    Tritonen    und   Tritoni-  rüder    am    Helme    der    Athena   wird    erwähnt 

den    in   Verbindung    mit    Galateia   (vgl.  Catal.  of  the  Finger  Bings  in  the  Brit.  Mus. 

oben  Sp.  1159)  und  Galene  (?).  Auf  dem  Vasen-  nr.  1646,   ein  Triton  'auf  der  Plinthe',    einer 

fragment  Jahrb  d.  Arch.  I.  1887,  116  A.  3,  das  Athenastatue  Heibig,  Klass.  Altert,  in  Botn^  1, 

zwar    nicht    griechischen    Ursprungs    zu    sein  59  nr.  109.  Dagegen  ist  die  Zusammenstellung 

scheint,  dessen  Darstellung  jedoch  auf  griechi-  eines  Triton  mit  zwei  Bildern   der  Athena  an 

scher  Knnst  beruht,  schwimmt  ein  durch  etrus-  der  attisch  rotfigurigen  Schale  mit; Reliefs  Furt- 

kische  Beischrift  als  Tritun  (sie)  bezeichneter  wängler,  Antiquar ium2S90  wohl  rein  dekorativ 

sehr  jugendlicher  Meerdaimon  die  Muschel-  aufzufassen,  ebenso  wie  die  mehrfach  wieder- 
trompete blasend   der  gleichfalls  inschriftlich  50  holten  Tritoniden  zwischen  Darstellungen  der 

bezeichneten  Nereide  'Galatea'  voran,  die  von  Athena  Promachos  an  den  Reliefvasen  Dumont- 

einem  Hippokampen  getragen  wird.    Das  Re-  Chaplain,  Ceram.  1  pl.  30,  6.  Winnefeld,  Vasens. 

lief  Jahn,  Arch.  Beitr.  417  zeigt  Galateia  auf  zu  Karlsruhe  nr.  342. 

einem  Seekentauren  dahinziehend,  während  Po-  §  24.  Triton  und  Tritonen  zur  Andeu- 
lyphemos  am  Ufer  sitzt;  Jahn  wagt  allerdings  tung  oder  Belebung  des  Meeres  bei  son- 
kein  bestimmtes  Urteil.  Sicherer  dürfen  wir  in  stigen  mythologischen  Personen.  1)  He- 
der von  einem  Delphin  getragenen  Nereide  liosund  Selen e.  An  der  Lamipe  Hey demami, 
des  pompejanischen  Wandgemäldes  Heibig  nr.  3.  Hall.  Winckelm.-Progr.  79  nr.  18  versinnbild- 
1042  Galateia  erkennen,  da  hier  offenbar  Po-  licht  je  ein  Triton  das  Meer,  aus  dem  Helios 
lyphemos  am  Ufer  steht;  vor  ihr  her  schwimmt  60  und  Selene  emporsteigen  und  in  das  sie  hinab- 
ein Seekentaur,  In  einem  Gemälde  bei  Philo-  sinken.  Auf  dem  Spiegel  Gerhard,  Etr.  Spiegel 
Stratos  {Imag.  2,18;  vgl.  oben  Sp.  1168)  wird  3,1,73  Taf.  72  zieht  ein  Triton  (vielleicht  der 
der  Wagen  der  Galateia  von  vier  Delphinen  Meergott)  dem  Sonnengotto  voran  zur  Andeu- 
gezogen,  die  von  Tritoniden  am  Zügel  ge-  tung  des  Meeres,  das  dieser  verlassen  hat.  In 
führt  werden.  Auf  der  antiken  Paste  Toelken,  dem  Relief  Gerhard,  Ant.  Bildw.  Taf.  39  {Jahn, 
Geschn.  St.  Kl.  3  nr.  190  sieht  man  neben  einem  Arch.  Beitr.  60)  ist  der  Weg  der  Selene  über 
Hippokampen,  den  sie  umfaßt,  und  hinter  das  Meer  durch  einen  Wassergott,  vielleicht 
dem  ein  Triton  auftaucht,  eine  Nereide,  viel-  Triton,  unter  ihrem  Wagen  angedeutet.  2)Apol- 


1193               Triton,  Tritoneii  Triton,  Tritonen               1194 

lon(?).  Fraf^eweiBe  Bericht  Heydemann{1. 2.  Hall.  wohl  Replik  hiervon).  Hierher  gehören  wohl 
Winckelm  -Pntgr.  31  f.)  die  Vermutung  aus,  daß  auch  die  nicht  ausreichend  beschriebenen  Sar- 
an  dem  für  etruskisch  erklärten  ReliefgefUß  kopha^e:  Hübner,  A.  JUldic.  in  Madrid  318. 
Micali,  Man.  incd.  rJSss  (Furtwängler,  Gold-  v.  Syhcl,  Skulpt.  zu  Athen  nr.  8369.  Stark,  Nach 
fund  26  A.  3)  durch  den  Triton  (vielleicht  den  d.  griech.  Orient  352.  Über  einige  Sarkophag- 
Meergott)  dag  Meer  angedeutet  werde,  über  fragmente,  die  Tritonen  enthalten,  an  denen 
das  Apollon  auf  seinem  Wagen  dahingejagt  aber  die  dargestellte  Handlung  nicht  mehr  er- 
sei.  —  8)  Hermes  und  Kalypso.  Da  der  Spie-  kennbar  ist,  s.  Dreßler,  Triton  2,23.  In  die- 
gel  Gerhard,  Etr.  Spiegel  4,  ö,  63  Taf.  404  Her-  seii  Reliefs  bilden  die  Tritonen  meist  Gruppen 
mes  bei  Kaljpso  zeigt,  so  ist  anzunehmen,  daß  lo  mit  den  fast  immer  dargestellten  Nereiden  oder 
der  Triton  (vielleieht  der  Meergott),  der  die  den  häufig  erscheinenden  Seetieren,  d.  h.  den 
Mündung  des  Spiegelgriffs  ausfüllt,  das  Meer  meist  dem  poseidoniscben  und  bakchischen 
andeuten  soll,  das  die  Insel  Ogygia  umspült.  Kreise  entnommenen  Tieren  (vgl.  Jahn,  Sachs. 
4)  Die  Dioskuren.  Die  beiden  Giebelgruppen  Ber.  1854,  187f.  Preller  -  View ,  Gr.  Myth.^  1, 
von  Lokroi  Epizephjrioi  stellten  dar,  wie  die  466.  468.  481  f.  588  ff.  602),  die  man  gleich  den 
Dioskuren  über  das  Meer  kamen,  um  den  Lo-  Tritonen  etwa  von  der  Mitte  des  Leibes  an 
krern  im  Kampfe  gegen  die  Krotoniaten  bei-  in  einen  Fischschwanz  übergehen  ließ:  Stier, 
zustehen  {lustin.  20,2,1088.).  In  der  einen  ist  Pferd,  Bock,  Widder,  Löwe,  Panther,  Hase, 
ein  Triton  erhalten,  der  mit  dem  Kopfe,  den  Hirsch,  Drache,  Greif;  vgl.  Dreßler,  Triton  2, 
Händen  und  dem  Pischschwanze  das  Pfei-d  des  20  19.  Daß  die  Figur  des  Ziegenfisches  oder  See- 
einen Dioskuren  trägt.  Von  der  anderen  Gruppe  bocks  aus  der  altorientalischen  Kunst  in  die 
sind  entsprechende  Spuren  vorhanden;  vgl.  Pe-  griechische  übergegangen  ist,  zeigt  Boscher, 
tersen,  Rom.  Mitt.  b  [1890],  202  ff.  Ant.  Denkm.  Fleckeisens  Jahrb.  1895,  333 f.  Die  auf  einem 
1890  Taf.  52.  —  5)  Ino  und  Melikertes.  Auf-  orientalischen  Zylinder  bei  Chabouillet,  Camees 
der  korinthischen  Bronzemünze  Imhoof-Blumer ,  et  Pierres  gr.  de  la  Bibl.  Imp.  nr,  705  darge- 
Monn.  gr.  160, 19  sehen  wir  Ino  mit  Melikertes  stellte  Ziege,  deren  Körper  in  einen  Fisch  aus- 
sich  in  das  Meer  stürzen ;  dieses  ist  ausgedrückt  geht,  ist  nach  Röschere  Meinung.  (Literar.  Zen- 
durch  einen  Triton  oder  den  Meergott  Triton  tralblatt  1893,  1054)  sicherlich  ein  Aigokeros; 
(oder  Glaukos?  Vgl.  Dreßler,  Triton  2,12  A.  4).  vgl.  oben  Sp.  1158,  Anderweit  vorkommende 
6)  Europe.  Bei  der  Entführung  der  Europe  30  derartige  Seetiere  sind:  Seekalb  {Arch.  Zeit. 
durch  Zeus  beleben  Tritonen  das  Meer  (Bronze-  1884,  27),  Seesteinbock  (capricorno  marino  nach 
münze  von  Kleonai  Overbeck,  Kunstmythol.  Bull.  d.  I.  1867,  111;  —  an  Aigokeros  ist  hier 
2,4631)  oder  begleiten  mit  Nereiden,  See-  nicht  zu  denken,  eher  an  eine  Seeziege),  und 
tieren  und  Eroten  den  Hochzeitszug  (Stephani,  Seehund,  d.  h.  Hund  mit  Fischkörper  (Jahn, 
Compte-Rendu  1880, 105 ff.:  Fischteller;  Matz-  Sachs.  Ber.  1S6S,  183  nr.  36,  ganz  unzweifelhaft 
Duhn  3,  nr.  4117:  Mosaik).  Über  einige  un-  an  den  Henkeln  des  bronzenen  Kraters  aus 
erklärte  Darstellungen,  in  denen  ein  Triton  Boscoreale  in  Berlin,  Mise.  Inv.  8850.  Arch. 
vorkommt,  vgl.  Dreßler,  Triton  2,13.  Die  J.w^.  1900,  182  nr.  8;  vgl.  auch  den  Bronzehen- 
dort  angeführte  Meinung  Petersens  {Rom.  Mitt.  kel  Arch.  Anz.  1900,  218  nr.  29);  ja  sogar  See- 
:{  [1888J,  303 ff.),  zwei  im  neuen  Museo  Ca-  40  elephanten  sind  auf  indischem  Boden,  wie  es 
pitolino  befindliche  Rundbilder  von  Tritonen  scheint,  nach  dem  Vorbilde  dieser  Seetiere  ge- 
gehörten mit  einer  Büste  des  als  Hercules  dar-  schaffen  worden  (vgl.  Arch.  Zeit.  NF.  8,  92  f.). 
gestellten  Commodus  zusammen,  wird  von  J?d-  Röscher  {Selene  153  f.)  meint,  bei  der  nahen 
big,  Klass.  Altert,  in  Rom^  1,  388  f.  mit  Recht  Berührung  des  griechischen  Hirten- und  Fischer- 
bezweifelt. Standes  seien  die  Vorstellungen  des  Hirten- 
§  25.  Tritonen  in  Reliefs  an  Sarko-  lebens  auch  auf  das  Meer  übertragen  und  z.  B. 
phagen,  hauptsächlich  in  Verbindung  die  Meereswellen  als  Rosse  oder  Ziegen  oder 
mit  Nereiden,  Eroten  und  Seetieren.  So  Schafe  des  Meeres  aufgefaßt  worden.  Den  Ge- 
erscheinen  Tritonen  (einmal  auch  Tritoniden  stalten  von  Seerossen,  Seestieren  und  Seewid- 
Gall.  Giustin.  2  tav.  102)  außerordentlich  häufig  50  dem  seien  bisweilen  Tritonen  von  durchaus 
an  Vorderseiten  von  römischen  Sarkophagen,  paneskem  Typus,  z.  B.  mit  Hörnern  und  Spitz- 
Gall.  Giustin.  2  tav.  142.  146,  148.  Gori,  Inscr.  obren  (vgl.  oben  Sp.  1171)  zur  Seite  gesetzt  wor- 
Ftr.  3  tab.  13.  43.  Monaldini,  Latii  ant.  descr.  den.  Natürlich  fehlen  auf  den  Sarkophagen 
2,2  tab.  5,2.  Mon.  Matth.  2  tab.  87,1.  Mus.  auch  die  wirklichen  Seetiere  nicht:  wir  sehen 
Pie-Clem.  [Milan  1818]  4  pl.  33.  Gerhard,  Nea-  häufig  Delphine,  dann  Fische,  die  Seeschlange, 
peU  ant.  Bildw.  1, 141  nr.  5.*}6.  Beschreib.  Roms  den  Polyp. 

2,  2,  32  nr.  10.    36  nr.  122.   3,  3,  245  nr.  10.   252  Meist  zeigt  die  Darstellung  vier  Gruppen 

nr.  13.    Benndorf- Schöne ,  Lateran  nr.  25.  296,  von    Nereiden    mit    Tritonen    oder    Seetieren, 

520.537.  Denkschr.  d.  Wiener  Ak.l^  {l^H)),bl^.  und   zwar  je   zwei   Gruppen  zu  beiden  Seiten 

Bull.  Mun.  d.  Roma   1   (1873),   192  ss.   255 ss.  60  eines     Mittelpunktes,    so    des    Poseidon    auf 

Dütschke  1   nr.  45.  70.  98.  100.  111.     3  nr.  82.  seinem  Wagen  (vgl.  oben  Sp.  1186).   Gewöhnlich 

85.  338.  4  nr.  119.  520.  Fröhner,  Not.  1  nr.  133.  wird  dieser  Mittelpunkt  von  den  Tritonen  der 

134.   438—442.     Matz -Duhn  2   nr.  2893.    3164  beiden  inneren  Gruppen  gehalten,  so  die  Maske 

{Dütschke  5  nr.  400  möglicherweise  Replik  hier-  des   Okeanos    (vgl.  oben  Sp.  1189),    Aphrodite 

von,  vgl.  Dütschkes  Nachtr.  zu  Bd.  5  nr.  400).  in  der  Muschel  (vgl.  oben   Sp.  1189).    Oft  hat 

3165f.  3168—3182.  3184.  3191—3199  (vielleicht  man  an  Stelle  dieser  Göttin  das  Brustbild  einer 

identisch  mit  Beschreib.  Roms  3,  3,  307  nr.  15).  Frau  (s.  uns.  Abb.  25)  in   die  Muschel  gesetzt 

3200—3205.  3207  (der  'gleichartige'  Sarkophag  (man  verglich  die  Schönheit  der  Verstorbenen 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.     V  39                          ' 


iai»5 


Tritoji,  Tritonen 


Triton,^  Tritonen 


11% 


>5)  Relief  an  der  Yordereeite  eines  rOmisohen  MannorMurkophags  im  Louvre;  in  der  Mnsohel  die  Baste  einer  römi- 
schen Dame  des  S.  Jahrhxinderts  (naoh  Claretc,  Mu*ie  de  $c.  pl.  207,  196:  vgl.  Frökner,  Notice  1,405  b.  nr.  440). 


mit  der  der  Aphrodite,  vgL  Petersen  {Stephani), 
Hörn.  MiWi.  3  [1888],  806  und  Fröhner,  Not.  1, 
406),  dann  im  weiteren  Fortschritt  das  eines 
Mannes  (s.  uns.  Abb.  26)  oder  die  Brustbilder 
von  Ehepaaren.  Mehrfach  tragen  Tritonen  an 
Stelle  der  Muschel  einen  runden  Schild  (cli- 
peus)  oder  ein  Medaillon  mit  Brustbildern  der- 
selben Art  (auch  mit  dem  Gorgonenhaupt  als 
Apotropaion)  oder  auch  eine  Inschrifttafel.  Be- 
lege hierzu  wie  zu  den  folgenden  Auseinander- 
setzungen findet  man  bei  Dreßler,  Triton  2, 
13  ff.  In  der  Hauptsache  aber  erscheinen  die 
Tritonen  als  Träger  der  Nereiden,  deren  ent- 
hüllte Schönheit  zu  dem  halbtierischen  Körper 
jener  in  wirkungsvollen  Gegensatz  tritt.  Das 
Verhältnis  zwischen  Tritonen  und  Nereiden  ist 
im  allgemeinen  als  erotisch  zu  bezeichnen;  die 
erotische  Lüsternheit  Tritons  (vgl.  oben  Sp.  1159) 
'befähigte'  die  Tritonen,  'die  galanten  Lieb- 
haber des  Meeres  zu  werden'  {Brückner,  Athen. 
Mitih.  15  [1890],  101).  Die  heitere  in  diesen 
Schwärmen  herrschende  Stimmung  wird  noch 
durch  Musik  erhöht.  Wir  erblicken  in  den  Hän- 
den von  Nereiden  die  Leier,  auch  das  Tym- 
panon;  die  Leier  spielen  bisweilen  auch  Tri- 
tonen, sie  blasen  die  Muscheltrompete,  die  wir 
häufig  in  ihren  Händen  finden,  die  Flöte,  die 
Syrini.  Andere  Attribute  übrigens,  die  hier 
bei  den  Tritonen  häufig  vorkommen,  sind  Ru- 
der und  Anker.  Muscheltrompete,  Doppelflöte 
und  Leier  handhaben  auch  die  Eroten,  diese 
lustigen  Gesellen,  die  als  lebendiger  Ausdruck 
der  erotischen  Stimmung  in  Luft  und  Wasser 
die  Tritonen,  Nereiden  und  Seetiere  umgau- 
keln und  umspielen.  Die  Seetiere  werden  von 
den  Tritonen  meist  am  Zügel  geleitet,  am  Hörn 
oder  Halse  gepackt,  auch  mit  Stockschlägen 
abgewehrt.  Seit  J5uonarro<«( vgl.  C.L.VfiscontiJ 
Bull.  Mun.  (l  Roma  1  [1873],  1968.)  hat  man 


fast  allgemein  (nach  Petersen,  Ann.  d.  I.  1860, 
396s.)  angenommen,  man  habe  diese  Seezüge 
so  häutig  an  Sarkophagen  angebracht,  um  dar- 
zustellen, wie  durch  sie  die  Seelen  der  Tugend- 
haften nach  den  Inseln  der  Seligen  übergeführt 

20  würden,  und  hat  ihr  Vorbild  in  dem  berühm- 
ten Werke  des  Skopas  gesucht,  das  höchst 
wahrscheinlich  darstellte,  wie  Thetis  den  aus 
dem  Leben  geschiedenen  Achilleus  nach  der 
.  Insel  Leuke  oder  den  Inseln  der  Seligen  brachte 
(vgl.  ob  Sp.  1166  f.).  Dem  gegenüber  hat  Petersen 
(a.  a.  0.  p.  403)  nachzuweisen  gesucht,  daß  diese 
Schwärme  von  Seewesen  analog  dem  bakchi- 
schen  Thiesos  (p.  383)  Vereinigungen  seliger 
Wesen  darstellen.   Er  betrachtet  das  fröhliche 

so  Umherschweifen  auf  dem  Meere  (p.  400)  als  die 
Seligkeit,  die  der  Mensch  inmitten  dieser  We- 
sen nach  dem  Tode  genieße,  und  gibt  die  Idee 
von  der  Reise  nach  den  Inseln  der  Seligen 
gänzlich  auf.  Allerdings  ziehen  die  Gruppen 
der  Seewesen  nie  einheitlich  nach  einer  Seite 
hin,  es  ist  vielmehr  vielfach  eine  Bewegung 
nach  dem  Mittelpunkte  zu  dargestellt,  auch  ist 
vielfach  eine  Beziehung  auf  den  Verstorbenen 
nicht  angedeutet.  Das  läßt  sich  vielleicht  durch 

40  die  Annahme  erklären,  daß  in  jenen  Szenen 
noch  nicht  das  Geleiten  oder  Überführen  selbst, 
sondern  nur  der  Anfang  oder  die  Vorbereitung 
dazu  wiedergegeben  ist.  Die  Seewesen  haben 
sich  eben  versammelt  und  die  Seele  des  Ab- 
geschiedenen, die  durch  das  Bildnis  in  Muschel 
oder  Clipeus  ausgedrückt  ist,  in  Empfang  ge- 
nommen, um  sie  nun  in  ihrer  Mitte  nach  den 
Inseln  der  Seligen  zu  bringen  —  oder  es  ist 
dies   noch  nicht  geschehen,   sie  warten  noch 

50  darauf;    dann   ist   eine   Andeutung   der   Seele 
nicht  gegeben.   Boscher  {Berl.  philol.  Wochen- 
schr.  1893,  886  f.    Lit.  Centralbl.  1893,  1054  f 
spricht  die  Vermutung  aus,   daß  die  Darstel 


26)   Relief  an   der  Vorderseite  eines  römischen   Marmorsarkophags  im  Lourre;   in  der  Muschel   das  Brustbild   eines 
jungen  Toten  (nach  Clarac,  Mutee  de  sc.  pl.  206,  194;  vgl.  Fröhner,  Notice  1,404  8.  nr.  439). 


1197                Triton,.  Tritoneri  Triton,  Tritonen                1198 

hingen  sich  auH  der  Lehre  der  samolliriiliibrhen  Diese  Darstellung  steht  dem  (jiiarakU'r  der 
Mysterien  erklären.  Er  beruft  sich  dabei  'auf  j^friechiscben  Sarkopha«;e  j^emäß  nicht  in  Zu- 
inehrere  Mythen  der  tjrrhenischen  Pelasger  (der  sammenhang  mit  denen  der  Vorderseite  und 
eigentlichen  Begründer  der  samothrakischen  der  Nebenseiten  (vgl.  Matz ^  Arcli.  Zeit.  1873. 
Mysterien),  denenzufolge  Sterbliche  in  Meerdai-  15  A.  23  u.  S.  18).  Endlich  finden  wir  dieselben 
monen  oder  Meergeschöpfe  verwandelt  werden'.  Gestalten  wie  an  den  Nebenseiten  auch  in  He- 
'Durch  die  Analogie  dieser  Mythen'  gelangt  liefs  an  Deckeln  von  Sarkophagen.  Von  den 
er  zu  der  Vermutung.  Maß  die  samothrakischen  bei  Drcßlrr,  Triton  2,  22  besprochenen  Beispie- 
Mysterien  ihren  Eingeweihten  für  den  Fall  einer  len  sind  hervorzuheben  das  schon  oben  Sp.  1191 
Verunglückung  auf  dem  Meere  die  „Entrük-  lo  erwähnte  Relief  Causseus,  Mus.  Roman.^  2,  114 
kung"  unter  die  Dairaonen  des  Meeres  ver-  und  das  Relief  am  Deckel  des  Aktaion-Sarko- 
heißen  haben,  ein  Gedanke,  der  auf  den  römi-  phags  Fröhner,  Not.  1  nr,  103  p.  130  (Baumei- 
schen Sarkophagen  in  der  Darstellung  seliger  ster,  Denkm.  2  Abb.  1216).  Daß  in  dem  hier 
Tritonen-  und  Nereitlenschwärme  plastischen  dargestellten  Seezuge  eine  der  Nereiden  einen 
Ausdruck  gefunden  haben  mag'.  Dagegen  wen-  Köcher  (so  mit  Heydemann,  Nereiden  mit  den 
det  Steuding,  Wochenschr.  f.  klass.  Philöl.  1803,  Waffen  des  Achill ,  Abschnitt  4  nach  der  Ab- 
1307)  ein,  'daß  hier  der  Verstorbene  nicht  in  bilduug  bei  Clarac,  Mus.  pl.  208,  lOoj,  eine  an- 
Person unter  jenen  Seewesen  erscheint,  wie  dere  einen  Bogen  trägt,  erklärt  sich  wohl  am 
bei  dieser  Voraussetzung  natürlich  wäre,  son-  einfachsten,  wenn  man  annimmt,  daß  der  Künst- 
dern  daß  immer  nur  sein  Bild  getragen  wird'.  20  1er,   der  im  Mythus  von  Aktaion   als  dje  eine 

Wie    von    Petersen-  (a.  a.  0.  p.  397s.  4018.;  Hauptperson  Artemis  darstellte,  den  Nereiden 

vgl.  auch  Jahn,  Sachs.  Ber.  1854,  190 f.)    aus-  deren  Waffen   in   die  Hände  gab,  um  in  dem 

führlich   nachgewiesen  worden  ist,   erscheinen  Seezuge  des  Deckels  die  Hauptdarstellung gleich- 

diese    Schwärme   von   Nereiden   und   Tritonen  sam  nachklingen  zu  lassen, 

vielfach    als    Nachbildungen    des    bakchischen  Masken  von  Tritonen   brachte  man  an  den 

Thiasos.  Die  Verwandtschaft  der  Tritonen  über-  Nebenseiten  {Bouillon,  Mu^.des  Ant.  3  Bas-rel. 

haupt  mit  den   Satyrn   und  speziell   der  See-  pl.  12,2),   auch   an  Deckeln   von  Sarkophagen 

kentauren   mit   den  Kentauren   des  Landes  ist  an  {Matz-JJuhn  2  nr.  3223.  3235).  In  Reliefs  an 

schon  oben  (Sp.  1170  f.  1177)  besprochen  wor-  Vorderseiten  finden  wir  Tritonen,  die,  ohne  zu 
den,  hier  sei  noch  mit  Petersen  darauf  hinge-  30  der  Darstellung  in  näherer  Beziehung  zu  stehen, 

wiesen,   daß  die  von  Tritonen  getragenen  Ne-  eine  Architektur  schmücken.   Diese  dekorative 

reiden   zu  vergleichen   sind  mit  den  von  Ken-  Verwendung  hat  doch  wohl  ihren  tieferen  Grund 

tauren  getragenen  Mainaden,  daß  die  Erregung,  in   der  Verbindung,  in  der  die  Tritonen  mit 

in  der  Nereiden  sogar  Seetiere  umarmen,   der  dem  Leben   der  Seele  nach  dem  Tode  stehen, 

im  bakchischen  Thiasos   herrschenden   Begei-  Beispiele    bieten    Dütschke   1   nr.  41.    61.    150. 

sterung  entspricht,    daß   diese.  Seethiasoi   mit  Matz-Duhn  2  nr.  2257.  2357.  2695.  2785    3101. 

denen  des  Dionysos  die  Häufigkeit  der  Eroten  3104.    Bemerkenswert  ist,  daß   diese  Tritonen 

und  das  Ergötzen   an   der   Musik   gemeinsam  alle  die  Muscheltrompete  blasen,  also  wohl  ein 

haben,  daß  endlich  in  den  Seethiasoi  bisweilen  Trauerlied  erschallen  lassen  (vgl.  Petersen,  Böm. 
Geräte   des  bakchischen  Kultus  (vgl.  oben  Sp.  40  Mitth.  3  [1888],  305  A.  2). 

1180  und  §  26)  vorkommen.    Man  wird  also  die  §  26.  Tritonen  allein  oder  mit  Nerei- 

im  wesentlichen    erotische    Glückseligkeit   der  den,   Eroten   und  Seetieren  an  anderen 

Seethiasoi    zum  größten  Teile  auf  das  Vorbild  Sepulkralmonumenten»    Dieselben  Gestal- 

des  bakchischen  Thiasos  zurückzuführen  haben.  ten   von  Meerwesen,    die    den   Schmuck   zahl- 

0.  Müller  {Handh.  d.  Arch.^  §  1J5  hält  es  für  reicher  Sarkophage  bilden,   sind  auch  benutzt 

'sehr  wahrscheinlich,  daß  durch  Skopas  zuerst  worden,  um  Grab-  und  Aschenurnen,  Aschen- 

der  dem  Bakchischen  Kreise  eigene  Charakter  kisten,  Grabsteine,  Grabmäler,  Grabaltäre,  Grab- 

der  Formen  und  Bewegungen  auf  die  Darstel-  kammern  und  Tempel  von  sepulkraler  Bedeu- 

lung  der  Wesen  des  Meeres  übertragen  wurde'.  tung  angemessen  zu  zieren.   So  halten  an  der- 

Als   einen  individuellen  Einfall  des  Kunst-  50  artigen  Denkmälern  Tritonen   eine  Tafel   mit 

lers  haben  wir  es  sicher  mit  Jahn  {Ann.  d.  I.  Inschriit  {Matz-Duhn  3  nr.  3993:  runde  Aschen- 

1859,  27 SS.)   zu  betrachten,  wenn  in  dem  Re-  urne;  Stephani,  Ant.  zu Pawlowsk  nr. 4:9:  Aschen- 

lief  der  Vorderseite   eines  Sarkophags  im  Pa-  kiste),  einen  leeren  Clipeus  {Jahrb.  d.  Arch.  I. 

lazzo  Corsini  zu  Rom  {Matz-Duhn  2  nr.  3164)  1888,  lOff. :  Grabmal  der  Julier  in  Saint-Remy; 

Tritonen  und  Nereiden,   mehrfach    mit  Attri-  dieses  Motiv  ist  an  drei  Seiten  wiederholt,  an 

buten  olympischer  Gottheiten  ausgestattet,  die  der  vierten    kämpfen    drei   Tritonen    mit   Ru- 

Rolle   dieser  zu  spielen  scheinen,   ähnlich  wie  dern  gegen  Seegreife),  einen  solchen  mit  dem 

an  einem  Kindersarkophage  (Matz-Duhn  2  nr.  Brustbilde   eines  Jünglings  (Stephani,  Ant.  zu 

2796)  Eroten  'als  Götter  mit  Götterattributen'  Pawlowsk  nr.  58:  Aschenkiste).  Auch  hier  er- 
dargestellt sind.                                                        60  scheinen  Tritonen  als  Träger  von  Nereiden  in 

Bei  vielen  der  oben  angeführten  Sarkophage  Begleitung  von  Eroten  und   als  Bändiger  von 

sind  auch  die  beiden  Nebenseiten  erhalten,  in  Seetieren  {Janssen,   Gr.  en  Born,  grafreliefs  nr. 

deren  Reliefs  die  der  Vorderseiten  gleichsam  2lTaf.  7:  Relieffragment,  vermutlich  von  einer 

ausklingen.  Darum  begegnen  wir  in  ihnen  wie-  'doodkist';    Clarac,    Mus.  pl.  209,199;    Jahn, 

derum  Tritonen,   Nereiden,   Eroten  und  See-  »S'äc/is.  .Ber.  1868,  209  nr.  144:  Grabaltäre),  auch 

tieren.    Auch  die  Rückseite  eines  griechischen  als  Liebhaber  der  Musik  {Clarac,  Mus.  pl.  187, 

Sarkophags  {Bohert,  A.  Sark.-Beliefs  2  Taf.  3,  102:    Viereckige  Aschenurne,    ein   Seekentaur 

9c)  zeigt  einen  Seekentauren  mit  einer  Nereide.  bläst    die   Flöte,    ein  Eros  auf  seinem  Fisch- 

39* 


1199               Triton,  Tritonen  Triton,  Tritoneu                1200 

Mchwanze  spielt  die  Leier).    Die  Stuckreliels  in  aunehmeu  dürfen?  Es  seheint  j?eraten,  die  fisch - 

»nnem  Grabe  an  der  Via  Latina(vl«»i.rf. /.  1860,  schwänzigen  Daimonen  an  etru.skischen  Grab 

S4888.)  zeigen  die  verhüllte  Figur  des  auf  einem  denkmillern,  soweit  sie  nicht  aus  der  grieclii 

fliegenden  Greife  sitzenden  Toten  umgeben  von  sehen  Kunst  direkt  herübergenommen  sind,  f\ii 

84  Medaillons ;  sechs  von  diesen  enthalten  Sa-  Todessymbole   zu  halten  (vgl.  Dreßler,   Triton 

tym  mit  Bakch antinnen,  sechs  Nereiden   auf  2,26,  auch  1,15). 

Seekentauren,   zwölf  Nereiden   auf  Seetieren  §28.   Tritonen  mit  Nereiden  in  nicht 
Hier  sind   dem  Chore  von  Seewesen,   die  den  sepulkralen  Monumenten,   auch   mit  Bei- 
Abgeschiedenen  auf  der  Reise  nach  den  Inseln  gäbe   von    Kröten,    Seetieren    und    Delphinen. 
der  Seligen  das  Geleit  zu  geben  scheinen,  Ge-  le  Eine  Aufzählung  von  hierher  gehörijjen  Denk- 
stalten  aus  dem  batchischen  Thiasos  zugesellt,  millern  bei  Dreßler,  Triton  2,  27.   Die  Darstel- 
und  dieser  hat  den  Seethiasos  so  stark  beein-  lungen  an  denselben  erinnern  in  ihren  Bestand - 
flußt,  daß  Nereiden  wie  Seekentauren  bakchi-  teilen,  wie  in  deren  Verwendung  so  an  die  oben 
sehe  Attribute  führen  (vgl.  oben  Sp.  1180.  1197).  (Sp.  1193f.)     besprochenen     Sarkophagreliefs 
Andere   Beispiele   dafür,   daß    man    mit   Dar-  daß  man   sie  in   der  Hauptsache   als  Nachuli 
Stellungen    von    Tritonen    Grabkammern    aus-  mungen  von  Mustern  ansehen  muß,  die  in  jenen 
schmückte,    bieten   Minervini,    Mon.  poss.  da  gegeben   waren,  wenn  auch   außerdem  Werkt 
Barone  1,71:  Tritonen  in  Stuckrelief  in  einem  wie   die  Statuengruppe   des  Skopas   oder   der 
Grabe   der   Nekropole   von    Pozzuoli;   Bartoli,  Münchener  Fries  (vgl.  Sp.  1166  f.)  vorbildlich  ge- 
Pitt.  ant.  2  tav.  7.  8.  10.  11:   Wandgemälde  in  so  wirkt  haben  mögen.    Die  langgestreckten  Ge- 
dem  sepolcro  de'  Nasoni.    Das  Trauerlied  bla-  stalten   der  Tritonen  (wie  der  Seetiere)  eigne- 
sende  Tritonen  finden  wir  paarweise  oder  ein-  ten  sich  sehr  dazu,  einen  streifenförmigen  Raum 
zeln  an  Grabsteinen  angebracht  {Ath.  Mitth.  13  dekorativ  zu  schmücken;  darum  finden  wir  sie 
[1888],  377 ff.;  vgl.  oben  uns.  Abb.  13.  Dütschkc  in  Friesreliefs  (/:/e?/rfemanH,   Marm-Büdw.  zu 
3  nr.  312.   4  nr.  546.  565.    6  nr.  849;    vgl.  Arch.  Athen  nr.  250f.,   abgeb.  in   diesem  Lex.  Bd.  3, 
Anz.  1901,  150).    Ganz  offenbar  stimmen  in  die  Sp.  231  f.  9a.  9b.    Dütschke  5  nr.  492.  538;  vgl. 
Klage  um  den  Toten  die  Paare  von  Tritoneu  Furtivängler,   Arch.  Zeit.  1882,  366),   in   Zier 
ein,   die  in  halber  Figur  aus  Grabumen  her-  streifen  an  Schiffen  (Dw/scMe  5  nr.  296)  und  Gr 
vortreten  bei  Minervini,  Mon.  poss.  da  Barone  wändern  {Matz-Duhn  3  nr.  4111.    Berl.  philol. 
1,65  SS.  67.  3'j  Wochenschr.  181)5,  949).   Es  mußte  ferner  nahe 
§27.   Fischseh wänzige  Daimonen   an  liegen,   diese  Wasserwesen  in  Mosaiken  an^u- 
etruskischen  Grabdenkmälern.    Die  aus  bringen,  mit  denen  man  Fußböden  in  Bädern 
Menschen-   und    Fischleib    zusammengesetzten  {Heibig,  Klass.  Altert,  in  Born^  188  Mosaik  aus 
Wesen,  denen  wir  in  der  Kunst  der  Etrusker,  den    Thermen    von    Otricoli)    schmückte    oder 
und  zwar  vorzugsweise   an   sepulkralen  Denk-  solche  in   Atrien   zierte  {Bull.  d.  I.  1867,  111. 
malern   begegnen,   sind   zum  Teil  unmittelbar  Arch.  Anz.  1857,  10 ff.),   die  ja  durch   das  Im- 
aus  der  griechischen  Kunst  entlehnt.    Beispiele  pluvium   dem  Regenwasser  offen  standen  und 
hiervon  bieten  bereits  besprochene  Denkmäler:  häufig  einen  Springbrunnen  enthielten.    In  den 
zwei  Aschenkisten   {Gori,  Mus.  Etr.  3  class.  3  meisten   der  hierher  gehörigen  Denkmäler  er- 
tab.  3.  —  Vgl.  Sp.  1187.    Dütschke  2  nr.  514.  —  40  scheinen  die  Tritonen  als  Träger,  nur  in  einigen 
Vgl.  Sp.  1191),   ein   Reliefgefäß  {Micali ,  Mon.  als  Begleiter  der  Nereiden,  die  dann  auf  Set 
ined.ldSss.  —  Vgl.  Sp.  1193),  ein Vasenfragment  tieren  sitzen.    Besonders  häufig  finden  wir  dl 
{Jahrb.  d.  Arch.  I.  18H7,  116  A.  3.   —  Vgl.  Sp.  liebliche  Gestalt  einer  Nereide  auf  einem  Tri- 
1191),  zwei  Spiegel  ((rerAarrf,  Ü^ir.  (S/^te^fe/ 3, 1,73  ton  zum  Schmucke  von  Ringsteinen  verwendet 
Taf.  72.  4,5,63  Taf.  404.  —  Vgl.  Sp.  1192.  1193).  (z.  B.  Toelken,  Geschn.  St.  Kl.  3  nr.  186 f.  192 f. 
Die  beiden  einschwänzigen  Daimonen  an  einer  Kl.  7  nr.  195.    Furtwängler,  Die  ant.  Gemmen 
dritten  derartigen  Aschenkiste  {Ant.  Skulpturen  Taf.  65,  27  [nach  Arch.  Anz.  1900,  220  nr.  5  im 
Berlins  [1891]  nr.  1241)   sind  wohl  mit  Trito-  Museum    of  Fine  Arts   zu  Boston   beßndlich] 
neu  auf  eine  Stufe  zu  stellen,  ebenso  der  dop-  66,12).  Dafür  war  eine  solche  Darstellung  wegen 
pelschwänzige  Meerdaimon   auf  einem  dritten  50  des  erotischen  Verhältnisses  zwischen  Tritonen 
derartigen  Spiegel  {Gerhard  5  Taf.  54).  Dagegen  und  Nereiden  sehr  geeignet  (vgl.  Sp.  1159).  Die- 
zeigen   fischschwänzige  Daimonen   an   anderen  ses  wird  manchmal  durch  beigegebene  Liebes- 
sepulkralen    Denkmälern    der    Etrusker    einen  götter  noch  mehr  hervorgehoben  (z.  B.  in  dem 
wesentlich  anderen  Charakter  als  die  Tritonen  Terrakottarelief  Campana,  Operc  inplast.  tav.  9 
der  griechischen  Kunst,  wenn  auch  der  Typus  Auch  das  gemeinsame  Ergötzen  an  Musik  (vgl 
der  letzteren   der  Bildung  dieser  bald   mann-  Sp.  1195)  finden  wir  hier  wieder:  auf  einem  ge- 
liehen, bald  weiblichen  Wesen  zu  gründe  liegt.  schnitteuen  Steine  {Toelken  Kl.  3  nr.  192)  spielt 
Während  die  Tritonen  nur  gegen  Seetiere  feind-  die  Nereide  die  Leier,  während  ihr  Seekentaur 
lieh   auftreten,  sehen  wir  diese  Daimonen  an  die  Doppelflöte  bläst.    Aber  nicht  immer  sind 
etruskischen    Aschenkisten    mit    menschlichen  60  die  Nereiden  geneigt,  den  Tritonen  ihre  Liebe 
Wesen  kämpfen,  überhaupt  einen  wilden,  zer-  zu  schenken,  wie  eine  herrliche  Marmorgruppe 
störenden   Charakter  äußern.    Die  männlichen  im  Vatikan  {Helhig,  Klass.  Altert,  in  Bom^  1, 
will   Gaedechens  (Glaukos  137 f.)   Glaukos,   die  105  nr.  184  —  s.  uns.  Abb.  27)  beweist:  ein  See- 
weiblichen,   wie    es    scheint,    Skylla    genannt      kentaur,  den  zwei  Eroten  begleiten,  raubt  ein 
wissen.   Sollte  man  aber  an  einem  etruskischen  sich  heftig  sträubendes  Weib.  Dieses  ist  mehr 
Sarkophage  {Ant.  Skulpturen  Berlins  [1891]  nr.  fach  (auch  von  Heibig,  dem  übrigens  'der  an- 
1263),   an   dem  zwei  derartige  Daimonen  dar-  tike   Ursprung    der  Gruppe   nicht    über    allen 
gestellt  sind,   eine  Verdoppelung  des  Glaukos  Zweifel    erhaben    erscheint')   als  Nymphe   be- 


1201 


Triton,  Tritonen 


Triton,  Tritonen 


1202 


27)  Seekciuuui- 


iiuc  Nereide  entfülirciid,  Alarmorgruppe  im  Vatikan,  Hclbiy,  Samml.  kla^ss.  Alteii.  in  Rom'-   1  ur.  Iö4 
(nach  Baumeister,  Denkm.  3  Abb.  1964). 


k 


zeichnet  worden.  Jahn  {Sachs.  Ber.  1854,  178) 
jedoch  sieht  mit  Recht  in  ihm  eine  Nereide. 
Eine  Verbindung  von  Tritonen  mit  anderen 
Nymphen  als  denen  des  Meeres  ist  nicht 
nachzuweisen,  während  Jahns  Auffassung  ihre 
Bestätigung  in  der  oben  (Sp.  1159)  angeführ- 
ten Stelle  Claudians  (10,  136 ss.)  findet,  in 
der  das  heftige  Widerstreben  der  Nereide 
Cymothoe  gegen  die  zudringliche  Liebe  Tri- 
tons erzählt  wird,  eine  Schilderung,  die  mög- 
licherweise auf  der  Anschauung  dieser  Marmor- 
gruppe beruht  (nach  mündlicher  Mitteilung 
Röscher  s). 

§  29.  Tritonen  (auch  Tritoniden)  mit 
Eroten  und  Seetieren  in  nicht  sepul- 
kralen  Monumenten.  Die  hierher  gehörigen 
Denkmäler  (eine  Zusammenstellung  bei  Dreßler, 
Triton  2,  28 f.),  die  keine  Nereiden  enthalten, 
zeigen  bald  Tritonen  mit  Eroten  und  See- 
tieren, bald  Tritonen  (auch  Tritoniden)  nur  mit 
Eroten,  bald  Tritonen  (auch  Tritoniden)  nur 
mit  Seetieren.  Sie  stehen  mit  den  §  25  be- 
sprochenen SarkophagreHefs  nicht  in  so  naher 
Verwandtschaft  wie  die  in  §  28  erwähnten 
Denkmäler,  zeigen  jedoch  vielfach  Anklänge 
an  jene.  Für  eine  Anzahl  von  ihnen  gilt,  was 
Sp.  1200  über  die  dekorative  Verwendung  von 
Tritonen  und  Seetieren  in  Friesen  und  Mo- 
saiken gesagt  ist  (z.  B.  Jahn,  Sachs.  Ber,  1868, 
183  nr.  36.  Ant.  Skulpt.  Berlins  [1891]  nr.  934: 
Friese.  —  Ärch.  Zeit.  1860,  114 ff.:  Mosaik  aus 
den  römischen  Bädern  zu  Vilbel).  Eroten  lassen 
sich  von  Tritonen  tragen  (Heibig,  Klass.  Altert 
in  Mom^  1.  412  nr.  614;  von  Tritoniden  z.  B. 
Dumont-Chaplain,  Ceram.  1  pl,  30,6.  pl.  40,2) 
und    erfreuen    sich    gemeinsam    mit   ihnen    an 


Musik  (vgl.  Sp.  1195);  der  Eros  spielt  die  Leier, 
der  Triton  bläst  die  Doppelflöte  oder  die  Mu- 
scheltrompete {Coli.  AI.  Castellani  nr.  667.  3Ius. 
Chiaram.  [Rom  1865]  nr.  170).  Die  Seetiere 
(vgl.  Sp.  1194),  die  wir  namentlich  auf  pompeja- 
nischen  und  herkulanensischen  Wandgemälden 
mit  Tritonen   zusammengestellt  finden,   bilden 

40  mit  Delphinen  oft  die  Umgebung  jener  und 
spielen  mit  ihnen  auf  den  Wellen,  wobei  die 
Tritonen  mit  ihrer  Muscheltrompete  {Arch.  Zeit. 
1848,  99*.  Heibig,  Klass.  Altert,  in  Roni^  1,  1), 
ihrem  Hirtenstabe  {Heibig,  Wandgem.  nr.  1064. 
1068)  oder  einem  keulenartigen  Stocke  (Ponce, 
Bains  de  Titus  pL  24)  wie  Hirten  dieser  See- 
ungeheuer erscheinen.  In  vielen  Wandgemälden 
sehen  wir  Tritonen  Seepferde  (so  Heibig  nr. 
1068.  1072—1074.  1076),  auch  Deliphine  {HeJbig 

50  nr.  1064.  1070)  zügeln;  mehrfach  kämpfen  sie 
auch  mit  dem  Dreizack  {Ant.  Skulpturen  Ber- 
lins [1891 1  nr.  934)  oder  mit  der  Lanze  (Frie- 
derichs,.  Berlins  ant.  Bildw.^  nr.  677*.  Bull.  d.  I. 
1877,  96  nr.  75)  oder  mit  Pfeil  und  Bogen  (3Ji- 
mrvini,  Mon.  poss.  da  Barone  1,  69  s.)  gegen 
Seetiere.  Berliner  philol.  Wochcnschr.  1901,  I32v> 
wird  ein  (doch  wohl  bronzener)  Eimer  aus 
Stolzenau  erwähnt,  an  dem  Jagdtiere  in  See- 
ungeheuer,  die   Jäger  in  Tritonen   verwandelt 

GO  sind.  Sozusagen  als  Vorläufer  dieser  mit  See- 
tieren zusammengestellten  Tritonen  ist  der  See- 
daimon  in  der  Gravierung  eines  silbernen  Dia- 
dems, das  in  das  5.  Jahrhundert  gesetzt  wird 
(Furtivängler,  Goldfund  27),  zu  betrachten,  der 
einem  Seepferde  gegenüber  unter  Delphinen 
weilt.  Zu  vergleichen  ist  auch  der  Fischdaimon 
einer  sehr  alten  Schüssel  aus  Caere  (Furt- 
icörtgler,  Antiquariiim  nr.  1639),   der  in  mehr- 


1203               Triton,  Tintonen  Triton,  Tritonen                1204 

fach  wietlerholter  DÄrstellunj?  ein  Seepferd  am  teils  von  Schiffen  die  Figur  eines  Triton  an- 
Beine faßt,  /.nhriniren  (Helbi(],Wandgem.nT.i^l(i/11.  (hhen, 

§30.  Triton  als  Hirt  und  Jaget-  der  J/e-'d.  »////).- *J,  162  nr.  l)6s  163  nr.  ü72.  164  nr. 
Delphine  und  Fische.  Triton  findet  sich  682.  165  nr.  694.  U)6  nr.  7058.),  wie  man  auch 
schon  in  archaischen  Denkmälern  (T^ur^wän^/cr,  in  anderer  Weise  Schiffe  und  IJarken  mit  (Jo- 
Äntiquarium  nr.  H".76.  Goldfuiid  5.  7.  19)  von  stalten  von  Tritonen  schmückte  (so  Jahrb.  <l. 
Delphinen  und  Fischen  umgeben,  die  er  wie  Arch.  J.  1891,  149.  Hi'cmskerck  1  ül.  53.  Matz- 
eiu  Hirt  der  §ee  zu  hüten  scheint.  Anderseits  Duhn  2  nr  2788).  Wenn  auch  die  Wogen  des 
wird  Triton  in  der  jüngeren  Bildung  (vgl.  Sp.  Meeres  das  eigentliche  Element  der  Tritonen 
1169)  auf  Münzen  von  Itanos  i^iSpwofios,  iVuiwfVfw».  10  sind,  so  betrachtete  mau  sie  doch  auch  als 
de  la  (Wete  1,  203  nr.  16  — 17.  204  nr.  228.,  die-  Wasserwesen  überhaupt  und  schmückte  dahor 
gelbe  Idee  lißgt  zu  gründe  201  nr.  l(*?)  202  nr.  Springbrunnen  mit  ihren  Gestalten  yBull 
2 — 10.  -JOS  nr.  11—14)  dargestellt,  wie  er  mit  d.  I.  1867,  111;  hierher  gehört  auch  der  ein» 
dem  Dreizack  Fische  erlegt.  In  späteren  Denk-  Nereide  raubende  Seekentaur  im  Vatikan,  vgl. 
malern  sehen  wir  ihn  (oder  einen  Triton?)  mit  Sp.  1200).  Bei  Heronv.  Alex.  {ed.  Schmidt  1  c.  3)) 
dem  Dreizack  auch  auf  Delphine  Jagd  machen  wird  ein  Badeofen  beschrieben,  an  dem  ein 
{Todken,  Gfschn.  St.  Kl.  2  nr.  93:jygl.  Sp.  1179).  Triton  mit  einer  Trompete  (jedenfalls  Muschel- 
Aus  diesem  freundlichen  oder  feindlichen  Ver-  trompete)  angebracht  ist.  Der  vordringende 
fa&ltnisse  Tritons  zu  den  Delphinen  erklärt  es  Dampf  ruft  durch  eine  mechanische  Einrich- 
sich,  daß  der  Delphin  zu  einem  Attribute  Tri-  20  tung  den  Ton  einer  Trompete  hervor,  so  daß 
tons  und  der  Tritonen  wurde.  der  Triton  zu  blasen  scheint.    Die  Gewohnheit, 

§  31.  Tritonen  und  Tritoniden  (auch  Tritonen  auf  die  Ecken  von  Dächern  zu  setzen, 
Triton)  allein  in  dekorativer  Verwen-  hat,  wie  es  'scheint,  auch  dazu  geführt,  vor- 
dung.  Die  erhaltenen  Rundbilder  von  Tri-  springenden  Teilen  von  architektonisch  reicher 
tonen  (aus  Marmor:  Helhig,  Klass.  Altert,  in  gegliederten  Wänden  im  Innern  von  Gebäu- 
Rom*  1,110  f.  nr.  191  —  der  S.  111  angeführte  den  durch  Rundbilder  von  Tritonen  einen  ge- 
Torso gehört  wohl  auch  hierher  — .  388ff.  nr.  fälligen  Abschluß  zu  geben  (z.  B.  Heibig,  Wand- 
674—576.  Ant.  Skulpt.  Berlins  [1891]  nr.  286.  gcvi.  nr.  1065).  Wie  man  Darstelhmgen  von  Tri- 
—  Tonögur:  Arch.  Anz.  1851,  29  [nr.  37].  —  tonen  mit  Nereiden  und  Seetieren  gern  zur 
Bronzen:  Bull.  d.  I.  1834,  146[y].  Dütschke  4  30  Ausfüllung  von  streifenförmigen  Flächen  be- 
nr.  301b.  Arch.  Anz.  1902,  131;  vgl.  0.  Müller,  nutzte  (vgl.  Sp.  1200),  so  verwendete  man  Tri- 
flan<ß).r/.^rcA.*§402, 2)  und  die  Wandgemälde,  tonen  allein,  um  gegebenen  leeren  Raum 
in  denen  Tritonen  statuarisch  erscheinen,  ma-  dekorativ  zu  füllen.  Beispiele  dafür  bieten  Re- 
chen den  Eindruck,  als  wären  solche  Rundbil-  liefs  in  Stein  {Bull.  d.  I.  1864,  54:  Diskos  zum 
der  hauptsächlich  für  dekorative  Zwecke  ge-  Aufhängen  mit  einem  Triton  auf  der  einen 
schaffen  worden.  Man  verwendete  Tritonen  als  Seite,  die  andere  zeigt  einen  Satyr;  Dütschke 
Akroterfiguren.  Wahrscheinlich  zierte  man  4  nr.  133.  Matz-Diihn  3  nr.  3461.  3521.  Heibig, 
zunächst  die  Giebel  an  Tempeln  des  Poseidon  Klass.  Altert,  in  Rom- 1,  210  nr.  330  Tritoniden), 
mit  Tritonen  (vgl.  Sp.  1189);  von  da  mag  dieser  getriebene  Arbeiten  in  Gold  {Furtwängler,  Gold- 
Schmuck  auf  andere  Tempel  {Macröb.  Saturn.  40  fund  6.  7.  19)  und  Bronze  {Arch.  Zeit.  1858, 
1,8,4)  und  sonstige  Gebäude  {Roux- Kaiser,  150  ff.),  Wandmalereien  {Heibig  nr.  1069.  1071) 
Hercul.  u.  Pomp.  1  Ser.  1  Taf.  3.  4  Ser.  5  Taf.  17)  und  Mosaiken  {Gerhard,  Neapels  a.  Bildw.  1, 
übertragen  worden  sein.  Tritonen  gehörten  auch  144,2.  3.  Jahrb.  d.  Arch.  I.  1890,  215  ff.).  —  In 
(nach  Furticängler,  Arch.  Zeit.  1882,  344)  zu  den  letzterem  Mosaik  finden  sich  neben  Streifen 
Figuren,  die  zwischen  den  Stimziegeln  aufge-  mit  Seekentauren  solche  mit  Szenen  aus  dem 
stellt  das  Dach  der  Stoa  des  großen  pergame-  bakchischen  Thiasos  (vgl.  Sp.  1180),  ja  man 
nischen  Altars  krönten.  Auf  dem  sogenannten  scheint  Tritonen  sogar  in  Gewänder  als  Ver- 
Turm der  Winde  in  Athen  diente  ein  Triton  zierung  eingewebt  oder  eingestickt  zu  haben 
als  Windfahne  {Overbeck,  Plastik^  2,  195;  vgl.  {Lanzi,  Saggio  di  lingua  Etr.2  tav.  4, 1:  allei- 
Viiruv.  1,6,4.  Über  Verwandtschaft  zwischen  •  0  dings  etruskisch  genannte  Gemme;  vgl.  Sp.  1200). 
Winden  und  Tritonen  in  der  Kunst  vgl.  Stein-  Weiter  hat  man  Tritonen  in  Bronze  gebildet, 
metz,  Jahrb.  d.  Arch.  I.  1910,  35  A.  13).  Sehr  um  sie  als  dekorative  Teile  von  Geräten  zu 
nahe  lag  es,  mit  Statuen  von  Tritonen  Hafen-  verwenden  {Clarac,  Mus.  pl.  74ö,  1809),  nament- 
anlagen  {Heibig,  Wandgem.  nr.  1572 d.  1575),  lieh,  um  sie  als  solche  anzusetzen  {Dütschke 
Leuchttürme  {Toelken,  Geschn.  St.  Kl.  7  nr.  4ni'.  287.  Heydemann,  3.  Hall.Winckelm.-Progr. 
110.  111  zeigen  wahrscheinlich  den  Pharos  von  41  nr.  26.  47  nr.  21).  Man  hat  mit  den  Gestal- 
Alexandria;  er  ist  auch  auf  Münzen  dieser  Stadt  ten  des  Meergottes  Triton  oder  von  Tritonen 
mit  Tritonen  auf  der  obersten  Brüstung  aus-  Gefäße  geschmückt.  Diese  paßten  besonders 
gestattet,  die  nach  Vermutung  Adlers  [Arch.  an  Gefäße,  die  für  Wasser  und  Wein  bestimmt 
Anz.  1900,  203 f.]  dazu  dienten,  den  Seefahrern  60  waren;  denn  sie  sind  Wasserwesen,  galten  aber 
akustische  Signale  zu  geben)  und  N au  machien  auch  als  Liebhaber  des  Weins  (vgl.  Sp.  1162). 
zu  schmücken  {Martial.  Hb.  Spectac.  28,  5s.  Man  malte  sie  auf  die  Gefäße  auf  (Triton: 
[Friedl];  vgl.  Sp.  1158;  nach  Sueton.  Div.  Clau-  Fwtivängler,  Antiquarium  nr.  1676.  1755.  2608^ 
dius  c.  21  wurde  bei  einer  Naumachie  ein  Tri-  oder  ließ  sie  in  Relief  {Carapanos,  Dodone  111 
ton  von  Silber  durch  eine  Maschinerie  aus  dem  nr.  5.  Dumont-Chaplain,  (7eVaiw.  pl.  33  nr.  5 ;  vgl. 
Wasser  gehoben  und  feuerte  auf  seiner  Mu-  Sp.  1192)  oder  freistehend  erscheinen  (^rcÄ.  Zeit 
schel  blasend  zum  Kampfe  an;  vgl.  Haupt,  1852,  165;  vgl.  Sp.  1199).  Auch  auf  Lampen 
Opwsc.  2,  42s.)  und  auf  der  Spitze  des  Vorder-  {Janssen,  Monum.  te  Leyden  nr.  504;  Tonlampe 


1205               Triton,  Tritoneu  Triton,  Tritonen                12üG 

im  Albertinum  zu  Dresden)  finden  wir  einen  größerer  Unjjfewißheit  j^fepenüber  den  Denk- 
Triton  (wohl  immer  in  Relief )  angebracht;  end-  miUern,  die  in  der  Hauptsache  nur  den  Kopf 
lieh  begej;fnen  wir  einzehien  Tritonen  auf  vielen  eines  Meerwesens  zur  Aiibchauun^  brinj^en; 
geschnittenen  Steinen  (z.B.  Todken  Kl.  2  denn  dieser  kann  auch  als  Haupt  eines  Meer- 
nr.  93.  Kl.  3  nr.  185.  197.  v.  Sachen- Kenner,  Wie-  gottes  gedacht  sein,  der  stets  in  voller  Men- 
//tr  Münz-  II.  Anl.-Cah.  4;{9  nr.  553 f.  450  nr.  schengestalt  gebildet  wurde,  h^benso  weiß  man 
i;i04)  und  Münzen.  Es  kommen  hier  in  Be-  nicht,  ob  man  an  den  Meergott  Triton,  oder  an 
tracht:  1)  Bronzemünzen  von  Tanagra  (siehe  einen  Triton  zu  denken  hat.  Charakteristisch 
Sp.  1153);  2)  Silbermünze  von  Kor inthfym/ioo/'-  für  weitaus  die  meisten  der  hier  in  Betracht 
Keller,  Tier-  u.  Pßanzenh.  Taf.  13,31  —  siehe  lo  kommenden  Köpfe  sind  <lie  schon  oben  (8p. 
Sp.  1192),  Bronzemünze  von  Korinth  {Imhoof-  1170)  erwähnten  oft  blätterartigen  Flossen- 
Blumer,  Mann.  (jr.  IGO,  19  —  siehe  Sp.  1193);  zacken,  in  die  die  Haut  des  Gesichts  und 
3)  zahlreiche  Silbermünzen  der  Stadt  Ttanos  der  Brust  sich  gleichsam  auflöst.  Wir  finden 
auf  Kreta  —  Triton  als  Hauptfigur  auf  der  sie 'an  der  Stirne,  den  Augenlidern,  Wangen 
Vorderseite  mit  Dreizack  und  Fisch  oder  Mu-  und  Kinnladen,  vereinzelt  auch  auf  der  Nase; 
schel,  oder  als  Nebenfigur  auf  der  Rückseite  sie  bedecken  mitunter  den  oberen  Teil  der 
mit  Dreizack  {Svoronos,  Numism.  de  la  Crete  Brust  bis  zu  den  Schultern,  an  Wangen  und 
201 — 207.  Brit.  Mus.,  Crete  51s.;  über  andere  Brust  kommen  sie  sogar  in  mehreren  Reihen 
augebliche  Münzen  von  Itanos  vgl.  Dreßler,  vor.  In  ähnlicher  Weise  gehen  oft  die  Haare 
Triton  1,0  A.8);  4)  Bronzemünze  von  Kary-  20  dieser  Köpfe  in  blätterförmige  Gebilde  über, 
stos  auf  Euboia  —  Triton  Hauptfigur  der  Vor-  die  von  den  Erklärern  bald  als  Blätter  von 
derseite  mit  Dreizack  und  Delphin  (?)  {Imhoof-  Seepflanzen,  bald  als  Flossen  aufgefaßt  werden 
Keller,  Tier-  u.  Pflanzenb.  Taf.  11,22);  5)  ar-  {ygi.  Taylor  Combe,  Änc.  terrae,  in  the  Brit.  Mus. 
chaische  Elektroumünzen  von  Kyzikos  —  Tri-  zu  nr.  6);  man  kann  dies  bei  dem  Kopfhaar, 
ton  Hauptfigur  der  Vorderseite  (Imhoof- Keller  bei  den  Augenbrauen  und  beim  Kinnbart  be- 
a.  a.  0.  Taf.  13,  28),  auch  mit  Kranz  in  der  obachten.  Mehrfach  sind  solche  Köpfe  auch 
Hand  {Furtwängler,  Goldfund  2&  A.  6);  Bronze-  durch  je  zwei  Krebsscheren  oder  Hörner 
münze  dieser  Stadt  —  auf  der  Rückseite  See-  über  der  Stirne  und  durch  Delphine  im  Barte 
kentaur  mit  Steuerruder  und  Fisch  (Imhoof-  als  Köpfe  von  Seewesen  gekennzeichnet.  Mit 
Keller  Taf.  13,  37;  über  andere  angeblich  ky-  so  Wahrscheinlichkeit  können  wir  an  Tritonen  bei 
zikenische  Münzen  vgl.  Dreßler,  Triton  1,  6  den  Doppelhermen  denken,  in  denen  der 
A.  13);  6)  Bronzemünze  von  Nikomedeia  in  Kopf  eines  alten,  bärtigen  Seewesens  mit  dem 
Bithynien  —  auf  der  Rückseite  Seekentaur  mit  eines  jungen,  unbärtigen  zusammengestellt  ist 
Steuerruder  und  Fisch  (Imhoof- Keller  Taf.  13,  (Matz-Duhn  1  nr.  581.  Friederichs -W alters , 
38;i;  7)  Bronzemünzen  von  Akragas  —  auf  der  Gipsabg.  in  Berlin  nr.  1545),  oder  das  Haupt 
Rückseite  Triton  mit  Muscheltrompete  (Brit.  eines  männlichen  Wesens  dieser  Art  mit  dem 
Mus.,  Sicily  15  nr.  89—91.  Imhoof- Keller  Taf.  eines  weiblichen  (Ann.  d.  I.  1858,  84  nr.  6).  In 
8,  26  [nicht  Skylla,  sondern  Triton,  vgl.  Herr-  anderen  Doppelhermen  ist  der  Kopf  eines  See- 
mann,  Berl.  philol.  Wochenschr.  1891,  245f.]);  wesens  mit  dem  eines  Wesens  ganz  anderer 
8)  Triton  mit  Ruder  auf  einer  Münze  von  ^o  Ait  veTeinigt:  Ant.  Skulpt.  Berlins  (1S91)  nr.  IS 
Skylletion  im  ager  Bruttius  (nach  Escher,  — 15:  Kopf  des  libyschen  Gottes  Ammon  mit 
Triton  53  f.  bei  Garucci,  Le  monete  delV  Italia  einem  Kopfe,  dessen  Stierhörner  an  den  Fluß- 
ant.  2,  112,  23).  Als  der  Meergott  Triton  ist  der  gott  Triton  denken  lassen  (vgl.  dieses  Lex.  Bd.  1, 
Fischdaimon  sicher  auf  den  Münzen  von  Ta-  Sp.  1490f ).  —  Ebenda  nr.  207:  Kopf  des  Tri- 
nagra  zu  betrachten,  an  Tritonen  hat  man  viel-  ton  und  der  Libya.  Diese  Zusammenstellungen 
leicht  bei  der  Bronzemünze  von  Kyzikos  und  mit  Ammon  und  Libya  könnten  ihren  Grund 
der  von  Nikomedeia  zu  denken,  bei  den  Mün-  in  der  Verbindung  des  Triton  mit  dem  Flusse 
zen  von  Korinth  vielleicht  an  Glaukos.  Mit  den  Triton  und  dem  See  Tritonis  in  Libyen  haben 
Fischdaimonen  der  archaischen  Münzen  von  (vgl.  Sp.  1153).  —  Ebenda  nr.  287:  Kopf  eines 
Kyzikos  war  vielleicht  noch  nicht  Triton,  son-  so  Triton  und  Kopf  eines  gewappneten  Wesens, 
dern  Halios  Geron  gemeint  (vgl.  Sp.  1167).  Nach  vielleicht  des  Glaukos.  Ob  die  Marmorherme 
Itanos,  einer  Gründung  der  Phoiniker,  ist  der  eines  Meergottes  im  Museo  Pio-jClementino 
Typus  derartiger  Gestalten  höchst  wahrschein-  (siehe  dieses  Lex.  Bd.  1,  Sp.  1686)  dem  Triton 
lieh  durch  diese  gebracht  worden  (vgl.  Sp.  1163),  zuzuweisen  ist,  erscheint  sehr  fraglich.  Büsten 
möglicherweise  auch  nach  anderen  der  genann-  und  Köpfe  von  Seegöttern,  möglicherweise  von 
ten  Städte.  Die  fischschwänzigen  Wesen  auf  Tritonen,  sind  in  großer  Anzahl  erhalten  (Zu- 
Münzen anderer  Städte  sind  wohl  mit  Recht  sammenstellung  bei  Dreßler,  Triton  2,  35  f.), 
von  Gaedechens  als  Glaukos  bezeichnet  worden  teils  als  Rundbilder  von  Stein  (so  Matz-Duhn 
(vgl.  Gaedechens,  Glaukos  114—129.  Dreßler,  1  nr.  580.  v.  Sybel,  Skulpt.  zu  Athen  nr.  1580. 
Triton  1,  8).  60  Heibig,  Klass.  Altert,  in  Bom^  1,  61  nr.  105) 
§32.  Hermen, Büsten, Köpfe  undMas-  oder  Bronze  (d'Hancarville ,  Eecherches  1  pL 
ken  von  Seegöttern,  vielleicht  vom  Tri-  17B.  Spec.  of  Ant.  Sculpt.  1  pl.  55s.),  teils  in 
ton  oder  von  Tritonen.  Wenn  es  schon  in  Reliefs  (Matz-Duhn  3  nr.  4070.  Taylor  Combe, 
bezug  auf  die  in  voller  Gestalt  ausgeführten  Anc.  terrae,  in  the  Brit.  Mus.  nr.  5.  Arch.  Zeit. 
Darstellungen  fischschwänziger  Meergötter  oft  1884,  29  —  hier  als  Schmuck  einer  Lampe), 
ganz  unmöglich  ist  zu  bestimmen,  welche  Na-  teils  in  Mosaiken  (Beschreib.  Borns  3,3,  253. 
men  man  dem  betreffenden  Wesen  beizulegen  Morgan,  Mos.-Fav.  267  [nach  Gaedechetis,  Glau- 
hat  (vgl.  Sp.  1165),  so  befindet  man  sich  in  noch  kos  181  f.:  Okeanos].  Arch.  Anz.  1901,  69f.),  teils 


1207                       Tritone  Tritopatores                   1208 

auf  geschnittenen  Steinen  (i(f»^^tn,  Myth.ijrall.^  Athene  offenbar  nicht,  sonst  fände  sie  sich 
Taf.  76,  .HOS*,  nach  Gaedechens  in  diesem  Lex.  öfters  in  Personenuamen  (vgl.  IG.  12,  Uiö). 
Bd.  1,  Sp.  1682 f.:  Glaukos.  Engr.  gerns  in  the  Usener  glaubt  {(iütternamen  11  u.  36),  daß 
fii-t*.  Mus.nT  6308.),  endlich  auf  Mänzen  (Elek-  der  Henennung  Tritonia  und  T.  eine  alte  Form 
tronmünze  von  Kyzikos  Brit.  Mus.,  Mysia  21  Tritone  zugrunde  liege,  die  ein  weibliches  Ge- 
nr.  22,  eher  Halios  Geron,  vgl.  Sp.  1168;  Silber-  genbild  zu  Triton  bezeichne.  Wäre  diese  Ver- 
münzen  von  Itanos  Svoronos,  Numism.  de  la  mutung  richtig,  so  würde  sie  mit  der  Tatsache, 
Crete  1,208  nr.  18  s.).  Die  dekorative  Bestim-  daß  eine  Muse  bei  Epicharm.  frg.  il  K.  Tritone 
mung  (vgl.  Sp.  1203),  die  wir  für  die  eben  be-  heißt,  für  die  ehemalige  Selbständigkeit  die- 
sprochenen  Denkmäler  im  allgemeinen  anzu-  lo  ses  Gottesbegriffes  sprechen.  Ob  man  abei 
nehmen  haben,  ist  besonders  deutlich  bei  den  die  k&r}v&  Tt^gtovri^  die  Paus.  1,  31,  4  für 
Masken  von  Tritonen.  Außer  an  Sarkophagen  den  Demos  Phlya  bezeugt,  der  Tritone  gleich- 
(s.  Sp.  1189. 1198)  kommen  sie  auch  anderweit  setzen  darf,  bleibt  fraglich.  'Die  scheinbare 
vor  (z.  B.  l'VdÄwcr,  AoM  nr. 824.  Campana,  Opere  Verschiedenheit  dieses  Wortes  beschränkt  sich 
in  plast  tav.  7  s.  Arch.  Äne.  1900,  218  nr.  29).  (nach  Usener,  Götternamen  11)  auf  die  Laut- 
Wie  aus  Properz  (2,  82,  lös.)  hervorzugehen  affektion  des  unsteten  p.'  Ül3er  die  anderen 
»cheint,  ließ  man  durch  Masken  von  Tritonen  Deutungs versuche  s.  bei  Tritogeneia. 
das  Wasser  von  Brunnen  oder  Wasserleitungen  [Eugen  Fehrle.] 
ausBießen  (hierher  gehören  vielleicht  die  Mas-  Tritopatores  oder  Tritopatreis  {Tgitonä- 
ken  bei  Jahn,  Sachs.  Ber.  1861,  146.  1864,  182.  20  rogsg,  TQiroTtccTQSig,  CIA  2,  1062.  IJittenherger, 
Heibig,  Klass.  Altert,  in  Born*  l,^A  lii.  IS);  vgl.  .Sy/Z*  2,  443:  ogog  hgov  TgLtoTcaTgitov  Za-nvcc- 
Sp.  1204.  Eine  Maske  mit  den  Beinen  und  Sehe-  <Jwv;  vgl.  U.  Köhler,  Mitth.  d.  ath.  Inst.  4,  287  : 
ren  eines  Seekrebses  auf  dem  geschnittenen  lopff'er,  Att.  Genealogie  S.  313),  ausschließlich 
Steine  bei  Toelken  Kl.  7  nr.  292  ist  wohl  auch  in  Attika  verehrte  Windgottheiten,  zu  denen 
als  Tritonmaske  zu  bezeichnen.  Über  andere  man  vor  der  Eheschließung  behufs  Kinder- 
Masken  von  Seewesen  vgl.  Drc)8/cr,  Tnton  2,  36 .  erzeugung  betete  {Phanodem.  bei  Suid.  und 
Vgl.  Iritun.  [Dreßler.l  Phot  s.  v.,  FHG  1,  367,  4;  Demon  ebenda  1. 
Tritone  (TptTawTj),  Name  einer  Muse.  Epi-  378, 2).  Sie  galten  als  Urahnen  der  Mensch- 
chann.  frgm.  41  K.    Siehe  Tritonis.  heit,  jedoch  als  Kinder  der  von  der  Erde  und 

[Eugen  Fehrle.J  so  dem  Sonnengott  (oder  dem  Himmel,  s.  u.)  er- 

Tritonia  (TgiToavicc),  Beiname  der  Athene  zu  zeugten    ersten   Menschen    (Philoch.  ebenda  l, 

Pheneos  in  Arkadien.   Paus.  8, 14,  4.  Vgl.  Im-  384,  2).    Nach  der  Orph.  Theog.  waren  sie  da- 

merucJtr,  Die  Kulte  und  Mythen  Arkadiens  67 1  gegen  Türhüter  und  Wächter  der  Winde  und 

So  nennt  die  Göttin  auch  Verg.  Aen.  2, 171  und  (Ik?) 

Ov.  Met.  2,788.  5,260;  270.  6, 1.   S.  Tritonis.  führten  die  Namen  Amakleides  (s.  d.),   Proto- 

[Eugen  Fehrle.]  kies  (s.  d.)  und  Protokreon  (Abel,   Oiphika  fr 

Tritonis  (Tgirtovig)  ist  seit  der  hellenisti-  240,  S.  251  f.    Orphiker  bei  Tzetz.  zu  Lykophr. 

sehen  Zeit   häufig  Beiname  der  Athene,    den  738.  Suid.  und  Phot.  xgironäxogBg.  Schol.  Hom. 

vor  allem  Dichter  anführen,  bald  mit  dem  Na-  Od.  10,2.  Etym.magn.lGS.l.  Lobeck,  Agil 6S1X.), 

men  der  Göttin  oder  sonst  einer  Bezeichnung  40  während  sie  Kleidemos  (Hesych.  s.  v.,  FHG  1, 

für  sie  (wie  xogri  Anth.  Pal  6,159),   bald  für  363,19;   vgl.   auch   Schol.  Hes.  Theog.  617)  für 

sich  allein  (die  Dichterstellen  bei  Bruchmann,  Söhne  des  Himmels  und  der  Erde  erklärt  und 

Epitheta  deorum  unter  Athene).    Apoll.  Bhod.  Kottos,  Briareos  und  Gy[g]e8  nennt,  so  daß  er 

verwendet  T.  wie  ein  Adjektiv  mit  ^ed:  1,  721  sie  also  den  Hekatoncheiren  gleichsetzt  (s.  über 

d-säg  Tgitcavidog  ^gyov;  1,  768  ^säg  Tgitavidog  diese  jetzt  Boscher,  Die  Zahl  50  in  Mythus,  Kul- 

riBv  k^rivrig\  3,1183  ^bo.  Tgiravig,   freier:   1,  tus,  Epos  u.  Taktik  d.  Hellenen,  etc.  Leipzig  1917, 

109  f.  avrrj   (itv   Tgitavlg   icgioxriav   ig   o^iiXov  S.  29f.).  Die  Angaben  der  Lexikographen  gehen 

mgasv  'A9r,vairt.    Der  Name  T.  war  längst  vor-  nach  Wellmann,   De  Istro   Callim.  30,  32   auf 

her  üblich  für  Quellen,  Seen,  Inseln  (Literatur  Istros  zurück.  Unabhängig  von  ihnen  führt  Cic. 

bei  Gruppe,  Gr.  Myth.  u.  Belgesch.  1143, 1).  Be-  50  de  nat.  deor.  3,  21,  53  als  athenische  Anakes  drei 

sonders  die  Tgiravig  Xi^vri  ^^  Libyen  war  be-  Söhne  des  Zeus  ßaoiXsvg^  den  er  als  rex  anti- 

rühmt  und  von  den  Alexandrinern  in  den  Vor-  quissimus  bezeichnet,  und  der  Persephone  na- 

dergrund  gestellt  (Paws.  1, 14;  Diodor  3,63.70),  mens  Tritopatreus,  Eubuleus  und  Dionysos  an 

als   man    eifersüchtig   auf  die  T.   in   Boiotien  {Schoemann  liest  Tritopatores  und  schiebt  da- 

oder  auch  in  Thessalien  (Schol.  zu  Apoll.  Bhod.  nach  Zagreus  in  den  überlieferten   Text  ein ; 

1, 109)  oder  in  dem  arkadischen  Aliphera  (Paus.  s.  o.  Eubuleus  3),  was  in  diesen  nur  ganz  all- 

8,  26,  6)  die  libysche  Göttin  als  älteste  erweisen  gemein   schützende  Gottheiten   erkennen   läßt, 

wollte  (vgl.   Famell,    The   cults    of   the  greek  Die    Zusammenstellung    der    drei    Namen    ist 
States  1,266 ff.;  Gruppe  a.  a.  0.  1212,2).  Daher      aber  jedenfalls  durch  die  Beziehung  der  Trito- 

ist  es  wohl  zu  erklären,  daß  T.  bei  den  Alexan-  60  patreis  zu  Dionysos  Eubuleus   als  Führer  des 

drinern  und  den  von  ihnen  abhängigen  Römern  Seelenheers  (o.  Bd.  1, 1034)  hervorgerufen  wor- 

(z.  B.  Ov.  Met.  '6.,  127    Tritonidis  arma;   8,548  den.     Ihre    Doppelbedeutung    als    Windgötter 

(Thesetis) . . .  Tritonidis  ibat  ad  aras)  mehrfach  {avspLoi:  Demon  b.  Phot.  Suid.  s.  v.  tgitoTc..  öb- 

genannt  ist.  Später  führt  sie  besonders  ^iwtus  anozocL  avi^tov:   Phot.  s.  zgironätoig y    Tzetz.  z. 

Smymaeus   häufig  an  (1,  179;  5,  360.  461;    6,  Lykophr.  738)  und  Ahnengeister  läuft  nämlich 

146;  12,237;  13,435).    Nonnos  gibt  5,73  eine  darauf  hinaus,    daß   sie    luftartig  vorgestellte 

Namenserklärung.  Ahnenseelen    sind,    die   im  Winde  ihren    Sitz 

Volkstümlich  war  die  Bezeichnung  T.  für  haben   (Bohde,   Psyche^  S.  22Q f.;   vgl.  Gruppe, 


1209  Tritopatores  Trittia  1210 

Gr.  Myth.    1,  442  f.   A.  5;    Röscher,    Herrn,   d.  dersepfen  angefleht?    Die  Erklärung  i'Mr^ttöngf- 

Windg.  S.  ö5  ff.  und  s.  unter  Windgötter).  lera,  wonach  die  als  orphisch  überlieferte  Vor- 

Sie  heißen  'Urgroßväter'  (Aristopk.  v.  Byz.  Stellung,  die  vom  Winde  getragene  Seele  gehe 

bei  Voll,  oriom.  3, 17),  d.  h.  Viiter  dritten  Glie-  in  den  Körper  ein,  auch  attischer  Volksglaube 

des  {Preller- liohert  1,  478,  4),  was  mit  der  oben  gewesen  sei,  genügt  Schweitzer  nicht.   Er  weist 

angeführten    Erklärung   des  Namens  Tgnond-  zunächst  hin  auf  die  Hauchseele  (nrvev^a),  durch 

rQ8ig  durch  Philochoros  insoweit  übereinstimmt,  di(!  Kraft  und  Fruchtbarkeit   übertragen    wer- 

als   dieser   die  Glieder   vom  Anfang   an   zählt,  den  kmui  (Fehlte,  Die  kult.  Keu.schh€it  im  Alter- 

wäbrend    wir    vom   Ende    her    zurückrechnen.  tum    86  ff.).    Diese   Vorstellung   verbindet   sich 

[Steuding.]      lo  mit  dem  Glauben,  daß  die  Ahnen  weiterleben 

^&ch  Furt  Hängler  in  den  Bor.  d.Bayr.Akad.  in   ihren  Enkeln,   in  welche  die   Ahnenseelen 

d.  Wiss.  1905,  phil.-hist.  Kl.  S.  433  f.  stellt  die  eingeben.    Bis  zur  Zeit  des  Eingehens  in  einen 

bei  der  Durchforschung  des  Perserschuttes  am  neuen   Körper  leben   die   Seelen    in   der  Luft, 

Fuße   der  Akropolis   Athens   gefundene   hoch-  im'  nvsv^a.    Den  Namen  T.  will  Schweitzer  als 

archaische  Gruppe  von  drei  schlangenleibigen  'rechte  Vorfahren'  auffassen,    (Darüber  s.  oben 

Daimonen   nicht,  wie  man  sonst  angenommen  bei  Tritogeneia).     Die   T.  sind   demnach  mehr 

hatte,  Typhoeus  (s.  d.),  sondern  die  drei  Trito-  als  Ahnen  einzelner  Geschlechter,  sie  sind  die 

patoren   dar,   eine  Deutung,   die  manches  für  'zeugenden  Mächte  der  attischen  Bevölkerung', 
sich  zu  haben  scheint.     Weitere  neueste  Lite-  Die  Seelen,    die  in   den  Körper   eingehen, 

ratur  s.  bei  Milan  Budimir,  Atena  Tritogenija  20  und  die  aus  dem  Körper  scheiden,  werden  vom 

i  Aticki   Tritopatreji.    Sarajevo  1920  (serbisch  Winde  hergetragen  und  fortgerafft.  Die  Schnel- 

bis    auf  das  S.  326  [32  f.]  lateinische   Summa-  ligkeit  des  Windes  wird  in  der  religiösen  Vor- 

rium,  wo  erwähnt  sind :  P.  Kretschmer,  Glotta  Stellung  eines   dahineilenden  Rosses  lebendig. 

10  [1919],   S.  38  ff.    Lippold,    Athen.  Mitt.  36  Die  Seelen  werden   selbst  als  Windrosse  vor-, 

[1911],  S.  105  ff.),    ^z^rfimir  selbst  will  Tgironu-  gestellt.    Solche  Rosse  denkt  sich   der  Glaube 

XQ8V1S  so  erklären:  ' TgiroTcargo?  item  ut  tgiro-  als  'zeugende  Erhalter  des  Volkes'.    Schweitzer 

ysvqg  tantum  eum  cuius  pater  Tgltog  perhibetur  neigt  zur  Annahme,  daß  auch  die  T.  einst,  ehe 

significat.    Qua  de  causa  TQixoitaxQhvg  non  est  sie  halbmenschliche  Gestalt  bekamen,  Wind- 

pater   ut  Tgincctoag  sive  TQitOTtdrcoQ ,  sed  filius  rosse  waren,  wie  ihr  Doppelgänger  Boreas  und 

TqIzov,  qui  secundum  Ciceronem  unus  e  tribus  30  die  Kentauren.    Das  würde  in  ein  friihes  Ent- 

terrae  Atticae  tutoribus  antiquissimis  fuit.   Dis-  wicklungsstadium   zurückführen,  in  dem  man 

cernendus  est  igitur  hie  daemon  omnino  ab  ho-  totemistische  Vorstellungen  annehmen  könnte, 

ininibus,  qui  rgL-närogsg  vel  TQiTOTtdrogsg  sunt.''  'und  zwar  so,  daß  das  Pferd,  dessen  leicht  ins 

Vgl.  Cic.  de  nat.  deor.  3,  53  Müller:  Jioav.ovgoL  Dämonische  zu  steigernder  Charakter  ihm  gern 

etiam   apud    Graios  multis  modis  nominantur.  das   Ansehen    einer   höheren    Macht    gibt,    in 

Primi  ties,  qui  appellantur  Anaces,  Athenis,  ex  seiner  leibhaftigen  Erscheinung  und  als  Wind- 

rege  love  antiquissimo  et  Proserpina  nati,  Trito-  roß  einmal  Totemtier  war.'     [Eugen  Fehrle.] 
patreus,  Eubuleus,  Bionysus,  secundilove  tertio  Tritopatreus  s.  Tritopatores   am  Ende  des 

(i.  e.  Cretensi)  nati  et  Leda,   Castor  et  Pollux,  2.  Abschnittes. 

ttrtii  dicuntur  a  nonnullis  Alco  et  Melampus  40      Trittia,  vorrömischer  Name  einer  örtlichen 

et  Tmolus,   Atrei  filii,   qui  Pelope  natus  fuit.  Göttin  in  der  römischen  Provinz  Gallia  Narbo- 

Prott,   Leges   Sacrae   1   n.  20   v.  32:    Tgitonoc-  nensis,  bezeugt  durch  zwei  Weihinschriften  aus 

xgsvGi  olg^  UgmGvva  k^dficcGiv  —  v.  52.  dem   heutigen  Departement  Var,    CIL  12,  255 

[Röscher.]  von  Carnoules  (nordöstl.  Toulon  an  der  Eisen- 
Anschließend  an  FurtwängJer  sucnt  B.  bahn  Toulon-Frejus):  Trittiae  L.  lul(ius)  Certi 
Schweitzer,  Herakles,  Aufsätze  zur  griechischen  f(ilius)  Mafrjtinus  v(otum)  s(olvit)  l(ibens)  m(e- 
Religions- und  Sagengeschichte  (Tühingen  1922).,  ritoj,  und  316  aus  der  Nähe  von  Pierrefeu 
S.  72 ff.,  der  Bedeutung  der  T.  näher  zu  kom-  (nordöstlich  unweit  Toulon),  jetzt  im  Museum 
men.  Auch  er  erkennt  in  dem  untrennbar  zu-  zu  Toulon:  Trittiae  M.  Vihius  Longus  v(oium) 
sammengehörigen,  dreileibigen  dämonischen  50  s(olvit)  l(ibens)  m(erito).  Lage  der  beiden  Fund- 
Wesen,  das  man  früher  als  Typhon  bezeich-  orte:  (7ii  12,  Tab.IOg.  Holder,  Altcelt. Sprach- 
nete,  die  T.  Der  Schlangenleib  zeigt  ihre  Erd-  schätz  2,  S.  1960  f.  schließt  sich  einer  bereits 
gebundenheit,  die  Beflügelung  ihre  luftige  Na-  früher  geäußerten  Annahme  (vgl.  Papon  zu  CIL 
tur;  so  sind  auch  andere  Winddämonen  dar-  12,  316)  an,  daß  T.  die  Ortsgottheit  von  Trets 
gestellt.  Für  die  Beurteilung  wichtig  sind  die  (Tretz)  gewesen  sei,  einer  alten  Stadt  (CIL  12, 
Attribute  des  dreileibigen  Wesens:  Zwei  Vögel  Tab,  I  Nf  und  II  Gg)  in  der  Nachbarschaft,  im 
sitzen  ihm  auf  den  Händen;  es  sind  Seelen-  Departement  Bouches  du  Rhone,  südöstl.  von 
Vögel.  Außerdem  tragen  zwei  Hände  einen  Aix  (Aquae  Sextiae)  und  nordwestl.  von  Tou- 
Gegenstand,  der  wohl  richtig  als  Darstellung  Ion,  deren  Name  auf  den  Namen  jener  Göttin 
des  Wassers,  'des  befruchtenden  Regens  oder  eo  zurückgehe.  Auch  bringt  Holder  (a.  a.  0.,  vgl. 
der  Meereswogen'  gedeutet  w^ird.  (Die  Litera-  2,  S.  1968)  eine  auf  Charax  zurückgehende  An- 
tur  bei  Schiveitzer  74,  5.)  Die  Attribute  bestä-  gäbe  des  Steph.  Byz.  über  einen  Ort  Tgoi^rjv 
tigen  das  Wesen  der  T.:  Die  Seelenvögel  be-  iv  MccöGccXia  xfig  'Ixaliag  (so!)  mit  Trets  in 
zeichnen  sie  als  'Raffer  und  Bringer  der  See-  Verbindung.'  Allerdings  lassen  sich  noch  heute 
len',  das  Wasser  weist  auf  sie  als  Spender  eine  Reihe  von  Gottheiten  in  Gallien  nach- 
des  Himmelswassers  und  Erreger  der  Meeres-  weisen,  die  mit  den  alten  Ortsnamen  gleich- 
stürme, namig  sind  (vgl.  z.  B.  CIL  12,  3.  2558.  2561  f. 
Wieso  werden  diese  Winddämonen  um  Kin-  3070tf.  und  3093 ff.  13,  60.  71.  85).    Als  iberisch 


k 


1211 


TrituUus 


Tri  via 


1212 


ist  der  2saiiie  1.  aufgeführt  von  JluOhtr.  V  > 
ling.  Iber.  p.  CXII  u.  p.  264.  \f;(l.  noch  Mur,r 
Einfluß  der  rorchristl.  Kulte  auf  die  TopoHunm 
8tik  Fratikrcidis  (Sitz.-Ber.  Akad.  d  Wiss.  Wien 
Bd.  17Ö,  2.  Abhdlg.,  1914)  S.  18,  auch  S.  Sl, 
der  als  Ortsnameo  ansetzt:  Trittium.  [Keune.J 
TritulluH,  örtlicher  gallischer  Gott,  gleich 
zahlreichen  gallischen  (auch  britannischen) 
Schutz-  und  Ueilgöttern  dem  römfschen  Mars 
gleichgestellt,  nur  bezeugt  durch  die  Inschrift 
eines  kleinen  Altars  oder  Cippus  Ton  48  cm 
Höhe  und  20  cm  Breite,  gefunden  im  J.  1802 
in  den  Resten  de?  Schlosses  von  St.-Laurent- 
de-Tr^ves,  einer  Gemeinde  bei  Florac  [Ändree, 
Handatlas^  U3  94  C  1],  im  Departement  de  la 
Lozere,  nahe  der  btraße  von  Nimes  nach 
Saint-Flour,  jetzt  im  Museum  zu  Mende,  CIL 
13,1561:  Ma(rti)  Tritullo  consacrani  v(otum) 
8(oh'ei'unt)  l(ibentes)  m(ei'ito}.  —  Der  Fundort 
liegt  im  Gebiet  der  einstmaligen  Volksgemeinde 
der  Gabali  oder  Gabales,  dem  Gevaudan  (=  Ga- 
bcditanum,  Gacahtanum).  Zur  Gleichstellung 
mit  Mars  vgl.  Albiorix,  Bolvinnu^,  Cemenelus, 
(Cocidius,  Oohdatis  oder  vielmehr  Condas),  In- 
tarabuSf  Lenus,  Loucetius,  Mullo,  (Ocelus),  Bi- 
gisamus, Segomo,  Vintius  [Belege  bei  Holder, 
Altcelt.  Sprachschatz].  Zur  Abkürzung  Ma.  = 
Marti  vgl.  z.  B.  CIL  9,1538  {Dessau,  hiscr. 
Lat.  sei.  4185)  M.  De.  Ma.  =  Matri  Deae  Ma- 
ynae:  auch  CIL  12,  1185:  Mo.  Der  Name  T. 
ist  keltischen  Ursprungs,  s.  Holder,  Altcelt. 
iyprachschatz  2,  Sp.  1961,  auch  3,  Sp.  25:  -ullo-. 
Conscuirani  sind  die  Kultgenossen,  wie  CIL  13, 
147.  397  (=  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei  4530.  4525). 
7865,  consacranius :  CIL  3,  2109,  confsajcranei 
CIL  7, 1039;  consecranei:  CapitoUnus  Vita  Gor- 
diani  14, 1.  Tertull.  Apol.  16,  71.  Gloss.  {con- 
8(icraneus  —  av^uverrig)  ^  a.  Thes.  Ling.  Lat.  4, 
p.  378.  —  Zur  Inschrift  vgl.  noch  Cayx,  Mem. 
Soc.  Antiq.  de  France  8  (1829),  p.  240  und  Abb 
Taf.  9, 6  (mit  irriger  Lesung),  berichtigt  in 
Bevue  epigraph.  du  Midi  de  la  France  Heft  11 
(Oct.-Dec.  1880)  p.  170  nr.  200.     [Kenne.] 

Tritiin  (tritun;,  ist  die  etniskische  Wieder- 
gabe des  griechischen  Triton  (Deecke  in  Bezzen- 
bergers  Beitr.  2,  164,  nr.  22),  Der  Name  findet 
sich  einmal,  und  zwar  auf  dem  Bruchstück 
eines  GefUßes,  welches  veröffentlicht  ist  von 
Inghirami,  Monum.  etr.  tom.  V.  (=  vol.  VII), 
tav.  LV,  nr.  8  und  von  Fdbretti,  C.  1. 1.  nr.  2524, 
gloss.  64.  Die  Darstellung  zeigt  links  eine  auf 
einem  Seepferdchen  reitende  Nereide  mit  der 
Beischrift  alaiva  (so  und  nicht  alacea,  wie 
Schiassi  bei  Inghirami  las,  scheint  die  richtige 
Lesung  zu  sein),  rechts  den  Muschel  blasenden 
Tritun.     [C.  Pauli.] 

Triniiipns,  römische  Personifikation  des  Tri- 
umphes, wie  sie  eine  Münze  des  Triumvirn  L. 
Papius  Celsus  zeigt:  lorbeerbe- 
kränzter Kopf,  bärtig,  dahinter 
Trophäe,  Beischrift  TRIVMPVS 
vgl.  oben  Bd.  3,  2,  Sp.  2162,  67; 
PreUer- Jordan,  Rom.  Myth.^  2, 
250.    Beschreibung  und  Bild  bei 
E.  Babelon,  Descr.  hist.  d.  Monn. 
d.  la  rep.  vom.  2  [1886],  283 f.;; 
Mouze  des  L.  Pa-  Triumpus  bezieht  sich  nach  Ca- 
piu8  CeisuB.     vedoni   s.  Babelon^  wahrscbein- 


lii  li  auf  viel  Iriuuiphe  Caesars,  46  v.Chr.  Personi- 
fikation desTr.  zeigte  auch  eines  der  Bilder,  die 
.\agustu8  auf  seinem  Forum  anbringen  ließ: 
'Belli  facies*  und  'Triumphus'  nach  riin.  h  n 
35,4  10.  Vielleicht  ist  auch  im  fünffachen  liufe 
des  Arvalliedes  'triümpe'  Dessau,  inscr.  Int.  sei. 
2.  l.  276  und  im  Soldatenruf  '<i>o  triumphe' 
Varro  de  LI  6,68  m'itSchölU  Belegen,  Ausg.  1910 
Anruf  des  Triumphgottes  zu  sehen (?).  —  FAner 

10  Isis  t  r i  u  m  p  h  a l  i  8  wird  eine  Basis  geweiht  in 
der  Inschrift  bei  Dessau  2,  4.^00.  —  Zur  Etymo- 
logie, die  noch  nicht  feststeht,  zahlreiche  Lite- 
ratur (ob  entlehnt  aus  griech.  d-giccfißof,  tQicc^ 
qpOff,rp/ofX(poff?  ob  eigentlich  italisches  Sprachgut, 
tripodare?):  Sonny,  Archiv,  f.  lat.  Lex.  8  ( 1893  , 
132:  Stolz,  Hist.  Gramm,  der  lat.  Spr.  1  (1894  , 
263;  Schulze,  Gott.  Gel.  Anz.  158  ('1896j,  241; 
Walde,  Lat.  etym.  Wörterbuch  1906,  637  f; 
Stolz -Schmalz,  Lat.  Gramm.  1910^  115,9:    F. 

20  Scholl  a.  a.  0.;  W.  Boscher,  ob.  Sp.  872  zu  Thri- 
ambos.     [  Preisendanz.  ] 

Trivia,  bei  den  Kömern  Bezeichnung  der  an 
Kreuzwegen  verehrten  Hekate  und  der  mit  ihr 
gleichgesetzten  Diana  (die  auch  dreigestaltig 
gedacht  wird,  Usener,  Bh.  ilfw*.  58, 166)  und 
Luna.  Literatur:  Wissoiva,  Bel.^  2bl.  Hecken- 
bach, P.  W.  7,2775.  Wünsch,  Cross-Boads  in 
Hastings  Encycl.  of  Beligions  and  Ethics  3,  335. 
Erklärungen  des  Wesens  der  Trivia:   Varro  1. 1. 

30  7, 16  (unten  zu  Ennius  ausgeschrieben).  Nigi- 
dius  Figulus  frg.  73  Swoboda,  Funaioli  42 
[Gramm.  Lat.  1  p.  177)  bei  Macrobius  Sat.  1, 
9,  5 :  Dianae  vero  Triviae  viarum  omnium  tri- 
buerunt  potestatem.  Schol.  Germ.  Arat.  p.  200, 
3  ff.  Breyft.:  Diana  autem  luna  dicta  est  quasi 
Duana,  eo  quod  die  et  nocte  appareat,  ipsa  et 
Lucina,  eo  quod  luceat,  et  Trivia,  eo  quod  tri- 
bus  fungatur  figuris  etc.  '^  Isidor  etim.  8,  11, 
57.    Vgl.  zu  Tqlo8Zxi?  ob.  Sp.  1117.    Tgiiiogcpos 

40  ij  'Exarrj  Trivia,  Corp.  Gloss.  2, 459,  2.*^.  Hekate- 
Trivia  ebd.  3,8,73.  168,  10.  291,  19.  492,  73.  516, 
48.  Trivia  diana  et  luna  4,  292,  31.  Tr.  =  Pro- 
serpina 5,487,11.  .581,23  (weil  Hekate  chtho- 
nisch).  In  der  Literatur,  namentlich  bei  Dich- 
tern, findet  sich  Tr.  seit  alters  häufig.  Ob  schon 
in  der  Ino  des  Livius  Andronicus,  ist  fraglich, 
denn  Terent.  Maurus  1931  bezeichnet  zwar  das 
Chorlied  als  Hymnus  auf  Tr.,  Marius  Victori- 
nus  aber  als  hymnus  Dianae.    Die  im  Wortlaut 

50  zitierten  Verse  des  Liv.  Andron.  enthalten  den 
Götternamen  nicht,  Bibb.  TBF  p.  5.  Aber  En- 
nius hat  ihn :  ut  tibi  Titanis  Trivia  dederit  stir- 
pem  liberum  {Vahlen^  p.  138,  Bibb.  a.  a.  0.  p.  77), 
dazu  Varro  1. 1.  7, 16:  Titanis  Trivia  Diana  est, 
ab  eo  dicta  Trivia,  quod  in  trivio  ponitur  fere 
in  oppidis  Graecis  vel  quod  luna  dicitur  esse, 
quäe  in  caelo  tribus  viis  movetur,  in  altitudi- 
nem  et  latitudinem  et  longitudinem  (zu  dieser 
physikalischen  Erklärung  s.  Artikel  Trioditis). 

90  Lucrez  1,84  (von  der  aulischen  Artemis).  Catull 
34, 13  ff.  im  Dianahymnus:  tu  Lucina  dolenti- 
bus  luno  dicta  puerperis,  tu  potens  (s.  unten) 
Trivia  et  notho  es  dicta  lumina  Luna,  —  und 
66,  5  für  Selene  (^^  TgioÖtti?  bei  Kallimachos?). 
Virgil  Aen.  6,  13.  35.  69  (Hekate,  s.  Norden^ 
118).  7,  516.  774.  778  (Diana  Aricina).  10,537 
(Diana).  11,  566.  836  (Diana).  Tibull  1,  6,  16 
vota  norem  Triviäe  nocte  süenti  dedi,  im  Zu- 


1213  Triviae  Troia  1214 

sammenhaiipr    der    Zauberpraktiken    eher    auf  taloj?  IV  S.  95,   vgl.  Kat.  III  S.  114.      fWein- 

Hekate   zu  beziehen  (vorher  velatus  filo,  man  reich.] 

denke  an  die  Tgioöttig  in  Cliarikleides  "'AXvGig,  Trlvii  dcus  — ,  CIL  7, 163,  nach  Proceedings 

ob.  Sp.  1117,  in  magischem  xara^iöfios)  als  auf  of  the   Soc.   of  antiq.  2  (1849  —  1853),  p.  193: 

Diana,    obwohl    auch    diese    im    Liebeszauber  Mensa   vel   ara   lapidea;    Fundort:    Tretire   in 

vorkommt,   Fahz,   EGVV  2,3,3^.    Properz  2,  Herefordshire  fTretire  liegt  südlich  von  Here- 

32,10  (von  Diana  Aricina,  Dietrrich,  Kl.  Sehr.  ford]:   Dco  Trivii  Bellicus  donavit  aram.    Ge- 

347 f.).    Ovid  met.  2,  410  (Diana);    fafiti  1,  389  meint  ist  Mercurius:  s.  LofÄr.  JaÄr6.  8  (1896),  1 

(Hekate- Diana);  ea;  Powto  3,  2,  71  (Diana).  Se-  S.  77.     [Keune.J 

wcca  J^awi.  382  (Diana);  3/ed.  787  (metonymisch  10      Triziöel  (7'piftöjrjl),    guter  Dämon    der   24. 

für  luna,    Gross,   De   metonymiis   \J)iss.  Phil.  Dienstagstunde,    entgegengesetzt  dem   daijiav 

Hai.  19,  4]  323.  354).    Octavia  978  (Diana).    Pe-  FriyucaQ,  Ilygrom.  Salom.  cmgr  70,  Cat.  cod.  astr. 

tron.  frg.  20.    Val.  Flacc.  Argon.  3,  68.  321  (He-  gr.  8,  2, 151.     [Preisendanz  1 
kate).    5,  103  (Diana).    Sil.  Ital.  Fun.  13,786  trö  (Tpra),  mystischer  Name,   mit  dem  im 

(Hekate).    Statins  Silv.  3, 1,  56.  68  (Diana  Ari-  Großen   Par.  Zauberpap.  Z.  1536    die   Zmyrna 

cina);    Theb.  6,  608.  9,  586.  818.  803.  10,  505  beschworen  wird:  ort  ^^opxi'fw  as,  ZfivQva,yi(xtä 

(Diana).    Martial.  spect.  1,3  (Artemis  in  Ephe-  töav  xquov  ovo^drav  'Avoxw,  'Aßgaad^,  Tgat. 
sos).    5,1,2.  6,47,3.  9,64,3   (Diana  Aricina).  [Preisendanz.] 

Tacitus  annal.  3,  62  (Hekate  in  Stratonikeia).  Trochilos  (TQOxiXog),   Sohn   der  lo,  den  sie 

Apul.  apol  31    manium  potens  Trivia  (Zauber-  20  als  argeische  Herapriesterin  zur  Welt  brachte 

göttin    Hekate).    Minuc.  Felix.   Oct.  23  (22),  5  (Kallithyessa  oder  Kallithea:    vgl.  ob.  B4.  2,1. 

{Trivia  trinis  capitibus  et  multis  manibus  horri-  264,  15  tf.,  G.  KnaacJc,  Quaestiones  Phaethonteae 

fica).    Ammian.  Marcell.  22,8,29  Triviae  lucus  {Phil.  Unters.  8,1886),  59**';  Gruppe,  Gr.  Myth. 

(am   Bosporus).    Das    anonyme    394/5    verfaßte  \V6\  kTim.)\  ^.  Schol.  Arat.lQl:  01  8s  iLv%-oX6yoL. 

Gedicht  contra  joa^rawos  nennt  v.  71  Tr.  (Hekate),  xbv  'Hvio%ov  Xiyovaiv  dvcci   al'dcoXov  .  ..  Tgoxi- 

Anth.  Lat.  4,  Baehrens  PLM  3,  290,  vgl.  Bar-  Xov  rov  KaXXid-i^ccg  naidog  ti~]g  TfQoarrjg  iv  "Agyn 

kowski,    De    Carmine    adv.   Flavianum    {Diss.  ysvofi^vTig  Isgsiag  (a.  Res.  s.  v.  7«  KccXXid'vsöOaj 

Koni gsb.  1912)  62  f.   Prudentius  c.  Sy mm.  1,369.  ag^cc  Ttgmtov  ^sv^ocvrog.     Pott,  Jahrb.  f.  class. 

2,  58  (chthonische  Hekate).    Claudian  {ed.  Koch)  Phil.  Suppl.  3  [1857— 60],  301    vermutet,  man 
10,236.  17,292.  29,141.  35,  27  (Diana).  28,  328  30  habe    in  Tr.    ein    Deminutiv   gesehen   und  ihn 

(Hekate).   Dracontius  Rom.  10, 188:  Triviam  te,  ^als  Sohn  der  den  Mond  vorstellenden  lo,  falls 

Luna  Diana.,   conßieor  perstans,  heres  Proser-  nicht  als  ein   dem  Sonnenwagen   entsprechen- 

pina  mundi;   nam   tria  regna  tenes:   tu  caelo  des  Fuhrwerk'   betrachtet  oder   als  ^Kreislauf 

Cynthia  regnas,  venatrix  terrena  micas,   capis  der  Sonne'  gedeutet.     Tr.  galt  im  argivischen 

atria  Ditis,  tempora  distribuens  regnis  et  cursi-  Heradienst  als  Erfinder  des  Wagens:    Tertull. 

bus  apta.    DracontiusnachahmeT  ist  der  Verf.  de  spect.  9 :  si  vero  Tr.  Argivus  [und  nicht  Erich- 

der  laudes  solis  {AL  398.  PLM  A,  436)  45:  Tri-  thonius]  auctor  est  currus,  primo  Junoni  id  opus 

viae,  insunt  cui  numina  mille  {■=  ^vgimvv^og?).  suum  dedicavit.     Hyg.  de  astr.  2,  13:   nonnulli 

Vita  S.  Symphosiani  bei  Boese,  Superstit.  Are-  etiam  qui  de  sideribus  scripserunt,  hunc  natione 

latenses  e  Caesario  coli.  {Diss.  Marburg  1909)  13.  40  Argeum   Trochilum  (verb.  Knaack  aus    Orsilo- 

Von   den  Epitheta  der  Tr.  ist  wichtig   potens  chum,  cod.)    nomine  primum  quadrigarum  in- 

{CatuU.  34:,  16.  Val.  Flacc.  3,321.  Apul.  apol.  31,  ventorem  esse  dixerunt  et  pro  inventione  side- 

vgl.  Virg.  Aen.  6,247  Hecaten  .  .  potentem),   es  r<^eyum  locum  possedisse ;  vgl.  Hieron.  zum  Jahr 

bezeichnet  die  ö^vvaut?  der  Zaubergöttin,  s.  Ellis  449  {Euseb.  2,  25  Seh.):  primus  quadrigam  iun- 

zu  Catull,  Norden  zur  Aeneis,  Fdhz  a.  a.  0.  35,  xisse  fertur  Trochilus;    vgl.  Preller-  Robert,  Gr. 

Abt,  RGW  4:,  2, 12ß  f.    T9^o^^r^s  wird  ja  ge-  Mythol.  1*,  168.    Tr.,    argivischer    Hierophant 

rade  in  Zauberpapyri  gefeiert  (s.  ob.  Sp.  1117).  {Gruppe,  Myth.  1889  zweifelt  an  der  Gleichheit 

Inschriftliche  Weihungen:    Dianae     Tifatinae  beider  Tr.),  floh  aus  Feindschaft    mit   Agenor 

Triviae  sacrum  aus  Capua  CIL  10,  3795,  Des-  aus   Argos  nach  Attika  und  zeugte  mit  einer 

saw3270;  SbUsKom.  {signum  Trlbiae  po-'iuit)  CIL  60  "ElenBimenii    den  Eubuleus    und   Triptolemos; 

6,  31053,  Dessau  3272;   aus  Praeneste  (^rmam  so  die  Argeiersage  bei  Paus.  1,14,2.    Vielleicht 

inlunonario)  CIL  14,2867,  Dessau  3687a.    In  stand  Tr.,  wie   sich  ""sein  Name  sonst  auf  die 

der  vielbehandelten  pompejanischen  Weihung  Einführung  von  Wagenkämpfen  bei  argivischen 

T.  D.  V.  S.  etc.  wollte  man  auch  T(riviae)  D(ea)e  Festen  bezieht'  {0.  Müller,  Kl.  Sehr.  2, 251),  auch 

ergänzen   (vgl.  die  Literatur  bei  Esperandieu,  in   Verbindung  mit  den  Agonen,   die  an  den 

Rev.  Epigr.  1,263),  doch  ist  T(ifatinae)  vorzu-  großen  Eleusinien  gefeiert  wurden,  'wie  Tele- 

ziehen,  s.  Wolters,  Sitz.-Ber.  Bayer.  Akad.  1915,  sidromos;    s.  Höfer  ob.  Bd.  4,  308,  65 f.    Zu  Tr. 

3,52.  [Weinreich.]  als  Stern:   s.  G.  Knaack  a.a.O.  60,  der  Herme- 

Triviae   s.  oben  Bd.  4 ,  Sp.  1  ff.    Quadriviae  sianax  als  Darsteller  des  Katasterismos  von  Tr. 

(Biviae,    Triviae)    {Ihm).    Neuere    Zusammen-  60  annimmt;    Boll,  Sphaera  111;    Rehm,  Realenc. 

Stellungen  bzw.  Einzelmaterial:  Toutain,  Cul-  8,  l,28lf.     [Preisendanz.] 

tes   paiens   1,327  f.    Riese,    Das    Rhein.   Ger-  TroehU  {Tgoxig).  '^Sbch  Schol.  Lykophr.  14:71 

manien  i.  d.  antik.  Inschriften  293  nr.  2672 ff.  (p.  397,25  Scheer)  Name  des  Boten,   der  dem 

353    nr.  3477  ff'.  358   nr.  3537/8.    Dessau  9270,  Priamos  die  Weissagungen  der  Kassandra hinter- 

vgl.    Index    s.   v.     Bildliche    Darstellung    der  bringt;   nach  anderen  ist  tgoxtg  =  ayysXog  zu 

Wegegöttinnen   mit  Beischrift  BIBIE  TRIBIE  verstehen.     [Höfer.] 

QVADRVBIE    auf   einer   Schüssel   aus  Rhein-  Troia.  personifiziert  als  Mutter  der  homeri- 

zabern:    Ludovici,   Römische   Ziegelgräber  Ka-  sehen    Gesänge,    Riese,   Anthol.   nr.  725    v.  38. 


ö 


1215                       Troüos  TVöilos                       1216 

Poet.  Lat.  min.  ed.  Bctehretut  S.  61  v.  88.  1  v\«  iieu  Weg  meist  gegen  Sonnenuntergang  an- 
Knickenberg,  Hermes  27  (1892),  S.  147  v.  38  treten,  so  klingt  JMos  Angabe,  daß  Achill  diese 
i$.  160,  V.  38  S.  149.  [Höfer.]  Abenteuer  aus  dem  Hinterhalt  gerne  Nachts 
Troilos  {TqioIXos)j  1)  Name  eines  halbmythi-  unternahm  (wie  schon  betreffs  Lykaons  ÄpoU. 
sehen  Begleiters  Hesiods,  Plut.  Mor.  p.  162 d.  Epit.  3,31  nach  den  Kyprien  berichtet),  auf 
I  897,  20  B.  Certam.  H.  et  H.,  Z.  235  lizach.  das  richtige  Maß  zurückgeführt,  recht  einleuch- 
Die  Leiche  des  beim  Lokrischen  Oinoö  Krschla-  tend.  Bei  der  kurzen  Dämmeiaing  und  rasch 
genen,  in  den  Fluß  Daphnos  geworfen,  wurde  hereinbrechenden  Nacht  des  Südens  konnte 
von  der  Küstenbrandung  an  eine  Klippe  ge-  Achill  leichter  den  zu  Hilfe  eilenden  Troern 
spült,  die,  angeblich  davon,  den  Tr.- Namen  lo  (s.  unten)  entkommen.  Achill  ist  dabei  stets  zu 
führte.  Eine  Üoertragung  vom  troischen  Epos  Fuß,  um  sich  nicht  durch  das  (Jeräusch  des 
nr.  2)  hierher  ist  nicht  anzunehmen,  eher  das  Wagens  zu  verraten.  Sein  Beiwort  der  'schnell- 
mgekehrte.  Auch  Patroklos  ist  bei  den  Lo-  füßige'  hat  man  geradezu  auf  das  Tr.-Aben- 
krern  (den  opuntischen)  zu  Hause;  auch  an  die  teuer  bezogen:  WUamowitz ,  Herrn.  34  (1899), 
Opferhandlungen  der  Lokrer  nach  llion  zur  614.  Er  konnte  also  gar  nicht  daran  denken, 
Sühne  für  Kassandra  ist  zu  erinnern.  Einen  sich  des  Leichnams  zu  bemächtigen,  um  erst 
lokrischen  Apollo  des  Namens  Trös  aus  Tr.  auf  Vermittelung  der  Götter  (so  Klein,  Luckenb. 
herzuleiten  {Gruppe  90),  ist  noch  kein  Anlaß,  607)  davon  abzustehen.  Eigentlich  hatte  er 
Doch  der  Name  der  Troer  würde  allerdings  von  es  wohl  darauf  abgesehen,  den  regelmäßig 
seiner  primären  Bedeutung  verlieren.  Mit  Tlos  20  ausreitenden  Königssohn  zu  fangen  und  mit- 
bringt ihn  WUamowitz,  Ilicis  u.  Hom.  337  zu-  samt  den  wertvollen  Rossen  (vgl.  Hom.  E  222) 
sammeu,  wohl  wegen  der  lykischen  Verwandt-  davonzujagen.  In  der  Wut  des  Mißlingen»  haut 
Schaft.  Über  die  Nordwärtsbewegung  von  dort-  er  den  Knaben  in  Stücke  —  den  iicccxccXiOfioe 
her  8.  1015,23.  1123,48.  Nach  Süden  weisen  kennt  Soph.  fr.  ö66j\^*;  s.  Bohde,  Psyche^  1, 
die  Priamossöhne  Mylios  {Apd.bibl.  3, 12,  6)  und  324  —  und  schleudert  den  Feinden,  von  denen 
Gergithion  ebd.  {GergiOiieVy  Strab.  589),  sowie  er  sich  plötzlich  bedrängt  sieht,  das  Haupt  vor 
Aineas'  Bruder  Lymos  {ebd.  12,  2)  mit  der  Wort-  die  Füße  (Abb.  2).  Dies  eine  Kraßheit,  die,  bei 
bildung  Lymessos,  vgl.  auch   Strab.  667.  676.  Hom.  N  200  ohne  ähnlich  zwingende  Motivie- 

2)  Jüngster  S.  des  Priamos  von  der  Hekabe,  rung  nachgebildet,  die  Existenz  des  Tr.-Aben- 
Apd.  bibl.  3,12,5,7  (151);  wertlos  Myth.  Vat.  30  teuers  im  vorhomerischen  Liede  laut  bezeugt: 
1,204  mit  veränderter  Reihenfolge.  Nach  man-  Bobert,  Studien  z.  Ilias  110.  407.  444.  Bei  der 
chen  S.  ApoUons  Apd.,  Lykophr.  307  Scholl.  Verfolgungsszene  ergeben  die  Vasen bilder  noch 
Zwillingsbruder  der  Kassandra  Schol.  Hom.  Z  49.  nähere  Umstände  für  das  Epos.  Niemals  schwingt 
In  A  255  beklagt  Priamos  den  Verlust  seiner  Achilleus  den  Speer*),  um  mit  einem  Wurfe,  wie 
tapfersten  Söhne  Mestor,  Tr.,  Hektor.  Das  dor-  er  von  der  Bühne  aus  allenfalls  sich  ergab,  die 
tige  Beiwort  innio%äQyi.rig  bezeichnet  nach  Äri-  Flucht  von  Reiter  und  Rossen  zu  hemmen,  zwei- 
starch  z.  Stelle  {L^irs^  190)  den  streitbaren,  zu  mal  setzt  er  ihn  sogar  vor  dem  Laufe  ab :  Bildw. 
Wagen  kämpfenden  Mann,  eine  Vorstellung,  A  2.  Wenn  er  trotzdem  den  Flüchtling  erreicht, 
die  nur  von  ganz  späten  Schriftstellern  (unten)  so  dankt  er  dies  nicht  seiner  Schnelligkeit  oder 
wieder  aufgegriffen  wird.  Sonst  herrscht  all-  40  der  geringen  Distanz,  sondern  ein?:ig  den  deut- 
gemein nach  Vorgang  der  Kyprien  [Prokl.  u.  lieh  markierten  Hemmnissen  des  Felsbodens 
Epit.  Apd.  3,  32)  das  Bild  des  Knaben  oder  (ob.  Bd.  3,  2,  Sp.  2731  Abb.  7,  vgl.  dort  Abb.  2), 
Epheben,  der  von  Achill  aus  dem  Hinterhalt  wo  das  Reitpferd  zu  Falle  kam  (das  zweite 
überfallen  und  getötet  wird,  und  zwar,  darüber  hat  sich  bei  der  Flucht  losgerissen,  oder  wurde 
belehren  uns  die  jBildwerke,  wie  er,  die  Wasser  losgelassen):  dort  wie  in  den  Bildwerken  be- 
holende Polyxena  begleitend,  die  Pferde  zur  dient  sich  Achilleus  ausnahmslos  des  Schwertes ; 
Tränke  reitet;  die  Verfolgung  des  Fliehenden  vgl.  unten  Bares,  bei  dem  die  einzelnen  Um- 
kennt Schol.  Sl  257.  Gleich  der  Gefangennahme  stände  in  der  Situation  nicht  mehr  begründet 
Lykaons,  dem  Raub  der  Rinder,  die  Aineas  als  sind.  Viel  enger  als  man  meint,  schloß  sich 
Hirt  mit  Lebensgefahr  verteidigt,  gehört  das  50  Sophokles  an  das  Epos  an,  von  dem  erotischen 
Tr.- Abenteuer  durchaus  in  eine  der  frühen  Momente  abgesehen.  'EvtevQ-Bv^  fahren  die  obi- 
Phasen  des  Krieges  mit  seinen  &xQoßolL6fioi  gen  Homerscholien  zu  Sl  257  fort,  UoipoxXiis 
(Plänkeleien)  xal  xXansiat^  wo  die  troische  iv  Tg.  cpriölv  wbxbv  ^  6%8vd-fivai  vn  k^iXUag 
Bevölkerung  sich  noch  hie  und  da  heraus-,  irniovg  yv^vcc^ovtcc  Ttaga  xb  Ov^ißgalov  xai 
das  Griechenheer  sich  noch  nicht  recht  an  die  &7to&ccv8lv.  Nach  Eustath.  p.  1480  ov  (paaiv 
Veste  heranwagt;  so  Bio  Prus.  XI  77,  der  trotz  innov?  yv(ivd^ovra  Xoyxj}  tcbobIv  'bn'  'Ai-  schreibt 
seiner  abstrusen  Tendenz  hier  einige  gute  Ein-  Lehrs  a.  a.  0.  XoYxsvd^fjvca.  Die  meisten  lesen 
zelheiten  beisteuert.*)  Schon  darum  waren  in  mit  Welcker  Xoxsvbfivai;  dem  Sprachgebrauch 
späterer  Literatur  die  Versuche,  aus  dem  Aben-  der  Scholl,  entspricht  mehr  Xoxri^f}vaL  {Maaß, 
teuer  einen  regelrechten  Wagenkampf  zu  ma-  60  Klein).  Sehr  oft  liest  man,  Soph.  habe  die  Rolle 
chen,  verfehlt;  sie  wurden  auch  dem  Märchen-  der  Polyxena  beseitigt,  obwohl  längst  aus  fr. 
Charakter  der  Episode,  wo  die  Königstöchter  564  JV.-  erkannt  war  (0. /a/in),  daß  beide  dort 
noch  Wasser  holen,  nicht  gerecht.  Da  die  Frauen  zum  Brunnen  gingen.  Am  wenigsten  Recht  zu 
im  warmen   griech.  Orient   solchen    oft   recht  jener  Auffassung  geben  die  rotfig.  Vasen,   die 

schon    damals    chronologisch    sich    nicht   dazu 

.   ,,        .  j    , ..-    '  i'  1                  .         j      '  schickten:  heute  wissen  wir,  daß   sie   nah   an 

•    *)  Afan  würde  §77  tu  dt  Xomov  erwarten  und /povov  ov/"xv^jx.;tii ,    u^uvu    ttxo«v.              , 
gern   fQr  einen  Fehler  (ans   dem   -vorangehenden   tojtov) 

halten.  *  LaJborde  I  18,  Reinach,  Rep.  II  179,3  zählt  nicht. 


1217                      Troilos  Troilos                      1218 

das  6.  Jahrh.  oder  darüber  hinaus  reichen.  Eine  4,1)  übertreibend  in  prtrnis  putritiae  annia. 
geringe  Neuerung  des  Soph.  (s.  aber  Hildw.  B)  Es  trat  aber  einmal  der  Zeitpunkt  ein,  wo  man 
liegt  in  dem  Rossetummeln;  die  Lokalität  des  diese  Knabenabschlachtung  und  den  ganzen 
Thymbrüischen  Apoll  scheint  mehr  &nb  %oivov  Überfall  unerträglich  fand  und  eine  Kampf- 
gemeint und  das  kykl.  Epos  mit  anzugehen,  s/ene  viel  späterer  Jahre  erfand,  auch  um  Aus- 
wenn man  der  Apollod.  Epit.  Vat.  irgend  trauen  gleich  mit  Homer  il  herzustellen.  Das  war 
darf  (s.  unten).  Die  Va.senbilder  für  nich  allein,  mindestens  noch  vor  Menander,  dem  Plautus 
sf.  wie  rf.,  könnten  irreführen,  insofern  sie  ent-  Bacchid.  954  folgt,  und  vor  dem  griech.  Vor- 
weder  die  Quelle  oder  das  Heiligtum,  niemals  bild  von  Enniua'  Andromeda  {Kiessling,  Ind. 
beides  bringen;  wie  leicht  wäre  es  einem  Bry-  lo  schol.  Gryph.  1878,  16.  liobert,  B.  m.  L.  126). 
gos  (Abb.  3)  gewesen,  statt  der  dürren  Bäume  Es  heißt  jetzt,  dem  Orakel  zufolge  werde  Troja 
Palmen,  statt  eines  der  troischen  Krieger  einen  nicht  fallen,  wenn  Tr.  das  20.  Lebensjahr  er- 
Altar zu  malen.  Indessen  die  vielsagende  Bolle  reichte;  zwei  andere  Bedingungen  des  Falle« 
des  Raben,  der  wie  die  Krähe  oder  der  Rabe  sind  der  Raub  des  Palladiums  und  die  Zer- 
im  Koronismythus ,  dem  Apollo  sicher  die  Störung  des  Skäischen  Tores  (durch  das  höl- 
Schandtat  künden  wird,  dazu  der  Apoll  zerne  Pferd).  Obzwar  nicht  jeder  die  Reihen- 
neben dem  Brunnenhaus  auf  der  Klitiasvase  folge,  in  der  Plautus  die  drei  Momente  anführt, 
können  uns  eines  Besseren  belehren.  Natur-  für  unbedingt  bindend  erkennen  mag  —  Serv. 
lieh  ist  mit  dieser  örtlichkeit  noch  nicht  ge-  A.  2,13  stellt  den  Troilos  voran  — ,  so  war 
sagt,  daß  Achill  auch  dort  —  schon  im  Epos  —  20  jedenfalls  Tr.s  Tod  damit  um  10  Jahre  hinans- 
seinen  Tod  finden  mußte  (s.  Bobert,  Bild  u.  gerückt,  nach  Hektors  Tode,  und  eine  acht- 
Lied  126).  Anders  im  Drama.  —  Zu  warnen  bare  Motivierung  gewonnen.  Bobert  a,  a.O.  ist 
ist  hier  vor  der  Verwechselung  der  im  Epos  nicht  abgeneigt,  die  Quelle  in  der  Kl.  Ilias 
bezeugten  Todesstätte,  des  Skäischen  Tores,  zu  suchen,  wo  die  2.  und  3.  Begebenheit  in 
welches  an  der  Nordseite  der  Stadt  lag,  mit  der  Tat  vorkamen.  Doch  erheben  sich  große' 
Thymbra  weit  im  Süden  der  Ebene  (s.  unten);  Bedenken  gegen  das  seit  0.  Jahn  angeführte 
s.  B.  Wagner,  Bh.  M.  46  (1891),  401.  Bares  34  Vasenbild  (unten  D).  Und  gegenüber  einer 
in  fano  Ap.  Th.  quod  est  ante  portam.  —  Wie  so  ernsthaften  Überlieferung  hätte  der  Tragi- 
sich  der  Gang  der  Dinge  bei  Soph.  gestaltete,  ker,  trotz  der  Kyprien,  einen  schweren  Stand 
ist  der  späten  Fouldschen  Vase  (Abb.  4),  und  30  gehabt.  Die  sonstige  Literatur  versagt  hier  bis 
den  etrusk.  Urnenreliefs  ungefähr  zu  entneh-  weit  über  die  klassischen  Zeiten  der  Griechen 
men;  s.  Deutsche  Lit.-Ztg.  1920,  nr.  33,  S.  525fF.  und  Lateiner  hinaus.  Seneca  Ag.  784  te  —  ni- 
Konnte  Soph.  die  Mitwirkung  der  Polyxena  mium  cito  congresse  Achilli,  Troile,  und  noch 
nicht  entbehren,  schon  weil  bei  dieser  Gelegen-  viel  deutlicher  die  vier  Verse  des  Ausonius  78 
beit  und  nur  da  Achill  das  Mädchen  kennen  XVIII  ed.  P.  schließen  sich  durchaus  an  Vii'gil 
lernte,  das  er  dann  lebend  und  tot  für  sich  A.  1,469  ff.  an,  auf  den  hier  alles  ankommt 
forderte,  so  war  damit  auch  der  weibliche  Chor  {Bh.  M.  8, 137  ergibt  nicht  viel).  An  dem  Tem- 
der  Wasserträgerinnen  gegeben.  Hör.  C.  2,  9,  15  pel  der  Dido  sind  zwei  Szenenpaare  als  Pen- 
nec  impubem  parentes  \  Troilon  aut  Phrygiae  so-  dants  erkennbar:  a)  die  troischen  Frauen,  die 
rores  \  flevere  semper.  Vgl.  die  Nebenseiten  des  40  der  Athena  den  Peplos  bringen ,  b)  Priamos 
Mantuaner  Sark.  Bob.  IT  13  a:  a)  Tr.s  Tod,  bei  Achill ;  eine  supi^Z/ca^iO  hier  wie  dort.  Dann 
b)  die  trauernden  Schwestern,  und  Hekabe.  a)  Wegführung  der  Rhesosrosse,  b)  Troilos" 
Auch  der  den  Tr.  begleitende  Eunuch,  fr.  563,  Tod.  Der  Jüngling  ist  waffenlos,  ganz  wie  in 
einer  von  der  Leibwache  (fr.  577),  der  dem  den  uns  geläufigen  Bildern.  Woher  weiß  der 
jungen  Herrn  den  schweren  troischen  Mantel  Dichter,  daß  er  Waffen  gehabt  (amisszs)?  Pan- 
(/r.  565)  nachträgt,  ist  als  Phryger  charakte-  zer  und  Beinschienen  konnte  er  nicht  verlieren: 
risiert  (Abb.  4),  Das  erastische  Element,  durch  wo  soll  der  Schild  gelegen  haben,  vorn  bei  den 
welches  hier  und  da  schon  Achills  Freundes-  Pferden?  Hinten  am  Wagen  schleifte  ja  der 
Verhältnis  zu  Patroklos  getrübt  wird  (oben  mit  den  Füßen  festhängende  Körper:  eine  Re- 
Bd.  3,  2,  Sp.  1692),  ließ  schon  Phrynichos  fr.  13  50  miniszenz  an  Hektor  (483),  in  dieser  Situation 
^\*p.  723  anklingen;  es  scheint  auch  der  Persi-  undenkbar.  Wie  leicht  hingegen  konnte  ein  nur 
flage  der  älteren  Komödie  nicht  entgangen  zu  literarisch  interessierter  Beschauer  bei  einem 
sein  {Strattis;  s.  Nauck,  Tr.  fr.^  p.  266).  Weiter  Bilde  von  der  Art  der  Euphroniosschale  die 
entwickelt  hat  es  der  Gewährsmann  ly^/^'O^/irons  zwei  Pferde  für  ein  Wagengespann  halten; 
307  m.  Scholl.  Achill  sucht  den  Tr.  vergeblich  auch  dort  ließ  sich  mit  geringer  Modifikation 
aus  dem  Heiligtum  herauszulocken,  vergewal-  der  Armbewegung  sagen:  lora  tenens  tarnen, 
tigt  ihn  und  schlägt  ihm  das  Haupt  ab.  Oder  huic  cervix  comaeque  trahuntur,  und  sogar  die 
{Serv.  Aen.  1,474)  er  lockt  ihn  durch  das  Ge-  hübscheWendung  von  dem  festgehaltenen  Speer 
schenk  von  Tauben  an  sich ,  quas  cum  vellet  gebrauchen.  Und  sollte  der  Pelide  etwa  hinter- 
tenere,  captus  ab  Achille  in  eins  amplexibus  60  dreinlaufen,  um  nach  einem  anscheinend  toten 
periit.  Letzteres  ein  Motiv,  das  später,  ziem-  Körper  zu  stechen?  oder  lief  er  gegen  die  da- 
lich  plump,  beim  Tode  Achills  gegen  diesen  herstürmenden  Pferde  an?  —  Also  keine  Spur 
selbst  zur  Anwendung  gebracht  wird:  Schol.  von  einem  wirklich  neuen  Bilde,  von  einer 
jEJwr.  ifeL  388,  Diktys  A,  10.  Bezüglich  der  AI-  wirklichen  Kampfszene.  Nichts  als  verwirrte 
tersstufe  des  Tr.  sagt  der  Sklave  bei  Soph.  Notizen,  Man  kann  zu  den  beiden  Pendants 
rbv  ccvögonaidcc  dsGitorriv  arcmlsGa,  /r.  563  JV.,  etwa  noch  bemerken,  daß  die  betr.  Troilos- 
dazu  Schol.  Pind.  P.  2,  121.  Virgil  A.l,  Alb  in-  szene  der  Meisterschalen  sich  nach  links  be- 
felix  puer,  Horaz  C.  2,  9, 16  impubem.    Diktys  wegt,    das   in    zwei  Varianten  erhaltene   Bild 


1219 


Troüos 


Troilos 


1220 


des  Rhesosabenteuera  (ob.  Art.  Rhesos  Bd.  4,  Sp. 
104  f.)  die  ent^egenffesetzte  Richtung  aufweist. 
Als  Fallung  diente  nier  das  Zelt  des  Thrakers, 
dort  die  Andeutung  des  Heiligtums. 

Erst  bei  den  späten  Autoren  der  Posthome" 
riea  hören  wir  wieder  etwas  von  einem  Kampfe. 
Ohne  nilhere  Umstände  bei  Qu.  Smym.  4, 431 
unter  Aufzählung  (155)  der  Opfer  Achills :  Tele- 
phos,  Kyknos,  Polydor,  T{}OiiXov  d-ririrov,  Aste- 
ropaios,  Ljkaon,  Hektor,  Peuthesilea,  Memnon. 
Die  Waffen  des  gefallenen,  sehr  jugendlichen 
Tr.  gibt  Thetis  4,  418  dem  jüngeren  Aias;  nach 
dem  Vorgang  einer  Dichtung,  wo  sie  Achills 
Waffen  als  Preis  der  Tapferkeit  aussetzt :  Tzetz. 
Lyk.  287;  Schol  Hom.  Ä  251.  Bei  Diktys  und 
Dares  ist  Tr.'s  Auftreten  mit  dem  des  Memnon 
verknüpft,  welches  ja  wie  das  der  Amazone 
im  ep.  Zyklus  sich  unmittelbar  an  die  Ilias, 
also  Sl  [B.  oben),  anschloß;  nicht  ohne  bestän- 
diges Anklingen  alter  Motive.  Bei  Diktys,  Phi- 
lostrats Zeitgenossen  (Bethe,  Herrn.  52  [1917], 
618  ff.),  tötet  Achill  den  Hektor  aus  dem  Hinter- 
halt, 3, 16.  Lykaon  und  Tr.  werden  von  Achill 
gefangen  und  auf  dessen  Befehl  geschlachtet, 
4,9,  der  selber  einige  Tage  darauf  durch  Meu- 
chelmord fällt.  Bei  Dares  ist  Tr.  nach  Hek- 
toM  Tod  der  heldenhafte  Anführer,  er  ver- 
wnndet  den  Achill;  aber  (33):  equus  vulneratus 
corruit,  Troilum  implicitum  excutit.  Achill  eilt 
herbei  und  tötet  ihn  mit  dem  Schwerte;  vgl. 
Bildw.  A  3,  B,  C.  Große  Trauer  um  Tr.  und 
Memnon,  herrliche  Grabmäler  für  jeden  der 
beiden;  ähnlich  Diktys.  Vgl.  auch  Tzetz.  u.  Ma- 
lalas,  Scheer  Lyk.  2  zu  807;  dort  ist  Tr.  jung, 
aber  yaXäyxQovg  xal  ßccd'vyivBiog. 

Das  Grabmal  (Abb.  1)  mit  der  Pfeilerauf- 
ßchrift  TPßlAO  —  nur  die  weibl.  Figuren  sind 
stark  ergänzt,  s.  Reinach,  Peint.  d.  vas.  p.  101 
mit  Lit.  —  stellt  sich  dem  bekannten  Oedipus- 
grab,  Robert,  Oed.  2  ff.,  an  die  Seite  und  muß 
seit  Soph.  in  der  Literatur  vorgekommen  sein. 

Gleichwie  dort  han- 
delt es  sich  gewiß 
um  freie  Gestaltung 
eines  wirklich  exi- 
stierenden Heroen- 
grabes ,  eine  Tat- 
sache ,  woran  sich 
nichts  ändert,  wenn 
die  Oedipusverse 
auf  andere  Heroen 
übertragen  wurden, 
oder  ein  Vasenbild 
{MiUingen  18)  dem 
Phoinix,  ein  ande- 
res dem  Idas  {Tisch- 
hein 4,  7, 19,  Inghi- 
rami,  Mon.  Etr.  5, 
31)  ein  ähnliches 
Pfeilergrab  zuer- 
teilt. Man  kennt  das 
ÄomerischeGrabmal 
des  Ilos  nördl.  von 
der  Stadt,  das  des 
Laomedon  am  oder 
im   Skäischen   Tor, 

Abb.  1.    Von  einer  Kaipia  im      Serv.  A.  2,  13.    Wa- 
LouYTe;nachlft7Kn^«i,D.coK.l7.     rum   sollte  nicht  in 


Thjmbra  ein  solches  existiert  haben.  Auf  die 
Tumulusform  des  ßonfiög  einer  sf.  Vase  (Bildw. 
A  3)  ist  gar  kein  Gewicht  zu  legen.  Wenn 
jedoch  Lykophr.  307  sagt:  xagaToy-ri^fsls  tvn(iov 
aifid^sig  nccrgog  (d.  i.  Apolls),  so  hilft  uns  des 
Schol.  bereitwillige  Erklärung  =  ßw^ov  nicht 
über  den  Verdacht  hinweg,  Lyk.  habe  seine 
Kenntnis  von  einem  wirklichen  Grabmal  an- 
deuten wollen. 

10  In  der  Sage  selbst  müßte  die  enonne  Ent- 
fernung auffallen,  die  Thymbra  (s.  die  Karte 
b.  Dörpfeld,  Iroja-Il.  Taf.  I)  von  dem  Griechen- 
lager trennt,  wenn  dieses  am  Hellespont,  bei 
Kum  Kal^,  gesucht  wird.  Aber  diese  letzte  An- 
nahme hat  sich  nicht  bewährt:  s.  Brückner, 
Arch.  Änz.  1912,  616.  Von  Achills  Lager  wenig- 
stens ist  es  jetzt  erwiesen,  daß  es  ursprüng- 
lich nicht  am  sog.  Achilleion  bei  Kap  Sigeion, 
sondern  viel  weiter  südlich  anzusetzen  ist,  an 

20  der  Besikabay,  mit  Besika-Tepeh  als  echtem 
Grabhügel  des  Achill  (im  Sinne  der  troischen 
Sage).  Von  den  dortigen  Höhen  aus  (vgl.  Hom. 
T  189)  konnte  Achill  das  Ausreiten  des  Konigs- 
sohnes  leichter  beobachten  und  Thymbra  ra- 
scher erreichen  als  von  dem  diametral  ent- 
gegengesetzten Nordkap.  Sage  und  Kunst  rücken 
die  Lokalitäten  natürlich  noch  viel  enger  an- 
einander und  nehmen  an,  daß  man  von  der 
Burg  aus   die  Untat   gewahren   konnte   (ohne 

80  damit  übrigens  die  späte  Tageszeit  auszu- 
schließen). —  Wir  haben  die  Thymbräische 
örtlichkeit  in  der  den  Proklos  ergänzenden 
Epitome  unangetastet  gelassen  und  damit  hof- 
fentlich ein  integrierendes  Element  des  vor- 
JiomeriBchen  Liedes  gerettet.  Man  kann  mit 
der  Annahme  von  Interpolationen  (z.  B.  aus 
der  Ilias)  bei  diesen  Exzerpten  nicht  vorsichtig 
genug  sein.  R.  Wagner  selber,  dem  verdienst- 
vollen Entdecker  der  Epitome,  der  diese  Mah- 

40  nung  für  die  Epit.  ausspricht,  Rh.  M.  46,  402, 
ist  es  begegnet,  Ep.  301,  in  einer  richtigen 
Kyprienp&Ttie  der  praef.  Borhonica  §  8  p.  298, 
den  dortigen  Troilos  für  den  homerischen  zu 
nehmen. 

Bildwerke. 

A.  Seh warzfigurige  Vasen,  l.  Achill,  dem 
Tr.  auflauernd.  Mit  sichtlichem  Vergnügen 
haben  die  archaischen  Topfmaler  dargestellt, 

50  wie  der  gewappnete  Held  (meist  rechterseits) 
hinter  dem  Brunnen  hockt,  sprungbereit,  und 
von  der  anderen  Seite  her  ahnungslos  Polyxena 
zum  Wasserschöpfen  sich  anschickt,  während 
der  Knabe  heranreitet,  mit  einem  zweiten  Pferd 
neben  sich;  dieser  stets  unbewehrt  bis  auf 
kurzen  oder  langen  Stab  oder  Speer  (1—2;. 
Dem  Mangel  eines  wirklich  deckenden  Ver- 
steckes, der  fast  drollig  wirkt,  suchen  manche 
durch   einen  Baum  oder  Busch  nachzuhelfen. 

60  Den  Brunnen  bildet  ein  schmales  pfeilerartiges 
Felsstück  oder  eine  Säule  mit  Löwen-  oder 
Pantherkopf  oder  einfacherem  Wasserspeier; 
selten  ein  aufgemauerter  Pfeiler.  Das  kleine 
Quellhaus  des  'kyrenischen'  (spartan.)  Deinos 
ist  eine  Ausnahme  (ob.  Bd.  3,  2,  Sp.  2726,  Abb.  3). 
Erhöhten  Felsboden  beim  Felsenquell  bietet 
unter  der  kauernden  Figur  Brit.  M.  B  324  (ob. 
Bd.  3,  2,  Sp.  2726,  Abb.  2,  vgl.  7)  nicht  ohne 


12^1                       Troilos  Troilos                        1:^22 

Nebenabsicht.  Als  einen  weseiitlicin'ii  lieblaiui-  aiclith  aui  linnnicn  /.n  schatten  haben;  eine 
teil  darf  man  den  Haben  auf  dem  IJriinneii-  Frau  mit  Gefäß  ist  ihm  zugekehrt.  Von  drüben 
pfeiler  ansehen,  welcher  die  Ankömmlinge  leb-  her  (r.)  marschieren,  sehr  unzeitig,  troische 
haft  anzukrächzen  scheint.  Ganz  selten  sitzt  Krieger  auf:  a)  das  obige  Frgmt.  Man.  Piot 
er  von  ihnen  abgekehrt,  lirit.  M.  B  324,  oder  XVI  119,  b)  Ä.  ZUj.  18:^0,  228,  c)  Overbeck 
wendet  den  Mals  um,  Karlsruhe  186  (undeut-  Taf.  XV  2.  —  Das  eine  wie  das  andere  Zusätze, 
lieh  abg.  Gerhard,  Klr.  u.  C.  V.  E  9,  besser  die  erst  in  der  Verfolgungs-  und  Kampfszene 
Weltery  Baust,  z.  Arch.  I,  1920,  Taf.  6,  14).  E^-  einen  Sinn  haben  und  von  da  eingedrungen 
füllt  so  vortrefflich  die  Stelle  über  dem  Pfeiler,  sind  {Sehn.  120).  Man  wird  tinden,  daß  die 
der  in  voller  Bildhöhe  aufgeführt,  das  Ganze  lo  Götter  stets  von  links,  die  Troer  von  rechts 
entzweischneiden  würde,  daß  man  ihn,  Ursache  kommen,  also  so,  wie  es  nicht  dieser,  sondern 
und  Wirkung  verwechselnd,  als  rein  dekorativ  der  nächsten  Szene  entspricht.  Klein»  (226) 
betrachtet  hat  (6'o>J2^,  J^wde/i?>rtc'7j  601):  zuviel  Idee  von  einer  ausgedehnten  Komposition  be- 
Luxus für  eine  mit  wenig  Mitteln  viel  sagende  stätigt  sich  also  nicht,  wie  auch  nicht  die 
Stilgattung.  Der  offenbar  warnende  Wächter  übertrieben  hohe  Meinung  von  dem  Alter  des 
und  Bote  ApoUons  deutet  (vgl.  ob.  Sp.  1217)  auf  Timonidas  (nach  Brunn,  Probl.  ^1):  vgl.  den 
die  Nähe  des  Heiligtums  und  ist  nicht  bloß  Pinax  b.  Buscfwr,  Gr.  F.-,  Abb.  45.  —  Eine 
aprioristisch  (Welcher,  A.  Schneider)  der  alten  originelle  Wendung  bietet  die  Wiener  Hydria 
Erzählung  mit  Wahrscheinlichkeit  zuzuweisen ;  {Klein  e  =  p!),  Anii.  d.  1.  1866  li.  Masner, 
denn  andere  Zeugen  sind  nicht  da,  umdieSchän-  20  Ost.  Mus.  221,  mit  einer  nackten  Jünglingsfigur, 
düng  des  Temenos  zu  melden.  Mit  dem  fliegen-  die  dem  Tr.  mit  erhobener  Hand  entgegentritt 
den  Raubvogel  (auf  dem  ""Kyr.'  Deinos,  A.  Ztg.  und  in  die  Zügel  fällt.  Es  ist  {Luckenbach 
1881,  Taf.  12,  dem  alt-attischen  Deinos- Frgmt.  602  kam  dem  schon  nahe)  kein  anderer  als 
Mon.  Piot  XVI  p.  119,  der  korinth.  Schale  in  Apoll  (vgl.  Fran9oi8vase),  welcher  warnend  er- 
Würzburg  Urlichs  Beitr.  z.  K.  Taf.  7)  hat  der  scheint  —  ganz  im  Geiste  des  Epos  — ,  wenn-" 
Rabe,  wie  gegen  Schneider  115  zu  bemerken,  gleich  er  den  Frevel  anderen  Göttern  gegen- 
nichts  zu  schaffen.  Niemand  würde  den  Vogel  über  nicht  hindern ,  sondern  höchstens  später 
Apolls  in  solcher  Füllfigur  erkennen  (München  ahnden  kann.  Man  hat  sich  viel  mit  den  In- 
89  ist  wertlos).  —  Auffallend  häufig  ist  statt  der  Schriften  dieses  Gefäßes  beschäftigt,  doch  nicht 
einfachen  Stufe  zum  Aufstellen  des  Wasserkruges  30  bemerkt,  daß  der  von  r.  kommende  Troer  nicht 
ein  breit  ausladendes  Becken  gemalt,  einwärts  (Döaxog,  sondern  einfach  (AEI)<t>OBO$  hieß;  vgl. 
gewölbt,  mit  höherem  oder  niederem  Sockel,  Bildw.  D  u.  A  3.  Am  Brunnen  hat  dieser  Ma- 
oder  ohne  solchen:  a)  korinthisch:  Timonidas-  1er  einen  metallisch  konstruierten  Untersatz 
flasche  (Athen;  Collignon  nr.  620),  Athen.  Mitt.  kopiert,  doch  ohne  das  Becken:  s.  Gerhard,  A.V 
1895,  T.  VIII,  ältere  Abb.  fehlerhaft,  so  auch  B.  I  185  (Louvre  E  703),  eine  italisch-jon.  Am- 
ob.  Bd.  3,  2,  Sp.  2724,  und  ^)  Kännchen,  Mus.  de  phora,  die,  selber  voller  Mißverständnisse,  Szene 
VAlgerie  VIII,  1  Taf.  23,3 — 4;  y)  attisch?:  Over-  1  u.  2  verquickt.  Manchmal  sind  einzelne  Krie- 
beck,HG.l2d.XV^\d)0verbeck'V?ii.^Y^.Ger-  ger,  die  man  früher  sogar  benannte,  an  der 
hard,  Et.  u.  C.  V.  E  12.  Zugrunde  liegt  überall  Ecke  eingefügt,  noch  störender  in  der  Mitte, 
das,  was  man  in  unverkümmerter  Form  auf  40  so  auch  Brit.  M.  B  640,  einer  weißen  Lekythos, 
der  Phineusschale  findet:  Furtwängler-B.  41,  die  übrigens  schon  auf  dem  Niveau  der  rotf. 
Perrot-Ch.  9,  p.  539,  also  mit  der  vertieften,  in  Malerei  steht;  dies  auch  bezügl.  der  Erscheinung 
Sektion  gezeichneten  Fußplatte  zum  Aufneh-  des  Tr.,  der  hier  losen  (?)  Chiton  trägt,  sonst  in 
men  der  überlaufenden  Flüssigkeit,  wie  sie  für  den  sf.  Stilen  nackt  ist,  selten  anliegenden  kur- 
die  hohen  korinthischen  Kratere  geschaffen  zen  Chiton  (rot)  trägt;  eine  Art  Stephane  auf 
war.  Offenbar  ist  die  Heimat  des  ganzen  Bild-  der  Xenoklesschale,  Petasos  im  Nacken,  Berlin 
typus  in  eben  jener  Richtung  zu  suchen,  wo  1966,  in  die  Chlamys  gehüllt  auf  später  Schale, 
die  zwei  Rosse  in  verschiedener  Farbe  sich  Paris,  Bibl.  Nat.  (Gab.  d.  med.)  ed.  De  Bidder 
ganz  anders  voneinander  abhoben  (vgl.  die  330  =  Sehn.  124, 1.  —  Einige  Male  ist  die  Szene 
Würzburger  und  die  Xenoklesschale,  Szene  2)  50  unvollständig,  ohne  den  Reiter,  und  ist  dann 
und  besonders  hübsch,  wenn  das  zweite  Pferd  mit  Tydeus  und  Ismene  verwechselt  worden: 
sich  zum  Trinken  vorstreckte.  In  letzterer  Hin-  Karlsruhe  186,  ob.;  Brit.  M.  542;  Athen,  Col- 
sicht  gehört  die  lakonische  Vase  (oben)  eng  mit  lignon  9684  (vgl.  Petersburg  1588  rotfig.).  Achill 
der  Hydria  Overbeck  XV  2  zusammen,  die  nur  fehlt  z.  B.  Brit.  M.  B  542. 

die  traditionelle  Richtung  der  Szene  umdreht.  Der  Timonidasvase  ähnelte  in  der  Kompo- 

Anderseits  kehrt  von  Overbeck  1  das  Mädchen  sition  das  einzige  chalkidisc he  Stück:  Frgmt. 

(nach  links)  mit  Krug  auf  dem  Kopf  (vgl.  Ti-  in  Reggio  Cal. ,  Böm.  Mitt.  9  (1894) ,  290,  Pe- 

monidas)   an  dem  korinthischen  Kännchen,  /S,  tersen,  vgl.  Stiidniczka,  A.  Inst.  1^^Q.,2Q^  X.1V6, 

wieder,  und  hat  dort  sogar  den  Brunnenpfeiler  Heinemann,     Landsch.    Elemente     34;     Phot. 

verdrängt.   Diese  zweite  Wasserträgerin  gehört  60  in    Loeschckcs    Apparat   Berl.    ün. :    Polyxena 

wohl  schon  zu  den  Erweiterungen,  die  der  sich  umwendend,  auch  hier  viel  größer  als  der 

Typus  früh   erfährt:    seltener   noch   geschieht  Bnider,  der  zu  Fuß  ist  und  die  Pferde  jedenfalls 

es   durch  weitere  Frauen;   andererseits   durch  führte;  zwei  Pfeiler,  Löwenkopf,  Zweige.    Man 

Schutzgötter  Achills,  Thetis  (s.  Schneiders  Ta-  liest  TPOCIUO  und  /HE^,  das  Zweite  Rest  von 

belle  S.  123),  Hermes,  einen  älteren  Gott,  Over-  POUV   Ef^H  mit  verschriebenem  |.   Den  Namen 

beck  Taf.  XV  2.    Diese  Götter  waren  auch  wohl  des  Mädchens  kennt  man  sonst  nur  durch  die 

für  die  deplacierte  Menschengruppe  bei  Timo-  Fran9oisvase. 

nidas  maßgebend,  Priamos  und  Gefährten,  die  2.  Tr  von  Achill  verfolgt.  Nach  r.  galop- 


1223 


Troilos 


Troilos 


1224 


piert  der  jugendliche  Reiter,  öfter  umblickend, 
ohne  Gejr^nwehr.  Achill  eilt  in  weiten  Sprüngen 
nach,  mit  allen  Waffen,  wenn  er  nicht  Schild 
und  Speer  links  abgesetzt  hat  (Berlin  1895, 
oben  Bd.  3,  2,  Sp.  2781,  Abb.  8  und  von  gleicher 
Werkstatt  I^ipzig  Univ.  T  49).  Polyxena,  ent- 
fliehend, hat  ihre  Stelle  vor  den  Rossen,  damit 
nicht  (so  WeldKr,'  Jahn)  die  Verfolgung  ihr 
SU  gelten  scheine;  der  Krug,  der  ihr  entfallen 
ist,  liegt  unter  den  Pferden,  manchmal  ge- 
borsten, noch  seltener  mit  ausströmendem  Was- 
ser. Auch  hier  in  der  Regel  keine  Beischriften. 
'Achileus',  Xenoklesschale,  oben  Bd.  8, "2,  Sp. 
2780,  Abb.  6.  Dieser  Bildtjpus  —  nicht  minder 
scharf  als  der  1.  geprägt  —  ist,  so  bemerkte 
Loeschcke,  A.  Ztg.  1876,  118,  einer  der  konstant 
rechtsläufigen  in  der  archaischen  KunHt.  Er 
hätte  hinzufügen  können,  daß  ebenso  bestimmt 
die  Brunnenszene  nach  der  anderen  Seite  ge- 
richtet war.  Eine  Divergenz,  die  man,  wenn 
sie  bemerkt  worden  wäre,  vielleicht  für  den 
verschiedenen  Ursprung  der  beiden  Bilder 
(Klein)  geltend  gemacht  hätte.  Auf  engeren 
Zusammenhang  deutet  vielmehr  das  Fehlen 
der  zum  Verständnis  nötigen  Quelle  in  der 
zweiten  Szene.  Beide  werden  noch  durch 
eine  kleine  Äußerlichkeit,  wenigstens  für  At- 
tika,  zusammengehalten,  d.  i.  die  Form  des 
hochhenkligen  Wasserkruges,  die  so  schlank 
in  anderen  Brunnenszenen  der  archaischen 
Kunst  nicht  zu  finden  und  der  wirklichen  Ke- 
ramik von  damals  völlig  fremd  ist  {Furtwänglers 
Form  81  gibt  es  nicht).  Eine  dunkle  Anmer- 
kung bei  Schreiber^  Ann.  1875,  189;  nichts  bei 
Föher.  Seltener  hat  der  Krug  in  diesen  Szenen 
andere  Form.  —  Der  Verfolgungsszene  wurde 
mit  der  Zeit,  aber  selten,  der  Brunnen  zugefügt, 
nunmehr  als  seitlich  gesehenes  Prostylon  eines 
an  den  linken  Bildrand  angelehnten  Quell- 
hauses (anders  die  ital.-jon.  Amphora,  wohl 
zwei  Vorlagen  vermischend).  Ursprünglich 
scheint  diese  Stelle  einer  Schutzgottheit  zuzu- 
kommen, wenn   nicht  mehreren:   Thetis  oder 


Abb.  2.    Sf.  Hydria  im  Brit  Mus.,  nach  A.  Zeitg.  1866,  Taf.  91,  2 


Athena  und  Hermes,  Berlin  1685.  1728.  1792. 
1896.  Leipzig  Univ.  T  49.  Alle  drei  Götter  hat 
die  Fran^oisvase.  Sie  sind  wohl  zu  scheiden 
von  nichtigen,  öfter  sogar  störenden  Zusätzen 
als:  zweitos  Mädchen  fliehend,  1 — 2  Phrjger, 
z.  B.  Boston  384  Bobinson,  oder  andere  Krieger 
oder  Jünglinge;  Amazone  München  357,  ein 
großer  Hund(!):  Berlin  1685,  Louvre  E  811, 
pl.  57  (nicht  chalkidisch:  Zahn,  Berl.  phil.  W. 
10  li»02,  126^  Neapel  H.  1806,  nicht  '1800'  {Klein 
nr.  23).  Kvtf  der  Pariaer  Amphora  fehlt  Poly- 
xena; ebeu^  auf  der  Kahne  München  857; 
die  nackte •  Figur,  Gerhard,  FAr.  u.  C.  V.  E  7, 
Reinach,  liep.  I  257  kann  am  Original  nicht 
intakt  sein.  Daß  Tr.  einmal,  wie  bei  Timonidas, 
einen  Bart  hat,  Brit.  M.  B324,  Gerhard,  A.  V. 
B  2,92,  wie  es  in  diesem  Malerkreise  sogar  bei 
Leagros  vorkommt  {Langlotz,  Z.  Zeitbestimmung 
der  streng  rf.  Vasen-M.,  Leipzig  1920,  S.  50.  54), 
20  will  um  so  weniger  bedeuten,  wenn  der  un- 
bärtige ebd.  325  (Inschr.  Leagros)  von  der- 
selben Hand  geüfalt  wurde. 

Klitias,  der  treffliche  Maler  der  Ergotimos- 
amphora  (Fran9oi8va8e :  Furtw.-R.  11  — 13,  W. 
Vorl.-Bl.  11 1  u.  1888,  2,  Overbeck  XV 1 ;  ob.  Bd.  3, 
2,  Sp.  2783,  Abb.  9),  rückt  drei  Momente  zusam- 
men: Verfolgung^Ärechts  Trojas  Tor  und  Mauer, 
wo  Priamos  sit^(vgl,  Hom.  F  146),  von  An- 
tenor  auf  das  Schreckliche  hingewiesen,  und 
so  Krieger  zum  Schutz  ausrücken;  gegenüber  er- 
scheint zum  ersten  Male,  und  zum  letzten  für 
100  Jahre,  eine  iftattliche  Brunnenhau8fa9ade, 
nicht  ohne  uns  jjbn  Rätsel  aufzugeben:  links 
Apoll,  die  Szene  allchließend,  rechts  die  Schutz- 
götter Achills,  dazwischen  aber  das  Mädchen 
PoSia  und  ein  Ep4ebe  mit  der  Beischrift  Tgamv, 
Doubletten  von  TB'und  Polyxena,  anscheinend 
harmlose  wasseajÄlende  Troer,  Zeugen  d-^r 
Schreckensszene.  ^Weon  nur  nicht  Uhodios  . '  i 
40  Fluß  im  NO  Trrjas  wäre,  also  zur  Rechten 
des  Skäischen  Toi*'»,s,  so  daß  jeder  zunächst  an 
die  Nymphe  der  ^tjVjj  denkt.  Robert,  Arch. 
Hermeneut.  148  ru>.chte  Troon  als  einen  (Per- 
sonen-) Tturznamen  fassen.  Viele  wer- 
den imÄrer  noch  geneigt  sein,  Tgaxov 
als  an  lalsche  Stelle  geraten  zu  be- 
trachtend, h.  (wie  Ncc^icov^  0.  Jahn, 
Einl.  CXV  840)  als  Markierung  der 
Lokalität  gegen  die  1.  anschließende 
Götterszipfee,  und  selbst  die  Verbin- 
dung Tq6.  —  -/.Qrivri  — 'PoSia  zu  er- 
wägen. — ^a.u  den  Nachwirkungen  so 
bedeuten('  Bildwerke  mag  es  ge- 
hören, wem.  die  Flucht  auf  einen 
rechts  sii  nden  Greis  zugeht:  Ger- 
hard, Etr.  w  C.  F.  E  10,  Overbeck  XV  3. 
Für  die  Örtlichkeit  des  Vorgangs  hat 
die  Nähe  Priamos'  und  des  Tores  so 
wenig  zu  bedeuten  wie  wenn  etwa  in 
mittelalterlicher  Kunst  Herodes  thro- 
nend dem  Kindermord  zuschaut. 

3.  Troilos'  Tod.  Den  Versuch, 
die  Stadt  und  die  dortige  Wirkung 
der  Schreckensszene  sichtbar  zu  ma- 
chen, hat  in  origineller  Weise  der 
Maler  der  Hydria  München  65  un- 
ternommen, Mon.  d.  I.  1,34,  Inghi- 
rami  V.  fitt.  346,  Reinach,  Rep.  1,  77. 


1225 


Troilos 


Troilos 


1226 


indem  er  über  dem  Bilde  auf  die  Gefäßschulter 
die  hinter  den  Zinnen  sitzenden  Troer  in  ihrem 
verschiedenen  Verhalten  zeigt:  der  Bogenschütze 
sendet  rasch  einen  Pfeil  herab.  Das  Hauptbild 
selbst  freilich  (1)  ist  ein  unklares  Gemisch  mit 
Elementen  der  Iliupersis  (die  manchmal  den  Re-  50 
vers  zu  Tr.  bildet:  Berlin  1685).  Das  bemerkt 
teilweis  schon  Schneider  131  (vgl.  0.  JaJw,  Tel. 
u.  Tr.  70),  der  aber  die  kolossale  Athenestatue 
verkennt.  Zugleich  deutet  der  hohe  Dreifuß, 
woran  Achill  den  Knabenkörper  zerschmettern 
will,  auf  Vorbilder,  wo  (vgl.  z.  B.  unten  B.  6) 
neben  dem  Altar  ein  solches  Merkmal  des 
apollinischen  Heiligtums  stand.  Diese  Hydria 
will  zusammen  mit  zwei  anderen  betrachtet 
sein:  (2)  Overheck  XV  11,  A.  Ztg.  1868,  S.  86.  60 
(3)  Abb.  2,  Brit.  M.  B  326.  Wie  dort  links 
Pferde  anspringend  erscheinen,  so  hier  ruhig 
stehendes  Gespann,  einfach  oder  doppelt,  mit 
deutlichem  Brustgeschirr,  einmal  gegenüber, 
bei  den  Troern,  wiederholt.  Gleichviel,  wem 
von  beiden  —  man  streitet  darüber  —  dieses 
Gespann  gehören  solle;  ein  Irrtum  liegt  immer 
vor,  da  Achill  zu  Fuße  kam  (oben  Sp.  1216)  und 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V 


Tr.  niemals  zu  Wagen  erscheint;  es  sind  die 
mißverstandenen  Reitpferde  des  Troilos.  Die 
Gruppe  des  Achill  vor  dem  aufgemauerten  Al- 
tar mit  Prothysis  oder  noch  höherer  Stufe,  wo- 
hin der  Tr.-Knabe  sich  geflüchtet,  oder  wo  er 
schon  geschlachtet  liegt,  verglichen  mit  dem 
Priamos  auf  dem  Altar,  Berlin  1685  (Rückseite 
Tr.'  Flucht),  läßt  die  obige  Verwechselung 
leichter  verstehen.  Wichtig  ist  dabei,  daß  Achill 
das  abgeschlagene  Haupt  den  Feinden  zu- 
schleudert. Dieser  uralte  Zug  war  ersichtlich 
auch  auf  einer  der  "^Tvrrhenischen  (att.)  Am- 
phoren', Thiersch  Taf.  I  {Gerhard,  A.  V.  B  IH 
225,  Overheck  XV  12)  gemeint,  obwohl  er  dem 
Maler  selbst  nicht  ganz  klar  war  oder  nicht 
gelang  und  daher  die  unglaublichsten  Deu- 
tungen erfahren  hat.  Der  Kopf  sollte  hier  auf 
der  Speerspitze  fortgeschleudert  werden.  Ver- 
fehlt ist  auch,  daß  der  ßcoiiög,  bei  welchem 
die  Leiche  liegt,  die  für  Opferstücke  ganz  un- 
geeignete Form  eines  Grabhügels  (nicht  ^Om- 
phalos'  Klein  235)  erhielt,  offenbar  unter  dem 
Einfluß  von  Bildern  gleicher  Stilklasse  mit  der 
Schlachtung  der  Polyxena,  wie  oben  Bd.  3,  2, 

40 


1227 


Troilos 


Troilos 


1228 


Sp.  2738  f.  Auf  troischer  Seite  sind  Aineas  und  Dei- 
phobos  namhaft  gemacht.  Wenn  man  übrigens  hier 
von  einem  'Kampf  um  die  Leiche'  spricht,  so  ist 
das  mit  den  obigen  Einschränkungen  zu  verstehen; 
die  troischen  Lanzenschwinger  wurden  auch  schon 
in  den  vorangehenden  Szenen  losgelassen. 

B.  Rotflgurige  Vasen.  Mit  bemerkenswerter  Ein- 
helligkeit haben  die  Maler  dieser  Technik  von  An- 
fang an  das  Versteck  und  Auflauern  ignoriert.   Erst 

10  späte  Vasen,  meist  siiditalische,  nehmen  das  Thema, 
nun  weniger  kindlich  gestaltet,  wieder  auf.  Lange 
Zeit  kannte  man  auch  für  die  Fluchtszene  keine  rf. 
Vasen  oder  sehr  wenige  und  liebte  es,  aus  dem  zu- 
falligen Fehlen  derPolyxeua  literarhistorische  Schlüsse 
zu  ziehen.  Ganz  im  alten  (jeleise  halten  sich  zwei 
Gefäße  laxen  Cbergangsstiles  (vor  500):  1.  Brit.  M. 
ohne  Nr.,  Beazley,  Journ.  H.  St.  32, 171  Tf.  2.  Falzer, 
H^dria  T.  X  23;  Tr.  in  der  Kleidung  der  Phintias- 
zeit.  —  2.  Louvre,   oben   Bd.  3,  2,  Sp.  2731,  Abb.  7, 

80  nicht  '  verschollen '  {Fölzer  97,  24).  Mon.  d.  I.  X  22. 
ReinacK  Bep.  I  203.  Auf  1  war  für  Achill  kein  Platz 
mehr.  Bewegung  und  Interesse  erlahmen  nun  immer 
mehr.  —  3.  Kelchkrater  Berlin  Inv.-Nr.  4497,  Hoppin 
AU.  rf.  V.  n  464.  Le  Musee  I  1.  Lehnert,  Gesch.  d. 
Kunstgew.  I  zu  S.  84.  —  4.  Stamnos,  Mus  Greij.  II  27 
(22);  die  Komposition  schon  ganz  unter  neuen  Ein- 
flüssen, Tr.  mit  Stiefeln,  Chiton  und  thrakischer 
Mütze,  'amazonenhaft',  sagte  man  früher. 

Inzwischen  hatte  mit  den  großen  Schalenmeistern 

30  längst  eine  neue  Entwickelung  eingesetzt.  An  die 
Spitze  tritt  jetzt  5.  (Abb.  3)  die  Brygosschale.  Seit 
samerweise  hat  der  Herausgeber  p.  125  gerade  da 
wichtige  Quellhaus,  trotz  der  Fran9oi8vase,  verkannt 
und  die  stattliche  Fassade  mit  Löwenköpfen  als  Wasser- 
speiern für  das  Stadttor  von  Troja  angesehen.  Links- 
hin rennen  die  zwei  Rosse,  das  eine  von  Tr.  ge- 
ritten (kurzer  Mantel,  zwei  Speere),  den  Achill  an  den 
Locken  zurückreißt,  während  nach  r.  hin  Polyxena 
und   eine   Gefährtin   entfliehen.    Bei  diesem  künstle- 

40  risch  wohlberechneten  Auseinanderstieben  entsteht 
der  Eindruck,  daß  Achill  neben  dem  Gebäude  her- 
vorgesprungen; dazu  zwei  dürre  Bäume.  Die  Troer 
eilen  von  1.  herbei,  so  daß  also  die  Richtung  des 
Ganzen  gegen  die  schwarzf.  Bilder  umgekehrt  ist. 
Ebenso  in  den  folgenden  Meisterschalen.  —  6.  Etwas 
älter.  Schale  des  Euphronios  und  'Onesimos'  in  Peru- 
gia, Klein^  214.  220;  Hoppin,  Att.  rf.  Vas.  I  p.  416; 
Hartwig,  Meistersch.  Taf.  58,  S.  530  nach  neuer  Zeich- 
nung von  Loewy;  vgl.  Buschor,  F.*  170,  Beazley,  V. 

50  A.  83;  Gerhard,  A.  V.  B.  III  224  ff.;  W.  Vorl.-Bl.Y6; 
Overbeck  XV  5.  6.  Außen  a)  Altar,  Dreifuß  und  Palmen 
des  Heiligtums  (s.  ob.  Sp.  1217).  Nach  1.  zwei  losgeris- 
sene Pferde,  dahinter  Tr.  zu  Fuß,  den  Achill  am 
Haupthaar  in  der  Richtung  zum  Altar  zurückzerrt. 
Die  Pferde  haben,  wie  gegen  Klein  zu  bemerken, 
weder  Stränge  oder  sonstiges  Wagengeschirr  (z.  B.  an 
der  Brust),  noch  Wagenzügel,  sondern  am  Reitzügel 
eine  Art  zerrissener  Longe,  woran  Tr.  die  Pferde  etwa 
in  dem  geschlossenen  Bezirk  herumjagte,  b)  Rüstende 

60  (troische)  Krieger,  die  Klein  vergeblich  im  einzelnen 
zu  bestimmen  sucht  {Hartwig  und  P.  J.  Meier,  A.  Ztg. 
18S3,  24,  A.  4 f.).  Innenbild:  Tötung  des  Knaben  am 
Altar.  —  7.  Onesimosschale  in  Palermo,  Hartwig  S.  539. 
A.  Ztg.  1871,  T.  48.  a)  Der  jugendliche  Reiter  (nach  1.) 
ist  mit  dem  am  Hals  verwundeten  Pferd  gestürzt, 
vgl.  ob.  Sp.  1219,  und  wird  von  Achill  mit  dem  Schwert 
erstochen,  während  r.  ein  Phryger  entflieht;  1.  ein 
Baum,    b)  Allgemein   gehaltene   Kampfszene.  —  Den 


1229                        Troilos  Troizen,  Troizenos              1230 

apollinischen  Altar  mit  Lorbeerzweig  (vgl.  üa  /.u   sein  pflegt.    Umgekehrt  stammt  ÜeiphoboB 

u.  b)  soll  noch  eine  Schale  darbieten,  Welcher  Sp.  1222  u.  J^t/dw;.  A  3,  vielleicht  aus  einer  nahen 

nr.  23.  Iliupersis.    Jiomerkt  man,  was  in  weit  sorgfäl- 

C.  Späteres.    Die  Brunnenszene  auf  späten  tigeren  Bildern  möglich  ist,  wo Thetis  dem  Mene- 

rf.  Vasen   (stets  nur   ^in  Pferd):    1.  liull.  d.  J.  laos  die  Waffen   bringt  (Hydria,  Leipzig  ün.), 

1853,  167.    Tr.  in   'Tunika'  und  Chlamys,  mit  Theseus  statt  der  Helena  die  Korone  entführt 

Lanze  und  Peitsche,  iJlßt  das  Pferd,  worauf  er  {Hoppin,  Euthymides  T.  III),  anstatt  des  PeleuB 

sitzt,    aus    einem    fjaclien    Becken    am    Boden  <ler   blinde    Selier  Mopsos   mit  Atalante   ringt 

trinken;   dies   nach  alten  Vorbildern,  wie  der  (München,  ÄtcveÄ:ü/</-//acA;Z  1  S.  68)  und  was  dgl. 
Löwenkopf   als    Quellandeutung;    ihm    nähert  lo  mehr:  so  wird  man  zur  Vorsicht  gemahnt  und 

sich  von   hinten  Achill  mit  erhobenem  Schild  geneigt,  weitere  Belege  für  die  neue  Tr.-Ver- 

und  gezücktem  Schwert.  —  2.  chd.  127.  Arch.  sion   abzuwarten.  —  Die   bekannte  Euergides- 

Anz.  1863,  .27,  nr.  72.    In  der  Mitte  das  Quell-  schale,  Brit.  M.  E  10,  sollte  jetzt  (s.  Klein,   &\" 

haus,    viersäulige    Ädikula,    darinnen   Troilos  230)  nicht  mehr  auf  Tr.  {Hoppin  I  371)  bezo- 

gepanzert,  mit  phrygischer  Mütze,  das  Pferd  gen  werden;  ebensowenig  der  häufige  Typus 

die   Stufen   heraufführend;   r.  Achill   hockend,  des  Rossebändigers.  Ganz  unsicher  ist  die  Deu- 

und  Athene.    Sitzende  Frau  und  Genius,  heran-  tung  der  Scherben  von  Defenneh,  Zahn,  Ath. 

sprengender  Reiter.  —  3   ebd.  167,  Tr.  nackt  bis  Mitt.  23  (18*J8),  p.  46,  sowie  der  zwei  von  Kla- 

auf  Stiefeln   und  Lanze,  abgesessen,   um    das  zomenä,   ebd.  Taf.  VI;    Frgmt.  2    (in  Brüssel), 
Pferd  an  der  Ädikula  zu  tränken.  Achill  mit  er-  20  von  Zahn  als  Schleifung  Rektors  erkannt,  kann 

hobenem  Schild,  wie  um  sich  zu  verbergen,  das  zu  Frgmt.  1  (in  Athen)  wegen  der  Verschieden- 

Schwert  ziehend.  —  4.  Brit.  M.  E  493  (alte  nr.  heit  der  Firnisbänder  nicht  die  Oberzone  ge- 

1353),  ^vielleicht attisch',  ^nn.  1875,196;  Ä^/em^  bildet  haben;    auf   1    ist  eher  die   Begrüßung 

224:  dorische  Säule  mit  kurzem  Brunnenrohr,  eines    ankommenden  Wagens  zu  erkennen.  — 

Achill  kauernd;  soweit  nach  archaischem  Mu-  Vgl.    noch    Heberdey,    Att.   Porös- Sk.  26.     Zu- 

ster.    Tr.  als  kleiner  Knabe  ein  Maultier  heran-  streichen  ist  oben  Bd.  3,  2,  Sp.  2728  nr.  18. 

führend.  —  5.  Eine  ganz  aparte  Stellung,  der  die  Literatur:  S.  ob.  Bd.  ;■<,  2,  Sp.  272.3.  Jahn, 

Früheren  nicht  gerecht  werden,  nimmt  Abb.  4  Telephos  u.  Tr.;  Telephos,  Tr.  und  kein  Ende. 

ein:  Stamnos  in  Paris,  Sammlung  Fould  1367;  Overbeck,  Gal.  her.  Bildw.,  dessen  Text  sich  an 
Chabouillet  coli.  F.  1861,  Taf.  19.  O.Jahn,  Tele-  30  Welcker,  A.  D.  V  anschließt.    Gruppe  1,  672. 

phos,  Tr.  u.  kein  Ende  1859,  Taf.  3;  Welcker,  Conze,  Ann.  d.  I.  1866,  285.  Schreiber,  Sul  mito 

A.  V.  3,  392;    besprochen   D.  Lit.-Ztg.  1920,  di  Tr.,  ebenda  1875,  188.    Puchstein,  Arch.  Ztg. 

S.  525  ff.    Ebenso  wie  dieses  Bild  erklären  sich  1881,  244.   L.  Hamburg,  Observ.  herm.  in  urnas 

aus  dem  Einfluß  des  Dramas  die  etrusk.  Spie-  etr.  Berlin  1916,  S.  41  ff.    Mayer,  J).  Lit.-Ztg. 

gel  VllO  und  namentlich  Ascheukisten-Reliefs  1920,  S.  525  ff.     [Mayer.] 

(s.  D  Lit.-Ztg.),  die  übrigens  bei  dem  Sturz  Troios  {TQwLog),  Beiname  des  Zeus  auf  Mün- 
mit  dem  Pferde  {Brunn  I  48  ff.)  wiederum  zu  zen  von  Hierapolis  in  Phrygien,  Ramsay,  Cities 
einem  Vergleich  mit  älterem  (Schale  in  Palermo)  and  bishoprics  of  Phrygia  1,  88.  Head,  Hist. 
herausfordern.  nwm.  565.  Imhoof,  Mon.  Gr.  AOL  Kleinas.  Mün- 
In  Etrurien  waren  die  alten  Tr.-Bildtypen  40  zen  1,  237,  12.  Griech.  3Iünzen21'i,  693  Taf.  12, 
früh  bekannt:  Wandgem.  in  Corneto,  Brunnen-  22.  Inv.  Waddington  nr.  6090  Taf.  16,  17.  Pro- 
szene ohne  Polyxena,  mit  dekorativen  Zutaten:  kesch,  Inedita  5,  291.  Humann- Cichorius,  Alter- 
Ant.  Denkm.  II  41  (G.  Körte)-,  Petersen,  Böm.  M.  tümer  von  Hierapolis  44.  Cichorius  a.  a.  0.  iden- 
1902,  149;  TFee^re  T.  69;  Ducati,  Athene  e  Borna  tifiziert  den  Zeus  Troios  mit  dem  Zeus  Idaios 
17,136.  Gruppe  des  Flüchtenden,  der  von  Achill  und  nimmt  einen  Zusammenhang  des  Kultus 
am  Haar  gepackt  wird:  Pompejan.  Wandgem.,  in  Hierapolis  mit  dem  des  Zeus  Idaios  in  Per- 
Helbig  S.  460;   Sogliano  nr.  548;  A.  Ztg.  1870,  gamon  an.     [Höfer.J 

T.  36;  ähnlich  auf  dem  Mantuaner  Sarkophag,  Troizen,    Troizenos    {TQoitnv ,    Tqol^ijvos). 

Bohert  II  63  a,  hier  mit  Schild  ebenso  irrig  aus-  Im   Schiffskatalog  v.  846  f.  wird   als   auf  selten 
gestattet  wie  dort  mit  Bogen  und  Köcher,  wo  50  der  Trojaner  kämpfend  Euphemos,   der  König 

Achills  Armhaltung  auf  Kopf  abschneiden  deutet,  der  thrakischen  Kikonen,  genannt,  vVog  Tgot- 

vgl.  31.  d.  I.  VI  31;    M.  d.  L.  24  (1917),  p.  38.  trivoio   diOTQ8cpBog  Ksddao.     Wie  kommt  Troi- 

D.  unsicher.    Eine   wichtige   Rolle   würde,  zenos,    der    doch    Eponymos    der    argivischen 

wenn   sie   ernsthaft  zu   nehmen  wäre,   der  rf.  Stadt   ist,   nach  Thrakien?     Lassen  sich  sonst 

Schale  des  Oltos  (520—510  v.  Chr.,  Langlotz)  im  noch  historische  oder  mythologische  Beziehun- 

Louvre  G  18  zufallen:   Mon.  d.  1.  X  22;   Jahn,  gen  zwischen  Troizen  und  Thrakien  aufweisen? 

Telephos,  Tr  u.  k.  E.,  Taf.  2 ;  vgl.  Beazley,  Attic  Nach   dem  von  mir  an  anderer  Stelle  begrün- 

rf.  vases  in  Am.  M.  p.  10,20;  Klein,  Liebl.  50,  deten  Gesetz  der  Bodenständigkeit,  das  ja  vor 

27.  Ein  unbärtiger  Krieger  '"Troilos'  von  einem  allem    auch    den   eingaben    des    Schiffskatalogs 
anderen  (xaXög)  niedergeworfen,  wird  von  Aineias  60  gegenüber  gültig  sein  muß,  dürfen  wir  erwar- 

beschützt.  Rev.  Gespann.  Der  Bildtypus  ist  kein  ten,  daß  auch  der  Käme  Troizenos   hier  nicht 

anderer   als  jener,    der    an   der  weit  besseren  leere  Erfindung   des  Dichters  ist,   sondern  auf 

Onesimosschale    den    Revers    zur    Tr. -Szene  2  irgendwelche    tieferen    Beziehungen    hinweist, 

bildet    (ähnlich    Brit.  M.   B  325    zu    Szene  1).  Zunsichst  ein  weiteres  Zeugms:  Parthenios  Erot. 

Mit  der  Möglichkeit,    daß  jene  Namen  in  ein  31  berichtet  nach  dem  von  ihm  auch  sonst  be- 

sonst  namenloses  Kampfschema  herüberglitten,  nützten    Phylarchos  {FHGl,'S61):    Thymoites 

ist  um  so  mehr  zu  rechnen,  als  Aineias  einer  [so   emendiert  mit  Recht  E.  Maaß,  Gott.  gel. 

der  ersten  Helfer  des  bedrängten  Troilosknaben  Anz.  1889,  826  f.  statt  des  überlieferten  Jtuoi- 

40* 


1231-            Troizen,  Troizenos  Trojanischer  Krieg              1232 

triSy  und  Martini  in  seiner  Ausgab«  de«  Par-  186;  Strabo  10,471)  und  wie  neuerdings  durch 
thenios  ist  ihm  gefolgt]  heiratete  Euopis,  die  sprachliche  (vgl.  Toinaschek,  Sitz. -Her.  d.  Wien. 
Tochter  seines  Bruders  Troizen.  Als  er  merkte,  Ak.  Bd.  128, 130,  131;  Kretschmer,  Einl.  in  die 
daß  sie  in  Liebe  zu  ihrem  Binider  entbrannt  6r^«c/*.  </<;/•  ^r/ccÄ.  6^/-.  171  ff.)  und  archäologische 
war,  meldete  er  dies  dem  Troizen.  Euopis  (vgl.  ^.  A'jrte,  Ai/t  3f»<^  20,19;  22,21ff.  24,  Iff.; 
tötete  sich  hierauf,  nachdem  sie  ihren  Gatten  G.  und  A.  Körte,  Gordion  Itf.)  Forschung  be- 
verflucht hatte.  Bald  darauf  fand  Thymoites  stätigt  wurde.  In  der  Nilhe  der  beiden  atti- 
eine  vom  Meere  angespülte  weibliche  Leiche  sehen  Demen,  die  nach  Tnnzens  Söhnen  be- 
von  großer  Schönheit,  die  er  mißbrauchte.  Als  nannt  waren,  lag  der  Ort  Maroneia  {Bursian, 
sie  in  Verwesung  überging,  schüttete  er  ihr  ein  lo  Gengr.  1,  35.S),  dem  wir  die  gleichnamige  thra- 
Grabmal  auf  und  tötete  sich  selbst.  Da  weder  kische  Stadt  zur  Seite  stellen  können.  Deren 
der  Vater  der  beiden  Brüder  genannt  noch  Eponymos,  Maron,  spielt  wieder  im  Epos  eine 
ii^endeine  Lokalisierung  gegeben  ist,  scheint  Rolle  als  Priester  des  Apollon  (Off.  9,  197 ff.); 
es  zunächst  schwer,  irgendeine  Beziehung  auch  hier  sind  wir  wieder  bei  den  Kikonen, 
dieser  Erzählung  zu  anderen  Mythenkreisen  als  deren  König  Euphemos,  Sohn  des  Troizenos 
herzustellen.  Troizen  weist  auf  die  gleich-  galt.  Was  den  Namen  dieses  Sohnes  Euphe- 
namige  Stadt;  ebenso  auch  der  Name  Euopis;  mos  betrifft,  so  ist  noch  folgendes  zu  bemer- 
8.  Höfer  o.  Bd.  8,  930.  Aber  auch  der  Name  des  ken:  Nach  Äntonin.  Lib.  8  heißt  der  Mann,  der 
Thymoites  fuhrt  weiter.  Zunächst  wird  IL  3,  das  Ungeheuer  Sybaris  tötet,  Eurybatos,  Sohn 
146  ein  Thymoites  unter  den  trojanischen  Ge-  2o  des  Euphemos.  Die  Namen  dieser  Erzählung 
ronten  genannt.  Zwei  Verse  vorher  befinden  weisen  aber  wieder  auf  Troizen  hin ;  denn  Sy- 
wir  uns  wieder  in  troizenischer  Sphäre.  Da  baris  war  troizenische  Kolonie,  und  Alkyoneus, 
wird  als  Dienerin  der  Helena  Aithra,  des  Pit-  der  dem  Ungeheuer  vorgeworfen  werden  soll, 
theus  Tochter,  genannt.  Pittheus  ist  ein  in  hat  ebenfalls  Beziehungen  zu  Troizen ;  Yg\.  lieli- 
Troizen  bodenständiger  Heros,  der  Bruder  des  quienkuU  1 ,  68.  Das  Patronymikon  Keadas 
unten  genannten  Troizen,  Aithra  ist  ebenfalls  schließlich,  das  Troizenos  führt,  möchte  ich 
in  Troizen  zu  Hause;  vgl.  m.  ReliquienkuH  1,  nicht  mit  dem  Namen  der  Insel  Keoe  (vgl. 
60ff.  Femer  haben  wir  in  Attika  den  Demos  Maaß,  Gott.  gel.  Am.  1890,354,3)  zusammen- 
Thymoitadai  mit  dem  Eponymos  Thymoites;  bringen,  sondern  eher  an  den  Namen  des  spar- 
Demon  bei  Athen.  3,  96D;  FHG  1,378;  Patis.  so  tanischen  ßdga&Qov  Keados  denken  und  in 
2,18,9;  Suid.  s.  v.  Dieser  Demos  bildete  zu-  diesem  einen  ursprünglichen  Eingang  zur  Un- 
sammen  mit  Peiraieus,  Phaleron  und  Xypete  terwelt  erblicken.  Einen  solchen  gab  es  auch 
die  Tetgaxayuiuy  deren  religiöser  Mittelpunkt  in  Troizen  auf  dem  Marktplatz,  in  dessen  Nähe 
das  Heraklesheiligtum  am  Fuße  des  Korydallos  tlas  Grab  des  Pittheus,  des  Bruders  des  Troi- 
war;  vgl.  Judeich,  Topogr.  von  Athen  162.  Xy-  zen,  lag;  Paus.  2,  31,  2  f.  Auch  Euphemos,  der 
pete  aber  soll  ursprünglich  Troia  geheißen  ha-  Sohn  des  Troizenos,  weist  ja  auf  die  Unterwelt 
ben,  und  hier  stand  auch  das  troianische  Pal-  hin;  vgl.  Maaß  a.  a.  0.  So  haben  also  die  drei 
ladion;  vgl.  m.  ReliquienkuH  1  Anm.  1100.  Auch  Gestalten,  in  denen  in  der  Überlieferung  uns 
der  Name  der  Frau  des  troianischen  Thymoi-  Troizen,  Troizenos  entgegentritt,  einen  gemein- 
tes ist  beachtenswert,  Killa.  Ebenso  heißt  eine  40  samen  Auscrangspunkt,  und  in  der  mit  diesem 
Stadt  in  der  Troas,  wo  Apollon  Killaios  ver-  Namen  zusammenhängenden  Traditionsmas'Se 
ehrt  wurde.  Der  Name  wird  in  der  Sage  auf  erkennen  wir  noch  die  Beziehungen  zwischen 
den  Wagenlenker  des  Pelops,  Killas,  zurück-  Troizen  und  Attika  einerseits  und  Thrakien, 
geführt.  Die  hier  spielende  Sage  findet  sich  Troas  und  Phrygien  andererseits,  für  die  sich 
nun  auch  in  Troizen,  wo  der  Wagenlenker  noch  weit  mehr  Material  beibringen  ließe. 
Sphairos  heißt;  vgl.  PoMS.  2,33,  1;  Beliquien-  [Pfister.j 
kult  1  Anm  595.  Troizenia  {Tgoi^rivia) ,  Beiname  der  Aphro- 
Die  nächste  Stelle,  an  der  ein  Troizen  er-  dite  in  Troizen,  wo  ihr  Phaidra  unter  diesem 
wähnt  wird,  ist  Paus.  2,  30, 8  f.  Im  Zusammen-  Namen  einen  Tempel  stiftete,  als  sie  von  Lei- 
hang  mit  der  Urgeschichte  Troizens  und  der  50  denschaffc  zu  Hippolytos  ergriffen  worden  war, 
troizenischen  Königsliste,  die  in  meinem  Reli-  Lykophr.  610  und  Tzetz.  z.  d.  St.  (p.  206,  23  ff. 
quienkult  l^hO^.  ausführlich  besprochen  ist,  5c/teer)  und  zu  Z/i/JfcopÄr.  449  (p.  165,  25  ff.).  An- 
erzählt  Pau^anias^  daß  unter  der  Regierung  onym.  Laurent,  in  Anecdota  varia  Gr.  et  Lat.  ed. 
des  Aetios  des  Pelops  Söhne  Troizen  und  Pit-  Schoell  und  Studemund  1,269  nr.  X,  19.  Nicetas, 
theus  einwanderten  und  daß  dann  alle  drei  als  Deoruin  epitheta  ebenda  277,  VII.  282,  V.  Der 
Könige  regierten.  Nach  dem  Tode  des  Troizen  Tempel  der  Aphrodite  Troizenia  ist  wohl  mit 
nannte  Pittheus  die  Stadt  nach  seinem  Bruder.  dem  der  A.  Kataskopia  (s.  d.)  identisch,  vgl. 
Des  Troizen  Söhne  Anaphlystos  und  Sphettos  Bd.  1,  Sp.  2682,57.  Bd.  3,  Sp.  2221,  17  f. 
wanderten  später  nach  Attika  aus,  wo  sie  Epo-  [Höfer.] 
nymoi  der  im  südlichen  Attika,  Troizen  gegen-  60  Trojanischer  Krieg.  Die  Überlieferungen 
überliegenden  Demen  wurden.  So  wird  auch  vom  Trojanischen  Krieg  sind  in  weitestem  Um- 
im  Schol.  Yen.  B  zu  II.  2,  661  und  bei  Steph.  fange  an  die  Namen  von  hervorragenden  Hel- 
Byz.  s.  V.  Troizen,  der  Sohn  des  Pelops,  als  denfiguren  angeschlossen  und  darum  in  diesem 
Eponymos  der  Stadt  genannt.  Auch  hier  ist  Lexikon  unter  den  einzelnen  Namen  bereits  in^ 
zunächst  zu  beachten,  daß  Troizen  als  Sohn  großen  Ausschnitten  behandelt  worden;  insbe-' 
des  Phrygers  Pelops  gilt;  denn  Phryger  und  sondere  sind  hier  zu  nennen  die  Artikel  Achil- 
Thraker  sind  stammverwandt,  wie  man  im  leus  (wo  im  wesentlichen  auch  der  Inhalt  un-| 
Altertum  schon  wußte  (vgl.  Herod.  6, 46.  7,  73.  serer  Ilias  wie  der  nachhomerischen  Sage  ei 


1233      Trojanischer  Krieg  (Quellen)  Trojanischer  Krieg  (Quellen)      1234 

zählt  worden  ist),  Agamemnon.  Aias,  Aineias,  gegen  Kyprün  (Verfasser:  Stasinos  oder  Hege- 
Diomedes,  Hektor,  Helena,  Menelaos,  Paris,  Pa-  sinos)^  Aithiopin  {Arktinos),  Kleine  Ilias  {Lc- 
troklos,  Priamos,  Sarpedou,  Sinon,  Telei)ho8,  scha<  oder  Kinaithon  u.  a.),  Jliu  Persis  {Arkti- 
Teukros,  wo  auch  für  das  bildliche  Material  nos),  Nosten  {Hatjiaa)  und  Telegonie  {Kugdin- 
die  Einzelbeloge  sich  finden;  ferner  8kamaudro8  (m)on)  nur  durch  spätere  Berichte  uns  kennt- 
und  die  Erörterungen  über  das  Palladion,  das  lieh  sind.  Unter  diesen  Berichten  stehen  voran 
freilich  in  der  eigentlich  homerischen  Sage  die  Exzerpte  in  der  Chrestomathie  des  Neu- 
keine  Rolle  spielt.  Die  Behandlung  der  zahl-  platonikers  (nach  Immisch)  Proklos,  deren  Zu- 
reichen Helden  ist  aber  nicht  gleichmäßig,  verlässigkeit  aber  schon  von  K.  Otfr.  Müller, 
das  mythologische  Element  zumal  nur  bei  we-  lo  dann,  auf  Grund  der  neugefundenen  ApoUodor- 
uigen  schärfer  ins  Auge  gefaßt.  Dieses  im  ein-  exzerpte,  besonders  von  E.  Jiethe  {Hermes  20 
zelnen  hier  nachzuholen  kann  nicht  der  Gegen-  [181)1],  6i)3— 633;  Thebaniscli e Heldoilieder  1S91, 
stand  der  nachfolgenden  Untersuchung  sein,  32  ft".)  scharf  angegriffen  worden  ist.  Schon  in 
die  sich  vielmehr,  vom  Persönlichen  nach  Möj^-  seiner .  Göttinger  Dissertation  Quaestiones  IHo- 
lichkeit  absehend,  auf  die  sagengeschichtliche  doreae  mythographicae  1SH7 ,  SO  ^.  hatte  letzterer 
Tatsache  des  Trojanischen  Krieges  beschränken  als  Ausgangspunkt  unserer  gesamten  mytho- 
muß.  Hierfür  aber  muß  hinwiederum  nach  graphischen  Überlieferung  bei  Diodor,  Apollo- 
kurzer  methodologischer  Zusammenfassung  über  dor,  Hygin,  Pauf<anias  ein  {großes  zwischen  100 
die  in  Betracht  kommenden  Quellen  die  Frage  und  44  v.  Chr.  verfaßtes  mythologisches  Hand- 
im  weitesten  Umfange  gestellt  werden,  da  nur  20  buch  angenommen;  auch  Proklos,  dessen  Be- 
eine vergleichende  Untersuchung  des  Stoffes  rieht  mit  der  Erzählung  ApoUodors  häufig  selbst 
auf  seine  mythologischen,  historischen  und  poeti-  im  Wortlaut  übereinstimmt,  wurde  nun  in  die- 
schen  Elemente  hin  feststellen  kann,  was  wir  sen  Kreis  eingeordnet  mit  der  Annahme,  Pro- 
darüber  wirklich  wissen  oder  wenigstens  mit  klos  habe  den  aus  dem  ""  Handbuche '  abge-' 
einiger  Wahrscheinlichkeit  vermuten  können,  schriebenen  angeblichen  Auszügen  der  alten 
Das  Material  ist  gut  zusammengebracht  von  Epen  die  Titel  der  einzelnen  Gedichte  "beige- 
0.  Gruppe,  Griechische  Mythologie  und  JReli-  setzt,  wo  es  ihm  gerade  zu  passen  schien, 
gionsgeschichte  I  (1906)  S.  655 — 705,  dagegen  Bethea  Handbuchtheorie  wurde  indessen  er- 
bleibt die  Ton  ihm  versuchte  'Sagengeschichte'  schüttert  durch  M,  Wagner,  N.  Jahrb.  f.  Philol. 
(S,  612 — 655)  sehr  hypothetisch  und  in  den  mei-  30  145  [1892J,  241 — 256  und  EU.  Pomagnoli,  Studi 
sten  Punkten  unwahrscheinlich.  Dafür  mag  hier  italiani  di  filolog.  class.  9  [1901],  35 — 123,  der 
noch  auf  meine  Homerische  Poetik  1  (1921),  c.  6  aber  den  Fehler  beging,  einer  Vergleichung  des 
und  7  verwiesen  sein,  wo  auch  diese  Fragen  Proklos  mit  der  Tabula  lliaca  zu  viel  zu  ver- 
in  weiterem  Zusammenhange  eingehend  be-  trauen  und  danach  die  Zuverlässigkeit  der  Ex- 
handelt  worden  sind.  zerpte  selbst    für  den  Umfang   der   einzelnen 

Epen  verfechten  zu  v^ollen  (vgl.  auch  die  hyper- 

I.  Quellen.  konservativen  Ausführungen  von  T.  W.  Allen,  The 

Es  kann   keinem  Zweifel  unterliegen,   daß  Classical  Quarterly  2  [1908],  64 — 74  u,  81 — 88). 

für  eine  Untersuchung  über  die  Ursprünge  der  Sicher  bleibt  hiernach,  daß  Proklos,  der  jene 
griechischen  Heldensage  nur  diejenigen  Formen  40  alten  Epen   {trotz  Allen)   nicht   mehr  _  gelesen 

der  Überlieferung  von  Bedeutung  sind,  die  noch  hat,  ihren  Gesamtinhalt  in  eine  chronologische 

auf  dem  Grunde  alter  A'olkssage  beruhen,  wäh-  Ordnung  gebracht  hatte,  und  zwar  ohne  Rück- 

rend  die  bewußten  Umbildungen  späterer  Dich-  sieht  auf  die  Begrenzung  der  Sage  in  den  ein- 

ter  und  Sagener/ähler,  die  als  reine  Phantasie-  zelnen  Gedichten:  so  z.  B.  war  die  oTtXcov  xQiGig 

Schöpfungen  sich  darstellen,   aus  der  Betrach-  und   der   Selbstmord   des   Aias   sowohl  in   der 

tung  ausscheiden.  Unzulässig  ist  es  darum,  wie  Aithiopis  wie  in  der  Kleinen  Ilias  (vgl.  Proklos 

es   einer  früheren  Generation  von  Mythologen  p.  238,  10   mit   14  Westphal),    die    Zerstörung 

geläufig  war,  von  beliebigen  späteren  Formen  Trojas   sowohl  in  der  Iliu  Persis  wie   in   der 

der  Sage  ohne  Rücksicht  auf  ihren  Ursprung  Kleinen  Ilias  {^=  Proklos)   behandelt.    Wahr- 
auf die  Entstehung  der  Sage  selbst  zu  schlie-  50  scheinlich  auch  bildeten  Aithiopis  und  Iliu  Per- 

ßen  und  so  mit  einem  Sprunge  von  spätesten  sis  ein  zusammenhängendes  Epos  des  gleichen 

Überlieferungen  zu  einer  mythologischen  Deu-  Verfassers,  worin  im  Anschlüsse  an  die  Ilias 

tung  des  Sagengrundes  zu  gelangen.  Einer  Deu-  der    Gesamtverlauf  der   Kämpfe   von   Hektors 

tung  der  Sage  muß  vielmehr  der  Versuch  ihrer  Bestattung  TdIs   zur   Einnahme  Trojas   geschil- 

Entwicklungsgeschichtevoraufgehen,worinnach  dert   war;    andererseits   gab    die   Kleine  Ilias 

Möglichkeit  die  originalen  Sagenformen  fest-  über  den  von  Proklos  exzerpierten  Teil  hinaus 

zustellen  sind,  wie  es  jüngst  z,  B.  Albert  Hart-  eine  im  wesentlichen  vollständige  Fortsetzung 

mann  in   seinen  vortrefflichen  Untersuchungen  unserer  Ilias  bis  zur  Einnahme  der  Stadt,  so 

über  die  Sagen  vom  Tod  des  Odysseus  (München  daß  hier  zwei  alte  Parallelversionen  nebenein- 
1917)  durchgeführt  hat:  dazu  meine  kritischen  60  ander   lagen,   zu   denen  dann  verhältnismäßig 

Bemerkungen  Wochenschr.  f.  klass.  Philol,  1919,  frühzeitig  noch  als  dritte  die  poetische  Bear- 

Sp.  169—179.  beitung  in  der  Iliu  Persis  des  Stesichoros  hin- 

Für  den  troischen  Sagenkreis   sind   unsere  zugetreten   ist.     (Näheres  neuerdings  bei  Max 

ältesten  erreichbaren  Quellen,   da  von  älteren  Schmidt,  Troika.  Archäol.  Beiträge  z.  den  Epen 

Einzelliedern  keine  direkte  Kunde  mehr  zu  uns  des  troischen  Sagenkreises.  Diss.  Göttingen  1917.) 

gekommen  ist,  die  Epen  des  troischen  Ky-  Die   aus   diesen   und  jüngeren  Dichtungen, 

klos,  von   denen   die  Ilias,   das  älteste  Epos,  insbesondere  Pindar  und  Aen  Tragikern,  abge- 

und   die  etwas  jüngere  Odyssee  erhalten,   da-  leitete  mythographische  Überlieferung 


1235      Trojanischer  Krieg  (Quellen)  Trojanischer  Krieg  (Quellen)      123(5 

dieaber  keineswegs  in  einem  monströsen 'Hand-  Volkssapo  dichteriech  verarbeitet  haben,  läßt 
buche*  zusammengefaßt  war  —  eher  dürfte  man  sich  in  Ermangelung  aller  älteren  Stufen  dieser 
hier  an  die  Systematisierung  der  Heldensage  Dichtung  im  einzelnen  nicht  mehr  erkennen. 
schon  durch  die  Logographen  {Akusilaos,  Phe-  Sicherlich  muß  hier  ein  solcher  Umwandlungs- 
rekydes,  Hellanikos)  erinnern,  die  auch  in  der  prozeß  angenommen  werden,  der,  je  weiter  wir 
Freiheit  der  Sagengestaltung  den  jüngeren  Dich-  uns  von  den  Ursprüngen  der  Sajjje  entfernen, 
tem  ähnlich  waren  — ,  setzte  sich  ursprünglich  um  so  mehr  auch  das  alte  Sa^engut  in  rein 
vor  allem  aus  literargeschichtlichen  Paraphrasen  dichterischem  Sinne  ausgestaltet  hat.  In  der 
und  Hypotheseis  von  Dichtwerken  zusammen,  Kleinen  iZi'os,  deren  Dichter  nach  der  Über- 
die  aber  von  Anfang  an  nicht  exakte  Nach-  lo  lieferung  um  rund  ein  Jahrhundert  jünger  war 
erzählung,  sondern  Angaben  über  den  einer  als  der  in  die  1.  oder  9.  Olympiade  gesetzte 
Dichtung  zugrunde  liegenden  Sagenstoft'  in  sei-  Dichter  der  Äithiopis  und  der  Iliu  Fersis,  glaubt 
nen  großen  und  charakteristischen  Zügen  ge-  man  bei  einer  Gegenüberstellung  der  einzelnen 
weten  sind  {Carl  Bobert,  Bild  und  Lied  1881,  Szenen  'doch  bisweilen  noch  etwas  zu  spüren 
242—248,  Oedipusl  1915,  647 f.;  B.  Goedel,  De  von  der  Hand  einer  Dichterpersönlichkeit,  die 
poetarum  Graecorum  epicorum,  lyncorum,  tra-  die  alten,  oft  strengen  und  herben  Sagenmotive 
gx€orumapudmythographosmemoria,Di8S.  Halle  mit  Bewußtsein  und  dichterischer  Fähigkeit 
1909;  fl^arfman?»  a.a.O.  17  ff.).  Dabei  muß  man  steigerte  und  verfeinerte,  man  möchte  fast 
noch  mit  der  Möglichkeit  mythographischer  sagen,  ihnen  etwas  von  ionischer  Anmut  verlieh. 
Interpolationen,  vor  allem  durch  die  Einmischung  20  5<mc/ioros  geht  darin  noch  über  ihn  hinaus' 
bekanntester  Sagenformen,  rechnen,  wie  z.  B.  {M.  Schmidt  S.  92).  Ganz  deutlich  ist  das  schon 
die  Heimfahrt  des  Paris  nach  den  J^ypncn  ganz  in  den  uns  erhaltenen  Epen  Homers,  deren 
, anders  bei  Herodot  H  117  erzählt  ist  als  bei  künstlerische  Mache  trotz  aller  angenommenen 
ProkhSy  der  hier  die  Version  unserer  llias  Widersprüche  so  sehr  aus  einem  Gusse  erscheint, 
(Z  289  (f.),  phantasievoll  durch  einen  von  Here  daß  hier  unmöglich  bloß  ein  Diaskeuast  oder 
veranlaßten  Sturm  und  Einnahme  Sidons  um-  Redaktor  ältere  Vorlagen  geordnet  haben  kann, 
gestaltet,  herübergenommen  hat.  Hiervon  ab-  sondern  ein  wirklicher  Dichter  mit  freier  Be- 
gesehen aber  darf  der  aus  solchen  Quellen  zu-  nutzung  älterer  Überlieferung  ein  neues,  kunst- 
saramengeschriebene  Traktat  über  den  epischen  volles  Gebäude  epischer  Handlung  aufgeführt 
KjkloB,  den  Proklos  in  sein  Lehrbuch  aufge-  so  haben  muß.  (Näheres  in  meiner  ^Homerischen 
nommen  hat,  für  diejenigen  Stücke,  die  er  auf  Poetik'  IL  IH.)  Damit  ist  freilich  durchaus  nicht 
die  einzelnen  Epen  des  Kyklos  zurückführt,  im  gesagt,  daß  nicht  die  Leistung  dieses  Dichters 
wesentlichen  als  ein  zuverlässiger  Bericht  an-  in  mancher  Hinsicht  nach  Stoff  und  Technik, 
gesehen  werden:  das  haben  neuerdings  die  in  Charakteren  und  Stimmungen  seiner  Dichtungen 
möglichster  Unabhängigkeit  von  Proklos  ge-  durch  ältere  Vorstufen  des  Epos  vorbereitet 
führten  archäologischen  Untersuchungen  Max  war.  Dem  großen  Epos  war  ja  bei  den  Grie- 
Schmidts  (s.  0.)  für  die  Äithiopis  nebst  Iliu  eben  offenbar  eine  vielhundertjährige  Periode 
Persis  und  die  Kleine  llias  zur  Evidenz  ge-  epischen  Gesanges  im  Einzelliede  vorausgegan- 
bracht;  auch  die  strenge  Prüfung  des  Proklos-  gen,  der  zum  mindesten,  wenn  man  auch  von 
berichtes  über  die  Telegonie  durch  Hartmann  40  'festen'  Einzelliedern  im  Sinne  Lachmanns  nicht 
(S.  44 ff.),  der  die  epischen  Bestandteile  darin  mehr  reden  darf,  gewisse  epische  Stoffe  in  ty- 
aus  der  mythographischen  Überlieferung  erst  pischer  Ausprägung  in  Umlauf  gebracht,  ge- 
nachzuweisen sucht,  ist  für  ProÄ:?os  überraschend  wisse  epische  Persönlichkeiten  in  ihren  wesent- 
günstig  ausgefallen  (hier  auch  ausführliche  Li-  liebsten  Charaktereigenschaften  umrissen  hatte 
teraturangaben).  Dagegen  kann  die  Ilische  Ta-  {Homer.  Poetik  I  c.  2).  Nur  sind  die  Mittel  der 
fei,  neuerdings  vortrefflich  wiedergegeben  und  kritischen  Analyse,  mit  denen  man  seit  ly^  Jahr- 
behandelt durch  U.Mancuso^  La^ Tabula Iliaca'  hundert  die  Entstehung  der  homerischen  Epen 
del  Museo  Capitolino,  Memorie  della  B.  Acca-  aus  einem  Urkem  oder  aus  Einzelliedern  oder  aus 
demia  dei  Lincei  1911,  661 — 731,  für  die  Iliu  Kleinepen  hat  nachweisen  wollen,  für  soweit- 
Persis  des  Stesichoros  heute  nicht  mehr  in  glei-  50  gehende  Schlüsse  durchaus  unzulänglich,  da 
chem  Maße  als  zuverlässige  Quelle  gelten,  ob-  die  kritische  Methode  im  allgemeinen  auf  un- 
wohl ihr  Mittelbild  ausdrücklich  auf  diese  Dich-  beweisbaren,  zumeist  sogar  ganz  unwahrschein- 
tung  als  Quelle  hinweist.  Der  in  der  Zeit  des  liehen  Petitiones  principii  beruht  (Homer.  Poetik 
Augustus  tätige  Künstler,  dessen  Original  jene  I  c.  8).  'Wir  fühlen  gerade,  daß  etwas  Älteres 
Tafel  nachbildet,  dürfte  vielmehr,  durch  die  unter  dem  Texte  hindurchschimmert,  aber  mehr 
politische  Aktualität  seines  Stoffes  veranlaßt,  behauptenzu  wollen,  wäre  vermessen' (JET.  i^i^cM, 
nur  für  die  Auswanderung  des  Aineias  nach  Ergebnisse  und  Aussichten  der  Homeranalyse, 
dem  Westen  auf  das  Zeugnis  des  Stesichoros  Wien  u.  Leipzig:  1918,  S.  73).  Sehr  bedenklich 
sich  berufen  haben,  der  von  der  im  Dienste  ist  darum  das  Verfahren,  durch  kritische  A na- 
der iulischen  Familientradition  arbeitenden  anti- 60  lyse  aus  dem  überlieferten  Epos  eine  Urform) 
quarischen  Forschung  als  der  älteste  Vertreter  der  Sage  zu  erschließen,  um  von  dieser  dam 
dieser  Version  festgestellt  worden  war;  die  zu  einer  mythologischen  oder  historischen  Deu- 
übrigen  Szenen,  die  nur  den  Rahmen  zu  seiner  tung  zu  gelangen;  im  günstigsten  Falle  hafcl 
Hauptdarstellung  bilden  sollten,  hat  er  mit  eine  derartige  Konstruktion  den  Wert  einer 
freier  Benutzung  der  ihm  bekannten  literari-  Arbeitshypothese,  um  die  Kluft  zwischen  dem 
sehen  und  bildlichen  Tradition  beigefügt  (Max  angenommenen  Ursprung  der  Sage  und  ihrer 
Schmidt  S.  91).  überlieferten  poetischen  Form  zu  überbrücken. 
Wie    weit   nun    die   kyklischen   Epen    alte  Zu  erwägen    ist  noch,    ob  nicht  über   dii 


1237     Trojanischer  Krieg  (Inhalt  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  (Inhalt  d.  Sage)     1238 

epischen    Vorstuten    Homere,    von    denen    uns  sprochen  hatte  (ß  29,  Kyprien:  der  Apfel  der 
durch  unmittelbare  llberlieforung  nichts  erhal-  Eris  kommt   erst  seit  Beginn  des  3.  Jahrh.  auf 
ten  ist  und  schon  dem  späteren  Altertum  nichts  etruskischen   Spiegeln   vor,   die  volle  Entklei- 
mehr vorlag,  wenigstens  auf  indirektem  Wege  düng  der  Göttinnen  ist  alexandrinische  Erfin- 
einiges  erkannt  werden  kann.   In  der  Tat  zeigt  düng,  vgl.  zuletzt  L.  Weniger,  Das  Urteil  des 
die   bildliche   Überlieferung  der  ältesten  Pans,  »S'o/rra^es  7  [1919 J,  1—18).  Die  Heimfahrt 
schwarzfigurigen   Vasenbilder  für  manche  der  des  verbrecherischen  Paares  nach  Troja  erfolgt 
hier   dargestellten   Szenen  Varianten,   die   von  nach   der   llias    über    die    nicht    lokalisierhare 
den    uns   bekannten    poetischen   Darstellungen  'Insel   Kranae'    (T  445)    und    üb«^r   Phoinikien 
abweichen  und  darum  als  Erfindungen  älterer,  lo  (Z  289  if.),    nach    den    Kyprien    dagegen    ohne 
uns  nicht  mehr  bekannter  Dichter  angesprochen  Aufenthalt  in  dreitägiger  glatter  Fahrt  (i/ero</oi 
werden  können.    Doch  muß  man  hier  anxlerer-  II  117,  vgl.  ob.  Sp.  1235).    Der  Bruder  des  be- 
seits  nicht   nur  n)it  einer   Kontamination  von  leidigten  Königs,  Agamemnon,  der  Herrscher 
Szenen  der  kyklischen  Epen  durch  die  Vasen-  von  'vielen   Inseln   und   ganz   Argos'  (ß  108), 
maier  rechnen,   sondern  auch  mit  einer  Über-  schickt'nun  Sendboten  aus  und  beruft  die  Hel- 
tragung  von  bildlichen  Typen,   die   Ursprung-  den    von    ganz    Griechenland    zum    Rachezug. 
lieh   für  eine  andere  Szene  geschaffen  waren.  Den  gefeiertsten  Helden  Achilleus,  den  jungen 
in  einen  fremden  Zusammenhang  und  mit  ande-  Fürsten  der  thessalischen  Myrmidonen,  laden 
ren  Willkürlichkeiten.  Vgl.  neuestens  z.  B.  ilf «.-c  die    beiden    Klügsten    in    dieser    Heldenschar, 
Schmidt   S.  36ff.   für   Priamos'   und    Astyanax' 20  Nestor,   der  greise  Herrscher  von   Pylos,  und 
Tod.   Das  ältere  Material  findet  sich  vor  allem  Odysseus,   der  verschlagene  Fürst  von  Ithaka, 
bei  Arth.  Schneider,  Der  troische  Sagenkreis  in  welch  letzteren  Agamemnon  und  Menelaos  sel- 
ber ältesten  griechischen  Kunst,  1886,  vgl.  H.  ber  besucht  und  durch  vieles  Bitten  —  oder, 
Heydemann,  Iliu  Pcrsis,  Berlin  1866  und  H.  als  er  sich  wahnsinnig  stellte,  durch  gewalt-- 
Luclenhach,  Verhältnis  der  griech.  Vasenbilder  same  Entführung  des  Telemachos  nach  Proklos 
zu  den  Gedichten  des  epischen  Kyklos,  Jahrb.  f.  —    zur  Teilnahme   am  Zuge  bewogen   hatten 
klass.  Philol   Supplem.  XI   1880,   S.  491— 638.  (^777  mit  oj  116f.).    Sammelplatz   des  Heeres 
Jedenfalls  ist  es  noch  nicht  gelungen,  von  hier  ist  Aulis  an  der  Küste  Boiotiens,  wo  ein  Götter- 
aus eine  vorhomerische  Stufe  des  epischen  Ge-  zeichen    nach    der    Auslegung    durch    Kalchas 
sanges  entscheidend  zu  erhellen  (vgl.  Lucken-  30  zehnjährige  Dauer  des  Krieges  gegen  Troja  an- 
bach  S.  574).    Dies   dürfte   um   so   weniger   als  kündigt  {B  303  ff.),  beim  Auszug  aber  ein  ßlitz- 
aussichtsvoll   erscheinen,    als   bereits   vor   der  zeichen  des  Zeus  günstigen  Ausgang  verheißt 
Zeit  Homers  keineswegs  bloß  Dichtungen,  wie  (B  351  ff.).  —  Nach  den  Kyprien  schiebt  sich 
man  auch  neuerdings  noch  (mit  Hamann  und  hier  ein  erster  erfolgloser  Feldzug  gegen  König 
/ier6?er)  behauptet,  Trägerinnen  der  alten  Volks-  Telephos    von    Teuthranien  (Mysien)    ein,   wo 
Überlieferungen  gewesen  sind,  sondern  'hinter  man   versehentlich   gelandet   war;    ein   Sturm 
dem  Epos   eine  reich  blähende  und  vielseitig  zerstreut   dann    die   Flotte   der   Griechen   und 
gegliederte  Erzählungsliteratur  gestanden  haben  treibt  die  einzelnen  Schiffe  nach  Griechenland 
muß,   neben  Sage  und  Märchen  auch  heilige  zurück,  wobei  Achilleus  nach   Skyros  (Deida- 
Legende  und  Novelle  bereits  entwickelt  waren'  40  meia)  verschlagen  wird.    Bei  der  zweiten  Fahrt, 
{L.  Badermacher,  Die  Erzählungen  der  Odyssee,  die  nach  Proklos  durch  das  Opfer  der  Iphige- 
Sitzungsberichte  d.  Wiener  Akad.  178,1  [1915],  neia  in  Aulis  eingeleitet  wird,  hat  der    beim 
S.  3).    Immerhin   würden    auch   solclie  Volks-  ersten  Unternehmen  durch  Achilleus  verwun- 
überlieferungen,  wenn  sie  mit  Sicherheit  nach-  dete  und  nun  vom  gleichen  Achilleus  auf  einen 
gewiesen  werden  könnten,   für  die  Erkenntnis  Orakelspruch  hin  in  Argos  geheilte  Telephos 
des  Ursprungs   einer  Sage  wertvolles  Material  die  Führung;  so  gelangt  man,  nachdem  man 
liefern,  das  in  dieser  Hinsicht  sogar  die  künst-  den  von  einer  Schlange  gebissenen  Philoktetes 
lerisch  geformte  Überlieferung  des  Epos  über-  in  Lemnos  zurückgelassen  hat,  glücklich  in  die 
treffen  würde.  —  Versuchen  wir  hiernach  zu-  Troas.  —   Die   Landung   erfolgt    hier   an   der 
nächst  den  Inhalt  der  troischen  Sage  in  den  50  Küste    des   Hellespont    zwischen   Sigeion  und 
Hauptzügen  zu  skizzieren,  indem  wir  dabei  in  Rhoiteion,  wo  man  nach  erfolgreichem  Kampfe 
den  Einzelheiten  das  persönliche  Element  mög-  (Kyprien)  die  Schiffe  ans  Land  zieht  und  ein 
liehst  ausschalten.  geräumiges  Schiffslager  aufschlägt.   Vor  Beginn 

der  eigentlichen  Feindseligkeiten  wird  noch  ein 

II.  Inhalt  der  Sage.  Ausgleichsversuch  unternommen,  indem  Mene- 

Vorgeschichte  (nach  JZtas  und  Kyprien):  laos  und  Odysseus   als  Gesandte  in  Troja  die 

Das  Unheil  nimmt,  nach  dem  Ratschlüsse  des  Rückgabe  der  Helena  verlangen,  die  ihnen  aber 

Zeus  und  der  Themis  {Kyprien)^  seinen  Anfang  verweigert  wird  (T  205  ff.,  A  139  ff.). 

(E  63)  mit   der  Entführung   der  Königin  von  Die  Kämpfe  vor  Troja:  Die  ersten  neun 
Sparta,  Helena,  durch  einen  troischen  Prin/.en,  60  Jahre  des  Krieges  vergehen  unter  wechselvollen 

Paris  =  Alexandros,  der  die  ihm  vom  Könige  Kämpfen.  Die  große  Zahl  der  troischen  Bundes- 

von  Sparta,  Menelaos,  erwiesene  Gastfreund-  genossen,  an  ihrer  Spitze  die  Lykier  Sarpedon 

Schaft  schmählich  vergilt,  indem  er  ihm  seine  und  Glaukos,  deren  Unterhalt  und  Entlohnung 

Gattin  und  vieles  Gut  raubt  (JV  626).  Seine  Hei-  freilich  die  Stadt  arm  macht  (P  225  f.,  E  290  ff. ; 

ferin  ist  Aphrodite,  der  er  einst  bei  dem  von  ein  Katalog  dieser  Hilfstruppen  nach  Proklos 

der  Eris  veranlaßten  Schönheitswettstreit  der  am  Schlüsse  der  Kyprien),  schützt  im  Verein 

Göttinnen   auf  dem   Ida   den   Preis    zuerkannt  mit   den  tapferen,  von  Hektor  geführten  troi- 

nnd  die  ihm  dafür  zum  Lohne  Liebeslust  ver-  sehen  Kriegern  die  durch  Mauern  und  Türme 


1239     Trojanischer  Krieg  (Inhalt  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  (Inhalt  d.  Sage)      1240 

wohlverwahrte  Stadt.    Dreimal  zwar  (typische  Spähergange  des  Diomedes  und  Odysseus  wie- 
Zahl!)  versuchen  die  Griechen,  die  Mauer  der  der  entbrennende  Kampf  bringt  zunächst  den 
Stadt  an  einer  schwachen  Stelle  zu  ersteigen,  Griechen  neues  Unglück,  das  zwar  durch  das 
aber  vergeblich  (Z  436  ff.).  Der  Kampf  erschöpft  Eingreifen    des  Poseidon    und  die  Täuschung 
sich  darum  in  den  zwischen  den  beiden  Heer-  des  Zeus   durch  Here   für  eine  Weile  in  sieg- 
lagem   ausgefochtenen    Feldschlachten,   worin  reichen  Widerstand  verwandelt  wird,  um  dann 
die  Troer,  als  der  schwächere  Teil,  sich  auf  die  aber  nach  dem  Erwachen  des  Zeus  zur  völligen 
Verteidigungsanlagen  der  Stadt  stützen;  zu  einer  Niederlage  der  Griechen   au  ihren  Schiffen  zu 
regelrechten  Belagerung,  die  offenbar  der  Kamp-  führen.    Als  die  Not  aufs  höchste  gestiegen  ist, 
fessitte  der  Heroenzeit  widerspricht,  kommt  es  lO  bittet  Patroklos  den   Achilleus  um  seine  iiü- 
nicht.   Selbst  Achilleus,  vor  dem  die  Troer  und  stung  und  um  seine  Myrmidonen,  damit  er  mit 
sogar  Hektor  sich  kaum  aus  den  Toren  heraus-  diesen  sich   den  Troern  entgegen  werfe.    Aber 
wagen  (/  862  ff.,  N  106  f.),  vermag  nichts  Ent-  die  Täuschung  der  Troer  gelingt  nur  eine  Zeit 
scheidendes    auszurichten   —    die    Furcht   des  lang,  und  der  im  Übermute  wider  Achills  Ver- 
Achilleus  vor  Hektor  (H  113)  ist  eine  Augen-  bot  zum  Sturme  auf  die  Stadtmauer  ansetzende 
blickserfindnng,  um  den  Menelaos  vom  Kampfe  Patroklos    wird   von   ApoUon   zurückgeworfen, 
zurückzuhalten  — ,   so  daß  er  seine   Kraft  in  von    Hektor    erschlagen,    worauf    Hektor    im 
Streifzügen  gegen   kleinere   Städte  der  Troas  Kampfe  um   die  Leiche  sich   der  Waffen  des 
und  Überfallen    auf  einzelne  auf  dem   Lande  Achilleus  bemächtigt;  der  Leichnam  selbst  wird 
weilende  Feinde  verzetteln  muß  (vgl.  auch  die  20  von  den  Griechen  in   erbittertem   Hingen   ge- 
Kypriefif  nach  denen  Achilleus  noch  durch  The-  rettet.    Der  Schmerz  um   den  Verlust   des  ge- 
tis  und  Aphrodite  in  wunderbarer  Weise  mit  liebten  Freundes  führt  nun  den  Achilleus,  dem 
Helena  zusammengebracht  wird  und  dieAchäer,  auf  die  Bitte  der  Thetis  Hephaistos  neue  Waffen 
die  nach  der  Heimkehr  verlangen,  zurückhält).  geschmiedet  hat,  in   einer   Volksversammlung 
Hier  setzt  die  epische  Handlung  der  Ilias  zur  Versöhnung  mit  Agamemnon,  der  zur  Ein- 
ein, die  aber  den  Entscheidungskampf  kaum  sieht  seiner  Schuld  gelangt  ist  und  diese  Er- 
um  ein  erhebliches  Stück  weiterführt.   In  einer  kenntnis   durch  reiche  Sühnegaben  bekräftigt. 
Volksversammlung  erhebt  sich  ein  Streit  der  Sofort  mit  dem  Wiedereintreten  des  Achilleus 
Fürsten  um  den  Kampfpreis  des  Achilleus,  die  in  den  Kampf  wendet   sich  das  Kriegsglück. 
von  ihm    geliebte    Briseis.    Um    nämlich   vom  30  Das  VVüten  des  Achilleus  zieht  sogar  die  Götter 
Griechenheere  die  Pest  abzuwenden,  die  Apollon  gegen  ihren  Willen  in  den  Kampf,  und  in  einer 
zur  Strafe  für  einen  seinem  Priester  Chryses  Götterschlacht,  die  mit  einem  vollen  Siege  der 
angetanen  Schimpf  gesandt  hatte,   soll  Aga-  Griechengötter  endet,  wird  der  Konflikt  unter 
memnon  nach  einem  Seherspruche  des  Kalchas  den  Göttern,  die  von  Anfang  an  in  zwei  Par- 
die  Chryseis  ihrem  Vater  zurückgeben,  wofür  teien  sich  gegenüberstanden,  zur  entscheiden- 
er  aber  zum  Ersätze  die  Briseis  fordert.  Wider-  den    Lösung    gebracht.     Im    Zweikampfe    mit 
standslos   übergibt  sie  Achilleus,   von  Athene  Achilleus  fällt  jetzt  Hektor,  an  dessen  Leiche 
auf  zukünftige  Sühnung  dieser  Schmach  hin-  der  Sieger  seinen  furchtbaren  Grimm  ausläßt. 
gewiesen,  dem  Herolde,  schwört  jedoch  einen  Elegisch  klingt  das  Epos  aus,  einerseits  in  der 
heiligen  Eid,  er  werde  sich  mit  seinen  Myrmi-  40  Bestattung  des  Patroklos  und  den  sich  anschlie- 
donen  vom  Kampfe  fernhalten,  bis  Agamemnon  ßenden  Leichenspielen,  andererseits  in  Hektors 
seine  Schuld  erkannt  habe.   Seine  Mutter  The-  Lösung    und    Bestattung,    womit   das    epische 
tis  bestärkt   ihn  in  diesem  Vorsatze  und  er-  Motiv   des    Zornes,    der   zur  Vernichtung   des 
bettelt  vom  Göttervater  Zeus  das  Versprechen,  liebsten  Freundes  und  in  der  Rache  dafür  zur 
ihren  Sohn  zu  rächen.    Weil   nun  Alexandres  Vernichtung  auch  des  größten  Feindes  geführt 
in  einem  Zweikampfe  mit  Menelaos,   der  den  hat,  völlig  zu  Ende  gebracht  ist.    Die  Kriegs- 
Krieg  entscheiden  soll,  unterliegt,  trotzdem  aber  läge  indessen  ist  am  Ende  des  Epos  nur  inso- 
die  durch  den  Sieji^  dem  Menelaos  wieder  zu-  fern  geändert,   als  die  Verteidigungskraft  der 
gefallene  Helena  nicht  herausgibt,  wodurch  er  Troer    durch    den    Fall    ihrer    besten    Helden, 
den  feierlichen  Vertrag  der  Griechen  und  der  50  Hektor,   Sarpedon  u.  a.,  erheblich  geschwächt 
Troer  verletzt,  weil  femer  ein  verräterischer  ist;  aber  auch  das  Griechenheer,  das  in  den 
Pfeilschuß    des    Pandaros    auf  Menelaos,    den  meisten  Kämpfen  im  Nachteil  sich  befand,  hat 
Athene  veranlaßt  hat,  auch  die  Troer  zum  Ver-  schwere  Verluste  erlitten,  vor  allem  durch  den 
tragsbmche  reizt,  beginnt  der  Kampf  mit  voller  Fall    des    Patroklos.     Eine  Entscheidung    des 
Wucht  von  neuem.    Nachdem  auf  Befehl  des  Krieges  ist  noch  nicht  abzusehen;   doch  wirft 
Zeus  die  Götter  der  Griechen,  die  zunächst  den  die  Ahnung  von  Achills  Tod,  den  seine  Hybris 
Diomedes    zum    Siege    geführt    haben    (Here,  gegen  die  Leiche  Hektors  vorbereitet,  und  von 
Athene),    wie   die   der   Troer   (Apollon,    Ares,  Trojas  Zerstörung  ihre  düsteren  Schatten  voraus. 
Aphrodite)  aus  dem  Kampfe  sich  zurückgezogen  Die  Weiterentwicklung  der  Kämpfe,  worin 
haben    und    ein   Zweikampf   zwischen   Hektor  60  das  Hybrismotiv  bei  Achilleus   sich  auswirkt, 
und  Aias  unentschieden  geblieben  ist,  erleiden  brachte  die  Aithiopis,  die  an  den  letzten  Vers 
die  Griechen  eine  schwere  Niederlage,  die  den  der  Ilias  sich  anschloß,    die  uns   vorliegende 
Agamemnon  zu  einem  Sühneversuche  bei  Achil-  Form    dieses  Epos   also   voraussetzte ,    und    in 
leus  veranlaßt;  aber  die  von  Nestor  ausgewähl-  Parallele  damit,  aber  in  stark  verkürzter  Dar- 
ten   Gesandten,   Phoinix,   Aias  und   Odysseus,  Stellung,  die  Kleine  Ilias.    Hauptheld  bleibt  in 
die  nur  Sühnegeschenke,  nicht  aber  ein  reuiges  der  Aithiopis  Achilleus,   der  zunächst  die  zu- 
Herz des  Agamemnon  anbieten  können,  werden  gunsten  der  Troer  in  den  Kampf  eingreifende 
von  Achilleus  zurückgewiesen.   Der  nach  einem  thrakische  Amazonenkönigin  Penthesileia,   die 


1241      Trojanischer  Krieg  (Inhalt  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  einhält  d.  Sage)     1242 

Tochter  des  Ares,  tötet,  danach,  von  Thersites  ein  Gesprilch  troischer  Mädchen  über  die  Tap- 

(vgl.  ß  212  ff.)  beschimpft,  auch  diesen  erschlägt  ferkeit   des   Aias    und    deH    Odysseus   {frmn.  2 

und  zur  Kntsühnung  von  der  Bhitschuld  durch  Kinkel),  worin  letzterem  die  Palme  zuerkannt 

Odysseus  —    ein  Zeichen   späterer  Entstehung  wird,  und  ihre  Meldung  entscheidet  den  Streit 

—  nach  Lesbos  fährt.    Ein  weiterer  Akt  läßt  ("gemäß  der  Absicht  der  Athene'  Proklos),  wor- 

als  neuen  Hundesgenossen  der  Troer  den  Aithio-  auf  der  bei  Aias  ausbrechende;  Wahnsinn  ihn 

penkönig  Meninon,  den  Sohn  der  Eos  und  schön-  zum  Herdenmorde  treibt  (die  Wahnsinnstaten 

sten  Mann  auf  troischer  Seite  {X  522),  auftreten  scheinen  der  Aithiopis  noch  nicht  bekannt  ge- 

und,  nachdem  er  Nestors  Sohn  Antilochos,  den  wesen  zu  sein:  M.  Schmidt  S.  21);  dem  Selbst- 
nach  Patroklos  liebsten  Freund  des  Achilleus  lo  morde  des  Aias  folgt  seine  Beisetzung  in  einem 

\(a  78 tf.),  getötet  {8  188),  von   der  Hand   des  Sarge,  weil  Agamemnon  ihm  die  ehrenvollere 

Achilleus  fallen  (Wiederholung  des  Patroklos-  Verbrennung  verwehrt. 

motivs),  worauf  Eos  ihm  von  Zeus  die  Unsterb-  Durch  die  Aithiopis  also  ist  der  eigentliche 
lichkeit  erbittet:  die  Memnonepisode  stand  Kampf  um  Troja  wiederum  nicht  vorangebracht, 
jedenfalls  auch  in  der  Kleinen  Jlias  {v.  Wila-  im  Gegenteil  sind  durch  den  Tod  des  Achilleus 
mowitz- Moellendorf,  Homerische  Untersuchungen  und  des  Aias  die  Troer  in  Vorteil  gekommen, 
1884,154).  Dann  wird  Achilleus  selbst  bei  einem  so  daß  durch  Waffengewalt  kaum  noch  eine 
Einbrüche  in  die  Stadt  durch  den  Pfeil  des  Entscheidung  des  Krieges  erwartet  werden  kann. 
Paris,  dem  ApoUon  zur  Seite  steht,  niederge-  Zunächst  allerdings  weiß  die  Kleine  Hins  noch 
streckt.  (Wenn  eine  chalkidische  Amphora  des-  20  von  dem  Herbeiholen  neuer  Streitkräfte  zu  er- 
6.  Jahrh.  die  Version  der  Aithiopis  koiTckt  wie-  zählen.  Denn  der  von  Odysseus  gefangene-Hele- 
dergibt,  so  war  hier  von  einer  Unverwundbar-  nos  hatte  geweissagt,  daß  Troja  nur  erobert 
keit  des  Achilleus  bis  auf  die  Ferse  [vgl.  ^j90??od.  werden  könne  mit  Hilfe  der  Pfeile  des  Hera- 
JiptY.  20, 1]  nicht  die  Rede,  da  hier  zwar  ein  kies,  die  im  Besitze  des  berühmtesten  Pfeil- 
Pfeil  in  seiner  Ferse,,  ein  zweiter  aber  in  schützen  Philoktetes  (-O- 219)  waren,  und  des 
seiner  Seite  zu  sehen  ist,  vgl.  Otto  Berthold,  jungen  Achilleussohnes  Neoptolemos.  So  wird 
Die  Unverwundbarkeit  in  Sage  und  Aberglauben  Philoktetes  jetzt  durch  Diomedes  von  Lemnos 
der  Griechen,  Gießen  1911,  36:  immerhin  wäre  herbeigeholt  und  durch  Machaon  geheilt,  wor- 
nicht  ausgeschlossen,  daß  der  Pfeil  in  der  Seite  auf  er  mit  seinen  Pfeilen  den  Alexandres  er- 
ein  Autoschediasma  des  Vasenmalers  ist.)  Es  30  legt;  so  wird  auch  Neoptolemos  von  der  Insel 
folgt  heftiger  Kampf  um  die  Leiche,  worin  Skyros,  wo  er  erzogen  worden  war  (vgl.  l  506 
besonders  Aias  und  Odysseus  {s  309  f.)  sich  aus-  bis  522),  durch  Odysseus  herbeigebracht  und 
zeichnen,  dann  Beerdigung  des  Antilochos  und  mit  den  Waffen  seines  Vaters  ausgestattet,  mit 
Wehklage  der  Thetis  mit  ihren  Nereiden  und  denen  er  den  Eurypylos,  den  Sohn  des  Tele- 
den  Musen  an  der  Leiche  des  Achilleus,  prunk-  phos  und  Schwestersohn  des  Priamos,  erschlägt, 
volles  Leichenbegängnis  mit  Verbrennung  des  Selbständige  Bedeutung  aber  kommt  diesen 
Toten  und  Bestattung  seiner  Asche  zusammen  beiden  Episoden  im  Kampfe  um  Ilion  nicht 
mit  der  des  Patroklos  in  einer  goldenen  Urne,  zu:  sie  bilden  nur  den  Auftakt  zur 
endlich  Leichenspiele,  deren  Preise  Thetis  sei-  Zerstörung  Trojas,  die  in  lliu  Persis 
ber  herbeibringt  (so  nach  dem  ausführlichen  40  und  Kleiner  Mias  im  wesentlichen  gleichmäßig 
Bericht  der  Odyssee  co  36 — 94  und  nach  Pro-  und  übereinstimmend  mit  den  Andeutungen 
Mos,  der  aber  den  Leichnam  des  Achilleus  durch  der  Odyssee  erzählt  war.  Nachdem  Odysseus 
Thetis  den  Flammen  entrissen  und  nach  der  zuerst  in  Bettlergestalt  sich  als  Späher  in  Troja 
Insel  Leuke  entrückt  werden  läßt:  Wieder-  eingeschlichen  hat,  wo  er  von  Helena  entdeckt 
holung  des  Sarpedonmotivs).  —  Die  Aithiopis  und  gepflegt,  aber  nicht  verraten  worden  ist 
schloß  mit  dem  Streit  um  die  Waffen  Achills  {d  244 — 250,  Kleine  Ilias  nach  Proklos),  ver- 
zwischen  Odysseus  und  dem  Telamonier  Aias  schafft  er  sich  ein  zweites  Mal  mit  Diomedes 
(der  aber  nicht  bei  den  Leichenspielen  ent-  zusammen  Eingang  in  die  Stadt  und  raubt  das 
brannte,  wie  man  zu  Unrecht  aus  X  546  ge-  Palladion,  das  die  Stadt  schützte  (nach  der 
schlössen  hat;  vgl.  G.  W.  Nitzsch  zur  Stelle:  50  Z'Ze^wen  J/ias;  er  raubt  eine  Nachbildung  dessel- 
3,  298  ff.).  Thetis  hatte  die  Waffen  demjenigen  ben  nach  Arktinos  bei  iJionys.  Halic.  A.  B.  1, 
bestimmt,  der  sich  um  die  Rettung  des  Leich-  69,  2:  das  Motiv  sieht  nach  Stesichoros  aus, 
nams  mitsamt  den  Waffen  die  größten  Ver-  vgl.  seine  Version  über  den  Raub  der  Helena 
dienste  erworben  habe.  Die  Entscheidung  zu-  unten  Sp.  1252;  die  Versuche,  die  Überlieferung 
gunsten  des  Odysseus,  die  eine  Abstimmung  des  Dionys  mit  unserer  sonstigen  Kenntnis 
in  der  Volksversammlung  traf,  wurde  nach  der  lliu  Persis  des  Arktinos  in  Ausgleich  zu 
diesem  Epos,  wie  die  Vasenbilder  lehren  {Bo-  bringen,  wie  sie  z.  B.  Wörner  in  diesem  Lexi- 
bert,  Bild  und  Lied  221,  \g\.  M.Schmidt  SA2l),  kon  Bd.  3,  Sp.  1301  f.  nach  F.  Chavannes,  De 
durch  das  parteiische  Eintreten  des  Agamemnon  Palladii  raptu,  Diss.  BeroL  1891,  27  ff",  anstellt, 
für  ihn  herbeigeführt.  Im  Groll  über  die  Zu-  60  sind  äußerst  künstlich).  Dann  erfolgt  die  Er- 
rücksetzung  stürzte  dann  Aias  in  der  folgenden  oberung  der  Stadt  durch  die  List  des  hölzernen 
Nacht  sich  in  sein  Schwert,  worauf  wohl  noch  Pferdes,  das  Epeios  mit  Hilfe  der  Athene  baut, 
die  Auffindung  des  Toten  durch  Odysseus  und  Odysseus  mit  bewaffneten  Männern  anfüllt  und 
Diomedes  erzählt  war  (nach  Vasenbildern  :  durch  Trug  in  die  Stadt  hineinbringt  (9-  492  95 
Schneider  S.  166  f.).  Anders  die  Kleine  Ilias,  und  500  ff.,  X  523  ff.).  Sein  Werkzeug  hierbei  ist 
wonach  im  Streite  um  die  Waffen  Achills  auf  Sinon,  der,  als  die  Griechen  mit  Hinterlassung 
Nestors  Rat  Späher  ausgesandt  werden,  um  das  des  hölzernen  Pferdes  zum  Scheine  nach  Tene- 
Urteil  der  Feinde  zu  erkunden;  sie  erlauschen  dos  abgefahren  sind,  sich,  an  geblich  als  ein  Opfer 


1243     Trojanischer  Krieg  (Inhalt  d.  Sage)         Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)     1244 


des  OdysseuB,  von  den  Troern  fangen  läßt  und 
sie  mit  der  Erzilblung  täuscht,  das  hölzerne 
Pferd  sei  zur  Sühne  für  den  Raub  des  Palla- 
dions aufgestellt  {Iliu  Persis  nach  Proklos, 
Kleine  Ilias  nach  Aristoteles).  Die  im  hölzernen 
Pferde  eingeschlossenen  Griechen  sind  mit  Aus- 
nahme des  Neoptolemos  in  großer  Furcht  (X  526 
bis  532).  Sie  verraten  sich  aber  auch  nicht,  als 
Helena  heimlich  kommt  und  mit  verstellter 
Stimme  alle  bei  ihrem  Namen  ruft:  Odjsseus  lo 
hält  sie  zurück  und  drückt  schließlich  dem 
Antikles  den  Mund  zu,  so  daß  auch  Deiphobos, 
Helenas  dritter  Gemahl  —  die  Kleine  Jlias-  er- 
zlÜilte  nach  Proklos  die  Heirat  gleich  nach  dem 
Falle  des  Alexandros  — ,  der  ihr  nachgeschlichen 
ist,  nichts  bemerkt  {d  272—288).  Als  man  nun, 
wahrscheinlich  auf  den  Rat  des  Sinon,  das 
hölzerne  Pferd  auf  die  Akropolis  gezogen  hat, 
um  es  der  Athena  zu  weihen,  und  der  Apollon- 
priester  Laokoon  dem  Poseidon  (dem  Rosse-  20 
gott)  ein  Opfer  darbringt,  erscheinen  plötzlich 
zwei  gewaltige  Schlangen,  die  den  Laokoon 
und  den  einen  seiner  Söhne  erwürben.  Durch 
dies  Götterzeichen  erschreckt,  verläßt  sogleich 
Aineias  mit  den  Seinen  die  Stadt  (nach  der 
JHu  Persis;  für  die  Kleine  Utas  fehlt  ein  di- 
rektes Zeugnis  über  das  Schicksal  des  Aineias, 
doch  darf  man  vielleicht  die  Darstellung  der 
Vivenziovase,  die  allein  von  den  alten  Quellen 
den  Auszug  des  Aineias  während  der  Zer-  so 
Störung  der  Stadt  zeigt,  eher  für  die  Kleine 
Ilias  als  für  Stesichoros  in  Anspruch  nehmen: 
M.  Schmidt  S.  43  ff.).  Heimlich  entsteigen  nun 
die  Eingeschlossenen  dem  hölzernen  Käfig,  und 
im  Verein  mit  den  zurückgekehrten  Griechen, 
denen  vorher  von  Sinon  ein  Feuerzeichen  ge- 

geben  ist,  überfallen  sie  die  Troer.  Ein  großes 
lorden  hebt  an,  wobei  vor  allem  Neoptolemos 
sich  hervortut:  den  Priamos,  der  schutzflehend 
zum  Altar  des  Zeus  Herkeios  sich  geflüchtet  40 
hat,  zerrt  er  vom  Altare  und  stößt  ihn  vor  den 
Augen  der  Hekabe  am  Palasttore  nieder;  spä- 
ter führt  er  Andromache  mit  ihrem  kleinen 
Astyanax  als  Siegespreis  fort,  reißt  ihr  aber 
in  plötzlicher  Aufwallung  das  Kind  vom  Busen 
und  schleudert  es  vom  Turme  in  die  Tiefe 
(nach  der  Kleitien  Ilias;  nach  der  älteren  und 
wilderen  Iliu  Persis  wurde  Priamos  am  Altare 
erschlagen.  Astyanax  aber  wurde  nach  einem 
Beschlüsse  der  Griechen,  den  Odysseus  durch-  50 
gesetzt  hatte,  mit  Vorbedacht  der  Mutter  ge- 
nommen und  vom  Turme  herabgeschmettert: 
M.Schmidt  S.  30ff.).  Menelaos,  dem  Odysseus 
den  Weg  zum  Hause  des  Deiphobos  gewiesen 
hat,  tötet  diesen  und  führt,  durch  Aphrodite 
zur  Milde  gestimmt,  Helena  wieder  mit  sich 
fort.  Die  Seherin  Kassandra,  deren  Bräutigam 
Koroibos  von  Diomedes  getötet  war  {Kleine 
Ilias  fr  gm.  15),  flüchtet  zum  Götterbild  der 
Athene,  wird  hier  aber  von  Aias,  dem  Sohne  60 
des  Oileus,  mit  Waffengewalt  samt  dem  Kult- 
bilde weggerissen  und  vergewaltigt  (üif.  Schmidt 
S.  52  ff.  Dafür  leistet  noch  im  3.  Jahrh.  v.  Chr. 
die  sogenannte  lokrische  Mädchenbuße  Sühne, 
deren  Entstehung  von  A.  Brückner  bei  Dnrpfeld, 
Troja  und  Ilion  S.  557  ff.  u.  a.  gemäß  der  Überlie- 
ferung des  Altertums  höchst  unwahrscheinlich  in 
die  Zeit  von  Trojas  Fall  hin  auf  datiert,  dagegen 


durch  V.  Wilamoiritz-Moellendorff,  Sitzungsher. 
d.  Berliner  Aknd.  1U05,  319  und  Die  lUas 
und  Homer,  1916,  383 ff.  nach  Jhmetrios  ron 
Skepsis  (Strabon  13,  600)  ins  G.  Jahrh.  v.  Chr. 
gesetzt  wird;  nach  der  von  Ad.  Wilhelm,  Jahres- 
hefte d.  Österreich,  archäol.  Instituts  14  [1911J, 
163  -  256  veröffentlichten  Inschrift  aus  der  Mitte 
des  3.  Jahrh.  v.  Chr.  mag  immerhin  der  Brauch 
'die  Erinnerung  an  frühere  Menschenopfer  durch 
eine  Verfolgung  festhalten,  die  den  Opfermen- 
schen eine  Gelegenheit  zu  rechtmäßigem  Ent- 
weichen bietet'  (S.  178);  danach  werden  die  lo- 
krischen  Mädchen  als  'Sündenböcke'  betrachtet 
von  tr.  Schioenn,  Die  Menschenopfer  bei  den 
Griechen  und  Römern,  Gießen  1915,  47  ff.;  'der 
Brauch  wird  vielleicht  nie  ganz  verstanden  wer- 
den': E.  Fehrle,  Berliner  philol.  Woch.  1919, 
157).  Nachdem  endlich  die  Stadt  anj^ezündet 
ist,  wird  noch  des  Priamos  'i'ochter  Polyxena 
am  Grabe  des  Achilleus  geopfert.  —  Die 

Rückkehr  der  Helden  war  in  den  JVos^gw 
erzählt  (und  in  der  Odyssee),  auf  deren  Einzel- 
heiten hier  nicht  mehr  eingegangen  werden 
kann,  weil  sie  kaum  noch  zur  eigentlichen 
Trojasage  gehören,  vielmehr  wieder  in  die  lo- 
kalen Heldensagen  und  die  darauf  aufgebaute 
epische  Tradition  des  Mutterlandes  zurückleiten. 
Hier  nur  noch  über  das  epische  Motiv  der 
Nosten  so  viel,  daß  die  Göttin  Athene,  ob  des 
der  Kassandra  und  ihrem  Bilde  angetanen 
Schimpfes  ergrimmt  (der  bereits  den  Aias  in 
Gefahr  der  Steinigung  durch  die  Griechen  ge- 
bracht hatte:  Iliu  Persis),  den  Griechen  Ver- 
derben sendet,  als  sie  nach  der  Zerstörung 
Trojas  heimfahren.  Opfer  vermögen  den  Zorn 
der  Göttin  nicht  zu  versöhnen.  Darum  erreicht 
nur  ein  Teil  der  Helden  nach  kleineren  oder 
größeren  Irrfahrten  die  Heimat  wieder.  Aias 
wird  von  Poseidon  aus  einem  gewaltigen  Sturm 
gerettet,  aber  auf  seine  Prahlereien  hin  ins 
Meer  hinabgerissen.  Den  Agamemnon  ereilt 
das  Unheil  in  der  Heimat. 

III.  Deutung  der  Sage. 

Um  den  Ursprüngen  dieser  in  den  Einzel- 
heiten äußerst  komplizierten,  im  Kern  aber 
außerordentlich  einfachen  Sage  nachzugehen, 
müssen  wir  beginnen  mit  der 

a)  historischen  Erklärung;  denn  die 
authentischen  Zeugen  der  griechischen  Helden- 
zeit, die  seit  einem  halben  Jahrhundert  durch 
die  Arbeit  der  Archäologen  wiedererstanden 
sind,  gestatten  uns  von  hier  aus  die  älteste 
Geschichte  dieser  Heldensage  wenigstens  an 
einem  Zipfelchen  wieder  aufzurollen.  Das  ge- 
samte Altertum  hat  an  der  Geschichtlichkeit 
des  Trojanischen  Krieges  keinen  Zweifel  gehegt, 
mochte  auch  die  Chronologie  dieser  Ereignisse 
entsprechend  ihrer  Einordnung  in  die  sagen- 
hafte griechische  Urgeschichte  mancherlei 
Schwankungen  unterliegen  (vgl.  Erw.  Bohde, 
Bhein.  Mus.  36  [1881],  380  ff.  =  Kl.  Sehr.  2, 1 
bis  100,  B.  Laqueur,  Hermes  42  [1907],  .513  bis 
530).  Man  unterfing  sich  sogar,  den  Fall  Trojas 
bis  auf  den  Monatstag  genau  zu  berechnen, 
den  Hellanikos  z.  B.  auf  den  12.  Thargelioi 
(im  18.  Jahre  der  Königsberrschaft  des  Agj 
memnon,  dem  ersten  der  Königsherrschaft  d( 


1245     Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)      1246 

Demophon  in  Athen),  andere  anders  ansetzten  märchenhafte  Odysseussage  ist  trotz  der  Be- 
{H.  KuUnier,  Die  Historiai  des  Ilellanikos  von  mühungen  DörpfeUh  und  anderer  im  wesent- 
Lesbos  11)02,  584;  F.  Jacohy,  Das  Marmor  Pa-  liehen  noch  ohne  die  reale  Grundlage  archilo- 
rium  S.  144  tf.  zu  ep.  24).  Auch  mit  der  Topo-  logischer  Fundtateachen.  (Zur  Chronologie  nach 
graphie  des  Kampfplatzes  hatte  das  Altertum  Fiinmen  1901)  auch  /.  lieloch,  Griech.  Gesch. 
bereits  sich  einj^ehend  beschäftigt,  indem  be-  1,2*,  1913,  120 — 131,  dann  Fimitien  1921.) 
sonders  Demetrios  von  Skepsis  (vgl.  Gäde,  De-  Nun  hat  nach  Andeutungen  des  Geschichts- 
metrii  Scepsii  quae  supersurit,  l^SO;  Kd.Schcartz  forschers  Johannes  v.  Müller  (1783)  bereits 
bei  Pauly-Wissowa  H.  E.  4,  2808  tf.)  der  schon  Jakob  Grimm  (1813)  es  ausgesprochen,  daß  zur 
von  der  Alexandrinerin  Hestiaia  aufgeworfenen  lo  Entstehung  des  '  Volksepos '  eine  historische 
Frage  nachging,  wo  das  homerische  Troja  Tat  notwendig  sei,  von  der  das  Volk  lebendig 
eigentlich  gelegen  habe.  Daß  seine  Entschei-  erfüllt  werde,  so  daß  sich  die  Göttersage  daran 
düng  für  die  xw/zr]  'ihicov,  wonach  man  seit  ansetzen  könne.  Diese  Idee  eines  historischen 
Choiseid  Gouffier  (1784)  und  Lechevalier  (1787)  Kernes,  .die  sich  nicht  nur  in  der  germanischen 
fast  ein  Jahrhundert  lang  die  Burg  des  Pria-  Sage  {W.  Grimm  und  Lachmann  1829,  vgl. 
mos  auf  dem  Bali  Dagh  bei  Bunarbaschi  suchte,  O.  L.  Jiriczek,  Die  deutsche  Heldensage,  4.  Aufl., 
falsch  gewesen  ist,  wissen  wir,  nachdem  Schlie-  Berlin  und  Leipzig  1913),  sondern  auchimVolks- 
mann  (seit  1870)  an  der  Stelle  des  von  Lysi-  gesange  der  byzantinischen  Griechen,  Serben, 
machos  gegründeten  Neu-llion  (Hissarlik)  die  Großrussen,  malaiischen  Atjeher,  Kara-Kirgisen 
alte  prähistorische  Burg  Troja  wiedergefunden,  20  bewahrheitet  hat  (vgl.  meinen  Homer^  S.  19 ff. 
Dörpfeld  1893/94  mit  der  Entdeckung  der  mit  142  tf.),  gehört  heute  zu  den  gesicherten 
6.  Stadt  aus  der  mykenischen  Epoche  die  Sie-  Ergebnissen  der  vergleichenden  Epenforschnng. 
delungsgeschichte  des  sagenberühmten  Hügels  Nur  der  in  einem  traumhaften  Zauberlande 
in  allen  Epochen  klar  gelegt  hat.  Schliemann  sich  bewegende,  rein  märchenhafte  Gesang  der 
hat  aber  auch  die  Herrensitze  jener  Frühzeit  Finnen  (und  Esten)  undTataren  entbehrt,  soweit 
in  Mykenai  (seit  1874)  und  Tiryns  (seit  1884)  wenigstens  wir  nachzuweisen  vermögen,  einer 
und  das  gewaltige  Kuppeigrab  von  Orchomenos  historischen  Grundlage,  kann  also  sehr  wohl 
(1880)  aus  dem  Erdboden  wiedererstehen  lassen.  aus  ursprünglicher  Märchendichtung  hervor- 
Durch  ihn  angeregt  hat  man  ferner  an  zahl-  gewachsen  sein.  Nicht  minder  sicher  ist  die 
reichen  anderen  Orten  Griechenlands  mykeni-  30  Erkenntnis,  daß  in  der  epischen  Erinnerung 
sehe  und  vormykenische  Siedelungen,  z.  T.  wie-  eines  Volkes  vor  allem  gewisse  geschichtliche 
derum  große  Herrenburgen,  ans  Licht  gebracht,  Persönlichkeiten  fortleben,  die  vielfach  aller- 
80  in  der  Argolis  und  dem  übrigen  Peloponnes  dings  in  ihrem  Charakterbilde  sich  verändern 
(Kuppelgrab  von  Waphiö  beim  Amyklaion  in  (z.  B.  der  'Königssohn  Marko'  der  Serben, 
Lakonien  1889,  Argos  seit  1902,  Alt-Pylos  1907),  Wladimir  der  Heilige  der  Großrussen),  die  auch 
in  Attika(  Athen  seit  1884),  Boiotien  (Orchomenos  verschiedenartige  Persönlichkeiten  und  weit 
1903/5,  Theben  seit  1906),  Thessalien  (Dimini,  auseinanderliegende  Ereignisse  gewissermaßen 
Sesklo  1901/3)  usw.  Ja  seit  1900  ist,  nachdem  in  sich  aufsaugen  (z.  B.  'Königssohn  Marko' 
1896/99  bereits  die  prähistorische  Stadt  bei  und  die  Gebrüder  t7'aZ:stc),  die  sogar  von  einer 
Phylakopi  auf  Melos  freigelegt  worden  war,  40  im  Geschichtsverlaute  recht  nebensächlichen 
auf  Kreta  (Knosos,  Phaistos  usw.)  eine  ganz  Kolle  in  eine  erste  Stelle  der  Liedtradition  ge- 
neue Kulturwelt  jener  Frühzeit,  die  vor  und  setzt  werden  (z.  B.  Gundicarius  =  König  Gun- 
neben  die  'mykenische'  Epoche  sich  lagernde  ther,  Hruotlandus  =  Roland;  vgl.  auch  hierfür 
'minoische'  Kultur,  aus  dem  Schutt  der  Jahr-  Homer^  a.  a.  0.).  Trotz  allem  aber  sitzen  hier 
tausende  wiedererstanden.  (Näheres  in  meinem  die  Persönlichkeiten  und  mit  ihnen  auch  der 
Homer^  1915,  58  ff.  mit  155  ff.)  Ort  ihrer  Wirksamkeit  zweifellos  fester  als 
Hierdurch  ist  eine  grundlegende  geschieht-  historische  Ereignisse,  deren  Überlieferung 
liehe  Erkenntnis  immer  klarer  vor  unsere  Augen  nicht  bloß  den  gleichen  Umgestaltungen  unter- 
getreten: es  gibt  kein  bedeutendes  Zentrum  Hegt,  sondern  auch  leichter  ganz  verblaßt  (vgl. 
griechischer  Heldensage,  das  nicht  an  ein  real  50  u.  a.  die  aus  der  Völkerwanderungszeit  gebo- 
existierendes  Zentrum  prähistorischen  Kultur-  rene  Nibelungensage):  der  durchaus  persönliche 
lebens,  sei  es  der  mykenischen  sei  es  der  vor-  Charakter  der  epischen  Volkssage  bietet  dafür 
mykenischen  Zeit  sich  angeschlossen  hätte.  die  ungezwungene  Erklärung. 
Insbesondere  die  Argolis  (mit  Lakonien)  und  .  Hiernach  kann  a  priori  mit  der  Wahrschein- 
Boiotien,  daneben  auch  Attika  sind  die  Haupt-  lichkeit  gerechnet  werden,  daß  auch  in  der 
Zentren  dieser  Sage  und  dieser  Kultur,  die  aber  griechischen  Volkssage  echte  historische  Hel- 
nicht  als  eine  einheitliche,  über  ganz  Griechen-  den  fortleben,  und  diese  Wahrscheinlichkeit 
land  gleichzeitig  sich  erstreckende  Entwicklung  wird  zur  Gewißheit  durch  die  eben  erörterte 
betrachtet  werden  darf.  Während  die  Hoch-  Tatsache,  daß  die  sagengeschichtlichen  Sitze 
blute  der  festländischen  mykenischen  Kultur,  60  der  griechischen  Haupthelden  durchaus  auch 
einer  reinen  Bronzezeit,  unter  dem  Einflüsse  Hauptsitze  der  prähistorischen  Kultur  Griechen- 
Kretas  schon  im  16.  Jahrh.  v.  Chr.  anhebt,  setzt  lands  gewesen  sind:  der  Analogieschluß  ist 
sich  in  Thessalien  die  neolithische  Kultur  bis  durch  eine  Grundtatsache  der  historischen  Über- 
zur  dritten  spätminoischen  (=  jünger  mykeni-  lieferung  bestätigt.  Wenn  nun  aber  die  grie- 
schen)  Periode  fort,  in  der  sich  im  Süden  be-  chische  Volkssage  und  ihre  Ausmünzung  im 
reits  das  Bronzezeitalter  zu  Ende  neigt.  Auch  großen  Epos  hiernach  auf  einem  geschicht- 
im  Nordwesten  Griechenlands  sind  die  Spuren  liehen  Grunde  beruht,  so  ist  damit  noch  nicht 
dieser    Kultur    verhältnismäßig    schwach:    die  gesagt,    daß    dieser   geschichtliche    Kern    der 


1247     Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)     1248 

Sage  mit  unsem  Mitteln  auch  im  einzelnen  (so  vor  allem  Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2, 
wirklich  wiedergewonnen  werden  kann.  Denn  20S1^.;  Walter  Lenf,  Troy  1912, 2bSÜ.  und  Homer 
wo  auch  immer  wir  bei  den  Voikssagen  anderer  and  history  1916;  F.  Sartiaux,  Troic,  1916: 
Völker  diese  historische  Grundlage  feststellen  /.  L.  Myres  und  A".  T.  Frost,  Klio  14  [1915 1, 
konnten,  war  dieses  doch  nur  möglich  durch  447 — 467).  Denn  auch  wenn  wir  die  dichteri- 
die  Vergleichung  der  Sage  mit  einer  von  ihr  sehen  Übertreibungen,  insbesondere  über  dit- 
unabhängigen,  schriftlichen  Geschichtstradition,  Größe  der  Stadt  Troja  und  die  Zahl  ihrer 
die  durch  eine  hypothetische  Konstruktion  auf  Kämpfer  in  Abzug  brint^en,  bleiben  doch  in 
Grund  monumentaler,  religiöser  oder  sprach-  den  politischen  und  geographischen  Grundvor- 
Ucher  Tatsachen  ebensowenig  ersetzt  werden  lo  aussetzungen  des  Trojazu^es  so  viele  Anstößt\ 
kann,  wie  durch  eine  rationalistische  Kritik  daß  dieser  vor  unserm  kritischen  Gewiseen  al^ 
der  Sagenüberlieferung  selbst.  Eine  solche  Tra-  geschichtlich  nicht  mehr  zu  bestehen  vermag 
dition  fehlt  uns  aber  für  die  Griechen  des  Einerseits  würde  die  Vereinigung  aller  griechi- 
2.  Jahrtausends  v.  Chr.  vollständig.  Mögen  also  sehen  Helden  unter  dem  Oberbefehl  des  Königs 
auch  einzelne  Helden  der  griechischen  Sage  von  Mykenai  eine  Ausdehnung  seines  tatsäch- 
wie  Affamemnon  und  Menelaos,  Aias  und  Teu-  liehen  Herrschaftsbereiches  über  ganz  Griechen 
kros,  Nestor  und  Diomedes,  Menestheus  und  land  (oder  wenigstens  'weithin  über  den  Pelo- 
Idomeneus  u.  a.  in  ihrer  vollen  Menschlichkeit  ponnes,  ja  über  Teile  Mittelgriechenlands': 
durchaus  das  Gesiebt  historischer  Sagenhelden  Ed.  Meyer  S.  188)  voraussetzen,  die  weder  in 
haben,  über  die  bloße  Möglichkeit,  sie  als  ge-  20  einer  einheitlichen  Vorstellung  der  griechischen 
schicbtiiche  Helden  der  Frühzeit  anzusprechen,  Volkssage  —  beim  Zuge  der  Sieben  gegen  The- 
kommen  wir  damit  nicht  hinaus.  Agamemnon  ben  z.  B.  fuhrt  nicht  der  König  von  Mykenai,. 
z.  B.  kann  durchaus  ein  alter  König  des  gold-  sondern  der  von  Argos  —  noch  in  dem  Befunde 
reichen  Mykenai  gewesen  sein,  die  literarischen  unserer monumentalenÜberlieferungeine Grund- 
Analogien  bieten  sogar  eine  gewisse  Wahr-  läge  hat;  im  Gegenteil  läßt  die  Existenz  der 
scheinlichkeit  dafilr;  aber  ob  er  nun  wirklich  gewaltigen  Burgen  in  Attika  und  Boiotien  (vgl. 
und  wann  er  gelebt,  wie  weit  sein  Reich  sich  noch  Alt-Pylos  im  Peloponnes)  auf  selbständige 
erstreckte  und  welche  Taten  er  vollbrachte,  Herrschaftsgebiete  schließen,  von  dem  fernab 
80  daß  er  zu  einem  Sagenhelden  werden  konnte,  gelegenen  Thessalien,  der  Heimat  des  Achilleus. 
vermögen  wir  nicht  zu  sagen:  Sage  und  Ge-  so  ganz  zu  schweigen.  Andererseits  ist  keine  ge- 
schichte  bleiben  inkommensurable  Dinge.  schichtliche  Veranlassung  erweislich  oder  auch 

Immerhin  haftet  der  König  an  seiner  Königs-  nur  wahrscheinlich  zu  machen,  die  eine  ge- 
burg,  deren  reale  Existenz  auch  die  Geschieht-  samtgriechische  Überseeunternehmung  gegen 
lichkeit  ihres  Königs  bis  zu  einem  gewissen  ein  hellespontischesFüi-stentum  einem geschicht- 
Grade  verbürgt.  In  wesentlich  geringerem  Maße  liehen  Verständnis  erschließen  könnte.  Denn 
j^lt  das  für  die  Geschichtlichkeit  bestimmter  die  hellespontische  Handelsstraße  hat  in  jener 
Ereignisse,  die  sich  an  gewisse  Örtlichkeiten  Frühzeit,  in  der  wir  nur  geringfügigen  grie- 
knüpfen,  soweit  hier  die  entscheidende  persön-  chischen  oder  kretischen  Import  in  Troja  selbst 
liehe  Relation  fehlt.  Letztere  ist  zweifellos  nachzuweisen  vermögen  —  die  prähistorische 
nicht  vorhanden  zwischen  der  kleinasiatischen  40  Kultur  Trojas  gehört  zu  dem  großen,  einbeit- 
Königsburg  Troja  und  der  bunten  Schar  grie-  liehen  Kulturgebiet  des  nördlichen  Balkans  bia 
chischer  Könige,  die  nach  der  Sage  zehn  Jahre  nach  Ungarn  hinein  — ,  schwerlich  auch  nur 
lang  um  ihre  Eroberung  sich  bemühen.  Die  entfernt  jene  Bedeutung  gehabt,  die  sie  in  der 
Verbindung  wird  geschaffen  durch  den  Heereszug  klassischen  Zeit  zu  einer  Lebensader  des  öko- 
der  Ilccvaxcciol  gegen  Troja,  der  als  solcher  nomischen  Lebens  in  Griechenland  machte ;  der 
aber  von  den  realen  Stätten  frühgriechischer  'Welthandel'  der  Mykenäer  und  ihrer  Kultur- 
Königsherrschaft  abgelöst  ist  (Ausgangspunkt  Vorgänger  gravitierte  überhaupt  nach  .dem 
Aulis),  der  darum  auch  aus  ihrer  tatsächlichen  Süden,  hat  jedenfalls  die  Nordküste  des  Ägäi- 
Existenz  irgendwelche  Bestätigung  nicht  ab-  sehen  Meeres,  Propontis  und  Pontus  kaum  er- 
leiten  kann.  Die  Frage  nach  der  Geschieht-  50  reicht.  Die  tatsächliche  Existenz  der  Burg  Troja 
lichkeit  des  Trojanischen  Krieges  ist  schon  in  der  neolithischen  Zeit  erklärt  sieb 
also  trotz  der  geschichtlichen  Wirklichkeit  von  demgegenüber  leicht  aus  den  großen  Völker- 
Mykenai,  Troja  usw.  auf  die  bloße  Sagenkritik  Wanderungen  jener  Frühzeit,  weil  Troja  den 
zurückgeworfen,  wodurch  das  Problem  in  sei-  Übergang  von  Europa  nach  Kleinasien  an  der 
nem  Kern  gar  nicht  gelöst  werden  kann:  dies  für  die  Küstenschiffahrt  wichtigsten  Stelle  be- 
müssen wir  uns  klar  machen,  um  in  dieser  herrschte.  Beachten  wir  ferner,  daß  die  Samm- 
Frage  trotz  aller  Entdeckungen  Schliemanne  lung  und  Ausfahrt  des  Heeres  vom  boiotischen 
den  Boden  der  nüchternen  Forschung  nicht  zu  Hafen  Aulis  aus  nur  gezwungen  aus  den  tat- 
verlassen {Hom.  Poetik  1,  268  ff.).  sächlichen  Verhältnissen,  um  so  leichter  dage- 

Aber  selbst  wenn  wir  einmal  der  Sagen-  60  gen  aus  dichterischer  Erfindung  verständlich 
kritik  auf  den  Boden  rationalistischer  Konstruk-  wird:  die  natürliche  Sammelstelle  wäre  doch 
tionen  folgen,  so  müssen  wir  als  unverkennbar  ein  Hafen  der  Argolis  gewesen,  von  wo  aus- 
feststellen, daß  die  positiven  Kriterien,  mit  fahrend  man  unterwegs  die  boiotischen  und 
denen  man  die  Geschichtlichkeit  jenes  Krieges  thessalischen  Kontingente  hätte  aufnehmen  kön- 
hat  beweisen  wollen,  für  diesen  Zweck  in  keiner  nen ;  weder  zum  thessalischen  (Achilleus)  noch 
Weise  ausreichen,  daß  man  vielmehr  in  Wirk-  zum  peloponnesischen  Sagenkreis  (Agamemnon- 
lichkeit  nur  nach  gewissen  Gefühlsmomenten  Helena),  die  in  der  troischen  Sage  miteinander 
zum   Glauben   an   diese  Theorie  sich   bekennt  verbunden  sind,  hat  Aulis  unmittelbare  Bezie- 


1249     Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)      1250 

hung,  das  auch  nicht  durch  dialektologische  nordöstlichen  Balkans  (Ende  des  3.  oder  An- 
Gründe (P.  Cawer,  GrMn(//rar5rcn  £/('r//o;«erlT/7/A;'  fang  des  2.  Jahrtausends)  hinaufzurücken,  bei 
S.  641)  als  eine  in  der  Sage  festsitzende  Ort-  der  wandernde  Grieclienstämme  von  Thessalien 
lichkeit  erwiesen  werden  kann.  Dagegen  konnte  aus  zu  Schiffe  an  der  Meeresküste  entlang  nach 
einem  Dichter  gerade  für  den  Ausgleich  der  Kleinasien  sich  vorgefühlt  haben  mögen:  die 
beiden  Sagenkreise  miteinander  das  zwischen  gleichfalls  thessalisclie  Argonautensage  wäre 
Thessalien  und  dem  Peloponne-s  etwa  in  der  dann  in  ihrer  frühesten  historischen  (Grundlage 
Mitte  gelegene  Aulis,  das  im  2.  Jahrtausend  das  Gegenstück  dazu.  Auch  die  Persönlichkeit 
wahrscheinlich  als  Hafen  Boiotiens  eine  Rolle  des  Achilleus,  die  im  Gesamtkomplex  der  troi- 
gespielt  hat,  als  peeij^neter  Mittelpunkt  erschei-  lo  sehen  Sage  über  eine  episodische  Holle  nicht 
neu.  Nehmen  wir  noch  hinzu,  daß  das  roman-  hinauskommt,  braucht  keineswegs  der  heroische 
tische  Hauptmotiv  des  Zuf^es,  die  Wiederge-  Repräsentant  solcher  uralten  (aiolischen?)  Kor 
winnung  einer  schönen  Frau,  das  letzten  Endes  lonisationskämpfe  zu  sein,  da  er  ebensowohl 
vielleicht  auf  mythischem  Urgründe  ruht  (vgl.  als  ein  thessalischer  Stammesheros  erst  nach- 
unten),  das  andererseits  aber  auch  in  der  trä<<lich  durch  Dichtererfindung  in  die  troische 
Volksepik  nicht  ungewöhnlich  ist,  in  seiner  Sage  hineingezogen  sein  kann.  Im  Grunde  ge- 
besonderen Bedeutung  für  die  Trojasage  offen-  nommen  ist  ja  die  Teilnahme  des  Achilleus  an 
sichtlich  als  eine  Dichtererfindung  sich  dar-  den  Kämpfen  um  Troja  für  den  endlichen  Er- 
stellt, so  dürfte  der  Schluß  unabweisbar  sein:  folg  dieser  Kämpfe  bedeutungslos:  Achilleus 
der  Trojanische  Krieg,  wie  die  Sage  20  taucht  hier  auf  und  verschwindet  wie  ein  Me- 
ihn  darstellt,  ist  als  geschichtliches  teor  (vgl.  ob  Sp.  1240 f.).  Mit  welchem  Rechte 
Ereignis  nicht  nur  unerweislich,  son-  werden  also  solche  für  die  troische  Sage  neben- 
dern  auch  unwahrscheinlich.  sächlichen  Einzelzüge,  wie  die  Eroberung  von 
Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  nicht  vorge-  Lesbos  und  Tenedos  u.  a.,  auf  eine  uralte  ver- 
schichtliche  Kämpfe  irgendwelcher  Art  zwi-  schüttete  Mythistorie  zurückgeführt,  da  doch 
sehen  einem  griechischen  Stamme  und  den  auch  hier,  vor  allem  beim  Raube  der  Briseis 
Bewohnern  Trojas  die  erste  Anregung  zur  Ent-  als  Vorfabel  des  Streites  der  Könige  (vgl.  den 
stehung  einer  Heldensage  gegeben  haben,  die  Raub  der  Chryseis),  epische  Erfindung  anzu- 
in  ihrer  Weiterentwicklung  zu  einem  epischen  nehmen  gestattet  ist?  Ein  Dichter  also  mag 
Zentrum  geworden  ist  und  dadurch  zur  Aus-  30  es  gewesen  sein,  der  die  im  Liede  berühmte 
bildung  der  umfassenden  Trojasage  geführt  hat.  Sagengestalt  des  Achilleus  überhaupt  erst  zur 
Spiegeln  sich  etwa  in  der  troischen  Sage  die  Ausweitung  des  troischen  Sagenkreises  herbei- 
Kämpfe  bei  der  aiolischen  Kolonisation  der  gezogen  und  ihr  darin  ob  ihres  Glanzes  sogar 
Troas  wieder?  Ist  nicht  gar  Achilleus  'der  für  kurze  Zeit  eine  führende  Rolle  zugewiesen 
eigentliche  aiolische  Held,  der  Träger  der  aioli-  hat.  Kurz,  der  Möglichkeiten  für  die  Entste- 
schen  Kolonisation,  der  Lesbos  (Briseis)  und  hung  der  troischen  Sage  aus  historischem  Grunde 
Tenedos  (Kyknos)  erobert  und  an  der  teuthran-  sind  so  viele,  daß  wir  in  Ermangelung  jeglicher 
tischen  Küste  kämpft  (Telephos)'?  {Ed.  Meyer  unzweideutigen  Kontrollinstanz  zu  irgendwel- 
2,  400  nach  Ernst  Curtius,  Griech.  Gesch.  1**,  eben  positiven  Aussagen  über  den  geschichtli- 
119  ff.  u.  a.).  Aber  die  historischen  Kolonisa- 40  chen  Grehalt  dieser  Sage  nicht  berechtigt  sind. — 
tionskämpfe  der  Aioler  in  der  Troas,  die  wir  Weit  unsicherer  noch  als  die  historische  Aus- 
etwa  auf  das  7.  (oder  8.)  Jahrhundert  datieren  deutung,  die  immerhin  noch  mit  gewissen  po- 
können,  liegen  schon  hinter  der  Zeit,  in  der  sitiven  Faktoren  rechnen  kann,  ist  die 
die  Sage  entstanden  sein  muß,  so  daß  man  b)  mythologische  Erklärung,  die  über- 
auch  mit  der  Annahme  einer  Vordatierung  haupt  nur  auf  gewisse  unbeweisbare  Voraus- 
jener  Kämpfe  nicht  zum  Ziele  kommt;  überdies  Setzungen  und  Kombinationen  ihre  Schlüsse 
hat  gerade  in  dieser  Zeit  die  Stadt  Troja  selbst  aufbauen  kann.  Von  Heynes  Sermo  mythicus, 
eine  erhebliche  Bedeutung  nicht  mehr  gehabt,  Creuzers  Symbolik  ausgehend,  hatte  sich  bei 
wodurch  der  eigentliche  Anlaß  für  eine  solche  einer  früheren  Generation  von  Mythologen  die 
Vordatierung  fehlen  würde.  Für  die  mykenische  50  Grundanschauung  festgesetzt,  daß  der  Urgrund 
Zeit  andererseits,  in  welcher  Troja  als  eine  ge-  aller  epischen  Poesie  bei  den  arischen  Völkern 
waltige  Königsburg  uns  bekannt  ist,  wissen  im  Göttermythos  zu  suchen  sei;  die  alte  my- 
wir  positiv  von  griechischen  Kolonisations-  thische  Sprache  sei  das  Lebensblut  dieser 
kämpfen  um  diese  Burg  gar  nichts,  so  daß  Poesie,  wie  Max  Müller  in  seinen  Essays  es 
wir  uns  hier  in  einen  Circulus  vitiOsus  ver-  in  besonderer  Schärfe  zum  Ausdruck  brachte, 
stricken;  auch  die  große  Völkerbewegung  im  Wenn  aber  die  vergleichende  Mythologie  in 
Bereiche  des  Ägäischen  Meeres,  die  in  der  Balder  =  Siegfried  =  Achilleus  den  in  der 
ersten  Hälfte  des  13.  Jahrh.  schon  Ägypten  er-  Blüte  seiner  Jugend  vor  dem  Himmelsbollwerk 
reichte,  kann  nur  ganz  hypothetisch  und  ohne  (Troja)  sterbenden  Sonnengott  (als  Tagesgott 
innere  Wahrscheinlichkeit  auf  die  Kämpfe  um  60  oder  Jahresgott),  im  Raube  der  Helena  durch 
Troja  bezogen  werden  (mit  E.  Beizner,  Homer  Paris  bzw.  Theseus  und  ihrer  Befreiung  durch 
u.  d.  vorhomerische  Jahrtausend  Griechenlands,  Agamemnon  und  Menelaos  bzw.  durch  die 
Pro^r.  ilftmcÄen  1913,  13  fi".).  Es  verbleibt  sogar  ''Himmelssöhne'  die  Mondgöttin  im  Wechsel 
die  durch  den  archäologischen  Befund  einiger-  der  Mondphasen  oder  aber  den  Raub  der  leuch- 
maßen  gestützte  Möglichkeit,  die  geschieht-  tenden  Wolkenkühe  durch  die  Nacht  und  ihre 
liehen  Kämpfe  um  Troja,  deren  Reflex  in  der  Zurückführung  durch  den  Sonnengott  erkennen 
troischen  Sage  uns  entgegentreten  soll,  bis  in  wollte  (vgl.  als  Parallele  die  Sage  vom  golde- 
die  Frühzeit  der  griechischen  Besiedelung  des  neu  Vlies)-,   so  mußte  natürlich  auch  die  Ge- 


1251      Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)      1252 

schichte  vom  Kampfe  um  Troja,  von  der  Er-  in  eine  bewußte  Dichterertiudung  hineingezogen 
oberung  und  Zerstörung  der  Stadt,  wofür  die  worden  sein.  Die  AcbilleusKgur  insbesondere 
vergleichende  Mythologie  eine  Namensgleichung  führt  in  ihrem  Ursprung  jedenfalls  in  eine  sehr 
in  der  altindischen  Mythologie  entdeckte  (s.  frühe  Schicht  thessalischer  Sage  hinein,  wo 
unten  Sp.  1263),  eine  mythische  Bedeutung  ge-  'die  griechische  Götter-  und  Heroensage  das 
winnen,  um  so  mehr  als  man  damals  von  der  erste  und  grundlegende  Stadium  ihrer  Entwick- 
Existenz  eines  vorgeschichtlichen  Trojas  noch  lung  durchlebt  hat'  {Ed.  Meyer  2,  197).  Sie 
nichts  wußte,  die  Bedeutung  von  Dichtererfin-  kann  also  mythischem  Boden  entsprungen 
düngen  in  der  Sage  aber  von  der  auf  lösenden  sein;  doch  steht  nicht  einmal  die  eigentliche 
Homerkritik  in  den  Hintergrund  gedrängt  wor-  lo  Natur  dieses  Gott-Helden  fest,  worin  die  mei- 
den war.  So  fand  man  denn,  wilhrend  Forch-  sten  einen  Lichtgott,  andere  Forscher  vielmehi 
hammer  z.  B.  in  der  Utas  eine  Darstellung  des  einen  Erdgeist  (Heildaimon)  oder  einen  Wasser- 
'gießenden  Winters*  und  seines  Kampfes  er-  gott  oder  einen  hilfreichen  Windpeist  erkennen 
blickte,  von  einem  anderen  Gesichtspunkte  aus  wollen  (vgl.  Escher  s.  v. :  Pauly-Wiasowa  E.  E. 
im  Falle  Trojas  jenen  himmlischen  Kampf  sym-  1,  221  f.,  Gruppe,  Gr.  Myth.  616f.  H45f.).  Sicher- 
bolisiert,  'den  seit  uralter  Zeit  unsere  ver-  lieh  galt  Achilleus  später  als  thessalischer 
wandten  Völker  sich  immer  neu  ausgemalt  Stammesheros,  aber  wiederum  nur  so,  daß  dieser 
haben.  Ein  feindlicher  Dämon  raubt  den  nimm-  von  der  epischen  Poesie  vertretene  Anspruch 
lischen  Schatz,  in  der  alten  Zeit  eine  Rinder-  durch  bezeugte  thessalische  Kulte  nicht  unter- 
berde,  später  einen  goldenen  Schatz,  dann  auch  20  stützt  wird:  im  Volksglauben  also  war  seine 
die  Himmelskönigin  samt  ihrem  Schatze  und  Figur  bereits  völlig  verblaßt.  Wenn  wir  da- 
birgt  ihn  im  sicheren  Versteck  des  Felsens;  neben  im  Peloponnes  und  anderswo  den  Achil- 
der  Himmelsgott  mit  seinen  Reisigen  zieht  aus,  leus  als  Heros,  ja  als  Gott  verehrt  sehen,  so 
sucht  das  Versteck  und  sprengt  die  Veste'  dürfte  das  —  bei  Ach.  dem  Ephebenvorbilde 
{H.  Usenier,  Der  Stoff  des  griech.  Epos,  Wiener  in  Lakonien  ist  das  besonders  deutlich  —  im 
Sitzungsber.  137  [1897J,  3,  8  =  KL  Sehr.  4,  201).  allgemeinen  durch  sekundäre  Übertragung  aus 
Der  Ajisturm  himmlischer  Mächte  gegen  die  dem  Epos  erklärt  werden,  wie  auch  die  vom 
finstere  Wolkenburg,  worin  ein  Dämon  das  Orakel  in  Dodona  angeordnete  jährliche  Opfer- 
Sonnengold  oder  die  segenbringenden  Himmels-  gesandtschaft  von  Thessalien  nach  Kap  Sigeion 
Wasser  eingeschlossen  hat  (vgl.  auch  das  von  so  an  das  Grab  des  Helden  offenbar  aus  dem  Epos 
Zeus  geschenkte  oder  vom  Himmel  gefallene  («  36  f.)  abgeleitet  ist.  Hieraus  ergibt  sich,  daß 
Palladion,  den  Stadthort,  der  in  Troja  ver-  die  thessalische  Figur  des  Achilleus  restlos  in 
wahrt  und  von  den  Griechen  schließlich  er-  dergemeingriechischen  Heldensage  aufgegangen 
beutet  wird),  wird  im  besonderen  zu  einem  war,  nachdem  sie  ihren  ursprünglichen,  viel- 
Kampfe  der  'Lykier'  =  der  Geister  des  Lieh-  leicht  mythischen  Charakter  abgestreift  hatte. 
tes  mit  den  'Danaern'  =  den  Wolkengeistern,  Dabei  bleibt  auch  noch  die  Möglichkeit  oflfen, 
wie  man  auch  andere  homerische  Völkerschaf-  daß  in  Thessalien  bereits  diese  mythische  Fi- 
ten, Aithiopen,  Phoiniker  usw.,  gelegentlich  gur  mit  einem  geschichtlichen  Helden  sich  ver- 
selbst  heut-e  noch  mythisch  frisiert  (so  Beloch  mischt  hatte,  der  aber  keineswegs  ein  Troja- 
1, 1',  184  mit  1,  2*,  60  ff.).  40  kämpfer  gewesen  zu  sein  braucht  (s.  0.  Sp.  1250). 

Natürlich  hängt  diese  Deutung  der  troischen  Für  eine  primäre  Verbindung  dieser  Figur  mit 

Sage  ganz  und  gar  von   der  Art  der  Auffas-  der    troischen    Sage    fehlt   jeder    Anhalt    und 

sung  der  hieran   beteiligten   Helden   ab:    erst  damit  auch  für  eine  mythische  Bedeutung  der 

die  Verbindung  mit  mythischen  Persönlichkei-  troischen  Kämpfe   selbst.  —  Nicht  anders  bei 

ten,  insbesondere  mit  dem  mythisch  gefaßten  der  Helenasage,  die  nach  ihrer  späteren  Loka- 

Achilleus-  und  Helenatypus,   gibt  den  Anlaß,  lisation  zu  schließen  vor  allem  im  Peloponnes 

auch   die    Begebenheiten   um  Troja  in  einem  zu  Hause  ist.  Hier  steht  unmittelbar  neben  der 

mythischen  Lichte  zu  schauen,  dessen  Beleuch-  gemeingriechischen,  ursprünglich  vielleicht  ar- 

tung  aber  wechselt,  je  nachdem  man  den  einen  ^ivischen  Version,  die  Helena  durch  Paris  ent- 

oder  den  andern  Mythos  mehr  in  den  Vorder-  50  führt    sein    läßt,    gleichberechtigt    die    sicher 

grund  stellt.    In  den  tatsächlichen  Ereignissen  auf  dem  Kypseloskasten,  vielleicht   schon   in 

jedenfalls,  die  in  dieser  Sage  erzählt  werden,  den  Kyprien  dargestellte,   doch  wohl  attischt^ 

fehlt  jede  greifbare  Spur  eines   ursprünglich  (5ei/«e  s.  v. :  Pai^Zy-TFisso«;«  J?.  ^.  7,  2829)  Sage, 

mythischen   Charakters.    Nur   eine   phantasie-  die   den   Theseus    zum   Entführer   der   Helena 

volle,  in  einer  bestimmten  Richtung  festgelegte  stempelt  und  diese  mit  ihm  nach  Aphidnä  in 

Komlainationsgabe  vermag  also  in  dem  allge-  Attika  gelangen   läßt,   von  wo   sie  durch   die 

mein   heroischen    Kampfe   um   eine   befestigte  Dioskuren  heimgeholt  wird.    Sekundär  dagegen 

Stadt,   die  schließlich  durch   eine  List  einge-  ist,  wie  gegen   Usener,  Stoff'  des  Epos  12 f.  ^ 

nommen  wird,    das  Abbild   eines   mythischen  Kl.  Sehr.  4,  210  festgehalten  werden  muß,   dir 

Kampfes,  ein  Symbol  elementarer  Naturereig-  60  Version  des  Stesichoros-Euripide.s,  die  die  wirk 

nisse  zu  erblicken.  liehe  Helena  auf  Befehl  des  Zeus   durch  Her- 

Aber  auch  wenn  wir  mythischen  Ursprung  mes  nach  Ägypten  geborgen  und  an  ihrer  Stelle 

von  Hauptpersonen  der  Sage  zugeben  —  darüber  ein   stScolov   entführt  werden   läßt  (vorbildlich 

genauer  zu  handeln  ist  hier  nicht  der  Ort  — ,  E  449  ff.).    Wenn    nun   schon   bei   den    älteren 

so  ist  damit  doch  für  eine  mythische  Deutung  Sagen  das  Ziel  der  Entführung  in   der  über 

auch   des  Trojakampfes    nichts    gesagt;    denn  lieferung    schwankt,    so   ist   es   an   sich   nicht 

mythische    Typen   können    auch   sekundär   in  wahrscheinlich,  daß  es  anders  als  sekundär  iu 

eine   ursprünglich  historische  Sage,  ja  selbst  eine  ursprünglich  lokal  unbestimmte  Sage  hin- 


1253     Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)      1254 

eingesetzt   worden   ist.    Auch    kann    sich    das  '/;iatos)  ebenso  gut  die  Felseniiöhle  des  Drachen, 

ferngelegene  Troja   einer   sicher   mutterländi-  wie  die  Burg  und  Stadt  des  Priamos  bezeich- 

8chen  Sage   mindestens  nicht  früher  angepaßt  nen   könne,    so    bestätige    sich    die    schon   aus 

haben,  als  sich  der  Gesichtskreis  der  matter-  dem   Namen  Doloneia  (den   Usener  ohne  wei- 

ländischen  Griechen  nicht  bis  zu  jener  fernen  teres  als  'geheimnisvollen  Weg'  oder  als  ""ge- 

Küste   des   Hellesponts    erweitert    hatte,    d.  h.  heimen    Spähergang'   deutet)   gewonnene  Ver- 

kaum  vor  der  Blüte  der  mykenischen  Kultur.  mutung,  Maß  die  geheimnisvolle  Einäscherung 

Diese   aber  muß   auch  schon  den  historischen  des    palastähnlichen    Holzbaues    eine    gottes- 

Untergrund  der  troischen  Sage  geliefert  haben,  dienstliche  Nachahmung  des  Brandes  von  Pria- 
wenn   wir  damit  nicht   etwa   in    noch    höhere  lo  mos'  Schloß,  der  THgyaucc  Tpotr]?,  sein  müsse' 

Zeit   hinaufgehen  wollen  (s.  oben   Sp.  1249  f.).  (S.  325  =  457).  Für  die  mythologische  Vorstel- 

Der  eigentliche  mythische  Untergrund  der  He-  lung  nun,  die  hierin  stecke,  sei  schon  nach  der 

lenasage  würde  also  in  einer  noch  viel  früheren  (hypothetischen!)    Festzeit  jeder   Gedanke    an 

Zeit  zu  suchen  sein.   Um  so  weniger  kann  da-  einen    Kampf   zwischen   Sommer    und    Winter 

mit  über  die  mythische  Natur  der  Trojakämpfe,  ausgeschlossen;    der    Daimon,    dessen    Schloß 

die  an  die  Entführung  der  Helena  nur  sekun-  durch  Feuer  vernichtet  werde,  könne  vielmehr 

däj  angeschlossen  sind,  irgend   etwas  ausge-  nur  als  der  Räuber  des  himmlischen  Wassers 

sagt  sein.  gedacht  sein,  nach  welchem  Halm-  und  Baum- 

Die  mythische  Erklärung  der  Trojasage,  die  fruchte  im  Sommer  dürsten.  In  der  griechischen 
von  den  mythischen  Repräsentanten  dieser  Sage  20  Sage   aber  sei  bereits  ein  neues  Bild  an  die 

sich  ablöst,  bleibt  sonach  in  der  Luft  hängen.  Stelle  des  verborgenen  himmlischen  Schatzes 

Allerdings  hat  H.  Usener,  der  auch  alle  Haupt-  getreten,    da   nun   Helena   und   ihre   Schätze, 

beiden   und    selbst   manche  Nebenfiguren   des  d.  h.  die  Himmelskönigin  selbst,  in  der  Feste 

Epos   als   ursprünglich   mythische   Persönlich-  des  Räubers  geborgen  seien.  Der  ursprüngliche, 

keiten    betrachtet,    unmittelbare    Beziehungen  Zweck  der  sakramentalen  Handlung  sei  es  da- 

auch  der  Sagenhandlung  zum  Mythos  zu  ent-  nach  gewesen,   den  Bann  zu  brechen,   det  im 

decken   geglaubt,    indem    er   den    delphischen  Hochsommer  die  segenbringenden  Wasser  des 

Kultgebrauch  des  Stepterionfestes,  das  alle  neun  Himmels  zurückhält. 

Jahre  gefeiert  wurde,  auf  die  Sagenüberliefe-  Mit  diesem  luftigen  Hypothesenbau,  der 
rung  vom  Falle  Trojas  bezog:  Heilige  Hand-  30  für  die  Methode  der  vergleichenden  Mythologie 
lung,  Archiv  f.  Belig.-Wiss.  7  [1Ö04],  313 — 339  bezeichnend  igt,  ist  nun  aber  nicht  einmal  die 
=  Kl.  Sehr.  4:^4:4:7 — 467.  Bei  diesem  Feste  näm-  Zerstörung  Trojas  als  ein  mythisches  Symbol 
lieh  wurde  ein  palastähnliches  hölzernes  Ge-  erwiesen,  das  in  die  griechische  Volkssage 
bände,  eine  ^Hütte'  oder  ein  'Zelt',  durch  die  Eingang  gefunden  habe.  Denn  weder  ist  diese 
Angehörigen  eines  delphischen  Priesterge-  Überlieferung  an  sich  als  mythisch  dargetan, 
schlechtes,  die  mit  brennenden  Fackeln,  ver-  noch  auch  sind  die  Beziehungen  des  delphi- 
mutlich  also  zur  Nachtzeit,  einen  den  Apollon  sehen  Kultgebrauchs  zum  Falle  Trojas  mehr 
darstellenden  Knaben  durch  die  sogenannte  als  ein  Spiel  mit  ungewissen  Möglichkeiten, 
'Doloneia'  zu  jenem  Gebäude  hingeleiteten,  an-  das  auf  der  ganz  unbeweisbaren  Petitio  prin- 
gezündet;  dabei  wurde  ein  'Tisch',  wahrschein-  40  cipii  von  der  ausnahmslosen  Umsetzung  echter 
lieh  ein  Altartisch  vor  der  Hütte,  umgestoßen,  Göttersage  in  heilige  Handlung  aufgebaut  ist. 
worauf  alle  sogleich,  ohne  sich  umzublicken,  Als  positive  Ähnlichkeiten  ergeben  sich  nur  die 
die  Flacht  durch  die  Tore  des  Heiligtums  er-  entfernte  Parallele  in  der  Verbrennung  eines 
griffen;  Irrfahrten  und  Knechtsdienst  des  Kna-  symbolischen  Hüttchens  (das  also  nicht  erhal- 
ben folgten,  danach  eine  Entsühnung  bei  Tempe  ten  blieb  und  darum  im  Laufe  der  Jahrhun- 
und  schließlich  Rückkehr  im  Festzuge  auf  vor-  derte  die  sonderbarsten  Wandlungen  durch- 
geschriebener Straße  {Plutarch  Aetia  graeca  machen  konnte;  schon  die  spätere  Überliefe- 
12  p.  293  C  mit  de  defectu  orac.  15  p.  417  Ff.,  rung  schwankt  zwischen  'Hütte'  und  'Zelt') 
Ephoros  bei  Strabon  9,  422,  Aelian  V.  H.  3, 1).  und  der  ebenso  entfernte  Namensanklang  (mehr 
Nach  den  delphischen  Theologen  sollte  in  die-  50  nicht!)  der  delphischen  Doloneia  und  des  del- 
sem  Gebrauch  der  sagenhafte  Kampf  des  Apol-  phischen  Monats  Ilaios  an  die  homerische  Do- 
Ion  wider  den  Drachen  Python  um  den  Be-  lonie  und  den  Namen  von  llios,  deren  Verbin- 
sitz  der  Orakelstätte  und  seine  Flucht  nach  düng  mit  dem  Stepterionfest  wiederum  nur 
Tempe  versinnbildlicht  sein,  was  aber  schon  durch  ganz  unsichere  Kombinationen  erschlos- 
Plutarch  418  B  als  'ganz  lächerlich'  erklärt  sen  wird.  Alles  übrige  ist  so  gründlich  ver- 
bat (vgl.  hierüber  M.  P.  Nilsson,  Griechische  schieden  (was  hier  im  einzelnen  nicht  darge- 
Feste  1906,  132  ff.).  legt    werden    kann),    daß    die    oberflächlichen 

Nach  Usener  nun  fiel  jener  Kultgebrauch  Ähnlichkeiten  dadurch  völlig  zugedeckt  w^erden: 
vermutlich  (Beweis  fehlt)  in  den  letzten  Monat  ich  erwähne  nur,  daß  dem  Kultträger  des  del- 
des  delphischen  Jahres  (vor  der  Sommersonnen-  60  phischen  Gebrauchs,  dem  Stellvertreter  Apol- 
wende),  den  Ilaios,  wonach  das  Fest  wohl  den  Ions,  in  einem  gelehrt-phantastischen  Exkurse 
Namen  'iXaia  getragen  habe  (Hypothese  duf  ein  heroischer  Doppelgänger  Pyrrhos  unter- 
Hypothese gebaut).  Da  aber  'IXog  mit  skr,  vilu  geschoben  werden  muß,  womit  aber  immer 
identisch  sei,  wie  noch  an  mehreren  Stellen  noch  nicht  die  Tatsache  aus  der  Welt  geschafft 
des  Bigveda  die  feste  Burg  des  Daimon  heiße,  wird,  daß  der  delphische  (Apollon-)Darsteller 
die  von  Indra  gebrochen  wird,  da  ferner  im  die  angebliche  Himmelsburg  zerstört,  während 
Griechischen  das  davon  abgeleitete  "Ulos,  "lliov  in  der  troischen  Sage  gerade  Apollon  der  Gön- 
(daneben     die     adjektivische     Paralielbildung  ner  und  Verteidiger  Trojas  ist.    Ja  selbst  wenn 


1255     Trojanischer  Krieg  (Deutung  d.  Sage)  Trojanischer  Krieg  ^Deutuny^  a.  Sagei      1256 

bei  der  troischen  Sage  und  dem  delphischen  Händen  zu  greifen:  man  denke  etwa  an  Aga- 
Gebrauch  die  gleiche  Grundvorstellung  erweis-  memnon«  Traum,  Rektors  Abschied,  die  Bitt- 
bar wäre,  so  würden  wir  damit  noch  nicht  be-  ffesandtschaft,  Phamos  vor  Achill  und  andere 
rechtigt  sein,  eine  unmittelbare  Verbindung  Perlen  höchster  Poesie.  Selbst  die  Monis  als 
der  beiden  Vorstellungskreise  als  ursprünglich  Zentralmotiv  der  Utas  ist  kaum  ein  integrie- 
anzunehmen,  da  auch  eine  sekundäre  Übertra-  render  Teil,  geschweige  denn  der  Kern  der 
gung  aus  der  troischen  Sage  in  einen  religio-  Sage;  denn  Zorn  und  Streit  der  Helden,  hier 
sen  Gebrauch,  der  ursprünglich  nichts  damit  des  Oberkönigs  Agamemnon  mit  dem  gewal- 
zu  tun  hatte f  nicht  unmöglich  wäre:  die  hei-  tigsten  liecken  Achilleus,  geliört  zu  den  ge- 
lige Handlung  ist  nicht  ohne  weiteres  Bürg-  lo  läufigsten  Motiven  aller,  auch  der  griechischen 
Schaft  für  den  mythischen  Gehalt  einer  ihr  ans  Volksepik.  In  der  Odyssee  singt  Demodokos 
geglichenen  Sage.  Überhaupt  rechnet  die  Me-  nach  •&  75 — 82  ein  Lied  vom  Streite  des  Odysseus 
thode  Usenen,  die  aus  der  etymologischen  und  des  Achilleus  beim  Mahle  eines  Götter- 
Richtung  Gottfried  Hermanns  und  der  verglei-  festes,  worüber  Agamemnon  auf  Grund  eines 
chenden  Mythologie  AdalbeH  Kuhns  u.  a.  her-  delphischen  Orakels  sich  freut;  im  weiteren 
vorgewachsen  ist^  viel  zu  wenig  einerseits  mit  Verlaufe  der  troischen  Ereignisse  bricht  der 
dem  tatsächlichen  historischen  Gehalte  echter  Streit  zwischen  Aias  und  Odysseus  um  die 
Volkssage,  zum  andern  aber  mit  der  freien  Waffen  des  Achilleus  aus,  dessen  Entscheidung 
poetischen  Erfindung  wirklicher  Dichtung,  die  zugunsten  des  Odysseus  zum  Selbstmorde  des 
auch  in  der  griechischen  Sajj^e  außerordentlich  20  Aias  führt;  vgl.  auch  die  Parallele  im  Meleager- 
mächtig  gewesen  ist.  Das  führt  uns  zur  stoffe  1  521)  ff.,  woraus  Finsler  und  Mülder  gar 
c)  poetischen  Erklärung  der  troischen  eine  Abhängigkeit  des  J/trtsdichters  in  der  Er- 
Sage. Bei  aller  Sagenkritik,  insbesondere  aber  findung  seines  Hauptmotivs  erschlossen  haben. 
bei  einer  Kritik  der  troischen  Überlieferungen  In  der  Ilias  im  besonderen  keimt  auch  der 
müssen  wir  uns  stets  bewußt  bleiben,  daß  die  Streit  aus  rein  poetischen  Motiven  hervor  und 
griechische  Volkssage,  von  den  lokalen  Über-  wird  gleichermaßen,  ohne  erheblichen  Fort- 
lieferungen abgesehen,  uns  in  der  Hauptsache  schrittder  eigentlichen  Sagenhandlung,  zu  einer 
durch  Dichtungen,  ja  einen  Kranz  von  dich-  rein  poetischen  Lösung  geführt,  womit  das 
terischen  Darstelluncren  überkommen  ist.  Es  Epos  sein  Ende  erreicht  (s.  oben  Sp.  1240).  Doch 
hat  darum  sogar  nicht  an  Stimmen  gefehlt,  30  ist  damit  natürlich  ein  ganz  und  gar  poeti- 
die  bei  der  troischen  Sage  das  gesamte  Gewebe  scher  Charakter  der  gesamten  troischen  Sage 
aus  einem  einzigen  rein  poetischen  Grund  motiv  noch  in  keiner  Weise  bewiesen. 
ableiten  wollten,  ohne  überhaupt  einen  vor  dem  Immerhin  ist  hieraus  schon,  wenn  wir  die 
Epos  existierenden  Sagenstolf  anzuerkennen.  früheren  Erörterungen  zur  historischen  und 
So  hat  Bened.  Niese^  Die  Entwickelung  der  ho-  mythologischen  Erklärung  der  Sage  in  Rück- 
memcA^n  Poe.«f^c  (1882 ^  indem  er  nach  der  Me-  sieht  ziehen,  die  sichere  Erkenntnis  zu  ge- 
thode  Karl  Ludwig  Kaysers,  Homerische  Auf-  winnen,  daß  der  komplizierte  Vorgang  der 
Sätze  (gesammelt  1881)  der  angenommenen  Ab-  Sagenbildung,  der  sicherlich  über  einen  Zeit- 
hängigkeit  einzelner  Teile  der  Dichtunsr  und  räum  von  vielen  Jahrhunderien  sich  erstreckte, 
ganzer  Epen  voneinander  nachging,  die  An-  40  nicht  aprioristisch  nach  einem  einzigen  Er- 
schauung zu  erweisen  gesucht,  daß  aus  einer  klärungsprinzip  beurteilt  werden  darf,  daß  viel- 
knrzen  poetischen  Erzählung  nach  rein  dich-  mehr  für  jedes  selbständige  P^lement  der  Sage 
terischer  Erfindung  {y.fjvi?)  durch  fortgesetzte,  die  Frage  nach  seiner  Entstehung  und  Ent- 
immer  wieder  für  bestimmte  Situationen  ge-  wicklung  gesondert  gestellt  und  unter  sorg- 
dichtete Zusätze  zunächst  die  Ilias  sich  ge-  fältiger  Abwägung  aller  Erklärungsmöglich- 
bildet  habe;  daß  daraus  die  gleichermaßen  in  keiten  beantwortet  werden  muß.  Diese  Unter- 
allmählicher Erweiterung  zustande  gekommene  suchung  im  einzelnen  zu  führen  würde  weit 
Odyssee  ihre  Anregung  empfing,  indem  nach  über  den  Rahmen  dieses  Artikels  hinausführen. 
der  Urilias  zunächst  in  originaler  Dichtung  (Ansätze  dazu  sind  vorhanden,  wenn  sie  auch 
eine  Urodyssee  entstand,  die  Hia^  aber  früher  50  zumeist  das  mythologische  oder  historische 
als  die  Odyssee  zum  großen  Epos  entwickelt  Element  gegenüber  dem  poetischen  einseitig 
wurde;  daß  endlich  auch  der  Stoff  der  kykli-  in  den  Vordergrund  stellen,  vgl.  B.  J.  Vürt- 
schen  Epen  aus  den  Andeutungen  der  Ilias  heim,  De  Aiacis  origine,  cultu,  patria,  Lugd. 
und  Odyssee  nachträglich  herausgesponnen  sei.  Bat.  1907;  E.  Beihe,  Dtomedes  bei  Pauhj-Wis- 
Niese  hat  neuerdings  Nachfolge  gefunden  bei  sowa  R.  E.  6.)  Hier  kommt  es  vielmehr  letzten 
Dietrich  Mülder,  Die  Ilias  und  ihre  Quellen  Endes  nur  darauf  an,  den  Kern  der  trojani- 
(1910),  der  jede  tatsächliche  Grundlage  der  sehen  Sage  in  seiner  Wesenheit  zu  erfassen 
troischen  Sage  dadurch  auf  die  Seite  schiebt,  und  in  seiner  Entwicklung  klarzustellen. 
daß  er  die  die  Ilias  durchziehende  universale  Wenn  man  die  Sage  vom  Trojanischen  Kriege 
Idee  des  Dichters  (Angliederung  vieler  Helden-  60  in  ihren  Hauptlinien  übersieht,  so  ist  ihr  Kern 
figuren  an  den  Heldenpreis  des  Achilleus:  offensichtlich  in  der  Recken  Ausfahrt,  um  die 
S.  18ff.)  aus  der  thebanischen  Sage  geschöpft  geraubte  schöne  Frau  wiederzugewinnen,  in 
glaubt:  da  auch  gegen  Theben  eine  Vereini-  ihrem  Anstürmen  gegen  die  feindliche  Stadt 
gung  hervorragender  Helden  gezogen  ist,  so  ist  und  deren  Zerstörung  nach  jahrelangem  Kampfe 
Ilios  für  ihn  ein  'infolge  der  universalen  Idee  beschlossen.  Durch  diese  einfache  Sagenhand- 
ins  Barbarenland  verlegtes  Theben'  (S.  59).  lung  war  freilich  eine  dramatische  Verwick- 
ln der  Tat  sind  im  troischen  Epos  poeti-  lung  ebenso  wenig  gegeben,  wie  eine  Verzah- 
sche  Erfindungen  vielfach  geradezu   mit   den  nung  mit  anderer  Heldensage,  so  daß  eine  An- 


1257              Trojanischer  Krieg  Trojanischer  Krieg              1258 

schwelhing  des  Sacreninhalte«  von  innen  heraus  Dioscs  Motiv  leitet  nun  in  die  Göttersaj^e  zu- 
durch  den  Stoff  selbst  nicht  bedirijjft  war.  Auch  rück,  wie  vor  allem  die  Entführung  der  Europa 
seine  Ausweitung  durch  die  märchenhafte  Ge-  durch  Zeus  (vgl.  dessen  Heziehunpfen  zu  lo)  und 
schichte  vom  hölzernen  Pferde,  wodurch  die  der  Persephone  durch  Hades  beweist;  dazu 
Eroberung  der  Stadt  eine  besondere  Farbe  ge-  kommt  der  unmittelbare  Parallelismus  der  The- 
winnt,  fügt  sich  der  geradlinigen  Entwicklung  seus-Helenasage  (s.  ob.  Sp.  126Ü).  Wir  werden 
ein,  kann  also  auch  bis  an  den  Anfang  der  darum  das  Entfiihrungsmotiv  mit  Wahrschein- 
Sagenbildung  hinaufreichen.  Dennoch  ist  dieser  lichkeit  als  eine  ur8])rünglicli  mythische  Ke- 
Sagenkern,  wie  wir  bei  analogen  Motiven  auf  miniszenz  betrachten  dürfen,  die  auf  einen 
anderen  Sangesgebieten  beobachten  können,  lo  alten  Naturmythos  (Mondmythos?  Jahresmy- 
zu  einem  epischen  Zentrum  geworden,  dessen  thosV)  zurückgeht.  Aber  sicherlich  ist  diese 
Anziehungskraft  eine  Fülle  der  verschieden-  mythische  Anschauung  in  der  uns  bekannten 
artigsten  Heldenfiguren  und  ihrer  Geschicke  Form  der  troischen  Sage  völlig  verblaßt,  indem 
an  sich  gezogen  hat,  so  daß  schließlich  ein  das  Motiv,  zu  rein  poetischer  Gestaltung  frei 
ungeheuer  reiches  Bild  des  griechischen  Hei-  geworden  (vgl.  Badermacher  a.  a.  O.  33),  hier 
denzeitalters  voll  des  buntesten,  mannigfaltig-  ausschließlich  seiner  romantischen  Art  entspre- 
sten  Lebens  daraus  geworden  ist.  Dies  kann  chend  wirksam  ist  und  durch  den  in  der  Ilias 
nur,  wie  alle  eigentliche  Sagenbildung,  das  gezeichneten  Charakter  der  Helena  bestimmt 
Werk  dichtender  Phantasie  gewesen  sein.  Die  wird.  Selbst  die  Vorfabel  der  Entführung,  der 
entscheidende  Erweiterung  aber,  die  schon  sehr  20  Schönheitswettstreit  der  Göttinnen,  stammt 
früh  erfolgt  sein  kann,  war  hier  die  Herein-  nicht,  wie  man  natürlich  auch  gemeint  hat, 
Ziehung  der  Achilleusfigur,  die  für  den  Sagen-  aus  dem  Mythos,  sondern  wurzelt  in  alter  Volks- 
kern oime  wesentliche  Bedeutung  war,  aber  sitte  (vgl.  die  ayibvEg  xdXXovg  für  Frauen  in 
den  an  sich  einförmigen  Kämpfen  vor  der  noch  Arkadien,  Tenedos  und  Lesbos:  Nikias  und 
ungebrochenen  Stadt  dramatisches  Leben  ver-  Theophrast  bei  Athenaios  13,  609 e f.;  für  Les- 
lieh und  damit  zugleich  die  Richtung  wies  zu  bos  auch  Schol.  Hom.  I  129:  A),  wobei  auch 
weiterer  Ausgestaltung  der  Sage.  Die  Verbin-  noch  ein  primitiver  Märchenzug  verwandt  sein 
düng  dieses  thessalischen  Recken  mit  den  mag  (vgl.  neuestens  Weniger  a.a.O.  13;  schon 
peloponnesischen  Haupthelden  nämlich  hat  den  Usener,  Kallone,  Bhein.  Mus.  1868,  362  =  Ä^Z. 
Weg  frei  gemacht  für  die  Einführung  vieler,  30  Sehr.  4,  73  verglich  das  deutsche  Märchen  vom 
selbst  landfremder  Helden  des  griechischen  Aschenbrödel).  Sonach  wird  man  behaupten 
Sagenschatzes,  z.  B.  auch  der  Amazone  Pen-  dürfen,  daß  zwar  das  Motiv  als  solches  mythi- 
thesileia  und  des  Aithiopenfürsten  Memnon,  sehen  Ursprungs,  seine  Verwendung  in  der 
bis  zu  den  frühgeschichtlichen  Persönlichkeiten  troischen  Sage  aber  einer  poetischen  Erfindung 
hin,  für  deren  Bestimmung  freilich  keine  siehe-  gleich  zu  werten  ist. 

ren  Anhaltspunkte  vorliegen  (Analoga  im  Nibe-  Auch  in  die  Kämpfe  des  Achilleus  vor  Troja 
lungenlied  sind  hier  die  Markgrafen  Gero  f  965  können  vielleicht  von  fern  her  mythische  Mo- 
und  Eckewart  f  1002  und  Bischof  Pilgerim  von  tive  hereinklingen.  Früher  Tod  eines  unver- 
Passau,  der  um  971— 991  angesetzt  werden  darf).  wundbaren  Heldenjünglings  durch  listigen  An- 
In  seinen  jüngsten  Phasen,  bei  der  Entstehung  40  schlag  ist  ja  die  besondere  Signatur  der  Son- 
der kyklischen  Epen,  ist  dieser  Prozeß  noch  nenhelden  (vgl.  Balder  =  Siegfried).  Dies  paßt 
mit  Sicherheit  zu  verfolgen,  am  deutlichsten  bis  ins  einzelne  auf  Achilleus,  wenn  wir  der 
bei  dem  jüngsten  Sprossen  dieses  Stammes,  ansprechenden  Vermutung  von  Beloch  (1,  1*, 
der  Telegonie,  womit  um  die  Mitte  des  6.  Jahrh.  190)  Raum  geben,  daß  die  nach  späterer  Über- 
der  ganze  Sagenkreis  die  letzte  Abrundung  er-  lieferung  (zuerst  bei  Statins,  AchiUcis  1,  269) 
halten  hat  (vgl.  Hartmann  a.  a.  0.).  durch  Thetis  im  Feuerbade  undurchdringlich 
Damit  ist  die  erste  Entstehung  der  Sage  an  gemachte  Haut  ein  primäres  Sagenelement  dar- 
das  Motiv  vom  Raube  und  der  Wiedergewin-  stellt  und  bei  Homer  nur  durch  die  undurch- 
nung  der  Helena  geknüpft,  das  in  der  Sage  dringliche  goldene  Rüstung  ersetzt  worden  ist, 
das  eigentliche  Agens  bildet.  Wie  ist  nun  die-  50  die  der  Feuergott  auf  Thetis'  Bitte  geschmiedet 
ses  Motiv  in  seiner  Wesenheit  einzuschätzen?  hat.  (Unbeweisbar  und  nicht  gerade  wahrschein- 
Es  ist  für  mich  zweifellos,  daß  dieser  Erzäh-  lieh  ist  es,  daß  aus  dem  undurchdringlichen 
lung  keine  irgendwie  geartete  geschichtliche  Panzer  des  Achilleus  erst  nachträglich  das  ur- 
Tatsache zugrunde  liegt,  obwohl  das  neuerdings  alte  Märchenmotiv  der  Unverwundbarkeit  ab- 
wieder  von  Leaf  {Troy  S.  328)  als  möglich  be-  geleitet  sein  soll,  wie  Berthold  a.  a.  0.  35—42 
zeichnet  worden  ist;  denn  ^ der  sichtbare  Kriegs-  annimmt.)  Darüber  hinaus  aber  mit  Beloch 
grund  ist  fast  immer  irgendein  Ehrenpunkt,  (S.  190)  auch  der  Aussendung  des  Patroklos 
die  letzte  Ursache  liegt  fast  ohne  Ausnahme  und  dem  Waffentausch  ein  niythologisches  Mo- 
in  wirtschaftlichen  Verhältnissen'.  Aber  abge-  tiv  zu  unterschieben,  verkennt  die  weit  über 
sehen  davon,  daß  diese  Erwägung  für  die  He-  60  ein  gegebenes  mythologisches  Faktum  hinaus- 
roenzeit  kaum  zutrifft,  ist  auch  das  Entführungs-  reichende  Wirksamkeit  poetischer  Gestaltung: 
motiv  gerade  in  der  griechischen  Sage  außer-  die  Goldrüstung  Achills  als  Ersatz  der  ^hür- 
ordentlich  häufig:  man  denke  an  die  vier  von  neuen  Haut'  ist  mit  dem  Waffentausche  und 
Herodot  am  Anfange  seines  Werkes  herange-  dieser  wiederum  mit  der  Aussendung  des  Pa- 
zogenen  Beispiele  (lo  von  Argos,  Helena  von  troklos  so  eng  verzahnt,  daß  sich  nicht  ent- 
Lakedämon;  Europa  von  Tyros,  Medea  von  scheiden  läßt,  welches  dieser  Motive  in  der 
Kolchis),  mit  denen  er  die  alte  Erbfeindschaft  poetischen  Idee  das  frühere  gewesen  ist  und 
zwischen  Griechen  und  Barbaren  verdeutlicht.  die  Umbildung  eines  älteren,  einfacheren,  dem 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.   V.  41 


1259  Trojanischer  Krieg  Trojanischer  Krieg  1260 

Mythos  vielleicht  noch  näher  stehenden  Stoifes  gestalten  im  allgemeinen  ab.  Für  Lesbos  ins- 
herrorgerufen  hat.  Jedenfalls  ist  die  Annahme,  besondere,  wo  Belach  (1,1",  184)  sich  den  My- 
solche  Dichtererfindungen  seien  nur  zu  dem  thos  vom  Kriej?e  um  Ilion  entstanden  denkt, 
Zwecke  gemacht  worden,  um  verschiedenartige  ist  das  geknüpft  an  die  Ableitung  des  mytile- 
mythologische  Motive  zu  einer  dichterischen  nilischen  Königsgeschlechtes  der  Penthiliden 
Einheit  zu  verknüpfen,  im  Widerstreit  mit  der  von  einem  Sohne  des  Orestes  (v^l.  Pnusau.  H, 
Freiheit  dichterischen  Schaffens,  die,  schon  dem  2.  1  mit  2,  18.  6),  wodurch  die  Herübernahme 
primitivsten  Stadium  epischen  Volksgesanges  peloponnesischer  Sage  sich  erklären  soll.  Aber 
eignend,  Mythos  und  Heldensage  geformt  hat.  diese  Verbindung  ist  nur  ein,  dabei  in  der 
Dementsprechend  liegt  auch  eine  primäre  Ver- 10  Überlieferung  umstrittenes  Element  der  aioli- 
bindung  eines  rein  mythischen  Achilleus  und  sehen  Wandersage  (vgl.  Busolt,  Griech.  Gesch. 
einer  rein  mythischen  Helena,  die  an  sich  ohne  1*,  273/274),  das  mit  der  Ableitung  der  milesi- 
alle  Beziehungen  zueinander  sind,  außerhalb  sehen  Neliden  vom  homerischen  Nestor  auf 
der  Wahrscheinlichkeit.  Ihre  Vereinigung  dürfte  der  gleichen  Stufe  steht :  offenbar  sind  hier  die 
nicht  eher  erfolgt  sein,  als  nachdem  beide  Fi-  Figuren  der  griechischen  Heldensage  primär, 
garen  aus  dem  mythologischen  Nebel  in  die  ihre  Verknüpfung  mit  den  kleinasiatischen 
Sph&re  der  menschlich  gestalteten  Heldensage  Königsfamilien  nicht  minder  sekundär,  wie  die 
herabgezogen  waren;  d.  h.  die  Verbindung  des  Herüberziehung  z.B.  des  argivischen  Agamem- 
Achilleus  und  der  Helena  in  der  troischen  Sage  non  nach  Sparta,  des  troischen  Hektor  nach 
ist  von  vornherein  als  eine  freie  Erfindung  dich-  20  Theben  (vgl.  0.  Crusius,  Sagenrerschiehungen, 
terißcher  Phantasie  anzusehen,  die  mit  mensch-  Sitzungsher.  der  hayer.  Akad.  1905,  761  f  gegen 
liehen,  von  ihrem  mythologischen  Grunde  ab-  Dümmler,  Bethe  u.  a.;  natürlich  muß  auch 
gelösten  Heldenfiguren  operiert.  Beloch  S.  186  f.  das  Umgekehrte  behaupten). 
Wann,  wo  und  aus  welchem  Anlaß  diese  Von  der  Annahme  einer  ursprünglich  thessa- 
Verbindung  sich  vollzogen  hat,  läßt  sich  ver-  lischen  Achilleus- Agamemnonsage,  die  auf  der 
mutung^weise  dahin  beantworten,  daß  die  thes-  phantastischen  Voraussetzung  von  'Sagenver- 
salische  Achilleusfigur  mit  der  Sage  bereits  Schiebungen'  beruht,  sehe  ich  hier  ganz  ab, 
gewandert  sein  muß,  bevor  sie  mit  der  Helena-  ohne  mich  in  eine  Diskussion  einzulassen  (vgl. 
sage,  die  besonders  im  Peloponnes  feste  Wur-  Crusius  a.  a.  0.;  Hom.  Poetik  1,  S.  289  ff.). 
zebi  geschlagen  hatte,  sich  vereinigt  hat.  Für  so  Wenn  wir  also  den  Ursprung  der  eigent- 
die  Feststellung  dieses  Wanderzuges  aber  müs-  liehen  Trojasage ,  deren  Grundmotiv  (Helena) 
Ben  wir  uns  von  der  auf  trügerische  sprachliche  durch  eine  ursprünglich  mythische  Anschau- 
Kriterien  gestützten  Petitio  principii  losmachen,  ung  angeregt  sein  mag  (mehr  zu  behaupten 
altthessalische  Achilleuslieder  seien  über  das  ist  unzulässig!),  mit  Wahrscheinlichkeit  im 
Meer  direkt  in  die  Aiolis  und  von  hier  weiter  Peloponnes,  insbesondere  in  der  Argolis,  loka- 
nach  lonien  gewandert,  die  Sagengestaltung  lisieren  und  mindestens  in  die  Zeit  der  myke- 
müsse  also  im  wesentlichen  ein  Werk  klein-  nischen  Hochkultur  hinaufrücken  dürfen,  so 
asiatischer  Sangespflege  sein.  Die  Elemente  der  ist  damit  noch  nicht  die  Frage  beantwortet, 
Sage  selbst  weisen  uns  in  eine  andere  Rieh-  wann  die  schon  zum  Heldentypus  gewordene 
tang:  die  troische  Sage  ist  eine  im  wesent-  40  Achilleusfigur  in  diese  Sage  hineingezogen  ist, 
liehen  peloponnesische ,  im  besonderen  argivi-  die  weder  den  poetischen  noch  den  historischen 
sehe  Sage.  Denn  fast  alle  entscheidenden  Trä-  Kern  der  Sage  unmittelbar  berührt.  Dies  könnte 
ger  der  Handlung  auf  griechischer  Seite,  mit  an  sich  erst  in  Kleinasien  geschehen  sein;  doch 
Ausnahme  natürlich  des  Achilleus  und  seiner  liegt  es  nahe  zu  vermuten,  daß  auch  diese  Ver- 
Leute, gehören  dem  Peloponnes  und  seiner  bindung  schon  dem  früheren,  peloponnesischen 
nächsten  Umgebung  an;  im  Peloponnes  vor  Stadium  der  Sage  angehört,  da  Achilleus  als 
allem  liegt  der  historische  Untergrund  der  Sagenheld  sicher  in  eine  noch  ältere  Schicht 
Sage,  die  an  die  historischen  Fürstensitze  der  griechischer  Kultur  hinaufreicht  und  darum 
mykenischen  Zeit,  insbesondere  an  das  gold-  jedenfalls  auch  den  peloponnesischen  Sängern 
reiche  Mykenai  selbst,  den  Zentralsitz  der  my-  50  nicht  unbekannt  gewesen  ist.  Ja,  wenn  der 
kenischen  Kultur  im  Mutterlande,  anknüpft;  Sage  vom  Trojanischen  Kriege  überhaupt  ein 
hier  wurzelt  der  Helenamythos,  der  in  poeti-  geschichtlicher  Kern  innewohnt,  und  zwar  diese 
scher  Umgestaltung  das  romantische  Haupt-  Kämpfe  von  Anfang  an  um  die  (mythische)  Per- 
motiv der  Sage  geliefert  hat.  Demoregenüber  son  des  Achilleus  sich  gruppiert  haben,  so  würde 
fehlen  in  Kleinasien  alle  realen  Bedingungen,  uns  das  für  die  entscheidende  Erweiterung  der 
die  wir  für  die  Bildung  der  troischen  Sage  vor-  Trojasage  um  so  wahrscheinlicher  in  die  pelo- 
aussetzen  müssen.  Das  Troja  der  mykenischen  ponnesische  Sagenzeit  hineinführen;  denn  dann 
Zeit,  das  außerhalb  des  Hauptstromes  früh-  würde  wohl  jene  alte  Liedüberlieferung  über- 
griechischer Kultur  lag,  vielleicht  nicht  einmal  haupt  der  Anstoß  gewesen  sein,  durch  die  He- 
eine  griechische  Bevölkerung  hatte,  kommt  60  lenasage  die  Trojakämpfe  mit  den  peloponne- 
dafor  nicht  in  Betracht,  noch  weniger  die  dorf-  sischen  Königen  in  Verbindung  zu  bringen  und 
ähnliche  Niederlassung  der  nachmykenischen  durch  die  poetische  Fiktion  des  Trojazuges 
Zeit  hier,  die  sicher  nicht  mehr  griechisch  ge-  unter  argivischer  Führung  gewissermaßen  ein 
wesen  ist.  Die  kleinasiatischen  Kulturzentren  Sammelbecken  für  den  ganzen  Schatz  der  grie-  « 
des  griechischen  Mittelalters  andererseits  sind  chischen  Heldensage  zu  schaffen.  Wann  und  9 
für  die  erste  Gestaltung  der  Sage  schon  zu  jung,  in  welcher  Weise  dann  dieses  Sammelbecken  ^ 
auch  geht  ihnen  ein  unmittelbares  Interesse  wirklich  gefüllt  worden  ist,  bis  es  selbst  exo- 
an  den  peloponnesischen  Mythen  und  Heroen-  tische  Figuren  wie  die  Amazonen  und  Aithio- 


1261                    Troklimerie  Tropaios                      1262 

pen  in  sich  aufgenommen  hat,  entzieht  sich  St.  wohl  richtig  bemerkt.  Im  Et.  M.  IQÜ.bl 
unserer  Kenntnis.  Jedenfalls  ist  auch  das  klein-  wird  der  Beiname  T.  für  Hera  ebenso  begrün- 
asiatische lonien,  wohin  der  peloponnesische  det.  Einen  tieferen  Grund  als  da«  Bestreben, 
Heldengesang  durch  die  ionische  Wanderung  sie  als  Gemahlin  des  Zeus  an  dessen  Ehren 
gebracht  werden  mußte,  beim  Prozesse  dieser  teilnehmen  zu  lassen,  darf  man  ihm  nicht  zu- 
Sagenbildung  nicht  mehr  unbeteiligt  gewesen.  schreiben.  [Eugen  Fehrle.J 
Diesem  jüngsten  Stadium  scheint  z.  B.  der  He-  Tropaiophoros  s.  zu  Tropaiuchos. 
raklide  Tlepolemos  anzugehören,  der  nach  dem  Tropalo»  (7  poTtato?  altattisch,  IgönccLog  spä- 
8chi ff sk atalog  B  057  der  Führer  der  dorischen  ter)  [K.  Woelcke,  Beitrüge  zur  Geschichte  des 
Khodier  ist;  vielleicht  auch  sein  lykischer  Geg-  lo  Tropaions,  Bonner  Jahrb.  120  [l'Jll],  129  f.) 
ner,  der  Zeussohn  Sarpedon,  wenn  Robert,  Bild  1)  Beiname  des  Zeus.  Sophokles  lilßt  Deia- 
iind  Lied  118  den  Kampf  dieser  beiden  Helden  neira  beim  Anblick  Kriegsgefangener  ausrufen: 
mit  Recht  als  eine  in  der  Südwestecke  Klein-  m  Zev  TQonals,  [ltj  nox'  tlalSoi^i  ae  \  TtQÖg  roi)- 
asiens  beheimatete  Lokalsage  angesprochen  hat:  ftov  ovxo}  GniQiia  xoiQV^ccvtcc  noL.  Ebenfalls  auf 
'Sarpedon  als  Sieger  über  den  rhodischen  He-  Zeus  als" Siegverleiher  bezieht  er  den  Beinamen 
rakliden  bedeutet  eine  Spiegelung  der  Span-  in  di^r  Antigone  1A:\^.:  ^Etctcc  Xoxayol  yug  iq>' 
uung  und  Kämpfe  in  der  südwestasiatischen  knrcc  nvXaig  \  xccx^ivtsg  l'ooi  itgog  l'aovg  iXmov  \ 
Welt,  wobei  die  lonier  mit  den  Lykiern  ver-  Zrjvl  xQOTtaioa  ndy%aX-Koc  xiXri.  So  auch  Eurip. 
eint  sich  als  Gegner  der  dorischen  Hexapolis  Heraldeid.  936  f. :  Bq^xu?  Jiog  xgoTtcclov  y.aXXi- 
empfinden'  [Immisch  in  diesem  Lexikon  s.  v.  20  viy.ov  \  lgxccöcxv  und  867,  wo  der  Chor  auf  die 
Sarpedon  Sp.  403).  Doch  wird  man  der  An-  Siegesnachricht  ausruft:  00  Ztv  xQonate,  vvv 
nähme  von  Lokalsagen  in  der  Ilias  keineswegs  i^ol  öaLvov  cpoßov  |  iXsvd'sgov  nägsoxiv  iniccg 
jene  weite  Ausdehnung  geben  dürfen,  wie  es  siöLdelv.  In  der  El.  671  sagt  Orest:  o)  Zsv  tccc- 
neuerdings  vor  allem  durch  Bethe  auf  willkür-  xgibs  xat  xgonat'  ix^g&v  iy.cav.  Nach  Paus.  3,. 
liehe  Vermutungen  liin  geschehen  ist.  Sicher  12,  9  errichteten  die  Dorier  xov  . .  .  Tgonaiov 
ist  die  Ilias,  nicht  anders  als  die  kyklischen  ^lög  Isgöv,  nachdem  sie  ihre  Feinde  geschla- 
Epen,  in  erster  Linie  als  eine  geniale  dichte-  gen  hatten  {Woelcke  134 f.).  Der  Beiname  T. 
rische  Schöpfung  zu  werten,  in  der  die  poeti-  findet  sich  mehrfach  auf  Inschriften:  IG  4, 
sehen  Elemente  über  die  historischen  Remi-  1295  {Epidauros,  3.  Jahrh.  v.  Chr.)  zJibg  Tgo- 
niszenzen,  vom  Mythischen  ganz  zu  schweigen,  30  ticclov  Ni . . .  .  Am  Jahrestag  der  Schlacht  bei 
bei  weitem  überwiegen,  in  der  vor  allem  die  Salamis  opferten  die  attischen  Epheben  dem 
Nebenfiguren  mit  Bestimmtheit  nur  in  ihrer  Zeus  T.  7(t  2,  467,27:  IlgoocvccTcXsvGavxsg  dh 
»oetischen  Funktion  erfaßt  werden  können.  xccl  inl  xgoTtaiov  Sv6l  itXoloLg  I^Q-vgccv  tw  JlI 

[Drerup.]  t«  TgoTtccicp.   Vgl.  IG^  2,  469, 17  f.  und  47i,'^8. 

TroHimene,  provinzialer,  weiblicher  Schutz-  Dittenberge'r,  Syll.^  2,  717,  27  f.    L.  Grasberger, 

geist,   nur  bekannt  durch   die  griechische  In-  Attische  Epheben-Inschriften,  Verhandlungen  der 

Schrift  eines  Altars,  der  im  J.  1872  in  Sieben-  philol.  Gesellschaft  in  Würzbiirg  hrg.  v.  Urlichs 

bürgen  (Transsilvanien)   bei  Maros -Porto  [von  (Würzburg  1862)  54fiF,    Auf  attische  Verhält- 

Karlsburg  den  Marosfluß  abwärts,  CIL  3  Suppl.  nisse  bezieht  Svoronos,  Journal  internat.  d'arch. 

(2),  Tab.  V,  Hn  (Nebenkarte)]  gefunden  wurde,  40  numismat.  12  (1909/10),  121  ff.  (Wochenschr.  f. 

jetzt  zu  Hermannstadt,   CIL  3,  7766  (Suppl.  1  klass.  Philol.  1910,  929)  die  Inschrift  von  Chal- 

p.  1394):  i^  iTtixayrjg  ^rjxgbg  Tgo-aXL^'^vrig.  kis  auf  Euboea:  z/tt]  Tgonai^ai  iv  Kvvo[6dgysL. 

Der  Fundort  liegt  in  der  einstmaligen  römi-  Aus  der  späteren  Königszeit  Pergamons  stammt 

sehen  Provinz  Dacia  Apulensis    (nach  Apulum  die  Weihung:   Ju  TgoTCccico  xal  xa>  druLco  {In- 

=  Karlsburg  benannt).  —  Stifterin  oder  Stifter  schrift  v.  Perg.  1,  237).    Auf  der  pergamenischen 

sind  nicht  genannt,  vgl.  CIL  13,  4304  und  dazu  Inschrift  247  n4  ist  ein  öffentlicher  Festkalen- 

Lothr.  Jahrb.  8  (1896),  1  S.  68,  2.    f|  imxayfig  der  aus  der  jüngsten  Königszeit  oder  schon  der 

entspricht  der  lateinischen  Formel  ex  iussu.  —  ersten  Römerzeit.   Darin  sind  neben  alten  auch 

M-^xrig  ist  eine  Bezeichnung,  welche  außer  an-  Erinnerungsfeste  an  neuere  Ereignisse  und  Per- 

deren  Gottheiten  insbesondere  auch  der  klein-  50  sonen  verzeichnet,  darunter  ein  Beschluß,  nach 

asiatischen  Kybele  gegeben  war,  s.  0.  Bd.  2,  2,  dem  der  18.  jedes  Monats  gefeiert  werden  soll: 

Sp.  2848  ff.  (wo  auch  unsere  Weihinschrift  an-  diä  xi]v  ysvo^ivriv  vTtb  xov  ^ibg  xov  Tgoncciov 

geführt  wird).    Toutain,  Les  cultes  pa'iens  dans  imcpdvsiav.    Das  angedeutete  Ereignis  kennen 

r Empire  rom.  1,2  p.  75  zählt  mit  anderen  geo-  wir  nicht,    dürfen   aber   annehmen,   daß   Zeus 

graphischen    Beinamen ,    welche    das    Beiwort  einmal  den  Pergamenern  im  Kampf  erschienen 

Idaea  der  Magna  Mater  (Kybele)  ersetzen,  auch  ist   und   zum   Sieg   verholfen   hat.    Zeus   wird 

TgoxXi^rivri  auf.    Vgl.  Schwenn  in  der  Neuen  auch  sonst  als  Helfer  im  Kampf  und  Siegver- 

Bearbeitung  von  Paulys  Beal - Encyclopädie  d.  leiher  verehrt:   Bei  Apul.  de  mundo  37  werden 

AU.  Ba.  11,  2,  Sp.  2289,  46.  —  Der  griechischen  unter  seinen  Eigenschaften  aufgezählt:  est  mi- 

Sprache  begegnen  wir  öfter  in  inschriftlichen  60  litaris,  est  triumphator  et  propagator,  trophaeo- 

Denkmälern  der  Provinzen  Daciae,  was  in  der  phorus.    Aristid.  or.  1  S.  11  D  d  f.:  .  . .  iv  dh  ^ä- 

dortigen  starken  Einwanderung  aus  dem  Osten  ;tat?  xgonalog.  Pollux  On.  1,  24  (S.  6  Bethe)  dsol 

seine    Erklärung   findet    (/.  Jung,  Die  roman.  vTtsgovgdvioi  .  .  .  ol    ccvxol   -aal  .  . .  xgoncaovxoL, 

Landschaften  des  röm.  Reiches  S.  381  f.;  vgl.  den  Ix^öiot,  xgonmoi,  ccjtoxgonaiot^  Xveioi.,  xcc&dgaioi. 

Art.  Turmasgad,  am  Ende).     [Kenne.]  Kriegerische  Eigenschaften  kommen  dem  Zeus 

Tropaia  (Tpo:rata)  heißt  bei  X^/Äo^J/^ro^  1327  f.  als  König  zu  (vgL  Gruppe,   Gr.  Myth.  u.  Relg. 

Hera,   nocg'   oeov  v.a.1  ccvxri  ol  vLK&vxsg,   coö'xsg  1117).    Ob  der  Beiname  T.  von  Anfang  an  mit 

TGJ  z/ii,  xgoTtcciov  dvBxiOsaav^  wie  Tzetzes  z.  d.  der  Sitte,  xgonccta  zu  errichten,  zusammenhing, 

41* 


1263  Tropaios  Tropaios  1264 

ist  fraglich  ( fToe/cA«  186  ff.).    Die  tpojcara  sind  liehe   Bemerkung   dea   Tacitus  {Germ.  4:ii),   die 

erst  für  nuchAomm«che  Zeit  2U  erweisen.  U.  v.  jedem  Soldaten,  der  im  Nahkampf  stand,  klar 

Wilammoitz  (Aischylos  Jtiterpretationen  107  f.)  ist  und   den  Griechen  nicht  fremd   war  {Gor- 

bringt  sie  mit  dem  'kriegerischen  Komment'  gicts,  Encom.  Hei.  6),  gibt  die  Erklärung.    Das 

zasammen,  den  die  dorische  Sitte  des  7.  Jahrh.  xgoxalov   ist   zunächst  vergänglich,    mehr  als 

aufbrachte.    Da  auch  der  Beiname  T.  erst  von  der  Gott,  der  zum  Sieg  geholfen   und  im  Ge- 

Sophokles  ab  zu  belegen  ist  und  da  dem  Zeus  dächtnis  der  Leute  weiterlebt.  Aus  dem  Augen- 

am  meisten  tgonaicc  geweiht  waren,  wird  man  blicksgott  wird  ein  Sondergott,  der  im  allge- 

die  Sitte  der  Siegeszeichen  und  der  Beinamen  meinen  bei  Kämpfen  angerufen  wird.   Der  Son- 

nicht  trennen:  beide  weisen  auf  die  t^o^rij,  d.  lo  dergott   geht   in   dem  König  Zeus,    dem    das 

h.  die  Flucht  der  Feinde,  können  von  hier  aus  Staatswöhl  und  damit  auch  der  Kampf  für  das 

selbständig   entstanden   sein,    waren    aber   in  Vaterland  untersteht,  auf.  Bevor  die  letzte  Knt- 

ihrer  Geschichte  eng  verbunden.  wicklung  vor  sich  gegangen  ist,  muß  T.  schon 

An   sich    könnte   man   daran   denken,   den  eine  ziemlich  feststehende  Vorstellung  erweckt 

Beinamen  T.  neben  dXt^Uaxog^  aartJQiog,  ß(o-  haben,  die  über  das  rein  Begriffliciie  des  Na- 

xi^Q  u.  a.  Namen  zu  stellen,  die  den  Zeus  als  mens  und  die  vergängliche  Gestalt  des  alten 

Abwehrer  von  Übeln  und  Helfer  in  aller  Not  Augenblicksgottes  hinausging.    Nur  so  war  es 

bezeichnen   {Grupj)e   1118,2)     T.   hätte   dann  möglich,  daß  dieser  Soudergott  nur  in  einem 

etwa  denselben  Sinn  wie  vielfach  ccTtotgoztcclog.  Gott  aufging,  während  sonst  'der  durchsichtige 

An  die  inorgonaTot  pflegte  man  sich  zu  wen-  20  Ausdruck   des  Begriffes'  sich  im  allgemeinen 

den,  wenn  einem  etwas  widerfahren  war,  was  mehreren   undurchsichtig   gewordenen    Gottes- 

ein   schlimmes    Zeichen    enthielt   {Plut.   Mor.  namen  anhängt,  knorgonaiog  z.  B.  heißt  sowohl 

149  D,  B.  1,366).    Der  Beiname  ist  auch   für  Zeus  wie  ApoUon  und   Herakles,  'Anorgonocia 

Zeus  überliefert:   Dittenberger,  SyW.'' 3,  1014  b,  Athene  (C/sencr,  Götternamen  312  ff.).  Die  Ent- 

70(21).  An  solchen  Zusammenhang  dachte  wohl  wicklung  des  Sondergottes  T.  ist  wohl  bei  den 

der  Verfasser  der  Aufzählung  der  d'sol  vTtsQovgd-  Doriern  vor  sich  gegangen. 
VMt  bei  PoU.  a.  a.  0.,   der  rg63tcaoi.  und  ano-  Nachdem  die  Tgonocla   als  dem  Zeus  eigen 

rgorraioi  neben  ixieioi,  Ivötoi,  -Kccd-ägaioi  nannte.  empfunden  waren,  wurde  er  rgonaLO(f6gog  {Apul. 

Aber  der  Sinn  der  obengenannten  Beispiele  a.  a.  0.)  und  TQonaiovj^og  {Poll.  a.  a.  0.;  Plut. 
spricht  gegen  eine  solche  Erklärung.  Auffallend  so  Parall.  p.  306.  Weitere  Belege  bei  Woelcke  133ff.). 
ist,  daß  nur  dem  Zeus  die  Eigenschaft  des  T.  Den  letzteren  Titel  haben  in  spätrömischer  und 
in  der  Schlacht  zukommt  und  die  tgonala  über-  byzantinischer  Zeit  sich  Herrscher  zugelegt 
wiegend  ihm  dargebracht  sind  (von  Sulla  be-  (Dittejiberger,  Syll.  Orient.  Gr.  inscr.  sei.  2,7 2ii,  2. 
richtet  Plutarch  p.  464  zolg  rgoTtccioig  iniygutpsv  Vgl.  Daremberg-Saglio,  Dict.  5,  694). 
"kgri  xccl  NUt]v  ticcI  k(pgodixr\v,  solche  Ausnah-  2)  Beiname  des  Poseidon.  Nach  einer  bei 
men  beweisen  nichts  gegen  die  Regel),  wäh-  Athena^us  8  p.  333 B  {FHG  3,254,10)  über- 
rend  auch  andere  Götter  um  Sieg  angerufen  lieferten  Erzählung  des  Poseidonios  errichtete 
werden  und  Danksagungen  für  Beistand  im  Sarpedon  dem  Poseidon  T.  bei  Ptolemais  einen 
Kampferhalten(f7sewer,  Ä^Z. /ScÄr.  4, 212).  Benn-  Kult,  nachdem  seine  Feinde  bei  einem  Sturm 
dorf  will  {Monument  von  AdamkUssi  130)  diese  40  im  Meere  umgekommen  und  ihre  Leichen  zu- 
Tatsache zurückführen  'auf  eine  Epoche  des  gleich  mit  einer  Menge  von  Fischen  ans  Land 
Ursprungs,  in  der  die  Religion  des  obersten  geschwemmt  worden  waren.  Das  Eingreifen 
Gottes  strenger  als  später  die  anderen  Kulte  des  Poseidon  war  hier  so  offensichtlich,  daß 
überwog.  Dazu  treten  Überlieferungen,  welche  das  Abweichen  von  der  Regel,  den  Zeus  T.  zu 
den  dorischen  Stamm  als  Träger  der  Sitte  (Tro-  verehren,  verständlich  ist.  Denn  die  Vemich- 
paia  zu  errichten)  vermuten  lassen'.  Aber  aus  tung  des  Feindes  geschah  im  Bereich  des  Po- 
dem  Wesen  des  Zeus  allein  und  seiner  Erha-  seidon  und  durch  seine  Gewalten,  Wasser  und 
benheit  über  andere  läßt  sich  die  Tatsache,  Sturm.  So  scheint  mir  aus  der  ganzen  Erzäh- 
daß  er  fast  ausschließlich  T.  genannt  wird  und  lung  der  Name  eher  erklärlich,  als  wenn  man 
xgoncctcc  erhäJt,  nicht  erklären.  Wir  müssen  60  ihn  dem  Poseidon  als  Verleiher  der  rgoTtalai, 
dazu  auch  den  Begriff  des  T.  ins  Auge  fassen.  d.  h.  der  Seewinde  zuschreibt  ( Woelcke  218, 14), 
Offenbar  haben  wir  darunter  zunächst  einen  Die  Mantineer  sahen  im  Kampf  mit  den  Spar- 
Augenblicksgott  zu  verstehen,  der  in  jedem  ge-  tanern  den  Poseidon,  der  in  der  Nähe  ein 
gebenen  Falle  um  Sieg  angerufen  und  nach  Heiligtum  hatte,  persönlich  eingreifen  und  er- 
einem  siegreichen  Kampf  als  Siegverleiher  ge-  richteten  ihm  deshalb  ein  tgoitociov  {Paus.  8, 
feiert  wird  und  oft  ein  Siegeszeichen  auf  dem  10,  8).  Für  Numenios,  den  Feldherrn  Antiochos 
Schlachtfeld  erhält.  Das  Wort  tgoTcalog  ist  d.  Gr.,  lag  ebenfalls  ein  besonderer  Grund  vor, 
immer  aktiv  gebraucht  von  dem,  der  eine  rgoTtrj  für  seinen  Doppelsieg  dem  Zeus  und  Poseidon 
bewirken  soll  oder  bewirkt  hat.  Fälschlich  Tropaia  zu  errichten  {Plin.  N.  H.  6,  152:  Mira 
nimmt  Pape  im  Handucörterh.  d.  gr.  Spr.  s.  v.  eo  res  ibi  traditur,  Numenium  . . .  ibi  vicisse  eodem 
auf  Grund  von  Eur.  El.  468  f.  auch  eine  pas-  die  classe  aestuque  reverso  Herum  equitatu  con- 
sive  Bedeutung  an.  Dort  werden  die  Schild-  tra  Persas  dimicantem  et  gemina  tropaea  eodem 
zeichen  des  Achilleus  aufgezählt  und  wird  zu  in  loco  lovi  ac  Neptuno  statuisse).  ^ 
ihnen  bemerkt:  "Exropog  öfniaet  rgonccloi  (so  3)  Athene './^TroT^OTrata  wird  in  einem  Ehren- 
Barnes  für  das  überlieferte  tgoitocloig)^  d.  h.  die  dekret  für  die  neun  Strategen  in  Erythrai  aus 
den  Augen  des  Hektor  die  tgonri  bewirken,  dem  Jahr  274  v.  Chr.  neben  Zeus  'AnorgoTtccLog 
daß  er  sich  zur  Flucht  wende.  Nam>  primi  in  genannt:  Dittenberger,  Syll.^  3,  1014  b,  70  (21) 
Omnibus  proeliis  ocvii  vincuntur.   Diese  treff-  u.c.  115(3).  BeiDionys.Byzant.fr.il  {C.  Mül- 


1265  Tropaiuchos  Trophonios  1266 

ler,  Geogr.  gr.  min.  2,24)  ist  eine  Minerva  die-  Ampel.  9,  5;   vgl.  Corvil.  bei  Myth.  Vat.  2,  41; 

sipatoria  angeführt.  Schol.  Stat.  Theh.  4,  482),  der  ihn  dem  Hermes 

4)  In  übertragenem  Sinne  ist  der  Heiname  KaTa;g'0"df/off  gleichsetzt  (vgl.  auch  yln<o6.  4, 14), 

XQonuiotfOQog  iiir  Aphrodite  {Anth.  Pal.  ö,  293,  scheinen  ihn  Bakchos-Iscbys  (Valens)  und  Per- 

24   axiymccxcc   aol   srieloj,    Kvtiql   tgoTtaiocpoga))  sephone-Koronis  gezeugt  zu  haben; 
und    für  Pan  {Anth.  Fal.  16,259,2:   WrQrjg  iv.  b)  nach  einer  von  Schal.  Aristoph.  vEcp.  508 

nccgirig  ^e  nöUv  xorrä  TlaXläöog  a.v.Qr]v  \  ötfjaav  überlieferten  Stammtafel   sind  oi  tcbqI  y/ya/xr?- 

'Ad"rivatoL  Flava  xQOTtaiocpÖQOv)  gebraucht     Vgl.  drjv,   also  -vermutlich  auch  Trophonios,   Söhne 

Tropaiuchos.  [Eugen  Fehrle.]  des   Apollon    und    der   Epikaste.    Apollon    als 

Tropaiuchos    (Tgonaiovxog) ,    zunächst  Bei-  lo  Vater  nannten  auch  Philostr.  ßiog  knoXX.  8,  19 

name  des  Zeus,   eng  verwandt  mit  dem  xgo-  und  Paws.  9,37,4,  uneheliches  Kind  Epikastes 

naiog  (s.  o.  Tropaios).     Inschriftlich   belegt  in  heiQt  Ti.  hei  Charax  (Schol.  Aristoph.  vscp.  60S); 
Attaleia    (Pamphylien)    CJGr  3,   add.  4340  fg  c)  nach    anderer  Überlieferung    bei   Schol. 

(S.  1158  f.),   wo   ein   Priester   des   Zeus   Tr.  er-  Aristoph.  a.  a.  0.  sind   ol  nfgl    'AyaiLri87\v  Kin- 

wähnt  wird;  vgl.  v.  Laricloromki,  Städte  Farn-  der  des  Zeus  und  der  lokaste; 
phyliens  u.  PisidievsH,ibl  nT.6;  Le  Bas-Wad-  d)   nach    einer   dritten  Überlieferung    ebd. 

dington,  Ante  min.  13G2f.;  Farnell,  Cults  1,164,  sind  sie  Kinder  des  Erginos  (und  der  lokaste?). 

12:i.     Neben  vielen   andern  Epitheta  des  /eus  So  schon  i/om.  v/iiv.  2,118.  —  Vürtheim,  De  Aiacis 

nennt   Arist.  de  mundo  12  {ed.  Wech.)   das    des  origine,  cultu,  patria  192  erklärt  den  Namen 
Tr.,  das  auch  bei  Fs.  Flut.  Farall.  p.  306  B  und  20  Erginos  aus  der  Tätigkeit  der  Söhne  als  Bau- 

Cornut.  theol.  gr.  comp.  {ed.  Lang  9,  IG)  c.  9  be-  meister; 

gegnet.    Neben  Tgonaiovxog  stellt  iJion.  Hai.  e)  nach  einer  vielleicht  (s.  aber  u.  §  6)  ver- 

Antiq.  2,  34,  4  6v.vXocp6gog  und  v-K^gcpigixrig  als  derbten  Angabe   bei  Schol.  Stat.  Theh.  7,  345 

gleichwertige  Ausdrücke  {ag  a^iovai  rtrfg)  mit  Tr.  et  Agamedes  *Tauropolitae  fratres  fuerunt' 

Entsprechen   des  lat.  Feretrius  (vgl.  Wissowa,  filii  Aug(i?)ae  famo.^issitni. 
Kealenc.  6,  2,  2210),  das  im  Mon.  Anc.  mit  xgo-  §  2.  Es  werden  aüch 

7iaLO(p6gog  wiedergegeben   wird  {CIGr  3,  4040  Kinder 

col.  1,8).     Augustus    hat   dem    Zeus    Tropaio-  ^^^  .j.^    erwähnt,  denen  vor  dem  Betreten  der 

phoros  und  Brontesios   auf  dem  Kapitol  lern-  Orakelhöhle  in  Lebadeia  geopfert  wurde (Pai^. 
^fi  ^'^"oo     V^  ^f:.o^oa^  ''n-  ^' 20f.  (Ausg.  Diehl,  30      3  ^  ^  ^  ^     .^^   |.    ^  Alkandros 

^  ^-  f •  f^-t.  ^-    ''     '•  """    """"i  '°f  '''"  (Charax  bei  Schol.  Aristoph.  vscp.  5(.8)  und  Her- 

^n!o^  ^'^?  TZ'-  ^^^^^t^^^'*^*:  ^rJT''  kyn(n)a  (0.  1,  2300,  3o/).    Die  Tochter  heißt 

HO  ^3,4;  yglBoettrger,  Kl.  Sehr.  2,  178^Tro-  J-^^^^  ^^^i^^l^^^  ^^^  ^^^^     ^  ^^^  ^^^  Ein- 

paiophoros  heißt  sie  hei  J)wd.  18,  26.     Follux  ^^^.  jjöhle  des  Tr.  in  Lebadeia  fließende 

faßt  die  Siegeszeichen  erhaltenden  und  tragen^  Bach,  in  dem  sich   die  Besucher  des  Heilig- 

den  Gottheiten  zusammen  in  den  Samme  begriff  ^^^^'^^  ^       ^^  ^^^^  ^.^  y,ccvr^cp6goi  des   Zeus 

der^soc  xgonaiovxo,,  {Onom.  12iBethe).J  ro-  ^^^^^^',    ^^IJ  ^  ^        ^^  '^J^^^^ 

paiophoros:  Kvpris,  J..  P.  5, 298, 24  (^grafAtas),  ^  ^  u     j 

Theod.  Frodr.  Bhod.  9,  202;    Orac.  graeca  coli.  Die  Sage  (§  3—5) 

Hendess  201,7;    Pan  in  Athen,   A.  P/«n.  259  40  kennt    Tr.   als    von   Demeter- Europa    gesäugt 

{aöriXov).  Späterhin  heißen  auch  Kaiser  so :  Julian  {Faus.  9,39,5),   die  auch  ebenso  wie  Tropho- 

ist  iiiyiGxog  vihtjt?)^  yial  tgo-jcaiocpogog.,  Dessau,  nios'  T.,    die   Stifterin  ihres   Kultus   in   Leba- 

Inscr.  lat.  sei.  2,8808;  ^iyiaxog...6  v£Ly.7]X7]g  yLul  deia  {Schal.  Lykophr.  153),   und  wie   der  eben 

xgoTtsov%og  Dittenherger,  Syll.^'inr.^^O^h.,  auch  genannte,  beim  dortigen  Heiligtum  vorbeiflie- 

Feldherrn    wie    die    xQonaiovxot    bei  Dittenb.,  ßende  Bach,  an  dem  Köre  gespielt  haben  soll 

Or.  gr.  inscr.  723,  2  (383  —  392  n.  Chr.):    ^quod  {Faus.  9,39,2),  den  vielleicht  vorgriechischen 

epitheton  item  Byzantinorum  aetate  semper  in  Namen  Herkyn(n)a  {Lykophr.  153)  führte.   Mit 

usu  mansit'  Dittenb.  ebda  nr.  722  Anm.  1   (vgl.  Agamedes   zusammen  galt  Tr.  als  geschickter 

Constant.  Man.  Chron.  im  CSH  Byz.  18,  3503).  Xid-o^oog  (Schol.  Aristoph.  vscp.  508)  und  Bau- 
Von  Zeus    wird  Tropaiuchos  auf   den    christ-  50  meister.     Beiden    werden    folgende    Bauwerke 

liehen  Gott  übertragen:  cpoßsg^,  vixTjxä,  xgoTcai-  zugeschrieben: 

ov%h,  axaöiccQxa  Anecd.  Boiss.  5,47  (Martyr.  des  a)  Amphitryons  Haus  in  Theben,  Faus. 

hl.  Arethas),   von   den  Peldherrn   auf  Märtyrer  9,11,1; 

wie  auf  den  hl.  Georg,  der  Tropaiophoros  heißt  b)  Apollons  zweiter  (Strab.  9,3,9,  S.  421) 

{Kraus,  Beal-Enc.  d.  christl.  Altert.  2,923)  oder  oder  vierter  (Faus.  10,  5, 13)  Tempel  (Find.  fr. 

auf  den  xgoTtaiocpoQwv   Gregorios  {Const.  Man.  2   bei   Flut,  consol.  ad  Apoll.  14;    Schal.  Luk. 

Chron.  6275).     [Preisendanz.]  V8v,g.  didX.  10;  Charax  bei  Schol.  Aristoph.  vsrp. 

Troplieus  s.  Traphos.  508;   Cic.  Tusc.  1,47,114;   äSvxov,   Steph.  Byz. 

Trophonios  (Tgocpcaviog,  auf  boiotischen  In-  JsXcpoi  22^,21)  oder  dü.s  xs^svog  (Fs  -Fiat,  k^iox- 
Schriften  meist  Tp^qp.,  s.  76^.3055,  2;  3080;  3081;  60  6,367  c)   oder   der  Xäivog  oväog  (Harn.  v^v.  2, 

3083;    3086;    3087;   3090;    4136,  1;    Tgocpmviog  118)  oder  das  Isgov  (Kosm.  ade.  S.  Gregor.  64. 

ebd.  3077;  3098;  3426).  281  [in  Mignes  Fatr.  Gr.  38,513])  in  Delphoi. 

§  1.  Über  seine  c)  Auch  das  Heiligtum  des  Apollon  in  Pa- 

gasai  soll  Tr.  erbaut  haben  (Herakl.  Font,  bei 

Abstammung  Schol.  Hesiod.  'Aon.  70,  FHG  2, 198a). 
gab  es  folgende  Überlieferungen:  d)  Augeias'  Schatzhaus  in  Elis    (Charax 

a)    nach    dem    ^ Götterkatalog'   (Michaelis,  bei  Schol.  Aristoph.  a.  a.  0.;  vgl.  Suid.  slg  Tg. 

Orig.ind.  deor.  19,  21;  Cic.  nat.  deor.  3,  22,  56;  iis^dvtsvxai); 


1267  Trophonios  Trophonios  1268 

e)  Hyrieus'  Schatzhaus,  wahrscheinlich  in  Gercke,  Neue  Jahrb.  8,  1905,  ^51  ist  Tr.  nicht 
Hyria  {Paus.  9,37,6);  im  Bereich  seiner  Orakelstätte  zum  Baumeister 

f )  Poseidons  Tempel  in  M  antin eia(Pau«.  geworden,  sondern  irj^endwo  sonst,  'wo  eine 
8,6,6),  um  den  sie  einen  wollenen  Faden  ziehen  andere  Seite  der  mythischen  Gestalt  die  Phan- 
{Paus.  8,10,3;  vgl.  über  den  ein  Heiligtum  tasie  erregte,  und  zwar  hier  frei  vom  Zwange 
umhegenden  Faden  Pley,  De  lancie  in  antiquor  eines  festen  Kultus'.  Das  scheint  mir  unsicher, 
ritib.  usu.  RV  u.  V  11,2,  lUll,  S.  86f.).  aber  im   allgemeinen  werden  die  Heroen,   die 

g)  Außerdem  baute  Tr.  für  sich  selbst  eine  nach  dem  Tode  weissagen  sollten,  in  der  Tat 
xaroiffvxi}  oinrioig  {Charax  a.  a.  0.)  oder  ein  vielmehr  zu  Deutern  der  Zukunft  gemacht,  wie 
inoysiov  oinrifia  {Schol.  Aristoph.  vtq>.  608),  in  lO  dies  vereinzelt  auch  bei  Tr.  geschehen  ist 
dem  er  geweissagt  und  den  Tod  erlitten  haben  {SchoL  Aristoph.  a.  a.  0.,  Kosm.  ad  c.  S.  Greg. 
soll,  d.  n.  eben  die  spätere  Orakelhöhle.   Vürt-  64  in  Mignes  Patr.  Graeci  38,  öl2). 

heim.  De  Aiacis  or ,  cultu,  patria  192  hält  für  Abgesehen  von   dem  zweifelhaften  Zeugnis 

möglich,  daß  aus  deren  sonderbarer  Form  die  der  Telegonie  sind  die  ältesten  Gewährsmänner 

Sage  von  den  kunstreichen  Baumeistern  ent-  für   die    Baumeister   Tr.    und    Agamedea    der 

standen  sei.  Sänger  des  homerischen  Hymnos  auf  den  del- 

§  4.  Mit  dem  Schatzhaus  des  Augeias  {Cha-  phischen    ApoUon,   der   wahrscheinlich   gegen 

mx  a.  a.  0.;   Suid.  dg   Tgotpönviov)   oder   des  Ende  des   7.  Jahrh.  gedichtet  ist,   und   IHnd. 

Hyrieus  {Paus.  9,  87, 6 ff.)  ist  der  bekannte  No-  a.  a.  0.,  der  die  delphische  Überlieferung  von 

vellenzug  vom  Meisterdieb  verbunden,  den  He-  20  der  Stiftung  des  Tempels  wahrscheinlich  einem 

rod.  2,  121  vom  Schatzhaus  des  Rhampsinit  er-  Gedicht  des  ü.  Jahrh.  entnahm.    War  Delpho 


zählt.    Weil   in    Elis  wie   in   Boiotien   Minyer  der  Ausgangspunkt  der  Vorstellung,  so  erklärt 

gewohnt  haben  sollen,  glaubte  0.  Müller,  Min.*  sich  deren  rasche  Verbreitung  aus  dem  Einfluß 

90 f.,  dem  noch  Studniczka,  Kyr.  6  gefolgt  ist,  dieses  Heiligtums. 

daß  das  Märchen  einer  Sage  dieses  Stammes  §  5.  Sonst  weiß  die  Sage  nur  noch  von  Tr.' 
angehöre.  Vürtheim,  De  Aiacis  or.,  cultu,  pa-  Tod  zu  erzählen,  der  verschieden  berichtet 
tria  202  sucht  diese  Ansicht  mit  der  Maßgabe  wird.  Nach  Pind.  fr.  2,  Cic.  Tusc.  1,  47,  114 
zu  halten,  daß  der  kyrenaiische  Dichter  ein  starben  er  und  Agamedes  plötzlich,  nachdem 
ägyptisches  Märchen  mit  einer  äußerlich  ahn-  sie  den  Gott  um  den  besten  Lohn  für  den 
liehen,  griechischen  religiösen  Überlieferung  so  Tempelbau  in  Delphoi  gebeten  hatten.  Ob  diese 
verschmolzen  habe.  Allein  der  kyrenaiische  Geschichte  Vorbild  oder  Nachahmung  der  Sage 
Ursprung  der  Telegonie  ist  vielleicht  aus  dem  von  Kleobis  und  Biton  war,  die,  wie  v.  Wila- 
in  ihr  vorkommenden  Sohn  des  Odysseus  er-  mowitz,  Arist.  u.  Ath.  1,268,18  vermutet,  He- 
schlossen,  nach  dem  der  Battiade  wahrschein-  rodot  in  Delphoi  hörte,  und  die  wahrscheinlich 
lieh  seinen  Sohn  genannt  hat,  weil  er  seinen  dort  auch  gedichtet  i^t,  bleibt  zweifelhaft,  denn 
Ursprung  auf  Odysseus  zurückführte;  und  nach-  wenn  auch  die  Kleobissage  vielleicht  einen 
dem  G.  Paris  in  der  nach  seinem  Tode  erschie-  sehr  alten  Zug,  die  Zurückführung  der  Mond- 
nenen  Untersuchung  {Bev.  hist  rel.  55,  1907',  göttin  durch  die  göttlichen  Zwillinge,  enthält 
306  ff.)  die  außerordentlich  weite  Verbreitung  {Eitrem,  Christiania  Vidensk.  selsk.  f'orh.  1905, 
dieses  Zuges  erwiesen  hat,  kann  nicht  mehr  40  Itf.),  so  hat  sie  dann  doch  ursprünglich  nicht 
bezweifelt  werden,  was  schon  Buttmann,  My-  am  Schluß  den  schmerzvollen  Gedanken  ent- 
iÄoZo^u»  2,  228  aussprach,  daß  ein  orientalisches  halten,  daß  für  den  Menschen  der  Tod  das 
Märchen  zugrunde  liegt.  Daß  dies  bereits  in  Beste  sei.  Eine  zweite  Überlieferung  läßt  den 
einem  epischen  Gedicht  (t>.  Wilamowitz,  Hom.  Tr.  (auf  der  Flucht  vor  Augeias,  Apostol.  6,  82, 
Unters.  184  und  besonders  Hartmann,  Unters.  wo  Aigaios  überliefert  ist)  wie  Amphiaraos  von 
über  die  Sagen  vom  Tode  des  Odysseus  65 ff.)  der  sich  spaltenden  Erde  verschlungen  werden 
auf  Tr.  übertragen  war,  scheint  mir  nicht  sicher;  {Suid.  sig  TQorp(oviov\  Ps.-Plut.  nago^i.  'AI.  1, 
die  vermutlich  im  6.  Jahrh.  entstandene  Sage  61),  und  zwar  bei  der  Grube,  an  der  unter  An- 
von  dem  Tode  der  beiden  frommen  Baumeister  rufung  des  Agam.  ein  Widder  geopfert  wurde 
in  Delphoi  kennt  noch  nicht  oder  verschmäht  50  {Paus.  9,  37,  7).  Eine  entfernte  Ähnlichkeit  zeigt 
wenigstens  die  Überlieferung  von  den  beiden  auch  die  von  0.  Müller,  Min.  91  verglichene 
Dieben,  von  denen  der  eine  den  Tod  in  Elis  Legende  vom  Lyssosberg  bei  Ephesos,  s.  u.  §  7 
findet,  während  der  andere  seinem  Bruder  pie-  Von  einer  dritten,  den  ^Jüngeren'  zugeschrie- 
tätlos  den  Kopf  abschneidet,  um  nicht  selbst  benen  Todesart  des  Tr.,  nämlich  von  seiner 
gefangen  zu  werden;  und  auch  Herod.  2,121  Verhungerung,  ist  hei  Schol.  Aristoph.  vscp.  508 
hat  schwerlich  eine  solche  Überlieferung  vor  die  Rede,  ohne  daß  Genaueres  mitgeteilt  wird, 
sich  gehabt,  da  er  sie  sonst  kaum  unerwähnt  Nach  Luk.  vskq.  diccX.  3,2  (vgl.  Seh.)  war  Tr. 
lassen  konnte.  Die  Geschichte  tisqi  Tq.  xal  in  der  Höhle  bei  Lebadeia  auch  begraben. 
kyaiLTidriv  xal  Aiyiav^  die  nach  Proklos'  Aus- 
zug aus  der  Telegonie  (bei  Kinkel,  Epic.  Graec.  60  Ortliche  Verbreitung. 
fragm.  S.  57)  auf  dem  Becher  von  Augeias'  Rninfip«  (s.  (^  i\ 
Enkel  Polyxenos  (0.  3,  2744, 19)  dargestellt  war,  ßoioti  en  (^ö  o.  /; 
braucht  deshalb  nicht  notwendig  auf  das  Mär-  ist  diejenige  Landschaft,  in  der  Tr.  am  feste- 
chen  zu  gehen,  weil  Augeias  noch  in  anderen  sten  wurzelt.  Er  ist  S.  der  lokaste  oder  Epi- 
Beziehungen zu  Tr.  stand  (s.  u.  §  5).  —  Was  die  käste,  die  in  einem  andern  Sagenkreis  Gemah- 
Übertragung  des  Sagenzuges  auf  Tr.  und  Aga-  lin  des  am  Laphystion  begrabenen  Laios 
medes  veranlaßte  und  warum  diese  als  Bau-  beißt,  und  nach  diesem  den  Zeus  verehrenden 
meister  bezeichnet  werden,  ist  unbekannt;  nach  Heiligtum  weist   auch   die  Überlieferung,   die 


I 


1269  Trophonios  Trophonios  1270 

den  Tr.  zum  Sohn  des  Zeus  und  der  lokaste  yvga  611,8  nach  Kallisthm.)  oder  als  advxov 
macht  (Schol.  Ariatoph.  vecp.  508).  In  anderer  Isgov  rov  Tqorpoiviov  {Paus.  4,16,7)  bezeichnet 
Überlieferung  ist  sein  Vater  der  orchome-  wird,  die  Kode;  vgl.  z.  B.  »Straft.  16,  2,  39,  S.  762; 
nische  König  Erginos  (PaM..s.  9,  37,  4).  Nach  P/m<.  <ic/".  or.  5;  .4 Ws<?V/.  38,  21,  S.  318,  10  Ä".  = 
Schol.  Stat.  Theb.  7,  345  waren  Tr.  und  Aga-  1,  S.  78  iJäf.;  Greg.  Naz.  or.  39,  5;  Bd.  36, 
medes  Tauropolitae  fratres.  Die  Stelle  ist  mög-  S.  340  in  Mignes  l'atr.  Gr.;  IG  7,  3056.  Daß 
licherweise  verderbt  und  der  Gewährsmann  am  Eingang  ein  Standbild  des  Tr.  von  Euthy- 
überhaupt  unzuverlässig;  doch  bietet  er  bis-  krates  sich  befand,  ist  nicht  m.  R.  aus  Plin. 
weilen  richtige  Angaben,  die  sonst  nicht  über-  n.  h.  34,66  gefolgert  worden;  s.  O.  Jahn,  Hh. 
liefert  sind.  Es  ist  daher  die  allerdings  geringe  lo  Mus.  1),  1855,  318.  Bei  der  Befragung  des  Ora- 
Möglichkeit  im  Auge  zu  behalten,  daß  es  g,m  kels  waren  seltsame  Gebräuche  zu  beobachten, 
Westrande  des  Kopaissees  ein  sonst  verschol-  die  z.  T.  aus  ältester  Zeit  stammten,  jedenfalls 
lenes  Heiligtum  Tauropolion  gab,  das  beide  den  Griechen  schon  des  5.  und  4.  Jahrh.  so 
Brüder  für  sich  in  Anspruch  nahm;  von  dort  auffielen,  daß  sie  oft,  namentlich  in  der  Ko- 
könnte  Demeter  Tauropolos  {IG.  7,2793)  nach  mödie  ef-wähnt  werden;  Alexis  {Athen.  6,  41, 
Kopai  und  Demeter  Europa  nach  Lebadeia  S.  242c;  10,11,  S.  417ef),  Kephisodoros  {Suid. 
übernommen  sein,  auch  würde  die  Angabe,  daß  Krjqptffdd.;  Athen.  12,78,653a;  15,5,667(1;  40, 
Demeter  P]uropa  den  Tr.  säugte  (o.  §  3),  sich  689 f.),  Kratinos  (ebd.  7,  127,  325 e;  Harpokr. 
in  diesen  Zusammenhang  einordnen.  —  In  inid^rovg  iogrccg),  Menander  {Athen.  12, 12, 611 ; 
Theben  sollen  Tr.  und  Agamedes  das  Haus  20  3,  56,  99 f.;  4,  9,  132e;  Harpokr.  ccbtoXriTivd-oL; 
Amphitryons,  für  den  Eponym  von  Hyria  Stob.  ccvd-oLd,  20)  dichteten  einGn'TQoq)mviog* ; 
sollen  sie  eine  Schatzkammer  gebaut  (§  3)  ha-  Dikaiarch  iv  xolg  "XbqI  tf]g  tl?  Tgocpoaviov  xccra- 
ben.  Die  Stammtafeln  und  Sagenzüge  sind  ßcc6S(os  zitiert  Athen.  IH,  6T,  ö94: ei.;  vgl.  14,  48, 
zwar  trotz  ihres  wahrscheinlich  hohen  Alters  641  e,  Cic.  ad  Att.  6,  2,  3.  Dagegen  gibt  es 
nicht  ursprünglich,  aber  sie  setzen  eine  noch  keine  Kunstdarstellungen  des  Heiligtums;  was 
ältere  voraus,  nach  der  Tr.  in  der  Legende  dafür  ausgegeben  ist,  wie  das  Vb.  aus  Aulis 
eines  namhaften  boiotischen  Heiligtums  vorkam.  {Duc  de  Luynes,  Ann.  deW  inst.  1,  1829,  408 
§  7.  Vermutlich  war  dies  kein  anderes  als  T.  HJ)  hat  sich  ebenso  wie  die  angeblichen 
das  in  geringer  Entfernung  vom  Laphystion  und  Kunstdarstellungen  des  Tr.  selbst  {Overbeck, 
von  Orchomenos  gelegene  Lebadeia;  (vgl.  30  Kunstmyth.  2, 1,  S.  224ff.)  als  nicht  in  den  Tr.- 
K.  Göttling,  Narratio  de  lyraculo  Trophonii,  Kreis  gehörig  erwiesen.  Jetzt  ist  die  Haupt- 
Jenaer  Universitätsschr.  1843,  und  Gesammelte  quelle  Paus.  9,  39,  5 ff.,  dessen  Angaben  im  ein- 
46/i.  1, 157  ff. ;  über  die  Ergebnisse  der  neueren  zelnen  oft  durch  andere  Zeugnisse  bestätigt 
Ausgrabungen  JTpaxTixa  1912,  88  ff.),  wo  bis  in  und  ergänzt  werden.  Zunächst  fand  eine  Vor- 
die  Kaiserzeit  hinein  das  Orakel  des  Tropho-  bereitung  im  Hause  des  guten  Daimon  und 
nios  geblüht  hat.  In  christlicher  Zeit  scheint  der  guten  Tyche  statt.  Schon  während  dieser 
Christophoros  an  die  Stelle  des  Tr.  getreten  zu  Zeit  war  eine  bestimmte  ^reine'  Lebensweise 
sein  {Schol.  Luk.  vsxQ.  SlccX.  10,1,  S.  255, 17  B.):  vorgeschrieben;  der  Befrager  badete  z.  B.  in 
auch  das  spricht  dafür,  daß  das  Tr.-Orakel  der  Herkynaquelle  (Hercynnus,  Plin.  31,  15), 
bis  zum  Ende  des  Heidentums  fortbestand.  40  die  den  Hain  des  Heiligtums  von  der  Stadt 
Sage  und  Geschichte  melden  von  Befragung  abschloß  und  den  Namen  nach  Trophonios'  T. 
dieser  der  Sage  nach  durch  Saon  (o.  4,335,  Herkyna  (§  2  vgl.  o.  1,  2300),  der  Begründerin 
9 ff.)  entdeckten  Orakelstätte,  z.  B.  durch  Xu-  des  Kultes  der  Demeter  Europa,  führen  sollte. 
thos  {Eurip."lcov  SOO  u..ö.\  Odysseus  {Max.  Geopfert  wurde  in  dieser  Vorbereitungszeit 
Ti/r.  14,  2,  S.  251iJ. ;  darauf  bezieht  Äüorowos,  dem  Tr.  und  seinen  Kindern,  dem  Apollon, 
Gaz.  arch.  13,  1888,  273  die  Abbildung  eines  Kronos,  Z.  BccöiXsvg,  der  Hera  ^Kvi6%ri,  der 
geschnittenen  Steines ;  s.  aber  Fwrf7ie«w?,  Mwewos.  Demeter  Europe,  die  als  Tr.'  Amme  galt  und 
n.  s.  29,  1901,  36),  Aristomenes,  der  auf  nach  dessen  Tochter  den  Beinamen  Herkyna 
Geheiß  der  Pythia  hinabgestiegen  sein  und  erhalten  haben  soll.  Bei  diesen  Opfern  wurde 
seinen  Schild  in  dem  Heiligtum  geweiht  haben  50  durch  Eingeweideschau  festgestellt,  ob  die  Be- 
sollte {Paus.  4,16,7),  Kroisos  {Herod.  1,46),  fragung  zulässig  sei,  doch  waren  diese  Vor- 
Mys,  den  Gesandten  des  Mardonios,  der  einen  zeichen  nicht  entscheidend,  vielmehr  mußte  in 
Eingeborenen  veranlaßte,  für  ihn  hinabzustei-  der  Nacht  des  Abstiegs  ein  unter  Anrufung 
gen  (jfferod.  8, 134;  Plut.  kgior.  Id),  den  Sokra-  des  Agamedes  in  eine  Grube  geopferter  Wid- 
tiker  Timarchos  {Plut.  dai^t.  Zio-kq.  21  ff.),  der  die  Zulassung  bestätigen  (Pai*s.  §  6).  Drei- 
Philipp  von  Makedonien  {Ail.  var.  hist.  3,  zehnjährige  Knaben,  Hermai  genannt,  wuschen 
45;  Val.  Max.  1,8,  ext.  9  nennt  vielmehr  den  und  salbten  den  Besucher  vor  dem  Betreten 
delphischen  Apollon),  Aemilius  Paullus  167  der  Höhle  {Paus.  §  7);  eine  besondere  Tracht 
V.  Chr.  {Liv.  45,27,8),  durch  Römer  zur  Zeit  {Isgov  cxfi^a,  Schol.  Aristoph.  vscp.  508),  öd-ovr] 
Sullas  (PZw^^^vH.  17),  ApolloniosvonTyana  60  7Co8r\gr]g  {Max.  Tyr.  14,2;  ioraX^tvog  rcctg  od-o- 
{Philostr.  B.'ÄTt.  4,  24;  8, 19)  usw.  Über  die  List  vccLg  ysXoicog,  Luk.  vsxg.  didX.  3,  2;  xirav  Xivovg, 
des  Epameinondas  vor  der  Schlacht  bei  Leuktra  Paws.  §  8;  vgl.  die  von  Philostr.  ßlog  'AnoXX. 
s.  PoZ^/am.  2,  3,  8;  Dtofi.  15,  53;  vgl.  auch  Paws.  8,19  erwähnte  weiße  Gewandung  und  über 
4,  32,  5;  Cic.  div.  1,34,  74.  Auch  sonst  ist  häufig  den  Gebrauch  der  Leinwand  im  Kultus  Wäch- 
von  dieser  Kultstätte,  die  als  hgog  6r\v,6g,  IG  ter,  Beinheitsvorschriften  82 ff)  und  eine  cpoivi- 
7,3077,2',  Tgotpcüviov  6riv.oi  {Eurip.  "icov  300,  ytlg  {Max.  Tyr.  a.  a.  0.;  nach  Pley,  De  lanae 
vgl.  Apostol.  15,  43a)  oder  d'uXdiiai  {Eurip.  a.  in  antiquorum  ritibus  usu,  BV.  u.V.  11,  2, 1911, 
a.  0.  393)  oder  als  Tgocpmviov  {Steph.  Byz.  Ti-  S.6  ebenso  wie  die  von  Paws.  9,39.  8  erwähnten 


1271                    Trophonios  Trophonios                     1272 

Binden  Ersatz  für  ein  Fell)  waren  vorgeschrie-  eine  Tr.  selbst  sein  sollte  (s.  u.).  Die  Befra- 
ben.  Ehe  man  hinabfuhr,  trank  man  von  der  Run^^,  die  bisweilen  auch  nach  Art  der  Traum- 
Quelle  der  Lethe  und  Mnemosyne  (Paus.  §  8;  orakel  des  Asklepios  beschrieben  wird  (vgl. 
Piin.  n.  h.  31,  16),  wegen  deren  Göttling  a.  a.  0.  vsmrsQOi  bei  Schol.  AriBtoph.  vstp.  608  iy-KutoL- 
7 f.  irrig  das  bei  Petelia  gefundene  Goldplätt-  i)öxav  öccmoviöv  ti  rag  iiavtslag  iriXei;  ebd. 
chen  (Comparetti ,  Laminette  orfiche  S.  81)  auf  am  Schluß  S(pis  ^v  d  ^avrtvo/if rof) ,  dauerte 
Lebadeia  bezog,  J.  Harrison,  Prolegom,  to  the  meist  längere  Zeit;  bisweilen  zwar  wurden  die 
Study  of  Gr.  Relig.  680 ff.  aber  umgekehrt  für  Konsulenten  am  selben  Tag  wieder  'hinauf- 
Lebadeia  orphische  Einflüsse  vermutet,  und  geschickt*,  aber  es  kam  auch  vor,  daß  sie 
schaute  das  angeblich  von  Daidalos  (Paus.  9,  lo  mehrere  Tage  unten  blieben  (Plut.  datft.  ^oixp. 
40, 8)  gefertigte  Bild  des  Tr.,  das  nur  den  Be-  21).  Man  kam  an  verschiedenen  Stellen  in 
Suchern  der  Höhle  gezeigt  wurde  (Pat4«.  9, 89, 8).  nilherer  oder  weiterer  Entfernung,  ange)>li(h 
Die  Befragung  erfolgte  in  einer  unterirdiscoen  selbst  jenseits  von  Lokris  und  Phokis,  wieder  ans 
Höhle  (xdoiuc  {>y(6poiiov,  Strab.  9,  2,  38,  S.  414;  Tageslicht  (Philostr.  ßiog  'An.  8, 19);  Apollonios 
vgl.  Paus.  §  9),  deren  Eingang  auf  einer  An-  (ebd.)  soll  am  siebenten  Tage  in  Aulis  wieder- 
höhe oder  an  deren  Abhang  lag  (Paus.  a.  a.  0.;  erschienen  sein.  Der  lange  Aufenthalt  in  dem 
Philostr.  ^iOff  kn.  8, 19;  Schol.  Luk.  vsxq.  S%dX.  schauerlichen  Raum,  dessen  Schrecken  vermut- 
10).  Sie  sollte  dem  Saon  durch  einen  Bienen-  lieh  noch  durch  äußere  Veranstaltungen  er- 
gehwarm gezeigt  sein  (Pat<«.  9,40,2;  yg\.  Schol.  höht  wurde,  scheint  oft  auch  die  Seele  der 
^rwtopÄ.  veqp.  508;  ähnlich  ist  die  Entdeckung  20  Besucher  in  Unordnung  gebracht  zu  haben; 
der  Höhle  am  Lyssosberg  bei  Ephesos,  Kon.  85;  damit  sie  sich  des  Geschauten  wieder  erinner- 
andere Parallelen  bei  Panzer,  Beitr.  z  deutsch.  ten,  wurden  sie  auf  den  Thron  der  Mnemosyne 
3fy<Ä.  2, 478;  zur  Erklärung  s.u.  §  18),  war  aber  gesetzt  (Paus.  9,  39,  13),  sie  waren  also  ver- 
sp&ter  künstlich  ausgemauert  (PauÄ.  9,  39,  9;  mutlich  gleich  nach  ihrer  Rückkehr  außerstande 
nach  Schol.  Aristoph.  vfcp.  508  erbaute  Tr.  ein  einen  geordneten  Bericht  über  ihre  Erlebnisse 
ixoystov  oÜTiriiuc).  Das  Heiligtum  hieß  daher  abzustatten.  Es  hieß  auch,  daß  wer  das  Tr.- 
H-nch  xaxaßdtnov  (Schol.  Aristoph.  vsff.bOS;  vgl.  orakel  besucht  habe,  fortan  —  nach  Pau^. 
Suid.  TQoqxoviov  x.  y.  «.;  Apostol.  17,30;  vgl.  a.  a.  0.  wenigstens  für  einige  Zeit  —  nicht 
Xatffiaro?  väovo^ov  xardßaaLg^  Strab.  9,  2,  38,  mehr  lachen  könne,  worauf  die  von  übermäßig 
S.  414,  femer  xaraßäg  iv  TQOcpmviov,  IG.  7,  30  ernsten  Leuten  gebrauchte  Redewendung  sli: 
4186, 1  und  den  Titel  der  o.  erwähnten  Schrift  TQOcpojvlov  fisjuarrfvrat  (Suid.  s.  v.;  Schol.  Ari- 
des  I)tA:atarcÄos)  und  galt  wahrscheinlich  schon  stoph.  vBtp.  508;  Zenob.  3,61;  Makar.  3,63; 
in  alter  Zeit  als  Eingang  zur  Unterwelt  (s.  Ps.-Plut.  nagoiy,.  kX.  1,51;  Apostol.  Q^  S2)  hin- 
Art.  ' Unter icelt^);  durch  die  Trophoniosgrotte  weist;  vgl.  die  von  Semos  bei  Athen.  14,  2, 
steigt  Menippos  bei  Luk.  vstiq.  SLdX.21  herauf.  Dl4ab,  FHG  4,493,8  erzählte  Geschichte  von 
Der  Eingang  war  so,  otg  tu  dxgcc  dvvua^cci  Parmeniskos.  Nach  Schol.  Aristoph.  a  a.  0. 
yiovu  xäiv  nvSäiv  xfOQfiGai  (Apostol.  a.  a.  0.).  entstand  dieser  Schrecken  dicc  rrjv  rmv  bcptav 
Die  Besucher  sollen  v-xb  xivmv  nvBv^Ldtcav  un-  ^xnXri^iv,  da  aber  der  Verlust  des  Lachens 
ter  die  Erde  gezogen  sein  (Schol.  Aristoph.  a.  sonst  auf  das  Erblicken  von  Geistern  zurück- 
a.  0  ;  vgl.  Philostr.  ßiog  'An.,  8, 19).  Von  einem  40  geführt  wird,  glaubten  die  Besucher  der  Höhle 
Hineinkriechen  durch  den  niedrigen  Eingang  vermutlich,  in  den  Schlangen  oder  außer  ihnen 
spricht  Luk.  V8XQ.  öidX.  3,2.  An  einer  Stelle  Abgesandte  der  Unterwelt  zu  erblicken,  zu  der 
mußte  eine  Leiter  zu  Hilfe  genommen  werden  die  Höhle  hinunterführen  sollte.  Eine  ver- 
(Paus.  9,  39, 10).  Unten  in  der  Höhle  hausten  wandte  Vorstellung  knüpfte  sich,  wie  es  scheint, 
Schlangen,  gegen  die  sich  die  Besucher  durch  an  die  eleusinische  ccY^XaGzog  nirga-,  auch  sie 
mitgenommene  Honigkuchen  schützten  (Schol.  stand  an  einem  Hadeseingang,  und  vermutlich 
Aristoph.  vstp.  608;  Suid.  Tgocpcovlov  x.  y.  n.\  riefen  die  Mysten  von  ihr  aus  die  Göttin  der 
fieXiTovrra;  Apostol.  17,30;  Etym.  Magn.  ßovg  Erdtiefe  herauf.  Daß  der  Besucher  des  Orakels 
204,  6;  iiayidsg  573,2;  j^ä^a,  Luk.  vsxg.  öi,dX.  durch  das  von  Paus.  a.  a.  0.  bezeugte  Lachen 
3,  2);  doch  sollte  trotz  dieser  und  anderer,  beim  so  seine  Rückkehr  von  dem  religiösen  Tod  kund- 
Abstieg  drohender  Gefahren  niemand  in  der  gab,  bis  dahin  also  als  tot  galt,  nimmt  Warde 
Höhle  verunglückt  sein  außer  einem  Soldaten  Fowler, Relig.Exper. Korn. People  112 nT.21  m.E. 
von  der  Leibwache  des  Demetrios,  der  in  ge-  nicht  m.  R.  an.  —  So  wichtig  das  Orakel  für  die 
winnsüchtiger  Absicht  in  das  Adyton  gestiegen  Religionsgeschichte  Boiotiens  war,  so  erschöpfte 
war,  ohne  die  Vorschriften  zu  befolgen.  Bis-  sich  doch  die  Bedeutung,  die  Tr.  für  Lebadeia 
weilen  sollte  Gebrüll  die  Höhle  erfüllen  (Etym.  hatte,  mit  ihm  nicht.  Unterhalb  des  Eingangs 
Magn.  ßovg  204, 9  f.),  was  wie  an  anderen  Stel-  zur  Höhle  erhob  sich  in  einem  &Xaog  (Paus. 
len  des  von  Erdbeben  so  oft  heimgesuchten  9,  39, 4 ;  9)  der  Tempel  des  Tr.  (vgl.  Philostr. 
Griechenlands  durch  Verschiebungen  im  Innern  ßiog  kn.  8,19).  In  dem  aXaog.,  wahrscheinlich 
der  Erde  und  die  Akustik  der  Höhle  verursacht  60  bei  oder  in  dem  Tempel  stand  das  dem  Praxi- 
sein mag.  Den  Besuchern  wurde  vorgespiegelt,  teles  zugeschriebene  dyaX^a  (Paus.  9,  39,  4). 
daß  sie  mit  Tr.  selbst  zusammen  kämen  (Max  Hier  wurden  vermutlich  auch  die  TQO(pcov(e)ia 
Tyr.  14,2)  und  ihn  etwa  sähen  und  hörten  (Polyd.  6v.  1,37;  IG  7,47;  49;  2,1318;  Sch4)l. 
(Kdsos  bei  Orig.  c.  Cels.  7,  35;  vgl.  3,  34;  Paus.  Pind.  'OX.  7, 154  a)  oder  wenigstens  einige  ihrer 
9,  39,  11;  mehr  bei  Rohde,  Psyche  1,  120,  2);  Riten  begangen;  zum  Gedächtnis  der  Schlacht 
dieses  kann  auch  ohne  die  Annahme  besonderer  bei  Leuktra,  in  die  das  Orakel  des  Tr.  ein- 
Veranstaltungen aus  den  erwähnten  Geräuschen,  gegriffen  haben  sollte  (s.  o.)  und  die  über- 
jenes  aus  den  Schlangen  erklärt  werden,  deren  haupt   zu   einer  Hebung   des    Heiligtums    von 


1273                   Trophonios  Trophonios                   1274 

Lebadeia,  u.  a.  auch  zur  Weihung  der  Statue  der  phthiotischen  Stadt  dieses   Namens   auch 
dcH  Praxiteles  (s.  o.;  Overbeck,  Kufiatwyth.  2,  1^  eine   gleichnamige   boiotische   gab,    und   dies 
S.  224f.)    geführt    zu    haben    scheint,    wurden  ist  leicht  möglich;    doch   erklärt  sich  Budeia 
später  in  Lebadeia   nicht  von   der  Stadt,  son-  als  Großmutter  des  Tr.  auch  aus  dessen  nach- 
dem vom  boiotischen  Bunde  {Dittenberger  zu  träglicher  Aufnahme  in  die  thessalischenStamm- 
IG.  7,  3078;    vgl.  zu    301)1)    die    Basileia    ge-  bäume, 
feiert,  die  vielleicht  die  Tropbon(e)ia  ersetzten  p    , 
(vgl.  u.  §  14).   Einer  lebenslänglichen  Triesterin  feloponnes. 
der   Athena    'Ircavia    xai   rov    xoivov    ^ax^av  §  10.   Nicht   bezeugt,    aber   aus    dem   Ver- 
^Q-i'Ovs  xai   Tf^ff  'O^ovoia?  xGiv  'EXXrjvaiv  naQO.  lo  breitungsgebiet  der  Sage  vielleicht  zu  erschlie- 
Tc5   Tgocpcavia  wird  die  (»rabschrift  IG  7.  3426  ßen  sind  Tr.  und  besonders  Agamedes  für  ein 
gesetzt.  —  In  der  Sage  wie  im  Kultus  von  Le-  früh  verschollenes,  aber  im  8.  Jahrb.  hochbe- 
badeiii  tritt  Tr.  stark  vor  seinem  Bruder  her-  deutendes  Heiligtum  am  oberen  Asopos,  das 


vor.    Jene  läßt  ihn   erst  nach   dessen   Tod   in  wahrscheinlich   Ephyra  {Strab.  8,  3,  5,  S. 

Boiotien  einwandern,   im   Kult  hat  sich    eine  hieß  und  u.  a.  den  Helios  verehrte.    Zwar  ha- 

Erinnerung  au  Agamedes  nur  darin  erhalten,  ben  Sikyon  und  Korinth,  die  sich  früh  die  Über- 

daß  er  bei  dem  letzten,  für  die  Zulassung  zur  lieferungen  dieses  Heiligtums  anmaßten,  keinen 

Befragung     allerdings     entscheidenden     Opfer  von  beiden  in  ihre  Sagen  eingeführt,  aber  Aga- 

angerufen  wird  (s.  o.).    Die  Weissagung  selbst  medes  wurzelt  fest  in  einer  zweiten,  von  jenem 
wird  nur  von  Tr.  erteilt,  nach  ihm  heißen  auch  20  alten   Sonnendienst   am  Asopos   abgezweigten 

die  Spiele  Trophon(e)ia  und  die  Trophoniadai  Kultstätte,  dem  elischen  Ephyra  (§  12),  und  daß 

(oder  Trophoniades?,   vielleicht  die  Nymphen  er  nicht  erst  hier  eingeführt  wurde,  ist  daraus 

der  Herkyna,  Lethe  und  Mnemosyne),  die  Flut  zu  schließen,   daß   die  Sage  sich  nach  Hyria 

fac.  in  orbe  Inn.  30   als   dämonische  Wesen  in  und  Stymphalos  von  dem  elischen  Heiligtum 

Lebadeia  nennt.  aus  nicht  so  leicht  verbreiten  konnte  als  von 

Phokis.  Aevß.  erschlossenen  Ephyra  südlich  von  Sikyon, 

,,.       ,  .             ^  -       „      ,        ,    ,    ,  •  das  Stymphalos  nahe  lag  und  frühe  Beziehungen 

§8.  Die  steinerne  Schwelle  des  delplii-  ^^  ,1^^  ostboiotischen  Gemeinden  und  zwar, 
sehen  Apollotempels  sollten  nach  einer  bis  ^^^  ^^^  Aiitiopesage  beweist,  gerade  zu  Hyria 
ins  ..Jahrb.  hinauf  zu  verfolgenden  Überliefe- 3^,^elt.  Aus  den  sikyonischen  Überlieferungen 
rung  Tr.  und  Agamedes  errichtet  haben  (§  3);  ^^■^^:^^^  ^^^^  vielleicht  das  rätselhafte  Beiwort 
darauf  bezieht  sich  vielleicht  die  Angabe,  die  '^yy^-^.og,  daß  Tr.  in  der  Aufschrift  über  dem 
den  Ir.  zu  einem  Ai^ofeooff  macht  (ÄcÄo?.  ^n-  '  thebanischen  Haus  Amphitryons  führt.  Die 
stoph.  v^cp.  508).  Spatere  lassen  Tr.  und  Aga-  wahrscheinlich  vorgriechische  Benennung  ist  zu 
medes  den  Tempel  errichten  (s.  o.).  In  Delphoi  ^^^  attischen  Berg  Anchesmos  und  zu  Anchises 
sind  beide  vermutlich  Sohne  Apollons  geworden,  ^^  ^^^^^  ^^^^^^  ^^^^  ^^^  gij,  .jZ.  w  296) 
doch  ist  nach  der  alteren  delphischen  über-  ^^^  -^  ^i^  g  j^^  benachbarten  Nordost- 
heferung  ihr  Vater  vielmehr  Ergmos  (iTom.  arkadiens  und  wie  Ganymedes,  Klytie,  La(o)- 
v/ii;.  2,118)  und  dieser  ist  nicht  zu  trennen  ^^^^^  ^^^  Zeuxippe  in  die  Troas  gekommen 
r^\'^^?^i?^'''^?lT^^''  Ürchomenier  den  em  ^^  ^^^  ^^^  ^^^^^  ^^  ^^^^  ^  q  64  281  (in 
thebanischer  Dichter  wahrscheinlich  in  der  ^-  p^^^  q^  38,512^  Tr.'  Bruder  Gany- 
ersten  Hälfte  des  6.  Jahrb.  durch  Herakles  be-  ^^^^68  nennt,  ist  bloß  Verwechselung;  immer- 
siegt werden  ließ.  Das  weist  darauf,  daß  Tr.  ^^^  ^^ist  der  gleich  gebildete  Name  vielleicht 
aus  dem  Gebiet  von  Orchomenos,  also  mut-  darauf  hin,  wo  die  Heimat  des  Agamedes  zu 
maßlich   eben    von  Lebadeia  her  m  die  Sage  suchen  ist 

von  Delphoi  kam,  sei  es     daß  beide  Weissa-  g  ^^    j^j,ch  Charax  bei  Schol  Aristoph.  vacp. 

gungsstatten  schon  im  7.  Jahrh.  m  treundlichem  5^8  (FHG  3,  637,  6)   herrscht  Agamedes  über 

Austauschverkehr  standen,  sei  es   daß  der  kris-  stymphalos.    Von  dort  aus  gelangten  er  und 

saiische  Adel,  der  damals  über  pelphoi  gebot,  t^.    •„  ^^^  Überlieferung  von  Mantineia,  wo 
sich  die  Überlieferung  eines  gefährlichen  Ne-  ^^  ^j^  ^^^  Poseidontempel  gebaut  haben  sollten 

benbuhlers  aneignete.  (s.  0.  §  3).    Über  die  von  Svoronos,   Gaz.  arch. 

§9  Vielleicht  von  Delphoi  aus  gelangte  13, 1888,  275  auf  ein  Tr.-Orakel  bezogene  Münze 
ir.  nach  ;-,..-.,,  ,.  von  MB.ntineiü,  b.  Vürtheim,  De  Aiacis  or.,  cultu, 
feudthessalien,  ^^^^-^  ^y5^  _  Agamedes'  Enkel  Hippothoos 
dessen  Adel  im  Anfang  des  6.  Jahrh.  an  dem  soll  von  Trapezus  aus  über  Arkadien  geboten 
heiligen  Krieg  und  der  Neuordnung  des  del-  haben  (Paus.  8,5,4;  vgl.  o.  1,  2693,  8).  Auch 
phischen  Heiligtums  teilgenommen  hatte  und  diese  Überlieferung  knüpft  wahrscheinlich  an 
lange  Zeit  mit  diesem  im  Gottesdienst  eng  eine  in  Stymphalos  entstandene  Sage,  mittel- 
verbunden blieb.  Wie  den  delphischen  Apollo-  bar  also  mutmaßlich  ebenfalls  an  die  Legende 
tempel  sollten  Tr.  und  Agamedes  auch  den  60  jenes  südlich  von  Sikyon  gelegenen  Heilig- 
pagasaiischen    errichtet    haben    (s.  o.  §  3).  tums  an. 

Tr.  wird  zum  Sohne  des  Ischys  (Valens)  und  §  12.  Eine  andere  Nachbildung  der  Legende 

der  Koronis,  also  zum  Halbbruder  des  thessa-  von  Ephyra  bei  Sikyon  treffen  wir  an  im  eli- 

lischen  Asklepios  gemacht  (s.  0.  §  1).    In  der  sehen  Ephyra,  das  ebenso  wie  das  sikyonische 

thessalischen  Stadt  Budeion  erhielt  vielleicht  an  einem  Flusse  Seileeis  lag.    Hier  war  nach 

Tr.'  Vater  Erginos  die  Stadteponyme  zur  Mut-  einer  wahrscheinlich  schon  im  Altertum  richtig 

ter  (o.  1,832,19).    Zwar  haben  schon  die  alten  aufgestellten,   durch  0.  Müller,  Orchom.  266  f. 

Ausleger  von  II.  11  572  vermutet,  daß  es  außer  erneuerten  Vermutung  Augeias   zu   Haus,   mit 


1275  Trophonios  Trophonios  1276 

dem  Tr.  und  Agamedes  eng  verknüpft  sind.  an  die  Überlieferung  einer  Hungersnot  anknüp- 
Sie  bauen  ihm  das  Schatzhaus  (s.  o.  §  8).  Epi-  fende  Zug,  daß  Tr.  selbst  verhungert  sei,  lassen 
käste,  ihre  Mutter,  heißt  Augeias'  Tochter  darauf  schließen,  daß  das  Orakel  in  Lebadeia 
(jipoWod.  2, 166),  und  es  scheint  Überlieferungen  zuerst  bei  anhaltender  Dürre  befragt  wurde. 
gegeben  zu  haben,  in  denen  sie  selbst  Söhne  Hyrieus,  dessen  Schatzhaus  Tr.  und  Agamedo» 
des  Augeias  waren  (s.o.  §  1);  Augeias'  Tochter  bauen,  ist  wahrscheinlich  die  für  den  Dialekt 
Agamede  ist  von  Agamedes  nicht  zu  trennen.  der  boiotischen  Oatküste  gesetzmäßige  Umtor 
Vgl.  über  den  Zusammenhang  des  Augeias-  mung  des  llegengeistes  (Taisvg).  Seine  'Schatz- 
geschlechtes mit  Stymphalos  Pauly-Wissowa-  kammer'  hielt  Vürtheim,  De  Aiacis  or.,  cultu, 
Kroll,  Realencycl.  Ä'upjt)/.  8, 1024.  Auch  diese  lO  ^aYria  192  f.  für  einen  Getreidespeicher;  ist 
Stammtafeln  werden  als  von  den  Sagen  des  dies  richtig,  so  wird  an  einen  natürlichen  oder 
8ik3'onischen  Ephyra  abhängig  dadurch  ge-  künstlich  hergestellten  unterirdischen  Raum  zu 
kennzeichnet,  daß  Augeias  Enkel  des  Nykteus  denken  sein,  wie  er  auch  sonst  zur  Aufbewah- 
heißt,  der  von  dem  gleichnamigen  in  die  ai-  rung  der  Feldfrüchte  benutzt  wurde  und  eine 
kyonische  Sage  verflochtenen  Thebaner  nicht  gewisse  Bedeutung  sowohl  im  Kult  wie  im 
zu  trennen  ist;  s.  o.  3,  498,  12 tt".  Mythos  hatte  (vgl.  z.  B.  Wardc  Foicler,  Journ. 

Zweifelhaft  ist  Tr.  für  das  epirotische  Ar-  Rom.  Stud.  2,  1912,  25  tf.;    A.  Hooton,    Rev. 

gos;    er  beruht  nur  auf  der   Vermutung  von  d'ethnnl.  et  de  soc.  4,  1913,  2451.  —  Ist  der  Kult 

Düker  tu  Ampel.  8,  8  ibi  lovis  templum   Tro-  wie  so  viele  Geburtstagsfeiern  in  der  Höhle  aus 

phonii  (überliefert  hyphonis)  unde  est  ad  in-  20  einem  alten  Regenzauber  entstanden,  so  begreift 

feros  descetisus  ad  tolletidas  Sorten:  in  quo  loco  sich,  daß  der  neben  Demeter  Europa  stehende 

dicuntur  ii  qui  descenderunt,  lovetn  ipsum  vi-  Gott  auch   als  Zeus  'Thiog  {Paus.  9,  39,  4)  ge- 

dere.    Hat  Ampelitts  das  wirklich  geschrieben  deutet  werden  konnte.    Alles  dies  würde  vor- 

und  ist  er  einer  guten  Überlieferung  gefolgt,  treif  lieh  zusammen  passen,  aber  wahrscheinlich 

80  haben  die  Weissagungsstiitte  wahrscheinlich  ist  vielmehr  von  der  Form  *zQ£(p(i)v  (*Tp«qpa>v7j) 

Korinther  gestiftet,  für  deren  nicht  bezeugten,  auszugehen,  nicht  allein  weil  die  Form  mit  s 

aber  zu   vermutenden  Tr.-Dienat  das  Zeugnis  im  Namen  des  Heros  auf  den  Inschriften  häu- 

wertvoll  sein  würde.  figer  überliefert  ist  als  die  mit  0,  sondern  auch 

n        1.-I.XJ       m        1        •  ^^^^  ^^^  ^®™  ^  ^^^  folgenden  Silbe  s  leichter 

Zur  Oreschichte  der  Trophoniossage.     jo  ^u  0  werden   konnte  als  umgekehrt.    Der  Zu^ 

§  13.  Tr.'  Name  ist  hergeleitet  von  einem  sammenhang  mit  rg^cpco  ist  dann  nur  bei  der 
Substantiv  Tgoqxov  (rpegxar)  oder  xQotpmvT]  {xqe-  Annahme  aufrecht  zu  erhalten,  daß  entweder 
qpcovij).  Tgotpatv  könnte  zu  den  zahlreichen  neben  rpoqpög  einst  ein  verschollenes  *TQS(pcc 
Platznamen  auf  -dav  gehören  und  'Stätte  der  (gebildet  wie  Asvxod-^cc,  kvdgoii^Sa  usw.)  stand, 
Ammen'  bedeuten;  man  würde  an  Ernährung  oder  daß  überhaupt  eine  unregelmäßige  Bil- 
eines  göttlichen  Kindes  denken  und  annehmen,  düng  vorliegt.  Da  es  sich  um  einen  Kult  han- 
daß  dieses  in  der  Höhle  wie  Zeus  in  der  Ida-  delt,  der  wenigstens  seinem  Typus  nach  in 
grotte  durch  Honig  ernährt  sei.  Dazu  stimmt,  die  vorgriechische  Zeit  zurückgeht,  ist  auch 
daß  die  Höhle  in  Lebadeia  durch  Bienen  ent-  die  Möglichkeit  ins  Auge  zu  fassen,  daß  die 
deckt  sein  soll.  Es  werden  auch  Tgocpcoviädsg  io  Griechen  einen  barbarischen  Namen  halbwegs 
oder  TgotpcovidSai.  (s.o.  Sp.l270)  erwähnt;  das  ihrer  Sprache  angepaßt  haben. 
sind  doch  wohl  göttliche  oder  halbgöttliche  §  14.  Den  vorgriechiscben  Gott,  dessen  Ge- 
Gegenbilder  der  irdischen  Frauen,  die  am  Fest-  burt  in  der  Höhle  und  dessen  Ernährung  durch 
tag  das  vermeintlich  geborene  Götterkind  oder  Honig  gefeiert  wurde,  haben  die  Hellenen,  die 
sein  Symbol  ernähren.  Als  Amme  des  Tr.  ist  ihn  übernahmen,  in  Kreta  'Himmel',  Zsvg 
Demeter  Europa  überliefert,  deren  Kult  Her-  genannt.  Zeus  heißt  auch  Trophonios  (Strab. 
kyna  eingerichtet  haben  soll  (0.  §  3)  und  in  9,  2,  38,  S.  414;  Liv.  45,  27,  8;  lul.  Obsequ. 
der  die  Göttin  in  der  'finsteren'  Erdschlucht,  prod.  c.  110  =  60,  S.  169,2  Roßb.;  Phot.  und 
der  Geburtsstätte  des  göttlichen  Kindes,  zu  Hesych.  Aeßädsioc-,  IG.  7,  3077,  3;  .;090;  3098), 
vermuten  ist.  Vielleicht  hat  Europa  wie  in  50  daher  hielten  GöttUng,  Narratio  de  Trophonii 
Kreta  die  vorgriechische  Hellotis,  so  hier  die  ornculo,  Jena  1843,  Preller  in  Paulys  Real- 
Herkyn(n)a  (vgl.  zur  Endung  Diktyna,  Gorty-  encyclop.  u.  a.  den  Tr.  für  einen  Zeus  v.axccx^6- 
n[a])  ersetzt.  Diese  heißt  wie  ein  Bach  bei  wog,  und  ähnlich  urteilte  noch  in  neuerer  Zeit 
Lebadeia;  ihr  Name  wird  auch  der  Demeter  Rohde,  Psyche  1,126  u.  207,  der  ihn  für  einen 
beigelegt  {Lykophr.  153),  und  wahrscheinlich  alten  Erdgott  hielt.  Andere  glaubten  wenig- 
fOhrte  ihn  einst  auch  Tr.'  Amme  oder  eine  stens  an  eine  nachträgliche  Ausgleichung  des 
seiner  Ammen.  Auch  Zeus  wird  in  der  arka-  Zeus  und  Tr.  Boeckh  zu  CIG  1,  704  setzt  die 
dischen  Sage  durch  Quellnymphen  auferzogen  Basileia  den  Trophonia  gleich,  und  in  neuerer 
(0.  3,  75,  6lflF.),  von  denen  mindestens  eine,  Zeit  wird  von  verschiedenen  Gelehrten  (z.B. 
Hagno  (o.  1, 1815),  für  den  Regenzauber  wich-  GO  von  Nilsson,  Griech.  Feste  34)  die  Ansicht  ver- 
tig  war;  die  Nymphen  der  Quellen,  in  denen  fochten,  daß  Zeus  BaovXtvg,  dessen  Kult  Epa- 
das  Abbild  des  Gottes  gebadet  wurde,  werden  meinondas  nach  der  Schlacht  bei  Leuktra  ein- 
als  seine  Pflegerinnen  bezeichnet  sein.  Auch  geführt  habe,  allmählich  an  die  Stelle  des  Tr. 
die  Ernährung  des  Kindes  durch  Honig  in  der  getreten  und  mit  diesem  verschmolzen  sei.  In- 
Höhle paßt  für  einen  Regenzauber;  die  Bienen  dessen  erscheinen  beide  nebeneinander  in  Frei- 
sollen bei  großer  Dürre  die  Höhle  gezeigt  ha-  lassungsurkunden  {IG.  7,  3080 if.),  und  nie  wir« 
ben  {PaiLS.  9,  40, 1).  Dies  wie  vielleicht  auch  Zeus  zugleich  Tgocpmviog  und  Bccadsvg  genanni 
der  freilich  gnaz  umgemodelte,  aber  doch  wohl  daher  sind   beide  wahrscheinlich   zu   trennei 


1277  Trophonios  Trophos  1278 

und  die  Gleicheetzung  des  Tr.  und  Zeus  (T^Ttog?  stellte  nach  Paus.  9,  39, 3  Tr,  und  Herkyna  dar. 

§  13)  erfolgte  wegen  der  Ähnlichkeit  des  Kul-  Das  Krähen   d(3r  Hähne  von  Lebadeia  vor  der 

tu8.    Bei  der  verhältnismäßigen  Seltenheit  äl-  Schlacht    bei     Leuktra    (Cic.  divin.    1,34,74) 

terer  Zeugnisse  für  das  Orakel  in  Lebadeia  kann  wurde  nach  Göttling,  Narratio  de  Troph.  orac. 

das  lange  vor  Epameinondas  geschehen  sein.  ö   deshalb   als   ein    für   die  Boioter   günstiges 

§  15.  Schon  in  vorgriechischer  Zeit  hatte  Zeichen  gefaßt,  weil  dieser  dem  Asklepios  ge- 
aber  der  Kult  in  Lebadeia  wahrscheinlich  eine  weihte  Vogel  auch  als  dem  Tr.  heilig  galt, 
andere  Umgestaltung  durchgemacht,  die  zwar  Wahrscheinlich  als  Heildaimon  ist  auch  Aga- 
diese  Entwicklung  nicht  ausschloß,  aber  doch  medes  neben  Tr.  oder  dieser  neben  jenen  ge- 
einem  andern  Ziele  zustrebte.  Auch  die  Orakel-  lo  treten.  Zwar  ist  Agamedes'  Gabe,  in  Krank- 
höhle des  Tr.  hatte  sich  dem  Eindringen  chtho-  heiten  zu  helfen,  neben  seiner  Kunst  als  Bau- 
nischer  Vorstellungen  nicht  widersetzt,  das  in  meister  früh  vergessen  worden,  aber  er,  der  in 
den  letzten  Jahrhunderten  der  ägäischen  Kul-  die  Augeiassage  und  zwar  in  einer  ihrer  Fas- 
tur  für  so  viele  Heiligtümer  zu  erschließen  ist.  sungen  wahrscheinlich  als  Sohn  des  elischen 
Die  Höhle  wurde  als  ein  Eingang  in  die  Unter-  Königs  verwoben  ist,  kann  nicht  von  dessen 
weit  und  der  weissagende  Geist  als  ein  ver-  Tochter,  r)  toöu  (pccgiia-na  jjäri,  oaa  rgicpsi  S'ögtlcc 
storbener  Prophet  (§  4)  gefaßt,  der  drunten  ;g'9'o)v,  und  von  der  Zauberin  Medeia,  der  Gat- 
bei  Bewußtsein  geblieben  sei,  seine  Gabe  der  tin  des  Heilers  Jason,  getrennt  werden.  —  Daß 
Zukunftskündigung  bewahrt  habe  und  durch  auch  philosophische  Fragen  an  das  Orakel  ge- 
Zauber oder  Opfer  gezwungen  oder  veranlaßt  20  richtet  wurden,  wie  nach  der  Erfindung  Plti- 
werden  könne,  sein  Wissen  den  ihn  Befragen-  tarchs  Ecoy-q.  dccL(i.  21  fF.  von  Timarchos,  mag 
den  mitzuteilen.  So  kam  der  Seelenführer  ausnahmsweise  vorgekommen  sein,  aber  die 
Hermes  in  den  Kultkreis  von  Lebadeia;  später  Annahme,  daß  sich  das  Heiligtum  grundsätz- 
ist  der  Heimes  yicctax&oviog  sogar  geradezu  lieh  mit  der  Verbreitung  solcher  Lehren  be-  . 
dem  Tr.  gleichgesetzt  worden  (s.  o.  §  1),  ur-  faßte,  wie  sie  Plut.  a.  a.  0.  ihm  zuschreibt, 
sprünglich  wurde  er  vielleicht  angerufen,  um  beruht  auf  der  irrigen  Beziehung  des  Gold- 
den  Geist  des  Sehers  heraufzuführen.  Er  war  plättchens  von  Petelia  (s.  o.  §  7)  auf  das  Tr.- 
das  mythische  Spiegelbild  der  Priester,  die  in  Orakel.     [0.  Gruppe.] 

alter  Zeit  den  Tr.  beschworen  und  sich  viel-  Trophos  {rQoq>ög)  oder  Tropheus  (rpoqpsvg), 
leicht  Hermai  nannten;  in  geschichtlicher  Zeit  30  Nährer  (Fem.  Amme),  häufiges  Beiwort  für  Göt- 
führen  diesen  Namen  die  beiden  etwa  drei-  ter  und  Göttinnen  und  auch  niedere  Gottheiten, 
zehnjährigen  Knaben,  welche  die  Besucher  der  die  als  fördernde  und  lebenspendende  Kräfte 
Höhle  badeten  und  salbten  (Paus.  9,  39,  7).  —  verehrt  und  angerufen  werden.  Neben  dem 
Bei  der  nahen  Beziehung  zwischen  den  boioti-  fem.  rgorpog  begegnet  auch  rid-7]vri,  ^'Q^msiga 
sehen  und  samothrakischen  Kulten  ist  der  u.  ä.  Die  hier  gegebene  Aufzählung  der  so  ge- 
Name des  Saon ,  der  die  Höhle  des  Tr,  ent-  nannten  Götter  erschöpft  ihre  Liste  bei  weitem 
deckt  haben  sollte  (o.  §  7),  vielleicht  neben  nicht:  Adonis,  xqo^8v  utävrcov  OH 66,$.  Adra- 
den  gleichnamigen  Sohn  des  Hermes  (o.  2,854,  steia,  xq.  des  Zeus  Apoll.  Bh.  3, 133;  Orph.  fr. 
11;  4,  335,  28)  zu  stellen.  110^.5.    Agathos  Daimon,    6   ysvviöv  tcccI  rgi- 

§  16.   Wie  so  viele  alte  Regenorakel,  z.  B.  40  cpmv   yccci    av^mv   tä    nävxcc   Pap.  Leid.  J  384 

das    dodonaiische,    wurde    das    von    Lebadeia  kol.  7,  33    o    ysvv&v    ayaO-ä    xal    xQocpcbv    xr}v 

allmählich  auch  sonst  um  die  Zukunft  befragt.  oixovy^svriv,  Pap.  Leid.  J  395  col.  17,  26.  Aion, 

Begreiflicherweise   betreffen   die   meisten    der  ysgcov  xgocpög  Nonn.  D.  38,90;    Aldtvcc  xQsqxov 

überlieferten   Weissagungen  öffentliche  Ange-  Pap.  Leid.  /  384   col.  7,  35.     Antolie,  xL&rivq- 

legenheiten,  aber  im  ganzen  werden  sich  auch  xsiga  Ttvgog  Joh.  Gaz.  descr.  2,241.     Aphrodite, 

hier  besonders  Kranke  an  den  Gott  oder  He-  xLd"^vri    der    Eroten    Colluth.  100,    xi^rivrjxsigoc 

ros  gewendet  haben.    Das  Bild  einer  Jungfrau  avägoiisrig  ysvtd-Xrig  Nonn.  D.  24,  324.     Chro- 

mit  einer  Gans,    aus  dem   die  Sage  von  einer  nos,  nävxa  xgscpayv  Moschion  fr.  6, 18  JV*.    De- 

der    Köre    weggeflogenen    nnd    von    ihr    unter  meter,   d-gsnxBiga   TtgoTidvxoav  OH  4:0,7.     Dy- 

einem     Stein    hervorgeholten    Gans    entstand  50  sis,  d-gsTtxsiga  Ilsl-^vrig  Nonn.  41, 284.    Eris,  xi- 

{Paus.  9,39,2),  wird  wie  der  Knabe  mit  der  Q-rivr]   noUiLoio  Nonn.  D.  20,35.     Ge,  (piXxdxri 

Gans  eine  Heilgottheit  dargestellt  haben;  vgl.  rgocpog  Aisch.  Cho.  16;   vgl.  19, 128 f.  {Dieterich, 

Svoronos,  Ath.  Nationalmus.  1,  302,  ''Eqp.  jigx.  Mutter  Erde^  39),     ndvxav  Eur.  Phoen.  686; 

1910,  59  ff.    Zwar  geht  0.  Müller,  Min.^  196  zu  (filr\  »ginxsiga  Opp.  Hai.  5,336;  xg.  -accI  XLd-rjvr] 

weit,  wenn   er   meint,   über  die  ursprüngliche  xcbv  smysioav   Poimandr.  11,7.     Götter,  nccorig^ 

Gleichheit  des  Asklepios  der  Phlegyer  und  des  yBvvrig  xgocpoi  Pap.  Leid.  /384,  col.  7,15.     He- 

Tr.  der  Minyer  könne  nicht  der  leiseste  Zweifel  Hos,  xgecpcov  x^ovög  cpvoiv  Aesch.  Ag.  611;  xgo- 

ob walten;  aber  eine  gewisse  Ausgleichung  hat  rpsvg  rfig  rjiisgccg  Man.  Phil.  Vut.  33,5.    Helio- 

zwischen  beiden  in  der  Tat  stattgefunden.    Tr.  tis,  rjUtoxidog  xgocpov  Groß.  Par.  Zaub.  Pap.  2263 

wurde  Halbbruder  des  thessalischen  Asklepios,  60  Heosphoros,  rgocpavg  Phil,  de  plant.  134.     He- 

Sohn   des   Ischys   und    der  Koronis,  und   eine  phaistos,  xgscpav  ndvxcc  Tzetz.  all.  Hom.  A  S6S. 

Schlange  galt  wie  in  den  Asklepioskultstätten  Hera,  avsnaiv  xgoq)6g  OH  16,4;    Isgi]  xtd'rivri 

wahrscheinlich    als   Verkünderin    der    Heilung  Xaglxcov  Colluth.  88.     Hermes,  <6]>  avvccy^coyv 

{Schol.  Aristoph.  vs(p.  Ö08).    Dem  Asklepios  ahn-  (Beitzenst.  Poim.  20,  -ayov  P)  xdg  xgocpug  xav 

lieh  hatte  Praxiteles   den  Tr.  gebildet  (Paus.  d's&v   yiccl   avd-Qdonoiv    Pap.  Brit.  Mus.  122,  3 

9,  39,  4),  und  die  Gruppe  in  der  Herkynahöhle,  („Üblicher  Preis  des  Thoth  [s.  d.]"  Beitz.)  dog  ^oi 

die    man    wegen    der    schlangenumwundenen  xgocpriv  ebda  4i.    Hippa,  Bdv,xov  xg.  0H4i),l. 

Stäbe  für  Asklepios  und  Hygieia  halten  konnte,  Hören,  ccs^ngocpoiaiv  iv  (ogccig  OH  61,17.    Isis 


1279                          Tros  Tryphera                      1280 

als  TQ0<p6s  des  Uoros,  s.  Boll,  Offenbarung  Jo-  chthonios.    Diod.  Sic.  4,  76,  8  uennt  wie  Homer 

Äa«nw(5<o»cÄ.  1, 1014),  109  f.  Kureten,  ^»6ff  rpo-  den  Vater  und   die   Söhne.    Nach  Apd.  nennt 

tpfts  Strab.  472, 19;  xQotpdsg  xs  xal  avr*  dXsrfj-  Tros   sein   Land  Troia,   nach  Diod.  sein  Volk 

QfS  OH  SSylA.    Leukothea,  ^p^Ttretpa  des  Die-  Troes.  Yg\.  &\ich  Pausim.b,2i,b;  (^uint.Smifrn. 

nysos  O-H'74,  2.     Magna  Mater,  »vrirotai  vqo-  2,142;    Tzetz.  Lyk.  1232;   üvid.  fast.  4,33.':U; 

(fäg  itaQ^iovea  OH%7^6.     Musen,  »gintfigat  Serv.  Aen.  1,28.  3,108;  6,252;   Serv.  Georg.  8, 

^vxöbv   OÄ  76,  6.     Nike,  rgotpos  des   Siegers,  86;  Script,  rer.  myüi.  1,136.  2,192. 

u4.  Pi.  6,  672,  389.     Nymphen,  Bdxxoto  rpoqpot  Anders  D/on.  iTa/iA-.  1,  62:  ^Rqix^ovIov  St 

OH  61,  8;    xoXv^qi^^ovhi    aviixQÖtpoi   xs    12.  xorl  KctlUQQ6ri<s  t^^S  Zv.cc\LdvSQOv  yivfxut  Tgchs, 

Peitho,   ti^vi^siga  'EQmxcav   Nonn.  D.  8,  112.  lO  a(p*  ov  xt}v  iniovv[iicxv  xb  J^^vog  1%^.    Tgabg  8^ 

Pbysis,  Tidvrtop  xq.  ijäh  xi&'qvj]  OH  10, 18;  aar-  xal  kxaXXaeidog   x^g  Evpi^dovg  kaadganog   ^r. 

xQOcpos  xovgrj  12;  av^tXQOtpog  17.     Rhea,    Bqo-  Dikt.  Cret.  2,22:  .  .  .  Erichthonium ,   eins  Tros, 

niov  XQ.  Nonn.  9,  222.     Sarapis,  ^liyioxog^  rpo-  dein  ex  eo  llus  Ganymedes  et  Cleomestra,  ex 

tfsvg  Pap.  Leid.  J885,  kol.  14,42.  Silen,  xQo<p6g^  Cleomestra  Assaracus. 

fiax^oto  rt^Tjytf;  0/f  64,1.   Thn&i,  xgofpol  kndX-  Bateia    Tochter    des    Tros    (oder   Teukros) 

Xtovog^  Philoch.  bei  Zenobios  6,76;  8,  ob.  Sp.  870,  Steph.  Byz.  unter  ^dg^ccvog. 

66.     Thyone,  xQ0<p6g  des  Bakchos  Panyass.fr.  2)  Sohn    des   Alastor,    ein   Trojaner,   von 

6  Kink.     Tote:  d%6  xav  &no^av6vxfov  al  xgo-  Achilleus  erlegt  Jl.  20,463.     [Türk.] 

tpal  xal  ai^i^ösig  %ccl  cxigpLoxa  yiyvovxai  Hip-  Trösiel  (TgtoaiiX),  guter  Dämon  {ayysXog)  der 

pocr.deinsomn.p.lAKühn.    Zahlreich  sind  die  20  vierten   Mittwochstunde,  entgegengesetzt  dem 

mit  -xg6q)og  gebildeten  Komposita,  die  zur  Be-  daiftcov  MiSajytrjx.  Hygrom.  Salom.  cmgr  70,  Cat 

Zeichnung  der  besonderen  Pfleggebiete  gewis-  cod.  astr.  gr.  8,2,161.     [Preisendanz.J 

ser  Gottheiten  als  Epitheta  verwendet  werden,  Truisie  (truisie)    ist    der   etruskische  Name 

wie  die  Zusammensetzungen :  av^ixgocpog  Physis,  eines,  wie  ich  glaube,  göttlichen  Jünglings  auf 

Ofi^lO,  17;  Nymphen,  OH  bl, 12.   ßiod-giTixsiga  einem  Spiegel  von  Vulci.    Bezüglich  der  Lite- 

Magna  Mater,  Olf  27, 13.    ßo9gvoxg6q)()g  Diony-  ratur,    der   Darstellung   und  der   Deutung   ist 

BOByOHS0,6.  yrigoxgocpogElYiis,  Pind.fr. 21iBgk.  s.v.  talitha  nachzusehen.     [C.  Pauli.] 

I^eioxgoqiog  ijXiog.,  ApoUon  Thymbraios  von  Köre  Trygie  {Tgvyirf)  gehört  zum  asiatischen  bak- 

so  genannt.  Meliteniotes  1682;  Notices  et  Eoctr.  chischen  Gefolge  des  Dionysos,  das  iVo»m.  Bion. 
1,  2,  80.     Helios,  6  ^iyag  yiyag  rj.  6  s-  Xv%vog  so  14, 203 ff.  namentlich  aufzählt.   Trygie  vird  als 

Constant.  Man.Chron.{CSHByz.\%)lQ^.  d^r^go-  letzte  genannt,  nvndtr]  xsxögvaxo:   sie  ist  alt, 

xgotpog  Tethys,  Oif22, 6.     xapTroTpöqpot  Nephe-  (piXomisidi^g,  ysgaii^j  oivoßagijg.    Im  Kampf  ist 

lai,  0Ä^21, 1;  Ombroi,  0^21,7,82,7.    xovgo-  sie  auch  die  letzte,  Nonn.  29,  243 ff.,  als  ßagv- 

xgöfpog:  s.  ob.  Bd.  2,  1,1628^33.    natdoxgdtpog:  yovog  und    furchtsam.     Kein   Silen   bleibt  ihr 

8.  ob.  Bd.  8, 1, 1263.    navxgotfog,  Ge,  OH  26,2;  zur  Seite;  Maron,  den  sie  um  Hilfe  bittet,  läßt 

Isis  {dg  riv  y-uxtaxiöQ-ri  Ttäv  yivog  dvögcbv)  Top-  sie  im  Stich  (orrt  x^Q^^S  dvexonts .  .  .  KoQvßdv- 

ferorakel,  Ende  2.  Jhdt.  v.  Chr.,  s.  Beitzenstein,  xoav  xal  Zarvgav)  und  wünscht  ihr  den  Tod 

Poim.  188,  5.  noXv^gi^^ovsg  Nymphen,  OH  61,  in  der  Schlacht.     Sprechender  Name,  xgvyir} — 

12.    6xaxvoxg6(pog  Demeter,  OH  40,  3.   (piXotgo-  rgv^.     [Preisendanz.J 

tpog  Prothyraia,  0H2,b.    vaxiv^oTgocpog  Arte-  4u  Trygon  (Tgvymv),  Amme  des  Asklepios,  im 

mis  (Knidos),  Cöllitz  Dial.  Insehr.  3502  (Famell  arkadischen  Thelpusa  begraben.  Paus.  8, 25, 11 ; 

Cults  2,660,13).     ilyvxoTgocpoL  Kureten,  01^38,  vgl.  Frazer,  Paus.  4,293;  Pfister,  Beliquienkult 

22  (8.  ob.  Bd.  2, 1,1622,  60).     wgoxg6q>og  Helios  (ijl^r  FF  5,  2),  455.  457   [wo  für  'Heraia'  Thel- 

OH  S.  10;  Kureten  38,25.    Auch  sie  lassen  sich  pusa,  für  'Dionysos'  Asklepios  zu  schreiben  ist]. 

noch  wesentlich  vermehren.    Umgekehrt  heißt  In  der  Sage  war  Tr.  die  Turteltaube  (xgvycov), 

dann  später  Trophos  oder  Tropheus   auch  der  die  Asklepios   ernährte:   „aus   der  Taube  war 

Wohltäter  eines  Heiligtums  wie  der  Or.  gr.  inscr.  ein  Frauenzimmer  namens  Taube  gemacht;  d.  h. 

sei.  ed.  Dittenb.  bSlyb  genannte  rgocpsvg  [Sc]gvv-  selbst   der  Kultus   hatte   sich    dem    plattesten 

xptroff  des  Zeus  Bonitenos(s.  7)t<tcw6er5rers  Anm.  Rationalismus  ergeben",  v.  Wilamoivitz,  Isyllos 
6)  215  n.  Chr.,  die  Stadt  Ephesos  als  rgotpog  x'qg  :>o  von  Epidauros  (Philol.  Unters.  9,  1886)  87.  — 

Idiag  &sov   xf^g  'E(p£aiag  bei   Dittenb.  Syll.^  2  Gruppe,  Gr.  Myth.  1446,6  läßt  die  Taube  des 

nr.  867,  43  Jahr  160  n.  Chr.),  die  Stadt  Milet  als  Asklepios  aus  der  Legende  von  der  Ernährung 

xg.  xov  Jiövniov  'AnoXXoavog  ebda  906  A  5  (Jahr  des  Zeus  durch  Tauben  in  den  Asklepioskreis 

361/3).     Sonst  Ehrentitel:  xgocpsvg  xov  ßaciXiag  herüberkommen  (vgl.  ob.  Bd.  1,624)  und  wider- 

Dt«.  Or.  ^.  t.  s.  148  Anm.  4;  256Anm.l.  Städte  spricht  Fick,  Bezz.  Beitr.  26  [1901],  321,  der 

und  Orte  als  Trophoi  von  Göttern,  wie  Kypros  meinte,   die  Taube  sei  ursprünglich  Nahrung 

xg.  von  Aphrodite,   OJFZ^  55,24;    Pallenia  yrjye-  der  Asklepiosschlange  gewesen  und  sei  so  aus 

vöav  (yLydvxcav)  xg.  Lyk.  AI.  I)i7  •  Sardes  rp.  des  der   rpoqpTJ    die   rgocpog   geworden.     Jedenfalls 

Bakchos  A.  P.  9,  646,  4;  u.a.m.    [Preisendanz.J  war  Trygon   dem   Pausanias  als  Name  über- 

Tros  {Tgmg\  1)  Sohn  des  Erichthonios  und  60  kommen;  s.  Thraemer,  Bealenc.  2,1648.     [Svo- 

der  Astyoche,  der  Tochter  des  Simoeis;  Enkel  ronos-Barth,  Athener  Nationalmuseum  1,311  f. 

desDardanos.    Von  Kallirrhoe,  der  Tochter  des  habe  ich  nicht  eingesehen]     [Preisendanz.J 

Skamandros,   hat   er  eine  Tochter  Kleopatra  Tryphe  (Tgvcprf),  Personifikation  des  Wohl- 

und  drei  Söhne,  Ilos,  Assarakos,  Ganymedes.  lebens,  Arist.  Eccles.  974.    Lu^.  Bis  accus.  23. 

So  Apd.  3,12,2;   desgl.  Konon  12  bis  auf  die  Teles  bei  Stob.  Flor.  91,  33  {Meinecke  '6,  178. 

Erwähnung  der  Astyoche.    Bei  Hom.  B.  20,  230  16).  v.  Wilamowitz,  Antigonos  v.  Karystos  293  f. 

ist  Erichthonios  als  Vater  und  die  drei  Söhne  [Höfer.] 

genannt;  2?.  20,  219  Dardanos  Vater  des  Eri-  Tryphera  {Tgv(p£gd  [tgvtpaiga  Pap.]),   Bei- 


1281                        Tsami  Tummaestiae                   1282 

name  der  Göttin  des  Arktosge^tirns  im  Lond.  Weihnnj^:    Tullino.     Der   Fundort  gehört  zum 

Zauherpap.  121,698  (764  Wcss.):  'lio  ^loXm],  qpv-  Gebiet  der  Trumpilini  oder  Tiumplini,   deren 

>lax7j,  nQÖOxojtB,  XaQig,  xq.  Tcgöaxccxig  %xX.  Name  fortlobt  in  der  lieutigen  Henennung  des 

[IVeifleodanz.]  Alpentales    des    obersten    Mella -Flusses    'Val 

Tsami  (tsami)  las  Gerhard  die  Beischrift  zu  Trompia'  {Mommsen,  ('IL  6, 1,  S.  515).  Holder, 

der   Person    eines    GötterjünglingH    auf   einem  Altcelt.  Sprachschatz  '2,  8p.  1982  vermengt  den 

Rronzespiegel.  Näheres  darüber  8.  unter  tinO-nn.  Namen    des   Gottes    mit   Töpfernamen,    insbe- 

[C.  Pauli.]  sondere    mit    dem  Kunsttöpfer  lullinus   {CIL 

Tiibantöni  {xovßavxcovt) ,  mystischer   Name,  13,  ;{,  2  iir.  lOOll,  216,    vgl.  75',  auch  CIL  7, 

der   die    Heihc   von    voces   niagicae    beschließt  lo  nr.  1H37,  60,  nicht  I'uUinus',  vgl.  außerdem  CIL 

auf  einer  Bleiplatte  'zur  Unterwerfung'  {v7to-  13,3,1  nr.  10010,1083).     Der   Name  Tullinus 

Taxrtxdv),    Griech.    Zaubvrpnpyrus    lirit.    Mus.  ist  wohl  keltisch,  vgl.  die  von  i/oWcr  a.  a.  0.  2, 

121,  935  (1003  Wess.):  Tovß.  ^dxtxs  xi]v  ogy-qv  Sp.  1982  —  1984  aufgeführten  Namen  Tüll-  und 

xov  Selvoc  v.cc\  nccvrav  t6v  ^v^bv  -nal  rag  yXötö-  ebd.  Sp.  47 :  -ino-  {-inus,  -ina,  -inum).     [Keune.J 

öag,  iva  \Lr]  Svvri^watv   XaXslv  reo   dstva.     Zum  TiilLoniuS;  wohl  keltischer  Name  eines  ört- 

^anmn  vgl.  Groß.  Par.  Zaiiberpap.  2Si^  ävd'oavu.  liehen   Gottes  im   nördlichen  Hispanien,    zwi- 

[Preisendanz.]  sehen  Oberlauf  des   Ebro  und  Meerbusen  von 

Tuchiilcha  i^tu;^ul;ga)  ist  der  etruskische  Name  Biscaya,  nach  der  1799  gefundenen,  nicht  mehr 

»iner    Furie    in    einem    Wandgemälde    in    der  erhaltenen  Weihinschrilt  CIL  2,  2939:   S(em- 

Tomba  delV   Orco   zu  Corneto.     Die  Literatur  20  pronius)    Sever(us)     Tullonio    v(otum)    s(olvit) 

und  die  Beschreibung  der  dargestellten  tSzene  l(ibens)  m(erito).    Wohl  ist  eine  Ortschaft  Tul- 

habe    ich    unter  'd'ese  gegeben.     Die    tu;fulj;a  lonium  für  diese  Gegend   bezeugt  durch  Itin. 

steht  zwischen  Theseus  und  Peirithoos,  ist  ge-  Ant.  Aug.  456,  1    an    der    römischen    Straße, 

flügelt  und  mit  einem  Vogelschnabel  versehen;  welche  nach  den  westlichen  Pyrenäen  und  über 

sie   hat    gesträubtes    Schlangcnhaar  und    hält  diese    nach    Aquitania   führte   {CIL  2  p.  650), 

mit  der  linken  Hand  auch  eine  Schlange  über  vgl.  auch   Ptolein.  2,  6,  65  {TovXXoviov  im  Ge- 

das   Haupt  des  Theseus.     Für  Erklärung  des  biet  der  Varduli)  mit  Anmkg.  von  C.  Müller, 

Namens  fehlt  es  an  jeglichem  Anhalt.  Ausg.  I  1  p.  189,  s.  Kiepert,  Form.  Orb.  Antiq. 

[C.  Pauli.J  XXVII  Bh,  aber  eine  Heimatangabe  liegt  hier 

Tnddeden  (Tovddsd'^v),  böser  Dämon  der  19.  30  ebensowenig  vor,  wie  z.  B.   in   CIL  13,  3490 

Dienstagstunde,  dem  der  gute  Eng^l 'OnccdovriX  (Altar):  T.  Messius  Samarobriva,  s.  Hirschfeld 

entspricht.    Cat  cod.  astr.  gr.  8,  2,  151.  zur  Inschrift.    Vielmehr  haben  wir  den  gleich- 

[Preisendanz  ]  lautenden    Namen    des    Schutzgottes   der  Ort- 

Tueraeus,  lusitanischer  Gott:  Leo  Tueraeo  schaft  festzustellen,  vergleichbar  den  örtlichen 

volenti  Arcius  Epeici  Bracarus  s(acrum)  f(ecit),  Schutzgeistern    und    Heilquellen  Bedaius,   Ce- 

A.  Beinach,  Bev.  epigr.  N.  S.  1,  1913,  393.  menelus,  Luxovius,    Vintius,  Nemausus,  Axi- 

[Höfer.]  mus,   Vasio,  Arausio,   Vienna  usw.,  wohl  auch 

Tuhor,  Dämonenname,  s.  u.  Turamnei.  Ivau(nu^)  CIL  13,  1368,   und  haben  die  Ort- 

Tiiid  s.  u.  Tutimar.     |  Preisendanz.]  schaft  TuUonium  in   der  Nähe  des  Fundortes 

Tuldöraph  {TovXdoagdcp) ,  einer  der  Namen,  40  der  Inschrift,  bei  Alegria  {CIL  2,  SuppL,  Tab. 

bei  denen  Helios   beschworen  wird.    Hygrom.  II  Cn    mit    Nebenkarte    ebd.    My)    zu    suchen, 

Salom.  cmgr  70,  Cat.  cod.  astr.  gr.  8,  2, 156,  vgl.  Hübner  CIL  2  p,  397,  unten,  Col.  II.  Hüb- 

[  Preisendanz.]  ner,  Mon.  ling.  Iber.  p.  CX  und  p.  253  rechnet 

Tnlliana,   Beiname    der   Fortuna    der  Gens  den  Namen  TuUonius  (ebenso  TuUonium  p.  242) 

TuUia,  die  diesen  Schutzgeist  ihrer  Familie  in  zu  den  iberischen,  auch  Holder,  Altcelt.  Sprach- 

einem  eigenen  Tempel  verehrte,  nach  CIL  6,  schätz  2,  Sp.  1984  ('iberisch?'),  doch  ist  kel- 

8706  {Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  3717),  unter  dem  tischer  Ursprung  wahrscheinlicher;  vgl.  die  von 

Bild  eines  opfernden  jungen  Mannes:  Ti(berius)  Holder  a.  a.  0.  2,  Sp.  1982 ff.  aufgeführten  Na- 

Claudius  Aug(usti)  l(ibertus)  Docilis  aeditu(u)s  men,  wie    Tullion  oder   Tullum   (heute   Toul), 
aedis  Fortunae  Tullianae.    Sie    ist  zusammen- 50  und  ebd.  Sp.  855  —  857:    -onio-  {-onius,  -onia, 

zustellen    mit    Fortuna    Crassian(a) ,    CIL  6,  -onium).     [Kenne.] 

186  =  Dessau  3714,  Fortuna  Flavia,  CIL  6,  Tulot,  Name  eines  Dämons  im  demotischen 

187,  Fortuna  luveniana  Lampadiana,  CIL  6,  Zauberpapyrus  von  London-Leiden  {The  demot. 

189  =  Dessau  3715,  Fortuna  Pientiana,  CIL  magic.  pap.  of  London  and  Leiden  ed.  Griffith- 

6,  30874  =  Dessau  3716,  Fortuna  Torquatiana,  Thompson,  1  [1904],  27),  wo  es  in  einem  Offen- 

CIL    6,  204,  und  anderen  von  Familien-  oder  barungszauber  col.  2,13  heißt:    'Denn  ich  bin 

Personennamen  hergeleiteten  Beinamen  der  For-  L[ot],  M[oulo]t,  Toulot  (twlot).  Tat,  Peintat  ist 

tuna,  vgl.  o.  Bd.  I2,  Sp.  1521  und  Otto  in  der  mein  genauer  Name.    0  großer  Gott,  dessen 

Neubearbtg.   von  Paulys  Beal-Encyclopädie  7,  Name  groß  ist,  erscheine  diesem  Knaben'  .  .  . 

Sp.  34,  auch  Wissowa,  Beligion  u.  Kultus  der  60  [Preisendanz,] 

Bömer  S.  212.  ^S.  263;  u.,  Sp.  1305.     [Kenne.]  Tummaestiae,  Matronae  — ,  ubisch-germa- 

Tullinus,  ein  wohl  örtlicher  Gott,  nach  der  nischer  örtlicher  Beiname  der  Muttergöttinnen 

Inschrift  eines  zu  Inzino,  am  Oberlauf  des  noch  {Ihm  0.  Bd.  2,  Sp.  2464ff.)  in  einer  zu   Sinze- 

heute  mit  seinem  alten  Namen  Mella  benann-  nich  im  Kreis  Euskirchen  (Rgbz.  Cöln)  gefun- 

ten  Flusses,    nördlich    von  Brescia   (s.  CIL  5,  denen    Weihinschrift    des    Bonner    Provinzial- 

Tab.  I)    gefundenen  Altares    des    Museums  zu  museums,  CIL  13,7902:  Matronis  Tummaestis 

Brescia,  CIL  5, 4914.    Die  Inschrift  beschränkt  C.    Fab[r]onius     Callican[us]    (=   Gallicanus) 

sich    auf   die    mitten  auf  dem  Altar  stehende  v(otum)    s(olvit)    l(ibens)    m(erito);    vgl.  Klein, 


12^0 


Tunle 


Tu  ran 


121^4 


Taran  (turan)  ist  der  etruskiscLe  Name  der 
Venus.  Er  ist  belegt  auf  38  Bronzespiegeln^ 
deren  Fundorte  über  das  ganze  etruskische 
Sprachgebiet  verstreut  liegen.  Veröffentlicht 
sind  die  meisten  bei  Fabretti  C.  I.  J.,  alle  bei 
Gerhard- Körte,  Ftru.^kische  Spiegel  I— V.  Es 
folgt  eine  Konkordanz: 

/2  V  T 


Bonn.  Jhh.  101,  S.  188—184  und  Siehourg  ebd. 
106,  S.  87.  —  Holder,  AUceU.  Sprachschatz  2,  Sp. 
1986,  will  die  Benennung  T.  mit  dem  Namen 
des  Ortes  Thum  (im  Kreise  Düren)  zusammen- 
bringen, während  Cramer,  EJieinische  Orts- 
namen (1901)  S.  69  letzteren  Namen  vom  kel- 
tischen Dunutn  herleiten  möchte.  Das  erste 
M  im  Beinamen  Tummaestis  ist  dritch  Klein 
und  Siehourg  beglaubigt;  das  l  ist  als  I  longa 
geschrieben  und  wohl  =  ii  zu  verstehen.  Der  lo 
Beiname  ist  nicht  keltisch,  trotz  der  bei  Worms 
gefundenen  Grabschrift  {Holder  a.  a.  0 :  Tumtno), 
die  verderbt  tiberliefert  ist.  —  CIL  18,  7902 
—  Lehner,  Die  antiken  Steindenkm.  des  Provin- 
siaimus.  eu  Bonn  (1918)  nr.  346.  Unwahrschein- 
lich ist  die  Deutung  der  T.  als  der  'gewaltig 
Verderblichen'  durch  Werle  im  Beiheft  zur 
Ztschr.für  deutsche  Wortforschung,  Bd.  12,  S.  67 
(b.  Schönfeld,  Wörterbuch  der  altgemian.  Per- 
sonen- u.  Völkemamen,  S.  282).     [Keune.]  20 

Tnnle  (tunle),  Nebenform  für  tuntle  =  griech. 
TyndareoB  oder  Tyndares,  siehe  den  Artikel 
8.  V.  tuntle.     [C.  Pauli.] 

Tuntle  (tuntle)  ist  der  etruskische  Name 
für  Tyndares,  Tyndareos  (Deecke  in  Bezzen- 
bergera  Beiträgen  2,  170,  nr.  99).  Der  Name 
findet  sich  in  dieser  Form  auf  einem  Bronze- 
spiegel aus  Porano  bei  Orvieto,  der  veröflfent- 
licht  ist  von  FioreVi  in  den  Notizie  degli  Scavi 
1876, 63,  von  Kekule,  Festschriß  etc.  des  archäol.  so 
Instituts  (Bonn  1879,  24—26)  und  von  Fabretti, 
C.  L  L  suppl.  3,  nr.  308,  tav.  V.  Sodann  findet 
sich  der  Name  in  der  Form  tunle  ein  zweites 
Mal  auf  einem  Spiegel  von  Vulci,  der  heraus- 
gegeben ist  von  Helbia,  Bull.  delV  Inst.  1882, 
224.  Die  Darstellung  des  Spiegels  von  Orvieto 
enthält  sechs  Personen:  ganz  rechts  die  Leda 
(latva;  der  Strich  dahinter  ist  Interpunktion), 
dann  folgt  Castor  (castur),  der  dem  Tyndares 
(tuntle)  links  von  ihm  ein  geöffnetes  Ei  dar-  40 
reicht;  links  haben  wir  außerdem  als  Zu- 
schauer den  Polydeukes  (pultuce;  der  Strich 
dahinter  ist  Interpunktion),  die  Venus  (turan) 
und  eine  andere  weibliche  Gestalt  ohne  Bei- 
schrift, die  wohl  als  die  Helena  zu  nehmen 
ist.  Auf  denselben  Mythus  bezieht  sich  der 
Spiegel  von  Vulci,  doch  haben  wir  hier  nur 
zwei  Figuren;  rechts  sitzt  Tyndares  (tunle), 
der  in  der  Linken  einen  Stab,  in  der  Rechten 
das  Ei  hat;  er  schaut  auf  den  Merkur  (turms),  50  2476quater.     Hergestellt  ist  der  Name  femer 


GKIU  Taf.L,2 

r= 

Fabr.  2476 

„ 

.    LVI.l 

= 

«        479 

3 

..    L1X,*J 

= 

„      2474 

..   rxi 

=3 

f,      2494 

n 

n      CXIV 

» 

r,      2493 

n 

.  cxv 

s» 

„      2096 

ff 

r.      CLV 

=r 

„      2486 

n    CLVI 

= 

„      2277 

n 

,    CLXV 

= 

„      2487 

n 

,    CLXVI 

== 

480 

r> 

„    CLXVH 

n 

„    CLXXVI 

= 

„       1065 

n 

„    CLXXXI 

= 

„       2500 

rf 

„    CLXXXHI 

= 

„      2033a 

n 

„    CXCVII 

= 

„      1064 

n 

,    CXCVIII 

= 

„      2496 

r> 

„  ccxni 

= 

„      2476 

n 

„  ccxv 

= 

„      2497 

n 

S.  261 

n 

S.  329 

GKIY 

„    CCCXIX 

= 

„       2496 

n 

„  cccxx 

= 

„        2476  ter 

V 

„    CCCXXI,! 

= 

„      '2476  bis 

n 

„  cccxxn 

= 

„       2494  bi« 

yi 

„    CCCLXXVIII 

= 

„       2726  bii 

n 

„    CCCLXXIX 

= 

„      2726 

GKY 

«    23 

=  Fubr.suppl.U  nr.l30 

n 

.    24 

= 

r,        I    ;,    253 

V 

n    26 

= 

.       1    «   375 

n 

n     27 

n 

n     59 

r> 

„    64c 

n 

„    77 

= 

«     Hl  „  808 

n 

„    84,2 

= 

.     11  .     93 

n 

„    98,2 

=  Gamurrini  App.ll'i 

v 

„    107 

„     Nachtr.  17 

Außerdem  findet  sich  turan  belegt  auf  einer 

Gemme 

unbekannter  Herkunft,   einem  Skara- 

bäus    aus    Onyx;    sie    ist   herausgegeben   von 

Migliarini  in  den  Nuove  mem.  delV  Inst.  2,  56, 

tav.  IV, 

nr.  1    und   von 

Fabretti,    C.  I.  L  nr. 

der  in  seiner  gewöhnlichen  Ausrüstung  vor 
ihm  steht,  mit  der  Linken  auf  den  Caduceus 
eich  stützt  und  die  Rechte  mit  erhobenen 
Zeigefinger  gegen  das  Ei  vorstreckt,  auf  das 
er  den  Blick  gerichtet  hat.  Eine  griechische 
Form  Tyndares,  Nebenform  von  Tyndareos, 
würde  nach  etruskischer  Lautlehre  tun-öre  oder 
tuntre  geben;  aus  dieser  Form  ist,  mit  Über- 
gang des  r  zu  1,   zunächst  tuntle  und  hieraus 


von  Bugge  (in  Bezzenbergerd  Beitr.  9,  16  sq.) 
auf  dem  Spiegel  unbekannter  Herkunft  Fabr. 
nr.  2510,  der  von  Gerhard,  Etr.  Spiegel  3,  89, 
Taf.  LXXXV  veröffentlicht  ist.  Hier  las  man 
früher  it;frani  oder  it;graui,  doch  ist  sicherlich 
turan  zu  lesen.  Hiergegen  halte  ich  die  Le- 
sung turanati  statt  tiqpanati  (cf.  s.  v.)  auf  dem 
Spiegel  Fabr.  nr.  2512  nicht  für  richtig.  Da 
an  der  Person  der  turan  als  Venus  kein  Zwei- 


sodann mit  Ausstoßung  des  t,  tunle  entstanden.  60  fei  waltet,  so  ist  es  unnötig,  die  detaillierte) 

[C.  Pauli.]  Beschreibungen  der  einzelnen_Spiegel  zu  gebe: 


Tnramnei  (demot.  twrm-ne),  als  Dämon  be- 
zeichnet im  demotischen  Zauberpapyrits  von 
London-Leiden  (ed.  Griffith- Thompson  1[1904], 
27),  wo  der  Zauberer  col.  2, 10  sagt:  'Denn  ich 
bin  Touramnei,  Amnei,  A-a,  Mes,  Mes,  Omouorf 
(viermaT),  Pahorof ...  ein  kleiner  (?)  König,  Tou- 
hor  {tw-hry.     [Preisendanz.] 


Es  genügt,  die  allgemeine  Beschreibung  voi 
Deecke  (in  Müllers  Etr.  2*,  75,  not.  130)  an«; 
zuführen:  'Sie  erscheint  oft  auf  Spiegeln  al 
eine  schöne  nackte  Frau  oder  wenigstens  ni 
halb  bekleidet,  das  Haar  kunstvoll  geordnet,  ai 
gebunden,  geringelt  oder  gelockt,  meist  reic!j 
geschmückt  mit  Stirnreif,  Ohrgehängen,  Hai 


1285                         Turan  Turan                         1286 

band,  Annspangen  nsw.  Als  Symbole  er-  treffend.  In  dieser  (jruppe  haben  wir  als  erste 
scheinen  bei  ihr  Schwan,  Taube,  Myrten-  Unterabteilung  drei  Spiegel,  die  lediglich  die 
zweig,  Granatapfel.'  Hingegen  wird  es  zweck-  genannte  Liebesgruppe  zeigen.  Es  sind  Fahr, 
mäßig  sein,  die  Spiegel  nach  dem  Gegenstände  nr.  2498.  Fabr.  suppl.  1  nr.  375  und  Fabr. 
ihrer  Darstellung  zusammenzuordnen  und,  so-  nr.  2476.  Auf  letzterem  ist  nicht  avun,  son- 
weit  nötig,  zu  beschreiben.  Wenn  wir  von  dem  atun  zu  lesen  und  turan  ist  nicht  männ- 
der  Gemme  absehen,,  die  nur  die  Venus  selbst  lieh,  wie  Deecke  (in  Alüllers  Ktr.  2*,  75  not.  130) 
enthält,  so  haben  wir  verschiedene  Darstel-  fragend  annimmt,  sondern  weiblich,  obwohl 
hingen.  Die  erste  derselben  stellt  das  Liebes-  von  recht  harten  Formen.  Auf  mehreren  Spie- 
verhältnis zwischen  turan  und  laran  (Ares)  dar.  lo  geln,  die  die  zweite  Unterabteilung  der  Adonis- 
Dies  liegt  vor  auf  dem  Spiegel  Fabr.  nr.  2474.  gruppe  bilden,  sind  Seitenfiguren  zur  Ausfül- 
Hier  haben  wir  rechts  die  genannten  beiden  lung.  So  haben  wir  auf  Fabr.  nr.  2510  zwei 
Gottheiten,  links  von  ihnen  Minerva  (menrva)  und  geflügelte  jugendliche  männliche  (Jenien  ohne 
Apollo  (aplu)  im  Gespräch.  Die  zweite  Gruppe  Namen,  auf  Fabr.  nr.  2494  links  den  pul'9'i8qp, 
von  Spiegeln  bezieht  sich  auf  einen  Mythus,  rechts  die  snena-ö-,  außerdem  ist  der  Schwan 
der  uns  aus  griechischen  Quellen  nicht  bekannt  anwesend.  Auf  Fabr.  nr.  2494^18  igt  rechts 
ist,  auf  ein  Liebes-  oder  Eheverhältnis  zwischen  die  zipna  als  Zuschauerin,  links  der  Schwan 
menrva  und  hercle,  welches  von  turan  be-  (tusna),  den  Rand  aber  umgeben  die  dienenden 
schützt  oder  angestiftet  ist.  Der  erste  der  Genien  der  Venus,  die  alpan,  der  a;fvistr,  die 
hierhergehörigen  Spiegel  ist  Fabr.  nr.  2346  20  mun'ö-;^,  die  mean,  der  .  . .  u;^  und  eine  ohne 
bis  a,  der  in  der  Darstellung  dem  vorgenannten  Namen,  während  unten  am  Griff  der  Knabe 
sehr  ähnlich  i^t,  doch  heißt  das  Paar  zur  ha-S-na  mit  einem  Kruge  sich  befindet.  Ebenso 
Hechten  liier  hercle  und  menrva,  das  zur  Linken  haben  wir  auf  Fabr.  suppl.  3  nr.  396  die  muu&x 
turan  und  aplu.  Die  Darstellung  beider  Spie-  mit  dem  Schminkstift  anwesend.  Zu  dieser 
gel  macht  den  Eindruck,  als  sei  die  Szene  Gruppe  als  dritte  Untergruppe  gehören  ohne 
des  ersten  die  Einleitung  und  Vorbereitung  Zweifel  auch  zwei  Spiegel,  auf  denen  Adonis 
zu  der  des  zweiten.  Ebenso  haben  wir  turan  fehlt.  Auf  dem  ersten  derselben,  Fabr.  nr.  2496, 
als  Beschützerin  von  hercle  und  menrva  auf  sitzt  turan  auf  einem  Sessel,  links  steht  a;fvizr, 
den  Spiegeln  Fabr.  nr.  2486  und  2277,  doch  die  hier  weiblich  ist,  und  hält  ihr  einen  Spie- 
fehlt hier  Apollo.  Dies  Liebesverhältnis  zwi-  so  gel  vor,  rechts  ist  eine  andere  dienende  Frau 
sehen  hercle  und  menrva  bleibt  nicht  ohne  ohne  Namen  mit  dem  Schminkstift  im  Gesicht 
Folgen,  und  so  sehen  wir  denn  auf  mehreren  der  turan  beschäftigt.  Auf  Fabr.  nr.  2476  bis 
Spiegeln  dieser  Gruppe  das  Götterpaar  mit  haben  wir  die  turan  allein,  wie  sie  mit  dem 
seinen  Kindern:  auf  dem  Spiegel  JFa6r.  nr.  2487  Schwan  sitzt,  der  sie  vermutlich  zum  Adonis 
ist  es  deren  eines,  welches  menrva  dem  hercle  trägt.  Die  vierte  Unterabteilung  bilden  die 
hinreicht;  turan  steht  links  als  Zuschauerin,  Spiegel,  auf  denen  eine  lasa  anwesend  ist.  Es 
ihre  Kammerfrau  mun-O-u,  die  das  Schmink-  sind  deren  drei.  Ungemein  interessant  ist  der 
fläschchen  in  der  Linken  hat,  setzt  mit  der  erste  derselben  {Fabr.  nr.  209G),  den  ich  s.  v. 
Rechten  dem  Herkules  einen  Kranz  auf.  Eben  sitmica  beschrieben  habe.  Dies  Interesse  liegt 
derselbe  Knabe,  hier  epeur  genannt,  wird  auf  40  in  den  Buchstaben,  die  außer  dem  Namen  der 
dem  Spiegel  Fabr.  nr.  2500  von  dem  Vater  drei  Gottheiten  auf  dem  Spiegel  enthalten 
hercle  dem  Großvater  tinia  vorgestellt;  turan  sind.  So  stehen  hinter  dem  atunis  die  Buch- 
und  -O-alna  sind  Zuschauerinnen.  Auf  dem  staben  arm,  unter  seinem  linken  Arm  a-O', 
Spiegel  Fabr.  nr.  480  haben  wir  der  Kinder  be-  zwischen  ihm  und  der  turan  as,  neben  der 
reits  zwei.  Rechts  steht  Herkules,  dessen  Bei-  linken  Hand  der  lasa  sitmica  ein  c,  neben  der 
Schrift  [hercle]  nicht  mehr  vorhanden  ist,  vor  rechten  ein  a,  zu  ihren  Füßen  aber  auf  einem 
ihm  menrva,  die  das  eine  Kind,  maris  husrnana  wolkenähnlichen  Gebilde  larns.  Die  lasa  sit- 
genannt,  über  einer  Urne  hält;  als  Zuschauer  mica  hat  warnend  die  Rechte  erhoben  und 
sind  turan  und  ein  dem  Herkules  ähnlicher  redet  eindringlich  auf  die  turan  ein.  Darauf 
Jüngling,  lein^O"  mit  Namen,  zugegen;  letzterer  50  beziehen  sich  die  Buchstaben  larns,  denn  diese 
hat  das  andere  Kind,  maris  halna,  auf  dem  sind  Genetiv  des  Namens  laran  (Ares),  und 
Schoß.  Drei  Kinder  sind  es  auf  dem  Spiegel  dielasasagt  ohne  Zweifel  [?]:  Gedenke  des  laran. 
Fabr.  nr.  2094.  Auch  hier  haben  wir  den  Sehr  ähnlich  ist  die  Darstellung  des  zweiten 
Herkules,  und  zwar  unterhalb  der  Hauptgruppe  {Fabr.  suppl.  1  nr.  253),  wo  wir  gleichfalls 
auf  dem  Griff.  Er  trägt  keine  Beischrift,  ist  die  Adonisgruppe  und  die  lasa,  hier  ohne  den 
aber  durch  Keule  und  Löwenfeli  genügend  Zunamen  sitmica,  mit  der  erhobenen  Hand 
charakterisiert.  Er  schaut  über  einen  Vorhang,  wiederfinden.  Auch  auf  dem  dritten  {Fabr. 
offenbar  um  die  Vorgänge  der  Hauj)tgruppe  suppl.  2  nr.  130)  haben  wir  die  lasa  anwesend, 
zu  beobachten.  Hier  oben  in  der  Hauptgruppe  außerdem  aber  als  Zuschauer  die  menrva  und 
haben  wir  die  menrva,  die  das  eine  Kind,  den  60  den  amuce  (Amykos).  Die  fünfte  Unterabtei- 
maris husrnana,  aus  der  Urne  hebt;  vor  ihr  lung  der  Adonisspiegel  bildet  Fabr.  nr.  1065. 
stehen  turan  und  [l]aran;  rechts  die  ama  pu-  Hier  naht  das  Unheil,  das  die  lasa  vorher- 
tunia  mit  dem  maris  halna  auf  dem  Arm,  gesagt  hat:  im  Mittelpunkte  der  Darstellung 
links  Hermes  (turms)  mit  dem  maris  ismin-^-ians  nagelt  Atropos  (a-d-rpa)  einen  Eberkopf  an  die 
auf  dem  Schoß.  Auf  diese  ersten  beiden  unter  Wand,  damit  das  Schicksal  der  beiden  Jüng- 
sich  zusammenhängenden  Gruppen,  die  an  das  linge  besiegelnd,  die  durch  den  Eber  fallen 
Liebesverhältnis  Ares  -  Aphrodite  anknüpfen,  sollen,  rechts  des  Meleager  (meliacr),  neben  dem 
folgt  die  dritte  Gruppe,  Adonis- Aphrodite  be-       die  Atalanta  (atlenta)  sitzt,  links  des  Adonis, 


1287                       Taran  Turia                        1288 

dessen  Beischrift  erloschen  ist  und  neben  dem  Sujet  haben  wir  autMom  Spiegel  i'«6r.nr.  2033  a: 
die  tofran]  steht.  Die  vierte  Hauptgruppe  bil-  rechts  sitzt  die  turan,  links  diemenrva;  beide 
den  die  Spiegel  des  trojanischen  Sagenkreises.  schauen  aufmerksam  einer  zwischen  ihnen 
Der  erste  derselben  {Fahr,  8um>l.  3  nr.  308)  ent-  stehenden  dritten  (aecpe  oder  i)eqpe  oder  wie 
hält  die  Eierszene  zwischen  Tjndares  (tuntle)  sonst?)  zu,  die  ein  Taschenspielerkunststiick 
und  Leda  (latva),  die  ich  s.  v.  pultuce  be-  mit  kleinen  Kugeln  auszuführen  scheint.  Wie 
schrieben  habe;  turan  ist  als  Zuscliauerin  an-  man  sieht,  sind  die  Darstellungen  der  turan 
wesend.  Der  zweite  {Fabr.  nr.  479)  zeigt  Kai-  sehr  mannigfaltig  und  sehr  interessant.  Die 
chas,  der  die  Dioskuren  umschlungen  hält,  Figur  der  turan  hat  sich  im  jetzigen  italieni- 
toran  und  Minerva  als  Seitenfiguren.  Als  lo  sehen  Volksglauben  noch  erhalten,  wo  sie 
drittes  Siget  dieses  Kreises  haben  wir  die  Wer-  unter  dem  Namen  Turan  na  als  'the  spirit  of 
bung  des  Menelaos  (menle)  um  die  Helena  lovers  of  peace  and  of  love,  and  the  goddess 
(elina),  von  der  turan  unterstützt.  Die  Dar-  of  beauty'  (Leland,  Etruscan  Jioman  Bemains 
Stellung  des  Spiegels  {Fabr.  nr.  1064)  ist  diese:  41)  sich  findet.  Das  Gebiet,  welches  verliebte 
rechts  sitzt  Menelaos,  im  vollen  griechischen  Jünglinge  in  einem  Walde  an  sie  richten, 
Watfenschmuck,  und  reicht  der  ihm  gegenüber-  lautet  also:  *Turanna!  Turanna!  |  che  di  belta 
sitzenden  Helena,  die  ihm  die  Arme  entgegen-  sei  la  regina!  |  Del  cielo  e  della  terra,  di  fe- 
breitet,  ein  Halsband:  turan  steht  zwischen  liciti  e  di  buon  cuore!  ||  Turanna!  Turanna! 
beiden  und  redet  auf  die  Helena  ein.  Als  In  questo  folto  bosco  |  Mi  vengo  a  inginnoc- 
viertes  trojanisches  Sujet  finden  wir  (Garn.  20  chiare  |  Per  chö  tanto  infelice  |  e  stortunato 
nr.  772)  das  Urteil  des  Paris:  Dieser  selbst  sono:  |  Arno  una  donna  e  non  sono  corri- 
(alax^ntre)  sitzt  unter  einem  Baum,  und  die  sposto.  ||  Turanna!  Turanna!  pA  te  mi  vengo 
drei  Göttinnen  (turan,  uni  und  [mejnrva)  reprä-  a  raccomandare !  |  Le  tue  tre  carte  a  völere 
sentieren  sich  ihm.  Als  Kupplerin  zwischen  Scongiurare  che  quella  |  Giovane  mi  possa 
Paris  und  Helena  finden  wir  die  turan  auf  amare.  ||  Turanna!  Turanna!  |  Falle  per  il  bene 
einer  vierten  Spiegelgruppe,  die  aus  drei  che  ai  sempre  fatto,  |  Sei  stata  sempre  tanto 
Spiegeln  besteht.  Auf  dem  ersten  (Fabr.  nr.  buona  generosa,  |  Sei  buona  quanto  e  bella,  ( 
2495)  sitzen  elsntre  und  elina  einander  gegen-  Che  di  beltä  sei  la  Stella!'  Einmal  erscheint 
über,  letztere  mit  einem  Spiegel;  zwischen  (oben  Fabr.  2141)  auch  ein  männlicher  maris 
beiden  steht  turan  und  redet  auf  die  Helena  so  turan.  Es  ist  ein  geflügelter  Jüngling,  mit  Stirn- 
ein. Auf  dem  zweiten  {Fabr.  suppl.  2,  nr.  93)  band  und  Chlamys  angetan,  der  sich  auf  einen 
sitzt  ela^santre  neben  elinei,  vor  ihnen  stehen  Speer  stützt.  Deecke  {Etr.  Fo.  4,  36)  deutet  dies 
turan  und  laran  (Ares)  in  Umarmung,  vielleicht,  als  ^Mara  der  Venus'  oder  später  {Etr.  Fo.  u. 
um  die  Helena  zur  Nachahmung  zu  reizen.  Stu.  2,  21)  als  ^puer  Veneria'.  Das  ist  sicher 
Auf  dem  dritten  {Fabr.  nr.  2726)  haben  wir  falsch  (s.  Paulis  Etr.  Fo.  u.  Stud.  3,  15ö  und 
elina  im  Wochenbett,  ihr  Töchterchen  ermania  Sugge,  ibid.  4,  12),  denn  turan  kann  kein  Ge- 
(Hermione)  neben  sich;  zu  Häupten  sitzt  ela;^-  netiv  sein.  Dieser  müßte  turns  heißen,  so  gut 
santre,  am  Fußende  steht  turan  und  redet  auf  er  von  laran  larns  heißt  {Pauli,  Etudes  ded.  ä 
Helena  ein.  Zwei  weitere  isolierte  Sujets  des  C.  Lemans  228),  und  ist  überdies  nachzu- 
trojanischen  Kreises  haben  wir  auf  den  Spie-  40  weisen.  In  der  Inschrft  Garn.  App.  nr.  582  = 
geln  Fabr.  nr.  2726^1»,  der  von  mir  s.  v.  prisis.  C.  I.  E.  4918  lesen  wir:  tite  :  ecnate  :  turns, 
und  Fabr.  nr.  2346  i>i«  b,  der  von  mir  s.  v.  d.  i.  'Tite  Ecnate,  des  Turan  (Sohn)'.  Und  da 
qpulqpsna  beschrieben  ist.  Auf  beiden  ist  die  auch  laran  (Ares)  männlich  ist,  so  ist  auch 
turan  gegenwärtig.  Ob  auch  der  Spiegel  nicht  abzusehen,  warum  nicht  auch  turan  mit 
Fabr.  nr.  2141  zur  trojanischen  Gruppe  gehöre,  derselben  Endung  solle  männlich  sein  können, 
ist  nicht  sicher.  In  der  Mitte  haben  wir  ein  [Über turan  :r'y(>avvo5  8.unter Tiphanati, Schluß.] 
Liebespaar,  welches  man  gewöhnlich  für  Paris  [C.  Pauli.] 
und  Helena  hält,  aber  eben  dies  ist  nicht  Turg.  Die  mangelhaft  überlieferte  Inschrift 
sicher:  weder  die  Sachdarstellung,  noch  die  von  Turgalium,  CIL  2,  618,  war  Genio  Tur- 
Buchstabenreste  der  Beischriften  gehen  genü-  50  g(aliensium)  oder  Tur(galiensium)  geweiht, 
genden  Anhalt;  links  steht  als  Zuschauerin  die  Turgalium  (jetzt  Trujillo)  ist  eine  Stadt  der 
turan,  rechts  der  maris  turan,  über  den  ich  römischen  Provinz  Lusitania,  s.  KiepeH,  CIL  2, 
am  Ende  dieses  Artikels  sprechen  werde.  Die  *S?*pp?.,  Tab.  I,KLg  und  i'^onn.Orft.J^w^a'g'.  XXVII, 
fünfte  Hauptgruppe  bilden  die  Spiegel,  auf  Ed.  Hübner,  CIL  2  p.  74 ff.,  vgl.  p.  696  und 
denen  turan  eine  andere  Frau  schmückt.  Dies  Suppl.  p.  822  ff.  [Kenne.] 
ist  auf  zwei  Spiegeln  {Fabr.  nr.  2475  u.  2497)  Turgaliensis  s.  Turg. 

der  Fall    mit  der   malavisj;:    diese    sitzt   auf  Turia  (turia)  ist  die  etruskische  Wiedergabe 

beiden  Spiegeln,    auf  dem  ersten  steht  mun-  des  griech.  Tyro  {Deecke  in  Bezzenbergen  Bei- 

^MX    vor   ihr  und   setzt   ihr   ein  Diadem  auf,  trägen  2,  170,  nr.  100),  des  Namens  der  Mutter 

turan  steht  dahinter,   außerdem  sind  hin-O-ial  60  des  Pelias    und    Neleus.     Der    Name    ist    nur 

mit  einem  Spiegel  und  zipn[a],  die  das  Haar  einmal    und    zwar    auf    einem    perusinischen 

der  malavis;^  ordnet,  zugegen;  auf  dem  zweiten,  Bronzespiegel,  belegt.    Bezüglich  der  Literatur- 

der   nur   drei  Figuren  hat,    setzt  turan  selber  angäbe  und  der  Beschreibung  der  dargestellten 

der    malavisx    das    Diadem    auf,    und    hinter  Szene  verweise  ich   auf  meinen  Artikel  pelias 

letzterer   steht   die  res;fualc.     ähnlich  ist  ein  (etr.).    Was  die  etr.  Endung  -ia  neben  griech. 

dritter  Spiegel  (Fabr.  nr.  2476*«'),  auf  dem  die  -co  betrifft,  so  haben  wir  ein  Seitenstück  dieses 

sitzende   turan   der  vor   ihr   stehenden   -ö-alna  Verhältnisses  in  etr.  uni  d.  i.  lunia  neben  lat. 

einen  Kranz  aufsetzt.    Ein  sechstes  und  letztes  Inno.  [Vgl. auch C. i. ^.  8003-8008.]    [C.Pauli.] 


1289                     Turiacus  Turmasgad                    1290 

Turiaciis,  Name  eines  einheimiBchen  Gottes  1912,  p.  196  (vgl.  auch  ebd.  1911,  p.  200  u.  211). 
auf  einem  Weihdeukmal  in  bester,  großer  Schrift  —  Unter  den  Verehrern  ist  eine  Truppe,  die 
des  1.  Jhdts.  n.  Chr.,  gefunden  in  Santo  Thyrso,  nach  ihrem  vornehmlichen  Aushebungsbezirk 
südwestlich  von  Braga  =  Bracara  Augusta  in  in  Syrien,  Commagene,  benannt  war  (H),  außer- 
der  hispanischen  Landschaft  Callaecia,  ('JL  2,  dem  noch  zwei  Soldaten  (4.  5)  und  ein  kaiser- 
5561  {Suppl.  p.  891)  =  Dessau,  Jnscr.  Lat.  sei.  lieber  Freigelassener,  dessen  griechischer  Name 
4511:  L.  Valerius  Silmnus,  mücs  h'g(innis)  VI  OrthiusCOpO-toc;)  seine  östliche  Heimat  verrät  (1). 
Vict(ricis),  Turiaco  \r(otum)\  s(olvü)  Idbens}  —  Zwei  VVeihinschriften  sind  mit  Bildwerk  ge- 
m(erito).  Wiihrend  frühere  Gewilhrsmänner  ab-  schmückt,  welches  im  wesentlichen  überein- 
weichende Lesungen    des   Namens   boten  (Mo-  lo  stimmt  (1.  2). 

reira:   IVRIACO,  Andrade:     NVRIACO;   Cardoso,  1.  C/L  6,  4,  2  (Additam),  p  3036  nr.  30960  a 

aufweichen  CIL2,2iil4:  zurückgeht,  hat  über-  =  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  4073,  Altärchen  aus 

haupt  keinen  Namen  des  Gottes),  ist  die  Lesung  Marmor,   gefunden  zu  Rom  in  der  Via  Nazio- 

TVRIACO    durch    Sarmento    und    Photographie  nale  (Fortsetzung:  Corso  Vittorio  Emanuele)  in 

gesichert   (der  Rest  von  (),   den  Sarmento  vor  der  Gegend  des  Palazzo  della  Cancelleria  (i?ae- 

dem  Namen    zu    erkennen    glaubte  als   Über-  deker,  Mittel- Italien  —  Jiow,  Plan  11 16/14),  jetzt 

bleibsel  von  deo,  ist  wohl  kein  Buchstabe):  s.  im  Museo  Capitolino  {H.Stuart  Jones,  A  Cata- 

Hühner    zur    Inschrift.     Fundort   S.  Thyrso   s.  logue  of...the  sculptures  of  thc  Museo  Capito- 

Kiepert,  CIL  2,  Suppl,  Tab.  I,  Fbc  und  Son-  Uno  1912,  p.  60  nr.  27  mit  Tafelabbildung  Plate 

derkärtchen  Sb.    Den  Namen  T.  führt  ÄbZder,  20  11,  27):    I(ovi)  O(ptiino)  M(axinio)   [Bildwerk: 

Altcelt.  Spradischatz  2,  Sp.  1997  nach  A.  Coelho  'aquila  rostro  caput  cervinum  (vel  caprinum  ?) 

als  keltisch  auf,   dagegen  Hübner,  Mon.  ling.  petens']  Turmasgade  Orthius  Aug(usti)  lib(ertus) 

Iber.  p.  CX  und  p.  253  als  iberisch,    wohl  zu-  tab(ularius)  v(otum)  s(olvit).  • 

treftend,    denn    hier  liegt  nicht  die  keltische,  2.  C7L  3  Suppl.  1  p.  1422  nr.  8027  =  Dessau 

für  Grundstückbezeichnungen  beliebte  Endung  4074,  gefunden  zu  Kesca  (nicht  Recka)  =  Ro- 

-acus  vor,  sondern  das  gleichfalls  adjektivische  mula  [CIL  3  Suppl.  (2)  Tab.  IV  Eik  u.  V  Khi] 

iberische,    neben  -agus,  -acgus,   -egus,  -accus,  in  der  Dacia  Malvensis,  nahe  dem  die  Grenze 

-aicus  u.  ä.  vorkommende  Anhängsel,  vgl.  zum  gegen  Moesia  inferior  bildenden  Fluß  Alutus 

Artikel   Tiauranceaicus.    Die  Legio  VI  Victrix  (Oltu,  Alt)  [Andree,  Handatlas''  136/137  D  5]  in 

lag  bis  zum  Zeitalter  des  Vespasianus  in  His-  30  der  kleinen  Walachei,  jetzt  im  Museum  zu  Bu- 

panien  und  zwar,  vornehmlich  unter  Augustus,  karest:    [Bildwerk:    ^Cervus  fugiens  ab  aquila 

im  nördlichen  Teil   der  Halbinsel  nach  Besie-  adprehensus^]  Turmasgada  Max.  Maximinus  et 

gung    der    Cantabri,    der    sie    den    Beinamen  lulianus  Maximinus  ex  voto  pos(uerunt). 

Victrix  verdankte.     [Kenne.]  3.  Dessau  9273  (Addenda,  Vol.  3  p.  CVIII), 

Turibriga,  Turobriga,  Turubriga  s.  Turo-  mit  berichtigter  Deutung  aus  Österreich.  Jahres- 

brigensis.  heft.  6  (1902),  Beiblatt  Sp.  121  f.  nr.  3  [=  Bevue 

Tnrmasgad  oder  Turmazgad,  syrischer  Bei-  archeol*  1  (1903,  1)  p.  331],  zu  Deva  in  Sieben- 
name des  luppiter,  also  einer  der  nach  ihrer  bürgen  oder  Transsilvanien  [CIL  3  Suppl.  (2), 
Kultstätte  in  Syrien  benannten  Ba'alim,  deren  Tab.  V  Eef  u.  Jl.  Andree''  79/80  I  6]:  [IJovt 
Verehrung  auch  im  Westen  des  Römerreiches  40  Turmazgadi  [cjoh(ors)  II  Fl(avia)  [Cojmma- 
Fuß  gefaßt  hatte  und  von  welchen  besonders  g(enorum)  eq(uitata)  s[ag(ittariorum),cui]  pr(ae- 
der  Baal  von  Doliche ,  luppiter  Dolichenus,  est)  M.  Arrufntiujs  AgrippinufsJ,  v(otum)  s(ol- 
aber  auch  andere  bekannt  sind  {Aust  0.  Bd.  2,  vit)  l(ibens)  m(erito).  —  Über  die  Cohors  II 
1,  Sp.  752.  Thulin  in  Pauly  -Wissowa-  Kroll,  Fl.  Commagenorum  s.  Cichorius  in  Pauly-Wis- 
Meal-Eneyclopädie  für  cl.  Altertumswissenschaft  sowa,  Beal-LJncyclopädie  4^,  1,  Sp.  274.  Diese 
Bd.  10, 1,  Sp.  1139  f.  §  16  und  Cumont,  ebd.  2,  2,  Kohorte  hatte  ihr  Standlager  in  Micia  =  Veczel, 
Sp.  2649f.  Toutain,Les  cultespaünsdans  TEm-  von  Deva  den  Fluß  Maros  (Marisia)  abwärts 
pire  rom.  1,  2,  les  cultes  orientaux  1911,  p.  38  ff.).  [CIL  3  Suppl.  (2),  Tab.  V  Ee  u.  Jk],  in  Dacia 
T.  ist  bis  jetzt  belegt  durch  fünf  Inschrif-  Apulensis.  Das  Steindenkmal  war  vielleicht 
ten,  von  welchen  drei  (1 — 3)  zweifellos,  zwei  50  von  seinem  Fundort  Veczel  =  Micia  nach  Deva 
(4.  5)  sehr  wahrscheinlich  diesen  Namen  nennen,  verschleppt. 

dreimal  als  Beinamen    des  luppiter  (Optimus  4.  CIL  3, 1338  (Dessau  4074a),  zu  Deva  (s. 

Maximus);  drei  der  Weihungen  (2 — 4)  sind  in  nr.  3)  in  Privatbesitz,  jetzt  im  Museum  zu  Deva 

den  Provinzen  Daciae,   eine  zu  Rom  (1),   eine  [CIL  3,  Suppl.  1  p.  1402]:    G.  T.  Maz.  Aure- 

bei  Trier  (5)  gefunden.    Der  syrische  Name  ist  (lius)  Dionisius  cur(ator)  pos(uit).  —  G.  =  Ge- 

sowohl  mit  s  (1.  2.  5)  wie  mit  z  (3.  4)  geschrie-  nio  ?    Dessau  hat  mit  Recht  im  folgenden  T. 

ben,  vgl.  die  Schreibungen  Sabasius  neben  Sa-  Maz.  den  Namen  des  Gottes  T.  erkannt.  Dieser 

bazios,  -US,  auch  Zmyrna  —  Smyrna  u.  a.  {Des-  Name  ist  abgekürzt  unter  Zerteilung  in  seine 

sau,  Inscr.  Lat.  sei.  vol.  3,  p.  839).    Der  Dativ  zwei  Bestandteile ;  vgl.  z.B.  pl(um)b(arius)  CIL 

ist   entweder   nach  griechischer  Weise   auf  -a  60  13,5330  a  und  Korr.- Bl.Westd.  Ztschr.  Ib,  1896, 

(von   einem  Nominativ  -as)   gebildet  (2)   oder  Sp.  61.    Zur  Abkürzung   G  =  genius  vgl.  z.  B. 

auf  -e  (1)  oder  latinisiert  -i  (3,  von  einem  No-  CIL  12  p.  946.    Zu   Genius  Turmasgades  oder 

minativ  auf  -es).   Das  Woi-t  ist  aramäisch  (sy-  Gtv.  -is  v^l.  den  Art.  Tiauranceaicus.    Momm- 

risch)    und    setzt    sich   zusammen   aus   tour-\-  sen  hatte  6rCemoji(^MrwaeJ  ilfa^r.  vermutet  [ebenso 

masgad,   d.  h.  Berg   der  Anbetung   (Mont   du  wie  in  nr.  3  ergänzt  worden  war:  tur(ma)  Maz- 

lieu  d'adoration)  [sgad==  anbeten;  von  masgad  gadi;  vgl.  auch  Mommsen,  Eph.  epigr.  2,  p.  320 

leitet  sich  das  Wort  ^Moschee'  her],  s.  Bruston  nr.  449  zu  o.  nr.  2,  gegen  Hirschfelds  richtige 

an  Toutain,  Bull,  de  la  Soc.  des  antiq.  de  Fr.  Deutung];  Hübner  dagegen  hatte  G(enio)  t(ur- 

BoscHSB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V.  42 


1291  Turmkrone  Turms  1292 

ria)  mit  folgendem  Namen  des  Turmes  ergän-  zweiten  von  Vulci  (Fabr.  nr.  2144)  auf  terasia, 
zen  wollen.  Diese  Deutungen  sind  jetzt  dank  für  den  ersten  unbekannter  Herkunft  (Fabr. 
der  durch  Zusammenstellung  aller  hierher  ge-  nr.  2471)  auf  tinia).  Der  Spiegel  von  Belora 
hörigen  Weihinschriften  gewonnenen  Deutung  ist  veröffentlicht  von  Migliarini  und  Braun 
überwunden.  —  Über  die  militärischen  Curato-  im  Bull.  delV  Inst.  1837,  42  sq.,  von  Gerhard, 
res  vgl.  Komemann  in  Paüly-Wissotoa,  Real-  Etr.  Spiegel  3,  126,  Tat.  CXXVII  und  von 
Eneyclopädie  A,  2,  Sp.  1798  ff.  u.  a.  —  Wie  nr.  3,  Fabretti,  C.  I.  I.  nr.  2498.  Der  zweite  Spiegel 
so  wird  auch  Inschrift  nr.  4  von  Micia-Veczel  von  Orvieto  ist  herausgegeben  von  Braun  in 
nach  Deva  verschleppt  sein.  den  Ann.  delV  Inst.  1836,  179  sqq.  tav.  agg.  E, 
6^  C/L  13,  3646,  ausgegraben  im  J.  1710  bei  10  von  Gerhard,  Etr.  Spiegel  3,  145  sq.,  Taf. 
Einebnung  eines  Schutthügels  in  der  Nahe  des  CLVIII  und  von  Fabretti,  C.  I.  I.  nr.  2486: 
Klosters  St.  Matthias  (südl  Vorort  von  Trier),  Den  dritten  Spiegel  von  Orvieto  hat  i^'atr.  O. /. /. 
verschenkt  und  verschollen,  ist  nur  bekannt  suppl.  nr.  311  herausgegeben.  Der  dritte 
durch  die  handschriftlichen  Zusätze  von  Reiffen-  Spiegel  von  Vulci  ist  veröffentlicht  von  Ger- 
berg (1716)  zu  Brower-Masen^  Antiquitatum  et  hard,  Etr.  Spiegel  3,  123,  Taf.  CX  XIV  und  von 
annalium  Treoirensium  libri  XXV:  I(n)  h(o-  tabretti,  C.  J.  I.  nr.  2490,  tab.  XLIV.  Endlich 
norem)  d(omus)  d(ivinae)  \  I(ovi)  O(ptimo)  M(a-  der  zweite  Spiegel  unbekannter  Herkunft  ist 
ximo)  I  TVRMAS  •  6IL  •  |  EL  •  ^  •  VICT  |  b(ene)f(i'  veröffentlicht  von  Winckelmann,  Mon.  ined. 
ciarius)  leg(ionis)  VIII  Aug(ustae)  \  v.  8.  l.  m.  nr.  133  (tav.  CXXXVI  nr.  311  ed.  Prati),  von 
Z.  3  und  4  sind  vom  Gewährsmann  Reiffenberga  20  Lanzi  2,  224  =  178,  tav.  XU.  nr.  4,  Miliin, 
mangelhaft  abgeschrieben.  Treffend  hat  ToMtotw,  Peintures  des  vases  antiques  pl.  LXXII,  nr.  1, 
Buü.  Soc.  Antiq.  de  Fr.  1911,  p.  2ü0  hier  Z.  3  von  Gerhard,  Etr.  Spiegel  3,  218  sq.,  Taf 
den  Beinamen  T.,  wie  in  nr.  3,  vermutet,  s.  CCXXXV,  nr.  1,  in  der  Hernie  archeol.  1,  297 
auch  CIL  13,4  p.  43;  herzustellen  ist  wohl:  und  von  Fabretti,  C.  I.  I.  nr.  2499.  Die  Dar- 
Turmasg[adi].  Z.  4  enthält  die  Namen  des  Stellungen  auf  diesen  Spiegeln  zerfallen  in  fünf 
Stifters:  Flavius?  Vict(or).  Der  Stifter,  Bene-  verschiedene  Gruppen.  Die  erste  derselben 
ficiarius  der  damals  zu  Straßburg  (Argentorate)  erhält  nur  einen  Spiegel  {Fabr.  nr.  2094)  und 
liegenden  8.  Kaiserlegion,  war  zum  Postdienst  zeigt  uns  den  turms,  wie  er  in  Gesellschaft 
an  die  von  Trier  auf  der  rechten  Moselseite  anderer  Gottheiten  den  Götterknaben  mari» 
nach  Straßburg  führende  Heer-  und  Poststraße  30  isminO-ians  in  den  Händen  hält  (die  weitere 
kommandiert  {v.  Domaazewski,  Westd.  Zeitschr.  Beschreibung  siehe  s.  v.  putunia).  Die  zweite 
21,  1902,  S.  198).  -—  Wegen  der  Einleitungs-  Gruppe,  die  Gorgo  betreffend,  zeigt  uns  auf 
formel  gehört  die  Weihinschrift  in  die  Zeit  dem  ersten  Spiegel  {Fabr.  nr.  296  ter  a)  den 
nach  150  n.  Chr.  turms  in  Gesellschaft  des  die  Gorgo  bekämpfen- 
Von  den  fünf  Weihungen  sind  also  drei  im  den  Perseus  (weiteres  s.  s.v.  perse).  Die  zweit- 
römischen  Dakien  festgestellt,  wo  überhaupt  zeigt  uns  die  Minerva  (menrva)  und  den  türm 
die  Verehrung  orientalisch-syrischer  Gottheiten  (Il/Vll11<]0t  d.i.  M  ITlOVt,  bisher  nicht  er- 
verbrcitet  war  {J.  Jung,  Die  roman.  Landschaf-  kannt),  wie  sie  das  abgeschlagene  Haupt  der 
ten  des  rom.  Reiches  S.  381.  J.  Toutam,  Les  Gorgo  betrachten;  am  Boden  sieht  man  ein 
cuUes  paiens  1,  2  p.  64).     [Kenne.]                         40  zweitesHaupt,  vielleicht  ein  Spiegelbild  des  an- 

Turmkrone  (Mauerkrone)  als  Kopfschmuck  deren  (Fabretti  nr.  2490).  Die  dritte  Gruppe 
der  Kybele,  sovrie  der  Stadtgöttinnen  und  des  enthält  fünf  Spiegel,  auf  denen  es  sich  um  Ent- 
Genius, 8.  den  Artikel  Turrigera.  Nach  F.  K.  Scheidungen  von  Meinungsverschiedenheiten 
Müller.,  Der  Polos  (1915),  S.  46  ff.  tragen  außer  oder  ähnlichen  Dingen  handelt,  an  denen  turms 
Kybele  und  Tyche- Astarte  auch  andere  grie-  aktiv  oder  passiv  beteiligt  ist.  Aktiv  haben 
chisch-orientalische  Göttinnen  die  Mauerkrone  wir  ihn  zunächst  auf  zwei  Spiegeln.  Die  Dar- 
ala  Kopfzier.     [Kenne.]  Stellung  des  ersten  (Fabr.  nr.  2498)  ist  die  fol- 

Turms  (turms)  ist  der  etruskische  Name  des  gende :  Im  Mittelpunkte  finden  wir  den  Hermes 

Hermes.    In  dieser  Form  und  Schreibung  liegt  (turms)    mit    Chlamys    bekleidet,    aber    sonst 

er  zunächst  vor  auf  sechs  Bronzespiegeln,  deren  50  nackt    mit    Flügelhut,    in    der    Linken    einen 

einer  aus  Belora  am  Flusse  Cecina,  einer  aus  Or-  Apfel  oder  einen  ähnlichen  Gegenstand;    sein 

betello,  zwei  aus  Orvieto,  einer  aus  Vulci  her-  Antlitz  ist  dem  links  von  ihm  stehenden  ju- 

stammen,  während  einer  von  unbekannter  Her-  gendlichen    Herkules  (hercle)   zugewandt,    der 

kunft    ist.     Einmal,    auf    einem    Spiegel    aus  völlig  nackt  ist,  in  der  Linken  die  Keule,  in 

Vulci,  hat  der  Name  zum  Schluß  ein  -s.    Her-  der    Rechten    anscheinend    einen    Stein    hält; 

zustellen  ist  die  gleiche  Form  auf  einem  Spiegel,  rechts  steht  lolaus  (vilae),  der  die  Rechte  auf 

der  vermutlich  aus  Caere  stammt.    Ein  anderes  Hermes'  Schulter  gelegt  hat,  in  der  Linken  aber 

Mal,  auf  einem  Spiegel  aus  Orvieto,  lautet  die  eine  strigilis  (?)  hält.     Die  Szene  macht  den 

Form  turmus,   und  endlich,  auf  einem   Spie-  Eindruck,   wie    auch  Gerhard   meint,    als    sei 

gel  unbekannter  Herkunft,    fehlt  die  Endung.  60  turms  hier  Kampfrichter.     Der  zweite  Spiegel 

Die  Literatur  dieser  Spiegel,  die  ich  nach  ihren  (Fabr.  suppl.  3,   nr.  311)  zeigt  uns  den  Mene- 

i^a&retti-Nummem  bezeichnen  werde,  habe  ich  laos  (menle)  und  die  Helene  (vilenu),  die  an- 

zum   großen   Teil   schon   früher   gegeben   und  scheinend  die  Entscheidung  des  turms  und  des 

verweise  auf  die  entsprechenden  Artikel :    So  aplu  anrufen.    Passiv  hingegen  scheint  die  Rolle 

für  den  Spiegel  von Orbetello  (i^abr.  nr.  296  t«ra)  des  turms   auf  den  weiteren  drei  Spiegeln  zu 

auf  perse,  für  den  ersten  Spiegel  von  Orvieto  sein.     Auf   dem    ersten    derselben    (Fabr.    nr.  \ 

(Fabr.   nr.  2094)   auf  putunia,  für  den  ersten  2485)  haben  wir  drei  Figuren:    links  die  Mi-  £ 

von  Vulci  (Fabr.  nr.  2139)  auf  -ö^alna,  für  den  nerva  Tmenrva)  in  ihier  gewöhnlichen  Darstel- 


1293  Turmuca  Turnus  1294 

lung,  nur  statt  des  Helmes  ein  Stirnband  ums  Studien  3,  28 sqq.).  Es  fragt  «ich,  wer  diese 
Haupt;  vor  ihr  und  ihr  zugewandt  haben  wir  turmuca  war.  Der  von  Fabretti  (gloss  18t)6, 
den  stehenden  Herkules  (hercle),  mit  dem  s.  v.  turmucas)  gegebenen  Deutung  'fi'dojXov 
Löwenfell  und  einem  Lendenschurz  bekleidet,  (spectrum)  Mercurii  (Plutoni«)'  kann  man  we- 
neben  sich  die  Keule,  in  der  Rechten  einen  der  sprachlich  noch  sachlich  zustimmen,  sprach 
Diskus  (oder  eine  Schale?);  rechts  sitzt  Her-  lieh  nicht,  weil  Mercuriu«  auf  etruskisch  turms, 
mes  (turmus)  mit  Chlaniys,  Flügelhut  und  aber  nicht  turmuca  heißt,  sachlich  nicht,  weil 
Stab,  die  Rechte  um  die  Hüfte  des  Herkules  hin^ia(l)  stets  die  Seele  eines  Abgeschiedenen 
gelegt,  als  ob  er  ihn  antriebe.  Es  scheint,  als  bezeichnet,  nicht  die  Erscheinung  eines  Gottes, 
ob  Herkules  der  Minerva  eine  Bitte  vortrage  lo  abgesehen  davon,  daß  auch  Mercurius  und 
und  Hermes  ihn  darin  unterstütze.  Auf  dem  Pluto  nicht  dasselbe  ist,  und  abgesehen  weiter 
zweiten  Spiegel  tragen  -ö^alna  und  turms  (Fabr.  auch  davon,  daß  die  mit  der  Beischrift  tur- 
nr.  213i))  dem  tinia  eine  Streitsache  vor  (nä-  muca  bezeichnete  Gestalt  eine  weibliche  ist. 
heres  darüber  s.  v.  -ö^alna).  Die  Szene  des  Für  die  Deutung  von  turmuca  sind  zwei  Mög- 
dritten {Fahr.  nr.  2471)  ist  sehr  ähnlich,  nur  lichkeiten,  ja  nachdem  der  Name  etruskisch 
sind  die  Rechtenden  hier  turms  und  apulu  oder  aus  dem  Griechischen  etruskisiert  ist. 
(vgl.  8.  V.  tinia).  Das  vierte  Sujet,  auf  nur  Im  ersteren  Fall  würde  wohl  sicher  eine  Ab- 
einem  Spiegel  {Fabr.  nr.  24üi))  dargestellt,  leitung  von  turms  „'Epftf/s"  vorliegen ,  und 
zeigt  uns  den  turmfs],  mit  Flügelhut  und  turmaca  könnte,  wie  hinO-ial  =  „^v;^i7",  die 
Sandalen  angetan,  wie  er  in  der  Rechten  die  20  Geliebte  des  Amor  und  Begleiterin  der  Göttin 
Wage  hält,  auf  der  er  das  Schicksal  des  turan,  eine  Übersetzung  aus  dem  Griechischen 
Achilles  (a;^le)  und  Aias  (evas)  gegeneinander  sein  und  müßte  es  wohl  sein,  da  doch 
abwägt ;  rechts  von  ihm  sitzt  Apollo  (aplu),  zweifellos  ein  griechischer  Mythus  vorliegt, 
mit  höchster  Aufmerksamkeit  die  Wage  be-  Der  griechische  Name  würde  dann  ein  mit 
obachtend.  Die  fünfte  Darstellung  endlich,  'Ep/x(o)- beginnender  Frauenname  gewesen  sein, 
auf  nur  einem  Spiegel  {Fabr.  nr.  2144),  zeigt  In  dieser  Richtung  bewegen  sich  die  Darle- 
uns  den  Odysseus  unter  des  Hermes  (turms)  gungen  Bunsens  {Ann.  delV  Inst.  1836,  176) 
Geleit  in  der  Unterwelt,  wo  er  mit  dem  Schatten  und  Corssene  {Sj>.  d.  Etr.  1,  272)  und  die  Über- 
des  Tiresias  sich  unterredet  (näheres  siehe  s.  v.  setzung  Deeckes  {Etr.  Fo.  4,  92)  durch  ""Mer- 
teriasa).  An  der  Deutung  des  turms  als  Her-  so  curialis'.  Aber  auch  die  Möglichkeit  liegt  vor, 
mes  ist  kein  Zweifel,  denn  in  allen  Darstel-  daß  turmuca  nur  lautliche  Umformung  eines 
lungen  wird  die  Identität  durch  Flügelhut  und  griechischen  Namens  sei.  Bugge  (in  DeeckeB 
Stab,  obwohl  dieser  recht  verschiedene  Formen  Etr.  Fo.  u.  Stu.  4,  33)  sagt:  ''Da  Fenthesiieia 
zeigt,  gewährleistet.  Nur  von  dem  Spiegel  die  Königin  der  Amazonen  war,  muß  man  in 
Fabr.  suppl.  3,  311  gibt  es,  soweit  ich  weiß,  turmuca  einen  einer  Amazone  geeigneten  Namen 
keine  Abbildung,  und  ich  kann  daher  nicht  suchen.  Ich  Yenniite*JoQindxri.  Die  Amazonen 
behaupten,  daß  der  Gott  auch  hier  durch  wurden  ja  von  den  Künstlern  mit  Speer  dar- 
Flügelhut  und  Stab  bezeichnet  sei.  Das  Ver-  gestellt.'  Das  wird  im  wesentlichen  richtig 
hältnis  der  Formen  des  Namens  zueinander  ist  sein,  doch  bleibt  bei  *z/opt-[od.  zJ(OQi-](idxri  ein 
dies,  daß  turms  oder  turms  die  eigentliche  40  lautliches  Bedenken.  Griech.  S  wird  im  Etruski- 
Form  ist,  turmus  aber  einen  Hilfsvokal  ange-  sehen  zu  z  oder  d;  und  so  hätten  wir  -turmuca 
nommen  hat,  der,  wie  zumeist,  die  Klangfarbe  zu  erwarten.  Etr.  t  hingegen  entspricht  griech.  t 
des  vorhergehenden  Vokals  zeigt.  Die  Gestalt  oder  ^,  und  so  möchte  ich  in  turmuca  eher  ein 
des  turms  hat  sich  im  heutigen  italienischen  griech.  ©ovptfia';^?]  sehen  (vgl.  den  Heroennamen 
Volksglauben  noch  erhalten.  Er  trägt  den  OovQi^icc^og  bei  Fick.,  Personennamen^  393). 
Namen  Teramo  und  ist  der  Gott  der  Diebe  Dieses  griech.  Povgi^dxr]  würde  lautgesetzlich 
und  Kaufleute  und  außerdem  ein  spirito  messa-  etr.  turmca  geben  und  dann  mit  Hilfsvokal 
giero  {Leland,  Etruscan  Roman  Remams  6,  turmuca.  So,  und  nicht  durch  Verdumpfung 
25  sqq.),  also  genau  dem  Merkur  entsprechend.  des  a  {Bugge  1.  c),  ist  das  mittlere  u  der 
[Die  <Mrms-Nummern  bei  Gerhard-Körte,  Etr.  50  etruskischen  Form  zu  deuten.  Es  scheint  sich 
Spiegel,  sind  zusammengestellt  von  C.  Thulin,  um  eine  uns  unbekannte  Sage  zu  handeln. 
Religionsg.  Vers.  u.  Vorarbeiten  3,  1  (lv<06),  18  Die  Forschungen  zu  ihrer  Aufhellung  würden 
Anm.  3.  Zu  herma  und  mercu  :  Mercurius  s.  sich  also  in  der  Richtung  eines  weiblichen  Na- 
ebd.  und  Herbig,  Glotta  5,  248.]      [  C.  Pauli.]  mens  'Eq^{o)-   oder  einer   OovQuidxri  bewegen 

Turmuca    ist    der    etruskische  Name    einer  müssen.  [C.  Pauli.) 

Amazone    {Deecke  s.  v.  hinthial).      Der    Name  Turnus  {TovQvog  Dio  Cass.  frg.  3,  6.  Tvqqti- 

ist   nur    einmal   belegt,    und    zwar    auf  einem  vög  Dion.  Hai.  1,  64,  2 f.),  König  der  Kutuler 

Krater  von  Vulci,    der  veröffentlicht    ist    von  (s.  Rutuli)  in  Ardea,  war  der  Sohn  des  Daunus 

Inghirami,  Vasi  fittili  tav.  CCCXCIX  und  Storia  (s.  d.  Nr.  2)    und    Enkel    des    Pilumnus    (s.  o. 

della  Toscana  tav.  LXXIV  nr.  2/3;  von  Raoul-  60  Bd.  3,  Sp.  2508,  6.   Bd.  2,  Sp.  215,  51.    Bd.  1, 

Rochette  in  den  Ann.  delV  Inst.  1834,    274 sq.  Sp.  948,   37).     Als    seine    Mutter   galt  Venilia 

und  den   Monum.   ined.   2,  tab.  IX;    von  See.  {Verg.    Aen.    10,    76    u.    Serv.),    die    man    als 

Campanariin  den  Atti  deir  Accad.rom.d'archeol.  Nymphe  auffaßte  oder  mit  Venus  gleichsetzte 

7,  11,  tav.  II;    von  Be  Witte,   Catal.  Beugnot  {Wissowa,  Rel.  u.  Kult.  d.  Röm."^  S.  226;  s.  o. 

54—56    und    von    Fabretti,    C.  I.  I.    nr.    2147.  Bd.  2  Sp.  228ff.)  oder  auch  unter  Bezugnahme 

Die  Darstellung  ist  von  mir  s.  v.  pentasila  be-  auf   den    Namen  Venulus    {Verg.  Aen.  8,  9  u. 

schrieben    worden.     Dies    hin^O-ia  |  turmu  |  cas  Serv.  11,  242.  742)  als  Stammutter  einer  etrus- 

bedeutet  'ihvxrj  der  Turmuca'  (vgl.  Paidi,  Etr.  kischen  Gens  Venilia  erklärt  {Cuno,  Vorgesch. 

42*     ^ 


1295                       Turnus  Turobrigen(8is)                 1296 

Borns,  S.  86);  zu  seiner  Schwester  machte  man,  erscheint  Turnus   als    der   nach   verschiedenen 

Tielleicht  in  Rücksicht  auf  die  Ähnlichkeit  des  homerischen  Mustern  aus^^estaltete  Hauptgej^ner 

Namens   und   die  gemeinsame  Heimat  Ardea-  des  Helden  Aeneas. 

Lavinium,    die   Quellgöttin  Juturna    (o.  Bd.  2  Nach    dem  Vorbilde    des    Hektor   bestürmt 

8p.  763,  66).  er  das  Lager  der  Trojaner,  um  ihre  Schüfe  zu 

Die  älteste  uns  erreichbare  Form  der  Tur-  verbrennen,  während  Aeneas  bei  Evander  Un- 

nussage  bieten  die  bei  Servius  zu   Verg.  Aen.  terstützung    erbittet   (9,   70  flf.)      Er   erschlägt 

erhaltenen  Bruchstücke  aus   den  Origines  des  den  Pandaros    (s.  d.  nr.  3),    Bitias  (s.  d.)    und 

Cato,  dessen  Darstellung  wahrscheiulich  auf  andere  (0,  760 if),  muß  aber  schließlich  von 
Timaios    beruht   (Mommsen,   B.  G.    l^    466  f.  lO  der  Übermacht  umringt  in  den  Tiber  springen 

F.  Cauer,  Jahrb.  f.  Philol.  Suppl  16  S.  95  ff.  und  flüchten  (9,  789 ff.).    Nachdem  Aeneas  mit 

E.  Äust  0.  Bd.  2,  Sp.  1905 f.)     Nach   der  Lan-  Hilfstruppen    herbeigekommen    ist,    wird    der 

düng  des  Aeneas    an    der  Küste  Ton    Latium  Kampf  erneuert,    und  Turnus  tötet  den   Sohn 

und  dessen  Vermählung  mit  Lavinia,  der  Toch-  des  Evander  Pallas  (s.  d.  nr.  3).  Dann  begehrt 

ter   des    Latinus,    schließt   dieser   wegen    der  er  mit  Aeneas  selbst  zu  kämpfen,  Juno  lockt 

vertragswidrigen    Plünderung    seines    Gebiets  ihn  aber  bei  der  Verfolgung  eines  diesem  glei- 

darch  die  Trojaner  ein  Bündnis  mit  dem  Ru-  chenden  Scheinbilds  (vgl.  Achilleus  u.  ApoUon- 

tulerfürsten  Turnus,  beide  werden  aber  in  der  Agenor,   o.  Bd.  1  Sp,  20)    auf  ein    Schiff  und 

Schlacht  bei  Laurolavinium  geschlagen  und  entführt  ihn  aus  der  Schlacht  nach  Ardea,  um 
Latinus  wird  getötet.  Turnus  flüchtet  zu  König  lo  ihn  so  vor  dem    drohenden  Untergang  zu    be- 

Mezentius  von  Caere,  erhält  von  diesem  gegen  wahren  (10,  621  ff). 

dasVersprechen  eines  Weinzinses  Hilfe  (ilfacroft.  Von  Drances  (s.  d.),   einem   Gegenbild   des 

ScU.  3,  ö,  10.     Peter  fr.h.M.   S.  46,  12),    fällt  Thersites,  angestachelt,  entschließt  sich  Turnus 

dann  aber  während   einer  in  Verbindung  mit  nun  wirklich  dem  Aeneas  selbst  entgegenzu- 

ihm  dem  Aeneas  gelieferten  zweiten  Schlacht,  treten  (11,  440 ff.);    während  er  ihn  jedoch  in 

vielleicht  durch  dessen  Hand  {Serv.  V.  Ae.  1,  einem    Hinterhalt    erwartet,    wird    sein    Heer 

267.  4,  620.  9,  742.  Peter,  Eist  Born.  fr.  S.  44f.  nach  dem  Fall   der  Camilla  (s.  d.)    geschlagen 

9.  10;  zu  Serv.  6,  760;  s.  o.  Bd.  2  Sp.  1907,  4  u.  und  er  gezwungen,  die  bedrohte  Stadt  Lauren- 

vgl.  2943 f.).  tum  zu  schützen  (11,  896 ff).    Trotz  der  Bitten 

Die    weiter    ausgebildete    Sage    hat  Varro  so  des  Latinus  und  der  Amata  stellt   er  sich  am 

zusammengefaßt,  dessen  Darstellung  bei  Dion.  folgenden  Tage   dem   Aeneas   zum  Zweikampf 

Hai.  erhalten  ist  {Cauer  a.  a.  0.  S.  154 ff.).  Bei  (12,  Iff.);    zunächst  freilich  wird   auf  den  Rat 

der  Ankunft  des  Aeneas  war  Latinus  in  einen  der  Juno  von  Juturna,  welche  die  Gestalt  des 

Krieg  mit  den  Rutulem  verwickelt,  brach  diesen  Fürsten  Camers  (s.  d.)  angenommen  hat,  durch 

aber  ab,  um  zunächst  dem  auswärtigen  Feinde  Vertragsbruch   (vgl.    den   Pfeilschuß    des  Pan- 

entgegenzutreten.      Doch    bald   schlagen  beide  daros,  o.  Bd.  3,  Sp.  1504)  noch  einmal  ein  all- 

als  Bundesgenossen  vereinigt  die  Rutuler  und  gemeines  Handgemenge  veranlaßt  (12,  134  ff.). 

gründen  Lavinium.     Des  Latinus   Tochter  La-  Schließlich   tritt  Turnus   aber   doch,   trotzdem 

vinia  wird  die  Gattin  des  Aeneas.  Da  sie  aber  ihn  seine  Schwester  abermals  durch  List  vor 
auf  Betreiben  ihrer  Mutter  Amita  {Dion.  Hai.  40  dem  Zusammentreffen  mit  Aeneas   zu  behüten 

1,  64,  2;  amita  =«  matertera  Tante  des  Turnus;  sucht,  seinem  übermächtigen  Feinde  gegenüber 

vgl.  JccBiQcc  Schwägerin    in    der  Kultsage  von  (12,  697  ff).     Nachdem  sein   Schwert    auf   des 

Eleusis)   oder  Amata  (s.  d.   und   Boßbach   bei  Aeneas  Helm  zersprungen  ist,  wird  er  von  ihm 

Pauly-Wissoica  s.  v.)  bereits  mit  deren  Neffen  verfolgt  (12,  728 ff.);  aus  der  Hand  der  Juturna 

Turnus  verlobt   gewesen  war,   geht   dieser   zu  erhält  er  zwar  ein  neues  Schwert,  auf  Juppiters 

den  Rutulem   über  und  wird  von   ihnen   zum  Ratschluß    aber   nunmehr   gelähmt,   erliegt   er 

Führer   gemacht.     Er    erhebt    sich   gegen   die  dem  mächtigen  Speerwurf  des  troischen  Helden 

Verbündeten    und    fällt    im    Zweikampf   mit  und  wird  von  seinem  Schwertstoß  getötet.  (12, 

seinem  Oheim  (s.  o.  Bd.  2,  Sp.  1907 f.  2945).  783 ff.;  vgl.  Hektors  Tod). 

Der  Bericht  des  Livitis  (1,  2,  Iff.)  verbindet  so        Eine  Abbildung  des  Kampfes,   auf  welcher 

die  beiden  älteren  Darstellungen.    Die  Rutuler  der  Leichnam  des  Turnus  zu  des  Aeneas  Füßen 

werden  in  dieser  Schlacht  zwar  besiegt,  Turnus  Hegt,  ist  o.  Bd.  2,  Sp.  2948  geboten;  die  Dar- 

aber  flieht  zu  Mezentius,  findet  bei  ihm  Unter-  Stellungen  der  pränestinischen   Cista  (o.  Bd.  1 

Stützung,  und  beide  unterliegen  dann  den  La-  Sp.  186.   Bd   2,  Sp.  1915)    sind  wahrscheinlicli 

tinem,  doch  wird    der   Tod    des  Turnus   nicht  gefälscht    {Heydemann,    Arch.    Zeit.    29,    1872 

erwähnt.  S.  122.     Boßbach    bei   Pauly -Wis^sowa    Bd.  1. 

Da   Turnus   bei   Dion.  Hai.    Tv^Qrivog   ge-  S.  1018).     [Steuding.] 

nannt  wird  und  nach  Caio  und  üt'iMS  mit  dem  Tiirobrigen(8i8),    Turihrig(ensis) ,    Turubri- 

Etruskerfürsten  Mezentius  (s.  d.)  verbündet  ist,  g(ensis),  auch  noch  mehr  abgekürzt:  Turib. 
darf  er  wohl  als   ein    eponymer  Vertreter    der  60  und  bloß  T.  geschrieben,  ist  der  inschriftliche 

einst  in  Mittelitalien  mächtigen  Etruskerkolo-  Beiname  einer  örtlichen  Schutzgöttin  in  Luai- 

nien  betrachtet  werden  (s.  o.  Bd.  2,  Sp.  2952,  38),  tanien  (entsprechend  den  im  hispanisch-aqui- 
obwohl  sich  dies  nicht  sicher  erweisen  läßt  tanischen  Nachbargebiet  als  Tutela  bezeich- 
{Klau&en,  Aen.  u.  d.  Penat.  S.  1212  ff.  Wörner  neten  örtlichen  Schutzgeistern),  und  zwar  der 
0.  Bd.  2  Sp.  2952).  Jedenfalls  ist  die  griechische  Göttin  der  durch  Inschriften  (CIL  2,  964,  auch 
Namensform   eine    auf  solcher  Vermutung  be-       wohl  Eph.  epigr.  9  p.  108  nr.  273,  unwahrschein- 

ruhende  Umbildung.  lieh  CIL  2,  5033),   außerdem  aber  nur  durch 

In    Vergils  Aeneis   (s.  o.  Bd.  2,  Sp.  1909  ff.)       Plin.  not.  hist.  3,  14  bezeugten  Stadt  Turobriga 


1297                 Turobrigen(sis )  Turriger                       1298 

{Hühner    zu    C'/Z.  2,  Suppl,  p.  Ufjö    und    »u  betätig    hat    nach  C/L  2,  9ö4.     Dagegen    ist 

Ephem.  epigr.  D,  p.  758.   Holder,  Altcelt.  Sprach-  die  Ergänzung  der  Gemeindenamen  in  CIL  2, 

schütz  2,   ISp.  2005.    Wechsel    von    0,  V,  I    ist  5083    {Add.    p.    G'.»7) :     [termin]us    Auijustalis 

häulig,  vgl.  z.  B.  Dessau,  Inscr.  Lat.  sei.  3,  In-  \inter  .  .\robrigenses  [et  .  .]polibede7ises  fraglich; 

dicc*',  Ö.  822.  828.  835— SHG).    Diese  (löttin  hieß  der    Fundort    Traguntia    {(JIL2,   Tab.  I,  Gf) 

mit   einheimischem  Namen   Ataecina  (so  zwei-  spricht  gegen  eine  Ergänzung  |  Tu]robrigen8es. 

mal  sicher  be<,4aubigt;  lür  (JIL  2,  605  ist  die  Da  Turobriga  nach  Plin.  n.  h.  3,  14  zu  Baetu- 

Lesung  Adaegina   überliefert,   vgl.  Abkürzung  ria   Celtica   (vgl.  Kiepert,   Form.  Orb.  Antiq. 

Ad.  in  CIL  2,  5298)   und   war  der  griechisch-  XXVII  Fbe)  gehörte,  so  ist  der  Ortsname  kel- 
römischen   Proserpina    gleichgestellt    und    mit  lo  tischen  Ursprungs,    was   bestätigt  wird   durch 

deren  Namen  benannt;  die  häufige  Abkürzung  die  Zusammensetzung  mit  dem  keltischen  briga 

ihres   Namens    beweist   Beliebtheit   und   weite  ==  Hügel,  Burg  {Holder,  Altcelt.  SpracJischatz  1, 

Verbreitung   und    Verehrung.    Vgl.  Steuding  o.  Sp.  533  und  3,  Sp.  935  —  936.     Hübner,  Mon. 

Bd.  1,  1,  Sp.  663   und    Carter  o.  Bd.  3,  2,  Sp.  Ztn</.  76cr..p.  XCVIII):  die  Ortsnamen  anf -briga 

3148  f.     Holder  a.  a.  0.  1,    Sp.  37.  251    und  3,  finden   sich   sehr   häufij?  nur  in  Hispanieu,  wo 

Sp.  502.    Hübner,  CIL2.,  Suppl.,  Index  p.  1126  sie  aber  auf  bestimmte  Landstriche  beschränkt 

und  zu  Ephem.  epigr.  9,  1  (1903),  p.  26,  nr.  42  sind  (vgl.  Kiepert,  Lehrb.  d.  alt.  Geogr.  S.  483,  1 

[Lidex  zu  Kphem.  epigr.  9,  p.  740].   F.  liichter,  und  Schulten,  Numantia  I,  Die  Keltiberer  usw. 

De  deor.  barbar.  interpretatione  romana  quaest.  1914,  S.  23).                                           [Kenne.] 
sei.  (1906)  S.  24.    Wissowa,  Religion  und  Kultus  20      Turolici  ,    örtliche    Benennung    der    Lares 

der  Römer-  S.  313.  {Wissowa  0.  2,  2,   Sp.  1868 ff.,   bes.  Sp.  1879 ff. 

In  der  Inschrift  CIL  2,  462,    einer  Anru-  1885,  auch   Religion  und   Kultus   der  Römer'' 

fung    und    V^erwünscbung    {impncatio)    gegen  §  26,  S.  166 ff.)  in  Hispanien,  bezeugt  durch  die 

einen  Diebstahl,  heißt  die  Göttin  dea  Ataecina  von    einem   Gewährsmann    der    1.  Hälfte    des- 

Turibrig.  Proserpitia.    Die  übrigen  Inschriften  18.  Jhdts.    überlieferte    Inschrift   (JIL  2,  431, 

sind  Weihungen,  welche  folgendermaßen  lau-  gefunden    in   Freixo   de  Nemäo    (Numäo),    im 

ten.    Ephem.  epigr.  9,  nr.  42:    deae  Ataecinae  römischen  Gerichtsbezirk  von  Braga,   Conven- 

Turobrigen.  invictae-,   CIL  2,  605  (nach  Velas-  tus  Bracaraugustanus,  am  unteren  Duero  oder. 

quez,  Hs.,  J.  1752):  dominae  [T]uribri[g.]  Adae-  Douro    {CIL  2,  Suppl.,  Tab.  I,  FGc),  geweiht 
gina[e];   CIL  2,  5298    abgekürzt:    d.  s.  T.  Ad.  30  Larib(us)  Turolic(is).    Der  auf  -icus  endigende 

=  d(eae)  s(anctae)  T{uribrigensi)  Ad(aeginae),  Name  ist  iberisch,  vgl.  Hübner,  Mon.  ling.  Iber. 

ferner  abgekürzt  CIL  2,  5299:  d.  s.  A.  T.  und  p.  CX/CXl  und  p.  253,  siehe  den  Artikel  Tiau- 

461:  d.  s.  A.  T.  P(roserpinae) ,    sowie    Ephem.  ranceaicus,  auch  Hübner  zu  CIL  2,  804:   diis 

epigr.  9,  p.  44/45,  nr.  101:  A.  A(ugustae?);  mit  Laribus   Gapeticorum  gentilitatis.     Nach  Orts- 

Weglassung  ihres  Sondernamens  Ephem.  epigr.  namen  benannte  Lares  sind  in  Hispanien  öfters 

9,  p.  26/27,  nr.  43:   deae  sanc(tae)  Turib.  und  nachweisbar,    so  CJi/ 2,  2384:    Laribus   Cere- 

CIL  2,  71:  d(eae)  s(anctae)  Tiirubrig.  {CIL  2,  naecis,    2469:   Laribus  Cusic[e]lens[i]bus ,   2470 

101   bloß:   deae  sanctae);   lediglich  unter  dem  — 2472  (vgl.  OiX  2,  6't*ppZ.,  Index  p.  1128).  Ad. 

Namen   Proserpina  verehrt  CIL  2,  143:    Pro-  Schulten,  Numantia  I,  Die  Keltiberer  und  ihre 
serpinae,  144:  Proserpinae  sanctae,  1044:  Pro-  40  Kriege  mit  Rom  (1914),  S.  236 — 237  bezeichnet 

serpinae  sanctae  sa^rum,  145:  Proserpinae  ser-  diese  iberischen  Schutzgeister  als  Laren  einer 

vatrici,  Ephem.  epigr.  8,  p.  358,  nr.  9:  deae  Pro-  Sippe,  eines  Familienverbandes.         [Kenne.] 

serpinae  und   nr.  10:  Proserp.    Als  Göttin  der  Turpenus  pater,  altitalischer  Gott,  bezeugt 

Gesundheit  erscheint  sie  in  CIL  2,143:  votum  durch   die  vereinzelte  Weihinschrift  eines  Al- 

san(us7)  l(ibens)  p(osuit),  145:  Proserpinae  ser-  tars   aus  der  Zeit  der  römischen  Republik  im 

vatrici  ....  coniuge  sibi  restituta  v.  s.  .  .  .,  vgl.  alten   Praeneste   (Palestrina)  in  Latium ,    CIL 

Hübner  zu  CIL  2, 1044  {sanitate).  —  CIL  2,  14,  2902  (=  1,  nr.  1541,  p.  562  =  1,  2,  1,  ed. 

5298  und  5299  stehen  auf  Täfelchen  am  Bild-  altera  [1918],  nr.  1460,  p.  621):  Turpeno  patr(i) 

eben   eines   Bockes   und   einem   ähnlichen   aus  C.  Vatron(iu»)   L.  Orcevfijus  pr(aetores),  also 
Bronze.                                                                        60  gestiftet  von   den  Gemeindevorstehern  der  da- 

Die  Fundorte  der  oben  angeführten  In-  maligen  Freistadt  Praeneste  (vor  J.  82  v.  Chr. 
Schriften  sind  in  und  bei  Merida  -  Emerita  =  672  d.  St.).  Über  den  Zusatz  von  Pater  zu 
{Ephem.  epigr.  42.  43.  CIL  2,  461.  462),  außer-  den  Namen  italisch- römischer  Götter  {luppiter, 
dem  Medellin-Metellinum  (07X2,605),  bei  Diespiter,  Dis  Pater,  lanus  Pater,  Quirinus 
Elvas  {Ephem.  epigr.  8,  p,  358),  ebenda  oder  bei  Pater,  Saturnus  Pater,  Tiberinus  Pater  usw.) 
Villavi90sa  (Clly  2,  143.  144),  Cäceres-Norba  \gl.  Preller- Jordan,  Rom.  Mythol.^  1,S. 66,  doch. 
{CIL  2,  5298.  5299),  südlich  von  Trujillo-Tur-  ist  die  ebd.  Anm.  1  und  2,  S.  138  geäußerte 
galium  (Ephem.  epigr.  101),  also  ein  begrenzter  Ansicht,  daß  T.  ein  göttlich  verehrter  Fluß 
Landstrich  der  römischen  Provinz  Lusitania,  oder  Bach  gewesen  sei,  unsicher  {Wissowa, 
CIL  2,  Suppl,  Tab.I,  MLKfged,  innerhalb  dessen  60  Religion  u.  Kultus  d.  Römer^  S.  224).  Zur  Na- 
der Hauptort  der  Verehrung  Turobriga  zu  su-  menbildung  vgl.  Tolenus  (Fluß  im  Sabinerland) , 
eben  ist;  etwas  abseits  in  Lusitania  ist  ge-  auch  Alfenus  und  andere  Personennamen, 
funden  CIL  2,  101  (wohl  aus  Quintos,  CIL  2,  [Keune.] 
Suppl,  Tab.  I,  Ocd)  und  in  der  anstoßenden  Turriger  heißt  bei  Sil  Ital  14.,  500  nicht 
Baetica  CIL  2,  1044  (Castilblanco  a.  a.  0.  OPf ),  der  Kentaur  Nessos  {Carter  im  Supplement  zu 
in  welcher  Provinz  ja  ailch  eine  aus  Turobriga  diesem  Lexikon  S.  76),  sondern  ein  mit  diesem 
gebürtige  Priesterin  zu  Arucci  (Aroche  a.  a.  0.  Namen  benanntes  Schiff:  et  iam  turrigerum  de- 
Oe)  durch  Schenkung  eines  Tempels  u.  a.  sich       merserut  aequore  Nessum.     [Kenne.] 


1299                     Tumgera  Tumgera                     1300 

Turriger«  oder  turrita  ist  eiu  dichterisches  6,  613).  194.  460  (die  bekannte  Darstellung  der 

Beiwort  der  großen  Göttermutter  {Mater  deum  Stadt  Antiochia  am  Orontes).    2,  S.  269—273. 

tnagna  Idaea)  Kybele  oder  Kybebe,  vgl.  Car-  798    3,  S.  82f.  (261).    4,  S.  163— 164.  3-24  {kn- 

ter,  Epitheta  deor.  ap.  poet.  Lot.  1902  {=  Suppi.  tiochia).    Vgl.  noch    CIL  6,606    mit   Relief- 

zu  diesem  Lexikon),  S.  27.  Dieses  Eigenschafts-  bild    (o.  Bd.  2,1,  S.  1671)   und    Esperandicu, 

wort,  dessen  sich  lateinische  Dichter  und  Prosa-  Recueü  general  des  has-reliefs,  statues  et  bustes 

Schriftsteller  auch    sonstwie    bedienen    (so   in  de  la  Gaule  rom.  1,  nr.  409  (dagegen  nr.  62: 

Prosa:    elephanti  turriti,    turrigeros  elephanto-  Kalathos).   2,  nr.  892,  2.   3,  nr.  2488.  2601.  2669. 

tum  umero8)y  war,  gleich  dem  entsprechenden  4,  nr.  3136.  3584.  6,  nr.  3670.  3673—3676.  4480. 

Beiwort  nvgyofpoQog  (s.  o.  Bd.  3,  Sp.  3346)  in  lo  Haug-Sixt,   Die  röm.  Inschriften  u.  Bildwerke 

griechischen  Schrittwerken,  von  lateinischen  Württembergs^  S.  120,  nr.  56.  Forrer,  Das  rö- 
•ichtern  im  Zeitalter  des  Augustus  der  Kybele  mische  Zabern  1918  (=  Mitteilungen  der  Ge- 
als  kennzeichnendes  Beiwort,  gewissermaßen  Seilschaft  f.  Erhaltung  d.  geschichtl.  Denkm.  im 
als  Beiname  gegeben,  weil  die^e  Göttin  mit  Elsaß,  2.  Folge,  26)  *S.  39t.  mit  Taf.  VI  (daher: 
einer  Turmkrone  (Mauerkrone)  auf  dem  Haupte  Esperandieu  Recueil  7,  p.  392,  nr.  5889).  Ed. 
dargestellt  wurde,  vgl.  o.  Bd.  2, 1,  Sp.  1647  mit  Frhr.  v.  Sacken,  Die  antiken  Bronzen  des  K.  K. 
Abbildung  Sp.  1646/46.  Daher  wird  Kybele  von  Münz-  und  Antiken-Cabinetes  in  Wien  1  (I87l), 
Ovidius  ohne  weiteres  als  turrigera  dea,  turrita  Taf.  XIII,  3.  XVI,  7  und  dazu  S.  89.  Dechelette, 
mater  (vgl.  Claudian.:  genetrix  turrita)  bezeich-  Les  vases  ceramiques  ornes  de  la  Gaule  Ro- 
net;  femer  wird  jenes  Eigenschaftswort  von  20  maitie  2  (1904),  p.  269,  nr.  63  (Bild  einer  'lu- 
den Dichtem  nicht  bloß  als  Beiname  der  Göt-  tela\  d.  i.  der  Schutzgöttin  einer  südgallischen 
tin,  sondern  mit  Bezug  auf  diese  auch  in  an-  Stadt),  vgl.  p.  270,  nr.  64.  Jahrbuch  des  K.  D. 
ders  lautendem  Zusammenhang  gebraucht.  Arch.  Inst.,  F>g.-Heft  1,  Taf.  VI  mit  S.  30 f. 

Vergil  J.et».  6,  784 f.:   qualis  Berecynthia  {Kalenderbild der ConstantinopoUs, J.Sb4: n.Chr.); 

mater  |  invehüur  curru  Phrygias  turrita  per  ebenso  Münzbilder  von  Stadtgöttinneii:  Cohen, 

urbe8\    vgl.  lü,  262f.:    alma  parens   Idaea  Descr.  hist.  des  monnaies  frappees  soiis  VEm- 

deum.,  cui  Dindyma  cordi  \  turrigeraeque  pire  romain^,  z.  ß.  4,  p.  95,  nr.  930.   6,  p.  484, 

urbes  biiugiqite  ad  frena  leones.  nr.  1469.  1471;   vgl.  auch   8,  p.  43,  nr.  1   und 

lVop«r«.  4,  17(16),  35f.:   vertice  turrigero  2,  weibliche  Bilder  (Personifikation  der  Stadt 

iuxta  dea  magna  Cybebe  \  tundet  ad  Idaeos  so  Antiochia)  mit  den  Umschriften  Genio  Antio- 

cymbala  rauca  choros,  und  5, 11,  51  f.:  vel  tu,  cheni  {A.  ist  griechisches  Adjektiv)  und  Genio 

qiiae  tardam  movisti  fune  Cy beben,  \  Claudia,  civitatis.    Auch  der  männlich  dargestellte  Ge- 

turritae  rara  ministra  deae.  nius,  insbesondere  als  Schutzgeist  von  Städten 

Ovid.  met.  10 y  696 :  turrita  mater;  fast.  sowie  der  Truppenlager  und  Truppenteile,  trägt 
4,224:  (AUis)  turrigeram  casto  vinxit  amore  manchmal  die  Mauerkrone  {Hettner,  Steindenk- 
deam;  ebd.  6,  321:  turrigera  frontem  Cy-  mcUer  S.  56f.,  vgl.  auch  v.  Domaszewski,  Die  Re- 
bele redimita  coronU.  Das  nämliche  Beiwort  ligion  des  röm.  Heeres,  Westd.  Zschr.  14,  1896, 
gibt  Ovidius  der  Ops,  deren  Name  jedoch  nur  S.  96,  sowie  Taf.  IV  3).  Die  Münzbilder  stellen 
lateinische  ümnennung  für  die  wesensverwandte  den  Genius  {populi  Roniani,  Augusti  oder  im- 
kleinasiatische  Erdmutter  Kybele  ist  (s.  oben  40  peratoris,  exercitus,  coloniae,  civitatis)  männlich 
Bd.  3,1,  Sp.  936/937J,  trist.  2,24:  turrigerac  dar,  gewöhnlich  mit  einem  Fruchtmaß  (modius, 
—  Opi.  —  Oüid.  fast.  4,219:  turriferä  Corona.  ytdXa^os)  als  Kopfschmuck,  daneben  ansnahms- 

Mit    demselben  Beiwort   kennzeichnen   die  weise  mit  Mauerkrone  und  zwar  erst  seit  der  Zeit 

Kybele  die  spätlateinischen  Dichter  Claudia-  des  Diocletianus  und  seiner  Mitregenten  Maxi- 

nus  und  ApoUinaris  Sidonius  in  Nachahmung  mianus,  Galerius  und  Constantius,   vgl.  Cohen 

ihrer  Vorläufer  und  Vorbilder.  a.  a.  0.  6,  p.  426,  nr.  108.    p.  607,  nr.  138  und 

Claudian.  de  consul.  Stilichon.  3  (=  carm.  24),  p.  61 1,  nr.  189.  7,  p.  67,  nr.  104.  p.  108,  nr.  61  und 

170  in  Mon.  Germ.  Auct.  antiquiss.  10,  S.  226:  p.  110,  nr.  83.  p.  134,  nr.  36  und  p.  136,  nr.  42. 

(huc   transtulit)    Phrygias   genetrix   turrita  p.  147/148,  nr.  66  und  p.  149,  nr.  92.  p.  193/194, 

leones;  derselbe  de  raptu  Proserpinae  1  (=  carm.  50  nr.  61.  p.  251,  nr.  196  und  p  253,  nr.  217  (überall 

33),  181,  a.  a.  0.  S.  367:  (ad  Phrygios  tendit...  'Genie  tourelä'  und  stets  mit  Umschrift:  Genio 

Penates)  turrigeramque  petit  Cybelen;  ebd.  popw/i.Komawi');  aus  früherer  Zeit  nur  Geldstücke 

3  (=  carm.  36),  271,  a.  a.  0.  S.  387,  und  gleich-  des  Gegenkaisers  Clodius  Albinus  (f  197  n.  Chr.), 

lautend  Sidon.  carm.  7,  31,  in  Mon.  Genn.  Auct.  Cohen  3,  p.  419,  nr.  40  und  Annuaire  de  la  Soc. 

antiquiss.  8,  S.  204:  turrita  Cybebe.  frang.  de  numism.  1883,  p.  364.  1886,  p.  353,21, 

Das  gleiche  Beiwort  hat  aber  Sidonius  auch  vom  J.  196/197  n.  Chr.,  mit  der  Umschiift:  Ge- 

der  Roma  beigelegt,   carm.  6,14,  a.  a.  0.  8,  n(io)  Lugfuduni),  entsprechende  Darstelluni^en 

S.  188:   (bellat rix ...  Roma)  cristatum   turrita  des  Schutzgeistes  von   Lyon  auf  Sigillata-Ge- 

caput  (vgl.  carm.  2,392,  a.  a.  0.  S.  183,  und  0.  fdßen,  CIL  12,5687,46  und  13,  10013,  17—18. 

Bd.  4,  Sp   161  f.),  als  Kennzeichen  einer  Stadt-  60  Dechelette  a.  a.  0.  2,  p.  270—272,  nr.  66—67. 

göttin;  vgl.  Lucan.  1, 188  (turrigero  vertice)  und  Hirschfeld,  CIL  13, 1, 1,  p.  252,  Col.  2  mit  An- 

Rutil.  Namat.  1,.117  (turrigero  cono).  merkg.  8  und  Kleine  Schriften  (1913),  S.  421  ff.; 

Antike  Bilder  von  Göttinnen  mit  Turm-  oder  vgl.  eine  im  Gemeindewald  von  Detzem  (mittel- 

Mauerkrone  als  Kopfzier,  teilweise  zweifellos  alterlich:  Decima  =  Ad  decimum,  sm  der  römi- 

Kybele,  teilweise  sicher  JPersonifikationen  von  sehen  Poststraße  Trier-Neumagen),  Ldkr.  Trier, 

Städten  (Stadtgöttinnen),  sind  zusammengestellt  mit  zahlreichen  vergrabenen  Bronzegegenstän- 

von  S.  Reinach,  Repertoire  de  la  statuaire  grecque  den   im  J.  1916  entdeckte  Bronzestatuette  des 

et  romaine   1,  S.  111.  143.  182f.  185  (=  CIL  Trierer    Provinzialmuseums ,    Darstellung    des 


1301                     Turrigera  Tutator                       1302 

Schutzgeistea  von  Lyon  odor  von  Trier  (Genius  Ärchäotoff.  Instituts,   Rom.  Abteilung  7  (1892), 

coloniaeAugustaeTreverorum),  anoh  einbronze-  S.  24ß.  247.  252.  2ö7/2ö8.    A.  v.  Domaszewski, 

hildchen    von    Autun    {Augnsto(lunum)   bei    S.  Ah/iandlungen  zur  römischen  Religion  (1909), 

iie»n"c/t  a.  a.O.  4,  p.  1<)3,  8.  Zur  Bronzestatuotte  mit   Abbildungen,   Ö.  30— 31.    48—49.60—51, 

von  DeUem  vgl.  Krüger,  Trierer  Jahresberichte  vgl.  S.  35-86  und  47  f.  (Virtus  legionum).    Für 

9  (erschienen  1920),  S.  14  mit  Abb.  Tafel  I,  4.  die  dem  Bilderschmuck  des  genannten  Bogens 

S.  noch  CIL  13,  10024,  3  (Gemme).    Die  Angabe  entsprechende  Darstellung  der  friedlichen,  nicht 

bei  Cohen  {Gnllienus)  6  p.  433,  nr.  946:  ^Tete .  .  kriegerisch  bewaffneten  Roma  vgl.  v.  Purgold, 

tourelee'    ist  gewiß  ungenau,   vgl.  ebd.  nr.  945;  Archüolog.  Bemerkungen  zu  Claudian  und  Si- 
ebenso  p.  374  nr.  298,  vgl.  nr.  2x\)  ff  u.  299.  —  lo  donius  ö.  22.    über  männliche  Idealbilder  mit 

Zu  Cohen  2  p.  351  nr.  82h  s.  Tranquillitas  Nr  2.  Mauerkrone    am    Bogen    zu    Beneventum    vgl. 

Beide  KopfV.ierden,  Turmkrone  wie  Kalathos  Petersen  a.  a.  0.  S.  255.  2ö6  {ebda  S.  243:  die 

(Modius)  sind,  morgenländischem  Bilderkreis  ent-  Mauerkrone  als  militäritsches  Ehrenzeichen  an 

leimt,  wenn  auch  die  Turm-  oder  Mauerkrone  einer  Lanze  getragen;  vgl.  das  Relief  bei  Arne- 

als  militärisches  Ehrenzeichen  {corona  muralis)  lung,  Sculpt.  des  Vatican.  Mus.  1,  S.  635  nr.  348 

bei  deu  Kömern  eingebüigert  war,  Daremberg-  mit  Abb.  Tafel  55). 

Saglio,  Uictionn.  des  antiquites  1,  2,  p.  1536.  Über  die  Mauerkrone  als  Kopfschmuck  von 

Fitbiger   in    der   Neubearbeitung   von   Pauly^  Goiiheiierx  h.  'a\iq,\\  V.  K.  Müller,  Der  Polos,  die 

Real- Encyclopädie  4,2,  Sp.  1040/1641.    Bildnis  griechische  Götterkrone,  Diss.  Berlin  1915,  S.  46 
des  M.  Agrippa  auf  Münzen:   Babelon,  Bescr.  20  —51.    Übertragung  der  Turmkrone  als  Abzei- 

hist  et  chron.  des  monnaies  de  la  Republ.  rom.  eben  auf  die  Gefährtin  des  Hammergottes  (Su- 

2,  p.  477,  nr.  12  =  p.  79,  nr.  237  =  p.  558,  nr.  6  cellus)  scheint  vorzuliegen  in  Esperandieu  Re- 

und  2,  p.  557,  nr.  4  =  p.  79,  nr.  236  =  1,  p  430/  cueil  3,  nr.  2347.      [Kenne.] 

431,  nr.  80,  vgl.  Cohen  a.  a.  0.  1,  p.  178,  nr.  6.  Turrifa  s.  Turriqera 

Sieiner    Die   dona  militaria  (1905)   =   Bonn.  Turrius  s.   Turrotesgis. 

Jahrb.  114,  0.  32—34.  , »,          .        .          „.^    ,  .         .    ,        t      ,    .^ 

Zum  orientalischen, westasiatischen  Ursprung  .?  Turrotesgis.  Die  hispanische  Inschrift 
der  Turmkrone  als  Kopfschmuck  s.  Furtwängler,  ^Tu  u^^^  Fundort :  Los  Villares  m  einem 
Die  Sammlung  Sabouroff,  Kunstdenkmäler  aus  ^-^^^^m  1"^^  Hernando  am  Tajo,  ly  spa- 
Griechenland{lSSS-18Sl),  1,  zu  Tafel  XXV,  30  ^'^'^f  ^.f''^^)'^"^^«l  7"  ?^^"^^ 
auch  Collignon,  Geschichte  der  griechischen  Pia-  S^PP^> }^^:  "  Gn),  ^^\Fita  im  Boletin  de  la 
stik,  ins  Deutsche  übertragen  von  Baumgarten  ^-  ^^<^demm  de  la  Historm2S  (1896),  8^175 
2  (Straßburg  1898),  S.  525  f.,  und  Steuding  ob.  f.^t,  fl°t°^  ^^^f'«"  Gewährsmann  veröflFent- 
Bd.  2,  2,  Sp.  2092  f.  Vgl.  die  Bilder  der  ^Artemis'  ^'"^Ji^^^'^J^^'jf "^n  1  n?r?c?n?-  ZTr>n^J;  ^1^^ 
genannten  Ephesischen  Göttin,  o.  Bd.  1,  1,  Sp.  ?',  \^  m^^w^\^u  '  ^  '  l^F^  'J  ^A^^T^  '  AI 
K88  (Abb.),  auch  z.  B.  Amelung]  Die  Sculpturen  Unterteil  des  Alt.rs  mit  dem  Rest  der  Inschrift 
des  Vaticanischen  Museums  1,  Text  (1903^  S.  5 :  ''^  "/^^\  gefunden).  Es  steckt  der  Name  eines 
Mosaik  aus  dem  Sabinerland,  sowie  der  Astarte,  f''^\  unbekannten  wohl  iberischen  Gottes  in 
o.  Bd.  1,  1,  Sp.  651.  Über  das  von  Pausanias  '^f  ^^^hnü  Turr[t]us  oder  Turrf.  ..)  oder 
und  Malalas^U  Tyche  bezeichnete  Idealbild  40  ^^^^  ^^^^^^'f^'^'  '^,  ^f*^"®°  ^^"«  ^«^  l''9^ 
der  Stadt  Antiocheia  am  Orontes,  von  Euty-  ^^^^  ^%^^*  ^^«  Geschlechtsname  mehrerer  Män- 
chides,  und  seine  Wiederholungen  oder  Nach-  l^^  ^^'^^^'  ^^^  ^Z^""  ^^?«^  den  keltischen 
ahmungen  vgl.  Brunn,  Geschichte  der  griechi-  ^^^^^"^^^  ^^<^rcus  hatte^  Ob  jedoch  auch  der 
sehen  Künstler  1,  S.  412  f.  =  1«,  S.  289.  Col-  ^r.  o  c  ^""IZ  ""1*  f  ^'^'''l  Altcelt.  Sprach- 
lignon  a.  a.  0.  S  523fF.  Heibig- Amelung,  Führer  f^f  «\2,  Sp.  2019  a  s  keltisch  anzusehen  ist, 
dlrch  die  Sammlungen  klassischer  Altertümer  in  ''*  '^^"  f''^^^}''}  ^  keUiBcher  Ursprung  des  Na- 
Rom  1«  (1912),  S.  232  f.,  wo  mehr  Literatur  an-  °^^°%  ^^^^  v^\^'°*^^''  ^"^^^^^^^  ^^^  ^P^'J^- 
gegeben  ist  (nach  diesem  Führer  rührt  der  '^'f'),  verglichenen  Namen  Turiacus  und  Tu- 
Kopf  des  Marmorbildes  von  einer  anderen  Sta-  ^ohct  {^.  d.)  nicht  empfohlen.  [Kenne.] 
tuette  her  und  ist  die  Tmmkrone  nach  den  50  ^"taniis  s.  Indtgüamenta. 
syrischen  Mün/.en  ergänzt).  Über  die  griechi-  Tiilas  (Tutates).  Die  Inschrift  eines  Altär- 
sche Darstellung  eines  Heros  mit  Turmkrone  ^hens  im  Britischen  Museum,  CIL  7,  335  (vgl. 
s.  Furtwängler,  Meisterwerke  der  griechischen  ^^^-  P-  ^07),  welches  in  Old  Carlisle  gefunden 
Plastik  (1893),  S.  489  f.  Vgl.  noch  die  von Steu-  sein  soll,  ist  von  Hübner  in  Ephem.  epigr.  3, 
ding  o.  Bd.  2,2,  Sp.  2097  und  (Münzen)  Sp.  P-  ^^8  nach  Bruce  Lapidarium  septentrionale 
2100  ff.  angeführten  Belege,  Matz-Duhn,  An-  wiederholt:  lOCMAT  |  VTATM  |  COCIDO  i  TOAEA | 
tike  Bildwerke  in  Rom  (1881—1882)  nr.  906.  ^^"^  ^^d  als  verbesserte  Lesung  vermutet: 
918—920.  3090.  3764  (^-06:  Kybele).  Babelon-  D(e)o Mt,(rti)  Tutati  S  Cocid^iobenemer(enti). 
Blanchet,  Catalogue  des  Bronzes  antiques  de  la  Holder,  Altcelt.  Sprachschatz  2,  Sp.  2022  {Tu- 
5iR -w«^.  (1895),  p.  2ö4tf.  nr.  606— 615:  weib- 60  ^«^^«)-  Tutas  (-atis)  ist  andere,  latinisierte 
lieh  (teilweise  Kybele,  607 f.:  Antiochia)  und  Schreibung  für  Toutas  {Toutatis),  ebenso  wie 
nr.  623—624:  männlich.  Totns    {-atis);    vgL    die    Artikel    Teutates   und 

In  den  bildlichen  Schilderungen  am  Bogen  Toutas.     [Keune  ] 

des  Traianus  zu  Beneventum  aus   dem  J.  114  Tiitaites  s.  Teutates. 

n.  Chr.  sind  mehrfach  Frauen  durch  eine  Mauer-  Tutator    inaris    heißt   luppiter   in    der  In- 

oder  Turmkrone  als  Städte  (insbesondere  Roma)  schrilt  von  Beneventum  CLL  9, 1649  =  Dessau, 

oder  auch  als  andere  Personifikationen  gekenn-  Inscr.  Lat.  sei.  3027  (Cippus):  Lovi  tutatori  maris 

zeichnet,  E.  Petersen^  Mitteilungen  des  K.  D.  (auf  den  beiden  Seitenflächen  Opferkrug  und 


1303  Tutatrix  Tutela  1304 

Opferschale);  vgl.  Wissowa,  Religion  u.  Kultus  und  Parthenopaios  (^parO-anapae)  dar,  bewacht 
der  Römer*  S.  227f.,  Anm.  8,  über  Verbindung  von  Tydeus  (tute)  und  Adrastos  (atrs^ei.  Di» 
des  luppiter  mit  Neptunus,  auch  r.  2)owja«jfct/;sAi,  (»emme  von  Volci,  sowie  die  beiden  unbc 
Abhandlungen  z.  röm.  Religion  8.  23f.  (Korrbl.  kannten  Fundortes  enthalten  nur  die  Figur  d( 
d.  TFiwfai.  Z*cAr.  17, 1898,  §  63)  uberTempestatea.  Tydeus  (^tute)  allein,  und  /.war  die  von  Volci 
Allgemein  defensor  et  tutator  heißt  luppiter  mit  Schwert  und  Schild  bewaffnet,  während 
CIL  8,8024  (Romula  in  Dacia).  —  Auf  Mün-  der  Helm  am  Boden  ruht;  die  erste  unbekannten 
zen  dea  Diocletianos  und  seines  Mitregenten  Fundortes  zeigt  ihn  kniend,  die  zweite,  wir 
MaximianoB  lauten  Umschriften:  lovi  Tutatori  er  mit  dem  Schabeisen  sich  vom  Staube  und 
Augg.  (=-  Augustorum) ,  s.  Cohen,  Descr.  hist.  lo  Schweiße  des  Kampfes  reinigt.  |C.  Pauli.] 
d.  monn.  fr.  sous  VEmpire  rom*  6,  p.  445,  nr.  Tutela.   Ausgehend  von  der  namenlosen  An- 

292  und  p.  632,  nr.  882.  —  {Tutator  gentis  Phry-       rufungsformel  sive  deo  sive  deae,  in  cuius  tutela 

gicte  wird  Apollo  genannt  in  der //ia«I/a^  911,  hie  lucus  locusve  est,  die  uns  im  Ritual  der 

8.  Carter,  Epitheta  deor.  ap.  poet.  Lat,  Supple-  Arvalbrüder    begegnet    {Henzen ,    Acta    fratr. 

ment  zu  diesem  Lexikon,  S.  16.)  —  Tutatrix  Arval.  S.  146),  hat  sich  der  Begriff  einer  Tu- 

huius  loci  scheint  die  dea  Fortuna  genannt  zu  tela  loci  als  allgemeiner  Ausdruck  für  das  un- 

sein  auf  einem  Altar  des  Museums  zu  Mont-  faßbare,  an  einer  bestimmten  örtlichkeit  wirk- 

pellier,  CIL  12,4183.  —  Vgl.  noch  die  stadt-  same  numen  herausgebildet  {Petron.  57,  2  itc 
rOmiscben  Weihinschriften  CIL  6,  343  (vom  Tutelam  huius  loci  haheam  propitiam^  vgl.  CIJ. 
J.  26  n.  Chr.):    [Hejrculi   Tutaftori  AJug.  sa-  20  6,777  Tutele  loci,  13,  440  Tutelae  loci  huiius), 

cr(um)    und   6,612  (Taurobolium   vom  J.  390  völlig  parallel  der  Vorstellung  vom  ögwtw.s  Zoct, 

n.  Chr.).     [Keune.]  mit    welchem    Tutela    in    Weihinschriften    oft 

Tutatrix  s.  Tutator.  verbunden  erscheint,  so  im  römischen  Praeto- 

Tute   (tute)  ist  die  etruskische  Umformung  rianerlager  C/L  6,  216  =  30718  =  De^saw  2013 

des   griech.   Tydeus    {Deecke   in  Bezzenhergers  Genio  et  Fortunae  Tutelaeque  huius  loci  cohor- 

Beitr.  2,  170,  nr.  101).     Die  Form  ist  fünfmal  tium  praetoriarum ,  in  Carnuntum  CIL  3,4445 

belegt,  und  zwar  auf  einem  Spiegel  von  Volci  =  Dessau  3653  Tutelae  et  Genio  loci,  in  Bil- 

und   auf  vier  Gemmen.     Die   erste   derselben,  bilis    CIL  2,  3021   deo   Tutel(ae),    Genio  loci; 

ein  Skarabäus  aus  Karneol,  stammt  aus  Perusia  auch  die  Inschrift  von  Mentesa  in  der  Hispa- 
und  befindet  sich  jetzt  in  Berlin;  von  den  an-  30  nia  Tarraconensis    CIL  2,  3377   deo  Tutel(aeJ, 

deren  dreien,   gleichfalls  Skarabäen   aus  Kar-  Genio  Mentes{inorum)  ist  ähnlich  aufzufassen, 

neol,  stammt  die  eine  aus  Volci,   die  anderen  und  in  der  Mainzer  Inschrift  CIL  13,6665  = 

beiden     sind     unbekannten     Fundortes.     Der  Dessau  4796  deab(us)  Aufan(is)  et  Tutelae  loci 

Spiegel  ist  veröffentlicht    von   Roulez    in  den  pro  salute   et   incolfujmitate  sua   suorumqfue/ 

Ann.  deW   Inst.   1843,   215,  tav,   agg.  F.,  von  omnium  L.  Maiorius  Cogitatus  b(ene)f(iciarius} 

Grerhard,  Etr.  Spiegel  3,   171,  Taf.  CLXXVIII  co(n)sularis  usw.  sind  die   einheimischen   Ma- 

und   von  Fabretti,   C.  I.  I.    nr.   2152;    zu  ver-  tronae  {Ihm,  Bonner  Jahrb.  83,  1887   S.  29 f. 

gleichen  ist  auch  Avellini  im  Bull.  arch.  napol.  an  die  Stelle  des  römischen  Genius  loci   ge- 

3,  48.  52  sq.  Die  Literatur  der  Perusinischen  treten.  Dem  entsprechend  verbindet  sich  im 
Gemme    habe    ich  s.  v.  Parthanapae  gegeben.  40  häuslichen  Gottesdienste  Tutela  mit  den  Laren 

Zur  Gemme  von  Volci  s.  BuU.  delV  Inst.  1831,  und    dem   Genius    des   Hauöherrn,    so    in   der 

106,  nr.  27,  Micali,  Storia  ad  tav.  CXVI,  nr.  3,  Weihung  eines  Sklavenpaares  aus  Tarraco  CIL 

Codes   Cent.    1,  nr.   27  und  Fabretti,  C.  I.  1.  2,  4082  =  Dessau  3605  Laribus  et  [Tujtdae, 

nr.  2155,  tab.  XL.     Von  den  beiden  Gemmen  Genio    L(ucii)   n(ostri)    Telesphor(us)    et  Plate 

unbekannten  Fundortes  ist  die  eine  veröffent-  donum  dederunt;   vgl.  auch   Eph.  epigr.  9,  440 

licht  von  Witickelmann,  Monum.  inedit.  nr.  107  (Ostia)  [invicto]  deo  Soli  [omnip] otenti  . .  .  .  o 

(tab.  CXXII.  nr.  285   ed.  Prat),  von  Lanzi  2,  caelesti  nfujmfini  pjraesenti  Fofrjtufnaje  La- 

151  ==  121,  nr.  9,  tav.  VUI,  nr.  8,  von  MilUn„  ribus  Tutfelajequae  [sa]c(rum)  [  Venera,] ndus. 

Gal.  myth.  2,  55,  pl.  CXL,  nr.  509,  von  Inghi-  Ihre  Verehrungsstätte  war  nahe  der  Tür  des 
rami,   Storia  deüa   Toscana  tav.  LXXX,  nr.  4  50  Hauses,  wo    sie   von    allen   Eintretenden    und 

und  von  Fabretti.,   C.  I.  I.   nr.  2544.     Die  an-  Hinausgehenden  begrüßt  werden  konnte:  nul- 

deren  haben  veröffentlicht  Winchelmann,  Mo-  lusque  f'uerit  locus,  qui  non  idololatriae  sordi- 

num.   ined.   nr.    106   (tab.   CXXII    nr.   284    ed.  bus  inquinatus  sit,  in  tantuvi,  ut  post  fores  do- 

Prat.)  und  Storia  delV  arte  del  disegno  1,  161,  morum  idola  ponerent,  quos  domesticos  appel- 

Lanzi  2,    149  =  120,  nr.   8,  tav.  VHI,   nr.  9,  lant  Lares,  et  tarn  jjublice  quam  privatim  ani- 

Millin,  Gal.  myth.  2,  55,  pl.  CXXXIX,  nr.  508,  marum  suarum  sanguinem  funderent.  hoc  errore 

Müller,   Denkmäler    der   alten   Kunst    1,   Taf.  et   pessima   consuetudine    vetu^statis    multarum 

LXUI,  nr.  320,  Fabretti.,  CLL  nr.  2545.    Die  provinciarum  urbes  laborant,   ipsa  Roma  orbis 

Spiegeldarstellung  enthält  drei  Figuren:  links  domina  in  singulis  insulis  domibusque  Tutelae 
den  sitzenden  Adrastos  (atrste),  vor  ihm  stehend  60  simulacrum  cereis  venerans  ac  lucernis,  quam 

Tydeus    (tute)    mit    dem  Goldschmuck  in   der  ad  tuitionem  aedium  isto  appellant  nomine,  ut 

Hand,  rechts  der  sitzende  Amphiaraos  (amqpi-  tarn  intrantes  quam  exeuntes  domos  suas  inoUti 

are) ;  die  Situation  ist  klärlich  die,  daß  Tydeus  semper  commoneantu/r  erroris  heißt  es  bei  Hieron. 

den  Adrastos  zum  Kriege   zu  bereden    sucht,  in  Esai.  16,57,6  =  Migne,  Patrol.  lat.  24,551.  ^ 

während  Amphiaraos  abrät.     Die  Perusinische  Das   Bild   dieser  häuslichen  Tutela   zeigt   ein  9 

Gemme  habe  ich  s.  v.   Parthanapae  näher  be-  vatikanisches  Relief  {Amelung,  Vatikan  2,  702  f. 

schrieben:    sie  stellte  die  schlafenden  Helden  nr.  435a,  abgebildet  Annalid.  Instit.  1866  tav. 

Polynices    (qpulnice),    Amphiaraos    (amqptiare)  d'agg.  K  4,  danach  oben  Bd.  3,  Sp.  2126,  nr.  13) 


1305                        Tutela  Tutela                        1306 

mit  der  Inschrift  Tutele  sancte  Aurelius  Urba-  dem  CIL  6,  2306 f.  =-  l'p.  280f.,  dtizuWissowa, 

nus    ex   voto    {CIL  6,  31054  =  Dessau  3724):  Apophoreton  der  Graeca  Halensis  1903,  S.  3ötf.) 

die  Göttin  tni^t  als  kennzeichnendes  Attribut  und  sonst  in  astrologischem  Sinne  (Jovis  tutela 

ein  großes  Füllhorn,  wie  der  Genius.   Wie  die-  Jlorat.  carni.  2,17,23),    aber  auch    weiter    für 

ser  (s.  oben  lid.  1 ,  Sp.  1522  f.)   tritt   sie   auch  Schutzgottheiten    von    Städten    und     Ländern 

sehr  häufig  in  Verbindung  mit  Fortuna,  außer  {Macr.  S.  3, 1),  5  si  tutelae  suae  —  der  Römer  - 

in  den  bereits  angeführten  Inschriften  CIL  6,  nomen  divulgantur.    Claudian.  de  VI  cons.  Ho- 

216  =  30718  =  Dessau  2013    und   Eph.  epiyr.  nur.  698  Romanae  tutela  togae.    Horat.  carm.  4, 

9,440  auch  CIL  (5,  177   Fortfunae  et]  Tutelafe  14,  43 f.  von  Augustus:  o  tutela  praesens  Jtaliae 

huius  loci]  P.  Aelius  L[ J  P-  P  •  • '  aedem  lo  doininaeque   liomae,   vgl.  epist.  1,  1,  103  rerum 

cufm  porticu]  a  solo  rfestituitj-,  6,178  =  Dessau  tutela   mearum.    Martial.  b,l,l   o   rerum   felix 

3722   deae   Fortunae  Tutelae  L.  Bahurius  lu-  tutela  saltisque).    Die  Unbestimmtheit  des   Be- 

venis;  6,  179  =  Dessau  3723  Fortunae  adiutrici  griffes  begünstigte  eine  panthcistische  Auffas- 

et  Tutelae  Val(erius)  Florentinu^  v.  l.  s.;  Rom.  sung:  ein  aus  Rom  stammendes  Relief  im  Ber- 

Mitteil.  19,  1904,  152  (=  Engström,  Carm.  lat.  liner  Museum  mit  der  Inschrift  F'uscus  Augfu- 

epigr.  nr.  282,  aus  Saturnia  in  Etrurien)  [T]u-  storum)  nostrorum  verna  vilicus  Tutelae  votum 

tela,  Hercules,  Fides,  Fortuna  hie.  invide,  qui  reddidit  {CIL  ö,  774  =  Dessau  3726)  zeigt  fol- 

spectas,  h(a)ec  tibi  poena  manet;  CIL  13,  7834  gende  Darstellung:  'Eine  Göttin  ist  in  Vorder- 

(Aachen)  Fortfunae  HercJulfiJ  Tutele  loci  Can-  ansieht  auf  dem   linken  Fuße  stehend  darge- 

didinius   Gaius,   sevir  AugufstalisJ  usw.    Wie  20  stellt,  sie  gleicht  der  Artemis  durch  die  Stiefel, 

Fortuna  (vgl.  Wissowa,  Relig.  u.  Kultus  d.  Rom.*  den  kurzen  Chiton  und  den  Bogen  in  der  Lin- 

S.  263)   diöerenziert  sie   sich  durch  Beinamen  ken.    Aber  sonst  ist  sie  pantheistisch   ausge- 

nach  den,  Familien  und   Häusern,    die   ihrem  stattet.    Auf  der  Brust  trägt  sie  die  Aegis  der 

Schutze  unterstehen :  CIL  6,716  =  Dessau  H127  Athena,  in  der  rechten  Hand,  welche  sie  über 

Tutel(a)e  Candidian(a)e  Constantius  Aug(usto-  das  Steuerruder  der  Fortuna  herabhängen  läßt, 

rum  duorum)  et  Caes(aris)  tabul(arius)  s(ummi)  hält    sie    anscheinend    einen    Apfel,    der    auf 

c(horagi)  una  cum  Sergiam  Siricam  coniugem  Aphrodite  hinweisen  mag;  vor  dem  Steuerruder 

suam   caelum   cum   columnis   et   velis  et   aram  richtet  sich   die  Schlange  der  Hygieia  empor. 

odoribus  repletam  erga  suorum  sanitatem  d.  d.  Neben   dem  linken  Fuße  steht  am  Boden  das 

CIL  5,  3304  =  Dessau  3728  (Verona)  TuteflaeJ  30  Rad   der  Nemesis'  {Königl.  Museen  in  Berlin, 

domfusj   Rupilfianae/   M.  HerefnniusJ  Resti-  Beschreib,  d.  antiken  Skulpturen  S.  253  nr.  683 

tfutusj.    Vereinzelt  steht  die  Verbindung  Nu-  mit  Abbild.);    durch    diese   Darstellung   erhält 

minibus  Aug(ustis),  Tutelae  optimae,  prout  la-  die  Weihinschrift  aus  Dertosa  CIL  2,  4055  = 

tum  accip[e]re  Q.  Iul(ius)  Optatus  Sulp(icius)  Dessau  3729  =  6925    Panfthjeo    Tutelae   usw. 

Eutyches  l.  p.  {CIL  6,  30984  =  Dessau  3731),  ihre  Erklärung.  Außerhalb  Roms  begegnet  uns, 

sowie  die  Inschrift  eines  Goldringes  aus  Lyon  von  einzelnen  zerstreuten  und  unsicheren  Zeug- 

{CIL  13,10024*^)  Veneri  et  Tutele  votum.    Zu-  nissen  (wie  CIL  12,1837  [ViennaJ.  13,  8250  f. 

weilen  bringt  man  auch  der  schützenden  Kraft  [Köln])  abgesehen,  nur  ein  großes  in  sich  ge- 

eines  einzelnen,  namentlich  bezeichneten  Gottes  schlossenes  Verbreitungsgebiet  des  Dienstes  der 

besondere  Verehrung   dar,   so   in   der  oberita-  40  Tutela,  in  der  Tarraconensis  und  dem  benach- 

lienischen  Inschrift  (aus  der  Gegend  von  Brixia)  harten  Aquitanien,  wo,  wie  die  große  Zahl  der 

CIL  5,  4243  =  Dessau  3069   lovis   Tutelae   C.  Inschriften  (zwischen  30  und  40)  zeigt,  oflFenbar 

Hostiliiis  Aemilianus  vet(eranus)  Aug(ustorum)  die  römische  Göttin  mit  einer  einheimisch  iberi- 

n(ostrorum)  v.  s.  l.  m. ,  wie  auch  Verg.  Georg.  sehen  {0.  Hirschfeld,  Kl.  Schrift.  S.  230)  zusam- 

4, 111  statt  Priapus  voller  Tutela  Priapi  setzt,  mengeflossen  ist  (vgl.  Wissoiva,  Archiv  f.  Reli- 

während  andererseits  Pnop.  36,  7  Vulcan   als  ^«o«sw.ss.  19  [1918J,S.  33  f.).  Die  Göttin  heißt  hier 

Tutela  Lemni   bezeichnet    wird.    Im    letzteren  häufig  Tutela  aug(usta),  CIL  2,  3349.  4056.  13, 

Sinne,    schlechthin    als   Schutzgottheit,  wobei  583.  584.  919  (=  Dessau  3786.  3730.  3732  3733. 

sowohl  an  bestimmte  wie  an  unbestimmte  gött-  3734).  955,  eine  Tutela  Augusta  Vesunnia  {CIL 

liehe  Wesenheiten  gedacht  sein  kann,  begegnet  50  13,  956  =  Dessau  3735,   vgl.   Tutelae  Vesunnae 

das  Wort  häufig,  so  besonders  von  den  tutelae  CIL  13,  949)   ist  die  Stadtgöttin  von  Vesunna 

navium  (vgl.  Ovid.  Trist.  1,10,1   flavae  tutela  Petrocoriorum(Perigueux)  und  besitzt  dort  einen 

Minervae  navis),  den  Gallionbildern  der  Schiffe  Tempel  {CIL  13,939  =  Dessau  4638,  wonach 

(weshalb   die    lateinisch-griechischen   Glossare  ein   Priester  des  provinzialen  Kaiserkultes  an 

tutela   u.   a.    mit    nagdormov   und    ay.Qoat6XLOv  der  Ära  Augusti  Lugudunensis  <ewp?M?w  cieae  Tm- 

wiedergeben,   Corp.  gloss.  lat.  2,203,36  u.  ö.):  telae  et  thermafsj  public(as)  utraq(ue)  olfimj 

Lucan.  3,  5 10  f.  non  robore  picto  ornatas  decuit  vetustate  collabfsaj  sua  pecunia  restfituitj)  und 

fulgens  tutela  carinas  (dazu  Comm.  Bern,  tutela  Porticus  {CIL  13,  949),   in   gleicher  Weise  ist 

deus,  qui  in  puppi  sedet).    Seneca  epist.  76,  13  die   Tutela  Tarrac(onensis)  CIL  2,  4091.  6077 

(navis,)  cuius  tutela  ebore  caelata  est.    Petron.  eo  zu  verstehen;   eine  ministra  Tutelae  Augustae 

105,4   ut  tutela  navis  expiaretur  (vgl.  108,13  nennt  CJi  2,3349  =  Dessaw  3786,  der  Ortsname 

ramum  oleae  a  tutela  navigii  raptum).  Sil.  Ital.  Tutela  (heut  Tudela)  begegnet  u.  a.  am  Ebro 

14,  544    (in   der    Seeschlacht)   tutelaeque   deum  zwischen   Calagurris   Nassica  (Calahorra)   und 

fluitunt,  vgl.  Paul.  p.  78  navem,  quae  lovis  tu-  Caesaraugusta  (Saragossa)  {Martial.  4,  55,  16; 

telam,  effigiem  tauri,  habuerit.    Ebenso  von  den  über  den  Ortsnamen  TovT-qXag  ßcofiög  auf  Cor- 

Schutzgottheiten    der    Monate    {Manil.  2,  434  sica  bei  Ptolem.  3,2,5  vgl.  Nissen,  Ital.  Lan- 

noscere  tutelas  adiectaque  numina  signis  und  desk.  1,  551,  3.    Hübner,  Monum.  ling.  Iber.  p. 

in    den   inschriftlich   erhaltenen  Bauernkaien-  LXXXV  n.  105).   Die  Vielseitigkeit  dieser  Gott- 


1307                      Tuthel  Tvami                       1308 

heit  ergibt  sich  aus  den  mannigfaltigen  An-  denen  der  Stern  der  Aphrodite  beschworen 
lassen,  aus  denen  man  sich  nach  dem  Zeugnisse  wird  (Hgi^,  yiaßccfi^  2Jvccq,  2^aTT)e,  Toviö,  T., 
der  Inschrilten  mit  Gelöbnissen  und  Darbrin-  ' Peacpoöm^i  ^  ^Ypcüqp,  Kaxifi^  2JtTtän).  Hygrom. 
gongen  an  sie  wandte,  z.  B.  ob  hotwrem  sevi-  Salom.  cmgr  7ü,  Cat.  cod.  astr.  gr.  8,2,  löü. 
ratus  8ui  (CIL  8,  4066  -  Dessau  3730),  ob  le-  Tiitinus  s  Tutunus.  { Preiseudanz.] 
gationes  in  concilio  p(rovinciae)  H(ispaniae)  Tutor,  Beiname  des  Juppiter  in  der  bei  Ostia 
c(iteriori8)  aptU  Änftonijnum  Augfustum)  pro-  gefundenen  Weihinschrift  CIL  14,  25  =  Dessau, 
«per«  ye8«o«(C/L  2, 4066  ^Dewat*  3729  =  6« 26),  Inscr.  Lat.  sei.  601%  und  des  J(uppiteri  ()(pt%- 
quod  aeditieium  duarum  ofjficinarum  aalvos  rede  mus)  M(aximus)  in  einer  unweit  Nicaea  in 
peregit  et  aedem  (Dessau  9265),  pro  saiute  lO  Bithjnia  gefundenen  Inschrift  mit  griechischer 
Fusci  fili  sui  (Caanat-Besnier,  L'annee  Spigt.  Übersetzung  cpQovT[iat^g],  Dessau  9238  (Bd.  3, 
1908  nr.  6)  u.  a.  Die  wiederholt  vorkommende  S.  CII).  —  UercuU  tutori  domus  Not^elliana 
Weihung  Deo  Tutelae  (CIL  2,3021.  3377.  4092  lautet  die  Inschrift  von  Capua  CIL  10,  3799 
i^-  Dessau  6276J.  18,  246)  möchte  Toutain,  Les  =  Dessau  3443  (mit  auf  Hercules  bezüglichem 
cuUes  patens  dans  Vempire  Romain  1 ,  S.  443,  6  Bildwerk).  —  Als  tutor  Bacchi  wird  Silenus 
nicht  mit  .H«(6ner  (zu  C/L  2,  3021)  und  IFüs^ou-a  bezeichnet  von  Petronius  133  und  als  tutor 
{Rtlig.  u.  Kultus  d.  Rom.*  S.  178)  von  deus  tu-  finium  Silvanus  von  Borat,  epod.  2,  22  (s.  Carter 
telae,  sondern  von  deus  Tutela  herleiten ;  aber  im  Supplement  zu  diesem  Lexikon  S.  92).  —  Zu 
wenn  man  das  allenfalls  im  Hinblicke  auf  die  CIIj  10,  3799  s.  R.  Peter  o.  Bd.  1,  2,  Sp.  2958. 
Weihungen  deae  Tuttlae  {CIL  13,159.  439)20  iKeune.] 
für  möglich  (nicht  für  wahrscheinlich)  halten  Tutunia  lesen  etliche  Autoren  als  Zunamen 
könnte,  so  verbietet  sich  für  CIL  2,  2991  ■==  einer  etruskischen  Göttin,  andere  lesen  putu- 
Dessau  3667  Grenio  tutelae  horreorum  die  An-  nia.  Ich  habe  es  unter  dieser  Losung  be- 
setzung  des  Nominativs  Genius  Tutela  schon  handelt  und  verweise  auf  den  Artikel, 
mit  Rücksicht  auf  Ammian.  Marc.  21,  14,  2  [C.  Pauli.] 
genius  quidam  tutelae  scUutis  appositus,  und  Tutunus.  Das  antike  Material  über  Mutunus 
ebensowenig  wird  man  au  einen  Paiitheus  Tu-  Tutunus  oben  Bd.  2,  Sp.  204  tf.  (Pt^er).  Zur  Ety- 
tela  (CIL  2,  ^06b  Dessau  3729  =  6925)  glau-  mologie  s.  noch  Marx  zu  Lucil.  78;  Walde, 
ben  wollen.  Sonstige  Denkmäler  der  Tutela  Etym.  Wörterb.*  5UG;  Bücheier,  Arch.  L.  L.  2, 
aus  diesen  Provinzen  mit  bedeutungslosen  In-  so  118;  Sonny  ebd.  10, 3S2i\;  Wissotva,  Rel.*2i3,l. 
Schriften:  CIL  2,2638.  3031.  3226.  5618.  6816.  In  beiden  Namen  steckt  das  membrum  virile 
6076  13,  57.  328.  411.  586.  917.  955.  Es  ist  {mutto,  titus),  aber  in  beiden  auch  das  yvvai- 
kein  Zufall,  daß  auf  der  römischen  Reichsmünze  xslov  aiöotov,  vgl.  Hesych  ^vtrog-  xo  yvvutxslov, 
Tutela  zuerst  unter  dem  älteren  Tetricus  er-  Photios  xixig  =  yw.  ald.  . . .  xal  i}  x^pxo?.  So- 
scheint  [Cohen,  Med.  imper.*  6,  110  nr.  176  nach  kann  man  mit  Wissowa  a.a.O.  und  6res. 
TVTELA,  stehende  Frau  mit  Opferschale  und  Abhdl.  325  in  M.  T.  einen  Doppelnamen  finden, 
Lanze),  der  als  Statthalter  von  Aquitanien  in  der  den  Begriff  einer  über  den  Geschlechts- 
Burdigala  zum  Kaiser  ausgerufen  wurde;  nach-  beziehungen  waltenden  Gottheit  in  polarer  und 
her  findet  sich  ihr  Bild  nur  noch  einmal  auf  darum  erschöpfender  Fassung  zum  Ausdruck 
Münzen  des  Carausius  (Cohen  a.  a.  0.  7,  36  40  bringt.  Die  Funktion  eines  Hochzeitsgottes  ist 
nr.  353 — 363),  als  stehende  Göttin  mit  den  At-  also  durch  den  Namen  ebenso  wie  durch  die 
tributen  des  Genius,  Füllhorn  und  Opferschale.  Bräuche  {Peter  a.  a.  0.)  angezeigt,  s.  auch 
Wenn  /.  de  Witte  (Gazette  archeol.  5  [1879J,  S.  4)  Usener,  Göttern.  327;  Otto,  Arch.  L.  L.  15,  188; 
und  E.  de  Chanot  (ebd.  S.  211  f.)  verschiedene  Wissowa  Hid,  6;  243.  Zu  den  Bräuchen  Nil-son, 
Darstellungen  einer  mit  der  Mauerkrone  ge-  Griech.FesteSQ6t'.;Fehrle,BGVV6,4^2;  Ada- 
schmückten  Göttin  (a.  a.  0.  pL  2  und  29)  als  mantios  AuoyQucpioc  3,  105.  Wenn  in  dem  bei 
die  Tutela  Roms  haben  deuten  wollen,  so  hat  Festus  p.  143  Linds.  (oben  Bd.  2,  Sp.  206)  be- 
sieh der  erstere  den  Weg  zu  dieser  Erklärung  zeugten  Ritus  Usener  327  die  togae  praetextutac 
durch  ein  drolliges  Mißverständnis  der  oben  als  Männerkleider  versteht  und  Nilsson  372 
angeführten  Hieronymusstelle  geschaffen,  aus  50  dazu  auf  den  in  Hochzeitsbräuchen  häufigen 
der  er  eine  Verehrung  der  Roma  als  Tutela  Kleidertausch  verweist,  so  liegt  da  ein  Irrtum 
auf  den  Inseln  (!)  und  in  den  Provinzen  des  vor.  Geraeint  ist  die  toga  pi'aetexta  aU  Trsbcht 
Reiches  herausliest.  Der  Aufsatz  von  Ch.  Bo-  der  Mädchen  bis  zur  Hochzeit  (Blüniner,  Böm. 
bert,  Le  culte  de  Tutela,  Mem.  de  la  societe  Privataltert.  350);  in  ihr  also  brachten,  vor  der 
archeol.  de  Bordeaux  4, 1 — 8  war  mir  unzugäng-  Hochzeit,  die  Mädchen  das  Opfer  an  M.  T.  dar, 
lieh.  Im  allgemeinen  vgl.  JS.  L.  Axtell,  Dei-  s.  Wissowa  243,4;  Samter,  Geburt,  Hochzeit, 
fication  of  abstract  ideas  in  Roman  literature  Tod  92,  3.  Wie  schon  Frühere  (Literatur  oben 
and  inscriptums  (Chicago  1907)  S.  40 ff.  Bd.  2,  Sp.  205)   setzt    Usener,   Kl.  Sehr.  4,  16 

[Wissowa.]  A.  29,   Göttern,  a.  a.  0.  Tutanus  mit  Tutunus 

Tuthel  (Tovd"qX),   Name  eines  schützenden  60  gleich,  wegen  der  schützenden  Kraft  des  fasci- 

Engels  der  Rindt-r  und  Schafe  in  einem  grie-  num.    Docu  wird  man  M.  T.  und  Tutanus  Ke- 

chischen   Gebet  bei  F.  Pradel,   Griechische  u.  diculus  lieber  trennen,  s.  oben  Bd.  2,  Sp.  218; 

südital.  Gebete  (Bei.  Vers.  u.  Vorarb.  4,2)  18,4  227  (Peter)  und  Wissowa  55.        [Weinreich.] 

u.  57.    Pradel   denkt   an   Zusammenhang   mit  Tvami  (tvami)  oder  nach  seiner  Schreibung 

tutela  oder  Tutela,  erinnert  aber  auch  an  das  tfami,  las  Gerhard  die  Beischrift  zu  der  Person 

hebr.  ":X'r*r,  Tuthi  El.             [Preisendanz.]  eines  göttlichen  Jünglings  auf  einem  Bronze- 

Tutilina  s.  Indigitamenta.  Spiegel.     Näheres  darüber  s.  unter  tin-ö^un. 

Tutimar  (TovxnidQ)^  einer  der  Namen,  bei  [C.  Pauli.] 


130Ö                        Tyche  Tycoe                        1310 

Tyclie    {Tvxu),    Hine    Personifikation,    deren  und  Schickml  bei  den  attischen  Rednern,  Jahrb. 

vielseitige  lieiieutuug  sich  schwer  in  einer  kur-  f.  kl.  Phil.  139  (1889),  4ü8tf.;    E.  Rohde,  Der 

y,en    Charakteristik    zusammenlassen    läßt.     In  griech.   Roman'*  276  tl*.    (die    Zitate    nach    der 

der  älteren  Zeit  erscheint  sie  vornehmlich  als  1.  Aufl.);    Preller  - 1<  ober  t,    Gr.    Mythologie*   1, 

Spenderin  des  Glücks  und  Wohlgeliiigcns  über-  639  ti.;    F.  Rosiger,  Die  Bedeutung  der  T.  bei 

haupt.     Allmählich  aber  nimmt  das  Wort  rvxji  den   späteren   griech.  Historikern,  bes.   bei  J)e- 

«iuen    umfassenderen   Inhalt   an.     Ks   ist  bald  metrios  v.  Phuleron,  Konstanzer  Gymn.-Progr- 

blindes  Ungefähr,  Zufall,  bald  Schicksal,  Lei-  von   1880;    R.  von  Scula,   Die  Studien  des  Po. 

tung  und  Fügung  im  guten   und  bösen  Sinne,  lybius  1,    lö'Jtf. ;    Daremberg  -  Saglio,   JJict.   des 

und  auf  die  Tyche  wird  alles  Geschehen,  Glück  lo  ant ,  Artikel  'Fortuna'  von  J.  A.  llild  1204 ff.; 

wie  Unglück,  zurückgeführt.     Sie  ist  demnach  Roschers   Myth.  L.  Artikel    'Personifikationen* 

43ine  Art  Schicksalsgottheit  und  wird  von  Pin-  von  L.Deubner,yg\.KegiattTSp.2HVJ;  O.Gruppe, 

dar  geradezu  als  eine  der  Moiren   bezeichnet;  Griech.  Rel.-G.  u.  Myth.  bes.  2,  1086  Anm.  3. 

in  weit  zahlreicheren  Fällen   ersclieint    sie  als  Vgl.  Kegisler. 
Göttin  eines  wandelbaren  Glücks,  und  in  dem 

launischen  und  unberechenbaren  Wechsel  ihrer  ^-  LiterarisclieZengnissefUrTychebis  zuPindar. 
iVfaolitäußerungen  ist  sie  kaum  etwas  anderes  als  Homer  kennt  die  T.  noch  nicht.  Das  be- 
der  blinde  Zufall.  Um  so  notwendiger  empfan-  zeugen  bereits  von  den  Alten  Macroh.  Sat.  5, 
den  fromme  Gemüter  das  Bedürfnis,  ihre  gute  16,  8  {Fortunam  H.nescire  maluit  et  soli  de- 
Seite zu  betonen  und  sie  in  der  besonderen  20  crcto,  quam  ^ol(jav  vocat,  omnia  regenda  com- 
Gestalt  der  kya&i]  Tvxv  ^^  verehren.  Auf  der  mittit  adeo,  ut  hoc  vocabulum  rvxri  in  nulla 
anderen  Seite  wächst  mit  dem  Schwinden  des  parte  Homerici  voluminis  nominetur)  und  Lyd. 
Glaubens  an  die  Olympier  namentlich  seit  der  de  mens.  WA,  7;  vgl.  Schol.  zu  Ilias  A  684. 
Zeit  Alexanders  des  Großen  die  Bedeutung  Die  erste  Erwähnung  findet  Pausanius  4,  30,  4. 
dieser  Zufallsmacht,  die  sich  —  wie  die  römische  imltom.^ Demeterhymnus 4:20,  wo  die  Okeanide 
Fortuna  —  allmählich  zur  'Allgöttin'  {H.  Usener,  T.  unter  den  Gespielinnen  der  Köre  aufgeführt 
Götternamen  339)  entwickelt.  Von  ihrem  Ein-  wird.  Als  Tochter  des  Okeanos  und  der  Thetis 
fluß  auf  die  menschlichen  Geschicke  wissen  ist  T.  mit  vielen  Schwestern  in  der  hesiodei- 
uns  die  Schriftsteller  in  immer  neuen  Wen-  sehen  Theogouie  360  genannt.  Die  Frage,  ob 
düngen  zu  erzählen. — Einen  Mythus  hat  die  30  diese  T.  von  der  späteren  Göttin  zu  sondern 
T.  nicht  gehabt.  Wo  wir  von  einem  Kult  hören,  sei  (so  F.  Rohde,  Gr.  Rom.'  276,  Anm.  2  und 
galt  er  jener  kyccd'r}  Tvxr]  oder  der  Glücks-  A.  Kalkmann,  Pausanias  der  Perieget  218; 
göttin  überhaupt,  sofern  man  ihren  Segen  im  anders  0.  Gruppe,  Gr.  Rel.-G.  u.  Myth.  1086 
Leben  des  einzelnen  oder  ganzer  Gemeinwesen  Anm.  3),  läßt  sich  mit  Gewißheit  nicht  ent- 
{Tvxr]  Tcolsas)  zu  verspüren  glaubte.  scheiden.  Jedenfalls  deutet  von  dem  Augen- 
Die  Ableitung  des  Namens  von  rvyx<^vco  zu-  blick  an,  wo  T.  in  der  späteren  Literatur  her- 
teil werden,  zufällig  auf  etwas  stoßen  (weiteres  vorzutreten  beginnt,  außer  dem  Namen  nichts 
8.  u.)  begegnet  keinen  Schwierigkeiten.  Bei  auf  einen  Zusammenhang  mit  der  Okeanide 
Cornutus  13  heißt  es:  Tvxt}  dh  ccrcb  rov  tbv-  hin.  Daher  kann  man  nicht  vait  Allegre,  Etüde 
XBiv  riiiiv  tag  nsgiarocasis  -nccl  rmv  öv^ninrovrcov  40  sur  la  deesse  gr.  T.  8  f.  aus  dieser  Genealogie 
TOI?  ävQ-QÖinoig  dr^uLovQybg  dvai.  H.  Lewy,  der  Meerestochter  das  Wesen  der  T.  als  einer 
Jahrb.  f.  kl.  Phil.  145  (1892),  761  setzt  T.  in  ländlichen  Glücks- u.  Seegöttin  ableiten, 
Beziehung  zu  Phoibe,  der  Strahlenden,  der  da  in  jener  älteren  Zeit  Glück  und  Reichtum 
früheren  Herrin  des  delphischen  Orakels,  und  hauptsächlich  in  dem  von  der  Bewässerung  ab- 
der  aus  der  Ferne  treffenden  Hekate;  er  faßt  hsinoigenHodenertY&g{Sinch  Welcker,  Gr.  Götterl. 
T.  in  demselben  Sinn  als  "^Trefferin',  da  tvy-  2,  799  sieht  in  der  Erwähnung  der  Okeanide 
Xccvoa  bei  Homer  häufig  vom  Treffen  der  Ge-  T.  einen  Hinweis  auf  den  'Reichtum  vermittelst 
schösse  gesagt  werde.  Gegen  diese  Erklärung  des  Wassers')  und  dem  durch  Seefahrt  erwor- 
einer  sonst  nicht  nachweisbaren  aktiven  Be-  benen  Handelsgewinn  begründet  gewesen  seien, 
deutung  der  T.  hat  sich  bereits  Giuppe,  Gr.  5j  Gegen  s.  Auflassung:  0.  Gruppe  a.  a.  0.;  A. 
Rel.  G.  u.  Myth.  1498  Anm.  7  (=  S.  1499)  aus-  Pouche- Leder cq,  Revue  de  Vhistoire  des  rel.  23 
gesprochen.  (1891)  281  u.  296;  /.  A.  Hild  in  Daremberg- 
Literatur:  Am  ausführlichsten  bis  jetzt  Saglio  'Fortuna^  1265.  Den  deutlich  ausge- 
F.  Allegre,  Etüde  sur  la  detsse  grecque  Tyche,  sprochenen  Charakter  einer  Seegöttin  hat  T. 
Paris  1889  und  die  Rezension  von  A.  Bouche-  niemals  gehabt.  Die  Stelle  Pindar  Ol.  12,  3: 
Leclercq,  'Tyche  ou  la  Fortune\  Revue  de  'Von  dir  werden  auf  dem  Meer  die  schnellen 
Vhistoire  des  religions  23  (1891),  273—307.  Schiffe  gelenkt'  zählt  diese  Eigenschaft  neben 
Ferner  Zoegas  Abhdlgen.  herausg.  von  F.  G.  anderen  Machtäußerungen  der  Göttin  auf,  um 
Welcker,  32—55;  Ed.  Gerhard,  Griech.  Mytho-  so  ihren  Einfluß  auf  das  menschliche  Leben, 
logie  §§  154,  597,  599;  derselbe  'Über  Agatho-  60  wo  es  immer  sich  abspiele,  auszumalen.  Eben- 
dämon  und  Bona  Dea'  Ges.  akad.  Abh.  u.  kl.  so  läßt  sich  die  Stelle  bei  Aesch.  Agam.  664 
Sehr.  2,  21  ff.;  Chr.  NägeUbach,  Nachhomerische  dahin  erklären,  daß  die  Gunst  der  T.  als  einer 

Theologie  153 ff.;  F.G.  Welcker,  Griech.  Götter-  wohlwollenden  Macht  überhaupt  die  Rettung 

lehre  2,  799  ff.;    K.  Lehrs,  Populäre  Aufsätze^  aus  Sturmesnot  ermöglicht  bat.  Daß  ihr  Tempel 

175 ff  ;  Leop.  Schmidt,  Ethik  d.  a.  Griechen  1,  und  der  der  Dioskuren  auf  der  Akropolis  von 

53 ff.;    H.  Meuss,  Tyche  bei  den  attischen  Tra-  Sikyon    von    Pausanias  2,  7,  5    nebeneinander 

gikern,   Hirschberger   Gymnas.- Programm  von  erwähnt  werden,  beweist  um  so  weniger,   als 

1899.  Derselbe,  Die  Vorstellungen  von  Gottheit  der  Beiname  ci-ngccicc  dort  gerade  auf  die  Stadt- 


1311                         Tyche  Tycho                         l':U2 

göttin  deutet.  Die  Ergänzung  7.  Gr.  2,8,1206;  gelegt  habe,  um  hinfort  bei  den  Römern  seß- 

wo  Keil  k<pQodixr)   EvnXola   T[r;f»}»»]  dcvii^rixsv  haft  zu  bleiben 

lesen    wollte,    ist   unsicher.     Das    Steuerruder  Von  der  Allmacht  der  T.  singt  ferner  Piv- 
endlich  ist  vo^  den  alten  ErklÄrern  (s.  u.)  nie  dar  im  Anfang  der  12.  olymp.  Ode:   Aißöoiiai, 
als   Attribut   der   Seegöttin,    sondern    der   das  nat  Zrivbg'EXev&tgiov,  \' Ißigav  s'bgva'&svB'  a^- 
menschliche  Leben  lenkenden  (xvßfgv&v  so  oft)  (ptnoXei,  acarstQu  Tvxa.  \  xlv  yag  iv  növxio  xf- 
Schicksalsmacht  aufgefaßt  worden.  Das  schließt  ßtgvdvxui    d-oai  |  v&fg,    iv    x^göm    rs    Xaiiprigoi 
nicht   aus,   daß  T.    gelegentlich  späterhin   als  n6Xsy,oi.  |  yi&yogal    ßovXaq)6goi>   .     .  Boeckh   hat 
Beschützerin    der  Seefahrt   angesehen    wurde  in  seinem   Kommentar  zu  dieser  Ode  (p.  208) 
So  erscheint  die  Tv^tj  xoXfiog  auf  Kaisermün-  lo  nachgewiesen,  daß  die  Benennung  der  T.  als 
zen   von    Bjzanz   mit   Schiffsvorderteil    {Pick,  der  Tochter   des   'Befreiers'   Zeus   in   lokalen 
Numism.  Zeitschr.il  {lS9b\  32  nr.  6),  zwischen  Verhältnissen  begründet  ist.     Wichtig  ist   für 
Schiffsvorderteilen  auch  auf  einer  Münze  von  uns  das  Gebet,  die  'Erhalterin'  (für  diese  He- 
Alexandria  (Cat  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Alex.  139  Zeichnung  Jve/irs,P.^.' 178  und  weiter  mit.  unter 
np.  1172).  Doch  können  diese  Attribute  ebenso  Beinamen)  T.  möge  Himera  schützend  umwan- 
gut    den    Charakter    der    Handelsstadt   be-  dein,  als  Stadt«,'öttin  natürlich.    Ob  diese  Worte 
zeichnen.  einen  Schluß  auf  Kult  und  Tempel  in  Himera 
Jrchilochus  frg.  16  Bergk  P.  L  Gr.*  nävxa.  zulassen,  steht  dahin.    Pindar  hatte  ihr  weiter 
Tvxri  xal  Mofpa,  Tlsptxjlffff,  icvdgl  dldcoaiv;  für  den  Namen  ^eginoXig  —  vielleicht  in  einem  an 
die    Schreibung  T.    und   M.  Lehrs,   Pop.   Auf-  so  sie  gerichteten  Hymnus  —  gegeben:  Paus.  4, 
Sätge*  181    und   Lewy,    Jahrb.   f.   kl.  Phil.  Üb  30,  6  tjOb  öh  yal  vaxsgov  Tl.  &XXa  xs  igxrjv  Tvxr]v, 
(1892),  762.     Hier  ist  sie  neben  der  Moira  die  xal  dij  xal  ^sg^noXiv  &vtycaXi:ö£v  ccix'qv.    Dazu 
Zuteilerin  aller  Gaben  an  den  Menschen.    AI-  Plut.  de  fort.  Rom.  10  (=  Pind.  frg.  39  Sehr.). 
legre  a.  a.  0.  30   liest   aus  diesem  Bruchstück  Ebd.  c.  4  heißt  es:  ov  jttv  yag  &7tsid'T]g  [Tvxr}] 
heraus,  daß  T.  die  Urheberin  des  Guten,  Moira  xaxa  Tl.  oväh  didv^ov  argicpovau  nriÖdXiov  (= 
aber  die  der  Übel  sei;    das   darf  man  ebenso-  Pind.  frg.  40  Sehr.).    Das  deutet  auf  ihre  uner- 
wenig,   wie  man  mit  Bouche -  Leclercq  a.  a.  0.  bittliche  Strenge   hin   und   scheinbar  auf  ihre 
299    aus    der  Vorstellung  des   Namens  der  T.  Launenhaftigkeit,  was  freilich  zu  dem  sonst  so 
auf  ihre  weiter  reichende  Macht  schließen  kann.  ernsten  Bild  wenig  stimmen  will.     Pausanias 
Das  62.  Fragment  des  Alcman  bei  Bergk*  so  7,  26,  8  (=  Pind.  frg.  41  Sehr.)  hat  uns  noch  ein 
lautet:  [Tvxcc]  Evvofiiag  xt  xal  nsLd-ovg  &8eXq)oi  Zeugnis   für    IHndars  Auffassung   vom   Wesen 
xal  TTgotucdsiag  d-vydxrig  (E.  Rohde,  Roman'  der  T.  erhalten:  'Eyco  ^8v  o-vv  TTivödgov  xd  xe 
276  Anm.  2  'Tochter  des  Prometheus'?).    Vgl  aXXa  nsid'ofiav  xfj  diSy  xal  Moigibv  xs  tlvai  fiiav 
Plut.  de  foH.  Rom.  4.     Der  Sinn  ist  der,    daß  rf/v  Tv^tjv,  xai  vTisg  xag  ddsXcpdg  xi  lax^tiv.  T. 
vortreffliche  Staatseinrichtungen  und  redekun-  als  eine  der  Moiren,  an  Stelle  der  Lachesis,  mit 
dige  und  klug  vorausschauende  Staatsmänner  Wage  und  Füllhorn   ist  dargestellt  auf  einem 
die   glücklichen   Erfolge    eines    Gemeinwesens  Sarkophagrelief   (s.  o.  Bd.  2,  2,  3099).     Leicy 
verbürgen  (vgl.  das  oben  Bd.  3, 1809  über  Peitho  a.  a.  0.  763  folgert  aus  jener  Stelle,  daß  Pindar 
Gesagte).  Allegre  a.  a.  0.  187  denkt  hier  bereits  nur  die  3  Moiren  Klotho  {Isthm.  5, 17),  Lachesis 
an  eine  Art  der  späteren  Stadtgöttin,  und  es  40  {Olymp.  7,  64)    und  Tyche    kenne,    weil    diese 
mögen  in  der  Tat  solche  Vorstellungen  ihre  Ent-  3  Namen  allein  bei  ihm  vorkommen.  Dagegen 
Wickelung  begünstigt  haben.    Jedenfalls  haben  ist  oben  Bd.  2,   2,    3101    betont,  daß  mit  der 
wir  es  hier  mit  einer  poetischen  Personifikation  Moira-Tyche  bei  Pindar  nur  Lachesis  gemeint 
zu  tun,  die  aber  schwerlich  schon  einen  Kult  sein  könne,  die  sich  ja  mitT.  insofern  berühre, 
besaß,  wie  S.  Wide,  Lak.  KuUe  262  anzunehmen  als    sie    das    Zufällige    innerhalb    der  Gesetz- 
scheint, mäßigkeit  des  Schicksals  zu  bedeuten  scheine. 
Ein  herrliches   Loblied   eines  unbekannten  Die    Angaben    Pindars    lassen    sich    nicht    zu 
Melikers  ist  frg.  adesp.  139  Bergk*  .  .  .  Tvxa,  einem  einheitlichen  Bilde  vereinigen  (vgl.  noch 
fisgoTtcov  I  &gxd  re  xal  xig^a-  xv  xal  aocplag  d-a-  oben  Bd.  2,   2,   :5100).     Daher   hat  A.  Bouche- 
nslg  idgag,  |  xal  xifiäv   ßgoxsoLg   inid'rixag  ig-  50  Leclercq  a.  a.  0,  292  versucht,  die  verschiedenen 
yoig'  I  xal  xb  xaXbv  nXiov  r}  xaxbv  ix  ae&sv,  a  Anschauungen  so  zu  erklären:  T.  gewinnt,  was 
re  jjaptff  I  5.  Xd^rcsi,  nsgl  6äv  Ttxigvya  xgvoiav.\  den    Göttern    abgeht;    gläubige    Gemüter    wie 
xal  x6  xsa  TcXdöxiyyi  ^od-hv  lucxagiaxoxaxov  xs-  Pindar   merken    das    auch,    und    während    sie 
Xid-Ei.  I  TV  d'diiaxaviag  nogov  dSeg  iv  dXysöiv  \  ihm  einmal  noch  die  Tochter  des  Zeus  ist  und 
xal  Xafingbv  <pdog  ayaysg  iv    axoxa,    7cgo<pfgs-  seinem  Willen    sich    fügt,    nimmt    sie    auf   der 
ffTaraÖ-fffly.  Das  sind  Töne  frommster  Verehrung.  anderen  Seite  einen  Ehrenplatz  unter  den  Par- 
ünd   der  T.    schreiben   sie   geradezu  eine  Art  zen   ein    (hierzu  I^ehrs,  a.  a,  0.  177),    steht  sie 
Allmacht  zu  (v.  2),  die  sie  zum  Heil  und  Segen  über  Zeus    und    den  Göttern,    so  daß   also   die 
der    Sterblichen    verwendet.      Indessen    klingt  Äußerungen  Pindara  eine  gewisse  Verlegenheit 
doch  aus  v,  4  bereits   das  Geständnis   heraus,  60  bekundeten.    Wie  wenig  fest  solche  Anschau- 
daß  man    in   ihr  auch    die  Quelle  so  manct^es  ungen  waren,   zeigt  Sophokles  frg.  624  N^,   wo 
xoxdv   zu   erblicken  habe.     Interessant  ist  die  sich  Tyche  wieder  der  Moira  fügt. 
Vorstellung,  daß  T.  ihre  Gaben  zu  wiegt.  Die  Wenn    man    diese   älteren  Zeugnisse   über- 
Flügel sind  anderswoher  nicht  mehr  bezeugt;  schaut,  so  sieht  man,  daß  die  Züge  der  segen- 
(vgl.  indessen    den  Hymnus    in    den    Berliner  spendenden    Macht    überwiegen,    wie    man    ja 
Klass.-Texten  b,  2  nr.  22,  2  v.  l).  P/w^arcÄ  spielt  auch  mit  dem  Wort  xvxt]  ursprünglich  die  Be- 
wohl  auf  diese  Stelle  de  fort.  Rom.  4  an,  indem  deutung  'Glück'  vorzugsweise  verband.  Pindar- 
er  sagt,  daß  T.  auf  dem  Kapitol  ihre  Flügel  ab-  Stellen   in   diesem  Sinne   bei  Allegre  30  u.  31 


1313                        Tyche  Tyche                          1314 

Anm.  2;  Lewy  a.  a.  0  761  u.  7ü4;  Meiiss,  Tyche  stellen  wollen.  Ganz  anders  klingt  des  Ödipua 

bei  den  att.  Trag.  16   mit    Anm.  38;    Curtius,  iyco  d^ i^iavxbv  nuiöcc  rfjg  TvxVS  vs^icov  |  ryg  ev 

Gr.  FAym.'^  219;    vgl.  SoJon  frg.  Hl   bei  Bergk*  diSovaris  .  .  .  rfjg  yccg  ni(f>vv.u  iirirgog  O.  T.  lOHOf. 

und    Theognis  v.  30:    ^lovvov   ö'&vöqI   yivoixo  Er  bezeichnet  sich  direkt  als  Sohn    der  guten 

xvx7\\  Bacchyl.  16,  132;  5,  53;  10,  116.  Glücksgöttin,    die   wie    eine   Mutter   über  ihm 

gewaltet  hat,  und  die  bewußt  dem  herrschen- 

II.  Literarische  Übersicht  über  den  umfassen-  den  Zufall  der  lokaste  entgegengestellt  wird. 

deren  Betriff  der  Tyche.  Starke  Hinneigung  zur  Personiftkation  ist  un- 

H.  Meiiss  hat  in  seiner  Abhandlung  über  verkennbar  frg.  374  JV*  ovx  ^otl  zutg  ^7;  dgöaai 
<lie  'Tyche  bei  den  attischen  Tragikern  {Hirsch-  10  avfi^axog  Tvxr]\  frg.  841  ov  xotg  Scd'vfioLg  i]  xvxri 
berger  Gymn.-Progr.  1899)  alle  Stellen  unter-  ßvlXa^ßävsi.  Noch  ein  bei  Meuss  nicht  er- 
sucht, an  denen  das  Wort  tv;^ 77  vorkommt,  um  wähntes  frg.  scheint  wichtig:  624  oi)  yccg  ngo 
festzustellen,  wo  es  zur  Bezeichnung  der  Gott-  fioigccg  17  xvxri  ßid^sxai,  welches  A.  iJieterich, 
heit  diene.  Für  Äischylos  kommen  in  Betracht  Nekyia  88  .Anm.  für  T.  als  ' Todesgöttin',  E. 
Agam.  664 f.:  Der  Herold  schildert  den  Sturm,  Bohde,  Boman^  276,  Anm.  2  für  ihre  Unter- 
den  Agamemnon  bei  der  Heimkehr  von  Troja  Ordnung  unter  die  Moira  heranzieht, 
zu  bestehen  hatte:  r]näg  ys  ^ihv  drj  vccvv  x'ccyirj-  Eine  weit  größere  Bedeutung  hat  xvxr]  als 
^axov  a-Kcccpovg  \  l^vg  xig  i^^yiXsif^ev  fj  'IrjyTj'ffa-  Schicksalsmacht  bei  Euripides.  Er  läßt  bereits 
xo  I  %'s6?  TLg,  ovx  ccvd'QvoTtog,  oLWAog  d'iymv.  \  erkennen,  welche  Aufmerksamkeit  man  dieser 
Tvxri  ^^  ^(oxrjQ  vavcxolovG  icps^sxo.  Meuss  (p.  G)  20  dunklen  Gewalt  schenkte.  Die  xvxr}  ist  das 
sieht  hier  mit  Hermann,  Dindorf  u.  a.  eine  Werk  der  Götter  oder  eines  Daimons  (il/ew^s  11) 
wirkliche  Göttin  {Bohde,  Boman^  276  Anm.  2  frg.  554  N^:  TtoXXccg  y  6  baifKov  xov  ßiov  pLs- 
""im  Dienst  eines  Gottes'),  nicht  nur  eine  xaaxdasig  \  ^dcotisv  ij^tv  iisxaßoXccg  xs  xrig  xvxrig. 
poetische  Personifikation.  Der  Zusatz  GtoxriQ  Hipp.  818  m  xvxcc,  mg  fiov  ßccgsla  xai  doiioig, 
scheint  einmal  darzutun,  daß  der  Glücksbegriff  iTtsöxdd-rig.,  -uriXlg  äq)gacxog  i^  dXaöxogcov  xLvog. 
in  dem  bloßen  Wort  xvxv  nicht  lebendig  ge-  Oder  frg.  153  ..  .  vsvsi  ßioxog,  vsvsl  äs  xvxcc 
uug  ist,  um  einer  ausdrücklichen  Bezeichnung  xccxä  nvsv^'  dvsfuov,  also  schon  Wankelmut, 
in  diesem  Sinne  entbehren  zu  können,  und  Für  seine  Unverständlichkeit  auch  Ale.  785 f.: 
dann,  daß  er  statt  des  sonst  für  Götter  ersten  x6  xi]g  xvxr}g  yccg  Sctpccveg  ol  ngoßriGsxca  \  -udox* 
Rangs  gebräuchlichen  GoaxsLgu  hier  eine  Göttin  30  ov  dida-uxbv  ovo'  ccXiöTtstocL  tix^j].  Vgl.  frg.  942. 
untergeordneter  Bedeutung  kennzeichne.  Die  Zweifel  werden  laut,  ob  nicht  statt  der  Götter 
2.  Stelle  ist  Suppl.  553,  wo  der  König  wünscht  xvxri  die  menschlichen  Geschicke  lenke.  So  in 
Ilsid'a)  ä'sTtoLxo  Ttal  Tvxt]  Txgccxx^giog.  Dieses  der  Frage  des  Talthybios  Hec.  488 f.:  m  Zfö, 
letzte  Attribut  wäre  dann  wieder  zurVerdeut-  xl  Xb^od;  Ttotsgcc  6' ccvQ'gaTtovg  ögäv;  \  7)  do^av 
lichung  des  Glücksbegriffs  beigesetzt  Dagegen  aXXag  xijvSs  ytsytxfjGd-ai  fidxriv  \  [ipsvdi],  öotiovv- 
erklärt  Mevss  (6)  Sept.  426  itvgyoig  ö'cctcbiXeI  xag  dcauovcov  i-lvcct  yivog\  xvx7]v  Sh  ndvxcc  xkv 
xoTöS' ,  a  fii]  Tigalvoi  xvxri  {Hermann  Tvxr^)  das  ßgoxolg  iniöv.onsiv;  oder  wie  es  frg.  901  aus- 
Wort als  ^Geschick',  'Verlauf  der  Ereignisse'.  drückt:  7CoXXdy.i  yioi  nganidcov  d^?)X'ö•f  cpgovxLg^ 
Diese  Bemühungen  zeigen,  wie  schwer  es  ist,  slxb  xvxcc  sl'xs  dai^cov  xk  ßgoxsia  yigaivsL,  \  nccgd 
absolute  Wahrheiten  an  solchen  Stellen  zu  4o  x'iXTiiia  ■aal  itaga  div.av  \  xovg  ^hv  aTt' ol-hcov 
geben.  Sicher  ist,  daß  sich  die  Hinneigung  zur  ivccnlnxovxag  \  dxccg  dsov,  xovg  ä' svxvxovvxag 
Personifikation  in  der  handelnden  xvxri  bei  dysi.  (Über  das  Metrum  von  v.  2  und  den  Vor- 
Aischylos  deutlich  ausspricht.  schlag,  hinter  xvxcc  noch  xig  einzuschieben,  der 

Auch  Sophokles  räumt  der  personifizierten  allerdings  den  Sinn  Mas  Schicksal'  stören 
xvxri  nur  einen  bescheidenen  Platz  ein,  obwohl  würde,  vgl.  Meuss  a.  a.  0.  11  Anm.  28.)  Noch 
er  sie  gekannt  und  ihr  sogar  einen  Hymnus  eindringlicher  ruft  Odysseus  Cycl.  606  f.,  nach- 
geweiht hat:  Menander  in  Bhetor.  Gr.  9,  156  dem  er  die  Götter  um  Rettung  angefleht  hat: 
==  Naucky  T.  Gr.  Fr.^  Soph.  740  (ocnsg  ticcl  xriv  Helft .  .  ,  7)  xriv  xvxriv  ^hv  dcclfiov'  riysted-ai 
Tvxriv  EoffoiiXfig  v^vri6s  öianog&v  yivsi.  O.  T.  ;fpfa)v,  |  xd  dcct(i6vcov  6s  xr^g  xvxV?  iXdöGova. 
977  XL  d'ccv  cpoßotx  ' dvO-ganog,  w  xd  xfig  xvxrig  50  Derartige  Äußerungen  legt  E.  seinen  Personen 
%gccxsi.  Tcgovoia  ö'iaxlv  ovdsvbg  Gcccp-qg;  durch  in  den  Mund,  ohne  sie  zu  widerlegen.  Eine 
diese  Worte,  die  mit  den  sonstigen  religiösen  Konsequenz  in  der  Darstellung  des  Verhalt- 
Äußerungen  bei  S.  nicht  harmonieren,  soll  nach  nisses  der  xvx'H  ^^  ^^^  Göttern  ist  nicht  vor- 
Meuss  der  leichtfertige  Charakter  der  lokaste  banden.  Neben  Stellen,  die  sie  als  Werk  der 
betont  werden.  Schon  vorher  (946)  hatte  sie  Götter  hinstellen  oder  sie  ihnen  gar  überlegen 
über  die  Orakel  gespottet,  und  nun  verallge-  sein  lassen,  finden  sich  solche,  die  ein  Neben- 
meinert  sie  ihren  Unglauben  zu  jenem  Satz:  einanderwirken  beider  zeigen.  Electra  890 
Was  soll  der  Mensch  fürchten,  in  dessen  Augen  Q'sovg  fisv  '^yov  Ttgaxov,  'HXstcxgcc,  xvxrig  |  dgxv~ 
die  Macht  des  Zufalls  herrscht!  Das  unbe-  ysxccg  xfiads,  slra  xdfi' iTtccivsoov  \  xov  räv  d-söav 
stimmte  Wesen  jener  Macht  spricht  sich  in  60  xs  xfig  xvxrig  vnrigixriv.  Iph.  T.  476f.  .  .  . 
der  Wendung  xd  xf]g  xvxrig  aus.  Ähnlich  steht  ndvxa  ydg  xd  x&v  d-s(bv  \  stg  dcpavsg  sgnst, 
es  mit  den  Worten  des  Boten  Antig.  1158  f.  xovöhv  olö'  ovdslg  yca-KOV  \  ri  ydg  xvxri  nccg^yay' 
xvxn  ydg  ogd'ot  v.al  xvxri  y.ccxccggsnsL  xov  svxv-  slg  trö  Svö^ad^sg.  Vgl.  noch  909  f.  und  Meuss 
Xovvxa  xov  xs  Svgxvxovvx'  dsi.  Auch  hier  a.  a.  0.  12  Anm.  30  gegen  Bruhn.  Femer 
scheint  es,  als  ob  S.  —  diesmal  in  der  Be-  Phoen.  1202  -/.ccX&g  xd  xäg  d-scöv  v,al  xd  xfig 
merkung  einer  untergeordneten  Person,  die  xvxrig  %ft.  Iph.  A.  1404  xb  xfig  xvxrig  dk  iial 
einige  Gemeinplätze  vorbringt  —  den  'Zufalls-  xb  xfig  d-sov  voöst.  Parallelen  dazu  bietet 
kultus    als  vulgär   und  banausisch'  habe    hin-  Aristophanes  Fax  939    oa     ccv    d-sbg    d-eXr}    xv 


1315                       Tyche  Tyche                       1316 

xvxri  xaroQ&ol.  Vgl.  Aves  644.  Daraus  ergibt  wilhrend  wir  oben  z.  B.  bei  Pindar  aii<,'emerkt 
sich  dann  freilich  eine  Verschwommenheit  der  hatten,  daß  dort  die  Bedeutung  'Glück'  die 
Vorstellungen  von  der  Weltleitung.  Man  kann  vorherrschende  war,  und  daß  ferner  eine  sichere 
das  ebenso  bei  den  Rednern  beobachten.  Merk-  Erwähnung  der  Glücksgöttin  auf  die  wenigen 
würdig  klingt  frg.  974  x&v  ayctv  yag  unxExai,\  Stellen  bei  Aischylos  und  Sophokles  beschränkt 
♦f <Jff,  xä  utxpa  d*tlg  rvjjrjv  &cps\g  iä.  Es  scheint  bleibt.  Dafür  ist  Kuripides  der  Vertreter  einer 
fast  ein  Versuch,  das  Verhältnis  beider  Mächte  wichtig<»n  Übergangsperiode,  indem  er  zeigt, 
saeinander  zu  regeln.  Wenn  diese  xvxri  noch  wie  man  neben  o<ler  auch  über  die  Götter 
nicht  Gottheit  ist,  so  konnte  nach  Meuss  (18)  eine  neue  Macht  setzt,  Tyche.  Sie  ist  zunächst 
der  Grund  dafür  der  sein,  daß  sich  auf  eine  lo  keine  Gottheit,  *eine  bloße  Potenz,  auf  die 
unpersönliche  Macht  alles,  was  von  Willkür  man  alles  Geschehen  zurückführt,  überall  wir- 
und  Unbeständigkeit  in  der  das  Weltenschick-  kend ,  aber  in  diesen  Wirkungen  nie  nach 
sal  bewegenden  Gewalt  zu  erkennen  war,  viel  irgendwelchen  sittlichen  oder  intellektuellen 
leichter  zurückfuhren  ließ  als  auf  eine  Gott-  Gesetzen  zu  berechnen,  kaum  etwas  anderes 
heit,  indem  man  es  so  vermied,  mit  dem  noch  als  der  blinde  ZufalP  {Meuss  17). 
herrschenden  geläuterten  Gottesbegriflf  in  Kon-  So  ist  sich  Thukydides  der  Abhängigkeit 
flikt  zu  kommen,  xvxri  im  Sinne  von  'Glück'  des  Menschen  von  äußeren  Umständen,  die  nicht 
scheint  nur  an  der  einen  Stelle  Phoen.  897  in  seiner  Gewalt  stehen,  wohl  bewußt.  Die 
gebraucht  zu  sein.  Hec.  786  sagt  der  Bote:  sittlichen  und  geistigen  Kräfte  bestimmen  zwar 
qpti),  g)«i>*  tis  ovxa  dvöxvxrjg  ^<pv  yvvr;,  worauf  SO  in  erster  Linie  die  Geschicke  des  eignen  Le- 
Hekabe  erwidert:  ovx  ianvy  sl  fi^  xrjv  xvxr\v  bens  wie  der  Staaten  {Classen,  Einltg}  60 ft'.), 
aixi]v  Xiyotg.  Das  erklärt  Meuss  (14)  'wie  das  aber  sie  sind  nicht  immer  imstande,  das  Zu- 
vorliegende, also  mein  Schicksal  selbst'  und  sammentreffen  ungünstiger  Zufälle  auszuglei- 
meint,  wir  begegneten  hier  zum  erstenmal  chen.  Da  weist  denn  Th.  auf  die  rvx'n  hin 
einer  eigentümlichen  Objektivierung  des  Ge-  (Stellen  bei  Classen  a.  a.  0.  68 f.).  Sie  ist  auch 
Schicks  eines  Individuums,  für  die  sonst  der  ihm  kein  irgendwie  faßbares  Wesen  göttlicher 
Ausdruck  dalfioav  gebraucht  wird,  einer  keim-  Art,  sondern  nur  das,  was  unerwartet,  unbe- 
artig  vorhandenen  Personaltyche,  die  dem  rechnet  eintritt,  'ein  mächtiges  freilich,  aber 
bekannten  Personaldämon  entspricht  {E.  Rohde,  keine  Macht'  (H.  Meuss,  Th.  und  die  religiöi>> 
Psyche*  2,  316  Anm.  1).  Bei  den  jüngeren  so  Aufklärung,  Jahrb.  f.  kl.  Phil  145  [18ü2]  232) 
Rednern  begegnen  wir  dieser  Erscheinung  Thuc.  1,  140,  1:  ivStx^xcci  yccQ  xag  |ufiqpo(>a& 
öfters,  und  die  nachher  bei  Aischines  zu  be-  xäv  Ttgayiiccxiov  ovx  r\6Gov  Scfiad'mg  x^QV^^'-  h 
handelnde  Stelle  3,  167  darf  vielleicht  zur  Er-  xal  tag  Siavoiag  xov  &vd^Qmnov  ÖLonsg  xai 
läuterung  von  Iph.  A.  1136  herangezogen  wer-  xrjv  xvxr]v  oaa  uv  nagä  Xöyov  ^viißy 
den:  <o  7rory^a  fioiga  xori  tvxr]  öccificov  x' i^iSg.  simd^ccfiev  cclxiäG^ai.  Insofern  kann  man 
Die  Anschauungen,  die  uns  bis  jetzt  bekannt  auch  nicht  mit  Classen  a.  a.  0.  von  einer  nach 
geworden  sind,  werden  ergänzt  durch  einige  einer  höheren  Ordnung  waltenden  Macht  reden 
Fragmente.  Die  allumfassende  Macht  der  {E.  Rohde,  Roman*  271  Anm.  2).  Wie  sehr 
xvxri  schildern  Chaer.  frg.  19  anavTcc  vtxa  xccl  man  der  xvxri  Rechnung  tragen  muß,  indem 
lifxaaxQeq)SL  rvxri'  frg.  adesp.  506  tcccvxohv  xv-  40  man  nicht  nach  eignem  Belieben  den  Lauf  der 
gavvog  i^  xvxri  ioxl  xmv  Q^Bcav,  |  xu  S'äXX*  ovo-  Ereignisse  bestimmen  kann:  5,  78,  2;  vor  einer 
ftcera  xavxa  ngocxiixcci  ^luxriv  \  ^ovri  dioi-Ksl  Unternehmung  soll  man  alle  nach  menschlichoi 
yovv  uTtavd-'  rj  ßovXsvsxai.  frg.  adesp.  505  17  xcc  Voraussicht  nötigen  Vorbereitungen  treffen  und 
d-vrixibv  xal  xu  %slcc  nävx'  im6xo7Covö'  <^Scs)y  nichts  der  xvxri  anheimstellen:  6,  23,  3  (Nikia^- 
xal  vd^ovß'  rj(i(bv  kxd6xcp  xriv  xcct'  Sc^iccv  tvxri'  vor  der  sizil.  Expedition),  vgl.  5,  16,  1.  Durch 
[atglda].  Da  ist  sie  nicht  nur  an  Stelle  der  die  xvxri  wird  im  Kampf  um  Pylos  ein  völliger 
Götter  als  Weltherrscheriu  bezeichnet,  sondern  Umschwung  der  Verhältnisse  herbeigeführt :  4, 
sogar  als  Herrin  über  die  Götter  selbst  ge-  12,  3.  Für  eine  Art  der  späteren  Personal- 
stellt wie  die  alte  Moira.  Bemerkenswert  ist,  tyche  s.  Classen  zu  7,  68.  Eine  andere  Be- 
daß  sie  ihre  Gaben  nach  Verdienst  austeilt.  50  deutung  hat  die  Erwähnung  der  xvxri  in  den 
frg.  169  bietet  Schwierigkeiten  {Meuss  15).  Die  Verhandlungen  der  Athener  und  Melier,  wenn 
von  Cha^r.  frg.  2  geäußerte  Ansicht  xvxri  xcc  diese  5,  104,  1  sagen  o^tog  fis  ntotsvoiisv  xy 
Q-vrixmv  ngäyyMx\  oix  svßovXia  kehrt  auch  ^hv  tvxrj  ix  xov  ^slov  ^r)  iXa66a)6s6d'cay  ort 
z.  B.  bei  den  Rednern  wieder:  Demosth.  2,  '22.  öoioi  ngog  ov  dixcciovg  iötäus&a  und  5,  112,  2 
Ähnliche  Stellen  aus  römischen  Schriftstellern  x'^äs  ^^%et  xovös  aco^ovörj  xvxri  i'n  tov  d-slov^ 
bei  Nauck*  a.  a.  0.  Für  die  alles  umkeh-  ccvtiiv  (nämlich  xriv  noXiv)  moxsvovxsg  Tt^igcc- 
rende  Laune  der  xvxv  frg.  adesp.  102:  xb  ßofiad^a  öä^sad-ai.  Im  Munde  der  gläubigen 
(isXXov  ovdslg  &6(paXä)s  inicxaxaL  \  ri  yäg  rvxri  Melier,  die  man  hier  beim  Überwiegen  der 
ßgaxslav  iav  Xdßr]  gontiv,  |  xal  xovg  xansi-  Stellen  mit  anderer  Auffassung  der  xvxr,  wohl 
vovg(^?y,  I  xal  xovg  aqp'  vijjovg  slg  ^ocpov  xax-  60  nicht  mit  Allegre  66  ah  Repräsentanten  der 
riyayBv.  Derselbe  Gedanke  frg.  adesp.  547,  13  Ansicht  des  Thukydides,  sondern  als  Vertreter 
und  frg.  adesp.  179.  frommer  Volkskreise    ansehen    muß,    erscheint 

Die  Unsicherheit  des  von   der  xvxri  ver-  demnach    die  xvxri   als    ein  Ausfluß   der   gött- 

liehenen  Besitzes  betont  noch  Moschion  frg.  9.  liehen  Vorsehung,  die  der  gerechten  Sache  zum 

In  der  Untersuchung  von  Meuss  ist  das  Er-  Sieg  verhelfen  wird 

gebnis  wichtig  (S.  16),  daß  an  der  überwiegen-  Außer  der  Angabe  Harpokrationa,  daß  ein 

den  Mehrzahl  der  Tragikerstellen  (etwa  neun  Tempel    der    kyad-ii    Tvxri    in    Lykurgs    Rede 

Zehnteln)   die   vox  media  'Geschick'    vorliegt,  ^sgl  &i,0LX7]6Sfog   erwähnt  war   (s.  v.  ayaO'fig 


j 


1317  Tyche  Tyche  1318 

t'6xris  veiog'  zovtov  ^vr]^ovsvfi  A.  iv  rw  tcsqI  Demosth.  8,  69,  18,  300;  Deinarchos  1,32:  ovrco 
9.  -Kai  ttSQOi),  haben  wir  bei  den  Rednern  nir-  yiariörQSTptv  i]  rvxr\  xavxcc,  cutfr'  ivavxia  yfvi- 
gends  einen  Hinweis  auf  einen  Kult  der  T.,  od'atToteTtQoadoyKofiivoig.  liei  Demosth.  18,207 
wohl  aber  zahlreiche  Äußerungen  über  das  wird  rjficcQtrix^vaL  entgegengesetzt  r^  r^g  xvx7\g 
Walten  der  xvxr]  genannten  Schicksalsmacbt.  &yv(o\ioGvv'rj  xccöv^ißävtcinad-slv.  Pneudodem. 
Vgl.  //.  Mcuss,  Die  Vorstelhmqen  von  Gottheit  ep.  2,  5  &yv<i)fiovog  xvxr]g  oijx  mg  di-Kaiov  ijv, 
und  Schicksal  bei  den  att.  Hednern.  Jahrb.  f.  ScXX'  cog  ißovXfxo^  yiQivdarig.  Von  der  Wahl 
kl.  Phil.  131)  (1889)  468if.  Er  zeigt,  wie  der  durchs  Los  sagt  Demosth.  21,  14  x6  aviißäv 
Glaube  an  die  waltende  Macht  xvxr}  in  der  ^no  xyg  xvxr]g^  Dein.  3,  16  ...  17  tvxT]  xal  6 
2.  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts  recht  lebendig  10  y.Xf]Qog  .  .  .  inhxQiipav.  —  Von  den  weiterent- 
wird,  wofür  Lysias,  besonders  aber  die  letzten  wickelten  Vorstellungen  interessiert  uns  end- 
Redner  Aischines,  Demosthenes  und  Deitiarchos  lieh  noch  die  xvxr]  (und  der  Saißtov)  einzelner 
reiches  Material  bieten.  Die  xvxr]  steht  an  der  Personen  und  des  ganzen  Staates  bei  den 
Seite  der  Götter  (äccipicov;  für  diese  Bedeu-  Rednern.  Aischin.  3,  lö?  mahnt,  xov  Saifiova 
tung  bei  den  Rednern  ^m<o^.  i^Äc^or.  1398  a  16.  xori  xr]v  xvxr\v  xijv  TtagayioXovd-ovaav  xSt  &v- 
Vgl.  il/ei^s  a.  a.  0.  470;  Chr.  Nägelsbach,  Nach-  d-gatnco  (pvXä^aßd-cxi.  Demosth.  18,  256  f.'  ver- 
homcrische  Iheologie  153;  Leop.  Schmidt,  Ethik  gleicht  seine  xvxr]  mit  der  des  Aischines 
der  a.  Gr.  1,  ^4:  ^bewußte  Leitung  der  mensch-  und  258  heißt  es  dann:  iym  (isv  di]  xoLuvxrj 
liehen  Erlebnisse'  wird  durch  diese  Zusammen-  ßv^ßsßlojiia  xvxt}.  266  ...  ayad-jj  y\  ohx  ogag; 
Stellung  ausgedrückt.  Hierher  gehören  auch  20  xvx'^  Gv^ßsßtaj-Kojg  xy?  ^iifjg  atg  cpccvXr]g  xaxr]yo~ 
Stellen  wie  Aristoph.  Aves  544;  Diagoras  frg.^  gsig.  An  anderen  Stellen  mahnt  Meitss  a...  a..  0 . 
Bergk*:  xaroj  Suiiiova  -kccI  xvxccv  xcc  Tcdvxcc  ßgo-  474  zur  Vorsicht.  Zugrunde  liegt  die  Bedeu- 
xotöLv  iv,xtX8Lxcii).  So  heißt  es  bei  Lysias  13,  63  tung'Lage',  auf  die  Dauer  des  ganzen  Lebens 
von  der  Rettung  Unschuldiger:  17  Ss  xvx^  '^^^  ausgedehnt.  Wenn  man  weiter  an  einer  Stelle. 
6  dccificov  7C6giE7ioi7]68,  bei  Aischin.  3,  13  be-  wie  Demos^Ä.  18, 254  (vgl.  271) liest :  to  ^tr  ro/vvv 
wirken  diese  beiden  Gewalten  die  Bestrafung  itgosXia^-aixayiäXXiGxay.cclxbx&v  olr\%-ivxoiv^EX- 
Gottloser.  Demosth.  4,  45  verbindet  xb  x&v  X-^vcav,  st  ngöoivxo  rj^iägy  ^v  svdai^ovLcc  ölcc^slv, 
d'sav  sv(i£vsg  yial  xb  xfjg  xvxrig  {ji^lv  cvvaycovl-  xovxtov  avxobv  afisivov  Ttgdxxsiv  xf]g  dya^f]g 
tsxai)  und  stellt  14,  36  xvxrj  yiccl  iScci^oviov  dem  tvxrig  xfjg  TtoXscos  bIvdcl  xi^rj^u  (kurz  nach- 
Perserkönig  als  feindlich  hin.  Nach  Lysias  12,  30  her  .  .  .  r?}?  xcbv  dXXoav  ccvd'gmTtcov  xvxrig  .  .  .), 
80  übergibt  sie  die  Schuldigen  den  Richtern  so  wird  mau  unwillkürlich  an  die  Tvxr]  -JtoXscog 
zur  Bestrafung  (. . ,  xjjg  xvxr}g,  f)  xovxovg  nag-  erinnert.  —  Hier  sei  eingeschaltet,  daß  das 
sdcoycs  xy  noXsL  .  .  .);  ähnliches  Wirken  der  Wort  rv;^r],  das  uns  verschiedentlich  in  dem 
Scyccd'r]  xvxri  bei  Deinarchos  1,  29,  wo  sie  den  Sinn  einer  gerecht  waltenden  Vorsehung  ent- 
einen Frevler  verbannt,  den  anderen  zur  Hin-  gegengetreten  war,  auch  bei  anderen  Schrift- 
richtung ausliefert.  Wenn  Demosth.  4,  12  von  stellern  der  göttlichen  Vorsehung  bisweilen  so 
der  xvxri  behauptet,  daß  sie  immer  besser  für  wenig  entgegengesetzt  ist,  daß  es  geradezu 
die  Stadt  sorge  wie  die  Athener  selbst  (vgl.  numen  bedeutet:  Pind.  Nem.  6,  24  Q-sov  zvia, 
Aristoph.  Nub.  587,  Eccl.  474),  und  1,  10  bei  Pseudodem.  igax.  14,  32;  Pausanias,  der  die 
der  Wiederkehr  eines  ähnlichen  Gedankens  40  Tyche  die  größte  Göttin  iv  xolg  ccvd-gconivoLg 
statt  der  xvxr]  die  Götter  nennt,  so  ersieht  man  ngay^aoi  nennt  (4,  30,  5),  gebraucht  auch  H 
daraus,  wie  wenig  Unterschied  zwischen  ihr  xov  -ö^fov,  iyi  xcbv  %-scav  xvxcci  4,  7.  12;  s. 
und  jenen  im  Bewußtsein  gemacht  wird.  Die  Nägelsbach  N.  Th.  154;  Gruppe,  Gr.  B.-G.  u. 
besten  Absichten  und  sorgfältigsten  Vorberei-  M.  1498  Anm.  7,  Leop.  Schmidt,  Ethik  1,  55. 
tungen  können  durch  die  Macht  der  xvxr]  ver-  Hierher  gehört  pLsyccXr]  i]  xvxv  "^^^  ^scäv  Zco- 
eitelt  werden  Demosth.  18,  303.  In  derselben  x'^gav  (Askl.  u.  Hyg.)  und  ^eyciXr]  17  xvxr]  xfjg 
Rede  306 :  man  soll  xr]v  xvxr\v  xccxi^siv  xj]v  Ns^isastog  Le  Blant,  Mem.  de  VAcad.  des  inscr. 
ovx(o  xa  TtgdyiLccxa  %glva6av.  Sie  wird  gerade-  et  de  b.  l.  36,  80  nr.  209  u.  210.  Das  bei 
zu  Herrin  genannt  Aischin  2,  118:  17  fihv  xvxr]  Welcker,  Gr.  Götterlehre  2,  806  aus  lonic.  antiqu. 
■Kccl  ^.  ^6av  xmv  ^gytov  ^vgioL.  (Hier  ist  sie  50  1,  27  angeführte  dyccO-j]  xvxr]  k-jtoXXcovog  Jlöv- 
übrigens  wie  Isokr.  20,  8  mit  Menschen  zu-  piiajg  läßt  sich  ebenso  erklären, 
ßammenwirkend  gedacht.)  Demosth.  18,  94:  Bei  Sophokles  und  besonders  Euripides  war 
o^xB  xf}g  xvxrig  y.vgiog  TjVy  dXX*  i-Ksivr]  xa>v  ndv-  bereits  von  xvxr]  als  dem  Zufall  die  Rede. 
TCöv,  8,  69:  tvxr]  'nvgia.  Ihr  Werk  —  nicht  Die  hierfür  in  Betracht  kommenden  Stellen  aus 
das  der  Götter,  wie  man  dort  erwarten  sollte  den  Frgm.  d.  Vorsokr.  zusammengestellt  im 
—  ist  der  Untergang  der  Phoker:  Aischin.  2,  Index  des  Diels^chen  Werkes,  2.  Aufl.  Bemer- 
131.  Wohltätig  waltet  sie  bei  Jjysias  18,  22.  kenswert  z.  B.  Empedokles  1  p.  202  nr.  103: 
Deinosth.  19,  55  heißt  es  sogar  xcäv  nagä  xf]g  xiiiäs  ^isv  ovv  ioxrixi  Tvxr]g  TtB(pg6vr]%Bv  anavxa-^ 
xvx'qg  8V8gyE6Ld)v;  ccyccd"t]  wird  sie  Dein.  1,  29  Demokritos  1  p.  407  nr.  118  Z.  14  nach  Dio- 
und  98  genannt,  weil  sie  die  Missetäter  der  60  nysios:  ndvxcc  ysvhöQ'cci  v.ax'  avxrjv  (xr]v  x.), 
Strafe  überliefert.  Daß  man  der  xvxr]  darum  andrerseits  x.  ccßeßcciog  p.  417  nr.  176  und  ßaid 
Dank  spendet,  wie  sonst  nur  den  Göttern,  ist  cpgovriGSi  x.  iidxsxca:  p.  407  nr.  119.  Nun  hatte 
dann  eine  natürliche  Folge:  Demosth.  1,  11  . . .  Grieche  für  den  Zufall  noch  das  besondere  der 
fisydXr]v  ^x^i  xjj  xvxrj  ^aptr.  Von  solchen  An-  Wort  avxoficcxov  (nach  Plut.  Tim.  36  errichtete 
schauungen  bis  zur  völligen  Personifizierung  Timoleon  in  seinem  Hause  der  Automatia  ein 
war  nur  noch  ein  kleiner  Schritt.  Auch  das  Heiligtum).  Das  Verhältnis  dieses  ccvx.  zu  x. 
Merkmal  des  Unberechenbaren  haftet  der  wird  zuerst  von  Aristoteles  in  den  Kapp.  4 — 6 
xvxT]    der    Redner    an.      Man   vergleiche    noch  des  2.  Buches  der  Physik  ausführlich  untersucht. 


1319                         Tyche  Tyohe                         1320 

A.  ist  der  umfasaendere  BegriflF,  unter  den  und  Wendland,  Hellen. -römische  Kultur  69  f.). 
alles  fallt,  was  geschieht,  ohne  beabsichtigt  Seine  alles  übemigende  Macht  spiegelt  sich 
m  sein,  während  von  r.  nur  geredet  werden  am  deutlichsten  in  der  Neuen  Komödie  wider. 
kann,  wenn  in  irgendeiner  Weise  auf  mensch-  'Immer  wieder  reden  die  Dichter  von  der  Ge- 
lich es  Gelingen  oder  Mißlingen,  Wohlsein  oder  walt  der  Tyche.  der  blinden,  unseligen  Herrin 
Übelbefinden  Besng  genommen  wird:  Leop.  der  Welt,  deren  vernunftloae,  nur  am  ruhelosen 
Schmidt,  Ethik  1,  66  f.,  Zeller,  Oesch.  d.  Ph.  d.  Wechsel  sich  belustigende  Willkür  nicht  nur 
Or.  2,  2',  3aö  Anm.  2.  Man  vergleiche  noch  über  die  Menschen,  sondern  selbst  über  die 
Stob.  ecl.  phys,  1,  6,  18  {Aristoxenos)  und  19  Götter  herrscht'  {Bohde  a.  a.  0.  279 f.)  —  Für 
{EurysoSj  dem  das  gefälschte  Buch  negl  xvyris  lO  Philemon  und  Menander  einiges  bei  P.  Wend- 
sngeschrieben  wird).  Dabei  bekämpft  A.  fthn-  ler,  Mediae  ac  recentioris  comovdiac  atticae 
lieh  wie  in  der  Metaphysik  1,  3  (984  b  14)  die  poetae  quid  de  dis  semerint  16,  30  f.,  37  f.  — 
Ansicht  der  alten  Atomisten,  welche  die  Ent-  Tyche  ist  Herrin  der  Welt:  Men.  frg.  482. 
stehung  des  Weltganzen  aus  vielen  einzelnen  483  Kock  Flavauöd-s  vovv  ^x^vtsg-  ovdhv  yctQ 
Teilchen  durch  den  Zufall  geschehen  ließen,  nXiov  |  ävd'Qmjtoig  vovg  ioriv  äXXo  Ti)g  tv;^7js, 
während  sie  ihm  innerhalb  des  fertigen  Welt-  si'x'  icri  tovto  nvEv^ia  ^slov  slts  vovg.  |  tovx 
ganzen  keinen  Kinfluß  mehr  auf  das  Werden  iati,  xb  yivßsgvmv  unavxa.  xal  axgicpov  |  6.  xal 
nnd  Vergehen  der  Dinge  einräumten.  Daß  es  a&^ov,  i]  ngovoia  S'f]  &vrixi]  nanv6g  |  xai  qp^Tj- 
aber  auch  Philosophen  gab,  die  entsprechend  vatpog  .  .  .  |  rcdv^'  oaa  voovfisv  tj  Xiyo^sv  t) 
der  populären  Auffassung  den  Gedanken  des  20  ngdxxo^ev,  \  xvxr\  *axiv^  ...  --  xvxt]  ■avßsQva 
Schicksals  mit  dem  göttlichen  Wesen  in  nahen  ndivxcc.  ravrrjv  xccl  cpQivccg  ötl  xcd  ngovoiav  xriv 
Zusammenhang  brachten,  deutet  er  mit  den  d-^bv  xccXstv  ^ovriv,  \  ei  firj  xig  &XXa}g  6v6(iccatv 
Worten  an  (196  b  5):    'Es  {^ibt  einige,   welche  ;^aipfi  xsvotg. 

meinen,  daß  die  r.   eine  Ursächlichkeit,   aber  Alle     menschliche    Vorsehung    ist    blind, 

als    etwas    Göttliches    und    Dämonisches    der  alles    ist  der  r.    unterworfen:    Nicostr.  frg.  19 

menschlichen  Einsicht  unerkennbar  ist.'     Wir  Kock  xv%r\  xä  d^vr]X(bv  7tgdY(iad-\  ij  ngovota  dh 

können  hier  gerade  die  Stelle  aus  Simplic.  in  xvcpXöv   xe   xccavvxccxxov   iaxiv,  ...  Zu    diesen 

Phys.  2,  4.  5  (9,  333  Diels)  anfügen:   ioixs  8k  beiden  Stellen  vergleiche  man  R.  Helm,   Lu- 

i}  (ihv  mg  nsgl  dsiov  xivbg  xfig  Tvxrig  ovöa  do^cc  cian  und  Menipp  123  mit  Anm.  2.  Ihre  Freude 

Tuxl  Ttgö  xov  kgiaxoxiXovg  sIvccl  nagä  xolg  ''EX-  30  am  Wechsel  bezeugte  z.  B.  Menander  frg.  ö90 

Zrjfft  xal  oiyx  vnb  ngmxtov  vofii.ad'fjvcci  Sxtoixäiv^  Kock.    ^^  ^BxaßoXcclg  ;^atpov(»a   Tcavxoiaig  xvx^- 

mg    xtveg    otovxai.     Dafür   führt  Simpl.  Piaton  Philem.  frg.  111  X.  anccvxcc  vixä  xal  (isxaaxg^- 

als    Zeugen    an:    Leg.  4,    709  5    xvx^g    d'slvai  (pst  xvxt].    Menander  frg.  288  K.    mg  noixiXov 

c%sSbv   unavxa  xä   &v%'gmniva   Tcgäyiiaxoc-  .  .  .  ngay^i'  iötl    xccl    nXccvov    tv^tj.     Vgl.    ebd.  94, 

d^BÖg  fiiv  ndvxa  xccl  [lexd  &eov  Tvxt]  xal  Kai-  Anaxandrides  frg.  4,  2  K.  Bei  Philem.  frg.  213, 

Qog    xa    ivd-gäyTiLva     diaxvßsgvmai     ^viinavxa.  7  f.  K.    heißt  es  .  .  .  xvxrig    ds    ^istaßoXäg    ovx 

(Vgl.  für  Piaton  noch  Leg.  4,  7,  57  E  Q'tbv  xal  dyvoBlg,  j  ort  xbv  s^nogov  xid-rjaL  nxmxbv  sig  xi^v 

dya&T]v  xvxriv  .  .  .  iv  svxatg  inixaXovßivovg,  wo  a^giov.    Sie  ist  blind  Men.  frg.  417b  K.  und 

aber  das  Fehlen  des  Artikels  zwingt,  von  einer  Vernunft  los   Men.  frg.  819  K.:    ovdhv    xaxcc 

bestimmten    Auffassung    der  d.  x.   abzusehen;  40  Xoyov  yiyvsd"'  mv  notsl  xvxr};  ebd.  frg.  355  ov- 

vielleicht  noch  Leg.  12,  946  E  x^  dyad^j]  (loigcc  tmg  ScavXXoyiaxov  ij  xvxr\  noisl,  s.  noch  ebd.  frg. 

xal  xvxf)  inixgetljavxag.  Im  übrigen  bietet  eine  490,  812  und  monost.  707.     Ihre   Heimtücke 

Durchmusterung    der    bei    Ast,  Lex.  Plat.  426  betont    frg.   adesp.  268  K.    öiSoixa    x&ym    xdg 

gesammelten  Stellen  keine  Resultate  für  unsere  vcpdXovg  (nämlich  nixgag)  xdg  xi)?  xvxrig.     Sie 

Zwecke.)  teilt  zwar  gelegentlich  Gutes  zu  Philem.  frg. 

Wenn   Aristoteles    als    erster    diese  Unter-  110  K.    öxav   nöx'  dvd-gmnoLßiv   17  xvx'H  y^M 

suchung  angestellt  hat,   so  hängt  das  mit  der  ndvxav    dcpog^i]    xmv    xaX&v    svglexsxai,    alJer 

Bedeutung    zusammen,    die   jene    BegriflFe    in-  durchaus    ungleichmäßig    Alexid.  frg.    116  K. 

zwischen  gewonnen  hatten.  mßnsg  inl  xmv  ßiav  dh  xovg  (lev  ij  xvxr]  \  rjiimv 

Seit    Alexander    hatte    sich    nämlich    eine  50  fiBydXoig  TCgoGEvsLfis  xovg  d'  iXdxroaiv^  |  sld-'  ol 

weitgehende    Änderung     der     Lebensanschau-  ahv  8V7Cogov(i£v,  ol  S'dXvoasv.     Schwer    lastet 

ungen  vollzogen.     Denn  *"al8  das  gesamte  hei-  sie  auf  einem:  Apollod.  frg.  17  K,  und  jeder- 

lenische  Staatengebäude  zusammenbrach,  nach  mann  tadelt  sie:  monost.  621.  Wie  schön  wäre 

den   ungeheuren  Erfolgen   des  makedonischen  das  Leben  ohne  ihren  Neid  mowos^.  663  mg  7]8v 

Eroberers  die  Lage  der  ganzen  Welt  wie  über  xb  ^■^v,  ^7)  cp&ovovarig  xfig  xvxr}?-  Ähnlich  monost. 

Nacht  sich  umgestaltete,   dann  weiter  in   den  666.  Sie  kommt  unvermutet,  und  es  ist  schwer, 

wilden  Kämpfen  der  Diadochen  und  Epigonen  gegen   sie  anzukämpfen   Men.  frg.  673  K  rate 

Sieg   und  Niederlage,    Gewinn   großer    Reiche  dxvxiaioi  iiri'iiixccigB xmv  niXag,  \  Tcgbgxriv  xvxriv 

und    tiefste   Demütigung   so   plötzlich   mitein-  ydg  ^vyoiiaxstv  ov  gdöiov.  S.  a.  monost.  247.    Sie 

ander  wechselten  wie  im  Gewitter  grelles  Blitz-  60  leiht  ihren  Beistand'  Gerechten  {monost.  462) 

leuchten  mit  unheimlicher  Finsternis,  als  auch  und  Ungerechten  {monost.  624).    Dafür,  daß 

die  Verhältnisse  der  einzelnen  in  ein  unsicheres  die  Tyche  überhaupt  schenkt,  Men.  frg.  589  K., 

Schwanken  gerieten,   da  meinte  man   in  dem  Circumtonsa  30.     Sogar   im    Schlafe    verteilt 

wüsten  Durcheinander  nur  noch  da^  grausame  sie  ihre   Gaben:    Kaibel  Ep.  Gr.  praef   p.  23 

und    launische   Spiel    eines    menschlicher  Ver-  nr.  117  b  m  [lt]  Siömxsv  i]  xvxr]  xoi^miiivm,  j  ^id- 

nunft  unteilhaftigen,  gegen  die  Satzungen  des  ttjv  SgufistxaL  .  .  .  Man  kann  eine    Erzählung 

Rechts  gleichgültigen  Dämons  des  willkürlichen  bei  Aelian  V.  H.  13,  43  geradezu  als  Illustra- 

Zufalls    zu    erkennen'    {Rohde,    Roman*    278  tion    zu    diesem  Vers    heranziehen.      Um    den 


1321                        Tyche  Tjche                        1322 

Feldherrn  Timotheus  zu  vers])ott(Ti,  hatten  ihn  TCQotpccaLv  idirig  ccßovXirig.  ßccLcc  yaq  cpQovriati, 
Maler  schlafend  dargestellt,  währenddessen  war  tvxr\  ^iccxstki,  tu  ^h  icXtlöxcc  iv  ßion  t:vS,vveros 
auf  dem  Hilde  Tyche  damit  heHchüftigt,  Städte  o^vÖtg-nslri  y.cctid'vvti.)  —  Wie  sich  alle  diese 
ins  Netz  zu  ziehen,  damit  er  hernach  als  Siejjjer  AnHchauungen  in  der  römischen  Komödie  wider- 
gelteu  könnte.  Aber  die  tvx'H  schenkt  nur,  um  spiegeln,  darüber  lene  man  Lorenz  in  der  Ein- 
gleich wieder  zu  nehmen  Men.  fig.  ti^.)S  K.  und  leitung  zur  P.9«M</o/M.vau«(/a6e 'iOf.,  bes.  23,  nach. 
frg.  adesp.  400  K.  Jhr  gibt  man  die  Schuld,  Eine  allgemeine  Charakteristik  bei  Leop. 
wenn  man  ins  LTnglück  gerät  Men.  frg.  1083  A'.  Schmidt,  Ethik  1,  57.  Vielleicht  war  Menander 
orai'  (Y^  Umui?  nsQiTt^öi]  v.kI  jrpayfiaffn/,  |  f-v&vg  wie  der  gleich  zu  nennende  Demetrioa  schon 
Trpoöajrr«/  TjJ  tj';^?/  xi]v  aixiavy  während  man  lo  von  J'hcophrast  her  beeinflußt,  dessen  Schüler 
im  (ilück  nichts  von  ihr  wissen  will:  ehd.  orav  ja  beide  waren.  Für  die  Ansicht  des  Theophrant 
TIS  7]iu7)v  ccfiEQiiLvov  \  ^XV  ^^*'  ß^ov,  ovK  ^Tt iv.Dclf:i-  vou  dcr  xvx^  f'^9'  ^*^  W imincY :  ua-Konos  rj  t.  xal 
Ta^  xt]v  xi'xriv  ivSai^ovAv.  Denselben  Ge<lan-  dsLvij  nocQhXic^cci  xa  TtQOTteTtovrifiiva  xccl  fiexaQ- 
ken  behandeln  in  späterer  Zeit  2  babrianische  giipca  xrjv  ÖQycovaocv  tvri^tQiav,  ovd'tva  xcciqov 
Fabeln.  In  der  49.  (Cntsins)  ist  ein  Bauer  am  ^;fov(Ta  totxtÖv.  Jedenfalls  müssen  solche  Ge- 
Hande  eines  Brunnens  eingeschlafen.  Da  danken  oft  genug  ausgesprochen  worden  sein, 
glaubt  er  die  neben  ihm  stehende  Tvxri  zu  wenn  man  sie  von  der  Bühne  herab  als  etwas 
liören:  ovxog,  ovx  iytg^riöi],  \  [li]  eov  tiböovxos  Naturliches  vortragen  ließ.  Daher  eiferte  denn 
cxixir]  nocQ  Dcvd'gmnoig  \  iyto  isya^at  nal  xaxTjv  auch  HJudemos  {frg.  21  Spengel)  gegen  Dichter 
lccß(o  cp-^^n]v.  I  ifiol  yccQ  iyiiaXovai  ndvxa  avX-  20  und  Philosophen,  daß  sie  alles  auf  die  Tyche 
Irißi^riv^  I  06'  ccv  tcuq  avxov  dvGxvx^  xig  i)  Tcinxifj.  schöben.  Vgl.  ü.  v.  Scala,  Die  Studien  des  Po- 
In  der  198.  bekränzt  ein  Bauer  die  Erde,  weil  lyhius  1,  168  ff. 

er  Geld  gefunden  hat.  Daher  tadelt  ihn  Tyche,  Die  ungeheuren  Schicksalveränderungen  des 
weil  sie  ihn  doch  den  Fund  habe  machen  makedonischen  und  persischen  Reiches  sind, 
lassen.  Freilich  mit  dem  Tadel  wäre  er  schnell  in  einem  der  erhaltenen  Reste  des  Buches 
bereit  gewesen,  wenn  jetzt  das  Geld  in  andere  tcsqI  rvxr\?  (geschr.  etwa  317)  des  Demetrios 
Hände  gekommen  wäre.  —  In  der  reichen  Fülle  von  Phaleron  als  Beweis  für  die  Macht  der  T. 
der  Aussprüche  über  das  Wesen  der  xvxr]  ist  angeführt:  Fr.  H.  Gr.  2,  3()8  =  Polyb.  29,  21. 
auch  der  Gedanke  vertreten,  daß  mit  jedem  Wieviel  sich  über  den  Inhalt  der  demetriani- 
Menschen  zugleich  seine  rv%r]  geboren  wird,  so  sehen  Schrift  aus  den  bei  Plut.  consol.  ad.  Apoll. 
die  ihn  das  ganze  Leben  hindurch  begleitet  (Einzelschicksale)  und  Polybius  (Staatenschick- 
uod  niemals  durch  eine  andere  ersetzt  werden  sale)  im  Auszug  vorliegenden  Stellen  vermuten 
kann,  also  bereits  die  deutliche  Form  der  Per-  läßt,  hat  It.  v.  Scala  a  a.  0.  1,  167  ff  zu  er- 
sonaltyche.  Bei  Philem.  frg.  10  K.  hört  man  schließen  versucht.  Darnach  ist  Demetrios  ein 
nämlich  Nvv  Ö'  cid'  d-nQißüg  xi]v  tvxriv  atg  ov  weiterer  Vertreter  der  volkstümlichen  tvxri- 
fiicc,  I  ovä'  hxi  nQCTjv,  älXä  fiExcc  x&v  6(oii,d-  Ansichten,  zu  deren  Veranschaulichung  er  sich 
T(ov  I  r]a6av,  oxav  yiyvmiisd-',  svO^vg  XV  '^'^X'^l  \  bezeichnenderweise  auch  auf  den  Euripides 
TtQOOyiyvsd''  rj^lv,  Gvyyevijg  rm  aw^axi,  \  v.ovv.  beruft  {Scala  168;  vffl.  Plut.  consol.  ad.  Äp.  6). 
^Gxiv  hxsQOv  nag'  sxbgov  Xccßstv  tvxriv.  Man  Sammlungen  historischer  Beispiele  für  das 
wird  an  den  Daimon  erinnert,  der  z.  B.  bei  40  Wirken  der  ti;;^?]  bei  ^eZ^an  F.  jEf.  4,  8;  Pausan. 
Plato  Phaed.  107  D  den  Menschen  erlost  und  8,  33,  3.  Einzelheiten  können  wir  hier  nicht 
ihn  durchs  Leben  führt.  Vgl.  noch  Lysias  2,  verfolgen.  Nur  sei  hervorgehoben,  daß  die 
78  und  Men.  frg.  550  K.  Sind  so  auch  alle  ursprünglich  nicht  bezeugte  Vorstellung  vom 
Bedingungen  für  eine  persönliclie  Auffassung  Neid  der  t.,  der  wir  zuerst  in  der  Neuen.  Kö- 
der xvxn  in  der  N.  Komödie  gegeben,  so  fehlt  mödie  {monost.  663)  begegneten,  auch  bei  De- 
es  doch  andrerseits  nicht  an  Zeugnissen  aus  metrios  betont  wird.  Auf  ihn  geht  nämlich 
derselben  Komödie,  die  in  der  ti^tj  kein  per-  die  Stelle  bei  Plut.  consol.  ad.  Ap.  6  zurück, 
sönliches  Wesen  göttlicher  Art  erblicken  wollen:  wo  König  Philipp  beim  Empfang  der  bekannten 
Philem.  frg.  137  K.  ov-a  ^axiv  ij^tv  ovdsnia  tvxri  3  Glücksnachrichten  ausruft;  oo  d(xi[Lov,  ^sxgiov 
Q'sog,  I  ov-n  ^öTiv,  äXXd  ravrofiaxov,  o  yiyvsxca  \  60  ti  xovxoig  dvrid'sg  iXarxcoiia.  Da  fügt  D.  hin- 
mg  ixvx  ^xaöroj,  "xgoGa.yogsvixai  xvxr].  Die  t.  zu:  stdcog  oxi  xolg  iisydXoig  evtvxrj(ic(6L  cpd"'  vstv 
ist  hier  der  reine  Zufall,  oder  sie  ist  die  nsrpvaav  i]  xvxf]-  Vgl.  Polyb.  39,  19,  2.  Über 
Charakteranlage  bei  3Ien.  frg.  bd'i  K.  dSv-  den  Einfluß,  den  möglicherweise  die  Abhand- 
vaxov  ag  iöxiv  ri  öm^cc  xfjg  rv^rj?"  |  6  ftr/  cpigcov  lung  des  D.  auf  römische  Krei>e  gemacht  hat: 
8h  yiccxd  cpv6tv  xd  ngdyiiaxa  \  xvxr]v  Tigoariyo-  Scala  176f.  und  Anm.  2, 185f.  Er  glaubt 'solche 
gsv6£  xov  ccvxov  xgonov.  Und  dieser  xvxri  wird  Spuren  auch  in  dem  bekannten  Pacuviusfrag- 
die  TtgovoLcc  {Men.  frg.  483  K)  oder  die  be-  ment  zu  erkennen  {Auct.  ad.  Her.  2,  23,  36  = 
wußte  Handlung  und  energievoll  ausgeführte  Eibb.  Serien.  Born.  poet.  frg.  1  p.  124):  Fortu- 
Tat  des  Menschen  entgegengesetzt  und  ihrem  naui  insanam  esse  et  caecam  et  brutam  perhi- 
Einfluß  entrückt  bei  Philem  frg.  150  K.:  ogoc  60  bent philo^ophi,  \  saxoque  instare  in  globoso  prae- 
did  rovg  ngdxxovxccg  avxovg  yiyvBxai,  \  ovdsvl  dicant  uolubilei  et  q.  s.  9.  unter  diesen  Philo- 
7fg6a£6xiv  ov8h  ■aoivcovst  xvxr],  ja  bei  einträch-  sophen  (am  Schluß  sind  die  erwähnt,  die  die 
tigem  Zusammenwirken  der  Menschen  wäre  es  Existenz  der  Fortuna  leugnen)  sei  vielleicht 
überhaupt  mit  der  Rücksicht  auf  die  xvxr]  vor-  eben  Demetrios  zu  verstehen, 
bei:  Men.  frg.  679  7f.  (Dasselbe  spricht  aus  Von  i>(?mefrios  war  Po/2/&«w5  tief  beeinflußt: 
Anaximenes  bei  Stob.  ecl.  eth.  2,  7,  17,  ähnlicli  Scala  159  ff.  Über  seine  eigentümliche  Auf- 
Demokrit  bei  Diels,  Frg.  d.  Vorsokr.^  1  p.  407  fassung  von  der  t.  ist  schon  wiederholt  ge- 
nr.    119:    dvQ'goiTtot    xvxr]g    sidcoXov    inXdoavxo  schrieben  worden  (Zusammenstellung  der  Lite- 

RoscHER,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.   V.  43 


1323          Tyche  Tyche          1324 

ratar  bei  Scala  169  Anm.  1;  dazu  noch  AlUgre  zeigen  die  Worte  37,  9,  1—4.  Diesen  Zwiespalt 
a.  a.  0.  126ff.  a.  Warde  FowUr,  Claas.  Bev.  17  der  Auffassungen  hat  Scala  181—184  durch 
[1903]).  Es  ist  nämlich  auffällig,  daß  r.  bei  eine  spätere  Überarbeitung  des  polybianischen 
ihm  einmal  die  Leiterin  einer  planvollen  Welt-  Werkes  auf  Grund  stoischer  Einwirkung  in 
regierang  ist,  die  die  geschichtliche  Entwick-  einleuchtender  Weise  zu  erklären  versucht. 
long  (liUimerherrschaft!)  einem  bestimmten  V^l.  noch  a.a.O.  214  und  Anm.  6.  (Bald  ein 
Ziele  zuführt,  an  anderen  Stellen  hingegen  blindes  Ungefähr,  bald  die  gerechte  Vorsehung 
wird  ihr  Launenhaftigkeit  und  Unberechenbar-  ist  die  rvxri  auch  bei  IHodor,  Scala  169  flF.,  L. 
keit  vorgeworfen,  und  zwar  ganz  in  der  Art,  Schmidt,  Ethik  1,  69  f.  Die  wenig  charakte- 
wie  wir  sie  aus  den  bis  jetzt  beigebrachten  lo  ristischen  Einzelheiten  können  wir  übergehen.) 
Beispielen  anderer  Autoren  kennen  gelernt  Die  Erwähnung  der  Einwirkung  stoischer 
haben.  Sie  spielt  mit  den  Menschen  wie  mit  Gedanken  auf  Polybios  führt  uns  auf  eine  neue 
Kindern  Polyb.  15,  6,  8  .  .  .  vrinioig  naiol  XQ(o-  Gattung  literarischer  Zeugnisse  für  das  Wesen 
iUvri;  sie  hat  ihre  Freude  an  bitterer  Ironie  der  Tyche.  Wenn  es  gelegentlich  heißt,  die 
87,  5,  2  iJJto»  x^g  rv^Tje»  tb  rotg  avrc^v  inivo-  Stoiker  hätten  die  xvxt^  als  etwas  Göttliches 
v}fi«<T(  %ul  ifoyM^^rnucOiv  i^  hitocxQO^)fig  avxovg  angesehen:  Simplic.  in  Aristot.  phys.  2,  4,  5 
^nto^aXlnv  xovg  vcfioO-ertlffaytag;  ungerechten  (9,  3;J3  Diels)  und  Theodoret.  cur.  Graec.  äff'. 
Lohn  verteilt  sie  z.  B.  32,  19,  3  övst-dl^stv  x^  6,  15  S.  154  Raeder  so  ist  dabei  ihre  wesent- 
tvxj}^  Si6xi  xb  x&v  «iyaO-Äv  &vdQöiv  aO'Xov  si-  liehe  Identität  mit  der  sifiagn^vr]  vorausgesetzt. 
^avaöiav  xotg  x**P*<^^ots  ivioxs  TCSQixld-qa^v.  io  S.  Zeller,  G.d.Ph.d.  Gr.  3,  l^^lbS  Anm. 2;  Arnim, 
Vgl.  16,  20,  5;  16,  32,  5.  Vor  allem  gefällt  Stoic.fragm.  nr.^ßS.  Die  weiteren  Fragmente  bei 
sie  sich  in  jähem  Wechsel  1,  86,  1  f.  (7),  indem  Arnim  nr.  906—970  bezeichnen  xijv  rvxriv  &  ari- 
der eben  noch  siegreiche  Führer  im  nächsten  Xov  cclxiav  avd-QoiTtivco  Xoyie^im.  Uns  inter- 
Augenblick das  Schicksal  erleidet,  das  er  eben  essieren  jedoch  weit  mehr  die  Aussprüche,  in 
selbst  erst  den  Feinden  bereitet  hatte.  Die  denen  die  Stoiker  und  andere  Philosophen  den 
trügerische  Unbeständigkeit  zeigt  39,  5,  8  17  üblichen  volkstümlichen  Vorstellungen  von  der 
x^g  xvxTig  iniaqxUXsiu.  Neu  sind  die  Redens-  xvxr]  entgegentraten  und  ihr  keinen  Einfluß 
arten  von  der  'xvxri  dgäiia*  23,  10,  12,  von  auf  das  Leben  des  Weisen  gestatten  wollten. 
der  '  X.  Zwischenspiel '  2,  3.'>,  5  (ra  insicöSicc  So  betont  die  Unabhängigkeit  des  Weisen  von 
xtjg  xvxrig)  und  'Nachspiel*  3,  118,  6  iTtiiisxgov-  30  ihr  EpiJcur  bei  Stob.  ed.  eth.  2,  7,  28  Bgccx^a 
fSrig .  .  .  xal  awendyccvi^oiiivTig .  .  .  xr)g  x.  Sie  aocpa>  xv%r}  naQi-pLTtiTtxEi^  xcc  Sh  ^^yiöxcc  xal  hv- 
zieht  die  Menschen  auf  die  Bühne  und  die  gnjaxaxa  Xoyia^bg  duoxrjos.  (Für  seine  Anschau- 
Theatermaschine  z.  B.  11,  6,  8  xi)g  x.  inl  xt]v  ung  vgl.  weiter  die  Stelle  in  dem  Brief  an 
i^möxgav  avaßtßaj^ovarig  xr]v  vfiexegav  uyvoiccv.  Menoikeus,  Laert.  Diog.  10,  133  f.  und  Usener, 
In  wieder  anderen  Wendungen  heißt  sie 'Kampf-  Epicurea  S.  65:  xvxri  '&ßeßcciog  und  kein  -S-fop. 
richterin'  1,  58,  1  ßgaßsvxrjg,  sie  verteilt  Preise  Dazu  Lewy  a.  a.  0.  765.  Ferner  Diels,  Doxogr. 
3,63,3  {xvxr\v  xix.  ad'Xa.  TtgoxsdsixivuL),  Kränze  693,  15:  xvxriv  SioltisIv  xä  nävxa.  und  Bohde. 
2,  2,  10.  Für  die  eben  geschilderte  Theater-  Roman^  280  Anm.,  wo  als  epikureisch  noch 
spräche  kommt  wohl  rhetorisch-stoischer  (ky-  zitiert  wird  Pkilodemos  nsgl  d-avdxov  Wiener 
nischer)  Einfluß  in  Betracht:  Scala  173.  Vgl.  40  Denkschr.  110  (1886)  p.  334  Mekler  nach  der 
femer  R.Helm,  Lucian  und  Menipp  45.  Tyche  Ergänzung  von  Gomperz:  x.  17  nccvxoiv  övvdcxig 
als  noirixgia  bei  Teles  Stob.  flor.  5,  67  und  &v%-Qwnoii'.)  Ähnlich  der  Kyniker  Diogenes  bei 
108,  82.  Die  überraschende  Reichhaltigkeit  Stob.  ed.  eth.  2,  7,  21  J.  ^cpj]  vofii^tLv  bgäv  Tr]v 
der  Tycheterminologie  ist  ein  Beweis  für  die  Tvxiiv  ivugovovauv  ocvriö  nat  Xiyovoav  xovtov 
ungewöhnliche  Bedeutung  dieser  Macht,  mit  d'  oi)  dvva^at,  ßccXhiv  Y.vva  XvG67\xj\gct.  Ironisch 
der  man  sich  auf  Schritt  und  Tritt  auseinander-  ist  gemeint  Stob.  flor.  108,  71.  Und  nun  solche 
zusetzen  hatte.  Ganz  anders  lauten  nun  die  Gedanken  bei  stoischen  Autoren!  Eine  aus- 
stellen, wo  xvxv  im  Sinne  einer  gerecht  wal-  führliche  Zusammenstellung  gibt  Rainfurt,  Zur 
tenden  Vorsehung  auftritt,  wenn  sie  z.  B.  ge-  Quellenkritik  von  Galens  Protreptikos  190b,  WS. 
bührende  Strafen  verhängt  (4,  81,  5  . . .  xvxrig  50  Im  2.  Kapitel  dieser  Schrift  befindet  sich  näm- 
xfiv  ccgfio^ovöav  imd'siGrig  dixrjv),  die  Böoter  lieh  eine  allegorische  Schilderung  der  Tyche 
für  ihre  liederliche  Wirtschaft  bestraft  20,  7,  2  und  des  Hermes.  Von  der  T.,  der  sich  an- 
usw.  Und  schließlich  ergibt  sich  aus  wieder  zuvertrauen  schimpflich  ist,  heißt  es  da  rjg 
anderen  Aussprüchen  die  Beobachtung,  daß  rrjv  fiox^rigicxv  i^Kpaviöat,  ßovXsvd'tvxsg  ol  Tca- 
Polybios  in  einen  Kampf  mit  dem  Glauben  an  Xcciol  ygäcpovx8g  xai  TcXdxxovvig  ccvxr]v  ov  {lovov 
diese  dunkle  Gewalt  gerät.  Die  Ursächlichkeit  iv  sI'Ssl  ywaiytög  rigyisö&rioccv  .  .  .  aXXd  xccl  nr}- 
alles  menschlichen  Geschehens  war  ihm  ja  in  SuXlov  Mooav  iv  x^Qoiv  ^x^iv  avxfj  xai  xoiv 
eigner  bitterer  Erfahrung  klar  geworden,  und  noSotv  vrcid'Eöav  ßäoiv  öcpccigLX'^v,  icxigrißccv 
wer  in  der  Geisteskraft  des  einzelnen  die  Sh  nal  xolv  öcp&ccX^otv,  ivdsLv.vvu.Bvoi  diä  xov- 
Gmndbedingung  alles  Wirkens  sah  (vgl.  z.  B.  60  ttov  unävxoiv  xb  xfjg  xvxrig  uaxaxov.  Sie  wird 
1,  36,  4),  der  konnte  der  xvxri  nicht  mehr  die  dann  mit  einem  blinden  Steuermann  verglichen. 
übliche  volkstümliche  Überschätzung  zuteil  Unwürdi;:en  schenkt  sie  Reichtum,  um  ihn 
werden  lassen  (Scala  178).  So  heißt  es  1,  37,  3  bald  darauf  wieder  zu  nehmen,  und  einem 
Tig  xriv  alxiccv  ovx  ovxoag  slg  xi]v  x.  mg  sig  xovg  solchen  Sai^av  folgt  eine  große  Menge  törich- 
riysyMvag  inuvoiGxiov  (Untergang  der  Flotte  ter  Menschen,  obwohl  er  sie  in  beständiger 
bei  Kamarina).  Vgl.  1,  63,  9  und  die  anderen  Unruhe  die  gefährlichsten  Bahnen  führt,  daß 
bei  Scala  178  Anm.  2  =  179  gesammelten  Be-  sie  elend  verderben.  Sie  allein  bleibt  äßXccßrig 
lege.     Die  gänzliche  Lossagung  von  der  xvxri  . .  .liaxaysXäaa  xtbv  öXo(pvgo^iv(ov  rt  xccl  iy- 


1325                        Tyche  'lyche                         1326 

yiccXovvtoiv    avrfj    St'    oitiilv    öcpf-Xos.      Alle   die  fiati  den  Armen  reich  macht  und  den  Fürsten 

Eigenschaften,   wie  sie  namentlich  die  Bruch-  zum  Bettler,   wie  sie  mit  den  Geschicken  des 

stücke  diGT  Neuen  Komödie  aussprachen,  kehren  Menschen  spielt  {nai^uvl)  und  nichts  in  ihrem 

hier    als    Merkmale    der    völlig    ausgebildeten  Wesen  zuverlässig  ist.  —  Die  Frage  nach  der 

Personifikation  wieder.    Ihre  Parallelen  in  der  Bedeutung  der  T.,  Heimarmene  und  der  Moiren 

stoischen   Popularphilosophie   hat   Jiaivfurt  a.  läßt    Jjukinn   den    Kyniskos    an    Zeus    richten 
a.  0.  eingehend  unter  Heranziehung  auch  vieler       {lup.  conf.  3)   11  Eluagiihri  xolvvv  xai  /}  Tv^ri 

Senecastellen  verfolgt.    Zu  einem  einheitlichen  —  noXvQ-QvXritoi  yccQ  ndw  xal   avtai  —  riveg 
Bilde  finden  sich  fast  alle  diese  Züge  vereinigt       ttot*    tlal   nal   xi  dvvaxcti  avxCbv  (yiuxtga;   nö- 

in  dem  obengenannten  Paeuviusfragment.    Vgl.  lo  xhQov  xk  laa  xcclg  Motgaig  i]  xi  -aal  vtcsq  ixsi- 

noch  Flinius,  N.  H.  2,    7,   22.     Im   3.  Kapitel  rag;  (also  IHndarl)  (Schovoj  yäg  ccndvxtov  Xsyöv- 

des    Protreptikos    folgt    die    Beschreibung    des  tav   ycal   ju-rj^^v   slvcci  Tv^i^?  yiccl  Ki(i.  dwaroj- 

Hermes;   im   4.  wird   das  Gefolge  geschildert,  xsgov.     Worauf  Zeus  zunächst   leider   nur  zu 

das    die    T.  begleitet;    zu    ihm    gehören    u.  a.  antworten    weiß,    K.    brauche    nicht    alles    zu 

Kroisos  und  Polykrates  von  Samos,  die  beliebte  wissen.     Interessant  ist  noch  Deor.  concil.  13, 

Figuren  für  solche  Zwecke  abgaben:  liainfurt  wo  Momos  die  tl^iagpitvr}  und  xvxt}  inhaltslose 

17,  Scala  170,  E.  Helm,  Lucian  u.  Menipp  56.  Namen  nennt,    die  aber  gleichwohl  den  Men- 

Die  Tyche  bei  Galen  hat  große  Ähnlichkeit  sehen  so  wichtig  sind,  daß  niemand  mehr  den 

mit  der  der  Kebestafel.  Die  ins  Leben  treten-  alten  Göttern  opfern  will,  weil  man  weiß,  daß 

den    Menschen    werden    zur  T.  geführt   (c.  7):  20  trotz  aller  Hekatomben    o^ag  xj]v  xvxrjv  ngü- 

7}  äh  yw-q  iv.üv7i^  xig  ioxiv^  t)  (oGitsg  xvcpXi]  nal  ^ovaccv  xcc  ^s^oiga^tvu  -/.al  a  i^  ciqxVS  k^öcGxcp 

^LCcivoiibV7\  xLg  slvcci   S0XOV6CC   xal   küxr]yivia  ijtl  insxXmad'Ji. 

Xid-ov  xLvbg  GxgoyyvXov\   y.aXnxaL  ^sv  .  .  .  Tvxrj,  ,          Wir  kommen  zu  den  letzten  Zeugnissen  in 

^6XL  S'  ov  ^ovov  xvcpXr'i,  ccXXoc  xal  (laivoLLbVT]  xat  dieser  Übersicht,  den  griechischen  Roma- 

xvcpXrj  .  .  .  TCsgiTtOQSvtxcct  navxaxov  .  .  .  -aal  Ttag'  nen.     Ausführlich  Kohde,  Roman  ^  280  tf.     Mit 

a)v  ^sv  agncc^bi  xu   vrcdgxovxa  xccl   txigoig  dl-  ihrem  völlig  irrationalen  Wesen  erschien  näm- 

Scoai.   nccQcc    öh    xmv    avxdiv    itaXiv    ccq)cag£txai  lieh  die  T.  den  Romanschriftstellern   als  will- 

Ttagccxgfili'Cx,  a  Ssdcoyct,  xat  ccXXoig   dlöaüiv  slxfi  kommene  Gehilfin  bei  dem  Aufbau  ihrer  wun- 

xal  ccßbßcxUog.     Dann  folgt  die  sich  daraus  er-  derbaren    Geschichten,    indem    sie    ihnen    eine 

gebende  Erklärung  der  Kugel.     Im  8.  Kapitel  so  tiefere  psj^chologische  Erklärung  der  Handlung 

nennen   diejenigen,   die  von  der  T.  beschenkt  erleichterte,  wenn  nicht  ganz  ersparte.     Vom 

worden    sind,    sie    'Aya^'i]    Tvx'Ht    ^^^    ^^^    ^^^  Glück  ins   Elend,    aus   der  Not   ins  Glück  in 

'Beraubten'  sagen  natürlich,   sie   sei  Ka-ari  T.  stetem  Wechsel  jagt  die  'neidische'  T.  die 

Man  erwartet  von   der  guten  Tyche  rcXovxog,  ihr  rettungslos  preisgegebenen  Liebespaare,  ein 

öo^a,  svysvbia,  rp/tva,  xvgavviSsg^  ßc^aiXstai  x(xl  grausames   Spiel   mit   ihnen   treibend  (tcul^^xv) 

xäXXa.  oöa  xovxotg   'jtccgu7tXt]0ia.     Daß   man  ihr  tcccIlv  i]  Tvx^l  -1c/j27/.  Tat.  4,  9,  7),  fast  wie  zur 

nicht   trauen    dürfe,    wird    noch    einmal   c.  30  Übung  in  einem  yv^vdßiov  {ebd.  5,  2,  3).    Die 

betont.  ganze  Theaterterminologie   kehrt  in   den 

Im  engsten  Zusammenhang  mit  diesen  Bil-  Romanen  wieder,  z.  B.  Heliod.  Aethiop.  7,  6: 
dern  stehen  zweÜitÄ;mwstellen.  ilfen.s.iVeci/om.  40  roTf  Sri  ^^S  s^rf  tl  dcciyboviov,  sixs  xvxr]  xtg 
c.  16  wird  das  Leben  mit  einer  großen  Tto^TMj  tuvd'Qa)7tsici  ßgccßsvovßa  -naivbv  ifisißoöiov  int- 
verglichen,  deren  x^Q^y^'?  ^^^  Tyche  ist.  Dem  Tgayaöti  tolg  ögco^ivoig,  ojGTisg  alg  dvxayw- 
einen  Teilnehmer  gibt  sie  ein  königliches  Ge-  via^  dgdiiuxog  dgitriv  dXXov  Ttageiatpigoveu 
wand  und  setzt  ihm  eine  Tiara  aufs  Haupt,  \isw.  Neue  Beinamen  (eine  Fülle  von  Stellen 
einen  anderen  steckt  sie  in  das  Gewand  eines  bei  liohde)  treten  auf:  ßdöxccvog  bei  Nikei. 
Dieners  usw.  Oft  wirft  sie  mitten  während  Eug.  1,  52,  306;  dygiccivovßcc  ehd.  5,  276: 
der  Bewegung  des  Zuges  die  Gestalten  durch-  nocXaiivala  ehd.  1,  319;  dXdGxcoQ  7,  205  f.; 
einander  und  läßt  sie  nicht  bis  zum  Schluß  novrigd,  (^vöLLsvrjg^  7toiv7]Xdtig  6,  37; 
im  Besitz  ihrer  anfänglichen  Ausstattung,  son-  d.ndvQ'gmTiog  8,  312;  ihr  Neid  ausdrücklich 
dem  die  (typische)  Figur  des  Kroisos  verwan-  50  bezeugt  bei  Eustath.  am.  Hysm.  8,  16,  1 :  ccXXci 
delt  sie  in  einen  Diener  und  Gefangenen,  den  1]  ^01  Tvxn  tovxmv  icpd-ovriasv.  Ebenso  Niket. 
oUhrig  Maiandrios  dagegen  erhebt  sie  an  die  Eug.  8,  65  und  besonders  Chariton.  Für  die 
Stelle  des  Tyrannen  Polykrates.  Am  Ende  Zusammenstellung  der  einzelnen  immer  wieder- 
fordert sie  den  einzelnen  ihre  Maskerade  wie-  kehrenden  Züge  vgl.  man  E.  Rohde.  Diese 
der  ab,  und  dabei  schimpfen  und  schelten  dann  Tyche  der  Romanschriftsteller  gleicht  einem 
manche  aus  Unverstand,  weil  sie  ihres  Eigen-  neben  den  Göttern  stehenden  Wesen  (Niket. 
tums  beraubt  zu  werden  glauben.  Der  An-  Eug.  7,  205  ff.  ist  ihr  ausdrücklich  i]  dsov 
sieht,  daß  die  Güter  den  Menschen  nur  von  ngovoia  xov  Gcoxriglov  entgegengesetzt),  welches 
der  T.  geliehen  seien,  hatte  bereits  die  Komö-  häufig  Scä^cov  genannt  wird:  Achill.  Tat.  3,  23, 
die  Ausdruck  verliehen:  Men.  frg.  598k.  Bion  60  3;  Chariton  2,  8,  3  Tvxrigy  Ttgbg  tjv  a6vr\v  ov- 
sagt  bei  Stoh.  ftor.  105,  56  xa  xQV!^^^''^^  ^otg  ösv  loxv^i  XoyiG^bg  ccvö'gmnov  cpiXovsixog  yug 
•jiXovGioig  7]  xvxri  ov  S£ddigi]xat,  dXXd  ösSdvatxEv.  7}  dcclacov  xal  ovösv  dviX-jfiGxov  Ttug'  ahxf\g. 
Für  die  kynische  Quelle  dieser  Lukianstelle  An  anderen  Stellen  wird  sie  neben  den  Sal- 
und  der  folgenden  vgl.  man  R.  Helm  a.  a.  0.  aorsg  {Rohde  435)  angeführt,  oder  beide  Be- 
44 f.  Im  Nigrinus  20  ist  nämlich  derselbe  Ge-  griffe  scheinen  identisch  zu  sein:  liohde  436 
danke  in  etwas  anderer  Form  wiederholt.  Man  Anm.  2.  Ihr  schillernder  Charakter  ließ  sich 
soll  die  Güter  der  T.  verachten,  wenn  man  eben  nicht  in  eine  feste  Form  zwängen.  —  An 
sieht,  wie  sie  iv  exrivfj  xcu  TioXvTcgoGconcp  dgd-  die    üblichen   Gemeinplätze    erinnert  Eustath. 

43* 


1327  Tyche  Tyche  1328 

aw.  Hysm.  9,  12,  1  ov  "Epcu^^  xai  Tv^  %ai  TIo-  Anm.  2    uml    Itesonders  N.  G.  Polths,   MsXhcci 

ütid&v  i^  fvTvxovvTog  dvötvvi)^  öoviov  i^  iXst^-  negl  rou   ßiov  x«}  rm  yAtbfförjff  rov   KXXi]vi,xov 

^igov  xai  xgidovlov  <i»ri  %rntvxog  q>e(iOvaiv.  Xaov.  IIccQaSöaang  Bd.  1  (1904)  ur.  919  S.  561f.): 

Durchaus  im  Rahmen  der Tychevoratellunjjen  Eine  Sage  aus  Lasta  berichtet  dort  von  einem 

des  Romans  bewegen  sich  endlich   die  Äuße-  bis   zum  Himmel   ragenden  Berg.     „Auf  ihm 

rangen  über  das  Spiel  der  graasamcn  Fortuna  sitzen  die  Moirai  oder  Tychai.  Sobald  ein  Mensch 

bei  Apuleius  in  den  Metamorphosen:  z.  B.  6,  9  geboren"  wird,  wird  auch  seine  Tyche  geboren 

Meva  et  iniqua  F.;  6,  28  F.  durior,  tarn  saevire  (man  denke  an  Philem.  frg.  10  k;  s.  ferner  w.  u. 

desiste;  besonders  7,  2,  wo  der  Räuber  erzählt:  über  Porsonaltyche),  so  daß  jeder  dort  auf  dem 
8%tbiitque  me  non  de  nihilo   veteris  priscqeque  lo  Berg  seine  Tyche  oder  Moira  hat,   so  wie  er 

doctrinae  viro8  ßnxisse  ae  pronuntiasse  caecam  auf   Erden    seinen    Schutzengel    besitzt.     Nur 

et  prorsus  exoculatam  esse  fortunam,  quae  f:em-  einem  ist  es  geglückt,  dorthin  zu  kommen  und 

per  suas  opes  ad  m<Mlo8  et  indignos  conferat  nee  zu  sehen.     Er  bemerkte,   daß  die  Armen   die 

tmquamiudiciofnortaliumquemquameligatxisy,'.  reichsten  Tychen   hatten  und  die  Reichen  die 

Oberhaupt  hat  man  in  der  Ausmalung  der  ärmsten."  (Bei  Artcmidor  oueirocr.  2,  37  [p.  143 
Macht  der  Fortuna  bei  Schriftstellern  der  rö-  Hercher]  steht  übrigens,  daß  eine  reich  geklei- 
mischen  Kaiser^eit  den  Einfluß  der  hellenisti-  dete  T.  Armut  bedeute,  eine  ärmlich  aussehende 
sehen  T.- Vorstellungen  zu  erblicken:  Vgl.  außer  dagegen  Reichtum.  Dazu  eine  originelle  Be- 
der  oben  Bd.  1,  2  Sp.  1529  mitgeteilten  Plinius-  gründung).  Ebenso  hat  eine  andere  Erzählung 
stelle  JV.  jff.  2,  7,  22  vor  allem  Pöhlmann,  Die  20  aus  Arachowa  (N.  G.  Politis  im  zuletzt  ge- 
Wdtanschauung  des  Tacitus  in  den  Münchener  nannten  Werk  nr.  921  S.  563)  getreulich  antike 
Sitzungsber.,  phil.-histor.  Kl.  1910,  l.Abh.  l6fiF.  Züge  bewahrt:  „Die  T.  ist  häßlich,  schwarz 
Nur  in  einer  Welt,  die  voll  war  des  Redens  über  und  sitzt  oft  allein  auf  dem  Weg.  Und  von 
sie,  sind  ferner  Plutarchs  Abhandlungen  IleQL  dort  führt  sie  den  Menschen  gut  oder  schlecht. 
rv;frjff,  Usgl  rije  kXe^dvdQOv  ri^x^g  r)  aQsrf)s,  IIsqI  Sie  ist  blind,  oder  sie  hat  ihre  Augen  mit 
Ti)g* Ptoiucioav  xvxrig  rj  ScQSTijg  größeren  Interesses  einem  Tuch  verbunden  und  geht  umher  uGxoTta. 
sicher  gewesen,  konnten  ganze  Deklamationen  Oder  sie  schweift  umher  wie  eine  Irrsinnige 
IIbqI  xvxrig  wie  bei  Dia  Chrysostomus  nr.  63 — 66  (avoTjTTj),  und  auf  wen  sie  ^fällt',  den  macht 
ihre  außerordentliche  Bedeutung  ausmalen;  und  sie  glücklich,  und  die  Leute  sagen  von  ihm: 
esist  bezeichnend,  daß  Pattsamtis  an  jener  Stelle,  so  Hinter  dem  ist  die  blinde  T.  Jedermann  hat 
wo  er  die  Okeanide  des  Demeterhymnus  er-  seine  T.,  und  den  begleitet  sie  im  ganzen  Leben." 
wähnt  (4,  30,  6),  seiner  Verwunderung  Aus- 
druck gibt,  daß  der  Dichter  sonst  mit  gar  HI.  Besondere  Züge  im  Wesen  der  Glücks- 
keinem  Wort  der  T.  gedenke,  co?  i]  dsog  ianv  ^^^  Schicksalsgöttin. 
avTT]  {isyitfxri  ^feov  iv  xolg  ccv^QcoTtivoLg  Ttgccy-  Wir  betrachten  zunächst  die  Tyche,  deren 
{laai  xai  iaxvv  ncegexftcci  nXsiatriv  (vgl.  1,  29, 11  besondere  gute  Seite  durch  den  Beinamen 
x6  firiShv  avsv  Tt'xrig  slvai).  Für  weitere  Stel-  kyad"^  im  Gegensatz  zur  wandelbaren  Glücks- 
len  aus  der  späteren  Literatur,  die  immer  aufs  und  Zufallsgöttin  gekennzeichnet  wurde.  Ein 
neue  die  bekannten  Gedanken  von  Tyches  alles  Kult  ist  für  sie  in  Athen  z.  B.  in  der  2.  Hälfte 
überragender  Größe  wiederholen,  vgl.  man  E.  40  des  4.  Jhdts.  nachweisbar  (s.  u.).  Über  den 
ÄoÄ<i€,  jRoman*  280,  Anm.  3  und  475  mit  Anm.  2,  Zeitpunkt  der  Fixierung  dieser  Gestalt  sind 
wo  er  interessante  Beispiele  für  die  Verwen-  wir  nicht  näher  unterrichtet.  Leop.  Schmidt, 
düng  der  Tycheterminologie  selbst  bei  christ-  Ethik  1,  53  f.  meint,  „im  Hinblick  auf  diese 
liehen  Schriftstellern  (in  den  Briefen  des  Pro-  Glücksgöttin  sei  auf  jedes  Beginnen  und  P]r- 
copius  von  Gaza)  beibringt.  Ein  nicht  gerade  eignis  die  bekannte  Formel  äyccQ-fj  rvxrj  an- 
gewöhnliches Zeugnis  hellenistischer  Zeit  muß  gewendet  worden",  während  H.  Neuss  {f.  bei 
hier  noch  eingeschaltet  werden,  das  in  den  den  att.  Tr.  16),  gestützt  auf  die  Tatsache,  daß 
Berl.  Klfiss.  lexten  5,  2  nr.  22,  2  p.  142  ver-  das  Epitheton  &.  sich  bei  den  Tragikern  noch 
öflFentlicht  worden  ist,  ein  Hymnus  an  T.  Ver-  nicht  findet,  den  Schluß  zieht,  jene  auf  atti- 
raten  auch  Sprache  und  Vers  den  ungebildeten  50  sehen  Inschriften  gebräuchliche  Formel  habe 
Ägypter,  so  ist  doch  der  Inhalt  wertvoll  genug  neben  der  Analogie  des  kya&og  jdccifiav  mit- 
ala  Beweis  für  die  Vertrautheit  auch  niederer  gewirkt,  um  den  Kultnamen  der  kyad-i]  Tvxr\ 
Volkskreise  mit  den  geläufigen  Vorstellungen  zu  festigen.  Ähnlich  Allegre  31.  Diese  An- 
vom  Weaen  jener  bedeutsamen  Macht:  UoXv-  schauung  hat  jedenfalls  viel  Wahrscheinlich- 
X^igf  5totxi>LöfM)pqps  ytxavo[-  -]  |  ^raxotg  avvo-  keit  für  sich.  —  Über  den  Wortlaut  und  die 
lUexif^  TtccyyigaxBg  Tvxcc.  |  n&g  X9^  xsäv  iaxvv  verschiedenartige  Anwendung  solcher  Formeln 
XB  dsi^ai  xal  xsäv  (p[v6iv];  \  xä  fihv  vipicpafj  auf  Denkmälern,  Urkunden,  Weihungen,  im 
xai  GSfivä  slg  xbov  o/t[fia--]  |  5.  vTf^gixccg  noxl  Sprachgebrauch  des  täglichen  Lebens  bei  freu- 
yäv  vBq>og  &u(pi&Tixafisv[a  cxotlov],  \  xä  ds  digen  und  traurigen  Anlässen,  auf  Grabschrif- 
(pavXa  xai  xansivä  nolXäHig  7txogo[l]ö[i\?  j  60  ten,  sogar  auf  dem  Bruchstück  einer  Verflu- 
slg  v'ipog  i^dsigag^  w  äai^ov  ^syaXa.  \  noxsgov  chungstafel  I.  Gr.  3,  3  Defix.  tab.  Wue.  nr.  158, 
ff«  xXri^GniBv  Kiabat  xfXociväv,  j  10.  r\  xäv  xccxvv  s.  Boeckh  in  der  Erläuterung  zu  C.  I.  Gr.  4; 
&yYeXov  "Igiv  äd^avdxcov;  \  itävxcov  yäg  ägxäv  J.  Franz,  Elementa  epigraph.  Graec.  318  f.; 
xai  xüog  äyiov  ^x^Lg.  K.  Lehrs,  P.  A.^  178  f.  —  In  der  Literatur  be- 

Für  das  Fortleben  der  Tyche  bei  den  Neu-  gegnet  man  dem  Namen  der  'A.  T.  nur  selten, 

griechen    siehe    B.  Schmidt,  Das  Volksleben  Aelian  V.H.  9,  39  erzählt  z.  B.,  daß  ein  nqt- 

der  Neugriechen  1,  221 ;  N.  G.  Politis,  MsXixccL  nehmer  athenischer  Jüngling  in  heftiger  Liebe 

inl  xov  ßiov  xcbv  vsaxigcov  'EXXrjvcov  1,  2,  207  zu   dem   Bild    der  *A.   T.    entbrannte,    welches 


1329          Tyche  Tyche          1330 

^TtQOi^  xm  TtQVTccvsio)^  stand.  Als  iliiii  seine  sie  auf  Am\il<;tt»jn  abgebildet  ist.  J^ewy 
Bitte,  ihm  das  Bild  zu  verkaufen,  abgeschlagen  a.  a.  0.  7(5'2  vermutet  auf  einem  im  Bulletino 
wurde,  tötete  er  sich.  Nach  //m"/)oÄ:r«tton  s.  v.  archeol.  1847,  H9  beschriebenen  Amulett,  aut 
Dcycc^fig  y  vsc'og  hatte  Lykurgos  einen  Tempel  dem  drei  Moiren  zu  sehen  sind  und  ein  Knabe 
der  Göttin  erwähnt.  Wichtig  ist  Herond.  mim.  mit  Füllhorn  am  iioden  sitzt,  in  diesem  Kna 
7,  93  Ol;  601  äi(i(oai,v  i]  AyacQ-ij  T.  .  .  1/;«ü(7«^  7to-  ben  IMiitos  und  in  der  einen  nur  durch  einen 
8ia%(üv  usw.  wegen  des  Artikels.  Auf  Inschrif-  Stab  charakterisierton  Moira  Tyche.  Unver- 
ten  ist  der  Name  dafür  um  so  häutiger  ver-  kennbar  ist  jedenfalls  T.  mit  den  Tagesgöttem 
treten,  wie  wir  noch  sehen  werden.  Als  lehr-  auf  einem  syrischen  Armband  griechischer  Arbeit 
reiche  Beispiele  für  Momente,  in  denen  man  lo  dargestellt,  das  (aus  De  Witte,  Gazette  archeol. 
der  Gunst  der  T.,  und  zwar  der  guten,  wenn  3  (1877),  «3  Tf.  8,  t>)  auch  oben  Bd.  2,  Sp.  1666 
auch  dieser  Beiname  nicht  überall  erscheint,  wiedergegeben  ist.  Man  trug  diese  Schutzhei- 
zu  bedürfen  glaubte,  seien  folgende  angeführt:  ligen  als  Amulette  an  sich:  K.  Maas,Tugesg()tter 
Zuerst  steht  sie  in  Beziehung  zu  den  Wett-  240.  Eine  •  Inschrift  C.  I.  Gr.  7304  auf  einer 
kämpfen.  In  der  Altis  von  Olympia  er-  Gemme  scheint  gleichfalls  in  diesen  Zusammen- 
wähnt Pausanias  5,  lö,  i\  einen  Altar  der  'A.  T.  hang  zu  gehören:  Tgocpiiiov.  ZfXrjvr}  Tvxri[v] 
Wenn  auf  einer  Gemme  um  das  Bild  des  He-  [y,]vßsQv\(b\ö(x.  Das  bedeutet  wohl,  daß  der 
rakles,  der  das  cornucopiae  trägt  und  seinen  Mond  T.  in  günstigem  Sinne  beeinflussen  möge. 
Fuß  auf  eine  Kugel  setzt,  die  Umschrift  zu  Über  T.  in  ihrer  besonderen  Eigenschaft 
lesen  ist:  MsydXi]  Tv^t]  tov  ^vgtov  C.  l.  Gr.  20  als  Schicksalsmacht  überhaupt  hat  die 
7305,  so  ist  hier  Herakles  nur  an  die  Stelle  literarische  Übersicht  schon  das  Wichtigste  er- 
der T.  getreten,  indem  er  mit  ihren  Attributen  geben.  Einiges  Material  fügen  wir  noch  hin- 
versehen ist.  Wir  haben  damit  ein  Zeugnis  für  zu.  Wenn  sie  mit  diesem  Charakter  in  der 
Tyches  Einfluß  auf  den  Übungsplatz  der  Ath-  früheren  Periode  häufig  als  eine  neben  d6n 
leten.  Bezeichnenderweise  befinden  sich  um  Göttern  stehende  Gewalt  erschien,  so  ergab 
ein  Bild  der  T.  auf  einer  Münze  von  Nikaea  sich  daraus  eine  eigentümliche  Unklarheit  des 
Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Poiitus  etc.  175  nr.  145  Glaubens  von  der  Weltleitung.  Zur  Veran- 
'agonistic  ums  containing  palms'.  Die'  Ge-  schaulichung  dieses  Verhältnisses  einer  neben 
schichte  von  der  Dedikation  der  Würfel  des  der  Gottheit  oder  in  ihrem  Dienste  wirkenden 
Palamedes  im  Tempel  zu  Argos  {Paus.  2,  20,  3)  30  Schicksalsidee  verweist  7^\  Pohde,  Poman*  276, 
ist  in  ähnlichem  Sinn  aufzufassen.  Als  Gott-  Anm.  2  auf  die  halb  antiken  Vorstellungen 
heit  des  Wurfs  ist  sie  erwähnt  auf  den  von  Dantes,  Inferno  7,  70 — 96.  Ihr  Verhältnis  zur 
Heinevetter,  Würfel-  ii.  Buchstabenorakel,  Bres-  Moira,  an  deren  Stelle  sie  allmählich  tritt, 
lauer  Diss.  1912  behandelten  Inschriften  p.  7  läßt  sich  nicht  genau  bestimmen.  Bei  Archi- 
(T.EvSaiiKüv).,  11  u.  19  (T.  sig  aXaif Qoßißd^ovöcc).  lochus  frg.  16  teilte  sie  sich  mit  Moira  in  die 
—  In  Delphi  wurde  T.  bei  Befragung  des  Ora-  Zuwendung  aller  Gaben  an  die  Sterblichen, 
kels  an  erster  Stelle  angerufen:  Simplic.  in  Pindar  nannte  sie  eine  der  Moiren,  und  auf 
Aristot.phys.2..,A,{9,^'d^Diels)ivJsXcpoig8s'Kal  dem  oben  erwähnten  Sarkophagrelief  schien 
TTQoyicctfiQxsv  iv  rcclg  sQcotijasGLv  ~ß  Tv^ri  kccI  sie  die  Stelle  der  Lachesis  zu  vertreten.  Bei 
Ao^icc,  xa>  Ö£  xlvl  ds^iötsveis;  Leivy  {Jahrb.  f.  40  Soph.  frg.  624  JV^  fügt  sie  sich  nach  E.  Pohde, 
kl.  Phil.  145  [1892]  761  f.)  erklärt  zwar,  T.  sei  Poman'^  276  Anm.  2  der  Moira.  Eurip.  Jph. 
hier  =  Phoibe,  der  früheren  Herrin  des  Ora-  Aul.  1136  eo  TioxvLa  y,olQCi  xccl  xvxV  ^o^tf*«»'  t' 
kels,  die  dasselbe  an  Apollo  abgegeben  habe  iy.6g.  Eine  Weihung  von  der  Insel  Aegiale 
{Aesch.  Eumen.  4  ff.)  und,  wie  auch  anderwärts  Z.  Gr.  12,  7  lautet  Tvx'US-  Molq&v.  M[rixQbg'\ 
dem  Heros  vor  dem  Gott  geopfert  wurde,  nur  ©E[ä)'v].  In  dem  Rest  des  orphischen  De- 
noch  ehrenhalber  an  erster  Stelle  mitgenannt  meterhymnus  bei  Diels,  Fr.  der  Vors.  495 
werde.  Aber  sollte  sich  die  Stelle  nicht  ein-  nr.  12  v.  4  sind  Tychai  u.  Moira  nebeneinan- 
fach  so  verstehen  lassen,  daß  man  der  T.  ge-  dergestellt.  Eine  Ähnlichkeit  mit  der  Moira 
rade  auch  bei  solchen  Orakelbefragungen  eine  liegt  vor,  wenn  von  ihr  bei  Antiphon  6,  15 
günstige  Einwirkung  zutraute?  C.  I.  G^r.  4379  o  50  gesagt  wird:  xfjg  xvxrig,  iJTtsQ  oluat  v.ccl  dlXoig 
1  f .  (auf  einem  Stein  aus  Pisidien)  heißt  es  ja  noXXoig  ccvd'Qoi-jtcov  alxia  iarlv  ccTiod'avslv  ^v 
direkt  ''ATtavxcc  ngä^ig  -Aa-KxsXsig  nox'  bvxvx^g,  ovx'  av  iyco  ovx'  dXXog  ovöslg  ol6g  x'  av  ti't} 
BoTjd'bv  £^ig  ^vExu  xfig  Tvxr^g  xbv  TIvQ'iov.  ccTtoxQbipai,  ftrj  ov  ytviG^cci  ijvxiva  Sel  ky.ä6x(p. 
Fast  ebenso  G.  I.  Gr.  4310  aus  Limyra  in  Ly-  An  der  Stelle  handelt  es  sich  um  unnatürlichen 
kien  =  Kaibel,  epigr.  gr.  1039,  2.  —  Andere  Tod  durch  Gift.  Vom  natürlichen  Tode  An- 
Aussprüche  verbinden  wenigstens  den  Begriff  docid.  1,  120:  ?}  nalg  xvxV  XQV^^i^^'^V  ocjtiQ^ccvBv. 
xvxT]  mit  dem  Los:  Eurip.  frg.  989  iV-  6  xfjg  Vgl.  Lys.  10,  25  und  noch  einige  Stellen  bei 
xvxTig  nalg  v.Xi]Qog.  Das  ist  eigentlich  auch  Meuss,  T.  b.  d.  att.  Tr.  10,  Anm.  35 ;  Nägelsbach, 
schon  Personifikation.  Vgl.  Plutarch,  der  diese  Nachh.  Th.  155.  In  dem  oben  zitierten  So- 
Stelle  erhalten  hat,  quaest.  conviv.  2,  10,  2 :  60  phoklesfragment  624  ov  yuQ  tiqo  ^oiqag  7]  xvxri 
navoSfied-a  xccg  Moigag  äxiad^ovxsg  v.al  xbv  ßia^exaL  faßt  sie  A.  Dieterich,  Nekyia  88  Anm. 
xfig  Tvxrjg  italdcc  KXf]Qov,  cbg  Ev.  (prjßiv.  Man  als  '^ Todesgöttin'.  Und  das  ist  sie  wirklich 
wollte  damit  die  Abhängigkeit  des  Loses  vom  im  Sinne  des  hinwegraffenden  Schicksals  ge- 
glücklichen Zufall  betonen.  Hier  sei  noch  an  wesen.  Denn  gar  oft  erscheint  sie  auf  Grab- 
die  bei  den  Rednern  angeführte  Wendung  xb  Schriften  als  die  grausame  Gewalt,  die  dem 
üvußäv  dnb  xfig  xvxr]g  von  der  Wahl  durchs  Menschen  neidisch  den  Genuß  des  Lebens  ver- 
Los  und  dem  Ausdruck  ij  xvxr]  -acu  6  -aXfjQog  sagte.  Eine  Graburne  aus  Massilia,  mit  2  Füll- 
erinnert. Tyches  Hilfe  erhofft  man  endlich,  wenn  hörnern  geschmückt.  C.  I.  Gr.  6768  =  I.  Gr.  14, 


1331  Tyche  Tyche  1332 

2437,  5  f.,   sagt,   daß  das  Leid  gebracht  habe  Xoyog    des    Hermes    Trism.    {Ps.-Apul.  Ascl.  s. 

ri   q>9ovfgä   d'    vfiäg   nävx'    ccdixoitacc    Tv%r\.  Dial.  Herrn.  Trism.  c.  19  u.  3ü),  der  behaupte: 

Für  den  Neid  s.  noch  Kaihd,  Ep.  Gr.   nr.  489,  ai  xaXov^fvat  inra  acpaTgai,  Bxovaiv  ciQx>ii'  Trjv 

4.  C.  I.  Gr.  5172,  6  (— »  Kaibel  nr.  418)  aus  xaXovnivriv  xvxr\v  r\  H^aQHivr}v.  Gleich  darauf 
Kyrene  (Jahr  8  n.  Chr.)  beklagt  sich  darüber,  derselbe  Gedanke  noch  einmal  xccrcc  tu  Säyfiara 
daß  ein  gewisser  Kapiton  gerade  in  der  Hoch-  des  Porphyrios.  Infolge  ihres  vermeintlichen 
zeitsnacht  von  der  T.  weggerafft  worden  sei.  Einflusses  auf  die  Geschicke  der  Menschen  war 
Sie  'teilt  den  Tod  zu'  1  Gr.  2, 3,  *J724,  6  (3.  Jhdt.  dann  T.  auch  natürlich  berufen,  eine  wichtige 
n.  Chr.)  bI  rb  xaltbg  iati  &ccvBiv  %&iiol  tovt'  Rolle  bei  der  Konstruktion  der  astrologi- 
dtnivfiiLf  T.  (vgl,  Bergk,  P.  L.  Gr.*  4r)7  =^  Si-  lo  sehen  xXi)QOL  zu  spielen:  Bauche- Leder cq  a. 
monides  100).  Ihren  &^ii{xd)xQOTta  dioQoc  kann  a.  0. '43G  f  —  Im  Sternbild  der  Jungfrau 
man  nicht  entfliehen:  I.  Gr.  12,  5,  302  aus  glaubte  man  bald  Demeter,  bald  Isis,  bald 
Faros,  1.  od.  2.  Jhdt.  n.  Chr.  J56d.  303  (1.  Jhdt.  Atergatis  oder  Tyche  zu  erkennen:  Eratosth. 
n.  Chr.)  xavöauccTtiga  T.  genannt.  Jianoavvt]  catasterism .  c.  9;  Hygin.  2,  tiö;  Boll,  Sphaera 
heißt  sie /rai6«Z  526,  2  aus  Berrhoe,  sie 'sehnte'  213  u.  258;  Gg.  Thiele,  Antike  Himmelshilder 
sich  nach  dem  Betreffenden,  und  die  dccinovsg  66.  Tvx'^l  =  den  7  Sternen  des  Großen  Bären : 
führten  ihn  daher  aus  dem  Leben.  T.  und  Dieterich,  Eine  Mithrasliturgie  73  Anm.  2  — 
der  dccipuov  iloyiöTog  lassen  ein  junges  Mäd-  Astrologische  Anschauung  ist  es  auch,  wenn 
eben  nicht  an  das  Ziel  seiner  Wünsche  ge-  man  in  einem  Leidener  Papyrus  {Fleckeisen,  Jhb. 
langen  C  I.  Gr.  3627,  10  (vgl.  Kaibel  nr.  334,  20  Suppl.  16,  808,  8,  7  =  ^.  Dieterich,  Abraxas 
10)  von  Ilium  novum.  Ähnlich  Kaibel  nr.  244,  196,  4)  liest:  ov  ul  äyuQ^ccl  Scnoggoiai  ('Ein- 
4  aus  Kyzikos:  Kypris  hat  dem  Mädchen  zwar  flüsse';  'Emanationen'  Reitzenstein,  Poiman- 
Schönheit  verliehen,  aber  T.  hat  mit  ihren  dros  16  Anm.  4)  tmv  äorigav  etaiv  datjiiorfi; 
'krummen  Plänen'  alle  Hoffnungen  vereitelt.  xal  Tvxcci  xal  Motgcci,  i^  cov  Siöoxca  Tr^ovrot;, 
Grabepigramme  aus  Theben  (1.  Jhdt.  v.  oder  Bv-KEQueia,  tvxsxviayXvxT],  xQoq)T}  (xacpi]  lieitzen- 
n.  Chr.)  Kaibel  nr.  492,  2  und  au.s  Smyrna  s<cm  a.  a.  0.  17  Anm.  1)  dya^r/.  D^zm  Dieterich 
Kaibel  nr.  240,  6  reden  von  der  Unsicherheit  a.  a.  0.  106  Anm.  4.  Im  pap.  Par.,  Wessely, 
des  von  der  T.  beherrschten  Lebens,  ja  in  dem  Wiener  Denkschrift.  36  (188«)  v.  662  f.,  will  der 
letzten  soll  es  der  Stein  sogar  'schreien'  Theurg  sehen  tTcxa  Ttag&svovs,  die  '7  Licht- 
(v.  6/6),  CDS  AtdaXog  \  &a(pccXkg  ccvd'QmTtOLg  ovO-hv  30  Jungfrauen',  avxca  xccXovvzui  ovgavov  Tvxai 
ivstfis  T.  T.  und  Moira  sind  an  dem  Tod  ■KQccxovöai  ;gpv(>8a  ßgaßsla.  .  .  Hierüber  (und 
schuld  in  einem  milesischen  Epigramm  Ab-  überhaupt  für  die  Bedeutung  der  T.  bei  den 
Handlungen  der  Berl.  Akad.  1908,  Anhang  46,  Mithrasverehrern,  für  die  dieser  Hymnus  be- 
V.  6  w  4«tvs,  xavx*  ingavs  Motga  xal  T[vxri].  stimmt  vf£kT)  Dieferich,  Eine  Mithrasliturgie  bl  f. 
Die  Bedeutung  der  Moira  abgeblaßt  /.  Gr.  2,  u.  70  f.    Zur  Einleitung  jenes  Hymnus  ^^op.  Par. 

5,  2459c  (sehr  spät,  nach  dem  4.  Jhdt.  n.  Chr.)  475  stand  der  Anrnü  "'IXa&i  fioi  IJqövoicc  xal 
aus  Athen:  nävta  ii  l;uofra  slXev  (lotgcc  Tvxrig  Tvxri.  Dieterich  a.a.O.  49  u.  51.  —  Über  T.  und 
dvvd^n.  die  Planetengötter  s.  E.  Maas,  Tagesgötter  275  f 

Ihrer  Bedeutung  als  Schicksalsmacht  ver- 
dankt auch  T.  eine  eigentümliche  Stellung  in  40  IV.  Personallychen;  T^xn  ^oXtag. 
der  Astrologie.    Nach  Macrobius,  Sat.  1,  19,            Wenn  sich  der  Glaube   allmählich  entwik- 

17  ist  es  ägyptische  Anschauung,  daß  bei  der  kelte,   daß  jedem  Menschen  von   Geburt  sein 

Geburt  des  Menschen  anwesend  sind  z/a/fiwv,  Daimon  mitgegeben  sei,  der  ihn  durchs  Leben 

Tvjrrj,  "Egcag,  *Ävdyx7\,  und  zwar  bedeutet  Dai-  begleitet  (Stellen  für  den  Personaldämon  bei 

mon  die  Sonne,    Tyche  den  Mond,    quod  Mohde,  Psyche^  2,  S16  Anm.  1),  so  wurde  dieser 

8ol  auctor  spiritus,  caloris  ac  luminis  humanae  auch  auf  die  Tyche  übertragen  {Lehrs,  P.  A.^ 

vitae  genitor  et  custos  est,  et  ideo  nascentis  dai-  190).    Bei  den  einzelnen  der  literarischen  Zeug- 

mon,  id  est  deus^  creditur,  luna  xvxr\,  quia  cor-  nisse  war  jedesmal  auf  die  Ansätze  zu  dieser 

porum  praesul  est,  quae  fortuitorum  varietate  Entwicklung  hingedeutet,  besonders  vgl.  P/it7ew. 

iactantur  usw.     Tyche  =  Mond  und  Daimon  so  fr.  10  K.    Eine  eingehende  Untersuchung  über 

-=  Sonne  auch  bei  Proclus,  Comm.  in  Plat.  rem.  'diese  eigentümliche  Objektivierung  des  Einzel- 

p.  2  p.  299  Z.  26  {Kroll);   der  Mond  xvxr]  xal  geschicks' haben  wir  hei  Proclus,  comm.  in  Plat. 

XQovoicc    genannt    bei  Lyd.  de  ost.   (Wachsm.)  rem.  publ.  2  p.  266,  12  {Kroll);    dort  heißt  es 

c.  22,  in£l  xal  fuiXXov  iTtiß^ßrixsv  (xvxr\  xm  yivBi  ynxa   xov   Ö<xi\iovog   xul  xvxriv   txccöxog   sl'Xrixsv 

reo   nccvxl   xccl   nävxu   TtQoasx^g  Sioixilxui    Si*  ßiog,  ein  Gedanke,  der  sich  ja,  wie  wir  sahen, 

avxfig.     Auch   im  Panaretos  des  Hermes  Tris-  bis  zur  heutigen  Zeit  im  griechischen  Volks- 

megistos    stand   T.   in    Beziehung    zum    Mond,  glauben  erhalten  hat.     2,  270,  30  f. :    xul   yuQ 

Da  werden  nämlich  die  7  Lose  des  Menschen  ccqx^l  (6  d.)  x&v   evdov   SiucptQovxojg,   oiGTieg   r\ 

nach  den  7  Planeten  erklärt.  T.  ist  das  des  tvxr]  xätv  ^^w  y^uXXov  (vgl.  2,  291,  16  f.).  Das- 
Mondes,  Daimon  das  der  Sonne  usf.  Vgl.  Zoega,  60  selbe  ausführlicher  2,  298,  9,  wo  dem  d.  mehr 

Abhandlungen  40,  A.  Pouche  Leclercq,  L'Astro-  das  uQQsvajnov  zugeteilt  wird,  der  r.  aber  das 

logie  grecqvs  288  u.  289,  wo  er  die  Beziehungen  %-riXvnQBitig  und   der  Unterschied   beider   von 

zum  Mond  erklärt  'aus  ihrem  Geschlecht,  ihrer  dem  kyu&bg  Jui^av  und  der  'A.  T.  dahin  aus- 

proteusartigen  Natur  und  den  beständig  wech-  gesprochen    wird   (299,  7)    wg    uqu   ovxol   ^ihv 

selnden  Launen';   293   Anm.  1,   307.     Hierher  axgccxag  slalv   uyu^Av   ^oprjyot,  während   6  ö. 

ist    femer    Lyd.   de  mens.  4,    7   {Wuensch)  zu  ovxog  xul  x.   Ttgoeöxrjxuxov    Scvd-ganivmv    ßitov 

ziehen   ..xfig    Tvxrig   xul    Eifiug^ivrig   inl   xfjg  tviioigav   ?}    xul   ivuvxicov  usf.    —   Beispiele 

yivEakojg  TcgoßtßXrixui   övouu  nach  dem  xiXsiog  solcher  Einzelty eben  sind:  C.  T.  Gr.  2693  h;  vgl. 


1333                         Tyche  Tyche                         1334 

2691  c.   Aus  Mylasa  in  Karien  Mitte  des  4.  Jhdts.  Meinung'  von  der  Schutzgottlieit  des  einzelnen 
V.  Chr.:  ö  d'fuLOi;  Tvxj]  ircKpavst  ßaßiX^ws.    C-  I.  Menschen  wie  der  ganzen  Stadt  jener  Einwir- 
Gr.  3137,  1,  61  Schwur  bei  Zeus,  Gaia,  Helios  kung  durchaus  nicht  bcidurfte.  (Über  den  Unter- 
u.  a.  Göttern  und  der  Tyche  des  Seleukos.  schied  von  genius  i>ublicus  und  Tyche:  AlUgre 
Düt.  Syll''  641,  33:  Widderopfer  an  die  'A.  T.  185  f.     Welcher,  Gr.  Götterl.  808).     Da  nun  T. 
und  den  'Aya^o?  Jai^mv  des  Poseidonios  und  als  eine    im  Kult   verehrte  Göttin    verhältnis- 
seiner   ixyovoi-   in    Halikarnaß.     C.  I.  Gr.  340«  mäßig  spät  auf  den  Plan  tritt,  so  war  es  nur 
enthält  eine   Weihung  an   die  'A.  T.  der  oi5v-  natürlich,  daß  sie  in  Griechenland  selbst  neben 
o6os  ü^ivQvaf^LTiüv  in  Magnesia.     C.I.Gr.  6178  den    hoch    verehrten     älteren    Lokalgottheiten 
=  7.  Gr.  14,  1033  T.  oi'yiov  TIoTtXicüv  (römische  lo  sich  ihren  Platz  als  Stadtbeschirmerin  erst 
h'ortuna?).      Hierher     gehören    weiter    solche  erkämpfen  mußte.     In  Athen  z.  H.  hatte  man 
Weihungen,  die  sich  auf  die  Tyche  römischer  sie   in   dieser   Eigenschaft   neben    der  Polias 
Kaiser  und   Kaiserinnen   beziehen.      In   diesen  anfangs  so  wenig  nötig,   daß   man   ihre  Attri- 
Fällen  läßt  sich  freilich  nicht  nachweisen,  wie  bute  einfach  der  Athene  überwies,  wie  die  bei 
weit    da    römische  Anschauungen    mitgewirkt  Beule,  Monnaies  d'Äth.  159  abgebildete  Münze 
haben.      Ein    isgevg    Tvxrjg  Heßaorfig   erwähnt  bezeugt    (s.  u.).     Eine    wirkliche    Stadt  tyche 
in  Troizen  J.  Gr.  4,  799  (2.  Jhdt.  n.  Chr.);  aus  von  Athen  kennen  wir  durch  die  Inschrift  Ditt. 
Pergamon  Inschr.  v.  F.  376   Weihung    an    die  Syll.^  397,  15,  wo  die  2.  Gemahlin   des  Hero- 
T.  I7tr]xoos  des  Caracalla.    Tvxr]  t&v  §aaiXi(ov  des  Atticus  als  ihre  erste  Priesterin  genannt 
(nach   Fränkcl   Marc   Äurel   und    Luc.  Verus)  20  wird.    Ihr  Kult  ist  demnach  erst  um  die  Mitte 
/.  Gr.  4,   948,   13    aus   dem    Peloponnes.     Auf  des  2.  Jhdts.  n.  Chr.  begründet  worden.  Weit- 
M Unzen    steht    die    Bezeichnung    T.   asßccexT]  aus  die  Mehrzahl  der  Zeugnisse  für  die  T.  n. 
oder    6£ß(x6tov    öfters,    z.  B.  Read,  H.  N.  719  stammt  aus  Klein-Asien,  bes.  aus  Syrien.   Das 
aus  Alexandria,  Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Alex-  hängt  damit  zusammen,  daß  man  in  der  Aphro- 
andria   37    nr.  297    {Domitian).     Aus  früherer  dite- Astarte,    die    mit    der    Mauerkrone    ge- 
Zeit stammt   ein   schönes  Vasenbild,   auf  dem  schmückt  war   und   als   Beschützerin    (axpata) 
Berenike,    die  Gemahlin    des  Ptol.  III.  Euerg.,  der  Städte  galt,   denselben  Gedanken  verkör- 
als  'A.  T.  direkt  dargestellt   ist;    die  Inschrift  pert  fand:    Furticängler,  Sammlung  Sabouroff, 
daneben    heißt    BsgsvUrjg    ßaGLlioörig    'Aya^fig  Erl.  zu  Tfl.  25.    Nach  ihm  stammt  die  Mauer- 
Tvxrig:  Journal  des  Sav.  1862,  163.     Für  diese  30  kröne    von    der  Astarte,    so   daß   man  in  Dar- 
Gleichsetzung     einer    Herrscherpersönlichkeit  Stellungen    der  T.    mit    Füllhorn  und  Mauer- 
haben wir  noch  ein  Beispiel  aus  Syrien.    Der  kröne  griechische  und  orientalische  Elemente 
Dynast   von    Kommagene,    Antiochus,    nannte  zu  erkennen  hat.    Indem  dann  die  Stadtgöttin 
sein  eigenes  Bild,   das   er  neben   die  anderen  T.  weiterhin  solche  Attribute  erhielt,   die   die 
seine    Herrschaft    fördernden    Götter     stellte,  Umgebung  und    Lage   der  Stadt    versinnbild- 
Tyche  von  Kommagene.    Vgl.  Humann  u.  lichten  (wie  die  Gestalt  des  Orontes  unter  der 
Puchstein,  Meisen  in  Klein-Asien  und  Nord-  T.  von  Antiochia),  wird  sie  wieder  zur  reinen 
Syrien  338  f.     Die  betr.  Inschrift  steht  S.  273,  Personifikation,  zum  ^idealen  Selbstporträt'  der 
IIa,  15;  das  Bild  ist  beschrieben  S.  258  u.  319.  Stadt,  wie  sie  unzähligemal  auf  Münzen  seit 
S.  399  Anm.  ist  die  Vermutung  ausgesprochen,  40  der   hellenistischen   Zeit   aus  jenen   Gegenden 
daß  der  doüyLav  ßccGilsoag  bei  den  Persern  die  erscheint.    Bisweilen  trägt  sie  auch  die  Lokal- 
griechische Vorstellung  von  der  T.  des  Königs  götter,  welche  Segen  über  die  Stadt  ausgießen, 
könnte  beeinflußt  haben.     Ihre  Weiterverbrei-  oder  deren  Attribute  in  der  Hand.     Bisweilen 
tung   in    Asien   hat    er    sicherlich    begünstigt.  erscheinen  sogar  auf  solchen  Münzen  2  Tychen : 
S.  n.  Cumont,  Mithra,  übers,  v.  Gehrich  p.  71.  z.  B.  Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Phrygia  108  nr.  9. 
Für   die   Schwurformel   in  Pontus   bei   der  T.  Hier   sitzt   eine   Gestalt  mit    Mauerkrone    auf 
ßaaiUcog   (und    Mrjv)    Strabo    12,    557  C.     Vgl.  einer  Säule,    vor    ihr  steht   eine  T.   mit  Füll- 
ferner Lehrs,  P.  A.^  179  Anm.  und  für  römische  hörn  usw.,  hinter  ihr  der  Kaiser,  der  die  sitzende 
Verhältnisse  E.  Maass,  Tagesgötter  201.  Figur   krönt.     Furtwängler   führt  a.  a.  0.    ein 
Als   eine  besondere  Art  der  Personaltyche  5o  solches  Beispiel  von  einer  Münze  aus  Antiochia 
ist  die   Tvxn   noXscog   aufzufassen.     Das   äl-  an  (nach  Müller- Wieseler,  Benkm.  d.  a.  K.  1, 
teste  Zeugnis  für  die  im  Sinne  der  Stadtgöttin  220  f.)   und    erklärt   die   (Gestalt  mit   Füllhorn 
angerufene  T.  haben  wir  in  Pindars  12.  olymp.  für  die  römische  Fortuna,  die  mit  der  Mauer- 
Ode.    Ob  sie  aber  in  Himera  bereits  einen  Kult  kröne  für  T.,   und  meint,   das   sei    ein  Beweis 
besaß,  ist  zweifelhaft  und  bei  dem  wenig  hohen  dafür,   daß   diese  beiden  Gottheiten   nicht  zu- 
Alter  der  übrigen  Kultnachrichten  auch  nicht  samraengeworfen  wurden.  Weitere  Einzelheiten 
wahrscheinlich.    Simpliciiis  schreibt  an  der  wie-  gehören  in  den  archäologischen  Teil.  Man  ver- 
derholt  zitierten  Stelle  in  Arist.  phys.  2,  4,  5:  gleiche  noch  P.  Gardner,   Countries  and  cities 
..  zb  ÖS  yicxi  tivsg  rCav  noXtiov  Tvxccg  ti^ävnal  in  ancient  art  im  Journal  of  Hell.  Stud.  1888, 
vuovg    oly.oSou.8lv,    vßrsQov    (vorher  war  von  60  48 ff.,  darunter  die  Personifikation  durch  T.  73 f., 
Plato  und  Aristoteles  die  Rede)  ^oiyts  voiiLod-fjvaL.  wo  er  übrigens  auch  die  rein  griechische  Auf- 
Ov  yccQ  ^x^^isv   TtccQix   rotg  rtaXccotg  Tvx&v  fassung  der  Stadttyche  betont. 
itoXsav    isQoc    lotOQOv^sva    ri    sogtag    ava- 

ysyga^Luhag.    Wenn  aber  Lobeck,  Aglaophamos  V.  Tyche  in  orphischer  Lehre;  ßeziehnngeii  zu 

595  meint,  die  Griechen  hätten  wohl  die  Ver-  anderen  Göttern. 

ehrung   der  genii  publici  als  Vorbild  für  den  Daß    T.    in    der    orphischen    Lehre    eine 

Kult  der  Stadttychen  benutzt,  so  ist  demgegen-  Rolle  spielte,   bezeugt  außer  dem  72.  Hymnus 

über  daran  festzuhalten,  daß  die  rein  griechische  der    orphischen    Liedersammlung    Simplic.    in 


1335                         Tycbe  Tyche                         1336 

Ariatot.  vhys.  2,  4,  6  (9,  338  Viele)  %ccl  nag  nägBigoi  des  siegreich  aufgehenden  Sonnen- 
*OQ<pii  d\  ttvrjiiris  rervrtjx«  (i^  T.).  Damit  ist  gottes*.  Überhaupt  bieten  uns  die  in  den  be- 
Tielleicht  gerade  der  Hymnus  gemeint.  Er  ist  sprochenen  Zeugnissen  angedeuteten  Beziehun- 
als  Gebet  bei  einem  Räucheropfer  (^r^i'a^a  gen  der  T.  zu  orphischen  Kreisen  noch  manches 
Ußavov)  gedacht  und  lautet:  Jtifgo  Tv^tj  xa-  Rätsel.  Welche  Rolle  sie  da  gespielt  haben 
jja  a\  Scycc^iiv  xgdvTsiQccv  in*  e^X^^S  \  (isiXixIt]v,  könnte,  erörtert  A.  Dieterich  a.a.O.  87.  Er 
ivoSlxiVy  in  svoXßois  xTsätsaaiv^  |  jigTB^ttv  i]yi-  fragt,  ob  sie  vielleicht  als  eine  Verteilerin  neuer 
fiövYjv,  fifyaiUbvü/xo«'  Ev^ovXfiOig  \  cci^xoi  ixys-  Lebenslose  in  der  Unterwelt  angesehen  wurde, 
ya&aaVy  &ng6<niaxov  slöog  l;|rovffav,  |  5.  xvjißi-  etwa  wie  die  eine  Moira  (Lachesis)  bei  Plato 
SiriVy  noXvnXayyiroVy  &oi$i^ov  av&gmnoiaiv.  \  iv  lO  Rep.  10,  617  Di  T.  mit  dem  Kade  wäre  nach 
aol  yag  ßiorog  d'vr}Tcbv  naiinoixtXös  iaxtv.  \  oli  D.  sehr  wohl  als  Lenkerin  des  xvx/lo?  zu  deu- 
\ikv  yag  xsvx^ts  xxsdvatv  nXi)d'os noXvoißov,  j  olg  ken;  die  Seelenwanderung  wird  als  xgoxog  xfjg 
öh  %axi]v  nsviriv  ^ftco  xoXov  ögnalvovaa  \  ScXXm,  ysviasmg  bezeichnet  orph.  frg.  226,  Verg.  Aen.  6, 
^id.XixoiiaiaB  ijloXsIv  ßim  {v^iviovaav^  |  10.  ÖX-  748  rota.  Oder  muß  man  sie  wie  die  Moira 
/}o(0t  nXi^d^ovcavy  in*  siöXßmg  xxsdxsaaiv.  —  In  auf  einem  anderen  Goldplättchen  {Diels,  Frg.  d. 
diesen  Versen  ist  T.  einmal  die  Glücksgöttin,  Tors.*  2, 1  p.  480  nr.  18)  für  eine  Art  Totlesgöttin 
von  deren  Gnade  man  ein  mit  Reichtümern  halten?  Schließlich  macht  D.  a.  a.  0.  90  noch 
gesegnetes  Leben  ertieht;  es  ist  merkwürdig,  auf. die  bekannte  Pausaniasstelle  vom  Tropho- 
daß  sie  selbst  hier  wieder  daneben  als  Brin-  niosorakel  (9,  89,  5)  aufmerksam,  bei  dem  T. 
gerin  der  xax^  nsvir}  erscheint,  xöXov  hg^ccivovaci.  20  und  Agathos  Daimon  ein  Heiligtum  hatten ;  in 
Aber  auch  eine  Reihe  anderer  ihr  sonst  nicht  der  Höhe  aber  war  eine  Lethe- und  Mnemo- 
anhaftender  Eigenschaften  werden  ihr  beige-  synequelle  (diese  auf  dem  Goldplättchen 
legt.  Sie  teilt  die  Bezeichnungen  ivoSixig^  I>ieZs  a.  a.  0.  480  nr.  17  v.  4),  und  endlich  wer- 
&ng6aiucxov  slSog  ix^vaa  und  xv^ißt-Siri  mit  der  den  noch  Demeter  und  Köre  zu  Anfang  des 
Hekate  {orph.  hymn.  1  v.  1,  3,  6).  Dann  wird  Kapitels  erwähnt,  so  daß  man  auch  hier  an 
sie  geradezu  als  Artemis  (=  Hekate)  ange-  orph.  Einwirkung  in  dieser  Zusammenstellung 
redet.  Nach  v.  3f  entstammt  sie  dem  Blute  denken  könnte  (Agathos  Daimou  angerufen  im 
des  Eubuleus.  In  seiner  Ausgabe  der  Orphica  orph.  Hymn.  73).  Doch  setzt  D.  selbst  hinzu, 
hatte  Hermann  diese  Stelle  erläutert:  Evßov-  daß  sich  diese  Vermutungen  mit  Sicherheit 
i^a  plerumque  Plutonem  esse  index  noster  docet.  so  schwerlich  würden  entscheiden  lassen. 
Nempe  de  Diana  Stygia,  de  Fortuna  iv  aSrj  Die  Verbindung  mit  Hekate  scheint  in  der 
latente^  de  qua  consuluntur  manes,  sermo  est.  bildenden  Kunst  nur  selten  zum  Ausdruck  ge- 
Ed.  Gerhard,  Prodromus  mythol.  Kunsterkl.  53  kommen  zu  sein.  Auf  einer  Gemme  bei  Mont- 
Anm.  75  läßt  T.  'den  ersten  Schöpfungen  des  faucon^  Antiqu.  expl.  1,  310  Tfl.  197  nr.  5  steht 
als  Phanes  gedachten  Eubuleus'  angehören,  T.  neben  der  dreigestaltigen  H.  Allegre  143 
Messen  Wiederverjüngungen  sie  als  Wärterin  glaubt  den  Ursprung  ihrer  Beziehungen  bis 
eines  Plutos-Eubuleus  beschirmt'.  Klarer  wird  auf  die  hesiodeische  Theogonie  zurückführen 
das  Verhältnis  der  T.  zu  E.  durch  diese  Er-  zu  können,  wo  Hekates  Machtfülle  411  tF.  ge- 
klärung nicht.  Am  wahrscheinlichsten  ist  der  schildert  wird.  Vgl.  noch  Lewy  a.  a.  0.  761. 
Hinweis  0.  Kerns,  Athen.  Mitt.  16  (1891),  9  40  Nicht  überzeugende  Versuche,  T.  in  die  Zahl 
auf  Zeus  Eubuleus,  dessen  chthonischer  Cha-  eleusini seh  er  Gottheiten  einzureihen  auf  der 
rakter  von  Kern  a.  a.  11  geschildert  wird.  Er  Tabelle  bei  Daremberff-Saglio  1,  1065  und  bei 
erhielt  nämlich  nach  E.  Rohde,  Rhein.  Mus.  25  Allegre  144,  wo  er  in  der  Erwähnung  der 
(1870),  648  die  für  unterirdische  Gottheiten  be-  ^occva  der  T.,  des  Dionysos,  der  Hekate  und 
zeichnenden  Schweinsopfer,  und  für  T.  sind  Aphrodite  und  der  Mr\xr]Q  d-£ibv  in  Sikyon 
dieselben  Schweinsopfer  im  Verein  mit  Demeter,  (Paus.  2,  11,  18)  ein  ""fast  sicheres'  Zeichen 
Despoina,  Pluton  und  Persephone  in  der  In-  eleusinischer  Kultvorstellungen  erblickt.  Viel- 
schrift C.  I.  Gr.  1464  aus  Messoa  in  Lakonien  leicht  knüpft  die  Gleichsetzung  mit  Artemis 
bezeugt.  Vgl.  femer  den  Artikel '£.' bei  PauZy-  an  eine  uns  nicht  näher  bekannte  Beziehung 
WissowaQ  Sp. 863.  Die  Verbindung  Tyches  mit  50  zu  solchen  Anschauungen  an:  Gruppe,  Gr.  R. 
einem  chthon.  Zeus  wird  uns  nachher  noch  ein-  G.  u.  M.  1498  Anm.  7  gegen  Ende.  Die  An- 
mal  beschättigen.  In  einem  orphischen  Demeter-  rufung  im  orph.  Hymnus  weist  auf  Artemis- 
hynmus  auf  einem  Goldplättchen  von  Petelia:  Hekate.  Zoega  a.  a.  0.  hatte  gemeint  Luna, 
Diels.,  Fragm.d.Vorsokr*  2,1  T^.A^l  nr.  21  heißt  und  man  erwartet  in  der  Tat,  daß  T.  wegen 
es  ngcaxoyovoji  F^i,  ^laxgl  ^cpri  KvßeX-^La  Köggcf  \  ihrer  eigentümlichen  Stellung  in  der  Astrologie 
.  .  .  ^r^LTixgog  .  .  .  navonxcc  Zsv  .  .  .  |  "'HXis  Uvg  (=  Mond)  mit  der  Mondgöttin  in  Verbindung 
Sid  Ttdvx*  aaxri  viasaCy  oxs  NUaig  |  rjdh  Tvxcag  trete.  Ausgesprochen  ist  das  jedoch  nirgends. 
icpdvrig  (^-kuI  ö^ov^  ncciifi^axogi  MolgccL,  .  Frü-  Im  Asklepiosheiligtum  zu  Messene  Paus.  4,  31, 
her  glaubte  man  hinter  T.  Phanes  entziffern  10  wird  das  Bild  der  T.  neben  dem  der  A. 
zu  können  (so  noch  A.  Dieterich,  Nekyia  86),  60  Phosphoros  erwähnt.  Es  handelt  sich  da  um 
und  auch  jetzt  ist  die  Lesung  noch  nicht  ge-  eine  figurenreiche  Gruppe  des  Damophon,  in 
nügend  gesichert.  An  der  Erwähnung  der  der  aber  auch  noch  andere  Gottheiten  wie 
Nikai,  Tychai  (oder  Tyche?)  und  Moira  ist  je-  Apollo,  die  Musen  und  Herakles  dargestellt 
doch  nicht  zu  zweifeln,  wozu  Diels,  Festschrift  waren,  so  daß  man  mit  Schlußfolgerungen  vor- 
für  GomperzlS  bemerkt:  'Es  befremdet,  diese  sichtig  sein  muß.  Ebenso  steht  es  mit  einer 
Abstraktionen  theologischer  Weisheit  so  früh  Weihung  aus  dem  Zeustempel  zu  Panamara 
(4.  Jhdt.)  in  dichtgedrängten  Massen  auftreten  Bull.  corr.  hell.  12  (1888)  269,  wo  A.  und  T. 
zu    sehen.     Alle    diese    Götter    erscheinen    als  (nicht  nebeneinander)  unter  einer  Reihe  anderer 


1337          Tyche  Tyche          1338 

Götter  mitj^enannt  werden,  und  mit  einer  Auf-  aber  ist  wiederum  ein  chthonischer  Heildämon 

Zählung     verschiedener     Priesterschaft^Mi      aus  (Schlange!    vgl.  Rohde  a.  a.  0.  1,  142  Anm.  3). 

Amyklai  Epliem.  arch.  1892,  24  (vgl.  die  Kult-  Man  möchte  demnach  auch  einen  Zusammen- 

übersicht).     Da,  wo  beide  Göttinnen  sonst  zu-  hang    /.wischen    den    zahlreichen    Funden    von 

sammen  vorkommen,    z.  B.    auf  Münzen,    muß  VVeihungen    an  Tyche    oder   einer   solchen   an 

man    annehmen,    daß    entweder    Artemis    als  T.  und  Agathos  Ü.  aus  dem  Trümmerfeld  des 

Schutzgöttin     des     Staatswesens     (vgl.  Pauly-  Asklepiosheiligtumes  von  Epidauros  und  diesem 

Wissowa   Art.  Artemis  Sp.  1360 f.  und  1438  =  Gotte  vermuten  (Die  Inschriften  s.  u.).  —  Für 

Artemis  mit  Mauerkrone!)  geradezu  den  Na-  die  Bedeutung   von  ccya^bg  Sai\i(ov   auf  Grab- 

men  Tyche  erhält,  oder  daß  sie  als  Hauptgöttin  lo  Schriften  s.  liohde  a.  a.  0.  1,  254,  Anm.  2  gegen 

der  bet reifenden  Stadt  neben  der  personihzier-  Ende;    weitere  Beispiele  bei  Franz,   Klementa 

ten  Stadt    und    der   T.   nöXhfü?   erscheint   oder  cpigr.  gr.  319    (auch   für  die  gleichzeitige  Er- 

gar  von   ihnen   gehalten  wird  u.  a.     So   fährt  wähnung  von  &yci^ii  ''^'^'XV)-     I^iese  Wendungen 

A.  auf  einem  Hir8chzweige8i)ann  und  hält  die  sind  hier  allerdings  bereits  formelhaft  gewor- 

Statue  der  T.  in  ihrer  Hand   auf  einer  Münze  den.     Ebenso   bei   Le  Bas,   Voyage  archeol.  ö, 

von  Akrasos  bei  Mionnet  4,  4,  20.    Eine  Münze  1061  u.  10G2;  6,  2402  u.  2403,  wo  Allegre  144 

von  Gerasa  trägt  die  Umschrift  'AgTFfiig  Tv%ri  an  eine  ""Anrufung  der  T.' denkt.  Weitere  Zeug- 

FsQuGüiv   Head   H.  N.  665    (vgl.    oben    Bd.  1,  nisse  für  die  Verbindung  von  'A.  T.  und  'A.  A. 

Sp.  1628).    Artemis  Osqilicx  scheint  in  einer  In-  sind    Inschr.   v.   Pergamon  341  =  Ditt.   Syll.^ 

Schrift  als  Msydlr]  Tv^r]  MvriXrivrig  bezeichnet  20  756,  1;  von  Thera  I.  Gr.  12,  3,  436;  ebd.  suppl. 

zu  werden  Bull.  corr.  hell.  4  (1880)  430  nr.  14.  323;  von  Epidauros  I.  Gr.  4:,  1160  (3.  od.  4  Jhdt. 

Dieselbe  Inschrift  steht  auch  /.  Gr.  12,  2,  270,  v.  Chr.);    von  Cos   C.  I.  Gr.  2510;    aus   Attika 

wo  Paton  anmerkt:  vel  terminum  credo  esse  vel  I.  Gr.  3,  691  (=  C.I.  Gr.  371  aus  späterer  Zeit). 

aram  in  finibus  Dianae  Thermiae  et  Fortunae  Eine    Darstellung    beider    auf    einem    Relief:. 

Myt.  positam.    (Die  'Äqxbill?  Ilf^Qyaia  wird  von  Schöne,  Griech.  Reliefs  109.    Sonstige  Deutun- 

Tyche  mit  Mauerkrone  gehalten  auf  einer  Münze  gen  von  Denkmälern  auf  beide  Gottheiten  sind 

bei  Imhoof- Blumer  Monn.  gr. 'SHS  nr.  55.  Eben-  hier  nicht  zu  erörtern.  Die  Verbindung  scheint 

so  die   ephesische  A.  z.  B.  Cat.  of  gr.  c.  Brit.  parodiert  in  frg.  adesp.  92  Nauck^:    xaxog   ae 

Mus.  lonia  86  nr.  272.     Für  eine  andere  Ver-  dai^cov  -nal  xaxr)  rv^r]  Xdßoi.     Vielleicht  auch 
bindung    als    die    genannte    einer  bedeutenden  so  in  Flut,  consol.  ad  Apoll.  27  =  Aristot.  frg.  40, 

Lokalgottheit  mit  der  Tv^r]  nölscog  kann  man  wo  der  gefangene  Silen   zu  Midas   sagt:    Jcci- 

das  aber  nicht  geltend  machen.)  ^ovog    inmövov   v.al   Tvxri?  %ccXBnf\?  iq}'^usQov 

T.  tritt  weiter   in    häufige    Beziehung    zum  ajtig^cc.  —    Die  Vermutung,    daß    sich    in   den 

^ya'O'ogz/aiVco»^.  Seine  ursprüngliche  Auffassung  Beziehungen    der    'AyaQ-i]  T.    und    des    'A.  A. 

als    eines    Dämons    des    Ackersegens    (wie   ihn  chthonischer    Charakter    ausspricht,    wird    zur 

namentlich  Allegre  10  u.  138 f.  schildert)  weist  Gewißheit  durch    das  von  Furtwängler  in  den 

Rohde,   Psyche^  1,  254  Anm.  2   zurück.     Lite-  Sitzgsber.   der  Bayr.  Äk.   d.  W.  1897  1,  401  ff. 

rarische  Zeugnisse  lassen   uns   hier   im  Stich.  beschriebene  sog.  'Totenmahlrelief '.     Auf  die 

Wir    sind    daher    auf  die   Würdigung   solcher  Namen  der  Weihenden  folgt  dort  avhQ-söav  Au 

Zusammenhänge    angewiesen,    wie    sie    Rohde  40  ^E-nLttlsicp  ^ilioj  xat  rij  ^rirgl   tov   &sov   ^iXia 

a.  a.  0.  angedeutet  hat.     'AyccQ^bg  Acä^cov  und  ycccl   Tv%ri  jlyaQ'^  tov   &sov  yvvaiy.i.     Das 

'AyccQ^i]  Tvxri  hatten  nämlich  ein  gemeinsames  Relief   ist    eine    Arbeit    des    4.  Jhdts.   v.  Chr. 

Heiligtum  (oixrj/ta)    beim    Trophoniosorakel    in  Das  Füllhorn,    das   es   dem   Zeus  Fhilios   gibt, 

Lebadeia  in  Böotien  {Paus.  9,  39,  5),    in  dem  hat   dieser    mit  Pluton   und    dem   Agathos  D. 

sich  der,  der  das  Orakel  befragen  wollte,  eine  (Schöne,  Griech.  Reliefs  108,  Samml.  Sabouroff 

bestimmte  Anzahl  von  Tagen  unter  Beobach-  Tfl.  27;  Athen.  Mitt.  1891,  25)  gemein,  und  es 

tung  vorgeschriebener  Riten  vorzubereiten  hatte  kennzeichnet  ihn  als  Gott,    der  Fülle  und  Se- 

{8iaLxm^sv6?  TS  ivrav&cc  td  ts  dXXcc  yKxd^ccgsvst.,  gen    spendet.     Der    chthonische    Charakter 

xat  XovtQ&v  slgysTdi  dsQiicov).     Nach  der   Be-  aber,   der  sich  gleichfalls  in  diesem    Attribut 

fragung  wurde  man   dann  nochmals   in  dieses  50  offenbart,    und    sein    damit  wieder  zusammen- 

Heiligtum  geführt.     Nun  hat    Rohde    auf  die  hängendes  Wesen   als   Heilgott   wird   in  noch 

chthonische    Bedeutung    des    'A.  A.   an    dieser  helleres   Licht  gerückt   durch   die, Funde,    die 

Stelle  aufmerksam  gemacht.     Er  erscheint  als  sich    auf   den   Kultus    des   Zeus  Philios  (am 

Schlange  wie  alle  x^övioi  {Gerhard,  Ges.  akad.  östlichen  Ufer   des  Zeahafens    gegen   den  Mu- 

Abhdlgn.  2,  24);    die  Schlange  war  aber  auch  nichiahügel  hin)    beziehen.     In   dem   dort  lie- 

dem  Trophonios  heilig   {Rohde  a.  a.  0.  1,  120,  genden  As  klepieion  wurde  nämlich  eine  Reihe 

Anm.  2),  weshalb  man  dessen  Bild  nach  Paus.  verwandter  Götter  mitverehrt,  unter  ihnen  eben 

9,  39,  3  wegen  des  Schlangenszepters  z.  B.  mit  Zeus    Philios    {I.  Gr.  2,  3,  1572).      Auf   vielen 

dem  des  Asklepios  verwechseln  konnte.  Andere  Platten    war    Zeus    als    Schlange     abgebildet 

chthonische  Gottheiten,  wie  Demeter  und  Köre,  60  {Furtw.  a.  a,  0.  406),    andere   Schlangenreliefs 

sind  gleichfalls  in  jenem  Kapitel  erwähnt  (vgl.  waren  in  demselben  Heiligtum  dem  Zeus  Mei- 

das  vorher  unter  orph.  Beziehungen  Gesagte).  lichios  geweiht,  woraus  sich  die  Gleichartigkeit 

Wenn   demnach   T.    in  solcher  Umgebung   er-  dieser  beiden  (die  Bezeichnungen  sind  Schmei- 

scheint,  muß  sie  auch  einen  inneren  Anteil  an  chelnamen  für  die  gefürchteten  Unterirdischen) 

dieser  Gemeinschaft  gehabt  haben.    Wir  hören  und  damit  abermals   ein  Beweis    für  Zeus  Ph. 

ferner  durch  Aristid.  1,  276  (p.  447  Bindorf),  als   chthonische   Gottheit   ergibt.     Auch   Zeus 

daß  T.  und   Agathos  Daimon  im  Tempel    des  Meilichios  trägt  das  Füllhorn,   ^das  echte  At- 

Asklepios    zu    Pergamon    standen.     Asklepios  tribut    der    chthon.     Segensgottheit'     (Ephnn. 


1339                        Tyche  Tyche                        1340 

arehaiol  1886.  49  =  /.  Gr.  2,  8,  1679  b)    und  Schicksalsurne  (b.  oben  Bd.  3,  Sp.  137)  sind 

des  Agathos  Daimon,   dem  Zeus   mit  den  ge-  dagegen    für   die  griechische  T.   nicht   sicher 

nannten  Beiwörtern  völlig  gleichartig  ist.  Ein  genug  bezeugt. 

Votivrelief  aus  Tbespiae  {At?ten.  Jfitt.  1891,  26)  In  Aigeira  stand  neben  dem  Bild  der  T. 
stellt  den  durch  Inschrift  als  Agathos  Daimon  ein  geflügelter  Eros  (Paw*.?,  26,  8).  Pausanias 
bezeichneten  Gott  ganz  im  Typus  des  Zeus  meint  dort,  das  solle  bedeuten,  daß  die  Men- 
dar,  die  Linke  hält  das  Füllhorn.  Das  Opfer-  sehen,  um  in  der  Liebe  Erfolge  zu  haben,  mehr 
tier  aber  ist  ein  Schwein!  Für  Zeus  Philios  des  Glückes  als  der  Schönheit  bedürfen.  Der 
darf  man  dann  wohl  einen  ähnlichen  Kult  an-  Sinn  liegt  aber  wohl  tiefer.  T.  ist  nämlich 
nehmen.  Wenn  endlich  die  chthonischen  Gott-  lo  mit  Eroten  in  Beziehung  zur  menschlichen 
heiten  in  der  Regel  als  ein  Paar  von  Gott  und  Geburt  gesetzt  in  einem  Epithalamium  bei 
Göttin  verehrt  werden  {Furtwängler,  Samml.  Phot.  hihi.  367  b  18 tt'.:  iyia  d\  arag  nccg  uvrbv 
Sab.  Satlpt.  Einltg.  22),  wie  sich  ja  auch  in  die-  rhv  ^ccXonov  Tvxj]  xal  "Egioai  yfvi^d-Xiois  ngoa- 
sem  Relief  und  seiner  Inschrift  zeigt,  so  müssen  fr^o/tai,  tois  ^isv  ro^evstv  sig  Tflog,  t^  dh  8t- 
wir  Agathe  Tyche,  wo  sie  als  Genossin  des  Sovai  ßiov,  roig  ds  iraidcov  yvrioioav  yivfaiv. 
Agathos  Daimon  erscheint,  mit  ihm  zusammen  Man  hat  daher  der  T.  auch  eine  kosmische 
als  ein  gleiches  chthonisches  und  segenspen-  Bedeutung  wie  dem  Eros  unter  Hinweis  auf 
dendes  Götterpaar  betrachten.  *  den  Polos,  den  sie  trägt,  zugeschrieben: 
Der  Grund  für  die  Verbindung  der  T.  mit  Allegre  147  f.;  vgl.  158.  Ed.  Gerhard,  Griech. 
Nemesis  lag  wohl  im  Bestreben  der  Philo-  20  Mythol.  §  429  mit  Anm.  4,  der  T.  eine  'Göttin 
sophen,  wie  die  anderen  so  auch  die  Schick-  der  Urwelt'  und  als  solche  der  Köre  Proto- 
salsgottheiten  in  ein  bestimmtes  System  zu-  gone  gleichgeltend  nennt,  und  §  597 f.,  wo  er 
einander  zu  bringen.  Man  vergleiche  die  sie  geradezu  als  'Weltschöpferin'  bezeichnet. 
Gruppierung  bei  Comutus  13,  wo  Nemesis  Ihren  kosmischen  Charakter  betont  auch  Ä. 
ihren  Platz  zwischen  den  Moiren  und  der  T.  Bouche-Leclerq,  Revue  de  l'hist.  des  rel.  23 
erhält.  In  der  Stufenleiter  des  dem  Hermes  (1891)  296.  Panofka  hatte  in  der  Archäol. 
Trismegistos  zugeschriebenen  Panaretos  nimmt  Ztg.  2  (1844)  251  f.  auf  ein  in  Aquileja  ent- 
T.  die  unterste,  Ananke  die  mittlere,  Ne-  decktes  Relieffragment  aufmerksam  gemacht, 
mesis  die  oberste  Stelle  ein:  Zoega  Ahh.  40.  auf  dem  ein  Jüngling  zu  sehen  ist,  der  statt 
Vielleicht  liegt  stoische  Spekulation  vor  so  des  Leibes  einen  ungeheuren  Phallus  trägt  und 
(Po»natisky,  Nemesis  u.  Adrasteia,  Breslauer  am  Unterkörper  mit  2  Flügeln  versehen  ist 
philol.  Ahhandl.  5,  2,  62)  in  der  Stelle  bei  (die  Abb.  hei  MüUer-Wieseler,  Denkm.  d.  a.  K. 
Dio  Chrysostomus  or.  64  (p.  208  Dind.):  ojvo-  2,  nr.  936);  hinter  ihm  steht  mit  einem  Ruder 
lucötai  öh  7]  Tvxri  yicci  TCoXXoig  riav  iv  ccvd'gm-  in  der  Rechten 'Tyche',  so  daß  die  Darstellung 
noig  ovopiaai,-  t6  ^hv  laov  a-ÖT^j  iV^fifffig,  rö  ds  auf  'Tyche  und  Tychon'  gedeutet  worden  ist. 
adriXov  EXnigy  r6  Sh  ccvayxcclov  Moiga.,  xh  ob  Panofka  meinte,  daß  die  bei  Photios  ange- 
SUociov  Siyiig.  Die  Gleichsetzung  spricht  sich  rufenen  Zeugungseroten  auf  ähnliche  Gestalten 
auch  aus  in  der  Glosse  des  Hesych  'AyccQ-T]  wie  dieser  Jüngling  hinzielen  und  die  Bemer- 
Tvxri  T}  Ntiisaig  xal  17  S^fiig.  Die  Inschrift  C.  kung  des  Hesych,  daß  Tychon  ein  Begleiter 
/.  Gr.  1326  Tvxccg  [Nt(isGs]og,  die  ins  vierte  40  der  Aphrodite  sei,  in  ein  helleres  Licht  setzen. 
(6.?)  Jhdt.  V.  Chr.  gesetzt  wird,  wäre  demnach  Es  ist  jedoch  ein  sehr  unsicheres  Unternehmen, 
ein  sehr  altes  Zeugnis  für  diese  Auffassung.  Tyche  in  eine  mehr  als  etymologische  Ver- 
interessant ist  die  Zusammenstellung  bei  Plut.  wandtschaft  gerade  zu  Tychon  bringen  zu 
Marius  23,  1,  die  nach  Mülle^ihoff,  Deutsche  wollen.  Wenn  Allegre  139  ausführt  (unter  Hin- 
Altertumsk.  2,  137  (vgl.  Scala  a.  a.  0.  188)  auf  weis  auf  Gerhard,  Gr.  Myth.  §  603),  man  habe 
Posidonins  zurückgeht:  i]  8h  ii7]8sv  i&oa  x&v  wohl  dem  Agathos  Daimon  den  Namen  Tychon 
ftfyalwv  svrvxri^roiv  av.Qccxov  sig  fjdovrjv  -kccI  gegeben,  um  die  zeugende  und  fruchtbringende 
nad'UQOv  &XXcc  fti'let  xaxwv  xat  ccya^cbv  noitiiX-  Kraft  der  T.  in  ihrer  Verbindung  mit  A.  D. 
Xovaoc  xov  &vQ'Qm7tivov  ßiov  7)  tvjjt]  xig  rj  vi-  klarer  zum  Ausdruck  zu  bringen,  so  ist  das 
ILsaig  r\  ngccyiiaxcav  ccvccyKccitov  cpvaig.  50  in  dieser  Fassung  unmöglich  richtig.  Denn 
Otto  Boßbach  hält  N.  schon  von  Anfang  an  nicht  nur  hat  T.  diese  speziellen  Seiten  der 
für  eine  besondere  Art  (nicht  etwa  Nebenform)  Vegetationsgöttin  gar  nicht  gehabt,  sondern 
der  Tyche  mit  Hervorhebung  ihrer  strafenden  es  ist  auch  T.  eine  Gestalt  für  sich  gewesen, 
Gewalt  wegen  der  Ableitung  des  Namens:  N.  für  den  man  aus  den  bei  H.  üsener,  Der  heil. 
tritt  aktiver  auf  als  T.,  die  den  Menschen  zu-  Tychon  18  f.  zusammengestellten  antiken  Zeug- 
teil wird,  während  N.  ihre  Gaben  selbst  aus-  nissen  nichts  für  die  angedeuteten  Zwecke 
teilt.  Gott,  Gel  Anz.  1891,  223  u.  Einleitung  herauslesen  kann.  Vgl.  noch  Leivy,  Jahrb.  f. 
zum  Artikel  N.  siehe  oben  Bd.  3,  1,  Sp.  117.  kl.  Phil.  145  (1892)  761.  —  T.  und  Erotes  will 
Die  Annäherung  kommt  außer  in  Stellen,  wie  Gerhard,  Philol.  1849,  383  bei  Aristoph.  Av 
den  genannten,  deutlich  zum  Ausdruck  bei  60  1315 f.  lesen:  Tv^ri  y^övov  Tcgoasiri'  |  xaxsxovai 
Amm.  Marceil.  14,  11,  25  (Wortlaut  siehe  oben  S'^Egcoxeg  i^&g  nöXsojg.  {Ttixt]  ^L^ch  Lehrs  P.  A.^ 
Bd.  3, 1,  Sp.  137).  Die  dort  geschilderten  Eigen-  178).  Als  Äußerung  eines  Spiels  mit  poetischen 
Schäften  der  unberechenbaren  und  den  jähen  Gedanken  ist  es  dagegen  aufzufassen,  wenn 
Wechsel  liebenden  Macht  hat  N.  alle  mit  der  Tyche  einen  Eros  in  der  Hand  haltend  mit 
Fortuna  und  Tyche  gemein;  N.  und  T.  sind  Aphrodite,  Harmonia,  Peitho  und  Hy- 
neidisch  (für  Nem.  s.  oben  Bd.  3  Sp.  135);  ge-  gieia  auf  einer  attischen  Vase  abgebildet  ist: 
meinsam  sind  die  Attribute  des  Rades  (ilfcsow.  Körte  in  der  Archäol.  Zeitg.  37  (1879)  95 f. 
7f.)    und    des    Steuerruders.     Leiter  und  Auch  auf  einer  sizilischen  Vase  C /.  Gr.  8362 


1341                         Tyche  Tyche                         1342 

äteheii    die   Nainon  Aphrodite,   Peitho,  Tyche.  Für  Berührung  mit   syrischen  Gottheiten 

—  In  Verbindung  tritt  T.  weiter  mit  Sosipo-  vgl.   /.  //.  Mordtmanv,  Gad-Tyche  in  der  Zett- 

lis  in  Elis  {Faun.  G,  '25,  4)  wohl  im  Sinne  der  schrift  der   Deutschen  Morgenland.  Gesellschaft 

Stadtgöttin   neben    dem  Genius,    der  die  Stadt  31  (1877)   99  1'.    und    Tyche- Gad-Meni  ebd.  39 

auf  die  bei  Paus,  geschilderte  Weise  gerettet  (1885)  44— 4G. 

hat.     Spricht  vielleicht  auch  eine  chthonische  (Die  (jleHtalt  der  pantheistischen  Tyche 

Verwandtschaft     mit     herein:      Sosipolis     als  gehört  in  den  archäologischen  Teil.) 

Schlange?  Nach  ^//e^r«  144  steht  T.  auch  in  Beziehun- 

Hora.    C.  I.  Gr.  6190  (vom  Monte  Cassino).  gen  zu  Hermes.  Aber  das  betr.  pompejanische 
Auf  der  Vorderseite  eine  lateinische  Inschrift,  lo  \yQ.nd^Qm'd\i\(^  {Müller- Wieseler,  Derikrn.d.a.  K. 

iiuf  der  Rückseite  'Üpa  xai  Tvrr}.     Ebenso  aus  2,  315,  vgl.  316),   wo   Hermes   mit    Heroldstab 

Verona  C.  I.  Gr.GliA.  —  Von  Cos  die  Weih ung  und    vollem    Beutel    von  'Tyche'    ausgeschickt 

einer  Sonnenuhr   an   Agathe  Tyche,    Agathos  wird,  ist  eine  Änderung  römischer  Gedanken: 

Daimon  und  den  Demos  C.  I.  Gr.  2510  =  Ditt.  s.  oben  Bd.  1,  2,  Sp.  2428.    Wir  führen  das  hier 

Or.  Dial.  1.  3,  369  nr.  3650.   Das  ist  wohl  ahn-  nur    an,    weil  AlUgre  a.  a.  0.   unhaltbare   Fol- 

lich  wie  die  obigen  Dedikationen  aufzufassen.  gerungen  für  ein  Verhältnis  sogar  chthonischer 

Flu  tos.    Ihn  trug  sie  in  Theben  auf  dem  Art  daran  knüpft.     Durchaus   zweifelhaft  sind 

Arm:    Paus.  9,  16,  1  f.,    der  den  schönen  Ge-  weiter    die    bei    Allegre  155  f.    angenommenen 

danken  rühmt,   daß   der  Künstler  T.  hier  als  Beziehungen  zu  Fan  (nach  Paus.  5,  15,  6  Altäre 
iir'jr7]Q  oder  rgotpög  des  Plutos  dargestellt  habe.  20  des  P.  der  Agathe   T.    und    der   Aphrodite    in 

Weitere    Stellen    siehe  oben   Bd.  3,   Sp,  2581.  der    Altis    zu    Olympia,    wo    aber    noch    viele 

Vgl.  noch  JE.  Maas,  Tagesgötter  243.  andere  Altäre  genannt  sind),  zu  Hygieia  und 

Zeus.  Als  Tochter  des  Z.  feiert  sie  Pin-  Athene  Ergane  (wegen  Paus.  9,  26,  8  — 
dar  in  der  12.  olymp.  Ode.  In  der  Kosmo-  Thespiae  — ,  wo  diese  Bilder  jedoch  ausdrück- - 
gonie  aus  der  Kögri  >to(>ftov  bei  Stob.  ecl.  phys.  lieh  als  itegcod'i^  stehend  bezeichnet  sind),  zu 
1,  41,  44  heißt  es,  sie  sei  mit  Elpis  und  Eirene  Eirene  und  Hestia  (weil  nach  Aelian  V.  H. 
von  Zeus  zur  Vermeidung  ewigen  Krieges  unter  9,  39  das  Bild  der  Agathe  T.  ^ngb?  reo  -jiQvxa- 
der  Menschheit  gezeugt  worden.  Zu  einer  vüoi^  stand!)  zu  Leto  {Paus.  5,  17,  3  und  C. 
wirklichen  Genealogie  haben  aber  solche  Re-  /.  Gr.  2852,  3)  und  endlich  zu  Apollo  Agyieus 
flexionen  nicht  geführt.  Die  Erwähnung  eines  so  als  ivoSixig  (so  Allegre  156).  Diese  letzte  Ver- 
gemeinsamen Priesters  aus  Mylasa  C.  I.  Gr.  bindung  erledigt  sich  ohne  weiteres  durch  die 
2693  e  beweist  dagegen  für  ein  bestimmtes  Ver-  Erklärung  von  'Ayad-^  '^^XV  a-ls  der  üblichen 
hältnis  zu  Zeus  ebensowenig,  wie  es  für  eine  Formel.  Man  vergleiche  das  Relief  mit  der 
Verbindung  mit  Ares  geltend  gemacht  werden  Inschrift  bei  Müller- Wieseler  a.  a.  0.  2  nr.  130. 
kann,   wenn   sie   mit  diesem    eine  gemeinsame 

Priesterin  in   Selge   (vgl.  Kultübersicht)   hat.  VI.  Attribute;  Beinamen. 

In  der  Bull.  corr.  hell.  25  (1901)  25  nr.  163  er-  Die  Attribute  der  T.  zählt  auf  Dio  Chry- 

wähnten  Weihung  ['Ayci]%ij  xvxri  [(9«ä)] 'Ti|;t(7T«  sost.  or.  63  p.  205  Dind.   (vgl.  Kebestafel  c.  7; 

usw.  scheint  die  übliche  Formel  vorzuliegen.  Galens  Protreptik.  c    2,   Artemid.  oneir.  2,   37 

Für  Beziehungen  zur  Kybele,  an  die  man  40  p.  143  Hercher):  ol  iisv  yccg  iTtl  ^vgov  icrriöav 

bei    der   in    den    Attributen,    bes.    der   Mauer-  uvtrjv,    ol    Öh    inl    etpccigag.,    ol   de  itridäXiov 

kröne  und  dem  Füllhorn,  sich  aussprechenden  ^dcoyiccv    yigarelv,    ol    öh   tcc    -ngsitra}    ygäcpovxsg 

Ähnlichkeit  denken  könnte,  fehlen  literarische  xb  xfj?  'A^aXQ-Biccgßdooav  -Aigccg  TtXrjgs?  xal 

Zeugnisse.  Als  "^Tyche'  wird  eine  Figur  neben  ßgvov  xcclg  mgaig.     Über  ihre  Bedeutung  heißt 

der  K.   erklärt  bei   Montfaucon,   Antiqu.  expl.  es  dann  gleich  darauf:    xb  fihv   ovv  ^vgbv  xb 

1,  Tfl.  2  nr.  8;  Text  S.  7.  Vgl.  Müller- Wieseler,  ccnöxoiiov   xfig   svxvxi^ccg   firivvsL.,  17   Ss   acpatga 

Denkm.  d.  a.  K.  2  nr.  809.  ort  sv-noXog  i]  ^sxccßoXi]  avxfjg  iaxiv.  iv  v.lvt^6si 

Isis  (und  Serapis).   Vgl.  den  Artikel  For-  yag  xvy%äv8t  ndvxoxs   ov  xb  d'slov.    xb  dh  nr}- 

tuna  you Peter  in  Poschers  M.  L.  1530  f.;  1549  öäliov  driXol,  6xi'/.vßsgva  xbv  xiov  ccvd-gmTtmv 
und  den  Nachtrag  zu   diesem  Artikel  Isityche  50  ßiov  17  TvxJi-   xb   81  xfig  '4..  -Aigag  ^r]vvsL  xi]v 

T^OTL  W.  Drexler;  t'erner  W.  Dl  exler,  Der  Kultus  xcav    äya^üv    doßiv  xs    xccl  evöcci^oviuv      Vgl. 

d.ägypt.  Gottheiten  in  d.  Donauländern  {Mythol.  Hense,  Poetische  Personifikationen  170.  Für  das 

Beiträge  1),  10  Anm.  1  ( —  S.  12).    Artikel  Isis  Steuerruder    s.    noch    Pindar  frg.  40   Sehr. 

von  Drexler  im  M.  L.  Bd.  2  Sp.  482,  542,  545.  Ein  Epigramm  aus  Orchomenos  (2.  Jhdt.  v.  Chr.) 

Eine  strenge  Scheidung  zwischen  Fortuna  und  bei    Kaibel    Ep.   gr.   491,   5  sagt:    ccvd-i-    xvxrig 

Tyche   ist  da  nicht  immer  möglich.     S.  noch  d'ot'orxt  Ticiliunlccviog  ßtöxoio  sl'yiav.     Auf  die 

Gruppe,   Gr.  Bei.  G.  u.  M.  1096,   Anm.  1    und  ruhelose  Bewegung  und  Unbeständigkeit  weist 

1574,  Anm.  12.  wo  die  Vermutung  ausgesprochen  auch  das  Rad,  das  di^r  Tjch<d  {Ammian.  Mar- 

ist,  daß  Isis  zum  Teil  als  Orakelgöttin  der  T.  cell.  26,   8,    13   versa  rota  Fortunae;    31,  1,  1 
sei  gleichgesetzt  worden,  und  daß  aus  diesem  60  Fortunae  volueris  rota)  wie  der  Nemesis  bei- 

Orunde   beide  im   Sternbild   der  Jungfrau  ge-  gegeben  wurde:  Mesom.  v.  7 f.  vgl.  Posnansky, 

sucht    wurden.      Apuleius  Metamorph.  11,  15:  Nemesis   u.    Adrasteia    53;     Walz,    de  Nemesi 

in  tutelam  iam  es  receptus  Fortunae,  sed  vi-  Graecorum  21.     Für    die    griechische    T.    sind 

dentis  {=  Isis),  quae  suae  lucis  splendore  ceteros  freilich  die  Beispiele  des  Rades  nicht  gerade 

etiam  deos  illuminat.     Interessant  ist  auch  die  häufig.  Wo  es  gelegentlich  auf  Münzen  neben 

Stelle  bei  Lyd.  de  mens.  4,  46  {'[Vuensch):  Ti]v  ihr  erscheint,  wird  sie  als  Panthea  erklärt,  die 

Tvxriv    ol~'EllT]VBg    ygdcpovGi    ßovngoöconov ,  hier  u.a.    ein   Attribut    der   Nemesis    erhalten 

womit  Isis  gemeint  ist,  hat:  Cat.  ofgr.c.  Brit.  Mus.  Phrygia  {Laodicea) 


1343          Tyche  Tyche          1344 

298    nr.  126;    318    nr.  233  f.     Die    unter    den  die    Zeichen    der    segenspenden    Lokalgottheit 

Weihungen  aus  Epidauros  zu  nennenden  In-  der  betreifenden  Stadt.     Der  caduceus  —  z.  B. 

Schriften  /.  Or.  4  1046  und  1046  zeigen  einen  Cat.  of  gr.  c.  Brit   Mus.  Antiochia  l.*i8  nr.  124 

Kreis  mit  Comueopiae.     In   der  Astrologie  —  deutet  nach  Sittl^  Archäologie  der  Kunst  u. 

wird  der  %Xi)QOs  Tv%f\f  durch   das  Rad   (oder  Numism.  834   auf  Begünstigung   des  Handels. 

das  Zeichen  der  Zeit,  die  Schlange)  dargestellt:  —  Das  Hörn  der  Am  alt  heia  und  der  Polos 

A.  Bouche-LecUrcq,  L' Astrologie  gr.  288  Anm.  1.  waren  zuerst  von  Bupalos  nach  Paus.  4,  30,  6 

Aach  sei  an  die  bei  den  orphischen  Beziehun-  für  das  Eultbild  der  Smymiler  gefertigt  wor- 

gen   ausgesprochene  Vermutung  A.  Dieterichs  den.  Der  Polos  bedeutet  nach  Zoeqa,  Abh.  37, 

über   den   xQoxbg  xijs  YSviaBoag    erinnert.     Ein  lo  'den    Umfang    des  Wohlseins    desjenigen,    der 

spätes  Zeugnis  über  die  Bedeutung  des  Rades  sich  ihrem  Schutz  empfohlen  hatte'.  A.Dietnich, 

der  Tyche  besitzen  wir  in   den  Exzerpten  des  Abraxas  Ü4  Anm.  6  meinte,  er  kennzeichne  die 

Constantin  Manassee  3,  1  f .  (Uercher):    ov  yuQ  Himmelskönigin.    Eine  Aphrodite  zu  Sikyon 

xt  ßi^aiov  xolg  ^vrjTofff,  6  Sh  xQorbi  xi)s  Tvxris]  {Paus.  2,  10,  4)  und  die  Athene  Polias  {Paus. 

cvxvdxtg  nvlivSovusvog   avto   xal  «arco  ^ivcsi  |  7,  6,  9)  trugen  gleichfalls  den  Polos,  so  daß  es 

0x?^/iara  xal  ßorlBv^ara  xal  xvxccg  &vd'Q0i>7(ivug.  schwer  ist,  eine  für  T.  eigentümliche  Begrün- 

(Für   das    Fortleben    des    Schicksalsrades:    E.  düng  dieses  Kopfschmucks  herauszutinden.  Von 

Maas^  Tagesgötter  200  u.  '280  f.,  für  das  Glücks-  der  Mauerkrone  war  schon  bei  der  T.  7c6Xsa>g 

rad  Grimm- Mey ei-,  D.  M.*  p.  722f.)    Beispiele  die  Rede. 

für  die  Beständigkeit  der  T.:  Stob.  flor.  105,  so  Für  die  verschiedenen  Beinamen  der  T. 
60:  Apelles  antwortete  auf  die  Frage,  warum  bei  Dichtern  vgl.  C.  F.  H.  Bru^kmann,  Epi- 
er  dieT.  sitzend  dargestellt  habe:  ovx  fffrrjxe  theta  deorutn,  quae  apud  poctas  Graecos  Icgun- 
yuQ.  Artemidor  onetrocr.  2,  37  p.  143  Hercher  tur,  Suppl.  zu  Röscher,  M.  L.  '213.  Dazu  seien 
&sl  &h  icyad'i}  (tvjtj)  t)  ■Kad's^oiidvri  T]  xaraxfxXt-  von  Inschriften  außer  dem  bekannten  'Ayad-t] 
lidvri.  —  Für  die  Leiter  haben  wir  eine  Er-  noch  hier  angeführt:  acp&ttog  I.  Gr.  4,  1046; 
Zählung  bei  Aelian,  V.  H.  2,  29:  Pittacus  habe  SsGnoavvri  Kaibel  Ep.  gr.  526,  2;  inrixoog  z.  B. 
in  Mytilene  'in  den  Tempeln'  Leitern  aufstellen  I.  Gr.  12,  3,  448,  vgl.  unter  'Kult'  nr.  22  u.  37, 
(anbringen?  xaraa-Ksväaeiv)  lassen  ig  o-bös^iav  ferner  über  oie  Deutung  Weinreich  in  den  Ath. 
Iihv  aip^fftv  iTfLxriSsiovg.,  ccvzb  6k  rovxo  ava-O'rj-  Mitt.  37  (1912)  1  ff.  u.  22;  iTttxpavqg  C.  T.  Gr. 
lucxa  slvcci^  aiviTtöasvog  xv]v  ix  tfjg  rvxrig  avca  30  2693  b;  y,syaXri  C.  I.  Gr.  3953;  TtavöccudtiLQcc 
xal  xarcD  ftfra^rroxrif,  xQOTtov  xivä  x&v  ukv  sv-  1.  Gr.  12,  5,  303;  aB^votccTri  C.  I.  Gr.  4557; 
xvxovvxoüv  &vi6vxo)v.,  xaxiövttov  dh  x&v  Svaxv-  (pLXdvd'Qajnog  I.  Gr.  4,  778.  Der  Begriff  der 
XovpT(üv.  Ist  diese  Weihung  auch  nicht  aus-  öodteiqu  {Pind.  12.  Ol.)  kehrt  in  den  Kultzeug- 
drücklich  als  an  die  T.  gerichtet  bezeugt,  so  nissen  38  u.  55  wieder.  Für  diese  Bezeichnung 
steht  doch  ihre  Beziehung  auf  sie  außer  allem  lese  man  jetzt  Wendlands  Aufsatz  Ztoxr'iQ  nach : 
Zweifel  Vgl.  noch  Wieseler,  de  scalae  symbölo  Zeitschr.  f.  neutest.  Wiss.  5  (1D04)  336  ff.  Selt- 
Ind.  lect.  Gott.  1863,  8  ff.  Lewy,  Jahrb.  f.  kl.  sam  die  Beinamen  im  Zeugnis  nr.  9.  EvSoüikov 
Phil.  145  (1892)  766  hält  es  für  wahrscheinlich,  s.  o.  unter  Orakelgottheit.  Wo  sie  ngaroyi- 
daß  in  einer  Stelle  des  Midrasch  (er  zitiert  vhoc  genannt  wird,  ist  Fortuna  primigenia  ge- 
z.  B.  Genesis  rabba  §  68),  wo  es  heißt,  Gott  40  meint  {Itanos,  Bull.  corr.  hell  24  (1900),  238; 
mache  seit  dem  Schöpfungstag  Leitern:  den  vgl.  S.  239.  Delos,  ebd.  6  (1882)  339.  Kolossai, 
einen  erhebt  er  und  den  andern  läßt  er  sin-  Mem.  de  l'Acad.  des  inscr.  ...  36,  11). 
ken,  auf  griechisch-römische  Anschauungen  an- 
gespielt sei.  —  Noch  ein  Symbol  bleibt  zu  er-  Kult, 
wähnen,  das  der  Wage.  Auf  dem  schon  früher  Vom  Kult  der  T.  kann  man  sich  im  gan- 
erwähnten Sarkophagdeckel  erscheint  die  eine  zen  nur  ein  unzureichendes  Bild  machen,  da- 
als  Tyche  charakterisierte  Moira  mit  der  Wage  für  sind  die  Nachrichten  über  Einzelheiten  zu 
in  der  Hand  {Müller-Wieseler,  Denkm.  a.  d.  K.  dürftig.  Es  ist  schon  früher  betont  worden, 
2,  868;  vgl.  oben  Bd.  2,  2,  Sp.  3099).  Das  dürfte  daß  sich  aus  Pindars  Olymp.  12  kein  sicherer 
aber  auch  das  einzige  Denkmal  mit  diesem  50  Schluß  auf  wirkliche  Verehrung  im  üblichen 
Attribut  sein.  Dafür  spricht  sich  die  Vorstel-  Sinne  ziehen  läßt.  Die  Erwähnung  des  Kult- 
lung  von  der  Schicksals  wage  in  der  Literatur  bilds  der  Smyrnäer,  das  von  Bupalos  an- 
um  so  häufiger  aus;  Bacchyl.  9,  47  rö  iiiXXov  gefertigt  war.  Paus.  4,  30,  6,  ist  das  älteste 
S'ScxQixoLg  xUxsL  xsXevxdg^  \  jtäL  xvxu  ßgiaei.  Zeugnis,  das  wir  für  eine  Statue  geltend 
Frg.  adesp.  139  Bergk*:  s.  oben!  Aesch.  Pas.  machen  können.  In  die  Mitte  des  4.  Jhdts.  ge- 
345 f.  &XX'  (oSs  Scci^fov  rig  xcixiq)%^HQB  ßxgccxdv,  hört  die  T.-Darstellung  auf  der  Phylarchos- 
xdXccvxa  ßglaccg  ovx  iaaggoTia)  xvxji-  ^gl-  fry-  inschrift  von  Tegea,  vgl.  dazu  die  Bemerkung 
adesp.  102  Nauck^:  tvxri  ßgccxetocv  i]v  Xdßrj  Hillers  v.  Ga^rtringen  in  den  Athen.  Mitt.  36 
QOTtrjv  ...;  ebd.  179  avwfuxXov  TtXdozLyysg  doxa-  (1911)  358  f.  Für  Athen  reichen  die  Nach- 
xov  xvxr\g.  Tyche  selbst  hat  die  Wage  C.  1.  Chr.  60  richten  in  die  2.  Hälfte  des  4.  Jhdts.  zurück, 
911  =  Kaibel  Ep.  gr.  847;  oiSe  TvxtiS  o'iSd-  so  daß  man  in  dieser  Beziehung  mit  E.  Bohde, 
fiaaas  ndXiv  xXivavxa  xdXuvxoc.  Diese  Stellen  Roman^^^  276  von  einer  'jungen'  Göttin  spre- 
lassen  sich  leicht  vermehren.  Wenn  T.  ge-  chen  kann.  Vgl.  noch  H.  Meuss,  T.  bei  den 
legentlich  noch  mit  anderen  Attributen  er-  aU.  Tragikein  16 f.  Heiligtümer  besaß  T. 
scheint,  wie  z.  B.  in  den  bei  E.  Maas,  Tages-  in  den  verschiedenen  Teilen  des  griechischen 
götter  243  angeführten  Beispielen  der  T.  von  Sprachgebiets.  Aus  fast  allen  diesen  Gegen- 
Myrina  (apollinischer  Lorbeerzweig)  oder  der  den  sind  auch  Weihungen  bezeugt.  Man  hört 
von   Kyme   (Poseidons  Dreizack),    so    sind   das  von  Priestern  und  Priesterinnen  z.  B.   in 


1345  Tyche  Tyche  1346 

Athen,  Aere,  Rhodos,    der  Umgebung  von  d  11t.  (334/.'J33  v.  Chr.):    Opfer  zwischen  Ga- 

Sparta,    aus    Selge    in    Pamphylien,    Ter-  melion    und    Elaphebolion   tv.  t»)?  ^völag  r^[i 

messos.  Eine  Verkaufslistc  von  Priestortümern  ^lycc-ö"]^   '^'HxfJ  ^a(>c«:|  lt(to7toL(bv  hP/^.    Es  han- 

aus    Erythrae    enthält   ein    solches    Amt    für  delt    sich    hic^r    um    Jiechnun^snachweis    über 

die  Tyche.  Die  erwähnten  chthonischen  Opfer-  Gelder,  die  während  der  Zeit  vi 34/33  Vjis  331/30 

gaben  und  das  orpliische  Oebet  bezogen  sich  aus  den  Fellen  der  Opfertiere  eingingen.    Das 

auf  ganz  spezielle  Seiten  im  Wesen  der  Göttin  ist  ein  wichtiges  Zeugnis  für  blutige  Opfer  an 

und    haben    keine    allgemeine    Bedeutung   ge-  A.  T.     Freilich   erscheint   die  Summe   von  IGO 

wounen.     Sonstige  Opfer  werden  genannt  aus  Drachmen  gering:    Boeckh,  Staatshaushalt  der 

Athen,  Halikarnaß  und  Erythrae.    Unter  lo  Athener,  Beilagen  2,  119.     Kult  im  Gau  Kol- 

den    Kultbildern    hat   man    den    i,6civa.    des  lytos  belegt  durch  I.  Gr.  2,  1,  r)«6  Z.  14.  Eine 

Tansanias  Mißtrauen  entgegengebracht  und  ge-  andere  Inschrift  aus  Attika  I.  Gr.  2,  3,  1636: 

meint,  daß  sie  ihr  ursprünglich  nicht  alle  eig-  (Piktmtog  'laaiöi^pLov  KoXoivfjd'sv  ccvid^rixls]  totg 

iieten:  H.  Meuss  a.  a.  0.  17    Anm.  40;    anders  duadsKu  ^soi'^  -kccI  x^  'Ayccd"^   '1"XJI-     ^S^-  ^^d. 

Allegre  219f.     Von    Festen   zu  Ehren   der  T.  1560.     Hier   scheint   sie   als  gleichberechtigtes 

wird  aus  Lampsakos  _  und  Magnesia  berichtet.  Glied  in  die  Reihe  der  anderen  Götter  einge- 

In  der  folgenden  Übersicht  sind  hinter  den  treten  zu  sein.  —  Auf  der  Westhöhe  von  dem 
Ortsnamen  jedesmal  alle  Zeugnisse  zusammen-  Stadion  des  Herodes  Atticus  hat  man  in  den 
gestellt,  die  sich  auf  die  Verehrung  der  T.  als  Trümmern  eines  Gebäudes  wahrscheinlich  die 
T.  ohne  besondere  Charakterisierung,  '/4ya'9'?)  20  Reste  des  von  Herodes  A.  erbauten  Tyche- 
7%rj  und  Tvxr]  itölioag  beziehen.  Es  ist  näm-  tempels  zu  sehen  {ludeich  a.  a,  0.  369), .  von 
lieh  nicht  immer  festzustellen,  welche  Seite  dem  es  bei  Philostr.  vit.  soph.  2,  1,  5  heißt:  ro 
sich  gerade  hinter  dem  Namen  T.  verbirgt.  öh  inl  ^drsga  tov  oraöiov  vsoog  iitixbi  Tv^ris 
Die  vielen  Tempel  z.  B.,  die  Pausanias  erwähnt,  xai  ayaX^a  iXttpdvTLvov  (og  yiv(StQV(oörig  ■jtdvxcc.- 
haben  z.  T.  sicherlich  der  Stadttyche  gegolten.  Daß  es  der  Tempel  der  Stadttyche  war,  darf 
Und  auf  Melos  und  in  Magnesia  ist  die  Stadt-  man  daraus  schließen,  daß  die  2.  Gemahlin 
göttin  noch  einmal  ausdrücklich  als  ':4.ya%-r]  des  Herodes  Atticus  Appia  At.  Regilla  die 
bezeichnet  (s.  auch  unter  Miletopolis  und  Nikäa).  erste  Priesterin  der  Tvx'f]  '^oltoag  war,  deren 
Unterschiede  im  Kult  lassen  sich  —  abgesehen  Kult  demnach  um  die  Mitte  des  2.  nachchristl. 
von  den  in  Konstantinopel  für  die  Stadttyche  30  Jhdts.  begründet  worden  ist:  Ditt.  Syll.^  397, 
bezeugten  Zeremonien  —  nicht  nachweisen.  15  'Anniccv  AtnXicc[v  'Prjjy/Hav  Kl{av8iov) 
Münzen  sind  herangezogen,  soweit  sie  dem  üb-  'Hgöodov  tov  ccQxtsgscog  yvvccHcc  i£Qa6a(i4vriv 
rigen  Material  ergänzend  zur  Seite  treten.  Wo  TtQwrriv  rf]g  Tv%rig  Tf]g  TtoXsmg  S.  a.  Köhler  in 
auf  Münzen  nur  eine  Tychedarstellung  er-  den  Athen.  Mitt.  8  (1883),  288.  —  Münzen  aus 
scheint,  kann  man  daraus  allein  nichts  für  der  Periode  196—87  v.  Chr.  zeigen  T.  mit 
einen  Kult  herleiten,  da  die  T.  meist  nur  als  Szepter  und  Cornucopiae:  Cat.  of  gr.  c.  Brit. 
eine  reine  Personifikation  der  betreffenden  Mus.  Attica  51  nr.  393  oder  mit  Schale  und 
Stadt  auftritt.  Der  Münzkatalog  des  Britischen  Füllhorn  ehd.  54  nr.  407.  Sehr  wertvoll  ist  eine 
Museums  bietet  namentlich  für  Kleinasien  eine  bei  Beule,  Monnaies  d'Athenes  159  abgebildete 
überraschende  Fülle  solcher  Darstellungen,  40  Münze,  die  auf  der  Vorderseite  einen  Athene- 
Weiteres  siehe  im  archäol.  Teil.  köpf,  auf  der  Rückseite  eine  auf  einem  Steuer- 
ruder sitzende  Eule  zeigt.  Dieses  Attribut 
I.  Griechenland.  der  T.  berechtigt  zu  dem  Schluß,  daß  man  die 

1.  Athen.     Ein    berühmtes    Standbild    der  stadtbeschützende  T.  ursprünglich  dem  Begriff 

Agathe  Tyche  zeigte  man  nach  AelianV.  U.  der  Athene  Polias  einfach  unterordnete.    Vgl. 

9,  39  TtQog  xm  TtQvxavsCay.    Vgl.  ludeich,  Topo-  noch  Gruppe,  Gr.  B.  G.  u.  M.  1060. 
graphie  von  Athen  273.    S.  auch  Gerhard,  Phi-  2.  Theben.     Tempel  und  Statue,  das  Plu- 

lologus  1849,  380,    wo    die  Vermutung    ausge-  toskind  tragend:  Paus.  9,  16,  If.    In  der  Nähe 

sprechen  ist,  daß  die  von  Plinius  N.  H.  36,  b,  des  Teiresiasheiligtums  Tv^rig  iaxlv  Isgöv.  rpi- 

23    erwähnte    Bona   Fortuna    (und    der   Bonus  50  qbl  ^hv  öi]  TLXovxov  -Jtccldcc,   6>g  8h  OrißaloL  Xi- 

Eventus)    des  Praxiteles   diese    A.  T.    gewesen  yovoi  xBiQccg  ^hv  xov  ccydXfiaxog  y.ocl  TtQÖoco'jtov 

sei.    ^Bei  den  langen  Mauern'  muß  ein  Heilig-  ^svocpiöv  eiQydauxo  'Ad'r]vaiog,  KaXXiaxovL-nog  8h 

tum   der  A.  T.    gelegen   haben-.    Ephem.  arch.  xd  Xontu  iitixcogiog-  aocpbv  fisv  dr]  ticcl  xovxoig 

1884,  169 f.  Z.  44  xs^svog  ^AyccQ-fig  Tvxrjg.    Zeile  ro  ßovXsviicc  iad'stvai  UXovxov  ig  xdg  x^^^S  ^^» 

48  kehrt    dieser   xi^svog  noch  einmal  wieder.  ^rixql  r\  xQOcpro  xfj  Tvxr}. 

ludeich  a.  a.  0.  375.  Genauer  ist  die  Lage  3,  Thespia e.  "AyaX^ia  T.  mit  dem  des 
nicht  bestimmt.  Vielleicht  hatte  A.  T.  auch  Dionysos  und  der  Hygieia  genannt  Paws.  9,26,8. 
eine  Kultstätte  im  Hafenbezirk  zwischen  Mu-  4.  Lebadeia.  Heiligtum  beim  Orakel  des 
nichia-  und  Zeahafen  {ludeich  283),  wo  Zeus  Trophonios.  Paus.  9,  39,  5  instSav  uv8qI  ig 
Philios  verehrt  wnirde.  Dort  ist  nämlich  das  60  xov  TQO(pcoviov  tiaxiivca  ^ö|rj,  itgöörov  [ihv  xb- 
oben  besprochene  'Totenmahlrelief '  mit  Wid-  xayiiivoav  tj^sqüv  diaixccv  iv  olY.ri^ccxL  ^'%«t.  xb 
mung  an  Zeus  Ph.  und  seine  Gattin  A.  T.  ge-  8h  OLv.r\yicc  Jai^Lovög  xb  äycc^ov  v,ocl  Tvxrjg  Isgov 
funden  worden,  eine  Arbeit  des  4.  Jhdts.  Für  iöxiv  dyccQ"rig.  39,  13  steht  dann,  daß  der  Be- 
Opfer an  A.  T.  vgl.  I.  Gr.  2,  1  (von  der  Burg)  treffende  nach  der  Rückkehr  aus  der  Höhle 
162c  19  f.  (335/334  v.  Chr.!)  [TtorilGccad-aL  8s  nochmals  in  das  Heiligtum  der  A.  T.  und  des 
Tcal  xi[j  'Ayad'ji   Ti'xr}  [iisxd   xmv   i7Ci\6xax{öv  xov  A.  D.  geführt  wurde. 

isgov  xfig  'AyccQ^fjg  Tvx{ri?]-     Also  auch  imoxd-  5.  Megara.     Heiligtum  mit   dem  Bild  des 

xcci\     Ferner  I.  Gr.  2,  2,  741  a  12f.,  vgl.  b  6 f.  Praxiteles.     Paus.  1,  43,  6  TtXrialov  8h  xov  xfjg 


1347  Tych.  Tyche  1348 

AtpQodirrig  vccov  Tv%i]is  iaxir  ihQov,  ilQCc^irfXovg  xai    Tvxm  (ßtlr  t6  hgov.  iv  atoa  8t  xov  Isgov 

xal  avtri  xixvi^-  —  Auf  einer  Münze  von  M.  Ty che  ^sy^d-ti    fisya    ayaXpta    ccvcc%BLTai,    ^öavov   ini- 

mit  Mauerkrone  und  langem  Chiton,   eine  pa-  xqvcov    nXi]v    ngoaöaTiov    xai  jjtjpöv  t«   ccxq(ov 

tera    über    einen    flammenden    Altar    haltend  xal  noSöbv  ravra  Sh  oi  ion  Xi^ov  Xiv-nov.  iv- 

Cat.    of  gr.    c.    Brit.    Mus.    Attica  123   nr.  51  rav-fra  ^;ufi  rt^«?  xal  6  ZcaGinoXig  iv  agiartgcc 

(Severus),  rfjs   Tv^rj?,    iv   oUi^^ari,    ov    paydXfp  .  .  .  nah' 

6.  Eorinth.  Tempel  mit  Bild.  Paiis.  2,  2,  fihv  ^Xtx/af,  äiinixu  6h  xXayivSa  TCoixiXriv  vtto 
8  ?<rrt  dh  «al  T.  vaos.  ayaXua  ögd'bv  IJagiov  Scörigiov,  r^  X^'Q^  ^^  H^*-  '^t  ^''^^Qoc  rb  xigag  tij^ 
Xl^ov.     Eine  Reihe  von  korinthischen  Münzen  'AiiaX^siag. 

mit  verschiedenen  Darstellungen  der  T.  im  Cat.  lo        14.  Epidauros.    Verschiedene  Weihungen 

of  gr.  c.  Brit.  Mtis.  Corinth  etc.  z.  B.  86nr.  657;  vom  Trümmerfeld   des  Asklepieions.     Altar  J. 

89  nr.  672f.  Gr.  4,  1045;  ebd.  1051,  wo  man  die  Überschrift 

7.  Sikyon.  Heiligtum  auf  der  Akropolis.  Tvxrig  ergänzt  hat  wegen  des  auf  einer  Seite 
Paus.  2,  7,  5  iv  Sh  rf  vüv  Scn(f07c6lsi  Tvxrig  eingemeißelten  Symbolons:  Kreis  mit  Cornuco- 
isQOv  iariv  'Axgalag,  it,Btä  di  ccirto  Jioaxov-  piae.  Vgl.  a.  a.  0.  S.  190.  Kbd.  1327,  1328,  1046: 
gtov.  ^oavcc  dh  ovtoi  vs  xal  xb  ayaX^a  r^g  Tvxrjg  TvXV  ^«JP'ö'tTftJ  ^AnoXXmvios  Jcogu  hgsvg  'AshXti- 
iaxlv.  Diese  T.  Akraia  dargestellt  auf  Kaiser-  niov  (etwa  230  n.  Chr.).  Darunter  das  erwähnte 
münzen  (Domitian -  Geta) :  Head,  H.  N.  347.  Symbol.  Sehr  viel  älter  (4/6.  Jhdt.  v.  Chr.) 
Ygl.  Cat.  of  gr.  e.  Brit.  Mus.  Peloponn.  56  ni.2AA.  c6rf.  1326:  Tvxag  [N8^ia]sog  mit  dem  gen. 
Büder  (|oava)  des  Dionysos,  der  Hekate,  Aphro-  20  Symbol.  Das  wäre  ein  sehr  altes  Zeugnis  der 
dite,  der  Mrjxrig  d'B&v  xal  Tvxrjg  wie  jetzt  ge-  Verbindung  mit  N.  —  'Ayad-odui^ovog  *Ayad'6g 
lesen  wird  (früher  nahm  man  hier  die  merk-  Tvxag  ebd.  1160  (3.  oder  4.  Jhdt.  v.  Chr.). 
würdige  Gestalt  einer  Tvxrj  &s(bv  an:  Welcher,  16.  Unter  einer  Weihung  aus  dem  Tempel 
Gr.  Götterlehre  2,  808,  ÄlUgre  163  mit  Anm.  2),  des  Apollon  Maleatas  vom  Berge  Kynortion 
erwähnt  Paus,  gleichfalls  aus  Sikyon  2,  11,  8.  in   der  Nähe  von  Epidauros  steht  Tvxrig.     I. 

8.  Aigeira.  Bild.  Paus.  7,  26,  8  ol$a  Gr.  4,  1536  (168  n.Chr.).  Der  auffällige  Plu- 
xal  oixriiuc  iv  Aiysiga  ^saadiisvog-  ayaXfia  rjv  ral  weist  wohl  auf  römische  Vorstellungen 
iv  xm  o^xtffxart  Tvrrig  xb  xigag  (pegovaa  Tijg  (fata)  hin.  Vgl.  die  Bemerkungen  zur  Inschrift. 
Aucddslag.  nagä  ös  a{)xi]v  "Egtog  nxsgä  ?;(;(öv  16.  Hermione.  Paus.  2,  35,  3  t6  dh  hgov 
iaxiv  id'sXeL  ds  Grmaiveiv,  ort  ävd'gmnoig  xal  so  xfjg  Tvxrjg  vsmtarov  asv  Xiyovaiv  'Egfiiovstg 
xa  flg  fgoixa  xvxr}  ^XXov  r\  vjib  xdXXovg  xax-  xä>v  nagd  öcpiöiv  slvai.  Xid'ov  äh  TIagiov  xoXoaaog 
ogd'ovxai.  Im  Journ.  of  fiell.  st.  7  (1886)  96  eGxrixev.  Auf  einer  späten  Münze  von  Hermione 
werden  zu  'Aigeira'  2  Münzen  aus  Berlin  er-  erscheint  T.  Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Peloponn. 
wähnt,  von  denen  die  eine  T.,   die  andere  T.  162  nr.  19. 

gegenüber  dem  Eros  zeigt.  17.  Megalopolis.    Tempel.    Paus.  8,30,7 

9.  Amyklai.  Ejphem.  archaiol.  1892,  28  x&v  dgxcciav  dk  öniöi^s  vabg  Tvxrig  xal  dyaX^a 
nr.  6,  18  vgl.  Z.  23  {S.  Wide,  Lakonische  Kulte  Xid-ov  Tunoirixai  jiodibv  nsvxs  ovx  dnodeov. 
262,  6  =  jetzt  /.  ^.5,  1,  559)  wird  Tyche  in  18.  Messene.  Bei  Paus.  4,  31,  10  sind  in 
einem  Götterkollegium  (Poseidon  Asphalios,  einer  figurenreichen  Gruppe  des  Künstlers  Da- 
Athene  Chalkioikos  und  Poliachos,  Tyche  Zw-  40  mophon  im  Tempel  des  Asklepios  auch  Tvxn 
naxgog  (Z.  18)  und  T.  Toixccyixag  (Z.  23)  =  xe  xal  "kgxs^ig  ^(oaq}6gog  erwähnt.  Ob  diese 
Tvxccy.y  Aphrodite  Patriotis,  Demeter,  Köre,  T.  die  göttliche  Beschützerin  Messenes  gewesen 
Aphrodite  Urania  usw.)  mit  gemeinsamem  Prie-  ist,  wie  Brunn,  Geschichte  der  griech.  Künstler 
ster  genannt.  Also  scheinbar  zwei  verschie-  1,  288  zweifelnd  fragt,  läßt  sich  bei  dem  Fehlen 
dene  Gestalten  —  vgl.  Athene  —  mit  unge-  weiterer  Nachrichten  nicht  sagen, 
wohnlichen  Beinamen.  Auf  die  seltenen  Attri-  19.  Messoa  in  Lakonien.  C.  I.  Gr.  1464 
bute  der  anderen  mitgenannten  Gottheiten  hatte  enthält  Opfervorschriften  an  T.  im  Verein  mit 
schon  S.  Wide  a.  a.  0.  370  hingewiesen.  chthonischen     Gottheiten.       [J]d^axift    [d-jvötL 

10.  Argos.  Heiligtum.  Paus.  2,  20,  3  [;^]oteidi[ov]  —  —  I  •  •  agasv,  agxov  diu  oa- 
nigav  8h  xov  Nsfisiov  dibg  Tvxrig  iaxlv  ix  na-  50  dfiojv.,  ov  a  7rai6'f  —  —  |  öanavcoGti.,  agörig  8s 
XaLOxdxov  vaos,  «^  8ti  Jlaiafirj^?]?  xvßovg  svgoiv  ov8sl[g]  ■  .  .  \  Jtönoiva  xoigov  dgöeva^  dgxov 
dvi^rixev  ig  xovxov  xov  vaöv.  Man  beachte  8ia  \  aadfimv,  IIXovxcovi  ^orpov  dgasva,  (  agxov 
die  Einschränkung  über  das  Alter  des  Tempels.  ngoxccgia,  \n]i:g6S(p6va  xoigov  |  ägcsva,  dgxov 
Eine  Münze  aus  Argos  (Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  [T\vx[cc]  xoigov  dgasva^  |  dgxov.  raDra  a'i;[Tal?] 
Peloponn.  144  nr.  109),  die  auf  der  Vorderseite  6XB(pavov[(i]svaL  |  ..  .  alghcocav  x^Iq^^'S  "^^VA 
einen  Pallaskopf  mit  Helm,  auf  der  Rückseite  8£^idg  .  .  .  Vgl.  jetzt  I.  Gr.  5,  1,  364,  wo  die 
T.  mit  Füllhorn  und  Schale  zeigt,  stammt  aus  Inschrift  mit  unwesentlichen  Änderungen  wie- 
der Zeit  350 — 228  v.  Chr.  Also  ein  Verhältnis-  derholt  ist.  Jedenfalls  liest  man  auch  hier 
mäßig  altes  Zeugnis.  Tv;^or  trotz  des  Zweifels  bei  Ziehen,  Leges  sacrae 

11.  Asopos.     Eine  Münze  zeigt  eine  weib-  60  2,  1  nr.  57  p.  166. 

liehe  Gestalt  mit  Krone:    Mionnet  2,  226,  78.  20    Olympia.     Altar  der  A.  T.  in  der  Altis 

Sonstige  Attribute  fehlen.     Ebenso  von  Olympia.     Paus.  5,  15,  6  ig  8h  avxov  xbv 

12.  Boiai.  Mionnet  2,  226,  80.  Vgl.  Sam.  It^ßoXov  iasX^övxaiv  Tvxrig  iaxlv 'Ayad-fjs  ßaiiog 
Wide,  Lok.  K.  261,  3  u.  4.  Für  einen  Kult  (folgt  xal  JJavbg  xal  'Aq)go8ixrig)  15,  10,  nach- 
kann man  aus  solchen  Münzen  allein  nichts  dem  die  Aufzählung  der  Altäre  zu  Ende  ist, 
erschließen.  heißt  es  dann,   daß  auf  allen  genannten  Al- 

13.  Elis.  Heiligtum  und  Kultgemeinschaft  tären  monatlich  einmal  ein  'altertümliches' 
mit  Sosipolis.   Paus.  6,  25,  4.    Totg  81  'HXsioig  Opfer  dargebracht  wurde  (s.  d.),  also  auch  auf 


1349  Tyche  Tyche  1350 

dem   der  Tyche.  —  Patis.  ä,  17,  13    avdnsiTai,  26.  Perinth.     C.  T.  Gr.  2024  (TIqÖkXov  tov 

3h  ivTOivd'cc  (im  Heraion)  xal  Ar\za)  TvxV  ^*  t"^  '^o  7V';fatov  -naraayiBväauvta)  schien  den  Schluß 

Jiovvaos.  auf  die  Existenz   eines  Heiligtums  zuzulassen. 

21.  Pharao.  Tempel  mit  altem  Bild.  Paus.  Nach  Bev.  archeol.  S.  IV  t.  19  (11)12)  325  lautet 
4,  30,  3  i'öTt  dh  xccl  Tv^riv  vabs  ^aQuidraig  aber  die  richtige  Lesung  ro  tslxog  statt  to  T. 
xal  ayaXiicc  aQ^aiov. 

22.  Sparta.  Altarweihung.   S.Wide,  Lakon.  I".  Sizilien,  Italien,  Gallien. 

KuHe  261  =  Le  Bas-'Foucart,  Peloponn. 2  nr.  163  26.  Syrakus.     Cic.  Verr.  2,  4,  63,  119  tertia 

=  I.  Gr.  5,   1,  242   vTthg   zfjg   rd)v   [üeßaaribv]-  est  urbs  (Syracusis),  quae  quod  in  ea  parte  For- 

ocoTrigiag  'AQißro-nXfjg  fiSTu  ri)g  yvvaixbg  xal  xiov  lo  tunae  fanum  anticum  fuit,   Tycha  nominata  est. 

rexvcüv  Tvxj]  i7tr]x6a)  rov  ßco^ibv  ccvitd-rixsv.    Als  Vgl.  Steph.  ßyz.  s.  v.  T.  rtoXig  ÜLxeXiag  nXr\Giov 

Zeugnis  für  einen  'Kult'   bei  den   Lak.   fühit  ZvQuxovaiöv.     Eckhel  D.  N.  1,  246:  Auf  einer 

C.  O.  Müller,   Dorier  2,  381  Anm.  7   an   Plut.  Kupfermünze  von  Syrakus  mulier  capite  turrito 

Inst.  Lac.  p.  263  =  p.  239  A  nr.  29   (Berned.):  Staus    dextra    gubernaculum,    sinistra    hastain. 

"xuv  x^lga  Ttotiop^govvcc  räv  xviav  xaXkiv\  S.  noch    Gruppe  a.  a.  0.  746   Anm.  8.  —   Über 

22a.  Tegea     Weihungen:   /.  Gr.  6,   2,  98  Himera    ist    bei  Pind.  Olym.  12    gesprochen, 

u.  99;    Dedikation    eines    Bildes    ebd.    nr.  100  Im  übrigen   erscheint  T.  oft  auf  Münzen  sizi- 

(2.  Jhdt.  n.  Chr.).  lischer  Städte,    worüber   man    die  Indices    der 

23.  Troizene.    Altar  Tv ^ag  ccya^'&g  I.  Gr.  einschlägigen  Werke  vergleichen  mag. 

4,  765  (4.  Jhdt.  v.  Chr.)  ebd.  778.     Mevavögog  20        27.  Neapel.      Altarweihung    an    die    Tvxr] 

svxrjv  xfj  [(p\LXav^gw7t(p  TvxV-    -^^^  einer  Basis  Nsag  noXstog  1.  Gr.  14,  720.  Tychaion  C.  l.  Gr. 

ebd.  799    (2.  Jhdt.  n.  Chr.)    wird    der    Priester  5792.  —  Vgl.  ferner  die  unter  'VerVnndiing  mit 

einer    Tvxri  Usßaßxi]    genannt.      T.    auf    einer  Hora'  genannten  Weihungen  an  T.  und  H.  vom 

Münze  von  Tr.  Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Pelo-  Monte  Cassino  C.  I.  Gr.  6190  und  aus    Verona, 

ponn.  167    nr.  21.  —  Tvxr]  ßaaiXiiov    I.  Gr.  4,  C.  I.  Gr.  6754;    aus  Rom  die  Tvxri  ol'xov  Uo- 

948,  13    (nach  Fränkel  Mark  Aurel  und  Lu-  TiXicov  C.  I.  Gr.  6178  =  I.  Gr.  14,  1033. 
cius  Verus).    —    Unbekannter    Herkunft    eine  28.  Massilia.    S.  E.  Maas,  Tagesgötter  2A2. 

Altarweihung  an  Agathe  Tyche  C.  I.  Gr.  1950.  Von    dort    her   mag   griechische    Anschauung 

nach  Norden   gedrungen   sein.     Vgl.  Maas  in 
II,  Thrakien.  3q  ^jg^    Jahresh.    des  österr.   archäol.    Instituts  10 

24.  Konstantinopel.  Joh.  Malalas,  Chro-  (1907),  Heft  1,  85ff.,  90ff.,  wo  er  die  Darstel- 
nogr.  p.  322  {=  Unger,  Quellen  zur  byzantini-  lung  der  der  Tyche  opfernden  Athene  auf  der 
scÄen  iTMns^^escÄtc/i^e  6 7  f.)  berichtet,  Konstantin  Mainzer  Jupitersäule  bespricht.  Vgl.  hierfür 
habe  sich  eine  Bildsäule  fertigen  lassen,  die  noch  Körber  vü-Aqv  Mainzer  Zeitschr.\{\'dO<c>),b%. 
in  der  rechten  Hand   die  vergoldete  Tvxri  tcö- 

Xsag  trug.    Malalas  nennt  sie  Anthusa.     Diese  ^^-  Inseln, 

wurde  mit  dem  Bild  des  Kaisers   beim  Grün-  29.  Amorgos.   Marmor(platte?)  aus  ^t^mZe 

dungsfest  der  Stadt  in  feierlichem  Aufzug  von  I.   Gr.   12,   7,   432    Tvxr^g-    Moig&v.    M[rixgbg\ 

Soldaten  durch  das  Hippodrom  getragen,  und  0f[c5r].  Marmortafel  aus  Minoa  I.  Gr.  12,  7, 
wenn  sich  der  Zug  gegenüber  dem  kaiserlichen  40  247.  Darauf  ein  ayccX^ia  Tvxrig  erwähnt  (unter 

Sitz  befand,  sollte  sich   der  jedesmalige  Herr-  Commodus);    ebd.  257    Altarweihung:    'Ayccd-^ 

scher  vor  dem  Bilde  Konstantins  und  der  Tyche  Tvxj]  'A^Lcogyltov. 

verneigen.    Ein  anderes  Bild  der  T,,  vom  Son-  29  a.  Imbros.     I.  Gr.  12,  8,  80:    Tvxrj   ^r]- 

nengott  gehalten,  wurde  nach  Codin.  40  =  ^oxgcctua. . .  .  knoXXoSagog  .  .  .  £vx^i[v]  ansdayxsv. 
Unger  a.  a.  0.  250  bei  demselben  Fest  im  Hip-  30.  Kos.  Weihung  einer  Sonnenuhr.  C.  I.  Gr. 

podrom  bekränzt  und  dann   bis  zum  nächsten  2510  {Ditt.  Gr.  Dial.  I.  3,  369  nr.  3650)  [Xa/L]- 

Jahre  im  Senat  aufgestellt.  Weil  sie  am  Kopf  Xinog  Avtocp\&i\v\x^og  tb  wgoXöyiov  Tvxa  dyccO-u 

ein  Kreuz  trug,  das  Konstantin  mit  Rücksicht  xal  a.ya%'(p  dai^ovi  xal  xw  Sdcacp.  —  Auf  einer 

auf  das  Christentum  hatte  anbringen  lassen,  Münze  von  Kos  ist  die  Büste  der  Stadttyche 
so  verscharrte  sie  Julian  in  einer  Grube.  Vgl.  50  von  K.  mit  Mauerkrone  abgebildet  (50  v.  Chr. 

noch   Unger  323.     Wieder    ein    anderes    Werk  —  Augustus)  Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Islands 

scheint  die  eherne  Glücksgöttin  mit  dem  Frucht-  216  nr.  217. 

maß    am    östlichen    Schwibbogen   des    Forums  31.  Kypros.  Weihung  an  die  'Ayad'ij  Tvxri- 

gewesen  zu  sein.    Codin.  67  =  Unger  159.  Vgl.  C.  I.  Gr.  2642.    Auf  einer  Basis  aus  dem  Hei- 

femer  Unger  153  und  163.     Der  Tempel  der  ligtum    der    Aphrodite    in    Paphos    Gründer 

T.    wird    erwähnt   bei    Libanius   nsgl  Isg&v  eines  Tychetempels    und    Priester    der  Göttin 

c.  51  (Foerster);   Unger  13.     Ein  von  den  Ein-  genannt  Bitt.  Gr.  Gr.  I.  s.  585,  6:  'Aq)[goö]i[x]r] 

wohnern  so  genanntes  Tychaion,  das  früher  Ilacpia  [t6]    xoivbv   Kvitgltov  AnoXX(oviav   Ka 

den  Dämonen  gehörte,   wurde  von  Theodosius  xsgov  xal  xbv  xavxrig  avdga  HaxgoxXia  U.  xovg 
später    dem    hl.  Ignatius   geweiht.      Unger  26.  60  xriGxag  xov  Tvxcciov  xal  ccgxisgtlg  diä  ßiov  xfjg 
Das  Fest  am  Gründungstag  der  Stadt  ist  wahr-       TvxVS  '^VS  ^rixgonöXsag  TLcctpov  .  .  .  etc. 
scheinlich  von  römischen  Vorstellungen  (Genius  32.  Melos.     /.  Gr.  12,  3,  1098  'Ayad-i]  Tvxri 

publicus)    beeinflußt    gewesen.     Auf  eine  For-       Mr]Xov  siXsag  'AXs^dvdga  xxiaxrj  shgmv  iivGxätv. 

tuna  bezieht  sich  jL^/d.  Lernens.  4,132  (TFwewscÄ).  Dazu    Wolters,  Athen.  Mitt.  15    (1890)'  246  ff. 

—  Kaisermünzen  zeigen  die  Tvxri  TtoXscog  mit  Auf  einer  Säulentrommel  unter  einem  von  io- 

Schiffsvorderteil,  Pick,  Numism.  Zeitschr.  27  nischen  Säulen  getragenen  Rundbogen  befindet 
(1895)  32  nr.  5.  Vgl.  noch  Gruppe,  Gr.  B.  G.  sich  das  Relief  der  T.  von  Melos  mit  dem 
u.  M.  1647  Anm.  4.  Plutosknaben  und  die  obige  Inschrift,   welche 


1351  Tyche  Tyche  1352 

den  Segen  der  Göttin  auf  jenen  A.  herabfleht.  V.  Klein- Asien. 
Ihm  zu  Ehren  waren  dieses  und  noch  ein  an-  sS.  Didyma.  Kult  im  Apolloheiligtum, 
deres  Relief  mit  dem  Bild  der  Athene  als  Ge-  a  I.  Gr.  2852 :  Ein  Verzeichnis  von  Geschenken 
genstücke  aufgestellt  worden,  sicher  von  der  des  Seleukos  II.  an  die  Milesier,  die  im  Tem- 
genannten  Gesellschaft  der  Mysten.  Sie  wollten  pel  des  didymiVischen  Apollo  Aufstellung  fin- 
den Alexandres  dadurch  in  irgendeine  Ver-  den  sollen.  Aus  dem  dem  Verzeichnis  voraus- 
bindung  mit  den  beiden  Hauptgottheiten  der  gehenden  Brief  ersieht  man,  daß  die  Geschenke 
Insel  bringen.  (Beide  Gottheiten  kehren  wieder  ftir  die  ^sol  aiorf^geg  bestimmt  sind.  231  heißt 
auf  späteren  melischen  Münzen:  Bulletino  arch.  es  dann  (an  erster  Stelle)  ^mirj  x«()üa)r;jl4y«- 
1866,  »3.)  Man  darf  vermuten,  daß  in  dem  lo  j^fjg  Tvxns  /ai«.  (Es  folgen  dann  Themis,  He- 
Rehef  die  melische  Kultstatue  wiedergegeben  feate,  Leto,  ApoUon,  Artemis,  Zeus  Soter). 
ist,  die  vielleicht  —  wie  die  von  Antiochien  —  39,  Erythrae.  In  einer  Verkaufsliste  von 
in  einem  tstqocxoviov  gestanden  hat.  T.  den  Priestertümern  aus  der  Mitte  des  .'i.  Jhdts. 
rechten  Arm  auf  eine  Säule  stützend,  auf  dem  y  Chr.  wird  auch  das  der  '.-iya^ii  '^nn  erwähnt 
linken  ein  Kind  tragend,  auf  einer  Münze  von  {^Aycc^fn  Tvxr\s  H.)  Ditt.  5t///.»  600,  88.  Daß  sie 
Melos  Head,  H.  N.  415.  in  K,  auch  Opfer  empfing,  ertjibt  sich  aus  dem 

38.  Nisyros.     J.  Gr.  12,  3,  97.     Anf  einer  'Ausgabeetat'  für  Opfertiere  Österr.Jahresh.U 

Basis  MsydXji  ^ia  Tvxj}  ^l{dvios)  EixpQuydgag  (1910)  Beiblatt  Sp.  35  u.  40. 
6  cxQatriyos.  40.  Hai  i  kam  aß.  Widderopferan  die  Agathe 

84.  Faros.    /.  Gr.  12,  5,  250.    Basis  l-iya-O-^  20  Tyche   und   den   Agathos  Daimon   bestimmter 

Tvxjj.  Vgl.  249;  ebd.  251  auf  einer  Basis  . .  .  rg  Personen  Diu.  Syll."  641,  33 ff.  tfj  ßhv  7i[q]iotij 

Tvxj]  Tlaghov .  .  .  (sc.  ij^igcc)  d'vsiv  Tvxr]  'Ayad"^  Ttccrgb?  xal  jutj- 

35.  Rhodos.  /.  Gr.  12,  1,  67  Ntnoxli)  ^Q^S  no6B[id(o]viov  [x]pt6v  huI  zJcü^ovi  'Aya^a 
l4QiaTo[yiUvs\  ...  xal  hgatsvauvTcc  Tvxcc?  |  ...  UoaBiöajvLov  yiccl  [ro]gyifio?  -Agiöv  usw.  Dazu 
xal  Ugo^vtiiGavxa  |  .  .  .  'AnoXXoavog  Uv^a^tag  ^>-  Rohde,  Psyche*,  2,  317  (=  Anm.  1  zu  3U>). 
[6  ddra]  NedcQlxov].  Unterschrift  einer  Statue.  41.  Lampsakos.  C.  I.  Gr.  3644  wird  ein 
Ebd.  28  add.  ^AXica  xal  T[vxa]  nach  der  Er-  naidtov  ayoiv  tatv  ufydXojv  Tvxslav  erwähnt. 
gänzung  O.  Hir Sehfelds.    (51  n.Chr.).  42.  Magnesia  (ad  Sip.).  Auf  Münzen  kommt 

36.  Thasos.  Ditt.  SullMS8, 1  (^  I.  Gr.  12,  ^^^  Tempel  vor  mit  4  Säulen  in  der  Front, 
9,  369)  no6ie<hviog  xa[l  2:]Tgccxnylg  [T]vxv  @d-  3»  d*"»  <iie  Tychestatue.  Vermutlich  haben  wir 
60V  Bvxriv.                                                      '  damit  die  Kopie  des  Heiligtums  und  des  Kult- 

37.  Thera.  Aus  der  Menge  der  Funde  läßt  bilds.  Cat.  ofgr.  c.  Brit.  Mus.  Lydia  140  nr.  öO; 
sich  auf  die  Bedeutung  des  Kultes  schließen.  1^3  nr.  91.  —  EineWeihung  an  die  'Aycc^i}  Tvxn 
Altarbruchstücke  mit  der  Aufschrift  xvxccg'.  ^^^  ßvvoSog  Ziivgvasixiov  in  M.  enthält  C.  I. 
I.  Gr.  12,  3  suppl.  1376  u.  1376  ccya^äg  xvxccg,  (xr.3408. -Stadttyche  vonM.  adMae.  Inschriften 
ebd.  1377.  Zwei  Basissteine  mit  der  Aufschrift  ^on  Magnesia  nr.  50,  30  ff.  Im  Psephisma  der 
xvxcc  12,  3,  446 f.  Altar  mit  Tvxri  in^xoog  ebd.  Parier  m  M.  heißt  es  nämlich:  (xohg  Scycövag) 
448.  T.  oder  A.  T.  ist  vereinigt  mit  Agathos  6vyxa[xa]6yiBvd[(ov  T]vxj]  ovgljj  Scyu^fi  xf]g  xt 
Daimon  in  der  Inschrift  des  Archinos  aus  dem  n6X[etog  xfjgt  r]ii8xi]gcc]g  xccl  xfjg  Mcxyvrirojv]. 
Tempel  der  Göttermutter  ebd.  436  ..  .  Gs6g. '^^  ^^a.  Miletopoiis.  Epistilinschnft  eines 
AyaȊi  Tvxcci.  *Aycc&ov  Jaifiovog.  Ebd.  suppl.  Tempels:  MsiX]rixonoXsix&v  xr]v  &Y<^d-r]v  xfi[g 
1323  Altar  '^yor^ou  Jaiuovog'  'Ayu&fig  Tvxn?-  "^^^^^"^^  7%r]v  xal  xov  vccbv  cci}xfig  xccxsöxsvoc- 
Wie  Haler  v.  Gäitringen,  Die  Götterkulte  von  ^H  ^^  ^«»'  ^^^"^'  Eiiöxr^icov  ^ogcpvgonioXr]?. 
Thera,  Beiträge  zur  alten  Geschichte  1,  2  p.  222,  ^gl-  ^^^^-  d«  <^orr.  hell.  33  (09)  338  u.  Journ. 
berichtet,  sind  mehrere  dieser  Altäre  nahe  bei-  ^f  hell.stud.  1907  p.  61  nr.  2. 

sammen   bei   einem   Hause   gefunden   worden,  ^•^-  ^^^^^^^    ,^-  \-   ^^-    2693  e    .  .  .    xov 

welches  unmittelbar  südlich  an  die  Agora  an-  A[n\oXX[ai]vtov  isgtcog  Jlog  v[^^]i6xov  xa\l]  Tvxng 

grenzt.     In   diesem   Hause   stand    eine    Statue  ^7«^^?-  —  Aus  Mylasa  stammt  auch  die  Weih- 

der  Glücksgöttin  selbst,  an  einen  Pfeiler  ge-  mschrift  zu  Ehren   des  Perserkönigs  C.  I.  Gr. 
lehnt   und   ein  FuUhorn  haltend,   von  leidlich  50  2693  b  xy  Tvxji  inicpavEt  ßaatUayg. 
hellenistischer  Arbeit.  Wenn  dies  auch  schwer-  ^^-  Myra.    .Petersen  und  Luschan,   Reisen 

lieh  ihr  ursprünglicher  Standort  war,  so  liegt  {^  Lyhen,  Milyas  .  .  .2,  29.    Am  Theater  von 

doch  die  Annahme  nicht  fem,  daß  ein  Tempel  ^yra  befand  sich  ein  Relief  der  T.  mit  Full- 

der  Göttin  in  dieser  Gegend  gelegen  hat,  dem  ^^orn,  Steuer  und  Kugel.    Darüber  Tvxn  noXsiog 

dann    vielleicht    auch    die    Altäre    angehören.  ««^  ,^"«0^  (oder  vsixa)  svjxvxüg.     Es   war  ver- 

Vom  Wiederaufbau  des  Tempels  durch  Phla-  muthch  eine  Kopie  des  Bildes  der  Tychopolis  : 

vios  Kleitosthenes  Klaudianos  nach  149  n.Chr.  vgl.  a.  a.  0.  114,  19  Bu.  118.    C.  I.  Gr.  4303  b 

handelt  /.  Gr.  12,  3,  326    Z.  10  u.  26f.    ?x   xs  «^«-  P-  1130:  Tvxjj  noXsag  [x]al  SLvsxa  si[sxB- 

xijg  TCsgiXsLTtOfiivrig  ^vXtxfjg  v/LPtis   xov   dglvwa-  Q'^^Si-  t^.     r>,.    1,.      1      ^    1        1       n   • 

xxov  xal  ai>x6v  xa[x]rigiii\ii]ivov  xal  [x6v  xB]va6v  «<>        ^5.  Nikäa.    Die  Stadttyche  hatte  den  Bei- 

rfjS  Tvxvg  . . .  xaxaöxBvdaag  . .  .  Vgl.  ebd.  325,  namen  Aya^r]  (vgl.  Melos  und  Magnesia).  Head 

Z.  42,  wo  es  heißt  ötcoüov  6  xaigog  iiot  inLxg^rpn  ^-  ^-  ^^^  ^^^  Cat  of  gr.  c.  Brtt.  Mus.  Pon- 

xal    ii    Tuxn    xfig   noXBOig.     Auf   eine    Statue  *"«  ^^^-  ^^7,  ^^„?^-      ,     .    ,     .  ...„.«. 

scheint    I.  Gr.  12,  3  suppl.  1338   hinzudeuten:  45a.01ba.  Tempel:  ^rcÄ^n^.  1909,3,439. 

HBgyalog  'AgxBiiiSaygog  ^cprivB  Tvxr\v  ^»/(Ttj^oM  ,  ^^^  Panamara.    Inschriften  aus  dem  Tem- 

xolg  imyivoiUvoig  Övo^l'  &&dvaxov  xaxaXslntov  P^l  des  Zeus  Panamaros  in  Karien  Bull    corr. 

(3.  Jhdt.  V.  Chr.).  ^«^'-  1^  (1888)  269   nr.  54,     Hieraus   geht  her- 
vor,   daß    auch    Privathäuser   ihre   besonderen 


1353                        Tyche  Tyche                        1354 

(jötter  hatten  {ivotxlSioi  &sol),  und  zwar  sind  pantheistische  Tychen:  S.  216  nr.  269;  228 

in    der    betretfenden    Inschrift    (Stele)    zuerst  nr.  324. 

neben    der    Tvx^  nargiötii;    und    Demeter    die  52.  'I'ermessos.      Lanclortmski  a.  a.  O.  2, 

^großen'  Götter  {jfenaiint,  dann  folfjen  die 'Haus-  210  nr.  109  wird  der  Priester  der  Stadttyche 

jifötter'    Zeus    Ktesios,    Tyche    und    Asklepios.  erwilhnt. 

Aus   römischer  Zeit  ebd.  p.  271  nr.  57   (Tyche  58.  Thyateira.  P.  Paris,  Quntenua  femifiae 

<los  Kaisers);  272  nr.  68:   Tv^jj  oiy ad- 1/ (Formel?)^  res  publicas   in   Asia   minore   attigerint  72,  6: 

Tvxj]    'Pw^Tj?,    z/ii    Ka\7tt]tioli(p^     l^'XJI    ^tga-  AvQriXiav  ' KQfu'ovaaöav  ri]v  Öiä  ßiov  itgsiav  r^i,- 

T0i[i|xia9,  Tvxv  AvTioxticcg  .  .  .  hgevg  ...  272  Tvxr}(;  rfjg  Ttolsrng  usw.     Die  Inschrift  wieder- 

nr.  51)  Jtl  Kan^TcoXifo  yiccl  MoIqui?  xocl  Tvxf]  xccl  lo  holt  Derikschr.  d.  Wiener.  Ak.  phil.-hist.  Kla^ae 
XccQiGiv  H«)  Movaaig  %al  Mvri(io6vvr}  isQf:vg  iv       54  (1911)  p.  2(1;  ebd.  p.  17  ist  die  Stadt;.jöttin 

Ko^ivQioig  i^  ^nayyhXiag  Tiß.  <PX.  'Idocov  isgicc.  von  Th.   noch   zweimal   erwähnt   nr  25   u.  26. 

47.  Pergamon.  ])itt.  Syll.*  IbG,  1  {=  In-  54.  Trapezopolis.  C.  I.  Gr.  3953  d  er- 
schriften  von  Pergnmon  341)   'Aya^^   "l'^Hv  "^^^  wähnt  eine  aQxiBQSicc   ri)g  ngb   TiöXeoig  pLsyäXrig 

lyai)^(o    ^cii{iovi    r\]v    ßäaiv    ^iX'q^av  "AvQ-ov  dsäg  Tvx7]g  (die  zahlreichen  Er<^änzungsklara- 
(i-AOVTXccQiog.    Inschr.  v.  P.  2i>4  bezieht  sich  auf      niern  sind  wef:fgelassen).     Für  pro  poleos   vgl. 

die    Fortuna   Hona  populi  Homani.     Ebd.  376  C.  1.  Gr.  29G3  c  u.  oben  Bd.  3,  Sp.  3127  und  für 

Weihuug    an    die    Tvxr]    inr]y.oog    des    Kaisers  diese  Inschrift  ebd.  8p.  3129. 

(Caracalla)  xat  ttJs  Xa^iJiQOTccTrjg  Ttatgidog.    581  55.  Unbekannter  Herkunft    ist    C.  1.  Gr. 

ist  zu  sehr  verstümmelt     Athen.  Mitt.  33(1908)  20  3971  3,  wo  ein  ß(o\Log  Tvxr\g  acov^gccg  genannt 

403   nr.  30   'Aycc^y    rvxV    AvgT]Xiog    ^tXi7f7Co\g]  ist,  an  dem  Priester  und  Priesterinnen  jährlich 

Tli^gyccurivog   ßovXe[v]ti-ig    TvxV   i^ri^oro   hvxccgi-  Opfer   bringen    sollen.      Die    Inschrift    bezieht 

üti]QLov.    —    Der    Stelle    bei    Aristidef^  1,   276  sich  auf  einen  von  Augustus  einer  kleinasiatl- 

(p.  447  Bind.),  die  die  Aufstellung  der  Bilder  sehen  Stadt  dedizierten  Index  rerum.  — 

der  Agathe  T.  und  des  Agathos  D.  im  Askle-  ,                           . 

piostempel    zu  Pergamon  bezeugt,   war   schon  ^^-  Syrien  und  Palästina, 

in    anderem     Zusammenhang     gedacht.     (Auf  56.  Aere.    Von  der  Weihung  des  Heilig- 

Münzen    von   P.    erscheint  T.    wiederholt    mit  tu  ms    erzählt    C.  1.  Gr.  4554:    vnhg    ccon.gia? 

Asklepios   als   der   bedeutenden  Lokalgottheit,  xal   vsiv.rig  xov  nvgiov   avroKgcirogog  \M.  Ko^l 

z.  B.  Cat.  ofgr.  c.  Brit.  Mus.  Mysia  161  nr.  345;  30  'Jvtcovslvov]  .  .  .  'lovXiog  rsgiiuvbg  x{'^t(^QX^?)  •  •  • 

155  nr.  320.)  tov   ffrjxöv   ccnb   r?)?   iTtiygacprjg  avvstiiiösv  hccI 

48.  Selge.  Lanckoronski,  Städte  Pamphy-  xo  Ti';faiov  a\i(piBg(ii6bv.  Ein  gewisser  Philo- 
liens    u.    Pisidiens    2,    233.     Inschr.    nr.  247  a  naios  weihte  seine  P]nkelin   Domna  zur  Prie- 

S:  isgsvc  Tvxy\g  tfig  TCoXEcog  8ia  ßiov.  nr.  247b  sterin    der    T.     4555  a — c:     <^.     Kvvdyov    tov 

8:    legsLccv   ri]g    Tvxr\g  'Acd  "Agscog   diä   ßiov.  Moggov    isgccGccg    ^oiivav    Q'vyaxBQu    xov    viov 

*.  234    nr.  250    wird    noch    einmal    (dieselbe?)  ccvxov   xfj  Tvxjj   xovg  x^aaccgag  Xaii7ta^riq)6govg 

Priesterin  der  T.  und  des  Ares  sowie  das  Ty-  iy,  xmv  Idicov  ccv^d"rixsv.  Diese  Kandelaber  sind 

chaion  erwähnt.  der  T.  gleichfalls  gestiftet  worden.  Eine  ganze 

49.  Sillyon.  Lanckoronski  a.  a.  0.  1,  175  Familie  übernimmt  es  4556,  die  Tychestatue 
nr.  58  Z.  17/18  bezeugt  Heiligtum  und  Bild  40  und  ihren  Standort  zu  schmücken:  @i-6äoxog  ... 
der  Tyche  (ro  xfjg  Tvx^S  isgov  &yig6Xsq}dvvivov  u^icc  öv^lßim  xocl  xsKvoig  xr]v  Tvx^av  ßvv  xy 
xat  inlxgvöov).  v.6vxTi   xy  naxgidi   XQ^^^    ^yi66^r]6sv.     Weihung 

50    Smyrna.    C.  I.  Gr.  3111:  Basis  aus  der  eines    Priesters    4557:    [Jaii]cco[yi]icov    ...    xy 

Umgebung  von  Smyrna  .ä/or^fy  Tvxrj^Povcpstvog  (7£[|xror]a[r]9y   '^['"hV  i[^Q]oc[Gdn.]svog  Zriv6\ßiov 

Idgvßaxo.  Ditt.  Syll.^  Ö2S,  !S:  bei  einer  Strecken-  xov  vtJoi'C?)  dvsh-riKev.     In  den  hier  erwähnten 

angäbe  heißt   es  ano  xov  Ttvgyov   xfjg  kyocd-fig  Weihungen  eines  Priesters  und  einer  Priesterm 

T.  Dieser  Turm  hatte  vielleicht  seinen  Namen  will  /.  H.  Mordtmann,   Zeitschr.  d.  Deutschen 

von  einem  in   der  Nahe  stehenden  Heiligtum  Morgenl.  Ges.  39  (1885)  46  eine  Abschwächung 

der  T.  Von  dem  Kultbild  der  Smyrnäer  be-  der   Sitte    früherer   Menschenopfer   an    die   T. 

richtet  Pat<samas  4,  30,  6  BovnaXog  8i.,  vaovg  hQ  sehen  (vgl.  nachher  unter  Laodicea). 

Tf  oiv.o8oiLri6cc6d-cx.i  v.ai  |a>a  dvi]g  ccyaQ-bg  nXdöca  57.  Antiochia.     Von    dem    Ursprung    des 

Zavgvaioig   ayccX^icc    igya^oyisvog  Tvxrig  Ttgöbxog  Kultes  der  Stadtgöttin   berichtet  loli.  Malalas 

i7toir]6sv,    03V   l6\isv,   itoXov  xs   ^';^oi'(?av   inl   xjj  chronogr.  p.  200  (Dind.).    Als  Seleukos  Nikator 

yis(paXii  yiccl  xy  hegu  x^tgl  xb  y.aXov^svov  'A^iaX-  im  Jahre  300  die  Stadt  A.  gründete,  wurde  von 

^Biccg  -n^gccg.     Für    die    hadrianische    Zeit    be-  einem  Priester  ein  Mädchen  mit  Namen  Aimathe 

zeugt    einen    Tempel    C.  I.  Gr.  3148,    14/15.  geopfert.    Und  Seleukos  (Mal.  201)  ör^occg  dv- 

J^ndgccydog  Ttgvxavig  vccbv  Tvxrig  yiccxccGxsvdasiv  ägidvxog  6Ti]Xr]v  x^^^^^iiv  t?J?  Gcpccyicco^siörtg  xöpTjg 

iv  Tc5  ^uLVSL-ncbvt  {vTCscx^xo).  Münzen  Head  H.  Tvx^iv  xy  ttoXsl  vn^gdvco  xov  norauov.,    sid-sag 

N.  510.     Gut.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  lonia  z.  B.  Ttoi'qaag   avxy    xy    Tvxy   d-veiav.     Darauf  wird 

264  nr.  233  zeigt  "^tetrastyle  temple'   mit  Bild  60  die  Zerstörung  Antigonias  erzählt,   dessen  Be- 

der  T.  wohner  in  A.  angesiedelt  wurden,  und  es  fol- 

51.  Tarsus.     Besitzen   wir   auch   kein   in-  gen  fast   dieselben  Worte   für   die  Tvxi]  'Avxi- 

schriftliches  Zeugnis  über  Tychekult  in  T.,  so  yovioc,  nur  daß  diese  noch  das  Hörn  der  Amal- 
läßt  doch  das  häufige  Vorkommen    der  T.  auf       theia   trägt:    v.ca    iroirißag    iv.tl   xsrgav.i6vLV    iv 

Münzen  gerade  dieser  Stadt   auf  das  Ansehen  vx\)Si    'iatri6sv    ccvxr^v    xi]v    Tvxr\v.    Knxa6xr]Gag 

schließen,    das    sie    genoß.     Head,  H.  N.  618.  ^iL%go6Q^Bv    ccvTyg    ßcoiibv    vipViXov.      Über    das 

Tvxri  TdgGov.  Weitere  Beispiele  im  Cat.  of  gr.  Schicksal  dieses  Bildes  s.  0.  0.  Müller,  Antiq. 

€.    Brit.    Mus.   Lycaonia  etc.,    darunter    auch  Antioch.  41  Anm.  10.     Diese  Berichte  von  der 

BoscHBR,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V  44 


1355                       Tyche  Tyche                        1356 

Opferung  eines  Mädchens,  das  dann  zur  Stadt-  61.  Kabeb   (Syrien).      Ein    Senator    unter 

tyche   erhoben    wurde,    sind    jedoch    starken  Diokletian  baute  auf  eij^ne  Kosten  einen  Tem- 

Zweifeln    begegnet:    C.  O.  Müller   a.  a.  0.  27  pel:  Waddhigtm  a.  a.  0.  2614. 

Anm.  2.     Sie  sind  wie  auch  andere  (vgl.  Ma-  '  62.  Kommagene.     Über  die  Landestyche 

lalas  p.  36,  von  Amandra  p.  139,  von  Nyssa,  von  Kommagene  ist  unter  'Personaltychen* 

wo  auf  der  ariqlfi  'iagvOv*  zu  lesen  war:  Nimm*  das  Nötige  gesagt. 

die    Hilfeflehenden  —  nämlich   Iphigenie  und  63.  Laodicea   ad   Lib.     Münzen    aus    der 

Orest  —  auf,  d-eä  noa  Nvattul  Für  «oa  =  nrAu  vorkaiserlichen  und  Kaiserzeit  zeigen  die  Tyclie 

vgl.  noch  Malalas  p.  638  Anmerkung  zu  dieser  Eead  H.  N.  663.  Vgl.  ierner  Cat.  of  gr.  c.  Jirit. 

Stelle)    wohl    von    christlichen    Schriftstellern  lo  Mus.  Galatia  etc.  z.  B.  258  nr.  81,  worauf  Julia 

erfunden,  um   den  Tychekult  verabscheuungs-  Domna  als  Tyche  v.  L.  in   einem  Tempelchen 

würdig    erscheinen    zu    lassen.      Krumhacher,  zu  sehen  ist,  vielleicht  dem  Heiligtum  der  T.? 

Byzant.  Literaturgeschichte*  p.  326  redet   von  Die  Häufigkeit  der  Darstellungen  läßt  auf  das 

dem  'christlich-apologetischen  Zweck'  solcher  Ansehen  der  T.  schließen.    Über  die  Annahme 

Erfindungen.    MakUas  276  berichtet  nochmals  früherer  Menschenopfer  an  die  Tyche- Atergati? 

von   einem   Bild   der  Stadttyche   mit  den  üb-  in  L.  vgl.  I.  H.  Mordtmann,  Zeitschrift  d.  Deut 

liehen  Wendungen;    es  handelt  sich  dort  um  sehen  Morgenl.  Ges.  39  (1886)  46. 

eine   im   Auftrag  Trajans   hergestellte  Kopie.  64.  Namara  in  der  Batanaea.    Kaibel,  Ep. 

Die  Fragen,    die   sich    an    das  Verhältnis  der  gr.  440.    In  v.  3  eines  Grabepigramms  sind  die 

verschiedenen Tychedarstellungen  von  Antiochia  20  Stifter  des  Tycheheiligtums  genannt  (2/3.  Jhdt. 

knüpfen  (vgl.  z.  B.  C.  0.  Müller  a.  a.  0.  36  und  n.  Chr.). 

38,  All^gre  197,  Anm.  2,  E.  Maas,  Tagesgötter  65.  Palmyra.      Eine    Inschrift   bei   Vogio , 

57),  Bind  hier  nicht   zu  erörtern.     Das  Haupt-  Insa'.  Sem.  nr.  3  (=  C.  L  Gr.  4480)  redet  von 

bild  war  jedenfalls   das   berühmte   Werk  des  jährlichen  Weihgeschenken  an  den  Malachbel,. 

Eutychides  'für  die  Syrer  am  Orontes',  welches  die    Tyche   ©a^Lstog  und    Atergatis.     Das    ist 

nach    Paus.  6,  2,  7    bei    den    Einwohnern    in  nach  Mordtmann  a.  a.  0.  31  (1877)  100  die  T. 

hohem  Ansehen  stand.    Malalas  p.  201  nannte  des  Stammes  der  Thaimi;  nach  Fo^rwea.  a.  0.  7 

den   Standort  für  die   T.    von  A.  xBXQccyiioviv  dagegen  vielleicht  der  semitische  Name  für  T., 

{xsxQccnioviov),  p.  276  stellte  Trajan   das   Bild  der    so    die    Assimilation   einer    Lokalgottheit 

auf  iv  aitm  (dem  Theater)  vTiegäva  zseadgoav  so  mit  einer  fremden  zeigt. 

xiövcaif  iv  lUam  xov  Nv^aiov  xov  ngoOKriviov.  66.  Schakra,  Zebire,  Nimre:  Ygl.Wad- 
C.  0.  Müller  hielt  diesen  Ausdruck  vitsgavta . .,  dington  a.  a.  ü.  2606,  2512,  2127:  Erwähnung 
für  gleichbedeutend  mit  jenem  xsxqcc-kioviov  von  Heiligtümern. 
(p.  88  und  39),  einem  kleinen  Heiligtum,  be- 
stehend aus  4  Säulen  mit  Dach  und  nach  allen  ^11-  Ägypten. 
Seiten  offen.  Dieser  Tempel  erscheint  mit  der  67.  Alexandria.  Eine  Tempelanlage  ist 
Gruppe  des  Eutychides  z.  B.  auf  Münzen  Cat.  beschrieben  hei  Libanius  p.  113  Reiske=^  Over- 
of  gr.  c.  Brü.  Mus.  Galatia  etc.  225  nr.  623,  beck,  Schriftquellen  1987.  Dort  ist  die  Rede 
vgl.  222  nr.  600,  so  daß  wir  darin  das  Heilig-  von  einem  xsiisvog  in  der  Mitte  der  Stadt, 
tum  der  T.  von  A.  zu  erblicken  haben  —  Über  40  avyxslfisvov  iihv  iyi  tcUlövouv  Q-i&v,  Tvxi]?  dl 
ein  Tychaion  späterer  Zeit  vgl.  C.  0.  Müller  anuv  wvofiocaxaL.  In  der  dann  beschriebenen 
a.  a.  0.  40  Anm.  9.  Für  weitere  Erwähnungen  Anlage,  die  mit  ihren  halbrunden  Nischen  zur 
der  T.  von  A.  vgl.  die  3.  unter  'Panamara'  Aufnahme  von  Bildsäulen  bestimmt  war,  be- 
angeführte Inschrift  und  C.  I.  Gr.  7052.  Hier  fanden  sich  alle  Götter.  In  der  Mitte  aber 
betindet  sich  auf  der  einen  Seite  einer  Gemme  Tvxris  ^exri-nsv  ayccXiicc  Gxscpdva)  öriXovv  'AXs^civ- 
scheinbar  ein  Mann,  der  einen  Bären  mit  der  8qov  xccg  vlxag.  xccl  axttpsxai  ^ikv  vno  Tv^ri? 
Peitsche  bändigt,  auf  der  anderen  Seite  der  ii  Ff).  axtcpsL  de  avxij  xov  viyt-^oavxa.  Nitiocl  Ss 
Kopf  der  T:  mit  Mauerkrone  und  Füllhorn:  xfjg  Tv^rig  kytaxigcod^sv  avsoxri-Kccaiv,  -nccXöbg  xov 
a)  cc^^si  Tvxri  AvxLO%iaiv.  b)  E^xv^i  MäQ-KEXXs.  8r\^LOVQyov  xi]g  Tv^rig  är}XovvTog  xijv  övvaiiiv  ... 
Elgi^vT].  Das  bezieht  sich  scheinbar  auf  die  50  Einige  Zeilen  weiter  folgt,  daß  dort  auch  eherne 
Bezwingung  eines  wilden  Tieres,  wofür  dieser  Säulen  mit  den  Gesetzen  der  Stadt  standen, 
Marcellus  geehrt  werden  sollte.  S.  a.  Müller-  Dieser  Brauch  herrschte  noch  in  der  Zeit  des 
Wieseler,  Denkm.  d.  a.  K.  2,  927.  Theodosius:   Cod.  Theod.  14,  27  weist  auf  die 

58.  Balanea.  Renan,  Mission  en  Phenicie  Sitte  hin,  daß  die  Gesetze  im  Eutycheum 
p.  107,  Weihinschrift  des  Tychetempels  [Bcc-  (=  Tychaion)  angeheftet  worden  seien.  Eine 
Xaviav  Evgoav]  avxovo^ov{iiv(üv  x^  TvXV  •^^"  ^°  Alexandria  gefundene  Stele  mit  der  Inschrift- 
xioxog  xal  ^sitpXog  .  .  .  xov  vccov  int  xibv  löitov  NL-kcc  t)  Tvxr]  Evro-niov  f  xal  BtvExav  f  xai 
ixxiGBv  xai  xa  &ydXiLccxa  &v^^rixsv.  xov  ygäipavxog  gehörte  vielleicht  dem  Tychaion 

59.  Bthene  in  der  Batanaea.  Erbauung  an:  Revue  archeol.  1887,  203.  Wie  lange  das 
eines  Tychaions  auf  Kosten  der  Gemeinde  60  Heiligtum  stand,  geht  aus  der  Erzählung  bei 
(ix  x6  =  xov  xijg  xcb^rjff)  Waddington,  Inscr.  de  Theophyl.  Simocotta  Uist.  8,  13  hervor.  Als 
la  Syrie  2127  (=  Le  Bas,  Voyage  archeol.  2^2).  nämlich  im  Jahre  602  ein  gewisser  Kalligraphos 

60.  Gaza.  In  den  Akten  des  hl.  Por-  vorüberging,  schwankten  die  Statuen  heftig 
phyrius  {A.  S.  vom  26.  Febr.  c,  2  ^  p.  643  in  und  kündigten  dadurch  eine  Revolte  in  Kon- 
dem  comm.  praev.)  wird  von  8  Tempeln  in  stantinopel  an.  Auf  Münzen  von  A.  sieht  man 
Gaza  berichtet,  darunter  dem  ^ Hierion  seu  sa-  T.  sehr  oft  auf  einem  zwischen  Säulen  aufge- 
cerdotium  et  Fortunae  civitatis  quod  dicebant  stellten  Ruhebett  ausgestreckt.  jyead,Jff.iV.  719. 
Tycheon'.  Cat.  of  gr.  c.  Brit.  Mus.  Alexandria  vgl.  Re- 


1857          Tyche  Tyche          1358 

gister  und  Eifiltg.  56f.,  90.  Wahrscheinlich  ist  p.  28,  pl.  H  3.    Bead,  IL  JV.*  412);  tnn  Xoanon 

das  die  Kopie  der  Kultstatue;  die  Säulen  deu-  war  der  T.  Bild  in  der  Halle  des  Asklepieion 

teten  dann  zwar  nicht  auf  die  oben  besohrie-  zu  Titane,  s.-w.  von  Sikyon,  Pdus.  2, 11,  S.  — 

bene  Tempelanlage  hin,  in  der  die  Tychegruppe  Das  Hörn   der  Amalthcia  erwähnt  Fausanias 

ja  auch   otfensichtlich   einem    anderen  Zwecke  für  T.  wieder  bei   der  zu  Aigeira,  7,  20,  8, 

diente,  sondern  sie  stellten  das  besondere  Hei-  wobei  er  wie  4,  80,  4  tf.  wieder  auch  der  Macht 

ligtum   der  Göttin   dar.     Auf  den   zahlreichen  der  T.  gedenkt  (vgl.  auch  1,  21),  11,  wozu  i//(£:?y- 

Münzbildern    tritt    sie    in    die    bekannten    Be-  Blüimier,  Fau.s.  1 ,  vi22)    und    auf  Vindar   hin- 

ziehuugen  zur  Lokalgottheit,  hier  also  der  Isis.  weist.  Neben  dieser  T.  zu  Aigeira  in  ihrer  Ka- 

68.    Oxyrhynchos.      Bei    Otto,    iViV.s<<??*  lo  pelle  ttand  ein   geflügelter  Kros,   und  auf  K'- 

und  Fricfiiirtümer    im    hellen.    Ägypten  1,   164  münzen    von    Aigeira    mit   Plautilla    erscheint 

(Anm.  2)    ist    nach     Oocyrrh.    l*ap.    3,    507,   5  denn    auch    T.   stehend    mit    Mauerkrone,    mit 

(2.  Jhdt.  n.  Chr.)  ein  vBcoxögog  Tv%r\?  erwähnt.  Zepter  in  der  R,,  Füllhorn  in  der  L.  nicht  bloß 

[L.  Kühl.]  für  sich  allein,  sondern  auch  mit  Eros  zusam- 
Tyche  in  bildlicher  Darstf'lliin^.  Fauna-  men,  die  beiden  sich  den  Kopf  zuwendend, 
nias  allein  schon  erwiihnt  Bildwerke  der  T.  zwischen  ihnen  ein  Altar,  Jmhoof  u.  Gardner 
an  16  Stätten  der  antiken  Welt,  zu  Megara  p  91,  pl.  S8f.  ÄiY^/^-J^/wmwer  2,  842,  Münztaf. 
(1,43,6),  Korinth  (2,2,8),  Sikyon  (2,7,5),  Ti-  5,  3.  Und  während  es  nach  Faun.  2,20,3  zu 
tane,  landeinwärts  von  Sikyon  (2,11,8),  Argos  Argos  ^seit  ältester  Zeit'  einen  Tempel  der 
(2,20,3),  Hermione  (2,35,3),  Pharai  (4,30,3),  20  T.  gab,  'wenn  wirklich  Palamedes  in  diesem 
Messene  (4,31,10),  Olympia  (5,17,3),  Elis  (6,  Tempel  die  von  ihm  erfundenen  Würfel  ge- 
25,4),  Aigeira  (7,26,8),  Megalopolis  (8,30,7),  weiht  hat'  (wozu  auch  Eustath.  z.  11.  2,  308, 
Theben  (9,16,2)  und  Thespiai  (9,26,8),  zu  p.  188  u.  z.  Od.  1,107,  p.  1337;  T.  auf  K'- 
Smyrua  (4,30,6)  und  Antiocheia  a.  0.  (6,2,7).  münzen  von  Argos:  Imhoof  u.  Gardner  p.  37; 
Die  älteste  Darstellung  der  T.,  von  der  wir  pl.  K  29/31),  war  anderseits  der  Tempel  der  T. 
hören,  ist  ofienbar  das  Tempelbild,  das  Bu-  zu  Hermione  nach  Aussage  der  Heimioneer 
palos  von  Chios,  des  Archermos  Sohn,  Bruder  das  Neueste  bei  ihnen,  in  ibm  der  Göttin  Stand- 
des  Athenis,  tätig  um  Ol.  60  (=  540/37  v.  Chr),  bild,  ein  Koloß  von  parischem  Marmor,  Faus. 
für  Smyrna  geschafien  und  dessen  Faus.  4,  2,35,3.  —  Hätte  Pmt/ar  bei  seinem  Epitheton 
30,  6  gedenkt  im  Zusammenhang  mit  dem  Tem-  30  wirklich  ein  Attribut  der  T.  vorgeschwebt  mit 
pel  der  T.  zu  Pharai  in  Messenien,  der  auch  der  Bezeichnung  nolog,  hätte  er  sie  (ptqtTtolo? 
ein  altes  Kultbild  der  T.  enthielt.  Bupalos  zu-  benennen  müe&en,  wie  denn  auch  schon  Ulrich 
erst,  soviel  wir  wissen,  habe  die  T.  wiederge-  v.  Hütten,  der  in  seinem  Dialog  ^Fortuna"* 
geben  mit  nöXog  auf  dem  Haupt  und  mit  dem  (v.  1519)  §  96  (IV  98  Ed.  Böcking)  die  Fausa- 
bei  den  Griechen  sog.  Hörn  der  Amaltheia  in  der  niasi-telle  (4,  30,  6)  benutzt,  cpsQ^noXov  gemacht 
einen  Hand,  um  so  auf  der  Göttin  Wirken  (ihre  hat  aus  cpsgiTtoXiv,  was  sich  deckt  mit  derKon- 
i'pyo:)  hinzuweisen.  Ein  ähnliches  T. -Bild  zeigen  jektur  des  Gothaers  Thomas  Reinem us  {IbSl — 
Kupfermünzen  von  Smyrna  mit  Kybelekopf  16ti7),  und  gegenüber  Val  Kurt  MüUer,  Der 
nach  r. :  T.  mit  Kalathos  stehend  nach  I.,  mit  Folos,  die  gricch.  Götterkrone  {Diss.  Berl.  1915) 
Schale  in  der  R.  und  Füllhorn  in  der  L.,  Im-  40  bestreitet  C.Bohert,  Ärch.  Misz.{S.-B.  d.  Bayer. 
hoof-Blumer,  Gr.  Münzen  S.  126  (650),  350,  T.  9,  Ak.  d.  Wiss.  1916,  2)  S.  14  ff.  überhaupt  die  Be- 
10.  —  So  habe  auch  (sagt  Fausanias  a.  a.  0.)  rechtigung  des  Terminus  Ttolog  für  eine  be- 
später F'indar  u.  a.  die  T.  ^tgi-noli?  genannt  stimmte  Form  des  Kopfschmuckes,  den  heute 
{Find.  frg.  38/41  0.  Schröder).  Allein  cpegtiioXig  so  bezeichneten  hohen  zylindrischen  Kopfputz, 
bedeutet  doch  wohl  die  die  TtoXig  (Stadt  oder  sei  doch  auch  an  den  beiden  anderen  Stellen, 
Staat)  Tragende,  d.  h.  Schützende,  Behütende,  wo  Fausanias  das  inl  xfj  xsqiaXrj  (bzw.  i.  tfig 
wie  es  auch  Flut,  de  fort.  Bom.  10,  p.  322  c  rieh-  -Kicpalfig)  tioXov  aufweise  (2,  10,  5  u,  7,  5,  9),  für 
tig  verstanden  hat,  und  mit  der  ^^ginoXig  ver-  die  Aphrodite  des  Kanacbos  zu  Sikyon  und 
gleicht  sich  die  oder  der  ZoGiTtoXig,  s.  o.  Bd.  4,  die  dem  Endoios  zugeschriebene  Athena  Polias 
Sp.  1221  ff.,  5  ff .  Usener,  Götternamen  172  ff.,  50  in  Erjthrai,  eher  an  die  schmale,  rosettenge- 
z.  B.  der  Sosipolis,  der  nach  Faus.  6,25,4  in  schmückte  Stephane  zu  denken:  die  Rosetten 
Elis  zur  L.  der  T.  (in  deren  Tempel)  in  einer  habe  ein  religionsgeschichtlicher  Symboliker 
kleinen  Kapelle  Verehrung  genoß  und  daselbst  für  Sterne  halten  können,  die  Stephane  daher 
in  einem  Gemälde  einem  Traumgesicht  gemäß  für  ein  Abbild  des  Himmels;  aus  der  archäo- 
als  Knabe  dargestellt  war  in  steinbesäter  Chla-  logischen  Teiminologie  müsse  also  die  Bezeich- 
mys,  gleichfalls  mit  dem  Hörn  der  Amaltheia  nung  Polos,  so  bequem  sie  gewesen,  verschwin- 
in  der  einen  Hand,  wogegen  das  Standbild  der  den.  Klar  ist  auf  jeden  Fall  der  tiefere  Sinn 
T.  zu  Elis  ein  kolossales  Xoanon  war,  vergol-  der  Attribute  derT.  des  Bupalos:  'in  der  Hand 
det  bis  auf  Antlitz,  Hände  und  Füße,  die  aus  das  Segen  spendende  Hörn  der  Amaltheia  deu- 
weißem  Marmor  bestanden,  mit  einem  Wort  60  tet  ihre  Macht  auf  Erden,  auf  dem  Haupt  eine 
ein  Akrolith.  Ein  Xoanon  war  auch  das  Bild  das  Himmelsgewölbe  symbolisieiende  Krone 
der  Göttin  im  Tempel  der  T.  k-ngaicx.  (der  die  ihre  Macht  am  Himmel  an'  {Bohcrt  a.a.O.  16). 
Burg  beschiimenden  T.)  auf  der  Akropolis  Nach  Welcker,  Gr.  Götterl.  2,  801  bedeutet  der 
von  Sikyon  {Faus.  2,7,  o;  T.  auf  K'münzen  Polos  das  Allumfassende,  Allgemeine,  das  Hörn 
von  Sikyon  mit  lulia  Domna,  Plautilla  und  der  Amaltheia  dasselbe,  was  Pluto s  auf  der 
Geta,  stehend  mit  Mauerkrone,  mit  Schale  in  T.  Arm  in  späteren  Bildwerken.  So  stand  nach 
der  vorgestreckten  R.  und  Füllhorn  zu  ihrer  Faus.  9,16,2  im  Tempel  der  T.  zu  Theben 
L.,   Imhoof  u.  Gardmr,  Münzkcmm.  zu  Faus.  die    Göttin    mit    dem  Plutosknaben    auf   dem 

44* 


1359                        Tycbe  Tyche                        1360 

Arm :  Hände  und  Antlitz  der  Statue  hatte  nach  vier  Reliefplatten  vom  Dionyaostheater  in  Athen, 
der  Thebaner  Aussage  der  Athener  Xenophon  die  jetzt  im  Theater  verbaut  erscheinen  an  der 
gefertigt,  das  übrige  Kallistonikos,  ein  einhei-  Vorderwami  des  spätrömischen  Logeions,  vgl. 
mischer  Meister,  anscheinend  bloß  ein  schlich-  F.  Matz,  Ann  d.  I.  42  (1870),  102  tt'.  z.  Mon. 
t^r  Holzschnitzer,  da  die  Statue  oflfenbar  wie  9,  IG.  Brunn- Bruckm.  T.  15.  Petersen,  Athen 
die  T.  zu  Elis  {Paus.  6,25,4)  wieder  ein  Akro-  S.  191,  86.  Ad.  Struck,  Ath.  u.  AH.  107,  122. 
lith  gewesen:  Köpfe  und  Extremitäten,  der  Marg.  Bieber,  De nkm  z.  Theater w.  S.  IS  f.,  T.  6. 
Gruppe  hat  Xenophon  aus  Marmor  geschaffen,  7  b.  R.  von  der  mächtigen  Gestalt  eines  ge- 
das  aus  Holz  gebildete  Gewand  Kallistonikos,  duckt  knieenden  Silen  scheint  eine  Versamm- 
vgl.  Hitsig-Blümner  3,  434.  Pausanias  rühmt  lo  hing  von  Gottheiten  dargestellt  vor  Dionysos, 
den  Einfall,  den  Plutos  der  T.  als  Mutter  oder  der  am  meisten  r.  nach  1.  thront,  am  Abhang 
Amme  in  die  Arme  zu  geben;  nicht  minder  der  Akropoli'«:  im  eigenen  Theater  ist  dem 
gut,  meint  er,  war  der  Gedanke  des  Kephiso-  Gott  der  reichgeschmückte  Thron  aufgestellt; 
dotos,  der  den  Athenern  ein  Bild  der  Eirene  hinter  ihm  erschaut  mau  die  Umrisse  der  Burg, 
geschaffen,  die  den  Plutos  trägt'  des  älteren  wie  sie  vom  Theater  aus  sichtbar  waren,  über- 
Kephisodot,  dessen  Zeitgenosse  Xenophon  ge-  ragt  von  den  Säulen  des  Parthenon;  dem  Dio- 
weaen,  dessen  Mitarbeiter  nämlich  zu  Mega-  nyaos  aber  huldigen  vorab  die  T.  von  Athen, 
lopolis  bei  den  Marmorbildern  des  thronen-  im  Typus  der  Eirene,  und  die  Hestia  (o«ler 
den  Zeus  Soter  und  der  diesem  zur  Seite  stehen-  Eirene?),  und  die  bloß  um  die  Leibesmitte  be- 
den  Megalopolis  und  Artemis  Soteira,  Paiis.  ao  kleidete  männliche  Gestalt,  etwas  kleiner  als 
8,  30,  10;  vielleicht  war  auch  da  im  besonderen  die  beiden  Frauen,  etwas  gedrungen,  untersetzt, 
die  Stadtgrtttin  des  Xenophon  Werk.  Außer  dürfte  die  Bildnistatue  sein  des  dem  Dionysos 
dieser  'Megalopolis*  aber  im  Tempel  des  Zeus  in  Kultgemeinschaft  verbundenen  Nero,  ent- 
Soter  erwähnt  Pausanias  kurz  zuvor  (8,  30,7)  sprechend  hier  dem  völlig  nackten  Theseus  ?) 
hinter  den  &qxbIoc  zu  Megalopolis  auch  den  zwischen  zwei  fast  analogen  Frauengeatalten 
besonderen  Tempel  der  T.  mit  deren  marmor-  auf  der  3.  Reliefplatte;  zur  Deutung  vgl.  Paus. 
nem  Bild  von  ca.  5'  Höhe.  —  Der  T.  von  The-  1,  3,  2  (wo  Theseus  zusammen  mit  Demokratia 
ben  entsprechend  trägt  auch  die  von  Melos  .  und  Demos)  und  l,  18,  3  (wo  Eirene  und  Hestia, 
das  Plutoskind  auf  dem  1.  Arm,  wogegen  sie  wozu  u.  a.  noch  die  kyad'r]  T.  kommt  nach 
mit  einer  gewissen  feierlichen  Art  den  r.  Ell-  so  Ailian.  v.  h.  9,  39).  —  Doch  noch  mancher  Ort 
bogen  auf  einen  Pfeiler  aufstützt,  so  nach  hatte  sein  Ti^rig  Isgov  (oder  Tn^atov,  s.  o.)  mit 
Ausweis  von  K'münzen  der  Insel  aus  römi-  Standbild  der  Göttin  von  der  Hand  eines  nam- 
Bcher  Kaiserzeit  und  des  Reliefs  einer  Säulen-  haften  Meisters,  vorab  Megara,  in  dessen  T.- 
trommel,  die  nebst  einem  Gegenstück  1861  auf  Tempel  eine  T.  des  Praxiteles  stand  nach 
Melod  in  der  Nähe  des  Theaters  gefunden  wor-  Paus.  1,  43,  6  (dazu  auf  megarischen  K'mün- 
den  ist,  vgl.  Wolter^,  Ath.  Mut.  15  (1890),  246  51.  zen  mit  Commodus,  Sept.  Severus,  Domna  und 
FurtujingUr,  Mei>iterw.62'i  f. y  wo  F.  in  da^sBiid  Geta  T.  stehend  mit  Mauerkrone,  mit  Schale 
einer  der  drei  Münzen  dieses  Typus  zu  Berlin  in  der  R.  und  Füllhorn  in  der  L.,  etwa  vor 
(mit  Beischrift  Tv'XH)  darstellt,  F.  125  das  Re-  oder  neben  ihr  ein  Altar,  Lnhoof  u.  Gardyier 
lief  (auch  Wolters  a.  a.  0.  248.  Bosanquet,  Journ.  40  p.  7  f.,  pl.  A  14).  Anderseits  wird  mit  Praxiteles 
o/*/kri/.  «tud.  18  [189SJ,  60f.,  1.  S.  Reinach,  Rip.  zusammengebracht  die  Statue  der  Münchener 
d«  rcZ.  2,  361, 4).  Alle  drei  Berliner  Exemplare  Glyptothek  nr.  227  {Brunn-Br.  123.  Brunn, 
dieses  Münztypus  zeigen  deutlich  die  Säule  als  Beschr.  d.  Glypt.^  146  f.,  113.  Furtioängler,  Mei- 
Stütze  und  das  Kind,  das  die  Arme  nach  r.  steru?.  554 f.:  Beschr. d.Glypt.220/2S,  227 ;  Einh. 
emporhebt;  darnach  sind  die  Angaben  von  Taf.  ^i.  Wolters,  Glypt.  Idi2,  S.  30.  221,  T.  31; 
Imiioof,  Gr.  Münzen  S.  23,  2  zu  n.  66  (T.  2,  8)  1921,  S.  26,  227.  Klein,  Prax.  S.  313,  56),  die 
zu  berichtigen  (vgl.  Head*  487).  Die  Identität  Statue  einer  Artemis-T.  oder  Isis-T  aus  pari- 
des  Typus  von  Relief  und  Münzen  hat  schon  schem  Marmor,  1812  aus  Pal.  Braschi  in  Rom 
Wolters  erkannt;  Furtwängler  aber  hat  ja  von  erworben  als  Torso,  dessen  Ergänzung  Thor- 
der  T.  von  Melos,  in  deren  auf  einem  Pfeiler  50  valdsen  besorgte:  Kopf,  Hände  und  Füllhorn 
aufgestützten  R.  er  den  Apfel  vermutete  (rb  in  der  L.  sind  ergänzt,  letzteres  richtig  nach 
ft^Xof,  das  Symbol  der  Insel  wie  die  Rose  das  besser  erhaltener  Replik.  ^Zugrunde  liegt  eine 
von  Rhodos),  ebendies  Motiv  des  auf  den  Komposition  praxitelischer  Art,  welche  die  ju- 
Pfeiler  aufgesetzten  Armes  mit  Apfel  in  der  gendliche  Artemis  darstellte;  diese  ist  im 
Hand  herangezogen  für  die  Ergänzung  der  Altertum  umgestaltet  worden  und  zwar  bald 
'Aphrodite  von  Melos',  im  besonderen  ihres  zu  einer  Isis,  bald  zu  einer  T.,  doch  ist  dabei 
erhobenen  1.  Armes,  und  die  Übertragung  eines  das  Köcherband,  das  allerdings  in  besonders 
Motivs  von  der  Stadtgöttin,  der  T.,  auf  die  reizvoller  Weise  in  die  Gewandfalten  auf  der 
Aphrodite  auch  begreiflich  machen  wollen  Brust  einschneidet,  gegen  seinen  eigentlichen 
durch  den  Hinweis  auf  die  nahe  ße/.iehung  60  Sinn  beibehalten  worden'  (Wolters).  Somit  eine 
der  T.  zur  Aphrodite,  'die  besonders  im  grie-  T  mit  der  Artemis  entlehnten  Zügen:  ein  spä- 
chischen  Osten  zur  hiillenistischen  Zeit  lebendig  teres  orphisches  Zeugais  (Orph.  H.  72),  das  T. 
war  und  die  zu  mancher  Vermischung  beider  mit  Artemis  identifi-iiert,  kann  auf  ältere  Vor- 
Anlaß gab'.  —  Im  Typus  der  Eirene  des  Ke-  stell  mg  zurückgehen  Ft*ri^*Ai^?er).  —  Auch  der 
phisodot,  somit  wohl  a  ich  der  T.  des  Xeno-  andere  populärste  Meister  der  Antike,  Ape  11  es, 
phon  (und  des  Kallistonikos;  für  Theben  (und  hat  T.  zum  Gegenstand  eines  seiner  Werke  ge- 
der  T.  von  Melos)  dürfte  des  weiteren  die  T.  macht:  sitzend  hat  er  sie  gemalt,  ein  Novum 
von  Athen  zu   erkennen   sein   auf   einer  der  offenbar,   das  er  spöttisch    damit  begründete, 


1361                         Tyche  Tyche                        1362 

daß  das  Glück  doch  nicht  feststehe,  Stob.  flor.  Beckei-  11,  98  f.  s.  Eutych.    Bei   Nennung   des 

105,60.  J^iörtn.  <7i7>/tr,  69  (4, 1(;69  7>'m/.e.  H,  041f.  Sikyoniers    Eutychides,    de»  LysipposschühM-s, 

Foerster).  Ovcrbeck,  S.Q.  lH(jS  f.  In  ÜJhereixiBtim-  bemerkt  Poit«.  6, '2,  7,    dieser   auch    habe  den 

niung  mit  Apelles  bat  auch  Eutychides  seine  Syrern  am  Orontes  ein  Bild  der  T.  geschaffen, 

T.  von  Antiocheia  sitzend  dargestellt;  doch,  da  das   bei    den    Einheimischen   iu   großen    Ehren 

bei  dieser  länger  zu  verweilen  ist,  sei  vorerst  stehe  (dazu  Hitzig- Blüninir  '2,  ö'iH).  Wnd  Plm. 

hingowiesen    auf   die    übrigen   von   Vausanins  34,51   der  Erzbildner  Eutychides  an  der  Spitze 

erwähnten  T.-Darstellungen  ,  zunächst  auf  die  einer   Keihe  veeiterer  Künstler  in   die  121.  Ol. 

T.  des  Üamophon  von  Messene,  ein  Marmor-  gesetzt   (=  296,93   v.  Chr.),    so    stimmt   dazu, 

bild,  Vaus.  4,  31, 10  zusammengenannt  mit  dem  lo  daß  er  eben  damals  die  T.  geschaffen  der  nach 

der  "Agr^uKs  (^wöcpogog  und    andern  im  Askle-  Kusebios  Ol.  115,4  (=  317)  unter  dem  Namen 

pioHtempel  zu  Messene,  das  wohl  neben  der  Antigoneia    gegründeten,    Ol.  119,  3  (==  302) 

Personilikatiou   der  Stadt  Theben   eine   solche  durch  Seleukos   unter   dem  Namen  Antiocheia 

von  Messene  war,    im   besondern    die  T.   von  erneuerten  Stadt.    Und  einer  Vergleichung  der 

Messene  meinte,  Brunn,  Künstler gei^ch.*  1,  202  beiden  Stellen  in  des  loh.  Malalas  Chronogrn- 

(288);   auf  des  Damophon  T.  geht  möglicher-  pjiia  8,  S.  201,  1  f.  u.  11,  S  276,  4if.  (ed.  Bonn.) 

weise   zurück   der   Kopf  mit  Mauerkrone   und  läßt  sich   entnehmen,   daß  das  Material  beim 

Schleier  im   Profil   n.  r.  auf  messenischen   K'-  Original   des   Eutychides  Bronze   war,   vergol- 

münzen  mit  Asklepiosstatue  auf  der  Vs.,   Im-  dete  Bronze  bei  einem   Sctfidgviia,  der  Kopie, 

Jionf  u.  Gardner  p.  60,  pl.P2.    Hitzig-Blümner  20  die  Kaiser  Trajan   im  Theater  der  Stadt  auf- 

2,  171,  T.  17,  18.  Bloß  aus  Pausanias  ist  uns  gestellt  habe,  bzw.  in  einem  zum  Theater  ge- 
Damophon  bekannt;  daß  aber  der  Pericget  hörigen  Nymphaion  oder  Tetrakionion  (vgl. 
seiner  mit  Vorliebe  und  Begeisterung  gedenkt,  z.  B.  die  Münzbilder  Brit.  Mus.  Cat.  ofGalatia, 
während  auffallenderweise  Plinius  über  ihn  Capparf.  anrf  Äyr/a  pl.  26, 4  f.  25,  12):  T.  sitzend' 
sich  ausschweigt,  findet  nach  Bobert  (bei  Pauly-  über  dem  Flußgott  Orontes,  bekränzt  von  den 
Wissowa  4,  2079,  2 ff.)  seine  Erklärung  darin,  Königen  Seleukos  und  Antiochos,  vgl.  Wolters, 
daß  Damophon  erst  ein  etwas  älterer  Zeit-  Arch.  Ztg.  42  (1884),  162.  Foerster  a.  a.  0.  146. 
genösse  des  Pausanias  gewesen,  tätig  in  der  Des  Eutychides  Bronzegruppe,  für  die  man  all- 
Zeit  Hadrians,  wogegen  man  gemeinhin  des  gemein  Kolossalgrüße  annimmt,  ist  übergegan- 
Damophon  Tätigkeit  zusammenfallen  läßt  mit  so  gen  auf  die  Münzen  von  Antiocheia  a.  0., 
dem  Aufschwung  Messenien.s  und  Arkadiens  vgl.  Head^  779,  F.  343.  Head-Svoronos  2,  371, 
zu  Beginn  des  2.  Jahrh.s  v.  Chr.,  zur  Zeit  des  T.  31, 11.  I.-B  ,  Gr.  Mz.  2:^2  f.,  768.  770,  T.  14, 
Achaiischen  Bundes,  Amelung  in  Thieme-BecJcers  1  f.  Br.  M.  Cat.  ofGalatia  etc.  T.  20, 10.  13.  24, 
Künsilerlex.  8,  332,  s.  Damophon.  Hingegen  11.  13.  25,1.  12.  26,  4f.  o.  Bd.  1,  Sp.  1493,  32ff. 
von  der  T.  im  Heraion  zu  Olympia  weiß  Patt-  etc.,  auch  auf  der  Rs.  einer  Silberprägung 
sanias  (5,  17,3)  den  Bildner  nicht  zu  nennen,  (Tetradrachme)  des  armenischen  Königs  Tigra- 
bloß  mitzuteilen,  daß  sie  wie  die  in  ihrer  Um-  nes  (83  66  v.  Chr.  Beherrscher  von  Syrien),  vgl. 
gebung  aufgestellten  Bildwerke  ihm  sehr  alt  J.- JB.,  iltfonw.  ^r.  437  f.,  122  f.  fi^eac^'*  772,  F.  342. 
zu  sein  schien,  ausgeführt  in  chryselephantiner  Kurt  Begling,  Die  ant.  Mz.*  S.  44.  In  der  Reihe 
Technik.  Zu  Korinth  wiederum  war  es  im  40  der  Repliken  stand  bis  vor  kurzem  obenan  die 
Tempel  der  T.  ein  ayccl^a  og&bv  Tlagiov  /iid'ov  c.  1780  zu  Rom  vor  Porta  S.  Giovanni  gefun- 
nach  Paus.  2,  2,  8  und  für  T. -Bilder  auf  K'-  dene  Marmorstatuette  in  der  Kandelabergalerie 
münzen  von  Korinth  vgl.  Imhoof  u.  Gardner  des  Vatikan,  Friederichs  -Wolters ,  Bausteine 
p.  20,  pl.  E  83/85.  Hitzig- Blümner  1,  495.  Für  504  f.,  1396.  Helbig^  S6'2.  Brunn-Br.  1Ö4..  Ame- 
Thespiai  endlich  ist  der  T.  Bild  neben  dem  lung,  Führer  d.  d.  Ant.  in  Florenz  Abb.  49  (268/ 
des  Dionysos  bezeugt  durch  Paws.  9,  26,  8  an  69).  Baumeister,  Denkm.{\)b\^,b>oO.  Collignon- 
lückenhafter  Stelle.  Baumgarten,  (xr.  PZos^.  2,  523  ff,  253.  Springer- 
Wenn    schon    des  Bupalos    T.    zu    Smyrna  Wolters^^  S.MI,  ^9.  Löwy,  Gr.  Plast*  T.  13b, 

wahrscheinlich    als    Stadtgöttin    gedacht    war  232  (S.  116).  Baumgarten-Poland-Wagner,  Hel- 

(^infolge   ihres   abstrakten  Wesens   erhält  ins-  50  lenist.-röm.  Kultur  S.SO,  4:b.  144,  72  (uns.  Abb.  1 

besondere    T.    allmählich    eine    Mittelstellung  u.  2).   Allein  gegenüber  der  vatikanischen  Sta- 

zwischen  einer  Schutzgöttin  und  einer  Personi-  tuette,  die  eine  etwas  spätere  Variante  darstel- 

fikation   der  Stadt   selbst',   Steuding  o.  Bd.  2,  len  dürfte,  eine  Um- oder  Weiterbildung  des  Ori- 

Sp  2092,  30ff.\  sicher  war  das  des  Eutychi-  ginals,  wie  sie  auch  auf  gewissen  Münzen,  in  einer 

des  so  erfolgreiches  Werk,  dessen  T.  von  An-  minderwertigen  Marmorreplik  im  Museo  Biscari 

tiocheia  a.  0.,  von  der  sich  anhand  von  Münz-  zu  Catania  {Petersen,  Böm.  Mitt.  12  [1897),  135, 

bildern  zahlreiche  Repliken  nachweisen  lassen  nr.  12)   und   in   einer  Silberstatuette   im  Brit. 

in  Form   von   Statuetten   in  Bronze   und  Mar-  Museum  {Gardner  a.  a.  0.  pl.  5,  4)  uns  entgegen- 

mor.  Vgl.  P.  Gardner,  J.  H.  S.  9  (1888),  75  ff.,  tritt,  gibt  offenbar  das  Urbild  getreuer  wieder 
pl.  5.  Bich.  Foerster,  Arch.  Jb.  12  (1897),  113  f.  60  die  Marmor  Statuette,  die  (0,47  m  hoch),  c.  1905 

145 ff.  {Replikenverz.  S.  148,  216).  Klein,  Gr.  K.  gleichfalls  zu  Rom  gefunden,   zunächst  in  die 

3,  40  ff.  Bobert  bei  Pauly -Wissowa  6,  1532  f.,  Sammlung  Arndt  in  München,  bald  darauf  ins 
39  ff.  s.  Eutychides.  TFaser  eM  2790, 15ff.  2807,  Museum  für  bild.  Künste  in  Budapest  über- 
48  ff  s.  Flußgötter.  He  Bidder,  Coli,  de  Clercq  gegangen  ist,  vgl.  Münchner  Jb.  d.  bild.  Künste 
3,  228  ff*.  P.Arndt,  Text  zu  Brunn-Br.  610,  wo  2(1907),  149.  Primn-Sr.  610  (mit  Text  von  1909). 
A.  1  die  Bephkenverzeichnisse  von  Foerster  und  Leider  fehlt  der  Kopf  (Kopf  und  Hals,  r.  Un- 
He  Bidder  berichtigt  und  ergänzt  sind,  Heibig,  terarm  und  r.  Fuß  waren  besonders  angestückt 
Führer^  1,232 f.,  362.    Amelung   bei   Thieme-  und   mit   Metallstiften   angesetzt,    ebenso   der 


1363 


Tyche 


Tyche 


1364 


1)  Tyche  von  Antiooheia  a.  O.,  MarmorsUtuette  (nach  der 

Bronzegruppe  det  Eutychidet)  im  Vatikan. 

Nach  Photographie. 

Orontes),  uud  ein  paar  noch  kleinere  Bronze- 
repliken treten  in  den  Riß,  uns  eine  Vorstel- 
lung zu  vermitteln  von  dem  fehlenden  Kopf, 
überhaupt  das  Bild  dieser  T.  von  Antiocheia 
zu  ergänzen,  namentlich  zwei  zu  Florenz,  Ame- 
lung  a.  a.  0.  nr.  261  f.  Milani,  II R.  Museo  arch. 
dt  Firenze  (1912)  p.  169,  t.  138.  Arndt  a.  a.  0. 
Fig.  1/3,  wo  außerdem  F.  4  das  Exemplar  der 
Sammlung  de  Clercq  zu  Paris  (auch  Bulle,  Der 
schöne  Mensch*  Sp.  376  flF.,  Abb.  100)  und  F.  5 
das  eine  der  beiden  Exemplare  in  der  Bibl. 
Nat.  zu  Paris  (nr.  607).  Das  Sitzmotiv  ist  hier 
wie  dort  dasselbe,  abweichend  die  Gewand- 
behandlung, hinsichtlich  des  Himations,  das 
komplizierter  und  feater  um  den  Oberkörper 
geschlagen  war,  als  das  vatikanische  Exemplar 
zeigt,  wie  auch  hinsichtlich  des  Chitons,  der 
aus  kreppartigem  Stoff  bestand,  dessen  Rippen 
einmal  auch  auf  einer  Münze  bei  aller  Klein- 
heit deutlich  wiedergegeben  sind.  Als  charak- 
teristisches Kennzeichen  kehrt  bei  sämtlichen 
vier  Kleinbronzen  der 
Faltenzug  vom  r.  Ell- 
bogen zum  1.  Oberschen- 
kel wieder,  der  in  der 
nämlichen  harten  Aus- 
führung auch  am  Pester 
Marmor  sich  findet,  wo- 
gegen an  der  vatikani- 
schen Statuette  die  Be- 
handlung dieser  Partien 
des  Obergewands  ab- 
v^  4„  rn-  ,^  m    u     weichend  ist,  und  über- 

KOnigs  Tigranes  mit  Tyche  , .  ,'.   ,        _% 

von  Antiocheia  (nach      einstimmend  ist  an  Bron- 

Gardner,  Type»  ofgreelc  coins    ^en  und  der  Pester  Sta- 

T.  15). '  tuette  auch  die  Anord- 


i)  Tetradrachme  des  armen. 


nung  und  Detailausführung  des  fein  gerippten 
Chitons.  Eutychides  hat  in  Berücksichtigung 
der  Lage  Antiochiens  in  der  Ebene  zwischen 
dem  Fluß  Orontes  und  dem  felsigen  Berg 
Silpios  die  über  die  Stadt  waltende  T.  auf 
einem  Fels  sitzend  dargestellt,  somit  wohl  als 
auf  dem  Silpios  thronend  gedacht,  und  zu 
ihren  Füßien  den  jugendlichen  Flußgott  Orontes, 
knabenhaft  gebildet  als  fröhlicher  Schwimmer 

10  mit  ausgebreiteten  Armen,  der  unter  der  T. 
aus  dem  Felsen  auftaucht  und  vom  Druck  ihres 
r.  Fußes  auf  seine  r.  Schulter  gebändigt  er- 
scheint, gleichwie  der  Fluß  nach  längerem 
unterirdischen  Lauf  nahe  dem  die  Stadt  über- 
ragenden Hügel  aufs  neue  an  die  Oberfläche 
tritt  und  bei  dem  Ungestüm  seiner  Fluten,  bei 
seiner  Neigung  zu  Überschwemmung  gar  sehr 
eines  Dämpfers  bedarf.  In  ebenso  behaglicher 
wie  lässiger  Haltung,  die  'nicht  übel  das  Ge- 

so  bundensein  an  den  Ort,  das  breite,  feste  Haf- 
ten an  der  Stelle  ausspricht'  {Bulle),  thront 
die  Göttin,  das  r.  Bein  über  das  1.  geschlagen, 
in  dem  Motiv  der  Ruhe,  das  in  der  antiken  Kunst 
nicht  selten  das  der  ewigen  Ruhe  ist  (nicht 
bloß  beim  Genius  des  Todes,  o.  Bd.  6,  Sp.  622, 
52  ff.,  sondern  beispielsweise  auch  bei  den  gleich- 
falls sitzenden  'trauernden  Mägden',  Brunn- 
Br.  534,  oder  im  Grabrelief  vom  llissos,  Br. 
469,  oder  bei  tot  hingestreckten  Gestalten  wie 

so  dem  im  Tode  ausgestreckten  Niobeknaben,  er- 
halten in  den  drei  Exemplaren  zu  Florenz, 
München,  Br.  314,  und  Dresden).  Den  r.  Ell- 
bogen läßt  die  Göttin  aufruhen  auf  dem  r. 
Oberschenkel  (der  r.  Unterarm  ist  bei  allen 
Wiederholungen  und  auf  den  Münzen  gesenkt 
und  über  den  Oberschenkel  gelegt,  die  Ergän- 
zung der  vatikanischen  Statuette  somit  irrig), 
wogegen  die  L.  hinterwärts  auf  dem  Felsen 
aufgestützt  ist;  in  der  R.  hält  sie  ein  Büschel 

40  Ähren  (und  Trauben)  als  Hinweis  auf  die  Frucht- 
barkeit des  Orontestales  (so  nach  dem  Zeugnis 
der  Bronzen,  das  den  Vorzug  verdient  vor  dem 
der  Münzen,  wo  gelegentlich  auch  ein  Palm- 
zweig erscheint).  Der  Kopf  zeigt  die  sog.  Me- 
lonenfrisur, darüber  die  Turm-  oder  Mauer- 
krone, die  im  besonderen  die  Stadtgöttin  kenn- 
zeichnet (s.  u.),  endlich  den  Hinterkopf  vom 
Himation  bedeckt.  Mit  Wohlgefallen  scheinen 
der  Göttin  Blicke  über  die  fruchtbaren  Gefilde 

50  zu  schweifen,  wo  die  Ernte  reift.  —  Zahlreiche 
ähnlich  an  Flüssen  oder  in  der  Nähe  von  Flüs- 
sen gelegene  Städte  haben,  wie  man  aus  Mün- 
zen ersieht,  diesen  Typus  der  Stadtgöttin  nach- 
geahmt oder  einfach  den  Münztypus  übernom- 
men ;  jedenfalls  kommen  für  dasselbe  Münzbild 
noch  folgende  Prägeorte  in  Betracht:  Laodi- 
keia  in  Syrien,  Head-Svoronos  2,  376,  Damaskos 
in  Koilesyrien  (mit  Fluß  Chrysorrhoas),  H.-Sv. 
2,  379  f. ;  in  Kommagene  Samosata  (mit  Euphrat;, 

60  H.-Sv.  2,365;  in  Mesopotamien  Nisibis,  Seleu- 
keia  (Tigris)  und^  Singara  (Mygdonios),  H.-Sv. 
2,  422  f. ;  in  Assyrien  Atusa  (Kapros),  H.-Sv.  2, 
423;  ganz  besonders  kilikische  Städte  wie  Mal- 
los (mit  Verdoppelung  des  Flußgottes,  weil  der 
Pyramos  bei  Mallos  in  zwei  Arme  sich  teilt), 
Soloi  Pompeiopolis  und  Tarsos  (Kydnos),  I.-B., 
Coin-types  of  some  Küikian  cities,  J.  H.  S.  18 
(1898),  163,  6a.    166,  15  (pl.  12,  14).    179 f.,  54 


1365                        Tyche  Tyche                        1366- 

{pl.  13, 21),  für  Mallos  8.  auch  LB.,  Zur  Gr.  gegen   Jerichos    Untergang  eindrucksvoll    ver- 

u.  Uöm.  Münzk.  213,  für  Tarsos  auch  H.-So.  anschaulicht  wird  durch  das  nun  (weil  die  Stadt 

2,312.    Z.-ß.,  G>.  3/^.  lüOf.,  582/86  (hier  T.  auf  zerstört)    klagend    am    Boden    sitzende  Weib, 

Sessel   mit   Löweufuß   sitzend),    ferner  Adana  das  sein  Füllhorn  weggelegt (CrmrMCci  t.  160, 2. 

(Saros),   H.-Sv.  2,  282,   Anazarbos,   Hieropolia  Schnitze  a.  a.  0).    Vgl.    Waser,   Votn   Flußgott 

Kastabala    und    Mopsuestia   (Pyramos),    I.-Ji.,  Jordan    und    andern  Personißkationen ,   ^Fest- 

Monn.gr.  350, 14.  3(32,41;  Kleinas.  Jf^r.  432,3f.  gahe  f.  Ad.  KaegV  (1919)  S.  214  f. 

448,4,  ferner  Augusta,  7.- ß.,  Ä'Zemos.  3/^!.  483,  Wie   zu  Antiochien,   so   stand  die  T.,   und 

3,  T.  16,  27,  und  Flaviopolis,  H.-Sv.  2,313,  fer-  zwar  augenscheinlich   in  noch  höherem  Grad, 

ner    Diokaisareia,    Eirenopolis    und   Seleukeia  lo  zu  Alexandreia  in  Ägypten  in  großen  Ehren, 

(Kalykadnos) ,    I.-B.,  Kleinas.    Mz.   484  f.,  14  was  hervorgeht  einmal  aus  der  Bedeutung  ihres 

(T.  20,24).  15;   Zur  Gr.  u.  Rom.  Münzk.  206.  Tempels,  des  Tvxcciov,  das  von  Libanios  fx^p. 

H.-Sü.  2,286;    in  Kappadokien  Kaisareia  (Me-  25  {4:,lll3f.  Rei.ske.  8,529/31  Foerster  ==  Rhet. 

las?),  I.-B.,  Monn.  gr.  417,  182,   und   Tyana,  Gr.  ed.  Walz  1,408 f.)   beschrieben,   auch   von 

If.-Äy.  2,  338 ;  in  Lykaonien  Barata,  I.-B.,  Klein-  Theophylakios  Simokattes  8,  13,  10  ed.  Carl  de 

as.  Mz.  416,1.    H.-Sv.  2,277;  in  Pisidien  An-  Boor  (z^Qoe  ä'  ovrog  rfis  kXs^avSQBicc?   iniar]- 

tiocheia  (Anthios),  I.-B.,  Kleinas.  Mz.  362,  27,  ^log)  erwähnt  wird  (dazu  Puchstein  bei  Pauly- 

T.  12^23;   in   Pamphylien  Aspendos  (Euryme-  Wissoiva  1,1383,  42  flF.  s.  Alexandreia),  sodann 

don?),  ilf  iowwe^  3, 447, 8,  Perge  (Kestros  ?),  I.-B.,  aus  der  Häufigkeit  ihres  Vorkommens  auf  den 

Kleinas.  Mz.  332,31,  und  Side  (Melas),  H.-Sv.  20  Münzen  dieser  Stadt,  die  ja  eine  der  wichtig- 

2,263;    vgl.  auch   die   K'münze   von   Side  mit  sten  Münzstätten    des  römischen   Reiches  ge- 

Commodus,  auf  deren  Rs.  gleichfalls  eine  Ko-  wesen,   vgl.  R.  St.  Poole,   Cat.  of  the  coins  of 

pie  der  T.  des  Eutychides,  aber,  da  die  Stadt  Alex.  etc.    in  the  Brit.  Mus.  (1892),  insbeson- 

nicht  eigentlich  am  Melas  lag,  statt  des  Fluß-  dere    Introd.   p.  LVf.   XC.   Ind.  p.  384.  pl.  1.1. 

gottes   eine  Schiffsprora  als   Symbol  der  See-  Dargestellt   ist   da    die  T.  bald    stehend   oder 

Stadt,   I.-B.,  Ztschr.  f.  Num.  3  (1876),  331,8;  sitzend,  bald  auch  (was  eine  Besonderheit  der 

Kleinas.  Mz.  338,18,  T.  11,23;  ferner  Aphro-  alexandrinischen  Prägung)  gelagert  auf  einer 

disias  in  Karien  (Morsynos  oder  Timeles),  I.-B.,  Kline,   femer  mit  Steuerruder  in  der  R.  und, 

Zur  Gr.  u.  Rom.  Münzk.  82, 1 ,  Ankyra  in  Ga-  abgesehen  von  den  Fällen,  wo  sie  gelagert  er- 

lation,  Mionnet  4,378,22,  Nikaia  in  Bithynien,  30  scheint,   mit  Füllhorn   im  1.  Arm,  gewöhnlich 

Mionnet  2,  460,  275,  Hadrianopolis  in  Thrakien  mit  Modius  auf  dem  Haupt,  seltener  mit  dem 

(Tonzos  oder  Hebros),  Jf/onwei  1,386, 142;  Suppl.  Kopfschmuck  der  Isis.   Die  T.  von  Alexandreia 

2, 332, 799  usw.  —  Welcher  Beliebtheit  des  Euty-  mit  Modius,  auf  einer  Kline  gelagert  nach  1., 

chides   Schöpfung  sich  erfreute,  wie  sehr  sie  mit  der  R.  das  Steuerruder  quer  über  den  Leib 

die  Vorstellung  von  der  Tvxri  tfjg  TtoXsag  be-  haltend,  mit  der  L.  den  Kopf  stützend,   zeigt 

stimmt  hat,    beweist  indes  nicht  bloß  das  so  auch  ein  rundes  Silberrelief,  das  aus  Ägypten 

häufige  Wiederkehren   der  Figur  auf  Münzen  nach  Schloß  Goluchov  gelangt  ist,  W.  Fröhner, 

hellenistischer    und  römischer  Zeit,   das  zeigt  Coli.  Goluchov  pl.  6,  24=.  Reinach,  Rep.  de  rel.  2, 

auch  ihre  Auswirkung  noch  in  frühchristlicher  126,2   (gleichfalls   noch   gelagert   die  T.  von 

Kunst,  beispielsweise  die  Josuarolle  in  der  Va-  40  Aphrodisias,   Karien,    auf   einem    aus    den 

tikansbibliothek,  vgl.  Raff'.  Garrucci,  Storia  delV  Thermen  der  Stadt  stammenden  Relief  zu  Kon- 

arte  crist.  3,  157/67,   ferner   in   den  "Codices  e  stantinopel,  C.-R.  de  VAcad.  des  Inscr.  1904, 

Vat.  selecti^  {A.  MuTioz)   II  rotulo   di   Giosue,  pl.  4.  Reinach  a>.  a,  0 .  1,1,3).    Einmal,  auf  ale- 

cod.  vat.- pal.  gr.  4:31  (Milano  1904):   unter  den  xandrinischer  K'münze  mit  Domitian,  ist  der 

nicht  weniger  als  14  Personifikationen  sind  da  stehenden  T.  mit  Modius,  Steuerruder  und  FüU- 

ihrer  sechs  Stadtgöttinnen  festzustellen ,  zwei-  hörn  TVXH  C€BACT(oü)  beigeschrieben,  Br.  M. 

mal  die  Personifikation  der  Stadt  Jericho  (7t6-  Cat.  of  Alex.  37  (pl.  11),  297.    Head^  862.    Ge- 

Xtg'lsQLxä)),  Garruccit.  169,2  {=  Wickhoff,  Wie-  legentlich  auch,   auf  K'münzen  mit  Antoninus 

ner  Genesis  T.  C,  *"die  erste  getreue  Reproduk-  Pius,    erscheint    T.   innerhalb    ihres    Tempels, 

tion  in  Originalgröße',   und  Oskar  Wulff,  Alt-  50  des  Tychaion,   angedeutet  durch  zwei  Säulen 

Christi.  Kunst,m  Bürgern  Handh.^.219,2&h)viT\di  l.  und  r.,   die  einen  Giebel  tragen  mit  Diskos 

t.  160,2  (=  Victor  Schnitze,  Arch.  d.  altchristl.  im  Feld:   in   dieser  Aedicula  T.  nach  1.  gela- 

JS^?*nsi  S.  192,  59)  gar  dreimal  die  der  Stadt  A'i  gert   auf  einer    Kline,   an   deren    zugekehrter 

{tc.  rat),  Garrucci  1. 160,  2  (=  Schultze  a.  a.  0.).  Langseite  drei  Girlanden  niederhangen,  in  Chi- 

161,2.  163,2,  und  einmal  die  der  Stadt  Gibeon  ton  und  Peplos,  mit  Modius,  mit  der  R.  das 

(tt.  Fa/Saai»'),  (ran•wcc^  1. 165, 2,  stets  eine  sitzende  Steuerruder  haltend  quer  über  den  Leib,  mit 

Frauengestalt  mit  der  Mauerkrone  (wozu  in  der  der  L.  den  Kopf  stützend,  Br.  M.  Cat.  of  Alex. 

Hälfte   der  Fälle  noch  der  Nimbus  kommt!),  143,  1198 f.,  pl.  28, 1198.  Gleichfalls  auf  K'mün- 

gewöhnlich  mit  Füllhorn  als  Attribut,  mit  dem  zen  mit  Antoninus  Pius   diese  T.  stehend  mit 

gewichtigen  Zepter  die  Stadtgöttin  von  Gibeon;  60  Kopf  nach  1.,  mit  Kornähren  in  der  erhobenen 

so  recht  eigentlich  aber  wiederholt  den  Typus  R. ,    mit    der   L.    das    Steuerruder    schulternd, 

der  T.  von  Antiocheia  die  Stadtgöttin,  die  vor  zwischen  zwei  Schifi'sschnäbeln,  unter  denen  zu 

der   Stadt  Jericho   sitzt,    das  1.  Bein  übers  r.  der  T.  Füßen  zwei  kleinere  Gestalten,  1.  eine 

geschlagen,    eine    Schale   neben    sich  auf  der  weibliche  am  Boden  sitzend,   r.  der  Flußgott 

Steinbank,  in  der  Illustration  von  Jo5.  5, 13/15,  Neilos,  nach  l.  gelagert,  mit  Lotos  bekränzt, 

da  dem  Josua  ein  Engel  erscheint  vor  Jericho,  mit  Ruder  in  der  R.,  a.  a.  0.  139,  1173  f.,  pl.  24, 

laut  Beisehrift  der  Erzengel  Michael  {Garrucci  1173.    In  anderen  Fällen  hält  die  T.  (bzw.  die 

t.  159,2.  Wickhoff  a.  a.  0.   Wulff  sl.  a.  0.),  wo-  personifizierte  Alexandreia)   auf  ihrem  ausge- 


1367 


Tyche 


Tyche 


13G8 


8)  H«lleni8titches  Belief  bild  mit  „Alexandreia"  zu  Rom  im  Casino  Boncompagni-LudoTiai  (nach  Th.  Schreiber, 

Hellenitt.  Relief  b.  T.  87). 


streckten  1.  Arm  eine  Statuette  der  Isis  (der 
Isis  Pharia  mit  Sitnla  und  Zepter),  so  stehend 
von  vorn,  den  mit  Turmkrone  geschmückten 
Kopf  nach  r  gewendet,  mit  der  Ü.  das  Steuer- 
ruder bei  Fuß  haltend,  auf  Billon-  und  K'mün- 
zen  mit  Antoninus  Pius  und  auf  Billonmünzen 
mit  M.  Aurel,  a.  a.  0.  116  (pl.  24),  1000.  139, 
117*2.  148, 1232.  Und  direkt  der  Isis  assimiliert 
erscheint  T.,  indem  ihr  statt  des  Jftodius  der 
Kopfschmuck  der  Isis  verliehen  ist,  «o  auf  K'- 
münzen  mit  Hadrian  und  Antoninus  Pius,  a.  a  0. 
86  (pl.  11),  742.  126,  1076  (wozu  vgl.  die  Bronze- 


4)   Silbenchale   mit    Brustbild  der   StadtgOttin  „Alexan- 
dreia", aoB  Boscoreale  im  Louvre  (nach  Mon.  Piot  V  T.  1). 


Statuette  aus  Herculaneum,  Miiseo  Borh.  3,  26. 
Müller -Wieseler,  Denkm.  2,  925.  Baumeister, 
Benkm.  1,671,606.  Beinach,  Stat  1,609,7;  o. 
Bd.  1,  Sp.  1630);  sodann  äußert  sich  die  An- 
näherung auch  darin,  daß  der  Knoten,  in  den  der 
T.  Peplos  über  der  Brust  geschlungen  ist  (z.  B. 
a.  a.  0.  210,  1636/42,  pl.  11,  1642),  unter  Philip- 
pus  I.  deutlich   zum   Isisknoten  geworden  ist, 

40  z.  B.  a.  a.  0  255,  1972/78,  pl.  11, 1974.  Eine  be- 
sondere Isityche  hat  sich  gebildet,  CIL  14, 
2867,  vgl.  Ann.  d.  I.  1865,  85.  Gruppe,  Gr. 
Myih.  1095,  1.  o.  Bd.  1,  Sp.  1533,  7  tt.  1.43  f., 
63  flF.  Bd.  2,  Sp  546, 20 ff.;  reiches  Belegmaterial 
für  diese  Verschmelzung  von  T.  und  Fortuna 
mit  Isis  0.  Bd.  1,  Sp.  1630/33.  1549  65.  Bd.  2, 
Sp.  646  f.  Auf  dem  Boden  Alexandriens  gibt 
sich  diese  Verschmelzung  lediglich  als  die  Ver- 
einigung   zweier  Arten    der    Stadtdarstellung, 

50  und  diesen  gesellt  sich  als  dritte  die  ^\le^an- 
dreia'  selbst,  die  eigentliche  Personifikation 
der  Ptolemaierresidenz,  wie  sie  nicht  allein  auf 
Münzen  uns  entgegentritt  (vgl.  besonders  a.  a.  0. 
pl.  24),  sondern  ebenso  in  einem  'hellenistischen 
Belief  bild'  zu  Rom  im  Casino  Boncompagni- 
Ludovisi,  bei  Schreiber,  Hellenist.  Belief  b.  T.  87. 
Waser,  Neue  Jahrb.  1906  (Bd.  16),  121,  T.  2,  1 
(uns.  Abb.  3),  und  als  vergoldete  Büste  das 
Emblem   bildet  der  silbernen  Prunkschale  in 

60  dem  1896  zu  Boscoreale  bei  Pompei  gemachten 
Silberiund,  jetzt  im  Louvre,  Heion  de  Villefosse, 
Mon.  PiotY,  pl  1.  Beinach.,  Bep.  d.  rel.  1,  84,  1. 
Baum  garten  etc.,  Hellenist. -röm.  Kultur  S.  167, 
92  (uns.  Abb   4). 

Ihre  Rolle  spielte  die  T.  auch  in  der  neuen 
Resi(jlenz  Constantins  d.  Gr.,  und  der  'T.  von 
Konstantin  opel'  hat  Jof^ef  Strzygowski  eine 
besondere  Studie  gewidmet  in  der   ^ Analecta 


1369                       Tyche  Tjche                        1370 

Graeciensia^  betitelten  Fistschrift  zur  42.  Fht-  der  römischen  Kaiserzeit,   und   bei   der  unge- 

lolof/envers.  in  Wien  (Graz  1893)  S.  141/63;  eines  heuern  Menjj;e  antiker  Städte,   auf  deren  äpä- 

Tychaion  zu  Konstantinopel  gedenkt  Hesychios  teren   Münzen   die  T.  erscheint,    kann   es   sich 

Jllusfrios  aus  Milet,    Orig.  Const.  4,  15  {FHG  im  folgenden  bloß  noch  um  Keimzeichnung  der 

4,149,5.   Thcüd.  Freger,  Script.  orig.Cpolitanar.  verschiedenen   Münztypen    und    Heraushebung 

p.  6);  vgl.  auch  Hocratis  Schal,  bist,  eccles.  3,11,3  der  interesHanteren  bandeln,  wogegen  für  alles 

(1,417  ed.  Hob.  Husscy)  und  Sozomcnihist.  eccles.  übrige  verwiesen  werden  muß  auf  die  Register 

6,4,8  (2,447  Jlusscy)^  dazu  Frust  r.  Lasaulx,  in    Münzpublikationen     wie     Imhoof  -  lHumers 

Unterg.  d.  IlelUn Ismus  tS.  46.   Welcher,  Gr.  Gut-  ilfon/j.^r.  (p.  490»;  Crr.  iV/^.  (S.  291);  Lyd.Sladtm. 

terl.  2,809  usf.    Constantin    hat   330    die  Sta»lt  lo  (S.  203.  211);    Kleifias.  Mz.  (S.  öGO   675);    Zur 

nach  antikem  lirauch  der  T.  geweiht  und  ihr  Gr.  u.  Rom.  Mihizk.  (S.  320f.),  in  den  betrelfen- 

neben   dem   politischen   Namen  Kcovaravrivov-  den   Bänden   des   Münzkatalog.s   des  Brit.  Mu- 

rcoXig  oder  Nta  'Fuifir]   den   priesterlichen   Ge-  seums  usf   Im  allgemeinen  sind  es  stets  wieder- 

heiiiinamen  (oi'0|[ia  ttpaTfx6i')!4v'9'oi;()a  verliehen,  kehrend  dieselben  'Jypen:   T.  in  ganzer  Figur 

analog  der  Bezeichnung  Alt-Roms,  de^8en  prie-  stehend  oder  sitzend  (liegend,  d.  h.  auf  Kline 

sterlicher  Name  ^Flora'  gewesen  sei,  vgl.  zumal  gelagert,    bloß  auf  alexandrinischen    Münzen, 

lo.  Lydus  de  mens.  4:,'2b.  50  f.,  p.  156,  7  f.  85,  l-^tf.  s   o.),   mit  Kalathcs  oder  Turmkrone  auf  dem 

86,  12f,  Bkk.   J.  Burckhardt,  Die  Zeit  Const.  d.  Haupt,  gewölnlich  mit  Steuerruder  und  Füll- 

Gr.'  414.   Strzygouski  a.  a.  0.  143.  Wissouahei  hörn  als  Attributen  der  Hände,  oder  nur  Büste 

Fauly-Wissoua  1,  2393,  8 ff.    Oberhummer  ebd.  20  oder   Kopf  der  T.  im  Profil,  geschmückt  mit 

4,  964,  53  tf.,  wogegen  }\issowa  a.  a.  0.  6,  2749,  Mauerkrone  und   Schleier.    Vereinzelt  ist  das 

38 tf.  8.  Flora   die  Ansicht  vertritt,    mit  dieser  Vorkommen    der  T.  in   halber   Figur  nach   1., 

späten  Tradition  sei  nichts  Rechtes  anzufangen;  mit  Turmkrone,  die  R.  am  Zepter,  im  1.  Arm 

ühlehnend  auch  V.  Schultze,  KonstaritinopelS.  Sy  das   Füllhorn,    so    auf  K'münzen   phrygischer. 

8.    Mit  der  Weihe  der  Stadt  steht  wohl  in  di-  Städte,  von  Bruzos  (aus  der  Zeit  des  Sept..  Se- 

rektem  Zusammenhang  die  Frauengestalt,  die  verus  oder  des  Caracalla),  I.-JB.,  Monn.  «^rr.  394, 
auf  einer  Gruppe  von  Silbermedaillons  mit  Kopf      66,  und  von  Sebaste,  J.-B.,  Zur  Gr.  u.  Hörn. 

Constantins  d.  Gr.  erscheint,  vgl. /i^;iec//äwder,  Miinzk.  lQbf.,d,   sowie  auch  auf  solchen  von 

Ztsehr.f.Num.  3  (1876),  125/28.    Strzygowski  a.  Herakleia  Salbake  in  Karien,   Br.  M.  Cat.  of 

a.  0.  145  flf.    Schultze  a.  a.  0.    Begling,  Die  ant.  so  Caria  118, 14,  T.  20,  2.  T.  thronend  nach  l,  das 

Mz.^  S.  120:  eine  in  langen  Chiton  und  Mantel  Steuerruder   aufstützend    auf  eine   Büste,    auf 

gekleidete  weibliche  Gestalt  mit  Mauerkrone  Münzen  von  Amisos  (Pontos),  K'münze  mit  Ca- 

sitzt  nach  r.  auf  einem   mit  Edelsteinen    ge-  racalla  und  Silbermünze  mit  Hadrian,   I.-B., 

schmückten  Thron,  im  1.  Arm  ein  mit  Früchten  Monn.  gr.  226  f..  3  f.  Wie  gelegentlich  (vgl.  Br. 

gefülltes  Hörn,  auf  das  die  zur  Taille  erhobene  M.  Cat.  of  Alex.  143,  pl.  28,  1198)  die  T.  von 

R.  hinzuweisen   scheint;    die   Füße  ruhen   auf  Alexandreia,   so  erscheint  auch  die  T.  pisidi- 

einem    aus    dem    Boden    aufragenden    Schiffs-  öcher  Städte  auf  deren  Münzen  in  der  Aedi- 

vorderteil,  just  wie   lo.  Zonaras  14,4  (3.  263  cula,  so  auf  K'münzen  von  Timbrias  mit  Cara- 

Dind.)  von   einem   Erzbild   der    T.  rfy?  Ttdilfcos  calla  (T.  mit  Kalathos,  Steuerruder  und  Füll- 

zu  Konstantinopel  aussagt,  daß  es  gegeben  war  40  hörn  zwischen  den  zwei  Säulen  einer  Tempel- 

iv    HÖki   yvvccixos   ^ccrtgov   xüv    tioömv   ivtbg  front  nach  1.  stehend),  I.-B.,  Zur  Gr.  u.  Rom. 

vriog  ixovßris  '^Qo   avxfjg   IffTtoGr]?.    Für   diesen  ilfitw0^\  S.  198,  2,  auf  solchen  von  Baris  mit  Ho- 

Typus  aber  der  sitzenden  T.,  die  den  Fuß  auf  stilian,  l.-B.,  Monn.  gr.  336,  71,  und  wiederum 

eine  Schiffsprora  setzt,  sei  erinnert  an  K'mün-  auf  solchen   von   Sagalassos    mit  Claudius  IL; 

zen  von  Side  in  Pamphylien  mit  Commodus,  doch  ist  es  hier  eine  Tempelfront  mit  vier  Säu- 

I.-B.,  Ztschr.  f.  Num.  3,331,8;   Kleinns.  Mz.  len  und  einem  Giebeldach,  das  mit  Ziegeln  be- 

338,18,  T.  11,23:   auch  hier  liegt  eine  Ablei-  deckt  und   bekrönt  ist  von  einem  Globus  mit 

tung  aus  der  T.  von  Antiocheia  vor,  wobei,  da  Mondsichel  darüber;   die   beiden  dies   Giebel- 

Side  nicht  an  einem  Fluß  gelegen,   der  Fluß-  dach  flankierenden  nackten  Jünglinge  mit  spitzer 

gott   ersetzt    ist    durch    die   Schiffsprora,    das  50  Mütze   (die  R.  vorgestreckt,  die  L.  am  Speer) 

Symbol  der  Seestadt.  Und  hingewiesen  sei  noch  dürften  (auf  Grund   ihrer  Kopfbedeckung  und 

auf  Zosimihist.  nova  2,  31,  p.  89,  2;  wo  berichtet  der  Mondsichel  über  dem  Giebel)  als  die  Dios- 

wird,  Constantin  habe  am  Ende  einer  der  vier  kuren   anzusprechen   sein ,  vgl.  Br.  M.  Cat.  of 

den  größten  Platz  von  By/anz  umschließenden  Lykia  etc.  251,55,  pl.  38,15.    I^utn.  Ztschr.  32 

Arkaden   zwei  Tempel  erbaut  und   darin  Sta-  (1900),  166  (T.  9),  31.    I.-B.,   Zur  Gr.  u.  Rum. 

tuen  aufgestellt,  im  einen  die  der  Göttermutter  Münzk.  194 f.,  10,  T.  7,  17.    Ähnlich  T.  nach  1. 

Rhea,  im  andern  die  der  T.,  vgl.  Strzygowski  sitzend  im  Durchgang  eines  Stadttors  mit  drei 

a.a.O.  146.  150.    J.Miller  bei  Pauly-Wissoiva  bezinnten  Türmen,  unter  deren  naittlerem,  mit 

3,  1147,  3  ff.    Für  weitere  T.-Bilder  in  Konstan-  Kalathos,    Füllhorn   im  1.  Arm,   Ähren   in   der 

tinopel  vgl.  Burckhardt  a.  a.  0.  359.  416.  421.  60  vorgestreckten   R.   und    zu    ihren   Füßen    eine 

Strzygoivski  144  ff.    Index  b.  Preger,  Scr.  orig.  Schlange  (?),  T.  auf  K'münzen  von  Isaura,  Kili- 

Cpolitanar.  p.  355  f.  kien,  mit  Sept.  Severus  (vgl.  Strah.  12,  p.  568,  der 

Auf  älteren  Münzen  kommt  T.  sozusagen  Neu-lsaura  svegw],  die  ''wohlbefestigte',  nennt), 

nicht  vor  (abgesehen  etwa  von   der   K'münze  Br.  M.    Cat.  of  Lycaonia  etc.  T.  40,  2.    I.-B., 

von  Argos  aus  dem  3.  Jahrb.  v.  Chr.  mit  stehen-  Kleinas.  Mz.  449,  2,  T.  17, 12.  —  Die  Beischrift 

der  T.,  die  in  der  vorgestreckten  R.  eine  Schale,  Tvxri  icöXscog  ist  nachweisbar  auf  Münzen  von 

im  1.  Arm  das  Füllhorn  hält,  Imhoof  u.  Gard-  Germe  a.  Kaikos,   Mionnet  2,  553,  253.    I.-B., 

ner  p.  37,  pl.  K  29),  um  so  häufiger  auf  Münzen  Lyd.  Stadtm.  68.  Head^  651,  und  von  Attaia  in 


1371                        Tyche  Tyche                        1372 

Myaien  (K'münzen  aus  der  Zeit  des  M.  Aurel  münze  von  Kyzikos  mit  Gallienus  die  nach  1. 
und  des  Commodus,  auf  deren  Vs.  das  Brust-  stehende  pantheistische  Göttin,  geflügelt,  be- 
bild  der  T.  mit  Kalathos  und  Gewand  nach  r.),  helmt,  die  R.  auf  ein  Steuerruder  stützend,  zu 
Mionnet  4.  239,  273.  Suppl  7,  516,  174.  l.-B.,  Füßen  hinter  ihr  ein  Rad,  Mionnet  2,  ö34, 140. 
Kleinas.  Mz.  16 1,2 f.  flcad"  522,  was  etwa  als  J.-B.,  Monn.  gr.  244,85.  —  Wie  die  T.  von 
Hinweis  auf  die  Nachbarschaft  der  Städte  At-  Alexandreia  etwa  auf  dem  ausgestreckten  1. 
taia  und  Germe  a.  Kaikos  aufgefaßt  werden  Arm  eine  Statuette  der  Isis  Pharia  trägt,  treffen 
kann.  —  Femer  auf  K'münzen  von  Midaeion,  wir  nicht  selten  die  T.  (stets  an  Kalathos  oder 
Phrygien,  mit  Geta  T.  stehend  nach  1.  mit  Ka-  Turmkrone  kenntlich)  stehend  oder  sitzend  mit 
lathos,  Steuernider  und  Füllhorn  oder  mit  lO  Kultbild  auf  Hand  oder  Arm.  Gleichfalls  die 
Turmkrone  auf  einem  Felsen  sitzend  nach  1.,  vorgehaltene  L.  ist  es,  auf  der  T.,  stehend  nach 
in  der  R.  über  einem  Altar  (?)  Ähren  haltend,  r.,  das  Götterbild  trügt,  und  zwar  die  Herme 
die  L.  auf  den  Sitz  gestemmt,  1.  und  r.  je  ein  des  bitrtigen  Dionysos,  wogegen  sie  mit  der  R. 
geflügelter  Eros  von  vom,  mit  beiden  Händen  das  Gewand  faßt,  bei  K'münzen  von  Mytilene 
eine  gegen  die  Göttin  gerichtete  Fackel  hal-  auf  Lesbos  mit  Brustbild  der  Domitia,  I.-B., 
tend,  dazu  die  Beischrift  Tvxti  Midaiav,  LB.,  Gr.  Mz.  110,  253,  T.  8,  18.  Ähnlich  erscheint  die 
Kleinas.  Mz.  279 ,  4  f.  (zu  dieser  T.  zwischen  Stadtgöttin  von  Mytilene  stehend  nach  1.  mit 
Eroten  vgl.  die  T.  mit  Eros  auf  K'münze  von  Dionysosherme  im  1.  Arm,  wie  sie  mit  ihrer  R. 
Aigeira,  Imhoof  u.  Gardner  p.  91,  pl.  S.  8  f.  dem  vor  ihr  stehenden  Kultbild  der  Artemis 
Hitzig '  Blümner,  Paus.  2,  842  z.  Münzt.  5,  3);  »o  oder  Hekate  eine  Schale  hinstreckt,  auf  K'münze 
ferner  die  T.  TaQOov  JVf7jT[po7rd>lfaig]  nach  1.  von  Mytilene  und  Pergamon  mit  Commodus, 
sitzend  mit  Turmkrone,  Ähren  in  der  R.,  die  I.-B.,  Zur  Gr.  u.  Rum.  Münzk.  60 f.,  T.  4,  13. 
L.  am  Felsensitz,  darunter  der  nach  1.  schwim-  Sonst  handelt  es  sich  regelmäßig  um  die  R. 
mende  Kydnos,  auf  Billonmünzen  von  Tarsos  bzw.  den  r.  Arm  als  Träger  des  Kultbildes. 
(Kilikien)  mit  Macrinus,  I.-B.,  Kleinod.  Mz.  So  schon  auf  K'münze  von  Aphrodisias  in  Ka- 
493,  2.  Femer  auf  K'münze  von  Ephesos  mit  rien  mit  den  einander  zugekehrten  Brustbildern 
Macrinus  die  ^Pafialav  Nsixti  (eine  geflügelte  des  Nero  und  der  Agrippina  die  Stadtgöttin 
Nike  mit  nacktem  Oberkörper  nach  r.  stehend,  nach  1.  sitzend ,  im  1.  Arm  schräg  das  Zepter, 
den  l.  Fuß  auf  Kugel,  mit  der  R.  auf  einen  auf  der  vorgestreckten  R.  das  Kultbild  der 
runden  Schild  schreibend,  der  an  einer  Palme  so  Aphrodite  nach  r.,  I.-B.,  Kleinas.  Mz.  116,17, 
befestigt  ist)  durch  ßeischrift  als  Stadtgöttin,  T.  4, 17.  Gleichfalls  nach  1.  sitzend  auf  K'mün- 
Tviri  *E<p8fft(av,  bezeichnet,  I.-B.  a.  a.  0.  61,  70.  zen  von  Perga  in  Pamphylien  mit  Elagabal 
Head*  577.  Weiteres  Head^  920.  —  Gelegent-  oder  den  einander  zugekehrten  Brustbildern 
lieh  sehen  wir  Elemente  bzw.  Attribute  der  T.,  der  Salonina  und  des  Gallienus  (oder  mit  Sa- 
der  Selene,  der  Hygieia,  der  Nemesis  auf  eine  lonina  allein)  die  Stadtgöttin  mit  Füllhorn  im 
Göttin  vereinigt,  die  T.  wird  zur  sog.  T.  Pan-  1.  Arm,  auf  der  R.  das  Artemisidol,  Mionnet 
theia,  dazu  o.  Bd.  1,  Sp.  1534/36.  1555/58,  so  Stippl.  7,  51,  114.  I.-B.,  Zur  Gr.  u.  Rom.  Münzk. 
auf  K'münzen  von  Laodikeia  und  Hierapolis  in  177 f.,  2;  Kleinas.  Mz.  331,  26 f.  Sodann  die 
Phrygien,  Aphrodisias  in  Karien,  Tarsos  in  Ki-  stehende  T.  mit  Kultbild  auf  der  vorgestreck- 
likien,  Kyzikos  in  Mysien,  nämlich:  auf  K'mün-  40  ten  R. :  1)  auf  K'münzen  von  Hypaipa,  Lydien, 
zen  von  Laodikeia  mit  Caracalla  die  nach  1.  mit  Commodus  und  mit  Sept.  Severus  (bzw. 
stehende  T.  Pantheia,  mit  umgürtetem  Chiton,  Caracalla)  T.  mit  Zepter  in  der  L.  und  auf  der 
Kalathos  und  Strahlen  am  Haupt,  Mondsichel  vorgestreckten  R.  das  Kultbild  der  Artemis 
und  Flügel  an  den  Schultern,  die  R.  am  Steuer-  Ana'itis,  das  eine  Mal  nach  r.  stehend  vor  dem 
rüder,  das  sich  nach  1.  in  einen  Heroldstab  ihr  gegenübersitzenden  nackten  Apollon,  das 
verzweigt,  im  l.  Arm  das  Füllhorn  und  vorn  andere  Mal  nach  1.  gegenüber  dem  nach  r. 
zu  Füßen  ein  Rad,  I.-B.,  Kleinas.  Mz.  212t.,  stehenden  Sept.  Severus  (zwischen  beiden  flam- 
46 f.;  ferner  auf  solchen  mit  Philippus  Sohn  mender  Altar  von  konischer  Form),  I.-B,  Lyd. 
nach  1.  stehende  Göttin  im  Doppelchiton,  mit  Stadtm.  80  f.,  12  f.,  T.  4,  8  f.  —  2)  auf  solchen  von 
Kalathos,  mit  Mondsichel  an  den  Schultern,  50  Thyateira,  Lydien,  mit  Caracalla  gegenüber 
in  der  R.  eine  Schale,  die  sie  einer  Schlange  dem  Kaiser  zu  Pferd  nach  r.  wieder  T.  nach 
darbietet,  von  der  ihr  1.  Arm  umwunden  ist,  1.  stehend,  das  schräg  gehaltene  Zepter  in  der 
in  der  L.  das  Füllhorn,  vor  ihr  zu  ihren  Füßen  L.,  auf  dem  vorgestreckten  r.  Arm  das  Kult- 
ein nach  1.  sitzender  Greif,  I.-B.,  Monn.  gr.  bild  des  Apollon  Tyrimnaios,  Mionnet  4,  166, 
409,136;  ferner  auf  K'münze  von  Hierapolis,  954.  Suppl.l,  401,619.  I.-B.,  Lyd.  Stadtm.  167^ 
Phrygien,  mit  Otacilia  stehende  T._ Pantheia,  24,  T.  6, 14.  —  3)  auf  solchen  von  Metropolis,  lo- 
geflügelt,  mit  Kalathos,  in  der  R.  Ähren  und  nien,  mit  Salonina  T.  stehend  nach  1.,  auf  der 
Steuerruder,  im  1.  Arm  Füllhorn,  I.-B.,  Kleinas.  R.  das  Bild  des  Are8(?),  im  l.  Arm  Füllhorn, 
Mz.  243,  39;  ferner  auf  K'münze  von  Aphrodi-  Br.  M.  Cat.  of  lonia  T.  20, 13.  I.-B.,  Kleinas. 
sias,  Karien,  mit  Gordian  III.  nach  1.  stehende  60  Mz.  85, 14.  —  Gelegentlich  ist  es  ein  Tempel 
pantheistische  Göttin,  geflügelt,  mit  Kalathos  oder  Tempelmodell,  was  die  Göttin  mit  der 
und  Strahlen  am  Haupt,  Mondsichel  an  den  Mauerkrone  auf  ihrer  ausgestreckten  R.  trägt, 
Schultern,  Stab  in  der  R.,  Füllhorn  in  der  L.,  so  auf  K'münzen  von  Aigeai,  Kilikien,  mit  Phi- 
zu  Füßen  ein  Rad  mit  Schlange  (?)  darüber,  lippus  {L-B.,  J.  H.S.  1898,  ICl,  2,  pl.  12,  2)  und 
Mionnet  Suppl.  &,  \%4,  14^.  7.-5.  a.a.  0.  117,23,  von  Side,  Pamphylien,  mit  Gallienus  {I.-B., 
T.  4,  19;  für  einen  ähnlichen  Typus  auf  Mün-  Kleinas.  Mz.  344,  39,  T.  12,  2),  das  eine  Mal 
zen  von  Tarsos  mit  Valerianus  sen.  s.  Drexler  sitzend  nach  1.,  vor  ihr  zu  ihren  Füßen  ein 
o.  Bd.  1,  Sp.  1557,  51  ff.;  endlich  auf  einer  K'-  gleichfalls  nach  1.  sitzender,  doch  zu  ihr  zurück- 


I 


1373                        Tyche  Tyche                        1374 

blickender    Ziegenbock   (auf   den    Namen    der  I.-B.,  Lyd.  Stadtm.  IdO  f. ^35. —  Ferner  T.  nach 

Stadt    hinweisend),  das    andere    Mal    stehend  l.  wtehend  mit  Kalathos,  Steuerruder  und  Füll- 

von  vorn   mit   Kopf  nach  1.,    auf   der   L.   ein  hörn  gegenüber  der  nach  r.  stehenden  Neme- 

Schiflfshinterteil (?),  r,  ein  Vexillum.  —  Forner  sis,   die  ihre   R.   vor  die    Hrust  erhoben  hat, 

T.  vor  einem  Kultbild  in  Anbetung  auf  K'mün-  auf  K'münzen  von  Philadelpheia,  Lydien,  mit 

zen  von  Taraos,  Kil.,  mit  Gordian  (vorher  schon  Commodus,  f.-B.,  Kleinas.  Mz.  181,7a.  —  T. 

Severus  Alexander)  und  Decius  und  von  Tyros,  in  Zwei  zahl  mit  Turmkrone  und  Zepter  zei- 

Phoinikien,  mit  Salonina,  im  ersteren  Fall  (vgl.  gen    Homonoiamünzen    der    karischen    Städte 

I.-B.,  J.  H.  S.  1898,  17«  f.,  46  f.,  pl.  13,  18  f.)  l.  Attuda  und  Trapezopolis  mit  Antoninas  Pius, 
T.  nach  r.  stehend  mit  Turmkrone,  beide  Hilnde  lo  Antiocheia  a.  Maiandros  und  Aphrodisias  mit 

erhoben    zu   dem  auf  hoher   Silule    stehenden  Commodus,   der  phrygischen  Stadt  Hierapolis 

Kultbild  des  Apoll,  r.  Perseus,  zwischen  beiden  und  des  ionischen  Smyrna  mit  Valerian,  I.-h. 

außer  dem  Kultbild  Altar  mit  einer  oder  zwei  a.  a.  0.  126,  14.  112,21.  243,40,  im  ersten  Fall 

weiteren   Figuren  usw.,  im   zweiten  Fall  (vgl.  die  Stadtgöttinnen  beidseitig  des  Kultbildes  der 

I.-B.,  Ärch.  Jb.  3  (1888),  286,  n.  1,  T.  9,  4)  wie-  von  vorn  stehenden  Kybele,  diesem  zugewandt 

der  die  Göttin  mit  Turmkrone  vor  Altar  nach  stehend,    in    den    beiden   anderen    Fällen    die 

r.  stehend  auf  den  Fußspitzen  und  beide  Arme  Stadtgöttinnen  einander  zugekehrt  stehend  und 

erhebend  zu  dem  Meikarttempel ,  in  dem  eine  sich   die   R.  reichend.   —   Ferner  T.   vereinigt 

große   Keule   aufgerichtet    steht;    eine    andere  mit  der  Ho monoia  auf  K'münzen  von  Ankyra, 
tyrische  K'münze  mit  Philippus  stellt  Astarte  20  Galatien,  mit  Sept.  Severus  und  Garacalla,  I.-B., 

dar   und    zu    ihren    Füßen    vier    turmgekrönte  Zur  Gr.  u.  Rom.  Mümk.  227,  3  (T.  8, 14)  u.  4, 

Frauen,  die  der  Göttin  opfern  und  zu  ihr  be-  beide  Göttinnen  mit  Kalathos  oder  Turmkrone, 

ten,  ilfiO>me^5,  441,  692.  Lajard,  Becherches  sur  das   eine   Mal    einander    gegenübersitzend,  T. 

le  culte  de  Venus  p.  88,  pl.  12,  5.  —  Häufig  ist  nach  r.,  die  R.  am  Sitz,  mit  der  L.  einen  Anker 

T.  anderen  Gottheiten  gesellt,  so  der  ihr  nahe  aufs  Knie  stützend,  Homonoia  nach  l.  mit  Schale 

verwandten  Artemis,  mit  der  sie  etwa  identi-  in  der  R.  und   Füllhorn  im  l.  Arm,   zwischen 

fiziert  wird,  vgl.  für  ihr  Verhältnis  zueinander  den  Göttinnen  flammendes  Thymiaterion,  dar- 

z.  B.  Paus.  4,31,  10  (T.  ts  v-al  'Äqt.  ^aocpoQog  über  Kopf  des  Sept.  Severus  mit  Lorbeer  nach 

im  Asklepiosheiligtum  zu  Messene).    Orph.  H.  r. ,    das   andere   Mal   beide   Göttinnen    stehend 
72,  2  f.  (T.  =  'Evoditiq,  'Äqx.  'HyB^6vr\,  Preller-  30  nach  l.,  T.  mit  der  R.  eine  Schale  über  flam- 

Robert,   Gr.  Myth.  1,  306,  1.    322,  5.    Gruppe,  mendem  Altar  haltend,  mit  Anker  im  1.  Arm, 

Gr.  Myth.  1065,  11.  1086,  3.  1499  A.),  s.  0.    So  Homonoia  hinter  ihr  mit  Füllhorn  im  1.  Arm, 

Büste   der  Artemis  als   T.   der  Stadt  nach  r.,  mit  der  R.  die  Stadtgöttin  bekränzend.  —  Ferner 

mitunter  über  Halbmond,  mit   der  Aufschrift  die  T.  TtöXsag  zusammen  mit  weiteren  Stadt- 

^'igtsuLs  Tv^ri  Fsgaöcov  auf  K'münzen  von  Ge-  göttinnen  oder  mit  Personifikationen  von  Pro- 

rasa  im  Ostjordanland  von  Hadrian  ab,  F.  de  vinzen:    so    auf    K'münzen    von   Neokaisareia, 

Saulcy,   Num.  de  la  Terre  Sainte  p.  384 f.,  pl.  Pontos,   mit  (xeta  die  T.  dieser  Stadt  sitzend 

22,  If.    Head*  787;    so  T.   zusammen   mit    der  nach  1.  mit  Kalathos,  im  1.  Arm  das  Füllhorn, 

^Artemis   Persike'   auf  K'münzen   von   Hiero-  umgeben  von  fünf  mit  Kalathos  geschmückten 
kaisareia,  Lydien,  mit  Brustbild  des  Senats,  und  40  Stadtgöttinnen,  wovon  drei  r.  vor  ihr,  zwei  1. 

zwar  die  beiden  Göttinnen  in  einem  von  zwei  hinter  ihr  stehen,  I.-B.,  Gr.  Mz.  53  f.,  55,  T.  4, 

Pferden  gezogenen  Wagen,  die  Stadtgöttin  mit  16.    Head^  497,   vgl.  auch  Mionnet  2,  353,  126 

Turmkrone  «nach  1.   stehend,    die   Artemis  im  (mit  Geta  und  der  T.  zwischen  vier  Figuren), 

kurzen  Chiton  von  vorn,  den  Kopf  der  Stadt-  Haym,  Thes.  Brit.  2,  T.  39,  2  (mit  Sept.  Severus 

göttia  zugewendet,   Köcher  über   der  Schulter  und  sechs  stehenden  Figuren);  vermutlich  stel- 

und  Bogen  (?)  in  der  L.,  vor  dem  Gespann  Per-  len  die  um  die  sitzende  T.  versammelten  Frauen 

seus  (oder  Hermes?),  I.-B.,  Lyd.  Stadtm.  Id,  4:0-,  die  Städte  des  Koivbv  IIovxov  dar,   deren  ^rj- 

ferner  T.  mit  Artemis  Ephesia  auf  K'münzen  tgoTtoU?  Neokaisareia  war  (vgl.  Aufschriften  der 

von  Akrasos,  Lydien,  mit  Sept.  Severus  il.-B.  Münzen,  7.-5.  a.  a.  0.  54).  Ferner  auf  K'münzen 
a.  a.  0.  43,  4)  und  auf  solchen  von  Neapolis  a.  50  von  Anazarbos,  Kilikien,  mit  Etruscilla  T.  wie- 

Harpasos,  Karlen,  mit  Gordian  {I.-B.,  Kleinas.  der  mit  Turmkrone  nach  1.  sitzend,  aber  auf 

3Iz.  148,4),  beidemal  1.  das  Kultbild  der  Ar-  einem  Felsen,  mit  Ähren  in  der  R.,  umgeben 

temis  Ephesia  mit  Tänien  von  vorn  und  r.  die  von  drei  gleichfalls  mit  Turtnkrone  ausgestat- 

nach  1.  stehende  T.  mit  Kalathos,  das  eine  Mal  teten  Frauen,  eine  hinter  ihr  stehend  nach  1., 

mit  Schale  in  der  R.  und  Füllhorn  in  der  L.,  sie  bekränzend,  zwei  vor  ihr  stehend,  die  erste 

das  andere  Mal  mit  Steuerruder  und  Füllhorn,  einen  Kranz  darbietend,  die  andere  eine  Spiel- 

das  eine  Mal  zwischen  beiden  flammender  AI-  urne;  unter  der  Gruppe  der  Flußgott  Pyramos, 

tar,  das  andere  Mal  r.  0.  neben  dem  Kultbild  halben  Leibes  und  von  vorn  gegeben  im  Schwim- 

€in  Stern.    Dazu  eine  Allianzmünze  von  Thya-  men,  I.-B.,  Monn.  gr.  350,  14,  wozu  p.  351  die 
teira  und  Smyrna   mit   Brustbild   des   Senats  60  Bemerkung,  daß  es  sich  hier  bloß  um  die  skla- 

(bzw.  Gordian  HL),  auf  deren  Rs.  ein  flammen-  vische  Kopie  eines  der  Typen  handle,  die  Tar- 

der  Altar  zwischen  der  nach  r.  stehenden  Stadt-  sos   seit  Sept.  Severus    angenommen.    So    ließ 

göttin  von  Thyateira  mit  Turmkrone  und  mit  sich  Anazarbos  gleicherweise  darstellen  als  ilt\~ 

schräg  gehaltenem  Zepter  in   der  L.  und   der  tgoTtoXig   röav  tql&v   iTtaQxCav   (der   Provinzen 

nach  1.  stehenden  Amazone  der  Bundesstadt  Karlen,  Isaurien  und  Lykaonien),  die  in  Per- 

Smyrna,   gleichfalls   mit  Turmkrone,   doch  in  Bonifikation  huldigend-  die   T.   von  Anazarbos 

kurzem  Chiton,  mit  Schale  (?)  in  der  R.,  Pelta  umgeben,  —  Ferner  auf  K'münzen  von  Hera- 

und  Bipennis  in  der  L. ,   Mionnef  4:,  174, 1005.  kleia  am  Pontos  (Bithynien)  mit  Büste  des  He- 


1375                        Tyche  Tyche                        1376 

rakles  als  des  Ktistes  T.  mit  Kalathos  thro-  gabal,  I.-B.,  Kleinas.  Mz.  373,8,  T.  13, 11  (mit 

nend  nach  1.,  mit  Schale  in  der  vorgestreckten  Julia  Maesa,  Lübbecke,  Ztschr.  f.  Num.  10,  79, 

R.  und  Keule  (Symbol  des  Stadtgottes)  im  1.  36),  und  f.  gleichfalls  mit  Kalathos  und  Füll- 

Arm;  zu  ihren  Füßen   1.  der  Pontos  Kuxeinos  hörn  (im  1.  Arm),  aber  die  K.  dem  ihr  gcgen- 

nach  r.  am  Buden  sitzend,  die  L.  am  Anker,  überstehenden  Ares^?)  reichend,   der  in  Helm 

r.  ein  Flußgott  nach  1.  am  Boden  sitzend,  die  und  Panzer  nach  r.  steht,  die  R.  am  Speer,  an 

R.  an  langem  Zweig  oder  Zepter,   den  1.  Arm  den   ein   Schild   gelehnt  i»t,    zwischen   beiden 

über  der  Wasserurne,  l.-B.,  Kleinas.  Me.  8, 1;  flammender  Altar,  auf  K'münzen  von  Panenio- 

an  den  Acberon  dachte  man  bei  dem  Flußgott,  teichos,  Pisidien,  mit  Severus  Alexander,  l.-Ii. 
weil  es  zu  Herakleia  a.  P.  einen  acherusischen  lo  a.  a.  O.  887,  2.    über   T.    zwischen    Kröten    auf 

See  und  Eingang  in  die  Unterwelt  gab,  ferner  Münzen  von  Midaeion  s.  o.  —  Auf  K'münzen 

auch    ein    König   Acheron    hier    angenommen  von  Magnesia  a.  Sipylos,  Lydien,  mit  Tiberins 

wurde;  die  Keule  aber  ist  in  diesem  Fall  das  (den  die  Aufschrift  als  Krioxriv  bezeichnet,  weil 

Attribut  der  T.,  wie  die  T.  von  Melos  im  be-  er  die  Wiederherstellung  der  Stadt  nach  dem 

sonderen  ausgestattet  ist  mit  dem  Apfel,  die  großen  Erdbeben  vom  J.  17  n.  Chr.  hervorragend 

von  Ankyra  mit  dem  Anker,  die  von  Mopsuestia  gefördert)  sieht  man  den  in  Panzer  und  Mantel 

mit  dem  Kohlenbecken  {Mot^ov  ioriay  foculus,  stehenden  Kaiser  Tib»  rius  der  vor  ihm  stehen- 

ygi. Dareniberg'SagliOflHct. 2,1  ld(oy3V2^t.  I.-b.  den  turmgekrönten  Stadtgötfcin  die  R.  reichen, 

a.  a.  0.  474,  8,  T  Ib,  14),  oder  wie  der  T.  Büste  ähnlich  auf  der  Vs.  der  K'mün/e,  die  bei  glei- 
statt  mit  Turmkrone  mit  Bergkrone  geschmückt  20  chem  Anlaß  in  Sardeis  geprägt  ward,  wie  Ti- 

ist,  mit  dem  Bild  des  Berge»  Argaios  auf  K'mün-  berius,  in  der  Toga  nach  1.  stehend,  mit  der 

zen  von  Kaisareia,  Kappadokien,  mit  Commo-  R.  die  vor  ihm  knieende  Stadtgöttin  am  euipor- 

dus,   Severus  Alexander,    üordian,   Bev.  num.  gestreckten  r.  Arm  faßt  und  aufrichtet,  J.-B., 

189r>,  7«,  28,  T.  3,  12.    Dressel,  ZUchr.  f.  Num.  Lyd.  Stadtm.  13«,  4,  T.  5,  20;   Zur  Gr.  u.  Rom. 

24,86,  T.  4,4.    I.-B.,  Zur  Gr.  u.  Born.  Münzk.  Münzk.  122,2.    Verwandt  ist  damit  der  Typus 

280  f.,  2.   Br.  M.  Cat.  of  Capp.  92,  340,  T.  13,  4.  partliischer Silbermünzen  mitBüstePhraates'lV., 

—  Der  Flußgötter  zwei  sind  es,  die  zu  Füßen  wo  der  nach  r.  thronende  König  (mit  Diadem, 

der  nach  1.  siehenden  T.  (mit  Kalathos,  Ähren  verzierter  Kandys,  weiten  Beinkleidern)  aus  der 

in  der  R.,  Füllhorn  im  1.  Arm)  nach  1.  und  r.  R.  der  ihm  gegenüberstehenden  T.  (mit  Kala- 
auseinanderschwimmen,     auf    K'münyen    von  30  thos,  im  1.  Arm  das  Füllhorn)  einen  Palmzweig 

Mallos,  Kilikien,  mit  Nero,  7.-B.,  Äieüio«.  J^f^.  empfängt,    I.  B.,   Zur    Gr.  u.  Böm.  Münzk. 

472, 12,  T.  18, 12;  sie  meinen  die  beiden  Arme,  245 f.,  1  f. 

in  die  der  Pyramos  sich  teilt,  von  Mallos  zur  In  Vasenbildern  kommt  T.  als  solche 
Mündung,  s.  o.,  wo  bereits  ein  ähnlicher  Ty-  nicht  vor.  Wenn  ihr  Name  gleicherweise  wie 
pus  erwähnt  ist  mit  sitzender  T.  Ebenso  die  der  der  Peitho,  Hygieia,  Harmonia  einer  Mäd- 
nach  1.  sitzende  T.  mit  den  zwei  nackten  chengestalt  beigeschrieben  ist  auf  einer  eichel- 
schwimmenden Flußgöttern  zu  ihren  Füßen,  1.  förmigen  attischen  Lekythos  mit  Goldschmuck, 
vor  ihr  das  Kultbild  der  Athena  Magarsis  (von  s.  Z.  in  athenischem  Privatbestiz  (vgl.  Gust. 
vom,  die  R,  am  Speer),  hinter  ihr  r.  der  sie  Körte,  Arch.  Ztg.  37  (1879),  95 f.  0.  Bd.  1,  Sp. 
bekränzende  Kaiser  (?),  stehend  nach  1.,  unter  40  1832,  28 ff.  Bd.3,  Sp.  1804,28tf.  Pauly- Wissowa 
ihrem  Sitz  ein  nach  1.  laufender  Eber,  auf  7,  2380 f.,  68 ff.),  wohl  als  Beischrift  zu  ver- 
schlecht erhaltener  K'niünze  vt»n  Mallos  mit  stehen  zu  der  in  der  Mitte  sitzenden  Haupt- 
Valerian(?)  im  Museo  civico  zu  Venedig,  I.-B.  figur  (über  der  wegen  des  auf  ihrer  erhobenen 
a.  a.  0.  472, 15.  —  Femer  T.  mit  Kalathos  und  Hand  hockenden  kleinen  Eros  kein  Platz  zum 
im  Doppelchiton  stehend  nach  r.,  die  R.  am  Anbringen  einer  Inschrift),  so  hat  es  zwar  allen 
Zepter,  in  der  L.  vielleicht  eine  Schale,  vor  Anschein,  als  sei  hier  T.  an  die  Stelle  der 
dem  nach  1.  stehenden  Zeus  Laodikenos  (mit  Aphrodite  gerückt,  besser  aber  wird  man  hin- 
Adler  und  Zepter),  hinter  dem  Athena  erscheint  ter  diesen  Namen  keinen  tieferen  Sinn  suchen, 
(von  vorn  mit  Kopf  nach  1.,  am  l.  Arm  Schild  in  ihrer  Verwendung  weiter  nichts  sehen  als 
und  Speer,  in  der  gesenkten  L.  Ölzweig),  wie  50  ein  heiteres  Spiel  mit  gewissen  poetischen  Ge- 
auf  K'münze  von  Laodikeia,  Phrygien,  mit  danken  und  Bildern.  —  Dagegen  trifft  man 
Hadrian  und  mit  der  jüngeren  Faustina,  so  auf  hellenistischen  Reliefgefäßen  aus 
auf  solchen  von  Apollonia  Salbake,  Karlen,  Olbia  (Sü.lrußland)  die  Büste  der  T.  (deren 
mit  Caracalla,  I-B.,  Gr.  Mz.  145,  430  a.  —  Fer-  Kopf  auch  auf  Münzen  von  Olbia  erscheint,  s. 
ner  auf  einer  zu  Ephesos  unter  Antoninus  Pins  z.  B.  Besclir.  d.  ant.  Mz.  in  Berlin  1,  19,  37.  22, 
geprägten  Mun'C  vor  der  durch  TTOAIC  bezeich-  62.  26,119/22)  und  zwar  als  Fabrikmarke  in 
neten  sitzenden  T.  der  Stadt  mit  Mauerkrone  Medaillonform  (münzartigem  Rundbild)  die 
und  Füllhorn  Poseidon  mit  dem  (nicht  häufigen)  Büste  der  T.  mit  Mauerkrone  nach  r  ,  vor  ihrer 
Beinamen  katpdcUog  stehend,  vomübergebeugt,  Brust  die  erhobene  Hand,  die  den  Schleier  faßt, 
den  1.  Fuß  auf  einen  Fel?»en  setzend,  die  R.  «o  und  zu  den  Seiten  die  Signatur  KIP-BEI  (offen- 
Skuf  den  Dreiy.&ck  siixtzend,  J.  Friedländ^r,  Arch.  bar  Genetiv  des  Meisternamens  Kigßsis,  wie 
Ztg.  27  (1869),  103.  —  Ferner  T.  mit  Kalathos,  denn  t^olche  gräzisierte  barbarische  Namen  auf 
von  vom  stehend  mit  Kopf  nach  r.,  die  R.  am  -sig  mit  Genetiv  auf  -sl  charakteristisch  sind 
Steuerruder,  im  1.  Arm  das  Füllhorn,  und  r.  für  Südrußland),  so  besonders  auf  Gefäßen  der 
ihr  gegenüberstehend  nach  1.  Hermes,  nackt,  ehem.  Sammlung  Vogell,  vgl.  Bob.  Zahn,  Arch. 
mit  Chlamys  über  der- 1.  Schuh  er,  Beutel  in  76.  23  (1908),  49  ff.,  nr.  13  f.  20  f.  28  f.  Joh.  Boeh- 
der  vorgestreckten  R.,  Heroldstab  in  der  L.  lau,  Gr.  Altert,  sütlruss.  Fundorts  aus  d.  Besitze 
auf  K'münzen  von  Isinda,  Pisidien,  mit  Ela-  d.  Um  A.  Vogell,  Karlsruhe  {Auktionskat  ,190S) 


1377                        Tyche  Tyche                        1378 

S.  26  tf.,  nr.  249.  273/76.    Im    einzelnen   handelt  hingen   beansprucht  besonderes  Interesse  die 

es  sich  una  eine  Amphora,  j.  in  Berlin,  Zahn  des  verschollenen   attischen  Reliefs  von  kfins- 

S.  67  f.,  28  =  BochJan  S.  26  f.,  249,  T.  7,  15,  fer-  ;ox/)7rot  (Ambelokipii,  mich  Zeichnung  des  Hrit. 

ner  um  sog.  megarische  Becher  bzw.  Schalen,  Museums   (in    den   Papieren  von    Gell   vol.  12) 

nämlich  1)  Z.  ö9,  13  (abgeb.  S.  55)  =  2^.  31,  276  wiedergegeben  von   P.  Wolters  im  B.  C.  H  18 

(abgeb.  S   2H),  j.  in  Berlin;   2)  Z  60,14  (Abb.  (1894),  48H  f.  Beinach,  7^{p  de  re/.  2,  335,  dessen 

14b  auf  S.  56)  =  B..  30  f.,  275  (abgeb.  S.  28),  j.  Athenu  Amelung  herangezogen  hat  für  die  F]r- 

in  Bonn;  3)  ;^.  62 f.,  20  (Abb.  20b  auf  S.  60)  =  gllnzung  des  Torso  der  ])heidia8ischen 'Athena 

B  30,  273,  j.  in  Heidelberg;  4)  Z.  64  f ,  21  (Abb.  Medici'  {Br.  171),  Oest.  Jahresh.  1 1  (1908),  188  ff. ; 

21b  auf  S.  61)  =  B.  30,274,  j.  in  Göttingen,  lo  hier  hat  die  Athena  wohl   bezeichnenderweise 

Zu  diesen  Stücken  aus  S.  Vogell  kommen  5)  die  ihr  Seitenstück   in  einer  T.   mit  Mauerkrone, 

1909  von  B.  Pharmakowsky  in   dtT  Nt-kropole  stehend    von    vorn,    in    langem    bauschendem 

von  Olbia  gefundene 'megarische' Schale,  J..  ^.  Chiton,  mit  der  gesenkten  L.  das  Steuerruder 

1910,240,  Abb.  34  (233  f.)  und  6)   das    Bruch-  aufstützend  auf  eine  Kugel,  in  der  ausgestreck- 

stilck  einer  solchen  mit  Stempel  Kigßti  als  Er-  ten  R.  eine  Schale  haltend  über  einem  nach  1. 

Werbung  aus  Kertsch  notiert  von Pharmakowsky,  sitzenden   Greifen,   der  seine  r.  Vorderpranke 

A.  Ä.  1912,  347  f.  über  einen  umgekehrten  Stierkopf  hält;  dabei 

Häufig  erscheint  T.  in  statuarischer  Wie-  ist  daran  zu  erinnern,  daß  in  Athen  seit  alters 
dergabe,  zumal  in  Kl  ein  bronzen,  stehend  die  T.  und  im  besondern  die  kya^r]  T  Kult 
meist,  seltener  sitzend;  doch  in  der  Hauptsache  20  besaß,  s.  o.  sowie  Baumeister  (1)  184 f.  Wachs- 
handelt  es  sich  dabei  um  T.  im  Übergang  in  muth  bei  F.-W.  Suppl.  1,  l'.'l,  51  if ,  vgl.  auch 
die  Fortuna,  um  statuarische  Werke  der  Rö-  das  1876  77  am  S.-Fuß  d^r  Akropolis  gefundene 
merzeit,  wo  die  Göttin  gewöhnlich  der  Mauer-  Relief  mit  weiblicher  Gewandfigur,  die  mit  bei- 
krone  entbehrt,  in  denen  kaum  etwas  anderes  den  Händen  ein  großes  Hörn  ohne  Inhalt  vor 
zu  erkennen  ist  als  die  römische  Fortuna  (s.  d.),  sich  hält,  darüber  AfAOH  TYXH,  v.  Duhn,  Arch. 
die,  in  rein  dekorativer  Ausstattung  gegeben,  Ztg.  35  (1877),  163 f.,  77.  Ungefähr  in  gleicher 
kein  eigentliches  Götterbild  mehr  ist,  sondern  Stellung  mit  r.  Bein  als  Standbein  und  wie  die 
fast  nur  Allegorie,  vgl.  S.  Beinach,  Statuaire  1,  T.  des  Reliefs  von  Ambelokipi  mit  Schale  in 
221/25.  2,  247tf.  257.  261/266.  3,77/81.  Da  diese  der  R.,  aber  aus  der  Schale  auf  den  neben 
im  einzelnen  ein  besonderes  Interesse  nicht  so  ihr  stehenden  Altar  eine  Spende  gießend  und 
bieten,  seien  bloß  noch  einige  wenige  namhaft  mit  Füllhorn  im  l.  Arm  erscheint  die  T. -For- 
gemacht, So  die  Statue  der  T.,  diademge-  tuna  r.  auf  dem  zwischen  1620  und  1640  im 
schmückt,  mit  Füllhorn,  im  Giardino  Boboli  Amphitheater  von  Capua  gefundenen  Votivrelief 
zu  Florenz,  Amelung,  Führer  145  f. ,201;  es  des  Bauunternehmers  (redemptor  prosceni)  Luc- 
dürfte die  Wiederholung  eines  Werkes  sein  aus  ceius  Peculiaris  (h.  im  Museo  Campano  zu  Ca- 
der Zeit  des  Übergangs  vom  5.  zum  4.  Jahrh.  pua):  in  der  Mirte  luppiter  thronend  zwischen 
V.  Chr.  Ferner  die  zu  Ostia  gefundene  Statue  Minerva  und  Diana;  am  meisten  r.  eine  hoch- 
im  Braccio  nuovo  des  Vatikan,  Helhig^  27.  Arne-  aufgerichtete  bärtige  Schlange,  durch  die  Über- 
lung,  Vat.-Kat.  1, 101/03  (T.  13\  nr.  86  (Nachtr.  schrift  als  'genius  theatri'  bezeichnet,  während 
1,  9 14.  2,  743),  Baumeister  1920  f.,  2037.  Beinach  40  1.  die  Aufrichtung  einer  Säule  und  Bearbeitung 
1,  225,  3.  Esther  Boise  Van  Deman,  Am.  Journ.  eines  korinthischnn  Kapitells  veranschaulicht 
of  Arch.  12  (1908),  328  f.,  nr.  1,  F.  4,  T.  Fortuna  ist,  vgl.  Jahn,  Barst,  ant.  Beliefs,  die  sich  auf 
mit  Füllhorn  im  1.  Arm,  mit  der  gesenkten  R.  Handwerk  etc.  beziehen,  Ber.  d.  phil.-hist.  GL  d. 
das  Steuerruder  auf  eine  Kugel  aufstützend;  »S^äeÄs.  (7e5.  (i.  TT.  1861,  302/05,  T.  9,  2.  CIL  10, 
der  Kopf  ist  antik,  doch  nicht  zugehörig,  der  1,3821.  Beinach  sl.  a.  0  3,13,3;  daß  die  For- 
Körper  <lürfte  zurückgehen  auf  eine  Schöpfung  tuna  ihren  Tempel  hatte  zu  Capua,  bezeugt 
des  4.  Jahrh.  v.  Chr.,  speziell  aus  dem  Kreis  Liv.  27,23,2.  —  Gleichfalls  mit  Füllhorn  im  1. 
des  Praxiteles,  Steuerruder  und  Weltkugel,  im  Arm  und  Schale  in  der  vorgestreckten  R.,  aber 
besonderen  römische  Attribute,  sind  offenbar  thronend,  umgeben  von  drei  männlichen  und 
erst  Zutaten  des  Kopisten.  T. -Darstellungen  in  50  drei  (adorieronden)  weiblichen  Figuren,  er- 
englischem Privatbesitz  hat  Ad.  Michaelis  no-  scheint  T.-Fortuna  auf  der  Rückseite  der  Ära 
tiert  Arch.  Ztg.  Sit.  (1S7 4: f.):  1)  Statuette  in  des  C  Manlius  im  Lateranmuseum,  Heibig, 
Rokeby-Hall(Yorkshire),  a.  a.  0  1874,  26;  2)  T.  Führer^  Uli .  Beinach  S,  27 &  1,2.  Im  übrigen 
in  Holkham  Hall  (Norfolk),  a.  a.  0.  1875,  18.  ist  die  Gestalt  der  T.-Fortuna  in  Keliefs  die 
Beinach  1,212,  8;  3)  Sitzbild  in  Ince  Blundell  typische  der  statuarischen  Darstellungen:  sie 
Hall  (Lancashire),  a.  a.  0.  1875,  22.  Beinach  1,  hält  mit  der  L.  bzw.  im  L  Arm  das  Füllhorn, 
223,5;  4)  T.  in  Lansdownehouse  zu  London  mit  der  gesenkten  R.  das  Steuerru<ler,  nicht 
mit  kaum  zugehörigem  Kopf  (Sabina  oder  Plo-  selten  über  einer  Kugel,  der  Weltkugel,  so  auf 
tina?),  a.  a.  0.  1875,  36,  28.  Beinach  1,  224,7.  der  l.  Nebenseite  eines  vierseitigen  A'tars  im 
Aus  ägyptischem  Kunsthandel  erwähnt  F.  Zu-  60  Museo  Chiaramonti  des  Vatikan,  gesellt  einer 
eher,  A.  A.  1910,  255  als  bemerkenswerte  römi-  weiteren  Frauengestalt  im  Typus  der  Spes 
sehe  Marmorarbeit  des  2.  Jahrh. s  n.  Chr  eine  (zwischen  beiden  flammender  Altar),  Amelung, 
T.  in  halber  Lebensgröße  mit  tief  hinabreichen-  Vat.-Kat.  1,  741  (T.  79),  636a.  Beinach  a.  a  0. 
den  Flügeln,  zur  Seite  eines  profilierten  Pfei-  3,  394,  1,  ferner  auf  einer  der  vier  Seiten  des 
lers,  auf  dem  ein  Rad  steht,  an  das  sie  mit  1877  gefundenen  Altars  zu  Mainz  mit  Widmung 
der  L.  faßt;  auf  dem  Sockel  die  Inschrift  iTro>l-  der  Vicani  Mogontiacenses.  In  der  Mehrzahl 
luvov^idog.  der   Fälle    aber   fehlt   die   Kugel;    so    bei    der 

Unter    den    eigentlichen    Reliefdarstel-  sitzenden  T.-Fortuna  auf  der  Hauptseite  eines 


1379                      Tyche  Tyche                       1380 

ihr   freweihten    Alttirs    der   Kapitolin.    Samm-  die,  in  Komposition  und  Stil  den  Habulae  ilia- 

lungen,  Eeituich  3,186,3;  bei  der  wahrschein-  cae'  verwandt,   eine  Darstellung  bot  aus  dem 

lieh    aus   einer   T.-Fortuna    hervorgegangenen  niva^  des  Kebes,  vgl.  A'.  K.  Müller,  Arch.  Ztg. 

Abundantia,  die  »wischen  zwei  Heraklesdarstel-  42  (1884),  116.   Nach  dem  Wortlaut  des  Kebes 

langen   steht   auf  der   einen    Schmalseite    des  {ttIv.  7, 1  iarrixvia  inl  Xi9ov  nvög  aTgoyyvXov) 

mit  Heraklestaten  im  Museo  Tor-  ist  T.  (wie  das  gelegentlich  auch  von  des  Ly- 


lonia  zu  nom,  i^rtnac/i  8,  840,  2 ;  bei  der  mit  sippos  A'cApö^  behauptet  wird)  auf  einer  Kugel 
Minerva  gruppierten  T.-Fortuna  in  einem  der  stehend  dargestellt;  der  obere  Teil  der  T.  ist 
Sockelreliefa  der  Anfang  1906  aufgedeckten  nicht  mehr  erhalten:  'ob  und  wie  der  Künstler 
großen  luppitersäule  von  Mainz,  F.  Koepp,  Die  lo  die  im  Teite  ihr  beigelegten  Eigenschaften 
Römer  in  JJeutschland*  S.  163f.,  148  f.  (S.  171).  (?ffrt  dh  oi  novov  TV(pXi]  xai  ftaivojii^vt] ,  ScXXä 
Reinach  1,  186  f.,  1;  Lamer,  Rötn.  Kultur*  xal  xcoqptj  ed.  Praechter  p.  6)  ausgedrückt  hat, 
T.  11,  16;  bei  der  Darstellung  eines  kleinen  ob  sie  mit  den  Händen  ihre  Gaben  ausstreute 
Altars  zu  Mainz,  dessen  vier  Seiten  Minerva  und  wie  difse  charakterisiert  waren  (was  man 
und  Mercur,  Fortuna  und  eine  mächtige  von  der  T.  erwartete  an  (iaben,  wird  c.  8, 4 
Vase  zeigen,  Reinach  2,72,6,  desgleichen  aufgezählt,  vgl.  auch  c.  36, 1),  darüber  gibt  uus 
wohl  bei  dem  Altar  aus  Steinheim  bei  Statt-  die  Zeichnung  keine  Auskunft.' 
gart,  auf  dessen  einer  Seite  man  wieder  Schließlich  ein  ergänzendes  Wort  zu  o.  Ab- 
Mercur  und  Fortuna  erkennt,  Reinach  2,  87,  schnitt  VI  über  Attribute  der  T.  T.,  zumal  als 
1 ;  im  Relief  der  Silberplatte  von  Neuwied  20  T.  «dlftaff,  erscheint  in  erster  Linie  ausgestattet 
mit  Mercur,  Mars  und  Fortuna,  Reinach  2,  mit  dem  sog.  716X0$  oder  yiäXad^og,  modius,  mo- 
83,1.  Undeutlich  sind  die  Darstellungen  der  diolus,  der  Mauer-  oder  Tuimkrone.  Zum  nö- 
T.- Fortuna  an  einem  Altar  zu  Aschaffenburg  Xog  vgl.  Val.  Kurt  Müller,  Der  F.,  die  griech. 
(Minerva,  Fortuna,  Mercur  und  Hercules),  Rei-  Götterkrone,  Diss.  Berlin  11)16,  für  T.  S.  'J8f.; 
nach  2, 10,  2,  und  an  einem  solchen  zu  Mann-  gegen  die  Verwendung  dieses  Terminus  für  den 
heim  mit  Widmung  lOM  (Fortuna,  Vulcau,  heute  so  bezeichneten  zylindrischen  Kopfaufsatz 
Victoria),  Reinach  2,  68,  4,  und  nur  mit  dem  Robert,  Arch.  Misz.  {S.-B.  d.  Bayer.  Ak.  d.  W. 
Füllhorn  im  1.  Arm  (die  R.  mit  Caduceus)  er-  1916,  2),  S.  14/20.  In  besonderer  Untersuchung 
scheint  die  Fortuna  in  einem  der  Reliefs  an  über  die  der  T.  als  Stadtgöttin  regelmäßig  ge- 
der  Attika  des  Constantinsbogens  zu  Rom  aus  so  gebene  Mauer-  oder  Tui-mkrone  ist  Furtwüngler 
der  Zeit  M.  Aurels  (im  Hintergrund  der  Tempel  (zu  Sammlung  Sabouroff  T.  25)  zu  dem  Resul- 
der  Fortuna  Redux),  vgl.  Strong,  Rom.  sculpt.  tat  gelangt,  sie  sei  orientalischen  Ursprungs, 
pl.  90, 3  (p.  290/91,  cf.  p.  892).  Reinach  1,  2 A5  die  darge&tellte  Göttin  eigentlich  die  staüt- 
(hier  Zeichnung  ungenau;  der  Caduceus  pas-  beschützende  Astarte,  die  den  Griechen  zur 
send  für  die  Fort.  Redux,  die  zugegen  ist  bei  Aphrodite  ward,  die  aber  bei  den  Stadtegi-ün- 
des  Kaisers  Rückkehr  nach  Rom  im  J.  174).  düngen  der  Diadochenzeit  sich  zurückverwau- 
Femer  das  Brustbild  der  'T.-Fortuna  von  The-  delnd  und  der  abstrakten  T.  gleichgestellt  zu- 
veste'  (mit  Mauerkrone)  am  Caracallabogen  sammenschrumpfte  in  eine  bloße  Personifika- 
(von  214)  zu  Theveste,  h.  Tebessa,  im  Innern  tion  der  befestigten  Stadt  selbst;  damit  erst 
Numidiens  (h.  0. -Algerien)  und  zwar  im  Me-  40  wurde  der  hohe  turmartige  Kopfputz,  der  in 
daillonrelief  außen  an  der  W. -Seite  über  der  älterer  Zeit  bei  den  Griechen  verschiedenen 
Bogenmitte,  vgl.  Steph.  Gsell,  Les  man.  ant.  de  Göttinnen  zukam,  wie  Hera,  Demeter  usw.,  zur 
YAlgerie  1,  182,  pl.  43.  Baumgarten  etc..  Die  wirklichen  Mauerkrone,  die  als  Symbol  dient, 
hellenist.-röm.  Kultur  S.  600,357.  —  Eine  der  namentlich  wohl  hindeutet  auf  die  Wehrhaltig- 
T.-Fortuna  entsprechende  weibliche  Gestalt,  keit  der  Stadt;  weiteres  über  das  Symbol  und 
nach  r,  sitzend  mit  Füllhorn  im  1.  Arm,  er-  seine  Entstehung  Steuding  o.  Bd.  2,  Sp.  2092, 
scheint  in  einem  römischen  Votivrelief  im  6  tf.  Doch  der  zylindrische  Kopfaufsatz  erscheint 
Gab.  delle  maschere  des  Vatikan  inschriftlich  ja  nicht  bloß  in  der  Form  der  Mauerkrone, 
als  Tutela  sancta  bezeichnet,  s.  0.  Bd.  3,  Sp.  sondern  auch  als  Fruchtmaß  (modius)  und  kenn- 
2126,  F.  13.  Amelung,  Vat.-Kat.  ü,  702  f.  (T.  79),  r,o  zeichnet  dergestalt  wie  das  Füllhorn  die  Spen- 
435a.  Reinach  3,  394,  2;  über  Tutela  s.  Wis-  derin  materiellen  Segens.  Bei  ihrem  Übergang 
sowa,  Rel.  u.  Kultur  d.  Römer  156  f.  —  T.-  aber  in  die  Fortuna  der  Römer  erhielt  die  T. 
Fortuna  kommt  in  Reliefdarstellung  etwa  auch  auch  die  Attribute,  die  im  besondern  zu  Sym- 
auf  römischen  Tonlampen  vor,  so  stehend,  holen  der  Glücksgöttin  geworden  sind,  neben 
das  Füllhorn  im  1.  Arm,  mit  der  gesenkten  R.  dem  Füllhorn  das  Steuerruder  und  die  Kugel 
das  Steuerruder  bei  Fuß  haltend,  z.  B.  auf  oder  das  Rad,  das  Steuerruder  als  kennzeich- 
einem  Tonlämpchen  aus  Pompei,  Baumeister  nend  die  Lenkerin  der  Geschicke,  die  Kugel 
809,  886,  ebenso  zwischen  Mercur  1.  und  Her-  als  Symbol  ihres  stets  wandelbaren  Wesens 
cules  r.,  vgl.  S.  Loeschcke,  Lampen  aus  Vin-  oder,  wenn  sie,  wie  z.  B.  auf  Wandgemälden, 
donissa  S.  233  (T.  16),  716,  femer  Brustbild  60  deutlich  die  Weltkugel  meint,  zum  Ausdruck 
der  T.  mit  Füllhorn  nach  1.,  Loeschcke  177,  ihrer  weltbeherrschenden  Macht  (s.  0.  Bd.  1, 
65/68,  T.,  3,  66.  6,  65.  Sp.  1504  ff.,  64  ff.),  ebenso  das  Rad;  mit  der 
Die  o.  erwähnte  T.  der  Kebes-Tafel  ist  Kugel  läßt  noch  Dante  sie  auftreten  Inf.  7, 
wenigstens  teiKeis  noch  zu  sehen  in  der  Zeich-  70/96  (v.  96:  ^volre  sua  spera  e  beata  si  gode^), 
nung  eines  durch  Waagen  in  Italien  erworbe-  vgl.  K.  Rohde,  Gr.  Roman^  S.  297,  2.  Auch  Be- 
nen  Sammelbandes  des  Berliner  Kupferstich-  flügelung  tritt  etwa  noch  dazu,  wofür  Bei- 
kabinetts, die  ein  verschollenes  Relieffragment  spiele  o. ,  vgl.  auch  Hitzig -Blümntr,  Raus.  2, 
wiedergibt,   das   Bruchstück   einer  Relieftafel,  392.     [Waser.] 


1381                        Tychios  Tychon                        1382 

Tychios  (Tvxiog^   so   zu   akzentuieren   nach  mag  er  auf  dem  Land   in  der  ärmeren  Bevöl- 

Etym.  M.  p.  521,  10.  Ärkadios  45,  12  Schmidt.  kerung  seinen  Verehrerkreis  gefunden  haben, 

Eust.  81)0.   Lehrs,  De  Arist.  stud.  hotn.'*  260  f.),  obwohl  Diodor  gleichmäßig  verteilt:  ^man  ehrt 

nach  Homer  11.  7,  220 ff.    (yxvroröfioov   6%'  ccqi-  ihn   [PriapJ   nicht   nur   in   der   Stadt,   sondern 

atog^  'TXjj  i^vt  oixiu  valojv,  der  den  Schild  des  auch    auf   dem    Land'.  . .    Ein    Epigramm   des 

Aias  gemacht  hatte,    llesych  s.  v. :   üvojuo:  tov  Thebaners  Verses,   A.  P.  9,334,   ist  gedichtet 

xatccßyisväGavtog    xi]v    Ai'uvrog    ccönlöa    öxvro-  (oder    gedacht)    für    die    Basis    einer  Tychon- 

TOfiou,    Suidas  s.  v.  Ärkadios  in  it.  p.  41,  19  Statuette:  ^Auch    wenn   du   mich,   rbv  iv  c\x.i- 

Schmidt.    Als    typisches    Beispiel    von    Kunst-  xpotg,  öXiyov  d-tbv  '/.u  rechter  Zeit  anrufst,  wirst 

fertigkeit  der  sutores  Ovid.  f.  3,  824  sit  Tychio  lo  du  Erfolg,  Glück  haben  {xavij)),  nur  mach  keine 

doctior  nie  licet,  Erfinder  der  sutrina  bei  Plin.  großen  Ansprüche!'    (Schwerlich  wird  man  Ei- 

n.  h.  7,  5t),  19G:  Tychius  (überl.  tibui^)  Bocotius.  trem  zustimmen,  wenn  er  Philol.  65  [lüOGj,  268. 

Das  (boeotische)  Hyle   als  Heimatsort  bezeugt  31,  den  natg  oXlyog  des  Hermeshymnos  7j.  245 
{Apollodor  bei)  Strab.  9,  40^^,  mit  Berufung  auf      und  die  dllyoi  avögsg,  die  winzigen  flatternden 

Homer  und  in  Übereinstimmung  mit  der  Mehr-  Seelenbilder,  die  der  Psychopompos  auf  alten 

zahl    der    antiken    i/om ererklärer    (Stellen    in  Vasen  vor  sich  her  treibt,  zur  Erklärung  dieser 

Ludwicha  Apparat  zu  II.  7,  220  und  bei  Bölte,  Stelle   beizieht.    Hermes  Tychon  gehört  nicht 

PTF.  9,  117)  und  Nonnos  13,  (56  f.:  'TArj»',  ö-kvto-  hierher.)    ...'Slg  üts  drj  ^oytQOiv  dvvocxaL  ^tbg 

ro^ov  Tvxioio  ravvKv^fiida  rid^rjvriv.    Alte  Va-  ävdgl   Tteviaxri   öwQElßd-ai,   xovxcov   xvQiog   d^ii 

riante  {Zenodot  ?)  aber  "TSt]  (vgl.  Ludwichs  Ap-  20  Tvxwv.    Usener    schrieb    mit    den    Hss.   {Anth. 

parat),    die    auch    Strab.   a.  a.  0.  und   13,  626  Pal.  und  Plan.)   dri^oyiQ(ov  {vulgo  driuoiigav), 

kennt  und  verwirft:  ov  yag  ö  Ai'ccg  ix  Avdiccg  aber   ich    denke,    die   Schreibung  8ri  iioytQcov 

x6  6dv.og  iisxs7CEy.7texo,  und  13,  626  bestreitet  er  paßt  wohl  auf  den  Verehrerkreis   des  Gottes, 

gar  (irrig)  die  Existenz  eines  "Tör]  iv  xoTg  Av-  Beiske   hat   hier    Tvxtov    zuerst   entdeckt,    di© 

8olg.  Das  antike  Volksbuch  vom  Leben  Homers  Hss.  geben  xvxojv,  Plan,  mit  Korr.  aus  xvx&v. 

(Ps.-Herodot)    bringt    den    Sattlermeister    des  Der   SchoUast    der   Anth.  Pal.  sah    nicht,  um- 

Epos  in  biographische  Verbindung  mit  Homer:  welchen  Gott  es  sich  handelte;  denn  er  schrieb 

c.  9  (p.  7  ed.  Wüamowitz ,  Vitae  Homeri  et  He-  bei:  slg  Uaxvgov  7)  Ilccvbg  ccyal^cc  ^  -kccI  Uqkx.- 

siodi)  wird  erzählt,  wie  der  Dichter  im  6y.vxblov  tcov,  freilich  als  '"perversum  lemma'  kann  das 

des  Tvxiog,   der  sich  des  blinden  Sängers  er-  30  nicht  gerade  bezeichnet  werden  {Stadtmueller, 

barmt,  freundlich  aufgenommen  einkehrt  und  Anth.  Graeca  3,294);    denn    mit    dem    letzten 

dort  allerlei  dichtet,  vgl.  TF«7aw?oi6"i<^^,  iZms  422.  Zusatz   trifft  es   tatsächlich  das  Richtige,  in- 
Ludwich,  Bhein.  Mus.  71  (1916),  51  u.  78.    Lo-       sofern  Priap   mit  Tychon  gleichgestellt  wird, 

kalisiert  ist  T.  da  in  der  kymäischen  Kolonie  Die   Lesung   Beiske&    anzunehmen,   wird    man 
Neonteichos ,   eine  Version ,   die  auch  Schol.  T      nicht  zweifeln  (obwohl  auch  xovxav  . . .  xvxcov 

zu  H  220  (neben  der  in  Boiotien)  kennt,  und  an   sich  einen  Sinn  ergäbe),   zumal  alle  diese 

zwar  aus  der  Biographie,   die  hier   ersichtlich  Epigramme  den  Gott  mit  Namen  nennen  und 

Ortsüberlieferung   zugrunde  legt  {Wüamowitz,  hier  eine  Anspielung  von  rs-y^ry  auf  Tvx(ov  vor- 

Ilias  a.  a.  0.).  —  Als  aus  dem  Epos  stammen-  liegen   dürfte.    Man  wird   aber   danach    nicht 

der  Heroenname  ist  T.  als  Menschenname  nach-  40  mit  Papes  Wörterb.  der  gr.  Eigennamen  1572 

weisbar  seit  dem  5.  Jahrb.,  s.  Bechtel,  Histor.  den  ^Gott  des  Zufalls'  in  ihm  sehen,  sondern 

Personeyinamen  bll .     [Weinreich.]  den  des  Glückes,  ohne  daß  man  hier,  im  Ep. 

Tychon  {TvxGiv),   priapeische  Gottheit,   die  des  Perses,   an  das  ^ausschließlich    besondere 

nach  Strabo  13,588  zu  Orthanes,  Konisalos  u.  xvxslv'    des    Namens    Tychon    denken    müßte 

a.  ithyphallischen  Dämonen  gehört:    ^oi-as  (sc.  (Welcker,   Gr.  Götterl.  3,207),  nämlich  an  das 

Priapus)  xotg   kxxixotg  'OgddvTj   -kccI  KoviaccXco  '^aphrodisische'  {Crusius,   Beiträge   zur  griech. 

xat  Tvx(ovi  xai  xolg  xolovxol?.    Usener,  der  im  Mythol.  Progr.  Leipzig  1885/86,   S.  25,  5).    Es 

'Heil.    Tychon^   {Sonderbare  Heilige    1   [1907],  kann   sich  in   diesem  Fall  um  beliebiges  ^Er- 

S.  18 ff.)  die   Zeugnisse  für  T.  gesammelt  und  langen'    handeln,    wenn   nur  "^Kleines',    nicht 

besprochen    hat,    hält    seinen   Kult    nicht    für  50  ^Großes'  erbeten  wird,  etwa  um  Fruchtbarkeit 

zweifellos   heimisch  in  Attika,   sondern  denkt  des  Gartens  oder  Weinbergs,  in  dem  die  Sta- 

an  seine  Übertragung  aus  Kypros  (s.  u.).    Auch  tuette  mit  Inschrift   stand.    Mau   hat   sie   sich 

Dt'od.  4,  6, 4   berichtet  von   der   Gleichsetzung  gewiß  priapeisch,  phallisch  vorzustellen,  was 

des  Priap  mit  Ithyphallos  oder  Tychon  (s.  ob.  auch  zuträfe,  wollte  man  den  Tychon  des  Epi- 

ßd.  3,  2,  Sp.  2977):  xivhg  y,hv  'I&vqyCcXXov  övoiid-  gramms    mit  Hermes    -asgöaüg.,    dem    gewinn- 

^ovöi,    xi'vhg  6h    Tvxtova.    Nach   Kaibel,    Gott.  bringenden  Gott  der  tg^ccia,  gleichsetzen  {Cru- 

Nachr.  1901,  495   hat   diese   Benennung  ihren  sius  S.  25):  dem  widerspräche  nicht  das  *^derbe 

Grund  im  Streben  zu  suchen,  "^mächtigen  Göttern  Symbol'  des  Priap;  es  bannt  ja  auch  im  spä- 

freundlichere    und   schönere  Namen  zu  geben'  teren  Aberglauben  als  Amulett  allen  Schaden 

als  die  ihnen  zukommenden.    Die  Namensform  60  und  verbürgt  gutes  Glück, 

entspricht  ähnlichen  wie  ""Terpon',  der  Euphe-  Hier  müßte   die  von  Panofka,  Terrakotten 

mismus  für  Phallos  ist,  s.  ob.  Bd.  5,  Sp.  387  f.,  des  königl.  Mus.  Berlin  (1842,  Taf.  49,  1,  S.  139 

oder  "^Alkon'.    So   kommen  Tychon    auch   die  Text),   abgebildete  Gruppe  aus  Ruvo  erwähnt 

gleichen  Funktionen  zu  wie  Priap  und  seinen  werden,   Berl.   Terr.  Inv.  3572,    Man   hat    sie 

Genossen;  vor  allem  ist  er  nach   Useners  viel-  früher  als  Tyche  und  Tychon  gedeutet  ("^ beide 

leicht  zu  starker  Betonung  der  Gott  der  Wein-  mit  Namen'  unrichtig  Welcker  a.  a.  0.  2"7),  und 

gärten:  dieses  Amt  fällt  ihm  aber  nicht  mehr  noch  F.  Allegre,  Etüde  sur  la  deesse  grecque 

zu  als  dem  Priap  {Hiod.  4,  6,  4).   Hauptsächlich  Tyche  {Bibl.  de  la  Fac.  d.  lettres  de  Lyon  14, 


1383 


Tychon 


Tychon 


1384 


1889)  229  f.  schließt  sich  diesen  Interpretationen 
an  mit  Gleichsetzunji:  des  Tychon  und  Agütho- 
dainion  (Protest  gegen  diese  Auffassung  schon 
bei  Welcker  208)  —  das  alles  ist  jetzt  erledigt 
durch  die  neue,  zweifellos  richtige  Deutung 
der  angeblichen  Tychonfigur  (hockend,  phal- 
lisch) als  Silen,  wozu  mir  A.  Kfister  freund- 
lichst den  Hinweis  gibt  auf  Milani,  Studi  e 
materiali  dt  archeologia  1  (1899),  162,  nr.  79, 
oder  Archäoh^.  Anz.  1892,  118,  nr.  146.  'Zu 
unserer  Figur  ist  noch  zu  vergleichen  Gerhard, 
Ges.  Akcid.  Abhandl.  Taf.  60,  wo  mehrere  Ähn- 
liche Terrakotten  abgebildet  werden,  ferner 
Winter,  Typenkatahg  1,217.  Die  weibliche  Figur 
als  Tyche  zu  deuten  liegt  kein  Grund  vor.* 

Ein  anderes  Denkmal,  ein  Marmorrelief 
aus  Aquileja,  das  einen  geflügelten  Pballos 
neben  Tyche  zeigt,  bezieht  \Bd.  Gerhard,  Abh. 
2,  52»»,  Taf.  61,3,  unbedenklich  auf  Tychon, 
ebenso  Welcker,  Gr  Götterl  3,  207,  Müller-  Wte- 
seler,  Denkm.  2,  936,  während  neuere  Beurteiler, 
wie  Preller- Robert,  Gr.  Myth.  1,  643,  3,  sich  ab- 
lehnend oder  zweifelnd  verhalten,  da  das  Re- 
lief einer  neuen  Publikation  bedarf.  F.  Ällegre 
a.  a.  0.  229  f.  nimmt  freilich  auch  diese  Gruppe, 
wohl  unberechtigt,  wie  die  oben  erwähnte  Terra- 
kottafigur für  Tychon  in  Anspruch. 

Die  Gleichsetzung  des  Tychon  und  Priapos 
stimmt  gut  überein  mit  der  Glosse  bei  Choirob. 
dict.  77,  31  Gaisf.,  wo  Tychon  erklärt  wird  als 
iai^ov  »epl  Ti]v  k<f)Qoditriv\  vgl.  ebenda  287,  25 
(a—  Gramm,  gr.  4,  274,  7),  Hesych:  ^vioi  rov  Eq- 
^ifjv  (s.  u.),  aXXoi  Sh  vbv  nsgl  xriv  kcpQO&ivriv. 
Als  Sohn  der  Aphrodite  gilt  er,  wie  Priap  (s. 
ob.  3,  2.  2968,  66  und  Suid.  s.  v.  Tlgiccnog,  Nonyi. 
Abb.  ad  S.  Greg,  contra  lul.  2,  34;  Migne,  Ser. 
Gr.  36, 1054 ;  Mythogr.  gr.  ed.  Westenn.  382, 1 4  ff.), 
im  Viol.  der  Eudocia  362, 1  Fl.,  wo  die  Über- 
lieferung Tvfpatv  i^  kcpQoSirrie  von  Hoefer,  My- 
thologisch-Epigraphisches {Progr.  Weit.  Gymn. 
Dresden)  1910,  30,  gebessert  wurde:  'für  das 
götterfeindliche  Ungetüm  Typhon  ist  in  der 
Aufzählung  der  Zeuskinder  kein  Platz.'  Über 
die  Zusammenstellung  von  Aphrodite  und  Pria- 
pos in  Bildwerken  vgl.  ob.  Bd.  3,2,  Sp.  2988. 

Weitere  aphrodisische  Beziehung  des  Ty- 
chon will  ü setier,  Heil.  Tychon  23  f.,  im  Frag- 
ment der  Kreter  des  Komikers  Apollophanes 
sehen:  jicuXrixiog,  Kvvvfiog^  'AcpgoSiTOs,  Tv^av 
(Lex.  Sabb.  ed.  Papad.  1892,  3, 19,  Kock,  Eh. 
Mus  48  (1893),  5R6f.,  Demanczuk,  Suppl.  com. 
1912,  9,  Frg.  1),   Usener  a.  a.  0.  18,  nr.  3). 

Es  handelt  sich  hier  um  eine  Liste  von 
^Bol  Icvtxot  in  Athen  und  im  Peiraieus  {Hesych: 
9aoi  ^Bv.).  Usener  faßt  die  Namen  zu  zwei  Paa- 
ren zusammen  und  hält  Asklepios  Kynneios 
und  Aphroditos  Tychon  für  je  eine  Gottheit. 
Über  die  Richtigkeit  dieser  Auffassung  will  er 
(24, 1)  'kein  Wort  verlieren';  er  begnügt  sich 
vielmehr  mit  dem  Hinweis  auf  Kvvvsios  als  in 
Attika,  Korinth,Temnos  bezeugtes  Beiwort  Apol- 
lons,  womit  die  Hauptsache  dieser  Frage  schwer- 
lich bewiesen  wird.  Sollte  aber  Useners  Kon- 
struktion richtig  sein,  dann  würde  Aphroditos, 
das  bärtige,  wohl  auch  phallische  (bei  Macrob. 
sat.  3,  8,  3  ist  natura  virili  nur  Konjektur  für 
statura  v.)  Zwitterwesen  Aphrodites,  auf  Ky- 
pros  führen  (vgl.  Hes.  Ücfgodttos)  und  mit  ihm 


auch  den  Aphroditos  Tychon.  Über  des  Aphro- 
ditos Gleichbedeutung  mit  Hermaphroditos  und 
dessen  priapeische  Natur  vgl  ob.  Hd.l,  Sp.2315f. 
' Htrmaphroditos^  von  P.  Hernnann  und  27/»»- 
peU  ' AphrodUos\  liealencticlo}».  l,271>4f.  Die 
Tatsache,  daß  Priapos  selbst  auch  als  Herm- 
aphroditos begegnet  (ob.  Bd.  1,  Sp.  2340),  könnte 
leicht  verleiten,  Usener^  Verbindung  von  Aphro- 
ditos und  Tychon  anzunehmen,  doch  gebietet 

10  die  Unsicherheit  der  Gesamtauftassung  UsenerB 
in  dieser  Frage  entschieden  Vorsicht.  Askle- 
pios, (ApoUon)  Kynneios  und  Aphroditos  sind 
in  Athen  erst  eingeführte  Gottheiten,  während 
Strahon  13, 688  den  Tychon  und  seine  pria- 
peischen  Genossen  als  'Attixol  bezeichnet.  U.se- 
ner  sucht  diese  Angabe  als  Irrtum  zu  erweisen 
durch  das  Zusammenfassen  von  Aphroditos- 
Tychon,  dessen  Herkunft  aus  Kypros  ihm  wuhr- 
scheinlich  ist.    Aber  auch  bei  der  Hinfälligkeit 

20  dieser  Annahme  wird  Strabon  Unrecht  haben; 


SO 


Dreifaßstatue  aus  Magnesia  (nach 
0.  Kern  ,  Inschriften  v.  Ma'jnetia  i»r.  203). 

40  der  viel  frühere  Apollophanes,  Dichter  der  alten 
Komödie,  hat  doch  wohl  nicht  grundlos  Tychon 
unter  die  fremden  Götter  gesetzt.  Woher  er 
kam,  läßt  sich  mit  unseren  Mitteln  kaum  fest- 
stellen. Denn  auch  das  folgende  Zeugnis  für 
Tychon  aus  Kleinasien  kann  nicht  unmittelbar 
diese  Frage  lösen. 

Daß  es  einen  Hermes  Tychon  gab,  wußten 
wir  schon  aus  Hesych:  ^vioi  rov  'Egfifjv^  auch 
aus  Theognosts  Glosse  in  Cramers  Anecd.  Ox. 

50  2,33,  31:  Tv;^cöv,  -cavos-  6  ^EQtif]g.  Und  die 
Überlieferung  zu  Clem.  Alex.  Protr.  10,102,1 
(73,  17  Stähl.):  xi  yäg  Tjynöd^s  rov  Tvtptbvoc  {cod. 
Par.  451)  muß  mit  Meursius'  Korrektur  trotz 
Milchhoefers  Bedenken  (bei  Curtius,  Stadtgesch. 
XXXIII,  68)  geändert  werden  in  töv  Tvxcovcc. 
Außer  diesen  literarischen  Zeugnissen  hat  sich 
ein  weiteres  inschriftliches  gefunden  bei  den 
Ausgrabungen  im  Theater  von  Magnesia  am 
Maiandros.    O.  Kern  hat  zuerst  in  den  Mitteil. 

60  des  arch.  Instit.  19  (1894),  54—64,  dann  in  den 
^Inschriften  von  Magnesia^  Berl.  1900,  136,  nr. 
203  (an  beiden  Stellen  mit  Abb.),  eine  Drei- 
fußstatue aus  dem  3.  vorchr.  Jahrh.  veröffent- 
licht und  beschrieben,  auf  der  sich  über  die- 
sem Distichon  die  Herme  des  Tychon  erhebt: 
'Egafjg  d^ii  Tvxcov,  i%  XccXiiiSog  ovtog  ixsivog-  | 
'AvtiKo%6g  \i  inoiriGs  TtoXuccig  TtäGi  xogriyov. 
Darüber  'eine  jugendliche,  oben  völlig  beklei- 


1385         Tjchon  Tychon         1386 

dete  Herme  ohne  Petasos  und  ohne   Phallos,  aonen  (s.  Kern,  Inschr.  v.  Magn.  183)  abgesehen 

unten   auf  dem  Schaft  das  Kerykeion,  so  sah  von    den   zahlreichen    mit  Hermes    gebildeten 

der  Hermes  Tychon  von  Chalkis  aus,   also   in  Zusammensetzungen.   Dann  hätte  wohl  die  aus- 

keiner  Weise  unterschieden  von  dem  bekann-  drückliche    Angabe    des    Künstlers    Antilochos 

ten  jugendlichen   Hermentypus'   {Kern,   Mitt.  mehr  Grund,  als  wenn   sie   sich  nur  auf  das 

5.  67).  Dieser  Hermes  stammt  demnach  aus  technisch  belanglose  Hermesbild  bezöge.  Für 
Chalkis,  und  zwar  nach  Kerns  Darlegungen  diesen  Antilochos  liegen  übrigens  keine  weite- 
nicht  aus  dem  euboeischen,  sondern  Vielleicht'  ren  Zeugnisse  vor,  s.  C.  Robert,  Realencyclop. 
aus  der  'x">Q"  XaX-nlg,  die  nach  Strab.  14,  644  1,  2432.  Über  die  eigentliche  Bestimmung  des 
zu  Teoa,  nach  Paus.  7,  ^,  12  zu  Erythrai  ge-  lo  Werkes  herrscht  keine  Einhelligkeit;  vgl.  oben 
hörte;  ygl.  (r.  Hirschfeld,  Ärch.  Zeitung ^3  (1S76\  die  Ansicht  von  Maaß  und  Eitrem;  Kern  a. 
26;  H  Gaehler,  Erythrä,  Diss.  Letpz.  1892,  6'  a.  0.  56  läßt  die  Frage  offen;  nach  ihm  konnte 
{Inschriften  v.  Magn.  S.  136).  Kei-n  stützt  seine  ein  'Dreifuß  aus  IJronze  oder  nur  eine  Bronze- 
Lokalisierung  durch  das  Fehlen  eines  für  das  platte  auf  ihm'  liegen,  'ein  eigentlicher  cho- 
■euboeische  Chalkis  bezeugten  Hermeskultes,  regischer  Dreifuß  war  das  Original  natürlich 
während  in  Teos,  'dem  die  %mQ(x  XaXv.ig  ein-  nicht'  {Kern  hält  die  Arbeit  ihrer  mäßigen 
mal  gehörte,  ein  Fest  '''EgiiaLa  gefeiert  wurde.  Kunst  wegen  für  Kopie).  Daß  aber  in  den  bei 
Eine  künstliche  Erklärung  ist  nicht  von  Nöten,  Kern  abgebildeten  Standspuren  der  Platten- 
wenn wir  uns  Hermes  an  diesem  Feste  als  den  Oberfläche  eine  menschliche  Figur  befestigt  sein 
Choregen  der  Bürger  denken.    In  Athen  führt  20  konnte,  scheint  mir  sehr  leicht  möglich. 

H.    den    Nymphenreigen   [Preller -  Bobert ,    Gr.  Hält  man  an  der  Deutung  Kerns  fest  und 

Myth.  1*,  399,  4]  . .  .  im    chalkidischen  Gebiet  sieht  man   in  dem  Relief  aus  Magnesia   den 

bei  Teos  ist  er  der  Chorege  der  ganzen  Bürger-  Hermes  Tychon,  dann  hat  man   zu  scheiden 

gemeinde',  und  vielleicht  wurde  der  Gott  bei  zwischen  dem  priapeischen ,   von  Diodor  und- 

dieser  Feier  durch  den  'schönsten  Epheben  des  Strabon  bezeugten  Dämon  Tychon  und  einer 

Landes  dargestellt'  wie  in  Tanagra.    So  Kern,  nicht-phallischen  Erscheinungsform  des  Hermes 

Mitt.  a.  a.  0.  63;   Usener,  Heil.  Tych.  29  zu  nr.  als  eines  Glückbringers.    Er  wäre  dann  älter  als 

10  stimmt  ihm  bei.  Die  priapeische  Vorstellung  der  phallische  Tychon;  'denn  dieser',  sagt  üse- 

von  Tychon  {Diod.  und  Strab.)  fiele  also,  wie  ner,  Götternamen  218,  'dem  Priapos  verwandte 

Kern  betont,  beim   Hermes  Tychon  fort;   die  30  Gott  der  Weingärten,  muß,  nachdem  wir  einen 

Herme  des  Am^?7oc/ios  zeigt  wenigstens  keinerlei  ionischen  'EQ^fjg  Tvxav  kennen  gelernt  haben, 

Hinweis   auf  phallische  Natur,  und  auch  das  dazu  dienen ,  „die  längst  bekannte  und  immer 

Amt  des  H.  als  eines  '.Choregos'  {Usener  faßt  neu  bezeugte  Tatsache    zu   konstatieren,   daß 

weiter:  'Segenbringer',  Heil.  Tych.  30)  spräche  Beiwörter  als  alleinige  Bezeichnungen  der  Göt- 

gegen  solche  Ausdeutung.    Hier  käme  nur  der  ter  auftreten"  {Kern,  Athen.  Mitt.  19,  62).'   Läßt 

Gott  'des  Glückes  und   des  Zufalls'  in  Frage,  man  aber  die  Inschrift  des  Dreifußes  als  einem 

der  'die  Funktionen  des  Hermes  und  des  Kai-  Menschen  Hermes  geltend  bei  Seite,   dann  ist 

ros,    des  Mercurius  und   der  Fortuna  in   sich  nur  die  Annahme  eines  einzigen  Tychon  nötig; 

vereinigt'  {Mitt.  61).  denn  die  Erklärung  der  ^ ^vloi\   die  ihn  mit 

So  denkt  auch  ^.  Maaß,  Orp/iei*s  1895,  222^*^,  40  Hermes,  dem  Gott,  gleichsetzen,  kann  auch  zu 

den  Dreifuß  als  Orakeltisch,  und  Ä.J5J^>em,P/^^7oZ.  Recht  bestehen,  wenn  wir  in  ihm  eine  phal- 

65  (1906),  258,  hat  wohl  eine  ähnliche  Bestim-  lische  Gottheit  sehen:   auch  Hermes  trägt  als 

mung  im  Sinn,  wenn  er  in  diesem  Zusammen-  Förderer  der  Fruchtbarkeit   den  Phallos   und 

hang  von  Hermes  als  Zuwender  der  Lose  spricht  tritt  durch  seine  bei   Hyg.  fab.  160  bezeugte 

und  an  den  'Eqilov  %XfiQog  erinnert.    Ich  kann  Vaterschaft  zu  Priap  (s.  Preller -Robert  1*,  737) 

mich  trotzdem  nicht  ganz  des  Zweifels  an  der  mit   diesem  Kultkreis  in   enge   Beziehung;   s. 

Richtigkeit  der  bisherigen  Interpretationen  er-  oben  Bd.  1,  Sp.  2376  ff. ,  Bd.  3,  Sp.  2978,  nr.  3. 

wehren.    Daß  in   dem  kleinen  Halbinselstädt-  Gruppe,  Gr.  Myth.  853 ^  glaubt  ebenfalls  den 

chen  Chalkis  ein  so  berühmter  {ovto?  ixstvog)  Kulttypus  des  Hermes  ithyphallicus ,  den  man 

Hermes  gewesen  sei,  von  dem  man  sonst  so  gar  50  gern  neben  Aphrodite  stellte,  mit  der  Hesych- 

nichts  hört,  der  'allen  Bürgern  ein  Choregos'  notiz    vereinigen    zu    können.    Vielleicht    geht 

war;    daß  die  an  sich  ganz  unbedeutende  Re-  aber  Usener,  Heil.  Tych.  23,  zu  weit,  wenn  er 

liefstatuette  so  viel  Aufhebens  verdient  hätte,  in  der  Inschrift  der  Kibyratis:  Koivtog  'Ogd-cc- 

wie   in   dem   Distichon   immerhin    steckt,    das  yoQOv    Tv%(ov    reo  Ttccrgi    {Reisen    im    südicestl. 

scheint  verdächtig,  ohne  daß  ich  die  Deutung  Kleinasien  2, 192,  nr.  265)  eine  'unzweideutige 

Kerns  unmittelbar  abzulehnen  wage.   Denkbar  Verbindung'   des    phallischen    Namens   Ortha- 

wäre  vielleicht  die  Interpretation:  "Eg^fi?  f/ftt,  goras  mit  dem  Tychonkult  in  der  Familie  des 

^v%div  (d.  i.  cor)  iv.  X(xXv.i8og  .  •  . ,  wobei  Hermes  Quintus  Tychon  (vgl.  Göttern.  362  f.)  sieht.  Man 

nicht  als  Gott,  sondern  als  verdienter  'Choreg'  wird   schwerlich   bei  jedem  Tychon  Kult   des 

im  wirklichen  Sinn  aufzufassen  ist,   ein  Chal-  60  Tychon,   bei  jedem  Orthagoras  Beziehung  zu 

kidier  des  Namens  Hennes,  dessen  verlorene  einem  phallischen  Gott  annehmen  dürfen.   Der 

Statue  auf  der  tripodischen  Basis  stehen  konnte,  Name  Tychon  hat  für  seinen  Träger  sprechen- 

■während   das  Relief  darunter   selbst  nur   auf  den  Sinn  mit  dem  Gedanken   an  das  Glück, 

das  Doppelspiel  der  gleichen  Namen  hinwies,  ans  rvx^tv  allgemein  (vgl.  unten  zur  Lanze  des 

ähnlich  wie  das  bekannte  Epigramm  Martials  Alexander),  so  sehr  wie  der  gerade  in  Magnesia 

6,  24  dem  berühmten  Kämpfer  Hermes  gilt  und  oft  belegte  Tychikos ;  s.  Kern,  Inschriften  von 
gleichzeitig  mit  dem  Gottesnamen  spielt.    Ge-  Magnesia  192,  Sp.  2. 

rade  in  Magnesia  begegnet  der  Name  für  Per-  Einen  Zeus  Tychon  möchte  0.  Kern,  Mitt. 

Röscher,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V.  45 


1387                    Tychopolis  Tydeus                       1388 

arch.  Inst.  19  (1894),  60«,   aus   der   Stelle   des  u.  64.  —  Bei  Ps.-Aristot.  Mirab.  Atisc.  106  wer- 

AmptUus,  Lib.  nttm.  8,  8,  entnehmen,  nachdem  den  unter  homerischen  Helden  oder  ihren  Nach- 

Bobon   A.  IHeterich,   i>e   hymn.  Ürph.  47    (Kl.  kommen,  denen  man  in  Tarent  Opfer  darbringt, 

&Är.  106)  au«  der  Überlieferung  der  einzigen  auch  TvästSat  genannt;  damit  sind  wohl  Ab - 

Saltnasiushß.  (ed.  Woelffl.  praef.  6):  ^  xbi  lovis  kömmlinge  des  in  mehreren  Stildten  Unterita- 

Umplum  hyphonis  unde  est  cul  inferos  descen-  liens  als   Heros  verehrten  Diomedes   gemeint, 

gm'   einen  luppiter  Typhon  {Düker:  'Tropho-  oder  vielleicht  dieser  selbst;  denn  Kinder  von 

nii')  konstruiert  hat.    Keiner  dieser  Versuche  ihm,  etwa  aus  seiner  IChe  mit  Hermione  {Schol. 

kann   befriedigen;    ich   sehe   in   hyphonis  ein  Ptnd.  JV^ew».  10, 12),  finden  nirgends  Erwähnung. 
palftographisches  Verderbnis  aus  templum,  hyp-  lo  —    Tydideus  ensis  {Epit.  Iliad.  463)   ist  da» 

noticia  unde ....  Schwert  des  Diomedes. 

Als  Gottheit  verehrte  Alexander  von  Pherai  Das     weibliche    Patronymikon    TvSril? 

(S69— 36y)  seine  Lanze,  mit  der  er  seinen  geg-  {Triphiod.  160)  bezeichnet  Tydeus'  Tochter  Ko- 

nerischen    Onkel   Polyphron    erstochen    hatte,  maitho  (s.  d.,  Bd.  2,  Sp.  1276,  nr.  3). 

weihte  sie  in  einem  Tempel  mit  Wollbinden  [Johannes  Schmidt.] 

umwunden   als  'Tychon',  als  'Treffer';    Plut  Tydeus  (Tvtffvg,  etruskisch  Tute  [s.  d.];  über 

Pehp.29.  —  Usener,  Göttern.  286,  bemerkt  dazu,  andere  Formen  des  Namens  und  dessen  Bedeu- 

daß  hier  die  Lanze,  das  'sichtbare  Ding,  dem  tung  s.  u.),    ein   berühmter  Held   der   älteren 

allein  Verehrung  zukam,  tatsächlich  zum  Sinn-  griechischen  Sage. 

bild  (der  Gottheit)  herabgedrückt'  wurde.   Daß  so        Er  ist  ein  Sohn  des  0 inen s  (s.  d.),  des  Königs 

Alexander  'mehr  als  eine  Erinnerung'  an  den  von  Kalydon  in  Aitolien  {Soph.  Oed.  Col.  1816. 

priapeischen  Gott  gehabt  haben  sollte,  nimmt  Eur.  Phoen.  134.  419.     Quint.  Smyrn.  1,  772  f. 

auch  üsener,  Heil.  Tych.  29,  nicht  als  wahr-  Apollodor  1,  75;  3,  63.    Paus.  10,10,3.    Hygin. 

scheinlich  an.    Eher  gehört  in  diesen  Bezirk  /afe.  69. 70.  Äiat.T/ieb.  1,669  u.ö.).  Als  seine  Mutter 

der  Sinn  eines  Komödientitels  von  Antiphanes  wird  überwiegend  dessen  zweite  Gattin  Peri- 

{Kock,  Fr.com.  gr.  2,97):  atgarimTrie  v  Tvvav,  boia  (s.  d.  nr.  11),  die  Tochter  des  Hipponoo* 

der  gewiß  mit  dem  Dämon  nichts  zu  tun  nat,  in  Aitolien,  bezeichnet.    Einen  Stammbaum,  der 

sondern  lediglich  auf  den  Begriff  des  tvxsiv,  freilich    sonst    manchen  Abwandlungen  unter- 

sei's   dem  Feind,    sei's    der  Frau   gegenüber,  liegt,  bietet  Schol.  Eur.  Phoen.  133.   Auch  dar- 
abzielt.                                          [Preisendanz.]      so  über,  wie  Oineus  und  Periboia  ein  Paar  wurden, 

Tychopolis  {TvxonoXig)  hieß  die  Tyche  der  schwanken  die  Angaben  erheblich.    Oineus  ist 

lykischen    Stadt  Myra   (vgl.  den   Art.   Tyche  nämlich  bereits  mit  Althaia  (s.  d.),  der  Tochter 

nnter 'Kult' nr.  44).   Ihr  hatte  Opramoas  für  des  Thestios,  vermählt  gßwesen,  die  ihm  mehrere 

10000  Denare  ein  vergoldetes  Standbild  errich-  Kinder  geboren  hat  (s.  d.  Art.  Oineus  Sp.  754); 

ten  lassen.    Auch  eine  Feier  bestimmte  er  ihr  am  bekanntesten  ist  unter  ihnen  Meleagros  (s.d.). 

zu  Ehren    Auf  diese  Verdienste  ist  in  der  Opra-  Nach  dem  gemeinsamen  tragischen  Ende  der 

moasinschrift  (XIX  B)  hingewiesen,  wo  es  heißt:  Gattin  und  dieses  Sohnes  heiratet  Oineus  die 

icviörriGsv  öh  nal  &y\cc]Xiia  TvxonoXsog  x£\xQv-  Periboia:   entweder  wird   sie  bei  der  Erobe- 

60HISV0V  dvccXmaccg  v7csQ^livQi,a,  x^g\  [9'jeov 'Kai  mng   von   Olenos   seine   Siegesbeute   (so   nach 
xov  fiByiöTov  aiToxQcctoQogy  av- vsati^aaTO  öh-nal  40  der  alten  Thebais  fr.  6  Kinkel  bei  Apollodor  1, 

navijyvQiv.   Wahrscheinlich  ist  eine  Kopie  der  74 ;  daher  wird  sie  bei  Hygin.  fab.  69  u.  70,  ohne 

Tychopolis  in  dem  Tycherelief  aus  dem  Thea-  nähere  Erläuterung,  captiva  genannt) ;  oder  ihr 

ter  von  Myra  (s.  Petersen  und   von  Luschan,  Vater  Hipponoos  sendet  sie,  nach  ihrer  Ent- 

Reisen  in  Lykien,  Milyas  und  Kibyratis,  Wien  ehrung  durch  Hippostratos  (s.d.),  zu  dem 

1889,  S.  29,  Fig.  21  und  den  genannten  Artikel)  'fern  von   Griechenland  weilenden'  (?)  Oineus, 

erhalten      [Orinsky.]  der  sie  töten  soll,  aber,  weil  Witwer,  zur  Frau 

Tydeides  {TvdsiSrig,  lat.  Tydides),  das  Patro-  nimmt  {Hesiod.  fr.  97  Bz.  bei  Apollodor  a.  a.  0., 

nymikon  zu  Tydeus  (s.  d.),  dessen  einziger  Sohn  vgl.  Schol.  Pind  OZ.  11,46);  oder  statt  Hippostra- 

Diomedes  (s.  d.)  damit  näher  bezeichnet  wird:  tos  ist  Ares  der  Verführer  {Schol.  Stat.Theb. 
II.  E  16.  18  u.  ö.;    Z  146;    0  99  u.  ö.;    /  63 ;  50  1,  463),   und  Oineus,   dem  sie  schwanger  zur 

K  109  n.  ö.;   ^  312  u.  ö.;    Ä  29;   T48;    W  357  Aburteilung  zugeführt  wird,  ist  nicht  auswärts 

XL  ö.;   Od.  y  181;  d  280;   Quint.  Smyrn.  1,  265.  (s.  o.),  sondern  daheim. in  Aitolien;   sonst  ver- 

831;  4,89.  109.  262;  6,56.  78;  7,188.  443;  8,  hält  sich  alles  wie  im  vorgenannten  Falle:   er 

9«;  9,  203;    10,  118;    13,  207;    Triphiod.  474;  läßt  sie  am  Leben  und  heiratet  sie  {Biodor  4, 

Tzetz.Hom.  64.  102.  107.  123.  188.  197;  Posth.  36);  oder  endlich:   Hipponoos  merkt,  daß  sie 

89.  206.   403.   604.   613.   668;   Anthol.  Pal.  12,  von  Oineus  entehrt  ist,  und  schickt  sie  ihm  zu 

204;  14,  44;  {KaUistr.)  Skol.  10  {Bergk,  Lyr.  3\  {sial  äs  ol  Xeyovrsg,  gleichfalls  hei Apollodoi'). 

647;  hier  ist,  nach  der  Responsion  der  Strophe,  Von  Oineus   ist  Periboia   auch  nach  Plutarch. 

viersilbig  Tvdudr^v  zu  lesen;  die  Dihäresis  des  Proverb   1,  6  schwanger,  wird  aber  von  ihrem 
Diphthongs  in  diesem  Worte  ist  bei  Homer  und  60  Vater  nicht  diesem  überlassen,  sondern  zur  Ob- 

Quint.  Smyrn.  vhQT2iM  zulässig,  nicht  aber  bei  hut  Schweinehirten  anvertraut,    bei   denen 

Tzetz.  Hom.  107;  Posth.  206.  604.  613  durch-  Tydeus  dann  Siu{wsichät  {Antimachos  fr.  12  Kin- 

führbar);  Pediasim.  8,  20  Wagner.  —  Vcrg.  Aen.  kel  im  Schol.  Ven.  II.  J  400.  Macar.  8,  63,  Pa- 

1,97;  2,  164.  197;  10,29;  11,404;  12,351;  Hör.  roemiogr.  2,  22S:   Tvdsvg  ix  cvcpoQßiov).  Die 

C.  1,16,28;   Ov.  Met.  12,611;  13,68.  239.350  Angabe   im    Schol.   Stat.    Theb.  1,41:   Tydeus 

{Tydiden);  16,  769;  Ep.  ex  Pont.  2,  2, 13;  Clau-  Oenei  et  Euriboeae  filius  beruht  einmal  nur  auf 

dian.  28,  470  {Tydiden);    Myth.  Vat.  1,  141  u.  Verschreibung  für  Eriboeae  und  dann  auf  der 

204  {Tydidem)  in  Bodes  Script,  rer.  myth.  p.  43  auch   sonst,   z.  B.  bei  der  Gattin  des  Telamon 


1389                      Tydeus  Tydeus                      1390 

(b.  d.  Sp.  218),  üblichen  Vertauschung  der  Na-  Manne  erwachsen  (Apollodor  1,  76:  ScvijQ  yf- 

mensformen  Erihoia  und  Periboia,   sodaß   hier  voiisvog  yBVvccios)^  tötet  er  entweder  den 

keine  wesentliche  Abweichung  vorliegt.  Dagegen  eigenen  Bruder  Olenias  {Pherekydes  fr.  Sd, 

ist   in   der   Notiz    bei    Sern.  Aen.  6,  471)   u.   im  Müller  1,  91,  bei  Apollodor  a.a.O.;  als  Quelle 

Schol.  Stat.  jl'heb.  1,  669:    Tydeus   Althaear   et  wird  J'herehjdes  auch  im  Scliol.  Ven.  S  120  zi- 

Oenei  fUius  die  erste  Gattin  des  Oineus  irrtüm-  tiert,  wo  jedoch  jener  frt  viog  mv  den  —  hier 

lieh  an  Stelle  der  zweiten  getreten.     Mit  My-  nicht  genannten  —  Bruder  &yiovat(os  umbringt, 

thogr.  Vat.  1,  80:  Tydeus  (Jenei  filius  et  Cassio-  und  zwar  bei  der  blutigen  Rache  an  den  Söhnen 

peiae  ist  nichts  anzulangen,  des  Agrios,    seinen  Vettern,    die  seinen  alten 

Seltsam  klingt  es,  wenn  vereinzelt  Gorge,  lo  Vater  Oineus  vom  Throne  gestürzt  haben,  s.u.); 

Oineus'  eigene  Tochter  aus   seiner  ersten   Ehe  oder   er   tötet   seinen  Bruder  Melanippos 

mit  Althaia,    die  Mutter  des  Tydeus  genannt  auf  der  Jagd  (Jlyfiin.  fab.  69;  nach  Schol.  Stat. 

wird:   Apollodor  1,  75    nach    Feisandros    (den  Theh.  2,  1V6:   incaütus^   also  gleichfalls  durch 

Welcker,  Ep.  Kykl.  1,  95 f.,   unter  Zustimmung  Unvorsichtigkeit,  s.  o.,  vgl.  lUbheck,  JJ.  Tr.  309, 

von  Bobert,  de  Apollod.  bibl.  61,  für  einen  alex-  15   u.   besonders    521  f.    bei   Besprechung   von 

andrinischen    Dichter,    dagegen    Bethe,    Theb.  Accius'  Tragödie  Melanippus^    wo   aber    doch 

Ä^ßZr/enZ.  4 f.,  für  den  Grammatiker  hält;  s.  auch  Tydeus    den  Bruder   meuchlings  aus  dem 

Malten  b&\  Bauly^-Wissowa  l,\hSi&),  \ gl.  Schol.  Hinterhalt,  nämlich  im  Waldgebirge  von  oben 

S  120.    Es  habe,  heißt  es  bei  Apollodor,  Oineus  herab  mit  einem  Felsblock  erschlagen  zu  haben 

nach  dem  Willen  des  Zeus  die  eigene  Toch-  20  scheint;  s.  auch  d.  Art.  Melanippos  nr.  3;  Bd.  2, 

ter  geliebt,  die  also,  wie  Hippodameia  {Apol-  Sp.  2580);   oder  er  tötet  seinen  Bruder  To- 

lodor.Epit.  2,4.  IJygin.fnb.  253.  Lukian.Charid.  xeus  {Schol.  Stat.  Theb.  1,  282;  vgl.  Apollod.  1, 

19.    Tzetz.  Lyk.  Ibl),  mit  dem  Vater  Inzest  übt,  64);  oder  endlich,  wie  schon  erwähnt  (s.  o.), 

vgl.  Gruppe,  Mythol.  S.  657,  5;  1197,  2.    Voigt,  seinen  Bruder  Meleager  {Mythogr.  Vatic.lj 

Leipz.  Stud.  4,  258.  198).    Auch  bei  Statins  selbst  ist  er  fraterni 

An   dem  Argonautenzug  nimmt  Tydeus  sanguinis  conscius  (1,  402)  oder  fraterno  san- 

nur  teil  bei  Valerius  Flaccus:  1,  387  erscheint  guine  pollutus  (2,  113),  ohne  daß  hier  der  Er- 

er  im  Verzeichnis  der  Kriegsgefährten;  3, 107 f.  mordete  genannt  würde.  —  Kaum  schwerer  als 

erlegt   er  bei  dem  nächtlichen  Kampfe  in  Ky-  der  (vielleicht  nicht  beabsichtigte)  Brudermord 

zikos  einen  dortigen  Bewohner,  dem  der  Speer  30  wiegt  die  sonst  mehrfach  berichtete  Tötung 

des  Helden  von  Olenos  in  die  Weichen  dringt  seiner  Verwandten,  die  von  ihm  zwar  mit 

{subit  ilia  ciispis  Olenii)\  denn  nicht  zu  ilia  ge-  Vorbedacht,  jedoch  deshalb  vollzogen  wird,  weil 

hört  Olenii,  als  wäre  dies  der  Name  eines  Ky-  sie  seinen  greisen  Vater  um  die  Herrschaft  ge- 

zikeners  (so  noch  fälschlich  im  index  nominum  bracht  haben.   Auch  hier  schwanken  die  Zeug- 

der  Ausg.  \.  Bährens  S.  169);    sondern  Tydeus  nisse.     Entweder    werden    die   Thronräuber 

heißt  so  als  Aitoler  nach  der  Stadt  Olenos,  bei  als  Söhne   von   Agrios,   dem  Bruder  seines 

deren  Eroberung  seine  Mutter  Periboia  des  Oi-  Vaters    Oineus,   bezeichnet  {Pherekydes  fr.  83 

neus   Beute   wird    (s.  0.);    ebenso  Stat.  Theb.  1,  beim  Schol.  II.  Ven.  5*120);  sie,  also  seine  Vet- 

402:  Olenius  Tydeus;  auch  die  vom  Bruder  ge-  tern,    tötet   er   und    mit   ihnen   unabsichtlich 

erbte  Haut  des  kalydonischen  Ebers,  mit  der  40  {Sc-novöiag)  seinen  (hier  nicht  genannten)  Bru- 

er  bekleidet  ist  (s.  u.),  wird  Olenii  tegimen  suis  der  (s.  0. ;  nach  Schol.  Ven.  A  ist  freilich  auch 

genannt  (2,  541),    Zugleich  verdient  Beachtung,  dieser  Getötete  sein  «it^EifJtdff,  nur  nach  Schol. 

daß   auf  der  Argonautenfahrt  Tydeus   der  Ge-  Fen. B  sein  ddfXqpd?).  Oder  die  acht  sonst  völlig 

nosse  seines  Stiefbruders  Meleagros  ist,  der,  im  obskuren,   aber  hier  namentlich  aufgezählten 

Gegensatz  zu  Tydeus,   regelmäßig  {Seeliger  im  Männer,  die  Tydeus,  weil  sie  seinen  Vater  nach 

Art.  Argonautensage   Sp.  509)  und   daher  auch  Herrschaft  und  Leben  trachten,  umbringt,  wer- 

bei   FaZer.  i^Zacc.  1,  435;  6,719   an   dem  Zuge  den  die  Söhne  des  Me  las  genannt  (^/Ä;ma«oms 

teilnimmt;  in  der  gewöhnlichen  Überlieferung  fr.  4  Kinkel  nach  Apollodor  1,  76);  seine  Vet- 

geht  dieser  berühmte  Zug  dem  Leben  des  Ty-  tern  sind  auch  sie;  denn  nach  II.  S'll?  gelten 

deus   zeitlich  voraus   (s.  d,  Art,  MeJeagros   Sp.  50  Agrios,  Melas  und  Oineus  für  Brüder,  nämlich 

2591.  2593f.).    Doch  findet  sich  eine  unchrono-  als  Söhne  des  Portheus  (oder  Porthaon:  Apol- 

logische  Zusammenstellung  beider  Halbbrüder  lodor  1,  63),    Oder  die  von  Tydeus  getöteten 

auch  sonst,  vgl.  Ov.  Heroid.  9,  155 f.  (nichts  be-  Vettern  {ccvsipioL)  heißen  bei  Diodor  4,  65  (ohne 

weist  jedoch  Eur.  Hiket.  901  f.   u,  die  Prophe-  Nennung   ihres  Vaters)   Alkathoos   und  Lyko- 

zeiung  eines  deus  ex  machina  in  Eur.  Meleagr.  peus.    Diese  beiden  sind  nach  Schol.  Eur.  Phoen. 

fr.  537  Nck.^,  s,  d.  Art.  Oineus  Sp.  755).    Die  den  417  Söhne  des  Agrios,  jedoch  nach  Schol.  Aesch. 

Meleagermythus  behandelnden  Dramen  bespricht  Sept.  666  Kirchhoff  (wo   Butler  Ljkopeus  aus 

Ribbeck,  B.Tr.  606  f.  Über  das  Bild  einer Neapler  Lykauges  herstellt)  Söhne  des  Melas;  oflFenbar 

Vase,  auf  welchem  Tydeus  tief  betrübt  den  todes-  werden  nämlich  die  noch  in  der  Ilias  a.a.O. 

matten ,   sterbenden  Bruder  stützt,   s.  u.     Nach  60  deutlich    unterschiedenen   Brüder  Agrios   und 

dem  Mythogr.  Vatic.  1,  198  wird  dagegen  Me-  Melas  (s.  o.)  später  nicht  mehr  scharf  getrennt 

leager   sogar  von  Tydeus  erschlagen  —  (s.  d.  Art.  Oineus  Sp,  756).     Besonders  dunkel 

eine  der  vielen  Lesarten  von  dessen  Verhängnis-  oder    verwickelt   ist    die    Situation    im    Schol. 

vollem  Verwandtenmord.  Townl.  II.  Ä  114  u.  bei  Eustath.^.  971,  7 f.,  wo 

Diese  Blutschuld  treibt  ihn  nämlich  in  die  er  die  beiden  beim  Mahle  tötet  und  mit  ihnen 

Fremde,  wo  er  schließlich  im  Kampfe  fällt.  In  unabsichtlich    {ccxcov)    auch    den    Vatersbruder 

die    einander   widersprechenden   Berichte   läßt  Melas.     Den  Alkathoos  allein  ferner,  der  hier 

sich  schwer  Ordnung  bringen.  Zum  tüchtigen  ein  Bruder  des  Oineus,   also  sein  Oheim  ist, 

45* 


1391  Tydeus  Tydeus  1392 

tötet  Tjdeua  nach  unbekanater  Quelle  (ats  Ankömmlinj^e,  sei  es,  weil  sie  wie  wilde  Tiere 
niv  tivs g  liyovaiv)  hei  Apolloiior  1,76.  Daß  am  den  Raheplatz  kilmpfen  {Etir.  Hik.  HS. 
endlich  jene  beiden  Opfer  seine  eigenen  Phoen.  421  mit  Schol),  sei  es,  weil  Polyneikes 
Sohne  gewesen  seien,  wird  im  Schol.  Ven.  mit  einem  Löwenfell,  Tydeua  mit  der  ererbten 
II.  3  120  nur  beiläufig  erwähnt  und  unter  Hin-  Haut  des  kalydonischen  Ebers  bekleidet  ist 
weis  auf  Fherekydes  fr.  83  (s.  o.)^  sofort  berich-  (SohoJ.  Phoen.  a.  a.  0.  Schol.  II.  J  .{76.  Ili/gin 
t\^(il  iXtid^Bariga  iötogla  avrri).  Demnach  /*a6.  69.  Sto^  1,  483f.  u,  ö.),  sei  es  endlich,  weil 
kommen  bald  einzelne  Brüder,  bald  mehrere  jener  als  Abzeichen  auf  dem  Schilde  ein  Li3wen- 
Vettern  auf  einmal,  bald  ein  Vetternpaar,  bald  haupt,  dieser  als  Wappentier  den  Eber  führt 
ein  Oheim,  bald  sogar  zwei  angebliche  Söhne  lO  {Schol.  Phoen.  409.  Äpollodor  3,  59).  Zwischen 
des  Tydeus  von  seiner  Hand  ums  Leben,  ohne  den  beiden  Fremdlingen  schafft  er  einen  fried- 
daß  es  festzustellen  gelänge,  wen  er  eigent-  liehen  Ausgleich  (der  übrigens  bei  Mnaseafi,  wo 
lieh,  mit  Absicht  oder  aus  Versehen,  sie  zusammen  ankommen,  und  bei  Dtoior  4,  65 
getötet  hat.  Vielleicht  ist  an  der  Unklarheit  gar  nicht  nötig  ist),  entsühnt  den  mord- 
eine Vermengung  der  Schicksale  des  befleckten  Tydeus  {P.'ierekyde.<i  fr.  83)  und 
Tydeus  mit  denen  seines  Sohnes  Dio-  gibt  ihm  seine  Tochter  Deipyle  (s.  d.)  zum 
medes  (s.  d.)  schuld;  denn  nach  anderer  Fas-  VVeibe  {Schol.  IL  J  316.  Schol.  Eur.  Phoen.  135. 
sung  der  Sage  hat  erst  dieser,  nicht  schon  Ty-  137.  409.  Äpollodor  1,  76,  vgl.  103-,  3,59.  Dio- 
deus  den  Sturz  des  Oineus  gerächt,  vgL  bes.  dor  a.  a.  0.  Stat.  2,  202 f.;  bei  Hygin.  fab.  69 
Anton.  Liher.  37  u.  Ribbeck,  R.  Tr.  302, 1.  Aus  20  heißt  sie  Deiphile,  bei  Serv.  Aen.  1,  97:  Dei- 
der  Zahl  der  einschlägigen  Tragödien,  in  phyle\  während  er  Argeia,  die  ältere  {Hygin. 
deren  Bruchstücken  jedoch  Tydeus'  Schicksale  fab.  69:  maiorem),  mit  Polyneikes  verheiratet; 
höchstens  gestreift  werden,  sind  folgende  her-  vgl.  auch  Soph.  Antig.  870.  Die  zwölftägige 
\oiz\ihehQn:  Earipides'  Oinewi{Welcker,Gr.Tr.  Doppelhochzeit  trüben  ungünstige  Vorz^nchen 
583  f)  und  PacuviM^  Periboea  {Ribbeck  301  f),  {Stat.  2,  249  f.).  —  Dem  Tydeus  (und  wohl  auch 
die  Msliaygos  betitelten  Dramen  des  Sophokles  dem  Polyneikes)  gewährt  Adrast,  oflFenbar  als 
und  namentlich  des  Eur ipides,  dem  sich  J.cc»ms  Mitgift,  reichen  Lebensunterhalt  {IL  S  119f., 
in  seinem  3/ei«a<7cr  eng  angeschlossen  hat  (Ä<7)-  vgl.  OL  r]  311  f.  Stat.  4,80).  Zugleich  ver- 
beck  606f.):  ferner  desselben  Dichters  Diomedes  spricht  er  den  beiden  Schwiegersöhnen, 
(S. 624f.);  über  seinen  Melanippos  endlich  s.o.  so  sie  in  ihre  Heimatländer  zurückzufüh- 
—  Übrigens  wird  Tydeus'  blutige  Tat  mehr-  ren  {Bakchylides  8,  20  Blass.  Eur.  Hik.  132; 
fach  nur  allgemein  angedeutet:  Aesch.  Sept.  Phoen.  ^^29.  Äpollodor  ?>, 69.  Diodor  &.si.O.  Stat. 
566.  Soph.  fr.  incert.  7 Sl  Nck.*.  Eur.  Hiket.liS  2,  199  f.).  Auf  den  zunächst  geplanten  Zug 
n.  Oineus  fr.  bbSNck.*.  Scliol.Il.JS16.  Eustath.  gegen  Theben  soll  ein  zweiter  gegen  Kalydon 
p.  971,  7.  Philostr.  Epist.  28  (2,  240  Kayser).  zur  Wiedereinsetzung  des  Tydeus  folgen  {Apol- 
Zenob.  1,  30  {Puroemiogr.  1,  10).  lodor  a.  a.  0.).  Die  beiden  geistesverwandten 
Wegen  seiner  Blutschuld  von  den  überleben-  Schwäger  treten  einander  rasch  nahe,  sodaß 
den  Verwandten  verfolgt  oder  zur  Rechenschaft  ihre  Freundschaft,  wie  die  mancher  an- 
gezogen (^jpoWorior  1,  76: '^yp/ot^  dixag  ^Trayov-  derer  Heroen,  sprichwörtlich  ist:  Stat.  1., 
TOS  aurw),  meidet  er  das  Vaterland  und  ge-  40  470 f.;  9,  68 f.  mit  Schol.  Anthol.  lat.  1,  664,  8. 
langt  nach  einer  Irrfahrt  {IL  S'120:  TtXayx^Bi?)  Ihre  gleiche  Lebenslage  macht  sie  für  den  be- 
zu  Adrastos  (s.  d.),  der  entweder,  aus  der  ginnenden  Feldzug  zu  natürlichen  Verbündeten. 
Heimat  verbannt,  in  Sikyon  lebt  {IL  B  572.  Merkwürdig,  daß  bei  diesem  Kriege  der  Sie- 
Herodot  5,67.  Paus.  2,  6,  6;  vgl.  Gruppe  S.  17b,  ben  gegen  Theben  manche  Quellenschrift- 
16.  613.  527.  Busolt,  Gr.  Gesch.  1*,  664f.)  oder  steller  Polyneikes  und  Tydeus  gar  nicht  mit- 
seinen  Herrschersitz  bereits  in  Argos  hat;  rechnen,  sondern  an  ihrer  Statt  Eteoklos,  den 
hierher  verlegen  die  meisten  Berichte  Tydeus'  Sohn  des  Iphis,  und  Mekisteus  nennen  {Apol- 
Ankunft:    IL  S  119.    Pherekydes  fr.  83,  Müller       lodor  3,63:  rirg?  Tvdia  Hat  IIolvvsLxriv  ov  xar- 

1,  92.  Soph.  fr.  incert.  731,3.  Eur.  Phoen.  4:08t  agid-iiovöL).  Sonst  erscheint  er  regelmäßig  un- 
mit  Schol.  Äpollodor  1,  76:  3,58.  Diodor  4,  65.  bo  ter  den  Hauptführern  des  Unternehmens,  deren 
Zenob.  1,30.  ^as^atÄ.  p. 288, 24.  971,8.  Oo.Pmt.  Zahl  sich  hie  und  da  auf  zwölf  erhöht  {Gruppe 
1,3,  7  9;   vgl.  Fast.  1,  491.   Stat.  Theb.  1,  671;       S.  .528).     Die  Listen   der  Kriegsgefährten  wei- 

2,  112  u.  ö.  Gleichzeitig  erscheint  dort,  vom  chen  mehrfach  von  einander  ab;  hier  kann  nur 
Bruder  Eteokles  aus  der  Vaterstadt  Theben  ver-  Tydeus'  Auftreten  erwähnt  werden:  IL  J  31S 
trieben,  Polyneikes  (s.  dX  Im  Hofe  oder  in  mit  Schol.  Ven.  S7 6,  vgLE803f.;  JC285f.;  3  lU. 
der  Vorhalle  des  Königsschlosses  machen  die  bei-  Antimach.  fr.  6  f.  u.  13  Kinkel.  Pherekydes  fr.  51, 
den  Flüchtlinge  zur  Nachtzeit  einander  Aufent-  Maller  1,  85,  im  Schol.  E  126.  Aesch.  Sept.  360 f.; 
halt  und  Lagerstätte  streitig:  Eur.  Hik.  142 f.  407 f.  mit  SchoL;  554  f.  Soph.  Oed.  CoL  1315; 
Phoen.  415  f.  HypsipyL  fr.  in  Oxyrhynchus  Pa-  Eur.  Hik.  901f.  Phoen.  1119f.;  1143f.;  1165 f. 
pyri  VI  44f.  Äpollodor  ^,  58.  Bei  Stat  1,  342 f.  60  mit  SchoL  Schol.  Pind.  Ol.  6,  23  a.  Äpollodor 
404 f.;  2, 153 f.  ist  die  Situation  durch  die  Schil-  3,  63.  68.  Diodor  4,  65.  Paus.  10,  10,  3.  Hygin. 
derung  eines  Gewittersturms  romantisch  aus-  fab.  70.  Verg.  Aen.  6,  479  mit  Serv.  Stat.  Theb. 
geschmückt.     Den   Adrast    hat    auf  die   Gäste       1,  41  f.;  401  f.;  4,  94 f.  u.  ö. 

ein  Orakel  vorbereitet,  wonach  er  seine  Töch-  Während  Amphiaraos  (s.  d.)  nur  durch  Ver- 

tex mit  einem  Löwen  und  einem  Eber  mittelung  seines  Weibes  Eriphyle  (s.  d.)  von 
vermählen  soll;  den  Wortlaut  teilt  Mnaseas  Adrastos  mit  Mühe  für  den  Krieg  gewonnen 
fr.  48,  Müller  3, 157,  im  Schol.  Eur.  Phoen.  409,  wird,  sind  Polyneikes'  und  Tydeus'  leidenschaft- 
mit.    Adrast  deutet  den  Seherspruch    auf  die      lieber  Rachedurst  und  kriegerischer  Jugendmut 


1393                      Tydeus  Tydeus                       1394 

geradezu  die  treibenden  Kräfte;  über  Tydeus  winnt  mit  Athenes  Hilfe  über  jeden  leicht  den 
8.  bes.  Aesch.Sept.  3G8f.;  öööf.  Apollodor  8,76.  Sieg  (J  389 f.;  E  807).  Bei  l^tat.  2,  889 f.  be- 
iS^af.  2,  307f.;  364 f.  Vergebens  sucht  Deipyle  schränkt  sich  die  Begegnung  auf  eineu  erbit- 
durch  Bitten  und  Tränen  den  Gatten  zurück-  terten  Wortstreit.  Erzürnt  legen  dem  verwe- 
zuhalten  {Stat.  2^  311 1\);  gewiß  erscheint  ihr  genen  Eindringling  bei  seinerßückkehr  fünfzig 
für  den  (künftigen  oder  schon  geborenen?)  Sohn  Thebaner  unter  Maion  (s,  d.)  nnd  Polyphon- 
Diom  e  des  (8.  d.)  der  Vater  unentbehrlich  (J^ol-  tes  einen  Hinterhalt  (über  die  Zahl  50  vgl. 
lodor  1,  70.  Hygin.  fab.  69 ;  vgl.  Theokr.  1 7,  64).  Röscher,  Abhdl.  d.  Sachs.  Gei^ellsch.  d.  W.  XXXJII 
Diomedes  ist  Tydeus'  einziger  Sohn,  den  die  nr.  5  S.  34f.);  Tydeus  aber  tötet  alle  bis  auf 
Sage  kennt.  Nur  auf  ihn  kann  sich  daher  der  lo  Maion,  den  Sohn  des  Haimon;  ihn  läßt  er,  auf 
Hinweis  auf  ein  Stück  des  Theodcktes  bei  Aristot.  warnende  Zeichen  der  Götter  hin,  als  Unglücks- 
Poet.  c.  16  p.  1455  a  9  (Nauck,  Trag.  fr.  p.  803*)  boten  allein  entrinnen  {J  391  f.  Apollodor  a.  a.  0. 
beziehen.  Die  vierte  Art  der  avayvwgiöis  wird  Stat.  2,  ö27f.;  693f  ;  vgl.  4,  596f.;  8,  664f.);  wie 
nämlich  hier  belegt  mit  dessen  Tragödie  Ty-  ihm  Maion  "dies  noch  im  Tode  dankt,  s.  u. 
deus,  Sri,  iXd-(üv  svQrjGcov  vlbv  avrbg  ccnoXXvxai,  Am  Ziele  angelangt,  schließt  das  Heer  The- 
Bei  der  Knappheit  der  Bemerkung  bleibt  de-  ben  ein ;  die  Führer  nehmen  mit  ihren  Scharen 
ren  mythologischer  Inhalt  leider  rätselhaft  den  Aufgängen  der  siebentorigen  Stadt  gegen- 
{Wekker,  Trag.  3,  1075).  —  In  dem  Bestreben,  über  Aufstellung.  Auch  hier  gefällt  sich  die 
für  den  Feldzug  alles  in  Bereitschaft  zu  setzen,  Phantasie  der  einzelnen  Dichter  oder  Erzähler 
ziehen  Adrasts  beide  Eidame  vorerst  zur  Wer-  20  dem  Wechsel  zuliebe  in  Abweichungen.  Bei 
bung  anderer  Fürsten  aus,  holen  sich  aber  in  Aesch.  Se)t.  358  f.  wird  (durch  das  Los)  dem 
Mykenai,  wo  Zeus  durch  ungünstige  Vorzei-  Tydeus  das  nordöstliche  Proitidische  Tor,  in 
eben  den  Krieg  widerrät,  einen  abschlägigen  dessen  Nähe  er  später  angeblich  auch  begraben 
Bescheid  {11  A  376f.;  vgl.  Stat.  4,  306f.;  an-  liegt  {Paus.  9,  18,  If.,  s.  u.),  bei  Eur.  Phoen. 
ders  Eur.  Phoen.  i30).  Als  man,  nach  der  Ver-  1119f.  das  Homoloische  Tor  im  Norden  zur  Be-. 
Sammlung  der  aufgebotenen  Führer  und  ihrer  stürmung  zugewi«'Ben.  Y^ie  in  Aesch.  Sept.  a.&.O. 
Mannen  und  dem  allgemeinen  Aufbruch,  zum  der  Bote  dem  Eteokles  des  Tydeus  Erscheinung 
ersten  Male  in  Nemea  rastet  und  nach  Wasser  und  Gebaren,  und  zwar  gleich  an  erster  Stelle, 
sucht,  zeigt  ihnen  Hypsipyle  (s.  d.)  eine  Quelle,  schildert,  so  läßt  sich  ihn  in  Eur.  Phoen.  133  f. 
läßt  aber  dabei  das  ihr  anvertraute  Kind  des  30  Antigene  bei  ihrer  Mauerschau  zeigen  und  be- 
einheimischen Königs  Lykurgos  (s.  d.)  unbewacht,  achtet  seine  auffällige  aitolische  Ausrüstung.  — 
das  dem  Biß  einer  Schlange  zum  Opfer  fällt;  Kampfesfroh  und  siegesgewiß  mustert  er  seine 
der  unachtsamen  Wärterin,  die  der  erzürnte  Scharen,  die  aus  den  Städten  seiner  Heimat  zu 
Vater  des  Kleinen  deshalb  umbringen  will,  ihm  gestoßen  sind  (/S^at.  4,  93f.;  lOlf.).  —  In- 
nimmt sich  Tydeus  an  und  gerät  so  mit  jenem  wieweit,  außer  den  zitierten  Dramen  der  großen 
in  tätlichen  Streit,  der  u.  a.  auf  dem  Throne  attischen  Dichter,  andere  Tragödien  wie  ^cÄaios' 
von  Amyklai  dargestellt  war  (s.  u.);  denn  bei  'kögaötog,  luUus  Caesar  Strahos  Adrastus  {Rib- 
Paus.  3,  18,  12  ist  wohl,  mit  0.  Jahn,  Arch.  heck,  P.  Tr.  614 f.),  ferner  Accius'  zweifelhafte 
Aufs.  158,  zu  lesen:  '!A8Qa6xo(s  8h  -nccl  'Aficpid-  Thebais  und  die  Phoenissae  (ebenda  S,  474f.) 
gaog  Tvdsa  v.al  Avuovgyov  rbv  ngcova-iiros  io  diesen  Teil  der  Tydeussage  beeinflußt  haben, 
^dx'^^ts  'KaraTtccvovaiv ,  zumal  auch  bei  Stat.  5,  steht  bei  dem  geringen  Wert  der  Fragmente 
661  f.  Tydeus  den  Lykurgos  angreilt,  die  bei-  dahin;  auch /S'e^ecas  JP7«oe»mae  gewähren  keine 
den  Argiver  aber  den  Kampf  schlichten.  Bei  Ausbeute.  —  Während  der  Belagerung  spielt 
den  zu  Ehren  des  umgekommenen  Königskindes  eine  tragische  Liebeggeschichte.  Nach  ilftm- 
yeranstalteten  Leichenspielen  siegt  Tydeus  im  nermos  fr.  21  in  Salustios'  Hypothesis  zu  Soph. 
Faustkampf  (JjpoZZo(/or  3,66)  und  überwindet  Antig.  {Bergk,  Lyr.  2*,  32)  beschleicht  nämlich 
den  Agylleus  im  ausführlicb  beschriebenen  Tydeus  auf  Antrieb  Athenes  Ismen e  (s.  d.), 
Ringkampf  (/Stoit.  6,  788f.);  auf  diese  mythi-  die  liebliche  Schwester  der  beiden  feindlichen 
sehen  Wettspiele  wird  der  spätere  Nemeische  Brüder,  bei  ihrer  Zusammenkunft  mit  Theokly- 
Agon  zurückgeführt  {Philostr.  Gymnast.  c.  7;  2,  50  menos  (richtiger  Periklymenos,  s.  d.  Art.  Bd.  3, 
263  JTai/ser:  a.vci.v.iixai  roTg  Sc^icpl  Tvdiu  xolg  Sp.  1967f);  nach  Pherekydes  fr.  AS  im  Schol. 
tTtxd).  Tragödien:  Nemea  des  Aüchylos  und  Eur.  Phoen.  53,  Müller  1,  83  geschieht  es  an 
de& Ennius{Pibbeck,B.Tr.  169 {.);  Hypsipyle  des  einer  Quelle  außerhalb  Thebens,  die  seitdem 
Aischylos  und  des  Euripides  {Welcker,  Gr.  Tr.  ihren  Namen  trägt.  Der  Geliebte  entweicht, 
l,50f.;  2,  554f.;  Ribbeck  S.  161f.)  mit  den  neu-  aber  das  Mädchen  fleht  den  Feind  vergeblich 
gefundenen  Fragmenten  in  Oxyrhynchus Papyri  um  Schonung  und  wird  von  ihm  getötet,  über 
VI  19  f.  (s.  0.),  die  leider  für  die  Tydeussage  bildliche  Darstellungen,  z.  B.  auf  einer  etrusk. 
ohne  wesentlichen  Ertrag  sind.  —  Auf  dem  Urne,  wo  die  Liebesszene  in  ein  Gemach  ver- 
Weitermarsch  sendet  das  Heer  vom  boiotischen  legt  ist,  s.u.  —  Wie  hier  erbarmungslos  selbst 
Flusse  Asopos  aus  den  Tydeus  als  Unter-  60  gegen  ein  Weib,  so  ist  er  auf  dem  Schlachtfeld 
händler(ß:yy6Ai7]r)  nach  Theben  (2Z.  z/ 384 f.;  erst  recht  ein  Schrecken  für  die  Feinde.  Ob- 
vgl.  E  803 f.;  K  285 f.:  äyysXog;  Tfiodor  4,65);  wohl  klein  von  Gestalt  (s.  u.),  ist  er  doch,  ver- 
heiStatius  2,  369f.  ist  er  zugleich  Kundschafter.  möge  seines  unerschrockenen  Mutes  {11.  E  125), 
Er  trifft  bei  Eteokles,  der  sich  auf  keine  Zuge-  ein  gewaltiger  Streiter,  der  nicht  nur  ein  lau- 
ständnisse  einläßt  {Apollodor  3,  61),  die  The-  tes,  herausforderndes  Kriegsgeschrei  vernehmen 
baner  schmausend  an  und  bleibt  allein  unter  läßt  (Aesch.  Sept.  364.  375.  Eur.  Phoen.  1144 f. 
80  vielen  nicht  nur  unerschrocken,  sondern  for-  Stat.  7,  611  f.;  8,  663 f.),  sondern  auch,  der  Be- 
dert  sie   sogar  zum  Kampfe  heraus,  ja  er  ge-  deutung   seines   Namens   entsprechend    (s.  u.). 


1395                      Tydeus  Tydeus                      1396 

mächtig  dreinschlägt.     Seine  ScQiarsia,   in  der  liegt  und  dem  Tode  verfällt,  vgl.  Bakchijlides 

er  unter  den  Thebanern  schrecklich  wütet  (iStot.  fr.  ^l  Bloss:   ii  Ud-rivä  rm  Tvdsi   dmaovöcc  xr]v 

8,  669  f.;  688 f.),  gewinnt  an  Wichtigkeit  durch  &^ava<siav  . .  .    Liban.  Pr'ogymn.  4, 1100  R  (8, 40 

ein  feindliches  Zusammentreffen  mit  Eteo-  Förster).    Stat.  ^,713  f.;  IM  f.    So  groß  ist  ihr 

kies,  den  aber  die  Seinen  vor  dem  Ansturm  Ekel,  daß  sie  die  himmlische  Behausung  erst 

des  bedrohlichen  Gegners  retten  (v.  689 f.).   Doch  aufsucht,  nachdem  sie  ihre  entwoihten  Augen 

es  soll  fftr  ihn   selbst  der  letzte  Kampf  sein.  mit   fließendem  Wasser  gereinigt  hat:  v.  764 f. 

wahrend   nämlich   nach   den   meisten  Quellen  Doch  hat  jener  noch  sterbend  seine  beleidigte 

mit  dem  blutigen  Ausgang  des  Brudeikampfes  Schützerin   gebeten,   die  ihm   zugedachte  Uu- 

zwischen  Eteokles  und  Polyneikes  der  Angriff  lo  Sterblichkeit  auf  seinen  Sohn  Diomedes  (s.d.) 

auf  die   belagerte  Stadt  scheitert,  sodaß  die  zu  übertragen:  Schol.  Pind.  Nem   10,12;    vgl. 

übrigen  Führer  erst  nach  den  Brüdern  fallen,  Liban.  4,  997  R  (8,338  Förster).  Wirklich  heißt 

setzt  Statius  den  Untergang  der  letzteren,  der  es  bei  Pindar,  Nem.  10,  7:  Jiofn/jSecc  d'  afißgo- 

Steigerung  der  Erzählung  zuliebe,  an  das  Ende  rov   ^avd-ä   jtors    Plocvx&xis  ^O'/jx«  ^eriv,    was 

(Buch  9),  und  jene  sterben  vorher  den  Helden-  Welcher  {Ep.  Kykl.  2,  365)  auf  eine  alte  The- 

tod.     Dabei  erfüllt  sich  unter  grausigen  Um-  bais    zurückfährt.      Die    Historiker    schweigen 

ständen  auch  Tydeus'  Geschick.     Ihm  gegen-  von  Diomedes'  Tode;   auch   wurde   er   in   den 

über  hat  Eteokles  bei  der  Verteilung  der  the-  unteritalischen   Städten   Metapontion,    Thurioi 

banischen  Streitkräfte  den  tapferen  Melanip-  und  Argyrippa  als  Gott  verehrt  {Polemon  im 

pos  (g.  d.  nr.  2)  aufgestellt  {Äesch.  Sept.  890—  «o  vorerwähnten  Pmrfarsc/to//oM);  andere  Fabeleien 

397  Jfir/rcÄ/io/f).  Mit  ihm  gerät  er  jetzt  im  Kampfe  über  Diomedes'   spätere   Schicksale   hei  S trab. 

aneinander  und  wird  von  ihm  am  Bauche  ver-  6,  284.    Schol  Lyk.  610.    Wie  Tydeus   von   der 

wundet  {Äpollodor  3,  75f.    Stat  8,  720f.).   Der  Hand  des  Melanippoa  im  Kriege  gegen  Theben 

Vorgang  erfährt  wieder  manche  Abwandlungen,  fällt,  wird  noch  erwähnt:    Herodot  ö^  fil .  Paus. 

die   sich   nicht  reinlich   scheiden  lassen;   vgl.  9,18,1.  Philostr.  H>!r.  A,l  (2,168 Kayser).  Hygin. 

Bethe,Theb.  HelderU.  62;  Gruppe  S.  634  f.  Nach  fab.  70.   Serv.  Äen.  6,  479. 

der  einen   Fassung,   die   am   vollständigsten  Um  die  Leiche  des  Helden   entspinnt  sich 

Äpollodor  a.  a.  0.  bietet,  erwidert  Tydeus  den  bei  Stat.  9, 1  f.  ein  erbitterter  Kampt.    Eteokles, 

tödlichen  Streich,  sodaß  der  Gegner  Melanip-  der,  wie  sein  Bruder,  nach  dieser  Darstellung 

pos  ums  Leben  kommt.   Während  Tydeus  selbst  so  den  Tydeus  und  die  anderen  Führer  des  argi- 

aber  halb  entseelt  daliegt,  will  Athene  diesem  vischen  Heeres  überlebt,  fordert  die  Seinen  auf, 

ihrem  Schützling  durch  ein  von  Zeus  erbetenes  sich  des  Toten  zu  bemächtigen  (9,  12 f.);   um- 

Heil-  und  Zaubermittel  zur  Unsterblichkeit  ver-  gekehrt   ermahnt  Polyneikes    eindringlich   zur 

helfen.     Doch   aus   Haß   gegen   Tydeus,    weil  Rettung  des  gefallenen  Kameraden  und  trauert 

dieser  einst  den  Kriegszug  gegen  Theben  her-  mit  dem  Heere  um  ihn  (v.  32 f.);  besonders  ist 

beigeführt  (s.  o.)  und  damit  soviel  Blutvergießen  Hippomedon  bemüht,   seinen  Tod  an  den  flie- 

verschuldet  hat,  vereitelt  jetzt  Amphiaraos  die  henden  Thebaaern  zu  rächen  (v.  90  f.).   Da  die 

Rettung,  indem  er  ihn   der  göttlichen  Gnade  Bergung  der  Leiche  nicht  gelungen  ist,  wagen 

unwert  macht.    Er  bringt  also  wie  eine  Tro-  sich   in   der   folgenden  Nacht    zwei    treue  Ge- 

phäe  das  abgeschlagene  Haupt  des  Me- 40  seilen,    ein  Arkader  und  ein  Ätoler,   auf  das 

lanippos  zu  dem  halbtoten  Tydeus,  der  Schlachtfeld,  um  ihre  Führer  Tydeus  und  Par- 

voU  Rachgier  wie  ein  wildes  Tier  darüber  her-  thenopaeus  zu  bestatten  (10,  347 f.);  sie  erreichen 

fällt   und   mit  rohem   Behagen   das    Gehirn  zwar  ihren  frommen  Zweck,   fallen  aber  ihrer 

ausschlürft.  Nach  anderer  Darstellung,  die  Pietät  zum  Opfer  (v.  38 4 f.);  wegen  ihres  Hel- 

jene  Feindschaft  zwischen  den  beiden  Kampf-  denmutes  bei  nächtlichem  Abenteuer  und  ihrer 

genossen  nicht  betont,   tötet  Amphiaraos  den  treuen  Waffenbrüderschaft   vergleicht  sie  Sta- 

Melanippos   {Pherekydes  fr.  51,    Müller  1,  85.  titis  (v.  445 f.)  mit  Nisus  und  Euryalus  in  Verg. 

EustaÜi.  p.  bU,  n f.  Tzetz.  Lyk.  1066)  und ubei-  Aen.  9,  176 f.;  s.  auch  Ribbeck,  R.  D.S,  231  f. 

gibt  dem  todwunden  Tydeus   auf  dessen  aus-  Schon  bei  Homer  {IL  13  114)  birgt  den  Ty- 

drücklichen  Wunsch  den  Schädel  des  Gegners  50  deus  ein  Grab  in  thebanischerErde;  die- 

(Schol  Pind.  Nem.  10,  12).    Nach  Stat.  7,  789 f.;  ses  erwähnt  auch  Paus.  9,  18,  2:  es  liegt  nahe 

8,  718f.  endlich  ist  Amphiaraos  bereits  gefallen,  dem  Proitidischen  Tore,  vor  dem  er,  wenigstens 

als  Tydeus  verwandet  wird,  und  Kapaneus  tritt  nach  Aesch.  Sept.  360  f.,  bei  der  Belagerung  sei- 

insofern  an  jenes  Stelle,  als  er  dem  mit  dem  nen  Standort  hat  (s.  o.);  Maion,  den  er  bei  der 

Tode  ringenden    Kriegsgefährten    lydeus    das  siegreichen  Abwehr   des   thebanischen  Hinter- 

noch  zuckende  Haupt   des  Melanippos  reicht.  halts    allein    hat   entkommen    lassen    {J  391  f., 

Der  grausigen  Mahlzeit  des  Rachgierigen  wird  s.  o.),  soll  ihn  hier  beerdigt  haben.    Doch  auch 

auch  sonst  mit  Abscheu  gedacht :  Soph.  fr.  ine.  hierüber   besteht   keine    Einheit   der  Berichte. 

731,  5.    Für.  Meleagr.  fr.  537  Nck*.    Lyk.  AI.  Da  Athen  den  Ruhm  genoß,  sich  bereits  in  der 

1066  mit  Schol.    Dosiadas  Anthol.  Pal.  15,  26.  60  Heroenzeit  schützend  der  Bedrängten  und  Hilfe- 

Seoct.    Empir.   Hypotyp.   Pyrrhon.    3,  207.    Ov.  suchenden   angenommen  zu  haben,   so  bildete 

Ibis  425  f.  513  f.  {der  ScJwl.  nennt  den  Enthaup-  sich  die  Sage,  es  hätten,  um  die  unbestatteten 

ieten  M.e\B.mpp\i8;  s.d.).  Schol.  Stat.  Theb.  1,42]  Leichen    der    vor    Theben    gefallenen    Helden 

3,544;  9,102.    Dieser  Akt  schnöder  Brutalität  zu   erlangen,    deren    trauernde   Witwen  sowie 

bringt  Tydeus  um  die  schon  für  ihn  er-  Adrastos  sich  an  Theseus,   den  Herrscher  von 

wirkte  Unsterblichkeit.    Bei  dem  schauer-  Attika,   gewendet,   und   dieser   habe  von  dem 

vollen  Anblick  wendet  sich  nämlich  die  Göttin  neuen  thebanischen  König  Kreon  die  Auslie- 

von  ihm  ab,  sodaß  er  seiner  Verwundung  er-  ferung  der  Toten  erreicht.    In  den  (verlorenen) 


1397                       Tydeus  Tydeus                       1398 

''EXsvölvtoi  des  Aischylos  {Naiick,  fr.  trag.  Gr.  ist  (s.  o.)  und  das  Heer  seinen  Verlust  betrauert, 
p.  18  f.*)  geschah  dies  auf  gütlichem  Wege  durch  Ein  Ares  in  Menschengestalt  {Eur.  Phoen. 
einen  Vertrag,  den  der  Atthidograph  Phüocho-  134.  Stat.  1,  464;  2,  587.  727;  4,  111 ;  8,688.  707; 
ros  {fr.  51,  Müller  1,  3Ü2)  als  das  erste  Abkom-  9,  72),  der  den  Gegner  blitzartig  nioderschmet- 
men  über  die  Auslieferung  von  Leichen  bezeich-  tert  (fulmineus:  4,94),  und  der  tapferste 
net  (^riut.  2'Äcs.  29),  in  Kuripides*  Hiketi<lt'.s  unter  seinen  Zeitgenossen  (PAen^rfes /r. 
•dagegen  durch  Drohungen  und  eine  blutige  83,  Müller  1,  92),  weshalb  noch  der  byzautini- 
Schlacht.  Bei  Apollodor  3,  79  erobern  die  Athe-  sehe  Sophist  T heophylaktos  Simokata  {Hint. 
ner  zur  Bergung  der  Toten  sogar  Theben  und  2,  18)  mit  ihm  einen  kleinen,  aber  mutigen  rö- 
nehmen  die  Leichen  mit  in  ihr  Land.  'J'heseus  lo  mischen  Krieger  vergleicht  {Suid.  s.  Zdntig), 
erzwingt  also  hier  die  Übergabe  der  Helden-  trägt  er  trotzdem  kein  wahres  Heldentum, 
leichen,  und  so  findet  Tydeus  mit  den  mei-  keine  edle  Vaterlandsliebe  als  Triebfedern  sei- 
lten seiner  Kriegsgefährten  die  letzte  Ruhe-  nes  streitbaren  Mutes  in  der  Brust,  sondern 
statte  in  dem  geweihten  Boden  von  Rachsucht  und  Rauflust  aind  seine  Be- 
Eleusis;  vgl.  auch  iVms.  1,  30,  2.  Vor  der  weggründe.  Daher  steigert  sich  sein  rück- 
hier  stattfindenden  Totenverbrennung  widmet  sichtsloser  Haß  gegen  die  Feinde  bei  der  Tö- 
Adrastos  in  Theseus'  Gegenwart  den  fünf  Ge-  tung  Ismenes  zu  unerbittlicher  Härte  (immodi- 
fallenen  Kapaneus,  Eteoklos,  Hippomedon,  Par-  cus  irae:  Stat  1,41;  ferus:  3,59),  und  vollends 
thenopaios  und  endlich  Tydeus  einen  ehrenden  die  Zerfleischung  des  toten  Melanippos  ist  eine 
Nachruf;  die  kurze  Leichenrede  auf  den  letzt-  20  bestialisch  rohe  Handlung  (s.  o.),  durch  die  er 
genannten  {Eur.  Utk.  901—908)  wird  seinem  sich,  den  Tod  vor  Augen,  die  Gunst  seiner 
Wesen  vollaufgerecht.  Ohne  Mitwirkung  des  Beschützerin  Athene  (z/ 390;E  125f.;  800f.; 
Adrast,  der  bei  seinem  Heimzug  nach  Argos  Ä  285f.  Stat.  8,  459.  499f.  713;  9,513),  ja  die 
die  Leichen  unbestattet  zurückläßt,  geschieht  Unsterblichkeit  verscherzt.  —  Endlich  sei  noch, 
die  Beerdigung  durch  die  Athener  bei  Diodor  auf  einen  Zug  hingewiesen,  der  aus  der  Chro- 
4,  65.  —  Diomedes  gesellt  sich  später  den  Epi-  nologie  der  Heroenzeit  ganz  herausfällt  und 
gonen  zu,  um  Mas  Blut  des  Vaters  zu  rächen'  den  Tydeus  während  des  Trojanischen  Krieges  (!) 
{Eiir.  fr.  559  Nck.^-,  vgl.  auch  Bibbeck,  B.  Tr.  in  sehr  greller  Beleuchtung  zeigt.  Erbittert 
525).  über  ihre  Verwundung  durch  Diomedes  (E330f. 
Trotz  der  Widersprüche  in  den  Quellenbe-  30  335 f.),  betört  Aphrodite  dessen  bis  dahin  be- 
richten schließt  sich  der  Charakter  des  Ty-  sonders  keusche  Gattin  Aigiale  (s.  d.),  sodaß 
deus  zu  einem  ziemlich  einheitlichen  Bilde  zu-  sie  sich  mehreren  Verführern  hingibt;  nach  Ov. 
sammen.  Durch  die  äußere  Erscheinung  iZ>*s  347  f.  nimmt,  wie  begreif  lieh,  ihr  Schwie- 
keineswegs  unterstützt,  sondern  klein  {II.  E  gervater  Tydeus  daran  schweren  Anstoß;  da- 
801.  Äesch.Sept.^OS  Kirchhoff  mit  Schol.  Priap.  gegen  nach  dem  Schol.  z.  d.  St.  gehört  er  selbst 
80,  5f.  Stat.  1,417;  6,819.  Dion.Hal.  art.rhet.  sogar  zu  den  Buhlen  seiner  Schnur, 
3,4.  Qaintil.  3,7,12),  sodaß  die  Alten  als  Auf  eine  Textverderbnis  im  fi'cÄo^  5^fa*.  T/ieft. 
schlechte  Etymologen  glauben,  er  sei  nuQa  tb  3,  285  stützt  sich  Tydeus'  vermeintliche  Teil- 
xvvd'ov  benannt  {Etym.  Magn.  771,  33),  ist  er  nähme  an  der  Gründung  Thebens;  dort  ist  der 
doch  ein  reisiger  Kämpe  von  allenthalben  über-  40  in  den  Codices  überlieferte  Name  t(h)ibeus 
legener  Kraft  und  Gewandtheit  des  Körpers  vielmehr  zu  lesen  üdaeus,  vgl.  Aesch.  fr.  ine. 
{Rossebändiger,  innddafiog:  A  370;  i-XTiriXata.'.  376  Nck.^;  Pherekyd.  fr.  44  u.  Uellanik.  fr.  2 
387;l7tÄdra:  E  126;  Ringer iS'iat  6, 788 f.;  Paust-  {Müller  1,83  u.  45);  s.  auch  d.  Art.  Kadmos 
kämpfen  Apollodor  S,  6Q)  und  vielseitiger  Waf-  Bd.  2,  Sp.  828. 

fentüchtigkeit  (Speerwerfer:  Ä124f.;  Eur.  Hik.  Der  Name  Tydeus  hat,  nach  der  unhalt- 

905,  vgl. P/joew.  140;  Ä^a*.7,634f.;  8,468f.  507 f.;  baren  antiken  Deutung  Ttagä  to  tvx^ov  {Etym. 

Schwertkämpfer:  689  f.).    Durch  wüstes,  lärmen-  Magn.  111,  Z^-,  s.o.),   die  richtige  Erklärung 

des  Gebaren  verbreitet  er  Schrecken  um  sich,  erst  durch  die  moderne  Sprachvergleichung  er- 

und   indem   er   wie   rasend    {Aesch.  Sept.  363:  fahren;  darnach  gehört  er  zusammen  mit  skt. 
iiagymv,  mit  Schol.  364:  fi8(iriv£v)  laut  schreit  50  tud  (tudami),  lat.  tundere,  got.  stautan,  deutsch 

(v.  361.  375),  den  Schild   schwingt  {II.  E  126:  ""stoßen'  und  bedeutet  also  Stößer,  Zuschläger, 

^ccxEonccXog ,  ein  homer.  ajcah,  sigruiirov),  sodaß  oder,  wie  das  ältere  lat.  tudes  {Fest.  p.  352a, 

die   daran  hängenden  Schellen  rasseln  {Aesch.  30),  Hammer;  stammverwandt  ist  ihm  Tvvdcc- 

Sept.  368 f.),  und   den  Helmbusch  schüttelt  (v.  gscog  (a.  d.),  sinnverwandt  (Karl)  Martell;  vgl. 

367),  sucht  er  zu  ersetzen,   was  der  Eindruck  Curtius,  Etymol.  226 f. ^   Preller,  Gr.  Myth.  2^ 

seiner  unscheinbaren  Figur  vermissen 'läßt.    In  352.    TJsener,  Göttliche  Synonyma,  Bhein.  Mus. 

kurzer  Rede  die  Krieger  anzufeuern  vermag  er  1898,  S  341.    Gruppe,  Mythol.  (>18,  6.  —  Die 

wohl  {Eur. Phoen.  1144f.  Stat.  7,  611f.;  8,  663f.,  seltenere  Form  TvSrig  ist  bezeugt  für  Antimach. 

fl.  0.),  aber  zum  Unterhändler,  der  bei  den  The-  Theb.  fr.  6.  7.  {Kinkel  p.  27s);  vgl.  "OpqpTjs  neben 
banern   einen   gütlichen  Vorschlag  (JZ.  JC  288:  60  Oq^bv?.  —  T'ßd'vs  auf  att.  Vasen bild^rn  ist  nach 

lisdixiov  (ivd'ov)  ausrichten  soll,  eignet  er  sich  Kretschmer,  Gr.  Vaseninschr.  194,   eine  Kose- 

nicht;  ist  er  doch  kein  Mann  des  Wortes,  form;  vgl.  TCcpvg.,  Nrjgvg,    Olvvg,  '^iTCTtvg  u.  a. 

sondern  der  Tat  {Eur.  Hik.  d02.  201  f.).   Am-  Das  Lateinische  kennt,   neben  den  grie- 

phiaraos,  unter  seinen  Kampfgenossen  ihm  ge-  chischen  Kasus:   Tydeos,  Tydea,  Tydeu,  auch 

radezu  feindlich  gesinnt  {Apollodor  3,  76,  s.  0.),  Formen,    die   von   dem    dreisilbigem   Tyde—us 

zeichnet  ein  abschreckendes  Charakterbild  von  abgeleitet  sind:  Gen.  Tydei,  Dat.  u.  Abi.  Tydeo 

ihm  {Aesch.  Sept.  554 f.);  kaum  daß  sein  Schwa-  und  sogar  den  von  Priscian  7,5, 17  bezeugten 

ger   Polyneikes    ihm  freundschaftlich  zugetan  oder  wenigstens  für  möglich  gehaltenen  Voc. 


1399 


Tydeus 


Tydeus 


1400 


1)  TMenbild:   Tydeua  mit  Deiandra  am  Sterbelager  des 
Meleagros  (nach  Arch.  Zeitg.  1867,  Taf.  320). 

Tydee  (wie  Pentheef  Ilionee)]  vgl.  Neue,  Lat. 
Formenl.  1%  496.  30 

Das  Etruskische  endlich  zeigt  den  Na- 
men in  der  verstümmelten  Form  Tute  (s.  d.),  vgl. 
die  Inschrift  auf  dem  Kameolskarabäus  bei 
Baumeister,  Denkmäler  Abb.  1839  (s.  u.),  und 
auf  vier  anderen  Gemmen  bei  Overbeck,  Gal. 
Her.  Bildw.  S.  129  f.  u.  Furtwängler,  Gemmen 
XVI  27.  52.  63.  59;  XVII  30;  sowie  auf  einem 
etrusk.  Spiegel  aus  Volci  (s.  u.);  s.  auch  den 
Art.  Tute. 


Bedenken,  weil  die  beiden  hierfür  angeführten 
Stellen  (Diodor  4,  35:  'Ixnovovv  ngog  rrjv  ^v- 
yarigcc  ThgißoiaVy  rpccaxovaavavrriv  i^  jigeoff 
vxoQxuv  ^yxvovy  Sitvix^ivzoe.  Ä^^TJ^ai  ravxriv 
fig  AlraXiav  ngbg  Olvia^  und  Sc/iol.  Stat. 
2'heb.  11,  463:  Oeneus  (^patery  Tydei,  quamvis 
plerique  dicant  eum  Marte  proci'eatum  converso 
in  vultum  Oenei,  s.  0.)  zu  wenig  Beweiskraft 
besitzen,  die  oben  zitierten  {Eur.  Fhoen.  134. 
Stat  Theb.  1,  464  u.  a.)  aber  nur  poetischen 
Sinn  und  Wert  haben. 

Die  bildende  Kunst  zeigt  den  Tydeus^ 
wenn  man  die  Denkmäler  nach  der  Zeitfolge 
seiner  Erlebnisse  aufzählt,  zunächst  auf 
dem  Gemälde  einer  Amphora  aus  Armentum, 
jetzt  in  Neapel,  am  Sterbelager  seine» 
Bruders  Meleagros.  Nach  einer  trüben 
Quelle  der  Überlieferung  {Mythogr.  Vatic.  1, 
198)  hat  er  ihn  erschlagen  (s.  0.);  statt  dessen 
ist  er  hier  auf  dem  Vasenbilde  mit  seiner 
Schwester  Deianeira  sorgsam  bemüht,  den  to- 
desmatten Bruder  zu  stützen;  die  Eltern  und* 
die  ehemaligen  Jagdgenossen  des  Sterbenden 
sowie  allegorische  Figuren  sind  gleichfalls  zu- 
gegen; einige  Namensinschriften  erleichtern  daa 
Verständnis;  vgl.  Forchhammer,  Arch.  ZeiUj. 
1867  S.  97f.,  Taf.  220.  Kekule,  Strenna  festosa 
ofterta  a  G.  Henzen  1867.  Eibbeck,  M.  Tr.  519. 
Art.  Meleagros  Bd.  2,  Sp.  2620;  s.  Abb.  1. 

Tydeus  zu  Adrast  kommend  wird  ver- 
anschaulicht auf  einem  archaistischen  Vasen- 
gemälde in  Kopenhagen  {Ann.  d.  I.  1839  tav.  P. 
Heydemann,  Arch.  Zeitg.  1866,  Taf.  206, 1.  Engel- 
mann, Homeratlas,  Ilias  nr.  27).  Der  König  liegt 
auf  einem  hohen  Kuhebett.  Die  übrigen  Fi- 
guren erklärt  Heydemann  S.  130  folgender- 
maßen: den  allein  eintretenden  Gast  empfängt 
die  Königin,  der  eine  Dienerin  folgt,  und  zeigt 
auf  eine  der  am  Boden  hockenden  Töchter,  wie 


Tydeus  ist  der  Sohn  einer  eisernen  Zeit,  in  40  um  sie  dem  Fremdling  als  Gattin  zu  verheißen. 


der  das  Griechentum  noch  deutliche  Züge  roher 
Barbarei  trägt.  Sein  Verwandtenmord,  seine 
Verbannung  aus  der  Heimat,  sein  abenteuer- 
licher Eintritt  in  Argos,  sein  handfestes  Auf- 
treten auf  dem  Zuge  gegen  Theben  und  sein 
grausiges  Ende  auf  dem  Schlachtfelde  zeigen 
ihn  als  Vertreter  jener  Wanderperiode,  die  dem 
Trojanischen  Kriege  vorangeht.  Verglichen  mit 
Achill,  Odysseus,   Hektor  erscheint  er  edlerer 


Dieser  Deutung  ist  wohl  aber  die  frühere  Abe- 
kens  {Ann.  d.  I.  1839  S.  256)  vorzuziehen:  Die 
beiden  neben  der  Säule  auf  dem  Erdboden 
sitzenden,  fast  ganz  wie  Adrast  gekleideten 
und  dadurch  als  Männer  gekennzeichneten  Ge- 
stalten sind  die  Schutzflehenden  Tydeus  —  sein 
Name  steht  in  der  Nähe  —  und  Polyneikes; 
demnach  die  drei  andern  Personen:  die  Köni- 
gin und  ihre  Töchter,  die  für  die  Ankömmlinge 


Gesittung  bar;   ist  er  doch   überdies  gebürtig  50  bestimmten  Bräute;  s.  Abb.  2. 


aus  Aitolien,  dessen  Bewohner  noch  später  für 
zurückgebliebene  Halbbarbaren  galten  {Thuk. 
3,94.  Folyb.  17,5).  Wie  so  manche  griechi- 
sche Helden,  gehört  Tydeus  dem  genealogischen 
Verband  aitolischer  Könige  an  und  ist  aus 
aitolischen  Stammtafeln  in  die  Heldensage  ge- 
langt. Es  erscheint  kaum  ratsam, 
wegen  vereinzelter  Anklänge  und 
Spuren  seines  Namens,  so  der  Er- 
wähnung ^ines  Ortes  Tydeia  oder 
Tydea  auf  einer  Inschrift  vom  nord- 
cuboiischen  Artemision  {Athen.  Mit- 
teilungen 8,  20, 16.  '29),  sein  Geschlecht 
von  dort  herzuleiten  {Gruppe  S.  626, 
3);  aber  auch,  wie  seinen  Sohn  Dio- 
medes  {Voigt,  Leipz.  Stud.  4,  268 f.), 
so  auch  ihn  selbst  als  Hypostase  des 
Ares  zu  betrachten,  ist  nicht   ohne 


Auf  einem  vielbesprochenen,  von  Winckel- 
mann  {Gesch.  d.  Kunst  I,  Kap.  3)  sehr  hoch  ge- 
schätzten, freilich  auch  verschieden  erklärten 
etrusk.  Kameolskarabäus  der  Sammlung  Stosch 
{Millin,  Gal.  myth.  pl.  143  nr.  607,  vgl.  auch 
Justi,  Winckelmann  2,251;  3,116)  sieht  man  Ty- 


2)  Yasenbild:    Tydeus   and  Polyneikes,  zu  Adrast  kommend,  von 
dessen  Frau  und  Töchtern  begrüßt  (nach  Are/,.  Zeitg.  1866,  Taf.  206, 1). 


1-401 


Tydeus 


Tydeus 


1402 


tleus  (Tute)  im  WaffenHchmuck  anwesend  ent- 
weder bei  der  Weissaffuufj^  des  Amphia- 
raos  in  Adrasts  Hause  mit  diesen  beiden  He- 
roen sowie  Polyneikes  und  Parthenopaios  {Over- 
beck,  Gal.  Her.  Bildw.  S.  81,  Taf.  3,  2,  u.  Art. 
Adrastos  u.  Amphiaraos  Bd.  1,  Sp.  82  u.  294), 
oder  bei  der  Heratun^  über  den  Feldzug 
{Baumeister,  Denkmäler  3,  1759,  Abb.  1839;  Art. 


3)  Etrusk.  KarDoolskarabäus:  Tydeus,  Adraatoa  (stehend) , 
Polyneikes,  Amphiaraos  und  Parthenopaios  (sitzend)  in 
Beratung  (nach  Baumeister,  DenkmUer  8,  1739,  Abb.  1839). 

Polyneikes  Bd.  3,  Sp.  1653  u.  2671),  oder  end- 
lich in  einer  Szene,  wo  Polyneikes,  Amphia- 
raos und  Parthenopaios  unbedeckten  Hauptes 
anojeblich  auf  Feldstühlen  schlafen,  T.  und 
Ad  rast  aber  in  Waffen  neben  ihnen  treue 
Wacht  halten  (Art.  Parthanapae  Bd.  3,  Sp. 
1648);  s.  Abb.  3. 

Ein  etrusk.  Spiegel  {Gerhard  1  Taf.  78.  Hey- 
demann,  Arch.  Zeitg.  1866,  Taf.  206)  veranschau- 
licht nach  Overbeck  (S.  84,  Taf.  3,  3),  wie  Am- 
phiaraos dem  Adrast  vom  Kriege  abrät,  wäh- 
rend Tydeus,  das  Halsband  der  Harmonia  in 
der  Hand,  für  den  Krieg  spricht;  vgl.  Christo- 
dor  in  der  Anthol.  Pal.  1,  2,  259f.  Dübner. 

Ein  drittes  etrusk.  Bildwerk,  nämlich  ein 
geschnittener  Stein  in  Berlin  {Overbeck  a.  a.  0. 
Taf.  5,  7,  S.  129  f.),  wird  wieder  verschieden  aus- 
gelegt: Tydeus  (tute)  reinigt  sich  nach  einem 
Ringkampf,  vermut- 
lich in  Nemea  {Apol- 
lodor^.QQ.Stat.T/ieb. 
6,  788  f.,  s.  u.),  mit 
dem  Schabeisen  die 
Glieder,  oder  er  zieht 
sich  aus  einer  Wunde 
am  Bein  einen  Speer- 
splitter, was  schon 
hindeutet  auf  den 
Krieg  gegen  The- 
ben; vgl.  Baumeister, 
Denkm.  3, 1759 ;  Justi 
a.a.O.  2,251;  3,115. 

Wie  Tydeus  in 
Nemea  für  die  Kin- 
derwärterin H  y  p  s  i  - 
p  y  1  e  gegen  ihren  er- 
zürnten Gebieter  Ly- 
kurgOS    eintritt    und  4^  Vasenbild:  lamene  von 

mit  diesem  in  erbit- 


terten Kampi  gerät,  den  erst  Adrast  und 
Amphiaraos  schlichten  {Stat.  Theb.  5,  661  f.), 
war  schon  am  Amyklaiiachen  Throne  darge- 
stellt, da  sich  Pausanias  (3,  18,  12)  über  die 
Stellungnahme  und  Parteigruppierung  der  bei- 
derseitigen Gegner  zu  irren  scheint  {Jahn,  Arch. 
Aufs.  158).  Die  Bilder  auf  vier  (oder  sechs) 
Vulcenter  Vasen  im  Brit.  Museum  und  in  Mün- 
chen werden  von  Jahn,  Ber.  d.  Sachs.  Gellsch.  d.  W. 

10  1858,  S.  21  f.  u.  Taf.  3,  auf  den  Zweikampf  zwi- 
schen Tydeus  undLykurgos  und  dieOazwischen- 
kunft  anderer  Helden  des  Thebanischen  Krie- 
ges gedeutet;  vgl.  auch  den  Art.  Amphiaraos 
Bd.  1,  Sp.  296  f.  Andre  behalten,  im  Gegen- 
satz zu  Statius  (s.  0.),  den  unveränderten  Text 
des  Pausanias  bei,  wonach  Amphiaraos  und 
Lykurgoa  vom  Kampfe  durch  Adrast  und  Ty- 
deus zurückgehalten  werden:  s.  die \rt.  Adrastos 
Bd.  1,  Sp.  82  u.  Lykurgos  nr.  5,  Bd.  2,  Sp.  2204, 

20  sowie  Pauly^-Wissowa  1,  1892;  jetzt  auch  Mo- 
bert,  Hermes  44,  399  f. 

Die  Tötung  Ismenes  durch  Tydeus 
bei  ihrer  Zusammenkunft  mit  Periklymenos  fin- 
det sich  mehrfach  dargestellt,  so  auf  dem 
Schwarzfigur.  Bilde  einiger  Vasenscherben  aus 
dem  Perserschutt  der  Akropolis  {Bichards, 
Journ.  of  Hell.  Stud.  XIK.  1892/93,  S.  286,  Taf. 
11):  ^Hismene'  erhebt  flehend  die  Hände;  hin- 
ten ist  ein  Arm  mit  Lanze  sichtbar;   der  Ge- 

30  liebte  wird  nur  noch  durch  das  Wortfragment 
MEN  angedeutet.  —  Sodann  zeigt  eine  korin- 
thische Vase  aus  Caere  {Mon.  d.  I.  VI,  Taf.  14) 
die  Szene  vollständiger;  doch  spielt  sie  nicht, 
wie  Welcker  {A.  D.  5, 253  f.)  annimmt,  im  Freien, 
also  etwa  an  einer  Quelle  {Pherekyd.  fr.  48, 
Müller  1,83;  s.  0.),  sondern  ""Hysmene' liegt  halb- 
nackt in  einem  Gemach  auf  einem  Ruhebett, 
und  Tydeus  dringt  mit  dem  Schwert  auf  sie 
ein,  während  ihr  Liebhaber  entflieht,  ein  Krie- 

40  ger  (Klytios)  aber  zu  Pferde  von  außen  herbei- 
kommt; vgl.  Bohert,  Bild  u.  Lied  S.  21  f.;  s. 
Abb.  4.  —  Ähnlich  vergegenwärtigt  den  Vor- 
gang ein  etrusk.  Sarkophagrelief  {Körte,  U.  E. 
II  8a  u.  S.  25):  in  einem  Schlafgemach  der  the- 
banischen Königsburg  wird  die  fast  nackte  Is- 
mene,  der  zwei  erschreckte  Dienerinnen  nicht 
helfen   können,    von   Tydeus  tödlich   bedroht; 


Tydeus  bedroht;  anwesend  Periklymenos  und  ein  Krieger 
inach  Mon,  VI  Taf.  14). 


1403 


Tvdens 


Tylos 


1404 


5)  Btrutk.  ÄMhenamenrellef :  lamene  von  Tydeas  bedroht; 

mitanwetend  swei  Migd«,  Periklymenoi,  ein  Krieger 

(nach  Körte,  ('.  E.  II  8  a). 

Perikl3nneno8  entweicht;  sein  Begleiter  liefift, 
nach  vorausgegangenem  Kampfe,  erschlagen  so 
am  Boden;  Tydeus'  Geführte  ist  ganz  links 
flichtbar;  s.  Abb.  6.  Mehrere  Bildwerke,  die 
man  einst  auf  Ismenes  Ermordung  bezog  {Ger- 
hard y  Auserl  Vasenbilder  2,  Taf.  92.  Winne- 
feld,  Vasensammlung  in  Karlsruhe  nr.  186),  wer- 
den richtiger  gedeutet  auf  Achills  und  Polyxe- 
nas  Begegnung  am  Brunnen;  s.  d.  Art.  Polyxena^ 
Bd.  3,  Sp.  2724 f. 

Das  grausige  Lebensende  des  Tydeus 
hat  die  bildenden  Künstler  anscheinend  nicht  so 
viel  beschäftigt;  wenigstens  läßt  sich  kaum 
ein  Bildwerk  sicher  darauf  beziehen.  Ein  my- 
thologisch sonst  wertloser  Tonbecher  aus  Ta- 
nogra  mit  Einzelszenen  aus  dem  Thpbanischen 
Kriege  {Robert,  50.  Berliner  Winckelmannsprogr. 
1890  S.  82 f.)  verdient  hier  desiialb  Beachtung, 
weil  einer  Gruppe  allein  der  Name  CVEAVT 
(in  rückläufiger  Schrift)  beigefügt  ist:  die  so 
bezeichnete  Kriegerfigur  dringt  auf  einen  nie- 
dergesunkenen Verwundeten  ein,  während  eine  40 
Frau  (lokaste?)  dabeisitzt  und  zusieht.  In  dem 
Hingestreckten  erkennt  Robert  den  Melanippos, 
betont  aber  mit  Recht  die  Abweichung  von  der 
üblichen  Sagenfassung,  nach  der  ja  Tydeus  bei 
seinem  AngriflF  auf  den  Gegner  bereits  von  die- 
sem selbst  den  tödlichen  Streich  empfangen 
hat  {Apolhdar  3,  75  f.,  s.  o.),  während  er  hier, 
wie  es  scheint,  unverwundet  über  Melanippos 
herfällt.  —  Auch  mehrere  Gemmenbilder,  auf- 
gezählt im  Art.  Melanippos,  Bd.  2,  Sp.  2678  f.,  50 
vgl.  Ooerbeck,  Gal.  Her.  Bildtc.  S  132  f.,  hat  man 
auf  Tydeus'  Rache  an  seinem  Todfeind  bezogen; 
doch  bringt  keine  der  sehr  verschiedenen  Dar- 
stellungen die  Greuelszene  zu  zweifelsfreier  An- 
schauung; ebensowenig  ein  Vasenbild  in  Neapel, 
vgl.  Engelmann,  Arch.  Jahrb.  20, 186. 

Parthenopaios,  Hippomedon  und  Tydeus 
sieht  man  tot  auf  einem  Felsen  liegen  in  einer 
Darstellung  von  Amphiaraos'  Untergang  bei 
Robert,  Sarkophagreliefs  2,  195,  Taf.  60  nr.  184.  60 

Ob  in  der  Szene  des  Bruderkampfes  auf  dem 
Relief  des  Heroons  von  Gjölbaschi  {Benndorf 
t*.  Niemann,  Taf.  24  A  3)  der  zwischen  Poly- 
neikes  und  Eteokles  liegende  Tote  als  Tydeus 
zu  deuten  ist  (Textband  S.  192),   steht  dahin. 

Ein  Gemälde,  das  die  Bestattung  der 
Sieben  veranschaulichte,  erwähnt  Fhilostr. 
Imag.  29  (2,  383  Kayser). 


Sowohl  in  Argos  {Paus.  2,  20,6)  als  auch 
in  Delphi  (10,  10,  3 f.)  erhob  sich  eine  Sta- 
tuengruppe zur  Verherrlichung  der  sieben 
Helden,  die  gegen  Theben  zogen,  unter  ihnen 
Tydeus^  der  Sohn  des  Oineus.  Die  delphischen 
Bildsäulen  galten  für  Werke  der  Künstler  Hy- 
patodoros  und  Aristogeiton  und  waren 
von  den  Argivern  errichtet  nach  der  für  sie 
siegreichen,  sonst  nicht  überlieferten  und  da- 
her chronologisch  vielumstrittenen  Schlacht  bei 
Oinoe  in  Argolis;  vgl.  Brunn,  Künstler (feschichte 
1,  294.  Busolt,  Gr.  Gesch.  3, 1,323  A.  3.  Beloch, 
Gr.  Gesch.  2",  1,  166.     [Johannes  Schmidt.! 

Tyllos  s.  Tylos. 

Tylos  {TvXos)  oder  Tylon  {TvXav),  altlydi- 
flcher  Heros,  nach  der  lydischen  Überlieferung 
bei  Dion.  Hai.  ant.  Rom.  1,  27, 1,  wo  Tyllos 
geschrieben  ist  (nach  v.  Wilamowitz,  Herrn.  34 
(1899),  222  wegen  der  Ähnlichkeit  mit  Tullus), 
wird  als  Sohn  der  Erde  bezeichnet,  TvXXog  6 
yvysv^S.  Eponymos  des  TvXojviov  yivog  Lydiens 
{Nicol.  Dam.  frg.  49,  48);  sein  genealogischer 
Zusammenhang  mit  Masnes,  Kotys,  Atys  und 
Choraios  (s.  Dion.  Hai.  a  a.  0.)  wird  von  A.  J. 
Reinach,  Revue  de  Vhistoire  des  religions  61 
(1910),  863,2  als  Vermischung  persischer,  thra- 
kischer,  phrygischer  und  griechischer  Elemente 
in  der  lydischen  Königsage  erklärt.  Davon, 
auch  von  seinen  Enkeln  Halie,  Asie  und  Atys 
weiß  Nonnos  nichts,  der  eine  Wunderszene 
seines  Lebens  Dion.  26,  451 — 561  in  weitläufiger 
Beschreibung  ihrer  Darstellung  auf  dem  Schild 
des  Dionysos  gibt.  Nach  ihr  wurde  Tylos  {Tv- 
Xog  Maiovirig  vairrig  Nonn.)  am  Mygdonischen 
Hermos  von  einer  Schlange  getötet,  docli  von 
seiner  Schwester  Morie  (vgl.  ob.  Bd.  2,  Sp.  3210  f.) 
durch  ein  Zauberkraut  wieder  ins  Leben  ge- 
rufen (s.  die  ähnliche  Wiederbelebung  des  Glau- 
kos ob.  Bd.  1,  Sp.  1687;  Gruppe,  Gr.  Myth.  282, 
4),  nachdem  der  Riese  Damasen  seinen  Tod 
gerächt  hatte  (s  ob.  Bd.  1,  Sp.  941).  Da  die  Sage 
nur  durch  Nonnos  ausführlich  berichtet  wird 
—  Plin.  n.  h.  25, 14,  gestützt  auf  eine  Notiz 
des  lydischen  Historikers  Xanthos,  erwähnt  die 
Geschichte  des  'Thylon'  nur  kurz;  s.  ob.  Bd  2, 
Sp.  3211,  Z.  17—20  — ,  läßt  sich  kaum  fest- 
stellen, wie  weit  er  sich  an  die  ursprüngliche 
Überlieferung  gehalten  hat.  Die  Gestalt  der 
Morie  scheint  eine  Verquickung  zu  sein  mit 
der  gleichnamigen  attischen  Nymphe,  die  vom 
sterbenden  Typhon  vernichtet  wird ;  s.  ob.  Bd.  2, 
Sp.  3211,  Z.  60  ff.,  und  das  von  Xanthos- Plinius 
Balis  genannte  Heilkraut  erscheint  bei  Nonnos 
unter  dem  Namen  Jiog  avd'og.  Nach  v.  Wila- 
moivitz  a.  a.  0.  223  beweisen  die  ""starken  Va- 
rianten in  den  Gedichten  von  Tylos  und  die 
Schwankungen  in  seiner  Namenform,  "^daß  sehr 
viel  mehr  Griechen  von  ihnen  gehandelt  hatten 
als  der  einzige  Xanthos;  leider  werden  wir  die 
Traditionen  kaum  zeitlich  und  persönlich  indi- 
vidualisieren können.'  Keinesfalls  geht  es  aber 
an,  mit  Papes  Wörterb.  der  gr.  Kigenn.  1563 
drei  verschiedene  Personen  in  der  Überlieferung 
Tyllos,  Tylos,  Tylon  zu  sehen.  Das  Fortleben 
der  Tylosgeschichte  bezeugt  auch  eine  Münze 
des  Severus  Alexander  aus  Sardes,  abgebildet 
und  beschrieben  im  Catalogue  of  the  greek  coins 
of  Lydia  by  Barclay  Head,  London  1901,  Taf. 


1405                  Tymborychos  Tyndareos                     1406 

27, 11,  S.  266,  fntrod.  111—113.  Wenn  hier  Ty-  ehrt  wurde'.    Doch  das  erklärt  nicht  das  Wort 

los  (TvXos)   von  Maanes  {Mccavrn'i)   das    Kraut  Tv^ßcogvxos  (tviißwgvxog  Preller- Robert,  Gruppe 

entgej^^en nimmt  —  unter  ihnen  die  tote  Schlanj^e  u.  a.).    Vielleicht  hilft  hier  die  Tatsache  weiter, 

— ,  80  sieht  i/earif  darin  eine  Variante  der  Sage:  daß  Aphrodite  hin  und  wieder  mit  Selene-He- 

nicht   Damason  tötet  das  Untier,  nicht   Morie  kate  gleichgesetzt  wird.    Ausdrücklich  wird  Se- 

belebt  den  Toten  wieder,  ihre  Stelle  hat  Mas-  lene  als 'allzeugende  und  Liehe  gebilrendeAphro- 

nes  übernommen  oder  vielmehr,  sie  sind  beide  dite',  TtavYBvvrjttLgcc  xal  igcororoxsla  ylqppo^irrj, 

Erfindungen  des  Nonnos.    Doch  kann  sich  der  angerufen   in  einem  Hymnos  des  Großm  Par. 

Dichter   wohl   auch   eine   vorliegende  Variante  Zauberpap.  Z.  2557 ;  vgl.  die  Inschrift  des  Arztes 
des  Mythos  zunutze  gemacht  haben.  Von  Heads  lo  Leukios  aus  Hierapolis  Kastabala,  IJenkschr.  d. 

Gedanken,    die    ganze   Sage    symbolisiere   die  Wien.  Äkad.  ^4:  (iHdö),  Heberäey-Wilhflm,  Pei- 

Rückkehr   des   Frühlings   und   habe   zweifellos  sen  in  Küikien,  2Q,  ur.  !)H:  si'rs  EtXrivuiriv,  eHr' 

einen  Teil  der  sardischen  Demeter- Kore-Myste-  "Agts^Ltv  silrs  öf,  datuov,  .  .  .  'A'xarrjv  sirs  Kvngiv 

rien  (Cdrysanthina)  gebildet,  wird  man  lieber  0;j(ir]?  ^aög -^t^ööt  yepaipft.  Erwähnung  dieser 

absehen,  zumal  der  von  ihm  vorgebrachte  Hin-  Gleichsetzung  ob.  Bd.  1,  Sp.  1898,  Z.  45;  Peal- 

weis    Xgvadvd-iva  —  z/iog    ärd-os    als    Beweis-  cncyd.  7,  2771,  53.    Auch  andere  Beinamen,  wie 

mittel  nicht  gelten  kann.  Eine  andere  sardische  Av-uccivcc  und  Ilsid'öi,  teilen  beide  gleichgesetzte 

Münze  erwähnt  in  diesem  Zusammenhang  J3ead!,_  Göttinnen;    vgl.   Par.   Pap.   Z.   2550,   Welcker, 

Introd.  113,  die  den  Triptolemos,  Ge  und  Tylos  Götterl.  2,  714    zu   Orph.  H.  54,  11   (mit   sehr 
zu  verbinden    scheint.    Wenigstens    beschreibt  20  zweifelhaftem  Hinweis  auf  die  Erinnerung  des 

ilfwwwe^,  Z)6fscr.  cie  mec?.  4,  138,  nr.  789  die  Szene  Namens    Lykaina    aus    Lupanar);    Par.    Pap. 

auf  diesem  der  Otacilia  zugehörigen  Stück  so,  Z.  2542,    Gruppe,  Gr.  Myth.  299*.    Zieht  man 

daß   Triptolemos    auf   einem    Schlangenwagen  diese  Gleichsetzung  in  Betracht,  so  wird  Aphro- 

fahrend  und  unter  ihm  ein  liegender  Klußgott  dite  =  Selene-Hekate -Tymborychos  verstand-, 

dargestellt  wäre,  '^duquel  on  lit:   PH;   dans  le  lieber;  denn  Selene-Hekate  ist  Leichenfresserin, 

champ,  TYAOC    Head   sieht  hierin   eine   An-  sie  trinkt  das  Blut  der  Toten  {Groß.  Par.  Zau- 

spielung  auf  den  yrjysvi^s  Tvlloq.,   aber  uner-  berpap.  Z.  2483.  2865),  frißt  ihr  Fleisch  {accgyco- 

klärt  bleibt  die  Darstellung  des  Tylos  als  Fluß-  ßogcc  ebd.  Z.  2485,  aagytoqxxyog  2865,  Plut.  mor. 

gottes.    Vielleicht    hilft    hier    eine    Andeutung  110^  äva.  vs-agov?  [loXovgoc  avnscpvgyi,iva.  i6f\l%^8g 
Gruppes,  Gr.  Myth.  498, 1,  weiter,  der  einen  Zu-  so  (vgl.  A.  Dieterich,  Nekyia  52  f.,  Wilh.  Äbernetty, 

aammenhang  zwischen  dem  Erdsohn  ^'TkXog  bei  I)e  Plutarchi  qui  fertur  de  superstitione  libello, 

Paws.  1,35, 8  und  dem  Tyllos  zu  vermuten  scheint.  Diss.  Königsb.  1911,  56  f.,  P.  Wünsch  in  Lietz- 

Ob  er  besteht,  oder  ob  nur  äußerliche  Ähnlich-  manns  Kl.  Texten  84,7.  Hafer,  o.  Bd.  4,  Sp.  386, 

keit  zwischen  Namen  und  Mutter  vorliegt,  bleibe  Z.  45— 60,   Th.  Hopfner,   Griech.-äg.   Offenba- 

unerörtert,  aber  vielleicht  gibt  die  Münze  bei  rungszauber  1922,  §  218);   sie   hat  in    Gräbern 

Mionnet  nicht  TvXXos,  sondern  ^'TXXog^^  Vgl.  die  ihre  Nahrung  nach  dem  Groß.  Par.  Zauberpap. 

ob.  Bd.  1,  Sp.  2798  von  Drexler  erwähnten  Hyl-  Z.  2856:  racpotg  in  dccZra  ^lovaa  (die  Parallele 

losmünzen.  —  An    phallische    Bedeutung    des  in  Z.  2544  ist   schlecht  überliefert:  deönoiriGa- 

Namens  denkt  Ed.  Gerhard,  Ges.  akad.  Äbh.  2  gcoGig  sni  dsrov   ^x^voa  Pap.    daaTtXf^n,  6ogotg 
(1868),  52*'*'  (nach   Sestinis  Vorgang,   Ami.  d.  40  im  Soatvv  i%.  Badermacher,  hat  aber  den  glei- 

Inst.  2,  158)    und   611,   Index,  '^ Tylos   lydisch  eben  Sinn),   und   so    scheut  sie  sich  nicht,  in 

vgl.  mit  Tallus  =  Pballos'.     [Preisendanz.]  Grabbügeln  zu  wühlen,  um  zu  ihrer  beliebten 

Tymborychos    (Tv^ßcogvxog),    Beiname    der  Speise   zu  kommen  (vgl.  E.  Maaß,  Zeitschr.  f. 

Aphrodite    in    Argos:    'AcpQo8itr\v    Tviißcogvxov  vergl.  Sprachf.  50  [1922],  228).    Keine  von  allen 

S'gjjöyisvövaiv  'Agysloi,  dem.  Alex.  Protr.  2,  38,  5  Erscheinungsformen   der   Aphrodite   läßt  sich, 

(33  P  28,28  Stähl,  wo  Schwartz   v.al  AdKcovsg  so  viel  ich   sehe,   mit  dem  Epitheton  Tymbo- 

erg.).    Welcker,   Gr.  Götterl.  2,715  meint,   Öle-  rycbos  vereinigen  außer  der  als  Selene-Hekate 

mens  verstehe  unter  diesem  Wort  ^die  Lust  zu  aufgefaßten,   und  sie  wird  man  in  Argos  ver- 

friscben  Leichen,  die  den  Aegyptischen  Para-  ehrt  haben.   Zur  4unaren'  Aphrodite  vgl.  auch 
schisten  bekannt  war  {Herod.  2,89)',  und  hält  so  Ustner  Kl.   Sehr.   4  [1912],  92   {Kallone,   Bh. 

das  Epitheton  für  einen  ^uneigentlichen  Namen  Mus   23  [1868],  376).     [Preisendanz.] 

aus  Abscheu  an  der  Sache'  (vgl.  Gruppe,   Gr.  Tynibos  {Tv^ißag),  der  Grabhügel,  erscheint 

Myth.  1358,  1,  wo  Enmana,  Kypros  68,  Wider-  dämonisiert  auf  Verflucbungstafeln  aus  Curium 

ßpruch  erwähnt  wird).    Ohne  den  Namen  zu  er-  auf  Kjpros;   3.  Jahrb.  n.  Chr.    Vgl,  AudoUent, 

klären,  bezeichnet  Gerhard,  Ges.  akad.  Abh.  1  Defix.tab.  22.,  36:   Tvvßs  Ttuvdd-nQvts  x«  xd^ovioi 

(1866),  269  die  Tymborychos  als  Aphrodite  des  d'sol  v.s  'E^dtr]   x^ovia  -nh  'Egfif)   x^'^vis  .... 

Todes  und  denkt  dabei  wohl  wie  Welcker  a.  a.  TfccgocXdßsts  rccg  cpavdg  xov  'Aglötcovog  . . .  Ebenso 

O.  716  und  andere  Mythologen  an  die  Aphro-  26,24;  29,22;  30,27;  31,22;  33,27;  35,  21.  Oft 

dite  'EitLtvußlcc,  der  'man  in  Delphi  zu  psycho-  personifiziert  in  Grabepigrammen,  wo  der  Tym- 
mantischen  Zwecken  Spenden  darbrachte'  (vgl.  60  bos    angeredet    wird    und    spricht;    vgl.   z.  B. 

Farnell,   Cults  2  [1896],  652)   und   bei   der  es  Kaibel,  Epigr.  26,19,  i06,  HO.  Anth.  Pal.  7,  624: 

sich    'um    alte    Beziehungen     zur    Unterwelt  {Kallim.  13),  679,  u.  a  m.     [Preisendanz.] 

handelt',  Jessen,  Bealencycl.  6,  2253,  8  ff.    Als  Tyndareos  {Twöägsag,  lat.  Tundareus,  Tyn- 

Aphrodite    'unaufgeklärter    Bedeutung'    ver-  daraus    oder   Tyndarus,    etrusk.  tuntle   [s.  d.]; 

zeichnet  sie  kurz  JDümmler,  Bealencycl.  1,2739,  über  andere  Namensformen  s.  u.),   ein  sagen- 

15.  Nach  Preller- Bobert,  Gr.  Myth  1*,  364  weist  hafter  König  von  Sparta  und  Amyklai. 

der  Name  auf  die   Todesgöttin  hin,  'die   auf  Über  seine  Abstammung  schwanken  die 

Gräbern  und  wie  eine  zweite  Persephone  ver-  Angaben.   Entweder  ist  er  ein  Sohn  des  Kö- 


1407                    Tyndareos  Tyndareos                    1408 

nigs  Oibalos  von  Sparta  (s.  d.  nr.  1;  HesiotL  wird    hier  unterschieden   von    einem    anderen 

fr,  94,  88  Rzach*^    Berliner   Kl(ts»ikertexte   6,  (wohl    künstlich    eingelegten)    Perieres,    dem 

1.  Hillfte  S.  30:  Twiagiov  —  dattpgovog  Olßcc-  Sohne   des  Kynortas   und   Vater   des   Oibalos, 

liSao'y  Schol.  IL  B  bSl  XLad  Eustath,  p.i^H,  11;  der    wieder    Vater    des    Tyndareos    ist;    vgl. 

Schal  Eur.  Or.  467;    Tzetz.  Lyk.  1123;   Hygin.  Gruppe,  Mythol  160,  6;  161,  2. 

fab.  78)  und  der  Najade  Bateia  (s.  d.;  Apol-  Während  die  einzige  Schwester  Arene  (s. 

lodor  3, 123) ;  oder  des  Oibalos  und  der  Gor-  d.)  für  seine  Schicksale  nicht  weiter  in  Betracht 

gophone  (8.  d.),  der  Tochter  des  Perseus  von  kommt,   tritt   zwischen    den    Brüdern   ein 

Argos  (Pau«.  8 , 1 , 4) ;    oder   des   Königs   Pe-  ernstes  Zerwürfnis  ein,  das  für  Tyndareos 

rieres  von  Mesgene  (s.d.)  und  der  vorgenann-  lo  bedeutsam  wird.    In  einer  älteren  Darstel- 

ien  GoTgophone  {Stesiehoros  fr.  61 ,  Bergk,  Lyr.  lung  bei  Äpöllodor  3,124  und  Strah.  10,401 

8*,  226,  bei  Äpollodor^.in,  vgl.  1,  87,  w.  Tzetz.  (Gruppe  S.  161,  3)  vertreibt  Hippokoon  nach 

Lyk.  511);   oder   des    Kynortas  (s.  d.),    der  dem  Tode  des  Vaters  Uibalos   seine  Brüder 

anderwärts  der   Vater  des  erwähnten  Oibalos  Ikarios  und  Tyndareos  aus  Lakedaimou; 

genannt  wird,  und  jener  Gorgophone  {Tzetz.  sie   fliehen   zu  Thestios   (s.  d.)   nach   Kalydon 

Lyk.  1123  'nach  anderen').  (oder  Pleuron)  und  unterstützen  ihn  in  einem 

Die  Stamml)äume  der  angeblichen  drei  Vä-  Kriege gegenGrenznachbarn;  Tyndareos  hei- 
ter und  zwei  Mütter  sollen  nicht  aufs  neue  ratet  dort  Thestios' Tochter  Leda.  Nach- 
erdrtert  werden  (s.  die  betr.  Art.),  wohl  aber  ^em  aber,  heißt  es  bei  Apollodor  weiter,  He- 
ist  es  unerläßlich,  Tyndareos'  Geschwister  20  rakles  den  Hippokoon  und  seine  Söhne  getötet 
aufzuzählen,  weil  sich  an  sie  seine  weiteren  hat,  kehren  jene  beiden  Brüder  (nach  Sparta) 
Schicksale  knüpfen.  zurück   (Codices:  -KcixiQxovxui.^   s.  u.),  und  T. 

Als  Kinder  von  Oibalos,  dem  Sohne  des  erlangt  in  Lakedaimon   die  Herrschaft.    Über 

Perieres,  werden  (ohne   Nennung   von   dessen  die  Schicksale  des  Ikarios  s.  d.  und  den  Art. 

Gattin)  Tyndareos,  Ikarios,  Arene  und,  als  v6-  Penelope  Sp.  1904  f.    Da  T.  bei  Strab.  10,  461 

&og  von  Nikostrate  (s.  d.)  oder  Stratonike,  Hip-  allein,  ohne  den  mit  ihm  vertriebenen  Bruder 

pokoon   bezeichnet   im    Schol.  II.  B  581,    bei  Ikarios,  heimkehrt,  hat  Heyne  auch  bei  Apol- 

Eustath.  y.  29S^  11  und  im  Schol.  Eur.  Or.  Ibl ;  lodor  3,124  xar^p^srat  schreiben  wollen.    Je- 

fcrner  Tyndareos  sowie  oi  Xomol  r&v  Accxio-  denfalls  ist  Tyndareos  nunmehr  König  in 

potv  3rpo^;uovT«s   bei   Tzetz.  Lyk.  1123;   Arene  30  seiner   Heimat   Sparta   und   Leda    seine 

ist  Oibalos'  Tochter  auch  bei  Apollodor  3, 117.  Gattin,  von  der   er  bereits  im  Elend  Kinder 

Als  Kinder  von  Oibalos  und  Bateia:  bekommen  hat  (s.  u.). 

Tyndareos,  Hippokoon  und  Ikarios  bei  Apollo-  Eine  spätere  Überlieferung  erzählt  den 

dar  3, 123;  Aphareus  und  Leukippos  (s.  u.)  sind  Vorgang  insofern  anders,  als  hiernach  Hippö- 

nach  dieser  Stelle  Söhne  des  Perieres.  koon  und  Ikarios  gemeinsam  denT.  ver- 

Als   Kinder  von  Oibalos  und   Gorgo-  treiben.    Auch  nach  Schol.  Eur.  Or.  457  hei- 

phone:  Tyndareos,  [Hippokoon  und  Ikarios]  ratet  er  Leda,   die  Tochter  des  Aitolers  The- 

bei  Paus.  3,1,4;  außerdem  Arene  nach  4,2,3;  stios,   hält  sich  also  offenbar  zunächst  gleich- 

Aphareus  ist  dagegen  nach  3, 1,4  der  Sohn  des  falls   in   Aitolien    auf  (s.  0.);   die   Kinder   des 

Perieres  und  nur  mütterlicherseits  Tyndareos'  40  Paares  sind  hier  Kastor,  Polydeukes,  Timandra, 

Bruder.  Klytaimestra  und  Helena  (s.  u.).    Später  tötet 

Als  Kinder  des  Perieres  und  der  Gor-  Herakles  den  Hippokoon  und  seine  Söhne,  führt 

gophone:  Tyndareos,  Ikarios,  Aphareus  und  den  T.  aus  Phrixe  (in  Elis)  und  (oder?;  Pellene 

Leukippos  n&ch  Stesichoros  bei  Apollodor  3, 117  (in  Lakonien)  nach  Sparta  zurück  und  übergibt 

und  Tzetz.  Lyk.  bl\,  sowie  nach  Apollod.  1,87.  ihm  den  väterlichen  Thron.    Auch  naöh  Paus. 

Als  Kinder  des  Kynortas  und  der  Gor-  3.1,4  wohnt  der  von  beiden  Brüdern  aus  der 

gophone:  Tyndareos   und   oi   uvxov   ädslcpoi  Herrschaft   verdrängte   Tyndareos    in    Pellana 

bei  Tzetz.  Lyk.  1123.  (lakonische  Sage),  sowie  bei  seinem  Halbbru- 

Ikarios  (s.  d.)  erscheint  somit  als  des  Tyn-  der  Aphareus  (s.  0.)  zu  Thalamai  in  Messenien 

dareos  Bruder,  mag  nun  dessen  Vater  Oibalos  50  (messenische  Sage),  wo   er  (mit  Leda)  Kinder 

oder  Perieres,  mag  seine  Mutter  Bateia  oder  zeugt;  später  wird  er  von  Herakles  in  die  hei- 

Gorgophone  heißen:   im  Schol.  II.  B  681   und  matliche  Herrschaft,  aus  der  ihn  übrigens Hippo- 

bei  Eustath.  p.  293,11;  im  Schol.  Eur.  Or.  457;  koon  ■narcc  Ttgsoßsiav,  unter  Berufung  auf  sein 

hei  Stesichor.  fr.  61  BgL*  nach  Apollodor  S^  117,  höheres  Alter,  vertrieben  hat,  wiedereingesetzt 

vgl.  1,87  u.  3, 123,  sowie  nach  l'zetz.  Lyk.  611;  und  vererbt  den  Thron  auf  seine  Angehörigen. 

endlich  bei  Paus.  3, 1,  4.  —  Mit  gänzlicher  Übergehung  des  Ikarios  er- 

Hippokoon  (s.d.)  ist  sein  Bruder  bei  Dio-  wähnen  Tyndareos'  Verbannung  durch  Hippo- 

dor  4,  33,  5    sowie    anscheinend    bei  Apollodor  koon  Diodor  4,  33y  5,  Apollodor  2, 145  und  noch 

3, 123  und  Paus.  3, 1,  4,  sonst  sein  unehelicher  zweimal  Paus.  2,  18,  7  u.  3,  21,  2,  an  letzterer 

Halbbruder:  Schol.  Eur.  Or.  457.                           60  Stelle  auch  seinen  Aufenthalt  in  Pellana  (s.  o.). 

Aphareus  und  Leukippos  (s.  die  betr.  DerVertreibungeowie  der  Zurückführung  durch 

Art.)  sind  seine  Brüder  nach  Stesich.,  Apollod.  Herakles  gedenkt  in  der  Kürze  auch  Isokrates 

u.  Tzetz.  a.  a.  0.;  sein  Halbbruder  mütterlicher-  6, 18.  Endlich  bezeichnet  den  Herakles  mit  dem 

seits  ist  Aphareus  nach  Paus.  3,1,4;  dagegen  Hippokoon tiden  Eurytos  als  Gegenstand  plasti- 

sind  die  beiden  nach  Apollodor  3, 123   (einer  scher   Darstellung   an    dem   berühmten   Thron 

Variante  von  3, 116f.,  vgL  d.  Art.  Oibalos  Sp.  von  Amyklai  Paus.  3,18,11. 

696)  mit  Tyndareos  gar  nicht  verwandt,  son-  Ungleich    wichtiger    für    die    Entwicklung 

dem  ihr  Vater  Perieres,  der  Sohn  des  Aiolos,  der  Götter-  und  Heldensage  sind  Tyndareos' 


1409                      Tyudareos  Tyndareos                     1410 

Kinder,   die  l'yadaridai   und  die  Tjrada  -  die  drei  Töchter  des  T.  in  ihrer  ehelichen  Treue 

ridea  (s.  den  betr.  Art.).  irremacht  und  zur  böswilligen  Verlassung  ihrer 

Selten  werden  Phoibe  (s,  d.)  und  Phylonoe  Gatten   verführt.     Unsicher   ist   dabei   freilich, 

(s.  d.  Art.  Philonoe)  als  Töchter  des  T,  und  der  ob  in  der  gemeinsamen  Quelle  des  Paus,  und 

Leda  erwähnt,    Piioibe   bei   Eur.  I.  Ä.  50   zu-  des    Schol.  Lyk.  a.  a.  0.  wirklich   von   T.  oder 

flammen    mit  Klytaimestra  und  Helena,   sowie  nicht  vielmehr  von  einem  Gesetzgeber  Namens 

bei    OiL  Her.  S,n    mit   den    Zwillingsbrüdern,  AayiaScclfnov  die  Rede  wa.r.   Letzteres  angenom- 

vvo  außerdem  zu  beachten  ist,  daß  die  in  die-  men,  käme  für  die  phantastische  Sage  von  der 

-er    Klegie    redend    eingeführte    Hermione    mit  Fesselung  des  spartanischen  Aphroditobildes  T. 

(iDiis  (ganz  wie  v.  32)  ihren  eigenen  Großvater  lO  ganz    in   Wegfall,    da   im   Hinblick   auf  seine 

T.,   mit  soror  und  fratres  dagegen  Schwester  ausschweifenden  Töchter  sein  Name  an  Stelle 

und  Brüder  der  Helena  meint.  —  Phylonoe  des  (erst  wieder  aus  yfaxfö^aipicov  vo/toO-^r?]?  ver- 

ist  in  der  klassischen  Literatur  nur  bei  Apollo-  derbten)  Aay,edccifi6vios  v.  fälschlich  eingeschal- 

dor  3,  126  neben  Timandra  (s.  u.)  und  Klytai-  tet   zu  sein  scheint. 

mestra  genannt,  mit  dem  Zusatz,  Artemis  habe  Weib  bekannter  als  die  bisher  erwähnten 
sie  unsterblich  getnacht;  ihre  göttliche  Ver-  drei  Töchter  Phoibe,  Phylonoe  und  Timandra 
ehrung  in  Lakonien  bezeugt  der  christliche  sind  Tyndareos'  und  Ledas  übrige  Kinder  Kly- 
Apologet  Athenagoras,  Suppl.  pro  Christ.  1,  vgl.  taimeatra,  Helena,  Kastor  und  Polydeukes.  Von 
Gruppe  S.  163,  2.  Die  Schreibung  Phylonoe  ihnen  erscheint  nur  Klytaimestra,  schon 
wird  übrigens  auch  durch  die  Vase  des  Xeno-  20  seit  Hom^r  {a  199),  durchgängig  als  Tyn- 
timos  gestützt,  selbst  wenn  auf  einer  schwarzfig.  dareos'  Tochter,  allerdings  mit  Ausnahme 
tyrrhenischen  Amphora  mit  der  Darstellung  von  Hijgin.  fah.  240,  wo  sie  (vielleicht  durch 
des  T.  und  der  Dioskuren  ihr  ^verstümmelter)  ein  Versehen)  Thestii  filia  genannt  wird  (s.  d. 
Name  $tioi;]d/]  zu  ergän^.en  ist  (s.  u.).  —  Tim-  betr.  Art.  Bd.  2,  Sp.  1232).  Bei  den  drei  anderen, 
andra  ferner  und  ihre  beiden  berühmten  Seh we-  herrscht  in  den  Berichten  über  ihre  Abstam- 
stern  erwähnen  schon  Hesiod  fr.  93  Hzach^  und  mung  gerade  vom  Vater  keine  Konsequenz;  es 
Stesichoros  fr.  26  Bgk.^  als  Töchter  des  T.,  die  geht  dies  soweit,  daß  ein  und  derselbe  Schrift- 
Aphrodite  deshalb  in  der  ehelichen  Treue  irre-  steller,  manchmal  ia  kurzen  Zwischenräumen, 
leitet  {Stesichoros:  diyüiLovs  rs  -nal  tgLydiiovs  die  genannten  Personen  bald  von  Z  eus,  bald 
rid'riGi  ■aai  linBdävoQccg),  weil  dieser  die  Göttin  30  von  T.  herleitet.  Doch  ist  hierfür  nicht,  wie 
einst  bei  einem  großen  Opfer  vergessen  und  so  oft  in  der  Götterlehre  und  Heldensage, 
übergangen  hat  {Schol.  Eur.  Or.  249).  Des  spe-  dichterische  Freiheit  oder  willkürliches  Spiel 
ziell  von  Timandra  im  Stich  gelassenen  Gatten  der  Phantasie  der  Grund,  sondern  die.ser  liegt 
Echemos  (ffesiori. /r.  93,  3)  gedenken  auch  ApoZ-  tiefer:  Zeus  und  T.  haben  ursprünglich 
7or/or  3,126;  Pait.s.  8,  5,  1 ;  Schol.  Find.  Ol.  10,  eine  Einheit  gebildet,  und  die  Autoren 
79  und  Äßry.  J.6W.  8, 130;  nach  letzterem  stammt  stehen^  noch  unter  deren  unbewußtem  Ein- 
von  dem  Paare  der  Arkader  Euander  ab.  Nun  fluß.  Über  die  Deutung  von  Tyndareos'  Namen 
erzählt  Paus.  S,  16,  10 i'.  von  einem  hölzernen  und  Wesen  s.  u.  So  heiQt  es  Hymn.  Hom.  17 .,  2 -. 
Kultbild  der  Aphrodite  mit  dem  Beinamen  Tw^ccgidag,  ot  Zrivog 'OlvfiTilov  ^^eyivovto, 
Morpho  (s.  d.)  in  Sparta,  es  trage  einen  Schleier  40  vgl.  33,  If. ;  ferner  Eur.  Or.  1689:  cvv  Tvvda- 
und  an  den  Füßen  Fesseln;  diese  habe  ihm  T,  gidaig  rotg  Jibg  violg;  sodann  Theokr.  22,1: 
angelegt  und  mit  diesen  Banden  die  Treue  der  Jiog  vlco,  gleichwohl  v.  89:  TwäccgiSrig  = 
Weiber  gegen  ihren  Gatten  versinnbildlicht  Polydeukes;  v.  136:  Kastor;  Verg.  Cir.  3 98 f.: 
{acpovboiovvToc  ro:g  dsßfiolg  rb  ig  tovg  avvoL-novv-  cara  lovis  suboles  —  Tyndaridae:,  Catal. 
rag  tcöv  ywoci-nav  ßißoaov)-  zugleich  weist  Pait-  11,27:  cycneo  —  edita  Ty  ndaris  ovo  (über 
sanias  die  andre  Erzählung,  als  habe  T.  mit  Zeus  in  Schwanen gestalt  s.  u.);  Ov.  Her.  16, 
der  Fesselung  die  Göttin  bestrafen  wollen,  in  292:  Et  lovis  et  Ledae  fiUae,  aber  v.  306  die 
der  Meinung,  von  Aphrodite  rühre  die  seinen  Anrede:  Tyndari,  vgl.  17,  55.  118.  250;  Hy- 
Töchtern  erwachsene  Unehre  her,  bestimmt  von  gin.  fah.  IS)  u.  92:  Helenam  Tyndarei  et  Le- 
der  Hand.  Gleichwohl  findet  gerade  diese  zweite  50  ciae  filiam,  aber  /a&.  80:  ipsum  (PoUucem)  et 
Deutung  der  Fußfesseln  eine  genauere,  wenn-  Helenam  lovis  esse  fiUos,  vgl.  77.  155;  u.  ö. 
schon  etwas  andere  Erläuterung  im /Sc/ioL  L?/ä:.  Am  auffälligsten,  aber  für  die  ursprüngliche 
449:  danach  habe  ein  Aa-nsdaificov  vo^od-itrig  Einheit  am  beweiskräftigsten  ist  die  unmittel- 
(woraus  Tzetzes  fälschlich  AayiBSai^Loviog  voao-  bare  Nebeneinanderstellung  bei  Gorgias,  Hei.  3, 
S-£Trig  macht)  durch  die  Fesselung  angedeutet  wo  sowohl  Zeus  als  auch  T.  Vater  der  Heroine 
{ccLVLiuuBvov),  daß  die  Jungfrauen  nicht  aus-  genannt  wird:  dfjXov  yccg  mg  iiritgog  iisv  (Elevr] 
schweifen  dürfen,  sonst  werde  es  ihnen  ebenso  iörl)  A^äag,  nuxgbg  8s  tov  ysvoaevov  ^sov, 
ergehen  wie  der  (gefesselten)  Göttin  {^i]  u6sl-  Xsyoasvov  $h  d-vritov,  TvvSägsa  -nai  Jtog. 
yaivELv  rag  Ttccgd-svovg  rj  7CSi6sßd'ai  ravrcc  rrj  Früh  jedoch  ist  jene  Identität  vergessen,  und 
-ö-sa,  nach  v.  Wilamowitz'  Textverbesserung).  60  es  schwanken  daher  die  Angaben  über  den 
Der  Schol.  fügt  hinzu,  nach  anderen  sei  dies  Vater  jener  drei  Personen  ohne  jedesmal  er- 
Tyndareos  gewesen,  der  nämlich  den  Fehltritt  sichtlichen  Grund.  Daß  in  der  Odyssee  {X  298  f.) 
Helenas  der  Verführung  durch  die  Göttin  zuge-  Kastor  und  Polydeukes  Tyndareos' 
schrieben  und  sich  dafür  an  dieser  (durch  die  leibliche  Söhne  sind,  liegt  an  dem  Streben 
Fesselung  ihres  Kultbilds)  gerächt  habe.  Dies  der  homerischen  Poesie  nach  Vermensch- 
erinnert  uns  von  neuem  daran,  daß  nach  He-  lichung  {Furtwängler,  Art.  Dioskuren  Bd.  1, 
siod  und  Stesichoros  a.  a.  0.  (s.  o.)  Aphrodite  Sp.  1154).  Helena  freilich  erscheint  bereits  bei 
zur  Strafe  für  ihre  Übergehung  beim  Opfern  Homer  (r426;  d  184.  219.  227.  569)  als  Toch- 


1411                     Tyndareos  Tyndareos                    1412 

ter  des  Zeus,  obwohl  ßie  doch  Kastor  und  Po-  aber  sie  gerettet  {Ktym.  3/ar/n.  328,  3  f.).  —  Die 
lydeukes  ihre  leiblichen  Brüder  nennt  (F  237  f.);  Erzählung,  nach  der  Zeus  als  Schwan  {xvxvog) 
diese  aber,  und  zwar  beide,  gelten  seit  Hesiod  die  Leda  berückt,  wird  allegorisch  gedeutet 
{fr,  93  Hz.*,  nach  Schol.  Find.  Nem.  10, 160)  bis-  bei  Cedren.  Ilist.  1,  212:  hier  ist  der  Verführer 
weilen  gleichfalls  für  Zeussöhne,  also  Jiogxov-  ein  acbäischer  Königssohn  Namens  Kyknos, 
got,  sogar  auch  dann,  wenn  ihnen  gleichzeitig  der  in  Tyndareos'  Abwesenheit  {ins}  T.  /u)  Tiag- 
die  patronymische  Bezeichnung  'Tyndariden'  av  rjv)  das  Mädchen  am  Eurotas  überwältigt; 
beigelegt  wird  (s.  o.).  Nachdem  die  Erinne-  vgl.  auch  Tzetz.  Lyk.  88;  Müller,  fr.  hist.  Gr. 
rang  an  die  Einheit  des  Zeus  und  des  T.  4,  549. —  Wie  diesem  Liebesabenteuer  des  Zeus 
geschwunden  ist,  tritt  dieser  als  mensch-  lo  das  Ei  der  Leda  entsprießt,  aus  dem  Helena 
lieber  Gatte  Ledas  bisweilen  an  die  Stelle  entweder  allein  oder  mit  den  Dioskuren  her- 
des  Gottes  und  wird  hie  und  da  der  Vater  vorgeht  (s.  d.  Art.  Helena  Bd.  1,  Sp.  1931  und 
ihrer  Kinder  genannt:  nach  Schol.  Eur.  Or.  Bethes  Artikel  bei  Pauly*-Kroll  7,2826f.),  so 
457  erzeugt  er  Kastor,  Polydeukes,  Timandra,  verknüpft  eine  andre  Spielart  der  Sage  den 
Klytaimestra  und  Helena,  nach  Eur.  I  A.  49 f.  Gott  mit  Nemesis  (s.  d.)  und  berichtet  gleich- 
imd  iSero.  uien.  8,  ISO  diese  selben  drei  Töch-  falls  von  einer  Eigeburt  Helenas,  deren 
ter,  nach  Eur.  Or.  249  und  Hygin.  fab.  78  Kly-  verschiedene  Phasen  jedoch  hier  nur  insoweit 
taimestra  und  Helena,  nach /iTero^/ot  2, 112  und  berührt  werden  können,  als  T.  dabei  in  Be- 
Theokr.  18,  5  Helena,  nach  Diodor  4,  33,  5  und  tracht  kommt.  In  der  Tat  ist  dieser  mit  Leda 
TzeU.  Lyk.  511  (wie  Od.  X  298f ,  s.  o.)  die  bei-  20  und  seinen  Söhnen  auf  bildlichen  Darstellun- 
den  DiOdkuren.  Über  die  bittre  Lronie  in  Eur.  gen  zugegen,  so  auf  dem  Bilde  eines  etrus- 
Or.  750:  6  xoci  äffieras  Q'vyatiQag  anslgag  ita-  kischen  Spiegels  aus  der  Gegend  von  Orvieto, 
Tijp  vgl.  Tryphon.  d.  trop.  19  {Mhet.  Gr.  8,  758  wo  Kastor  (etrusk.  Kastur,  s.  d.  betr.  Art.  Bd.  2, 
WcUz).  Sp.  997 f.)  das  Ei  hält  und  jene  Personen, 
Verläuft  hierbei  alles  natürlich  und  im  darunter  Tyndareos  (etrusk.  tuntre  oder  tuiitle) 
Sinne  der  erwähnten  homerischen  Vermensch-  erstaunt  dabeistehen  (s.u.);  oder  attische  Vasen- 
lichung  (s.o.),  so  wirkt  um  so  phantastischer  bilder  zeigen  das  Ei  auf  einem  Altar,  der  gleich- 
die  zuerst  bei  Euripides  (Hei.  17  f.)  nachweis-  falls  von  der  spartanischen  Königsfamilie  er- 
bare Sage,  Zeus  habe  in  Gestalt  eines  Schwa-  wartungsvoll  umstanden  wird  (s.  u ).  Überall 
nes  der  Leda  beigewohnt  und  mit  ihr  Poly-  so  da,  wo  Zeus  mit  Leda  oder  mit  Nemesis  seinen 
deukes  und  Helena,  T.  aber  in  derselben  Nacht  Liebesbund  schließt  und  Helena  und  deren 
Kastor  [und  Klytaimestra]  gezeugt:  Apollodor  Brüder  hinter  dem  Rücken  des  T.  ins  Dasein 
8,126;  Hygin.  fab.  77.  SO.  Zeus  spielt  dabei  ruft,  ist  dieser  für  die  Kinder  lediglich  der 
die  wenig  würdige  Rolle  von  Tyndareos'  ehe-  Pflegevater.  Es  wird  sich  zeigen,  daß  er 
brecherischem  Nebenbuhler;  offenbar  hat  der  des  Amtes  treu  waltet,  also  auch  den  Kindern 
an  sich  gewiß  sinnvolle  Mythus  von  der  dop-  gegenüber,  bei  deren  Erzeugung  seine  Ehe  von 
pelten  Natur  der  Dioskuren  und  ihrem  ab-  Zeus  geschändet  worden  ist;  vgl.  Apollodor  3, 
wechselnden  Leben  auf  der  Ober-  und  in  der  126f.  129f.  131  f.;  Tzetz.  Lyk.  89.  —  Wenn  die 
Unterwelt  (s.  d.  betr.  Art.  Sp.  1154  f.)  dazu  ge-  weitere  Sagenvariante,  nach  der  Zeus  und  Ne- 
fuhrt,  daß  man  dem  sterblichen  Kastor  einen  40  mesis  die  Eltern  Helenas  sind  {Stasinos'  Kypria 
menschlichen,  dem  Halbgott  einen  göttlichen  fr.  6,  Kinkel  S.  24;  Isokr.  10,59;  Asklepiad.  v, 
Erzeuger  zuweist  {Pherekydes  fr.  29,  Müüer  1,  Tragil.  fr.  14,  Müller,  fr.  h.  Gr.  3,  304;  Apol- 
78,  beim  ScJiol.  Apoll.  Ehod.  1,146;  vgl.  ScÄo^.  lodor  ^,12,7  Wagner),  Leda  ihr  aber  nur  die 
Find.  Nem.  10, 150;  Tzetz.  Lyk.  88;  Schol.  Stat.  Brust  gereicht  hat  {Paus.  1,  33,  7),  dem  Tynda- 
Ach.  180).  Mitunter  stehen  beide  Abstam-  reos  ebenfalls  jene  bescheidene  Würde  einräumt, 
mungssagen,  die  sich  auffällig  gut  zu  vertra-  so  erscheint  diese  noch  außerdem  skurril  ver- 
gen  scheinen  (s.o.),  zueinander  in  bewußtem  zerrt  in  Kratinos'  Komödie  Nemesis  {fr.  108; 
Gegensatz,  wie  wenn  bei  dem  berüchtigten  Zech-  Kock  1,48):  Tyndareos  hält  zwar  fälschlich 
gelage  Alexanders  zu  Marakanda  die  Gäste,  seine  Gattin  Leda  für  die  Mutter  des  von  ihr 
voll  Ärger  ob  ihres  Königs  Selbstvergötterung,  50  bebrüteten  Eies,  weiß  sich  jedoch  über  ihre 
sich  darüber  aussprechen,  wie  (d.  h.  mit  wel-  vermeintliche  Untreue  echtkomisch  zu  trösten; 
ehern  Rechte)  die  Abkunft  der  Dioskuren  auf  vgl.  den  Art.  Nemesis  Bd.  3,  Sp.  128.  Vielleicht 
Zeus  zurückgeführt  und  dem  T.  aberkannt  haben  auch  sonst  jene  abenteuerlichen  Abstam- 
werde  (^rnaw.  ^»ja6.  4,  8,  3).  Und  ähnlich  ver-  mungssacren  Stotf  und  Gegenstand  von  Dra- 
hält  es  sich  mit  Helena.  Bei  Euripides  (s.  o.),  mengebildet,  in  denen  gerade  dem T. eine  maß- 
der  ja  die  Götter  sowenig  wie  Aristophanes  gebende  Rolle  zukam;  wenigstens  scheinen 
schont,  bekennt  sich  diese  erst  als  Tochter  des  einige  Titel  darauf  hinzudeuten:  Tragödien 
T.  {Hei.  17  =  Ar.  Thesm.  860),  erzählt  aber  TvvdaQscog  des  Nikomachos  {Suid.  s.  v.,  nach 
gleich  darauf  höchst  unbefangen  die  Sage  (io-  Meineke,  Com.  1,  497,  Teil  einer  Trilogie :  Tvvd. 
yog\  Zeus  habe  sich  in  Schwanen gestalt  ihrer  60  kXyiy.ccia)v  Ttvxgog)  und  Ariöa  von  Dionysios 
Mutter  Leda  genähert  und  heimlich  sie  erzeugt  dem  Älteren  {Nauck  p.  794');  Komödie  Tvv- 
(v.  18f ,  vgL  568.  637.  1643f  1680);  oder  ein  Sccgscog  rj  ATjda  des  Sophilos,  vgl.  Meineke  1, 
andermal  erfährt  der  greise  T.  die  zwar  ehren-  425;  Kock,  Com.  2,  444 f.  Über  die  anderen 
voll  gemeinte,  aber  doch  wenig  schmeichelhafte  Stoffen  gewidmeten  Dramen  des  Sophokles,  Euri- 
Anrede  {Or.  476):  Ztjio?  ö^oXsurgov  v-dga.  —  pides  und  Alexis,  in  denen  T.  auftritt,  s.  u. 
Einer  etymologischen  Spielerei  verdankt  femer  In  Tyndareos'  Haus  greifen  auch  die  Greuel 
die  sonderbare  Sage  ihre  Entstehung,  T.  habe  des  Pelopidengeschlechts  hinüber.  Nach  Atreus' 
die  Helena  iv  iXondsi  xonm  ausgesetzt,   Leda  Ermordung  werden  dessen  Söhne  Agamemnon 


1413                    Tyndareos  Tjndareos                     1414 

und   Menelaos   von    ihrer  Amme  vor  ThyenteH'  Audi    aus    KlytaimestraH    Vcrmiililung    er- 

Nachstellunj^fen  zu  Polypheides  (s.  d.  nr.  2),  dem  wachsen  dem  T.  ernste  Sorgen.   Sie  verheiratet 

Herrscher  von   Sikyon,   geflüchtet,   der   sie  zu  er  mit  Agamemnon;   doch   nimmt   sie  ihn  nur 

Oineus   nach  Aitolien  sendet;   von  dort  bringt  wider  Willen,  da  er  ihren  ersten  Gatten  Tan- 

sie  T.  nach   dem   Peloponnes  zurück,   und   sie  talos,  Thyestes'  Sohn,  erschlagen  und  ilir  da» 

werden    später    seine    Schwiegersöhne    {Tzetz.  Kind  von  diesem  entrissen  hat;  um  die  Schwe- 

Chil.  1,  45G f.;  vgl.  ^/;o/Zodor.  /t,/nY.  2,  15 f.).  Vor  ster   ^u  schützen,   führen  die  Dioskuren  Krieg 

der  doppelten  Eheschließung  begaben  sich  dort  gegen  Agamemnon,  dem  jedoch  Tyndareos  auf 

noch   andere  Ereignisse.    Mag   Hehma  Tynda-  seine  Bitte  zu  Hilfe  kommt  und  die  (offenbar 

reos'  Tochter  oder  nur  seine  Pflegetochter  sein  lo  entflohene)  Klytaimestra  aufs  neue  zum  Weibe 

(s.  o.),  er  behandelt  sie  wie  sein  eigenes  Kind.  gibt  {Kur.  1.  A.  1149f.  Paus.  2,  18,2). 

Schon  früh  lockt  die  Schönheit  des  Mädchens  Als  die  Dioskuren  unter  die  Götter  versetzt 

lüsterne  Jünglinge  an.    Bereits  als  Helena  noch  werden,   läßt   T.    den    Menelaos    nach    Sparta 

klein  ist,  sucht  Hippokoons  Sohn  Enarop ho-  kommen    und    übergibt    ihm    die    Herrschaft 

ros  (s.  d.)  oder  Enarsphoros  sie  mit  Gewalt  an  (Apollodor.  2,  137;    Epit.  2,  16;    Paus.  3,  1,  5; 

sich  zu  bringen;  um  sie  sicherzustellen,  über-  nach  Hycjin.  fab.  78   tut  er  es  erst  bei  seinem 

gibt  Tyndareos   sie   zu  vorläufiger  Bewachung  Tode). 

dem  Thesen s  {Plut.  Thes.  31).  Doch  ist  diese  Weit  bekannter  als  der  von  Theseus  ver- 
ICrzählung  wohl  nur  eine  mildernde  Abände-  übte  Raub  (s.  o.)  ist  Helenas  Entführung 
rung  des  älteren  Berichts  vom  Raube  der  20  durch  Paris.  Im  allgemeinen  überwiegt 
Helena  durch  Theseus  und  Peirithoos  die  Sagenfassung,  nach  der  sie  mit  ihren 
(s.  d.  betr.  Art.).  Während  sie  nämlich  in  einem  Schätzen  von  dem  Priamossohne  heirtilich 
Haine  der  Artemis  opfert,  wird  sie  von  ihnen  nach  Troja  gebracht  wird;  nach  manchen  Dar- 
entführt und  nach  Attika  gebracht.  Die  Dios-  Stellungen  jedoch  erfolgen  vorher  Verhand- 
kuren aber  holen,  während  das  Freundespaar  lungen.  Bei  Aristoteles {Phet.  2,24=  ip.  lAOlh  S6'^ 
auf  Zeus'  Befehl  in  die  Unterwelt  hinabgestie-  vgl.  Gramer.  Anecd.  Parisin.  1,  298)  läßt  T.  der 
gen  ist,  die  Schwester  zurück  und  bringen  sie  Tochter  die  Wahl  zwischen  Menelaos  und  Pa- 
unversehrt  als  nccgd^ivog  wieder  heim  {Hella-  ris,  dem  sie  dann  folgt,  und  ebenso  wird  letz- 
nikos  fr.  74,  Müller  1,  55;  Schol.  11.  ri44.  242;  terer  bei  Dion.  Girysost.  or.  11,  48  f.  51  f.  Arnim 
Herodot.  9,73;  Isokr.  10, 19;  Plut.  a.  a.  0.;  Apol-  30  nach  einer  förmlichen  Werbung  von  dem  Va- 
lodor.  hihi.  3,  128;  Epit.  1,  23 f.;  Diodor  4,63;  ter  und  den  Dioskuren  jenem  vorgezogen  und 
Athen.  13,557a;  Ov.  Her.  5, 127 f.;  Metam.  15,  erhält  ihre  Hand.  Über  eine  bildliche  Darstel- 
233;  Hygin.  fab.  79;  schon  am  Arayklaiischen  lung  der  Entführung  Helenas  im  Beisein  de» 
Throne  war  die  Entführung  dargestellt:  Paus.  T.  {TvxccQ^og)  s.  u.  Mit  Recht  beruft  sich  Me- 
3,  18,  15,  vgl.  1,41,4;  Euripides  oder  Kritias  nelaos  jetzt  auf  die  OQy.ovg  TtcxXccLovg  Twöagsoa 
behandelte  die  Sage  im  IltiQi&ovg,  vgl.  Nauck,  {PJur.  I.  A.  78;  s.  0.)  und  verpflichtet,  beim  nun- 
trag.  Gr.  fr.  p.  546.  770).  —  Bald  stellen  sich  mehrigen  Eintritt  des  casus  belli,  die  Fürsten 
andre  Liebhaber  ein.  Zahlreiche  Freier  um-  Griechenlands  zum  Rachezug  gegen  Ilion. 
werben  die  schöne  Jungfrau.  T.  fürchtet,  wenn  Während  des  Trojanischen  Krieges  ver- 
er  einen  bevorzugt,  die  Feindschaft  der  übrigen.  40  mahlt  T.  seine  Enkelin  Hermione,  Menelaos' 
Da  rät  Odysseus  (s.  d.),  selbst  einer  der  Freier,  und  Helenas  Tochter,  mit  Orestes;  von  ihm  be- 
dem  T.,  er  solle  sie  alle  eidlich  verpflichten,  reits  schwanger,  verheiratet  sie  ihr  Vater  (nach 
dem  von  Helena  Erkorenen  gegen  Feindselig-  seiner  Heimkehr)  mit  Neoptolemos,  dem  er  sie 
keiten  der  anderen  beizustehen,  und  erbittet  vor  Troja  versprochen  hat  {Od.  8  4f.);  daraus 
sich  zum  Danke,  wenn  Helena  ihn  nicht  wähle,  entsteht  eine  unheilvolle  Verwicklung,  welche 
die  Fürsprache  des  T.  bei  seinem  Bruder  Ika-  2'heognis{?)  und  der  Tiagikev  Philokles  {Nauck^ 
rios  (s.  o.),  um  die  Hand  der  Penelope  (s.  d.)  trag.  Gr.  fr.  p.  759*)  nach  Schol.  Eur.  Andr.  32,. 
zu  erlangen.  Die  Freier  leisten  den  Schwur.  ferner  Sophokles  in  seiner  Hermione  {Nauck 
Nachdem  sich  Helena  für  Menelaos  entschie-  p.  176  f.)  nach  Eustath.  Od.  p.  1479,  10  f.  und 
den  hat,  verhilft  T.  dem  Odysseus  zu  seiner  50  Schol.  Eur.  Or.  1655,  wohin  wohl  auch  das  ein- 
Gattin Penelope.  Dies  war  zuerst  erzählt  in  zige  Fragment  unter  dem  Titel  Tw^ägsag  {fr. 
Hesiods  Katalogen  fr.  94  Bzach^,  s.  Berliner  68S  j).  271  Nck.^)  gehört  {so  Eibbeck,  R.  Tr.26S, 
Klassikertexte  5,  1.  Hälfte  S.  28f.;  vgl.  ferner  17,  gegen  Welcker,  Gr.  Tr.  1,216),  endlich  Li- 
Stesichoros  fr.  28  Bgk.*;  Soph.  Ai.  Hilf,  mit  vius  Andronicus  und  Pacuvius  in  den  Her- 
Schol;  Philokt.  72 f.  mit  Schol.-,  fr.  144  JVcÄ:.*;  wnowa  betitelten  Tragödien  (i2«6feecÄ;  S,  31.  261  f.) 
Eur.  I.A.  51  f.  391;  Accius'  Arm.  iud.  (gedieh-  behandelt  haben;  vgl.  auch  Ov.  Her.  8,  31  f. 
tet  nach  Aisch.  "ÖTtlaiv  yiglßig,  s.  Rihheck,  B.  Serv.  Aen.  3,  330;  besagte  Stücke  spielen  in 
Tr.  369 f.);  Thuk.  1,9;  Isokr.  10,40:  Apollodor  Delphi,  wo  Neoptolemos,  begleitet  von  seiner 
3, 129 f.;  Hygin.  fab.  1^.  81;  Dion.  Chrysost.  or.  Gattin  Hermione  und  deren  Vater  und  Groß- 
61,10  Arnim;  Ael.  Arist.  2,592  Dind.\  Liban.  60  vater,  den  Apollon  wegen  ausbleibenden  Kin- 
4,925.  932.  943  Beiske;  Tzetz,  Lyk.  204]  Anteh.  dersegens  um  Rat  fragt,  aber  von  seinem  Ne- 
171.  In  Alexis'  Komödie' EXivr]g  nvriöTfjQsg,  wohl  benbuhler  Orestes,  den  (mit  Pylades)  die  Fu- 
identisch  mit  dessen  Stück  Twöagstog  {Kock,  rien  hierher  getrieben  haben,  (oder  von  seinem 
Com.  2,  320  f.  384),  trat  Tyndareos  gewiß  selbst  Helfershelfer  Machaireus)  am  Altar  getötet  wird; 
als  Hauptperson  auf;  vgl.  Ulix.  Com.  in  Fleckeis.  vgl.  Hygin.  fab.  123.  Der  blutigen  Schreckens- 
Jahrb.  Supplhd.  16, 399 f.  —  Am  Taygetongebirge  tat  ging  in  den  Dramen  ein  Redekampf  voraus^ 
zeigte  man  den  Ort,  wo  er  vor  dem  Schwur  der  in  dem  Menelaos  für  Neoptolemos  eintrat,  der 
Freier  ein  Pferd  geopfert  hatte:  Paus.  3,  20,  9.  greise  T.  dagegen  die  Sache  seines  Enkels  Orest 


1415                    Tjndareos  Tyndareos                    1416 

fahrte  (Ribbeck  S.  262.  264  f.).    Bitterer  Hohu  Uiei    enuntTte  an  T.  der  von  ihm  ge^rüu- 

seiner  beiden  Gegner  scheint  dem  Alten,   der  dete  Tempel  der  Athene  Chalkioikos,  in 

an  euripideische  Greise  erinnern  mochte,  dabei  dem  der  berühmte  Feldherr  Pausaniaa  als  Ver- 

nicht  erspart  geblieben  zu  sein,  wahrend  viel-  räter   den   Tod   fand   {Paus.  3,17,2.  7);   auch 

leicht  wenigstens  Hermione  kindlich  sich  seiner  ein  fiv7}|ita  Twiägsoi  vor  dem  Tempel  des 

annahm  {Ribbeck  a.  a.  0.  266  u.  Rom.  Dichtung  Zsvg  Koa^riräg  wurde  gezeigt  (3, 17,  4);  es  war 

1, 172).  dies  wohl  sein  Grabmal.    Doch  gehört  T.  nach 

Ist  T.  hier  Orests  Vertreter  und  Fürspre-  einer    verbreiteten    Sage    zu    denen,   die  von 

eher,    80    gestaltet   sich   sein  Verhältnis   zum  den  Toten  auferweckt  worden  sind;  Askle- 

Enkel  nach  anderen  Berichten  wesentlich  un-  lO  pios  soll  ihn  ins  Leben  zurückgerufen  haben : 

günstiger.    T.,  heißt  es,  habe  den   Mutter-  Panyasis  fr.  19  Kinkel  (nach  Schal.  Eur.  Alk. 

mörder   angeklagt;    doch   hätten   ihm   die  1,   Apollodor.  3, 121  u.  Sext.  Empir.  adv.  inaih. 

Bewohner  von  Mykene  um  seines  Vaters  Aga-  1,261  Bekker);  Schol.  Pind.  Pyth.  3,  i>6;  Philo- 

memnon   willen  zur  Flucht  verhelfen,  worauf  dem.  d.  piet.  62  Gomperz;  Aelian.  fr.  234  Her- 

er  von  den  Furien  verfolgt  worden  wäre  {Hy-  eher  (bei  Suid.  s.  ^cvaßiävai);   lyucian.  d.  sali. 

gin.  fab.  119).    Sogar   auf    dem    athenischen  46;   Zenob.  1,47  (Paroem.  1,18).    Seine  gött- 

Areiopag  erhebt  T.  seine  Anklage  gegen  Orest  liehe  Verehrung   durch   die  Lakedaimonier 

nach  Apollodor.  Epit.  6,25  u.  Tzetz.  Lyk.  1374;  bezeugt  Varro  fr.  22  c  Agahd  bet  Serv.  Aen.  8, 

doch  dem  widerspricht  Pau«.  8,34,4,  da  T.  276. 

damals  nicht  mehr  am  Leben  gewesen  sei.  —  20  Der  Name  Tyndareos  ist  wohl  nicht  zwei- 
Nicht  in  Athen,  sondern  in  Argos  findet  die  felhaft  (anders  Gruppe,  Myth.  618,6);  er  ist 
Aburteilung  statt  nach  Euripides'  Orestes:  hier  von  Tydeus  (s.  d.)  nicht  zu  trennen  {Preller, 
tritt  der  greise  T.  selbst  wieder  als  dramatische  Gr.  Myth.  2',  352)  und  bedeutet,  da  beide  Wör- 
Person  auf;  wegen  der  gräßlichen  Ermordung  ter  mit  skt.  tud  {tudämi),  lat.  tundere,  got. 
seiner  Tochter  Klytaimestra  stachelt  er  mit  stautan,  deutsch  ^stoßen'  zusammenhängen, 
Palamedes'  Bruder  Oiax  die  Argiver  gegen  sei-  gleichfalls  den  Stößer  oder  Zuschläger  {Curtius, 
nen  blutbefleckten  Enkel  auf;  so  demütig  die-  Grundzüge  d.  Etym.  226  f.*.  Usener,  Göttliche 
ser  auch  dem  alten  Großvater  begegnet,  in  Synonyma,  Rhein.  Mus.  1898,  S.  341).  Es  liegt 
dankbarer  Erinnerung  an  die  von  ihm  empfan-  nahe,  dabei  an  einen  schlagfertigen  Kämpfer 
gene  Erziehung  und  im  Bewußtsein  der  eige-  30  und  Kriegshelden  wie  (Karl)  Martell  zu  denken, 
nen  schweren  Schuld  (v.  459 f.  544 f.),  er  muß  zumal  wenn  man  die  zweite  Silbe  des  Namens 
sich  doch  von  ihm  mit  bitteren  Vorwürfen  über-  mif^prjg  zusammenbringt  {Etym.  Magn.  175,  32, 
schütten  lassen,  die  in  der  Drohung  gipfeln,  \g\.  Fick^-Bechtel,  Gr.  Personennamen  4^39).  Er- 
er  werde  das  Volk  zu  seiner  und  Elektras  wägtman  jedoch,  daß  die  drei  wichtigsten  Nach- 
Steinigung aufrufen  (v.  607f.  612f.  915)  Zwar  kommen  Helena,  Kastor  und  Polydeukes  häufig 
verurteilen  die  Bürger  daraufhin  beide  zum  als  übermenschliche  Wesen  erscheinen,  ja  un- 
Tode, überlassen  es  ihnen  aber,  sich  selbst  ter  die  Götter  gerechnet  werden  und  religiöse 
ins  Schwert  zu  stürzen  (v.  946  f.  1040.  1062  f.).  Verehrung  genießen,  so  wird  man  geneigt  sein, 
Der  getreue  Pylades  und  schließlich  Apollon  als  auch  in  ihrem  Vater  eine  Gottheit  zu  suchen; 
deus  ex  machina  vermitteln  zugunsten  der  be- 40  und  so  verrufen  in  der  Mythologie  naturge- 
drängten Geschwister (v.  1014 f.  1069f.  1625 f.). —  schichtliche,  namentlich  astronomisch-physika- 
Als  Residenz  des  T.  wird  wiederholt  Sparta  lische  Erklärungen  auch  sind,  so  führen  sie 
ausdrücklich  genannt:  hier  erscheinen  die  zahl-  doch  nicht  selten  mit  überzeugender  Beweis- 
reichen Freier  der  Helena  {Apollodor  3,  129,  kraft  zum  Ziele.  Daher  erkennt  Furtwängler 
8.  u.),  und  von  hier  entführt  sie  Paris  {Hygin.  in  'Tyndareos'  eine  Benennung  des  Him- 
fab.  92);  hierher  läßt  T.  seinen  Eidam  Mene-  melsgottes  (s.  d.  Art.  Dioskuren  Bd.  1,  Sp. 
laos  kommen  {Apollodor  3,  137;  Epit.  2,  16),  1154),  wobei  man  ihn  als  Urheber  der  Blitz- 
der  gleichfalls  hier  Hof  hält  (Od.  ^  1.  10;  3,460).  schlage  und  Gewitterstürme  wird  auffassen 
Sonst  hat  es  freilich  oft  den  Anschein,  als  wäre  müssen;  für  die  Annahme  seiner  Identität 
sein  Herrschersitz  Amyklai,  weil  dort  seine  50  mit  Zeus  fällt  aber  besonders  ins  Gewicht, 
Angehörigen  und  Nachkommen  wohnen  {Paus.  daß  Tyndareos'  Kinder  oft  auch  als  die  des 
3, 16,2;  vgl.  Xen.  Hell.  6,  5,  31);  so  ist  sein  Zeus  bezeichnet  werden  (s.  0.);  in  der  erwähn- 
Brader  Hippokoon  hier  zu  Haus  {Ov.  Met.  ten  Stelle  bei  Gorgias,  Hei.  3,  wo  die  Abstam- 
8,314);  nach  seiner  Gattin  heißt  der  Ort  Le-  mung  der  Heroine  erörtert  wird,  sind  beide 
daeae  Amyclae  (jS^af.  Theb.  7, 163);  Helena  wird  Namen  zu  einer  Einheit  verbunden  und  bilden 
von  hier  entführt  {Eur.  Troad.  986;  Ov.  A.  A.  in  dieser  Nebeneinanderstellung  einen  Beweis 
2,6;  Stat.  Ach.  1,21);  jTÄeoÄrr.  22, 122  nennt  den  für  Zeus'  und  Tyndareos'  urspüngliche 
Polydeukes  .^^vxWwv  ßaöLXfja;  beide  Diosku-  Wesenseinheit.  Vielleicht  kann  dieser  Iden- 
ren  heißen  fratres  Amyclaei  (Äfat  5t7r.  4,  8,  29 ;  tität  die  Nachbarschaft  von  dem  Heiligtum 
Tlieb.  7,413,  vgl.  Oo.  Her.  8,71);  bei  JPindar  60  des  Zeus  und  dem  Grabmal  des  T.,  also  die 
{Pyth.  11,32)  wohnt  und  stirbt  auch  Agamem-  Gemeinsamkeit  ihrer  beiderseitigen 
non  hier  und  wird  (zweifelhaft,  ob  mit  Kassan-  Kultstätten  (s.  0.),  als  Stütze  dienen,  wobei 
dra)  hier  begraben  und  verehrt  {Paus.  3, 19,  6).  die  Frage  offen  bleiben  darf,  ob  Tyndareos  in 
Sparta  und  Amyklai  dürfen  also  in  gleicher  Lakedaimon  uransässig  und  eine  echt- 
Weise  für  T.'  Residenzen  gelten;  doch  ist  als  spartanische  Gottheit  oder,  wie  seine  Gattin 
solche  nur  Sparta  direkt  bezeugt;  vgl.  auch  Leda,  seine  Töchter  Klytaimestra  und  Helena, 
Gruppe,  Mythol.  157 f.;  Busolt,  Gr.  Gesch.  l',207,  sein  Bruder  Ikarios,  sein  Namensvetter  Tydeus 
8;  Lucke^ibach,  Fleckeis.  Jahrb.Supplbd.il,  596.  (s.  0.),  erst  aus  Aitolien  in  den  Pelopon- 


Tyndareos 


1417 

nes     einge- 
wandert 
und  dann  am 
Eurotasufer 
lokalisiert 
worden      ist; 
vgl.     Gruppe, 
Mythol.  KJüf. 
482.  618.  629; 
Bethe  h.  Pan- 
ly-- Kroll     7, 
2827. 

Außer  der 
in  der  Litera- 
tur allgemei- 
nenForm7^vv- 
ddgscog  finden 
sich  auf  In- 
.schriften  meh- 
rere Ab  arten 
desNamens: 
vgl,  Kretsch- 
iner,  Gr.  Vas.- 
hischr.  205  f. 
Ein  Diosku- 
renrelief  von 
der  Insel  Ky- 
thera  trägt 
die  Inschrift 
T  i  V  dccglffaig 
{Athen.  Mit- 
teilungen 5,231;  8.  d.  Art.  Dioskuren  Bd.  1, 
Sp.  1165).  —  TsvSccgeag  lautet  ferner  der  Name 
auf  der  schon  erwähnten  Trinkschale  des  Malers 
Xenotimos  (Antike  Denkmäler  1,  Taf.  59;  s.  auch 
d.  Art.  Bd.  4,  Sp.  403  u.  Philonoe  Bd.  3,  Sp.  2351). 
—  TvtccQ8og  endlich  findet  er  sich  geschrieben 
auf  attischen  Vasen,  so  auf  der  des  Hieron 
in  Berlin  mit  dem  Bilde  der  Entführung  der 


Tyndareos 


1)  XenotimosTase :  Helenas  Eigeburt;  anwesend  Tyndareos  mit  Leda  und 
Töchtern  (nach  Antike  Denkmäler  1  [1891]  Taf.  59). 


1418 

dige    Form 
Tyndarun,     i 
geschaffen , 
die  auch  der 
Name     des 
einen  der  bei- 
den Helden  in 
Flautus'  Cap- 
tivi    ist ,    sich 
bisweilen     in 

den  Hand- 
schriften, z.  B. 
des  Eygin, 
findet  und  bia 
auf  Lactan- 
tius  {Divin. 
instit.l, 10,11: 
Ämphitryonem 
et  Tyn  darum 
praeterire  non 
possum)  erhal- 
ten hat.  Da- 
neben erschei- 
nen die  dem. 
Griechischen 
entlehnten 
Formen  Tun- 
dareus{Pacuv . 
Hermion.  fr. 
ISheiPibbeck, 
JR.jrr.265)  und 
Tyndareos  (Ov.  Her.  8,  31);  davon  das  Adj. 
Tyndareus  als  freie  Nachahmung  des  griech. 
TvvdcLQsvog:  FaZ.  2^7.  1, 167.  571;  Auson.  Epigr. 
56,4.  Vgl.  Neue,  Lat.  Formenl.  1^329;  Kühner- 
Holzweißig,  Lat.  Gramm,  l^  494. 

Das  Etruskische  endlich  zeigte  den  Na- 
men in  der  stark  zusammengeschrumpften  Form 
tuntle  (s.  d.)  auf  einem  etrusk.  Spiegel  aus  der 


Helena(FMrhm>?5rZernr.2291;s.  Bd.  l,Sp.  1966).  40  Nähe    von   Orvieto   {Gaz.  archeol.  1877,  S.  9f 


—  Denselben  Mangel  des  v,  das  ja  auch  dem 
stammverwandten  Namen  TvSsvg  fehlt  (s.  o.), 
zeigt  die,  freilich  unsicher  überlieferte,  Glosse 
bei  Hesych.  (4,184  Mor.  Schmidt):  Tvdäv  xo- 
X(ov&v'  TvvöccQiö&v.  Zugleich  ist  hier  die  ganze 
zweite  Silbe  einer  Namensverkürzung  zum  Opfer 
gefallen.  —  Auch  die  Endsilbe  erleidet  mannig- 
fachen Wechsel.  Gegenüber  der  später  über- 
wiegenden  attischen    Form   lautet   schon    seit 


Taf.  3)  oder  in  der  Fassung  tunle  (s.  d.)  auf 
einem  etrusk.  Spiegel  von  Volci  {Bull.  d.  Inst. 
1882,  S.  224). 

In  der  bildenden  Kunst  sind  die  Dar- 
stellungen des  Tyndareos  ziemlich  zahlreich; 
einiger  ist  schon  gedacht  worden.  Ordnet  man 
sie  nach  der  Zeitfolge  seiner  Erlebnisse, 
also  biographisch,  so  sieht  man  ihn  zunächst 
anwesend  bei  Helenas  Eigeburt  (s.o.).  Die- 


Homer  die  epische  Fassung   Twödgiog,   oder  50  sen   phantastischen  Vorgang,   dessen  Darstel- 


diese  liegt  wenigstens  dem  entsprechenden  cas 
obl.  TvvdaQsov  {Od.  ^  298;  cö  199;  Eur.  El.  117 
989 ;  I.  A.  593  nach  den  Handschriften),  Tvv- 
SaQEOLO  (Apoll  Bhod.  1,  148.  3,  517;  Mosch.  Id. 
3,  78;  Tzetz.  Anteh.  171),  Tvvdagicp  (Od.  l  299) 
zugrunde.  —  Die  Namensform  Tvv8dgr]g  ist 
zwar  dem  Helden  der  alten  Sage  noch  fremd 
und  findet  sich  erst  als  Eigenname  eines  laked. 
Geronten  mit  dem  Gen.  Tvvddgovg  auf  spartan. 
Inschriften  (C.  I.  Gr.  1,  1256.  1304)  oder  als  60 
Name  einer  Dialogperson  bei  Plutarch.  (Quaest. 
conviv.  8,  1,  3.  2,  1)  mit  der  Anrede  co  Tvvddgri 
(8,2,2);  sie  besitzt  aber  eine  gewisse  Bedeu- 
tung, weil  von  ihr  die  patronymischen  Benen- 
nungen der  männlichen  und  weiblichen  Nach- 
kommen abgeleitet  sind  {Etym.  Magn.  166, 14, 
vgl.  Kühner-Blass,  Gr.  Gramm.  2',  282 f.). 
Das  Lateinische   hat  sich  die  selbstän- 

RoscHER,  Lexikon  der  gft.  u    röm.  Mythol.     V, 


lungen  mehrfach  falsch  erklärt  worden  sind, 
indem  z.  B.  Stephani,  Compte  Bendu  1861,  S. 
134 f.,  die  dabei  anwesenden  Dioskuren  als 
Orestes  und  Pylades  deutete,  hat  zuerst  er- 
kannt KekuU,  Ein  griech.  Vasengemälde  im 
Bonner  akad.  Kunstmuseum,  Bonner  Festschrift, 
1879,  u.  Sitzungsler.  d.  Berl.  Akad.  1908,  1,  S. 
691  f.  Es  kommen  für  Tyndareos  zunächst  fol- 
gende Vasengemälde  in  Betracht: 

1.  Rotfigur.  Trinkschale  des  Malers  Xeno- 
timos, früher  in  der  Brüsseler  Sammlung  van 
Branteghem,  jetzt  im  Museum  zu  Boston;  vgl, 
Ant.  Denkm.  1,  1891,  Taf.  59.  Die  Personen 
sind  durch  Namensinschriften  bezeichnet.  Auf 
dem  Altar  liegt  das  Ei  der  Helena;  daneben 
sitzt  der  Adler  des  Zeus;  links  steht,  bekränzt, 
in  langem  Himation,  das  Zepter  in  der  Linken, 
T.  (TBvddgscag,  s.  o.),  hinter  ihm  Kly taimestra ; 

46 


1419 


Tyndareos 


Tviulareos 


1420 


S)  Yasenbild:  Heleuas  Kigeburt;  anwosoud:  das  Eltem]>aAr  und  die  Dioskiiren 
(nach  Kekul^,  Fetfsrhr.  1870,  mit  Tafel). 


rechts  vom  Altar  Leda;  auf  der  zweiten  Außen- 
seite der  Vase  ist  zwischen  zwei  weiblichen 
Gestalten  Phylonoe,  die  andre  Tochter  des  Tyn- 
dareos (8.  o),  sichtbar;  s.  bes.  KekuU,  Berl. 
Sitzungsber.  S.  691  f.;  s.  Abb.  1. 

2.  Krater  im  Museo  civico  zu  Bologna;  vgl.  30  Pferde;  s.  Abb.  4 


könnte  (s.  c);  links 
Leda  und,  auf  den 
Stock  gestützt,  T. 

8.  Zweihenkeli- 
ger  Krater  in  derWie- 
uer  Antikensamm- 
luug;  Kekule,  lierl. 
Sitzungsber.  S.  694 
mit  Taf.  7, 1.  Rechts 
vom  Altar,  der  sich 
aus  großen  Steinen 
mit  einer  Deckplatte 
/usanimeusetzt,  ste- 
hen mit  Lanzen  die 
Dioskuren,  links  Le- 
da, dahinter  im  Man- 
tel, auf  den  Stab  ge- 
stützt, T. 

9.  Rottig.  Hydria 
im  Berliner  Museum^ 
nr.  4533 ;  Kekule,  Sit- 
zungsber. S.  697  mit 
Taf.  9.  Auf  dem  Al- 
tar das  Ei,  aus  dein 

die  kleine  Helena  schon  hervorkommt;  sie 
streckt  die  Armchen  links  nach  Leda  aus; 
dieser  gegenüber,  rechts  vom  Altar,  T.  im  Man- 
tel und  mit  dem  Zepter;  hinter  Vater  und 
Mutter    steht  je    ein    Dioskur    neben    seinem 


Brizio  in  den  Atti  e  memorie  della  deput.  di 
storia  per  la  Rmnagna,  Ser.  III,  vol.  6,  fasc.  1 
e  2;  Kekule  a.  a.  0.  S.  693  f.  Von  links  nähern 
sich  dem  Altar  mit  ihren  Rossen  die  Diosku- 
ren; rechts  stehen  Leda  und  T. 

3.  Krater  im  Wiener  Münz-  und  Antiken- 
kabinett; Laborde,  Vases  de  Lamberg  1,  14; 
Ann.  d.  I.  XX  tav.  L;  Kekule,  Bonner  Fest- 
schrift S.  llf.;  Baumeister,  Denkm.  1,  634  Abb. 


10.  Zweihenkeliges  Gefäß  aus  Chiusi,  jetzt 
im  Museum  zu  Palermo ;  Ann.  d.  I.  XX  tav.  K ; 
Kekule,  Festschrift  S.  15f.  An  den  Altar  tritt 
rechts  Leda  heran  und  erfaßt  mit  beiden  Hän- 
den das  Ei;  hinter  ihr  T.;  links  die  Dioskuren; 
zu  beiden  Seiten  des  Bildes  noch  je  ein  Jüng- 
ling; der  eine  mit  dem  Kerykeion  ist  wohl 
Hermes  (s.  o.);  s.  Abb.  5. 

Sämtliche    vorerwähnten    Vasenbilder,    die 


706;  Beinach,  Bepertoire  1  S.  279.   Rechts  vom  40  hier  aufgeführt  sind,  wie  sie  Kekule,  Sitzungs- 


Altar  stehen  die  Dioskuren,  links  Leda,  hinter 
ihr  mit  langem  Herrscherstab  T. 

4.  Krater  im  Bonner  akad.  Kunstmuseum; 
vgl.  Kekule,  Festschrift  S.  19  f.  mit  beigegebe- 
ner Abbildung.  Die  Anordnung  der  Personen 
ist  die  nämliche;  auch  hier  Tyndareos  ganz 
links;  doch  steht,  als  Besonderheit,  dicht  am 
Altar  vor  den  Dioskuren  eine  Säule  mit  einer 
weißen  Zeusstatuette;  s.  Abb.  2. 

5.  Scherben  zweier  rottigur.  Vasen,  jetzt 
gleichfalls  in  Bonn:  KekuU,  Berl.  Sitz.- 
Ber.  S.  695  f.  Sie  zeigen  links  Helenas 
Brüder,  rechts  das  Königspaar. 

6.  Vase,  einst  im  Neapler  Kuusthandel, 
jetzt  verschollen;  Arch.  Zeitg.  1853,  Taf. 
59;  Kekule,  Festschrift  S.  14 f.;  Beinach  1 
S.  380.  Statt  des  Altars  ein  aufgeschich- 
teter Steinhaufen;  rechts  die  Dioskuren; 
links  Leda;  hinter  ihr  Hermes  mit  dem 
Kerykeion ;  dicht  dahinter  Tyndareos  mit 
nacktem  Oberkörper  und  langem  Herr- 
scherstab; 8.  Abb.  3. 

7.  Zweihenkeliges  Gefäß  in  St.  Peters- 
burg; Katalog  der  Ermitage  nr.  2188;  Ke- 
kule, Festschrift  S.  13  f;  Beinach  1  S.  8. 
Rechts  vom  Altar  mit  dem  Ei  zwei  Jüng- 
linge (Dioskuren?),  von  denen  der  eine 
mit   dem    Kerykeion    auch    Hermes    sein 


ber.  S.  702  f.,  chronologisch  angeordnet  hat,  wei- 
sen untereinander  eine  gewisse  Ähnlichkeit  auf. 
Nach  der  Vermutung  Boberta  {Arch.  Anz.  1889, 
S.  143)  gehen  sie  auf  ein  Wandgemälde  aus 
der  Schule  Pohjgnots  zurück.  Bei  allen  erhebt 
sich  in  der  Mitte  ein  aufgemauerter  (nur  auf 
dem  Neapler  und  dem  einen  Wiener  Vasenbild 
aus  rohen  Steinen  aufgehäufter)  Altar,  auf  dem 


3)  Vasenbild:  Helenas  Eigebart;  anwesend:  Tyndareos,  Hermes, 
Leda,  die  Dioskuren  (nach  Arc/i.  Zeitg.  1853  Taf.  59). 


1421 


Tyndareos 


Tyndareos 


1422 


ein  auffällit?  großes  Ei 
lie<(t.  Erwartuii<,'svoll 
umsteht  ihn  die  spar- 
tanischeKönigsfamili«', 
der  sich  auf  dem  Nea- 
pler,  dem  Petersbur- 
ger und  dem  Palerrair 
tanor  Bilde  ein  sehr 
jugendlicher  Hermes 
mit  dem  Kerykeion  zu- 
gesellt. Nirgends  frei- 
lich sind  die  Familien- 
glieder vollzählig  ver- 
sammelt; auf  der  Xe- 
notimosvase  sieht  man 
neben  den  Eltern  noch 
Klytaimestra  und  Phy- 
lonoe,  sonst  auf  acht 
Gefäßen  die  Dioskuren 
dargestellt;  auf  der 
Petersburger  endlich 
nur  einen  der  beiden 

Brüder,  falls  nämlich  der  zweite  Jüngling  mit 
dem  Heroldsstab  Hermes  (oder  nicht  vielmehr 
der  andre  Bruder)  ist.    Das  Poltern  paar  ist 


6)  Etrusk.  Spiegel:  Helenas  Eigeburt;   anwesend:  Tynda 
reos,  die  Dioskuren,  Aphrodite,  Leda,  Klytaimentra  (nach 

Gaeztte  ardieolof/ique  1877  Taf.  3). 

Überall  zugegen;  während   aber  Leda   ent- 
weder leidenschaftlich  erregt  die  Hände  erhebt 
oder   mit  ihnen    das   Ei  anfaßt  (Palermitaner 
Gefäß)   oder  dem  Kinde   aus  den   Eierschalen 
heraushilft  (Berliner  Hydria), 
bewahrt  T.  allenthalben  eine 
edle,  ruhige  Haltung  und  mit 
Himation,  mit  Herrscherstab 
und   Blätterkranz   im    Haar, 
eine  echt  königliche  Würde. 
Seine   volle  Aufmerksamkeit 
gilt  der  Geburt  des  künftigen 
Pflegekindes.    —    Denselben 
Gegenstand    veranschaulicht 
ein  etrusk.   Spiegel    aus   der 
Gegend  von  Orvieto  {Notizie 
(legli  scavi  1876,  Taf.  1;  Gaz. 


4)  Vasenbild:  Helenas  Eigebiirt;  anwesend:  das  Eltempaar  and  die  Diuskuieu 
(nach  lierl.  Sitzungsber,  1908,  1  Taf.  9). 

archeol  1877,  Taf.  3;  s.  auch  die  Art.  Leda 
Bd.2,Sp.l931u.7.a<?;aSp.l916).  BemT.  (tuntle, 
8.  0.),  der  am  linken  Kande  des  Bildes  mit 
einem  Stabe  in  der  Hand  sitzend  dargestellt 
ist,  reicht  Kastor  (die  zweite  Gestalt  von 
rechts)  ein  geplatztes  Ei  dar;  als  erstaunte 
Zuschauer  sind    anwesend   turan    (Aphrodite), 

30  latva(Leda),  eine  weitere,  unbezeichnete  Frauen- 
gestalt (Klytaimestra?  s.  d.  Art.  Bd.  2,  Sp.  1244) 
und  pultuce;  darüber  das  Viergespann  des 
Helios;  s.  Abb.  6.  —  Endlich  zeigt  ein  Sarko- 
phag aus  Bordeaux,  jetzt  im  Museum  zu  Aix 
in  der  Provence  {MilUn,  Gal.  myth.  Taf.  144, 
522;  Bobert,  Sarkophage  2,  Taf.  2,2;  s.  auch 
d.  Art.  Leda  Sp.  1932),  den  T.,  die  Amme  und 
zwei  andere  weibliche  Personen  in  der  Umge- 
bung  der    als  Wöchnerin  auf  einem  Ruhebett 

40  sitzenden  Leda;  am  Boden  liegt  das  aufgebro- 
chene Ei,  zwischen  dessen  Schalen  Helena  und 
die  Dioskuren  sichtbar  werden. 

Früher  pflegte  man  auch  ein  überaus  an- 
mutiges pompejanisches  Wandgemälde,  be- 
kannt unter  dem  Namen  'das  Erotennest',  auf 
Leda,  T.  und  ihre  soeben  aus  dem  Ei  gekro- 
chenen   Kinder    zu    beziehen    (Heibig,    Pomp. 

.  Wandgem.  nr.  821),  während  zwei  später  auf- 
gefundene Exemplare  des  Bildes  (nr,  822.  823) 

50  gelehrt  haben,  daß  es  sich  um  eine  genrehafte 
Szene  ohne  mythologische  Bedeutung  handelt 
(vgl.  Overbeck,  Pompeji  S.  288.  293.  581^). 

Auf  einem  etrusk.  Bronzespiegel  in  Perugia 
{Conestabile,  Bull.  1869,  S.  47f.;  Fabretti,  Pr. 
Spgl.  252)   steht  lamtun  neben  elinei  (Helena), 


5)  Vasenbild:   Helenas  Eigeburt;   anwesend:   die  Dioskuren,  Leda,  Tyndareos, 
rechts  Hermes  und  links  ein  Jüngling  (nach  Annali  d.  I.  XX  tav.  K). 

46* 


1423                    Tyndareos  Tyndarides,  Tyndaris           1424 

eingerahmt   von   den   Dioskuren   pultuke   und  Deutungen  des  Reliefs,   z.  B.  im  Art.  Helena 

kastur.    Ob  mit  lamtun  Paris  gemeint  ist  oder  Bd.  1,  Sp.  1976. 

etwa  'Laomedon*  und  dieser  Name  auf  Ver-  Helenas  Raub  durch  Paris  erfolpt  nach 

wechselung  mit  T.  beruht,  ist  fraglich.  Obwohl  den    meisten    Berichten    lieimlich;    doch    sind 

Heydemann ,  3.  Hallisches  Winckelmannsprogr.  auch  schon  die  Quellenstelien  erwilhnt  worden 

116,24,   die   letztere  Auffassung  vertritt  und  {Aristot.  Mhet.  2,24;  Gramer,  Anecdl^ar.l,  2di< , 

also   in   den   beiden    Mittelfigaren  Vater   und  Diofi.  Chrys.  or.  11,  48 f.  51  f.),  die  ein  völliges 

Tochter  erkennen  will,  spricht  doch  <lie  grö-  Einverständnis  des  T.  und  der  DioHknren  mit 

ßere  Wahrscheinlichkeit  für   das   Liebespaar;  der  Wegführung  verraten  (s.  o.).  Etwa  die  Mitto 

s.  auch  d.  Art.  Lamtun  Bd.  2,  Sp.  1825.              lo  zwischen   beiden  Sagenfassungen  hlllt  das  be- 

Eine  schwarztigur.  tyrrhenische  Amphora  im  kannte  Bild  auf  einer  Berliner  Vase  des  Hieron, 

Brit. Museum,  nr.  B  170,  zeigt,  wie  Kastor  und  wo  Tyndareos  (Tvrapfos,  s.  o.)  und  sein  Bruder 

Polydeukes,  beide  zu  Pferde,  von  Tynda-  Ikarios  bei  der  Szene  als  Warner  zugegen  sind 

reOB  Abschied  nehmen;  hinter  ihnen  steht  {Furtuängler   nr.  2291;    (\  I.  Gr.  4  nr.  8220; 

ihre  Schwester  Philonoe  (s.  d.);  vgl.  C.  I.  Gr.  Kekule,   Arcli.  Zeitg.  1882,  S.  If.;    Beinach   1 

4  nr.  7707b;   Luckenhach,  Jahrb.  Supplbd.  11,  S.  437;    abgebildet  ist  das  Gemiilde  zum  Art. 

644f.    Vielleicht  rührt  auch  dieses  I3ild,  wie  JETe/ena  Bd.  1,  Sp.  1960).  Während  ein  bilrtiger 

sicher   das   zunächst    beschriebene,   von    dem  Genosse  des  Paris,  wohl  Aineias,  der  auch  aul 

Maler  Exekias  her.  dem  Vasenbilde   des   Malron   erscheint  {Gaz. 

Mit   der  Namensinschrift  dieses  Künstlers  20  archeol.  1880,  Taf.  8;  s.  d.  Art.  Aineias  Bd.  1, 

ist  nämlich  die  berühmte  Amphora  im  vatika-  Sp.  160.  184),  Helenas  Schwester  Timandra  (s.  0.) 

nischen  Museo  Gregoriano  bezeichnet,  die  auf  beschwichtigt,  tritt   den   beiden  Greisen  eine 

der  einen  Seite  unübertrefflich  Aias  und  Achil-  Euopis  genannte  Frauengestalt   entgegen,    in 

leus  beim  Würfelspiel  veranschaulicht.  Auf  der  der  Kekule  S.  12   die  sonst  bei   dem  Vorgang 

andern   stellt  sie  höchst  anmutig  die  Heim-  anwesende  Peitho  erkennt.    T.  sieht  man  also 

kehr   der   Dioskuren    ins    Elternhaus    dar.  auch  hier  um   das  gefährdete  Geschick  seiner 

Während  dem  Polydeukes  ein  Hund  entgegen-  Pflegetochter  treubesorgt. 

springt,  bewillkommnet  die  Mutter  Leda  den  [Johannes  Schmidt.] 

Kastor;  er  führt  sein  Roß  dem  Vater  Tynda-  Tyndarides,  Tyndaris  {TvvSagiSris,  Tvvda- 

reos  zu,  der  streichelnd  die   Rechte  auf  den  30  glg)    gehören   als  Patronymika   männlichen 

Kopf  des  Tieres  legt.    Namensbeischriften  der  und  weiblichen  Geschlechts  zu  Tyndareos  (s.  d.;. 

Hauptpersonen.  Man.  d.  I.  2,22;  Meinach,  Be-  Ihrer  Erläuterung  ist  schon  im  Art.  Tynda- 

pertoire  1  S.  96;  Heibig,  Sammlungen  Borns  1',  reos  vorgearbeitet  worden.  Nach  Etym.  Magn. 

304 f.;   abgebildet  ist   das   Gemälde  zum  Art.  166,14  sind  sie  von  Twödgrig  abgeleitet,  vgl. 

Dioskuren  Bd.  1,  S  1173/74.  Kühner- Blass,  Gr.  Gr.  2«,  282 f.;  Curtius,  Ety- 

Nach  der  schon  erwähnten  Sage,  die  auch  mol.  S,  640f.  645 f.' 

Nemesis  zur  Geliebten  des  Zeus  und  somit  die-  TvvSagidrig  ist  im  Sing,  wie  Plur.  über- 

ses   Götterpaar   zu   Eltern   der   Helena   macht  wiegend    mit    attischen    Formen    vertreten; 

(s.  o.X  sind  Tyndareos  und  Leda  nur  deren  doch   finden   sich   auch    dorische    Casus,    so 

Pflegeeltern.  Als  solche  waren  sie  auf  einem  40  Twöagidccg  {Find.  Nem.  10,  73;   Isthm.  1,  31; 

großen  Gruppenrelief  am  Fußgestell  der  Neme-  Theokr.  Id.  22,  202),  Voc.  TvvSaQiScc  (22,  136) 

sisstatue   in   Rhamnus   veranschaulicht.    Bild-  und   Gen.  Plur.    TvvddQidäv  (Pivid.  Ol.  3 ,  39 ; 

Säule  und  Basis,  von  Paus.  1,  33,  :i  u.  7  f.  dem  Pyth.  1,66);  und  endlich  auch  ionische,  näm- 

Pheidias  zugeschrieben,   rührten  vielmehr  von  lieh  Gen.  Plur.  TwäagiSetov  {Herod.  4,145.  5, 

seinem     Lieblingsschüler    Agorakritos     her  75)  und  Dat.  Tvvdccgidrjötv  {Herod.  9,  73;  Kal- 

(Ooerbeck,  Schriftquellen  S.  140. 148;  v.  Wilamo-  lim.  Epigr.  57;  Simonid.  fr.  174,  Bergk,  Lyr. 

Witz,  Antig.  v.  Kargst.  S.  10 f.).    Die  Beschrei-  3*,  507). 

bnng  des  Reliefs  bei  Pausanias  a.  a.  0.  im  Der  Sing,  bezeichnet  ebenso  Kastor  wie 
Verein  mit  den  Funden  und  Ergebnissen  der  Polydeukes,  von  denen  jeder  demnach  als 
1890  von  der  Griech.  Arch.  Gesellschaft  ver-  50  Tyndareos'  Sohn  gelten  müßte.  Im  Art.  Tyn- 
anstalteten  Ausgrabungen  {B.  Staes,  *Ecprifi.  &gx-  dareos  Sp.  1410  ist  aber  nachgewiesen  worden, 
1891,  S.  63 f.)  haben  Rekonstruktionsversuche  daß  beide,  einzeln  im  Sing,  und  zusammen  im 
von  L.  Pallat  im  Arch.  Jahrb.  1894,  Taf.  If.  Plur.,  auch  dann  Tyndariden  heißen,  wenn  sie 
sowie  von  H.  Schulz  in  O.  Boßbachs  Art.  Ne-  nach  dem  Zusammenhang  der  Erzählung  oder 
mesis  Bd.  3,  Sp.  153f.  ermöglicht:  auf  der  Vor-  nach  ausdrücklicher  Angabe  von  Zeus  erzeugt 
derseite  führen  von  links  Tyndareos  und  Leda  sind.  Der  dort  besprochene  Grund  hierfür  liegt 
ihre  Pflegetochter  Helena  zu  ihrer  Mutter  Ne-  in  der  früh  in  Vergessenheit  geratenen  Wesens- 
mesis,  der  sich  von  rechts  Agamemnon  mit  einheit  von  Zeus  und  Tyndareos.  Es  ist  also 
seinem  Bruder  Menelaos  nähert,  während  auf  in  Hymn.  Hom.  17,2,  Eur.  Or.  1689  und  ahn- 
den Schmalseiten  die  Dioskuren,  Achills  Sohn  60  liehen  Stellen  nur  scheinbar  ein  Widerspruch 
Pyrrhos(?)  und  andre  Heroen  zugegen  sind.  enthalten.  Auch  in  den  Fällen,  wo  Kastor,  als 
Nemesis  stiftet  hier  —  bezeichnend  genug  —  sterbliches  Wesen,  den  Tyndareos,  Polydeukes, 
zwischen  Menelaos  und  Helena  den  Verhängnis-  als  Gott  oder  Halbgott,  den  Zeus  zum  Vater 
vollen  Ehebund,  zu  dem  ihre  Angehörigen,  aber  hat,  hält  der  Dichter  oder  Mythograph  trotz- 
auch  manche  andre  z.  T.  schwer  erklärbare  dem  für  beide  die  gleiche  patronymische  Be- 
Augenzeugen ahnungslos  gleichsam  ihren  Segen  nennung  fest.  Die  Begriffe  'Dioskuren'  und 
geben ;  vgl.  auch  Bobert,21.HaU.WinckelmannS'  'Tyndariden',  die  doch  Verschiedenes  besagen, 
progr.lS^l,  S.  30;  zugleich  erledigen  sich  andre  fließen  allmählich  ganz  zusammen. 


1425           Tyndarides,  Tyndaris  Typhoeus,  Typhon              1426 

Twäagig  ist  das  zugehörige  Femininum,  Spiltgriechisch  an  und  erscheint,  wie  Tvvdaglg^ 

(las  keinen  dialektischen  Abwandlungen  unter-  teils  allein  (Triphiod.  473;   Koluth,  Rapt.  Hei. 

liegt;  es  könnte  als  Benennung  jeder  der  fünf  376;  Cliristodnr.  Khphr.  167;  Tzetz.  Posth.  781), 

Töchter  des  Tyndareos:  Vhoihe  {Eur.  I.  A.  bO^  teils    attributiv    verbunden    mit   hovqti   {Tzetz. 

Ov.  Her.  8,11),  Phylonoe,  Thmindr&  {ApoUodor  Anteh.  124.  169)   oder   mit  ' KUvt]  (Posth.  600). 

3,126),  Klytaimestra  und  Helena  dienen;  doch  Twöä^sLog  endlich,  das  zugehörige  Adj. 

werden  nur  die   beiden   letzteren   so  genannt.  dreier  oder  zweier  Endungen,  dient  in  Verbin- 

Von  diesen  zwei  Heroinen  ist  allein  Klytai-  düng  mit  nuis  {Eur.J.  A.  1532;  Or,  1512;  Ar. 

mestra,  und  zwar  ausschließlich,  Tyndareos'  Thesm.  1)19),    ^vyäxriQ  {Eur.  I.  T.  5;    Or.  374), 

hübliche  Tochter  (s.  Sp.  1410);  mit  Helena  lo  ^gvog  {Troad.  766),  y.6qoi  {Hei.  137)  gleichfalls 

verhält    es   sich  wie    mit   den  Dioskuren:    sie  zur  Bezeichnung   der  Nachkommen   des 

trägt    die    patronymische    Bezeichnung    auch  Helden.  —  Fast   spricliwörtlicheii    Sinn   haben 

dann,  wenn   sie   nach  dem  jeweiligen  Bericht  Ausdrücke    wie    Twödguog   oq-ao?  (/.  A.  391, 

von  Zeus  entsprossen  ist,  und  es  besteht  darin  vgl.  78;  Tzetz.  Anteh.  171)  und  Twödgeiov  roov 

zwischen    den    beiden    berühmten    Schwestern  (Plut.  Quaest.  conviv.  2,3,3,  s.  o.  Sp.  14 12  f.). 

(oder  Halbschwestern)   kein  Unterschied.    Na*  Tyndareus   3.,   das   lat.  Adj.,   hat,    dem 

mentlich  bei  Euripides,  der  ja  zuerst  die  seit-  Hexameter  zuliebe,  die  vorletzte  Silbe  verkürzt; 

samo  Sage   von  Zeus'  Besuch  in  Schwanenge-  vgl.  Fai.  i'Vncc.  1,167:  Tyndareus  puer;  l,670f.: 

stalt  überliefert  {Hei.  17  f.),  hat  den  Beinamen  fratrea  —  Tyndareos;  s.  Neue  1',  329. 

Twöagig  ganz  ebenso  Klytaimestra  (//^^^  1278;  20  [Johannes  Schmidt.] 

El.  13.  60.  480.  806;   I.  T.  806.  1319;    Or.  826)  Tyneos  {TvvBÖg),  in   der  Liste  der  Namen, 

wie  Helena  (ife^.  269 ;  i/eZ.  472.  614.  1179.  1546;  bei  denen  Zeus  beschworen  wird  in  der  Pros- 

Andr.  898;    Troad.  34;    Or.  1154.  1423;    /.  A.  euche  xov   Jiog  der  Hygrom.  Haloni.  cmgr  70, 

Ol.  1335.   1418).  Cat.  cod.  astr.  gr.  8,2,155;  die  anderen  Namen: 

Beachtung  verdient,  daß  sowohl  Twöccgidris  'Avwcp,  'Ogaird,  'Atvo^,  'Oviysvi,  'At^ivibX,  'Avxa- 

als  auch  Twöccgig  bisweilen  einen   substan-  vttsi,  7'.,  Fsviig,  KaviTtr^d.     [Preisendanz.] 

tivischen  Zusatz  erhält,  wie  dies  besonders  Typhi  (Tt)(jpt),   als   Aphrodites  Name  ange- 

dem    homerischen    Stil     entspricht    (//.   F  6;  fuhrt  im.  Leid.  Zauberpapyrus  J  384,  Kol.  12,21 

Z  390);    so    steht   neben    TwÖagidcci:    däsXcpoi  {iym  bI^i   'AcpQ.  itQOGayoQivo^ivri  Tvcpi). 

{fr.  lyr.  adesp.  91,  Bgk.  Lyr.  3\719,  vgl.  Tyn-  30  [Preisendanz.] 

daridae  fratres:    Cic.  Tusc.  1 ,  28;   Ov.   Trist.  1,  Typhoeus,  Typhon  {Tvcpasvg,   Tvcpmg,  Tv- 

10,  45),  naidsg  {Eur.  Hei.  1497),  paaiUlg  {An-  (pdmv,  Tvcpmv);  über  diese  und  andere  Namens- 

thol.  Gr.  app.  1,130.  Plut.  Flamin.  12);  neben  formen  s.u.;  ein  gewaltiges  Ungeheuer  der  Ur- 

Twöagig:  yvvrj  {Eur.  Andr.  898:  üelena),  vviicpri  zeit,  ein  sehr  verschieden  lokalisierter  Dämon 

{Anthol.  Palat.  7,  218  :  desgleichen),  natg  {Eur.  des  Sturmes,  des  Gewitters,  der  aus  der  Unter- 

Hek.  1288:  Klytaimestra;  Hei.  411.  1179.  1546;  weit  herrührenden  Erderschütterungen,   somit 

Or.  1154.  1423:    Helena),    -aogri   {El.  13;    I.  T.  die  Personifikation  verderblicher  Naturkräfte, 

1319:  Klyt. ;  I.  A.  61.  1335:  Hei.).  namentlich   des  Vulkanismus;   über  diese  und 

Tvvdaglg  heißt  auch   eine  mit  mehreren  andere  Deutungen  des  Wesens  s.  u. 

Statuen  im  Museum  zuPalermo  vertretene  Stadt  40  In   die  Poesie  hat  ihn,  sei  es  nach  orien- 

an    der  östlichen    Nord  küste    von    Sizi-  talischen  Göttermythen,  sei  es  auf  Grund  boioti- 

lien,  gegründet  396  V.  Chr.  von  Messeniern,  die  scher  Volkssagen,  zuerst  eingeführt 

sie  den  von  ihnen  besonders  heiliggehaltenen  Hesiod:    Theog.  ^06 f.  820 f.;    beide   Stellen 

Dioskuren  zu  Ehren  benannten:  Diodor  14,69.  enthalten    vielleicht    interpolierte   Verse;    vgl. 

78;  Paws.  3,  26,  3;  auch  zeigen  die  Münzen  des  bes.  Schoemann,  Opusc.  acad.  2,  340f. :  De  Ty- 

Ortes  vorzugsweise  deren  Bilder  sowie  das  der  phoeo,  wo  S.  368  (gegen  Jacohi,  Lenk.  d.  Myth. 

Relena.;  Y gl.  Holm,  Gesch.  Sic.  2, 4SI;  Art.  L>ios-  S.  878f.,  u.  a.)   mit  Recht  an  der  auch   sonst 

Ä;Mr6n  Sp.  1166.  Die  Bewohner  heißen  bald  Tvi»-  angenommenen   Identität  von  Tvcpdav  (v. 

6dgioL  {Diodor  22,8),  bald  Twöaglrcci  (22,24.  306)  und  TvcptoBvg  (v.  821.  869)  festgehalten 

32)  oder  Tvvdagnxai  {G.  I.  Gr.  3,  6616  d,  Add.);  50  wird.    Danach   ist    T.    der   jüngste    Sohn    des 

lat.  Tyndaritani  {Cic.  Verr.  4,84;   5,124).  Tartaros  und  der  Gaia,  ein  Ungetüm  mit  hun- 

Tyndarides  und  Tyndaris  lauten  die  dert  Drachenhäuptern,  blitzenden  Augen,  ge- 
entsprechenden lateinischen  Namen;  ihre  Be-  waltigen  Häfnden  und  Füßen  und  einer  furcht- 
deutung  ist  klar;  ^gi.  Hör.  C.  4,  8,31:  Tynda-  baren  Stimme  von  vielfältigem  und  wechseln- 
ridae  =  Castor  und  Pollux;  Fer^.J..  2,601:  Tyn-  dem  Schalle  (v.  821f.),  Als  übermenschliches 
daris  Lacaena  =  Helena;  Oü.  A.  A.  2,408  und  Wesen  heißt  er  d'iog  und  dva^  (v.  824.  859). 
Trist.  2,396:  Tyndaris  =  Clytaeraestra.  Nach  Zusammen  mit  Echidna,  der  Schlangenjungfrau 
letzterer  wird  eine  Gattenmorderin  bei  Hör.  im  Arimerlande  (v.  304 f.),  erzeugt  er  den  Hund 
>Sa*.  1,100:  fortissima  Tyndaridarura  genannt,  Orth(r)o8,  den  Kerberos  und  die  Lernäische 
d.  h.  das  mutigste  Weib  von  dem  Tyndareos-  60  Hydra;  auch  stammen  von  ihm,  der  selbst  ein 
geschlecht;  'das  Mask.  Tyndaridae  bezeichnet  schrecklicher,  gewalttätiger  Wind  ist  (v.  307), 
hier  allgemein  die  Nachkommen  des  Tynda-  andere  verderbliche  Winde  ab  (v.  869  f.).  Nach 
reos,  nicht  bloß  die  männlichen'  {Breithaupt  dem  Sturze  der  Titanen  durch  Zeus  streitet  er 
zu  dieser  Stelle),  ähnlich  wie  mit  Anthol.  Plan.  mit  diesem  um  die  Weltherrschaft  (v.  820.  837  f.) 
76:  OL  xgsTg  Twöccgidau  die  Dioskuren  und  und  wird  von  ihm  nach  heftigem  Kampfe,  bei 
Helena  gemeint  sind.  dem   die   ganze  Natur   samt  der  Unterwelt  in 

Tvvdagsiovri,  unmittelbar  abgeleitet  von  Schrecken  und  Aufruhr  gerät  (v.  839 f.),  durch 

der  att.  Form  Tvvddgsoag,  gehört  dem  epischen  einen  Blitzstrahl   gebändigt   und   in   den  Tar- 


1427              Tjphoeus,  Tjphon  Typhoeus,  Typhon              1428 

tarot»  jfeworfen  (▼.  852 f.\  macht  sich  aber  auch  rronutheu,^,  Bd.  3,  Sp.  3042.  —  Auf  dem  Schilde 

hier    durch    Erderschütterungen    und    ausge-  Hippomedoiis,    eines   der  Sieben   vor  Th(»ben, 

stoßene  Flammenbäche  fort  und  fort  bemerk-  sieht  man  das  Hild  des  flammeuspeienden  T. : 

bar  (v.  8Glf.).  Aesch.  Sept.  4 76 f.  404  (s.  u). 

Nach  Homer  IL  B  782f ,  einer  erst  später  fJndlich     bietet    eine    zusaramonhilngende, 

eingelegt^'n  Stelle  {Boheit,   Studien   zur  Jlian  wohl  auf  mehreren  (alexaudrinischen)  Gedich- 

S.  221;    Finsler  Homei'  2*,  2y),   hat  er  seinen  ten  beruhende  Darstellung  mit  neuen  phanta- 

Wohnsitz  oder  sein  Grab  (svvdgy  vgl.  Schol  B  stischen   Zügen    ApoUodor.   Bihh  1,39 f.:    Aus 

u.   Nonn.  Dion.  13,  320)  siv  'Agi^ioig  (s.  u.):  Groll  gegen  Zeus  wegen   des   Stur/es  der  Ti- 

hier  liegt  er  unter  der  Erde,  gepeitscht  von  lo  tanen  erzeugt  die  Ge  mit  dem  Tartaros  in  Ki- 

den  Blitzen  des  Zeus,  der  ihm  grollt;  dabei  likien  ein  Gemisch  aus  Mensch  und  Tier  von 

sacht  er  sich  bisweilen  zu  erheben,  sodaß  die  himmelhoher,  geflügelter  und  behaarter  Gestalt, 

Erde  dröhnt.  mit  einem  die  Stt?rue  berührenden  Menschen- 

Sodann  verkörpern  sich  bei  den  im  griechi-  köpf,  außerdem  hundert  an  den  Armen  sitzen- 
schen  Westen  verkehrenden  großen  Dichtern  in  den,  zischenden  Schlangenhäuptern  und  feuer- 
T.  die  vulkanischen  Erscheinungen  Siziliens  sprühenden  Augen,  sowie  mit  gewaltigen,  von 
und  Kampaniens;  vgl.  v.  Meß,  Der  Typhon-  den  Schenkeln  ausgehenden  Natternwindungen 
myihus  bei  Pindar  und  Äschylus,  ühein.  Mus.  Talso  Schlangenfüßen).  Unter  Flammenschnan- 
lUOl,  S.  167  f.,  mit  einem  Nachtrag  Usenera  ben  und  bald  pfeifendem, bald  donnerühnlichem 
S.  174f.  Beide  Dichter  leiten  ihn  aus  Klein-  20  Gebrüll  stürmt  es  drohend  gegen  den  Himmel 
asien  her,  wo  er  entweder  urausässig  oder  an;  voll  Angst  fliehen  die  Götter  nach  Ägypten 
erst  durch  griechische  Zuwanderer,  vielleicht  und  verwandeln  sich,  auch  dort  liedroht,  in 
boiotische  Landsleute  Hesiods,  installiert  wor-  Tiere.  Zeus  schleudert  zwar  Blitze  auf  T.  und 
den  ist  (s.  u.),  lassen  ihn  aber  sein  Ende  auf  verfolgt  ihn  bis  Syrien.  Als  jedoch  der  Götter- 
italischem  (sizilischem)  Boden  finden.  vater  hier  mit  ihm  handgemein  wird,  gerät  er 

Nach  Pi»Miar(Pt/tÄ.  1,15 f.)  liegt  der  hundert-  in  des  Feindes  (ilewalt,  w^ird  von  ihm  mit 
köpfige  (ixarovTaxdgavog)  Typhos,  der  Götter-  Stricken  umwunden,  seiner  stählernen  Sichel, 
feind,  den  einst  die  vielberühmtc  kilikische  ja  der  Bein-  und  Armsehnen  beraubt,  nach 
Grotte  ernährte,  von  Zeus  bezwungen  im  Kilikien  geschleppt  und  dort  in  der  Koryki- 
schrecklichen  Tartaros;  die  Meeresufer  bei  so  sclien  Grotte  gefesselt  niedergelegt.  Hermes 
Kyme  sowie  Sizilien  mit  dem  Ätna  beschweren  und  Pan  entwenden  aber  der  zur  Wächterin 
seine  zottige  Brust;  vgl.  Pyth.S,,  16 f.:  der  hun-  bestellten  Drachenjungfrau  Delphyne  die  Seh- 
dertköpfige  (Ixaroyxpavoff)  kilikische  Typhos  nen  und  setzen  sie  Zeus  wieder  ein,  der,  zur 
entrann  dem  Zeus  nicht;  ferner  heißt  es  Ol.  früheren  Kraft  gelangt,  auf  einem  mit  ge- 
4,6 f.:  0  Zeus,  der  du  den  Ätna  beherrschest,  flügelten  Rossen  iDespannten  Wagen  blitzschleu- 
die  sturmumbrauste  Last  des  hundertköpfigen,  dernd  den  T.  von  neuem  angreift  und  unter 
gewaltigen  (Fxaroyxtqpailor  d^ßgl^ov)  Typhon;  viel  Blutvergießen  (al^a)  am  Hämusgebirge  in 
und  fr,  91 — 9B  Bgk.^-Schr.:  alle  Götter  ent-  Thrakien  seiner  Herr  wird.  Bei  seinem  Flucht- 
flohen, als  sie  von  T.  verfolgt  wurden,  in  Tiere  versuch  durch  das  sizilische  Meer  wirft  Zeus 
verwandelt;  du  allein,  Vater  Zeus,  vernichtetest  40  auf  ihn  den  Ätna,  aus  welchem  seitdem  Feuer- 
mit  Gewalt  den  für  Götter  unnahbaren  fünfzig-  ströme  hervorquellen. 

köpfigen*)  {G.  Hermann  und  Böckh  lesen  nach  Die  weiteren  Züge  der  Überlieferung  sollen, 

Julian.  Ep.  23  p.  349  Hercher  auch  hier:  hun-  unter  Verwertung  der  bisher  bereits    bespro- 

dertköpfigen)  Typhon  im  Arimerlande;  —  —  ebenen  Stellen  und  in  Anlehnung  an  sie,  gleich- 

auf  ihm  liegt  der  Ätna  als  übergewaltige  Fessel.  sam  biographisch  aufgeführt  werden. 

Eng  verwandt  hiermit  ist  die  Schilderung  Typhoeus  ist  der  jüngste  Sohn  derGaia 

in  Aischylos'  Prometheus   Sobf.  Kirchh.:    Vor-  oder   Ge   und    des  Tartaros:    Hesiod,   Th. 

mals  in  der  kilikischen  Grotte  wohnhaft,  liegt  821  f.;    Schol.  Ven.  B   II.  B  783;    Schol.    Plat. 

das  hundertköpfige  Ungeheuer  (rfgag  kyiatoyy(.d'  Phaedr.  230  a;  Apollod.  Bihl.  1,  39;  Hygin.  fah. 

Qccvov)   nach  vergeblichem  Kampfe   gegen  die  äo  jjraef.  u.  152;  Schol.  Lactant.  Stat.  TAe6.  2,  599. 

Götter,  bezwungen  vom  Blitze  des  Zeus,   den  —  Ge  ist  als  Mutter  außerdem  genannt:  An- 

er  hat  stürzen  wollen,  jetzt  zur  Strafe  unter  ton.  Lib.  28;  Julian.  Or.  2  p.  56d;  Siiid.  s.  Tv- 

dem  Ätna,   aus   dessen  Gipfel  Flammenbäche  qpwff;  Hesych.  s.  Tvquosvg ;   Xann.  Dion.  1,154. 

und    Lavaströme,    die   Ausflüsse   von    Typhos'  417;  2,561.  629;  13,482.  496;  T^gte.Pos^Ä.  300f. ; 

Groll,  dereinst  Sizilien  überfluten  werden.  —  Hör.  C.  3,4,73;    Manil.  Astr.  2,  878;    (Senec.) 

Damit  ist,  in  einem  vaticinium  post  eventum,  Octav.  239. 

auf  einen  Ätnaausbruch  zur  Zeit  des  Dichters  Manche    Fassungen    der    Sage    leiten    Ty- 

hingewiesen;  ihn  erwähnt  auch  das  Marmor  phons  Ursprung  von   Kronos   her.    Die   eine 

Parium,  Ep.  62,  unter  Ol.  75,2  =  479  v.Chr.;  nennt  T.  und   Nephthys  (s.  d.)   dessen   Kinder 

vgl.  Holm,    Gesch.  Sic.   1,  18  u.  336:    Jacoby,  60  (Plut.  Is.  12);    sie    verdankt    ihre    Entstehung 

Marm.  Par.  S.  16.  Über  Prometheus  und  T.  als  'dem  Bestreben,  Ägyptisches  und  Hellenisches 

Urheber  großer  vulkanischer  Erscheinungen  der  auszugleichen'   (s.   d.  Art.  Kronos,  Bd.  2,  Sp. 

Vorzeit    vgl.   A.  v.  Humboldt,    Kosmos   Bd.  2  1465).   Eine  andere  läßt  T.  wenigstens  indirekt 

(1847),  S.  174.  419;   Bd.  4  (1858),  S.  304.  508 f.  von  Kronos  abstammen  {Schol.  II.  B  783):   aus 

525 f.;  Bd.  5  (1862),  S.  24 f.  68 f.;  und  d.  Art.  Groll  wegen  Tötung  der  Giganten  verleumdete 

Ge  den  Zeus  bei  Hera.    Kronos,   an  den  sich 

♦)  Vgl.  Röscher,  Die  Zahl  50  in  Mythu,,  Kultus,  Epos  d^ese  wendet,  gibt  ihr  zwei  mit  seinem  Samen 

u  Taktik  d.  Heuenen  u.  and.  Völker.  Leipzig  1916,  s. 77 ff.  gesalbte  Eier;   in  die  Erde  vergraben,   sollen 


1429              Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon              1430 

sie  einen  Dämon  hervorbringen,  der  <leu  Zeus  Stolzes.   Ein  andermal  scheint  l'indar  {fr.  92 f. 

der  Herrschaft   beraubt.    Aus   dem    unter   das  Bgk.^-Schr.)   dem  T.  nur   fünfzig  Köpfe  an- 

Arimongebirge   in    Kilikien  (s.  u.)   gelegten  Ei  zudichten,  was  Koscher  (Dir  Zahl  50,  Abhandl. 

wächst   der  Riese  T.  empor,   den  jedoch  Zeus  d.  Sachs,  den.  d.  Wias.,  phil.-hist.  Kl.  33,  77 f.) 

mit  seinem  Blit/«'  niederschmettert  und  unter  G.  Hermann    und    liöckh    gegenüber    festhält, 

dem  Ätna  lebendig  begräbt.  Jedenfalls   ist  er   Ttolvv,i(pccXog  {Philostr.  vit. 

Unsicher  ist  Typhons  angebliche  Herkunft  Apoll.  6,  13).    liei  Nonnos  gesellen  sich  zu  dem 

von   Aiakos,    einem    Sohne   des    HerakleH(?),  Menschenkopf  (s.  o.)  die  Häupter  von  aller- 

nach    einer  Textänderung   Meitzensteins  {Zwei  band  wilden  Tieren  (1,156 f.;  2,  42 f.  253 f. 

religionsfieschichtliche  Fragen  S.  9 A)  in  Flut.  Is.  lo  2S0t\  GIO  f.).    In   Euripid.  H.  F.  1271  f.   nennt 

20;  vgl.  6rr/</)/)e,  Mythol.  1546,  6.  Herakles  unter  den  Wesen,   die  er  bekämpft 

Bestimmter  lautet,  aber  um  so  seltsamer  habe,  auch  Tp/ffcoftaTov^' 7  vqpw  vag,  dreileib  ige 
klingt  die  Erzählung,  T.  sei  ein  Sohn  der  Ungetüme  wie  T.  Eine  anschauliche  Vorstel- 
Hera;  mit  ihr  entzweit,  habe  nämlich  Zeus  lung  hiervon  ist  uns  aus  dem  Perserschutt  der 
selbständig  die  Athene  hervorgebracht,  sodann  Akropolis  in  der  Porosgruppe  des  Typhon- 
Hera,  hierüber  noch  mehr  erzürnt,  gleichfalls  giebels  am  älteren  Hekatompedon  erwachsen; 
allein  (ohne  Zeus)  zuerst  den  schwächlichen  vgl.  v.  Wilamowitz,  Herakl.  S.  467^  Das  grell- 
Hephaistos  (s.  d.),  darauf  den  gewaltigen  T.  bemalte  Ungetüm  hat  drei  Oberkörper  mit  lang- 
geboren.  Diesen  im  Homer,  hymn.  in  Apoll.  bärtigen  Köpfen  und  einen  dreifach  verschlun- 
Pyth.  2, 127  f.  159  f.  überlieferten  phantastischen  20  genen  Schlangenleib.  Die  Beziehung  des  wich- 
Bericht  haben  dort  schon  Heyne  und  G.  Her-  tigen  archaischen  Bildwerks  auf  T.  ist  freilich 
maitn  für  ein  unechtes  Einschiebsel  erklärt.  durch  eine  andere  Erklärung  Furtirünglers 
In  ihm  vermutet  v.  Meß  {Rhein.  Mus.  1901,  sehr  zweifelhaft  geworden  (s.  u.).  —  Hundert 
S.  167f.,  s.  0.)  mit  Zustimmung  Iheners  {ebenda  Arme,  mit  denen  sonst  Gyges,  Kottos  und 
S.  180 f.)  den  Rest  einer  kleinen  Dichtung  He-  namentlich  Briareos  von  den  Dichtern  ausge- 
Mods,  eines  speziell  dem  T.  gewidmeten  Epyl-  stattet  werden  (s.  d.  betr.  Art.),  hat  T.  nach 
lions,  auf  welches  einzelne  von  T.  handelnde  Ov.  Met.  3,  303  und  Claudian.  26,  63 f.,  sogar 
Stücke  aus  Hesiods  Theogonie  (s.  o.)  sowie  die  zweihundert  nach  Nonn.  1,297.  2,621;  all- 
hiermit  verwandten  Stellen  in  Aesch.  Prom.  gemeiner  sagt  Nikandr.  b.  Anton  Lib.  28:  Kt- 
und  bei  Pindar  zurückzuführen  seien,  nament-  30  cpaXal  nXEtötai  y.al  x^Q^?-  Als  Erdgeborener 
lieh  der  anscheinend  direkt  nach  Hesiod  zi-  ist  er,  wie  die  Giganten,  denen  er  noch  nicht 
tierte  (freilich  in  der  Theogonie  nicht  vorkom-  von  Hesiod,  wohl  aber  häufig  später  zuge- 
mende)  Hexameter  Pyth.  1,16:  xov  ttots  KiXi-  rechnet  wird  (s.  d.  Art.  Giganten,  Bd.  1,  Sp. 
yiiov  &Qi\psv  TioXvMvviiov  KvxQov,  vgl.  Schol.  1643f.  1670),  schlangenfüßig  {Nikandr.  a. 
Aesch.  Prom.  355.  Jener  einseitigen  Abstam-  a.  0.;  Manu.  4,583;  Claudian.  26,  65 f.;  Nonn. 
mung  Typhons  von  Hera  gedenkt  auch  Stesi-  1,  415;  vgl.  auch  M.  Mayer,  Giganten  und 
€horos  fr.  60  Bgk.^.  —  Über  sonstige  Züge  von  Titanen  S.  216.  274f.),  und  überdies  geflü- 
Wesensverwandtschaft  zwischen  Plephaistos  und  gelt  {Nikandr. ;  Apollod. ;  Manil.  a.  a.  0. ;  Nonn. 
T.  s.  Gruppe,  Mythol.  1305.  2,22:  asgantorr^?,  ein  Epitheton,  das  wohl  nach 

Die  Göttin  Hera,  heißt  es  in  der  Legende  40  Hes.  Scut.  Herc.  316    festzuhalten    ist).    Seine 

weiter  {Homer,  hymn.  2,  175  f.),    übergibt   ihr  riesige  Gestalt  mit  zahlreichen  grotesken  Glied - 

schreckliches  Kind  zur  Pflege  der  delphischen  maßen  und  Körperteilen  wird  unter  Benutzung 

Drachenmaid    {dga-accira,   v.  122;  (s.  Python,  phantastischer  Vergleiche  geschildert  bei  AToww. 

Bd.  0,  Sp.  3401),    die  es  erzieht,   bis  sie  selbst  l,184f.;  2,  371  f.:  bei  ihm  sind  gelegentlich  Ty- 

im  Kampfe  mit  Apoll  dessen  Pfeil  trifft;  gegen  phons  Beiwörter:  äyxivicpriis.,  atvog,  rjXi ßatos, 

die  furchtbaren  Schmerzen  vermag  der  Python  fisyag,  ovgdvios.,  jteXag,  7ioXvnr\%vg,  vipiXocpog, 

weder  ihr  Zögling  T.  noch  Chimaira  zu  helfen,  vtpiTEvi^?.    Schwarz  ist  er  von  Aussehen,  zu- 

sodaß   sie  der  Verwundung  erliegt  (v.  189  f.).  mal   als  Unterweltsdämon  (s.  u.);   daher  wird 

Über  andere  Beziehungen  zum  Mythos  von  Py-  ihm  bei  Ar.  Ran.  847  ein  schwarzes  Lamm  ge- 

thon  s.  u.                                                                    50  opfert,  vgl.  Schol.;  über  seine  rote  Farbe  und 

T.  wächst  zum  gewaltigen  Ungeheuer  heran,  die  ihm  in  Ägypten  geopferten  roten  Opfertiere 

das  sehr  verschieden  geschildert  wird.  Der  alle  s.  Diod.  1,88;  Plut.  Is.  30.    Andere  schrecken- 

Berge  überragende  menschliche  Oberkörper  trägt  erregende    Kennzeichen    seines    Wesens,    wie 

einen  mit  dem  Scheitel  die  Sterne  berührenden  das  Flammenspeien  der  Drachenköpfe  oder  das 

Menschenkopf  {Apollod.  1,39),  mit  dem   er  Feuersprühen    der   Augen    {Aesch.  Prom.  360; 

lacht  und  redet  {Nonn.  1,425;  2,  256) ;  meist  wer-  Sept.  476.  494:  nvQTfvoog;  Hes.  Th.  826 f.),  kom- 

den  ihm  aber  hundert  Schlangenhäupter  men  erst  im  Kampfe  mit  den  ihm  feindlichen 

zugeschrieben:  Bes.  Th.  S26;  Pind.  Pyth.  1,16:,  Gewalten  zur  Erscheinung  (s.  u.).    Eigenartig 

8, 16;  Ol.  4,  6;  Aesch.  Prom.  357;  Ar.  Nub.  336  :  ist  auch  die  Stimme  seiner  zahlreichen  Zungen, 

£yicctoyyi8(fdXc(g;  Oppian.  Hai.  3,2S;  Tzetz.  Chil.  QO  die     eine     den     Göttern     verständliche 

10,  41  f.;   Hygin.  fab.  152;   Schol.  Stat.  Theb.  2,  Sprache  hervorbringen  {Hes.  TÄ.  829f.);  denn 

595.   Beides  vereinigt  sich  bei  ^poWo(?.  a.  a.  0. :  nicht  auf  die  Stärke  der  Stimme,  als  ob  sie 

wie  nämlich  der  Oberkörper  einen  Menschen-  bis   zu   den   Göttern  reichte  (so  Fr.  A.  Wolf)., 

köpf  hat,    so    drohen  von  unten  her  hundert  sondern    auf  die   Bedeutung   der   gespro- 

Schlangenhäupter.  Eine  rationalistische  Erklä-  ebenen  Worte  bezieht  sich  v.  831:  (pd-eyYovd-' 

rung  der  hundert  Köpfe  bietet  T^ei^:.  ii/Ä^^  177:  mözs    d'sotOL    awU^isv,    wonach    also    Typhons 

darnach  ist  Tvcpmg  =  rvcpog,  Dünkel,  und  die  Rede  mit  der  Sprache  der  Götter  übereinstimmt 

hundert  Köpfe   die  zahlreichen  Regungen  des  (so  Göttling  und  Flach  zu  d.  St.,  sowie  Schö- 


1431      Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon      1432 

moHH  s.  a.  0.  2,860,   wo   auch   die   Literatur  Lyd.  fr.  i,    Müller  1,86),    Mysieu  {Strab.  13* 

über  die  Göttersprache  angeführt  ist).    In  626),   Lydien  {Schol.  Lyk.  1353),   wo    überall 

der  Hitze  des  Kampfes  oder  später,   nachdem  auch  der  Typhoeusmythos  bezeugt  ist;   selbst 

ihn  das  Strafgericht  ereilt  und  unter  der  Ge-  an    Kappadokien    mit   dem    hohen   Vulkan 

birgslast    begraben    hat,    vernimmt    man    aus  Argaios  [partsch,   Geologie  und  Mythologie  in 

seinen  Schlünden  und  Hacben  bald  zischende  Kleinasien,   Philol.  Abh.  f.  M.  Hertz  1888,  S. 

Töne,  bald  Stiergebrüll,  bald  Löwengeheul  oder  105 f.;   Belocii,    Gr.  Gesch.  1*,  64),    namentlich 

Hundegebell,  dann  wieder  schrilles  Pfeilen,  von  aber  an  (das  oft  für  einen  Teil  Syriens  gehal- 

dem  das  Gebirge  weithin  widerhallt  {Hes.  Th.  tene)  Kilikien:  bei  Pind.  Pyth.  8,  IH  wird  Ty- 

822f.;  Apollod.  1,  40:  Nonn.  2,  368 f.).  Über  an-  lo  phos  geradezu  KlXii  genannt  (vgl,  ^onn.  1,  165; 

dere    Züge   seines  Wesens   in    der   bildenden  24,108)  und  1,16  erzählt,  es  habe  ihn  die  ki- 

Kunst  8.  u.  likische  Grotte  aufgezogen,  womit  ü  berein - 

Die  Bestimmung  von  Typhons  Wohnsitz  stimmt  ^rscÄ.  IVow.  355.  Damit  ist  die  Kory- 

ist  um  so  schwieriger,  je  enger  sie  mit  der  kische  Höhle  gemeint,  wo  T.  auch  die  dem 

Erkltlrung  seines  Ursprungs  zusammenhängt;  Zeus  ausgeschnittenen  Sehnen  versteckt  hält. 

vorläufig    müssen    hierüber  Andeutungen   ge-  bis  Pan  und  Hermes  sie  zurückgewinnen  {Apol- 

nügen.    Zwei  Ansichten  gibt  es  über  Ty-  /od.  1,42;    iVonn.  1,  140.  510 f.).    Obwohl    sie 

phons    Herkunft;    es    kann    über   sie    hier  eigentlich   dem   Pan  (und   Hermes)   heilig   ist 

nicht  endgültig  entschieden  werden.  {Oppian.  Hai.  S^  15),  wofür  auch  eine  neuerlich 

Die  einen  halten  T.  für  hellenisch  und  80  dort  gefundene  Weihinschrift  spricht  {Bent, 
fürseine  Heimat  Griechenland,  so  nament-  Joum.  of  Hell.  Stud.  19.  1891,  S.  206f.,  Hicks, 
lieh  V.  Wilamowitz,  Herakl.  S.  472*.  Das  boio-  ebenda  S.  240;  Partsch,  Berl.  Philol.  Wochenschr. 
tische  Tv<paövtov,  eine  Feuerstätte  zwischen  1897,  8.1074),  nennen  doch  Pomp.  Mela  1,13 
dem  Olymp  und  Theben  {Hesiod.  Scut.  Herc.  und  Cwri.  i^w/'.  3,  4, 10  sie  geradezu  Grotte 
82),  wohl  identisch  mit  dem  dortigen  Berge  des  Typhon,  vgl.  auch  Ampel.  2,  11.  Bei 
Tvtpiop  (Hesych.  s.  v.),  ist  nach  jener  Auffassung  Apollod.  1,  39  und  im  Schol.  Plat.  Phaedr.  230  a 
Ausgangspunkt  des  ganzen  Mythos  und  zugleich  ist  statt  des  handschriftlichen  f'v  Eixtlia  viel- 
auf  griechischem  Boden  der  letzte  Rest  des  mehr  zu  lesen  iv  Kdi%ia.  Es  ist  also  Kilikien 
Typhoeuskultus;  vgl.  auch  Crusius  in  d.  Art.  sein  Hauptwohnsitz,  Sizilien  der  Schauplatz 
Kadmos,  Bd.  2,  Sp.  848;  denn  in  Krates*  fr.  4  so  seines  Strafgerichts  {Schol.  Aesch.  Prom.  355: 
{Bergky  X/yr.  2*,  365):  iv  Msyccgoig.,  od'i  cpocal  ol%r\aavxu  yisv  iv  KiU-klcc,  xolaad'evTcc  ih  iv 
Tv(poaios  ^uiisvai  svväg  ist  nach  C.  Wachsmuth,  UtyisUcc).  Nun  ist  aber  der  Ort  seiner  Plage 
De  Timone  S.  88,  vielmehr  /tgyapots  und  tv-  nach  anderer  Überlieferung  (s.  u.)  auch  die 
(poaiog  zu  lesen;  und  bei  seinem  Angriff  auf  vulkanische  Küste  Kampaniens  mit  der  dor- 
Delphi  {Plut.  de  fac.  in  orbe  lunae  30)  han-  tigen  Inselwelt.  Sonderbar,  daß  T.,  der  sein 
delt  es  sich  wohl  nur  um  eine  Szene  oder  Geschick  ursprünglich  sip  kgiaoig,  also  in  sei- 
Station  des  Kampfes,  s.  u.  Übrigens  wird  ner  Heimat  Syrien  oder  Kleinasien,  erduldet, 
T.  in  Boiotien  (s.  o.)  auch  sonst  angesetzt:  später  bei  der  Übertragung  dieses  Mythos  nach 
Schol.  Pind.  Ol.  4, 11  u.  Pyth.  1,  31;  Schol.  Lyk.  Unteritalien,  dorthin  jenen  orientalischen  Volks- 
177;  Diodor  5,71,3.  Da  Griechenland  keinen  40  namen  gleichsam  mitgenommen  und  in  der 
feuerspeienden  Berg  hat,  so  kann  nach  jener  lokativen  Verbindung  mit  iv  {slv)  die  unorga- 
Annahme  T.  ursprünglich  nicht  ein  Vertreter  nische  Neubildung  In ar im e  hervorgerufen  hat, 
des  Vulkanismus  gewesen  sein;  dazuhaben  ihn  die  dann  der  dichterische  Name  tÜF  Aenaria 
erst  diejenigen  Griechen  gemacht,  die  als  Teil-  oder  Pithekusa,  die  jetzige  Insel  Ischia,  ge- 
nehmer der  ionischen  Wanderung  Vulkane  in  worden  ist 

Kleinasien  vorfanden,  oder  als  Besiedler  Sizi-  Der  Ansicht  von  Typhoeus' griechischer  Her- 
liens  und  Unteritaliens  dort  den  Ätna  und  den  kunft  und  späterer  Wanderung  nach  Ost  und 
Epomeo  kennen  lernten  und  dem  Unhold  im  West  steht  nun  aber  die  andere  Behauptung 
Innern  östlicher  oder  westlicher  Brandberge  gegenüber,  der  Mythos  sei  orientalischen 
seinen  Wohnsitz  oder  sein  Gefängnis  (bzw.  sein  50  Ursprungs.  Zuerst  hat  Movers  {Phönicier  1^ 
Grab:  Schol.  B  II.  B  783)  anwiesen.  Hesiod  und  622  f.)  den  Namen  (s.  u.)  aus  dem  Phoinikischen 
flbmer  lokalisieren  ihn  slv 'AgiiioLg:  Theog.  abgeleitet  und  dann  namentlich  Grwjo/^e  (P/u7o- 
304;  //.  ß  783.  Dieser  Ausdruck  bezeichnet  Zo^fws  48,  486 f.,  vgl.  Jfy^ÄoZ.  409)  diese  Annahme 
meist  ein  Volk  CAqi^oi^  Poseidonios  bei  Strab.  ausführlich  unterstützt.  T.  selbst  wäre  danach 
16,  784 f.)  und  das  von  diesem  bewohnte  Land,  etwa  in  Syrien  uransässig,  ja  von  Haus 
sonst  auch  ein  Gebirge  {"Agifia  oprj,  Kalli-  aus  ein  phoinikischer  Gott  gewesen  (Phi- 
sthenes  bei  Strab.  13,627;  To^Agi^ov,  Schol.  Ven.  Ion.  Bybl.  fr.  2,  21;  Müller  3,  568)  und  hätte 
B  II.  a.  a.  0.).  Das  eine  wie  das  andere  wird  dann  im  Handgemenge  mit  Zeus  weite  Länder 
verschieden  lokalisiert,  überwiegend  aber  als  durchmessen,  bis  an  den  fernen  Kaukasus 
eine  Gegend  Vorderasiens  aufgefaßt,  sei  60  {Apoll.  Rhod.  2,1211),  der  allerdings  seine  Er- 
es in  Syrien  am  Orontes,  der  früher  Typhon  wähnung  hier  vielleicht  einer  Verwechselung 
hieß  (5^ra6.  13, 627;  16,750),  sodaß  man  die  mit  dem  syrischen  Kasiongebirge  verdankt; 
jigipMi  mit  den  dortigen  Aramäern  identi-  vgl.  die  falsche  Lesart  in  mehreren  Handschrif- 
fiziert  (16,785),  oder  sei  es  in  der  Landschaft  ten  bei  Apollod.  1,41.  Von  den  geographisch 
Sophene  in  Armenien  (12,555);  vgl.  Pauly^-  nicht  ganz  klaren  Wohnsitzen  der  vorderasiati- 
KroU  2,  825  und  1.  Supplbd.  Sp.  129.  Doch  sehen  Arimer  (s.  o.)  wäre  T.  mit  Zeus  kämp- 
häufiger und  richtiger  denkt  man  an  eine  Land-  fend  über  Kleinasien  nach  der  Balkanhalbinsel 
Schaft    Kleinasiens:     Phrygien    {Xanth.  und  von   da  über  das  Meer  nach   dem  groß- 


1433      Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon      1434 

«j^riechischen  Westen  getrieben,  dort  aber  vom  benutzend,  gegen  den  Himmel  anstürmt  (Apol- 

Verhängnis  ereilt  worden.   Nicht  genug  damit!  /orf.  1,40;    //or.  C  3,  4,  5ö;    Claudian.  26,6'it'.., 

Mag  nun  T.  von  Haus  aus  ein  Vollhelleno  oder  Apoll.  Sid.  G.   15,  li);  Nonn.  1,  287 f.;  2,  267  f. 

ein  Syrer  sein,  die  Fabel  von  ihm  ist  aus  Vor-  :i84t'.),  Üiehon  die  Götter  nach  Ägypten  (s.  o.) 

derasien  sogar  auch  südwilrts  vorgedrungen.  und  suchen  sich  durch  Selbstverwandlung 

Schon    bei   Pindar  {fr.  Dl  Buk."- Sehr.)   fliehen  in  Tiere   dem  Verfolger  zu  entziehen.    Wäh- 

<lie  geiingsteten  Götter  vor  T.  nach  Ägypten,  rend  es   aus  einer  stark  verderbten  Stelle  bei 

wo   er  selbst  später  festen  Fui3  faßt   und  mit  Philodem.  tibqI  siaeßaiag  p.  40  Goiupcrz  {Diels, 

dem  dortigen  Gott  Set  zu  einer  Einheit  ver-  Vorsokrdtiher  2"',  191;  31.  Mayer,  (iyj.  u.  Tit. 
wächst;   vgl.  Ed.  Meyer,  Set-TypJion,   Leipzig  iü  S.  136)    nicht   ganz   sicher   zu    entnehmen    ist, 

1875,  und  den  kvi.  Set,  Bd.  4,  Sp.  7 25 f.  (s.u.).  ob    bereits    Äkusilaos    und    Epimenides    Zeus' 

Seine  Gattin  ist  entweder  Keto  (s.  d.),  Flucht   berichten,   wird    das    Kntweichen    der 

eine  Tochter  des  Pontos  und  der  Gaia,   nach  Götter   in    Tiergestalt    bestimmt    bezeugt   von 

Euphorion  fr.  S6  Meineke;    Kinder   des  T.  von  Pindar  (fr.  91:  nivdccQog  Ttdvtfxg  vov  g  ^sovg 

ihr  werden  nicht  genannt;  —  oder  Echidna  i7toir\6Ev,  bnots  vnb  T.  ^diüacovTo,  ohy,  Scvd-Q(o- 

(8.  d.),    nach    Hesiod.  Theog.  304 f.,    ein    über-  noig    onoKod'ivxag,    &lXcc    aXöyoig    ^aoig). 

menschliches  Wesen  im  Arimerlande,  vgl.  auch  Vgl.  Wilcken,  Archiv  für  Papyrüsforschung  2, 

Tzetz.  Lyk.  13ö'6  u.  Schol. ;  na,ch  Paus.  S,  IS,  10  1903,    S.  268,    sowie   Apolloäor   1,41:    —    slg 

waren  beide  am  Throne  von  Amyklai  darge-  ÄLyvjtTov  (pvyciäsg  icp^Qovto  -kuI  öicoxoiitvoL  tag 
stellt.    Von  diesem  grausigen  Paare  nun  stam-  20  löiccg  ^ist^ßaXov   slg   ^ma.    Nach   Nikandr. 

men  zahlreiche  Ungetüme  ab  (s.  d.  betr.  Art.),  bei  Anton.  Lib.  28  halten  nur  Zeus  und  Athene 

nämlich    Geryoneus'    zweiköp6ger    Hund    Or-  stand;  ApoUon  aber  wird  (in  Ägypten)  ein  Ha- 

th(r)os:  Hes.  309;  Apollod.  Bibl.'l.lOQ;  Schol.  bicht,  Hermes  ein  Ibis,  Ares  ein  Fisch,  Arte- 

Plat.  Tim.  p.  427;    der   Kerberos:    Hes.  311;       mis    eine    Katze .    Das    entsprechende 

Hyyin.  fab.  praef  u.  151 ;  vgl.  30;  Quint.  Smyrn.  Schicksal  ha\)en  nach  Hygin.  Astr.  2, 28  Mercur 
6,261;  die  Lernäische  Hydra:  iZe.s.  313f.;  und  Diana;  dagegen  wird  Apollo  ein  Kranich; 
Hygin.  a.  a.  0.;  Gorgo,  Skylla  "und  der  Pan  (s.d.)  wirft  sich  in  den  Fluß  (den  Nil)  und 
Drache  in  Kolchis:  Hygin.  praef.  151;  vgl.  wird  ein  Wesen  halb  Fisch  halb  Bock;  so  ver- 
125  (s.  u.);  die  Chimaira:  Hes.  319;  Apollod.  setzt  ihnlupiter  unter  die  Sterne;  nach  fab.  196 
2,31;  der  Drache  der  Hesperiden:  P/icre- 30  verwandeln  sich  die  von  T.  bedrohten  Götter 
kyd.  fr.  33,  Müller  1,  78;  Apollod.  2,113;  Hy-  in  Ägypten  in  wilde  Tiere,  und  zwar  auf  den 
gin.  praef.  30.  151;  die  Sphinx:  Lasos  v.  Her-  Rat  des  Pan,  der  zum  Dank  dafür  unter  die 
mione  fr.  4,  Bergk,  Xi/r.  3*,  377;  Apollod.  3,52;  Götter  versetzt  wird;  zu  einem  Stern  erhoben 
Schol.  Eur.  Phoen.  1020;  Hygin.  praef.  u.  151;  wird  jener  auch  nach  Nigidius  bei  Schol.  Ger- 
vgl.  57;  Prometheus'  Adler:  Pherekyd.  fr.  man.  87,11  Br.  und  Ampel.  2,11,  nachdem  er 
21,  Müller  1,74;  Apollod.  2,119;  Hygin.  Astr.  sich  aus  Furcht  vor  T.  in  eine  Ziege  verwan- 
2,15;  die  Krommyonische  Sau:  Apollod.  delt  hat.  Nach  Ov.  Met.  b,  Z'2,li.  nimmt  lu- 
Epit.  1,1.  Außerdem  gilt  er,  ohne  daß  die  piter  selbst  dieses  Schutzmittel  zu  Hilfe  und 
Gattin  genannt  ist,  für  den  Vater  verderb-  verwandelt  sich  in  einen  Widder,  dessen 
lieber  Winde:  fies.  869 f.,  ferner  der  (viel- 40  Hörner  er  nachmals  als  lupiter  Ammon  bei- 
leicht damit  identischen)  Harpyien,  die  behält;  Apoll  wird  ein  Rabe  (s.  auch  Mythogr. 
daher  Typho(n)ides  heißen:  Valer.  Flacc.  4, 428.  Vatic.  1,  86)  — ;  nach  Fast.  2,  459  f.  und  Hygin. 
6W',  des  Nemeischen  Löwen:  Apollod.  Bibl.  Astr.  2,  30  flieht  Venus,  vom  kleinen  Cupido 
2,74;  Pediasim.  2;  der  Laokoonschlangen:  begleitet,  vor  T.  an  den  Euphrat,  in  den  sie 
Quillt.  Smyrn.  12,  449 f.,  vgl.  den  Art.  Porkes,  beim  Nahen  des  Verfolgrers  hineinspringt;  doch 
Bd.  3,  Sp.  2765;  nach  Akusil.  fr.  4=,  Müller  1,  retten  sie  hilfreiche  Fische,  die  dafür  unter 
100,  sind  aus  seinem  Blute  alle  reißenden  die  Sterne  versetzt  werden.  Auch  nach  Manil. 
Tiere  entsprossen;  nach  Schol.  Apoll.  Ehod.  J.sir.  4,  580f.  flieht  Venus  vor  T.  in  Babylonias 
2,1210  wenigstens  der  Drache  in  Kolchis  undas  und  wird  ein  Fisch.  Endlich  wird  all- 
(s.  0.).                                                                          50  gemeiner    die    Selbstverwandlung    der    Götter 

Vermöge  seines  schreckenerregenden  Aus-  in  Ibisse,  Hunde  und  Habichte  bei  der  Ver- 
sehens und  angriffslustigen  Wesens  gerät  er,  fplgung  durch  T.  erwähnt  von  Plut.  Is.  72. 
überdies  gereizt  von  der  Rachsucht  seiner  über  Über  die  vorgenannten  Stellen,  besonders  die 
den  Sturz  der  Titanen  erzürnten  Mutter  Ge  von  Pan  handeln,  s.  Röscher,  Fleckeis.  Jahrb. 
{Hes.  820;  Apollod.  1,39 f.),  in  offenen  Kampf  1895,  S.  339f.;  vgl.  auch  M.Holland,  Der  Ty- 
mit  der  Götterwelt  {Nonn.  2, bll:  d-priiidxog).  phoeuskampf,  Philologus  59,  344f. 
Wie  früher  seine  von  Zeus  besiegten  Halbbrü-  Doch  Zeus  ermannt  sich  und  greift  zu  den 
der  macht  er  diesem  nunmehr  die  Herrschaft  Waffen:  Hes.  Th.  853;  Oo.  Fast.  2,  462.  Aus 
über  Sterbliche  und  Unsterbliche  streitig.  Bei  der  Ferne  schleudert  er  Blitze  auf  den  Unhold 
Hes/ od  {Th.  820 f.  836 f.,  vgl.  Hesych.  s.  Tvcp.)  60  und  überschüttet  ihn  mit  eisigem  Hagelwetter 
hat  er  es  mit  Zeus  allein  zu  tun.  Erst  von  {Nonn.  2,  540 f.);  im  Nahkampf  dringt  er  mit 
Pindar  {Pyth.  1,15)  wird  er  d-söäv  TtoXs^Log  stählerner  Sichel  auf  ihn  ein  {Apollod.  1,41) 
genannt;  nach  fr.  91  f.  Bgk.^-Schr.  bekämpft  und  verfolgt  ihn  von  Ägypten  bis  Syrien.  Bei 
er  sogar  alle  Götter,  womit  übereinstimmt  Pherekyd.  fr.  14,  Müller  1,72,  erstreckt  sich  die 
Aesch.  Prom.  358:  7täat,v  ävxiöxi]  Q-solg.  Als  wilde  Jagd  bis  zum  Kaukasus,  wo  die  Tv- 
er,  feuerspeiend  und  unter  lufterschütterndem  (pcavslr]  Ttitgr]  {Apoll.  Ehod.  2,1211  mit  Schol; 
Gebrüll,  ausgerissene  Bäume,  abgebrochene  i/iyw.  ilfa^fw.  772,  39)  noch  an  T.  erinnert.  An- 
Felsblöcke,  ja  ganze  Berge  als  Wurfgeschosse  derwärts  {Apollod.  a.  a.  0.)  beruht  die  Erwäh- 


1435             Typhoeus,  Typhon  Tyi)hoeus,  Typhon              1436 

nung  des  Kaukasus  als  Schauplatz  des  Kampfes  liehen  Aufruhr  der  Schöpfung;  erst  am  Morgen 

auf  falscher  Lesart  und  Verwechselung  mit  dem  unterliegt  T.  (2,  205  f.  663  f.). 

syrischen    Kasiongebirge    (Käöiov    Sgog:  Kein    Wunder,    daß    des    höchsten    Gottes 

2>f<m.  P«*.  117.  880;  (SYra6. 16,  742f.).  IniHand-  Feuerstrahl,    der    hie   und    da    die    Natur    in 

gemenge  wird  T.  mit  Tauen  gefesselt,  bemäch-  Brand  setzt,  schließlich  des  Gegners  Herr  wird : 

tigt  sich  aber  der  Sichel  (s.  o),  durchschneidet  He^.  Th.  863 f  ;  IHnd.  Pyth.  8, 16;  Aesch.  Prom. 

dem  Zeus  die  Arm-  und  Beinsehnen,  trägt  ihn  862  f.;   Sept.  47(5 f.  600  Kirchfi.;    Quint.  Smyr^i. 

auf  den  Schultern  über  das  Meer  nach  Kili-  6, 485 f.;  Nonn.2AlAf.  4,  394 f.  8,  270  f.  24,108; 

kien    und    setzt    ihn    in    der    Korykischen  Tzetz.  Chil.  10,  AI  f.;   Xikandr.  ha\  Antoti.  Lib. 
Orotte  am  Tauros  ab,  wo  er  auch  die  aus-  lo  28;   Apollod.  l,43f.;   Strah.  16,750;   Schol.  II. 

geschnittenen    Sehnen    unter   einem   Bärenfell  B  ISS;  Schol.  Apoll  RJi od.  2, 1211;  Apostol.  11, 

verbirgt  {Apollod.  1,42).  86,  Paroem.  2,  2y6;   Steph.  Byz.  s.  '//pob:   Suid. 

Anders   Find   Ausgangspunkt   und   Verlauf  s.  Tvcpüvoq  ■noXvnXoxmzsQov ;  Etym.  Magn.  772. 

des  Kampfes  zwischen  Zeus  und  T.  in  Nonnos'  43;    Verg.  Aen.  1,666  (tela  Typhoe'a);  Ov.  Met. 

Dionysiaka  Buch  1  u.2;  vgl.  RKöhlei;  Über  die  3,  803;  Hygin.  fab.  162. 

Dion.  d.  Nonnos,  Halle  1858,  8.  2f.  Das  Ge-  Mancher  phantastische  Einzelzug  der  mehr 
dicht  ist  schwülstig  und  z.  T.  widerspruchsvoll ;  oder  weniger  poetischen  Schlachtberichte  ver- 
doch  entspricht  der  aufgedonnerte  Stil  dem  dient  Beachtung:  wie  wenn  der  vom  Blitz  an- 
Charakter der  Erzählung  von  Typhoeus  durch-  gehrannte  T.  durch  Untertauchen  im  Meere 
aus;  dieser  ist  '"so  recht  ein  Held  nach  dem  20  die  ihn  umgebende  Flammenhülle  auslöscht 
Herzen  des  wüsten  Poeten'  {Holland,  Philo-  {Nikandr.  a.  a.  0),  oder  wenn  er  sich  vor 
lo^us  69,346).  Zeus  hat  ein  Liebesverhältnis  Angst  in  die  Erde  zu  verkriechen  sucht 
mit  Pluto  (s.  d.),  die  später  von  ihm  Mutter  und  durch  eingeschnittene  Furchen  das  Bett 
des  Tantalos  wird.  Während  er  sich  zu  ihr  für  den  syrischen  Fluß  herstellt,  der  nun  nach 
begibt,  hat  er  seine  Blitze  in  einer  Höhle  des  ihm  Typhon  (erst  später  Orontes)  genannt  wird 
Arimerlandes  Kilikien  niedergelegt  (l,146f.).  (Strab.  a.a.O.);  oder  wenn  ihn  lupiter  hoch 
Typhoeus,  dort  ansässig,  raubt  sie  und  fühlt  beim  Schöpfe  faßt  {alte  crine  tenet),  sodaß  er, 
sich  durch  ihren  Besitz  zu  einem  Angriff  auf  der  Glutwind,  aus  der  Höhe  des  Luftraums 
den  Olymp  und  den  Himmel  ermutigt,  so-  hemiederschaut  (Vahr.  Flacc.  3, 130 f.);  wenn 
daß  die  Götter  in  Vogelgestalt  nach  Ägypten  30  ferner  die  höhnenden  Schimpfreden,  mit 
fliehen  (1,  154f.  s.  u.;  vgl.  2,  167.  220.  707).  denen  T.  den  Verfolger  reizt,  von  Adrasteia 
Obgleich  also  T.  den  Himmel  stürmt,  hat  Zeus  feierlich  gebucht  werden  {Nonn.  1,481; 
Neigung  und  Zeit  noch  zu  einem  andern  Liebes-  ähnlich  wie  dieselbe  Schicksalf^göttin  Nemesis 
abenteuer:  er  raubt  in  Tiergestalt  die  Europa  bei  iVbnw.  37,  423  wrxüm  Kalhm.hymn.  in  Cerer. 
lind  bringt  sie  vorläufig  in  Sicherheit  nach  57  frevelhafte  Scheltworte  eines  Übeltäters  auf- 
Kreta, um  nun  erst  dem  T.  die  erbeuteten  schreibt);  oder  wenn  endlich  Zeus  nach  schwer- 
Blitze  abzunehmen  (1,  362  f.V  Als  er  jedoch  zu  erkämpftem  Siege  in  triumphierendes  Gelächter 
ihm  nach  Kilikien  kommt,  ist  dorthin  gerade  ausbricht  {I\onn.  2,  563  f.)  und  den  '^atmenden 
KadmoB  (s.  d.,  Bd.  2,  Sp.  846  f.)  auf  der  Suche  Toten'  (v.  631 :  ve-hw  ^ybnvoov)  durch  eine  Grab- 
nach  seiner  Schwester  Europa  gelangt.  Indem  40  schrift  brandmarkt,  bei  deren  lauter  Verkün- 
nun  Zeus  einen  Feind  sozusagen  gegen  den  digung  das  Taurosgebirge  widerhallt  (v.  628  f.). 
andern  ausspielt,  rüstet  er  mit  Hilfe  seiner  Zwei  packende  Kampfszenen  spielen  sich  auch 
Begleiter  Pan  und  Eros,  die  den  Kadmos  listig  l>ei  Claudianus  ab:  als  T.,  um  den  Himmel  zu 
betören  und  mit  Liebe  erfüllen  müssen,  diesen  stürmen,  seine  hundert  Arme  mit  elbensovielen 
als  Hirten  aus :  er  soll  mit  den  Klängen  seiner  Bergen  (als  Wurfgeschossen)  ausrüstet  und  seine 
Schalmei  den  T.  anlocken  und  einschläfern  ausgereckten  Zungen  das  Bärengestirn  be- 
(1,362  f.).  Wirklich  folgt  der  Unhold  dem  süßen  lecken,  gerät  selbst  lupiter  in  Furcht  und  er- 
Schalle  des  Syrinxspiels  (daher  (piXdoiSog)  und  zittert  (BelJ.  Get.  26,  62 f.;  vgl.  Apollod.  1,  39 
läßt  inzwischen  die  erbeuteten  Blitze  in  der  u.  Nonn.  1,  287 f.);  ferner  zeigt  ein  Helm  der 
Höhle  zuKick  (1,409 f.);  auch  die  Sehnen  des  50  Athene  auf  einem  Bilde  in  getriebener  Arbeit, 
Zeus  sind  hier  verborgen  (1,610 f.);  man  er-  wie  T.  nach  seiner  Besiegung  oben  und  vorn 
wartet  (nach  Apollod.  1,42,  s.o.)  hier  noch  bereits  abstirbt,  vermöge  seiner  ungeheuren 
nicht  von  ihnen  zu  hören,  da  sie  doch  dem  Ausdehnung  aber  an  den  unteren  Körperteilen 
Zeus  von  T.  erst  im  Kampfe  ausgeschnitten  noch  lebt,  also  tot  und  lebendig  zugleich  ist 
werden;  es  ist  ein  barocker  Zug,  der  von  der  {Papt.  Proserp.  35,  2,  21  f.). 
Einmischung  ägyptischer  Elemente  herrührt,  Auf  den  vielfachen  Wechsel  des  Kr iegs- 
vgl.  M.  Mayer,  Gig.  u.  Tit.  S.  228;  s.u.  Wäh-  Schauplatzes  ist  schon  hingewiesen  worden 
rend  nun  T.  dem  schönen  Konzert  des  Kad-  (s.  o.).  Der  Kampf  hat  nach  den  verschiedenen 
mos  ahnungslos  zuhört,  kriecht  Zeus  in  die  Quellen  nicht  nur  zahlreiche  Etappen  und  Sta- 
Höhle  und  bemächtigt  sich  seiner  Geschosse  60  tionen,  sondern  manche  unter  ihnen  erfahren 
wieder  (2,  1  f.).  T. ,  der  bei  der  Rückkehr  die  überdies  voneinander  ab,weichende  Deutungen. 
Wohnung  leer  findet,  stürmt  in  blinder  Wut  Das  Arimerland,  das  syrische  Kasiongebirge, 
aufs  neue  gegen  den  Olymp  an  (2,  21  f.).  Die  der  Kaukasus,  die  Korykische  Grotte  in  Kili- 
übrigen  Götter  verstecken  sich  wieder  am  Nil;  kien,  das  boiotische  Typhaonion  mußten  be- 
Zeus allein  nimmt  am  Taurosgebirge  den  Ent-  reits  erwähnt  werden.  Das  Gebirge  Nysa,  wo- 
scheidungskampf  auf  (2, 167f.).  Dieser  ge-  hin  Zeus  seinen  Feind  verfolgt  {Apollod.  1,43), 
staltet  sich  zu  einem  von  gewaltigem  Lärm  ist  die  thrakische  Heimat  des  Dionysos  (3, 
und  dem  Wüten  der  Elemente  begleiteten  nacht-  29);  denn  T.  kommt  auf  seiner  Flucht  noch- 


1437              Typhoeus.  Typhon  Typhoeus,  Typhon              1438 

luals   nach    Thrakien   {av^ig   slg   ©pax/jv).  Ätna,  au.^h  die  Ff^lsenkiiste  von  Kyme  nie- 

Hier  wird  er  von  den  Moiren  (s.  d.)  getäuscht;  derhält,  sodaß  sich  das  Gefilnf^nia  von  Kam- 

daß  er  von  ihren  Früchten  ißt,   hesiej^elt  sein  panien   bis  nach  Sizilien  erstreckt.    Sonst 

Verderben.    Von  da    erstreckt  sich   die    wilde  beschränkt  sich  der  Aufenthalt  des  Strafgefan- 

.lajrd   an   das  Iläniusgebirj^e,   das   von   seinem  genen   bisweilen   auf  den  Golf  von  Neapel. 

Ljewaltigen  Blutverlust  den  Namen  hat  (1,44).  Seine  Lagerstätte   bilden  dort  die  Phlegräi- 

Viellcicht  spielt  sich  eine  Kampfszene  auch  in  sehen  Felder  nach  Valer.  Flacc.  C,  IßOf.;  und 

Delphi  ab:  Flut,  de  fac.inorbe  luriaeZO  iß.o).  zwar   kommt    für  T. ,    besonders    wegen   jener 

Nach  abermaliger  Flucht  über  das  Sizilische  i'«>i6?arstelle,  wohl  nur  die  Fhlegräische  Ebene 
Meer   ereilt  ihn  endlich  das  Verhängnis.    Den  lo  Kampaniens   in  Frage,   nicht  Phlegra   (oder 

('borwundenen    trifft    niimlich    die   Strafe    der  Fallene)  auf  Chalkidike,  wo  allerdings  gcwöhn- 

Versenkung    in    den    Tartaros:    Ues.   Th.  lieh  die  Giganten  mit  den  Göttern  kämpfen 

868;  Vitid.  Fyth.  1,  lö.    Dort    sieht    ihn    unter  (M.  Mnycr  S.  157f.  193),   der  Typhoeupkampf 

<len  Büßern  Herkules  bei  seinem  Gange  in  die  aber  nicht  nachweisbar  ist.    Dagegen  büßt  er 

Unterwelt  (Fm/.  Aen.  8,21)8;    gegen    Freller-  unter  Pitheku8a(i)  \>ei  Fiter ekyd.  fr.  lA,  Mül- 

Fohert,  Gr.  Myth.  1\  65,  1,  wonach  H.  an  Zeus'  ler  1,  72:   so  heißt  nach   Marticm.  Cap.  G,  644 

Kampf  gegen  T.  teilgenommen  haben  soll;  vgl.  Kopp    bei   den   Griechen   die  Insel  Inarime, 

auch  31.  Mayer  a.a.O.  S.  217f.).   Wie  bei  Ho-  die   als  Typhons  Strafort  bezeichnet  wird  von 

mer  das   Arimerland  (IL  B  ISS),   so   ist   auch  Verg.  Aen.  ^,116;  Senec.  Herc.  Oet.llb^f.;  Stat. 
bei  manchem  andern  Gewährsmann  eine  Gegend  20  Theb.  10,917;   I.vcan.  5,  lOl.  (5,92   mit  Schot-, 

des  Ostens  Kampfplatz  und  Ort  der  Versen-  SH.Itnl.  H,  fi40  (anders  34,196:  der  i\tna,  s.o.); 

\i\ing  zugleich  (Xanth.  Lyd.fr.  4,  Miilhrl^SG f.;  Claudlan.  21,  IS.   36,183f.;    vgl.  7,  159 f.    Die 

vgl  Diorfcr  5,  71,  o;  Schal.  Jl.yk.  111 ;  Nenn.  13,  RCmer  nannten  sie  nach    einer  Landung  des 

474f.).    Schon  früh  gelten  jedoch  die  vuikani-  Aeneas  auch  A  enaria  (P/«V/.  iV.  Ä.  3,  6, 12).  Es 

sehen  Gebiete   des   griechischen  Westens  für  ist  das  heutige  Ischia  mit  heißen  Quellen  und 

Typhoeus'  Verließ  und  die  Stätte  seines  Straf-  dem  erloschenen  Epomeo.    Übrigens  werden  bei 

gerichts.    Dort  ist  der  Ätna  auf  ihn  gestürzt  Liv.  8,22,  Flin.  a.a.O.  u.  Fomp.  Mela  2,7,18 

und  Sizilien  sein  Verbannungsort.    Schwer  läßt  Pithecusa  und  Aenaria,   bei    Ov.  Met.  14,  89 f. 

sich  entscheiden,   ob  man  dies  schon   he\  He-  in   einer  Aufzählung  Pithecusae  und  Inarime 
siod{Th.  860)  anzunehmen  und  dieser  den  Ätna,  30  voneinander  unterschieden.   Die  Erklärung  'der 

den  er  allerdings  zuerst  erwähnt  {Strah.l,2S),  Giganteninsel,  die  des  wilden  Typhon  Rücken 

auch  als  feuerspeienden  Berg  gekannt  hat.    Die  und  Leib   zermalmte',   schwankt   bei   Tzetz.  u. 

Verse  859.  860  für  interpoliert  zu  halten,  ver-  im  Schol.  Lyk.  688  zwischen  Sizilien  (s.  o.)  und 

bietet  sich  wegen  der  seltenen  Glosse  aiSvjjs;  Pithekusai  hin  und  her.  Wenn  Seri'.  Aen.  9,112 

aber  noch  bedenklicher  ist  es,  diese  in  ktrvri?  Inarime   von    aiv    '^igif^ioig  {11.  B  782)   ableitet, 

{Aixvr\g)    zu   verwandeln    (so   u.  a.  Hülsen  bei  so  werden  in  diesen  beiden  Namen  vermittelst 

Fauhj'-Wissoiva  1,  Hilf.  u.  M.Mayer  S.  215),  einer  unhaltbaren  Etymologie  gerade  die  ent- 

was   allerdings  schon   eine   alte  Konjektur  ist  gegengesetzten  Endpunkte    des    Zweikampfes, 

(Schol.  Lyk.  6SS).    Hält  man  also  mit  *ScÄöwam*  Kilikien  und  Kampanien,   ziemlich  gewaltsam 
a.  a.  0.  S.  360  fest  am  Text:  ovgsog  iv  ß'r]66rj-  40  vereinigt  (s.  o.). 

üiv  a'iSvfjg  sowie  an  seinem  Sinn:  "^in  den  Als  Zweikampf  zwischen  Zeus  und  T.  zei- 
dunklen  Tiefen  des  Gebirges',  so  bleibt  es  gen  oder  schildern  nämlich  das  grausige  Ringen 
lür  Hesiod  unentschieden,  wo  und  wie  man  manche  Berichte,  weil  sie  nur  dessen  letzten 
sich  die  Versenkung  in  den  Tartaros  (v.  868)  Akt  vor  der  Besiegung  des  Unholds  im  Auge 
zu  denken  hat.  Dagegen  sind  Sizilien  und  der  haben  {Hes.  Th.  820 f.;  Apollod.  1,  39 f.;  Hesych. 
Ätna  als  Typhoeus"  Gefängnis  sonst  oft  aus-  s.  Tvtp  ;  Hygin.  fab.  152),  sodaß  auch  Zeus 
drücklich  bezeugt:  Piwrf.PT/^/?.  1,19 f.  mit  äTjoZ.;  dann  allein  als  Sieger  erscheint  (Pmrf.  Pw<7<. 
Ol.4:,bi.',fr.9SBgk.''-Sthr.;A€sch.From.3^Sl.  8,  16f;  /r.  91  Bgk.^-Schr.;  Nonn.  2,  oOS  f. 
mit  Schol,  \g\.  Schol  \.  36b',  Schol.  Enr.  Fhcen.  563f.  631  f.).  Anfangs  ist  T.  der  Feind  aller 
1020;  Novn.  2,^23;  13,312f.;  /S/raö.  13,  627;  50  G  ötter,  von  denen  jedoch  die  meisten,  in 
Apollod.  1,44;  Anton.  Lib  28;  Fhilostr.  vit.  Tieie  verwandelt,  nach  Ägypten  entfliehen  (s.o.); 
Apoll  ö,16 ;  Imag. i:>. 421  (2,360 K.);litym.  Magn.  ja  zu  jenen  gehört  sogar  lupiter  selbst  bei 
255,34;  Cic.  p! Scaur.  2,29:  Ov.  Her.  16,11;  Ov.  Met.  b,  326.  In  den  früheren  Stadien  des 
31et.b,346i'.;Fast.  1,573  f.;  4, 491  f.;  Hp.  ex  Font.  Kampfes  leisten  mehrere  Götter  dem  T.  Wider- 
"2,10,23^.;  Ibis  b99  f.;  Val  Flacc.  2,24;  Sü.Ital  stand:  nach  Nikandr.  &.  a.  0.  hhlt  bei  Zeus 
14,  196;  Schol  Stat.  Theb.2,b9b;  5,347;  Apoll  Athene  aus,  die  auch  in  der  Ciris  v.  32  und 
Sid.  C.  6,  28;  Hygin.  fab.  152  ;  Serv.  Aen.  9, 715.  zusammen  mit  Bacchus  bei  Valer.  Flacc.  4,  236 f. 
—  Sein  Wächter  ist  Heph aistos  (s.  d.,  Bd.  1,  Typhons  Gegnerin  ist;  in  Gemeinschaft  mit 
Sp.  2072),  der  ihm  sogar  den  Ambos  auf  den  Giganten,  denen  er  ja  bisweilen  zugerechnet 
Hals  eetzt  {Anton.  Lib.  a.  a.  0.;  vgl.  Find.  Fyth.  60  wird  (s.  u.),  bekämpft  er  sie  bei  Hör.  C.  3,4, 
1,  25 f.  u.  Aesch.  From.  371).  Besonders  phan-  53f.,  wo  außerdem  Volcanus,  Inno  und  Apollo 
tastisch  nimmt  es  sich  aus,  wenn  Typhons  rechte  ihm  und  seinen  Brüdern  gegenüberstehen. 
Hand  unter  dem  Kap  Pelorum,  die  linke  unter  Letzterer  ist  mit  dem  Typhoeusmythos  über- 
Pachynum,  die  Schenkel  unter  Lilybaeum  liegen  haupt  mannigfach  durch  Gegnerschaft  ver- 
sollen {Ov.  Met.  5,  346 f).  —  Noch  gesteigert  ist  knüpft:  nach  Flut,  de  fac.  in  orbe  lunae  30  ver- 
dieser  Eindruck  durch  die  räumliche  Er wei-  wüstet  T.  Delphi  (s.  o.).  Über  Typhons  Ab- 
terung  der  Richtstätte  bei  Find.  Fyth.  1,  stammung  von  Hera  und  die  von  ihm  der 
18f   mit    Schol,    wo    den    Büßer,    außer   dem  Schlange  Python,  nach  ihrer  Verwundung  durch 


1439      Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon      1440 

ApoUon,  verffebens  geleistete  Hilfe  (Hom.  hymn.  Olympiodor  zu  Plat.  Phaed.  p.  346  berichtet, 
2,  127 f.  159?.  175f.  189f.)  s.o.;  über  eine  halb-  Kadinos  habe  dem  Zeus  Ratschläge  erteilt,  wie 
verschollene,  weil  in  dieser  Dichtung  unvoll-  er  den  T.  besiegen  könne.  —  Ferner  gebührt 
ständig  erhaltene  delphisch-delische  Legende,  den  Moiren  das  Verdienst,  im  thrakischen 
nach  der  T.  den  Zeus  erst  besiegt,  dann  aber  Nysa  durch  Überlistung  des  Unholds  dem  Zeus 
von  Apollon  besiegt  wird,  vgl.  Gruppe,  Gr.  geholfen  zu  haben  (Apollod.  1.43,  s.o.;  vgl. 
Kulte  u.  Mythen  1,  580  f.,  u.  Mythol.  11'24,  4;  Holland,  Fhilologus  69,  362  f.).  —  Wenn  sich 
1253.  1256f.,  sowie  Th.  Schreiber,  Apollon  Py-  endlich  Poseidon  bei  Valer.  Flacc.  ly'lXi.  mit 
thoktonos,  Leipzig  1879,  S.  65,  40.  100,  19;  über  dem  flammenspeienden  T.  im  wildesten  Hand- 
die  delische  Sage  von  der  Tötung  Typhons  lo  gemenge  befindet  und  ihn  an  den  Haaren  durch 
durch  Apoll,  dessen  kreißende  Mutter  Leto  das  Sicanische  Meer  schleppt,  so  bezieht  sich 
(s.  d.)  er  vorher  verfolgt  hat,  vgl.  Gruppe  102.  dies  wohl  nicht  auf  eine  özene  der  Giganto- 
236.  1255,1.  1316;  s.  auch  den  Art.  Pythios  machie  (Art.  Giganten,  Bd.  1,  Sp.  1643,  u.  Art. 
Bd.  8,  Sp.  3398  mit  dem  Hinweis  auf  die  Na-  Poseidon,  Bd.  3,  Sp.  2816),  sondern  ist  eine  eben 
mensähnlichkeit  zwischen  üvi^tov  und  Tvcpmv  durch  Poseidons  Pangreifeu  erweiterte  Varia- 
und  ihr  verwandtes  Wesen,  um  deswillen  Py-  tion  der  schon  geschilderten  Flucht  Typhons 
thon  an  einen  'variierten  Typhon'  erinnert;  (v.  25:  pro/'w(/Mm)  nach  Westen  (s.  o.),  wo  Tri- 
endlich  über  die  ägyptische  Sage,  nach  der  nacria  mit  dem  Ätna  als  Ort  der  Strafe  den 
Leto  auf  der  schwimmenden  Insel  im  Sumpf  Missetäter  erwartet;  s.  u.  Abb.  6. 
von  Buto  den  kleinen  Apollon  von  Isis  zum  sü  Nicht  als  stünde  T.  der  Gigantomajhie 
Geschenk  erhalten  und  gegen  Typhons  Ver-  überhaupt  fern.  Allerdings  nimmt  er  ursprüng- 
folgung  geschützt  haben  soll  (Herodot  2,156),  lieh  am  Ende  der  Titanomachie  {Hes.  Th.ü20f.) 
8.  u.  —  Hermes  femer  unterstützt  den  Zeus  als  Gegner  der  Götter  eine  selbständige  Stel- 
darch  Wiedereroberung  und  Rückgabe  der  ihm  lung  ein,  die  er  auch  bei  Pindar  und  Äischylos, 
von  T.  entwendeten  Sehnen:  Apollod.  1,42;  ja  noch  bei  Apollodor  behauptet  (s.o.);  aber 
lionn.  1,510 f.;  sonst  wird  er  als  Ibis  unter  schon  Ovid  {Ep  ex  Pont.  2,10,24;  Ibis  599) 
den  in  Tiergestalt  fliehenden  Göttern  genannt:  meint  gerade  ihn  mit  der  Bezeichnung  gigas; 
Nikanclr.  bei  Anton.  Lib.  28;  Oo.  Met.  5,  331;  Hygin.  fab.  praef.  zählt  ihn  unter  den  Gi- 
Hygin.  Astr.  2,  28.  Umgekehrt  erleidet  T.  das  ganten  auf  (vgl.  fab.  151)  und  nennt  ihn  Astr. 
Schicksal,  daß  ihm  selbst  von  Hermes  die  Seh-  so  2,  28:  acerrimum  giganta  et  maxime  deorum 
nen  ausgeschnitten  werden,  welche  dieser  zu  hostem;  ebenso  ist  er  hei  Julian,  Ep.  2d -p.  34:i> 
Saiten  seiner  Leier  macht:  Plut.  Is.  55.  —  Ein  Hercher:  6  ^eyLOTogyiyagu.  Or.  2  p.  56 d:  yiyäv- 
hüfreicher  Parteigänger  des  Zeus  und  der  übri-  roav  6  xpatrteJTo?;  vgl.  auch  Schol.  II.  B  783  u. 
gen  Götter  ist  auch  Pan,  entweder  indem  er  Schol.  Eur.  Phoen.  1154:  slg  tav  yLydvtav,  so- 
letzteren  zur  Selbstverwandlung  in  Tiere  rät  wie  Philostr.  vit.  Apoll.  5,  16;  später  heißt  er 
{Hygin.  fab.  196)  und  sich  selbst  daran  be-  oft  schlechthin  yiyag:  Nonn.  1,4:16.  621;  2,  H2. 
teiligt  {Astr.  2,28),  oder  zugegen  ist  bei  der  60.  141.  250.  256.  380.  439.  448.  521.  542.  710; 
Wiedergewinnung  der  Sehnen  {Apollod.  1,  4:2),  13,485.  In  die  eigentliche  Gigantoma- 
oder endlich,  zusammen  mit  Eros,  bei  der  Be-  chie  wird  er  erst  allmählich  hineinge- 
törung  des  T.  vor  seinem  Kampfe  mit  Zeus  40  zogen,  so  bei  Fer^.  Gcor^.  1,  277 f.:  ohne  Nen- 
mitwirkt  (.A^onn.  1,  368 f.).  Durch  Pan  findet  nung  seiner  Gegner.  Bei  Hör.  C.  3,  4,  53f.  er- 
T.  ein  gewaltsames  Lebensende,  dessen  scheint  er  unter  andern  Giganten  im  Kampfe 
Schilderung  von  dem  Bericht  seiner  Einkerke-  mit  Pallas,  Volcanus,  luno  und  Apollo;  nach 
rung  im  Ätna  wesentlich  abweicht:  Oppian.  der  Ciris  v.  32  ist  er  in  Gigantenkämpfen  auf 
Hai.  3,  9  f.  nennt  ihn  Zeus'  Retter  und  Typhons  dem  Peplos  der  Minerva  als  deren  Gegner  dar- 
Vemichter  (v.  17:  Zrjvog  ^«v  QvxfiQu,  Tccfun-  ^a\stellt;  bei  Valer.  Flacc.  4,  236 f.  bekämpft  er 
viov  ö'  dUxijQa);  er  überlistet  nämlich  den  T.  Pallas  und  Bacchus,  indem  er  zugleich  die  Ge- 
mit  einer  aus  Fischen  bestehenden  Lockspeise,  stirne  gefangen  hinter  sich  herschleppt  (s.  o.) ; 
sodaß  er  aus  dem  Meere  ans  Ufer  kommt;  bei  Diodor  5,  71,  3  tötet  Zeus  in  Phrygien  rovg 
dort  treffen  ihn  Zeus'  Blitzstrahlen;  von  ihnen  50  Ttsgi  Tvcpcbva^  d.  h.  T.  und  die  Giganten.  In 
in  Brand  gesetzt,  stößt  er  seine  hundert  Köpfe  Claudians  lateinischer  Gigantomachia  (37, 1  f.) 
an  Felsen,  wodurch  er  gänzlich  zerschunden  hetzt  Mutter  ßrde  ihre  Söhne,  die  Giganten, 
wird;  die  Uferränder  röten  sich  unter  Typhons  gegen  die  Götter  auf  und  bestimmt  dem  Ty- 
Angstgeschrei  von  seinem  Blute;  vgl.  auch  Po-  phoeus  im  voraus  Blitzstrahl  und  Szepter  des 
scher,  Fleckeis.  Jahrb.  ISdö^.ii.  341.  — Der  Schol.  Zeus  als  Siegespreis  (v.  32),  sodaß  er  wenig- 
Soph.  Ai.  695  u.  Suid.  s.  alinXccyyixog  erwähnen  stens  hier  geradezu  als  ihr  Führer  gelten 
nur,  Pan  habe  den  T.  in  Netzen  gefangen.  muß.  In  dem  Bruchstück  der  griechischen  Gi- 
Einen  Bundesgenossen  hat  Zeus  sodann  an  gantomachie ,  die  gleichfalls  unter  ClaudianuH' 
Kadmos  (s.  d.,  Bd.  2.  Sp.  846  f.  886).  Dieser  Namen  geht  (Ausg.  v.  Jeep  1,  LXXVIin.),  stürzt 
verfolgt  ihn  anfangs  als  den  Räuber  und  Ent-  60  sich  T.  auf  Poseidon;  der  aber  stößt  ihm  den 
führer  seiner  Schwester  Europa,  tritt  aber,  Dreizack  in  die  Brust,  und  Zeus  trifft  sein 
von  Pan  (s.  0.)  und  Eros  gewonnen,  zu  ihm  Haupt  mit  dem  Blitze  (v.  55 f.).  —  Während 
über  und  versenkt  in  angenommener  Hirten-  man  Verg.  Aen.  8,  298 f.  nicht  auf  Herkules' 
tracht  mit  seiner  Schalmei  den  T.  in  süßen  Beteiligung  an  der  Gigantomachie,  sondern  auf 
Schlummer,  der  es  seinen  verbündeten  Gegnern  seinen  Besuch  in  der  Unterwelt  zu  beziehen 
ermöglicht,  ihm  die  entwendeten  Blitze  wieder  hat  (s.  0.),  zählt  jener  selbst  den  T.  wirklich 
abzunehmen  {Nonn.  1,362 f.  409 f.;  2,1  f.).  Auch  unter  seine  Gegner  bei  Eur.  H.  F.  1271  f.  (s.  o.), 
der    Epiker  Peisandros   (von   Kameiros?)    bei  Plut.  de  fort,  aut  virt.  Alex.  2,10  (freies  Zitat 


1441              Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon               1442 

nach  Euripides)  u.  Apoll  Sid.  ü.  6,27;  vgl.  15,  ist  ächon  gedacht  worden;   kein  Wunder,  daß 

19.    Einige  andere  Stellen  über  Typhons  Teil-  man   auch   dort   den  Ursprung   seines  Namens 

nähme  am  Kampfe  der  (Jiganten,  denen  er  all-  gesucht  hat.    PJeyte  (Hec.  irav.  3,  57  f.),  Bohiou 

mählich  ganz  zugerechnet  wird,  s.  bei  3f .  Mayer  {La  question  den  mythes  1,6  A.  5)  u,  a.  halten 

iS. '217f. —  Seine  Jienonnung  als  Titane  beruht  ihn  iur  einen  Heinamen  des  Set:   tebha,   tbh; 

lediglich  auf  Verwechselung,  z.  B.  SchoL  Kur.  s    auch  den  Art.  Set,  Bd.  4,  Sp.  728.    Dagegen 

Fhoen.  1020;  vgl.  SchoL  Hec.  468.  478,  wonach  stellt  ihn  Dümichen  {Äg.  Zeitschr.  1871,  S.  110) 

Titanen   und   (liganten    oft  vermengt  werden,  zusammen  mit  slg.ypt.  tep,  Nilpferd,  das  aller- 

vgl.  M.  Mayer  S.  145  f.  164.  dings  dem  Set-T.  heilig  war  {Flut.  Is.bO);  vgl. 

Über  den  Urheber  von  Typhons  gewaltsamem  10  aber   Ebers,   Durch    Gosen   zum   Sinai   (1872) 

Knde  schwanken  also  die  Berichte:   erliegt  er  S.  510,  und  Gruppe,  Philol.  48,  488  A.  1. 

auch  nach  vorherrschender  Überlieferung  dem  Wer  sich  an  die  Vielgestaltigkeit  von  Na- 

Blitzstrahl  des  Zeus,  den  bei  der  Exekution  oder  men  wie  Odysseus  (s.  o.  Bd.  3,  Sp.  645  f.)  oder 

Gefangensetzung  des  Unholds  (oder  schon  vor-  Tyndareos  (Bd.  5,  Sp.  1417f.)  erinnert,  wird  sich 

her  in  der  Gigantomachie)  Pallas,  Hephaistos,  nicht  wundern,  daß  der  Dämon  bald  Tvcpoisvg, 

Hera,  Hermes,  Herakles,  Kadmos,  Poseidon  oder  bald  Tvcpmg,  bald  Tvrpdtov  oder  Tvcpmv  heißt, 

die  Moiren  irgendwie  unterstüt/.en,  so  wird  er  und   darin   keinen  Anlaß   zum  Zweifel   an  der 

nach  andern  trüben  Quellen  von  Apollon  oder  Identität  der  Namen  und  ihrer  Bedeutung  er- 

Pan  umgebracht  (s.  o.);  aber  merkwürdig:  wäh-  blicken  (s.  o.).   Entsprechend  verschieden  ist  die 

rend  jeder  dieser  beiden  ihn  endgültig  abtut,  20  Adjektivbildung:    Tvq)d)Vios  {Etym.  Magn. 

äußert   er  nach   seiner  Besiegung   durch  Zeus,  755,13);  TvtpmvBiog  {Apoll.  Bhod.  1,1^10)',  Tv- 

als  7CVQ7CV00?  {Aesch.  Sept.  476.  494)  oder  v^yivg  cpccoviog  {Hes.  Scut  Herc.  32;  Nonn.  1,  223  u.  ö.); 

^'j/n:voo?  (iVo«ti.  2,  631)  und  wenigstens  am  Ober-  Tvqpwvtxo?  (Efym.  Magn.  a.  a.  0.;  Stiid.  s.  v. ; 

körper  getött-t  {Claudian.  35,  2,  21  f.),  durch  Er-  Apostelgeschichte  27,  14);  Typhoeus  {Verg.  Aen. 

regung  von  Erdbeben  und  vulkanischen  Erup-  1,665);    Typhoius    oder   Typhoei'us    (Claudian. 

tionen  nach  wie  vor  ein  ungestümes,  urgewal-  36, 183).    Auch  das  substant.  Adj.  Tvcplov  {Jle- 

tiges  Leben,  dessen  Anzeichen  und  Wirkungen  sych.  s.  v.)  gehört  hierher  (s.  o.).   Dazu  kommen 

seine    mythologische   Würde    vornehmlich    be-  endlich   die   patronymischen  Feminina  Typhö- 

dingen.  (n)is  {Ov.  Her.  15,  11;  Valer.  J'^acc.  4,  428)  und 

Deutung  von  Namen  und  Wesen.  End-  30  Tvcpäovlg  {Nonn.  2,287). 

gültige   Ergebnisse  darf  man  in   so   strittigen  Teifun,    die  Bezeichnung  des  in  den  chi- 

Fragen  nicht  erwarten.    Der  Name  Tvtpo^svg  nesischen  und  japanischen    Meeren  wütenden 

oder    Tvcpwv   wird   im   Etym.  Magn.  772,  30  Wirbelsturms,  ist  das  englisch  ausgesprochene 

abgeleitet  von  xvfpsiv  und  dieses  erklärt  mit  Typhon.  Der  Anklang  an  das  gleichbedeutende 

xai'giv,   vgl    auch  Schal.  Find  Pyth.l.iil   und  chinesische   Taifung    ist  rein  zufällig:    fung 

Eur.  Cycl.  659.    Es  ist  sprachlich  dasselbe  wie  heißt  Wind,   tai  ist  die  Benennung  der  alten 

mhd.  dimpfen,  nhd   dampfen.    Daher  hat  man  Bewohner  von  Formosa  für  einen  von  Juni  bis 

''Jvfjpcoai'?  übersetzt  mit  Dampfer,  Raucher,  Qual-  September  heftig  wehenden  Wind. 

mer(!);  vgl.  darüber  Gruppe,  Mythol.  102.  1255,  Die  Erklärung  des  Wesens  hat  auszu- 

1.  1305.    G.  Hermann  {Opusc.  2,88)   gibt   den  40  gehen  von  Hesiod  {Th.SOI),  der  den  T.  Ssivov 

Namen  mit  Vaporinus  wieder.    Diese  Etymo-  &■'  v^Qi6rr\v  x'  avs^ov  nennt  (wofür  mehrere 

logie  wird  befürwortet  von  Curtius,  Grundzüge  Codices  fälschlich  avoaov  haben,  vgl.  v.  Wila- 

228^,  und  findet  sich   auch   sonst  noch  ange-  mowitz,  Herakl.  471').    Er  ist  demnach  ein  ^e- 

iiihrt  {Preller- Robert,  Gr.  3Iyth.  1\Q3).  Sprach-  waltiger,    verderblicher    Wind.     Das    ist    die 

liehverwandt  damit  ist  die  Ableitung  in  0?i/mpto-  erste  Art  und   Form    seines  Wesens.    Ohne 

(lors  Comment.  zu  Aristot.  Meteor ol.  Bd.  1,  S.  135  weiteres  begreift  es  sich,  daß  ihn,  der  vogel- 

IdeJer:  rvqpwv  ycaXslTat  öicc  xb  xvtixslv  Sia  xov  gleich  die  Luft  durcheilt,  wie  alle  Windgötter 

xäxovg  xov  Ttvsv^ccxog.    Doch  leidet  schon  jene  die   dichtende   und   bildende  Kunst  mit   Flü- 

erste,   besonders   bei   der  Erklärung   der  End-  ge In  begabt.    Speziell  antike  Anschauung  mißt 

Silben  des  Eigennamens,  an  ernsten  Schwierig-  50  ihm   aber   auch   statt   der  Beine  Schlangen- 

keiten  und  gilt  demnach  nur  für  eine  Volks-  Windungen   bei,  weil  man  sich  die  Vorstel- 

etymologie.    Wer,  wie  v.  Wilamowitz  (s.  o.),  lung  gebildet   hat,    die   Winde   brächen   oder 

Crusms  (s.  den  Art.  Kadmos,  Bd.  2,  Sp.  848 f.  kröchen  wie  Reptilien,   wie  Drachen  aus   den 

886 f.)  u.  a.,   den  T.  für  hellenisch  hält,  wird  Schluchten  und  Höhlen   des   Gebirges  hervor, 

geneigt  sein,   eine  Herleitung  aus  dem  Grie-  Eine  solche  ist  die  Korykische  Grotte  Kilikiens, 

chi sehen  zu  befürworten,   die  es  jedoch  mit  die  für  einen  Hauptsitz  Typhons  gilt.   So  haust 

überzeugender  BeAveiskraft  nicht  gibt.    Um  so  auch  dieser  ursprünglich  im  Schöße   der  Erde 

wärmer   bekennt   sich    Gruppe  {Philologus  48,  und   gehört,    gleich    den    Giganten,  Titanen, 

486f.;  Mythol.  102.  409.  812)  zu  der  von  Mo-  Aloaden,   zu   den    chthonischen  Gotthei- 

vers  {Phönicier  1,  522f.)  vorgeschlagenen,  auch  60  ten,  den  Unterweltsdämoneu;  vgl.  darüber 

von  Lewy  {Semit  Fremdw.  189)  empfohlenen  Er-  H.  D.  Müller,  Ares  (Braunschweig  1848)  S.  63, 

klärung  aus  dem    Semitischen:   Typhon  =  und  bes.  A.  Dieterich  {De  hymn.  Orph.  45),  der 

phön.  Zephön  (l's:?),  Nordwind,  oder  =  phön.  nach  Ampel.  8,3   sogar   einen   lupiter  Typhon 

Zäphön  ("22),    Norden,   Finsternis   (des   Erd-  (Z^v?  Tvcpmv)  annimmt,  ihn  dem  Hades  gleich- 

innem).    Dies   stimmt    sprachlich    zum   Namen  setzt  und  auf  ihn  Orph.  hymn.  IS  {slg  Tvcpäivcc?) 

und,  wie  sich  ergeben  wird  (s.  u.),  auch  sach-  bezieht;  vgl.  aher  Rohde,  Psyche  1^,121.  Kommt 

lieh  zum  Wesen  des  T.  —  Der  Verwandtschaft  er  hervor,  so  treibt  er  im  freien  Himmels- 

Typhons  mit  Set,   einem   Gotte  Ägyptens,  räum  sein  tolles  Spiel.    Dann  erscheint  er  als 


1443              Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon               1444 

Gewitterdrache;  vgl.  W.  Schwartz,  Progr.  Erdfeuers  umgeformt;  vgl.  v.  Wilamowitz,  He- 
d.  Friedrich -Werderscfien  G^ymn.  in  Berlin  ISbS,  rakles  S.  467*.  Doch  hat  dio«e  Umbildung  das 
S.  82,  und  JJer  Ursprung  der  Mythologie,  Ber-  ursprüngliche  Wesen  keineswegs  ganz  ver- 
lin 1860,  S.  31.  36  f.  83  f.  u.  ö.  Seine  Locken  drilngt.  Noch  bei  Nonnos  und  Quintus  Smyr- 
Bind  die  Wolken  {Ar.  Xub.SS6);  er  heißt  bei  naeiis  ist  er  Sturmgeist  und  Gewitterdrache. 
Nonn.  1,390:  vifptXfiyeQizTig^  wie  Zeus  hei  Ho-  überhaupt  darf  man  ihn  nicht  einseitig 
mer,  sowie  1,386:  virios.  Aber  auch  die  Wol-  als  Repräsentanten  der  Vulkane  auf- 
ken  selbst,  die  eich  beim  Gewitter  sammeln-  fassen;  er  treibt  sein  Wesen  in  allen  Natur- 
den  nubea  mehtendae,  werden  bei  Gell.  lU,  1,  3  reichen  der  Ober-  und  Unterwelt.  Immerhin 
typhone$  genannt.  T.  ist  also  ein  Sturmdä-  lo  verbreitet  T.  vorzugsweise  als  Bewohner  feuer- 
mon,  und  zwar  ein  avs^ios  atpoögoraxos  {Tzetz.  speiender  Berge  durch  Erregung  von  Erdbeben 
Chil.  10, 41  f.,  vgl.  Schal  Lvk.  177),  der  sich  und  gleichzeitige  Entfesselung  von  Lavaströ- 
einmal  offenbart  als  Wirbelwind:  Aesch.  Ag.  men  und  Auswurf lingen  weithin  Schrecken  und 
6SA  K.;  Biktt.  US;  Soph.  Ant.  AIS  mit  Schol.;  Verderben.  Während  die  kalte  Zugluft  des 
Eur.  Fhoen.  1164  mit  Schal.;  Quint,  Smym.  3,  Nordens,  in  der  T.  unter  dem  Firmament  sich 
63  f. ;  2'zetz.  Posth.  667  f.  (Suid.  s.  TVqpcbv).  tummelt,  zu  der  nicht  ganz  sicheren  Annahme 
Wissenschaftlich,  aber  ohne  Rücksicht  auf  die  geführt  hat,  er  sei  ein  Winterriese,  dem  die 
Mythologie  erläutert  das  Wesen  der  TV(pcbvsg  Götter,  wie  die  Zugvögel,  südwärts  ausweichen 
Aristot.  Meteorol.  1, 1,  2.  3, 1,  6;  de  mundo  c.  2;  {Wieseler^  Encyclop.  v.  Ersah  u.  Gruber  Bd.  67, 
vgl.  über  die  Tvqxovixd  oder  Tvgjtovior  Ttvsv-  20  S.  181;  Schroeter^  De  drac.  Gr.  fab.,  Breslau 
lucra  auch  Boscher,  Abh.  d.  Sachs.  Gesellsch.  d.  1866,  S.  18 f.;  Holland  a.  a.  0.  S.  347;  dagegen 
W.,  phil.-hist.  Kl.  20,  54.  Sodann  ist  ein  Wir-  Gruppe,  Mythol.  811,  13  u.  Burs  Jahresber.  ia7, 
beiwind  mit  Feuer  vermischt  unter  dem  681),  zeigt  er  sich  nunmehr  als  «vi? cb^rj?  ^ai- 
Namen  T.  geschildert  bei  Valer.  Flacc.  3, 130  f.  .awr  {Suid.  s.  Tvqpmvoj),  und  seine  Feuernatur 
Dagegen  heißt  er  nach  Apul.  de  mundo  16  u.  wird  geradezu  mit  d-sg^iorrig  bezeichnet  {Sali. 
Lyd.  de  astent.  44  dann  typhon,  wenn  er  nicht  tisqI  ^sibv  4,  S.  12  Or.) 

feurig  ist,  während  feurige  Glutwinde  dort  So  erweist  sich  T.  als  ein  vielseitiger,  aber 
jpr«9tere« genannt  werden.  Wiederum  bezeichnet  in  allen  Phasen  schrecklicher  Naturdä- 
Lttcrrt.  6, 423 f.  mit  letzterem  Worte  die  Trom-  mon,  die  Verkörperung  feindlicher  ele- 
ben  oder  Wasserhosen;  aber  gerade  sie  so  mentarer  Mächte,  wogegen  die  auch  auf 
nennt  Plin.  N.  H.  2, 131  f.  typhones  und  kenn-  die  Giganten  ausgedehnte  euhemeristische 
zeichnet  sie  als  praecipua  navigantium  pestis;  Ansicht,  er  sei  ein  handfester,  gewalttätiger 
vgl.  Lucian.  ver.  hist.  1,  9.  So  äußert  T.  als  Unmensch  oder  Urmensch  gewesen,  auf  sich 
Wind  und  Gewitterdrache  mannigfach  eine  ver-  beruhen  muß,  s.  d.  Art.  Giganten,  Bd.  1,  Sp. 
derbliche  Wirkung.  Unter  Vernichtung  von  16bl,  u.  über  T.hes.  Philostrat.  vit.  Apoll,  b^  IC. 
Wäldern  und  Feldern,  Tieren  und  Menschen,  Sprichwörtlich  ist  der  Ausdruck :  Tvtpmvog 
Häusern  und  Schiffen,  deren  Schutzgötter  ent-  noXvnXov,mTSQOv ,  vgl,  Gregor.  Cypr.  3,72 
setzt  fliehen,  strebt  er  nach  oben;  als  er  aber  {Paroem.  1,  373);  Suid.  s.  v.  und  s.  Zaganiaiv. 
den  Himmel  (oder  den  Olymp,  s.  0.)  bedroht,  Er  rührt  von  Sokrates  her,  der  in  Plat.  Phaedr. 
wirft  ihn  der  Göttervater  mit  Blitz,  Donner  40  230a  Selbstbetrachtungen  darüber  anstellt,  ol> 
und  eisigem  Hagel  auf  die  Erde  zurück  (s.  o.);  er  ein  Tier,  verschlungen  und  ungetüm- 
wieder  leuchtet  und  Hacht  der  unbewölkte  lieber  als  T.,  oder  ein  zahmeres  und  ein- 
Zeus', während  der  Himmelsstürmer  seinen  facheres  Geschöpf  sei,  das  an  einem  göttlichen 
Frevel  in  der  Unterwelt  büßt.  Damit  wird  die  und  von  Ungetümlichem  freien  Wesen  von  Na- 
zweite  Art  und  Form  von  Typhoeus'  rauher  tur  Anteil  habe  (falls  sich  noXvTtXoxmxBQOv, 
Tätigkeit  bezeichnet:  er  erscheint  als  Geist  nach  dem  Schol.  =  TCoixiXmteQOv,  nicht  viel- 
des  Erdfeuers  {Gruppe,  Mythol.  434,  846),  mehr  auf  die  hinterlistige  Verschlagenheit  be- 
als  Personifikation  des  Vulkanismus,  zieht).  T.  wird  manchmal  als  Urbild  des 
Der  Mythos  verknüpft  diese  zweite  Art  mit  Bösen  hingestellt:  Themist.  or.  1,90a',  die  Ty- 
der  ersten,  indem  er  jene  als  Strafe  für  letz-  50  rannei  ist  nach  ihm  benannt  hei  Dion.Chrysost, 
tere  hinstellt:  für  sein  Aufbäumen  gegen  den  or.  1,  67  Arnim:  rj  xvgccvvixi]  {ßcc6iXsia)  Tv- 
höchsten  Gott  auf  der  Oberwelt  w4rd  der  Un-  cpöbvos  inoavvy^og.  Über  das  Weltregiment 
hold  in  das  unterirdische  Gefängnis  gestoßen  äußern  sich  einmal  fromme  Leute  vertrauens- 
und  rüttelt  nun  an  seinen  Kerkermauem.  Durch  voll  bei  Plut.  Pelop.  21:  ov  yccg  rovg  Tvcfüvug 
die  poetische  Fiktion  von  Schuld  und  Sühne  iycslvovg  ovdh  rovg  riyavrccg  ccqxslv,  ccXXä  xov 
wird  also  ein  ursächlicher  Zusammenhang  zwi-  ycdvtav  tccct^qu  d'scäv  Hai  &vd^Qom(ov.  —  Daß 
sehen  an  sich  selbständigen  Variationen  des  bei  Apoll.  Bhod.  2,  38  der  rohe  Bebrykerkönig 
Mythos  hergestellt;  übrigens  sind  die  beiden  Amykos  bildlich  öXoolo  Tvcpaiog  TciXag  rixog 
Erscheinungsformen  gar  nicht  allzu  verschieden ;  heißt,  soll  ihn  sicher  als  gewalttätigen  Gesellen 
vielmehr  haben  ^mlkanische  Ausbrüche  mit  dem  60  bezeichnen.  Außerdem  heißt  T.  auch  o{)X6- 
Tosen  der  Elemente  bei  Unwettern  eine  ge-  usvog:  Quint.  Smym.  12,452,  u.  oXooffgtov: 
wisse  Ähnlichkeit;  vgl.  Boscher,  Die  Gorgonen  Tzetz.  Posth.  301.  —  Nach  Tzetz.  Lyk.  177  ist 
und  Vencandtes  S.  13.  36  f.  A.  75  u.  76.  Der  Tv(pwg  =  Tvtpog,  Dünkel;  seine  hundert  Köpfe 
vulkanische  Charakter  des  T.  ist  am  äugen-  bedeuten  die  zahlreichen  Arten  und  Regungen 
fälligsten  und  eindrucksvollsten,  gewiß  weit  des  Hochmuts.  —  Nach  Schol.  Dem.  18,11: 
mehr  als  sein  noch  so  gewaltsames  Wüten  als  rf rvqpco/xat  •  iiccLvonai,,  &nb  xov  TvcpUbvog,  ist  er 
Wasserhose  und  Wirbelwind,  Daher  wird  er  also  der  Urheber  des  Wahnsinns.  —  Gute» 
schon  von  Pindar  und  Aischylos  zum  Gott  des  verlautet  selten  über  ihn;  so  macht  ihn  zum 


1445              Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon              1446 

Astronomen:    ScJiol.  Apoll,  lihod.  4,  2»>4:  —  'Ares'    mit   Set   etwa«  gemein  habe   {Gruppe, 

—  ivioi  (cpaGiv)  vnb  xov  Tvcpiovog  sc.  ras  ns-  Mythnl.  S.  504,5),  lK!zw(üfelt  Wiedemann ,  He- 

iiiödovg   y.al   tovs  ccQid'^iovs  rj}s   G£lr]vr]g   f-vgs-  rodoU   2.  Buch    S.  2(i4  f. ;    ebenso    unsicher    ist 

biivai.    Ein  Lob   enthält  allein  I/yk.  AI.  177:  wohl  eine  Verwandtschaft  des  Vatermörders (V) 

hier   wird   Achill    [lelaayiTihs   Tvcpmv   ge-  Set-Typhon   mit  Oidipu«  {Gruppe  ebenda).    In 

nannt,   und   zwar  nach  dem  Schal.  Öiu  xb  &v-  andern    Fällen    wird    von    alten    Autoren    auf 

dgstov  rov  i'jQcoog.  —  Nur  beiläufig  sei  bemerkt,  die    Identität    Sets    und    Typhons    be- 

daß  Nonn.  4:8.,  n  f.  auch   einen  jüngeren   T.  stimmt  hingewiesen.  Von  Kronos  und  Rhea 

erwähnt,   der   mit  den   andern    (liganten  den  stammen  die  fünf  Kinder  Osiris,  Isis,  Typhon, 

Dionysos  bekämpft.  lO  Horos  (ApoUon)  und  Nephthys  (Aphrodite)  ab: 

Mag  T.  ein  Erzeugnis  echthellenischer  Phan-  Diodor.  1,  13;  Mut.  c.  12;  für  T.  bezeugt  es 
tasie  und  also  in  Griechenland  beheimatet  sein  noch  Synes.  d.  provid.  1,  2,  6.  Osiris'  Bruder 
oder  nicht,  sein  Bereich  erstreckt  sich  auch  nennt  ihn  auch  Tzetz.  Chü.  6,  22o.  Nach  dem  in 
auf  die  Götterlehre  fremder  Völker.  Die  Ägypten  üblichen  Brauch  der  Geschwisterehe 
liömer  nehmen  ihn  unverändert  in  ihre  My-  heiratet  er  seine  Schwester  Nephthys; 
thologie  herüber  und  verwerten  häufig  seine  ihr  aber  wohnt  in  Liebe  Osiris  bei,  da  er  sie 
groteske  Figur.  Da  jedoch  der  Mythos  von  ihm  für  seine  Gattin  Isis  hält.  Aus  Furcht  vor  T. 
vielleicht  aus  dem  Orient  stammt,  so  ist  setzt  Nephthys  den  von  ihr  geborenen  Knaben 
CS  kein  Wunder,  daß  Spuren  davon  dort  zu  Anubis  aus,  der  später  Isis'  Leibwächter  wird 
linden  sind.  Gering  sind  diese  in  Phoinikien;  20  {Plut.  a.  a,  0.).  —  Ein  Kultort  des  Set-T.  ist 
überdies  haben  antike  mythologische  Paralle-  Avaris  im  Nildelta,  nach  ihm  TvcpmvLog  zu- 
len,  wie  man  aus  Tacüiis'  Germania  weiß,  stets  benannt  {loseph.  c.  Ap.  1,  16);  und  in  der  ägypti-  ' 
etwas  Mißliches.  Die  schon  besprochene  Gleich-  sehen  Stadt  Tentyra  heißen  die  neben  dem 
Setzung  von  T.  mit  lis:?  könnte  man  noch  Aphroditetempel  errichteten  Seitengebäude, 
unterstützen  mit  einer  versprengten  Notiz  des  offenbar  weil  sie  ihm  geweiht  sind,  Tvcpwvia 
Philon  von  Byblos  [fr.  2,  21,  Müllei'  3,  568),  die  {Strab.  17,  814).  —  Mit  den  guten  Mächten  Isis 
T.  als  phoinikischen  Gott  in  Peraia  erwähnt;  und  Osiris  gerät  T.,  das  Prinzip  des  Bösen, 
von  Kronos  stammen  nämlich  ein  jüngerer  in  offene  Feindschaft.  Während  Osiris  einen 
Kronos,  Zsvg  BfjXog  und  Apollon  ab;  ihre  Zeit-  Kriegszug  unternimmt,  stiftet  T.  als  sein  Statt- 
genossen sind  {■natu  tovrovg  yiyvovrocv)  JJovxog  30  halter  eine  große  Verschwörung,  an  deren  Spitze 
xal  Tv(p(ov  ncci  NriQsvgj  7taxr]Q{?)  IIövxov.  Viel-  er  den  heimkehrenden  0.  stürzt  {Diodor.  1,21; 
leicht  muß  es  itcctSsg  TIovxov  heißen:  das  Plut.  c.  14:).  Nun  wird  er  selbst  König  von 
stimmt  nach  Hes.  Th.  233  zu  Nereus  (s.  d.  Art.,  Ägypten  {Herodot  2, 144;  vgl.  Wiedemann  a. 
Hd.  3,  Sp.  240 f.);  freilich  ist  nach  Euphorion.  a.  0.  S.  513 f.);  seine  Regierung  währt  neun- 
fr.  86  Mein.  T.  als  Gatte  der  Keto,  der  Toch-  undzwanzigJahre(JfaweiÄo/r.76,  iIf4fZZer2, 613). 
ter  des  Pontes,  vielmehr  dessen  Schwiegersohn.  Den  in  den  Nil  geworfenen,  aber  von  Isis  zu- 
Wie  ungenau  und  unklar  aber  die  Übertragung  rückgebrachten  Leichnam  des  ermordeten  0. 
semitischer  Götternamen  ist,  lehrt  auch  die  zerstückelt  er  (P/m^.  c.  18;  D«Wor  1,  85;  <S<raZ/. 
(hier  abgekürzte)  Erzählung  des  Eudoxos  b.  17,804;  vgl.  auch  Kallim.  fr.  561,  Schneider  2, 
Athen.  9,  392 d,  der  tyrische  Herakles  (Mel-  40  693,  wo  mit  M^.  Drexler:  a  Setityphone  zu  lesen 
kart),  Sohn  des  Zeus  und  der  Asterie  (s.  d.),  ist).  Da  ersteht  ein  Rächer  in  Horos;  vor  ihm 
sei  auf  dem  Zuge  nach  Libyen  von  T.  getötet  flieht  T.  in  ein  Krokodil  verwandelt  {Plut. 
worden;  vgl.  Stark,  Per.  d.  Sachs.  Ges.d.  Wiss.  c.  50;  Aelian.  nat.  anim.  10,21).  Doch  kommt 
1856,  j9^27. -Ms^. -ffL  8,  32f. ;  Gruppe ,  Gr.  Kulte  es  zu  mehrtägigen  erbitterten  Kämpfen,  bei 
u.  Mythen  1,  380  f.  u.  Mythol.  499,1.  1278.  —  denen  T.  in  Gefangenschaft  gerät;  nach  einem 
Viel  gehaltvoller  sind  die  von  mehreren  alten  ergebnislosen  Prozeßverfahren  vor  den  Göttern 
Autoren  erörterten  Beziehungen  Typhons  zu  wird  er  in  erneutem  Kampfe  besiegt  und 
Ägypten.  von  Isis  und  Horos  getötet  {Diodor  a.  a.  0.; 

Dort  ist  er  nämlich  mit  dem  Gotte  Set  Plut.  c.l9;  Herodot  sl.  &.  0.);  oder  er  wird  von 
identifiziert  worden  (^eroi^o^.  2, 144  u.  156;  3,5),  50  zahlreichen  Göttern  umgebracht,  die  sich  auf 
auch  unter  verschiedenen  andern  Namen:  Bd-  Pans  Rat  in  Tiere  verwandelt  haben  (s.  0.; 
ßvg  {Hellanic.  fr.  150,  Müller  1,  66)  oder  Be§(ov  Nigidius  b.  Scliol.  Germ.  87, 11  Br.).  Damit  ist 
und  Z^iv  {Manetho  fr.  76,  Müller  2,  613,  bei  die  Welt  von  einem  schrecklichen  Wüterich 
Plut.  Is.  49 ,  vgl.  c.  41  u.  62).  Sie  bezeichnen  befreit,  der  den  Lauf  der  Natur  erheblich  ge- 
sämtlich ein  Hindernis  {Plut.  ebenda),  offen-  stört,  durch  Zerstückelung  des  Osiris  (s.  0.)  die 
bar  im  Hinblick  auf  Set-Typhons  unheilvolles  Abnahme  und  Verfinsterung  des  Mondes  ver- 
wirken, und  wie  man  Horos'  Knochen  mit  dem  schuldet,  überdies  die  Lüfte  und  Gewässer  ver- 
Magnet vergleicht,  so  hält  man  für  die  Kno-  pestet,  endlich  dem  Horos  das  Auge  verletzt 
chen  Typhons  das  Eisen.  Über  T.  als  Gott  oder  es  sogar  ausgerissen  und  verschluckt  hat, 
des  Eisens  {Plut.  c.  62)  vgl.  Wiedemann,  Pro-  60  was  ebenfalls  das  Weltgetriebe  schwer  beein- 
ceed.  ofthe  soc.  ofhibl.  arch.  13  (1890),  38,  —  Auch  trächtigte  {Plut.  c.  44.  62).  Dafür  hat  ihn  jedoch 
Set  ist  ein  giftiger  Glutwind,  der  Erdbeben,  Horos  der  Zeugungsglieder  beraubt:  in  der 
Stürme  und  Gewitter  erzeugt,  zugleich  ein  Geist  Stadt  Koptos  zeigt  eine  Statue  den  H.  mit 
der  finsteren  Erdtiefe,  also  gleichfalls  eine  viel-  Typhons  Schamteil  in  der  Hand;  und  Hermes 
seitig  verderbliche  Naturkraft  {Diodor.  1,  21;  entreißt  ihm  die  Sehnen  und  benutzt  sie  als 
Plut.  c.  33.  39.  41.  45.  55.  64),  im  Gegensatz  zu  Saiten  {Plut.  c.  55;  vgl.  Apollod.  1,  42  u.  Nonn. 
den  segenspendenden  Göttern  des  Himmels  und  1,  510  f.,  wo  umgekehrt  T.  dem  Zeus  die  Sehnen 
der  großen  Gestirne  (s.  u.).   Daß  der  ägyptische  entwendet;  s.  0.  und  M.  Mayer  a.  a.  0.  S.  228). 


1447      Typhoeus,  Typhon  Typhoeus,  Typhon      144S 

—  Wie  nach  griechischer  Sage  T.,  in  den  Tar-  Kabeltier  l'yphon  {Plin.  N.  H.  2,  91);  cometa 
taros  gestoßen,  unter  dem  Ätna  schmachtet,  nennt  ja  mit  demselben  Vergleich  der  Knabe 
80  ist  er  nach  Ägyptischer  Überlieferung  in  im  Süden  seinen  harmlosen  Papierdrachen, 
den  Serbonischen  See  (bei  Pelusium)  ver-  Typhons  Abbild;  \f!:\.  Scheffel,  Gaudeamus:  Gra- 
senkt  {Herodot  3,6;  vgl.  2,6;  Herodor.  fr.  62,  ziella.  —  Auch  ein  anderer  Ausläufer  des  Ty- 
3f  «//er  2,  89) ;  und  wie  in  einer  halbverschol-  phoeusmythos  reicht  bis  Äthiopien.  Das  Blut- 
lenen  Erzählung  Apollon  den  Typhon  (Python^i  vergießen,  das  Apoflodor  1,4a  in  das  angeb- 
umbringt, so  tötet  HoroB  den  Set  (s.o.;  vgl.  lieh  darnach  benannte  thrakischeHämusjfebirge 
Gruppe,  Gr.  Kulte  u.  Myiiitn  1,528  f.).  Femer  verlegt,  geschieht  nach  Steph.  liyz.  s.  'Hqoh  in 
ist  schon  erw&hnt  worden,  wie  nach  ilgypti-  lo  dieser  Stadt  Äthiopiens,  die  von  Typhons  Tod 
scher  Sage  Leto  auf  einer  schwimmenden  Insel  durch  Zeus'  Hlitz  und  dem  Blutverlust  des  Ge- 
im  See  von  Buto  den  ApoUon  (Koros)  erzieht  troffenen  den  Namen  A\[iog  erhält. 
und  so  vor  Typhons  Verfolgung  behütet  {Ue-  Wahrscheinlich  ist  in  dem  oft  abgebildeten 
rodot  2,166;  vgl.  Hekat.  fr.  284,  Müller  1,20),  spezifischen  Tiere  des  Set  das  im  Jahre  1900 
wohl  ein  Seitenstück  zu  der  heimlichen  Geburt  an  den  ostafrikanischen  Seen  lebend  wieder- 
von  Apollon  und  Artemis  auf  der  im  Meere  entdeckte  Okapi  zu  erkennen,  dessen  Kopf 
herumirrenden  Insel  Delos.  Die  Flucht  der  dem  des  Esels  einigermaßen  ähnlich  sieht. 
Götter  an  den  Nil  und  ihre  Selbstverwandlung  Lange  blieb  die  Zugehörigkeit  zu  diesem  zwei- 
in allerlei  Getier  ist  ein  weiterer  Beleg  früher  felhaft  und  überhaupt  ein  Rätsel,  bis  Wiede- 
Vermischung  griechischer  Sagen  von  T.  (schon  20  mann  die  auf  Denkmälern  häufig  wiederkeh- 
bei  Pindar  fr.  91)  und  ägyptischer  von  dem  rende  Figur,  statt  dem  Esel,  vielmehr  eben 
Götterfeind  Set.  Aber  auch  dieser  selbst  nimmt  jenem  zebraartigen  Säugetier  zuwies  (Oriental. 
ja  im  Kampfe  mit  Horos  Tiergestalt  an  und  JAt.  Zeitg.  1902,  S.  220;  Ed.  Meyer,  Gesch.  d. 
entflieht:  die  grausamste  und  häßlichste  Bestie,  Altert.  1',  §  181).  Freilich' ist,  nachdem  es  aus 
das  Krokodil,  ist  dem  T.  als  Schützling  zu-  Ägypten  in  die  Urwälder  Innerafrikas  versch  wun- 
geteilt, weil  es  seiner  Natur  am  meisten  ent-  den  und  am  Nil  in  Vergessenheit  geraten  war, 
spricht  {Plut.  c.  50);  jetzt  dient  es  ihm  als  an  seiner  Stelle,  zwar  nicht  in  den  Abbildungen, 
Schutzmittel  und  gleichsam  als  Versteck.  Außer-  aber  doch  in  der  Überlieferung  wirklich  der 
dem  ist  ihm  das  Nilpferd  (ägypt.  tep,  s.  o.)  Esel  getreten,  der  daher  auch  bei  den  grie- 
heilig,  gleichfalls  an  brutaler  Kraft  und  ge-  so  chischen  Schriftstellern  als  Tier  des  Typhon 
fährlicher  Wut  ihm  verwandt  {Flut.  a.  a.  0.;  so  oft  Erwähnung  findet  (s.  o.;  vgl.  Plut.  Is.  30. 
Euseb.  praepar.  evang.  S,  12),  sowie  der  Bär;  50.  Conviv.  sept.  sap.  5,  sowie  d.  Art.  Set, 
wird  doch  das  Bärengestirn  mit  der  Seele  des  Sp.  776  f.).  Gern  dichtete  man  diesem  Gotte  im 
T.  identifiziert  {Plut.  c.  21).  Daher  bezeichnet  Orient  einen  Eselskopf  an. 
er  sich  selbst  mit  aQxtog  Tvcpccovig  {Nonn.  2,  Deshalb  wird  auch  das  1856  am  Palatin 
287,  vgl.  Claudian.  26,  66)  und  verbirgt  Zeus'  in  Kom  entdeckte,  jetzt  im  Museo  Kircheriano 
Sehnen  in  seiner  Höhle  unter  einem  Bärenfell  befindliche  sogenannte  Spottkruzifix  aus 
(Apoüod.  1,A2).  Harmloser  sind  als  seine  Schutz-  dem  2.  oder  3.  Jahrh.  neuerlich  auf  Set-T.  be- 
befohlenen das  Schwein  und  der  Esel  {Plut.  zogen.  Die  frühere  Erklärung  hat  mit  ihm 
c.  8,  30;  Aelian.  not.  anim.  10,  28;  Epiphan.  40  nichts  zu  tun;  nach  ihr  ist  in  dem  Graffito 
adv.  haer.  vol.  2  p.  1092  ed.  Petav.).  Auf  einem  Christus  am  Kreuz  in  der  Tunika  und  mit  einem 
Esel  soll  nämlich  T.  ein  andermal  aus  der  Eselskopf  dargestellt;  zu  dem  Gekreuzigten  er- 
Schlacht geflohen  sein;  aber  auch  das  störrige,  hebt  ein  jüngerer  Mann,  inschriftlich  '4Xs^ä- 
ungelehrige  Wesen  und  überdies  die  Farbe  /u-fvo?  benannt,  anbetend  den  linken  Arm.  Juden 
des  Grautieres  bringt  man  mit  den  nämlichen  wie  Christen  machte  man  ja  bis  ins  3.  Jahrh. 
Eigenschaften  Set-Typhons  in  Zusammenhang  den  Vorwurf,  sie  verehrten  einen  Gott  mit  Esels- 
(Plut.  c.  31).  Doch  stellt  man  sich  ihn  noch  köpf,  und  nannte  sie  wohl  auch  Asinarii:  Ter- 
lieber  rot  (oder  rothaarig)  vor  und  opfert  da-  tull.  Apol.  1&;  ad  nat.  1,11;  Minuc.  Fei.  Octav. 
her  meist  rote  Rinder,  vielleicht  um  sie  als  28;  v^l.  auch  Tac.  Hist.b.i,  wo  bei  den  Wor- 
Typhons  Geistesverwandte  aus  der  Welt  zu  50  ten  effigiem  animalis  im  Cod.  Medic.  die  Inter- 
schafi^en  (Dtorfor  1,  88;  Plut.  c.  ^0)\  oder  da  linearglosse  orta^rn  steht.  Anders  wird  das  Bild 
man  rothaarige  Menschen  für  boshaft  hält  beurteilt,  seitdem  sich  aus  den  von  R.  Wünsch 
{Badermacher,  Philologus  hl,  224  f.),  werden  auch  entzifferten  römischen'  VerfluchungstafeW  (Leip- 
sie  dort  geopfert  und  TvcpöavsioL  genannt  {Ma-  zig  1898)  ergeben  hat,  daß  die  gnosti sehe  Sekte 
neilw  fr.  84,  Müller  2,616,  bei  Plut.  c.  73;  Bio-  der  Sethianer  den  seltsamerweise  mit  Christus 
dor  a.  a.  0.)  Nach  griechischem  Ritus  wird  zu  einer  Gottheit  verschmolzenen  Set-T.  an- 
dagegen  bei  -4r.  2?aw.  847  dem  T.  selbst,  ofl^en-  betete,  und  zwar  als  einen  ans  Kreuz  gehef- 
bar  als  ünterweltsgottheit,  ein  schwarzes  teten  Mann  mit  Eselskopf;  vgl.  den  Art.  Sei 
Lamm  geschlachtet;  vgl.  das  Schol.x  iTCSiSi}  6  Sp.  774  u.  Dieterich,  Untergang  d.  antik.  JRe- 
T.  \iiXug  (s.  0.).  —  Mit  einer  weitschichtigen  60  ligion,  Kl.  Sehr.  484.  Nach  Heibig,  Samm- 
Allegorie  nennen  ägyptische  Gelehrte  das  Meer  lungen  Borns  2^  283,  darf  man  jedoch  jene  erste 
Typhon  {Plut  c.  32;  vgl.  Lyd.  d.  mens.  4,  32);  Erklärung  der  Wandkritzelei  für  die  richtigere 
noch  gelehrtere  Leute  in  Ägypten  stimmen  dem  halten;  immerhin  steht  die  überraschende  Ver- 
jedoch  nicht  bei,  sondern  betonen  das  Feurige  Schmelzung  des  bösen  griechischen  Natur- 
in seinem  Wesen  und  seinen  Gegensatz  zu  dämons  T,  nicht  nur  mit  dem  gleichwertigen 
aller  Feuchtigkeit  {Plut.  c.'6Z).  —  Ein  Komet,  ägyptischen  Mischwesen  Set,  sondern  auch  mit 
der  einst  den  Völkern  Ägyptens  und  Äthio-  dem  Christengott  schon  nach  den  Sethianischen 
piens  erschien,  galt  ihnen  als  das  geschwänzte  Bleitafeln  außer  Frage. 


1449 


Typhoeus,  Typhon 


Typhoeus,  Typhon 


1450 


liegenden    Erderschüttcrer    gnädig 
Ijeschützen  warde. 

D  fi  r  t  e  1 1  u  n  g  e  n  T  y  p  h  o  n  h  in 
<ier  biiden<leu  Kunst  sind  nir- 
gends durch  Namensbeischriften  di- 
rekt bezeugt;  nur  J'aus.  3, 18, 10  be- 
richtet, an  dem  Thron  von  Amy- 
k  1  a  i  seien  auch  T.  und  E  c  h  i  d  n  ii 
veranschaulicht  gewesen. 

Dieses  Bild  Typhons  glaubt  auf 

mehreren    korinthischen    Vasen 

Heydemann  (1.  Hall.  Winckelmanns- 

progr.  1876,  S.  14),  auf  einer  weiteren 

Salzmann   {Necrop.   d.  Camiros   31; 

nachweisen  zu  können;  vgl.  Lenor- 

mant  et  de  Witte,  Elite  cer.  3,  31.  32; 

Soweit   die    antiken    Parallelen.    Auch    der       Micali,   Mon.  ined.  43,  1;    Gerhard,  Ges.  Ahh. 

modernen    vergleichenden    Mythologie       46,  2;    s,  Abb.  1.    Die   phantastische    Gestalt, 

ist  aus  dem  Typhoeusmythos  reicher  Stoff  er-       untermischt  mit  Vögeln  und   stilisierten   Blu- 

wachsen;   doch  urteilt  v.  Wüamowitz,  Herakl.  20  men,   überdeckt  oft  einen  Hauptteil  des   Ge- 

472*  gewiß  richtig,  man  könne  die  Bezwingung      fäßes.   —    Gleichfalls    allein,    d.   h.   nicht    im 


1)   Korinth.  Vase:  Typhon  (nach  Micali,  Mon.  incti.  AZ,  1). 


des  Sturmgottes  T.  und  des  Scheusals  Erd- 
schlange mit  den  Kämpfen  In d ras  und  Thors 
wohl  zusammenstellen;  doch  werde  dadurch 
kaum  irgendwelcher  Gewinn  für  das  Verständ- 
nis erzielt.  So  weist  die  Erzählung  von  der 
babylonischen  Gottheit  Marduk  (s.  d.  Art. 
Bd.  2,  S.  2342  f.  u.  bes.  2358  f.)  eine  überraschende 
Verwandtschaft  mit  dem  Typhoeusmythos  bis 


Handgemenge  mit  einer  Gottheit,  erscheint  T. 
auf  dem  Bilde  einer  reichbemalten  Situla, 
veröffentlicht  von  Flinders  Petrie,  Tanis  \V\ 
S.  68,  Taf.  25,  3 :  er  hockt  geflügelt  auf  seinem 
oben  dicken,  dann  dünn  ausgehenden  Schlangen- 
schwanz und  greift  mit  der  einen  Menschenhand 
nach  vorn,  mit  der  andern  rückwärts ;  s.  Abb.  2. 
T.,  der  Dämon   des  aus  Erdhöhlen  hervor- 


in  Einzelheiten  auf,  womit  jedoch  noch  keine  30  kriechenden   Sturmes,    ist   in    der   Kunst  von 


gegenseitige  Abhängigkeit  der  Mythenkreise 
erhärtet  wird.  Ebenso  lehnt  zwar  nicht  die  Ähn- 
lichkeit, wohl  aber  den  von  Zacher  (Zeitschr. 
f.  dtsch.  Philol.  30,  289  f.)  behaupteten  Zusam- 
menhang mit  dem  altgermanischen  Gotte  Loki 
als  zweifelhaft  ab  Gi'uppe,  Mythol.  811, 13  u. 
Burs.  Jahresb.  137,  60.  Zahlreiche  Vergleiche 
bringt  u.  a.  Schivartz,  Progr.  d.  Fried  richs- Wer - 
derschen  Gymn.  in  Berlin  1858,  bei:    aus    der 


Anfang  an  schlangenfüßig  {Wieseler  a.  a. 
().  S.  162;  OverbecJc,  Kunstmyth.  d.  Zeus  378. 
393 f.;  M.  Mayer  S.  216),  ja  'der  Schlangen- 
füßler  v,ux'  i^ox'n'^^  (Sudhaus,  Ausg.  d.  Aetna 
S.104).  Zwar  bei  Hesiod  gehen  Typhons  hun- 
dert Schlangenhäupter  von  den  Schultern,  nicht 
von  den  Füßen  oder  Hüften  aus;  über  die  Ge- 
stalt der  TTodf?  a-adyLccxoL  (v.  824)  erfahren  wir 
nichts.  Doch  Pindar  nennt  den  T.  ignsrov,  und 


Odyssee  (Kampf  des  Odysseus  mit  Polyphem);  40  für  Aesch.  Sept.  478  K.  nimmt  schon  der  Schol. 


aus  der  deutschen  Mythologie^  (Kampf  des  Got- 
tes Thor  mit  der  Midgardschlange;  des  Helden 
Beowulf  mit  dem  Ungeheuer  Grendel;  des  Sieg- 
fried mit  Fafnir;  Dietrichs  von  Bern  mit  dem 
Drachen);  aus  serbischen  Volksmärchen;  aus 
abergläubischen  Bräuchen  der  Esthen;  aus  Er- 
zählungen nordamerikanischer  Indianer  und  der 
Neger  Afrikas ;  aus  Sagen  des. Zendvolks  (Kampf 
zwischen     Ormuzd    und    Ahriman);    aus    den 


die  Schlangenfüße  an.  Falls  man  Plat.  Phaedr. 
230  a  mit  Recht  auf  den  verschlungenen  Kör- 
per, nicht  auf  den  verschlagenen  Sinn  bezieht, 
so  ergibt  sich  auch  hier  Typhons  leibliche 
Ausmündung  in  die  Schlangengestalt.  Diese 
Vorstellung  hat  sich  erst  recht  bei  späteren 
Dichtern  {Nilzandr.  b.  Anton.  Lih.  28;  Manil. 
4,  583;  Claudian.  26,  65 f.;  Nonn.  1,  415)  und 
Mythographen   {Apollod.  1 ,  40)    erhalten.    Als 


Veden  der  alten  Inder  (Kampf  des  Indra  mit  50  eine  Übertragung  von  Typhons  hierin  konstan- 


Vritra);  aus  dem  Volksglauben  der  Chinesen 
und  Tibetaner.  Vgl.  auch  /.  Grimm,  D.  M.  1^, 
373.  833;  Laistner,  JSfebelsagen  S.  256,  sowie 
Röscher,  Gorgonen  S.  16.  40.  116,  u.  Rapps  Art. 
Bellerophon,  Bd.  1,  Sp.  764.  766 f.  —  Handelt 
es  sich  bei  all  diesen  Beispielen  um  zufällige 
Übereinstimmungen,  so  scheint  hie  und  da  der 
altgriechische  Typhoeusmythos  direkt  fortzu- 
wirken; nach  Em.  Ciaceri,  La  festa  di  S.  Agata, 
Arch.  stör,  per  la  Sic.  Orient.  1905,  hat  sich  die  60 
in  Catania  eingewanderte  Isis  früh  mit  der 
alten  Stadtgöttin  Persephone  ausgeglichen  und 
ist  mit  ihr  übergegangen  in  die  Stadtheilige 
Agathe;  wie  Isis  in  Ägypten  dem  T.  siegreich 
begegnet  (s.  0.),  so  erwartet  man  nun  von  ihrer 
christlichen  Nachfolgerin,  daß  sie  mit  ihrem 
Schleier  (dem  einstigen  Segel  der  Isis)  Catania 
vor  dem  in  bedrohlicher  Nähe  unter  dem  Ätna 

EoscHER,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.   Y 


ter  Mischbildung  leitet  man  seit  Wieseler  S.  164 
sogar  auch  die  Schlangenfüßigkeit  der 
Giganten  ab  (Jahn,  Annali  1863,  S.  244; 
Overbeck,  Kunstmyth.  d.  Zeus  S.  393  f.,  vgl. 
Plastik  2\  265;  Baumeister,  Denkmäler  2,  1268; 
M.  Mayer  S.  220) ;  sie  erscheint  verhältnismäßig 


2)   Vasenbild:    Typhon    (nach   Flinders   Petrie,    Tunis  Hb 
Taf.  25,  3). 

47 


1451 


Typhoeus,  Typbon 


Typhoeus,  Typhon 


1452 


epÄt,  erst  im  hellenistischen  Zeitalter 
(8.  Jahrh.);  bis  dahin  treten  die  Giganten 
in  menschlicher  Gestalt  anf,  die  auch  auf 
dem  Fries  des  Pergamenischen  Altars  noch 
überwiegt.  Zuerst  nennt  Naevius  die  Gi- 
ganten bicorpores  {bell.  Poen.  fr.  10,  vgl. 
Bibbeck,  Seen.  poes.  1»,  176,  v.  307);  spä- 
tere Dichter  und  Künstler  stellen  sie  dann 
h&ufig  als  6(fi6nod»Sy  angtiipedee  dar;  s. 
auch  die  beiden  Art.  Giganten  Sp.  1644. 
1661  f.  1670,  wo  freilich  Ktihnert  im  Gegen- 
satz au  Ilberg  die  schlangenfußigenG.  früher 
datiert.  —  Für  T.  ist  femer  ein  regel- 
mäßiges Attribut  die  Beflügelung.  Ausge- 
rüstet mit  Flügeln  und  Schlangenbeinen,  die 
ihm  ein  phantastisches  Aussehen  verleihen,  kann 
er  aber  in  der  bildenden  Kunst  auf  die  von 
Dichtem  ihm  tugeschriebenen  hundert  Köpfe 
verzichten:  sie  ersetzt  hier  meist  ein  ziemlich 
harmloser  Menschen  köpf. 

Wenn  nun  Typhon  nur  schlangenfüßig 
veranschaulicht  wird,  so  ist  damit  nicht  ge- 
sagt, daß,  selbst  in  der  ältesten  Kunst,  nur  T. 
so  vorgeführt  würde.  Die  Notiz  bei  Paus.  5, 
19,1,  auf  dem  Kypseloskasten  sei  Boreas 
beim  Raube  der  Oreithyia  mit  Schlangenfüßen 
sichtbar,  braucht  daher  nicht  mit  Robert  (bei 
Hiller  v.  Gaertringen,  De  Graecorum  fabulis  ad 
Thraces  peHinentibus  1886,  S.  8;  vgl.  Preller- 
RobeH,  Gr.  Myth.  1  *,  472,  u.  Wernicke  b.  Pauly*- 
Wissawa  3,  727)  bezweifelt  und  diese  Szene  in 
Typhons  Ringkampf  (?)  mit  Zeus  umgedeutet 
zu  werden  (dagegen  Löschcke,  Borpater  Progr. 
1886,  S.  1 ;  vgl.  Röscher  zu  Iltergs  Art.  Giganten 
Sp.  1644;  Ra))p  im  Art.  Boreas,  Bd.  1,  Sp.  805, 
u.  M.  Mayer  8.  277). 

Eine  schwarzfig.  chalkidische  Hydria, 
gef.  in  Vulci,  jetzt  in  München  {FtiHwängler- 
Reichhold,  Gr.  Vasen,  Taf.  32),  zeigt  vielleicht  das 
älteste  erhaltene  Bild  des  Typhoeuskampfes; 
B.  Gerhard,  Auserl  Vasenb.  III  Taf.  237,  auch 
abgeb.  zu  Kuhnerts  archäol.  Art.  Giganten  Sp. 
1671/72.  Mit  einem  Bein  kniend,  schleudert 
Zeus  (dessen  Name  dabei  steht,  vgl.  C.  1.  Gr. 
nr.  7382)  den  geflügelten  Blitz  gegen  ein  sehr 
breites,  spitzohriges  Scheusal  mit  Flügeln  und 
zwei  verschieden  gefärbten  Schlangenleibem. 
Der  Behauptung  KuhnertB,  das  Ungetüm  sehe 
wehrlos  und  für  T.  nicht  schrecklich  genug  aus 
und  sein  Griff  nach  der  Brust  verrate  banges 
Herzklopfen,  widerspricht  mit  Recht  M.  Mayer 
S.  276  f. :  kein  Gigant  werde  schrecklicher  dar- 
gestellt, und  jene  erschreckte  Handbewegung 
deute  hin  auf  sein  nahes  Unterliegen.  —  Eine 
andere  schwarzf igur.  Hydria,  gleichfalls 
aus  Vulci,  jetzt  in  London  {Micali,  Mon.  ined. 
37,2;  Overbeck  S.  395,8),  veranschaulicht  zwei 
unbestimmte,  mit  Schild  und  Schwert  bewaff- 
nete Götter  im  Kampfe  mit  einem  riesigen, 
am  ganzen  Körper  mit  Flügeln  und  in  zwei 
Schlangenleiber  mit  je  zwei  Köpfen  ausgehen- 
den Unhold,  der  mit  den  Händen  einen  großen 
Steinblock  über  dem  Haupte  zum  Wurf  erhebt. 
Trotz  der  Bartlo.sigkeit  der  beiden  Gegner  kann 
einer  von  ihnen  Zeus  sein  und  das  Bild  den 
Kampf  mit  Typhoeus  darstellen;  s.  Abb.  3.  — 
Ähnliche  Gestalten  wie  der  hier  abgebildete  T. 
wiederholen  sich  in  der  etruskischen  Kunst, 


S)  Yaatabild:  Typhoeus  mit  awei  Gegnern  (nach  Micali, 
Mon.  ined.  87, 2). 

gewiß  gleichfalls  Darstellungen  dieses  Götter- 
Feindes,  vgl.  Furtwängler,  Ant.  Gemmen  III  '203  f., 
u.  M.  Mayer  S.  278.  Übrigens  hält  i'MrtM'änt/ifcr 
a.  a.  0.  Anm.  3  auch  babylonischen  Einfluß 
auf  die  geflügelte  und  schlangenfüßige  Gestalt 
des  T.  für  möglich. 

20  Ein  leider  sehr  verstümmeltes  archaisches 
Bronzerelief  vom  Ptoongebirge  zeigt  den 
T.  mit  großem,  struppigem  Kopfe,  sechs  Flü- 
geln und  einer  gegen  den  mit  dem  Blitze  an- 
dringenden Zeus  wie  bittend  erhobenen  Men- 
schenhand; vgl.  Holleaux,  Bull.  d.  Corr.  Hell. 
1892,  p.  352  pl.  X;  Gruppe,  Burs.  Jahresb.  85, 
294;  8.  Abb.  4. 

Als    bei    der   Durchforschung    des   Perser- 
schuttes auf  der  Akropolis  von  Athen  die  be- 

30  deutsamen  Reste  von  Giebelgruppen  der  älte- 
sten dortigen  Tempel  zutage  kamen,  schien 
von  den  archaischen  Porosskulpturen 
auch  auf  Typhon  neues  Licht  zu  fallen.  Er- 
hielt doch  Für.  H.  F.  1211,  wo  Herakles  unter 
den  Ungeheuern,  die  er  bezwungen,  auch  tql- 
aa^idtovs  Tvcpätvas  nennt,  durch  die  Auffin- 
dung der  drei  schlangenleibigen  Dämonen 
gleichsam  eine  Bestätigung.  Der  monumentalen 
Publikation  Wiegands:  'JDie  archaische  Poros- 

*o  architektur  der  Akropolis  zu  Athen'',  1904,  ging 
bereits  eine  reiche  Literatur  voraus,  wie  eine 
solche  ihr  gefolgt  ist;  vgl.  Dickings,  Cata- 
logue  of  the  Acropolis  Museum,  Bd.  1,  S.  86 f. 
Schwankten  auch  die  Ansichten  über  die  Ver- 
teilung der  grellbemalten  Figuren  auf  die  bei- 
den Giebel,  worauf  hier  einzugehen  nicht  der 
Ort  ist,  so  war  man  doch  anfangs  einig  in  der 
Annahme,  jener  Unhold  sei  T.  und  befinde 
sich   im   Kampfe   mit  Zeus,   der  ihm,    den 

50  Adler  auf  der  Hand,  mit  dem  Blitze  sieghaft 
begegnete.  Erst  Furtwängler  in  den  Ber.  d. 
Bayr.  Akad.  d.  Wissensch.  1905,  phil.-hist.  Kl. 
S.  433 f.  bestritt,  daß  die  milden,  gutmütigen 
Gesichter  mit  den  vollen  Backen  und  schmatzen- 


60 


4)  Zertrümmertes  Bronzerelief  vom  Ptoongebirge: 

Typhoeus  von  Zeus  bedroht  (nach  Holleaux,  Bull. 

d.  Corr.  Meli.  1892,  pl.  X). 


1453 


Typhoeus,  Typhon 


Tyrann  is 


1454 


den  Lippen  einem  kämpfenden  Scheusal  ange- 
hören könnten,  und  schrieb  sie  vielmehr  den  T  r  i  - 
topatores  (s.  d.),  wohltätigen  attischen  Wind- 
u.  Ahnengeistern,  zu.  Falls  diese  Erklärung  das 
Richtige  trifft,  hat  freilich  die  interessante  Fi- 
gurengruppe jegliche  Beziehung  zu  T.  verloren. 
—  Ob  auf  dem  Kolossalrelief  aus  Bronze, 
das  Fabius  Maximus  i.  J.  209  v.  Chr.  zu  Tarent 
sah,  aber  unberührt  ließ  (Xtv.  27, 16),  unter 
den  kämpfenden  Göttern  eine  Gigantomachie 
zu  verstehen  ist  und,  wenn  dies  der  Fall,  sich 
auch  T.  unter  den  Gegnern  befunden  hat,  steht 
dahin.  M.  Mayer  S.  264  f.  nimmt,  zumal  in  der 
dortigen  unteritalischen  Heimat  des  Naevius 
(s.  0.),  auch  den  kilikischen  Götterverächter 
und  nachmaligen  kampanisch-sizilischen  Büßer 
für  das  Bildwerk  in  Anspruch.  —  Wie  der 
Schild  tlippomedons  vor  Theben  ein  Bild 
des  feuerschnaubenden  T.  trägt  {Aesch.  Sept. 
476 f.  494),  so  ist  er  auf  einem  Erzschild  der 
Pallas  in  getriebener  Arbeit  vorn  bereits  tot, 
hinten  noch  lebendig  dargestellt  {Claudian. 
35,2,  21  f.;  8.  0.);  vgl.  M.  Mayer  S.  399 f. 

Auf  einer  Kanne  von  roher  Technik,  gef. 
inCanosa  {Heydemann,  I.Hall.  Winckehti amis- 
progr.  1876,  S.5  f.  mit  Tafel;  M.  Mayer  S.  392 f. 
395,  Fig.  1),  sieht  man  Zeus  blitzschleudernd 
und  Hermes  wagenlenkend  gegen  einen  schlan- 
genfüßigen  Unhold  losfahren,  der  über  das 
Meer  hinfliehend  einen  mächtigen  Felsblock 
gegen  seinen  Verfolger  erhebt;  überdies  wird 
der  Götterwagen  von  einem  Sturmdämon  an- 
geblasen, dessen  kolossaler  häßlicher  Kopf  über 
T.  sichtbar  ist;  s.  Abb.  5.  Diesen  letzteren  er- 
kennt man  in  ganz  ähnlicher  Haltung,  aber 
verfolgt  von  Poseidon,  der  zu  Pferde  ihn 
bereits  einholt  und  fast  überreitet,  auf  einer 
modernen  Berliner  Glaspaste  nach  einem 
antiken  Steinschnitt  {Overheck,  Kunsimyih.  d. 
Pos.,  Gemment.  3, 1 ;  Furtwängler,  Berl.  geschn. 
Steine  nr.  9452;  M.  Mayer  S.  395,  Fig.  3  und 
S.  405);  s.  Abb.  6.  Künstlerisch  weit  höher 
steht  der  Neapler  Sardonyx  des 
kth^nio^  {Furtwängler,  Ant.  Gemmen 
I  Taf.  57,  2;   vgl.  Justi ,  Winckelmann 


<\)  Berliner  Olaapsete: 

Typhon  verfolgt  von  Potei- 

don  (nach  Furtwängler, 

Berl.  tjetc/m.  St.  nr.  9462). 

Der  Altarfries  von 


2',  249).    Die  hier  dargestellte  Überwältigung 
zweier  Giganten  durch  den  feurigen  Viererzug 
des  Blitzschleuderers  ist  den  eben  besproche- 
nen   Szenen    zwar   ver- 
wandt;   ob    man    aber 
mit  Recht  den  T.  in  dem 
einen  G.  erkennt,  fragt 
sich,  weil   er,    auch   in 
derGigantomachie,8on8t 

10  immer    allein    seine 
Sache  vertritt. 

Leider  erscheint  Ty- 
phons  mehrfj^ch  vermu- 
tete Anwesenheit  auch 
auf  der  erhabensten 
Darstellung  des  Gigan- 
tenkampfes bestreitbar. 
Pergamon  zeigt  unter  den  rohen  Götterfein- 
den einen  schlangenbeinigen  Giganten,  der  mit 

20  seinem  feisten  ^'acken,  seinen  Ohren  und  Hör- 
nern einem  Buckelochsen  ähnlich  gebildet 
ist,  auch  das  Haupt  bedrohlich  zum  Stoße  senkt 
und  mit  halbgeöffnetem  Maule  zu  brüllen 
scheint:  vgl.  Winnefeld,  Altert,  v.  Perg.  III  2, 
S.  21  f.,  Abb.  2  u.  Taf.  3.  Diesen  Stiergigan- 
ten setzt  31.  Mayer  S.  375.  380  in  einheitliche 
Beziehung  zum  Taurosgebirge,  in  dessen 
Nähe  ja  T.  die  Korykische  Hohle  bewohnt; 
vgl.  auch  den  Führer  durch  d.  Perg. -Mus.  1902, 

30  S.  15  u.  d.  Art.  Tauros,  Bd.  4,  Sp.  152  f.  Aber 
obgleich  T.  überdies  gelegentlich  auch  bei  Hes. 
Th.  832  u.  Nonn.  2,  245.  368  stierartig  brüllt, 
so  reicht  dies  alles  doch  nicht  aus  zu  dem 
Beweise,  daß  unter  dem  Buckelochsen  wirk- 
lich Typhon  zu  verstehen  ist. 

[Johannes  Schmidt.] 
Typhrestos  {TvcpgriGxog),  Sohn  des  o.  Bd.  4, 
Sp.  1292—94    behandelten    Spercheios.    König 
und   Eponymos   der   Stadt  Tjphrestos   iv  xotg 

40  iexo^toig  Tf]g  MaivccXiag  Etym.  M.,  während 
Steph.  Byz.  u.  d.  W.  viel  wahrscheinlicher  von 
der  Stadt  T.  in  Trachis  spricht;  s.  o.  Bd.  4, 
Sp.  1294,  Z.  42  f.     [Preisendanz.] 

Tyrannis  {Tvgawig),  PersonifikationMer  Ge- 
•waltherrschaft ;  vgl.  Eur.  Phoen.  506  {t'rjv  dsöv 


5)  Kanne  von  Canosa:  Zeua  und  Hermes  im  Kampfe  mit  Typhon  und  einem  Windgott  (nach  ffeyder/iann, 

1.  Hall.  Winckelmannsprogr.  1876). 

47* 


1455                     TyraDDOS  Tyrannos                      1456 

/ieyttffrjv    «offt'   f;^«»»'    TogcevvidcCy    Bruchmann,  C/G  3439 :  -iitl  Matf qpaiar/jvw  xal  Mrji'l  Ttajtou 

Epitheta  deorum   1893,  218;  5.  Reichenberger,  xal   Afrjvl   TvQUPvip.    Literatur  bei   Drexler  o. 

Entwicklung  des  metonym.  Gebrauches  von  Gdt-  Bd.  2,  Sp.  2702,  nr.  13.  —  2)  Weihinschrift 

tertKimen,  Diss.  lind.  1891,  88);  Ärchelaos  frg.  aus  Kula,  Drexler  2704,  nr.  19:  Mrivl  Tvgdvvoi 

250  {^Tvgarvid'y  ^  d'sebv  dsotiga  vofiitsrai);  bei  xal   .Jii    'Oy^Tjroj    xal   rot?   <ri»i»  avrai  O-eots.  - 

Dio  Chrys.  or.  1,76—83  Bade  sucht  sie  sich,  8)  Inschrift  aus  Gjoelde,  ebd.  nr.  21:  M]rivti 

<poßovu4vri  xal  ^yrnviätaa  xai  &7nffrovaa  xal  dg-  Tx'ga\pvai.  —  4)  Altariuschrift  mit  Widmung' 

y«>^i^vij»  umf^^eben  von  Roheit,  Übermut,  Auf-  an  Men  aus  Alki  auf  Thasos:  d-sn  Mr]vl  Tv- 

stand,  Gesetzlosigkeit  und   Schmeichelei,   der  gdcvvm^  wohl  von  einem  Nicht-Thasier,  J.  Th. 

Basileia  zu   verähnlichen,   ohne   doch   freund-  lo  Be^ü\  Journ.  of  Hell.  Stud  8  (1887),  441,  nr.  6, 

liehen  Eindruck  zu  erzielen;  vgl.  Gruppe,  Gr.  Drexler  2730,42—51.  —   5)  Kopie   einer   Iij- 

Myth.  1081,  5.  schrift  aus  dem  Botzanistal  (Laurion),  Ihill. 

Das  Bild  einer  trauernden  Tjrannis  wird  be-  Corr.  Hell.  18  (18'.U),  532,  nr.  2,   Drexler  2732, 

schrieben  von  Chorikios  Gaz.  im  Jlatdoxrovoff,  lif.:    Tv]gdv\v(p  Mr\vi,   Ergänzung  aber  ganz 

Oratf.  ed.  .Bo»59.  1846,  215:    unter    der   Statue  unsicher    nach '  Pcrr/nrc^s    Nachprüfung  Bull. 

oder  dem  Relief  einer  sitzenden  weiblichen  Ge-  Corr.  H.  20  (1896),  85    —  6)  Xanthos  aus  Ly- 

stalt  mit  aufgelöstem   Haar  steht  das  ihr  in  kien,  Sklave  des  Römers  C.  Orbius,  errichtete 

den  Mund  gelegte  Epigramm:   ^  Ttdcvrav  xga-  dem   Men   T.   eine  Kapelle  mit  Inschriften 

tiaiv   id-flovaa    Tvgocvvig^   ijö'    iyio    fj   rX-ZJuaiv  im  Lauriongebiet;  vg\.  Leges  graecor.  sacrae 
6Xo(pvgofivci  ovvfxa  xovgrjg^  ttj  ixt  noXX'  ^ncc- 20  ed.  L.  Ziehen  2  (1906\  HS — 153,  nr.  41);  Dittenh. 

9ov    Tto^iowia    xi    [Lagvaydvri    rf.     Bei    Aisch.  5i//i.' 3,  nr.  1042;    C/.A  3, 1,  nr.  73.  74.  75,  wo- 

Choeph.  iOb  können   die    vsgrigatv   rvgavviisg,  nach  (5,44)   die  Inschrift  nicht  älter  ist  als 

die   Krinyen,    als   abstrakter   Personifikations-  das  2.  bis  3.  Jahrh.  v   Chr. 

begriflF  oder  auch  als  weibliche  zvgawoi  auf-  Zeus  führt  den  Namen  Tyrannos  auf  einer 

gefaßt  werden.     [Preisendanz.]  Stele  aus  Kula  (172  n.Chr.)  mit  Menrelief  unod 

Tyrannos  (Tvparvoff),  1)  einer  der  sechs  oder  Inschrift    xat'  iitiTayrjv  xov    -Avgiov    Tvgdvv  v 

sieben  Söhne  des  Pterelaos  (s.  o.  Bd.  3,  Sp.  3262,  Jibs  MaacpaXavrivov ,  CIG  3438,  Literatur  bei 

Z.  26— 38),  die  Tzetzes,  Schol.  zu  Lykophr.  932  Drexler,  Men.  o.  Bd.  2,  Sp.  2703,  nr.  14;  Per 

{ed.  Scheer  2,301,16)  nach  Apollod.  2,4,4,3,  drizet,    Bull.  Corr.  Hell.   20  (1896),  60,   nr.  1. 

übereinstimmend  mit  Hypoth.  Hes.  Scut.  4  auf-  30  Häufig  wird  Zeus  als  xvgavvog  in  der  Litera- 

zählt.    Er  ist  wohl  identisch  mit  dem  Schol.  11.  tur  bezeichnet;  s.  Bruchmann,  Epitheta  141. 

2,  620  als  Vater  des  Krisos  (o.  Bd.  2,  Sp.  1447  f.)  Auch   andere  Götter  führen  den  Beinamen 

von  Asterodia  {M.  Mayer,  .fferm.  27  [1892],  498)  Tyrannos:    Ares,    Timoth.  frg.  10  Byk.,    Men. 

genannten  Tyrannos,  der  ebenda  aucn  Vater  des  frg.  2,2.0  Kock,    Orph.  H.  88,5.   —   Attis    ist 

Daulieus  von  der  Chrestone  bzw.  Krestone  heißt.  Menotyrannos;  vgl.  o.  Bd.  2,  Sp.  2753,  Z.48ff.; 

Nach  Fick-Bechtel  422  'ist  Tvggr]v6g  der  Tyr-  H  Dessau,  Inscr.  lat.  2  (1902),  nr.  4146—4141» 

rhener,   Krestone  war  nach  Herod.  [1,67]  ein  (a.  317 — 383).  —  Eros:   Bruchmann,  Epitheta 

Hauptsitz  der Tyrrhener';  vgl.  06ßr7mwmer,J?ea/-  116.   —  Hades:    loh.   Gaz.  Anacr.   6,43.    — 

encyd  11, 11  IS  n.  d.W.  Kreston,  Krestoner,  yiro  Isis:  in  der  Aretalogie   bei  Dittenh.  Syll.^  3, 

aber  auf  unsere  Frage  nicht  eingegangen  wird.  40  1267,  4:    17    x[vgavv'\og  ndarig  xmgccg  nach    der 

Auch  Höfer,  o.  Bd.  2,  Sp.  1422,  Z.  6f.,  vermutet  Ergänzung    von    v.   Wilamowitz;    bei    Herond. 

die    Identität   von    Tyrannos    und    Tyrrhenos,  Mimiamh.  5,17  Cr.:  o^,  xr]v  xvgavvov  (andere 

und  M.  Mayer  a.  a.  0.  506,    tritt   entschieden  Lesungen   abzulehnen);    s.   0.  Bd   2,   Sp.  2753, 

für  die  Auffassung  Tv^awo?  ein.  —  2)  Priester  Z.  40 ff.,  vgl.  Bruchmann,   Epith.  162.  —  Po- 

des  Satumus  in  Alexandria,  der  nach  Rußnos,  seidon:  xvgocvvog  aXög  Anth.  Pal.  G,  90,  7  {Phil. 

Hist.  eccl.  11,25  {Euseb.  ed.  Schwartz  2  [1908],  Thess.).  —  Selene   heißt  Tyrannos  im  Groß. 

1031,  10  ff.)    durch    betrügerische    Orakel    die  Par.  Zauberpap.  Z.  2601:   ah   S'  'A-AXimcpi,    xoi- 

Frauen  vornehmer  Alexandriner  in  den  Tempel  guvs,  ^ovri,  xvgocvvSj  yiQcctnvq,  Tv^r]  dsoäv  xat 

lockte,  um  sie  als  Gott  Satumus  sich  zu  ge-  Saiiiovcov,  wo  die  Parallelüberlieferung  Z.  2664 

winnen.    Nach    Entdeckung  des   Betrugs  wird  50  \irivoTvgavv8  gibt,   eine  hier  schon  durch  das 

Tyrannos    gefoltert,    und    das    Volk    zerstört  Metrum    unmöglich   gemachte   Form    {ilovt]   x. 

Tempel  und  Götterbilder.    S.  darüber  0.  Wein-  auch  Wuensch,  Kleine  Teocte  von  Lietzmann  84, 

reich,    Trug  des  Nektanebos  1911,  27  f.  {Fort-  1911,  Aus  einem  griech.  Zauberpap.  20;  anders 

leben  des  Motivs  S.7SS.).  — 'i)  Herr,  EeTTBcher;  aber  Drexler,  o.   Bd.  2,  Sp.  2754,  Z   9  f.,    der 

Beiname  verschiedener  Gottheiten.    Das  Wort  u,r\voxvgavvs  als  'natürliche'  Lesung  annimmt, 

stammt  offenbar  aus  Lydien,  ohne  daß  man  es  Das  Epitheton  ^lovri  wird  sich  wohl  mit  ^ovvo- 

bisher  sprachlich  befriedigend  zu  deuten  ver-  ysv-qg.,  Beiwort  der  Hekate,  decken;   s.  JBruch- 

mochte;    e.    die    Versuche    0.   Bd  2,   Sp.  2753  mann,  Epitheta  97).    Auch    sonst   kennen    die 

{Drexler);  vgl.  auch  Costanzi,  TYPPA,  Klio  10  Zauberpapp,  den  Beinamen,  für  Zeus:  xov  öv- 

(1910),  127 — 129.    Mit    der   Interpretation    des  6ü  vccöxriv  xiäv  &scöv,  vxliLßgsiiexa  T^sv,  Ztv  xvgavvs, 

Tyrannos  als  'Herr',  'Herrscher'  wird  man  aber  köavai,  xvgis  '/awovrje,  Pap.  Lond.  46  (Anast.), 

gewiß  nicht  fehlgehen;  vgl.  neben  Badet,  La  471,  wo   Dieterich,    Ahraxas  69,    im  Versuch 

Lydie  146  f.  auch  Fr.  Cumont,  Die  Orient.  Me-  einer  metrischen  Rekonstruktion  Zsv  xvg.  ver- 

ligionen,  deutsch  von  G.  Gehrich,  1910,  74.  bindet;    denkbar  wäre  auch  xvgavvs    'Aöcovcü. 

Hauptsächlich   ist  Tyrannos    Beiname    des  Im    Leid.  Pap.  J  393  ('W  Leem.),   Kol.  14,  9 

lydischen  Gottes  Men;  vgl.  über  ihn  Drexler  wird  der  Weltallgott  angerufen:  BaaiXav  ßccOL- 

o.  Bd.  2,  Sp.  2687 — 2770,  wo  auch  die  Belege  X4a)v,  xvgavvs  xvgdvvav  xiX.,  und  ApoUon  im 

mitgeteilt  sind:    1)  Stele  in  Kula,  Lydien.  Pap.  Lond.  47  {Anast.  ö),  3S:  Aaxöi£  aiatod- Za- 


1457                        Tyrbas  Tyro                         145S 

^Vo)^,  ^sXiovxs,  TVQavvSy  nevxQr} ...  In  all  die-  mit  der  or  Kleitos,  Sthenelos,  Chrysippoe  zeugte; 

sen  Fällen   dürfte  rvQavvog   durchweg   als  Be-  Jpo//of/.  2, 1,  ö,  6  (vgl.  o.  Bd.  1,  Sp.  lööf.).  Porph, 

/oiclinung  für  'Herr',   ohne   besondere  Bedeu-  de  ahnt.  4,  lU   zitiert  ein  Chorlied   der  Kuripi- 

tung,  gefaßt  sein   und  sich   inhaltlich  decken  deischen   KQi}rss   (Vuetarum   scen.  gr.  fabiilae 

mit  dem  auch  in  seiner  Umgebung  stehenden  nx.  Dind.''  iHüi),  324,  nr.  475a),  in  dessen  An- 

xotparo?,  8vvdaTr}g,  xvQtog,  ßaaiXsvg.  fang  Minos  (poivi-noytrovi;  nalg  Ti)s  Tvgiag,  xix- 

Auch    in    den    ghostischen    Schriften  vov  E'hgwnrig  kuI  rov  nsyälov  Zrivdg  heitit.    Eg 

spielt  der  Tyrannos   eine   wichtige   Rolle.    So  ist  unnötig,   mit  Jiothe,  Jlercher  (ed.  1H58,  82) 

wird    Pistis  Sophia   ed.   Schmidt  (1906),  15,  9  u.  a.  die  Stelle  n.  tfjg  Tvq.  zu  tilgen;  zu  strei- 

. Vdamas  der  ""große  Tyrann'  genannt,  der  mit  lo  chen  ist  aber  bei  Pape,  Wörterh.  d.  gr.  Eigenn. 

allen  in  allen  Aeonen  befindlichen  Tyrannen'  1666  unter  TvqLu  Nr.  2,  wo  Tyria  zur  Mutter 

umsonst  beginnt  wider  das  Licht  zu  kämpfen;  des  Minos  gemacht  wird.     (Preisendanz.) 

vgl.  23,  6 f.,  89,8  u.  oft.,   s.  das  Namen-  und  Tyriinuai  {TvQifivag)^   Nationalgott  der  ly- 

Sachregister   bei  Schmidt  383.    Adamas    heißt  dischen  Stadt  Thyateira  6  nQOTidrcoQ  ^tog  Tv- 

sonst  auch  der  'große  Archon',  also  wird  sich  Ql^ivog    C.  I.  G.  2,  3497.  3493.     Pull,    de   corr. 

<lie  Bedeutung  von  Tyrannos  und  Archon  hier  hellni.    10   (1886),  420,   nr.  29.    11  (1887),  476, 

(lecken.    Unter  den  Engeln  der  Aeonen  stehen  nr.  49;  ein  ri^itvog  TvqI^lvov  ebenda  478,  nr.  57; 

auch  die  Tyrannen  neben  den  'Archonten'  und  öfter   tritt   Tyrimnas   als   Beiname   zu    Apollo 

(lewalten'  usw.  14,16;  die  Tyrannen  sehen  in  knöXlavi  TvqI^vo)  Bull,  de  corr.  hell.  11,  453, 

Adamas,  dem  König,  ihren  Herrscher,    188,  8.  20  nr.  14.  464,  nr.  29.  tov  TtgondxoQog  %-{-ov  'llXiov 

>ie   werden    einst,    ""wenn    sie    das    Gereinigte  Tiv^iov    Ivgi^vaiov    kTxöXXcovog    Bull.  a.  a.  0. 

ihres  Lichtes  nicht  gegeben  haben',  vom  Feuer  p.  102.  C.  1.  G.  2,  3450.  Boeckh  zu  C.  I.  G.  2, 

gefressen,  'bis   daß  sie   das   letzte   Gereinigte  p.  830    sieht    in    Tyrimnas    einen    epirotisch- 

ihres   Lichtes   geben'  49,  1  —  4.    Vgl.  Pegister  makedoni&chen  Heros  (vgl.  Parthen.  3  und  den 

404.     [Preisendanz.]  Artikel  Euippe  4),  dessen  Kultus  mit  Seleukos 

Tyrbas  {Tvgßag),  Name  eines  Satyrn;  'lär-  nach  Thyateira  gekommen  Bei;  P'oucart  in  bull. 

mender  Tänzer'  erklärt  Prell  er -Polert,  Griech.  de  corr.  hellen.  11,  104  hält  ihn  für  einen  ly- 

Myth.^  1,718;   vgl.  die  Erklärung  des  Wortes  dischen  Sonnengott,  der  mit  dem  ihm  nächst 

TVQßaola  bei  Poll.  4,  104:   t6    ÖQxrjy.a  xb  di^v-  stehenden  griechischen  Apollo  identifiziert  wor- 

gaußiKov,  und  Hes.:  xoq&v  dytoyri  xig  di^vga^-  30  den  sei;  ihm  zu  Ehren  wurde   eine  Tvgi^vrjog 

ßixfbv.    Paus.  2,24,6  erwähnt  ein  Fest  der  Ar-  nccvrjyvgig  gefeiert  Bull,  de  corr.  hellen.  11,460. 

geier  für  Dionysos,  das  Tvgßri  hieß,  s.  Nilsson,  C.  I.  G.  2,  3493.     [Höfer.] 

Gr.  Feste  303,    AI.  Tresp,    Fragmente   der  gr.  Tyritas  (7  v(>tTag),  Beiname  des  Apollon;  vgl. 

KultschriftsteUer,  Pelgesch.  Vers.  u.  Vorarb.  15, 1  Journ.  of  hell.  stud.  32  (1912),  386:  In  Kynouria 

(1914),  124.   Belegt  ist  der  Name  Tyrbas  {Tvg-  Phomaios  has  discovered  a  small  sanctuary  of 

^a[g])  auf  einer 'apulischen' Amphora  aus  Ruvo  Apollo  Tyritas  {ngcx-uxL-ad  1911,  132  tf.).    1.  G. 

in  Neapel,  nr.  3235;  GIG  ii2:   s.  Heydtmann,  5,1,1517.  i?6Z'.  epy.  1  (1913),  89  {Esperaf>dieu). 

Satyr-  u.  Baichennamen  19  T.;  Beinach,  Vases  [Höfer.] 

1,103;  P.  Kretschmer,  Die  Griech.  Vaseninschr.  Tyro  {Tvgw),  Tochter  des  Salmoneus  (daher 

1894,  220;    Charl.  Fränkel,   Satyr-  u.  Bakchen-  40  svTiaxigsicc)  und  der  Alkidike  (s.  0.  Bd.  1,  Sp. 

namen  auf  Vasenbildern,  JDiss.  Bonn  1912,  70  f.  236);   zuerst   Od.  ß  120   erwähnt  mit  Alkmene 

mit  Literatur.  —  Aus  dem  Satyrn  Tvgßccg  we-  und  Mykene  zusammen  als  Beispiel  der  klüg- 

gen    des   Zusammenhanges   mit   xvgßag    einen  sten  Achaierinnen  alter  Zeit,  die  aber  von  Pe- 

Korybanten  zu  machen,   davor  hat  schon  Po-  nelope  an  Verstand  übertroffen  werden.    Wes- 

scher  0.  Bd.  2,  Sp.  1608,  Z.  22  f.  gewarnt.  halb  gerade  ihre  Klugheit  von  Homer  gerühmt 

[Preisendanz.]  wird,  geht  aus  der  Tyrosage  nicht  hervor,  Ihre 

Tyrbenos  {Tvgßrivog)  ist  bei  Besych  ein  Bei-  Geschichte  wird  in  der  Nekyia,  Od.  11,  235  bis 

name  des  Apollon.   Nach  Wernicke,  Bealenc.  2,  259,  zuerst  erzählt.  Sie  liebt  den  schönen  Fluß- 

70,  53  f.   'vielleicht  verdorben    aus  Avgßriv6g\  gott  Enipeus  (s.  0.  Bd.  1,  Sp.  1249,  36  ff.)  und 

Doch  wird  a.  a.  0.  auch  auf  das  Dionysosfest  50  hält  sich  oft  in   seiner  Nähe  auf.    (Von    den 

Tyrbe   (s.  d.)  hingewiesen.    Auch  A.  Kannen-  entwürdigenden  Lächerlichkeiten  ihres  Verhal- 

giesser,  Klio  11  (1911),  46  zieht  zur  Erklärung  tens   berichtet  mit  einem  aXXoi  cpaoi   Cosmas 

Dionysos  bei,  der  in  Argolis  an  Stelle  des  Apol-  Hier,  ad  carmina  s.  Greg,  theol.  ed.  Migne,  patr. 

Ion  getreten  und  'anderswo  mit  Apollo  identi-  ^r.  38  [1862],  517  f.)    In    des    Enipeus    Gestalt 

fiziert  ist'.  Z'a»me>?(jf«esser  sucht  im  Namen  Tyr-  {vo^og,   (iiiiriXbg  'Eviitivg  Nonn.  1,124;  8,246) 

benos   einen   alten   Gott   Tvgß-  und  weist   die  zeugte  Poseidon   (s.  0.  Bd.  3,  Sp.  2824;   Nonn. 

Worterklärungen   aus   d'ogvßog  oder  xvgßr]  =  42,  120 f.  identifiziert  Enipeius   und  Poseidon) 

avgßr]   zurück.    Er  findet  dagegen  den  Namen  mit  ihr  zwei  Söhne,  Zwillinge,  Pelias  und  Ne- 

wieder  in  Tyrbasos  (vgl.  Tyrbas),  Tyrbaios,  und  leus  (v.  254).    Homer  beschreibt  die  Szene  der 

im  Turpenus  pater  von  Praeneste,  Apoll,  von  60  Vereinigung  Poseidons  und  Tyros,   dann  läßt 

dem  er  weiterhin  Turpilius,  Turpio  herleitet.  er    den    Gott    die   Prophezeiung    aussprechen, 

[Preisendanz.]  Tyro  werde  Zwillinge   zur  Welt  bringen,  die 

Tyrephllba  {xvgri  cpiXßa),  Endteil  des  'Pro-  sie  aufziehen  müsse:  'doch  jetzt  geh  ins  Haus 

prophenge-Logos'  in  der  ^ Mithrasliturgie'  des  und  sage  nichts  aus;  ich  bin  Poseidon  (248  bis 

Großen  Par.  Zauberpapyrus  Z.  566.   Der  Logos  252).  Darauf  'tauchte  er  ins  schäumende  Meer' 

dient  zur  Beschwichtigung  der  Polgötter.  (253),   Tyro   gebar  ihre  Söhne,   die  gewaltige 

[Preisendanz.]  Diener  des  Zeus  wurden,  Pelias  wohnte  später 

Tyria  (Tvgia),  eine  der  Frauen  des  Aigyptos,  in  Jolkos,  Neleus  in  Pylos.  Aber  dem  Kretheus 


1459                         Tyro  Tyro                         1460 

schenkte  Tyro,  die  'Königin  der  Weiber\  den  und  zu  zwei  Tragödien  2't/ro  a'  und    Tyro  ^ 

Aison,  Pheres  und  Amythaon ;  v.  268  f.  [So  auch  benutzt;  die  Fraormente  bei  Nauck,  TGF*  27i  fF. 

Spätere,  wie  Äselep.  Tragil.  frg.  3,  Fragm.  Eist.  In  den  Versen  Hibeh  Pap.  3  (280/240  v.  Chr.)  ver- 

Gr.  8,302.    Pausan.  4,3,6  nennt  Neleas  auch  mutete  Blaß  Reste  des  So pJwkleischen  Stückes; 

Sohn    des    Kretheus,    doch    mit   dem   Zusatz:  a.  A.  Koerte,  Arch.  Pap.  b  {VJIS),  biSbf.    Gegen 

Iloaaid&vos   di    ininXriotp  (vgl.  Usener,    OöUl.  die  Ansicht  Welckera  {Griech.  Trag.  312  f.),  die 

Sffnonyme,  Bh.  Mus.  63  [1898],  368,  der  trotz  zweite  Fassung  sei  nur  eine  Wiederholung  der 

Fehlen 'unmittelbarer  Beweise  in  Eretheus  eine  ersten,  veränderten,  haben  sich  die  Ansichten 

Anscbauungsform  des  Poseidon'  sieht).    Darin  neuerer  Forscher,  Enqelmann,  Robert,  gewendet 

liegt  doch  nur  eine  rationalistische  Erklärung  lo  mit  Versuchen  des  Nachweises,  einen  Teil  der 

der  'göttlichen*  Geburt  der  Zwillinge,  und  Fol-  Überlieferung  in  Literatur  und  Kunst  auf  Tyro  a', 

gerungen,  wie  sie  H.  D.  Müller,  Myth.  d.  gr.  einen  andern  auf  Tyro  ß'  zu  beziehen.    Bild 

StäiHtne  1  (1867),  164  f.  mit  Vernachlässigung  einer  Wiederherstellung  der  Tragödie  bei  Ro- 

dieses  Zusatzes  aus  der  Stelle  zieht,  eriibrigen  bert,  Herrn.  51,  274  flf.,  vorher  bei  Engelm'inn, 

sich.  Hygin,  fab.  12,  bezeichoet  Pelias  als  Kre-  Jahrb.  arch.  Inst.  6, 175  ff.    Dabei  läßt  sich  aber 

theus'  Sohn,  fab.  157  als  den  Poseidons.]  nicht   feststellen,   wieweit   Sophokles   sich   bei 

Das  ist  alles,  was  Homer  von  Tyro  und  ihrem  seinen  Behandlungen  des  Stoffes  an  die  Über- 
Schicksal zu  berichten  weiß.  Von  den  Verwick-  lieferung  gehalten,  wieviel  und  was  er  aus 
lungen  und  Konflikten  Tyros  mit  ihrer  Familie  dichterischer  Phantasie  zugegeben  hat.  Asty- 
liegt  hier  noch  nicht  die  geringste  Spur  vor;  20  damas  d.  J.  und  Karkinos  schrieben  eine  Tyro; 
die  ganze  Geschichte  wird  harmlos  erzählt;  s.  Nauck  a.  a.  0.  603.  620;  'Tyro'  war  ferner 
weder  wird  die  Lokalität  des  Vorganges  genau  eine  Tragödie  des  Dichters  TL<^fioxl^gy ,  wie 
bezeichnet:  Poseidon  naht  Tyro  als  Flußgott  v.  Wilamowitz  die  Inschrift  IG  2,  972  bei  Ad. 
am  Ufer  des  Enipeus  und  taucht  beim  Abschied  Wilhelm,  Urkunden  dramat.  Aufführungen  i)i 
'ins  Meer',  obwohl  der  elische  wie  thessalische  Athen  {Sonderschr.  öst.  arch.  Inst  6[iy06j,  52.  6-i) 
Enipeus  nicht  ins  Meer,  sondern  in  andere  ergänzt:  Jahr  419/418.  Und  auf  den  gleichen 
Flüsse  münden  (s.  PA»/»/)pson,  JBeaknc.  5, 2569 f.) ;  Stoff  bezog  sich  'wohl  ohne  Zweifel  auch  die 
noch  wird  Gewicht  auf  die  Mitteilung  gelegt,  Tragödie  (?)  Nelei  Carmen^  {Engelmann  177) 
ob  Tyro  sich  dem  Gott  vor  oder  schon  in  ihrer  bei  Ribbeck,  Rom.  Fragm.  scen.  rom.  poet.  1,  233. 
Ehe  mit  Kretheus  hingegeben  habe.  Wenn  so  Im  Zusammenhang,  doch  nicht  völlig  klar,  hat 
neuere  Erklärer,  wie  Robert,  Herrn.  51  (^1916)  Apollodor.  bibl.  1,  9,  8  die  Sage  berichtet,  wie 
TTyro'),  291,  bestimmt  zn  erkennen  glauben,  sie  die  einfache  Erzählung  der  Nekyia  aus- 
Tyro  sei  bei  Homer  in  der  Zeit  ihres  Poseidon-  spinnt  und  fortführt.  (Danach  z.  B.  Tzetz..  zu 
yerhältnisaes  'bereits  mit  Kretheus  vermählt',  Lykophr.  ed.  Scheer  2,  80,  26  ff.)  Aber  auch  bei 
woraus  dann  weitgehende  Schlüsse  auf  den  ihm  läßt  sich  nicht  feststellen,  was  er  der  my- 
Schauplatz  (ob  Elis,  ob  Thessalien)  gezogen  thologischen  Überlieferung  dankt,  da  er  nach 
werden,  so  geht  das  aus  den  einleitenden  Ver-  Roberts  Unterauchungen  offenbar  eine  Kontami- 
sen  X  235  f.  keineswegs  hervor.  Dieser  Einging  nation  der  Quellen:  Od.  X  235  ff.,  Hesioda  Kata- 
der  Tyroepisode  macht  lediglich  bekannt  mit  löge  Buch  1,  Sophokles'  Salmoneus  und  Tyro  ß' 
den  verwandtschaftlichen  Verhältnissen  Tyros  :  40  bietet. 

Tochter  Salmoneus',  Frau  des  Kretheus,   ohne  Nach   ihm   wuchs    Tyro,    Salmoneus'    und 

verbindlich  zu  sein  für  die  Zeitverhältnisse  der  Alkidikes  Tochter,   bei  Kretheus,   Salmoneus' 

folgenden  Erzählung.  Homer  läßt  alle  Möglich-  Bruder,  auf  {tgscpofiivri).    [Deion,  ihren  zweiten 

keiten  offen.    {Lukian  hat  wohl   lediglich   die  Oheim,  nennt  Eustath.  1685, 13.]  Sie  liebte  den 

homerische  Stelle  zu  seinem  13.  dial.  mar.  ver-  Flußgott  Enipeus,  hielt  sich  oft  klagend  am 

arbeitet,  der  aus  einer  Auseinandersetzung  zwi-  Ufer  auf,  aber  wurde  von  Poseidon,  in  Enipeus' 

sehen  Enipeus  und  Poseidon  besteht.  Im  2.  Buch  Gestalt  ('vermutlich  stierähnlich',  ohne  Grund 

der   &X.  Igt.  [106 f.]   leistet   sich   Lukian  den  Ed.  Gerhard,    Gr.  Myth.  1855,  §  680),  Mutter 

Scherz,  eine  'weiße  Insel',  die  im  Milchmeer  von    Zwillingen,    die    sie    heimlich    zur    Welt 

liegt  und   als   rvQbg  iiiyiatog   erscheint,  von  50  brachte  und  aussetzte.  \^2i.c\i  P.Wolters,  Jahrb. 

Tyro   beherrscht  werden   zu  lassen   als   Posei-  arch.  Inst.  ^  (189 1\  63,  geschah  die  Aussetzung 

dons  Gabe  nach  ihrem  irdischen  Tod.    Ernst  im  Wasser,   wohl  im  Enipeus,   in  dem   dann 

hat  das  Märchen  genommen   W.  Dindorf  im  Tyro  den  Vater  ihrer  Kinder  gesehen  hätte; 

Komm,  zu  Aristid.  1  [1829],  or.  3,  26.)  Poseidon  müßte    sich  erst   später   geoffenbart 

Wie  Hesiod  in  den  Katalogen  die  Liebes-  haben.  Daß  es  eine  solche  Sagenform  gab,  er- 
geschichte  Tyros  erzählte,  läßt  sich  mit  un-  scheint  möglich,  läßt  sich  aber  lediglich  aus 
seren Mitteln  nicht  erkennen;  üofteri  a.  a.O.  293  der  von  TToZfers  verö ffentlichten  tanagräischen 
(und  sonst)  glaubt  einige  Spuren  dieser  Über-  Terrakotte  (s.  unt.)  nicht  erweisen.]  Kin  vor- 
lieferung  bei  Apollod.  1,9,  7  ff.  und  Diod.  4,68  überziehender  Roßhirt  (bei  Sophokles,  Tyro  ß\ 
entdeckt  zu  haben,  ebenso  (S.  297  f.)  in  einer  60  ein  Ziegenhirt,  iggrivoßooxog,  frg.  589  Dind. 
tanagräischen  Terrakotta;  s  u.  Eine  in  der  594  iVcÄ.  nach  Phot.  17,7:  'demgegenüber  er- 
Hauptsache gleiche,  im  Wortlaut  aber  ziemlich  scheint  die  bei  Apoll,  erhaltene  Version  als 
stark  abweichende  Parallelerzählung  zu  den  die  die  ältere';  Poseidonsöhne  werden  unter  Pfer- 
Tyro  betreffenden  Versen  der  Oiyssce,  dieerhal-  den,  nicht  unter  Ziegen  ausgesetzt)  nimmt  die 
ieniat Tebt.  Pap. 271{2./S.  Jahrh.),  weist  A.  Koerte  Kinder  auf  und  gibt  ihnen  die  Namen  Pelias 
'mitgroßer  Wahrscheinlichkeit' den ÄmodtscÄen  und  Neleua;  vgl.  o.  ßd.  3,  Sp.  105,  Trieber,  Rh. 
Katalogen  zu,  Arch.  Pap.  U'iss.  5  (1913),  533  f.  ilfws.  43  (1888),  571,  Anm.  2.   Bei  Sophokles  war 

Sophokles  hat  den  Tyrostoff  aufgenommen  das  Erkennungsmittel  zwischen   den  herange- 


1461  Tyro  Tyro  1462 

wachsenen  Söhnen  und  ihrer  Mutter  die  av.dtpr\^  UtXictv  xovaSs   xad's^o^iivovg.    '  Mutter,    zittere 
eine  muldenförmige  Wiege  {Darcmherg-Saglio,  nicht!    Mag  Sidero  dein  Haar  hinschätten  dem 
Dictionnaire  1,2,  1688  'Cunae'),  wie  Äristot.  Vater  Salmoneua,   der  hier  unten   abgebildet 
poet.  16,  1454b,  26  überliefert;  vgl.  Schol.  Ari-  ist  —  er  wird  dich  ja  nicht  weiter  versklaven 
stoph.  Lys.  138.    Wie  sie  aus  dem  Wasser  aufs  im  Gehöft,  wenn  er  in  der  Nähe   «ieht  [oder: 
Land  kam,  wissen  wir  nicht;  die  Wiege  kann  wenn    er   nah    im    Gehege   sieht]    Neleus   und 
wohl   vom   Fluß   angeschwemmt   worden   sein;  Felias,  die  da  sitzen.'    Wenn  ich  iniaitBiQruLa 
die  Anschauung  7i*o/>eHH  (280)  und  anderer,  die  richtig    als    'Frisur',  'Haar'    deute,    gab    das 
Kinder  seien  auf  einer  'Pferdeweide'  ausgesetzt  9.  Relief  im  Apollotempel  zu  Kyzikos  die  Szene 
worden,  entbehrt  der  Überlieferung  {nccQiöv-  lo  wieder,   in   der  Sidero  das  schöne  Haupthaar 
xcöv   innocpoQßö}v^  Apoll.)    und    erschwert    die  Tyros    abschneidet    und   vor   Salmoneus   wirft, 
Herstellung  der  Zusammenhänge  im  Geschehen.  während  schon  die  Retter  und  Rächer  erscheinen. 
Nach  liobert  (294)  hatte  die  öxaqprj  bei  Sopho-  Anders  liohert  (284 f),   der  wie  v.  Wilamowitz 
kies  keine  Bedeutung:  'er  hat  sie  aus  der  alte-  seine  Lesung  des  ersten  Distichons  nicht  mit- 
ren  Sagenform  beibehalten' (?).    Über  ihre  Ver-  teilt,   sich   auf  Stadtmüll era  starke   Interpola- 
wendung  in  den  Kunstdarstellungen  von  Tyro-  tionen  stützt  (^rj  Tvqcd  tqvxol  abv  hi  önsiQrifKx, 
Szenen  s.  o.J.    ApoUodor  spricht  nur  von  der  2id7]Qol^   HaX^avel . . .  vnotaaooßtvccv,   wieder 
Erkennung,  ohne  sich  um  ihre  Mittel  zu  küm-  anders,  teils  ähnlich  Jacobs,  Anth.  Graeca  vol. 
mern,    und    fährt   weiter  mit   der  Ermordung  13  [1814],  630;  3  [1817],  37  f.)  und  in  an figruiu 
der  Stiefmutter  Sidero  durch  die  Söhne  Tyros:  20  den   Strick   sieht,    mit   dem   Tyro   geschlagen 
'denn   als   sie    erfuhren,   ihre  Mutter  sei   von  wird  (vgl.  PoW.  4, 141).    Ich  sehe  in  der  Szene 
ihr  (Sidero)  mißhandelt  worden,   stürmten  sie  eine  Erinnerung  an  Sophokles'  Behandlung  die- 
gegen  sie;  doch  sie  iioh  in  das  Heiligtum  He-  ser  Episode.    Dargestellt  ist  eine  solche  Miß- 
ras, woPelias  sie  auf  dem  Altar  niedermachte'.  handlungsszene  nach  v.  Wilamowitz  auf  einem 
Folgt  Exkurs  über  die  weiteren  Schicksale  der  Belief  vom  Ehrengrab  im  milesischen  Buleu- 
Söhne;  dann:  'Kretheus,  der  lolkos  gegründet,  terion:  Wiegand,  Milet  2,  Tsif.  IQ^  2;  liobert  2^1. 
heiratet  Tyro,   die  Salmoneustochter,  von   der  Auch  Diodor  4,  68   hat   die  Tyrosage  be- 
ihm  die   Söhne  Aison,  Amythaon  und  Pheres  rührt:  Salmoneus  hatte  von  Alkidike  Tyro  zur 
geboren  wurden.'  Tochter,   yidXXsL  diacpEQOvaav.    Nach  Alkidikes 
Die  Frage  nach  der  Zugehörigkeit  der 'Stief- 30  Tod  heiratete   er  Sidero,   die  als   Stiefmutter 
mutter  Sidero'  zu  Salmoneus  oder  zu  Kretheus  übel  gegen  Tyro  gesinnt  war.   (Tod  des  Salmo- 
bat    schon   viele    Diskussionen    hervorgerufen;  neus.)    Der  Tyro  vermählte  sich,   als  sie  noch 
8.  liobert  280 f.    Sie  gilt  indessen  allgemein  als  Mädchen  war,  Poseidon;  er  zeugte  mit  ihr  Pe- 
Salmoneus'  zweite  Frau  (s.  o.  Bd.  4,  Sp,  816  f.)  lias  und  Neleus.    Tyro  gebar  aber,  als  sie  bei 
uud   kann  auch   bei  ApoUodor   so   verstanden  Kretheus  wohnte,   die  drei  bekannten   Söhne, 
werden.  Denn  Tyro  kann  nach  Salmoneus'  Tod  JJiodors  Bericht  erscheint  wesentlich  einfacher 
wohl  bei  ihrem  Oheim  Kretheus  aufgewachsen  als  der  Apollodors.    Nach  üoberta  Ansicht  hat 
und  zugleich  von  ihrer  Stiefmutter  gequält  wor-  Diodor  zwar  die  gleichen  Quellen  gekannt  und 
den    sein,   deren  Tod   später   die  Verbindung  benutzt  wie  ApoUodor,   doch   ging   er   darauf 
Tyros  und  Kretheus'  sogar  ermöglicht  haben  40  aus,   die  Widersprüche  in   ihrer  Kombination 
mag.    Die  Altersverhältnisse  stehen  dieser  An-  zu  vertuschen.    Ob  aber  tatsächlich  diese  Ab- 
nahme kaum  im  Weg;  über  die  Überlieferun-  sieht  der  sorglosen  Erzählung  zugrunde  liegt, 
gen  zu  der  Beziehung  zwischen  Kretheus  und  bleibe  hier  dahingestellt. 

Sidero  sind  wir  nicht  unterrichtet.  Die  Gründe,  Ganz  anders  die  Tyroüberlieferung  bei  Hy- 

die  Sidero  zum  Haß  gegen  Tyro  bewogen,  ken-  gin.  fab.  60.    Nach  ihr  vergewaltigt  kein  Gott 

neu  wir  gleichfalls  nicht  —  sie  konnten  der  Tyro,  sondern  Sisyphos,  des  Salmoneus  Bruder. 

Eifersucht  entstammen;   aber  schon  das  Wort  Einem  Apollonorakel  nach  konnte  Sisyphos  sei- 

iirixQvid    kann    die   Abneigung   erklären;    vgl.  nen  feindlichen  Bruder  töten:  si  ex  compressu 

Diod.  4,68:    cbg  av  yir\xQvid.    Im  übrigen  hat  Tyronis  ...  proer easset  liberos,  fore  ultores.    Si- 

das  Untersuchen  dieser  Frage  keinen  Zweck.  50  syphos  zeugte  darauf  mit  Tyro  zwei  Söhne,  die 

Jedenfalls  geht  die  Überlieferung  darin  einig,  aber  von  Tyro,  auf  die  Kunde  vom  Orakel  hin, 

daß  Sidero   ihre   Stieftochter   übel  quälte;    so  getötet  wurden;   vgl.  Byg.  fab.  239  (Tyro  als 

das  Lemma  des  Kyzikenischen  Epigr.  Anth.  Pal.  Kindsmörderin)  und  254  (Tyro  als  vaterlieben- 

3,9,  nach  dem  Salmoneus  Tyro  did  xtjv  cpd'o-  des  Weib).    Nach  Hygin  war  auch  diese  Ver- 

gdv  in  Fesseln  legte,  Sidero  sie  peinigte.    Mo-  sion  Stoff  für  die  Tragödie  eines  unbekannten 

bert  hat  die  Begründung  des  Lemmatisten  ab-  Autors,  ein  'wilder  Nebensproß'  (Bobert  302). 
gelehnt  (283 f.),   ohne  triftige  Einwände,    Das  Wenn  Hygin  fab.  10   den  Neleus  Sohn  des 

Epigramm  selbst  ergibt  kaum  etwas  Neues  zur  Hippokoon  nennt,   so   sieht  üsener  (Bh.  Mus. 

Erklärung    der    Sage,    zumal    die    Interpreten  53,  353 f.)  in  dem  Wort  Hippokoon  eine  'pas- 

bisher   unbedenklich    den    durch   Konjekturen  60  sende  Bezeichnung  des  Poseidon  '"'/»Ttto?'.  Weiz- 

entstellten  Text  verwandten.  Die  Überlieferung  säcker  o.  Bd.  3,  2,  Sp.  104  sieht  entweder  einen 

der  Anth.  Pal.  gibt  als  Anfang:   MHT€P/\TPH  Irrtum  in  der  üsener  'wertvoll'  erscheinenden 

XeiOICINeTTICTT€IPHMACIAHP()JI,   was  ich  lese  Überlieferung  oder  eine  Entstellung  des  Epi- 

als:   a^rap,  dxgsi'  %fiot  abv  iTCiaTtsiQrnicc  Zidr\-  thetons '"'/TtTrtog,  während /S^oZ/ o.  Bd.  1,  Sp.  2678, 

qm  I  2^al(ia)vsl  ysvsxa  xad'  vnoxaaaoiisvo)  [-fis-  5  für  die  Hygiiistelle  einen  besonderen  Hippo- 

vav  edd.]'  \  ov'Ktxi  yccg  dovXcoasL  iv  bq-ksoiv'  iy-  koon  und  einen  besonderen  Neleus  Pylios  an- 

yvQ^L  Xsvaacov  [Xsvacov  A.  P.  Xsvaaco  Wilam.;  s.  nimmt;  ebenso  Zwicker,  Bealenc.  S,  2  {1776)^  4:2. 
Engelmann  50,  Anm.,  Bob.  284,3  ]  NriXia  v.ai  Die   Heimat   Tyros   verlegt   Strab.  8,  356 


1463                         Tyro  Tyro                         1464 

ausdrücklich  nach  Elis,  wo  es  einen  Fluß  Eni-  i^  ov  TvQog  nöXiSy  xai  ^öxfv  viovg  6'  xori  -^v- 

peuB   gibt.    Ihn   setzt  Strabo  dem   homerischen  yartQu  fu'av,  Käi^ov^  «I^oiiixa,  2^vqov  xal  Ki- 

gleich.    Mit   dieser    Lokalisierung    deckt   sich  iixa  x«l  Kigoanriv  (vgl.  Matal,  p.  30,   Cidren, 

auch  die  sonstige  Feststellung,  daß  Salmoneus  CSUByz.  1,38,  Chron.  Pasch.  1,76,18).    Auch 

durch   die   Stadt  Salmone   nach   Elis   zu  ver-  Sidon  spielt  herein:  ßelos,  Agenors  Bruder,  hat 

weisen  ist;   vgl.  darüber  Trieber,  lih.  Mus.  43  Side  zur  Frau.    Grup}>€  verlegt  {Gr.  Myth.  lOü) 

(1888),  671,  Anm.  1.    Höfer  o.  Bd.  4,  Sp.  291,  die  ganze  Sippe  nach  Kreta:  Salmoneus  heißt 

Robert  S.  290 f.,   der  aber  der  Schauplatz  der  ihm  so  nach  dem  kretischen  Salmone;   Sidero 

Aomm8C^«n  Tyrosage  ohne  Bedenken  nach  Thes-  scheint   ihm   dort   im   Kult  vorgekommen   /u 

saJien  verlegt,  da  der  pompöse  Vers  auf  den  lo  sein,  und  auch  Kretheus  ist  aus  Kreta  bezeu«>^t 

Enipeus   als   schönsten   der  Ströme  der  Welt  {IJiod.  4, 60). 

unmöglich  auf  den  bescheidenen  Nebenfluß  des  Über  die  Verwandtschaft  der  Tyrosage  mit 
Alpheios,  sondern  nur  auf  den  stolzen  Zustrom  der  Romulus-Remuslegende  u.  a.  vgl.  'Irieber, 
des  Peneios  bezogen  werden  könne.  Man  wird  Bh.  Mus.  48  (1888),  569.  Petersen,  Kilo  9  (1909), 
aber  schwerlich  das  homerische  Lob  auf  den  46  f.,  J.  Mesk^  Wien.  Stud.  30  (1914),  7  tf .  mit 
Fluß  Enipeus  als  geographischen  Hinweis  be-  weiterer  Literatur;  über  den  Typ  der  Mutter- 
trachten dürfen,  dieser  Ausdruck  ist  ebenso  befreiung  durch  ihre  Göttersöhne,  Gruppe,  Gr. 
konventionell  wie  die  Angabe,  Poseidon  sei  im  Myth.  560,  4. 

Meer  verschwunden,  obwohl  von  Meeresnähe  Die  K u n s t  ist  am Tyromotiv  nicht  so  acht- 
weder  beim  einen  noch  beim  andern  Enipeus  20  los  vorübergegangen,  wie  man  nach  P.  Wol- 
die  Rede  sein  kann.  Die  Notiz  bei  Strabo  wie  ters,  Arch.  Jahrh  6  (1891),  61  meinen  könnte. 
auch  die  noch  nicht  beachtete  Zusammensetzung  Bei  der  Verarbeitung  der  Sage  hat  sie  sich 
Tyros  mit  Frauen  aus  der  Peloponnes  in  der  offenbar  gern  an  die  literarische  Behandlung 
Od.  2, 120  (T.,  Alkmene,  Mykene)  sprechen  doch  der  Motive  durch  die  Tragiker  angelehnt.  Ü. 
sicher  dafür,  daß  sich  das  Altertum  die  Gegend  Engelmann,  Arch.  Jahrb.  5  (1890),  171—179, 
der  Sage  in  Elis  vorstellte,  obwohl  Nonnos  42,  P.  Wolters  a.  a.  0.  61  f.  und  C.  liobcrt,  Hermes 
117  Tyro  eine  Thessalierin  nennt.  H.  D.  Mül-  51  (1916),  273—302,  haben  sich  um  das  Ver- 
irr, Myih.  d.  gr.  Stämme  1  (1857),  148.  2  verlegt  ständnis  der  verschiedenen  erhaltenen  Tyro- 
Tyros  Herkunft  auch  ohne  Bedenken  nach  p]lis.  denkmäler  besonders  verdient  gemacht,  nach- 
Die  Überlieferung,  die  eine  Tochter  Tyros  Pha-  so  dem  J.  de  Witte,  Gazette  archeologique  7,  1881 
lanna  nennt,  Eponyme  der  gleichnamigen  Stadt  und  1882,  Taf.  1,  2,  S.  6 — 14,  eine  Tyroszenc  auf 
in  Perrhaibia  (s.  o.  Bd.  3,  Sp.  2237),  stammt  der  etruskischen  Bronze-Situla  der  Samm- 
wohl aus  einer  Version,  die  die  Tyrosgeschichte  lung  Czartoryski  (Paris)  veröffentlicht  hatte. 
nach  Thessalien  verlegt;  vgl.  Lycophr.  Alex.  Nach  Roberto  Erklärung  (S.  273  f.,  Fig.  4;  s,  o. 
rec.  E.  Scheer  2, 1908,  Prol.  37.  Schultz  o.  Bd.  1,  Bd.  3,  105  f.,  Bild  3.  Engelmann  Fig.  A)  wollte 
Sp.  1249,  85  ff.  spricht  wie  schon  Ch.  G.  Heyne,  der  Künstler  diesen  Moment  wiedergehen  :  Mit- 
Obs.  in  Apoll.  2  (1803),  60,  Thessalien  als  Tyros  telpunkt  der  Szenerie  ist  ein  Brunnen,  vor  dem 
Heimat  an.  Ebenso  verlegt  Weizsäcker  o.  Bd.  3,  zwei  Gestalten  stehen,  Pelias  mit  der  öxaqp»], 
Sp.  106  die  ganze  Tyrosippe  nach  Südthessa-  der  muldenförmigen  Wiege,  in  der  Tyro"  die 
lien  und  läßt  Salmoneus  später  in  Elis  sich  40  Zwillinge  ausgesetzt,  auf  der  linken  Schulter, 
ansiedeln.  ihm  gegenüber  Tyro,  Wasser  schöpfend.  Hinter 
Der  Name  Tyro  fand  verschiedene  Aus-  ihr  Poseidon,  der  mit  seiner  Rechten  die  1. 
deutungen.  Preller- Robert,  Gr.  Myth.  1,  588,  4  Schulter  der  irdischen  Geliebten  berührt.  Die 
denkt  an  Zusammenhang  mit  xvQog  und  er-  beiden  Figuren  hinter  Pelias  deutet  Robert  als 
klärt  Tyro  als  das  weiße  '^Käsemädchen'  (vgl.  Salmoneus  und  Sidero;  Arm-  und  Fußspange, 
Schol.  Od.  11,235;  Diod.  6,65  Sia.  xr]v  Xbvv.6-  Haar  und  Drapierung  sprechen  ihm  eher  für 
TTjra  xal  xr]v  xov  amiiaxog  ^a/laxorTjrot,  Properz  weibliche  Gestalt  als  tür  männliche,  die  Engel- 
2,28,51  Candida  Tyro,  Erotian,  Gloss.  Hippocr.  mann  in  ihr  sehen  wollte  (Kretheus).  Es  mag 
108, 8  Xivxbv  ociixr]v  wd'  inaldsveBv  ydXa,  vgl.  sich  hier  um  die  Erkennung  zwischen  Tyro 
Engelmann  S.  178;  Robert  S.  302)  mit  betontem  50  und  Pelias  gehandelt  haben.  Auch  etruskische 
Gegensatz  zum  'Eisen weih'  Sidero;  anders  Spiegel  —  über  die  Tyrosage  in  Etrurien  vgl. 
Solmsen,  Indog.  Forsch.  30  (1912),  34,  wo  Tyro  Mesk,  Wien.  Stud.  36  (1914),  10  f.  —  halten  die 
als  'die  schwellende,  strotzende'  erklärt  wird:  Erkennungsszene  fest.  Auf  dem  Exemplar  bei 
'ein  alter  Name  der  Krdgöttin'.  Solmsen  leitet  Gerhard,  Etrusk.  Spiegel,  Taf.  170  (Rob.  Fig.  2, 
das  Wort  von  Tv-pog  und  awest.  tüiri-  ab,  er-  S.277;  s.  o.  Bd.3,  Sp.  106,  Bild2;  Engelm.Fig.C) 
kennt  den  Stamm  wieder  in  mehreren  Kurz-  sind  die  Personen  durch  Beischriften  gesichert. 
namen  mit  Tyr-,  wie  Tvq<ov^  TvqIvosi  TvQlfivccg,  Tyro  als  Magd  wird  beim  Wasserholen  von 
und  denkt  an  sexuell  gedeuteten  Sinn:  'geiP.  ihren  Söhnen  getroffen.  Pelias  (nackt)  hältwie- 
Ed.  Gerhard^  Gr.  Myth.  1855  deutete  Tyro  als  der  die  Wiege  als  Erkennungszeichen,  Neleus 
'Tyrierin'  (§  842,  1 ;  646 , 2  d),  nach  E.  Wilisch,  60  (nackt)  lehnt  hinter  Tyro  auf  den  Speer  ge- 
Jahrb.  f.  class.  Phil.  117  (1878),  740,  bewahrt  stützt.  Die  Namen  lauten  nach  Herbig,  Hermes 
der  Gegensatz  zwischen  Sidero  —  Tyro 'vielleicht  51,  465  {^Tyro  und  flere''):  turia  =  Tyro,  nele 
eine  Erinnerung  an  die  alte  Rivalität  von  Si-  =  Neleus,  pelias.  Links  eine  vierte  Gestalt, 
don  und  Tyros'  (s.  o.  Bd.  4,  Sp.  816);  vgl.  die  von  der  man  nur  den  Kopf  sieht  und  den  mit 
Genealogie  bei  lo.  Antioch.  frg.  6,  15  {Frg.  einem  mantelartigen  Gewände  bekleideten  Ober- 
Hist.  gr.  4,  544;  s.  o.  Bd.  1,  Sp.  1410,  29  f.),  der  körper,  der  Unterkörper  verschwindet  fast  ganz 
Europa  als  Tochter  der  Tyro  nennt;  Agenor,  hinter  einem  Architekturstücke,  auf  dessen  obe- 
Sohn   der  Libye  und   Poseidons,  heiratet  sie:  rem  Rand   das   etruskische  Wort  flere:   seine 


1465                        Tyro  Tyros                        146t> 

Deutung  hat  bis  jetzt  viel  Mühe  gemacht  und  Frage  gehört  indessen  der  Dramaturgie,  nicht 

ist  noch  nicht  befriedigend  gegeben;  vgl. 7>)6'ccÄ-6',  der  Mythologie   an.    Auf   die  Tyrosuge,   bzw. 

Etrusk.  Forsch.  4  (1880),  67;    G.  Hering,   Abk.  Sophokles'  2.  Tyro,   hat   schon  O.  Jahn,  Arch. 

Bayr.  Ak.  2b  {ldll),n9ü\',  Die etruak. Leinwand-  Aufs.  1845,  149  f.   ein   unteritalisches  Va- 

roUe  des  Aqramer  ^atiomdmuseums  11)11,  81);  senbild   (bei    llocheite,   Mon.  ined.   Taf.  4,  1. 

G.  Sigwart,  Glotta  8  (1917),  159  ff.    Zeitschr.  f.  Welcker,  Alte  Denkm.  3  (1851),  140,  T.  14)  be- 
vergl.  Sprachforsch.  50  (1922),  27G  tf.,  wo  die  ver-      zogen.    Ohne    die    Szene    an    sich   genau    und 

schiedenen   Kontrovernen    und   Interpretations-  sicher  feststellen  zu  können,  hat  auch   liohert, 

versuche  zusammengestellt  sind.  Fig.  5,  S.  297  die  Darstellung  (gegen  Welckera 

Ähnlich,  wenn  auch  mit  Abweichungen  im  lo  u.  a.  Widerspruch)  aufs  neue  für  die  Tyrosage 
einzelnen,  ist  die  Brunnenszene  auf  anderen  beansprucht:  Flucht  Sideros  in  den  Heratem- 
Spiegeln  dargestellt:  vgl,  o.  Bd.ii,  Sp.  105,  Bild  1 ;  pel;  doch  erscheint  diese  Interpretation  im  ein- 
Gerhard,  Ii^tr.  Spiegel  b,  Tsbt'.  ^'i);  Engelmann  B;  zelnen  zweifelhaft,  solange  der  Inhalt  der 
Robert  27  7,  Fig.  3.  Weitere  Exemplare  bei  Ger-  2.  Tyro  nicht  völlig  feststeht. 
hard  Taf.  351,  1  —  8,  dazu  Robert  S.  278.  'Eine  neue,    höchst  interessante  Form  der 

P.  Wolters  hat,   Arch.  Jahrb.  6  (1891),  61  f.  Tyrosage'  will  Robert  erkennen  auf  einem  rö- 

(Taf.  2),   eine  farbige  tanagräische  Terra-  mischen   Grabstein   aus  Steinamanger  (Sa- 

kotte  (18  cm  hoch)  aus  dem  Besitz  der  Griech.  varia),  dessen  Relief  er  als  Fig.  6,  S.  299  ver- 

archäol.  Gef^ellschaft  {Mogcpal  itriXivai  nr.  1698)  öffentlicht.    Danach  wäre   hier   die  Erkennung 

veröffentlicht  und  auf  Tyro  mit  ihren  Zwillingen  20  so  dargestellt,  daß  ein  sitzender  junger  Mann 

bezogen;  vgl.  Ä'bep^,  J.^/i.  Jfi'i^.  10, 173;  K.  Pe-  der  nebenstehenden   ^schönen,  nur  wenig  be- 

tersen,  Klio  9  (1909),  46.    Im  Gegensatz  zu  den  kleideten  Frau'  einen  Ring  hinreicht,  während 

oben    angeführten    Kunstzeugnissen   für   Tyro,  ein   zweiter  Mann  'offenbar  niederen   Standes 

die  zur  Rekonstruktion  von  Sophokles'  2.  Tyro  in    der   Rechten   ein   kleines   Kinderhalsband' 

dienen  können,  steht  sie  im  Kreis  einer  älteren  hält    (Pferdeknecht:     hinter    ihm    Andeutung 

Sagenversion,  nach  Robert  397  wohl  der  Hesio-  zweier  Rosse).  Ring  und  Band  sind  Erkennungs- 

dischen  Ivataloge.   Tyro  auf  einem  hohen  Felsen  zeichen.  Nach  Robert  wäre  die  sitzende  Gestalt 

sitzend  (das  erinnert  an  ihre  Darstellung  durch  ""Vorniund   oder   Gatte'  Tyros   (Kretheus),    der 

Polygnot  in  der  Delphischen  Lesche;  vgl.  Paus.  ein  Verhör  der  'schönen   Sünderin'   beginnen 

10,  29,  7 :  inl  tiftqus  ^ad^ri^^vri),  im  Mantel,  der  30  wird.  Ob  Robert  mit  seiner  Konstruktion :  '1  yro, 

die  Brust  freiläßt,  eine  einfache  Haube  auf  dem  von  Poseidon  verführt,  ihrem  Oheim  vermählt, 

Kopf,  blickt  'traurig'  auf  die  'muldenförmige  wird  bald  nach  der  Hochzeit  entbunden,  setzt 

Wiege'  zu  ihren  Füßen,   in  der  die  Zwillinge  die  Kinder  aus  usw.,  auf  dem  richtigen  Wege 

dicht  eingewickelt  liegen,  bedeckt  mit  spitzer  war,  bleibe  dahingestellt,  ebenso  die  Richtigkeit 

Kindermütze.    Aus  verschiedenen  Gründen  kann  seiner   Vermutung,    das    römische   Relief  illu- 

Wolters  folgern,  daß  die  Gxaqprj  nicht  auf  dem  striere  eine  Szene   der  Tyro  a    des  Sophokles; 

Boden  steht,   sondern  als  im  Wasser  schwim-  vgl.  seine  Entwicklungsganges.  300 — 302.  Recht 

mend  gedacht  war.    (Über  die  sagengeschicht-  hat  er  aber  zweifellos  mit  dem  Nachweis,  daß 

liehen  Schlüsse,  die  Wolters   aus  seiner  Inter-  die  zweite  Tyrofassung  des  Sophokles  'für  die 

dretation  gezogen  hat,  s.  oben.)  40  Sagenanschauung  der  Folgezeit  maßgebend  ge- 

Im  kalabresischen  Rosamo,   der  lokrischen  blieben  ist'. 

Kolonie  Medme,  fand   man  Mitte   des  vorigen  Schließlich   bezieht   Marg.  Bieber,  Bespre- 

Jahrh.  ein   Tonrelief,   das  für  die  Tyrodar-  chung  von  H.  Blümner,  ^ Aus  der  archäol.  Samm- 

stellung  wichtig  ist.  Weitere  Teile  zur  Vervoll-  lung    der    Univ.   Zürich^    (1916),    Berl.   philol. 

ständigung  ergaben  sich  bei  neuen  Ausgrabun-  Wochenschr.  37  (1917),   176  f.    das    Bild    einer 

gen  (1914)   in  der  antiken  Nekropole  von  Ro-  Lukanischen  Pelike  aus  Piedimonte  d'Alife. {Tai. 

sarno;  vgl.  P.  Orsi,  Notizie  degli  scavi   1913,  17  bei  Blümner;  S.  Reiyiach,  Repert.  1  (1899), 

Suppl  S.  60,  Bild  68.    C.  Robert  273  f.  (Fig.  1,  465.  Literatur  hei  Bieber  und  o.  Bd.  3,  Sp.  2872, 

S.  274)  hat  zuerst  den  Sinn  des  Reliefs  erkannt.  53  ff.)  gegen   die  bisherige  Deutung  (Poseidon 

Er  interpretiert  die   Szene   als  Illustration  zu  5o  und  Amymone  im  Wogenthalamos)  auf  die  ho- 

einer  Stelle   der  Sophoklei sehen  2.  Tyro,    Ort:  merische  Vereinigungsszene  von   Poseidon  mit 

Heraheiligtum  (vgl.  Apollod.  1,9,8,3);   an   der  Tyro,  deren  Ring  (1.  Hand)  vielleicht  als  spä- 

Altarstufe  1.  liegt  die  erschlagene  Sidero,  auf  teres  Erkennungszeichen  angesprochen  werden 

dem  Altar  Pelias,   der  Rächer  (unvollständig),  könnte,     [Preisendanz.] 

und  Tyro  mit  verschnittenem  Haar  {Soph.  frg.  Tyros  {Tvqos),   eine   phoinikische   Nymphe 

598  xöfAT]?  ds   TcevQ-Qs   layxdvco    Ttmlov   ^i'xrjv),  (und  wohl  Eponyme  von  Tyros),   Geliebte  des 

den  Neleus  vor  ihr  abhaltend,  ihren  Vater  Sal-  Herakles.   Als  einst  dessen  Hund  eine  Purpur- 

moneus  zu  töten.   In  der  linken  Ecke  noch  eine  Schnecke  gefreseen  hatte  und  mit  rot  gefärbten 

Gestalt,  wohl   Sklave  der  Zwillinge,   mit  der  Lefzen  zu  Tyros  gekommen  war,  erklärte  diese 

Wiege  und  einem  Ledersack,  der  nach  Robert  60  dem  Herakles,  sie  würde  ihm  ihre  Liebe  nicht 

wohl   die  übrigen  Erkennungszeichen   enthält;  weiter  schenken,  wenn  er  ihr  nicht  ein  Gewand 

Gründe  bei  Robert  S.  283.   Das  Relief  'ist  zwar  brächte,  das  noch  farbenprächtiger  sei  als  die 

unverkennbar  von  dem  Bühnenbild  beeinflußt,  Lefzen  des  Hundes.    Daraufhin  suchte  Herakles 

kopiert  dieses   aber  nicht  genau,   sondern  er-  Purpurschnecken   und  wurde   so   der  Erfinder 

gänzt  die  illustrierte  Szene  durch  Figuren  aus  der  Purpurfärberei,  Pollux  1,  45  ff. 

anderen  Szenen'  (Robert  275).    Daß  die  Erken-  .          Stadtgöttin  von  Tyros   s.  d.  Art.  Sidon  Sp, 

nung  erst  nach  Sideros  Tod  erfolgt  sei,  scheint  816,  Z,  54 ff,;   s.  ferner  die  Münzen  bei  Cohen 

trotz  Robert,  S,  276,  nicht  leicht  glaublich;  die  5,260,  Trebon.  Gall.  191:  Tyros  mit  Mauerkrone 


1467            Tyrrhena,  Tyrrhenia  Tyrrhus                      1468 

und  betend  erhobener  Rechten  steht  vor  einem  28,  2  Gewicht  lej?t  —  Xanthos,  der  kenntnis- 
Tempel  mit  der  Keule  des  Herakles.  [Höfer.]  reiche  lydische  Hiatoriker,  von  T.  überhaupt 
Tyrrhena,  Tyrrhenla  s.  Sp.  1572.  nichts  wiese,  sondern  als  Söhne  des  Atys  den 
Tyrrhenos,  Tyrsenos  (Tvppt^vös,  TvQ6riv6g\  Lydos  und  Torebos  nenne).  Als  seine  Mutter 
Tyrrhenus,  auch  Turrenus  {Festus  de  verb.  gilt  in  diesem  Fall  Hiera  (o.  Bd.  1,  Sp.  2655), 
s tan.  ed.  Linda  1913,484,19).  1)  Er  galt  a)  nach  als  Bruder  Tarchon  (Bd.  5,  Sp.  107);  dazu  s. 
Überlieferung  bei  Dion.  Hol.  1,  27,  1  (ot  ^xa-  Lvkophr.  Ale.r.  1248  f.  {Tdgxcov  rs  xai  Tvgari- 
vdorag  /tV'O'oioyovvTftf)  als  mythischer  Stamm-  vos,  ald'tovfig  Xvxoiy  rcbv  'HQaxXeioav  ixysyiorss 
vater  der  Tyrrhener,  d,  h.  Etrusker.  der  sie  aus  cciiiaTtov),  Tzetz.  zu  Lyk.  1239,  ed.  Scheer  2 
Maionien  hergeführt  habe,  und  als  Sohn  des  lo  (1908),  356,  20  {Tvgarivov  tov  TriXscpov  viov\ 
Atys  und  der  Kallithea,  Bruder  des  Lydos,  Schol.  Lyk.  12 16,  p.  357, 13  (ol  TriX^q>ov  Tägxmv 
der  in  der  Heimat  blieb  und  ihr  den  Namen  rs  xal  TvQaT]v6g)  [anders,  nach  Herod.  1,  94, 
Lydien  gab,  wahrend  Tyrrhenos  einen  großen  Schol.  Lyk.  1351,  p.  377,  7  Tvqötivös  xai  Avdbg 
Teil  Italiens  in  Besitz  nahm  und  Eponymos  "Axvog . .  .nutSBg],  Tzetz.  Schol.  1249  {Tr]Xi(pov 
dieses  Landteiles  wurde.  Die  Auswanderung  xai  *IfQäg  Tdgxcav  xal  Tvgarivog);  Serv.  Comm. 
der  Lyder  führt  die  Erzählung  Herodota  1,  94  Aen.  10, 198  (Tarcho  Tyrrheni  frater;  im  Schol. 
auf  Nahrungsmangel  zurück;  die  Ausziehenden  zu  8,  479  heißt  T.  Bruder  des  Lydos,  Sohn  des 
leitet  Tyrrhenos,  auch  bei  Herodot  Sohn  des  Telephos,  Gründer  von  Agylla-Caere).  Als  Sohn 
Atys,  nach  dem  sie  Tyrrhener  umgenannt  wur-  des  T.  gilt  dagegen  Tarchon  bei  Cato  frg.  45 
den  (danach  auch  Strdb.  6,  219.  2,  der  den  Na-  20  ed.  Pet.  {Hist.  Rom.  rel.  1,  64),  bei  Serv.  Comm. 
men  der  Mutter  nicht  nennt,  &n6  rov  Tvqqti-  Aen.  10,179  {Tarchonem,  Tyrrheno  oriundum); 
vov  "Arvog,  so  auch  221  [S.  303,  28  Mein.];  Atys  vgl.  0.  Bd.  5,  Sp.  106 f.  Müller- Deecke,  Etr.  1, 
ist  flff  x&v  &7toy6v(ov  'HgaxXiovg  xal  '0^qpaX»jff;  82,  41.  Sohn  des  Tyrrhenos  heißt  bei  Paus.  2, 
vgl.  Schol.  Lykophr.  1351;  Eust  Comm.  Dion.  21,  3  Hegeleos  (s.  0.  Bd.  1,  Sp.  1875,  46  ff);  er 
Perieg.  847;  Serv.  Comm.  Aen.  8,479,  wo  aber  hal^e  die  Dorier  die  Salpinx  blasen  gelehrt. 
Tyrrh.  als  Sohn  des  Telephos  genannt  wird).  Vielleicht  ist  auch  im  Et.  M.  s.  v.  ScXring  (Me- 
Die  Nymphe  Sangaritis  wird  von  Dorotheos  thodius)  an  der  Stelle  tr}v  rov  MaXsmrov  roii 
d. Korinther  {^ in historiis^)  hei  Natal.  Com.  Myth.  Tvggrivov  Q^vyaxiga  und  Hes.  s.  v.  ccicogcc-  Moc~ 
9,  o  als  Mutter  des  T.  und  Geliebte  des  Atys  >Leov  Tvggrivov  {xvgdvvov  cod.)  Maleotes  oder 
angefühlt;  s.  JfM7/er-Z>cccJt€,J5^^n«sA:cr  1,83  Anm.  30  Maleos  als  Sohn  des  Tyrrhenos  zu  verstehen. 
Von  der  Einwanderung  der  Tyrrhener  aus  Ly-  wo  man  bisher  Tvggrivog  als  'Tyrrhener'  auf- 
dien und  von  Tyrrhenos  selbst  weiß  Diodor  faßt.  Dieser  Maleos  wird  in  anderer  überliefe- 
6, 40  nichts  zu  erzählen.  rung    auch    als    Erfinder    der   Tuba    genannt ; 

b)  Oft  heißt  Tyrrhenos  Sohn  des  Herakles,  s.  0.  Bd.  2,  Sp.  2303,  62  ff. 

der  nach  Hvg.  fab.  274  {Herculis  filitis)  als  d)  Wenn  Schol.  Fiat.  Tim.  25  B  (368  Herrn.) 
erster  die  Tuba  erfand,  indem  er  ^concha  per-  den  Tyrrhenos  Sohn  des  Agron,  diesen  lydi- 
tusa  buccinavit . .  .  unde  tuba  Tyrrhenum  melos  sehen  König  wieder  Sohn  des  Atys  nennt  (Tvg- 
dicitur^;  vgl.  den  ^  Tyrrhentis  clangor"*  bei  Verg.  grivLcc  dno  Tvggrivov  rov  "Aygavog  tov  'kxvog 
Aen.  8 ,  6*26 ,  der  nach  Bursianä  Feststellung,  rov  Av&ov),  so  liegt  hier  wohl,  nach  Ed.  Meyer, 
Jahrb.  f.  class.  Phil.  93  (1866),  783  nirgends  den  40  Realenc.  1,  903,  Kontamination  vor  (vgl.  z.  B. 
T.  als  Erfinder  der  Tuba  bezeichnet;  dagegen  Schol.  Tzetz.  Exeg.  Iliad.  p.  134,3  Herrn.  [Tyr- 
schreibt  ihre  Erfindung  den  Etruskern  zu  Ser-  senia]  cctco  Tvgorivov  viov  "Arrvog  rov  Avdov). 
vius  zur  gen.  Stelle  der  Aeneis.  Hygins  Angabe  2)  T.,  Kämpfer  im  etruskisch-troischen  Ge- 
geht nach  Bursian  auf  griechische  Quelle  zu-  folge  des  Aenas,  fällt  im  Zweikampf  gleichzeitig 
rück.  Paus.  2,21,3  nennt  Tyrsenos  Erfinder  mit  dem  Latiner  Aconteus,  Fer^.  ^en.  11,  612  f. 
der  Salpinx.  In  diesen  Zusammenhang  gehört  8)  Bei  Val.  Flacc.  Arg.  4,  115  Kr.  der  be- 
vielleicht  Pap.  Ojjyr/i.  10  (1914),  S.  107,  nr.  1241,  herrschende  Gott  des  Tyrrhenischen  Meeres, 
kol.  6, 10:  o[dXnLyyag  dk\  ngoaxovg  <priat[v  nara-  wie  Aegon  der  des  Aegaeiscben;  die  gleiche 
6xsvd]6cia9^aL  Tvggriv\ohg  .  . .  (10)  Tvggrivov  [  ]  Personifikation  bezeichnet  7,  83  Tyrrhenus  . . . 
kgdrjlov  .  . .  Dion.  Hai  spricht  1,  28, 1  (Jacohy)  50  loniusque  magister.  [Preisendanz] 
von  einer  Überlieferung,  die  ihn  als  Sohn  des  Tyrrhides  s.  u.  Tyrrhus. 
Herakles  und  der  Omphale  (s.  0.  Bd.  3,  Sp.  Tyrrhus  pater  heißt  der 'treue  Aufseher  der 
879,  27  ff.)  bezeichne.  Er  sei  nach  Italien  ge-  Herden  und  Weiden  des  Latinus,  dessen  idylli- 
kommen  und  habe  die  Pelasger  nigocv  rov  Ts-  sches  Leben  im  Walde  Vergil  schildert'  [Aen. 
ßtgtog  im  Norden  verdrängt.  (Den  Namen  Om-  7,  486,  508 ff.],  Preller- Jordan ,  Ttöm.  Myth.  2' 
phales  setzt  0.  Müller  auch  in  die  Pausanias-  [1883],  335.  —  Servius  erzählt,  Comm.  in  Verg. 
stelle  2,  21,  3  ein,  wo  es  heißt,  T.  sei  (Xiyovai)  Aen.  6,  760  {rec.  Thilo  2, 1,  107),  Lavinia  sei  zu 
Sohn  des  Herakles  xal  yvvaixbg  rfig  Avöfig;  ihm  geflohen  aus  Furcht  vor  ihrem  Stiefsohn 
vgl.  Etrusker  2*,  209,  o.  Bd.  3,  Sp.  879,  49—51.  Askanius  und  habe  in  seiner  Hütte  den  Silvius 
Spiro,  Paus.  1  (1903),  180, 1  hält  die  Überliefe-  60  {'fugit  ad  Silvas')  geboren;  vgl.  Serv.  zu  7,  484 
rung )  Als  Herakles'  und  Joles  Sohn,  als  Bru-  ('  Tyrrhus  dictus  est  pastor,  apud  quem  Lavinia 
der  des  Atys  gilt  T.  dem  Sostratos  {'scripsit  in  peperif).  Asper,  Schol.  Veron.  in  Aen.  7,  485  {rec. 
secundo  historiae  fabulosae')  bei  Nutal.  Com.  Thilo  3,2,  437)  stellt  fest:  'nomen  Tyrrhi  ah 
Myth.  9,  5;  s.  Müller- Deecke,  Etr.  1,  83  Anm.  historicis  traxit;  (folgt  die  Lavinialegende)  . .  . 

c)  Nach  wieder  anderer  Überlieferung  bei  hie  Latini  vilicus  traditur  fuisse\  [Daraus 
Dion.  war  er  Sohn  des  Herakliden  Telephos  scheint  die  unnötige  Annahme  zweier  Tyrrhi 
(s.  0.  Bd.  5,  Sp.  291,  39  ff.)  und  zog  nach  Troias  entstanden  zu  sein  bei  B.Heinze,  Vergils  ep. 
Fall  nach  Italien  (während  —  worauf  Dion.  1,  Techn.^  1915,  245:   'Der  Oberhirt  des  Latinus 


1469                      Tyrrhytör  Theogonien                    1470 

heißt  T.  nach  dem  Hirten,  in  dessen  Hütte  bei Prelhr-Bobert,  Die  griech.  Mythologie  1,29^.' 

die  Tradition  Silvius  geboren  sein  ließ.']  und  die  ausführlichere  Behandlunpr  bei  O.G^rwpp*^, 

Die  Söhne  des  T.  heißen  Tyrrhidae  pueri  Die  griech.  Kulten.  Mythen  1,567  ff.  und  Griech. 

{Verg.  Äen.  7, 'iS^  a.  Serv.  Comm.);   der  illteste  Mythologie   und   Religionsgeschichte  411  ff.   be- 

Almo,    der   im   Kampf   zwischen   Troern   und  trachtet    nur    einige   Seiten    der   Frage.     Eine 

Italern  durch  Pfeilschuß  getötet  wird;  Aen.  7,  völlige,  ja  selbst  nur  eine  annilhernde  Lösunaj 

632   {^bene  rustici   nomen   usurpavit  a   (luvio^  der  Aufgabe,   eine   Geschichte  der  Theogonie 

Serv.)y  hlh  {Almonem  puerum,  dazu  5ery.  7,531);  bei  den  Griechen  zu  geben,  ist  unmöglich  ge- 

vgl.  Thesaur.  ling.  tat.  1,  170;},  5 — 9.   Noch  ein-  macht  durch  die  außerordentliche  Kümraerlich- 

mal    werden    die    Tyrrhidae    iuvenes    genannt  lo  keit  des  uns  zur  Verfügung  stehenden  Materials. 

Aen.  9,  28.    Überall  bei  Vergil  und  Serv.  Comm.,  Besitzen   wir  doch  nur  ein  theogonisches  Ge- 

Schol.  Ver.  ist   die   Form  Tyrrhus    überliefert,  dicht  vollständig,  und   zwar,    wie  es   scheint, 

nirgends  Tyrrheus  (so  Preller-Jordan  a.  a.  0.;  eins   der  knappsten  und  zugleich  eigenwillig- 

ReaIenc.Q,2  [1852]  'Tyrreus').    JHon.  Hai.  1,  sten;   von   allen  andern   nur  spärliche   Bruch- 

70,  2  {Jacoby)  nennt  ihn  TvQQr\v6g  xig  (wo  man  stücke  oder  Notizen  über  sie.    Die  Zufälligkeit 

schon  Ti''e(>o?  geändert  hat;  s.  X.  Z)mdor/',  jT/ics.  der  Erhaltung  dieses   oder  jenes   Einzelzuges 

gr.  ling.  7,  2611  B)  ovotpoQßioiv  iTtiiisXrirvg  ßaai-  eines  Werkes,  der  in  ihm  vielleicht  ^anz  neben- 

^titcov,  ..Accrivcp  ybvo^levos  iv  rots  ^vdcUöva  ngoa-  sächlich  war,  der  Verlust  des  vielleicht  gerade 

7]yoQog.    Auch  hier  die  Erzählung  von  der  Auf-  Wesentlichsten  und  Bezeichnendsten,  kann  auf 

nähme  der  schwangeren  Lavinia.  [Preisendanz.]  20  Schritt    und   Tritt    zu   Fehlurteilen   verführen. 

Tyrrhytör  {Tvqqvtcoq),  böser  Dämon  der  8.  Trotzdem  muß  versucht  werden,  das  nun  ein- 

Dienstagstunde,   entgegengesetzt  dem  ayysXog  mal    Erhaltene    zu    gruppieren    und    in    eine 

UsQyccvL'^X.  Hygrom.  Salom.  cmgr  70:  Cat.  cod.  historische  Linie  zu  bringen.    Ein  wenig  mehr, 

astr.  gr.  8,2,  151.     [Preisendanz.]  als  bisher  erkannt  worden  ist,  wird  sich  dabei 

Tzanas  {T^avdg)  s.  u.  Tiniae.  doch  ergeben.    Noch  ein  Wort  zur  Umgrenzung 

Tzermaen  {T^7\Q\Locriv\  einer  der  Namen,  bei  der    Aufgabe.     Unmöglich    konnten    hier    alle 

denen  Hermes  angerufen  wird  in   einem  Pia-  versprengten  Einzelnachrichten  über   spezielle 

netengebet  des  cod.  Par.  ^r.  2419;  Cai.  C06^.  as^r.  Göttergenealogien    aufgearbeitet    werden,    die 

gr.  8,  2,  175.      Die    übrigen    Namen:    Tloßga^,  irgendwo   in   einem  Lokalkult  gelehrt  wurden 

AsXiGcpd-K.,  rsloxayidx,  Xaadov,  'Axsaov^X,  Tsgcc-  30  oder  der  gelegentlichen  theologischen  Speku- 

tovov,  I!(psXr}yt6v,  T^.,  BugvriSmv.    [Preisendanz.]  lation  irorendeines  Dichters  entsprangen.    Nur 

Tzippat  (T^LTtTtdr),  böser  Geist  der  5.  Don-  diejenigen  Werke  sind  herangezogfen,  die  ganz 

nerstagstunde,  entgegengesetzt  dem  guten  ayys-  oder  zu  einem  Teil  dem  Thema  Th.  gewidmet 

XogrXmaTus.  Hygrom.  Salom.  cmgr  10,  Cat.  cod.  sind,  d.  h.  in  denen  der  Versuch  gemacht  ist, 

asfr.  ^r.  8,  2, 152.     [Preisendanz.]  ein  längeres    Stück   Göttergeschichte,   einfach 

erzählend  oder  theologisch  ausdeutend,  zu  be- 

Nachträge  zum  Buchstaben  T.  handeln,  die  in  den  Gesichtskreis  des  Verfas- 

Thehanische  Kriege  s.  S.  1554.  sers  getretenen  verschiedenartigen  mythischen 

Theogonieu.*)  Begrenzung  derAufgabe.  und  kultischen  Überlieferungen  in  ein  System 

Der  Versuch,  eine  Geschichte  der  theogonischen  40  zu  bringen,  eine  zusammenhängende  Geschichte 

Literatur  der  Griechen  zu  schreiben,  ist  bisher  von  Herkunft,   Leben  und  Taten   der  Götter- 

noch  nicht  gemacht  worden.     Denn  die  sorg-  persönlichkeiten,   ihrer  Sippen  und  Dynastien 

fältige  und  gründliche  Abhandlung  von  G.  F.  zu  geben.     Die  Entstehung  dieser  primitiven 

Schoemann,    De  poesi   theogonica    Graecorum,  Wissenschaft    und    der    Literatur,    die    ihren 

Greifswald  1849    {=  Opusc.  acad.  2,  Iff.),   ist  Niederschlao^  bildet,  ihre  leitenden  Gedanken, 

naturgemäß  veraltet,  scheidet  zudem  einerseits  ihre  Entwicklung  bis  zum  Ausmünden  in  Philo- 

Hesiod,  andererseits  die  mythographische  Über-  sophie  und  sammelnde,    registrierende  Mytho- 

lieferung  aus  dem  Kreise  ihrer  Betrachtung  aus  graphie   ist,    soweit   möglich,   zu  untersuchen 

und  faßt  das  Problem,  die  Entstehung  und  Ent-  und   darzustellen.     Außer   diesen  eigentlichen 

Wicklung  dieses  Zweiges  der  griechischen  Theo-  50  Theogonikern  haben  am  Ausbau  des  theogoni- 

logie  zu  untersuchen,  nicht  ernstlich  ins  Auge.  sehen   Systems   fast  alle  älteren  Dichter  mit- 

Wohl   aber  liefert  sie  wie  einige   andere  der  gearbeitet;    sie    haben   jene    benützt   und    ihr 

im  2.  Band  der  Opuscula  vereinigten  Arbeiten  Werk  da  und  dort  fortgeführt.  Denn  zu  einem 

Schoemanns    sehr    nützliches    Material.     Nach  festen  Abschluß  mit  fester  kanonischer  Geltung 

(ScÄoemawn  ist  eine  Zusammenfassung  nicht  mehr  ist  die  griechische  Theologie  niemals  gelangt, 

versucht  worden.     Allzu  knapp  ist  die  Skizze  wenn   auch  über  eine  Reihe  von  Genealogien, 

Paarungen  usw.  Übereinstimmung  erzielt  wurde ; 

*)  Während  der  Vorarbeiten  zum  vori^^^^^  vieles   blieb  im  Fluß.     Auf  diese   mehr  peri- 

hat   mir  Seehgera  Artikel    Weltschupf ung     durch   die  Güte  ,               n^.,      ,     .,         .    ,                    ,            4.1-    u    D--    i 

des  Verfassers  einige  Zeit  im  Manuskript  zur  Verfügung  P^f  ^^   Mitarbeiter   Ist   nur   gelegentlich   ßuck- 

gestanden.    Ich  habe  mich  bemüht,  meinerseits  nur  auf  6»  sicht  genommen.  Desgleichen  ist  nur  gelegent- 

die  von  ihm  nicht  oder  kurz  behandelten  Dinge  einzu-  Hch  auf  die  Frage  nach  den  Ursprüngen  der 

gehen.     Wo  meine  Darlegungen   mit  den   seinigen   über-  griechischen    Göttersagen     und     auf    das    weit- 

einstimmen,  steht  ihm  die  Priorität  zu.    Auch  sonst  war  schichtige  Material  an  Parallelen  in  denjenigen 

für  knappere  oder  breitere  Behandlung  einzelner  Ab-  Kulturen  und  Religionen  hingedeutet,  mit  denen 

schnitte  die  Rücksicht  auf  das  schon  an  anderen  Stelleu  ^^^  Griechentum  seit  seinem  Auftreten  in  der 

in  diesem    seinem  Abschluß  sich  nähernden  Lexikon  Ge-  -itt-  u           i-iii-                 k                      l   l     •             l 

botene    bestimmend.     Diese    stete    Rücksichtnahme    möge  Weltgeschichte   bis  zum  Ausgang  stets  in  mehr 

die  mangelhafte  Architektonik  und  das  Fragmentarische  oder  weniger  enger  Beziehung  gestanden  hat. 

des  vorliegenden  Artikels  entschuldigen.  Ausgangspunkt    der    Betrachtung    muß,     um 


1471  Theogonien  Theogonien  1 472 

einigermaßen  festen  Boden  unter  den  Füßen  'Zuallererst  war  das  Chaos'  usw.  Wie  die  In- 
zu  haben  und  nicht  von  vornherein  ins  Hypo-  baltsangabe  zeigt,  ist  das  Proöniium  aus  meh- 
theÜsche  zu  geraten,  wohl  oder  übel  die  ein-  reren  heterogenen  Stücken  roh  zusammenge- 
zige  erhaltene  Th.,  die  Hesiodische  sein,  ob-  8choben(l— 85.  36— 67,  abgeteilt  bei  52.  08— 74. 
wohl  sie  nicht  nur  keinen  Anfang  bezeichnet,  75— 103.  104— 115),  ohne  daß  eine  Verknüpfung 
sondern  auch  in  vieler  Hinsicht  minder  alter-  zur  Einheit  auch  nur  versucht  ist.  Demgemäß 
tümlich  ist  als  manches  aus  Bruchstücken  uns  war  man  seit  Beginn  der  neuzeitlichen  Kritik 
noch  Erkennbare.  So  sei  eine  Inhaltsangabe  (vgl.  jetzt  besonders  G.  ElJger ,  De  prooemio 
und  kritische  Analyse  der  Th.  Hesioda  voran-  iheogoniae  Hesiodeae,  Diss.  Berlin  1871,  und 
gestellt.  10  Die  Zusätze  zu  dem  Proömium  der  hesiodischen 
Die  Hesiodische  Theogonie.  77».,  Progr.  d.  Sophien -Gymn.,  Berlin  1883; 
Das  Proömium  (1—115)  zeigt  folgenden  x\  Gimhorn,  Bemerkungen  zum  Pr.d.  lli.,  Progr. 
Gedankengang:  'Von  den  Helikonischen  Musen  Sigmaringen  181)3;  W.Aly,  Bhein.  Mus.  G8,26ff.) 
wollen  wir  zu  singen  beginnen.  Sie  bewohnen  wohl  allgemein  der  Ansicht,  daß  hier  mehrere, 
den  Helikon  und  halten  dort  ihre  Reigenttluze.  nicht  für  einander  berechnete  Stücke  —  über 
Einmal  stiegen  sie,  das  Geschlecht  der  un-  deren  Herkunft  die  Meinungen  stark  ausein- 
sterblichen  Götter  besingend  (also  eine  Th.,  andergingen  —  von  einem  mehr  oder  weniger 
11 — 21),  zum  Fnße  des  Berges  und  lehrten  späten  Redaktor  roh  zusammengefügt  worden 
den  Hesiodos,  der  dort  seine  Schafe  weidete,  seien,  jedenfalls  die  Verse  1—116  nicht  eine 
schönen  Gesang.  Erst  schalten  sie  mich  wegen  20  einheitliche  Komposition  Hesiods  darstellten. 
meiner  bisherigen  Trägheit,  dann  gaben  sie  Das  haben  neuestens  P.  Friedländer,  Hermes 
mir  einen  Lorbeerast  als  Zepter,  hauchten  A9,lff.  und  v.Wilamowitz,  Die  Ilias  und  Homer, 
mir  Gesang  ein,  um  Künftiges  und  Vergange-  Berlin  1916,  463  ff.  durch  eine  sehr  künstliche 
nes  zu  besingen,  und  befahlen  mir  das  Ge-  Interpretation  erweisen  wollen,  der  ich  nicht 
schlecht  der  Seligen,  Ewiglebenden,  und  sie  folgen  kann.  Doch  ist  ein  Eingehen  auf  diese 
selbst  zuerst  und  später  stets  zu  besingen.  Frage  hier  nicht  notwendig,  da  sie  für  die 
Doch  was  rede  ich  davon?'  (1—35).  'Von  den  Geschichte  der  theogonischen  Dichtung  im 
Musen  wollen  wir  beginnen,  die  auf  dem  Olym-  ganzen  nur  ein  Interesse  zweiten  Ranges  hat, 
pos  ihrem  Vater  Zeus  mit  ihrem  Gesang  das  Wohl  aber  müssen  diejenigen  Partien  des  Ge- 
Herz erfreuen.  Sie  besingen  das  Geschlecht  30  samtproömiums,  die  auf  die  eigentliche  Th. 
der  Götter  seit  ürbeginn  (also  eine  Th.,  44 — 52).  direkten  Bezug  haben,  hier  näher  betrachtet 
In  Pierien  hat  sie  dem  Zeus  Mnemosyne,  die  werden.  Solche  Argumenta  der  (besser:  einer) 
Herrin  von  Eleuther,  nach  neunnächtigem  Bei-  Th.  finden  sich  in  den  115  Versen  nicht  we- 
lager,  fern  von  den  Unsterblichen,  geboren  niger  als  drei  —  einer  der  schwersten  Ein- 
dicht unter  dem  Gipfel  des  Olympos.  Dort  wände  gegen  die  Einheitlichkeit  des  Proömiums, 
sind  ihre  Tanzplätze  und  Häuser;  bei  ihnen  weshalb  denn  auch  Wilamowitz  471  wenigstens 
wohnen  die  Chariten  und  Himeros'  (36—67).  das  erste  athetiert — ,  nämlich  11 — 21,  44  —  50, 
'Sie  gingen  damals  singend  zum  Olympos  zu  106 — 113.  Das  letzte  ist  die  typische  Musen- 
ihrem  Vater,  der  im  Himmel  herrscht  nach  anrufung  zum  Anlang  eines  Epos  mit  Bezeich- 
seinem  Siege  über  Kronos  und  alle  Gewalten  40  nung  des  Themas,  für  dessen  Behandlung  ihre 
an  die  unsterblichen  wohl  verteilt  hat' (68 — 74).  göttliche  Hilfe  erbeten  wird:  'Besingt  das  Ge- 
""Das  also  sangen  die  Olympischen  Musen,  die  schlecht  der  Götter,  die  von  Ge  und  Uranos 
neun  Töchter  des  Zeus,  Kleio,  Eutei-pe,  Tha-  entstammten,  und  von  der  dunklen  Nyx,  und 
leia,  Melpomene,  Terpsichore,  Erato,  Polymnia,  die  der  salzige  Pontos  aufzog.  Sagt,  wie  zu- 
Uranie  und  Kalliope.  Sie  ist  die  hervorragend-  erst  Götter  und  Erde  wurden,  Flüsse  und  Meer, 
ste  von  allen,  denn  sie  steht  den  Königen  bei.  die  Sterne  und  der  breite  Himmel  darüber, 
Welchem  König  die  Musen  gnädig  sind,  dem  sodann  die  Götter,  die  von  jenen  entstammten, 
geben  sie  die  Gabe  der  Rede,  kraft  deren  er  und  wie  sie  Gut  und  Ehren  teilten  und  den 
allen  Streit  zu  schlichten  und  recht  zu  richten  Olympos  besetzten.'  Diese  Übersicht  verzeich- 
versteht,  so  daß  er  wie  ein  Gott  von  seinem  50  net  zwar  manches,  was  in  der  Th.  selbst  gar 
Volk  verehrt  wird.  Das  wirkt  die  Gabe  der  nicht  oder  nur  andeutungsweise  enthalten  ist: 
Musen.  Denn  von  den  Musen  und  Apollon  so  das  Werden  von  Q-toi,  yccia,  növrog.,  ovga- 
sind  die  Sänger  und  Kitharisten  auf  der  Erde,  rds,  recht  auffällig  neben  den  eben  zuvor  ge- 
von  Zeus  die  Könige.  Glücklich,  wen  die  Musen  nannten,  diese  Teile  der  Welt  vertretenden, 
lieben.  Süß  rinnt  ihm  der  Gesang  vom  Munde.  gleichnamigen  Perisönlichkeiten  (das  Btfremd- 
Wenn  einer  betrübt  ist,  und  ein  Sänger  singt  liehe  daran  richtig  hervorgehoben  von  Fried- 
von  den  Ruhmestaten  der  früheren  Menschen  Vhider  a.  a.  0.  13,1),  die  uoxqcc  Xafinsro&vtcc, 
und  von  den  Olympischen  Göttern,  so  vergißt  die  dann  nur  381/2  ganz  kurz  erwähnt  sind, 
er  alsbald  sein  Leid;  schnell  lenkt  ihn  die  die  Verteilung  der  Welt  unter  die  Götter,  die 
Gabe  der  Musen  davon  ab'  (75 — 103).  'Seid  60  an  der  in  Betracht  kommenden  Stelle  (885) 
gnädig,  Kinder  des  Zeus,  und  gebt  wonnigen  gerade  fehlt,  und  die  Besetzung  des  Olympos, 
Gesang,  singt  von  dem  heiligen  Geschlecht  die  389  ff.  und  633  zwar  vorausgesetzt,  aber 
der  Unsterblichen,  Ewiglebenden,  die  von  Ge  nirgends  eigentlich  berichtet  wird.  Trotzdem 
und  üranos  entstammten  usw.  (Resume  einer  hat  diese  Übersicht  doch  jedenfalls  unsere  Th. 
Th.,  106 — 113).  Das  singt  mir,  Olympische  im  Auge,  deren  Grundlinien  durch  die  Namen 
Musen,  von  Anbeginn  und  sagt,  was  davon  Ge,  Uranos,  Nyx,  Pontos  und  deren  Geschlecht 
zuerst  war'  (104 — 116).  —  Unmittelbar  daran  unverkennbar  bezeichnet  sind,  wie  ja  auch  die 
schließt  der  eigentliche  Anfang  der  Th.,  116:  Schlußverse  des  Absatzes  unmittelbar  zu  "Hrot 


1473                    Theogonien  Theogonieu                    1474 

^ihv  TtQÖiXLGxcc  Xdoq  yivsr'  überleiten.  Auf  un-  vollstilndigung  «1<'8  Stammbaums  des  Zeus,  auf 
sere  Th.  sclieiut  auch  das  Stück  44—60  —  daß  dossen  Verherrlichunpf  die  ganze  Th.,  die  in 
es  neben  dem  benachbarten  Resnme  105  ff.  13flF.  ski/zierte  wie  die  tatsächlich  erhaltene, 
schwer  erträglich  ist,  Hei  hier  außer  acht  ge-  hinausliluft.  ITbrigens  singen  die  Musen  dieHe 
lassen  —  abji^estimmt:  die  Musen  sinp^en  im  Th,  ja  gar  nicht  in  einem  Zeusheiligtum,  son- 
Hause  des  Zeus  'zuerst  das  Geschlecht  der  dern  auf  dem  Wej^'e  vom  Zeusaltar  auf  dem 
Götter,  die  Gaia  und  ürauos  zeugten,  und  die  Helikon  zum  Weideplatz  H<?siod8.  Aber  an- 
dann  von  diesen  entstammten,  zweitens  Zeus,  dere  starke  Gründe  sprechen  —  um  davon  ab- 
den  Vater  der  Götter  und  Menschen,  und  seine  zusehen,  daß  drei  Inhaltsskizzen  derTh,  inner- 
Allmacht, endlich  das  Geschlecht  der  Menschen  lo  halb  eines  Proömiums  von  115  Versen  doch 
und  der  starken  Giganten',  Zuerst  die  Ura-  wohl  auch  für  die  primitivste  poetische  Tech- 
niden,  dann  Zeus  und  seine  Taten,  das  ist  nik  etwas  zuviel  des  Guten  sind  —  gegen  die 
ganz  das  Thema  unserer  Th.  Wenn  Menschen  Authentizität  'dieser  Verse,  d.  h,  f?egen  die 
und  Giganten  hinzugefügt  werden,  die  in  der  Annahme,  daß  sie  von  dem  Dichter  der  uns 
Th.  nur  ganz  beiläufigr  erwähnt  sind  (185  und  vorliegenden  Th,  für  die  Einleitung  seines  Epos 
535  ff.),  so  braucht  diese  Differenz  hier  noch  verfaßt  seien.  Zunächst  befremdet  das  wirre 
weniger  zu  befremden  als  das  Plus  in  dem  Durcheinander  der  in  der  Th,  selbst  und  in 
Resume  105  ff.  Denn  unsere  Verse  wollen  ja  den  Resumes  44  ff.  und  103  ff.  sorgfältig  ge- 
nicht  wie  die  letztgenannten  eine  Inhaltsangabe  ordneten  Götter -y«i/fai:  11/12  Zeus  und  Here, 
des  folgenden  Epos  sein,  sondern  sie  sind  eine  20  13/14  drei  Kinder  des  Zeus  (aber  nicht  der  Here;, 
Episode  in  dem  diesem  als  Proömium  voran-  15  Zeus'  Bruder  Poseidon,  16  die  Titaniu 
gesetzten  Musenhymnus,  Daß  der  Gesang  der  Themis  und  Aphrodite  (als  Uranostochter?;, 
Musen  im  Hause  des  Zeus  theogonischen  In-  17  Hebe,  die  Tochter  des  Zeus  und  der  Here, 
halt  hat  und  vor  allem  Zeus  selbst  feiert,  das  und  Dione,  18  wieder  drei  Titanen,  darunter 
ist  einerseits  wohl  der  Situation  angemessen  —  Leto,  deren  Kinder  mit  Zeus  V,  14  genannt 
wovon  sollten  die  Musen  sonst  dort  singen? — ,  waren,  19  die  Deszendenz  des  Titanenpaares 
andererseits  aber  natürlich  vom  Dichter  auf  Hyperion  und  Theia,  20  endlich  die  ürgewal- 
die  folgende  Th.  berechnet.  (Das  hätte  Fried-  ten  Gaia,  Okeanos,  Nyx,  Der  Th.  fremd  ist 
länder  a.  a.  0.  S.  4  nicht  leugnen  sollen,  zu-  Here  als  kgysiri  (314,  328.  454.  921.  927.  952 
mal  er  es  S.  12  zugibt.)  Doch  wäre  es  unter  30  ohne  lokale  Beiwörter  genannt,  die  der  Dichter 
diesen  Umständen  pedantisch,  zu  verlangen,  bei  den  großen  Göttern  überhaupt  meidet,  offen- 
daß  der  Musengesang  im  Hause  des  Zeus  bis  bar  um  den  punhellenischen  Charakter  seines 
ins  einzelne  dem  theogonischen  Epos  ent-  Werkes  nicht  zu  beeinträchtigen);  IloösiSdav 
sprechen  sollte,  dem  der  Musenhymnus  vorauf-  erscheint  in  dieser  Form  (die  nur  in  den  JErga 
geschickt  ist.  Der  Musengesang  ist  nicht  eine  667  und  in  Fragmenten  Hesiods  auftritt)  nie- 
Inhaltsangabe  der  Th.,  sondern  ein  Präludium  mals  in  der  Th.,  die  nur  einmal  732  die  jün- 
zu  ihr.  Wie  ohne  Zweifel  die  Verse  105  ff.,  gere  Form  UoGBidf.cov  hat  (von  Triclinius  her- 
so  kann  auch  die  Partie  44 ff",  für  die  uns  er-  gestellt,  die  hsl.  Überlieferung  schwankt)  und 
haltene  Th.  gedichtet  sein.  Wenn  diese  beiden  an  den  entscheidenden  Stellen  (441.  456.  818, 
Partien  also  in  den  Grundlinien  zur  Th.  stim-  40  930)  den  Gott,  ohne  den  Namen  Poseidon,  nur 
men,  so  gilt  das  nicht  für  den  Musengesang,  igiycrvTrog 'EwoGlyaiog  nennt.  Die  Dione  V.  17, 
11  ff.,  den  sie  anstimmen,  als  sie  vom  Helikon  mit  der  doch  gewiß  nur  die  Mutter  der  16  ge- 
zu  Hesiodos  hinuntersteigen.  Da  besiuoren  sie  nannten  Aphrodite,  nicht  die  obskure,  353  in 
'^Zeus  und  die  Here  von  Argos,  Zeus'  Tochter  der  Reihe  ihrer  Schwestern  aufgeführte  Okea- 
Athene,  Phoibos  ApoUon  und  Artemis,  Posei-  nine  gemeint  sein  kann,  ist  unserer  Th.  unbe- 
don,  Themis,  Aphrodite,  Hebe  und  die  schöne  kannt.  Am  auffälligsten  aber  ist  die  Nennung 
Dione,  Leto ,  lapetos  und  Kronos,  Eos,  Helios  der  Urgewalten  Gaia,  Okeanos  und  Nyx,  wäh- 
und  Selene,  Gaia,  den  großen  Okeanos  und  die  rend  das  Paar  Uranos-Gaia,  das  in  der  Th. 
schwarze  Nyx  und  das  Geschlecht  der  anderen  selbst  und  ebenso  in  den  beiden  anderen  Re- 
Unsterblichen'.  Wilamoivitz  a.  a.  0,  S,  471  athe-  50  sumes  als  zentrales  Urelternpaar  erscheint,  hier 
tiert  die  Verse  13 — 21,  denn  es  sei  sinnlos,  fehlt.  Okeanos  und  Nyx  stehen  ja  auch  in 
daß  die  Musen  von  den  Urgewalten  gesungen  unserer  Th,  an  nicht  unwichtiger  Stelle.  Aber 
hätten;  Gaia,  Okeanos  und  Nyx  verdienten  sie  nennen  und  Uranos  verschweigen  konnte 
keine  Huldigung.  'Hier  singen  die  Musen  nur  ein  Proömiendichter,  der  eine  Th.  im  Auge 
keine  Th. ;  sie  sind  in  einem  Zeusheiligtum  hatte,  deren  Thema  nicht  ol  rfjg  i^syevovro  xccl 
und  werden  sich  demgemäß  benehmen.'  Die  Ovgavov  ccazsQosvrog  lautete,  sondern  wo  als 
Gründe  scheinen  mir  nicht  ausreichend,  um  Urgewalten  Okeanos  und  Nyx  figurierten.  Und 
daraufhin  die  Verse  13—21  auszumerzen.  Er-  solche  Th,n  kennen  wir,  s,  Sp.  1539.  Auf  eine 
stens  können  und  müssen  die  Musen  ebenso-  solche,  nicht  auf  die  Hesiodische  Th.,  wie  wir 
wohl  von  den  Urgewalten  singen,  wie  der  60  sie  haben,  weisen  die  Verse  11 — 21  hin.  Blicken 
Dichter  es  alsbald  tut,  dem  sie  die  Sanges-  wir  von  diesem  gesicherten  Ergebnis  (das  G^rMjjpe, 
künde  einhauchen  und   befehlen  v^vstv  ^ayiä- 

goJV    yivog    alhv    SOvrcov:     an     den    Anfan»-    der  zustimmen.     Gaia   ist,   wie   Robert,   Melange*  Nicole  484  ff. 

Behandlung   dieses   yivog  gehören  eben  dfe  Ur-  ^c'^ön  zeigt,  in  der  Hesiodisch&n  Th.  die  eigentliche  Füh- 

gewalten.  Ihre  Erwähnung  bedeutet  noch  keine  ^«'^^^  ^^"^  Haupthandlung,  und  in  Orphischen  Th.n  stan- 

rr    1  T          „   !•••        •           n     i.2\       •       j-      j.             tt  den  auch  Okeanos  und  Nyx  noch  weit  mehr  im   vorder- 

Huldigung   für   sie   selbst*),   sie   dient   zur   Ver-  ^^^^.^  ^,^  ^ei  m^iod,  s.u.     Und  doch  dienten  alle  diese 

*)  übrigens  kann  ich  auch  dem  Satz,  daß  Gaia,  Okea-  Dichtungen   am   Ende   der  Verherrlichung    des   Zeus   als 

nös   und   Nyx    keine  Huldigung   verdienten,    keineswegs  des  höchsten  Gottes. 


1475                   Theogonien  Theogonien                    1476 

Die  griech.  Kulte  u.  Mythen  1,667  ff.  verdankt  Weiterungen  einer  straff  konzentrierten  Urtheo- 
wird)  auf  daa  Bäsum^  44 ff.,   das  das  iv^ga-  gonie    erklären    zu  wollen,    heißt  das  Wesen 
nmp   xe   yivog  nQaTsg&v  r»  Fiydvrwv  erwähnt,  einer  solchen  Dichtung  verkennen,   die,  wenn 
das  in  unserer  Th.  fehlt,  in  anderen  hingegen  sie  eine  systematische  Zusammenfassung  aller 
zweifellos  gestanden   hat  —  z.  B.  in  der  *o-  göttlichen  Kräfte  des  Alls  geben  wollte,  not- 
Qoivlgy  die  auch   die  "Hqti  kgyfiri  behandelte,  wendigerweise  bei  der  Buntheit,  Mannigfaltig- 
8.  u.  Sp.  1632  — ,  80  werden  wir  auch  in  dieser  keit,    Zwiespältigkeit,   Unkonzentriertheit  des 
Abweichung  nicht  mehr  eine  erträgliche  Lizenz  Materials  nur  durch   zahlreiche  Exkurse  und 
des  Dichters,  sondern  auch  einen  Hinweis  auf  Einschachtelungen  der  Fülle  de8  Stoffes  Herr 
eine  andere  als  unsere  Periodische  Th.  zu  er-  lo  werden  konnte.     Würdigt  man  diese  Schwie- 
blicken  geneigt  sein.     So  ergibt  sich  aus  un-  rigkeit   in   gebührendem  Maße,   erwägt  man, 
serer  Betrachtung  —  um  die  sonstigen  Eom-  daJä  es  sich  um  ein  Werk  aus  den  Anfängen 
positionsfragen  hier  beiseite  zu  setzen  — ,  daß  der   griechischen   Literatur  handelt,   wo  man 
von    den    drei   im   Proömium  enthaltenen  In-  die  Kunst  des  Disponierens  nicht  in  der  Rhe- 
haltsükizzen  nur  eine,  die  letzte,  im  wesent-  torenschule  lernte,    so   ist  eher  das  Geschick 
liehen  zu  der  uns  erhaltenen  Th.  stimmt,  die  des  Dichters  anzuerkennen,  mit  dem  er  scliließ- 
beiden  anderen  hingegen  auf  sehr  wesentlich  lieh  doch  alles  in  einen  großen  Rahmen  zu- 
verschiedene (11  ff.)  oder  doch  in  einem  wich-  sammenzwingt,  als  daß  man  .ihm  Zerfahrenheit 
tigen  Zuge   abweichende  (60)   Fassungen    be-  vorwerfen  dürfte.    Damit  ist  nicht  gesagt,  daß 
rechnet  sind,  die  Hesiodi^ch  oder  nicht- ^e- 20  die  Th.   nicht  Interpolationen   enthalte;    aber 
modisch  zu  nennen  ein  Streit  um  Worte  ist.  es  geht  nicht  an,  alles,  was  der  Geradlinigkeit 
Denn  es  geht   nicht  an,    den  Namen   Hesiod  und  Widerspruchslosigkeit  des  Ganzen  Eintrag 
allein  für  die  uns   zufällig  erhaltene  Recensio  tut,   zu  streichen  oder  durch  Umstellung  ein- 
der  Th.  mit  Beschlag    zu    belegen.     'Hesiod'  zurenken.    Wer  so  viel  Verschiedenartiges  zu- 
war ein  Sammelname   für  allerlei  herrenloses  sammenarbeiten  mußte,  konnte  kein  blankes, 
theogonisches  Gut,   wie   uns   am   deutlichsten  fugenloses  Meisterwerk  zustande  bringen.  Einige 
das  unten  (Sp.  1630)  zu  besprechende'Hesiod'-Fg.  Stücke  zwar,  die  mit  dem  Grundplan  gar  nicht 
bei  Chrysippos  zeigt!    Der  Wert  der  behandel-  vereinbar  sind  oder  den  Kontext  allzu  gröblich 
ten  Inhaltsskizzen  liegt  eben    darin,    daß  sie  zerreißen   oder  in   allzu  krassem  Widerspruch 
uns  verlorene,  von  unserer  jffestod-Th.  verschie-  30  zu  anderen,  z.  T.  dicht  benachbarten  Partien 
dene   Th.n   bezeugen.     Das    Gesamtproömium  stehen  —  dahin  rechne  ich  vor  allem  den  He- 
1 — 116    ist   eine    lockere   Zusammenschiebung  katehymnus,   einiges  in  der  Hadesschilderung 
poetischer  Materialien,    die    zu  Proömien   für  und   die  Typhoeusepisode  —   können  unmög- 
theogonische  Dichtungen  geschaffen  und  ver-  lieh   als   Glieder  einer  als  Einheit  gemeinten 
wendbar  waren,  aus  denen  sich  der  Rhapsode  Dichtung  geduldet  werden.  Viele  Inkonsequen- 
das   ihm   für  seinen  Vortrag   geeignet  Schei-  zen  und   Inkonzinnitäten  der  Gliederung  hin- 
nende  aussuchen  mochte.     Wer  einen  Plan  in  gegen  erweisen  sich  bei  näherer  Betrachtung 
ihm  finden  will,  muß  ihn  erst  hineintragen.  als  Ergebnis  eines  künstlerischen  Willens,  den 
Der  Kern   der  Th.  Hesiods   (116 — 885),  wir   respektieren   müssen.     Nirgends  übrigens 
so  wie  sie  uns  vorliegt,   ist  eine  nach  gewis-  40  in  der  eigentlichen  Th.  —  außer  in  der  Hades- 
sem Plan  angelegte  und  im  ganzen  folgerich-  Schilderung,  in  der  die  Stücke  einfach  unver- 
tig   durchgeführte,    systematische    Genealoo^ie  arbeitet  nebeneinandergesetzt  sind  —  begegnet 
aller  griechischen  Götter,  die,  soweit  sie  Götter  ein  so  widerspruchsvoller  Wirrwarr  wie  in  dem 
des  Himmels  und  der  Erde  sind,    auf  das  Ur-  Proömium. 

eitempaar  üranos  und  Gaia,  soweit  sie  Meer-  Die  Urgewalten  (11€ — 125).  'Zu  aller- 
wesen  sind,  auf  das  Paar  Pontes  und  Gaia  erst  war  das  Chaos,  dann  aber  —  ob  das 
zurückgeführt  werden.  Vorangestellt  sind  einige  wötocq  ^nuxa  beiordnend  oder  zeitlich  nach- 
kosmische  Urbegriffe,  mit  denen  aber  der  des  ordnend  zu  verstehen  ist  (so  versteht  es  Plat. 
spekulativ-philosophischen  Sinnes  ermangelnde  Sympos.  nS  B  qprjal  iistcc  t6  xdo<s  dvo  rovro 
Dichter  nicht  viel  anzufangen  weiß  und  sie  50  y^vicd^cci  Friv  xs  v.ccX  "Egarcc),  ist  aus  der  Stelle 
daher  —  bis  auf  Nyx,  die  zur  Mutter  aller  selbst  nicht  zu  entnehmen,  vgl.  Schoemann,  Die 
dunklen,  menschenfeindlichen,  halb-göttlichen  Hesiodische  Theogonie,  Berlin  1868,  z.  St.  — 
Mächte  gemacht  wird  —  alsbald  unausgenützt  die  breitbrüstige  Gaia,  der  in  Ewigkeit  ge- 
fallen läßt.  Die  Hauptlinie  der  Darstellung  festigte  Sitz  aller  [Unsterblichen,  die  das  Haupt 
führt  von  Uranos  und  Gaia  zu  ihren  Kindern,  des  beschneiten  Ölympos  innehaben,  und  die 
den  Titanen,  denen  die  Kyklopen  und  Heka-  dunstigen  Tartara  in  der  Tiefe  der  weiträu- 
toncheiren  zur  Seite  treten,  zur  Entmannung  migen  Erde]  und  Eros,  der  der  Schönste  ist 
des  Uranos  durch  Kronos  und  zur  Titanenherr-  unter  den  unsterblichen  Göttern,  der  Glieder- 
schaft, dann  zu  deren  Deszendenz,  vor  allem  lösende;  aller  Götter  und  aller  Menschen  Sinn 
der  des  Hauptpaares  Kronos-Rbeia,  dessen  Sohn  60  und  wägenden  Verstand  in  der  Brust  bezwingt 
Zeus  die  Titanenherrschaft  stürzt  und  nach  er.'  Das  Eingeklammerte  (118/9)  fehlt  bei  allen 
Bezwingung  des  Typhoeus  seine  Herrschaft  antiken  Zeugen  (von  Plat.  bis  Stob.,  s.  die  Aus- 
befestigt. Dieses  Grundschema  ist  durch  eine  gaben)  und  ist  zweifellos  spätes  Einschiebsel, 
Reihe  z.  T.  umfangreicher  Einlagen  und  An-  teils  zur  Erläuterung  des  allein  stehenden  Ttdv- 
hängsel  durchbrochen  und  erweitert.  Diese,  tav  —  aber  eine  sehr  törichte  und  falsche  Er- 
d.  h.  alles,  was  nicht  notwendig  zu  dem  be-  läuterung  — ,  teils  um  den  später  (682.  721. 
zeichneten  Bauplan  des  Werkes  im  engeren  725.  736.  807.  822.  868)  ohne  weiteres  einge- 
Sinne  gehört,  herauslösen  und  für  spätere  Er-  führten  Tartaros   (sie,   nie  Tartara   wie   hier) 


1477  Theogonien  Theogonien  1478 

nach  Analogie  anderer  Th.n  (s.  Sp.  1541  ff.)  unter  alsbald  unausgenützt  fallen  gelassen,  während 

den  Urgewalten  unterzubringen.*)     So  bleiben  sich  mit  UranoH  und  Pontos,  die  sie  partheno- 

als  Urwesen,  in  ihrem  genealogischen  Verhält-  frenetisch   hervorgebracht  hat,  Gaia   nunmehr 

nis  zueinander  nicht  bestimmt,   also  wohl  als  zum    Zweck    der    Erzeugung    aller    göttlichen 

koordiniert  zu  fassen,   Chaos,  Gaia  und  Eros.  Gewalten   des  Himmels  und  des  Meeres   ver- 

Aber  nur  Chaos   und  Gaia  werden   als   schaf-  bindet.    Der  Gedanke  der  Parthenogenese  wird 

fende  Prinzipien  verwendet;  von  Eros  ist  über-  fortan  fallen  gelassen  (nur  927  bei  Hera  noch 

haupt  nicht  mehr  die  Rede,  denn  der  201  bei-  einmal  aufgenommen).    Uranos  und  Pontos,  ob- 

läuüg  neben  Himeros  als  Begleiter  Aphrodites  schon    als  die  Naturgrößen  Himmel  und  Meer 
genannte  Eros  hat  nichts  mit  dem  kosmischen  lo  angeschaut  und  geschildert,  sind  doch  zugleich 

Prinzip  dieses  Namens  zu  tun,   und  910  steht  schon    mythologische  Personen   im  Gegensatz* 

^Qog  appellativ.    Welche  Schlüsse   hieraus  zu  zu  den  ganz  im  Stofflichen  bleibenden,  nicht 

ziehen  sind,  darüber  s.  u.  Sp.  1501.   Sehen  wir  zu    einer    mytHologitchen    Feinheit   zusammen- 

von  Eros  ab,  so  geht  die  Entwicklung  im  An-  gefaßten  Urea;  wo  diese  der  Dichter  hernahm, 

Schluß    an    die  Urdyas    Chaos -Gaia    zunächst  s,  u.  Sp.  1503. 

dyadisch  weiter.  Zuerst  (123 — 125)  dieDeszen-  Die  zweite  Trias  der  Gaia-Geburten: 
donz  des  Chaos,  Erebos  und  Nyx,  von  diesen  die  Uraniden  (132—210).  Aus  der  Verbin- 
aus  geschlechtlicher  Vereinigung  Aitlier  und  düng  Gaias  mit  Uranos  gehen  drei,  in  sich 
Hemere.  Das  heißt,  aus  dem  Urschlund  geht  wieder  triadisch  aufgebaute  Reihen  von  Ge- 
zunächst  das  Urdunkel  hervor,  gespalten  in  20  schöpfen  hervor:  die  4x3  Titauen,  die  3  Ky- 
den  männlich  gedachten  Stoff  des  Dunkels,  klopen  und  die  3  Hekatoncheiren.  Die  Titanen 
Erebos,  und  seine  uns  gewohnte  Erscheinungs-  (der  Name  erscheint  hier  noch  nicht)  werden 
form,  die  Nacht.  Beide  erzeugen  vereinigt  ihr  in  folgender  Ordnung  aufgeführt:  Okeanos, 
Widerspiel,  das  Licht,  gleich  den  Eltern  in  Koios,  Kreios,  Hyperion,  lapetos,  dann  Theia, 
männlich  und  weiblich,  Lichtstoff  =  Aither  Rheia,  Themis,  Mnemosyne,  Phoibe,  Tethys;* 
und  Lichterscheinung  =  Hemere,  zerlegt.  Die  zuletzt  wird  der  verschlagene  Kronos,  der 
sinnvolle  Tiefe  dieser  kosmologischen  Konzep-  stärkste  der  Söhne,  geboren,  der  den  kraft- 
tion  leuchtet  ein.  Wenn  jedoch  auch  hier  der  strotzenden  Vater  haßt.  Die  Fortführung  dieser 
Gedanke,  kaum  erfaßt,  fallen  gelassen  wird,  Erzählung,  die  mit  154  'öacot  yuQ  Falrig  ts  xal 
die  kosmischen  Urprinzipien  Erebos,  Aither  30  Ovgavov  i^sytvovro ,  ösivoxccxoi  Ttaidcav,  ccps- 
und  Hemere  für  das  System  der  Theo-  und  T^gat  d'  ijx^ovro  Toxfyt  ytrX.  scharf  und  genau 
Kosmogonie  nirgends  mehr  nutzbar  gemacht  an  den  Vers  138  &uX6Qbv  d'  ijx^riQS  tohtj«  an- 
werden  —  daß  748 ff.  von  dem  Wechsel  zwi-  schließt,  ist  von  ihm  durch  die,  jeder  in  sich 
sehen  Nyx  und  Hemere  gesprochen  wird  und  auch  wieder  selbständigen,  Abschnitte  139— 146 
Erebos  (515.  669)  als  Verließ  des  Menoitios  und  (Geburt  der  Kyklopen  Broutes,  Steropes  und 
derTitanenerscheint,  ist  doch  irrelevant — ,  ein-  Arges,  Beschreibung  ihrer  Tätigkeit  und  ihrer 
zig  Nyx  noch  eine  bedeutendere  theogonische  Gestalt)  und  147 — 153  (desgl.  über  die  Heka- 
Rolle  zu  spielen  hat  (211  ff.),  so  wiederholt  sich  toncheiren  Kottos,  Briareos  und  Gyes)  getrennt, 
offenbar  in  allerdings  etwas  abgeschwächtem  Da  beide  Riesen-Triaden  später  in  der  Titano- 
Maße ,  was  wir  eben  bei  Eros  konstatierten :  40  machie  gebraucht  werden ,  mußten  sie  wohl 
der  Dichter  führt  Kräfte  und  Begriffe  ein,  mit  oder  übel  schon  hier  im  Anfang  unter  den 
denen  er  nichts  Rechtes  anzufangen  weiß,  ist  Uraniden  eingefügt  werden,  und  unser  Dichter 
also  nicht  ihr  Finder.  Diese  Art  kosmologi-  wußte  sie  nicht  besser  unterzubringen,  als  in- 
scher Spekulation  liegt  ihm  nicht,  sie  ist  aber  dem  er  sie  hinter  der  Titanenreihe  einkeilte 
bereits  so  kräftig  vorhanden,  daß  eine  Th.  sie  unter  Zerreißung  des  Gedankenfadens,  der  von 
in  ihrem  Anfang  nicht  entbehren  darf.  So  hat  138  zu  154  hinüberführt.  In  den  Th.n,  auf 
der  Dichter  unserer  Th.  ihr  diese  kosmologi-  denen  Apollod.  und  Hygin  fußen,  waren  sie 
sehen  Elemente  vorangesetzt,  ohne  eine  orga-  mit  mehr  Glück  vor  die  Titanen  gesetzt  (s.  u. 
nische  Verbindung  mit  dem  Folgenden  her-  Sp.  1519  und  1525),  vor  die  sie  als  die  roheren, 
stellen  zu  können.  50  naturhafteren,  unpersönlicheren  Gestalten  ja 
Die  erste  Trias  der  Gaia-Geburten  auch  innerlich  gehören.  In  der  Th.  Hesiods 
(126 — 132).  Die  Geburten  der  Gaia  werden  in  wäre  das  durch  Umgestaltung  der  V.  132/3  zu 
Triaden  vorgeführt.  Sie  gebiert  zuerst  den  machen  gewesen.  Der  Dichter  zog  die  Ein- 
gestirnten Uranos,  gleich  groß  wie  sie,  so  daß  Schaltung  nach  138  vor,  wo  keine  Änderung  des 
er  sie  ganz  bedeckt,  bestimmt,  der  dauernde,  Textes  not  tat.  Jedenfalls  ist  klar,  daß  in  der 
feste  Sitz  der  seligen  Götter  zu  werden,  ferner  ursprünglichen  Dichtung  von  der  Entmannung 
die  hohen  Berge  als  Sitze  der  Nymphen,  end-  des  Uranos  durch  seine  Kinder  die  Kyklopen 
lieh  Pontos,  das  wogende,  unwirtliche  Meer.  und  Hekatoncheiren  noch  keine  Stätte  hatten; 
Die  Berge,    gleichgeordnet    mit    Himmel    und  sie  haben  ja  auch  nichts  mit  ihr  zu  schaffen.*) 

Meer   (denen   in   der    geläufigen   Zusammenstel-  60  *)  Arthur  Meyer,  De  composiUone  theogoniae  Hesiodeae  60 

lung   sonst   die   ganze  Erde  koordiniert   zu  wer-  athetiert,  auf  Gruppe  fußend,  die  Vv.  139— 153  als  Inter- 

den    pflegt),    sind  wenig   sinnvoll   und    wohl   nur  polation    des    von    ihm   angenommenen  Ketraktators   der 

zur  Füllung   einer  Trias   eingefügt,    die   der  fol-  Th.,   dem  er  u.  a.  auch  die  ganze  Titanomachle  zuweist. 

genden   Trias    (Titanen,    Kyklopen,    Hekaton-  ich  weiche  von  ihm  ab,  indem  ich  nicht  nachträgliche 

Cheiren)     entsprechen     soll;      auch     werden     sie  Erweiterung  einer  älteren,  in  sich  geschlossenen    ganzen 

^  ^  '  Th.  annehme,   sondern   in  der  uns  überlieferten  Th.  eine 

unvollkommene,  nicht  geglättete  Zusammenfassung  meh- 

*)  Die  Echtheit  von  118  f.  neuerlich  ohne  überzeugende  rerer    älterer,    ursprünglich    selbständiger  Einzelgedichte 

Gründe  verteidigt  von  Dietze,  Rhein.  Mus.  69,  532.  theogonischen  Charakters  sehe. 


1479                    Theogonien  Theogonien                    1480 

—  Die  Hauptmomente  der  Uranosgeschichte  vor  L  ranos  und  den  Uraniden  (die  schon  eine 
bei  Hesiod  sind  folgende,  üranos  bannt  alle  Getieration  jünger  sind  als  die  Nyx-Geschöpfe) 
seine  Kinder  sogleich  nach  der  Geburt  in  hätte  stehen  müssen  (so  bei  J^i/^m,  s.u. ^p.  1528). 
Gaias  Schoß.*)  Sie  leidet  unter  der  Zurück-  Der  Grund  der  Verscliiebung  könnte  sein,  daß 
<lrängung  der  aufgetragenen  Geburten  in  ihren  der  Dichter  der  Urgeschichte  nicht  durch  Ein- 
Leib —  das  heißt  offenbar  ?]  d*  ivrög  aztvaxi-  fügung  der  langatmigen  Personifikationenreihe 
^fto  rata  TtsXfogr]  arstvouBvr}  entgegen  der  ver-  ihre  großartige  Knappheit  nehmen  wollte.  Nyx 
wässernden  Deutung  des  6Iß/«*fe)s  im  SeÄo/.  z.  St.  gebiert   parthenogenetisch   —   das    gilt   auch, 

—  und  sinnt  auf  Abhilfe.  Sie  schafft  den  wenn  man  213  tilgt  —  die  Trias  der  Todes- 
Stahl,  bildet  daraus  eine  Sichel  und  reizt  ihre  lO  dämouen  Moros,  Ker,  Thanatos,  dann  Hypnos 
Kinder  —  nach  dem  Kontext  ist  wieder  nur  und  das  Volk  der  Träume,  dann  Momos,  Oizys 
an  die  Titanen  gedacht  —  zur  Hache  an  dem  und  die  Hesperiden,  die  jenseits  des  Okeanos 
Vater.  Alle  andern  scheuen  sich,  nur  Kronos  die  goldenen  Äpfel  hüten;  ihre  Namen  sind 
wftgt  und  vollbringt  das  Werk  der  Entmannung  in  unserer  Fassung  der  Th.  nicht  genannt, 
des  Uranos  mit  Hilfe  jener  Sichel.  Die  Schil-  doch  hat  das  Altertum  sie  im  Hesiod,  also 
derungistvon  großartiger  Anschaulichkeit;  die  doch  offenbar  in  der  Th.  und  an  dieser  Stelle 
Worte  (17b)  TiXd-s  öh  vvxr*  ixdytov  lUyag  Ovqu-  gelesen,  s.  Hes.  fg.  270  Rzach.  Die  V.  217—222, 
v6gy  &u(pl  Sh  Fairj  iiisigtov  qnXorriTog  insapro  xat  die  Moiren  und  Keren  bringen,  sind  unverträg- 
{f*  iravvaOyi  ndvxy  erweisen  deutlich  den  Oi)-  lieh  mit  213,  wo  eben  die  Ki]Q  ^itXatva  als 
gavbg  Scötsifoeis  nicht  als  den  Himmel  schlecht-  20  Tochter  der  Nyx  genannt  ist,  und  904  ff. ,  wo 
hin,  sondern  als  den  stofflich  gedachten  Nacht-  die  Moiren  als  Töchter  des  Zeus  und  der  The- 
himmel,  der,  indem  er  sich  über  die  Erde  mis  erscheinen.  Es  folgen  223  Nemesis,  Apate, 
deckt,  sie  vom  Licht  scheidet  und  die  Nacht  Philotes,  Geras  und  Eris.  Als  Kinder  der  Eris 
schafft.  Von  den  auf  sie  niedergefallenen  Bluts-  werden  226 — 232  Ponos,  Lethe,  Limos,  Algea, 
tropfen  der  abgeschnittenen  urjSsa  befrachtet,  Hysminai,  Phonoi,  Machai,  Androktasiai,  Nei- 
gebiert  Gaia  die  starken  Erinyen,  die  großen,  kea,  falsche  Logoi  und  Amphilogiai,  Dysno- 
speerbewehrten  Giganten  und  die  Nv^cpai  Mb-  mie,  Ate  und  endlich  Horkos  aufgeführt,  der 
Xiai  (also  wieder  eine  Trias!),  sämtlich  ferner  den  Menschen  großen  Schaden  tut,  wenn  sie 
in  der  Th.  nicht  mehr  benützt.  Das  Zeugungs-  falsch  schwören.  Für  Lethe  und  Horkos  ist 
glied  selbst,  das  Kronos  hinter  sich  geworfen  30  der  allegorische  Sinn  ihrer  Ableitung  etwas 
hat,  fällt  ins  Meer.  In  seinem  Schaum  (d.  h.  gekünstelt,  für  die  anderen  ohne  weiteres  klar. 
in  dem  Samen)  entsteht  Aphrodite,  nähert  sich  Die  Absicht  der  Partie  ist,  alle  menschenfeind- 
erst  Kythera,  dann  Kypros,  wo  sie  ans  Land  liehen  Mächte  als  Geschöpfe  der  JVvl  oior?  dar- 
ateigt:  so  erklären  sich  ihre  Namen  Aphrodite,  zustellen.  Einen  Fremdkörper  in  der  Reihe 
Kythereia,  Kyprogenes  und  cpiXonaridi^g.  Ihre  bilden  nur  die  Hesperiden,  deren  Erscheinen 
Begleiter  sind  Eros  und  Himeros  (die  nicht  auch  in  der  sonst  vorzüglichen  Behandlung 
genealogisiert  sind,  kein  Wort  der  Bezugnahme  des  Abschnitts  bei  A.  Meyer  a.  a.  0.  3 — 11 
Äuf  den  kosmogonischen  Eros  in  V.  120),  ihr  nicht  überzeugend  erklärt  ist. 
Tätigkeitsbereich  Liebe  und  Liebesgenuß.  Der  Die  dritte  Trias  der  Gaia-Geburten 
Gedanke,  die  Liebesgöttin  gleichsam  als  die  40  (233  —  336).  Auch  mit  ihrem  jüngeren  Sohn 
personiBzierte  Quintessenz  der  schrankenlos  Pontes  zeugt  Gaia  eine  Trias  von  Söhnen:  den 
zeugenden  Urkraft  zu  erklären,  darf  wohl  wahrhaften,  gütigen  und  gerechten  Meerj^reis 
genial-urtümlich  genannt  werden.  —  Erst  nach  Nereus  und  die  ihm  wesensverwandten  Thau- 
diesem  Frevel  erhalten  die  Uraniden  den  Na-  mas  und  Phorkys;  dazu  treten  sekundär  zwei 
men  Titanen:  wegen  ihres  frevelhaften  Trach-  Töchter  mit  redenden  Namen,  Keto  und  Eu- 
tens  (tuaivovTag  &xa6%-(xXirj)  und  im  Hinblick  rybie,  die  ein  stählernes  Herz  in  der  Brust 
auf  die  künftige  Rache  (xUig)  gibt  ihnen  Ura-  hat.  Sie  erscheint  V.  375  mit  dem  Titanen 
nos  diesen  Schimpfnamen.  Daß  er  die  Kyklo-  Kreios  gepaart.  Die  Deszendenz  der  anderen 
pen  und  Hekatoncheiren  nicht  mit  umfaßt,  Pontoskinder  wird  sogleich  angefügt,  zunächst 
beweist  aufs  neue,  daß  das  Uranosgedicht  in  50  die  des  Nereus  mit  der  Okeanine  Doris  (350), 
seiner  Urform  nichts  von  ihnen  weiß.  die    angeblich    50,    in    Wahrheit    (wie    schon 

Die   Deszendenz    der  Nyx    (211  —  232).  Aristarch  im  Schol.  z.  St.  bemerkt)  51  Nerei- 

An  die  Behandlung  der  Deszendenz  Gaias  mit  den,  vgl.  über  sie  Weizsäcker  0.  Bd.  3,  Sp.  207  ff., 

ihrem  ältesten  Sohne  Uranos  müßte  folgerichtig  dann  die  des  (schattenhaften)  Thaumas  mit  der 

die  Deszendenz  Gaias  mit  dem  jüngeren  Sohne  Okeanine  Elektre  (349),  die  Trias  Iris  und  die 

Pontes   anschließen.     Statt  dessen  bringt  der  beiden  Harpyien  A6II0  und  Okypete,   endlich 

Dichter  jetzt    die    Deszendenz    der   Nyx,    die  270  —  336    das    ausgebreitete    Geschlecht    des 

richtiger  schon  nach  125,  anschließend  an  ihre  Phorkys  und  der  Keto,  von  denen  der  Dichter 

Kinder  mit  Erebos,  Aither  und  Hemere,   und  fast    alle    mythischen    Unholde    ableitet.      Er 

60  nennt  die  zwei   Graien  Pemphredo  und  Enyo 

*)  Die  neuerUch  wieder  von  /.  Dietze,  Rhein.  Mut.  69,  Und  die  drei  Gorgonen  Sthenno ,  Euryale  und 

323  aufgenommene  Interpretation    der  Stelle,    daß    nicht  Medus?,,  VOn   denen   die   ersten    beiden  unstfirb- 

die  Titanen,   sondern  nur  die  Kyklopen  und   Hekaton-  lieh,    Medusa  sterblich   ist.     Sie   verbindet  sich 

cheiren  von  Uranos  gefesselt  würden,  halte  ich  für  ganz  ^^t  Poseidon    (nur  KvavOYCcnr}g    genannt)  und 

abwegig,   kann  aber  hier  nicht  darauf  eingehen.     Wenn  gebiert    bei    ihrer  Enthauptung    durch   Perseus 

meine  Interpretation  der  Besioduchen  Tltanomachie  nch-  V»                        j    i-^i                     j              xr                „i.    >„    i 

tig,  somit  die  Verse  139-15S  sekundäre  Einfügung  sind  P?gf  ^^  und  Chrysaor,  deren  Namen  etymolo- 

(wie  längst  gesehen),  so  fallt  Dietzen  Deutung  von  selbst  gisch   erklart  werden.     Pegasos    dient   fortan 

dahin.  Zeus  als  Blitzträger,  Chrysaor  wird  durch  die 


1481  Theogonien  Theogonien  1482 

Okeanine  Kallirhoi^  (361)  Vater  des  dreiköpfigen  dispaiattn  .>ii-^nMistoff  nicht  fordern.  Jedenfalls 
Geryoneus,  den  Herakles  samt  aeinem  Hund  ist  das  Motiv  dieser  Umstellung  klar,  während 
Orthos  und  dem  Hirten  Eurytion  tötet.  Nach  für  die  Folge  Hyperion-Kreios-KoioH  statt  Koios- 
diesem  Ausblick  auf  den  Perseus-  und  Hera-  Kreios- Hyperion  kein  wirklich  durchschlagen- 
klesmythos  nennt  der  Dichter,  neu  einzctzend  der  Grund  zu  finden  ist.*}  —  Okoanos  als  äl- 
(295),  als  weitere  Geburt  der  Keto  die  Echidna,  tester  Titan  schließt  leicht  an  die  voraufge- 
die  er  näher  beschreibt,  um  dann  ihre  Deszen-  gangene  Pontes-Deszendenz  an;  denn  er  ist 
denz  mit  Typhaon  (der  nicht  genealogisiert  ihr  wesensverwandt  und  wenig  glücklich  ge- 
wird, auch  in  dieser  Form  sonst  in  der  Th.  nealogisch  (als  Sohn  des  Himmels  und  der 
nicht  erscheint:  820 ff.  Typhoeus)  aufzuzählen:  lo  Erde!)  von  ihr  losgetrennt.  Mit  der  Titanin 
erst  die  Trias  Orthos,  Kerberos  und  die  Hydre  Tethys  verbunden  zeugt  er  die  Flüsse  und 
von  Lerna,  die  Here  als  Gegnerin  für  Herakles  Quellen.  Der  2^  Namen  (ohne  erkennbare  Ord- 
aufzieht,  der  sie  aber  erlegt,  dann  (mit  neuem  "ung)  umfassende  Flußkatalog  (387 — 345)  zeigt 
j)  ds  . . .  hiyirsv)  die  Chimaira,  die  Pegasos  und  einen  über  den  Homerischen  bedeutend  erwei- 
Bellerophontes  töten.  Bei  dem  folgenden  ^  terten  Gesichtskreis;  für  die  Bestimmung  der 
fi'  aga  ^ix'  öXoijv  t^xs  (326)  ist  nicht  klar,  ob  Entstehungszeit  der  Th.  wäre  er  nur  dann 
€8  auf  Chimaira  oder  noch  einmal  auf  Echidna  brauchbar,  wenn  wir  sicher  sein  könnten,  daß 
bezüglich  ist.  Wäre  letzteres  der  Fall,  so  er  keine  Überarbeitung  erfahren  hat.  Önter 
würden  die  nunmehr  (mit  Orthos)  erzeugten  den  41  Okeanostöchtern  oder  Okeaninen  (so 
Kinder  Phix  und  Löwe  von  Nemea  mit  der  20  364.  389.  507.  956),  at  ytatu  ycclccv  uv^gag  xov- 
Chimaira  eine  zweite  Trias  von  Echidna-Ge-  qi^ovol  övv  'AnöXXiovi  a.vuv.ti  xal  IIoTccuotg,  xccv- 
burten  ergeben.  Der  Löwe  und  seine  Erlegung  trjv  ös  ^tbg  ndga  fiolgccv  i^x^voiv,  befinden  sich 
durch  Herakles  wird  in  einigen  Versen  ge-  die  schon  241.  266.  288  als  Gattinnen  des  Ne- 
schildert.  Den  Beschluß  des  Abschnitts  bildet  reus,  Thanmas,  Chrysaor  genannten  Doris, 
das  jüngste  Kind  des  Phorkys  und  der  Keto,  Elektre,  Kallirhoe,  ferner  Dione,  Europe,  Me- 
die  Schlange,  die  in  den  Tiefen  der  dunklen  tis,  Asie,  Kalypso,  als  letzte  Styx,  die  als  ngo- 
Erde  die  goldenen  Äpfel  hütet.  Die  Lokali-  cpsgBßtätri  ccnccöiav  bezeichnet  wird.  Die  ge- 
sierung  widerspricht  der  Darstellung  215  und  nannten,  heißt  es  362,  sind  die  ältesten  Okea- 
275,  wo  beide  Male  die  Hesperiden  ntgriv  xXv-  ninen ;  im  ganzen  gibt  es  dreitausend  (runde 
tov'^ycBuvoio  gesetzt  werden.  Durch  den  klei-  30  Zahl!)  und  ebensoviele  Flüsse,  deren  Namen 
nen  Absatz  wird  dem  Leser  in  Erinnerung  ge-  alle  zu  nennen  kein  Sterblicher  imstande  sei. 
bracht,  daß  der  ganze,  durch  zahlreiche  sagen-  —  Hyperion  und  Theia,  die  die  Trias  Helios, 
geschichtliche  Abschweifungen  variierte  Ab-  Selene,  Eos  zeugen,  sind  ganz  kurz  abgemacht 
schnitt  den  Phorkiden  gegolten  hat.  Erschließt  (371 — 374).  —  Kreios  und  die  (239  vorge- 
336  xovxo  (ihv  ix  Krirovg  xa\  ^ögxvvog  yivog  stellte)  Pontostochter  Eurybie  zeugen  die  Trias 
iativ.  Letzteres  ist  z.  T.  gleich  mehrere  Ge-  Astraios,  Pallas,  Perses;  Astraios  (eine  ätiolo- 
nerationen  abwärts  verfolgt  worden,  während 

der    Dichter     sonst    bestrebt    ist,    jede    Götter-  *)  ^.j/eyers  Begründung  (a.a.O. 21)  ist  hinfällig.  Wenn 

generation    m    ihrer    ganzen    Breite    zu    behau-  „ach  ihm  Kreios  deshalb  vor  Koios  gestellt  ist,  damit  der 

dein:    offenbar,    um   weiterhin   die  Darstellung  40  mit  der  Koiostochter  Asterie  (409)  verbundene  Kreiossohn 

nicht  durch  Nachträge  zu  diesem  minder  wich-  Perses  dort  nicht  als  ein  Unbekannter  erscheine,  sondern 

tigen     Pontes-    und    Phorkys -Abschnitt    unter-  gemäß   der  Gepflogenheit   der  Th.  schon  vorher   genealo- 

brechen   zu   müssen.*)  gisiert  sei,  so  war  dieses  Ziel  ebensogut  dadurch  erreich- 

Die    Titaniden     (337  —  452).       Nach    Auf-  bar,  daß  der  Dichter  Koios  mit  seinen  Töchtern  Leto  und 

Zählung  aller  unmittelbaren  Gaia- Abkömmlinge  tl'^:jZl\lTl'X^ir.t^J".  m  ''%''"^'^"»  J" 

,  r       r-w-   1  1  1    -li         r^  ■•  ..1   °  letzteren  mit  dem  noch  nicht  vorgestellten  Perses  zu  be- 

kann   der  Dichter  zur  dritten  Generation  über-  richten,  diese  vielmehr  an  das  nun  anschließende  yho, 

gehen,  der  Deszendenz  der  Titanen.   Auffälliger-  des    Kreios   anknüpfte,   also  so:    'Koios  zeugt  Leto  und 

weise  bringt  er  sie    nicht  in   der  V.  133  ff    ge-  Asterie;  Kreios  zeugt  Astraios,  Pallas  und  Perses,  welcher 

gebenen  Reihenfolge  OkeanOS  -  Koios  -  Kreios-  sich  mit  Asterie  verbindet'.  Wenn  es  statt  dessen  heißt: 
Hyperion -lapetos-KronOS,     sondern    er    ordnet  50 '^'■«^^^  zeugt  Astraios,  Pallas   und  Perses;  Koios   zeugt 

Okeanos-Hyperion-Kreios-Koios-Kronos-Iapetos.  ^^^^''^^^^  ^'*'r'  ^'  """^  ™"  ^®^'''  verbindet'   so  ist 

T\^^    n      ^A     A^      14-^         TT       i-ii  -1.11  das   doch   um   kein   Haar  besser.     Dasselbe   gilt    für   die 

Der  Grund   der   letzten  Umstellunsr   ist    klar:  ^         .  „        ^     «       •  t^  ■         j  1^   •       x^u 

j.       -p,     .. ,  ,  j         „  11^    i  1   ^    T         .-r  Voranstellung  des  Hyperion  vor  Koios  und  Kreios.   Eher 

die    Erzählung    der    Freveltaten    der    lapetlden  könnte   man   meinen,  daß   das  Prinzip  d.r  Variation  für 

setzt  voraus,  daß  Zeus  schon  im  Regiment  sitzt.  die  Umstellung   bestimmend  war.     Denn  wenn  Koios  vor 

Dann  müßte  freilich  noch  besser  die  lapetiden-  Kreios    erschien    ohne    Anfügung    der    Paarung    Asterie- 

geschichte  erst  hinter  der  Titanomachie  stehen,  Perses,  so  war  Koios  mit  wenigen  Versen  abgetan,  wäh- 

was    deswegen    wieder    nicht    tunlich    ist,    weil  "^'^  ^®^  Behandlung  des  Kreios,  die  schon  die  ausführ- 

nach   der  Titanomachie   alle  Feinde   der  Olym-  ^^°^"  Darstellung   der  Deszendenz  des  Astraios  und  Pal- 

„„i,  ^       •       j^      rv     -L  V         x         j      T-x  las  enthielt,  auch  noch  die  Perses-Deszendenz  zuwuchs. 

pier  schon  in  den  Tartaros  verbannt  gedacht  j,^^,^  ^^,,1  ^^,^^  ^^^  ^^^.^^  ^^  ^^  ,,  y^^^ 

werden    und     die    Aufrichtung    der    Herrschaft  60  erhalten,  während   so   die  Massen  einigermaßen  gleich- 

des   Zeus   nach  Besiegung   der  Titanen  offenbar  mäßig  verteilt  sind,  jedem  Stemma  ein  erzählendes  Stück 

den   Schluß   der  eigentlichen  Th.   bilden  sollte.  folgt,   der  Forderung   der  noty.dla   somit  besser  genügt 

Zu  scharfe  Folgerichtigkeit  darf  man  bei  dem  ist-  -A^^er  freiUch,  das  dem  Koios  hiermit  ersparte  Schick- 
sal ist  Hyperion  zuteil  geworden,  der  sich  mit  vier  Versen 

*)  Wegen   der  oben   angedeuteten  und  noch  einiger  begnügen    muß.     Die    Ehre,    am   Anfang   der   Beihe   zu 

weiterer  Unstimmigkeiten  und  Anstöße  im  einzelnen  hält  stehen,  war  nicht  anders  zu  erkaufen.     Darum  bleibt  die 

A.  Meyer  a.  a.  O.  18  ff.  das  Stück  ?95 — 336   für  eine  Inter-  Richtigkeit    der   eben   vorgetragenen  Erklärung  zweifel- 

polation    des    späteren  Bearbeiters.    Ich   ziehe   die   oben  haft,  zumal  wenn  der  Hekatehymnus  411  ff.  spätere  Ein- 

Sp.  1478  Anm.  gegebene  Erklärung  vor.  läge  ist. 

BosoHi».  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V.  48 


1483  Theogonien  Theogonien  1484 

gische  Fiktion)  mit  Eos  die  Winde-Trias  Ze-  'besiegt  durch  die  Listen  und  die  Gewalt  sei- 
phyros,  Borees,  Notoa,  dann  Heosphoros  und  nes  Sohnes*,  der  offenbar  von  Gaia  beraten 
die  Gestirne  (für  die  er  als  Vater  erfanden  wird;  Näheres  ist  nicht  angegeben.  Zuerst 
igt).  Die  Verbindung  des  zweiten  Sohnes  Pal-  speit  Kronos  den  zuletzt  verschlungenen  Stein 
las  mit  Styx  gibt  Anlaß  zu  einer  die  Titano-  aus.  Den  richtet  Zeus  im  heiligen  Pytho  auf, 
machie  vorbereitenden  längeren  Einlage.  Styx  ein  Denkmal  für  die  Zukunft,  ein  Wunder  für 
gebiert  die  Personifikationen  Zelos,  Nike,  Kra-  die  Sterblichen.  Ä  Meyers  (a.  a.  0.  33)  Athr 
tos,  Bie  (deren  Genealogie  also,  im  Gegensatz  tese  der  Vv.  492—500  (nach  Guiet  und  F.  .1 
zu  den  211  ff.  behandelten,  ohne  allegorische  Wolf)  ist  nicht  zwingend, 
ratio  ist).  Sie  sind  Zeus'  unzertrennliche  Tra-  lo  Die  Befreiung  der  Kyklopen  (501— öOt; 
bant«n,  seit  auf  seinen  Aufruf  zum  Titanen-  Bei  unmittelbarer  Fortführung  der  Zeuege- 
kampf  Styx  sich  mit  ihren  Kindern  eingestellt  schichte  müßte  hier  sogleich  die  Titanomachie 
hatte.  Zum  Lohn  hat  Zeus  Styx  selbst  zum  anschließen.  Aber  nur  ein  vorbereitendes  Bruch- 
OQxos  der  Götter  und  ihre  Kinder  zu  seinen  stück  von  ihr  wird  gegeben,  indem  die  Ent- 
ständigen fisxccvaiiroci  gemacht.  In  der  Titano-  fesselung  der  von  dem  'Vater'  —  worunter  nach 
machie  (617  ff.)  wird  auf  die  Episode  nicht  mehr  154ff.  nur  üranos  verstanden  werden  kann  — 
Bezug  genommen,  Styx  als  Sgxog  der  Götter  gefesselten  Kyklopen  durch  Zeus  erzählt  wird. 
noch  einmal  innerhalb  der  Hadesschilderung  Sie  geben  ihm  zum  Dank  Donner  und  Blitz, 
(775  ff.)  ausfuhrlich,  aber  ohne  Bezug  auf  un-  die  zuvor  in  der  Erde  verborgen  waren.  Im 
sere  Stelle,  behandelt.  —  Ähnlich  ist  der  20  Besitz  dieser  Waffen  herrscht  Zeus  über  Sterb- 
knappe Bericht  über  die  Paarung  Koios-  liehe  und  Unsterbliche.  S.  u.  S.  1488. 
Phoibe,  die  Leto  und  Asterie  zeujjen,  durch  Die  lapetiden  (507—616).  Die  Jugend- 
eine umfUngliche  Einlage  erweitert,  den  Hym-  geschichte  des  Zeus  ist  aus  dem  oben  S.  1481 
nus  auf  die  von  Asterie  in  der  Ehe  mit  Perses  genannten  Grunde  von  der  Titanomachie  durch 
geborene  Hekate  (411—452).  Er  fällt  aufs  die  Behandlung  der  Deszendenz  des  letzten 
augenfälligst«  aus  dem  Kontext  der  Th.  heraus.  Titanen,  des  lapetos,  getrennt,  die  am  Ende 
In  ihm  —  der  übrigens  auch  in  'sich  deutlich  auch  im  Triumph  des  Zeus  über  seine  Feinde 
herausspringende  Unstimmigkeiten  und  Düblet-  gipfelt  und  so  eine  Art  Präludium  zur  Titano- 
ten enthält,  s.  A.  Meyer  a.  a.  0.  25 ff.  —  sind  machie  bildet,  so  daß  von  453  ab  Zeus  fort- 
die  segensreichen  Wirkungen  der  Hekate  in  so  gesetzt  im  Zentrum  der  Handlung  steht.  Zu- 
der  ganzen  Welt  und  auf  allen  Gebieten  des  erst  wird  summarisch  berichtet:  lapetos  zeugt 
menschlichen  Lebens  (Gericht  und  Versamm-  mit  der  Okeanine  Klymene  den  starkmutigen 
lung,  Krieg,  Kampfspiel,  Fischfang  und  Vieh-  Atlas,  den  übermütigen  Menoitios,  den  ver- 
zucht  [nicht  Ackerbau!])  gepriesen  und  die  Be-  schlagenen  Prometheus  und  den  einfältigen 
deutung  und  Verbreitung  ihres  Kultes  hervor-  Epimetheus,  der  über  die  Menschen  das  ün- 
gehoben,  ein  Thema,  das  der  Th.  sonst  fremd  heil  brachte,  indem  er  von  Zeus  das  künstlich 
ist,  auch  nicht  in  sie  als  genealogische  Zu-  gebildete  Weib  annahm.  Den  Frevler  Menoitios 
sammenfassung  aller  Götter  hineingehört.  Die  schleudert  Zeus  durch  Blitzschlag  in  den  Ere- 
ausschließliche  und  ungebührliche  Hervor-  bos.  Atlas  trägt  nach  Zeus'  Bestimmung  den 
hebung  dieser  Göttin  vor  allen  anderen  —  nur  40  Himmel.  Den  Prometheus  hat  Zeus  an  eine 
mit  Zeus  ist  411.  423  ff,  450  ff.  ein  Kompro-  Säule  gefesselt  und  den  Adler  gegen  ihn  ge- 
miß  versucht  —  kennzeichnet  dieses  Stück  sandt,  der  ihm  die  täglich  nachwachsende  Le- 
wenn  irgendeines  als  tendenziöse  Einarbeitung  ber  abfrißt.  Diesen  Adler  hat  Herakles  erlegt 
eines  Anhängers  einer  ausgeprägten  Hekate-  und  so  Prometheus  befreit.  Das  ist  aber  nicht 
religion.  ,  wider  Willen  des  Zeus  geschehen,  der  vielmehr 
Die  Kroniden  (453—600).  Mit  dem  Über-  auf  diese  Weise  seinem  Sohn  Ruhm  verschaffen 
gang  zur  Deszendenz  des  Kronos  wird  der  210  wollte  und  ihm  zuliebe  seinen  alten  Groll  gegen 
verlassene  Hauptfaden  der  Erzählung  wieder  Prometheus  fahren  ließ.  Dieser  Gedanke,  der 
aufgenommen.  Rheia  gebiert  dem  Kronos  je  die  überlegene  Macht  des  Zeus  noch  einmal 
eine  männliche  und  eine  weibliche  Trias,  die  50  hervorhebt,  knüpft  an  das  knappe  Resum^  der 
Histie,  Demeter  und  Here,  den  Hades,  Ennosi-  lapetidengeschichte  die  ausführliche Prometheis. 
gaios  (der  Name  Poseidon  hier  nicht  genannt)  535  ff.  Als  Götter  und  Menschen  in  Mekone 
und  Zeus.  Kronos  verschlingt  jedes  Kind  so-  sich  auseinandersetzten,  überlistete  Prometheus 
gleich  nach  der  Geburt,  weil  er  von  Gaia  und  den  Zeus,  indem  er  aus  dem  geschlachteten 
Uranos  erfahren  hat,  daß  ihm  bestimmt  ist,  Stier  zwei  ungleiche  Hälften  bildete,  Fleisch 
von  einem  Sohne  bezwungen  zu  werden.  In  und  eßbare  Eingeweide  nebst  Rindermagen 
ihrem  Schmerz  bittet  Rheia  vor  der  Geburt  und  Fell  auf  der  einen  Seite,  die  Knochen  in 
des  Zeus  ihre  Eltern  Gaia  und  üranos,  auf  ein  glänzendes  Fett  gehüllt  auf  der  andern  Seite. 
Mittel  zu  sinnen,  um  Kronos  die  Geburt  zu  Zeus  schilt  die  Ungleichwertigkeit  der  'leile, 
verheimlichen  und  ihn  für  den  Frevel  an  sei-  60  der  verschlagene  Prometheus  heißt  ihn  wählen, 
nem  Vater  und  seinen  Kindern  zu  strafen.  Zeus  stürzt  sich  auf  die  ansehnlichere  Fett- 
Die  Eltern  schicken  sie  nach  Lyktos  auf  Kreta.  hälfte  und  ist  aufs  äußerste  entrüstet,  als  er 
Dort  gebiert  sie  Zeus,  und  Gaia  zieht  ihn  auf.  in  der  Fetthülle  die  Knochen  findet  und  sich 
Kronos  wird  an  Stelle  des  Kindes  ein  in  Win-  also  betrogen  eieht.  Seitdem  verbrennen  die 
dein  gewickelter  Stein  gereicht,  den  er  ver-  Menschen  den  Göttern  auf  den  Altären  nur 
schlingt.  Zeus  wächst  kraftvoll  auf,  und  nach  die.  Knochen.  In  diesen  geschickt  und  mit  ko- 
einiger  Zeit  gibt  Kronos,  von  Gaia  überlistet,  mischem  Pathos  vorgetragenen  ätiologischen 
die   verschlungenen    Kinder   wieder  von    sich.  Schwank  hat  ein  eifriger  Gläubiger,  wohl  unser 


1485  Theogonien  Theogonien  1486 

Dichter,  der  die  gewollte  Satire  nicht  verstand  pen,  die  übrigens  nicht  ausdrücklich  zum  Ti- 
oder  nicht  billigte,  die  Worte  550  ft*.  ein^^efügt:  tanenkampf  in  BezieliungceBetzt  ist.  Die  Schil- 
Ztvs  ö' &cpd-nc(  ^ridta  fiömg  yviü  q' oid' rjyvoirias  derung  des  Kampfes  selbst  wir<l  eingeleitet 
ÖöXov  Kcc-Kcc  Ö'  (iößtro  d^v^ro  ^vritotg  avd^Qoa-  durch  den  ausgeführten  Bericht  über  die  Be- 
Ttoiai,  xa  xul  ri-Xisödai  ^fitXXfv,  um  Zeus  nicht  freiun^  der  Hekatoncheircn  (617—663).  Ihre 
als  den  Dummen  erscheinen  zu  lassen;  daß  in  164 ff.  summarisch  (zusammen  mit  Kyklopen 
der  Originalgeschichte  Zeus  wirklich  der  Be-  und  Titanen)  erwähnte  Fesselung  durch  Uranos 
trogene  war,  zeigen  gleich  die  Verse  554 f.:  wird  hier  ein  wenig  ausgemalt,  übrigens  ohne 
X(haoTo  08  q)Qivccg  äficpi,  x^^^S  ^^  ^^v  otero  daß  der  Name  des  'Vaters',  der  sie  fesselt, 
^vii,6v^  tag  i'ösv  ööTtci  Xi-vxa  ßoog  doXh]  in)  lO  genannt  wird;  für  den  Leser  der  Th.  kann  es 
rixvri.  Zeus  rächt  sich,  indem  er  den  Menschen  nach  154  if.  nur  Uranos  sein  (s.  u.  Sp.  Ifilii). 
das  Feuer  voi enthält,  aber  wieder  überlistet  Befreit  werden  ßie  von  Zeus  und  den  anderen 
ihn  Prometheus,  indem  er  es  in  einer  hohlen  Kroniden,  weil  diesen  Gaia  gesagt  hat,  daß 
Narthexstaude  entwendet  und  zu  den  Menschen  ihnen  mit  Hilfe  der  Hekatoncheircn  der  Sieg 
bringt.  Bis  hierher  ist  der  Schwank  antitheo-  zu  teil  werden  werde.  Denn  (621)  ft.)  seit  zehn 
logisch;  jetzt  mischt  sich  das  Motiv  des  Spottes  Jahren  kämpften  sie  ohne  Entscheidung  mit 
gegen  das  andere  Geschlecht  hinein.  Um  den  den  Titanen,  diese  vom  Othrys,  jene  vom  Olym- 
Vorteil,  den  das  Feuer  für  die  Menschen  be-  pos  aus.  Das  Abkommen  der  Olympier  mit  den 
deutet,  aufzuheben,  bereitet  Zeus  ihnen  ein  Hekatoncheircn  wird  durch  zwei  feierliche 
tjbel.  Hephaistos  muß  aus  Erde  das  Bild  einer  20  Reden  des  Zeus  und  des  Kottos  bekräftigt 
Jungfrau  schaöen,  Athene  es  schmücken  (der  (639—663;  die  kunstvolle  Korresponsion  der  • 
Name  Pandora  erscheint  in  der  Th.  nicht).  Es  Reden  erläutei*t  von  A.  Meyer  46  f.),  dann  wird 
wird  den  Menschen  übergeben  (der  611  ge-  der  Kampf  mit  vereinten  Kräften  aufgenommen 
nannte  Epimetheus  hier  nicht  mehr  erwähnt)  und  das  gewaltige  Tosen  des  Streites  kraftvoll 
und  wird  ihnen  zum  Verhängnis;  denn  von  geschildert  ( — 6b6),  wobei  weder  Namen  von 
ihm  stammt  das  Geschlecht  der  Frauen,  die  Titanen  noch  von  Olympiern  genannt  werden, 
zum  großen  Unheil  unter  den  Männern  wohnen.  Die  Entscheidung  zugunsten  der  Olymjiier  fällt 
Es  folgt  (51)3 — 612)  die  heftige  Invektive  gegen  gemäß  Gaias  Weissagung  durch  die  Kraft  der 
die  Frauen,  die  dem  Verfasser  wohl  aus  dem  Hekatoncheircn,  die  die  Titanen  durch  einen 
Herzen  kommen  mag,  aber  gewiß  doch  auch  30  Hagel  von  Steinen  überwältigen,  in  den  Tar- 
absichtlich (wie  das  Vorangehende)  komisch-  taros  schleudern  und  dort  fesseln  und  bewachen 
karikaturistisch  gefärbt  ist.  Mit  den  v.  613 —  (713  ff.).  Vor  diesem  folgerichtigen  Schluß  steht 
616:  'So  läßt  sich  also  Zeus  nicht  betrügen;  ein  Stück,  das  man  als  ^ibg  Scgiorsia  bezeich- 
auch  Prometheus  ist  seinem  Groll  nicht  ent-  net  hat,  687 — 712:  Zeus  hält  sich  nicht  länger 
rönnen,  sondern  trotz  seiner  Verschlagenheit  zurück,  sondern  geht  mit  seinen  Waffen,  den 
hält  ihn  die  starke  Fessel'  ist  die  Prometheis  Blitzen,  furchtbar  gegen  die  Titanen  an:  Erde, 
abgeschlossen  und  zu  dem  Ausgangspunkt  521  ff.  Okeanos  und  Meer  kochen,  die  Flamme  schlägt 
zurückgekehrt;  wobei  freilich  zu  bemerken  ist,  mit  blendendem  Glanz  bis  zum  Äther,  und  es 
daß,  wenn  man  616  das  Präsens  iQvytsi  wie  dröhnt,  als  ob  Himmel  und  Erde  zusammen- 
billig festhält  (^QVKsv  Schoemann)^  der  Sinn  40  stießen.  Wenn  mau  aber  erwartet,  von  dem 
sich  nicht  mit  der  526  ff.  erzählten  Befreiung  Erfolg  dieser  gewaltigen  Kampftätigkeit  zu 
des  Prometheus  durch  Herakles  verträgt,  die  hören,  so  heißt  es  nur  (711/12):  iyiXiv&ri  dg 
denn  auch  von  einigen  (Pqley,  Francken,  Lisco,  V'öt.%ri'  iiqIv  d'  äXXiqXoig  iyiExovtEg  iii^Bvtcog  ind- 
Quaestiones  Hesiodeae,  Gatt.  Diss.  1903,  S.  16,  xovro  dia  v.Q(xtsQag  vo^Uvag^  und  die  Entschei- 
Friedländer,  Heraides  S.  33, 1)  gestrichen  wor-  düng  des  Kampfes  bringen  sogleich  danach 
den  ist.  Auf  diese  und  die  sonstigen  erheblichen  eben  doch  die  Hekatoncheircn.  Daß  hier  in 
Bedenken,  die  sich  gegen  die  Prometheis  im  ein  älteres,  folgerichtiges  Lied  von  der  Be- 
Rahmen der  Th.  erheben,  kann  hier  nicht  ein-  zwingung  der  Titanen  durch  die  Hekatonchei- 
gegangen  werden.  Klar  ist,  daß  sie  nicht  für  ren  die  Jiog  a.Qi6tsia  nachträglich  eingefügt 
diesen  Zusammenhang  gedichtet,  sondern  aus  50  ist  durch  einen  Dichter,  mit  dessen  Anschau- 
einem  andern  Zusammenhang  entnommen  und  ung  eine  so  starke  Hervorhebung  jener  rohen 
in  das  Gefüge  der  Tb.  hineingesetzt  ist:  ob  Urweltriesen  sich  nicht  vertrug,  hat  Goettling 
vom  Verfasser  der  Th.  selbst  oder  erst  von  zuerst  erkannt,  und  ein  solches  Verfahren  paßt 
einem  Bearbeiter,  und  wie  die  Prometheis  der  ja«  auch  aufs  beste  zu  der  Tendenz  des  Ver- 
Th.  sich  zu  der  der  Erga  47  ff.  und  des  Aischy-  fassers  unserer  Th.,  der  sein  ganzes  Werk  auf 
/mchen  Prometheus  verhält,  das  ist  die  schwie-  den  Preis  des  Zeus  als  des  Höchsten  und  Stärk- 
rige  Frage;  vgl.  A.  Meyer  34 ft*.  Lisco  a.  a.  0.  sten  angelegt  hat.  Daß  die  Jibg  agiGtsia  nicht 
Raddatr ,  De  Fromethei  fabula  Hesiodea  et  de  etwa  ein  nachträgliches  Einschiebsel  eines  Spä- 
cowpositione  Operum,  I)iss.  Greifswald  1909.  teren  in  die  fertige  Th.  darstellt,  sondern  vom 
W.  Aly,  Rhein.  Mus.  68,  545  ff.  —  Die  Titanen-  60  Dichter  unserer  Th.  selbst  in  die  von  ihm  über- 
genealogie  ist  hiermit  vollständig  bis  auf  The-  nommene  und  seiner  Th.  einverleibte  Hekaton- 
mis  und  Mnemosyne,  deren  Deszendenz,  da  cheiris  planmäßig  hineingearbeitet  worden  ist, 
sie  sich  mit  Zeus  verbinden,  erst  im  Katalog  das  beweist  auch  die  sorgfältige  Vorbereitung 
der  Zeusgattinnen  bebandelt  wird.  dieser  Episode  durch  die  Mitteilung  der  Ge- 
Die  Titanomachie  (617 — 720).  Einzelne  nealogie  der  Kyklopen  (und  Hekatoncheircn) 
Episoden  der  Titanomachie  sind  schon  vorweg  139  ff.,  die  dort  in  die  üranidengeschichte  als 
gebracht  worden :  390  ff,  Zeus'  Aufruf  zum  Ti-  ein  Fremdkörper  eingekeilt  ist  (s.  o.  Sp.  1478), 
tanenkampf,   501  ff.  die  Befreiung  der  Kyklo-  sowie  durch  die  Erzählung  von  ihrer  Befreiung 

48* 


1487                    Theogonien  Theogonien                    1488 

and  der  Übergabe  von  Blitz  und  Donner  an  der  Vollständigkeit  seiner  Dichtung  halber, 
Zeus  501  ff.  Nicht  besser  konnte  die  ünein-  teils  weil  sie  der  Tendenz  des  Ganzen  mehr 
heitlichkeit  der  Titanomachie  erwiesen  werden  entgegenkam  und  die  allzustarke  Betonun^^  der 
als  durch  die  seltsamen  Einfälle,  zu  denen  Hekatoncheiren  wenigstens  in  etwas  abdilmpfte, 
Friederichs,  Die  Bedeutung  d«r  Titanomachie  hat  Hesiod  dann  durch  Einfilt^ung  der  Stücke 
für  die  Theogonie  Hesiods,  Progr.  Rostock  1907,  139—146,  601—506,  687—712  auch  die  Kyklo- 
jjreift,  um  ihre  Einheitlichkeit  zu  retten:  He-  penversion  in  sein  Gedicht  eingebaut,  ohne 
siod  habe  die  Hekatoncheiren  erfunden  und  aber  auch  nur  den  Versuch  zu  machen,  beide 
eingeführt,  um  durch  ihre  Tätigkeit  Zeus  (der  Versionen  irgendwie  auszugleichen.  Sie  stehen 
nach  Friederichs  S.  15  die  Verkörperung  der  lo  verbindungslos  neben-  oder  vielmehr  durchein- 
Idee  des  Guten  ist  im  Gegensatz  zu  dem  ur-  ander;  keine  nimmt  auf  die  andere  Bezug.  Als 
bösen  Kronos!)  von  der  herabziehenden  Henker-  einzige  Spur  einer  Verknüpfung  könnte  147 
pflicht  an  den  Titanen  zu  entbinden;  die  Kampf-  der  Ausdruck  &XXoi  S'  av  Fairig  xb  muI  Ovqu- 
handlung  sei  nicht  zerbrochen,  sondern  Zeus  vov  iisyivovro  rgfig  natdeg  (LSY<iXoi  nrX.  gelten, 
blende  die  Titanen  (698  f.)  und  ermögliche  so  durch  den  die  zweite  Rie^entrias  (die  Hekaton- 
den  Sieg  der  Hekatoncheiren!  In  Wahrheit  hat  cheiren)  an  die  erste  angeschlossen  wird.  Die 
noch  kein  mythologischer  Held  sich  zu  edel  notwendis?  analogen  Berichte  von  der  Befreiung 
gedünkt,  den  Feind  zu  erl»*gen,  mag  er  immer  der  beiden  Gruppen  sind  absichtlich  räumlich 
die  Fesselung  und  Bewachung  des  Erlegten  getrennt,  um  die  gegenseitige  Aufhebung  der 
seinen  Schergen  überlassen;  und  weshalb  es  20  beiden  Versionen  nicht  noch  krasser  auffallen 
dem  Hort  des  Guten  nicht  anstehen  soll,  den  zu  lassen,  als  dies  durch  die  Einlegung  der 
Feind  zu  erleg-n,  wohl  aber  ihm  das  Augen-  Jibg  ägiatsia  in  die  Hekatoncheiris  schon  ge- 
licht zu  nehmen  und  so  wehrlos  zu  machen,  schiebt.  Der  Bericht  über  die  Befreiung  der 
bleibt  unerklärt.  An  Zeus  als  Bekämpfer  des  Kyklopen  ist  ganz  kurz  gehalten  mit  Rücksicht 
eig-^nen  Vaters  einen  sittlichen  An.stoß  zu  neh-  auf  die  später  vororesehene  ausführliche  Er- 
men,  konnte  keinem  Zeitjrenossen  Hesioda  bei-  Zählung  der  Hekatoncheirenbefreiung.  Im  er- 
fallen,  zumal  Schicksalsbestimmung  und  die  steren  heißt  es:  'Zeus  befreite  die  gefesselten 
Schuld  des  Kronos  (die  Entmannung  des  üra-  Uraniden  und  empfing  von  ihnen  zum  Dank 
nos  und  die  Verschlingung  der  Kinder,  472f)  Donner  und  Blitz.'  Als  'Uraniden'  werden  ein- 
ihn  zu  seinem  Vorgehen  berechtigten;  selbst  so  fach  die  Kyklopen  verstanden,  ihr  Name  nicht 
vom  Standpunkt  der  höheren  Zeusauffassung  genannt;  von  den  anderen  Uraniden,  den  Hun- 
der Erga  aus  —  wenn  man  nämlich  berech-  derthändern,  weiß  diese  Fassung  offenbar  gar 
tigt  wäre  von  ihr  aus  an  die  Kritik  der  Th.  nichts,  und  der  Dichter  unserer  Th.  hat  sich 
heranzuofehen,  was  unbedingt  abzulehnen  ist  —  nicht  die  Mühe  genommen,  sie  so  umzuredi- 
erscheint  diese  Rolle  des  Zeus  durchaus  ein-  gieren,  daß  sie  in  den  Grundbau  seines  Wer- 
wandfrei.  Die  moralische  Kätik  der  Götter-  kes  hineinpaßt,  oder  über  das  zeitliche  und 
kampfmythea  hat  unseres  Wissens  erst  mit  innere  Verhältnis  der  beiden  Befreiungsaktio- 
XenophaneSt  also  wenig.stens  150  Jahre  nach  neu  irgend  etwas  zu  sagen.  —  Kurz  hingewie- 
Hesiod,  einj^esetzt.  Die  Genesis  der  Titano-  sen  sei  auf  die  m.  E  überscharfe  Behandlung 
machie  ist  also  in  kurzem  folgende:  Offenbar  40  der  Titanomachie  bei  A.  M  yer  37  ff.  und  auf 
war  es  alte  Sagenüberlieferung,  daß  an  den  Lisco  13 ff.,  der  gar  die  Hekatoncheiris,  den 
Kämpfen  zwischen  jüngeren  und  älteren  Götter-  Kern  der  Titanomachie  in  der  Th.  Hesiods, 
generationen  Urriesen.  Vertreter  der  rohen  Na-  für  den  späteren  Ersatz  einer  durch  sie  ver- 
turgewalten,  entscheidenden  Anteil  natimen  drängten,  älteren,  echt  ZTmodeischen  Titano- 
(vgl.  auch  Sp.  1524;  übrigens  rückt  die  Erzäh-  machie  hält,  in  der  die  Götter  allein  siegten. 
lung  damit  in  die  weitverbreitete  Klasse  der  —  /.  Dietze,  der  Rhein.  Mm.  69,  525  f  alles 
Helfe rmärchen,  auf  deren  Auftreten  im  griechi-  bei  Hes.  in  schönster  Ordnung  findet,  verschließt 
sehen  Mythos  neuerlich  Meuli,  Odyssee  imd  die  Augen  vor  klar  zutaore  liegenden  Härten. 
Argonautika,  Berlin  1921,  2  ff .  hingewiesen  Die  Hadesschilderung  (721—819).  Die 
hat;  auch  Herakles  als  Helfer  der  Götter  im  50  Fesselung  der  Titanen  im  Tartaros  gibt  die 
Gigantenkampf  und  die  Erlegung  der  Gorgo  Gelegenheit  zur  Schilderung  dieser  mythischen 
durch  Perseus  gehört  dahin).  Für  die  Titano-  örtlichkeit.  Die  ganze  Partie  ist  aus  verschie- 
machie  kannte  der  Dichter  unserer  Th.  zwei  denartigen,  meist  zusammenhanglosen,  z.  T. 
einander  ausschließende  Versionen  dieses  Mo-  einander  aufhebenden  Stücken  roh  zusammen- 
tivs  Nach  der  einen  siegt  Zeus  mit  Hilfe  der  geschoben.  Zuerst  wird  die  Höhe  des  Himmels 
Dämonen  des  vulkanischen  Erdfeuers,  der  Ky-  und  die  Tiefe  des  Tartaros  bestimmt:  neun 
klopen,  die  ihm  zum  Dank  für  ihre  Befreiung  Tage  braucht  ein  eherner  Amboß,  um  vom 
aus  dem  Gefängnis  im  Innern  der  Erde  die  Himmel  zur  Erde  zu  fallen,  und  ebensolanore 
ungeheure  Kraft  des  Feuers  in  Gestalt  von  von  der  Erde  zum  Tartaros.  Dieser  wird  726 ff. 
Donner  und  Blitz  als  Waffe  zur  Verfügung  60  als  finsteres,  ehern  umhegtes,  von  Poseidon 
stellen.  Nach  der  andern  siegt  Zeus  kraft  des  mit  ehernen  Türen  verschlossenes  Verließ  der 
Beistandes  der  hundert  irmigen  Wasserriesen,  Titanen  geschildert,  die  von  den  dort  wohnen- 
die  für  ilm,  nachdem  der  bisherige,  allein  ge-  den  'treuen  Wächtern  des  Zeus',  Gyes,  Kottos 
führte  Kampf  ^egen  die  Titanen  zu  keinem  und  Obriareos,  bewacht  werden.  Über  der  Hals- 
Erfolg  für  die  Olympier  geführt  hat,  den  Sieg  Öffnung  {dsigt])  des  somit  als  eine  Art  Faß  ge- 
erfechten. Letztere  Version,  die  nichts  von  dachten  Tartarosschlundes  sind  die  Wurzeln 
Kyklopen,  Donner  und  Blitz  weiß,  bildet  den  von  Erde  und  Meer.  Diese  Angabe  (727  f.)  wird 
Grundstock  der  Titanomachie,  617—720.    Teils  dann  in  736—739  (die  807—810  wörtlich  wie- 


1489                    Theogonien  Theogonien                    1490 

derholt  sind)  breiter,  aber  nicht  klarer  ausge-  der  Verjagung  der  Titanen  vom  Himmel  durch 
tührt;  statt  der  ^/'.Cat  steht  l)ier  -nriyal  v-ul  nti-  Zeus  gebiert  Gaia  in  Liebesvereinigung  mit 
gata  von  Erde,  Meer  und  Himmel.  740  f.  va-  Tartaros  (der  als  Person  bisher  nicht  erschie- 
riiert  übertreibend  das  720  fF.  j^egebene  Motiv  nen  war)  den  Typhoeus.  Über  sein  Verhältnis 
von  der  Tiefe  des  Tartaros,  auf  dessen  Grund  zu  dem  306  als  (iatte  der  Echidna  genannten 
selbst  in  Jahresfrist  nicht  gelangt,  was  in  ihn  Typhaon  wird  nichts  gesagt.  8eine  Furchtlar- 
hineingeriet,  sondern  von  Stüimen  unablässig  keit  wird  823—835  beschneien:  die  100  feuer- 
hin-  und  hergejagt  wird.  Selbst  den  Göttern  speienden  Schlangenköpfe,  die  ein  vielstimmi- 
ist  das  ein  Grauen.  Dort  steht  auch  das  wol-  ges  Gebrüll  ausstoßen.  Er  hätte  die  Weltherr- 
kenverhüllte  Haus  der  Nacht.  In  diesen  Vor-  lo  schaft  an  sich  gerissen,  wenn  nicht  Zeus  den 
Stellungskreis  gehört  noch  der  etwas  spätere  Kampf  mit  il  m  aufgenommen  häite.  Dieser 
Abschnitt  758— 766:  dort  haben  auch  die  ?Öhne  Kampf  wird  839ff.  mit  ähnlichen  Farben  ge- 
der  Nyx,  Hypnos  und  Thanatos,  ihre  "Woh-  schildert  wie  6*J0ff.  Zeus'  Kampf  gegen  die 
uungen;  Helios  sieht  sie  niemals,  weder  im  Titanen,  zu  dem  sich  ül  erhaupt  die  ganze 
Auf-  noch  im  Niedergang;  Hypnos  wiid  als  Episode  als  Dublette  ausweist.  Durch  Zeus' 
Freund  der  Menschen,  Thanatos  als  unbarm-  Blitze  überwunden,  stürzt  Typhoeus  niedet, 
herzig  und  seilst  den  Göttern  feind  geschil-  Flammen  schlagen  von  ihm  auf  in  den  Berg- 
dert.  Beide  waren  schon  212  im  Verzeichnis  Schluchten,  und  die  Erde  schmilzt  in  seiner  Glut 
der  Nyxgeburten  genannt.  —  Im  Gegensatz  wie  Zinn  in  der  Gußpfanne  oder  Eisen  in  der 
zur  Vorstellung  des  'lartaios  als  tiefer  Schlund  20  Erdprube.  Schon  das  Altertum  hat  dieStelle(^860) 
unter  der  Erde  führt  die  Partie  746—757  nach  auf  den  Ätna  bezogen  (Fraloslh.  bei  Strab.  1,23. 
dem  äußersten  Westen.  Das  tüv  TTgoaQs,  wo-  'fzetz.  zu  Lycojhr.  688).  Schließlich  schleudert 
mit  der  Abschnitt  eröffnet  wird,  ist  unbezieh-  ihn  Zeus  in  den  Tartaros.  —  Em  Anhang  (869 
bar;  er  ist  aus  seinem  Zusammenhang  gerissen  —880)  bezeichnet  die  feucht  weher.den  Winde 
und  in  die  neue  Umgebung  nicht  eingepaßt.  mit  Ausnahme  des  Notos,  Borees  und  Zephyros 
Er  nennt  (z.  T.  wörtlich  übereinstimmend  mit  (das  ist  Bezugnahme  auf  378 ff.)  als  Geschlecht 
517  ff.)  den  lapetossohn  als  Himmelsträger.  Es  des  Typhoeus.  Die  genannten  Winde  sind  von 
ist  der  Ort,  wo  Nyx  und  Hemere  einander  beim  göttlicher  Abkunft  und  den  Sterblichen  zu 
Überschreiten  der  Schwelle  begrüßen,  die  eine  großem  Segen;  die  anderen  bringen  Verderben 
autsteigend,  die  andere  heimkehrend,  da  sie  30  zur  See  und  zu  Lunde.  —  Daß  die  Typhoeus- 
niemals  zugleich  zu  Haus  sind,  sondern  einan-  episode  eine  nachträgliche  Einlage  in  die  Th. 
der  ablösen.  Der  Tag  bringt  den  Menschen  das  darstellt,  ist  seit  Geihard  allgemeine  Meinung, 
Licht,  die  Nacht  den  Hypnos.  Hieran  knüpfen  der  nur  Bobert,  Melanges  Nicole  486  ohne  aus- 
mit  rein  äußerlicher  Überleitung  die  schon  be-  reichende  Gründe  widersprochen  hat.  Über  die 
sprochenen  Verse  758— 766.  Abermals  mit  ?r -Sa,  schwierigen  Fragen  des  inneren  Baus  der  Epi- 
wie  736  und  758,  und  auch  wieder  ohne  klare  sode  und  ihrfs  Verhältnisses  zur  Titanomachie 
Beziehung,  ist  eine  kurze  Schilderung  des  Hau-  A.  Meyer  74  ff.  Lisco  79  ff.  Über  die  mehrfache 
ses  des  Hades  und  der  Persephone  (ihre  Ge-  epische  Behandlung  des  Typhonmythus  v.  Meß 
nealogieerst  913)  sowie  ihres  furchtbaren  Wach-  und  TJsener,  Bhein.  Mus.  56,  167  ff.;  üseners 
hundes  angefügt,  der  die  Eintretenden  anwe-  40  Resultate  sehr  hypothetisch,  s.  u.  Sp.  1531. 
delt  und  die  Heraustretenden  verschlingt  (767  Abschluß  der  eigentlichen  Th.  (881 
—773).  Der  Name  Kerl  eres,  der  311  steht,  ist  —885).  Die  auf  die  Typhoeusepisode  folgenden 
hier  nicht  genannt,  auch  vertragen  sich  die  Verse  wissen  nichts  von  dieser,  sondern  be- 
'  beiden  Ohren'  in  V.  771  nicht  mit  den  312  richten  kurz,  in  deutlichem  Anschluß  etwa  an 
genannten  50  Köpfen.  Sonst  rechnet  der  Dich-  735,  daß  die  Götter  nach  Besie^ung  der  Ti- 
ter genau,  vgl.  die  50  Nereiden  und  die  300  tanen,  zu  denen  den  Typhoeus  zu  rechnen 
Steine  der  drei  Hundenhänder  (715).  —  Der  nichts  uns  berechtigt,  auf  Gaias  Rat  Zeus  auf- 
Absatz 775—806  bringt  (wieder  mit  hdcc)  eine  forderten,  über  die  Unsterblichen  zu  herrschen, 
eingehende  Behandlung  der  Styx  als  Schwur-  ui  d  daß  er  die  Ehren  unter  sie  wohl  verteilte, 
zeugin  der  Götter,  als  welche  sie  schon  400  ff.  50  Eine  genauere  Darstellung  dieser  Verteilung, 
im  Rahmen  der  Kronidengeschichte  eingeführt  die  man  nun  erwartet,  enthält  die  Th.  nicht 
war.  Doch  sind  die  beiden  Stellen  ohne  Rück-  mehr,  sondern  es  folgen  nur  noch  eine  Reihe 
sieht  aufeinander  gedichtet.  Hier  bewohnt  sie  von  Anhängen,  von  denen  einige  so  fest  mit 
ein  hochgewölbtes,  von  silbernen  Säulen  ge-  dem  Vorhergebenden  verklammert  sind,  daß 
stütztes  Felsenhaus.  Diese  örtlichkeit  sowie  sie  als  Beifügungen  des  Dichters  der  Th.  an- 
das  Schwurverfahren  und  die  Bestrafung  mein-  gesprochen  werden  müssen,  während  andere 
eidiger  Götter  ist  lebendig  ausgemalt.  —  807  sich  deutlich  als  spätere  Zutaten  charakteri- 
— 810  =  736—739;  811  ff.  mit  anderen  Worten  sieren.  —  J.  Meyer,  der  die  Titanomachie  für 
eine  Wiedei holung  des  726— 735  Gesagten,  nur  einen  Zusatz  seines  Retraktators  zur  älteren 
daß  817—819  Briareos  aus  der  Zahl  der  hun-  60  Th.  hält,  muß  demselben  natürlich  auch  diesen 
dertarmigen  Titanenhüter  herausgehoben  und  kleinen  Absatz  zuweisen  (69.  74). 
zum  Gatten  von  Poseidons  (sonst  nicht  ge-  Die  Zeusdeszendenz  und  Verwandtes 
nannter)  Tochter  Kymopoleia  gemacht  wird,  (886 — 964).  Auf  den  kurzen  Bericht  über  die 
was  den  marinen  Charakter  der  Hekatonchei-  Aufrichtung  der  Weltherrschaft  des  Zeus  folgt 
ren  verrät.*)  ein  Katalog  seiner  Gattinnen  und  Kinder.  Er 
Die  Typhoeusepisode  (820—880).  Nach  ist  einmal  aus  dem  allgemeinen  Grunde  zuge- 
*)  Vgl.  Röscher,  Die  Zahl  50  in  Mythus,  Kultus,  Epos  l^örig,  weil  eine  kurze  Übersicht  der  Deszen- 
u.  Taktik.  Leipzig  1916.  denz  des  höchsten  Gottes  und  Weltherrschers 


1491                    Theogonien  Theogonien                    1492 

doch  wohl  noch  zum  Thema  gehörte,  und  zwei-  meter  gebiert  rersephone,  die  Aidoneus  (diese 
tena,  weil  erst  hier  noch  etwas  über  die  Deszen-  Form  nur  hier  in  der  Th.)  mit  Zeus'  Willen 
deoz  der  Titaninnen  Themis  und  Mnemosyne  entführt.  916 — 917  Mnemosyne  gebiert  die  neun 
gesagt  wird,  die  auffalUgerweise  in  der  sonst  Musen.  Ihre  Namen,  die  auch  schwer  in  der 
so  sorgfältig  durchgeführten  Systematik  der  Verstrias  unterzubringen  gewesen  wären,  kön- 
Titanendeszendenzen  fehlen:  eben  weil  der  Dich-  nen  fehlen,  weil  sie  schon  im  Proömium  77  11'. 
ter  den  Bericht  über  sie  (wie  über  die  406  ein-  genannt  sind.  Dieser  Teil  des  Proömiums  und 
geführte  Leto  u.  a.)  für  diese  Liste  aufgehoben  unsere  Stelle  stütTsen  sich  also  gegenseitig. 
hat.  Die  Liste  führt  glatt  bis  929.  Als  erste  918—920  Leto  gebiert  ApoUon  und  Artemis. 
Zeasgattin  erscheint  Metis (886—900);  eine  Ge-  lO  Die  letzte  (und  siebente!)  Gattin  des  Zeus  ist 
nealogie  von  ihr  wird  nicht  angegeben,  nur  Here;  sie  gebiert  ihm  die  Trias  Hebe,  Ares, 
ydsiöTu  9s&v  sldviav  lih  d'vrix&v  ivd-gatTtcov  Eileithyia.  An  die  gemeinsamen  Kinder  sind 
nennt  sie  der  Dichter;  doch  mag  ein  aufmerk-  in  den  letzten  beiden  Tristicha  die  besonderen 
samer  Leser  sich  erinnern,  daß  sie  368  als  Gebarten  beider  Eltern  angeknüpft,  der  Athene 
Okeanostochter  genannt  war  (unmittelbar  ne-  aus  dem  Haupte  des  Zeus  und  des  Hephaistos 
bfen  der  907  als  Zeusgattin  erscheinenden  Eury-,  durch  Here  ohne  Begattung.  Daß  der  Bericht 
nome).  Als  sie  im  Begriff  stand,  Athene  zu  ge-  über  die  Geburt  Athenes  von  der  Metisgeschichte, 
baren,  beschwatzte  und  verschlang  sie  Zeus  in  der  die  Geburt  prophezeit  wird,  losgetrennt 
anf  d<^n  Rat  von  Gaia  und  Uranos,  damit  nicht  und  Metis  gar  nicht  mehr  erwähnt  wird,  so 
ein  anderer  statt  seiner  die  Weltherrschaft  er-  20  daß,  vor  allem  durch  die  Parallele  mit  Here- 
halte; denn  es  war  bestimmt,  daß  Metis  zuerst  Hephaistos,  Athene  in  diesen  drei  Versen  als 
Athene  gebären  sollte,  die  dem  Vater  Zeus  au  (sit  venia  verbo)  parthenogenetische  Geburt  des 
Mut  und  Klugheit  gleich  sei,  dann  aber  einen  Zeus  erscheint,  ist  natürlich  höchst  befremd- 
hochgemuten Sohn,  der  König  der  Götter  und  lieh.  Aber  weder  kann  dieses  Tristichon  aus 
Menschen  werden  sollte.  Daher  verschlang  sie  der  festen  kompositionellen  und  inhaltlichen 
Zeus,  damit  sie,  in  ihm  befindlich,  ihm  Gutes  Verankerung  an  seiner  Stelle  herausgerissen 
und  Böses  wiese.  Chrysipp.  frg.  908  Arn.  zitiert  und  etwa  (wie  bei  Chrysippos)  an  900  ange- 
Anfang  und  Schluß  des  in  unseren  Hesiod-Hss.  schlössen  werden,  noch  darf  man  annehmen, 
enthaltenen  Stückes  (886—890  und  900,  also  daß  es  ohne  Rücksicht  auf  Metis  gedichtet 
mit  Weglassung  der  Begründung  der  Verschlin-  30  sei,  da  die  Tristichenreihe,  in  der  es  steht,  mit 
gang  durch  Rat  und  Prophezeiung  von  Gaia  Ssvrsgov  riyccyero  XiJtocgrjv  Qs^iiv  (901)  beginnt 
and  üranos)  und  unmittelbar  anschließend  und  also  Metis  als  erste  Zeusgattin  voraussetzt. 
924—926,  dann  sagt  er:  iv  de  tolg  ^srä  tuvtu  Man  muß  sich  dabei  beruhigen,  daß  der  Dich- 
srXst'oi  diBlriXvd'orog  avrov  xoiavvd  iati  roc  Xs-  ter  die  Verbindung  des  Zieus  mit  Metis  an  den 
yofuva  und  zitiert  19  Verse,  die  aus  einer  von  Anfang  gestellt,  ihre  Frucht  aber  wegen  des 
der  unsrigen  vollkommen  verschiedenen  Dar-  Kontrastverhältnisses  zu  Hephaistos  erst  an 
stellang  der  Atheaageburt  stammen.  V,  1 — 3  späterer  Stelle  erwähnt  und  wegen  der  epi- 
betrefifen  die  Geburt  des  Hephaistos  durch  grammatischen  Kürze  des  Tristichons  nicht 
Hera,  die  folgenden  erzählen  ausführlich  Zeus'  noch  einmal  auf  Metis  verwiesen  hat.  Vermu- 
Abenteuer  mit  Metis,  Okeanos'  und  Tethys'  40  tungen  über  das  Zustandekommen  des  kompo- 
Tochter,  mit  der  er  sich  also  außerehelich,  sitionell  so  verzwickten  Absatzes  bei  Usener. 
nach  einem  Streit  mit  seiner  Gattin  Here,  ver-  Rhein.  Mus.  56, 176  flf. 

bindet.  Mehr  hierüber  u.  Sp.  1530.  —  901—906  Das  Reststück  des  Abschnitts  (930—964) 
Die  zweite  Zeusgattin  ist  die  Titanin  Themis;  hat  folgenden  Inhalt:  930  Poseidon  ~  Amphi- 
sie  gebiert  die  Horentrias  Eunomie,  Dike,  Eirene  trite,  Sohn  Triton;  933  Ares  »^  Aphrodite,  Kin- 
und  die  Moirentrias  Klotho,  Lachesis,  Atropos.  der  Phobos,  Deimos  und  Harmonia,  die  Kad- 
Den  beiden  Töchtertriaden  entsprechen  zwei  mos  heiratet;  938  Zeus  '-^  Maie,  Sohn  Hermes; 
Verstriaden.  Der  dritten  Zeusgattin  Eurynome  940  Zeus  ^j  Semele,  Sohn  Dionysos;  943  Zeus 
(368  vorgestellt),  die  die  Charitentrias  Aglaie,  f^  Alkmene,  Sohn  Herakles;  945  Hephaistos  f^ 
Euphrosyne,  Thalie  gebiert,  sind  fünf  Verse  50  Aglaie;  947  Dionysos  ^^  Ariadne;  950  Herakles 
(907—911)  gewidmet,  die  aber  deutlich  in  die  ^^  Hebe;  956  Helios  f>o  Perseis ,  Kinder  Kirke 
Verstrias  907  — 9o9,  in  denen  die  Hauptsache  und  Aietes;  958  Aietes  »^  Idyia,  Tochter  Me- 
gesagt  ist,  und  die  aufs  leichteste  ablösbaren  deia.  Daß  dieses  Stück  ein  willkürliches  Ge- 
Zusatzverse  t&v  xal  &7t6  ßUcpagcov  ^gog  «"j^fro  menge  sei,  ist  Schein.  Es  enthält  die  illegi- 
Ssgxoasvdav  Xvatftf iTjg •  xaXbv  de  &'  vn  öcpgvöL  timen  Verbindungen  des  Zeus  mit  Göttinnen 
dsgyiLoavTai  zerfallen,  die  Gruppe  und  Rzach  niederen  Ranges  (Maie)  oder  sterblichen  Frauen 
mit  Recht  tilgten;  denn  daß  der  Dichter,  der  (Semele,  Alkmene),  aus  denen  Götter  entsprossen 
eben  den  Hören  und  Moiren  zwei  Triaden  ge-  sind,  ferner  die  Ehen  der  Zeussöhne  (mit  Aus- 
widmet hatte  und  alsbald  sechs  Tristicha  (912  schluß  von  ApoUon  und  Hermes,  die  ja  keine 
— 929)  folgen  läßt,  dem  Charitentristichon  diese  60  festen  Verbindungen  eingehen).  Wenn  von  die- 
zwei  auch  an  sich  bedenklichen  Verse*)  an-  sen  Ares  vor  Zeus'  Paarungen  mit  Maie,  Se- 
orehängt  und  damit  die  sich  sonst  ergebende  mele  und  Alkmene  erscheint ,  so  war  dabei 
Reihe  von  9  =  3x3  Tristicha  zerstört  haben  wohl  die  Rangrücksicht  bestimmend,  daß  die 
sollte,  ist  ja  ganz  unglaublich.  912 — 914  De-  Ehe  der  großen  Götter  Ares  und  Aphrodite 
^  ..  ,   ,^,.  ,   .  ,      «,.     •          ..    ™-  j    ,.  ,  vor  jenen  illegitimen  Verbindungen  erscheinen 

*)  Inhaltlich  ist  ¥.911   eine  matte  Wiederholung  von  q\  -i,         j     j-         -u  ^  a     i„*«    u    tr^ 

910   mit  seinem   schönen  poetischen  Bild,   nnd   ^o!g  als  ^^^}^^^   wahrend    die    obskure   Aglaie    mit    He- 

Appeiiatimm  ist  üna^  tlg^ufrov  in  der  Th.,  kvo^fiBhi,  phaistos  hinter  Sie,  aber,   schon  aus  mythen- 

aut  ▼.  121  «ibernommen,  8.  Sp.  1476.  chronologischer  Erwägung,  vor  die  Ehen  des 


1493                   Theogonien  Theogonien                    1494 

Dionysos  und  Herakles  gerückt  ist.  Der  ein-  ccvSqccöiv  evvriO'ttaai  &9-dvaxai  ytivccvto  -O^tot? 
/.ige  Fremdkörper  im  Abschnitt  886—1)56,  der  inihUhXa  rixvoc,  eingeleitet  durch  einen  beson- 
ini  übrigen  allein  Zeus  und  seine  Deszendenz  deren  kurzen  Musenanruf  und  damit  deutlich 
behandelt,  ist  930 — 933,  Poseidons  Verbindung  als  Anhang  gekennzeiclinet.  Die  Anordnung 
mit  Amphitrite.  Bedenkt  man  aber,  daß  im  scheint  ungefähr  chronologisch  sein  zu  sollen, 
Zusammenhang  der  Zeusehen  aucli  die  Ver-  indem  die  in  den  troischen  Sagenkreis  führen- 
bindungen  aller  anderen  Kroniden,  soweit  sie  den  Verbindungen  dieser  Art  am  Ende  stehen 
nicht  unvermählt  bleiben,  registriert  worden  (1003  die  Nereiden  Psamathe  und  Thetis,  Gat- 
sind  (Hades,  Here,  Demeter),  daß  also  auch  ten  Aiakos  und  Peleus,  Söhne  Phokos  und 
Poseidon  nicht  fehlen  durfte,  so  war  schwer-  lo  Achilleus,  1008  Aphrodite  -^^^  Anchises,  Sohn 
lieh  ein  passenderer  Platz  für  ihn  zu  finden,  Aineias,  1011  Kirke '-o  Odysseus,  Söhne  Agrios 
als  den  er  einnimmt:  hinter  den  legitimen  Zeus-  und  Latinos,  10^7  Kaljpso  «-»^  Odysseus,  Söhne 
eben.  Ganz  zum  Schluß  (95C — 962)  ist  Helios  Nausithoos  und  Nausinoos),  davor  die  aus  dem 
und  sein  Geschlecht  angehängt;  er  wäre  sonst  Argonautenkreis  (992  lason  ^^-^  Medeia,  die  also 
der  einzige  Titanensproß,  dessen  Deszendenz  hier  als  unsterbliche  Göttin  gerechnet  wird, 
ungenannt  bliebe.  Die  systematische  Vollstän-  Sohn  Medeios).  Vor  diesem  Paar  stehen  (984) 
digkeit  der  Th.,  die  die  gesamte  Göttergenea-  die  beiden  Verbindungen  der  Eos,  mit  Titho- 
logie  bis  zum  vierten  Geschlecht,  von  Uranos  nos.  Söhne  Memnon  und  Emathion,  und  mit 
an  gerechnet,  führen  will  (im  Stammbaum  des  Kephalos,  Sohn  Phaethon,  den  Aphrodite  ent- 
Zeus noch  eine  Generation  weiter),  erforderte  20  führt  und  zu  ihorem  'J'empelhüter  macht.  Vor 
diesen  Nachtrag.  Damit  ist  diese  Aufgabe  aber  Eos  ist  (979)  noch  einmal  die  schon  287  ge- 
nun  auch  vollständig  gelöst,  und  der  Dichter  brachte  Verbindung  der  Okeanine  Kallirhoe 
konnte  sein  Werk  mit  dem  typischen  Schluß-  mit  Chrysaor  und  ihr  von  Herakles  erlegter 
vers^  der  uns  aus  den  /«owerischen  Hymnen  Sohn  Geryoneus  genannt  mit  z.  T.  wörtlicher 
geläufig  ist,  abschließen  (963):  vfisig  uhv  vvv  Übereinstimmung.  In  die  früheste  Heroenzeit 
XcclQsr\  'OlvfiTiLa  dojpLccr'  ^%ovxig.  Boberta  Ver-  fällt  die  Ehe  der  Aphroditetochter  Harmonie 
such  {Mel.  Nicole  471),  seine  enge  Verbindung  mit  Kadmos  (975),  Kinder  Ino,  Semele,  Agaue 
mit  dem  folgenden  Vers:  vfiöoi  t  rjjtsLQOL  te  und  Autonoe,  die  von  Aristaios  den  Polydoros 
xal  ccX^vQog  ^vöod'i  Ttovto?  durch  die  Über-  gebiert.  Am  Anfang  der  rjgojoyovia.  endlich 
Setzung  zu  rechtfertigen  ^Heil  euch,  ihr  Göt-  30  steht  der  Isgos  yd^iog  der  Demeter  mit  dem 
ter,  die  ihr  jetzt  regiert,  und  Heil  dir,  Welt,  Heros  lasios  (969),  aus  dem  Plutos  entspringt, 
wie  du  jetzt  bist'  (gestaltet  in  vfjGoi,  i]nsiQoi  der  über  Land  und  Meer  geht  und  den,  dem 
und  -novrog  im  Gegensatz  zum  Chaos  im  An-  er  in  die  Hände  läuft,  reich  macht, 
fang),  ist  schwerlich  zu  halten,  nachdem  in  Wie  an  die  eigentliche  Th.  die  Heroogonie, 
dem  ganzen  Gedicht  nur  und  nur  von  den  so  hat  man  an  die  letztere,  im  Bestreben,  das 
Göttern,  ihrer  Genealogie,  ihren  Geschicken  Werk  zu  einem  poetischen  Handbuch  der  ge- 
und  Taten  im  Wirken  aufeinander,  rein  gar  samten  Mythologie  auszubauen,  auch  noch  den 
gar  nicht  von  der  Ausgestaltung  der  Welt  und  sogenannten  Frauenkatalog  angehängt.  Der 
der  Erde  gesprochen  worden  ist;  nicht  nur  die  Übergang  dazu  ist  noch  als  v.  1019^1022  in 
Worte,  auch  die  Begriffe  vf]Oog  und  r^Trsipog  40  unseren  Hss.  erhalten,  die  aber  bei  dem  neuen 
erscheinen  hier  zum  ersten  Male.*)  Auch  lio-  Musenanruf  abbrechen.  Dieser  Abschluß  gründet 
bertä  Gedanke  (461  ff.),  die  ganze  Th.,  eben  sich  nicht  auf  mechanischen  Verlust,  sondern 
wegen  v.  963,  als  ein  einziges  großes  Proömium,  auf  den  Willen  eines  Bearbeiters  des  Korpus 
ähnlich  den  homerischen  Hymnen,  aufzufassen,  der  Hesiodea,  der  hier  einen  großen  Abschnitt 
dem  nun  erst  die  eigentlichen  xXe'o:  ccvöq&v  ansetzte.  Beweis  dafür  ist  die  Tatsache,  daß 
als  Hauptthema  folgten,  ist  —  um  von  anderen  auch  im  epischen  Kyklos  die  Geschichte  des 
sich  aufdrängenden  gewichtigen  Gründen  zu  Odysseus  den  Schluß  bildete,  s.  u.  Sp.  1516  ff. 
schweigen  —  von  Wilamoicitz,  Die  Ilias  und  Die  Quellen  der  Ifesioc^ischen  Th.  und 
Homer  465  mit  dem  Hinweis  darauf  widerlegt,  ihre  Verarbeitung.  Wenn  man  das  von 
daß  vielmehr  der  Musenhymnus  im  Anfang  50  ITesioda  Th  gebotene  Material  seiner  Herkunft 
mit  seinem  gleichen  Abschluß  (104)  ein  der-  nach  sichtet,  so  lassen  sich  unschwer  vier 
artiges  Proömium  zu  unserer  Th.  bildet,  die  Klassen  aufstellen.  Einen  Grundpfeiler  des 
mit  ihrer  Inhalts-  und  Gedankenfülle  doch  wohl  Werkes  bildet  der  Götterhimmel  Homers.  Ab- 
selbst  einen  eigenen  Vortrag,  nicht  nur  die  gesehen  von  der  in  der  Jibg  d-jtärri  vorliegen- 
Einleitung  zu  einem  solchen  darstellt.  den,  von  Hesiod  abweichenden  Th.  sind  die 
Die  Anhänge  (965  —  1022).  Den  Schluß  Differenzen  zwischen  dem  positiven  Inhalt  der 
der  Th.,  wie  sie  uns  überliefert  ist,  bildet  die  I/o?wmschen  Theologie  und  Hesiod  nicht  ein- 
Liste  der  Göttinnen,   oaaui  ör,  d-vriroloi  nccg'  schneidender  Natur  (vgl.  Schoemann,  Compara- 

*)  Wer  den  Vers  nicht  mit  Hevne  und  R:ach  streichen  ^^^  theogoniae  Hesiodeae  Clim  Homerica  =  OpUSC. 

'Will,    mag  mit  Aly   eine  Lücke   vor   ihm   annehmen,   die  60  «Caf/.  2,  25  ff.).    HeSlod  gibt  nicht  Viel,   was  dem 

aUerdings  nicht  so  auszufüllen  wäre,  wie  Aly  (durch  Ro-      Homerischen  System  widerspricht,  wohl  aber 

herts  Auffassung  verführt)  vorschlägt:  rwv  vno  ya'ia  ,us-  sehr  vieles,   was  ihm  fremd  ist.    Dieses  Plus 

/.aiva  y.ai  ovoaru;  svqu;  eysyto.    Denn  daß  Gaia  und  Ura-  bei   Hestod   stammt   ZUm    srrößten   Teil   auS   den 


nos  (Sache  und  Person  fallen  dem  Griechen  nicht  aus-  zahlreichen  griechischen  Lokalkulten,  den  wah 

einander  wie  uns  durch  das  törichte  Groß-  oder  Klein-  ^^^  Zentren  der  griechischen  Religion,  und  der 

schreiben),    Inseln,    Festlander   und   das   Meer    zwischen  -i^   t  i      .V    ,>,        n«-    ,i  j  p 

ihnen  (Pontos   der  Uranosbruder !)   von   den  Olympischen  ^^^  ^l^^en  verknuplten  Mythen    ZU  denen  fernei 

GöttAn  geschaffen  worden   seien,    hätte  ein  Herausgeber  gememgriechische,    mcht    an    bestimmte   Kultf 

der  Th.  nicht  unterstellen  sollen.  gebundene    Mythen    und    Volkssagen    treten 


1495                  Theogonien  Theogonien                    1496 

Aber  anch  nach  Aussonderung  des  aus  den  be-  nur  gelegentlich  bei  günstij^em  Stand  der  my- 

zeichneten  beiden  Klassen  stammenden  Stoffes  thologischen  Schichtungs-  und  Überlieferungs- 

bleibt  ein  Rest  von  Sagengut,  der  nach  allem,  Verhältnisse  für  dieses  oder  jenes  Motiv,  kaum 

wir  wissen,  als  ungriechisch  seinem  Wesen  aber    in    weiterem    Umfange    zu   beantworten 


Dach  angesprochen  werden  muß;  wobei  die  möglich  ist.  Im  allgemeinen  scheint  die  An- 
Frage,  ob  dieser  Stoff  aus  direkter  oder  indi-  nähme  berechtigt,  daß  dem  Unternehmen  der 
rekter  Berührung  mit  orientalischer  Mythologie  Systematisierung  des  ganzen  einem  Dichter 
Hesiod  zugekommen  ist  (worauf  doch  viele  er-  überschaubaren  Mythenstoffes  wohl  bescheide- 
staunliche  Berührungen  deuten),  oder  zu  einem  nere,  auf  einen  engeren  Bezirk  beschränkte 
größeren  oder  geringeren  Teil  aus  vorgriechi-  lo  Versuche  dieser  Art  vorangegangen  sind. 
scher  Zeit  sich  ins  griechische  Bewußtsein  Im  folgenden  soll  versucht  werden,  den 
hinübergerettet  hat,  oft  kaum  entscheidbar  ist.  Hauptstoff  der  Th.  auf  die  bezeichneten  vier 
Die  aus  diesen  drei  Quellen  dem  Dichter  zu-  Herkuuftskreise  zu  verteilen,  ohne  daß  die  Ar- 
geflossenen,  jede  in  sich  schon  Heterogenes  beit  in  dem  hier  gesteckten  en^en  Rahmen 
enthaltenen  Stoffmassen  standen  naturgemäß  bis  ins  einzelne  geleistet  werden  kann, 
sunächst  in  gar  keinem  Verhältnis  zueinander.  He si od  und  Homer (vj;rl.^cÄoe?nanw a.a.O.). 
Vieles  schloß  sich  gegenseitig  aus,  sehr  vieles  Von  den  Urgewalten  Hesiods  weiß  Homer  nichts. 
war  einander  analog  oder  glich  sich  in  der  Gaia  wird  zwar  im  Schwur  angerufen,  aber 
Sache  völlig-,  und  die  zahlreichen  zusammen-  nicht  als  göttliche  Urmutter  oder  überhaupt  als 
gebrachten  Götternamen  und  -persönlichkeiten  20  ausgeprägte  Persönlichkeit,  wie  (lie  Beifügung 
wußten  so  wenig  voneinander  und  gingen  sich  von  Sonne  und  Flüssen  (F  278)  oder  des  wei- 
80  wenig  an  wie  die  erstmalig  versammelten  ten  Himmels  und  des  niederfließenden  Was- 
Rekmten  bei  der  Aushebung.  Da  mußte  als  sers  der  Styx  (O  36.  g  184)  lehrt.  Heras  Anruf 
vierter  Faktor  die  ordnende  und  nach  Bedürfnis  im  Hymnus  auf  den  Pythischen  Apollon  334: 
neu  erfindende,  neuen  Stoff  schaffende  Tätig-  Fala  xocl  Ovgavbg  svgvg  vtcsq&sv  Tiripig  rs 
keit  des  Dichters  in  ihr  Recht  treten.  Es  galt  <9'foi,  rol  vTto  x^ovl  vaisrdovTEg  TccQtuQov  ccncpl 
vor  allem,  die  verwirrende  Fülle  der  Gestalten  ^iyccv,  r&v  ?|  ävögsg  ts  d^soi  rs  setzt  offenbar 
in  ein  System  zu  bringen  —  nach  dem  Geiste  das  Hesiodische  System  (das  heißt  nicht  die 
der  Zeit  konnte  es  nur  ein  genealogisches  sein  Hesiodische  Th.)  bereits  voraus.  Nyx  in  der 
— ,  sie  zu  Vätern,  Söhnen,  Geschwistern  usw.  so  ^ibg  andxr\  steht  auf  einem  besonderen  Blatte 
zusammenzuordnen  und  auf  einige  Generationen  (s.  Sp.  1539).  Auch  Uranos,  Poutos,  Eros  sind 
zu  verteilen.  Da  es  der  persönlichen  Religion  als  Personen  Hom.  unbekannt,  von  Chaos,  Ere- 
des  Dichters  und  somit  seinem  poetischen  Plan  bos,  Aither,  Hemere  zu  schweigen.  Die  Tita- 
entsprach. Zeus  und  seinen  nächsten  Kreis  als  neu  Hesiode  fehlen  bei  Hom.  nicht  völlig;  er 
Hauptgötter  und  Weltherrscher  hervorzuheben,  nennt  0  479  und  5"  274  die  Götter  der  Tiefe 
so  mußte  die  große  Masse  der  nicht  zu  allere-  um  Kronos,  die  im  Tartaros  sitzen,  weder  von 
meinerer  Geltung  gelangten  Lokalgötter  zurück-  Sonne  noch  von  Winden  gelabt;  E  898  heißen 
gedrängt  werden,  wozu  teils  wurzelechte  grie-  sie  Ovgavitovf-g.  Aber  außer  Kronos  (und  Rheie 
chische,  teils  importierte  außergriechische  Sa-  S  203.  O  187)  erscheint  mit  Namen  nur  lapetos 
gen  von  Götterkämpfen  gute  Handhaben  boten.  40  (0  479).  Okeanos  und  Tethys  stehen  bei  ihm 
Andere  Sagen  von  bedeutendem  symbolischen  außerhalb  dieses  Kreises,  Hyperion  ist  mit 
Charakter,  die  der  Dichter  nicht  missen  mochte,  Helios  identisch  und  ©  480  den  Göttern  der 
die  aber  mit  seiner  Zeusreligion  nicht  harmo-  Tiefe  ausdrücklich  entgegengesetzt,  Themis  ist 
nierten,  mußten  sich  starke  Umbiegungen  —  an  der  einzigen  Stelle,  wo  sie  erscheint  (O  87), 
bis  zu  völliger  Aufhebung  ihrer  Grundbedeu-  Olympierin;  Koios,  Kreios,  Theia.  Mnemosyne 
tung  —  gefallen  lassen.  Ein  starker  Zng  pri-  und  Phoibe  sind  Homer  fremd.  Die  Kyklopen 
mitiv-philosophischen  Geistes  brachte  Anfänge  Homers  haben  mit  den  unterirdischen  Feuer- 
kosmogonischer  Spekulation  (doch  immer  in  dämonen  Hesiods  nichts  zu  schaffen,  wohin- 
mythologisch-personifizierendem  Gewände)  und  gegen  A  401  ff.  die  Sage  von  dem  Hekatonchei- 
an  einigen  Stellen  ganze  Reihen  allegorischer  50  ren  Briareos- Aigaion  erwähnt  wird,  der,. 
Personifikationen  abstrakter  Begriffe  mit  an-  von Thetis  (der Meergöttin!)  gerufen,  Zeus  gegen 
gemessener  genealogischer  Verknüpfung  in  das  den  Anschlag  der  anderen  Götter  beschützt: 
Werk  hinein.  Doch  erscheinen  auch  kosmische  eine  Analogie  zu  der  Hekatoncheirendichtung 
Potenzen  und  Prinzipien  so  täppisch  eingefugt  bei  Hesiod,  keineswegs  aber  ihre  Quelle.  Ho- 
und  so  wenig  in  ihrer  wahren  Bedeutung  und  werische  Dämonen  oder  wenigstens  Begriffe 
Fruchtbarkeit  erkannt  und  ausgenützt,  daß  es  sind  die  zahlreichen,  bei  Hesiod  als  Kinder 
nur  zweifelhaft  sein  kann,  ob  man  diese  Stücke  oder  Enkel  der  Nyx  genealogisierten  Personi- 
lieber  als  spätere  Einarbeitungen  betrachten  fikationen  von  Abstrakten,  nur  Momos  und  die 
oder  annehmen  wül,  daß  die  kosmogonische  Hesperiden,  Dysnomie  und  die  modernen  yfdyot 
Spekulation  nicht  die  starke  Seite  des  sonst  60  k^cpiXXoyiai  te  ausgenommen.  J^o^nerisch  sind 
so  gedankenreichen  Dichters  war.  auch  Nereus  (wenngleich  der  Name  selbst 
Inwieweit  die  skizzierte  individuelle  Tätig-  nicht,  sondern  nur  die  JVrjpTjtdf?  vorkommen) 
keit  im  Ordnen  und  Harmonisieren  des  chaoti-  und  Phorkys,  nicht  aber  Thaumas,  Keto  und 
sehen  Stoffes  und  im  Schaffen  eines  mytho-  Eurybie  noch  die  Genealogien  Hesiods,  und  in 
logischen  Weltbildes  erst  vom  Dichter  un-  dessen  Nereidenliste  stehen  —  wenn  man  wie 
serer  Th.  geleistet  worden  ist,  inwieweit  er  billig  von  der  aus  einer  theogonischen  Quelle 
schon  auf  der  Vorarbeit  älterer  theogonischer  entnommenen  Nereidenliste  s  39 — 49  absieht 
Dichter  fußte,  das  ist  eine  Frage,   die  wohl  —  nur  zwei  aus  Homer  bekannte  Gestalten: 


1497                    Theogonien  Theogonien                    1498 

Amphitrite  (aber  bei  i/bmcr  y  Dl.  t  422.  ft  60.  weiß.  Von  den  übrigen  Gottheiten,  die 
97  nicht  als  Nereustochter  bezeichnet,  in  der  llesiod  als  Kinder  des  Zeus  aufführt,  ist  keine 
Liste  2^39  tf.  fehlend)  und  Thetis.  Neu  ist  auch  Homtr  unbekannt,  aber  mindestens  von  den 
die  Genealogie  der  in  der  llias  vielgenannten  Hören,  Moiren,  Chariten  die  Ableitung  von  Zeus 
Iris  und  die  Namen  der  Harpyien  (77  150:  ihm  nicht  geläufig.  Amphitrite  (f  422.  //.  60.  97) 
Podarge).  Von  Hesiods  Phorkyaden  kennt  ist  weder  Gattin  Poseidons  noch  Mutter  des 
Homer  nur  die  Gorgo  (doch  nicht  als  Phorkys-  {Homer  fremden)  Triton.  Phobos  und  Deimos 
tochter  bezeichnet),  den  Höllenhund  (0  368  stehen  in  der  7üm.s  stets  in  engstem  Zusammen- 
ohne  Nennung  des  Namens  Kerberos  und  ohne  hang  mit  Ares,  und  iV  299  ist  Phobos  des  Ares 
Genealogie)  und  die  Chimaira  (Z  179  ohne  Ge-  lo  lieber  Sohn  genannt;  aber  Aphrodite  gilt  Ho- 
nealogie).  Hingegen  iußt  der  Flußkatalog  wer  nicht  uls  seine  Mutter,  und  Harmonie  kennt 
337 tf.  zum  guten  Teil  auf  der  i/owerischen  er  nicht.  Das  Verhältnis  zwischen  Ares  und 
Geographie,  freilich  mit  höchst  charakteristi-  Aphrodite  erscheint  überhaupt  erst  in  dem 
sehen,  den  erweiterten  Gesichtskreis  verraten-  jungen,  frivolen  Stück  0'2661f".  Die  Charis  ist 
den  Zusätzen.  Um  so  weniger  hat  die  Liste  schon  i^  382  Hephaistos' Gattin,  aber  noch  nicht 
der  Okeaninen  mit  Hower  gemein;  nur  Dione  die  spezielle  Aglaie,  wie  auch  die  Dreizahl  der 
(wenn  Hesiod  da  an  die  Mutter  Aphrodites  Chariten  noch  nicht  feststeht.  Dionysos  und 
E  37 Ott",  dachte),  Eurjnome  (2-"  398),  Kalypso  sein  Wesen  ist  Homer  bekannt,  von  seinem 
(die  aber  a  52  Tochter  des  Atlas,  niemals  Verhältnis  zu  Ariadne  nur  >l  321,  und /war  ab- 
Okeanostochter  ist)  und  Styx  (auch  diese  bei  20  weichend  von  der  bei  Hes.  vorliegenden  Vul- 
Homer  nibht  Okeanine)  finden  sich  im  Homer.  gataversion,  die  Rede.  Die  Paarung  Herakles. 
Von  Hesiods  Titan i den  sind  nur  Eos,  die  ^^^  Hebe  kennt  Homer  nicht  Die  Verbindung 
Winde  Zephyros,  Notos,  Borees,  der  Stern  Heos-  des  Helios  mit  Perseis,  Kinder  Kirke  und  Aietes, 
phoros  und  Leto  Homer  bekannt,  aber  nicht  stammt  aus  k  135  ff.,  wo  freilich  die  Okeanine 
mit  der  Hesiodischen  Genealogisierung.  Von  Perse  heißt;  Idyia  und  Medeia  fehlen  dort.  — 
den  sechs  Kroniden  Hesiods  fehlt  Histie  im  Von  den  in  der  Heroogonia  gebrachten  Ge- 
Homer  ganz,  Demeter  ist  nirgends  Tochter  des  nealogien  konnten  nur  wenige  aus  Homer  ge- 
Kronos  oder  Schwester  des  Zeus,  und  das  brü-  nommen  werden.  Das  Verhältnis  Demeter  ^^ 
derliche  Verhältnis  zwischen  Zeus,  Poseidon  lasion  ist  s  125  erwähnt,  doch  nicht  ihr  allego- 
und  Hades  sowie  die  Teilung  der  Welt  unter  so  rischer  Sohn  Plutos.  Von  der  Deszendenz  des 
sie  wird  nur  einmal  (O  187  fF.),  die  Geschwister-  Kadmos  erscheinen  bei  Homer  nur  Semele 
Schaft  von  Zeus  und  Here  nur  in  der  Jibg  (5*323,  theogonische  Einlage!)  und  Ino-Leuko- 
ccnätj]  erwähnt.  Ebenda  und  0  479  ist  allein  theä  {s  333),  letztere  als  Kadmostochter  bezeich- 
vom  Sturz  des  Kronos  und  der  Titanen  durch  net.  Das  JPaar  Eos  ^^  Tithonos  ist  Homer  ge- 
Zeus die  Rede.  Das  Nähere,  die  Verschlingung  läufig;  ob  aber  Eos'  Sohn  Memnon  Tithonos 
der  Kinder  durch  Kronos,  seine  Überlistung  zum  Vater  hat  oder  etwa  den  auch  von  ihr 
und  dann  die  Titanomachie  mit  ihren  Einzel-  entführten  Orion  {s  121),  erfährt  man  aus  Ho- 
heiten ist  Homer  unbekannt  (gewiß  nicht  nur  mer  nicht.  Aus  der  Hias  stammen  dann  die 
unerwähnt),  ebenso  die  Entmannung  des  Ura-  Paare  Peleus  ^^  Thetis  und  Anchises  f^  Aphro- 
nos,  die  ganze  Prometheusgeschichte  und  der  40  dite  mit  ihren  Söhnen;  die  Th.  1011  ff.  ange- 
Typhoeuskampf.  Die  Unterweltsschilde-  gebenen  Nachkommen  des  Odysseus  mit  Kirke 
rungen  ifmods  sind  mitden  ^owmscben  Ha-  und  Kalypso  (das  älteste  literarische  Zeugnis 
desbildern  nur  hinsichtlich  der  allgemeinsten  griechischer  Kenntnis  Italiens)  sind  JEfomer  fremd. 
Umrisse  in  Übereinstimmung;  die  vielen  Einzel-  Wenn  so  ein  großes  Plus  an  mythologischem 
heiten  und  Besonderheiten  fehlen  im  Homer.  und  vor  allem  genealogischem  Stoff  auf  selten 
Von  d(  n  Th.  886 ff.  registrierten  Zeusgattin-  Hesiods  bleibt,  so  ist  sehr  ernstlich  in  Rech- 
nen fehlen  die  Tersönlichkeiten  der  Metis  und  nung  zu  stellen,  daß  der  Dichter  der  Th.  nicht 
Mnemosyne  im  jffomer  ganz;  Themis  und  Eury-  nur  wie  wir  llias  und  Odyssee,  sondern  die 
nome  kommen  zwar  vor,  aber  nicht  in  Verbin-  ganze  uns  verlorene  Masse  des  heroischen  Epos 
düng  mit  Zeus;  Demeter,  Leto,  Semele,  Alk-  5o  vor  Augen  und  als  Reservoir  mytholooisch- 
mene  sind  als  Geliebte  des  Zeus  in  der  Ein-  theogonischen  Stoffes  zur  Verfügung  hatte, 
läge  der  Jio£  ccndtri  (iS  317 — 327)  genannt  und  Ohne  Zweifel  stammt  ein  erheblicher  Teil  der 
auch  anderwärts  als  solche  erwähnt  oder  doch  im  Homer  nicht  zu  findenden  Mythen  Hesiods 
gedacht,  Maie  (in  der  Form  Maiccg)  als  Mutter  aus  dieser  Quelle,  so  vor  allem  die  i]Q(ooyovia., 
des  Zeussohnes  Hermes  |  435.  Here  ist  na-  vieles  in  der  Liste  der  Zeusehen  und  auch 
türlich  beiden  gemeinsam,  aber  die  Deszendenz  mancherlei  in  der  eigentlichen  Th.  Wenn  uns 
des  Götterpaares  noch  nicht  wie  bei  Hesiod  die  Möglichkeit  einer  direkten  Vergleichung 
festgelegt.  Nur  Ares  ist  klar  als  beider  Sproß-  hier  versagt  ist,  so  bietet  einen  gewissen  Er- 
ling  bezeichnet  (E  892).  Die  Eileithyien  heißen  satz  die  spätere  Dichtung  und  die  mythogra- 
A  270 f.  nur  Töchter  der  Here,  nicht  auch  des  60  phische  Überlieferung,  die  uns,  soviel  auch 
Zeus.  Von  Hebes  Abkunft  wird  nichts  gesagt,  im  einzelnen  problematisch  bleibt,  doch  einen 
obschon  sie  E  722  und  905  offenbar  in  naher  gewissen  Begriff  gibt,  wieviel  Hesiod  aus  lite- 
Beziehung  zu  Here  steht.  Sohn  des  Zeus  und  rarischen  Quellen,  d.  h.  aus  poetischer  Fixie- 
der  Here  ist  ferner  A  577  ff.  Hephaistos,  den  rung  und  Ausgestaltung  echten  alten  Sagen- 
Hesiod  zum  alleinigen  Sohne  Heres  macht.  stoffes,  entnehmen  konnte.  Sicherlich  hat  diese 
Hingegen  stimmen  beide  zusammen  in  der  Ab-  Quelle  ihm  für  seine  Titanen-,  Kyklopen-  und 
leitung  Athenes  von  Zeus  allein,  nur  daß  Hekatoncheirenmythen  mehr  geboten,  als  wir 
jSbwer  nichts  von  ihrer  Geburt  aus  Zeus' Haupte  im  Homer  lesen;    sicherlich  stammen  von  den 


1499                    Theogonien  Theogonieu                    1500 

Meergottheiten  und  -dämoneu  Hesioda  mehr,  j^enden  Erwähnungen  bei  Homer,  sondern  aus 
als  im  Hütuer  nachweisbar  sind,  aus  älterer  ihrer  kultischen  Bedeutung,  8.  Mayer  a.  a.  0. 
mg;  gewiß  ist  die  Genealogie  der  Kro-  71  if.  o.  Bd.  2,  Sp.  1462  ff.  Farnell,  The  cult^ 
,  dio  im  Homer  noch  so  schwankend  und  of  the  Greek  Zitates  1,  1  tt'.  Allerdings  ist  die 
unvollständig  ist,  verglichen  mit  dem  System  theogonische  Konstruktion,  die  Kronos  zum 
Hesiods^  nicht  erst  ganz  von  diesem  entwickelt  Herrscher  des  früheren  Weltalters  und  Vater 
worden,  sondern  man  hat  zwischen  unseren  seines  Besiegers,  des  gegenwärtigen  Weltherr- 
beiden  Zeugen  Zwischenstufen  anzusetzen,  wie  schers  Zeus,  machte,  schon  vor  Homer  <,'efun- 
ja  im  Homer  selbst  eine  Entwicklung  zur  den;  richtiger:  bevor  die  auf  Kronos  bezüp:- 
Systematisierung  wahrzunehmen  ist,  vgl.  Fitis-  lo  liehen  jffbmcrstellen  gedichtet  wurden.  Denn 
Jer,  fiom^' 1,234  f.  27 8  f.  und  Sp.  1600.  Auch  die  diese  Theologie,  deren  Niederschlag  die  theo- 
Hadesbilder  Hesiods  weisen  deutlich  auf  lite-  gonische  Dichtung  ist,  hat  ihre  Entwicklung? 
rarische  Quellen,  und  überall  liefen  solche  zwar,  soviel  wir  sehen,  später  begonnen  als 
offenbar  zugrunde,  wo  Hesiod  auf  gewisse  My-  das  im  ganzen  um  diese  Dinge  unbekümmerte 
then  nur  kurz  hindeutet,  um  sie  in  sein  Sy-  heroische  Epos,  dann  aber  doch  lange  gleich- 
stem einzufügen,  oder  sie  für  seine  Anschauung  zeitig  mit  ihm  gelebt  und  ebenso  Elinfluß  aut 
zurecht  modelt  (Prometheis,  Titanomachie,  Ty-  es  geübt,  wie  sie  ihm  einen  wesentlichen  Teil 
phonomachie).  ihres  Stoffes  entnahm  und  Form  und  Technik 
Kulte  und  Eultmythen  als  Quellen  dazu:  ist  doch  das  theogonische  Epos  nichts 
Hesiods.  Neben  dem  bereits  in  poetischer  20  anderes  als  ein  Seitentrieb  vom  großen  Haupt- 
Bearbeitung  vorliegenden  Mythenmaterial  hat  stamm  des  Epos,  mit  dem  es  gebend  und  neh- 
Hestod  in  nicht  geringem  Maße  mythisches  mend  in  steter  Verbindung  bleibt,  so  daß  die 
Rohmaterial  herangezogen  und  Göttergestalten  Frage,  ob  ein  Zug  aus  allgemein-epischer  oder 
in  sein  System  eingefügt,  die  im  Epos  wohl  speziell  theogonischer  Quelle  stammt,  in  vielen 
gar  nicht  existierten  oder  nur  gelegenüich  und  Fällen  unentscheidbar,  weil  schief  gestellt  ist: 
nebensächlich  vorkamen,  ihm  aber  aus  Lokal-  denn  die  Grenzen  sind  fließend.  —  Mnemo- 
kulten  bekannt  waren;  wobei  wir  freilich  nicht  syne  endlich  nennt  die  Th.  64  selbst  'Herr- 
kontrollieren können,  inwieweit,  da  oder  dort  scherin  der  Hügel  von  Eleuther',  s.  o.  B.  2, 
lokale  Mythenbildung  und  Spekulation  dem  Sp.  3077.  Von  den  Th.  371  ff.  behandelten  Ti- 
großen  Systematiker  vorgegriffen  und  schon  30  taniden  ist  Pallas  ein  alter  arkadischer  Gott 
eine  Verbindungslinie  zu  dem  gemeinhelleni-  (0.  B.  3,  Sp.  1337)  und  P  e  r  s  e  s  =  Perseus  sogar  an 
sehen  Götterkreis  gezogen,  sowie,  wieviel  He-  mehrerenOrtenverehrt(o.  Bd.  3,Sp.2018.  Ihener, 
siod  schon  bei  theogonisch-systematisierenden  Götternamen  11  f.).  Auch  der  Kult  der  Winde 
Vorgängern  vorgearbeitet  fand.  Unsere  Betrach-  ist  alt  (z.  B.  Wernicke  in  Pauly-  Wissowas  Real- 
tung  gilt  hier  nicht  so  sehr  der  speziellen  Th.  encyclop.  3,  721),  und  aus  gleicher  Quelle  kamen 
Hesioda  als  der  theogonischen  Dichtung  über-  Hekate  (obschon  erst  später,  s.  Sp.  1483)  und 
haupt  als  sich  entwickelnder  literarischer  Gat-  Histie  in  die  Th.  hinein.  lapetos  und  sein 
tnng.  —  Der  erste  nicht  dem  Epos,  sondern  Geschlecht  waren  sowohl  im  griechischen  Mut- 
einem  Kult  entnommene  Gott  der  Th.  ist  Eros,  terlande  wie  in  Kleinasien  heimisch  {Gundel 
der  alte,  in  einem  Steinfetisch  verehrte  Natur-  40  in  Pauly  -Wissoicas  Bealencyclop.  9,  722).  Aus 
gott  von  Thespiai  {Paus.  9,27,1),  wofern  nur  dem  Katalog  der  Zeusgattinnen  geht  Themis 
diese  drei  Verse  (120 — 122)  ursprünglich  sind  auf  den  Kult  nahe  bei  Theben  zurück,  wo  nach 
(b.  Sp.  1501).  Eine  ganze  Anzahl  Lokalgötter  Pai«s.  9,25,4  ihr  Heiligtum  neben  dem  des 
hat  fies/od  unter  den  Titanen  (und  ihrer  Deszen-  Zeus  Agoraios  und  dem  der  Moiren  stand,  so 
denz)  untergebracht,  vgl.  Maximilian  Mayer,  daß  die  Th.  904  gegebene  genealogische  Ver- 
Die  Giganten  und  Titanen,  Berlin  1887,  50 ff.  knüpfung  nahegelegt  war.  Die  Chariten 
Koios  ist  ein  Fluß  im  nördlichen  Messenien  Hesiods  sind  nicht  poetische  Personifikationen, 
und,  wie  der  Zeuge  Paus.  4,33,6  selbst  be-  sondern  die  Göttinnen  des  nahen  Orchomenos, 
merkt,  wohl  ein  Lokalheros.  Ebenfalls  Paus.  ihre  Mutter  Eurynome  nicht  einfach  eine 
7,27,11  bezeugt  in  Achaia  bei  Pellene  den  50  Okeanine  (wie  bei  Homer  2  ^^^  und  in  der 
Fluß  Krios:  %x^lv  Ss  ocvtbv  ro  oVofca  änb  Tl-  Th.  358),  sondern  die  Kultgöttin  von  Phiga- 
x&vos  Kqiov-  dieselbe  Namensform  für  den  lia  (Paits.  8 ,  41 ,  4 ;  derselbe  10,28,7  über  den 
Titanen,  der  in  den  Hss.  Hesiods,  den  Scholieu  leichenfressenden  Todesdämon  Eurynomos  der 
(die  Ze^ion  zitieren)  und  anderwärts  Kgslog  delphischen  Theologie,  welch  letztere  TÄ.  498  ff. 
heißt,  gibt  Aristarch.  im  Et.  M.  539,  22 ;  über  ausdrücklich  berücksichtigt  ist).  Auch  die  Ho- 
weitere  Spuren  eines  mythischen  Kreios  in  der  ren,  die  Hebe  und  vor  allem  die  Musen  He- 
Peloponnes  s.  3/ai/cr  58  ff.  T heia  ist  der  Haupt-  siods  stützen  sich  auf  Kulte,  ob  sie  schon  auch 
kultname  der  großen  Göttin  von  Aigina,  die  im  Homer  bereits  vorkommen,  und  die  mit 
mit  gemeingriechischem  Namen  Hekate  ge-  drei  Kinriern  gesegnete  Ehe  des  Ares  und  der 
nannt  wurde  {Pind.  Isthm.  5,1.  Paus.  2,30,2).  60  Aphrodite  entnahm  der  Systematiker  nicht 
Im  selben  Aigina  (Pind.  Ol.  8,22),  aber  auch  dem  lasziven  Schwank  der  Od.  0",  sondern  dem 
an  zahlreichen  anderen  Orten  lebte  der  Kult  Kult  (vgl.  Tümpel  in  Pauly -Wissowas  Rcal- 
der  Themis,  die  gewiß  eher  daher  als  aus  encyclop.  2,646),  dessen  Reflex  natürlich  auch 
der  kurzen  Erwähnung  bei  Homer  (O  87)  in  jenes  Götterzötchen  ist.  Ähnliches  gilt  für  die 
die  Reihe  der  Titanen  gelangt  ist.  Das  gleiche  Kyklopen und  Hekatoncheiren,  für  Gorgo,  Chrj- 
dürfte  für  den  alten  Gott  Kronos  gelten  wie  saor,  Herakles  und  die  anderen  in  der  Th.  er- 
für  seine  Gattin  Rheia.  Ihre  große  Rolle  in  scheinenden  Heroen.  Diese  Beispiele  mögen 
der  Th.  haben  sie  nicht  aus  den  wenig  besä-  genügen,   da  hier  nicht   der  Ort  fär  spezielle 


1501                    Theogonien  Theogonien                    1502 

Aufarbeituno^     des     gesamten    mythologischen  yovvccx',    ^Q(p    Ö'   &Qa   t^vfiov    ^d-hXx^sv,    dann 

Stoffes  der  27«.  in  diesem  Sinne  ist.    V«l.  noch  t'poff  Xva.  bei   Sappho  frg.  40,    nö^oi  ^fJO-  bei 

Gruppe,  Hdb.  412  ff.  und  Aly%  Th.- Kommentar  Archil.  fry.  85  — ,   der  aller  Götter  und   aller 

(Heidelberg  1913).  Menschen  Merz  und  Verstand  bezwinge.    Diene 

Die  selbständige  Leistunj?  des  Theo-  Beschreiljung,  die  zugleich  mit  der  zweimaligen 

gonikers.    Je   reichlicher   aus    Literatur   und  Erwiihnun«,'    von    Göttern    und    Menschen    die 

wirklicher  Religion  dem  Dichter  das  Material  stärkste,  doch   kaum  noch  zu   ertragende    der 

zuströmte,   um   so   größer  waren   die  Anforde-  Prolepsen  Hmocis  darstellt,  paßt  wahrlich  nicht 

runden,  die  an  die  eigene  ordnende,  kombinie-  auf  die  kosmogonische  Urgewalt,  die  hier  ge- 
rende, ergänzende,  um-  und  neuschaffende  Tä-  la  meint  ist,   sondern   auf   die   normale   Erschei- 

tigkeit  des  Systematikers  gestellt  wurden.    Auf  nungsform  des  Eros,  in  der  er  201  zusammen  mit 

Schritt  und  Tritt  begegnet  sie  uns  in  der  Dich-  Hiraeros  im  Gefolge  der  Aphrodite  auftritt,  eine 

tung,  wobei  wir  freilich  wieder  eingedenk  blei-  Stelle  übrigens,   die  offenbar  ohne  Bezug  auf 

ben  mü.ssen,  daß  da  gewiß  vieles  auf  die  Rech-  unsere  Stelle  gedichtet  und  an  ihren  Platz  ge- 

nung  von  Vorgängern  gesetzt  werden  muß,  deren  setzt  ist.    Das  gilt  aber  für  den  ganzen  hoch- 

Werk  der  Verfasser  unserer  Th.  übernahm  und  symbolischen  Mythus  von  der  Aphroditegeburt 

fortführte.    Wir  können   beim   Stande  unserer  aus   dem  Samen   des  Uranos  (s.  Sp.  1479),  der 

Überlieferung  in  der  Regel  nicht  den  Personen  eine   unleidliche   Dublette   zu   der  Einführung 

das  Ihre  geben,  sondern  nur  einigermaßen  die  des  Eros  unter  den  Urgewalten  darstellt,  dessen 
Tatsachen  des  Kultes  und  anderes  durch  feste  20  Funktion,  wie  sie  121  f.  umschrieben  ist,  sich 

Überlieferung  Gegebene  von  der  theologischen  in  keiner  Weise  von  der  Aphrodites  2('3— 206 

Spekulation  zu  sondern  versuchen,  gleichgültig,  unterscheidet.  Die  Worte:  xavtriv  d'  it,  ccQxfjg{\) 

wie  vielen   Köpfen  diese  entsprungen  ist,  riiii]v  ^%Bi  rjds  UXoyxsv  hoIqccv  iv  av^QmnoLGi 

Theologisch-philosophische  Spekulation  sind  xai  aQ-avätoLGi  dsoleiv  usw.  schließen,  ernst 
unter  den  Urmächten  Hesiods  Chaos  und  Eros.  genommen,  aus,  daß  dieselbe  {lotga  schon  zwei 
Gaia,  die  Mutter  Erde,  ist  ja  eine  uralte  re-  Generationen  früher,  in  der  ältesten  Urzeit, 
ligiöse  Macht,  aber  daß  sie  in  bestimmter  Weise  Eros  geeignet  haben  sollte.  Der  Schöpfer  dieses 
zur  Ahnin  aller  Götter,  auch  des  Allgottes  und  Aphroditemythus  meinte,  daß  die  Zeugungs- 
Allvaters  Zeus  gemacht  wird,  ist  neu.  Neu  ist  und  Fortpflanzungskraft,  deren  Personifikation 
auch  die  Einordnung  des  (übrigens  alten)  my-  30  ihm  Aphrodite  ist,  in  den  Lenden  des  Uranos 
thisch-geographischen  Begriffs  Tartaros  (hier  beschlossen  war,  bis  sie  durch  den  Schnitt  des 
in  der  Form  Tartara)  unter  die  Urgewalten;  Kronos  entbunden  und  zur  überall  wirkenden 
aber  das  ist  ja  die  Tat  eines  späteren  Bear-  Macht  wurde.  Damit  ist  der  Eros  als  Urprinzip 
beiters  (s.  Sp.  1476).  Eros  knüpft  ganz  gewiß  und  Bruder  von  Chaos  und  Gaia  unvereinbar, 
an  den  Fetischkult  von  Thespiai  an,  und  es  Wie  konnte  sodann  rein  sprachlich  der  Dich- 
ist  immer  möglich,  wenn  auch  nicht  gerade  ter,  der  den  Zeugungstrieb  unter  den  Elemen- 
wahrscheinlich,  daß  er  in  diesem  Kult  von  den  ten  seiner  Schöpfungsgeschichte  mit  dem  Na- 
Wissenden  schon  als  das  große  Werdeprinzip  men  Eros  eingeführt  hatte,  diesen  fortan  gänz- 
verstanden  wurde,  wie  Wilamowitz,  Aus  Ky-  lieh  verleugnen  —  da  v.  201  und  910  ausschei- 
datlmi  131  meint,  vgl.  Furtwängler,  o.  Bd.  1,  40  den,  s.  Sp.  1491  —  und  Götter  und  Mächte 
Sp.  1341.  Auch  dann  war  es  eine  neue  speku-  von  der  ältesten  bis  zur  jüngsten  Generation 
lative  Kühnheit,  diesen  mit  seinem  redenden  sich  stets  durch  qpt/LoTrjg,  die  ^otga  Aphrodites. 
Namen  ganz  vereinzelt  dastehenden  Naturgott,  die  224  selbst  personifiziert  unter  den  Kindern 
von  dem  das  ionische  Epos  gar  nichts  wußte,  der  Nyx  erscheint,  nach  homerischem  Muster 
als  ältestes  kosmisches  Prinzip  unter  die  an-  vereinigen  lassen?  So  erweisen  sich  diese  drei 
deren,  rein  stofflichen  Urgewalten  zu  stellen;  Erosverse,  die  schließlich  auch  noch,  wie  Sp. 
eine  Kühnheit  freilich,  die  dem  Verfasser  un-  1477  gezeigt,  die  dyadische  Kompositionsweise 
serer  Th.  nicht  gutzuschreiben  ist.  Denn  es  ist  der  ganzen  Anfangspartie  durchbrechen,  als 
nicht  richtig,  was  Wilamoivitz  a.  a.  0.  schreibt,  eine  anorganische  Einlage,  und  man  kann  nur 
daß  die  Th.  Sesiods  'ganz  in  den  Vorstellungen  50  zweifelhaft  sein,  ob  man  sie  einem  jüngeren, 
des  Eros  von  Thespiai  fuße,'  unter  denen  man  mit  orpMschen  Th.n  vertrauten  Leser  oder  Be- 
doch  nur  die  kosmogonischen  verstehen  kann.  arbeiter  zuweisen  soll,  der  es  unerträglich  fand. 
Derjenige,  der  zuerst  den  fruchtbaren  Gedanken  daß  Eros  in  dieser  Th.  fehlen  sollte  (vielleicht 
faßte  (oder  übernahm),  daß  von  Anbeginn  zwi-  weil  sich  alsbald  125  Erebos  und  Nyx,  dann 
sehen  den  materiellen  Urmassen  eine  bewe-  Uranos  und  Gaia  begatten,  ohne  daß  der  Trieb 
gende,  zueinander  treibende  Macht  bestanden  dazu  schon  eingeführt  ist),  ihn  einfügte,  und 
haben  müsse,  die  diese  Massen  in  Beziehung  freilich  nicht  über  die  hinreichende  poetische 
zueinander  setzte  und  seitdem  unablässig  in  Kraft  verfügte,  um  etwas  anderes  als  ein  paar 
der  Welt  wirksam  und  Ursache  alles  Lebens  /iomerische  Floskeln  zu  seiner  Charakterisierung 
ist,  der  konnte  sich  nicht  begnügen,  nur  das  60  anhängen  oder  gar  den  hineingetragenen  Ge- 
Wort Eros  hinzusetzen  und,  statt  einer  Erläu-  danken  durch  die  ganze  Dichtung  durchführen 
terung  seines  kosmogonischen  Wesens  und  sei-  oder  auch  nur  an  einigen  markanten  Stellen 
ner  Funktion,  ihn  als  den  schönsten  unter  den  noch  einmal  anklingen  lassen  zu  können;  oder 
unsterblichen  Göttern  zu  bezeichnen,  den  glie-  ob  man  diese  Kümmerlichkeit  dem  Dichter  der 
derlöseoden  —  aus  Homer,  wo  v  57.  i/;  343  Th.  selbst  zutrauen  soll  (so  Waser  in  Pauly- 
vTtvog  lvaL^£/.i]g  steht  [etymologisiert  Xvcov  ^e-  Wissoivaa  Bealencycl.  6,  486).  Mir  scheint  die 
Isd'^iiara  d-v^ov],  aber  a  212  von  den  Freiern  letztere  Annahme  nicht  mit  dem  sonstigen  We- 
beim   Eintritt    Penelopes:    t&v  d'    ccvtov    Xvto  sen  dieses  sorgfältigen  und  durchaus  nicht  ge- 


1503                   Theogonien  Theogonien                   1504 

dankenlosen  Mannes  verträglich.  Sind  die  Verse  Dieses  Motiv  des  Wechsels  zwischen  spontaner 

nacbtrilgliche  Einlage,  so  doch  ziemlich  früh,  und   geschlechtlicher  Fortpflanzung  liebt   der 

da  PlcU.  Swnpoa.  178  B  sie  als  Jüesiodisch  zi-  Dichter;  er  wiederholt  es  dann  bei  Nyx  211  ff. 

tiert.  —  Lrebos  und  Nyx  sind  Homeriache  (die  sich  126  mit  Erebos  verbunden  hatte)  und 

Begriffe,  die  Personitizierung  des  Erebos  jedoch,  in  der  Ehe  Zeug  r^  Ht-ra,  die  beide  neben  den 

die  Genealogisierung  und  Paarung  beider  und  gemeinsamen  Kindern  besondere  zur  Welt  brin- 

ihre   Nachkommenschaft   Aither   und   Hemere  gen  (der  Mann  freilich  erst  nach  Verschlingunp 

sind  Spekulation.   So  auch  Uranos  als  Person  einer  weiblichen  Gottheit).   Ganz  selbstherrlich 

(nirgends  im  Kult  oder  älterer  Dichtung),  seine  ist  der  Dichter  bei  der  Konstituierung  seiner 
Abstammung  von  Gaia  und  die  Paarung  mit  lo  Titanen  -  Dodekas   verfahren.     Nur  wenige 

ihr,  die  der  Dichter  freilich  ältester,  allgemein  Namen  waren  ihm  dafür  überliefert,  auch  noch 

verbreiteter  Volksanschauung  entnimmt,  auf  die  nicht  die  Zwölfzahl  dieser  Kinder  des  Himmels 

Person  Uranos  aber  doch  erst  seinerseits  über-  (die  ohne  eine  wie  immer  beschaffene  liezie- 

tr^gt.   Daß  Gaia  die  Berge  gebiert,  ist  primi-  hung  zur  bab^'lonischen  Zwölfteilung  des  Him- 

tive  geologische  Phantasie  ohne  uns  kenntlichen  mels  zu  denken  mich  niemand  bereden  wird). 

Bückhalt  im  Mythus,   aber  wohl  passend  zu  Aus  welchen  Gründen  i/<,siod  Koios,  Kreios  usw. 

der  von  Robert,  Md.  Nicole  472  schön  hervor-  unter   die   Titanen,    die   anderen   wie  Helios, 

gehobenen  großartigen  Naturauffassung  unseres  Pallas,  Perses  usw.  in  die  nächste  Generation 
ichters.  Nun  fallen  aber,  wie  oben  Sp.  1477  gestellt  hat,  können  wir  nicht  mehr  erkennen. 
gezeigt,  die  Berge  aus  dem  Grundplan  dieses  20  Jedenfalls  ist  diese  Auswahl  und  Genealogi- 
ersten  Teiles  heraus,  da  sie  doch  nicht  in  dem  sierung  in  der  Hauptsache  seine  poetische  Tat. 
Sinne  wie  Erebos,  Nyx,  Uranos  und  Pontes  zu  Er  hätte  ebensogut  vieles  anders  machen  kün- 
den zeugenden  Urgewalten  gezählt  werden  kön-  nen,  wie  die  mancherlei  lokalen  Varianten 
nen,  und  wieder  läßt  sich  eine  orphische  Par-  {Mayer  a.  a.  0.  S.  57  ff.)  und  die  Abweichungen 
allele  aufweisen,  die  Anlaß  und  Herkunft  der  anderer  Th.n  zeigen.  Phoibe  hat  man  wohl 
Einfügung  klärt.  In  der  Kosmogonie  bei  Apoll.  mit  Mayer  54  als  Konstruktion  des  Dichters 
Biiod.  1,496  ff.  (=  frg.  3ö  Abel)  singt  Orpheus,  aus  dem  Namen  ihres  Enkels  Phoibos  anzu- 
wie  zunächst  Erde,  Himmel  und  Meer  aus  ihrer  sehen.  Neu  und  kühn,  gewaltsam  und  nicht 
anfänglichen  Vereinigung  durch  das  vsixog  ge-  eigentlich  glücklich  ist  auch  die  Einordnung 
löst  werden,  dann  Gestirne,  Mond  und  Sonne  so  des  Paares  Okeanos  r>o  Tethjs  in  diese  Sippe, 
im  Äther  ihre  Wege  erhalten,  dann  (501):  das  in  anderen  Th.n  {llias  !S  und  manchen 
o^QBci  &'  mg  ävitetXs,  xort  mg  7cor(x(jiol  xsXddov-  orphischen)  als  Urelternpaar  statt  Uranos  .~ 
Tsg  avxyßiv  vviKprjci  xal  kgjihTcc  nccvr'  iyivovto.  Gaia  erscheint,  ein  gewiß  älteres  Svstem  als 
Das  hat  Sinn:  nach  der  Stabilierung  der  großen  das  Hesiode.  Denn  die  beiden  Ableitungen  der 
Hauptmassen  und  der  Erschaffung  der  Himmels-  Welt  aus  dem  Trockenen  (Gaia  ^^  Uranos)  oder 
körper  kommt  die  besondere  Ausgestaltung  der  Feuchten  (Okeanos  '^  Tethy«)  als  Urzustand 
Erde,  die  Vertikalgliederung  und  die  Bewässe-  stehen  offenbar  gleichberechtigt  und  wohl  gleich 
mng.  Was  hier  gut  und  folgerichtig  ibt,  wurde  alt  als  primäre  Spekulationen  nebeneinander. 
zur  Störung  im  Kontext  Hesiods^  in  dem  dieses  Ein  System,  das  das  Urfeuchte  aus  dem  Trok- 
Emblem  ebenso  fremdartig  bleibt  wie  der  ein-  40  kenen,  vertreten  durch  Gaia  und  Uranos,  ab- 
geschmuggelte kosmische  Eros.*)  —  Alte  Spe-  leitet,  welch  letzterer  das  Feuchte  schon  unter 
kulation  ist  femer  der  persönliche  Pento s,  anderer  Benennung  (Pontes)  zum  Bruder  hat, 
der  Ahnherr  aller  Feuchtigkeit  und  Vater  der  ist  notwendig  sekundär  und  eine  Kontamina- 
drei  Meergreise  Nereus,  Thaumas  und  Phorkys  tion  jener  älteren  Grund  Systeme.  Denn  die  Dif- 
(letzterer  Titan  bei  Plat.  Tim.  40  E  und  den  ferenzierung  des  Feuchten  in  Salzwasser  und 
Orphtkern),  den  Gaia  gleich  Uranos  partheno-  Süßwasser  (Pontos  und  Okeanos)  ist  offenbar 
genetisch  hervorbringt,  während  sie  sich  dann  sekundär  und  künstlich.  —  Ein  lückenloses 
zur  Erzeugung  der  Titanen,  Kyklopen  und  He-  Zusammenstimmen  seiner  Titanenliste  mit  den 
katoncheiren  mit  ihrem  Sohne  Uranos  verbindet.  notwendigen  Voraussetzungen  der  Titanomachie 

50  hat  der  Dichter  nicht  angestrebt.  Als  er  Kheia, 

.)Mmx  beachte,  daß  auch  die  bei  ^mod  noch  beson-  ^^^  Zeusmutter,   und  Themis  und  Mnemosyue, 

den  befremdenden  Bergnymphen,  die  man  hier  als  Pro-  j-       ry              j.x-                          n>-i.                         i.             li. 

lepse  erträgt,  die  aber  dann  in  der  Th.  gar   nicht  einge-  ^16    Zeusgattiniien ,     ZU    lltauinnen     stempelte, 

fuhrt  und  geneaiogisiert  werden  (wie  die  anderen  Nym-  hat   er  sich   keine   Kopfschmerzen    darum   ge- 

phen),  ihre  Entsprechung  bei  Apoll,  haben.    Nach  seinem  macht,   daß   diese   nicht  Wohl  als  Kämpferinnen 

Text  haben  ja  «war,  genau  genommen,  die  Nymphen  mit  in  der  Titanomachie  auftreten  könnten,  in  der 

den  Bergen   nichts  zu  tun;   dafi   aber  in   der  orphischen  im  übrigen  (bei  dem   zehnjährigen  Kampfe!)  80- 

Th.,Ton   der   hier  ^po«.  einen   ganz   kurzen  Abriß  gibt,  .^jg    g^    ^{^q    ^iel    größere   Zahl    VOn   Kämpfern 

den  Bergen  ebensowohl  wie  den  Flüssen  und  QueUen  ihre  ^^f  ^^j^^^  ggi^en  gedacht  werden  müssen,   als, 

göttlichen  BepräsenUnten  beigegeben  waren,  ist  an  sich  •      j.          •                        t'?      xr                               *.    •    j 

naheliegend  und  durch  unsere  Lnodstelie  bestätigt.  Die  wenigstens  in  unserer  Jh.,  Namen  genannt  Sind 

natürlich  gegebene  Mutter  dieser  Berggottheiten  war  Gaia,  60  (676:    TlxfjVSg  ö    kzEga^tV   i^aQTyvaVTO  (palay- 

ihre  Einordnung  zwischen  Uranos  und  Pontos  aber  denk-  yag)-     Darum   ZU   glauben,   daß   die  Titanen  der 

bar  unglücklich,  obschon  zugegeben  werden  muß,  daß  in  Titanomachie  andere  seien  als  die  der  Genea- 
der TÄ.,  wie  sie  uns  vorliegt,  kaum  ein  passenderer  Platz  logie  132  ff.  (wie  mehrfach  geschehen),  ist  Schief; 

»u  finden  ist.  Wer  übrigens  von  dem  Schöpfer  der  Th.  f,-^,.  ^gn   Dichter  wie  für  jeden   Leser  unserer 

selbst  einen  entsprechend  niedrigen  Begriff  hat,  der  kann  r^h.  müssen   sie   notwendig  identisch    sein.     Die 

ihm  diesen  Lapsus  ebenso  zutrauen  wie  die  oberflächliche  ,,       o                         n-ü     i            i-    v    x    j*       rn-i. 

Einfügung  des  Eros.    An   dieser  Grundauffassung  hängt  ^Ue    Sage    vom    Gotterkampf    bot    die    Titanen 

das  Urteil  über  alle  Einzeißiie.  -  Übrigens  spielt  der  als    eme    kompakte    Masse    von    I? emden    der 

interpolator  mit  dem  Gleichklang  Ovqavög  -  oijQia.\  Olympier  und   nur  wenige  Namen ;   wenn   ein 


1505  Tbeogonien  Theogonien  1506 

Dichter  diese  durch  willkürliche  Zufiigung  et-  unbekümmerte  mytholojjfische  Dichtung  sie  wie- 

licher  Götter,  die  irgendwie  in  das  j^onealo^i-  der  hervorgeholt  und  zu  Helfern  der  jüngeren 

sehe  System  hineinmußten,  vermehrte,  war  es  Götterj^eneration    gej^en    die    illtere    gemacht, 

unausbleiblich,   daß  deren  Spezialmytholoj^ien  Daß    das    mit   den   Hekatoncheiren    schon   vor 

da  und  dort  mit  der  Titanensage  kollidierten.  ffc;6i06i  geschehen  ist,  beweist  außer  der  Aigaion- 

Eine  durch<jfeführte  Harmonisierung?  darf  man  sasje    der  Ilias  A   auch   die    Komposition    der 

von  einer  Dichtung  dieser  Art  nicht  erwarten.  Titanomachie  Ilesiods,  in  der  er,  der  Prophet 

Endlich  ist  bei  den  Phalangen  der  Titanen  na-  einer  Zeusreligion,  sichtlich  gestört  durch  die 

türlich   die   namenlose   Schar  der  Xaol  ebenso  ihm  vorliegende  Form   der  Sage,   wonach   die 

hinzuzudenken  wie  in  den  Kämpfen  der  Utas,  lo  Hekatoncheiren  die  Ent:icheidung  im  Titanen- 

wo  die  Zahl  der  benannten  Helden  auch  nicht  kämpf  bringen,  diese  ihm  unbequeme  Tatsache 

groß  ist.  wenigstens  duroh  die  Einlegung  der  Jibg  &Qt- 

Ob  den  Personifikationen  der  wilden  Natur-  aTsicc  zu  verdunkeln  sucht,  in  der  er  alle  Mittel 
kräfte,  den  Feuerdäraonen  (Kyklopen)  und  Was-  seiner  besonderen  Kunst,  großartige  Natur- 
serriesen (Hekatoncheiren),  die  beide  die  Volks-  geschehnisse  zu  schildern,  spielen  läßt  Das 
sage  zur  Verfügung  stellte  (z.  T.  auch  der  Kult),  da  verwandte  Motiv  der  Kyklopenhilfe  für  Zeus 
erst  Hesiod  die  Dreizahl  gegeben  hat,  oder  hat  er  oifenbar  auch  nicht  erfunden.  Seine 
ob  diese  Fixierung  vor  ihm  liegt,  können  wir  Tat  ist  vielmehr  die  (nicht  geglückte)  Ver- 
nicht  sagen.  Jedenfalls  zeigt  die  Th.  eine  starke  Schmelzung  der  beiden  Versionen,  s.  S.  1487. 
Neigung  zur  Bildung  solcher  Dreivereine,  die  20  Die  Erzählungen  von  der  Entmannung 
uns  wenigstens  zum  ersten  Mal  in  ihr  entgegen-  des  üranos  und  der  Geburt  Aphrodites,  der 
treten:  drei  Reihen  üraniden,  dreierlei  Gebur-  Verschlingung  der  Kroniden  durch  ihren  Vatei: 
ten  aus  dem  Hodenblut  des  Uranos,  drei  Söhne  und  seiner  Überlistung  sind  in  der  Formung 
des  Pontes,  drei  Thaumastöchter,  drei  Gorgo-  wohl  Hesiodeisoh ^  auch  wohl  in  motivischen, 
nen,  die  üngeheuers^rien  Orthos- Kerberos-  Einzelheiten,  im  Hauptinhalt  aber  nicht  er- 
Hydre  und  Chimaira-Phix-Löwe  von  Nemea;  dichtet,  sondern  übernommen  (s.  u.  S.  1508). 
weiter  Helios -Selene- Eos  (die  natürlich  ge>gQ-  Übernommen  wird  auch  der  allegorische  Sinn 
bene  Zweiheit  künstlich  erweitert),  Astraios-  sein,  daß  die  in  der  mythischen  Urzeit  sich 
Pallas- Perses,  Zephyros-Borees-Notos,  drei  Ho-  ungezügelt  und  regellos  betätigende  Zeugungs- 
ren, drei  Moiren,  drei  Chariten,  drei  Kinder  30  kraft  der  Natur,  die  zur  Vernichtung  der  im 
des  Zeus  und  der  Here  (die  bei  Homer  in  der  Übermaß  erzeugten  Geschöpfe  führte,  durch 
Mehrzahl  auftretenden  Eileithyiai  wohl  der  Drei-  einen  gewaltsamen  Eiaschnitt  beseitigt  wird 
heit  zuliebe  bei  Hes.  auf  eine  reduziert),  drei  und  einer  geregelten  Fortpflanzungsordnung, 
des  Ares  und  der  Aphrodite,  drei  Köpfe  des  repräsentiert  durch  die  aus  dem  Zeugungsglied 
Geryoneus  wie  der  Chimaira  (diese  schon  Ho-  des  üranos  hervorgegangene  Aphrodite,  Platz 
wmsch);  ferner  bietet  Hesiod  als  erster  die  macht.  Spezifisch  griechisch,  auch  wohl  He- 
3x3  Musen,  die  2x3  Titanen  und  dito  Ti-  swieisch,  sind  dann  aber  die  aus  dem  Hoden- 
taninnen,  die  drei  Söhne  und  drei  Töchter  des  blut  entsprungenen  Geschöpfe  (Erinyen,  Gigan- 
Kronos  und  der  Rhea.  Hierher  gehört  auch  ten,  iVu/xqpat  MsUai),  die  spezielle  Geburts- 
ais formales  Korrelat  die  mehrfach  in  der  Th.  40  geschichte  Aphrodites  mit  den  (durch  den  Kult 
auftretende  Neigung  zu  tristichischer  Kompo-  gegebenen)  Lokalen  Kythera  und  Kypros,  die 
sition,  die  natürlich  nicht  anders  gebauten  Par-  Etymologie  des  Namens  Aphrodite  und  ihre 
tien  gewaltsam  aufgezwängt  werden  darf,  und  Begleiter  Eros  und  Himeros.  Die  Neigung  zu 
berechnete  Absicht  ist  es,  daß  der  dritten  Ge-  etymologischen  Erklärungen ,  der  sprach- 
neration  (üranos  -  Kronos  -  Zeus)  die  dauernde  philosophische  Trieb,  im  Namen  das  Wesen 
Weltherrschaft  zufällt.  der  Sache  ausgedrückt  zu  finden,  ist  überhaupt 

Die  Mythologisierung  der  rohen  Na-  bei  Hesiod  sehr  hervorstechend,   vgl.  die  dop- 

turkräfte  in   Kyklopen  und  Hekatoncheiren  pelte  Etymologie   der  Titanen  T/j.  207ff. ,  des 

ist,  wie  wir  sahen,  vorhesiodisch  —  die  Kyklo-  Pegasos  und  Chrysaor  282  f.,  der  Hören  903  f., 

pen  der  Odyssee  stellen  ja  bereits,  getreu  dem  50  des   Zeus  Erga  3  f.  (dieses  Proömium  freilich 

Geiste  des  ionischen  Epos,  die  Herabdrückung  erheblich  jünger,  s.  Ziegler,  Ärch.  f.  Bel.-Wiss. 

der    furchtbaren    Naturgewalt    zum    dummen  14, 393  ff.),   der  Pandora  81  f.    Aus  diesem  die 

Teufel  dar — ,  und  vor/iesioc?isch  ist  auch  schon,  Sprache   bewußt  handhabenden  Geiste  heraus 

wie  die  Aigaionsage  der  Ilias  Ä  zeigt,  die  Ver-  sind  auch  die  zahlreichen  Namen  erfunden, 

Schiebung  ihrer  ursprünglichen  kosmogonischen  um  die  Hesiod  —  vorsichtiger  gesagt:  die  theo- 

Bedeutung.  Ihre  Rolle  muß,  gemäß  ihrem  We-  gonische  Dichtung  —  das  griechische  Pantheon 

sen    und    nach    Analogie    zahlreicher    anderer  aufs    glücklichste    bereichert    hat.    Besonders 

Mythologien,   die  sein,   daß   sie   als  Vertreter  beim  Erfinden  redender  Nereidennamen  hat  er 

der  ungezügelten  Urkräfte   von    den   Göttern,  seiner  von   einem  lebendigen  Naturgefühl  be- 
den  Exponenten  der  zur  Kosmosbildung  stre-  60  fruchteten  Phantasie  die  Zügel  schießen  lassen, 

benden  Ordnungskräfte,  besiegt  werden.    Das  Gewiß   sind  weit  mehr  Namen,  als  wir  heute 

geschah  in  der  Titanomachie  des  Eumelos  oder  erkennen  können,  von  Kulten  entlehnt,  ebenso 

ÄrJctinos  (s.  u.  S.  1524),  in  der  Aigaion  als  Bun-  gewiß  aber  doch  ein  sehr  erheblicher  Teil  erst 

desgenosse    der    Titanen    focht    {Scholl.  Apoll.  vom  Dichter  geprägt.    Ein  gleiches  gilt  für  die 

Bhod.  1,1165);  bei  Hesiod  ist  es  in  der  Ein-  Namen  der  Kyklopen  und  Hekatoncheiren,  der 

Schließung  der  Urriesen  in  den  Schoß  der  Erde  Okeaninen,   der  Harpyien,  vielleicht  auch  der 

nur  noch  angedeutet,  dann  aber  hat  die  frei-  Graien  und  Gorgonen  (außer  Medusa),  der  Ho- 

spielende,  um  die  Grundbedeutung  des  Mythus  ren  und  Moiren,  der  Chariten  und  Musen.   Auch 


1507                    Theogonien  Tbeogonien                    1508 

einige  beirrifflich   durchsichtige  Einzelperson-  tikation  ist  auch  Mnemosyne,  die  Mutter  der 

lichkeiten   dürften  erst  der  Phantasie  theogo-  Musen.    Da  Zeus  als  ihr  Vater  feststand,  wen 

niscber   Dichter  ihre    Existenz  verdanken:    so  sollten  ihre  inocpfjrai^  die  mit  Dichterkraft  be- 

(aaßor  Phoibe,  s.  o.  Sp.  1604)  jedenfalls   Keto,  gabten  Rhapsoden,  die  wohl  wußten,  was  noch 

die  Mutter  der  xijrrj  (288)  und  Astraios,  der  zum  Handwerk  gehört,  ihnen  eher  zur  Mutter 

Vater  der  iargcc  (376).    Epimetheus  ist  poeti-  geben   als  die  Gabe  des  guten  Gedächtnisses? 

sches  Pendant  zu  Prometheus,   doch   älter  als  Das  ist  nicht  Volksreligion,  sondern  theologi- 

Hesiod.    Sehr  fruchtbar  ist  endlich   die  Phan-  sehe    Dichtung.    Dieser   Erwä^un^    jre^enüber 

tasie  unseres  Dichters  gewesen  im  Schallen  von  ist  das  yovrofffir  ^Elevd'fjQog  asö^ovacc  {Th.  54) 

Personifikationen  von  Abstrakten.  Ge-  lo  kein  durchschlagender  Einwand,  um  so  mehr, 

wiß  bedarf  es  in  jeder  primitiven  Religion  nur  als  dieses  Eleuther,  der  angebliche  Kultort  der 

eines  Anstoßes«  um  das  Agens  eines  jeden  Vor-  Mnemosyne,    sonst  nirgends   nachweisbar   ist. 

ganges    oder    eine    seelische   Stimmung    zum  Möglich,  daß  der  Dichter  diesem  Kinde  seiner 

' Aogenblicksgott '  werden  zu  lassen,  und  ins-  Phantasie  zu  besserer  Empfehlung  gleich  noch 

besondere  die  Griechen  sind  ja  zeit  ihres  Le-  einen  Herrschaftsbezirk  eigener  Erfindung  n?it 

bens  unerschöpflich  im  Hervorbringen  (und  auch  auf  den  Weg  gab.    Aber  auch  wenn  der  Kult 

im  künstlerischen  Gestalten)  von  Personihka-  wirklich  alt  ist,  entstammt  er  der  Spekulation. 

tionen  gewesen  (8.  l>fft(!>ner  o.  Bd.  3,  Sp.  206H).  Daß   Aglaie    als   Gattin   des   Hephaistos   be- 

So  hat  Hesiod  teils  in  der  Dichtung,  teils  wohl  wüßt  erdachte  Spezialisierung  der  älteren  (eben- 

auch  schon  im  Kult  eine  Menge  abstrakter  Be-  20  falls  poetisch-allegorischen)  Paarung  Hephaistos 

griffe  als  Personen  vorgefunden,  aber  er  (oder:  '^  Charis   ist,  wurde   schon  bemerkt.    Auf  die 

die  theogonische  Dichtung)  hat  mit  Willen  und  Umgestaltung   der   Prometheussage    durch 

Bewußtsein  ihre  Zahl  vermehrt  und  sie  in  der  unsern   Dichter   sei   noch   einmal   hingewiesen 

Form  der  Genealogie  in  eine  Art  philosophi-  (s.  o.  Sp.  1484). 

sches  System  gebracht:  Tod,  Schlaf  und  Trau-  Zusammenfassend  kann  man  sagen,  daß  der 

me,  Schmähsucht  und  Drangsal,  Sühne,  Trug,  Dichter  der  Th.  nichts  getan  hat,  was  nicht 

Liebe,  Alter  und  Streit  als  Kinder  der  verderb-  im  Zuge  der  religiös-mythologischen  Entwick- 

lichen  Nacht  sind  ebenso  sinnvoll  ausgedacht  lung  lag,  und  was  uicht  teils  in  der  epischen 

wie  die  zahlreiche  Nachkommenschaft  der  Kris:  Dichtung,   insbesondere  ihrem  sich  herausbil- 

Mühe,  Vergessen,  Hunger  und  Schmerzen,  Waf-  30  Henden  theogonischen  Zweige,  teils  in  der  lo- 

fenkampf  und  Wertstreit,  Gesetzlosigkeit  und  kalen  Kultlegendenbildung  vielfältig  geschehen 

Verderben  {dvavoiLir}  und  ^rrj:  Evi/o^irj,  JL-kt}  war  und    dauernd  weiter   geschah,  daß    aber 

und  Eigijvri  sind  Hören,  Töchter  des  Zeus  und  wohl  von  keinem  anderen  die  spekulative  und 

der  Themis)  und  der  verhängnisvolle  Eid.   Die-  systematisierende  Tätigkeit  in  solchem  Umfang 

sen  dunklen  Gewalten  reihen  sich  dann  Zelos  und  mit  solcher  Energie   betrieben  worden  ist 

und  Nike,  Kratos  und  Bie  an,  Kinder  der  Styx  wie  von  unserm  Dichter,  der  mit  seinem  Werk 

mit  Pallas  und  Trabanten  des  Zeus,  bei  denen  auf  die  gesamte   spätere  mythologische  Dich- 

die   allegorische  Ratio  ihrer  Genealogie  aller-  tung  und    Mythographie,   gewiß   auch,    wenn 

dings  nicht  klar  ist  (vgl.  Schoemann  zu  383 ff.).  schon  in    minderem  Maße,   auf  die  wirkliche 

Hierher    gehört   auch    die   Zeusgattin   Metis,  40  Religion   von   stärkster  Wirkung  gewesen  ist. 

deren  Verschlingurg  durch  Zeus  wie  dann  das  Man  mag  hieraus  abnehmen,  in  welchem  Grade 

Hervorgehen  ihrer  ihr  wesensgleichen  Tochter  das  Wort  Herodots  (2,  63)  richtig  ist,  wenn  er 

Athene  aus  seinem  Haupte  offenkundig  Speku-  von  Hesiod  und  Homer  sagt:  ovxoi  di  siüi  oi 

lation,  mythologischer  Ausdruck  des  Gedankens  noi7]6avtsg  Q^Boyoviriv  "EXXriGi  yia\   rolai  &sotoi 

ist,  daß  Zeus  den  nicht  mehr  überbotenen,  nicht  ras  incavvuiag   Sovtsg  xal   tiiiccg  xs  nccl  rixvccg 

zu    überbietenden    Gipfel    göttlicher    Weisheit  ÖLiXorzEg  xal  si'dea  avTcbv  eri^'^i  avrsg 

darstellt:  den  ihm  überlegenen  Sohn,  den  nach  Außergriechisches  in  der  Th.  Hesiod  s. 

Gaias  und  üranos'  Weissagung  Meti«  ihm  ge-  Es   bleibt  noch   derjenigen  Mythen   zu  geden- 

bären  sollte,  nimmt  er  zusamt  der  Mutter  als  ken,  die  weder  in  der  älteren  griechischen  Dich- 

Keim   in   sich   auf  und   erhöht  so   die   eigene  50  tung  noch  im  Kult  einen  Rückhalt  haben,  noch 

Potenz,   und   die   dem   Vater    an   Geisteskraft  ihrer  Natur  nach  freier  Erfindung  des  Dichters 

gewachsene  Tochter  Athene  bleibt  weislich  un-  entsprungen  sein  können.  Dahin  rechne  ich  die 

fruchtbare  Jungfrau.  Auch  die  Hören,  Chari-  erstmalig    bei   Hesiod    auftretenden    und    ihm 

ten  und  Musen,  wie  Hesiod  sie  differenziert  dann  vielfach  nacherzählten   Geschichten  von 

und  benannt  hat,  zählen  zu  den  Personifikatio-  der  Entmannung  des  Uranos,  der  Geburt  Aphro- 

nen,  und  wenn  er  dem  Deimos  und  Phobos,  dites  aus   seinem  ins  Meer  gefallenen   Samen 

die  schon  in   der  Ilius  Trabanten   und  Söhne  (das  ist  natürlich  der  Xsvnbg  acpQÖg  ccji'  ccd-a- 

des  Ares  sind,  Aphrodite  zur  Mutter  gibt,   so  vdzov   XQo^?)i    Kronos^  Kinderfraß   und   seiner 

darf  man  darin  wohl  den  Weiberfeind  der  Pan-  endlichen  Überlistung.  Da  es  feststeht,  daß  alle 

dorageschichte  wiedererkennen;  freilich  hat  er  60  diese  Motive  im  eigentlich  hellenischen  Kultur- 

den  beiden  bösen  Dämonen,  denen  die  Liebes-  kreise  und  Kult  schlechthin   unbelegbar  sind, 

göttin,  vom   Streitgott  befruchtet,  das  Leben  während  sie  bei  benachbarten  Völkern,  deren 

gibt,  in  Vervollständigung  der  obligaten  Trias  ältere  und  höher  entwickelte   Kultur  auf  die 

die    Harmonie    hinzugefügt   und    damit    ein  noch  in  den  Kinderschuhen  steckende  griechi- 

auch  in   der  Folgezeit  fruchtbares  Symbol  in  sehe  Kultur  aufs  stärkste  eingewirkt  hat,  viel- 

seine  Dichtung  aufgenommen  (vgl.  Ps.-Plut.  de  fach  und  fest  in  religiösen  Anschauungen  und 

vita  et poesi Hom.  2,102.   Heraclit.  quaest.  Hom.  Kultgebräuchen  verwurzelt  auftreten:  so  ist  es 

69.).    Aus   Spekulation   entsprungene  .  Personi-  schwer  begreiflich,  wie  immer  wieder  der  Ver- 


1509  Theogonien  Theogonien  1510 

such  gemacht  werden  kann,  die  Herkunft  sol-  gewand  (natürlich  nicht  im  Sinne  bloßer  Über- 
cher  Züt?e  aus  fremden  Mythologien  und  Kul-  setzung)  gegeben  hat.  Hervorgehoben  sei  noch 
ten  zu  leugnen  und  ihre  spontane  Entwicklung  einmal  das  VerschlingungHmotiv.  Seine  weite 
auf  hellenischem  Boden  und  aus  hellenischen  Ausbreitung  in  der  orphi^chen  Th.  und  Kosmo- 
Anschauungen  zu  konstruieren,  wie  dies  neuer-  gonie  ist  schwerlich  als  Fortbildung  des  bei 
Weh  Fohlenz^  Neue  Jahrbücher  V3\Q),h\'>i^.,he9.  Hesiod  gegebenen  Keims  verständlich.  Viel- 
564  tf.  und  589  tf.  (übrigens  mit  umfassender  mehr  liegt  da  eine,  auf  gewisse  Kulttatsachen 
Gelehrsamkeit  und  bohrendem  Eindringen  in  gegründete,  spekulativ- symbolische  Anschau- 
die  Psychologie  eines  Grüblers  der  Frühzeit)  ungswelt  vor,  in  die  Hesiod  nur  einige  be- 
unternommen hat.  Wozu  das  Forschen  nach  lo  scheidene  und  vorsichtige  Griffe  gewagt  hat, 
dem  Grunde,  weshalb  Hesiod  für  die  Beseiti-  während  die  Orphiker  sich  an  diesem  mysti- 
gung  der  Kroniden  durch  Kronos  die  wilde  sehen  Quell  berauschten.  Eine  nähere  Bestim- 
und  primitive  Form  des  Verschlingens  wählte,  mung  dieser  Quellen  scheint  mit  unseren  heu- 
die  80  gar  nicht  zu  seiner  sonstigen  Geistesart  tigen  Mitteln  nicht  möglich.  Genug,  daß  im 
paßt,  wenn  es  so  außerordentlich  nahe  liegt,  Gesichtskreis  Hesiodv,  eine  kosmogonische  Spe- 
daß  er  von  dem  semitischen  Kult,  sei  es  des  kulation  jenes  Stils  existierte,  der  dann,  teils 
El  mit  Ed.  Meyer  o.  Bd.  1,  Sp.  1227,  sei  es  des  gleichzeitig  teils  später,  den  Schöpfungen  der 
Baalchammän  mit  Wissoiva  o.  Bd.  4,  Sp.  441,  Orphiker  und  ihrer  Geistesverwandten  (wie 
mit  seinen  Kinderopfern  Kunde  hatte?  Diesem  Pherekydes  und  Epimenides)  das  Gepräge  einer 
Kult,  über  den  die  Griechen  des  5.  Jahrh.  bei  20  durchgeführten  Symbolik  gab.  Die  Götter  He- 
Gelegenheit  ihrer  Zusammenstöße  mit  den  Se-  siod&  sind  nur  stellenweise  personifizierte  Na- 
miteu  des  Ostens  und  Westens  sich  so  eifrig  turpotenzen,  seine  Theogonie  nur  teilweise  Kos- 
entriisteten  {Pohlenz  a.  a.  0.  566 f.)!  Was  plagt  mogonie;  die  der  Orphiker  ist  es  ganz, 
man  sich,  die  barbarische  Methode  der  Stür-  Übersicht  der  theogonischen  Dich- 
zung  des  üranos,  die  den  Griechen  selbst  so  tung  außer  Hesiod.  Für  die  fast  kanonische 
überaus  widerwärtig  war,  als  notwendiges  Er-  Bedeutung  Hesiods  als  Theogoniker  haben  wir 
ij^ebnis  doch  schon  recht  subtiler  kosmogoni-  neben  der  oben  Sp.  1508  zitierten  Äußerung 
scher  Spekulationen  eines  Mannes  von  der  gel-  Herodots  ein  ausdrückliches  Zeugnis  in  dem 
stigen  Eigenart  Hesiods  abzuleiten,  wenn  wir  hevühmten  Fragment  des  Xenophanes  (11  Dielsj: 
wissen,  daß  die  rituelle  Kastration  in  der  Attis-  30  ndvxa.  Q'Bolg  icvt^ri^ccv  "'OtirjQog  -9"'  'Haiodog  t8,  jl 
Kybele-Religion  eine  so  wichtige  Rolle  spielte?  ogöcc  ticcq'  ccvd-Q(07toi6iv  övi-iöscc  v.al  ipoyog  ioriv 
Auch  das  Motiv  der  spontanen  Geburt  einer  xr/L.  Bestätigt  wird  sie  durch  die  Tatsache,  daß 
Gottheit  aus  dem  verschütteten  Samen  eines  die  gesamte  irgendwie  auf  mythologische  Dinge 
Gottes  bietet  die  Kybelereligion  in  dem  My-  bezügliche  Literatur  der  Folgezeit  auf  dem 
thus  von  der  Geburt  der  Agdistis.  Ist  es  über-  Fundament  der  Hesiod^iischen  Systematik  auf- 
haupt  denkbar,  daß  die  kleinasiatischen  Grie-  baut  oder,  wo  sie  abweicht,  sich  mindestens 
chen  —  und  Hesiods,  Vater  war  ja,  wenn  wir  mit  ihr  auseinandersetzt,  sodann  dadurch,  daß 
die  Identität  der  Verfasser  von  Th.  und  Erga  seine  Th.  allein  das  Altertum  überdauert  hat. 
annehüaer,  von  dem  aiolischen  Kyme  in  Askra  Die  so  durch  ihn  verdränjjrte  sonstige  theogo- 
eingewandert  —  keine  Kenntnis  von  diesen  40  nische  Literatur  der  Griechen  ist  nunmehr  zu 
urtümlich  wilden  Riten  und  Legenden  des  Hin-  besprechen  und,  soweit  dies  bei  der  Dürftig- 
terlandes  hatten,  die  doch  damals  wie  noch  keit  des  Materials  möglich,  zu  rekonstruieren, 
heute  jedem,  der  von  ihnen  einmal  erfuhr,  ein  Sie  läßt  sich  mit  Bezugnahme  auf  Hesiod  leicht 
mit  Abscheu  gemischtes  Interesse  abnötigen  in  zwei  Klassen  gliedern:  solche  Th.n^  die  im 
mußten?  Und  die  Tatsache  der  Verknüpfung  wesentlichen  den  Charakter  der  Hesiodischen 
dieser  Widerwärtigkeiten  (nach  griechischen  Th.  zeigen,  und  solche  mehr  spekulativ- mysti- 
ebenso  wie  na(  h  unseren  Begriffen)  mit  wirk-  sehen  Charakters.  In  die  erste  Klasse  o;ehören 
lieber  Religion  mußte  notwendigerweise  schon  die  Th.n  des  Tzetzes,  die  kyklische,  die  sog. 
sehr  früh  spekulative  Köpfe  zu  symbolischer  Titanomachie  und  diejenigen  Thn.,  die  dem 
Deutung  reizen,  falls  sie  diese  nicht  schon  50  Handbuch  des  J.2JoZZo<?or  und  der  genealogischen 
mit  ernpfingen.  Bedenkt  man,  daß  die  Orphiker  Liste,  die  an  der  Spitze  des  fabularum  Über 
ihre  viel  entwickelteren  kosmogonischen  Spe-  des  Hygimis  steht,  zugrunde  liegen;  endlich 
kulationen  dieser  Art  nicht  aus  den  wenigen,  die  von  Akusilaos  im  Anfang  seiner  rsvsaXo- 
▼erhüllten  Allegorien  Hesiods  herausgesponnen,  yiai  gegebene  Th.,  die  sich  schon  dem  mytho- 
sondern  aus  außergriechischen  Quellen  empfan-  graphischen  Charakter  nähert.  Die  zweite  Klasse 
gen  haben,  daß  ferner  die  aus  Philon  von  Byblos  wird  von  den  sog.  orphischen  Th.n  und  den 
von  Euseb.  praep.  ev.  1, 10  berichtete  ^otvixtxr]  ihnen  verwandten  des  Musaios,  Epimenides, 
^soloyia  des  Sanchuniathon  —  so  wenig  sie  PhereJcydes  von  Syros,  Linos  gebildet.  An  sie 
bei  ihrer  heillosen  Vermengung  heterogenster  schließt  die  frühgriechische  Philosophie  an, 
Dinge  als  religionsgeschichtliche  Quelle  benützt  60 

werden  darf  —  ihre  weitgehenden  Übereinstim-  Die  Theogonie  des  Johannes  Tzetzes. 

mungen   mit  Hesiod  gewiß  nicht  nur  diesem  P.  Matranga,  Anecdota  Graeca  2,  Romae 

selbst  verdankt,    sondern  auch    auf  außergrie-  1850,  S.  577 — 598  veröffentlichte  aus  einer  Hs. 

chische  Quellen  kosmogonischer  Symbolik  hin-  der  bibl.  Angelica  in  Rom  ein  Gedicht  in  618 

weist:    so    wird    die   Wahrscheinlichkeit    sehr  akzentuierenden,     katalektischen     iambischen 

groß,  daß  Hesiod  die  kosmogonischen  Gedanken  Tetrametern,  betitelt:  'lomvvov  ygoca^atL-Kov  tov 

zusamt  ihrer  barbarisch- mythologischen  Fassung  T^st^ov  ■noiri^a  ccvd^coQov  xat  Ttcivv  cciisXettitov 

empfangen  und  ihnen  nur  das  griechische  Sprach-  Sia  Gtixcov  noXitLytmv,   nsQLsxov  näaccv  d'soyo- 


1511  Theogonien  Theogonien  l512 

»luv  iv  ßQa%il  imä  nQoadijitrig  xal  xocraXoyov  Titanen  zunächst  in  derselben  Ordnung  wie 
tcbv  inl  T»;v  "Iliov  ägicrmv  ElXvivmv  xe  xai  bei  Hes.  133  tt".  aufgeführt  sind  und  dann,  bei 
TQmuiv.  Dasselbe  Gedicht  hatte /.  ^eÄAer  schon  der  Behandlung  ihrer  Deaxendenz  {Tz.  17«  ff.), 
in  den  Abhandi.  Berl.  Akad.l%i0^phil.-hi8t. Kl.  diese  anfängliche  Reihenfolge  in  demselben 
147—169  aus  einer  Hs.  der  biblioteca  Casana-  Sinne  verlassen  wird  wie  bei  Hes.  337  ff.;  daß 
teae  in  Rom  herausgegeben,  sein  Text  ist  aber  zwischen  das  Geschlecht  des  Uranos  und  das 
neben  dem  Matrangas  (der  ihn  zwar  Bd.  1,21  des  Pontos  die  Geburten  der  Nyx  eingekeilt 
nennt,  aber  nicht  zuzieht),  neuerlich  fast  gar  sind;  daß  das  Geschlecht  des  Pontos  gleich 
nicht  mehr  beachtet  worden,  obwohl  er  sorg-  bis  in  die  fünfte  Generation  hinunter  verfolgt 
fältiger  und  auch  vollständiger  ist:  er  gibt  lo  wird  (vgl.  o.  Sp.  1480 f.);  die  von  'Tz.  gebolknen 
161  Ven«e  mehr  als  der  unvermittelt  abbre-  Ungeheuer  stimmen  genau  zu  Hes.,  ebenso  sind 
chende  Text  Matranga%.  Für  die  Th.  kommt  Nereiden-  und  Okeaninennamen,  die  er  gibt, 
diese  Schlußpartie  freilich  nicht  in  Betracht.  aus  den  Listen  Hes.^  gezogen;  Heosphoros  und 
Ein  Stück  (4i»— 107)  auch  bei  Miller,  Catal.  Hekate  erscheinen  an  gleicher  Stelle  bei  bei- 
de« mss.  Grecs  de  la  Bibl.  de  VEscurial,  Paris  den;  die  Darstellung  des  Titanenkampfes  ist 
1848,  8.  SOflf.  Näher  angesehen  hat  die  Th.  bei  Tz.  ebenso  wie  bei  Hes.  durch  die  lape- 
des  Tz.  bitiher  nur  M.  Mayer,  Die  Giganten  tidengesohichte  zerrissen  (doch  s.  u.);  diese 
u.  Titanen  256  ff.  Im  folgenden  ist  nach  Ma-  zeigt  den  gleichen  komplizierten  Aufbau  wie 
traitga  zitiert,  aber  auch  Bekker  und  Miller  bei  Hes.;  dasselbe  gilt  für  die  Titanomachie, 
stets  zugezogen.  20  die  Hadesschilderung,  deren  Teile  Tz.  in  der 
In  der  adulatorischen  Vorrede  an  die  (nicht  wirren  Folge  Hes.s  durch  Stichworte  andeutet, 
mit  Namen  genannte)  asßaöroxgaTdgiaea  sagt  den  Typhonkampf  mit  den  anorganisch  an- 
Tz.,  da  die  Adressatin  (21)  d^Bäv  ts  xbv  xara-  schließenden,  den  letztgenannten  Kampf  igno- 
Xoyov  xccl  yivog  r&v  i)Qm(ov  verlangt  habe,  gebe  rierenden  Versen,  und  vor  allem  den  Katalog 
er  diesen  kurzen  Abriß.  Wünsche  sie  ausführ-  der  Zeusgattinnen,  wo  Tz.  sich  wieder  durchaus, 
liebere  Belehrung,  so  rühmt  er  sich,  diese  besser  an  die  charakteristische  Folge  Hs.s  hält.  Das 
geben  zu  können  als  (28)  ixarbv  X)firiQOi  xal  sind  die  Hauptsachen;  die  zahlreichen  Einzel- 
Moveatoi.,  'Ogtphg  xal  ^Halodoi,  kvziiiaxoi  xal  heiten  können  übergangen  werden,  da  schon 
Alvoi.,  xal  Tcdvxsg  d'  äkXoi  nottital  xai  d-t-oyopo-  nach  dem  Gesagten  klar  ist,  daß  die  17i.  He- 
YQoc(po^,  ja  selbst  ald  die  Götter  und  Heroen  30  siods.,  und  zwar  wesentlich  in  der  uns  vorlie- 
selber.  Zum  Schluß  der  Vorrede  sagt  er  noch,  genden  Form,  den  Grundstock  der  Th.  des  Tz 
er  rede  fiv^txoj?,  nicht  rjXlriYOQrmivag.  Wenn  bildet,  der  sieh  mit  Hes.  ja  bekanntlich  ein- 
man  nach  der  Liste  der  dsoyovoyQcctpoi,  —  in  gehend  beschäftigt  hat  {H.  Schultz,  Die  hsl. 
der  Anlimachos  zu  finden  für  uns  von  Inter-  Überlieferung  der  Hesiod schölten  ==  AhhandJgn. 
esse  ist  —  annehmen  möchte,  daß  Tz.  einen  Gatt.  Ges.  Wiss.  12,4,  1910,  bes.  81  ff.). 
größeren  Kreis  erlesener  theogonischer  Autoren  Nun  bietet  aber  Tz.  gegenüber  Hes.  fol- 
als  Quellen  zur  Verfügung  gehabt  und  heran-  gende  Abweichungen.  Die  Behandlung  der  Ur 
gezogen  habe,  so  wird  diese  Erwartung  bald  gewalten  steht  nicht  am  Anfang,  wie  es  na 
enttäuscht.  Tatsächlich  ist  die  Tä.  des  I>.  nichts  türlich  ist,  sondern  ist  nach  der  Uranosent- 
als  ein  Auszug  aus  der  Th.  des  Hesiod  mit  4o  mannung,  vor  der  Nyxdeszendenz,  nachgetra- 
einigen  teils  erheblicheren,  teils  geringfügige-  gen  und  zwar  abweichend  von  Hes.  (111 — 114): 
ren  Abweichungen.  Den  Beweis  hierfür  liefert  vor  Ge  war  Chaos  und  Pontos  (bei  Hes.  Sohn 
nicht  so  sehr  die  Übereinstimmung  des  mytho-  der  Ge),  Chaos  gebiert  Erebos,  Nyx,  Aither 
logischen  Stoffes  (den  beide  zum  großen  Teil  und  Hemera;  letztere  Genealogie  stimmt  zu  der 
auch  mit  anderen  Quellen  gemein  haben)  als  Hygins  (s.  u.  Sp.  1525),  die  Ansetzung  des  Pon- 
der  genaue  Anschluß  des  Byzantiners  an  Hes.  tos  vor  Ge  ist  sonst  unbelegt  (s.  Höfer  0.  Bd.  3, 
hinsichtlich  der  Aufeinanderfolge  der  Teile  Sp.  2758,  der  unsere  Stelle  übersehen  hat),  die 
(freilich  auch  wieder  mit  geringen  Abweichun-  des  Chaos  vor  Ge  (431  heißt  es  geradezu  t6 
gen).  Es  ist:  Tz.  49—60  =  Hes.  132—138;  Tz.  Xdog  . . .  rr}v  Ffiv  iyivvriGs)  braucht  nicht  gegen 
61—69  =  Hes.  139—153;  Tz.  70—110  =  Hes.  50  Hes.  zu  verstoßen  (s.  o.  S.  1476).  Der  Grund  der 
154—210;  Tz.  111—114  =  Hes.  116—132;  Tz.  Verrückung  war  wohl,  daß  Nyx  (und  Pontos) 
115—123  =  Hes.  211—232;  Tz.  124—126  =  nicht  so  weit  wie  bei  Hes.  von  ihrer  Genealo- 
Hes.  233—239;  Tz.  127—131  =  Hes.  240—264;  gie  abgetrennt  erscheinen  sollte.  Weshalb  vom 
Tz.  132—185  =  hes.  265—269;  Tz.  136—145  Hesiodischen  Stammbaum  der  Urgewalten  ab- 
=  Hes.  270—279;  Tz.  146—164  =  Hes.  280—  gewichen  ist,  s.  u.  Sp.  1528.  Der  Anschluß  an 
312;  Tz.  166  —  177  =  Hes.  313—336;  Tz.  178  die  andere  Quelle  bewirkte  zugleich  den  Aus- 
—  182  =  Hes.  337—370;  l'z.  183  —  185  =  Hes.  fall  des  kosmogonischen  Eros,  wodurch  auch 
371—374;  Tz.  186—191  =  Hes.  375—403;  Tz.  die  Kollision  mit  dem  jüngeren  Eros,  dem  Be- 
192—195  =  Hes.  404—452;  Tz.  196—223=  gleiter  Aphrodites,  vermieden  wurde:  eine  wei- 
Hes.  453—506  (s.  u.);  Tz.  224—260  =  Hes.  507  60  tere  Empfehlung  in  den  Augen  des  Tz.l  Wenn 
—616;  Tz.  261—279  =  Hes.  617—735;  Tz.  280  51  die  Hekatoncheiren  gegen  Hes.  vor  die  Ky- 
— 283  =  Hes.  736—819;  Tz.  284—294  =  Hes.  klopen  gesetzt  werden,  geschieht  das  wohl  nur 
820—880;  Tz.  295—297  =  Hes.  881—885;  Tz.  aus  Verszwang,  denn  61  ff.  in  der  näheren  Be- 
298—339  =  Hes.  886—939.  Das  Tz.  und  He-  Schreibung  ist  die  Ordnung  die  Hesiods.  Die 
sied  in  charakteristischer  und  einen  engen  Zu-  nsvn^xovra  yuatigsg  der  Hekatoncheiren  (67) 
sammenhang  bezeugender  Weise  Gemeinsame  ruhen  wohl  auf  einer  außerhesiodischen  Quelle, 
ist,  daß  unter  den  üraniden  die  Titanen  vor  s.  Plut.  mor.  95  e.  Verg.  Aen.  20,  565  ff.  Mayer 
Hekatoncheiren  und  Kyklopen  stehen,  daß  die  a.  a.  0.  257.    Sodann   nennt    Tz.  54  ff.   13  Ti- 


1513                    Theogonien  Thcogonien                     1514 

tanen,  indem  er  hinter  Theia  die  Eurybia  KerberoB  als  t'ünfzitrköpfig  bezeiclinet.  Das  un- 
einfügt,  die  bei  Hes.  2v}9  Pontostochter,  bei  klare  17  **  uqcc  ^^lyt'  dXoijv  tixe  in  Hes.  3'2<> 
beiden  dann  (7,2;.  186*)  =  Hes.  375)  Gattin  des  wird  16y  (wie  im  Schol.  z.  St.)  auf  Chimaira 
Kreios  ist;  dafür  fehlt  sie  folgerichtig  bei  bezogen;  OrthoB  fehlt  hier;  Sphinx  wird  be- 
Tz.  126  im  y^vog  dos  Pontos.  Der  Grund  der  schrieben.  Unter  den  Kindern  Hyperiona  steht 
Einfügung  kann  nur  sein  —  da  ein  bloßer  184  statt  Eos  Hemera,  ebenso  188,  wo  ihre 
Gedächtnisfehler  des  Tz.  (vf^l.  Krumbacher,  Verbindung  mit  Astraios  berichtet  wird;  in  der 
Gesch.  d.  byz.  Litt.*  527)  hier  doch  wohl  kaum  Liste  ihrer  Kinder  fehlen  die  Sterne  und  die 
vorliegt  — ,  daß  Tz.  (oder  seine  Quelle),  in  Ab-  Namen  der  Winde  (vgl.  u.  zu  294).  In  der  Zeus- 
weichung  von  Hes.  und  im  Anschluß  an  andere  10  geschichte  sind  die  Kovgoi  eingefügt  (204)  und 
77/, n  (s.  u.  Sp.  1520  u.  1528),  eine  Dreizehner-  die  bei  Hes.  zerstückelte  Erzählung  insofern 
reihe  von  Titanen  bilden  wollte  und,  weil  er  ins  Gleiche  gebracht,  als  zusammen  mit  der 
die  in  jenen  anderen  Th.n  gewöhnlich  erschei-  Entfesselung  der  Kyklopen  auch  gleich  die  der 
nende  Dione  nicht  brauchen  konnte,  weil  er  Hekatoncheiren  vermerkt  wird  (213 ff.;  der  jta- 
fiir  die  Geburt  Aphrodites  die  Hesiodiache  Fas-  tr}Q  Hes.  502  als  Kronos  erläutert)  und  Zeus' 
sung  annahm,  eine  als  solche  schon  feststehende  Aufruf  zum  Titanenkampf  und  die  Belohnung 
Titanengattin  selbst  auch  zur  Titanin  beför-  der  Styx,  die  Hes.  schon  383  bei  ihrer  Genealo- 
derte.  Von  den  beiden  zur  Verfügung  stehen-  gie  gebracht  hatte,  erst  hier  hereinkommt  (221  ff. 
den,  Eurybie  (G.  des  Kreios)  und  Klymene  vgl.  u.  Sp.  1529  bei  Hygin).  In  Wahrheit  wird 
(G.  des  lapetos),  empfahl  sich  die  erstere  wohl  20  durch  diese  Zusammenfassung  aller  Vorberei- 
durch  den  Namen;  auch  ist  bei  Hes.  376  nicht  tungen  zur  Titanomachie  die  Lostrennunor  die- 
noch  einmal  ihre  Genealogie  angetreben,  wäh-  ser  selbst  durch  Zwischenschiebung  der  lape- 
rend  Klymene  sowohl  351  als  507  Okeanostoch-  tidengeschichte  noch  fühlbarer.  Die  letztere  ist 
ter  genannt  ist.  Kronos,  der  wie  bei  Hes.  am  um  einige  gelehrte  Notizen  bereichert:  der 
Ende  der  ganzen  Reihe  steht,  ist  bei  Tz.,  der  Name  Pandora  ist  genannt,  der  in  der  Th.  He- 
alle  durchzählt,  als  TQL6v.cad^v.(xxo?  bezeichnet.  siods  fehlt,  auch  der  Name  der  Gattin  des  Pro- 
Den  Be'-icht  Hes.^  über  die  Geburten  aus  den  metheus:  Axiothea  nebst  der  Variante:  nach 
Blutstropfen  des  abgeschnittenen  Uranosgliedes  Aischylos  Hesione  (so  auch  Tzetz.  Lycophr.  1283); 
erweitert  Tz.  erstens  durch  Angabe  der  Namen  dazu  der  Kaukasos  als  Lokal  der  Fesselung 
der  Erinyen,  der  Giganten  (34)  und  der  Nv(i(pccL  30  des  Prometheus  (227  ff.).  Für  Mrixmvr}  {Hes.  536) 
MsXiai  (12)  —  vgl.  hierzu  Mayer  a.  a.  0.  ist  Sikyon  eingeset/.t*);  Pandora  wird  von  Her- 
S.  258  f.  — ,  zweitens  durch  Einfügung  der  Tel-  mes  zu  Epimetheus  gebracht.  In  der  Titano- 
chinen  hinter  den  Erinyen  nebst  Namen  (4)  machie  (Tz.  264—273)  sind  die  Kyklopen  mit 
und  der  gelehrten  Bemerkung,  daß  die  Tel-  den  Hekatoncheiren  als  Helfer  des  Zeus  ein- 
chinen  nach  Bakchylides  {frg.  52  Blaß)  Söhne  geführt  und  den  Titanen  die  Giganten  als  Bun- 
der Nemesis  und  des  Tartaros,  nach  anderen  desgenossen  gegeben  (271  tgonovrai  -hol  rovg 
der  Ge  und  des  Pontos  seien.  In  der  Geburts-  Fiyuvxccg,  rgoTtovrcct  tovg  Tträvag).  Der  Wider- 
geschichte  Aphrodites  fehlt  Himeros,  und  be-  spruch  bei  Hes.  734  f.  und  815  ff.  bezüglich 
züglich  des  Eros  heißt  es,  daß  er  nach  Aphro-  Briareos  ist  bei  Tz.  277  ff.  beseitigt,  indem  so- 
dite  aus  dem  Schaum  —  dessen  Entstehen  er-  40  gleich  die  zweite  Version  Hesiods  angenommen 
klärt  wird:  cccpgov  ix  rfjg  xiv^ascog  iomgevöccv  wird.  Briareos'  Gattin  Kymopoleia,  die  Hes. 
ccQxovvta  (seil,  tu  (ioqidc)  —  entstehe,  109:  i^  818  f.  Poseidons  Tochter  nennt,  930  ff.  bei  Re- 
OV7CSQ  TtccXtv  rov  äcpQOv  yiyovsv'AcpQoSLtr],  agaia  gistrierung  seiner  Verbindung  mit  Amphitrite 
xal  vsd^ovccc.,  xaröniv  rccvtrjg  "Egcog:  also  eine  aber  ignoriert,  nennt  Tz.  beidemale  (279  und 
Klarstellung  des  bei  Hes.  im  Dunkeln  bleiben-  332  ff.)  Tochter  Poseidons  und  Amphitrites.  He- 
den Verhältnisses  der  beiden.  In  der  Reihe  siods  Typhoeus  nennt  Tz.  286  Typhon  im  Aus- 
der  Nyxgeburten  sind  —  neben  einigen  hier  gleich  mit  dem  92  und  160  als  Gigant  und 
zu  übergehenden  Varianten  —  die  Moiren  mit  Echidna^atte  eingeführten  Typhon,  dem  dort 
Namen  genannt  (sie  fehlen  dann  310  ff.  unter  schon  100  Köpfe  nach  JEZes.  824  f.  gegeben  waren, 
den  Kindern  des  Zeus  und  der  Themis)  und  50  Es  soll  also  im  Sinne  des  Tz.  dieselbe  Person 
ebenso  die  Hesperiden,  und  zwar  vier  (ähnlich  sein.  Trotzdem  ist  ihm  285  die  Hesiodische 
Hygin);  dann  heißt  es  (119):  xara  ds  rbv  "Hoio-  Typboeusgenealogie  (Ge  «^  Tartaros)  gegeben 
80V  cd  ^EöTisQLäsg  ccvTcci,  knati]  xal  ^iXörrig  i^  Gegensatz  zu  92  (Ge  '^  Uranosblut).  Die 
TS  ycal  N^iisoLg  xal  "Egig:  ein  merkwürdiges  vielen  Tierköpfe,  die  dem  Typhon  287  gegeben 
Mißverständnis  des  iT^'s.-Textes,  das  übrigens  werden,  brauchen  nicht  auf  eine  andere  Quelle 
beweist,  daß  auch  die  Hes.-Hs.  des  Tz.  die  Na-  zu  weisen  (so  Mayer  2ö7,  der  Plat.  Fhaedr. 
men  der  Hesperiden  nicht  enthielt  (vgl.  oben  230  a.  Nonn.  Dion.  1,156  ff.  2,60  anzieht),  son- 
Sp.  1480).  Dem  Bericht  über  Graien  und  Gor-  dem  können  aus  Hes.  829  ff.  genommen  sein, 
gonen  wird  eine  Beschreibung  beigefügt.  Den  Tartaros  ist  nicht  genealogisiert.  Noch  stärkere 
die  goldenen  Äpfel  hütenden  Sgci-xav,  den  Hes.  60  Flüchtigkeiten  werden  wir  bei  v.  332  ff.  finden. 
333  als  letzte  Geburt  der  Keto  anführt,  bringt  Die  Beschreibung  des  Typhon  ergänzt  Tz.  durch 
Tz.  159  gleich  hinter  der  Echidna:  damit  die  ein  Aischyloszitsit  {Prom.  355 f.).  Bei  der  Nen- 
beiden  SQccxovteg  beieinander  sind.  Der  bei  nung  der  nicht  von  Typhon,  sondern  gott- 
fies. 306  ohne  Stammbaum  genannte  Typhaon  entstammten  Winde  (Tz.  294  =  Hes.  870  f.)  ist 
ist  von  Tz.  160  als  Gigant  bezeichnet;  er  stand  Notos  wohl  nur  dem  Vers  zuliebe  weggelassen; 
auch  in  der  Liste  V.  92.   Hydre  wird  165  gleich 

*)  244  nsQi  ttjv  2txu(')va   einzusetzen  (mit  Bekker)  für 

*)  Koiü)  Matranga,  KqiÖ)  richtig  Bekker.  Matrangaa  „avy.työvtjv,  Cod.  aiyty .  •  ."• 

R08CHBB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.    V.  49 


1515                    Theogonien  Theogonien                    1516 

189  fehlten  die  Namen  der  Kürze  halber  gan«.  die  Söhne  des  Priamos,  431  einen  Stammbaum 
Daß  im  Kataloj?  der  Zeu8jfattinnen  Tz.  dem  des  Priamos  vom  Chaos  au  bis  auf  Romulus 
Hes.  folgt,  wurde  oben  gesagt.  Doch  erweitert  hinunter,  endlich  57Uff.  Griccheustammbiiume. 
er  die  Metisffeschichte  durch  einen  näheren  Ähnlich  wie  bei  Res.  ist  also  auch  bei  Tz.  an 
Bericht  (304  ff)  über  die  bekannte  Rolle  des  die  ei>,'entlichp  ^soyovicc  die  7]{faioyovia  ange- 
Hephaistos  bei  der  Geburt  Athenas  und  be-  hängt  (das  Wort  gebraucht  Tz.  60«)), 
zeichnet  dabei  Hephaistos  als  von  Zeus  mit  In  der  Kinlage  340  -35',i  wird  der  gegebe- 
Hera  vor  ihrer  Ehe,  heimlich  vor  den  Eitern,  nen  Darstelluno:,  wonach  auf  Uiauos  ^^  Ge  als 
erzeugt  (wiederholt  351  =  Schol.  AD  zu  A  609;  Weltherrscher  Kronos  r^  Uhea  folgten,  die  Ver- 
Eustath.  987);  folgerichtig  fehlt  dann  Hepbai-  lo  sion  entgegen^jrestellt,  mit  der  Quellenangabe 
stos  bei  der  Behandlung  der  Deszendenz  des  xara  di  röv  AvH6(pQova  xtxi  rM^a?  nov  kz^goov, 
Zeus  und  der  Hera,  wie  auch  Athena,  so  daß  daß  nach  dem  Sturz  des  Uranos  zunächst  Ophion 
die  an  dieser  Stelle  bei  Bes.  auftretende  Un-  und  Euiynome  herrschten,  die  dann  Kronos 
stimmigkeit  (s.  o.  Sp.  1492  f.)  beseitigt  erscheint.  in  den  Taitaros  stürzte,  so  daß  Zeus  der  vierte 
Von  Zeus  und  Tbemis  werden  nur  die  Hören  Wellherrscher  sei.  Die  Deszend.  nz  des  Paares 
abgeleitet,  nicht  auch  die  Moiren  (Konkordanz  Zeus  «^  Hera  wird  noch  einmal  wie  304  ff.  und 
mit  116,  8.  0.  Sp.  1613).  322  ff.  sind  die  Namen  827  f.  angegiben,  aber  die  EiXti&viai  vergessen. 
der  Musen  eingefügt,  die  bei  Hes.  917  mit  Für  die  Ophionversion  wird  wohl,  wie  er  selbst 
Rücksicht  auf  dus  Proömium  77 ff.  fehlen.  Als  angibt,  Lycophr.  Alex.  1192  und  das,  was  er 
Kinder  des  Zeus  und  der  Hera  nennt  Tz.  32880  in  seinen  Kommentaren  dazu  fand,  Quelle  für 
(neben  Hebe  nnd  Ares)  rag  EiXsid^viag  (so  na-  Tz.  gewesen  sein,  vgl.  Tzetz.  Lycophr.  1192. 
türlich  zu  emendieren  aus  dem  slleniivag  der  Pherekydes  von  byros  (den  er  453  in  der  Form 
Hs.  MatrangaB .,  richtig  Bekker)  mit  Rückkehr  6  2.vQog  $.  als  Quelle  für  die  Genealogie  des 
zum  i/oi/ierischen  Plural.  Daran  knüpft  er,  von  Priamos  zitiert,  also  mit  dem  Genealogen  Phe- 
Heniofh  Folge  abweichend,  Maia- Hermes  mit  rekydes  von  Athen  verwechselt)  kommt  offenbar 
der  ausdrücklichen  Bemerkung:  rag  rjQmdag  hier  nicht  als  Quelle  in  Betracht. 
tf'  ftnotfitv  onÖTS  Siov  Xiysiv  und  umschreibt  Aus  dem  Gesagten  ergibt  sich  das  Verfah- 
noch  Ues.  9H0 — 937,  wobei  er  im  Widerspruch  ren  des  Tz.  Hesiod  gegenüber  und  die  Ent- 
zu  13 1  Amphitrite  eine  Tochter  des  Okeanos  stehung  der  neuen  Th. :  er  beseitigt  die  Wider- 
und  statt  Triton  xov  Evgvßiriv  {Behker:  rrjv  £.)  30  sprüehe  durch  Ausgleichung,  ergänzt  nur  An- 
nennt, offenbar  eine  aus  Flüchtigkeit  hervor-  gedeutetes  durch  genauere  Angaben  und  er- 
gegangene Entstellung  des  /iesioc/ischen  Tgi-  läutei  t  Unklarheiten  durch  eine  bestimmte  Inter- 
xcov  svQvßiris  in  Reminiszenz  an  die  Titanin  pietation.  Offenbar  dient  ihm  als  Vorlage  für 
Eurybie.  Denn  andere  Quellen  als  Hes.  hat  Tz.  sein  Gedicht  eine  Hes/odausgabe  mit  mytho- 
hier  nicht:  Amphitrite  als  Tochter  des  Okeanos  logischem  Kommentar,  auü  dem  er  eben  die 
ist  doch  wohl  bloßer  Gedäclitni»«fehler  trotz  Ergänzungen,  Interpretationen,  gelegentlichen 
Apd.  1,2,2  und  1,4,6  (s.  u.  Sp.  1521),  Kymo-  Richtigstellungen  und  Parallelverhionen  ent- 
poleia  behufs  der  Konkordanz  aus  Hes.  819  nimmt.  Diesen  Kommentar  und  seine  Quellen 
hergezogen  und  die  Bezeichnung  des  'Eurybies'  zu  rekonstruieren  dürfte  eine  lohnende  Aufgabe 
als  xlrjoot'jjog  r^g  -O-a/LatTÄ?]«  doch  nichts  als  40  sein.  Die  mylhographische  Quelle  des  Kommen- 
eine Umschreibung  des  /fmorfischen  ög  ts  d^a-  tars  stimmt  mehrfach  auffallend  mit  der  Th. 
Xdaörig  nv^iiiv*  l/ov  tcoqu  ^rjrpl  cpiXr]  xal  na-  Hygins  überein,  s.  u.  Sp.  1629. 
xqI  ava%xi  vaUi  xQvoscc  dw,  ÖHvbg  d-sog.    Man  »v     .    ,  i.    i      mi 

wird  also  gut  tun,  den  selbständigen  Meergott  D'e  kyklisdie  Theogonie  und  Apollodor. 

Eurjbies  —  Waser  in  Fauly-Wssouas  Jieal-  Die    einzige   Nachricht   über  eine  Th.  des 

cncyci.  6, 1321   nach  Mayer  253.257,   der   den  iTCt-nbg   xvtiXog  steht  in   der   xQ'^^^ofiddsia   des 

Tz.  absichtlich  slub  Hes. b  TyixcDv  svgvßirig  einen  Proklos  bei  Phot  hibl.  'J39  p.  319  a  20  Btkker: 

Eigvßirig  machen  läßt,  weil  Tz.  Tritonen  nur  diaXanßccvf^i  dh  (seil.  UgöyiXog)  ytal  TtBgl  rov  Xs- 

in    der   Mehrzahl    als   Gattungsnamen    kenne!  yoiiivov  inixov  xvxXov,   og  ccg^f-xoci  fihv  i-n  xfjg 

—  zu  streichen,   da   das  bloße  Epitheton  Tri-  5o  Ovguvov  xal  rrjg  ^vitoXoyovnivrig  fii^smg,  i^  rjg 

tons  bei  Hes.  (aus   dem   es  dann  Apoll.  Ehod.  wbiol   -kuI  xgtig  nccidag  IxaxöyxBigag  xai  rgetg 

4,  1552  [auch  Versanfang!]  und  Orph.  Argonaut.  ysvviööi  KvxXanag.   dia-nogtvixca  öh  xd  xs  aXXag 

339  [1-*61  auf  Peleus  übertragen]  haben)  doch  nsgl  &B(bv  xoig  "EXXriai  fiV&oXoyov^tsvcc.,   xal  bv 

keine  genügende  Stütze  für  seine  Existenz  bietet.  nov    xl    v.ai    Ttgbg    laxogiav    i^aXrid-i^txai'    xccl . 

An  dieser  Stelle  ist  das  7toir]iia  des  Tz.  wirk-  TtBgccxovxnt,  6  irci-nbg  xvxXo?,  ix  diatpogatv  Ttoiri- 

lich  avd'iogbv  xai  ndvv  dpLBXixrixov.  —  Die  bei  xibv  avunXrfgov^tvog,  fiBXQi  xijg  ocTioßdönog  Odva- 

Hes.   legitime   Verbindung   Ares  «^^  Aphrodite  c^tog  xfjg  Big  'id^d-nr^v,  iv  j/  xccl  vnb  xov  ncciöbg 

macht  Tz.  im  Anschluß  an  die  seit  Od.  -O*  vor-  TriXf-yövov  dyvoovvxog    xxsivsxca.    XiyBi   ös   oig 

herrschend    gewordene    Tradition    durch   Ein-  xov  inixov  xvxXov  xa  Ttoir\yiaxa  dLaacc^Bxccixccl 

führung  des  Hephaistos  als   legitimen  Gatten  60  cnovdd^Bxai  xoig  noXXoig  ovx  ovxco  öid  xrjv  dgi- 

zum    adulterium,  behält  aber  die  drei  Kinder  xrjv  mg  bia  xtjv  &-noXov^iav  xibv  iv  avxm  nguy- 

Hesioda  bei.  iidxojv.  Demgemäß  hat,  wenn  wir  Proklos  (ilau- 

Der   Rest  des  Gedichtes   des  Tz.  ist  nicht  ben  schenken,  in  dem  theogimischen  (iedicht, 

mehr   Th.   im    engeren    Sinne    und    hat    auch  das  den  epischen  Kyklos  eröffnete,  nichts  von 

nichts  mehr  mit  Hesiod  zu  tun.    Nach  einer  den  physikalischen,  kosmogonischen  Urgewal- 

(noch   zu   besprechenden)  Einlage  gibt   35.Sff.  ten  gestanden,  die  bei  Hesind  knajjp  und  un- 

einen  Katalog  der  Zwölfgötter  und  Verwandtes,  entwickelt,  bei  den  Späteren  in  immer  vollerer 

378  ff.  verschiedene  Tgatixd^  insbesondere  395  und  vertiefterer  Ausgestaltung  den  eigentlichen 


1517  Theogonien  Theogonien  1518 

Göttergeschichten  und  -genealogien  vorauf-  muß  also  aus  einer  Untersuchung  der  tbeo- 
gehen.  Durch  das  Fehlen  dieses  spekulativen,  gonischen  Angaben  Apollodors  gewonnen  wer- 
Irühwissenschaltlichen  Elemente  (oder  durch  den.  Ihre  starke  Übereinstimmung  mit  liesiod 
den  Verzicht  auf  da.-selbo)  würde  diese  kykli-  spiingt  in  die  Augen.  Doch  zeigen  sich  auch 
sehe  Th.  auf  eine  frühere  Entwicklun«stufe  eine  lieihe  charakteristischer  Abweichungen, 
als  die  i/<'6'/odische  rücken  (ohne  daß  deswegen  Es  fehlen  \ntiApd.:  zunächst  die  bei  Hes.  116 
die  tatsächliche  Entstehung  dieses  Gedichts  — Vlb  genannten  Urgewalten;  wenn  gleich  im 
vor  Hesiod  zu  liegen  brauchte).  Die  Annahme,  Anfang  Tartaros  fftnannt  wird,  so  lehrt  der 
daß  die  kyklische  Th.  doch  eine  kurze  kosmo-  Zusatz:  xönoq  dh  ovrog  ^gfßwSi^g  iaxlv  iv^AiSov^ 
gonische  Urgeschichte  vor  der  eigentlichen  Th.  lo  toßovrov  &7ib  yfn  i^aiv  diaötrifia  ooov  &n  ovqu- 
euthalten  haben  könnte,  daß  dieselbe  aber  von  vov  y^,  daß  er  nicljt  als  Urprinzip  gedacht  ist, 
Proklos  in  seinem  knappen  Auszug  oder  «chon  wie  in  dem  (übrigens  später  eingearbeiteten, 
in  seiner  C^uelle  weggelassen  woiden  sei,  ist  s.  Sp.  147G)  i/morfvers  IIU,  sondern  einfach  als 
durchaus  unvereinbar  mit  dem  Wesen  des  bis  der  Raum  unter  der  h^rde,  den  Hes.  720  ff.  be- 
zum  Exzeß  spekulativen  und  allegoriensüch-  schreibt;  dann  die  O^()£aife.siod  129  (s.Sp.  150;^); 
tigen  Neuplatonikers  (wenn  dieser  mit  dem  von  den  Geschöpfen,  die  bei  Hes.  183  ff.  aus 
Verfasser  der  Chrestomathie  identisch  ist),  und  dem  Hodenblut  des  Uranos  entspringen,  hat 
auch  für  seine  Quelle,  wenn  diese  eine  Samm-  Apd.  nur  die  Erinyen  (mit  den  bei  Hes.  feh- 
lung von  Exzerpten  der  Epen  selbst  darstellte,  lenden  Namen),  nicht  die  Giganten,  die  erst 
ist  es  nicht  gei ade  wahrscheinlich,  daß  sie  das  20  1,6,1  von  Gaia  mit  Uranos  geboren  werden 
naturphilosophische  Element,  wenn  es  da  war,  als  Rächer  der  Titanen,  noch  die  Nvfirpoi  Ms-- 
einfach  sollte  ausgeschieden  haben.  Viel  eher  Xiai;  daß  dann  2,5,4,1  eine  solche  beiläufig 
könnte  man  das  von  einem  mythographischen  als  Mutter  des  Pholos  von  Heilenos  erscheint, 
Kompendium  glauben,  das  mit  gewolltem  Ver-  hat  natürlich  nichts  zu  sagen.  Es  fehlt  die 
zieht  auf  alles  Deuten  und  Allegorisieren  den  Geschichte  von  der  Meergeburt  Aphrodites,  die 
reinen  mythischen  Rohstoff  registrieren  wollte  vielmehr  1,  3,  1,  1  von  Zeus  und  Dione  abgeleitet 
(wie  Tzetzes  bei  Beginn  seiner  Th.  sagt,  48:  wird,  und  mit  ihr  Eros  und  Himeros,  die  bei 
Tclriv  ftv-ötHtüg  601  Xe^o^sv,  ovd'  i]XXr\YOQr]^iv(ü$).  Apd.  gar  nicht  vorkommen.  Es  fehlen  die  ganze 
Bei  Froklos  hören  wir  über  die  von  ihm  be-  Reihe  der  Personifikationen,  der  Kinder  der 
nüt/.te  Th.  nur  noch,  daß  Uranos  und  Ge,  das  30  Nyx,  die  überhaupt  von  Apd.  ignoriert  wird; 
Urelternpaar,  die  drei  Hekatoncheiren  und  die  die  Moiren  stehen  1,3,1,1  als  Töchter  des  Zeus 
drei  Kyklopen  erzeugen.  Dies  sowie  die  Stel-  und  der  Themis  (=  Hes.  904),  die  Hesperiden 
lung  von  Uranos  und  Ge  an  die  Spitze  der  beiläufig  2,5,11,2  in  der  Heraklesgeschichte, 
ganzen  Welterzählung  stimmt  aufs  genaueste  aber  ohne  Genealogie.  Es  fehlt  endlich  der 
zu  dem  Beginn  des  unter  dem  Namen  Apollo-  Flußkatalog  {Hes.  337 flf.),  Heosphoros  (//es.  379, 
dorä  uns  erhaltenen  mythographischen  Hand-  bei  Apd.  1,2,4  nur  die  ccgtqo:),  die  von  Ty- 
buches:  Ovgavog  TTQmTogrov  Ttavzog  iövväörtvos  phoeus  stammenden  bösen  Winde  {Hes.  869  ff., 
'KÖGiiov.  yr/'/iOf?  8h  r))v  ire7iva>6s  Tcgwrovg  rovg  die  Typhonomachie  bei  Apd.  1,  6,  3  aus  einer 
ixarÖYX^i'Qf^S '^QoaayoQsv^svrag,  Bgiägstov  Fvriv  andern,  ausführlicheren  Quelle),  Phobos  und 
Kotrov  .  .  .  ^etä  xovrovg  dh  avriö  rs-nvot  Ily  40  Deimos  (i/es.  934);  auch  Harmonia  erscheint 
Kvv.Xconccg/'y^gynv  Zlztgönriv  Bg6vTr]v ...  im  Ge-  bei  Apd.  nicht  im  Rahmen  der  Th.,  sondern 
gensatz  zu  Hes.,  bei  dem  die  Hekatoncheiren  beiläufig  später  (3,4,2,2  in  der  Kadmosge- 
und  Kyklopen  nach  den  Titanen  geboren  wer-  schichte),  ebenso  Hermes  {Hes.  938.  Apd.  3, 10, 
den.  Der  schon  hieraus  mit  hinreichender  Sicher-  2,1),  Dionysos  (i^es.  940.  Apd.  d,^, 'S),  Hera- 
heit  sich  ergebende  Schluß,  daß  die  kyklische  kies  {Hes.  943.  Apd.  2,  4,  5,  4tf.)  und  die  He- 
Th.  des  Prokjos  mit  der  von  Apollodor  be-  lioskinder  (J^es.  956.  Apd.  1,9,16).  Die  knappe 
nützten  identisch  ist,  wird  bestätigt  durch  die  7]g(ooyovicc  Hesiods  mit  der  ausführlichen  Über- 
seit  Veröffentlichung  der  Auszüge  des  voll-  sieht  des  Handbuchs  zu  vergleichen,  ist  zweck- 
ßtändigen  ^po/Zor/or  feststehende  durchgehende  los;  doch  verdient  bemerkt  zu  werden,  daß 
Quellengemeinschaft  der  C/?resto7wai/ae  des  iVo- 50  auch  Hes.  schon  wie  Proklos  und  Apd.  mit 
Mos  mit  Apollodor,  vgl.  B.  Wagnei^  Epitoma  Odysseus  und  seiner  Deszendenz  schließt,  ein 
Vaticana  ex  Apollodori  bihliotheca.  Accedunt  Beweis,  daß  die  Grenzen  der  Götter-  und  He- 
curae  mijthographae  de  Apollodori  fontibus,  1891.  roengeschicbte  bei  Proklos  und  Apd.  nicht  erst 
A.  Papadopulos-Kercmeus,  Apollodori  biblio-  in  einem  mythographischen  x^kZo?  der  Alexan- 
thecae  fragmenta  Sabbaitica,  Rhein.  Mus.  46,  drinerzeit  festgelegt  worden  sind,  sondern  tat- 
161  ff.  (beide  dann  in  Mythogr.  Graeci,  vol.  1  sächlich  dem  epischen  yivv-Xog  entstammen,  den 
ed.  B.  Wagner  1894,  p.  173  ff.).  Bethe,  Herrn.  somit  die  um  die  Tjgaoyovia  erweiterte  Th. 
26.  593  ff.  B.  Wagner,  Jahrbchr.  Phil.  145,  241  ff.  Hesiods  bereits  widerspiegelt. 
Ed.  Schuartz  in  Pauly-Wissowae  Bealencycl.  Wichtiger  als  das  Fehleu  gewisser  Partien 
1,2883  f.*)    Näheres  über  die  ^kyklische'  Th.  &q  Hesiods  bei  Apd.,  das  auf  späterer  Ausmer- 

*)  Nach  dieser  genauen  Übereinstimmung  des  Proklos 

mit  Apd.  ist   die  Annahme   von   /.  Dietze,   Rhein.  Mus  69,  schiedenheit  abzulehnen.    Erstens   darf  aus   dem  Fehlen 

636,  daß   in  der  Quelle  beider  (wie  er  meint,  der  Titano-  der  Titanen   in  dem  so  außerordentlich   knappen  Auszug 

machie)  Gaia  die  Titanen  (nach  den  Hekatoncheiren  und  des  Proklos  kein  so  weitgehender  Schluß  gezogen  werden 

Kyklopen)  parthenogeuetisch  geboren  habe   (so  im  orphi-  (zudem  sind  ja  auch  bei  Apd.  die  Titanen  von  ihren  älte- 

achen  frg.ZQ  Abel),   und   daß   dann  Apd.  den  Bericht   der  ren  Brüdern   entschieden  abgetrennt),   und  überhaupt  ist 

Titanomachie  so  gestaltet  habe,  daß  er  zwar  die  Keihen-  die  Vorstellung,   daß  Apd.  oder   selbst   die  ältere  Mytho- 

folge  Hek.-Kykl.-Tit.  beibehielt,  aber  die  Tit.  im  Anschluß  graphie    noch    so    selbständig    die    PrimärqueUen    durch- 

an  Het.  zu   Kindern  auch  des  Uranos   machte,  mit  Ent-  einander  gearbeitet  habe,  ganz  abwegig. 

49* 


1519  Theogonien  Theogonien  1520 

zung  nach   gewissen  Gesichtspunkten  beruhen  Die  Titanenliste  bei  Apd.  folgt  im  ganzen 

kann,  sind  die  Differenzen  in  der  Behandlung  ITsff.^lSStf.,  doch  ist  Hyperion  vor  Kreios  und 

der  gleichen  Gegenstände  bei  beiden.   Ihre  f^e-  Kronos  gleich  ans  Ende  der  Titanenreihe,  nicht 

naue  Betrachtung  muß  uns  über  den  Charakter  erst  hinter  die  Titaninnen  gesetzt.  Unter  diesen 

der   gemeinsaraen    theojjonischen    Quelle    des  haben  Theia  und  Tethys  den  Platz  getauscht, 

Proklos  und  Apd.  und  ihr  Verhältnis  zu  Hes.  offenbar,  damit  die  Gattin  des  ältesten  Titanen 

Aufschluß  geben  können.  auch  am  Anfang  stehe,  und  an  vorletzter  Stell' 

Wie  o.  Sp.  1478  gezeigt,  hatte  die  Uranos-  ist  Dione  als  Titaniu  eingeschoben,  so  daß  oifn 

geschichte  bei  Hes.  132  -210  urspr-inglich  nur  triskaidekadische    Reihe    entsteht    (von   Wein- 
auf  die  Titanen  Bezug;  erst  nachtrilglich  sind  lo  reich,   Triskaidekadische  Studien,  Gießen  1916, 

durch  die  eingefüjsrten  Verse  139 — 163  die  Ky-  übersehen).  Die  Meinung  dessen,  der  die  Zwölfer 

klopen    und    Hekatoncheiren     hineingebracht,  zur  Dreizehnerreihe  umgestaltete,  war  sichoi 

doch  so  äußerlich  und  gewaltsam,  daß  aus  dem  daß  der  dem  Zwölferverein  als  Haupt  zugegi 

Kontext,  wie  er  jetzt  ist,  nicht  mit  voller  Klar-  bene  rptöxatd^xarog  Kronos  sein  sollte,  der  bei 

heit  ersichtlich  ist,  welche   Uraniden   in    den  Hes.  gemilß  seiner  Observanz,  die  Hauptperson 

Schoß  der  Erde  verschlossen  und  welche  nach  zum  Schluß  zu  bringen,  am  Ende  der  Dodekas 

der  Entmannung  des   Uranos  befreit  werden;  steht  und  bei  Tzetzes,  der  in  seinem  Hesiod- 

erst   nach   601  ff.   und   617  ff.   wird   klar,   daß  kommentar  die  Dreizehnerreihe  fand,  ausdrück - 

Hekatoncheiren  und  Kyklopen  bis  zu  ihrer  Be-  lieh  als  rgiö-Aociöinaxog  erscheint.    Erst  späterer 
freiung  durch  Zeus  gefesselt  bleiben,  von  Kro-  20  Schematismus,  der  das  Prinzip  verkannte,  hat 

DOS  also  nicht  gelöst  worden  sind.    Diese  durch  Kronos  vor  die  Titaninnen  gesetzt  und  so  Theia 

die  Oberflächlichkeit  des  Interpolators  verschul-  zu   der   unverdienten   Ehre   der   retöxatf^exarrj 

dete  Unstimmigkeit  ist  bei  ^pri.  (und  Proklos)  verhelfen.  Dione  ist  in  die  Reihe  der  Titaninnen 

in   Ordnung  gebracht.    Ge   gebiert  zuerst  die  gesetzt,  weil  in  dieser  Th.  Aphrodite  nicht  wie 

Hekatoncheiren  und  Kyklopen — in  dieser  Folge,  bei  Hes.  aus  dem  abgeschnittenen  Gliede  des 

der  umgekehrten  wie  bei  Hes.  — ,   die  Uranos  Uranos   entsteht,   sondern  (mit  Hom.  E  370 f.) 

fesselt   und   in    den   Tartaros   unter   der   Erde  von  Zeus  und  Dione  abgeleitet  wird,  die  denn, 

schleudert  (nicht  wie  bei  Hes.  in  ihr  verschließt).  weil  die  Hesiod'iache  Genealoj^ie  (353)  als  Okea- 

Hierauf  gebiert  Ge   die  Titanen  und  beredet  nine  für  die  Mutter  der  großen  Göttin  vielleicht 
sie  (die  also  nicht  wie  offenbar  bei  Hes.  von  30  nicht  als  vornehm  ^enug  erschien,  gleich  den 

Uranos  gefesselt  werden),  Uranos  anzugreifen  Zeusgattinnen  Themis  und  Mnemosyne  zur  Ti- 

und  die  Gefesselten  zu  befreien.    Während  bei  tanin  gemacht  wurde. 

Hes.  alle  außer  Kronos  Angst  haben,  hält  sich  Die  Zeusgeschichte,  die  wesentlich  zu  Hes. 

bei    Apd.  nur   Okeanos    zurück;    die    Tat   der  stimmt,  zeigt  bei  ^pci.  folgende  Abweichungen: 

Entmannung  leistet  (wie  bei  Hes.)  Kronos.  Nach  die  Hilfe  der  Großeltern  Uranos  und  Gaia  bei 

dem  Sturz  des  Uranos  befreien  die  Sieger  die  der  Rettung  des  Zeuskindes  ist  nicht  erwähnt 

Gefesselten  und   übergeben   Kronos  die  Welt-  (nur  Folge  der  Knappheit  des  Auszuges?),  statt 

herrschaft,   der  die  eben  Befreiten  neuerdings  Lyktoi  steht   Dikte,  Wärter  des    Kindes   sind 

in  den  Tartaros  schleudert,  woraus  sie  danach  die  Kureten  und  die  Nymphen  Adrasteia  und 

Zeus  befreit,  damit  sie  ihm  (gemäß  Ges.  Weis-  40  Ide,  Töchter  des  Meli^sseus,   die   Ziege   Amal- 

saj^ng  wie  bei  Hes.  626  ff.)  im  Titanenkampf  theia  die  Milchspenderin.    Einschneidender  als 

zum  Sieg  verhelfen.    In  der  Titanomachie  He-  dies  ist  die  Änderung,  daß  nicht  Gaia,  sondern 

«ods  sahen  wir  (o.Sp.  1485  ff.)  die  zwei  Ursprung-  Metis   Zeus'  Helferin   bei   der  Überlistung  des 

lieh   einander    ausschließenden    Versionen    (in  Kronos  ist  (vgl.  die  in   der   Hauptsache  rich- 

der  einen  die  Kyklopen,   in  der  anderen   die  tige  Behandlung  bei  J.  Dietze,  Rhein.  Mus.  69, 

Hekatoncheiren  als  Siegeshelfer)  roh  und  un-  528 ff.).  —  Die  Uranos- Kronos -Zeusoreschichte 

verknüpft  nebeneinander-  bzw.  durcheinander-  einschließlich   der  Titanomachie  und  der  Tei- 

geschoben.  Bei  Apd.  ist  eine  vortreffliche  Kon-  lung  der  Welt  unter  die  Olympier  ist  bei  Apd. 

kordanz  herjjestellt:   die  Kyklopen  liefern  den  in  einem  Zuge   erzählt,    die   großen  bei  Hes. 
Göttern  die  Siegeswaffen  (nicht  nur  Zeus  Don-  50  dazwischen  geschobenen  Stücke  (Nyx,  Pontes, 

ner  und  Blitz,  sondern  auch  Pluton  den  Helm  TitanendÄzendenzen,  Prometheis)  sind  dahinter- 

und  Poseidon  den  Dreizack),  und  den  Hekaton-  gesetzt,  und  zwar  zunächst  die  Titanendeszen- 

cheiren   ist   ihre    Rolle    als    Kampfentscheider  denzen  (1,2,  2 — 5),  dann  Pontos  (1,2,  6—7); 

ganz  genommen  und  nur  die  als  Schergen  und  Nyx   fehlt  ganz,   und  die   Prometheis   kommt 

Hüter  der  in  den  Tartaros  geschleuderten  Ti-  erst  hinter   der   eigentlichen    Th.  (1,7  ff.).    Im 

tanen  belassen.    Dann  losen  bei  Apd.  die  Göt-  ganzen  i.st  so  eine  viel  klarere  Systematik  er- 

ter  um  die  Weltherrschaft,  während   sie  bei  reicht  als  bei    Hes.  —   Der  Bericht   über   die 

Hes.  an  Zeus  übertragen  wird,  der  hierauf  die  Titanenkinder  ruht  deutlich  auf  Hes.,  nur  fehlt 

xuLcci  verteilt.  —  Kleine  Abweichungen  gegen  der  Flußkatalog  und  Heosphoros,  ist  von  den 
^cs.  sind  noch  die  Namenfolgen  Briareos-Gyes-  60  Okeaninen  nur  eine  Auswahl   der  wichtigsten 

Kottos  statt  K.-Br.-G.  CAlphabet?  Oder  weil  Bria-  gegeben  (die  dann  für  die  Genealogie  gehraucht 

reos  bei  Hom.  A  403  und  Hes.  Th.  617  ff.  817  ff.  werden)  und  von  Hes.%  Folge  abgewichen,  in- 

besonders  hervortritt?  Hes.  654  Kottos  Sprecher  dem  die  Titanen  ebenso  geordnet  sind  wie  bei 

und    also    Hauptperson^    und    Arges  -  Steropes-  der  ersten  Aufzählung  (1,1,3),  natürlich  unter 

Brontes  statt  Br  -St.-A.  (wohl  gemäß  der  na-  Fortlassung  der  schon  erledigten  Kroniden,  und 

türlichen  Folge  der  Erscheinunoren  beim  Gewit-  die  zweite   Generation   (Winde    und   Gestirne, 

ter)  sowie  die  Einführung  einer  besonderen  Hü-  Hekate,  Nike,   Kratos,   Zelos,  Bia)  nicht  wie 

terin  der  von  Kronos  wieder  gefesselten  Riesen.  bei   Hes.  hineingearbeitet,  sondern  zusammen 


1521                    Theogonien  Theogonien                    1522 

ans  Ende  gesetzt  ist.    Neu  ist  die  Verbindung  hei  Hes.  sich   berührend,  aber  einer  sehr  viel 

des  lapetos  mit  der  Okeanine  Asia  (statt  Kly-  auslührlicheren  liehandlunjj:  des  Gegenstände» 

mene),  die  Angabe,   daß  Menoitios  in  der  Ti-  entstammend  (vgl.  v.  Meß-Usener,  Jxhein.  Mus. 

tanomachie  von  Zeus  in  den  Tartaros  jjeschleu-  56, 174  ti'.). 

dert  werde,  und  die  Einfügung  des  Cheiron,  Nach  dem  Gesagten  kann  kein  Zweifel  be- 
Kronos'  und  Philyras  Sohn,  an  richtiger  Stelle.  stehen,  daß  die  von  Jpd.  wiedergegebene  77i. 
—  Auch  das  Pontosgeschlecht  ist  aus  lies,  ge-  auf  der  Hesiodhchen  auf<^'ebaut  ist.  Fast  alles 
nommen  mit  leichten  Verschiebungen  und  Kür-  bei  ihm  Abweichende  ist  deutlich  als  solche  er- 
zungen.  lies,  gibt  die  Folge  Nereus-Thaumas-  kennbare  Kichti^stellung  //(^sjoc/ischer  Unklar- 
l'horkys  und  behandelt  sie  auch  so;  ^/>rf.  nennt  lo  heiteu  und  Unstimmigkeiten  oder  Fortbildung. 
Thorkos-Thaumas-Nereus  und  behandelt  die  In  die  Hekatoncheiren- und  Kyklopengeschichte 
Deszendenzen  dann  in  der  Folge  Thaumas-  und  ihre  Veiknüpfi/np^  mit  den  Titanen  und 
Fhorkos-Nereus.  Thaumas  und  ^ereu8  stimmen  Zeus  ist  Klarheit  und  Fol>ierichti^keit  gebracht: 
im  übrigen  ganz  oder  fast  ganz  zu  Bts.  (s.  unmöglich,  daß  die  Hesiodhche  Verwirrung 
Weizsiickfr  o.  Bd.  3,  Sp.  207  ff.),  von  den  Phor-  auf  die  Einfachheit  und  Geradlinigkeit  Apd.s 
koskindern  sind  nur  kurz  die  (L^ogmösg  <^Haiy  gefolgt  sein  köunte.  Die  Dreizehnzahl  der  Ti- 
Fogyovfg  genannt  und  auf  die  ausführliche  Be-  tanen  ist  natürlich  jünger  als  die  Zwölfzahl, 
handlung  in  der  l'erseussage  (2,4,  2,  3  ff.)  ver-  die  Ableitung  Ai)hrodite8  von  Dione  (und  deren 
wiesen.  Auch  die  übrigen  Ungeheuer  Hesiods  Einreihung  unter  die  Titanen)  bewußte  Ver- 
kommen in  den  späteren  Partien  Apd.a.,  be-  20  werfung  des  IVlythus  von  der  Meergeburt  bei 
sonders  in  der  Heraklesgeschichte,  vor  mit  Hes.  Daß  auch  im  weiteren  —  Umgestaltung 
kleinen  Abweichungen,  deren  Behandlung  an  der  Zeusgeschichte,  Ausbau  der  l^olle  der  Me- 
dieser  Stelle  zwecklos  ist,  da  Apd.  da  selbst-  tis,  Vereinfachung  der  Disposition,  Änderung 
verständlich  aus  anderen  Quellen,  nicht  aus  der  Folge  der  Zeusehen,  wo  die  Siebenerreihe 
Hes.  schöpft.  Bemerkenswerter  als  die  kleinen  Hesioda  teils  wegen  der  schon  gebrachten  Ab- 
Differenzen ist  die  Übereinstimmung  im  gan-  weichungen  hinsichtlich  Metis  und  Dione,  teils 
zen,  die  sich  wohl  daraus  erklärt,  daß  die  Hera  zuliebe  gestört  ist. —  Apd.  gegenüber 
Epen,  auf  denen  letzten  Endes  Apd.  fußt,  die-  Hes.  immer  sekundär  und  z.  T.  zweifellos  fort- 
selben  sind,  die  schon  Hes.  bei  seinen  kurzen  geschritten  ist,  braucht  nicht  im  einzelnen  aus- 
Notizen und  Hinweisen  vor  Augen  hatte;  vor  so  geführt  zu  werden  (so  wesentlich  richtig  /. 
allem  die  Herakleis.  iJietze  a.  a.  0.  527  ff.  gegen  Aly,  .Hes.- Ausgabe 

Nach  der  Uranidengeschichte  (und  der  Pon-  XX  und  65 f.,  der  di6  kykl.  Th.  für  älter  als 
tosdeszendenz)  bringt  Apd.  wie  Hes.  die  Zeus-  Hes.  hält).  Das  einzig  Entgegenstehende,  das 
eben  mit  Göttinnen.  Nur  das  IVlittelstück  der  Fehlen  des  kosmogonisch-philosophischen  Ele- 
Reihe^e.s.sThemis-Eurynome-Demeter-Mnemo-  ments  bei  Apd.,  ist  also  nicht  im  Sinne  des 
syne  steht  bei  Apd.  ebenso  und  mit  denselben  höheren  Alters,  sondern  im  Sinne  des  absicht- 
Kindern*),  doch  mit  P^inschaltung  Diones  als  liehen  Fallenlassens  und  der  Beschränkung  auf 
Mutter  Aphrodites  zwischen  Themis  und  Eury-  das  rein  Mythologische  im  engeren  Sinne  zu 
nome  (s.  0.  Sp.  1520);  Hera  steht  statt  Metis  deuten.  (Nicht  ganz  ausschließen  möchte  ich 
am  Anfang  mit  ihren  drei  ehelichen  Kindern,  40  die  Möglichkeit,  daß  der  Hesiod,  den  Apd.s 
dann  wird  (nachdem  1,3,2—4  die  Deszendenz  letzte  Quelle  benützte,  die  kosmogonische  Ein- 
sämtlicher Musen  registriert  worden  ist)  im  An-  leitung  noch  nicht  enthielt.)  Die  entscheidende 
Schluß  anMnemosyne  auf  sie  zurückgekommen,  Frage  lautet  nun:  wann  und  von  wem  ist  der 
ihr  spontan  geborener  Sohn  Hephaistos  ge-  Aufbau  auf  dem  jffes?oc?ischen  Fundament  — 
uannt  und  diesem  wie  bei  Hes.  Zeus'  Tochter  vorsichtiger:  dem  mit  dem  Hesiod\^c\\Qn  im 
Athena  entgegengesetzt,  wobei  die  im  Anfang  we^entlichen  übereinstimmenden  Fundament  — 
der  Liste  weggelassene  Metis  (nach  einer  über  aufgeführt  worden?  Erst  von  der  gelehrten 
j&Tes.  hinaus  er^^  eiterten  Sage)  nun  nactfgebracht  Mythographie  oder  schon  in  der  Frühzeit,  sei 
wird.  Nach  ihr  kommt  als  letzte  Zeusgattin  es  von  einem  theogoniscben  Dichter,  sei  es 
Leto  (1,4, 1,2)  mit  einigen  Anhängen  über  die  so  allenfalls  von  einem  der  frühen  Prosaiker,  die 
Taten  ihrer  Kinder,  und  nach  diesem  Beschluß  das  genealogische  Epos  in  veränderter  Form, 
der  Zeusdeszendenz  folgt  wie  bei  jöes,  Poseidon  aber  im  gaiizen  noch  im  alten  Geist  fort- 
(wolei  Amphitrite  wie  1,  2,2  gegen  1,2,7  Okea-  führten?  Wenn  wir  Froklos  glauben,  daß  er 
nine  genannt  [so  auch  Tzetzes,  s.  0.  Sp.  1515]  wirklich  Exzerpte  aus  den  Epen  des  alten  Ky- 
und  dem  Sohne  Triton  eine  Schwester  Rhode  klos  gibt,  so  ift  die  von  ihm  und  Apd.  gege- 
beigegeben  wird)  und  endlich  1,5  Pluton,  der  bene  Th.  der  Auszug  aus  einem  alten  Epos, 
bei  Hes.  in  der  Zeus-Pen  et  er- 1  he  kurz  abge-  Aber  auch  wfnn  wir  von  diesem  Zeugen  ab- 
macht war,  während  der  Mythograph  natürlich  sehen,  lassen  sich  zwei  Gründe  finden,  die  die 
den  ganzen  Koiemythus  in  Küize  berichten  Ih.  Apd.s  in  ihrem  Kein  (d.  h.  einschließlich 
muß.  Den  Schluß  der  Th  bildet  bei  Apd.  1,6  60  der  am  J^l esiodi&chen  Grundstock  voigenonme- 
die  Gigantomachie  und  lyphonomachie,  letz-  nen  Änderungen)  als  alt  erweisen.  Erstens  sind 
tere  in  manchem  mit  dtm  nachtiäglichen  Ein-  die  Änderungen  z.  T.  derart,  daß  sie  einem  ge- 
schub    zwischen    Titanomachie    und    Zeusehen  lehrten  Mythogiaphen  nicht  zugetraut  werden 

können.    Kosmogonisches  weglassen,    da    und 

*)  Wenn  ^M  1,3,1,2  statt  Demeter  styx  als  Mutter  ^^^  Einzelzüge  einfügen   oder  unter  Zuhilfe- 

Persephones  nennt,   bo  ist  das  mit  Schwenck  in  Jtiiititaog  ■,  ,         °^      i,       '^  i.      ••    i  ^         „     „11 

(8tatt^^r.,d.)  zu  ändern,  zumal  Apd.  1, 5, 1  f.  die  aiige-  ^^^^^^  anderer  Quellen  ausschmucken  vor  allem 

memgüitige  Überlieferung  als  seibstverBtändiich  voraus-  die  mangelhalte  oder  eigenwillige  Disposition 

setzt.  seiner  epischen  Quelle  im  Sinne  einer  klareren 


1523                   Theogonien  Theogonien                    1524 

Systematik  umgestalten  konnte  der Mythograph,  7,  277  d    bezüjflich    des    Verfassers    sagt:    6tr' 

und  manche  Änderung  dieser  Art  mag  auf  seine  E^nrilog  ianv  6  Kogir^iog  ?)  ktjxrlvog  i]  oöti^ 

Rechnung    «u    setzen    sein.    Aber   H  siod   zur  dij»orf  yai'pfi  övofia^ö/ifvos  (^vgl.  l, -22  c:  Eu/xtj- 

Richtlinie  nehmen  und  dann  aus  Eigenem  we-  Xog  dh  o  Kogiv^ios  fj  kgxTfvos).    Die  wenij^en 

sentlicheZüjfe  der  mythologischen  Quelle  durch  Fragmente,  jjesammelt  von  Kinkel,  Kpicorum 

andere  ersetzen  —  nicht  unter  Quellenangabe  Gr.  fragm.  6  tf .  und   ai2   und   neuerdiuga   von 

als  Varianten  einführeo  — ,  das  konnte  nicht  Aly,  liesiods  Thcug.  66  f.,  seien  in  Kürze  hier- 

der  registrierende  Mythograph,  sondern  nur  der  her  gesetzt. 

frei    schatfende    mythologische    Dichter    (oder  1.  Anecd.  Oaron.  l,  76, 12:    Al&igoe  ä'  vibg 

allenfalls  der  noch  in  gleichem  Geiste  schaf-  lo  Oigavog^  wff  6  ri)v  Tit.  ygä^pag. 

fende  frühe  Prosaiker).  Solche  der  Mythograph  ie  1  b.  Philodem.  n.  svaißsiag  ^.61  Gomperz: 

keinesfalls  zuzutrauende  Züge  sind:  die  Krwei-  6  dh   xrjv   T»r.  yQdijjag  ig  Al^igog  <pTia}v   (ta 

teruDg  der  Titanenliste,  die  Änderung  der  Ge-  ndvTu). 

nealogie  Aphrodiles,  die  Umgestaltung  der  Ent-  2.  Schol.  An.  Rh.  1, 1166:  E^^iriXog  dh  iv  xy. 

mannun>j8geschichte  (Holle  des  Okeanosl),  die  Tir.  rov  Alyuioivoc  rfjg  xal  Ilovrov  (prjöi  natda^ 

einschneidende  Umformung  der  Uekatoncheiren-  ytaroLviovvTcc  dh  iv  x^  d-akdaaij  rotg  Tir&ai  av^i- 

und   Kyklopengeschichte,   endlich   die   Umge-  iiaxstv. 

staltung  der  KoUe  der  Metis.    Sollte  trotzdem  3.  Schal.  Ven.  B  ?P"295:   xal  6  xr]v  Tit.   di 

noch  jemand  meinen,  diese  Umformungen  der  ygd^ccg  ovo  &ggeväg  (f>r\aiv  'HXiov  xal  ovo  &ri- 
Th.  Hes.B  seien  nicht  insgesamt  von  einem  äU  20  Xslag  {innovg  sIvul).   Hygin.fah.  183:  Equorum 

teren  Dichter  vorgenommen  worden,  sondern  ent-  Solis  et  Horarum  nomina.   Eous,  per  hunc  cae- 

stammten  verschiedenen  mythologischen  Quel-  liim  verti  solet;  Aethiops  (Aethops  M.  Schmidt), 

len,  aus  denen  sie  der  Mythograph  zusammen-  qiiasi  flammeus  est,  concoquit  fruges.    Ui  funa- 

geholt  und  für  die  entsprechenden  /icstorfischen  les  sunt  mares.    Fi  minae  iuijariae  Bronte,  quae 

Züge  eingesetzt  habe,  und  dann  seien  in  un-  nos  tonitrua  appellamus,  Sterope,  quae  fulgitrua. 

eerm  knappen  Auszug  die  Variantenvermerke  Huic  rei  auctor  est  Eumelus  Corinthius. 

weggefallen,   so  widerlegen   diese   Auffassung  4.  ^^Äe«.  7,  277d:  olöa  Sri  6  xr}v  Tlt.  tcoii]- 

zwei  sicherlich  alte  orphische  Fragmente:  94/95  6ag   . .  iv  xa  ÖBVTBgoi  nvzojg  sigritisv  iv  d'  a-urf/ 

Abel,  wo  die  Titanenliste  durch  Zufügung  des  TtXiaxol  %gvaai7Ti8Bg  IxQ'vsg  iXXol  vqxovxsg  itoci- 

Phorkys   auf   vierzehn   gebracht   ist,    offenbar  so  l^ovai  öl  vdccxog  &nßgoGioLO. 

eine    Fortbildung    der    bei    Apd.    vorliegenden  5.  Athe7i.  1,22c:  Ei'^iLriXos  ..  .xbv  Jia  ögxov- 

Dreizehnerreihe  (in  der  die  sechs  Männer  neben  fisvov  nov  nugäyBi  Xiyoav  niaeoiaiv  d'  digxstxo 

den  sieben  Frauen  ja  zur  Ergänzung  reizten)*)  7tocxr}g  ävdgäiv  xs  dsmv  xs. 

und  lUO,  wo   die  Zurückhaltung  des  Okeanos  6.  Clem.  AI.  Stro7n.  1,15,1^.^1,7  St.:  Xslgoavu 

vom   Angriff  auf  Uranos   in   einer  Reihe   von  x6v  Kivxccvgov  . . . ,  i(p*  ov  xal  6  xrjv  Tix.  ygätpccg 

Versen  berichtet  wird.    Auch  die  Angabe  {frg.  (prialv  mg  ngCbxog  ovtog  sl'g  xs  SLxaioavvriv  otvi]- 

95),  daß   Ge   die  Titanen   Xad'ovoa   xov  Ovga-  x&v  yivog  riyccye  dsi^ag  ogxovg  xal  9'vaiag  isgäg 

vbv  gebäre,   paßt   zu   der   Darstellung  Apd.a.  xal  öxrniax'  'OXvyiitov. 

Daß    der    spekulationsfeindliche    Mythograph  7.  Schol.  Ap.  Bh.  1,  601:   6  Ss  xr]v  Fiyavxo- 

diese  mit  orphischen  Th.n  übereinstimmenden  40  [laxiuv   jtoL^Gag  cpriolv  ort  Kgövog  ^lexaiiogqxa- 

Züge  aus  solchen  übernommen,  die  Titanenreihe  Q^dg  sig  innov  iiilyr]  ^iXvga  xfj 'Slyitavov ,  dto- 

hingegen  wieder  einer  andern,  den  Orphikern  nsg  xai  iTtTco'nivxavgog  iyBvvrid^ri  6  Xttgcav  xov- 

vorhergjlngigen  Quelle  entlehnt   haben  sollte,  xov  äh  yvvrj  XccgiyiXm. 

ist  äußerst  unwahrscheinlich.  So  ergabt  sich  als  8.  Athen.  11,470  b:  ©soXvxog  d'  iv  dsvx^go) 

Quelle  ^jod.s  für  diese  Partie  eine  alte,  wesent-  "Slgcav  inl  X^ßrixog  q/riaiv  avxov  (xbv'^HXiov)  dia- 

lich  auf  Hesiod  aufgebaute,  mehrfach  aber  sehr  nXtvGca,  xovxo  Ttgaxov   slnövxog  xov   xr]v  Tix. 

frei  und  charakteristisch  von  ihm  abweichende,  TtoL-^Gavxog. 

ihrerseits  wieder  orpbischer  Dichtung  als  Vor-  9.  Philodem,  nsgl  s'bGsßslag  y.^3  Gomp.: 

läge  dienende  Th.,   die   uns  nun   nichts   mehr  xäg  'Agnviccg    xu    fi-^Xu    cpvXdxxsLv   knovGiXaog, 

hindert,  mit  dem  von  Proklos  bezeugten  ersten  50  ^Tci^isvidrig  ds  xal  xovto   xal  xag  avxag  slvai 

Epos  des  xvxXog  gleichzusetzen.    Die  'kyliische  xalg  'EGTCsgiGiv    6    di   xr]v  Tix.  xä    ^hv    iii)Xa 

Th.'  als    ein   eigenes  Werk   ist  also  gerettet.  cpvXdxxsi-v  .... 

Sie  liegt  im  wesentlichen  den  Antangskapiteln  Auch    nach    den   wenigen   Fragmenten    ist 

Apd.B  zugrunde,  spätere  mythographische  Re-  klar,    daß   die    Tit.   sich    keineswegs   auf  das 

touchen  darin  natürlich  zugestanden.  Thema  des  Titels  beschränkte,  sondern   eine 

größere,  wenigstens  zwei   Bücher  umfassende 

Die  Titanomachie  und  ihr  Fortleben.  theogonische  Dichtung  war,  die  die  ganze  Göt- 

Das  Altertum  besaß  eine  Th.,  die  gewöhn-  tergeschichte  von  den  Uranfängen   an  durch- 

lich  anonym  als  i]  TLxavofiaxia  zitiert,  von  Schol.  maß,  vgl.  frg.  1.  3.  6.  8.    Ihren  Namen  mag  sie 

Ap.  Bh.  1, 1165  und  Uygin.  fab.  183   Eamelos  60  davon  bekommen  haben,  daß  der  Titanenkampf 

fX)n  Korinih  zugewiesen  wird,  während  Athen.  in   ihr  mit   besonderer  Ausführlichkeit  behan- 
delt war;   frg.  2   und  vielleicht  auch  6  (Zeus' 

*)  Der  EinfaU /.  ßt«/i««  ». ».  o.  533  u.  .^36  f.,  die  13  Ti-  Tanz  beim   Siegesfest)  haben   auf  ihn   Bezug, 

unen  Apd.*  seien  eine  RückMidaug  aus  den  14  orphi-  fyg  g  ^nd  7  betreffen  die  Deszendenz  des  Haupt- 

•chen  in  Anlehnung  an  ^.,. ,  ist  doch  wohl  indiskutahei  titaueu  Kronos.  Daß  die  Tit.  von  der  Th.  Hes.B 

(erst  recht  d.e  wilde    Hypothese,  die    14  orplmcheu  Ti-  ^     j^     .    j^         .        •    ^       einzelne  frg.    Ebenso 
tanen  stammten  aus  der  Titaroiua/ia,  in  der  Aigaion  an  ouain.  «»^»rivu,    ^t^io"  J^.^^°        ,               j    "^    ^     j 
die  Stelle   des  unter  die  Titanen  yersetzten  Phorkys  ge-  energisch   aber   muß   Sie  auch  VOn  der  Apd.  zu- 
schoben worden  «ei),  gründe   liegenden   Th.,   d.h.  von   der    Th.  des 


1525 


Theogonien 


Theogonien 


152(; 


epischen  Kyklos  getrennt  werden,  mit  Her  Aly 
65  tF.  sie  einfach  identiti/iert,  worin  Dietze  a. 
a.  0.  522  und  536  ihm  folgt*),  während  andere 
geneigt  waren  (s.  Kinkel,  Ep.  (ir.  frg(f.  5  und 
die  da  zitierte  Literatur),  die  Tit.  ala  zweites 
Epos  des  Kjklos  nach  der  Th.  anzusetzen. 
Dann  müßte  sie  zu  Apd.  stimmen,  zu  dem  aber 
gerade  die  markantesten  frgg.  1  und  2  in  schrof- 
fem Widerspruch  stehen  —  so  daß  also  gerade 
die  Harstellung  des  Titanenkampfes  im  Kyklos  lo 
von  der  in  unserer  Tit.  entscheidend  abwich  — , 
und  die  frgg.  '6.  4.  5.  8,  auch  6.  7  finden  im 
Apd.,  wie  er  uns  vorliegt,  keine  oder  eine  höchst 
ungenügende  Entsprechung.  Die  kyklische  Th. 
und  die  Tit.  sind  also  scharf  zu  trennen»  Die 
Tu   hat  dem  Kyklos  nicht  angehört. 

Um  so  bemerkenswerter  sind  die  Beziehun- 
gen, die  von  der  Tit.  zu  der  von  Cic.  de  nat. 
deor.  3,  44  angedeuteten  stoischen  Th.  und  der 


a  genealogia  antiquis  sie  nominantur,  Amor, 
Dolus  y  Metus,  Labor,  Jnvidentia,  Fatuni,  Se- 
nectus,  Mors,  Tenebrae,  Miscria,  Qwrella,  Gra- 
tia,  Fraus,  Pertinacin ,  Parcae,  Hesperides,  Som- 
nia,  quoH  omnis  Krebo  et  Nocte  natos  ferunt. 
Das  ergibt  folgenden  Stammbaum: 

Erebus  -^^  Nox 


Aether  ^^  Dies 

Caelus 

Saturnus 


Amor  Dolus  Metus  usw. 


Hier  stimmt  zu  Hesiod  die  Ableitung  des  Paares 
Aether  ^  Dies  von  Erebus  <-^  Nox,  hingegen 
weicht  die  Ableitung  des  Caelus  von  Aether  ^^ 
Dies  und  der  Personifikationen  von  Erebus  ^^ 
Nox  (statt  von  Nox  allein)  von  Hes.  ab.  Beides 
findet  sich  bei  Hygin.  Sein  in  kläglicher  /er- 
mit  dieser  in  wesentlichen  Stücken  überein-  20  rüttung  überliefertes  T/i.-Schema  —  für  das 
stimmenden  Th.  hinüberführen,  die  der  zu  An-       bei  dem  Verlust  der  Freisinger  Hs.  die  auf  sie 


fang  der  Fabulae  des  Hyginus  in  erbärmlichem 
Zustande  überlieferten  genealogischen  Götter- 
liste zugrunde  liegt.  Bei  Cic.  heißt  es:  Haec 
Carneades  aiebat,  non  ut  deos  tollerH .  . .  sed  ut 
Stoicos  nihil  de  dis  explicare  convinceret;  ita- 
que  insequebatur.  Quid  enim,  aiebat,  si  hi  fra- 
tres  sunt  in  numero  deoriim  (seil.  luppiter,  Nep- 
tunus,    Orcus),    num  de   patre  eorum  Sidurno 


gegründete  Ausgabe  des  Jacobus  Micyllus,  Ba- 
sel 1535  (2.  Ausgabe  1549,  wiederholt  1570. 
1578.  1008)  unsere  einzige  Quelle  ist;  die  scharf- 
sinnige, aber  willkürliche  Ausgabe  von  M. 
Schmidt,  Jena  1872,  ist  mit  großer  Vorsicht  zu 
benützen  —  kann  hier  nicht  ausführlich  be- 
handelt werden,  nur  die  mit  hinreichender 
Sicherheit  rekoiistruierbaren  Grandlinien  sind 


negari   potest,   quem   volgo   viaxime   colunt   ad  30  herauszuheben.  Danach  ergibt  sich  neben.-5tehen 

der  Stammbaum 
/r^    1       [Personifikationen 


Caligo  -  Chaos 
(00  Caligo) 


Nox 


Parcae 
Hesperides 


Aether 
f^Dies 


Terra 

(r^  Aether) 


Tartarus 
(~  Terra) 


Pontus 
(~  Terra) 


l(^ 


Gigantes 

Nereus  —  Nereides 
Thaumas 

Ceto         Phorcides,  Gorgones 
rCentimani 
Cylopes 

Tethvs     1  Oceanitides,  flumina 

PhoTbe    }l^a*o^ai  Asteria 
Crius  —  Astraeus,  Pallas,  Perses 
lapetus  —  Atlas,  Epimeth.,  Prometh. 

Thia  (  ^^^'  ^"°*'  Aurora 

Saturnus  1  Vesta,  Ceres,  Inno, 
Ops  I  Pluto,  Neptunus,  luppiter 

Moneta 
Themis 
Dione 
^Furiae 

.  Pontus)  P^'^^^^S^^^^^ 


Caelum 

(~  Terra) 


Die  Abweichun- 
gen von  Hesiod 
springen    in    die 

Augen :  Chaos 
von  Caligo  abge- 
leitet ,  Aether 
und  Dies  nicht 
die  Kinder,  son- 
dern die  Ge- 
schwister vonEre- 
bus  und  Nox  (dies 
auch  in  der  Th. 
des  Tzetzes  113), 
selbst  nicht  de- 
szendenzlos, son- 
dern die  Eltern 
von  Terra,  Cae- 
lum und  Mare ; 
diese  einander 
koordiniert,  nicht 
Himmel  u  I .  d  Meer 
aus  der  Erde  her- 
vorgegangen: das 
Meer  difi'eren- 
ziert  in  Mare  und 
Pontus,  weiblich 


{@dXcc6ßcc)       und 
männlich,    beide 

occidentem?   Qui  si  est  deus,  pntreni  quoque  eins  60  zusammen  die  piscium  genera  hervorbringend; 
Catlum  esse  deum  confitendum  et^t.    (^Juod  si  ita      die  Personifikationen  (mit  ihnen  verbunden  die 
'^    '  -----  Hesperiden  und  die  bei  Hes.  erst  interpolierten 

Moiren)  von  Erebus  und  Nox,  nicht  von  Nox 
allein  abgeleitet,  auch  in  der  Anordnung  gleich 
an  jene  ürmächte  angeschlossen  (dies  auch  bei 
Tzetzes  115);  Tartarus  und  Pontus  von  Terra 
und  Aether  abgeleitet,  die  Giganten  von  Terra 
jnd  Tartarus  (unter  ilinen  Typhon,  der  dann 


est,    Caeli   quoque  parentes   di   habendi   sunt, 
Aether  et  Dies,  eorumque  fratres  et  sorores,  qui 

*)  Er  schreibt  S.  522  :  „  .  .  der  sogenannten  kyklischen 
Th.  oder,  wie  die  Alten  sagen,  der  Titanomachie  des  Eu- 
melos  oder  Arktinos."  Aber  bei  den  Alten  steht  kein 
Wort  von  einer  Identität  der  beiden  Gedichte  oder  von 
der  Zagehörigkeit  der  Tit.  zum  Kyklos. 


1527                    Theogonien  Theogonien                     1528 

auch  bei  Hes.  821  so  genealogisiert  ist:  Inter-  der  Tit.  sei  noch  einmal  erinnert.  Die  Auffaa- 
polatioo!).  Dae  weitere  stimmt  im  ganzen  zu  8ung  des  Meeres  als  fruchtbar  zeugendes,  müt- 
Hes.,  nur  daß  die  Listen  der  Nereiden,  ükea-  terliches  Element,  die  man  sich  wundert,  im 
ninen  und  Flüsae  im  einzelnen  nicht  gleich  Hesiodi%c\\Qn  Mythus  von  der  Aphroditogeburt 
sind,  daß  als  Nachkommen  des  Phorcus  und  nicht  schon  ausdrücklich  ausgesprochen  /u  lin- 
der Ceto  zunächst  nur  Graien  (Phorcides,  aber  den,  muß  sich  notwendig  früh  eingestellt  ha- 
drei!)  und  Gurgones  genannt^  die  weiteren  ün-  ben,  und  die  Sprache  stellte  das  feminine  Wort 
geheuer  erst  anhangsweise  (p.  12, 16  tf.Sfc/iin.)ge-  ^dXuOGa  nicht  umsonst  zur  Verfügung.  Eine 
bracht  sind  (wie  bei  Äpd.i)^  daß  unter  den  Ti-  derartige  yolkstümliche  Auffassung  ist  doch 
ianenkindern  Chiron  und  Dolops  als  Söhne  des  lo  auch  als  Substrat  der  gemeinhin  schon  zur 
Satumus  und  der  Philjra  eingefügt  sind  (11, 17)  Philosophie  gerechneten  Kosmogonien  des  Tha- 
und  zum  Schluß  (12,  12tf.)  das  (ieschlecht  des  les  und  Anaximandros  anzusetzen.  Auch  weiter- 
Sol  ausführlicher  verzeichnet  ist  als  bei  He8.\  hin  erscheint  in  der  Liste  Hijgina  nichts,  was 
über  die  Liste  der  Zeuseben  s.  u.  Von  den  hier  uns  nötigte,  sie  als  Auszug  einer  jüngeren  ge- 
aufgeführten Besonderheiten  der  Th.  Hygins  lehrt-mythographischen  Bearbeitung  des  The- 
finden  einige  ihre  Entsprechungen  in  den  f'rgg.  mas  Th.,  nicht  als  das  in  den  Hauptzügen  un- 
der  Tit.  Uranos  als  Sohn  Aithers  bezeugt  frg.  1.  entstellte  Skelett  einer  bestimmten  alten  Th. 
Mit  der  Genealogie  ex  Ponto  et  Mari  piscium  anzusehen  (wobei  Zusätze  im  einzelnen  auf  den 
genera  möchte  man  frg.  4  verbinden,  wo  die  vielen  Stationen,  die  zwischen  dem  alten  theo- 
gold&ugigen  Flache  iv  aiv^^  doch  wohl  ^aXäoarjy  20  gonischen  Epos  und  unserer  dürftigen  und  ver- 
herumschwimmen ;  zu  der  an  hervorragender  stümmelten  Liste  liegen,  sehr  wohl  anzunehmen 
Stelle  gebrachten  Genealogie  ex  Saturno  et  sind).  Daß  diese  Hijgin  letzten  Endes  zugrunde 
Fhilyra  Chiron  Dolops  stimmen  die  frgg.  6  und  liegende  Th.  die  Tit.  war,  ist  vielleicht  eine 
7,  die  auf  eine  nicht  nur  beiläufige  ßehand-  zu  weit  gehende  Vermutung:  sicherlich  aber 
lung  Chirons  in  der  Tit.  weisen,  und  die  glän-  stimmte  sie  in  einigen  wichtigen  Punkten  mit 
zende  Ausgestaltung  der  Heliosgeschichte  (/r^r.  3  ihr  übereiu,  stellte  vielleicht  eine  Fortbildung 
und  8)  könnte  in  der  vollständigeren  Liste  der  der  Tit.  dar. 

Deszendenz  des  Sol  bei  Hyg.  nachklingen;  dar-  Wie  verhält  sich  die  TTi.  Hygins  zu  Hesiod? 
auf,  daß  desselben  Hygin.  fab.  183  letzten  En-  Es  scheint  sicher,  daß  sie  jünger  ist,  denn  so- 
des  auf  der  Tit.  fußt,  ist  freilich  wohl  kein  so  wohl  in  der  kosmogonischen  Spekulation  wie 
Wert  zu  legen.  —  Für  die  anderen  bei  Hygin  in  der  Systematik  ist  sie  über  ihn  hinausent- 
auftretenden,  den  bisher  betrachteten  Th.n  frem-  wickelt.  Während  bei  Hes.  Tartaros,  Eros  und 
den  Mächte  läßt  sich  natürlich  —  bei  der  so  gar  die  Urea  sowie  Aither  und  Hemere  sozusagen 
spärlichen  Zahl  bezeugter  Fragmente  —  nicht  Nieten  sind,  fehlen  die  ersten  drei  bei  Hyg. 
behaupten  noch  beweisen,  daß  sie  der  Tit.  ent-  unter  den  Urmächten,  und  Aither-Hemere  sind 
stammen,  im  Gegenteil  scheint  frg.  1  b  darauf  sinnvoll  in  die  Ürgenealogie  eingebaut.  Der 
hinzuweisen,  daß  Aither  in  der  Tit.  an  erster  Hesiodische  Gedanke,  daß  das  Licht  (Aither- 
Stelle  stand,  obschon  der  fragmentarische  Zu-  Hemere)  aus  dem  Dunkel  (Erebos-Nyx)  hervor- 
stand der  FhündemstcWc  keine  völlige  Sicher-  gegangen  sei,  ist  natürlich  untadelhaft.  Aber 
heit  gewährleistet  (vgl.  Dietze  a.  a.  0.  532);  40  das  Hyginiache  Schema,  das  die  beiden  Paare 
wohl  aber  läßt  sich  zeigen,  daß  jene  Mächte  als  Kinder  von  Chaos  und  Caligo  verschwistert 
früher  Spekulation  angehören.  C&ligo  =  Zyiorog  und  vom  einen  alle  dunklen  Gewalten,  vom 
begegnet  schon  bei  Soph.  Oed.  Col.  40.  106  als  andern  alle  Wesen  und  Erscheinungen  der  sicht- 
Vater  der  Erinyen  (Mutter  Ge;  106  ap;faiov  baren  Welt  ableitet,  stellt  ohne  Zweifel  einen 
Z%6zov  vielleicht  nicht  nur  'alt',  sondern  Re-  planvollen  und  beabsichtigten  Fortschritt  über 
flex  einer  TA.,  in  der  J^xöros  unter  den  ccqxccI  Hes.  dar.  (Dies  mag  in  dem  von  Tzetz.  be- 
stand; vgl.  noch  Schol.  zu  v.  42  und  Schol.  nützten  Äes.-Kommentar  vennerkt  gewesen  sein 
Aeschin.  1, 1-8;  bei  Cic.  nat.  deor.  3,44  Tene-  und  ihn  veranlaßt  haben,  hier  von  der  Hesiodi- 
brae  unter  den  Kindern  des  Erebus  und  der  sehen  Darstellung  abzugehen,  oben  Sp.  15 1 2). 
Nox).  Ebenso  ist  Mare  =  0äXaTTa  doch  wohl  50  Die  Ableitung  der  Trias  Terra -Caelum-Mare 
als  alt  anzusprechen.  Die  Zeugnisse  Diod.  ö,  von  Aether  (und  Dies)  ist  mythologischer  Aus- 
55,1  (die  Teichinen  nach  rhodischer  Sage  viol  druck  des  Gedankens,  daß  der  Stotf  eher  ist 
OaXartrig)  und  Ion  frg.  11  Bergk  (Aigaion  Ttcclg  als  das  aus  ihm  Geformte.  Die  Anordnung  bei 
SaXäaßrig)  dürfen  nicht  (mit  Kuhnert  o.  Bd.  5,  Hyg.,  wo  nach  der  Nennung  von  Nox  Dies 
Sp.  442)  leichter  Band  beiseite  geschoben  wer-  Erebus  Aether  zunächst  die  gesamte  Deszen- 
den.  Die  Dreiheit  Fula  xal  Ovgavog  rjök  @d-  denz  von  Nox  und  Erebus,  dann  die  von  Dies 
Xaoöa  scheint  auch  altorphisch  {Ap.  Ehod.  Arg.  und  Aether  gebracht  wird,  ist  planmäßiger  als 
1,496=  Orph.  frg.  B6  Abel)*) y   und    an   frg.  4:  die   Zerreißung   des   Stoffes   bei  Hes.;   wo   im 

folgenden  bei  Hygin  sich  Verwirrung  zeigt,  ist 

*)  {X)Q(p(v;)  rjetötp  <r*  tb;  yaia  xai  ovQavi;  i^öh  &ä-  60  offenbar  der  kläglif'he  Erhaltungszustand  schuld 

laaaa,  xu  ngiv  in^  &Ut'jXotat  fitfj  auva^tj^öza  luoQipfi,  vei-  daran.   Nach/iesi'odisch  ist  auch  Hyg.s  Titanen- 

xeog  Ü  oXooio  6iixQi9tv  ic^itpi;  i'xaara-  ijd'  w;  Iftnedov  liste,  die  wie  Apd.  als  dreizehnte  Titanin  Dione 

ativ  iv  ai9fQi  rixuao  ^/ouaty  äntoa  aeltjrairj  te  xai  enthält,  von  welcher  denn  auch,  unter  Verwer- 

t^XioioxiX,u&ou  Die  Subjungiemng  der  Dreiheit  Himmel-  f^^„  ^^^  Meerffeburtsa^e,  Aphrodite  abgeleitet 

Erde-Heer  unter   Aither   erläutert   sehr   schön  frg.  121/2  °                       •=•                  &   »       i                          o 
AM,  wo  Nyx  dem  Zeus  für  die  Weltbeschaffong  folgende         Wenn  hier  die  Sterne  gleich  mit  genannt  werden,  so  zeigt 

Anweisung  gibt:  ai&tQi  närta  neot^  dctputo}  Xa(ii'  rä  rf'  ein  Blick  auf  das  vorige  frg.,  daß  sie  doch  außerhalb  der 
ivi  fieaatp  ougavör-  iv  de  re  yalav  infionov,  iv  di  &äiaa'  Trias  Himmel-Erde-Meer  standen  (wie  übrigens  natürlich, 
aay,  iv  dt  te  reiosa  nävra ,   rä  t'  oü^avo;  iattcpäpwtai.        da  sie  mit  Sonne  und  Mond  zusammengefaßt  sind). 


1529                    Theogonien  Theogonien                    1530 

wird  (p.  12,  2  Schmidt).  Wie  hierin  (mit  Apd.),  <iies  nriiLij^',  so  ist  eine  neue  Be/.ieliung  zwi- 
rto  folgt  Hygin  auch  in  der  Nereideuliste  Ho-  sehen  Tit  ,  Hyg.  und  Tz.  hergestellt.  —  Auf 
mer  gegen  Hesiod  (und  Apd.).,  8.  Weizsäcker  die  Titaiiomachic!  folgt  auch  bei  Hyg.  die  De- 
o.  Bd,  3,  Sp.  2u7;  doch  ist  vielleicht  richtiger  szen«lenz  der  Kroniden,  doch  mit  ar^en,  durch 
zu  sagen,  Rom.  und  Hygin  folgen  hier  der-  die  Überlieferung  oder  unverständige  Cberarbei- 
selben  theogonischen  Quelle.  Ob  in  der  Ityg.  tung  verschuldeten  Störungen.  Zwar  daß  Nep- 
zugrunde  liegenden  Th.  auch  die  Inkonsequenz  tunus  vor  luppiter  steht,  ist  wohl  eyntematihche 
in  der  Reihenfolge  der  Titanen  beseitigt  war,  Absicht,  da  ja  Neptunus  der  ältere  ist.  Aber 
gestattet  uns  die  Ungunst  der  Ül^erlieferung  zumindest  das  sinnlose  Ex  love  et  Clymene 
nicht  zu  erkennen.  Daß  Hekatc  in  der  Liste  lo  Mnemosyne  Cnachdem  Moneta  sowohl  in  der 
der  Titauenkinder  fehlt,  könnte  zufälliger  Ver-  Liste  der  Titaninneij  wie  der  Zeungattinnen  als 
lust  sein,  doch  ist  die  Möglichkeit  nicht  ab-  Mutter  der  Musen  gestanden  hat)  sowie  die 
zuweisen,  daß  hier  Hyg.  den  älteren  Zustand  Verschiebung  Latonas  und  ihrer  Kinder  ans 
seines  IJesiodischen  Vorbildes  widerspiegelt,  da  äußerste  Ende  ist  Störung  und  Verderbnis, 
in  ihm  die  große  Hekateinterpolation  noch  Wichtig  für  unsere  Betrachtung  ist  folgendes 
fehlte.*)  Daß  Vis,  Invidia,  Poteslas,  Victoria  Stück  der  Liste  (p.  12,2  Schm.):  Ex  Diane  et 
(==  Bia,  Zelos,  Kratos,  Nike),  die  Kinder  des  love  Venus.  Ex  love  et  Jvnone  Mars.  Ex  lo- 
Pallas  und  der  Styx,  am  Ende  dieser  Keihe  vis  capife  Minerva.  Ex  Junone  sine  patre  Vul- 
stehen,  hinter  der  Atlasdeszendenz,  obschon  die  canvs.  Ex  luve  et  Eurynome  Gratiae.  Ex  love 
Eltern  vor  den  lapetiden  genannt  waren  (und  20  rursus  et  lunone  Ivventus  Liberias  (irgendwie 
entsprechend  auch  bei  Hes.  vor  diesen  stehen),  verderbt  für  EiXsid'vicc,  nach  M.  Schmidt  'EXtv- 
rührt  zweifellos  daher,  daß  in  Hygins  epischer  d-co  als  'EXevd^SQia  mißverstanden).  Dione  (bei 
Vorlage  jene  Helfer  des  Zeus  im  Titanenkampf  Äpd.  an  dritter  Stelle  nach  Hera  und  Themis) 
nicht  von  der  Schilderung  dieses  Kampfes  ge-  eröffnet  den  Reigen,  um  Aphrodite,  die  der 
trennt  erscheinen  und  die  Titanomachie  nicht  Hesiodischen  älteren  Abstammung  von  Uranos 
wie  bei  Hes.  verzettelt  werden  sollte:  ans  Ende  beraubt  ist,  wenigstens  zum  ältesten  Kinde  des 
der  Titanidenliste  gesetzt,  bildeten  sie  einen  Zeus  zu  machen.  Im  folgenden  befremdet  die 
vortrefflichen  Übergang  zur  Titanomachie  (vgl.  Auseinanderreißung  der  legitimen  Kinder  des 
Tzetz.,  o.  Sp.  1514).  Über  diese  selbst  kann  ich  Zeus  und  der  Hera,  die  sowohl  bei  Hes.  (922) 
die  folgende  Vermutung  nicht  unterdrücken.  30  als  auch  bei  J.^c/.  (1 ,  3 , 1)  beieinanderstehen. 
Schon  o.  Sp.  1516  ist  auf  die  mehrfache  über-  Ist  dies  nur  wieder  eine  der  Verwirrungen  bei 
einstimmung  der  Zusätze  des  Tzetzes  zum  He~  Hyg.  oder  der  Reflex  einer  theogonischen  Dich- 
siodischen  Grundstock  seiner  Th.  mit  Hygin  tung,  in  der  Zeus  und  Hera  sich  zunächst  ver- 
hingewiesen. Eine  dieser  Übereinstimmungen  einigen  und  Ares  erzeugen,  dann  sich  entzweien 
ist  die  Einfügung  einer  Namenliste  der  Gigan-  und  ihre  besonderen  Liebeswege  gehen,  dann 
ten  gleich  bei  ihrer  ersten  Erwähnung  {Tz.  sich  wieder  versöhnen  und  die  beiden  Töchter 
88  ff.  Hyg.y.  10,7;  die  Listen  stimmen  im  übri-  Hebe  und  Eileithyia  bekommen?  Daß  letztere 
gen  nicht  zueinander).  Bei  Tz.  heißt  es  dann  Annahme  die  richtige  ist,  beweist  das  (schon 
in  der  Titanomachie,  v.  270 f.:  {Zsvg)  awaggd-  oben  Sp.  14i)l  angezogene)  theogonische  Frag- 
lag noXs^ov  ^STCi  iisydXov  xpdrov,  XQOTCovroa  40  ment  bei  Chrysipp.  frgm.  ^0^  Arnim,  in  dem  es 
xal  xovg  F iy avt ag .,  tQOTtovtca  rovg  Tixävccg.  heißt:  i%  xavtrig  'igidog  ?)  ^lIv  xB%e  (paiÖLHOv 
Tz.  hat  also  eine  Th.  im  Auge  (oder  findet  vlov  '"'Hcpcciaxov  xbxvtiülv  ccvsv  Jibg  aiyioxoLO  . . . 
einen  Hinweis  auf  sie  in  seinem  Ämorfkommen-  avxccQ  ö  y'  'Sl-nsccvov  %al  Tr\d'vog  tjvkö^olo  liovQrj 
tar),  in  der  Titanen-  und  Gigantenkampf  in  voocp'  '''Hgrig  TcageXi^ccxo  v.aXXi7tccQr'i(p  iEccnacpcov 
eine  Einheit  zusammengefaßt  war.  Nimmt  man  Mfjxiv  ...  (so  Buhnken:  v.ovQriv  .  .  .  nagsde^axo 
hinzu,  daß  das  gewöhnlich  als  Tixavoiioiia  zi-  x-ov),  worauf  die  Geburt  Athenas  aus  Zeus' 
tierte  Epos- einmal  als  riyavxoiLCi%ici  zitiert  ist  Haupte  berichtet  wird.  Hier  ist  also  die  par- 
(Schol.  Ap.  Bhod.  1,  554  6  xr]v  riyavxoacc%iuv  thenogenetische  Geburt  des  Hephaistos  durch 
Tcoiriöag),  so  liegt  die  Annahme  nicht  fern,  daß  Hera  und  Zeus'  Verbindung  mit  Metis  nebst 
das  Epos  Tixavoiictiicc  seinen  Namen  von  einer  50  Verschlingung  derselben  und  Geburt  Athe- 
ausführlichen  Darstellung  der  Titanenschlacht  nas  die  Folge  eines  Zwistes  der  Gatten  Zeus 
hatte,  die  durch  Einführung  der  Giganten  (und  des  und  Hera  (was  bei  Hes.  928,  aus  der  Stelle 
Meerriesen  Aigaion:  frg.  2)  als  Bundesgenossen  selbst  durchaus  nicht  verständlich,  nachklingt): 
der  Titanen  erweitert  war:  eine  Fortdichtung,  wir  haben  hier  ein  Stück  der  Dichtung  vor 
die  durch  die  von  der  älteren  Dichtung  schon  uns,  deren  skeletthafter  Auszug  in  der  Hygini- 
gebrachten  Bundesgenossen  des  Zeus  (Kyklopen  sehen  Liste  vorliegt.  Aus  ihr  werden  wir  das 
und  Hekatoncheiren)  nahegelegt  war.  Wäre  Fragment  am  Anfang  und  Ende  ergänzen  dür- 
^,  ,  ,  _  ,  ,.  TT  ,  •  X  ^  ^  r.,  fen.  Eine  Abweichung  Hygina  von  dem  Frg. 
^.  ^  ^    .    .•     °'-R''"t       S'^l          Z        .  ^  -t  liegt  darin,  daß  letzteres  nach  dem  Streit  zuerst 

haben,  da  dieser  Benutzer  HestodB  ja  nicht  -wie  der  Ver-  ^ygu  v^c*i.ix^,  »^u^       ^v^v^x^.^                                         ry        » 

fasser  der  kykiischen  Th.  das  Kosmogonische  absichtlich  60  die  Geburt  des  Hephaistos  Und  dann  Zeus 
ausschaltete;  doch  könnte  er  natürlich  auch  Gründe  ge-  Metisabenteuer  Und  die  Geburt  der  Athena  be- 
habt haben,  sie  fallen  zu  lassen.  Zu  irgendeiner  Sicher-  richtet,  während  bei  Hyg.  die  beiden  Fakta 
heit,  ja  auch  nur  zu  Wahrscheinlichkeiten  ist  hier  nicht  in  der  umgekehrten  Folge  stehen  (wie  auch 
zu  gelangen.  Die  Typhoeusepisode  und  die  bösen  Winde  \^q{  JJ^g  924  ff.).  Apd.  1,3,  5  f.  hat  dieselbe  Folge 
fand  der  Verfasser  der  ^y^.  zugrunde  liegenden  Th.  jeden-  ^-^  ^^^  ^  ^y^^^  ^^^^^its  VOn  der  in  diesem 
falls  noch  nicht  im  Bes.   Daß  die  Nüimpui  AJeUai  hei  Apd.  ■,               .'^                -rr^  i      m».a,^^  ^«^  To+cn^V.^», 

,  „      - , ,         ■  j       u  1   •    r,  X-  ,1            -u     ui    ■  sreffebenen  inneren  verknupiung  der  latsacnen, 

und  Syg.  fehlen,  -wird  auch  kein  Zufall  sein,  obwohl  sie  o^ö'^".'-    "-"          ,     ."  _           i         i      j  •       *          •          j 
durch  die  Trias,  die  sie  mit  Erinyen  und  Giganten  bilden,  ^16   hingegen   bei  Htjg.  durch   die  Auseinander- 
geschützt werden.  reißung   der   ehelichen  Kinder    des   Kroniden- 


1531                    Theogonien  Theogonien                    1532 

paares  klar  genug  angedeutet  ist.  Ob  auch  alten  Fetisch  dienst  im  Kult  der  Here  von  Argos 
Zeu«'  Verbindung  mit  Eurynome  bei  Hy^.  an  (vgl.  o.  Sp.  1476),  5  die  Geburt  des  Hermes, 
ihrem  richtigen  Platze  steht  (d.  h.  ob  sie  in  Die  Wirkung  dieses  Epos  scheint  nicht  ganz 
der  zugrunde  liegenden  Th.  vor  die  Wieder-  gering  gewesen  zu  sein,  vgl  Frickenhaus,  Ti- 
versöhnung  mit  Hera  verlegt  war),  oder  ob  sie  ryns  1,  19  ff.  Jncohy,  llenn.  57,  366  ff.  —  Von 
durch  Textverderbnis  dahin  geraten  ist  (statt  den  späteren  Epikern  hat  Anti machos,  den 
hinter  Themis,  wie  nach  Hes.  und  Apd.  zu  er-  TzeUes  28  neben  Homer,  Mtisaios,  Orpheus, 
warten),  können  wir  nicht  entscheiden.  Gesteht  Ilesiodos  und  Linos  ausdrücklich  zu  den  9fo- 
man  die  so  gefundene  nähere  Beziehung  zwi-  yovoypaqpot  zählt  (o.  Sp.  1'>11),  unseres  Wissens 
sehen  Hyg.  und  jenem  von  Chrysippos  auf  be-  lo  zwar  keine'  eigene  Th.  geschrieben,  aber  nach 
wahrten  theo^onischen  Fragment  zu,  so  werden  Ausweis  der  Frgg.  {Kinkel  273  ff.)  dem  theo- 
wir  zum  zweitenmal  von  Hyg.  aus  in  stoische  gonischen  Element  in  seiner  Dichtung  einen 
Interessenkreise  geführt  wie  schon  im  Anfang,  breiten  Raum  gewährt,  so  betrifft  frg.  36  die 
wo  die  Genealogie  der  Urgewalten  bei  Hyg.  Entmannung  des  Uranos,  42  die  Titanen,  46 
in  starkem  Maße  mit  der  von  Cicero  berich-  die  Rosse  des  Ares,  83  rairiiöcc  ^oi§r\v.  —  Die 
teten  stoischen  Th.  übereinstimmte.  Nach  allem  kX^yLnovig  ist  wegen  dcü  frQ-  ^^i  Philodem. 
bin  ich  geneij^ii  zu  glauben,  daß  die  stoischen  nsgl  siasß.  p.  61,  8 ff.  {Kinkel,  Ep.  Gr.  frgg. 
Theologen  die  Grundzüge  ihrer  Th.  statt  aus  p.  313)  xai  r^s  inl  Kqovov  ^(oijg  svSaiiioveGtd- 
Hes.  aus  der  Tit.  oder  einer  dieser  nahestehen-  rrjc  o^cr]g,  m  ^yQw^av  'Haioöog  xat  o  rip  kX- 
den  Th.  entnommen  haben,  die  ihnen  wegen  20  xfisoovlda  nor'jaag  xal  2^oqpoxA7}g  xtX.  kaum  her- 
ihres  hervorstechenden  kosmologischcn  Charak-  gehörig  Nur  aus  den  bezüglichen  Artikeln  des 
ters  und  vor  allem  wegen  der  bedeutenderen  Suid  wissen  wir  von  den  Theogonikern  Pa- 
Rolle  des  Aither  (als  Vater  des  Uranos)  mehr  \9,iphatos  [Fl.  kd-7]vri6Lv  iTtoTroiög^  vi6g!dyiTaiov 
zusagte  als  jener;  daß  das  CTirysi/^lpische  Frag-  xal  Boiovg-  ol  öl  'loxXiovg  {Jio-uXtovg  Schoe- 
ment  aus  dieser  selben  Th.  genommen  ist;  daß  mann]  %ai  Mtravtlgag^  ol  ös  ^Eq^ov.  yiyovf 
auf  sie  letzten  Endes  der  (ohne  Zweifel  viel-  8s  xarä  /niv  tivag  \isxu  ^riaovöriv,  xara  8t 
fach  getrübte  und  überarbeitete)  Auszug  Hy-  aXXovg  xal  ngh  avxfig.  'iyQcixps  de  KOG^onoiiav 
ginB  zurückgeht,  und  daß  sie  es  endlich  ist,  slg  %nri  ^s,  'Ajt6XX<ovog  ytal  'Agri^töog  yovds:^  inr) 
aus  der  die  Parallel veroionen  stammen,  die  ^y,  'A(pQo8ixr\g  xal  "Egcotog  cpcoväg  xal  Xoyovg^ 
Tzetzes  in  seinem  //cÄJodkommentar  fand  und  so  ^nri  /,  kd-riv&g  ^qlv  xal  FIoGsiScävog^  ^nr]  a, 
in  seine  Th.  hineinarbeitete.  —  Ich  bemerke  Arixovg  nXöxa^ov,  gewiß  junge  Fälschungen; 
noch,  daß  die  eben  vorgetragene  Hypothese  Eustuth.  und  Schol.  IL  K  i  5  Tzete.  zu  Hes. 
durchaus  nicht  im  Streit  mit  den  Darlegungen  Opp.  p.  25  Gaisf.  Anth.  Pal.  2,  36),  Abaris 
üseners,  Rhein.  Mus.  56.,  17 Aß. ^  ist,  nach  denen  {'A.  Zxv^rig,  Zhv^ov  viög.  cvvsyQaxpuxo  .  .  . 
das  CÄrysipposbruchstück  'ein  Rest  einer  alte-  d'Boyoviav  xara/Loyad/jv,  sicher  pseud.pigraph) 
ren,  beiseite  gelegten  Gestalt  der  Th.  war,  der  und  Aristeas  {'A.  ^Tjaoxdgidog  r)  KavoxQo- 
vermutlich  ...  in  dem  von  Chr.  benutzten  Exem-  ßtov,  IlQOxovv^aLog  inonoiog.  .  .  .  ^ygatps  8f 
plar  unter  den  Anhängen  der  bekannten  jün-  ovxog  xal  xaxaXoyd8riv  ^soyoviavy  slg  ^nr\  cc, 
geren  Gestalt  der  Th.  fortgeführt  worden  war'  auch  wohl  kaum  echt).  Leerer  Schall  ist  uns 
(S.  179).  Nichts  hindert  uns  anzunehmen,  daß  40  auch  Dromokrides  oder-krites  (der  nach st- 
dieses  in  den  Anhang  von  C%r.s  //estWausgabe  liegende  griech.  Name  wäre  Dromokleides),  vgl. 
gelangte  Bruchstück  aus  der  Tit.  stammte,  die  Fulg.  mitol.  2, 14,  p.  56, 13  Helm:  Dromocrides 
ja  anonym  überliefert  war  und  ihrem  Charak-  in  theogonia  scriint  Ixionem  in  Grecia  primum 
ter  nach  jeden  Augenblick  als  ^ürsioofeisch'  regni  gloriam  adfcctasse  usw.;  als  spät  erweist 
bezeichnet  werden  konnte.  Ebensogut  aber  ihn  die  zweite  Erwähnung  bei  Fulg.  3,  7  p.  70, 
konnte  in  Gfir.s  Ausgabe  die  anofehängte  Par-  23ff. :  quod  putarent  pagani  singulas  partes  in 
alleldarstellung  der  Metis  -  Athena -  Geschichte  homine  deos  singulos  obtinere,  ut  lovem  caput . . ., 
mit  Quellenang^abe  versehen  sein,  die  aber  Clir.,  sicut  Dromocrites  in  ß^iologumennn  scripsit. 
als  Leser  gewiß  nicht  weniger  flüchtig  wie  als  Vgl.  noch  Mythogr.  Vat.  2,  107.  Über  Linop 
Autor,  übersah  und  das  Stück  einfach  als  He-  50  und  Thamyris  s.  u.  Sp.  1550. 
modisch  bezeichnete.  Daß  auf  das  von  Usener  Als  letzter  Ausläufer  theogonischer  Schrift- 
rekonstruierte alte  Lied  vom  Zwist  des  Zeus  stellerei  im  Hesiod^til  und  Überleiter  zur  regi- 
und  der  Hera  von  der  (bei  Usener  nicht  be-  strierenden  Mythographie  sei  hier  eingefügt: 
rücksichtigten)  HyninsieWe  aus  noch  ein  neues  . .  .1  . 
Licht  fällt,  sei  nur  kurz  angemerkt.  Aknsilaos  von  ArgOS. 

Akusilaos  von  Argos,   den  Suid.  s.  v.  und 

Reste  verschollener  Theogonien.  cZm.  Alex.  Strom.  6,  26  ^2, 443,  2  St.)  als  älte- 

Ob  die  Vermutung,  daß  hinter  der  verderbten  sten  iGxoQioygdcpog  (neben  Eumelos)  bezeichnen 

rcJ'fjrowta  desKinaithon,  die.£rieron. zu  0/.  4,2  —  auf  die  Notiz  bei  Suid.  s.  v.  ^Exaxaiog:   td 

bezeugt,  eine  Theogonia  stecke,  zutrifft,  ist  ganz  60  ydg  'AxovöiXdov  vod-tvsrai  ist  offenbar  nichts 

unsicher.    In  jedem  Falle  bleibt  sie  für  uns  ein  zu  geben  — ,  hat  in  seinen   drei  Büchern  Fs- 

bloßer  Name.  —  Jedenfalls  hatte  das  anonyme  vsaXoylai  (frgg.  bei  Diels,  Vorsokr.  nr.  73  und 

Epos  ^OQfüvig^  das  den  Menschheitslehrer  und  Kordt,  De  Acusilao,    Basel  1903)   nach   Clem. 

Kultur^ründer  Phoroneus,  den  argeischen  Pro-  AI.  a.  a.  0.  nichts  anderes  g^etan  als  Hesiod  in 

metheus,  feierte  (£|p.  (rr.  jf^rgg.  Kinkel  20^—212),  Prosa  übertragen  und  als  sein  Eigentum  aus- 

zu  einem  Teil  theogonischeu  Charakter;  4  der  gegeben   (ra  8s  'H6i68nv  ^sxi^XXcc^av  slg  tcs^ov 

erhaltenen  Frgg.  behandeln  Göttnrgeschichten:  Xoyov  xal  (ög  fSia  i^i]vsyyiav   E^uriXog  xs   xal 

2  die  ^dxxvXoi  'I8atoi ,   3  die  Kureten,  4  den  k.  ol  laxoQioyQdcpoi).   Die  Frgg.  bestätigen,  daß 


1533  Theogonien  Theogonien  1534 

Äk.  tats'ächlich  die  Th.  und  die  Khoüii  Hefitods  frgg.  39  und  40,  die,  auf  Apollon  und  die  Ka- 
zutn  Grundstock  seines  Werkes  j,'eniacht  hat,  biren  bezü>,'lich,  über  den  //estodischen  Bezirk 
in  dem  er,  vom  Chaos  ausgehend,  die  Genea-  liinausführen. 
loffie  aller  bedeutenden  Staminesheroen  auf-  ^.  i.  .  mi 
wärts  und  abwärts  vortührte.  So  enthielt  also  I>>«  orphischen  Theogonien. 
der  erste  Teil  des  Werkes  eine  eigentliche  Th.  Im  Rahmen  dieses  Artikels  kann  nicht  daran 
Doch  ist  Ak.  keineswegs  Jles.  ausschließlich  gedacht  werden,  das  weitschichtijj^e  und  zum 
gefolgt,  sondern  seine  zur  Zeit  des  ^1/j,  schon —  großen  Teil  höchst  problematirtche,  eindring- 
wie  auch  andere  Zeugnisse  lehren  —  zu  einer  lieber  Eröiterung  bedürftige  Material  zur  Spe- 
nahezu  kanonischen  lJe«leutun<if  gelangte  Th.  lO  zialj^eschichte  der  orphischen  theogonischen 
ist  naturgemäß  die  Hauptquelle  des  Ak.,  von  Literatur  vorzule<;e5i  oder  erneut  den  Versuch 
der  er  aber  doch  öfters  unter  Zurateziebung  zu  machen,  die  Chronologie  der  verschiedenen 
anderer  Quellen  abweicht,  f'rg.  30  Dids  zeigt  orphischen  Th.n  (deren  Sonderung  von  höchster 
ihn  als  kritischen  Erläuterer  Hcsiods,  somit  Schwierigkeit  ist)  aufzuhellen,  nachdem  Gruppe 
als  ersten  Mythograpben:  Schol.  Hes.  Th.  :^79  o.  Bd.  3,  Sp.  1117  ff.  113«)  ff.  die  letzterenannte 
ciQyiörriv  ZsqjvQnv  BoQbr]v  t  cclipriooxfX£v^ov  Frage  einer,  wie  mir  scheint,  sehr  besonnenen 
v.al  Noxov.  'A.  ds  tgslg  avt^iovs  slvai  qpTjöt  xara  und  vorsichtigen  Behandlung  unterzogen  und 
'HgloSov  Boggäv,  Ztcpvgov  yiu\  Noxov  xov  yctg  ebenda  sowie  in  dem  Artikel  P/?a«e.s  (o.  Bd.  3, 
Zscpvgov  i7tLi)-6T07>  xb  ^ccgytGtriv^  cpriaiv.  Die  Sp.  2250  ff.)  wenigstens  das  wichtigste  Material 
Grundzüge  der  Th.  bei  Ak.  sind  folgende.  Seine  20  vorj^relegt  hat.  Auf  diese  sowie  auf  die  Spezial- 
Tigcoxri  ^QXV  ^^^  nach  Damasc.  de  princ.  124  ariikel  über  Gestalten  und  Begriffe  der  orphi- 
{frg.  1)  Chaos,  aus  diesem  gingen  Erebos  und  scheu  Th.,  insbesondere  auch  auf  SeeligerH  Ar- 
Nyx  hervor,  aus  deren  Vereinigung  Aither,  tikel  Weltschöpfung  sei  für  alle  Einzelheiten 
Eros  und  Metis.  Die  Ableitung  des  Eros  von  verwiesen.  In  der  Frage  der  Chronologie  zu 
Nyx  bei  yl^•.  (vj?l.  die  ^iXoTTj?  als  Kind  der  Nyx  ganz  einwandfreien  Resultaten  zu  kommen,' 
bei  Hes.  224)  bestätigt  auch  Schol.  Theoer.  arg.  scheint,  wie  0.  Kern,  Orpheus  (.1920),  41  f.  aus- 
13  {frg.  3),  wo  ihm  aber  Aither  als  Vater  ge-  führt,  nach  dem  Stande  unserer  Überlieferung 
geben  wird,  eine  Angabe,  deren  Zuverlässigkeit  nicht  möglich,  zumal  solange  diese  nicht  in  ex- 
dadurch  ins  rechte  Licht  jrerückt  wird,  daß  akter  wissenschaftlicher  Durcharbeitung  vor- 
dicht davor  steht,  nach  Hesiod  sei  Eros  ein  30  liegt,  da  Loheck?,  grundlegender  Aglaophamus 
Sohn  Xduvg  -aal  rf]g.  Wie  hier  ein  Abstammen  doch  veraltet  und  Abels  Sammlung  der  Orphica 
des  Eros  von  Chaos  und  Ge  behauptet  wird,  (1885)  ganz  unzulänglich  ist.  Doch  ist  dem  Ver- 
nur  weil  er  nach  ihnen  genannt  ist,  so  scheint  nehmen  nach  auf  Kerns  Neubearbeitung  der 
mit  gleicher  Flüchtigkf^it  für  Ak.  die  Ablei-  Orp/zim  ja  nun  in  absehbarer  Zeit  zurechnen.*) 
tung  des  Eros  von  Nyx  und  Aither  einfach  Die  bedeutendsten  und  aufschlußreichsten  ün- 
daher  gefolgert  zu  sein,  daß  diese  beiden  Na-  tersuchun^en  und  Rekonstruktionen  der  neueren 
men  zuletzt  vor  ihm  standen,  wenn  wir  den  Zeit  bietet  das  große  Buch  von  B.  Eider,  Wel- 
Bericht  des  Damasc.  für  genau  in  dieser  Hin-  tenmantel  und  Himmelszelt,  München  1910,  an 
sieht  halten  dürfen.  Noch  verwickelter  wird  die  dern  denn  doch  niemand,  der  sich  mit  der  Or- 
Frage  durch  die  Angabe  Piatons  im  Syinp.  40  phik  beschäftigt,  vorübergehen  darf,  mag  auch 
178  B:  "HaloSos  ng&xov  ^hv  Xdog  cprißl  ysvi-  wegen  seiner- Flüchtigkeit  und  (Jnzuverlässigkeit 
öd-av^  avTccg  ^Ttsira  ^sxd  xb  Xdog  dvo  xovxco  im  einzelnen  und  wegen  der  allzu  großen  Kom- 
ysvdöd-ai,  Ffiv  X8  ytccl  "Egaxcc  ...  ^HcloBg)  8h  binationslust  des  Verfassers  äußerste  Vorsicht 
%ccl  'Ay.ov6iXs(og  ^v^cpr^öiv.  So  ist  der  Anfang  bei  seiner  Benützung  geboten  sein.  Zu  dem 
der  Th.  des  Ak.  nicht  sicher  feststellbar,  ob-  ersten  Werk  ist  nun  Eislers  leider  schwer  er- 
schon die  bestimmten  Angaben  des  Damasc.  hältliches  zweites  Orpheusbuch  Orpheus -the 
das  meiste  Vertrauen  zu  verdienen  scheinen.  fisher,  London  1921,  getreten,  in  dem  viele 
Jedenfalls  bestand  eine  volle  Übereinstimmung  Rätsel  der  Orphik  durch  Vero^leich  mit  früh- 
mit  Hes.  nicht,  doch  waren  weniijstens  keine  christlicher  Mystik  in  ein  überraschendes  Licht 
anderen  agxccl  eingeführt  als  bei  ihm  bis  auf  50  gerückt  werden.**)  Drei  Dinofe  scheinen  mir  von 
Metis  (s.  d.),  den  man  aber  wohl  eher  (nach  or-  Eisler  —  bei  aller  Unsicherheit  in  Einzel- 
phischen  Parallelen)  für  nur  dem  Namen  nach  heiten  —  im  ganzen  doch  wo  nicht  bewie- 
von  Kros  verschieden  anzunehmen  haben  wird  sen,  so  doch  zu  hoher  Wahrscheinlichkeit  ge- 
(vielleicht  bei  Daninsc.  Kai  Mfjxiv  in  7)  M.  zu  bracht:  daß  die  große  Masse  des  als  ''orphisch' 
korrigieren).  Und  auch  darin  dürfte  Ak.  zu  überlieferten  theogonischen  Materials  trotz  der 
Hes.  gestimmt  haben,  daß  dem  Spekulativ-Kos-  z.  T.  sehr  späten  Bezeuorung  der  Frühzeit,  also 
mologischen  kein  breiter  Raum  gewährt  war.  etwa  dem  6.  Jahrh.  angehört;  daß  ein  großer 
Durch  Frgg.  bezeugt  sind  dann  für  Ak.  die  Ti-  Teil  der  orphischen  Vorstellungen  und  Motive 
tauen  {frg.  4),  die  Entmannung  des  Uranos,  aus  orientalischen  Ursprungs  ist;  daß  die  orphische 
dessen  Hodenblut  Ak.  im  3.  Buch  die  Phaiaken  60  Gedankenwelt  in  stärkstem  Maße  auf  die  früh- 
entstehen ließ  ^frg.  28),  Iris  und  die  Harpyien  griechische  Philosophie  befruchtend  eingewirkt, 
in  leichter  Abweichung  von  Hes.  {frg.  5).  ebenso  ja  daß  dieselbe  zum  guten  Teil  aus  jener  her- 
Phorkys  und  sein  Geschlecht  (frg.  8),  Typhon-  vorgegangen  ist.  Hierzu  noch  eine  allgemeine 
Echidna  und  ihre  Kinder  sowie  die  Typhono-  Bemerkung.  Da  unzweifelhaft  dein  begrifflichen 
machie  {frgg.  6.  7.  37).    In   der   Hervorhebung  Denken  das  Denken  und  Reden  in  mythischen 

des   AchelüOS   vor    den    anderen    Okeanossöhnen  *)    Soeben    erschienen    Orphicorum  fragmenta    collegit 

geht   Ak.  mit  Hyg.  (p.  12,  11  Schm.)  zusammen.  0.  Kern,  Berlin  1922.  **)  Vgl.  meine  Besprechung  in 

Theogonisch    sind    dann    vor    allem   noch    die  der  Phu.  Wuch^chr.  1923,  796  ff. 


1535 


Theogonien 


Theogonien 


1536 


Bildern  yoraufgeht,  deren  Herakleitoa  und  Em- 
pedokles  sich  noch  in  nicht  gerin^m  Maße  be- 
dienen, denen  selbst  Parmenides  sich  nicht  ganz 
hat  entziehen  können  noch  wollen,  in  die  Pia- 
ton sich  flüchtet,  wo  die  Sprache  ihm  den  ad- 
äquaten Ausdruck  für  die  begriffliche  Fassung 
seiner  Intuitionen  zu  versagen  scheint:  so  ist 
nicht  einzusehen,  weshalb  man  nicht  grund- 
sätzlich geneigt  sein  soll,  philosophische  Spe- 
kulationen, die  ganz  im  mythischen  Gewände 
auftreten,  für  älter  zu  halten  als  Philosopheme, 
in  denen  dieselben  Grundgedanken  unter  Ver- 
zicht auf  mythische  Einkleidung  in  begriff- 
lichem Ausdruck  dargeboten  werden;  weshalb 
man  glaubt,  eine  nacbträKliche  Einkleidung 
vorher  schon  begrifflich  vorhandener  Gedanken 
in  die  mythische  Form  annehmen  zu  müssen. 
Natürlich  ist  andererseits  mit  der  Wahrschein- 
lichkeit zu  rechnen,  daß  die  sich  über  Jahr- 
hunderte erstreckende  orphische Literatur,  nach- 
dem teils  aus  ihr,  teils  neben  ihr  die  begriff- 
liche Philosophie  entstanden  war,  in  Wechsel- 
wirkung mit  dieser  starke  Anregungen  aus  ihr 
empfanden  und  dem  Empfangenen  die  ihr  ge- 
mäße mythische  Formung  gegeben  hat.  Inwie- 
weit dieses  Moment  den  vorher  ausgesprochenen 
Grundsatz  modifiziert,  kann  nur  durch  genaue 
Prüfung  des  Einzelnen  von  Fall  zu  Fall  zu 
entscheiden  versucht  werden. 

In  diesem  Artikel  soll  im  Kahmen  der  Ge- 
schichte der  theogonischen  Literatur  nur  eine 
Antwort  auf  die  Frage  versucht  werden:  wie 
verhalten  sich  die  sog.  orphischen  Th.n  — 
übrigens  so  erst  bei  den  ^euplatonike^n  be- 
nannt, ältere  Bezeichnung  wohl  UqoX  Xöyoi^  s. 
Kern,  Oipheus  38  —  zu  den  bisher  betrach- 
teten Schöpfungen  dieser  Art?  Wesentliches 
hierüber  ist  von  Kern  a.  a.  0.  gesagt,  manches 
noch  hinzuzufügen. 

Das  in  dieAugen  springende  Hauptunterschei- 
dungsmerkmal ist  das  viel  stärkere  Hervortre- 
ten des  philosophischen  Elements  der  kosmo- 
gonischen  Spekulation,  die  in  den  bisher  be- 
trachteten Th.n  entweder  fehlte  oder  erst  in 
primitiven  Ansätzen  sich  bemerklich  machte. 
Wie  schwach  es  in  dieser  Hinsicht  mit  Hesiod 
steht,  ist  oben  gezeigt.  Stärker  war  das  kosmo- 
gonische  Element  in  der  Titanomachie  und  ihren 
Nachklängen.  In  voller  Entwicklung  ist  es  erst 
bei  den  Orphikern.  Die  uns  schon  von  jenen 
Th.n  her  bekannten  ko8mogoni.«icben  Begriffe 
und  Motive  sind  mit  reicherem  Inhalt  erfüllt 
und  zur  vollen  Entfaltung  gebracht,  neue  und 
fruchtbare  sind  hinzugefügt.  Das  erste  gilt  für 
Chaos,  Aither,  Nyx  und  vor  allem  Eros- 
Metis-Phanes  (s.  die  Einzelartikel).  Dazu 
treten  Chronos  und  das  Weltei.  Über  den 
ersteren  und  seinen  orientalischen  Stammbaum, 
über  das  Weltei,  die  physikalischen  Prozesse 
in  ihm  bis  zu  seinem  Reifwerden  und  Bersten, 
und  seine  Geschichte  in  griechischer  und 
außergriechischer  Spekulation  siehe  besonders 
Eibler  a.  a.  0.  und  The  Quest  1922,  266,  dazu 
Reitzenstein ,  Das  iranische  Erlösungsmyste- 
rtum  (1921),  171  ff.,  auch  J5l.  ZtepZer,  Menschen- 
und  Weltenwerden  1913  (=  N>ue  Jahrb.  1913 
629  ff.).  Eine  von  Eisfer  S.  400  ff.  als  solche  er- 
kannte Darstellung  der  orphischen  Kosmogonie 


in  einem  Relief  des  Kgl.  Museums  zu  Modena 
ist  als  Abb.  beigegeben  (nach  Cumont,  l<e>'ue 
archeologique  1902,  j>l.  I  nr.  LX).  Dargestellt 
sind  zwei  Momente  zugleich:  lUianes  im  wind- 
gepeitschten Weltei  ruhend  und  seine  Geburt 
aus  dem  von  der  inneren  Bruthitze  ^'esprengten 
Weltei.  —  Bei  Hesiod  tritt  die  kosmoo^onische 


10 


20 


80 


Bedeutung  der  Götterabstammungslebre  nur  im 
Anfang  deutlich  und  unverhüllt  hervor.  Im 
folgenden  bleibt  sie  so  sehr  im  Dunkel,  daß 
ihre  klare  begriffliche  Umsthreibung  entweder 
unmöglich  ist  oder  doch  höchst  unsicher  bleibt. 
Daran  ist  die  Mentalität  des  Dichters  schuld, 
hinter  dessen  Bildern  nicht  klare  Erkenntnisse 

40  stehen,  sondern  tastende  Ahnungen,  deren  In- 
halt auch  von  uns  nur  ungefähr  beschrieben, 
nicht  in  klare  Sätze  gebracht  werden  kann, 
wenn  anders  wir  nicht  fälschen  und  unsere 
Meinung,  Anschauung«-  und  Denkweise  an  die 
Stelle  derjenigen  des  philosophisch  und  intel- 
lektuell primitiven  Dichters  setzen  wollen.  Daß 
die  Fesselung  der  Uraniden,  die  Entmannung 
des  Uranos  und  die  Geburt  der  Aphrodite,  der 
Kinderfraß   des  Kronos,  der  Titanensturz  und 

50  der  Typhonkampf,  die  Verschlingung  der  Metis 
kosmische  Symbole  sind,  deren  Sinn  wir  un- 
gefähr erraten  können,  unterliegt  wohl  keinem 
Zweifel;  auch  die  Grundrichtung  der  ganzen 
Dichtung:  vom  Chaos  zum  Kosmos,  vom  anar- 
chischen Sichaustoben  der  Urgewalten  zur 
RechtbOrdnunp-,  liegt  klar  genug  zutage.  Aber 
aus  der  Th.  Hesiod^  eine  durchgeführte,  von 
Stufe  zu  Stufe  fortschreitende  Kosmogonie  her- 
ausholen zu  wollen,  ist  ein  vergebliches  ünter- 

60  fangen.  In  den  orphischen  Th.n  hingegen  sind 
die  bezeichneten,  ausgesprochen  kotmogoni- 
schen  Begriffe  in  den  großen  kosmogonischen 
Plan  der  periodischen  Erneuerung  des  Kosmos 
eingefügt,  dargestellt  im  Bilde  der  Vers«  hlin- 
gung  der  von  Phanes  erschaffenen  Welt  (samt 
ihm  selbst)  durch  Zeus,  der  darauf  die  neue 
Welt  und  die  neuen  Götter  aus  sich  emanieren 
läßt,  die  teils  unter  denselben,  teils  unter  ver- 


1537  Theogonieii  Theogonien  153^ 

änderten  Namen  den  alten  Göttern  entsprechen.  die  Th.  eingebant.  Dieser  Teil  der  oi-phiwchen 
Das  älteste,  bisher,  wie  es  scheint,  nicht  f?e-  Spekulation  hat  Platona  Weltschöpfung  im  Ti- 
nagend  beachtete  Zeugnis  dieser  ei<,'entümlichen  rnmoÄ  entscheidend  beeinflußt.  Sodann  waren 
AutTussun^  ist  Mimnermas  frg.  IH  Bgk.  \)ai  Faun.  —  und  dieses  Hinausf^roifen  über  den  StotF- 
9,29.4:  Ml^iptQ^ios  fVf,  i'Atytta  ig  ttjv  ^dxriv  kreis  der  älteren  Th.n  hängt,  wie  eben  Kern 
7roir,Gas  ti]v  I^^vQvui(ov  ngog  Fvyriv  rt  xal  Av-  a.  a.  0.  vortretFlich  zeigt,  innerlichst  mit  dem 
dovff,  cfri6\v  iv  reo  TtQooifiioj  Q'vYcctBQas  Ovquvov  Wesen  des  Orphizismus  als  mächtiger  religiöser 
tag  (J:p;i;or/oTe'()aff  Movßctg^  tovxoiv  öh  äXXccg  vBca-  Bewegung  zu  »am  men  —  Geburt  und  Funktionen 
tiQccg  eIvul  Jihg  natriag.  Die  natürlichste  Er-  der  jüngeren  Götterf^eneration  viel  eingehen- 
klärung  dieser  höchst  auffällio-en  Anset/ung  lo  der  behandelt  als  in 'den  kurzen  Deszendenz- 
älterer und  jünjjerer  Musen  ist  die  im  Sinne  listen  der  bisher  betrachteten  Th.n.  Vor  allem 
der  orphischen  Welterneuerung  unter  Zeiis,  aus  gilt  dies  für  Diony  sos-Zagreua,  dessen 
dem  dieselben  Musen  neu  und  verjüngt  hervor-  Keligion  ja  ein  Kernstück  der  ürphik  bildete, 
gehen,  die  in  der  Vorwelt  als  Kinder  des  Ura-  dessen  Schicksale  daher  auch  in  den  theogo- 
nos,  des  älteren  Korrelats  des  Zeus,  gewirkt  nischen  tf  pol  >L6yoe  ausführlich  dargestellt  waren, 
hatten.  Bestätigt  wird  diese  Auffassung  dadurch,  In  diesem  Zusammenhang^  kam  auch  die  Lehre 
daß  diese  zweierlei  Musen  auch  für  den  Or-  von  der  Menschenschöpfung  (oder  den  periodi- 
phiker  Musaios  bezeugt  sind  (s.  u.  Sp.  1641):  sehen  Menschenschöpfungen,  wie  Kern  4H  f.  in 
er  hat  sie  natürlich  nicht  aus  Mimnermos^  Fortbildung  meiner  Darlegungen  Neue  Jahrb. 
sondern  beide  schöpfen  aus  orphischer  Theo-  20  1913,  529  tf.  sehr  einleuchtend  zeigt),  die  See- 
loj?ie  So  konnte  diese  zugleich  vorhandene  len-,  Erlösungs-  und  Jenseitslehre.  diese  hoch- 
genealoi^ische  Varianten  ausgleichen,  die  man  bedeutsame  und  verhängnisvolle  Gabe  des  ira- 
wöhl  als  stückwerkhafte  Erkenntnisse  der  Wahr-  nischen  Orients,  in  die  orphische  Th.  hinein, 
heit  durch  die  Älteren  beo^riff;  so  konnte  in  Ihre  Behandlung  gehört  natürlich  nicht  in  die- 
der  orphischen  Th.  Aphrodite  als  die  Hesiodi-  sen  Artikel. 

sehe  üranostochter  und  zugleich  als  die  Ho-  Aus  dem  Gesagten  ergibt  sich  auch  ein  be- 
werische  Zeustochter  erscheinen.  Dieses  Diffe-  deutender  Unterschied  der  orphischen  Th.n  von 
renzierungsprinzip  ist  ja  dann  in  der  helleni-  den  früher  betrachteten  im  äußern.  Diese  hatten 
stischen  Theologie  nocli  mehr  ausgeschlachtet  nur  ein  Buch  {Hes.)  oder  allenfalls  wenige  Bü- 
worden.  Weiter  äußerte  sich  der  kosmogonisch- 30  eher  umfaßt.  Das  war  dadurch  möglich,  daß 
physikalische  Charakter  der  orphischen  Th.n  als  Hauptsache  das  genealogische  Gerüst  ge- 
in  der  Einführung  der  Elemente  in  enger  Ver-  geben,  von  den  Göttergeschichten  aber  nur  we- 
bindung  mit  den  Göttern  {frg.  48.  123  Abel\  nige,  nach  Wahl  und  besonderem  Anlaß,  zur 
die  dann  auch  in  dem  philosophischen  Lehr-  Belebung  der  sonst  allzu  nüchternen  Systema- 
gedicht  des  Empedohles  erscheint.  Über  ihren  tik  erzählt,  die  übrigen  nur  ganz  kurz  skiz- 
iranischen  Ursprung  ist  ein  Zweifel  wohl  nicht  ziert  oder  angedeutet  und  die  Hörer  auf  die 
m*^hr  möglich  {Eider  passim,  Heitzenstein,  Hi-  ihnen  bekannten  Darstellungen  dieser  Geschich- 
stor.  Ztschr.  126,  11  ff.).  V^l.  auch  die  cpvescog  ten  verwiesen  wurden,  die  der  Theogoniker  so 
xXvTcc  ^Qycc  frg.  83  Abel.  In  den  mehr  mytho-  in  den  Rahmen  seines  Systems  hineinstellte, 
logischen  Teilen  ist  vielfältige  Berührunor  mit  40  Die  theogonische  Epik  war  in  der  Hauptsache 
älteren  Th.n  zu  spüren,  doch  so,  daß  die  or-  Katalogpoesie,  hier  und  da  durch  ausgeführte 
phi sehen  Frgg.  in  der  Regel  eine  Fortbildung  Episoden  belebt.  Wenn  die  orphische  Dichtung 
und  Ausgestaltung  der  älteren  Mythologeme  er-  das  offenbar  keineswegs  war,  wenn  die  bedeu- 
kennen  lassen.  Die  Kyklopen  sind  nicht  nur  tendste  und  verbreitetste  Th.,  der  allem  An- 
die  Schmiede  von  Zeus'  Watfen,  sondern  auch  schein  nach  die  meisten  der  erhaltenen  Frag- 
die  Lehrer  des  Zeus  und  der  Athena  {frg.  92).  mente  angehören,  nicht  weniger  als  24  Rhapso- 
Die  Zahl  der  Titanen  ist  durch  Einfügung  des  dien  umfaßte  —  eine  Einteilung,  die  natürlich 
Pliorkys  auf  vierzehn  gebracht,  ohne  Zweifel  erst  später  geschaffen  ist,  wenn,  wie  ich  auch 
auf  den  dreizehn  Titanen  der  Zyklischen  Th.  glaube,  das  Gedicht  in  seinem  Kern  dem  7/6. 
aufbauend  {frg.  94.  95;  0.  Sp.  1523).  Die  Einzel-  50  Jahrh.  angehört  — ,  so  war  diese  Ausführlich- 
heiten des  Aufruhrs  der  Titauen  gegen  üranos  keit,  zu  der  der  Stil  zahlreicher  Frgg.  vorzng- 
(Zuiückhaltung  des  Okeanos)  stimmen  auch  lieh  paßt,  durch  mehrere  Gründe  veranlaßt, 
wieder  zur  kyklischen  Th.  {frg.  100).  Wenn  Erstens  mußte  das  Spekulativ-Kosmogonische, 
Aphrodite  bei  ihrer  Geburt  von  Zelos  und  Apate  das  bei  Hes.  wenig  über  ein  Dutzend  Verse 
empfangen  wird  {frg.  101),  so  ist  das  ein  freies  braucht,  einen  ungleich  breiteren  Raum  ein- 
Fortdichten  und  Schaltnn  mit  Hesiodhchen  nehmen.  Sodann  waren  die  Orphiker,  wie  schon 
Elementen.  Der  Kinderfraß  des  Kronos  und  gesayt,  bestiebt,  das  gesamte  Welt- und  Götter- 
seine Überlistung  durch  Zeus  war  ausführ-  geschehen  von  Urbeginn  bis  zum  Anbruch  des 
lieh  geschildert,  ebenso  Zeus'  Jugendg^eschichte  gegenwärtigen  Zeitalters  gleichsam  enzyklopä- 
{frgg.  112 — 115),  doch  in  den  Einzelheiten  mit  60  disch  in  diesen  Gedichten  zusammenzufassen, 
starken  Abweichungen  von  der  üblichen  Tra-  Dabei  war  das  andeutende  Verfahren  Hesioda, 
dition.  Weiterhin  war  Zeus'  Weltschöpfung  ge-  der  Katalogstil,  deshalb  nicht  für  sie  vei-wend- 
nauer  geschildert,  also  ein  Motiv,  das  bei  Hes.  bar,  weil  keine  der  älteren  Behandlungen  ir- 
nur  angedeutet  und  nicht  in  Einklang  mit  der  gendeines  mythischen  Stoffes  ihren  Anforde- 
persönlich-theogonischen  Hauptdarstellung  ge-  rungen  so  weit  genügte,  daß  sie  sich  mit  einer 
bracht  ist  (falls  die  bezüglichen  Verse  nicht  einfachen  Bezugnahme  auf  ihn  begnüoren  und 
überhaupt  als  spätere  Einlagen  zu  betrachten  ihn  so  gleichsam  für  den  Kreis  ihrer  Gesinnungs- 
sind:   V,  108 — 110.  964"),   ausgestaltet  und   in  genossen  kanonisieren  konnten.  Gewiß  blickten 


1539                    Theogonien  Theogonien                    1540 

sie  mit  (sit  venia  verbo)   pietistißcher  Gering-  langem  uneins,  und  Here  gibt  vor,  sie  besuchen 

Schätzung  auf  die  unzulUnglichen  Machwerke  und  versöhnen  zu  woll.  n.    Neben  Okeauos  und 

der  Unerweckten.   Es  mußte  also  alles  uus  dem  Tethys   steht  als   uraltheilige   Macht  —  doch 

neuen   üei^te    und    in    dem    neuen    Stile    um-  ohne  Angabe  eines  genealo«iischeu  Verl. ältnissos 

erzählt  werden.    Zu  diesem  neuen  Stile  jiehörte  —  ^yx,  *26U:  dpi^ttiga  &t(bv  . . .  xat  avögibv  jje- 

einerseits  die  viel  stärkere  Durchdringung  des  nannt.   Zu  ihr  hat  sich  einst  Hjpnos  vor  dem 

ganzen  Stotfea  mit  Symbolik,  die  otfenbar  über-  Zorne  des  Zeus  gefiiichtet,  und  er  hat  seinen 

all  dicht  unter  der  Oberfläche  des  mythologi-  Groll  fahren  lassen,  aj^tro  yccg,  firj  JVvxtI  d'o^ 

sehen  Bildes  liegt,   auch  wo  wir  sie  bei  der  ^nodr^ta  iydoL.    Noch  höien   wir  296 f.,   daß 

Bruchstückhafti^keit  der   Überlieferung   nicht  lo  Zeus   und  Hera  sich  zuerst  heimlich  vor  den 

mit  Sicherheit  erkennen  können  —  öfters  Irei-  Eltern  miteinander  verbunden  haben,  was  aber 

lieh  wird   doch  amh  dus  Neue  nichts  anderes  möglicherweise  eine  böswillijj;e  Erfindung  des 

enthalten  haben  als  das  Alte  und  nur  umfor-  frivolen  Dichters  dieser  Partie  ist,  bestimmt, 

muliert  worden  sein,  weil  man  eben  grundsi«tz-  die  strenge  Khegöttin  zu  kompromittieren.   Mit 

lieh  nichts  Altes  übernehmen  wollte  — ,  ande-  Orpheus  {^egen  Jlesiodj  verbindet  diese  Erzäh- 

rerseits  eine  sorglUltige  Hervorhebung  des  sy-  lung  die  Kinführung  des  Paares  Okeanos  '^^  Te- 

stematinchen    Autbaus    dieser   Wellerzählung,  thys  als  Urelternpaar,  die  Kolle  der  (bei  He- 

wie  denn  mehrere  Frgg  auf  die  gere>ielte  Folge  siad  ganz  passiven)  Nyx  und  die  klar  zutage 

der  Weltperioden  und  Göttergenerationen,  der  liegende  Symbolik:   der  Schlaf  vor  dem  Zorn 

äaciXfiai  und  yevfat,  hinweisen.   Noch  ist  der  20  des  HimmeL>gottes  von  der  Nacht,  der  Bezwin- 

Ver&tJlrkung  des  monotheistisch-zentialisieren-  gerin  von   Göttern   und  Menschen,  beschützt; 

den  Zuges   zu   gedenken,   der   auch   bei  Bes.  die   Feuchtigkeit   als   ür.-prung   alles   Lelens, 

schon   bedeutsam   hervortrat.    Auch  wenn   der  daher  diese  Theologen  schon  von  Arisiot   Me- 

Text  der  frgg.  A6.  123.  i64  jünger  ist,   rückt  taph.  1,3  p.  983b  27   (oder  vielmehr   von    den 

doch  durch  das  zweifellos  alte  Motiv,  daß  Zeus  v-  n    ihm    zitierten    rivfg)    als    Vorgänger    des 

Phanes  und  die  Welt  in  sich  schlingt  und  in  Thalecs  bezeichnet  werden.   Auch  daß  Here  zur 

sich  und  aus  sich  alles  neu  gestaltet  und  her  Zeit  der  Titanomaehie  ein  kleines  Mädchen  ist, 

vorbringt,  Zeus  ins  Mittel  der  ganzen  Kosmo-  das  bei  den  Großeltern  in  Sicherheit  gebracht 

logie;  und  zwar  mit  fortj^eschrittener  Ethisie-  wird,  stimmt  gar  nicht  zu  Hesiod\  ob  zu  einer 

rungf  als  Verkörperung  der  Idee  des  Guten,  so  orphischen   Th.,   wibscn    wir   nicht.    Wer   den 

wenn  vorgreifend  der  platonische  Ausdruck  zu-  von   Gruppe   aufgenommenen   antiken   Schluß, 

lässig  ist:  Dike  wird  seine  ständige  Begleiterin  daß    Orpheus  hier  Vorlage  Homers   ist,   nicht 

(Ktm  40,2).    Auch  in  der  Vermehrung  der  äl-  mitmachen  will,  muß  mindestens  zugeben,  daß 

teren    Personifikationenreihen    di.rch    ethische  in  llias  S  wesentliche  Elemente  vorliegen,  die 

BegritTe  kommt  die  verstärkte  moralische  Ten-  dann  in  orphischen  Th.n  auftreten;  oder:   daß 

denz  dieser  itgol  Xoyoi  (die  natürlich   in  der  wesentliche  Elemente  der  späteren  orphi*<chen 

Erlösungslehre  gipfelt)  zum  Ausdruck.  Th.n  älter  sind  als  das  14.  Buch  der  Utas. 

Die  Theugonie  in  der  llias  S.  Die  Theogonie  des  Masaios. 

Neben  denjenigen  orphischen  Th  n,  die  (ab-  40  Nach  der  engen  Verknüpfung  des  Mus.  mit 
gesehen  von  den  kosmogonischen  Urgewalten)  Orph.  in  der  Legende  ist  zu  erwarten,  daß  auch 
die  Göttergenealogie  bis  auf  Zeus  in  Cberein-  die  unter  seinem  Namen  im  Altertum  vorhan- 
stimmung  mit  den  Th.n  //estoc/ischen  Typs  dene  unjf  angliche  Literatur  (P/a^  J^e/>.  2,  364 e: 
vortrugen,  standen  andere  orphische  Th.n,  in  pißkcav  dh  o^iadov  nocgiiottcci  Movaaiov  xal 
denen  Okeanos  und  Tethys  eine  noch  sehr  viel  Ogg^tcog  ZfXi]vr}g  ts  xal  Movc&v  iyyövav  mg 
hervorragendere  Rolle  spielten  als  in  jenen  q)aai)  orphischen  Charakter  zeigte,  ja  daß  es 
Th.n,  wo  er  vor  den  anderen  Titanen  durch  nichts  anderes  als  Zufall  und  Willkür  war, 
seine  besonders  große  Deszendenz  (als  Vater  wenn  gewisse  Schritten,  die  ebent-ogut  or- 
aller  Feuchtigkeit,  soweit  sie  nicht  dem  Meer  phisch  hätten  heißen  können,  unter  dem  Namen 
entstammt)  und  durch  seine  Nichtbeteiligung  50  Mus.  liefen.  Diese  Erwartung  bestätigen  die 
am  Aufruhr  gegen  üranos  hervorsticht.  Diese  Fragmente,  die  man  nach  den  Ausgaben  bei 
Th.n,  die  das  Paar  Okeanos  r>o  Tethys  entweder  Kinkel  {Ep.  Gr.  fr.  218  If)  und  Kern  {De  Mu- 
zwischen  üranos  o^  Ge  und  die  Titanengenera-  saei  Ätheniensis  fragmentis,  Progr.  Rostock  Som- 
tion  einschoben  oder  es  ganz  an  den  Anfang  mer  1898)  am  bequemsten  bei  Di  eis,  Fragm. 
setzten,  waren  schon  Piaton  und  Aristoteles  d.  Vorsokr.  nr.  67  findet.  Diog.  Laert.  prooem. 
bekannt,  s.  die  Zeugnisse  bei  Jfiels,  Fragmente  1,3  bezeugt  eine  Otoyovicc  -/.cci  Ztpalgcc  des  Mus., 
der  Vorsokr.  nr.  66  B.  Im  Ans(  hluß  an  mehr-  und  die  Mehrzahl  der  Frgg.  fügt  sich  in  einen 
fache  diesbezügliche  Hinweise  bei  alten  Schrift-  solchen  Rahmen,  wobei  freilich  die  Möglich- 
steilem  hat  neuerlich  Gruppe,  Griech.  Kulte  keit  nicht  außer  acht  zu  lassen  ist,  daß  das 
tt.  Myihen  1,627  f.  besonders  nachdrücklich  be-  60  eine  oder  andere  Frgm.  auch  aus  der  von  Paus. 
tont,  daß  diese  Th.  schon  in  der  llias  tS  vor-  10,5,6  (=  B  11  Diels)  bezeugten  E'b^oXnia  des 
ausgesetzt  wird.  Dort  steht  201  und  3U2;  'iixea-  Mus.  stammen  könnte,  falls  diese  nicht  mit 
vov  TB  &tä)v  yivsöiv  xai  ^iriTtQa  Trjttvv,  246:  Diels  als  letzter  Teil  der  Th.  anzusehen  ist. 
'ßxfavov,  oaniQ  yevsßig  navTSGGL  xirv-axcci.  Sie  Bestimmte  Zuweisungen,  wie  sie  Kern  S.  6 f. 
haben  aus  Rheies  Händen  die  Enkelin  Here  versucht,  sind  wohl  nicht  möglich,  für  unsern 
zum  Aufziehen  empfangen,  als  Zeus  den  Kro-  Zweek  auch  nicht  erforderlich,  da  es  uns  nicht 
nos  unter  die  Erde  tmd  das  Meer  stürzte.  Nun  auf  die  Sonderbehandlung  einzelner  Frgg.  oder 
(zur  Zeit  der  Handlung  der  llias)  sind  sie  seit  Gedichte,  sondern  auf  die  allgemeine  Charakte- 


1541  Theogonien  Theogonien  1542 

risierung  der  Poesie  des  Mus.  ankommen  muß,  qovvtccl  ysvtasts  Movacov,  TtgeößvrtQav  ^hv  nsrcc 

die  jedenfalls   theogonisch   im  weiteren  Sinne  Kqovov,  vtartQcov  Öh  ziav  iv.  Jibg  xal  MvTifio- 

ist,  auch  wo  sie  sicli  nicht  (wie  auch  die  frühen  avvrig)  ist  sicherlich  im  Sinne  des  o.  Sp.  15.S7 

Orphiker,  s.  o.  S.  1085)  des  Titels  dsoyovicc  be-  besprochenen  orphischen  Prinzips  zu  verstehen, 
dient.    An  eine  Rekonstruktion  der  Th.  ist  bei  tx-     m  •     j       t?  •        -j 

der  Spärlichkeit  der  Frgg.  nicht  zu   denken,  ^^^  Theogonic  des  E|nmenide8. 

doch   ist  zu   erkennen,   daß   das  Gedicht,   das  Die  Fragmente  des  Ephn.  sind  nach  Kinkel 

wenigstens  drei  Bücher  umfaßte,  vom  Urbeginn  (Ep.  Gr.  f'rg.  230  tF.)  und  Kern  {IJe  Orphet  Kpi- 

bis  in  die  Anfänge  der  Menschheitsgeschichte  menidis  Phtrecydis  theogüniis,  Berlin  l>^8ö,  62  ff.) 

reichte.    Manche    Einzelheit    weicht    von    dem  lo  von  Diels,  Vorsohr.  i\u  68  herausgegeben.    Vgl. 

sonst  als  orphisch  Bezeugten  ab,  ist  aber  aus  auch  Kerna  Artikel  in  Paulys  liealencydop.  6, 

demselben  Ueiste.  ilfws.  lehrte :  <^^  Ivog  ra  «ai/ra  173  ff.  und    Kisler  713  ff.    Auf  die    Frage   der 

yivio^iai  v.cc\  tig  zocvxov  ccvaXvtöii^aL  (A  4  Diels)^  Persönlichkeit  und   ihrer  Ciironologie  ist  hier 

also   einen  Kreislauf  wie  Orpheus.   Zellers  An-  nicht  einzugehen.    Die  Th   steht  deutlich  unter 

zweiflung  dieses  Frg.s  ist  von  Kern  S.  4  mit  dem  Einfluß   Hesiods  und  in  noch   stärkerem 

Recht  zurückgewiesen,  sein  Inhalt  stimmt  tretf-  Maße  der  Th.n  des  Orpheus  und  Musaios.    Die 

lieh  zu  dem  Titel  Zcpuliia^  den  Eisler  713  mit  Angabe  bei  Diog.  Laert.  1,  111,   daß   sie  öOOO 

Recht  hervorhebt  (zu  emendieren  ?)  Zcpatga?).  Verse  umfaßte,  klingt  durchaus  glaublich.    Daa 

Ausgangspunkt  des  Weltenwerdens  waren  Tar-  ergäbe  einen  Umfang  von  6 — 8  Büchern,  was 

taros  und   Nyx,    deren  Verhältnis    zueinander  20  zu  der  bei  einer  Th.  orphischen   Stils   zu  er- 

aber  nicht   klar  ist,  weil   die  PhilodemsteWe,  wartenden  Ausführlichkeit  gut  paßt.    In  einem 

die   das   Frg.  überliefert,   ver^tümmelt  ist  {n.  persönlichen  Proömium  nach //e.v/odischem  Mu- 

svasß.  p.  61  Gomp.  =  B  14:  Diels).   Allzu  zuver-  ster  —  deren  gleichen  die  anderen  orphischen 

sichtlich   macht  Kern   (mit  Gomperz)  Nyx  zu  Th.n  zweifellos  auch  gehabt  haben,   nur  daß- 

Tartaros'  Tochter,  und  sicher  ist  sein  Versuch,  uns  leider  nichts  aus  ihnen  erhalten  ist  —  be- 

auf  Grund  von  Bacchyl.  7, 1  Chronos  als  Sohn  zeichnete  der  Dichter  das  Folgende  als  ihm  im 

des  Tartaros  und  Bruder  der  Nyx  in  die  Th.  des  Schlaf  in  der  Höhle  des  Diktaiischen  Zeus  zu- 

Miis.  einzuführen,   abzulehnen   als  unverträg-  teil   gewordene    göttliche    Offenbarung    {Max. 

lieh   mit  dem  Wesen  des  urewigen  Zeitgottes,  Tyr.  c.  28  p.  286  Dav.  ovccq  hi.r\  ivxvxtlv  avtbs 
zudem    auf   einer   falschen    Interpretation    dei  zo  ^tolg  aal  d-t&v  Xoyoig  nal  klriQ^tlcc  Ttal  dUrj: 

BacchylidessteWe  Tuhend.  Andere  Frgg  betreffen  vgl.  dasProöm.  des  Farm enidtslj.  Der  dahinein 

die  Jugendgeschichte  des  Zeus  und  den  Titanen-  gehörige  Vers  KQi)T£g  asl  ^Bvatai,  yiccy.ci  O^rjpto:, 

kämpf  (B  1.  8;    die   Übergabe    des    Zeuskindes  yaarfQig  ccgyal  (JJitls  B  1)   ist  an  Bes.  26  an- 

an  Themis    eine    ethisierende    Allegorie ;    die  gelehnt.    Epim.  setzte  zwei  TtgcbtaL  ccQ%aL  an, 

Hereinziehung  des  Zagreus  durch  Gruppe,  Die  'Atiq  und  iVv|,  aus  ihnen  entsproß  Tartaros,  aus 

griech.  Kulte  u.  Myth.  629   ist  mit  Recht  von  der  Vereinigung  aller  drei  das  Weltei  {frg.  1 

Kern  S.  5  f.  abgelehnt),  Zeus' Liebe  zu  Asteria.  Kern,  5  Diels).    Letzteres  und  Nyx   in    dieser 

die  er  nach  der  ^ti^ig  Perseus  gibt  (B  16),  die  Rolle  sind  offenbar  orphisch,   Aer  Ersatz  für 

Geburt  Athenas  (B  12),   Pleiadeu  und  Hyaden  den   orphischen  Aither,  wahrscheinlich   unter 

(B  13.  17.  18).    Triptolemos  als  Sohn  des  Okea-  40  Anaximenischem  Einfluß  (so   Kern  69.    Eisler 

nos  und  der  Ge  (Blü),   übrigens  eine  in  den  714).    Tartaros  mit  seiner  engen  Beziehung  zu 

bisher  betrachteten  Th.n  noch  nicht  bezeugte  Nyx  hat  seinen  Ursprung  viel  eher  aus  Mu- 

Paarung  (doch  s.  u   Sp.  1543),  weist  einerseits  saios,  bei  dem  die  beiden  auch  eng  verbunden 

auf  Attika  (wo  ^a  Mus  als  Ahnherr  der  Eumol-  sind  (s.  0.  Sp.  1541),   als   aus  Hesiod  119  (wie 

piden  sowieso  zu  Hause  ist),  andererseits   auf  Kern  meint,  der  Mus.  nur  zweifelnd  anzieht), 

die  Anfänge  der  Menschheitskultur.    Wenn  der  bei  dem  die   Tägrccga  jjhQosvTcc  iiv^w   x^ovbg 

Dichter  dem  Triptolemos  an  Stelle  'eines  mehr  svQvodsirig  gar  keine  ccqxt^^  sondern  die  grob- 

oder  minder  unbekannten  und  nur  den  eleusi-  mythologische    Lokalität,    zudem    eine    späte^ 

nischen  Sippen  ans  Herz  gewachsenen  Acker-  täppisch  eingeschobene,  gar  niclit  in  den  Or- 

bürgers    namens    Keleos    oder    Dysaules    oder  50  ganismus  eingebaute  Interpolation  sind  is.  o. 

Eleusin  .  . .  die  kosmischen   Gewalten  Okeanos  Sp.  1476),  genommen  aus  einer  Mus.  und  Epim. 

und  Gaia  als  Eltern  aufzudrängen  versuchte'  nahestehenden    Quelle,    d.  h.    aus    orphischer 

{Eisler  713),  so  tat  er  es,  um  den  obskuren  Sphäre.   Zu  Mus.  führt  außerdem  das  frg.  6  K. 

attischen  Lokalheros  wirkungsvoller  in  die  Rolle  2D.),  in   dem  3Ius.  redet,   am   ehesten   wohl 

eines    Prometheus    oder  Ciuron    anderer  Th.n  auch  aus  dem  Proömium,  in  dem  der  Sohn  der 

einschielen   zu  können.    Die  von  Plat.  Rep.  2,  Selene  sehr  wohl  unter  den  Epim.  im  Traum 

363  c  bespöttelte  Eschatologie  des  Mus.  (M.  dh  erscheinenden   Göttern    gewesen    sein    könnte, 

xovxbiv  \ Hesiod  und  Homer]  vtavi-x.oixsQa  xccycc^ä  wie  im  Proömium  des  Ennius,  das  über  Kalli- 

-Kal  6  vibg  avtov  nccga  aiscbv   di6ö(x6i  xoig  di-  machos  \oxi  Epim.  ahh'^ngi,  Homer  dem  Dichiei 

xccioig'   aig  "Aidov   yccQ   ayccyovxBg  xa  Xöycp  v,cu  60  erscheint  und  ihm  die  rerum  natura   enthüllt; 

■KuxccxXLvccvxfg  xal   öv^jioatov  xüv  oglcov  xara-  was  doch  auch  der  Inhalt  der  Th.n  ist,  deren 

6%svcc6avxsg  iGtsq^avco^evovg  noLovoi  xov  aTtavxa  unmittelbare  Fortsetzung  die  Bücher  tii-qI  cpv- 

XQOVov  rjöri  SiccyeLv  fisi^vovxac,  iiyricä^Bvoi  y.äX-  öiog  der  (pvCLoXoyoi  sind.    Ist  dies  richtig,  dann 

iiaxov  aQ£xf]g  ^la^bv  [iBd'riv  almviov)  fng;t  sich,  hätte  Epim.  selbst  durch  die  Art  der  Einfüh- 

nach  der  Analogie  der  orphischen  Schriften  zu  rung    sein    Gedicht    als    orphisch    bezeichnet, 

schließen,   gut   in  den   Rahmen   der  Th.    Die  (Dies   ist  mir   wahrscheinlicher,    als    daß    der 

Unterscl  eidung    älterer    und   jüngerer   Musen  Z^VigQ,  Aelian.nat.  anim.  Vi,!.,  Epim.  \ix\d  Mus. 

(Bl5:  iv  8h  xolg  dgM.ava(pSQo\Livoig  8vo  16X0-  verwechselt  hat,  wie   Diels  meint.)    Über  die 


1543                   Theogonien  Theogonien                    1544 

kosmologische  Entwicklung  bei  Epim.  belehrt  Musaios  —   wenn  unsere  Vermutunjjf  zutrifft, 

das  von  Diels  verworfene,  von  Etsler  714  ge-  daß  sein  Schatten  dem  schlafenden  Epim.  die 

wiß  mit  Recht  wieder  zu  Ehren  gebrachte  frg.  Th.  iuspirierte  —  über  das  Jenseits  berichten! 

46,  Lnur.  Lyd.  de  mens.  4,17:   oi   öh   ic^qX  'E.  In  die  obli^fate  Liste  der  Zeuspaarungen,   die 

&QQsva  xal  d-iIXsiav  iiiv^tvöoiv  vuvg  z/ioffxopov?,  also  auch  dieser  Th.  nicht  gefehlt  hat,  gehört 

rof  ii%v  Al&va  Aansg  pLovaia^  rr]V  9h  ^öiv  cb;  frg.  16  J>.  (Pan  und  Arkas  Söhne  des  Zeus  von 

Svdda  xcclicavttg.  Offenbar  sind  die  Dioskuren  Kallisto)  und  im  weiteren  Sinne  auch  die  Endy- 

Aion   und  Pbysis  (vgl.  Orph.  frg.  83:   xai    tf»t'»-  miongedchichte   frg.  14.    Beide    Sagen  weisen, 

fffoitg  xlvriäc  fgya  ii4vjn  xal  dxctptro?  Aimv)  die  wie  Keim  S.  75  und  77  bemerkt,  nach  der  Pelo- 

Uälften,  in  die  das  Weltei  zerfällt,  vgl.  Ziegler,  lo  ponnes,  die  letztere  speziell  nach  Elis  (v.  Sybel 

Neue  Jahrb.  191:<,  664  f.    Ganz  neu  und  ander-  o.  Bd.  1,  Sp.  124Cf.  Bethe  in  PauJysEtalencycl. 

w&rts  unbelegt  ist  dann  (frg.  2  K.,  19  D.)  Kro-  6,  2667  f.).    Auf  dasselbe  Lokal  hat  frg.  17  ^die 

nos   als   Gatte    der    Euonyme   und  Vater   der  Mamen  der  von  Oinomaos  getöteten  18  Freier 

Aphrodite,  der  Moiren  und  Erinyen.    Das  Un-  auch   von  Epim.  bezeugt)   Bezug.    Dann   muß 

gewöhnliche  dieser  Zusammenstellung  erklärt  wohl  die  Th.  des  Epim.  auch  eine  riQcooyovia 

sich  m.  E.  am  leichtesten,  wenn  man  annimmt,  enthalten  haben.    Aber  daß  diese  letztbespro- 

daß   Kronos  bei  Epim.  die   Stellung  innehat,  ebenen  Frgg.  der  Th.  angehören,  ist  durchaus 

die  in  anderen  Th.n  Uranos  einnimmt,  auf  den  nicht  sicher.    Denn  mag  die  bei  Diog.  Laert.  1, 

Aphrodite  und  die  Erinyen  bei  Hes.  u.  a.,  die  Ulf.  gebotene  Liste  der  Werke  dkm  Epim.  zum 

Moiren  im  orphischen  frg.  ad  Abel  zurückge-  20  guten  Teil  auf  Erfindung  des  Lohon  Ttfgl  Ttotr]- 

führt  werden.   Ist  doch  z.  B.  im  orph.  frg.  114  tcbv  beruhen  {Hiller,  Uhtin.  Mus.  38,528.  Diels 

die  Entmannungsgescbichte   auch  auf  Kronos  bei  Kern  79),  so  müssen  wir  doch  außer  der 

übertragen,  von  wo  aus  zu  den  Epimenideischen  Th.  die   gleich   nach    dieser   genannte    'Agyovg 

Genealogien  nur  ein  Schritt  isl,   fehlte   doch  vccvTtrjyiav   rs   xal  'Idaovog   slg  KoXxovg   &it6- 

Uranod  sowohl  in  der  11.  a   vorliegenden  Th.  %Xovv  ^nrj  k^a-niGxi'Xia  jisvrayioGia  für  authen- 

wie  in  der  des  Pherekydes,  die  beide  orphischen  tisch  halten  nach  den  frgg.  12  und  13  (Deszen- 

Charakter   haben,    und   sind   doch    überhaupt  denz  des  Phrixos,  Genealogie  des  Aietes),  die 

Uranos  und  Kronos  Dubletten.   So  wird  Uranos  sich   offenbar  in  diesen  Zusammenhang  besser 

auch  bei  Epim  gefehlt  und  Kronos  seine  Funk-  fügen  als  in  die  Th.    Auch  frg.  18  (Genealogie 

tionen  mit  übernommen  haben.    Euonyme  als  so  der  eponymen  Heroine  der  Stadt  Rhodos)  wird 

Hypostase  der  Ge  und  Mutter  der  Erinyen  ist  dahin  gehören.    Eine  Behandlung  der  Argonau- 

attisch  {Kern  74.   Waser  in  Paulys  Reahncycl.  tika,  des  Unternehmens,  an  dem  Oi-pheus  selbst 

6,1166),  attisch  auch  das  enge  Verhältnis  der  teilgenommen  hatte,  lag  ja  auch  für  einen  Or- 

Moiren   sowohl  zu  Aphrodite,   s.  Paus.  1,19,2  phiker  nahe  genug,  vgl.  die  erhaltenen  orphi- 

—  man  braucht  also  nicht  (mit  Kern  73)  auf  sehen  Argonautika.  Gewiß  also  hat  das  Alter- 
den Kult  der  Moigcci  Aa%i6Eig  mit  Artemis  tum  Argonautika  unter  dem  Namen  des  Epim. 
Orthia,  Aphrodite  Enoplios  und  Asklepios  in  besessen.  Ob  sie  wirklich  denselben  Dichter 
Sparta  {ClGr.  1444)  und  den  legendarischen  zum  Verfasser  hatten  wie  die  unter  dem  Na- 
Aufenthalt  des  Epim.  daselbst  zu  rekurrieren  men    des   Epim.   verbreitete  Th.,    können  wir 

—  wie  zu  den  Erinyen,  s.  Aesch.  Prom.  616.  40  unmöglich  wissen.  Wahrscheinlich  aber  stamm- 
Eum.  960,  dazu  Hom.  II.  T  87.  hymn.  Orph.  69,  ten  sie  aus  derselben  Zeit  und  derselben  Sphäre: 
12.   Paus.  2,11,4  (Altar  der  Moiren  im  Hain  der  attischen  Orphik  des  6.  Jahrh. 

der  Eumeniden   zu  Sikyon).    Die  Orphik  und  w^.     mu           •     j      «i.       •     1               a 

Attika  geben  also  alle  Elemente  zur  Erklärung  ^le  TheogODie  des  Pherekydes  von  Syros. 

dieser  Genealogie  her.    Orphisch  ist  auch  die,  Die  Th.  des  Pher.  —  bekanntlich  das  älteste 

wie  es  scheint,  bedeutende  Holle  des  Okeanos  griechische  Prosabuch  (in  Konkurrenz  mit  dem 

bei  Epim. :  er  ist  nicht  nur  wie  bei  Hes.  Vater  des  Kadmos  von  Milet)^  s.  Suid.  s.  v.  $f ptxvdrjg 

der  Styx  —  die  aber  dann  nicht  mit  Pallas,  und  'Exaratoff  —  ist  in  ihrer  Bedeutung  erst 

sondern  mit  Peiras  verbunden  {oarig  Sj]  ö  Uel-  von  Eisler  voll  gewürdigt  und  in  den  rich- 
gas  iaxi  Paus.  8,  18,  2.  Höfer  0.  Bd.  3,  Sp.  1753)  50  tigen  Zusammenhang  gestellt  worden.   Die  an- 

Echidna  gebiert,  abweichend  sowohl  von  Hes.  tiken   Berichte   über  Pher.  —   die  gewiß   nur 

wie  von  der  orphischen  Genealogie,  s.  Kern  31  zum  kleinsten  Teil  (wenn  überhaupt)  authenti- 

und  71  —  sondern  er  erscheint  auch  als  Gatte  sehe  Dokumente  sind,  aber  doch  den  Eindruck 

der  Ge  und  Vater  der  Harpyien,  wofern  nur  widerspiegeln,  den  das  Altertum  von  der  hoch- 

Diels'  Ergänzung  des  P/w'Zorfcm-Papyrusfetzens  bedeutsamen  Schrift  hatte,    aus   der  uns  nur 

Ä.   s-öcbB.   46  b  18,  p.  18  Gomp.  mehr  als  ein  etwa  20  Zeilen   erhalten   sind  —  bringen  ihn 

geistreiches  Spiel  ist  {frg.  7  D.).   Dasselbe  gilt  einerseits  mit  Orpheus  und  Pythagoras,  anderer- 

fur  frg.  8,  aus  dem  nur  so  viel  sicher  ist,  daß  seits  ausdrücklich  mit  den  Phoinikem  in  Ver- 

Typhon  in  der  Th  des  Epim.  vorkam  und  die  bindung:  Suid.  s.  v.  (Psgsxvörjg  {Diels,  Vorsokr. 
Sctiilderung  des  Kampfes  mit  Zeus  besondere  60  71  A  2):    didax^rjvat  dt  vn    ccvtov  Ilvd-ayogav 

Züge  enthielt.    Die  auf  Styx,  Typhon,  Echidna  Xoyog,  ccvtov  dt  ovx  i6%riv.ivaL  v.cc^riyr\xriv,  iAV 

bezüglichen  Frgg  nicht  der  Th.,  sondern  einer  iavzov   ä6v.7]Gai  •uTriGä^tvov  xa  $0  vixfov  Scno- 

angenommenen  Nekyia  des  Epim.  als  eigenem  xovqpa  ßißXicc . .  .  ^.  kd-rivcctog  {TrgscßvtsQog  tov 

Werk  zuzuweisen  (woran  Pohde,  Griech.  Itoman  Uvgiov^  ov  Xoyog  tä  'Ogcptag  avvccyayttv).  Philo 

261  Anm.  dachte),  ist  ganz  abwegig,  da  ja  das  Bybl.  bei  Euseb.  praep.  ev.  1, 10,  50  {Diels  71 

Beispiel  Hesiods  zeigt,  wie  leicht  solche  Par-  B4):  Ttagcc  ^olvIticov  6t  xal  ^.Xaßav  tag  &cpog- 

tien  in  eine  Th.  eingefügt  werden  konnten.  Wie  iiccg  id'toXoyrice  mgl  tov  Ttag'  witm  Xsyoixsvov 

leicht  konnte  in  dem  besonderen  Falle  des  Epim.  'Ocpiovioag  &80v  xccl  xmv  'OtpLoviSäv.  Clem.  Alex. 


1545                    Theogouien  Theogonien                    l54(j 

Strom.  6,  63  {Diels  71  B  2) :  nocvra  oocc  ^.  (iU/j-  richtig,  aber  bei  weitem  nicht  in  allen  seinen 

yoQTioccg  l%'fioX6yr]OBv  Xa{ioiv   Scno  ri)g  rov  Xäft  Relationen  wieder.    Alle   drei   uQxotl  betätigen 

ÄpoqpTjTtmi;  rfjv  vTtodsatv.    Wie  sehr  beide  Ver-  sich  koBmogonisöh.    ChronoH  Hchatt't  aus  seinem 

knüf>fungen    der   Wahrheit    gemllß    sind,    hat  Samen  die  Kiemente  Feuer,   Luft  und  WawHer 

die  AVs/ersche  Interpretation  gezeigt,  die  nach  (JJatnasc.  124  b  \Diel8  A  H\:  zov  öl  Xqovov  noifj- 

meinem    Urteil    in    der    symbolgeschichtlichen  erat  ^x  rov  yovov  iavrov*)  nvg  -nal  npsviiu  xai 

Behandlung  und  Einordnung  der  einzelnen  Mo-  vtfwp);    «ie    scheiden    sich    in   fünf  nvxoi^   und 

tive  durchaus  evident  ist  und  durch  die  Fülle  ein  zahlreiches  Güttergeschlecht  geht  aus  ihnen 

von  Erkenntnissen,  die  sie  für  die  Geschichte  hervor  (J>ama^c.  a.  a.  O  :    i^   ojv   iv  nkvxt  ftv- 
der  frtthgriechischen    Mystik   und  Philosophie  lO  xotg  Sirjgrui^voiv  TcoXXrjv  uXXriv  ytvsccv  ovarffvat 

bringt,  eine  wissenschaftliche  Tat  ersten  iianges  ^£«6»',   ti]v   Titvtt^vxov  xuXi  vaivr^Vy   raviov   öh 

bedeutet.     Ich   knnn   J^isfera   mit  einem   über-  l'öas  hlTtslv^  TCtvT^-aoßiiov).    Da  die  drei  neuen, 

wältigendeu    Material    belegte    Ausführungen  aus  Chronos   emanierten  Elemente  nicht  wohl 

hier   nicht  wiedergeben,    sondern    beschränke  mehr  als   drei  Winkel  des  "ntvxi^vxog  in  An- 

raich   auf  die  Heraushebung  der  für  den  Zu-  spruch  genommen  haben  können,   so   müssen 

sammenhang  der  Th.  des  Fher.  mit  den  bis-  die  übrigen  zwei  Winkel  doch  wohl  den  durch 

her  betrachteten  Th.n  wichtigen  Momente.    Für  Zas  und  Cthonie  repräsentierten  Urelementeu 

eine  einigermaßen  sichere  Kekonstruktion  des  Äther  und  Erde  zugewiesen  worden  sein,  und 

Ganges  der  kosmogonischen  Handlung  bei  PAer.  die   weitere   kosmogonische    Entwicklung  sich 
sind  die  Frgg.  und  Nachrichten  viel  zu   spar-  20  in  ähnlichen  Gedankengängen  vollzogen  haben, 

lieh;  selbst  die  Aufeinanderfolge  der  durcli  die  wie  sie  Eisler  541  ff.  vorträgt.  Die  Einzelheiten 

Frgg.   bezeugten    Teile   des   Werkes   ist   nicht  seiner    Darstellung    bleiben    selbstverständlich 

durchweg  mit  Sicherheit  bestimmbar.  Die  dies-  hypothetisch,  sind  auch  z.  T.  sehr  anfechtbar, 

bezüglichen  Darlegungen  Eislera  S.  562  ff.  sind  aber  in   den  Geist  und  die  Denkweise  des  in 

teils  unrichtig,  teils  ganz  hypothetisch.  mythischen  Bildern  redenden  Kosmologen  leuch- 

Betitelt  war  das  Werk  des  P/ier. nach  Suid.:  tet  er  hinein  wie  m.  E.  keiner  vor  ihm.    Man 

^ETtrd^Lvxog  i'jroi  Oso-ngaola  rj  ©myovicc.   ^gxl  Ss  bedenke   immer,   daß   ganz   exakte  Ergebnisse 

d-BoXoyioc   iv  ßißXloig    t,    ^x^vßcc    Q-süv    ytvsaiv  bei  dem  Versuch,  die  Gedanken  des  von  Pro- 

xoft  öia&oxf^S-    Die  Titel  d-soyovia  und  ^soXoyia  klos  zu  Tim.  23  c.  1,129,15  Diehl  als  eminent 
sind  rein  appellativ  und  besagen  weiter  nichts.  30  alviyiiaxmdr\q  bezeichneten  Kosmologen  aus  der 

Den    von    den    früheren  Auslegern    zugunsten  mythischen  Hülle  herauszuschälen,  selbst  dann 

des  (sogleich  anzuführenden) 7rfi'r£|ui;j;os  in  Zwei-  nicht  zu   erwarten  wären,  wenn  wir   die  voll- 

fel  gezogenen '^E7rTaftv;^off  (s.  Kernel)  h^.t  Eis-  ständige   Schrift,  nicht  nur  ein  paar  erbärm- 

ler  331  ff.  aufs  schlagendste  gerechtfertigt  und  liehe  Trümmer  hätten.  Auf  das  Einzelne,  ins- 

erläutert    durch   den   Hinweis   auf   die    uralte  besondere   die    Entwicklung    des    gewonnenen 

Rolle  des  Htptagramms  als  kosmisches  Symbol  nsvxi^ivxos  zum  tnxdfivxog  des  vollendeten  Kos- 

(der  Schnitze r  in  der  Etymologie  von  rgrpajcrvg  mos,    kann    hier    nicht    eingegangen    werden. 

S.  338  ändert  an   der  Kraft  des  Beweises  im  Ganz  klar  aber  ist,    daß  für  den   Fortschritt 

ganzen  nichs).  Ob  ©«oxpaffia  als  bewußte  Aus-  von   der  Drei  zur  Fünf  und   dann  zur  Sieben 
gleichung  verschieden  benannter  Göttergestal-  40  schon  in   dieser  frühgriechischen   Spekulation 

ten  —  wie  sie  nach    orphischer  Weise  in  der  das  Verfahren  der  Zerlegung  einzelner  Glieder 

Schrift  reichlich  geübt  wird  —  oder  anders  zu  einer  Trias  —  in  dem  einzigen  bezeugten  Falle 

verstehen  ibt,  möchte  ich  auch  mit  Eisler  329,  5  des  Mittelgliedes  Chronos  —  angewandt  wor- 

offen  lasse]  ,  neige   aber  zu  der  angegebenen  den  ist,   in  dem  sich  dann  die  Neuplatoniker 

Auffassung.    Die  Angabe,  daß  das  Werk  zehn  bis    zur    Erschöpfung    ergehen.    Formell    kor- 

Bücher  umüßte,  kann  natürlich  verderbt  sein,  respondiert  dieser  Methode  die  bei  Hesiod  un- 

miiß   es  aber  nicht  notwendig.    Wir  haben  ja  verkennbar  auftretende  Bildung  von  Verstriaden 

gesehen,  daß  diese  mystische  Literatur  zur  Dick-  und  -pentaden.    Die  Einführung  der  Elemente 

leibigkeit  neigte,  und  der  behagliche  Stil  der  neben  oder  im  Wechsel  mit  den  sie  repräsen- 
Frgg.  stimmt  wohl  dazu.                                        50  tierenden   göttlichen   Persönlichkeiten   —   Zas 

Der  Anfang  des  Werkes  lautete  {Biog.  Laert.  und  Cthonie  vertreten  je  ein  Element,  Chronos 

1,  liy.  Diels  ß  1):    Zug  ^sv  val   Xgövog  Tjßav  erzeugt  die  drei  anderen,  aus  diesen  geht  eine 

asl  xai  Xd-oviT}'   Xd'ovlrj  ds  övo(icc  iysvtxo  Ff].,  ysvsd  dsrnv  hervor  —  ist  uns  schon  in  der  or- 

iTttLÖi]   ccvxf]    Zkg    yf]v  ysgag  Sidol.    Pher.   be-  phischen  Th.  entgegengetreten  (s.  0.  Sp  1537). 

gann   seine  Th.   also  mit  den  agxcxl  Himmel-  Ob  Chronos  allein  die  Holle  hatte,  den  elemen- 

Zeit-Erde,  oder  richtiger:   den  göttlichen  ür-  taren  Rohstoff  zum  Weltbau  zu  liefern,  oder 

mächten,  aus  denen  im  Laufe  der  kosmogoni-  inwieweit  das  Weltgebäude  selbst  schon  sein 

sehen  Entwicklung  die  Gestaltungen  Himmel  Werk  ist  (nach  Analogie  orphischer  Darstel- 
und  Erde  hervorgehen,  und  der  trennend  zwi- 
schen   sie  ^ge=,tellten    Zeit.     Die    ersten    beiden  6O          *)  Daß   iavrov  nicht  (mit  Kern)  in  aötoO  zu  ändern 

Begriffe  fehlen  naturgemäß  in  keiner  Th.,  Chro-  ist,  wonach  Chronos  aus  Zas'  Samen  die  Elemente  schüfe, 

nOS    ist    uns    schon    aus    der    Orpliik    geläufig.  beweist  (nach  ZW^rs  aus  genauer  Textinterpretation  her- 

Die    neuplatonische   Erläuterung    (Hermias  irr.  geleitetem  Widerspruch)  Eisler  443  durch  den  Hinweis  auf 

12:    Zfjva  fx^r  xbv  atd^SQd,   Xd-ovlvv  dh  xhv  yfjv  ^i®  Tatsache,   daß   die  Erschaffung  der  Elemente   durch 

Kq6vov   88  xbv  X96VOV,   6   ^hv   al&^Q   xö  TXOLOVV,  J?^^'^^"«  ein   dQo,^svov  im   Mithraskult   war,   wozu   noch 

j.    »V       ~       \         '                -     cvv          /            ,'^    r       >            r  literarische   Zeugnisse    treten.    Die    falsche   WortstellunK 

7}   ä8  yi^   xo   Ttaaxov     O  8s  XQOVOg   iv   co  xa  yivo-  ^^^^  ^^^^^^^^  ,^.,  ^„„^^.^  ^^,,1,  Umstellung  oder  (mit 

iisva      ebenso    Prob,  ad   Verg.  BuC.  p.  20,  30  A.)  Eisler)  durch   Einschiebung    eines   t,w    beseitigt   werden, 

gibt  den  Sinn  dieser  Zusammenstellung  wohl  faiis  es  überhaupt  unbedingt  nötig  ist. 

RoscHEB,  Lexikon  der  gr.  u.  röm.  Mythol.  V.  50 


1547                    Theogonien  Theogonien                    1548 

longen,  in  denen  er  das  Weltei  zeugt  oder  des  (pägog  gleichsetzt,  ist  mir  zweifelhaft.  Be- 
schmiedet), ob  insbesondere  Eialers  Gedanke,  deutet  niclit  die  VVeltenwebe  vielleicht  «rst 
er  habe  die  von  ihm  geschatfenen  Elemente  die  KrschatFun^  der  himmlischen  Urbilder,  nach 
trennend  zwischen  Za^  und  Cthonie  gelegt,  den  deren  Muster  dann  erst  die  Schöpfunjr  der  sinn- 
Pfcer.iscben  Gedanken  richtig  trifft,  o«ier  ob  liehen  Welt  —  t-ei  es  unter  welchem  Bilde 
vielleicht  ^nach  orphischen  Analogien)  mehrere  immer  —  sich  vcdlzieht?  VVrnn  die  Verferti- 
Weltschöpfungen  anzunehmen  sind,  müssen  wir  gung  des  cpagog  schon  die  Schöpfung  selbst  in 
müngeU  Materials  oHen  lassen;  jedeiifalls  tritt  ihrem  vollen  umfang  bedeutete,  welchem  Zweck 
dann  Zas  als  eigentlicher  Weltschöpfer  auf.  diente  dann  noch  die  Vt-reinigun«;  des  Zas  mit 
Schon  im  Anfang  der  Schritt  hieß  es  gleich  lo  Cthonie,  und  welche  Früchte  gingen  aus  ihr 
nach  der  Nennung  der  drei  i^x^^'  X'^ovirj  d\  hervor? 

6i'oy.a  iyivsxo  Ft),  iifidq  ai>T^  Zag  yfjv  yigas  Der  in  jeder  Th.  unerläßliche  Götterkampf 

Sidol.   Aus  der  ein>;ehenden  Schilderung  dieser  spielte  sich  bei  Pher.  zwischen  Chronos-Kionos 

Handlung  sind  in  dem  von  6rre«/e//-//Mnf,  6>ecÄ:  und  Ophioneus  ab,   übereinstimmend  also  mit 

Pa/>.  Ser.  2  n.  11  p.  23  vei offen tlichten  Papyrus  derjenigen    orphischen    Darstellun«,',    die    Ap. 

zwei  Stücke  erhalten,  auf  den  hgbg  yä^iog  des  JRhod.  1,603  ff.  wiedergibt*):  ijsiösv  S'  ('OQq>tvg) 

Zas    und    der    Cthonie    bezüglich    {^liels   B  2.  mg  Tryojr ov^Oq}i(üv  Ei qvvö^t]  rt  'Slxbccilg  vicpo&v- 

Eüfler  S47tf.).    Die  Zurüstungen  zur  Hochzeits-  rog  ^x^^  xparog  Ov'/nv^noio    wg  ts  ßit]  xal  x^Q- 

feier  sind  aufs  glänzendste  getroffen:  xccn^iSq  ölv  6  fihv  Kgöixp  thai^s  n/xj)?,  7;  dh  'Perj,  ?ne- 
tgirr}  rju^gri  yiyverai  rat  yauc»,   xozt  Zag  noiel  20  cov  tf '  ivl   xv^aaiv  Slxtavoio'   oi   öh   rttag  iia- 

(pagog  fi^ya  re  xccl  xaXöv  xai  iv  avirn  noi-KiXXti  xägsaßt  ^sotg  Tixfjöiv  avanaov^  öcpgcc  Ztv,  KtX. 

FifV  xal  *Slyr}vbv  xctl  ra  'Slyrivov  ^cbfiara.    Das  Daß  der  Sturz  der  Besiegten  in  den  Okeanos 

folgende  Stück  (auf  col.  2)  enthält  den  Schluß  das  Knde  des   Kampfes  war  und   den  Siegern 

der  feierlichen  An.<'prache  des  Bräutigams  an  die  Herrschaft  des  Himmels   zufit^l  (O^Xvunog 

die   Braut,  mit  der  er  die   Überreichung  des  und  ovgavog  ist  doch  wahrlich  keine  erhebliche 

tp&gog    begleitet  —   ich    halte    die    Eisler^che  Variante),  entspricht  genau  der  Darstellung  des 

Interpretation  und  Ergiinzung  für  richtig',  kann  P/ier.   nach    Orig    c.   Geis.  6,42  (2,111,13  A'., 

aber  hier  nicht  darauf  einj^ehen  —  und  die  Fe&t-  Diels  B  4):   ^hgt^-Kvdriv  d^  .  .  .y^vQ-onoitlv   örgcc- 

fltellung,  daß  das  die  ersten  ScvaxaXvntj'igia  rtlavaTg(xt8icc{vi{i\mehr:  aTgccTiccvargatui)7tuga- 
waren.    Die  nächsien  Worttrümmer  zeigen,  daß  30  rccxz^niivriv  xal  rf/g  y.tv  r]ys^6va  Kgovor^Scyio}- 

die  feierliche  Inempfangnahme  der  Gabe  durch  Sidovai,  xi'ig  hfgag  d'  '0(pu)vhcc-  7rgoxXri6^ig  6h 

die  Braut  und  ihre  Krwiderung  auf  seine  An-  xul  a^iXXa^  avx(bv  laxogtl,  owd^rixccg  X8  avxolg 

spräche  (mit  Wort  und  Tat?)  folgte.    In  enger  yiyvtad-ai,  iv'  onoxtgoi  avxcäv  tig  xbv  'Slyi^vbv 

Verbindung  mit  dem  (fägog  stand  eine  betiü-  i^inbOwaL^  xovxovg  ^Iv  tucci  t  tvixjuitvovg^  xovg 

gelte  Eiche:  Cleni  AI  Strom.  6,5-*l:  iva  ^idd'foei,  d'  i^öoGuvxag  xal  vixrjGavxag  xovxovg  ^jjttv  xbv 

XI  iaxiv  T}  vnojcxegog  dgvg  xal  xb  in'  avxy  ns-  ovgavöv.    So   wird   auch    bei   Pher.,   nach    der 

noixiXfiSvuv  q)d:gog.   Die  Bedeutung  leider  Sym-  weitgehenden  Übereinstimmung  mit  Ap.  Bhod. 

hole  ist  von  Eialer  wundervoll  aufgeklärt:  der  zu  schließen,  Chronos    selbst  der  Sieger  und 

Wel'enbaum,  über  dem  der  Weltenma..tel,  das  danach,  bis  zu  seinem  Sturz  durch  Zeus,  un- 
Werk des  Himmelsgottes,  %ie.s  ewi^^en  Webers  40  bestrittener  Weltherrscher  gewesen   sein,  was 

Meisterstück',  ausgespani.t  wird,  geschmückt  doch   auch   das  Zeugnis    Tertull.  de  Corona  7: 

mit   den    Bihlern   der   drei    großen   Teile    des  Saturnum  Ph.  ante  omnes  refert  coronatum,  lo- 

Kosmoa,   Erde,   Meer  und  Himmel.*)    Die  Ge-  vem  Dio'lorus  {&.,  ^)  post  devicios  Titanas  nahe- 

schichte  dieses  fnn'iit baren  Symbols,  von  den  legt.    Hiernach  kann  die  kühne  und  vertuhre- 

profanen   und  kultischen  Zeltnauten  orientali-  rische  Hekon.-truktion  Eislers  (627  und  545  ff.), 

scher  Steppenbewohner  bis  zu  den  ein  verklei-  der  Chronos,  von  Ophioneus  aufs  äußerste  be- 

nertes    Abbild    des   Weltganzen    dar.«^tellenden  drängt,   Zeus  zu  Hilfe  rufen,   diesen  den  Sieg 

Domen  des  Mittelalters   und  dem  Brautbalda-  gewinnen  und  als  Siegespreis  Cthonie  erhalten 

chin  der  heutigen  Juden,  muß  man  bei  Eisler  läßt,  nicht  richtig  sein  So  ist  es  mir  auch  sehr 
nachlesen.    Wie   mit   der   im   Papyrusfrg.   ge-  80  fraglich,  ob  Eisler  recht  daran  getan  hat.  die 

schilderten  kosm'-logischen  Zeremonie  das  Zeug-  friedliche  Auseinandersetzung  zwischen  Chronos 

nis  Diels  B  3  zusammenhängt,  Piocl.  ad  Tim.  und   Zeus,    die   nach   Ausweis    unzweideutiger 

32  c.  2,  54,  28  Z>tc/i/:  6  ^.  hsyhv  sig  "Egmxa  Monumente  in  der  zrvaniatisch-mithrischen  Kos- 
fUxaßtßXfjCd'ai,   xbv   ^ia   yiiXXovxa    Srniiovgytlv^ 

OXl    dr}    xbv    XOÖ^v    ix    XUJV    ivavxliov    üVVlßxccg  *)  naß  die  Kosmogonie,  die   dort  Ap.  Rhod.  den  Or- 

iig  Ö^oXoyiccv    xal   CpiXiav   ^y^Y^    ^«^   xavx6xr}Xa  pheua  vonragen  läßt,  tatsächlich  orpUische  Lehren  wieder - 

wäCV    iviansigs    xul    tvtoniv    xhv   dt'    oXcov   diri-  K»^»'  •'*°°  ™»°  ^i«"*'  '^*«'^*  bezweifeln,   wenn  man  bedenkt, 

:„4-   .^i*-  C..r.Un.v>  .u      ;«U4-   „.,      «    ^^      (\U  ^^^   die  Dichtung  in  eine  Zeit  fällt,  in   der   die  Orj^hik 

xovGav,  ist  mit  öicherheit  nicht  zu  sagen,    üb  •    ,        „    ■              j       •  ^      ,             u  1*  ..„^ 

,  .         T-..  1        .n.-..           1  i   1     1                             1.           T-v  v^on   BtoiBclien    Kreisen   gerade   wieder   hervorgeholt    und 

hier  Et-sler  3o3  recht  hat,  wenn  er  diese  De-  „,it  Eifer  studiert  und  bearbeitet  wurde.  Daß  di  se  Kosmo- 
miurgie    des    Zeus -Eros    mit    der    Verfertigung  60  gouie   Empcd^kieüche   Retoucheu    erfahren   hat,   wie   Kern 

57  ff   gezeigt  hat,  nimmt  ihr  nichts  von  ihrem  orphischen 

*)  Ich  halte   Eitler»   Erklärung   der  IQyi/roö  6"'^iaTa  Charakter,  da  in  einem  weiteren  Sinne  ja  £'/n/yec/oÄ/e.«  selbst 

als  Himmelshäuser,  d.  h.  Tierkreisbilder,  für  schlagend  noch  als  Orpbiker  anzusprechen  ist,  s.  Kirn,  Arch.  Gesch. 

richtia.    Aber   sei ■  st   wenn   sie   falsch   wäre,   könnte   der  PAi7.  1 ,  41)8  ff.   £'üZ*-r  690  ff.    Zicjler,  Neue  Jahrh   ISil;!,  56«  ff. 

Himmel   auf  diesem    den  Ki>smo8   darstellenden    und   be-  Übrigens   ist   gerade    die   oben  ausgehobene  Partie    nicht 

deutenden   Mantel    keineffalls   gefehlt   haben   und   maßte  Empfdokleitch ,   wie  Kern  60  f    selbst   hervorhebt,   sondern 

also  seine  Bezeichnung  in  der  Lücku  nach  do'iuutit  postu-  aus  einer  Quelle  von  stärker  mythisch.m  Kolorit  im  Stile 

liert  werden.  Aber  was  dann  das  Haus  de-t  Okeanos  neben  der  Orphik  des  6.  Jahrhs.    Daß  es  Pher.  selbst  ist,  braucht 

ihm  selbst  auf  dem  (päfjo^  sollte,  sehe  ich  nicht.  man  m.  £.  nicht  auszuschließen. 


1549                    Theogonien  Theogonien                     1550 

mogonie  anzunehmen  iHt  (vgl.  Cumont  o  Bd  2,  unter  Zugrundelegong  des  milesiechen  Zahlen- 
Sp  3089  f.),  auch  auf  Pher.  zu  übertrafen,  Systems  l»ekanntlich  mehrfach  bezeuj^t  und  mit 
obschon  im  übrigen  die  weitgehende  Ober-  Beispielen  belegt.  Schultz'  Hypothese  bt'steht 
einstunmunt^  der  niithrischen  Th.  mit  den  or-  darin,  daß  er  das  notorisch  vorhandene  Prinzip 
phischen  Th.n  und  der  des  Pher.  als  eine  Folj^e  -  das  übrigens  ein^r  allgemein  verbreiteten 
der  Abhängigkeit  von  den  gleichen  orientali-  menschlichen  Grundanlage  enthpringt  —  unter 
sehen  (Quellen  von  FAsler  schlagend  erwiesen  Einsetzung  des  älteren  Zahlensystems  (für  das 
ist.  Aber  man  muß  damit  rechi.en,  daß  in  die-  Eisler  707  die  historischen  B.  lege  nachliefert) 
sen  theologischen  Systemen,  die  die  kosmolo-  auf  die  Frühzeit  überträgt.  Ich  glaube,  daß 
gische  Grundautfassung  und  zahlreiche  Gestal-  lo  der  Krlolg  die  Dichtigkeit  des  Gedankens  be- 
ten, BegriÖ'e  und  Motive  gemein  haben,  dieses  stätigt  hat,  und  halte  daher  di»;  Schultzschc 
gleiche  Mateii  1  immer  wieder  in  neuer  Grup-  Entdeckung  grundsätzlich  für  richtig  und  außer- 
pierung  (und  demgemäß  veränderter  Deutung)  ordentlich  bedeutungsvoll  für  diis  Verständnis 
auftritt,  so  daß  man  zwar  vieles  beim  einen  dir  frühgriechischen  Mystik  und  Philosophie, 
durch  Vergleich  mit  dem  andern  erklären  kann,  (Die  Widerlegung  von  Fr.  Dornseift',  Dan  Al- 
heim Rekonstruieren  eines  zerstörten  Auf  laus  phabet  in  Mystik  und  Mugic,  1922,  S  97  if., 
auf  diesem  Wege  aber  äußerste  Vorsicht  und  der  im  Gegensatz  zu  anderen  die  Sache  we- 
Zurückhaltung  üb«  n  muß  Das  Material  ist  zu  nigstens  ernst  nimmt,  ist  nicht  stringent.) 
wandelbar  und  vieldeutig  und  der  gleichberech-  Nur  ist  durch  die  Sache  selbst  äußerste  Vor- 
tigten  Möglichkeiten  allzu  viele.  —  Wenn  (nach  20  sieht  im  Gebrauch  des  gefundenen  Schlüssels 
der  orpbischen  Parallele  und  Tertull.)  Kronos  geboten  und  vor  dem  Glauben  zu  warnen,  als 
selbst  den  Sieg  über  Ophioneu.-  gewann,  wird  ob  er  alle  Türen  öffnen  könne.  Ob  diejenigen 
er  auch  Zeus  die  Weltherrschaft  nicht  kämpf-  unter  den  unzähligen  möglichen  Kombinationen, 
los  abgetreten  haben,  sondern  von  ihm  über-  auf  die  der  heutige  Berechner  verfällt,  die- 
wunden  und,  gemäß  der  alten,  seit  Homer  ein-  selben  sind,  die  einst  der  gläubige  Jünger  die- 
etimmigen  Tradition,  in  den  Tartaros  geschleu-  ses  mystischen  Wort-  und  Zaiilenspieles  fand, 
deit  worden  sein,  der  bei  Pher.  als  Tagraglr]  ist  erst  dann  in  jedem  Falle  für  erwiesen  zu 
lioLQu  mit  der  ausdrücklichen  Bestimmung  als  halten,  wenn  eine  unzweideutig  als  antik  be- 
Götterverließ  auftritt,  wie  bei  Hes.  742  von  wil-  zeugte  Zusammenstellung  die  Bestätigung  gibt, 
den  Winden  durchwebt,  Orig.  c.  CeJs.  0,42  (2,  so  Von  vielen  der  bei  Kisler  aufgestellten  Glei- 
111,20  K.  B  5  iJitls):  xbv  ^.  . .  .  fiyTjxtVort  ro  chungen  oder  Relationen  läßt  sich  sagen,  daß 
'  /.h irrig  bh  rfjg  fiolgccg  ^vhgO^iv  icriv  i)  Tagragir]  der  antike  Mystiker  sie  wohl  hätte  aufstellen 
aoiQc:  (pvXäoöovGi  d'  amijv  d-vyarefjsg  Bogsov  können,  daß  es  aber  ganz  unsicher  bleibt,  ob 
AgTivtcci  TS  xccl  OveXla-  ^v&a  Zsvg  iyißäXln  das  tatsächlich  geschehen  ist  oder  nicht  Und 
di-mv  oTccv  xig  i^vßgiöj].^  Doch  das  ist  natür-  äußerst  gewagt  ist  es,  von  zahlenmystischen 
lieh  auch  nicht  mehr  als  eine  Vermutung,  die  Kombinationen  her  an  die  Überliefeiung  zu 
freilich  noch  dies  für  sich  anführen  kann,  daß  rühren  Trotzdem  ist  das  Aufsuchen  solcher 
es  nicht  wahrscheinlich  ist,  daß  eine  so  von  Beziehungen,  auch  wo  es  zu  keinem  gesicher- 
aller sonstigen  Tradition  abweichende  Darstel-  ten  Ergebnis  führt,  kein  wesenloses  Spiel,  da 
lung  wie  die  friedliche  Auseinandersetzung  40  es  gewiß  ist,  daß  man  sich  dabei  in  Geleisen 
zwischen  Kronos  und  Zeus  bei  einem  so  ange-  bewegt,  die  das  Grübeln  jener  Tage  gegangen 
sehenen  und  vielbeachteten  Autor  wie  Pher.  ist.  Ohne  Zweifel  hat  di^^  ünbegrenztbeit  die- 
in  der  gesamten  theologischen,  mythographi-  ser  Kombinationen,  die  Möglichkeit,  immer 
sehen  und  doxograjihischen  Literatur  der  Folge-  neue,  ungeahnte  Zusammenhänge  von  Dingen 
zeit  ignoriert  worden  sein  sollte.  und  Beifrififen  zu  entdecken,  für  die  Adepten 

Mit  den  orphischen  Th.n  berührte  sich  das  dieser  Wissenschaft  einen  unendlichen  Reiz  be- 
Werk des  Pher.  auch  darin,  daß  es  die  eigent-  sessen  und  sie  in  dem  (ilauben  befentigt,  daß 
liehe  Th.  in  eine  Anthropogonie  auslaufen  ließ.  dieser  Weg  wahrhaft  ins  Innere  der  Natur 
Doch  ist  er  mit  seinen  Lehren  über  das  Wesen,  führe.  Die  sprachphiloaophis»  he  Grundlage  die- 
die  Entstehung  und  die  Schicksale  der  Seelen  so  ser  ganzen  Betrachtung  mußte  natürlich  die 
anscheinend  bedeutsam  über  die  Orphiker  hin-  Überzeugung  sein,  daß  Wort  und  Ding  qpvffgt 
ausgegiingen.  Eine  nähere  Behandlung  des  The-  zusammt^nhingen.  Mit  ihr  stand  und  fiel  das 
mas  gehört  nicht  in  diesen  Artikel,  vgl.  Diels  ganze  Gebäude. 
A  5.  B  6.  8.    Eisler  551  ff.  t  •              .,  mu           • 

Nötig  ist  noch  ein  kurzer  Hinweis  auf  das  *^l"OS  «"«  Thamyris. 

System    altionischer  Zahlenmystik,    das  Molf-  Linos,   Sohn   des   Heimes   und   der  Muse 

gang  Schultz   {Arch.  Gesch.  Phil.  21,  "248   und  Urania,  also  eine  mythische  Gestalt  vom  Schlage 

mehrere  andere  Schriften)  entdeckt  und  Eisler  des  Ori-heus  und  Musaios,  verfaßte  nach  Ding. 

in  umfassendster  Weise  auf  Pherekydes,  die  Laert.  prooem.  3:  y.oG^ioyoviav.,  ijXiov  v.ou  6bXi^- 
Orphiker  und  zahlreiche  frübgriechische  Philo-  60  vrig  nogsiav  -/.ccl  ^^ocov  xat  xagiräv  ysveösig,  ein 

sophen  (in  Orpheus -the  fisher  116  und   266  ff.  Gedicht  also  orphischen  Stiles,  dessen  von  I)?o^. 

sogar    auch    auf    die    christliche    Mystik)    an-  zitierter  Anfangsvers :  tjv  Ttote  rot  XQovog  ovrog 

gewendet  hat.    Es   gipfelt   darin,   daß   man  in  iv    m  aiicc   ndvt'  ijtscpvxsL  auch  unverdächtig 

den  nach  dem  Schlüssel  A  =  \,  5  =  2,  r=3  klingt.    Aber   das   von    Stob.  ecl.  j)hys.  1,11,5 

usw.    bis   Ü  =  24,    gewonnenen   Zahlen  werten  übet  lieferte  lange  Frg.  (13  Verse:  ob?  xar'  I^qlv 

der  einzelnen  Wörter  tiefsinnige  Wesensbezie-  Gwänuvra   v.vßiQväxcci   8ia  nccvrög,   ix  nccvxog 

nungen    ausgedrückt    fand.     Für    das    spätere  81  xk  nävxa   xaX   ix  nävxwv  itav  iaxi,  ndvta 

Altertum  ist  dieses  wortmystische  Zahlenspiel  8'  ?v  iaxiv.,  sxccaxov  hbg  uigog,  slg  'tv  aitccv^cc 

50* 


1551  Theogonien  Theogonien  1552 

usw.)  Eeigt,  daß  das  Gedicht  nicht  mehr  theo-  stehnng  und  Entwicklung  des  Weltganxcn  zu 

ffonisch,   sondern   philosophisch    war.  —   Von  ^eben.    Denn  da  alle  j?rolJen  Götter  von  Haus 

ihamjris  dem  Thraker,  Sohn  des  Fhilammon  aus  Naturkräfte  verkörpern,  so  ist  die  Th.  von 

and  der  Nymphe  Argiope,  wissen  erst  Byzan-  Antaug  an  zugleich  Kosmogonie.   Ohne  Zweifel 

tiner   theogoni^che  Werke   zu    nennen:    Saül.  hat  sich   die    Kutwickliing  von    der   einzelnen 

8.  V   ^eoloyta  in   3000  Versen,    l'zetz.  Chil.  7,  Göttergeschichte  zum  allumfassenden  theogoni- 

92 ff.  eine  •Koe^yotia  in  5600  Versen,  eine  Ti-  sehen  bystem  etapp»*n\veise  vollz<»nren.  Krstwer- 

tsnomachie    aber    schon    Herakleid.  Pont,   bei  den  einige  Mythen  zusammengefaßt,  verknüpft 

JHut.  de  mu8.  3.  p.  1 132  B.  Gelesen  hat  sie  auch  und  miteinander  au^^J(e«rlichen  worden  sein,  ehe 
im  Altertum    keiner,   und   es  ist  wohl    sicher,  lo  sich  schli«*ßlich  ein  Dichter  an  die  Systemati 

daß   8  e  nie    existiert   haben.    Vgl.  Höfer,   o.  sierung  alles  ihm  bekannt  gewordenen  Stoffes 

Sp.  464.  wagte,   und  StoÖ'  und  Durchdringung  wird  in 

Welcher  Theogoniker   das  All   aus   Aither  kontinuierlichem  Fortgang  quantitativ  und  auch 

und  Hades  eptstehen  ließ  {Philodem.  n.  eixstß.  qualitativ  gewachsen  sein     Ein  hochentwickel- 

137,  p.  61  Gomp.:   ifi  nhv  naiv  ix  NvhtÖs  xal  tes   Glied   in   dieser   vorauszusetzenden    Reih« 

TagrccQOv  UysTat  rä  xarra  [d.  i.  Musaios'^,  iv  stellt  die  uns  erhaltene  Th.  dar,  deren  Dichter 

Sk  xiclv  i^ '*Aidov  xal  Ald'iQOs),  Winsen  wir  nicht.  sich  im  I'roocmi um  22  Hisiodos  nennt.    Wenn 

_  .  die  Tatsache,  daß  sie  früh  zu  einem  klassischen 

Zusammenfassung.  ^^^  maßgebenden  Buch  geworden  ist  und  die 

Die  o.  Sp.  löOS  zitierte  /Tcrodof stelle,  die  20  verwandten  Werke  schließlich  gan?,  verdrilnj^t 
Homer  und  He.^iod  zu  den  Schöpfern  der  grie-  hat,  zu  dem  Schluß  berechtigt,  daß  sie  die  an- 
chischen  Götterlehre  ma«hen  will,  i-t  nur  ^ehr  deren  Dichtungen  dieser  Art  überragte,  so  er- 
bedin^t  richtig.  Der  wie  die  adlige  Gesellschaft,  weckt  dies  keine  besonders  pünstis^e  Vorstel- 
für  die  er  dichtete,  religiös  indifferente  Homer  lung  von  der  Qualität  der  unterleijenen  Kon- 
hat Götter  und  Theolojfie  nicht  geschaffen,  kurr^-nten;  doch  scheint  zu  den  ausschlaggeben- 
sondem  vielmehr  die  Götter  seines  Volkes,  den  Momenten  der  Auslese  die  Kür/.e  der  He- 
die  dessen  jugendlicher  Phantasie  wohl  recht  «/or/ischen  Th.  f^ehört  zu  haben.  Ihr  Text  war 
menschlich,  wenig  verj^eistigt  und  moralisch  lange  Zeit  fließend  und  starken  Veränderungen 
gehoben,  aber  doch  mit  dem  Schauder  echter  ausgesetzt.  In  der  uns  überlieferten  Fassung 
Religion  umkleidet  vor  Aup^en  standen,  der  so  zeigen  das  Proömium  und  die  Hadewschilderung 
göttlichen  Majestät  entkleidet  und  zu  einer  am  klarsten  ein  unaussjeglichenes  Nebeneinan- 
gewissen  Art  hervorragender  Figuren  im  Me-  der  verschiedener  Versionen  desselben  Themas 
chanismus  seiner  höchst  weltlichen  Dichtung  —  die  Proömien  erweisen  sich  zudem  z.  T.  als 
gemacht.  F^ijientlicheGötterdichtung geschaffen  Einleitungen  von  Th. -Fassungen,  die  von  der 
hat  Homer  (d.  h.  das  heroische  Epos  vom  Typ  unserigen  nicht  unerheblich  abwichen  — ,  und 
Hins  Odysxee)  überhaupt  nicht,  seine  Wirkung  mindestens  der  Hekatehymnus,  die  Typhono- 
auf  die  tatsächliche  Heligion,  Kultus  und  theo-  ma<  hie  und  die  Hero  »gouie  sind  dem  ursprüng- 
logische Spekulation,  ist  daher  nur  eine  ge-  liehen  Plan  des  Ganzen  fremd,  von  einzelnen, 
ringe,  wesentlich  literarische,  erst  auf  diesem  sichtlich  später  zugewachsenen  Versen  und 
Umweg  schließlich  zu  einer  gewissen  Geltung  40  Versreiheu  zu  schweigen.  Die  Chronologie  der 
kommende.  Wohl  aber  lassen  viele  Stf^llen  der  Entstehung  aufzuhellen,  genügt  unser  Material 
j&otnerischen  Epen  erkennen,  daß  ihrem  Ver-  nicht.  Doch  scheint  es  mir  hinreiehend  sicher. 
fasser  Gedichte  von  der  H^-rkunft,  den  Taten  daß  die  den  Kern  bildende  Kompilation  (ohne 
und  Kämpfen  der  Götter  bekannt  sind,  und  in  Hekatehymnus, Typhonomachie  und  Heroogonie, 
11.  S  treten  die  Grundl  nien  eines  mythologisch-  Proomium  und  Hadesschilderung  noch  fli^-ßend. 
theogonischen  Weltbildes  .klar  genug  hervor,  aber  doch  wohl  mit  Prometheis  und  Titano- 
das  der  Dichter  freilich  nur  zu  einer  jener  machie)  nicht  später  als  etwa  700,  die  Redak- 
fri^olen  Travestien  benützt,  die  gkich  vielen  tion  wesentlich  in  der  uns  vorliegenden  Fonn 
anderen  Götterhistörchen  Homers  den  Vorwurf  nicht  später  als  im  6.  Jahrh.  erfolgt  ist,  dem 
des  Xenophaties  (frg.  10  Diels)  nävxcc  ^eoig  &v-  50  auch  die  oben  naihgewiesenen  'orphischen- 
Ft^rixar  'O^Tjpo?  9-'  'Hoiodog  rf,  Ö66a  nnfg'  Scv-  Ketouchen  nahelagen;  aber  kaum  in  Athen, 
d-Qmnoiaiv  dvsiösa  xal  '^oyog  iariv  nur  zu  wohl  denn  das  müßte  deutlichere  Spuren  hinterlassen 
rechtfertigen.  Echte,  ernsthafte  Götterlieder  haben,  vgl.  J/MSa/os  (0.  Sp.  1040 ff.).  Vielmehr  ist 
sind  die  sog.  Homerischen  Hymnen,  und  Hesiod  die  Heimat  dieser  Th.  doch  wohl  Boiotien,  was 
fußt  sowohl,  wo  er  katalogartig  referiert,  als  auch  das  Altertum  zu  der  Identifizierung  ihres 
wo  er  <töttergeschichten  ausführlich  erzählt,  Verfassers  mit  dem  Dichter  der  Erga  geführt 
auf  solcher  älteren  Götterepik,  die  die  Vorstufe  hat.  Endgültig  fest  bis  ins  einzelne  wird  der 
der  eigentlichen  theogonischen  Epik  darstellt.  Text  erst  in  der  alexandrinischen  Zeit  gewor- 
Denn  deren  Wesensmerkmal  ist  die  Zusammen-  den  sein;  daß  es  für  ganze  größere  Partien  der 
fassung  einer  größeren  Anzahl  Göttergeschich-  60  Th.  im  3.  Jahrh.  noch  stark  abweichende  Fas- 
ten, wie  sie  bei  jedem  Stamm  und  an  jedem  sungen  gab,  muß  annehmen,  wer  der  Angabe 
Kultort  im  Volksglauben  lebten  und  z.  T.  schon  des  Chrysippos  Glauben  schenkt,  daß  das  von 
künstlerisch  geformt  waren,  zu  einem  größeren  ihm  mitgeteilte,  die  Geburt  der  Athena  betref- 
System,  in  welchem  frühphilosophische  Speku-  fende  Stück  zu  seiner  Zeit  noch  als  Hesiodeiach 
lation  alsbald  auch  den  Versuch  unternimmt,  im  Umlauf  war,  nicht  vielmehr  einer  andern 
in  den  mythologischen  Formen  der  genealogi-  Th.  Ife.stodeischen  Stils  entstammte,  die  Chry- 
schen  Verknüpfung  und  des  Kampfes  der  Göt-  sipjios  etwa  in  einer  Sammnlausgabe  ältere]- 
tersippen  und  -generationen  ein  Bild  der  Ent-  Theogonica  besaß  und  mit  Hesiod  zusammen 


II 


1553                    Theogonien  Thebanische  Kriege             1554 

warf  (o.  Sp.  1630).   Derartige,  der  HestO(le\ Hchen  nophie  ab  WiBsenschaft,  losgelöst  von  den  Fes- 

im  Stil   verwandte  Tb.n   n&h   t»   mehrere,  von  sein   und    den   Ausdrucksforinen    der  Religion, 

ihr, wohl  u   a.  durch  das  Hervortreten  verschie-  während  die  unphilosophis«  here,  m^tholoxisch 

deuer  örtlicher  Interessen  geschieden.    Gegen-  bleibende  Kichtung  der  theogonischen    Poesie 

über   einer    unnizen    Klasse    andersartiger  Th.n  in    die   genealogische  Prosa,  Typus  Akusilaos, 

ist  die  i/e>/orfeische  (und  die  ihr  verwandten)  und   damit  in   die  Mythographie   aiisinündete. 

dadurch  gekennzeichn»'t,   Hau   das  spekulativ-  lin   3.  Jahrh.   gntt"  die  stuischo  Theologie  auf 

theologische    oder    philosophische   Element    in  die  theogonische  Dichtung  der  Früh/.eit  zurück, 

ihnen  wenig  hervoitritt,  um!  daß  sie  die  Ten-  hielt  sich  aber  begre»! licherweise  mehr  an  die 
denz   zeigen,    die   Göttergeschi  hte   auf  einen  jo  8p»-kulative  Dichtung  innerhalb  derselben,  teils 

Preis    des    Zeus    als    des    physisch    stärksten  an  die  Orphiker  selbst,  teils  an  solche  Gedichte 

Gottes  hinaus/.uarbeiten.    Das  deckt  sich   nur  der  anderen  Richtung,  die  wenigstens  das  spe- 

scheinlar  mit  dem  ZeusbegrifFder  y/eseWeischen  kulative  H]lement  etwas  mehr  hervortreten  lie- 

Erga,  der  orphischen  Theologie,  des  Xenopha-  ßen  als  Hesiod,  s.  o.  Sp.  I52ö.  Einen  mächtigen 

ms,  IHttdar,  Äischylos,  Piaton  und  schlieblich  Aufschwung  nahm  die  theogonisch-kosmogoni- 

der  StO(t:   sie   alle   gehen  in  wesentlicher  und  sehe  Spekulation  diinn  im  Neupythagoreismus 

charakteristischer  Weise  über  die  Th;  Hesioda  und  im  Neuplatonisraus,  der  die  orphische  Sün- 

hinaus.    Die   Zeusreligion  der  Erga  ist  mora-  den-  und  Erlosungslehre  gegen  d.s  konkurrie- 

lisch   orientiert;   ihr  Zeus   ist  der  allmächtige  rende Christentum  auszuspielen  suchte.  Zugleich 

Hort  des  Recht«,  238  f.:  olg  ä'  vßgis  rt  ^ihiir}ls  20  titt  das  theogonische  Element  in  den  helleni- 

xayiT]  H«l  öxirXicc  ^pya,  toig  ds  dUriv  Kgovidrig  stisch  römischen  Mysterienreligionen,  vor  allem 

xsx^aigstaL  sv^votccc    Zsvg.    In   der  orphischen  im  Mithraskult,  kräftig  hervor,  wo  helleniHches, 

Theologie  andererseits  ist  i^neben  der  Ethisie-  früh  heilenisiertes  orientalisches  und  Jung  hei 

rung)  Zeus  zum  Urprii.zip  und  InbegrifiF  aller  lenisiertes   oder   auch   rein   orientalisches  Gut 

Kräfte  des  Universums  geworden,  frg.  ^^S  Abtl:  in  schwer  entwirrbarer  Mischung  durcbeinan- 

Zsvg  7iQ(btog  yt'vtTo,  Zs'us  vöraro?  ägyi'neQavvog'  dergemengt  erscheint    Seine  Behandlung  gehört 

Zivg    xaqpofAT^',    Zsns   {ticoa.-    Jiog   d'  ix  ttccvtcc  nicht  in  den  Rahmen  dieses  Artikels. 

xixvKX(xi  usw.    Beide  Momente  der  moralischen  [Ziegler.] 

und  mystisch  kosmogouischeuVertiefung  fehlen  Thebanische  Kriege.*) 
der  Zeusreligion  der  Th.  in  ihrem  Kern.    (Die  3o  ^    Kämpfe  ohne  besonderen  Sagenkreis, 
symbolische  Paarung  des  Zeus  mit  Ihemis  im 

Anhang  der  Th.  901  ff.  beweist  nichts  dagegen.)  Biodor.  hihi.  hist.  li),  53  zählt  mehrere  the- 
Dieser  unterscheidende  Zug  gegenüber  den  JK'rflfa  banißche  Kriege  auf,  'alles  keine  berühmten 
verdient  stärkste  Beachtung;  der  Zeus  der  Ih.  Geschichten'  {Wilamowitz,  Die  bieben  Tore  The- 
dankt  seine  hervorragende  Stellung  unter  den  hens,  jffermes  26  (1891),  207, 1),  '^aber  doch  ge- 
Göttern nur  seiner  Kraft  und  Klugheit,  und  nauerer  Beachtung  wert,  da  sie  ein  Nieder- 
steht hierin  dem  Zeus  der  Ilias  wesentlich  schlag  der  böotischen  Einwanderung  sind' 
gleich.  Er  vertritt  noch  nicht  ausgesprochener-  •-'39,1):  xovg  ovv  x6xs  v.ax o ly.riG av ag  (die  Spar- 
maßen eine  höhere  Idee.  Wenn  daher  Geffcken  ten)  vgtsqov  'EyxtX^ig  xaxanoXEfirjaavxsg  i^tßa- 
{N.  Jahrh.  1912,  596 f.)  im  Anschluß  an  W  la-  40  Xov.  oxs  örj  6vvi§r\  -accI  xovg  nsgl  Käö^ov  tlg 
mowitz  {Kultur  d.  Gegenwart  1,8,  24)  Hesiod  'IlXvgiovg  ixnsasiv  .  .  .  tb  dsvxsgov  oi  v.axoi- 
den  'Dichter  des  religiösen  Individualismus'  y.riG(xvx8g  rbv  totiov  ii^inEGov  v.axsX^6vTog  RoXv- 
nennt,  gegen  den  die  mystische  Kirche  der  ömgov  xov  Käd^ov  v.al  xaxccq)govrin(xvxog  rö)v 
Orphiker  sich  empört  habe,  indem  sie  an  die  Ttgcey^ccxav  6iä  xrjv  ytvo^yvrjv  xco  k^cpiovi  nsgl 
Stelle  der  Erg'  bnii=;se  des  grübelnden  Indivi-  rä  xstivcc  avfiq^ogdv.  i^fjg  Ö8  xöbv  ccTtoyovcov  xov- 
duums  ihre  phantastischen  Mythengebilde  setzte,  tov  ßcxGiXsvnvxav,  Kai  xfjg  bXrig  xfögccg  i]br}  Boica- 
so  verkennt  er  das  Wesen  derOrphik  und  stellt  xi'ag  xaXovnivrig  &7ib  Boicoxov  xov  MeXccvinnris 
ihr  Vertiältnis  zu  Hesiod  geradezu  auf  den  nhv  xccl  no6nd(bvog  viov^  dvvaßxtvßavxog  ök 
Kopf.  Nicht  der  religiöse  Individualismus  He-  xcbv  xoticov,  xb  xgixov  ixTiinxovGiv  oi  Qrißocloi 
siods  —  der  übrigens  in  der  Th.  ebensosehr  50  x&v  i^  "Agyovg  iniyovoiv  iymoXLogxriGdvxcov  xi]v 
zurücktritt,  wie  er  in  den  Erga  überall  heraus-  noXtv  .  . .  ^sxd  öh  xavxa  xccxä  xov  'iXianbv  nöXs- 
springt,  so  daß  auch  von  dieser  Seite  sich  fiov  ix6xgaxbv6dvxcov  xcbv  0rißai(ov  eigxrjv  jioiccv^ 
starke  Zweifel  gegen  die  antike  Hypothese  der  oi  yiaxaXsicpüsvxsg  ih,ink6ov  ^sxä  xav  dXX(ov 
Identität  der  Verfasser  beider  Dichtungen  er-  BoLcoxav  vnb  HsXaoycbv  ...  änb  dh  xorxcov  xibv 
heben  —  ist  den  Orphikern  mißfällig,  sondern  xgovav  Siafisvovarig  xfjg  noXscac  in'  hr]  G^s^bv 
im  Gegenteil  der  Mangel  an  religiöser  Wärme  öxxayiÖGLa,  nal  xb  ^hv  tcu&xov  xcav  @7]ß(xi(ov 
und  Beseeltheit  und  die  erst  k«imhaite  Ent-  xov  nag^  avxmv  ^d-vovg  Ttgoaxdvxcov ,  ^sxä  öh 
Wicklung  des  spekulativen,  kosmologischen  Ele-  xccvxa  xfjg  rmv  ^EXXr]vtov  ijysuoviug  ducpLaßr^xri- 
ments.  Er  war  ihnen  zu  einfach-mythologisch.  advxtov,  kXi^avSgog  6  ^iXinnov  v.a.xd  y,gdxog  ix- 
Nach  beiden  bezei  hneten  Richtungen. sind  die  60  noXiogxrjßag  xaxiüxa\l)iv. 

Orphiker,  die  unbenannten  -wie  die  benannten:  Auch  die  Phlegyer  waren  Feinde  der  The- 

Musaios,  Epimenides,  Pherekydes,  mächtig  über  baner  und   nahmen  ihre  Stadt  ein  (Pherekyd. 

.ffe.v/od  hinausgeschritten,  befruchtet  durch  starke  3  F  41  d  und  e;   s.  auch   schol.  Apoll.  Bhod.  1, 

Gedankenströme  vom  Osten,  babylonisch-irani-  735;  Roheit,  Oiflipus  2,  4fi,  6). 

achen  Ursprungs.  Aus  der  kosmoh>gischen  Dich-  Der  Minyerkönig  Krginos  von  Orchomenos 

tung  der  Orphiker  ging  dann  eine  spezifische  *)  j^it  Rücksicht  auf  die  durch  die  hohen  Herstei- 

SchÖpfung  des  griechischen  Geistes  hervor,  von  lunRskosten  gebotene  Beschränkung  des  Gesamtumfanges 

der  der  Orient  nichts  geahnt  hatte :  die  Philo-  nach  Möglichkeit  gekürzt. 


1555             Thebanische  Kriege  Thebanische  Kriege              1556 

zieht  wegen  der  Ermordung  seines  Vaters  durch  Phomiss.  13)  nennt  als  Gattin  des  Laios  und 

Perieres.    den   Wagenlenker    des    Menoikeus,  Mutter  des  0   Kurykleia  (vgl.  über  0.  Ehen  ob. 

geffen   Theben    und    erobert   es.     Die   Thoba-  ÄitfL  3, 1, 72()tf.). 

Der  müssen  20  Jahre   lang  jährlich  lOü  Rin-  Alles  das  sind  verschiedene  Namen  für  die- 

der  Tribut  zahlen  {Apollod.  bibl.  2,  67 f.;    Bo-  selbe  mythische  Fi^ur,  Mutter  Krde. 

bert  2, 89,  i(>6).                                                        ^  Der  Versuch  Bethes,  die  PherehydesBieWe  mit 

Desgleichen  werden  Kämpfe  gegen  die  Tele-  schol.  A  Hom.  IL  4,  37G  zu  verbimleu,  wird  von 

beer  erwähnt  von  Hesiod,  Asfds  luff  und  gegen  Robert  1,  lO'Jf.  zurückgewiesen.     'Was  für  ein 

die  Chalkidier  von  Pnus.  9,19,3;    Plut  Amnt.  Monstrum  von  Epos  müßte  die  Oidipodie  ge- 

narr.Z  i>.n^C{Yg\.C.O.Mülter,Orchom.*226f.).  lo  wesen  nein,  wenn  sie  auf  den  Tod  der  lokaste 

__._.,..                mi.  1.       ,  »och  die  V^ermählung  mit  der  Eurvganeia  und 

B.  Die  Sieben  )  gegen  Theben/  ^^^  q^^^^^  ^^^  ^i^^  Kin.lern  hätte  folgen  lassen, 

Die  drei  ältesten  Bestandteile  der  Oidipus-  also  mindestens  noch  fünf  Jahre  nach  der  Kata- 

sage  sind  nach  Bobeit  1^61:  Oidipus  hat  die  strophe  weitergespielt  hätte,  um  dann  im  Sande 

Sphinx  getötet,  seinen  Vater  erschlaffen  und  zu  verlaufen.' 

seine  Mutter  geheiratet.     Schon   spaltet  sich  ürund  des  Zuges   der  Sieben   ge^en 

die  Überlieferung,  und  unsere  Fragen  nach  der  Theben.     'Die  Sage  konnte  die  Ehe  des  Soh- 

Mutter  des  Eteokles  und  Poljneikes,  nach  dem  nes  mit  der  Mutter  unfruchtbar  bleiben  lassen, 

Grunde  des  Zuges  der  Sieben  gegen  Theben  wie   sie   es   in    der  Tat   anfänglich    tat.     Sie 

werden  verschieden  beantwortet.                          20  konnte   ihr   brave   Kinder  entsprießen   lassen. 

Nach    Hom.  Odyss.  11,  271  ff.    ist    Oidipus'  wie  Phrastor  und  Laonytos,  Antigone  und  Is- 

Gattin  und  Matt*»r  Epikaste.     Die  Entdeckung  mene.     Aber  wenn  sie  dem  0.  ein  bruderraör- 

folgt  alsbald  auf  die   Vermählung.     Die    Ehe  derisch^s   Paar   zu  Söhnen   gab,   dann    dieses 

ist  kinderlos  geblieben  (vgl.  Paws.  9,  .ö,  10 f.).  nicht  aus  der  Blutschande  geboren  werden  zu 

So  stand  es  in  der  Oidipodie,  die  von  der  Er-  lassen,   sondern  zu  diesem  Behuf  eine  zweite 

Zeugung  der  vier  Kinder  mit  der  ei<?enen  Mut-  Ehe  des  0.  mit  einer  reinen  Jungfrau   zu  er- 

ter  nichts  Yfn&te  {Bethe,  Theb.  Heldenlieder  164::  finden,  das  wäre  eine  solche  Dummheit  gewe- 

8.  u.).  aen,    daß   sie   selbst   dem   größten   poetischen 

Nach  Pherekydes  3F95  (schal.  Eurip.  Phoi-  Stümper  nicht  zuzutrauen  ibt'  (Robert  111). 

niss.  53)  erzeugt  Oidipus  mit  seiner  Mutter  lo-so  I.  Nach  der  ältesten  Sagen  form  ^ibt 

käste  zwei  Söhne,  Phrastor  und  Laonytos  ('Lao-  sich  Epikaste  durch  Erhängen  den  Tod, 

lytos'    Bechtel   im  Herrn.  60,  320),    die    sonst  während    0.    selbst     am    Leben    bleibt, 

völlig  unbekannt  sind.    Bethe  a.  a.  0.  24   ver-  sogar  weiter  als   König   herrscht  (Hom. 

mutet  daher,  da  auch  die  Zeitangabe  (insl  äh  Od.  11,  275  f.).    Unter  den  ulyta,  die  Epikaste 

iviavTog  nuQiild-s^  ya^st  6  'O.  EvgvYciveiav  trjv  dem    0.   zurückläßt,    sind    mit    dem    schol.   zu 

nsgicpawog)  Schwierigkeiten  bereitet,  daß  die  v.  275    nicht    die    Blendung    und   Verbannung 

beiden  Söhne  aus  einer  anderen   Sage  durch  zu  verstehen,  sondern  Kriegsnöte,  die  ihn  und 

irjrend»»inen    Zufall    hier    eingedrungen    sind.  seine  Stadt  ins  Unglück  stürzen.    Nun  ist  nach 

Welcker  (Ep.  Cyclm  2%  315,  6)  hält  die  beiden  dem  Zeugnis  des  Hesiod,  Erga  IGltf.  das  (Je- 

fur  Söhne  des  Laios,  indem  er  avra  auf  Laios  40  schlecht  der   Heroen   in  zwei  großen  Kriegen, 

bezogen    wissen    will.     Das    ist    grammatisch  vor  Theben  und  vor  Troja.  zugrunde  gegangen. 

aber  nicht  möglich.  Der  Kampf  um  Theben  war  uriXoav  ivs%'  Oldi- 

In  dem  obengenannten  PÄcreÄry^/esfragment  nodcco  entbrannt.  ^Wer  die  Worte  ohne  Vor- 
heiratet 0.  nach  einem  Jahr  Eu  yganeia,  die  eingenommenheit  liest,  kann  ^ie  doch  nur  so 
Tochter  des  Periphas,  die  ihm  zwei  Tochter,  verstehen,  daß  ein  feindliches  Volk  die  Herden 
Antigone  und  Ismene,  und  zwei  Söhne,  Eteokles  des  0.,  der  natürlich  noch  lebend  zu  denken 
und  Polyneikes,  schenkt.  ist,  rauben  wollte,  daß  0.  und  die  Seinen  dies 

Und  weiter  berichtet  derselbe  Gewährsmann,  zu  hindern  suchten,  und  daß  sich  daraus  ein 

daß  nach  dem  Tode  der  Enryganeia  die  Toch-  großer  und  verderblicher  Krieg  entspann,  der 

ter  des  Sthenelos,  Astymedusa,  0.  dritte  Ge-  so  um   die  Mauern  Thebens  herum  ausge fochten 

mahlin  ist.  wurde.     Wer  aber  die  Worte,  wie  es  meines 

Bethe  a.  a.  0.  23  hält  dies  Fragment  nur  für  Wissens  allgemein  geschieht,  auf  den  Zng  der 

einen  sehr  gedrängten  Auszug  aus  der  Phere-  Sieben  bezieht,   der  ist  genötigt,   dem  Hesiod 

Ar^f/eÄerzählung,  doch  vgl.  hiergegen  Lütke,  Phe-  eine  große  üngeschicktheit  und  Unklarheit  den 

recydea'Ib^  der,  wie  Robert  109,  betont,  daß  uns  Ausdrucks  zuzutrauen'  (Robert  113).    Denn  un- 

der  I^ieiekydestext  wörtlich  erhalten  ist.  ter  ^fjXa  Oidmoduo  kann  nicht  der  Besitz  des 

Der  Vater  der  Euryganeia  heißt  bei  Paus.  thebanischen  Landes  und  die  Königsherrscbaft 

9,5,11  Hyperphas,  bei  ^po/iodor.  3.55  Teuthras  verstanden   werden.     Diese  Herdenräuber  sind 

(vgl.  darüber  .BeiZ/e  24, 36,  der  Periphas  für  den  höchstwahracheinlich  Thebens  alte   Erbfeinde, 
echten  Namen  hält),  bei  schol.  Eur.  Phoinss  13  60  die  Minyer  von  Orchomenos,  gewesen,  denen 

Ekphas.  PeriphasJ,  Hyperphas  und  Ekphas  sind  Theben  jahrelang  tributpflichtig  gewesen   ist 

wohl  Varianten  desselben  Namens.  (s.  o.  A.).    Nach  der  oben  zitierten  Pherekydcs- 

Epintenides  (frg.  15  Diels  =   schol.  Eurip.  stelle  sind  nun  zwei  Söhne  des  0.,  Phrastor 

_  und  Laonytos,  von  den  Minyem  getötet  wor- 

*)   [über   die   typische   Siebenzahl    in    theba^   Sagen  ^          ^^    -^^  ^^^^   wenigstens  indirekt  ein   Krieg 

vgl.  Rogener,   D.  Stehen-  u.  Aeunzahl  tn  Kultu»  u.  Mvt/iut  d.  ■,        /^         '.     ^         »« •  v  i.     •_    j ir^'^Z. 

Gnechen.  Leipzig  1904,  8. 47  ff.  u.  SotiHoAc,  Ti.olrn:  xo-  ^cs  O.  mit  den  Mmyem  bezeugt,  ja  der  Krieg 

noygaifiaz  X.  huy.  kf,i,ifuv.  Athen  1914  u.  im  HunuinUt.  ^61  Minyer  m  t  den  Ihebanem  erschien  Hesiod 

Gymn.  1900,  S.  159  ff.    Röscher.]  als  SO  wichtiges  Ereignis,  daß  er  ihn  in  einem 


1557             Thebanische  Kriege  Thebanische  Kriege             1558 

Atem   mit   dem    trojaniscben  nannte.    Zu   der  bezeichneten   Sinne    historisch,    aber  Eteokles 

Nekuia-   wie    zu    der   HesiodAteWe    paßt   nach  und  l'oIyneikeH  und  ihr  Wechselmord  sind  frei 

Robert»  Deutung  vortrefflich  II.  '23,679:  erfunden,  um  dies  Ereignis  mit  dem  O.-mythos 

Off   Tiors   O^ßacö'   i)Xi^8   dsöovTfötog  OlSi-  zu  verknüpfen*  (h'obert  119). 

aV  tdccpov.                                                  [ttöSoco  Der  Marne   Eteokles    scheint    geschichtlich 

Das  ÖBÖovTtoTog  ist  nicht  anders  zu  über-  zu  sein  (so  heißt  auch  ein  Könij^  von  Orcho- 
«etzen  wie:  'als  0.  im  Kampfe  gefallen  war'.  menOs:  s.  o.  1, 13'<9;  Paw/y- VFmo2/;a, /«"A' 0,707), 
Nach  Bohert  115  ist  auch  hier  höchstwahr-  während  Polyneikes  als  redender  Name  wohl 
scheinlich  der  Kampf  mit  den  Minyern  ge-  im  Hinblick  auf  denT  lirudeizwist  und  iJruder- 
meint,  da  0.  in  dem  Kriege  der  Sieben  weder  lO  mord  frei  erfunden  ist  (Studniczka,  Kyrene  69 
Partei  ergreifen  noch  überhaupt  mitkämpfen  faßt  ihn  als  einen  Ares  auf;  vgl.  dazu  Paus. 
konnte.  l)ies>e  Stelle  beweist  einerseits,  daß  2,25,1).  Der  Krieg  zwischen  Argos  und  The- 
die  Leichenspiele  des  0.  sehr  berühmt  gewe-  ben  ist  aber  trotz  i^e/ocA  ((?r/ec/<.  6resc/t.' 1,2, 16) 
sen  sein  müs.^en,  anderseits  daß  zur  Zeit  der  als  Geschichte  und  nicht  als  reines  i'hantasie- 
Abfassung  dieser  Verse  der  Kampf  der  Sieben  bild  zu  nehmen  {Wilumowitz,  Hermes  2«  (1891), 
und  der  Zug  der  Epigonen  bekannt  waren,  da  240;  llias  u.  Homer  310;  Ed.  Meyir,  Gesch.  d. 
sie  den  Freundschaftsbund  des  Euryalos  und  Altertums  ^,1^^  ^l'i.'^'^  HoUertVH)).  Nach  J?o/>er< 
Diomedes  kennen.  Die  Abstammung  des  Meki-  sprechen  für  die  historische  (Jrundlage  vor 
steus  aus  Arges  oder  Sikyon  setzt  aber  auch  allem  die  (iräber  der  Sieben  und  die  mir  ihnen 
«in  freundschaftliche-^  Verhältnis  zwischen  bei-  20  verbundenen  Kulte,  wenn  er  auch  nicht  die 
den  Städten  und  Theben  voraus,  eine  Vermu-  Schwierigkeit  verkennt,  daß  He-^iod  in  seinen 
tung,  die  noch  dadurch  gestützt  wird,  daß  0.  Erga  161  ff.  diesen  Feldzug  völlig  ignoriert  und 
Gattin  eine  Tochter  des  Sthenelos  und  mithin  als  den  blutigsten  Kampf,  den  Theben  zu  te- 
eine Schwester  des  Eurystheus  war.  stehen    hfitte,    den  von  0.  um   die  geraubten 

Nach  der  ältesten  Sagn  ist  offenbar  der  im  Rinder  geführten  bezeichnet.  Er  kommt  des- 
Kampfe gefallene  0.  in  Theben  bestattet  wor-  halb  zu  dem  Schluß,  daß  wohl  ein  historischer 
den.  Die  Leichenfeier  des  0.  in  1  heben  wird  Kern  in  der  Sage  von  dem  Zuge  der  Sieben 
auch  von  Hexiod.  frg.  35  Bz.  erwähnt.  Bei  die-  gegen  Theben  steckt,  dieser  Krieg  aber  nur 
ser  Gelegenheit  kam  auch  Argeia,  die  Tochter  einer  von  den  vielen  war,  die  die  gewaltige 
des  Adrastcs,  nach  Theben,  sah  Polyneikes  und  30  Kadmeia  in  der  my kenisch-kretischen  Periode 
verliebte  sich  in  ihn;  dies  ist  keine  ältere  epische  zu  bestehen  hatte  (s.  o.  Teil  A).  'Mehrere  sol- 
Tratlition,  sondern  vermutlich  freie  Erfindung  eher  Kriege  hat  die  Sage  zu  dem  grandiosen 
des  Eoeendichters  {Robert  117).  Gesamtbild    zusammengefaßt,    dessen    grund- 

Das  ist  die  älteste  für  uns  greifbare  legende  poetische  Gestaltung  die  Thebais  Ho- 

epische  Gestaltung,  deren  Urheber  wir  m/rs    gewesen    ist'    (Robert  121).      Zugunsten 

so  wenig    kennen    wie    den   Namen,  des  dieser  Hypothese  spricht,  daß  zwei  der  gr- ßten 

Epos,  das  sie  enthielt  (Robert  149).  Helden  der  Thebais^  Tydeus  und  Amphia- 

IL    Ans    der   blutschänderischen    Ehe    von  raos,    ursprünglich   gar  keine    Peloponne- 

Mutter    und    Sohn    ist   das    brud^rmörderische  sier,  sondern  erst  durch  Verschwägerung  künst- 

Paar  Eteokles  und  Polyneikes  hervorgegangen.  40  lieh  daza  gestempelt  sind.  i2oöern2l  ff.(s.  a.  185) 

'Dieses  Paar  ist  mit  der  Sage  von  dem  Zuge  weist   na<'h,    daß    Tydeus    ursprünglich    nach 

<ier  Sieben   aufs  engste   verwachsen;,   es  steht  Euböa  (hier  eine  Ortschaft  Tydeia,  Ath.  MItt. 

und  fallt  mit  diesem  und  hat  nur  in  ihm  seine  8  [1883],  19,  Z.  Iß)  gehört.    Wahrscheinlich   ist 

mythologische  Lebensberechtigung' (i?o/><'ri  11 9).  Tydeus  ein-t  nicht  als  Vasall  und  Sihwieger- 

Es  ist  eines  der  kompliziertesten  Probleme  der  söhn    des    Adrast,    sondern    als    selbständiger 

griechischen  Heldensage,  dessen  definitive  Lö-  Heerführer  und  in  eigener  Sache  gegen  Theben 

Bung  noch  nicht  möglich  scheint,  vielleicht  nie  zu  Felde  gezogen,  wenn  mit  Verbündeten,  so 

möglich  ist.    'An  sich  liegen  drei  Möglichkei-  vermutlich    mit    Amphiaraos    von    Oropos    (die 

ten  vor:  Hauptkultstätte  dieses  Gottes  ist  Böotien,  s.  ob. 

Die  erste:  nach  dem  ethischen  Gedanken,  50  1,302;  vgl.  auch  Hitzig- Blümner  zu  Paus.  1,34 
■den  Aischylos  Ag.  758 ff.  so  formuliert  hat:  xo  p.  341  ff.;  WiJamowitz,  Hermes  21  (1886),  91  ff.). 
Sv66f§sg  yag  ^Qyov  \LSta  (ihv  TtXsiova  Tixrgi,  Die  Bewohner  der  Oropia  oder  Graike  (s.  Steph. 
Gcpixiga  8'  slv.6ra  yEvvcc,  schafft  die  weiter-  v.Byz.)  sind  mit  den  Bewohnern  der  gegen- 
bildende Sage  das  im  Wechselmord  endende  überliegenden  böotischen  Küste  desselben  Stara- 
Söhnepaar  und  erdichtet  als  Kahmen  für  diesen  mes  und  mit  ihnen  durch  Kult  und  Sagen  viel- 
Wechselmord  den  Zug  der  Sieben  (vgl.  dazu  fach  verbunden  (Wilamowitz  a.  a.  0.  103  ff.). 
Niese,  EntivicJclung  der  homerisehen  Poesie  204^).  Deutliche  Spuren  dieses  Zuyes  beider  Für^ten 

Die  zweite:  Eteokles  und  Polyneikes  ha-  bewahrt  auch  nocb  die  spätere  Sagenform. 
ben  wirklich  gelebt,  und  die  Sage  vom  Krieg  Periklymenos,  der  nach  der  ürsage  (s.  Robert 
zwischen  Argos  und  Theben  beruht,  wenn  auch  60  121  ff)  dem  Schwert  des  Tydeus  entronnen  ist, 
poetisch  ausgeschmückt,  auf  historischer  Grund-  schlägt  den  Amphiaraos  in  die  Flucht  und  Ver- 
lage; denn  an  sich  ist  es  doch  sehr  wohl  denk-  folgt  ihn  mit  gezücktem  Speer,  bis  Zeus  die 
bar,  daß  sich  einmal  ein  thebanischer  Krön-  Erde  mit  dem  Blitzstrahl  spaltet  und  den  Seher 
prätendent  mit  dem  Königshaus  von  Argos  in  ihrem  Schöße  birgt  (Pind.  Nem.  9, 5'»  ff.), 
verschwägert  und  mit  dessen  Hilfe  seine  An-  Anderseits  erschlägt  Amphiaraos  den  Mela- 
sprüche  durch  einen  Feldzug  geltend  gemacht  nippos,  den  Überwinder  des  Tydeus.  Über  den 
hat.  Kampf  des  Tydeus  und   Melanippos  bestehen 

Die  dritte:  Der  Feldzug  ist  in  dem  eben  drei  Sagenformen  (Robert  133), 


1559             Thebanische  Kriege  Thebanische  Kriege             1560 

1.  Amphiaraos  tötet  auf  Bitten  des  Tydeu»  «J^mrov  Hyorai  yf[r^ffdai  q)y)vovg  iv  ÖTj^att 
den  Melanippos  und  reicht  ihm  gleichfalls  auf  'Jofirivoü  yial  Klaaitov  xiov  'Sll-Ktavo\v  jtsqI  Mb- 
seine  hitteu  das  Haupt  des  Feindes  (schol  II.  Xiag  tt/s?  «[<Jfi(p^s].  Koheri  2,  65  tf.  weist  auf 
K  126  ABT  Pherekydes  nnd  Kykliker  ebenda  das  hohe  Alter  dieser  (leschichte  hin  und  hält 
Oen^ven^is; schol.  Find.  N.  10,12;  schol Lycophr.  es  für  sehr  möglich,  daß  sie  das  Muster  war, 
106rt;  Paii«.  9, 18,  2).  nach  dem  dnr  ionische  Epiker  den  Wechsel- 

2.  Tydeus  tötet  selbst  den  Melanippos;  Am-  mord  des  Bruderpaares  Eteokles  und  Polynei- 
phiaraos    reicht    ihm    in    arglistiger   Absicht  kes  erfunden  hat. 

dessen  Haupt  {Apollod.  3,  76).  Nachdem  nun  der  alte  Naturmythos  (Oidi- 

3.  Tjdeos  tötet  selbst  den  Melanippos  und  lo  pus  ein  chthouischer  Heros  aus  dem  Kreise 
l&0t  sich  dessen  Haupt  reichen  {Staiiiui  Theb.  der  Demeter,  der  sich  mit  der  Erde,  der  AU- 
8,  716tf.).  mutter,  verrnfthlt,  i?o6<TM4tf.)  heroisiert  war. 

Die  Version f  nach  der  Tydeus  selbst  den  ergaben  sich  maonigfache  Schwierigkeiten,  wie 

MeIanip)>os  tötet,  geht  nicht  auf  das  Kpos  zu-  die  Sat^e  im   einzt  Inen  weiter   zu   entwickeln 

rück;  das  Motiv  des  Wechselmordes  ist  dem  war.    Die  Dichter  bis  auf  Sophok  es  vermieden 

des  Polyneikes  und  Eteokles  nachgebildet.  es    daher,    auf  Einzeihtiten   einzugehen,    nur 

Noch  für  einen  dritten  aus  der  späteren  dachte  man  sich  die  Söhne  zur  Zeit  des  Ana- 
Siebenzahl  vermutet  Bobert  185  euböischen  Ur-  gnorismos  schon  erwachsen.  Es  war  natürlich,^ 
spmng,  für  Mekisteus  (vgl.  den  Namen  des  daß  sie  sich  gleich  nach  dem  Anagnoii>mo6 
euböischen  Gebirges  Makiston  bei  Aischyl.  Ag.  20  die  Herrschaft  aneigneten,  während  0.  entwe- 
889).  Wenn  diese  Vermutung  zutrifft,  standen  der  gefangen  gehalten  wird  oder  ins  Elend 
lieh  vielleicht  in  der  Ursage  zwei  Dreiheiten  geht,  und  daß  dann  der  Zwist  zwischen  beiden 
gegenüber:  die  Graikerfürsten  Tydeus.  Amphia-  sogleich  ausbricht.  Dieser  Zwist  muß  ur- 
raos  und  Mekisteus  und  die  Poseidonsöhne  Peri-  sprün^lich  allein  durch  die  Abstammung  aus 
klymenos,  Melanippos  und  Asphodikos.  Meki-  der  blutschänderischen  Ehe  bejfründet  gewesen 
steus  und  Amphiaraos  werden  nun  dadurch  zu  sein,  doch  ist  diese  Sagenform  fast  ganz  durch 
Argivern  gestempelt,  daß  der  eine  zum  Sohn  die  Erzählung  der  Thebais  von  den  Flüchen 
des  Talaod  und  Bruder  des  Adrast  gemacht,  des  Oidipus  verdrängt  worden.  Erkennbar  ist 
der  andere  in  den  Stammbaum  des  Melampo-  die  alte  Sage  z,  B.  noch  im  Oidipus  auf  Kolo- 
didengeschlechts  eingeschoben  und  nach  der  so  nos  des  Sophokles  MH  S.  Von  einem  vertrags- 
verbreitetsten  Version  mit  der  Schwester  des  mäßigen  Wechsel  in  der  Herrschaft  ist  selhst- 
Adrast  vermählt  wird.  Tydeus  ist  erst  auf  dem  verständlich  bei  der  ältesten  Version  keine 
Umweg  über  den  aitolisfhen  Sagenkreis  zum  Rede,  sondern  Polyneikes,  der  ältere,  wird 
Argiver  geworden  (über  die  einzelnen  Phasen  kurzerhand  von  Eteokles  veitrieben.  Es  mußte 
die8erSagenwanderungs.i?o6crnH6ti'.): 'Schütz-  ferner  einen  Dichter  reizen,  sich  näher  auszu- 
ling  der  Athena,  Feind  der  Poseidonsöhne  Peri-  malen,  'wie  sich  erwachsene  Söhne  zu  einem 
klymenos  und  Älelauippos,  von  denen  ihn  der  Vater  stellen  würden,  der  der  Mörder  des  eige- 
zweite  vor  Theben  erschlägt,  Bastard  oder  in  nen  Vaters,  der  Gatte  der  eigenen  Mutter  und 
BlutHchande  erzeugt,  mit  Verwaudtenblut  be-  zugleich  ihr  Vater  und  ihr  Bruder  war,  ein 
fleckter  Verbrecher,  so  lebte  Tydeus  zur  Zeit  40  Greuel  den  rSöttem  und  den  Menschen.  Ab- 
der  ionischen  Wanderung  in  der  Phantasie  der  scheu  und  Verachtung  der  Söhne,  Z«)rn  und 
Griechen.  So  haben  ihn  ionische  Dichter  mit  Groll  auf  Seiten  des  Vaters  mußte  die  natür- 
seinem  alten  Genossen  Amphiaraos  und  viel-  liehe  Folge  sein'  {Robert  144f.).  So  in  der  l'he- 
leicht  auch  mit  Mekisteus  den  argivischen  Hei-  bais,  wo  der  verhöhnte  Vater  gegen  beide  Söhne 
den  zugesellt,  die  das  zweite  eigentlich  maß-  einen  doppelten  Fluch  schleudert:  mit  der  Waffe 
gebende  Element  in  der  Sage  vom  Zuge  der  sollen  sie  ihr  Erbe  teilen  und  bei'le  einander 
sieben  bilden'  (Bobert  141).  gegenseitig   morden  I     Hier   ist   also    das    alte 

In  dieser  Sage  steht  Adrastos  im  Mittel-  Motiv  verdunkelt  und  der  Bruderhaß  nichts  al» 

punkt,    der   ursprünglich    für    Argos    und    die  eine  Folge  der  Verfluchung  durch   den  Vater. 

Ai^ialeia  der  dem  Dionysos  entsprechende  Gott  50  Diese  Version,   d«ß   die   Brüder  bis  zur  Ver- 

war  und  beim  Vordringen  des  Dionysoskultes  fluchung    einträchtig   und    ebenso    auch    noch 

zum    Heros    herabsank    (s.   o.     1 ,  76  tf.).     Zur  nach    dem    Fluche    durch    Verabredung   eines 

peloponnesischen  Gruppe   gehört  nach   Bobert  Wechsels  in  der  Herrschaft  die  Erfüllung  des 

14S  wahrscheinlich   von  Anfang  an  auch  Ka-  Fluches  zu  hemmen  suchen,  ist  mit  verschie- 

paneus  od.-r  wie  nach  Wilamowitz,  Hermes  28  denen  Spielarten  seit  den  Zeiten  des  Epos  fast 

(1891),  226,  2  der  alte  Name  lautet,  Skapaneus  ausschließlich  die  herrschende  geblieben, 

(s.  o.  2,  1,  951).    Sonst  wagt  Bobert  keinen  der  Eine  dritte  Version   steht  zwischen  beiden 

späteren  Sieben   für   diese   frühe   Epoche   der  angnführten  Sagenformen :  Der  Wechsel  in  der 

Sage  in  Anspruch   zu   nehmen     In  Kleinasien,  Herrschaft  ist  nicht  von  den  Söhnen  ersonnen, 

wo   die    ausgewanderten    Griechen    zu    einem  so  um  dem   Fluch  des  Vaters  zu  entgehen,  son- 

neuen  Volke,  den  loniern,  zusammenwuchsen,  dem  von  0.  selbst  hesUmmt  (Hygin.  f.  67;  Ac- 

sind  auch  ihre  Sagen  vom  thebanischen  Krieg  eins  frg.  3  u  5  Hibb ).    0.  muß  also  auch  noch 

miteinander  verschmolzen.    Als   dessen  Anlaß  nach  dem  Anaamorismos  die  freie  Verfügung 

erfanden  sie  das  feindliche  Brüderpaar  Eteokles  über  die  thebanische  Königsgrewalt  haben.    Kr 

und  Polyneikes.    Vielleicht  haben  wir  das  Vor-  dankt   aber   ab,  um,    wie   Hygin   überliefert, 

bild    hierfür    in    einem    Oxyrhynchuspapyrus  freiwillig  in  die  Vebannung  zu  gehen  —  bei 

wiedergeschenkt  erhalten.  Im  10.  Bd,  Kol.  IV  5ff.  Accius  bleibt  er  auch  nach  der  Thronentsagung 

(p.  104)  finden  wir  die  Nachricht:  St8sX[(pä)v  de  in  Theben  und  wird   erst  am  Schluß  auf  Tei- 


1561             Thebanische  Kriege  Thebanische  Kriege             1562 

resias'   Defehl   von   Kreon  in   die  Verbannung  ersten  Fluch  ausspricht.    Die  zweite  Kränkung 

fcschickt  —  und  sucht  durch  jene  Maßregel  aber  war  keine   beabsichtigte  und  der  zweite 

ie  drohende  Gefahr  eines  Bruderzwistes,  die  Fluch  des  0.  eine  Ausgeburt  seiues  Jähzorns'. 

er   aus  der  Charakteranlage   seiner  Sühne  er-  Manches  ist  ungewiß,   bO,   ob  die  Mutter  und 

kennt,  abzuwenden.  Über  das  Alter  dieser  Ver-  üattin  des  0.  noch   um   Leben   war,    als   sich 

sion    liißt   sich    Genaues    nicht   ermitteln.     Es  jene  Szenen   abspielten,  oder  ob   sie  sich  so- 

kann    eine   Mittelstufe    zwischen   der    ältesten  gleich  getütet  hat.    Wenn   n.an    das  Gemälde 

Sagenform:    Brudtrhaß    und    Brudermord    als  des  Onasia»*  im  TempeUder  Athena  Areia  zu 

Erbteil   der   Blutschande,   und   der   Form  der  Plataiai    auf   die    Thehais    zurückführen    darf 
Thebais:  Bruderhaß  und  Brudermord  als  Wir- lo  (Paw*.  i>,  4,  2.   6,11),   so  hieße  sie   F^uryganeia 

kung   des   Vateifluches    sein.    Sie   kann   auch  und   hätte    auch    den   Doppelmord   der  Söhne 

von   einem  jungen   Dramatiker  erfunden  sein,  erlebt. 

der  die  Fhoinissen  des  Euripides  verbessern  Bei  Aischylos  ist  lokaste  das  leidenschaft- 
wollte.  Oder  endlich  kann  auch  Accius  selbst  lieh  liehen« Ie  Weib.  Diesen  Grundzug  hat  ihr 
der  Erfinder  sein  und  Hyqin  das  Motiv  aus  Sophokles  gelassen,  aber  ihn  mit  frivoler  Ver- 
ihm  entnommen  haben  (vgl.  hierzu  i?ofter^  145  tf.).  achtung  der  Götter  kombiniert  {Robert  21)8  tf.). 
Die  Entwicklung  dieses  Fiuchmotivs  ist  Euripides  selbst  hatte  sie  in  seinem  Oidipus 
interessant.  In  der  alten  Sage  veröucht  Fpi-  als  treue,  aufopfernde  Gatin,  die  ihren  Mann 
käste  den  0.,  in  der  Thebais  und  nach  dieser  auch  im  Elend  und  in  der  Schmach  nicht  ver- 
bei  Aischylos  verflucht  0  seine  Söhne,  bei  So-  20  liißt,  gezeichnet  {Robert  314tf.).  In  den  Phöi- 
phokles  verflucht  dieser  sich  selbst  {Robert  169;  nissen  folgt  er  mehr  der  Veraion  des  Sopho/.lea^ 
oben  3, 1,731  tf.).  Die  Motivierung  des  ersten  aber  insofern  auch  der  Thebais,  als  er  lokaste 
Fluches  ist  bei  Aischylos  dieselbe  wie  in  der  den  Zug  der  Sieben  erleben  läßt.  Sie  ist  hier 
Thebais  {c(qxccidc  rgvtpri).  Wie  sich  Aischylos  eine  hochbetagte  Greisin  und  hat,  um  den  Ein- 
mit  dem  zweiten  Fluche  abfindet,  ofl'enbart  die  druck  der  tiefgebeugten  noch  zu  erhöhen,  ge- 
dichterische und  sittliche  Größe  des  Dichters.  stutztes  weißes  Haar  und  Trauergewand.  Aber 
Bei  ihm  ist  der  Wechselmord  nicht  die  Er-  im  Gegensatz  zur  Sophokleiechen  lokaste  ist 
füUung  des  natürlichen  Fluches,  sondern  das  ihr  Hauptcharakterzug  tiefste  Gottergebenheit 
Werk  des  Eteokles,  der  planvoll  vorgeht,  um  (Robert  434). 

das  gegen  den  Willen  des  Phoibos  erzeugte  30  Ob  Kreon  in  der  Thebais  vorkam,  wissen 
Geschlecht  zu  vertilgen,  die  Stadt  aber  zu  ret-  wir  nicht;  ebenso  läßt  sich  nichts  Sicheres  er- 
ten.  Er  tötet  nicht  nur  den  verhaßten  Bruder,  mittein,  wie  weit  auf  die  Vorgeschichte  ein- 
sondern opfert  auch  sich  selbst,  damit  die  Stadt  gegangen  war.  Nur  das  ist  wohl  als  gewiß 
von  den  Folgen  des  Fluches  verschont  bleibt  anzunehmen,  daß  Ismene  und  Antigene  auch 
{Robert  264  fiF.).  in  diesem  Epos  vorkamen.  Ihre  Erwähnung 
Sicher  jung  und  erfanden  ist  das  Motiv,  bei  Fherekydes  3  F  95  und  ihr  Auftreten  am 
daß  ein  Orakel  die  Ursache  des  Wechselmor-  Schluß  der  Sieben  beweist,  daß  sie  schon  da- 
des  der  beiden  Brüder  ist  {schol.  zu  Eurip.  mals  mit  der  O.-Sage  fest  verwachsen  waren. 
Phoeniss.  13:  das  Motiv  der  O.-Aussetzung  ist  Über  den  weiteren  Inhalt  der  Thebnis  vgl. 
hier  auf  seine  Söhne  übertragen).  40  Welcher,  Ep.  Cycl.  2,  320tf. ;  Bethe  43 tf.;  Weck- 
III.  Von  den  vier  Epen,  die  diesen  Stoflf  lein,  Abh.d.Bayr.  Ak.  1901,  GGlf^.;  Robert  lS2f(. 
behandelt  haben  —  die  unter  dem  Namen  des  In  der  Utas  wird  Tydeus  an  verschiede- 
Kinaithon  gehende  Oidipodie  und  die  drei  dem  nen  Stellen  erwähnt,  in  der  ältesten  (E  8ü0ff ), 
Homer  zugeschriebenen,  Thebais,  Epigonen,  daß  er  bei  einem  Krieg  zwischen  Achäern  und 
Amphiaraos'  Auszug,  falls  dies  letztere  nicht  Kadmeiern  als  Gesandter  der  Achäer  nach  The- 
bloß  ein  Teil  der  Thebais  (s.  u.)  war  —  wissen  ben  geschickt 

wir  außerordentlich  wenig,  da  die  Fragmente  yLovQOvg  Kccäfisicov  TtgoKuXi^Eto,  Ttävxa 

sehr  spärlich  sind.  d'  ivUa. 

1.  Oidipodie.  Nach  Paus.  9,5, 11  hieß  0.'  Aus  dieser  Stelle  sowohl  wie  auch  aus  dem 
Gemahlin  in  diesem  Epos  Euryganeia  und  50  Gebet  des  Diomedes  an  Athene  (115f^".)  —  'so 
schenkte  ihm  die  beiden  Söhne  Eteokles  und  betet  der  Neuling,  der  sich  erst  Kriegsruhm 
Polyneikes  und  die  beiden  löchter  L^mene  und  erwerben  will,  nicht  der  Eroberer  und  Zerstö- 
Antigone.  Über  das  sogenannte  Pisnnderscho-  rer  Thebens'  [Robert  186)  —  und  den  einlei- 
lion  (zu  Eurip.  Phoen.llQo)  als  Inhaltsangabe  tenden  Versen  (Iff)  geht  hervor,  daß  der  Ver- 
dieses  Epos  vgl.  Bethe  1  ff.  und  gegen  ihn  fasser  der  Jiotirjdov?  agiarsicc  den  Zug  der  Epi- 
Rubert  150  ff.  gonen  nicht  gekannt  hat.    Dagegen  haben  wir 

2.  Thebais.  Aus  ihr  ist  uns  ein  sehr  wich-  J  365  ff  die  poetisch  ausgebildete  Sage  von 
tiges  Motiv  erhalten:  die  Flüche,  die  0.  über  Eteokles  und  Polyneikes,  den  Zug  der  Epigo- 
seine  Söhne  ausspricht  (s.  0.).  Nach  Robert  180  nen  und  auch  eine  Anspielung  auf  Amphiaraos' 
läßt  sich  aus  den  beiden  erhaltenen  Kragmen-  60  Warnung.  Die  Ansichten  darüber,  ob  dies  aus 
ten  erschließen:  'Der  avayvtopiö^d?  erfolgt,  als  der  Thebais  stammt,  gehen  auseinander.  Welcker 
Eteokles  und  Polyneikes  schon  erwachsen  wa-  353 ff.  bejaht  es,  Bethe  glaubt  an  Erinnerungen 
ren.  Sie  kerkern  ihren  Vater  aus  religiösen  an  festausgeprägte  Sagenbilder,  hält  aber  die 
Motiven  ein.  Polyneikes,  der  über  den  Königs-  Thebais  als  Quelle  dafür  für  unwahrscheinlich, 
schätz  verfügt,  vielleicht  weil  er  der  ältere  war,  Niese  {Homer.  Poesie  129)  hält  es  für  freie  Er- 
vielleicht  weil  er  sich  dessen  gewaltsam  be-  tindung.  Robert  188 ff.  benutzt  die  Stelle  zum 
mächtigt  hat,  bereitet  seinem  Vater  eine  schwere  Nachweis,  daß  der  Dichter  der  Thebais  diese 
Kränkung,  weshalb  0.  über  beide  Brüder  den  Rede  des  Agamemnon  nicht  gedichtet  noch  in 


1563            Thebanische  Kriege  Thebanische  Kriege            1564 

der  Utas,  wenn  er  an  deren  Redaktion  Anteil  Kopenhagen  (abgab,  bei  liobert  197  u.  o.  S.  1400) 
gehabt  haben  sollte,  stehen  gelassen  haben  eine  offenbar  ältere,  da  eint'aehere  Darstellung, 
kann.  Nicht  ausgeschlossen  aber  ist  es,  daß  einfacher  insofern,  als  hier  eine  Sa^enforui  vor- 
der Verfasser  von  J  365  tf.  außer  der  Athena-  liej^t,  nach  der  die  beiden  Helden  nacheinander 
erzählung  £  800  ff.  auch  die  zu  seiner  Zeit  bei  Adrast  eintreffen.  Auf  dem  Vasenbild  bitzt 
sicher  schon  vorhandene  Thebais  benutzt  hat.  inschrittlich  bezeichnet Tydeus  als  Schutzüehen- 
FriecUänder  {Rhein.  Mus.  4tf  [1914],  820)  faßt  der  am  Boden  vor  der  Säule  de»  Me«j^aron.  Ge- 
mit  Unrecht  die  Erzählungen  des  J  und  E  als  genüber  liegt  Adrastos (ebenfalls  inschr.  bez)  auf 
selbständige,  sich  gegenseitig  stützende  Zeog-  der  Kline,  den  rechten  Zeigefinger  bedeutsam 
n\B*e  auf.  Zwei  Motive  kommen  im  d  zu  der  lO  erhebend.  'Aber  neben  Tydeus  —  und  das  ist 
Erzählung  hinza:  die  Gesandtschaft  des  Poly-  das  große  Rätsel  — sitzt  gleichfalls  in  der  8tel- 
neikes  und  Tydeus  nach  Mykene  und  der  Xöxog^  lung  eines  SchutzBehenden  eine  Gestalt,  die 
den  Tydeus  bei  der  Rückkehr  von  seiner  Ge-  keinesfalls  Polyneikes,  sondern  ohne  Zweifel 
sandtschaft  erschlägt.  Das  erste  ist  von  dem  weiblich  ist'.  Wer  sie  i-t,  ob  Üeipyle,  die  küuf- 
Verfassei  dea  d  frei  erfanden,  um  die  Kennt-  tige  Gattin,  oder  seine  Mutter  Periboia  oder  eine 
nis,  die  Agamemnon  von  Tydeus  und  seinen  seiner  Schwestern,  können  wir  nicht  bestimmt 
Taten  hat,  zu  begründen  oder  auch  um  zu  er-  sagen,  da  alle  literarischen  Hilfsmittel  versagen, 
klären,  warum  die  Pelopiden  am  Kampf  gegen  Soviel  aber  scheint  klar,  daß  die  in  den  Mittel- 
Theben  nicht  teilgenommen  haben.  Die  Ge-  punkt  der  Komposition  gestellte  weibliche  Figur 
■chichte  von  dem  X6xog  dagegen  kann,  wie  so  eine  Hauptperson,  also  doch  wohl  Deipyle,  und 
Eob€rtl\)2f.  nachweist,  sehr  wohl  aus  der  die  Frau  mit  dem  Mantel  über  dem  Hinterkopf, 
Thebais  entlehnt  sein;  nur  wird  sie  dort  in  die  freundlich  mit  Tydeus  zu  reden  scheint, 
einem  andern  Zusammenhang  gestanden  haben,  die  Königin  iüt  {Robert  196). 
da  sie  sonst  als  ein  gemeiner  Racheakt  er-  Für  die  andere  Version  ist  Euripides  unser 
scheint  und  eine  einseitige  Verherrlichung  der  ältester  Zeuge.  (Über  die  vielfachen  Umgestal- 
argivischen  Helden  der  Thebais  ferngelegen  tungcn  der  ganzen  Sage  bei  den  Tragikern 
bab<*n  muß.  Robert  vermutet,  daß  Tydeus,  wie  überhaupt,  die  sich  teilweise  aus  verfeinertem 
Acbilleus  in  der  Troilos-  und  Polyxenaepisode,  sittlichen  Gefühl  erklären,  s.  Robert 'lb'i^.\  Grie- 
sich  als  Späher  in  die  Nähe  der  Stadt  wagte,  chische  Heldensage  905 ff.)  Der  Bericht  in  den 
während  das  Gros  am  Asopos  lagerte.  Hier  so  Phoinissen  409  tf.  ist  in  zwei  Punkten  reicher 
überraschte  er  Ismene  beim  Brunnen  {Pherekyd.  ah  der  in  den  Hiketiden  134ff.  Polyneikes  ist 
frg.  48  aus  der  Thebats;  Robert  126).  Wie  danach  früher  gekommen  als  Tydeus.  und  der 
Achilleus  den  Priamiden  und  ihren  Scharen  Kampf  in  der  Vorhalle  entbrennt  um  die  Lager- 
standbält,  so  Tydeus  den  50  Mann")  des  /Ld^off,  statte,  die  Polyneikes  für  sich  behaupten,  Ty- 
»Iso  eine  Parallele  zur  Troilosepisode  der  Ky-  deus  mit  ihm  teilen  oder  vielleicht  auch  für 
prien.  sich  allein  beans|)nichen  will.    Dasselbe  steht 

Die  dritte  Erwähnung  des  Tydeusabenteuers  in  dem  fragmentarischen  Chorlied   der  HypH- 

in    der    //»a«Ä284ff.    ist   fast    ausschließlich  pyle  {Oayrh.  Pap.  6,Sb2  p.  ^ö  frg.S,9).  Über  die 

eine  Nachdichtung  von  J,  das  für  die  spätere  weitere    Entwicklung    dieser    Sagentorm    vgl. 

Zeit   {Statius   Theb.  2,  370  tf.;    Mythographen)  40  Robert  20()ff.    Mit  Recht  bestreitet  Robert,  da-ß 

alleinige  Quelle  ist.  diese   Darstellung   die   älteste   Sage   gibt.    Es 

Auch  der  Kannibalismus  des  Tydeus  muß  kann  ein  Hlpos  zugrunde  liegen,  'sogar  ein  älte- 
in  der  Thebais  gestanden  haben,  die  Art  aber,  res  ionisches  könnte  es  sein,  wenn  statt  des 
wie  im  E  Athena  von  Tydeus  spricht,  macht  delphischen  Gottes  ein  beliebiger  Seher  den 
es  wenig  wahrscheinlich,  daß  der  Dichter  der  Spruch  tat  wie  bei  Apollodor.  Nur  notwendig 
Thebais  etwas  mit  E  zu  tun  hat.  Auch  der  ist  es  nicht;  es  kann  auch  eine  von  Delphi, 
Dichter  von  S  110  ff.,  in  welchen  Versen  Dio-  das  sich  auch  in  dieser  Sage  als  die  maßgebende 
medes  seine  Ahnenreihe  darlegt,  kennt  den  Instanz  eindrängen  wollte,  ausgegangene  Prosa- 
Epigonenzug  nicht   oder    ignoriert  ihn,    denn  erzählung  gewesen  sein.' 

sonst  würde  er  den  Diomedes  auf  seine  Kriegs-  50        Von  dem  zweiten   Haupthelden  Amphia- 

taten  sich  berufen  lassen.    Es  wird  auch  nicht  raos  handeln  ein  paar  junge  i/ojwerstellen,  in 

gesagt,   daß  Diomedes'  Vater,   Tydeus,   einen  der   Telemachie  (o  225  ff)  und   in   der  Nekyia 

seiner    Oheime    Agrios    oder   Melas    oder    die  (1  326 ff.).    Aus  den   kurzen  Andeutungen  laßt 

Söhne  des  einen  erschlägt,  auf  die  Verbannung  sich  entnehmen,  daß  Amphiaraos  nicht  mit  in 

infolge  dieser  Tat  deuten  aber  wohl  die  Worte  den  Krieg  ziehen  will,  weil  er  als  Seher  das 

TtXayx^sig,  mg  ydg  nov  Zsvg  rj&sXe  xai  &sol  unglückliche   Ende  kennt.     Schwerlich  gehört 

aXXot..  dies  Motiv  der  ältesten  Sagenform  an,  wie  wir 

Die  ganze  Darstellung  in  diesen  Versen  ist  sie  oben  gegeben  haben.    'Auf  seinem  heimi- 

sehr  summarisch,   und   so  kann  man  aus  der  sehen  boiotischen  Boden  wird  wohl  Amphia- 

NichterwähnuDg     der    Brautgewinnung     noch  60  raos  erst  nach  seiner  Rntrückung  zum  Seher- 

nicht  schließen,  daß  diese  Sagenform  dem  Dich-  gott  geworden  sein.    Erst  als  er  nach  Argos 

ter  unbekannt  war.  verpflanzt  i>t,  wird  er  bereits  im   Leben  ein 

Zu  der  gewöhnlichen  Version,  daß  Tydeus  Seher.    In  jener  ältesten  Sage  werden  wir  ihn 

und   Polyneikes    zu   gleicher   Zeit  bei   Adrast  uns  ebenso   kriegsmutig  denken   wie  Tydeus. 

erscheinen,   bietet  eine   chalkidische  Vase   in  In  der  argi vischen  und  epischen  Version  hin- 

*)  [Vgl.  Ro^r,  Die  Zahl  50  in  Mythus,  Kultus,  Epos  u.  f  ^«°    '^*^^*  ,^^  J"'  !1''^.7^W  'u'^'^^^^^M  '  K^f 

Taktik  der  Hrllenen  u.  and.  Völker,  les.  d.  Semüen.  Leipzig  dazu   zwingt'  {Robert  2o6).     Woher  diese  Macht 

1916,  s.  sif.   Boscher.i  der  Eriphvle   über  ihren   Gatten  stammt,   er- 


1565  Thebanische  Kriege  Thebanische  Kriege  1566 

klären  uus  erst  <lie  Odyssee  —  (schol.  zu  l  326,  darin  pje«tanden  haben,  überhaupt  mußte  es 
fast  gleich  ylpo/Z.  3,  ()! ;  mit  Anjral)e  des  Streit-  eine  epische  Handlun«^  bis  zur  Abfahrt  des 
Objektes  Z)iorfo/-.  4,  65,  6)  und  Pindarscholien  Helden  onthalten  habon'.  'Daß  nun  in  diesem 
(zu  JV  i>,  30).  Hn  dem  Odysscescholion  umi  bei  supponierton  Gedicht  auch  die  Ueschichte  von 
den  Mythographi-n  ist  Aiuphiaraoei  bereits  Adrasts  Zwist  und  Versöhnung  mit  Amphia- 
mit  Eriphvle  vermählt,  als  er  mit  Adrast  in  raos  erzählt  gewesen  sein  sollte,  ist  zwar  nicht 
Streit  j»eräl;  nach  d<*m  Pindarscholion  fällt  absolut  ausgeschlossen,  aber  nicht  gerade  wahr- 
der  Zwist  vor  die  Eheschließung;  auch  handelt  scheinlich',  liohcrt  deuict  als  Quelle  für  die 
es  sich  dort  um  einen  blutigen  Kampf,  in  dem  Pindarstelle  vielmehr  an  ein  genealogisches 
des  Adrastos  Vater  von  Amphiaraos  erschlagen  lo  Epos,  in  dem  von  dem  Zwist  zwischen  Am- 
und  aus  Argos  vertrieben  wird  Die  Hand  der  phiaros  und  Adrast  die  Rede  gewesen  ist,  viel- 
Eriphyle  ist  dann  das  Siegel  der  Versöhnung'.  leicht  auch  von  den  Geschlechtern  der  Proiti- 
Die  Geneigtheit  des  Amphiaraos,  auf  die  Ver-  den,  Melampodiden  und  Biantiden,  mit  deren 
BÖhnung  einzugehen,  findet  vielleicht  in  seiner  Stammbaum  der  betreffende  Teil  des  Scholiona 
Neigung  zu  Eriphyle  oder  auch  darin  seine  beginnt.  In  Betracht  kommt  das  erste  Buch 
Erklärung,  'daß  Adrast,  als  Erbe  des  Poljbos,  von  Hesioda  Katalogen  und  die  Melampodie. 
nun  zu  großer  Macht  gelangt  und  ihm  die  Auch  aus  Bild  werken  können  wir  einiges 
Herrschaft  über  Argos  streiti«;  machen  kann.  für  den  Gang  der  Ereignisse  in  der  Thebais 
Jedenfalls  aber  ist  dieser  gewalttätige,  berech-  erschließen.  Ergrimmt  über  den  Verrat  will 
nende  und  vielleicht  auch  verliebte  Amphiaraos  20  Amphiaraos  die  Eriphyle  töten.  Diese  Szene 
ein  ganz  anderer  wie  der  weise  und  b'^sonneoe  war  am  Kypselosk asten  dargestellt  (Paus.  5, 
Seher,  den  wir  aus  der  Sage  vom  Zuge  der  17,7;  vgl.  dazu  Bohert  •J23f  u.  oben  1,  2H5f), 
Sieben  kennen'  {Bohert  207)  Die  Pmdarver-  Noch  eine  zweite  S/.ene  aus  der  Thehais  fand 
sion  {N  i*,  12  tf.)  will  Welcher  a.  a.  0.  344f  auf  sich  auf  dem  Kypseloskasten,  der  Wechselmord 
die  Thehais  und  Bethe  bii  auf  die  'AuKpiuQäov  der  Brüder  (Paws-.  .5, 19,6).  Damit  stimmt  Awr»- 
i^Blaaioc  zurückführen.  Bohert  hebt  die  Be-  ja 'rfes,  PÄoew.  1414  ff.  überein.  Die  Darstellungen 
denken,  die  dieser  Annahme  entgegenstehen,  auf  den  etruskischen  Urnen  dai^egen  und  die 
hervor.  Die  Voraussetzung  dieser  Version  wäre  auf  Sarkophagen  gehen  auf  Euripides'  Phoe- 
die  Verschwägerung  des  Amphiaraos  mit  Adra-  nissen  zurück.  Dieselbe  Szene  enthielt  das  Ge- 
stos.  Darauf  wird  aber  in  der  Poesie  fast  nie- 30  mälde  des  Onasias  in  Plataiai,  auf  dem  die 
mals  Bezug  genommen,  was  man  erwarten  Mutter,  dort  Euryganeia  genannt,  bei  dem 
sollte,  wenn  sie  zum  festen  Bestand  der  Sage  Wechselmord  zugegen  war  {Paus.  9,  8,11). 
gehörte.  Es  kommt  hinzu,  wenn  Eriphyle  die  '  Wenn  wir  dies  schon  oben  auf  die  Thehais 
Schwester  des  Adrast  ist,  'so  war  das  für  sie  zurückgeführt  haben,  so  dürfen  wir  jetzt  dar- 
schon Grund  genug,  sich  auf  seine  Seite  zu  auf  hinweisen,  daß  auch  in  den  Phoenissen, 
stellen,  da  nach  antiker  Anschauuiig  der  Bru-  deren  Abhängigkeit  von  diesem  Epos  wir  eben 
der  dem  Weibe  näher  steht  als  der  Gatte.  Die  gerade  bei  dieser  Szene  konstatiert  haben,  die 
Bestechung  durch  das  Halsband  der  Harmonia  Mutter  bei  dem  Tod  der  Söhne  zugegen  ist, 
ist  daneben  überflüssig  und  also  eine  Duldette.  und  daß  dies  Stück  auch  zeigt,  wie  sich  die 
So  möchte  man  eine  Sagenfoim  postulieren,  40  (iefangenhaltung  de^?  0,  die  für  die  Thehais 
in  der  Eriphyle  nicht  die  Schwester  des  Adra-  feststeht,  damit  in  Einklang  bringen  läßt,  daß 
etos  war;  eine  solche  ist  durch  das  Scholion  A  lokaste  die  ävayvoiQiGig  überlebt'  {Bohert  225). 
zu  X  326  bezeugt,  wo  zu  'Ep/qpv/Lrjv  bemerkt  Nach  etruskischen  Urnen  läßt  sich  das  Gq- 
vf\v&:"l(piog  %'vyatiQcc.''  Nun  erst  kommt  das  Be-  mälde  etwa  wie  folgt  rekonstruieren:  In  der 
stechungsmotiv,  das  schon  die  Odyssee  kennt,  Mitte  der  Wechselmord  der  Brüder  in  Gegen- 
voll  zur  Geltung.  Von  Polyn-  ikes  bestochen,  wart  der  Mutter,  unten  rechts  Amphiaraos  ver- 
verrät Eriphyle  das  Versteck  ihres  Gatten,  eine  sinkend,  links  Adrastos  auf  seinem  Wagen,  in 
Version,  die  Bethe  und  Bohert  für  die  Thehais  der  oberen  BildBäche  rechts  der  stürzende  Ka- 
in  Anspruch  nehmen  (vgl.  hierzu  JSofteri  211  ff.).  paneus,  links  Parthenopaios,   Tydeus  und  ein 

Auch  die  Pe//f7arstelle  geht   auf  ein   Epos  50  dritter  Held  das  Tor  stürmend  {Bohert  235). 
zurück,  aber  nicht,  wie  Bei/ie  meint,  auf 'Am-  Die  Darstellung    des    Kampfes   der   Sieben 

phiaraos'  Auszug'.    Dieses  Werk  kann,  wie  auf  dem  Fries  von  Gjölbaschi  bringt  für  die 

Bohert  219    betont,    nicht    umfangreicher    als  Thehais  nichts  Neues  {Bohert  227). 
einer  der  homerischen  Hymnen  gewesen   sein.  Auf   etruskischen  Urnen   finden   sich    zwei 

Daß  es  den  ganzen  Thebanischen  Krieg  behau-  Szenen,  die  i.ach  Gustav  Körte,  Le  urne  etrusche 

delte  und  sich  inhaltlich  mit  der  T/ie6a*s  deckte,  2,67  auf  der  Thehais  beruhen.    Auf  Urnen  der 

ist  undenkbar.    'Entweder  war  sie  ein  kleines  einen  Gruppe  (XXllI  7,  XXIV  8.  9)  ist  Kapaneus 

selbständiges  Gedicht  oder  ein  Teil  der  The-  auf  der  Sturmleiter  abgebildet.  Über  seiner  lin- 

bais^.    Als  Inhalt  läßt   sich  auf  Grund  einiger  ken  Schulter  hängt  der  Körper  eines  toten  Jüng- 

Zeugnisse   {ä.  Bohert  220)   nach    dem   Vorgang  60  lings  (Abb.  1)    ^TöWe  vergleicht  damit  die  Schil- 

von  Boeckh  {Pind.  2^  p.  647  ff.  frg.  68);  Loheck  derung,  die  Statins,  Theh.  8,  745 ff.  von  der  Szene 

{Aglaoph.  382)    und    Bergk  {Comment.  de  com.  gibt,  wo  Tydeus  um  das  Haupt  des  Melanippos 

Attic.  antiqu.  220;    Poet.  lyr.  2*  p.  139)   vermu-  bittet  und  Kapaneus  seinen  Wunsch  erfüllt.  Die 

ten,  daß  die  Ermahnungen  des  Amphiaraos  an  Übereinstimmung  ist  so  groß,  daß  man  geneigt 

Amphilochos   einen  breiten    Raum   einnahmen  scheint,   der  Meinung  Körten  zu  sein,   der  sie 

und  dem  Epyllion   den  Cliarakter  eines  Lehr-  durch  die  Gemein.samkeit  der  Quelle,  der  The- 

gedichtes    gaben.     'Der  Verrat    der   Eriphyle,  5«es,  erklärt.    Allein  Bo6eri  weist  229  ff.  auf  die 

das  Rachegebot  des  Amphiaraos  mußten  wohl  großen  Bedenken,   die  diese  Deutung  hervor- 


1567 


Tbebanische  Kriege 


Thebanische  Kriege 


1568 


1)  KAp&neus  »of  der  Stormleiter  (nAoh  Gutta«  Körte,  U  urne  etrvtche  II,  tav.XXIV  by 


ruft,  hin.  Aus  dem  Vergleich  mit  anderen 
Urnenbildern  folgt,  daß  hier  die  Szene  darge- 
stellt ist,  wo  ein  tbebanischer  Verteidiger,  der 
sonst  in  weit  vorgebeugter  Haltung  oben  auf 
der  Mauer  steht  (X\ HI,  6;  Abbildung;  l>ei  Robert 
nr.  40)  oder  zwiRchen  Turm  und  Leiter  herab- 
stürzt (XX  9;  Robert  41),  auf  Kapaneus  selbst 
tUUt;  'aber  dieser  riesenhafte  Kecke  gerät  durch  30  Reihe  von  Listen  überliefert  (vgl.  Wilamowitt 


'Mithin    gehört    sie  in 
die    Thebats,   und    die 
Siebenzihl  der  Helden, 
hierin  weiche  ich',  sagt 
Robert  236,  'von  Wtla- 
moiiitz  ab,  ist  durch  die 
Siebenzahl  der  Tore  be- 
dingt'.   Ai-^chifJos  folgt 
also    der    Version    der 
Thebats.  Onasias  mußte 
davon  abweichen,  da  er 
nicht  den  ganzen  Mauer- 
rin>f,   sonilern  nur  eine 
Seite     zeigen     konnte. 
Wenn    er    weiter    den 
Wechsel mord  der  Brü- 
der und  vermutlich  auch 
das  Versinken  des  Am- 
phiaraoB  dargestellt  hat, 
so  fehlte  iiim  mindestens 
für  «'in  Tor  der  Angreifer. 
Und    schließlich    mußte 
er  als  Platäer  das  Wirkliche  malen  oder  wenige 
stens  zwischen  Poesie  und  Wirklichkeit  einen 
Kompromiß  schließen.    Drei  Tore  sind  auf  dem 
Bilde  anzunehmen,  und  drei  Tore,  von  denen 
das   eine    ein  Pentapylon   war,    hatte    Theben 
bzw.  die  Kadmeia  {Robert  236  f.). 

Über  die  Nati  en  der  Sieben  sind  eine 


den  Aufprall  des  Stürzenden  nicht  ins  Wanken, 
ja  er  schüttelt  die  unbequeme  Last  nicht  ein- 
mal von  der  Schulter  ab.  Aufrecht,  unerschüt- 
tert klimmt  er  weiter  die  Sprossen  empor'. 
Der  stürzende,  von  Kapaneus  getötete  Theba- 
ner  ist  auch  nicht  Melanippos,  da  diese  Ver- 
sion ganz  unbezeugt  ist.  Vielleicht  geht  diese 
bildliche  Darstellung  auf  das  Tafelbild  des 
Tauriskos  zurück,  der  dieses  Motiv  erfunden 


a.  a.  0.  228 ff  ;  Robert  909 f.;  Oid.  23 f;  Bethe  Ü4, 
84).  Nach  Roberto  Darlegungen,  auf  die  ich 
hier  nur  verweisen  kann .  ergibt  sich  als  der 
wahrticheinlichste  Entwicklungsgang,  den  die 
Listen  durchgemacht  haben  (244): 

'1.  Thebais  und  Epigonen:  1.  'JiSga- 
arog.  2.  ^^(pidcQaog.  3.  MrjxtöTtv?.  4.  Tvöt-vg. 
6.  rioXvvti'arig.  6.  KccTtavsvg.  7.  Uag^svonaiog. 
Danach  die  delphische  Gruppe  der   Epigonen 


und  nicht  aus  der   Thebais  übernommen   hat  40  und  Apoll.  3,  S'^. 

{Robert  232f).  2.  Aischylos:  An  Stelle  von  'JidgaoTog  und 

Dagegen  ist  die  Szene  der  anderen  Gruppe  Mr]%i czsvg  trtten' InTcoiLidav  und 'ETto-Alog.  Da- 
etruskischer  Urnen  auch  nach  Robert  aut  die  nach  Sophokles,  Euriyides  in  den  Hikttiden, 
Thebais  zurnckzuführen: 
Parthenopaios  wird  durch 
einen  Steinwurf  von  der 
Zinne  der  Mauer,  und  zwar 
von  Perikl.vmenoB  getötet 
(vgl.  dazu  Eurip.  Phneniss. 
1153 ff).  Tydeud  trägt  das 
abgehauene  Haupt  eines 
Feindes,  des  Melanippos,  in 
der  Hand  und  will  es  ge- 
gen die  Verteidiger  auf  der 
Mauer  schleudern  (s.  Abb.  2). 

Eine  wichtige  Frage  ist : 
wie  stand  es  in  der 
Thebais  mit  den  sie- 
ben Toren?  (vgl.  dazu 
Wilanuncitz ,  Hermes  26, 
1891;  Robert,  Hermes  42, 
1907).  Die  Vorstellung  von 
den  sieben,  in  demselben 
Mauerring  nebeneinander- 
liegeuden  Toren  ist  bei 
einem    Manne    entstanden, 

der    Theben     nie     gesehen  ^^  Parthenopaiog  und  Tydeus  im  Kampfe  um  Theben  (nach  Körte  a.  a.  O.  II. 

hat,  also  bei  emem  lonier.  uv.  xxu  4). 


1569            Thebanische  Kriege  Thebanische  Kriege             lö7(> 

Schol.  IL  J  404,   ferner  das  argiviaolH;  Weih-  rus,  Thtikydidfs,  den  Tragikern  und  den  Scho- 

geschenk   für  Oinoe   in  Delphi,   nur  daß  Par-  liasten  (vgl.  Bethe'SbS.  lüUff). 

thenopaios  mit  Halitherses  wechselt.  Über  die  Abfassungszeit  des  Epos  'Eniyovoi 

3.    Euripides  in  den  Fhoenissen.     Die  (vgl.  über  die  l^iteratur  Kohert  960  Anmerk.  1 

Aischyleische  i..iste,  nur  daß,  wie  in  der  The-  bestehen    verschiedene,    einander   entj^egenge- 

haiSy  Ailrant  raitgezählt  und  dafür  h'teoklos  ge-  set/.te  Ansichten,  Hoch  spricht  für  die  Jugend 

strichen  wird.    Danach  die  beiden  (iruppen  in  der  ^EnLyovoi  das  Hinein/.iehen  des  delphischen 

Argoa,  ^/)oW.  8,<?3;  Hygin.f.lO-,   7)tod.  4.65,4.'  Orakels    und    die    (irümiungssage    von    Klaros. 

(Über  die  em/elnen  Helden  und  ihr  < beschick  Sie   sind    entschieden  jünger  als   die   Thchais 

vgl.  die  Artikel  bei  UML,  0.  Gruppe,  Gr.  Myth.  lo  (anders  O.  Gruppe  a.  a.  0. 1,  501;    Friedländer, 

l,b2uff.;  üobertiHlW.)  ii/tmt.  iJ/w.s.  Oy  1 1914J,  328.    Dagegen  Äo6er«  2, 

Daß  den   sieben   Angreifern  sieben    the-  93  Anm.  180),  die  Eroberung' Thebens  wird  erst 

banische  Helden  gegenübergestellt  wurden,  in  einer  ganz  späten  2/iasstelle  erwähnt.    Sie 

geht  auf  Äischylofi  zurück,   denn  in  der  The-  sind  überhaupt  ""ein  ziemlicü  ärmlich  erfunde- 

bais  haben  Parthenopaios  und  Amphiaraos  und  nes  Nachspi.l  zur  Thebais*  —  kein  Nebentitel 

ebenso    Amphiaiaos     und    Tydeus     denselben  zur    Thebais^    wie   Bethe  will   —   'ohne  jeden 

Gegner.    Bei  Aischylos  (Euripides  in  den  Phoe-  echten  Inhalt.    Die  Söhne  der  Sieben  sind  frei- 

nissen   nennt   die    Namen   nicht,   vgl.  darüber  lieh  große  Herren,  aber  erst  als  sie  dies  waren 

Robert  432  tf)   kämpfen  Melanii)po8  gegen  Ty-  und  weil  sie  dies  waren,  ist  ihnen  der  siegende 

deus,  Polyphontes  gegen  Kapaneus,  Megareus  20  Zug  gegen  die  Besieger  ihrer  Väter  angedich- 

gejjen  Eteoklos,  Hypeibios  gegen  Hippoiuedon,  tet  .  .  .    Der  Ruhm  der  Sieben  lag  in  der  The- 

Aktor  ge*?en  Parthenopaios,   Lasthenes   gegen  bais  Homers.,   der  Ruhm  der  Epigonen  in  der 

Amphiiiraos,  Eteoklesgeo;en  seinen  Bru(^ er.   (Zu  Ilias  Homers^   {Wilamowitz  &.  a..  0   240;    vgl. 

diesen  Namen   vgl.  die  einzelnen  Artikel  und  außerdem   Robert  251.  949  f.).     Nur   Alkmaion 

Hobert  929 tf.)  ist  durch  die  Thebais  gegeben;  denn  eme  Eri- 

Nach  den  Ausführungen  bei  Bethe  93 ff.  und  phylesa^e  ohne  Alkmaions  Muttermord  ist  aus- 

Robert  247 ff.  943 tf.  wird  es  klar,  daß  die  The-  geschlossen  (s.  Robert  -'51).    Trotzdem  das  Epos 

bais  weder  die  Verbrennung  der  Hehlen  noch  im  5.  Jahrh.  zur  Schullektüre  gehörte  {Aristoph. 

das  Verbot  der  Bestattung  oder  die  Verweige-  Pac.  1270),    ist   die   Epigonensage   doch  öfters 

ruog-  der  Leichen  kennt.    'Der   ganze  Sagen-  so  von   den  Tragikern   dieser  Zeit  einfach   igno- 

komplex,  welcher  sich  um  die  Bestattung  der  riert    worden.     Die   Handlung    der   Phoinissen 

vor  Theben  Gefallenen  gruppiert,  erweist  sich  und  der  beiden  Antigenen  ist  undenkbar,  wenn 

.  .  .  als  jung.  Und  das  bestätigt  die  Einmischung  Eteokles  einen  Sohn  hat  und  der  Zug  der  Epi- 

des  Theseus,    der   stets   dabei  die  Hauptrolle  gonen  bevorsteht.    'In  noch  viel  höherem  Maße 

spielt.    Aber  entstehen  konnte  er  nur,  wenn  es  gilt  das   von  den  Sieben  des  Aischylos,  deren 

fest  stand,  daß  die  Thebaner  ihren  gefallenen  Grundgedanke  die  völlige  Ausrottung  der  Nach- 

Feinden  die  letzten  Ehren  versagt  hatten.  Und  kommen  des  Laios  ist  (oben  S.  90G).    Dennoch 

konnte    ein    homerischer   Dichter    anders    den  hat  sich  hier  der  Dichter  erlaubt,  in  geheimnis- 

Ausgancr  eines  Kampfes  dichten,  in  dem  Bru-  voller  Weise  auf  den"  Epigonen/.ug  anzuspielen' 

der  gegen  Bruder  gestanden  und  Tydeus  seines  40  (v.  840  ff.    902  ff.;    s.   Robert  950;    vgl.  auch  1, 

Feindes    Hirn    geschlürft?     Somit   ergibt   sich  268 tf.). 

auch  von  dieser  Seite  die  Notwendigkeit,  daß  Entsprechend  den  drei  Fassungen  der  Liste 

in  der  Thebais  die  Leichen   der  übermütigen  der  Sieben  haben  wir  auch  hier  drei  Listen 

Argiver    den    Tieren    zur    Beute    hincreworfen  der    Epigonen    zu    unterscheiden    (s.  Robert 

wurden,  auf  daß  sie  zerrissen  und  verschleppt  9ö0ff.;    2,  88  Anmerk.  156.  16');    Bethe  lOUtf. : 

würden'  (Bethe  98).  Gruppe  1,538;  s.  Siuch  Hitzig -Blümner  zu  Patts. 

Überdie'E;tra7rv(>c^ivgL_RoZ>eri248ff.  943f.;  10.  10.  4  in  3,  680  ff.). 

auch  Wilamoicitz,  Isy'los  163.  1.  Epos  'kniyovoi  (nach  Paus.  10.  10.  4. 

Ob  die  Thebaner  sich  zur  Widerlegung  der  und  Apoll.  3,  ^2):  Alkmaion  und  Amphilochos, 

Eleusinier,  die  ebenfalls  die  Gräber  der  argi-  50  Söhne  des  Amphiaraos,  Aij^ialeus,  S.  des  Adra- 

vischen  Heerführer  zeio^ten,  diese  'Ettto:  Ttvgai  stos,  Diomedes,  S.  des  Tydeus,  Promrichos,  S. 

neu  schufen,    die   dann   später   auch   auf  die  des  Parthenopaios,  Sthenelos,  S.  des  Kapaneus, 

Niobiden   bezooreu   wurden,    oder    ob    sie    die  Thersandros,   S.  des  Polyneikes,  Euryalos,  S. 

sieben  Scheiterhaufen  der  Niobiden  in  gleicher  des  Mekisteus. 

Absicht  auf  die  sieben  Heerführer  umschrieben,  2.   Aischylos'   'Eniyovoi  (nach  schol.  B 

läßt   sich   nicht  entscheiden.    Das  Letztere  ist  JZ.  ^  404;  T^406;  vgl.  iJoöeri  2,  88, 160.  951; 

nach  Robert  249  wahrscheinlicher.  anders  Immisch,  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  17  Supjil. 

r^    ^       „        ^       ^    .                     -  1890,187   und  Bethe  Hl ,   die  diese  Liste  auf 

C.  Der  Zug  der  Epigonen.  ^^^  Epos  zurückführen). 

Die  Überlieferung  über  die  Epigonen  ist  60  Für  Euryalos  werden  zwei  Helden  einge- 
nicht  reichlich,  wenn  sicherlich  auch  hier  ge-  setzt,  weil  bei  Aischylos  Adrastos  in  die  Sieben- 
schichtliche  Erinnerungen  zugrunde  liegen.  Am  zahl  nicht  einbegriffen  ist,  Polydoros,  S.  des 
Ausgang  der  mykenischen  Periode  ist  Theben  Hippomedon,  und  Medon  S.  des  Eteokles.  Der 
einmal  zerstört  worden,  aber  ob  durch  die  Ar-  Sohn  des  Parthenopaios  heißt  hier  Stratolaos, 
giver?  (v^l.  Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  2, 189  ff.).  Eine  Variante  dieser  Liste  bei  Hygin.  f.  71  mit 
Einzig-  Apollodor  ^ibt  eine  fortlaufende  Erzäh-  der  Tendenz,  die  Neunzahl  auf  die  Siebenzahl 
lung:  dazu  treten  Diodor,  Pausanias  und  ver-  zu  reduzieren  (vgl.  dazu  Robert  951  Anm.  4) 
einzelte  wertvolle  Zeugnisse  hei  Herodot,  Epho-  3.  Die  Epigonengruppe  in  Ar gos  nach 


1571 


Thiocsus 


Tyrrhenia 


1572 


der  Liste  der  EuripideiBchen  Phoinissen  {Paus. 
2,  20,  6). 

Ai;?ia)en8,  Promachos,  Polydoros,  Thersan- 
dro8,  Alkmaion  und  Amphiiochos,  Diomedes, 
Stbenelos.  ncifffjv  ih  in  x<.i  inl  rQt^rcov  Ev^va- 
Xog  6  Mri^iori^(ag  xal  TloXvvsiyiovs  jiÖQaöiog 
{kXdoTcoQ  schol.  Pind.  O.  2,  76)  xal  Tifiias. 

Den  Verlauf  des  Feldzuges  8  bei  Apoll.  3, 
80 ff.,  der  vielleicht  aut  das  Epigonenepus  zu- 
rückgeht, und  Diodor  4,  66.  Vgl.  dazu  Betite, 
Gruppe,  Bobert  a.  a.  0.  und  die  Artikel  über 
die  einzelnen  Helden.     [Bubbe] 

Nachtrag  zum  Art  TbiuouK  {Jliingaus)  von 
Steuding  o.  Bd.  6,  Sp  800:  K.  Htlm,  .  liger  ma- 
nische Beligwnsgeschuhte  1  (1918),  S.  366—370, 
§217,  wo  i^S.  366,  Anm.  80)  viel  Liteiatur  an- 
gegeben ist,  wie  W.  Schtrer  in  den  Sitzungs- 
berichttn  der  Berliner  Akademie  1884,1,  S  671 
bis  6  2.  Theoil.  Siebs  in  Zeitschr.  für  dt  utache 
Philol.  24  (I8i'2),  S.  433—457.  Dessau,  Jnsvr. 
Lat.  sei ,  zu  nr.  4760  f  Neu :  Bosanquet  und  Siebs 
in  Archaeohgia  Atliana^  ly,  p.  185 IF. 

j  Kenne.] 

Nachtrag  zum  Art.  Tiberinns,  o.  Bd.  6,  ^p. 
933:  Ein  vor  die  Kalenderverbesserung  durch 
lulius  Caesair  fallen<ter  Kalender  aus  dem  An- 
fang des  letzten  Jahrhunderts  v.  Chr.,  gefunden 
in  Anzio  (Antinm  in  Latium),  hat  zum  8  De- 
zember den  Eintrag:  Tiberino  Gaine,  s.  G.  Man- 
cini,  Notizie  d.  scavi  di  ant.  1921,  p.  Hbf.,  mit 
Tafelabb.  Über  Gaia  Tarncia  (oder  Fufttid) 
8.  Boehm  in  Paulys  Heal-hncyclop.,  Neue  Be- 
arbtg.,  Bd.  7,  I,  Sp.  480—483.     [Keune.j 

Tigoriuiis,  pagiis  — .  Dem  Schutzjjeist  dieses 
Gaue.«  war  eine  luschrift  von  Münchweiler  oder 
Münchenwiler  (nordö.stlich  von  Avenches  = 
Aventicum,  Andree,  HattdaÜas''  83/«4,  D  3,  bei 
Murten)  geweiht,  CIL  13.6076:  Genio  pag(i) 
Tigor(tni)    P.   Graccttis  Paternus  t(estamento) 


pConi)  i(ussit)f  Scribnnia  Lucana  h(eres)  ffa- 
citnduw)  c(uravtt).  Die  Wt'ihin-chrift,  welch© 
teilweise  die  Fassung  einer  GrabHchiiit  hat.  (vgl. 
CiL  13, 7932),  i8t  ni.  ht  getlilscht.  Da^'egen 
war  in  etwas  abwei»heuder  Fas>ung  diese  In- 
Bchrifl  auf  einer  Marmorsäule  zu  Zürich  );e- 
faischt  (s.  Mommsen,  CIL  13,  2, 1  p  siO).  übri- 
gens wurde  auch  eine  zweite,  gleichlautende, 
echte  Inschrift  in  der  Klosterkirche  von  l'ayerue 

10  (siidwestl.  von  Avenches)  ent-eckt,  in  welcher 
aber  der  Anfung  mit  der  Weihuug  fehlt,  s.  W. 
Cart,  Am.  f.  Srhwete.  AUertumsk  21  (l'Jlü)  S.  16 
mit  Abb  4;  Juhresber.  d  Schweiz  Ges.  /.  Urge- 
schichte 12,  1919—1920  (1921)  S  113,  auch  S.  96. 
Über  die  Tiyurint  s.  Holder,  Alte.  Sprachsch.  2 
Sp  1842— 1^46.     iKeune.] 

Tiuiad  (Ttvtarj),  einer  der  Dämonennamen, 
bei  denen  «ler  Stern  Ares  beschworen  wird  in 
einer  Proseu«he   der  Uygrovinnteia  Salomonis, 

20  cmgr  70.  Cnt.  cod  astr  gr.  8,  2,  155.  (Der  Index 
gibt  S.  189  Tiimdi) )  Die  andern  Namen:  Ourär, 

'AStxuril,  Traras.  UkriGva.     jPreisendanz.] 

Tiröei  (TigariX),  iiuti'T  Enj^ei  der  10.  Mitt- 
wothstunde,  tiem  der  böse  Dämon  (.iatzar  ent- 
spricht Hy gravi aiittia  Salomonis  cmgr  70,  Cat. 
cod.  Oi^tr.  gr  8,  2,  162.     (Preisendanz.J 

Tirse  (iigari),  eine  der  Frauen  des  Grastos, 
Sohnes  des  Mygdon;  Steph.  Byz  s.  v.  Tigaai 
80  nach  Thayfnes'  Makedonika  (da/u  ob.  Bd.  2,  2, 
Sp  3300,  49  ff.),  Stadteponyme  de?;  makedoni- 
schen Tirsai.  [Preisendanz.J 

Tyrrlieiitt,  Beiname  der  Minerva  bei  Stat. 
Silo.  2,  2,  2;  3,2,  24  KL;  s.  Cartir,  Epitheta  deo- 
rum  1902,72.     [  Preinendanz  ] 

Tyrrbet'iji,  nach  Alcimus  Gemahlin  des 
Aeneas,  Mutter  des  Üomulus  Fest.  {Fragm.  e 
cod.  Farn.  L.  XMl)  362,  S.  326,  35  f.  Linds , 
362,  20  Thewr.  (266,  20  Muell).      [Preisendanz.] 


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