sT-^
nH'^-^
^-^fe"***;
m^
^-^^*3^:
^Vs.^
mi®Mmmwmmm^^®m
^^Dfflxicaxicasxj
^^K
MR
/^QiyLr^
^^jjS>V'|Ä ^miii
^\
i^^^T^^iA «^^
XffiJ
m
1 ^s^ wC 31 ^\^ (jC 3
^Sä
1 T^x
os^
KSffy^
i
1
l^^^fl vv
i
1
m
mwM
y^QßSi
te^wW[^^
Gft/^
^ IC 3lj y^>>AV wf /^^wlC3a /^
i
\f/^
^\h3
^^E^/^^Sä/K.
Gä^
^^SgK
[/^■^S
^vI^^v^^OESjBy^jCy
/^viCyK^^
K
f y^
[xvhÄS
^si^r£^«ib?£Ttfsbr£^ris&7^d%ra^iiStra.^issira.iti&rAii
CBB)?v«C3tt)
y^vEHSD^CK
^D^OkSD^OESD^
\^
jcSr^
^^g^
^jEi
^^^^
wj&mmmmm&mmmMmMmmii
9SI®>®®®@>®®®®®@>@®®®®@@®^
tl®®®i*f®i®®'®@®s<i^®®^®&®:®®«
:s^liMi'MI'®&®l'^li8l®l'M®M«
lii®®®®®®®®:®®®®.®®®®®®.®!^
vK
®®®@®@®®M®®
®
®>3M®"^
3?^iC3tty'^
®®®®®®®®
®
y^
•^ 1
yVJ
K
lÄpwTyCÄi
S^
w^jH/y^
X
m
X^3
^
3a.
^
K
^^Ä^Ä
^
i
y<
i
^vflDflwTKlCo
^^
1
^
^s
S]®®j©®.®®.®®.®®^®.®.®.®..®.®%®.®^®.®i»
xs
R^^^
S»Xffi»^^»^Ä
3^^8^|^
O^^^^^^^
f^^^^^^^^p
fxK^^KS^ttJa
[Wtt?3Sf^ttSaf^
ij'Ä;^^»^
Digitized by the Internet Archive
in 2009 with funding from
Ontario Council of University Libraries
http://www.archive.org/details/ausfhrlichesle05rosc
AUSFÜHRLICHES LEXIKON
•ER GRIECHISCHEN UND RÖMISCHEN
MYTHOLOGIE
VEREIN MIT TH.BIRT, L.BLOCH, W. BUBBE, J.B. CARTER, 0. CRUSIÜS(t), F. CUMONT,
DENEKEN, L. DEUBNER, F. D0RN8EIFF, R. ENGELMANN (f), E. FEHRLE, E. FIESEL,
FURTWÄNGLER(t), O.GRüFPE(t), 0. HÖFER (f), J. ILBERG, 0. IMMISCH, A. JEREMIAS,
JESSEN, J. B. KEUNE, J. KLEK, C. F. LEHMANN -HAUPT, MAX. MAYER, ED. MEYER,
ORINSKY, W. OTTO, W. PAULI (f), R. PETER (f), F. PFISTER, K. PREISENDANZ,
PREUNER(t), G. ROEDER, B. SAUER, J. SCHMIDT, TH. SCHREIBER (f), K. SEELIGER,
[. STEUDING(t), L. v. SYBEL, E. THRÄMP^R (f), K. TÜMPEL, 0. WASER, 0. WEINREICH,
.WEIZSÄCKER, L WENIGER, G.WISSOWA, E.WÖRNER(t), R. WÜNSCH (f), K.ZIEGLER U. A
HERAUSGEGEBEN VON
W. H. RÖSCHER (+)
FÜNFTER BAND
T
MIT 248 ABBILDUNGEN IM TEXT 9^**
ERLAG UND DRÜCK VON B. G. TEUBNER, LEIPZIG 1916—1924
VIS-
R7
J3oL.:
ALLE RECHTE,
EINSCHLIESSLICH DBS ÜBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN
'jermany
Ta. . iiires? (Ta . . fipT]?). In einer fragmen- Forschungen im Gebiete der alten Völkerkunde
tarisch erhaltenen Inschrift aus Alexandria 1, rJ8; vgl. auch Fr. Äug. Brandstäter, Scy-
(Breccia, Bidl. de la soeiete arch. d'Alexandrie thica 48. Müllenhoff, Monatsher. d. K. Preuß.
1905, 121 = Catal. gcneral des ant. egyptiennes Akad. d. Wiss. zu Berlin 186Q., 558 und Anm. 1.
du musee d' Älexandrie , Breccia, Iscrizioni Derselbe, Deutsche Altertumskunde 3, 108. /.
Greche e Latine 144 p. 85) mit der Erwähnung Grimm, Gesch. der deutschen Sprache 1', 161 f.
einer avvoSos rris kcpQloditr]?] A[. . .]^iQiovg — Nach de Brosses, Memoires de litterature,
sieht Wilcken, Arch. f. Papyrus forsch. 4, 238 tires des registres de Vacad. roydle des inscr. et
in dem letzten Worte einen Beinamen der Aphro- belles-lettres 35 (1770), 497 Anm. y wäre Tahiti
dite und schreibt kcpQodlrrig T]cc[. .]fiQiovg, lo = Tham-est, was ''perfectus ignis' bedeute, und
A. I. Reinach, Revue des etudes grecques 20 (1907), entspräche der griechischen Themis - Hestia (!).
93 nr. 121 vermutet 'AcpqodlxT]g ' I]a.[^a\^Qiovg [Höfer.]
(vgl. auch Revue des et. gr. 21 [1908], 210); Tabliope {Ta^lionri), Göttin des Würfel-
Mahaffy, Arch. f. Bapyrus forsch, a. a. 0. 167 Spieles, scherzhaft gebildetes Wort mit An-
vermutet neben Aphrodite die Erwähnung eines spielung auf Kalliope, Falladas in Anth. Fal.
zweiten Götternamens: v.cc[l 'I]fiQEovs, noch 11, 373. [Höfer.]
lieber, wenn es der Raum erlaubte, %a[l 7a-] TaboB {Tdßos, -ov m.), Heros eponymos der
^iQSovg; F. M. Meyer, Klio Beiträge zur alten Stadt Tabai in Lydien, Steph. Byz. s. v. Tdßai,
Gesch. G, 535 erkennt den Gottesnamen Pra- p. 597, 10 Meineke; nach andern, heißt es da,
marres. Vgl. auch TF". Otto, Friester u. Tempel 20 hätten von den Brüdern Kibyras und Marsyas
im hellenistischen Ägypten 2, 321 (zu S. 165). der eine die Stadt Kibyra gegründet, der an-
Mariano San Nicola, Ägyptisches Vereinswesen dere Tabai, und er habe die Stadt benannt
zur Zeit der Ptolemäer u. Römer 1, 20 Anm. 3. ä-nb tov inl Tcergag OLTisiad-ccL' räßccv yäg tr]v
[Höfer.] TcixQCiv '^'KXXrivsg sg^rivsvovaLv, vgl. o. Bd. 2
Tabalenos (TccßaXrivog). Eine Inschrift aus Sp. 1182 f. 68 ff. Sp. 2444, 17 ff.; wieder andere
Tabala am Hermos in Lydiei^ berichtet von sprachen von einem ArgiverTa^rjvos (s. d.). Drei
der Weihung eines Priesters an die ^Götter von Städte des Namens Täßai sind unterschieden
Tabala' : Aovystvog IsQsovg (so !) dsotg Taßa- bei Steph. Byz., nach der lydischen nennt er
Xrivotg ccvsd^ri-KEv. Der Reliefstein zeigt einen die in Karlen und eine dritte in der Peraia,
bärtigen Mann (wohl eher einen Gott als den 30 die Alex. Folyhistor tc. I^vglag {F. H. G. 3. 237,
weihenden Priester), eine stehende Göttin und 98) als '^gute' erkläre {tdcßri = Scya^'ri). Mög-
Artemis mit Köcher und Bogen, daneben einen licherweise kommt lediglich die bekannte Stadt
Hirsch, C. Cousin, Kyros le Jeune en Asie mi- Tabai in Karlen in Betracht, heute Davas, an
neure 432 nr. 28 (vgl. p. 236). Keil u. v. Fre- der Grenze gegen Phrjgien, Strab. 12 p. 570,
merstein, Bericht über eine zweite Reise in Ly- und vielleicht darf an den Eponymen Tabos
dien {= Denkschr. d. Kais. Akad. d. Wiss. in gedacht werden bei dem rechtshin gewendeten
Wien philol.-hist. Klasse 54 [1911], II) S. 120 Brustbild eines jugendlichen Heros mit Helm,
zunT.f^'il; \ gl. 3i\ich Revue epigr. N. S. 1(19 IZ), Gewand am Hals und Speer an der linken
347. [Höfer.] Schulter auf der Vorderseite von Bronzemünzen
Tabenos {Taßrivog), ein Argeier, Ktistes und 40 des karischen Tabai, Imhoof- Blumer, Kleinas.
Eponymos von Tabai, Steph. Byz. s. v. Tdßcci. Münzen 158, 7 u. 7 a. Zur Griech. li. Rom.
Vgl. Tabos. [Höfer.] Münzk. S. 98 (1). [Otto Waser.]
Tabiti {Taßiti), skythische Herd- und Feuer- Tacita Dea s. Dea Muta u. Wissoica, Fhilol.
göttin, der griechischen Hestia entsprechend, Äbhandl. für Martin Hertz 165 = Gesammelte
Herod. 4, 59. Origenes adv. Celsum 6, 39 p. 108, Abhandl. zur römischen Religion und Stadt-
8 ed. Koetschau. Der Name ist gebildet von geschichte 140. Ettore Fais, Storia critica di
tap "^brennen, leuchten' mit erweichter Tennis, Roma 1, 448. S. Eitrem, Hermes und die Toten
K. Zeuß, Die Deutschen und die Nachbarstämme (Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet i Christi-
286 und Anm. F. v. Bohlen, über die Verivandt- ania 1909, 5) S. 10 (Anm. 1 zu S. 9) 18. Siecke,
Schaft zwischen der Lithauischen u. Sanskrit- 50 Drachenkämpfe {Mythol. Bibl. 1,1) S. 68 Anm. 1.
spräche in Histor. u. liter. Abhandl. d. königl. [Höfer.]
deutsch. Gesellschaft zu Königsberg 138. An- Taciti (Manes) s.Manesu. InferiBd.2 Sp.241.
quetil bei J. Görres , Mythengeschichte der Tadenos (Tor^rjWs), Beiname des ApoUon auf
asiatischen Welt 1, 198 Anm. K. Neumann, Die einer thessalischen {Jmtiov nsdiov) Inschrift:
Hellenen im Skythenlande 1, 253 ff. J. G. Cuno, 'AitoXlcovi Tadrivä){i) svxccQLßrrJQLov, I. G. 9, 1076.
RoscHBR, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 1
3 Tadokomeites Tages 4
Solautet die Überlieferung; doch schreibt Äem Hochzeit Minerve^is mit Herkules) auf dem
(z. d. St.) nach der Vermutung von Hüler v. Spiegel Gerhard Taf. CLXV finden wollen ; allein
Gaertringen 'AnoXXoyvi FaiitV^ weil dieser Bei- das ist abzuweisen, teils weil die Szene sachlich
name des Apollou sich nach Filow, Klio, Bei- ganz verschieden ist, teils weil, wie der Spiegel
träge zur alUn Gesdtichte 6 (1906), 634 auf Gerhard Taf. CLXXXI dartut,. das betreffende
einer thrakischen Inschrift (Selenigrad an der Kind des hercle und der menrva den Namen
serbischen Grenze) findet, auf der Kaiinka, epiuö tra^t (näheres darüber siehe s. v. turan).
Antike Denkmäler in Bulgarien (<=» Schriften Die etruskische Form des Namens Tages findet
d. Balkankommission 4) 168 nr. 144: 'AnoXXoavi sich nirgends, da aber Ovid ausdrücklich sagt:
Kadgrivd) gelesen hatte. Doch wird die Lesung lo Indigenae dixere Tagen, so werden wir hier
Tadriv6s empfohlen durch zwei lateinische In- wohl die latinisierte Form des etruskischen
Schriften, von denen die eine aus der Nähe Namens vor uns haben. Aber diese latinisierte
von Sarajevo stammt: ApolloniTadeno, C.J.X. Form zeigt eine doppelte Gestalt: bei Ovid
3 Suppl 13868 p. 2266. Dessau, Inscr. Lot. sei. haben wir den Akk. Tagen und bei Serv. Verg.
4879, die andere aus der Nahe von Jamboli Äen. 1, 2 den Gen. Tagae, bei Stat Silv. 5, 2, 1
(Ostrumelien, Bez. Burgas) und gleichfalls Apol- hingegen den Gen. Tagetis, und den gleichen
Uni Tadeno geweiht ist, Bev. arch. 1911, 2 Stamm haben wir auch in Tagetici libri und
p. 213 nr. 17 (aus BuU. de la soc. arch. Bulgare ebenso bei lo. Lyd. de ost. 64 den Gen.
1 [1910], 227). G. Seure, Rev. arch. a. a. 0. 438. Tayrirog. Diese längere Form scheint somit
[Höfer.l 20 die echtere. Da lateinische Media im Etrus-
Tadokomeites {Tadoxtoinltrig), Beiname des kischen zumeist als Aspirata erscheint, so
Apollo auf einer Weihinschrift aus Kyzikos würde die etruskische Form als ta;tet anzusetzen
(jetzt im brit. Mus.) kcxXriTCiodorog . . . knoXlavi sein. Eine Erinnerung an ihn hat sich im Volks-
TaSoxioinirrj f^;c^v, Murray in Bevue archeol. glauben, wie es scheint, erhalten. Leland
17 (1891), 12 nr. 8 vgl. 19 (1892), 120 Anm. 5. (Etruscan Boman Bemains 96) berichtet von
Bevue des etudes grecques 19 (1906), 316. Arch. ihm, er heiße Tago und sei ein spirito ham-
Anzeiger 1891, 132, XI, 4. A. H. Smith, A ca- Uno, ^or appearing as a Utile hoy\ Von Le-
tdlogue of sculpture in the Brit. Mus. 1, 369 /a»rfs Gewährsmännern erzählte dereine: ^Tago
nr. 777. [Höfer.] is a spirit ivho is invoked, when ive see chil-
Taedifera. Taedifera dea ist Bezeichnung so dren suß'ering^ with an invocation ivhith causes
der Demeter bei Ov. Heroid. 2, 42. Fast. 3, them to recover their healf, während der an-
786. Über die Fackel als Attribut der Demeter dere angab : Hhere is a spirito hamhino, or
8. Bd. 2 Sp. 1315, 33 ff. 1366, 2 ff. 1377, 60. spirit like a hoy, who is, hoicever, a ivizard.
Gruppe, Gr. Myth. 1186, 5. [Höfer.] His name is Teriegh. He comes up out of the
Ta^nos {Tar]v6g\ Beiname des Zeus von qround, and predicts the future or teils fortunes.^
Tavium, der Hauptstadt der galatischen Trok- Dies letztere könnte aussehen wie eine Remi-
mer, in der Strabo 12, 567 einen ehernen Ko- niszenz aus Ovid, wenn nicht der Name Te-
loß (vgl. W. Wroth, Catal. of the greek coins riegh wäre. Das scheint doch ein etr. tarcet
Brit. Mus. Galatia, Cappadocia Introd. 23 f. zu sein, und da der Pflüger bei Jo.ii/^^ws Tarchon
pl. 5, 12 p. 27; vgl. auch pl. 5, 2. 4 p. 24 f. 40 genannt wird und Strabo 5, 2 p. 211) nicht
Head, Hist. num.* 749. Mionnet, Suppl. 7, 654 den Tages, sondern den Tdgxav von Geburt
nr. 98) und das Asyl des Zeus erwähnt, auf grauhaarig nennt Siä X7]v i-A Ttccidav ovvsölv,
einer Inschrift aus Ankyra: cpvXi] Jibg Tar]vov, so scheint der Name des Pflegevaters und der
Arch. Epigr. Mitt. aus Österr. 9 (1886), 117, 72. des Sohnes ein und derselbe zu sein, und es
Ebenfalls aus Ankyra stammt die Weihung : wird doch wohl [auch bei Leland] alte Überlie-
Ji]l Taoviava f6;j»jV, Arch. Ep. Mitt. a. a. 0. ferung vorliegen. Dann stände also Tages für
114, 65. Zwei Inschriften, die eine aus Napoca Targes, was im Etruskischen sehr wohl mög-
(Klausenburg), die andere Apulum (Carlsburg) lieh ist (vgl. z. B. macani für marcani und ähn-
sind geweiht: I(ovi) 0(ptimo) M(aximo) Taviano, liches), und somit hätten wir als echt etrus-
C. I. L. 3, 860 (= Dessau, Inscr. Lat. sei. 4082). 50 kische Form ein tar;^et. Das erinnert lebhaft
1088; vgl. Perrot, De Galatia provincia Bo- an den TccQxhxiog (s. d.), einen Albanerkönig,
mana 161. [Höfer.] von dem Plutarch {Bomul. 2) berichtet, daß er
Tages I wird überliefert als der Name eines wegen eines am Herde erschienenen Phallus die
etruskischen Götterknaben, den (nach Cic. de Orakelgöttin Tr^d-vg befragt habe. [C. Pauli.]
divin. 2, 23 und Ovid. met. 15, 553) tyrrhe- Einen gewissen Einfluß scheint die Tages-
nische Pflüger aus der ErdschoUe empor- sage auch auf die Pythagoraslegende ge-
pflügten. Er war ein Sohn des Genius lovialis, wonnen zu haben, wofern nicht Porph. V. Pyth.
Enkel des luppiter [Festus s. v. Tages] und von 10 (p. 21, 21 N.) nach Jioyivrig iv totg vtisq
der Weisheit eines Greises. Er verkündete den ©ovXriv äniaroig geradezu eine ihrer Varianten
zusammengelaufenen Landleuten die Zukunft 60 aufbewahrt hat. Nach dieser soll Mnesarchos,
und lehrte sie die Haruspizin [vgl. Cens. de die einer von den Tyrrhenern, welche Lemnos,
nat. 4, 13]. Alsdann starb er. Seine Worte Imbros und Skyros bewohnen, auf seinen Reisen
wurden niedergeschrieben und waren in den ein Kindlein unter einer schönen und großen
Divinationsbüchem der Etrusker enthalten [C*c. Weißpappel gefunden haben: iTtiotüvxa ds
de div. 2, 23, 50 und Macrob. Sat. 19, 13 über ^sdaccad-ai vnriov slg tbv ovgavbv ccvccßXtTCovta
Sacra tagetica; mehr bei Wissowa, Beligion und itQog rjliov ccaycccgSa^vurl zalto) ato^ccti ivUvxcc
Kultus der Bömer 470, 3]. Eine Darstellung y.dXcciiov oili-kqov ■kccI XsTttov v.aQ^ä-itBQ avXov.
seiner Geburt hat Braun {Tages und die heilige Q-ccvyidaavtcx. ds xccl dQOGoa iy, tt)? ?.£v)tr/? xara-
5 Tagus Tainarios 6
ara^ovarj d'eaad^isvov tQEcpö^svov ccvccXccßi-tv, thodaimon liegt es nahe, TaLvdQEi.og in ähn-
^stcxv TLvä vo^i^ovrcc xr]v xov ncctSiov tlvui lieber Bedeutung wie Tainarios (h. d. nr. 2 und
yevEßiv. Dieses Kind nannte Mnesarchos '^pt- vgl. Tainaria) aufzufassen, freilich nicht in
ötaloi,' und gab es seinen drei Sühnen : Euno- düsterem verderblichen Sinne, sondern = %ito-
stos,TyrrhenosundPythagoraszum(;lespielen. x^^^'^s^- [Höfer.]
— Der Lebensbaum, von dem sich nach Tainaria {Taivccgia). In einer der in der
(lieser Version das Tages-Pythagoraskindlein Art des 0 indianischen Ibis gehaltenen Ver-
nährt, der Pflug, durch den es von Tarchon wünschungen des Kuphorion: i] xat vlv ocpsdcc-
ausgeackert wird, und der Phallos, welcher volo xavvaaa^iivr] icno tö|ov || TaivuQiri Xo^iyai,
am Herde des Tarchetios (s. d.) erscheint, stehen lO yvvaiyimv i^insXccTeiQcc \\ "Agre^ig oiäiveaotv kaj
mythologisch auf (5iner Stufe, wie dies für jedes taXdojQi [ntdonoi (Berliner Klassikertexte 5, 1,
der drei, hier in verschiedenen Versionen vor- 69 Vers 10 flF. = Euplior. frgm. ed. F. Schneid-
kommenden Glieder bereits wiederholt nach- tveiler 95 p. 64) faßt v. Wilamoivitz, Berl. Klass.
gewiesen wurde. Auch sind die Ackerfurche, a.a.O. 63 f. T«£va()/r] prädikativ auf : Artemis,
die von Tarchon gepfliigt wird und aus der die als tänarische (d. h. verderbliche, todbrin-
Tages zum Vorschein kommt, die Jungfrau- gende) bei den Geburtswehen der Weiber er-
liche Pythais-Parthenis, welche den Pytha- scheint, möge den Verwünschten mit ihrem
goras gebiert, und die jungfräuliche Sklavin Pfeile erreichen. Vgl. aber auch P. Corssen,
(oder Tochter; hier dürften zwei Mythenschich- Philologus 72 (1918), 462. Zur Bedeutung von
ten zusammengeflossen sein, siehe Tarchetios) 20 Tainaria vgl. auch Tainarios 2. [Höfer.]
des Tarchetios wieder gleichartige mythische Tainarides (Taivagidrig), 1) Patronymikon
Elemente. Da hierdurch außer der oben von des von Morrheus (s. d.) getöteten Dasyllios,
C. Pauli vermerkten sprachlichen Beziehung Nonn. Bionys. 30, 188. — 2) Bezeichnung des
auch eine weitgehende sachliche Übereinstim- Hyakinthos, Ov. Met. 10, 183 (Ethnikon = La-
mung zwischen dem Albanerkönig Tarchetios cedaemonius). [Höfer.]
einerseits, dem Pflegevater Tarchon anderseits Tainarios {Taivägto?), 1) Beiname des Po-
und dem gleichnamigen oder doch seinem seidon, des "^Taenarius deus' (Propert. 1, 13, 22)
Namennach nur unwesentlich differenzierten in S-pavtü>: te^svog no6SLdä)vog[TaLvaQiov] (Sie-
Pflegesohne Tages nachgewiesen ist, welche helis, Schubart- Walz, Bindorf, Hitzig-Blümner,
s. V. Tarchetios auch noch in ihrer 'römischen' 30 Spiro), Tacvagiov dh iTtovoiid^ovoiv^ Paus. 3,
(Tarquinius) und ^korinthischen' (Periander) 12,5. Auf mehreren Inschriften wird ein Kult-
Fassung zu beleuchten sein wird, dürfte die verein der TaivdQioi genannt, 1. G. 5, 1, 210
mythologische Identität der drei genannten {Le Bas 2 S. 85 nr. 163 c. Collitz 4446); vgl.
Personen gesichert sein. Auch Tarchon ist Conze u. Michaelis, Annali 33 (1861), 44. Bur-
ja nicht nur (wohl zuerst) Ackersmann, son- sian, Geogr. von Griechenland 2, 125, 1. Zie-
dern ebenfalls (wohl hernach; vgl. Gordios, barth, Bas g riech. Vereinswesen 4:2., 211. Poland,
Presmisl und in verblaßter Form Cincinnatus) Gesch. des griech. Vereinsivesens 71 f. Kolbe zu
Begründer des etruskischen Staatswesens, also I. G. a. a. 0. p. 71. Aus der Erwähnung eines
König, wie Tarchetios. Da nach loh. Lyd. 6io(pÖQog, tbv olv (fEQcov in den angeführten
a. a. 0. die tagetischen Bücher Wechselreden 40 Inschriften muß auf eine Prozession geschlos-
zwischen Tages und Tarchon sind, scheinen sie sen werden, bei der das Bild des Poseidon ge-
nach demselben dialogiscb-katechetiscben Prin- tragen wurde, Nilsson, Griech. Feste 68. Zwei-
zipe abgefaßt gewesen zu sein, das auch die felhaft ist es, ob die Stelle bei Hesych. Tul-
Zwiegespräche zwischen Tbeuth (Dboute-Her- vaQia\g\ naqcc AaiisdccLiLovioig eoqtt} TLoöBidöjvog
mes; loh. Lyd. bezeichnet den Tages als ^Q-oviog v.ui iv avx^ TaivaQiccGxai sich auf den Kult in
'EQiifjg) und dem König Thamun, dergleichen Sparta oder in Tainaron bezieht, ^^7sson a. a. 0.
schon Piaton {Phaedr. 274 C — 275 A) kannte, 66. Wide, Lakon. Kulte 31, 2. Für die letz-
ausgezeichnet haben muß, und das zuletzt noch tere Annahme könnte man Plut. Sept. sap. conv.
in dem hermetischen Schriftenkorpus anklingt. 17 anführen: slg Taivccgov ccnsexaXaivog ^x rt-
[Wolfgang Schultz.] 50 vcav xQriayLiov^ xco IIoOELdcbvi d^vaiav ■accl ^sa-
Tages II, Skythe, von Kastor getötet, Val. glav dridycov. Der Tempel des Poseidon von
Flacc. Argon. 6, 223. [Höfer.] Tainaron {ovTtl Tccivagco &£og, Ar. Ach. 509),
Tagus, Rutuler, von Nisos getötet, Verg. über den man vgl. Bursian^ Über das Vorgebirge
Aen. 9, 418. [Höfer.] Taenaron in Abhandl. d. philos.-philol. Klasse
Tainareios {TaLvdQSLog). Eine Inschrift aus d. K. Bayer. Akad. d. Wiss. 7, III (1855), 777 ff.
Alexandria ist geweiht @sm Tcavagalo) kyaO'a Berselbe, Geogr. v. Griechenl. 2, 150, wird nicht
8tii[Lovi %al ovvvdoig ^sotg, Arch. f. Papyrus- nur auf Inschriften (Isgbv xov TIoosL^ävog xov
forschung 2 (1903) 566 nr. 125. Botti, Plan i%l TuLvdQco C. I. G. 1335. Collitz 4593. 4594.
d'Alexandrie p. 85. A. Schiff, Festschrift für I. G. 5, 1, 1226. 1227) erwähnt, sondern noch
0. Hirschfeld 378 Anm. 5 zu S. 377. Wenn 60 häufiger von den Schriftstellern, Paus. 3, 25, 4.
Schiff a. a. 0. eine Identifizierung des Agatho- Strabo 8, 363. Skylax, Peripl. 46 {Geogr. min.
daimon mit Poseidon erblicken will, so hat er 1, 41). Skymn. 518 f. Pompon. Mel. 2, 3 (p. 45,
sich zu dieser Ansicht durch das Epitheton 3 Parthey). Steph. Byz. s. v. TaCvagog. Polyb.
TccLvagsLog, das aber, wie es scheint, für Po- 9, 34, 9. Er besaß das Asylrecht {Phit. Pomp.
seidon nnr in rein lokaler Bedeutung gebraucht 24) und spielt bei dem Verrate des Pausanias
wird, bestimmen lassen. Bei dem chthonischen eine gewisse Rolle, Thuk. 1, 133, 1. Biod. 11,
{Rohde, Psyche 1^, 254/55 Anm. 2. Reitzenstein, 45, 4. Com. Nep. Paus. 4. Aristodem. 8, 3 {F.
Göttl. Gel. Nachr. 1904, 317 ff.) Wesen des Aga- H. G. 5, 11). Themist. Ep.l6 (p. 756, 25 Epistologr.
1*
7 Tainarios Tainaros 8
Hercher). Die gewaltsame Wegreißung der mit Stat. Theh. 1, 96. 2, 43). Lyk. Alex. 1106. Tzete.
Pausanias verschworenen Heloten Tom Altar ad Lyk. 90. 1106. Schöl. Find. Pyth. 4, 76
des Poseidon anf Tainaron und ihre Ermor- (p. 349 J5). Eust. ad. Hom. Jl. 286, 46. Rohde,
düng (TÄtU-. 1, 128, 1. Paus. 4, 24, 6. 7, 26, 3. Psyche 1*, 213, 1. Vgl. Tainaros. [Höfer.]
Äel. V. h. 6, 7. Suid. s. v. Taivagiov %an6v, Talnaros {Taivagog), Heros eponymos der
TaivaQOv,&n4axa6s. Plut. Proverb. l,bi. Apost. Stadt Tainaron in Lakonien, Sohn des Zeus,
16, 94; vgl. ünger, Theban. Parad. 889), das Bruder des Geraistos (s. d.) sowie auch des
&yog Taiväpiov, war der Anlaß zum Zorn des Kalabros (s. d. u. unter Kalauros, vgl. G. F.
Poseidon, der sich in dem für die Lakedämo- Unger, Philol. 37, 1877, 86 f. S. Wide, Lakon.
nier so verhängnisvollen Erdbeben äußerte; lo Kulte 34 flf.), mit welch letzterm er das Meer
vgl. Unger, Phuologus 41 (1882), 100. Nach befuhr, wobei er eine Gegend der Peloponnes
Schoh Ar. Acham. 610: TccivaQov . . . ivtai^d-a in Beschlag nahm und daselbst ein Heiligtum
dh ^v xal TIoandAvos isghv *Aö(paXBiov (so auch des Poseidon gründete, das sog. Tainaron,
Suid. s. v. Tttivccgov). Toöro dh »IntVy instdi] Steph. Byz. s. Taivagoe p. 51)8, 6 ff. Auch
xovg tiXcoras . . . iv rm hga tov IloaBiddivog roO Geraistos wird bezeichnet als Sohn des Zeus,
Taivaglov . . . &v8lXov Aaxs9atfi6vioL scheint es, femer als Eponymos des Dorfes Geraistos auf
als habe der Poseidon Tainarios auf Tainaron Euboia mit Poseidonheiligtum, Steph. Byz. s.
auch 'AöfdXsioi geheißen, wie wir auch in rsQui6r6g p. 203, 6 ff., sodaß also an beide
Sparta einen, aber mit dem dort verehrten Brüder ein Ort und Vorgebirge gleichen Na-
Taivdgiog nicht identischen Poseidon UacpocXiog 20 mens sowie ein Heiligtum des Poseidon sich
finden. Paus. 8, 11, 9. J. G. 6, 1, 659 j^. Die anschließen. Demgemäß wird statt Kalabros
Weihinschriften von Tainaron, dargebracht TTo- mit Unger a. 0. Kalauros einzusetzen sein,
hoid&vt stehen LG. a.a.O. 1228 ff.; vgl. Wide der ^Eponymos der trozenischen Inselvorstadt
a. a. 0. 35. B. Meister, Dorer u. Achäer {Sachs. Kalaureia oder Eirene' (vgl. Steph. Byz. s. Ka-
Abhandl 24, 8) S. 8 u. Anm. 1. — 2) Zur Er- XavQsia p. 347 f., 25 ff.). Es wird also der Po-
klämng des Wesens des von den Mauren ver- seidonkult von Tainaron und Trozen eingeführt
ehrten Gottes Mastimas oder Mastiman gibt sein aus Euboia, aus Geraistos, Unger a. 0.
Corippus, lohannis 8, 307 ff. (= Monum. Germ. Wide a. 0. 40 ff.; die euboiischen Seeleute, die
Histor. Axtdor. antiquiss. 3, 2 p. 101 f.) folgende auf ihren kühnen Fahrten so oft Kalaureia
Erläuterung: Maurorum hoc nomine gentes i so und Tainaron umsegelten, haben in dem Gott
Taenarium dixere lovem, cui sanguine multo] dieser Vorgebirge den von ihnen gefürchteten
humani generis mactatur victima pesti. An der Geraistios erkannt, haben auch dahin ihren
zweiten Stelle, wo Mastimas genannt wird (4, euboiischen Poseidonkult verpflanzt, Nilsson,
682) erhält er das Epitheton 'ferus'. J. Bartsch, Griech. Feste 68 f. Wiederum, wie Kalauros als
Die Berbern in der Dichtung des Corippus in Sohn des Poseidon galt {Steph. Byz. a. 0. s.
Satura Viadrina (Breslau 1896) S. 32, der diesen KaXavgsi-cc)^ wird auch Tainaros, nach dem das
Gott richtig als maurischen Pluto deutet und Vorgebirge Lakoniens den Namen hat, gelegent-
mit dem auf einer Inschrift aus Anzia in Mau- lieh als Sohn des Poseidon bezeichnet, Schol.
ria Caesariensis erwähnten 'Dis severus' (C.J.X. Apoll. Bhod. 1, 179; femer als des Ikarios
8, 9018^) vergleicht, verlangt für Taenarium: 40 Sohn, ^nach welchem genannt wird die Stadt
'Tartareum', da „das Vorgebirge Taenarum, und das Vorgebirge und der Hafen*, Steph. Byz.
auf dem neben dem Poseidon Taivdgiog, dem s. Tccivagog p. 598, 9 ff. Gruppe, Gr. Myth.
zweifellosen Hauptzoll dieser Stätte, einst auch 256, 8; dazu vgl. Pherekydes F. H. G. 1, 93, 88
Pluto verehrt worden war, am wenigsten ge- beim Schol. Apoll. Bhod. 1, 102, wonach Tai-
eignet gewesen wäre, eine unterscheidende Be- naros abstammt von Elatos, dem Sohn des
Zeichnung für den Herrn des Schattenreiches Ikarios und der Erymede (Erimede?), der Toch-
zu liefern''. Aber die Bezeichnung Taenarius ter des Damasikles (oder Damasiklos?), s. o.
Juppiter = Juppiter Stygius, inferus usw. ist unter Elatos Bd. 1, Sp. 1231 f. Waser bei Pauly-
m. E. unanfechtbar. Wir haben Tccivagiu als Wissowa 6, 2240 ff., 25 ff. Wide a. 0. 34. 44.
Beinamen der Artemis-Hekate in ungefähr der- 50 Tainaros persönlich aufgefaßt auch bei Hör.
selben Bedeutung; Tatvapetos als Epiklesis des c. 1, 34, 10 f. {invisi horrida Taenari sedes).
chthonischen kyad'og dalfiav gehört wohl, wenn Nach weiterer Überlieferung wohnt der (Minyer)
auch in abgeschwächtem Sinne, gleichfalls Euphemos (s. d.) am Tainaron, wo auch sein
hierher. Besonders aber beweisen Stellen, wie Vater Poseidon ein berühmtes Heiligtum be-
Setiec. Troad. 402 {Ta^nara et aspero regnum saß. Find. Pyth. 4, 43 ff. (76 ff.). Apoll. Bhod.
sub domino Urnen et obsidens custos non facili 1, 179 ff. Orph. Arg. 205 {Taivaguhg E^cpruiog,
Cerberus ostio). Hör. Od. 1, 34, 10 {Styx et cf. Euphemus Taenarius Hyg. fab. 14 p. 47,
invisi horrida Taenari sedes). Verg. Georg. 4, 2 f. Seh.). Theochrestos {F. H. G. 2, 87) und
467 {Taenarias etiam faules, alta ostia Ditis)., Akesandros {F. H. G. 4, 286, 6) beim Schol.
daß Taenara s. v. a. Unterwelt bedeutet. In 60 Apoll. Bhod. 4, 1750. Gruppe a. 0. 157, 3.
Tainaron war ein bekanntes Psychopompeion 162, 1. 215. 256, 6. 257 A. 556, 14; auch Po-
und der Eingang zum Hades, Plut. Ser. num. seidons Sohn Eurypylos, den ersten Landes-
vind. 17. Suid. s. v. kgxiXoxog. Pind. Pyth. könig von Kyrene, setzt Gruppe S. 256 f., 14
4, 44 (79). Strabo 8, 363. Arist. Ban. 187. Eur. in Beziehung zum Tainaron. Und wieder nach
Her. 23. Apollod. 2, 123, Pediasm.l2. Palaeph. andern habe der Kreter Tettix (s. d,), mit
39 (40). iSc^wZ. in Luc. Catapl. 3 (p. 43, 14 Babe). einer Flotte angerückt, die Stadt Tainaron
Ov. Met. 10, 13 (vgl. Plut. de primo frigido 20). gegründet und sich daselbst niedergelassen
Stat. Theb. 1, 96. 2, 48 ff. (vgl. Lactant. ad neben dem ipv%ono[ni£lov., Plut. de sera num.
9 Tainaros Tainaros 10
vinJ. 17 p. ööOE; Tettix war hier begraben, Tainaron bezeichnet, wie der stammverwandte
Suid. 8. AqxUoxos = Äüian. frg. 80 J lercher; auf Thera (wo Poseidon ebenfalls in einer
der Ort hieß auch 'iVtriyot,- sdgavov, Hesych. Felsengrotte verehrt wurde) und der von Ky-
8. V. A. Ficcolomini, Hermes 18 (1883), 267/70. rene, Preller-liohert, (Jriech. Myth. 1, 675, 1.
Wide a. O. 34 f. 44 f. Grujjjye a. 0. 156, 15. Dafür, daß u. a. auch der Kult des Poseidon
797, 3. 935, 9, 2; der Gesang der (dem Helios Tainarios enge verknüpft mit den Minyern,
heiligen) Zikade (rtTTt^, o), meint Gruppe S. 191, führt man namentlich in« Feld die Verbindung
scheint an dem alten Heliosheiligtum zu Tai- des Minyerhelden Euphemos mit Tainaron
naron (s. u.) als Orakelzeichen gegolten zu (s. o., auch Herod. 4, 145. 150 flF,), vgl. Maass
haben. . . Eines Denkmals des Tainaros, nach lo a. 0. 354 f. Wide 42 ff.; über das tainarische
dem das Vorgebirge benannt, zu Sparta (Tat- Heiligtum als wichtigstes Denkmal der miny-
vccQov ^vf}(icc) gedenkt Paus. 3, 14, 2, vgl. sehen Bevölkerung, wie es scheint, errichtet
Hitzig -Blümner z. St. (Paus. 1, 784 f.); Gilbert, auf der Stelle eines älteren Heiligtums des
Sind. z. altspart. Gesch. S. 70 nimmt an, das Helios (vgl, Hom. Hymn. auf Apoll. 411 ft".,
Mnema habe westlich vom Akropolishügel ge- s. u.) vgl. E. Curtius, Pelop. 2, 279. Hitzig-
legen, ebendort das Heiligtum des Poseidon Blümner, Paus. 1, 868. Schwer zu entscheiden
Hippokurios. Zu Sparta existierte gleichfalls ist, ob das bei Hesych. s. Taivagiag (wofür
ein TsiiEvos HoGstdibvos {Tccivccgiov), Paus. 3, wohl zu lesen TaLvagta) bezeugte lakonische
12, b, dazu Hitzig-Blümner 1,114:, seinenRsLXiipt- Poseidonfest auf dem Tainaron gefeiert
kult aber hatte der Poseidon Tainarios doch 20 wurde oder bei der Filiale zu Sparta; eine
wohl auf dem Vorgebirg Tainaron selbst, heute Rolle spielten dabei die TaLvccgiGrai, mit denen
Kap Matapan, Paus. 3, 25, 4 {Hitzig- Blürnner vielleicht identisch sind die in drei spätem zu
z. St. 1, 867 fiF.), und dieser Kult wird häufig Sparta gefundenen Inschriften {Ann. d. Inst.
erwähnt bei den alten Autoren, außer den an- 33, 1861, 41 ff. Le Bas-Foucart, Inscr. de Pelop.
geführten weitere Zitate bei Wide S. 33 ff. nr. 163b. c. d, Kolbe, LG. 5, 1 nr. 210— 212),
Gruppe S. 167, 17, Walther Kolbe, Inscr. Gr. genannten TatW^iot, vgl. über das Fest TFeZcZ:er,
5, 1, p. 229—232, vgl. auch 0. Art. Poseidon Gr. Götterl. 2, 680. Wide S. 31, 1. 2. 40.
von E. H. Meyer Bd. 3, Sp. 2840. Nach Schol. Hitzig-Blümner a. 0. 1, 774. Mlsson S. 67 ff.
Aristoph. Ach. 510 (= Suid. s. Taivaqov) führte (über die TaivaQioi F. Poland, Gesch. d. gr.
Poseidon hier außer dem Beinamen TccivccQLog 30 Vereinsivesens S. 71 f.); zu diesen Taivccgia vgl.
die auch sonst geläufige Epiklesis 'Acq)dX£Log, auch die zu Ehren des Poseidon Geraistios zu
wie wiederum auch zu Sparta selbst auf dem Geraistos auf Euboia gefeierten FfpaiöTia,
Marktplatz Poseidon verehrt ward als 'Aacpä- Wide S. 43. Nilsson S. 72 f. ; dagegen schweigt
Uoq^ Paus. 3, 11, 9. I. G. h, 1 nr. 559, 14 f. die Überlieferung von einem Poseidonfest auf
{Kolbe). Wieseler, Gott. gel. Nachr. 1874, 153/60. Kalaureia . . . Paus. 3, 25, 4 spricht von einem
Wide S. 36 ff. 368 ff. (370). Hitzig-Blümner, einer Grotte gleichenden Tempel, vor dem
PaMS. 1,771. Gruppe ^.1^1,11. 247,4. 1157,8; das Bild des Poseidon stand; offenbar ist der
zum Epitheton Ilovxiog für den Poseidon am Text an dieser Stelle verderbt: ^ein Tempel in
Tainaron bei Eupolis frg. 140 Kock {Wide^. 34 Form einer Grotte ist etwas Unerhörtes und
0. Bd. 3, Sp. 2840, 53 f.), vgl. Wide S. 47. Und 40 allen Prinzipien des griechischen Tempelbaues
wie der Tempel von Kalaureia berühmt war geradezu Widersprechendes', vgl. K. Bursian,
durch sein Asylrecht, das noch von De- Über das Vorgebirg Taenaron, Abh. d. philos.-
mosthenes in Anspruch genommen ward, so philol. Gl. d. Kgl. Bayer. Akad. der Wiss.
kommt nicht selten in der spartanischen Ge- (München 1855) 7, 778 f. (vgl. auch dess. Geogr.
schichte auch das tainarische Heiligtum vor Griechenl. 2, 150). Hitzig-Blümner, Paus. 1,
als Zufluchtsstätte für Bedrängte, zumal be- 868. Dagegen bleibt außer Zweifel das Vor-
drängte Heloten, vgl. Thuk. 1, 128. Aristoph. handensein einer Grotte, deren Pausamas gleich
Ach. 510 mit Schol. {Suid. s. Taivaqov). Paus. im folgenden wieder gedenkt, die auch sonst
4, 24, 5 f. 7, 25, 3. Ailian. var. hist. 6, 7. Suid. öfters erwähnt wird (z. B. Strab. 8 p. 363) und
s. aniönaos, vgl. auch Thuk. 1, 133 und dazu 50 in Kult und Sage ihre gewichtige Rolle spielt;
Diod. Sic. 11, 45, 4. Nepos Paus. 4, 4. Plut. vor der Grotte aber stand das Kultbild des
Agis 16 usw. Wide S. 35. 42. 47, 2. o. Bd. 3, Poseidon. Somit ist auch der Poseidon Tai-
Sp. 2833, 35 ff. Wie überhaupt die lakonischen narios beizuzählen den ^Höhlengöttern' (vgl,
Poseidondienste alle in den vordorischen i^oMß;, Psi/c/^e* 1, 111 ff.), für die sich gelegent-
Zeiten wurzeln {Wide S. 47), gilt auch der lieh bei Pausanias (10, 32, 4) die Bezeichnung
Kult auf Tainaron, was besonders die in den STtriXaCtaL findet, deren Verehrung nach Wide
ältesten Inschriften begegnende Namensform 40 f. (228) eins der ältesten Stadien der reli-
Hooldizv bestätigt, für vordorisch {E. Maass, giösen Entwicklung der Hellenen repräsentiert
Gott. gel. Anz. 1890, 354. Gruppe S. 1152 A) (^der hellenische Götterkult scheint in einer
und mit dem arkadischen Kult verwandt, 60 entfernten Zeit an Höhlen geknüpft zu sein,
vgl. Wide S. 44. Nilsson S. 68, 1, vgl. z. B. die und davon existierten noch in historischer Zeit
Weihung zweier Sklaven an den Poseidon von mehrere Spuren', Belege bei Wide a, 0., für
Tainaron (nOHOIAANI = Hooldavi = Hocoi- Poseidon vgl. auch 0. Bd. 3, Sp. 2833, 25 ff,),
SavL), P. Foucart, Bull, de corr. hell. 3 (1879), Zumeist war solcher Kult, wie dies in der
96 ff. Eoehl, Inscr. Gr. antiquiss. 83. 84 (?). Natur der Sache begründet scheint, ein chtho-
86. 88. Kolbe, I. G. 5, 1 nr. 241. 1228—1232. nischer, und in gewissen Fällen ist daselbst
Wide S. 35 usw. Zugleich auch als miny- auch chthonische M antik nachweisbar. So
sehen Ursprungs wird der Poseidondienst von am Tainaron; schon Welcker, Gr. Götterl. 2, 685
11 Tainaros Tainaros 12
hat hier ein poseidonisches Orakel yermutet femer za Herakleia am Pontos in Bithjnien,
(über Poseidon alB Orakelgott 0. Bd. 8, Sp. 2829, im Land der Mariandynen, Xenoph. Anab. 6,
SOflF.). Auf chthoniache Mantik deutet, was 2, 2. Herodor. {F. H. G. 2, 35, 26) b. Schol.
Paus. 8, 26, 8 erzählt von der wunderbaren Ap. Hhod. 2, 364. Pomp. Mela 1, 108 (19, 7)
Quelle auf Tainaron, die in frühem Zeiten p. 28, 15 flf. PartÄcy. Sc/joM)ton.Peri«<7. 791 usw.
denjenigen, die in ihr Wasser schauten, den Immisch in diesem Lex. Bd. 2, Sp. 1123if., 53if.
Anblick der Häfen und der (darin liegenden) Gruppe a. 0. Auch Theseus und Peirithoos
Schiffe gewährte, vgl. J^Mrsfan,For5rc5.T.S. 774 f. seien beim Tainaron hinabgestiegen, um die
Welcker a. 0. 686 f. Wide S. 41. Hitzig-Blüm- von Peirithoos geliebte Köre zu holen, Apoll.
ner, Paus. 1, 870. o. Bd. 3, Sp. 2829, 41 ff. 2840, lo Bhod. 1, 101 ff. (mit Schol). Hyg. f. 79 p. 81,
41 ff.; merkwürdiger noch war jene andere 1 Seh. Gruppe S. 401, 6; auch Orpheus scheint
Quelle bei Kyaneai in Lykien, die den, der am Tainaron lokalisiert, vgl. Gruppe o. Bd. 3,
hineinschaute, alles sehen ließ, was er nur Sp. 1100, 25 ff. Gr. Myth. 157, 7. 167, 13. 216;
wünschte, Paus. 7, 21, 13. Auf die chthonische hier erfolgte sein Abstieg in die Unterwelt
Bedeutung des tainarischen Poseidonkultes nach Verg. georg. 4, 466 (mit Prob.). Ovid. met.
weist vor allem die Notiz des Plutarch {de sera 10, 18. Sen. Herc. Oet. 1061. Mydx. vat. 2, 44,
num.vind. 17 p. 660 E, wozu Suid. B.*AQxÜioxog sein Aufstieg, Sen. Herc. f. 687- auch Psyche
= Ailian. frg. 80 Hercher), daß sich am Tai- geht beim Tainaron in die Unterwelt ein, Apul.
naron ein '^vxoTtoyLnslov befunden habe; man met. 6, 18. 20. Ungenau ist für die Styx die
dachte sich hier, an dem verrufenen Kap, viel- 20 Gegend des Tainaron angegeben, weil hier die
leicht der vielen Schiffbrüche wegen, einen Unterweltspforte, bei Plut. de primo frigido 20,
Eingang zur Unterwelt, Pind. Pyth. A., 43f. s. 0. Bd. 4, Sp. 1572, 20ff.; bei Hör. c. 1, 34,
{X^6viov Aida axoyiit). Aristoph. Ran. l^l. Schol. 10 f. (s.o.) ist Taenarus geradezu persönlich
Aristoph. Ach. 510. Menandr. frg. 842 {Kock 3, gefaßt als die beim Tainaron waltende Gott-
226) b. Schal. Pind. a. 0. Teetz. Lyk. 90. Stat. heit der Unterwelt, und die Unterwelt ist offen-
iheh. 2, 82 ff. 48 f. Apul. met. 6, 18 {spiracu- bar gemeint mit Taenara bei Sen. Troad. 407.
lum Ditis, vgl. Solin. 7, 6 p. 61, 18 Mommsen) Claud.Sb.ZOl. Für anderweitige Hadeseingänge,
und 20, usw., den Hadeseingang, durch den rpvxoTto^insZa, IJXovrmvLa, Xccgoivsia vgl. PreUer-
zumal Herakles den Kerberos aus der Unter- JRobert, Gr. Myth. 1, 811. Rohde, Psyche"* 1,
weit heraufgeholt, vgl. Soph. 'HgaxXfig inl Tai- 30 212 ff. Wide S. 245. Waser a. 0. 61 ff. Gruppe
vago) {öarvQniog) F. T. G.Nauck* p. 178. Evrip. S. 809, 1. 815 f. Beim Heiligtum auf Tainaron
Herakles 23 ff. Sen. Herc. f. 813. Strdb. 8 p. 363. ist ein Fund gemacht worden von 60—70 Bron-
Pau8. 3, 25, 5 {Hiizig-Blümner z. St. 1, 868). zestatuetten , Pferde und Stiere darstellend,
Apollod. 2, 123 und lo. Pedias. 12 (30) p. 258, Votivbronzen {Henzen, Bull. d. Inst. 1857,
21 f. Wagner. PoZaipÄ. 39 (40) p. 59, 9 ed. Fes^a. 156. R. Weil, Ath. Mitt. 1, 1876, 159. Nilsson
Schol. Dion. Perieg. 791. G. Ettig, Acherun- S. 68), und ein Weihgeschenk dieser Art war
tica, Lpz. Stud. 13, 397; am Tainaron scheint wohl auch die kleine Erzgruppe des Arion
man von einer furchtbaren Schlange als Hüterin auf dem Delphin, von der uns die Autoren
des Unterweltseinganges an des Kerberos Statt berichten (s. u.), Bursian, Geogr. Griechenl. 2,
gefabelt zu haben, nach Hekataios von Milet io 151, 1. Hitzig-Blümner, Paus. 1, 868 f. 0. Bd. 3,
bei Paus. a. 0., s. 0. Bd. 2, Sp. 1133, 10 ff. Sp. 2840, 43 ff. 52 f. Beim Tainaron soll ja der
Gruppe S, 408, 5, 410; hinwiederum erzählen Kitharode Arion von Methymna auf einem
noch heute die Mainoten von dem schwarzen Delphin gelandet haben (Hauptzeugnis dafür
Hund, der aus Tainaron aufsteigt, Rodd, Ctist. Herod. 1, 23 f., übersetzt bei Gellius N. A. 16,
and lore 202. Gruppe 804, 7. Tainaron gilt in 19. Fronto p. 237 Naber-, auf Herodot berafen
der Überliefemng vorzüglich als Ort des Ab- sich Strab. 13 p. 618. Paus. 3, 25, 7, ihm
stiegs (vgl. auch Schol. Arist. Ach. 510. T. iv schließt sich an Ps. Dion Chrysost. or. 37
m ctöiiLOv riv yiardyov stg "'AiSov)^ wogegen für p. 455 M., ferner vgl. Plut. Sept. sap. conviv.
äen Aufstieg verschiedene andere Örtlichkeiten 17 f. p. 160. Ailian. nat. an. 12, 45. Lukian.
in Betracht kamen, so {n&chWilamowitz , Eurip. 50 dial. mar. 8. Ovid. fast. 2, 83 ff. Hyg. f. 194
Herakles^ [1909] S. 347 das ursprünglichste p. 124 f., 11 ff. Seh. Plin. n. h. 9, 28. Solin. 7, 6
Lokal) der chthonische Bezirk von Hermion(e), p. 61f., 19 ff. Momms. Serv. Verg. ed. 8, 55.
von wo der Weg zum Hades so kurz, daß Myth. vat. 2, 172 etc.), hier das schon von
selbst das vavXov für die Toten überflüssig Herodot erwähnte und auf Arion bezogene
{Strab. 8 p. 373. Eustath. z. IL p. 286, 45. Denkmal des Delphinreiters, ein Scvad^riua
Orph. Arg. 1139 [1144]. Rohde, Psyche^ 1, xdXxsov oi) (liycc, dazu Paus. a. 0. Ps. Dion
214, 3. Waser, Charon S. 32 f.) und wo auch Chrysost. a. 0. (als ein von Arion selbst ge-
der Raub der Persephone lokalisiert ist (J.po?Zoc?. weihtes /xtjtrjfta ;uaHot5r ov iitya bezeichnet).
1, 29 TT.), vgl. Eurip. Herakles 615. Paus. 2, Ailian a. 0., wo auch das Distichon mitgeteilt
35, 10 {Hitzig-Blümner z. St. 1, 649); ferner 60 wird, das auf dem Bildwerk stand usw. VoU-
Trozen, Paus. 2, 31, 2 {H-Bl. z. St. 1, 631). ständigster Überblick über die Überlieferung
Apollod. 2, 126 u. Pedias. 12 (32) p. 259, 6 f. TT.; bei Karl Klement, Arion, Wien 1898 (dazu
femer soll Herakles nach Aussage der Boioter v.Wilamowitz, D. Lit.-Ztg. 19, 1898, 1875/77)
am Berg Laphystion mit dem Höllenhund S. 4—15, vgl. auch Crusiu^ bei Pauly-Wissowa
heraufgestiegen sein, es stand da auch ein s. v. 2, 836 ff., 17 ff., außerdem zur Sage K. 0.
Bild des Herakles mit Beinamen Xagorp, Paus. Müller, Dorier 2', 369, 3 {Lit.-Gesch.* 1, 343).
9, 34, 5 {H.-Bl. z. St. 3, 498). Waser a. 0. 15. Welcker, Kl. Sehr. 1, 89 ff. Lehrs, Pop. Aufs.^
Wilamowitz a. 0. 34 f., 67. Gruppe 469 f., 6; 385 ff. usw. Es liegt wohl auf der Hand, daß
13
Taiuaros
Talaionides
14
die Lokalisierung des Sängers Arion am 'J'ai-
naron (inschriftliche Belege für das Vorkommen
des Namens Arion auf der Tainaron-Halbinsel
und in deren Umgebung im IJand der lakon.
und messen. Inschriften, besorgt von W. Kolbe,
1. G. 5, 1, vgl. Ind. p. 317) in Zusammen-
hang steht mit dem Kult des Apollon-Helios,
der neben oder schon vor Poseidon der Haupt-
gott war am Tainaron, vgl. Hom. Hiimn. auf
d. {pyth.) Ap. 411 ff. bzw. v. 233 ff., s.'o. Bd. 1,
Sp. 2025, 53 ff. 4, Sp. 1028, 44 ff. (am Tainaron
weideten des Helios dichtwollige Schafe); Po-
seidon habe von der Leto Kalaureia gegen
Delos, von Apoll aber Tainaron gegen Pytho
(= Delphi) eingetauscht, Strab. 8 p. 373 f. Paus.
2, 33, 2 (und dazu Hitzig -Bliimyier 1, G39), wo
beidemal (nach Strahon aus Eplioros) auch ein
darauf bezüglicher Orakelspruch mitgeteilt wird,
vgl. Boeckh, Kl. Schriften 5, 201 A , für ApoUon
am Tainaron auch Wide S. 72. 88 f. Die Sage
nun vom Sänger Arion ' dürfte (soweit nicht
eine historische, literargeschichtliche Persön-
lichkeit dahinter steckt) sich beispielsweise aus
einem Kultbild herausgesponnen haben, das
den Gott, den Apollon Delphinios, auf
einem Delphin reitend darstellte {Gruppe, Gr.
M. 167), Arion dürfte 'eine dem Phalanthos
und Apollon Delphinios ähnliche Sagengestalt'
sein {Wide S. 89), eine Parallelbildung zu Pha-
lanthos (s. d.), der in der ursprünglichen
Überlieferung, d.h. vor 'Taras dem Sohne
des Poseidon' der Delphinreitei- Tarents ge-
wesen ist {Usener, Sintflutsagen S. 158), der mit
der Leier in der Hand auf einem Delphin übers
Meer fährt und in welchem E. Maass, De Le-
naeo etDelphinio comm. {Ind. Gryphisiu. 1891/92)
S. 19 f. den Apollon Delphinios erblickt (über
diesen schon eine Abhandlung von L. Preller,
Aus d. Verli. d. k. sächs. Ges. d. Wiss. zu Lpz.,
philol.-hist. Cl. 6 [1854], 140 ff. in d. 'Ausgeiv.
Aufs.' hg. von Eeinh. Köhler 1864 S. 244 ff.);
über den Delphinreiter zumal Usener a. 0. 138 ff.,
am Tainaron S. 141. 150 f., auch v. Wilamowitz,
N. Jahrb. f d. klass. A. 29 (1912), 469 f., 2.
Und mit dem Kult des Apollon Delphinios
(Pythios) mochte ursprünglich auch in Verbin-
dung stehen die tainarische Sühnungsanstalt,
die von dem Kreter Tettix (e. o.) gegründet
sein sollte {Plut. a. 0. Suid. s. 'ÄQ%iX.), vgl.
Müller, Borier l^ 230. Wide S. 89. Anderseits
wieder hat man Phalanthos den Delphinreiter
zurückführen wollen auf Poseidon, den 'sacer
eustos Tarenti' (Hör. c. 1, 28, 29), vgl. Boehle,
Gesch. Tarents {Progr. d. Straßb. Lyc. 1877).
Studniczka, Kyrene 175 ff. (184), o. Bd. 3, Sp. 2239,
23 ff. 2240, 16 ff., und auch mit Poseidon hat
man die Gestalt des Arion in nahe Beziehun-
gen gebracht: so sucht Klement a. 0. S. 46
nachzuweisen, daß auf Tainaron ein Meergott
Arion verehrt ward, der dann zum Heros herab-
sank und später ausgeglichen wurde mit dem
Dichter. Wohl mit Recht bemerkt dazu Gruppe
S. 1141, 2: 'In Wahrheit sind auf Arion Züge
der beiden nahe verwandten Götter von Tai-
naron, Apollon und Poseidon übergegangen...'
In der mythischen Gestalt des Arion (ein
Dichter dieses Namens aus Methymna wird ja
wirklich gelebt haben, vgl. z. B. v. Wilamowitz,
D.L.Z. 19 [1898], 1876) begegnen sich, wie im
Apollon Delphinios, die beiden Götter Apollon
und Poseidon, wie sich, nach Gruppe S. 256 f.,
14, auch in der Person des Poseidonsohnes Eu-
rypylos wie in einem Brennpunkt die ver-
schiedenen am Tainaron lebendigen Vorstellun-
gen sammeln: Beziehungen zu Poseidon- und
Helioskult und tainarischem Hadeseingang;
wiederum wurden wahrscheinlich auch zu Ta-
10 reut die Götter von Tainaron, Poseidon und
Apollon Delphinios, an einem Hadeseingang
verehrt, Gruppe S. 374, und auch Aithra, des
Phalanthos Gemahlin {Paus. 10, 10, 8), wird
als zugehörig bezeichnet zum Helios- und Po-
seidonkreis von Tainaron, Gruppe (266, 11)
546, 2 (1227, 2). — Die mannigfachen Beziehun-
gen von Tainaron spiegeln sich im vielseitigen
Gebrauch des Adjektivs TaivÜQiog bzw. Tae-
narius. Nicht bloß Poseidon heißt T., Paus. 3,
20 12, 5. I. G. 5, 1 nr. 1226 f. Schol. Aristoph.
Ach. 510. Prop. 1, 13, 22, sondern auch Pluton,
Coripp. loh. 7, 308 (Taenarius luppiter), und
in den meisten Fällen drückt das Adj. Tae-
narius, zumal bei römischen Dichtern, die Zu-
gehörigkeit zur Unterwelt aus = inferus, iu-
fernus, etwa wie Stygius (s. d. und unt. Styx),
vgl. Verg. georg. 4, 467 (fauces). Ovid. met. 10,
13 und Stat. Theb. 1, 96 (porta). Ov. fast. 4,
612 (vallis), ferner Stat. Theb. 4, 214. 6, 508
30 (und dazu Claud. 33, 2). 7, 659, vgl. auch Tae-
nara (soviel wie Unterwelt) Sen. Troad. 407.
Claud. 35, 307. Häufig Taenarius = lakedai-
monisch, spartanisch, so Ov. met. 2, 247. epist.
15, 274, besonders für Helena, Ov. her. 13, 45
(Taenaria marita). 8, 72 (Taenaris soror), auch
bloß Taenaris 8, 73, vgl. auch Priapea 68, 9
(Taenarius cunnus), Taenaris auch noch Ov.
epist. 15, 30. 16, 6, die Maskulinbildung dazu
Taenarides für Hyakinthos, Ov. met. 10, 183,
40 ebenso Tccivagidrig bei Nonn. Dion. 30, 188
für den Amyklaier Dasyllios (der damit also
nicht als Sohn eines Tainaros bezeichnet wird,
wie 0. Bd. 1 Sp. 964, 22, in diesem Bd. Sp. 6,
20 f. und bei Pauly-Wissowa 4, 2224, 45 an-
genommen ist); endlich spricht z. B. Prop. 4,
1, 49 von Taenariae columnae, vgl. auch Tib.
3, 3, 14, weil das Tainaron auch seines schwar-
zen Marmors wegen Ruhm hatte, vgl. Strab. 8
p. 367. Plin. nat. hist. 1, 36, 29. 36, 135. 158.
50 Bursian, Üb. d. Vorg. T. 782 f. 789 ff. Geogr.
Griech. 2, 106. [Otto Waser.]
Talaimenes {TccXca^Evrig), Vater des Antiphos
(s. d. nr. 3) und des Mesthles (s. d.), Hom. II 2, 864.
Apollod. Epit. 3, 35. p. 200 Wagner. Über den
Namen seiner Gattin s. Bd. 1 Sp. 385, 25 ff. Wag-
ner bei Pauly-Wissowa 1, 2530, 55 ff. [Höfer.]
Talaionides {TaluCovidri?), Patronymikon
1) des Mekisteus (s. d.), Hom. II. 2, 566 (=
Certam. Hom. et Hesiodi 286. Preger, Inscr.
60 Gr. 7netr. 149 p. 118). 23, 678. — 2) des Adra-
stos, Pind. Ol. 6, 15 (24). Stat. Theb. 2, 141.
5, 18. Lactant. Plac. zu Stat. a. a. 0. 5, 18.
Über die Bildung des Patronymikons von Ta-
Xccog (s. d.) vgl. Schol. Yen. B. Hom. II. 2, 566
(vgl. Eust. ad. Hom. IL 288, 18 und Schol. rec.
Pind. Ol. 6, 24): ccno tov Toclatcov iötlv r} xU-
Ois' r) xatu nXsovaGfiov ian tov ovi, und dazu
Lobeck, Pathol. sermon. Gr. Prolegomena 145 f.
15 Talantia Talassio 16
Pathoh Gr. sertnan. Element a 1, 484. Usener, Ah Urenkel des Kretheus heißt er auch
GöUemamen 26. V^l. Talaos. [Höfer.] bei Paus. (8, 26, 9) Äprj^-rjiadrjs. Er ragt wenig
Talaios b. Tallaios und Taloa. in der Heldensage hervor; durch seine Heirat
Talantia {TaXuvxia). Aus dem durch Hesych. mit einer Sekyonierin stellt er ein Bindeglied
B. V. 'Eoriaia. Schol. D Hom. II. 2, 637 (p. 83 b zwischen den sekyonischen und argivischen
27 Bekker) bezeugten ältesten Namen TccXav- Sagen und Genealogien dar. Bekannt ist er
Twt für Hestiaia auf Euboia(^ vgl. JSttrstan, Geoar. eigentlich nur durch seine Söhne, abgesehen
von Griechenl. 2, 407, 1) schließt Gruppe, Gr. davon, daß er mit unter den Argonauten Er-
Myth. 1402, 9, daß die Göttin Hestia einst wahnung gefunden hat (Apoll. Rhod. 1, 118 f.
Tochter des Atlas {TalccvxLa «= 'AxaXavxltt) ge- lo vgl. Gruppe S. 660. A. 6) neben seinen Brüdern
heißen habe. [Höfer.] Leodokos und Areios. Betont wird von ihm
Talaos (TaXarap, TccXaos), Herrscher von Ar- zur Vergleichung mit seinem berühmtesten
gos, Sohn des Bias und der Pero {Paus. 2, 21, Sohne Adrastos, daß er wie dieser durch Herr-
2. ApoUod. 1, 9, 12; 18. Heyne ad Apollod. 1, schertugenden glänzte {Pindar, Nem. 10, 12),
9, 13. Pindar, Nem. 9, 14), Bruder des Areios durch HeJdentugend sich aber weniger hervor-
(Aretos) und Leodokos (Apoll. Rhod. 1, 118 f. tat. Sein Grab zeigte man in Argos auf dem
Orph. Arg. 146. Tzetz. Lyk. 176. Schol. Apoll. Markte gegenüber dem Grabmal der Hyper-
Rhod. p. 686 KeH)y oder Bruder des Perialkes mnestra und des Lynkeus (Paus. 2, 21, 2). Vgl.
und der (Alkesiboia) Alphesiboia (Pherekyd. fr. Talaionides. [Buslepp.]
76. Schol. Od. 11, 287. Eustath. p. 1686, 40; 20 T&\a» (laXag). 1) Iji dem astrologischen Text
46. Schol. Theokrit. 3, 46; dagegen wird Peri- des Teukros bei Fr. Ball, Sphaera 19, 9 heißt
alkes Schol. H. 2, 665 als Vater des Talaos es beim Sternbild des Schützen: &s6g tig xa-
bezeichnet), Bruder der Anaxibia (Apollod. 1, rwKicpaXcc ocsifisvog, ^uXetrui dh TdXag, xal xd-
9, 10), Gemahl der Lysimache, der Tochter qcc^ ^ccvsl a^rov r^g xetpaXfjg, in dem Exzerpt
des Königs Abas, der Enkelin seines Oheims des Antiochos bei Boll 57, 9; TaXog (TäXagy
MelampuB (Apollod. 1, 9, 13. Patts. 1, 43, 6), BolT) gintav Xi%-ov. Während der letztere sich
oder der Lysianassa, der Tochter des Königs wohl durch den kretischen Talos erklärt, bleibt
Polybos von Sekyon (Paus. 2, 6, 6. Schol. Pin- der TdXug des Teukros unklar, Boll a. a. 0.
dar, Nem. 9, 30 nach Menaichmos von Sekyon), 278 ff. — 2) Vgl. auch Talassio a. E. [Höfer.]
oder der Lysimache, der Tochter des Kerkyon so Talassio. Wenn die Braut über die Schwelle
{Sdiol. Eur. Phoen. 160; 160. Antimach. fr. 34 des Hauses ihres künftigen Gatten gehoben
K.), oder der Ljaippe (Schol. Plat PoUt. p. 419 wurde, ertönte bei den Römern der Ruf Ta-
Bekk.\ oder der Eurynome, der Tochter des lassio, damit es nicht schiene, als ob sie frei-
Königs Iphitos (Hygin. fdb. 69; 70). Femer willig ihre Jungfräulichkeit preisgäbe; aus
■wird er genannt als Vater des Adrastos (Schol. diesem Ruf ist dann wahrscheinlich in An-
Pindar a.a.O. Pau>s. 2, 6, 6; 10, 10, 3. Schol. lehnung an den griechischen Hochzeitsgott
Plat. a. a. 0. Schol. Eur. a. a. 0. Hygin. a. a. 0. Hymenaeus durch die emsige Phantasie der
Eur. Phoin. 422. Herodot 6, 67. Apollod. 1, 9, Geschichtschreiber späterer Zeit ein Hochzeits-
18), des Mekisteus (Apollod. a. a. 0. Herodot gott ähnlichen Namens zu künstlichem Leben
a. a. 0. Eur, Iph. Aul. 245. Eustath. B. p. 962, 40 erweckt worden, der daher sich uns als ein
63. B. 2, 565 [TaXaCoviär]g]\ 23, 678. Preller, höchst färb- und lebloses Gebilde darstellt, an
Crr. Myih.'^y 355), des Partnenopaios (Apollod. dem beinahe alles unsicher ist; nur in einem
a. a. 0. Paus. 2, 20, 5. Soph. Oid. Tyr. 1317. Punkte stimmen die antiken Schriftsteller,
Schol. Eur. Phoin. 126. vgl. Gruppe, Gr. Myth. deren Berichten im allgemeinen eine und die-
S. 528 f. u. A. 1. Preller 2, 355), des Pronax, selbe, meist nur wenig abgeänderte sagenhafte
der nach Beihe (Theban. Heldenl. S. 50) von Überlieferung zugrunde liegt, überein, nämlich
Amphiaraos getötet wird gelegentlich eines darin, daß ein gewisser Talasius dem Romulus
Aufstandes (Paus. 3, 18, 12, vgl. Jahn, Arch. bei dem Raube der Sabinerinnen zur schönsten
Aufs. S. 158 u. Ber. d. S. G. W. 1853, 21—32), Jungfrau verhelfen habe.
was nach Paus, auf dem Amykläischen Altar 50 Die Unsicherheit beginnt schon bei der
dargestellt war (vgl. Gruppe S. 183; 531 f.), Feststellung des Namens, da die Überlieferung
des Hippomedon (Soph. Oid. Kol. 1318. Schol. uns die verschiedensten Namensformen bietet.
Eur. Phoin. 126), des Aristomachos und der Drei Hauptformen des Namens lassen sich
Eriphyle (Apollod. 1, 9, 13), der Mythidike und unterscheiden: 1. Talasius oder Talassius
Astynome (Hygin. fdb. 70), Großvater des Pro- oder Thalasius (vgl. Catull 61, 134. Plut.
machos und Euryalos (Paus. 2, 20, 5; 9, 18, 6; quaest. Rom.Zl. Romul. 15) und endlich Tha-
vgL Gruppe S. 511). Der Nominativ hat die las s ins (Liv. 1, 9, 12). 2. Talassus (Mart.
Form TaXocog, da der Genitiv für gewöhnlich 5, 42, 4). 8. Talassio (Mart. 1, 35, 6; 3, 93,
TaXttov lautet; es muß aber die attische Form 25. Sidon. Apoll, ep. 1, 5) oder Thalassio
Taiatoff vorgekommen sein. Der Genitiv heißt 60 (Serv. ad Aen. 1, 651) oder Thalassio (Verg.
nämlich (Paus. S, 25, 9) TccXuan&chAntimachos, Catal. A, S). Die Alten brauchten diese Be-
TaXaao nach Choirob. (Cram. Vol. II p. 413, 6): Zeichnungen ohne Unterschied, die verschiede-
xä &nb 'Axxl-h&v ysvtx&v yiaxcc TtXsovae^bv tov nen Arten der Bezeichnungen kommen auch
0 yiv6y.8vcCf st fisv &7Co d^vrovcov ysvL-A&v *Axxl- als Eigennamen vor.
x&v Ü361V, nQonsQi67C£Q(bvxca, olov Htxsa) Usxe- Die landläufige Überlieferung gibt Plutarch
mo, TccXaüj TccXccoäo, mg nagu 'Arx^iäxa). Etym. wieder*) (Romul. 15; Qu. R. 31; Pomp. 4). An
M. p. 746, 10: TaXamO ftara XOV l Xivig- r^V *) Der an diesen SteUen bekanntüch Farro» Bücher
yoCQ (pCCßLV TccXaoiO. De antiquitatibut, die ihm König Juba Ton Mauretanien
17 Talassio Talassio 18
letztcrenannter Stelle erzählt er, daß beim Raube und daß seine Anrufung den Jungfrauen die
der Sabinerinnen einige Hirten das Glück ge- Furcht benehmen und ihnen verständlich machen
habt hätten, ein besonders scliönes Mädchen sollte, daß man sie zum Zwecke der Ehe und
zu erbeuten; damit sie ihnen nun keiner der nicht in böser AbHicht raube (vgl. Huschkc,
Vornehmeren wegnähme, hätten sie den Namen Oskisch-sabellische Sprachdenkm. tu. 4 und Har-
tes Talasius, eines vornehmen Römers, aus- tung, Philol. 3, 28).
gerufen {(ßotov d-iovrsg a^a TaXaaio)). An eine andere Ableitung des Namens, die
Daher Komme, zumal die Ehe des Talasius sich an das griechische raXa qov anknüpft,
glücklich gewesen sei, der Hochzeitsruf; diese was auf die häusliche Beschäftigung der Frau
Erklärung, bemerkt Plutarch schließlich, sei lo hindeuten soll, finden wir bei Festus S. 351
die wahrscheinlichste von dem, was man über Talassionem in nuptiis Varro ait Signum esse
Talasius sage. Dieselbe Quelle, aus der Plutarch lanißcii, rccXaQov id est quasillum, inde enim
schöpft, nämlich Varro, benutzte auch Aurelius solitwn appellari Talassionem at . . . histori-
Victor, De viris illustribus cap. 2 ; auch er hebt arum scriptor Talassium ait nomine virum
hervor, daß die Ehe des Talassius glücklich ge- rapta virgine unicae pulchritudinis, qiiod ei
wesen sei. Aus anderer Quelle schöpfte offeni)ar id coniugium fuerit felix, boni ominis gratia
Xmws 1, 9 seine Erklärung; von der glücklichen nunc redintegrari; eine abweichende Lesart
Ehe des Talassius, die Plutarch und Aurelius zeigt der Cod. Leid. Y fol. 71; vgl. Momm-
Fictor hervorhoben, sagt er nichts; eine Jung- sen, Festi cod. quatern. 16 p. 62 in Philolog.
frau von auffallender Schönheit sei von den 20 und histor. Äbhandl. der k. Akad. d. Wiss. zu
Anhängern eines gewissen Talasius geraubt Berlin 1864. Es könnte scheinen, als ob nur
und auf die wiederholten Fragen, für wen man der erste Teil der Stelle aus Varro stamme;
sie raubte, hätten sie wiederholt Talasio als doch wenn man vergleicht, was P?M^arc/« a. a. 0.
Antwort gerufen, damit sich keiner an ihr sagt, so wird es deutlich, daß auch der zweite
vergriffe. Daraus sei der Hochzeitsruf ent- Teil aus Varro geschöpft ist. Der Name des
standen. In leichten Veränderungen findet sich Historikers, der in der eben zitierten Festus-
dieselbe Deutung wieder bei Hieronymus zur stelle zwischen at und historiarum scriptor
Chronik des Eusebius 1 ed. Schoene S. 81, der ausgefallen ist, war nach einer ansprechenden
nach Mommsens Ansicht {Sitzungsber. der Sachs. Vermutung Merckli^is, Ind. schol. JDorpat. 1860
Gesellsch. Leipzig 1850) neben Livius aus einer 30 p. 13 Gnaeus Gellius, dessen Behandlung des
verloren gegangenen, in lateinischer Sprache Raubes der Sabinerinnen von Dion. Hai. 2, 31
verfaßten Quelle über den Ursprung des römi- und Charis. 1 p. 39 bezeugt wird. Diese Ety-
schen Volkes schöpfte; ferner bei Servius Aen. mologie, die Talasio mit raXccgov zusam-
1, 651 (vgl. Mythographus Vaticanus 2, 213). menbringt, der Frau also als Tätigkeit die
Servius fährt, nachdem er davon gesprochen Wollspinnerei zuweist, basiert auf der An-
hat, daß Hymenaeus inter bella saevissima die nähme, daß die geraubten Sabinerinnen mit
Jungfrau befreit habe, weshalb er als liberator ihren Eheherren einen Vertrag abgeschlossen
virginitatis besungen werde, fort: hinc etiam hätten, daß sie sich nur um Wollarbeiten be-
apud Romanos Talasio invocatur. Cum enim in kümmern würden {onag iitjösv aXXo ^gyov 7}
raptu Sabinarum plebeius quidam raptam pul- 40 tu TtsQl tT]v taXccölav vTtovQyweiv Plut. Rom. 15).
cherrimam duceret, ne ei auferretur ab aliis, Born. 31 wird dem Namen dieselbe Deutung
Talasionis eam ducis nobilis esse simulavit, gegeben, unter Hinweis darauf, daß man für
cuius nomine fuit puellae tuta virginitas. Die xdXaQog auch räXaaog sage (das unverständ-
Sage ist hier offenbar dahin zugestutzt, daß liehe xüXocvxöv der Codices hat schon Brisso-
Talasio zu Hymenaeus in bequeme Beziehung nius, De vet. rit. nupt. p. 95 in xdXcc6ov oder
gesetzt werden kann. Isidor etymol. 15, 3, 6 xaXdcLov umgedeutet).
bietet nichts Neues; er hat für Talassio die Doch noch an eine andere Ableitung dach-
entstellte Form Thalamus, wofür vielleicht ten die Alten, wie hervorzugehen scheint aus
Thalassius zu emendieren wäre. Er fügt Fest. p. 358 Tallam Cornificius posuit undeet
. hinzu, daß auch die Ägypter beim Betreten 50 Talassus. Tallam alii folliculum cepae. Hier
des Brautgemaches den Thalamus anrufen; ist nun offenbar nach Cornificius oder nach
ihn benutzte offenbar Papias {Thalassius dici posuit eine Lücke, da nicht gesagt ist, was
fertur, quia cum Sabinae raperentur, una ele- Cornificius mit talla bezeichnete.
gantissima exstitit, quam ab oraculo Talassio Beide Sätze hängen eng zusammen, da nur
duci responsum est dari ab his, quo feliciter so der Akk. tallam in dem zweiten Satze er-
actis nuptiis Talasii nomine usi sunt. Hoc klärt werden kann. Zurückzuweisen ist Joseph
etiam apud Aegyptios). Eine andere Deutung Scaligers Vermutung, der schreiben wollte:
finden wir bei Plutarch, Romul. 15 überliefert, tallam allii folliculum vel cepae. Wie kommt
die von einem sonst unbekannten karthagischen nun Cornificius dazu, das Wort talla zur Er-
Schriftsteller Sextius Sulla herstammen soll; 60 klärung des Namens Talasius heranzuziehen?
er berichtet nämlich, daß Romulus den Seinen Die für uns wichtige Deutung, daß folliculus
gewissermaßen den Ruf Talasius als Feld- auch den weiblichen Geschlechtsteil bedeuten
geschrei für den bevorstehenden Raub gegeben kann, gibt Serv. ad Georg. 3, 136: genitali arvo
habe, und deswegen habe sich dieser Ruf bei pro muliebri folliculo, quem (scilicet) vulvam
den Hochzeiten erhalten. Offenbar glaubte vocant, ut etiam Plinius docet: nam ante folli-
Sulla, daß Talasius ein sabinisches Wort sei, culus dicebatur.
übermittelte, als Quelle benutzt-, ygl. Barth, De Jubae Wahrscheinlich muß es also an der er-
ö/noiüttjaiv a Piutarcho expressis S. 14. wähnten Festus&ieWQ heißen: Tallam Cornipcius
19 Talassio Taletitas 20
posuit (pro muliebri foUic\Uo), unde et Talassus. Eöm. Mytii. p. 327 f. meint, a. a. 0. p. 91, daß
Dies würde der griechischen Ableitung *T^i- Talasius ein Beiname des Quirinns, des sabi-
ifccios von i^^v gut konespondieren; sonst nischen Mars, gewesen sei. Die falsche Vor-
sind allerdings die Etymologien des Festus Stellung, die Schmidt von dem Mars der illte-
mit Vorsicht zu gebrauchen; vgl. Fest. p. 123 sten römischen Zeit hat, der nie etwas anderes
Minerva. gewesen ist als Kriegsgott, hat ihn zu unhalt-
Talasius kommt abgesehen von jenen auf baren Schlußfolgerungen verleitet,
seine Erklärung bezüglichen Stellen nur 8 mal Von all diesen Ansichten ist wenig halt-
in der Literatur vor, und zwar einmal bei bar; es scheint mir zweifellos, daß in der rö-
CatuU 61, 128 (satis diu | litsisti nucilms: lubet\ lo mischen Religion ein Gott Talasius nie wirk-
tam servire Talasio). lieh existiert hat, sondern ein« Schöpfung der
Zweimal bei Vergil, Catal. 4, 8 {Talaseio! römischen Antiquare und Geschichtsforscher
Talassio.' Talassio! vgl. Marius Victorin., Ars des ersten Jahrnunderts n. Chr. ist. Dafür
grammat. 2) und ebd. 5, 14 {et inscio repente spricht schon die Unsicherheit des Namens,
clamatum insuper Talassio! Talassio.'); vier- die in diesem Grade bei keinem anderen rö-
mal bei Jlartial: 1, 35, 6 {quid si me iubeas mischen Gott vorliegt; und zwar ist die Bil-
Talassionem \ verbis dicere non Talassionis) ; düng von dem auf die Fruchtbarkeit der Ehe
3, 93, 24 sternatur a Coride archiclinico lectus, bezüglichen Hochzeitsruf Talassio, der immer-
Talassionem qui tuum decet solus); 12, 42, 3 hin sabinisch sein mag, zu Talasius u. a.
{praelucere faces, velarunt flammea voltus \ nee 20 zweifellos im Anschluß an 'TfjLi]v w 'Ty^ivais
tua defuerunt verba, Talasse., tibi); endlich in vor sich gegangen. Auffallend ist bei den Er-
obszöner Bedeutung 12, 95, 4 ... sed puella \ klärungs versuchen der Alten, daß sie fast aus-
sit tccum tua, tie TaJassionem indicas mani- nahmslos den Talasius irgendwie mit dem
hus Ubidinosis \ et fias sine femina maritus; Raub der Sabinerinnen in Verbindung bringen.
bei Sidonius Äpollinaris Ep. 16 {per omnia Eine hübsche Parallele zur Entstehung des
Üieatra maceUa^ praetorta, fora, tempJa, gym- Hochzeitsgottes aus dem Hochzeitsruf bietet
nasia Talassio fescenninus explicaretur). das, was uns im Cod. Ven. A 11. 18, 843 von
Die zahlreichen Versuche früherer Gelehr- einem Argiver Hymenaous erzählt wird. Dieser
ten, die Entstehung und Bedeutung des Ta- habe Jungfrauen, die von den Pelasgem ge-
lassio zu erklären, seien im folgenden kurz 30 raubt worden seien, aus den Händen ihrer
berührt. Huschke, Osk.-sabeUische Sprachdenkm. Räuber befreit, deshalb stimmten die Frauen
tit. 5) und Preller {Rom. Mythol. 2' S. 216) beiihrerHochzeit(«/oft/fiö)5ya/iov/if vat)einen
knüpfen an den, wie wir gesehen haben, auch Hymnus auf ihn an, der nach ihm v^4vai,og
von den Alten behaupteten sabinischen Ur- genannt sei. Hier wird also aus dem Hoch-
sprang des Talassio an; Huschke meint, daß zeitsruf nicht ein Gott, sondern ein gleich-
Talasius ein sabinischer Hochzeitsgott gewesen namiger Argiver ätiologisch konstruiert,
sei; die a. a. 0. herangezogene sabinische In- Darstellungen dieses verschwommenen gött-
schrift iuve talseture deutet er als lovi Talasio, liehen Gebildes in der Kunst haben wir natur-
der ihm mit dem Z«vs TulXcclog der Kreter gemäß nicht. Die Unterschrift auf einer Vase
identisch scheint. Preller meint, daß Talasius 40 der Sammlung Middleton (Caia/. Dwrandp. 160)
ein Beiname des Quirinus gewesen sei. Völlig TAAAZ kann sich natürlich nicht auf Ta-
verfehlt ist die Ansicht Mercklins {Index schol. lassio beziehen ; wahrscheinlich ergänzte 0. Jahn
Dorpat. 1860 p. 14), daß der alte verschollene richtig: "Egag täXag (vgl. Jahn, Über Dar-
Emtegott Consus und Neptun identisch seien Stellungen griech. Dicht, auf Vasenbildern p. 71^;
und des letzteren Beiname d-aXccaaiog auf Abhandl. der k. sächs. Ges. d. Wiss. 8, 1861;
Consus übertragen worden sei. Mit Consus, vgl. Körte, Personifik. psychischer Affekte S. 80).
auf dessen Rat {deus consilii) die Sabinerinnen [Fr. Richter.]
geraubt wurden, will Boßbach, Römische Ehe Taletitas {Tcclstltccg), Beiname des Zeus auf
S. 331 und 340 den Talasius identifizieren, der einer Inschrift aus Sparta, wo er neben Auxesia
nach seiner Ansicht ein unterirdischer, gleich- 50 (s. d.) und Damoia (Damia) genannt wird, Le
sam die Samen der verschiedenen Pflanzen in Bas 2, 143 nr. 162 k. Kumanudes, k&^vaiov
seinem Schloß tragender Gott ist, wobei er 1,257, v. Prott, Fasti sacri y. Z6 nr. 14,. Nilsson,
den Namen mit taX {ferre), tEXa^imv, Tellus Griech. Feste 32. Bull. delV Inst. 1879, 189
in Verbindung bringen will. ColHtz 4496. I. G. 6, 1, 363. Der Name erinnert
Härtung^ Belig. der Römer 2 S. 246 meint, an den TaXBxov genannten Gipfel des Taygetos,
daß der Ausruf Talassio oder Talasse eben- auf dem dem Helios Rosse geopfert vnirden,
so wie 'Tyi,i]v m 'TiiivaiB auf die Fruchtbar- Paus. 3, 20, 4. Kumanudes m. v. Prott aa. aa. 00.
keit der Ehe hindeuten solle, und hält die Er- Wide, Lakonische Kulte 18. 216. 219 f. Nach
klärung des Sextius Sulla (s. 0.) für richtig, Le Bas a. a. 0. Wide 216. L. Mercklin, Die
daß jener Ruf das Signal für die Jungfrauen- 60 Talos-Sage {Mem. de Vacad. des sciences de St.
räuber gewesen sei. Richard Schmidt^ auf Petersbourg, Mem. des savants etrangers 1 [1S54:])
dessen Dissertation {De Hymenaeo et Talasio S. 51 soll der Beiname den Zeus als Sonnengott
dis veterum nuptialibus Kiel 1886) hier ver- (vgl. Hesych. TdXoog- 6 ^Xiog) bezeichnen, was
wiesen sei, a. a. 0. p. 91, will Talassius unter schon deshalb unwahrscheinlich ist, weil auf
Hinweis auf die Wurzel ^aZ- (in der Form dem Gipfel Taleton, von dessen Name der Zeus-
räXig Soph. Ant. 629) mit dem später mit beiname nicht zu trennen ist, dem Helios be-
Mars gleichgesetzten sabinischen Quirinus in sonders geopfert wurde. Usener, Götternamen
Verbindung bringen, indem er mit Preller, 130 sieht in Zeus Taletitas, ebenso wie in Zeus
21 Talitha Talos (Genealogie; Name) 22
Tallaios (s. d.) den Gott, der die Pflanzen sprie- vom Ida auslaufenden Bergzuges mit einer dem
ßen läßt (vgl. Thaies). Doch bcnnerkt v. Froft, Hermes geweihten Grotte, C. I. G. 2, 2509.
Athen. Mitt. 29 (1904), 10, daß gerade die Marnjahe a. a. 0. Hoeck, Kreta 1, 163. 416. Bur-
kahle Höhe des Taleton am wenigsten berech- sian, Geogr. v. Griechenland 2, 557. Gruppe, Gr.
tigt sei, ihren Namen vom Sprießen der Vege- Myth. 249. 12. Der Zeus Tallaios (Talaios) ist
tation zu tragen, und daß wahrscheinlich der wohl ursprünglich mit TäXoag (s. d.) identisch,
Zusammenhang der üi)fer an Zeus Taletitas Gruppe a. a. Ö. A. Fick, Vor griechische Orts-
und die beiden Göttinnen Auxesia und Damia namen 90. W. Aly, Der kretische Apollonkult
nicht innerlich in der Verwandtschaft der Gott- 40 (vgl. 7, wo auch ein Apollon Talaios an-
heiten, sondern nur örtlich bedingt sei, man lo genommen wird). Aly, Philologus 71 (1912)
werde daher am besten zu der alten Erklärung S. 473. — Welcker, Griech. Götterlehre 2, 244
zurückkehren und den Zeus Taletitas ebenso (vgl. Gruppe a. a. 0.) u. E. Aßmann, Zur Vor-
wie den Tallaios mit dem Sonnenkult iii Ver- geschichte von Kreta in Fhilologus 67 (1908), 179
bindung bringen. [Höfer.] * setzen den Z. Tallaios dem jugendlichen Zeus
Talitha (tali'O^a) ist der etruskische Name fsXxccvog (s. d.) von Phaistos gleich, und 'da
einer Göttin, wie es scheint, auf einem Spiegel auf Kreta gerade der jugendliche Zeus hervor-
von Yolci, der von H. G- Schultz im Bull. delV tritt', so erklärt Assmann a. a. 0. den Beinamen
/?is^. 1840, 58; von Gerhard, Etruskische Spiegel TaXaiog bzw. TaXlalog durch das aramäische
4, 73. Taf. CLXin und von Fahretti, C. I. 1. 'talia' = 'Jüngling'. Über Useriers Deutung
nr. 2154 veröffentlicht ist. Die Darstellung 20 s. d. Art. Taletitas. Übrigens findet sich die-
zeigt zwei Figuren, links einen völlig unbe- selbe Vermutung schon bei Ed. Gerhard, Arch.
kleideten Jüngling, der in der Rechten ein Zeit. 13 (1855), 61 Anm. ausgesprochen: 'Ist
Alabastron, in der Linken eine Blume hält und Zeus TaXXcctog nicht von d-dXXo) abzuleiten?'
die Beischrift truisie trägt, und ein ebenfalls Vgl. Taletitas. [Höfer.]
nacktes Mädchen, das in der Linken ein Heu- Talmitlie (talmi-O-e) und Talmite wird an-
kelkörbchen hat und die Beischrift tali'O'a trägt; scheinend in vier Inschriften statt palmi-^-e
beide sind in zärtlicher Stellung, und der Jung- (= gr. Palamedes) gelesen; näheres darüber
ling reicht die Blume dem Mädchen. Die Deu- s. v. palmi-O-e. [C. Pauli.]
tung ist nicht ganz klar. Während Gerhard Talos (TdXag)., 1) Sohn des Kres, Vater des
darin eine erotische Genreszene nach einem 30 Hephaistos, Großvater des Rhadamanthys {Paus.
Bade sieht (die Beischriften sind ihm nicht 8, 53, 5 nach Kinaithon fr. 1), auch Sohn des
verständlich), faßt Bugge (in * Deeckes Etr. Oinopion, Bruder des Euanthes, Melas, Salagos
Forsch, und Stud. 4, 27) die Darstellung als und Athamas (Paus. 7, 4, 8, vgl. Hoeck, Kreta
mythologisch, sieht in dem etr. truisie ein lat. 2, 231 A. e; 71), galt auch für ein Werk des
Trosius, welches den Anchises bezeichnen Hephaistos, das dem Minos zum Geschenk ge-
solle, und in der tali'9'a ein griech, '1%-aXia == geben wurde (Apollod. 1, 9, 26) oder auch für
Aphrodite. Beides ist mir, obwohl auch ich einen letzten Rest des ehernen Geschlechtes
die Szene für mythologisch halte, wenig wahr- (Apollod.), bekannt als der eherne Wächter der
scheinlich. Einen positiven Deutunggvorschlag Insel Kreta.
vermag ich indes nicht zu machen. 40 Der Name dieses kretischen Heroen be-
[C. Pauli.] gegnet uns in den Formen TäXo? (nur bei Paus.
Tallaios {TalXalog), Beiname des Zeus in 7, 4, 8 und Pompon. Mela 2, 7, 12: Crete fa-
Kreta, speziell in Olus, C. I. G. 2, 2554 Z. 95. migerata . . . Tali statione atque morte), TdXcog,
Collitz 5075 48- C'o?T. hell. 3 (1879), 293 Z. 14. wie er gewöhulich lautet (Zenob. 5, 85. Plato
(Dittenberger, Sylloge2^,bU,16. Collitz 614:9^^). Min. p. 320C; legg. 1, 3, 11 p. 446. Lucian.
24 (1900), 227 Z. 59 f. (= Collitz 5104 e^). 29 Philops. 19. Apoll. Bhod. 4, 1636), TdXcov, die
(1905), 205 Z. 19. Er wird angerufen im Eide eigentümliche Form auf den Münzen von Phai-
der Drerier und Knosier (Bangabe, Ant. Hell. stos. Bei Hesychios findet sich (s. v. TaX&g) die
2, 2477 p. 1029. Arch. Zeit. 13 (1855), 58, 1. nur hier vorkommende Form TaXüg, die Merck-
Museo Ital. di ant. class. 3 (1890) 660 A. Z. 24. 50 lin (die Talossage = Mem. des sav. etr. de St.
Dittenberger, Sylloge 2^, 463. Cauer, Delect^is^ Petersbourg t. VII, S. 49 und A. 129) in seiner
38. Collitz 4952. Bhein. Mus. 58 (1903), 23, 1), erschöpfenden Abhandlung für eine ganz ver-
im Eide der Bewohner von Lato (Hoeck, Kreta einzelte Variante erklärt, Is&ch Döderlein(Comm.
3, 140 g. C. I. G. 2, 2554 Z. 178. Collitz 5075^^, de voc. rriXvystog Erlang. 1825 p. 11) stellt Td-
vgl. Demargne, Corr. hell. 24 (1900), 231). Auch Xag die Kontraktion aus TaXaiog dar, begün-
auf einer Inschrift aus Milet findet sich nach stigt durch die Mittelform TaXamg., wobei aber
Kawerau und Behm, Das Delphinion in Milet D. zur äolischen Zurückziehung des Akzentes
62 nr. 38 a Z. 4 (= Königl. Museen zu Berlin auf die Stammsilbe seine Zuflucht nehmen muß,
Milet 186) TaXXalog als Epiklesis des Zeus; während Mercklin (a. a. 0.) in Talos die alte
doch kann es auch ein zu einem Personen- 60 Form des kretischen Sonnengottes sieht und
namen gehöriger Ethniker sein. Bei Hesych. dementsprechend in TdXcog die kretische Form
(p. 126, 79 Schmidt) steht TaXaiog- 6 Zsvg iv dXag = rjXiog, mit dem verdichteten Spiritus
KQi]tr], und ebenda wird ein Fest erwähnt Ta- oder Digamma ausgesprochen, vermutet (S. 55).
Xaidlrrig (TccXccuT7]g, TaXXcadrrig^) dyojv yv^vi- Der Genitiv lautet TdXcoog (Tzetz. Hist. 3, 296),
Tiög, das wohl dem Zeus Tallaios galt, Hoeck TdXco (Paus. 8, 53, 8), der Akkusativ TdXa (Ap.
a. a. 0. 1, 416. Gerhard, Gr. Myth. § 199. Mit Bh. 4, 1668. Lucian. de saltat. 49), TdX<ov (Phot.
dem Beinamen Tallaios steht im Zusammen- bibl. p. 443 B. Suidas s. v. I^ccg&dvLog ysXag),
hang der Name der TaXXccta ögri, eines nördlich TdXcova (Suidas s. v. Td^vgig). Ähnliche Ka-
23 Talos (Name) Talos (Wesen) 24
susbildung kehrt im Namen des attischen He- Apoll. Bhod. Arg. 4, 1636. Eustath. Od. 20, 302
roen KaXtus^ den einige, darunter MerckUn p. 1893. Lukiati. de saltat. 49. Apollod. 1, 9, 26.
(a. a. U. S. 66 ff.), mit TaXmg identifizieren, wie- Suidcis s. v. Ziagdäviog y^Xms. Schal. Plat p. 926 a
der; denn Paus. 1, 21, 4 begegnet uns der 26 ff. ed. Tur.), der mit der kretischen Sage
Akkusativ KdXav^ der 1, 26, 4 wieder die Form eng verknüpft ist; dies erhellt schon daraus,
KdXd) hat. Dagegen kennt keine der Münzen daß er in die oben erwiihnte Genealogie ver-
der Stadt Phaistos, die als Symbol wiederholt flochten wurde und für den Sohn des Kres und
Darstellungen des Talos tragen, über dessen Großvater des Rhadamanthys galt. Heyne {Ob-
Beziehung zu dieser Stadt aber noch keine serv. ad Apollod. p. 89), Boettiger (Ideen zur
rechte Klarheit herrscht {MerckUn S. 91 f.), den lo Kunstmgtfwl. 1, 377 ff.) und Hoeck (a. a. 0.
Nominativ Talos, alle bringen andere Formen, S. 71) suchen den Ausgangspunkt der Sage in
meist TdXoiv {Miotinet, Suppl. 4 p. 332 nr. 238. einer Kolossalstatue des Sonnengottes, während
Bead, Hist. num. p. 402. Cavedoni, Annali 7, MerckUn (S. 48) sich dahin äußert, daß ein
166 ff.) oder Abkürzungen. MerckUn erklärt solches Bild immer nur das Sekundäre sein
(S. 88 f.) die Form TdXav für den Akkusativ, kann und den sichtbaren Ausdruck von Vor-
analog ijQOiv^ yiX<ov gebildet, neben der Endung Stellungen verkörpert, die eine lan^e Entwick-
auf a, die sich bei Suidas findet. Die Form lung voraussetzen. Natürlich ist jedoch, daß
A . . EAAT (angeführt bei Cavedmii a. a. 0.) ist durch ein solches Bild die Tradition einen
nach MerckUn eine rückläufige Form und iden- Vermittler und eine treue Stütze gefunden hat.
tisch mit TAAS^NA, worin ein Buchstabe ver- 20 Gruppe (Griech. Mythol. S. 1310) spricht sich
dorben ist. Die rückläufige Schrift deutet er gleichfalls dafür aus, daß in Kreta zum Schutze
dahin, daß man hier einen archaisierenden gegen die Sonnenhitze eine Erzstatue aufge-
Typus vor sich habe, der den Schein des Alter- stellt war, die nach MerckUn (S. 45) dem Schöp-
tums erwecken solle. Dieser Akkusativ auf fer des Koloß von Rhodos als Vorbild diente.
Münzen soll eine Widmung darstellen wie bei Simonides (Suidas a. a. 0. Schal. Plat. p. 926 a
Mionnet ('i, 368; 5, 90 nr. 470; 6, 180 nr. 1169; 26 ff.) nennt Talos geradezu 'H(pccict6r£VKtos^
Su^l. 6, 148 nr. 861 ; 107 nr. 578), wie dies was an die erwähnte Genealogie erinnert. Es
auch auf Inschriften vorkommt (vgl. Franz, soll aber damit nicht etwa ausgedrückt wer-
Elem. epigr. Gr. p. 331), und ein Anathema den, daß er ein wunderbares Kunstwerk ge-
ausdrücken. Warwick Wroth (Catal. of the Greek so wesen sei, sondern die besondere Eigenschaft,
coins of Crete p. XXXII) bemerkt, daß die Mün- daß er beseelt war (vgl. Phot. hihi. p. 448 B)
zen nur die Form TdXav kennen, die literarisch gleich den Werken des Daidalos (Diador 4, 76:
nirgends belegt ist, und Head (a. a. 0.): The ^XiTCSLv rs yccg ccita xal nsginatstv)., oder des
Cretan forme of the name (if in the nominaUve) Hephaistos (vgl. 77. 18, 375; 417. Od. 7, 92.
woUld appear from the coins to have heen TdXcav Nikander fr. 97). Aus diesem Grunde wird
and not TdXag. Talos selbst (Schal. Plat. a. a. 0. Schal. Bep.
Curtius (Grundzüge d. Griech. Etym. S. 220) p. 396) als ^iiipvjcos bezeichnet. Freilich ist
und Fick (Griech. Personennamen S. 80) leiten Holland (Prg. d. Thomassch. Leipz. 1902, 13 A.)
den Namen vom Stamm TccXai- ab, der die der Ansicht, daß sich die Eigenschaft 'Htpai-
Bedeutung von rXi^picav hat und in den Vari- 40 ardtBVKtog aus einer irrtümlichen Vermengung
anten TaXaog, TdXog und TdXag repräsentiert erklären lasse, obgleich sich dies schon daraus
wird. Wide (Lakon. Kulte S. 216 A. 2) zieht rechtfertigen läßt, daß man sich den Talos
zur Deutung den Namen des Zeus Tallaios auf immerfort in Bewegung dachte (MerckUn S. 44).
Kreta heran und erklärt das Doppellambda hier Wie ferner dieser und Preller (Dem. u. Perse-
aus dem Digamma von rccXfag = raX&g., wo- phone S. 12) nachweisen, läßt sich sehr wohl
nach die Form ein Part. Perf. von der Wurzel die Annahme aufrechterhalten, daß (vgl. Apoll.
tccX = ausdauem wäre. Nur stört dabei wie- Bhad. 4, 1639 f.) der Riese für einen Rest aus
der die Akzentuierung wie bei Hesychios; da dem ehernen Zeitalter angesehen vnirde. Diese
sucht Wide noch eine Ableitung: *raZf = T^>le Vorstellung findet sich auf dem einzigen grö-
und bringt diese Bildung zusammen mit TccXe- 50 ßeren Kunstwerke, einer zu Ruvo gefundenen
xlxceg und TdvxccXog, ?k\xch. "A-xXug (S. 18; 216), Amphora, das den Talos in einer mythischen
von denen jener Name sich aus der intensiven Szene darstellt, ausgeprägt (vgl. Arch. Ztg. 1846
Reduplikation erklären soll. Fick (a. a. 0. 213) Taf. 44; 45 aus der Sammlung Jatta), worauf
führt bei der Ableitung vom Stamme TaXcci- er, als Jüngling gebildet, mit einer eigentüm-
noch *A-xaXdvtri an. Scheint auch die Etymo- liehen Schattierung zu sehen ist, die den Glanz
logie noch keine volle Klarheit zu bringen, so und die Farbe des Erzes versinnbildlichen soll
muß angeführt werden, daß im Mythus Talos, (Baumeister, Benkm. 3, S. 1722). Diese Bil-
Tantalos und Taletitas Parallelen zeigen (Le düng des Heros aus Erz glaubt Preller (Griech.
Bas-Foucart, Expl. p. 144), indem letztere Myth. 2, 126) weniger für die Unverwundbar-
beiden unzweifelhaft Höhengötter gewesen sind 60 keit als für strahlenden Glanz deuten zu dürfen,
und auch ein Berg Taleton sich sowohl auf Die Haupteigenschaft des Talos bildete
Kreta als in Lakonien nachweisen läßt (Pau^. also seine Beweglichkeit, die ihn zu dem Amte,
3, 20, 4 ; 5. C. I. Gr. 2569). Als einen ferneren das wir ihm übertragen finden, besonders be-
Beweis für die Beziehungen zwischen jenen fähigte. Übereinstimmend nämlich (vgl. ^S'«-
beiden Landschaften führt Wide (S. 249 f.) die manides, Apallad. a. a. 0.) hören wir, daß er
Verehrung der Pasiphae an. von Minos zum Wächter der Insel Kreta be-
Man stellte sich unter Talos einen ehernen, stellt worden war. Unterstützt wurde diese
aber lebendigen Riesen vor (Orph. Argan. 1359. Fähigkeit noch durch seine Beflügelung, die
25 Talos (Weseu) Talos (Waffen; Wächter v. Kreta) 2G
eigentümliclierweise die literarischen Quellen Blutkanal, der vom Nacken bis zu den Knöcheln
unerwähnt (vgl. darüber Waririck Wroth a. a. 0.) reichte. Am Ende des Kanals war ein eherner
lassen, die aber auch in der bildenden Kunst Nagel eingetrieben, um das Blut abzuschlie-
nicht allgemein durchgeführt zu sein scheint, ßen; wohl war diese Erklärung auch erfunden
wie ja eben die Amphora von Kuvo ihn unge- worden der Eigenschaft 7tay;fa^x£og zuliebe,
flügelt darstellt. Dagegen tritt diese Eigenschaft was er damit nach außen war. Nach der ersten
auf den Münzen mit dem Bilde des Talos {Head Schilderung war er nämlich nicht ganz aus
a.a.O. Wroth a.a.O. p. 64; pl. 15, 11; 16, 6. Erz; er hatte zwar auch ein Blutgefäß {avQiy^
Mionnet a. a. 0.) klar zutage. Die Bedeutung aiftardeöcor) oder Blutfistel, aber diese entbehrten
dieser Flügel hat schon Caccdoni {q>. a. 0. p. 161) lo eines Schutzes.
richtig erkannt; sie sollen ebenso ein Beweis Die Waffen des ehernen Riesen bildeten
seiner hervorragenden Schnelligkeit sein — Steine; denn auf den Münzen erblicken wir
man denke an die gleiche Eigenschaft bei ihn, wie er die mit dem Steine bewehrte Rechte
Hermes, Perseus usw., bei Jehova (vgl. 5. Mos. zum Wurf erhoben hält und in der gesenkten
32, 11. Psalm 104, 3; 18, 11. 2. Sam. 22, 11) Linken noch einen solchen trägt {Mionnet,
— , mit der er die Insel umkreiste, die zu Ca- Head, Wroth a. a. 0.). Die gleiche Art seiner
tuUs Zeiten sprichwörtlich (55, 23) war {non Verteidigung geht aus Apollon. lihod. 4, 1636
ciistossifhigarilleCretum)^\Qdi>\iQ\id.Qä^Qh.\xizQ^^ und Apollod. (a.a.O.) hervor und erinnert an
den ihm die Insel verdankte, wie eben Athen den Wächter des Labyrinthes, der auf Vasen
auch unter dem Schutze der Pallas stand und 20 und Münzen abgebildet ist, wie er sich gegen
die schützende Huld Jehovas in seinen Flügeln Theseus mit Steinen wehrt (Stephani, Kampf
gesucht wurde (vgl. Aischyl. Eum. 999. Psalm d. Thes. mit d. Minot. S. 69, A. 11. 12. Arch.
91, 4; 61, 5; 17, .8 ; 36, 8; 57. 2; 63. 8). Daß Ztg. 1848, 108. Wroth a. a. 0. p. 18, pl. IV, 7;
diese Beflügelung der göttlichen Wesen in 8; 9. O.Jahn, Arch. Beitr. 267 &. Gruppe &.di.O.
Griechenland erst spät, seit Ende des 5. Jahr- S. 603 f. Preller 2, 123 ff. MercUin S.90f.). —
hunderts aufgekommen sei, ist ein Irrtum von Cavedoni (a. a. 0.) erklärt diese Art der Ver-
Mercklin (S. 90), der in dem Talos den Phö- teidigung für die ursprünglichste und noch aus
nikischen Moloch erblickt (vgl. S. 38 — 49) und der Heroenzeit stammend; sie soll gleichzeitig
die verwandten Züge beider aus dem orien- eine Erläuterung des Epitheton xqiyiyccg {Orph.
talischen Ursprung erklärt, infolgedessen auch 30 Arg. 5, 1359) sein, da Giganten, Kentauren und
diese Sitte aus dem Einflüsse der assyrischen Lästrygonen Steine als Waffen zu benutzen
Kunst ableitet. Viel älter ist in Griechenland pflegten. Als Begleiter war dem Talos ein
die Beflügelung göttlicher Wesen, z. B. der Hund beigegeben, der auf dem Revers der
Nike {Sprimger- Michaelis'^ 1, 155), der Bore- Münzen abgebildet ist {Mercklin Taf. 1 nr. 4
aden, Hesperiden {Studniczka, Kyrene 26) usw. =- Wroth pl. XXI, 6, vgl. p. XXXIl) und mit
Sicher ist, daß die Auffassung Jehovas nicht dem goldenen Hunde identifiziert wird, der die
frei von assyrischem religiösem Mythus ist, und Ziege des Zeuskindes {Gruppe S. 947) bewachte.
Helios, dessen Stelle ursprünglich Talos in Übereinstimmend wird angegeben, daß der
Kreta einnahm, erst seit Aischylos {Hiket. 212) Riese die Aufgabe hatte, die Insel zu iDewachen
beflügelt vorkommt ((rrw^^e a. a. 0. 382; 1310). 40 und zu beschützen, weshalb ihn Minos von
— Kuhnert {Jahrb. f. Philol. Suppl. 15, 221) und Hephaistos zum Geschenk erhielt {Zenoh. 5, 85.
Mercklin (S. 52—77) identifizieren den kreti- Apollod. a. a. 0. Lukian. Philops. 19. Phot. hihi.
sehen Talos mit dem Athener, dem Neffen des p. 443 B. Plat. Minos p. 320 C. Pomp. Mela
Daidalos, und nehmen wegen der Beflügelung 2, 7, 12). Deshalb hielt er auch die Fremden,
des kretischen Talos und des Ikaros an, daß wie die Argonauten, durch Steinwürfe ab oder
de^' Sturz des Atheners Talos (s. Talos 2) und verbrannte sie {Schol. Plat. Bep. 1 p. 396 Bekk.)
des Ikaros eine doppelte Version derselben Sage im Feuer. Nach einer andern Version {Apoll.
erkennen lasse. Auch Gruppe (a. a. 0. S. 17^; Bhod. 4, 1643) soll Zeus ihn als Wächter der
250^) hält eine Entlehnung des attischen Talos Europa eingesetzt haben: EvQmTtrj Kqoyidrig
aus Kreta nicht für ausgeschlossen und nennt 50 vriGov Ttögsv ^u^avai ovqov. Eine dritte Über-
den Kreter einen Doppelgänger des Ikaros. lieferung legt seinem Wächteramte einen viel
Wenn nun auch der Heros Ttccyxccl'usog hieß tieferen Sinn unter; diese wird durch Plato
und im allgemeinen für unverwundbar galt {Ißgg- 1, 3, 11 p. 446) vertreten: TdXcog, og ärj
{Ap. Bh. 4, 1654), so besaß er doch auch eine ^vonlog t7]v KqtJttiv Ttagusvoci cpQovQiöv iHysto,
verwundbare Stelle wie Orion, Achilles, Sig- und im Minos p. 321 noch dahin ergänzt: XQlg
fried, die eine Unsterblichkeit ausschloß, vgl. nsQL-^SL. So wurde der eherne Wächter zu
Ap. Bh. 4, 1644 ff.: vnal dh oi hxs tsvovrog einem bewaffneten, und der Wächter des Lan-
GvQLy^ ai^arosaaa -aatcc ßtpvQOV ccvxuq o ri]v des verwandelte sich in einen Wächter der
ys IsTtrbg vai]v ^cof]g ^%8 Tcsigara yiccl d-avcctoio, Gesetze, die er auf ehernen Tafeln geschrieben
und in ähnlicher Weise wird von Sophokles 60 trug. Daraus wird sich auch erklären, wo-
{Schol. Ap. Bhod. 4, 1638) und bei Phot. hihi. durch er in ein Dienstverhältnis zu Minos und
443 B die verwundbare Stelle erwähnt. Der in das Verwandtschafts Verhältnis zu dem Ge-
Riese kam nämlich in dem Daidalos des So- setzgeber Rhadamanthys gekommen ist. Daß
phokles auf die Bühne, doch wurde hier cvQiyh, er sich diese Deutung seines ehernen Leibes
als TtEQovri = Knochenansatz erklärt, weshalb und seines Amtes gefallen lassen mußte, ist
Holland (a. a. 0. S. 13) bezweifelt, daß an der nach unserer Ansicht ein mißglückter Versuch
Stelle alles in Ordnung sei. Dagegen saß nach der pragmatisch-ethischen Erklärung, die man
Apollod. (1, 9, 26) seine Lebenskraft in einem auch an der Deutung der Themis verfolgen kann.
27 Talos (Wächter v. Kreta) Talos (sard. Lachen) 28
Rhadamanthys (s. d.), der Genosse des Minos, denn dieser hat nichts mit Metallarbeit zu tun.
teilte sich mit diesem in die Verwaltung der Vielmehr war das Verhältnis des Daidalos im
Insel, indem er zum Itichter in der Stadt be- Stück dem T. gegenüber das des Gefangenen
stellt wurde, während Talos das übrige Kreta zum Wächter, den er zu übertölpeln sucht, um
unter sich hatte {y gl. Hoeck, Kreta 2, 192; 196). der Haft zu entrinnen. Dies konnte den Stoff
In diesem Sinne wurde also auch Rhadamanthys zu einem Satyrdrama geben, bis Daidalos durch
zum Enkel des Talos; doch scheint die Genea- die Luft entkam. Denn Ovid{Med. 8, 185) sagt:
logie keineswegs allgemein anerkannt gewesen Clausus erat pelago (durch Talos), terras licet^
zu sein, wie denn das Verhältnis des Talos zu inquit, et utidas obstruat (nämlich T.). Also
jenem in ganz anderem Lichte erscheint (vgl. lo T., der unermüdliche Wächter der Insel, hin-
Suidas s. v. TäfivQig. Athen. 18, 603 d); denn derte ihn an der Flucht {Ovid. Met. 8, 18Sff.\
hier erscheint er als Liebhaber des Rhadaman- Danach war der Künstler nicht im Labyrinth
thys und hat nach dem kretischen Jtlvthus den eingesperrt (Holland S. 14), sondern nur von
zweifelhaften Ruhm, die Knabenliebe einge- der übrigen Welt abgeschnitten; denn Minos
führt zu haben, wovon Ibykos (fr. 82) und hatte gar keinen Grund, den Künstler einzu-
Phanokles CEgoatsg xal naXol; vgl. Mercklin schließen, nur wollte er verhindern, daß der
S. 42) gesungen haben. Vgl. den Art. Rhada- erfindungsreiche Mann ihm verloren ginge,
manthys Sp. 79 f. Wenn Kuhnert (S. 189 A. 9) die Möglichkeit
Talos umwandelte als Wächter der Insel offen läßt, daß T. von Daidalos getönt wird,
Kreta diese täglich dreimal (vgl. Apollod. Ap. 20 der sich dann befreit und auf Flügeln ent-
a. a. 0. Zenob. 5, 86. Agatharchides = Phot. kommt, so ist erstlich von diesem Tode nirgends
bibl. p. 443 ß), nach Plato (Minos p. 320 C) die Rede, und andrerseits hätte der Meister
dreimal im Jahr. HoUand (S. 13) vermutet, dann überhaupt keine Flügel mehr gebraucht;
daß diese täglichen Runden des Riesen auch denn es hätten ihm dann alle Wege zum Ent-
im Daidalos des Sophokles vorgekommen seien. kommen offen gestanden.
Hoeck (2, 71) sieht in dieser dreimaligen Wan- Eine eigentümliche Art der Bestrafung
derung des Riesen den mythischen Ausdruck harrte der Fremden, die, ohne sich durch die
für die drei Jahreszeiten, in denen die Sonne Steinwürfe des Riesen abschrecken zu lassen,
ihre Bahn um die Insel beschreibt. Wenn auch auf der Insel landeten. Eustath. (Od. 20, 802
für Griechenland die Zahl der Jahreszeiten 30 p. 1893) erzählt, T. sei ins Feuer gesprungen,
nicht überall und zu allen Zeiten feststand, habe seine Brust glühend gemacht und dann
so finden wir in Kreta den Einfluß des Orientes die Ankömmlinge umarmt, während der Scho-
gerade in der Talossage so ausgeprägt, daß Hast zu Plato (Mep. 1, p. 396) sie im Feuer
wir zu einer Gleichsetzung der Sonnengötter verbrennen läßt. Diese Todesarten werden mit
Baal und Talos uns verstehen müssen. Wie der Erklärung des Sa r danischen Lachens
Baal die dreifache Tages- und Jahressonne be- in Beziehung gebracht (Mercklin S. 45; 77; 87.
deutet (Mercklin S. 44), auch der Sonnengott Welcker 1, 74 f.), worüber schon im Altertum
Herakles mit drei Äpfeln in der Linken ab- keine rechte Klarheit geherrscht zu haben
gebildet ist, die nach Lydus (de mens. 4, 46) scheint. Die Griechen unterschieden nämlich
die Dreiteilung der Zeit andeuten, so ist in 40 nach den einzelnen Stämmen und Gegenden
dem gleichen Sinne der Beiname des Talos verschiedene Arten des Lachens, wie yblag
xQiyiyas und der des Sonnengottes Mithras Mfyaptxo?, 'IcoviKog. So leitet auch Timaeus
rginXccGiog zu deuten. Mit diesem ist Talos (Suidas s. v. 2JccQMviog yil(og) den Namen von
auch sonst in Verbindung zu bringen; heißt M. Sardinien ab, ebenso Simonides. Gestützt auf
doch in den Zendbüchern (vgl. Preller 2, 127) diese Etymologie macht Zenobios (5, 85) den
der blendende, mächtig laufende Held, und T. sogar zu einem Sardinier. Dagegen berich-
dies stimmt zu unserer Deutung des Epitheton tet Demon (bei Suidas a. a. 0.), daß in Sar-
XaXxovg bei Talos. dinien nicht nur die Greise durch die Hände
In Sophokles* Daidalos erscheint Talos im ihrer Söhne den Tod freudig erwartet hätten
Dienste des Minos als Wächter. Dieses Stück 50 und unter Lachen gestorben wären, sondern
halten Welcker (Griech. Trag. 1, 73 ff. Holland auch die schönsten der Gefangenen. Weiter
S. 13. Mercklin S. 59; 88) für ein Satyrdrama nennt Klitarch (bei Suidas a. a. 0.) das Ver-
und neigen der Ansicht zu, daß T. darin als zerren des Mundes der Kinder, die in Kar-
Unhold geschildert ward. Welcker identifiziert thago dem Moloch geopfert wurden, ein grin-
aber außerdem den Daidalos (vgl. Pind. Nem. sendes Lachen. Und der SchoUast zu Plato
4,59. Arch. Jahrb. 1,20. Kuhnert &. sl. 0 . S. 197. sagt über die von T. Bestraften: cctco xov es-
v.Wilamowitz, Nachr. d. Ges. d.Wiss. Gott. 1S9 6, ariqivui 8ia rr}v cpXoycc röv oagdccviov qprjfft
222. Pauly-Wissowa 4, 1995) mit Hephaistos Isy^rivai yücoxa. Daß der Name überhaupt
und läßt Satyrn mit beim Schmieden des T. nichts mit Sardinien zu tun hat, dafür ist das
(c^)VQO^K6'xol) behilflich sein, die, als sich das 60 Scholion (ad Plcit. rep. 1, 337) ein Beweis:
Werk der Vollendung nähert, von Schreck er- ovroa Sh ZagöSviog c<v XiyoLto xai oiy ZuQdd-
faßt werden. Wahrscheinlich war in dem Stück viog. Es trifft also die Erklärung des Simo-
auch noch ein Gespräch zwischen dem König nides (Suidas) mit der des Scholiasten zu-
und dem Meister oder den Satyrn enthalten, sammen: aaariQevaL = ijtixccivsLv, und Mercklin
um über den Zweck des T. Auskunft zu geben. begründet diese Ableitung von aalgco., indem
Dagegen darf man nicht, wie es F. W. Wagner er die Form eagSriv als Mittelform annimmt,
(Poet. trag. Gr. fr. 1, 238) tut, den T. in diesem die sich zu aalgco verhält wie ägdriv zu al'gco
Stück für ein Werk des Daidalos ansehen; (S. 81 ff.).
29 Talos (Tod; Deutung) Talos (Deutung) 30
Von Talos hat sich nur ein einziger Mythus seiner dreimaligen Wanderung um Kreta waren
erhalten, mit dem die übrigen Nachrichten wir schon zu dem Schlüsse gekommen, daß T.
über ihn verknüpft sind, das ist der Mythus einen Sonnengott bedeuten muß, worauf auch
von seinem Tode Als nämlich die Argonauten seine Bildung aus Erz anzuspielen scheint
auf ihrer Heimreise nach vielen Mühsalen sich {Freller 2, 126. Hoeck 2, 71. Gruppe S. 249 ff.
Kreta näherten und ein festes Obdach für die 543 f. 1310). Weiterhin ist es natürlich, daß
Nacht suchten, wehrte auch sie der Riese durch Kreta infolge seiner günstigen Lage zwischen
Steinwürfe ab; aber hierbei fand er seinen Asien und Europa reiche orientalische Einflüsse
Tod. Medea bezauberte ihn nämlich durch (J. Ovcrheck, Abk. d. Sachs. Ges. d. M^iss. pliilol.-
ihren Gesang, oder aber sie machte ihn wahn- lo hist. Kl. (1865) 4, 97) empfangen hat, wie das
sinnig oder machte ihn durch ein Zaubermittel im Taloskult zum Ausdruck kommt {Mercklin
kraftlos und tötete ihn dabei. Sie versprach S. 42). Wie nun in den Naturreligionen des
ihm, ihn unsterblich zu machen und zog ihm den Ostens die Sonne einerseits als belebendes Ele-
ehernen Nagel aus dem Blutgefäß, worauf das ment aufgefaßt wurde, so zeigte sie sich da-
lUut herausfloß und T. an Verblutung sterben neben als alles verzehrende Glutsonne. Diese
mußte. Nach anderen Berichten ist er von verheerende Naturkraft hatte ihre Personifika-
Poias, dem Vater des Philoktetes, getötet wor- tionen in Moloch, Saturnus, El, der bei Trecken-
den, der ihn mit dem Pfeil in die Ferse traf heit seinen Sohn schlachtet {Gruppe S. 253),
{Äpollod. 1, 9, 26. Ap. Bh. Argon. 4, 1659 — 86. und diese Wesen mußten mit dem Teuersten
Gruppe S. 250; 544; 577. Preller 2, 126. Merck- 2o versöhnt werden, mit der Verbrennung der Kin-
lin S. 43). Offenbar sind in diesen Zeugnissen der wie in Karthago und in Palästina {Scham-
mehrere Überlieferungen verquickt worden; berger, Seh. Prg. Zeitz 1912, S. 5 f., 10), wofür
führt doch Apollodor alle drei Versionen an. ein Ersatz eintreten konnte wie beim Opfern
Nach anderen Fassungen holen Zetes und Ka- der Fremden auf Kreta. Diese Opfer zur Ab-
iais T. auf ihren Pferden ein, worauf er ge- wehr von Unheil begegnen auch in andern
tötet wird {Pyl Med. fab. 50), oder er findet Kulten, z. B. des Zeus Lykaios, der Artemis
sein Ende durch die Dioskuren {Six, Ztschr. f. Brauronia, der Iphigenia. Das Eigentümliche
büd. K. N. F. 7 (1896), 124—127). an diesen mit Menschenopfern verbundenen
Wenden wir uns der Bedeutung des My- Zeremonien ist, daß sie sich nur an den Gren-
thus zu, so müssen wir an seine Verwandtschaft 30 zen der historischen Zeiten nachweisen lassen
mit den Sonnengöttern, die Verbrennung seiner und bald für die Menschenopfer Surrogate ge-
Opfer und seine verwundbare Stelle denken. funden werden: Bärin, Hirschkuh, kleine sil-
Und da hat Mercklin wohl mit Recht (80 fiF. berne menschliche Figuren, die sich in Palä-
40 ff.) betont, daß die Verbrennung der Frem- stina finden {Sellin, Die neuen Ausgrabwigen in
den durch T. ebenso ein Opfer darstellt, wie Palästina, Umschau 1910, 226). Eine größere
es Kronos in Karthago {Schol. ad Plat. rep. 1, Umwälzung hat sich im Taloskult vollzogen.
14 p. 396) forderte. Wie dieses Brandopfer, Wie im festländischen Griechenland der rohe
das der Gott auch in Griechenland empfing, in Dienst des Kronos der milden Zeusreligion
den Mythus vom kinderfressenden Kronos sich Platz machte, so trat an die Stelle der Talos-
umwandelte (Biodor 20, 14. Gruppe S. 1106 A.), 40 Verehrung in Kreta der Helioskult. Als äußern
so dichtete die Mythensprache die Opfer, die Ausdruck dieser Verdrängung setzte man den
der Gott Talos erhielt, in der Weise um, daß Tod des T. an, wie im gleichen Falle bei der
sie den Wächter T. die Fremden umarmen Depossedierung des Kronos die Mythen von
und mit ihnen ins Feuer springen ließ. Aus Kampf und Vernichtung zu erzählen wußten.
Suidas a. a. 0. erhellt, daß T. dem Kronos zu Ein anderer Grund, daß der Talosdienst schwer-
vergleichen ist. Dieser wiederum entspricht lieh in die historische Zeit gereicht hat, ist
dem Kanaanitischen Moloch, dessen Feuerdienst darin zu suchen, daß der Mythus nur von
sich von Assyrien bis nach Karthago verbreitet seinem Tod, also nur von dem Eingehen des
hat, und dem Saturnus der Römer {Mercklin Kultes handelt. Auch ist das nichts Auffälliges,
S. 48), dem gleichfalls Menschenopfer fielen 50 daß der eine Gott an die Stelle des anderen
{Dion. Hai. 1, 38. Macr. Sat. 1, 7. August, de tritt, wie wir am Kampf des Dionysos mit
civ. dei 7, 19), wie denn auch diese beiden von Triton {Paus. 9, 20, 4; 5) nachzuweisen Ver-
den Römern gleichgesetzt worden sind {Curtius mögen. In anderen Fällen lassen die Griechen
4, 15. Tertull. apol. 9. Hieron. ad Jesai. c. 46). die verdrängten Götter unter der Erde in Höh-
An den Molochdienst und seinen Einfluß auf len als Heroen weiterleben; derartige Gott-
die jüdische Religion erinnert, daß an Jehova heiten sind Amphiaraos, Trophonios, Python,
sein Glanz gepriesen wurde (J^J^^ec/i. 10, 4; 1,27. Erechtheus, Hyakinthos (vgl. Mohde, Psyche^
Habak. 4, 4. 2. Sam. 22, 12 f. Ps. 18, 13). Wie S. 106—132). Wenn Kuhnert (a. a. Ö. S. 220)
nun Hoeck (S. 71) die Ansicht vertrat, daß eine den Taloskult auch in Attika einführen, aber
ungeheure Erzstatue den Ausgangspunkt des 60 zu keinem besonderen Ansehen kommen, die
Mythus gebildet habe, so ist umgekehrt an- gräßliche Form der Verehrung auch nur kurze
zunehmen, daß der Höhepunkt im Kulte des Zeit beibehalten lassen will, so stehen dieser
T. ein Opfer gewesen ist, indem bei großer Annahme die stärksten Bedenken entgegen.
Dürre zur Beschwichtigung des zürnenden Doch nicht spurlos verschwindet der Gott.
Sonnengottes Menschen in einem stierförmigen An seine Stelle tritt zwar Helios, gewisser-
oder stierköpfigen Erzkoloß verbrannt wurden maßen als Adoptivsohn, aber die Erinnerung
{Gruppe S. 799. Duncker, Gesch. d. Altert. 2, 38). an das eherne Standbild, dem einst Menschen-
Aus dem Beinamen des Riesen xQiylyag und opfer fielen, bewahrte ein mimischer Tanz
31 Talos (beutung) Talos (Deutung) 32
(ÄP^ycÄ. 8.V.): TaX«i(ftTtjff* <J;yQ)i; yv^rixdj- jra^- Europa bezeichnet ist. Trotz dieser Lesarten
nolla xäyisl9-iv i) OQxri<ftg igccwi^srcct rbv Tdi(o spricht sich Welcher (Gr. Trag. 1, 7ö A. 10)
rbv jfaXxovv Ti)s A'piyrijf negixoXov (vgl. Lukian. dagegen aus, bei ApoUodor für Tcxvgog ovgog
de saltat. 49. Holland a. a. 0. S. 13). In glei- zu setzen. Mercklin kommt (S. 46) zu einer
eher Weise blieb die Verfolgung der Töchter Gleichsetzung von Talos, Minotauros und Aste-
des Minyas zu Orchomenos als Mimus bestehen. rios, die verschiedene Namen und Auffassungen
Nicht als Argument gegen die Göttlichkeit des derselben Sache bezeichnen, aber schon in
T. kann sein Tod angeführt werden; man frühen Zeiten sich in verschiedene Zweige mit
braucht dabei nur an den Tod des Zagreus- verschiedenen Beziehungen gespalten hätten,
kindes zu denken. Als sein Kult verdrängt lO Hatten wir oben den T. in Beziehung zu
wurde, setzte man an die Stelle den Dienst GaXXm gesetzt, in ihm also einen sekundären
eines milden Sonnengottes, der in seinem Bei- Gott des Erdsegens gesehen, so können wir
namen das Andenken an den Vorgänger be- ihn noch mit einem andern Sonnengotte, dem
wahrte. Wie der alte Dienst der Geburtsgöttin Dionysos nvQiytvrjg vergleichen. Der Historiker
Iphigeneia mit der Verehrung der Artemis sich Ion (fr. 13) berichtet {Paus. 7, 4, 8) von seiner
vermischte, so können wir dasselbe bei T. und Heimat Chios, daß sie von Kreta aus besiedelt
Helios verfolgen, indem sein Name in ac^jek- worden sei durch Oinopion und seine Söhne
tivischer Form an den Namen Helios angefügt Talos, Euanthes, Melas, Talagos und Athamas,
wurde, wie Amphiaraos an den Namen Zeus. die mit ihrem Schiffe dort gelandet seien. Da-
Beweise dafür sind die He&ychiosglossen: TaXcbg. 20 gegen der Scholiast zu ÄpoUonios (3, 997) nennt
6 ijXiog. — TaXaiog' 6 Zsvg iv Kgi^ri]. Ferner als xriarfig Dionysos und führt als seine Söhne
begegnet uns nach C. /. G. 2554 Z. 95 ein Heilig- Oinopion, Thoas, Staphylos, Satramys, Euanthes
tum TW Zj]vbg t& TaUaico, und nach Z. 178 und Tauropolos an. Es ist ohne weiteres klar,
schwören die Einwohner von Lato . . . xal thv daß diese Sagen als Symbolik für die Ver-
Zf^vu rbv TcdXalov (vgl. Philol. 9, 694 f. Bull. breitung der Weinkultur von Kreta nach Chios
de corr. hell. 3, 293). — Usener {Götternamen zu deuten sind. Wie Oineus in Aitolien, so
S. 130 f.) und Wide (Lak. Kulte S. 18; 216) ist Oinopion in Chios eine Hypostase des Dio-
weisen nach, daß in Sparta ein Zeus Taletitas nysos selbst; denn sein Name entstammt dem
mit Auiesia und Damoia {Le Bas-Foucart, Thiasos des Gottes (PreZfer-JRoft^ri S. 451 f. 718).
Expl. p. 144) vereinigt war. Diese beiden Göt- so Außerdem wird die Rolle, die Oinopion nach
tinnen waren Beschützerinnen des Erdsegens, Pau^san. hatte, dem D, bei Apoll, selbst zuge-
und es leuchtet ein, daß dieser Zeus ähnliche schrieben. Osann {Rh. Mus. 1835, 241 f.) hat
Funktionen ausgeübt haben muß. Er nimmt die beiden Stellen mit Diodor verglichen und
hier die Stelle einer weiblichen Gottheit ein, der gefolgert, daß unter den Söhnen des D. Tauro-
OaXXoo oder OaXla {Usener, Götternamen S. 134), polos dem Talos entspricht. Wie dem D., einem
deren Name ausdrückt, daß sie die Pflanzen Sonnengotte, das Sprießen der Vegetation, ins-
sprießen läßt. Aus diesen Formen ließe sich auch besondere des Weines, zugeschrieben wurde,
Taliaroff erklären. Nicht darf es wundernehmen, der die höchste Hitze erfordert, so sehen wir
daß dieser Beiname dem Zeus hier beigelegt hier diese Funktion vom Vater D. oder Oino-
wird, während von T. feststeht, daß er ein 40 pion auf Talos oder Tauropolos übertragen.
Sonnengott ist. Welcker {Griech. Götterl. 2, 245) Man dachte sich also den T. gleich dem D.
hat mit Recht darauf hingewiesen, daß Zeus stiergestaltet. Plutarch {de Is. et Os. c. 35 p. 364)
Tallaios nichts anders als Helios in Kreta ist; beschreibt, wie die Sechzehn Frauen von Elis
dieser gilt in Kreta für den höchsten Gott und den D. anrufen, mit dem Stierfuße zu nahen,
wird deshalb nur Zeus genannt. Dem Sonnen- wie er heiliger Stier angeredet wird (vgl. L.
gotte waren naturgemäß die Höhen heilig Weniger, Die Sechzehn Frauen. Prg. Weimar
{Wide S. 216. 3fercA7m S. 40; 48; 51), und so 1883,5—9).
finden wir auf dem höchsten Gipfel des Tayge- In enger Beziehung steht seit undenklichen
tos die Bergspitze Taleton dem Helios geweiht. Zeiten das Rind zum Feuer und zum Sonnen-
Auf diesem Berge wurden dem Gotte besonders 50 gott {Gruppe S. 799), weshalb den Sonnengöttern
Pferde {Paus. 3, 20, 4) geopfert; sollten wir Rinderherden heilig waren, so die Rinder des
hier nicht auch die mildere Form eines Opfers, Helios {Od. 12, 299 ff.), des Helios von Gortyn,
die mit der Zeit eingetreten ist, haben, und des Aietes {Gruppe S. 249; 543 f). Wie Dio-
soUte nicht auch der alte Name des Gottes nysos als Stier aufgefaßt wurde, so deutete
durch den geläufigeren ersetzt worden sein, man Pasiphae und Helios als Kuh und Stier
während der Berg den Namen beibehielt? {Wide S. 250). Und wie Medea den Riesen T.
Einen anderen Namen, der ebenfalls auf einen bezwingt, indem sie den ehernen Nagel aus
Sonnengott hindeutet, bezeugt ApoUodor (1, 9, seinem Fuße löst, so bändigt sie mit Jason die
26): OL dk TavQov avrbv XiyovGiv. Diese Be- erzfüßigen Stiere des Aietes {Gruppe S. 543 f.).
Zeichnung kehrt wieder im Namen des Mino- 60 Auf diesen Zug des Talos, seine Verwund-
tauros; auch heißt dieser öfters nur TavQog barkeit, muß noch eingegangen werden; sie
{Stephani a. a. 0. S. 26). Dies hat zu einer scheint mit seiner Eigenschaft als Sonnen-
Gleichsetzung des T. und Minotauros geführt und Feuergott zusammenzuhängen. Bekannt
{Mercklin S. 45. Hoeck 2, 71). Dem entgegen ist, daß Hephaistos xvIXotcoS'kov lahm war,
steht nach Hercher {Hermes 5, 287) das Zeugnis welche Eigenschaft bei einigen seiner Söhne,
von Dosiadas {Anih. Pal. 15, 26 nebst Schol.\ Periphetes und Palaimonios, wiederkehrte. Wie
der ihn yvioxaX-nog ovgog nennt, ebenso Ap. Rh. dieser Zug zu erklären ist, steht noch nicht
(4, 1Ü43), wo er als ovQog, d.h. als Wächter der genau fest (vgl. Gruppe S. 1306; 1310). Die
33
Talos
Talos
34
Verwundbarkeit des Talos scheint aljer ein
feststehender Zug zu sein, ihm also nicht nur
als dem Vater des Hephaistos zuzukommen,
weshalb ihn Ch'uppe (S. 644) seinem Wesen
nach mit den Stieren des Son-
nengottes vergleicht. Eben-
so eigentüm-
"">'>- lieh und noch
unerklärt ist
die Schwäche
in den Füßen
an Wieland
dem Schmied,
Völundr (vgl.
Schrader,
Sprachvergl.u.
Urgesch. ^ 2,
18 ff. Ed. Meyer, Gesch. des Altertums 2, 109.
Holland S. 37 f.).
Die bildende Kunst ist arm an Darstel-
1) Münzen des Talos von Phaistos
(nach Catal. of grcck coin» Brit. Mus. Crete
Taf. 15, 11 u. 16, 6).
Cavedoni S. 154. Miomtet p. 332 nr. 231—234.
Head a. a. 0. Wroth p. ß4 nr. 20; 27; 28; pl. XV,
11; XVI, 16. Mercklin Taf. 1, 1—4) haben die
Eigentümlichkeit, daß der Heros im Gegensatz
zur literarischen Überlieferung nur mit Flügeln
dargestellt ist. Die Körperhaltung ist bald
derart, daß er von vorn gesehen in beiden
Händen Steine trägt und die Rechte zum Wurf
erhoben hat, in sogenannter Anschlagstellung,
10 bald mit der unbewehrten Rechten den An-
kömmlingen ein Zurück gebietet, bald von
rechts nach links vordringend gedacht ist^
beide Hände bewehrt. Er ist also stets als
eifriger Wächter gebildet, bisweilen noch durch
einen Hund unterstützt {Mionnet nr. 234. Merck-
lin nr. 4. Wroth pl. XVI, 6), der hier auf dem
Revers der Münze, dort zwischen den Füßen
des Dahineilenden zu sehen ist. Welche Be-
ziehungen der anstürmende Stier ausdrückt,
20 der auf einigen Münzen {Mercklin nr. 1 — 3.
2) Der Tod des Talos auf einer zu Kuvo gefundenen Ampliora (nach Baumeister, Denkmäler 3, 1722).
lungen aus dem Mythus des T. Mercklin (S. 87 f.)
erblickt die Ursache davon darin, daß im Zeit-
alter der reifsten Kunst der Kult des T. teils
im Heliosdienst aufgegangen war, teils seine
Bedeutung sich verschoben hatte (vgl. Sophokles'
Daidalos u. Kamikier). Unseres Erachtens ist
Talos dem eigentlichen Griechenland, mit Aus-
nahme höchstens von Lakonien, ferngeblieben
und hat nie in Attika eine Heimat gefunden.
Von Kunstdeukmälern seiner Heimat Kreta sind
es Münzen, die ausschließlich Kunde von ihm
bringen, und zwar Münzen der Stadt Phaistos
{Gruppe S. 250). Warum gerade und nur diese
Stadt den T. als Münztypus gewählt hat, ob
wegen ihrer hohen Lage oder wegen des An-
klanges des Namens an den Feuergott, oder etwa
weil sie eine Gründung des Minos war {Strab.
10, 14 p. 479. Diod. 5, 78), der mit T. eng ver-
knüpft wurde, ist nicht klar zu erweisen; jeden-
falls sollte man Erinnerungen an T. nicht im
Süden der Insel, wo Phaistos lag, sondern im
Norden, wo das Talaiongebirge auf den Heros
hinweist {Gruppe S. 249 A. 12. Mercklin S. 55 ff. ;
91 ff.), suchen. Alle diese Münzbilder (vgl.
Koscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V.
Wroth pl. XV, 11) an Stelle des Hundes auf
der Rückseite der Münzen dargestellt ist,
ob er nur das Symbol des Sonnengottes ist
{Mercklin S. 91), müssen wir dahingestellt sein
lassen. Das Haar des T. ist auf einigen Mün-
50 zen {Mercklin a. a. 0. Taf. 1 nr. 1—3. Wroth
pl. XV, 1) so eigentümlich stilisiert, daß diese
Haartracht unwillkürlich an den Strahlenkranz
der Lichtgottheiten erinnert {Gruppe S. 3823.
Boscher, Sei. S. 23; 83). Das ist weiter nichts
Sonderbares; haben wir in Talos doch den
Prototyp des Koloß von Rhodos. Die ein-
zige Darstellung des T. neben den Münzen
verdanken wir der schon erwähnten Apu-
lischen Prachtamphora aus Ruvo. Eingehend
60 ist über sie gehandelt worden von Avellino
{Bull. Nap. 1846 nr. LXX p. 137 f.; IH, tav. 2,
nr. 51 ; IV, tav. 6, nr. 70), Panofka {Ärch. Ztg.
1846, nr. 44, p. 3 13 ff.; Taf. 44; 45; 1848, nr. 24,
p. 369—373, Taf. 24, 1), Mercklin (S. 92—101),
bei Baumeister {Denkm. d. Ä. 1722 ff.), in den
Wiener VorlegebläUern Ser. 4, Taf. 5. Gesichert
ist die Bedeutung der dargestellten Szenen
besonders durch die Hinzufügung der Namen
2
35 Talos Talos ' 36
über den einzelnen Personen. In der Mitte WQÖtxos Uqov. Ovid. Met.S,2ZBS. Hygin.fab.
erblicken wir T., vollständig unbekleidet, ohne 89; 244; 274. Serv. Äen. 6, 14. Georg. 1, 143.
Flügel. Er ist allein weiß gezeichnet, und Tzetz. CHI. 1, 494 flf. Schol Eur. Or. 1648), aus
durch Schattierung mit Tinte hat der Künstler dem Geschlechte der Metioniden {Preller, Gr.
den metallenen Glanz auf dem als jugendlichen Myth. 2, 166 ff. ; 498. Toepffer,Att. Gen. S. 164ff.),
Epheben gedachten Riesen hervorzurufen sich Enkel des Metion, Urenkel des Erechtheus
bestrebt. Der Körper sinkt schwerföllig zurück; {Pherekyd. = F. H. Gr. 1, 97 fr. 105. Plat. Ion
das rechte Knie hält er steif gestreckt; das p. 633. Diod. 4, 76) oder Enkol des Eupalamos
linke ist gebeugt; die Arme läßt er nach beiden und Urenkel des Metion {Äpollod. 3, 16, 8. Serv.
Seiten sinken, während das Haupt nach rechts lo Äen. 6, 14. Schol Plat. rep. 649 D. Alk. 1, 121 A.
sich senkt und das Gesicht schmerzlich ver- Suid. s. v. FligSmog isQ6v^ wahrscheinlicli auch
zogen erscheint. Hinter dem Sterbenden ragt nach Hygin a. a. 0., obgleich im Texte Euphe-
ein abgebrochener Baum, an dem nur noch mus steht), oder Enkel des Palamaon {Paiis. 1,
ein Zweig belaubt ist, hervor, ein Sinnbild des 3, 2), was nur eine Variante zu Eupalamos zu
Sterbens in der Natur. Von rechts sucht Poly- sein scheint, Neffe der Metiadusa und des Ke-
deukes, der vom Pferde gesprungen ist, von krops {Äpollod. 3, 15, 6). Der Name lautet bald
links Kastor den langsam Dahinsinkenden zu Talos {Hellanikos = F. H. Gr. 1, 66, 82. Diod.
halten. Daraus geht hervor, daß diese am Äpollod.)., bald KdXmi (Paus. Suid. Phot. =
Ende des Riesen unschuldig sind und die Ver- Äpostol. 14, 17), bald Perdix {Suid. Phot. Athen.
anlassnng von Medea ausgeht, die links in orien- 20 9, 388 F = Sophokles' Kamikioi fr. 300; vgl.
talischem mit Sternen geschmückten Kleide Schol. Ov. Ibis 4=98; Met. a.a.O. Hygin. Serv.
mit phrygischer Mütze steht, in der Linken die Äen. a. a. 0.). Über die Beziehungen der drei
cista mystica hochhält und dabei starr auf Namen zueinander ist zu verweisen auf Welcker
den Sterbenden blickt, während sie mit der {Gr. Trag. 2, 4SS{.\ Lange (Verm. Sehr. ^.2Uf.),
Rechten außerdem auf ihn hinzeigt. Rechts Mercklin {Die Talossage S. 62 ff. ; 68 ff.), Kuh-
sind die Götter des Meeres Poseidon und seine nert {Jahrb. f. klass. Philol, Suppl. 15, 187 ff.;
Gemahlin Amphitrite zusehen, diese mit Zep- 192; 219 ff.), den Artikel Daidalos (Pauhj-
ter und Palmettenkrone geschmückt, jener mit Wissowa, Daidal. 1996 f.), den Artikel Kalos
dem Dreizack in der Hand und das Haupt mit Bd. 2 Sp. 938), Holland {Programm d. Thomas-
Lorbeer umwunden. Unter den beiden, die in so schule zu Leipzig 1902 S. 21 ff.) und besonders
den Wolken thronend zu denken sind, flieht den erschöpfenden Artikel Perdix (s. d. Bd. 3
eine Frau in langem Chiton, die, um schneller Sp. 1946 ff.). Talos wurde mit dem zwölften
vorwärts zu kommen, den linken Zipfel ihres Jahre {Ov. Met. 8, 243) von seiner Mutter dem
Kleides in die Hand genommen hat. Links Oheim als Lehrling anvertraut, dem hoch-
liegt auf dem Wasser, das durch einen Del- berühmten Meister, weil er sehr begabt war
phin angedeutet ist, das Vorderteil der Argo, und scharfen Verstand besaß. Bald aber über-
von der Zetes und Kaiais dem Vorgange zu- traf der Schüler den Meister an Geschicklich-
schauen, während auf einer Leiter ein Jung- keit und erregte seinen Neid. Er erfand
ling eilig zum Schiff hinaufsteigt. Ohne Zweifel nämlich die Säge, indem er sich die Gräten
haben wir die Darstellung vom Tod des T. 40 der Fische {Ovid, Hygin. fab. 274. Serv. Äen.
durch die Zauberin Medea bei der Landung 6, 14. Isidor. Orig. 19, 19, 9) oder die Kinn-
der Argo. auf Kreta. Welche List Medea hier- lade einer Schlange zum Muster nahm {Äpollod.
nach angewandt hat, läßt sich schwer sagen. 3, 15, 9. Diod. 4, 76. Tzetz. Chil. 1, 414, vgl.
Die Dioskuren kommen nicht als Teilnehmer auch Hygin. fab. 39. Serv. ad Verg. Georg. 1,
an der Fahrt in Betracht, sondern sind als 143. Schol. Ov. Ib. 498. Lact. Plac. 8, 3), dann
Retter und Helfer zu denken; vielleicht hatten den Zirkel {Ov. Diod. Sidon. ÄpoUin. Ep. 4,
sie den Auftrag, ihn zu den ewigen Göttern 3, 5. Hygin. fab. 274. Serv. Äen. Georg.) und
zu bringen, wie die Verheißung der Medea die Töpferscheibe {Diod.). Deshalb tötet ihn
lautete. Die Boreaden, hier ungeflügelt, sind Daidalos, indem er ihn von der Akropolis, nach
nur Zuschauer, nicht als beteiligt zu denken. 50 der gewöhnlichen Annahme, vom Dache seines
Über andere Deutungen ist oben bereits ge- Hauses nach Hygin. fab. 39 (vgl. Pauly-Wissowa,
sprochen worden. Über den zur Leiter hinauf- Daidalos S. 1996. Art. Perdix Sp. 1948) herab-
steigenden Jüngling vgl. Mercklin S. 95 f. Die stürzt. Begraben lag er am Südabhange der
fliehende "Frau ist am einfachsten als Krete, Burg (Pai^s. 1, 21, 9. Luk. Pisc. 4:2 nehat Schol).
die Schutzgöttin der Insel, zu deuten, wie wir Schwierigkeiten bereitet nur die Frage, ob das
auch beim Raube der Persephone die fliehende Grab des Talos {Luk. Pisc.) identisch ist mit
Nymphe des Landes angedeutet finden {Curtius, dem hgbv Tligdi-Ko? {Suid. Phot. vgl. Bau-
Abhdl. d. Berl. Äkad. 1878, 28). Über zwei meister, Denkm. d. Altert S. 194. Wachsmuth,
andere Denkmäler, zwei Spiegel, auf denen Stadt Athen 1, 244, 3). Dem Namen Perdix,
man das gleiche Abenteuer dargestellt glaubte, 60 der schon bei Lebzeiten des Sophokles (vgl.
handeln Mercklin (S. 102 ff.), Gerhard (Taf. 66, Suid.) vorkommt, liegt ein alter Verwandlungs-
1; 58), Panofka {Arch. Ztg. 1845, 196; 1846, mythus zugrunde; auch kann ich darin, daß
317), Stephani {Compte rendu 1867, 24), Pyl einmal {Suid. Phot.) ein Heiligtum des Perdix,
{Med. fab. p. 49 f.); doch sind die Beziehungen das andre Mal {Luk. Pisc.) ein Grabmal des
recht zweifelhafte. Heroen erwähnt wird, keinen Widerspruch
2) {TdXcag), Neffe des Daidalos, Sohn der finden (Art. Perdix S. 1950). Denn bei einem
Perdix {Äpollod. 3, 16, 9. Diod. 4, 76. Paus. Heroen ist das Grab eben sein Heiligtum {Bohde,
1, 21, 4; 24, 4; 7; 4, 5. Suidas, Phot. s.v. Psyche^ S. 106 — 132. Mercklin S. 64). —
37 Talthybios Taltbybios 38
MerckliniS.b6ü\; 70flF.; 76), Kuhnert{S. 219 fi.\ II. 7, 274 tf.; die Herolde heißen hier (v. 274)
Grujype {Gr. Myth. S. 17; 260) identifizieren Jib? &yyhXoi iiSt xal &vSQd)v, und nach IL 19,
den Schüler Talos mit dem kretischen Gotte 250 ist Talthybios ■S-fw (vccXiyv.Log ccvä^v, weil
gleichen Namens (s. d.; vgl. Holland S. 21 A.). er als Herold eine helle, durchdringende Stimme
Kuhnert hält die Verschmelzung eines alten haben mußte, wie auch der Sänger Od. 1, 371
Perdixkultes in Athen mit dem von Kreta und 9, 4 bezeichnet wird als d-totg ivaXiyxios
kommenden Talosdienst für des Rätsels Lö- aidr^v. Als Agamemnons Herold wird Talthy-
sung und behauptet, daß durch Sophokles Talos bios erwähnt in des Euripides Ij)h. Aul. 95.
in den Schüler des Daidalos und den kreti- 1663, als Person tritt er auf in dieses Dichters
sehen Riesen aufgelöst worden sei. Er erfindet lo Uckabe v. 484 — 682 (vgl. auch v. 727) und
als Todesart des Riesen Talos den Sturz von Troades v. 235—306. 408—423. 709—739.
einem Felsen, für den es kein Zeugnis gibt 782—789. 1123—1156. 1260—1286; Hermes-
(S. 219), und erdichtet einen Kampf zwischen Mercurius wird bezeichnet als der ^Talthybius
D., dessen Ruhm sich erst später von Kreta deorum' Sen. apocol.l%\ vgl. auch. Plaut. Stich.
aus verbreitet haben soll, und dem Gotte Talos. 2, 2, 32. Nach Herod. 7, 134 besaß Talthybios
Da in diesem der Künstler unterliegen mußte zu Sparta ein Heiligtum, und in seinem Ge-
(S. 229), so sei hinterher die Sage von der schlecht, bei den sog. Talthybiaden, war
lache des D. an Talos entstanden. Diese Aus- das Amt der Staatsherolde erijlich. Und wie
ührungen entbehren jedes Anhaltes; auch er- Herodot spricht auch Faus. 3, 12, 7 von des
scheint es sonderbar, daß die Kreter, weil 2o Talthybios Zorn {^rivig, (ii^viiia) wegen der Er-
Talos zum Schüler des D. geworden sei, dem mordung der Herolde, die von Dareios nach
Attischen Mythus zuliebe ihren Talos auf den Hellas gesandt worden, um Erde und Wasser
Münzen jugendlich dargestellt hätten. Wenn zu fordern; die Spartaner konnten infolge dieses
eine merkwürdige Ähnlichkeit zwischen Ikaros Zornes kein günstiges Opfer mehr erhalten,
und dem Kreter Talos besteht und Gruppe und das währte so lange, bis zwei Spartaner
(S. 17 4; 250 2) diesen einen Doppelgänger des selber sich dem Xerxes überlieferten zur Sühne
Ikaros nennt, so folgt noch lange nicht, wie für die erschlagenen Herolde usw., vgl. Herod.
jfiTiJmeri (S. 221) behauptet, daß beide zwei ver- 7, 134 flf. Paiis. 3, 12, 7 spricht von einem
schiedene Versionen desselben Mythus darstel- ipvij^a des Talthybios zu Sparta in der Nähe
len und Daidalos nur Flügel erhielt, weil Ikaros 30 des Hellenion und fährt fort, daß auch die
und Talos in der Sage (Holland S. 28) schon Aigieer in Achaia auf ihrem Marktplatz ein
welche besaßen. [Buslepp.] solches zeigen, das sie für das des Talthybios
TalihjMos (TaXd-vßiog, nsLch Immanuel Bek- ausgeben; deutlicher bezeichnet er 7, 23, 11
ker, Hom. Blätter S. 222, 12 f. von %'ccXlsiv^ dies fivri^a zu Aigion als TccXd^vßiov tov nrj-
*Q'aXtvs, *taXd"vg -\- ßlog, vgl. ßLod^dXiiLog, ^o- Qvzog täcpog, wozu er hinwieder beifügt: ^Dem
^dX^iog., also der Lebenskräftige, in der Blüte Talthybios ist auch zu Sparta ein Denkmal
Lebende, vgl. auch Pape- Benseier, Wörterh. d. aufgeworfen, und beide Städte bringen ihm
griech. Eigenn. s. v., ferner Fick-Beditel, Die Totenopfer' {Y,i%(oax(Xi dh ttp T. -nal alXo yivfi^u
griech. Personennamen'^ S. 384), der bekannte iv HnccQtTfi, %cä avxmai TCoXsig ivayi^ovatv ccfi-
Herold Agamemnons, bei Homer genannt II. 1, 40 qpdrfpat) ; über diesen "^vordorischen' Kult vgl.
320. 3, 118. 4, 192. 193. 7, 276. 19, 196. 250. S. Wide, Lakon. Kulte S. 348 f., über die Tal-
267. 23, 897. Er und sein Kollege Eurybates, thybiaden vgl. z. B. Welcker, Gr. Götterl. 3, 282.
td) ol {seil. kycc^E^vovi) ^accv xT^pvxs xal otQif\Q6i Nach Aristot. ep. 37 {Anth. app. 9, 38) fand
Q'EQaTCovrs (Eurybates, der ^Weitschreitende', sich des Talthybios Grab zu Mykene; auch
hieß auch ein Herold des Odysseus, II. 2, 184. soll Talthybios nach Kreta eine Kolonie ge-
9,170. 0<i. 19, 247, s. 0. Bd. 1, Sp. 1420, 38ff.), führt und daselbst Tegea gegründet haben,
soUen die Briseis holen, II. 1, 320 ff., worauf Exe. Strab. 10, 34 = G. G. M. 2, 592 (ort T.
sich stützt Ovid. her. 3, 9ff. ; ebenso wird er nitcc tu TgcoLKcc cc7toiy.lav ^orsiXsv dg Kgißtriv).
mit Odysseus zusammen von Agamemnon ab- Steph. Byz. s. Tsyea p. 610, 14 {hti, v.ccl Teyicc
geordnet, die Iphigeneia zu holen, Apollod. 50 iv Kq'^tj] vtco Tocl^vßiov v.ti6bElaa)\ er soll
epit. 3, 22 W.; ebenda 3, 9 die Sage vom treu- auch Ahnherr der @Bo%riQvv,Bg bei den Eleu-
losen Kinyras, der Menelaos, Odysseus und therien gewesen sein, Hesych. s. v. @soyiiJQVHsg
Talthybios zwar fünfzig Schiffe zum Kriege {yivog xb ocTtb TccX&vßiov, ■nccgä 'EX^vd-sgioig).
versprach, dagegen nur ein wirkliches und statt Nach Nikolaos von Damaskos frg. 34 {F. H. G.
der übrigen 49 Tonmodelle schickte, vgl. 3, 374 f., vgl. auch Hict Cret. 6, 2) habe Tal-
Eustath. II. 11, 20 p.827, 37 ff. o.Bd.2,Sp.ll90f., thybios den Orestes vor Aigisthos bewahrt und
69 ff. 3299, 40 ff. Gruppe, Gr. Myth. 638 f. — Tal- ihn untergebracht bei Strophios in Phokis (nach
thybios wird ausgeschickt nach dem Arzte Hict. bei Idomeneus, ^qui apud Corinthum age-
Machaon, II. 4, 192 ff. (v. 193 f. zitiert Paus. 2, bat' vgl. Gruppe, Gr. M. 702 A); an Stelle des
26, 10), und wie es zum Zweikampf zwischen 60 Talthybios erscheint bei Pind. Pyth. 11, 18 (25)
Paris und Menelaos kommen soll, entsendet Arsinoe als die Amme, die den Knaben den
ihn Agamemnon ein Lamm zum Opfer zu holen, Händen der Klytaimestra entriß und zu Stro-
II. 3, 118 ff., ebenso einen Eber II. 19, 196 ff. phios brachte, in des Aischylos CJioeph. ist es
(v. 266—268 zitiert Paus.b, 24, 11). Was heut- eine namenlose KlXlögcc (v. 732); nach Stesicho-
zutag noch bei einem Duell die Sekundanten, ros {Schol. Aisch. a. 0.) frg. 41 {hei Bergk 3*,
das ungefähr leisten die homerischen Herolde, 222) und nach Pherekydes {Schol. Pind. a. 0.)
wobei dem Talthybios auf selten der Griechen frg. 96 {F. H. G. 1, 94) hieß sie Laodameia, vgl.
bei den Troern der Herold Idaios entspricht, 0. Bd. 1, Sp. 537, 37 ff. 2, Sp. 1185, 4ff. 1828,
39
Talthybios
Talthybios
40
62 ff.; dazu C. Bobert, Bild u. Lied S. 164 ff.,
der annimmt, daß ^Weiterbildungen des in
einer früheren poetischen {Stesichoros?) Behand-
lung vorkommenden
Talthybios' vorliegen
In dem xaidayrny^S ^^
der Ekktra des Sopho-
kles, im ngiößvs in des
Euripides Elektra (rpo
qpsvff T. 16); dagegen
Gruppe, Gr. M. 101,1.
Unter den Bild-
werken ist an erster
Stelle zu nennen das
stilistisch besonders in-
teressante archaische
Relief von Samothrake
(etwa der Mitte des 6.
Jahrh/s zuzuweisen),
1790 gefunden, 1816
aus Sammlung Choi-
seul- Gouffier in den
Louvre übergegangen
(Catal. nr. 697), Brück-
mann Tf. 231a. Ove)-
heck, Gried^. Plast. 1\
110 Fig. 12. Collignon
(= Thraemer), Gesch.
d. gr. Plast. 1, 194 f.
Fig.87o. Bd.l,Sp.97f.
8. unsere Abb. 1 : hin-
ter dem linkshin thronenden Agamemnon ste-
hen Talthybios und Epeios, alle durch Bei-
Bchrift bezeichnet, Talthybios mit dem Zeichen
seines Amtes, dem Heroldstab, in der Rechten,
1) Agamemnon, Talthyhios und Kpeios auf einom Rolief
Ton Samothrake im Louvre (Photogr. nach Gipsabguß).
vgl. auch Gruppe, Gr. 3f. 614, 6. Weiter gleich-
falls im Louvre ein archaisches Tonrelief von
der Insel Melos, der ersten Hälfte des 6. Jahrh.'s
zuzuweisen, publiziert
von A. Conze, Mon. d.
Itist. 6/7, tav. 67, 1,
darnach o. Bd. 1, Sp.
1237f.u. unsere Abb. 2
für im Peiraieus ge-
fundene Repliken vgl.
Fröhner, Catal. de la
coli. Lecuyer nr. 310
pl. 80: links die vor
dem Grab des Vaters
trauernde Elektra, hin-
ter ihr die Amme, vor
ihr drei sichtlich auf
der Reise begriffene
Männer mit Pferd, zu-
nächst wohl Talthy-
bios stehend mit auf-
gestütztem rechtem
Fuß und mit Gebärde
der vorgestreckten
Rechten die tröstliche
Zurede begleitend, mit
Pilos auf dem Kopf
und (wie es scheint)
mit Kerykeion in der
gesenkten Linken, so-
dann Orestes und Py-
lades; die Deutung auf Talthybios gab Carl
Bobert, Bild und Lied 167 ff., vgl. o. Bd. 1,
Sp. 1239. Ferner Talthybios inschriftlich be-
zeichnet auf der sog. Tabula Iliaca im Kapi-
2) Trauernde Elektra, hinter ihr die Amme, Tor ihr Talthybios, Orestes und Pylades, Kelief im Louvre
(nach Mon. delV Inst. 6/7, tav. 57).
i 41
Talthybios
Tamfana
42
tolinischen Museum, im 'Zimmer der Tauben',
Helhifi, Führer'' 1, 443 f. nr. 799, vgl. Jahn-
Michaelis, Griech. BUderchronilen (1873) Tf. I
und I* (S. 36, 74). Baumeister, Denkmäler d.
Mass. Altert. Tf. 13 Fig. 775 (S. 720). Maxi-
milian Faulcke, De tab. Iliaca quaest. Stesi-
choreae, Diss. Königsb. i. Pr. 1897 Taf. (S. 43 f.).
Gruppe, Gr. M. 091, 2. Hier TaX^vßios yiccl
TQcoccSsg: Talthybios, im kurzen Gewand und
Mon. 8 Taf. 16, 1. Wiener Vorlegebl. Ser. 1 Tf. 1
(nr. 2). Baumeister a. 0. S. 1114 Abb. 1311.
S. Meinach a. 0. 1, 169, 1, vgl. auch Robert a. 0.
S. 149 ff. (nr. A) mit Abb. S. 164. Kretschmer
a. 0. S. 160. 0. Bd. 2, Sp. 1241, 67 ff. Bd. 3,
Sp. 991 f. Abb. 2. Fast dieselbe Darstellung
bietet: — 4) eine sog. Kelobe aus der Certosa bei
Bologna (Brizio, Bull. d. Inst. 1872, 110 nr. 78.
Bobert a. 0. S. 160ff. 157 f. o. Bd. 2, Sp. 1242,
wieder mit Pilos auf dem Kopfe, die Rechte lo 1 ff. nr. 2), nur hat hier Klytaimestra das Beil
in die Hüfte gestemmt, beugt sich, die Linke
ihr auf die linke Schulter legend, über Andro-
mache, die in der Stellung einer Trauernden,
wie es scheint, ihren Knaben Astyanax in den
Armen hält und an die Brust drückt; vielleicht
überbringt ihr der Herold den Beschluß der
Achaier, den Knaben zu töten,
vgl. Schol. Eiirip. Androm. 10.
Passend erinnert Baulcke für die
Gruppe von Talthybios, Andro-
mache, Kassandra, Helenes usw.
an verwandte Gruppierungen
und Motive am Sarkophag der
Klagefrauen (der pleureuses) von
Sidon, wo zumal in den Giebel-
feldern ähnliche Gruppen von je
drei Klageweibern, ebenso in
einem sepulkralen Metopenrelief
im Athener Nationalmuseum pu-
bliziert von Paul Wolters, Ath.
Mitt. 18 (1893) Iff. z. Tf. 1 (zum
Odysseus im Gespräch mit He-
lenes vgl. die Gruppe Talthybios
vor Elektra im oben besproche-
nen Relief von Melos).
Während bei Homer Aga-
memnon seinen Herolden den Auftrag gibt, die
Briseis zu holen (s. o.), sehen wir ihn auf einem
Skyphos des Hieron im Louvre eigenhändig
zum Schlag erhoben; den Mann, der sie am
Streich hindert, nennt Brizio Pylades, es dürfte
jedoch wieder Talthybios sein, durch den He-
roldshut gesichert. — 6) eine Amphora in Wien,
identisch mit dem 'Krater der Sammlung Hope
und Biscari', Vgl. Jahn, Arch. Ztg. 12 (1864),
3) Wegführung der Brise'ia durch Agamemnon, dahinter Talthybios und
Diomedes, Darstellung auf einem Skyphos des Hieron im Louvre
(nach Baumeister, Denkm. des klass. Altert. Abb. 776).
230 ff. Taf. 66, la. Robert a. 0. S. 150. 158
(nr. F). S. Reinach a. 0.. 1, 381, 5. 2, 343, 31.
0. Bd 2, Sp. 1242, 8 ff. nr. 3; wahrscheinlich
das Mädchen wegführen, hinter Briseis aber die 40 auf der Vorderseite Klytaimestra und Talthy-
Helden Talthybios und Diomedes (mit Namen-
beischrift, und zwar 0AUBVEIO>= ©alvßio?).,
Talthybios ganz wie Hermes angetan mit Chla-
mys und Reitstiefeln, mit Heroldstab in der
Linken, Mon. d. Inst. 6/7 Taf. 19. Wiener Vor-
legebl. 06. Baumeister, Denkm. d. kl. A. S. 721
Abb. 776 (darnach unsere Abb. 3). S. Reinach,
Rep. des vases 1, 148, 1, vgl. auch C. Robert,
Bild u. Lied S. 95 f. P. Kretschmer, Die griech.
bios, auf der Rückseite ein rechtshin fliehen-
der Jüngling mit Reisesack in der Linken,
ein Gefährte des Orestes (?). — 6) Amphora aus
Vulcä, seinerzeit bei Baseggio, Mon. 5 Taf. 56.
S. Reinach a. 0. 1, 143, 4. Robert a. 0. S. 152 f.
180 (nr. D). o. Bd. 2, Sp. 1242, 28 ff. 3, Sp. 972,
1 ff. : Aigisthos von Orestes bedroht, rechts
Klytaimestra zum Schutze des Aigisthos das
Beil über dem Haupte schwingend, links un-
Vaseninschr. S. 99, 78. 150. 231 f. Leonard bei 50 beteiligt zuschauend ein bärtiger Mann, der.
Pauly -Wissoiva- Kroll. R. E. 8, 1525 nr. 20.
Weiter eine Trinkschale des Britischen Mu-
seums, Catal. 1 (1851) S. 283ff. nr. 831, wo mit
der Gruppe der von zwei Herolden (Talthybios
und Eurybates?) weggeführten Bris eis der trau-
ernd dasitzende, von Diomedes und Phoinix
getröstete Achill zu einer Szene vereinigt ist,
Gerhard, Trinkschalen und Gefäße usw. Taf. E.
F. Overbeck, Gal. her. Bildw. 16, 3. Robert
a. 0. S. 96. Ferner Talthybios in Darstellungen
des Todes des Aigisthos, so, wieder mit Na-
mensbeischrift {0ccXd^vßLog), auf einer rotfigu-
rigen Amphora, sog. Pelike aus Caere zu Wien
im Österreichischen Museum für Kunst und
Industrie, Masner, Katal. S. 50 nr. 333: Kly-
taimestra will dem Aigisthos beispringen, wird
indes von Talthybios am linken Arm und am
Beil, das sie hält, gewaltsam zurückgerissen,
zunächst auf Pylades gedeutet, durch Robert
(a. 0. 180) direkt als Talthybios erwiesen ist.
— 7) Bruchstück eines rotfigurigen Skyphos in
der Archäolog. Sammlung der Universität
Wien, mit Namensbeischrift OAAOVIBOC (sie),
Kretschmer a. 0. S. 150. — 8 u. 9) Brit. Museum
Catal. S. 131 f. nr. 577 u. S. 145 f. nr. 592: Aga-
memnon thronend im Kreise seiner Helden:
Talthybios, Epeios usw., vgl. auch Arch. Ztg.
{Anz^ 10 (1852), 176 [Otto Waser.]
Tamfana.
a) Quellen: Als unverdächtig kann nur
angesehen werden I. Tac. Ann. 1, 51 profana
simul et sacra et celeberrimum Ulis gentibus
templum., qicod Tamfanae vocabant, solo aequan-
tur. — IL die Inschrift bei Orelli 1, 2053 p. 358,
angeblich aus Interamna, Weihung des M.
Appuleius Paetulus, ist als Fälschung des Li'
43 Tamfana Tamfana 44
gorius ganz wertlos (Orimm^ Verh. Äkad. Berlin zweifelnd geäußerter Vermutung, Tamfana be-
1869, 255 scheint von der Unechtheit nicht zeichne nicht eine Gottheit, sondern einen hei-
überzeugt), — III. ebenso der von Zappert, ligen Bezirk, darf wohl abgesehen worden).
Sitzber. Äkad.Wien 29, 1858 S.302 ff. gefälschte Ihr templum ist Ulis ^entibus celeberrimum, also
Schlummerreim, angeblich aus dem 9/10. Jahrb., ist sie Hauptgottheit einer mehrere Stämme
welcher neben Hara und Ostara auch Zamfana umfassenden Kultgenossenschaft, entsprechend
nennt {Jaekd, Ztachr. f. deutsch. Phü. 24, 1892, der Nerthus bei den Ingvaeonen {Tac. Germ.
806 f. Joffe, Ztschr. f. deutsch. Altert ISy i9eS.). 40) und der 'Isis' bei den Sueben {Genn. 9;
b) Namens form: Die Überlieferung des E. H. Meyer, Myth. d. Germ. Straßburg 1903
Med. 1 eaec. 9 ist täfan^; sie läßt eine Auf- lo S. 9, 120, 290, 422). Nach Zerstörung ihres
lösung in Tamfanae wie in Tanfanae zu. Heiligtums treten alle Umwohner unter Waf-
c) Die Etymologie des Namens hat aus- fen (1, 51). Wäre nun absolut sicher, was
zugehen von der Tatsache, daß kein Grund der Taciteische Text nahelegt, daß die nox festa
vorliegt, mit J. WormstaU, Der Tempel der (1, 60) der Tamfana gilt {Müllenhoß', Ztschr. f.
Tamfana^ Münster 1906, ein römisches Wort dtsch. Altertum 23, 23 ff), so müßte es sich, da
darin zu erkennen, ^vocabant^ vo'n den Römern dieser Festschmauß im Spätjahr liegt {miles in
zu verstehen ist nach Analogie von 4, 73: hibernis locatur 1, 51), um eine Erntegottheit,
lucum quem Baduhennae vocant ausgeschlossen. wohl die Erdmutter selber, handeln {Müllenhoff,
Damit erledigt sich auch die Herleitung von Tuisko und seine Nachkommen 265 ff. ; Koegel^
einem angebUch altital. tanfanare 'übel za- io Dtsch. Literaturgesch. 1, 1, 19; P. Hermann,
richten; holzen*. Dtsch. Myth. U^B S. 386. 1906«, 295 ff), deren
Zahlreich, aber sämtlich mehr oder weniger Kult für den ingvaeonischen Teil des germa-
onsicher, sind die Vermutungen, die germa- nischen Gebietes durch Tacitus {Germ. 40) be-
nischen Ursprung des Namens annehmen. Hier zeugt ist. Als solche faßt sie denn auch
ist wieder zu scheiden zwischen den möglichen Müllenhoff (c. 2 § 2), der in ihrem Namen die
Grundformen a) Tanfana, /?) Tamfana. segensreiche Wirkung betont findet, während
Zu a) sind die wichtigsten Herleitungen fol- Jaekel {Hauptgöttin der Istväen, Ztschr. für
gende: dtsch. Philologie 24, 306 ff., vgl. c. 2 ^ 1) in
1) Zu ags. J)afian, *got. {)anfjan, *ahd. denfan Namen und Wesen mehr die düstere Seite eines
= 'helfen*, ahd. Danfana, die Holde {J. Chrimm^ so der griechischen Persephone analogen Wesens
Verh. Äkad. Berlin 1859, 256 = Kl. Schriften hervortreten läßt. (Als Fruchtbarkeitsgöttin hat
6, 418. — Deutsch. Mythol* 1875, 1, 213 wird sie auch Zappert gefaßt, in dessen Fälschung
aber die Frage nach der Bedeutung des Na- (ob. a 3) sie feizui scaf cleiniu sentit.) Über eine
mens offen gelassen); hohe Wahrscheinlichkeit kommen aber diese
2) zu *Sdnttvos = verschwenderisch, germ. Deutungen nicht hinaus. Ebenso problema-
Tabana, der Nasal aus dem Suffix eingedrun- tisch ist
gen {E. H. Meyer, Germ. Myth. 1891 S. 287 f. e) die Art der Verehrung. Ob wir eine
nach Müllenhoff); Opfermahlzeit als bezeugt annehmen dürfen,
3) zu altn. tafn, ahd. zebar, Opfer {Müllen- ist fraglich (vgl. d), ebenso, ob der 1, 50 an-
hoff, Ztschr. f. deutsch. Altert. 23, 23 ff., ihm 40 gedeutete Friedenszustand ein Gottesfriede wie
folgend P. Hermann, Deutsch. Myth. 1898 S. 383, der im Nerthuskulte ist; sonst wissen wir nur,
1906' S. 295 ff., dagegen Jaekel a. a. 0.); daß die Göttin ein templum hatte. Ein Holz-
4) zu ßkr. tap = calere, cremare, identisch tempel war zu dieser Zeit und in dieser Ge-
mit der Skythengöttin Tahiti (b. d. u. Grimm, gend vielleicht möglich {Schumacher, Die Ger-
Deutsche Sprache 231 f.). mania des lacitus u. d. erhalt. Denkmäler, Main-
(Ganz willkürlich sind die hierher gehörigen zer Ztschr. 4, 1909 S. 6; A. Thümmel, Der ger-
Deutungen von Bydberg, Germ. Myth. Göte- man. Tempel. Diss. Halle 1909), widerspricht
bürg 1889, 2 S. 371 und Siefers, Erhard u. aber dem ausdrücklichen Zeugnis des Tacitus
Bosenkranz' Ztschr, f. Geschichte 8, 261 ff.) {Germ. 9), der doch seine Informationen haupt-
Zu p kommen in erster Linie in Betracht: 50 sächlich vom Nieden-hein her hat. Man tut
1) zu idg. Wurzel dam- = bezwingen, die besser, mit Nipper dey-Andresen (zu Tac. 1, 51)
Wurzel durch determ. p erweitert und Ent- und Thümmel (a.a.O. S. 118f. Paul-Braunes
Wicklung des f hinter dem labialen m unter Beiträge 35, 118 ff.; anders E.H. Meyer, Germ.
Einfluß des folgenden Dentals {Jaekel, Ztschr. Myth. 193) an einen Hain zu denken, der ohne
f. dtsch. Philologie 24, 306 ff. ; abgelehnt von Einfriedigung und ohne Baulichkeiten kaum
Goliher, Hdb. d. germ. Myth. 1895 S. 459, 1); sein konnte (vgl. das Nerthus-tempZitw Gerw. 40).
2) zu got. *{)amba, isl. t)amb = Schwellung, f) Über das Verehrungsgebiet (s. unt. d).
FüUe, norw. temba {K. Müllenhoff, Tuisko und Daß Tac. Germ. 39 darum kein Hauptheiligtum
seifte Nachkommen S. 265 ff. Kögel, Deutsche im Istvaeonengebiet nenne, weil es das 14 zer-
lAteraturgesch. 1, 1 S. 19). 60 störte Tamfanaheiligtum gewesen sei, trifft
(Zu lose ist die Verbindung der zur Deutung wohl das Richtige {Müllenhoff, AUertumsk. 4
herangezogenen Worte mit dem Namen bei [1900], 427, 528 ff.; Jaekel a. a. 0.). Sicher
Grimm, Myth.* 1, 231. 3, 90 ['Stempe']; Sim- haben zu dem Kultkreis die Brukterer, Tu-
rock, Dtsch. Myth.^ 1869, 381 ['tempf = Sieb]; bauten, Usipiter (und Tenkterer) gehört (1, 51),
Ztschr. f. Myth. 1, 386 ['zampem' = Gaben unbewiesen ist, daß er auch noch Chatten und
einsammeln].) Cherusker umfaßt habe {Siefers, Erhard u.
d) Wesen der Gottheit (von Bich. M. Bosenkranz' Ztschr. f. Gesch. 8, 261 ff.). Als
Meyers in der Germ. Beligiorisgesch. S. 399 Kultzentrum für alle Ingvaeonen ist es nach
45 Tamia Tamuz (Literatur, im Kalender) 40
Meinung Helvis (briefliche Mitteilung) nicht (Regierungsbezirk Pleven in Bulgarien), Izvestia
anzusehen, weil zur Zeit des Tacitus die alten na Archeol. Dronjestvo {Bull, de la soc. arch.
Verbände durch Wanderungen stark gelockert hülgare) 2 [1911] ]>• 180 f.) nach Bericht im
waren. Ärch. Anzeiger 1912, 672. Rev. arch. 1912, 1
g) Für die Lage des Heiligtums bietet p. 408 nr. 64 fim Index ebenda 2 p. 603 steht
Tacitus {Ann. 1, 45, 49 If.) folgende Anhalts- Taraidenus). [Höfer.]
punkte: Germanicus geht von Vetera (= Für- Tainiiias {Td^^iag) = Athamas; vgl. Schol.
stenberg bei Xanten) aus, überschreitet den Ven. A. Hom. 11. 9, 193: oi ui)ro\ (lones) -nccl
Rhein, die silva Caesia und den livies a Tiberio t6 'AQ-d^ccg xar' ärpaigeaiv tov a {fJdfiag, Choi-
coeptus. Die Germanen sind non procul, es lo robosc. Dictat. in Theodosii Canones 1 p. 37, 20
wird nur von einem am limes rasch {concac- Gaisf.) xal xQonf, xov ^ slg t6 r Td^^ag Xi-
rftÖMs) errichteten Lager gesprochen. Der Haupt- yovai- Tdiiiisa d'vyarigog. KccXXlfiaxog iv
Überfall geschah nachts, der Text {ea nox) läßt dsvtsQcp Altliov = fr. 21 a p. 131 Schneider =
erkennen, daß es die Nacht nach dem Ver- E. Diitrich, Jahrb. für klass. Fhil. Suppl. 23
lassen des Lagers in ZM/wYe ist. Auch beim Rück- (1897), 174 Anm. 1. E. Maaß, Parerga Attica
zug ist nur von einem Lager die Rede. Das {Ind. Schol. sem. hib. 1889/90) VH. [Höfer.]
ergäbe für die Dauer der improvisierten Ex- Tamuz,
pedition ein Mindestmaß von 5 Tagen, 3 Nach- Literatur: Zimmern, Sumerische KuUUeder
ten, in denen eine Strecke von etwa 70 km aus altbabylonischer Zeit, l.u. 2. Reihe. — Zim-
(also rund das Gelände bis Lünen-Dortmund- 20 mern, Sumerisch-babylon. Tamuzlieder {Berichte
Witten) von 4 fliegenden Kolonnen wohl durch- d. phil.-hist. Kl. der Kgl. Sachs. Ges. d Wissensch.
streift werden kann {H. Delbrück, Gesch. der 13. Juli 1907), und Der babyl. Gott Tamuz,
Kriegskunst 2 (02) S. 104. 0. Dahm, Feldzüge im 27. Bande der Abhandl. dieser Gesellschaft
d. Germ, in Deutschland., Westdeutsch. Ztschr. nr. 20. — Stephen Langdon, Babylonian Litur-
f. Gesch. u. Kunst, Ergänzungsh. 11, 1902, 20 ff.). gies, Paris, Geuthner 1913. — Ders., Babyl. and
Da wir nun aber weder die genaue Lage der Sumer. Psalms 1909. — Ders., Tammuz and
Silva Caesia kennen (die Hypothesen bei Ihm, Ishtar. Oxford 1914. — H. Badau, Sumerian
Pauly-Wissowa, Bealenz. 3, 1311, dazu noch Hymns and PrayerstoGodDumu-zi. Erlangen,
Grimm, Deutsche Sprache 620 ü\\ noch von dem Merkel, 1913. — Wilh. Graf Baudissin, Adonis
allein hier genannten limes des Tiberius eme 30 und Esmun 1911. — A. Jeremias, Handbuch
Vorstellung haben {Koepp, Die Römer in der altorientalischen Geisteskultur S. 263 ff. und
Deutschland 1905 S. 33. Dahm a. a. 0. S. 23. passim (s. Register).
Delbrück 133), und endlich nicht wissen, von Tamuz (sumerisch: Dumuzi = aplu kenn,
wo aus jenes spatium quinquaginta milium '^rechter Sohn', vollständig: Dumu-zi-abzu
gerechnet ist, so ist auch in der topographi- "^rechter Sohn der Wassertiefe': semitisirt:
sehen Frage größte Zurückhaltung geboten, Du'üsu, Düzu) ist im babylonischen Kulturkreis
genauere Lagebestimmungen {Siefers, Grimm, und seinen Provinzen die Manifestation der
Wormstall; über letztgenannten vgl. Dragen- hinabsinkenden und zu neuem Leben empor-
dorff, Bericht üb. d. Fortschritte d. röm.-germ. steigenden Erscheinungen des Kreislaufs. Seine
Forschung 06/7 S. 163. Andresen, Jahresber. d. 40 Partnerin ist Istar in allerlei Gestalten als seine
phil. Ver, 1907 {Tacitus) S. 249, 16) entbehren Mutter, Schwestergattin und Buhlin.
der Grundlage. [Abt.] Im Kultus erscheint Tamuz als der Gott
Tamia (Tajita), 1) Beiname der Hestia auf der Kalender-Mysterien bereits in sumerischer
einer Lischrift aus Kos: ka-nXccnLO) yial 'Igtloc Zeit. Als besondere Kultorte werden sicher
TanUi, Newton 2, 338: ^ xa^ia ... epithet of nur genannt Ki-nu-nir in Lagas und Dur-gur-
'laxia as the housekeeper of Olympos'. Collitz gurri bei Larsa. In den Zauberritualen kommt
363 p. 357. Dittenberger, Sylloge^ 6I629 P- 404. Tamuz nur selten vor; in theophoren Namen
V. Prott, Leges Graec. sac. 1 nr. 5 p. 2O29. Nilssan, nur in der ältesten Zeit vor Hammurabi. Aber
Gr. Feste 19. 429. — 2) Im Schol. Arist. ed. zu allen Zeiten ist einer der Monate nach ihm
Dindorf 3, 59835 : aydX^axcc . . ^rj^rjXQog y,al 50 genannt und durch sein Fest geweiht.
KoQTig, Tayiiug y,ccl Av^^öiog steht Tcc^icc für Das babylonische kalendarische Ma-
dccaia. Vgl. über diese Schreibung Valckenaer terial. In dem alten Kalender von Nippur,
zu Herod. 5, 82. [Höfer.] dter später allgemein in Gebrauch kam (Nisan,
Tamiras {Tcciiigag), ein Kiliker, der die Weis- Airu, Sivan, Tamuz usw.), ist der vierte Monat
sagekunst in Kypros einführte , Stammvater (Juli) als ^Monat des Tamuz-Festes' bezeugt,
des Priestergeschlechtes der Tamiraden {Ta^ii- in einem Kalender von Lagas (um 2500) der
gdöccL isQstg xivsg iv KvnQcp, Hesych.), die zu- 8. Monat (November), im Kalender von Umma
sammen mit den Nachkommen des Kinyras der 12. Monat (März). S. die Listen bei Weid-
(s. d.), den Kinyraden, das Heiligtum der Pa- ner. Älter und Bedeutung der babylonischen
phischen Aphrodite verwalteten, Tac. Hist. 2, 60 Astronomie {Im Kampfe um den alten Orient 4,
3. Gruppe, Gr. Myth. 340, 3. A. Enmann, Krit. S. 63). Drei Tamuzfeste im Jahre würden drei
Versuche zur ältesten griech. Gesch. 1 Kypros Jahreszeiten entsprechen^ die tatsächlich in
u. der Ursprung des Aphroditekultus, Mem. d. dem babylonischen Klima begründet sein könn-
Vacad.de St. Petersbourg. 7 Serie Tom 34. nr. 13 ten: Sommer, Herbst, Winter. Der Frühling,
(1886), 56. Bouche-Leclercq, L'hist. de la divi- der im März einsetzt, ist so kurz, daß er als
nation dans Vantiquite 2, 391 f. [Höfer.] besondere Jahreszeit ausfallen kann. März als
Tamitenus, Beiname des lupiter Optimus Sommerbeginn könnte als Festthema das Em-
Maximus auf einer Altarinschrift aus Riben porsteigen des Tamuz aus der Unterwelt ha-
47 Tamuz (Bedeutung) Tamuz (u. litar, Ninib etc. 48
ben, Juli die Hochzeit und den Beginn des des Himmelsgottes Anu), als Manifestation der
Sterbens, November als eigentlicher Winter- Kreislauferscheinungen repräsentiert sie das
beginn das endgültige Hinabsinken in die Leben und Sterben. Da man den Kreislauf
Unterwelt. Liegt hier die Lösung für die des Lebens und Sterbens in erster Linie an
Darstellung des Fanyassis bei ApoUodor von den Erscheinungen der drei großen Zeiger der
der Verteilung des Jahres zu Dritteln auf Himmelsuhr, der drei Regenten des Tierkreises,
Adonis, Persephone und Aphrodite? (s. Graf Mond, Sonne und Venus, abliest, so kann Istar
von Battdissin, Adonis in der Unterwelt, in der je nach der Stilisierung des Mythos Mond-
FesUchriß für Heinriei, NeuUstamentliche Stu- oder Sonnen- oder Venuserscheinung sein,
dien nr. 2). In einem zur Zeit der dritten lo oder populär geredet: Ktar ist Mondgöttin
Dynastie von ür (um 2600 v. Chr.) geltenden oder Sonnengöttin oder Venusgöttin oder Göt-
babylonischen Kalender, der das Jahr mit der tin eines als Entsprechung des Planeten V(»nu8
Wintersonnenwende beginnt, heißt der erste geltenden Fixsternes (Spica in der Junj^^frau
Monat ituEzen-ffBau, 'Monat des Festes der oder die Tierkreis-Jungfrau selbst, und Bogon-
Bau\ und das Neujahrsfest gilt als Hochzeits- stem; Istar-Sirius, entsprechend der ägypti-
fest der Bau. Ebenso ist in einem von Radau, «chen Isis-Sirius-Sothis ist babylonisch bisher
Mise. Sum. Texts nr. 2 (in Hilprecht Anniver- nicht zu belegen).
sary Volume, p. 891 ff.) veröffentlichten sume- Wie aber in der Kalenderlehre nicht der
rischen Liede von dem Termin, wo Nin-an-si- Mond oder die Sonne allein die charakteristi-
an-na (Istar) 'mit Ama-usumgal-an-7ia (Tamuz), 20 sehen Erscheinungen des Kreislaufs anzuzeigen
ihrem Gatten, im Schlafgemach des Tempels in pflegt, sondern der Ausgleich verschiedener
Liebe sich vereinigt' die Rede. In beiden Fällen Erscheinungen (vor allem Sonne und Mond)
handelt es sich dem Sinne nach sicher um ein Istar- und der Kampf mit der finsteren Macht (ün-
Tamuz-Fest. In dem sog. Astrolab B wird der terweltsmacht), so bedarf die Mythengestalt
Monat Tamuz 'Monat, in dem der Hirte Tamuz der Istar eines Partners, der Mondcharakter
bezwungen wird' genannt {arah re'u iWumu-zi trägt, wenn Istar sich in Sonnenerscheinungen
iknka-mu-u) und in einem spätbabylonischen manifestiert, und Sonnencharakter, wenn Istar
Texte {Reisner, Hymnen S. 145, 13 b) wird dem- sich in Monderscheinungen manifestiert, oder
entsprechend der Monat Tamuz als 'Monat der der mit Istar zusammen die Erscheinungen des
Bezwingung des Tamuz' {arah kimitum ^Wu- 30 Lebens und Sterbens in der Vegetation und
muzi) bezeichnet. In dem seit der Hammura- im Zeugungsleben manifestiert. Dieser Partner
bizeit zu allgemeiner Gültigkeit gelangten Ka- ist Tamuz. Er trägt je nach seiner Stellung
lender, der das Jahr mit Frühlingsäquinoktium zur Partnerin Mond-, Sonnen- oder Venus-
beginnt, ist der 6. Monat als »^"JSTiJV'-'^JA^-J.iViV^ Charakter (im letzten Falle ist der Morgen-
'Monat der Sendung der Istar' benannt. und Abendstem männlich, vgl. arabisch Attar,
Die Motivenreihe des Tamuz-Mythos bildet griechisch Phosphoros, lateinisch Lucifer).
in Babylonien die Symbolik einer religiösen Ferner kann er im Sinne einer Zweiteilung des
Lehre. In den Erscheinungen des Kosmos und Kreislaufes die Eigenschaften des Ninib (s.
Kreislaufs und den parallellaufenden Erschei- Bd. 3 Sp. 264 ff.) und Nergal (Bd. 3 Sp. 250ff.),
nungen des Zeugungslebens und der Vegetation 40 bzw. Marduks (Bd. 2 Sp. 2340 ff.) und Nabüs
manifestiert sich für den wissenden Babylonier (Bd. 3 Sp. 42 ff.) tragen oder entsprectiend einer
Wesen und Wille der Gottheit. Aus den Er- Vierteilung des Kreislaufs die Eigenschaften
scheinungen der himmlischen Zyklen und aus Marduks und Ninibs (Oberweltshälfte) einer-
den mit diesen Zyklen parallellaufenden Er- seits, Nabü's und Nergals (Unterweltshälfte)
Bcheinungen des irdischen Naturlebens ('Samen andererseits, endlich die Vegetationserschei-
und Ernte, Sommer und Winter, Tag und nungen im Blühen und Welken, im Leben und
Nacht') ergibt sich die Lehre vom Leben, das Sterben der Natur.
aus dem Tode emporsteigt. Die Symljolik In der Monatsliste IV. Rawlinson 33 gehört
dieser Lehre stellen die Höllenfahrtmythen der Monat Tamuz dem Ninib, der sich im
dar, die deshalb entweder astralen oder chtho- 50 Sonnen- bzw. Mittagspunkt des Kreislaufs, dem
nischen Sinn haben (chthonisch im Sinne von Todespunkt des Tamuz, offenbart (s. mein
Wachstum und Ernte). Die Kalenderfestspiele Handbuch der altorientalischen Geisteskultur
stellen die Einzelmotive des Mythos szenisch S. 92 u. 264), In der Adapa-Legende gehört
dar. er eng zusammen mit der dem Nabu ver-
Die personifizierten Naturgewalten, die my- wandten Gestalt des Ningiszida: beide sind
thologisch die göttliche Manifestation im Kreis- hier 'die aus dem Lande Verschwnndenen';
lauf darstellen, sind vor allem Istar (sume- auch bei Gudea, Statue JB 9, 2ff. stehen beide
risch Inanna) und Tamuz. Jeder von beiden nebeneinander, und in der Boghazköi- Liste
kann für sich allein das Leben und Sterben werden sie als 'Sterne' zusammen genannt; in
darstellen. So erscheint Istar gelegentlich als 60 den sumerischen Tamuzliedern ist Tamuz 'Kind
eine weibliche Tamuzgestalt : als Ama-usum- des Ningiszida' und bei G^Mdea/Siaiwe 1, Kol. 1, 5
gal-an-na 'Mutter, Alleinbeherrscherin des Him- 'Held des Ninazu', der als Vater des Ningis-
mels' wird sie in Tamuzliedern mit Tamuz zida gilt. Nergal vertritt Tamuz in einem
gleichgesetzt. Häufiger aber werden beide als kultischen Texte, in dem das Hinabsteigen in
Partner kombiniert: Istar, die große Mutter mit die Unterwelt und das Emporsteigen in den
ihrem Kinde oder Buhlen oder Brudergatten. Sonnenwenden dargestellt wird.
Istar ist als Manifestation kosmischer Er- In diesem aus der Arsakidenzeit überliefer-
scheinungen die Mutter aUes Lebens (Tochter ten Texte, der sicher alte Vorstellungen wie-
49 Tamuz (u. Marduk, Btar) Tamuz (u. Istar etc.) 50
dergibt*), heißt es {Zeitschr. für Assyriol. 0, (s. Winckler, Ex Oriente lux 2, 2, S. 62). Ze-
S. 241): nobia wollte nach der Aussage des Trehel-
„Am 11. Tamuz gehen MI.NIT.SAR und lius Pollio eine Neugeburt der Semiramis
KA.TU.NA, die Töchter von Esagil, und Kleopatra sein. Arabische Schriftsteller
nach Ezida und am 3. Tebet ziehen übertragen in der Tat auf Zenobia Semiramig-
GAL.BA [ ] legenden (s. mein Jm Kampfe um Babel und
und KA.NI.SIJR.RA, die Töchter von Ezida, Bibel' S. 32). Stratonike (keilinschriftlich As-
nach Esagil," ta-ar-ta-ni-ik-ku) war die Frau und Stiefmutter
Im Verlauf des schwierigen Textes wird des Seleukos; sie heiratete ihren Stiefsohn.
Esagil, der Marduk-Tempel von Babylon, 'Haus lo Der SchlÜHsel für die Vereinigung von Mutter,
des Tages' genannt (Z. 9) und Ezida, derNebo- Gjittin und Buhlin in einer Person liegt in
Tempel von Borsippa: '^Haus der Nacht' (Z. 7). der Mythologisierung der Weltenlehre. In der
Die Töchter von Esagil ziehen nach Ezida, lunisolaren bzw. solaren Kreislauf lehre erscheint
'um die Nächte zu verlängern' (Z. 6), und die der Ausgangspunkt als Geburt, die 'Mitte der
Töchter von Ezida ziehen nach Esagila, 'um Saison', in der sich der Kampf und Sieg voU-
die Tage zu verlängern' (Z. 8). Es handelt zieht, als Termin des Auftretens des Helden,
sich um kalendarische Vorgänge der Sommer- der Höhepunkt des Kreislaufs als Hochzeits-
sonnenwende und der Wintersonnenwende. bzw. Todespunkt, der definitive Abstieg als
Die Verbindung des Tamuz mit Marduk Unterweltsfahrt. In der schematischen Zeich-
bezeugt CT 24, PI. 16, Z. 30, wo Tamuz als 20 nung Bd. 4 Sp. 895 f. habe ich versucht, die
erster von sechs Söhnen des Ea genannt wird. mythologischen Motive anschaulich zu machen.
In der Götterliste HR 59, 50 gehört Tamuz zu In der Lehre vom Kosmos hängt das Motiv
Samas, wohl als sein Sohn (s. Zimmern, Der des Sohnes-Gatten mit der Urzeugung zusam-
bah. Gott Tamuz S. 711 ff.). men. Mummu (der im Chaos ruhende Geist) er-
Chthonischer Charakter im Sinne primitiver zeugt mit der Mutter Tiämat (d. i. die Istar
Religion ist innerhalb der uns zugänglichen des Urchaos) die gegenwärtige Welt. Die Auf-
Geisteskultur für Tamuz nicht (zum mindesten fassung der Istar als jungfräuliche Schwester
nicht mehr) nachweisbar. Daß die Astrali- gehört einem anderen System an. Beide Vor-
sierung später sei als die Vegetationsauf- Stellungen werden aber mythologisch vereinigt,
fassung, darf angesichts unseres Materials eben- 30 In einem Berliner Tamuz-Texte {Zimmern nr. 27
falls nicht mehr behauptet werden, nachdem Rev. 2, 7) heißt es:
ein Fall astraler Stilisierung der Höllenfahrt- „0 meine Schwester, meine Mutter bist du."
Legende bereits für sumerische Zeit bezeugt Bei Langdon, Babyl. Liturgies nr. 160 wird
ist, s. Sp. 52, Z. 10 ff. Tamuz von Inanna als 'mein Bruder' ange-
Die weibliche Partnerin des Tamuz ist redet. In der von Scheil, Bevue d' Assyriol. 8,
Mutter und Schwestergattin zugleich. Diese 161 f. Rev. 6 — 9 veröfifentlichten Litanei ist
mythologische Vorstellung ist nicht etwa, wie Mutter, Schwester, Frau die gleiche Gestalt.
Langdon, The sister of Tamuz, Bdbyloniaca 7, „Im Schöße der Mutter in seiner Kindheit
1, 20 ff. annimmt, sekundär aus der Mutter- beruhigte sie ihn,
und Schwesternehe abgeleitet (unter Ver- 40 in seiner Kindheit hat die Mutter, die mit-
mischung ägyptischer und babylonischer Ideen), leidige Mutter ihn bemitleidet,
vielmehr ruht umgekehrt diese Incestehe auf im Schöße seiner Schwester, die mitleidige
einer Anwendung der Tamuz-Idee, die sich bis Schwester hat ihn bemitleidet,
in die späteste Zeit verfolgen läßt. Am deut- im Schöße seiner Frau, Innana gab ihm Ruhe."
liebsten tritt diese Erscheinung bei den als Ein Nippur-Hymnus (iHyÄrwiaw, Ji5«?>t/Z. P?(&?.
Inkarnation der Gottheit sich fühlenden Pto- o/i/^e C/my.Pen9is.l,nr. 6) hat folgenden Refrain:
lemäern und Seleukiden zutage. Einige Frauen- ,,0 meine Schwester, was verschwunden war,
gestalten wollen hier mit voller Absichtlich- stellte ich wieder her,
keit die Gestalt der Istar markieren. Die 0 Inanna, was verschwunden war, stellte ich
Geschichtschreiber haben nicht nur die ent- 50 wieder her."
sprechenden Götterlegenden im Stil der Ge- Die als 'himmlischer Weinstock' bezeichnete
Schichtschreibung auf die Königsfamilie über- Muttergöttin Gestin-an-na (s. Sp. 54 f.) wird
tragen, sondern die Glieder der Familie haben oft als Schwester des Tamuz genannt. Daß
danach gehandelt oder ihre Inceste damit Gestin-an-na nie als Gemahlin des Tamuz ge-
idealisiert. Die Semiramis-Legenden sind Istar- nannt wird, beruht auf Zufall. Sie ist wde jede
legenden. Kleopatra nannte ihre Zwillinge Göttin eine Erscheinungsform der Inanna-Istar.
Helios und Selene. Wenn sie sich nach der In der bei Langdon, Sum.. Bah. Psalms 152,
Legende oder in Wirklichkeit durch den 19 — 23 gegebenen Liste ist Inanna Gattin des
Schlangenbiß tötete, so blieb sie ihrer Rolle Tamuz. In einem bei Zimmern Der babyl. Gott
als Istar treu. In Sidon wurde eine Astarte- 60 Tamuz 711 mitgeteilten Texte werden die Na-
Figur mit der Schlange am Busen gefunden men der Mutter des Tamuz aufgezählt, die Liste
beginnt mit Sirtu. Auch Gula und Bau er-
*) Daß die Vorstellung, die der Text voraussetzt, scheinen hier als Mutter des Tamuz.
mindestens um 1000 v. Chr. vorhanden war, beweist eine i^ (Jen mythischen Höllenfahrtlegenden
stelle der Hemerologie des sog. Astrolabs B, nach der ^^^-^ rj.^^^^ ^^^^^ -^ ^-^ Unterwelt. Als Ur-
.Nergal '^im Js.islev aus der Unterwelt steigt, um Reich- ^ . o^ i • i • i nr j.u«i^~:
tum und Fülle zu zerstören', genau wie in unscrm Texte «^che semes Sterbens Wird in der Mythologl-
gesagt ist: ^Am 18. Tamuz steigt Nergai in die Unter- sierung der Lehre entweder die alle Kraft aus-
weit, am 28. Kisiev steigt er herauf. saugende Liebe der Istar gesehen oder die
51 Tamuz (vom Eber getötet) Tamuz (Tod, Geburt, Aussetzung) 52
Tötung durch das feindliche Tier, das die gött- setzt ist, so auch Istar. Der Schluß der Höl-
liche Macht in der Sommersonnenwende mani- lenfahrt gibt das Ritual beim Tamuz-Fest an,
festiert. das ihre Heraufholung erzwingen soll. Die
Die erstere Auffassung ist durch die 6. Tafel älteste bisher bekannte Spur der HöUenfahrt-
des Gügamei'Epos bezeugt, nach der Istar legende in einem sumerischen Hymnus aus
dem Tamuz als ihrem Buhlen ^Jahr um Jahr Nippur aus der Zeit um 2600 y. Chr. enthält
Weinen bereitet*. Die letztere Auffassung, die die Bitte der Inanna-Istar an Eriskigal, die
in der hellenistischen Ausprägung des Mythos Höllengöttin {Langdon ^ Historical and Meli-
hervortritt, kann für Babylonien nur indirekt gions TexU from the Temple Library of Nippur,
daraus erschlossen werden, daß dem Gotte lo p. 87):
Ninib, dem der Monat Tamuz gehört, der Eber „In dem Heilgtume(?) stelle meinen Stern
(humsiru) heilig ist. Reisner, Hymnen nr. 24, glänzend wieder her (heliakischer Aufgang),
Äev. io heißt Ninib geradezu humsiru 'Eber*. laß Samas in das Zimmer der Gesänge ein-
Das Tier, das den Tod bringt,"und der Held, treten."
der getötet wird, können identisch sein; denn Als Termine der Tamuz-Feste, die das
beide repräsentieren den Kreislauf nach der Sterben und Auferstehen feiern, müssen zu-
Seite des Lebens und Sterbens. Das älteste nächst die Sonnenwenden in Betracht kommen,
direkte Zeugnis für die Tötung durch den Eber insbesondere als Todestermin die Sommer-
liegt vielleicht im Motive der Zerreißung durch Sonnenwende, die bei Zweiteilung des Jahres
den Eber im Tamuz-Stil der biblischen Josephs- 20 als der Termin des Sterbens gilt.*) Die Mo-
geschichte, 8. mein AÜ48 Testament im Lichte natsnamen der ältesten sumerisch-babylonischen
des Alten Orients* S. 883 (engl. Bearbeitung 2, Kalender würden dazu stimmen. Bei Eintritt
S. 64flF.). Die Griechen (vgl. den Abschnitt des Kalenders, der das Jahr mit dem Frühling
Adonis-Tamuz Sp. 60 ff.) verbinden Ares, der beginnt, mußten die Monatsnamen um je drei
dem Ninib entspricht, mit dem Schwein. Ares Stellen vorrücken. Es ist mir aber sehr wahr-
▼erwandelt sich in das Schwein, oder er sen- scheinlich, daß damit zugleich das Motiv vom
det das Schwein zur Tötung (Bd. 1, Sp. 71). Sommersolstitium auf das Herbstäquinoktium
LyduSf de mens. 44, 77 (s. Stucken, Astral- rückte, das bei Vierteilung des Jahres den
mytlien S. 20) sagt: tägris Sh 6 avg. Adonis sei Anfang des Weges zur Unterwelt bezeichnet.
getötet worden vnö rov "ÄQsog ^isvaßXrid'ivtog 30 In der Anwendung auf die Lebensalter werden
tls vv (er fügt rationalisierend hinzu : ^sgfii] dann aus zwei Altern vier. Spuren einer Drei-
yccQ ij q>votg rov iog). Der rettenden Demeter teilung des Jahres mit drei Tamuz-Festterminen
wurden nach Herod. 4, 134 Schweinsopfer ge- fanden wir Sp. 46.
bracht. Der Argonaute Ankaios findet im Juli Theoretisch bestand für die Tempellehre
durch ein Schwein seinen Tod (er pflanzte den zu allen Zeiten die Möglichkeit, die um Jahres-
Weinberg, vgl. die Schwester des Tamuz zeiten auseinanderliegenden Festtermine der
Gestinanna 'die Weingöttin'). An die Stelle Klage und Freude über das Leben und Ster-
des Schweines als des Tieres der Sommer- ben zusammenzulegen und durch eine drei-
sonnenwende kann der Löwe treten, der beim tägige Frist zu trennen. Man braucht nur die
Stier als Frühlings-Tierkreiszeichen an der 40 lunisolaren Termine durch rein lunare zu er-
stelle der Sommersonnenwende steht, dem setzen. Nach Analogie anderer Mythenkreise
übrigens auf der babylonischen Sternbilder- durfte man annehmen, daß die Sonnenmotive
karte das Schwein benachbart ist. In Hygins des Tamuz-Mythos von Mondmotiven übertra-
Fabulae ist in der Tat beim Tode des Hyas gen sind. Das Sterben des Tamuz als Mond-
(Führer der Hyaden im Stier, s. Bd. 1, 2766 f.), erscheinung würde dem Hinabsinken in die
der von den Hyaden beweint wird, 'Eber oder Sonnenstrahlen entsprechen (Schwarzmond), das
Löwe' das tötende Tier (vgl. Winckler, Krit. Auferstehen dem Neulicht, das 'nach drei Ta-
Schriften 3, 107 ff.). Die dritte Möglichkeit ist gen' angenommen wird, die in assyrischen
der Bär, sofern das Sternbild des großen Wa- Texten 'Tage der Verwirrung' hießen. In spä-
gens, das den Nordpunkt des Kosmos (der dem 50 teren Variationen der dem Tamuz-Kult ver-
Höhepunkt des Kreislaufs entspricht, s. mein wandten Kulte werden wir diese Rechnung
Handbuch der altor. Geisteskultur S. 128) reprä- finden.
sentiert, als Bär gesehen wird. In dem Felsen- Von einzelnen Motiven der Tamuz-Legende
relief am Libanon (s. Abb. 1) tötet in der Tat sind die folgenden bisher bezeugt:
der Bär den Adonis. Auch hier kann eine 1. Die geheimnisvolle Geburt scheint
rationale Erklärung sich hinzugesellt haben; angedeutet Tamuzlieder nr. 7, Z. 5 f.; im Istar-
im Libanon kommen noch heute Bären vor. Tempel von Erech, bei der glänzenden Zeder,
Zu der zweiten Variation gehört die Le- hat die Mutter ihn geboren (s. Sp. 58, 10 f.).
gende von der Heraufholung des hinabgesun- 2. Die Aussetzung und Verfolgung in
keüen Tamuz durch die Schwestergattin Istar. 60 der Kindheit liegt wohl vor in Tamuzlieder nr.
Die Reise der Istar wird in den Tamuz-Liedern 1 B, 21 f., und nr. 2 Rev,, wonach Tamuz 'in seiner
besungen*) und in der 'Höllenfahrt der Istar'
(s. Bd. 3 Sp. 257 ff.) dramatisch geschildert. Wie *) Der auch in Griechenland sich findende Gedanke,
Tamuz in der- Unterwelt allerlei Nöten ausge- ^^^ entsprechend einer Zweiteilung des Jahres in Sommer
und "Winter die Erscheinungen des Lebens in zwei Stufen
*) Zimmern, Tamuzlieder nr. 1 C 5 ff. ; nr. 4, 82 ff. ; nr. 6, (Leben und Sterben) teUt, also mit dem Höhepunkt der
6 ff. TieT Yon Zimmern, VAS i, S. 2 ff. veröffentlichte Text Blüte den Todesgedanken verbindet, entspricht der Tamuz-
VAT 617 enthält auf Kol. 2, 38 ff. Wecbselgespräche der Idee, sofern sie sein Hoohzeitsfest und zugleich sein Ster-
DämonenüberTamuz (s. Zimmern, Derftaft. Co« TawMzS. 730). ben in die Sommersonnenwende legt.
53 Tamuz (Motive s. Legende) Tamuz (astraler Charakter usw.) 54
Kindheit in einem untergehenden Schiffe lag'. tenklagen um Tamuz tritt Freudenmusik. Der
Jensen ZA 4, 272 f. dachte der Sache nach Befohl am Schluß der Höllenfahrt der Istar,
sicher richtig bei dem elippu tebitu an die Tamuz (sein Bild) zu waschen und zu salben
^heilige Kiste', die in der Sintflut und bei der und festlich zu kleiden unter fröhlicher Musik,
Aussetzung Mosis tC'bah heißt. Spuren einer bezieht sich wohl auf die kultische Freuden-
Versenkung des Kultbildes in einem Zedern- feier bei der Auferstehung des Tamuz.
kästchen in den Fluß will Jjangdon, Sum. and 11. Das Motiv der Heraufholung des
JBab. Psahns in Zivimern nr. 7, 23 ff. finden. Tamuz durch die Göttin liegt der Legende
Die kalendarisch-mythologische Wurzel dieses von der Höllenfahrt der Istar zugrunde.
Motivs ist vielleicht in der Regenzeit zu suchen, 10 12. Das Motiv des Schiedsgerichts
die nach dem Termin der Geburt in der Winter- durch den summus deus und der Verteilung
Sonnenwende dem siegreichen Auftreten des des Jahres auf die Göttinnen fehlt im baby-
Jahrgottes vorausgeht. Viele Beispiele der Mo- Ionischen Material. Es scheint griechische
tiv-Erzählung findet man in meinem Buch Das Zutat zu sein.
Alte Testament im Lichte d. Alt. Orients^. ^10 S. Der astrale Charakter des Tamuz ist
3. Auf die Manifestation des Lebens in bis jetzt durch folgende Stellen bezeugt:
Vegetation und Herde deutet die Fortsetzung 1. In der Boghazköi- Sternliste wird der
jener Aussage von seiner Kindheit: 'Als Er- Stern des Tamuz (Dumu-zi) neben Ningiszida
wachsener war er im Getreide untergetaucht (Nin-ki-zi-di) genannt. Tamuz ist hier der
und lag darin', andererseits die Charakteri- 20 Planet Ninib - Saturn, wie durch K 250, wo
sierung seiner Hirtentätigkeit. Häufig erscheint Papsukal (= Tamuz) = kakkabMI (Saturn) ge-
Tamuz als 'Hirte' (sumerisch güb-ba und sib, setzt ist, bezeugt wurde.
assyrisch re'u): Wie er Herr der Vegetation 2. In der Sternliste CT 33, deren Stoffe aus
ist, so ist er auch Herr des Tierlebens. Als alter Zeit stammen, wird an einer Stelle, für
solcher heißt er in den Liedern 'Herr der die ein Duplikat aus Asurbanipals Bibliothek
Hirten Wohnung', 'Herr des Viehhofes'. vorhanden ist, Tamuz im östlichen Teile des
4. Die jugendliche Schönheit des Hirten Widders (KU. MAL) lokalisiert. Vielleicht er-
(und Jägers) Tamuz (s. die Lieder Sp. 65 ff.). klärt sich das aus einer Übertragung des
5. Die Liebe der Istar zum jugendlichen Tamuz-Charakters auf Marduk von Babylon,
Tamuz. so der sich im Widderzeitalter hier als Frühlings-
6. Das Motiv des Sterbens wird als Ver- gott offenbart. Auch ein astrologischer Kom-
schwinden des Gottes in die Unterwelt auf mentar zu Enuma elis {King, Seven Tablets 1,
dem 'Weg ohne Rückkehr', als Wandern durch 217f.) erklärt amöiKÜ.MAL durch ii^iDumu-zi
die Wüste (= Unterwelt), als Eintritt des Un- (und Kingu).
glückstermins, als 'Verschwinden aus dem 3. Tamuz wird in der Astralmythologie mit
Lande', als Dahinsiechen der Schafe und Zie- Orion gleichgesetzt, der ebenfalls das Sterben
gen {Zimmern nr. lA, Iff.) aufgefaßt. und Auferstehen im Kreislauf manifestiert (s.
7. Das Motiv der Tötung durch den Eber mein Handbuch der altor. Geisteskultur S. 129).
(Variation: Löwe, Bär) wurde bereits Sp. 51 Denn im Orion offenbart sich Papsukal {Virol-
besprochen. 40 leaud, Astr. Ch. 2 Suppl. 67, col. 1, 10), und
8. Das Motiv des 'Jägers', das in der dieser entspricht dem Tamuz. Wenn im Astro-
hellenistischen Variation später hinzutritt, lab B Papsukal als Nin-subur 'Herr des Wild-
würde sich am besten als Mondmotiv erklären schweins' bezeichnet wird, so liegt ebenfalls
(zum Mond als Jäger s. Bd. 4, Sp. 909). In die Übertragung eines Sommersonnenwende-
der griechischen Sage ist es möglicherweise motivs auf Orion vor.
erst vom Ebermotiv abgeleitet. Parallel mit den kalendarischen astralen
9. Das Motiv der Wehklage durch Istar Erscheinungen laufen die Erscheinungen des
(bzw. Gestin-anna) findet sich sowohl in Tamuz- Zeugungs- und Vegetationslebens. Die Ge-
liedern wie in der 'Höllenfahrt der Istar'. stalten des Tamuz-Mythos repräsentieren des-
Klagemänner und Klagefrauen treten hier auf. 50 halb das Naturleben in seinem Wachsen und
Ein jährliches Weinen um Tamuz setzt die Sterben: das Samenkorn, das Getreide, die Ernte
6. Tafel des GilgamesEpos wie die Adapa- (s. Sp. 53), den Weinstock (s. Sp. 55), das
Legende voraus. In den Liedern 'sitzt der Zeugungsleben und Sterben der Tierwelt (s.
Hirte in Vernichtung da', weil sein Schutzherr Sp. 58). In der 'Höllenfahrt der Istar' (Bd. 3,
verschwunden ist. Astrolab B (Hemerologie) Sp. 257 ff.) hört alles Zeugungsleben auf Erden
wird zu dem Monat Tamuz bemerkt: si-si-it auf, als Istar hinabsteigt, Tamuz zu holen. Bei
iiNin-ru-ru-gü arah re'u üDumuzi ik-ka-mu-ü Langdon^Su?n. and JBab. Psalms3S2,lSf. heiQt es:
'Klagegeschrei um N. ('erhabener Herr'). Mo- „Gestinanna stirbt mit den Lämmern und
nat, da der Hirt Tamuz bezwungen ward*. Kälbern,
10. Das Motiv des Auferstehens, der 60 die Edle, die hehre Inanna schreit laut."
Rückkehr aus der Unterwelt, setzt der Schluß Ebendaselbst 331, 12 — 15:
der Höllenfahrt der Istar voraus, vielleicht auch „Meine Schwester, siehe! das Lamm und
nach Ziwwerns Andeutung Texte wie VAT 617, seine Mutter ..."
Kol. 2 und 3 Anfang. Die Schilderung vom Seine Schwester antwortet ihm:
Wiederaufleben der Zeugung in der 'Höllen- „Wenn ich das Trauern der Mutter sehe,
fahrt der Istar' wird seine Entsprechung im breche ich in laute Wehklage aus,
Jubel über das neue Wachstum in Pflanzen- wenn ich ihre Trauer betrachte, breche ich
und Tierwelt haben. An die Stelle der Flö- in laute Wehklage aus".
55 Tamuz (in Liedern) Tamuz (in Liedern) 56
Als Göttin des Weines erscheint die Mutter Deren Zweig in der Steppe Blüte nicht her-
bzw. Schwester des Tamuz bei Urukagina vorbrachte,
unter dem Namen Ama-gestin, bei Urbau als Ein Bämnchen, das man nicht in seine Wasser-
Gestin-an-na ('himmlischer Weinstock' bzw. rinne gepflanzt hat,
'Mutter des himmlischen Weinstocks'), im Ein Bäumchen, dessen Wurzeln ausgerissen
Emesal-Dialekt: ama-mutin-an-na. Tamuz ist sind''.
dann natürlich auch der Gott des Weines. Ein 'Flötenklagelied für Tamuz' in
Spätere Zeugnisse für die gleiche Vorstellung sumerischer Sprache lautet {Zimmern nr. 4;
wurden Sp. 61 bereits erwähnt. Übersetzung Alter Orient 18, 1, S. 12 f.):
c . 1. V 1. 1 • m. « , . , 10 [0 ^^^^ ^^^ Herrn, der schmerzvoll (lasitztl
Smuensch-babylonische Taumz-Liedep o über den Herrn, [der schmerzvoll dasitzt,]
(vgl. oben Sp. 46 Literatur. Zu den Über- m[ein Dam]u, der [da] sitzt, o über den Herrn,
Setzungen vor allem Zimmern, Babylonische der schm[erzvoll dasitzt,]
Hymnefi und Gebete, Zweite Auswahl, Alt. Dagal-uschumgal-anna, der dasitzt o über den
Orietit 13. Jahrg. 1. Heft, S. lOflF.). Herrn, der 8chmerz[voll dasitzt.]
Aus der Tempelbibliothek vonNippur (nach Wehe, Mannhafter, [mein]Damu,
Hugo BadauB Ausgabe und Übersetzung in wehe, Kind des Ningi8zi[da],
The Babyl. Expedition Ser. A, Vol. 30, Part. 1): wehe, Ka-di, Igi-8[uba],
CBM 11393 (col. 2, 3—22): wehe, Nagar, Herr des N[etze8],
„'Bei der Wehklage' : Um meinen Geliebten 20 wehe, Anführer, Herr [des Gebets],
breche ich in Wehklagen aus nach der wehe, mein Mann der Himmels (?)- Klage!
Wüste hin. Ein rasender Sturm hat ihn gebrochen, zum(?)
(Ich), die Zerstörerin des Gebirges, die Herrin Berge hat er seinen Weg genommen ('?),
von Eanna, fürwahr, wie ein Rohr ist er zerbrochen, am Haupte
(Ich), die Mutter des Herrn, die prächtige ist er [ ]
Herrin, fürwahr. Der Mannhafte, sein Feld hat er verlassen,
(Ich), aus E-kal-an-na, das Mädchen des Anu, der Hirte, Tamuz, in Bedrängnis ist er.
fürwahr. Seine Mutter, Wehklage um ihn möge sie an-
Um meinen Geliebten breche ich in Wehklagen stellen,
aus nach der Wüste hin, 30 Wehklage, Seufzen um ihn möge sie an-
um den 'Ort des Helden' breche ich (in Weh- stellen.
klagen) aus. Indem sie geht, schmerzliche Wehklage er-
um den 'Ort des Tamuz' breche ich (in Weh- hebt sie,
klagen) aus, indem sie sitzt, streckt sie die Hand nach
um den Aralu, den Berg des Hirten (breche dem Herzen.
ich (in Wehklagen) aus). Wehklage läßt sie erschallen, Wehklage, die
Um meinen Geliebten breche ich in Wehklagen schmerzlich ist,
aus nach der Wüste hin. Geschrei läßt sie erschallen, Geschrei, das
Um den 'Ort des schönen Dahingesunkenen', um schmerzlich ist.
den Hingesunkenen breche ich (in Wehkla- 40 Seine Schwester, indem sie aus der Hürde (?)
gen) aus, herauskommt,
um den 'Ort des Kraftlosen', um Tamuz, breche Gestin-anna, (seine) leibliche (?) Schwester,
ich (in Wehklagen) aus indem sie aus der Hürde (?) herauskommt —
um das Hochzeitsgemach, das das Lamm zube- der Späher, der Gallu-Dämon tritt ihr ent-
reit^t hat, breche ich (in Wehklagen) aus, gegen,
um meinen Geliebten breche ich in Wehklagen zu der Mutter, derGeschtin, spricht er also:
aus nach der Wüste hin. 'Warum(?) zu(?) deinem Bruder, dem bewein-
üm den Freudenplatz, den die Ziege zuge- ten, willst du eintreten(?) ?,
rüstet hat, breche ich (in Wehklagen) aus; warum(?) zu(?) Tamuz, dem beklagten, willst
Um den Ort, dessen Gott ein Toter ist, breche 50 du eintreten(?)?'
ich (in Wehklage) aus ; Mit(?) dem Gallu-Dämon schlägt sie den Weg
Um meine ausgedehnten . . ., den Platz meiner ein,
Mädchen, den der Feind von Grund aus de- der Totschläger (-Dämon), auf der Straße be-
vastiert hat, breche ich (in Wehklagen) aus; gleitet(?) er sie;
Um meinen Geliebten breche ich in Wehklagen der Unterjocher(?) (-Dämon), zu jenem geht er
aus nach der Wüste hin. mit ihr,
Um ihn, der seine gefesselten Hände nicht er- der Alu-Dämon, zu jenem geht er mit ihr.
heben kann, breche ich (in Wehklagen) aus ; Die zweite nur fragmentarisch erhaltene
Um ihn, der seine gefesselten Füße nicht er- Hälfte enthält ein Wechselgespräch zwischen
heben kann, breche ich (in Wehklagen) aus ; 60 der in die Unterwelt gelangten Gestinanna
Um ihn, der in der Wüste ..." und ihrem Bruder Tamuz.
(Rest abgebrochen.) Auch Zimmern nr. 5 (Übersetzung Alter
Ein andres Tamuzlied-Fragment {IV Baw- Orient 13, 1, S. 13 f.) ist eine 'Flötenklage für
linsmi 27, 1) lautet: Tamuz', 'den Gatten der Himmelsherrin', wohl
„Hirte, Herr, Tamuz, Gatte der Istar, Istar in den Mund gelegt. Tamuz ist auch
Herr des Totenreichs, Herr der Wasserwohnung, hier als Herr des Viehs und der Vegetation be-
Eine Tamariske, die in der Furche kein Wasser klagt. Die Klagende nimmt weder Speise noch
trank, Trank zu sich.
57 Tamuz (in Liedern) Tamuz (in Liedern) 58
Die sumerischen Texte vereinigen wieder- Ein weiterer zugehöriger Abschnitt (nach
holt mehrere Lieder zu einem Zylchis. Zim- Zimmern wahrscheinlich der 5.) sagt:
mern nr. 6 und dazu gehörig wahrsclieinlich 7 Um den Verschwundenen erhebt sich Klage,
(Übersetzung Älter Orient 13, 1, S. 14 ff.) bil- '0 mein Kind!' um den Verschwundenen er-
den einen solchen Zyklus in 9 Abschnitten. hebt sich Klage.
Der erste Abschnitt lautet: 'Mein Daran!' um den Verschwundenen (er-
Ein Tag der Fülle war's, eine Nacht der Üp- hebt sich Klage),
pigkeit, 'Mein Beschwörungspriester!' um den Ver-
ein Monat der Freude, ein Jahr des Jubels — schwundenen (erhebt sich Klage).
An jenem Tage, um des Hirten Herz zu er- lo Bei(?) der glänzenden Zeder, am Ort, wo die
freuen, Mutter ihn gebar,
in den Viehhof zu gehen, seinen Sinn zu in E-anna, oben und unten, erhebt sich
erheitern, Klage,
die glänzende Hürde (?) dem Tag gleich zu Als Klage, die um das Haus des Herrn sich
erleuchten; erhebt, erhebt sich Klage,
Zum Hirten Tamuz, dem glänzenden Sproß als Klage, die um die Stadt des Herrn sich
Anu's, erhebt, (erhebt sich Klage). -
die Herrin des Himmels, die Herrin des Diese Klage ist eine Klage um das Kraut, das
Himmels und der Erde im Beete (?) nicht mehr wächst,
spricht zu ihm, mit sich (?) zu Rate gehend, 20 diese Klage ist eine Klage um das Korn, das
an Ama - usumgal - anna richtet sie das in der Ähre nicht mehr wächst,
Wort: um die Wohnstatt, den Besitz ist's eine, um
„0(?) Gatte, an den Ort der Zeugung will die Wohn statt, den Besitz, die nicht mehr
ich gehen, wachsen,
'für meinen weiten Viehhof will ich sein um die schwachen Gatten, schwachen Kin-
Schicksal bestimmen, der ist's eine, die in Kraft(?) nicht mehr
'meiner glänzenden Hürde (?) Ergehen will wachsen,
ich erkunden. Diese Klage ist eine um den großen Fluß,
"Dem Kleinen Speise zu essen will ich be- woran Weiden nicht mehr wachsen,
schaffen, 30 diese Klage ist eine um das Feld . . ., worauf
'Wasser zu trinken, süßes, für ferner will Korn und Kraut nicht mehr wächst,
ich beordern''. Diese Klage ist eine um den Teich, worin
Ihr Gatte spricht zu ihr, . . . .-Fische nicht mehr wachsen,
seinen Rat an sie erteilt er, diese Klage ist eine um das Röhricht, worin
seiner Gattin erwidert er: ... .-Rohre nicht mehr wachsen.
„Glänzende Herrin des Himmels, in E-tur- Diese Klage ist eine um die Wälder, worin
kalama . Tamarisken nicht mehr wachsen,
'mögest (?) du eintreten, Wehklage wird sich diese Klage ist eine um die Steppe, worin
dann niederlassen; . . . .-Bäume nicht mehr wachsen.
'Hierodule, Herrin des Himmels, Schmerz (?) 40 Diese Klage ist eine um die Gründe des Baum-
wird sich dann festsetzen (?)". gartens, worin Honig und Wein nicht mehr
Der zweite Abschnitt: wächst.
An jenem Tage zu dem Hirten auf das Feld Diese Klage ist eine um die Wiesen, worauf
ging sie hinaus: . . , .-Pflanzen nicht mehr wachsen.
'Ich, zu Tamuz nach dem Viehhof will ich Diese Klage ist eine um den Palast, worin
gehen' ; Langlebigkeit nicht mehr wächst",
seine Schwester, die Herrin der Tafelschreibung, Der folgende (sechste) Abschnitt gehört noch
im Himmel und auf Erden wandert sie umher. der Trauerklage an, der folgende (siebente)
Die glänzende Hürde (?), den Ort , enthält den Jubel über den Zurückgekehrten:
für den Hirten, seine Schwester, seine Stätte 50 Groß ist er, groß ist er, der Herr ist groß ;
zu erhellen (?), der Herr, der Gebieter ist groß, der Herr
ihn zu beleben (?), den Hirten zu beleben (?), ist groß.
seine Schwester, die gesanges(?)kundige, den Damu, der Gebieter ist groß, der Herr ist groß ;
Dasitzenden (?) zu beleben (?), der Beschwörungspriester, der Gebieter, ist
daß der Viehhof mit Überfluß erfüllt werde (?), gi'oß, der Herr ist groß;
die Hürde (?) mit Üppigkeit gesättigt werde, Ka-di, der Gebieter, ist groß, der Herr ist groß!
zu essen, herrliche Speise zu essen, SeinHaus ist ein großes Haus, der Herr ist groß !
zu mischen Honig und Dickmilch, seine Stadt ist eine große Stadt, der Herr
zu trinken Bier und Wein, ist groß !
daß dem Tamuz seine Schwester sein Herz 60 Vereint mit diesen Zyklen sind Gebete an
erfreue: Istar und Tamuz in Bußritualien für die Be-
Nach dem Hirten, Tamuz, dem glänzenden schwörungspriester. Aus den von Zimmern
Sproß (?) Anu's, a. a. 0. S. 17 ff. gegebenen Proben ein Beispiel
schaut sie aus (?), in den Viehhof tritt sie ein. (aus K 2001 und 6475):
Dann folgt ein Wechselgespräch zwischen Dies soll er (der Büßer) vor Istar dreimal
Tamuz und Istar, das vom Dahinsiechen der Tier- wiederholt hersagen und darauf dreimal also
weit redet und um die Wiederkehr bittet, damit hersagen :
die Trauer in der Natur ein Ende haben möchte. Du, o Istar, deren Buhle Tamuz ist
59 Tamuz (in Liedern', — Osiris) Tamuz («= Adonis) 60
Tochter Sin's, gewaltige , die das Land wohl der Weltreligion (d. h. der über die ganze
durchzieht, Welt gewanderten Weltenlehre) angehört,
die da liebt die Fluren, die da liebt alle Die astralmjthologische Stilisierung der
Menschen, ja du! Lehre sieht in Osiris den sterbenden (zer-
Ich schenkte dir ein großes Geschenk, stückelten), in die Unterweltsnacht versinken-
eine Vulva aus Lasurstein, gefüllt mit Gold, den Mond, der im immer wiederkehrenden
ein Zubehör deiner Gottheit. Kreislauf zum Leben erweckt wird (s. meine
Bei Tamuz, deinem Buhlen, leg' Fürsprache Allgemeine Religionsgeschichte, Leipzig, Quelle
für mich ein; und Meyer 1914, S. Kap. Ägypten).
Tamuz, dein Buhle, nehme meine Mühsal lo
hinweg! 2. Adonis-Tamuz.
Dies soll er vor Istar dreimal hersagen Der Zusammenhang des phönikiscben und
und darauf vor Tamuz also hersagen: hellenistischen Adonis ist von Boschcr Bd. 1,
Tamuz, Herr, Hirte Anu's, Sohn Ea's du ; Sp. 69 flf. erkannt. Dümmler bei Pauly- Wissowa
Buhle der Ischtar, der Gattin, Anführer des 1, Sp. 384 ff. hält Adonis für einen primitiven
Landes! Vegetationsdilmon und erklärt den Adonis-
Bekleidet mit der Binde, den (Hirten)8tab Mythos für rein griechisch, was angesichts des
tragend, vorliegenden Materials endgültig aufzugeben ist.
der da schafft den Nachwuchs der Kühe(?), Die Aussagen der Griechen und Lateiner
Herr der Viehhürde, 20 über den Aufenthalt des Adonis in der Unter-
der da ißt Reines, Aschenkuchen, weit und seine Beziehungen zur Muttergöttin
der da trinkt lauteres Schlauchwasser 1 Persephone sind von Baudissin, Adonis und
Es folgt die Beschwörungsformel. JEsmun, besprochen. Die innere Einheitlich-
Die Litaneien werden später länger. In dem keit der Mythenvarianten und ihre wurzel-
1. der von Zimmern herausgegebenen Tamuz- hafte Verbindung mit der altorientalischen
Kultlieder (aus der späteren assyrisch-babyloni- Lehre sind aber hier nicht erkannt. Eine wert-
schen Zeit) wird noch eine Klage über Raub volle Ergänzung, die die Belegstellen nach
der Schafe und Ziegen und einem neunfachen Altersfolge und Abhängigkeitsverhältnis be-
Wehe über Tamuz, der Men Weg ohne Rück- spricht, bietet Graf Baudissin in seinem Auf-
kehr' angetreten hat (vgl. Zimmern, Berichte 30 satz Adonis in der Untenveit in den Keutesta-
der Kgl. S. Ges. d.Wissensch. &.&.0. 1901, 201S.): mentlichen Studien für Georg Heinrici, Leipzig
„Er geht, er entrinnt zur Brust der Unterwelt, 1914, nr. 2. Der Mythos vom sterbenden und
die Sonne geht ihm unter — nach dem Lande auferstehenden Gott ist in der klassischen Welt
der Toten. fast ausschließlich als Jahreszeitenmythos aus-
Von Wehklagen ist er voll am Tage, da er in gestaltet; die kalendarischen astralen Motive
Trauer fiel, sind aber in der Stilisierung hier noch deut-
im Monat, der seinem Jahre kein Heil bringt. lieh zu erkennen. Die hier in Betracht kom-
Den Weg entlang, der den Menschen das Ende menden Zeugnisse vom Hinabsteigen des Adonis
bereitet, sind die folgenden:
unter Klagen um den Herrn, 40 1. Praxilla aus Sikyon (5. Jahrh. v. Chr.)
den Helden, zur weiten Unterwelt, der un- spricht davon, daß Adonis das Sonnenlicht, die
sichtbaren! Gestirne und die Früchte der Oberwelt ver-
Wie lange noch soll das Sprossen gefesselt sein? läßt {Bergk, Poetae lyrici Graeci 3, S. 566 nr. 2).
wie lange nach soll das Grünen gebunden sein, 2. Apollodor {teilweiBe nach dem dem ö.Jahr-
soU das . . . gebunden sein, so daß der Hirte hundert angehörenden Panyassis erzählt fol-
in Vernichtung dasitzt, gendes: Smyma, die Tochter des Assyrer-
soU die Satzung des Landes niedergehalten sein. königs (!) Thias habe im heimlichen zwölftägi-
Aus dem Hause der Wiese ging er heraus". gen Incest mit ihrem Vater gestanden, von der
Dann heißt es nach abermaligem neun- beleidigten Aphrodite verleitet. Als er die
fachem Wehe: 50 Tochter mit gezücktem Schwerte verfolgte, sei
„In seiner Jugend lag er in einem versinken- sie in einen Myrrhenbaum verwandelt worden.
den Schiffe, ^ Nach 10 Monaten platzte der Baum, und Adonis
als Erwachsener tauchte er im Getreide unter wurde geboren. „Aphrodite, von seiner Schön-
und lag (darin); heit angezogen, verbarg ihn noch als unmün-
im Südsturm Unwetter lag er, diges Kind, von den Göttern ungesehen, in
... in Ruhe legte er sich nicht". eine Kiste und stellte ihn der Persephone zu,
(Fortsetzung wie Anfang fehlt.) die ihn aber nicht wieder herausgeben wollte,
sobald sie ihn erblickt hatte. Durch einen
Tamaz-Gestalteii im weiteren babylonischen richterlichen Ausspruch des Zeus wurde nun
Knlturkreis. ^ ^^^ ^^^^ ^^ ^^®^ gleiche Teile geteilt, wonach
. , * Adonis einen Teil sich selbst leben durfte,
1. Osiris-Tamuz. einen bei Persephone und den letzten bei
Die ägyptische Ausprägung der in Tamuz Aphrodite zubringen sollte. Seinen eigenen
repräsentierten Weltenlehre ist Osiris in der Teil wußte nun Adonis nicht besser zu be-
Lehre von Abydos. W. Max Müller, OLZ 1913, nutzen, als daß er auch diese Zeit über bei
Sp. 436, Anm. 3 sagt, daß in den ältesten ägyp- Aphrodite blieb. Späterhin starb Adonis, von
ptischen Texten Osiris als Gott des Weines er- einem Eber auf der Jagd verwundet".
scheint, und bemerkt richtig, daß dieser Zug Zum Motiv der heiligen Kiste und der Aus-
61 Tamuz (= Adonis) Tamuz (= Adonifi) 62
Setzung im Wasser s. Sp. 53. Zu der Drei- schwömmen, und die Winde geleiten ihn durch
teilung des Jahres an Stelle der sonst über- göttliche Lenkung; er wendet sich nirgends
lieferten Zweiteilung 8. JBaM<i/ssm in der jHcm- anders wohin, sondern kommt allein nach
rici-Fi\st'ichrift. Einen Versuch der Lösung aus Byblos. Die ganze Sache ist ein reines Wun-
dem babylonischen Kalender gaben wir oben der; es geschieht jedes Jahr und geschah auch
Sp. 46 f. bei meiner Anwesenheit in Byblos; ich selbst
3. Theokrit, Idyll. 15, 102 f. (3. Jahrh.) sagt, sah den Kopf, der von Papyrus war. — Noch
daß die sanften Hören im 12. Monat den.Ado- ein anderes Wunder findet sich im byblischen
nis aus dem Acheron geleiteten. Lande: ein Fluß, der vom Berge Libanon
4. Hygin (Zeitgenosse des Augustus), fa- lo kommt, mündet in das Meer: er heißt Adonis.
bulae 251 (ed. M. Schmidt, S. 139): quilicentia Dieser wird alljährlich blutrot und färbt durch
Parcarum ab inferis rcdierunt . . . Adonis Ci- sein Wasser die See weithin purpurn und gibt
nyrae et Zmyrnae filius voluntate Veneris. In den Bybliern das Zeichen zur Trauer. Sie er-
den Ästronomica 2, 7 berichtet er von dem zählen nämlich, daß in diesen Tagen Adonis
Schiedsspruch der Kalliope auf Anordnung des auf dem Libanon verwundet wird, und daß
Zeus, nach dem Adonis je 6 Monate bei Venus sein Blut das Wasser des Flusses verändert,
und Fersephone weilen sollte. von dem er den Namen bekommt."
6. In der Apologie des Äristides {Hennecke, 9. Macrohius (5. Jahrh. n. Chr.) Saturn. 1,
Texte u. Untersuch., hrsg. von Gebhard und 21: „Bei den Assyrern oder Phöniziern wird
Hennecke 4, 3, S. 26) findet sich nach einer 20 die Göttin Venus (so nennen sie die obere
von der bekannten griechischen Literatur un- Hemisphäre, während die untere Proserpina
abhängigen Quelle die Angabe, daß Aphrodite heißt) als trauernde Göttin eingeführt, weil
nach dem Tode des Adonis in die Unterwelt die Sonne im jährlichen Laufe durch die zwölf
stieg, um den Adonis von der Fersephone los- Tierkreiszeichen auch in den Bereich der un-
zukaufen. Das stimmt zu der babylonischen teren Hemisphäre kommt; denn sechs von den
Erzählung. Der Zug, der eine Schlichtung des Tierkreiszeichen halten sie für unterirdisch,
Streites zwischen der Muttergöttin bzw. der sechs für oberirdisch. Wenn die Sonne in den
Unter weltsgöttin hinzufügt, fehlt. Er ist in unteren Zeichen steht und deshalb die Tage
den babylonischen Variationen nirgends zu kürzer macht, dann sagt man, die Göttin traure,
finden. 30 als sei die Sonne durch zeitweiligen Tod ent-
7. Lucian, Deorum dialogi 11 erzählt Aphro- rissen und werde von Prosei-pina zurückgehal-
dite von ihrem Sohn Eros: „bald führte er ten, welche die Gottheit des unteren Erdkreises
mich . . . auf den Libanon zu dem assyrischen (!) und der Antipoden darstellt. Dann glauben
Knaben, in den er auch die Fersephone ver- sie, daß Adonis der Venus zurückgegeben sei,
liebt machte, so daß mir der Geliebte zur wenn die Sonne nach Besiegung der sechs
Hälfte genommen wurde''. unteren Zeichen anfängt, unsere Hemisphäre
8. In der Schrift de Syria dea (Pseudo-Lu- zu durchlaufen unter Zunahme von Licht und
cian) wird berichtet: „Desgleichen sah ich in Tagen. Sie sagen aber, Adonis sei vom Eber
Byblos ein großes Heiligtum der byblischen getötet worden, indem sie in diesem Tiere das
Aphrodite, in dem die Mysterien zu Ehren des 40 Bild des Winters abbilden. . . . Das Bild der
Adonis gefeiert werden, mit dem ich mich (trauernden) Göttin ist im Libanon mit ver-
auch bekannt gemacht habe. Sie erzählen, hülltem Haupte und mit dem Ausdruck der
daß die Geschichte mit dem Schwein in ihrer Trauer abgebildet; die linke Hand stützt das
Gegend dem Adonis zugestoßen sei. Zur Haupt mit dem Obergewand, so daß die Be-
Erinnerung an den Vorfall wird einmal in je- trachtenden glauben, sie weine."
dem Jahre eine große Landestrauer angelegt, Monumente in der Nähe der Quelle des
und sie begehen die Orgien unter Wehklagen Adonisflusses bei Ghine im Libanon an einem
und indem sie sich an die Brust schlagen. Höhleneingang erläutern noch heute die Ge-
Haben sie beides zur Genüge getan, so brin- stalt der mythischen Erzählung (s. Abb. 1).
gen sie zuerst dem Adonis als Leiche Toten- 50 Auf dem einen Bilde wird Adonis vom Bären
Opfer dar, darauf tragen sie am andern Tage angefallen (vgl. Sp. 51), daneben sitzt die
die Sage vor, daß er lebe, und geleiten ihn Muttergöttin und trauert um Adonis. Ein in
an die Luft und scheren sich den Kopf, der Nähe befindliches Relief {Benan, Exped.
wie die Ägypter bei dem Tode des Apis. Den en Phenicie PI. 36) stellt eine Gestalt mit zwei
Frauen, welche ihr Haar nicht abschneiden Hunden dar. Zur Tötung durch den Bären (als
wollen, wird folgende Strafe auferlegt. Einen Variante für den Eber) s. Sp. 51. Das Motiv
Tag müssen sie ausstehen, um ihre Schönheit stammt sicher aus Babylonien. Auch die Skulp-
feilzubieten, doch ist der Markt Fremden allein turen von Maschnaka bei Byblos (Abb. 2 u. 3),
geöffnet, und der Erlös wird zu einem Opfer die eine männliche Gestalt darstellen, ähnlich
für Aphrodite verwendet. Unter den Bewoh- 60 der von Ghine, und daneben eine sitzende, an-
nern von Byblos finden sich einige, die sagen, scheinend trauernde Figur, gehören wohl in den
der ägyptische Osiris sei bei ihnen begraben gleichen Mythenkreis. Eine Illustration zu der
und die Trauer und die Mysterien geschähen Variante der Übergabe des Adonis in der hei-
nicht zu Ehren des Adonis, sondern alles zu ligen Kiste (s. Sp. 53) bietet nach Ed. Ger-
Ehren des Osiris. Ich werde erzählen, aus /iar(? ein sog. etruskischer Spiegel (Abb. 4, wohl
welchem Grunde sie das für glaublich halten. aus Praeneste stammend, s. Matthies, Die prae-
Alljährlich kommt ein Kopf aus Ägypten nach nestischen Spiegel, zur Kunstgeschichte des Aus-
Byblos, eine Fahrt von sieben Tagen, ge- ZancZes 1912, S. 58 ff.). Der Abb. 5 nach FeZ?ay
63
Tamuz (== Adonis)
Tamuz (« Adonis)
04
wiedergegebene 'etruskische' Spiegel zeigt laut
Inschnft Aphrodite und Adonis. Das Abb. 9
wiedergegebene Vasenbild aus dem 4. Jahrb.
V. Chr. zeigt Zeus, Aphrodite, Persephone und
Adonis.
Ein spätgriechischer
Sarkophag, Abschied
und Tod des Adonis
aus der Adonistrauer
darstellend, ist Bd. 1
Sp.76f. abgebildet. Die
Abb. 6 u. 7 sind von
Vellay irrtümlich als
antike Bilder wieder-
gegeben worden. Mont-
faucan, Avtiquite Wu-
stree übernahm sie aus
Beger, Thesaurus Bran-
denburgicus (1696) 1.
S. 202 und bemerkt zu
Abb. 47, das Original
sei im Cabinet de Bran-
debourg. Die General-
verwaltung der Kgl.
Museen zu Berlin teilte
mir mit, daß über den
Verbleib der Stücke
nichts bekannt sei. Ich
gebe die Bilder wie-
der, weil der Künstler
in sehr feiner Weise
die Momente des My-
thos A^äedergegeben hat,
vielleicht nach älteren
Vorbildern.
Zu den Eultorten des Adonis in Phönikien
und Griechenland (und Alexandrien) s. Bd. 1,
Sp. 73. Die kultischen Feste hießen kSmvia.
Eine anschauliche Schilderung der Hochzeits-
und Trauerriten gibt Theokrit, 15. Eidyllion 40 lernten jüdische Kreise den Tamuz-Kult. Ezech.
1) FelBSkolptar bei Ghine (aua Jeremiai, Altes Test. *
8. 90, Abb. Sl).
gab man die Leichen mit Adonisgärtchen.
Zenobios 1, 49 sagt, man habe diese Gärtchen
mit den Leichen hinausgetragen und in Quellen
geworfen. Der Sp. 56 wiedergegebene su-
merische Hymnus zeigt,
daß auch die Wurzel
des Gedankens derAdo-
nisgiirtchen aus Baby-
lonien stammt. Abb. 8
stellt ein Adonisgärt-
chen aus einem porape-
janischenWandgemillde
dar. Ist der Gegenstand
ithyphallisch?
3.Derkanaanäische
Tamuz u.derTamuz
der israelitischen
Volksreligion.
Wie in Phönizien so
war auch in Kanaan
in vorisraelitischer Zeit
der Tamuz-Kultus ver-
l)reitet. Verschiedene
Anzeichen sprechen da-
für, daß der liichter 9
bezeugte Kultus des
Baal-berit ein Tamuz-
Kult war, ebenso der
Gen. 14 in Sichem
(später auf Salem =
Jerusalem umgedeutet)
vorausgesetzte Kult der
ba'ale-berit,derenOber-
priester Melchisedek war (s. mein Altes Testa-
ment ' S. 343 flf.). Vielleicht bringen die Aus-
grabungen bei Nablus Spuren des Kultus zu-
Unter erneutem babylonischen Einfluß
(s. Bd. 1, Sp. 74, Pauly-Wissowal, 386). Eine
besondere Rolle spielten dabei die xtJäoi 'A8ca-
vidos, deren wurzellose oder in flache Erde
gesäte und der Sonne ausgesetzte Pflanzen
(besonders Lattich und Fenchel, Weizen und
Gerste) rasch welkten. Bei der Prothesis um-
8, 14 sitzen Weiber am Nordtor und weinen um
Tamuz. Auch der Kultus der Himmelskönigin
bei den Juden in Ägypten ist wahrscheinlich
Istar-Tamuz-Kult gewesen. Das Fest Jerem. 7, 18
vgl. 44, 17flF., bei dem von der Jugend Feuer
angezündet (Sonnenwendfest) und Kuchen ge-
backen wurden, ist übrigens nach Jerem. 44,
17 ff. zu allen Zeiten in Israel als Volksfest
2) tu S) Felsskulpturen aua Maschnaka (nach Renan, Mission en Phdnieie Tafel XXXIV, in der verkürzten Wieder-
gabe bei Baudissin, Adonis und Esmun Tafel HE).
4) Spiegel aii8 Praeaeste
(ca. 400 V. Chr.) : Zeus als
Schiedsrichter zwischen
Persephone ii. Aphrodite
(nach F.d. Gerhard, Etnisk.
Spiegel Tl. 4, 1, 1865
Taf. CCCXXV).
5) Etruskischer Spiegel :
Aphrodite und Adonis
(nach A. Jeremiat, Bat
^«cre«/.2S.118Ahh.49).
8) Adonisgärtchen. Wandbild in Pompeji .
(nach Annales du Musie Guimet 16 ( Vellay).)
6) Tod des Tamuz-Adonis (nicht antik)
(nach Jcremias, Das Alte Testamenf^ S. 117 Abb. 37).
7) Beweinung des Tamuz-Adonis (nicht antik)
(nach Jeremias, Das Alte Testament^ S. 117 Abb. 48).
9) Vase aus dem 4. Jahrh. v. Chr. Aus der Sammlung Santangelo : Zeua, Aphrodite, Persephone und Adonis-Knabe
(nach Bullettino archeologico NapoUtano, Nuova serie Bd. 7, 1859, Taf. 9).
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 3
67 Tamuz (u. Attis) Tamuz (u. Attis) 68
gefeiert worden. Im sogenannteD 3. Makk. 6, i. J. 204 v. Chr. eingeführt worden sein. Seit
32 wird erzählt: f,Sie ließen von des Klage- Claudius wurde das Fest in der 2. Hälfte des
gesangs trauriger Weise und stimmten ein März öffentlich begangen. Nach dem Einzug
vaterländisches Lied an zu Ehren des erretten- der Kanephoren (16. März) begann am 22. März
den und wundertuenden Gottes." Auch diese das eigentliche Fest. Eine Fichte (der Baum,
Lieder werden auf den Tamuz-Ton gestimmt unter dem sich Attis tötete), mit Veilchen be-
gewesen sein. Der Einfluß des Tamuz-Kultus kränzt und mit Binden umwickelt (den Leich-
ging übrigens über die Volksreligion hinaus. nam des Attis darstellend), wurde zum Tempel
Auch in den höheren Kreisen der Religiösen auf dem Palatin getragen. In der Trauerzeit
wurden die Motive der Tamuz-Idee benutzt, lo legte man den Feiernden castus auf; es wurde
Das zeigt sich vor allem an der Verwendung Keuschheit und Enthaltung von Vegetabilien
mythologischer Motive bei dem Kunststil der gefordert. Der dritte Tag, der 24. März als
Eraählung biblischer Schriftsteller, wie er dies san^rutnews, sah den Höhepunkt der Trauer.
Sp. 71 besprochen wurde. Als Josia gestor- Die Gallen ritzten sich mit Messern. Dann
ben war, beklagte man seinen Tod, indem man kam dieParusie des Gottes, die in denHila-
Lieder im Tamuz-Stil auf ihn dichtete. 2. Chron. rien gefeiert wurde. Die Hilarien endeten am
35,25: „Jeremia dichtete ein Klagelied auf 27. März mit einem fröhlichen Umzug, bei dem
Josia, und alle Sänger und Sängerinnen reden das Bild der Großen Mutter zum Flusse Almo
seitdem in ihren Klageliedern um Josia bis auf getragen und gebadet wurde (vgl. das Adonis-
den heutigen Tag." Sach. 12, 11 aber deutet 20 fest in Byblos Sp. 61).
den Tamuz-Charakter solcher Lieder direkt an, Die Auferstehungszeremonie ist bei Firmi-
wenn es dort heißt: „In Jerusalem erhebt man cus Maternus ausführlich geschildert in der
Totenklage, wie die Totenklage um Hadad- für die Söhne Konstantins geschriebenen Schrift
Rimon in der Ebene von Megiddo (Todesort de erroreprofanarumreligionian c. 3. Man kann
des Josia)." Hadad-Rimon ist aber eine my- allerdings zweifelhaft sein, ob es sich hier um
thologische Variante des Tamuz. Attis oder Osiris handelt, aber beide sind ja
. in diesem Falle wesensgleich. Der Oberpriester
4. Attis-Tamuz. meldet am 25. März, 'des Gottes voll' {ivQ-ov-
InPhrygien entspricht dem babylonischen aiaaiiog):
Tamuz und dem phönikischen Adonis die Ge- 30 ^ccggetta ^varai tov &sov GsaaGiiivov
Btalt des Attis (urpr. Atins =- Adonis?); s. |<y^at yäo vulv iv. novcov ßtoTriOLu.
hierzu Bd. 1, Sp. 715 ff. ^ /;.,,, , t.
In einer im hethitischen Archiv von Bog- „Tröstet euch, ihr Mysten, der Rettung des Gottes,
hazköi aus der Zeit um 1400 gefundenen Li- ^«^1^.. es gibt für euch eine Rettung von der
tanei wird ^A-a-at-as wiederholt erwähnt und Mühsal."
in mannigfache Beziehungen gesetzt (z. B. A. Dieses Zeugnis von der Auferstehung des
des Berges, A. verschiedener Städte). Wenn Jahrgottes als Thema eines Frühlingsfestes
meine Vermutung sich bestätigt, daß es sich (wobei die drei Tage zwischen Trauer und
um den später als phrygischen und lydischen Freude auf das vom Monde abgelesene Motiv hin-
Attis benannten Gott handelt, so tritt die Ge- 40 deuten:s.Bd.4,Sp.l472)stimmtzuderAuftassung
schichte seines Kultes in ein neues Licht. des Plutarch, de Is. et Osir. 69 f., der die innere
Die Partnerin des Attis, entsprechend der Verwandtschaft der Kulte des Lebens und
Muttergötlin Istar - Aphrodite, ist die fisydXri Sterbens ganz richtig durchschaut hat. Auch
(i'ijrriQ Kybele. Zeus sendet nach der lydischen die Erzählung des Damaskios in der Vita Isi-
Variante den Eber, der Attis tötet, weil er dori bezeugt den Auferstehungskult, wenn vom
den Lydem die großen Orgien der Großen Hilarienfest der Göttermutter erzählt wird:
Mutter (d. i. die kultische Feier des Sterbens imd onsQ idijXov trjv i^ "Äidov ysyovvlav i]\L(öv aa-
Wiederauferstehens) gelehrt habe (Pausanias rrigiav.
7, 7, 2). 'Daher rühren die pessinuntischen Die Bedeutung des Jahrgottes Attis als Re-
Galater die Schweine nicht an'. Die Große 50 Präsentant des Sterbens und Lebens ist wie
Mutter beweint und bestattet Attis. In Pessi- die des Adonis in den uns bekannten Kulten
nus wurde ein Grab des Attis gezeigt. Nach und Mythen auf die Erscheinungen der Vege-
Ovid, Fast. 4, 233 ff. (mit fremden Stoffen tation beschränkt. So haben schon die Alten
variiert bei Julian Or. 5, 165 B ff.) ist er ein die Gestalt richtig aufgefaßt (Porphyrius bei
schöner Jüngling und Hirte, den Kybele liebt Eusebius, pra^p. ev. 3, 7, vgl. Firmicus a. a. 0.
und Keuschheit geloben läßt. Als Kybele seine Plutarch, De Iside et Osiride 69). Die Deu-
Buhlin tötet, wird er rasend und entmannt tung auf astrale Erscheinungen, die an sich
sich. Eine rein euhemeristische Umbildung der gleichberechtigt wäre (Sp. 54) scheint nicht ganz
Erzählung findet sich bei Diodor 3, 58 f. In vergessen gewesen zu sein. Hippolyt (s. Pauly-
Phrygien gehörte zu den Riten, die das Hin- 60 Wissowa 2, 2250) sieht Attis als Gestirn an,
sterben markieren, die Kastration. Das Ge- Julian als Mond (Attis invictus), Macrobius 1,
genstück bildete vielleicht das Abschneiden 21, 9, und andere sehen in ihm eine Sonnen-
der Brüste bei den Amazonen, den Begleiterin- erscheinung. Das alles ist berechtigt, je nach
nen der Großen Mutter. der mythischen Ausgestaltung der hinter Attis
Der Kultus wanderte zu den Griechen, wie stehenden Kalenderlehre.
Inschriften aus dem Anfang des 2. vorchrist- Das Material über Attis findet sich am
liehen Jahrhunderts zeigen. In Rom soll der vollständigsten bei Hepding, Attis, sein My-
Kultus auf den Rat der sibyllinischen Bücher thiis und sein Kult, Gießen 1903. Eine bild-
69
Tamuz (ii. Pan?)
Tamuz (u. Dusare«)
70
liehe Darstellung des Attis und der Kybele
findet man Bd. 1, Sp. 725 f.
Auf hellenistischem Gebiet sind als Tamuz-
Verwandte noch zu nennen: Sandas (s. Art,
Sandas), ferner die Mysteriengestalten des
Dionysos, Sabazios und Mithras, sofern sie als
Jahrgötter Züge des Tamuz-Mythos haben.
5. Pan-Tamuz?
In hellenistischen Darstellungen vom arka-
dischen Hirtenjäger Pan (Bd. III, Sp. 1347 if.)
zeigen sich kalendarisch mythologische Züge
im Sinne der Tamuzmotive. Die Bd. III, Sp.. 14G7 f.
besprochenen Gemmen (s. Abb. 26, Sp. 1468)
stellen Pan als den Herrn des Kreislaufs dar,
vom Tierkreis umgeben*). Er spielt die Flöte
vor einem brennenden
Altar, über dem ein
Stern leuchtet. (Hin-
weis auf die Sphären-
harmonie?) Eine ähn-
liche Darstellung zeigt
die Gemme Abb. 10.
E. H. Toelken be-
schreibt im Erklären-
den Verzeichnis der an-
tiken, vertieft geschnit-
tenen Steine der Kgl.
Preuß. Gemmensamm-
lung, Berlin 1835, fol-
gende Pangemme un-
10) Pan-Gemme (nach Reale ter nr. 1114: Grüne,
Galleria di Firenze Serie V, antike Paste, ctwas
P1.19, nr.i). beschädigt. Pan in
menschlicher Gestalt,
wie auf den arkadischen Münzen, sitzt neben
einem Baum, die Doppelüöte blasend, in der
Mitte der 12 Zeichen des Zodiakus. Um den
Zodiakus sind 7 Götterwagen, mit symbolischen
Tieren bespannt, in einem Kreise dargestellt,
um die Planeten anzudeuten. Man unterscheidet
eine Biga von Adlern (Jupiter), Hähnen (Mars),
Widdern (Merkur), Schlangen (Saturn), Tauben
(Venus), und ein Viergespann von Pferden (die
Sonne), so daß nur der Wagen der Luna ver-
loren gegangen ist.) — Aus der Sammlung
des Freiherrn von Stosch.
/. Winckelmann , Dactyliotheca Stoschiana.
Nürnberg, 1805 ff. — gibt unter Nr. 1195 eine
Abbildung einer Pan-Gemme, die Pan im Tier-
kreise] zeigt, der wiederum von 7 Götter-
wagen umgeben ist. Die Götterwagen stellen
die am Tierkreis laufenden Planeten dar.
6, Dusares-Tamuz.
Dusares (Bd. 1, 1206 f,, s. Pauly-Wissowa 5^
1865 ff.), der Gott der Nabatäer (arabisch mit
Artikel dhü - Ischara) , dessen Hauptkultus
Petra in Nordarabien war, gilt als Kind der
Jungfrau Xocdßov {tovrioxlv K6qy\ ijyovv nag-
d-8vog), als deren Manifestation ein schwarzer,
viereckiger, vier Fuß hoher, zwei Fuß breiter
*) Diese Darstellung würde ebenso zu Tamuz als dem
Kepräsentanten des Kreislaufes passen. Zu den Tamuz-
motiven der biblischen Josephserzählung (Sp. 13) gehört
der Traum 1. Mos. 37, 9: „Sonne, Mond und die 11 No-
habien (Einheitszeichen, eines ist in der Sonne verborgen)
beugten sich vor mir". Joseph träumt, er sei der Allherr.
S. jedoch auch ob. Bd. III, 1405 u. 1467 f.
Steinblock gilt (Xadßov, wie der Stein von
Mekka, der ebenfalls die Muttergöttin reprä-
sentiert haben wird, vgl. auch die Petra gene-
trix der Mithrasmysterien) , auf den man das
Blut des Opfertieres rinnen ließ (Suidas s. v.
@evaccQr]s)] in der Wintersonnenwende (25. De-
zember) wurde die Geburt des Gottes durch
nächtliche Orgien gefeiert (Epiph. adv. haer.
51, 22, vgl. Mordtmann in ZBMG 29, 99 tf.).
10 Die Griechen identifizierten ihn mit Dionysos
{Hcsych. B. V. JovGccQTiv). Er gilt wie Osiris
und Tamuz als Gott des Weines. Trauben und
Reben schmückten die nabatäischen Tempel.
Die römische Kaiserzeit sah in Dusares einen
Sonnengott {Strabo 16, 4, 26). Dabei braucht
es sich durchaus nicht um eine Umbildung zu
handeln. Der kalendarische Jahrgott mani-
festiert sich am deutlichsten in der Sonne; die
Wintersonnenwende ist dann sein Geburtster-
20 min. Die Verbindung des Namens mit "Agrig
(Dusares = &sbg "Agrig) bei Suidas, die zur
Genetiv-Form ^ov()a^£o? stimmt, mag Spielerei
sein; sie ruht aber doch wohl auf Kenntnis
der mythologischen Verwandtschaft (vgl. Ninib
und Tamuz = Ares und Tamuz Sp. 51).
Eine euhemeristische Variante des Tamuz-
Mythos findet sich in dem Nabatäerbuche des
El-Maqrisi (Chwolson Ssahier 2, 604 tf.) : Tamuz sei
der erste gewesen, welcher einen König zur gött-
30 liehen Verehrung der sieben Planeten und der
zwölf Zeichen des Tierkreises aufgefordert hätte.
Dieser König habe ihn getötet, er sei aber
nach seiner Hinrichtung wieder lebendig ge-
worden, bis er nach der letzten Hinrichtung
tot blieb. . . . Die babylonischen und harra-
nischen Ssabier klagen und weinen insgesamt
über Tamuz bis auf unsre Tage (d. h. 10. Jahrh.
n. Chr.) in dem gleichnamigen Monat, an einem
ihrer Feste, das auf Tamuz Bezug hat, und
40 feiern ein großes Fest, welches vorzugsweise
von den Frauen gefeiert wird ; denn diese ver-
sammeln sich insgesamt, klagen und weinen
über Tamuz. Sie (die Ssabier) fabeln über
Tamuz vielen Unsinn; sie wissen aber eigent-
lich von ihm nichts mehr als das, was sie
sagen; so haben wir es vor uns gesehen, daß
unsere Vorfahren über Tamuz an dem auf den-
selben sich beziehenden Feste klagten und
weinten. . . . Die Ssabier feiern das Andenken
50 des Tamuz am ersten des Monats Tamuz.
^Weil Tamuz' Gebeine in der Mühle gemahlen
wurden', darf man bei den 'Ssabiern' zu ge-
wissen Zeiten nichts Gemahlenes essen {Chwol-
son 2, 204). Das Kuchenbacken ist Festzeichen
der Freudenfeier bei der Auferstehung des
Tamuz. ^^ , -,
7. Balder-Tamuz.
Auch zu den germanischen Völkern sind
zu verschiedenen Zeiten und auf verschiedenen
60 Wegen Elemente der altorientalischen Welten-
lehre gedrungen. Die Gestalt des Jahrgottes
hat hier ihre eigenartige Ausprägung in Bal-
der gefunden. Bereits Budbeck hat 1689 den
physikalisch kalendarischen Charakter der Bal-
dergestalt richtig erkannt: ad solis circuitum
annum haec omnia referenda esse, und noch
besser Finn Magnusen, der Budbecks Aniiaäsnug
eine kosmische Perspektive gab, und der m
3*
71 Tamuz (u. Balder) Tan 72
Balder ein Prototyp des großen Weltenjahres wie du gesehen haben wirst, daß diese Wesen
und seines im Weltbrand sich erfüllenden alle weinen in Frost und Ilitze'. Nur Loki
Endes sah (ähnlich nach ihm E. G. Crcyc»* und weigert sich: ^Behalte Hei, was sie hat'.
N. M. Petersen). Fr. Kauffmann, Balder in ^ . ^ ,.,,.,„ .,
Mythus und Sage, Straßburg 1902 hat beson- TaniüZ im astralniythologisihen Stil
ders im letzten Bande seines Buches die Zu- *ler geschriebenen üesdiichte.
sammenhänge mit der antiken Weltlehre rieh- Im astralmythologischen Stil der geschrie-
tig erkannt. Mit Recht ist ihm die zugleich benen Geschichte wurden die Motive des Ta-
ungermanische Rührseligkeit der Götter im muz-Mythos mit Vorliebe verwendet, wenn es
nordischen Balder-Mythus aufgefallen. Es ist lo sich darum handelte, eine Gestalt als Heilbrin-
die Tamuz-Klage. ger darzustellen. So sind in den Abrahams-
Die Fragmente von Llfrs Gedicht Husdrapa Erzählungen u. a. Tamuz-Motive verwendet (s.
Sim 976) beziehen sich auf mythologische Bil- mein Altes Testament^ S. 342). Vor allem sind
er, die im neuen Hause eines Großen im die biblischen Erzählungen von Joseph kunat-
westlichen Island an die Wände gemalt waren, voll mit Tamuzmythen stilisiert. Seine Be-
und die den Kampf Heimdallrs mit Loki, die freiung erscheint als Rettung aus der Unter-
Leichenfeier Balders u. a. darstellten. Ulfr weit (Ägypten ist im mythischen Stil des
war ein Anhänger des alten Glaubens. Nach Alten Testamentes = Drachenmacht, Unter-
den Fragmenten, die sich auf Balder beziehen, weit). Als Segenbringer steigt er empor. Durch
ist der bcheiterhaufen Balders auf dem Schiffe 20 Wortspiele und durch Hervorhebung bestimm-
zugerüstet. Odin selbst erscheint, von Wal- ter Züge wird auf Tamuz angespielt (s. mein
küren und Raben begleitet. Freyr reitet auf dem Altes Testament* S. 383 ff.). Die späteren Ju-
goldborstigen Eber herbei; Heimdallr zu Roß. den kannten die Stilform noch und haben die
Aus Snorres Edda läßt sich die Szene ergän- Andeutungen vergröbert. Juhil. 28, 2 ist der
zen; Nanna, des Nefr Tochter, stirbt vor Kum- erste Tamuz der Geburtstag des Joseph. Test
mer und wird auf den Scheiterhaufen gelegt. Sehulon sagt, Joseph sei drei Tage im Brun-
Die Riesin Hyrokin stößt das Schiff vom Lande, nen gewesen (Mondmotive Sp. 68). Test. Jo-
dann weiht Thor den Scheiterhaufen mit dem seph 11 sagt, Joseph sei drei Monate und fünf
Hammer. Die Götter aber senden einen Boten, Tage beim Sklavenhändler gewesen (Quartal
Balder aus dem Hause der Hei zu erlösen.*) so der Regenzeit und 5 Epagomenen vor dem Neu-
in einer Halbstrophe der um 1220 entstan- jahrstermin). Die Tamuzstilisierung derMoses-
denen Bafns saga heißt es: „Alles weinte — geschichte habe ich Altes Testament^ S. 410
das habe ich, so wunderbar es erschien, ver- vorläufig zusammengestellt, die Tamuz-Züge
nommen — um Balder aus der Unterwelt zu der Davidsgeschichten a. a. 0. S. 487 f.
erlösen." Und in einer Spruchsammlung des Zur Stilisierung der Josia-Gestalt als Tamuz
12. Jahrhunderts hören wir: „. . . die Unter- s. Sp. 67.
weit hatte Balder verschlungen; alle weinten Die gleiche Erscheinung zeigt die helle-
ihm nach, Trauer war ihnen bereitet; seine nistische und römische Geschichtserzählung
Geschichte ^ ist ja männiglich bekannt, was unter orientalischem Einfluß. Sp. 49f. wurde
brauch' ich* darüber viel Worte zu machen?" 40 gezeigt, wie die Ptolemäer und Seleukiden
Sn&rres Edda berichtet, wie Balder, der ihr angebliches Gott-Königtum durch Nach-
gute Sohn Odins vom blinden Hödur**) auf ahmung der Tamuz -Istar- Züge geradezu in-
dem Ringplatz auf Lokis heimtückisches Be- szenierten. Winckler hat Ex Oriente lux 2^
treiben durch den Mistelzweig, der von den S. 53 ff. an dem Beispiel der Zenobia ausführ-
Naturdingen dui-ch Frigg einzig nicht ver- lieh dargestellt, wie die Geschichtslegende die
eidigt war, getötet wurde. Alle Götter weinen Tamuz-Istar-Züge benutzt. Es lohnt sich, die
bitterlich. Frigg fragt, wer von den Göttern Sache in der mittelalterlichen Geschichtslegende
zur Unterwelt reiten will, um Balder auszu- zu verfolgen, die besonders seit der Hohen-
lösen. Hennodr, ein Bruder Balders, reitet staufenzeit vom Orient her beeinflußt ist.
neun Nächte durch finstere Täler bis zur gol- 50 [Alfred Jeremias.]
denen Brücke, die eine Jungfrau bewacht. Tamynaios {Ta^vvcctog), Beiname des Zeus
Nordwärts führt der Weg zur Unterw^elt, deren von der Stadt Tamyna(i) auf Euboia, Steph.
Tor Hermodrs Roß im Sprunge nimmt. Bai- Byz. s. v. Tay^vva. A. Baumeister, Topographi-
der soll freigegeben werden, wenn mit den Äsen sehe Skizze der Insel Euboia 53 ff. Bursian,
alle Dinge, lebende und tote, um ihn weinen. Geogr. von Griechenland 2, 424, 2. Über das
Hermodr kehrt heim, Balder gibt für Odin den dem ApoUon von Tamynai gefeierte Fest Ta-
RingDraupnir mit, Nanna für Frigg ihr Kopf- myneia vgl. Nilsson, Griech. Feste 176 und
tuch. Die Äsen schicken Sendboten zu allen Anm. 3 (mit Literaturangaben). [Höfer.]
Wesen, Balder loszuweinen. (Alles Leben ist Tan {Tdv), Form des Gottesnamens Zeus (s.
erstorben, daher die Klage, vgl. die Höllen- 60 d.). Tav Kgritcc/sv^g auf Münzen von Hiera-
fahrt der Istar. Nicht ^erlösende Kraft der pytna. Read, Bist, num.^ 469 und von Poly-
Muttertränen' ist das Motiv, wie Kauffmann rhenion, ebenda 474, B. Meister, Sachs. Berichte
S. 53 C will.) 'Menschen und Tiere, Erde und 46 (1894), 199. Derselbe, Dorer und Achäer 1
Gestein, alles Holz und Erz weinte um Balder, {Abhandl. d. K. Sachs. Ges. d. Wiss. 24, 3) S. 86.
^,^^.^^ ^ -„ . ^, ^ ^ Siecke, Drachenkämpfe {Mythol Bibl. 1, 1) S. 32.
. a. o s'aoff "" ""' " '■ ''""^"""" Gruppe, Gr. Myth. 1100, 1. Joh. Brause, Laut-
**) In der isländischen Fasaung Loki, Snorre schiebt ^^Äre der kretischcn Dialekte 141 u. Anm 1
HOdoT ein.
[Höfer.]
73 Tanagra Tantalides 74
Tanagra (TdvocyQcc), nach der gewölmlichen 26. Beda, Chronic, in Chronica Minora 3
Tradition der Tanagräer Tochter des Aiolos {Monum. Gennaniae u. s. n. 13) p, 256, 82. Nach
und Gromahlin des Poimandros (s. d.), Paus. 9, Isidor. Orig. 13, 21, 24. wo er Tanus heißt, ist
20, 1. Docli erwähnt Pausanias (a. a. 0.), daß nach ihm der Fluß Tanais (vgl, d. A. Tanais)
nach der Dichtung der Korinna Tanagra die genannt. Vgl. Tanos 2. [Uöfer.]
Tochter des Asopos war. Damit ist wohl das Tanariis, Beiname des Juppiter als dea
Fragment der Korinna {Berliner Monatshefte Donnerers auf einer in Chester (Britannien)
6, 2 p. 36 V. 56 ff.) zu kombinieren, nach dem gefundenen Inschrift {C. I. L. 7, 168) aus dem
von den Töchtern des Asopos eine von Hermes Jahre 164 n. Chr., wahrscheinlich der einhei-
geraubt worden ist. Da Hermes der Hauptgott lo mische Donnergott der Kelten, urgerm. Thu-
von Tanagra war, hat die Annahme von v. Wi- naraz, as. Thuner, d. Donar, vgl. gr. tdvog^
lamowitz,Berl.K/ass.-T.&.ab.0. 60, daß eben Ta- lat. tonitru. Auf einer in Ofen auf der Süd-
nagra die von Hermes geraubte Asopostochter seite des Blockberges gefundenen Inschrift aus
sei, große Wahrscheinlichkeit. Auch von I)iod. der Kaiserzeit {C. 1. L. 8, 10418) ist dieselbe
4, 72 wird Tanagra als Tochter des Asopos, Ergänzung möglich: I(ovi) o(ptimo) m(axi7no)
der hier freilich als phliasisch-sikyonischer T(anaro) oder T(aranuco) oder T(onitratori).
Flußgott auftritt, und der Metope, der Tochter Juppiter Taranucus (s. d.) ist bekannt aus einer
des Laden, genannt. [Höfer.] Inschrift von Skardona (C. I. L. 3, 2804: lovi
Tanais {Tävcclg), Gott des gleichnamigen Taranuco Arria Successa v. s.). Ist Taranucus
Flusses, Sohn des Okeanos und der Tethys, 20 eine erweiterte Form von T.? Ein anderer kel-
Hygin. fab. praef. (p. 11, 10 Schmidt). Von tischer Beiname ist Taranis (s.d.; Xwcan. 1, 446,
seiner göttlichen Verehrung bei den Massage- im cod. Paris. 7936 Thanarus), vgl. Alfr. Holder,
ten berichtet Maxim. Tyr. 2, 8 (p. 27, 1 f . Ho- Altcelt. Sprachsch. Leipzig 1904 s.v. [Reusch.*)]
bein): ^'ÖQog Kci7t7taS6v.aig v.(x.l d-ebg xal oQxog Tanites Nomos {Tavixrig Noiiog), Personi-
xccl ayal^icc, Maiwraig Xi^vri, Tävaig Maaaa- fikatibn des gleichnamigen ägyptischen Nomos,
yercctg. Nach Pseudo-Plut. de fluv. 14, 1 war dargestellt in Panzer, auf der R. den Sperber,
Tanais Sohn des Berossos und der Amazone in der L. die Lanze haltend, Cat. of greek coins
Lysippe, der nur den Ares von den Göttern brit. Mus. Alexandria Sö5,Qö. Head, Hist. num.*
ehrte und die Weiber haßte. Deshalb flößte 864. [Höfer.]
ihm Aphrodite leidenschaftliche Liebe zu seiner 30 Tanos {Tävog). 1) Auf einer fragmentierten
Mutter ein, der er nicht anders zu entgehen metrischen Inschrift aus Ägypten (zwischen
wußte, als daß er sich in den — nun nach ihm Busiris und Memphis gefunden), die wohl aus
Tanais genannten — Fluß Amazonios, der so der Zeit der Expedition des Chabrias nach
hieß dia tö rag 'A^a^övag lovsad-at iv ccutoj, Ägypten (ca. 360 v. Chr.) stammt, wird be-
stürzte; vgl. Bd. 1 Sp. 272, 68. Über die Stelle richtet, daß eine Anzahl Griechen (wohl Offi-
bei lamhl. Drani. 9, aus der man eine 'Acpqo- ziere des Chabrias) aus Athen, Korinth, Nisy-
dixT] Tdvccig erschließen wollte, ist Bd. 3 s. v. ros usw. . . . o^o^icctg Tävov d'sbv iSQvöavro.,
Pharnuchos gehandelt. Auch auf Clem. Alex. C. I. G. 2, 7502. Das erste Wort ist vielleicht
Protr. 5 p. 67 P. (= 50, 4 Stählin) hat man mit Boeckel zu: Ttgbg olyi]oSo^aig == ^an den
(z. B. F. A. Ukert, Geogr. d. Griech. u. Römer 40 Pyramiden' zu ergänzen. Letronne, Becueil des
3, 2, 313 Anm, 33; vgl. auch Windischmann inscr.gr. et lat. de VEgypte 1 nr. 34 p. 409. 411
in der s. v. Pharnuchos zitierten Abhandlung verbindet es mit dem folgenden Tävov zu einem
5. 88) verwiesen, wo überliefert ist: 'AcpQodltrig Gottesnamen: Odo/xatöravo? oder OXo[iai6tuvog.
Tavcctdog, -wo aber schon Bochart, Geogr. sacra^ Broysen, Bhein. Mus. 3 (1829), 538 vergleicht
(1707) p. 245, 18 Avat'ridog vermutet hat. In- den Gottesnamen Tävog mit dem in Papyrus-
dessen macht G. Hoffmann, Auszüge aus sy- Urkunden (Bh. Mus. a. a. 0. 535) vorkommen-
rischen Akten persischer Märtyrer {Abhandl. f. den Personennamen Tavovg und Tccvsvt. J.
die Kunde des Morgenl. 7, 3) S. 135 (vgl. Win- Franz, Jahrbücher f. ivissenschaftl. Kritik 1843
dischmanm,. 2t.. 0 . 'd"!*) darauf aufmerksam, daß (Mai) S. 749 bringt Tävog — so schreibt auch
die Variante Tccvcc'tg statt 'Avcctg bzw. 'AvaXxLg 50 Kaibel, Epigr. llö., 2 p. 314 — in Zusammen-
(so Strabo 11, 532 [Tccvaidog stsitt 'AvcctxiSog]. hang mit dem Namen der bei Hermopolis Magna
Eust. ad Dionys. Per. 846 [p. 264, 7 u. 949, 5: gelegenen Stadt Tanis, die der in ünterägypten
Tavccixidi]. Eust. ad Hom. B. 987, 11 [>^ Tcagä östlich vom Delta gelegenen Stadt homonym
ta yBcoyqäcpcp Tav(x.ix7\g dcciuwt^]) geflissentlich ist, und sieht in Tanos eine Form des in Tanis
von den Priestern der Anahita in Erez in Aki- und anderswo verehrten Sonnengottes Atenra.
lisene in Umlauf gesetzt worden ist, gerade Vgl. auch v. Wilamowitz, Antigonos von Ka-
wie sie (vgl. Procop. bell. Goth:A, 5), unterstützt rystos {Philol. Untersuch. 4 [1881]) S. 277. —
durch die Namensähnlichkeit ihres Gebirges 2) Tanos = Tanus s. Tanaos. [Höfer,]
TavQog mit der TccvQLxq dsä, behaupteten, der Tantalelos {TavxdXsiog) = Tantalides (s. d.)
Tempel der taurischen Göttin, aus dem Orestes 60 = Pelops, Eur. Iph. Taur. 1. Arist. Ban. 1232,
das Götterbild geholt hatte, sei bei ihnen zu [Höfer.]
finden. Vgl. Tanaos. — 2) Rutuler, von Aineias Tantalides, männliche {Herodian ed, Lentz
getötet, Verg. Aen. 12, 513. [Höfer,] 1, 67, 21. 2, 435, 4. 849, 22. Ernst Fränkel,
Tanaos {Tdvocog)^ alter König der Skythen, Geschichte der griech. Nomina agentis auf -triQ
älter als Ninos von Assyrien, der erobernd -tag -x7\g 2, 176) wie Tantalis (s. d, Herodian
bis nach Ägypten vordrang, Justin. 1, 1, 6; vgl. 1, 86, 9. 90, 31, 2, 849, 22. 852, 14) weibliche
Isidor. Chronic, in Chronica Minora 2 {Monum. *) Der leider verstorbene Herr Verf. hat die Korrek-
Germaniae Histor., Auetor. AntiquisS. 11) p, 430, tur nicht selbst noch erledigen Icönnen. D. Red.
R08CHEB, Lexikon der gr. u. rönu Mythol. V. 4
75 Tantalis Tantalos 76
Form des Patronymikons zu Tantalos — = Sohn Glück vermag er nicht zu ertragen, es führt
oder Sproß des Tantalos: 1)= Pelops, Tyrtaios seinen Sturz herbei. Ihm wird die Gründung
fr. 12, 8 {Bergk, Poet. Lyr. Gr. 2*, 18). Nonn. von Alt-Smyrna oder Naulochon zugeschrieben
Dionys. 3, 269. 10, 261. 20, 167. — 2) Aga- Steph. Byz. s. v. E^ivqvu. Als seine Residenz
memnon als Urenkel des Tantalos, Ov. Met. wird Tantalis oder Sipylos bezeichnet, rind.
12, 622. Heroid. 8, 43. — 8) Der Plural Tav- Ol. 1, 68. Hellanic. fr. 44 bei Steph. Byz. s. v.
xttXldai bei Äesch. Ag. 1469 (nach dem Schol. SinvXog. Pherek. fr. 102 bb in schol. Townl. zu
z. d. St. entweder Atreus und Thyestes [Tan- Hom w 617. E%ir. Iph. ^uZ. 952. Plin. nat. hist.
talidac fratres, Ov. Fast. 2, 6271 oder Agamem- 2, 205. 6, 117 u. a., vgl. Hylen S. 5 A. 3. Dies
non und Menelaos) und bei Lur. Or. 813 be- lo war die alte Hauptstadt Mäoniens, walirschein-
zeichnet den Atreus und Thjesies; vgl. anch lieh am nördlichen Abhang des Sipylos gelegen.
Eur. Or. 361. [Höfer.] Diese Stadt soll dann durch ein Erdbeben (die
Tantalis {TavraXlg), Tochter des Tantalos zweifelsohne in jener Gebirgsgegend häufig
(vgl. Tantalides) == Niobe (s. d.), Antipatros in waren, vgl. Hitzig- Blümner, Ausg. des Paus. 2
Anih. Pal. 7, 748, 8. 16 {Append. Plantid.), 131, S. 884) untergegangen und an ihre Stelle der
1. Nomi. Dionys. 12, 181. 48, 428. 466. Ov. See Säle, PZin. a.a.O. oder 2aXorj,Paws. 7, 24, 13,
Metam. 6, 211. Stat Theb. 8, 192 und Lactant. getreten sein. Mit ihm ist nicht zu identiti-
Placid. z. d. St. Propert. 2, 81, 14. — TccvraXlg zieren der See des Tantalos Xliivri TccvxäXov,
Nioßn, Theodoridas in Anth. Pal. 16, 132, 2. Paus. 6, 13, 7. 8, 17, 3; vgl. G. Hirschfeld in
TavxaXig mxlg Ni6ßri^ MeUagros, ebe^ida 184, 1. 20 Curtius, Beiträge zur Geschichte und Topo-
[Höfer.] graphie Kleinasiens p. 83 A. 17 = Abh. der Berl.
Tantalos (TavraXos), 1) einer der Büßer der Akad. der Wiss. für 1872 und Thraemer p. 91.
homerischen Nekyia und der Stammvater der Außer dem See des T. zeigte man dort auch
Tantaliden und Pelopiden. sein Grab, den Thron des Pelops, das berühmte
Geschlecht. T. wird bezeichnet als Sohn Bild der Niobe. Man hat sich mehrfach be-
des Zeus und der Pinto (Nebenformen: Plute müht, alle diese Stätten dort wiederzufinden,
Clem. Roman, bei Bufin. Becogn. 10, 22 oder so G. Weber, Le Sipylos et ses monuments 1880
Plutis cfttfnda 10,21 oder Plotis Xac^aw^. P/acid. S. 65ff. 89 ff. und Humann, Athen. Mitteil. 13
zu iSta«. r/<e6. 2, 436), Tochter des Kronos, sc/ioZ. (1888)8.22—41; andere leugnen überhaupt
Pind. Ol. 8, 41 oder Atlas: Clem. Boman. bei so einen realen Hintergrund dieser mythischen ört-
Bufin. a. a. 0. {Himantis bei Hygin. fab. 156 ist lichkeiten, so Thraemer p. 88—92 und P. Fried-
wohl in .4 ttoniw zu bessern, vgl. fiofer in Bd. 3, 2 laender, Argolica Diss. 1905 S. 74. — M. E.
Sp. 2666). schol. Eur.Or. 346. Anton. L%ber.Z%. war dort vor Zeiten ein blühendes Kulturreich
Paris. 2, 22, 3. Hygin. fab. 82. 156 u. a.; vgl. unter einheimischen Fürsten, sein Mittelpunkt
E. Hylen, De Tantalo Üpsala 1896 (= Hylen) lag in der Nähe des späteren Magnesia, mit
S. 11 — 16, 0. Gruppe, Griech. Mythologie und ihm ist dann der von Lesbos kommende T.
Beligionsgeschichte 1906 {=^Gruppe) S. 656 A. 3 verbunden worden (s. u. Lokale Verbreitung
und die Artikel Plotis, Plute, Pluto. So- 5 und Kern der Sage). Außerdem erscheint
mit ist T. als Sohn des höchsten Gottes und T. als König von Paphlagonien, Diod. Sic. 4, 74,
der Personifikation der Fülle und des Reich- 40 von Thrakien, Suid. s. v. "IXtov, von Arglos,
tums von vornherein deutlich charakterisiert Hygin. fab. 12i^ \onMjken&e, Malalas Chrono-
als der an Schätzen überreiche Günstling der gr. 4,97. Georg. Cedr. Hist. Comp. 120B, end-
Götter. Tmolos als seinen Vater finden wir bei lieh von Korinth Serv. zu Verg. Aen. 6^ 603.
Nicol. Damasc. fr. 17. schol. Eur. Or. 4. Tzetz. Mythogr. Vat. 2, 102.
Chil. 6, 444. 462. Mantiss. proverb. 2, 94 u. a. Familienverhältnisse. AlsGemahlin-
(vgl.lTyZenS. 14),Hymenaios hei XanthosLyd. nen des T. (vgl. Gruppe S. 656 A.3) werden uns
fr. 23 und Nicol. Damasc. fr. 26 bei Steph. Byz. genannt: 1) Dione, Tochter des Atlas (der ja
8. v. ka-KcüXtov. Vgl. Sauer in Bd. 1, 2 Sp. 2801, auch seinGroßvater sein sollte, s.o. Geschlecht)
Tümpel in Pauly -Wissowa , Bealenzyklopädie und Schwester der Pleiaden, Oy. meiam. 6, 174.
(= BE.) 2 Sp. 1610 und Jolles, ebenda 9 Sp. 129. 60 Hygin. fab. 9. 82. 83, vgl. Escher, BE. 5 Sp. 880;
— E. Thraemer, Bergamos 1888 (= Thraemer) 2) Euryanassa, Tochter des Paktolos, ein
S. 87 will nach (rM<scÄm»d Tymenaios statt Hy- durchaus durchsichtiger Name, der sehr gut
menaios setzen. Tmolos ist ja der Name des paßt zu dem großen Herrschergebiet desT., scÄoZ.
gesamten Gebirges, von dem ein Zweig der Si- Eur. Or. 4. 11. Dosith. fr. 7 bei Plut. Parall.
pylos (s.u. Leben) ist; Hymenaios gilt zugleich 33 u. a.; vgl. Hylen S. 16/17, Stoll in Bd. 1, 1
als Vater des Askalos, des Gründers von Aska- Sp.l420 und Höfer, BE. 6 Sp.l318; sie soll my-
lon: beides sind also reine Lokalsagen. thologisch früher als Dione die Gemahlin des T.
Leben. T. ist nach der bei weitem große- gewesen sein, vgl. TÄraemcr S. 18; der sich noch
ren Anzahl der Autoren König in Lydien oder findende, ähnlich klingende Name: Eurythe-
Phrygien, heimisch am Sipylosgebirge in dem 60 miste, schol. Eur. Or. 11 (Stoll inBd. 1,1 Sp. 1420
fruchtbaren Tale, das der in der Nähe von nennt hier auch eine Eurysthanassa, die ich
Smyma mündende Hermos durchzieht. Ygl. Hy- aber a. a. 0. nicht finde), als Tochter des Xan-
len S. 6/7. Das von ihm beherrschte Gebiet er- thos (vgl. HöYer, BE. 6 Sp. 1357 und B. Stark,.
streckte sich weithin bis zum Idagebirge, J.iscÄ. Niobe und die Niobiden 1863 \== Stark'] S. 94)
fr. 168 Nauck* bei Strabo 12, 580. Plut. mor. ist wohl nur eine Variante des ersten Namens
603 A. 778 B. Unermeßliche Schätze nannte er (Euryprytane, Apostol. Cent. 18, 7 und Euryto
sein Eigen, er nahm teil an den Gastmahlen avaöaoc, ebenda 17,3, welche Stark S. 94 und
und Beratungen der Götter. Aber eben all dies 422 nennt, habe ich ebenso wie Hylen S. 17
i i
Tantalos
Tantalos
78
A. 1 nicht finden können; dagegen bietet Eu-
ryto avccGGu statt Euryanassa die editio Apo-
stolii Pantiniana der Mantissa proverh. 2, 94);
3) Klytia, Tochter des Amphidamas, Fherek.
fr. 1)3 bei schoJ. Für. Or. 11, vgl. Stoll in Bd. 2, 1
Sp. 1246; 4) Sterope, Tochter des Atlas (s.o.
Dione unter Gemahlinnen 1), Mythogr.
Vatic. 1, 204, oder als Variante Peniope, Lactant.
Flacid. hei Stat. Theb. 4, 576; 5) Anthemoisia
8. 11. Daskylos unter Kinder 4.
Als Kinder des T. (vgl. Gruppe S. 194 A. 9)
werden in erster Linie aufgeführt; 1) Pelops
(r. d., zuerst als TccvtccXiSrig bezeichnet Cypria
/V.9 v.4)und2)Niobe(B.d.undvgl.>S<arÄ;S.421flF.
und HyUn S. 18/19); dann 3) Broteas, der
Schöpfer des ältesten Bildes der Göttermutter
auf dem Koddinosfelsen, Paus. 3, 22, 4. schol.
Kur. Or. 4 u. a., vgl. Hylen S. 20 und Wagner,
RE.2 Sp. 897; 4) Daskylos, Sohn der Anthe-
moisia, Tochter des Flußgottes Lykos, König
der Mariandynen in Bithynien, Nymphis und
Herodor fr. 49 bei schol. Apoll. Rhod. 2, 752, vgl.
auch 724 {Stoll in Bd. 1,1 Sp. 963/4 und Escher,
BE, 4 Sp. 221); 5) außerdem werden noch
Aizen, Elius, Kyklops genannt, vgl. Hylen S. 21.
T. ist somit nach allgemeiner Überlieferung
Ahnherr der Pelopiden <-^ Atriden, so schon
Kypr. fr. 9, dann Eur. Iph. Taur. 1 u. a. Vgl.
auch die Stammtafeln Ed. Gerhard, Gr. Mytho-
logie 1855, 2 S. 243, Thraemer S. 95—97 und
Stark S. 94.
Lokale Verbreitung. Hauptsächlich seien
genannt: 1) Argos: Hygin. fab. 124 nennt T.
auch in der Liste der argivischen Könige.
Vielleicht liegt hier eine Verwechslung vor
mit dem jüngeren T. (s. u. Tantalos 2), der
nach Paus. 2, 22, 3 dort begraben sein sollte.
2^ Korinth: Auch hier wird T. als König fixiert,
Serv. zu Verg. Aen. 6, 603. Mythogr. Vat. 2, 102.
3, 6,21; Ygl. Hylen S. 92. 3) Lydien ~ Sipy-
los: 8. 0. Leben, oft auch mit Phrygien lae-
zeichnet,\ gl. Hylen S. 3/4. 4) Paphlagonien:
Hier ebenfalls als König genannt Diod. Sic. 4,
74; vgl. Hylen S. 8. 5) Lesbos: Dort gab es
bei dem Orte Polion ein Heroon des T., Steph.
JByz. s. V. HöXiovj und einen Berg Tantalos,
Steph. Byz. s.v. Tdvralog (s. u. Tantalos 4);
hier scheint ein uralter, längst verschollener
Kult des T. gewesen zu sein, hier war T. wohl
ursprünglich lokalisiert, vgl. Hylen S. 94/5 und
P. Friedlaender, Argolica Diss. 1905 S. 74 und
B. u. Kern der Sage. Auch mit Thrakien und
Ägypten wurde T. von einigen Autoren in Ver-
bindung gebracht, vgl. Hylen S. 8/9,
Sagen. Außer den an anderer Stelle be-
sprochenen Sagenformen seien noch folgende
Mythen angeführt: 1) Pandareos (s. d.), der
König von Milet auf Kreta, stahl aus dem Heilig-
tum des Zeus einen als Wächter dort befind-
lichen goldenen Hund und brachte ihn zu T.
nach dem Sipylos zur Aufbewahrung; T. schwur
Hermes gegenüber, der den Hund suchen sollte,
den Meineid, von einem Hunde nichts zu wissen.
Über die Strafe, die T. dafür erhielt, s. u.
Arten der Strafe 3: Paus. 10,30,2 u. a.; vgl.
Boscher in Bd. 3, 1 Sp. 1502 ff. und Hylen
S. 44ff. — 2) Ilos, der Vater des Laomedon und
Gründer von Ilios, vertrieb den T. aus Klein-
asien, Diod. Sic. 4, 74; vgl. Weizsäcker in Bd. 2, 1
Sp. 120. — 3) T. Boll den Ganymed, den Sohn
des phrygischen Königs Tros, geraubt haben
(diese Tat wird sonst Zeus oder Minos zuge-
schrieben), vgl. Weizsäcker in Bd. 1, 2 Sp. 1596/96.
August, de civ. dei 18, 13. Suid. b. \.''IXiov u. a.;
vgl. Hylen S. 47—49.
Identifikationen. Vor allem ist T. identi-
fiziert worden : 1) mit Atlas, dem er sowohl no-
10 minell (s.u. Ableitung des Namens) als auch
genealogisch (s.o. Geschlecht und Familien-
verhältnisse) nahe steht. Zu dem lesbischen
Heiligtum des T. bei Polion (s. o. Lokale
Verbreitung 5) ist auch der Berg Polos bei
Tanagra zu stellen, auf dem Atlas lokalisiert
wurde, Paus. 9, 20, 3 : Beides ist wohl genannt
nach der von Atlas getragenen Himmelskugel
7t6XoSy ja es bestand sogar eine Sagenversion,
nach der T. den Himmel getragen habe, schol.
20 Eur. Or. 982. So ist zweifelsohne T. hier als
Titan oder Gigant gefaßt, wozu ja auch treff-
lich stimmt, daß Zeus auf ihn den Sipylos ge-
schleudert habe (s. u. Arten der Strafe 3),
denn nur Giganten wurden zur Strafe unter
Berge geworfen, die dann zu Vulkanen ge-
worden sind. Vgl. Gruppe S. 277 und A. 20,
S. 434 und A. 2 und Maxim. Mayer, Die Gi-
ganten und Titanen 1887 S. 88/89. — Auch 2) mit'
Prometheus erscheint T. näher verwandt zu
30 sein, schon durch die Art der Schuld und Strafe,
die beide den Göttern entfremdete. In der alt-
böotischen Kultur gehörten T., Atlas und Pro-
metheus in einen Kreis. Vgl. Gruppe S. 656/7
u. 1107 A. 1. — 3) T. scheint mit Assaon schon
in sehr früher Zeit identifiziert worden zu sein.
Dieser ist in der lydischen Form der Niobe-
sage der Vater der Niobe, die dort am Sipylos
mit Philottos verheiratet ist und von ihm 20
Kinder hat. Nach dessen Tode wirbt unnatür-
40 licherweise der eigene Vater um die Tochter
und tötet, von ihr abgewiesen, ihre Kinder.
Niobe stürzt sich von einem Felsen herab, As-
saon tötet sich selbst. Diese Sage hat zuerst
Xanthps in seinen Lydiaka behandelt. Parth.
Erot. 33. schol. Hom. (o 602. schol. Eur. Phoen.
159. Vgl. Stoll in Bd. 1, 1 Sp. 644, Höfer, BE.
2 Sp. 1741 und Gruppe S. 277 und A. 12 und
S. 1250 A. 7.
Arten der Schuld. Die Autoren nennen
50 uns mehrere Vergehen, die T. in seinem Fre-
veln gegen die Götter beging, vgl. Gruppe
S. 656 A. 4. So wird uns angegeben: 1) seine
zügellose Zunge &xoXaaia, cpXvuqia^ superhilo-
quentia: T. plauderte die Geheimnisse der Göt-
ter aus, Eur. Or. 10. Ovid. amor. 2, 2, 43. 3,
7, 48. ars am. 2, 604. metam. 6, 213. Sen. Thyest.
90 u.a.; n gl. Hylen S. 32 ff. — 2) der Diebstahl
und das Schenken von Nektar und Ambrosia
an seine Genossen und Freunde, Pind. Ol. 1,96.
60 schol. Eur. Or. 10. Nonn. Dionys. 1,145. 18,32
u. a.; vgl. Hylen S. 35/36. — 3) die Schlachtung
des Pelops, den T. den Göttern als Speise vor-
zusetzen wagte, um sie auf die Probe zu stellen
(vgl. Bloch in Bd. 3, 2 Sp. 1870/71 und ähnliche
Mythen, die man von Lykaon [Preller- Bobert,
Griech. Mythologie 1* S. 128 A. 1] und Atreus
[s. u. Tantalos 2] erzählte), Pind. Ol. 1, 72.
Eur. Iph. Taur. 386. Tibull. 1, 4, 63. Ovid.
4*
79 Tantalos Tantalos 80
Ibis 432. Sen. Thyest. 144ff. u. a.; vgl. Hylen und Arten der Schuld 6. — 4) T. büßt seiue
S. 88—48. — 4) seine Bitte am ein den Göttern Schuld in der Unterwelt: Horat cartn. 2,18,36.
gleiches Leben, die T. zu Zeus äußerte, nach- Sen.Thvest.lOllu.n.., vgl. Hylen S. 59 00. Dort
dem ihm dieser die Erfüllung jedes Wunsches droht über seinem Haupte der Fels: FlatoCrat.
zugesagt hatte, Lied von der Rückkehr derAtri- 396 d. Lucret de rer. nat. 3, 978. Cic. Tusc. 4,
den bei Athen. 7, 281b. — 6) sein Meineid beim 16, 36 u. a., vgl. Hylen S 61/62. — 6) T. vermag
Diebstahl des Pandareos (s.o. Sagen 1), Khol. im Hades, obwohl im Wasser stehend, weder
Pind. Ol. 1, 97. Paus. 10, 30, 2. Anton. Liber. die stets fliehenden Wogen zu erhaschen, noch
36 u. a. ; vgl. Hylen S. 44 ff. — 6) der Raub des die Früchte der stets zurückschnellenden Baum-
Ganjmed (s. o. Sagen 3), Mnctseas fr. 30 bei lo zweige zu eneichen. Diese allbekannten Tan-
schol, Ven. B zu Hom. T 234 u. a.; vgl. Hylen talosqualen finden sich in der vielerörterten
8.47 — 49. — 7) seine Leugnung der Göttlichkeit Stelle Homers X 682 ff., von wo sie dann zu
der Sonne, die, wie T. oehauptete, nur eine den römischen Dichtern JtftMZi., Prope;^, Horaf.,
feurige Masse sei, schol. Pind. Ol. 1,97. Laert. Ovid., Sen., Mart. u. a. (vgl. Hylen S. 65 tf.)
Diog, Vit. philos. 2, 8, 4. Eustath. 1700, 60 zu übergingen. Daß X des Homer eine späte Kom-
Hom. 1 680. Vgl. Hylen S. 49 A. 3 und Wekker, pilation und die Verse über die Büßer in der
Bhein. Mus. 10 (1866) S. 250. Diese physika- Unterwelt ein noch späteres Einschiebsel i^t,
lische Behauptung geht wohl auf den Philo- hat man schon lange erkannt. Wilamowitz,
sophen J.t)aa^ora« zurück. Wunderlicherweise Homerische Untersuchungen 1884 S. 199 ff. hält
nennt uns Homer X gar keine Freveltat des T. 20 diese Stelle des X für eine attisch-orphische
Allgemeine Schuldangaben finden sich noch Interpolation. Über die Gegner dieser Ansicht
bei Isoer. l.bOBaiter: xuxia, bei dem von Cic. vgl. Gruppe S. 651 und A. 10 und S. 863 A. H
Tu^. 4, 16, 86 zitierten römischen Dichter: sce- (überhaupt s.u. Deutungen der Sage). Beide
lera animique impotentia et superbüoquentia, bei Hauptstrafen, den drohenden Felsen und den
Plut. moral. 607 F: &(pQ06vvri u. a.; vgl. Hylen ewigen Hunger und Durst, vereinigte Polygnot
S. 31/32. Der Grundzug aller Angaben ist in seinem Unterweltsgemälde in der Delphischen
schließlich der, daß T. in seinem Übermaß Lesche (s. u. Kunstdarstellungen). Litera-
von Glück sich nicht beherrschen kann und risch scheint anzuspielen auf diese Version der
sich der Gönnerschaft der Götter als unwürdig Vereinigung beider Strafen Xenophon oecon.
erweist. 30 21, 12, sie findet sich noch bei Hygin. fdb. 82
Arten der Strafe. Auch über die von u.a.,vgLjHi/ZenS.78ff. EoscÄer, 12/i. ilfws.53, 175.
den Göttern über T. verhängte Strafe treten Deutungen der Sage. Unter den wenigen
uns mehrere ganz verschiedene Versionen ent- Deutungsversuchen der Antike kehrt einer
Zwei Strafen kehren bei fast allen öfters wieder: Die Alten sahen in der Sage des
Autoren immer wieder, auch wenn diese über T. eine Darstellung des Geizhalses: Horat. sat.
den Ort, wo sie abgebüßt werden, uneins sind: 1, 1, 68. Ovid. amor. 3, 7, 48 u. a., vgl. Hylen
der über dem Haupte des T. schwebende und S. 110/111, G. Thiele, Hermes 41 (1906) S. 6G5
stets niederzufallen drohende Stein und der und Geffcken- Zieharth , Bealencyklopädie s. u.
ihn ewig quälende Hunger und Durst. Von Tantalos S. 1010. Diese Ansicht ist aber ziemlich
diesen beiden Martern ist zweifelsohne die 40 jungen Datums, denn sie findet sich nicht vor
erste die ursprünglichere, da sie uns alle alte- den Dichtern der römischen Kaiserzeit, sie ist
ren Autoren übediefem, hingegen die zweite wohl sicher kynischen Ursprunges. Über andere
die jüngere, die uns außer der bekannten Erklärungen der Alten vgl. Hylen S. 111 tf.
Homerstelle in X nur jüngere Autoren, vor allen Ungleich bedeutsamer sind die Deutungen
die römischen Dichter darbieten. Es finden der Modernen, vgl. Hylen S. 112 ff. Wie den
sich folgende Versionen: Sisyphos (vgl. Wilisch in Bd. 4 Sp. 967/8), so
1) T. wagt aus Furcht vor dem drohenden hält V.Henry, Bevue des etudes grecques 5 {IS92)
Felsen am Tische der Götter die Speisen nicht S. 294 ff. auch den T. für einen Lichtheros =
zu berühren: Lied von der Rückkehr der Atriden Sonne: Die Sonne tauche ins Meer, ohne zu
bei Athen. 7, 281b und Alkman fr. 87 Bergk* 50 trinken, die Früchte seien die von der Sonne
(vgL Welcher, Rhein. Mus. 10 [1856] S. 242 ff.), verscheuchten Sterne, die Tötung des Pelops
auchs. O.Arten der Schuld 4. Eine Parallele gleiche dem Untergang der Sonne u. a. m.
dazu bietet die Sage von Damokles, vgl. Gruppe Dagegen sieht einen Meeresriesen in dem ewig
S. 1023 und A. 2. — 2) T. schwebt zwischen hungernden und dürstenden T. Heinrich Bertsch,
Himmel und Erde, der Felsen droht über Meeresriesen, Erdgeister und Lichtgötter in Grie-
seinem Haupte : Eur. Or. 4, 982 u. a., vgl. Hylen chenland Progr. Tauberbischofsheim 1899 S. 8/9.
S. 53. — 3) T. wird auf der Erde vom Felsen Wichtiger sind die Versuche, T. in Kleinasien
bedroht, oft ist der Ort nicht genauer an- zu lokalisieren und ihn mit Naturvorgängen in
gegeben: Archiloch. fr. 53 Bergk*. Alkaios fr. Zusammenhang zu bringen. Als reines Natur-
93 B. Pind. Ol. 1, 90 (vgl. D. Comparetti Phi- 60 ereignis bezeichnet ihn Otto Seeck, Geschichte
lol. 32 [1873] S. 227 ff.) Isthm. 7, 20 u. a., vgl. des Untergangs der antiken Welt 1901« S. 448/9.
Hylen S. 54 ff. Dazu tritt noch die Version, Ein in vorgeschichtlicher Zeit am Sipylos
daß Zeus den Sipylos, der also gleichsam an existierendes Reich nimmt Ernst Curtius, Griech.
die Stelle des Felsens tritt, wegen des Mein- Geschichte 1"^ {1SS7) S. 72/72 und 84/85 an: Dort
eides beim Diebstahl des Pandareos auf ihn habe T. geherrscht; sein Sturz aber und der
gestürzt habe: schol. Hom. t 518. schol. vet. über seinem Haupte schwebende Fels beruhe
Pind. Ol. 1, 97. schol. Soph. Antig. 134. u. a., auf Vorstellungen, welche in den vulkanischen
vgl. Hylen S. 44 ff. und 54 und s. 0. Sagen 1 Heimsuchungen des Hermostales und in den
81 Tantalos Tantalos 82
das Gebirge bewegenden Erderschütterungen diese Deutungsversuche des Mythus zusammen,
ihren Ur8i)rung haben; nach Zertrümmerung so läßt sich etwa folgendes Ergebnis für seine
dieses kleiuasiatischen Reiches sei die Aus- Entwicklung aufstellen: T. ist ursprünglich auf
Wanderung nach dem Westen über das Meer der Insel ]..esbo8 zu Hause als eine Gottheit,
erfolgt; vgl. llylhi S. 83/84 über andere Au- deren Name dort lokal an eine Bergkuppe ge-
toren der Antike und Moderne, die den T. auch knüpft ist; hier erfolgte wohl auch seine Ver-
historisch fixieren wollen. Zum Vertreter der bindung mit dem aus dem Peloponnes stam-
durch Erdbeben zerstörten und in einen See menden Pelops (vgl. Friedlaender , ÄrgoUca
versunkenen Stadt Tantalis auf dem Sisylos Diss. 1905 S. 74). Später wurde der liergriese
macht den T. S. Beinach, Kevue archeologique lO T. nach dem kleinasiatischen Festlande über-
r.>03 S. 17211'.: Die Sage vom ewigen Hunger tragen und dort auf dem höchsten Berge Ly-
und Durst sei entstanden durch falsche Deu- diens, dem Sipylos, lokalisiert. Hier blühte
tung eines Miilerbildes; der im See stehende sicher in vorgeschichtlicher Zeit ein großes
und zu versinken fürchtende T. wollte sich an Kulturreich, dessen Mittelpunkt wohl in der
den Zweigen nur in die Höhe ziehen und sich Gegend von Magnesia im fruchtbaren Hermos-
80 retten u. a m. Auch. Thraemer S. 9S faßt die tale lag (s. o. Leben). Hier zum Herrscher
Sage vom T. als Ergebnis einer am Sipylos er- gemacht, scheint T. frühzeitig mit Assaon, dem
folgten Naturkatastrophe, er nennt den T. gerade- Vater der lydischen Niobe, gleichgesetzt worden
zu 'das mythische Bild des ZlnvXog avaTQ(X7t£ig\ zu sein (s. o. Identifikationen H). Später,
Dem widerspricht Hylen S. 94/95, der wohl 20 als der übermütige Liebling der Götter wahr-
richtig den T. als ursprünglich auf Lesbos lo- scheinlich unter irgendwelchen Einflüssen zum
kalisiert, die Sage aber nach gleichem Vorgang Frevler geworden, wurde T. zur Personifikation
dort auch entstehen läßt. Auf Lesbos als erster der dort häutigen Naturkatastrophen; ein Berg-
Heimat lokalisiert den T. P. Friedlaender, stürze verursachendes Erdbeben, dem wohl auch
Argolica Diss. 1905 S. 73/74; dann sei seine das Kulturreich dort erlag, gab das Vorbild zn
Übertragung auf den höchsten Berg Ly diens, dem ihn ewig bedrohenden Felsen. Spätei:
den Sipylos, erfolgt (ähnlich Wüamoivitz, He- wanderte seine Sage nach dem griechischen
raMes 2* S. 96). Auch Pr eller- Bobert, Griech. Mutterlande, vor allem nach dem Peloponnes.
Mijthologie 1* S. 821/822 hält T. für den my- Die letzte Gestaltung erfuhr der Mythus durch
thischen Ausdruck einer schrecklichen Natur- so religiöse Ideen des 7. und 6. Jahrhunderts v.Chr.,
katastrophe. Damit läßt sich etwa die erste die ihn als Büßer in den Hades versetzten. Die
und ursprüngliche Strafe des drohenden Felsens uns hier entgegentretende Strafe des ewigen
erklären. Weit schwieriger steht es mit der Hungers und Durstes ist vielleicht eine Neue-
Stelle der homerischen Nekyia, die uns eine rung des Kompilators der homerischen Nekyia.
zweite und sicher jüngere Strafe bietet. Denn Ableitung des Nam.ens. In der Etymo-
zweifelsohne hat T. mit der Sage vom ewigen logie des Namens T. sind sich die Neueren
Hunger und Durst von vornherein nichts zu einig. TdvraXog wird allgemein gestellt zu den
tun. Gegen Wüanioicüz' Annahme einer orphi- Wurzeln rsl-, xaX-, r/lrj-, deren Grundbedeutung
sehen Interpolation (s. 0. Arten der Strafe 5), 'heben, aufheben, tragen' ist. Also ist der
bei der er in den Büßern 'Repräsentanten ewiger 40 Name herzuleiten von tald(o -^ xXfivai 'tragen' ;
Strafen' sieht, wenden sich vor allem E. Bohde ral- ist zur Intensivform redupliziert worden,
und F. BümmJer, BelphiJca Progr. Basel 1894 Demnach lautete die Form ursprünglich TdX-
^.Id. — F. Bokde, Kleine Schr.2 {1901)S. '285/286 taXo? 'der Träger' (nicht 'der viel Duldende',
= Bhein. Mus. 50 (1896) S. 600 ff. und Psyche sondern wohl eher 'der das Himmelsgewölbe
1894 S. 57/58 weist die Auffassung der Büßer Stützende', s. o. Identifikationen 1), wo-
als typischer Vertreter von Klassen sündiger bei dann das erste X durch Assimilation an
Menschen zurück: Die drei Büßer hätten einst Dentale (r, ^) zu v geworden ist. Vgl. Th. Ben-
seihst gegen Götter gefehlt und erlitten nun fey, Griech. \Vurzellexikon 2 (1842) S. 258, G.
die Strafen für ihr Vergehen; vgl. Wilisch in Curtiiis, Grundzüge der griech. Etymologie 1879^
Bd. 4 Sp. 969. Ähnlich wie Wilamoicitz äußern 50 S. 220 und 450, G. Hinrichs, Philol. 44 (1885)
sich auch Gruppe S. 1024 und A. Dieterich, S. 425 und endlich Bechtel- Fiele, Die griech.
Nekyia 1893 S. 63 und 67, der den Büßertypen Personennamen 1894^ S. 410. Über andere An-
Märchen, später mit großen mythischen Namen sichten vgl. Thraemer S. 86/87. Zu TdvtaXog
belegt, zugrunde legen will. Gegen Dieterich gehört etymologisch auch der Heros '^rioij(a m-
tritt wiederum Dümmler, Delphika S. 17/18 tensivum und der Stamm tXa-)., also 'der schwer
auf. In diesem Für und Wider ist eine Ent- Tragende'. Vgl, Benfey a. a. 0., Bechtel-Fick
Scheidung wohl unmöglich. Mag nun in Ho- a. a. 0., Wilamowitz, Herakles 2 (1889) S. 130
wers X T. wie auch seine Leidensgenossen der und s. o. Identifikationen 1. Zu erwähnen
Typus einer ganzen Menschenklasse, der un- ist &uch Nitka, De Tantali iiominibus verborum'
ersättlich Hochstrebenden und Übermütigen, sein 60 que cognatorum origine et significatu, Progr.
oder nur für eigene Verfehlungen gegen die Königsberg 1846.
Götter büßen, so viel ist wohl sicher, daß in Erwähnung in der Literatur. Außer
der ganzen Entwicklung dieser Vorstellungen bei IZbwer erscheint im Epos T. in den Ä'T/i'new
von Unterweltsbüßern doch religiöse Einflüsse fr. 9 und in dem Lied von der Bückkehr der
ethischer Natur anzunehmen sind, wie solche Atriden bei Athen. 7, 281b, welches mit dem
seit dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. allent- letzten Buche der Nosten höchstwahrscheinlich
halben in die Erscheinung treten. nichts zu tun hat, vgl. Wilamowitz, Homer.
Kern der Sage. Fassen wir nunmehr alle Unters. 1884 S. 157. Unter den Lyrikern er-
88
Tantalos
Tantalos
84
w&hnen den T. Archüochos fr. 63 Bergk^ AI-
Icaioa fr. 93 B., Alkman fr. 87 B. und Pindar
Ol. 1 und Isthm. 7, 20; dieae alle kennen nur
den drohenden Felsen als Strafe des T. Im
Drama spielt T. eine größere Rolle. Dramen
mit dem Namen TävxaXoi schufen Phrynichos,
Sophokles M. a., vgl. Gruppe S. 277 A.9, Dramen
mit dem Namen Nioßri Aischylos (dort trat T.
auch als redende Person auf, vgl. Fr. G. Welcker,
Aischylische THlogxe 1824 S. 347/8) und So- lo
phokles, vgl. Preller-Fkiv , Griech. Mythologie
2' S. 379. Sonst erwähnt ihn noch vor allem
Kuripides öfters im Orestes. Von den Prosai-
kern nennen den T. außer den antiken My-
thographen Apollodor und Hygin vor allem
20
S. 77, Gruppe S. 1021 A. 4 und Preller -Plew,
Griech. Mythologie 2» S. 880 A. 4/6. Auch der
drohende Stein und, ganz allgemein gefaßt,
1) Tantalos in Polygnots Gemälde (nach Robert,
Die Nekyia de» Polygnot).
noch mehrfach Plutarch, Pausanias und Athe-
naio8\ überhaupt vgl. zu alledem Hylen S. 122 flF.,
der alle Stellen bietet. Unter den Römern
spielt T. namentlich bei den Dichtern der
Kaiserzeit eine bedeutende Rolle, vgl. Hylen
5. 66 ff. und 128/9 und 8. O.Arten der Strafe 5.
Wunderlicherweise nennt Vergil Aen. 6, 580 ff.
in seiner Aufzählung der
Büßer im Hades den T.
nicht, vgl. Ed. Norden,
6. Buch der.Aenei8 1915,
S. 281/82. Über T. in Ver-
bindung mit den anderen
Büßern bei den Autoren
vgl. JVilisch in Bd. 4
Sp. 966.
Sprichwörtliches.
Mehrfach ist T. sprich-
wörtlich geworden, wie
ja auch wir noch heute
von ' Tantalusqualen '
sprechen. Am meisten
sprichwörtlich war sein
Reichtum , gleich dem
desKroi8os,Kinyras und
Midas. So heißt es tu
TavxaXov rdXavrcc oder
S] Tantalos auf einem Sarkop1)age (nach // Miiseo
Pio-Clemcntino Tom. V Taf. 3S).
2) Tantalos auf der Vase München nr. 849 (nach Baumeiiter,
Denkmäler LH, Taf. LXX XVII, Fig. 1042 B).
seine Furcht finden sich in Sprichwörtern,
letztere bes. in TavtdXov cpoßov q)oßov^av, vgl.
Hylen S. 68/59.
Kunstdarstellungen. Auffallend gering
im Vergleich zu den anderen Unterweltsbüßern
(vgl. Sisyphos bei Wilisch in Bd. 4 Sp. 970 ff.,
Danaiden bei Bernhard in Bd. 1 Sp. 950/61
und auch Geffcken-Zie-
barth, Realenzyklopädie
Art. Danaiden S. 268)
sind die uns bekann-
ten, bildlichen Darstel-
lungen des T. In sei-
nem Unterweltsge-
mälde in der Lesche
der Knidier zu Delphi
hatte Polygnot auch
den T. gemalt und in
der Zeichnung beide
Straf mythen verbun-
den. Paus. 10, 31, 12.
Die Art der Darstellung
war sicher nicht so wie
an dem uns erhaltenen
Sarkophage (s. u. und
vgl. Hitzig - Blümner,
TavtdXov xdXavtu Ausg. d. Paus. 3 S. 804). Von den zahlreichen
Tavraitffrat, erstereres schon bei Anakreon Rekonstruktionsversuchen (Literatur bei jfftY^^V/-
fr. 127 bei Phot. 670, 12 Porson, letzteres 60 Blümner a. a. 0. S 756/7) seien nur C. Robert,
bei Zenob. cent. 6, 4 u. a , vgl. HyÜn S. 28 ff.. Die Nekyia des Polygnot 16. Hall. V^inck.
Gruppe S. 1878 und Höfer in Bd. 3, 2 Sp. 256(3.
Weiter begegnen uns auch seine Unterwelts-
strafen im Sprichwort, so der Durst in TavvdXov
ditjcc^ TavxdXov öitpccv tftt/jw, dlipccv TavzaXiriv
xXfivai oder cpiQSiVy vgl. Hylen S. 76/77; dann
der Hunger in TuvxdXov yif]7ioL oder divSgcc
Philostr. vit. Apoll. 4, 26, 4 u. a., vgl. Hylen
Progr. 1892 S. 27. 52 (s. Sp. 83 Abb. 1), B.
Schöne, Anh. Jahrb. 8 (1893) S. 210 und Weiz-
säcker, Polygnots Gemälde 1895 S. 5 ff. er-
wähnt; sie lassen T. bis zur Brust im Wasser
stehen. Zweige und Fels sind über ihm. Da-
gegen fehlt T. in dem uns erhaltenen Unter-
weltsbilde vom Esquilin, das Sisyphos, Tityos
85
Tantalos
Taramis
86
u. a. aufweist, vjifl. K. Woermann, Die antiken
Odysseelandschaften vom Esquilinischen Hügel
1876 S. 13. Die uns erhaltenen Kunstwerke schil-
dern nur die eine der beiden Strafen. So bietet
die einzige mir bekannte Va.se mit der Be-
strafung des T., nämlich das i otHgurige Pracht-
gefllß in München nr. 849, ein Volutenkrater der
sog. apulischen Gattung, den
über seinem Haupte schweben-
4) Tautulos auf
eiuer Gemme
(nach Micali, Mo-
numenti per servire
alla storia dfi(/li an-
iichipopoli Italiani
Taf. 116 ur. 9).
4) T. Berg auf der Insel Lesbos. Steph. Byz.
8. V. TdvrccXo?. Hier scheint Tantalos ursprüng-
lich lokalisiert gewesen und dann von hier
nach dem Sipjlos übertragen worden zu sein.
Vgl. 0. Tantalos 1 unter Lokale Verbrei-
tung 6, Identifikationen 1 und Kern der
Sage. [Willy Scheuer.]
Tanii8 s. Tanaos u. Tanos.
Taphios i^Tdcpiog), Variante von Tdrpog und
den Felsen; T. trägt hier das lo wie dieser in der Genealogie schwankend,
Bühnenkostüm der Könige und Oikist und Eponymos der echinadischen Insel
Taphos: er ist Sohn des Poseidon und der von
diesem auf die Echinades entführten Hippothoe
(s. d. nr. 6), Äpollod. 2, 4, 5, 2. Tzetz. zu Ly-
kophr. 932. Schol. Hesiod. Scut. 11 {Foet. Minor.
Graeci ed. Gaisford 2, 611). Des Taphios Sohn
ist Pterela(o)B (s. d.), Apollod. 2, 4, 6, 3. Tzetz.
a. a 0., während bei Herodor (F. H. G. 2, 281)
im Schol. Apoll. Bhod. das Verhä.ltni8 gerade
erhebt angstvoll schauend die
Linke gegen den Felfe, wäh-
rend die Rechte das Szepter
führt; vg\.Jahn, Vasenkatalog
S. 273 ff., Furtwängler-h'eich-
hold;Vasenmal. 1 S. 46 if. Taf. 10
(8. Sp. 84, Abb. 2). Vasen ähn-
licher Provenienz bieten an
dieser Stelle anstatt des T. die 20 umgekehrt ist: Taphios ist (neben Teleboas)
Danaiden, vgl. Aug. Winkler,
Darstellungen der Unterwelt
auf unteritalischen Vasen 1888
= Bresl. Phil. Abh. 3, 5 S. 38
und 46. Dagegen erscheint der dürstende T.
auf dem einen Seitenrelief des vatikanischen
Sarkophags des Protesilaos, T. sucht hier mit
den Händen die ewig fliehenden Wogen seinen
Lippen zu nähern; vgl. E. Qu. Visconti, Museo
Sohn des Pterelaos. Noch anders sind die An-
gaben in der Hypothes. 4, 5 zu Hesiod. Scut.
(p. 270, 43 272, 46): Taphios — hier ausdrück-
lich von Taphos geschieden — ist Sohn des
Pterelaos (vgl. Pterelaos u. Taphos) ; vgl. Gruppe.,
Gr. Myth. 478, 3. Über seine Ansprüche auf
Mykene und seine Teilnahme an dem Zuge
gegen Elektryon s. Apollod. 2, 6, 1. Schol.
Hesiod. Scut. a. a. 0. und die Artikel Amphi-
Pio-Clem. 5 S. 38, Taf. 38 (s. Sp. 83/84, Abb. 3), 30 tryon und Pterelaos. Vgl. Taphos. [Höfer.]
Fr. Inghirami, Galleria Omerica 3 (1836) S. 238 ff.
Taf. 85 und K. 0. Müller, Handbuch d. Arch.
1848' S. 641. Ebenfalls den von Durst ge-
plagten T. bietet eine Gemme aus Achat, vgl.
G. Micali, Storia degli ant. popoli Ital. 3 (1832)
S. 216 und die Monumenti dazu 1833* Taf. 116,
nr. 9 (s. Sp. 85, Abb. 4). Nicht eine Bestra-
fung, sondern wahrscheinlich T. auf Niobe zu-
schreitend im Kreise von Göttern (wohl nach
Taphos {Täcpog), alter König, nach dem das
früher Trilsßoa^ genannte Volk Taqptot benannt
sein soll, Etym. M. 748, 41.) Nach Hypothes.
4. 5 zu Hesiod. Scut. (p. 270, 42. 272, 44 Bzach)
ist Taphos Sohn des Teleboas und Vater des
Pterela(o)8; nach Herodor (F. H. G. 2, 281) im
Schol. Apoll. Bhod. 1, 747 Sohn des Pterelas und
Bruder des Teleboas. Vgl. Taphios. [Höfer.]
Taposiris {TanoGigi?), Beiname der Isis nach
der Tötung der Kinder der Niobe) zeigt die rot- 40 der gleichnamigen Stadt, die ein berühmtes
iigurige Amphora aus Ruvo in Neapel nr. 3246,
vgl. Heydemann , Vasenkatalog S. 558/9. Eine
Statue des T. als Weinschenker im Besitze
des Inderkönigs larchas überliefert uns Philo-
strat. Vit. Apoll 3, 25 ff.; vgl. Stark S. 429/30.
Hauptsächlichste Literatur. Vor allem
das reichhaltige und von mir oft zitierte Werk
von E. Hylen, De Tantalo Upsala 1896, dann
noch B. Stark, Niobe und die Niobiden 1863
Heiligtum und das angebliche Grab des Osiris
besaß, auf einer Inschrift aus Faesulae: Domino
Osiri. Dominae Isidi Taposiri, CLL. 11, 1543.
1544. Dessau, Lnscr. Lat. sei. 4351 f. p. 176.
Auch auf einer Inschrift aus Chaironeia (J. G.
7, 3426), wo man bisher las Uqelccv . . . t^? ocnb
iJsLQicidog Eiaidog., ist wohl mit Erman bei
A. Busch, De Serapide et Iside in Graecia cultis
82 (vgl. 19) tfjg TaTtoasLQLccdog "löidog zu lesen;
bes. S. 426 ff., E. Thraemer, Bergamos 1888, bes. 50 vgl. auch Bev. des etudes grecques 23 (1910),
S. 84 ff. und 0. Gruppe, Griech. Mythologie und
Beligionsgesch. 1906 S. 1877/78. Vgl. auch die Ar-
tikelTantaleios,Tantalide8 und Tantalis.
2) T. der Sohn des Thyestes oder Broteas;
•er war in^Argos begraben. Paus. 2, 22, 3. über
ihn existieren zwei Sagenversionen: Atreus
schlachtet ihn, den Sohn seines Bruders Th.,
nnd setzt ihn diesem als Speise vor, Sen. Thyest.
718. Hygin. fab. 88. 244. 246, oder T. wird als
304. Darnach ist die Bd. 2 Sp. 388, 64 f. mit-
geteilte Inschrift zu korrigieren. [Höfer.]
Tara? (Tagcc?), Hesperide auf der Vase des
Asteas {Miliin, Vases peints 1, 3. Gall. myth.
114, 444. Inghirami, Mon. etc. 5 Taf. 16. Wiener
Vorlegeblätter 8 Taf. 12), H. Heydemann, Vasen-
sammlung des Mus. Naz. zu Neapel 2873 p. 419.
W. Klein, Die griech. Vasen mit Meistersigna-
turen^ 209 nr. 5, Die Vermutung von E. Ger-
«rster Gemahl der Klytaimestra von seinem GO hard , Ges. akad. Abhandl. 1, 66 f., daß HAPA
Vetter Agamemnon ermordet, der dann diese
seine Gattin zu werden zwingt. Eur. Iph. Aul.
1150. Paus. 2, 18, 2. schol. Hom. l 430. Vgl.
Preller-Plew, Griech. Myth. 2^ S. 453 A. 1.
3) T. einer der sieben Söhne des Amphion
und der Niobe, von Apollo getötet. Ovid. metam.
^, 239. Hygiyi. fab. 11 u. a., vgl. Hylen S. 2
A. 6 und Stark S. 73 und 96.
= '''HQa zu lesen sei, entbehrt der Begründung.
[Höfer.]
Taramis, Name eines Gottes oder Beiname
des Juppiter in der unechten Inschrift aus Bri-
tannia (ohne nähere Ortsangabe) : I(ovi) O(ptimo)
M(aximo) Tarami Belatucabro Mogunto Mouno
Deabus Matribus u.s.w., Ephem. Epigr. 7 (1892),
353 nr. 1186. Vgl. Taranis. [Höfer.]
87 Taranis Taranis 88
Taranis, gallischer Gott in den viel orör- Eine Inschrift aus Orgon (Arroud. Arles)
terten Versen bei Lucan. Phars. 1, 444—446: lautet nach AVmer, Revue epigr. du midi 2,
et quibus immitis placatur sanguine diro \ Tett- 259 nr. G43 {Revue celtique 7, 450): OYHBP.Y-
tates horrensque feris altaribus Esus | Et Ta- MAPOC ZlEAE TAPANOOY BPATOYAE KAN-
ranis Seythicae n(m mitfor ara Dianae; der TEM = Vebroumaros dedit Tarano, posuü li-
letzte Vers auch bei Priscian, Inst. Qrammat hem; nach Mowat, Bullet, epigr. (3, 297 (vgl.
17, 132. 18, 206 (= Orammat. Lat. ed. Keü 8, Rev. arch 1887, 1, 122. C. I. L. 12 p. 820 ad
176, 3. 808, 4). Zu den zwei ersten Versen vgl. p. 127) wäre TaQavoov(i) == Taranov(i) zu lesen,
die Paraphrase bei Lactant. Inst. div. 1, 21: und diese Form (Taranus) würde auch für iwcan
Galli Esum atque Teutateti humano cruore pla- lo anzunehmen sein; vgl. auch Cerquand, Tara-
eabant. Die gut {Fröhner, Rev. arch. 1891, 2, nus? ou Taranis7 in Revue celtique 6, 381 flF.
321 f.) unterrichteten 5cÄoKen zu Lukan a. a. 0. Wir hätten hier also einen inschriftlichen Be-
— M. Annaei Lucani Coinmenta Bemetisia ed. leg für die Verehrung des Taranis, -us, wenn
Vaener und hierzu die wichtigen Bemerkungen es sicher wäre, daß eine Dedikation an eine
von Ad. Michaelis: Das Felsrelief am ^pompösen Gottheit vorläge, wie u. a. auch Ihm, Jahrb.
Bronn* bei Lemberg in Jahrb. der Gesellschaft des Vereins von Alterlums freunden im Rhein-
für lothring. Gesch. und Altertumskunde 7, 1 lande 83, 10, 4 annimmt, ebenso Holder, Alt-
(1895), 169 ff. — berichten über diese drei cell. Sprachschatz s. v. Taranus, vgl. aber auch
Götter in doppelter Version: Reinach, Rev. cell. 18, 139, 7 = Cultes 1, 206,
1. Teutates: 20 7: „Rien ne prouve que TAPANOOY, dans cette
a) Teutates Mercurius sie apud Gallos pla- inscriptiön designe le dieu Taranus, ni meme
catur: in plenum semicupium (Trog, Faß) un dieu quelconque."
homo in caput demittiiur, ut ibi suffocetur. Gesicherte Darstellungen der drei von Xwcan
b) Teutates Mars ^sanguine diro^ placatur, genannten Götter besitzen wir nur von Esus,
sive quod proelia numinis eiu^ instinctu der in schriftlich genannt wird auf einer Altar-
administrantur,sive quod Galli antea soliti seite aus Paris neben ^Iovi8^ 'Volcanus* und
ut aliis deis huic quoque homines immolare. der als 'Tarvos Trigaranus' (s. d.) bezeichneten
2. Hesus : Gruppe von drei auf dem Rücken eines Stieres
a) Hesus Mars sie placatur: homo in arbore sitzenden Kranichen; er ist dargestellt als bär-
suspenditur usque donec per cruorefmj so tiger Mann in kurzem aufgeschürzten Rock,
(prae cruore, Usener) membra digesserit der mit einem kurzstieligen Beile einen Baum
b) Hesum Mercurium credunt, si quidem a fällt oder behaut, C. I. L. 13, 3026. Dessau,
merccUoribus colitur. • Inscr. Lat. sei. 4613 •. Hang, Westdeutsche Zeit-
8. Taranis: schrift /'. Gesch. u. Kunst 10 (1891), 152 nr. 197;
a) Taranis Ditis pater hoc modo aput(l) eos abg. V. Duruy, Histoire des Romains 4, 29.
placatur: in alveo ligneo aliquod{^^ homines E. Desjardins, Geographie de la Gaule Romaine
cremantur. 3, 268/9 pl. 11. F. G. Fachtere, Paris ä Vepoque
b) praesidem bdlorum et caelestium deorum Gallo-Romaine pl. 13. E. Esperandieu, Recueil
maximum Taranin lovem adsuetum ölim general des Bas-reliefs de la Gaule Romaine
humanis placari capitibus, nunc vero gau- 40 4 p. 213. S. Reinach, Cultes 1, 234. Repertoire
dere pecorum. de reliefs Grecs et Romains 2, 241. Dieselbe
Wir haben also in den hier angeführten Darstellung des baumfällenden Gottes findet sich
Bemtr Scholien a) die Gleichsetzungen Teuta- auf einem Votivdenkmal aus Trier, das aber
tes- Mercurius, Esus -Mars, Taranis -Dispater, keine weitere Inschrift trägt als eine Weihung
b) die Gleichsetzung Teutates- Mars, Esus-Mer- an den auf der Vorderseite neben einer weib-
curius, Taranis-Juppiter. liehen Gottheit (Rosmerta?) dargestellten Mer-
In den Adnotationes super Lucanum ed. curius, der die Chlamys und die gallische Hals-
loann. Endt (1909), in den Vulgarscholien (ed. kette trägt {Dessau, Inscr. Lat. sei. 4612): der
Karl Fr. Weber, Lucan. Pharsal. 3 p. 71 zu 1, Baumfäller ist bartlos in kurzem Chifon dar-
444) und nach Usener bei Michaelis a. a. 0. 60 gestellt, Lehner, Korrespondenzhlatt der. West-
160, 91 in den Glossen des Papias, sowie in dem deutsch. Zeitschr. f. Gesch. u. Kunst 15 (1896), 37
Kölner Codex 199 {Phil. Joffe u. W. Wattenbach, Fig. 2. Arch. Anz. 12 (1897), 17 Fig. 6. Reinachy
Ecclesiae Metropolitan. Colon. Codices manu- Cultes 1, 237. Revue celtique 18, 256 Fig. 4.
scripti p. 140): Teutates id est Mercurius, unde Bonner Jahrbücher 100 (1896), 209 Fig. 29. F.
Teuconici [\ege: Teutonici]. Esus id est Mars. Hettner, Illustrierter Führer durch d.Provinzial-
Tharanis luppiter. Hi omnes in Teutonicis par- museum in Trier (1903) S. 27 nr. 31. Die Dar-
tibus colebantur a taranu {?). Ut feria teutonice Stellung auf dem Trierer Denkmal spricht da-
d»c»twr[!]) wird die Gleichsetzung Teutates-Mer- für, in dem Baumfäller den Esus, der als sol-
curius, Esus-Mars, Taranis-Juppiter gegeben. eher auf dem Pariser Denkmal inschriftlich
Daß Lucan von gallischen Göttern spricht, 60 genannt ist, zu erkennen, Lehner a. a. 0. 43 f.;
wird allgemein angenommen, nur Ad. Holtz- freilich erscheint es befremdlich, daß die Dedi-
mann, Kelteti und Germanen 83 f. ist der An- kation auf dem Trierer Stein den Mercurius
sieht, daß es sich um germanische Gottheiten nennt, mit dem Lehner nach der 3. Berner
handele, da Lucan mit denjenigen Stämmen, Glosse den Esus identifiziert, daß auf ein und
bei denen Teutates usw. verehrt würde, Ger- demselben Denkmal derselbe Grott, ganz verschie-
manen meine. Eine Bestätigung seiner Ansicht den, einmal in der gewöhnlichen Bildung des
würde Holtzmann in den oben angeführten Merkur und als solcher inschriftlich bezeichnet,.
Worten des Kölner Codex gefunden haben. das andere Mal als Holzfäller erscheinen sollte,.
S9 Taranis Taranis 90
s.Eeinach^Cultes 1, 210. 245 f. Ihm bei Pauly- setzung mit Juppiter ergeben, freilich mit der
Wissoiva s. V. Esus ()95. Lehner sucht dies von Ä. liieae, Westdeutsche Zeitschr. 17 (1898), 6
folgendermaßen zu erklären: „Esus ist die gal- (vgl. auch 1)' Anbots de Jubainville, Les Druides
lische Personifikation der speziellen Eigen- et les dieux celtiqucs ä forme d'animaux 66)
Schäften des Merkur, welche ihn dem Kauf- betonten Einschränkung, daß man die antiken
mann verehrungswürdig machten, eine Perso- Identifikationen nicht zu ernst nehmen und
nifikation, welche auf dem Trierer Denkmal namentlich nicht darüber streiten dürfte, ob
erklärend zu dem in offiziellen Formen gehal- ein gallischer Gott diesem oder jenem römi-
tenen Hauptbild hinzutritt, während sie auf sehen Ootte ausschließlich entspreche; oft
dem Pariser Denkmal eben einfach den Hau- lo würde es sich treffen, daß er mehreren teil-
delsgott der Gallier darstellt." Nach Lehner weise entspreche, da sein Wesen für Identifi-
wäre also Esus — (dessen Namen das Schol. kation mit mehreren römischen Göttern Ver-
Luc. 1, 445 bei Weber &.&.O. 3 p. 72 ableitet gleichspunkte biete. Der Name des Gottes
ab edendo, quia homines comedit, während Taranis — nach Ad. Holtzmann, Deutsche Myth.
nach S. Bugge, Bhein. Mus. 40 [1885], 473 if. 127 f. (vgl. 57) und Alex. Bertrand, Nos ori-
Esus sprachlich, aber nicht inhaltlich, mit ital. gines: La r'eh'gion des Gaulois, les Druides et
aisu-s, esu s, etrusk. Erus [Sonnengott] iden- le Druidisme 350 Anm. 1 wäre es eine Göttin
tisch ist, und Holtzinann, Deutsche Mi/thoLTOt., — würde also, vom gallischen ^taran' abge-
der in Esus den Mars sieht, den Namen von leitet, den Gott des Donners und Blitzes be-
goth. hairus = 'Schwert' ableitet; noch an- 20 zeichnen, Zeuß, Grammatica Celtica^ Sl. J. G^
dere Ableitungen vom ahd. her = splendens; Cuno, Vorgeschichte Borns 1: Die Kelten 185
goth. häis (haiza = Lampas) bei Zeuß, Die und Anm. 2. Zeuß, Die Deutschen und die
Deutschen und die Nachbarstämme 32; oder Nachbarstämme 32. Holder, Altcelt. Sprach-
von irisch 'aos', gesprochen 'aes' = 'Feuer, schätz 1728 s. v. Taranis (auch der Name des^
Sonne, Gott' bei /. G. Cuno, Vorgeschichte Borns Nebenflusses der Garumna, Taranis, und der
1: Die Kelten 123; der Name des Gottes Esus Personenname Taranis [C 7. -L. 3, 74373- p. 1342]
begegnet auch in Personennamen, wie Esuvius, gehören zu demselben Stammel D'Arbois de
Esubius, d'Arbois de Jubainville, Les noms JubainviUe, Le cycle mythol. irlandais et Ja
Gaulois chez Caesar 63) — eine spezielle Form mythol. celtique 379. A. de Barthelemy bei A.
des Merkur: der Handelsgott und Schützer 30 Bertrand, Bev. arch. 1880, 2, 79 Anm. 2. Bei-
vor allem des Handels zu Wasser; vgl. auch nach, Antiquites nationales 2 (Bronzes figures^
Mommsen, Böm. Gesch. 5*, 95 und Anm. 1. de la Gaule Bomaine) 165. Gaidoz, Bev. arcn.
Eine gewisse Bestätigung erhalten die in 1885, 2 178 Anm. 1 = Etudes de myth. Gaul. 1,
den 2. Berner Glossen angeföhrten Identifika- 98 Anm. 1. Michaelis ?b. 2^.0. Idi. 'S a,ch Hirsch-
Honen Esus-Mercurius, Teutates-Mars, Taranis- feld, Westdeutsche Zeitschr. 8 (1889), 136 würde
Jupiter dadurch, daß wir auf Grund des in- dem keltischen Donnergotte Taranis der Jup-
sehriftlichen Materials in der Lage sind, die piter Fulgur Fulmen einer Inschrift von Vieniia
Gleichsetzung Teutates-Mars als richtig anzu- (C /. L. 12, 1807. Dessau, Inscr. Lat. sei. 3053)
erkennen, wodurch auch die beiden anderen entsprechen. Als Taranis wollte Fei. Hettner,
Gleichsetzungen an Wahrscheinlichkeit ge- 40 Die römisch. Steindeyikm. d. Brovinzialmuseums
winnen. Teutates begegnet mit Wechsel des zu Trier 30 zu nr. 40 d den sogenannten 'Jup-
Lautes eu zu ou, wie neben dem keltischen piter mit dem Sonnenrade' (vgl. Gaidoz, Ler
Mars Leucetius der Mars Loucetius steht (vgl. dieu Gaulois du sokil et le symbolisme de la rone
Zeuß, Gramm. Celt.^ 34 f. Ihm, MatronenkuUus in Etud. a. a. 0. 1 ff.) deuten. Mit größerem
in Jahrbuch, des Vereins von Altertumsfreundeyi Rechte nimmt Leimer a. a. 0. 44, 17 für den
im BheinlandeSS, 19), in mehreren Inschriften; in der 3. Berner Glosse als 'praeses bellorum
so ist Toutates Beiname des Mars auf zwei et caelestium deorum maximus' bezeichnete n
britannischen Inschriften : Marti Toiitati {CLL. Taranis die sich öfter findende Darstellung des
7,84. Dessau, Inscr. Lat. sei. 4540). Deo Marti Gigantenreiters in Anspruch, der ja sicher =
Jjito^i CociV^iO (^pÄe?/?. J5^p^^r. 3, 128 ad nr. 335. 50 Juppiter ist und den Donnerkeil oder eite
Westdeutsche Zeitschr. 17 [1898], 21), auf einer äquivalente Waffe führte.
Inschrift aur Seckau in Noricum: Marti La- Nach Bericht von S. Beinach, Antiquites
tobio Harmogio Toutati Sinati [C. I. L. 3, 5320 nationales 2 (= Bronzes figures) 159 und Gaidoz,
vgl. 3, S. 11721 p. 1834. Dessau 4566), und auf Bevue celtique 5, 229 f. hat Cerquand in dem
einer Inschrift aus Rom (Weihung eines ger- Aufsatz Taranis Lithobole in Memoires de V
manischen Reiters) begegnet Toutates, wie es Academie de Vaucluse 1880 (vgl. auch Bev. celt.
scheint, als selbständiger Gottesname: Peti- 6, 417) den Taranis als eine indo-europäische
ganus Placidus ToKtati Medurini Votum solvet{l) Gottheit gedeutet, als einen Steinschleuderer
anniversarium, CLL. 6, 31182. Dessa?-« 4691; und zugleich als einen Hammerschmied {hme
vgl. Henzen, Annali 1885, 290 nr. 39 (Zusam- 60 divinite indo-europeenne, un lanceur de pierres
menhang mit der im Itinerar. Antonin. p. 276 en meme temps qrCun marteleur''). In einem
erwähnten Statio 'Tutatione'). Dessm* bemerkt: zweiten Aufsatz ^ Taranis et Thor^ in Bev. celt.
^Medurini, fortasse nomen vel agnomen dei\ 6, 41 7 ff. 10, 265 ff. 385 fiP. sucht Cerquand nsich-
Gehört der Name vielleicht zu demselben zuweisen, ^que Taranis est le prototype de Thor,
Stamme wie der der keltisch -germanischen et que le dieu scandinave est un emprunt ä la
Göttin Meduna (s. d.)? Darnach würde sich Mythologie gauloise\
für Taranis, wie mit Lehner a. a. 0. 44 u. Micha- Zu Taranis hat man den Juppiterbeinamen
elis a. a. 0. 161 anzunehmen ist, die Gleich- einer Inschrift aus Chester: /. 0. M. Tanaro —
91 Tarantaios Taras 92
80, nicht Tarano, wie manche (z. B. jyArhois denden Flüßchens und der Stadt selbst {Paus,
de Jubainville, Le cycle myihoh irlandais, Pr^- 10, 10, 8: Tapavra xbv rjQO) noasiSd)v6s cpocöt
face VI) früher lasen, lautet der Beiname, Gai— xal inixoiQiocs vvfi(pr]g Tcdida slvai^ änb 8h to-ö
doe, Rev. arch. 1885, 2, 177 = Etudes de myth. ijgtoos tsd'f^vcci, rä öv6iiaTa r^ n6Xsi rs xul tm
GatUoise 1^91; Tgl. t^Mch K.MüUenho/f, Deutsche norafio}. Stat. süv. 1, 1, 103. Serv. ad Verg.
Altertumskunde 8, 186** — (C. /. L. 7, 168. Aen. 3, 561), Sohn des Poseidon und einer
Dessau 4622) gestellt und beide Namen für einheimischen Nymphe {Paus. a. a. 0. Aristot.
identisch = 'Donar, Thunar, Donnergott', er- fr. 590 Rose. F. H. Gr. 2, 174, 232), oder des
khlrt, Holtzmann a. a. 0. 56. j. Grimm, Deutsche Poseidon und der Nymphe Satyra, der Ep-
Myih. 1*, 140. 2*, Vorrede XXIII. 8*, 63 (Nach- lO onyme des tarentinischen Ortes Satyrion, wie
trag tu 1, 140). Much, Zeitschr. f. deutsches Busolt {Gr. Gesch.* 406 A. 1) die hierauf sich
Altertum 35 (18i)l), 872 f. Michaelis a. a. 0. 162. beziehende Stelle interpretiert {Peter, Fr. IL P.
CamiUe Jullian, Histoire de la Gaule 2, 124 1 p. 104. Prohus ad Verg. Georg. 2, 176. Verg.
(vgl. 125, 8. 127); vgl. auch Alex. Bertrand, Aen. 7, 801. Diod. 8, 21. Steph. Byz. s.v. lla-
Nos origines; La religion des Gaulois, les Dru- xvqiov), oder Sohn des Herakles {Interpol. Serv.
ides et le Druidisme 331, 2. Vielleicht gehören ad Verg. Aen. 3, 651; vgl. Gruppe, Gr. Myth.
auch Taranucnus (s. d.) und Taranucus (s. d.) S. 372), Gemahl der Minostochter Satyra (Sa-
hierher. Vgl. d. Art. Tanarus. tura) nach Prohus ad Verg. Georg. 2, 176. Das
Gegenüber der weit verbreiteten Ansicht, Bild dieses Heros, der auf dem Delphin reitet
daß Teutates, Esus und Taranis eine von allen 20 und einen Fisch oder sonstige Attribute in
Kelten verehrte Dreiheit gebildet hätten {A. den Händen trägt, erscheint (nach Aristot. fr.
Bertrand, Rev. arch. 1880, 2, 79 fif. Comptes 590 JR: s.o. Bd. 3 Sp. 2239, 55 ff.) seit Beginn der
rendus de Vacad. des inscr. 1887, 448. Desjar- Münzprägung mit der Beischrift Tägag^ die
dins a. a. 0. 2, 513. 8, 294 ff. 266. Roget de ebenso gut den Reiter wie die Stadt bezeichnen
Beüoguet, Ethnogenie gauloise 3, 146. Martin, kann, auf den Münzen Tarents. Nach Paus.
Rev. arch. 1880, 2, 239 ff. 0. Hirschfeld, Westd. 10, 10, 8 muß Taras für den Gründer der Stadt
Zeitschr. 8 (1889), 136. Friedländer, Darstell. gegolten haben; anders läßt sich die Ablei-
aus der Sittengesch. Roms 4*, 154; vgl. auch tung des Fluß- und Stadtnamens von dem des
üsener, Rhein. Mus. ö8 [1903], 31) betont Rei- T. dort nicht erklären. Diese Übereinstimmung
nach, Revue celtique 1897, 137 ff. (bes. 149) := so des Namens der Stadt mit dem des Flusses
CuUes 1, 204 ff. (bes. 216): Lucan spricht nicht findet sich in diesen und den nahen sizilischen
von pankeltischen Göttern, sondern von Völkern, Gegenden nicht vereinzelt; ich erinnere nur
die zwischen Seine und Loire saßen, also auch an Siris, Sybaris, Himera, was zweimal gleich
nur von den Spezialgöttern dieser Völker; es vorkommt, Gela, Helorus, Akragas. Doehle
ist unerwiesen, daß "die drei genannten Götter {Gesch. Tarents, Prg. d. Straßburg. Lyc. 1877,
eine Dreiheit gebildet oder spezifisch drui- 20 f) n. Curtius {Grundzüge der griech. Etymo-
dischen Charakter gehabt hätten; sie sind nur logie S. 221) erklären den Namen für eine
Lokalgötter der obengenannten Völker, Esus Partizipialbildung mit der Bedeutung ^ der Über-
vielleicht der Parisii (oder besser vielleicht schreiter', als ein Epitheton des Gottes, zu dem
der Esuvii, Ihm a. a. 0.). [Höfer.] 40 Taras in enge verwandtschaftliche Beziehung
Tarantaios {Tagccvralog), Beiname des in gesetzt wurde, also des Poseidon. Jedoch steht
der bithypischen Stadt Tarantos verehrten Zeus, fest, daß der bekannte Münztypus von Tarent
Demosth. Bithyn. bei Steph. Byz. s. v. Tccgccs erst kurz vor Aristoteles {Pollux 9, 8 = Aristot.
(p. 603, 13 M.). Anonym. Ambros. in Anecdot. /r. 590 i?.) infolge gesuchter Deutung des Namens
var. Graec. et Lat. ed. Schoell - Studetnund 1, Tagccg als Abbildung des Eponymos gedeutet
265 nr. 100. Anonym. Laurent, ebenda 1, 267 worden ist, während man früher in dem Del-
nr. 88. [Höfer.] phinreiter den sagenhaften Oikistes Tarents
Taranucnus, keltisch-germanischer Gott auf Phalanthos (s. Art. Phalanthos Bd. 3, 2 Sp. 2239.
einer Inschrift aus der Nähe von Boeckingen : J5MSoZt S. 406) erblickte. Element {Arion^. 25 {.;
Deo Taranucno, Brambach, Inscr. Rhen. 1589. 50 56 ff.) schlägt dagegen den umgekehrten Weg
C. I. L. 13, 6478. Dessau, Inscr. Lat. sei. 4624. ein. Dafür, daß nach der Auffassung der Alten
Ferd. Haug und Sixt, Die röm. Inschriften und Phalanthos zu dem Delphin in Beziehung ge-
Bildwerke Württembergs: 2. Auflage von Haug setzt wurde, spricht der Umstand, daß nach
wid Gößler S. 531 nr. 372, wo S. 532 der Bei- Paus. 10, 13, 10: Tagavtlvoi 8s xat äXlriv 8b-
name vom keltischen taran ^Donner' und cnos xarrjv ig ^sltpovg änb ßaQßdgoiv TIsvKSTlav
'Sohn' abgeleitet und als 'Donnersohn', 'Donner- dcnsartiXccv tixvr^ ^hv ta &va%-ri^ata 'Ovdra
geborener' abgeleitet wird; auf einer Inschrift tov Aiyivrixov . . . elxovsg 8h xal ns^cbv xal
aus Godramstein bei Landau: Deo Aranucno InTticov, ßccöLXBvg'lanvyoav^SlTCig i'jxav tolg Ubv-
{laranucno), CLL. 13, 6094. Dessau 4625; v-f-xioig ovinLcc%og. ovxog yihv 8i]st-Ka6xui TsQ-vEäTL
vgl. d'Arbois de Jubainville, Le cycle myth. 60 iv xfj fidxVi ^'^ ^* ccvxm xsiiiiva icpsoxriyi.6xsg ö
irlatidais et la myth. celtique 380 Anm. 1. Vgl. ij'cxö? Tag ag icxl xal ^üXocv^og 6 ix Aaxt8cxl-
Tanarus, Turanis, Taranucus. [Höfer.] ^ovog, xccl ov nöggco xov ^aX. 8sX(pig- nglv ydg
Tarauucus, Beiname des Juppiter auf einer 8r] ig 'ixaXLccv cccpLxtad'ai vavayia xs iv tw nt-
Inschrift aus Scardona (Dalmatien): lovi Ta- XccysL xm Kgiaaia xbv ^ccX. xQ^golg^ul xui vnb
ranuco, C. I. L. 3, 2804. Dessau, Inscr. Lat. sei. SsXcptvog ixuoiLiGd-rivcii cpaciv ig xijv yfjv (vgl.
4623. Vgl. Tanarus, Taranis, Taranucnus. [Höfer.] ob. B. 3 Sp. 2239) ausdrücklich auf dem Weih-
Taras {Tdgag, Tdgavxog), ein Heros, Ep- geschenke Taras neben Phalanthos erwähnt
onymos des östlich von Tarent ins Meer mün- wird, zu diesem aber der Zusatz tritt: ov
93 Taras Taras 94
■noQQOi tov i*aXävd-ov ätlcpig. Und zwar wird scheu Melkart zu erblicken (Keller S. 220), das
die Vereiui<^uu^ des Ph. mit dem Deli)hin da- Stadtköni^ bedeutet; dazu stimmt auch, daß
mit motiviert, daß jener im krisüischen Meer- dieser auf Münzen von Tyrus auf dem See-
busen Schiffbruch erlitten habe und von einem pferd reitet. Scheiff'ele bei Pauly {lieal-E.
Delphin ans Land getragen worden sei. [Vgl. Taras) erklärt ähnlich den Delphin als Hym-
auch die Sage von dem aus dem lykischen bol der Seestädte (vgl. v. Wilamouüz, Berl.
Patara stammenden Icadius {EUädiog), der bei Akad. 1906. 63; 75. Gruppe, Griech. Myth. 260,
einem Schiffbruch im krisüischen Busen eben- A. 7; 1202; 1227 f.). Wie aber Melkart, der
falls von einem Delphin gerettet und Delphi ursprüngliche Baal, von den Griechen gewöhn-
gegründet haben soll, nach Serv. z. Verg. Aen. lO lieh dem Sonnengotte gleich gesetzt wurde
a, 332; vgl. Moscher, Omphalos 108.] Die und der tarentinische Delphinreiter zuweilen
gleiche wunderbare Kettung wird durca Pro- Pfeil und Bogen führt, so ließe sich die Ver-
bus {Verg. Georg. 2, 176) von dem Sohne des wandtschaft des Taras mit Herakles erklären.
Taras und der Nymphe Satyria erzählt. Ein Doch scheint es, daß unter dem Einflüsse von
neues Moment tritt hinzu bei der Sage von Sparta, wo Herakles hohe Verehrung genoß,
der wunderbaren Rettung Arions: die Musik- Taras zum Sohne des Herakles wurde; man
liebe dieser Tiere (0. Keller, Tiere des Jclass. denke an den Namen der tarentinischen Kolonie
Altert. I S. 212), die Lorentz (de Tar. or. p. 17) Heraklea. Daher mußte der mythische Grün-
für das Wesentlichste bei dieser Sage hält; er der der Stadt ein Sohn des vornehmsten Got-
glaubt, daß Arion für den Poseidon eingesetzt 20 tes neben Poseidon werden. Aus Dankbarkeit
worden ist, dessen Fahrt von Tainaron nach gegen Poseidon, unter dessen Auspizien Tarent
Tarent er besungen hat. Näher aberliegt es, gegründet worden war, wurde jener zum Schutz-
unter Arion eine Hypostase des ApoUon zu gott der Stadt erhoben, und weil die Kolo-
fiuchen (vgl. auch Malten, Berl. Philolog. Wschr. nisten über das Meer gekommen waren, so
1910, 332 ff.), ähnlich der Erklärung des Namens stellte man den Gott der Siedelung auf dem
Hesiod (Gruppe S. 167; 1227). Nach Ersch u. Delphin reitend dar, wobei man, ohne die Be-
Gruber (Art. Phalanihos) ist der Arion-Mythua deutung zu verdunkeln, den Dreizack des Got-
in der Weise entstanden, daß A. auf Taras tes weglassen konnte. Mit der Zeit entstand
ein Lied gedichtet hat, dessen poetischer In- aus dieser Darstellung ein Symbol, das Wap-
halt später durch Mißverstand und Deutelust 3o pen der Stadt. Und als sich aus den Beinamen
auf Arion selbst bezogen worden ist; einer des Gottes die Heroen Taras und Phalanthos
Widerlegung dieser Ansicht bedarf es wohl entwickelt hatten, bemächtigte sich naturge-
nicht. Daß die historischen Beziehungen, die maß die Fabelei dieses Symbols, machte den
an Phalanthos geknüpft werden (vgl. Ersch Reiter zum Gründer der Stadt und besang das
«. Gruhcr), in ein Nichts zerrinnen, ist von Attribut des Gottes, den Delphin, als den Ret-
Busolt (407 A.) und Boehle (S. 13 f.) erwiesen; ter des auf dem Meere gescheiterten Gründers,
so bleibt er eine mythische Figur. Der Name Wie weit dabei orientalische Einflüsse in Frage
stellt eine alte Bezeichnung des Poseidon dar; kommen, läßt sich nicht im einzelnen nach-
Doehle (S. 13 f.) erklärt ihn aus der Wurzel weisen. Der Streitpunkt aber, ob die Sage
<pccX- gleich cpaXriQOs, TtoXiog und stellt ihn 40 eher den Phalanthos oder den Taras zur Gel-
neben die andern Epitheta Aigeus, Glaukos tung gebracht hat, ist ohne Bedeutung; beide
(vgl. Studniczka, Kyrene S. 185 f. Keller S. 219). sind nur Hypostasen desselben Gottes und
Bezeichnet nun Ph. den Meergott selbst, so lassen sich teilweise im Mythus nicht mehr
liaben wir unter Taras denselben Gott zu su- voneinander trennen. Der Delphin gehört zu
chen. Lorentz (a.a.O. p. 4; de rel. sacr. vet beiden, nicht zu Ph. allein, wie Paus. 10, 13,
Tar. p. 16) erblickt in T. nur den Flußgott 10 die Sage berichtigen wollte,
(vgl. Studniczka S. 179). Doch geht aus dem Die Darstellungen des Taras auf dem Delphin
Namen Taras hervor, daß der Kult übers Meer gehen zurück auf ein Kultbild des Poseidon,
gekommen ist. Wir haben auf den Münzen das nach Probus (ad Verg. Georg. 2, 176) in
eben nicht den Phalanthos zu erblicken oder 50 municipio Tarentinorum gestanden haben soll
den Taras, sondern das Symbol des Poseidon (Klement S. 59 ff.). Es erinnert dies an die
von Tarent, des sacer custos Tarenti; unter gleiche Darstellung des Arion in Tainaron
beiden Bezeichnungen gleich bekannt, der (Paus. 3, 25, 7) und des Poseidon in Thera
glückliche Meerfahrt verleiht. Ga^ig (Nereiden (Herodot 1, 24:. Aelian.v.h.l2, Ab. Philostr. Imag.
<iuf Seetieren, Diss. Jena 1907, 10 ff.) hat nach- 1, 19), und kein Grund liegt vor, diese An-
gewiesen, daß die Münzbilder von Tarent gleich gaben zu bezweifeln. Eine reiche Ausbeute
der Darstellung des Arion in Tainaron (Paus. von Münzen, meist Didrachmen der Stadt Ta-
3, 25, 7) auf die typische, symbolische Gestalt rent, aber auch aus andern Kultorten des Po-
eines Delphinreiters zurückgehen. Dieser Ty- seidon, als Brundusium, Baletium, Butunti,
pus hat seinen Ursprung in der orientalischen 60 Teate, Paestum zeigen als Symbol den Delphin-
Kunst und ist eine Nachbildung des phöniki- reiter. Auf dem Fische sitzt eine vollständig
sehen Gottes Melkart, der auf dem Delphin nackte männliche Figur, die sich mit der einen
reitet (Klement S. 28), woher sich auch der Hand auf den Rücken des Tieres stützt und
Name Phalanthos erklären ließe. Verbreitet die andere oder auch beide gerade vorwärts-
an den Gestaden des Mittelmeeres entwickelten streckt (Baumeister, Denkm. d. Altert. S. 939,
sich die orientalischen Sagen zu lokalen Mär- Abb. 1026), zuweilen auch seitwärts sitzt (Bau-
chen und Legenden. W^ir haben in Taras und meister S. 355, Abb. 1119). Auf den Münzen
Phalanthos lokale Niederschläge des phöniki- von Tarent findet sich stets die Inschrift Ta^ag.
95
Taras
Taraskos
96
Femer hält der Jüngling in der Regel den
Dreizack in seiner Rechten. Diese Darstel-
lungen lehnen sich an «solche auf sardiuischen
Skarabäen eng an (vgl. Furtwängler, Gemmen 1,
Taf. 16, 86; 89), auf denen ebenfalls ein jugend-
licher Aleergott auf einem Seepferd oder Del-
phin reitend abgebildet ist, einen Fi^ch oder
den Dreizack {Welcher , KL Sehr. 1, 89) in den
Händen (vgl. Gang S. 11). Daneben kommen
aber auch tarentinische Münzen vor, auf denen
der Gott jeglichen Attributes entbehrt. Dies
ist ebenso zu erklären, wie wenn Poseidon
ohne den Dreizack erscheint, z. B. auf Vasen
(Petersburg nr. 221; 1531. München nr. 1236.
Berlin nr. 1979. Dresden nr. 27) und Münzen
'Tams' »nf Tarentiner Münzen (nach Catalogue of the greek
coins in the BritUh Museum, Itdty p. 165, 169, 184).
{Mionnet, Suppl. 5, 312). Der Delphin gehört
ursprünglich als Attribut nur dem Poseidon
an und ist erst später auf seine Hypostasen
übertragen worden {Paus. 2, 2, 8; 31, 1; 10,
36, 8. Pottier 2, F. 145. Overheck, Kunstmythol.
2, 2, S. 240; 219); neben ihm reiten noch an-
dere Meergötter auf Seetieren, wie Melikertes
(Korinth. Pindkes d. Berl. Samml. nr. 779),
Ne>eus (Gerhard, A. V. Taf. 8). Zuweilen ist
Taras abgebildet, wie er auf dem Delphin sitzt
und mit dem Dreizack einen daneben schwim-
menden Fisch harpuniert {Kat. d. Brit. Mus. 3,
C. 8. Keller a. a. 0. S. 222 mit Abb. Baumeister
S. 955 = Abb. 1119), oder aber er führt Pfeil
und Bogen wie sein Vater Herakles {Kat. d.
Brit. Miis. 5, C. 15), auf dem Reittier sitzend.
Schließlich hat diese Darstellung des Taras zu
Parodien Anlaß gegeben; haben doch unter-
italische Maler {Jahrb. d. Imt. 1886, S. 307)
statt des Gottes Gestalten der Komödie auf
dem Delphin reiten lassen, und Otfr. Müller
{Dor. 2, 349) sieht mit Recht in dem auf dem
Fische sitzenden Skurren {Tischbein 4, 57) eben-
falls eine Travestie des Mythus von Taras.
Beschrieben und abgebildet finden sich Münzen
mit Darstellungen des Taras bei Carelli, Num.
vet. Ital. Tab. 1 03ff. Berl. Mibizkabinet^ nr. 563 f. ;
673 ff. ; 706 ff. Imhoof -Blumer , Monnaies grecques
{Äbh. d. Niederl. Akad. 14 [1883], 1 ff.). Kat. d.
Brit. Mus. Italy, 165 ff.; Tarentum. Sombon,
Becher-ches sur les monnaies de la presgu'ile
Italique, f&f. 18, nr. 21 ff. Read, Bist. Num.
p. 44 ff.; Taf. r, 1—8, vgl. 1 p. 70; Coins of
the ancicnts Taf. 7, 4—7. Evans, The horsemcn
of Tarentum {^um. Chron. 10 [1889], 1—228).
Vsener, SintfUitsage^i Taf. nr. 15 — 20.
Von dem Weihgeschenke, dem Werke de»
Onatas {Paus. 10, 13, 10), auf dem Phalantho»
neben dem Delphin und Taras zusammen mit
den Helden der Gegenwart gebildet waren^
10 hat sich keine Nachbildung erhalten. Dagegen
muß ein anderes Denkmal, das eine Verherr-
lichung des Poseidon und seines Sohnes Tara»
bezweckte, in einem Heiligtum Tarents seinea
Platz gehabt haben; denn nur einem solchen
Monument der Plastik kann dieses Münzbild
seinen Typus verdanken. Bei Baumeister {Denk-
mäler d. Altert. S. 956) findet sich eine Münze
unter Abb. 1117 abgebildet und beschrieben.
Poseidon ist thronend dargestellt; zu ihm^
20 seinem Vater, hebt der Knabe Taras flehend
seine Arme empor. In der Linken hält der
bärtige Meergott den Dreizack, auf den er sich
gleichzeitig stützt. Die Haartracht des Knaben
ähnelt der des Plutoskindes auf dem Arme der
Eirene; er trägt die Locke über der Stirn, und
um den Leib ist ein Band mit einem Amulett
geschlungen. Als Beizeichen sehen wir rechts
unten noch einen Seestern. Die Inschrift TA-
PANTINßN läßt keinen Zweifel darüber zu„
30 daß wir eine tarentinische Münze, also jeden-
falls die Nachbildung eines sakralen Weih-
geschenkes oder Denkmals vor uns haben. Vgl.
ilbergs Artikel Phalanthos ob. Bd. 3. [Buslepp.j
Taraskos {TaQcc6yi.6s)j ein ungeheurer Drache,
der in der Gegend der nach ihm benannten
Stadt Tarascon (an der Rhone) hauste und
Menschen und Vieh tötete, bis die heilige
Martha, die Schwester der Maria Magdalena
und des Lazarus, in seine Höhle drang, ihn
4ü wunderbarerweise, ohne daß er sich zur Wehr
setzte, an ihrem Gürtel herausführte, so daß^
das Volk ihn töten und zerstückeln konnte:
Htabanus Maurus, De vita beatae Mariae Macj-
dalenae et sororis eius sanctae Marfhae 40 bei
Migne, Pairol. Ser. Lat 112 p. 1497; vgl. Acta^
Sanctorum Mens. lul. Tom. 7 p. llC (vgl. 6A).
Cerquand, Revue celtique 6, 424 f. E. Maaß,
Jahreshefte d. österr. arch. Inst. 9 (1906), 169 ff.
Nach Fr. Mistral, Dictionnaire Provengal- Fran-
ko gais 2, 956 s. v, Tarasco wäre der (oder viel-
mehr die [als Femininum aufgefaßte]) Taraskos
ursprünglich eine vor dem Eindringen des
Christentums in der Provence verehrte Gott-
heit gewesen. Die Erinnerung an das von der
heiligen Martha bezwungene Ungeheuer ist
noch heute in Tarascon lebendig, wo am St.
Marthafeste an der Spitze der Prozession ein
ungeheueres Abbild der Taraskos (la Tarasque)
geführt wird, die von einem Mädchen an einem
60 seidenen Gürtel festgehalten wird, Maaß a. a. 0.
171 ff. (8. auch die Abbildung ebenda). P. Jo-
anne, Dictionnaire geogr. et administr. de la
France 7, 4775 f. s. v. Tarascon. P. Larousse,
Grand dictionnaire universel du XIX. siede 14,
1469 s. V. Tarasque. Mistral, Mireio (deutsch
von Dor ieux- Brotbeck) p. 176^ 264 f. /. Oiar-
les-Roux, Sainte Marthe et la Tarasque in U-
gendes de Provence 85 ff. [Höfer.]
97 Taraxandra Taraxippos 98
Taraxaudra {Tagce^ccv^QO), Name einer Si- Theben empfing, vergraben habe, um die Rosse
bylle, Clrni. Alex. Strom. 1, 21, 132, 3 (p. 82, des üinomaoa zum Durchgehen zu bringen, und
18 Stälilin=i^. 39'J Potter = p. H68 Mvjne)^ dieses wirke noch immer (über das Vergraben
und zwar entweder der phrygischen, Suid. s. v. von Zaubermitteln s. JJio Chrysost. 32, p, 673 B).
ZißvlXa (pQvyia (p. 740, 8 Beruh.). Kudocia So wird dem Pelops selber der Beiname Ta-
8«3 (p. ^14^ Flach) oder der kumäischen, Schol. raxippos zugelegt {Hesych. TocQÜ^iitno?, ovroig
Plat. l'haedr. 2i'^B(-p.270 Herrn.); v^lCÄlexan- vn ivioiv TltXorp iarogtlTai, ov raqpog iv 'OXvfi-
dre, Excnrsus ad Sihyllina 29, 32. Bauche- nia), obgleich sein Grab sich weder im Hippo-
Leclercq, Hist. de la divination dans Vant. 2, drome befand, noch auch im Stadion, wohin
174. E. Maaß, De Sibyllarum indicibus 39 f. lo es Schol. vet. Find. Ol. 1, 149 f. verlegt, sou-
[Höfer.] dem im Pelopion, dem heiligen, durch einen
Taraxloii {Taga^lcov), Sohn des MccraioyBvrig, ansehnlichen Kult ausgezeichneten Bezirke
Traumgott und Satrap des Hypnos, Luc. v. h. dieses Helden in der Altis. JJio Chrysost.
2, 33. W. H. Röscher, Ephialtes {Ahhandl. d. 32, 691 R. ^ativ'OXv^nlccöi xccxä ^Liaov xov inno-
Kgl. Sachs. Gesellsch. d. Wiss. 20, 2) S. 25, 55, 8qo{lov Tagoclimiov UoasiäMvog ßa^iog, h&cc
5. 52, 149. S. 67, 203. G. Ettig, Acheruntica ^iccXiGTa ow^ßocivs xovg innovg Tcroslad-aL xai
= Leipziger Studien 13, 362 Anm. 2. Pott, TtltlGta ÖLcccp^tigiod'ai, rtbv üq(iccto}v. Anthol.
Kuhns Zeitschrift 9 (1860), 195. [Höfer.] Pal 14, 4. Vgl., außer der Hauptstelle Paus.
Taraxippos {Tccgd^LTCTiog, d. i. inntov xccqa- 6, 20, 15, Lycophr. AI. 42ff. : Kqovov ticcq^ al-
xTTjs Lykophr. AI. 43, xibv inncov det^icc Paus. 20 Ttvv öx^ov., ^vd-a yriysvovg iTtncov rapaxrr^'?
6, 20, 15), ein Schreckgespenst der Pferde ins- ^gxiv ' lexivov xdcpog. Dazu Tzetzes: riyccvxog
besondere in den Rennbahnen zu Olympia {AI- Ss vlbg "l6%Evog. Xi^iov 81 ysyovöxog idö^ri
kiphron 3, 62 6 hlg xiov 'OXv^iniaai ßccöxdvav) xQV^l^^Si M ^*' <^^^«S Xvd'f]vca xöv Xi^iov^ hl
und auf dem Isthmos. ^7) xöav tvysv&v xvd^fj xig. ndvxojv xoivvv &7to-
1. In der Mitte des Hippodroms von Olym- gov^itvcov fid-eXriösv 6 " lo^svog xvd-fjvaL, ov xai
pia, bei dem Durchgang aus der größeren — xvd-ivxog u xdcpog diiv.vvxai Ttegl xov xaXovfisvov
südlichen — Seite, nicht allzuweit von der Kqovov Xocpov nXrielov xov v.aimxfiQog xfjg^OXvfi-
Wendung, stand eine Art runden Altars, bei Tilag, xccl xi^cclg TtXdoxaig ccvxbv iti^cov, yiccd-^
dem die vorbeilaufenden Rosse aus unbekannter j]v jj^iqav ixv^y], xccl dycovcc 6vvl6x(ov Xeyovot
Ursache scheu zu werden pflegten. An dieser 30 dh avxbv TagdliTtnov, insidr] iaxL xccgdaacov Ttal
Stätte hauste der Dämon Taraxippos, und ^ogvßcbv xovg i'miovg dycovi^o^i^vovg. r) ccQQrixay
diesem pflegten die Wagenlenker, um ihn zu xivl xal ccXoya öwd^si r) 8dcpvrig hOxwGrig negl
besänftigen, Opfer darzubringen. Manche sahen xov xdcpov xal asiouivrig avxfig xagdoGeöd-uL
darin ein Heiligtum des Poseidon Hippios oder rot;? inTtovg xy 6v.lu xmv cpvXXcov. Vgl. auch
Taraxippos (wie Poseidon Rosse scheu macht, Schol. Vet.—Ptoleviaeos Hephaest. im 4. Buche
a.b. Eur. Hippol. 1173 ff.; vgl. auch die von seiner nova historia handelte {nach Photios Cod.
Apollon veranlaßte grausige Erscheinung bei 190 p. 481 R.) tcsqI xov iv 'OXv^niu Taga^iit-
Statius Theb. 6, 491 ff.). Andere meinten, dort Ttov kccI xmv MvQtiXoiv Ttaxgbg ^ccl Ttcadög.
liege das Grab (Grab und Altar eins, vgl. Vgl. Knaack, Quaestiones Phaethonteae, Berlin
Bohde, Psyche^ 1, 173, 1) eines Heros, der dies 40 1886, 57 f.; Pollack, Hippodromica, Leipzig
Unheil anrichte, sei es des Ischenos, des Sohnes 1891, 85ff. ; Blümner zu Paus. 6, 20, 15 in
des Gigas, der bei einer Hungersnot einem Bd. 2, 1, 650 ff. der Ausgabe; i^ra^er Bd. 4, 84 f.
Orakel zufolge sich für sein Volk opfern ließ 2. Auf dem Isthmos galt Glaukos, der Sohn
(vgl, Max Mayer, Giganten und Titanen l%^i.\ des Sisyphos, als Taraxippos. Er soll durch
0. CrMs/ws, P/<«7oZ. 49, 1890, 120; 5toZZ, ob. Bd. 2, die Pferde umgekommen sein, als Akastos
Sp. 359) oder des Olenios, eines eingeborenen seinem Vater die Leichenspiele veranstaltete:
Mannes und guten Rosselenkers, von dem auch Paus. 6, 26, 19 ^6x1 8s y,ccl iv Uod-^Ko Tagd-
der Olenische Fels in Elis den Namen hatte ^iTtnog rXccv-nog 6 ZLavq)ov yBviaQ-ai 8s ccvxco
(ob. Bd. 3, 832), oder des Dameon, eines Sohnes xijv xsXsvxijv Xiyovciv vnb iTrntov, oxs "Ay.ci6xog
des Phlius, der an dem Zuge des Herakles 50 xa a^-lcc iO'riy.sv inl xä ticcxql. Vgl. M. Mayer,
gegen Augeias teilnahm und von Kteatos, dem Giganten und Titanen 138. S. oben Bd. 1,
^Sohne des Aktor, samt seinem Pferde getötet 2, 1689 f, —
und mit dem Tiere dort bestattet sein sollte. Das Schreckgespenst Taraxippos ist aus
oder des Alkathoos, eines Sohnes des Porthaon, dem allgemein verbreiteten Aberglauben der
den Oinomaos bei der Bewerbung um Hippo- Pferdelenker (vgl. Lobeck, Agl. 223, Fried-
dameia getötet und dort begraben habe. Auch länder, Sittengesch.^ 2, 309) ebenso erwachsen,
Oinomaos selbst wird als der Unheilstifter an- wie die zahlreichen Altäre im Olympischen
gesehen, oder Myrtilos, dem Pelops dort einen Hippodrome diesem Aberglauben ihre Entste-
leeren Erdhügel errichtet und Opfer darge- hung verdanken. Vgl. Weniger, Die monatliche
bracht, auch den Namen Taraxippos beigelegt 60 Opferung in Olympia 1, Klio 9, 291 ff. nr.48— 61;
haben soll, weil er dem Oinomaos die Rosse dazu die 1915 erscheinende Darstellung der
scheu gemacht habe (vgl. K. Tümpel, ob. Bd, 2, Prozession, In Nemea lag die natürliche Er-
Sp. 3315 ff.). So Pausanias Si.&.O. Schließlich klärung für die schreckhafte Erregung der
führt er die Erzählung eines Ägypters an (Well- Rennpferde offen vor Augen {Paus. 6, 20, 19),
mann, de Istro Callimachio 121, sieht in diesem In Olympia und auf dem Isthmos aber mußten
den Schriftsteller Istros, welcher lange in Alex- dämonische Mächte die Anstifter sein, über
andria gelebt hat), daß Pelops in der Rennbahn deren Persönlichkeit die Ansichten schwankten,
ein Zaubermittel, das er von Amphion aus Wenn die Rennbahn von Delphi, die in der
99
Taraxippos
Tarchetios
100
Krisäischen Ebene lag, keinen Taraxippos be-
8aß, so wird dies von Paus. 10, 37, 4 als etwas
Besonderes erwähnt. Vgl. Bohde, Payche^ 1»
173. — Wie oft Pferde aus unbekannten Ur-
sachen heftig erschrecken und nicht bloß durch-
gehen, sondern auch andere mit fortreißen,
weiß jeder, der mit ihnen zu tun hat. Dazu
kommt der alte Glaube, daß Tiere Erscheinungen
sehen, die den Menschen verborgen sind (z. B.
Od. 16, 162^ die Hunde, 4. Mos. 22, 22 ff. Bileams
Eselin). Über den panischen Schrecken von
Tieren: Bosvher im Artikel 'Pan' ob. Bd. 3, 1,
Sp. 1389. 1399 und in der Abh. EphiaUes, Sachs.
Ges. d. W. 20, 1900, 70 ff. Eifersucht der Ago-
nisten führte zu dem Versuche, durch Bezau-
berung die Rosse der Nebenbuhler scheu zu
machen. Den in Karthago gefundenen Blei-
tufeln mit Beschwörungsformeln in lateinischer
und griechischer Sprache, die von persischem
Aberglauben zeugen, wird ähnliches in vor-
christlicher Zeit entsprochen haben. {Delattre,
Buü.d Corr. Hell 12, 1888, 294 ff.). - Auf einem
neuerdings veröffentlichten altkorinthischen
Pinax steht ein zwergartiger, bartloser Dämon
hinter einem Reiter auf dem Schwanzansatze
seines Pferdes und faßt mit beiden Händen
seinen übertjroßen Phalloa. Ähnlich sitzt in
mons passen. Solche Kobolde trieben auch in
andern Lebenskreison ihr Wesen. So im Töp-
ferhandwerk (vgl. das dem Homer zugeschrie-
bene Gedicht Kä(itvog ?) -ntgcnistg und Pemice
a. a. 0. mit der Abbildung des kleinen Kerls
am Töpferofen) und bei den Müllern der oder
die Eunostos {Lobeck, Agl. 972 und Crusius oben
Bd. 1, 1, Sp. 1406). Auch die Kerkopen lassen
sich vergleichen, welche ja der Sage nach in
10 Affen verwandelt wurden {Seeliger ob. Bd. 2, I,
1) Korinthischer Pinax (nach E. Pernice in der
FeM$chHft für 0. Benndorf S. 78).
dem eingeritzten Bild eines Kruges von Tra-
gliatella {Annali d. 1. 1881 t. L. M. 160 ff. Bull.
1881, 657) hinter einem Reiter eine affenartige
Gestalt; das langgebildete Pferd hat etwas
Störrisches in der Stellung der Vorderbeine.
Man deutet jeden der beiden vielleicht mit
Recht auf einen Taraxippos {E. Pernice, Festschr.
f. Benndorf 1S9S S. 78 f.; Röscher, Abh. d. Sachs.
G. d. W. 20, 1900, 74). Vgl. Horat. Carm. 3, 40
post equitem sedet atra Cura; Goethe, Zahme
Xenien 1 (3, 241 d.Weim. Ausgabe) . . . 'Schimpf
und Schande sitzen hinten auf. Die kobold-
artige Gestalt würde zum Wesen dieses Dä-
20 8) Eingeritzte Zeichnung auf einem Tonkrage
(nach W. ReicAel, UomerUche Waffen^).
Sp. 1170 und allgemein Lobeck de Cobdlis et
Cercopibus, Agl. 1296 ff.). Im deutschen Aber-
glauben ist der Klabautermann der Schiffer
ein ähnlicher Unhold. — Die Wirkung des
Taraxippos kam nicht so sehr bei Reitpferden
als bei Zwei- und Viergespannen zur Geltung.
Daß aber vor allen Heroen und Dämonen dem
80 Poseidon die Macht innewohnte, die Rosse,
welche er belebte, nach seinem Willen auch
scheu zu machen, und daß er daher allerdings
auch seinerseits ein 'Taraxippos' war, leuchtet
ein, und so kann man Pausanias zustimmen,
wenn er T. als Beinamen des Poseidon Hippios
auffaßt. S. E. H. Meyer, ob. Bd. 3, Sp. 2822 ff.
F. Pßster, Der BeliquienkuU i. Altertum {Beli-
gionsgesch. Versuche u. Vorarbeiten v. B. Wünsch
u. L. Beubner) 5, 1912 S. 464, 82 [Weniger.]
40^ Taraxippos erscheint als Epitheton des Po-
seidon bei dem Anonymus Laurentianus in
Anecdota var. Graec. et Lat. ed. Schoell-Stude-
mund 1, 267, lll^^ . — Über Glaukos als Tara-
xippos vgl. E. Maaß, Griechen u. Semiten auf
dem Isthmus von Korinth 139 Anm. 1. [Höfer.]
Tarbelos {TdgßriXog), Vater der auf selten
des Deriades kämpfenden Brüder Thyamis und
Holkasos, der Führer der Kyraier, Nonn. Dionys.
26, 182. B. Koehler, Über die Dionysidka des
50 Nonnos 61. Variante ist Tägßrigog. [Höfer.]
Tarchetios {TaQxhiog). Plut. Born. 2
bietet folgende Erzählung, die er als Variante
der Romuluslegende (zu welcher ich gegen
W. Soltau [Arch. f. Beligionsicissensch. 12, 101
bis 125], der sie unter Vernachlässigung der im
nachfolgenden dargelegten Mythen als Nach-
ahmung der Tyro des Sophokles erweisen will,
im Memnon 3, 2 'Die Romuluslegende' in aller
Kürze die wichtigsten mythischen Parallelen
60 zusammengestellt habe) bezeichnet: Im Hause
des gewalttätigen und ungerechten Albaner-
königs (die Beziehung auf Alba Longa ist wohl
erst nachträglich eingefügt, da ja das Wunder-
kind eben Romulus sein soll) Tarchetios kam aus
dem Herde ein Phallos hervor und war durch
viele Tage zu sehen. Tarchetios erhielt von
dem Orakel der Tethys, das sich in Tyrrhenia
befand, den Spruch, eine Jungfrau aolle sich
101 Tarchetios Tarchetios 102
mit diesem Phallos Legatten (Periandermotiv). Von Zwillingen ist nicht mehr die Rede, und
Das Kind aus dieser Verbindung werde sich der ganze letzte Teil der Tarchetiossage scheint
großen Huhra erwerben. Tarchetios teilte diese entfallen zu sein.
Wahrsagung einer seiner Töchter mit und trug Für das Grundmotiv dieser Sagen haben
ihr auf, sie zu erfüllen. Sie aber verschmähte wir noch ein gewisses Kriterium, wenn wir nach
dies und scliickte eine Dienerin. Als dies Korinth, von wo ja Tarquinius eingewandert
Tarchetios erfuhr, wurde er sehr unwillig und sein soll {Liv. 1, 84, 2), uns zurückwenden. Dort
bestimmte Tochter und Dienerin zum Tode. findet sich in der Periandersage das genaue
Aber Hestia (Vesta) riet ihm im Traume von Gegenstück zu dem italischen Legendenkreis,
seinem Vorhaben ab und folgte den beiden lo Der anfänglich weise Tyrann Periander, der
gefesselten Mädchen einen Webstuhl aus mit Enkel des Ei^'tion, den alle Traditionen und
der Bestimmung, wenn sie ein Gewand (dessen auch die Orakel als 'Adler' {ä[i\kr6g) deuten,
genauere Bezeichnung im Texte des Plutarch erinnert sofort an Tarquin ins (zwischen dem
leider ausgefallen zu sein scheint) darauf fertig Priscus und dem Superbus zu unterscheiden,
gewoben hätten, sollten sie verheiratet werden. halte ich für mythologisch verfehlt; hat man
Aber während sie am Tage woben , trennten doch auch ähnlich zwischen Periander, dem
andere, von Tarchetios hierzu bestellte Mäd- Weisen, und Periander, dem Tyrannen, später
chen des Nachts das Gewebe wieder auf (Pene- zu sondern versucht, vgl. F. H. G. 3, p. 4, 10),
lopemotiv), bis die Dienerin Zwillinge gebar, dem sein Königtum durch einen Adler ver-
die sie einem gewissen Teratios gab, da Tar- 20 kündet wurde {Liv. 1, 34, 8, vgl. übrigens auch
chetios dieselben töten wollte. Teratios brachte die Gordiossage bei Arrian, anab. 2, 3, 3 und
sie in die Nähe des Flusses, w^o eine Wölfin Gordios als Name von Sohn und Bruder des
sie an ihren Zitzen saugen ließ (Romulusmotiv) Periander bei Aristot. Pol. 5, 12 p. 1315^, 26
und allerhand Vögel ihnen Leckerbissen brach- WafnirjtLxog 6 roQ$iov; vgl. Nie. Damasc. F.
ten (Semiramismotiv), bis ein Rinderhirte sie H. G. 3, 393, der FoQ^og bietet). Zwischen
fand und in Pflege nahm. Groß geworden ihm und Thrasybulos, dem Tyrannen Ton Milet,
entthronten sie den Tarchetios. So soll der spielte sich mit vertauschten Rollen ein ganz
Alexandriner (vgl. Susemihl, Griech. Literatur- ähnlicher Vorfall üh {Herodot 5, 92 1, vgl. Diog.
gesch. der alex. Zeit 2 S. 356) Promathion in L. 1, 100) wie zwischen Tarquinius (Siperbus)
seiner Geschichte Italiens die Romuluslegende 30 und dessen Sohn, dem Tyrannen von Gabii {Liv.
— sicherlich unter Benutzung altitalischer 1, 54, 6). Ich führe die auffälligen Übereinstim-
Quellen (man vgl. u. den Hinweis auf Caeculus, mungen in diesen Motiven, welche zunächst
den Gründer von Praeneste, und beachte, daß noch nicht in die Tarchetiossage unmittelbar
die männliche Gottheit des Herdfeuers sich in hinübergreifen, an, um die Heranziehung eines
dieser Art eben nur in den italischen Grün- korinthischen Mythos zur Aufklärung des ähn-
dungssagen findet und also aus hellenischem liehen italischen zu rechtfertigen.
Mythengut gar nicht entlehnt sein kann) — Von Periander erzählt nun Herodot 6,92 r],
erzählt haben (vgl. übrigens auch Klausen, 'daß er in den kalten Ofen {iitvbg, bei Tar-
Aeneas und die Penaten 772 f., Schioegler, Böm. chetios kßxicc) die Brote daraufwarf ' {iTt^ßaXs,
Gesch. 1 S. 356). Auffällige Ähnlichkeiten hier- 40 nämlich die Opferbrote auf die Flamme bzw.
mit zeigt die Legende von Caeculus (s. d.) und beim kalten Ofen auf die Asche, ganz -wie
Servius Tullius bei Dionys. Hai. antiqu. Pom. Ocrisia; ich glaube nicht, daß an den Vorgang
4, 2; Plut. de fort. Born. 10, p. 323 A—C; Plin. des Backens, wie er in unseren Backöfen statt-
h. n. 36, 204; Schwegler a. a. 0. 763, 2. Da- findet, gedacht ist, sondern meine, daß die
nach wurde bei der Einnahme von Corniculum Ausdrucksweise des Herodot das weitaus primi-
durch Tarquinius Priscus {Liv. 1, 38, 4) die tivere Brotbacken in der heißen Asche voraus-
Jungfrau Ocrisia {ocris, Fels), die Tochter des setzt), d.h. den Leichnam seines Weibes Melissa
dortigen Königs, gefangen genommen und der — der Tochter des epidaurischen Tyrannen Pro-
Tanaquil zur Dienerin gegeben. Als solche kies [Athen. 13, 56 p. 589 FJ, die er wegen
pflegte sie Erstlingsgabe und Trankspende vom 50 der Verleumdungen der italloocidtg , da sie
königlichen Tische in das Herdfeuer zu tun. schwanger war, in eine Grube geworfen oder
Dabei verdunkelte sich einmal plötzlich die totgetreten habe [Hiog. L. 1, 94; vgl. unten
Flamme, und ein Phallos kam aus dem Herde meine Bemerkungen über mythologische An-
zum Vorschein. Das Mädchen meldete dies der klänge an die Derketosage, welche hier viel-
zeichenkundigen Herrin Tanaquil, die sie hoch- leicht ebenfalls zu erwägen wären], was zu
zeitlich schmückte und mit dem Wunderzeichen Nie. Damasc. fr. 59 F. H. G. 3, 393 vsv.Qa ty
sich begatten hieß. Daher galt das Kind aus savtov ywatx^ ^Lyarta vre' ^garog und seiner
dieser Verbindung als Sohn des Vulcanus {Ovid. späteren Fürsorge wohl in einem gewissen
fast. 4, 631). Nur scheinbar fehlt in dieser Widerspruche steht — begattete, und daß das
Version, in der Servius Tullius an Stelle des 60 sl'ScoXov der Melissa, das Periander mit Hilfe
Romulus auftritt, der tyrannische König, da ja des acherusischen Totenorakels der Thesproten
oflFenbar Tarquinius Superbus alle Züge dieser zitieren ließ, um es zu fragen, wo er eine
Art von seinem Vater in der Legende an sich ^sivov itccQcc^tcctcxd'tjxr] aufbewahrt habe, er-
gezogen hat. Die Orakelgöttin Tethys wird klärte, eben deshalb, weil Periander in den
durch Tanaquil ersetzt, so daß hier das Orakel- kalten Ofen die Brote getan und auch sonst
weib geradezu die Gattin des Tyrannen ist. nicht für eine entsprechende Bekleidung der
Die Gestalt der Tochter kommt nicht mehr vor, Melissa gesorgt habe, nicht auf die vorgelegte
das Motiv der Dienerin ist aber beibehalten. Frage antworten zu wollen. Periander, der wie
103 Tarchetios Tarchetios 104
Tarchetios ein böser Tyrann ist, beschafiT; der Me- Hinweis auf die Romuluslegende] mit phoen.
lissa die verlangte Bekleidung auf schändliche "^is, Fels, zusammenzustellen sein dürfte, und
Weise, indem er alle Weiber der Korinther zu überhaupt alle 'Erbtöchter' auf Felsen oder
«inem Feste der Hera lockt, sie von seinen Tra- in Türmen verwahrt werden; auch die 'Mulde'
banten ihres Schmuckes entkleiden und ihre Ge- der Tyrosage findet sich bei Kypselos wieder),
wänder seiner toten Frau zu Ehren verbrennen und nur als solche wird sie entweder mit dem
läßt, und erhält dann die gewünschte Auskunft, Tode bedroht (Dienerin des Tarchetios) oder
•deren Inhalt Herodot leider nicht mitteilt. getötet (Frau des Periander; vgl. unten Der-
NachP/M< Fi/.sop.cowü.S wird anPerianders keto, die in einen Fisch verwandelt wird; ob
Herde ein Kentaur 'geboren*. {M.Jastrow,Bab.- lo der Name Tethys sich vielleicht hierauf und
Ass. Birth-Otnens p. 72 deutet ihn als eine auf Fischorakel zurückführt, wage ich nicht zu
Mißgeburt, die den Sturz des Tyrannen an- entscheiden), wobei auch ihre Kinder verfolg
künde.) In Anbetracht der phallischen Wesen- werden (Romulus-Semiramis) ; anderseits ist sie
hoit der Kentauren - Gandharven {W. Schultz, die orakelkundige Göttin (Tethys bei Tarche-
Hdl. Rätsel 2 S. 119) ist auch hierin wohl bloß tios, BtS(oXov MtXiaarig bei Periander), die das
eine abweichende Fassung der Geschichte vom portentum deutet oder darüber Aufschluß gibt
<faXX6i am Herde zu sehen. und als Tanaquil eben auch einmal zur Frau
In der TuUiussage legt 0 er isla die Brote des Tyrannen gemacht wurde, aber als solche
in den Ofen, hier tut es Periander. Dort hat sich etwas zu wohlwollend ^gl. den ganz gegen-
das Speisen des brennenden Herdes durch 20 sätzlichen Charakter der Sidero in der Tyro-
die Jungfrau die Entstehung des Phallos, sage) gegen eben den Servius TuUius und
hier das Speisen des kalten Ofens durch den dessen Mutter verhält, der ihren Kindern doch
Tyrannen das Verschwinden der ^sivov die Herrschaft vorenthalten soll. Ihrer dritten
nagcfKUTadiljxri zur Folge. In der Tarchetios- Seite gehört es zu, daß sie ein Gewand (s. u.)
sage erscheint Hestia, verhindert einen Mord verlangt, wodurch sie sich der Hestia-Vesta
und veranlaßt das Weben eines Gewandes, verwandt erweist (vgl. Klausen a. a. 0. 625;
hier erscheint die ermordete Melissa und bittet Preuner, Hestia - Vesta 145, 3).
um ein Gßwand. Immer sind die Glieder der Da der Name Tarchetios sowie die Haupt-
«inen Überlieferung, mit denen der anderen motive des eben betrachteten Mythos auch
verglichen, zueinander in v er s gebaut. Diese so mit der Tagessage und dem Namen dieses
Erscheinung ist überaus auffallend und dürfte Gottes (siehe den Art. Tages) übereinstimmen,
wohl kaum aus den verschiedenen Expositionen so dürfte die gegebene Analyse einen entweder
der betreffenden Sagen ihre Erklärung finden. von Korinth nach Italien importierten oder
Vielmehr möchte ich mit aller Reserve ver- den Korinthern und Italikern durch irgend-
muten, daß allein der umstand, daß das eine welche, für uns nicht mehr kenntliche Zwischen-
Mal eine männliche (Periander), das andere glieder vermittelten, vielleicht aber auch bei
Mal eine weibliche (Ocrisia) Hauptperson zu beiden Bevölkerungen stammhaften Mythos
dem Wunderzeichen in Beziehung tritt, also bloßgelegt haben, der sich wohl ebenso bei den
der Gegensatz des Geschlechtes, die Inversion Etruskern fand. Auch sei noch in diesem Zu-
der Mythenelemente im Gefolge gehabt hat, so 40 sammenhang hervorgehoben , daß , während
daß sich also in dieser Erscheinung ein syste- Periander zu dem acherusischen Orakel der
matisch - theoretischer Zug verbergen könnte Thesproten sendet, Serv. Aen. 8, 398 harusjn-
(zum Vergleich verweise ich auf das unten aus cinae libros et sacra Acher untia, quae Tages
1001 Nacht zitierte Märchen, wo der [weib- composuisse dicitur erwähnt,
liehen] Köchin ein weißes Mädchen [Wasser- Zu der eigenartigen Vorstellung von dem
tochter?], dem [männlichen] Wesir aber ein Phallos am Herdfeuer der Vesta und dem aus
schwarzer Knabe fFeuersohn?] aus dem Ofen ihm erwachsenden Sohne des Vulcanus ist, um
entgegentritt, also eine ganz analoge Verknüp- die Aufklärung dieses dunkeln Themas so weit
fung von Gegensätzen durchgeführt zu sein als möglich zu fördern, noch darauf hinzu-
scheint). Demnach dürften der kalte und der 50 weisen, daß nicht nur der 'Feuersohn' Servius
brennende Herd, der Phallos und die als Herd Tullius (mit seinem 'brennenden' Haupte) aus
gedachte vulva bzw. tnatrix, das acherusische dem heißen, sondern wohl auch eine 'Wasser-
Totenorakel der Thesproten und das Orakel tochter' aus dem kalten Ofen hervorgehen
der Tethys, ja im besonderen auch Tethys und sollte, wie überhaupt Weltenbrand und Welten-
Tanaquil, einander entsprechen. Zweifelhaft flut von dem Ofen ihren Ausgang nehmen,
bleibt Melissa, in deren Person offenbar ver- Daß im Märchen an Stelle der 'Wassertochtoi'
schiedene Rollen vereint sind. Einerseits hat aus dem kalten Ofen vielmehr das 'Schnee-
sie Züge der Jungfrau an sich, die selber mit kind' (das sich in Bärenfelle wickelt: man
dem bösen Tyrannen (Penelope mit Odysseus, denke an Artemis!) aus dem Eiszapfen (Ersatz
die heilige Agathe von Catania mit dem reichen go für den Phallos am kalten Herde), der 'Feuer-
Freier; vgl. Robert Eisler, Weltenmantel und söhn' aber ganz richtig aus dem Herd funken
Hiimnelszelt S. 133 ff.) und nicht bloß mit dem empfangen wird {Wlislocki, Märchen der trans-
Phallos verheiratet wird, so daß sie der Ocrisia silv. Zigeuner und Bukowinaer Armenier S. 149
entspricht (in den Kypselidensagen klingt die nr, 54), ist vom Standpunkte der vergleichenden
in dem Namen Ocrisia verkörperte Vorstellung Mythenforschung aus ebenso heranzuziehen, wie
vielleicht noch in dem Orakel bei Herodot 5, in dem arabischen Fragment des Hippolytos
92 ß aUrbg iv nirgyai "kvsl an, ähnlich wie zum Targum Genes. 7, 6 (übers. Bonwetsch-
auch Tyro als Eponyme von Tyrus [s. o. den Achelis Bd. I, griech. - christl. Schriftsteller,
105 Tarchon Tarchon 106
preuß. Akad.) die Lebende, daß die Striime der Stadtheros von Tarquinii, nach Müller-Deecke,
noachitischen Sintflut aus einem Backofen her- D. Etrusker 1, 218. 2, 24 der ^Hauptheros der
vorbrachen, oder bei Kpiphan. hacr. 26, 1 die Etruskigchen Mythologie'. Der zuerst bei He-
den '"Gnostikern ' zugeschriebene Lehre, daß rodot (1,94) begegnend«.'n Überlieferung von
Korea (deren Name syrisch Feuer bedeute und der Etrusker Herkunft aus Lydien folgend nennt
also der JJvQQa in der hellenischen Flutsagc Strabon (5 p. 219) Tarchon als Begleiter des
gleichwertig sei) vor der Flut die Asche drei- Tyrr(h)eno8; dieser ha})e das Land nach sich
mal durch Brand vernichtet habe. Die zahl- Tyrr(h)enia benannt und zwölf Städte gegrün-
reichen Märchen, in denen aus dem Kochen det, oUiarriv iniarrjoag TccQxoava, &cp' ov Tag-
eines Topfes am Feuer eine Überflutung her- lo ■avvia i] noltg, ov Si,ä rrjv iy. -jtaidcüv avvsaiv
vorgeht, sind sattsam bekannt. Zu dem Ma- noXibv yeysvviiö&aL ^vd-svovai. Dazu Steph. Byz.
teriale, welches Robert Eisler, Kuba-Kybelc s.v. Tag-nwla p. öo;} , 21 (noXig TvQQr\vi8og^
im Philol. 68, 202 Anm. 248 für Backofen äno Tagacovos) und s. v. Tagxooviov p. 607, 3 f.
gleich Vulva bzw. matrix gesammelt hat, vgl. {nöXig Tvggrjviag, ^nh Tr}Xd(pov Tcuidog Tägxo)-
auch das ''junggeglühte Männlein' bei Grimm vog), dessen Unterscheidung zweier Städte kaum
K. H. M. nr. 147. Feuer und Wasser in ihrer richtig ist (Müller-Beecke 1, 07, 4): 'von den
gemeinsamen Beziehung zum Herde betrifft Griechen wird der Ortsnamen vereinzelt Tag-
auch ein armenisches Märchen {Armenische Bi- looviov, gewöhnlich im Anschluß an die latei-
hliothek 4, S. XXVHf.), wonach eine Pfarrers- nische Form durch Tccgnwlcc Tccg-nvvLOL wie-
frau, am Herd sitzend, von einem Bettler um 20 dergegeben', Nissen, Ital. Landesk. 2^330. Stra-
Brot gebeten, ihm schließlich einen Kuß ge- hons liericht wiederholt Eustathios z. Dion.
währt, dann aber sich aus Scham vor dem ein- Perieg. 347, der außerdem Lykophron (s. u.)
tretenden Manne in den Herd stürzt, der zu als Gewährsmann für Tarchon zitiert und zu
einer Quelle wird, in der sie sich als Fisch der Notiz, man habe von Tarchon wegen sei-
auf hält (vgl. auch Klausen a. a. 0. 626 ff.). nes schon vom Kindesalter an hervorleuchten-
Schon der Herausgeber dieser Erzählung, Gri- den Verstandes gefabelt, er sei mit grauen
kor Chalatianz, verwies auf Derketo bei Dio- Haaren geboren worden, beifügt, daß auch
dor 2, 4, und, merkwürdig genug, das Motiv vom troischen Kyknos die Alten aus einem
von den Tauben, welche die Semiramis nähren, derartigen Grund aussagten, er sei von Geburt
klingt deutlich darin an, daß Vögel (außer 30 grau gewesen; zu letzterem vgl. auch Eustath.
der Wölfin) den ausgesetzten 'Romulus' laben. z. IL 2, 21 p. 167, 23. Wohl aus altetniski-
Ja auch die altertümliche römische Sitte, ge- sehen Sagen und Geschichtsbüchern schöpften
wisse Fische (maenae), ohne Zweifel pro animis der alte Cato in seinen Origiyies, Cn. Gellius,
humanis (vgl. Ovid Fast. 3, 342 und das Braten Caecina, M. Verrius Flaccus; vgl. Müller-Deecke
der Menschenfische auf dem Herde in der Ge- 1,67.125. — Oaio erwähnt "^Tarchonem Tyrrheno
schichte vom Fischer und Ifriten in 1001 Nacht, oriundum' im Zusammenhang mit der Stadt
übers, von Henning h^i Becl. Univ.-Bibl. 1, 35 ff. Pisae, Cato frg. 45 ed. Peter {Hist. Born. rel. 1,
und 57 ff.), als Opfer in das Feuer des häus- 64) bei Serv. Aen. 10, 179. — Flaccus im ersten
liehen Herdes zu werfen, kann wohl nur aus Buch Etruscarum (rerum) und ebenso Caecina
Vorstellungen der angeführten Art, die eben 40 bezeichneten Tarchon als Gründer von Man-
aehr vielen Völkern gemeinsam sind und daher tua, Flacc. frg. 2 ed. Peter (a. a. 0. 2, 79) in
nicht unbedingt von dem einen auf das andere den Schol. Veron. z. Aen. 10, 200 (ed. Thilo-
übertragen sein müssen, ihre Erklärung finden. Hagen 3, 2, 445), vgl. auch Serv. Aen. 10, 198,
Auch über die Beziehung der Vesta zum Phal- nach welchen Berichten T., der wie im eigent-
los siehe Eisler a. a. 0. S. 182 Anm. 183 c. liehen Etrurien so auch im Gebiet des Padus
Wahrscheinlich dünkt mir, daß dem Phallos (Mantua eingerechnet) 12 Städte gegründet hat,
Vulcanus als Gemahl der Vesta (das männliche Stifter soll gewesen sein des Zwölfstädtebun-
Reibholz des Feuerzeuges im Gegensatz zum des diesseits wie jenseits des Appennin, vgl.
weiblichen, vgl. Eisler, ebenda) entsprechen Müller-Deecke 1, 67 f., 6. 125. 2, 283 f. Nissen
sollte, wie auch nach Liv. 22, 10, 9 beiden 50 a. a. 0. 1, 497. Ungenau scheint Sil. Pal. 8,
Gottheiten ein gemeinsames^uZvwar zugeordnet 472 f. Cortona als Tarchons Gründung hinzu-
wurde. Endlich hat Eisler., Weltenmantel und stellen (Cortona superbi | Tarcontis domus), im
Himjnelszelt S. 165 ff. (vgl. Philol. 68, 149) die Widerspruch mit 4, 720 und 5, 123 (vgl. auch
Zugehörigkeit eines Umhangritus zu Vesta er- Verg. Aen. 3, 170), wonach Cortona gegründet
wiesen und zahlreiche Analogien beigebracht. und benannt vom Heros Korythos (s. d.). —
Nun ist aber diese Zugehörigkeit auch in der Vom Tyrrhener Tarchon erzählt Cji. Gellius
Tarchetiossage mythologisch durch das Tene- frg. 7 Peter (1, 166f.) bei Solin. 1, 8 (p. 7, 14
iopemotiv' zum Ausdrucke gelangt, so daß Momms.), er habe Cacus, den Abgesandten
die sprachliche Bedeutung des Wortes (Vesta, des Königs Marsyas (des Eponymen der Mar-
faGtLci, die Verhüllte, Bekleidete), der Kult- 60 ser, Plin. h. n. 3, 108) gefangen gesetzt; der
brauch (Bekleidungsritus) und die italisch- aber habe sich zu befreien gewußt, sei mit
€truskische Tullius- Tarchetiossage einerseits, starker Heeresmacht zurückgekehrt und habe
die korinthische Periandersage anderseits sich ein Reich gegründet am Volturnus in Campa-
wechselseitig ergänzen und in breite mythen- nien, vgl. Preller, Böm. Myth., 2. Aufl. von B.
geschichtliche Zusammenhänge einordnen las- Köhler S. 643, 1, zuletzt darüber Carl Robert
Ben. [Wolfgang Schultz.] in d. Festgabe f. H. Blümner S. 80 ff.
Tarchon(Ta()^co?^oderTa9XG)v,etr.Tarchu(n)), Den Tarchon machen Lykophron und Ver-
der mythische Ahnherr der Tarquinier und gil zum Zeitgenossen und Verbündeten des
Röscher, Lexikon dor gr. u. röm. Mythol. V. 6
107 Tarchon Tarchon 108
Aioeias {MitUer-Dtecke 2, 184). Offluibar dem —164, kehrt an der Spitze der neuen Genossen
Timaios aus Tauromenion folgend (vgl. Joh. auf den Schiffen zurück, und nach vollzogener
Otffektn, Timaio^ Oeogr. d, Westens , Pkilol Landung, wobei des Tarchon Schiff scheitert
Unters, hg. v. Kießing und Wilamowitz H. 18 {Aen. 10, 290—807), entwickelt sich alsobald
S. 147, 26 ff.) sagt Lykophron in den vielbeni- die Schlacht; episodisch tritt Tarchon auf 11,
fenen Versen 1226 — 1280 seiner Alexandra 726— 758: er feuert die saumseligen Tyrrhener
(vgl. aus ntxieteT Zt\tv, Wilamowitz find, schol. an, tadelt sie, ähnlich wie Agamemnon seine
Chyphisw. 1888/84. Friedr. Cauer, Bhein. Mw. Argiver {11. 4, 242—249), und besteht siegreich
n. F. 41, 1886, 887—397. Jahrb. f. kl Philol. den Kampf mit Venulus (s. d.).
Suppl 16, 1887, 127 S. Geffcken a.a.O. 39 ff^.): lO Schon Columella 10, 346 f. gedenkt des Tar-
einen Bund wird mit ihm (sc. Aineias) schlie- chon als eines Landmannes der Vorzeit, der
fien, durch Bitten ihn gewinnen der vielge- zum Schutz gegen Blitzschaden seine Güter
wanderte Nanos (6 'Odvacevg naqa Tvgorivolg mit 'vitis alba' (Zaunrübe, bryonia*), gewiß
vdvog ^aXtltai iriXovvtos roü dvo^aroe xov nXa- nicht Waldrebe, clematis vitalba, vgl. Flin.
n^TiVy vgl. Schol u. TzeU. z. Lyk. v. 1244), der 23, 21 ff. Hehn, KuUurpfl. u. Haustiere'^ S. 668)
sonst ihm feind gewesen ; helfen werden ihm umzäunt habe (vgl. Riess, Aberglaube, bei Fauly-
die beiden Söhne des Myserfürsten (des Tele- Wissowa 1, 67, 45 ff. Gruppe, Gr. Myth. 787, 7);
phos) TÜQxmv XB nal Tveffrjvd?, aH&mvsg huxoiy \ aber erst loannes (Laurentius) der Lyder bringt
t&v ^HguiiXeiaiv ixyBy&tsg aliidtav (v. 1248 f.), sr, Sioörj^iBimv {de ostentis) c. 2 f. (wo er auch
vgl. B. H, Klausen, Aeneas u. d. Penaten (2) 20 von einem alten d^voa^oTiog == haruspex Tar-
S. 1212 ff. A. Schwegler, Böm. Gesch. 1, 404 f. chon spricht) den Tarchon in Verbindung mit
Preller, Böm. Myth.^ S. 666. Geffcken a. a. 0. dem altetruskischen Daimon Tages (s.d.), der
41 (44). 'Wirklich haben die Tarquinier, das einst im Gebiet von Tarquinii, als die Erde
nach der Überlieferung während der Blütezeit gepflügt und eine Furche ungewöhnlich tief
von Tegea in Rom herrschende Haus, ihren gezogen ward, plötzlich daraus hervorgesprun-
mythisdien Ahnherrn Tarchon auf Telephos (s.d.) gen sei und den, der pflügte, angeredet habe,
zurückgeführt, als dessen Tochter auch die ein Bjiabe zwar an Gestalt, doch an Weisheit
Stadteponyme Rome gilt {Plut. Born. 2) und schon ein Greis, der Urheber der etruskischen
der selbst, wie es scheint, auch dem Latinos Disziplin, Cic.dediv. 2,23. Ovid.met.lb^bb2ff.
gleichgesetzt wurde (vgl. Suid. s. v. Auxlvoi)\ so etc. Jacobi, Handivb. d. gr. u. röm. Myth. S. 835.
Gruppe, Gr. M. 204, ähnlich wie anderseits Während nach K. 0. Müller der Ackersmann,
das neugebackene Pergamon den alten Sagen- den unsere altern Quellen nicht nennen, gewiß
rühm von Teuthrania auf sich herüberzuleiten kein anderer war als der tarquinische Tar-
suchte und im sog. kleinern Fries auch vor- chon, wie loannes der Lyder berichte, ein Miß-
nehmlich den Telephos zu Ehren gebracht hat, Verständnis Strabons andeute (der 5 p. 219 von
vgl. schon Klausen S. 1216 ff. 1222 ff. Für Tar- Tarchon sagt, er sei mit grauem Haar geboren
chon als Telephiden und Herakleiden s. Schol. worden, was wohl für Tages gilt, vgl. auch
u. Tzetz. z. Lyk. 1242 ff. u. 1249 (^| "HQayLliovg Eust Dion. Perieg. 347 u. z. 11. 2, 21 p. 167,
xai A^Y'^i T7]Xsq>og, TriXicpov äh Tdgxcav xat 23) und auch das Lokal der Sage beweise, wäh-
TvpffTjvos) , welch letzteres Scholion Tzetzes 40 rend K. 0. Müller annahm, daß Tarchon und
ergänzt um den Namen des Vaters der Auge, Tages Personen derselben Sage waren, die leicht
'AXsogy und den der Gemahlin des Telephos verwechselt werden konnten, und daß Tarchon
und Mutter des Bruderpaares Tarchon und den Tages 'ausgepflügt' und zuerst seine Leh-
Tyrsenos, 'Jepa (s. d.). Auch bei Steph. Byz. s. ren vernommen habe (vgl. Müller-Deecke 1, 68.
TaQxöaviov p. 607, 3 ist Telephos als Tarchons 218. 2, 23 f. 39 f. 283. 319 f.), hält Deecke die
Vater genannt, bei Serv. Aen. 10, 198 Tyrrhe- Überlieferung von dem schlichten namenlosen
nus als Bruder, wogegen der alte Cato (s. o.) Ackersmann für älter und echter und seine
den Tarchon von Tyrrhenus abstammen ließ Identifizierung mit Tarchon für eine spätere
{Müller-Deecke 1, 67. 82, 41. 2, 264. Nissen gelehrte Kombination (vgl. Müller-Deecke 2,
a. a. 0. 1, 497). Endlich vgl. für Tyrr(h)enos 50 24, 18). Und wie man früher, 'als man in allen
als des Telephos Sohn, nach andern Sohn des Figuren mythologische Bedeutung witterte',
Herakles von der Omphale, Dion. Hai. 1, 28. o. den wunderbaren Knaben Tages erkennen wollte
Bd. 3, Sp. 879, 27 ff. — Bei Vergil erscheint in der Statue eines sitzenden nackten Knaben
lediglich Tarchon (genannt Aen. 8, 506. 603. mit Bulla um den Hals und mit Weihung an
10, 163. 290. 299. 302. 11, 184. 727. 729. 746. Selvans (um 1770 bei Corneto, dem alten Tar-
767), wogegen Tyrrhenus völlig zurücktritt (ein quinii, gefunden, heute im Etruskischen Mu-
Tyrrhenus 11, 612 ff"., fällt auf des Aeneas Seite seum des Vatikans, bei Heibig, Führer^ 1,
zugleich mit seinem Gegner Aconteus), viel- 386 f. nr. 702, vgl. auch o. unt. Selvans Bd. 4,
leicht wiederzuerkennen ist in dem Feind des Sp. 656, 51 ff. 657, 32 ff.), so hat man auch bei
Aeneas, dem mit Mezentius verbündeten Tur- 60 der altetruskischen Bronzegruppe eines Pflü-
nus, vgl. XZaiisen 1212ff. In der ^enei's 8, 503 ff. gers aus der Gegend von Arezzo, heute im^
weist der greise Arkader Euander, der auf dem Kircherschen Museum zu Rom (bei Heibig a.a. O.j
Palatin haust, weil er sich selber zum Bundes- 2, 297 nr. 1723, oft abgeb., z. B. Daremberg et^
genossen zu alt und zu schwach fühlt, auf Saglio, Dict. des ant. 1, 355 Fig. 436. Baumei
Tarchon hin, den Führer der gegen Mezentius ^^^ ,
verbündeten Etrusker, und Aeneas macht sich ^^^^ neben
auf zum Lager des Tarchon, Aen. 8, 585 — 607 ; n^mg ? ^te i
er schließt das Bündnis mit Tarchon, 10, 147 a. Theiiung).
Tarchon hin, den Führer der gegen Mezentius ,, ^. -^ ... , .,,, . . , . ^ , . ,.
,..,,'_,, , j*°° i.'i ) Die f Bryonia dioeca' führt auch heute noch m Ita-
verbündeten Etrusker, und Aeneas macht sich ^^^ ^^^^^ ^^^^^ voikstümUchen Namen die Bezeich-
auf zum Lager des Tarchon, Aen. 8, 585 — 607 ; n^mg ? ^te bianca' (nach gut. Mitteüung meines Kollegeal
109
Tarchon
Targyenos
110
ster, Dcnkm. d. kl. A. S. 18 Abb. 16. /. Mar-
tha, Vart etr. S. 610 Fijiif. 346. Blüvmer, Hörn.
Frivataltert. S. 658 Fig. 85) an den altehrwür-
digen Pflüger Tarchon «gedacht, wogegen man
heute eher sich damit bescheidet, in solchen
Fällen einfach Votivstatuen anzunehmen, das
eine Mal das Votivbild eines vornehmen Kna-
ben (wozu vgl. die Knabenfiguren bei Heibig
nr. 439 u. 681), das andere Mal das Weih^e-
schenk eines Ackermannes, der darin lediglich
seine Arbeit veranschaulichen wollte . . . Mit
frößerer Wahrscheinlichkeit dagegen wird auf
archon, 'den tarquinischen Heros, dem die
Bruchstück eines Eeliefs aus Cerveteri, im Lateranmuseum,
mit den Vertretern der etruskischen Städte Vetulonia,
Vuloi und Tarquinii (^= Tarchon). (Nach Daremberg-
Saglio, Dictionnaire des Antiquites 2, 823 Fig. 2771).
Etrusker die Begründung ihrer Religion und
Kultur zuschrieben' (vgl. lo. Lyd. a, a. 0.), der
bärtige Mann gedeutet, der als Vertreter von
Tarquinii erscheint auf dem Bruchstück eines
Reliefs, das die etruskischen Bundesstädte dar-
stellte, 1840 zu Cerveteri, dem alten Caere, ge-
funden, heute im Lateranmuseum, ygl.Benndorf-
Schöne, B. ant. Bildw. d. lateran. Mus. S. 130 ff.
nr. yi2, Helhig 2, 15 f. nr. 1173, zuerst publiziert
von E. Braun, Ann. d. Inst. 14 (1842), 37—40
z. tav. d'agg. C, abgeb. z, ß. auch Daremherg-
Saglio, Biet. 2, 823 Fig. 2771 (darnach uns. Abb.).
Eugenie Strong, Boman sculpture p. 96. pl. 32.
Sal. Beinach, Bep. de reliefs 3,281, 1. Erhalten
sind die Vertreter der drei Städte Vetulonia,
Vulci und Tarquinii, alle drei durch Inschrif-
ten bezeichnet, am meisten rechts der bärtige
Mann, der Tarquinii repräsentiert, die Toga
über den Hinterkopf gezogen, wie es Vorschrift
beim Opfer (vgl. den ^voa^nonog Tarchon bei
lo. Lyd. a. a. 0.), in Tracht und Verhüllung
erinnernd an den sog. Genius des Augustus in
der Rotunde des Vatikans, Heibig nr. 304; die
Linke hielt vielleicht (nach vorhandenen Spu-
ren) eine Scbriftrolle, die ein für Tarchon
passendes Attribut wäre. — Inschriftlich
findet sich Tar;^u auf einem Wandgemälde der
Tomba Fran9oi8, des 1867 von Alessandro Fran-
9oi8 entdeckten Grabes bei Vulci, wo dem am
Boden Sitzenden, der von Marce Camitlnas an-
gegriffen wird, als Name beigeschrieben ist
Cneve Tar;ju Ruma;^ (= Cn. Tarquinius Roma-
nus, Fabretti, C. inscr. Bai. nr. 2166), vgl. die
Abb. nach Ba/f'aele Garrucci Arch. Jahrb. 12
(1897) S. 70 und (wiederholt) 14 (1899) S. 46
10 Fig. 2, wozu die Ausführungen von G. Körte
und E. Petersen, ferner Friedrich Münzer, Bh.
Mus. 53 (1898), 596—620 {C. Bobert, Festgabe
f. H. Blümner S. 76 ff.); für weiteres inschrift-
liches Material vgl. Fabretti, Gloss. Bdl.llb'dt
1761 ff. 1766 f.
Sprachliches. Tar;gu(n) dürfte ein echt
etruskischer Name sein, vgl. Müller-Deecke 1,
68, 8, somit kaum indogermanisch, und W.
Corssens Herleitung von einer W *starg = der
20 'Starke, Starkmann', Tarquinii = 'Starken-
burg' (vgl. Corssen, lieber d. Spr. d. Etr. 1, 238.
417. 2, 151 f. 645) fällt mit seiner ganzen Hy-
pothese, Deecke a. a. 0. S. 69 A. 8. Zu Tarqui-
nius verhält sich Tar;fU ähnlich wie Pumpu zu
Pomponius, Tlapu zu Tlabonius, Petru zu Pe-
tronius, vgl. G. Körte, Arch. Jahrb. 12 (1897),
77, zu Täq^cüv wie Charu(n) zu Charon, Aplu(n)
oder Apulu zu ApoUon, vgl. auch etr. A%-
memrun und Memrun, Ataiun, Ichsiun, Tritun
etc., vgl. Corssen a. a. 0. 1, 817 ff. Waser, Cha-
ron, Charun, Charos S. 73; über das Abwerfen
des auslautenden n im Nominativ vgl. Corssen
1, 820 f. (für Tarcho st. Tarchon schon Serv.
^en. 8, 603. 10,163); Tccqxcov, -ovros st. Täg-
X(ov, -covog (ähnliches Schwanken z. B. auch
bei jQccyiav) Sil. Bai. 8, 473. lo. Lyd. n. Sioa.
2, 3, vgl. auch Schol. Veron. z. Aen. 10, 200
(ed. Thilo-Hagen 3, 2, 445). [Otto Waser.]
Tarchii(n) s. Tarchon a. E.
40 Tarentinus, Beiname des luppiter: templum
Tarentini lovis, Oros.., Histor. adv. pag. 4, 1,
14 (p. 208, 16 Zangemeister). Einen ehernen
Koloß des Zeus für Tarent hatte Lysippos ge-
schaffen, Plin. 34, 40; vgl. Lucilius bei Nonius
p. 201, 17 (= Lucilius ed. Marx 1 p. 36 v. 525.
2 p. 195 f. V. 525). Strab. 6, 278. Stat. Silv.
1, 1, 103. H. Brunn, Gesch. der griech. Künst-
ler 1, S60 (V, 2b2 t). [Höfer.]
Targelios s. Thargelios.
50 Targitaos {TccgyLtdog), mythischer Ahnherr
der Skythen, nach ihrer Annahme (deren Rich-
tigkeit Herodot bezweifelt) Sohn des Zeus und
einer Tochter des Flußgottes ßorysthenes (h.
Dn'epr), Vater der drei Stammesheroen Lipo-
xai's, Arpoxa'is und Kolaxai's (vgl. Colaxes Val.
Flacc. 6, 48. o. Bd. 2, Sp. 1268, 61 ff.), Herod.
4, 5 (7). [Otto Waser.]
Targyenos {Tocgyvrivog), Beiname des Zeus,
wohl nach einem Ortsnamen Targya oder Targye,
60 auf einer Inschrift aus Philadelphia (Alasche-
hir): ^d TccQyvjiv&l}] inriytoco., Keil u. v. Bre-
mer stein, Bericht über eine ^eise in Lydien in
Denkschr. der Kais. Äkad. der Wiss. zu Wien
philos.-hist. Kl. 63 (1910), H S. 26 nr. 37. Die
Inschrift scheint nach Alaschehir aus der Ge-
gend von Ideli verschleppt zu sein, da sich
hier eine Inschrift gefunden hat, die denselben
Beinamen des Zeus, allerdings in etwas ver-
5*
111
Tarigyenos
Tarpeia
112
änderter Form bietet: ^il TaQiyvT]v[&{i)B'bx^^]y
Keil und v. Premerstein, Beriü%t über eine dritte
Heise in Lydien in Denkschriften usw. 67
(1914), I nr. 78, S. 61 f. [Höfer.]
Tarigyenos s. Targyenos.
Tarkon s. Tarchon*
Tarmneenbaci, lokales Epitheton der Lares
(vgl. Bd. 2 Sp. 1886, 87 ff.) auf einer Weih-
inschrift aus Aquae Flaviae in Callaecia (Hi-
spania Tarraconensis) : Laribus Tarmucenbctcis
Ceeeaecis, C. I, L. 2, 2472. [Höfer.]
Tarpeia, nach der gewöhnlichen Sage die
rOmische Jungfrau, die das Eapitol an die
Feinde verriet, aber, anstatt den erhofften Lohn
zu finden, ihren Verrat mit dem Tode büßte.
Die Überlieferung ist nicht einheitlich: es fin-
den sich Schwankungen in der Abkunft der
Tarpeia, in dem Namen des Volkes, zu dessen
Gunsten sie zur Verräterin wurde, in den Mo-
tiven, die sie zu ihrer Tat führten, usw. Vgl.
L. Krahner, Die Sage von der Tarpeia nach
der Überlieferung dargestellt (Friedland 1858).
JET. A. Sanders, Roman historical sourcea and
institutions: The myth about Tarpeia in Univers,
of Michigan studies 1 (1904), 1 ff. (mir nur aus
Wissowa, Religion u. Kultus der Römer 233*
Anm. 9 und Fr. Mümer^ Cacus der Rinderdieb
6 Anm. 6 [vgl. 99 Anm. 14] bekannt). Ettore
Pais, Äncient legends of Roman history 96 ff.
(vgl. Storia critica di Roma 1, 384 Anm. 1).
S. Reinach, Tarpeia in Rev. arch. 1908, 1 p. 42 ff.
«— Gultes, Mythos et Religions 8, 223 ff.
Tarpeia ist Tochter des Sp. Tarpeius —
über T. als Tochter des Titus Tatius s. unten
Sp. 113, 37 — , dem von Romulus die Bewachung
der Burg anvertraut worden war. (Nach einer
von Plut. Rom. 17 [vgl. Propert. 4, 4, 94. Ov.
Fast. 1, 261] wiedergegebenen, aber als un-
glaubwürdig bezeichneten Version wäre Tar-
peia selbst die Wächterin der Burg gewesen.)
Beim Wasserholen (s. unten Sp. 112, 30) trifft sie
auf die Sabiner, und aus Begierde nach den
goldenen Armspangen und Ringen, die die Sa-
biner trugen, verspricht sie, den Feinden durch
ein Pförtchen Eingang in die Burg zu ver-
schaffen, wenn sie ihr als Lohn das geben
wollten, was sie an den linken Armen trügen,
und führt in Abwesenheit ihres Vaters den
Verrat aus. Im Besitz der Burg werfen die
Sabiner auf Geheiß des Tatius das, was sie
am linken Arme trugen, nämlich ihre Schilde,
nach manchen außerdem auch ihre Armspan-
gen auf die Jungfrau, die, unter dieser Last
verschüttet, ihren Geist aufgibt, Fabius Pictor
{Eist. Rom. rel. ed. Peter 1 p. 19 ff. fr gm. 8 =
Hist. Rom. Fragm. p. 20 f. frgm. 8) und Cincius
Alimentus {Eist. Rom. rel. 1, 41 frgm. 6 =
E. R. Fragm. 78 frgm. 5) bei Dionys. Eal.
Ant. Rom. 2, 38 ff. Liv. 1, 11, 7 f. Plut. Rom.
17. Zonar. 7, 3. Florus 1, 1, 12. Valer. Max.
9, 6, 1. Aurel. Vict. De viris illustr. urb. Rom.
2 (p. 26 Pichlmayr). Festus p. 363 Müller =
550 Ponor. Appian {codi.kQQiavo?, corr. Kuester)
bei Suid. s. v. Tdxiog und cpvXdh^ccvxsg (p. 1568
Bernh.) = Appian ed. Mendelssohn 1 p. 17
{Reg. 8). Serv. ad Verg. Aen. 8, 348. Myth. Lat.
1, 165. Ov. Met. 14, 777. Fast. 1, 261. Aristides
von Milet bei Plut. Parall. 16. Als Beweggrund
für die Handlungsweise des Tatius gibt Plut.
Rom. 17 (vgl. Liv. 1, 11, 7. Propert. 4, 4, 89)
seinen Abscheu gegen den Verrat der Tarpeia
an. Nach Fabius Pictor bei Dionys. 2, 40
hätte es den Sabinem nach Erreichung ihres
ZiiBles leid getan, ihr goldenes Geschmeide
hergeben zu sollen, und sie hätton daher ihre
Schilde auf Tarpeia geschleudert, als hätten
sie versprochen gehabt, ihr diese zu geben.
10 Nach Liv. 1, 11, 7 erfolgt die Tötung der Tar-
peia seitens der Sabiner, um den Schein zu
erwecken, als sei die Burg von ihnen durch
Waffengewalt, nicht durch Verrat, genommen
worden. Für den Verlust der Burg wurde, wie
Juba nach Sulpicius Galba (Hist. Rom. rel. 2
p. 41 = Eist. R. Frgm. 238) bei Plut. Rom. 17
berichtet, der Vater der Tarpeia von Romulus
wegen Verrates verantwortlich gemacht. Nach
einer späteren Überlieferung war Tarpeia eine
20 Vestalin, Varro, L. L. 6, 41. Chronogr. anni
CCCLIV in Chronica minora 1, 1 (= Monum.
German. histor. Auetor. antiquissim. 9) p. 144
(vgl. Propert. 4, 4. 18). Ob dies eine 'anti-
quarische Ausdeutung' der sonst üblichen Be-
zeichnung der Tarpeia als Wirgo* ist, ob eine
Verwechslung mit der von Numa Pompilius
zur Vestalin geweihten Homonyme vorliegt,
oder ob die Bezeichnung als Vestalin heraus-
gesponnen ist aus der Erzählung, nach wei-
se eher Tarpeia außerhalb der Mauern Wasser
zur Opferhandlung holte, als sie mit den Sa-
binern zusammentraf (Liv. 1, 11, 6. Val. Max.
9, 6, 1. Zo7iar. 7, 3. Au^el. Vict. de viris illu-
stribus 2. Serv. ad Verg. Aen. 8, 348), ist un-
gewiß, auf jeden Fall aber ist diese Überlie-
ferung jung und unhaltbar, A. Preuner, Eestia-
Vesta 306 Anm. 2. 402 (vgl. 247. 273 Anm. 3).
J. Santinelli, Rivista di filologia 31 (1903), 236 ff.
Dagegen nennt der hellenistische Elegiker
40 Simylos (vgl. E. Rohde, Der griech. Roman 97
Anm. 1 = 103' Anm. 1. Fr. Susemihl, Gesch.
der griech. Literatur in der Alexandrinerzeit 2,
559, Anm. 198) bei Plut. Rom. 17 (= Bergk,
Anth. Lyr. 144 [168*]) statt der Sabiner die
Boier und Kelten. Dies ist nach 0. Roßbach,
Neue Jahrb. für d. Mass. Altert. 7 (1901), 415 ff.
die ursprüngliche Fassung der Tarpeiasage, die
zuerst mit der Zerstörung Roms durch die
Gallier in Verbindung gestanden habe. Erst
50 als die rühmliche Version von der Rettung des
Kapitels und dem schließlichen Siege des Ca-
millus die herrschende geworden sei, habe man
jene Episode an einer anderen Stelle der alten
römischen Geschichte unterbringen müssen, und
dazu habe die große Gefahr, in der das Ka-
pitel schon unter Romulus geschwebt habe, die
beste Gelegenheit geboten; man habe nur statt
der Kelten die Sabiner einzusetzen gebraucht.
Auch sei das Tragen von goldenem Kriegs-
60 schmuck bei den keltischen Barbaren Sitte ge-
wesen, während dieser Brauch den Römern und
Sabinem unbekannt {Schwegler, Rom. Gesch. 1,
487 f. Niebuhr, Rom. Gesch. 1*, 241) gewesen
sei. Aber nicht Habsucht, nicht 'auri sacra
fames' ist es, was bei Simylos Tarpeia zu ihrem
verbrecherischen Schritte treibt, sondern Liebe
und Leidenschaft zu dem Führer der Feinde;
darin begegnet er sich mit Properz, der in
113 Tarpeia Tarpeia 114
der vierten Elegie des vierten Buches Tarpeia ner mit Hilfe der Tarpeia in die Burg einge-
aus Liebe zum Sabinerkönig Tatius zur Ver- drungen sind und dieser den Goldschmuck,
rilterin werden läßt. Den Namen des gallischen den sie an ihren linkem Arm trugen, geben
Fürsten nennt Simylos nicht ; vielleicht ist wollen, fordert Tarpeia — in Verfolgung ihres
Hrennus gemeint, der in der von l^lut. Farall. Planes — die Schilde. Tatius, der ja durch
lö aus Kleitophon geschöpften Erzählung von den Boten über die Absicht der Tarpeia un-
(lom Verrate von Ephesos als derjenige ge- terrichtet ist, will, obwohl erbittert über den
iiannt wird , dem zu Liebe eine ephesische an ihm geübten Verrat, doch sein Wort hal-
Jungfrau zur Verräterin wird und dasselbe ten und 'gibt' ihr seinen Schild, d. h. er schleu-
Schicksal wie Tarpeia erleidet. Über.haupt ist lo dert ihn auf die Jungfrau und läßt seine Leute
(las Motiv der wegen Liebe zum Feinde des dasselbe tun. Als Hauptbeweis für die Un-
^'aterlande8 erfolgten Verrates bei griechischen schuld der Tarpeia führt Dionys (2, 40) nach
Dichtern sehr beliebt und oft angewendet, am Piso den Umstand an, daß sich das Grab der
bekanntesten sind die Beispiele Skylla-Minos, Tarpeia auf dem nacla ihr benannten Felsen,
Peisidike-Achilleus 'u. a.; vgl. }Velckcr, Epi- also au hochheiliger Stelle, befand, und daß
scher Cyclus 1, 282 A. 458. E. Bohde, Der die Römer ihr alljährlich Totenopfer darbrach-
griech. Boman 82,3 {SS^,S). W. Seh wartz, Jahrb. ten. — Auf dieses Opfer am Grabe der Tar-
f. klass. Philol. 127 (188C), 126. Boßbach, ebenda peia hat Mommsen im C. J. L. 1 p. 386 (1»
143 (1891), 94. Ferd. Dümmler, Bhein. Mus. p. 309) die Notiz im Kalender des Philocalus
42 (1887), 185 Anm. 1 = Kleine Schriften 2, 20 zum 13. Februar: Virgo Vesta(Us) parentat
469 Anm. 1. Daher haben manche (z. B. ^. W. {C. I. L. 1 p. 336 = 1* p. 268) bezogen; vgl.
V. Schlegel, Sämtl. Werke herausg. von Ed. auch E. Kornemany^ Klio: Beitröge zu/r alten
Böcking 12, 490. Boßbach, Neue Jahrb. f. das Gesch. 11 (1911), 341. Wissowa, Bei. u. Kultus
klass. Altert 7 [1901], 416 Anm. 3) für die der Bömer 233^ Ättilio De-Marchi, II culto
Tarpeiasage griechischen Einfluß angenommen, privato di Borna antica 2, 50. Allerdings ist
während wiederum andere (z. B. Schwegler, Böm. es undenkbar, da£ einer Verräterin solche hohe
Gesch. 1, 485) einen solchen in Abrede stellen. Ehre zuteil werden sollte, — läßt sie doch
Doch hat es auch nicht an Versuchen ge- Sil. Bai. 13, 843 in der Unterwelt die ärgste
fehlt, Tarpeia von dem Vorwurfe des Verrates Marter zur Strafe für ihre Tat erleiden. Nie-
zu reinigen. So berichten die Chronica minora 30 buhr, Böm. Gesch. 1*, 241 sucht die Ehrung
'a.a.O. 144, sie sei von Tatius getötet worden, der Tarpeia dadurch zu erklären, daß die
weil sie ihm die geheimen Pläne des Romulus Burg im Besitz der Sabiner geblieben sei,
nicht habe verraten wollen. Denselben Zweck sieht also den Kultus der Tarpeia als einen
verfolgt auch die von Blut. Born. 17 aus Anti- sabinischen an, womit man vgl. die Darstellung
gonos von Karystos wiedergegebene Erzählung, der auf Münzen zweier sabinischen Familien
nach der Tarpeia Tochter des Sabinerkönigs (s. unten Sp. 115, 37 fif.). Auch die Darstellung
Titas Tatius gewesen und von Romulus zur derTarpeia im Juppitertempel(s.Sp.ll5, 33) und
Ehe gezwungen worden sei; ihre Tat erscheint die nach ihr erfolgte Benennung des saxum
also als ein Racheakt an dem verhaßten Gat- Tarpeium (Varro L. L. 5, 41. Plut. Born. 18.
ten und dem Feind ihres Vaters. Am euer- 40 Festus p. 343 M. == p. 512 Ponor. Prop. 4,
gischsten aber ist L. Calpurnius Piso Frugi 4, 93. Serv. ad Verg. Aen. 8, 348. Myth. Lat.
{Hist. Born. frgm. ed. Peter 78, 5 = Hist Born. 1, 155. Additam. ad Chronogr. anni CCCLIV
rel. 1, 119, 5) für ihre Unschuld eingetreten, in CÄromca wwzora 1 p. -X) würde eine Ehrung
dessen Erzählung Dionys. Hai. A. B. 2, 38 ff. {Ov. Fast. 2, 421 f.) bedeuten, die für eine Ver-
wdedergibt. Darnach ist Tarpeia von dem räterin befremdlich wäre.
Wunsche beseelt, die Sabiner des Schutzes Man hält daher fast allgemein Tarpeia für
ihrer Schilde zu berauben und sie so den Rö- eine ursprüngliche Gottheit, für die Schutz-
mern in die Hände zu liefern (vgl. auch Liv. gottheit des tarpeischen Felsens, die zu einer
1, 11, 9). Zu diesem Zwecke schickt sie durch historischen Persönlichkeit herabgesetzt und
ein Pförtchen eine ihrer Dienerinnen zu Ta- 50 in die älteste römische Sagengeschichte ver-
tius, bestellt ihn zu einer geheimen Unter- woben worden ist — nur Jordan, Topographie
redung und eröffnet ihm, daß sie in Abwesen- der Stadt Born im Altertum 1, 2, 129 nimmt
heit ihres Vaters die Schlüssel zur Burg zu die gegenteilige Entwickelung an, daß erst
verwahren habe und bereit sei, ihm die letz- später Euhemerismus sie zu einer Gottheit um-
ten zu übergeben, wenn ihr als Belohnung das geschaffen habe — , Ambrosch, Studien u. An-
zugesichert würde, was die Sabiner an ihren deutungen im Gebiet des altröm. Bodens u.
linken Armen trügen. Der Vertrag wird be- Cultus 148 Anm. 86 (vgl. Die Beligionsbücher
schworen, die Zeit zur Ausführung des Vor- der Bömer 23). Schwegler a. a. 0. 1, 486. Pais,
habens festgesetzt, Tatius entfernt sich, Tar- Storia critica di Borna 1, 167. 431. 539. G. de
peia aber sendet einen Boten an Romulus, der 60 Sanctis, Storia dei Bomani 1, 307 f. Paschetto,
diesen von der zwischen Tarpeia und Tatius Ostia {Dissertazioni della Pontificia Academia
getroffenen Verabredung in Kenntnis setzen Bomana di Archeologia Ser. 2 Toino 10 [1912])
und um Entsendung einer Verstärkung bitten p. 50. Nach W. Otto, Bhein. Mus. 64 (1909),
soll, um die Sabiner bei ihrem Eindringen in 465 (vgl. Arch. f. Beligionswiss. 14 [1911], 593)
die Burg in Empfang zu nehmen. Der verrate- ist Tarpeia ursprünglich nichts anderes als die
rische Bote aber nimmt seinen Weg nicht zu Geschlechtsgöttin bzw. die Ahnherrin der gens
Romulus, sondern zu Tatius und enthüllt die- Tarpeia. Auf welche Weise freilich die Sage
sem den Plan der Tarpeia. Als nun die Sabi- von ihrem Verrate und der Art ihres Todes
115
Tarpeia
Tarrhaios
116
za erklären ist, läßt sich kaum noch vermuten.
Schwe^ler a. a. 0. 1, 486 f. saj^: Neben dem
vermeintlichen Grabe, der Verehrungsstätte der
Tarpeia, befand sich, auf der Höhe des tar-
peischen Felsens, eine Pforte, die nie verschlos-
sen wurde, aus einem schon den spätem Rö-
mern nicht mehr bekannten sakralen Grand.
Diese allzeit offene Pforte brachte nun der
Mythus mit der daneben begrabenen Tarpeia
in ursächlichen Zusammenhang; und da über-
dies der benachbarte Fels, der den Namen
der Tarpeia trug, und von dem man Staats-
verräter herabzustürzen pflegte, an ein Staats-
verbrechen gemahnte, so wurde gedichtet, Tar-
peia habe einst durch heimliche Öffnung die-
ser Pforte Kapitel und Burg an die Feinde
verraten. Was von ihrer Todesart erzählt wird,
hat wohl einen ähnlichen lokalen Grund, der
eich aber nicht erraten läßt. S. Beinach, CuUes
8, 228. 258 (vgl. Arch. f. Beligionswiss. U [1911],
532) zieht den von Plut Quaest Rom. 37
(p. 237 e) erwähnten römischen Brauch heran,
nach dem die Römer die den Feinden abge-
nommenen Waffen an geweihter Stelle auf-
schichteten und sie in demselben Zustande
ließen. Aus diesem Ritus, meint Reinach, habe
eich auf der tarpeischen Burg die Vorstellung
entwickelt, daß unter diesen Waffen Tarpeia,
die Schutzgöttin des tarpeischen Felsens, ver-
schüttet und begraben liege zur Strafe für ir-
gendein Vergehen, das man ihr andichtete.
Von einem Bildnis der Tarpeia: ^Tarpeiae
esse effigiem ita appellari putant quidam in
aede lovis Metellina' berichtet Festus (p.363M.
= p. 550 Ponor). Die Bestrafung des Verrates
der Tarpeia ist dargestellt auf Münzen der sa-
binischen gens Tituria und Petronia. Auf dem
Rivers der ersteren ist Tarpeia dargestellt mit
aufgelöstem Haar und aufgehobenen Armen,
bis zur Hüfte unter Schilden begraben, wäh-
rend von links und rechts je ein Krieger wei-
tere Schilde auf sie wirft; darüber Halbmond
und Sterne, Eckhel^ Doctr. num. vet. 5, 326.
Münse der Titnria (nach Baumeister, Denkmäler des
klassUchen Altertums III S. 1832: Kopf des Titas
Tatias [1.] und Tod der Tarpeia [r.]).
Mommsen, Gesch. des römischen Münzwesetis
584 nr. 214. Bahelon, Monn. de la rep. Rom.
2, 489 nr. 4. 499 nr. 5. Cohen, Med. consul.
pl. XXXIX: Tituria 6. Baumeister, Denkmäler
d. l-lass. Altert. 3, 1822 Fig. 1916. M. Bahr-
feldX, Nachträge u. Berichtigungen zur Münz-
kunde der röm. Republik Taf. 11 nr. 266 (vgl.
S. 253). H. A. Gruehler, Coins on the roman
republic in the Brit. Mus. 1, 198 nr. 2326 pl.
37. 4. 5; vgl. Stanley Lane-Poole, Coins and
medals* 54. Abweichend von dieser wohl fest-
stehenden Deutung will S. Reinach, Cultes 246
hier eine Darstellung erkennen, nach der Tar-
peia im Begriff ist, zwei kämpfende Krieger,
einen Römer und einen Sabiner, voneinander
zu trennen. Auf Münzen des Petroniua Turpi-
lianus fehlen die zwei Krieger, und Tarpeia
ist allein dargestellt mit erhobenen Armen, bis
zur Hälfte ihres Körpers von Schilden über-
deckt, Eckhel a. a. 0. 5, 270. Babelon a. a. 0.
2, 801 nr. 19. 20. Gruebler a. a. 0. 2, 65 nr. 4529 ff.
Da andere (Grruebler a. a. 0. 2, 65 nr. 4682)
Münzen der gens Petronia Halbmond und Sterne
10 zeigen, welchen beiden Attributen wir in Ver-
bindung mit Tarpeia schon auf den Münzen
der gens Tituria begegneten, und da auch
Propert. 4, 4, 23 den Mond mit der Tarpeia-
sage CSaepe illa immeritae causata est omina
Lunae'') in Zusammenhang bringt, so nimmt
Mommsen a. a. 0. 586 Anm. 363 (vgl. auch
Gruebler a. a. 0. 297 Anm. 2) eine Verbindung
des Tarpeiamythos mit der in den Fasti Pin-
ciani (Bd. 2 Sp. 2155, 53 ff.) erwähnten Kult-
20 Stätte der Luna auf der Graecostasis an.
Noch jetzt lebt, wie Niebuhr, Röm. Gesch.
1*, 242 berichtet (vgl. auch Jordan a. a. 0. 1,
1, 59 Anm. 31) durch mündliche Überlieferung
das Andenken an Tarpeia fort: tief im Berge
sitze die schöne Tarpeia — la bella Tarpeia
hat den Nebenbegriff der Zärtlichkeit für eine
anerkannt Schuldige — mit Gold und Ge-
schmeide überdeckt, verzaubert; wer zu ihr
zu kommen suche, finde den Weg nimmer zu-
30 rück. [Höfer.]
Tarpeius, 1) Vater derTai-peia (s. d.). — 2) Bei-
name des luppiter = Capitolinus, Ammian. Marc.
16, 10, 14 (p. 77 Eyssenhardt). Ulpian. Lib.singul.
regularum 22, 6 (Coli. Libr. Iuris Anteiustin. ed.
Krueger - Mommsen - Studemund 2 p . 2 4) . Solin.
45, 16 (p. 176, 8 Mommsen). Ov. Fast. 6, 34. Ep.
ex Ponto 2, 2, 44. luven. 12, 6. Propert. 4, 1, 7.
Sil. Ital. 4,48. 548. 12,743. 17,654. aaudian,
Panegyr. de sexto cons. Honorii (28), 375 (p. 248
40 ed. Birt in Monum. Germ, histor. Auetor. ant. 10).
Carm. min. 4,4 (p. 288 ed. Birt). Bücheier, Carm.
epigr. 249 {C. I. L. 14, 2852. Dessau, Inscr. Lat.
sei. 3696). [Höfer.]
Tarquinienses, Personifikation oder Schutz-
gottheit der etruskischen Stadt Tarquinii, dar-
gestellt auf einer fragmentierten Reliefplatte
als bärtige Figur in Tunika und einer über den
Kopf gezogenen Toga, die in der L. wohl eine
Schriftrolle hält, 0. Benndorf u. R. Schöne, Die
50 antiken Bildwerke des Lateran. Mus. 212 S. 130f.
Vgl. oben Sp. 109, 50 ff. [Höfer.]
Tarquitus, ein Rutuler, Sohn des Faunus und
d^r Nymphe Dryope (s. d. nr. 2), fällt im Kampfe
mit Aineias, Verg. Aen. 10, 550 ff. [Höfer.]
Tarrhaios {Taggatog) 1) Beiname des in der
kretischen Stadt Tarrha (Bursian, Geogr. von
Griechenland 2, 548) verehrten Apollon, Steph.
Byz. 8. V. TÜQQa. 0. Müller Prolegomena 158 f.
E. Aßmann, Zur Vorgeschichte von Kreta in
60 Philologus 67 (1908), 166. W. Aly, Der kretische
Apollonkult 43 ff. (Vgl. Philologus 71 [1912],
477. Malten, Berl. Phil. Woehenschr. 30 [1910],
338). V. Costanzi, KLio Beiträge zur alt. Gesch.
10 (1910), 128. Mary Swindler, Cretan Elements
in the Cults and Ritual of Apollo, Diss. Penn-
sylvania 1913 (nach Bericht von W. Aly in
Berl. Phil. Woehenschr. 1914, 1550). — 2) Vater
des Lampos (fehlt im Mythol. Lexikon), des
117 Tarsene Tarsios 118
Eporiymen der mit ihrem Gelnet an Tanlia brit. Mus. (Newton) 1, 69 p. 129. Larfeld,
«,'renzenden kretischen Stadt Lampe oder Lappa, Handbuch der griech. Kpigraphik 2, 266 nr. 286.
Steph. Byz. b. v. Acc^rcri. Aly a. a. O. 43. Doch Poland, Gesch. des griech. Vereinswesens 186*.
igt es auch möglich, mit Bursian a. a. 0. 546 Eine aus der Nähe von Kula stammende Weih-
bei Steph. Byz. a. a. 0. Aäfntr] . . . Scno Acc^inov inschrift an Apollon Tareios und die Meter
rov TaQQuiov zu interpretieren: (genannt) nach Tarsene ist unter Tarsene erwähnt; eine zweite
Lampos aus Tarrha. [Hüfer,] Weihung aus Kula: 'An6X\Xo}vi, Tagalaiii) ti)x[riv
Tarseue (Tapff/j^r/), Heiname der Meter auf bei Keil und v. Breinerstein, Bericht über eine
einer Weihinschrift aus Keres bei Kula in Beise in Lydien und der südlichen Aiolis in
Mäonien: 'AnöXXcovi TciQöUp ^al Mrirgi Tccq- lo Denkschriften d. Kais. Akad. d. Wiss. zu Wien,
<s}]vf] . . . sv%r]v, Mova. 'v.ct.1 ßißl. 3 p. 162 Philos.-hist. Klasse 53 (1910), 81 nr. 175. Da
nr. rni. Buresch, Berichte über die Verhandl. die unter Tarseus erwähnte Inschrift gleich-
d. K. Sachs. GeseUsch. d. Wiss. zu Leipzig 46 falls aus Kula stammt, ist der dort erwähnte
(1894), 97. Derselbe, Aus Lydien 89 (vgl, 67). Apollon Tarseus mit unserem Tarsios identisch;
Aus dem 2y, Stunden nord-nord-östlich gele- vielleicht ist auch iiii 'AitöXXoivi Tccgal zu lesen:
genen Dorfe Kavakly stammt die Inschrift TccQ6i[a). Der Beiname TarsioB läßt zunächst
eines Votivreliefs mit der Anrufung des MEyocg Tarsos als Heimat des Kultes vermuten, wenn-
[Mi]v] nstQueirris und der fi[f yaXrj] MrjtrjQ Ta- gleich das gewöhnliche Ethnikon TccQösvg lautet
l\7]vijy Biiresch, Berichte usw. 99. Aus Lydien (doch s. auch unten). Apollonkultus für Tarsos
111 nr. 53. 198 (vgl. 67), die offenbar nach der 20 ist außer durch Münzen (Cat. of greek coins
maionischen Ortschaft Ta^iqvöjv xatoiyiicc (Mova. brit. Mus. Jjycaonia, Isauria and Cilicia p. 200
xai ßißX. 3, 158 nr. tl? . Ath. Mitt. 6 [1881], nr. 204 p. 203 nr. 214 [Imhoof- Blumer, Journ.
274 nr. 23. Buresch, Aus Lydien 81) genannt of hell. stud. 18, 169. Head, Ilist. num.* 733]
war. Ebenfalls aus Kavakly stammt die der p. 211 nr. 251 p. 212 nr. 252. p. 223 nr. 302
fiilTQl Tcc6^T]vfj (so!) dargebrachte Weihung, p, 225 nr. 311) bezeugt durch Plut. def. orac.
Buresch, Aus Lydien 84, während der Name 41 p. 433 £, wo als Attribut des Gottes ein
in einer Inschrift aus Gjölde {KoXLÖa Buresch, heiliges Messer — Isgä rov 'AnöXXoivog iv Tagao)
Sachs. Berichte 44 [1892], 47. 46 [1894], 95) in \Ld%aLQa — erwähnt wird und durch Dio Chry-
dev Form. ^7]r QL Tcc67ivf]he(i;egnet: Buresch, Aus sost. or. 33 init., der den Dreizack {xqIccivoc)
Lydien 83 nr. 40. Mit Wahrscheinlichkeit er- 30 als Attribut des Gottes nennt. Dadurch würde
ganzen auch Keil und v. Premerstein, Bericht Apollon als Gott des Meeres und der Schiff-
über eine zweite Beise in Lydien in Denkschrif- fahrt (vgl. Preller- Bobert, Gr. Myth. 1*, 258, 3.
ten d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien 54 (1911), Gruppe, Gr. Myth. 1225, 2) charakterisiert und
2 p. 103 ff. nr. 204 eine Inschrift aus der Nähe dazu würde auch die oben erwähnte Weihung
von Gjölde zu Ms]YccXri Mi^t[riQ Ta^rijvr] -nccl von Schiffern an den Apollon TägGiog pas-
Mlg {= Mrjv) Aaßdvag U8W. Dieselbe Göttin ist sen; möglich, daß dabei auch der Gedanke
offenbar in der angeblich aus Julia Gordos eines Zusammenhanges mit rccQöog 'Ruderblatt*
stammenden Weihung d'sct Taarivf] gemeint, Le mitgespielt hat. Nun erregt aber die Verbln-
Bas 3, 688. Doch ist die Meter Taarivf bzw. düng des Apollon Tagötog mit der Mt^'ttjp Tag-
Ta{6)^riv')] wohl kaum, wie Bohl, Bursians 40 örjvrj — auch dieser Beiname ist offenbar ein
Jahresber. 36 (1883), 85 annimmt, mit der Meter Ethnikon — und vor allem der nur in Maionia
TagöTivT] identisch. Vgl. Tarsios. [Höfer.] nachweisbare Kultus (die Inschrift aus Athen
Tarseus {Tocgösvg), Beiname des Apollon auf stammt sicherlich von Fremden, die ihres hei-
einer Yotivstele aus Kula, die als Symbol des mischen Gottes gedenken) Bedenken gegen die
Oottes eine liegende Doppelaxt zeigt: kTtoXXcovL Ableitung von Tagoog. Nun ist Tarsios — 2)
Tccgat (so! vgl. aber auch Tarsios nr. 1), Conze, ein Beiname des Zeus. Nach Plut. Parall. 6
Arch. Zeit. 38 (1880), 38. Bamsay, Gities and p. 306^ entstand ^/a /ni^rtv Tapcrtov ^^os in Rom
bishoprics of Phrygia 1, 150. Journ. of hell. auf dem Forum der Erdspalt, den M. Curtius
studies 10 (1889), 226 nr. 19. Kgl. Museen zu durch seinen Opfertod schloß. Den Zeusbei-
Berlin: Beschreibung der antiken Skulpturen 50 namen Tarsios stellt Buresch, Aus Lydien 89
252 nr. 681 ; vgl. Benndorf- Niemann, Beisen in zu Tage-rivoi., der Nebenform des Namens der
Lykien und Karien 153. Keil und v. Premer- Tyrrhener, und zu Tage-nievri Xi^vr} = lacus
stein, Bericht über eine zweite Beise in Lydien Trasimenus; bei dem mäonischen Götterpaare
in Denkschriften d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien der Meter Tarsene und dem Apollon Tarsios,
54 (1911), 2 S. 101. Die Doppelaxt erscheint in dem er a. a. 0. 67 den Attis-Men-Sabazios
als Symbol dieses dem Apollon (vgl. d. Art. erkennt, erinnert er an den altlydischen Stadt-
Sozon) gleichgesetzten Gottes auch bei dem namen Tdgga, besonders aber an den Fluß-
Apollon Lairbenos (s. d.), Apollon Tyrimnos namen des benachbarten Mysiens Tagoiog
(s. d.) und yinoXXojv NLGvgsLrrig, ^^^r seinen Na- {Strabo 13, 587), an den bithynischen Stadt-
men nach den in der Nähe von Gjölde gele- 60 namen Tagöog (Ethnikon Tagaiog) bei Steph.
genen Niövgscov -KcctoLyiia trägt, Keil u. v. Pre- Byz. s. v. Tagoog p. 605, 25 und an die eben-
merstein a. a. 0. 100 nr. 199. 102 nr. 202. 103 falls in Bithynien um den Sangarios gelegenen
nr. 203 (vgl. 101 nr. 200). Vgl. Tarsios. [Höfer.] Tag6r]vä %(ogia, Geopon. 4, 1, 3. Ist der bei Plut.
Tarsios (Tdgoiog), Beiname 1) des Apollon, a. a. 0. erwähnte Beiname T(a(l()^os etruskischen
dem auf einer in Athen gefundenen Inschrift Ursprungs, so könnte eine allerdings^ nur un-
Seefahrer eine Weihung darbringen: ol ßv^i- sichere Vermutung, gestützt auf die Überliefe-
vtX^ovreg vccvtai k7töXX[cüvi] TagGicp %(xgi6xrigiov., rung von dem lydischen {Strabo 5, 219. 221.
C. L G. 1, 495 J. G. 3, 236. Anc. greek inscr. Plut. Quaest. Born. 53. Steph. Byz. s. v. 'ÄyvXXcc)
§ar nicht. Bugge selbst (a. 0. 283) führt an,
aß auf einer Vase im Museum von Arezzo
119 Tarsos Tarsura 120
Ursprung der Etrusker, Znsammenhang zwischen schwierig zu entscheiden: die rein lautliche
jenem etruskisch-römischen und dem aus Ly- Gleichung etr. tarsu = griech d-agaio ist voll-
dien bezeugten Beinamen Tdgöiog annehmen. kommen unantastbar, allein andererseits kommt
In Tarsos bestand nach EratosUhenes bei Eust. für das Etruskische die Form tarsura (s. d.)
od Dionys. Per. 867. Stepft. Byz. b. v. Tctqads in Frage. Bugge (in Deeckes Etr. Fo. u. Stu,
p. 606, 13 ein Kultus des Zeus Tigetos: der 4, 63) bestreitet aus begrift liehen Gründen
Name der Stadt Tarsos sei abzuleiten &no Jibg Deeckes Gleichsetzung von etr. tarsu mit griech.
TsQoiov rotg inet ytakov^ipov. Damit kombiniert ^agam : „es scheint mir nicht glaubhaft , daß
G. Bernhardy, Eratosthenica 91 die weitere die Etrusker einen Namen von der Athene, die
Notiz bei Steph. Bvz. a. a. 0., daß Tarsos ur- lo das Haupt der Gorgo an ihrer Brust trug, auf
sprünglich Tigaög bzw. Ttgaia geheißen habe die Medusa sollten übertragen haben.'' Das
dUc, ib TtQOfigov xiov xagitüiv xXmgöiv (pd'Bigofii- ist freilich auch mir unglaublich, aber Bugges
v<ov iv TCO nccgccTi^d^HVy tovtov^ ngarovs <^vv- Darstellung der Sache ist schief. Um eine
ayayovTcti Tsga&vat [xBgafjvaij o Ion ^rigä- 'Übertragung' des Namens handelt es sich
vccif Eust. a. a.] x«l slg ;i;E(^ci)vo; Scnod-iad^ai ~
tQOffi^v und meint die Einwohner von Tarsos
hatten aus Dank über die Erfindung, die ge- eine Amazone, die mit Herakles kämpft, den
sammelten Früchte durch Dörren länger auf- Namen ftgaöa> führt. 'Sie hat einen Schild, wor-
bewahreu zu können, einen Kultus des Zeus in man, wie es scheint, ein Gorgonenhaupt
Tigciog eingesetzt, eine Vermutung, der sich 20 sieht.' Dies Gorgonenhaupt, auch wenn es
Axxch H. Berger, Die geographischen Fiagmente wirklich vorhanden sein sollte, ist, meiner
des Eratosthenes 337 anschließt; vgl. auch Meinung nach, ohne allen Belang für die Be-
Tiimpd, JaJirb. für klass. Phil. Suppl. 16, 185 f. nennung. Der Name 0aQC(o, Ogaacö 'Die Mu-
Da aber die Nachricht, daß Tarsos auch Tsg- tige' ist fast noch appellativisch, die streit-
eog geheißen habe, durch Münzen mit der Le- bare Göttin Athene heißt so, die mit Hera-
gende TEPII bzw. TEPIIKON (Mionnet 8, 619, kies kämpfende Amazone heißt so, warum soll
388. EckJiel, Doctr. mim. vet. 3, 71. Cat. of nicht auch die mit Perseus kämpfende Me-
greek coins brit. Mus. Lycaonia Isauria and dusa so heißen? Von irgendwelcher Über-
Cüicialntrod.LXXYlll.LXXXf. 166,22. Head, tragung ist also keine Rede und somit Bugges
Hist. num.* 729 ff.) ihre Bestätigung findet, so so Gegengrund nicht stichhaltig. Seine eigene
hängt der Beiname Tigaiog wohl kaum mit Etymologie (a. 0. und Bezz. Beitr. 11, 23), wo-
xiga&vai zusammen, sondern ist s. v. a. Tag- nach etr. tarsu = umbr. tursa 'terrifica' sei,
ciog. Ihm würde die Legende einer unter Ha- halte ich für lautlich unzulässig. Vgl. Tarsura.
drian geschlagenen Münze: ^ibg. Tagasav [C. Pauli.]
(Eckhel 3, 73. Mionnet, Suppl. 7, 260, 410. Tarsura? (tarsura?) ist der etruskische Name
Luynes, Essai sur la numismatique des satra- einer 'Nereide' {Deecke in Müllers Etr. 2^^ 508).
pies et de la Phenicie p. 6. Lenormant, Arch. Der Name ist nur einmal belegt, und zwar
Zeit. 23 [1866], 163. P. Scholz, Götzendienst auf einem Bronzespiegel, der sich im Floren-
u. Zauberwesen bei den alten Hebräern 149) tiner Museum befindet. Die Literaturangabe,
entsprechen, wenn nicht, wie es scheint, 40 sowie die Beschreibung der Szene, Raub der
jdibg für jdi](ios verlesen ist, Cat. brit. Mus. Thetis durch Peleus habe ich s. v. pele ge-
a. a. 0. Introd. LXXIX Anm. 3. Vielleicht ist geben. Die Lesung des Namens dieser mit
Zeus Tersios = Tarsios ursprünglich ein grie- Gebärden des Schreckens dastehenden Nereide
chischer Gott, der erst später {Six, Num. ehren. ist nicht sicher, denn der erste Buchstabe hat
16 [1896], 194; vgl. Gruppe, Bursians Jahresber. die Form h Das ist weder ein p, noch ein t,
102 [1899], 243) zu Baal Tars aramäisiert wor- muß aber eins von beiden sein, und so lesen
den ist. Letzterer erscheint durch die Legende die Herausgeber denn bald parsura, bald tar-
Tir hyz bezeichnet als thronender Zeus häufig sura, woran sie dann allerhand Erklärungs-
auf tarsischen Münzen, Cat. brit. Mus. a. a. 0. versuche knüpfen, die aber sämtlich abge-
166. 167 ff. Head a. a. 0. 730. 731, 732; vgl. 50 schmackt und so unhaltbar sind, daß ihre An-
Movers, Die Phönizier 2, 2, 171. Vgl, Tarseus. führung unnötig ist. Es läßt sich zurzeit über
[Höfer.] den Namen gar nichts aussagen, denn so un-
Tarsos {Taga6g), Gott des gleichnamigen sicher, wie die Lesung, ist es auch, ob die
(JYonn.Dionys.l, 260) kilikischen Flusses, efee?ida Form griechisch oder etruskisch ist. Deecke
2, 636. [Höfer.J {Müller, Etr. a, 0.) liest tarsura und stellt die
Tarsu (tarsu) erscheint als Name der Gorgo Form zu tarsu, dem Namen der Gorgo, den er
{Deecke in Bezzenbergers Beitr. 2, 164. nr. 21) (in Bezzenbergers Beitr. 2, 164 nr, 21) mit gr.
auf einem Spiegel von Orbetello, der ver- Gagom, einen Beinamen der Athene, gleich-
öffentlicht ist von De Witt im Bull. deW Inst. setzt. Lautlich ist dagegen nichts einzuwenden,
1858, 103 und Monum. ined. 6, tav. XXIV, 60 und so könnte auch tarsura gleich einem
nr. 3 und von Fabretti, C. I. I. nr. 296tera griech. *0aQüVQd sein, aber die Benennung
und behandelt außerdem von Brunn in den des erschrockenen Mädchens gerade mit diesem
Ann. delT Inst. 1858, 386 sq. Die dargestellte Namen würde doch lucus a non lucendo sein.
Szene habe ich s. v. perse beschrieben. Deecke Corssen {Spr. der Etr. 1, 370) und Bugge (in
{Müllers Etr. 2, 508) schwankt, ob der Name Deeckes Fo. u. Stu. 4, 55) vermeiden dies,
etruskisch oder griechisch sei, während er indem sie tarsura mit lat. terrere zusammen-
später {Bezz. Beiträge a. 0.) griech. ©agom^ den bringen und als 'Die Erschreckte' fassen. Aber
Beinamen der Athene, anführt. Die Sache ist die Vermittelung des etr. a mit lat. e oder o
121 Tartara Tartaros 122
macht Schwierigkeiten, so daß auch diese Er- Erde kommt, und ebenso viele, bis er von der
klärung schwerlich richtig ist. Ich selbst halte Erde in den Tartaros gelangte; um ihn ist eine
den Namen für rein etruskisch, doch von noch eherne Mauer geführt, um seinen Nacken in
dunkler Etymologie. Auf einer rotfigurigen dreifacher Schicht ewige Nacht gelagert, aber
Vase in München, die die gleiche S/ene dar- über ihm sind die Wurzeln der Erde und des
stellt, hat die Nereide den Namen Irisia (vgl. Meeres; da sitzen die Titanen in dem finstern
oben 8. V.), Es wilre vermessen, statt tarsura Abgrund, den Poseidon mit ehernen Pforten
vielmehr iarsura (I stat T) lesen und zwischen verschlossen, und eine Mauer umläuft von bei-
den Namen iris- und iars- Zusammenhang den Seiten, und hier wohnen Gyes, Kottos und
sehen zu wollen. Vgl. Tarsu. [C.Pauli.] lo Obriareos, die Hekatoncheiren, als treue Wäch-
Tartara {TäQtaQa) s. Tartaros. ter des Zeus, Fr eller -Robert a. O. Schon die
Tartaro» {TäQxccQo^, 6 und 17, außerdem ro Kyklopen, Arges, Steropes, Brontes. habe üra-
TccQTCiQov und rä TdQTaga). In der Götter- nos gebunden und in den T. geworfen, Apollod.
Versammlung des S.Gesangs der Utas v. 13ff. 1,2 W.\ ungehalten über den Verlust ihrer
»iroht Zeus, jeden widerspenstigen Gott in den Kinder {xmv sie T. Qicphvxoiv nccidcov) habe Ge
dämmerigen Tartaros {ig TccQragov ijtQosvTcc) die Titanen gegen Uranos aufgestachelt: sie
zu schleudern, gar fernhin, wo der tiefste Schlund führten die eingekerkerten Brüder {rovg xara-
ist unter der Erde (v. 14 zitiert Piaton Phaid. tagragcod^^vtag &ösX(povg) an die Oberwelt zu-
üO p. 112 A), wo eiserne Tore und eine Schwelle rück und übergaben die Herrschaft dem Kro-
von Erz, so tief unter dem Hades, wie der 20 nos, der Titanen jüngstem, J[poZ/od. 1, 3; Kronos
Himmel von der Erde entfernt ist, Preller- wieder hat seine Brüder neuerdings gefesselt
Eobert, Griech. Myth. l,&i. G. Finsler, Homer"^ und unter Verschluß gebracht im Tartaros,
1,2. 129. Derselbe Versschluß ig T. ijsgosvta seine Schwester Rhea geheiratet usw., Apollod.
Hom. H. stg'Eg^i]v v. 256. Hesiod. theog. 121, 1, 4. Zeus sodann nahm die in den T. Ge-
ähnlich am Versanfang Tccgragd r' rjtgötvra schleuderten (tovg v.araxagrccga>d-ivTag), nach-
th. 119 und Tdgxccgov tjeqÖsvxu th. 682, wiederum dem er das sie bewachende Ungeheuer Kampe
SiJnY erBüiXisgang Tagxdgov ijEgoEvxogth.lSQ. SOI, getötet (die JCafiTrr] ausführlich geschildert bei
ferner l'dgxccgog 7}£Q6sig Theognis v. 1036. vnb Norm. JDion. lö, 236 tf.) und ihre Fesseln ge-
Tdgtccgov r)sg6svxa Orph. h. öQ, 10; T. ijegosvxa löst, zu Bundesgenossen gegen seinen Vater
Orac.Ä"&?/ZZ. 8,362. ilfawe^7<. 3, 68; dazu vgl. auch 30 Kronos und die Titanen, Apollod. 1,6; Zeus,
den Versschluß Hes. th. 868 ig Tdgxccgov svgvv Pluton und Poseidon schließen wiederum die
{ebenso Hom. H. slg'Eg^fjvY. 314: ; yiaxci T. svgvv Titanen in den T, ein, bestellen ihnen die
Aristoph. Av. 698. Orph. h. 57, 10. Tdgxagog Hekatoncheiren zu Hütern und teilen die Welt-
svgvg Ärist. Av. 693. Orph. h. 58, 7) und den berrschaft unter sich, Apollod. 1, 7, vgl. Aisch.
Versanfang Tdgxagov ig xgvosvta Hes. scut. Prom. 219 ff. Ovid. met. 1, 113 f. Sext. Evip.
Herc. 255. Orph. frg. 154, 6, endlich Tagxdgov Pyrrh. hyp. 3, 210 p. 170, 27 f. Bk.; vgl. 0. Bd. 2,
svgmsvxog {svgmsig 'moderig', als Beiwort des Sp. 1677, 38 ff. So erscheint denn der T. als
Hades, auch II. 20, 65 [wiederholt Hes. th. 739]. der Strafort, ^vd^cc Zsvg i-ußdXlsL d-e&v oxav xig
Od. 10,512. 23,322. Hes. th. 731 usw.) Hippo- i^vßgiöT] , den die Hai-pyien bewachen, Phere-
lytos (nicht Origenes) philosoph. 4, 4, 5 p. 102, 2 40 Ikydes frg. 6 bei Kern, De Orphei Epim. Pherec.
ed. P. Cruice = p. 3095 B ed. 3Iigne, Patr. Gr. theog. p. 88. frg. 6 bei Diels, Fragm. d. Vor-
16, 3, vgl. Orac.Sib.2,S02. 4,186. An die unter- solcratiker^ (2,1) p. 609, 19 f. Gruppe, Gr. M.
sten Grenzen der Erde und des Meeres wird der 399, wo die Götter, die meineidig geworden bei
T. versetzt, wo, nicht mehr erfreut von den Son- der Styx, in einem Zeitraum von neun Jahren *)
nenstrahlen und der wehenden Luft (vgl. JT'ms^er ihre Strafe verbüßen, Orph. frg. 157 Abel aus
a. 0. 73. 279), lapetos und Kronos sitzen, iZ. 8, Serv. Aen. 6, 565, 0. Bd. 4, Sp. 1570, 40 ff., in
478 ff., die Titanen, die deshalb vitoxagxdgioi den Apollon das Hermeskind zu werfen droht,
heißen, bei Homer im Eid der Hera II. 14, 279 Hom. H. sig 'Egiifiv 256 ff. 374 (wobei v. 256
(wasPaws. 8, 37,5 bezeichnet als erste Einführung anklingt an II. 8, 13), in welchen Zeus sogar
der Titanen in die Dichtung: Tixävccg 8s Tigm- 50 auch den Apollon schleudern wollte, weil er die
xog ig tcoLtiölv iariy(x.yBv '''Oy.rigog, %^8ovg slvai Kyklopen getötet, die Zeus seinerzeit den Blitz
a(päg VTtb xa -naloviiivoj Tagxdgco' geschmiedet (mit dem Blitz aber hatte Zeus
v.al 'iöxiv iv "Hgag ogv.cp xcc ^717}) Apollons Sohn Asklepios getötet). Auf der Leto
und bei Hesiod. th. 851. II. 8, 16 Bitten milderte Zeus die Strafe, befahl dem-
(w^ozu vgl. die beistehende im Apollon, ein Jahr lang einem sterblichen Manne
Ven. A dem Scholion zu v. 13 bei- Knechtesdienste zu tun, worauf Apoll in den
gefügte Figur) kehrt fast wörtlich Dienst des Admetos zu Pherai kam, usw.,
wieder bei Hesiod. th. 720, nur Apollod. 3,122 W. Zenob. 1,18 {C. paroemiogr.
daß Homer bei der Messung vom Hades, Hesiod Gr. ed. Leutsch- Schnei deivin 1, 5 f., 17 ff.). Hesiod.
von der Erde ausgeht, vgl. auch Apollod. 1, 60 frg. 126 Bzach. Akusilaos frg. 9 Diels, Vor-
2 W. Fer^r. ^en. 6, 577 ff. Sil. It. 3, 483 ff. (an- sokr.^ p. 514 (aus Philod. 7t.*sv6sß. 63, 1 p. 34
klingend auch Verg. georg. 2, 291 f. = Aen. 4, Gomp.). Gruppe, Gr. 3Iyth.l21. 1454; vom Blitz
445 f.), und weiter heißt es bei Hesiod. th. getroffen und in den Tartaros geschleudert
722ff.: Neun Nächte und Tage*) würde ein eher- wurden des Aloeus Söhne Otos und Ephialtes,.
ner Ambos fallen, bis er vom Himmel auf die desgleichen Salmoneus, Lact. Plac. z. Stat. Theb.
*) Vgl. über die Neunzahl: W.H.Roscher, Die ennead. 1»' ^50 p. 454, 19 Jahnke Myth. Vat. 1, 82.
u. hebdomad. Fristen u. Wochen S. 16 u. 19f., wo noch wei- 2, 55, Vgl. Verg. Aen. b, o82 Ü. , 0. üd. 4, bp^
terea Material zu finden ist. *) "Vgl. die Torige Anmerkung.
123
Tartaros
Tartaros
124
292 f., 41 ff. UBW. Für T. als Teil der Unterwelt
(häufig auch 'pars pro toto*) vgl. aus Lyrik und
Drama Stellen wie Theognis v. 1086, Atiakreon
frg. 48, 4. Find. F. 1, 16 (29). Paianes 4, 44. frg.
207 (228) 0. Schroeder, Aisch. Prom. 164. 219.
1029. 1061. Eum. 72. Eunp. Herc f. 870. Or.
266. PÄom. 1604 f. Aristoph Wo. 192. Vö. 698.
698 usw.; T. schlechtweg = Unterwelt im *Erct-
xatfiog Biavog {Mosch, id. 8) v. 123 ed. Ahrens
1,221.
Wie nun der Tartaros in alten Gesängen
der Titanomachie als eigeatliches Titanen-
gefängnis figuriert, auch sonst als Strafort eine
besondere Rolle spielt (der T. als Behausung
der Titanen auch Hom. H. 1, 386 f. = in Apoll.
P.lhli. Orph.h.Sl.S. Nonn. D»on. 6, 172. 13,
18 f. 24, 236. Verg. Aen. 6, 680 ff. 'Ate genus anti-
quum Tenrae,Titaniapubes, | fulmine deiecti fundo
vohuntur in imo cet.\ wozu Eduard Norden^
Aeneis B. VI S. 276 ff.), von den Harpyien bewacht,
Pherekydes frg. 6 Kern (6 Diels), wozu vgl. Verg.
Aen. 3, 215. 0, 289. Sil. It. 18, 699. Studniczka,
Kyrene S. IX. Norden a. 0. 210, und von Dich-
tem als der angemessene Wohnsitz erachtet
wird für den blinden Plutos, den Urheber alles
Unglücks, Timokreon von Rhodos frg. 8 Bergk*
3, 640 (aus Schol Aristoph. Ach. 532. Said. s.
«xoitdv, vgl. o. Bd. 3, Sp. 2683, 35 ff.), für die
Keren, Eurip. Her. 870 (Kfjgag &vaxaXa>v tag
Tagragov), die Erinyen, Eurip. Orest. 265, Per-
Bephone, ihr zugewiesen von Zeus, Nonn. Dion.
81, 49 f., die Discordia, Petron. sat. 124,278, so
hat sich Tartaros anderseits auch auf theo-
logisch-philosophische Anregungen hin, schon
unter dem Einfluß der eleusinisch-orphischen
Bewegung des 6. Jahrh.s (vgl. z. B. Orph. frg.
154 Ab.), bei Pindar bereits, weiter seit Piaton
zumal, vornehmlich zur „Hölle" ausgewachsen,
„wo die Verdammten sind und entsetzliche Pein
leiden, namentlich jene exemplarischen Sünder
und Sträflinge der Unterwelt, Tantalos, Tityos,
Sisyphos usw." {Preller-Iiobert, Gr. M. 1, 826),
zum Aufenthaltsort der Gottlosen (ro rfjg riösmg
T8 [xQiösöa'g rs] xal Sixrjg SEa(icoti]QLOVj Plat. Gorg.
79 p. 523 B. Plut. cons. ad Apoll. 36. Suid. s. nXd-
TCövp. 302, 8), im Gegensatz zum ronog stöEßcbv,
wofür (auch bei Platon) die volkstümliche Be-
zeichnung naxagcov vfj6oi, vgl. darüber Waser
bei Pauly-Wissowa s. Elyaion 5, 2472 f., 32 ff.
Ludolf Malten, Arch. Jahrb. 28 (1913), 46 ff.
49. Ernst Samter, Relig. d. Gr. S. 80. Im
Tartaros werden die Schlechtesten ewiglich
bestraft, Plat. Gorg. 79 ff. p.523 B 525 C. 526 jB.
Phaid. 62 p. IIS E {slg rbv Tagragov, odsv
o^jtots iußaivoveiv). Rep. 10 p. 615 iJ. 616^;
dazu die einfachere, mehr populäre Hades-
Schilderung im ps.-platon. Axiochos p. 371 Cff.,
wonach im Hades 6 Tä>v svösß&v x&gog mit
paradiesischer Ausstattung gegenübersteht dem
Erebos und dem Chaos als ;^<öpo? dcaeßcbv (vgl.
Waser bei Pauly-Wissowa u. Chaos und u.
Erebos 3, 2113, 42 f. 6, 403, 40 ff.), wohin man
durch den Tartaros gelangt; dazu vgl. auch
Verg. Aen. 4, 243; Plat. Gorg. 79 p. 624 A (wo-
nach das Totengericht seine Sitzungen abhält
iv T« Xsi^mvL, iv tfi tgioöio, ^| fig cpigsrov tca
oSii), ij niv tlg \iav.dg(ov v^oovg, i] d' stg Tdg-
rccQov) ist nachgebildet Aen 6, 640 ff., wo die
Sibylla darauf aufmerksam macht, daß sich
nunmehr der Weg scheide nach zweierlei Rich-
tung, rechts zum Elysion führe, links, zur Qual
für die Schlechten, 'ad impia 2artara\ vgl.
Albrecht Dieterich, Nekyia 191 ff. Norden a. 0.
264; für T. in Vergils Aeneis vgl. Norden a. 0.
10 ff. 266 ff. 361 f.; für christliche Anwendung
vgl. z. B. Firm. Lactant. div. inst. 6, 4 [1, 489,
4 ff. ed. S. Brandt] und inst. epit. 54 [1, 735,
10 7 ff. Brandt]. Dracont. de land. dei 2, 744 (qui
dedit Elysios iustis et Tartara pravis). Daher
die Verwünschung l'&i Tagragov, Anth. 7, 531, 7 ;
man schwur auch beim T., Antli. 8, 248, 1. —
Nach Krates bei Steph. Byz. s. v. Tagragog p. 606,
8 f. Meineke bezeichnet Tartaros rbv vno xolg
TtdXoig icigcc na.%vv xb xai '\pvxg6v xivoc -nai
(^qpcbrtiTror, wie auch nach dem Schol. (im Ven. A)
z. II. 8, 13 manche den Tartaros für xh dqpw-
xiOTOv x^g oUov^^vrig (i^gog hielten, vgl. Tag-
20 xdgov ^ocpsgov Öfnia dtpmxiaxov Hippolytos phi-
losoph. 10, 21, 84 p. 522, 14 Cruice = p. 8454 A
Migne. — Strabon (3 p. 149) wiederum meint, man
könnte vermuten, Homer habe, da er von Tar-
tessos (in Spanien) hörte, darnach den Tarta-
ros benannt, den äußersten der unterirdischen
Räume. In Piatons Phaidon c. 60 p. Ulf. ist
die Rede von T. als einer der Erdspalten und
zwar sei dies die größte und diejenige, die
durch die ganze Erde durch und durch gebohrt
30 sei, in die alle Flüsse zusammenströmen und
aus der sie wiederum herausfließen; darauf
spielt Proklos an, in Plat. remp. p. 396 (vgl.
auch Olympiod. z. Plat. Phaid. c. 6ü f = Örph.
frg. 155 f. Ab.)., zumal aber unter lebhaftem
Widerspruch Aristoteles, vgl. meteor. 2, 2 p. 39,
20 ff. Bk. {cLg%ri ndvxav sl'r} xai nriyr) x&v
(>ddx(ov 6 xaXovfisvog T., heißt es da nach
Platon), wozu Comm. in Aristot. Gr. 6, 2
p. 90, 22 f. (Asclepii in metaphys. p. 991 b3);
40 das klingt auch nach bei Varro de l. Lat.
7, 37 p. 323 Sp., wo irrtümlich gesagt wird,
daß Platon Un quarto* (d. h. nach los. Scaliger
im 4. Dialog der 1. Tetralogie) einen der Unter-
weltflüsse Tartaros nenne. Zweimal in der Tat
begegnet T. als Flußname, so in Thessalien,
wo ein Fluß T. hieß nach dem Tyrannen dieses
Namens von Melite in Phthia, vgl. die Ge-
schichte der köitciXig (s. d.), nach Nikandros
{frg. 44 Schneider) erzählt, Anton. Lib. 13 (ed.
60 Martini p. 88, 14), ferner in der Po-Ebene, wo
der T. (heute Tartaro, Canale Bianco), die Nie-
derungen /wischen Po und Mincio auf der
einen und der Etsch auf der andern Seite ent-
wässernd, einfließt in das Mündungsgebiet des
Po, Plin. 3, 121. Tac. hist. 3, 9. Geogr. liav. 4, 36
p. 289, 10 ed. Pinder - Parthey. K. 0. Müller-
Deecke, Etr. 1, 135. 211 f. H. Nissen, Ital. Lan-
desk. 1, 192. 2, 215.
Tartaros personifiziert, Kosmogo-
eonisches und Genealogisches. In Hesiods
Theogonie v. 119 scheint zwischen Gaia und
Eros als 3. kosmogonisches Prinzip Tdgtagoc
Tjsgosvrcc genannt, vgl. auch Paus. 9, 27, 2
CHoLodov ds rj xbv ^Hül68<ü Osoyoviccv iciTtoirj-
aavra olöcc ygdipavxa mg Xdog ng&tov, inl
ds avToJ Ffi XE yiccl Tdgxagog xal "Egcog yi-
voixo, ähnlich Cornut. de nat. deor. 17 p. 82 ff.
ed. Osann), sowie Damask. deprinc. 124 bei Diels,
125 Tartaros Tartaros 126
For8oA;r.*476,20lF.; allein die beiden Vorse 118 Thanatos erklllren, vgl. Ausgaben von G. Her-
imd 119 fehlen im Ilesiod-Zitat bei Plat. sijmp. mann (1825), Schneidewin- Nauck (1870) usw.
.6 p. 178 ii. Aristot. tnetaphys. 1,4 p. 984 b Gruppe 1010,9. 'i'apTapOTra/ff (= Tartaroskind)
{Comm. in Ar ist. Gr. 6, 2 p. 29, ;JOtF. [Asclepn kommt vor als Beiname der Hekate, Orph.
in metaph. p. 984 b 23|). de Melisso 1, p. 975 a Arg. 977 {TaQxuQOTCaig 'K-närri xri.), dazu vgl.
13. Sext. Emp. adv. math. 9, 8 p. 393, 3fF. Bk. raprapovj^off als Bezeichnung der Hekate-Selene,
Schol. dem. Alex, protr. ed. Dind. 1, 427, 32 fF., s. Höfers Art. Tartaruchos in diesem Lex., wo
vgl. auch Schol. lies. th. 117, ebenso fehlt beifüge Hippolyt. philosoph. 10, 21, 34 p. 523, 1
V. 118 bei Chaicid. in Fiat. Tim. 122 (wogegen Cruice = Migne, Patr. Gr. 16, 3, 3454 Ji. Ernst
sie stehen Hippoliß. philos. 1, 23 p. 50, 4 f. lo Maaß, Orpheus S. 254. H. van Ilerwarden, Lex.
Cruice = Migne, Pair. Gr. IG, 3, 3053 C), wes- Gr. supplet. et dial. S. 8. Bei Val. Flacc. 4, 258
halb denn auch die meisten Herausgeber die findet sich Später 'Tartarus'' = Pluton, richtiger
beiden Verse athetieren, vgl. z. B. die Ausgabe ^Tartareus pater' ebd. 1, 828. ^Tartareus Jup-
von Wolf Aly (1913) S. 12. Auch wenn man piter' 1, 780. Sil It. 2, 674. ' Tartareus deus'
die beiden Verse beibehalt, wird man (nach Ovid. trist. 1, 9, 32, vgl. Auso7i. 27, 7, 3 p. 135
der Erklärung von G. F. Schoemann, Opusc. Schenkl. 'rex^ Prudent. c.Symm. I,3ö7. Claudian.
acad. 2, 66 f., 7. 442 f. Die Hesiod. Theog. aus- 33, 215. ^reges^ Lucan. 6, 651. 'rector' Stat.
gelegt und beurteilt 8.86 0".) gleichwohl bloß Theb. 11,421. Carter, Epith. deor. S. 33, vgl.
die drei Prinzipien Chaos, Erde und Eros gel- lupp. Stygius (z. B. Sil. It. 1, 386) und ü. o.
ten lassen und Tägrccga als Akkusativ und 20 Bd. 4, Sp. 1562f., 46 ff. 1571, ölflF. Tartaros
Gegensatz zu xapr] 'Olvfinov (v. 118) mit dem selbst sei hervorgegangen aus Aither und Gaia
vorausgehenden ^%ov6i verbinden, so auch (ex Aethere et Terra), Hyg. f. praef. p. 9, 18
Preller - Bobert , Gr. M. 1, 39, 2. PeppmüUer, Seh.-, wiederum aus Gaia und Tartaros (ex
HesiodosS. 10b. — Musaios freilich {n&ch Philod. Terra et Tartaro") die Giganten, die alle mit
■n. svösß. 137, 15 fi". p. 61 Gomp.) rückt an erste Namen aufgezählt werden, Hyg. a. 0. p. 10, 6if.
Stelle den Tartaros und läßt, wie es scheint, Wenn somit T. als Vater der Giganten galt,
aus ihm die Nacht hervorgehen; andere be- hat viel für sich die Vermutung i/^emr. i/cy^^e-
ginnen iv. NvKtog kcxl Tagrccgov, Philod. a. 0. manns, Wschr. f. kl. Piniol. 4 (1887) 1351, daß
5 ff. Preller- Bobert 1, 37 A. Musaios frg. 14 bei das Tu der pergamenischen Gigantomachie zu
Diels, Vorßokr.^ S. 486; Epimenides ferner habe 30 ergänzen ist zum Namen Ta[pTapo?], vgl. Altert.
zwei Ürpriuzipien angenommen .^rjp und JVv| .. . v. Perg. 8 (Inschr.) S. XIX 122 (S. 66).
i^ lov ysysvvr^%^fivai Tccgtagov, frg. 5 bei Diels Sprachliches. Tagragos ist nach Leo
a. 0. 495, 13 tf.; schließlich vgl. des Aristo- Meyer, Handb. d. griech. Etym. 2, 789 „offen-
phayies Verspottung hesiodischer bzw. orphi scher bar eine alte Bildung durch Reduplikation nach
Kosmogonie in den „Vögeln^' v. 693 ff. (hier Art von yiag^aigsiv (aus *xa()-xap-ysn;), Mröh-
Xdog und Nv^, "Egsßog und Tägtagog als ür- nen', im übrigen aber doch noch nicht ety-
potenzen), Diels a. 0. 472, 7 ff.; v. 693 f. zitiert mologisch klar"; ebenda S. 791 wird erwogen,
Lukian. Philopatr. 13. In Umarmung mit Tar- ob die für taguvöasiv '"schrecken' sich erge-
taros habe Gaia, nachdem Zeus die Titanen aus bende Verbalgrundform rag- etwa auch in
dem Himmel verjagt, denTyphoeus (s. d.) ge- 40 Tdgrago-g enthalten sei. Zu den reduplizierten
boren, Hesiod. th. 820 ff., vgl. auch /Sc/toZ. (Ven.B) Nominalbildungen vgl. Karl Brugynann, Griech.
z. JZ. 2, 783 (ed. jDmdor/" 3, 149, 5f.), und eben- Gramm.^ S. 176; zum Vergleich kann man
so heißt es bei Apollod. 1, 39 W., daß Ge, nach- heranziehen ßdgßagog, Fccgyccgog, y.ccgxccgog,
dem die Götter der Giganten Herr geworden, ^ccgiiocgog, ßogßogog usw., wobei wie bei Tdg-
voUer Groll sich dem Tartaros vermählt und xagog vielfach auch Wechsel im Geschlecht
den Typhon geboren habe in Kilikien, eine (z. B. neben %dgxccgog auch ro xdgicagov und
Mischgestalt aus Mensch und Tier. vgl. auch td Tidg-uccga), und denken läßt sich auch an
Schal. Plat. Phaidros 230 A ed. C. F. Hermann onomatopoetische Bildung unter Anlehnung an
6, 264 (wo iv Siv.sXia. st. iv Kikiyüa). Hyg. Stämme, wie sie vorliegen bei TgscD, zccgdaaco,
fab. 152 p. 26, 3 Seh. Lact. Plac. z. Siat. Theb. 50 tdgßog usf., vgl. Prell er- Bobert, Gr. 31. 1, 61, 1.
2, 595 p. 127, 4 Jahnke. Bei Apollod. 2, 4 W. wird Bei Strab. 3 p. 149 wird Tdgtagog in Beziehung
ferner die Echidna als Ausgeburt des Tar- gebracht zu Tagrri6a6g, s. 0., ferner Schol. II.
taros und der Ge bezeichnet, und dieselbe 8, 13 zu ragragi^eiv (= 6q)6dgcc giyovv), vgl.
Genealogie wird geboten für den Adler des auch Plut. de prima frig. 9; ferner: ojvouccötat
Zeus bei Hyg. astr. 2, 15 p. 53, 23 f. Bunte. dh did t6 iyctBtagdxQ'ai xal övy/.sx'vöd'ca xd
Preller- Bobert 1, 99, 4. Gruppe 1026^. Wie- iv avxa ndvxa, Schol. II. 8, 13, vgl. ed. Dind.
derum w Fäg ital yiccl Tagxdgov wird bei Soph. 1, 268, 'l7 f. 22 f. 3, 343, 8 f. 5, 259, 3 f. Et. M.
Oid. Kai. 1574 Thanatos angeredet, nicht s. v. p. 747, 14 ft\; endlich vgl. 5er?\ J.m. 6, 577
Kerberos, wie, z. T. durch das Schol. z. St. ver- = Isid. Hisp. etym. 14, 9, 8 {Patr. Lat. ed. Migne
leitet, mehrere Herausgeber angenommen, z.B. 60 82, 526 A) = Lact. Plac. z. Stat. Ach. 1, 134
Elmsley-Brunck (1824); an Thanatos richtet p. 492f., 29 ff. Jahnke {Tartarus, vel quia om-
der Chor die Bitte, er möchte dem neuen Gast nia illic turbata sunt, dito xf\9 xagaxfjg, aut,
den Eintritt in die Unterwelt leicht machen. quod est melius, dnb xov xagxagi^sLv, i. e. a
Da freilich die Anrufung des Sohnes der Ge tremore frigoris; sole enim caret). Alle drei Ge-
und des T. nicht deutlich genug scheint, wie- schlechter kommen für das Wort in Betracht:
derholt er v. 1578 ausdrücklich, er meine den Xiysxai dgösvi-n&g kccI d-riXvyiag xal otöex^gag,
ocHvvnvog, den auch der Schol. z. St., Suid. s. v. Steph. Byz. s. v. Tdgx. p. 606, 11 f. M., vgl. Schol.
und Eustath. z, II. 20, 153 p. 1201, 26 als J/. 1,312. ^ttstai/i. z.St. p.108,22, wo für den Ge-
127 Tartaros Tarvos Trigaranus 128
brauch des Wortes als fem. Pindar und für den (lacus). trist. 1, 9, 32 (deus = Pluton, s. o.). Ibis
Gebrauch als neutr. Hesiod zitiert wird. Als das 187 (angues). Fhacdrus 4, 6, 10 (specus). Stn.
Regelmäßige hat 6 T. zu gelten, 17 T. findet sich Herc f. 436 (tenebrae). 649 und Heic. (Jet. IIW
bloß Pind. l\fth. 1, 15 (29). Xikandr. ther. 203 (canis). Hipp. 1179 (lacus). Oed. 161 (fax). Lucan.
{roQTaQov iXvofOöav); ferner {Tä)TdQraQaHe$.ih. 6,661 (reges). 712 (antrum). *Si7. 7^ 2, 674 (lup-
119. 725.841. arac.iSa)f///.4,186. .Vo«>j.Z).31,50; piter, s. 0.). 3, 483 (hiatus). 6., 222 (Bellona).
lat. Tartarus z.B. Xucr. 3, 1025. Verg.Aen.6,5n. 267 (cymba, vgl. Tib. 3, 3, 10. 6, 24. Waser,
Hör. c. 3, 7, 17. Sen. Ag. 751. Herc. f. 86. 709. Charon Charun Charos S. 28 f.). 6, 175 (turbo).
889. Herc. Oet. 461. 1119. 1779. Hipp. 844. 9, 641 (vada). 12, 133 (urbs). 13, 422 (porta).
Med. 632. 742. Oct 228. Phoen. 144 f. Val. 10 14, 696 (labes). Val Flacc. 1, 780 (lupp.). 828
Flace. 4, 268. Stat. sih. 2, 7, 117. Apul. met. (pater). 3,212 und 6,485 (nox). 3, 665 (semen).
1, 8 p. 8, 11 B. Helm. 2, 6 p. 29, 4. 6, 17 p. 141, 4, 393 (ululatus). 579 (volucres). 7, 632 und 8, 83
8. 16. 11, 25 p. 286, 29 f. Prudent. n. arstp. h. (veuenum). Stat. Theb. 1, 86 (barathrum). 3,108
2, 288. Claudian. "22, 110. Dracont. de laud. dei (Avernus). 4, 473 und 8, 65 (sedes). 5, 66 (so-
2, 641; gewöhnlicher indes (Metrums halber) rores, s. 0.). 11, 421 (rector). 12, 772 und silv.
Tartara, z. B. Lucr. 3, 42. 979. 6, 1126. Veig. 6, 1, 200 (chaos, vgl. Waser bei Pauly-Wissowa
georg 1, 36. 2, 292. 4, 482. Aen. 6, 734. 6, 186. s. v. 3, 2113, 34 tf). Mart 6, 34, 4 (canis). Auson,
12, 206; beliebt ist die Verbindung ^sub Tar- 27, 7, 3 p. 135 Schenkl (Dis, s. c). app. 1,49, 2
tara mittere^ (besonders der Versschluß ^sub T. p. 242 Seh. (sedes). Prudent. c. Symm. 1, 357
misV) 4, 248. 8, 668. 11, 397. 12, 14 (vgl. auch 20 (rex, s. 0.). 369 f. (daemon). Claudian. 6, 524 f.
6, 643. 9, 496), ebenso Sil. It. 6, 40; ferner vgl. (recessus). 15, 180 (paratus). 20, 146 (tuba Bel-
fOr Tartara Culex 274. 294. 833. Aetna 206. lonae). 26, 449 (fauces). 33, 216 (rex, s. 0.).
280, nur diese Form z. B, in Ovids Met., vgl. 35, 217 (quadrigae). 36, 79 (bipennis). 74, &
1,118. 2,260. 10,21. 11,670. 12,871. 523. (verber). 101, 33 (aura). Brncont de laud. dei
619, femer fast. 4, 606. trist. 1, 2, 22. Ibis 496. 3, 413 und OreUes 492 (tenebrae). Romulea 10,
676. Hör. 1, 28, 10. Sen. Herc. Oet. 1064. 1514. 448 f. (sorores, s. 0.). 480 (gurges). Orestes 484
1766. S^»pp. 951. öct 965. Ocf/. 869. Petron. (fauces) usw.; ferner Tartarinus = tartarusartig,
Bat. 124, 278. Lucan. 8, 17. 6, 107. 694. 748. Enti. ann. frg. 92 {ed. Luc. Müller p. 68) v. 597
782. 7, 786. Sil. It. 6, 316. Val. Flacc. 7, 312. aus Varro de l. Lat. 7, 37 p. 323 Sp. Prob, z,
Stat. Theb. 1, 56. 102. 308. 4, 606. 7, 820. 8,20. 30 Verg. Buc. 6, 31 p. 340, 19 tf. ed. Hagen, vgl.
68. 79. 614. 9, 665. 10, 26. 11, 446. 574. 622. Festus p. 359 M. (p. 546 Theicreuk). Von Tag-
12, 85. silv. 6, 1, 193. 3, 69. 74. 261. 269. 5, 5, ragog abgeleitet sind die Verba ragtccgoo) =>
78. Ach. 1, 184. Apul. met. 1, 15 p. 14, 12 Helm. in den T., die Hölle hinabstürzen, 2. ep. Petri
Auson. 9, 7 p. 30 Schenkl. Claudian. 3, 122. 2, 4 {tagragcoaccg), ytccrazaQragoo), Apollod. 1, 8.
83, 118 f. 85, 384. 36, 64. 390. 37, 3. Dracont. 6 W. Sext. Emp. Pyrrh. hyp. 3,210 p. 170, 27 f.
de laud. dei 2, 744. 3, 642. Pom. 9, 228. 10, Bk.; ferner ragrccgi^a) vor Frost zittern, Plut.
690 usw. Der Bewohner des T. heißt Tccgragios de pr. frig. 9. Schol IL 8, 13. [Otto Waser.J
(TagrdgsLog Eurip. iv Evgvö&sl acczvgiTtS), frg. Tartaruchos {Tagxagovxoq), Bezeichnung der
381 Nauck) und (t6 xwfitxov) Tctgtccgitrig, Stepli. Hekate-Selene in devOiyon.Wessely,Denksclirift.
Byz. s. Tägxagog p. 606, 11 ff. M. Als Adjek- 40 d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, philos.-hist. Kl.
tive kommen vor Tagrdgiog, La (ion. trj), lov: 36(1888) herausgegebenen großen Pariser Zau-
ßod-gog Suid. s. Tccgr. yisvsdav, Nonn. D. 13, 32. berpapyrus v. 2242 (p. 101). 2294 (p. 102). 2326.
xsv^iuiiv 86, 104 (yg). Aisch. Prom. 219 f. Hes. 2335 (p. 103) und bei Marcellus Empiricus
th. 158). noXnog Nonn. D. 24, 235. Xunmv Orph. p. 149, 6 (ed. Helmreich 1890); vgl. A. Dieterichy
h. 18, 2. nvltdiv Nonn. D. 6, 210. avXri 16, 304. De hymnis Orphicis 42 f. 45 = Kleine Schrift.
*Egivvg 38, 88. »saivri 10, 18. iiide&kr] 44, 261. 101 ff. Derselbe, Abraxas 76 f. Bruno Küster,
luiari^ 44, 209. (idxccigcc 6, 172. fioTga Pherekyd. De trihus carm. papyri Parisinae niagicae (Dies.
fra.Q Kern. frg. bDiels. vviicpriNonn.D. lSy261. Königsberg 1911) S. 86 (vgl. 101. 111). Auf
/AvxTjua 36, 205. dai^iovsg Anth. 11,360, 4. Beziehung der Hekate zum Tartaros weist auch
Themist. or. 21, ^58 c p. 314, 28 Dind. ^odi-Koi 50 ihr Epitheton TagxagoTiaig {Orph. Arg. 977)
Nonn. D. 44, 205. oI%ol Orph. h. 37, 3. TriiXat hin; vgl. auch Rohde, Psyche 2^, 408 ff Vgl
Alkiphr. 3, 72, 3. vdaxu Nonn. D. 14, 48; femer ob. Sp. 126, 6 ff. [Höfer.J
xccgxdgsuig Eurip. frg. 381 N. Lukian. philops. Tartettios {TagrrixxLog), Name des Hundea
24. lo. Damask. de sacr. parall. 3, 13 = Patr. Orthros, s. Bd. 3 Sp. 1216, 2 ff. — Zu Orthros
Chr. ed. Migne 95, 1340 C (p. 419): xfjg xagxcc- nr. 2 (Personifikation der Morgenfrühe) ist nach-
dem? Xagvßdsoag, wozu Waser, Skylla u. Char. zutragen das bei Miliin, Gal. myth. 89, 353^
(Dißs. Zürich 1894) S. 77; ferner xagxdgBog mitgeteilte Bild einer französischen Handschrift^
Bithyn. hischr., vgl, Richard Foerster, Ath. dem antike Reminiszenzen zugrunde zu liegen
Mitt. 19 (1894) 369, 3 (xagxa[g]iaL6t xsXsv&OLg); scheinen (K. Friederichs, Die Philostratischen
lat. Tartareus Verg. Aen. 6,296 (Acheron, vgl. 60 Bilder 20 Anm. 1), auf dem neben der Nv^
d&zuServ.z.St.Myth.vat.H,Q,2Y>.nby22S.Bode). der Knaibe "Ogd^gog mit aufwärts gerichteter
895 (custos = Cerberus, vgl. Carter a. 0. 22). 551 Fackel erscheint. [Höfer.]
(Phlegethon). 7, 327 f. (sorores = Furiae, ebenso Tarutiiis s. Acca Larentia.
Stat. Theb. 5, 66. Dracont. i^o?«. 10, 448 f., vgl. Tarvos Trigaranus. Auf einem 1710 in Paris
Waser bei Pauly- Wissowa s. Furiae 7,313, 27 ff'.). gefundenen, vierseitig skulptierten Blocke, der,
514 (vox). 8, 667 (sedes). 12, 846 (Megaera). aus der Zeit des Tiberius stammend, von den
Ovid. met. 6, 676 und 12, 257 (umbrae). fast. 'nautae Parisiaci' geweiht ist, befinden sich
3, 620 (domus). 5, 244 (sinus). ars am. 3, 322 (vgl. die Beschreibung von Hang, Die Vier-
129
Tarvos Trigaranus
Tarvos Trigaranus
130
göttersteine in Westdeutsche Zeitschr. f. Gesch.
u. Kunst 10 |1S91], 162 nr. 197) auf den vier
Seiten folgende Darstellungen: a) Juppiter, mit
der Beischrift lovis, stehend, in der L. das
Szepter, in der R den Blitzstrahl; darunter
ein Adler. — b) Esus (Beischrift), bärtig, in
kurzem aufgeschürzten Rock, ein kurzstieliges
Heil schwingend, mit dem er einen Baum,
wohl eine Weide, fällt oder behaut. — c) Vol
S. 40/41. Was ist aber unter dieser Darstellung
zu verstehen?
li. Müwat, Bull, epigr. de la Gaule 1, 68 ff.
3, 163 ff. sielit einfach, 'einen Stier, drei Kra-
niche' dargestellt als das Opfer, das den Göt-
tern dargebracht werden soll. Seine von ihm
auch liemariiues sur les inscriptions antiques
de Paris 89 ff. wiederholten Gründe für diese
Ansicht beruhen hauptsächlich erstens auf dem
canus (Beischrift), mit dem Arbeitsrock und lo Umstand, daß der Stier eine Decke auf dem
der Mütze, in der R. einen Hammer, in der
L. eine Zange tragend. — d) Ein Stier, der auf
dem Rücken eine Decke (dorsuale) trägt, auf
ihm sitzen drei verhältnismäßig zu klein dar-
j^estellte langbeinige Vögel, Kraniche, Störche
oder Reiher; hinter dem Stier Weidenbäume.
Oberhalb der Darstellung die Inschrift: TA-
K VOS • TRIGARANVS, C. I. L. 13, 3026 p. 466.
J>cssau, Inscr. Lat. sei. 4613a; vgl. Hevon de
ViUefosse, Comptes rendus de Vacad. des inscr. 20
et belles-lettres 1901, 32. Abgebildet ist das
Monument bei V. Duruy, Histoire des Bomains
4, 29. F.-G. de Pachter e, Paris ä l'epoque Gallo-
Momaine pl 13. S. Beinach, Cultes inythes et
rcligions 1 p. 234. Alex. Bertrand, Nos origines:
La religion des Gaulois, les Druides et le Dru-
isdisme 351 Fig. 50. JE. Desjardins, Geographie
de la Gaule Bomaine 3, 268/269 pl. 11. E. Es-
perandieu, Becueil general des Bas-Beliefs de
la Gaule Bomaine 4 p. 213. 214. S. Beinach, 30
Bcpertoire de Belief s Grecs et Bomains 2, 241
Studniczka, Arch. Jahrb. 18 (1903), 17 Abb. 2
(nur die Seite mit der Darstellung des Tarvos
Trigaranus); s. die beistehende Abbildung.
Nahe verwandt ist die Darstellung auf einem
gallo-römischen Yotivdenkmal aus der Nähe
von Trier, das auf der Vorderseite den inschrift-
lich benannten Mercurius {Mercurio v. [l. m.] s.,
Dessau, Inscr. Lat. sei. 4612) zeigt, der die
Chlamys und die gallische Halskette trägt; 40
neben ihm steht links eine zum Teil verstüm-
melte weibliche Figur (Rosmerta?). Auf der
linken Nebenseite sind die Reste einer weib-
lichen Figur erkennbar, auf der rechten er-
scheint ein bartloser Mann in kurzem Chiton,
der unter einem Baume steht, in dessen Stamm
er mit einepi Beile haut, um ihn zu fällen.
Über dem Baume, der dem Anscheine nach
wie auf dem Pariser Denkmale gleichfalls eine
Rücken trage, was ihn als zum Opfer bestimmtes
Tier charakterisiere, zweitens auf der — durch
Desjardins a.a.O. 3, 268 Anm. 2 freilich wider-
legten — Annahme, daß nicht zwei Worte,
:?»'>i^^
Tarvos Trigaranus (nach A)-ch. Jahrbuch 18, 1903, 17,2).
sondern durch deutliche Interpunktion ge-
trennte drei Worte TARVOS • TRI • GARANVS
auf der Inschrift zu lesen und GARANVS als
Plural aufzufassen sei. Doch bedeutet Tarvos
Trigaranos nach fast allgemeiner Annahme
s. V. a. ravQog tQLyEQavog, Chr. W. Glück, Die
bei Caesar vorkommenden Namen 85 Anm. 1.
TJsener, Bhein. Mus. 58 (1903), 31. Th. Birt,
Beiträge z. latein. Grammat. 3 (= Bhein. Mus.
Weide ist, ist der Kopf eines Rindes darge- 50 52 [1897] Ergänzungsheft) S. 57. D'Arbois de
stellt, hinter und auf diesem sitzen drei große
Vögel mit langen Hälsen, Beinen und Schnä-
beln. Wir haben hier also dieselbe Darstel-
lung auf einem Bilde vereint, die auf dem
Pariser Steine (oben nr. b, d) in zwei getrennte
Bilder zerlegt ist, nur daß auf dem Stein von
Trier die Beischriften fehlen und statt des
Rindes nur der Kopf eines solchen erscheint.
Abgebildet ist das Denkmal bei F. Hettner,
Jubainville, Les noms Gaidois chez Caesar 220 f.
Camille Jullian, Histoire de la Gaule 2, 147, 1. —
F. Solmsen, Beiträge zur griech. Wortforschung
1, 119, und die meisten Forscher halten den
Tarvos Trigaranus für eine Gottheit, da er auf
dem Pariser Stein in jeder Beziehung den üb-
rigen Götterdarstellungen gleichgestellt ist, wie
schon Montfaucon, Antiquite expliquee et re-
presentee en figures 2, 2, 424 f. betont hat: „il
Blustrierter Führer durch das Provinz ialmuseum 60 parait que ce taureau aiix trois grues etait au
in Trier (1903) S. 27 nr. 31. Bonner Jahrbücher
100 (1896), 209 Fig. 29. Lehner, Korrespondenz-
blatt der Westdeutsch. Zeitschr. für Geschichte
u. Kunst 15 (1896), 35 Fig. 1 bzw. 37 Fig. 2.
Beinach, Cultes 1, 236. 237 = Bevue celtique
18, 256 Fig. 3. 4. Arch. Anzeiger 12 (1897), 16
Fig. 6 bzw. 17 Fig. 6. Alex. Bertrand, Nos
origines usw. 353 Fig. 52. Bevue celtique 28
rang des divinite's, puisqu'il est mis de niveauavec
Vulcain, Jupiter et Esus", so /. de Witte, Bev.
arch. N. S. 16 annee 30 vol. (1875), 386 : Jes Gau-
lois ont certainement honore le taureau sous
le nom de Tarvos trigaranus, le taureau aux
trois grues''. Studniczka, Arch. Jahrb. 18 (1903),
17 spricht kurz von einem ^ Stiergott Tarvos
Trigaranus'; vgl. auch Pachtere a. a. 0. 108.
131 Tarvos Trigaranus Taureios 132"
Nach Lehner, Korrespondenzbl. a. a. 0. 47 Zweiten an die Esche Yggdrasill; aber die
(vgl. 39) ist Tarvos, der Stier, der ja auch an- drei Vögel? — So ist also dieser Tarvos Tri-
derweitiff als Sinnbild der befruchtenden, leben- earanus nur eine Mahnung, daß wir von der
spendenden Natur erscheint, ein gallischer Mythologie der kelto-germanischen Völker nur
Wassergott, die Personifikation des Wassere, sehr wenig wissen, bruchstückweise, und daß
das zwischen Weiden versteckt ist oder in es wichtige und auffallende Mythen gab, die
dessen Nähe Weiden stehen, und zu dessen wir nicht mehr kennen*. [Höfer.]
weiterer Charakterisierung eben die Kraniche Tasene a. Tarsen e.
dienen sollen; als Wassergott ist er zugleich Tasibastenos {TaaL6aarr}v6g), Beiname,
Schutzgott der Schiffer und Förderer des Han- lO höchst wahrscheinlich lokaler, des Dionysos
dels zu Wasser. Daß ein gallischer Flußgott auf zwei Inschriften aus Philippi, auf welcher
mit einem griechischen Namen bezeichnet wird, ein thiasus [L]ib(eri) Pat(ris) Tasiba8t(eni) er-
führt Lehner auf den in der gallischen Kultur wähnt wird, Heuzey, Mission archeol. de Maci-
oft nachweisbaren Einfluß von Massilia zurück. doine nr. 87 p. 149 tf. Heuzey, Comptes-rendu
Die Darstellung des Tarvos müsse, meint iyCÄ^jer, de l'acad^des inscriptions et helles Htres 1868,
weil verbreitet und allgemein bekannt gewesen 219; G. Perrot, Memoires d'archeol. depigraphie
sein, da sie auf dem Steine von Trier ohne et d'histoire 213. A.Rapp, Die Beziehungen des
erklärende Beischrift habe erscheinen können. Dionysoskultes zu Thrakien und Kleinasien 17.
Einen Zusammenhang zwischen Trigaranus Dumoni, Melanges d'archeologie et d'epigraphie
und dem Garanus der Cacussage war Steuding 20 470 nr. 113 a". C. L L. 3, 703. 704 (= Dessau,
{Röscher, Myth. Lex. s. v. Garanus) geneigt an- Inscr. Lat. sei. 4069). Perdrizet, Corr. hell 24
zunehmen, und auch Reinadi, Cultes 1, 246 (1900), 312 f nr. 4. 316f Waltzing, Etüde hi-
hält einen solchen nicht für unmöglich (vgl. storique sur les corporations professionelles chez
auch J. G. Cuno, Vorgeschichte Borns 1: Die les Romains 3, 73 f nr. 200. Fr. Poland, Gesch.
Kelten 889 Tvgl. auch ebenda 146 f.l), wäh- d. griech. Vereinswesens 202. Preller- Robert 1 ^
rend Boehm bei Pauly-Wissowa s. v. Garanus 697, 2. Gruppe, Gr. Myth. 1410, 9. Rohde,
sich gegen eine solche Annahme ausspricht. Psyche 2', 31 Anm. 1. [Höfer.]
Der neueste Bearbeiter der Cacussage, J'V. Taszene s. Tarsene.
Münzer, Cacus der Rinderdieb 93 ff. {yg\. Rhein. Tatius s. Romulus u. Tarpeia.
Mus. 63 [1898], 602/3 Anm. 3. Wissowa, Berl. 30 Taucheira (Tav;g£i(>a), Tochter des Autandros,
Phil. Wochensckr. 1913, 882) hält daran fest, Eponyme der Stadt Taucheira in Libyen, Steph.
daß der von Verrius Flaccus überlieferte Name Byz. s. v. Tccvxhqu. [Höfer.]
Garanus gute und alte italische Überlieferung Taulas {TccvXag). 1) Einer der Söhne des
darstellt, wenn wir auch nicht zu erkennen lUyrios (s. d.), Eponymos des illyrischen Volkes
vermögen, woher er stammt. Auch die Ver- der Taulantioi, Appian. IlJyr. 2, (1, 346, 19
mutung, die drei Kraniche verdankten ihre Mendelssohn). — 2) Skythe, Pflegevater des von
Entstehung einer falschen Auffassung von xqi- Kastor getöteten Tages, Val. Flacc. Arg. 6, 222.
xägavos (rptxaprjvoff), dem Epitheton des ^drei- [Höfer.]
köpfigen* Geryones bzw. gallischen Mercur, Taureios (Tav^fios), Beiname des Poseidon :
hat wenig Wahrscheinlichkeit, S. Reinach, 40 Tavgsog 'Evvoeiyaios, Hes. Scut. 104 (und da-
Bronzes figures (= Antiquite's nationales 2) zu Aly, Rhein. Mus. 68 [1913], 23 Anm. 2).
p. 121 Anm. (vgl. p. 278). — D'Arbois de Ju- 'Ewoelyaiog TavgBios, Nicetas in Anecdota var.
bainville, Le cycle myihol. irlandais et la my- Gr. et Lat. ed. Schoell - Studemund 1, 279, XI.
thologie cdtique 385 Anm. 1 sieht in Tarvos 283, IX. TavQSLog, 6 noöEid&v., Hesych. s. v.
Trigaranus einen Doppelgänger des gehörnten Tccvgog. Die Form Tccvqios als Poseidonepi-
Gottes Cemunnos (s. d.), der dem Stiere des theton steht bei Suid. s. v. TavQidiov (p. 1043
Geryones entspreche; infolge einer Volksety- Bernh.). Anonym. Laurent, bei Schoell-Stude-
mologie sei Geryones, 'der Brüller mit drei mtm<2 a. a. 0. 1, 267, IH^g. Vgl. auch Apollon.
Leibern' bei den Galliern zu 'drei Kranichen' Lex. Homer, p. 156, 20 Bekker: Tavgov tov
{Frigvovrig: yigccvog) geworden. In der Revue 50 TJoGBidiovog. Zweifelhaft ist es, ob unter dem
celtique 28, 41 meint derselbe Gelehrte, der Q-sog Tavgog einer Inschrift aus Thespiai: @eov
Stier sei ein göttliches Wesen, in Irland 'Donn', Tavgov {C. L G. 1, 1606. I. G. 7, 1787) Posei-
in Gallien 'Donnos' genannt, und die drei don, an den Kern bei Pauly-Wissowa 6, 1032,
Kraniche seien drei Formen einer 'triple deesse 64 ff. denkt, oder Dionysos {E. Maaß, Orpheus
appel^e en Irlande Bodb, Morrigan et Nemain'. 130, 4. 137, 19) zu verstehen ist. Nach Hesych.
Reinach, Cultes sieht in dem Baume, den s. v. Tccvglcc wurde dem Poseidon ein Fest Tuv-
der beilschwingende Gott zu fallen im Begriff gia gefeiert, und es ist wohl sicher, daß das
ist, einen göttlich verehrten Baum (vgl. Fagus Lokal dieses Festes Ephesos war, da nach
deus, Sexarbor), 'un arbre cosmique', wie die Amerias bei Athen. 10, 425 C (vgl. Hesych. s. v.
Weltesche Yggdrasill, in dem Stier (Tarvos), 60 Tavgog Eust. ad Hom. 11. 1205, 22) in Ephesos
einen 'taureau divin et cosmique', und in seiner die Jünglinge, die bei dem Feste des Poseidon
Verbindung mit den drei Kranichen einen frei- den Wein schenkten, tavgoi, ( JJsener, Götter-
lich noch der Aufklärung bedürftigen 'sens namen) hießen, Nilsson, Feste 80.
religieui et symbolique'. Ähnlich hatte sich Im Zusammenhang hiermit steht wohl auch
schon Ad. Holtzmann, Deutsche Mythologie 103 f. der durch eine Inschrift aus Ephesos {For-
geäußert: 'ein Stier. — Man kann an die Kuh schungen aus Ephesos 2, 182 nr. 75) bekannt
Audumbla denken, welche die ersten Urwesen gewordene Verein der Tavgsaatai, Heberdey,
aus dem Salzfelsen herausleckte; bei den drei Forsch, in Ephesos a. a. 0. 182. Bermdorf,
133 Taureios Taurike 134
ebenda 1, 97, während der in zwei Inschriften q(ov inirsXnv tm TloasiS&vi Tavgsiog ixXi^d^ri
erwähnte Verein TavgeiväSsg (Forsch. 2, 183 ßotcortxcoff. Über Stieropfer, die dem Poseidon
nr. 80. 184 ur. 81) wohl kaum hierher gehört, dargebracht wurden {diu t6 xarä a(podg6ti,Ta
wie Benndorf a. a. Ü. 1, 97 Anm. 4 annimmt, -aivriaKo? nXrixxiy.6v^ ixi 6h -nal diu tb iivurtXi-
sondern mit Heberdey, Forsch. 2, 184 als ein xor xul diu rüg iv rm vduxi de 'nufircrug Sixriv
Verein der Schuster aufzufassen ist. Von einer xsgütiov, Eust. ad HÖm. Od. 1676, 34), speziell
Stierhetze {xuvgoig ob ■natu ngouigsciv iv 'Ico- über Opfer von schwarzen Stieren {d^vovGiv
vice 7Cat3s? 'Ecptöicov ccycovi^ovxcei . . . xal iv avxm xccvgovg nufi^^Xavag diu rr}v ;^pomv xov
AagiöGj] TtöXst xj)g f)BGGaXiug ol zoiv xaxoi'novv- TCsXdyovg, Cornut. de nat. deor. 22 p. 124 Osann;
T(ov svysviaxcxxoi) berichtet Artemidor 1, 8. lo vgl. Fust. ad Hom. Od. 1454, 3, vgl. Hom. B.
Für Ephesos liegt in Verbindung mit den obi- 11, 727, 20, 403 (Strabo 8, 384). Od. 3, 6. 178.
gen Zeugnissen der Gedanke nahe, in diesen 11, 131. Find. Fyth. 4, 204. Ol. 13, 69. Plut.
Stierkämpfen einen Teil des Poseidonfestes zu Sept. sap. conv. 20. Philostr. Imag. 2, 16. Schol.
sehen, Maxim. Mayer, Ärch. Jahrb. 7 (1892), Find. Nem. 6, 69. Eust. ad Hom. Od. 1386,41.
77. Für die Stierkämpfe in Larissa {xavgod-r]- II. 1227, 34. Aen. Verg. 2, 202 und Serv. z.
giu s. I. G. 9, 2, 581jj [= Dittenberger, Sylloge d. St.).
2*, 671^ p. 495). 537. 528i8. Ö829. 038g. 534^; Für weitere Beziehungen des Stieres zum
vgl. 5355. 5364 : rccvgov nscpsigdxovxsg, necpr\i- Poseidon ist darauf hinzuweisen, daß Poseidon
gäv,ovxBg = xs%-riQu-i(,6xsg\ vgl. auch Heliodor selbst Stiergestalt annimmt, Ov. Met. 6, 115,
10. 30. Phtlippos in Anth. Pal. 9, 543. Boeckh 20 daß er auf einem Stiere reitend dargestellt
zu Schol. Find. Pyth. 2,78 p. 319. E. Dürr- wird, 0. Müller-Wieseler-Wcrnicke, Ant. Denk-
bach, Corr. hell. 10 [188G], 443) und anderswo, mäler* 163 nr. 5, daß er im Wettstreit mit
z.B. in Smjin-A (Tcivgoxa^dipiu., C. I. G. 2, S212. Athena usw. den Stier erschafft, Luc. Hermo-
M. Mayer a. a. 0. 75 ff.) ist ein Zusammen- tim. 20. Babrius 59. Wie der Wolf das Sym-
hang mit dem Poseidonkultus, wie ihn K. F. bol Apollons, so ist der Stier das Symbol Posei-
Hermann, GoUesdienstl. Altert.^ 451. Welcher, dons, Serv. ad Verg. Aen. 4, 377. Poseidon hat
Gr. Götterlehre 2, 675 annahmen {-vgl. auch den später von Herakles gebändigten kreti-
Bechtel, Götting. Gelehrte Nachr. 1890, 34, der sehen Stier gesendet {Paus. 1, 27, 9. Apollod.
in den Taurokathapsia die Ausartung eines 2, 5, 7), ebenso den Stier, der für Hippolytos
alten im Dienste des Zeus Polieus geübten 30 so verderblich wurde (Bd. 1 Sp. 2682, 8 ff.);
Kultgebrauches zu einem Sporte sieht), man- auf vielen Münzen ist der Stier das Wappen-
gels anderer Zeugnisse sehr fraglich, Nilsson tier Poseidons u. a. m. Höchst wahrscheinlich
a. a. 0. 81. Gruppe, Gr. Myth. 1138, 1. — steht auch der troizenische Flußname Tuv-
Über bildliche Darstellungen der Taurokatha- giog {Paus. 2, 32, 7) mit Poseidon TuvgLog in
psia in Kreta vgl. Evans, Ann. of the Brit. Verbindung, 0. Höfer, Mythologisch- Epigraphi-
School at Athens 7 (1900/01), 94 f. Chatzidakis, sches {Beigabe z. Jahresber. d. Wettiner Gymn.
'E(pr\\i. &QX- 1912, 232. Gaerte ebenda 260, 57. zu Dresden 1910) S. 36. Diese vielen Bezie-
Vgl. auch Mayer, Verhandl. d. 40^en Versamml. hungen des Poseidon zum Stiere verleihen der
deutscher Philologen in Görlitz (1890) S. 290. Ansicht von Gruppe, Gr. Myth. 1138, 3, daß
Das oben für Ephesos in Anspruch genommene 40 auch der Poseidon 'EXixmvLog (vgl. über diesen
Fest Tuvgiu wollte Welcker a. a. 0. 674 nach Jessen bei Pauly-Wissowa s. v. Helikonios. F.
Kyzikos verlegen, da dort ein Monat Tavgsoav Solmsen, Beiträge zur griech. Wortforschung 1
{E. Bischoff, De Fastis Gr. ant. 396) hieß; [Straßburg 1909] S. 84 f.) — von sXi^ abgelei-
aber abgesehen davon, daß für Ephesos die tet — ursprünglich als Stiergott aufzufassen
oben angeführten Zeugnisse sprechen, ist ein ist, nicht geringe Wahrscheinlichkeit. [Höfer.]
Monat Tuvgswv ferner auch bezeugt für Sa- Taurica dea s. Taurike.
mos {Bischoff 400), Milet {Königliche Museen Tauriformis, der 'Stiergestaltige', Beiname
zu Berlin: Milet herausg. von Th. Wiegand, des Fl. Aufidus bei Hör. carm. 4, 14, 25. Über
nr. 38 Aj p. 185. nr. 13823 P- 28f. nr. 143ig die Gestalt der Flußgötter s. 0. Bd. 1, Sp. 1488 ff.
p. 319. nr. 147^8 p. 335. nr. löO^ gg p. 356 f.), 50 und Bd. 3, Sp. 2902. Zur Horazstelle bemerkt
Priene {Königl. Mus. zu Berlin: Inschr. von Porph.: omnium fluminum genii taurino voltu
Priene nr. 22^ p. 30. nr. lllgia P- 101. 202g3 etiam cum cornibus pingutitur propter impetus et
p. 141), und das bloße Vorkommen eines Mo- fremitus ipsarum aquarum. Vgl. Tauromorphos.
nates Tuvgsmv berechtigt noch nicht zu dem [Eitrem.]
Schlüsse, eine Verbindung mit dem Stier-Po- Taurike {Tuvgiyiri), Beiname der der Göttin
seidon anzunehmen; möglicherweise {Nilsson der taurischen Chersonnes, der Parthenos (s. d.
a. a. 0. 81) ist dies der Fall für Sinope, wo Sp. 1661, 43 ff.) oder Tauropolos (s. d.) gleich-
wir neben einem Monat Tuvgsav ein Fest des gesetzten Artemis, Paws. 1, 23, 7. 3,16,7.8. Clem.
Poseidon Helikonios finden, Dittenberger, Syl- Alex. Protr. 3 p. 36 Potter. Euseb. Praep. ev. 4,
löge 2», 603 p. 376. 60 16, 12 (p. 185 Dindorf). Mythogr. Lat. 1, 173.
Das Epitheton TuvQSLog erklärt Schol. Hes. Cyprian. Quod idola dii non sint 4 = Corxyus
Scut. 104 {Poet. Minor. Gr. ed. Gaisford 2 Scriptor. eccles. Lat. III, 1 p. 21 ed. Härtet. —
p. 621): riyovv diu tbv t&v yivfiuxcov tjxov, mg Nach Hirst, Journ. of hell. stud. 23, 29 (vgl.
xuvgoi yug fivniövxaL. 7) ort tavgoyiguvog iötiv. Gruppe, Bursians Jahresber. 137 [Suppl.J, 418)
rj oxL TuvgsLog IIoGud&v iv itoXsi Boicoxiug^ ist "AgxBnig TurgiTii] eine barbarische Göttin,
diu tb [iv 'EXiTcavi tfjg Boicotiag, Cod. Bibl. die aber von demselben mykenischen Kult ab-
Paris. 2708] tuvgovg h'vB6%'ui uvta huI ilccXl- stammt wie die Bguvgaviu und daher dieser
6tu iv 'OyxrictK . . . knb ovv tov d'vaiug tuv- urverwandt ist. [Höfer.]
135 Tauriskos Tauromorphos 136
Tanriskos {Tcevglaxo?), Eponymos des liguri- hindeuten. Der Tempel der Athena Taurobolos
sehen Volksstammes der Taurisker — nach muß nach der mitgeteilten Legende unweit des
JFV. Mistral f Dictionnaire Provetii-al- Frangais Meeres gestanden haben, Ludiv. Roß, Beiden
2, 957 8. V. Tarascoun Gründer von Tarascon — , auf den griechischen Inseln 2, 20 f. Bursian,
berüchtigt durch seine Wildheit und Grausam- Geogr. v. Griechenland 2, 443. E. Weil, Athen.
keit, von Herakles auf seinem Zuge gegen Mitt. 1 (1876), 240. Hirsch feld, a. a. 0. Saucius
Geryones getötet, Timagenes bei Ammian. a. a. 0. — 2) Beiname der Artemis s. oben.
Marceü. 16, 9, 6 — F. H. G. 3, 321 f. fr. 7. (IHöfer.J
Anch die zweite Erwähnung des Tauridkos bei Taiiromenes? {TavQo^iBvruf) , als Beinamen
Ammian. 16, 10, 9 geht wohl auf Timagenes lo des Dionysos erschließt Gruppe bei Bursian
zurück {Mommsen, Hermes 16 [1881], 620 86(1895), 222 aus dem Namen der Stadt Tav-
Anm. 2) und nicht Auf Sallust, wie Gardthausen, goiiiviov. [Höfer.]
Jahrb. f. klass. Phil. Suppl. 6, 566 annahm; Tauromorphos {Tavgoiiogcpog). Nach Clem.
vgl. Wachsmuth, Bhein. Mus. 46 (1891), 468. Alex Protr. 2, 16, 3 p. 14 Potter (p. 13, 21 St,)
Holder, AÜ-CkÜ. SprachschaUs 1769 s. v. Tau- gebiert Persephone — von dem ihr in Schlan-
risci. J. de Witte, Rev. arch. N. S. 16" annee geugestalt genahten Zeus, daher der mystische
30. vol. (1876), 886 f. E. Maaß, Jahreshefte d. Spruch: ravpog Sganovro?, xal dpaxcov rocvqov
österr. arch. Inst. 9 (1906), 144 u. Anm. 26 (vgl. natrJQ, Firmic. Mat. de errore profan, relig. 26.
168 Anm. 76). /?. Jteinach, Cultes, mythes et re- Albr. Dieterich, Eine MithrasHturgie 216 (vgl.
ligions 1, 243. 3, 174. Antiquites nationales 2 20 156). Crusius, Rhein. Mus. 45 (1890), 265 if. —
{Bronies figures de la Gaule Romaine) 276 f. einen stiergestaltigen Sohn: nalSa ravpci-
(vgl. 120 f. Anm. 3). [Höfer.] iiogcpov (vgl. Arnob. advers. gent. 6, 21 p. 193, 1
Tauro {Tavgm) • i) iv Tavgots uigTSfiig^ Hesych. \ Reiff er scheid), worunter nach dem Schol. z. d. St.
wohl Kurzform zu Tccvgonölog (s. d.), E. Maaß, Zayghvg jLovvaog zu verstehen ist, Gruppe,
Hermes 23 (1888), 617. [Höfer.] Gr. Myth. 1425, 4, wo auch die Belegstellen
Tauroboleia {TavQo§6Xna) ., Gemahlin der für die auf Stiergestalt des Dionysos hinwei-
Okytos (andere nennen dafür die Hippodameia) senden Epitheta (ravpox? pw?, tavQocpvrig usw.)
und Mutter des (iuneus, Tzetz. Proleg. Alleg. angeführt sind. Damit vergleiche mau Athen.
Hom. 11. 029. [Höfer.] 11. 61 p. 476a (vgl. Quandt, De Baccho ab
Taurobolos {TavQoßöXog)., Beiname 1) der so Alexandri aetate in Asia Minore culto [Diss.
Athene auf Andros nach Suidas s. v. Tavgo- Hai. 21, 2] 130: rbv Jiövveov y.£gato(pvfi nXdz-
nölov (p. 1044, 4 if. Bernhardy) = /. G. 12, 5 tE6&ai, hi te tavgov xaletad^at, vnb noXXcav
p. XXXII nr. 1505: xal Md'riva dh TavgoßoXog noiritcbv. iv dh Kv^i-Aco xat Tavgoiiogcpog
(vgl. Suid. 8. V. TavgoßoXog' i] kd'rjvä und lägvtat = Eust. ad Hom. II. 13, 21 p. 917,
Hesych. Tavgo7c6X(xi{Bo[y r]''Jgvs^LLg xal 7] 'A&rivä) 66. Hierher gehört auch Plut. de Is. et Os.
iv'Avdgoa. 6 'yag''Jviog dovg tavgov xoig'AxgEi- 35 p. 364 F dib xal ravpofiopqpov Jlovvöov
^aig ixsXsvösv, Önov av iy. Tf]g vBojg aX>Lrjrat, -noiovGLV &ydXyiata noXXol tcbv ^EXX'qvcov^ wo man
i6gv6a6d'ai, 'A&rivav ' xal ovT(og evtiXot^csiv. 6 entweder tcolovgiv &yaXfiaT07toiol tüv 'EXX'^vav
ök iv 'kvdgcp i^-^Xato = Phot. Lex. s. v. Tav- oder tavgo^iogfpa Jlovvgov x. t. X. schreibt.
goTioXov p. 571, 7 flf. Person = Apostol. 16, 22. 40 Über den ^Stierdionysos' vgl. F. A. Voigt im
Daß Athene TavgonoXog (so, nicht TavgoßoXog) Myth. Lex. Bd. 1 Sp.l056flF. E. Thraemer ebenda
genannt worden sei, berichtet Xenomedes von Sp. 1149 ff.; ferner Stephani, Compte rendu de
Chios im Schol. Arist. Lysistr. 447 {F. H. G. 2, la commission inip. archeol. 1863, 110 ff. Bob.
43, 1), der nach v. Wilamowitz, Hermes 18 v. Schneider, Über zwei Bronzebilder des ge-
(1883), 259 f. Anm. 2 (vgl. Immisch, Rhein. Mus. hörnten Dionysos in Jahrb. d. Kunstsammlungen
44 [1889], 303) auf Apollodoros nsgl d-säv zu- des allerhöcJisten Kaiserhauses 2 (1884), 4i ff.
rückgeht. Viele (z. B. Bursian, Geogr. von Andreas Wilh. Curtius, Das Stiersymhol des
Griechenland 2, 443, 2. Hirschfeld bei Pauly- Dionysos {Progr. des Königl. Kaiser - Wilhelm-
TTtssoMJ« 1, 2170, 60. Max. Mayer, Arch. Jahrb. Gymn. zu Köln 1892). Wieseler, Gott. Gel.
7 [1892], 77) meinen, die Schreibung Tavgo- 60 Nachrichten 1891, 367 ff. 1892, 218 ff. A. Rapp,
ßoXog bei Suidas usw. beruhe auf einem Irr- Die Beziehungen des Dionysoskultes zu Thrakien
tum. Doch steht unmittelbar vor der oben und Kleinasien IS i. 23. Wellmann, Hermes Sl
ausgeschriebenen Stelle zur Erklärung des Bei- (1896), 223 f. — Als ravgofiogcpog d-Eog wird
namens der Artemis TavgonoXog: ol &' ort, von Philo, De vita Mosis 3 ed. Mangey 1, 160,
IßaXi., 810 xai TavgoßöXov, also direkte Ab- 10 (= de vita Mosis 2 [3], 165 ed. L. Cohn 4,
leitung von /SaHftv! Tavpo^oXog würde also die 238, 18): XugoTCoiritov ytataoxevavTEg ravgo-
'Stierschießerin, Stiertöterin' bedeuten (vgl. \Logcpov dsbv ov d'sbv Ttgoo-Awovoi xal d-vovav
(rruppe, Gr. Myth. IbbS Anm. b zu 1552). Welcker, (die Juden) auch das aus Exod. 32, 4. 7 (vgl.
Aesch. Trilogie 282 Anm. 491 ist der Ansicht, 1 Reg. 12, 28 f. Hosea 8, 6 f. 10, 6 f. 13, 2) be-
daß die Schreibung TavgoßoXog auf irriger Aus- 60 kannte ^goldene Kalb% die Statue des unter
legung für xavgoßogog., ravgocpäyog beruhe (vgl. dem Bilde eines goldenen Stieres verehrten
Taurophago9 nr. 2). Nach Theophil Saucius, kana'anitischen Ba^al bezeichnet; vgl. Br.
Andros {Sonderschriften des österr. arch. Inst. Baentsch im Handkommentar zum alt. Testa-
in Wien 8) 118 soll die Erzählung des Suidas ment herausgeg. von W. Nowack 1, 2 S. 269
mit Anlehnung an Agamemnons Heereszug zu Exod. 1 — 6. W. Baudissin in Realenzyklo-
einen auf Andros üblichen alten Opferbrauch pädie fü/r protest. Theologie u. Kirche herausg.
aitiologisch erklären; der den Atriden mitge- von jBTcr^ro^f-SaitcÄ 9", 704 ff. s.v. Kalb, goldenes.
gebene Stier soll auf das darauf folgende Opfer Vgl. Tauriformis. [Höfer.]
137 Tauroparthenos Tauropolos 138
Tauroparthenos (TavgonccQd-svog). Bei Ly- rocvgos Ttigiaiai Tcdcvra, mg 'A7CoXX6d(OQog {vel.
kophr. Alex. 1292 ist unter der 'ßo&nig ttxvgo- Schol. Arist. Lys. 447: TavgojtoXov ovroo vrjv
ndgd'svog Kdgr]^ lo (s. d.) zu verstehen. Diese "igrefiLv ixdXovv. xr\v 81 altiav ÄnoXX6duigog
Bezeichnung — BtSiii xavgondgdsvog sollte man iv rat rcsgl ^smv i-Kti^Btui und dazu v. Wila-
eigentlich ßovTtdgd't-vog erwarten; vgl. Schol. moiv'itz, Hermes 18 [1883J, 269 Anm. 2), a. —
z. d. St. 2, 365 f. ed, Scheer — sieht ab von der 2) "latgog di . . . on tbv vnh Tloohifi&vog ini-
gewöhnlichen Vorstellung einer gänzlichen Ver- nE^icpd'ivxu 'innoXvto) xavgov i^oiargriasv inl
Wandlung der lo in eine Kuh, an deren Stelle Traffar yijv, a.; etwas abweichend ^pos^oi. a.a.O.:
sie die auch sonst (ßd. 2 Sp. 271, 5tF.) bezeugte 6^rt tov tccvgov ^xreiva. — 3) ort ij 'irpty^vsia
Vorstellung von einer kuhgehörnten Jungfrau lo cpvyovacc äno Z-Kvd'iccg iv jiTti-nj) Idgvoatjihri tb
setzt, die auch in der Identifizierung der Isis äy^Xiia TavgonSXov "Agrsfiiv ngoariyogfvOBVy
mit lo (Bd. 2 Sp. 439 f.) zum Ausdruck kommt. insiöi] ix x&v Tavgcov tov id-vovg rjXd-hv, E. M.
Vgl. auch G. Meilen, l)e lus fabula capita sc- 14^1, 54 ff.; vgl. Eust. ad Dionys. Pur. 306: i)
lecta 53 ff. 60. Gruppe in Bursians Jahresber, "AgtB^ig TavgonoXog &7t6 rovrcav SoAst rcbv
137 (1908) [Supplementband] S. 528. v. Holzinger Tavgav X^ysad-uL. — 4) "Agn^ng . . . t6 ft^i/ ^d^vog
zu Lykophr. a. a. 0. [Höfer.] ixstvo rav vofidScov ittdXsas Tavgovg^ ind Scvri
TaurophagOS {Tavgo(pdyog\ Beiname 1) des xfig 'Icpiysvdocg nccgcc tbv ßco^bv ^(prive xavgov^
Dionysos, Soph. fr. 607 Nauck^, gleichbedeu- ocvtriv S' i] d-hbg TavgonöXov, Nikandros bei
tend mit Omadios (s. d.), Omestes (s. d.); vgl. Anton. Liberal. 27 (und dazu v. Wilamowitz a.
Gruppe, Gr. Myth. 732 Anm. 3 zu 731. Weniger, 20 a. 0. 260) und im E. M. 748, 3. Zu diesen vier
Arch. f. Religionswiss. 10 (1907) 67. Welcker, Erklärungen kommen die drei in b) überliefer-
Alte Denkmäler 5, 164 f. — 2) der Artemis (v. 1. ten Deutungen. — 5) oti iv Tavgotg tfjg Z-kv-
Tccvgo(p6vog), weil sie für die zu opfernde dlccg r^/^arat. — 6) t) dnb (ligovg, x&v xoiiivioav
Iphigenie einen Stier, wofür andere eine Hin- Ttgoatdtig {iTtiatdtLg, Suid.). — 7) ?) ort i] ccvti]
din oder Bärin nennen, geschickt habe. Etym. xjj EsXrivrj iarl %ccl ino%slxccL tuvgoig, i)v aal
M. 748, 2. [Höfer.] TccvgcoTtbv üvofid^ovGL, womit man vgl. Jo. jT^ef^;.
TauropllOliOS(?) s. Taurophagos 2. Antehomer. 201: 'Agtiaidog . . . TavgonoXoio
Tauropis s. TavQcaTtög. ZsXriv7\g. Von diesen Deutungsversuchen (3. 4. 5)
Tauropoleites {Tavgo7toXsixr]g). Ein Fels- sind zunächst diejenigen auszuschließen, die
Telief aus Oinoanda mit der Weihung Q'scb{i) 30 mit dem geographischen Namen Taurien spielen
''Agri{i) Tcivgo7toXsix7\{C) svxiiv zeigt den Ares und die Tauropolos aus der Iphigeniensage her-
jugendlich in Panzer und mit Helm, mit der leiten. Denn wie C. Robert, Arch. Zeit. 33 [1876],
Rechten die Lanze, mit der Linken den Schild 134, besonders aber Arch. Märchen (Philol.
an den Boden haltend, das Schwert an der Unters. 10) 146 ff. (vgl. auch v. Wilamowitz,
linken Seite gegürtet. Heb er dey- Kaiinka, Reisen Hermes 18 [1883], 254. Max. Mayer, Arch. Jahrb.
im südwestl. Kleinasien (= Denkschr. d. Kaiserl. 7 [1892], 77) nachgewiesen hat, ist die Ablei-
Äkad. d. Wissensch. 45 [1897] I) S. 53 f. nr. 56. tung des Namens Tauropolos von dem Volke
Das Epitheton wird wohl als Ethnikon (vgl. der Taurer vor Euripides keinesfalls anzuneh-
Steph. Byz. s. v. TavQonoXig, itoXig Kaglag. xb men (vgl. auch C. O.Müller, Dorier 1 S. 385);
id'vinbv TavgoTCoXitrig; vgl. ApoUonioshei Steph. 40 vielleicht heißen gerade umgekehrt die Taurer
Byz. 8. V. XgvöccoQig) aufzufassen sein. [Höfer.] nach der Tauro (s. d.) = Tauropolos, Gruppe,
TAnro^olh {TocvQOTtoXig) 1) Tochter des Kle- Griech. Myth. 1293, 1. Freilich ist der Ein-
son (s. d.), Paus. 1, 42, 7. Näheres unter Kleso fluß der Dichtung des Euripides so gewaltig
und Leukothea (Bd. 2 Sp. 2013, 27 ff.). — gewesen, daß man an vielen Kultstätten der
2) Kind des Dionysos und der Ariadne, Schol. Tauropolos nicht nur in Griechenland, sondern
Apoll. Rhod. 3, 997. Die übrigen fünf neben auch in Kleinasien und Italien die heimische
Tauropolis genannten Geschwister (Oinopion, Kultlegende an die Euripideische Fabel an-
Thoas, Staphylos, Latramys, Euanthes) sind knüpfte: wo ein Kult der TavgonoXog bestand,
Söhne, so daß man dasselbe auch von Tauro- deutete man diese jetzt als die „Taurische" und
polis annehmen möchte; doch deutet die Form 50 suchte durch alle Mittel zu beweisen, daß das
des Namens mehr auf ein Femininum hin. — heimische Kultbild das echte von Orestes aus
Der Name Tauropolis weist auf die mit Dio- Taurien entführte Idol sei. Die Deutung des
nysos gepaarte Tauropolos (s. d.) hin, Gruppe, ApoUodoros (1), oti ayg xavgog TCsglsLöL ndvtoc
Gr. Myth. 943, 3 (vgl. 125. 7). [Höfer.] besagt wohl dasselbe wie die unter 7 gegebene
Tauropolos {TavQondXog) , Epiklesis (häufig Deutung: die Tauropolos wäre also eine Mond-
auch selbständig gebraucht) — I) der Artemis, göttin, wie sie z. B. üsener, Rhein. Mus. 23
Hesych.s.Y.TavgoTtoXai. Anon. Laurent. in Anecd. (1868), 334. 355 auffaßt. Als eine besondere
Varia Graec. et Lat. ed. Schoell und Studemund Form der x4.starte, die ja auch als Mondgöttin
1, 270, 12 2^. ^iÄe^as iö. 277, 8. 283, 6 (hier steht und zuweilen mit einem Stierhaupt erscheint
die Form TavgoTCoXa). 60 (Bd. 1 Sp. 652), sehen die Artemis Tauropolos
Über die Bedeutung der Epiklesis Tuvgo- s,n Movers, Die Phönizier 2,2, 101 S., K. Hoeck,
3ro?.os waren schon im Altertum die Meinungen Kreta 1, 92 f., Stephani, Compte renäu de la
geteilt, wie aus den verschiedenen Erklärungen commiss. imp. archeol. pour Vannee 1866, 102.
des Namens hervorgeht. Die Hauptstellen sind: Konr. Trieber, Quaestiones Laconicae 1, 35 f.
a) Phot. s. V. TocvQOTtoXov = Suid. s. v, Tavgo- Doch ist die Tccvgo7t67.og wohl eine echt grie-
srdlov, womit si^h teilweise JS't^/wi. M. 747, 52 ff. chische Göttin, auch ist der Stier als Mond-
und Apostol. 16, 22 decken. — b) Schol. Soph. symbol nur spät erst nachweisbar, Bd. 2
Ai. 172 = Suid. s. v. TavgonoXa: 1) ort mg Sp. 3136, 53 ff. Ma^. Mayer a. a. 0., so daß
RoscHBE, Lexikon der gr. u. röm. Mythol, V. 6
139 Tauropolos Tauropolos 140«
auch diese Erklärung nicht der ursprünglichen Tauropolos gebannt ist und die spüter als
Bedeutung der Tauropolos gerecht wird , ge- Göttin der Entbindung gedacht und der Artemis
schweige die von einer einzelnen Tatsache aus- gleichgesetzt wird, war ursprünglich die Heil-^
gehende auf Istros (2) zurückgeführte Deutung. st&tte, wo Männer gewaltige Zeu^ungskraft zu
Die noch übrige Erklärung (6) &xb fiiQovgy gewinnen glaubten. In ihrem Dienste wurden
x&v notfivitov XQoarcitis, die in Artemis T. die wirkliche Stiere (raDpoi) gehalten, denen man
Schirmerin der Stiere und dann der Herden eine besonders starke Zeugungskraft zuschrieb,
überhaupt sieht, ist von Schreiber Bd. 1 Sp. 667 Artemis Tauropolos wäre also die Göttin, die
angenommen worden. Doch erhebt dagegen mit Zeugungskraft und geschlechtliche Fruchtbar-
Recht Einspruch Nilsson, Gr. Feste 261 f. : Tav- lo keit verleiht.
QonoXog muß nach Analogie von al%6Xos^ ßov- Ein Kultus der Artemis Tauropolos ist an>
TfoXoQ (= ßovyioiosy Uesych.) erklärt werden, folgenden Stätten nachweisbar:
nur nicht so speziell als „Stierhirtin"; denn 1) Amphipolis: templum Dianae, quam Tau-
-soXoff hat eine sehr allgemeine Bedeutung, ropolon vocant, Liv. 44, 44. vabi . . . ri)s Tctv-
vgl. iiovaoTtoXos und hgontoXog des ApoUon Ak- gonölov, Biod. 18, 4, 6; vgl. Äntipatros in Anth.
tios. Sie ist vielmehr eine Herrin des Stieres; Pal. 7, 705: Ald'onirig BQavQ(ovidog vriog. Über
ohne Zweifel hängt sie zusammen mit der be- die Münzen von Amphipolis mit Darstellungen
sonders bei den Mjkenäem beliebten Stierjagd der Artemis T. ist Bd. 1, Sp. 667, 69 ff. gehan-
und den Stierkämpfen (vgl. die Taurokathapsien delt. Hinzuzufügen ist folgendes: Münzen mit
im Kult des Poseidon Taureios [s. d.]), der das 20 der Darstellung der inschriftlich als TccvQond-
Fest der Tauropolia (s. unten nr. 3) galt. Sie ist Xog bezeugten Göttin bei Head, Hist. num.'' 217 ;
also Herrin des kräftigen, wilden Stieres ge- mit wehendem Schleier auf Stier reitend, Cat.
wesen; daher steckt in ihrem Namen ravgog, of greek coins in the Brit. Mus. Macedonia 49,
nicht ßovg, welches Wort ganz andere Vorstel- 56. 50, 57. 52, 73 (mit Abbildung). 53, 79. 80.
lungen erweckt. Wenn der Chor bei <S'opÄ. J.taa; 64, 88. 67, 112. 58, 120. 59, 129. Macdonald,
172 ff. nach dem rasenden Wüten des Aiax Cat. of greek coins in the Ilunterian coli. 1,21 S,
unter den Herden des Heeres fragt: tj gd as 23. 27; die Büste der Göttin mit Bogen und
TavgonoXog Jibg "Agtsfiig mgnaßs navSd^ovg Köcher, Brit. Mus. 52, 76; die Göttin stehend
iit\ ßovg dyeXaiag; so ist, wie Max. Mayer, mit Modius, in der R. eine Fackel, in der L.
Arch. Jcüirb. a. a. 0. 77 bemerkt, das tertium so einen Zweig tragend, ebenda 54, 91. 56, 104.
comparationis, nicht Mondsucht und Wahnsinn, 106. 58, 121. 60, 137; vgl. auch Sp. 139, 62 ff.
wie das Schal, will {rovg TCoXXovg yccg r&v (lai- und Nilsson, Gr. Feste 250 f.
vfnUvmv ix ßiX'^vrig vooitv vTcotid-evtai, — vgl. 2) Aricia: im Haine Artemision isg6v . . .
auch C. 0. Müller, Dorier 1, 387), sondern dcplögviid xv TavQonöXov, Strabo 5, 239; vgl.
die wilde Jagd auf die Rinderherden. Daß Ar- Bd. 3, Sp. 1001, 15 ff.
temis Tauropolos die „stiertummelnde" be- 3) As(8)os(?): Bei Hesych. s. v. TavgojtdXia
deutet, läßt sich vielleicht auch aus dem Be- a flg ^ogtrjv dyovGiv kgxi^idi bezeichnet M.
rieht des Klearchös von Soloi bei Athen. 6, 256 e Schmidt die Worte a dg als verdächtig, Nilsson,
(F. H. G. 2, 310) erweisen, der ausgelassene Gr. Feste 252 vermutet, daß darin ein Ethni-
und unzüchtige Weiber in Makedonien xavgo- 40 kon stecke. Ich vermute k<^6y£lg. Als Ethnikon
nöXoi xal xgiodixidsg nennt; TavgoTcoXog und zu koaog ist neben ^^(yatos auch kaasvg bezeugt,.
Tgiodtxig sind Beinamen der Artemis, die Steph. Byz. 137, 2.
Klearchös in witziger Weise zur Bezeichnung 4) Athen: x6 iv Tavgoig ^oavov . . ^o^ißd^ki^
jener Weiber verwendet: xgiodixig ist auch slg 'Ad-^vocg vvv Xiysxai xb xfig TavgoTtoXov^
sonst bezeugt als Ausdruck für feile Dirne, die Apollod. Epit. 6, 27 ; vgl. bei Serv. ad Verg. Aen.
sich auf den Gassen herumtreibt. Lobeck, 3, 331: 'Orestes . . . sublato Dianae simulacra
Aglaopham. 1088. Als Bedeutung von xavgo- sororem reduxit in Atticam, ubi in honorem
TcoXoi gibt Lobeck 1089 „virosae, quasi dicas conservati numinis Tauropolin (so!) appellavif'y
tavptfflffai". Tavgidio heißt „rindern, brünstig vgl. unten nr. 20 und Bd. 3, Sp. 998, 46 ff. Schwur:
sein", von der Kuh. Näher scheint mir folgende 50 vi] xijv TavgonoXov, Ar. Lysistr. 447.
Erklärung zu liegen: xavgog ist Bezeichnung 5) Elis (?) s. unten nr. 20.
sowohl für das männliche Schamglied {xavgog 6) Hadrianopolis (Thrakien): Artemis Tau-
To alöolov xov dvdgog, Suid.) wie für das weib- ropolos, mit den erhobenen Händen einen flie-
]iche {Hesych. s.y. xavgog. PÄoi. p. 671, 2. Suid. genden Schleier haltend sitzt auf einem Stier
8. V. odgaßov) : xavgoaoXog würde also entspre- (Münze des Caracalla) , Cat of greek coins in
chend der „rossetummelnden" Artemis hier be- the Brit. Mus. Thrace 118, 14. Bei Head, Hist.
deuten die sich auf oder mit dem xavgog (in num.^ 287 gedeutet als „Europa on bull".
der angegebenen obszönen Bedeutung) tum- 7) Halai Araphenides: [kXal 'Agacprijvidsg,
melnde. Es ist auch beachtlich, daß diese Be- onov xb xfig TavgonoXov, Strabo 9, 399; vgl.
Zeichnung für Makedonien angegeben wird, wo 60 Kallim. Hymn. in Bian. 173 f. Auf Geheiß der
wir für Amphipolis einen Kultus der Tauro- Athena hatte Orestes in dem von ihm gestif-
polos bezeugt finden; auch zeigen makedonische teten Tempel das Kultbild der Artemis auf-
Münzen die Artemis Tauropolos, Cat. of greek gestellt: ßgexag iTtmvvfiov yqg TavgLxfjg
coins in the Brit. Mu^. Macedonia 7. 16. 17. 'Jgxs(iiv S^ viv ßgoxol xb Xombv viivqßovöt
Stephani, Compte rendu 1S&6, li)3. Eine andere TavgonoXov Q-Bdv, der Göttin wurden sym-
Erklärung des Artemisbeinamens Tauropolos bolische Menschenopfer dargebracht, Eur. Iph.
gibt 0. Gruppe, Arch. f. Religionswiss. 16, 377 Taur. 1452 ff.; vgl. oben nr. 4 und Bd. 3, Sp.
vgl. 372): Iphigeneia, die in den Dienst der 998, 45 ff.
141
Tauropolos
Tauropolos
142
8) Ikaria (Attika): Kult der T. nach der An-
nahme von Gruppe, Gr. Myth. 47. 272.
0) Ikaros (Insel bei Samos im ikarischen
Meere): 'Agti^iLÖog itgov v.cclov^itvov TocvQono-
Xiov, Strabo 14, 639. L. Roß, Inselreisen 2, 103.
Bürchner bei Pauly-Wissoica 9, 984, 41 flF.
Knaack, Hermes 37 (1902), 600. Eine von den
Sftmiern, in deren Besitz sich zu Strabos Zeit
Ikaros befand, gestiftete Bildsäule erwähnt auf
der Inschrift ihrer Basis gleichfalls ein hgov
tfig 'Agt^iuSog T?)g TavQOTtöXov, Kirchhof}) Mo-
natsberichte d. K. Preuß. Akad. d. Wiss. 1859,
758 f. nr. 2. Die Notiz bei Steph. Byz. s. v. Tav-
QoßoXtov iv ZIccfKp 'ÄQT^iiiSos legöv, 2]tQccßo3v id'
ist sicher gleichfalls auf das Samos benachbarte
Ikaros zu beziehen, wo sich auch ein alter-
tümliches hölzernes Kultbild der Göttin befand
(rijs 'Agti^ido? xo ayaXyiU ^vXov r\v ovx slgyaOfii-
vov), Clem. Alex. Protr. 3, 46 p. 40 P. = p. 35,
18 Stählin. Arnob. adv. nat. 4, 11.
10) Ikaros (Insel im Persischen Meerbusen):
IsQOV 'AnoXXmvo? ayiov . . . xal ^avtelov Tavgo-
yiöXov^ Strabo 16, 766; vgl. Arrian. Anab. 7,
20, 3. Ael.nat an. 11, 9:. Isgov bzw. vsag kgxi-
iiidos; vgl. Knaack, Hermes 37 (1902), 599 f.
Bei Dionys. Per. 610, der auf Ikaros TccvgoTCo-
XoLo d'solo ßcüiioi nennt, erklärt die Paraphrase
(p. 385, 36 Bernhardy) TavgoTCoXog d'sog als
Artemis, Eustathios läßt die Wahl zwischen
Apollon und Artemis; noch schwankender sind
die Angaben der Scholions: (pccal Sh ovto) rr/v
ji(pgo8irriv^ ol Sk tov JlÖvvgov, ol Sk jigteiiidoc,
ol dh TOV 'AXe^avdgov ., dia rb rw Bovyisq)äXoi
l7C7l(p iTCOXBtöd'CCt,.
11) Kastabala: ^avrav&a dinvsg Tr}v avTr}v
d'QvXovaiv LGxogiav trjv nsgl tov 'OgiGxov xal
xfig TccvgoTtoXov^ Usgualav xex^fjff'ö'at (paG-KOvxsg
öiu xo Ttsgocdsv yiofiiod'fivca, Strabo 12, 537.
12) Komana: tä öh isgätavxa ^OKst'Ogeoxrig
. . . '/.o^iiödL dsvgo äno xfjg Tccvgixfig ^Jtcvd'iag^
XU xfig TccvgonoXov 'dgx4^idogj Strabo 12, 535;
vgl. Bd. 3, Sp. 999, 13 ff.
13) Magnesia am Sipylos: Eid der Magne-
ten: 'OiivvcD z//a, rfjv ., 'HXiov, '^Q'Hi 'A&rivav^
kgsiav xai x-qv TavgoTtoXov v,ou rrj/x Mr\xiQa
xj]v 2:ntvX7\vi]v v.xX., C. I. G. 2, 3137, II 60
p. 696. Dittenberger, Gr. Gr. inscr. sei. 229, 60
p. 371. E. L. Hicks., Manual of greek histor.
inscr. 176 p. 303, 61.
14) Metropolitanus Campus: Ehreninschrift
für eine Priesterin der Artemis T. : hgccacciiEvriv
inicfuv&g Q's&g \^Agxf\piidog T\a\vg[o\7c6Xov, W.
M. Ramsay, Cities and bishoprics of Phrygia
760 nr. 701 ; \g\.G. Hirschfeld, Kelaiiiai-Apameia
Kibotos in Phil. u. hist. Abhandl. d. K. Akad.
d. Wiss. zu Berlin 1875, 23 Anm. 1.
15) Mylasa: Isgsvg TavgonoXov ., C. I. G. 2,
2699. Vielleicht beziehen sich die inschriftlich
bezeugten Tuvgocpövia (Le Bas 3, 404) auf ihren
Kultus, Preller- Bobert, Gr. Myth. 570,4, Nilsson,
Gr. Feste 252, 3.
16) Pergamon : Eid des hellenistischen Söld-
nerführers Paramonos und des Königs Eumenes I. :
'Oiivvco .diu, Ffiv, '''HXiov, noasidm, (AtcoXXco),
.dtjiirixga^'kgri/Ad'Tiväv'Agsiav nal trjv TccvgoTto-
Xov xat xovg aXXovg d'sovg, M.Fränkel,Die Inschr.
von Pergamon 1, 13, 24. 52 p. 12 f. = Dittenberger,
Gr. Gr. inscr. sei. 266, 24. 53 p. 438. 440.
17) Phokaia: ^coxastg . . . llvd'onXrig iv xgixco
nsgl onovolag xy TavgonoXm 'Agxifiidi, &v^g(o-
710V 6Xoyi(x{vx)Biv iaxoget, Clem. Alex. Protr. 3
p. 36, P. — p. 32, 7 Stühlin = F. H. G. 4, 489
{Euseb. Pracp. ev. 4, 16, 13); vgl, jedoch auch
E. Hiller, Hermes 21 (1886), 127 f. 130. Nilsson,
Gr. Feste 262.
18) SamoB b. oben Ikaros nr. 9. Ein Igbv
'Agxi^iiöog erwähnt Herod. 4, 48; vgl. Th. Pa-
10 noßa, Res Samiorum 5. 63. P. 0. Brönstcd,
Reisen u. Untersuch, in Griechenland 2, 267.
19) Smyrna: Schwur der Smyrnäer in dem
oben nr. 13 angeführten Vertrag mit Magnesia,
gleichlautend mit dem Eid der Magneten, C.
1. G. a. a. 0. II, 70 p. 697. Dittenberger a. a. 0.
229, 70 p. 372. Hicks a. a. 0. p. 303, 70.
20) Sparta: In seiner Confessio berichtet der
heilige Cyprianus, Bischof von Antiochien (nicht
zu verwechseln mit dem gleichnamigen, etwas
20 älteren Bischof von Karthago), wie er in seiner
Jugend in alle möglichen heidnischen Götter-
dienste und Mysterien eingeführt worden sei:
'dcpd-aücc nccl iv xy 'IXlüöl, xat xi]v xavgonoXiv
(so ! 1. : xavgoTtöXov) "Agxt^iv -naxbXaßov iv Aa-
KsSaiiiovi, Acta Sanctorum September Tom. VIT
(Antwerpen 1700) p. 222 C. Für 'IXiddi schlägt
L. Preller, Philologus 1 (1846), 351 Anm. e
"HXiSi vor, hält es aber für möglich, daß noch
mehr verdorben ist. Konr. Trieber a. a. 0. 37
30 nimmt auf Grund dieser Vermutung einen Kul-
tus der Artemis Tauropolos für Elia an.*) Doch
ist diese Hypothese m. E. willkürlich, und die
Stelle des Cyprianus ist nur ein Beweis für
den Kult des A. T. in Sparta, der auch sonst
bezeugt ist; vgl. Paus. 3, 16, 7: 'Og%-iag Isgov
iaxiv 'Agxi^idog. xb ^oavov dh iyiüvo slvcci Xi-
yovaiv, 0 tcoxs 'Ogißtrig v,al ' Icpiyivsia iv, xfjg
TccvgLyif]g i'/.yiXs7Cxov6iv; vgl. Bd. 3, Sp. 998, 67 ff.
21) Tarent: Einen Kultus, der zwar litera-
40 risch nicht überliefert ist, eischlie&t Furtwmigler,
Jahrb. d. K. Deutsch. Arch. hist. 3 (1888), 223 ff. =
Kleine Schriften 2, 2 16 f. aus Stirnziegeln aus
Tarent, auf denen ein weiblicher Kopf mit
kurzen Stierhömern und Stierohren erscheint,
und aus einer Gemme des Dioskurides, die er
für eine spätere Umgestaltung desselben Typus
hält, die einen weiblichen Kopf zeigt, aus
dessen Stirn zwei kurze Hörnchen treten.
22) Tauropolis (Karien) : Der Stadtname läßt
50 auf Kultus der T*. schließen, Gruppe, Gr. Myth.
272, 7.
23) Themiskyra (Wohnsitz der Amazonen):
Die Tochter und Nachfolgerin der Amazonen-
königin Themiskyra führt ein %'v6ia.g ^isyaXo-
TtgiTtslg '!Agsi xb %ccl ^Agxiyndi xjj Tigoöccyogsvo-
lisvj] TavgonoXco, Diod. 2, 46, 1.
Zu den oben (nr. 1. 6. 21) angeführten Dar-
stellungen der A. T. auf Münzen, Gemmen und
Stirnziegeln gesellt sich eine Terrakotte aus
60 Tanagra im Berliner Museum: „Göttin auf
einem Stier sitzend (Artemis Tauropolos)", Arch.
*) Es sind zwei koordinierte Sätze : der erste ' e(p9aoa
xal iv rfj ^I/.täöi', der zweite 'xal . . iv Jay.adaLf.iovi'. In
dem Worte ^Iliaäi muß einmal ein Ortsname, dann ein
Göttemame enthalten sein; der letztere wird Jia sein,
was wegen des vorausgehenden -öi in ^IXi&-6i leicht aus-
fallen konnte; also wohl iv "W.iöi Jia d. h. den Zeus
von Olympia. Zu (p&ävo} = y.ataXa/j fiävu) s. die Lexika.
6*
143 Tauropolos Tauropos 144
Zeit. 87 (1879), 104 f.; auf Denaren des L. Va- m%6v 6voiLdtovatv p. 17, 17 f. ed. Papageorg.).
lerias AcieculuB wollte Stephani, Compte rendu Maxim, n. yiarccQxcbv 50 {xeQai)g TccvgmTtiSos).
1866, 108 in der von einem Stier getragenen 609 (ravQätms &vccaaa) p. 8 und 40 ed. Arth.
Frau (abg. Babelon, Monnaiea de la repuU. Bo- Ludwich. lo. Lyd. dt mens. 3, 7 p. 94 Roether
tnaine 2, 619) gleichfalls die A. T. erkennen {vavQcbTttg, Tpixaprjvog xrJl.; dasselbe Orakel der
(nach Bahelon a. a. 0. ist es die Plut. Parall Hekate nach Porphyrios bei J'Juseb. praep. ev 4,
86 erw&hnte Heroine Valeria Luperca). 23, 6, s.u. nr. 3). Evxi, nQ. ^JsXrjvriv {Orph. ed. Abel
II) Aphrodite s. oben Sp. 141, 82. p. 292 ff.) v. 4 (^ ;tapo7rotff tavQOieiv itps^oiiivri
III) Athena s. d. A. Taurobolos. ßaaUBLo). 12 (17 rccvgav ^vxr](iK xarcc 6ro[Ldx(ov
IT) Demeter: Eine jetzt verschollene In- 10 äviBlaa). 16 {ravQ&m, rat>poxa(>ave). 17 (d^^a
Schrift ans dem boiotischen Eopai, wo durch rccvqoinbv ^xhs). 32 (ravpö^rttf, xepdeöffa); ferner
Paus. 9, 24, 1 ein Tempel der Demeter bezeugt a xavQ&ni<s nrjvct, Synesios h. 5, 22. Nonn. D. 11,
ist, lautet nach der Lesung von Keil, Zur ISb {ravQojnidi Mi'jv7j).4i,2n {tavQöams M.),vg\.
Sylloge 684 f.: JaiiaxQoc TavQox6X(p, R. Meister, 36, 346. Hübsch ist das poetische Spiel mit Wor-
Bezsenbergers Beiträgt 6, 28 oder Jafiatga ten und Vorstellungen bei iVbnn.D. 23, 804 ff., wo
TavQ0%6i[a] Collite 660, wahrend Dittenberger, geschickt drei stiergestaltige Götter in einem
C. I. G. 7, 2798 datuitQcc[s] TavQoit6loi) liest. Bilde vereinigt werden, wo gegen den Dionysos,
Doch stimmen alle Herausgeoer mit Ausnahme Tavgog genannt v. 305 {tcxvQocpv^s v. 816), der
von Rangabe, Änt. Hell nr. 2196 („Damatra, stiergestaltige Okeanos aufruft die stiergestal-
fille de Tauropolus") darin überein, daß in der 20 tige Selene: dgiptöd^oa öh xat a^r»j, | dsQHo^svri
Inschrift die Göttin Demeter mit dem Bei- "KsgdEOöav iurjv ravgduTtLda ^ogcpiiv, \ rccvgo(pi^f]g
namen T. zu verstehen ist. Gruppe, Gr. Myth. X8g6sö6cc ßo&v iXäteigu 2eXi]vr} (v. 3ü7 ff. ; v. 309
1180, 1 erklärt den Beinamen aus der gelegent- == 5, 72). Ähnlich der Selene Epitheton ßo&Tiig
liehen Auffassung der Demeter als Mondgöttin. Nonn. D. 17, 240. 32, 95; es heißt von ihr
Die Angabe Bd. 1, Sp. 667, 11, daß Demeter wiederholt ßocbv iXdtsigoc SeXrivr], Nonn. 1, 331.
auch auf Münzen von Tralles den Beinamen 6, 72. 7, 247. 11, 186. 12, 5. 23, 309. 47, 283.
Toivt^oii6Xog führe, habe ich nicht bestätigt 48, 668; die Rede ist von ßoeg ZeXrivrig, Nonn.
gefunden. 1, 222 (=455). 2, 284; sie heißt tavgotpvrig
Y) Hekate, infolge ihrer Gleichsetzung mit 6,72 = 23,309; ravg6xsg(og Orph. h. 9, 2; xQv-
Artemis, Orph. Hymn. 1, 6; vgl. auch Porphyr. 30 coxsgayg Anth. Pal. 5, 16, 1 {M. Argentarius);
de abstin. 4, 16: ngoariyogsvauv . . tr}v 'Exarrjt/ xsgamtp Maxim, n. xatccgxäv 337 (p. 27 Lud-
tnnovy rat)pov, Xdaivav, xvva. wich)', xegocrmTCig Ps.-Maneth. apotelesm. 4, 91
VI) Apollon 8. oben Sp. 141, 30. Die Angabe {Mrjvrig xsgaroam&og)', xBgcc6q)6gog Orph. h. 9, 9.
Bd. 1, Sp. 567, 14, daß bei Ael. N. ^.11,9 ein Maxim. 587 (p. 46 />.); xEgosGöa Maxim. 161.
Apollon Tauropolos erwähnt werde, beruht auf 163. 267. 281. 332. 367. 397. 425. 498. 570.
einem Irrtum. 589 p. 16/46 L. Ps.-Maneth. 1, 26. 64. 271.
VII) Dionysos s. oben Sp. 141, 32. 277 u. 282 (1^ Ksgosßöa subst. als N. pr.). 2, 465.
Vni) Helios: von Brönsted, Reisen u. Un- 6, 44. 138. 593. 640. 698. Nonn. 5, 72. 11, 188.
tersuch. in Chriechenland 2, 267 wird auf eine 23, 309. 38, 245. Evxn ng. 2sX. {Orph. ed. Abel
Inschrift bei Pococke, Inscr. ant. p. 15, 6 ver- 40 p. 294) v. 32. Orac. v. 305 Gust. Wolff {xsgo-
wiesen, in der '"'ifito? Tavpo»o>Loff erwähnt wer- sößoc d'S'^)-, xfpa»j Maxim. 50. 375. 568. Ps
den 80U; vgl. auch Dindorf im Stephan. The- Maneth. 3, 3. 5, 250 {M^vri, ebenso Orph. Lith.
säur. 8. V. Tavgo7t6Xog: ,'^'HXiog Tavgon6Xog in 484). 6, 154. Nonn. 1, 196. 10, 216. 22, 348
inscr. ap. Pocock. p. 19". Auch Bd. 1, Sp. 567, (an allen drei Stellen: Ksgccfig ÜvdaX^a ZsXtj-
12 wird, aber ohne Belegstelle, Helios T. er- vrj?), vgl. auch 9,27. 48,683; svxsgccog Maxim.
wähnt. Mir ist Pococke nicht zugänglich, und 699. Ps.-Maneth. 1, 74. Nonn. 9, 27 usf. Bruch-
auch in anderen Inschriftensammlungen habe mann, Epith. deor. y. 20 iS. de Visser &.0.1S9.
ich einen Helios T. nicht finden können. Gruppe, Gr. M. 184, 3—6. o. Bd. 2, Sp. 3130 f.,
[Höfer.] 62 ff. 3136 ff., 45 ff. 3138 f, 45 ff.
TavQtojiog, 1) Epitheton des D i o n y s 0 s , 50 3) Epitheton der H e k a t e (= Selene), Porph.
Ion frg. 9 bei Bergk', P. lyr. Gr.* 2, 255 aus bei lo. Lyd. de mens. 3, 7 p. 93 f Roether und
Ath. 2 p. 36e. OrpÄ.Ä. 30, 4. Anon.h. slg Jlov. bei Euseb. praep. ev. 4, 23, 6 {ravg&mg, xgi-
{Anth. Pal. 9, 624 = Orph. ed. Abel p. 284) xdgrivog xxX). Bruchmann a. 0. 97. de Visser
V. 20, vgl. Bruchmann, Epith. deor. p. 90. 92; a. O. 189; für Hekate als Mond^öttin vgl. 0.
über den 'Stier-Dionysos' s. o. Bd. 1, Sp. 1055 ff. Bd. 1, Sp. 1888 ff., 41 ff., für Orakel der Hekate
1149 ff. und Art. Tauros nr. 1. M. W. de Visser, Sp. 1895, 18 ff.
Die nicht menschengestaU. Götter der Griechen 4) Gelegentlich auch Epitheton der Hera, die
179 f. 208. Gruppe, Griech. Myth. 1426 f., 4. ja das Epos ^oc6;ttg 7r(5rvta"JTpTj (JZ. 1, 551 u. ö.,
Von Dionysos scheint die Stiergestalt über- vgl. 6rrMp23e, (rr. ilf. 183f., 12) zu nennen j^flegt,
tragen auf seine Begleiter, die Satyrn, Nonn. 60 Nonn. JDion. 47, 711 {xccvgoanidog "'Hgrig), vgl.
Dion. 15, 37 {Saxigcav xavgiinLdcc (logcp-^v), vgl. auch 9, 68 (xai sl xavg&jtig ccnovei, von Hera
auch 11, 210 (wo Ampelos spricht), was ihrer gesagt), ferner Anth. Pal. 9, 189, 1, wo Hecker
Bocks- und Pferdegestalt noch die Stierbildung gleichfalls xccvgmitiSog vermutet hat statt yXavx-
beifügt; für Bocksgestalt der Satyrn und Pferde- mniSog. Nun ist freilich yXccvK&nig als Epith.
gestalt der Silene (s. d.) vgl. deFwscr a. 0. 191f. der Hera nirgends nachgewiesen, wohl aber
2) Epitheton der Artemis, /Swtd. s. v. {Tavg- kommt dieses Beiwort der Mondgöttin zu, vgl.
mndv ti]v ''4.gx£y.iv Xiyovat), und der Selene, Plut. de fade in orbe lunae 21 p. 934D vXccvx-
Schol. Soph. Aias 172 {asXijvrj . . . ^v xal xccvg- ajtiv ccvxijv (sc. iLrjvriv) ol Ttoirixal xul EfiTC»-
145 Tauroprosopos Tauros 146
SoiiXfjg &vaKaXovvtai. Emped. frg. 42 Diels 209, wozu Schol. {tavgog dh 6 Ji6vvaogy^Si6ti,
{Poet, philos. frg. p. 124 f. Fragm. d. Vor.sokr.* xSQarocpoQov wbtbv ygcccpovaiv, mg xal EigtTci-
1, 187) aus P/m<. a. 0. 16 p. 929C. 21 p. 934CD. Srig iv Bdnxaig- Kai TtQoa^sv rj^ilv tavgog
Eurip. frg. 1009 Nauck^ aus Schol. Apoll. Bhod. iiyslad^ai doyitl [v. 920]) und ähnlicli Tzetz. z. St.
1, 1280 {nagu xb ylavüGBtv^ 6 icri Xä^mhiv^ also (wo noch der Zusatz Zri^olfißgoxog de xai ^dio-
y>lavx(ün:/? = glutäugig). Nonn. 1). h^lO. Gruppe, vv^ov avrbv xal»t, ort ntgarorpogog i^^Xiftov rbv
Gr. M. 1219, 3; für Hera als Mondgöttin vgl. ^ibg [irigbv ivv^sv, d&as. Et. Mg. a. ^lov.i). 217,
0. Bd. 1, Sp. 2087«"., öStf. Gruppe 1127, 3. 36 ff. 6Ve«m5r. 2*'. i/. Cr. 2, 68, 16, vgl. des Dionysos
5) Epitheton der Flußgötter, vgl. Cornwi. Epith. ^irigoggacpi^g und /xrjpOTpaqprjs o. Bd. 2,
de nat. dcor. 22 p. 125 ed. Osann («= Fs. Eu- lo Sp. 2841, 6 ff. firigoTgscfrig Ürph. h. 62, 3. slga-
dokia 769 p. 343 Villois. p. 671, 13tf. Flach) qpiwTr]? Jessen bei rauly-Wissotva li.-E. s. v.
xal rovg Ttora^ovg yisgaöcpogox^g xal zavgoiTtovg 6, 2119 f., 3 ff.) und zu Lyk. 1236 ff. (ravpox^-
&va7tXdTtov6iv, ojöavü ßiaLOv xl rfig cpogäg ai)- cpaXog yug cpavxd^STUL xai ^coygaqiilxaL xal iv
TU)v yial /ivxTjTixöv ixovcr]g, dazu Eustath. Dion. EvQiniör) • Kai am ^tgaxs ngaxl Trgoönecpvxivat
Per leg. 433 xavgoyigccvovg xal nsgaacpÖQOvg ixv- [Bakch. 921] .. . xavgöxgavog öh ^cuygafpslxai
novv avxovg. Schol. Soph. Trach. 13 {ßovTigcp- xal cpavtäl^sxai, 7) xsgaoffogog, oxv xxX). Apollon.
gog) p. 279 f., 23ff. Papag. und Schol. Eurip. soph. lex. Hom. p. 166, 20 ff. Bekker. Nonn.
Orest. 1378 (xargo-ngarog) ol noranol xavgo- Dion. 23, 306. Zu Elis pflegten die Frauen
xgavoi ÖLSxvnovvxo xxX. (i%isix(bg Sh xovg no- (gemeint sind die sog. Sechzehn Frauen, al
rafiovg xavgoxgdvovg i^(oygd(fovv xs xal ^Xsyov 20 ^xxaiÖsxcc yvvatxeg Paus. 6, 16, 2 ff. al yvvalxhg
XT^. in erweiterter Fassung des i!/Mnjoz<Ze5Sc/joZ.). al kxxaldsxa xaXov^svai Paus. 6, 24, 10. al
Festus ed. Theivrewk 1, 550, Iff. Prob. Verg. nsgl xbv Jiovvaov hgal yvvatxsg ag ixxaiSsxu
georg. 4, 371. Porph. Hör. c. 4, 14, 25 usw.; xaXovöLv Plut. de mul. virt. 15 p. 261E, vgl.
vgl. Nonti. D. 23, 308 xsgoBaaav iiii]v xavgm- Ludwig Weniger, über d. Kollegium d. Sech-
7CLÖU nogcpriv (wie xavgoxQavog Eurip. Orest. zehn Frauen u. über d. Diony.^osdienst in EJlis,
1378 mit Bezug auf Okeanos gesagt); über die Progr. Weimar 1883) den Dionysos zu bitten,
verschiedene Gestaltung der Flußgötter vgl. er möchte in Stiergestalt nahen {xm ßoeco noöi\
Ailian. var. hist. 2, 33, über ihre Stiergestalt und zweimal a|is Tavgs anzurufen in altem
0. Bd. 1, 1489 ff., 6 ff. Waser bei Pauly-Wis- Gebet oder Kultlied, dessen Wortlaut uns PZm-
sowa, B.-E. 6, 2780 ff., lOff. Preller- Robert, ZQ tarch erhalten hat, Quaest. Gr. 36 p. 299 B,
Gr. M. 1, 547 ff. de Visser a. 0. 190 f. Gruppe, verkürzt de Is. et Os. 35 p. 364 F, vgl. Sokrates
Gr. M. 1059, 3. v. Argos P\ H. G. 4, 497 f., 5. Bergk, P. lyr. Gr.*
6) Im Hinblick auf die Stiergestalt des Zeus 3, 656 f., 6 {carm.pop. 6). Hitzig- Blümner, Paus.
in der Europasage (s. d. und Art. Tauros nr. 3) 2, 387. 672. Martin P. Nilsson, Gr. Feste 62.
heißt das Ehebett, dem Minos entstammt, Jibg 291 ff. (über die @vla, die elischen Dionysien),
xavgäiTttSsg svval bei Nonn. D. 27, 81. 0. unt. Talos Sp. 32, 41ff. "Wahrscheinlich ist
[Otto Waser.] gleichfalls Dionysos zu verstehen unter dem
Tauroprosopos {Targo-ngÖGfonog). Eine ma- -ö-fög Tavgog der Thespier I. G. 7 (= C.I. G.S. 1),
gische Vorschrift zur Erlangung der Weihen 1787, vgl. JErnst Maaß, Orpheus 130, 4. 137,9,
lautet nach einem Leidener Pax>yru8 (C. Lee- 4o doch ließe sich ja auch an Poseidon denken,
mans, Papyri Graec. Musei antiquarii publ. s. unt. 2, vgl. Ernst Samter, Belig. d. Griechen
Lugduni-Batav. 2 p. 85 v. 31 ff. = Alb. Biete- S. 7. 9. In des Dionysos Tempel zu Kyzikoa
rieh, Äbraxas 173): noiriGov ix aeiiLÖdXsag stand sein Bild in Stiergestalt (Äawier a. 0. 7),
(Weizen) ^wö^ia y' tavgoTcgöocoTtov xgayongo- vgl. Ath. 11, 51 p. 476 a: xovg ngooxovg XiyBxai
G(ü7tov xgiOTcgoöcaTCOv, ^v sxacxov avxcbv ijtl xotg xsgaai xä>v ßoä>v tclvslv. dcp' ov xbv ^16-
noXov kßx&xa, udoxiyag ^%ovxa Alyvnxiag x. t. X. vvaov xsgaxocpvfj nXdxxBcdai [xavgo^ogcpcc ^10-
Die Bedeutung der ägyptischen Gottheiten, vvaov tcoiovglv dydXyunxa noXXol xäv ^EXXrjvav
von deren Bildern hier die Rede ist, ergibt Plut. de Is. et Os. ^b), ht 6s rav gov xaXslad^aL
sich aus den ihnen gegebenen Epitheta: xga- vnb tcoXX&v Tcoirixmv. iv ds Kv^ixa xal xavgo-
yongoGconog bezieht sich auf den Bookgoii 5Q ^ogcpog idgvxai, {wozu Hesych.TavQo%6Xia' hogxr]
Mendes (s. d.); vgl. Suid. s. v. Mivöriv ovxa iv Kv^ixcp, vgl. M. W. de Visser, Die nicht men-
xaXovGi xbv TLdva AlyvTcxioi, mg xgayongoöca- schengestalt. Götter der Griechen 179. Nilsson
nov. Mit dem xgiongoGtoTCog ist der Widder- a. 0. 252) xxX. Auf die Stiergestalt weisen
gott Amon (s, d.) gemeint, der xgionQÖGanog folgende Epitheta hin (vgl. Preller- Eobert, Gr.
heißt bei Herod. 2, 42. 4, 181. Luc. de sacrif Mtjth. 1, 951. Gruppe, Gr. M. 1425f., 4. Bruch-
14. Astrol. 8; vgl. auch Wiedemann, Herodots mann, Epith. deor. p. 81. 83. 87. 92. Carter,
zweites Buch 202. Unter dem Q^sbg xavgongo- Epith. deor. p. 59 f.): ßooxgaigog Nonn. D. 7,
GdiTiog ist wohl Serapis zu verstehen, der öfter 321. 18, 95; ßovysviig Plut. de Is. et Os. 35
mit einem Stierkopf dargestellt wird, Budge, p. 364 F {kgysloig dh ßovysvi^g ^lovvGog ini-
The gods of the Egypt. 1, 513. 2, 198. Theod. 60 xXriv iGxiv). Quaest. Gr. 36 p. 299 B {Sokr. v.
Hopfner, Der Tierkult der alten Ägypter. {Denk- Argos n. baicav F. H. G. 4, 497 f., 5); ßovxBgcag
Schriften der k. Akad. d. Wiss. in Wien 57, II) Soph. frg. 874, 2 Nauck^ aus Strab. 15 p. 687;
S. 88. [Höfer.] dlxsgwg Orph. h. 30, 3, vgl. bicomis, bicomiger,
Tauros {Tavgog). 1) = Dionysos, gemäß Ovid.her.lS,'SS. Ca€S.Bass.26bK = Fragm.poet.
des Gottes Stiernatur (vgl. dazu auch Suid. s. Born. coli. Baehrens p. 364, corniger Ov. am. 3,
xavgog' xb aidolov xov dvdgog. Phot. p. 420, 6 15, 17. Symmach. epist. 1, 8 = F.P. B. p. 411,
G. Hermann s. xavgov xb yvvaixsiov at&oiov), wozu auch Ov. fast. 3, 499. Tib. 2, 1, 3. Prop.
vgl. Eurip. Bakch. 920ff. 1017. Lykophr. AI. 4, 16, 19 usf.; svxigaog Plat. ep. 23, 1 Bgk. =
147 Tauros Tauros 148
AfUh. Pai. 9, 827; xtQa6g Anon. h. tlg JUv. ehrt, in Ephesoa namentlich und in Thessalien,
{Orph. ed. Abel p. 284 -> Anih. Pal 9, 624) Artemid. Oneirokr.l, 8. Zu Ephesos hießen die
T. 11. Nikandr. alexiph. Sl; %&gd6Trig Nonn.D. am Fest des Poseidon bedienenden vreinein-
9, 16; %tifuotp6QOs Örph. h. 68, 8. Nonn. D. 9, schenkenden Jünglinge rav^oi, ^mmas hei Ath,
146. 20, 814. 27, 28. Tzets. Lyh. 1236 ff.; xfpa- 10, 25 p. 426 c. Ajyollon. soph. lex. Hom. p. 156,
xofpOQog Schol. \xn&Tzetz.Lyk.''209\ xeporroqpvfjff 16 f. Bekkor. Jlesych. s. v. {xoi^QOf oi nagoc
A^. 11, 61 p. 476a; xsQOStg Nonn, D. 45, 242. *E(pBcLoig olvo%6oC)^ ähnlich wie die der Artemis
248; xavQoyinfii Orph. frg. 160, 7 Aheh xccvq6' zu Brauron und Athen geheiligten Mädchen
%9Q<og Eurip. Bakeh. 100. Euphor. frg. 14 (AncU. im Hinblick auf das Sinnbild der Bärin &qxtoi
Alex. ed. Meineke S. 48) aus Schol. Arat. phain. lo genannt wurden {Preller - Robert 1, 314 f. 670 f.
172. Orph. h. 62, 2. Schal. Aristoph. Frö. 867. Usener, GöUernamen 358. de Vtsser 14 f. 41 ff.
Schol. Nikandr.alexiph. Sl; TavQoxi<faXog,tav- 196 f. E.Küster, Die Schlange in der griech.
QÖxQavog Tzeta. Lyk. 1236 ff.; xocvQoiiBxmnog Kunst und Bei., J2. F. K 13, 2 S. 103 f. A. 3);
Orph. h.Ab^ 1; xavQOfioQvpog Ath. 11^ bl p. USA. Tauria war nach Hesychios der Name eines
dem. AUx.protr. 2, 16, 8 p. 14 Potter und Schol Poseidonfestes {Tcc-ogia- koQTrj rig Scya^Livri ^o-
«. St. (i^ 4^«pffc<p<(yi] xbv Zuyqia Jt6vvaov rav- asidöbvog), Martin P. Nilsson, Griech. Feste 80 f.;
ifOfioQcpov slxtp Stä xb &yav avTov &YQevxix6v) von diesem (Poseidon) Tauros dürfte das Tau-
p. 18, 21 ff. 302, 12 f. ed. Otto Stählin. wonach, rosgebirge den Namen haben, Charles Lancko-
wahrscheinlich in der rhapsodischen Theogonie, roncky, Les villes de la Pamph. et de la Pisidie
als xocvQ6iioQ(pog geschildert war der von Phe- 20 2, 6 f. Gruppe, Gr. M. 332, 7; nach dem stier-
rephatta (= Persephone) geborene Zagreus- gestaltigen Zeus sei das Gebirge benannt,
Dionysos {Gruppe, Gr. M. 1426, 4); die iam- Nonn. 1, 408 f. {%bq6svti navsUsXog ioavTo
bische Formel xocügog Sgaicovxog xal ycccxrjg rocvQcp | iv&ev ögog niXs Tavgog inmvvfiov).
xavQov ÖQaxatv (auch bei Firm. Mat de errore 8J Für Zeus in Stiergestalt vgl. die Europa-
prof. rel. 26) als lateinischer Senar bei Arnch. und die lo-Sage (s. d. u. unt. nr. 10). de Vtsser
adv. nat. 6, 21 ed. Aug. Beifferscheid p.l93, 3 f. a. 0. 126, 2; 'auch Kronos scheint man stier-
(j^ur%AS draconetn genuit et taurum draco), vgl. förmig gedacht zu haben', Gruppe, Gr. M.
de Vtsser a. 0. 166; xavQO<pdyog Soph. in der 1106 A. Wie der Europa, so habe sich Zeus
Tvgm frg. 607 Nauck*, vgl. Aristoph. Frö. 357 auch der in eine Kuh verwandelten lo als Stier
und Schol z. St. Phot. (p. 420, 17 f. G. Her- so genaht {itginovrcc ßovd'ögca tccvgoa Siiiccg Aisch.
mann), j&e. 3f^.(p.747, 49f.). Suid. Hesych. b. v. Hiket. 301, vgl. Mart. ep. 14, 180. Nonn. D.
de Vtsser 47. 180. 208; Tuvgocpvrig Nonn. D. 6, 1, 334 ff. 0. Bd. 2, Sp. 264 f., 65 ff. Gruppe a. 0.
206. 9, 15. 11, 151. 15, 31. 21, 217 {Ludwich); 183, 11), so auch der Antiope nach Lact. Plac.
xavgtonoglonfrg.d Bgk.Orph.h.Z0,4L. Anon.h. z. Stat. Theb. 7, 189 p. 352, 12 f. Jahnke, wo
£lg di6v. {Anth. P. 9, 524 = Orph. ed. Abel aber wohl Verwechslung vorliegt und ^a love
p. 284) V. 20; xQ'^'^oxsgag Anon. h. slg Jiov. 23, in taurum verso^ zu korrigieren ist nach 'lupp.
▼gl Hör. 2, 19^ 30. Für den 'Stier-Dionysos' vgl. in Satyrum versus' zu Theb. 9, 423, vgl. v. Wila-
0. Bd. 1, Sp. 1065/59. 1149/51. Preller-Bobert, mowitz, Hermes 34 (1899), 604. Gruppe 938, 2.
(rr. If. 1, 695 f. 713 f. Maaß, Orpheus 1%^^.^ 10. Für bezeichnende Epitheta {xBgäorr[g, xsgaö-
de VisserAT. 169 f. 208. Gruppe, Gr.M 1425 f., 4. 40 cp6gogj xsgosig, vtplxsgajg) vgl. Bruchmann a. 0.
Samter, Belig. d. Griechen 7. 9. 31. 81. 125. 129f. 140. Zsvg 6 xsgdGTrjg {Orph.h. 11,12)
2) Beiname des Poseidon, Apollon. soph. ward von den Orphikern dem Pan gleichgesetzt,
lex. Hom. p. 156, 20 Bk. {Tavgov rov Uoöbi- vgl. dazu Gruppe, Jahrb. f. kl. Phil. Suppl. 17
dävog). He,'<ych. s. v, {Tavgog' Tavguog, 6 JTo- (1890), 734 f. (vielleicht xsgccGtißß'i). Gr. Myth.
<fsiSmv)^ vgl. xavgsog *EvvoalYaiog, Hesiod. scut. 335,17 336,1. Besonders hinzuweisen ist auf
Herc. 104 und Schol z. St. {Wolf Äly, Bhein. Nonnos, der in seinen JLovvoiccyioi anhebt bei
Mus. 68 [1913], 28, 2). Niketas bei Schoell- der Entführung der Europa durch den in einen
Studemund, Anecd. varia 1, 279. 283 {ivvoal- Stier verwandelten Zeus, gleich im 1. Gesang
yaiog., xccvgBiog\ femer xccvgiog Suid. s. xavgi- vorführt Kgovicova 'ASQccacpogov{cpa£6rf6gov Laur.
^tov. Anon. Laur. bei Schoeü- Studemund 1, 5o Monac. cet., doch vgl. D. 1, 65) ag-naya. vv^cprig
267; über diesen 'Stier-Poseidon' vgl. o. Bd. 3, (perioche 1, 1), indem er Dion. 1, 46 beginnt:
Sp. 2799, 27 ff. und Art. Taureios. Max. Mayer, Zidovirig nors ravgog iii jjovog v^Usgcog Zsvg
Arch. Jahrb. 7 (1892), 77. PreUer-Bobert, Gr. M. xrX. ; die Europe entführt auf seinen Schultern
1, 670f. de Vtsser a. 0. 42. 196. 208. Gruppe, der Zsvg xtgosig., D. 8, 253 f.; das ist der
Gr. M. 71. 76, 8. 332, 7. 1138, 1. Gar mannig- ravgog 'OXv^nov, 8, 141, und häufig ist diese
faltig sind die Beziehungen des Poseidon zum Bezeichnung Tavpos'O^lvftÄov gebraucht für das
Stier; dieser ist das Sinnbild der tobenden Sternbild (s. u.), so 6, 239. 38, 340, gewöhnlich
brüllenden Flüsse (daher Tavgog Flußname; mit dem Zusatz vv^icpiog E'bgmnrig 4, 297 f. 33,
80 hieß ursprünglich der Hyllikos bei Troizen, 287. 38, 394 = 41, 244, vgl. auch 1, 356 {vviKpiog
vgl. Waser, Art. Flußgötter bei Pauly- Wissowa, 60 Scctsgoeig . . . Tavgog *0X.). Für den Zeusstier
B.-E 6, 2780, 18 ff., ferner ein Fluß in Pam- auf dem Revers von kretischen Münzen, vorab
phylien, Liv. 38, 15, 7, ein Nilbett bei Alexan- der Städte Gortyn und Phaistos, vgl. Head,
dreia, Plin. n. h. 5, 128. Pauly -Wissowa 1, Hist.num.' S. 4:661 470. 472 ff. (Fig. 248. 252 f.
1381, 46), doch auch des Meeres und überhaupt Silberstatere des 4. Jahrh. v. Chr. von Gortyn
aller Flut, 'wie sie in stürmischen Wogen die und Phaistos). H€ad-Svoronos'l,b82 nlv. KT' 10.
Erde überschwemmt und brüllend dahertobt' Cat. of Brit. Mus., Crete etc. p. 38 ff. Gl ff. pl.
(PreUer-Bobert); mit dem Opfer dunkler Stiere 9, 5—10. 10, 1—8. 11, 4 f. 15, 1—12. Imhoof-
und auch mit Stierkämpfen ward Poseidon ge- Blumer u. 0. Keller, Tier- und Pßanzenb. auf
149 Tauros Tauros 150
Münzen und Gemmen Tf. 3, 32. 7, 81 usf. de bezeichnet als 6 tt)^ Kg'^rrig ßaadsvs, der in
Visser 126. einer Seeschlacht Tyros eingenommen und die
4) Für Hekate (= Selene) in Stiergestalt Europa geraubt habe, Arrian. {Nicomed.) frg.
vgl. Forph. de abst. 3, 17 (17 S' 'Exdtr] ravQog Qd {F. H. G. 3, 59«, 63) bei Eustath. zu Dion.
xv(ov Xiaivcc ^y.ovovGa jit&Hov ii7raxov«t)i vgl. Ferieg. 270 (aus Palaiphatos und Eustathios
auch 4, 16 p. 139, U f. 178, 12 f. Nauck; sie heißt ist geschöpft Ps.-Eudokia 368 p. 162 Villois.
xavQonoXog Orph. h. 1, 1 ; xavQ&nLg {h. TavQOJTios p. 283, 15 tf. Flach); er gilt als Gründer von
unt. 2 u. 3) Porph. bei lo. Lyd. de mens. 3, 7 Gortyn, Eustath. ebd. 88, als Vater des Minos,
p. 93f. Boether und bei Euseb. praep. ev. 4, lo. Antioch. 6, 15 (F. if. G. 4, 544, 15); ebenso
23, 6, vgl. Bruchmann a. 0. 97 f., weiteres bei 10 erscheint Tauros als König von Kreta, Besieger
de Vüser a. 0. 18*.). von Tyros, Entführer der Europa, durch diese
5) Wohl als Eponymos des gleichnamigen Vater des Minos, Gründer von Gortyn bei lo.
Gebirges (oder Flusses in Famphylien, Liv. Malalas chron. 2 p. 34 (Jx. p. 30 f., 19 ff. Din-
38, 15, 7) Vater der Side (s. d.), der Eponyme dorf und bei Kedren. 1, 38f., 18tf. 42, 6 Bekker;
der Stadt Side in Famphylien, der Gattin des endlich vgl. Tzetz. zu Jjyk. AI. 1299: Tccvgug
Kimolos (ÄifioJ^og), des Eponymen der den Ky- 6 Kvwaoiog cxQocrriybg nag' 'JateQiov rov xccl
kladeu zugehörigen Insel dieses Namens, He- Mivotccvqov ßaadi^tog Kg-^rrig TtsficpO-eig äcp-^g-
kataios F. IL G. 1, 17, 250 bei Stepli. Byz. s. Ttaösv ccbtiiv (seil. Eigconriv) ix, rfjg Zaganiag
2^107] p. 565, litt". Meineke. TtöXeag ^oivixrig ^era^v 2JLSmvog xal Tvgov
(») Bezeichnung für den Riesen Talos (s.o. 20 xst^dvrjs. Oder 6 ravgog 6 rrjv EvQmnr\v ccn-
Sp. 31 f., 67 ff.) Apollod. 1, 140 W. {rccvgov ccb- ayaycbr wird als ein besonderer Schitfstypus er-
xbv XiyovGiv), womit vielleicht zu kombinieren klärt, wie man Fahrzeuge auch als xgioi und
ist Hesych. s. TdXcog {xaXayg- 6 ^Xiog) und die xgdyoi bezeichnete, Poll. on. 1, 83 p. 27, 2 tf .
mehrfach wiederkehrende Glosse L4d^o^5vtos Tai)- Bethe, vgl. dazu auch Tzetz. zu Lyk. 1299 iv
^0?' 6 i'jXLog {o'AnöXXiov) vnb xmv Kgrixöbv ovxoag tavgouÖQipcp tgccfinidog xvnöayMxi; es sei ein
Xiyexai. qpaffl ydg xrjv noXiv ^sxoLxi^ovxa ravgm Schiff" gewesen mit dem nccgdari^ov eines Stieres,
jLifTftxaffO'ivra {niog i:iy.oc6Q-bvxci) ngoriystad^ai SynkeUos chron. p. 162 B p. 300, 17 Bind.
Bekker, Anecd. Gr. 1, 344, 10 ff. = Bachmann, (^EvgooTcr] 'Ay^vogog vno Kgr\xa}v r]gTidyr\ i^no-
Anecd. Gr. 1, 30, 26ff. = Photios, Gott. gel. gav, Mg cpr]6LV 'Hgodoxog rov dh nXoiov nccgd-
Kachr. 1896, 334, 20 ff., vgl. Gruppe^ Gr. M. zo ari^ov t]v tocvgog)\ dieselbe Auskunft geben
250, 2. 1106A. und Höfer in diesem Lex. unt. lateinische Autoren, vgl. Festus s. Europam
Adiunios Tauros. p. 55, 10 ff. Thewreiok {alii eam a praedonibus
7) Nach J_po//orf. 1, 93 W. der älteste .der raptam et navem, quae lovis tutelam, effigiem
12 Söhne des Neleus von der Chloris, des tauri, habuerit, in eam regionem esse delatam).
Amphion Tochter, die sämtlich von Herakles Firm. Lact. div. inst. 1, 11, 19. inst. epit. 11
getötet wurden bis auf Nestor, der damals zu ed. Sam. Brandt 1, 39, 21 f. 684, 10 ff. Fulg.
Gerenia aufgezogen wurde, wie auch in der myth. 1, 20 p. 31, 21 f. Helm. Myth. vat. 2, 198.
„Heraklessage" II. 11, 692. Hesiod. frg. 15 3, 3, 5 p. 140, 2f. 162, 39f. Bode; vgl. auch
Ezach (aus Steph. Byz. s. Fsgrivicc p. 205, 6 ff. M. Schol. Liican. 6, 400 p. 204, 18 f. Usener (Europa
Schal. Ven. A zu IL 2, 336 und Eustath. z. St. 40 navigio ciii Taurus erat nomen in Cretam vecta
p. 231, 29 ff.). Ovid.met. 12, 553 von 12, Söhnen est)-, Europa als Schiffsname Sil. Ital. 14, 568 f.
des Neleus die Rede ist, wogegen in Überein- Vgl. Heibig in diesem Lex. Bd. 1, Sp. 1416 f.,
Stimmung mit Od. 11, 286 der Scholiast zu , bQ ff. J.EscIier hei Pauly-Wissoua,Eeal-Encycl.
Apoll. Bhod. 1, 152 {Asklepiades v. Tragilos 6, 1296, 45 ff.
F.H.G. 3, 304, 19) bloß Nestor, Periklymenos 9) Kreter in euhemeristisch-rationalisti-
und Chromios als des Neleus Söhne von der scher Ausdeutung der Minotaurossage , s. 0.
Chloris bezeichnet, Tauros aber die Reihe der Bd. 2, Sp. 3008 ff., 53ff. Bd. 3, Sp. 1668f., 60ff.
Söhne von verschiedenen Frauen eröffnen läßt; Schon bei dem Atthidenschreiber Demon, der
auf Tauros folgt Asterios, sie beide scheinen bereits ein Anhänger des Euhemerismus war,
in i^eziehung zu stehen zu Kreta und zur Minos- 50 ist der Minotauros bloß noch Tauros der Feld-
sage, s. 0. unter Asterion und Asterios Bd. 1, herr des Minos, der bei des Theseus Ausfahrt
Sp. 656 f. und unter Neleus Bd. 3, Sp. 108 f. in einer Seeschlacht im Hafen getötet ward,
Gruppe, Gr. M. 151, 1. Demon {F.H.G. 1, 378, 2) bei Plut. TJies. 19.
») Knosier, König von Kreta. In eu- Genauer bekannt ist die Version des PAi7oc/?oros
hemeristisch- rationalistischer Mythendeutung F.H.G. 1, 390, 38 — 40 aus Plut. Thes. 16 und
wird aus dem Stier, auf dem die Europa (s. d.) 19, Euseb. Chron. aus d. Armen, übersetzt S. 170
Ton Tyros nach Kreta gelangt, ein Mann aus Jos. Karst. SynkeUos chron. p. 163 C p, 308 f.,
Knosos mit Namen Tauros, der Krieg führte 19S.Dind.Cramer,Anecd.Gr.{Paris.)2,19Q,24:ff.y
mit Tyros und schließlich aus Tyros unter von (rwst (?i7öer^, P/?t7oZ. 33 (1874), 57ff". rekon-
vielen andern Mädchen zumal auch die Königs- 60 struiert, vgl. auch 3Iax. Wellmann, De Istro
"tochter Europa raubte, Palaiphatos tc. cctcLöxcov Callimachio, Diss. Gryphisiv. 1886, S. 30. Gruppe,
15 (16) p. 23, 3ff. Nie. Festa, wozu schon Herod. Gr.M. 601 f., 6. Demnach wurden die attischen
1,2, der sagt, daß nach persischer Darstellung Jünglinge im Labyrinth festgehalten, um bei
Hellenen {Herodot vermutet Kreter) zur Ver- den Wettkämpfen zu Ehren des Androgeos, des
geltung für den von Phoinikern verübten Raub von den Athenern getöteten Sohnes des Minos
der lo die phoinikische Königstochter Europa (s. 0. Bd. 1, Sp. 342 f., 48 ff.), als Siegespreise
aus Tyros geraubt hätten, dazu Schol. u. Tzetz. zu dienen. In diesen Wettkämpfen besiegte
zu Ijyk. AI. 1297; der genannte Tauros wird alle Mitkämpfer des Minos Feldherr Tauros,
161 Tauros Tauros 152
ein Maun von unfreundlichem, rohem Wesen, menen Stoffen der ögxriaig für Kreta anführt
der auch die Kinder der Athener mit Übermut vr}v EvQmnriv, ttjv Jlafftqparjv, xovg Tavgovg
und Grausamkeit behandelte ; da nun aber des &n(potfQovg ntX.
Tauros Macht seines Charakters wegen verhaßt 11^ Eines der griechischen Sternbilder (s.
war und er auch unerlaubten Umgangs mit d.), das Sternbild des Stiers zwischen Widder
der Königin PasiphaS beschuldigt wurde, ge- und Zwillingen, an dessen Hörnern die Hyaden
währte Minos dem Theseus auf seine Bitten, sind {Sutd. s. 'TäSsg. ol M t&v yiegccrcov toi^
an den Kampfspielen teilzunehmen, und selber Tavgov äar^gsg, ebenso Phot. p. 449. Et. Mg.
hocherfreut über die Besiegung des Tauros, p. 774, 1. Zonaras s. v.). Bereits Euripides im
gab er dem Theseus zulieb die Kinder frei lo Phrixos gedachte des Stieres, der, weil er die
und erließ den Athenern den Menschentribut. Europa aus Phoinikien nach Kreta d\irchs Meer
Einigermaßen trifft mit SynkeUos im W^ ortlaut getragen, unter die Sterne versetzt ward, frg.
susammen lo. Antioch. 1, 16 F. H. G. 4, 689, 820 Nauck* aus Ps. Eratosth. catatit. 14 p. 1»,
16. Theseus habe auch Münzen schlagen lassen 7 ff. Olivieri. Hygin. astr. 2, 21 p. 62, 7 f. Bunte\
mit dem Bild eines Oc*^ len ri Siä t6v Maga- dieselbe Herlei tung für das Sternbild, mit der
^mviov taÜQov i) diä töv Mira ffrparrjy^v i] Annahme, Zeus habe einen Stier des Poseidon
%Q6g YecüQyUcp xovg noXitag nocgaxaX&v, Plut zum Raub der Europa entsandt, bot Nigidiu»
Thes. 26. In diesem Sinne weiter ausgesponnen Figultis, vgl, Scholia Basileensia und Strozziana
ist die Darstellung des Palaiphatos n. int. 2 zu des Germanicus .4ra*- Übersetz, v. 174 ff.
p. 6ff., 15ff. Festa: In des Minos Gefolge war 20 p. 74 und 135 ed. Alfr. Breysig; überdies aber
ein Jüngling, der sich durch Schönheit aus- steht in den Schol. Strozz. sowie auch in den
zeichnete, mit Kamen Tauros; ihn liebte Pa- Schol. Sangermanensia z. St. allem voran die
siphaS, und sie gebar von ihm einen Knaben Meinung gewisser: taurum inter astra positum
;den die Menge zwar Sohn des Minos nannte, (esse) propter lovem, guod in hovevi sit fdbulose
seiner Ähnlichkeit mit Tauros wegen aber auch conversus-, dazu vgl. Ovid. fast. 5, 603 ff., femer
nach diesem, woraus xccrä avvd'seiv der Name die Epitheta Agenoreus, Ov. fast. 6, 712 {Age-
Minotauros entstand, ^eraW, TT. «i«. 7 (6) p. 75 f, norei fronte bovis) und Tyrius, Mart. ep. 10,
13 ff. Fesia)\ Minos scheute sich, den Knaben 51, If. {Tyrius Taurus), vgl. auch vvyicpiogEi}-
zu töten, schickte ihn aber ins Gebirge zu den gmiiTig . . . Tccvgog 'OXvfinov Nonn. Dion. 38, 394
Hirten. Wie er dann, ein Mann geworden, den 30 = 41, 244. 4, 297 f. 33, 287, wozu auch 1, 356.
Hirten nicht mehr sich fügen wollte, befahl 6,239. 38,340, femer 1, 452. 2,283. 3,4. 6,241.
Minos ihn gefangen zu nehmen; allein er ent- 33, 292. 88, 263. 356. Ferner vgl. Prob. Vergt.
wich in die Berge und lebte da vom Rinder- greory. 1,218 p. 359, 9 ff. Hagen ( Tauro qui eodsti-
raub, und als Minos eine größere Schar gegen matur ideo sacratus inter caelestia, quod insidia»
ihn entsandte, machte er eine tiefe Grube, in parantem lovem Europae celaverit). Gewöhnlich
die er sich einschloß. Man pflegte nun für ge- aber wird der Möglichkeit, daß das Sternbild
wohnlich Schafe und Ziegen ihm in die Grube auf den Stier der Europa zurückgehe, die andere
zu werfen, doch Minos auch strafwürdige Men- beigesellt, es sei das Bild der Kuh, in welche
sehen, und so ließ er auch seinen Feind Theseus die lo verwandelt wurde (vgl. o. Bd. 2, Sp. 269,
an den Ort führen zum Sterben; der aber, von 40 24 ff.), so bei Ps. Eratosth. a. 0. {hegoi de cpaöL
der Ariadne mit einem Schwerte versehen, er- ßovv elvai xfjg *Iovg (linrnia, wozu vgl. bovem
legte den Minotauros. Vgl. dazu die ßezeich- esse imitatorem lovis et ideo inter astra a love
nung des Minotauros bei Paus. 3, 18, 16 (ßri- conlocatnm, Schol. Sangerm. zu Germ. Aratea
eioag iuc%T)) ngog Tavgov xbv Mivm (1, 22, 5 und 174 p. 135, 21 f. Breysig)^ wozu Eratosth. ia
3, 18, 11 xbv Mivca xaAovftfvov Tavgov, 1, 24 den Schol. Bas. und Strozz. zu Germ. Arat. 174;
1 ngog xov Tavgov xbv Mira xaXov(isvov; 1, femer Ovid. fast. 4, 717 ff. {vacca sit an taurus,
27, 10 Tö Xayo\ih'(o Mivcoxavgo)). An Herdkl. non est cognoscere promptum: pars prior apparet,
». 6cx. 7 '(6) schließen sich an Tzetz. chil. 1 posteriora latent cet.). 5, 619 f.; Ov. fast. 4, 718
{fitst. 19) 623 ff. (vgl. auch Tzetz. Lyk. 1301) und ist übergegangen in die Schol. Bas. und Strozz.
die nach Myth. vat. 8, 11, 7 p. 232, 19 Bode 60 zu Germ. Arat. p. 74, 21 f. 136, If. Breysig^
auf Servius zurückgehende Version, in der und durch Ot;i'<i scheinen bestimmt JTvöim. a. 0.
Tauros aus einem Feldherrn des Minos sein 'no- p. 62, 9 ff. Bunte. Myth. vat. 3, 15, 2 p. 253 f,
tarius' geworden ist. Weil aber Pasiphae Zwil- 38 ff. Brevis expos. in Verg. georg. 1, 218 p. 238,
linge gebar, einen von Minos, den andern von 13 ff. Hagen, wo an allen drei Stellen die bei-
Tauros, sagte man, sie habe den Minotauros den Zurückführungen des Sternbildes neben-
zur Welt gebracht, Lact. Plac. zu Stat. Ach. 1, einander mitgeteilt werden. Endlich dachte
192 (Lindenbrog p. 439) p. 495, 15 ff. Ric. Jahnke. man auch an den Stier, den die Pasiphae liebte,
Myth. vat. 1, 43 (204). 2, 126. 8, 11, 7 p. 16, vgl. Schol zu Arat. phain. 167 {xovrov 6k oi
28 ff. (64, 39 f.). 117, 25 ff. 232, 19 ff. Bode, vgl. fisv xbv xrjv Eigmnriv Sianogd^^svaavxa iv, $ot-
auch lo. Malalas chron. 4 p 106 Ox. p. 86, 2 60 vlxrig sig Kg^xriv 6icc xov nsXdyovg xaxr]Gxsgl-
JDind. {xov Tavgov xov voxagiov aixfig, sc. Ha- üd-ai (paßlv, oi öh xovxov ov Uaüirpari iigccc^riy
aitpärig). Kedren. 1, 214, 10 ff. Bkk. Vgl. auch ol öh xbv ix Kg-^xr^g alg Maga&ava Tcagay^vo-
die andere rationalistische Umbildung der Sage, iievov, ov C^ri68vg xaxriytovicaxo). Schol. Strozz^
die an des märchenhaften Minotauros Stelle zu Germ. Aratea p. 136, 1 Breysig.
Asterion oder Asterios gerückt hat. Paus. 2, 12) Sog. Tauros -Gigant. In der pergame-
31, 1 und Hitzig- Blümner z. St. 1, 630. nischen Gigantomachie erscheint auf der Süd-
10) Mimischer Tanz, Lukian. de salt. 49, seite in der Kybelegmppe ein schlangenbeiniger
wo dieser unter den der Mythologie entnom- Gigant, der mit seinem feisten Nacken, seinen.
153 Tauros Adiunios Taygete 154
Ohren und Hörnern einem Stier oder Buckel- Bahylonier 270 (vgl. 307 ff.), nach denen Tauthe
ochsen ähnlich gebildet ist, einem Stier gleich der in der babylonischen Schöpfungslegende
das bärtige Haupt wie zum Stoße senkt und oft genannten Tiamat, dem personifizierten
mit halb geöffnetem Maul zu brüllen scheint, Meere, entspricht. | Höfer. J
x'^l. Hei-m.Wimiefehl, Altert, v. Perg. S, 2 S. 21f. Taxes, Skythe, tötet den Kolcher Hypanis»
Abb. 2 u. Taf. 3; man vermutet in ihm den in Val, Flacc. Argon. 6,262. [Höfer.]
Kilikien am Tauros heimischen Tjphon, vgl. Taygete (Tavyitr], ion. Trivyitr\), eine der
z. B. Max. Mayer, Gig. n. Tit. S. 375. lieschr. Pleiades (s. d.), der Töchter des Atlas, He8iod{f;
d. Skulpt. aus Perg., I. Gigantomachie^ (1902), vgl. J^J. Maaß, Aratea \Phil. Untersuch. 12] 271 f.
S. 15; ein Seitenstück ist der 'Stiergigant' zum lO Alb. Behw, Mythogr. Untersuchungen über güch.
'Löwengiganten', dem sog. Leon Taf. 6, der Sternsagen [Progr. d. K. Wilhelms -Gymn. in
freilich mit seinem ausgesprochenen Löwenkopf München 1895/8(5] S. 36 ff. 47 ff. h>ittl, Wiener
noch weiter ins Tierische sich verliert, vgl. Studien 12 [1890], 58 Anm. 84) im Schal. Pind.
Arnold v. Sdlis, Altar v. Perg. S. 8(5 ff. (43 f.). Nem. 2, 16 = frgm. 275 Bzach. Arat. Phain.
[Otto Waser]. 263. German. Aratea 263. Hygin. fah. 192
Tauros Adiunios {Tavgo? ASiovviog). Bei (p. 123, 9 5cAm.). Schol. in Girman. Arat. ^.\^9,
Photios {R. Beitzenstein, Der Anfang des Lexi- 7 (ed. Breysig); vgl. Ov. Met. 3, 595. Über ihre
kons des Photios p. 32, 10 = Gott. Gel. Nachr. Darstellung s. d.A. Pleiades. Wie ihre Schwester
1896, 334, 20 ff.) steht die Glosse: 'Adiovvio? wird auch Taygete Ahnfrau eines berühmten
ravQog- 6 knöXkav vtco tcöv Kgrixatv ovras Xi- 20 Geschlechtes und Stammutter eines Volkes: von
ysxa.1. (paal yuQ rijv noXiv ^sroixi^ovtci xavQ(p Zeus wird sie Mutter des Lakedaimon (s. d.),
ncog sUccad-^vTcc TCQorjystßd'ccL (7iQor}y^ad-cci, Beit- Hellanikos {frgm. 56 F. H. G. 1, 52; vgl. H.
zenstein). Damit stimmt überein Bekker, Anecd. KidJmer, Jahrb. f. klass. Phil. Suppl. 27, 545)
Gr. 1, 344, 10 und L. Bachmann, Anecd. Gr. 1, im Schol. Rom. 11. 18, 486. Oxyrynchus Papyr.
30,26, nur daß Bachwann (und auch Bekker) 1084 vol. 8 p. 72 Col. 2, 17 (Trjvyf'rrjt Se [Zs\v9
{üi TTiog et-uccöd'ivTcc: ngoGSiv.aöd'ivxcc schreiben, ^i6yhxat.xCi)v\ßhyiyvhxaiAa'/,i8aiiLOiv\).Apollod.
und bei beiden für 6 kTtoXXoiV'. ö '''HXiog steht, 8, 10, 3, 1. Clem. Boman. bei Bufin. Becogn.
wsis nach Beitze7istein eine „falsch verstandene 10, 21 (= Migne, Patrol. Ser. Gr. 1, 1432).
Abkürzung" ist. Gruppe, Gr. Myth. 250,2 (wo Eust.&A Hom. It. IVyi, 62 {Eudocia 763 p. 564
das Zitat zu berichtigen ist) bezieht die Glosse 30 Flach.). Pseudo-Eratosth. Cataster. 23. Paus.
auf Talos (s. d.), der nach Apollod. 1, 9, 26, 3 3, 12. Tzetz. zu Lykophr. 219 (p. 102, 16 Scheer.).
xavQog hieß (oder war?). Unerklärt bleibt da- Hygin. Astronom. 2, 21 (p. 63, 15 Bunte. Myth.
bei das Wort kdiovviog, mit dem A. Beinach, Lat. 1, 234) Hygin. fab. 154 (p. 13, 8 Schm).
Bevue epigr. Nouv. 1 (1913), 224 den Monats- Nonn. JDionys. 32, 65 (vgl. 3, 339); vgl. Ov.
namen ^vdovrafoff (so!) vergleicht. [Höfer.] Fast. 4, 174. Paus. 3, 20, 2. 9, 35, 1. Schol.
Taulamos s. Tau tan es. Eur. Gr. 626. Diod. a. a. 0. Schol. German. Arat.
Tautanes {Tavxdvr]g), König von .Assyrien, 76, 9. 83, 15. 150, 5. Nach einzelnen Resten
der auf Bitten des Priamos diesem den Titho- der Überlieferung hat Taygete nur gezwungen
nos und Memnon zu Hilfe schickte, loann. An- die Umarmung des Zeus geduldet: ein Relief
tioch. frgm. 24, 3 {F. H. G. 4, 550). Eusebius, 40 am Throne des ApoUon Amyklaios stellte den
Chron. ed. Schoene 1, 66 == 2, 50 = Synkellos Raub der zwei Atlantiden Taygete und Alkyone
p. 285, 19 ff. (hier wird berichtet, daß statt Tau- durch Zeus und Poseidon dar (TavyBxr\v ^v-
tanes von einigen der König Tavxcc^og genannt yccxigcc ^'AtXuvxog "kocX a.SEXrp7]v avxfjg 'AXv.v6vriv
worden sei, wie er auch bei Ktesias bei Dio- cpigovci noesiöcbv xccl Zsvg), Paus. 3, 18, 10.
dor. 2, 22 und bei Kephalion bei Euseb. a. a. 0. Nach PsmfZo-P/wi. de /?. 17, 3 hätte sich Taygete
1,63 = F. H. G. 3, 626 f. heißt); vgl. SynkeU. aus Scham über ihre Entehrung durch Zeus
a. a. 0. 293, 5. 314, 4. Paulus Biaconus, Hist. auf dem nun nach ihr Taygeton benannten Ge-
Bom. 1 (p. 6, 14 ed. Crivellucct). Bei Euseb. birge (als dessen Eponyme sie auch Paus. 3,
1, 62 = SynkeU. 317, 3 steht Tavxccvog. Im 1,2. Steph.Byz. s.v. Tccvysxov; vgl. Schol. Eur.
25. Jahre seiner Regierung soll Troia erobert 50 Or. a. a. 0. genannt wird) erhängt. Um Taygete
worden sein, Euseb. aa. aa. 00. Trieber, Hermes den Nachstellungen des Zeus zu entziehen, hatte
27 (1892), 321, 1. Zum Namen vgl. B'erd. Justi, sie Artemis auf einige Zeit in eine Hindin ver-
Iran. Namenbuch s.v. Tsvxa^og-p. 323'., zuT Sache wandelt, Schol. Pind. Ol. 3, 53; nachdem sie
s. d. A. Memnon Bd. 2 Sp. 2657. [Höfer.] wieder menschliche Gestalt angenommen hatte,
Tauthe (Tavd-i), in der babylonischen Kos- weihte Taygete der Göttin aus Dankbarkeit
mogonie die weibliche Potenz, ftTjrrjp dsmv ge- die später von Herakles erjagte goldgeweihte
nannt, die ihrem Gemahl knacwr den Mcov^tg kerynitische Hindin, Pind. Ol. 3, 30 (53) und
gebiert, Damask. Quaest. de ymmis principiis Schol. a. a. 0. Nach diesem Berichte scheint
ed. Kopp (1826) cap. 125 p. 384 = ed. Buelle es, als sei T. den Nachstellungen des Zeus ent-
1 p. 322 (vgl. oben Bd. 3 Sp. 479, 39 ff. s. v. 60 gangen. — Nach Steph. Byz. a. a. 0. ist T.
Oannes). P. Scholz, Götzendienst und Zauber- Mutter des Eurotas, nach Pseudo-Plut. de fluv.
wesen bei den alten Hebräern 244, 366 Anm. 17, 1 Gemahlin (nicht, wie sonst, Mutter) des
Schrader, Die Höllenfahrt der Istar 152. E. Lakedaimon, mit dem sie einen Sohn, Himeros,
Böklen, Adam und Qain {Mythol. Bibliothek 1, zeugt, der, weil er ohne Wissen seine Schwester
2/3) S. 11. Halevy, Milan ges Graux 60. v. Bau- Kleodike vergewaltigt hat, in den nach ihm
dissin, Studien zur semitischen Beligionsgesch. benannten Fluß, den früheren Marathon, sich
1, 12. 195; vgl. Delitzsch, Sachs. Abhandl. 17 stürzt.
(1897), II, 92. P. Jensen, Die Kosmologie der Taygete ist ursprünglich wohl ein Kultname
155 Tazbes Tefenet (Allgemeines, Name) 156
der auf dem Taygetosgebirge {Hom. Od. 6, 103) für Achilleus gefertigten Schild hinweist (pom-
verehrten Artemis; daher erscheint sie, wie Ar- peianisches Wandgemälde, W. Jlclbig, Wand-
temis selbst {ÄpoUod. 1, 7, 4, 5; Tgl. Paus. 2, genuilde Campaniens nr. 1316 ff.) oder als Hel-
80, 7) in Gestalt einer Hindin (s. oben). — Wer- feriu desDaidalos bei der Anfertigung der Flügel
nicke bei Pauly-Wissoica 2, 1860 und Gruppe^ zugegeni8t(auf einem Sarkophag und einem ge-
Gr. Myth. 166, 18 (v^l. aber auch 259, 6. 1276, schnittenen Steine) vgl. Viltheij, Bulletino 1869,
«. 1286,1) beziehen sich betr. der Verwandlung 37. 166. W. Heibig, Unttrsuchungen über die
der Tajgete in eine Hirschkuh auf Eur. Hei. Campanische Wandmalerei 218. J. Graeven in
381 ff. : üv vi nox* "AgTtnif i^iroaQevöccxOy XQ^' Genethliacon Gottinaense 132. [Höfer.]
öonigat' iXa<pov Migonog Titavida xovqccv xaX- 10 Techuites {Tsvvhris), Bruder des Geünos (s.
Xoavvag fvexcv, — aber wie kommt Taygete das Nähere s. v. GeYnos Autochthon). [Höfer.]
dazu, Tttavlg und Tochter des Merops genannt Tefenet, ägyptische Göttin.
zu werden? Weitere Parallelen bieten die I. Allgemeines: A.Bibliographie; B.Name;
Mythen von Iphigeneia und Kallisto. Auch im C. Geschichtliche Entwicklung.
Kultus der Taygete, die freilich nicht mehr U. Kultus: A. Delta; B. Oberägypten;
als Göttin, sondern als Heroine erscheint, waren C. Philä und Nubien; D. Priester,
wohl für ursprüngliches Menschenopfer Sühne- lU. Familie: A. Eltern; B, Gatte; C. Kinder;
Opfer aus der beim Tempel gehaltenen heiligen D. Neunheit von Heliopolis.
Hirschberde üblich, Gi-uppe a. a. 0. 166, 11 ff. IV. Wesen: A. Totengöttiu; B. Schlange;
«40, 3. 1299, 2. Wernicke a. a. 0. Wide, Lakon. 20 C. kosmisch ; D. Löwin.
£14/^127. [Höfer.] V. Vermischung: A. mit anderen Göttinnen;
Tazbes {Ta^ßfjg, Genet. Ta^ßfjtog), Beiname B. Verallgemeinerung des Wesens,
der Aphrodite, die in Heptafcomia, der Metro- VI. Darstellung: A. Frau; B. Löwin; C. zu-
pole des Nomos ApoUonopolites parvus in der sammen mit Schow.
Thebais, verehrt wurde, Wilcken, Ahhandl. d.
Sachs. Geseüsch. d. Wiss. 27 (1909), 794 Anm. 4. I. Allgemeines.
h'omemann in Griech. Papyri im Museum ... . ^....
JIM Gießen I, 1, S. 13. S. 67 nr. 23 Z. 17; vgl. A. Bibliographie.
I, 2, 58 Z. 19. [Höfer.] Veraltet: Sir Gardner Wilkinson, Manners
Tazene s. Tarsene. 30 and customs of the ancient Egyptians 2 ser. 2
Tehonemyreos {TxovByivQi(ag). Eine in der (1841) 38; C. J. v.Bunsen, Ägyptens Stelle in
Oase El-Khargeh westlich vom ägyptischen der Weltgeschichte 1 (1846) 474.
Theben gefundene Inschrift ist geweiht: k^is- Grundlegend, wenn auch mit Irrtümern:
«r^t (vgl. über diesen Pietschmann bei Pauly- P. Le Page Renouf, Lectures on eg. relig. (1880)
Wissowa s. V. Amenebis) ^boh, iisylaratL Txovb- 109.260; Ders.in Transact.Soc.Biblic.Archaeol.
^vQscag xccl tolg avvväoig dsolg, C. 7. (r. 3,4965. 8,(1885) 207; Maspero (1880) in Bibliotheque
Dittenberger, Or. Gr. inscr. sei 2, 702 p. 439 f. Egyptolog. 2 (Paris 1893) 367; R. Lanzone, Di-
Cagnat, Inscr. Gr. ad res Boman. pertinentes zionario ai mitolog. egiz. (1882 — 4) 1234, Tav. 396
1,1264. Nach Franz zu C. I. G. a. a. 0. ist — S96', Brugsch, Religion und Mythologie der
Txovaii^Q€(og der Genetiv eines Ortsnamens und 40 alten Äg. (1884 — 91) 572 — 5 und öfter; Ders.,
zu erklären wie "/«t^t ^lX&v d. h. "IolSl rjj iv Ägyptologie (1891) 171.
^iXaig. [Höfer.] Neuere Auffassung in: Ad. Erman, Ägypt.
Tebros {TdßQog\ Sohn des Hippokoon (s.d.), Religion^ (1906). * (1909) Index; Lange'mChan-
Apollod. 3, 124 TT.; schon Tanaquil Faber hat tepie, Lehrbuch der Religionsgesch.^ 1 {1905) 201;
dafür Sebros {Zsßgog^ besser wohl Z^ßgog) vor- Hermann Schneider, Kultur und Denken der
geschlagen nach Paus. 3, 15, 1. 2, und daß alte^i Äg. (1907) Index; Ed. Meyer, Gesch. des
I^ißgog die richtige Namensform sein wird, er- Alt.^ (1909) § 179; J. H. Breasted, Relig. and
hellt auch aus der ältesten Aufzähhmg der thought of the anc. Eg. (1912) Index; Junker,
Hippokoontiden bei Alkman in dessen PaHhe- Der Auszug der Hathor - Tefnut aus Nubien
neion frg. 23, bei Bejgk, P. lyr. Gr.* 3, 35, vgl. 60 = Anh. Abhandl. Akad. Berlin 1911; Sethe, Zur
Herrn. Diels, Hermes 31 (1896), 343. Hitzig- altägypt. Sage vom Sonnenauge = Untersuch, zur
Blümner, Paus. 1, 791. Höfer o. Bd. 4, Sp. 680, Gesch. u. AlteHumsk. Äg. V, 3 (1912).
32 ff. (s. V. Sebros). Zwicker bei Pauly- Wissowa-
Kroll, Realenzykl. 8, 1775 f., 60 ff., s. v. Hippo- B- -^a^ne.
koon. [Otto Waser.] Der Konsonantenbestand ist in hieroglyphi-
Techne {Tsxvri)^ die Kunst als Göttin, mit sehen, hieratischen und demotischen Schrei-
dem Beinamen notvia, im Gegensatz zur ^vaig, bungen tfn.t; die Etymologie mit dem Verbum
Anth. Pah 9, 738. Techne neben Ilaidsicc^ Luc. tfn „spucken" isU schon im Altertum aufgestellt,
Somn.S (vgl. 6. 7. 14). H. Scharold, Blätter für wohl aus Analogie zu der Erklärung des Na-
das Gymnasial-Schulwesen bO (191^), 209 ff. nach 60 mens ihres Bruders und Gatten Schow (hiero-
Bericht in Wochenschr. f. Mass. Philol. 1914, 849. glyph. sw) aus swj (vgl. Art. Schow Sp. 567 B).
Ein Kultus der Techne neben dem der Penia Die Vokalisation war zunächst unbekannt, so
(s. d.) ist für Gadeira bezeugt, Aelian {fr gm. 19 daß man anfangs Tafnet oder Tefnut umschrieb;
p. 195 Hercher) bei Eust. ad Diqnys. Per. 453. vereinzelt auch Tafnowe u. ä. Spiegelberg, Demot.
Philostr. Vit. Apoll. Tyan. 5, 4. Über die Dar- Pap. von der Insel Elephantine 1 {= Demot.
Stellungen der Tsipt} in der Kunst als eines Studien 2, 1908), 8 hat die antike Vokalisation
geflügelten Mädchens , welches , ein Stäbchen aus dem männlichen Personennamen ^EGGxtpfivig
in der Hand, dieThetis auf den von Hephaistos erschlossen, den er als ns-sw-tfn.t ,, Zugehörig
157 Tefenet (geHch. Entwicklung; Tefenet (Kulte im Delta) 158
zu Schow und T.*' deutete; hieraus ergibt sich Itel. (1881—84) 673. Daher tappte man bei
die Aussprache Tf6ne(t) für die späte Zeit. dem Suchen nach ihrer Heimat im dunkeln
Griffith, The demotic pap. of the John Rylands und verfiel auf eine oberägyptische Gegend
Library Manchester ü (1^09), 254, 3. 454 hat {Wilkinson, Manners and customs of the anc.
die Deutung anerkannt und auf weitere An- Eg., 2.8er., 2 [1841], 38), was wohl nicht rich-
halte zur Vokalisierung in griechischen Namen tig ist. Eines der alten Zentren der Verehrung
, . . x^ ^ ' /n •*.' \ • n n der T. wird im Delta liegen; die Übertragung
hmgemesen. JS«^a««j (Gen.t V) im Pap. Ca- ^^^^ Heliopoli» M vielleicht erat mit der^Kin-
satt (Parts. Pap. 5) = ns-lfn.t; Tsrcivd-evi; m ,... • a- a *.- xt u^f ««f^i^i-
denktriePap/rieiMaha/ry-Smyhj==Ttn.t.^w. *"^"°^ ^° ^'^ ^«^*^g« Neunheit ertolgt.
Die von Brugsch, Thesaurus inscript. aegypt. 4 lo . Dplta
(1884), 735 aufgestellte Vokalisierung Tv(pL war üeiia.
ein Irrtum; der Name steht im gnostischen 1. Heliopolis.
Papyrus LeidenJ 7 21 (ed. Leem^^^^^^ j^ ^ Pyramidentexten (Redaktion der
Lugdun. 2, 1885, 27. 63) als Form der Aphro- k c n „ i.-i\ i 4- a-^. -7,, «u , ••..,• «i.^;*- a^^
dite, hat aber mit T. nichts zu tun. S^— ^-^^^^'^ ?) ''l ^^' die Zugehörigkeit der
' u u u . rp^ ^^^ Heliopolis schon gegeben; in zahlreichen
r ß«c«i.;.i.4^i.M.« T7«*,.r; i.i««« Fällen halten „Schow und T." sich „in Helio-
C. Geschichtliche Entwicklung. p^li^. ^^^ ^^ ^ ^^ g^^j^^ ^98^ ^OdQ). „T., die
Da T. eine in Ägypten bodenständige Gott- Herrin der unteren Menset (mns.t) in Helio-
heit ist, müssen wir uns die Ausbildung und 20 polis", steht neben „Schow, dem Herrn der
Feststellung ihrer Gestalt und ihres Wesens in oberen Menset" {Pyr. 1662), und so bleibt es
jener schriftlosen Frühzeit (4. Jahrtausend v. Chr.) auch in späterer Zeit (Dyn. 18 : Lepsius, Denkm.
denken, in die wir nicht vordringen können. Text 3,274; Dyn. 19: Mariette, Abydos 1,47b);
In den Pyramidentexten des Alten Reiches es werden zwei besondere Kapellen sein, die
(Dyn. 5—6, um 2500 v. Chr.) tritt sie uns mit dem Götterpaar vorbehalten sind. Ramses HL
allen wesentlichen Zügen entgegen, die ihr für sagt in seinem Regierungsbericht über seine
die ganze Folgezeit verbleiben. Sie ist die Ge- Tätigkeit für den Tempel von Heliopolis : „Ich
nossin des Schow, beide sind Kinder des Re- machte dir eine Kapelle, in der Atum
Atum und schon in die Neunheit von Helio- und T. ruhen" {Pap. Harris I 26, 7), so daß T.
polis eingegliedert. Auf der einen Seite ist T. 30 hier also die Genossin des Herrn des Heilig-
eine Totengöttin, die den verstorbenen König tums selbst ist. Im Totenbuch des Neuen Reichs
mit Speise und Trank versieht; auf der anderen ruft der Tote: „Ich kenne die Geister von
eine Löwin, die mit Schow zusammen das Heliopolis: Re ist es, Schow und T. sind es!"
„Löwenpaar" bildet. (Totenbuch des Nu ed. Budge, Kap. 115, 10, vgl.
Im Mittleren Reich nennt sich der Gaufürst Amonhymnus Leiden J 350 Vs. 4, 3.)
von Beni Hassan „Prophet von Schow und T.";
die eigentlichen Lokalkulte treten erst später 2. Andere Orte,
auf. Im Neuen Reich, wo die Quellen reicher In den Gaulisten des Tempels von Dendera
fließen, sehen wir T. in Ägypten wie in Nu- (griech.-röm. Zeit) steht T. in Beziehung zu
bien in gleicher Weise verehrt, nicht häufig, 40 mehreren Gauen von Unterägypten; bei der
aber in hohem Ansehen; ihr Gatte heißt jetzt Bewertung derselben ist nicht zu vergessen,
Schow-Onuris, sie selbst neigt zur Vereinigung daß T. in Dendera längst mit Hathor identi-
mit anderen Göttinnen und hat eine Mutter fiziert war, und daß sie auch schon andere
(.Jusas oder Isis) erhalten. Sie ist die feuer- Göttinnen in sich aufgenommen hatte. Es
speiende Schlange am Kopfe ihres Vaters Re handelt sich um Gau Nr 8 Pithom {Dümichen,
und wird als löwenköpfige Frau dargestellt. Geograph. Inschr. 4:, 114:), Gau Nr. 12 Sebennytos
Die Spätzeit bringt die ersten Denkmäler {ebd. 4, 118), Gau Nr. 17 Diospolis {ebd. 4, 123)
von der Insel Philä (unter Nektanebös); dort und Gau Nr. 15 Hermopolis {ebd. 4,121). In
bleibt T. als eine „aus Nubien gekommene" Sebennytos finden wir T. auch sonst heimisch
Göttin von wilder, ausschweifender Art herr- 50 {Ahmed in Annal. Serv. Antiqu. Eggpte 7, 1906,
sehend und verbreitet sich auch in Nubien, 87 — 94); freilich ist zunächst nicht zu ent-
dessen Bewohner ihr mit überschäumendem scheiden, ob sie dort schon vor ihrer Identifi-
Jubel dienen. Die Tempel der ptolemäisch- kation mit den löwinnen- und katzenköpfigen
römischen Zeit nennen T, an allen Orten, über- Göttinnen wohnte; ebensowenig ist es klar, ob
all an die Ortsgöttin oder eine ihr sonst nahe- der dort heimische Gott eigentlich ein Schow
stehende Göttin angegliedert. Die aus dem oder ein Onuris ist. In Leontopolis (heute Teil
Neuen Reich bekannten mythologischen Züge el-Jehudije nordöstlich Heliopolis) hat man die
werden jetzt ausgesponnen, variiert und um- Heimat von Schow und T. wegen ihrer Löwen-
gestaltet; aber über den kosmischen Charakter gestalt gebucht {Ed. Meyer, Gesch. des Alt.^ 190^
der T. bleibt ein Schleier gebreitet. 60 %11^; Sethe, Sonnenauge l^ = Untersuch.b[lSil'2.],
135). Sethe {ebd. S. 39 = 155 nr. 4) glaubt eine
II. Kultus. a^g Dyn. 1 oder früher stammende Lokalsage
T. gehört zu den großen alten Gottheiten von Leontopolis ermittelt zu haben, nach wel-
des Niltales, die überall bekannt sind und eher T., die Tochter des Re, als Sonnenauge
auch gelegentlich verehrt werden, aber keinen und Löwin von Schow aus Nubien geholt wird,
eigentlichen Lokalkultus besitzen, in welchem nachdem sie fern gewesen ist; Schow tritt da-
sie wurzeln; schon richtig erkannt \on Maspero bei entweder als Jäger (Onuris) oder als Löwe
in Bihlioth. Egyptolog. 2 (1893), 357 und Brugsch, (Schow) auf, und er schützt Re vor seinen Fein-
159 Tefenet (Kulte in Phila etc.) Tefenet (Kulte in Phila etc.) 160
den. Diese Form der T. von Leontopolie habe Charakter ist der einer -wilden Löwin, die mor-
sich von dort nach einer ganzen Reihe von dend die Wüstentüler Nubiena durchzieht und
weiteren Tempeln verbreitet, in denen ihre eich am Blute ihrer Opfer sättigt. Ihr Vater
Legende sich den dortigen Lokalsagen an- Re läßt sie durch Schow und Thot, die Favian-
gepaßt hat. gestalt angenommen haben, besänftigen und
R Oh üp'viti'n nach Ägypten führen. Sie wird in Philil von
D, uoerag}pien. ^^^ entzückten Volk empfangen und verwan-
Gelegentliche Darstellungen der T. finden delt sich in eine Frau mit frohem Gesicht.
sich an verschiedenen Orten von Oberilgypten, Sie erhält einen Tempel auf der Insel Philä
ohne daß man daraus auf einen wirklichen lo und durchzieht das Kiltal, um sich an meh-
Kultns in der betreffenden Gegend schließen reren Orten niederzulassen. In Ombos bleibt
darf. Z. B. im Tor des Felsentempels von El- sie als „gute Schwester" (Tsent-nofret); in
Kab, wo Nechebt und T. die Räuchemng des Edfu, Esne und Dendera wird sie begrüßt, und
Königs entgegennehmen {Lepsius, Detikm. IV 68, Feste werden ihr veranstaltet. Die wilde T.
ptolem. Zeit). Der Tempel von Dendera hat ist nun zu einer ägyptischen Göttin geworden,
in der griechisch-römischen Zeit unter seinen aber sie muß täglich besänftigt werden, damit
vielen Namen auch den einer „Stätte der T." die grimmige Seite ihres Wesens nicht wieder
oder „Haus der T." (öfter); man würde den zum Durchbruch kommt. Zu diesem Zwecke
Hinweis für eine Folge der Identifizierung der trinkt sie viel Wein, täglich sieben Krüge.
T. mit der Hathor von Dendera halten, wenn 20 Ihre Aufgabe im Pantheon ist es, Re vor seinen
nicht Schow und T. merkwürdigerweise schon Feinden zu schützen. Aber wohl fühlt sich die
in den Pyramidentexten (ed. Se^ 1066) in Be- barbarische Nubierin eigentlich nur im Rausch
Ziehung zu Dendera genannt wären, wo freil- und bei ausschweifenden Orgien — mit diesen
ich auch eine zufällige Verbindung der Gott- dienen die Bewohner des Kataraktenlandes ihr
heiten mit dem Ort vorliegen kann. denn auch zum Entsetzen der frommen Ägypter.
Sethe, Zur altägyptischen Sage vom Sonnen-
C. Pfiilä und Nabien. äuge, das in der Fremde war {Untersuch, zur
1. Philä. Gesch. u. Altertumsk. Ägyptens 5, 1912) hat die
Existenz der von Junker ermittelten Legende
a) Inschriften. 30 als eines einheitlichen Ganzen geleugnet und
Seit langer Zeit ist die starke Betonung eine Reihe von einzelnen Zügen als besondere
der T. auf der Insel Philä bekannt. Brugsch, Sagen von zeitlich und örtlich umgrenzter Ent-
Thes. inscr. aeg. 4 (1884), 765 hat eine Reihe stehung und Verbreitung gedeutet. Für Sethe
von Darstellungen der T. aus Philä veröffent- handelt es sich bei der nubischen T. nur um
licht, in denen sie hinter ihrem Gatten steht, eine dorthin verpflanzte ägyptische Göttin,
der hier zwar auch Schow heißt, aber in erster nämlich die in Leontopolis heimische löwen-
Linie Arsnuphis, daneben noch mit Thot von gestaltige Tochter des Re, die gleichzeitig sein
Pnubs identifiziert ist. Dieser Arsnuphis-Schow- Auge ist. Schow, der die Feinde des Re zu
Thot ist ein nubischer Gott, der sich in allen verjagen pflegt, hat in Gestalt eines Löwen
Tempeln Nordnubiens mit lokalen Variationen 40 oder eines Jägers das Sonnenauge aus der Ferne
findet; seine Genossin T. hat die Beiworte herbeigeholt, und zwar vermutlich aus Nubien
„wohnend in Abaton" {Brugsch a. a. 0. nr. 62 a. c), (t'-^tj oder hnt-hn-nfr). Diese Lokalsage von.
„Herrin des Abaton" (nr. 62 d), „Fürstin von Leontopolis iTat sich außer nach Bige, das den
Philä, di^ mit ihrem Bruder aus Nubien kam" Ausgangspunkt für die AusstrahluDgen nach
(nr. 62c), „Herrin von Philä" (nr. 62 d) und Nubien abgegeben hat, auch nach Dendera
„Flamme in Bige" (nr. 62 b). Die älteste Dar- und El -Kab verbreitet und hat die T. den
Stellung ist die am Tor des Nektanebos (Dyn. 30) : dortigen Ortsgöttinnen Hathor bzw. Nechbet
der König bringt Sistren der „T., Tochter des angegliedert; weitere Spuren der Sage finden
Re, wohnend im Abaton", die zu ihm sagt: „Ich sich in anderen Tempeln Ägyptens,
gebe dir Kraft gegen die Südländer" {Lepsius, 50 Eine Verständigung zwischen Junker und
2)enÄ:»n. III 286 a). Das Heiligtum der T. von jS^e</?e über die tiefgreifende Verschiedenheit der
Philä, die der Hathor verwandt ist und mit Auffassung hat bisher nicht stattgefunden, so
lärmender Musik verehrt wird, muß der Hathor- daß die Lösung der Frage einstweilen in der
tempel auf der Westseite der Insel sein, in Schwebe bleibt. Bis sie erfolgt, halte man
welchem ungewöhnliche Szenen des musizie- daran fest, daß Junkers Rekonstruktion den
renden Bes, tanzender Göttinnen u. ä. ange- Bestand der Sage in ptolemäisch-römischer Zeit
bracht sind. feststellt, während Sethes kritische Analyse die
b) Mythos. Entstehung ihrer einzelnen Teile zu ermitteln
Hermann Junker (in Anh. Äbhandl. Äkad. sucht.
Wiss. Berlin 1911) hat aus verstreuten An- 60 c) Demotischer Papyrus,
deutungen in den späten Inschriften der Tem- Der auf der Insel Elephantine gefundene
pel in Nubien, auf Philä und in Ägypten einen und aus der Mitte der Ptolemäerzeit stam-
Mythos unbekannten Alters zusammengestellt. mende Pap. Dodgson enthält ein Orakel und
Nach ihm ist T. aus Nubien gekommen und eine Verwarnung gegen zwei Personen, die
in Ägypten zu einer Form der Hathor geworden. dem Osiris nicht genügend dienen {Griffith in
Sie ist dem Sonnenauge und den löwinnen- Proceed. Soc. Biblic. Archaeology 31 [1909], 100'
und katzenköpfigen Göttinnen sowie der Hathor — 109. 289 — 91). Sie haben sich den nubischen.
verwandt und wird mit diesen identifiziert. T.s Kulten zugewendet und verehren statt des stillen.
161 Tefenet (Kulte in Nubieii) Tefenet (Familie: Vater) 162
Totengottes lieber die T., „der keine (andere Sp. 164). In saitischer Zeit baut sich in Theben
Göttin) gleicht" und beteiligen sich an den ein „Priester (jmj js) von Schow und T." ein
ausschweifenden, lärmenden Festen zu ihren Grab {Champollion, Not. descr. 1, 859; British
Ehren. Darüber sind die ägyptischen Priester, Museum 1225); ein Pa-en-Isia heißt aui' seinem
die für ihren Osiris-Isis-Kultus Rücksicht ver- Sarkophag: „Prophet der Mehit-Tefenet'' (Mar-
langen, ungehalten. Für die allmähliche Er- seüle 67; zu Mehit vgl. unten VA Sp. 171).
Setzung des Arsnuphis, des Gatten der wilden Unter ptolemäischer Herrschaft endlich be-
T., durch den friedlichen Osiris glaubt Black- gegnet uns eine Frau Ta-Amon, die „Sängerin
man (ebd. 32, 1910, 33—36) einen Beweis im des Schow und der T." ist {Louvre C 117), und
Tempel von Dendur gefunden zu haben; in- lo eine andere „Priesterin der T." {Leiden V 94).
dessen irrt er wohl in der Deutung des be-
treffenden Falles. III. Familie.
2. Nubische Tempel.
A. Eltern.
Fast in jedem der nordnubischen Tempel 1- ^ater.
findet sich ein Bild der T.; und zwar zeigen Über die Entstehung des Schow und der
ihre Beiworte, daß es sich um die T. von Philä T. berichtet eine aus der 5. — 6. Dynastie über-
und Bige, nicht um Lokalformen der Göttin lieferte Stelle: „Atum wurde zum Onanierer
handelt. Wir haben also hier keineswegs ße- in Heliopolis. Er legte seinen Phallus in seine
lege für die nubische T., die dann später nach 20 Faust, damit er Mauneslust damit mache. Die
Ägypten gekommen ist, aus ihrer Heimat vor beiden Zwillinge wurden geboren, Schow und
uns; vgl. Sethe, Sonnenauge 24 = Untersuch. 5 T " {Pyramidentexte 1248 ed. Sethe). Hier liegt
(1912), 140. Sie heißt ,, Herrin von Bige" {Cham- eine nach ihrer primitiven Anschauung sehr
pollion, Not. descr. 1, 126) oder „Herrin von alte Sage vor; in späterer Zeit wird zwar von
Philä'' {Brugsch, Thes. inscr. aeg. 76). In Debod ferne auf sie angespielt, aber man hat sie für
ist im Tempel des Amon und der Isis die „T. das Publikum doch durch eine weniger an-
in Bige'' zu einer Form der Sechmet geworden, stößige Form ersetzet, die wir auch schon aus
die hinter Schow-Arsnuphis steht; sie ist „Her- der gleichen Zeit wie die erste kennen: „Atum,
rin der Flamme" und wirft Feuer gegen die Cheprer , du spuckst (etwas) aus als Schow,
Feinde des Königs Azechramon {Boeder, Debod 30 du speist (etwas) aus als T." {Pyr. 1652.) Der-
bis Bah Kalabsche 1911, 1,57 §151 mit Taf. 17). selbe Wortlaut, mit geringen Veränderungen,
In Sebua bringt Ramses II. seinen eigenen Na- ist uns aus allen Epochen der Folgezeit über-
men der T. dar {Lepsius, Denkm. III 182 e); liefert, z. B. in den mythologischen Erzählungen
aus diesem gelegentlichen Auftreten der T. in des Apo^hishnches {British Museum Pap. lOlSH:
einem der bilderreichsten Tempel des Neuen 27,1. 28,26. 29,1 — 2); ferner in Tempeln des
Reichs darf man nicht auf einen vorhandenen Neuen R-eichs {Mariette, Äbydos I 21, 5; 47b;
Lokalkultus schließen. In Dakke spielt T. eine App. A tabl. 16) und der Spätzeit {Brugsch,
besondere Rolle in dem Tempel des Thot von Große Oase 2&, 26), sowie auf einem ganz späten
Pnubs, der ja eine Erscheinungsform ihres Sarge (Mariette, Mastabas 448).
Gatten Schow-Arsnuphis ist; eine Kapelle rö- 40 So ist es denn für den memphitischen Theo-
mischer Zeit birgt die Darstellung der T. als logen „dieser Mund (des Atum) . . . . , aus^ dem
einer grimmigen Löwin, der Thot besänftigend Schow und T. hervorgingen" {Zeitschr. Ägypt.
zuredet, um sie nach Ägypten zu locken {Lan- Spr. 39, Taf. 1,55; Erman in Sitzber. Äkad.Wiss.
Zone, Dizioyi. 1884, tav. 346, 1 nach Gau, Antiqu. Berlin phil.-hist. 1911, 938, 55). T. erhält das
de la Nubie 1882, 56; Junker in Anh. Abhandl. Beiwort „Tochter des Re", das wir in älterer
Akad. Wiss. Berlin 1911 Abb. auf S. 54; Boe- Zeit schon kennen {Lepsius, Denkm. III 207 b;
der, Dakke 2, 1914, Taf. 115). Im Felsentempel Mariette, Äbydos II 54; Totenbuch ed. Naville
von Barkai opfert Taharka vor Anhör, der von Kap. 169, 8 Pb.) und das später ihrem Namen
T. umschlungen ist {Lepsius, Denkm. Y 7a); es niemals fehlt; sie wird mit Atum zusammen
handelt sich auch hier um die verpflanzten 50 dargestellt (e6ewc?a), der ja kein anderer als Re
ägyptischen Götter. — Über die nubische T. ist, und heißt in Edfu: „Tochter des Re, mit
und Arsnuphis vgl. unten III B 3 auf Sp. 164. verborgenen Plänen in Edfu, mit geheimnis-
voller Gestalt an der Stätte ihres Vaters {Boche-
D. Priester. monteix, Edfou 1, 174: vgl. 1, 312). In Dendera
Männliche und weibliche Personen aus dem heißt T. unter Nero die „Tochter des Re, ...
Kultus der T. finden wir vom Mittleren Reich die aus seinem Leibe hervorkam, erste Tochter
ab bis zur ptolemäischen Zeit, und zwar an des Ahnherrn der Götter" {Lepsius, Denkm. IV
verschiedenen Orten ohne Beziehung auf einen 79 a). T. gehört zum Kreise der ältesten Gott-
ursprünglichen Lokalkultus; in einigen Fällen heiten, so daß sich unter den Grabhügeln, an
ist ihr Erscheinen durch ein enges Verhältnis 60 denen der Sonnengott in der Unterwelt vorüber-
zu einer Ortsgottheit zu erklären. Einer der fährt, die von Atum, Re, Chepra, Schow und
Gaufürsten des Mittleren Reichs in Mittel- T. befinden {Amduat, Stunde 7). Die „beiden
ägypten ist „Prophet des Schow und der T." Horusaugen, die an Atum herauskamen, sind
{Newberry, Beni Hasan 1 pl. 7). In der Spät- Schow und T." (Theben, Grab des Aba, Dyn.
zeit tritt in This (tnj) bei Äbydos ein .„Pro- 26, in Mem. Mission Frang. Caire 5 pl. 8.)
phet des Anhör von This und der T." auf, Nachdem der Reichsgott Amon-Re mit dem
daneben eine „Sängerin der T." {Louvre Cllß); Urgott Atum-Re identifiziert worden ist, ist er
Anhör vertritt hier den Schow (vgl. unten III B 2 der Schöpfer der ersten Götter; er wird im
163 Tefenet (Familie: Mutter, Gatte) Tefenet (Gatten) 164
Tempel von Hibis in der Großen Oase (Spät- um diese beiden Gottheiten handelt, ergibt die
zeit) angerufen: „Die Götter sind aus dir her- Aufschrift „Schow und T. schützen den NN.'*
vorgegangen; dein AusBuß ward zu Schow, auf einem unveröÜ'entlichten Stück (im Handel,
dein Auswurf zu T., um dir die neun Götter eigene Kopie). Volkstümlich klingt auch der
am Anfang des Werdens zu bilden. Du bist Satz einer Autobiographie auf einer Stele: „Er
der Herr des Löwenzwillingspaares" {Bruasch, (der Gott) schuf mir einen Sohn wie die Ma-
Thea. inscr. aeg. 634, 24). Amon sagt deshalb jestät des Schow und eine Tochter wie die
zu dem König: „Ich bin dein Vater, der deine Majestät der T." {Budge, Lady Mcux Collection
Schönheit geschaffen hat; ich habe dich er- 52, ptolem. Zeit.) Schow hatte einst als Nach-
zengt gleich Schow und T. , aber du bist vor lo folger seines Vaters auf dem Thron des Götter-
ihnen aus meinem Leibe gekommen'* {LepsiuSf reiches gesessen; ein Teil des Glanzes seiner
DefücmAM 72,15; Amenophis UL), wobei der Herrschall; ist auf T. abgefallen, und das „König-
Zusatz die gotteslästerliche Übertreibung eines tum des Schow und der T." bildet eine der
allzueifrigen Höflinge ist Gaben der Götter an den Pharao (Rede des
o HTnf^^oi. Homs an Ptolem. IV. in Bochemonteix, Edfou
£. Muiter. j^248). Chons-Thot sagt ^u Ptolemaios IV. und
a) lusas. Arsinoe: „Ich schreibe euch das Königtum des
Den Epigonen in Heliopolis hat es nicht Schow und der T. vor den Lebenden zu" {ebd.
mehr gefallen, daß ihr ürgott Atum seine Kin- 1,522). Die Götter, die dem irdischen Herrscher
der aus sich selbst heraus schafft. Sie erfanden 20 das Königtum des Atum, die Jahre des Geb usw.
ihm eine Gattin lusas (jw.8-*3.6 „Sie kommt schenken, verleihen ihm auch „die Stärke des
und ist gewaltig"), indem sie aus dem alten Schow und der T." {ebd. 1, 484). Als Nach-
Verbum jw53 „onanieren" einen neuen Namen folger der Götterkönige ist der Pharao der
mit anderem Sinn bildeten. Diese lusas, nach „Erbe von Schow und T." {ebd. l,425,2 = P»<?/iJ,
dem heliopolitanischen Dogma des Neuen Reichs Inacr. hierogl. 2, 19 e).
die Genossin des Atum, muß nun natürlich
auch die Mutter von Schow und T. sein; da- 2. An hör.
mit ist sie die ürmutter des ganzen Götter- Die sekundäre Annäherung des Schow an
geschlechts. Anhör (Onuris, hierogl. jn-hrj .t), den kriege-
b) Isis. 30 rischen Herrn von This, hat auch die T. heran-
Eine vereinzelte Spur für eine alte Lokal- gezogen und läßt sie oft als Gattin des Anhör-
sage des Deltas, die ich sonst nicht nach- Schow auftreten; z. B. in Karnak unter Ram-
zuweisen vermag, steckt in einem Hinweis ses IV. {Lepsius, Denkm. III 221) und in Hibis
eines medizinischen Papyrus der 18. Dynastie: {Brugsch, Große Oase 10). Auch wenn Schow
„Isis in Chemmis , als sie Schow und T. gar nicht genannt wird, bleibt T. doch bei
gebar" {Pap. Ebers 95,8). Anhör: im Felsentempel von Barkai opfert Ta-
harka vor Anhör, der von T. umschlungen ist
B. Gatte. {Lepsius, Denkm.N 7 a), und Ptolemaios IV. bringt
den Himmel vor Anhör und T. dar {Boche-
1. Schow. 4.0 monteix, Edfou 1, SU).
Wir hatten gesehen , daß Schow ein Zwil-
lingsbruder der T. ist; er war auch, wie das ^- Arsnuphrs.
in Ägypten von der Urzeit bis zu den Ptole- Unter den Göttern nubischer Herkunft, die
mäem hin häufig gewesen ist, ihr Gatte. Zwar sich in Ägypten Eingang verschafft haben, ist
hat die ägyptische Theologie der T. kein Bei- Arsnuphis (jrj-hms-nfr „der gute Genosse", ge-
wort gegeben, das sie Frau des Schow nennt; sprechen etwa 'ar-hems-nüfe, kgcvovcpLg) der
aber das Vorhandensein der Kinder macht die bedeutendste; er ist ein ungebändigter Geselle,
Ehe unzweifelhaft. „Schow und T." sind für der wenig in das gesittete ägyptische Pantheon
die religiöse Literatur eine Einheit; so in den paßt, und hat die wilde T. zur Gemahlin, die
Pyramident€xt€n{ed.S€th€ 1S6S. 1443. 1521. 1546. 50 in Philä ja auch als Nubierin auftritt (vgl. oben
1654. 2099) und oft später {Mariette, Abydos II C Sp. 159). In der Zeit von Nektanebos an,
2, 35. 54 unter Ramses IV. ; Brugsch, Große Oase um die es sich bei Arsnuphis allein handelt,.
26, 87, Spätzeit). Häufig erscheinen die beiden ist längst einerseits T. mit Hathor identifiziert,
Geschwister und Gatten in parallelen Versen, andererseits Arsnuphis mit Schow, so daß in
so daß der Hörer auch in dieser Form die Zu- einem Einzelfall nicht immer zu entscheiden
sammengehörigkeit empfinden mußte {Pyr. 842. ist, ob die nubische T., die Genossin des Ars-
1691.2053; Capart,Becueü des monutn. 30, U.R.; nuphis, oder die ägyptische T., die Gattin des
Berlin 2294 = Louvre C 30, N. R.; Totenbuch Schow, vorliegt. Beide gehen durcheinander,
ed. Naville Kap. 17, 54). Schow und T. werden und T. ist eben in Philä die Gattin des Ars-
nebeneinander dargestellt; gelegentlich in den 60 nuphis -Schow {Brugsch, Thes. inscr. aegypt. 4,
Tempelreliefs des Neuen Reichs (Iyep«iMS,DewÄw. 1884, 765 nr. 62 c. d). Daneben bleiben genug
III 125, Sethos I.), zu ungezählten Malen in FäUe übrig, in denen der Gatte der T. allein
denen der Ptolemäer {ebd. IV 24 in Philä) und „Arsnuphis" heißt {Lepsius, Denkm. IV 73 a in
Kaiser (cftd. IV90d in Esne). In der saitischen Dendur); vgl. Brugsch, Religion (1881 — 84)
Zeit kommen bronzene Gegengewichte zu Hals- 486 — 88.
kragen in Aufnahme, auf welchen die Köpfe 4. Thot von Pnubs.
des Schow (Mann mit Federkrone) und der T. Der Tempel von Dakke (Pselkis) in Nord
(Löwin mit Sonne) sitzen; daß es sich wirklich nubien gehört einem Gotte, der den Namen
len M
J
165 Tefenet (Kinder) Tefenet (Neunheit von Heliopolis) 16^
des ägyptischen Thot trägt, aber aus dem et- angerufen: „Atum und die beiden Löwen, die
was weiter Büdlicli belegenen Orte Pnub8(p}-nbä ihre beiden Götter und ihre Leiber selbst ge-
„die Sykomore", heute Maharraga) stammte; macht haben, Schow und T., die beide die
auch seine (iattin ist T. Das Kliepaar ist in Götter geschatfen haben, die beide die Götter
Dakke dargestellt, wie der Kaiser ihm Wein erzeugt haben, die beide die Götter (d. h. die
darbringt {Lepsius, Denkm. IV 73h). In Philä Nachkommenschaft) gesichert haben" {Pyr.
empfangen die hintereinander stehenden Ars- 447).
nuphis, Thot von Pnubs und T. Gaben von 3. In dem Mythos von den „Götterkönigen"
Tiberius (ebd. IV 76 a). Wie in den ähnlichen ist uns eine Episode erzählt, die sich zwischen
Fällen, so sind auch Arsnuphis und Schow lo T. und Geb ereignet hat. Als Schow alt ge-
und Thot zu einer einzigen Person zusammen- worden und Geb herangewachsen war, empörte
geschmolzen; in Philä ist „T., Tochter des Re sich der Sohn gegen den Vater und riß die
in Philä (?), Flamme in Bige" die Gattin des Herrschaft an sich; das geschah, während
Arsnuphis- Schow -Thot von Pnubs {Brugsch, Schow sich nach dem Himmel entfernt hatte.
Thes. inscr. aeg. 4, 1884, 765 nr. 62 b). Damals begegnete Geb seiner Mutter T. , als
sie sich um die Mittagszeit in Memphis zu
5. Tefen. (jem Königspalaste begab, während ihr Gatte
In den Pyramidentexten tritt an einer ver- Schow sich mit seinen Begleitern nach dem
einzelten Stelle ein Gott als Genosse der T. Himmel entfernt hatte. Geb sah seine Mutter,
auf, dessen Name etymologisch aus dem ihrigen 20 er begehrte sie sehr, und sein Herz verlangte
gesponnen zu sein scheint: „NN hat Tefen (tfn) nach ihr. Er suchte auf der ganzen Erde, fand
und T. gerichtet, die beiden Gerechtigkeiten sie an dem Orte Pecharti und vergewaltigte
haben verhört, Schow war Zeuge" {Pyr. 317); sie, so daß ein Aufruhr im Palast entstand
um welches Gericht es sich dabei handelt, ist {Griffith, Teil d-Yahudiyeh, London lS90y ißl.2b,
aus dem Zusammenhang nicht zu ersehen. 3 — 7).
C. Kinder. ^' Neunheit von Heliopolis.
1. Schow und T., die Kinder des Urgottes, Als die Theologen von Heliopolis in früher
waren die einzigen von ihm geschaffenen men- Zeit die ihnen vertrauten Götter zu einer gro-
schengestaltigen Götter; als T. Kinder zur 30 ßen Familie von neun Mitgliedern zusammen-
Welt brachte, geschah es also zum erstenmal, schlössen, wurde die im vorstehenden gegebene
daß auf der Welt eine Frau gebar. Diese Tat- Folge der Generationen hergestellt : der Urgott
Sache ist von den Späteren festgehalten und Atum-Re, seine Kinder Schow und T., deren
gern betont worden. Unter den vier Geburts- Kinder Geb und Nut; von diesen stammen die
göttinnen, die hinter dem neugeborenen Osiris zwei Geschwisterpaare Osiris und Isis, Set und
stehen, ist die erste die „Mesechnet (mshn.t, Nephthys ab. Es mag dahingestellt bleiben, wie
Geburtsgöttin), Große, T., Tochter des Re,li]hr- weit den Heliopolitanern schon eheliche und
würdige. Mächtige, ..., Unanfängliche, die zu- elterliche Verbindungen unter den genannten
erst gebar vor den (anderen) Göttinnen, Herrin Gottheiten, die z. T. gewiß erst von anderen
der Zeit, die die Jahre gedeihen läßt" {Mariette, 40 Orten des Deltas nach Heliopolis eingewandert
Dendera 2,43); an anderer Stelle: „Mesechnet, sind, an die Hand gegeben waren; einstweilen
Große, T., Tochter des Re, Uranfängliche, die neigen wir dazu, die einzelnen Götterpaare als
zuerst den König (= Osiris) gebar" (eöd!. 4, 74). selbständige Einheiten aus der großen Familie
Deshalb heißt in Beschwörungen ein Kind, das herauszulösen. Die Zugehörigkeit der T. zu-
gegen Krankheit geschützt werden soll, „ge- Neunheit von Heliopolis ist zuerst von Lejpsius
boren von Schow und T." {Zaubersprüche für (in Abhandl. Akad. Wiss. Berlin 1851, 186) er-
Mutter und Kind 5, 8.) kannt.
2. Die Kinder von Schow und T. waren Die Bildung der Neunheit ist spätestens im
Geb (die Erde) und Nut (der Himmel), die für Alten Reich, vermutlich aber schon in der
den frühzeitlichen Ägypter den Weltenraum 50 Frühzeit erfolgt; in den Pyramidentexten wird
bildeten. „Schow und T, gebaren Geb und sie vorausgesetzt und oft ausdrücklich genannt
Nut", sagt der Bericht über die Entstehung (z. B. Pyr. 1655). Wir können sie durch alle
der ältesten Götter im Apophisbuch {British späteren Epochen verfolgen. Als der greise Re,
Museum Pap. 10188: 27,4 ed. Budge). In den der das Ende herannahen fühlt, seine Familie
Pyramidentexten werden Worte des Geb an zusammenruft, ist auch T. dabei {Himmelskuh 3).
seine Schwester und Gattin zitiert: „Nut, du Die Neunheit einschließlich der T. wird in Tem-
warst verklärt, du warst mächtig im Leibe peln genannt {Mariette, Abydos 1 pl. 10a), in
deiner Mutter T., als du noch nicht geboren Gräbern {Neivberry , Mekhmara 8), auf dem
warst" {Pyr. 779), und die Grötter sagen zu Nut: Turiner Altar {Transact. Soc. Bibl. archaeol. 3,
„Dein Vater Schow weiß, daß du den NN. 60 110 ff.) usw. Ramses I. opfert in Karnak vor
mehr liebst als deine Mutter T." {Pyr. 5 auf ihr {Lepsius, Denkm. 111124: a,)^ Ramses IV. (e&^.
dem Königssarg.) Geb und Nut sind die Eltern 222 d) und Hrihor {ebd. 246 c) stellen sie dort
von Osiris und Isis, von welchen wiederum die dar. Unter den Ptolemäern finden wir sie in
ganze übrige Götterfamilie abstammt; deshalb Karnak {ebd. lY 10; 66a. b), Dendera {ebd. 56a)
werden schon Schow und T. genannt: „die die und auf Philä {ebd. 29a. 31a. 67a), unter Tra-
Götterschaft gebaren" {Memphitische Theologie jan in Dendera {ebd. 83 a). So ist T. als Mit-
55 in Zeitschr. Ägypt. Spr. 39, Taf. 1—2). In glied der Neunheit von Heliopolis eine der
den Pyramidentexten werden die ältesten Götter ältesten Schöpfungen der ägyptischen Theo-
167 Tefenet (Wesen: Totengöttin) Tefenet (Totengöttin) 168
logie, die noch ihren spätesten Dienern be- Fleischstücke darbringt, hat die Beinamen:
kannt blieb. „T., wohnend in Edfu, , Stiruschlange
TV r>>ior.oVtA7- *°^ Haupt aller Götter" {Rochemonteix, Edfou
XV. i^naraKier. l,iQ^). Was die Schlange über der Stirn der
A. Totengöttin. Götter und Pharaonen tut, erfahren wir aus
' . ,, . einer anderen Beischrift; die hinter Harachte
1. Allgemein. stehende Göttin heißt: „T.,' Tochter des Re,
Die Häufigkeit des Auftretens der T. in den wohnend in Edfu, großer Geier, der seinen
Totenkulten macht es wahrscheinlich, daß sie Schöpfer stützt ;Mehent(mhn.t „Stirnschlange*'),
irgendeine Art von besonderem Schutz über lo die auf dem Haupte jedes Gottes sitzt, der
den Verstorbenen ausübt; indessen handelt es keine Stirnschlange überlegen ist"; die Göttin
sich fast stets um allgemeine Andeutungen, versichert dem opfernden König: „Ich erglänze
aus denen sich keine Schlüsse auf den Cha- auf deinem Haupte wie auf dem meines Vaters
rakter der T. ziehen lassen. In den Pyramiden- Re und sende meine Flamme gegen deine
texten ist T. unter den Göttern, die dem Toten Feinde" (ebd. 1, 144). Es handelt sich also um
helfen; T. ergreift seinen Arm, wenn er zum eine feuerspeiende Schlange, die ihr brennen-
Himmel hinaufsteigt (§ 990 ed. Sethe). Schow des Gift den Gegnern ihres Herrn ins Gesicht
und T. gemeinsam unterstützen ihn auf seinen schleudert. In einem Hymnus an Schow, der
Wegen, wo ihm Gefahren drohen {Pyr. 2063. gegen Apophis kämpft, heißt es: „T. ruht an
1\J86. 1691). „NN. ist ein Bewohner von Den- 20 seinem Kopfe, sie wirft ihre Glut gegen seinen
dera, er ist aus Dendera gekommen; Schow ist Feind, um ihn zu vernichten" (Pap. mag. Harris
hinter ihm, T. ist vor ihm" {Pyr. 1066). Im 1,6). Oft tritt es völlig zurück, daß T. eine
Mittleren Reich kommt das Beiwort „angesehen Schlange ist, und man spricht nur von der
bei T." für den Toten &\if {Grabstein Kairo liSQ Glut, die sie ausatmet; so wird sie selbst zum
= de Morgan, Fouilles de Dahchour 9 (1896) Feuer. In Philä opfert Ptolemäus IV. vor Schow
Taf. XI; Sarg Berlin 1894 = Mitteil. Oriental und „T., Tochter des Re, Herrin von Abaton,
Samml. Berlins (Steindor/f, Grab des Mentu- große Flamme usw." {Lepsius, Benkm. IV 24);
hotept 1896), 6. 9. 10. 15; Grabstein Leiden die Göttin heißt „Flamme in Bige" {Brugsch,
y 71), das sich in der Spätzeit wiederfindet: Thesaur.inscr. aegypt. 4:, 1884, 765 nr. 62b). In
eine Frau heißt auf ihrer Statue „angesehen 30 Debod sagt „Sechmet, die Gewaltige, Herrin
bei Mut-T." {Brit. Mus. 1198). In den Sarg- der Flamme, T. in Bige" zu Azechramon, dem
texten des Mittleren Reichs heißt es: „Schow nubischen Fürsten neben den Ptolemäern: „Ich
und T. verklären dich" {Lacau, Textes relig. werfe Feuer gegen deine Feinde, ich versenge
XX in Reo. trav. egypt. assyr. 27, 224). In Bei- ihre Glieder" (Boeder, Debod bis Bob Kalahsche
Schriften, deren Vorlagen aus dem Alten Reiche 1911, 1,67 § 151 mit Taf. 17). In dem späten
übernommen sind, sagt T. zum Toten: „Ich Zauberpapyrus Salt S-26 (7,7 und 9,3 nach un-
beuge mich über NN.; ich befreie ihn von veröff. Bearbeitung Gardiner) fun^^ieren Schow
allem Bösen, ich entferne mich nicht von ihm" und T. oder auch T. allein als Gottheiten,
{Mitteil. Oriental. Samml. Berlins, 4:). Im Toten- durch deren Macht der Zauberer seine Gegner
buch des Neuen Reichs wird der Verstorbene 40 bezwingen will; T. ist in seinen Sprüchen eine
angeredet: „T. beschenkt dich mit dem, was Feuerflamme.
ihr Vater Re ihr gegeben hat" {Totenb. ed. Na- Mit dem Schrecken, den die feuerspeiende
ville, Kap. 169, 8). Schlange verbreitet, hängt wohl auch das Bei-
. wort „Herrin der Furcht" zusammen, das T.
2. Ernährerin des Toten. erhält (Lanzone, Dizion. di mitol. egiz. 1882—84
Aus allem Angeführten wäre nichts über das tav. 346, 2 aus Dendera).
eigentliche Wirken der T. zu entnehmen, wenn
nicht zwei Stellen der Pyramidentexte den rieh- 2. Schützerin des Re.
tigen Weg weisen würden. „Hunger ist bei Wir hatten eben gesehen, daß T. als Schlange
Schow, Durst ist bei T., , NN. lebt, wo- 50 am Kopfe des Schow erschien, um seinen Feind
von Schow lebt; NN. ißt, wovon T. ißt" {Pyr. zu vernichten. Dort ist aber nicht der ursprüng-
653 ed. Seihe)] hier wird der Verstorbene mit liehe Platz der Stirnschlange, sondern, wie eben-
den Göttern identifiziert, und er hungert und falls oben belegt, am Haupte des Re. Daraus
ernährt sich wie sie. „NN. hungert nicht als ergibt sich, daß die Tätigkeit der T. als Stirn-
Schow, NN. durstet nicht als T.; Hapi, Dna- schlänge überhaupt keine ursprünglich der T.
mutef, Kebehsenuf und Amset, sie vertreiben angehörige ist; vielmehr erfolgt sie erst durch
diesen Hunger, der im Leibe des NN. ist, und die Identifikation mit der Tochter und Schütze-
diesen Durst, der auf den Lippen des NN. ist" rin des Re, seinem Auge und seiner Stirn-
{Pyr. 662). Man hat aus diesen Stellen ge- schlänge (vgl. unten V A 2 Sp. 173).
schlössen, daß Schow und T. wirklich mit dem 60 In Edfu räuchert Ptolemäus IV. vor der
Stillen von Hunger und Durst zu tun haben; Barke der „Mehit (mhj.t), wohnend in Edfu,
das geht zwar nicht eindeutig aus dem Sach- T., Stirnschlange des Re, Ehrwürdige, Mäch-
verhalt hervor, aber es mag richtig sein. tige in Edfu, Gewaltige, Große am Thron des
Re usw." (Rochemonteix, Edfou 2 pl. 30 e). Er
B. Schlange. bringt ferner den Himmel dar vor Onuris und
. -, . j „T., Große, Tochter des Re, Herrin des Him-
1. Feuerspeiend. ^i^^ Fürstin aller Götter, Auge des Re, Stirn-
Eine Bastet, der Ptolemäus IV. in Edfu schlänge ihres Vaters, die die Feinde ihres Er-
169 Tefenet (Schützerin des Osiris) Tefenet (kosmisch) 170
zeugers niederwirft" {ehd. 1, 314). In Philä heißt C. Kosmisch.
die Begleiterin des Arsnuphis- Schow: „T., ^ Wi*T,ii r,«/i n««^«
Tochter des Re, Stimschlange des Re" {Brugsch, ^- ^ ^°*^ ^°^ itegen.
Thes. inscr. aegxjpt. 4, 1884, 765 nr. 62 d); oder Die neuesten und kritischsten Beurteiler der
die hinter Schow stehende Göttin wird genannt T. sehen in ihr zwar eine kosmogonische Gott-
„T., Tochter des Re, wohnend in Abaton, Auge heit ohne Lokalkultus {Lange bei Chantepie,
ies Re, Stimschlange an seiner Stirn" {ehd. 62 a). Lehrb. d. Eeligionsgesch.' 1, 1906, 201) oder eine
Unter Tiberius ist T. in Philä die Tochter des Weltgottheit ohne Heimatsort {Sethe, Sonnen-
Be, die die Feinde ihres Vaters vernichtet äuge 19 = Untersuch. 6, 1912, 135), aber sie
{LepsiiLS, Denkm. IV 76 a). Unter Nero heißt lo enthalten sich jeder bestimmten kosmischen
•die Gattin des Schow in Dendera die „Tochter Deutung ihres Charakters; diese Resignation
des Re, , Stirnschlange ihres Schöpfers, beruht auf dem Schweigen des inschriftlichen
die aus seinem Leibe kam , die erste Tochter Materials, das keine bestimmten Angaben macht,
des Ahnherrn der Götter" {ebd. 79 a). Dieser Früher hatte man allerlei Vermutungen auf-
dauernde Schutz, den T. bei Re ausübt, ist gestellt, die sich zunächst sämtlich nicht durch
wohl der Grund dafür, daß eine medizinische Belege stützen lassen. Man ging einmal vom
Vorschrift ein besonders wirksames Rezept her- Charakter des Schow, des Gatten der T., aus,
stellen läßt als „ein Mittel, das T. für Re selbst in welchem man mit einigem Recht einen Luft-
gemacht hat" {Pap. Ebers 46, 20 = Pap. Hearst gott sah, und machte deshalb auch seine Gat-
5, 9). 20 tin T., von der man nichts Gegenteiliges vrußte,
Als Schützerin des Re erscheint T. auch in zu einer Repräsentantin des Luftraumes, der
anderen Stellen, die vielleicht mehr die Löwin zwischen Himmel und Erde liegt {Erman, Bei.*
(vgl. VI B) als die Schlange im Sinne haben. 1909, 33); dabei könnte man sich berufen auf
In Edfu heißt sie „T., Tochter des Re, , eine allerdings nicht klare Stelle der Pyrawirfew-
Herrin des Glanzes bei ihrem Vater" und sagt teocte: „Die Erde ist hoch unter Nut durch deine
zu dem König: „Ich bin bei dir, ich weiche Arme, o T." (§ 1405 ed. Sethe.) Man machte
nicht von deiner Majestät, meine Augen glühen T., aus der die „guten Nordwinde kommen"
gegen deine Feinde" {Hochemonteix , Edfou 1, {Bec. trav. egypt. assyr. 7, 1886, 122) zur Göttin
561). Oder Ptolemäus IV. verbrennt Fleisch- des erfrischenden kühlen Windes (^rw^rsc/i, JReZ.
stücke auf einem Altar vor „T., Tochter des 3o 1881 — 84, 673 und Ägyptologie 1891, 171; Mas-
ses, wohnend in Edfu, wildblickenden Gesichtes pero in Biblioth. Egyptol. 2, 1893, 367). Maspero
unter den Feinden ihres Vaters, die seine Feinde (e&6Z.)und Benouf {in Transact. Soc. Bibl. Archaeol.
in seiner Stadt Edfu niederwirft an seinem gro- 8, 1885, 207 und Lectures 1880, 109. 250) knüpf-
ten Sitz seit Uranfang" {ebd. 1, 58). ten an die antike Erklärung des Namens der
T. als tfn.t „die Spuckerin" an (vgl. oben I
3. Schützerm des Osiris. gp. 155) ^nd suchten in ihr eine Art von Feuch-
In der späten Zeit ist T. wie alle anderen tigkeit; so kamen sie zur Deutung: Tau und
"Gottheiten zum Schutze des Osiris herangezogen Regen, wohl auch Nebel. Das Wasser der Luft
worden ; was sie früher zum Heile ihres Vaters erkennt auch Schneider {Kultur und Denken der
Re geleistet hatte, muß sie nun für Osiris tun. 40 alt. Äg. 1907, 430) in T.
Unter den Schutzgottheiten des Osiris in Den-
dera ist die erste eine löwenköpfige Göttin mit 2. Mond,
rzwei Messern: „T., Tochter des Re in Dendera, Eine der mythologischen Anspielungen, die
Mutter des Osiris, die die Gegner mit der Glut in die Zaubertexte der 30. Dynastie verarbeitet
ihres Mundes verbrennt, die seinen Feind in sind, lautet: „Du hast dein Auge, 0 Horus!
der Richtstatt verbrennt" {3Iariette, Denderah Dein rechtes Auge ist Schow, dein linkes Auge
4, 81). Die vor Osiris stehende Göttin wird an ist T., sie sind die Kinder des Re" {Golenischejf,
unveröflfentlichter Stelle in Dendera genannt: Metternichstele 150). Diese Stelle scheint die
„T., Tochter des Re an dem Throne des Re einzige Veranlassung zur Deutung der T. als
(= Dendera?), große Flamme, die den Set mit 50 Mond gewesen zu sein, weil dieser nämlich
ihrer Glut verbrennt, die Fürstin, die das Ge- ebenfalls das linke Auge des Horus genannt
metzel veranstaltet unter seinen Genossen" (nach wird. Brugsch {Bei. 1881 — 84, 575) sah in Schow
H. Junker). Nehem-^awit, die Genossin des Thot die Sonne bei ihrem Eintritt in das Frühlings-
von Schmun-Hermopolis, erhält die Beiworte: zeichen, in T. das in dem zwischen beiden Tagen
.„T., Königin und Herrin von Rohu (== Hermo- liegenden Intervall eintretende neue Licht des
polis), die ihren Bruder (= Osiris) in Hermo- Mondes; er ist bei seiner Auffassung geblieben
polis behütet" {Brugsch, Bec. de monum. 6 = Du- {Brugsch, Ägyptologie 1891, 171), hat aber keine
michen, Geograph. Inschr. 4, 1885, 121). Die Anerkennung gefunden.
Bauinschrift eines dem Osiris geweihten Zim-
mers im Tempel von Edfu sagt: „Schow ist 60 V. Gleichsetzung und VeraUgemeinerung.
darin als Nordwind, um ihn in seine (d.h. des . /n„; „!,„„*„„.„«. ™:j. „„.»„„«„ rij:*«,.«««
Osiris) Nasenlöcher einziehen zu lassen; zu- ^' (xleichsetzung mit anderen Göttinnen.
sammen mit T. als Feuer, um seine Feinde zu Wie alle anderen Gottheiten ist auch T.
verzehren" (ZiscT^r.ü^i/i'^./S'pr. 13, 1875, Taf. 1,5). mit solchen Persönlichkeiten des Pantheons
In allen diesen Beispielen ist zwar nur vom identifiziert worden, denen sie innerlich nahe
Feuer die Rede; aber man geht wohl nicht stand oder zu denen sie im Laufe ihrer Ent-
fehl, wenn man sich die Flamme ursprünglich wicklung und Schicksale irgendeine Art von
•aus dem Rachen der Schlange züngelnd denkt. innerer oder äußerer Beziehung gewann. In
R06CHEE, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V, 7
171 Tefenet («= Mehit, Sechmet)
Tielen Fällen vermögen wir den Gmnd der
Identifikation nicht zu ermitteln; wenn dem
Vorgehen der Prieetergchaft die logiBche Ab-
leitung auch nicht abgesprochen werden soll,
80 liegt gelegentlich doch der Verdacht nahe,
daß die Gleichsetzung mehr im Sinne der
herrschenden Tendenz als aus bestimmter Ver-
anlassung ausgesprochen ist.
1. Lokalgöttinnen.
T. gehört zu den über ganz Ägypten ver-
breiteten Gottheiten allgemeinen Charakters,
die nirgends fest wurzeln und sich deshalb
um so leichter an mehreren Orten in ein wenig
veränderter Gestalt ansiedeln und mit der Her-
rin des betreffenden Tempels verschmelzen.
Eine innere Verwandtschaft der beiden Göt-
tinnen ist dazu noch nicht erforderlich.
a) Mehit.
Nachdem Schow mit dem Onuris (jn-hr.t
Anhüre) von This (tnj) bei Abydos identifiziert
war, setzte man auch seine Genossin T. mit
Mehit (mhj.t), der Gattin des Onuris, zusam-
men. Die Angleichung ist zuerst vermutlich in
der Heimat des Onuris, vielleicht auch seinem
unterägyptischen Kultort Sebennytos vollzogen
worden und von dort in die Tempel übertragen,
in denen sie uns begegnet {Maspero in Bibl.
Egyptolog. 2, Paris 1893, 367; Brugsch, Rel.
1884—91, 490). In Edfu räuchert Ptolemäus IV.
vor der Barke der „Mehit, wohnend in Edfu,
T., Stimschlange des Re, Ehrwürdige, Mäch-
tige in Edfu, Gewaltige, Große am Thron des
Re usw." {BocJiemonteix, Edfou 2 pl.SOe). Unter
den hinter Horus dargestellten Göttinnen ist
„Mehit, T., wohnend in Edfu, die mit ihrer
Schwester den heiligen Dbelisken schützt"
{Bochemontexx , Edfou I 15, 39 = Dümichen,
Tempelinschr. I 89, 8).
b) Sechmet.
Die üinere Beziehung zwischen T. und der
Gattin des Ptah von Memphis mag darin be-
ruhen, daß Sechmet eine grimmige Löwin und
blutdürstige Kämpferin ist, während T. als
feuerspeiende Schlange ihre Feinde bedroht;
als Kampfgöttinnen fanden sie sich zusammen.
In Debod betet der nubische König Azechra-
mon (ptolem. Zeit) vor Schow -Arsnuphis und
„Sechmet, Gewaltige, Herrin der Flamme, T.
in Bige, die mit ihrem Bruder umarmt" ;
die Göttin sagt zum König: „Ich werfe Feuer
gegen deine Feinde, ich versenge ihre Glieder"
und „Ich gebe dir die südlichen Fremdländer
unter deine Sohlen" {Boeder, Debod bis Bob
Kalabsche 1911, 1, 57 § 151 mit Taf. 17). In
Edfu heißt „T., Tochter des Re, wohnend in
Edfu, , Sechmet (shm . t), Herrin der Macht,
Erste des großen Thrones, Herrin des Glanzes
bei ihrem Vater*' {Bochemonteix, Edfou 1,561);
allerdings ist die Übersetzung in diesem Falle
wie in ähnlichen nicht zweifelsfrei, weil das
Wort shm t nicht nur den Namen der Göttin
Sechmet, sondern auch das Adjektivum „mäch-
tige" bezeichnen kann.
Tefenet (= Hathor eto.)
172
c) Herriu von Hermopolis.
In einer Gauliste des Tempels von Dendera
(römische Zeit) tritt eine Göttin Menut (mnw.t)
von untergeordnetem Range auf, die identifi-
ziert wird mit „T., Herrin von rhw.t (Name
von Schmun-Hermopolis) , die ihren Bruder in
Hermopolis schützt" {Brugsch, Becueü de mo-
num. 6 — Dümichen, Geoaraph. Ivschr. 4, 1885,.
10 121). Eine besondere Bedfeutung hat diese Zu-
sammenstellung nicht; aber interessant ist sie,
weil ihr eine Ansiedlung der T. in Schmun-
Hermopolis, der mittelägyptischen Heimat des
Thot, voraufgegangen sein muß.
d) Hathor.
In Dendera sind der Hathor, die ohne einen
männlichen Begleiter von ihrem Tempel aus
über die Landschaft gebietet, alle möglichen
20 Göttinnen gleichgesetzt worden, z. T. offenbar
nur, weil die mächtige Ortsheilige theoretisch
alles umfaßte und deshalb auch die übrigen
Göttinnen in sich begriff, soweit sie nur irgend-
einen Schimmer von Beziehung zu ihr hatten.
In der unterirdischen Krypte 9 steht: „Die
Hathor, die an dieser Stätte wohnt, heißt:
Herrin von Dendera, T., Tochter des Re, Ament
(ürgöttin)" {Mariette, Denderah 3, 78n = Dü-
michen, Bauurkunde von Dend. 12). In Dar-
30 Stellungen kommt das Beiwort „T., Tochter
des Re" bei Hathor öfter vor (z. B. Mariette,
Dend. 2, 35 a) ; gelegentlich wird eine als Ha-
thor dargestellte Göttin gar nicht Hathor ge-
nannt, sondern „T., Tochter des Re in Dendera,.
Sechmet, Wosret usw." {ebd. 3, 19 m). Eine Ha-
thor, die mit den Namen der verschiedensten
Göttinnen geschmückt ist, heißt auch „T.,
Herrin der Frauen" {ebd. 25 — 26 = Dümichen,.
Geogr. Inschr. 2 Taf. 34). Auf dem Eintreten
40 für Hathor, die Mutter des Ahi-Kindes, beruht
es, wenn T. genannt wird: „T., Tochter des-
Re in Dendera, die die Gestalt des Ahi schützt"
{Mariette, Dend. 3, 35 b). Vereinzelt tritt Hathor-
T. auch an anderen Orten auf; in Dendur heißt
die Gattin des Arsnuphis: „T,, Tochter des Re,
wohnend in Abaton, Hathor, Gute, Herrin von
Philä, Königin in Bige" {Champollion , Not.
descr. 1, 118).
5Q e) Tsent-nofret in Ombos.
Was die Priesterschaft der Tempel im süd-
lichsten Oberägypten zu ptolemäisch-römischer
Zeit veranlaßt hat, die T. zur Verherrlichung
ihrer Ortsgöttinnen heranzuziehen, läßt sich
schwer ergründen. NeitvonEsne ist eine völlig
selbständige ürgöttin und wird doch mit T.
zusammengeworfen. Tsent-nofret (t3-ön.t-nfr.t),
die „schöne Genossin" des Sobk von Ombos,
hat wenig eigene Züge; um so leichter schmiegt
60 sie sich an andere Göttinnen an, auch an T.
(de Morgan, Catalogue des monum. et inscr. de-i
VEgypte 2 = Ombos 1, Caire 1895, 103 mit far- '
biger Tafel; 116 nr. 166D— C; u. o.).
f) Bastet.
Für die katzenköpfige Bastet, die Herrin
von Bubastis im Delta, liegt es ähnlich wie:(
für Sechmet (vgl. b); wir kennen die mit T.
173 Tefenet (= Bastet otc.) Tefenet (DarHtellungen) 174
identifizierte Bastet nicht in ihrer Heimat, in Köni^ opiert, vier Geburtsgöttinnen dargestellt,
welcher die Gleichsetzung vermutlich vollzogen die bei der Entstehung des Gottes mitgewirkt
ist, sondern an anderen Orten. In Edfu gibt haben; die erste derselben trägt den Kopf-
es eine „Bastet, Gewaltige, Herrin von Bu- schmuck der Tenent (vgl. a) und heißt „Mesech-
bastis, T.. wohnend in Edfu, Sopdet, Herrin net (mahn. t „Geburtshelferin"), Große, T.,Toch-
des Jahresanfangs, Stirnschlange am Haupt ter des Re, Uranfängliche, die zuerst den König
aller Götter usw.", vor welcher Ptolemaios IV. (= Osiris) gebar" {Mariette, Denderah A,74:).
Fleisch opfert {Bochemonteix 1, 496). In Philä
und Nordnubien kennen wir eine „T., Tochter c) Hekt.
des Re in der heiligen Stadt, Bastet, Herrin lo An einer Stelle, an der man nach dem Zu-
Ton Philä, die aus Nubien gekommen ist" sammenhang T. erwartet, erscheint die frosch-
(Brugsch, Thes. inscr. aegypt. 76). Die Gleich- köpfige Göttin Hekt in einem Text, der auf
Setzung von T. und Bastet erklärt Sethe (in den Stelen Louvre C 3 und British Museum 567
Pauly, Bealencykl.^Buhastis) dadurch, d&ßiB.uch. erhalten ist; nach ihm sind Schow und Hekt,
Horus, der Bruder der Bastet, mit Schow-Horus- die Vorfahren der Götter, in Abydos aus dem
Apollon, dem Bruder-Gatten der T., identifi- Munde des Re gekommen,
ziert worden ist; beide Paare werden als Zwil-
linge dargestellt. Auf diesem Umwege soll auch B- Verallgememerung des Charakters,
die Identifikation von Bastet -T. mit Artemis Die Angliederung der T. an die genannten
zustande gekommen sein. 20 verschiedenartigen Göttinnen hat ihren Cha-
rakter bald nach dieser Seite erweitert, bald
2. Auge und Stirnschlange des Re. ^ach jener; das Ergebnis ist, daß sie nicht
In IVB 2 war gezeigt, daß T. in der spä- mehr ihren begrenzten Wirkungskreis und ihre
teren Zeit als jene Tochter und Schützerin des beschränkte Zahl von Aufgaben und einige
Sonnengottes Re auftritt, die gleichzeitig seine bestimmte Beiworte hat, sondern daß ihr lose
Stirnschlange und sein Auge ist und seine auch solche Benennungen angefügt werden, die
Feinde mit ihrem Feueratem bedroht. Zu den anderen Göttinnen zugehören. So kommt T.
ältesten Belegen gehört „T., Tochter des Re, endlich sogar zu den Titeln einer Himmels-
die an seiner Stirn sitzt", die Begleiterin des königin, auf die sie ursprünglich kaum An-
Atum, vor welchem Ramses III. in Karnak räu- 30 spruch gehabt haben kann; und zwar ist dieser
chert und Wasser sprengt {Lepsius, DenJcm. III Vorgang im Neuen Reich schon abgeschlossen.
207 b). In Edfu und Philä ist sie gut bekannt; Ramses IL opfert in es-Sebu'a vor „T., Herrin
ebenso in Dendera als „T., Auge des Re in des Himmels" {Lepsius, Benkm. HI 182 e). In
Bendersi (Mariette, Denderah S, 3b c). Nachdem Karnak tritt eine „T., Herrin des Himmels,
die genannte Tochter des Re andere Göttinnen Fürstin beider Länder" als Genossin des Schow
in sich aufgenommen hatte, die selbst Schlangen auf, sowohl unter Ramses I. {ebd. 124 a) wie
oder sonst mächtige Wesen waren, gliederte unter Sethos I. (e&<^. 125). Bei Ramses IV. trägt
man auch T. an diese an; einige der zahl- T. im Hypostyl von Karnak das Beiwort „Für-
reichen Namen seien genannt. stin der Götter" {ebd. 221); eine Inschrift am
40 8. Pylon nennt sie „Herrin aller Götter" (nach
a) Wosret. ^g^/^g^ unveröffentlicht). In der späten Zeit sind
In Dendera erscheint unter Nero eine T. derartige Beiworte der T. nicht ungewöhnlich;
als Wosret (wsr.t „Starke") und Stirnschlange z. B. „Herrin des Himmels, Fürstin aller Götter"
des Re {Lepsius, JDenTcm. IV 79). {Bochemonteix, Edfou 1, 561).
b) Upset. VI. Darstellung.
In Philä und Nordnubien begegnet uns eine * ai i?
„T.- Upset (wps.t oder wp.s), Große, Herrin ^' ^^^^ *^*^-
von Bige" {ChampolUon, Not. descr. 1, 126). In Wo die ganze Neunheit von Heliopolis oder
Dakke heißt sie unter Augustus „T. , Tochter 50 sonst eine Götterschaft dargestellt wird, sitzen
des Re, wohnend in Abaton, Upset, Große, die Gottheiten steif und gleichartig nebenein-
Herrin von Bige" {Lepsius, Benkm. IV 73 h). ander, die Männer von den Frauen nur wenig
unterschieden. In diesen Fällen ist T. gewöhn-
3. Vereinzelte Göttinnen. lieh als Frau ohne jedes besondere Kennzeichen
abgebildet; gelegentlich trägt sie wohl die ihr
a) lenent. zugehörige Sonne mit Uräus {Lepsius, Benkm.
In Edfu wird T. der Göttin Tenent (tnn.t) IV 29a, Ptol. IX. in Philä; vgl. 31a; ferner in
angegliedert, die einen Kopfschmuck von zwei Karnak: 66a; auch 27).
hohen, am Ende auswärts umgerollten Drähten
0. ä. trägt. Ptolemaios IV. opfert vor „Tenent, 60 B- Als Löwm.
Hathor, wohnend in Dendera, , T., Große, In weitaus den meisten Fällen ist T. durch
Tochter des Re, mit verborgenen Plänen in den tierischen Kopf als Löwin gekennzeichnet;
Edfu, mit geheimnisvoller Gestalt an der Stätte schon die ältesten uns erreichbaren Bilder (aus
ihres Vaters" {Bochemonteix, Edfou 1,174); ahn- dem Neuen Reich) zeigen sie in dieser Gestalt,
lieh an anderer Stelle {ebd. 1, 312). die deshalb allerdings nicht die ursprüngliche
zu sein braucht. Man hat das Auftreten des
b) Mesechnet. Löwenkopfes bei T. als einen Einfluß der Lokal-
In Dendera sind hinter Osiris, dem der kulte deuten wollen {Brugsch, Bei. 1884 — 91,
7*
175
Tefenet (Darstellungen)
Tegestros
176
674); die literarischen Belege, die T. als Löwin
nennen (vgl. IVB 2), sprechen nicht dagegen.
1. Fran mit Löwinnenkopf.
Diese Darstellung ist die weitaus häufigste
▼on allen. Die Variationen des Typus ergeben
sich zunächst daraus, daß die Göttin entweder
stehen oder auf einem Throne sitzen kann, was
meist Ton der Gesamtanlage der Dekoration au
der betreffenden Wand des Tempels bestimmt
wird; ferner aus dem Kopfschmuck. Die wich-
tigsten Formen desselben sind:
a) Doppel kröne, vereinzelt: Kamak, Säule
Ramses' IV. {Lepsius, Denkm. III 221 e).
b) Sonnenscheibe, nicht sehr häutig. Stele
Ramses' IV. ans Abydos {Mariette, Ähydos 2, 64).
In ptolemäisch-römischerZeit: Lepsius, Denkm.
rV 10 (Kamak). 24 (Philä); Bochemonteix, Edfou
1,814.
c) Sonnen Scheibe, um die sich eine
Schlange ringelt. Schon im Neuen Reich vor-
10
1) Naoh LepHutyDenkmäler
au$ Ägypten, Äthiopien und
dem Sinai. Abteilong III
^ Blatt 386 a.
2) Tefenet und Schow auf
sog. Ägis.
Nach Photographie.
banden: Lepsius, Denkm. III 182 e (unter Ram-
ses IL in es-Sebü'a = Gauthier, Temple de
Quadi es-Seboua, Caire 1912, 1 p. 242, 2 pl. 65);
207 b (Ramses III. in Kamak). Der Typus ist
am Tor des Nektanebos auf Philä verwendet
(ebd. 286 a = unsere Abb. 1) und findet sich
unter den Ptolemäern und Kaiser als der
häufigste in den Tempeln von Oberägypten
und Nubien.
d) Schlange in der Sonnenscheibe,
vereinzelt: Lepsius, Denkm. V 7a im Felsen-
tempel von Barkai unter Taharka.
e) Aufgerichtete Schlange, vereinzelt:
Lepsius, Denkm. IV 67 a in Philä.
f) Wagerechte Widderhörner mit Sonne,
vereinzelt: Mariette, Dend&ah 3, 36 f.
2. Löwin.
Die in Bildern des vor der Göttin opfern-
den Königs niemals verwendete rein tierische
Gestalt begegnet uns in der Darstellung des
Mythus der T. in Dakke: Thot als Pavian
steht vor der grimmigen Löwin (eine Sounen-
scheibe mit zwei Schlangen schwebt über ihrem
Kopfe) und sucht sie zu besänftigen: Gau, Anti-
quites de Ja Nubie (1882) 56; Junker in Anh.
Abhandl Akad. Berlin 191 1, 54 mit Abb.; Boeder,
Dakke 2 (Kairo 1914) Taf. 115.
C. Zasammen mit Seliow.
1. Die in den Texten und Götterlisten un-
zertrennlichen Geschwister und Gatten stehen
in den Bildern oft hintereinander, wo jede
Gottheit in ihrer Weise dargestellt ist. Man
hat aber ihrer Zusammengehörigkeit auch im
Bilde Ausdruck dadurch verliehen, daß man
sie als Kinder nebeneinander stellt; so auf
dem Naos aus Saft el-Henneh in Kairo (Na-
20 ville, Goshen pl. 5, 2 = Boeder, Naos^ Leipzig
1915, S. 91 nr. 16 mit Taf. 30) und in den
Tempeln von Edfu {Bochemonteix 1, 53. 66. 80)
und Dendera {Mariette, Dend. 3, 78 n = Dü-
michen, Bauurkunde von Dend. 14).
2. Auf den sog. Ägis (Gegengewichten mit
ansitzendem Hals&agen) aus Bronze findet man
gelegentlich zwei plastische Köpfe angeo^ossen:
einen Mann mit vier Federn (ev. noch einer
Sonne) als Kopfschmuck und eine Löwin mit
30 Sonne und Uräus. Man hat in ihnen einen
Schow-Onuris und eine T. erkannt; ein Stück,
das ich im Handel sah, enthielt als Bestäti-
gung die Aufschrift: „Schow und T. mögen
NN schützen!'' (sait. Zeit). Vgl. Fig. 2.
3. In den Inschriften werden Schow und T.
seit den Pyramidentexten „das Löwenpaar" ge-
nannt. Sie verbergen sich wohl auch unter den
beiden Löwen, die man in mythologischen Bil-
dern aller Art als Pendants sieht. [Reeder.]
40 Tegeates (TfyaarTjs), einer der Söhne des
Lykaon (s. d. nr. 3), somit Enkel des Pelasgos,
Gründer von Tegea in Arkadien, Gemahl der
Atlastochter Maira (s. d. nr. 3), mit welcher zu-
sammen er auf dem Marktplatz zu Tegea sein
Denkmal hatte, und durch diese Vater von
Skephros und Leimen (s. d.), Baus. 8, 3, 4 (zitiert
bei Steph. Byz. s. Tsyia p. 609 f., 22 f. Meineke).
45,1. 48,6. 53, 2tf. Nach arkadisch-tegeatischer
Sage waren gleichfalls des Tegeates Söhne
50 Kydon (s. d.), Archedios(?) und Gortys (s. d.),
die nach Kreta ausgewandert seien und dort
die Städte Kydonia Gortyn und Katreus ge-
gründet haben, wogegen die Kreter den Kydon
als Sohn der Minostochter Akakallis (s. d. nr. 2)
und des Hermes, den Katreus (s. d.) als Sohn
des Minos, den Gortys als den des Rhada-
manthys kannten, Paus. 8, 53, 4. Vgl. F. G.
Welcker, Kl. Sehr. 1, 18 f. Georg J. Schwedler,
De rebus Tegeaticis, Leipz. Stud. 9 (1887), 266.
60 Walter Immerwahr, Kulte und Mythen Arka-
diens 1, 62. 132. 138. 155. 219. 223. Preller-
Bobert, Griech. Myth. 1, 464 (871). Gruppe,
Gr. M. 195, 11. 734, 1. 947 A. Hitzig-Blümner,
Paus. 3, 299 f. [Otto Waser.]
Tegestros {TiyeGTgog) , Eponymos von Te-
gestra, Steph. Byz. s. v. Tsysargoc und dazu
Meineke. Bei Kust. ad Dionys. Per. 382 heißt
er TigyBCtQOS. [Höfer.]
177 Tegyraios Teiresias (Geschlecht) 178
Tegyraios {Teyvgcctos), Beiname des Apollon wdogerm. Sprachen 8 (1879), 808. Bei Const.
von der boiotischen Ortschaft Tegyra, in der Manassc. CJfiron. 6988 steht xBi%ißinXrixtr\g (von
sich ein Tempel mit einem Orakel befand. Die nXr\a6oi). [Höfer.]
Bewohner von Tegyra behaupteten, der Gott Teichopnylax {TeixoqivXoc^ , ein in Myrina
sei in ihrer Stadt geboren, und nannten daher verehrter Heros, zu dem die Soldaten, denen
den nahen Berg JfjXogy zwei hinter dem Tem- die Bewachung der Stadtmauern anvertraut
pel entspringende Quellen ^otvi^ und 'EXcäa, war, beteten, Jlesych. s. v. Teixocpvloc^. Vsener,
Flut. Felop. IG (vf?l. de def. orac. 6 p. 412 B). Götternamen 2G3. Vgl. auch d. A. Nyktophylax.
Steph. Byz. s. v. TeyvQu (wo das Epitheton Ts- [Höfer.]
yvQr]iog lautet, das nacli Schneider, Callimach. 2 lo Teiinaios {Tsmcctog), Beiname des Zeus auf
p. 768 vielleicht aus den Ahicc des KaUimachos einer Inschrift aus Menne (Maionia): Jul Tsl-
stammt), Semos von Velos (F. H. G. 4t, 495 |i.atcü(i), Hirschfeld, Sitzungsher. d. K. Preuß.
frgm. 14) und Kallisthenes bei Steph. Byz. a. a. 0. ; Akad. d. Wiss. 18^8, 864. — Buresch, Aus Lydien
vgl. auch Findar im Schol. Aesch. Eum. 11 73 nr. 35 (vgl. 74) gibt die Möglichkeit der
{frgm. 286 Bergk*), wo 0. Müller, Orchomenos Lesung Tsuialto zu, möchte aber lieber Tsq-
147 statt i*x Taraypag: iy. TsyvQccg liest. II. N. ^Laiot lesen und in diesem Beinamen ein Eth-
Ulrichs, Beiscn u. Forsch, in Griechenland ld6i. nikon sehen, abgeleitet von einem Ortsnamen
Bursian, Geogr. v. Griechenland 1, 211. Usener, Tigucc^ lig^ri (vgl. den karischen Stadtnamen
Sintflutsagen 90. [Höfer.] T^q^eqcc). Le Bas 3, G69 hat irrig Jial Ti-
Tegyrios {TsyvQiog), König der Thraker, der 20 jüaico. [Höfer.]
den mit seinem Sohne Ismaros . flüchtigen Eu- l^eios {Tsios). Auf Münzen von Tion in Bi-
molpos (s. d.) aufnahm und dem Ismaros seine thynien erscheint das Haupt des Oikisten und
Tochter vermählte. Als er aber wahrnehmen Eponymen mit der Legende T6I0C, Head, Hist.
mußte, daß Eumolpos ihm Nachstellungen be- num.^ 518. Nach Herennius Fhilo bei Steph.
reitete, zwingt er diesen zur Flucht. Eumolpos Byz. s. v. T/o? war Tios, der Eponymos von
flieht nach Eleusis, von wo ihn Tegyrios nach Tion, ein Seher aus Milet. [Höfer.]
dem Tode des Ismaros zurückruft, übernimmt Teiresias {TsLQSiclag), berühmter thebani-
(ob Tegyrios gestorben ist oder freiwillig auf scher Seher, daher 6 ^dvrig T. {Faus. 10, 28, 8.
die Herrschaft verzichtet, wird nicht gesagt) Zenoh. 1, 30), Sohn des Eueres aus dem Ge-
die Herrschaft und kommt den Eleusiniern in 30 schlechte des Sparten und Autochthonen üdaios
ihrem Kampfe gegen die Athener mit einem {ApoUod.Z^ 4, 1, 3, 6, 7; 3, 4 nachFherekyd.fr.
Heere von Thrakern zu Hilfe, Apollod. 3, 202 f. 50. Sturz fr. Fherekyd. 16. Uygin f. 68), heißt
(3, 15, 4, 2 ff.). Tegyrios hat mit den histori- deswegen Euereides {Kallim. Lavacr. Fall.
sehen Thrakern nichts zu tun, sondern gehört v. 81ff. = h. 5, 81 ff.), iidvxigEvriQsiSrig (Theokr.
den in vorgeschichtlicher Zeit in Mittelgriechen- Idyll. 24, 70), und der Nymphe Chariklo {Apollod.
land eingewanderten thrakischen Stämmen an: 3, 6, 7. Kallim. a. a. 0. 57 ff. Spanheim, Anm.
er ist der Eponymos der westböotischen Stadt z. Kallim. Lavacr. Fall. 81 und 82. Sturz ad
Tegyra (vgl. Tegyraios), Bernh. Giseke , Thra- Fherekyd. fr. 16, Eygin f. Ib), oder Sohn des
kisch-pelasgische Stämme der Balkanhalbinsel 50. Eumares, wofür wohl sicherlich Eueres herzu-
Hiller v. Gaertringen, Be Graecorum fabulis ad 40 stellen ist {Fhleg. Trall. de mirahil. 4 nach
Thraces pertinenttbus 30. Toepffer, Att. Genea- Hesiod, Dikaiarch u. Klitarch)^ endlich des
logie 4:2. Em.Ermatinger, Die att. Autochthonen- Vhorh&s {Ftolem. Heph. 1. Script, hist. poet. Gr.
sage bis auf Euripides 84 Anm. 35. Busolt, Gr. ed. Westermann ip.lSS),Y Sitei derManto {Apollod.
Gesch. 2-, 78f. Anm. 1; vgl. auch 3Iax. Meyer, 3, 7, 4; 7, 7. Strab. 14, 17 p. 642. 9, 22 p. 443.
Hermes 27(1892), 498. v.Wilamotvitz, Euripides Faus. 7, 3, 1. 2, 10, 3. 9, 33, 2. Hygin. f 68.
Herakles 9'\ 19 (vgl. Homer. Untersuch. 212). Schol. Apoll. Bh. 1, 308. Schol. Eur. Fhoin. 84:1.
Crusius, Fhilol. 63 Ergänzungsheft 74. [Höfer.] Ov. Met. 6, 157 ff. Verg. Aen. 10, 200. Fompon.
Teichesipletes {TsixBGinXriTrig), Epitheton des Mel. 1. Nikandr. ther. 958. Suidas s. v. ZißvXXu
Ares, Hom. II. b, 31. 455. Lucillius in Anth. vgl. Gruppe: Gr. Mytli. 517), der Daphne, wie
Fal. 11, 191, 1. Orph. Hymn. 65, 2. Anonym. 50 Manto als Apollinische Jungfrau heißt {JDiod.
Laurent, in Anecd. var. Gr. et lat. ed. Schoell. 4, 66. Da diese Stelle mit Apollod. 3, 7, 4 mit
Studemund 1, 268, 4, 11. Niketas ebenda 275, Ausnahme der Namen übereinstimmt, nennt
2. 283, 11. Von Hesych. s. v. tsLxsGiJiXfjxa wird Bethe, Gen. Gott. öO^ Daphne eine willkürliche
das Epitheton durch TCQOönsXd^mv xblxsgl er- Änderung für Manto; vgl. Gruppe 8Q^\ 539jq.
klärt; unmittelbar voraus geht bei Hesych. die Müller, Hör. 1, 336) und der Historis {Faus.
Glosse xsixsGißXiixcc' xsixr} TiccxaßccXmv , woraus 9, 11, 3. Fanofka, Archaeol. Ztg. (1845) 3, 58.
man auf eine Variante xsixsGißX'i]xrig neben Tr. Gr. Fr.^ ed. Nauck 380. Gruppe 457^) oder
x£ix86i7tX'^x7]g schließen kann; vgl. Eust. ad Galinthias {Schwenck, Allgem. Schulztg. 1828,
Hom. II. 518, 39: x6 xsixBGißXfjxcc xiveg dicc xov 772 ff. Gruppe 457^; 8859). Indessen ist nir-
ß ygdcpovGLv. d^icpoxsQcov öh iiioc ^vvolcx. bgxi yccg 60 gends überliefert, mit welcher Frau T. die Ehe
x8ixEGL7tXT^xr}g fisv TtoXioQxrixijg., 6 xotg xsIxbcl eingegangen ist. Deshalb und noch aus ande-
nXriGid^cov int noQ&rißSi. xsix^öißXrjxTtg Sh 6 xcc- ren Gründen ist vielfach vermutet worden, daß
xccßdXXcov xd xüxri. Das Epitheton xsix^6i7tXi]xrig, T. nicht eine bestimmte Persönlichkeit bedeu-
abzuleiten von nsXd^co = TtiXva^ai, mXvdca, lat. tet habe, sondern man sich unter dem Namen
pello bedeutet 'mauererschütternd', ÖMstilfei/er, T. den Weissager schlechthin vorgestellt habe,
G. Curtius, Studien zur griech. und lat. Gramm. dessen Tochter eben seine Kunst gewesen sei
5, 111. Sigismund ebenda 5, 201 nr. 20. F. {Lac. Schell, De Tiresia Graecorum vate [Arch.
Fröhde, Bezzenbergers Beiträge zur Kunde der f. Fhilol. u. Faedag. 17, 99]). Durch seine Toch-
179 Teiresias (Name, Geburtsort) Teiresias (Leben) 180
ter Manto, die den Rhakios heiratet (Paus. 7, (x492; 666. 190; 165. i/j323). Indessen genügen
8, 2. 9, 33, 2) ist er der Großvater des Mopsos diese Angaben Schell (a. a. 0. S. 93) nicht, und
{Paus. 7, 3, 2. Strab. 14, 27 p. 642) geworden, er folgert aus Soph. Oid. Tyr. 317 und Äpoihd.
der den Kalchas in Klaros im Weissagen über- 8, 6, 7 «ine andere Heimat und eine Ein-
trifft {Duticker, Gesch. d. Altert. 6, 201), des Wanderung des T. nach Theben. Besonders
Amphilochos und der Tisiphone von Alkmaion nimmt er an den Worten Apollodors: tjv ih
{ApoUod. 8, 7, 7) nach Euripides (Tr. Gr. Fr.* naget Srißalois Anstoß. Diese sind aber nur
p. 880; vgl. Art. Mopsos und Manto Bd. 2, ein anderer und treflFenderer Ausdruck statt
Sp. 2828). iv (■^i^ßocig. Auch daß er 6 Bokotios (Luc. necyom.
Der Name des T. bat eine Reihe von Ab- lo 6. Schol. Lycophr. 683) heißt, hat nichts ße-
leitungen erfahren, ein Zeichen, daß man schon denkliches, denn ganz ßöotien nahm natürlich
im Altertum über seine Bedeutung nicht ganz den Ruhm des T. für sich in Anspruch. Es
einig gewesen ist. Jedenfalls bedeutet er wird auch niemand behaupten wollen, daß er
Wunderdeuter (Gruppe a. a. ü. 78), mag man nach Phleg. Trall. {de mirabil. 4: iv kQ-Kccdia
ihn nun von rstgos {thqsu, d.h. himmlische Zei- äviga övra) ein Arkader gewesen sei; nur ein
chen), von rigag {Hgara d. h. Vorzeichen) ab- Ereignis seines Lebens ist nach der einen Version
leiten, verwandt mit <J:-ör7}p,<i-<Trßajr-Tro)(£'ttstotÄ. nach Arkadien verlegt worden, was sich leicht
Schol. X 494, p. 1666, v. 40: ncegce rö sügsiv daraus erklärt, daß die südlich vom Kopaissee
irv^oXoYttvai^ rj nagä rä xalgsa^ S ioriv &atga. gelegenen böotischen Heiligtümer auf die des
Ebeling. Lex. Homeric. TsigBairig . . . forma- 20 nordöstlichen Arkadiens starken Einfluß ausge-
tum videtur a Tsigeet pro Tsigiccg, id est rsga- übt haben {Gruppe a. a. 0. 199^). Finden wir
tooHonog. Doederlein Gloss. 1026 Kuhn, Z. 4, doch T. sowohl in Böotien als auch in Arka-
114. Ihinteer ad x 492. Curtius, Etymol.^ S. 206. dien neben Athena verehrt {Paus. 8, 14, 4—6.
Fick, Griech. Personennam. S. 206; 628. Lehrs, Gruppe 199 A. 6).
^m^*, p. 469. JFVc7?er-P/cM;* 2, 478 A. 1. Nagels- Ueber seine Lebensdauer stimmen die
bach, Homer. Theol. liQ; Nachhoiner. Theol.lß9) Zeugnisse nicht überein, Kallimachos {h. 5,
oder mit tslgto oder Trigim in Beziehung setzen 125) läßt ihn unter Kadmos seine Tätigkeit
{Etym. M. 756, 1 1 : Ttagcc x6 xsiosed'ai. Schwende, beginnen, was für den Enkel eines Sparten
Die Homer. Hymn. v. 244 S. 244. Schell a. a. 0. nicht unmöglich erscheint. Er wirkte dann
96. Bouche-Leclercqy Histoire de la divination 2, 30 unter den Labdakiden {Kallim. v. 126) bis zur
29 A. 4). Seit Homer gilt er für den \idvtig Eroberung Thebens durch die Epigonen (^2?oZZod.
xccx iioxriv, und man kann nicht etwa aus dem 3, 7. 3. Athen. 2, 41 e. Strab. 9, 30 p. 413. Paus.
Umstände, daß der Name des Sehers so ganz 7, 3, 1. 9, 33, 1). Die meisten Gewährsmänner
seiner Tätigkeit angepaßt ist, auf eine Personi- lassen ihn 7 Menschenalter leben {Hes. Fr. (ed.
fikation des Sehertums schließen; dafür hat GoettUng) 112. Phleg. Trall. a. a. 0. Hygin. f.
sein Wesen viel zu viel ürsprünglichkeit. Dann 76. Schol. Lycophr. 682. vgl. Barth, Anm. z.
könnte auch der Name seiner Tochter Manto Stat. Theb. 2, 95), einige schreiben ihm 7 oder
{Mavxco, vgl. dazu fiavrts, (iccvxsvoiiat.) unser 9 zu {Tzetz. Schal. Lycophr. 682 f.); n^kch. Agath-
Mißtrauen erwe«ken wie seines Enkels Mopsos, arch. {mar. Erythr. 8) hat er mehr als 5 Men-
der nach Passow {Handivörterb. d. Griech. Spr. 40 schenalter von den Göttern erhalten; ein langes
2. lit. M) mit dem Stamme 6tc- zusammenhängt Leben im allgemeinen erwähnen ApoUod. (s. o),
(vgl. Fidfc, (rr. Perso?i€nn.* 404; 401) oder semi- Kallim. v. 128. Luc. macr. 3. Theokr. Id. 24,
tischen Ursprungs sein soll und Zeichen, Wun- 101. Stat. Theb. 2, 95. Lucil.ed. Marx v. 1108,
der bedeutet {Preller-Pleio^ a. a. 0. 481. Lewy, S. 75, bei dem er sprichwörtlich grandaevus
Sem. Fremdw. 237. Schulze, Zs. f. vgl. Sprf. 23 T. und senex v. 226, S. 17 heißt. Vielleicht
(1895), 372), fferner seines Vaters Eueres, dessen liegen dieser verschiedenartigen Angabe der
Name von igen, T]gcc gebildet zu sein scheint ungewöhnlichen Lebensdauer des T. zwei ver-
und schließlich seiner Mutter Chariklo, die %dgig schiedene Berechnungen der mythischen Zeit
und xXiog vereinigt {Schell a.a.O. 99). So viel der Kadmeerkönige zugrunde, ü'nd zwar sind
läßt sich aus diesen Namen nur folgern, daß 50 vor allem die beiden heiligen Zahlen, Sieben
wir eine eingesessene Seherfamilie wie die und Neun, dabei bemerkenswert. Es berech-
Melampodiden vor uns haben. Der Gen. von net danach K. 0. Müller {Orch. 223 f.; 247) die
TugBclag lautet Teigseiov, der Voc. Taigsaicc ysvhai der Könige von Kadmos bis Eteokles
{Nonn. 5,-337. 45, 70. Eur. Bacch. 186. Soph. einmal mit der Siebenzahl = 235, das andere
Ant. 991; 1045. Oid. Tyr. 300. Luc. dial. moti. Mal mit der Neunzahl = 291 (vgl. Spanheim z.
28), der Nomin. ion. Tsigsöirig {Luc. astrol. 11, Kallim. 123). Vgl. auch Immisch, Klaros 169 f.
24\ der Gen. ep. Tsigsöiao {Nonn. 7, 161; 250. u. Röscher, Die 7- u. 9-Zahl im Kult. u. Myth.
Eom. X 492; 537; 565. X 50; 89; 90; 151; 165; d. Griechen S. 7 f. Ennead. Studien S. 7 u. 26.
479. und 267. i/) 251; 323. Pind. Istm. 6, 8. Daß diese außergewöhnliche Ausdehnung des
Kallim. h. 5, 59), der Dat. Tsigsairj {Hom. x 524. 60 Lebens eine besondere Bedeutung der Persön-
X 32), der Voc. ion. Tsigsöiri {HÖm. X 139), die lichkeit des T. andeuten soll, werden wir unten
lat. Namensform lautet Tiresias (Hygin. f. 68; nachzuweisen versuchen.
75. Horat.sat.2y 5, 1. Cic. Tusc.b.Sd. de divin. Seine Lebensgeschichte wurde seit Hesiod
1, 40. 2, 3. Ov. Met. 3, 323; 329. 6, 157). und Phereky des mit einer Reihe wunderbarer
Der Geburtsort des T. wird ausdrücklich Züge ausgestattet. Eine der bekanntesten Sa-
nirgends erwähnt; doch muß wohl Theben für gen, die nach Apollodor &uf Hesiod {fr. 190 Rz.)
seine Heimat gegolten haben; denn Homer, zurückgeht {Apollodor. 3, 6, 7) handelt von der
der älteste Zeuge, nennt ihn immer 6 Grißalog Veränderung seines Ge8chlechts(.Bot*c/je-
181 Teiresias (Leben: Mann, Weib) Teiresias (Leben: Mann, Weib) 182
Ledercq 2, 81). Auf dem Berge Kithairon {Schol gegen er^bt sich aus Aelian (de nat. an. 1, 25),
How. x494. Eustath. Schol. Hom. -K i9A^ Tß. 1GC)6, daß von T. behauptet worden sei, er habe nur
V. 41—42. Schol. Lycophr. G88. Tzetz. Schol. einmal sein Geschlecht verändert. Sollte sich
Lycophr. (582 — 83) oder K'yllene, in welcher An- dies nicht als Reaktion gegen die übermilßige
gäbe der arkadische Lokalpatriotismus sich Fabelei erklären? Diese wunderbar lange Reihe
kundtut, der die ursprünglich böotischen Sagen von Verwandlungen bei Sostratos beginnt mit
(vgl. Gruppe l'.)9) in Arkadien lokalisierte der merk würdigen Angabe, daß T. Ursprung-
{Apollod. 3, 6, 7. Phlcg. Trall. a. a. 0. Hygin lieh ein Mädchen gewesen sei. Offenbar liegt
/. 76, wo irrtümlich in monte Cyttenio steht), der ganzen Sage die Anschauung zugrunde, daß
oder {Antonin. Liber. 17) an einem Dreiwege lo den Sehern die Geheimnisse der menschlichen
sah T. sich paarende Schlangen und erschlug Natur und ihres Organismus nicht verborgen
davon die eine. Augenblicklich wurde er in waren, und bei T. ist in naiver Weise die Erfah-
ein Weib verwandelt. Ohne Angabe des Ortes rung auf diesem Gebiete davon hergeleitet, daß
finden wir dieses Ereignis erzählt Paus. ,9, 33, er selbst die Geschlechtsverwandlung über sich
2. Fulgent. mythol. 2, 8. Ov. Met. 3, 326. Auson. ergehen lassen fnußte (vgl. Schell S. 96). Die
epigr. 69, 10. Script, hist. poetic. Gr. ed. Wester- Vorstellung, daß den Sehern ein besonderer,
rnann p. 314, VII. Nach einiger Zeit ging T., den anderen Menschen abgehender Feinsinn
nunmehr als Weib, an die gleiche Stelle und innewohne, wird bei Melampus, Kassandra und
sah wieder zwei Schlangen sich begatten. Wie Helenes daraus erklärt, daß Schlangen ihnen
nun T. den Stab erhob und eines der Tiere er- 20 die Ohren reinigten, worauf sie die Sprache
schlug, verwandelte sich Teiresias wiederum der Vögel und alle Naturlaute verstanden
in seine ursprüngliche Gestalt zurück {Les- {Porphyr, de abst. 3, 3; vgl. Böttiger, Raub d.
sing, Fabeln 28). Und zwar hing die Verwand- Kassandra 29. Eckermann, Melampus 5. Klau-
lung in die Frau damit zusammen, daß er die sen, A. L. Z. 1833, Sept. 12 ff. Nitzsch z. Odyss.
weibliche Schlange erlegt hatte; sein Ursprung- 3, 79. Preller-Plew^ 2, 480. K.F.Hermann,
liches Geschlecht erlangte er dann wieder, als Lehrb. d. gottesdienstl. Altert, d. Gr. § 37, 12).
er die männliche getroffen hatte {Tzetz. Schol. Eine große Ähnlichkeit zeigt seine Verwand-
Lycophr. 683. Schol. Hom. x 494. Eustath. lung mit der des Kaineus, der zuerst ein Mäd-
Scltol. X 494, p. 1666, 41 — 42). Nach der ge- chen mit Namen Kainis gewesen sein soll
wohnlichen Anschauung hatte er in beiden 30 {Nikander bei Meineke, H. crit. com. 345. An-
Fällen die Schlange getötet, nach Apollod. 3, tonin. Lib. 17. Auson. epigr. 69, 10 f. Gruppe
•6, 7 hingegen sie nur verwundet (HGiodo? Se 114 A. 4; 1139 A. 1; 1242 A. 1. Bohde, Psyche^
(priaiv ort d'saodasvog Ttsgl KvXXr]vr]v öcpsig 116 A. 1).
üvvovaiä^ovTvs y-cd tovrovs rgatGccg iysvsro i^ Es bildet dieses eigenartige Erlebnis des
av^Qog yvvri, Tcähv dh rovg ccv tovg btpsig na.- T. nun die Veranlassung, daß er zur Lösung
^uxriQ-riGag aorovalcc^ovrag iy^vsto Scv^q). Nach einer äußerst heiklen Streitfrage berufen wurde.
Phleg. Trall. a. a. 0. ist es ihm von Apollon an Zeus und Hera stritten sich nämlich über
die Hand gegeben worden, bei der nächsten die Stärke des männlichen und weiblichen
Begegnung die Schlange zu töten, für den Fall, Liebesgenusses und bestellten ihn, der doch
daß er sein männliches Geschlecht wiederer- 40 genau Bescheid wissen mußte {Phleg. Trall. a.
langen wolle; nach Hygin f. 75 ist ihm vom a. 0. Oy. 3fei. 3, 323. ^y^«;!/". 75), zum Schieds-
.'Schicksal der Auftrag dazu geworden; nach richter {Apollod. 3, 6, 7. Hygin f. 75. Phleg.
•den übrigen Quellen sind beide Ereignisse a. a. 0. Lact. Plac. Narr. Fab. 4. Eustath.
■etwas rein Zufälliges {Luc. astrol. 11); der Zeit- Schol. Hom. x 494 p. 1666, v. 43 — 44. Schol.
räum dazwischen wird von Ov. Met. 3, 326 f. Hom. x 494. Schol. LA/cophr. 683. Tzetz. Schol.
auf 7 Jahre angegeben, während sonst nirgends Lycophr. 682 — 83. Fulgent. mythol. 2, 8. Ov.
über diesen Punkt etwas erwähnt wird. End- Met. 3, 320 ft\). Er löste die Frage in der Weise,
lieh ohne alle näheren Umstände sind diese daß er dem Zeus recht gab und Hera sich in
Verwandlungen von Just. Martyr. quaest. et ihremGeschlechtebeleidigt fühlte. Sein Schieds-
respons. ad orthodox, erzählt. Über das Lebens- 50 spruch lautete nach der Melampodie {Hes. Fr.
alter, in dem T. diese Verwandlungen durch- [ed. GoettUng] 112 = fr. 190 Bz. und dazu
gemacht hat, verlautet nichts Bestimmtes. Bei Immisch, Bh. Mus. 46 p. 613 f.):
Ptolem. Heph. 183 ed. West, findet sich die Be- „ y - xj^ - ' ^. ^ '
merkung, daß T. sogar siebenmal sein Ge- '''r .^^ ^?'r\ ^^^ ^''^^'' '^ T ' '^^'
schlecht verändert habe. Diese Angabe scheint ^"^ ^^^^ '^ ^tiTt.^inXrjac yvvri regnovaa vo^iicc.
der Zeit des späteren Fabulierens zu entstam- -Nach Fulgent. a. a. 0. wies er dem Manne tres
men, in welcher auch das Ttoirwia i7.syLav.bv uncias amoris, der Frau novem uncias zu, nach
TsiQSüiag des Sostratos entstand, nach welchem Eustath. Schol. Hom. x 494, p. 1665, v. 43 — 44
T. ebenfalls siebenmal Verwandlungen erlebte lautete sein Urteil: svdsyia ^oigamv . . . rag
(hih.'aliheiEustath.Schol.Hom.v.'p.l6Qo,\.4:lS.; 60 ivvsa iintinlriGi yvvri. Diese Frage, die dem
Wagner im Hermes 27 S. lo2 ff. und Immisch T. zur Lösung aufgegeben worden war, war
a.a.O. 170, 2). '^a.ch. Preller- Plew {Gr. 3Iyth.^ eine nur allzu natürliche; und es konnte sie
2, 479 A. 2) geht diese Mjthopoiie auf Ptolem. nur ein berühmter Weiser lösen, dessen Kennt-
Heph. zurück (vgl. Hercher, N. Jhb. Suppl. 1, nis über das Wissen gewöhnlicher Sterblicher
286 f.). Es muß diese siebenmalige Verwandlung weit hinausging. Da es zudem aber unmög-
wohl als Spielerei der späteren Zeit aufgefaßt lieh erschien, daß selbst der Weiseste sie ohne
werden, sie wird sich aus den 7 Menschenaltern, Verwandlung richtig beantworten konnte, so
die ihm verliehen waren, erklären lassen. Da- ward ihm die Verwandlung zugeschrieben (vgl.
183 Teiresias (Blindheit) Teiresias (und Athena) 184
Schwenck a. a. 0. S. 847). Hera jedoch, durch yerstehen konnte, verlieh ihm die Sehergabe
diese Entscheidung beleidigt, bestrafte ihn mit und ein langes Leben und schenkte ihm zur
Blindheit {Äpollod. 3, 6, 7. Phleg. a. a. 0. Erleichterung der Blindheit einen Stab, an
Schol. Eom. X 494. Eustath. Schol x 494 p. 1666, dem er wie ein Sehender geben konnte (ApoIlod.
V. 43—44. TzeU, Schol Lycophr. 682—83. Just. 8, 6, 7. Kallim. lavncr. Fall. = h. 5, 85 if. Span-
Martyr, a. a. 0. Fulgent. a. a. ü. Hygin f. 76. heim zu Kallim.v.Sl—B2; 121 ; 123; 127. Äelian.
Ov. Met. 8, 337 f. Suidas 8. v. xvcpXos- ivvovg.), de nat. anini. 2, 3. Propert. 4, 9, 57; vgl. Phere-
Zeus aber verlieh ihm die Sehergabe {Ov. Met. kyd. ed. Sturz fr. 16 p. 202). Als besondere
8, 338. Justin. Martyr. a. a. 0. Fulgent. a. a. 0. Vergünstigung ist noch hinzugefügt worden,
Luc. dial.mort. 28; astrol 12; salt. 57) und ein lo daß er nach dem Tode in der Unterwelt das
langes Leben {Apollod. 3, 6, 7. Tzett. Schol. Bewußtsein behalten und bei Hades in Ehren
Lycophr. 682—83) oder ein Leben von 7 (od. 9) stehen sollte {Kallim. 129 f.). Der Stab, den er
Menschenaltem {Phleg. a. a. 0. Hyain f. 76) von Athena erhielt, heißt bei Kallim. 127:
und begünstigte ihn weiter dadurch, daß er ßdxrQov. Es war natürlich kein gewöhnlicher
nach dem Tode auch im Hades den Verstand Stab, wie man nach diesem Ausdruck annehmen
behielt {Tzetz. a.a.O.). Von der Schiedsrichter- könnte; denn er besaß ja die besondere Fähig-
rolle des T. unter den Göttern redet im all- keit, den Blinden zu führen. Daher war er viel-
gemeinen Justin. Martyr. a. a. 0. mehr ein ^dßSos, der zu dem Totenbeschwörer
Nach der einfacheren, älteren Form der paßt, z. B. zu Rhadamanthys (vgl. Gruppe 762,
Sage verlor er sein Augenlicht auf andere 20 A, 1; 896, A. 3), und zu T. in den jüngeren
Weise. Er, der Sohn der Nymphe Chariklo, Sagen. Diesen Stab führte T. noch in der Unter-
verriet den Menschen die Geheimnisse der weit, wo es von ihm heißt, daß ein jjpvfffov
Götter, die sie für sich behalten wollten, und ax^ntgov eeineStütze bildete (Hom.X 21). Gruppe
wurde dafür in der Blüte des Lebens mit Blind- 896, A. 3 ist der Meinung, daß dieser Stab die
heit geschlagen {Apollod. 3, 6, 7). In dieser Gabe zu verwandeln besessen und T. dies ja
Form der Sage verlautet nichts von der Ver- an sich selbst erfahren habe, als er durch die
leihung der Sehergabe, demnach wohnte sie Berührung der Schlangen aus einem Manne ein
ihm bereits wohl inne; sie war ihm angeboren Weib wurde. Dagegen ist einzuwenden, daß T.
als dem Sohne einer Nymphe, und diese Be- zur Zeit seiner Verwandlung den Stab noch
f^higung ist der natürliche Ausdruck der ge- so gar nicht besessen, sondern ihn erst nach
heimnisvoUen Macht, die die Nymphen be- seiner Blendung bekommen hat. Denn die Zeit
sitzen {Pouche- Leclercq 2, 30). Es hat nun diese seiner Begegnung mit den Schlangen wird vor
Blindheit der Seher T. und Phineus, für dessen die seiner Erblindung gesetzt. Es tritt uns in
Blendung es drei Versionen gibt, und der Sänger dieser Sage von Athena und dem jungen T.
Thamyris, Homer, Demodokos wahrscheinlich nach der Dichtung des Kallimachos der uralte
eine tiefere Bedeutung. Das körperliche Ge- religiöse Gedanke, daß der sterbliche Mensch
sieht ist dem Lichte des Geistes geopfert. Da nicht ohne die schlimmsten Folgen die ent-
in höherem Alter das Auge stumpf zu werden hüllten Reize der Gottheit schaut, in seiner
pflegt, so konnte das Erlöschen der Sehkraft, ursprünglichen Herbheit entgegen, derselbe
die Erblindung, einen Zustand des hohen Alters, 40 Gedanke liege auch dem Mythus von Aktaion
nämlich die Lebenserfahrung und Weisheit, {Ov. Met. 3, 138 — 252. Hygin f. 181) zugrunde
bezeichnen; denn die Ältesten sind im Rate (vgl. Gruppe 969, A. 5. Ziehen, Bonner Stud.
die Weisesten, und mit vollem Rechte heißen 184 f.). Obgleich die Sage zuerst bei Kallim.
dieBerater der Spartaner Geronten (vgl. iScÄtt'cwcÄ begegnet, ist sie natürlich doch sehr alt; denn
a. a. 0. 876). Über seinen unglückseligen Zu- er leitet sie mit den Worten ein: ^vd-og d' ovx
stand äußert er niemals Unmut {Cic. Tusc. 5, iiiog, &XX' krigtov, und verdankt sie wahrschein-
39, 116), nur klagt er {Res. fr. [ed. GoetÜing] lieh dem Pherekydes, wie Sturz {Pherekyd. fr.
172), daß ihm ähnlich wie Kassandra seine p. 189) und v. Wilamowitz {Homer. Unters. 146)
Sehergabe Herzeleid bringe, da er doch weiter nachgewiesen haben (vgl. ^waacÄ:,iZerw. 23, 139).
menschlich fühle und denke {Preller -Plew ' 50 Nun steht T. in enger Beziehung zum T i l p h 0 s-
2, 479). sion oberhalb Alalkomenai; denn da lag sein
Nach der dritten Version hat Athena ihn Grab. An Alalkomenai fließt aber der nach der
des Augenlichtes beraubt, weil der Jüngling Tritogeneia heißende Tritonbach vorüber, an
gegen seinen Willen die Göttin völlig unbe- dem Athena geboren sein sollte (örtt/jpe 77). Zu-
kleidet im Bade erblickt hatte (Apollod. 3, 6, gründe liegt der Sage von der Blendung des T.
7. Kallim. h. 6, 78 ft".). Athena nahm nun dem durch Athena die Tatsache, daß in diesem Bache
T. nicht das Leben, wde es Artemis in einem ein festliches Bad der Göttin stattfand, ähnlich
ähnlichen Falle mit Aktaion tat, sondern be- wie an den Plynterien zu Athen durch die Pra-
rührte mit den Fingern seine Augen, die sich xiergiden {Plut. Alk. 34. Mommsen, Feste d.
sodann für immer schlössen {Apollod. a. a. 0.). 60 Stadt Athen 491 ff.), oder wie es zu Ehren der
Nach Kallim. a. a. 0. trat die Erblindung bei Aphrodite in Argos {Paus. 2, 10, 4) gefeiert
einem solchen Anblick ganz von selbst ein als worden ist. Anläßlich dieser Feier benutzte man
Folge uralter Gesetze {Kallim. h. 5, 99 f.). Die wohl in alten Zeiten jenes alte Holzbild der
Mutter Chariklo aber, die der Athena lieb und Göttin, das später nach Theben versetzt worden
ihre ständige Begleiterin war, bat die Göttin, ist und dort nach Aelian. de nat. an. 12, 57
ihm das Sehvermögen zurückzugeben. Da sie kurz vor der Zerstörung der Stadt durch Alex-
jedoch das nicht vermochte, so schärfte sie ihm ander verbrannte {Puckert, Dienst der Athene
das Gehör, so daß er die Stimmen der Vögel S. 64). Diese Sitte, Kultbilder zu baden, ist
185 Teiresias (Tod) Teiresias (Tod u. Grab) 186
etwas Gewöhnliches und frühzeitig auch in gäbe, daß T. bei Haliartos: iv zfi UXiagriu
Nordeuropa verbreitet gewesen. Auch der Ner- (Paus. 7, 3, 1. 9, 18, 4) den Tod gefunden habe';
thusmytlius {Tac. (Herrn. 40) scheint in diesen denn die Quelle liegt nur eine Stunde von
.Zusammenhang zu gehören {Mamihardt, Wald-> dieser Stadt entfernt (Strah. 9, 27 p. 411. Bne-
und Fcldkulte 1, 680), und sogar die Christ- dekcr, Griechcnl. 169), also im Gebiete von
liehe Kirche hat den Ritus anscheinend nach- Haliartos, wie Taus, ausdrücklich sagt. Diese
geahmt {Ustner., Beligionsgesch. Unters. 1, 14. Quelle strömt jetzt noch am Fuße einer steil
Gruppe 821 A. 2), Es trat demnach T., der aufragenden Felswand, die heute Petra heißt,
vielerfahrene Seher, der vu Tilphossion verehrt im Altertum den Namen th Tdcpmaöiov führte;
wurde, zur Athene Alalkomeneis, der Göttin lo und gerade über der Quelle stand ein Tempel
der Weisheit, in die Beziehung, daß er von des Apollon TiXcpwcaiog {Strah. 9, 27 p. 411. 9,
ihr geblendet wurde; denn der Seher mußte 36 p. 413), der in Heziehung zu T. gestanden
der Göttin der Weisheit unterliegen. Schell haben muß. Ferner lag gleich in der Nähe
S. 97 ist der Ansicht, daß die Blendung auf nach Westen zu .der alte Tempel der Athena
irgendein Mysterium zurückzuführen sei und am Tritonbache (Strab. 9, 27 p. 411. Bursian,
demnach eine symbolische Bedeutung habe. Geogr. v. Griechenl. 1, 234:). Der ^ameTWphusa,
Durch nichts läßt sich die Annahme Gerhards soll die spätere Form für jdtXcpovccc sein, wie
{Gr. Myth. § 267, Id; 268, 5b) beweisen, T. sei die Quelle in Delphi heißt (A". 0. Müller, Orch.
für neugieriges Belauschen der Göttin geblendet 148. Meister, Gr. JJial. 2, 105. Kretschvier,
worden; und ein fernerer Irrtum Gerhards ist 20 Griech. Vaseninschr. 152), nach Tümpel {Phil.
es, wenn er T. von Athena durch wechselndes Jhh. Suppl. 11, 693;, Voigt {Leipz. St. 4, 306)
Geschlecht prüfen läßt. Mit dem Wechsel des und Dümmler {Delph. 13) heißt sie TfXqpovffa
Geschlechts hat Athena gar nichts zu tun, trotz wie die arkadische Stadt und gehört etymo-
der Bemerkung Tzetz. Schol. Lycophr. 683; denn logisch zu JsXcpor, Gruppe 744, A. 19 schreibt
hier liegt anscheinend ein Versehen vor, wie @iX7tov6a, das eine andere Form für JsXcpovaicc
es auch nur ein Versehen sein kann {Eustath. sein soll {Androtion bei Steph. Byz. s. v. JsXcpol).
Schol. Hom. X 494 p. 1665, v. 45), daß T. die So viel scheint aus dem Namen hervorzugehen,
Artemis unbekleidet im Bade geschaut und daß man im Altertum Beziehungen zwischen
dafür das Augenlicht verloren habe. Wie sein der Quelle und dem delphischen Gotte gefunden
hohes Alter Lucil. d. M. v. 1108; 226) so muß 30 hat. Seine letzte Ruhestätte fand der Seher
auch seine Blindheit sprichwörtlich geworden in unmittelbarer Nähe der Quelle {Paus. 9, 18,
sein, da bei luven, sat. 13, 249 Tiresias für 4. 9, 33, 1. Diod. 4, 66), wo ihm auch ein
caecus steht, also beide Begriffe identisch er- ^vfi^cc errichtet wurde {Strab. 9, 27 p. 411; 36
scheinen. p. 413). Ausdrücklich wird betont {Paus. 9, 18,
Der Tod des T. hängt zusammen mit der 4), daß ihm in Theben an dem Wege nach
Belagerung und Eroberung Thebens durch die Chalkis nur ein Kenotaphion errichtet war.
Epigonen. Nach der einen Fassung nämlich Nach einer dritten Version der Kosten {Fr.
lieferten sie in der Umgegend von Theben den Ep. Gr. ed. Kinkel 1, p. 53. Phot. bibl. cod. 239)
Thebanern eine für diese verlustreiche Schlacht. gelangten T. und Kalchas auf dem Rückwege
Daraufhin flohen die Thebaner in die Stadt, 40 von Troja nach Klaros, und hier sollte T. ge-
und T. gab ihnen den Rat, mit den Feinden stürben und bestattet worden sein (vgl. J)wwcÄ:(?r,
Friedensunterhandlungen anzuknüpfen und in- Gesch. d. Altert, b., 201). Bouche-LecJcrcq a.a.O.
zwischen zu fliehen. Dies geschah; die The- 3, 250 sieht in dieser Form der Sage das auch
baner entgingen so ihrer völligen Ausrottung sonst bekannte Bestreben der Logographen,
und gelangten in der Nacht bis zu der Quelle den Ruhm der Heimstätten des T. zu ver-
Tilphu8a(.i4poZZod!.3, 7, 3. i)/o(^. 4, 66). Während- mindern, während Gruppe 641, A. 4 u. Imniisch,
dem drangen die Argiver in die Stadt ein Klaros S. 162^ 2 mit Recht in ihr ein Versehen
und weihten die hier gefangene Tochter des erblicken und der Ansicht sind, daß ursprüng-
T., Manto, nach Delphi auf Grund ihres Gelüb- lieh von einem Begräbnis des Kalchas {Tzetz.
des {Diod. 4, 66: nennt sie Daphne): Paus. 7, 50 Lycophr. 427. Schol. Dionys. Perieg. 850) statt
3, 1. Apollod. 3,7, 4. Gruppe 539 A. 11. Schol. des T. die Rede gewesen sei (vgl. v. Wilamo-
Ap. Ph. Arg. 1, 308. Panofka, Arch. Ztg. 3, 66f. witz, Homer. Unters. 179). Es wird nämlich
Wie nun T., infolge der Flucht von Durst ge- {Strab. p. 642, wahrscheinlich aus den Eoeen
quält, aus der Quelle trank, verschied er; die oder dem Kataloge der Frauen) erzählt, daß
Eiskälte des Wassers griff ihn bei seinem Alter Mopsos, der Enkel des T., den Kalchas in Klares
so an, daß er starb {Diod. a. a. 0. Apollod. 3, im Weissagen übertroffen habe und Kalchas
7, 3. Paus. 9, 33, 1. Strab. 9, 36 p. 413. Athen. aus Gram darüber hier verschieden sei. Zu-
2, 41 e. Eustath. Schol. Hom. x, 1362, v. 27. gründe lag jedenfalls diesem Streit zwischen
K.O.Müller, Orch. 4:1). Nach der andern Version der Familie des T. und Kalchas der Gegensatz
wurde T. selbst von den Feinden gefangen ge- 60 zwischen den ionischen und rhodischen An-
nommen und sollte zusammen mit seiner Toch- Siedlern, in welchem der Ankömmling Kalchas
ter nach Delphi geweiht werden, starb aber unterlag {Gruppe a. a. 0. ; vgl. Immisch, Klaros
unterwegs an der genannten Quelle {Paus. 9, § 5 f.). — Nach seinem Tode ehrten ihn die
33, 1. Bethe, Gen. Gott. 50 hält dies für einen Thebaner durch ein ehrenvolles und prächtiges
Iriium des Paus.; \gl. Gruppe 6i3,A. S; 4), also Leichenbegängnis und erwiesen ihm hinfort
als Gefangener der Argiver, während Manto göttliche Ehren {Diod. 4, 66). Im Widerspruche
als Hierodule nach Delphi gelangte. Nicht im zu diesem Leichenbegängnis steht freilich die
Widerspruch zu dieser Fassung steht die An- Tatsache, daß sie sich beim Hinscheiden des
187 Teiresias (im Hades) Teiresias (als Seher) 188
T. auf der Flucht vor ihren Todfeinden befan- nur mit Vorsicht benutzen; denn die Gestalten
den, Ton denen sie um so weniger zur Bestat- der ältesten Sage waren ihrem Zeitalter schon
tung einen WafTenstillstand erlangen konnten, dunkel und unverständlich {geworden {Gruppe
als sie eben einen Vertrag verletzt hatten, und 602 flF.). Während seiner Tätigkeit als Seher
sie überhaupt eine Zeitlang in der Fremde leben erscheint T. stets als Greis, als geblendet, der
mußten {Gruppe 640). So bleiben eben nur die schon mehrere Menschenalter gesehen hat
göttlichen Ehren bestehen, über die wir unten (Schol. Lycophr. 682). In den packenden Schil-
mehr hören werden. Man zeigte aber noch ein derungen von dem furchtbaren (leschick der
anderes Grab des T. — denn nichts anderes Labdakiden, in das er oft eingreift, ist sein
kann dieses monimentum Tiresiae {Phn. N. H. lO Charakter mit Hoheit und Würde ausgestattet,
37, 180) gewesen sein — in Makedonien, ohne die über die menschlichen Leidenschaften er-
daß sich feststellen ließe, welche einzeln ste- haben ist. Nicht genug kann seine tiefe Er-
hende Überlieferung dazu den Anstoß gegeben kenntnis aller verborgenen Dinge und seine
"haben mag; natürlich ist der makedonische Macht über die Natur gerühmt worden (vgl.
Sagenkreis von Böotien stark beeinflußt (GrMjapc Preller-Pleiv* 2, 478). In seiner Erhabenheit
210 f.). über Furcht und kleinliche Interessen erfüllt
Homer, dem wir die älteste Überlieferung er eine übernatürliche Mission im Verkehr
verdanken, berichtet nun von ihm, daß T. allein zwischen Göttern und Menschen, wie er in
im Hades sein ungeschwächtes Bewußtsein seiner Geringschätzung der Drohungen und
weiter besitze (x 493) und Persephones Gna^e 20 Beleidigungen eines Oidipus und Kreon die
ihm auch im Tode die Befähigung weiter ge- höchste Ruhe an den Tag legt in seinem un-
währt habe, daß pein Geist noch wahrnimmt; erschütterlichen, felsenfesten Vertrauen auf die
ja sogar seine Sehergabe hat er noch unter geheimnisvoll waltende Macht der göttlichen
4en flatternden Schatten weiter bewahrt {Homer Vorsehung (vgl. Bouche-Leclercq 2, 31).
X 496. Plat Men. 42. Paus. 9, 33, 2). Er steht Nach allgemeiner Anschauung gaben die
also dem Aithalides, dem Sohne des Hermes, Götter der Griechen den Menschen ihren Willen
nahe, dessen Seele auch nach dem Tode un- durch Zeichen kund. Viele davon konnte jeder-
▼ergänglich bleibt {Ap. Ph. 1, 643 ff. Schol. Ap. mann deuten; andere wieder waren nur dem
Ph. 1, 645; vgl. Fr. H. Gr. 1, 88 A. 66. Rohde, Kundigen vorbehalten. Demnach gab es eine
Psyche^ 2, 167 A. 1). Sein Leib zwar war auf- 30 kunstlose und eine kunstmäßige Mantik {Cic.
gelöst; darum heißt auch er ausdrücklich de div. 1, 6, 11. 2, 11, 26). Diese kann natür-
xs&vsmg {Hom. x 494) wie die übrigen Bewohner lieh durch ernste Naturbeobachtung erlernt
des Hades; nur ist schwer auszudenken, wie werden ; doch setzt sie eine besondere Begabung
die q>Qivsg ohne den Leib bestehen sollen voraus, die nur als eine Gnade der Götter sich
{Bohde 1, 117 A. 2). Im Widerspruch dazu darstellt. Auch T. hat sich der besonderen
steht nim freilich Hom. x 627 f., die Stelle, an Gunst der Götter erfreut und heißt deswegen
welcher wir erfahren, daß Odysseus in der d-songÖTtog {Nonn. 44, 88), wie von Kalchas
Unterwelt sein Opfer bringt, um durch den {Hom. B S22) ^es>wiid: d'sonQonicav ayoQSvsv.
Genuß des Blutes den Seelen das Bewußtsein In erster Linie ist er der Prophet des Zeus
wiederzugeben. Da ja das Bewußtsein des T. 40 gewesen {Pind. Nem. 1, 60: Jibg v^piatov ngo-
unversehrt ist, kann es sich bei ihm also nicht cprjtris), und alle seine Weissagung war eine
um dieses handeln, sondern höchstens um die Gabe dieses Gottes. Dies hat der Mythus auch
Gabe des vorausschauenden Seherblickes {Bohde damit deutlich ausgesprochen, daß Zeus dem
1, 66). -=- War nun T. im Leben ein Seher Teiresias für die Blendung durch Hera die
gewesen, so war dadurch nach seinem Tode Gabe der Prophetie verleiht. Da nun der Glaube
die Grundlage gegeben, daß man ihn auch allgemein herrschte, daß' alle Weissagung in
jetzt noch befragen konnte, und daß Orakel- ihrem Ursprung auf Zeus zurückgehe (Preller-
stätten entstanden {K. Fr. Hermann, Lehrb. Bobert, Gr. Myth. 142. Gerhard, Gr. Myth.
gottesdienstl. Altert, d. Gr. § 41, 11), aus denen § 744), so galt er für einen Seher von ganz
heraus er noch Sprüche erteilte. Es erging ihm 50 besonderer Würde. Hinzu kommt noch, daß
also wie dem Amphiaraos und Trophonios ihm als dem Sohne einer Nymphe diese Kunst
{Strab. 16, 38 p. 762). Als Seher führte er in gewissermaßen schon angeboren war. In der
der Unterwelt auch noch den goldenen Stab ältesten Sage- hat anscheinend aber auch noch
(Hom. X 91 ) und übte auch dort noch seinen die Anschauung geherrscht, daß Athena ihn
Beruf als Seher weiter aus {Hom. x 490 ff., 7. mit göttlicher Seherkraft erleuchtet habe.
90ff. Plat. Men. loa 2^. Paus. 10, 28, 1. 10,29,2. Unter dem Einflüsse der delphischen Priester-
Luc. astrol. 24. AntJi. 12, 176. D. Chrys. or. schaft und durch die vieles umgestaltende
13, 221. Horat. sat. 2, 5, Iff.). Mythopoiie der attischen Tragiker ist die ge-
Gingen nun die Sagen von der Verwand- waltige Prophetengestalt der Vorzeit, die doch
lung, der Blindheit des T. und von seinem 60 ursprünglich fast ebenbürtig neben dem ApoUon
Aufenthalte in der Unterwelt auf alte Nach- gestanden hat, zu seinem Diener umgestaltet
richten zurück, auf Berichte des i/ome?', -ffmod, worden, und er erschien als solcher mit dem
Pherekydes, so steht es anders, wenn von der Lorbeerkranze {Nonn. 45, 70: ots(pavriq)6Qog).
Tätigkeit des Sehers auf der Ober- Der göttliche Wille offenbarte sich dem T.,
weit zu reden ist. Denn hier zeigt sich in der natürlich von Zeus erleuchtet zu denken
hervorragender Weise der Einfluß der großen ist, in erster Linie durch Vögelbeobachtung.
Tragiker auf die Sagenbildung, und für die Er besaß nämlich zu Theben seinen Vogelherd
ältere Sage lassen sich ihre Werke natürlich {olcovoaxontlov, Paus. 9, 16, 1. Schol. Eur.
189 Teiresias (als Seher) Teiresias (als Seher b. d. Tragikern) 190
Phoin. 840. TCocXcctog ^ayiog dgri^oaxonog Soph. dunkelt war. Schon vor der dichterischen Aus-
Änt. 999), also einen zu diesem Zwecke ge- bildung des Mythus von den feindlichen Brüdern
eigneten Ort neigen dem Tempel des Ammon haben wohl die Orakel des T. und Amphiaraos
und der Tyche (vgl. Soph. Ant 1012. Dionys. in ihren heiligen Legenden ihre Seher in den
Halle. 1, 80. Stengel, Gricch. Kultnsaltert. Kreis der Helden verwoben und die Heiligtümer
40), der noch in historischen Zeiten gezeigt mit dem thebanischen Mythus verknüpft, wo-
wurde {Bursian, Gcotjr. v. Griechenl. 1, 228). durch die Sagen von dem Zuge der argivischen
Diese Stelle muß äußerst günstig gewesen sein; Helden eine Erweiterung erfiihren iK. (J. Müller,
denn sie wird von Sophokles {Ant. 1000) Ttccvtbg Orch. 227). Die Niederschläge dieser Sagen
oicovov Xi^i'jv genannt. Ebenso wie er den Flug lo scheinen die kyklische Thehais und die l'Jpi-
der Vögel, natürlich auch durch die Augen gonen gewesen zu sein. Neue Momente be-
von anderen, z. B. von Manto und dem ihn gegnen uns dann in der Oidipoäie und Melam-
begleitenden Knaben, beobachtete {Eur. Fhoin. podie, bis schließlich die attischen Tragiker
848. Soph. Ant. lOVi), so hörte er auch auf durch Erfindung neuer Versionen und Ändei*ung
ihr Schreien und das Rauschen der Fittiche alter Mythen die Gestalt des T. als die eines
{Soph. A7d. 1001 ff., 1004, 1021. Eur. Phoin. gewaltigen Schicksalsdeuters im Dienste des
845. Schol. Aischyl. Sept. 24f. Apollod. 3, 6, 7). ApoUon und wohlwollenden, aber mißverstande-
Soph. Aiit. 1000 ff. beschäftigt er sich damit nen Beraters der Labdakiden gebildet haben
zu untersuchen, was das Schreien der Vögel (vgl. Gerhard § 744). Reich sind die Tragödien
zu bedeuten habe (J3oMc/ie-iederc^ 1, 135). Mit 20 an Beispielen seiner wunderbaren Gabe und
Unrecht bestreitet Stengel S. 41, daß überhaupt an daraus entsprungenen Verwicklungen und
aus dem Schreien der Vögel ge weissagt worden Zusammenstößen mit der weltlichen Gewalt,
sei, und setzt sich in Widerspruch mit Aimllod. der ja die Dichtung die Gewalt der Priester
a. a. 0. Soph. Oid. Tyr. v. 310, 395). Für seine und Propheten gern entgegenzusetzen pflegte.
Tätigkeit als Vogelschauer hatte T. den Bei- Insofern hat T. in seinem Verhältnis zu Oidi-
namen olcovö^avvig {Eur. Phoin. 767) erhalten, pus und Kreon viel Verwandtes mit Kalchas
ja bei Plin. {N. H. 7, 56) heißt er sogar der in seiner Haltung gegenüber Agamemnon. In
Erfinder der Auspizien. Daneben übte er auch Soph. Oid. Tyr. enthüllt er dem Könige, der
die am häufigsten vorkommende Art des Wahr- ihn gegen seinen eigenen und des Gottes Willen
sagens, die Hieroskopie {Soph. Ant. 1005 ff.) aus so zum Reden zwingen will und ihn des Hoch-
und verstand auch die Kunst, die Sterne zu Verrates im Bunde mit Kreon beschuldigt,
deuten, trotz seiner Blindheit (Luc. astrol. 11); schonungslos seine Verhältnisse und sein Schick-
denn sein Name bedeutet Zeichendeuter im sal {Oid. Tyr. v. 345 — 407; 447 — 462. Vgl.
weitesten Sinne, besonders aber Deuter der Muther, Über die Teiresiasszene in Soph. K.
Gestirne, da er mit xigag und xslgog (s. o.) zu- Oed. Prg., Coburg 1890, 4 ff. Vetter, Über den
sammenhängt, also auch mit ä-6xriQ und cc- Charakt. d. Königs Oed. Prg., Freiberg 1888,
crgaTtrcü (Gurtius a. a. 0.). Endlich wird noch 25 ff., 1899, If. Völcker, Z. Kritik d. Königs
seine besondere Befähigung gerühmt neben Oed. Prg., Schweinfurt 1878, 31 ff. Tiefjenbach,
den Vogelzeichen Flammenzeichen und andere Soph. König Oed. Prg., Königsberg i. Pr., 15.
Zeichen zu verstehen {Soph. Ant. 1005: tu 40 Klein, Prg., Eberswalde 1890, 3; 22 ff. Weis-
^^TcvQcc). Aischylos freilich fügt an der Stelle, mann, Prg. Casinnrianum, Coburg 1869, 9.
wo er von der Vogelbeobachtung des T. spricht, Becker, Die Überarbeitung d. ursprüngl. Oed.
hinzu, daß er ohne Feuer geweissagt habe Prg., Kleve 1891, 10. E. Müller, Beiträge z.
{Sept. adv. Theb. ed. Ritschi v. 25). Anscheinend Erklärung d. Königs Oed., Progr. von Grimma
haben die Tragiker die Weissagekunst des T. 1882—1884, 10; 19 f. Bergenroth, Ist König
immer mehr verallgemeinert, so daß er auf allen Oed. eine Schicksalstrag. ? Prg., Thorn 1861, 1 1 f.),
Gel>ieten dieser Kunst erprobt erschien. Es in der Antigone desselben Dichters erschreckt
muß aber außer den erwähnten noch andere er durch seine furchtbaren Weissagungen (vgl.
Mittel gegeben haben, den Willen der Götter Peter Corssen, Die Ant. des So2)h. Prg. d. Prinz-
zu erforschen, wie man aus Soph. Ant. 1003 so Beinr.-Gymn., Berlin 1898, 22 f. Er. Bempel,
schließen kann (vgl. Stengel a. a. 0. 46). Auch Soph. Ant, Hamm 1843, 24 f.) den kaltblütigen
der Lose scheint er sich zur Erforschung der Tyrannen Kreon so, daß dieser das Verbot der
Zukunft bedient zu haben; denn Eur. Phoin. Bestattung des Polyneikes rückgängig zu machen
841 sagt er zur Tochter: bereit ist, das schreckliche Verhängnis von
^ ' , '1 ^ CL/ ' " j'i ,j seinem Hause aber nicht mehr abzuwenden
oiorrnCiLax oqvl^cov ^la^cov ^a'.oicvv sv ^sqo.- ^. »^ hoheitsvolle Sehergestalt dar, wäh-
rend er in Euripides' Phoinissen., in denen er
Wir sehen also hier die Lose mit der Vogel- den Sieg über die Argiver vom Opfertode des
schau angewandt (vgl. K. F.Hermann a. a. 0. 60 Menoikeus abhängig macht, geringere Züge
§ 39, 10). Für seine Tüchtigkeit als Prophet zeigt. Endlich hat Seneca in seinem Oidipus,
hat Pindar {Nem. 1, 60; 61) seinen berühmten der inhaltlich dem Oid. Tyr. des Soph. ent-
Landsmann mit dem Beinamen ogd-oaavxLg spricht, die thebanische Sage neu bearbeitet,
geehrt und {Isth. 6 (7), 8) seinen scharfen Ver- Doch hat Seneca eine niedrige Auffassung von
stand gerühmt. der Seherkunst. Um sich des Auftrags des
Die Schilderungen von seiner Tätigkeit Königs, den Mörder des Laios ausfindig zu
in Theben sind sämtlich in einer Zeit ent- machen, zu entledigen, versucht es T. zuerst mit
standen, in der seine wahre Bedeutung ver- der Haruspizin {Seneca Oed. 301—402. Braun,
191 Teiresias (Prophezeiungen) Teiresias (in d. Nekyia) 192*
Oed. d. Sen. [Eh. Idus. 1878. Bd. 22, 278 ff.]). 11. verspricht er den Thebanern den Sieg
Als nun diese Art der Weissagung nicht den über die Argiver, ^venn Meuoikeus, Kreons
gewünschten Erfolg hat, ordnet er ein Preis- Sohn, um den noch immer wegen des Drachens
lied des Bacchus an, während er den Schatten zürnenden Ares zu versöhnen, sich freiwillig
des Laios heraufbeschwören will. Die Rolle, opfern würde {Eur. Phoin. 834 ff. 9ai. 1009.
die T. bei Soph. im Oid. Tyr. hat, ist in diesem 1090. Stat Thtb. 10, 7öGff. Hygin f. G8. Apol-
Stücke dem Kreon übertragen, der der Be- lod. 3, G, 7. Script, hist. poet. Gr. p. 377. Phi-
schwöning beiwohnt und erst durch Drohungen lostr. Iwag. 1, 4. Gruppe 533. Prelkr-Plew^
von Oidipus sich zur Mitteilung der von Laios 2, 359. Overbeck, Her. Gcd. 183. Stengel, Gr.
gesprochenen Worte bestimmen laßt. Diese lo Kultusaltert. 89);
Beschwörungsszene hat Seneca von Soph. nicht 12. rät er den Thebanern, die im Kampfe
übernehmen können; sie soll von Euripides aus mit den Epigonen wiederholt unterlegen waren,
dessen verloren gegangenem Oidipus nach mit den Feinden einen Waffenstillstand zu
Welcker {Gr. Tr. 3, 1454) entlehnt sein. Doch schließen und in der Nacht heimlich zu fliehen,
scheint sich die Sache so zu verhalten, daß um sich vor völliger Vernichtung zu retten
diese Neuerung von Seneca selbst herrührt, in- {ApoUod. 3, 7, 3. Freller-Plew^ 2, 367).
dem Szenen der Nekromantie in die epischen Die gewaltige übermenschliche Kraft, die
Dichtungen einzustreuen im ersten nachchrist- dem T. innewohnte, erlosch aber nicht mit
liehen Jahrhundert Mode geworden war (Braun seinem Tode, sondern nach seinem Abscheiden
a. a. 0. 270). Denn Astrologen, Magier und 20 von der Oberwelt wurde seine göttliche Seher-
Geistorbeschwörer hatten seitEnde derRepublik gäbe erst recht gewürdigt und schmerzlich
immer mehr Anklang in Rom gefunden. Seneca vermißt. Es schien den Menschen an den
nun hat dieses Motiv in die Tragödie einge- Grenzen der historischen Zeit, als ob jener
führt. Parallelen zu dieser Beschwörung sind Prophet der göttlichen Offenbarung für sie un-
die Prophezeiung vom Ende des Krieges an entbehrlich sei, und so wandten sie sich nun
Sextns Pompeius bei Lucan. {Phars. 6, 607 ff.) an seinen Schatten um Rat und Hilfe. Die
und die Geisterbeschwörung, die Eteokles durch Anrufung des T. durch Odysseus ist das
T. bei Statius {Theb. 4, 406 ff.) anstellen läßt. erste bezeugte Beispiel des Eindringens der
Es ist natürlich, daß von T. eine ganze menschlichen Neugierde in die Welt jenseits
Reihe berühmter Prophezeiungen und 30 des Grabes (/. JaekeJ, Teiresiasorakel, Diss.
Enthüllungen bekannt sind: Linz 1866. Welcker, Ulysse invoquant Vombre
1. erötinet er dem Amphitryon, daß Zeus de Tiresias 79 ff.). W^enn Stengel a. a. 0. 56 der
seiner Gemahlin Alkmene beigewohnt habe Ansicht ist, daß in der Odyssee weder eine
{Apollod. 2, 4, 8); Spur noch Andeutung von einem Totenorakel
2. verkündet er dem Narkissos den Tod. falls zu finden sei, und Lobeck {Agl. 316) jede Kennt-
er sich selbst schauen würde (C/r.il/et 3, 346 ff); nis von Seelenbeschwörung in den homerischen
3. enthüllt er das Geschick der Echo {Ov. Gedichten leugnet, so wird nachgewiesen wer-
Met. 3, 348 ff.); den, daß es sich in der Nekyia um die älteste
4. rät er dem Könige Pentheus von Theben, Totenbeschwörung handelt. Etwas muß dieser
dem Enkel des Kadmos, sich der Einführung 40 Befragung zugrunde gelegen haben, und zwar
des Dionysoskultes in Theben nicht zu wider- sicherlich Orakel, die T,, der auch im Tode die
setzen, und kündet ihm für den Fall eines Helligkeit des Geistes bewahrt hatte, aus der
Widerstandes sein Verderben an {Ov. 3Iet. S., Unterwelt emporsandte (i?o/?de, Psyche 118 Anm.,.
511 ff.). Nach Nonn. Dtonys. 44, 95 ff. hatte Preller-Itobert 810). Der Dichter der Nekyia
er schon dessen Großvater Kadmos zur Ein- läßt nun in seiner dichterischen Freiheit diese
führung des Kultus zu bestimmen gesucht Befragung statt auf der Oberwelt in der ün-
{Creuzer^ Deutsche Schr.^ 4, 143); terwelt stattfinden, aus dem naheliegenden
5. klärt er den König Oidipus über seine Grunde, weil er auf Schritt und Tritt Märchen-
Abkunft auf und verkündet ihm seine bevor- länder schildert (Preller-Pohert 809 L) — Odys-
stehenden Schicksale {Soph. Oid. Tyr. 444ff.). so seus ist zum Hades gefahren {Hom. % 490)^
6. befiehlt er dem Laios wegen seines Ver- um sich auf Anraten der Kirke von T. 'den
brechens an Chrysippos die Göttin Hera yafto- Weg und die Maße der Rückkehr' weisen zu
czoXo^ zu versöhnen (nach Peisandros. b. Schol. lassen {X 90 ff.). Gruppe vertritt die Ansicht,
Eur. Phoin. 1760) und ihr in ihrem heiligen daß die Anrufung des T. ursprünglich in Til-
Bezirke am Kithairon Sühneopfer zu bringen phossion stattgefunden habe und erst später
(vgl. Bethe, Theb. Heldenl. 9) ; in den fernen Westen verlegt worden sei {Gr.
7. sucht er Laios von seiner Reise zu Apollo Myth. 78 A. 6, 625), und die im 6. Jahrh. in
abzuhalten und zu einem Opfer an Hera ver- Kyrene entstandene Telegonie hat wahrschein-
gebens zu bestimmen (Pe».*!awdros a. a. 0. 3/ao/6, lieh Trophonios den Schatten des T. zitiert,
Comment. Mythogr. Ind. scholar. Greifswald 60 der daraufhin dem Odysseus Sühneopfer in
1894, 3 ff.); Ithaka und längere oder kürzere Verbannung
8. rät er dem Kreon, den Oidipus aus The- vorschrieb, beeinflußt durch die Sagen von Phe-
ben auszuweisen {Eur. Phoin. 1589 ff.). neos und Mantinea, die zu Kyrene in Beziehung
9. prophezeit er dem Kreon seinen und standen {Gruppe 716 f.). Von Homer ist un-
seines Sohnes furchtbaren Untergang {Soph. zweifelhaft angegeben worden, daß Odysseus
Ant. 1045 ff.); nicht etwa bloß einen Eingang zur Unterwelt
10. weissagt er Thebens Untergang {Stat. betreten hat, wie es viele gab, sondern daß er
Theb. 10, 694 ff.); in der wirklichen Unterwelt sich aufgehalten
193 Teiresias (in .1. Nokyia) Teiresias (in d. Nekyia) 194
habe (vgl. Nüzsch z. Od. 3, 35 u. 187. Praller- gestunden habe. Da nämlich T. die Bitte des
Bobcrt 811 ff). Am Eingange zum Hades grub Od. im Schattenreiche nur unzureichend er-
0. eine Grube {X 26 ff.) und goß allen Toten füllt habe und Kirke ihm nach seiner Rück-
ersteinen Weiheguß, dann schlachtete er ihnen kehr ausführlichere und auch inbetreff der
einen Widder und ein schwarzes Mutterschaf. Weissagung des T. deutlichere Auskunft er-
Wie die Schatten sich daraufhin um das Blut teilte, sei die Fahrt in die Unterwelt und die
versammelten, hielt er sie mit dem Schwerte Befragung des T. unnötig gewesen. Ks bilde
fern, bis T. getrunken hatte. Nach der Auf- diese Szene nur den Vorwand für den Dich-
fassung des Dichtern soll das Blut den Seelen ter, um einen Verkelir des Od. mit seiner
das Bewußtsein wiederbringen, da dem Blute lO Mutter und den alten (jlenossen herbeizuführen,
die Kraft innewohnt, das für gewöhnlich bei auf den allein es ihm dabei ankomme (Hohde
ihnen schlummernde Bewußtsein zu wecken, 1, 53). Kammer {Einheit der Odyss. 474) hält
Anscheinend bedeutet aber hier die Spende die Hadesfahrt und die Begegnung des Od.
eine Opfergabe zur Labung, da die Opfer- mit den Heroen für einen Teil des Ursprüng-
handlung auffallend den Bräuchen gleicht, mit liehen Epos, dagegen die Teiresiasszene und
denen man später an den Stellen, die als Ein- Unterredung des Od. mit Antikleia für ein
gang zum Hades galten, Totenbeschwörung sehr spätes Einschiebsel. Bergk {Griech. Lit-
übte {Paus. 1, 17, 5. K. 0. Müller, Prolegg. gesell. 1, 085 ff.) erklärt die Wei.ssagung des T.
363. Rohde 1, 55 ff.). T. hat gar nicht nötig, und besonders deren Schluß für echt {X 119
da seine cpQsvsg unversehrt sind, Blut zu trin- 20 — 137), aber die ganze Nekyia für ein Ein-
ken, um das Bewußtsein wieder zu erhalten; zellied, und zwar für die Arbeit eines jüngeren
also muß dieses Opfer ihm zum Genuß und zur Sängers, das ungeschickt nachträglich in die
Ehre dargebracht sein, daher ein Totenopfer Kirkegeschichte eingefügt worden sei. Au(^h
darstellen. Wie nun T. als erster getrunken nach Ed. Meyer {Herrn. 30 (1895), 244) ist die
hat, sagt er dem Odysseus sofort von selbst, Nekyia ein unabhängiges Gedicht, keine Er-
daß dieser seiner Rückkehr wegen komme. Weiterung der Kirkegeschichte. Dies begrün-
Dann verkündet er ihm, daß er infolge der det er damit, daß die Erzählung nicht in den
Blendung des Polyphem unter dem schweren Zusammenhang passe, in den sie gesetzt sei,
Zorn des Poseidon zu leiden habe, und er- da es ja widersinnig wäre, daß Kirke den Od.
mahnt ihn, auf der Insel Thrinakia sich nicht 30 in den Hades sende, T. zu befragen, wenn sie
an den Rindern des Helios zu vergreifen und ihm hinterher die Rückkehr ausführlich be-
seine Gefährten entschieden davor zu warnen. schreibt und solche Verhaltungsmaßregeln er-
Wenn dies Hindernis überwunden sei, würde teilt, daß die Prophezeiung zu dem weitern
er samt seinen Gefährten in die Heimat ge- Verlauf des Epos nicht stimmt. Dagegen be-
langen. Andernfalls würde sich Polypheras tont Gruppe S. 709, daß der wahre Zweck
Fluch erfüllen, er werde alle seine Gefährten der Hadesfahrt darin zu suchen sei, daß T.
verlieren und erst nach langen Jahren auf dem Od. das Mittel, glücklich heimzukehren,
fremdem Schiff nach Ithaka zurückkehren, wo offenbaren soll. Kirke kannte wohl alle Ge-
übermütige Menschen sein Hab und Gut unter- fahren, die dem Od. drohten, aber nicht das
dessen verpraßten und seine Gemahlin mit 40 Mittel zu einer glücklichen Heimkehr; deshalb
Heiratsanträgen belästigten. — (Diese Befra- weiß auch T. sofort, daß Od. zu ihm wegen
gung des T. durch Odysseus in der Unterwelt des voorog kommt; er braucht ihn nicht erst
wird von Horaz {sat. 2, 5, 1 ff.) höchst komisch über den Zweck seines Kommens zu fragen
dahin erweitert, daß T. ihm, der ihn bittet, {X 100). Was bedeutet nun das Gelübde des
ihm wieder zu Reichtum zu verhelfen, da er Od. im Anschluß an die Opferspende, allen
doch alles verloren habe, eine lange Anleitung Seelen zusammen eine unfruchtbare Kuh und
über Erbschleicherei erteilt.) — Über diese dem T. im besonderen noch ein schwarzes
Freier würde T. mit List oder Gewalt Herr Schaf nach erfolgter glücklicher Heimkehr zu
werden. Ferner gibt er ihm den Auftrag, mit opfern {X 30 ff.)? Am einfachsten erklärt sich
einem Ruder auf der Schulter Menschen auf- 50 noch, warum den Seelen im Hades diese Kuh
zusuchen, denen Meer und Seefahrt unbekannt geopfert werden soll, weil eben die Vegetation
sei, und dem Poseidon zu opfern, d. h. den dort traurig und unfruchtbar (% 510 diXsaUccQ-
Dieust dieses Gottes zu verbreiten {Hom. X 100 Ttog) ist (vgl. Preller- Bobert 809). Nun findet
— 131; Welcker, Gr. Tr. 1, 245). Schließlich das Opfer in Ithaka statt; die Schatten aber
prophezeit er ihm einen friedlichen Tod in- sind in den Hades gebannt und haben somit
mitten seiner glücklichen Untertanen im hoch- keinen Genuß vom Opfer. Dieses Opfer setzt
sten Alter ^| äXog {Hom. X 134ff. Gruppe 715), demnach die Anschauung der ältesten Zeit
Entgegen dieser Nachricht läßt Aischylos voraus, daß nach der Bestattung die Seele
{Nauck, Tr. Gr. Fr.^ Wvxaycoyoi fr. 275) den nicht in das Schattenreich festgebannt war,
T. verkünden, eine Möve werde einen Rochen- 60 sondern ursprünglich Bewegungsfreiheit hatte
Stachel mit ihrem Kote auf sein Haupt herab- und sich dem Opfer nahen konnte. Stengel
fallen lassen und er daran zugrunde gehen (a. a. 0. 97) freilich bestreitet die Möglichkeit,
{Sext. Empir. adu. gramm. p. 656 Bekk. Art. dieses Opfer in Ithaka mit den später üblichen
3, 1, Sp. 626; 629. Welcker, Gr. Tr. Totenopfern zu vergleichen, eben weil es fern
1, 241 ; 245). Bohde (a. a. 0. 49 ff., vgl. Bh. von den Gräbern der Verstorbenen stattgefun-
Mus. 50 (1895), 600 ff.) bestreitet, daß die Er- den habe, bietet aber eine Erklärung der Sache.
Zählung von der Befragung des T. von allem Nun erwähnt Strdbo (16, 38 p. 762) neben Am-
Anfang an im Zusammenhange der Odyssee phiaraos und Trophonios, die beide erst Men-
195 Teiresias (Kult zu Tilphossion) Teiresias (Kult zu Orchomenos) 196
sehen gewesen waren und dann unsterblich unter dem Tilphossion mit der Zeit ergangen wäre wie
der Erde fortlebten, den T. und stellt mit der dem Alalkomeneion; es verfallt, und der reli-
Sage von jenen beiden die Verse Hom. x 494 f. giöse Mittelpunkt am Kopaissee wird Orcbo-
zusammen. Es wissen hier die Sagen von Men- menos {(xruppe 78 f.), das die Heroen der ganzen
sehen zu erzählen, die lebend von der Erde ver- Landschaft in die Genealogien seiner Fürsten
schlungen wurden und dort, wo sie in die Tiefe verwebte, dem Hesiod ein Heroon errichtete und
eingefahren sind, an ganz bestimmten Stellen als Besitzerin und Hüterin der Quelle Tilphussa
unsterblich weiter lebten. Mit gutem Grunde und der Gebeine des T. seine besondere Gunst
wird demnach Strabo die drei berühmten Seher genoß (Bouche-Leclercq a. a. 0. .'J, 333). Ein
zusammengestellt haben, weil man von dem lo kleiner Schritt nur weiter war es, daß die Orcho-
Fortleben des T. unter der Erde an seinem menier behaupteten, die Gebeine des T. in ihre
Orakel zu Orchomenos Ähnliches erzählt haben Mauern gebracht zu haben, womit das Orakel
mag wie von Amphiaraos und Trophonios. Aus des T. in die Stadt verlegt war. Denn das Grab,
der Erzählung Homers von der Vorzugsstellung der Wohnsitz des Sehers (vgl. Bohde a. a. 0. 1,.
des T. bei den Schatten ertönt ein leiser Nach- 160), befand sich nunmehr innerhalb der Stadt-
klang der Sagen von den lebendig und mit mauern. Es würde dieses Ereignis eine Par-
un Versehrtem Bewußtsein entrückten Sehern, allele zu der Überführung der Gebeine des
und es läßt sich die Vermutung nicht von der Theseus nach Athen sein. Auch der Grund
Hand weisen, daß er erst seit Homer seine für das Eingehen des * ursprünglichen Orakels
Höhle verlassen habe und zu den Schatten, aber 20 wäre unschwer beizubringen. Die Verehrung
mit unvermindertem Bewußtsein, also als er- des alten Sehers wurde von der Priesterschaft
habenes Wesen, versetzt worden sei, während in Delphi scharf und anscheinend mit Erfolg
Amphiaraos zu Theben und Trophonios in Le- bekämpft, und Theben, das das Orakel des
badeia verbleiben durften (vgl. Bohde 1, 113 ff.). alten heimischen Sehers schmerzlich entbehrte,
Auch noch in anderer Beziehung ergeben sich begünstigte infolgedessen aus Kiv'alität gegen
durch Vergleichung des T. mit Amphiaraos Paral- Orchomenos das delphische Orakel {Gruppe 78).
lelen. T. wird geblendet und erhält dafür als So erlosch das alte Tilphossion, über der Quelle
Entschädigung die Prophetengabe, die ihm auch entstand der Tempel des Apollo Tilphossios
nach dem Tode im Hades verbleibt, während {Strab. 9, 27 p. 411. Burstan, Geogr. v. Grie-
Amphiaraos vom Blitz getroffen unter die Erde so clienl. 1, 234. Baedeker, Griechenl^ 169;, und in
entrückt wird und aus der Tiefe als Seher Orchomenos erblühte das Orakel des T. voa
seine Orakel emporsendet. So sind wir durch neuem. Dagegen ist Bouche-Leclercq 3, 333 der
Vergleichung des T. mit jenen beiden Sehern Ansicht, daß T. von allem Anfang an seine
der ursprünglichen Bedeutung des T. ein Stück Orakel in Orchomenos erteilt habe, und zwar
näher gekommen. weil er nach seinem Tode nicht mehr gewillt
Wie Amphiaraos in Theben und später in gewesen sei, seine Sprüche in Theben weiter
Oropos, Trophonios in Lebadeia, so ist auch zu erteilen, wo sie so schlecht befolgt worden
T. angerufen worden, aber nicht in Theben, waren. Den wirklichen Grund für seine Ver-
wie man als selbstverständlich annehmen sollte, nachlässigung Thebens kennen wir nicht. Als
sondern außerhalb seiner Heimat, die die Hei- 40 Parallele dazu kann angeführt werden, daß
densage und Tragödie kennt. Und zwar er- es {Herod. 8, 134) vom Orakel des Amphiaraos
scheint es als sicher, daß er in Tilphossion im thebanischen Gebiet heißt: Qrißcäav ovSsvl
angerufen worden ist; denn da befand sich ^iiGti ficcvrsvsö&ai «vroO-t, und der Herakles-
sein GraUmal (Strab. 9, 27 p. 411 ; 9, 36 p. 413. tenlpel in Erythrai (Patis. 7, 5, 7; 8) von keiner
Paus. 9, 33, 1). Es ist also weder an seinem Frau aus Erythrai, wohl aber von thrakischen
olavoaxoTtstov zu Theben noch an seinem Frauen betreten werden durfte. Die dritte
Kenotaphion, das ihm die Thebaner errichtet Möglichkeit besteht darin, daß das Orakel zu
hatten (Paus. 9, 16, 1. 9, 18, 4), ein Orakel Tilphossion mit dem zu Orchomenos identisch
entstanden, wenngleich sie den Wunsch danach war, insofern als dann Orchomenos im wei-
gehegt haben mögen. Und zwar haben wir uns 50 teren Sinne zu fassen ist als das Gebiet, zu
das Grab als die Wohnung des Sehers zu den- dem auch Haliartos nebst Umgebung, in der
kon, der unter die Erde entrückt ist, dort wei- das Tilphossion lag, gehörte. Diesen Stand-
ter lebt und von da seine Orakel emporsendet punkt vertritt Stoll (Bedeutung des Ares S. 43 f.),
(Gruppe 78. Bohde 117 f. A.). Auch aus dem K. 0. Müller (Orch. 72) und K. F. Hermann
feindlichen Auftreten des Apollon gegenüber (a. a. 0. § 41, 11). Und dieser Ausweg scheint
der dem T. geweihten Quelle Tilphussa (Hom. wohl der einfachste und einzig natürliche zu
h. 2, 204 ff. Strab. 9, 27 p. 411. Pind.fr. 198 JB*. sein. Der Apollotempel bei der Tilphussa wäre
PatAS. 9, 33, 6. Gruppe 77) läßt sich folgern, also dann entstanden, als das Orakel des T.
daß T. in Tilphossion zu Hause und von dort überhaupt schwieg und Apollo die Erbschaft
durch Apollon verdrängt worden ist. Freilich ist 60 des T. vollständig übernahm.
die Existenz des Orakels an der Tilphussa be- Dieses Orakel zu Orchomenos oder
stritten worden, weil immer nur das Orakel des besser zu Tilphossion gehört zu denen, über
T. zu Orchomenos erwähnt wird. Gab es also die man am wenigsten unterrichtet ist. Es
ein oder zwei Orakel des T. ? Bestanden die klingt wie Ironie des Schicksals, daß man bis
zwei dann zeitlich nebeneinander oder nachein- jetzt nur von dem Verstummen des Orakels
ander? Wir gehen von der Tatsache aus, daß etwas weiß (Plut. de def. orac. 44 p. 434 C).
T. in Tilphossion sein Grab besaß, also ange- Schwende (AUg.Schulztg.lSS3, 873 ff.), zieht aus
rufen worden ist. So wäre es denkbar, daß es den Angaben Homers über T., der ihm den
197 Teiresias (Kult zu Orchomenos; Teiresias (Diener des Apoilon) 198
goldenen Stab zuschreibt, den Schluß, daß eben, so viel Möglichkeiten, Bedingungen zu
jener ihn nur als Augur gekannt habe, ein stellen, daß die» oder jenes geschähe, bestand
bloßes Augurorakel aber in Griechenland nicht für ein Orakel, daß bei dem bisherigen Glauben
vorgekommen sei. Daraus folgert er, daß das an seine Unfehlbarkeit ein Mißlingen eher allem
eigentliche Orakel des T. einmal bestanden anderen als seiner plötzlich eingetretenen Un-
habe, aber bald untergegangen und so T. nur fähigkeit zugeschrieben werden mußte. Es
als Augur in Erinnerung geblieben sei. Und konnte diese Pest nur eine vorübergehende
zwar müßte dieses von IHutarch erwähnte Ein- Erscheinung sein, und da wäre das Verstum-
gehen des Orakels schon vor Homer eingetre- men nicht recht verständlich gewesen. Zum
ten sein, da es undenkbar wäre, daß T. gleich- lo anderen müssen wir uns aber vergegenwärtigen,
zeitig auf der Oberwelt Sprüche erteilte und daß Orchomenos unter der zunehmenden Ver-
in der Unterwelt weissagte, da ja dann Odjs- sumpfung der Umgebung durch die Über-
seus nicht nötig gehabt hätte, T. bei den schwemmungen des Sees litt, die Fieber er-
Schatten aufzusuchen. Es bedarf, um diese zeugten. Nach übereinstimmenden Nachrich-
Ausführungen zu widerlegen, nur des oben an- ten ist man aus diesem Grunde schon in alten
geführten Hinweises, daß T. für einen der Zeiten zur Verlegung der Stadt geschritten
vielseitigsten Seher galt und Homer gerade die (Baedeker a. a. 0. 19'J). Hängt also das Ver-
< )rakelsprüche, die jener aus seiner Gruft stummen des Orakels vielleicht mit diesem Er-
heraufsandte, für seine Zwecke umbildete und eignis zusammen, bei dem die Stimme dps T.
mit dichterischer Freiheit den berühmten Seher 20 versagt hätte? In diesem Falle wäre die er-
in der Unterwelt auftreten ließ (Bohde a. a. 0. wähnte Pest der symbolische Ausdruck für eine
1, 123). Also nicht das Eingehen des Orakels, lange Reihe von Verwüstungen, die die alte
von dem Plutarch {de def. orac. A^ p. 434 C) Stadt heimsuchten. Aber noch in anderer Weise
spricht, ist für den Dichter der Nekyia der ließe sich die Pest als symbolischer Ausdruck
Anstoß gewesen, den T. zu den Schatten zu deuten: als nämlich Orchomenos in späterer
versetzen, im Gegenteil, er nutzte die Anrufung Zeit durch eine Kette von Verwüstungen und
eines in der Erde hausenden dämonischen Zerstörungen immer mehr von seiner früheren
Wesens für den gegenwärtigen Vorstellungs- Blüte einbüßte und eine Stadt zweiten Ranges
kreis aus, dem an ein unterirdisches Lokal ge- wurde. So wurde infolge des unablässig fort-
bundene Wesen damals schon unverständlich 30 schreitenden Unglücks T. müde, immerfort eine
waren. Die weitere Annahme Schwencls von verlorene Sache zu stützen, und sein Mund ver-
einem Wiederaufblühen und einer erneuten Ver- stummte. Bauche- Leclercq scheint dieses Ein-
drängung des Orakels müssen wir übergehen. gehen in eine sehr späte Zeit rücken zu wol-
Dieses xQrietriQiov des T. zu Orchomenos, len, da er die Verehrung des Asklepios, des
wie es gewöhnlich heißt, ist ohne Zweifel ein Serapis und der Isis an die Stelle des verges-
Erdorakel, d. h. Inkubationsorakel {Nitssch, senen Sehers treten läßt (3, 333), von denen
Anm. z. Odys. 3, 151) gewesen, obschon Flu- jener viele Ähnlichkeit mit T. besitzt (vgl.
tarch das nicht ausdrücklich gesagt hat. Es Bohde 1, 141 ff.).
ergibt dies aber der Zusammenhang, in dem Es kann diese Pest aber auch nur eine von
er davon handelt (vgl. Bohde 1, 118), da er es 40 Plutarch erfundene Motivierung sein, braucht
mit dem Traumorakel von Mallus zusammen- also nicht verbürgt zu sein, oder diese Legende
stellt und überhaupt lokale Einwirkungen von hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Wir
Dünsten aus der Erde voraussetzt (K. F. Her- haben oben gesehen, daß T. als Seher des Zeus
man7i a. a. 0. § 41, 11). Es ist also nicht ein bezeichnet und ferner nur noch zu Athena in
Totenorakel gewesen, wo Tote beliebig zitiert Beziehung gesetzt worden ist. Bei den Tra-
werden konnten, sondern ein Orakel, wo in gikern hingegen erscheint er durchaus als der
Träumen oder sonstigen Visionen der Seher Diener und Vertreter des Apoilon. Inder
erschien (vgl. Stengel a. a. 0. 54 f. Nägelsbach, Er/ählung des Sostratos von T. (Eustatk. Schol.
Nachhomer. Theol. 190. K. F. Hermann a. a. 0. Hom. x 494 p. 1665, 47 ff.) lehrt Apoilon den T.,
Bohde 1, 120 ff. Preller - Bobert 810). Stengel 50 der hiernach anfangs ein kleines Mädchen ge-
S. 56 faßt es als Totenorakel auf, fügt aber wesen sein soll, die Musik und Mantik, und
hinzu, daß es von den von ihm S. 54 f. erwähn- schließlich nach sieben Verwandlungen stirbt
ten Traumorakeln nicht sehr verschieden ge- T., indem er in eine Maus verwandelt wird,
wesen sei. Hieraus können wir ersehen, wie der Kult des
Nach Plutarch a. a. 0. verstummte dieses Apoilon sich des Ruhmes des T. zu bemächtigen
Orakel des T. infolge einer Pest, in der viel gesucht hat. Einmal soll nach dieser Legende
Volks umkam, und trat seit dieser Zeit nie T. seine Prophetengabe dem Apoilon verdanken,
wieder in Tätigkeit. Über die Zeit nun, in Ferner galt die Maus im allgemeinen für ein
der diese Seuche eingetreten sein soll, verlautet prophetisches Tier, und besonders war sie dem
gar nichts. Es muß also dieses Erlöschen des 60 Apoilon heilig {Gruppe 803). Schon hierin kön-
Orakels sehr lange zurückgelegen haben; sonst nen wir also eine mythologische Verbindung
hätte wohl Plutarch etwas Näheres darüber an- zwischen T. und Apoilon feststellen. Ferner be-
gegeben. Anscheinend hat er selbst nichts dar- kämpft während des Krieges der Epigonen
über in Erfahrung bringen können. Nun ge- Apoilon den T. {Apollod. 3,7, 2); denn wie diese
nügt freilich ein Mangel an Rat bei einer jenen befragt hatten, offenbarte er ihnen das
Seuche allein noch nicht, um ein wirklich an- unfehlbare Mittel, den Sieg zu gewinnen, in-
gesehenes und bewährtes Orakel zum Schwei- dem er sie veranlaßte, den Alkmaion zum
gen zu bringen. So viel Freiheit in den Sprü- Führer zu nehmen. Und der Krieg endete mit
199 Teiresias (lokaler Orakelgott?) Teiresias (lokaler Orakelgott?) 200
der Vernichtung der Stadt, dem Tode des T. ßoi^vog. Bohde, Psyche^ 1, 132), wie demnach
und der Weihung der Manto nach Delphi. Der Apollon selbst in Delphi als Eindringling aner-
Tod des T. während des Epigonenkrieges am kannt wird, so sehen wir, daß in Tilphossion
Quell Tilphussa scheint demnach der delphi- an die Stelle des alten Erdorakels Apollon sei-
schen Priesterlegende zu entstammen. Zudem nen Tempel setzte und selbst an Stelle des T.
bemächtigte sich der Kult des Gottes, begün- Sprüche erteilte. Ein besseres Los hatten Am-
stigt und unterstützt durch seine rührige phiaraos und Trophonios; ihre Verehrung und
Priesterschftft in Delphi, der Nachkommenschaft ihr Ansehen blieb selbst in späten Zeiten un-
des T. Nach dem Falle Thebens wurde Manto, beeinträchtigt, und ihre Göttlichkeit wurde an-
seine Tochter, sie selbst eine berühmte Seherin, lo erkannt, indem sie als Zeus Amphiaraos und
unter den Erstlingen der von den Argivern dem Zeus Trophonios angerufen wurden {Ps.-Di-
Apollon für die Eroberung Thebens gelobten kaiarch, JDescr. Gr. I 56 {Geogr. Gr. Min. 1, 100).
Beute nach Delphi geweiht {Äpoüod. 3, 7, 4), /. Gr. Sept. l, 3498; 412. Meister, Boot. Inschr.
und bezeichnenderweise heißt sie als solche 423 {Collitz, Gr. Dialektinschr. 1, p. 163)). Auf
bei Diod. (4, 66) nicht Manto, sondern Daphne, diese Weise haben diese beiden die Umwand-
d. h. Seherin des Apollo (vgl. Panofka, Der lung vom Gotte zum Menschen und zurück zur
Mantositz am Ismenion [Ärch<ieol Ztg. 1845, Göttlichkeit durchgemacht, T. nur die vom Gotte
56ff.J). Weiterhin ist Manto von Delphi nach zum Menschen mit erhöhtem Range im Hades
Kolophon geschickt worden, um dort dem und mit göttlichen Ehren bei den Thebanern
Apollon zu dienen {Paus. 9, 33, 2). Ihr und des 20 (Diod. 4, 66).
Khakios Sohn Mopsos ist Seher in Kolophon, Die Umwandlung des Orakelgottes T. zum
also Diener des Apollon {Patis. 7, 3, 2). Der Tod sterblichen Seher, als welchem wir ihm zuerst in
des T. und die Versklavung der Manto wird in den Sagen des He^iod und Pherekydes in seinen
der Mythen (Sprache wohl die Bedeutung gehabt Beziehungen zu Zeus und Athena begegnen,
haben, daß es mit Tätigkeit des alten Orakel- hat wohl die Nekyia und die delphische Prie-
verkünders T. nunmehr aus ist und er von einem sterschaft zu Wege gebracht. Diese, die den
Nachfolger abgelöst wird. Dies erfahren wir im unbequemen Nebenbuhler ihres Gottes be-
weiteren noch deutlicher. Die Quelle Tilphussa kämpfte, hat auch die Sage erfunden, daß T.
verschwindet, zwar nicht vollständig, aber ihre — analog dem Python in Delphi — in Til-
Umgebung leidet immer mehr unter der Ver- 30 phossion begraben sei, eine Version, die von
sumpfung der Gegend, und sie selbst gerät in der Heldensage weiter ausgesponnen worden
das Sumpfgebiet, so daß sie den Namen Quelle ist. Jene hat die Befragung des T. in die
nicht mehr verdiente {Baedeker a a. 0. 169). Unterwelt verlegt und ihn dadurch zum Sterb-
Die delphische feindliche Priesterschaft erzählte liehen herabgedrückt; denn im Hades befan-
natürlich, daß sie in die Unterwelt versunken, den sich ja nur die Seelen der Abgeschiedenen.
und zwar von Apollon hinabgestoßen worden Aber er wurde hier nicht als gewöhnlicher
sei, weil sie einen Tempel des Gottes zu bauen Sterblicher aufgefaßt; denn die Erinnerung an
nicht habe gestatten wollen {Strab. 9, 27 p. 411. seine ursprüngliche Göttlichkeit verlieh ihm
Hom. h. 2, 204 ff. Pind. fr. 198 B.*). DieWoh- einen erhöhten Rang unter den Schatten und,
nung des alten Sehers bildete sein Grab. Dies 40 die Sage nunmehr rückwärts bildend, ein Le-
blieb bestehen, aber auf der Höhe über dem ben auf der Oberwelt von ungewöhnlicher
Grabe erhob sich nun der Tempel des Gottes, Länj^e, das ihn ebenfalls über alle Sterblichen
der nunmehr Orakel erteilte, des Apollon {Paus. erhob. Zu Apollon, der ihn verdrängt hatte,
9, 33, 1. Strab. 9, 36 p. 413; 27 p. 411. Bur- trat er sodann als sein Prophet und Verkün-
sian, Geogr. von Griechenl. 1, 234. Baedeker der seines Willens in Beziehung. Die Helden-
a. a. 0.). Aus dem oben Ausgeführten erhellt, sage und Tragödie hat im Laufe der Zeit die
daß T. ein lokaler Orakelgott gewesen ist, Rolle, die der sterbliche Seher auf Erden ge-
dessen Verehrung auf ein kleines Gebiet be- spielt hat, weil ein Seher von sieben Menschen-
schränkt blieb. Bei dem Eingehen des Kultes altern und mit un geschwächtem Verstand im
braucht nicht einmal an ein Verdrängen im 50 Hades kein Verständnis mehr fand, so erwei-
feindlichen Sinne gedacht zu werden. Es kam tert, daß jede Erinnerung an seine Göttlich-
eine neue Zeit, der das Verständnis für die keit verwischt wurde. Und so blieben nur
alten Götter abging. So mußte Kronos sein Sagen von seinem irdischen Dasein im Schwange.
Regiment an Zeus abgeben, und T. fand in ni^ i
Apollon, der sich unter den Olympischen Göt- Bildwerke,
tem zum Orakelgott xar' i^oxvv entwickelte, 1. Die Unterredung zwischen T. und
seinen Nachfolger. Zwei Orakelgötter in so dem Könige Oidipus (Fig. 1) ist anscheinend
unmittelbarer Nähe wie T. in Tilphossion und auf einem Vasenbilde dargestellt, das Raoul-
ApoUon in Delphi waren auch zu viel; einer Rochette {Monum. inedits pl. 78) zuerst bekannt
mußte weichen. Wie die Verehrung des Tri- 60 gemacht und K. 0. Müller {Hdb. d. Arch. § 412,
ton durch den Kult des Dionysos ersetzt wurde 3 S. 643) trefflich gedeutet und erläutert hat
und die Verdrängung als ein Kampf geschil- (vgl. Overheck, Heroengall. T&f. 2, 11. Panofka,
dert wird {Paus. 9, 20, 4; 5), wie in Delphi Arch. Ztg. 3. Jahrg. 1846, 53 f.). Der blinde
unter dem Omphalos der Erdgöttin im Tempel Seher, in reich geschmücktem Gewand und
des Apollon ein göttliches Wesen, Python, be- Schleier, stützt sich mit seiner Linken auf einen
graben lag, also ein Gott über dem Grabe des Knaben, der ihn führt wie in Soph. Oid. Tyr.
andern seinen Sitz aufgeschlagen hatte (Farro, und einen Lorbeerzweig trägt, das Zeichen des
L. L. 7, 17. Boscher, Omphalos 66. Hes. s. To^iov apollinischen Propheten. Einen mit einem
?01
Teiresias (Bildwerke)
Teiresias (Bildwerke)
202
Tempelchen gekrönten Stab trägt T. in seiner
Hechten, da er ohne Stab nicht denkbar ist.
Der König ist auf dem Throne sitzend darge-
stellt, er hält in der Hechten ein mit einem
Adler verziertes Szepter und ist lorbeerbe-
A ranzt; hat also eben geopfert oder ist dazu
ereit. Hinter dem Könige links stützt sich
ine weibliche Person auf ein Bassin und schaut
labei in einen Spiegel. In ihr erblickt Panofka
. a. 0. S. 54 Dirke, Höfer (Art. Oidipus 3, 1,
^p. 731) lokaste. Von den Göttern, die ober-
lalb dargestellt sind, also die Szene beobach-
indessen zugibt, daß sich auch die Unter-
redung des T. mit dem Könige Kreon nach
Soph. Ant. V. 975 ff. herauslesen lasse (s. Fig. 1).
2. Zahlreicher sind die Abbildungen, die
sich mit der Befragung des T. durch Odys-
seuH in der Unterwelt beschäftigen.
a) Der Moment, wie die Schattengestalt des
T. aus der Tiefe aufsteigt, ist auf einem meister-
haft gemalten Vasengemälde {Man. Inst. 5, 14) in
10 engster Anlehnung an Homer {X 9» ff.) zum Aus-
druck gebracht worden (Fig. 2). Der Schatten des
T. — nur das Haupt ist hier zu sehen, da er
TEH^-EiTI^TI^^Tri^I^TrE^J^^I^IL^ILnlLnlLnlL^ll^l^
1) Untere Keihe: lokaste (?), Oidipus, Teiresias mit seinem Knaben. — Oben: Athena (Onkaia), Apollon (Ismenios),
Aphrodite (Mutter der Harmonia?). Nacb Overheck, Die Bildwerke zum thebischen und troischcn Heldenkreis Taf. II, 11.
ten, ist anwesend Athena, auf den Schild ge-
lehnt, den Helm in der Rechten und die Lanze
in der Linken, neben ihr Apollon, lorbeerbe-
kränzt, der sich mit ihr über den Vorgang
unten unterhält, und Aphrodite, die mit der
Linken die Brust etwas entblößt. Die drei
Götter sind sitzend gedacht; zwischen Athena
und Apollon steht ein Kästchen, und Aphrodite
stützt sich mit der Rechten auf ein größeres
Kästchen. Möglicherweise soll dadurch Theben
angedeutet werden (Hesych. s. v. Sri^cf noXig
BoLcoxiag '/.al ■aißmtLOv). Neben den Göttinnen
ist je ein Stern angebracht, neben Apollon ein
Stierschädel mit Perlschnüren. Eine brennende
Lampe auf einem Pfeiler zur Rechten schließt
die Szene ab. Anscheinend tritt T. in dieser
Szene auf, um dem Könige Oidipus sein drohen-
des Geschick zu verkünden (Overheck, Heroen-
gall. S. 62 ff. nr. 75) nach Soph. Oid. Tyr. v.
316 ff. In gleichem Sinne deuten dieses Bild
Pm^ofka a. a. 0. und K. 0. Müller a. a. 0., der
BoscHXR, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V.
im Emporsteigen gedacht ist — erhebt sich
mit geöffnetem Munde aus der Tiefe, anschei-
50 nend, um dem Odysseus zu gebieten, was X 95
angegeben ist. Odysseus ist nämlich noch
auf einem Steinhaufen sitzend dargestellt und
hält das blutige Schwert in der Rechten ge-
senkt in Erwartung des Sehers, nach dessen
völligem Auftauchen er sich dann schnell er-
heben wird. Die Köpfe der geschlachteten
Schafe liegen an der Grube. Zu beiden Seiten
stehen die Gefährten, die nach X 23 den Od.
zum Hades begleitet haben; sie sind vomMa-'
60 ler als nicht geradezu bei dem Vorgang inter-
essiert aufgefaßt. Der Seher ist auf dem Ge-
mälde blind gedacht, wie die Darstellung sei-
ner Augen ergibt; ein voller Bart umrahmt
sein Kinn. Der Kopf unseres Sehers ist mat-
ter und weniger ausdrucksvoll ausgeprägt, weil
er einer Schattengestalt angehören soll. Die
Art der Ausführung hat Verdacht erregt, und
der Kopf ist geradezu für interpoliert erklärt
8
203
Teiresias (Bildwerke)
Teiresias (Bildwerke)
204
2) Odysseus befragt den Teiresia» am Bande der Unterwelt.
Nach Baumeister, Denkmäler des klatt. Altertums II Abb. 1254.
worden {PhilolÄfizeig. 1873, 572, 4; Tgl. Prdler-
Plew* 2, 468 A. 1). Dagegen hat Baumeister
(Denkm. Sp. 1040), dem wir eine lebensvolle Be-
schreibung dieser Szene mit Abb. (Sp. 1040) ver-
danken, festgestellt, daß nach neueren Unter-
suchungen die Linien durchaus antik sind (vgl.
noch den Art. Odysseus 3, 1, Sp. 672 mit Abb.
Welcher, Ä. 2>.3, 452 f. ; Lejugement de Paris 79—
84, dazu pl. XIX. Overbeck T. 32, 12, s. Abb. 2).
b) Den Augenblick, wo T. dem Odysseus seine
Schicksale verkündet, bringt ein flaches Relief
im Louvre zum Ausdruck (Fig. 3), abgebildet
bei Baumeister {Denkm. Sp. 1041). T. ist in-
zväschen heraufgestiegen und hat sich nieder-
gesetzt. Er ist in einen langen Priesterman-
tel gehüllt, der ihm das Haupt noch mit be-
deckt. Seine Füße sind nackt. Der kahle, öde
Felsen, der das unwirtliche der Unterwelt
zum Ausdruck bringen soll, dient ihm gleich-
zeitig als Thronsessel (Baumeister). Seine Linke
umspannt das Szepter, während die Rechte,
die den Stab ebenfalls umfaßt, gleichzeitig die
Stirn stützt, um sein tiefes Nachdenken anzu-
deuten, was anscheinend gleichfalls das halb-
geschlossene Auge ausdrücken soll. Der gött-
liche Dulder, der ihm gegenüber steht, ist vorn-
über gebeugt in nachdenklicher Haltung ge-
bildet; er lauscht scharf den Worten des Sehers,
um alles genau in sich aufzunehmen und sich
einzuprägen. Sein linker Fuß stützt sich auf
einen Felsblock; über dem gebeugten linken
Knie hält er den Mantel zusammengefaltet.
Die rechte Hand hält das kurze Schwert nach
vorn gestreckt, während er mit der Linken die
Scheide umfaßt. Der Körper ist völlig unbe-
kleidet. Der Kopf auf dieser Abbildung ist
nach dem nun folgenden Bilde ergänzt worden.
Dieses Relief ist der Auffassung nach jünger
als das Vasengemälde und wahrscheinlich rö-
mischen Ursprungs {Friederichs, Bausteine nr.
776). Vgl. Baumeister, Denkm. Sp. 1041. Art.
Odysseus 3, 1, Sp.672. Witickelmann, Mon. ined.,
157, Clarac, Mus. de sculpture, pl. 223, nr. 250;
40 MiUin, Gal. mythol. 175, 637.
c) Eine freie Wiederholung dieser Szene
scheint die Darstellung auf einer Glaspaste
{Overbeck T. 32, 10) zu sein (vgl. Baumeister,
Denkm. Sp. 1041. Art. Odysseus 3, 1, Sp. 672).
d) Umstritten ist noch die Deutung eines
Bildes auf einem etruskischen Spiegel {Ger-
hard 2, Taf. 240), auf dem man T. erblickt,
wie er schlafend, auf die Schulter des Hermes
gelehnt, herbeiwankt, von dem mit dem Schwerte
50 in der Hand dasitzenden Odysseus erwartet
(vgl. Art. Odysseus 3, 1, Sp. 671).
e) Der gleiche Moment scheint auf einem
Bilde (Fig. 4) zum Ausdruck gebracht worden zu
sein, das, gegen Ende der Republik gemalt, zu
einer Reihe von Odysseelandschaften gehört, die
den friesartigen Schmuck eines Zimmers auf dem
Esquilin bilden und gewissermaßen ein bild-
licher Kommentar zum 10. und 11. Buche der
Odyssee sind. Und zwar ist das hierher ge-
60 hörende Bild das beste Stück unter den Land-
schaften, von denen nur sechs bis sieben ge-
rettet sind. Die linke Seite nimmt das Meer
ein, auf dem das Schilf der Rückkehr des Od.
harrt. Ein gewaltiges Felsentor, das sich nach
rechts anschließt, bezeichnet den Eingang zur
Unterwelt, die nun folgt und als Höhle gedacht
ist. Durch das Tor hindurch fällt ein fahler
Lichtschein auf die sich darinnen, in der Mitte
205
Teiresias (Bildwerke
Teiresias (Bildwerke;
206
des Bildes und weiter nach rechts-
hin abspielende Handlung. In der
Mitte der Unterwoltszene steht,
von links nach rechts «gewandt,
Odysseus. Er hält den Oberkör-
per stark nach vorn geneif^t, in-
dem er den linken Fuß, der auf
oinem Steine ruht, gebeugt hat
und sich mit dem linken Arm
auf das linke Knie stützt. Diese
Haltung deutet an, daß er voll An-
dacht den Worten dcB T. lauscht,
der ihm gegenüber ebenfalls nach
vorn, also nach links, gebeugt
dasteht und in der Linken seinen
Stab hält. Zwischen ihnen beiden
scheint die Grube mit dem Blute
angedeutet zu sein. Zur Linken
sind die beiden Gefährten mit
dem Widder beschäftigt. Von
rechtsher nahen sich, einzeln und
in Gruppen, die Schattengestalten,
wie Homer es geschildert hat
Zu Häupten der einzelnen Figuren-
sind ihre Namen angebracht und
lassen keinen Zweifel über die
Bedeutung des Bildes aufkommen.
Abgebildet ist diese Landschaft,
die also im Vergleich zu den oben erwähnten
eine Erweiterung durch Bevölkerung mit ande-
.); wujB^iua und Teiresias.
Nach Baumeister, Denkmäler des klass. Altertums II Abb.
IL'55.
In Anlehnung an dieses Bild scheint PreUer
sein Unterweltsbild {Prellergalerie zu Weimar)
ren Gestalten aus der Sage von der Unterwelt 30 gemalt zu haben, das zu den Freskogemälden
erfahren hat, bei Woltmann (Gesch. d. Mal. 1,
113), War mann (Die antik. Odysseelandsch.^
Landsch. 329), Baumeister {A. Denkm. Sp. 858,
Abb. 939), vgl. Trendelenburg {Arch. Ztg. 1876,
89 f.), Art. Odysseus 3, 1, Sp. 672.
gehört, die die Rückkehr des Od. und seine
Irrfahrten illustrieren. Denn noch auf Veran-
lassung von Goethe wurde er vom Großherzog
Karl August zu seiner weiteren künstlerischen
Ausbildung nach Rom geschickt.
4) Odysseus in der Unterwelt, Wandgemälde aus Rom.
Nach Baumeister, Denkmäler des klass. Altertums II Abb. 939.
207 Teiresias (Bildwerke) Teisiphone 208
8. Nicht erhaltea ist eine der Erinyen (s. d,), deren Name aus der
a) das berühmte Gemälde Polygnots, die Vorstellung abgeleitet ist, daß diese Göttinnen
gan«e Unterwelt darstellend, ans der delphischen den Mord strafen (vgl. JEur. Or. 323: ^iBXdYXQm-
Lesche, die zweite große delphische Komposi- tsg Ev(isviöfg . . . tivvfisvai qpövov), also von ri-
tion des Meisters {Arch.Ztg. 1877, 120fif.; 1884, veiVy rttaai und (popog, Cornut. de nat. deor. 10
270f.). Davon können wir uns nach der Schil- (p. 83 Osann). Eust. ad Hovi. B. 763, 42, Tzetz.
derung des Pausanias (10, 28, 1; 29, 8) eine Chiliad. 12, 82U. Pyl, Myiliol Beiträae 1, 206.
Vorstellung davon machen. Der Schatten des Pott, Kuhns Zeitschrift b(lSbQ\266{. M.Förster,
T. steigt eben auf, um aus der Grube Blut zu Jahrb. f. klass. Phil. 113 (1876), 810 Anm. 18.
trinken, während Odysseus das Schwert über lo Bechtel- Fick , Die griech. Personentiamen 262
die Grube haltend, dort kauert, um alle Schatten (wo auch auf den nach der Erinys Teisiphone
fernzuhalten, bis T. vom Blute getrunken hat gebildeten Personennamen TetöiVoi^os a^f einer
und ihm das Bewußtsein zurückgekehrt ist. Münze von Pherai bei Mionnet 3, 309 hinge-
Der Künstler hatte bei seinem Werke nicht wiesen wird). Eine ganz absurde Etymologie
nur die Begegnung des T. und Odysseus sich von Tisiphone, deren Name von qpcovrj abge-
zum Vorwurf genommen, sondern nach Dich- leitet wird, findet sich bei Fulgent. Myth. 1,8
tungen und Überlieferungen der Späteren und p. 21 Helm (= Lactant. Plac. ad Stat. Theb. 1,477)
auch nach Mythen der Demetermysterieu die und Expos. Virgil. continent. p. 100, 10 Helm.
ganze Unterwelt zur Darstellung gebracht (iVc?- Mythogr. Lat. 1,109. 2, 12. 3, 6, 23 p. 187, 23.
ler-Bobert 829 f. O.Jahn, Kieler Philol. Stud. so Die Bemerkung \on J.J. Eschenhurg, Handbuch
1841, 81—164. Welcker, Abh. Berl. Äkad. d. W. d. klass. Literatur 309 (423*), Tisiphone werde
1847, B. 1849, 81—161. Welcker, Kl. Sehr. 6. besonders zur Erregung ansteckender Seuchen
63—139. i2Ä. 3fus. 26, 354 tf. Art. Odysseus S, abgesendet, bedarf starker Einschränkung.
1, Sp. 671. Baumeister, Denkm. 1040 f.). Aus Der Name der Erinys Teisiphone begegnet, ob-
der ganzen Anlage und Auffassung des Ge- wohl er gleich dem ihrer Schwestern wahr-
mäldes ergibt sich, daß es dem Vasenbilde scheinlich alt ist, in der Literatur verhältnis-
unter 2a) nicht als Vorlage gedient haben kann. mäßig spät. Nach Giuppe, Gr. Myth. 763, 10
b) Das von Nikias im folgenden Jahrhun- soll er sich zuerst bei Vergil finden; doch hat
dert mit reicheren Kunstmitteln gemalte Bild ihn schon Lucilius bei Nonius p. 427, 11 = Lu-
von der Unterwelt. Es führte den Namen Ne- so cilitis ed. Marx 1, 13 v. 169 f. und 2, 76 v. 169:
kromantia {Plin. N. H. 36, 132) oder Ninvta Tisiphone . . . Eumenidum sanctissima Erinys.
{Plut. Non passe suav. vivi sec. Epic. 11, 2. Die Ergänzung einer Inschrift am Altarfries
1093 F. Änthol. Pal. 9, 792) und galt für ein von Pergamon in [Tiai]q)6[vri], Inschr. v. Perga-
sehr berühmtes Bild; wollte es doch der Maler mon nr, 109 (andere Vorschläge sind ^6[pog\
an den König Ptolemaios nicht einmal für 60 oder $o[t^r]]) ist zu unsicher, wenngleich der
Talente verkaufen. Nach Anthol. Pal. 9, 792 Gigantenname !äU73xro[s] (insc/jr. «j.Perp.nr.l 12)
war es in Übereinstimmung mit Homers Bericht beweist, daß zu Beginn des 2. Jahrhunderts
über die Begegnung des T. und Odysseus ge- der Erinysname kX{X)riyitoa, imd also wohl auch
arbeitet; es ist also nicht ausgeschlossen, daß Tsiaiq)6vri und Miyaiga, bekannt war. Mit
die Darstellung des Vasenbildes (vgl. Art. 40 diesen ihren zwei Schwesten 'AXIti-atw und Mh-
Odysseus 3, 1, 671 f. Baumeister^ Denkm. 1041) ycciQu verbunden wird sie genannt bei Apollod.
sich an dieses berühmte Bild angelehnt hat. 1,1,4. Tzetz. zu Lykophr.AOB. Hygin. fab. praef.
[Buslepp.] 10, 5 Schm. Cornut. a. a. 0. Orph. Argon. 982.
Teiresiai {Teigiaiai) werden (Aelian de nat. Hymn. 69, 2. Schol. Hom. II. 9, 464. Suid. s. v.
anim. 8, 6) Seher genannt, die ebenso berühmt E'biisviSsg (p. 619,11 Bernh.). Harpokrat. s. v.
gewesen sind wie Teiresias (s, diesen). [Buslepp.] Ei)iisviÖ£g (p. 140, 16 Dindorf). Schol. Eur. Or.
Teisamenos s. Tisamenos. 37. Schol. Eur. Troad. 467. Tzetz. Chil. 12, SIS.
Teisandros (TsiGav^Qog). 1) Nach v. Wilamo- Eudocia 351 (p. 263 Flach). Dracontius, Medea
witz, Hermes 33 (1898), 519 ist der von Pind. 481 ff. {Poet. Lat. min. 5 p. 209). Schol. Lucan.
Nem. 11, 33 genannte UsiaarSgog (s. d. nr. 6) 50 Pharsal. 6, 732 (p. 241 ed. Endt). Papyrusfrag-
= TeiaavSgog = Tsiaa^isvog (vgl. v. Wilamo- ment aus Gizeh (römische Epoche) bei Th. Bei-
witz, Lectiones epigr. 14), Sohn des Orestes. — nach, Papyrus grecs et demotiques p. 15 nr. 3.
2) Jüngster Sohiu des Jason und der Medeia, Codex Dresdensis Da AI Fol. 1 {t&v igivvvajv:
von der Mutter, um sich an ihrem Gatten zu fi^yaiga: naicpovri xai ccXitw [so!]). Vgl. auch
rächen (daher wohl auch der Name Tsiaavögog) die oben angeführte Inschrift aus Anazarba.
samt seinem Bruder Alkimenes getötet, wäh- Wo sie sonst vorkommt — und es geschieht
reud der dritte Bruder, Thessalos, entkommt, ihrer sehr oft Erwähnung — , erscheint sie ent-
Diod. 4, 54. [Höfer.] sprechend der später von den Erinyen herr-
Teisiphone {Tsiaicpovri) — griechisch nicht sehenden Vorstellung mit Schlangen um das
Ti6i(p6v7i (vgl. Gruppe, Gr. Myth. 763, 10), wie 60 Haupt oder in den Händen {Verg. Aen. 6, 570 f.
TsLßicfovTi neben ^iTjxrcb und Meyatga der Dar- Ov. met. 4, 481. PropeH. 3, 5, 40. Tibull. 1, 3, 69.
Stellung der drei 'EgHvvsig (so!) auf einem Re- Verg. Culex 218. Seneca Herc. f. 984. Hör. Sat.
lief aus Anazarba beigeschrieben ist {Hicks, 1,8,34. /Myew. 6, 29. Stat. Theb. 2, 2^S. 4,485.
Journ. of hell. stud. 11, 239, 5. Heberdey und 7, 466. Val. Flacc. Arg. 4, 394. Claudian. De
Wilhelm, Beisen in Kilikien in Denkschriften raptu Proserpinae 1, 40. Corippus, lohann.
d. Kais. Akad.d.Wiss. in Wien phil-hist. Klasse 3,111. 4,326) das Strafamt in der Unterwelt
44 [1896J, VI S. 38 nr. 94; vgl. auch Le Bas (als Schergin des Rhadamanthys , Verg. Aen.
1613. Bamsay, Journ. of philology 11,169) — 555 ff. Lucian.Catapl. 23. 26. E.Norden, P.Ver-
209 Teisiphone Teithras 210
(rils Maro Äeneis Buch VI S. 268) ausübend, süchtigen Gemahlin Kreons ans Furcht, von
/.?<mn. P/mrs. (5, 730 flF. Fa?. F/acc. 2, 194. Sil. jener verdrängt zu werden, als Sklavin ver-
/^rt^. 2, 530. Scneca Herc. Oet. 1012. Stat. Theb. "kauft. Der eigene Vater ist es, der später
1,59. 4,213. 8,66. 758. 11, 208 fF. Öfter auch ahnungslos, daß es seine Tochter ist, die Skla-
ontwickelt Tisiphone dieselbe Tätigkeit wie vin kauft. Erst als Alkmaion nach Korinth
Kris, indem sie zum männermordenden Streite kommt, nm seine Kinder zurückzuholen, erfolgt
anfeuert, Verff. Aen. 10, 7()1 — (wo sie wie die Erkennung. — 3) Unsichere Lesart bei
Georg, ii, 662. Petron.Sat. 121,120 p. SS ed. Bue- Quint. Smyrn. 1,405, wo Alb. Zimmermann
cheler* das Epitheton pallida (pallens, Seticca, schreibt: koXtuoio 6' ^Qcog Xccßtv innoSdfioio I
Herc. Oet. 10127 führt, was nach Serv. z. d. St. lo ytvriiidxoio d-vyatQcc, MsvBnroXiiioio d' ccxoitlv
und Donat. Interpret. Vergüian. ed. //. Geprgii Ttcicpov-qv, darnach wäre also Tisiphone die
2, 386, 11 [vgl. H. Georgii, Die antike Äneis- Tochter des Troers Antimachos und die Ge-
kritik 384] nicht sowohl auf die Göttin selbst mahlin des Meneptolemos. Dagegen schreibt
zu beziehen ist, als vielmehr auf die Wirkung, Koechly im Text (vgl. aber auch die adnot.
die ihr Auftreten hervorbringt: quod pallidos crit.): . . . Xdßsv ' InnodccuBiav \ 'A. Q-. ^iBVBTtroXd-
faciat, quos ftirore commoverit) — Val. Flacc. ^loio d' (z-koitiv \ Tiaicpovov: setzt also an Stelle
6,179.403. ÄVZ. J/aZ. 2, 532fr. 614 ff. Stat. Theb. der Tisiphone einen männlichen Eigennamen
6,467. 8,346. 9,150. 11,58. 483. — Vgl. auch Tiüicpovos ein, dessen Gattin die Tochter des
Nonn. Diom/s. 10.40. 12,218. 44,218. Fetron. Antimachos, Hippodameia, wäre. Dieser Tiai-
Sat. 120, 97 (p. 87 Btiecheler*). Stat. Theb. 6, 492 20 (povog begegnet {nü.ch Koechly) bei Quint. Smyrn.
(514). Sil. Ital. 13,575. Val. Flacc. Arg. 3,214. 13,215 als ein von Neoptolemos erschlagener
4, 410. Carm. Verg. 201, 3 in Poet. Lat. min. 4 Sohn des Priamos, während Zimmermann statt
p. 199. Auch im Liebeszauber wird T. neben Ticitpovog: kvricpovog (s. d.) schreibt. [Höfer.]
Hekate angerufen. Hör. Sat. 1, 8, 34. Bei einer Teisiphonos s. Teisiphone nr. 3.
unglücklichen Ehe funktioniert sie als pronuba, Teisipyle {TsiöiTtvXri), Amazone in skythischer
Ov. HeroicL 2, 117. Nach einer auf einen Leon Bogenschützentracht neben den beiden in Ho-
von Byzanz zurückgeführten Erzählung bei plitentracht dargestellten Amazonen Thraso
{Flut.) de fl UV. 2,2 tötet T. den schönen Jung- {©gaoo) und Hypsipyle ('Tqp<yf7rvie, so!) im
ling Kithairon, der ihre leidenschaftliche I^iebe Kampfe gegen Herakles auf einem Voluten-
zurückweist, durch eine Schlange, die sie von 30 krater in Arezzo, abg. Mon. delV Inst. 8 tav. 6
ihrem Haupte nimmt und auf ihn schleudert. (verkleinert wiedergegeben bei Fwtwängler-
Nun gilt zwar der Verfasser der Schrift de flu- Feichold, Griech. Vasenmalerei 2 S. 3, Abb. 2;
viis gemeinhin für sehr unzuverlässig. Unmittel- s.unt. Sp. 231/2 Fig.l),yie\hesserbeiFurtwängler-
bar an die Erzählung von T. und Kithairon J^eic/ioZc? a.a.O. Tafel 61. Zu den Inschriften vgL
schließt er die Erzählung vom Streite des Heli- 0. Jahn, Annali 1864, 240 f. (vgl. 245). Heyde-
kon und Kithairon mit Berufung auf Herme- mann, Mitteilungen aus d. Antikensammlungen
sianax, eine Erzählung, die auch Automedes von in Ober- u. Mittelitalien {3. Hall. Winckelmanns-
Mykene nach Demetrtos von Fhaleron bei Eust. progr.) 104. W. Klein, Die griech. Vasen mit
ad Hom. Od. 1466, 55 ff. Schol. Hom. Od. 3,267 Lieblingsinschriften^ 121 nr.3. Der Name T. soll
{^.l^^y20i.) undiLysanias von Kyrenebei Tzetz. io ebenso wie Hypsipyle die Amazonen als Be-
JProZe^r. ad ZTesiot^Op. 30 (Ta?«/". behandelt hatten, schützerinnen ihrer Stadt und ihrer Tore be-
und die auch in Bruchstücken der Korinna in zeichnen, Eeichold a. a. 0. 2, 5. [Höfer.]
Berlin. Klassikertexte 5, 2, 26 ff. (vgl. v.Wilamo- Teitanios {Tsnaviog), Beiname des Asklepios
witz, ebenda 4:7 f.) erhalten ist. Es ist also auf einer Weihinschrift aus Titane, einer der
auch bei der Erzählung von der Liebe der Tei- ältesten (Paus. 2, 11, 6 f. Thrämer in Boschers
siphone zu Kithairon nicht ausgeschlossen, daß Lexikon Bd. 1 Sp. 624, 48 ff.) Kultstätten des
Pseudo-Plutarch hier nicht geschwindelt hat, Gottes, Corr. Hell. 3 (1879), 193 nr. 2. /. G. 4,
sondern auf eine ältere Quelle zurückgeht. [Vgl. 436. Gruppe, Gr. Myth. 1442, 11. [Höfer.]
jetzt auch Chatzis, Der Philosoph und Gram- Teithras {Tsi^gag), Sohn des Pandion,
matiker Ptolemaios Chennos I. Paderb. 1914 50 Epouymos des gleichnamigen attischen Demos,
S.LIII ff., dessen Glaubwürdigkeit nunmehr auch Schol. Arist. Ran. ^11 (wo Tid^gccg steht). Bei
stark gestiegen ist. R.] — 2) Nach Furi- Steph. Byz. s. v. ©ianna. Eust. ad Hom. II.
pides, kXv.iiaiav (ßiä Koqlv&ov) bei Apollodor 2, 498 p. 266, 13 = Serotiian ed. ie>2^^ 1,280, 19:
3, 7, 7 (vgl. Welcker, Die griech. Tragödien 2, Oegtcslcc, noXig BoicotLocg . . . OsöTiiddov xt/g^cc,
580 ff. F. A. Basedow, De Euripiciis f'abula ^latä öa tivag Qseniov xov Tsv^gavtag xov
kXxfiicov 6 ^lä ÄoQLvd-ov [Rostock 1872]) Toch- TlavÖLovog lautet sein Name zwar Teuthras,
ter des Alkmaion und der Manto, der Tochter doch wird durch seine Bezeichnung als Sohn
des Teiresias (nach Immisch, Jahrb. f. klass. des Pandion seine Identität mit dem Epony-
Phil. Suppl. 17, 189 ist Tsiqb6iov bei Apollodor mos der attischen TsLd'gccGioi erwiesen, Toepffer,
fehlerhaft; es ist vielmehr nach Paus. 1,43, 5 60 Att. Genealogie 257 Anm. 5; vgl. auch Paus. 3,
dafür UoXvdldov zu lesen). Alkmaion hatte 25, 4, wo der Athener Teuthras als Oikist des
während eines wegen des Muttermordes (daran lakonischen Teuthrone genannt wird, E. Maaß,
erinnert wohl auch der Name Teisiphone) über De Lenaeo et Delphinio 19. Durch die Beischrift
ihn verhängten Wahnsinnes die T. und einen T\E\l^Qag bezeichnet ist er dargestellt auf einer
Sohn Amphilochos gezeugt und beide Kinder rotfig. Kanne in Neapel als schwerverwundeter
dem König von Korinth, Kreon, zur Erziehung Genosse des Theseus im Kampfe gegen die
übergeben. Als T. herangewachsen war und Amazonen, Heydemann, Arch. Zeit. 1869, 82
in Schönheit erblühte, wurde sie von der eifer- nr. 11. Vasensamml. des Museo Nazion. zu Nea
211 Tekmessa Tekmessa 212
prf Äacc. Ctti». 239 p. 884 f. P. Kretachtner, Die dorf ein üolches BL-Scholion kennen. Vgl.
griech.Vasenifitchriften l'dbt. ni. 116. Ad. Klug- auch über diese Schollen E. Schwartz, De
mann^ Die Amtuonen in der attischen Literatur scholiis Homericis ad historiam fahularum per-
und Kunst 60 f. Vgl. Tekmessa 1. [Höfer.] tinentihus: Jahrb. f. klass. Philol. Suppl 12,
Tekmessa (7Vx^ijfftfa),altlateim8che Namens- S. 405 ff Merkwürdigerweise bietet auch der
form Tecumessa, später Tecmessa (vgl. Marius sonst so geschwatzige Eustathios z. ^t. den
Victorinus 1, p. 2466 P 8 G o. p. 2467 P U G Namen T. nicht).
[Oramm. Lat. 6 p. 8 sq.]. Priscian 1, p. 666 P In welchen griechischen Dramen außer dem
86 K [Gr. Lat. 2, p. 291. Dazu EitscM, Opusc. sophokleischen Aias T. noch vorgekommen sein
2, p. 474—76, 486 und ebenda Bibbecks Zu- lo mag, entzieht sich unserer Kenntnis. Ein
Sätze p. 612 ff., bes. p. 622 f. mit Anm. Femer Drama Tiytfirjaaa nimmt Nauck hypothetisch
Stolz im Handb. d. kl A. 2', S. 277 f.). im Index fabularum der Trag. Graec. fragm.
1) Tochter des phrygischen Königs Teleutas an. Sonst begegnet der Name selten in der
(die erst spät bezeugte Form Teuthras — griechischen Literatur, so daß zwischen Sopho-
Dietys 2, 18 f.; MaXalas, Chronogr. 103 =» Patrol. kUs und Q. Smyrnaeus nur noch Philostratos zu
Oraec. vol. 97, p. 192; Georgias Kedrenos T. 1, nennen sein dürfte, derT. zusammen mitiphis,
p. 127 « Patrol. Graec. vol. 121, p. 267; Tze- der Sklavin des Patroklos, als typisches Bei-
ttes Chiliad. 3, 263 — scheint auf Verwechs- spiel für Kriegssklavinnen nennt, wie dem
lung mit Teuthras, König von Mysien, zu be- Palamedes keine zur Seite gestanden habe
ruhen; vgl. Lobeck ad Soph. v. 210 [ed. 3, ia {Heroic. 11, 14). Ferner erwähnen T.: Suidas
p. 182]), von Aias auf einem Beutezug gegen s. v., Tzetzes, Chil. 3, 263, Georgias Kedrenos
Phrygien gefangen genommen und zu seiner a. a. 0., Joh. Malalas a. a. 0. p. 228 u. p. 192
Sklavin gemacht. Sie wird von ihm Mutter (an letzter Stelle ist die Erzählung durch eine
des Eurysakes. Sophokles läßt jedoch das trockene Beschreibung des Aussehens der T.
Sklavenlos der T. möglichst wenig drückend und Angabe ihres Alters [17 Jahre] erweitert).
erscheinen; sie nimmt fast die Stellung einer Vom Weiterleben der Gestalt der T. in der
rechtmäßigen Gattin ein und ist in treuer Liebe lateinischen Dichtung liegen verhältnismäßig
ihrem Herrn ergeben, an dessen Händen nicht, mehr Spuren vor: Ein unbekannter, vor Julius
wie die spätere Sage erzählte, das Blut ihres Caesar Strabon lebender Dichter schrieb eine
Vaters klebte. So beschwört sie ihn denn auch 3D Tecumessa (vgl. Marius Victorinus a. a. 0.),
bei allem, was ihm heilig sein muß, bei Zeus, Julius Caesar Strabo selbst eine Tecmessa.
bei ihrem gemeinsamen Ehelager, bei ihrem Ferner ist Pacuvius ine. fdb. fragm. 9 {Trag.
Sohn und bei seinen alten Eltern, vom beab- Lat. rell. ed. Bibbeck 1852) vielleicht als Klage
sichtigten Selbstmorde abzustehen (v. 486 ff.). der T. im Armorum iudicium des Pacuvius auf-
ünd wie sie dann doch vor seiner Leiche steht, zufassen {Bibbeck a. a. 0. p. 292) , ebenso At-
rühmt sie ihn noch im Tode mg xal nccg ixQ'Qotg tius, Arm. iudic. frgm. 8 u. 11 (vgl. Bibbeck,B,. a. 0.
&^tog »Qijvav tvxBiv {d24:). Als edle Mutter denkt p. 131 u. 312 ff., und Böm. Trag. S. 368 ff.) auf
sie zuerst an ihren Sohn und das Sklaven- T. zu beziehen. Dagegen ist Ennius Telamo
Schicksal, dem er nun entgegensehe (v. 944 f.), fgm. 8 {Bibbeck a. a. 0. p. 46 = Ennius ed.
um dann erst in Klagen über ihr eigenes Los 40 Vahlen^ fgm. 1) nicht auf T., sondern auf He-
auszubrechen. Aber sie ist ein frommes Weib; siona oder Eriboea {Bibbeck a. a. 0. p. 277 u.
sie weiß, daß auch das Unglück von den Göt- Böm. Irag. S. 134, Vahlen z. Stelle) und ebenso
tern komn^t (v. 950); und so findet sie bald Pacuvius ine. fab. 50 {Bibbeck a. a. 0. p. 112)
einen, wenn auch nur geringen, Trost in der nach Bibbeck, Böm. Trag. S. 229 auf Hesiona,
Überzeugung, daß nicht seine Feinde, sondern die Mutter der Teucer, zu beziehen und nicht
die Götter selbst den Aias zu Fall gebracht wie das Onomasticon Tullianum {Ciceronis opera
haben (v. 970); (vgl. zu ihrer Charakteristik ed. Orellius vol. 7) s.v. Tecmessa will, auf Tec-
auch Welcker, Kl. Schriften 2, S. 285. 292.
300f.). Der Sophokleischen Darstellung schließt In Augusteischer Zeit tauchen Reminiszen-
sich ziemlich eng Quintus Smyrnaeus an (V, so zen an T. auf bei Horaz carm. 2, 4, 5f. , wo
6, 21 ff.); auch bei ihm sind die Eltern der T. Achill-Briseis, Aiax-Tecmessa und Agamemnon-
nicht von Aias getötet worden, und auch er Cassandra als gleichberühmte Paare nebenein-
betont, daß Aias die T., obwohl sie nur eine ander genannt werden, und bei Ooid, der sich
XtiiöIti war, zu seiner aloxog gemacht habe und A. A. 3, 517 ff. über die mulier maestissima
zur ^Ävccaacc ndvtcov . . ., oatov &vä tfm/ia yvvoü- lustig macht.
xeg Idvcoral (isd^ovai itccq icvSgasi %ovqi8ioi6C . Bei Dictys a. a. 0. (vgl. oben) tötet Aiax
Ja er hat ihr versprochen, sie nach der Rück- erst den Vater der T. und führt sie dann selbst
kehr zur Herrin von Salamis zu machen. Die in die Gefangenschaft. Eine etwas konfuse
über des Aias Tod Jammernde tröstet Agamem- Notiz bei Servius ad Aen. 1, 619 gibt als Grund
non selbst: Solange er und Teukros lebten, 63 für die Verbannung des Teucer aus Salamis an,
solle sie geehrt sein 'wie eine Göttin'. daß er T. nicht zu Telamon heimgeführt habe.
Bei Homer ist T. dem Namen nach nicht Ob sich dahinter irgendwelches Wissen von
bekannt; sie wird nur dls Aiccvvog yiQag {A 13S) den weiteren Schicksalen der T. nach dem Ab-
erwähnt. Das A-Scholion bietet dazu nur das zuge der Griechen verbirgt, läßt sich nicht
Interlinearglossem Tinuriaacc (hierauf scheint mehr erweisen. Nach Plut. Alcibiad. 1 und
auch das bei Bekker erwähnte Scholion in BL Piaton, Alcibiad. 1, p. 121 (vgl. auch Paus. 2,
AHocvtog dh yiQccg Tiniiriaau i] TeXsvcavtog zu- 29, 4) führte Alkibiades sein Geschlecht auf
rückzugehen, da weder Bachmann noch Din- Eurysakes, den Sohn der T,, zurück. Jedoch
213 Teknophagos Tektaphos 214
bestreitet Töpff'er, AU. Genealogie S. 278 die Meineke (vgl. St/rdbo 10, 476), der aber statt
Existenz eines yivog der EvQvöaniSav und führt Ti-nxcc^iog die Lesart Tixroccpog (vgl. Bechtel und
Alkibiades (S. 178 f.) unter' den Kupatridai auf. Fick, Die griech. Personennamen 262) hat und
— 2) Eine der Amazonen, die von Herakles seinen Schwiegervater nicht Kgrid't-vg nennt,
getötet werden (Diodor 4, 16, 3). Die Quelle sondern KgriSy so daß man, falls man diese
des Diodor ist an dieser Stelle, wie Holzer beiden Namen nicht für identische Varianten
{Progr. Tühivgen 1881; vgl. auch iJ. Bethe, zu halten geneigt ist, bei Diod. 4, 60 statt
Quaest. Diodoreac Mythogr. Gott. 1887 p. 41 tF.). KQ7]^h(og: Kgrirog^ wie Jiaoul- Röchelte, Colon.
nachgewiesen hat, ein Herakles-Enkomion des Gr. 2, 73 vorschlägt, lesen möchte. Wesseling
asianischen Rhetors Matris (vgl. auch Jahn^ lo zu Diod. 5, 80 schreibt bei Steph. Byz. a. a. 0.
Annali delV Istit. 36, 1864, p. 245 f.). Zu be- statt Tiürarpog: T^xraftoff, Pinedo und Berke-
merken ist dabei, daß außer dem Namen der lius auf Grund von Eust. ad Hom. Od. 1861,20
Anführerin der Amazonen, Melanippe, samt- {TlBXuöyovg . . . vvv leysad-cci xovg iibtcc Ksq-acc-
liche zwölf bei Diodor genannte Amazonen- q>ov slg Kgijtriv anoLyna&ivrag ix tfjg ^-d-tob-
namen — AöUa, Alkippe, Asteria, Deianira, ridog): Kig-Kutpog, während es doch gerade
Eriboia, Eurybia, Kelaino, Marpe, Philippis, näher liegt, umgekehrt bei Eust. a. a. 0. statt
Phoibe, Prothoe, Tekmessa — sich sonst in der K^pxaqpog aus Steph. Byz. Ti-Ktacpog einzusetzen,
Literatur nicht finden, was bei der großen Zahl und so hat auch Welcker, Aeschyl. Trilogie 218
von überlieferten Amazonennamen (^'cÄoZ. IWnZ. Anm. 378 die Änderung KiQv.acpog bei Steph.
P, 189 nennt 7, Quint. Smyrn., Posth. 1, 42ff. : ao Byz. verworfen. Nach Wesseling zu Diod. 4,60
13, Tzetzes, Posth. 174 ff.: 21, ffygin. fab. 163: und K. Hoeck, Kreta 2,25 Anm. b bietet viel-
15 von den bei Diodor genannten abweichende leicht die Überlieferung des Codex Claromon-
Namen; vgl. auch die Zusammenstellung bei tanus TEvxa^og (statt Ta-urcc^og) die richtige
Fr. A. ükert, Die Amazonen [Abh. d. k. b. Form des Namens, und auch Busolt, Gr. Gesch.
Äkad. d. W. München 1849] S. 53 f. Anm. 162 1», 328 scheint die beiden Namensformen für
\m.di Stephani, Compte Mendic dela Comm. Imper. gleichberechtigt zu halten, indem er schreibt:
Archeol pour Vannee 1866 S. 174 f. Anm. 2) „unter Tektamos (Teutamos), dem Sohne des
immerhin erwähnenswert ist. Zu erklären ist Doros." Über die Wanderung des Tektamos
diese Erscheinung aus der Natur fast aller und seiner Dorier vgl. Hoeck a. a. 0. 2, 24 ff.
Amazonennamen, die selten alter Überlieferung, so 0. Müller, Dorier^ 1, 31, 1. G. Grote, Gesch.
sondern freier Erfindung ihre Entstehung ver- Griechenlands 1* (Berlin 1880), 359. Busolt, Gr.
danken (vgl. Jahn a. a. 0. p. 246). Auf Vasen- Gesch. 1*, 328. Vgl. Tektaphos. [Höfer.]
bildem scheint der Name Tekmessa nicht nach- Tektaphos {Ti-nxcccpog) , 1) Sohn des Doros,
gewiesen zu sein, [Ostern.] s. Tektamos. — 2) Fürst des indischen Volks-
Teknophagos (Tfxroqpayos), Beiname des stammes der Bolinger {BaXiyyoci)., Dionysios in
Kronos in mehreren Würfelorakeln, so aus den Bassarika bei Steph. Byz. s. v. BcoXlyyai.
Attaleia in Pamphylien, Kaibel, Hermes 10 Bei Nonn. Dionys. 26, 101 ff. , der möglicher-
(1876), 199, VII = Epigr. 1038 p. 455. Journ. weise (vgl. F. Kuntze, Die Legende von der
of hell. stud. 1912, 275 (vgl. Bevue epigraphique guten Tochter in Wort u. Bild in Neue Jahrb.
1 [1913] S. 353), aus Anabura in Pisidien, Ster- 40 für das klass. Altertum 13 [1904], 283 f.; vgL
rett, Paper s of the American School of Class. auch Reinh. Köhler, Über die Dionysiaka des
Studies at Athens ^,213 nT.M2 = Kaibel, Her- Nonnus 59) auf Dionysios zurückgeht, sind
mes 23 (1888), 535, aus Termessos in Pisidien, Tektaphos und seine Tochter Eerie {'Hsgiri)
Franz Heinevetter, Würfel- und Buchstaben- Helden einer rührenden Legende, die sich in
Orakel in Griechenland u. Kleinasien S. 23 (vgl. mannigfachen Parallelen im Altertum und
S. Iff.). Vgl. 17 xov Kgovov xsnvocpayicc., Luc.de Mittelalter wiederfindet und deren sich auch
Salt. 80. Zu den oben Bd. 2 Sp. 1569 f. er- die bildende Kunst bemächtigt hat; vgL
wähnten Darstellungen des kinderverschlingen- G. Knaack, Die säugende Tochter in Zeitschrift
den Kronos kommt hinzu die in der Tempel- f. vergleich. Literaturgesch. N. F. 12 [1898], 450 ff.
Chronik von Lindos erwähnte Darstellung auf 50 P. Kretschmer, Zur Gesch. von der säugenden
einem Krater, einem Weihgeschenk im Tempel Tochter in Zeitschrift f. deutsches Altertum und
der Athen a: Kgovog Xaiißdvav nagä 'Psag xä deutsche Literatur 'iS [lSd9], lbl&. Reinh. Köh-
xixva ■x[cc]l ■K[a\x(xnsLV(ov ^ Ch. Blinkenberg, ler. Kleinere Schriften 1,373. 2,387 und dazu
Oversigt over det Kongelige Danske Videnska- die Nachträge von Bolte und besonders Kuntze
bernes Selskabs Forhandlinger 1912 S. 332 C 23. a. a. 0. 280 ff.; vgl. auch Wissowa oben Bd. 3
[Höfer.] Sp.2500, 50 ff. (s.v. Pietas): Tektaphos wird von
Tektamos (TE-nxcc^iog) , Sohn des Doros, der Deriades (s.d.) in eine dunkle Höhle geworfen,
mit den bei Homer {Od. 19, 175) genannten damit er dort den Hungertod erleide (vgl. 30,
Doriern, Achaiern und Pelasgern aus der thes- 128ff.);aufgestellteWächter machen jede Flucht
salischen Landschaft Hestiaiotis nach Kreta 60 unmöglich. Da bittet seine Tochter Eerie, die
gekommen, die Tochter des dortigen Königs eben ein Kindlein geboren hatte, die Wachen,
Kretheus, mit der er den Asterios zeugte, ge- ihr den Zutritt zum Vater zu gestatten; nicht
heiratet und dann selbst die Herrschaft über Speise, nicht Trank bringe sie dem Vater, sie
die Insel übernommen haben soll, Diod. 4,60. wolle dem Sterbenden nur die Augen schließen;
5, 80. Quelle für Diodor ist nach Fei. Jacoby, dann solle ein Grab Vater und Tochter auf-
Das Marmor Parium 59 wohl Andron (F. H. G. nehmen. Die Wächter glaubten ihren Worten
2, 349 fr. 8; vgl. E. Bethe, Hermes 24 [1889] 416 und ließen sie ein: dem Vater in seinem dun-
und Anm. 1) bei Steph. Byz. s. v. Jmgiov p.254, 8 kein Verließe erscheint sie wie ein leuchtender
215 Tekton Telamon (Genealogie, Jugend) 216
Stern und bietet dem Verschmachtenden die (oder Aktor, s. d. Art. Aktaios 2 und v. Wila-
MUch und neues Leben spendende Brust (vgl. mowitz, a. a. 0. 246 A. 10) nud Glauke, die
80, 167 flf.). Deriades erfährt (wohl durch die Tochter des salaminischeu Königs Kychreus,
beobachtenden Wächter) von dieser Tat und die freilich bei Diodar. Sic. 4, 72, 7 vielmehr
läßt den Tektaphos in Bewunderung fdr die Telamons Gattin ist (s. u).
Kindesliebe seiner Tochter frei. Später fällt Im Gegensate hierzu erscheint sonst über-
Tektaphos von der Hand des Eurymedon, tief einstimmend als Telamons Vater Aiak es (s. d.),
beklagt und beweint von seiner Tochter, SO, der Sohn des Zeus und der Aigina (s. d.). Er
140—186. — 8) ein Lapithe: Tektaphos Ole- ist König der Insel Aigina, die er erst nach
nides nach der Lesung von Merkel und H. lo seiner Mutter benannt hat {Ov. Met. 7, 474).
Magnus bei Ov. Met. 12, 433. [Höfer.] Während bei Homer Aiakos nur Peleus* Vater
Tekton {Tixvnv). Der von Meriones getötete ist (s. o.) und sein Weib unerwähnt bleibt, 1er-
Troianer Phereklos (s. d.) heißt Tixrovog vios nen wir später auch seine Gattin Endeüs (s.d.)
l4QftovidB(o^ Hom. II. 5,60. Denn Tixrav wird kennen; er hat von ihr zwei Söhne: Tela-
Eigenname, nicht Appellativ-um sein und 14q- mon und Peleus {Pind. Pyth. S, 140 f.; Nem.
novidrig als Patronymikon dazu stehen; vgl. 5, 12; Bdkchyl. 12, 96 Blaß; schol. II. II U;
Graahof bei La Roche zu Hom. a. a. 0. Beck- schal. Eur. Ändr. 687; Isokr. 9, 16; Apoüodor
td, Zeitschr. für vergleichende Sprachforschung 1, 9, 16, 7; 3, 12, 6, 11; Diodor. Sic. 4, 72, 6;
44 (1911), 127. [Höfer.] Plut. TJics. 10; Pausan. 2, 29, 9 f.; Ov.Met.Ty
Tektonides s. Polyneos. 20 476f.; 13, 161; Hygin. fab. 14). Eine Tochter
Telames, Genosse des Phineus (s. d.), von Alkimache ist später die Gattin des Oileus
Perseus durch das Medusenhaupt versteinert, {schol. II. N 694). Es ergeben sich somit fol-
Lact. Pl(Kid. Narr. fab. Ovid. 5, 1 (p. 646, 7 gende Genealogien:
ed. H. Magnus) Bei Ov Met 5, 107 steht ^ j^^^^-^^ (Aktor)-Glauke
Ammon statt Telames. [Hofer.] ^ /
Telamon (TeXafuiip, über den Namen s. u.), Telamon
berühmter Held der griechischen Sage. 2. Zeus-Aigina Skiron
Bei Homer dient er mit seinem Namen nur . j 1
der ehrenden patronymischen Umschreibung Aiakos-Endei's
zweier, meist einzeln erwähnter, Söhne; so er- 30 .
scheint er mehrmals als Vater des großen Telamon Peleus Alkimache
Aias (A 465. 691; P 284. 293; X 663), der da- Davon weicht gänzlich ab Orph. Argon. 186 f.:
her auch TsXainovtddrig heißt (iVT 709); nur 3. Aiakos- Aigina
einmal wird dieser, als Sohn gleicher Eltern " '
{xaöifvi^tos xai öffarpog), zusammen genannt ielamon
mit seinem Bruder Teukros (M370f.). Auch Und während nach den beiden ersten Stamm-
letzterer findet sonst für sich allein Erwähnung bäumen (oder doch nach dem zweiten) Tela-
als Telamons Sohn (vlbg TeXa^dvog N 111) mon an der Wohnstätte seines Vaters, auf
oder als TsXaftoii'to? (JV170; 0 462); wenn aber Aigina, zur Welt kommt, wird er nach dem
dieser ein andermal, an einer bei Zenodot nicht 40 dritten von seiner Mutter, die also hier Aigina
gelesenen und schon von Aristophanes und heißt, am Meeresufer der Insel Salamis ge-
Aristarch verworfenen Stelle, ermahnt wird, boren, wohin er nach der gewöhnlichen über-
seinem Vater Telamon in der Feme Ruhm zu lieferung erst später als Flüchtling gelangt
verschaffen, da er ihn, obwohl er unehelich (s. u.). Einem Liebesverhältnis des Aiakos mit
sei {vod-ov Ttsg iövxa), in seinem Hause aufge- der Nereide Psamathe entstammt außerdem
zogen habe (0 280 f.; vgL Ameis-Hentze zu ein dritter Sohn, Phokos (s. d.). Einmütig
v. 284), so weist dies, im Gegensatz zu der wohnen zuerst die drei Brüder im Elternhause.
eben erwähnten Genealogie, bereits auf die Die beiden älteren, Telamon und Peleus, ge-
spätere Annahme der Abstammung des Teu- nießen mit anderen Heroen den Unterricht
iüros von einer andern Mutter, mithin aufver-öodes Cheiron: Xen. Kyneg. 1 (im Jagen);
schiedene Gattinnen des Telamon, hin; über Philostr. Heroic. 9. In Telamons Jugend
die späte Abfassung des Buches & s. Mobert, wird Aigina von einer Pest verheert (Ov. Met.
Studien zur IliasS. 161; Kammer, Ästhet. Koni- 7, 523 f.), die Aiakos mit seinen drei Söhnen
mentar zur Ilias S. 216'. Telamons eigener lange vergebens durch Gebete zu bannen sucht
Herkunft, etwa von Aiakos (s. u.), wird bei (v. 596 f.). Endlich sendet Jupiter für die hin-
Homer nirgends gedacht, vielmehr als Aiakos' gestorbenen Bewohner Ersatz durch Verwand-
Sohn hier Peleus, als AiaxLdrig entweder lung von Ameisen (^v^firjxcs) in Menschen, die
gleichfalls dieser (JI 15; H 433; S 189) oder nunmehr Myrmidonen genannt werden {Hesiod.
dessen Sohn Achilleus (1184; X 471) bezeich- fr. 76 Rzach^; schol. Pind. Nem. 3, 21; Apollo-
net (s. d. Art. Aiakides). Homer und Hesiod 60 dar 3, 12, 6, 6; Serv. J.. 2, 7; Hygin. fab. 62).
kennen diesen und den großen Aias noch nicht Die Freudenbotschaft ihres Erscheinens meldet
als Verwandte. Noch Pherekydes (bei Apollo- dem aus dem Schlafe erwachenden Vater zuerst
dor 3, 12, 7, vgl. Müller, fr. hist. Gr. 1, 72, Telamon {Ov. Met. 7, 647 f.). — Längere Zeit
/r. 15; Lütke, Pherecydeal) nennt Telamon und darauf, als Aiakos bereits alt ist, langt Minos
Peleus sogar ausdrücklich nur Freunde, vgl. von Kjreta, auf einem Rachezug gegen Athen
auch v. Wilammvitz, Homer. Unters. 246; übri- Unterstützung heischend, in Aigina an (v. 472);
gens wird hier bei Pherekydes zuerst Tela- anfangs von dem Greise und seinen drei Söhnen
mon 8 Elternpaar genannt, nämlich Aktaios bewillkommnet, wird er doch mit seinem Hilfs-
217 Telamon (Jugend, Verbannung) Telamon (in Salamis) 218
gesuch abgewiesen, da sich Aiakos vielmehr nach Salamis. Der dortige König Kycbreus
zum Bündnis mit Attika verpflichtet fühlt (s. d.), ein Sohn des Poseidon und der Salamis,
(v. 476 f.). Wirklich erscheint gleich nach einer Tochter des P'lußgottes Asopos (Bakchyl.
MinoB* Abfahrt als Abgesandter Athens Ke- 8. 3i»f. Blaß)^ hat selbst keine Söhne und
phalos und wird als alter Freund von den hinterläßt daher bei seinem Tode dem Tela-
Söhnen des Aiakos empfangen (v. 490f.). Dieser mon, der seine Tochter Glauke geheiratet liat
entspricht der Bitte des Kephalos; nachdem (Diodor. Sic. 4, 72, 7; schol. Lykophr. 110.461),
Telamon und Peleus Streitkräfte für den Krieg die Herrschaft. Über eine Glauke, die (nach
gesammelt haben (v. 669), zieht Aiakos, be- Phcrekydes fr. 15) von Aktaios (oder Aktor)
gleitet von diesen beiden älteren Söhnen und lo vielmehr Telamons Mutter ist, s. o. So ist er
an der Spitze neuer Truppen, Athen zu Hilfe nun König von Salamis {Soph. Ai. 202; Hcrod.
(V. 864 f.; 8, 4 f.). Phokos, der sich, vielleicht 8, 64; Eur. Troad. 799; Faumn. 3, 12, 7;
wegen seiner Jugend, an diesem Kriege nicht Skymn. 558). Nach Glaukes Tode wird seine
beteiligt, wird später der eponyme Besiedler zweite Gattin: Er ih oi & {'EQißoia, Find. Isthvu
von Phokis. Als dieser nach Jahren in seine 5, 45; Bakchyl. 12, 102 Blaß; Soph. Ai. 569;
Heimat Aigina zurückkehrt oder dort zu Be- Diodor. Sic. 4, 72, 7, oder 'HsQlßoia, schol. IL
such ist, wird er von einem seiner Halb- 7114) oder Periboia {nsgißoia, Xen. Kyneg.
brüder oder von beiden ermordet. Die 1, 9; Apollodor 3, 12, 7, 2; Blut. Thes. 29;
meisten Berichte nennen als Hauptschuldigen Pausan. 1, 42, 4; Verg. Cul. 300 nach Schra-
oder sogar als alleinigen Täter den Peleus 20 c?crs Lesart), die Tochter des Alkathoos (s. d.),
(s. d. Art. Bd. 3, Sp. 1829). Gemeinsam voll- des Königs von Megaris, eines Sohnes des
führen jedoch Peleus und Telamon die Tat Pelops und der Hippodameia. Mit ihr zeugt
bei Pindar {Nem. 5, 25 f.), wo beider Schuld er den Aias, der, zum Unterschied von dem
allgemein, aber deutlich bezeichnet wird; ferner gleichnamigen Oileussohne, der große, weit
in der Alkmaionis {schal. Eur. Andr. 687; öfter jedoch nach dem Vater der Telamonier
Kinkel, fr. epic. Gr. p. 76): Telamon verwun- genannt wird (s. 0.). Mag auch Aias' Mutter
det den Bruder mit dem Diskus am Kopfe, Phereboia (s. d.) mit vorgenannter Periboia
Peleus mit dem Beile tödlich im Nacken, und identisch sein, so kann sie doch, weil unter
zwar aus Neid, weil er ihnen im Wettkampf diesem Namen mitTheseus, nicht mit Telamon
überlegen ist; aus demselben Beweggrunde 30 vermählt, hier außer Betracht bleiben; dasselbe
auch im schol. Lykophr. 901 (vgl. 175) und im gilt von Aias' Mutter Meliboia {Istros bei
schol. Pind. Nem. 5, 25, wo jedoch umgekehrt Athen. 13, 557 a, fr. hist. Gr. 1, 420), Ein selt-
Telamon das Schwert schwingt; ferner bei samer Bericht, wie Telamon zu Eriboia ge-
Nikandros (Anton. Lib. 3,8): wegen Bevor- kommen sei, findet sich in einem verstümmel-
zugung durch den Vater; dagegen bei Apoll. ten Fragment des Aretades v. Knidos (Müller ,
Rhod. 1, 93: aus Versehen (cctpgccdir]); fr. hist. Gr. 4, 316), wo ihr Name zwar aus-
ohne Angabe näherer Gründe und Umstände gefallen, aber als selbstverständlich zu ergänzen
im schol. Ar. Nub. 1063 und hei Hygin. fab. 14:. ist: Telamon kommt nach Euboia, verführt
Unklar bleibt Telamons Beteiligung bei Diodor dort das Mädchen und entflieht dann bei Nacht.
4, 72, 6 f., wo zwar nur Peleus den Stief bru- 40 Der Vater merkt die Schwangerschaft der Toch-
der axQvolcog durch einen Diskuswurf tötet ter und übergibt sie einem Leibwächter zum
(ygl. Apoll. Bhod.), aber gleichwohl Telamon Ertränken; doch dieser verkauft sie aus Mit-
später mit in die Verbannung geht (s. u.). Da- leid nach auswärts; in Salamis, wohin sie ge-
gegen verübt die Tötung nur Telamon, wenn- langt, wird sie von Telamon gekauft und ge-
schon im Einverständnis mit Peleus und durch biert nunmehr den Aias in seines leiblichen
das Los bestimmt, beim Diskuswettspiel nach Vaters Hause. — Nach einer dritten Über-
ApoUodor 3, 12, 6, 11, oder aus Haß auf der lieferung holt sich Telamon seine Gattin aus
Eberhetze mit dem Jagdspeer nach Dorotheas' Athen (Diodor 4, 72, 7), was zusammenhängt
Metam. 1 bei Pseudoplutarch. Paroli. 25. ün- mit der nachträglichen künstlichen Verknüpfung
bestimmte Andeutungen b6i Ov. Met. 13, 146; 50 von Telamon und Aias mit Salamis und Attika;
vgl. 11, 267. vgl. V. Wilamowitz, Homer. Unters. 244 f.;
Beide Brüder werden von Aiakos wegen Töpffer, Att. Geneal. 271 f.; 274; Busolt, Gr.
des Mordes aus Aigina verbannt. Während Gesch. 2', 215.
Peleus in den meisten Quellenberichten sich An den großen Abenteuern und Untemeh-
nach Thessalien begibt und dort König von mungen der Heroenzeit ist Telamon ausgiebig
Phthia wird, geht Telamon allen Zeugnissen beteiligt. Bereits vor seiner Verbannung aus
zufolge nach der benachbarten Insel Sala- Salamis, also noch von Aigina aus, erfolgt sein
mis; er sucht sich aber von da aus vor dem Aufbruch zur Kalydonischen Jagd; frei-
Vater zu rechtfertigen (Pausan. 2, 29, 9. 10). lieh nur nach schol. II. TL 14; erst nachdem
Obwohl nun ein von ihm entsendeter Herold 60 er dabei unabsichtlich einen Jagdgenossen im
in seinem Namen die Teilnahme an der Tat Walde getötet hat, gelangt er als Flüchtling
ableugnet, läßt doch Aiakos ihn selbst Aigina nach Salamis, vielleicht um vor den Verfolgern
nicht wieder betreten; nur von einem Damme seine heimatliche Spur zu verwischen. Nach
aus, den er erst im Meere aufwerfen muß, darf andern Zeugnissen zieht er erst von dem spä-
er sich verteidigen. Bei Nacht baut er den teren Wohnort Salamis auf dieses Abenteuer
Damm (der noch zu Pausanias' Zeit gezeigt aus. In Euripides' Meleagros (fr. 530 Nck.^ wird
wurde), wird aber trotz seiner Rede schuldig er unter den Jägern beschrieben: den Schild
gesprochen und segelt nun zum zweiten Male geschmückt mit dem Bilde eines goldenen
219 Telamon (kalyd. Jäger, Argonaut) Telamon (im Amazouenkampf) 220
Adlers, das Haupt mit Trauben bekränzt, ver- Palast, wobei Telamon, neben den Söhnen des
läßt er Salamis und reiht sich unter ihre Phrixos und dem Augeias, zu den nächsten Be-
Scharen; vgl. Apoüodor 1, 8, 2, 4: TsXafUiv gleitem gehört {Apoll Bh. 3, 196 f.). Arges,
Aleexov i% Ikelaylvog; Hygin. fcib. 113; Ov.Met. einer von den ersteren, stellt seine Landsleute
8, 309; Stat Theb. 2, 473. Schon von Skopas dem König vor; da heißt es auch (v. 363 f.):
(s. u.) war er in der Giebelgruppe des Athene- TeXa^icav rf' oyf, yiviiaxoto
tempels zu Tegea unter den Jäj^ern dargestellt Alaxov ix-ysyccms- Zevs d* Alocxbv avrbs ?tixt«».
(Patuan. 8, 46, 6), vielleicht hier bereits, wie Als Aietes, über den Zweck ihres Kommens
er bei der Verfolgung des Ebers an einer unterrichtet, sie zunächst unter Drohungen ab-
Baum wurzel strauchelt, aber von seinem Bru- lo weist, kann wieder Telamon seinen Zorn kaum
der PeleuB wieder aufgerichtet wird (Oo. a. a. 0. unterdrücken (v. 882 f.) ; doch kommt ihm
878; vgl. d. Art. Meleagros, Bd. S, Sp. 2616. lason mit der Antwort zuvor. Auch fernerhin,
2618). als von Aietes diesem die bekannten Arbeiten
Weit gehaltvoller ist die Rolle, die Tela- auferlegt werden, ist Telamon in seiner Nähe
mon auf dem Argonautenzuge spielt. Seine (v. 440), voll leidenschaftlicher Erbitterung ob
Teilnahme wird übereinstimmend bezeugt der gestellten Zumutungen (v. 615). Während
{Apoll Hhod. 1, 93; Theokr. 13, 16 f.; Diodor. er bei Apollonios bereits hier verschwindet,
Sic. 4, 41; ApoUodor 1, 9, 16, 7; Ov. Met 13, erscheint er in der völlig abweichenden Dar-
22 f.; Hygin. fab. 14. 89; Vdl. Flacc. 1, 166; Stellung des FaZcrms FZoccus (6, 670 f.; 6, 346 f.)
Stat. Theb. 5. 879; Orph. Argon. 187; s. auch 20 später aufs neue: in dem Kriege, den die Ar-
d. Art. Argonauten, Bd. 1, Sp. 510). Als kurz gonauten dem Aietes zu Liebe gegen dessen
vor der Abfahrt die einzelnen Helden ihre Bruder Perses ausfechten, schützt Telamon
Plätze einnehmen, setzt sich Telamon auf eine mit seinem gewaltigen Schilde (ingens orbis,
Ruderbank zur Linken, in Herkules' Nähe vgl. Vera. A. 10, 783 f., sowie II P 128) den
{Valer. Flacc. 1, 363 f.), dem er auch sonst ein Argiver Canthus und sucht nach dessen Tötung
werter Genosse ist (2, 384: Telamon meus; vgl. seinen Leichnam zu retten (v. 364), eine Szene,
V. 461: Aleides Telamonque comes; s. u.). Auf die dem Kampfe des Aias um die Leiche des
dem Zuge selbst begegnet er uns im Kampfe Patroklos nachgebildet ist {II. P 384 f.).
mit dem DolionenkönigKyzikos auf dessen Allen Argonauten schreibt Hellanikos {Müller,
gleichnamiger Lisel an der Propontis, wobei so fr. hist. Gr. 1, 49, fr. 33) die Teilnahme an
er den Nisaeus und den Opheltes erlegt {Val Herakles' Zuge gegen die Amazonen am
Flacc. 3, 198). — Sodann finden wir ihn in Thermodon zu, vgl. Kullmer, Fleckeis. Jahrb.
der Gegend von Kios in Bithynien. Herakles, Supplbd. 28, 510. In der Tat ist auch sonst
dem ein Ruder zerbrochen ist, steigt dort aus, das Unternehmen mit der Argonautenfahrt in
um sich im Walde ein neues zu schneiden. Verbindung gebracht {Apoll. Ehod. 2, 966 f. ;
Die andern Gefährten schmausen am Strande; Valer. Flacc. 5, 132 f.); auch ohne ausdrück-
nur Hylas (s. d.) folgt dem Herakles, wird liehe Erwähnung ist also Telamons Beteiligung
aber von den Nymphen der Quellen Pegai ge- für die zusammenhängenden Dichtungen still-
raubt. Während Herakles und der Argonaut schweigende Voraussetzung. Besonders genannt
Polyphemos nach ihm suchen, fahren die übri- 40 wird er schon von einem alten Epiker, ent-
gen ohne jene drei ab. Erst auf der Weiter- weder Kinaithon {Corey, de Amazonum anti-
fahrt vermißt man sie, und viele sind darüber quissimis figuris, Berl Diss. 1891, S. 39) oder
entrüstet, Herakles, den besten Gefährten, nun- Hesiod {v. Wilamowitz, Eur.' Herakles 2*, 102):
mehr entbehren zu müssen; besonders wirft darnach ^habe er durch die Erlegung der un-
Telamon dem lason erbittert vor, er habe sich tadeligen Männertöterin Melanippe zuerst den
des Herakles entledigen wollen, um nicht von Gefährten Rettung geschaffen' {fr. 278 Ezach^;
dessen Ruhm überstrahlt zu werden {Apoll vgl. schol Lyk. 1329). Im Amazonenkriege er-
Bhod. 1, 1289 f.; Valer. Flacc. 3, 637 f.; pius scheint er als Herakles' treuer Helfer auch
Telamon, wegen seiner Treue gegen Herkules; sonst noch: Find. Nein. 3, 38 mit schol; Bak-
vgl. V. 693. 715. 722). Den Tiphys, der zu hQ chyl 8, 42f. Bl; schol Apoll. Rh. 1, 1289.
dem verfrühten Aufbruch geraten hat, bedroht Über die Bildwerke s. u. Zu diesen nur selten
Telamon tätlich; doch wird er von den beiden und flüchtig erwähnten Abenteuern Telamons
Boreassöhnenbeschwichtigt(^poZ/.iyi.v. 1300f.) gehört auch sein Zug mit Herakles gegen die
und bittet, nach der prophetischen Auf klärung Meroper auf der Insel Kos {Find. Nem. 4,
des Meergottes Glaukos über Hylas' Verbleib 25 f.; Isthm. 5, 31 f.; vgl. auch Dibbelt, Qitaest.
(v. 1310f.), sogar den lason mit freundlichem Coae mythogr., Diss. Greifsw. 1891, S. 3 f.),
Händedruck um Verzeihung (v. 1330f.). — Auch sowie gegen den gewaltigen Giganten Alky-
bei dem Abenteuer mit dem Bebrykerkönig oneus (s. d.) in Phlegrai auf der thrakischen
Amykos, das schon Epicharni in einer Ko- Halbinsel Pallene, den die beiden Waffenge-
mödie {Kaibel, Com. Gr. fr. p. 92), Sophokles 60 nossen Herakles und Telamon gemeinsam über-
in einem Satyrspiel {Nauck*, Trag. Gr.fr. p. 154) wältigen {Find. Nem. 4, 27 f. mit schol; Isthm.
und der Epiker Peisandros {schol Apoll Bhod. 5, 33; schol. Apoll Rh. 1, 1289). Telamons
2, 98) behandelt haben, wird Telamons gedacht; Spur auf dem Argonautenzuge begegnet uns
beide Aaciden melden sich zur Bezwingung endlich auch auf italischem Boden, in der aus
des berühmten Faustkämpfers ( Valer. Flacc. dem Kriege der Römer mit den cisalpinischen
4, 223), die jedoch schließlich allein Poly- Galliern bekannten Hafenstadt Etruriens (PoZt/5.
deukes mit Erfolg übernimmt. — In Kolchis 2, 27), die den Namen Telamon angeblich
angelangt, begibt sich lason nach des Aietes nach ihrem Gründer hat (Timaios bei Diodor.
221 Telamon (vor Troja) Telamon (vor Troja) 222
4,56,6; s.u.). Dagegen kann es auffallen, daß besonderen Verdienste auch hier zur Voraus -
bei der Landung der Argonauten in Aigina setzung. Ebenso findet die Befreiung Hesiones
am Ende der Falirt(J.jJoW. Ä/t. 4, 17G6) der dort unter Telaraons Teilnahme auf der Hinfahrt
heimischen Aiakiden, namentlich Telamons, statt bei Valer. Flacc. 2, 451 f.; 540 f.: die als
nicht gedacht wird. Lohn versprochenen Rosse (und wohl auch die
Doch ungleich wichtiger ist das ünterneh- befreite Jungfrau selbst), deren Verweigerung
men gegen Troja, weil hierbei Telamon eine Laomedon schon damals im Schilde führt
maßgebende Stellung einnimmt. Seine Beteili- (v. 550 f.; 667 f.), gedenkt Herakles auf der Heim-
gung als Herakles' treuer Gefährte wird im fahrt abzuholen (v. 575 f.); doch begnügt sich
allgemeinen mehrfach erwähnt: schol. Apoll, lo der Dichter mit einem ganz kurzen Hinweis
Rh. 1, 1289; Ilesiod im schol. Find. Isthm. 5, 53; auf die Ausfüiirung dieses Vorhabens (4, 58 f.,
schol. Nem. 3, 61; 4, 40; Bakchyl. 8, 45 f. Bl.; vgl. 164); der Bericht über einen erneuten Zug
besonders wichtig schol. Eur. Andr. 796 : oi des Herakles ^^^^m Ilion lag außerhalb seiner
^hv nXsLovg TeXaybCivä. cpa6i avaTQoctBvacci, Aufgabe. Ausführlich erzählt einen solchen
rw 'HgayiXEl inl rö "IXiov, 6 ds TIlvdccQOs Kriegszug ApoUodor (2, 6, 4f.; vgl. 3, 12, 7, 3):
(fr. 172) Tcccl nr\Xiu^ nccg* ov hi-as xi]v lato- bei der Einnahme der Stadt dringt Telamon
Qiav EvQixlSrig Xaßulv. Vgl. auch Theokr. 13, zuerst ein, doch gerade sein mutiges Vorstür-
36 f.; Philostr. Heroic. 12, 1; C. 1. Gr. 5984 B men wird ihm beinahe verhängnisvoll. Aus
20; Stat. Silv. 5, 2, 50; Theh. 5, 379 (9, 68). Neid will nämlich Herakles, der erst als zweiter
Über die verschiedenen Arten der Einordnung 20 die Mauer ersteigt, den Freund mit dem Schwert
des Zuges in Herakles' und Telamons Schick- umbringen. Dieser besänftigt ihn indes klug
aale vgl. Jessen bei Pauly- Wissoiva, Art. Arpo- berechnend dadurch, daß er offensichtlich Steine
nautai 2, 756 f. Von Dionysios SIcytobrachion zum Bau eines Altars für Herakles Kallinikos
bei Diodor. Sic. 4. 42. 49 (vgl. Bethe, Quaest. zusammenrafft; von dem versöhnten Neben-
Diodor. mythogr. If.; Schwartz bei Pauly- Wis- buhler erhält er nunmehr auch hier die Hesione.
^owa, Art. Dion. Skyt., 5, 930 f. u. Art. Dio- Diese Sagenfassung geht zurück auf jErdZawtÄ;os
doros, 5, 673 f.) wird das Abenteuer dem Ar- (Müller, fr.hist.Gr.l., 64) na.ch. schol. Lykophr.
gonautenzug in der Weise eingefügt, daß die 469 (und 34): doch ist hier der von Telamon
beiden Einzelszenen auf der Hin- und Rück- errichtete Altar dem Herakles Alexikakos ge-
reise sich vollziehen. Die Argonauten, unter 30 weiht; vgl. Kullmer a. a. 0. 569 f.; Bernh.
ihnen Herakles und Telamon, landen bei Si- Schmidt, Fleckeis. Jahrb. 1S9'6, S. 377f. Hesione
geion und finden hier Hesione (s. d.) am Ufer erscheint als Telamons Siegespreis auch sonst
angebunden, die ihr Vater, König Laomedon oft: Soph. Ai. 1300 f., vgl. 434 f. mit schal.;
von Troja, einem Seeungeheuer zum Fräße aus- Xenoph. Kyneg. 1, 9; Aristot. Bhet. 3, 15; Ov.
gesetzt hat; es ist von Poseidon gesendet zur Heroid. 20, 69; Metam. 11, 216f., vgl. 13, 22f.;
Strafe für die Verweigerung des ihm und Apol- Serv. Aen. 3, 3; 8, 157; Dar. Phryg. 3. Schlich-
Ion beim Bau der Mauern Ilions versprochenen ter ist die Darstellung des Vorgangs an einer
Lohnes. Für die Tötung des Untiers und die anderen Serviusstelle {Aen. 1, 619): ohne aus
Befreiung des Mädchens erhält Herakles dieses Lebensgefahr befreit worden zu sein, fällt hier
selbst sowie Laomedons unbesiegbare Wunder- 40 Hesione nach der Tötung ihres Vaters in die
pferde {II. E 265 f.) zum Lohne, überläßt aber Hände der Sieger, die mehr zufällig, auf der
Jungfrau wie Rosse bis zur Rückkehr von Suche nach Hylas (s. 0.), bis vor Troja gelangt
Kolchis dem Laomedon zur Aufbewahrung. sind, und wird darauf- nach Kriegsrecht dem
Als jedoch auf der Heimfahrt Telamon und Telamon überlassen. Naevius* Aesiona und der
Iphiklos als Boten des Herakles das Pfand zu- Laomedon eines unbekannten römischen Tra-
rückverlangen, werden sie vom König gefangen gikers, vielleicht Quellen für manche vorge-
gesetzt. Dessen junger Sohn Priamos dringt nannte Einzelzüge der Sage, sind verloren
auf die Herausgabe der Schwester und der {Bibbeck, B. Tr. 4:4:. 46).
Pferde zwar vergebens, ermöglicht aber durch Bescheidener nimmt sich ein anderer Kampf-
eingeschmuggelte Schwerter den beiden Gefan- 50 preis aus : bei einem Wettspiel der Griechen
genen die Tötung der Wächter und ihre eigene vor Troja schleudert Aias einen gewaltigen
Rettung aus dem Kerker. In dem nun be- ehernen Diskus, den einst Herakles dem von
ginnenden Kampfe fällt Laomedon, Troja wird ihm bezwungenen Antaios abgenommen und
erobert und Priamos in die Herrschaft des dann dem Telamon geschenkt hat, als dieser
Vaters eingesetzt. — Kurz zuvor (4, 32) hat mit ihm Troja zerstörte; Telamon hat den Dis-
Diodor die Ereignisse insofern etwas anders kus auf seinen älteren Sohn {Quint. Smyrn.
erzählt, als die Erlegung des Seeuntiers und 4, 450 f.) vererbt. — In einer anmutigen Familien-
Hesiones Befreiung zwar gleichfalls auf der szene offenbart sich Telamons häusliches Glück
Fahrt der Argonauten nach Kolchis sich er- vor dem Zuge gegen Ilion. Als ihn nämlich
•eignen, Herakles aber nach seiner Heimkehr 6Ö Herakles zur gemeinsamen Fahrt in Salamis
mit neuen Schiffen und Gefährten zu einem abholt, trifft er ihn beim Schmause; auf eine
besonderen Zuge gegen Troja aufbricht {II. Löwenhaut tretend, fleht er mit einer vollen
E 641 f.); Telamon, der zuerst in die Stadt ein- Schale, die ihm der Gastfreund reicht, diesem
gedrungen ist, krönt jener mit dem ersten Sieges- möge von seinem Weibe Eriboia ein wackerer
preise, indem er ihm die Hesione überläßt. Sohn geboren werden; ein Adler {alsTog) ver-
Ganz ähnlich Hygin. fab. 89, nur daß hier Te- heißt durch sein Erscheinen Erfüllung des
lamons besondere Heldentat verschwiegen ist; Gebets und wird Anlaß zu des Sohnes Namen
doch hat der ihm gewährte Siegerlohn seine Aiag: Pind. Isthm. 5, 51 — 80 mit schol. v. 53.
223 Telamon (u. Teukroe, Theaneira, Aias) Telamon (u. Aiaa, Teukros) 224
58; Si^l Lykophr. 466. — Bald tritt in dieses Termeintliche Schmach erlitten hat, an den
Haus als Telamons Nebenfran Hesione ein und einst vor Troja errungenen Kuhm seines Er-
gebiert ihm den Teukros (Apollodor 3, 12, 7, zeugers und bebt vor dem Zorn des leiden -
3; Hygin. fab. 8»), in dem sich also das Blut schaftlichen Greises {Soph. Ai. 433 f.); und noch
der Äaciden mit dem der Dardaniden kreuzt; in seinem letzten großen Monolog sendet er
Tgl. Preller, Gr. Mythol. 2', 406; Degen, De ihm voll Beschilmung wehmütige Abschieds-
Troxanis Scaenieis, Leipz. Diss. 1900, mit ..4p- grüße (v. 849); ebenso empfindet Teukros,
pendix: de Teucro Teucrisque^ S. 42 f. Von selbstbewußt und voll Ehrgeiz wie sein Vater,
Zerwürfnissen zwischen den Weibern wie die Schmährede Agamemnons doppelt schmerz-
zwischcn den Halbbrüdern yerlautet nichts, lo lieh (v. 1298 f.). An Telamons unerbittliche
Schon bei Homer {11. 0 280 f., freilich im Strenge knüpft der Sohn Befürchtungen, die
Gegensatz zu M 370f., wo sie Söhne gleicher auch für jenen charakteristisch sind (v. 1008 f.):
Eltern sind, s. o.), leben sie im besten Einver- er, der nicht einmal im Glück freundlicher als
nehmen; am schönsten bewährt Teukros seine sonst zu lächeln vermöge, werde nun, nach
Bruderliebe an Aias' Leiche: Soph. Ai. 976 f.; dem Verlust des älteren Sohnes, gegen ihn,
992f.; 1266 f. den jüngeren, mit keinem Vorwurf zurück-
Seltsam klingt die Erzählung, bei Trojas halten, namentlich mit dem nicht, daß er den
erstem Falle sei Theaneira als Siegespreis in Bruder aus Feigheit im Stich gelassen habe,
TelamonsHändegefallen, aber, von ihm schwan- oder etwa gar aus Hinterlist, um nach dessen
ger, aus seinem Schiffe schwiriimend nach Milet 20 Tode auch sein Erbe zu besitzen (s. u. Ennius'
entflohen und habe hier, von König Arion auf- Telamo\ Ribbeck, li. Tr. 136). — Besonders
genommen, denTrambelos oder Strambelos ge- erzürnt mag ja Telamon auf Odysseus sein,
boren {schol. Lykophr. 467, vgl. Jstros, fr. h. Gr. des Aias siegreichen Nebenbuhler im Waffen-
1, 421), den später Achill tötete (.ItÄen. 2, 43 d; prozeß. Als daher jener auf seinen Irrfahrten
v^l. Parthen. Erot. 26). Theaneira ist nach auch nach Salamis kommt, gerät er hier in
diesem Scholion nur eine andere Benennung ernste Gefahr, aus der er sich nur durch schlaue
der Hesione (s. d.; vgl. dagegen Ho/^^m^ferS. 242; Betriebsamkeit für sein Leben (industria sui)
Gruppe, Gr. Myth. 300^ ; über die Bedeutung rettet, jedoch nicht, ohne durch Telamons Ge-
der Sage s. auch Vürtheim, de Aiacis origine walttätigkeit (per vim Telamonis) seine Schiffe
eultu patria, Leiden 1907, S. 78 f. sowie d. Art. 30 mit den Gefährten und allem, was er aus Troja
Apriate, Bd. 1, Sp. 2864). — Die spätere Zu- mitgenommen, verloren zu haben {Dict. Cret.
rückforderung Hesiones bildet, da diese 6, 5). — Doch weit bekannter ist es, wie Te-
von Telamon verweigert wird, eine der Ur- lamon seinen Zorn an dem heimkehrenden
Sachen des Trojanischen Krieges {Dar. Phryg. Teukros ausläßt, dessen grausige Befürchtun-
6. 6). Bei dessen Beginn ist Telamons eigene gen (in Sophokles' Aias, s. o.) sich also voll-
Jugend und Heldenlaufbahn bereits abge- auf bestätigen. Schon Aischylos' Trilogie:
schlössen, und' eine neue Generation tritt auf ^OnXav KQiöig, ©gfjöaai, ZaXa^iviai mochte Te-
den Schauplatz. lamons Charakter direkt und indirekt veran-
Auch Telamons Söhne nämlich, Aias und schaulicht haben {G. Hermann, opusc. 7, 362 f.;
Teukros, werden unter den zahlreichen Freiern 40 Welcker, Aeschyl. Tril. 440 f. und Kl. Sehr. 2,
der Helena genannt {Apollodor 3, 10, 8, 3; bei 276). Diese Dramen sowie Sophokles' Tsvkqos
Hygin. fab. 81 wenigstens Aiax Telamonius). und EvQvod-nrig {Welcker, Gr. Trag. 191 f.; 191 f.),
Somit sind denn bei Ausbruch des Trojani- Astydamas des Jüngeren, Karkinos' und Theo-
schen Krieges auch sie eidlich verpflichtet, dektes' Al'ccg, Ions und Nikomachos' Tev-nQog
mit Menelaos gegen Dion auszuziehen (s. He- {Welcker 9bS. 1013 f.; Eibbeck, R. Tr.SI 6), ferner
lena, Bd. 1, Sp. 1935 f.; Odysseus, Bd. 3, Sp. 614). ein gleichnamiges Stück des sonst unbekannten
Vermöge seines religiösen Ernstes, der an Te- Dichters Euaretos {C. I. A. 2, 973, 7), Livius
lamon allerdings nur hier nachweisbar ist (s. u.), Andronicus' Aiax und Teucer {Bibbeck 26.
richtet er bei Sophokles an die Söhne ergrei- 40), luUus Caesar Strabos Tecmessa, Kaiser
fende Abschiedsworte {Ai. 763 f.;; um so leicht- 50 Augustus' Aiax sind sämtlich verloren. Auf
fertiger klingt deren übermütige Zurückweisung Telamon werfen höchstens drei sophokleische
durch Aias (v. 767 f.). Bei Ennitis freilich ist Fragmente einiges Licht, von denen wohl auch
Telamon auch seinerseits von Euripideischer das zweite und dritte zum Tsv-ngog gehören
Skepsis angekränkelt; er leugnet {mit Epikur) (Welcker, Trag. 192 f.; Bibbeck, B. Tr. 228 f.).
die Fürsorge der Götter für das Menschenge- Im ersten (fr. 519 Nck.*) klagte der Greis in
schlecht und verspottet alle Prophetenweisheit wehmütigem Schmerze über getäuschte Hoff-
{Ribbeck, R. Tr. 133 f.). Den nach Aulis zur nungen. So erbittert er übrigens auf den allein
Heeresversammlung absegelnden Söhnen sieht heimkehrenden jüngeren Sohn war, so rechnete
Telamon voll Teilnahme nach, in Salamis am doch dieser auf eine rasche Besänftigung des
Ufer auf einem Steine sitzend, der noch später "60 väterlichen Zornes {fr. ine. 808 Nck.^). Als
gezeigt ward {Pausan. 1, 35, 3; vgl. Vürtheim zufälliger Gast suchte O'ileus den seines Äl-
a. a. 0. 77). Zu Aias' Abschied von Telamon testen beraubten Telamon zu trösten, ^bis er,
vgl. auch Philostr. Heroic. 3. — Schon bei Ho- von dem Untergang des eigenen Sohnes Aias
mer begleitet während des Krieges die beiden (des Lokrers) unterrichtet, in jähem Stimmungs-
Brüder die Erinnerung an den gestrengen Va- Wechsel die soeben vorgebrachten Trostgründe
ter als ernstes Vor- und Schreckbild (s. 0.); vergaß und sich selbst leidenschaftlichem Jam-
noch mehr betont die spätere Sage dieses Ver- mer hingab {fr. 666 Nck.^ mit der freien Über-
hältnis: Aias denkt, als er im Waffenstreit die Setzung bei Cic. Tusc. 3, 71). — Diese verein-
225 Telamon (u. Teukros) Telamon (Tod, Grab, Kult) 226
zelten Bruchstücke werden einijyermaßen er- reich bewej^ten und für Telamon sehr charak-
gänzt durch erhaltene oder wenigstens leichter teristischen Stücke, kehrte dieser, von dem
rekonstruiorbare Dramen. Schon bei Euripi- Enkel, der auf anderen Schiffen als Teurce
des klagt Teukros in Ägypten der Helena sein nach Sahunis gekommen und dann zur Herr-
Leid {Hei. 68 f.), wie er, vom Vater Telamon, schaft gelangt war (Serv. Aen. 1, 619), des
weil er nicht mit Aias gestorben sei, aus der Landes verwiesen, dorthin als armseliger Flücht-
lleimat verwiesen, auf ApoUons (Jeheiß nach ling zurück {Cic. Tnsc. ;J, 39) und ward end-
i'ypern auswandern müsse (v. 87 f.; 104; 147 f.). lieh nach rührender Wiedererkennung, deren
\Veit ergiebiger sind die Fragmente von En- Einzelheiten unsicher sind, nochmals in seine
yiius' Aiax und Telamo, Pacuvius' Armorum iu- lo Rechte eingesetzt {Bibheck, E. Tr. 419 f.; Hörn,
■iicium und Teucer, Accius' Armorum iudicium Dichtung 1*, 180; vgl. d. Art. Eurysakes, Bd. 1,
und Ewysaces. Eine sehr wirkungsvolle Cha- Sp. 1430 f. u. Hiller v. Gärtringen bei Pauly-
rakterschilderung Telamons bot namentlich Wissowa 6, 1362). PJinen vergeblichen Versuch
Ennius in dem nach jenem benannten Stücke zur Wiedergewinnung der heimatlichen Insel
s. o.). Auf Grund ungenauer Kunde wähnt der macht Teucer vom cyprischen Salamis aus,
alte Held, beide Söhne seien im Kriege um- aber erst während der Regierung des Eurysa-
gekommen, und flucht aller Seherkunst, die ihm ces, als Telamon bereits tot ist (lustin. 44,
doch deren Rückkehr verheißen hatte (/V. 316' 3, 2: accepta opinione jjaternae mortis). Über
Vahlen', Ribbeck, R. Tr. 133 f.). Teucers un- sein Lebensende herrscht keine völlige Klar-
verhotftes Erscheinen lenkt des Vaters Verdacht 20 heit. In einem Kampfe des Herakles mit den
auf ihn, er habe in eigennütziger Absicht den Eleern, von dem Pindar {Ol. 10, 36 f.) singt,
Tod des Bruders verschuldet (vgl. Soph. Ai. fallen nach schol. v. 39; Telamon, Chalkodon
lOlöf. ; s. 0.); seine Verteidigung schützt ihn und Iphikles. Telamon liegt begraben in
nicht vor Telamons Verbannungsspruch. — der Nähe des arkadischen Flusses Aro-
Furchtbar war auch der Empfang bei Pacu- anios, Chalkodon bei der Quelle Oinoe. Da-
vius, wo sich Teucer, in der eigentlichen gegen trennt Pausanias, der dies berichtet (8,
Glanzszene dieses noch zu Ciceros Zeit mit 15, 6 f.), sowohl den Chalkodon von dem Eu-
hohem Beifall aufgeführten Dramas, vergeblich boier gleichen Namens, dessen Sohn Elephenor
zu rechtfertigen suchte, daß ihm Eurysaces ab- vor Troja die Abanten anführt (II. B 540), als
banden gekommen sei (Ribbeck, B. Tr. 223 f.; 30 auch diesen Telamon von dem "^Aigineten'^
226 f.). Hesiones Eingreifen zugunsten des denn Teukros, fügt er hinzu, sei erst bei seiner
ungerecht beschuldigten Sohnes führte einen Heimkehr von dem Vater Telamon aus Salamis
Aufstand gegen den eigensinnigen König her- verbannt worden, der daher nicht schon als
bei, für den jedoch der pietätvolle Teucer ge- Herakles' Kriegsgefährte gefallen sein könne;
gen die eigenen Freunde eintrat; hier war sein vielmehr handle es sich hier um je zwei gleich-
Abschied von der heimatlichen Insel also wohl namige Helden. Doch ist die Identität dieses
ein freiwilliger (Ribbeck, R. Tr. 229 f.; Rom. Telamon, zumal er Herakles' Genosse ist, mit
Dichtung 1-^ 168f.). — Sonst geschieht der Ver- dem Vater des Teukros sehr wahrscheinlich,
bannung des Teukros durch Telamon, eines da es ja die Heldensage mit der Chronologie
echtpopulären Stoffes, häufig Erwähnung; so 40 nicht eben genau nimmt. Vgl. auch Gruppe,
Pind. Nem. 4, 46 mit schol.; Strab. 14, 682; Gr. Myth. 9b Arnn. 9; Friedr. Pfister, Reliquien-
Pausan. 8, 15, 3; Lykophr. 447 f. mit schol; kult im Altertum 1, 127 f.
Eu.statJi.il. p. 285, 14; Cic.d.or. 2, 193; Tusc. In der Unterwelt weilen an dem Sitze der
6, 108; Verg. Aen. 1, 619 f. und Servius z. St.; Seligen auch die Aiakiden Peleus und Telamon
Hör. C. 1, 7, 21 f.; Ov. Met. 14, 698. 760; Tac. (Telamonia virtus). Das friedliche Walten ihres
Ann. 3, 62 ; lustin. 44, 3, 2 ; Dict. Cret. 6, 2. Vaters Aiakos, des Totenrichters, gewährt auch
Im Peiraieus zeigte man die Bucht Phreattys ihnen behagliche Ruhe, zumal Telamon stolz
als die Stelle, wo sich, wie später die schon beglückt ist durch die Gesellschaft seines Sohnes
einmal freigesprochenen Angeklagten, so zu- Aias, der seine Heldentaten aus dem Trojani-
erst Teukros vor Telamon habe verteidigen 50 sehen Kriege erzählt (Verg. Cul. 295 f.).
müssen (Pausan. 1, 28, 12). — Der Kyprier Einen Kultus der Aiakiden gab es auf Ai-
Nikokles, des Königs Euagoras Sohn, an den gina und Salamis. Als während eines Krieges
Isokrates eine Rede richtete, galt für einen zwischen Athenern und Thebanern, 506 v. Chr.,
Nachkommen des nach Cypern eingewanderten letztere in Bedrängnis gerieten, erbaten sie sich
Teukros und demnach auch seines Vaters Te- von den Aigineten ihre Stammheroen, die Aiaki-
lamon (Isokr. 2, argum.). — Einen weiteren den, d.h. deren Kultbilder (Herod. b, 80; Grote,
Fortschritt in der Entwickelung der Sage be- Gr. Gesch. 2, 446 d. Übers.), die sich jedoch
zeichnen Accius^ Tragödien; zwar nur wenig nicht hilfreich zeigten und daher zurückge-
Ausbeute für Telamons Lebensgeschichte bietet schickt wurden. Gewiß sind hier Peleus und
das Armorum iudicium; vielleicht berief sich 60 Telamon gemeint. Dieser wurde aber zugleich
hier (wenn nicht vielmehr im ^iaic des ^wmMS; mit seinem älteren Sohne auch auf Salamis
vgl. Ribbeck, R. Tr. 375) Teukros, als ihn verehrt. Denn unmittelbar vor der dortigen
Odysseus der Tötung des eigenen Bruders be- berühmten Schlacht holten die Athener von
schuldigte, auf seine Verwandtschaft mit Lao- der nahen Insel die Bilder des Aias und des
medon und Priamos; ohne Rücksicht auf sie, Telamon herbei (Herod. 8, 64: iy. Zaloculvog
ja ihr zum Trotz hai)e ihn sein Vater Telamon Jl'avtd rs xal TsXaiimvcc ins-aaX^ovto, vgl. c. 83.
in den Krieg gegen llion geschickt (Aristot. 84; Plut. Them. 15; Busolt, Gr. Gesch. 2^ 215.
Rhet. 3, 15 p. 1416b 1). Im Eurysaces, einem 696). Eine Kultstätte für ihn scheint endlich
227 Telamon (Charakter) Telamon (Beiwörter, Name) 228
auch sein Grab bei Pheneos in Arkadien achl&ue Berechnung (schol. Lykophr. 4Q9; Apol-
gewesen zu sein {Paus. 8, 16, 6; s. o.). lodor 2, 6, 4 f.). Als seine ägiorsia, bei der er
So verschieden auch nach Zeit, Art und streitbaren Mut mit kluger Besonnenheit ver-
Wert die Bestandteile sind, aus denen sich bindet, muß unbedingt der Zug gegen Troja
Telamons Lebensgeschichte zusammensetzt, so gelten, von dem er als den ihm von Herakles
ergibt sich doch im allgemeinen ein ziemlich gewährten Siegespreis die Königstochter He-
deutliches Charakterbild. Eine einheitliche sione heimbringt. Telamons Charakter spiegelt
Abmndang desselben wird man freilich nicht sich sodann in seinen Heldensöhnen wider,
erwarten bei einem Helden, für den die Über- denen vor Ilion als Leitstern das Beispiel de»
liefemng beispielsweise zwischen drei Vätern lo Vaters dient. Während dessen Zorn dem Aias
(Aktaios — Aktor — Aiakos) und drei Mut- noch im Sterben als Schreckbild vorschwebt,
tem (Glauke — Endete — Aigina^ hin und muß Teukros bei seiner Heimkehr die Strenge
her schwankt (s. c). Die Vornehmheit seines des unbeugsamen Greises kosten {Soph. Ai.
Geschlechts wird durch seine mehrfach be- 433 f., 1008 f, 1298f.; fr. ine. 808 Nck.*; an-
richtete Herkunft von Zeus verbürgt. Daß nius bei Rihheck S. 133 1". ; Pacuvius ebenda
dessen Sohn und erklärter Schützling Aiakos, S. 223 f, 226 f.; Accius ebenda S. 375) und, wie
nachmals berühmt als Richter in der Unter- der Vater einstmals, nunmehr selbst in die
weit, der Vater des Telamon ist, verschafft Fremde ziehen. Kommt bei solcher Härte, die
diesem schon von Haus aus Ansehen. In dem auch Odysseus auf seinem Heimzuge bitter er-
vielbe^ehrten Unterricht bei dem weisen Chei- 20 fährt {Dict. Cret. 6, 6), Telamons Vaterliebe
ron tritt er zugleich in Verkehr mit künftigen gegen Teukros zu kurz, so ist ihm doch nach
Helden und Kriegsgefährten. Bei der Neube- reich bewegtem Leben und heldenmütigem Tode
völkerung der verödeten heimatlichen Insel {schol. Find. Ol. 10, 39) die glückliche Gemein-
durch Ameisen wie bei dem Kriegszug gegen schaft mit dem ihm ähnlicheren Erstgeborenen
Kreta (s. o.) erscheint der Jüngling mit dem im Elysium {Verg. Cul. 295 f.) zu gönnen und
Vater, namentlich aber mit dem leiblichen erscheint als der beste Lohn für seine Ver-
Brader Peleus in bestem Einvernehmen. Letz- dienste als Vater, König und Kriegsheld,
terem ist er ein treuer Genosse im W"afiFen- Von dichterischen Beiwörtern bezieht
handwerk wie im Wettspiel ; besonders ist ihm sich Scyavog (II. P 284) auf seine erlauchte
hier der Diskuswurf vertraut (scÄoZ. .£Jwr. ^ndr. 30 Abstammung; Sc^ivficav (Od. X 553), &ya^6g
687; ApoUod. 3, 12, 6, 11; Hygin. fab. 273; {Pind. Pyih. 8, 100), (piqxaro? (Isthm. 5,68)
Philostr. Gymn. 3; Quint. Smyrn. 4, 450 f.). und ma.gnu8 (Stat. 2%e^. 1, 501) kennzeichnen
Seine Körperstärke ist sprichwörtlich (s. u.). ihn lobend im allgemeinen; {ifftfiitqprjs gilt der
Das Mißverhältnis zum Stiefbruder Phokos führt Festigkeit seines Charakters, p i u s (Valer. Flacc.
zu dessen gewaltsamem Tode; Telamon fällt 3,. 637. 716. 722, vgl. Stat. Theb. 9, 68) beson-
die Haupt- oder eine Mitschuld zur Last, wenn ders der Treue gegen denWaffengefährtenHera-
auch vereinzelte Stimmen {Apoll. JRhod. 1, 93, kies; ccgritcpiXog {Apoll. Rhod. 3, 1174) und
vgl. Diodor 4, 72, 6 f.) ihn ganz freisprechen. ^ v/tft«>Lt?j 5 (1, 1043) heben seinen kriegerischen
Überhaupt hat er von dem Vater, dem fromm- Sinn, ivßd-Evi]g {Quint. Smyrn. 5, 482. 580)^
sten Manne der Heroenzeit {Plut. Thes. 10), 40 avQvad-Bvrjg {Pind. Nem. 3, 36), v.QatccL6g
gerade die Frömmigkeit am wenigsten geerbt (ifefd. 4, 25) und svQvßlT\g{Nonn.Z'l,b'^h) seine
{Ennius fr. 316* Vahlen; Ribbeck, B. Tr. ISSf.; gewaltige Körperkraft hervor. Sprichwörtlich
anders ÄopÄ. -4». 763 f.); über das Beiwort p ins waren nämlich die TeXa^mvioi y,6v$vXoi
8. o. Die Verbannung aus der Heimat trennt {Uesyeh. s. v. ; Aristophon bei Koek, Com. 2,
ihn vorläufig von dem Bruder, macht ihn aber 277). Er war der Held volkstümlicher Gesänge :
durch Verheiratung zum Erben der Königs- Ar. Lys. 1237; Skolia 17 u. 18 in Bergk, hyr.
herrschaft über Salamis; doch erst durch die 3*, 649; Theopompos bei Koek, Com. 1, 750;
zweite Ehe mit Eriboia erlangt er selbst Nach- Antiphanes bei Koek 2, 46; Hesych. s. TsXcc-
kommenschaft. Kriegszüge führen ihn wieder ftüorog äSsiv.
mit Peleus zusammen; besonders aber wird er 50 DerName TsXaiimv darf als echt grie-
dabei ein treuer Genosse des Herakles {schol. chisch gelten. Trotz buchstäblicher Überein-
Apoll. Rhod. 1, 1289). Zwar erscheint er bei Stimmung hat er mit dem Namen der etrus-
den Heerfahrten und Abenteuern als Begleiter kischen Stadt nichts zu tun, wenn schon die
der Haupthelden meist in zweiter Linie, trägt Argonautensage deren Gründung auf den Hel-
jedoch auch mit eigenen Taten erheblich zum den zurückführt {Timaios bei Diodor 4, 56, 6;
Gelingen der Unternehmungen bei und erwirbt s. 0.); vielmehr ist der Name der etruskischen
sich oftmals durch besondere Leistungen Beute Stadt eben selbst auch etruskisch ; vgl. Wil-
nnd Kuhm. Ein hervorstechender Charakter- heim Schulze, Zur Geschichte lateinischer Eigen-
zug ist hierbei neben seiner echt kriegerischen nam^n, Abhandlungen der Gott. Gesellsch. d.
Gesinnung sein leidenschaftliches Ungestüm 60 Wissensch. 1904, S. 245; 572 A. 8.
{Apoll. Rhod. 1, 1289 f.; Valer. Flacc. 3, 637 f.; Sowenig es nun zweifelhaft sein kann, daß
vgl. Apoll. Rhod. 3, 382f. 515; Apollodor 2, 6, der Personenname TsXa^mv ursprünglich
4f.), das ihn und das ganze Unternehmen zeit- Appellativum ist, so verschieden wird er
weilig gefährdet. Doch ist er nach einem er- doch in seiner Anwendung auf den Helden er-
bitteirten Zerwürfnis keineswegs versöhnlicher klärt. Die Ableitung von rXa — , tragen, ist
Gesinnung bar {Apoll. Rhod. 1, 1330 f.), und mit jener Auffassung gegeben. Vielleicht unter
weit entfernt, blinder Draufgänger zu sein, dem Einfluß von ytoXvrXccg hat man nun auch
zeigt er gelegentlich mitten in der Gefahr TsXa^mv bildlich als ^Dulder' gefaßt, so
229 Telamon (Name und Wesenj Telamon (in der Kunst) 230
Preller, Gr. Myth. 2', 402. Doch sind die Kr- und überzeugendere Zusammenstellungvon
klärer des Namens meist lieber bei der eigent- Tslafimv mit "AtXccg (S. 68). Die beiden Ap-
lichen, konkreten Bedeutung des Wortes pellativa als Kunstausdrücke der Architektur
stehen geblieben, die freilich wieder verschie- lassen sich im Griechischen allerdings nicht
dener Art ist. G. Hermann (Opusc. 2, 192 f.), gleichsetzen; denn wie Vürtheim richtig be-
der das Nomen xBXa{nov von dem (mit zXa — merkt (S. 74), bedeutet tfXafimv nicht Säule
stammverwandten) Verbum WAXftv = tollere oder Tragbalken; es muß bewenden bei Vitruv.
iibleitet, erklärt es mit sustentaculum und 6, 7, 6: — si qua virili ßgura signa mutulos
versteht darunter den Mastbaum, an dem die aut Coronas suatinent, nostri telamones ap-
Segel aufgehängt sind. Ai'ag ist ihm das Se- lo pellant, — Graeci vero eos arXccvxag vocitant;
gelwerk, abzuleiten von ätaasiv. Auch erinnert vgl. G. Hermann a. a. 0. Wohl aber ist für
er an die Telamonen oder Atlanten (s. u.). die Heldensage die Gleichung Telamon =
Andere halten sich an eine zweite, häufigere Atlas unanfechtbar; sie wird direkt unterstützt
Bedeutung von TfXccfitov: Band oder Riemen durch Ennius (fr, ine. 43- Vahlen) bei Serv.
zum Tragen von Schwert oder Schild, Aen. 1, 741, vgl. 4, 246; schol. Lucan. 10, 216;
vgl. Etym. Magn. IbO^ 25. Nach v. Wilamo- Wernicke bei Pauly-Wissowa, Art. Atlas, 2,
witz {Homer. Unters. 246) ist TsXafimv dem 2125; Gruppe, Gr. Myth. 95; 493 A. 5; Degen
Al'as so zum Vater gegeben, wie dieser später a. a. 0. S. 68. Darnach 'wird der boiotische
den EvQvcä-At]? zum Sohne erhalten hat. 'Trä- Atlas nach Lokris übernommen, wo man ihn
ger (Tragriemen)' der eine, 'Breitschild' der 20 auch Telamon nennt' {Gruppe). In der arka-
andere. Beide sind nur um des Aias willen dischen Stadt Pheneos ferner, wo Telamon im
da, ohne selbständige sagenhafte Existenz. — Kampfe mit den Eleern gefallen sein soll (s. 0.),
In denselben Bahnen bewegt sich auch die erzählt man nicht nur von ihm, sondern auch
Deutung von Finsler, Homer* (1914) S. 13. 70. von Atlas {Gruppe 95 A. 9). Einen Schritt wei-
Danach hat Aias in der Utas noch keine geo- ter noch führt uns endlich schol. Eur. Phoen.
graphische Heimat, da die beiden Stellen, die 1129: Hesione, die wir als Telamons Gattin
ihn in Salamis lokalisieren (E557; JI 199j, kennen, wird hier das Weib des Atlas genannt;
erst im sechsten Jahrhundert von den Athenern vgl. auch Dict. Cret. 1, 9; Degen a. a. 0.; Vürt-
eingefügt worden sind; aber, genau besehen, heim S. 69. Sie heißt aber auch Prometheus'
auch keinen in der Sage wurzelnden Vater. 30 Gattin, und so ergibt sich mit Wahrscheinlich-
Denn dessen Name 'Schildriemen' ist erst nach keit, daß Telamon mit Atlas, mit Prometheus,
dem traditionellen Waffenstück des Aias, dem endlich auch mit Tantalos eine und dieselbe
großen mykenischen Schild, gefertigt. Indes Sagengestalt ist; vgl. Max Mayer, Giganten
wird die Herleitung des Namens Telamon vom und Titanen 88 f.; Gruppe 382 f.; 419 A. 7;
Schildriemen des Aias neuerlich von zwei Ge- 1308 A. 4; 1314 A. 10; Degen a. a. 0. Atlas
lehrten energisch bestritten, ohne daß freilich und Tantalos findet man identifiziert bei Preller-
beide in ihren positiven Aufstellungen über- Pobert, Gr. Myth. 1, 661 A. 8; v. Wilamowitz,
einstimmen. P. Girard {Aiax fils de Telamon, Eur. Herakl. 2^,96. Vielleicht zielt dahin schon
Revue des Etudes Grecques 1905, S. If.) faßt eine Bemerkung bei Gerhard, Gr. Mythol. % S7 5,
teXa^Lcav in der Bedeutung Träger, Säule 40 wonach in den Namen Peleus und Telamon ein
und erklärt mit Hilfe mehrerer kretischer Bild- Hinweis auf Erde und Himmel enthalten ist.
werke der minoischen Zeit den Telamonier Es leuchtet ein, daß eine solche Auffassung Te-
Aias für le dieu ou Vesprit du Pilier (S. 41), lamons als eines gewaltigen Titanen, falls sie
oder le Seigneur du Pilier (S. 67), d. h. einen das Richtige trifft, ihm und seiner Sippe eine
säulenbewohnenden Genius, der ihm als weit höhere selbständige Würde und mytholo-
ein Sinnbild der Fruchtbarkeit und des Reich- gische Bedeutung verleiht als jene andere, die
tums gilt (S. 58). Dadurch würde freilich Te- ihn gewissermaßen zum Schildträger des Sohnes
lamon selbst die eigene mythologische Existenz erniedrigt. Indes zu entscheiden, ob ihm diese
ganz verlieren und sein Name als bloßes Ap- Protagonistenrolle als Titane oder jene be-
pellativum nur der umschreibenden Benennung 50 scheidenere Stellung als Schildhalter oder als
des Aias dienen. — Auch Vürtheim {de Aiacis 'Säulenheiliger' ursprünglich zukommt, ist
origine cultu patria^ Leiden 1907, s. 0.) be- dieses Ortes nicht.
kämpft zwar entschieden die Herleitung des Die bildende Kunst bietet, wie sich er-
Namens Telamon vom Schildriemen des Aias, warten läßt, für keine der beiden Deutungen
verwirft aber ebenso bestimmt die Gleichsetzung einen Anhalt, sondern faßt den Telamon ledig-
von rsX(xn6)v = ctijXri, columna (S. 74 f.); viel- lieh als Glied und Bestandteil der Heroensage
mehr ist ihm TsXafimv, wofür er inschriftliche auf. Folgen wir auch hier dem biographischen
Belege aus Herwerdens Lexikon s. v. anführt, Prinzip, so ist die Kalydonische Jagd das
eine marmorne oder eherne Inschrifttafel erste Ereignis, bei dem, soweit nachweisbar, der
(titulus). Diese Annahme mag auf sich be- 60 Held veranschaulicht worden ist. In Skopas'
ruhen; wichtiger ist, daß Vürtheim den Tela- Giebelgruppe am Athenetempel zu Tegea war
mon schließlich als einen Meergott auffaßt, aus nämlich auch er dargestellt {Pausan. 8, 45, 6),
dessen Liebschaft mit der Nymphe Theaneira und zwar, falls Owri das Kunstwerk vorgeschwebt
{schol. Lykophr. 467, s. 0.) ein Sprößling (Teu- hat ( Jfetow. 8, 378 f.), wie er bei der Eberhetze
kros) hervorgegangen sei. Auf den verschlun- an einer Baumwurzel strauchelt und vor dem
genen Pfaden dieser Beweisführung begegnet Falle durch seinen Bruder Peleus bewahrt wird ;
aber auch die schon von G. Hermann (Opusc. vgl. d. Art. Meleagros, Bd. 2, Sp. 2616. 2618;
2, 193, s. 0.) angedeutete, ungleich wichtigere Surler, Die Meleagersage, Züricher Diss. 1880,
231
Telamon (Bildwerke)
Telamon (Bildwerke)
232
S. 104 f. So bestimmt Tclamons Teilnahme an
dem Abenteuer in der Literatur bezeugt ist, so
selten ist er doch auf den zahlreichen bild-
lichen Darstellungen der Kalvdonischen Jagd
nachweisbar. Durch Namensbeischrift ist er
kenntlich auf einer Berliner Vase aus Orvieto
ist Telamons Gegnerin Ainippe, wohl identisch
mit Melanippe, die er nach schol. Find. A'ejn.
3, 66 u. schol Lyk. 1329 tötet (s. o): Brönd-
sted a. a. 0. nr. 28; Fr. Häuser, Jahrb. d. Inst.
1893, S. 101 f. Endlich sieht man Herakles
und Telamon im Kampfe mit Amazonen auch
1) Botfigurige Amphora: Amazonenkampf; links: Telatnou tötet
die Amazone Tuxis; anwesend: Herakles, Thraso, Tvisipyle,
Kydoime, Hypsipyle (vgl. Reinach, Repertoire des vmetpeints 1, 166).
^Furtwängler, Vasensammlung im Antiquarium auf dem Bilde einer Vase aus liuvo im Bull.
in Berlin 1, 246, nr. 1706): hier erscheint er Arch. Nap. N. Ser. 2, 4; vgl. Amiali 1885,
mit rotem Bart und Haupthaar, ohne Hut und so S. 168. — Wie ferner bei Findar (iVt?». 4, 27 f.
nackt; das Gesicht und die rechte Körperseite mit schol.: Isthm. b, 33, vgl. schol. Apoll. Ehod.
sind stark verstümmelt; den Jagdspeer hält er 1, 1289) Telamon dem Herakles im Kampfe
nach unten gerichtet. — Auf den zahlreichen mit dem Giganten Alkyoneus hilfreich zur
Seite steht, so er-
kennt ihn 0. Jahn
(Berichte der Sachs.
Gesellsch. d. Wissen-
sch. 1853, S. 145 u.
Tafel 9) auf einer
schvi^arzfigurig. Am-
phora, obwohl er sich
hier, im Gegensatz
zu Athene und Her-
mes, diemit gespann-
tem Interesse auf die
beiden Ringer hin-
blicken, völlig teil-
nahmlos von dem
Kampfe abwendet;
s. Abb. 3. Auf dem
Bilde einer Vase von
Cometo bemerkt man ihn hinter Herakles, der an
8) Vase aus Cometo: Amazonenkampf; reclits TtÄu/uui und Ikauxt; anwesend: Herakles,
Andromache, Iphitos (vgl. Reinach 1, 230).
und bedeutsamen Abbildungen des Argo-
nautenzuges, wie z. B. denen auf der Fico-
ronischen Cista, ist Telamon unter den Ge-
fährten des Jason und des Herakles nirgends
deutlich zu erkennen. Dagegen im Amazo-
nenkampf zeigen ihn, z. T. durch Beischrif-
ten kenntlich, mehrere Vasengemälde ; auf dem
Bilde einer rotfigur. Amphora von Arezzo er-
den schlafenden Giganten heranschleicht; Kopp,
Arch. Ztg. 42, 38; s Abb. 4. — Bei dem Zuge
gegen Troja ist Herakles auf der Insel
Chryse gelandet {schol. Soph. Phil. 194); in
seiner Begleitung ist Telamon auf einem Wiener
Vasenbild: Gerhard, Arch. Zeitung 3, 164;
Taf. 36, 1; Stephani, C. M. 1873, S. 227; Gruppe
schlägt er, hinter Herakles stehend, eine Ama- 60 568 A. 3, — Hesiones Befreiung war
Zone Toxoig, O. Jahn, Amiali 1864, S. 239 f.;
242 f.; S. Beinach, Repertoire des vases peints
1, 166, s. Abb. 1; auf einer rotfigur, Vase aus
Cometo töt«t Herakles die AvdQOfiaxs, rechts
davon ergreift Tiiccfiov die I7o:t?xf , Brihidsted,
Vases of Campanari nr. 28: Fetersen, Anrudi
1884, S. 269: Mon. ined. 12, Taf. 9. 10; Reinach
1, 230, s. Abb. 2; auf einem dritten Gemälde
schon dargestellt auf einem Bilde, das Philo-
stratos d. J. (Imag. 12) beschreibt, freilich ohne
Telamons Anwesenheit zu erwähnen. Sichtbar
ist dieser auf einem unteritalischen Mosaik,
jetzt in der Villa Albani zu Rom ( Winckelmann,
Mon. ined. T. 66, H p. 90—92; Heibig, Samml.
Roms 2\ 467 nr. 1927): Telamon geleitet die
Jungfrau von dem Felsen herab, an den sie
:233
Telamon (Bildwerke)
Telamon (Bildwerke)
234
angeschmiedet gewesen ; Herakles, der das See-
tier getötet hat, steht in selbstbewußter Hal-
tung, mit Pfeil und Bogen und gestützt auf
die Keule, daneben; s. Abb. 5. Ganz ähnlich
ist die Darstellung auf zwei kampanischen
Wandgemälden {Heibig nr. 1131 und 1132):
Telamon befreit hier mit einem Hammer seine
zukünftige Gattin, die mit der rechten Hand
noch an den Felsen geschmiedet ist; Herakles
steht bekränzt neben dem von einem Pfeile lo
durchbohrten Untier; vgl. Bull. d. I. 1867,
S. 83 ; Heibig, Kampanische Wandgemälde, At-
las nr. 14; Engelmann, Ovidatlas nr. 124; s.
Abb. 6. Auf zwei andern Wandbildern wird
-das aus dem Meere sich aufbäumende See-
.^) Sohwarzflgar. Amphora: Herakles' Kampf mit Alkyo-
nens; rechts Athene and Hermes; links Telamon
(nach 0. Jahn, Ber. d. Säch». Oe$. d. Wisx. 1853, Taf. 9).
ungeheuer von Telamon mit einem Felsblock
vom Ufer aus erst erlegt, während Herakles
mit Hesione und einer andern weiblichen Per-
son aus einiger Entfernung zusieht {Heibig
nr. 1129 und 1130; vgl. auch Langen zu Valer.
Flacc. Argon. 2, 540). Einige andere Gemälde
sind ihrer Deutung nach unsicher und lassen
sich schwer von Darstellungen des verwandten
Andromedamythus trennen (s. d. Art. Hesione,
5) Unteritalisches Mosaik : Hesiones Befreiung durch Te-
lamon ; mitanwesend: Herakles
(nach Winckelmann, Mon. Ined. T. 66).
RoscHSB, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V.
Bd. 1, S. 2592f.). — Der Kampf gegen Lao-
medon, Hesiones Vater, war verherrlicht durch
die künstlerisch hervorragende Gruppe im Ost-
giebel des Aphaiatempels von Aigina {BtisoU,
Gr. Gesch. 3, 1, 377). Leider bieten die in der
40 Münchener Glyptothek aufgestellten berühmten
Bildwerke zur Erkennung des Aigineten Tela-
mon keinen Anhalt {Brunn, Beschreibung der
Glyptothek, 5. Aufl. S. 82—85); hieran hat auch
der durch die neuen Ausgrabungen gewonnene
Zuwachs nichts geändert. Furtwängler {Aigina;
das Heiligtum der Aphaia, S. 310) bemerkt, im
Ostgiebel sei nur Herakles zu erkennen; ja er
versichert sogar {Die Ägineten, 1909, S. 49 f.), zu
individualisieren und zu charakterisieren habe
der Schöpfer der Statuengruppe im übrigen
geflissentlich vermieden. — Ein Gemälde end-
lich auf einer schlanken apulischen Amphora
vergegenwärtigt Aias' und Teukros' Ab-
schied von ihren Eltern. Die Namen Tela-
mon und Teukros stehen auf dem Bilde an der
verkehrten Stelle und sind zu vertauschen.
Während im Hintergrund Periboia (s. d., Bd. 3,
Sp. 1962) das Gewand vor das Gesicht erhebt,
um die Tränen zu verbergen, steht vor Aias der
greise Vater Telamon, gestützt auf einen auf-
fällig hohen Krückstock und die andere Hand
an das kahle, gesenkte Haupt gepreßt, und be-
kundet so in Haltung und Gebärde den tiefsten
Trennungsschmerz; s. Overbeck, Gal. her. Bild-
werke 1, 276, Taf. 13, 7; Baumeister, Denkmaler
1, 683; 8. Abb. 7. Eine Szene gleichen Inhalts
erscheint auf einem andern Vasengemälde {Ger-
hard, Auserl. Vasenbilder Taf. 215; Beinach,
235
Telamoniades
Teichinen
236i
6) Kampaniiohet WandgemUde, anwesend: TeUmon,
Heaione, Beraklei (nach Helhig,Kavip. Wandgem . Atla» nr.l4)
T t V A <M o H
T) Apulisohe Amphora; anwesend: Tenkros, Aias, Telamon,
Perihoia (nach Overbeck, Oal. Taf. IS, 7).
B^aertoire 2, 109) : zwischen dem greisen Tela-
mon nnd der weinenden Perihoia stehen, von
dieser abgewendet und dem Vater zugekehrt,
die beiden bewaffneten jugendlichen Helden.
Beischriften fehlen; doch ist bei den älteren
Personen an Phoinix und Briseis nicht zu
denken ; s. d. Art. Teukros. [Johannes Schmidt.]
Telamoniades (TsXaiKovmdrig , bei Findar
dorisch: TsXafiovta^a?, lat. Telamoniades) be-
deutet Telamons Sohn, bezeichnet also ent-
weder, und zwar fast immer Aias {II. A 542
N 709. P 236; Od. X 643; Quint. Smyrn. 1, 534
S, 273; 5, 363. 663; Etym. Magn. 210, 12
640, 88; 566, 29; Find. Isthm. 6, 26; Ov. Met
13, 231} oder vereinzelt Teukros {Find. Nem
4,47). Daneben erscheint selten TsiocyL<ovCdrig
{Etym. Magn. 210, 13; 666, 29), nach Leo
Meyer {Die Homer. Vaterfiamen, Bezzenh. Beitr.
4, 1 f ) eine Verstümmelung von TeXaiKovtdSrie.
Ob jedoch letzteres wirklich die Grundformi
oder nicht vielmehr eine Erweiterung jener
kürzeren Form ist, bleibt fraglich; jedenfalls
wechseln die Dichter nach Bedarf des Metruma
mit diesen Formen ab; vgl. Kühner-Blaß, Gr.
Gramm. 2\ 288 § 380, 9; Angermann, de patro-
nym. Graec. format. = Curtius, Stud. 1, If.
10 Das sinn- und stammverwandte TfiXa/iito-
vios ist zunächst in allgemeiner Bedeutung
das von Te^lapcbv abgeleitete Adj., vertritt ala
solches bisweilen den Gen. des Subst. {Heaych^
8. TsXatimvioi xdvdviot) und bezeichnet, ver-
bunden mit vlos {II. A 691. iV 67; Quint. Smyrn.
4, 227) oder mit nats {Soph. Ai. 184), meist dea
großen Aias. Eine Mittelstufe zwischen ad-
jektivischem Gebrauch und Substantivierung:
bildet die Hinzusetzung von TsXapLmviog (lat.
20 Telamonius) zu dem Namen Aias, wodurch
dieser von dem Lokrer unterschieden wird {II.
B 528. 768 u. ö.; Eur. Hei 848; Tzetz. Hom.
112; Anthol. Pal. 2, 271; 7, 148; Apollodor. epit.
8, 11; Palaeph. Incredib. 12, 3; Quintil. 7, 9, 2),.
sowie zu Teukros {IL N 110. O 462; Quint,
Smyrn. 4, 186). Endlich bezeichnet es allein-
stehend oder doch als selbständige Appo-
sition fast ausschließlich den Aias {AnthoL
Pal. 7, 149; Suid. s. v.; Ov. A. A. 2, 737; Met.
30 13, 194. 266. 321; Trist. 2, 626), aber auch den
Teukros [Ps.-Aristot. epigr. bei BergTc, Lyr^
2*, 846: l&v (»xv^dpcöv raft/Tj?, TsXcc^Lmvtos).^
Nach Kühner -Blaß a. a. 0. 2», 294 § 334, 4
ist TeXaiimviog gar kein echtes Patronymikon,.
auch kein Subst., sondern selbst in diesem.
Falle nur possessives Adj., zu dem erst wieder,,
was ja bei TsXccncoviddrjg nicht in Frage kommtj.
vl6g oder ytatg zu ergänzen wäre. Einwandfrei
ist diese Auffassung nicht; schon der Artikel
40 erhebt es zum Range eines Subst., und zum
lat. Telamonius {Ov. Met. 13, 194) wird erst
recht niemand filius ergänzen wollen. Wohl
aber kann die Annahme, es sei kein eigent-
liches Patronymikon , der Ansicht zur Stütze
dienen, TsXaiimvLog bedeute ursprünglich nicht
(wie TeXaiKoviddrig) Telamons Sohn, sondern be-
zeichne einen jener beiden Brüder, weil sie unter
des Heros Telamon Schutz stünden
{Girard, Bevue des Etudes Grecques 1905, S. If.;
50 Vürtheim, de Aiacis origine cultu patria, Leiden
1907, S.52f.; Gruppe, Burs. Jahrph. 137, 887^
B. auch d, Art. Aias, Telamon, Teukros).
[Johannes Schmidt.]
Telauge {TriXavyri), Tochter des Heosphoros,.
von Hermes Mutter des Autolykos, Schöl. Ven. A
und Lips. Hom. IL 10, 267 (p. 287 a Bekker).
Eust. ad Hom. II. 804, 26. Andere Angaben
über die Mutter des Autolykos (s. d., wo nach-
zutragen C. Bobert, Homerische Becher [50. Ber-
60 liner Winckehnanns-Programm] S. 90 ff.) s. Bd. 1
Sp.736, 14 ff., wo hinzuzufügen ist Schol. TownL
Hom. II. 10, 266: AvrdXvyiog 'Egtiov xul ZxiXßrig
xfig *E(o6(p6qov. Die Namen Telauge und Stilbe,.
die „Femstrahlende" und die „Glänzende" sind
bezeichnend für die Tochter des Heosphoros.
[Höfer.]
Teichinen {TsXxlveg), die kunstreichen
Schmiededämonen. Wir haben über ihr Wesen
237
Teichinen (Eigenschaften)
und ihre Geschichte mehrere Traditionen. Die
wichtigsten sind: der Bericht des Apollodor bei
Strahon 654; der aus Sueion nfQl ßXac(fr,iHü)v
in dem Exzerpt bei MüUr, Mel. de Utter. 417
und bei Eustath. ad IL p. 771 (vgl. Fresenius,
JDe Uit(üv Ariatoph. et Sueion. exe. p. 63); der
aus y.enon von Bhodos bei Diod. 5, 66/6. —
Die älteste Erwähnung ist die bei Stesichcros
fr. 93 B * (L'ust. a. 0.) 2r. tag xfiQccg xai <yxo-
Telchinen (Eigenschaften, Geneal.) 238
Yerwandlungsfähigkeit?); sie haben Häute
zwischen den Zehen wie die Gänse. Manche
[iviovs steht in dem Millenchin Exzerpt, fehlt
aber bei Eust.) sind ohne Hände und Füße,
alle sind yXccvtioa-nis und haben große (oder
schwarze?) Augenbrauen (ftfya/ldqp(»vff Exe.
Müh, ntXavotpQvse Eu8t^ und einen scharfen
Blick {ö^väfQn^aratoi). Dies hängt mit tiner
weiteren Eigenschaft zusammen. — 4) Sie haben
tdacetg TtXxtvag TtgoariydQtvatv (vgl. v. Wilamo- 10 den bösen Blick. Ovid. Met. 7, 366 erwähnt
Witz, Kachr. Gott. Ges. 1896 S. 242). Eine An-
spielung auf die T. ohne Namensnennung findet
man bei Pindar^ Ol. 7, 53; vgl. Welelcer, Aeschyl.
Tril. Frcm. 185. v. Wilanwuitz a. 0. Ferner
Xencmedcs von Eeos, 5. Jahrb., E. H. G. 2, 43;
dazu vgl. Oxyr. Pap. 7, 66) im Et. Gud., Et.
M., Suidas s. v. &^Xy£i. Danach Simmias von
Bhodos bei Clemens Strom. 6 p. 674 P, dimdg \
'lyvTitmv y.ccl TtXx'ivav l'qpv i] ccXvkt] ^dip (Mut-
ihre oeulos ipso viiiantes omnia visu. Sie
heißen novr\Qol Sccifiovig {Suid.)^ ipoysQoi (Suet),
invidia lividi {Laet. ad Stat. Theb. 2, 274),
(f&ovsQol {Nonn. 14, 36; 30, 226), <f&ovsQol tv
rfß 6iöa6xaXiaL x&v Tf^rcöv {Diod.). BesonderK
wird von ihnen erzählt, daß sie Rhodos mit
Styxwasser besprengen und dadurch unfrucht-
bar machen {Strab. 14, 601; Suid. s. v. ^iXyki-f
Zenob. 5, 41; Nonn. 14, 36flF.; Tzetzes Chil.
ter der I. und T. war das salzige Meer) und 20 7, 126; Laetant. a. 0.). Hierher gehört auch
Kallim. h. 4, 31. Erwähnt wird bei Athin. 7
282 e eine TsXxiviaxr} icrogiccy als deren Ver-
fasser 'EiTi^tviörig ö Kgr^g ?) TriXtxXsiörig ri ccXXog
Tig genannt wird. Alt ist das nicht. —
• Wesen derT. Wenn Suidas s. v. TeXxtv^g
erklärt: TtovTiQol daifiovsg tj ccv^qoottol (f^ovs-
gol yal ßäüvccvoi, so geht überhaupt die antike
Berichterstattung und (damit verbunden) Deu-
tung nach zwei Seiten. Heute ist es selbst
die von Stesichoros (s. v.) vorgenommene Gleich-
setzung mit den Keren. Vgl. Jane E. Earri-
son, Proleg. io ihe study of Gr. rel. 171. Daher
wird die Bosheit der T. später sprichwörtlich.
Z. B. Alkiphr. ep. 1, 15, 6 Seh. TtXxtvog 7,v
fioi ßacuaivcav ^a()i;Tf()0?, und zahlreiche andere
Stellen später Autoren: van Gelder, Getch. d.
alten Phodier 48. Um dieses Gebrauches willen
ist der Sueton- Artikel geschrieben. Die Alten
verständlich, daß wir es mit Dämonen zu tun so suchten eine Erklärung lür diese Bosheit, weil
haben, während z. B. noch Welcher (der Aeschyl
Tril. 182 ff. über die T. spricht) an eine Künstler-
genossenschaft glaubte. Über ihr Wesen er-
fahren wir folgendes:
1) Kunstfertigkeit. Zugeschrieben wird
ihnen die y.tTdXX(ov tvgicig (Suet.); sie haben
zuerst Eisen und Erz bearbeitete/Straft.). Sie
sind Erfinder der T^;^rafc und anderer zum Leben
nützlichen Dinge (Eicd.). Besonders wird die
sie sie mit der Kunstfertigkeit nicht reimen
konnten. Die T. seien wegen ihrer Kunstfer-
tigkeit von ihren Kebenbuhlern verleumdet
worden und hätten daher den schlechten Ruf
bekommen (Strab.); oder sie seien eifersüchtig
auf die Geheimhaltung ihrer Künste bedacht
(Diod. s. 0.); oder es gäbe zwei ganz verschie-
dene Arten, die kunstfertigen und die bösen
(Suet.). In Wahrheit passen die beiden Seiten
dyccXuccronoitce hervorgehoben (Diod. Suet.); das 40 ihres Charakters vortrefflich zusammen
ayaXiioc der Athena TtXxivicc stammt von ihnen
(Nicol. Dam. fr. 116 = F. E. G. 3 p. 459; aus
den nagädo^a ^9ri). Dazu muß man nehmen,
daß auch andere Götter nach ihnen heißen; in
Lindos Apollon TsXxiviog (b. d.), in lalysos Hera
und die Nymphen TsXxiviai, in Kamiros Hera
TfXxivicc (Diodor; s. d.). Sie haben auch sagen-
berühmte Geräte gemacht: die ccQnri, mit der
Uranos entmannt wurde (Strab. 654 und [aus
Die Geschichten von denT. Die Haupt-
masse steht bei Diodor. Sie sind Söhne des
Meeres (viol ©aXattrig; \ gl. Simmias oben; rfjs
nal Ilovrov bei Tzetzes, Theog. 81 ff. = Ma-
tranga Anecd. 580), mit Kapheira, der Tochter
des Okeanos, erziehen sie den Poseidon, den
Rhea ihnen übergeben hat. (Das ist nach dem
Vorbild der Zeuskindheit gemacht.) Poseidon,
herangewachsen, liebt Halia, die Schwester der
ihm] Eust.); den Dreizack des Poseidon (Kallim. 50 Teichinen, und erzeugt mit ihr sechs Söhne und
A Ol . T^^ti^J J — Ti-* t-x n i. __T •-J J_' m_ 1 i- -ni - j - _ i r . J -^ i_Ovl _.•! i.
4,31; Erfindung des Dichters? sonst schmieden
ihn die Kyklopen, Apoll. 1, 7); nsichStat. Theb.
2, 274 haben sie am Halsband der Harmonia
mitgearbeitet (wohl sicher nach freier Erfindung
des Dichters, vgl. Silvae 4, 6, 47). — 2) Z aub er-
kunst. Sie sind y6r}rsg (Kallim. Aitia= Oxyr.
Pap. 7 nr. 1011 V. 64, Strab., Diod., Hesych.
s. v. Telxtvtg). Sie haben ein Trinkgefäß, in
dem sie aus Wurzeln einen Zaubertrank her-
die Tochter Rhodos. Von den sechs Söhnen gilt
es eine Geschichte, in deren Verlauf sie als ngoo-
rn&ioi (s. d.) dcciiiovhg in der Erde verborgen,
werden, während Halia sich ins Meer stürzt und
als Leukothea Kult empfängt. (Also gehören
weder Halia noch die daiyLovig irgendwie ur-
sprünglich mit den T. zusammen.) Die T. ver-
lassen die Insel wegen der bevorstehenden
großen Flut und zerstreuen sich. Lykos geht
teilen (Eust.). Sie können Wolken, Hagel, 60 nach Lykien. Verwandt ist die Darstellung bei
Regen u. dgl. herbeiziehen (Diod.), auch schien
dern sie Blitze (Eust). Schließlich können sie
ihre Gestalt verändern (Diod. Suet.). — 3) Ge-
stalt. Ausführlich ist Sueton: sie sind dyiCpL'
ßioiy d. h. sie leben auf dem Lande und im
Wasser; sie ähneln teils (ra fitr) Dämonen,
teils (tu äh) Menschen, teils Fischen, teils
Schlangen (ob gleichzeitig? oder kraft ihrer
Nonnos 14, 36 ff., nach der die T., die Söhne des
Poseidon (unter ihnen Lykos), durch die Heli-
aden aus Rhodos vertrieben werden und, bevor
sie auswandern (aXiTcXuvhg ^sxavccctai^ also
wohl ins Meer), die Insel durch Besprengung
mit Styxwasser unfruchtbar machen. (Ganz,
mißverständlich, darum auch in den Folge-
rungen verkehrt: Tümpel, Fleckeisens Jahrb..
239 Teichinen (Mythen, Verbreitung) Telohinen (Verbreitung) 240
143 S. 165 ff.) — In diesen Geschichten steckt Kureten genannt. Das geht dem späten Syn-
nicht viel. Wichtig ist die Verbindung mit kretismus dieser ursprünglich verschiedenen
dem Meere und die Auswanderung, mit der es Dimonenkreise an. (Vgl. darüber Lobeck,
in Zu^tammenhang steht, daß die T. mehr wie Aalaoph. 1199.) Aber die Benennung der Inseln
eine Bevöikerungsschicht, als wie eine Da- scheint (im Verein mit den folgenden Tradi-
monenschar geschildert werden. Daß einer tionen) zu zeigen, daß wirklich der Telchineu-
nach Lykien geht, also Lykos heißt, ist will- glaube nach Kreta übergriff. In anderer Weise
kürliche Einflechtung eines fremden Motivs: nennen Strabon 654 und Nikol. Dam. fr. 116
rhodische Kolonisation in Lykien. — Mit der Kreta als ursprünglichen Sitz der T., die von
Sage vom Abzug der Teichinen konkurriert lo dort aus^ nach Kypros und Rhodos gegangen
eine andere, nach der sie von ApoUon getötet wären. Ähnlich muß auch Simmias (bei Sueton)
werden {Et*8t. und Serv. A^n. 4, 377, unter den berichtet haben. — 3) Kypros wird bei Niko-
Krklärungen des apollinischen Bsinamens Av- laos, Strabon und Pausanias als Wohnsitz der
xioff, . . . aive qnod in lupi habitu Teichinas T. bezeichnet. Näheres ist nicht bekannt. —
occiderit); eine dritte, Zeus habe sie wegen 4) Steph. Byz. s. v. TeXi^g erwähnt eine Stadt
ihrer Bosheit ins Meer versenkt {Ooid. Met. 7, dieses Namens in Aithiopien nach Lydieu zu.
aüB7 und Eust.)\ Ähnlich auf Keos (s. u.), wo Als Ethnikon nennt er TeXxixri<;. Daß dieser
Zeus sie mit dem Blitz, Poseidon mit dem Ort mit den T. etwas zu tun habe, ist sehr
Dreizack vernichtet; eine vierte {Lactant. ad unwahrscheinlich. — 5) Wichtig ist für die
Theb. 2, 274): sie hätten sich nach der Affäre 20 T. Sikyon. Diese Stadt führt wie Rhodos
mit dem Styxwasser aus Furcht fortgemacht und Kreta den Beinamen TsXx'via {St. B. TbX-
und sich zu den Kyklopen begeben. (Dieses %ig und 2i%vöav). In der sikyonischen Königs-
letzte ist offenbar dem *Sto<itistexte zuliebe fin- liste stehen Telvi? (s. d.) und Osl^lav (zwischen
giert.) Undeutlich ist die Nachricht, nach der ihnen Apis. Gekört auch die KaXxtvla dazu?);
die Göttin Rhea darum &vxulri genannt wird, Pam. 2, 6, 6. 7. Nach Apollod. 2, 2 wird Apis,
weil sie den Teichinen feindlich entgegentrat: der Sohn des Phoroneus, von Telchis und Tel-
Schol. Ap. Rh. 1, 1141 (vgl. Welcker, Aeschyl. xion getötet. Damit stimmen die Chrono-
Tril 189*'*). Wichtig ist die Entstehung der graphen. Euseb. 2, 16 und 18 Seh. (vgl. Orosius
T. aus den Hunden des Aktaion: Armenidas 1, 7): die T. (und Karyaten) kämpfen gegen
bei Sueton (vgl. v. Wilamowitz, Nachr. Gott, so Phoroneus und die Parrhasier. Die T. werden
Ges. 1895 S. 243) wegen der Gleichungen: T. besiegt und gehen nach Ophiussa (== Rhodos).
«= Keren (s.d.) nnd Keien ='Ai&05 d'oal ^vvs? Die Einzelheiten dieser Kämpfe entgehen uns.
(Rohde, Psyche 2\ 84). Vgl. Tzetzes Ghil. 7, Wahrscheinlich ist der Zug der T. von Sikyon
12%: ovToi dl %ccX &XdoTOQi<5 sUixcä TiccXaiivaloi. nach Rhodos späte Kombination. Daß aber
Bei Bakchylides {fr. 62 Bl. aus Tzetzes Theog. Sikyon wirklich mit T. etwas zu tun hat, lehren
v. 81; die Namen der T. sind, wie besonders (außer dem Beinamen) die Personen der Königs-
der Vergleich mit Tz. Chiliad. lehrt, nicht für liste. — 6) Keos. Hier knüpft das mächtige
Bakch. zu beanspruchen) waren die T. Kinder Geschlecht der Eurantiden {Ev^avzlda v&aov
der Nemesis und des Tartaros. Und hier ist die nennt Bakchylides die Insel) seinen Ahnherrn
leider nur aus Tzetzes belegbare Nachricht an- 40 Euxantios an die T. an. Mythographischer
zufügen, wonach aus dem Blut des Uranos zu- Bericht im Schol. Ooid Ibis 475 (vgl. 469), als
erst die Erinyen, dann die T. entstanden seien. alt erwiesen, ergänzt und teilweise korrigiert
Dazu vergleiche man die analogen Sagen von durch Pindar, Paian 4 {Oxyr. Pap. 6 nr. 841
der Entstehung der Sirenen und der Phaiaken = Plndari carm. ed. Schroeder ed. minor p. 278
aus Blutstropfen. Diese Spuren, die für die = Diehl, Supplem. lyricüm 27 ff.), Bakchylides
T. auf Vorstellungen des Jenseits- und 1, Kallimachos Aitia {Kydippe) V. 64ff. {Oxyr.
Seelenglaubens führen, scheinen Ursprung- Pap. 7 nr. 1011), der nach eigenem Zeugnis
lieber als der Zusammenhang mit dem Meere, aus der alten Chronik des Xenomedes von Keos
der vielleicht spezifisch rhodisch (insular) ist. schöpft; Nonnos Dionys. 18, 35. Vgl. Ellis,
(Ähnlich die Entwicklung bei Poseidon.) 60 Class. Rev. 1898, 66; v. Wilamowitz, Gott. Gel.
Verbreitung. Die Hauptmasse der Tra- Anz. 1898, 126 f.; Jebb, Bakchylides lii:; Bak-
dition führt nach Rhodos; dorthin auch die chylides ed. Blaß* p. LIV; p. LIX. Die Tel-
Epiklesen TsXxiviog^ T^Xx^via (s. d.). Daneben . chinen, offenbar auf Keos gedacht, haben zum
stehen aber Beziehungen zu andern Gegen- König den greisen Demonax (so Kallimachos
den. 1) Zu Teumessos in Boiotien gab V. 66; Dämon in den Ibisscholien ist schwer-
es ein Heiligtum der Athena TsXxivla ohne lieh Kurzname, eher Korruptel), dessen Gattin
Agalma. (Dies ist wichtig, weil sich der {Kallim.) Makelo ist (Macedo steht in den Ibis-
Beiname also nicht, wie man denken könnte, scholien, MaxBXd) Kallim. Y. 61^ MaxsXXm Nonnos
an das Kultbild heftet.) Paus. 9, 19. Vgl. 18, 35 . . . sXd) Bakchyl. 1, 73 Bl). Als Gattin
PreUer-Robert, Griech. Myth. 221*. Eine Sage 60 scheint sie auch bei Oütd vorzukommen (i&w 475
von T. gab es dort nicht, Paus, vermutet, sie ut Macelo rapidis icta est cum coniuge flammis),
eeien aus Kypros nach Boiotien gekommen. während es im Ibißscholion eine von mehreren
Soll man die Aktaion-Geschichte (s. o.) heran- Töchtern ist. Nun kommt Zeus {Ibisscholion)
ziehen? — 2) Kreta. Die Insel heißt Tel- oderZeus und Apollon (Nonnos) nach Keos, ver-
chinia {Suet. Steph. Byz. a. v. TsXxis- Et. M. mutlich in unkenntlicher Gestalt um Aufnahme
B. V. TeXxiv.). Strab. 472 läßt neun T. aus bittend. Später vernichtet Zeus die Teichinen,
Rhodos nach Kreta ziehen. Sie folgen dem weil sie mit ihrem bösen Blick den Ertrag der
Zeus und als xovQOTQoq>ijaavt£g werden sie Felder schädigen {corrumpentes invidia successiM
(
241 Telchinen (auf Keos) Teichinen (Namen, Deutung) 242
omnium fructuum [Schol.]; vgl. F. H. G. 2, 43), (wofür mau an die sikyon. KaXxivicc erinnern
mit dem Blitz {^iävaxov yiigarviov Kallim.); könnte; wenn nur nicht die lautliche Schwie-
Zeus mit dem Blitz, Poseidon mit dem Drei- rigkeit bliebe). — Die Eiuzelnamen neben dem
zack, sagt Pindar; den Poseidon allein nennt Gattungsbegriff sind insgesamt sekundär. Über
Nonnos (der aber gar nicht von Telchinen, Lykos, den Eponymen von Lykien, s. o., ebenso
sondern von Phlepyern si)richt). Nur dioQ'öch- über Demonax und seine Sippe. MvXag, dem
ter werden geschont, und zwar darum, weil ^iQMvXävxtioi ^tol, die Mühlengötter von Ka-
sie den Gott freundlich aufgenommen hatten miros ihren Kult verdanken sollen (vgl. Usener,
(harum hospicio usvs Jvppiter) Daraus folgt, GötUrn. 256), wird einer der T. genannt {lies.
daß Demonax sich gegen den einkehrenden lo JWvAa?). Willkürlich! Der Berg Atabyron auf
Gott feindselig betragen hat. In welcher Weise Bhodos führt seinen Namen von einem Telchinen
sich die Töchter dem Willen der Eltern ent- {St. B. 'Araß.). Nonnos, der die T. im Heere
gegeusetzten, erfahren wir nicht, wie . denn des Dionysos nach Indien ziehen läßt, nennt
überhaupt die Einzelheiten geschwunden sind. 14, 36 ff. neben Lykos den Kelmis und Damna-
2 Aufnehmende sind es bei Nonnos, die eine meneus, zwei Namen, die eigentlich Daktylen
ist Makelo, die andere (deren Name durch gebühren und nur wegen der Wesensverwandt-
Versausfall verloren ist) wohl Dexithea, ent- schaft zwischen den beiden Dämonenklassen
weder beide als Töchter des Königs gedacht auf die T. übertragen worden sind. Tzetzes,
oder eher (wie bei Xcnomedes-Kallmachos) Chil. 7, 125 führt mißverständlich au.s der
Makelo als Mutter, Dexithea als Tochter, so 20 parömiographischen Literatur {Zenob. 5, 41,
daß Mutter und Tochter gegen den König Suid. TtX.) die Brüder Simon und Nikon als
standen. Auch nach Vindar (V. 44 i\La.v {icc- T. auf, die in Wahrheit 'Telchinum similes,
tega Xinovrsg xccl oXov oItiov tv^gyita — Eu- non Teichines' {Loheck) sind. Bei Tzetzes wird
xantios spricht) scheint es, als ob nicht meh- axi&eidejn noch geji&r\nt'Avraiog(Ay.ratos Tzetzes,
rere Töchter, sondern nur Dexithea übrig ge- Theogonie 81 s.o.!) MsyaXr,aios"OQiitv6g xs xal
blieben sei (sie trägt den Namen von derTheo- Avy,og, von denen Lykos uns bekannt ist, Or-
xenie, daher die Formen Dexione und Dexithoe menos vielleicht etwas mit dem rhodischen
in den Ibisscholien zu verwerfen sind), und Geschlecht der Amyntoriden von Ormenion zu
jedenfalls erfahren wir allein von ihr etwas: tun hat. 'AvLxccios wäre der ^Küstenmann',
Minos landet auf Keos und erzeugt mit ihr 30 'Avtaiog kaum zu erklären (doch vgl. Rhea
den Euxantios, den Stammvater der Euxantiden kvxcciri im Schol. Ap. Hh. 1, 1141; s. 0.), Mi-
{Bakchyl. 1, 113 ff., Kallim. V. 67, ApoUodor yaX-^aiog unverständlich. [Die weitgreifenden
1, 7). — Diese Geschlechtereage hat zur Vor- Kombinationen von Malten, Kyrene 90 ff., wo-
aussetzung, daß auf Keos eine Sage von den nach Aktaion, der von den Hunden zerrissene,
Telchinen ähnlich wie auf Rhodos bestand. ursprünglich ein T. gewesen wäre, scheinen
Da es in Milet auch ein Euxantidengeschlecht nicht haltbar. Folgende Stützen tragen nicht:
gab, so ist ein Zusammenhang von Keos mit 1) die Zurückführung der bei Tzetzes über-
dem Osten in diesen Sagen möglich, aber nicht lieferten T. -Namen auf Bakchylides und somit
weiter erweisbar. Für die Natur der T. geben auf die Sage von Keos, 2) die Identifikation
weder die keieche Sage noch die Namen der 40 des Aktaion mit dem T., der entweder den
Euxantios-Ahnen etwas aus, da der Zusammen- redenden Namen kyitcciog oder den überhaupt
hang nachträglich hergestellt ist. "Vielleicht abweichenden kvxalog trug.] Nach ^einigen'
verdient es Beachtung, daß Nonnos 18, 36 ff. (bei Eust.) hätten die T. 'Gold', 'Silber' und
an einer freilich lückenhaften Stelle gar nicht 'Bronze' geheißen. — Was ihre Zahl anlangt,
T., sondern Phlegyer als Bewohner der Insel so war sie zunächst offenbar unbestimmt. Neun
nennt. Damit gehört die aus Evphorion {fr. nennt Strabon 472, aber dort liegt eine Ver-
155, Meineke, Anal. Alex. 254, bei Serv. Aen. mischung mit den Kureten vor. Hi tres fratres
6, 618) erhaltene Notiz zusammen, die Phlegyer fuerunt: Lact, ad Stat. Theb. 2, 274; vgL Eustath.
seien ein gottloses 'Inselvolk' gewesen, und (kurz vorher).
Poseidon habe deshalb den Teil der Insel (offen- 50 Deutung, d. h. Einordnung in den Kreis
bar Keos), den sie bewohnten, mit dem Drei- verwandter Gestalten. Das Beste hat v. Wila-
zack vernichtet. Man erkennt also, daß in der mowitz a. 0. S. 242 ff. gesagt, indem er die
Sage von Keos die Phlegyer mit den T. als Daktylen, den Hephaistos und besonders die
Urbewohner konkurrieren. Was aber dahinter Gestalten unserer nordischen Yolksvorstellung
liegt, läßt sich nicht sagen. heranzog. In der Tat lassen sich bei unsern
Die Namen. Die antike Deutung des Zwergen, Eiben und Kobolden fast alle Züge
Telchinennamens geht zumeist aus von ^iXynv nachweisen, die für die Telchinen überliefert
= bezaubern {Et. M. Et. Gud., Suid. ^tXysi, sind. Ich stelle aus Grimms deutscher MytJioL
TsXxiv, Hesych.). Diese Etymologie vertritt (4. Aufl.) einiges zusammen. Die Zwerge zeigen
schon im 5. Jahrh. "Xenomedes von Keos (s. Anf. 60 dieselbe Doppelseitigkeit des Wesens. Sie sind
d. Art.). Daneben wird &iXyto = auccvgät, gko- die 'guten Leute', die 'guten Holden' {Gr. Sil).
xL^co erklärt {Et. M). Gesucht und formal un- zugleich aber schaden sie den Menschen und
möglich ist die Erklärung 'jiagu xr^v xfj^Lv necken sie {Gr. 381). Sie haben Füße wie die
{Hesych.). Üble eigene Etymologien gibt Enten und Gänse (ebenso Frau Berchta und
Tzetzes, Chil. 12, S3S. Moderne Deutungen stellt die Schwanenjungfrauen; 6^r. 372). Die Zwerge
Gruppe, Griech. Myth. u. Bei. 1307^ (1308) zu- schmieden scharfe, nicht selten mit Fluch be-
sammen. v. Wilamoivitz, Nachr. Gott. Ges. 1895 legte Schwerter, Hausgerät, insbesondere Kessel
S. 242 denkt an Zusammenhang mit ;^aAxds {J^- H. Meyer, Germ. Myth. 128). Die Eiben
243 Telchinia Telohinia 244
■chiefien gefährliche Pfeile aus der Lnft, der sind wohl die zwei letzten Worte "IIquv TtX-
Doanerkei! heißt auch albschoß und in ^iv/av in jl^r\v&v Telxtviav zu ändern {"Hgaw
Sehottland elfarrow, elfflint, elfbolt ein ist darch Versehen des Abschreibors aus der
harter, spitzer Keil, von dem man glaubt, daß vorhergehenden Zeile eingesetzt), Tümpel, Phi-
ihn die (feister entsendet haben {Gr. 881). Be- lologun 60 (1891), 46 f. v^in Geldern, Gesch. der
rühmng oder Anhauch der Zwerge kann bei aUen Rhodier 45. 304. Eine von den Teichinen
Menschen und Tieren Krankheit oder Tod ver- verfertigte Statue der Athena Telx^via erwähnt
Ursachen. Auch ihr Blick hat bezaubernde Nikol Damisk. bei Stob. Florileg. 38, 66 (ed.
Kraft. „Das nennt unsere Sprache intsehan Meineke 2, 63 ^^ F. H. G. 8, 459), der freilich
(torve intneri) ... 'von der elbe wird ent- lO mit Bezug auf die den Teichines zuij^eschrie-
■ ehen vil mancher man*" (G^r. 382). Die bene Zauberkraft und ihren bösen Blick Athena
Eiben kOnnen unsichtbar werden {Gr. 882 f.), Telchinia darch A. Bdonotvoq erläutert; vgl. K.
sie betrügen und täuschen (Ör. 884). Die Hoeck, Kreta l, ZhZ knm.h. CO. Maller, Kleine
Kobolde nehmen Tiergestalt an {Gr. 421). Die deutsche Schriften 2, 204 Anm. 88. Bezeugt ist
Zwerge weichen vor dem Menschengeschlecht der Kultus der A. T. für Teumessoa in Boiotien,
zurück. Siegelten auch all unterdrückte Volks- wo nach Paus. 9, 19, 1 ein Ugov 'A^riv&g TbI-
stämme, als die früheren Landeseinwohner (ör. ytWaj, äyalficc oöx Jjjov stand. Hier ist also
3*, 131). Man rationalisiert also die Vorstel- der Beiname Telcliinia aus einer anderen Ur-
lung, zugleich fragt man nach der Ursache sache, als daß die Teichines Verfertiger des
ihre» Verschwindens : Sagen, die dieses Ver- so Kaltbildes seien, zu erklären. Pausanias gibt
schwinden erklären wollen, sind zahlreich und als seine Meinung au, daß ein Teil der aus
bekannt. — Ist einerseits der Zusammenhang Kypros nach Böotien ausgewanderten Teichines
d-sr T. mit Zwergen und Kobolden deutlich, den Tempel der A. T. gegründet habe. C. 0.
80 muß andrerseits (wie wohl auch für die Müller a. a. 0. (vgl. auch Preller- Robert 221
Wesen der nordischen Phantasie) die Verbin- Anm. 3) faßt A. T. als Schutzgöttin der Innung (I)
düng zum Jenseitsglauben beachtet werden. der Teichinen, also als eine Art Athena Brgane
Bildliche Darstellungen derT. hatdie auf. Zu A. Telchinia in Teumessos vgl. auch
griech. Kunst, soweit wir wissen, nie versucht, Hoeck a. a. 0. 2, 89 Anm. x. Bursian, Geogr.
wie denn diese Dämonen immer nur in tieferen v. Griechenl. 1, 224. Max. Mayer, Hermes 27
religiösen Schichten etwas bedeutet haben. so (1892), 504 und oben Bd. 3, Sp. 2920. [Höfer.]
Literatur. Über die T. hat ausführlich Telchinia*) 1) Beiname der Hera auf Rho-
unter Ausbreitung des gesamten Materials ge- dos, wo Diod. 5, 55 (über das Quellenverhältnis
handelt: Lobeck, Aglaophamus 1181 ff. Außer- s. E.Bebhe, Hermes 24, 428 ff., Tümpel, Philol.
dem Welcher, Aischyl. Trilogie Prometheus IB2S. 60, 43 ff.) Kultbilder der Hera T., von den Tel-
Preüer-Robert, Griech. Myth. 605 ff. ü. v. Wila- chinen gemacht, in Jalysos (mit den telchini-
mowite, Hephaistos, Nachr. Gott. Ges. 1895 scheu Nymphen zusammen) und Kameiros er-
S. 242 ff. van Geldern, Gesch. der alten Rhodier wähnt. Den Beinamen hat man mit der Hera
44 ff. In diesem Buch findet man (auf S. 47) 9sX^tvla in Athen {Hesych. s. v.) zusammen-
weitere Literaturangaben. Vgl. Telchinia, Tel- gestellt (vgl. TtXx^^ ^^^ QeXIi(ov in der sekyo-
chinios, Telchios, Telchis.*) [Paul Friedländer.] 40 nischen Genealogie, Paus. 2, 5, 6 f. Apollod.
Telchinia {Tslxivla), Beiname einiger Göt- 2, 1, 1, 4). Wenn wir auf Rhodos auch einen
tinnen oder vielmehr Benennung ihrer Bild- ApollonTelchinios finden (D/oi.a.O. zu Lindos),
Säulen nach den Teichines (s. d. und dazu A. werden wir an die alte Verbindung zwischen
Kuhn, Kuhns Zeitschr. für vergleicftmie Sprach- Hera und ApoUon erinnert, die, aus Argos her-
forsehung 1, 193 ff und [nach Bericht in Wochen- stammend, sich auch auf Amorgos und anders-
8chr. für kla^s. Philologie 1915, 290] Ph. C. wo wiederfindet (vgl. Artikel Hera in Pauly-
Gunning, De Ceorum fabuUs antiquissimis quae- Wi.ssowa, Bealenc. S. 385, 25, wo wahrscheia-
«iwn«« 8«Zc(rfac [Diss. Amsterdam 1912], der, im lieh Sparta und Sekyon, Paus. 2, 11, 2 hin-
Anschluß an andere, die Teichines als Erzleute zuzufügen sind, vgl. auch Paus. 8, 46, 3).
d. h. als Kupferschmiede oder vielmehr als die 50 2) Eine Athena T. auf Rhodos (Kameiros)
Schmiedekunst schützende Dämonen deutet), anzusetzen (in der Dioiorstelle c. 55, 2 TtuQcc
die als deren Verfertiger galten, vgl. Mor. Wilh. Sh KafieLQsvaiv ''Hqccv TsXxivlocv wäre dann
Heffter, D'e G Otterdienste auf Rhodus im Altert. Hera statt Athena durch Dittographie ent-
3, 30. In der Stelle bei Diodor 5, 65 : „&Ycil- standen, wie man vermutet hat), sind wir nicht
ttocrd TB ^s&v XQ&TOL xaraaxsvoiaui X^yopTcct (die berechtigt. Nach Diodora Erzählung gehören
Teichines), xai tlvcc t&v &Qxaia}v &cpidQvyidt(av Apollon und Hera der ältesten Bevölkerung
^TC* ixslvmv intovoyiuad'oti' Ttagu \ihv yccg Aiv- der Insel an, sie sind eben „telchinisch**, wäh-
dioig 'ATtolXoava TsivivLav (s. d.) TtQOöccyoQSv&f]' rend Athena erst der Generation der Heliaden
V«, xccQcc ih *IaXvaioig'^HQav xal vviicpa? TsX- (c. 56, 5) gehört und von dieser göttliche Ver-
%i»lag, Ttagcc dh KccpungB^ttiv "Hqolv TeXxtviav^^ 60 ehrung erhält. Eine Athena T. findet sich zu
Teumessos in Boiotien {Paus. 9, 19, 1. Nik.
•) Da der «.Zt. als KriegsfralwlUlger im Felde wei- Dam. fr. 116 M. == Stob. flor. 38, 56). Die Tei-
lende Herr Vf. leider rerhindert gewesen ist, die neueste chiuen hätten, Nik. Dam. zufolge, ein Bildnis
Bearbeitung der Telchinenfrage durch ßZinicn&erf^ im Äcr/nc* jg^ Athena T. ffCmacht (mGTtBQ El Xig XivOl
BO (1915) S. 276 fif. zu lesen und zu berflcksichtigen, so hat o \
er wenigstens brieflich die Redaktion ersucht, auf diese *) Aus Versehen ist obiger Artikel doppelt geliefert.
lange nach der Vollendung des obigen Artikels ersohie- Die Bedaktion trägt kein Bedenken, beide nebeaeinaader zu
nene Abhandlnag aufmerksam zu machen. veröffentlichen, weil jeder einen besonderen selbständigen
Dresden- A., 9. 2. 1916. "Wert hat.
I
:245 Telchinios Telchis 246
kd-riväs ßaayidvov — im Anschluß an die Er- dag 6 Avyiiiag ncclg^ der bei einem Feste alg
klärung der Teichinen als ßdaxccvoi %al «pO-o- Xa^inddccQxog funktionierte. Nach Blinkenherg
vsQoi). Nach Pai4^. a. 0. wäre ein Teil der 372 wilre Avyiatnag zu schreiben, und dies
Teichinen aus Kypros nach Boiotien gekommen wieder Vollname zu dem Kurznamen Avytog^
und hätte hier das Heiligtum der Athena T. wie einer der Teichinen heißt, und von dessen
gegründet. Das Verhältnis wird eher umge- Namen man die Epiklesis des ApoUon, Avxtog,
tehrt erklärt werden müssen (vgl. Gruppe, Gr. ableitete; auch kjtoXXwv Avxiog findet sich in
Myth. 1, 336). Vgl. Teichinen. [Eitrem.] der lindischen Chronik (a. a. 0. 326, 8, 49) er-
TelcbiaioB {TeXxlviog), 1) Beiname des Apol- wähnt; Auf seinen Spruch stellt Telephos im
Ion in Lindos, dessen Kultbild von den Tel- lO Athenatempel zuLindos ein Weihgeschenk auf.
■chines verfertigt sein sollte (vgl. Telchinia), Es ist möglich, hieraus auf einen Kult de»
Biodor 5, 56. Teichines in Lindos nennt auch Apollon Lykios in Lindos zu schließen; doch
die auf einer Marmorstele dort ge^ndene Tem- ist wohl eher der Apollon Lykios (s. d. nr. 1)
pelchronik von Lindos: Toläs &viQ'r]Y,av tu in Patara, wo Telephos lokalisiert war (G^rwpjje,
kd-dvcc- AivSog (der Eponym der Stadt) qpta- Gr. Myth. 329, 7) zu verstehen. — 2) Nach
lav . . . T£Xx[sl]v£g -ngoadv, ov ovdslg iSvvaro K. Hoeck, Kreta 1, 353 Anm. 8 wäre bei Hesych.
Jniy[voo^eLv i-KJ rivog ißxi^ icp^ ov insyiyQanxo' FeXxdvog 6 Zsvg 'jtugä Kgriaiv zu lesen TsXxd-
.„TsXxs[lvsg] 'A&dvcc IloXidSi xai Jd TIoXibI Sb- vLog und dieses = TeXxivLog. Vgl. aber d. A.
Tidrccv x(üv ^QY(ov^\ ojg dnocpcciveTcci Togycov iv Velchanos. — Vgl. Teichines. [Höfer.]
-ra A xäv itsgl 'PoSov^ FoQyoöd^ivrig iv ra 20 Telchios (TA;gto5), Wagenlenker der Diosku-
■dTtiGxoX&li,] , 'IsQoßovXog iv xä imaxoXa., Ch. ren s. d. A. Rhekas, wo nachzutragen ist, daß
Blinkenherg in Oversigt over det Kongelige man jetzt auch bei Isidor. 15, 1, 40 Cercius
Danske Videnskabernes Selskab Forhandlinger (nicht Circius) schreibt. Nach Th. Mommsen,
1912, 324, 2. Sie erscheinen also auch hier als Hermes 16 (1881), 628 Anm. 32 c S. 627 beruht
kunstfertige Schmiede, die der Athene einen die Lesart Cercius {Ammian. Marc. 22, 8, 24.
Eimer oder Krug {xgoaog = yigmööog, Blinken- Solin 15, 17. Isidor. a. a. 0.) auf Verderbnis
>berg a. a. 0. 387) geweiht haben. Nach ihnen des PimmmscÄew Telchius. Doch könnte Cercius
hieß in Lindos auch eine mythische Phyle TsX- (Kigxiog) an die neben den 'Hvioxot, genannten
Xelvcov cpvXd, Blinkenherg a. a. 0. 329, 15gg, Ksgyiixai {Strabo 11, 492. 496. 497) erinnern,
neben der es eine ^ÄkiaSäv cpvXcc und Aixox^övoiv 30 Die Vermutung von C. Müller, F. H. G. 5, 177
•tpvXd gab, ebenda 328, ISgj.pg; vgl. v. Wilamo- (zu Anonym. Peripl. Ponti Ev/r. frgm. 9), daß
witz, Arch. Anz. 1913, 45. Die neben den Tel- in dem hier TiXxig statt TiXxiog geschriebenen
•chines und Heliadai genannten Avxox^ovsg sind Namen der Name des kolchischen Küstenflusses
«entweder die von Biodor 5, 56 neben den He- köxiXscpog enthalten sei, ist sehr unwahrschein-
liadai genannten dXXoi Xccol avxox^ovsg , oder lieh. Schließlich hängt Telchi(o)s trotz van Gel-
speziell die auf Rhodos bezeugten "lyvrixBg der, Gesch. d. alten Rhodier 49, doch mit dem
("lyvrixsg) oder Fvfixsg=Avx6x&ov£g; vgl. Apoll. Namen der Teichinen, der svgixca xsxv&v {Diod.
Dyskol. Pronom. p. 70 Bekker = Grammat. 5, 55), zusammen; denn auch der Wagenlenker
Graeci I : Apoll. Dyskol. ed. Eich. Schneider und ist ein xsxvLxog. Vielleicht ist auch die Schrei-
^Gust. TJhlig 1, 1 p. 56, 4: yiccXovvxai ds xal ol 40 bung 'Aficpi-axaxog beim Anonym. a.a.O. statt
■ccvd'Lysvstg nagä 'PoSloig "lyvrixsg. Theodos. kficpi-cxgccxog, wie sonst der Genosse des Tel-
Alexandr. in Grammat. Graec. 4, 1 p. 161, 32. chi(o)s genannt wird, die richtigere und be-
186, 36 (ed. Hilgard): "lyvrixsg 8b sIolv ol yvr\- zieht sich auf seinen Beruf. [Höfer.]
6ioi 'PoSloi. Herodian 2, 678, 9 ed. Lentz = Telchis {TsXxig) 1) in der sikyonischen Kö-
Bekker, Anecd. 3, 1188, 8 {ed. Herodian 2, 523, nigsliste dritter König von Sikyon, Sohn der
7): Fvfjxsg dh Xiyovxcci ol 'PoSlol xul "'lyvritsg Europa und Vater des Apis, Paus. 2, 5, 6. Clem.
ol yv^GioL 'PoäiOL. Steph. Byz. s. v. Fv^g (vgl. Alex. Strom. ;t, 102 (2, 66 St. = Euseb. Praep.
auch s. V. "Iyvr]xsg) = Herodian 2, 172, 13 (vgl. ev. 10, 12 p. 497 D. (p. 577, 28 Bindorf) = A.
1, 64, 27): id'vog oUrjüccv xrjv "PoSov. ^vd'sv Kordt, De Acusilao 2S hgm. 16 = Biels, Frag-
-Kal "lyvrixsg ol id-ccysvslg. Xiysxai yccg v.ccl fisxd 50 mente der Vorsokratiker 2', 1, 515 frgm. 20).
xov l ^Iyvr]xsg. Hesych. "lyvrixsg ovxag mvoyid- • Synkell. 191, 9 = Euseb. ed. Schoene 1, 86. 2,
^ovxo ol fisxu tovg TsXxtvccg inoLyirjaavxsg xr]v 12; vgl. Tümpel, Jahrb. f. Mass. Phil. Suppl. 16,
'*P68ov. Nach Simmias von Bhodos bei Clem. 186 Anm. 141. Jahrb. f. Phil. 143 (1891), 166.
Alex. Stromat. 5, 8 p. 674 P. waren die "lyvr\- Pott, Kuhns Zeitschr. für vergleich. Sprach-
xsg und TsXxlvsg Söhne des Meeres; vgl. J. forschung 6 (1857), 408. Dagegen erschlägt
Geffcken,Be Stephano Byz. capitaduo 4:4: Anm..7 3. nach der argivischen Sage Telchis im Verein
Daß bei Biodor b, 55: y£V£6Q-ca . . . iv xolg ngog mit Thelxion, der in der sikyonischen Königs-
Mco iiigs6L xf]g vtjaov (Rhodos) xovg yiXrid'Evxccg liste als Nachfolger (und also wohl auch als
yiyocvxcc?: xovg xXrjd^Evxag "Iyvr\xag bzw. xovg Sohn) des Apis figuriert, den Apis (der nach
iiXri%^ivxag <=,' "lyvrixag (so auch van Gelder, 60 sikyonischer Überlieferung des Telchis Sohn ist)
Gesch. d. alten Rhodier 52) zu schreiben ist, wegen dessen tyrannischer Herrschaft, Apollod.
ist Bd. 3, Sp. 3140, 30fF. (s. V. Proseooi) erwähnt. 2, 1, 1, 4. Tzetz. zu Lykophr. 177. Lobeck,
Eine Bestätigung findet diese Emendation durch Aglaopham. 1196. K. W ernicke, Verhandlungen
■die lindische Chronik: Lindos liegt im Osten der 40^^'^ Versammlung deutscher Philologen in
(ngbg ica) von Rhodos, und hier gab es eine Görlitz (1890), S. 285. Sikyon selbst hieß TeX-
Phyle der Avzox^ovsg ="Iyv7]xsg. Als einer aus ^tvta, Steph. Byz. b. v. Zixvmv. TsXxig. Eust.
•der Phyle der Teichines erscheint in der lin- ad Hom. II. 291, 29. Vgl. Teichinen. — 2) S.
dischen Chronik {Oversigt 329, 15, 97) Av-Acond- Telchios, [Höfer.]
247
Tele
Telegonos
24^
Tele findet sich einmal auf einem Spiegel
von Bomarzo. Es steht für telepe oder tele^e,
nnd dies irurde die etniskische Umformung
des griech. Telephos (s. d.) sein (Deecle in Bezzen-
bergers Beitr. 2, 169 nr. 94). Den Spiegel hat
Gerhard, JEtr. Spiegel 8, 215, Taf. CCXXIX und
Die Heilung des Telephos, Berlin 1843, Oter-
beek, Her. Gallerie T. XIV, 1 (S. 307f.) und
Fahretti, C. L I. nr. 2643, behandelt. Die
Ssene stellt die Heilung des Telephos dar und
enthält drei Personen: rechts den Telephos
mit einer Wunde am rechten Schenkel und in
geknickter Haltung; in der Mitte vor ihm
Achilles (ajjle), der mit einem Schabeisen den
Rost von seiner Lanze schabt, um ihn dem
Telephos einzugeben } links der sitzende Aga-
memnon (aymemmn). Auf der Zeichnung bei
Gerhard scheint es übrigens, als sei das tele
nicht abgekürzt, wie Deecke meint, sondern
als seien die letzten beiden Buchstaben viel-
mehr durch Oxyd zerstört und von dem ersten
noch Reste sichtbar. Vgl. Telephos. [C. Pauli.]
Telebes {TriUßris) fällt von der Band des
Deriades (s. d.), iS'owti. Dionys. 32, 187. [Höfer.]
Teleboas {TrjXsßoas) 1) ein Sohn desLykaon,
ApoUod. 3, 8, 1, 3 (i= 8, 97 Wagner); vgl. Bd. 2
Sp. 2170, 1, vielleicht (vgl. Fape-Benseler s. v.
Triltßoas) mit nr. 3 identisch. — 2) Kentaur,
Ov. Met. 12, 441. — 3) Über das Sohnes- bzw.
Vaterverhältnis des Teleboas zu Pterelaos ist
Bd. 3 Sp. 8261 f. (s. V. Pterelaos) gehandelt; als
Enkel des Lelex (s. d.) und Vater der zweiund-
zwanzjg TriXsßoai^ von denen ein Teil die Insel
Leukas besiedelte, wird er genannt bei Strato
7, 822. Eust. ad Hom. Ov. 1472, 38. JDeiwUvg,
Leleger 96 f. 157 f. Curtius, Pelop. 2, 12. Bursian,
Geogr. v. Griech. 1, 106. Nach Steph. Byz. s. v.
Tr\Ußot£ hieß ein Teil Akamaniens nach ihm
TeleboTs. Über die Etymologie von Teleboas
8. Pape- Benseier s. v. Tr,Xsßöai und Bd. 3 Sp.
3266, 18. Gruppe, Gr. Myth. All. [Böfer.J
Teledamos {TriXida^og) , 1) Eust. ad Hom.
Od. 1796,47 (vgl. Stiele, Phtlologus 4, 1071): in
Kigurig viol xad"* ^Haioöov ^ygLog xccl Aaxlvog.
i-K da KaXvtfjovg Navöi^oog yial Aartvog 6 6h
xriv TriXtyovsLuv ygd'ipag Kvgrivalog in /it^v Ka-
Xv^ovg TriXiyovov viov 'Oövacsl ScvaygacpEL i]
TriXidaiiov, ix öh JlrivaXonrig TriXiynxxov ral
Ug%iclXaov. Diese Überlieferung kann nicht
richtig sein, da einmal Telegonos nach dem
von Eustathios an derselben Stelle angeführten
Dichter der JVocto* {6 6h rovg Noctovg Tcoti^öccg
KoXoqxüviog TriXi^%ov iiiv qpTjtft xrjv Klg-Kriv
vöTSQOV y^iiai, TriXiyovov 8h xhv ix Kigxrig
ivxiy^liat IlxivsXonriv) als Sohn der Kirke gilt
• vgl. Schmidt im M. L. 3,631,4. 632,4), anderer-
seits nicht anzunehmen ist, daß der Dichter den
Odysseussohn Telegonos (s. d.) od er Teledamos
genannt habe. Daher vermutete Wilh. lul. Karl
Mützell, De emendatione Theogon. Hesiodeae 178
TriXiyovov . . . xai TriXtSanov und nahm weiter
an, was die Zustimmung von Welcker, D. epische
Cyelus 2, 308 f. gefunden hat, daß durch die
Nachlässigkeit des Eustathios oder seiner Quelle
in der Angabe über den Inhalt der Telegonie
Kalypso statt Kirke eingesetzt sei, ein Irrtum,
der auf die wiederholte Erwähnung dieser Na-
men zurückzuführen sei. Dagegen hält B. Volk-
mann, Nachtrüge zur Geschichte und Kritik der
Wolf sehen Prdlegomena (Progr. Stadt. Evang.
Gymnas. zu Jauer 1878) S. 12f. es für gut mög-
lich, daß in der Telegonie Telegonos bohn der
Kalypso gewesen sei. Nach v.Wilamouitz, Hom.
Untersuchungen 188 ist zunächst der Name
Trilidäfiog^ der nicht wie'/arjrddafioff zu 5a|uv?;/xi,
sondern zu ßfjpiog gehöre, im Epos unmöglich;
mit leiser Änderung sei zu schreiben TriXtdcc-
10 «dp, was der Bedeutung nach sich gut zu 7'?j-
Xincexog und TriXsyovog stelle. Diese Änderung
zu TriXeÖccndg ist gebilligt worden von E.Meyer,
Hermes 30 (1896), 264 Anm. 1, während J.Yürt-
heim, Mnemosyne 29 (1901), 60 m. E. mit Recht
das überlieferte Tr,X^6äiiog verteidigt (== is, qui
procul pugnat) mit dem Hinweis auf den unten
unter 2 erwähnten Teledamos, dessen Name
sicher aus einem Epos stamme. Der Name
Telegonos ist nach v. Wilamouitz falsch und
20 irrtümlich in den Text gekommen: wenn aus
der Telegonie nur ein Sohn der Kalypso Tele-
dapos im Scholion stand, so stieß Eustathios
oder einer seiner Vorgänger nicht ohne Grund
an, vermeinte, Teledapos, das ihm nie vorge-
kommen war, wäre ein Schreibfehler und kon-
jizierte dafür Telegonos, was sich dann beides
fortpflanzte; es wäre also nach v. Wilamouitz
zu lesen: 6 6h xi]v TriXsy6vEiav ygäipag Kvqti-
vaiog ix ^ihv KaXvtpovg vibv 'Oövooii ccvayQccq)Bi
80 TriXsöanöv. — 2) Sohn des Agamemnon und
der Kassandra, nach der Ermordung seiner
Eltern von Aigisthos samt seinem Zwillings-
bruder Pelops im zarten Alter getötet und mit
diesem in Mykenai in einem gemeinsamen-
Grabe bestattet, Paus. 2, 16, 6. v. Wilamouiiz
a. a. 0. 156 Anm. 18. Christ. Beiger, Die myke-
nische Lokalsage von den Gräbern Agamemnons
und der Seinen (Progr. Friedrichs-Gymn. Berlin
1893) S. 36. Im Schol. Hom. Od. 11, 420 ist sein
40 Name T7iXt6ri^og geschrieben, doch wohl mit
falscher Ableitung von 6riiiog (vgl. ob. Z. 15 ff.).
[Höfer.]
Teledapos s. Teledamos nr. 1.
Teledike {T7iXs6ixr\, so, nicht TriXo6ixri, ist
nach G. Hermann, Opuscula 2, 203 zu lesen),
eine Nymphe (nach Schol. Plat. Tim. 22 A p.365
ed. C. F. Hermann, wo TriXoöixri steht, Tochter
des Xuthos), die dem Phoroneus den Apis und
die Niobe gebiert, Apollod. 2, 1, 3. Tzetz. zu
50 Lykophr. 177 {TriXo6iKri). Zum Namen = „weit-
hin des Rechtes waltend" s. Pott, Kuhns Zeit-
schrift 9 (1860), 342. Adalb. Kuhn, Mythol. Stu-
dien 1, 27 Anm. zu 26. [Höter.]
Telegone (Ti^ylsydrT]), Tochter des Pharis (s. d.),
vom Flußgott Alpheios Mutter des Orsilochos
(s. d.). Paus. 4, 30, 2. Gruppe, Gr. Myth. 1568, 3.
Vgl. auch den Art. Telegonos. [Höfer.]
Telegonos (TriXiyovog, über den Namen s. u.),.
der Sohn des Odysseus und der Kirke
60 (s. die betr. Artikel), die schon bei Homer (Od.
X 334f. 340. 347 480; ii 33 f) Beilager halten,
ohne daß dort oder auch nur nachträglich ein
Kind dieser Liebe genannt würde. Auf Ver-
wechselung beruht die Angabe b. Eustath. Od.
p. 1796, 49, Telegonos oder Teledamos (s. d.)
sei der Sohn des Odysseus und der Kalypso;
vgl. Welcker, Ep. Kyklos 2*, 308 f.; v. Wilamo-
witz, Homer. Unters. 115 A. 3 u. 183 (wo da-
249 Telegonos (bei den Kyklikern) Telegonos (im Drama) 250
•
für TeledappB, TtiXeSccttÖs, peschriebcn wird); Mus. 37,310; Joh. Schmidt, Ulix. Posthorn. 44;
Cerquand, Etudes de Mythologie grtcque: Vhjsse danach führt der berüchtigte Rochenetachel,
et Circe p. 7 not. 1; doch wird diese Abßtam- dem Odyseeus wohl schon bei Eiigammon er-
mnng als selbständige Sagenfassung hie und liegt (s. o.), nicht als Spitze von Telego-
da auch festgehalten, so von Gerckc, Telegonie nos' Speer das Ende des greisen Helden her-
M. Odyssee, IIb. Jahrh. 1906 S. 828; vgl. aber bei, sondern er fällt, was eher an den Ton
Finsltr, Bomer S. 4'26». — Erst zwei Kylliker, der Satyrpoesie erinnert, mit dem Kote eines
ein ungenannter Nostendichter aus Kolophon Reihers auf seinen Kahlkopf aus der Luft herab
{Kinkel, Ep. fr. p. öG), wohl Antimachos, und und verwundet ihn tödlich {Aisch.fr. 216 Nck.--^
angeblich Eugammon (oder Eugamon) v. Ky- lo schol. Ven. Od. X 134. Bei Sext. Eminr. adv.
rene, leiteten aus jenem Liebesverhältnis zwi- gramm. p. 659 Bfkker ist der Vogel eine Möve}.
sehen Odysseus und Kirke einen Sohn Tele- Sonst sind die Dramen, wie es scheint, der
gonos her, dem die spä-tere Sage eine ganze ursprünglichen Darstellunpr der Telegonie treu-
Anzahl Geschwister zugesellt hat (s. d. Art. geblieben; in gleicherweise hat nämlich So-
Odysseus, Bd. 3 Sp. 631 f. und außerdem Tzetz. phokles den Todestag des Odysseus behan-
Chtl. 5, 566 f.). Eugammons Telegonie kennen delt im 'OövGCBvg äyiavO- onXi^l {= JNinrQay
wir dem Inhalt nach zumeist aus Froklos' Ex- da die Fußwaschung durch Eurykleia, ra68f.^
zerpt {Kinkel p. 57), das von Welcker als Haupt- unter veränderten Verhältnissen hierher ver-
quelle zur Rekonstruktion des Epischen Kyklos legt ist); in Dodona (fr. 417. 418. 422. 423-
benutzt, sodann freilich von Kobert {Bild u. 20 J^ck. p. 231 f.*) hat Odysseus ein Orakel erhal-
Lied 222 f.) und namentlich von Beihe {Her- ten, das ihn vor dem „Sohne" warnte {Welcker,
mes 26, 593 f. u. Art. Eugamon bei Bauly^- Gr. Trag. 1, 240f.); er bezog es auf Telemach^
Wissoua 6,1,984) in seiner Geltung stark an- während damit Telegonos gemeint war (vgl.
gefochten, jedoch von R. Wagner {Elecleis. Hygin. fah.V2>l, s.u.). ÄSo/J^oÄ/es hat aber (nach
Jahrb. 1892, S. 241 f.) ebenso lebhalt wieder Barthen. Erot. S) auch eine Tragödie Ei^vu-
verteidigt worden ist. Glücklieherweise wird Xo<; gedichtet, die am Schlüsse die Telegonos-
durch die wichtige Streitfrage der Bericht über sage wenigstens streift {Islauck p. 178*, s. u.),^
Telegonos' Schicksale kaum berührt. Zum Jung- Bacuvius ferner hat sich in den Niptra an
ling erwachsen, heißt es hier, landet er auf Sophokles' gleichnamiges Stück angeschlossen
der Suche nach dem Vater in Ithaka, das er so {Cic. Tusc. 2, 21, 48, vgl. Bibbeck, B. Tr. 270f.);
verwüstet, wird mit Odysseus, der bewaffnet vielleicht trat schon in /Sop^oArZes' Drama, höchst
herbeieilt, handgemein und tötet ihn ahnungs- wahrscheinlich aber in dem des Bacuvius, um
los, gewiß schon in der Telegonie mit einem die beiden Heiraten zu vermitteln, Pallas Athene
Rochenstachel {ayiavd-cc tQvyovog), vgl. Welcker, auf (s. u. Eygin. fab. 127 und Bibbeck S. 279).
Kyklos 2^ 307 u. Griech. Trag. 1, 241; B. Wag- — 'Oövcatvg ä-nocvQo'nXr]^ hieß auch eine Tra-
ner, Bhein. Mus. 46, 414; zu spät erkennt er gödie des Apollodoros v. Tarsos (nach Suidas);
seinen verhängnisvollen Irrtum und bringt den einen TrjX^yovog dichtete Lykophron. — Ein-
Leichnam des Vaters sowie Penelope und Te- schlägige Komödien: ISiniQu des Bolyzelos;
lemach zu seiner Mutter Kirke, von der die 'OSvcatvg ccTioviTizo^tvog des Alexis; vgl. Ulixes
beiden unsterblich gemacht werden. Telego- 40 Comicus, Bleckeis. Jahrb., Svpplbd. 16, 392.
nos heiratet die Penelope, Telemach die Kirke. Aus den vorgenannten epischen und dra«
— Kürzer gefaßt ist der Bericht bei Pi^o^. 6i6Z. matischen Dichtungen, die sämtlich verloren
cod. 239 {Kifikcl p. 1): nsgaioirai 6 iniKog sind, haben in die mythographische Lite-
KvyXog ^^XQi rfjg anoßdöicog 'OövoGiag t7]s sig ratur mancherlei Bestandteile ihren Weg ge-
'Wccyir}v, iv fy xal vTtö xov TtaiSbg TriXeyo- iünden ; andere Einzelzüge sind neu hinzuge-
vov ccyvoovvrog TctsivBxaL. — Die Vergot- kommen. Eng a,n Eugammons Telegonie schlie&t
tung der beiden Hinterbliebenen des Odysseus sich die Epitome aus Apollodors Biblio-
durch Kirke erzählte auch der erwähnte Ko- thek an; wenigstens stimmt sie mit Broklos'
lophonische Nostendichter (Kinkel p. 56). — Exzerpt ziemlich überein (s. o.); nach 7, 16
Nach einer freilich verderbten EusebiosBtelle 50 p. 231 Wagner erlebt Odysseus ofienbar noch
hat vielleicht auch der Epiker Kinaithon bei Kirke die Geburt des Sohnes, da er, wie
oder Kynaithos v. Lakedaimoyi eine TriXsyo- in der Odyssee (x 467), ein volles Jahr auf
via \eii2L&t (Kinkel ^.1^6; v.Wilamoiciiza.Si.O. Aiaie bleibt; wie sodann Telegonos auszieht,
349; Bethe h. PauJy- Wissoua^ a. a. 0. 984). — den Vater zu suchen, die ihm unbekannte
Aus irgendeinem Epos, das sich mit Telegonos' Insel durch Herdenraub plündert und jenen
Schicksalen beschäftigte, mag endlich auch mit dem Rochenstachel (rpvydr og x^i/rpov nach
V. 1014 in die (ohnehin unechte) Schlußpartie ^McÄe/ers Lesart) tötet, darüber verlautet nichts
von Hesiods Theogonie gedrungen sein; üb- wesentlich Neues (7, 36 p. 236 Wagner); er
rigens erscheint er aucb hier als Sohn des habe sodann, heißt es (mit Übergehung Tele-
Odysseus und der Kirke. 60 machs) weiter, den Toten und die Penelope
Die kyklische Sagenfassung ist für die Folge- zu seiner Mutter gebracht und dort erstere ge-
zeit stehend geworden (s.u.); nur Aischylos heiratet, Kirke aber die beiden auf die Insel
in den Wvxayoyoi hat der Überlieferung der Seligen versetzt, — Daß Eygin. fab. 127
von Odysseus' Tode eine ganz eigenartige, fast zumeist den Inhalt einer der früher genannten
skurrile Wendung gegeben, die wie eine par- Tragödien (wohl der römischen, s. Bibbeck
odistische Widerlegung oder Verdrehung der S. 279) wiedergibt, erhellt aus der hier wie
herkömmlichen Telegonossage aussieht; vgl. dort vorhandenen Erwähnung von Orakeln so-
Valckenaer, Diairibe p. 286; 0. Crusius, Bhein. wie aus der Vermittlung der beiden Ehen durch
251 Telegonos (in der spateren Literatur) Telegonos (in der spateren Literatur) 252
Pallas Athene (s. o.); aus Telegonus' Verbin- * ffenus wird der Name umschrieben von Ovid.
dnng mit Penelope geht der Sohn Italus (s.d.) Ib. 669. Als Vatermörder wird Telegonus
henror, nach dem Italien benannt ist. — Auch mit Leuten wie Oedipus (Oedipodes) zusam-
bei Cedren ist Odysseus, weil durch Orakel mengestellt: Trist 1, 1, 114; hier nennt üedi-
irregeleitet, auf der Hut vor Telemach fs. o. podas Telegonosque Ovid die eigenen Liebes-
Soph.' 'Od. &%.), den er sogar bewachen laßt; gedichte, weil sie ihn umgebracht, d. h. seine
da kommt Telegonos, will zum Vater (den er Verbannung verschuldet haben; vgl. Ifor. 0.3, 29,
also hier vermutet, s. u.), wird aber zur Nacht- 8: Telegoni iugaparricidae (s.u.) und Eustath.
zeit nicht vorgelassen. Als sich nun der Wort- Od. p. 1660,6: S ^gvlloviisvog nargocpov-
Wechsel zum Geschrei steigert, eilt Od^sseus, lO ttj? TrjXiyovog. Bei Lucian. ver. hist. 2, 35 er-
in der Meinung, „Telemach sei es", mit dem zählt Odysseus selbst in einem Briefe an Ka-
Schwert herbei, wird aber unerkannt von Tele- JtP^o aus der Unterwelt seine Tötung durch
^onos mit dem Rochenstachel durchbohrt. Ahn- Telegonos, ohne Angabe näherer Umstände;
lieh Dict Cret. 6, 14f und Cramer, Anecd. auch nur erwähnt wird Telegonos unter Per-
Part«. 8, 216: Odysseus hat, durch Weissagun- sonen des troischen Sagenkreises: d.saltat.AB.
gen und Träume geängstigt und vor dem Humorvoll bestritten wird der Tod durch den
„Sohne*^ gewarnt, den Telemach in Eephalle- Rochenstachel (des Telegonos) tragodopodagr.
nia gefangen gesetzt; zur Nachtzeit erscheint 261 f, wo das Zipperlein den Odysseus als
Telegonos und beschwert sich bei den Wach- Opfer für sich in Anspruch nimmt (s. d. Art.
tem, die ihn zurückhalten, hitzig darüber, daß 20 Odyssew, Bd. 3 Sp. 629).
man ihn am Zutritt zum Vater hindere. Da sie Ohne Einfluß auf Telegonos' Schicksale ist
nur einen Sohn des Odysseus kennen, halten die Argonautensage ffohlieben, obwohl mit ihr
sie jenen für den verkleideten Telemach (s.o.); seine Mutter Kirke iSs Tochter des Helios und
der herbeigeholte Odysseus setzt sich mit einem Schwester des Aietes mehr oder weniger fest
Speerwurf zur Wehr, trifft aber einen Apfel- verknüpft ist (s. d. Art. Kirke, Bd. 2 Sp. 1202f);
bäum; auch Telegonos schießt und verwundet nun ist aber Aietes' Tochter Medeia, und so
„mit unheilvollstem Trefferglück" {dvaxv%taxd- werden diese und Telegonos gelegentlich Ge-
xr\v firvx»itfaff ivxvxlav) ahnungslos den Vater schwisterkinder genannt: Tzetz. lyykophr. 798.
in der Seite; seine Waffe, einen mit dem Ro- Weist diese verwandtschaftliche Beziehung zu
chenstachel (s.o.) versehenen Schaft, hat Odys- 30 der Kolcherin nach dem Osten, so verlautet
3eu8 einst der Eirke hinterlassen, und doch von einem dortigen Aufenthalt des Tele-
diese hat ihn nun dem Sohne mit auf den gonos nichts. Wohl aber begegnen wir Tele-
Weg gegeben. Über eine bildliche Darstel- gonos im Süden der griechischen Welt. Wie
lung einer solchen Abschiedsszene s. u. Dieser nämlich v. Wilamowitz sah {Homer. Unters. 1%^-,
Speer wird jetzt für den sterbenden Helden Einleitung in die Tragödie 102; \gl. Gercke, IIb.
Mittel zur Erkennung des Sohnes. Unter na- Jahrb. 1905, S. 314), hat es Eugammon v. Ky-
menlosem Schmerze über seine Tat wirft sich rene versucht, das Königsgeschlecht seines Lan-
Telegonos verzweifelt zu Boden; doch nach des mit der troischen Sage zu verknüpfen, in-
des Vaters Tode teilt er mit Telemach und dem er in der Telegonie neben Telemach als
Ptoliporthos, einem Sohne Telemachs und Nau- 40 Sohn von Odysseus und Penelope auch den
«ikaas {Dict. Cret. 6, 6; s. d. Art., Bd. 3 Sp.3271), kyrenäischen Stammheros Arkesilaos nennt. Da-
die Herrschaft, und während diese beiden „ganz mit steht aber auch, wie Malten, KyrenelbOf.
Ithaka" und „das mittlere Land" erhalten, über- bemerkt, in Verbindung, daß Telegonos Bru-
nimmt er xju noQQax^Qco (?). Von dem räch- der der Libye genannt wird (schol. Eur. Or.
flüchtigen Vorhaben, die Zeichendeuter büßen 932), ja sogar als Gatte der lo und als Ägyp-
zu lassen, hält er den Telemach zurück. — terkönig erscheint (^j9o/Zodor. 2, 1, 3, 9). Durch
Bei Cedren, Dict. Cret. und in Cramer. Anecd. das Spi^l genealogischer Phantasien wird er
Paris, weiß also Telegonos sogleich beim Be- endlich der Sohn des schon in der Odyssee
treten Ithakas, wo er ist; dagegen landet er {$ 355. 365. 385) auf der Insel Pharos ansässi-
auf einer ihm unbekannten Insel, die er, 50 gen Meergreises Proteus und findet später,
durch Hunger genötigt, ausplündert, wie bei zusammen mit seinem Bruder Poly gonos oder
Eugammon (nach JProklos) so auch bei Opp ian. Tmolos (s. die betr. Art. u. Maaß, Hermes 23, 72, 3),
Ifa/. 2,497f Über den Meerrochenstachel den Tod im Faustkampf mit Herakles (^poWodor
{axavd'a oder %ivxQov xgvyovog) sind die bis- 2,5,9,14; Gruppe, Gr. Myth. 20S, 16. 16; 1568^3).
her genannten Quellen einig; zu ihnen kom- Doch das sind nur vereinzelte Spuren der Tele-
men mit bisweilen flüchtiger Erwähnung die- gonossage; festen Fuß hat sie in jenen Gegen-
«es Zuges der Sage: schol. Aristoph. Plut. 303; den Nordafrikas nicht gefaßt. — Wo femer das
Phüostr. Heroic. 2, 20; vit. Apollon. 6, 32; Nik- neue Herrschergebiet {xa TtoQgmtiQO)), das er
andr. Ther. 835 f. ; Tzetz. Lykophr. 796 (794. nach Cramer, Anecd. Paris, einnimmt (s. o.), zu
798. 806); Serv. Aen. 2, 44 (aculeus marinae 60 suchen ist, steht dahin; wohl bei Ithaka, da
beluae). Sonderbares hören wir über das Waf- doch jenes Land ein Teil von Odysseus' ehe-
fenstück auch im schol. Od. A 134: auf Kirkes maligem Reiche ist. Dagegen kehrt er bei
Bitte fertigt Hephaistos dem Telegonos einen Eugammon und Hygin zur Mutter nach A i a i e
Speer aus einem Meerrochen, den Phorkys ge- zurück und heiratet die von Kirke unsterb-
fangen hat; die Spitze ist stählern, der Schaft lieh gemachte Penelope (s. d. Art., Bd. 3
golden (s. auch v. Wilamowitz a. a. 0. 193 A. 36); Sp. 1908). Über Italus, den Sohn dieser Ehe,
mit dieser Waffe tötet er den Vater; vgl. ^u«toiÄ. s.o.; wahrscheinlich war er zuerst in Pacu-
Od. p. 1676,44. Durch ein Wortspiel mit teli vi'us' Niptra erwähnt,|worau8 Hygin. fab. 127
253 Telegonos (Name; Wesen)
referiert; y^\. auch Schwegler, R'im. Gesch. 1,
400f. Durch den Namen Italu3 wird aber zu-
gleich der Schauplatz von Telej^onoa' Taten
und Wanderungen im Westen festgelegt. Als
Kirke den Sohn auf die Suche nach dem Va-
ter entsendet, ermahnt sie ihn, dort eine Stadt
zu gründen, wo die Landleute mit Blumenge-
winden geschmückt tanzen würden. In Ita-
lien trifft er wirklich Bauern, die mit Eichen-
Teleia, Teleios
254
res' bedeute {i^ =« inro;, ?|(a auch Ä 130;
JT8a8; o 272; 7t 288; r 7; % 376), sei ea seit
Eugammon mit ^aus dem Meere' erklärt
worden und somit geradexu der Ausgangs-
punkt für die Telegonossage; vgl. Ämeis-
Hentze zu d. St.; Vürtheim, de Eugammonis
Cyrenaei Telegonia, Leiden 1907, S. 213 f. Die
Auffassung freilich, als wäre jene Deutung des
k^ oclog ein Mißverständnis, ist anfechtbar und
kränzen einen Reigen aufführen. Die neuge- lo daher bestritten worden ; man hat sie auch als
gründete Stadt benennt er nach dem Eichen-
laub {TtQLvos, die Eiche) TLQiviaxov^ woraus
die Römer Praeneste gemacht haben: Plut-
arch. Parallel, min. 41 nach Äristokles' Italika,
Müller, fr. hist. Gr. 4, 330. Man könnte mei-
nen, auch Propertius (2, 32, 3) bezeichne Prae-
neste als eine Gründung des Telegonos; denn
er nennt hier die sortes Praeneatinae und im
nächsten Verse Aeaei moenia Telegroni. Doch
eine absichtlich freie, selbständige Um
deutung angesehen; vgl. Mülder, Burs. Jah-
resber. 1913, S. 103 f. — v. Wilamowitz endlich be-
zweifelt überhaupt, daß die gewaltsame To-
desart des Odysseus aus dem i^ aXo? heraus-
geklügelt sei {Homer. Unters. 194); eher ist er,
wenn auch mit Vorbehalt, geneigt, in dem
Zweikampf zwischen Vater und Sohn ein ur-
altes, überaus schönes dramatisches Sagenmotiv
mit beiden Benennungen kann nicht derselbe 20 zu erkennen, das sich in der Erzählung von dem
Begriff gemeint sein; in anaphorisch einge-
kleideter Aufzählung wird nämlich noch ein
dritter Ort, Tibur, als Ziel der Ausflüge Cyn-
thias genannt. Die moenia Aeaei Telegoni sind
daher hier von Praeneste zu unterscheiden und
bedeuten Tusculum, das auch sonst mit Te-
legonus oder seinen Nachkommen in Verbin-
dung gebracht wird. Zwischen Tusculum und
Praeneste kann mau schwanken bei Ooid. Fast.
Vatermörder Oidipus (s. 0. Ooid. Trist. 1, 1,
114) oder, wie schon Welcher andeutet, in dem
althochdeutschen Hildebrandsliede wiederhole.
Vgl. auch L. Uhlani, Schriften zur Geschichte
u. Sage 1, 164 f.; Christ, Gr. Lit. Gesch. S. 94*
A. 1; Ä. Potter, Sohrab and Bestem. The epic
Theme on a Combat between Father and San,
London 1902; Gruppe b,. 3.. 0. 716,5; 718 f.;
Liebrecht, Zur Volkskunde 406 ; Jiriczek, Deutsche
3, 92; 4, 71, vgl. H. Peter zu den Stellen. Da- 30 Heldensage 1, 273 f.; Gaidoz, Folklore 14, 307.
gegen ist ersteres als Gründung oder Herr
schersitz des Telegonos bestimmt gemeint bei
Hör. Epod. 1, 29 f.; Carm. 3, 29, 8c. schal, (s. 0.);
Stat.Silü. 1,3,83; Sil. It. 7,692; 12,535. Über
die in Tusculum ansässige gens Mamilia,
die sich von , Telegonus herleitete, vgl. Liv. 1,
49; Dion. Hai. Antiq. 4, 45; Fest. p. 130 M.;
Preller, Rom. Myth. 635; Art. Odysseus Sp. 632.
Nach Xenokrates b. Gregor. Naz. in Spicil. Born.
ed. Mai 2, 2, 313 galt Telegonos {TsXsyovog, so!) 40
als Erfinder der Weissagung aus dem
Vogelflug. — '^a.ch Athen. 6, 251 d gab ein be-
geisterter Verehrer des Odysseus, dessen Bild er
am Siegelring trug, seinem Sohne den Nam en
Telegonos, der damit aus der Heldensage in den
allgemeinen Gebrauch übergegangen ist.
Die Erklärung des Namens verursacht
keine Schwierigkeiten; er bedeutet 'den in
der Ferne Geborenen' und stellt seinen Trä-
ger dem in Ithaka geborenen Halbbruder ge- 50
genüber; vgl. Preller, Bjm. Myth. 665; Fick^-
Bechtel, Griech. Personennamen 411. 265.
Die Deutung des Wesens identifiziert,
nach der einen Auffassung, den Telegonos mit
seinem Halbbruder, zu welchem er also nur
eine spätere Parallel figur wäre — ein Dop-
pelgängertum, dem ja auch mancher andere
Held seinen Ursprung verdankt; vgl. Beloch,
Griech. Gesch. 1', 196. Weit verbreiteter und
Wie schwierig und zweifelhaft übrigens solche
Deutungen sind, lehrt für die Telegonossage
zuletzt wieder Kroll, IIb. Jahrb. 1912, S. 170 f.
Kirke und Telegonos, Vaseafragmeat
(uach Ooerbeck, Galt. Taf. 33, 21).
In der bildenden Kunst beschränkt sich
nach unserer heutigen Kenntnis die Darstel-
lung des Telegonos auf ein verstümmeltes, nur
im Bruchstück erhaltenes, aber schönes Vasen-
gemälde (Braun, Bulletino d. I. 1843 p. 82 ;
Welcker, A. D. 3, 461 Taf. 30, 2; Ooerbeck, Gal.
her. B'ddw. 818 Taf. 33, 21): Kirke reicht dem
Telegonos bei seiner Ausfahrt einen Bogen,
älter ist die Annahme, die Telegonossage habe 6J der hier, wohl aus malerischen Gründen, den
sich aus einer Verbinduncf der Stellen der Meerrochenstachel vertritt; dabei die Inschrif-
Odyssee % 334 f. 340. 347. 480; \i 33 f. mit
X 134 f. (i/j 281 f.) entwickelt; es beruhe näm-
lich der Bericht über die Fischgräte als Mord-
werkzeug auf einer falschen Auslegung des
Teiresiasorakels, wonach dem Odysseus der Tod
i| alog kommen werde: während dies bei
Homer in Wahrheit '^außerhalb des Mee-
ten beider Namen; s. beistehende Abbildung.
[Johannes Schmidt.]
Teleia, Teleios {TsXsicc, TsXeiog), Beiname
verschiedener Gottheiten, besonders des Zeus
und der Hera, über dessen Bedeutung unten
(Sp. 256, 66 ff.) im Zusammenhang gehandelt ist.
I. Kult des Zeus Teleios findet sich in
255 Teleia, Teleios Teleia, Teleios 256
1) Amyklai (?): Jibs r*[l»iov], nach der f 1)' Erythrai: Priestertum '^Hgag TfXeiasy
unsicheren Vermutung von Tzuntas, 'Etprin. Dittenhergir , Sylloge* nr. 600,, ^ ,33. Collitz
ic^X. 1892, 22 nr. 4. Wide, Lalcon. Kulte 370,1. 6692 €,5. „ p. 726. Vgl. v. Wüamowitz, Nord-
2) Arkesine (Amorgos) : Jtl TsX[sitoi,]y I. G. ionische Steine 64 in Ahhandl d. K. Vn uß. Akad.
12, 7, 94. d. Wiss. 1909, II phil.-hist. Kl.
8) Athen: Prießtertnm Jibs TiXslov durch 2) Hermione: Auf dem Berge ©dpral (cod,
die Buzygen verwaltet, 7. G. 8,1, 294. Toepffer, 9q6vcc^) befand sich ein Tempel der '^Hqu Tt-
Att. Genealogie liBt, Jessen hei Pauly-Wiisotca Xila. Ihr war Zeus in Gestalt eines Kuckuck»
s.v.Buzyges 1096 f. (vgl. unten Sp. 267, 60). — Auf genaht, weshalb der Berg später Kdxxv^ (Ko-k-
einem attischen sogenannten "Totenmahlrelief* 10 xvytov. Paus. 1,86,1. 2) hieß, und das thio-
findet sich eine "Weihung an Ztvs *EnniXftog nende Kultbild der Göttin auf dem Skeptron,
^iliog^ Furiwängler, Sitzungsberichte der philos.- das es trug, einen Kuckuck aufwies, Schal
philoL Klasse dir K. Payr. Alad. d. Wiss. zu Thedkr. 15, 64, wo als Gewährsmann Aristoteles
München 1897, I, 402 (»= /. E. Sarrison, Pro- iv xtü ntQl ^Egpuovrig isg&v angegeben wird,
legomenatothe study ofgreekreligionZb^. Usener, Siher wohl Aristoteles zu lesen sein wird, Müller
Siniflutsagen 68); dieser Zt^g^EmxiXHog vertritt zu F. H. G. 2, 190 irgm. 287. Val. Böse, Aristo-
nach Furtuängler den gewöhnlichen Beinamen teles Pseudepigraphus 618 frgm. 8. Aug. Kalk-
TiXttog^ unter dem Zeus in Athen Kult genoß. mann, Pausanias der Periiget 147 f.
4) Epidauros: Weihinschrift, von einem 8) Ithaka: Die von Dittenberger, I. G. 9,
nvQO<f6Qog dargebracht i^öxlTjartw, Jil TtXflm, 20 1,658: yall t]&g^HQag ra . . £a gelesene Inschrift
KabladiaSf'Etfrtii.&QycttoX. lS9i, 23 nr. 19. Vgl. (noch anders Po(hl, Inscr. Gr. ant. 336 p. 78)
den epidaurischen Monatsnamen TilXtog, 1. G. lautet nach Vollgraff, der den Stein revidiert
4, 1486, 32. 68. 101. 1492, 9, 32, 34. F. Bischoff hat: xa[l rjfif H^gag x&g [T]eX[(iagl Corr. Hell.
in Griech. Studien H. Lipsius zum sechzigsten 29 (1905), 165 f. nr. 9.
Geburtstag dargebracht 4. 4)Karyßto8 (?). Die Annahme, daß sich
6) KameiroB: Weihungen, dargebracht auf der Spitze des Ochagebirges bei Karysto»
^Eeria xal Jtl TfXsim, 1. G. 12,1,701,0 {Collitz ein Tempel der Hera Teleia befunden habe
4123,'j. 704 ( Co«! <;? 4126). 7078. (Busolt, Gr. Gesch. 1\ 210, 3), stützt sich ledig-
6) Orchomenos: [Jil TtX]iitp,''HQa TeXsI^, lieh darauf, daß auf dem Ocha die Hierosgamos-
I. G. 7,8217 p. 602. ' ' SO legende lokalisiert war (Sieph. Byz. s.v. Kary-
7) Tegea, jdihg TsXtiov ßanbg xal üyalna sioB\Grvppe,BursiansJuhresl€r.Sb{lS9b),liiS,
Tixgdymvov, Paus. 8,48,6. 5) Kithairon s. unten nr. 9.
8) Thera (?): Sehr fragliche Ergänzung: 6) Megalopolis: vabg . ."Hqag TtXtlccSy
*Eax[iag xal] Jib[g TsXslov], I. G. 12, 3, 424. Paus. 8, 31, 9.
9) Zorava (Trachonitis). Unter einem Epi- 7) Orchomenos: s. oben I Sp. 255, 29.
gramm, das den beabsichtigten Bau eines Hauses 8) Panamara bei Stratonikeia: Hera Tt-
schildert, steht die Widmung: TsXsio), Wad- >lf ta verbunden mit Zeus Panamaros, Corr. jBTe//.
dington 2484. Nach Fr. Baethgen, Beiträge zur 11 (1887), 389 nr. 5. 12 (1888), 256 nr. 36. 15
semitischen Beligionsgesch. 96 wäre dieser Ti- (1891), 426 nr. 8. 28 (1904), 53 nr. 41. Vgl.
Xitog vielleicht identisch mit dem auf einer 40 Nilssov, Griech. Feste 28 ff.
Inschrift aus Bostra genannten 'Ejrixapjtiog Zsi'5, 9) Plataiai: xijv . .'"Hquv TiXiiav -KaXoveiy
der seinerseits = Dusares (s. d.) wäre. Kaibel, -ntnoir^xai 61 OQ&bv ^tyiQti ayccl^cc yi^ycc, Paus.
Epigr. 1066 Anm. sagt: „subscriptum TbXsioj 9,2,7. Darauf berichtet Pawsawms, um zu er-
non satis iMellego; nam Jovi TtUico vix ille klären, weshalb diese Hera auch JVv/üqparo/z^i'rj
domum suam custodiendam tradidit." Da aber genannt worden sei, das Aition des Festes ^ui-
das Epigramm deutlich sagt, daß das Haus daXa (vgl. darüber v. Schoeffer hei Fauly- Wiss.
erst gebaut werden soll und der Weihende die s. v. Nilsson, Gr. Feste 50 ff.), das zur Feier de»
Hoffnung ausspricht, es herrlich zu vollenden hgbg ydnog des Zeus und der Hera eingesetzt
(in den vier Zeilen des Epigramms findet sich war. Auch Plut. frgm. de JDaedalis Plataeensi-
zweimal das Verb i%xBXilv gebraucht), so durfte 50 bus 3 (ed. Bernardakis 7 p. 45) berichtet, d&&
unter dem TiXuog eben der Gott zu verstehen Hera nach Vollziehung der Ehe mit Zeus Te-
sein, der seinen Schutz zur Vollendung des Xhiu und rafir,Xicc genannt worden sei; vgl.
Baues geben soll. A.Ka1kniann,PauFanias der Perieget 129 Anm. 4.
10) Eine handschriftlich im Kloster Lorsch Auch auf dem Kithairon selbst, wo das Fest
erhaltene griechische Inschrift lautet: 'O/iWco der Daidala gefeiert wurde, scheint ein Tempel
Jia 'OXviintov xal ^iu BovXaiov xal ^Eaxiccv der Hera T. sich befunden zu haben, Bethe,.
BovXalav xal ^ia TiXsiov ytal "Hgav TsXsiccv Theban. Heldenlieder 9f. Gruppe, Gr. Myth. b24.
xtX., f. Ziebaiih, Der Eid vom Kloster Lorsch 10) Stymphalos: Temenos (s. d.), der Pfle-
in Xdgixfg Friedrich Leo zum sechzigsten Ge- ger der Hera, soll der Göttin drei Tempel ge-
burtstag dargehacht 397. 404. Nach Ziebarth 60 stiftet und ihr drei Epikleseis gegeben haben,
gehört die Inschrift etwa nach Kleinasien in ■nag&ho) iisv hi o^ctj Tlaidi' yrtna^v7}v dh xm
die Gegend von Pergamon und stammt aus Jd ixdXtatv wbxiiv TsXtiav, und nach ihrem
dem dritten bis zweiten Jahrhundert, oder sie Zvnst und ihrer Rückkehr nach Stymphalos
ist die literarische Arbeit eines Rhetors der nannte er sie X'^ga^ Paus. 8, 22, 2.
Kaiierzeit, die sich an einen antiken Text an- 11) s. oben I, 10.
schließt. Betrachtet man Stellen, wie Aesch.Ag. 973:
H. Kultus der Hera TtXsiu (vgl. Hesych. Ztv Ztv TeXeis, tag i^dg t^xdg tsXsl. Aesch,
TtXeicc- 7} "Hgd) ist bezeugt lür Suppl. 524 ff.: tsXiav xtXsioraxov ygdrog, öXßitr
257 Teleia, Teleios Teleia, Teleios 268
Zsö. Eu>n. Q'2i: Zfu? d' ircsyiQccvEv rslog. Suppl. kommen des alten Ackerpriesters sind es, denen
823: tI d' ävav Ged'8v (seil, w Zsv) ^vatolat xi- die forterbende Edre za teil wird, seinen Kul-
lsi6v iavi. Sept. 116: Zsv Tcdtsg, x&v teXog og tus zu besorgen.' Miteinander verbanden er-
vi^iBig. Alkaios frgm. 11 {Bsrgic* p. 176): AI St scheinen Zeus T. und Hera T. auch in den
•k' äfifiL Zsv i teUarj vö/jaa. Pin l. Olymp. 13, Itö Sp. 255 nr. 6. 10 mitgeteilten Inschriften. Als Ehe-
(163): Zsv xbXei\ ccldA diSoi v,al tv^ocv xsqxv&v göttin heißt Hera TeX^icc auch Fa/tr/lio? und
yXvnstccp (vgl. auch Pind.Pyth. 1,67 [130j. A'isch. Sv^vylu (Zyyta), Stoh. Ecloff.2, 6, 3 (ed. Meineke
Etim. 28), 80 erhellt, daß Zeus Teleios „der Voll- 2, 18). Schol ^ID ad Ilom. //. 1,609 (vgl. Kallim.
ender ist, der alles Beginnen der Menschen zu gu- frgm. 20 p. 130 Sehn.). Pollux 3, 38. Schol. Pind.
tem Ziele führt, der die Wünsche der Betenden lo Nem. 10,31. Wer, wie Klytairaestra, verräterisch
erfüllt'', Usener, Götternamen 26 f. (vgl. auch am Gatten handelt, verletzt die Gesetze des
Preller, Arch. Ziit. 3 [1845J, 107: Zeus T. ist Zeus und der Hera Teleia {Aes^ch. Eum. 214;
der Vollender Zeus, aber auch im physischen vgl. auch die dem Laios zürnende Hera Pa-
Sinne der vollendete Mann); vgl. auch Hesych. ^loatolog, Peisandros im Schol. Ear. Phoen.1160),
8. V. llBlsiog- xBleavovQYog- 6 Zsvg. Auch die die Gesetze der ''Hga Tsleicc, Zr]vbg sivccicc &d-
Tatsache, daß Zeus Soter auch TsXsiog genannt (iccq {Aesch. frgm. 783 Nauck^); denn Hera Te-
worden ist {Euripides in der Andromeda und leia v-Xfi^ag ydiLov cpvXdttst. {Ar int. Thesmoph.
Aristophanes in den TocYqvLötocl im Schol. Plato 973 ff.). Sie ist die xsXeicc fidtriQ der Hebe (Pmd.
Phileb. p. 255 Hermann. Phot. Lex. s. v. Tgirov Nem. 10, 18 [31]; vgl. Krinagoras in Anth. Pal.
■KQUzi'jQog (p. 604, 25 = Suid. s. v. TgLxov xqu- 20 6, 244: ""'/fprj, 'EXsid-uLüv ^ifrrjp, 'Hqti xs TEXsiri).
t^Qog p. 1219, 5 Bernh. Schol. Pind. Isthm. 5,10) Bei den vor der Hochzeit stattfindenden Opfern,
bzw. die Verbindung Zsv? SoavrjQ TsXsiog {Pol- den TtgotiXsLcc (s. Sp. 257, 53 ff.), weihten die
lux 6, 15. Phot. s. V. Tgizog xqccv^q), beruht auf Bräute der Hera Teleia (und der Artemis und
derselben Vorstellung, Tritt an den angeführten den Moiren) ihr Haar, Pollux 3, 38. Lehrs, Po-
Stellen, wo es sich um Spenden an Zeus beim puläre Aufsitze aus d. Altertum^ 201 {vgl. Archü.
Symposion handelt, das Epitheton Teleios zu frgm. 18 Bergk 2* S. 388). Auf diesen Brauch
Soter, so steht Teleios allein, also gewisser- bezieht ^i^rem, Phüologus 72 (1913), 445 f. das
maßen die beiden Begriffe Soter -Teleios ver- Attribut der ehernen Schere, die das Kultbild
einigend, bei Athen. 1,16B: hitsv^ov {ol ^gasg) der Hera in Argos in der Hand trug {Röscher,
yicci xäg GTtovSccg iitoiovvxo 'Eo^jj xal ovx '^0 ütf. 7^. 1 Sp. 2076, 13ff. Gruppe,Gr. Myth.ll'6Z,9)
cuj V6TSQ0V Jd TsXsicp. — Daher brachte man und sieht in dieser Hera eine H. ra^riXLcc oder
dem Zeus T. nach Erfüllung des Gebetes oder TsXsicc.
der Wünsche Opfer dar, Krinagoras in Anth. Dagegen bestreitet M. A. Bayßeld, Clasi.
Pal. 6,242. Außerdem ist Zeus aber noch ein review 15 (1901), 446, daß das Zeusepitheton
TeXsLog im engeren Sinne: xsXog bezeichnet oft TeUstoj irgendwelche Beziehungen zur Ehe habe,
die Ehe {xiXog yd^oio, Hom. Od. 20,74. Apoll. und erklärt den Zeus Teleios als den „Herr-
Bhod. 4, 1200. yuiiriXiov xsXog, Aesch. Eum. 835. scher, König" Zeus und ebenso die Hera Te-
vv^q)Liccc xsXri, Soph. Ant. 1240; vgl. Rohde, leia als die „Königin" Hera, eine Erklärung,
Psyche 1', 327), diejenigen, die die Ehe ge- die sich übrigens schon bei Passoz<;-i2os^, JTawd-
fichlossen hatten, hießen xEXsiOi {xsXsiovg tovg 40 Wörterbuch der griech. Sprache 2^, 2 S. 1848 s. v.
ysyayir\yt.6tag xocXovaiv., accl xsXsiad'fivca x6 yi)- xiXsiog findet: „man glaubt, das Wort in trans.
liai^ Phot. Lex. s. v. TeXsov p. 574, 10. Hesych. Bedeutung 'Erfüllung gewährend' nehmen zu
B.v.TiXsioL. Schol. Soph. Ant. 12i0. Pollux 3, dS), müssen, es scheint aber vielmehr xeXsLog hier
und so ist Zeus Teleios neben Hera Teleia in demselben Sinne zu fassen zu sein, wie ft^-
Schutzgott der ehelichen Gemeinschaft (vgl. ytaxog und ava| . . . , also 'erhabenster, groß-
den Zeus Zvyiog neben Hera Zvyt'a, s. oben mächtiger'."
8. V. Syzygia Sp. 1647, 14 f.; vgl. auch Schol. Hl. Beinamen der Gotter insgesamt: I6i
Hom. Od. 1, 38: Zeus und Hera yajxtj^tot.) ge- Tcavag-nslg &sol, loo xiXsioi xiXsiai xs y&g x&gSb
worden.', vgl. Schol. Arist. Thesmoph. 913 {=Suid. TtvQyocpvXocyisg , itoXiv SoQiTtovov y,r] TtgoSrnd"'
8. V. TsXsia p. 1063 Bernh.): "Hgcc TsXsia xat 50 kxsgocpmvm övgcctLä, Aesch. Sept. 166 ff. Hier hat
Zsvg T^XsLog ixiiioävxo iv xotg yd^oig mg Ttgv- schon Welcker, Aesch. Trilogie 298 Anm. 539
tdvsig ovxsg x&v ydacov. xsXog Ss 6 yd^og. äto die xsXslol d'soi als diejenigen Götter erklärt,
■aal ngoxiXsLoc iyiaXstxo i] d'vaicc rj Ttgö xätv yd- welche die Verteidigung der Stadt als Amt {xi-
{Ltov yivoiLivT]. Plut. Quaest. Rom. 2 : Tcivxs Sslab'ca Ao?) übernommen haben; ebenso Bayfield a. a, 0.
d'satv xovg yccpLOvvvug ol'ovxav, Jtbg TsXsiov xal „whose ofßce it es to guard." Bei Lucian. Deor.
''Hgocg TsXsiag -axX. Diodor 5,73: iv xotg ydiioig conc. 1. 15. lupp. Trag. 18 beruht nach dem
. . 7tgod'vov6L . . xcp ^d TsXsia xal ''Hga TsXsia; Schol. lupp. Trag. a. a. 0. (p. 68 Rahe) die Be-
vgl. Toepffer und Jessen aa.'aa. 00. Letzterer Zeichnung der Götter als xiXsioi auf einer tTber-
verweist in betreff der Beziehungen der attischen tragung des attischen Brauches, daß nur Voll-
Buzygen (ob. Sp. 255, 7) zu dem Kulte des Zeus 60 jährige {xsXslol) in der Volksversammlung
T. auf Plut. Conjug. praec. 42 : liQ-rivaloi tgslg sprechen durften, auf die Götterwelt.
ägoxovg Isgovg dyovai . . xovxcav Ss Ttdvtcav Isgm- IV. Beiname der Dike: iid xrjv xiXsiov x^g
xaxog iaxLv 6 yaiii]Xiog öTtogog v,al agoxog iid ifiiig Ttai^bg Jixrjv (sagt Klytaimestra), Aesch.
jtaidcov xsTivmasi: 'Wie der Buzyger einst das Ag. 1432; nach Bayßeld bedeutet hier xdXsLog
erste Stierpaar unter einem Joch zu gemein- = den, der die Macht hat zu strafen; vgl.
samer Arbeit vereinigte, so verbindet Zeus T. auch Jixri xsXs6q>6gog, Soph. Ai. 1390.
die Menschenpaare durch das Joch der ehe- V. Apollon heißt xsXsLoxaxog d-sog^ Theokr.
liehen Gemeinschaft miteinander, und die Nach- 25, 22.
259 Teleioi Theoi Telemachos (in der Odyssee) 260
VI. Die Erinyen sind Uiii/jxuvoi 6\ %al xi- Ei)Qtni6ris Sfy <poc6i, -nal TriXt-Kkelöris Kiac^ms
Xftoi %a%&p t§ nvi/jitoviSy Aesch. Eum. 881. ofSccoiv avrr]¥ (die Hekabe) ixyivto&ai. In Tr]-
fHöfer.] XBxXiiSris steckt der Name TsXinXsta oder, wie
Teleioi Theoi (rAfio* 9ioC), die „vollbringen- Meineke, Fragmenta com. Graec. 1, 90 Anm. 41
den Götter" {Aisch. Ag. 987 Z«« Z«i» xiXtts, annimmt, fand Eustathws in seiner Quelle den
tccs inocg tvxas riXn, vgl. 1886 Kirchh. von Namen TriXixXtitri geschrieben. [Höfer.]
Bike, die hei Soph. Aias 1S20 xtXi6(f6Qog hei&t), Telekles {TrtXenXf,s) , Kyzikener, irrtümlich
gewöhnlich als Götter der Eheschließung (T^log von den Argonauten getötet, ApoU. Bhod. 1,
«= yd^off, vgl. xiXsaeiyapLOi) aufgefaßt (nach 1040. Gruppe, Gr. Mylh. 661,6. [Höfer.]
BayfUld, Class. Eeview XV 446 ff. „Herrscher"), lo Telekoon {TtiXe>i6iov) , Kyzikener, von dem
Beiname vornehmlich des Zeus und der Hera Argonauten Ankaios getötet, Fal.I^/acc.Jr^on.
all Gottheiten der Ehe (dazu stimmen ihre 8, 138 ff. [Höfer.]
Beinamen als u>q6Xvxoi zu Kameiros, J. G. 12, Telrmachos {TriX^naxog, ilber den Namen
1,786, womit der Ausdruck der Alkestia bei s.u.), bei ITow^r der einzige Sohn (>l 68; « 117 f.)
Eur. Alk. 177 nagdivii* iXvö* iyoi xoQi^nax* des Odysseusund derPenelope (s. die betr.
i% xoei* ivdgdg zu vergleichen ist). Die Hera Artikel). Er ist noch ein Sfiugling, als der
Teleia genoß Kultus in Plataiai, Stymphalos, Vater nach Troja aufbricht (d 112; 144; i448f.),
Hermione, Megalopolis, Ithaka, Erythrai, Stra- den er daher noch nicht gekannt bat {a 216f.).
tonikeia. Zeus Teleios kennen wir in Kameiros Erst im zwanzigsten Jahre sieht er ihn heim-
(neben Hestia, J. G. 12, 1, 701, 704, 707, viel- 20 kehren (s. Odysseus, Bd. 3, Sp. 609). Des ver-
leicht auf Thera I. G. 12, 3, 424, s. Gruppe, einsamten Knaben nimmt sich der Herold
Gr. Myih. 1110, 1) und in Tegea (Paus. 8, 48, Medon an (;f 367f.; s. u.). Bis zum Eintritt
6, in Heimenbildung), s. übrigens Bruchmann, der Mündigkeit Telemachs verwaltet als
JFpt/Äe/o </<orttfn s.v. Nach D?od. 6, 73 erhalten iTtirgonog Mentor das Gut des Odysseua
Zeus Teleios und Heia Teleia vor der Hoch- (0 226 f.). Seit mehr als drei Jahren vor dessen
zeit Opfer (dia xh xovrovg agxTiyovg yeyovitai Rückkunft (|S89; 106 f.; v 377) wird sein Hau»
xal rcdvxtov ivgtrdg). Nach Flut. qu. rom. 2, von den Freiern Penelopes belästigt, denen
264b beten die Brautleute zu Zeus Teleios, Telemach anfangs bei seiner Jugend nicht ge-
Hera Teleia, Aphrodite, Peitho und besonders wachsen ist (^60f.; y22; 5 818; a 230; vgl.
zu Artemis. Ebenso erwähnt Schol. Ar. ihesm. so « 71 f.), zumal er unter ihnen als lässig und
978 die Bolle der beiden bei der Hochzeit (cos tatenlos gilt (jS 256 f.). Erst als er mündig
nQvxdvHg övxeg xav ydciicovj xiXog 6h 6 ydcßog, und heiratsfähig geworden ist (ff 217; t532,
deshalb ^go-xiXsia vom Opfer vor der Hoch- vgl. o 126 f.), erwächst ihm die Pflicht, sein
zeit). Es leidet wohl keinen Zweifel, daß die Elternhaus selbst zu verwalten (T22f.; 160f.;
Hera Teleia (Zygia) als die göttliche Potenz cp 353, vgl. 6 687). Über die doppelte Trübsal
der Ehe den Zeus Teleios (Zygios) nach sich (ßA6f.), von der dieses heimgebucht wird,
gezogen hat. Die archaische Terrakotta aus Odysseus' langjährige Abwesenheit und den
Samos (Abb. bei Farnell, Culis of the Greek ungebetenen Besuch der Freier, ist er tief trau-
States 2, Taf. 6b), die nach der Meinung der rig (a 114 f.). In dieser Not wird er durch die
meisten einen verschleierten Zeus Teleios und 40 Ankunft eines edlen Fremdlings, des Taphier-
seine Gemahlin, auch verschleiert, darstellen fürsten Mentes, erfreut und getröstet (103 f.);
soll, läßt man vorläufig besser aus dem Spiele. sein Zuspruch richtet Telemachs Mut um so
— Auf einem Relief in der Samml. Jacobsen mehr wieder auf, als sich in seiner Gestalt
zu Kopenhagen im Stile der „Totenmahlreliefs" Athene verbirgt, die sich ihm überdies beim
{Cat. 9b, ibg. S.-Ber.Akad. München 1897, AOl Abschied zu erkennen gibt (319f.). Ihrem
Jind J. Sarrison, Prolegoni. to the Study of Greek Rate gemäß erteilt er, nach einer sanften, aber
Bei. 866) lesen wir eine Weihung an „Zeus ernsten Beschwichtigung seiner von Phemios'
Epiteleios Philios, seine Mutter Philia und seine Gesang ergriffenen Mutter (346 f.), den Freiern.
Frau Tyche Agathe." Diesen Zeus Epiteleios eine strenge Absage (367 f.), so daß aus ihrer
iieUi Furtwängler a. 0, zu Zeus Teleios, aber 50 Mitte neben verhaltenem Spott (383 f.) schließ-
das ist nicht verbindlich. "Wir müssen uns an lieh doch auch mildere Stimmen laut werden^
Stellen halten wie Plat. legg. 6, 784 d {ii^ts stg die ihm als väterliches Erbe zwar nicht die
ydiiovg Hxm 111^x8 Big xccgx&vnaidcov iititeXsiiijGsig Herrschaft über Ithaka, wohl aber die über
(Feste für das Wohlergehen der heranwachsen- sein Haus und Eigentum zuerkennen (399 f.).
den Kinder, vgl. ffesych. s. inLXBXslacig' a^- Seine Erklärung, die Freier sollten seinen Be-
tn^ig); der Zeus Epiteleios Philios wird vor sitz schonen und meiden (373 f.), wiederholt er
allem ein Gott des Familienlebens und guten noch bestimmter in einer tags darauf beru-
Einvemehmens sein (das Relief wurde im Haine fenen Volksversammlung (|3 6 3 f.; 138 f.), in der
des Meilichios [Asklepios] zu Munychia ge- er des Vaters Platz einnimmt (14); das von
funden). [Eitrem.] 60 den Freiem an ihn gestellte Ansinnen aber„
Telekleia (TriXixXBia), Tochter des Hos, Ge- die Mutter zu verstoßen, damit sie sich mit
mahlin des Kisseus und Mutter der Hekabe einem der Freier vermähle (114f.; 196f. ; vgl.
und Theano, Schol. Für. Hek. 3, p. 12, 16. 7r76f.; r528f.), weist er aus kindlicher Liebe
Schwartz (vgl. Schwarte, Jahrb. f. Mass. Phil. entschieden von der Hand (^ 131 f.; 210). Erst
Suppl. 12, 409). Athenion (Athenikon) im Schol. dann wolle er sie wieder verheiraten, nachdem
Victor, und Townl. Som. II. 16, 718 {F. JS. G. er über den Vater in Pylos und Sparta Er-
4, 845 fr. 2). Aus diesem Scholion stammt die kundigungen eingezogen und von seinem Tode
konfuse Notiz bei Eust. ad Eom. II. 1083, 1: Gewißheit erlangt habe; zu dieser Reise er-
261 Telemachos (in der Odyssee) Telemachos (in der Odyssee) 262
bittet er sich ein Schiff mit Bemannung (|?212f.). (233 f.), die inzwischen, ffleichzeitig mitPenelope
Über die ganze Rechtsfrage in seinem Ver- (338 f.), Telemachs Heimkehr erfahren haben
hältnis zu den Freiern vgl. Volquardsen, Tele- und nun zwar merken, daß ihre Anschläge zu-
inachs Proceß, Kiel 1865. Ermutigt von Athene, nichte geworden sind (342 f.), aber dennoch
die ihm, diesmal in der Gestalt Mentors (^8. d.), von weiteren Mordplänen vorläufig abstehen
aufs neue naht, rüstet er sich mit Eurykleias (400 f.). Erst tags darauf geht Telemach nach
Hilfe zur Abfahrt (267 f.; 337 f.; 345 f.); inBe- der Stadt und erfährt hier von Eurykleia und
gleitung der noch unerkannten Göttin laesteigt den treuen Mägden, sodann von der Mutter,
er endlich das Fahrzeug (41 4 f.). Glücklich endlich auch von Mentor und andern Greisen
gelangt er nach Pylos zum Hause Nestors lO einen rührenden Empfang (p31f.; 68f.); um so
(y4f.) und fragt diesen nach seinem Vater, betrübter ist er über die Schmach, die sein
erhält aber, statt bestimmter Auskunft, den Vater noch unerkannt seitens der Freier zu
Rat, zu Menelaos nach Sparta weiterzureisen erdulden hat (489f.), hält aber mit einer Selbst-
und dort genauere Kunde einzuholen (317 f.). beherrschung, über die sich selbst OdysseuB
Dahin bricht auch Telemach, nachdem ihn wundert (668), zunächst noch an sich (490 f.).
Athene verlassen hat (371 f.), von Poly käste, Durch sein lautes Niesen wird sogar Penelope
der Tochter Nestors, zuvor gebadet (464 f.; für den Augenblick getröstet, da es ihr als
s. u.) und geleitet von dessen Sohne Peisi- eine glückverheißende Bestätigung ihres Ver-
stratos, am nächsten Morgen zu Wagen auf langens noch Odysseus' Heimkehr erscheint
und erreicht nach nächtlicher Rast bei Diokles 20 (541 f.). Unter den Freiern tritt Telemach hin-
von Pherai (488 f.) am nächsten Abend Sparta fort, zumal im Bewußtsein der Gegenwart des
(^1). Auch hier von Menelaos und Helena Vaters, fest und entschieden auf; er sagt dem
herzlich bewillkommnet, findet er, obwohl zu- Odysseus für dessen Zweikampf mit dem Bettler
nächst noch unerkannt, seines Vaters Andenken Iros offen seinen Schutz zu {a 59f.), warnt
bei ihnen noch lebendig und geehrt (104 f.) mehrmals die wüsten Gäste (405 f.; v303f.)
und somit tags darauf (306 f.) für seine Er- und stellt den Vater vor ihren Beleidigungen
kundigungen entgegenkommende Teilnahme vorläufig sicher (v 262 f.); endlich billigt er,
(315f.); auch erhält er wenigstens den tröst- den höhnenden Zechern zum Trotz (v373f.;
liehen Bescheid, der Meergreis Proteus habe <p 376 f.), das von Penelope vorgeschlagene
Menelaos erst vor Jahr und Tag (vgl. 82; 360) 30 Wettschießen (qplOlf.), nimmt den Bogen
in Ägypten von Odysseus' Aufenthalt auf der als sein Eigentum in Anspruch und wahrt da-
Insel der Kalypso berichtet (551 f.). Helenas mit zugleich sein Hausrecht (352 f.). Wichtiger
Fürsorge zeigt sich außerdem darin, daß sie noch ist seine Teilnahme an der Ausführung
beim Mahle in Telemachs Becher ein leid- des Racheplanes. Dem Befehle des Vaters gehor-
stillendes Zaubermittel wirft ($ 220 f.; vgl. Ar- sam (r 4 f.; 14), versteckt er mit ihm die Waffen
gum. Eur. Hei.). Warum er in Sparta den (31 f.), trifft zu dem Bogenschußwettkampf
Großvater Ikarios nicht besucht {Aristot. Poet. die letzten Zurüstungen ((pl20f.; 368 f.) und
26, 16; Strdb. 10, 461; schol. Od. o 16), s. d. Art. ermöglicht das den Freiern zugedachte Straf-
Penelope, Bd. 3, Sp. 1904. Telemach zögert gericht, gefährdet zwar zuerst dessen Gelingen
nicht länger mit der Abreise. Statt also in 40 durch Unvorsichtigkeit (;fl54f.), legt aber
Pylos und Sparta bei den alten Kriegskamera- um so rühriger mit Hand an bei der Tötung
den seines Vaters, dessen Andenken und Ver- der Freier, von denen einige seinen Geschossen
dienste doch bei ihnen noch unvergessen sind, zum Opfer fallen (267; 284; 294f.). Hierbei
bewaffnete Hilfe gegen die Freier zu erbitten, wird er selbst leicht verwundet (277). Für
begnügt er sich mit jenen unbestimmten Nach- den Sänger Phemios tritt er bei dem rache-
richten (s. u.). Während daheim schon die heischenden Vater als Fürsprecher ein (364 f.)
Freier sein Verderben planen (d669f.; 700 f.; und schont auch, zum Dank für die treue
778f.;842f.;«18f.;v423f.;o28f.;7r371f.;v241f.), Pflege in seiner Kindheit (s.o.), den Medon
kehrt er, beschützt von Zeus (f 25f.) und so- (361 f.; 372). Dagegen vollzieht er an den
gar in Begleitung Athenes (olf.), von Lake- 50 buhlerischen Mägden sowie an dem Ziegen-
daimon über Pherai (185f.) und Pylos (193f.), hirten Melanth eu seine grausame Hinrichtung
wo sich der wegen Mordes flüchtige Seher (457 f.; 474 f.). Sein Versuch, Penelope von der
Theoklymenos zu ihm gesellt (223f.; vgl. Rückkunft und tatsächlichen Anwesenheit des
Pherekydes fr. 91, bei Müller, fr. h. Gr. 1, 93 ; Odysseus zu überzeugen, scheitert anfangs an
Lütke, Pherecydea, Diss. Gott. 1893, S. 17 f.), dem betäubungsartigen Erstaunen der Mutter
wohlbehalten nach Ithaka zurück (287f.; 494f.). (t/> 93 f.); doch läßt sich Telemach, der ihr des-
Die Genossen sendet er nach der Stadt voraus halb Vorwürfe nicht erspart (96 f.), vom Vater
(502 f.) und ist zugleich auf eine sichere Unter- bald beschwichtigen (Ulf.). Von diesem am
bringung des Flüchtlings bedacht (518 f.); er folgenden Morgen geweckt, begleitet er ihn
selbst begibt sich auf der Göttin Geheiß (27 f.), 60 mit den beiden treuen Hirten auf das Land
um den Anschlägen der Freier auszuweichen, zu Laertes (367 f.) und rüstet sich, als in
zu Eumaios (55öf.; n 4f.; s. d.). Nachdem feindlicher Absicht die Angehörigen der Freier
sich dieser auf den Wunsch Telemachs ent- erscheinen, zum Kampfe mit ihnen (a)490f.),
fernt hat, nm Penelope von dessen Rückkunft so daß ihn Odysseus kaum zur Tapferkeit zu
zu benachrichtigen (130f.; 154 f.), erfolgt durch ermahnen braucht (604f.) und Laertes wie auf
Athenes Vermittelung zwischen Vater und Sohn den Sohn, so auch auf den zum Manne er-
die rührende Erkennung (155 f.; 187 f.); beide wachsenenEnkel stolz ist(513f.). Dem mutigen
verabreden alsbald die Rache an den Freiem Ansturm beider gegen die Reihen der Feinde
:i^63 I Telemachos (Charakter) Telemachos (in der Telemachie) 264
(526 f.) gebietet erst Äthanes Dazwischenkonft der Dichtung, die mit deren Entstehung im
iriedlichen Einhalt (628 f.). Zusammenhang stehen, betreffen den Sohn des
Telemach ist bei Homer der Typus des Odysseus nur äußerlich und ändern daher an '
wohlgeratenen, aber dem Vater nicht seinem Lebens- und Charakterbilde wenig. So
yOllig ebenbürtigen Sohnes. Zum Jung- muß man es einfach als Mangel an Folge-
ling herangewachsen f fällt er schon im Äu- richtigkeit hinnehmen, wenn Agamemnon in
£eren, obwohl noch bartlos (tfl76f.), durch der Unterwelt den Telemach schon 'etwa' («ov)
seine Ähnlichkeit mit Odysseus auf zu der 'Zahl der Männer* rechnet (Z 449), wäh-
{«208 f.; yl23; dl41f.), erscheint aber groß rend er doch nach homerischer Chronologie
und stattlich («301 f.; y 199; vgl. ir532), was lo erst zwölf oder dreizehn Jahre alt sein kann
dieser nicht ist ^ri98; f 280), ja sogar als {Fast, Homer. Odyssee'' S. 37), was auch
flchOn und wohlgebildet (<y217, vgl. auch ^ 12f. Ameis und Hentze {Anhang zu X 449) zugeben
sowie Favarin. bei Stob, fioril. 66, 8). Als müssen. Weit wichtiger, aber auch schlimmer
väterliches Erbteil besitzt er von geistigen ist es, daß seine Reise nach Pylos und Sparta,
Vorzügen eine schon im Kindesalter erkenn- von der fast über Gebühr viel Wesens und
bare Klugheit (|3 272f.; y26^ tf216; «374; Aufhebens gemacht wird, als wäre sie ein
vgl. 311f.) und Besonnenheit, um derent- ganz außergewöhnliches Wagnis (a 443 f.; |3372f.;
willen ihm unter allen homerischen Personen d716f.; 727 f.), ergebnislos und auf den Verlauf
am häufigsten das Epitheton Tcsitvviiivog wie auf den Abschluß der Erzählung ohne Ein-
^daneben ^atq>Qmv: ^687) beigelegt wird (nur 20 fluß bleibt; sie ist 'nicht nur ohne jeden Er-
ausnahmsweise läßt ihn diese Eigenschaft im folg für die Haupthandlung, sondern von An-
stich: X 164 f., s.o.; vgl. übrigens Wilh. Schulze^ fang an ohne Zweck unternommen, ohne Zweck
^uaest. epie. 524, wonach asicwnivos vielmehr ausgedehnt' {Bonitz^ Ursprung d. liomer. Ged.
rührig, regsam, rüstig bedeutet), sowie Bered- 30). Über die Telemachie vgl. Hennings,
«amkeit(a384f.; ^ S6f.; 129f.); von Herzens- Jahrb. Supplbd. 3, 133f.; und Kommentar zur
tugenden zeichnet ihn ein bisweilen unter- Odyssee* ibf.; I. Bekker, Hom. Blätter 1, 104f.;
«chätzter (/? 256f.; s. o.) tatkräftiger Mut A. Kirchhoff, Hom. Od. 190 f,; B. Niese, Ent-
Aus, den er bei seiner Fahrt in die Fremde, wicklung d. homer. Poesie 146 f. v. Wilamowitz,
wie in seinem Auftreten gegen die Freier, be- Homer. Unters. 86 f.; Finsler, Homer* (191^)
sonders im Kampfe mit ihnen und ihren An- 30 S. 423 f.; Busolt, Griech. Gesch. 1', 132; Heinr.
gehörigen, beweist (daher ftf/a-ö-v/tos und Schiller, Berl. Philol. Wochenschr. 1910 S. 92 f.
(isyuXrjtatQ), dabei aber leutselige Freund- Neben dem 'Hauptgebäude', welches die eigent-
lichkeit gegen die treuen Diener, na- liehe Odyssee von Buch s an bildet und das
mentlich gegen Eumaios und Eurykleia, wieder in eine ältere Liedergruppe, die teils
4enen er wie ein Sohn begegnet (« 31 f.; vom Dichter (s — &), teils vom Helden selbst
^349f.; x^^^)\ ferner hohe Schätzung der (t — v) erzählten Irrfahrten, und in eine jün-
Sänger und Freude an ihrer Kunst gere, den gleichfalls nach Alter und Inhalt zu
(«346f.; vgl. ;f354f.), umgängliche und gliedernden Nos tos, zerfällt, erscheint uns also
freigebige Gastfreiheit gegen Fremde diese Telemachie (cc—S) wie ein 'Vorbau'
(all9f.;^615f.;o279f.;612f.;Ä44f.;70f.; 78f.; 40 {Bernhardy, Griech. Lit. 2, i', 176); für das Ver-
4f 71f.; 84), kindliche Liebe zu Vater und ständnis der Hauptmasse ist er gewiß entbehr-
Mutter(all4f.; 236 f.; |3 46f.; y 241f.; «188 f. lieh; aber er hat, außer vielen sinnigen Einzel-
213f.; T/>124f.; /Jl30f.; 373f.; «33; 130f.; <j226f.; zügen, namentlich das Gute, daß es dem Dichter
^ 108f.; qp'116f.), endlich aufrichtige Ehrfurcht oder Redaktor gelungen ist, manche Erzäh-
▼ ordenGöttern(/Jl34f.; 143f.;372;432;y64; lungen über andere Heroen des troischen Sagen-
« 263f.; p 60f.; tf235f.; r 36f.), besonders kreises darin unterzubringen, die auf den
vor Athene (^261f.; 433; o222f.). Solche Haupthelden passend vorbereiten und somit
Gesinnung wird ihm reichlich gelohnt Genießt den Charakter einer Einleitung oder Exposition
er schon Ansehen im Volke (jJ 14), so sind an sich tragen (v. Wilamowitz, Hom. Unters. 11).
ihm die Diener, soweit sie überhaupt seinem 50 Auffallen muß namentlich, daß sich Telemach
Hause Treue bewahren, ergeben und an- auf seiner Heise mit einer unbestimmten Aus-
hänglich (« 12f.; 46f.; 4l74f.; p 188f.; 392f.; kunft über den Vater begnügt, aber nicht zu-
.591f. — «434f.; /?362f.; ß31f.); von den gleich auch um tatkräftige Unterstützung gegen
treulosen Mägden ister gefürchtet (<y337f.; die Verwüster seines Eigentums nachsucht, was
r 87 f.); Vater und Mutter umfangen ihn mit doch die Freier selbst gewärtigen (^326 f.;
gleicher Liebe ((> 216f.; vgl. auch 5 260; vgl. co 430 f.). Ein bewaffnetes Einschreiten des
^354; |J373f.; ^7 16 f.; 727 f.; 787 f.; 817 f.; Nestor und des Menelaos hätte freilich zu der
p36f.); und auch die Götter vergelten seine vorhandenen Sage von Odysseus' Freiermord
Pietät mit ihrem Schutze, namentlich Zeus nicht gestimmt; und so schien es, um Teic-
hs 25f.), Apollon (r86f.) und allen voran 60 mach in den ersten Gesängen nicht als un-
Athene (|J367f.; 382f.; yl4f. ; v423f.; 438; praktischen Träumer erscheinen zu lassen,
o 1 f.). Sowenig übrigens gewisse schmückende gleichsam geboten, die Reise selbst als ein
Beiwörter auf sich haben, so gehaltvoll erscheint außerordentliches Unternehmen hinzustellen
(s. 0.). Dabei hätte der Dichter sicher weit
mehr Glauben gefunden, wenn er den jugend-
«476; <t60;405; g) 130; ;f 354). Vgl. auch Frie- liehen Helden wirkliche Abenteuer zu Wasser
drich zu Gatull 61, 228 S. 279. und zu Lande hätte bestehen lassen, bei denen
Gewisse Widersprüche und Unebenheiten dieser ja seinen erstarkenden Mannesmut be-
doch bei seiner Jugend eine Bezeichnung seines
Wesens wie Isgri Tg TriXsiidxoio (^409;
^65 Telemachos (nachhomer. Sage) Telemachos (nachhomer. Sage) 266
w^eisen konnte. Nichts von alledem! Die Reise auf den Inseln der Seligen; ja wir hören
vollzieht sich glatt und, wie fast zu erwarten sogar von einem Sprößling aus dieser Ehe,
ist, ohne jegliche Gefahr, ja auch der vielbe- dem Latinos, der sonst zwar der Sohn des
l)C8prochene Anschlag der Freier auf Telemachs Odysseus (s. d.), ebenso oft aber der des Te-
Leben (s. o.) verläuft gleichsam im Sande. lemach genannt wird {Kleiniaü'f bei Fest. p.
Diese Gesänge verdanken eben ihre Entstehung 2G9 3/. ; Ilygiv. fah. 125. 127; Flut. Romul. 2).
einem jüngeren, zahmeren, namentlich nüch- Während nun Latinos bei Plutarch a. a. 0. die
terneren Zeitalter, dem es für die Erfindung und Troerin Khome heiratet und mit ihr den Ko-
Schilderung von Seeungeheuern oder wege- mulus erzeugt, ist Khome hingegen Tele-
lagernden Unholden au l^hantasie gebrach, lo mache Tochter (wohl von KirkeV) bei t>erv.
Trotzdem läßt Telemachauchhier die Charakter- Aen. 1, 273. Lykophron weiß von Telemachs
züge bereits erkennen, die er später, nach seiner und Kirkes Unsterblichkeit (s. o.) nichts; viel-
Vereinigung mit dem Vater, betätigt, und so mehr tötet Telemach erst seine Gattin Kirke,
wird iu der Telemachie der eigentliche Held wird aber dann von deren und Odysseus' Tochter
/war nicht wesentlich gehoben, aber doch Kassiphone (s. d.) selbst umgebracht {Tzetz.
auch nicht ernstlich beeinträchtigt. Lyk. 71)8.805.808. 811; vgl. auch d. Art. Kirke,
Die nach homerische Sage beschäftigt Bd. 2, Sp. 1200).
sich nur mit den frühesten und den spä- Im Anschluß an Telemachs Bekanntschaft mit
testen Lebensschicksalen des Telemach. Nestors Tochter Po ly käste bei ^ow</r (7 464 f.)
Als sich Odysseus durch erheuchelten 20 macht die spätere Sage aus beiden ein Paar
Wahnsinn der Teilnahme am Zuge gegen {Menandr. tisql iTtidsixt. in Spengels lihet. 3,
Iroja zu entziehen sucht, legt Palamedes das 409), von dem zwei Söhne abstammen: Per-
iieugeborene Knäblein {Luciau. dorn. 30: ßgi- septolis {Eustath. p. 1796, 41; schol. tc 118;
(po?,y^\. Eustath. Od. 'p.lSibQ,2.'i: pQStpvXliov) \or Steph. Byz. s, UsgoeTtoXis) und der Dichter
den pflügenden Vater in die Ackerfurche und H om ev {Anthol. Fat. 14, 102; Suid. s/'OtArjpo?);
nötigt ihn so, das Leben des Kindes zu schonen wurde doch unter Kaiser Hadrian sogar aus-
und damit die Maske der Verstellung abzu- drücklich durch einen pythischen Spruch Homer
werfen; s. d. Art. Odysseus, Bd. 3, Sp. 615, und für einen Sohn des Telemach und der Poly-
Palamedes, Bd. 3, Sp. 1265. — Zum zweitenmal käste oder Epikaste erklärt {Certaw. Hom. et
entrinnt Telemach in der Jugend einer ernsten 30 Hes. bei Bzach, Hes. Carm. S. 436). Wieder
Todesgefahr bei einer Begebenheit, die sich in andern galt Telemach mit Homer als eine
die homerische Chronologie (d 112; X 448; s. 0.) und dieselbe Person {Tzttz. Alleg. Hom. bei
schwer einfügt. Nach Plutarch. solJert. anim. 36, Müller, fr. h. Gr. 2, 10).
14 erzählen die Zakynthier, um zu erklären, daß Schwieriger noch läßt sich in die homeri-
Odysseus auf dem Schild als Wappentier einen sehe Chronologie eine dritte Ehe mit Nau-
Delphin trägt (vgl. Stesichoros, fr. 70 Bgk.*, sikaa einordnen, schon bezeugt von i7e/ZamÄ:o5
Euphorion bei Meineke, Anal. Alex. 142; Ly- bei Eustath. p. 1796, 40; Müller, fr. li. Gr. 1,
kophr. AI. 658): Telemach sei als Knabe ins 64, und Aristoteles 'Wcxv.rjG. nol. fr. 506 Böse,
Meer gefallen, aber von Delphinen ge- wonach auch deren Sohn Perseptolis heißt,
rettet worden; aus Dankbarkeit habe der 40 während er sonst {Dict. Cret. 6, 6, vgl. Gramer^
Vater 'das menschenliebende, freundliche Tier' Anecd. Baris. 2, 213 f.) Ptoliporthos (s.d.)
zum Schmuck seines Schildes erwählt. genannt ist. Als späterer Abkömmling aus
Bei Homer ist Telemach das einzige Kind dieser Verbindung erscheint sogar der attische
seiner Eltern (s. 0.): nur bei Ailios Aristeides Redner Andokides, gleichfalls nach dem
erklärt Odysseus in seiner Gesandtschaftsrede Zeugnis des Hellanikos (fr. 141, Müller 1, 52),
an Achill (2, 592 Bind.), er habe Weib, Kinder vgl. Suid. s. 'Jvdo^iörig', Blut. Alcib. 21 ; Töpffer,
{Ttatdccg) und Eltern verlassen müssen; dagegen AU. Geneal. 84 f. —
zeugt nach seiner Heimkehr Odysseus mit Pe- Übersicht:
nelope den Ptoliporthes {Baus. 8, 12, 6; Kirke- '> Polvkaste-' 3 Nausikaa-
doch s.d. Artikel Ptoliporthe, Bd. 3, Sp. 3271); 50 J' .4^^^^- t; i:^olykaste. 6. JNausiJfaa.
o^/iov,^ « A^4- • i. 1 VI- u D j j Latmos, Persep(t)olis, Perseptolis 1 ?),
sodann fandet sich ein leiblicher Bruder des ^u rr dj- r i^i,
n^^■^^ u A 1 -1 -1 X • T^ Rhome. Homeros. Ptouporthos.
lelemach, Arkesilaos, erAvahnt m Eugam- ^
mons Telegonie {Eustath. Od. p. 1796, 50): auch Während bei Homer (co 528 f.) nach der Tö-
er ist wohl erst nach Odysseus' Rückkunft ge- tung der Freier zwischen deren Angehörigen und
boren, weil dieses Epos doch den Tod des Odysseus ein für diesen vorteilhafter Ausgleich
Odysseus erzählte. Zugleich enthält es aber zustande kommt, wird nach Aristoteles (a. a. 0.
den ältesten Bericht über den Ausgang des fr. 507 Böse) Neoptolemos als Schiedsrichter
Telemach. Als nämlich Odysseus dem töd- berufen, der den Odysseus aus seiner Heimat
liehen Stoße von dem Rochenstachel des Tele- verbannt (s. Odysseus, Bd. 3, Sp. 627 f.) und
gonos erlegen ist, versetzt dieser Penelope und 60 die Abfindung der Hinterlassenen dem Tele-
Telemach auf die Insel seiner Mutter Kirke, mach auferlegt. Dieser belohnt die Treue des
die sie unsterblich macht; Penelope ver- Eumaios mit dessen Freilassung. Wird
heiratet sich mit Telegonos, Kirke mit Te- hier Odysseus noch bei Lebzeiten aus Ithaka
lemach {Broklos bei Kinkel, Ep. fr. p. 58). entfernt, so schließt sich die sonstige Sagen-
Von dieser Doppelhochzeit berichtete auch gestaltung mehr an die Telegonie an, _ nur
Hagias, der Verfasser der Nostoi {Eustath. daß deren Schluß aus dem Bereich des Über-
p. 1796, 53); ebenso finden wir bei Tzetz. natürlichen mehr in das Menschliche übertragen
Lykophr. 805 Kirke und Telemach zusammen ist. Die Berichte bei Cedren. p. 133, Hict. Cret.
RoscHEH, Lexikon der gr. u. röm. Mytliol. V. 10
267 Telemachos (nachhomer. Sage) Telemachos (Etymologie) 268
6, 14f. und in Cram. Anecd. Paris. 2, 216 689. — Auch die Reste der im Bereich der
stimmen darin überein, daß Odjsseus, durch Odyssee und der Telegonie spielenden Ko-
Weissagungen der Seher und Träume geäng- mödien {Theopampos' Odysseus und Penelope,
stigt und vor 'dem eigenen Sohne' gewarnt, Alexis* 'Odvaasvg äxopinroiievos und Polyzelos*
den Telemach nach Eephallenia ver- NlnvQa) liefern keinen Ertrag,
bannt und dort bewachen läßt. Als nun Ebensowenig ergiebig ist die philoso-
Telegonos (s.d.) erscheint und 'denVater' zu sehen phische und rhetorische Literatur. An-
wünscht, wird er für Telemach gehalten; in tistiienes* Abhandlung *A'&r\vä i) -xegl TriXs-
dem Kampfe, der sich entspinnt, fällt Odysseus ftarov {Mullach, fr. philos. Gr. 2, 273) ist
schwer verwundet und stirot nach kurzer Zeit, lo verloren. Piaton nimmt einmal Bezug auf Od.
Weiteres erfahren wir aus Cram. Anecd. Par. y26f. {Gesetze 804 a), Athenaios auf (J(l, Id);
a. a. 0.: Telemach und Ptoliporthos teilen die Pseudoplutarch auf ^271 (pro nobilitate 1).
Herrschaft über das Inselreich mit Telegenes, Wegen seiner Reise nach Pylos und Sparta
der den erzürnten Bruder von Straf maßregeln wird Telemach mehrfach gelobt: Strah. 1, 37;
m die trügerischen Zeichendeuter zurück- 7, 344 f.; 8, 367 f.; 10, 461; Dionys. Hai. d. com-
bringt. So sehen wir am Schlüsse Telemach pos. verb. 3; AtJien. 1, 9b.; 1, 17c.; 5, 188 f.;
unter rein natürlichen Verhältnissen in dem Aelian. v. h. 12, 26; hist anim. 9, 60; Ael
— freilich mit Sohn und Bruder geteilten — Arist. 2, 584 f. Bind. Vgl. auch Dion. Chry-
Besitz seines Erbes, ohne daß wir hier über säst. or. 7, 116 f.; 15, 236 jlf.; Themist. or. 21,
sein Lebensende etwas erfahren. Eine phanta- so 244a; Liban. 4, 1031 f. und 1037 f. Reiske.
stisch lügenhafte Fassung erhält dieses wieder- Sonstige Erwähnungen bei griechischen und
um bei Ptolem. Chenn. 7 in Phot Bibl. cod. römischen Dichtern: Theogn. 1127 (Penelope
191, wonach Telemach von den Seirenen und Telemach) ; CatuZZ. 61, 225 (Telemach wegen
als Sohn des Odysseus erkannt und um- seiner Mutter glücklich zu preisen); Horat.
gebracht wird. Hiemach hat doch auch ihn Epist. 1, 7, 40, vgl. Od. ^601 f.; Ov. Herold.
die Sage, wie seinen Vater, auf die Wander- 1, 98. 107 (seine Reise nach Pylos); Sabin. 1,
Schaft geschickt und ihm ähnliche Mühsale, 116 (seine glückliche Heimkehr); Senec. Troad.
wie dieser sie erlebte, nicht erlassen. Dem- 593. 700; Tzetz. Antehom. 308.
entsprechend kann es nicht wundernehmen. Für die Etymologie des Namens bietet
daß Telemach, wie als Seefahrer und Stamm- so mehrere Erklärungsversuche Eustathios. Nach
vater, so auch als Städtegründer auftritt. p. 1394, 24 habe Odysseus den Sohn 'Tele-
Nach Serv. Aen. 10, 167 ist Clusium inEtru- machos' genannt: ivcc tfjXs el'ri ^dxrig, nccd^
rien (entweder von Clusius, dem Sohne des rjavxiccv ^wr, vielleicht aber auch, weil er durch
Tyrrhenus, oder) von Telemach gegründet ein Orakel erfahren: ms rfjXe 2;(*orov nccgaroc-
worden. Über etwaige Beziehungen Telemachs -O-rjffgrat 6 'lUccyibg noXsfios. Mit der letzteren Ab-
zur Insel Telos bei Knidos {Herodot 7, 153) leitung stimmt überein Telemachs Benennung
oder '/u Gel a auf Sizilien vgl. ^ö'cää, Pind. fia-agoTtroXs^iog: Bekker,Änecd.2^7S4t; Theoer.
Explic. 116 f.; Gruppe, Griech. Myth. 1, 264. Syrinx 1: Ma-ngoTtroXi^oio fi«rr](> = Penelope,
Welche Einzelzüge vorstehender Erzählungen vgl. Welcker, Kykl. 2=, 14. Nach Eustath. p.
etwa auf das Drama zurückgehen, läßt sich 40 1479, 56 endlich ist Telemachos eine der häu-
nicht ermitteln; gewiß aber ist, daß Telemach figen Benennungen nach dem Vater (s. Art.
hier häufig, wenn auch nur als Nebenfigur, Odysseus, Bd. 3, Sp. 649): TfjXs y.ccxo^ivov
aufgetreten ist. Von Tragödien kommen, tov noctgög irgdgiT}, vgl. auch Etym. Magn.
außer Sophokles' 'OSvaasvg iicav6(isvog (s. o.), 756, 42; Cauer, Homerkritik* -^01 1 Die Her-
hier in Betracht: Aischylos* Penelope (auch leitung von xfiXs 'fern' und St. .aa;^- 'kämpfen'
Phüokles schrieb eine solche) und *06toX6yoi,\ ist also, wennschon mit verschiedenen Ergeb-
des Ion von Chios Laertes (eine gleichnamige nissen, allen drei Erklärungen gemeinsam; sie
Dichtung verfaßte Timoiheos, vgl. v. Wilamo- wird aber auch von der neueren Sprachwissen-
twt^r, Ausgabe der Perser S. 108) ; vielleicht auch schaft anerkannt (Fick^-Bechtel, Griech. Per-
ser anonyme 'Odvacsvg i/>fvdayyeZo?, Achaios^ 50 sonennamen 411. 266), freilich ohne näheren
Aiihonund.Timesith€os*Mvri6TfJQsg{nrivsX67trig?); Aufschluß im einzelnen. Zweifellos ist die
femer Sophokles* Euryalos {Parthen. Erot. 3), nächstliegende Bedeutung 'Fernkämpfer'
worin Odysseus diesen seinen unehelichen die einzig richtige. Mit Recht wird zwar in
Sprößling offenbar im Verein mit Telemach, Stephan. Thesaur. ling. Gr. s. v. für dieses
nicht, wie es nach Eustaih. p. 1796, 52 scheint, Appellativum die Betonnung tr]X£^ccxog in An-
Telemach allein ihn tötet (vgl. Welcker, Trag. spruch genommen. Das Streben nach Diffe-
249), und vielleicht Apollodors Ts-Kvoxxovog renzierung rief jedoch beim Eigennamen die
(TTcidrer 1046). Desselben Dichters '^xar^OÄX?]! Veränderung des Tones hervor; vgl. Kühner-
ist wohl nur ein gleichnamiges Seitenstück zu Blaß, Griech. Gramm. 1 § 84, S. 329 f. Unter dem
Sophokles' *OdvGatvg &%av^onXri^ oder NiTCtga 60 rückwirkenden Einfluß des klassischen Eigen-
und zu Pacuvius' Niptra (über Telemachs Mit- namens ist dann erst auch das seltene Appel-
wirkung vgL Ribbeck, R. Tr. 273; 276 f.). lativum Proparoxytonon geworden; daher Lu-
Einen Telegonos dichtete auch Lykophron ; da cian. Lexiph. 12 : to^ötig yccg aal kycrißoXog xal
wir aber nur den Titel des Stückes kennen, tr\XiyLccxog t) "JgTSfiLg.
bleibt uns das Verhältnis des Inhalts zur In der bildenden Kunst kommt Tele-
Alexandra desselben Dichters und den darin mach für einen geschnittenen Stein, dessen
vorhandenen Beziehungen zu Telemach (s. o.) Gegenstand Panofka auf den verstellten
dunkeL Nur erwähnt wird Telemach .Erwr. Or. Wahnsinn des Odysseus (s. d., Bd. 3, Sp.
269
Telemachos (Bildwerke)
Teleraachos (Bildwerke)
270
615. 654) bezog (Ann. d. J. 1835, S. 249 f.),
nicht mehr in Frage, seitdem durch 77t. Bcrgk
ebenda 184(5, S. 302 f.) die Szene richtig als
<iie Geburt des etruskischen Gottes Tages go-
ileutet worden ist, den wir daher in dem frü-
her als Telemach gedeuteten Knäblein zu er-
laos im jetzigen Museo Boncompagni zu Rom
Penelope und Telemach zu erblicken sei, ist
nur «'ine der zahlreichen Erklärungen, die dem
Bildwerke zuteil geworden sind; vgl. Brunn,
Künstlerffenchkhfc 1, 598; Overheck, Plastik 2*,
476f.; Heibig, Sammlungen Borns 2*, Ulf.;
10
20
1) Sardonyxcameo : Odysseus unter Hirten; reclits Tele-
mach behelmt beim Terkelsch] achten (nach Overheck, Gal.
Taf. 83, 3).
kennen haben. Doch war jene Entlarvung wirk-
lich einst dargestellt von den Malern Par-
rhasios {Plut. d. aud. poet. 3) und Euphranor
{Plin. 35, 129, vgl. Lucian. dorn. 30). — Erst als
Jüngling begegnet uns sodann wieder Tele-
mach bei Nestor auf einem Vasenbild {Bev.
arch. 1845, Taf. 40; Engelmann, Homeratlas,
Odyssee nr. 13; s. d. Art. Nestor, Bd. 3, Sp. 298). —
Auf einem meisterhaft geschnittenen Sardonyx-
cameo in Wien {Overbeck, Gall. her. Büdiv. Taf.
33, 3 und Textbuch S. 801 f. ; Conze, Ann. d. I.
1872, S. 209 f.; Babelon, Gravüre enpierres fines
p. 118, Fig. 87, s. Abb. 1) erkannte 0. Müller
{Handb. d. Arch. S. 717) Odysseus unter den
Hirten, dem der vor ihm kniende Eumaios
aus einem Schlauche Wein einschenkt ; in einer
besonderen Gruppe von zwei Männern, die da-
neben mit dem Schlachten von Kleinvieh be-
schäftigt sind, erklärte Welcker {A. D. 5, 228)
den jugendlichen Behelmten als Telemach,
der sich vor Freude an der Bereitung des
Mahles {it 478) selbsttätig beteiligt. — Daß in
der bekannten Gruppe des Künstlers Mene-
30
3) Tonrelief: Fußbadszene; mitanwesend, Telemach
(nach Robert, Athen. Mitt. 1900, Taf. 14).
Klein, Gesch. d. griech. Kunst 3, 359 f.; jeden-
falls sollte man, wenn die Gruppe noch auf
die beiden homerisclien Personen bezogen wird,
nicht von einem "^xibschied' des Sohnes von
der Mutter reden, da ja Telemach bei Homer
einen solchen absichtlich vermeidet (|3 373f.;
()42f.). — Seine Heimkehr vergegenwärtigt
40 unstreitig ein Yasenbild auf einem rotfigurigen
attischen Skyphos von Chiusi {Conze, Ann. d. I.
1872, S. 187 f. und Mon. d. I. 9, 42; Engelmann
a. a. 0. nr. 11): Telemach steht mit zwei Speeren
in der Hand vor der sorgenvoll auf einem
Stuhle sitzenden Penelope. Umgekehrt ist die
Situation auf einem rotfigurigen boiotischen
Skyphos (einst im Kunsthandel in Athen) : hier
50 P
2) "Wiener Amphora: Telemach «wischen Odysseus und
IroB (nach Jahn, Ber. d. Sachs. Ges. d. W. 1854, Taf. 2).
4) Freiermord: links Telemach (nach Brunn, U.E.l, 98,7).
10=^=
271
Telemachos (Bildwerke)
Telemacbos (Bildwerke)
272
sitet der Jüngling mit Schiflermütze und Speer
in der Mitte der Szene auf einem Stuhle; vor
ihm steht Penelope, hinter ihm Mentor (?) oder
Eumaios (?). Die Beziehung auf die homeri-
schen Personen wird dadurch wahrscheinlich,
daß auf der anderen Seite Odysseus vor Pe-
nelope abgebildet ist, die ihm in Gegenwart
einer hinter ihr stehenden Dienerin den Bogen
reicht. — Odysseus in Bettlertracht und
ihm gegenüber Iros sieht man in vorzüglicher lo
Charakteristik abgebildet auf einer Amphora
in Wien [Jahn, Ber. d. Sachs. Ges. d. W. 1854,
S. 49 f., Taf. 2 ; S. Beinach, Bepertoire des vases
peinta 2, 367; vgl. Gerhard, Arch. Zeitg. 12, 496;
Baumeister, Denkmäler 2, 1042); schwerer wird
es dem Beschauer, in dem Jüngling zwischen
beiden nach Haltung und Gebärden Tele-
mach zu erkennen, obwohl diese Erklärung
nach dem homerischen Bericht («69 f.) aller-
dings sehr nahe liegt (s. Abb.
lieh ist Telemachs Name bezeugt auf einer aus
Pästum stammenden Neapler Vase {Heydemann
nr. 2899), deren Bilder aber noch unerklärt
6) Homerisoher Beoher: Freiermord; linkt Telemaoh hin-
ter Athene und Odyneus (nach Robert, Winckelmann$ft$t-
programm 1890)
Pilos neben dem bogenschießenden Vater:
98, 7 (s. Abb. 5) ; ihm gegenüber, und wie dieser
Inschrift- 20 mit dem Bogen, aber in der phrygischeu
5) Freiermord: Tor Odysseus Telemach mit dem Speere
(nach Brunn, l'. E. 1, 98, 7).
Mütze; 98, 8. Besonders wirkungsvoll ist die
Szene, wahrscheinlich nach Polygnot (Paus. 9,
4, 1), behandelt auf dem berühmten Wiener
Relief von Gjölbaschi (vgl. O. Benndorf und
G. Niemann, Das Neroon v. Gjölbaschi- Trysa
5. 96 f.): hinter Odysseus, der auf die Freier
den Bogen spannt, erscheint, wie jener mit dem
Pilos bedeckt und das Schwert in der Hand,
Telemach und bildet in dieser Ausfallstellung
mit dem Vater eine schöne geschlossene (Gruppe
(s. d. Art. Odysseus, Bd. 3, Sp. 673 f.), durch die
man, wie Benndorf bemerkt, au die bekannten
Statuen der beiden Tyrannenmörder erinnert
wird. Erweitert oder fortgesetzt ist die Szene
auf zwei homerischen Bechern in Berlin
{Bobert, 50. Winckelmannsfestprogramm 1890,
S. 8f.; 13f.): der eine Tonbecher aus An-
thedon, auf dem Melanthios' Gefangennahme
durch die beiden treuen Hirten sowie seine
Hinrichtung, mit Beischriften von Versen aus
der Odyssee, dargestellt ist, zeigt auf einem
dritten Bilde Athene, wie sie den Odysseus
gegen die ziemlich entfernt stehenden Freier
anfeuert; Telemach ist im Hintergrund, mit
Helm und Schild gerüstet, sichtbar und aus-
drücklich mit Namen genannt (s. Abb. 6); da-
bei die Verse ;^ 205— 208. 226. 227. 233. 234.
Der andere Becher aus Boiotien trägt gleich-
falls drei Abbildungen: die erflehte Gnade
sind; vgl. darüber auch d. Art. Odysseus, Bd. 3,
Sp.677. — Ein starkverstümmeltes sog. melisches
Tonrelief .aus Korinth, jetzt im athenischen
Zentralmuseum (nr. 9753), veranschaulicht die
bekannte Fußbadszene {Bobert, Athen. Mit-
teilungen 1900, S. 325 f., Taf. 14, rechts ; s. Abb. 3):
vor dem bedeckt mit der Schitfermütze da-
sitzenden Odysseus kniet Eurykleia, von der
nur der Kopf vorhanden ist; zwischen beiden
steht, dem Oinomaos im Ostgiebel des Zeus- 5o wird auf der mittleren dem Freier Leiodes
tempels in Olympia ähnlich, jedoch weit kräf- versagt, auf der rechten imd der linken dem
tiger, Telemachos. Seine Anwesenheit, von
der Od. r479f. nichts weiß, entspricht dem
Sinne der älteren Kunst, die gern alle Haupt-
personen, auch gegen die poetische Quelle, ver-
einigt. — Ebenso vollzog sich auf dem Bilde
eines kunstvoll gearbeiteten Tellers die Fuß-
waschung nicht nur in Penelopes, sondern auch
in Telemachs Gegenwart (avtla TriXsiioixoio
%al iyyv^L JlTjvfioÄf tr^s) nach einem Epigramm 60
der Anthol. Pal. 9, 816. — Am Freiermord
beteiligt sieht man Telemach auf etruskischen
Urnen (Schlie, T roischer Sagenkreis 191 f.);
zweifelhaft ist dies für Brunn, ü. E. 1, 96, 1,
zumal hier die Köpfe fehlen ; dagegen erkennen
wir Telemach in dem Jüngling mit Helm 7) Homerischer Becher: Telemach verachafft Phemios
Mantel, Schild und Schwert auf dem Relief (rechts) und Medon (links) Begnadigung
97, 6 (S. Abb. 4); mit dem Speer steht er im (nach Robert, Winckelmannt/estprogramni 1890).
273 Telemos Telephos (^neuere Literatur; 274
Sänger Phemios und dem Herold Medon ge- hältnis dieser Namen s. Loheck, Pathol. serm.
währt (s. Abb. 7), und zweimal ist Telemachoß qraeci prohg. p. 40. TelephasHa — man vgl.
der gütige und gerechte Vermittler. Argver- Pasiphaessa, Pasiphae, Euryphaessa — ist ur-
tümmolt« Beischriften: ;u ;{(>1 — 365. sprünglich ein dem Wesen der Tochter (Selene)
i Johannes Schmidt.] entsprechendes und von dieser entlehntes Epi-
, . . _, ) Sohn des Eurymos, theton der Mondgöttin, Röscher, Über Selene
berühmter Seher unter den Kyklopen. Er hatte u. Verir. 129. Der Name bedeutet die Seit-
dem Polyphem vorausgesagt, daß ihn Odysseus hin Strahlende', s. die ähnlichen Zusammen-
blenden werde, Hom. Od 9, 508 If.; Et. M. Setzungen bei Boscher a. a. 0.; Gruppe, (ir.
397, G; Ov. Met 13, 771 f.; Theocr. id. 6, 23 lo 3Iyth. 1181,, (Persephassa). Für ihre Beziehun-
(im Schol. zu dsr. Stelle liest die Vulg. Evgv- gen zu Kadmos und Europa in diesem Sinne
uläi]g 1] EvQv^ccxog ycccXoviisvog)', Luc. diss. cum einer Lichtgottheit vgl. noch WelcJcer, Über eine
Hes. 1; Hyg. fab. 125 p. 106, 17 Schm. Vgl. Kret Kolonie in Theben 4.^-, Gerhard, Gr. Myth.
Bouche-Leclcrcq, Histoire de ladivination 2,52. § 734; Gruppe a. a. 0 251 u. 1328. [Ruhf.|
— 2) Sohn des Proteus, Augur, Hyg. fab. 128 Telephe {TtiXicfri), Gemahlin des Thasos und
p. 112, ») Schm. [Ruhl.] von diesem Mutter des Galepsos, des Eponymen
Teleon {TsXecav)., 1) = FeX^wv, wie Canter der gleichnamigen thrakischen Stadt, Marsyas
Eurip. Ion 1579 verbessert hat. S.o. Bd. 1, der Jüngere hei Harpokrat a. \. FccXriipög {frgm.
Sp. 1610. — 2) Vater des Argonauten Eribotes, 2 in Scriptor. de rebus Alexandri ed. 6'. Müller
Apoll. Bh. 1. 72 u. Schol. = Herodor Fr. H. Gr. 20 p. 44). Etym. M. 219, 46. Steph. Byz. FccX.
2, 38, 40; Hygin fab. 14 p. 45, 13 Schm. — S) Suid. FaX. (1068, 1 Bernh.). P. Friedländer,
Gemahl der Zeuxippe, Vater des Argonauten Herakles {= Fhilol. Untersuchungen 19 [1907],
Butes aus Athen, Apollon. Bh. 1, 95 mit Schol.; S. 12. Bei Steph. Byz. Occüos (p. 306, 16) stirbt
4, 912; Hygin fab. 14 p. 45, 23 Sclim.; Apollod. Tr]Xicpri, die hier Mutter der Europa heißt, auf
1, 113 >r. Pauly,B. E.{'\ 1653 nennt ihn auch Thasos, mit dessen Eponymen sie bei Apollod.
Freier der Helena. Doch geht das weder aus 3, 3 W. (wo die Vollform Tr]Xicpu6aa steht) in
den angeführten Stellen hervor, noch ist er in der Weise verbunden wird, daß sie und ihre
der Aufzählung der Freier bei Apollod. 3, 129 Söhne Kadmos, Phoinix und Kilix zusammen
W. und Hygin fab. 81 genannt. [Kühl.] mit Thasos auf die Suche der geraubten Eu-
Über Teieon nr. 2 und 3, die beide viel- 30 ropa auszieht. Es scheint also, als habe Telephe-
leicht ursprünglich identisch sind (vgl. Gruppe, Telephassa (zu den unter Telephassa angeführ-
Gr. Myth. 559) siehe Welcker, Aescfi. Trilogie ten Zeugnissen kommt Schol. Plato Bep. 590 A,
297 Anm. 538 (vgl. auch Nachträge zur Aesch. p. 419. Bekker = p. 358 Hermann) eine zweite
Tril. 181). Toepffer, Att. Genealogie 113. Ehe mit Thasos geschlossen; vgl. Gruppe, Gr.
E. Maß, Parerga Attica (Ind. schol. Gryphis- Myth. 1328, 5. — Im Schol. Eur. Phoen. 5 ist
wald. Rm. trib. 1889/90). S. 7 Anm. 2. Telephe Tochter der Epimedusa und Gemahlin
G. Kirchner, Attica et Peloponnesiaca (Diss. des Phoinix, ihre Kinder sind Peiros, Astypale,
Greifswald 1890) p. 24. Hamynarstrand, Jahrb. Europeia; Ygl. Friedländer a. a. 0. 12 Anm. 5.
/'. klass. Philol Suppl. 6, 793 f Em. Erma- [Höfer.]
tinger, Die att. Autochthonensage bis auf Euri- 40 Telephos {TriXsffog, lat. Telephus; über den
pides 119 Anm. 40. v. Wilamoicitz, Euripides' Namen s.u.), ein in der Dichtung vielbesungener
Herakles^ 32, 63. [Höfer.] und von der bildenden Kunst oft dargestellter
Telepatra {TriXBitärga), Tochter des Laistry- Held des arkadischen Lokalmythus, des troi-
gon, des Stammvaters der Laistrygonen, Ge- sehen Sagenkreises und der mysisch-perga-
mahlin des Aiolos, Schol. Hom Od. 10, 6; menischen Herrscherfolge.
Apostol. 1, 83 nennt sie TrjXsTtcoga. [Ruhl.] In der modernen fachwissenschaftlichen
Telephassa {TriXscpaaacc), Gemahlin des Age- Literatur sind ihm selbst wie den zahlreichen
nor, Mutter der Europa, des Phoinix, Kilix und Dramen, deren Held er ist, viele mythogra-
Kadmos, Apollod. 3, 2 W. Mit ihren Söhnen phische, literarhistorische und kunstmytho-
zog sie auf die Suche nach der verlorenen 50 logische Spezialuntersuchungen gewidmet; vgl.
Schwester, Apollod. 3, 3, und ließ sich nach bes. Geel, de Telepho Eur. commentatio {Annal.
den vergeblichen Bemühungen mit Kadmos in Instit. Belg. 1830); 0. Jahn, Telephos u. Troi-
Thrakien nieder, wo sie starb und von Kadmos los, Kiel 1841, sowie Tel. u. Troil u. kein Ende,
begraben wurde, Apollod. 3, 4 u. 21. Mnaseas lSb9 ; Welcker, Ep.Kyklos'i^lSl i.; 240 f.; 262 f.;
bei Steph. Byz. s.v. JdgSavog {Fr. H. Gr. 3, Aesch. Tril. 562 f.; Gr. Trag. 1,53 f.; 414 f.;
154, 28) überliefert xalaTto^avo t'CT]? TrjXsgjavrjs 2, 477 f.; 763 f.; 0. Bibbeck, B. Trag. 104 f.;
{Vulg. TriXfcpdöeris) ycc^st Ti)v\iQiLovlav 6 KdS- 310 f.; 344 f.; 615 f.; v. Wilamoicitz, Anal.
fto?. Doch liegt kein Zwang vor, sie daher als Eur. 186 — 193; Jacobson, de fabula Telephea,
■^Gattin' des K. anzusehen, vgl. auch Gruppe, Diss. Kiel 1864; Pilling, Quomodo Telephi fa-
Gr. Myth. 1328^. Dagegen ist sie nach Moach. 60 bulam et scriptores et artifices veteres tractave-
id. 2, 7 u. 42, wo T7]XBcpdci6ca steht, Gemahlin rint, Diss. Halle 1886; Bobert, Bild u. Lied
des Phoinix und von ihm Mutter der Europ(ei)a, S. 35. 47. 146 f.; Arch. Jahrb. 1887 S. 244f.;
ebenso Schol. Eurip. Phoen. 5 unter der Form 1888 S. 45 f.; 87 f.; Thrämer, Pergamos S. 160 f.;
TT}X£(prt. So heißt sie als Europas Mutter auch 369 f; Gruppe, Gr. Myth. 204. 294. 329. 629. 635.
bei Steph. Byz. s. v. Gdöog, s. d. Art. 'Telephe'. 669; s. auch die Artikel Herakles (Furtwängler)
Endlich findet sich noch bei Hegesipp im Schol. u. Orestes (Hofe)') in diesem Lexikon sowie
Vat. Eurip. Bhes. 28 {Fr. H. Gr. 4, 424, 6) die Art. Achilleus, Aleos, Auge bei Pauly-
Tr]Xsq)dvri {Hindorf TriXBcpdri.). Über das Ver- Wissoica.
275 Telephos (Jugend) Telephos (Jugend) 276
Er ist ein Sohn des Herakles (daher Sinn, freilich bei einer ähnlichen Verwechse-
HffaxXdovs Tcatg: Äpoilodor. epit. 3,17; 6 'JT^oc- lung, enthalten die Worte des Mythogr.Vatic.
%Uov9'. Diogenes in Herchers Epistologr. p. 248; p. 204: Tencontus (lies Teuthras) genuit Pala-
Plut. Romul 2; 'HganUidris: Philostr. Her. 2, medem, NaupHus genuit Telephum^ wo, sobald
14; 2,166 Kayser; Tzetz. Anteh. 269; Hercule man die Namen kreuzweis vertauscht, der bei
genitus: Did;. 2, 4 ; 7f paxl^ovff tpiXo9 yovos: Steph. Byz. obenerwähnte Irrtum wiederkehrt,
Anihol. Pal. 8, 2, 3 ; 'HgoKli^og a^^v^ovog vlos daß Teuthras des Telephos leiblicher Vater
(ifiviuov: Anthol. Gr. append. 167,8) und der ist; vgl. 0. Jahn, Tel. u. Tr. S. 50 Anm ; Pil-
Auge (s.d. und bes. Paus. 10,28,8: ywoti>t&v^ ling S. 71. Schließlich steht mit alledem auch
in6cat.s ig rb aM ^HganUa cctpixia^ai, Xiyovai^ lo im Einklang — an sich keine lautere mytho-
lidliara Sil «a^*« ioixoTcc irsKS rm ^uxqL^ graphische Quelle — Alkidamas {Odysseus § 16
vgl. auch Apollodor. hibl 2,146.166; Hygin. inBlaß'' Auag.d.Antiph*. ^.\^%\ der, nach un-
fab. 162), die jener, lu Besuch bei ihrem Vater organisch hiermit verbundener Wiedergabe der
AI 60 8 (s. d.), dem eponjmen Gründer und Vorgeschichte von Sophokles' Aleaden (s. u.),
König von Alea oder Tegea in Arkadien, ver- fortfUhrt: Teuthras, selbst kinderlos, benennt
fahrt. Über die Eltern des Telephos stimmen den Knaben Telephos, erhebt ihn zu seinem
die Berichte allenthalben überein; um so mehr Sohne und sendet ihn dem Priamos nach llion
gehen sie schon über seine Geburt und zur Erziehung. — Während seines damaligen
Jugend auseinander und scheiden sich in Aufenthalts in Troja ist die Teilnahme an dem
zwei Gruppen, je nachdem er jenseits des 20 von Hygin. fah. 273 erwähnten Wettkampf
Meeres oder in der arkadischen Heimat auf- anzusetzen: mit dem jungen Nestor, Helenes,
wächst. Deiphobos u. a. mißt er sich im Wettlauf;
A. Da die homerische Nekyia {X 519 f.; vgl. Paris ist Sieger und wird daran als Priamos'
v.Wilamowitz, Homer. Unters. 152 f.) und, nach (einst ausgesetzter) Sohn wiedererkannt; s. d.
unserer heutigen lückenhaften Kenntnis des Art. Paris 3, 1583. — Es läßt sich vermuten,
epischen Kyklos, auch die Kyprien und die daß dies bereits die Anknüpfung bietet zu des
Kleine Ilias nur auf spätere Verhältnisse, das T.' Ehebund mit der troischen Königstochter
Mannesalter des Helden und einen seiner Söhne, Astyoche oder Laodike (s. u.), der dann seine
Bezug nehmen (s. u.), so dient uns als ältester oder seines Sohnes Eurypylos Beziehungen
Vertreter der einen Sagenfassung der Logo- 30 zum Trojanischen Kriege vermittelt.
graph Hekataios {fr. 345; Müller, fr. hist. Gr. B. Noch abenteuerlicher gestalten sich
1,27). Ob sein Bericht auf eine epische Quelle nach der andern Sagen fassung Telephos'
zurückgeht, ist nicht mehr zu entscheiden; er Jugenderlebnisse, die namentlich die Tragödie
erfährt aber willkommene Ergänzungen durch viel beschäftigt haben; rechnet doch Aristoteles
andere, vielleicht von ihm abhängige Erzäh- {Poet. 13 p. 1453 a 21) dessen Schicksale zu
lungen, nach denen, wie bei Hekataios selbst, den Mythen, die den Stoff zu den schönsten
das Kind mit der Mutter über das Meer Tragödien geben.
verschlagen wird. Es heißt da: Herakles ,, Schon in Aischylos' Mvgol ist die ältere
entehrt in Tegea bei wiederholten Besuchen Überlieferung insofern erheblich umgebildet,
{6x6ts Sccpixoito) Aleos' Tochter Auge. Da, wo 40 als nur Auge ins Meer geworfen wird,
nachmals das Heiligtum der Eileithyia steht, Telephos aber zunächst als Kind in
gibt sie einem Knaben das Leben. Aleos läßt Arkadien zurückbleibt. Dies ist dann
durch Nauplios fs. d.) beide, Tochter und stehende Lesart geblieben. Yon Aischylos' Drs,-
Enkel, in einer Lade ins Meer werfen, die an ma erfahren wir nur, daß ihn schwere Blut-
Mysiens Küste getrieben wird (vgl. Danae und schuld, die er auf sich geladen hat (s. u,),
Perseus). Der dortige König, dem die Auge aus der Heimat trieb; vgl. Tyrwhitt, Ausg. v.
gefällt {iqaa^ivxi)., heiratet sie {Paus. 8,4.9; Aristot. Poetik S. 165 f., Wdcker, Aesch. Tril.
vgl, 8, 47, 3 u. 48, 7). — Im Prolog seines Tele- S. 562. Ein Orakel weist den Jüngling nach
phos (fr. 696 Nck.*) folgt Euripides, mit ge- Mysien. Als Mörder bleibt er hier zunächst
ringen Abweichungen, jener Sagenfassung: 50 stumm (s. auch Aisch.' Eumenid. 444 f.; Eur.
darnach gebiert Auge das Kind auf dem ai^ fr. incert. 1008 Nck.^) und darf erst wieder
kadischen Partheniongebirge, und nach Strab. nach seiner Entsühnung sprechen; vgl. Aristot.
1.3,616, der hier nach Euripides berichtet, Poet. 24 p. 1460 a 32: 4v Mvaotg 6 acpcovog ix
schwimmt, durch die Fürsorge der Athene, Tsy^ag ^kojv. Amphis fr. SO {Com.2,2ii Kock):
die Lade in die Mündung des mysischen Hv^sv äöTtsg Trjlscpog atoiTC^' xal diKccLcog rov-
Flusses Kaikos und wird hier von Teuthras rd ys' anocvtsg ävägocpovoi yocg slaiv ivl löyo).
ans Land gezogen, der das Weib heiratet, den Alexis fr. 178 {Com. 2, 365 K.): damvEl d* acpto-
Knaben an Kindesstatt annimmt. — Damit vog TijXscpog vsvcov iiovov Tcgbg tovg inf-gco-
stimmt hinsichtlich der ersten Kindespflege TutvTag rt, u. Nauck, trag. fr. p. 47*.
die weitere Notiz bei Strab. 12,571: 1^ Tsv- 60 Einen weit genaueren Einblick in diese
9-Qccvia, iv 7] xai 17 rnv TriXs(pov inTQocp^. Sagenform gewähren uns die Reste einiger
Auch dem an sich völlig irrigen Bericht bei Dramen des Sophokles. Zunächst gehören
Steph. Byz. s. TsvO-gavla {Mvalag TtoXig &7t6 hierher die Aleaden {'AXsddai). Ihre Vorge-
T8v^QavTog. TBvd'gag da ti]v Aijyriv ^yrjaf xal schichte, freilich von Verwechselungen ent-
xov Tr^Xscpov inccLdoTCoi'qaato), der also stellt (s. darüber Pilling S. 70), hat Vater
den Tel. zum Sohn des Teuthras macht, liegt (Berlin 1835) wiedererkannt in Alkidamas'
doch jene nämliche Erzählung von Telephos' Odysseus § 12 f.; parallel läuft, wenn schon
Erziehung in Mysien zugrunde; und denselben mit kleinen Abweichungen, die Erzählung bei
(
277 Telephos (Verwaudtenmord) Telephos (und Auge) 278
Diodor 4, 33, 7 f. Aleos erhält in Delphi das Tel. u. Tr. S. 66, Hohert, Arch. Jahrb. 1887
Orakel, seine Brüder würden von einem etwai- S. 246 f., Wernicke im Art. Auge bei Pauly-
gen Sprößling seiner Tochter umgebracht Wissowa 2, '2302 haben sich dieser Ansicht
werdcm. Deshalb maclit er Auge zur Athene- angeschlossen, die trotz der Zweifel Ribbecks,
priesterin und bedroht sie mit dem Tode, falls /iJ. 7r. 311, rUlings JS. 23f.; 62 f. und Thrä-
sie einem Manne beiwohnen würde. Doch He- mern S. ;{75f. zurecht bestehen muß. Der Ar-
rakles, der als Gast in Tegea weilt und sich gonaut Idas (s. d. unter 1; Bd. 2 Sp, 97) will
im Weine berauscht, verführt sie im Tempel. den König Teuthras von Mysien seiner Herr-
Ais Aleos ihren Zustand wahrnimmt, läßt er schaft berauben. Als Helfer in der Not er-
den Nauplios (s. o.), einen rauhen Schiffer lo scheinen T., der auf Befehl des delphischen
{noQd'^ici v.ul dtivov), kommen und befiehlt ihm, Orakels hier seine Mutter sucht (s. o.), und
die Tochter ins Meer zu werfen. Unterwegs sein gleich ihm auf dem arkadischen Par-
gebiert sie auf dem Partheniongebirge, ohne theniongebirge aufgewachsener Freund Par-
daß es ihr Führer bemerkt, ein Knäblein und thenopaio« (vgl. liygin. f. 99). Der König ver-
läßt es in der Wildnis im Stich. Statt den spricht dem T. als Siegerlohn seine ^angenom-
Befehl seines Herrn auszuführen, verkauft jener mene) Tochter Auge, die einst in einer Lade
sie nach Mysien an den König Teuthras (ge- an der Küste Mysiens angeschwommen ist.
nauer Diodor: er überläßt sie im Hafen von idas wird besiegt, und Auge soll dem T. ver-
Nauplia karischen Fremdlingen, die sie nach mahlt werden. Ihm steht also das entsetzliche
Kleinasien bringen). Das ausgesetzte Kind aber 20 Geschick des Oidipus bevor, unbewußt die
wird von einer gehörnten Hirschkuh eigene Mutter zu freien. Doch das stolze Weib
genährt und so erhalten {Soph. Alead. fr. 86 mag nach Herakles keinem Sterblichen ge-
Nck.'-^ vgl. Pollux 5,76: öcpdiXstccL ^ocpoxXfjg hören. Schon will sie im Brautgemach den T.
7CQ06Bind)v x£Qov66av xi]v Tr}X^cpov XQOcpöv). mit dem Schwerte töten, als eine von Herakles
Hirten des Korythos (s. d.), die es finden, gesendete Schlange zwischen den beiden em-
ziehen es entweder selbst auf oder bringen es porsteigt (s. auch Aelian. H. A. 3, 47). Mutter
ihrem Herrn. Hier wird es, weil die Hirschkuh und Sohn erkennen einander und kehren zu-
es gesäugt hat {Diodor: anb r^g rgscpovorig sammen in ihre Heimat Arkadien zurück; vgl
iXdcpov, vgl. Etym. Magn. 766,54: diä rb d-j]- auch Anthol. Pal. 3,2.
XdöccL ccvxbv ^Xacpovy s. u.), Telephos ge- so Beiden früher unterschiedenen Sagenfas-
nannt. In die Lücken der sprunghaften Erzäh- sungen (s. 0.) entrichtet Euripides seinen
lung treten andere Berichte ein. Nach Hygin. Tribut.
fab. 244 ist anzunehmen, daß Telephos in der Im Telephos, aufgeführt 438 v. Chr. {Ar-
Tat seinen Oheim erschlägt, und damit dem gmn. zu Eur. Alkestis)^ behandelt er die vom
grausigen Orakel, dessen Erfüllung sein Groß- epischen Kyklos berichteten späteren Schick-
vater hat vermeiden wollen, zur Wirklichkeit sale, geht aber, wie ihm dies geläufig und
verhilft. Am Hofe des Aleos, wohin er später eigentümlich ist, in dem erzählenden Prolog
kommt, wird er nämlich von dessen Söhnen auch auf die Vorgeschichte, d. h. die Herkunft
Hippothoos und Pereus (s. d.) wegen seiner und Kindheit des Helden, ein. Dabei folgt der
dunklen Herkunft verhöhnt — eine Situation 40 Dichter, wie schon erwähnt, der Tradition des
ganz wie im Oid. Tyr. 779 f. Mitten in den Hekataios, nach der T. auf dem Parthenion-
Streit der feindlichen Verwandten versetzen gebirge geboren (fr. 696 Nck.^) und zusammen
uns einige Fragmente: Telephos' uneheliche mit der Mutter in einer Lade ins Meer ge-
Geburt, seine Aussetzung und wunderbare Er- werfen wird {Strah. 13,615; Nauck p. 581^.
haltung und demgegenüber sein Anspruch auf So gelangte er nach Mysien und wird später
menschenwürdige Gleichberechtigung bilden als Teuthras' Thronerbe König des Landes,
den Gegenstand erregter Erörterung (fr. 76. das er dann gegen die nach Troja ziehenden
86.83.84 Nck.^); vgl. Welcker, Trag. 1, 410f.; Griechen zu verteidigen hat (s. u.).
Pilling S. 22 f. Im Zorn erschlägt er die Ale- Ganz anders schildert derselbe Richter die
adeu, ohne zu ahnen, daß es seine Oheime 50 Kindheit des T. in der Auge. Über dieses
sind {Append. proverb. 2, 85: TriXsq)og — ccno- Stück hat erst v. Wilamowitz {Anal. Eur. 186 f.)
■arsivag rovg xfig (ir]XQbg adtXcpovg viog av Klarheit geschaffen. Wegen der freieren Rhy-
^.cpvysv i-A Tsysccg). Wie sich über den Leichen thmen, die in den Bruchstücken hervortreten,
der Getöteten die grausige Erkennung zwischen weist er seine Entstehung einer späteren Peri-"
ihm und dem Großvater vollzogen hat, steht ode zu, seinen Inhalt aber erkennt er in der
dahin. Die Pythia, die ihn auf Befragen zur Erzählung bei Moses v. Khoren {Progymn.S,3;
Ermittelung seiner Mutter nach Mysien weist vgl. Mai in Euseb. Chron. edit. Mediol. p. 294;
{Append. prov. a. a. 0.: r\ 61 UvO-la i-nsXsvas Nauck p. 436^). Wernicke bei Pauly -Wissowa
■jiXBiv avxbv Tcgbg xbv ^G^axov MvGäv, vgl. auch 2, 2302 f. benutzt bei der Rekonstruktion des
Schol. Eur. Bhes. 261) hat ihm wohl schon in 60 von romantischen Verwickelungen durchzogenen
der Heimat das Geheimnis enthüllt und viel- Stückes auch ApoUodor. bibl. 2, 146 u. 3, 103.
leicht ein ''deus ex machina' (Athene oder Hera- Die arkadische Königstochter nimmt als Prieste-
kles?), den ja auch Sophokles nicht verschmäht, rin bei einem Athenefest an nächtlichen Tän-
die Entsühnung herbeigeführt. zen auf dem Partheniongebirge teil. Hierbei
Weit phantastischer sind Telephos' weitere tut ihr Herakles Gewalt an (s. auch Kallim.
Schicksale in Sophokles' Mv6oi dargestellt hymn. 4, 70 f.; Paus. 8,47,4; Ov. Heroid.9,4cd;
gewesen, deren Inhalt Welcker, Trag. 2, 414 f., Senec. Herc. Oet. 366 f.; Stat. Silv. 3,1,40; 4,
bei JZ2/<5fm./a6. 100 wiedererkannt hat; O.Jahn, 6,52), und zwar in der Trunkenheit {Eur. fr.
279 Telephos (Ausaeteung) Telephos (und die Hindin) 280
266 Nck.*; Apollodor 2, 164: icyvo&Vy vgl. auch slugenden Hindin, des Gegenstücks für so
Alkidam. Od. § 15: ix6 ni^ns, u. Stat. Süv. 3, manches Tier, das andern dem Tode geweihten
1,40: Äuge confectutn thiasis et multo fratre Fürstenkindern gleichfalls als Amme und Ret-
madentem detinuit), was spater sich die Komi- terin diente {Hygin. fab. 262: Qui lade ferino
ker zunutze gemacht haben (s.u.). Doch hin- ntUriti 8unt\ Aelian. V. H. 12,42), ist für die
terläßt er ihr einen Ring. Das Kind dieser Telephossage (wenigstens nach deren zweiter
Liebe wird von der Priesterin im Tempel ge- Fassung) charakteristisch geblieben und hat
boren, woran Aristopha^ies in den Fröschen überdies durch zahlreiche Denkmäler klassi-
abf&Uige Kritik übt (v. 1080 M.Schol.). Erzürnt sches Gepräge erlangt (s. u.); vgl. Hygin.f. 99;
über die Entweihung ihres Heiligtums ver- lo Moses Chorenens. b. Xauck p. 437'; Apollodor.
hangt die Göttin Pest und Mißwachs über das hibl 2, 147; 3, 104; Diodor 4, 33, 11; Paus. 8»
Land (fr. 266 Nck.*; Clem. Alex. Strom. 7 47, 7 u. 54, 6; 9,31,2; Xuctan.d. sacn/. 5; Dto
p. 841; Apollodor a. a. 0.). Endlich kommt Chrysost. or. 16 p. 237 u. or. 64 p. 598 M.;
Aleos dem Frevel auf die Spur und befiehlt Schol Find. OL 3,62; Schol. Lyk. 206; Quint.
dem Nauplios, den Neugeborenen auszusetzen, 5myrn. 6, 139 f.; auch dientes im 7!/Yj/w.ilfa^n. 756,
die Auge aber zu ertränken. Doch hilngt sie 64 einer freilich halsbrecherischen Ableitung
vorher dem Kleinen noch den Ring des Hera- des Namens (s. u.): sie geht gewiß zurück auf
kies um. Dieser findet auf einer Wanderung einen der Tragiker, die sämtlich 'eingefleischte
im Gebirge das Kind, wie es von einer Hirsch- Etymologen' sind (^Kinkel zu Kur. Phoen. 636;
kuh. gesäugt wird (s. o.), und erkennt es an 20 Wecklein zur Jph. Taur. 32; Dindorf zu Bacch.
dem Ringe als das seinige. Er bringt es zu 508; v. Wilamowitz, Anal. Eur. 190; Herakles
Aleos, gesteht ihm seine Verfehlung, sucht 1,27; Nestle, Eur. S. 430, 88); am häufigsten
diese mit seiner Trunkenheit zu entschuldigen finden sich Beispiele bei Euripides, bei dem
(fr. 265, s. 0.) und erhält Verzeihung. Wie aus das Etymologisieren zur 'müßigen Spielerei*
ApoUodor a. a. 0. zu schließen ist, hat Nau- ausartet. Doch zwingt nichts, gerade ihm die '
plios die Auge am Leben gelassen; sie ist Herleitung von 'Telephos' beizumessen. Ganz
nach Mysien zu Teuthras gelangt und dessen das nämliche gilt von der Hindin selbst, die,
Gattin geworden. Moses' Erzählung verbürgt auch bei Sophokles nachweisbar (fr. 86 Nck.'^y
zwar endlich auch die Adoption des Tele- s. 0.), ebensogut seiner Urheberschaft zuge-
phos; er kann jedoch der Mutter wohl nur so schrieben werden kann, wenn auch Euripides
auf der Suche nach ihr, also erst als Jüngling dieses rührende Motiv sichtlieh bevorzugt:
und durch Orakel nach Mysien hingelenkt, Alexandros wird bei ihm nach Hygin. f. 91
über das Meer gefolgt sein; und deshalb wur- von einer Bärin, Melanippes Sprößlinge wer-
den diese Begebenheiten in dem Stücke selbst den nach f. 186 von einer Kuh, Alopes Söhn-
nur als bevorstehend angedeutet und damit lein nach f. 187 von einer Stute erhalten; vgl.
tröstliche Ausblicke auf eine bessere Zukunft auch Welcker, Trag. 2, 714 u. v. Wilamowitz,.
des kleinen Heraklessprößlings, vielleicht von Anal. Eur. 189, die sich allerdings beide für
seinem eigenen Vater {Wemicke setzt dafür euripideische Erfindung der Hirschkuh des
Athene), eröffnet. T^ erklären. Bestimmt darf man behaupten,
Außer Aischylos' Mvaoi, femer den jikiddai 40 daß der ganze Bericht über die Aussetzung
und Mvaot des Sophokles und der Auge des von dem Streben nach dramatischer Verwicke-
Euripides sind von andern einschlägigen, frei- lung herrührt und daher gegenüber der schlich-
lich verlorenen Tragödien hier noch anzu- teren Erzählung des Hekataios^ der Mutter und
führen die Mvtfot des Agat hon (TTeZcÄJcr, Tra^. Sohn auf einmal über das Meer nach Mysien
3,989; Nauck p. 763'; Pilling S. 60 f.) und befördert, sekundär ist. Wenn man sich end-
des Nxkomachos (nur von Suidas erwähnt); von lieh in der Frage, zu wessen Tragödien Äi/^m.
Komödien die Auge des Philyllios {Kock, fab. 100 die Vorlage bildet, mit den gewich-
Com. 1,782 f.) und des Eubulos (Kock 2,170) tigsten Autoritäten für Sophokles und seine
sowie dessen Mvaoi; die phantastischen oder MvcoL entscheidet (s. 0.), so kann immerhin
Sentimentalischen Motive der Telephossage 50 ein Zweifel darüber entstehen, warum der
mochten nämlich zu Parodien förmlich heraus- große Dichter Auge und Telephos hier nach
fordern. Über die zahlreichen Stücke mit dem Arkadien zurückkehren läßt, was sonst nur
Titel TelephoSy die wohl sämtlich dem Bereich noch in dem Epigramm der Anthol. Pal. 3, 2
der Sage vom Trojanischen Krieg angehören, angedeutet wird. Jene Abweichung ist um
8. u. so auffallender, als Sophokles in seinem Satyr-
Die reichentwickelte Psychologie, welche spiel Telephos (s. u.), wie man annehmen muß,
die erwähnten Dramen in Scherz und Ernst die Heilung des Helden veranschaulicht {Pil-
zur Anschauung brachten, kann hier nicht ge- ling S. 24), die doch sein Verbleiben in Mysien
würdigt werden. Wohl aber sind einige tat- und seine dortige Königsherrschaft zur Voraus-
sächliche Züge zu beleuchten und durch Be- 60 setzung hat {Wemicke bei Pauly-Wissowa 2,
legstellen zu erläutern. Beide Sagenfassungen 2302 f.).
berichten von einer ernsten Todesgefahr des Denn iuMysien istT. nach allen übrigen
Neugeborenen, sei es die Verurteilung zusam- Quellen nunmehr ansässig geworden, und
men mit der Mutter zur Ertränkung {Heka- während nur nach Hygin. fab. 99 u. 100 Auge
taios a. a. 0.; Eur. nach Strab. 13,616; Alkid. Adoptivtochter des Teuthras ist, erscheint sie
Od. 15), oder sei es die Aussetzung in der sonst überall als seine Gattin (Thrämer S. 372,
Wildnis und die Erhaltung durch die Hirsch- 1). Mag also T. als Kind zusammen mit der
kuh. Namentlich dieses rührende Bild der Mutter {Hekataios: Prolog zu Etir. Tel.; Alki-
281 Telephos (Vermählung) Telephos (KaikoRschlacht) 282
dam/ Od. 15) oder erst als Jüngling auf der ihrer damaligen Beratung noch später die
Suche nach ihr und zur Sühne seiner Blut- Sage mit kxccidv Xi^'^v bezeichnet {Skyl. Peripl.
schuhl {Aisc/i. MvaoL, Soph. Aleaden, Kur. c. 98; Müller, Geogr. 1,71), und in der irr-
Auge) au den Kaikos «gelangen, der arkadische tümlichen Meinung, es sei die Troas, verheeren
Flüchtling oder Findling wird Thronerbe sie das Land {Apollodor. epit. 3,17; Paus. 1,
des Teuthras und nach ihm selbst König. 4,6; <J, Tj, 13). Zu dessen Schutze eilt der König
Häher heißt er nun bisweilen der M y s e r : herbei und gerät am KaikosIluBse mit den Ilin-
Kiir. Tel. fr. 704 Nck.-; Ar. .lc/<. 480; Nul). dringlingen in offenen Kampf (Paws. 8, 46, 7 :
\)'12 {mit Kocks Anin.)\ Philostr. ApoUon. Tyan. nach einer Giebelgruppe des Skopas, s.u.;
18 (1, 253 K.); Propert. 2, 1, G3; Ov. Pont. 2, 2, lo Schol. 11. T. 32(5; Anthol. Gr. append. epigr. 157;
■25. Das verwandtschaftliche Verhältnis, das Senec. Troad. 215 f.). — Nicht aus Cnkenntnis
ihm die Krone verschafft, wird freilich ver- der Gegend, sondern mit Vorbedacht betreten
schieden angegeben. Entweder heiratet er die Griechen Mysien nach Phüostr. Her. 2, 14
Teuthras' Tochter Argiope und erbt somit (2, 156K.); vgl. darüber T/iränier S. 320f.; sie
die Herrschaft von seinem Schwiegervater wollen nämlich vor dem Angriff auf llion
{iJiodor 4, 33, 12); oder da nach den andern dessen mächtigen Grenznachbar T. niederrin-
Berichten seine Mutter Auge die Gemahlin des gen und daran verhindern, den Troern zu Hilfe
Teuthras wird (s. o), so ist dieser nunmehr zu kommen. T. ist vor dem Einfall gewarnt:
sein Stiefvater, der ihn an Sohnesstatt an- sein natürlicher Bruder Tlepolemos (s. d.),
nimmt (Alkid. Od. 16; Apollodor. hihi. 3, 104; 20 gleichfalls ein Sohn des Herakles, der Besied-
Schol. Pind. Ol. 9, 108: ^Bxhg itcüg), und T. 1er von Rhodos und zur Zeit ein, freilich zwei-
holt sich aus dem troischen Königsgeschlecht deutiger, Bündner Agamemnons, sendet einen
seine Gattin, über die jedoch die Überlieferung Boten und verrät die feindliche Absicht der
erheblich schwankt. Griechen sowie ihre gewaltige Streitmacht. So
Astyoche (s. d. unter 4) heißt sie nach hat T.Zeit, ein mächtiges Heer zu Fuß und zu
Akusilaos fr. 27 {Müller 1, 103), der aber nicht Roß {TtoXXriv n^v Scoitlda, noXXr]v dh innov) aus
ausdrücklich sagt, wessen Kind sie ist. Des ganz Mysien aufzubieten. Sogar die mysischen
Königs Laomedon Tochter wird sie ge- Frauen ziehen zu Pferde aus, an ihrer Spitze
nannt bei Apollodor 3,146 u. Serv. Ed. 6,72; als kühne Wagenkämpferin Telephos' eigene
demnach ist sie des Priamos Schwester: Schol. 30 Gemahlin Hiera (s. o.): Phüostr. Her. 2, 18:
BQ Od. X 521. Dagegen heißt sie Tochter Tzetz. Anteh. 275 f. Auch umgeben den König
des Priamos bei Quiiü. Smyrn. 6, 135 f.; streitbare Helden: Haimos, Heloros und Aktaios,
Eustath. Od. 1697,32; Biet. 2,5 (vgl. 4,14); die es mit den Griechenfürsten aufnehmen
Jordan. Get. 9. wollen: Philostr. 2,15; Tzetz. 213 f. T. selbst,
Laodike (s. d. unter 6) ist ihr Name nur proceriis corpore et pollens virtutibus, macht
bei Hygin. f. 101, und auch hier ist sie eine einen imponierenden Eindruck und schüchtert
Tochter des Priamos. Daß unter demselben schon durch seine äußere Haltung die Feinde
Namen ein Kind des Priamos und der Hekabe ein: Dict. 2,4. Überhaupt erscheint er als
als Gattin des Helikaon in der Ilias und auch echter Heraklessproß {Hercule genitus:
sonst mehrfach auftritt, hat mit der Telephos- 40 Biet. a. a. 0 ; 'Hga'nXsLd'qg: Philostr. u. Tzetz.
sage nichts zu tun. a. a. 0.). Mit verzeihlichem Anachronismus
Hiera (s. d.) heißt endlich des T. Gattin schildern ihn Eustath. II. 46,32 u. lordan. Get.
bei Philostr. Her. 2,18 (2, 160 K.) sowie bei 9 als stattlichen Reiter. Schon nach dem
Tzetz. Anteh. 279 t, Chiliad. 12, 9 Ad f. u. Proleg. kyklischen Epos verrichtet er Heldentaten;
Alleg. II. 999 f. Über dieses wunderbar schöne wegen seiner Kühnheit nennt ihn Lykophr. AI.
amazonenartige Weib s. u. 213 einen Löwen. Eigenhändig tötet er den
T. bleibt in dem eroberten Reiche nicht Thersandros (s. d), Polyneikes' Sohn {Ky-
unangefochten. Während für die Jugendge- pria nach Prokl; Pind. Ol. 9,10f. n. Schol;
schichte die kyklischen Epen als Quelle hoch- Apollodor a. a. 0.; Paus. 9, 5,14; Biodor 4,
stens vorauszusetzen sind, bilden sie zu dem 50 66, 3; Biet. 2,2; lordan. Get. 9; vgl. auch
folgenden Berichte über sein Mannesalter Weleker,Ep.Kykl.2,l^Sf.;Bibbeck,E.Tr.3Alf.).
die erste nachweisbare Fundstätte: nämlich Es gelingt ihm, die Griechen in ihre Schiffe
die Kypria nach Proklos' Exzerpt bei Kinkel zurückzudrängen, wobei Patroklos (s.d. Art.
p. 18 und die Kleine Utas nach Proklos b. S, 1693) von ihm verwundet wird {Pindar a.
Kinkel p. 37 sowie fr. 6 u. 7 p. 41; vgl. a. 0.). Freilich findet auch Telephos' Bruder
Weleker,Ep. Kykl. 2, 137 f.; 240f.; 262 f. Bethe, Teuthranios, Sohn "des Teuthras und der Auge,
Theh. Heldenlieder S. 33, 9 beschränkt freilich von der Hand des Telamoniers den Tod {Biet.
die ganze Telephosepisode auf die Kleine Pias. 2,3). In einen hitzigen Einzelkampf gerät T.
Die Erzählung von Eurypylos (s.u.) behandelte mit Protesilaos (s.d.), der ihm den Schild
schon der Logograph Akusilaos a. a. 0. Auch 60 entreißt {Philostr. 2,17), was dem Achill er-
mit diesen Ereignissen hat die Tragödie frei möglicht, über ihn herzufallen (s. u.). Zu allem
geschaltet und ihnen dramatische Bewegung Unglück läßt ihn Dionysos, wegen vorent-
und Verwickelung verliehen. Gewiß ist sie haltener göttlicher Ehren erbittert {Schol. II.
auch die Quelle für manche Einzelheiten ge- A 59; vgl. Apollodor. Epit. Vat. p. 189) oder
worden, die bei späteren Mythographen oft als Anerkennung für Agamemnons Opferspenden
unvermittelt auftauchen. {Schol. Lyk. 211; vgl. auch Anthol. Pal. 9,477),
Auf ihrer Fahrt nach llion landen die Grie- über eine Weinranke straucheln (davon"
chen an der Küste Mysiens, da wo der Ort hat der Gott den Namen I!(pdXtr}g: Eustath.
283 Telephos (Verwundang) Telephos (am Altar) 284
Jl 46,89; Teets. Lyk. 2ü6. 213. Der ScJiol. zu Myser mit den Möseru, 3. die Moser mit den
Lyk. 206 gibt überdies eine rationalistische Geten, 4. die Geten mit den Goten!'
Deutung des Vorgangs: 17 &vd^06is xfjs &fiiti- Die Griechen verlassen Mysien und kehren,
Xov nv&og ttfTt, t6 di ccXXriyoQixbv ovrmg Ijjff durch Sturm verschlagen und getrennt, mit
1} %atd tivag xdtoivof mp 6 Tijl. 1} Scfin^Xov Ausnahme Achills, der zunächst wieder in
xldäoig ixiöxB^^Bls )• Halb wehrlos auf Skyros einkehrt, in ihre heimatlichen Land-
der Erde liegend, wird er von Achill mit schaften (slg rag nargldctg) zurück. Erst nach
dem Speere am (linken) Schenkel ver- acht Jahren versammeln sie sich wieder in
letzt {Kypria; Pind. Isthm. 4, 41 f.; 7, 49 f.; Argos, freilich im unklaren über die Fahrt
Quint.Smyrn. 4,161f.; 172f.; 7,879f.; 14,180f.; 10 nach Troja, weil ohne Wegführer {Apollodor.
Tzeiz. Anteh. 277). Über den von Protesilaos epit. 3,18; Biet. 2,9). Als solcher bietet sich
ihm entrissenen Schild kommt es zwischen ihnen unvermutet T. Die ihm von Achill bei-
jeuem und Achill zu einem Streite, wobei die gebrachte Wunde heilt nilmlich nicht; sprich-
Achäer den Schild des Telephos dem Protesi- wörtlich heißt sie TriXiq>Biov tgav^a {Suid.
laos zuerkennen; denn Achill hätte, so erklärt b. TriXsq>og) oder TriXicpsiov ^>lxo? {Zonaras
man, ohne Protesilaos' Heldentat den T. nicht p. 1728; Paul. Aeginet. 4,46). Von ApoUon er-
verwunden können {Philostr. Her. 2,18; vgl. hält er das berühmte, in Goethes Tasso (4,4)
darüber Robert, Arch. Jahrb. 1887 S. 267). sinnvoll verwertete Orakel: 6 rgmactg Idas-
Nach Eustath. 11. 46,32 u. lordan. a.a.O., wo rat {Apollodor. epit. 8,20; Plutarch. inimicor.
T. beritten ist, ver\vickelt sich sein Roß in 20 utilit.6; d.audit 9; Lucian.Nigrin.^S; Aelian.
die Reben und stürzt mit ihm zu Boden. — H. A. 1, 66; Philostr. Apollon. Tyan. 18;
Sehr grell und phantastisch nimmt sich fol- Her. 2, 17; Schol. II. A 59; Eustath. II. 46,
gende Kampfszene aus : Nireus erlegt im Hand- 36; Schol. Aristoph. Nub. 922; Schol. Plat.
gemenge die amazonenhaft auf einem Streit- Gorg. p. 447 A; Schol. Dem. 18, 72; Schol.
wagen am Kampfe beteiligte und über die Theokr. 12,26; Mantiss. proverb. 2,28; CJiarit.
Verwundung ihres Gatten T. erzürnte Königin Aphrodü. 6, 3; Liban. declam. 6,8.9; Niket.
Hiera(8. o.); über den Tod des wunderschönen Chon. ed. Bekker. p. 647; Schol. Gregor. Naz.
Weibes, das an Penthesileia erinnert, erhebt c. 18; Anihol. Pal. 6,226.291; Quint.Smyrn.
sich bei Freund und Feind solcher Jammer, 4, 172 f.; Hygin. fab. 101; Suet. Claud. 4,S ; Hör.
daß Achill mit T. ein Abkommen schließt so JEporf. 17, 8 f. mit Schol. Porphyr.: Ov. Amor.
(Tzetz. AtUefi. 284: TriXicpo) ms OTtslöcca^av 2, 9, 7 ; i^em. aw. 43 f.; ilfetom. 12, 112, vgl. 13,
AXtXXfja nzoXinoQ&ov, vgl. v! 324; Chiliad. 12, 171; Tnst. 5, 2, 16; Pon«. 2,2, 2G; Propert. 2,
951 f. u. Proleg. Alleg. II. 1009 f.); bei Dict. 2, 1,63 f.; Claudian. 39 {deprecat. Hadr.) 46; An-
5 f. tut dies im Auftrag des verwundeten thol. Lat. 1,99 (nr. 185b Meyer); 3,106,29
Vaters der Sohn Eurypylos (s. u.); zur Bekräf- {nr. 251 M.); Schol. luvenal. 6, 6ö6; Dict. 2,10.
tigung der gestifteten Waffenruhe kommen In Bettlertracht, um zunächst unerkannt
zahlreiche griechische Führer: Achill, Aias, und gegen feindliche Bedrohung sicher zu sein
Tlepolemos u. a., später auch die beiden Atri- (s. u.), Kommt T. nach Argos und bittet
den, und trösten den Schwerkranken; die den gleichfalls dort erschienenen Achill um
Asklepiossöhne Machaon und Podaleirios be- 40 Heilung {Kypria nach Prokl.; Apollodor,
handeln sogar die frische Wunde. Ganz ver- Hygin., Dict., Eustath. a. a. 0.; Suid. s. TriX.;
söhnt trennen sich die früheren Gegner. — Diogenes in Herchers Epistologr. p. 248 ; Tzetz.
Seltsam verworren ist die Darstellung bei Chil. 6, 660 f. In Mykenai spielt die Szene in
Dares c. 16:' Während Odysseus und Diomedes Eur.Tel.fr. 723 Nck.^; in Achills Heimat
von Phamos die Helena zurückfordern, werden Thessalien begibt sich Telephos nach Schol.
Achill und T. (als wäre dieser ein griechischer Nub. 922, vgl. aber Pilling S. 8 Anm. ; bereits
Führer) von Tenedos aus zur Plünderung in Mysien fleht er um Heilung bei Quint.
Mysiens abgesendet. Achill verwundet dabei Smyrn. 4, 174 f.; dagegen erst vor Troja:
den König Teuthras; doch schützt ihn vor Philostr. Her. 2, 17. Seine Befürchtung, er
dem drohenden Tode Telephos, weil er einst 60 werde, wenn als Feind erkannt, in ernste Ge-
als Knabe am mysisch<»n Hofe gastfrei aufge- fahr kommen, bestätigt sich. Als inan merkt,
nommen worden ist. Wegen der ihm geleiste- wer er ist, bedroht man sein Leben, das er
tcn Rettung übergibt Teuthras dem T. die nur durch Flucht an den Altar rettet, von
Königsherrschaft, und dieser begräbt ihn nach wo aus er mit den Griechenfürsten unterhandelt.
seinem Tode glänzend. Achill rät dem neuen Doch wird ihm endlich die Hilfe gewährt, in-
König, lieber den Griechen Proviant zu liefern dem sich, unter Kalchas' Vermittelung, Aga-
als mit nach Troja zu ziehen. T. bleibt also memnon bei Achill verwendet. Maßgebend hat
daheim in Mysien. Agamemnons spätere Hoff- auch Odysseus seine Hand im Spiele; er be*-
nung auf Zuzug und Hilfe von dort (c. 21) sänftigt Achills Zorn gegen den einstigen
ist wohl eine unklare Erinnerung an Eurypy- 60 Feind und deutet überdies das wirksame Heil-
los' Erscheinen vor Troja {Od. X 519f. mit mittel an: der abgeschabte Rost von der
Schol; s. u.). — Was es mit den schon er- Lanze des Cheiron, mit der einst der Pelide
wähnten Beiträgen des lordanis {Get. 9) zur den T, verletzt hat, soll jetzt dem Verwunde-
Telephossage auf sich hat, wird gekennzeich- ten zur Genesung verhelfen {Hygin. fab. 101:
net durch Telephos' Einführung als Goten- Tunc TJlixes ait: Non te dicit Apollo, sed auc-
könig; Thrämer entwirrt die vierfache erhei- torem vulneris ha st am nominat. Quam cum
"temde Verwechselung: *es sind hier vermengt rasissent, remediatus est; vgl. Apollodor.
1. die Teuthranier mit den Mysem, 2. die epit. 3,20; ccno^voavxog 'A%iXXmg tfi? UriXiädog
285 Telephos (Heilung) Telephos (Ergreifung Orests) 286
fisXlas xbv iov, u. Eur. Teleph. fr. 724 NcJc.*: einen Ertrag gewährt freilich nur etwa die
TCQiavolai Xoyxris d'iXysTaL ^ivri^aaiv — Worte, Hälfte. Sophokles' Stück, das Welcher noch
die von Welcher, Gr. Tr. 2,490, u. Mibbeck, mit den Mysern identifiziert {Trag. 1,414; s.
R. Tr. 111, mit Recht dem Odysseus, von o.), ist durch eine didaskalische Inschrift von
Wecklein, Sitzungsber. d. Bayr. Akad. 1878 Rhodos als Satyrspiel erwiesen (Kaibel,
S. 198, einem deus ex machina zugeschrieben Hermes 23,2ö9f.; 273), hat aber gewiß gleich-
werden). Die Heilwirkung abgeschabten Eisen- w^ohl den verwundeten Helden und seine Hei-
oder Erzrostes, die auch in der Iphiklossage lung veranschaulicht {Pilling S. 24; Thrämer
erwähnt wird (^4jooZ/odor. fttW. 1, 101; vgl. außer- S. iM'6). Somit kommen als Tragödien, aus
dem Theopomp. Philipp, in Meinekcs Com. 2, 2, lo denen für die Telephossage zu lernen ist, die
1230 f.), erörtert medizinisch Vilnius d. Ä., zu- Stücke von Äischylos und Euripides, von En-
gleich unter Hinweis auf bildliche Darstellun- nius und Äccius in Betracht. Den wichtigsten
gen des Vorgangs (N. H. 25,42; 34,152), bes. neuen Zug, den die Tragödie liefert, ist die
ein Gemälde des Parrhasios (35,71); über an- Ergreifung des Orestes. Daß dieser nicht
dere Bildwerke s. u. Auch nennt Plinius (25, integrierender Bestandteil der Sage,
42) statt des Rostes den Saft einer offizinellen sondern dem alten kyklischen Epos noch
Pflanze, die wegen der Heilung des Telephos fremd gewesen ist, beweist (nicht so sehr das
durch Achill, den Schüler des weisen Cheiron, Schweigen der knappen Inhaltsangabe des Pro-
Achilleos heiße {Pseudoacr. zu Hör. Epod. 17, Mos als) namentlich ein von Pollak publi-
8). Als Entgelt verlangen ihm übrigens die 20 ziertes Vasenbild des Hieron aus der ersten
Griechen ab, er solle ihnen auf dem zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts {Zwei Vasen aus
Zuge gegen Troja als Führer dienen {Kypria der Werkstatt des Hicron, Leipzig 1900): T.
nach Prokl.i Üic. Flacc. 29,72: s. o, auch die hat sich hier allein ohne Orest auf den
für Tel.' Heilung angeführten Stellen). Außer- Altar eines Palasthofes geflüchtet; vgl. auch
dem muß er für sich und seine Nach- Gruppe., Burs. Jahresber. Bd. 137 S. 620 f. ao-
kommen versichern, nicht am Kampfe wie Höfers Art. Orestes Sp. 959. Dies ist zwei-
gegen Griechen teilzunehmen {Schol. fellos die einfachste und ursprüngliche Fassung
luven. 6, 655), ein Versprechen, das freilich der Sage. Erst die Tragödie in ihrem Streben
später durch Eurypylos' Eintritt in das Heer nach Rührung und Erschütterung hat jenen
der Troer zunichte wird (s. u.). Umgekehrt hat 30 aufregenden Zug hinzugefügt, und zwar ist er
er sich schon bei der früheren Aussöhnung ausdrücklich bezeugt für Äischylos. Nun hat
(s. o.) geweigert, mit gegen Troja ins Feld zu allerdings schon Vater (de Soph. Alead. p. 19)
rücken, weil er eine Tochter des Priamos, die dessen Telephos., den noch Welcker (Äesch. Trü.
Laodike {Hygin. fab. 101) oder Astyoche {Dict. S. 562) und Jahn {Tel. u. Tr. 36 f. u. Anm. 38)
2, 5, vgl. 4, 14, 8. 0.), zur Gattin habe. Er durchaus anerkannten, ernstlich angefochten
beschränkt sich also darauf, seinen Rettern die und die Worte im Schol. Ar. Ach. 332 ; 6 Ti^-
richtige Straße zu zeigen, und kehrt dann Xs(pog yiatcc xbv xQccy(p8o-jtoibv AlöxvXov, ivcc
nach Mysien heim {Hygin. a. a. 0.; Dict. 2, 12). tvxr] Ttaga xotg '"'EXlrici aaxriQLag, xbv 'Ogiatriv
Dies der äußere Gang der Ereignisse. Die slx£ avXXccßäiv vielmehr, wie das allerdings der
Hauptbegebeuheiten waren gewiß schon im 40 Zusammenhang zu begünstigen scheint, auf
alten Epos geschildert; allerhand Auswüchse Euripides' Telephos bezogen; es sind ihm
haben sich später angesetzt, deren Ursprung v. Wilamowitz, Robert {Bild u. Lied S. 146 f.),
nicht jedesmal zu ermitteln ist. Am deutlich- Wernicke (Art. Auge bei Pauly -Wissowa 2,
sten noch verraten auch hier wieder einige 2301) u. a.^ gefolgt. Aber die (auch von Robert
Züge, die nun zu besprechen sind, ihre Her- betonte) Übereinstimmung der Lage des T.
kunft aus dem Drama. Wie der Jugend (s. mit der Erzählung von Themistokles bei
0.), so hat es nämlich auch der Verwundung Thtik. 1,136 nötigt zu der Annahme, Äischylos
und Heilung des T. ausgiebige Behandlung ge- habe ein wirkliches Erlebnis seines berühmten
widmet. Für sämtliche Stücke, deren Titelheld Zeitgenossen, "^vielleicht mit einer ganz be-
er ist, bildet gewiß dieser Gegenstand den 50 stimmten politischen Tendenz' {Bild u. Lied
eigentlichen Inhalt. Und zwar finden wir einen S. 148), in seiner Tragödie verwertet. Die um-
Telephos bezeugt von den drei großen gekehrte Ansicht, der freilich Robert selbst
Tragikern (s.u.), iQine.r: Yon Agathon {Athen. und v. Wilamowitz {Aristot. u. Athen 1,151)
10, 454 D), Moschion {Stob. Ecl. 1, 4, 1), lophon huldigen, es sei die (erst von Euripides
und Kleophon {Suidas), sodann von Ennius fixierte?) Telephosszene nachmals in die ^The-
und Accius (s.u.), ja sogar von dem sizilischen mistokleslegende' eingedrungen (s. auch ilf o/wm-
Komikei Deinolochos {Athen. '6,111 C; Lorenz, sen, Rom. Forschungen 2,118. l^Q; Busolt, Gr.
Epicharm. S. 86 f.) und dem tarentinischen G. 3,1,129), würdigt zu wenig das ausdrück-
Phlyakographen Rhinthon {Pollux 10, 35). Der liehe Zeugnis bei Plutarch {Them. 24), wonach
alexandrinische Elegiker Philetas war der Sohn 60 es sich bei der Ergreifung des Kindes durch
eines T.; daher sind beim Schol. Apoll. Rhod. einen Schutzflehenden nicht um eine allge-
4,1141 die Worte ^iXr]xas d' iv TriXscpa), die meine griechische Gewohnheit, sondern um
Pape {Lexik, d. gr. Eigennamen s. Tr^X.) auf einen heiligen Brauch der Molosser handelt
ein Drama bezieht, wohl richtiger mit Bach {xavxr]v iisylaxtiv tcccI jiovrjr 6xs8ov avccvxlQQ^-
in Keils Ausg. d. Schol. S. 517 Anm. zu lesen: xov r]yov(iiv(ov tyießlav xmv MoXoaa&v). Das
6 TriXiq>ov, vgl, auch Pilling S. 61 f. Dagegen alte Epos kannte die Szene noch nicht; hier
müssen die vorgenannten elf Dramen, wenn floh Telephos allein an den Hausaltar (s.o.).
auch sämtlich verloren, unangefochten bleiben; Erst Äischylos benutzte das rührende Erlebnis
287 Telephos (als BetÜer) Telephos (als Bettler) 288
des Themistokles für sein Drama, ein Motiv, Aufs. T^fel 2; vgl. PilHng S. 98^; Höfers Art.
das dann — etwas verändert — nachklingt in Orestes S. 959) , Telephos am linken Schenkel
Sophokles' *Odva6tifg (tai,v6iifvog {Mygin. fab. verwundet mit Orest auf dem Altar sitzen.:
b6) und Eur. Androtn. 601 f. {]\'elcker, Tr. 2, zwar ist er als Flüchtling mit dem Speer be-
481). Den Telephos des Aischylos in Frage zu watfnet, auf den er seine Rechte stützt; aber
stellen ist also unstatthaft; vgl. auch 0. Jahn, seine Haltung ist ruhig und würdevoll und
Tel. u. Tr. S. 87; Filling S. 19 f.; und mit läßt trotz des Staunens, ja Entsetzens, das
Recht erklärt es Gruppe {Burs. Jahresher. 137, sich in Agamemnons Miene ausspricht, nichts
621) für 'bedenklich, in einer ohnehin stritti- von Gewalt und Drohung bemerken (s. u.).
gen Frage das Hauptzeugnis (Schot. Ar. Ach. lO Eine solche pathetische Steigerung der Situa-
882) durch eine gewaltsame Textänderung in tion war erst dem Dichter vorbehalten, dessen
das Gegenteil zu verwandeln\ Ob Accius^ ein Wesen sie ohnehin am meisten entspricht.
Geistesverwandter des Aischylos, dem er sich Euripides' Telephos gehörte zu den be-
in mehreren Dramen angeschlossen hat (JR»6- kanntesten Dramen des Altertums; die häufigen
heck^ B. Tr. 845; Eöm. Dichtung 1*, 177f.), Zitate bei Mythographen und Grammatikern,
dessen Spuren auch in seinem Telephos gefolgt ferner die lateinische Bearbeitung durch En-
ist, läßt sich nicht bestimmt erweisen; es ist nius, nicht zuletzt der Spott der Komödie
allerdings wahrscheinlich {Püling S. 20; 73 f.), haben dafür gesorgt, auch uns sein Andenken
freilich nicht etwa deshalb, weil in den Frag- zu erhalten. Aristophanes nämlich unter-
menten von Accius Dramen nichts von der 20 nimmt in mehreren Stücken Ausfälle und An-
Ergreifung des kleinen Orest verlautet {Rih- spielungen auf Euripides' Telephos {Bitter 813.
heck S. 347); denn bei Aischylos ist diese ja 1240; Wolken 891.922; Friede 528; Lysistrate
gerade anzunehmen (s. o.), sondern wegen ^des 70«; Frösche 865. 864. 1400); zwei enthalten so-
Adels der Persönlichkeit, der auch aus der gar eingehende Persiflagen ganzer Szenen
abschreckenden Hülle des Helden hindurch- {Acharner 326—357. 432—463. 496—566. 577;
leuchtet' {Bihheck S. 846). Diese Seelengröße vgl. auch das J.r^«?w.; Thesmophoriazusen 76f.
hat gewiß auch Aischylos seinem Telephos, 466 — 519. 689 — 727). Die ansehnliche Zahl der
dem Abbild seines großen Zeitgenossen und Rekonstruktionen um eine neue zu vermehren,
Landsmannes, nicht vorenthalten. Denn 'nicht ist dieses Ortes nicht; wohl aber gilt es her-
wie bei Euripides und Ennius (s. u.) nur zum 30 vorzuheben, weiches Gepräge Euripides eigen-
Schein, größerer Sicherheit wegen, hat Tele- artiger Geist der Sage verliehen hat. Telephos
phos hier Bettlergewand angelegt, sondern nimmt hier nur den Schein des Bettlers
in der Tat aus seinem Reiche vertrieben, pau- an (fr. 689 Nck.*); doch bei seiner Vorliebe
per et exul (Hör. A. P. 96).' Aus den Accius- für Jammergestalten verfällt der Dichter
fragmenten ist dies, sowie die von ihm dabei in lächerliche Übertreibung und verwandelt
behauptete Würde, deutlich zu entnehmen. den hinkenden König (^r.^c/i. 412.428; /S'cÄoZ.
(Bihheck a.a.O.; Piüing S. 73 f.). Die näheren Ban. 870) in eine komische Figur; er staf-
Gründe und Umstände jenes Unglücks, das fiert ihn nämlich mit Lumpen (fr. 697; Ar.
zur Verwundung noch hinzugekommen ist, Ach. 412. 415. 418. 432. 438; Pollux 4,117),
kennen wir freilich nicht. Doch bezieht PiZZmp 40 einem mysischen Hütchen (v. 439), "einem
wohl mit Recht hierauf HarpoArrat. s. Mva&v Bettlerstab (v. 448), einem Eßwarenkörbchen
Xsiav nagoiaia xig iartv ovrio isyanivr], tjv (v. 453), einem am Rande abgestoßenen Trink-
qpijtft Jriiuov (fr. 19; Müller 1,382) — — gefei& (v. 459. 463; vgl. fr. 126 Nck.% einem
rriv &QXJ\r Xaßslv icnb r&v -Karadga^iovrav Lederranzen (^r. iVwt. 923; Jlfaa;. T^/r. 7 p. 126;
&6xvysir6vcav xb xal X7}axä>v xr^v Mvaöav xocxu Schol. Lyk. 14) aus. In diesem grellen Aufputz
xr\v TriXsfpov xov ßaeiXitog &TtoÖri\ilcLV, vgl. werden von dem 'geflickten Lumpenkönig'
Schol. Dem. l^»^!^; Apostol. 11,^^; Mant pro- Telephos andere euripideische Mißgestalten, wie
verh. 2,28; Suid. s. Mva&v Xsia u. Thrämer Oineus, Phoinix, Philoktet, Bellerophontes,
S. 282f. Feindliche Grenznachbam, so müssen Menelaos, noch überboten; er erscheint ge-
wir annehmen, brechen in sein Reich ein und 50 radezu als Sc&XLmxaxog und TCxaxlGrarog (Ar.
nötigen den an der unheilbaren Wunde Hin- Ach. 418 f.; vgl. auch TimokJes' Dionysiaz. fr.
siechenden außer Landes zu ziehen. Er nimmt 6, Kack 2,463). Was Wunder, daß Diogenes
seine Zuflucht zu den ehemaligen Feinden. (nach einem angeblichen Briefe) solche Kostü-
Wie Themistokles von der Gattin des Admetos mierung verabscheute und sich auf seine
den Rat erhält, das Söhnlein zu ergreifen, und 'echten' Lumpen etwas zugute tat (Epist. 34, 2
sich nun mit ihm an den Herd setzt, so p. 248 Hercher), während freilich umgekehrt
flüchtet Telephos, von Klytaimestra auf- Krates von Theben^ als er einst den Telephos
gefordert (s. u.), mit dem kleinen Orest an in seinem kläglichen Aufzug auf dem Theater
den Altar. Dieses wichtige Motiv hat also sah, forteilte und sich der kynischen Philo-
Aischylos in die Tragödie eingeführt; aber 60 sophie ergab (Diog. Laert. 6,87).
es verliert nichts an Wert und Fruchtbarkeit Ein Zweites ist der stark rhetorische
dadurch, daß es der Zeitgeschichte des Dich- Charakter, den Euripides in dieser Rolle
ters entlehnt ist. Die Macht seiner Person und ausgeprägt hat. Gegenüber • der erhabenen
Rede reicht dabei für den edlen Dulder hin, Würde des Telephos bei Aischylos und Accius
die Fürsten zu gewinnen; in der Tat sehen ist der cMriptc/ewcÄe ein vollendeter Sophist,
wir auf der ältesten Abbildung dieses Mythos, der die Fürsten mit gleißnerischen Worten zu
einem Vasengemälde des 5. Jahrhunderts im bearbeiten sucht (fr. 703. 706 Nck.-', vgl. die
Britischen Museum (abgeb. bei Jahn, Arch. Parodie seiner Ansprache: Ar. Ach. 496 — 556
289 Telephos (Bedrohung Orests) Telephos (Nachkommen) 290
u. T/tesm. 46G— 519; sowie Nub. 924 u. Eq. 813 doch sein Andenken später nochmals in ihm
mit Schol. u. Kocks Anm.). Auf den niedern, auf. Vier Gattinnen bezeugt die schwankende
wortreichen Stil seiner Beredsamkeit bezieht Überlieferung (s. o.); aber ihrer Zahl entspricht
sich auch Hör. Ä. P. 95. Doch schützt ihn nicht die seiner Nachkommen, mit denen
weder Verkleidung noch schlaue Redekunst die Sage doch sonst niemals kargt. Nur von
■davor, von Odysseus' Scharfblick durchschaut Astyoche und Hiera nämlich sind solche be-
zu werden {fr. 704 iVcÄ:.*; freilich sind diese zeugt, und zwar drei Söhne; außerdem in
Verse arg entstellt). Vielleicht verrät ihn sein einer phantastisch klingenden Notiz {Plut.
Myserhütchen {Ribheck S. 107), eher wohl die liom. 2) eine Tochter, deren Mutter uner-
ampuUae et sesquipedaUa verba {Hör. a. a. 0.), lo wähnt bleibt.
mit denen er die Fürsten beschwatzen will. Eurypylos (s. d.) wird schon in der ho-
Auch bei Euripides ergreift er auf Klytai- merischen Nekyia {X 519 f.) Telephossohn (Trj-
mestras Rat den kleinen Königssohn, aber Xeqpid'rjg) genannt, den besondere Schönheit
nicht, um, wie bei Aischylos, nach Molosser- auszeichnet; er führt vor Troja die mysißchen
sitte {Plutarch. Them. 24) den Vater zu rühren, Keteier gegen die Griechen an (s. u.), wird
sondern er droht den Knaben zu töten, aber von Neoptolemos im Kampfe getötet;
wenn man ihn nicht schone und zu heilen viele seiner Mannen kommen gleichfalls ums
verspreche (Hygin. fab. 101: monitu Clytae- Leben yvvatcov «Tr ex a dcbpcöv. Diese Worte
mestrae Orestevi infantem de cunabulis rapuit fanden vermutlich in der Kiemen Ilian^ wo
minitans se eiirn occisurum esse, nisi sibi Achivi 20 die Eurypylosepisode einen breiten Raum ein-
mederentur). Durch die Parodie des Aristo- nahm, weitere Ausführung und Begründung
pltnnes {Ach. 326—857; Thesm. 689—727) wird (s. Proklos bei Kinkel S. 37 f. u. 41 f. mit fr. 6).
der euripideische Ursprung der so dargestellten Doch erhalten sie klare Beleuchtung für uns
Szene ausdrücklich verbürgt; dem Dichter, der erst durch Akusilaos {fr. 23; Müller 1, 103 im
von Aristoteles rpayixcbraro? genannt wird, Schol. zu d. St.): darnach ist Eurypylos der
verdankt die grell rhetorisch gefärbte und Sohn von Telephos und Astyoche und
pathetisch erregte Sachlage ihre Entstehung. wird der Nachfolger seines Vaters in der
Bezeichnend für die Popularität dieser hoch- Herrschaft über Mysien. Im Trojanischen
gespannten dramatischen Aktion ist die große Kriege bittet ihn Priamos, er solle ihm gegen
Zahl bildlicher Darstellungen (s. u.). Das 30 die Feinde zu Hilfe kommen, und als ihm Eu-
diastische Mittel verfängt; und da Telephos rypylos antwortet, er könne dies nicht wegen
das Versprechen der Heilung erhält, gibt- er seiner Mutter, sendet Priamos der Astyoche
den Orest wieder frei. Inwieweit er dabei die einen goldenen Wein stock als Geschenk;
griechischen Fürsten, in deren Mitte bereits hierdurch bestochen, entläßt sie ihren Sohn
Zwiespalt ausgebrochen ist {Ribbeck S. 108 f.), auf den Kriegsschauplatz, wo er dem Neopto-
nun erst recht entzweit, um aus ihrer Un- lemos zum Opfer fällt. Über den goldenen
einigkeit Vorteil zu ziehen, lassen die Bruch- Weinstock, auf den sich also die Worte yv~
stücke nur ahnen; gewiß erscheint er auch valcov Bivsy.a 8ooq(ov beziehen, erfahren wir
hierbei wieder nQoöuit&v Grio^vXog ösl- Näheres im Schol. BQ zu d. St.: Zeus hat
vbg Xsysiv {Ar. Ach. 429). Endlich erfolgt, 40 ihn dem Tros als Entschädigung für den ge-
soweit ersichtlich, ohne erhebliche Abweichung raubten Ganymedes geschenkt, und er ist
vom alten Epos, die Versöhnung des Telephos durch Erbschaft an Priamos gelangt, der nun
mit seinen Gegnern: der Rost von Achills seine Schwester mit dieser kostbaren Gabe
Lanze verschafft dem Kranken Genesung (s. besticht; außerdem verspricht er dem Eury-
0.), der sich jedoch, weil mit Priamos' Tochter pylos noch eine seiner Töchter als Gattin. Ähn-
vermählt, weigert, mit den Griechen nach liches bei Dict. 4^ 14, wo Kassandra diese
Troja zu ziehen, und ihnen nur den Weg da- Priamostochter ist. Nach Schol. luvenal. 6, 655
hin zeigt {Hygin. fab. 101). Die Fragmente wird mit dem goldenen Weinstock Eurypylos'
von Ennius' Telephos gewähren hie und da, Gattin Eriphyle, also eine Doppelgängerin der
so für das Gespräch des Helden mit Aga- 50 gleichnamigen Heroine aus der berüchtigten
memnons Gattin {fr. 3. 4; vgl. 8), eine will- argivischen Halsbandgeschichte, nach dem ver-
kommene Ergänzung {Ribbeck S. 107 f.), ohne worrenen Bericht bei PtoJem. Chenn. Nov.
das gewonnene Bild mit wesentlich neuen Hist. 7 in Westerm. 3Iythogr. p. 196 Eurypylos
Zügen zu bereichern. Auch daß in Agathons selbst bestochen. Die Keteier, mit denen er
Telephos, dem einzigen so betitelten Drama, den Troern zu Hilfe kommt {Od. l 521), finden
das außerdem noch durch Bruchstücke mytho- wir zuerst wieder erwähnt bei Alkaios (fr.lS6;
logischen Inhalts vertreten ist, Theseus' Schild Bergk, Lyr. 4*, 962) und von ihm den Mysern
beschrieben wird {Nauck, trag. p. 764*), läßt gleichgesetzt; jedenfalls ist es ein mysi-
zwar auf die Anwesenheit der Theseiden und scher Volksstamm. Gladstone {Homer u. s. Zeit-
eine damit verbundene Verherrlichung Athens 60 alter, deutsch von Bendan S. 185 f.) wollte sie
schließen {Jahn, Tel.u. Tr.u. kein Ende S. 6 f.; mit den Hittitern oder Chetitern, jenem vom
Pilling S. 60 f.), liefert aber zur Kenntnis der nördlichen Syrien her über Kleinasien vorge-
Sage keinen Gewinn. Wessen Drama mit dem drungenen Volke, identifizieren: über sie vgl.
von luvenal (1, 4 f.) erwähnten und zu seiner Eduard Meyer, Gesch. d. Altert. P § 454
Zeit aufgeführten Telephiis ingens gemeint ist, S. 5 77 f. u. §474 S. 617 f. Nach v. Wilamowitz
steht dahin. {Homer. Unters. S. 152 Anm. 12) ist jedoch der
Verschwindet nun auch er selbst aus der Name abgeleitet von dem alten arkadischen
Geschichte vom Trojanischen Kriege, so lebt König Keteus (s. d. Art.), demnach ein Nach-
291 Telephos (Wandersagen) Telephos (Wesen; Name) 292
klang von Telephos' arkadischer Herkunft. Ein- Telephos' Tochter gilt (Plut.liomul.2\ s. o.).
gehend verbreitet sich über sie Thrämer Über die Verbindung des Telephos mit Rom
(S. 166f.)t der Keteios auch für den alten ygl. X7au«en a. a. 0.; (rrup;)« S. 204. 629,4.
Namen des KaYkos hftlt (S. 179 f.). Die Deutung des Wesens bewegt
Als das Bittgesuch des Priamos nach sich auf astronomisch-physikalischem
Mjsien gelangt, ist Telephos bereits tot Gebiete, und &o verrufen solche Erklärungen
(über die Darstellung von Telephos' Auf bah- auch sind, weshalb sie stets mit aller Vorsicht
rung auf dem Pergamenischen Telephoafries aufgenommen sein wollen, so führt doch eine
8. n.) und Eurypylos schon sein Nachfolger solche Auffassung von Telephos und seiner
{AkusU. a. a. 0.). Daher trat in der von Art- lo Mutter Auge immerhin zu einer überzeugenden
stoteles (Poe*. 28 p. 1459b 6) erwähnten Tra- Erkenntnis. Er sind nämlich arkadische
gödie Eurypyloa^ die doch wohl dessen Taten Gottheiten der Lichtsphäre {Thrämer
und Tod im Trojanischen Kriege schildert, S. 401). Das beweisen schon die Namen 'die
Telephos selbst nicht mehr auf. Daß Eurypy los Strahlende' und 'der Fernhinleuch-
im Kampfe auch den Asklepiaden Machaon tende'; vgl. Preller, Gr. Mythol. 2', 241; s.
erschlagt {Kleine Utas fr. 7. Kinkel, Hygin. auch die Art. Auge in diesem Lexikon 1, 731
/od. 118; ^inf. Ämym. 6, 406 f.), der sich im u. bei PaiUy-Wissowa 2,2;{00; Gruppe, Gr.
Auftrag der Atriden mit Podaleirios um die Myih. S. 686. — Fick^-Bechtel, Gr. Personen-
Behandlung von Telephos' Wunden einst ge- namen S. 374, stellt mit Telephos den kymaii-
müht hat (Dict. 2, 6. 10), übt noch später im 20 sehen König Telephanes zusammen. Die Namen
Asklepieion von Pergamon die Wirkung, daß Telephe {Schol. Eur. Phoen. 5), Telephane
man in Kultliedem den Landesheros Telephos {Schol. Eur. 29, wo Dindorf Tr\XB(fär] liest),
feiert, dessen Sohn aber, Men Mörder des Telephassa sind die entsprechenden oder er-
Machaon' {(povia hvxa Mcixdovog\ mit Still- weiterten Femininbildungen; s. die betr. Artikel
schweigen übergeht {Paus. 3,26,10; s. u.). sovfie Telauge, Pasiphae u. lioscher, Selene und
Übrigens bedeutet Eurypy los' Auftreten vor Verwandtes S. 7. 128. Ob als ursprüngliche
Troja einen Vertragsbruch, weil Telephos, Namensform TriXscpaog anzusetzen ist, steht
wie schon erwähnt (s. 0.), bei seiner Heilung dahin; über die Zusammensetzung mit der
für sich und seine Nachkommen gelobt hat, weitverzweigten Wurzel q>cc- (vgl. Curtius,
nicht gegen die Griechen Partei zu ergreifen so Etym. S. 296*) kann jedoch kein Zweifel ob-
{Schol. luvenal.^^Qbb). Sein Kampf mit Neopto- walten. Damit erledigt sich zugleich die an-
lemos ist wohl nur eine zweite, kaum ver- tike Ableitung im Etym. Magn. p. 756,54:
besserte Auflage des Kampfes zwischen ihren Sia. xo d-7]XdcccL avzbv hXacpov (s.o.). Wie die
beiden Vätern. Geschichte von der säugenden Hirschkuh
Der Sohn von Telephos und Hiera ist selbst, so geht diese Etymologie vermutlich
Eorypylos nur nach Tzetz. Posth. 658, wo Neo- auf die Tragödie, nach Jahn, Tel. u. Tr. S. 57
ptolemos Tr\Xstpiör^v ^legäg y6vov iyxsGiiLaQyov und v. Wilamoicitz, Anal. Eur. S. 190, speziell
tötet; über Hiera s. 0. Wichtiger ist, daß beide auf Euripides zurück; vgl. auch Apollodor. bibl.
auch die Eltern von Tarchon und Tyrse- 3,104: rb Sk ßQi(pos — ^r^Xriv vnoexovGTig
noB genannt werden: Tzetz. Lyk. 1242. 1245 f. 40 iXätpov T'^Xsqiog ixXr]d^7i; Diodor. 4,33,11;
1248; Schol. Lyk. 1249, vgl. 1242. 1245. Auch Hygin. fah. 99; Moses v. Khoren bei Nauck,
Steph. Byz. B.TuQxdaviov bezeichnet Tarchon, trag. fr. p. 437': Telephum peperit, quod nomen
den Gründer von Tarquinii in Etrurien, als ex eventic adhaesit; a cerva nutritus
Sohn des Telephos; Dion. Halte. 1,28 nennt est. Obwohl sprachlich unmöglich, ist die alte
so den Tyrsenos und erzählt von ihm, er sei Etymologie dennoch befürwortet worden von
nach der Eroberung von Troja nach Schwenck, Etym. Myth. And. p. 334 {TriXstpog
Italien gekommen (s. die Art. Tarchon, si&UTriXiXatpog) u. Buttmann, Ausf.gr. Sprachl.
Tyrsenos). Dieser Bericht gehört in das viel- 1,79; vgl. Jahn a.a.O.
berufene Kapitel über die Herkunft der Etrus- Außer der richtigen Erklärung der Namen
ker von den Lydem {Herodot. 1,94; Strah. 5, 60 ist femer ein Beweis dafür, daß Telephos und
219) und wird mehrfach gekreuzt von anderen Auge göttliche Wesen sind, der Kultus,
abweichenden Erzählungen ; yg]. Müller- Deecke, dessen sich beide in ihrer arkadischen Heimat
Etrusker 1,218; 2,24. So erscheint Telephos erfreuen. Auf dem Markt in Tegea stand ein
als Vater zweier Heroen, die dann die Ahn- Tempel der Geburtsgöttin Eileithyia, die hier
herren der Tyrrhener oder Etrusker den Namen A^yri iv yovaGiv hatte, weil sie
und des römischen Herrschergeschlechts der an dieser Stelle kniend ihren Sohn geboren
Tarquinier werden; vgl. Klauben, Aeneas u. haben sollte, als Nauplios sie auf ihres Vaters
die Penaten 2, 1212 f.; Schwegler, R. G. 1, Aleos Befehl zur Ertränkung ans Meer führte
104 f.; Preller, Rom. Mythol. S. 666'; Gruppe, (Paws. 8,48,7); und im dortigen Athenetempel
Crr. Myth. S. 204. 629, 4. Bei Suidas s. Aarlvog 60 war ein gemaltes Bild von ihr zu sehen (8,
wird femer Telephos mit Latinos (s. d.) 47,2); auch war ihr das Partheniongebirge
identifiziert und in dem Excerpt. lat. bar- heilig, auf dem sie nach der anderen Sagen-
har. {Schönes Eu^eb. 1, append. p. 198) sowie fassung geboren hatte {Kallim. hymn. 4, 70 :
bei Malal. chron. 6 p. 162 u. Cedren. 1,245 so- ögog Isqov Ai}yr]g). Über ihr Denkmal in Per-
gar selbst mit seinen Keteiem nach Italien gamon s.u. — Telephos aber hatte ein Heilig-
(Latium) versetzt (TArämcr S. 394, 2). Kein tum auf demselben Gebirge, da, wo er aus-
Wunder, wenn R(h)ome, die mit Aineias ver- gesetzt worden war {Paus. 8,54,6), womit viel-
mählte Eponyme der Welthauptstadt, für leicht die TriXiq>ov hat La tfig kQv.ccdiccg
293 Telephos (als Lichtgott) Telephos (Kultus in Pergamon) 294
{Äpolhdor. hibl. 1,79) identisch ist. Andere Weit einfacher und leichter lilßt sich die
Kultstätten hatte er in Mysien und Lykien Verbreitung der Telephossage erklären,
(s. u.). nilmlich durch Auswanderung und Kolo-
Kaum lösbar ist freilich die Frage, welche nisation. Die Ansicht Prellers {Gr. Myth. 2',
speziellen Lichtgottheiten in ihnen zu erkennen 241), unabhängig voneinander hätte eine alt-
sind oder, anders ausgedrückt, mit welchen arkadische und eine altmysische Sage von
der vorhandenen wir sie identifizieren dürfen. Telephos existiert, und beide wären erst durch
Daher die zahlreichen Vorschläge, die man das kyklische p]po8 vereinigt worden, ist un-
zur genaueren Bezeichnung namentlich Auges haltbar; vielmehr hat sie aus^iriechenland
gemacht hat: bald gilt sie für eine Licht- und lo ihren Weg genommen über das Ägäische Meer,
Geburtsgöttin (Jahn a. a. 0. S. 49 ; vgl. Iioschei\ Dies dürfen wir der Überlieferung glauben,
Selene u. Verwandtes S. 119; Gruppe S. 464, G\ daß aiolische Arkader an der klein-
bald für die mit Athena Alea verwandte Licht- asiatischen Ostküste, und zwar auch in
göttin {Welcher, Götterlehre 1,310; vgl. Wer- Mysien, sich angesiedelt haben {Ed.
nicke bei Pauly-Wissowa 2,2300), bald für die Meyer a.a.O. 2 § 132 S 206; Thrämer S. 164.
mit Eileithyia identische Mondgöttin {Welcker, 186; vgl. auch Busolt V, 196 Anm. 1; 192 f.
ebenda 3,128; \gl. Preller, Gr. Myth. 2^, 24:0 f.), Anm. 5). Aus alter Tradition berichtet Pau-
bald für die Morgenröte {Gerhard, Gr. M. sanias (1,4,6; vgl. Bobert, Arch. Jahrb. 188«
§ 485; E. Büclcert, Trojas Ursprung S. 61 f.; S. 95) von den Pergamenern: avxol fis kQ-nädag
TJirämer S. 402). Und ebenso halten den Te- 20 i^^Xovaiv slvai r&v ofiov Trj/l^qpoj diaßccv-
lephos manche für den Morgenstern reo v ig t i}v 'Ja iav ., und etwa gleichzeitig Ail.
{Preller a. a. 0.; E. Rückert a. a. 0.), andere, Aristeides {or. 42 p. 520 Jebb) von der mysi-
und zwar mit mehr Glaubwürdigkeit, für den sehen Stadt Pergamos: yiyvBxai. avxr\ dsvtigcc
Sonnengott (s. u.). Erschwert wird die Auf- ScTtoiyiia ösvgo asrcc xr]v i^ 'AQ-uccdiccs r&v
fassung durch das genealogische Verhältnis: a^u TriXicpco. Es handelt sich jedoch hier
klar ist weder, warum diese beiden Lichtgott- nicht, wie es fast den Anschein hat, um die
heiten im Verhältnis von Mutter und Sohn Führerschaft eines Oikisten, sondern der hei-
zueinander stehen {Thrämer S. 401), noch wie mische Gott wandert mit den Arkadern
Herakles dazu kommt, für Telephos' Vater zu in die Ferne. Für das Ansehen, das Telephos
gelten {Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. 2 § 170 A. so und Auge in der Heimat genossen, ist ein
S. 263). Für die soeben schon angedeutete vollgültiger Beweis, daß beiden auch an den
Formel: Telephos =Apollon läßtsichman- neuen Wohnsitzen eigene Kultstätten errichtet
cherlei anführen, wenn es auch nicht völlig wurden. Ausdrücklich bezeugt ist für Telephos
durchschlagend ist. Wie man weiß, heißt Her- in Pergamon die Verehrung durch Opfer
mes bei Homer {a 84) ^gysCcportrigj und dies {Paus. 5, 13, 3 : iv xfj Usgyaiico xy vrchg tcoxcc-
bedeutet: im hellen Glänze erscheinend. Den- ^lov Ka.tv.ov — — ol xa TriXi^xa Q-vov-
selben Beinamen haben aber nach Maaß, De xsg). Des Hymnus, den man im Asklepieion zu
Len. et Delphin. 18 (vgl. Gruppe S. 635, 8), auch Pergamon zu Ehren des Telephos, freilich mit
Telephos {Parthenios fr. 35 bei Meineke, Anal. Übergehung seines Sohnes Eurypylos, sang
Alex. 286) und Apollon {Etym. Gud. 72, 52), 40 (3, 26, 10), ist schon gedacht worden (s. o.),
vgl. auch Hesych. jfpyfi-qpdvrrjs . . . ytfvxogjovrrjg; Auch das dortige Grab Auges galt für eine
beide kämpfen ferner gegen den Argonauten heilige Stätte; war es doch mit einem ehernen
Idas (//. J558f.; Hygin.f ab. 100, s.o.); eine, Kultbild geziert (8,4,9). — Wie die einge-
freilich schwer erklärbare, Beziehung zwischen wanderten Griechen durch ihre geistige Über-
dem Gotte und Telephos soll auch darin liegen, legenheit bei den verachteten, kulturlosen
daß Apollons Geliebter Kyparissos (s. d.), Mysern die Oberhand gewannen, verkörpert
ein schöner Knabe auf der Insel Keos, der sich vorzugsweise in der Überlieferung von
wegen seiner untröstlichen Trauer um einen Telephos' neuer Königsherrschaft,
von ihm selbst durch Zufall getöteten zahmen Zweifellos sind die Erzählungen vom Teuthra-
Lieblingshirsch in einen Zypressenbaum 5o nischen Kriege, von Telephos' Verwundung
verwandelt wird {Ov. Met. 10, 106 f.), Sohn und Heilung auf asiatischem Boden erwachsen,
des Telephos heißt {Serv. Aen. 3,680); drei Den hilfreichen Gott, dem man die Errettung
pompejanische Wandgemälde (Heibig nr. 218. des Landes von feindlichen Einfällen zuschrieb,
219; Mau, Pompeji S. 357. 496^) vergegen- machte eine nüchternere rationalistische Auf-
wärtigen ihn; doch die Identität seines Vaters fassung zum tapferen Stammheros. Wie seine
mit dem gleichnamigen Helden von Tegea ist abenteuerliche Jugend in der arkadischen
zweifelhaft; ebensowenig kennen wir aber die Heimat von der Dichtung ausgeschmückt wor-
etwaige symbolische Bedeutung jenes Hirsches den war, so erfuhren nun auch seine späteren
und der arkadischen Hindin. — Selbst wenn man Schicksale durch Hereinziehung in den troi-
endlich in der Erzählung von dem durch einen 60 sehen Sagenkreis die Weihe epischer Kunst.
Schlangenbiß verwundeten Philoktet den Rest Unter den geschichtlichen Verdiensten, deren
eines Drachenkampfmythus sich gefallen läßt, sich die Pergamener rühmten, stand neben
80 heißt es doch der Phantasie zuviel zumuten, der Unterwerfung Vorderasiens und der Be-
wollte man in dem von Achills Lanze verletzten freiung des Landes von den Galatern auch
Telephos die gleiche Legende wiederfinden der kühne Zug des Telephos gegen die Grie-
(gegen Gruppe S. 635 f.); die Annahme, als eben unter Agamemnon (1,4,6: — xorl rb ig
wäre Telephos die Hypostase des boiotischen xovg avv'AyccfiEfivovL TriXecpov xöXiiri(icc).
Hermes -Kadmos, mag also auf sich beruhen. Telephos ist somit ganz zum Myser geworden.
295 Telephos (in Lykien, Mysien, Italien) Telephos (Bildwerke) 296
Sehr erklärlich daher, daß sich die spätere kymaiisch-phokaiische Einwirkungen annimmt
Dynastie der Attaliden des siesgekrönten, und an eine Übertragung auf dem Wege über
durch die Sage verklärten Nationalhelden be- Kampanien denkt, so lassen sich dafür Münzen
mächtiffte und ihn zu ihrem Stammvater von Eupua mit Bildern des Telephos und
erkor. Wenn der salaminische Aias oder auch seiner Hindin anführen (s. u.). Immerhin be-
Odysseus attischen Familien als Ahnherr galt; wendet es bei dem entsagungsvollen Urteil
wenn ferner die Könige von Epeiros ihr Ge- Thrämers (S. 894), daß über seine Bezie-
schlecht von Neoptolemos (Pyrrhos) herleiteten ; hungen zu Italien das klärende Wort
wenn endlich sogar die Körner in dem Sobue noch zu sprechen ist.
des eingewanderten Aineias den eponymen lO Die bildlichen Darstellungen sollen,
Begründer des julischen Kaiserhauses feierten, dem mythologischen Zweck entsprechend,
so sind das dazu Parallelen. Die Illusion drang gleichsam in biographischer Anordnung
durch. Das neue Pergamon suchte so den alten aufgeführt werden.
Kuhm von Teuthronia auf sich herüberzuleiten. Eine fortlaufende, geschlossene Reibe von
Im Hinblick auf Telephos' Vater wird Atta- Reliefs, welche die Schicksale des Helden von
los III. in einem Gedicht Heraklessproß der Geburt an bis zum Tode (sogar mit Ein-
angeredet {Nicandr. ed, Schneider p. 1). Die Schluß der Vorgeschichte) veranschaulichten,
Pergamener ließen sich selbst TriXs<pi^ai nen- war einst vorhanden in dem Perg ameni-
nen, worin sie durch ein Orakel des ApoUon seh en Tel ephosfries, einem kleineren Seiten-
von Gryueia in Aiolis bestärkt wurden: C. I. 20 stück zu der gewaltigen Gigantomachie. Er
Chr. 2, nr. 8638; Kaibel, Epigr. Gi\ lOab; vgl. galt der Verherrlichung des sagenhaften Grün-
V. Wüamowitz, Äntigonos v. Karystos S. 160 f. ders von Pergamon, in dem das Königshaus
Ein anderer Seherspruch, den Ail. Arist. or. 26 der Attaliden zugleich seinen Ahnherrn ver-
p. 312 «/e66 anführt, nennt Pergamon höXig^lu ehrte. Die Erhaltung der gleichfalls in Berlin
Tr\Xiq)ov xlvrdv; bei Zonaras p. 1728 wir4 befindlichen Skulpturen ist leider zu lücken-
es Ttiifyig %6X^g genannt. Über den Per- haft, um überall einen genauen Einblick in
gamenischen Telephosfries s. u. ihren Zusammenhang oder auch nur eine klare
Auch in Lykien ward T. lokalisiert, so- Erkenntnis der einzelnen dargestellten Szenen
wohl in Patara, wo nach ihm ein Demos zu ermöglichen; vgl. die feinsinnigen Erläute-
und der Quell benannt waren, in dem er 30 rungen von Hohert, Arch. Jahrb. 1887 S. 244f.;
seine Wunde ausgewaschen hatte (Steph. Byz. 1888 S. 45 f.; 87 f., sowie von Schrader ebenda
TriXdcpio? 6ijiiog xai TriXtcpov xpijvrj), und im 1900 S. 97 f. Der ganze reiche Stoff ist noch-
Apollontempel ein von T. geweihter Krater mals auf das beste verarbeitet von Winnefeld,
aus Hephaistos' Werkstatt gezeigt wurde Altertümer v. Pergamon 3, 2, 155—243 (1900).
{Paus. 9,41,1), als auch in Phaseiis, wo man Ob ein größeres höfisches Epos die unmittel-
im Athenatempel die heilkräftige Lanze des bare Quelle gebildet hat, die erst wieder aus
Achilleus zu besitzen wähnte (3,3,8); vgl. der attischen Tragödie geflossen ist, steht da-
Jahn, Tel. u. Tr. S. 63 Anm. 73; Gruppe S. 329. hin; vgl. darüber Robert, Jahrb. 1887 S. 258, u.
Und wieder ist es die griechische Kolonisation, Thrämer S. 392 f. Die folgende Besprechung
was Telephos' Namen und Andenken an die 40 der Bildwerke wird bei den einzelnen Erschei-
Südküste Kleinasiens getragen hat. Hören wir nungsformen der Telephossage auf die ein-
hier nur wenig von ihm, so erhielt sich die schlägigen Reliefplatten des Frieses hinweisen.
Erinnerung an ihn um so lebendiger in der Statuen von Herakles und Auge be-
von Arkadern bevölkerten Aiolis. Hier war schreibt nach eigener Anschauung C/?m<odoro5,
fortan gleichsam der klassische Boden der Anthol. Pal. 2,26 (1 p. 27 Dbn.); vgl. Konrad
Sagen von Telephos. Denn während er in Ar- Lange, Rhein. Mus. 35, 121 f.
kadien nur ein Lokalgott blieb, erwuchs er in Herakles belauscht Auge — dies das
Teuthranien, das er geschützt und regiert haben Thema eines der besten Friesstücke, vgL
sollte, zu universell griechischer Bedeu- Robert., Arch. Jahrb. 1888 S. 68; Schrader 1900
tung. Dabei verzieh man ihm stillschweigend 50 S. 120; abgeb. auch bei Overbeck, Plastik 2*
sogut wie etwa Hektor, daß er an der Spitze Fig. 201 a. Herakles steht, bekleidet mit dem
der Feinde gegen Griechen gekämpft hatte, Löwenfell, das aber die ganze Gestalt freiläßt,
und zwar ihm um so leichter, als er selbst hinter einer sehr detailliert mit Blättern und
griechischer Herkunft war; überdies hatte er Früchten dargestellten Eiche, an deren Ast er
ja den Landsleuten auf der zweiten Fahrt sich festhält, und blickt nach rechts; von Auge
gegen Troja den richtigen Weg gewiesen. Die ist nichts erhalten; s. Abb. 1.
offizielle pergamenische Hoftradition hielt ihn Auges Vergewaltigung durch He-
verständlicherweisc bis zu seinem Tode in rakles behandeln drei pompejanische Wand-
Mysien fest, wo er als Teuthras' Nachfolger bilder, neu gedeutet von Robert, Ercole ed
die neue Herrscherreihe eröffnete. Doch war 60 -4w^e, Annali d. I. 1884 S. 75 f.: A. abgeb.
er schon weit früher, wahrscheinlich vom aio- Arch. Zeitg. 1844 Taf. 17, s. Abb. 2; B. abgeb.
lischen Kyme aus, nochmals auf die Wander- Annali a. a. 0. 2'af. H; C. abgeb. ebenda Taf.
Schaft gegangen, erlangte aber auf itali- JK. Trunkenen Mutes trifft Herakles auf dem
schem Boden nur ein Scheindasein (s. 0.), Partheniongebirge die mit Waschen beschäf-
das ihm als angeblichen Vater der R(h)ome tigte Priesterin, und sich über den Felshang
von anderen Heroen überdies noch streitig ge- beugend, sucht er sie zu verführen. Über die
macht wurde; vgl. Gruppe S. 204, 629,4. Wenn Nebenfiguren (Dienerinnen oder Lokalgottheiten)
Klausen {Äneas u. die Penaten 2,1222) hier gehen die Deutungen auseinander; \g\. Pilling
297
Telephos ^Bildwerke)
Telephos (Bildwerke)
298
S. 78 f. — Die Annahme, die Heraklesstatu»?,
deren Torso von Bevedere jetzt weltbe-
rühmt ist, sei mit Auge (oder einer andern
8<» wird das Bildwerk erklärt von Jahn, Tel.
u. Tr. S. 4<>f. 54, u. Pilling S. 81, anders vom
Herausgeber R. Rochette, Mon. ined. pl. 67 A 1,
u. Werniclce bei Panly-Wissotva 2,2305.
Zweifelhaft ist auch ein von Winckelmann
{Man. incd. tar. 71 p. 96) auf Auge mit Kind
und Wärterin bezogenes Relief; die anter
1) Herakles belauscht Auge (Friesrel. v. Pergamou) nacl»
Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts
III. Band.
Geliebten) gruppiert gewesen, ist widerlegt;
vgl. Helhig, Sammlungen Borns 1^, 76; Over-
beck, Plakik 2\ 432 f. 30
Darstellungen von Auges Entbindung
und Telephos' Aussetzung auf Relief-
stücken des Pergamenischen Frieses, abgeb.
Arcli. Jahrb. 1888 S. 55. 57, sind nicht von
Belang. Weit wichtiger ist das Relief einer
etrusk. Aschenkiste, wahrscheinlich eine
Szene aus Euripides' Äuge: der von einer
Wärterin aufgetragene Telephos wird von dem
erzürnten Großvater bedroht, während Auge,
der sich ein Mann (Nauplios i nähert, schütz- 40
flehend auf einem Altar sitzt und das (ver-
stümmelte) Athenebild umklammert; s. Abb. 3.
3) liedrohuug des kleinen Telophos durch Aleos (etr.
Ascheukiste) nach I<aoul Röchelte, Mon. ined. 1827.
dem Sessel der Frau liegende kleine Hindin
scheint allerdings auf Telephos und seine
nachmalige Rettung hinzudeuten,
Den Bau der Arche veranschaulichen
zwei zusammengehörige Friesplatten, abgeb.
Ärch. Jahrb. 1887 S. 244; 1900 S. 113; s.
Abb. 4: Vier Werkleute zimmern ein kleines
Fahrzeug; ein bekleideter Mann tritt von links
heran, vielleicht Aleos; oben auf Felsen sitzt
eine stark verhüllte, zusammengebeugte Frau
(Auge); vor ihr zwei Begleiterinnen.
Eine Münze mit Kopf und Inschrift Marc
Aureis, geprägt in der mysischen Hafen-
stadt Elaia, erläutert von F. Marx, Athe-
nische Mitteilungen 1884 S. 21, zeigt auf der
Rückseite, wie Auge der in einem Netze
stehenden Lade entsteigt und von vier Fischern
8) Auges Vergewaltigung durch Herakles (Wandgemälde) 4) Der Bau der Arche (Friesrel. v. Perg.) nach Jahrbuch
nach Gerhard, Archäologische Zeitung I. Jahrgang. des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts II. Band.
RoscHKK, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 11
Telephos (Bildwerke
am Meeresufer l»e-
willkonminet wird,
!». Abb. 6. Beachtens-
wert ist dabei die
Abweichung von der
schriftlichen Über-
lieferung, wo Auge
entweder mit Tele-
phon in die Lade ein-
geschlossen oder von
Schillern verkauft al-
lein nach Mysien ge-
5) Ange» Landung iu Teathranien langt; vgl. PilUng
(Mona«) V. Klaia) naoU MiHeilunu^n S. 8 f.
,tiiut4 lü. Jahrg. Auges Grab
zeigte mau in Per-
gamon nach Paus. 8,4,9; darauf als Denkmal
ein nacktes Weib von Erz (s. 0.)- Ein gemaltes
Kultbild Auges gab es in ihrer arkadischen
Heimat (8,47,2). Ein Gemälde Polygnots
in der delphischen Lesche stellte sie zu-
sammen mit Iphimedeia (s. d.) dar (10, 28, 8);
vgl. Jahn, Tel. u. Tr. S. 63 Anm. 73.
Die Hindin als Telephos' Amme wird
als Objekt der Darstellung für Maler und Bild-
hauer bezeugt im Schol. Find. OL 3,52; Pau-
sanias (9,81,2) sah auf dem Helikon ein
Erzbild: die Hirschkuh den Telephos säu-
gend. Zahlreiche noch vorhandene Bildwerke
beweisen die Beliebtheit des Gegenstandes.
Kind und Tier allein erkennt man auf
Münzen von Tegea {EckheJ , D. N. 2,298)
und Capua (J. Friedländer, Osk. Münzen
Taf. 3 nr. 19. 20).
Weit öfter spielt sich der Vorgang in An-
wesenheit des Herakles ab, so auf dem
Pergamenischen Fries, ^Robert, Arch. Jahrb.
1887 S.246; Schröder 1900 S. 123f.), wo freilich
die gelagerte Löwin (statt der Hindin), an
der das Kind saugt (Overbeck, Plastik 2*
Fig. 201b), noch unerklärt ist; vgl. aber Tren-
delenburg in Baumeviters Denkmälern 2,1270;
Telephos (Bildwerke
300
t e n f a 8 s e 8 : UM yapol. nr. 1 5 ; auf einem be-
rühmten, auch mit Ortspersonifikationen reich
ausgestatteten herkulanischen Wandge-
mälde: Heibig nr. 1143; Athenische Mittei-
lungen 1914 S. 06: abgeb. auch bei Mau,
Pompeji S. 637; s. Abb. 7; vgl auch Heibig
20
6) Herakles findet Telephos am Euter der Löwin (Friesrel.
von Pergamon) ntMh Overbeck, Griech Plastik 2* Fig. 201b
8. Abb. 6. Sonst ist ausnahmslos eine Hirsch-
kuh zu erkennen, so auf einem tönernen
Relief bei Campana, op. in plast. tav. 25; auf
dem eingeritzten Bilde eines silbernen Tin-
7) Herakles findet Telepho« unter der Hindin: Miliin,
Galerii- Mißhdogique Tom. II.
nr. 1144 mit demselben Gegenstand, aber in
schwächerer Ausführung; sodann auf Kaiser-
30 münzen von Tegea (Munter, Bibl. d. alt.
Literat, u. Kunst, Taf. 7), von Pergamon
{Eckhel, D. N. 2,468), von Germe in Mysien
{Eckhel 2, 400 ; Waddington, Itetme numism.
1852 tob. 4b), von Midaion in Phrygien
{Vaillant, sei. num. e mus. Fr. de Camps p. 63),
endlich auf Gemmen ( Tölken 4,118; Eckhel,
Choix de pierres gravees, iah. 26.27; Impronte
gemmarie d. I. 3, 67), Dagegen ist der Fame-
sische Herkules in Neapel, den der Duc de
40 Luynes {Nouv. Ann. de l Inst. 1 p. 60) und
nach ihm Jahn [Tel. u. Tr. S. 63 Atim. 76) u. a.
einer ähnlichen Gruppe haben zuweisen wollen,
'zweifellos als Einzelstatue
eT^unden\Furtwängler, Art.
Herakles 1, 2174^ und über-
dies älter als die pergame-
nische Kunst, von der alle
vorgenanntenDarstellungen
abhängig sind ; vgl. auch
50 PilUng S. 86.
Ist nach den soeben auf-
gezählten Bildwerken bei
Telephos' wunderbarer Er-
haltung Herakles nur der
nachdenkliche oder er-
staunte Betrachter, so füh-
ren mehrere andere Darstel-
lungen ihn selbst als
Retter des Söhnebens
60 vor. Wie Hermes den Dio-
nysoäknaben, so trägt er
den T. auf dem linken
Arm: dies veranschaulicht
die schöne Statue im
Museo Chiaramonti
(VisCOriti, Mus Pio-Clem. g) Herakles mit Telephos
2, 9; Helbig, Sammlungen ^uf dem Arme: Giarac,
Borns 1', 64; S. Abb. 8), Mus'" de Sculpture* Y.
« 801
Telephos (Bildwerke^
Telephos (Bildwerke)
302
ferner eine Marmorstat iie in Paris {('larnc,
Musee de sculpt. tah. 802 nr. 450); sodann
ein (verstümmeltes) Marmorbildwerk der
Sammlung Nani im Museum zu Aviguon
{Gerhard, Ani. Bildw. 118, 3j: hier ist auch
die Hinilin mit dargestellt; dann eine Herme
{(ierhard 113,2); ein Marniorrelief im vati-
kanischen Cortile di Belv edere (Crer/mrr/
113,1): Herakles trägt mit der Linken außer
dem ihm oft beigegebenen Füllhorn noch den lo
kleinen Telephos, />u dem eine gehörnte Hirsch-
kuh emporblickt; anwesend ist auch Dionysos;
vgl. J\ Hartwig, HcrakL mit d. Fiillh. S. 65;
endlich eine Kaiser-
münze V o n T a r 8 o 8 in
Kilikien {Miliin, Galt,
uiythol. 115, 450): die
Rechte auf die Keule
gestützt, hält Herakles
mit der Linken den 20
Knaben, der dieÄrmchen
nach der Hindin aus-
streckt; s. Abb. 9. —
Gehörnt
11) Unterredung zwischen Auge und Telephos: BuUettino
Archeologico Napolitano, Napoli 1859, tav. 12.
erkennung, etwa die Beratung über die Heim-
kehr {Hygin. fah. 100; Anthol. Pal. 3,2; s. o.);
s. Abb. 11. — Andre Darstellungen, die man
hierher bezogen, weist Pilling S. 89 f. mit
Recht ab.
Telephos' Kampf mit den Griechen
26) u. auf dem Marmorrelief im vatikanischen 30 in der Kaikosebene hatte nach Paus. 8,
wie bei So-
9) Herakles mit Telephos phokh'S {fl. Sß Nck.\ Vgl.
rL'''"/r/'^'^""?"'T;' ^^<^f^ol. Pind. Ol. 3,52;
Ga^r^eMytkolog^,u. lom.II. ^^^^^^^ ^^^^^^ .^^ :.^^.^
gens die Hirschkuh nur auf der Wiener
Gemme {Eckhd, Choix de pierres grarees tah.
Cortile di Belvedere {Gerhard, Ant. Bildw
113, 1).
Telephos' Ankunft in Mjsien ver-
gegenwärtigen einige Relief'platten des Per-
gamenischen Frieses, abgeb. Arch. Jahrb. 1888
S. 48.
Seine Begegnung mit der Mutter war
dargestellt auf einem Bildwerk in Kyzikos,
das beschrieben ist in einem Epigramm der
Anthol. Pal. 3, 2 (s. o.)
45, 4 Skopas in der westlichen Giebel-
gruppe des Athenatempels zu Tegea
dargestellt; zwei schmerzvoll blickende Männer-
köpfe, ausgegraben 1879 von der Französischen
Schule, jetzt in Athen, abgeb. bei Overbeck^
Pla.Hik 2\22, u. bei Springer - Michaelis l^
267, werden auf diese berühmten Skulpturen
bezogen; ob einer der Köpfe dem verwundeten
Telephos gehört, steht dahin ; vgl. auch Pilling
40 S. 90 f.
Die Szene zwischen Mutter und Sohn
im Brautgemach glaubt man zu erkennen
auf einem starkbeschädigten Pergamenischen
Plattenüberrest {Arch. Jahrb. 1887 S. 245C;
ebenso Schrader 1900 S. 126):
f iZIZA^X-^^IZ^ vor einem Vorhang ringelt
\S|[ sich eine große Schlange
' empor: links eine lebhaft be-
wegte männliche Gestalt; s.
Abb. 10. — Auf dieselbe 50
Szene bezieht Pibbeck {M.
Trag. S. 615) das durch Na-
mensbeischriften erläuterte
Bild eines Kraters {Mi-
fiervini, Bullett. Nap. 1859,
tav. 12): Telephos, mit Lö-
10) Telephos und Auge ^enfcll und Stiefeln angetan,
(Frie8reTv*rrg!)nach f^^^ ^^J ^^^^^ Steinsitz das
Jahrb. d.Kais. Deutsch. Schwertaul den linken bchen-
Archäoi.instnatsii.'BA. kel stützend und es mit bei- 60
den Händen, umfassend; vor
ihm steht Auge mit phrygischer Mütze, im
Gespräch die erhobene Rechte gegen Telephos
gerichtet. Die Gestalten sind jedoch in ihrer
Haltung zu ruhig, als daß sie jener erregten
Situation entsprächen. Es handelt sich, falls
das Bildwerk echt ist {Wernicke a. a. 0. 2, 2305),
wohl eher um eine Szene nach der Wieder-
Der Pergamenische Telephosfries behandelte
zweifellos die Verwundung des Helden
durch den verhängnisvollen Lanzenstoß; auf
einem Plattenstück sieht man, wie die Lanze
des von hinten gesehenen Achill in den Ober-
schenkel des hoch aufgerichteten Telephos
dringt, in dessen Nähe Weinlaub sichtbar ist;
Dionysos selbst eilt herbei mit Binde und Epheu
im Haar und einem Tierfell über dem Chiton;
12) Yerwunduug des Telephos (Friesrel. von Pcrg.) nach
Jahrbuch d. Kaiserlich Deutschen Archäol. Instituts II. Band-
11*
303
Telephos (Bildwerke)
Telephos (Bildwerke)
304
IS) Telephot dtit »Uein »in Altar, nach PoUak, Zwei Vatenbilder au$ der Werkttatl de» Hleron (1900), Taf. 1.
Tgl. Arch, Jahrb. 1887 S. 249 f. E; vgl. auch
Sdirader 1900 S. 128; s. Abb. 12. Ebenso zeigt
eine Vase von Caere, jetzt in der Peters-
burger Eremitage (nr. 1276 Stephan!, Mon. d.
I. 6 tav. 84), bei starker Verstümmelung eine
Szene aus der Schlacht am Kai kos, nämlich
wie Diomedes den toten Thersandros aus dem
Kampfe trägt {Petersen, Arch. /Ag. 1879 S. l»f.);
leider ist von Telephos, der ihn getötet hat,
wenig zu bemerken.
Das Bild einer Vase im Britischen
Museum (Gei'hard, Auserles. Vasenb. Taf. 186)
trägt zwar die Inschrift TEAE^OZ^ ist aber
von Jahn, Tel u. Tr. S. 80 f., richtiger auf
Troilos gedeutet worden. — Andere Denkmäler,
deren Erklärung zweifelhaft ist, verzeichnet
PiVing S. 92 f.
'Auf ein Bild des verwundeten Tele-
phoB' betitelt sich ein Gedicht des Phüostratos
in der Anthol. Pal. 2 p. 548 Dbn. {Planud.
110), das den Kampf an der Küste Teuthra-
niens und Telephos' Unfall schildert, ohne
freilich den äußeren Eindruck des Verletzten
anschaulich zu kennzeichnen.
Platten des Telephosfrieses zeigen die erste
gastfreie Aufnahme des Telephos im
Kreise der Achäerfürsten, eine figuren-
reiche Szene, die seiner Erkennung und Hei-
lung vorausgeht; vgl. Robert, Arch. Jahrb.
1887 S. 251F u. Schrader, 1900 S. 117f., sowie
Cöllignon, Gesch. d. gr. Plastik 2,bl'2, d. Übers. \
Abb. 276. Man hat soeben gespeist und sitzt
beim Nachtisch: Telephos ist bekleidet mit
einer um die Hüften geschlungenen Chlamys,
die er am linken Oberschenkel lüftet, um seine
"Wunde zu zeigen. Von den griechischen Führern
ißt Achill mit seiner (auffallend langen) Lanze,
dem heilkräftigen Speer, zu erkennen; aber
auch Nestor, Agamemnon und Menelaos lassen
eich etwa unterscheiden. Jugendliche Diener
mit Trinkgefäßen (links) und einer großen
Fruchtschale (rechts) schließen das Bild ab.
Die Besprechung der sagengeschichtlichen
Literatur (s. o.) hat nachzuweisen gesucht, daß
in den Kyprien Telephos allein am Altar
sitzt, bei Aischylos mit Orest dahin seine
Zuflucht nimmt und erst bei Euripides
des Kindes Leben bedroht. Alle drei
Stadien der poetischen Entwicklung lassen sich
durch Monumente belegen; über Aischylos'
u. Euripides^ Tragödien s. o.
Auf einem Vasenbilde des Hieron
(1. Hälfte des 5. Jahrh.) sitzt Telephos allein
am Altar eines Palasthofes; vgl. PoUdk,
Zivei Vasen aus der Werkstatt des Hieron,
ZQ Leipzig 1900; Höfers Art. Orestes 3,959;
Gruppe, Burs. Jahresber. 137, 620 f.; s. Abb. 13.
Ferner sehen wir, wie nach Aischylos
Telephos ruhig auf dem Altar sitzt,
mit der Linken den Knaben haltend,
ohne ihn irgendwie zu bedrohen, auf dem Ge-
mälde einer Volcenter Vase des ä. Jahr-
hunderts im Brit. Mus. nr. 724, abgeb. bei
Jahn, Arch. Aufs. Taf. 2 u. Overbeck, Heroen-
gallerie Taf 13,9; vgl. RobeH, Bild u. Lied
40 S. 146; Pilling S. 93; s. Abb. 14.
Die zahlreichen übrigen Darstellungen der
Szene mit der Bedrohung Orestes sind
demnach sämtlich auf Euripides zurückzu-
führen; und zwar zeigt sich die Bedrohung
1. nur angedeutet auf einer Ruveser
14) Telephos sitzt auf dem Altar mit Orest, Yasenbild
nach Jafiv, Archäol. Aufsätze, Taf. 2.
•iOf)
Telephos (Bildwerke;
Telephos (Bildwerke)
306
Vase im Neaplcr Museum {Jieydemnnn
nr. 229;-i), zwar iu unschönen, schwerfälligen
Zügen, aber mit deutlicher Kennzeichnung der
Sachlage, abgeb. bei Jahn, 'Tel. u. Tr. u. kein
Ende, Taf. 1 ; vgl. S. 4 f. Auf dem Altar kniet
mit dem linken Bein Telephos, während das
rechte, am Oberschenkel mit einer Binde
umschlungen, unter der Blut hervorsickert,
nach dem Fkdboden ausgestreckt ist. Er ist
bärtig, trägt das musische Hütchen, sonst nur
noch die Chlamys, die der Wind hinter seinem
Rücken aufbauscht. Mit der Linken hält er
den kleinen Orest, dessen Unterkörper eine
Art Mantel einhüllt, mit der Rechten, nach
dem Kinde hin, das gezückte Schwert, (jegen-
über dem entschlossenen, herausfordernden
Blick des Kindesdiebes ist die IJaltuncr des
dem linken Arme fest; die Rechte ißt zur
Faust geballt, wie um dem Kinde das Haupt
zu zerschmettern (oder: ein ursprünglich vor-
handenes Schwert ist nicht erhalten, vgl. Pil-
ling S. iiö); die Wärterin kauert erschrocken
neben dem Altar; s, Abb. 16.
Kine ansehnliche (iruppe für sich bilden
schließlich siebzehn Reliefs auf etruski-
schen Asche nkisten; vgl. Brunn, Urne
10 Etrusche, tav. 26—34 u. 73, 3; Jahn, Arch. Aufs.
S. 174 f.; Schlie, Darstellungen des troischen
Sagenkreises auf elrusk. Aschenkisten S. 39 f.
Nach dem Inhalt lassen sie sich folgender-
maßen ordnen:
a) Telephos eilt mit dem an der Hand er-
faßten und ihm willenlos folgenden Orest, den
20
15) Bedrohung Orests, Vasenbild nach Jahn, Telephvs
und Troilos und krin Ende (1859) Taf. 1.
vor ihm stehenden Agamemnon ruhig und
würdevoll; s. Abb. 15. — Ähnlich ist die Situa-
tion dargestellt auf einer Karneolgemme
(abgeb. bei Overbeck, Heroengallerie Taf. 13, 5
u. Baumeister S. 1724 nr. 1806).
2. in heftiger Bewegung auf einer rot-
figur. Vase von Cumae (abgeb. Ar cli. Zeitung
1857 Taf 106 u. bei Baumeister S. 1725
nr, 1807): Telephos, der an einen niedrigen
Altar geflohen ist, hält mit ausgestreckter
Linken den Orest am rechten Bein und will
ihn mit dem Schwert töten, Agamemnon be-
droht den Feind mit dem Spieß, wird aber
von Klytaimestra zurückgehalten; Schwester
und Amme des Knaben, beide mit Gebärden
des Entsetzens, sind gleichfalls sichtbar. Hier
ist der Höhepunkt der Leidenschaft dargestellt.
— Dies gilt auch von einer Vase, abgeb. bei
Tischhein, Vases d' Hamilton 2, 6, u. einem
silbernen Trinkgefäß aus Kertsch, jetzt
in der Petersburger Eremitage, abgeb. Arch.
Zeitung 1857 Taf 107, wo gleichfalls dem
Kinde, unter lebhafter Teilnahme der Ange-
hörigen, die ernsteste Gefahr droht. Endlich
gehört hierher das einschlägige Reliefstück
vom Pergamenischen Fries, abgeb. Arch. Jahrb.
1887 S. 245 D, und 1900 S. 130, bei Overbeck,
Plastik 2* Fig. 201 u. Baumeister S. 1272
nr. 1429: Telephos, an dessen linkem Ober-
schenkel Binden sichtbar sind, sitzt auf dem
Altar und hält den Kleinen rücksichtslos unter
30
16) Bedrohung Orests (Friearel. v. Pergamon) nach Jahrbuch
dvt KaiserUch l)eatscheii Archiioloyinchcu Iu$titats II. Band.
er überdies bedroht, nach dem (nicht sicht-
baren) Altar hin: Brunn 28, 5. 6; 29, 9; 30,10.
40 b) Telephos bedroht mit dem Schwert den
Orest, den er auf den Altar gesetzt hat ; Brunn
26,1.2; 27,3.4; 29, 7. 8; 31, 12; 32,13.14;
33, 15. 16. In Nebenumständen herrscht hier
keine Übereinstimmung; ebensowenig in Zahl
und Haltung der andern Personen.
c) Telephos hat den Orest quer über den
Schoß gelegt und bedroht mit der Spitze des
breiten Schwertes das Haupt des Knaben, der
sich mit den Ärmchen zu wehren sucht; Aga-
;">o memnon, reichbekleidet und mit phrygischer
Mütze, hemmt entsetzt den Schritt, überdies
zurückgehalten von Klytaimestra; hinter ihm
zwei bewaffnete Krieger: Brunn 31,11; Jahn,
Tel. u. Tr. S. 5 f. u. Taf 1; Baumeister S. 1726
nr. 1808.
d) An das Gemälde der rotfigur. Ruveser
Vase im Neapler Museum (s. o.) erinnert end-
lich einigermaßen das Relief des großen
etruskischen Sarkophags im vatikani-
tjo sehen Museo Gregoriano {Brunn a. a. 0 73, 3),
wenigstens in der Haltung des Telephos und
seines kleinen Gefangenen, während allerdings
Agamemnon nicht wie dort ruhig vor ihm
steht, sondern feindlich auf ihn eindringt.
Auch ein etruskischer Spiegel, her-
ausgegeben von Heydemann {Mon. d. 1. 9,7;
Annali 1869 S. 166 f.), bekundet so deutlich
seine Zugehörigkeit zu dieser Telephosszene,
307
Telephos (Bildwerke)
Telesidromos
ao-s
daft seine anklaren Namensbeisobrifben nicht
irrefahren können; vgl. PUling S. 97 f.
Telephos' Heilung darcb Achill yer-
anscbaalichte ein Gemälde des Parrhasios,
erscblossen von Jafui, Tel. u. Tr. S. 9 aus JPiin.
N. H. 86,71: laudantur et Äeneas Castorque
ac Pollux in eadem tabula (Parrhasii), item
Telephus Achilles Agamemnon Ulixes.
Zar Erl&aterang dieser PliniuästeUe können
nftmlich zwei andere dienen, 25, 42: aeruginem
— — pingitur (Achilles) a CHspide decutiens
gladio in volnus Telephi, u. 34,152: est et ro-
bigo ipsa in remediis et sie proditur Telephum
sanasse Acfnlles, sive id aerea sive ferrea euspide
fuü ; ita certe depingiiur ex ea decutiens gladio.
Nach Brunn, Künstlergeschichte 2, 99. 112,
Jahn S. 10 und Robert, Bild u. Lied S. 35, ist
die Quelle für Parrhasios' GemÄlde Euripides
gewesen.
Wahrscheinlich war es selbst wieder die
Vorlage für ein trefiFliches Bild auf einem
etruskischen Spiegel, jetzt im Berliner
Museum, abgeb. bei Gerhard, Heilung des
Telephos, Taf. 1; Etrusk. Spiegel Taf. 229;
Springer- Michael IS 1 ^, 880 : rechts sitzt Telephos
(tele), am rechten Schenkel verwundet (s. u.);
vor ihm schabt Achill (a;i;le) mit dem Schab-
eisen den Rost von der Lanze ab; links steht
Agamemnon (a;|rmemrun) — das Ganze ein Bild
eines großen Meisters würdig! Gegen die Be-
ziehung auf Parrhasios könnte man höchstens
anführen, daß hier Odysseus fehlt, dessen An-
wesenheit auf jenem Gemälde Plinius (35, 71)
gerade bezeugt. Die Beischrift tele (s. d.) ist wohl
Verstümmelung des Namens auf der hier etwas
zerstörten Zeichnung, nicht Abkürzung (gegen
Deecke, Bezzenb. Bcitr. 2, 169); vgl. auch den
Art. Tek Sp. 247; s. Abb. 17. Daß Telephos hier
am rechten Beine verwundet (und zwarunver-
17) Telephos' Heilung, etrask? Spiegel nach Springer,
Kumtgetchichte 1% 386.
bunden) ist, steht nicht vereinzelt ila: es ist
auch der Fall auf der Ruveser Vase in Neapel
{Heydemnnn nr. 2298), abgeb. bei Jahn, Tel.
u. Tr. u. kein Ende, Taf. 1; (s. o.) sowie auf
jBwei bereits angeführten etrusk, Aschenkisten:
Brunn, V. E. 29,7 u. 32, 13 Kein Verband
ist zu bemerken, vielleicht weil er ursprüng-
lich nur mit Farbe angedeutet war, die jetzt
verschwunden ist, bei Brunn 26,2; 27,3.4;
10 28,5.6; 29,9; 30,10; 31,12 und auf der
Gemme von Karneol, abgeb. bei Baumeister
S. 1724 nr. 1806; vgl. auch PiUing S. 96. 98.
Den gleichen Vorgang schildert das Relief
einer etruskischen Aschenkiste {Brunn,
U. E. 34, 18): Telephos sitzt auf einem Stuhle
und richtet die Lanze, die ihm Achill hinhält,
auf sein verwundetes Bein; außerdem sind an-
wesend Agamemnon, eine geflügelte Gottheit,
Klytaimestra und an der Hand des Paidagogen
80 der kleine Orest; vgl. PiUing S. 103 u. Höfers
Art. Orestes Sp. 961.
Andere Darstellungen, z. B. ein von Winckel-
mann (Mon. ined. 122) auf Telephos' Heilung
bezogenes Bild einer Gemme im Berliner
Museum aus der Sammlung Stosch, lassen auch
andere Deutungen zu; vgl. PiUing S. 103 f.
Auf einigen Platten des Pergamenischen
Frieses glaubt Schrader (Arch. Jahrb. 1900
S. 135 u. Taf. 1) Darstellungen friedlicher
30 Tätigkeit des Königs zu erkennen. Und
schließlich vermutet er in der Leiche, au deren
(allein noch sichtbares) Kopfende zwei Diener,
einer mit einem Kasten, herantreten, trotz der
Zweifel Roberts (ebenda 1888 S. 88), dem der
Tote mit seinem Lockenhaupt zu jugendlich
erscheint, doch den aufgebahrten Telephos
(ebenda 1900 S. 133; s. auch Overheck, Plastik
2* Fig. 201 d). So begleiten die Bildwerke in
den verschiedensten Kunstformen den Helden
bis an sein Lebensende. [Johannes Schmidt.]
Teles (TsXrjg), Sohn des Herakles von Lysi-
dike, der Tochter. des Thespios; vgl. Apoll. 2,
7, 8, 2 TiGav ds Tiat&tg avto) (seil. Herculi) . . .
TiXrig Ävöidixrig. [Preisendanz.]
Telesidromos {TsXsöldQOiiog), Heros in Eleu-
sis, der, wie aus seinem Namen und aus der
Natur des mit ihm verbundenen Hermes 'Eva-
yüviog zu schließen ist, in enger Verbindung
mit den an den großen Eleusinien gefeierten
50 Agonen stand; seine Kultstätte wird in der
Nähe des Stadions zu suchen sein, C. I. A.l, 5.
Lenormant, Becherches archeologiques ä VEleu-
sis 70, 78. von Trott und Ziehen, Lcges Graec.
sacrae 2, 2 p. 7 (vgl. p. 9 Anm. 16). O. Ruben-
sohn, Mysterienheiligtümer in Eleusis u. Samo-
thrake 33 (vgl. 19r,). v. Prott, Hermes 24 (1889\
251. Ufiener, Götternamen 259. Gruppe, Griech.
Myth. 1138, 2. Toepffer , Att. Genealogie 82,
Anm. 4. E. Maaß, De Lenaeo et JJelphinio 13
60 Anm. 2. A. Mommsen, Feste der Stadt Athen
196. Fei. Jacoby, Das Marmor Partum 79.
Telesidromos findet sich auch als Personen-
name, V. Wilamoivitz, Kordionische Steine (Ab-
handl. d. k. Preuß. Akad. d. Wiss. 1909, II)
S. 35 nr. 9. Zu vergleichen ist der Heros Tro-
chilos (s. d ) und besonders der auf einer In-
schrift aus dem Stadion in Delphi erwähnte
wohl gleichfalls agonistische Heros Evögonog,
30i) Telesiurgos Telesphoros (Literatur; 310
Homolle, Corr. Hell. 23 (1899), «11 ff. v. Prott Reise, die er als kranker Knabe mit seiui'ni Er-
und Ziehen a. a. 0. 2, 2 p. 216 f. ur. 73. zieher nach Per^araon habe unternehmen mÜH-
[Höter.j sen, erzählt er in den ' hgol loyoi or. 24, 1 \). 467
Telesiurgos {TsXsaiovQyu^), Beiname des Zeus Dind.), diesem seinem Begleiter seien dort durch
auf einer Insclirift aus Milet: nUGd^Blg Jd eine nächtliche Erscheinung des Ahklepios Heil-
TsXfaLovgyo), Th. Wiegand, Siebenter lutrläufiger mittel für ihn, seinen jugendlichen Zöj^ling,
Bericht über Ausgrabungen in Milet und Di- otfenbart worden, darunter Balsamsaft, ein (ie-
dymn {Abhandl. d. legi. Alcad. d. Wiss. 1911 schenk des Telesphoros. Ferner habe Aaklepioa
phil. hist. (Uass) 16,, (vgl. Arch.Anz. 1906, 20). jfewiinscht, er solle selbst, um nicht für seine
Bei Hesych. s. v. TsUioi wird das Zeusepithe- lo Heilunj^ ein Körperglied opfern zu müssen, dem
toh Teittoi durch r6Xi:6iov(jy6<i erklärt, also = Telesphoros seinen Fingerring weihen (I p. 472 1.
* Vollender'. In der milesischen Inschrift scheint, Telesphoros erscheint sodann, neben Asklepios
worauf rsXe6y)-tig weist, Telesiurgos mit Bezug stehend, dem Erzieher des Aristeides im Schlafe
auf die Einweihung in die Mysterien gebraucht and. gibt ihm Ratschläge für die Kur seines
zu sein. — Jai^ovf-g xoXaörtxo) xar) xat^apTtxoi kranken Zöglings {or. 2ö, I p. 492). Ein andrer
xai TsXeöiovQyol im Schol. Fiat. (iorg. 523 B Traum zeigt dann wieder dem Aristeides selbst
p. 324 Hermann. Vgl. d. Zeus Teleios. das Kultbild des Telesphoros im Asklepiostem-
[Höfer. 1 pel zu Pergamon (I p. 494); hier verweilt er
Telesphoros I {l'^Xta^pogog), ein Heil- nämlich, während in der Stadt ein Schauspiel
dämon aus der Umgebung des Asklepios, der 20 aufgeführt wird, in stiller Zurückgezogenheit,
knabenhafte Genius der Genesung und Jugend- nicht weit von der Kapelle der Hygieia (or. 26,
liehen Entwickelung. Ip. 500), sodaß man sich in diesem pergame-
In der mythographischen Literatur nischenAsklepiosheiligtum Kultstätten oder An-
erfreut er sich schon seit dem 18. Jahrhundert dachtsbilder aller drei Gottheiten, des Askle-
häufiger Behandlung: P. Zorn, De Telesphoro pios, der Hygieia und des Telesphoros, ver-
in nummis, gemmis et inscriptionibus veterum einigt zu denken hat; vgl. Schenck a. a. 0. S.O.
Aesculapii et Hygiciae comite; Miscell. Groning. Den nämlichen drei Heilgöttern weiht Aristei-
n 195 f. 1739, u. Joh. Matth. Gesner, Comment. des nach seiner Genesung einen silbernen Drei-
societ. scient. Gotting. II 298 f. 1752. Sodann fuß, dessen Füße geschmückt sind mit den gol-
erwähnen ihn die mythologischen Handbücher 30 denen Bildern jener drei Gottheiten (I p. 516).
\ on Creuzer {SyrnbolikU^ '69S{.), K. Otfr. Mül- Auch nach Aristeides' Heilung läßt es Teles-
ler {Handb. d. Archüol. § 394 ^) , Gerhard {Gr. phoros an einer von phantastischen Umständen
Myth. I § 503; 500; 514), Welcher {Götterlehre begleiteten nächtlichen Göttererscheinung nicht
U 739 f.), Preller -Bobert {Gr. Myth. 1^522f.; fehlen (Ip. 494): dabei strahlt die gegenüber-
527), Gruppe {Gr. Myth. S. 295; 1070; 1455). stehende Wand wie von Sonnenlicht wider
Neuerlich sind ihm wieder spezielle Untersu- {ccvriXay.itBV iv rm naravtLyiQv xoixat ceXccg loo-
chungen gewidmet worden von Warwick Wroth', nsQ i^ fjXLOv). — Von einem ähnlichen Traum-
Telesphorus {Journal ofhelLstiid.lS82 S. 283f.^ oresicht berichtet Marinas im Leben des Pro-
1884 S. 161 f.) und namentlich von L. Schenck, /.ios (heraus^eg. v. Boissonade, Paris 1850) c. 7:
De Telesphoro deo, Diss. Göttingen 1888, sowie 4o Diesem erscheint während einer schweren Krank-
der Art. ' Telesphorus'' bei Daremberg u. Saglio. heit der blühende Götterknabe Telespho-
Vgl. auch V. Wilamowitz , Isyllos v. Epidauros ros (Ttatg, og tdöy-st veog 'Ao^idy -aal cogatog
S. 55; G. Fougeres, Bull. d. Corresp. Hell. Idslv), berührt des Kranken Haupt, macht ihn
1890 S. 595 f.; Ziehen, Athen. Mitteilungen 1892 auf einmal gesund {vyifi i'^ccicpvijg iv. xccfivovrog
S. 241 f.; Sal. Reinach, Bev. des et. gr. 1901 aTrstreZ« (je) und verschwindet. Hierin liegt zu-
S. 343 f. — Die Bildwerke bei Müller- Wieseler, gleich eine etymologische Anspielung (s. u.). —
Denkmäler der alten Kunstllni'. 781 f.] Mionnet, Die kurzen Erwähnungen des Telesphoros bei
Description de medailles antiques, mit den Sup- Suidas s. v. und im Etymologicum Magnum
plements, Paris 1806 f.; Panofka, Asklepios u. 751, 11 werden später zur Besprechung kommen.
die Asklepiaden, Abh. d. Berl. Äkad.\8ib S.323f.; 50 Häufiger reden Weihinschriften von dem
Sal. Beinach, Bepertoire de la Statuaire gr. et kleineu Gotte. Eine solche von unbekannter
rem. 1897, 1 — IV unter Telesphore u. Esculape; Herkunft im Museum zu Verona {C. I. Gr. 3
Münzen bei Head, Historia Kumorum, 2. Aufl. nr. 0753) lautet: 'AayiXriTtiü nsgya^i^vco Tyi^ia
1911, unter Telesphorus u. Aesculapius. TeXeGcpoglcovi d'sotg ömrfjQaL TtoXig. Unter der
Bei seiner untergeordneten Bedeutung und TtoXig kann Pergamon, aber auch Athen (s. u.)
späten Erscheinung wird er von Schrifstel- gemeint sein. Die ganz vereinzelte Namensform
lern nur selten erwähnt. Zuerst berichtet Pat*- TsXsGcpoQuov ist (nach Welcker, Götterl. II 739)
sanias (2, 11,7), im Asklepiostempel zu Titane eine feierliche Verstärkung. Also auch hier er-
auf dem Gebiete von Sikyon stünden Kultbil- scheint er in Gemeinschaft der beiden andern
der des Alexanor, der dort wie ein Heros ver- 60 Heilgottheiten (a. o.); alle drei werden zu den
ehrt, und des Euamerion, dem wie einem &£oi acotfiQse gerechnet; vgl. Aristid. or. 25,
Gotte geopfert werde. Wenn ich richtig ver- I p. 490 Dind.' iv Hcotrjgcov v.cctsv.sy.Xiyiriv, s. d.
mute, fährt Pausanias fort, nennen diesen Art. Soter Bd. 4:Si>.12ßi {Telesphoros): Sp. 1250f.
Euamerion die Pergamener auf Grund {Asklepios); Art. Soteira Sp. 1243 f.; vgl. auch
eines Orakels Telesphoros, die Epidaurier Schlaeger, De diis hominibusque servatoribus,
Akesis (falsche Lesart Akesios; s. u.). — Auch Helmstödt 1737, u. Usener, Götternamen S. 219 f.
Ailios Aristeides scheint eine pergamenische — Als dsbg aatriQ wird er auch bezeichnet auf
Gottheit unter ihm zu verstehen. Von einer einer von Kavvadias wiederhergestellten In-
311 Telesphoros (WeihinBchriften) Telesphoros (Weihinschriften) 312
Bohriftvon Epid an r OS : £pA«iii. arc)^. 1888 S. 149 dem Anfang des 8. .lahrhunderts n. Chr., an.
nr. 39; C. 1. Gr. 4 nr. 1044; FouiUes d'Epidaure Bemerkenswert ist außerdem, daß nr. 1159 Te-
1 nr. 68, sowie auf einer andern: npaxrtxof 1906 lesphoros den Sohn des Asklepios nennt
S.llÜ; Rev. des et.gr. 190SS. 169. Diese und andre (s. u.). — Am wichtigsten ist aber eine 1688
Inschriften von dem berühmten Kult- und Kur- von hessischen Soldaten aus der Nähe
ort zeigen nicht viel mehr als den Namen Te- von Athen nach Kassel entführte Mar-
lesphoros; doch wird er mit Asklepios und Hy- mortafel, zuerst veröffentlicht von Joh. Mntth.
gieia zusammengestellt auf einer andern dor- Oesner a. a. 0. Tafel 6; s, auch C. I. Gr. 1
tigen Inschrift, wo aber die verstümmelten Worte nr. 511; C.I.A.^ nr. 171; Katbel, Epigr. gr.
AmtX Tyi« Teif-tfqpopo lo nr. 1027. Sie enthalt drei Hymnen auf As-
nicht mit iTarvodios (£'pAem. arc/(. 1884 S. 28, klepios, Hygieia und Telesphoros aus
68 ; Fouilles d'Epidaure I nr. 82) 'AauXrint^ der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr.
*Tftsitt TsXtö(p6Qoig zu ergänzen sind, als Der poetische Wert ist bescheiden, um so höher
wäre das dritte Wort Epitheton der beiden der religionsgeschichtliche. Yg\. Lucian. Tra-
vorhergenannten Götter; sondern es bedeutet godopodagr. 134 f. und den Hymnus von Ptole-
TsXtcqtOffca, wonach auch zu berichtigen mais (Baillet, Revu£ arch. 1HS9, Bd. 13 S. 70 f.).
ist Preller -iiobert, Gr. Myth. 1*, 527, 2; vgl. Das kurze an JIat»]W-?löx>lrjÄ«ös ^'orichtete Lied
Schenck S. 10. Dagegen erhalten alle drei das (v. 1—6) ist in Hexametern verfaßt; der Preis-
Beiwort icXB^inovoi auf einer weiteren In- gesang auf 'Hygeia' (7 — 15) läßt wegen seiner
Bchrift von Epidauros: £rpÄ«n. arcÄ. 1886 S. 249 20 Textverderbnis einen klaren Rhythmus nicht
{Fouilles d'Epid. l nr. 78V — Endlich trägt die erkennen; von dem weit längeren, aber wenig
gleichfalls dort ausgegrabene, aber nach Athen gut erhaltenen Hymnus auf Telesphoros
übertragene Statuette eines barhäuptigen, nur (16—43) weist, nach G. HermannH Feststellung
mit dem i/uertov bekleideten blühenden Knaben (Oj)MSC. 6, 170 f.), die eine Hälfte Anapästen,
mit heiterer Miene die Unterschrift TsXsßtpÖQtp die andere wieder Hexameter auf. Der junge
{Athen. Mitteilungen 1886 S.334). Der Gesichts- Gott wird in lebhaften Ausdrücken und unter
ansdruck würde nicht hindern, in der Figur freigebigem Aufwand schmückender Beiwörter
den jungen Gott zu erkennen (s. o.), wohl verherrlicht, weil er eine schwere Krankheit
aber die leichte Kleidung, da für Telesphoros und Miß wachs abgestellt (v. 23. 39) und (den
im Gegenteil die starke Verhüllung cha- so Frauen) leichtes Gebären gesunder Kinder er-
rakte ristisch ist (s.u.). Demnach haben dank- möglicht hat (40). Solche Prädikate sind: 9'cc-
bare Eltern eines wieder gesund gewordenen Xog (oder vscoQ'uXog) acpd'irov (16), ndvootps (17),
Kindes sein Porträtdenkmal dem Gotte der Ge- noXvvsnis (30), cpaeöivßgors, öcötoq iucov (33),
nesung gestiftet und mit dessen Namen bezeich- xZfiW(34), ftaxap (43); zuletzt wird er Iwocpo-
net, da es ihm als pietätvolle Widmung dar- qos genannt (s. u.) und von seiner Erziehung
gebracht ist; vgl. Schenck S. 15 f. — Anders durch Bakchos berichtet. Die Worte: i^; riXoe
Bteht es mit der an einer Schlange erkennbaren tvromriv ^O-rjxag (39 f.) sind wieder eine etymo-
Hygieiastatue, die neben dem Äsknlaptempel logische Anspielung auf den Namen (s. o. ilfariw.
in Kom gefunden worden ist; hier ist die Göt- vit. Procl). Der Charakteristik des jugendlich
tin selbst dargestellt, und in der Unterschrift 40 heiteren Gottes dienen die (nach Kaibels Text-
gedenkt der Stifter Lysimachos neben der ^Ret- Verbesserung gelesenen) Verse 31 f.:
terin Hygieia' auch des Telesphoros; vgl. 2^om7?es Ttcct^s, TsXsöcpogSy ncct^'' ^tj, öv ys yrid^oavvoiat
d'Epidaure 1 nr. 139; Schenck S. 11. aolg tcsqI ^aidgä iCQoaomci yUatu 3j^ets(?) is-
Eine imgleich höhere und vielseitigere Be- qbvoiv.
deutung gewinnt er auf attischen Inschrif- Für die Abbildungen des Telesphoros und die
ten. Ein Aimilianos setzt ilun zum Dank für Beurteilung seines Gesichtsausdrucks ist diese
ein Traumgesicht {6vaQ Idcav) ein Denkmal, Stelle von besonderer Bedeutung (s. u.). Nach
von dem jedoch nur die Basis mit Inschrift v. 34 ist er ferner 'Verwalter von Paians Hei-
erhalten ist; vgl. Marin, vit. Procl. c. 7 (s. o.) ligtum'; ungleich wichtiger aber ist v. 24 f.:
und die schon erwähnte epidaur. Inschr. {Revue 50 Ilcciav yiyridsv vtov ^gvog }cX(ov 6s. Denn
d€$et.gr.l90SS.l6ü): TsXBötpÖQio EoarfiQi danach gilt er für einen Sprößling des As-
^1 dvsLQaTog töv vubv tluI xo ayuXacc. — Be- klepios; so wird er sonst nur noch in der
Bonderes Interesse erregen zwei leider ver- einen Ephebeninschrift, nr. 1159, genannt, näm-
stümmelte Inschriften {C.I.A. 3 nr. 1159 u. 1181), lieh TsIb6(p6qos 'Aö^Xriniov (s. o.). Die Abstam-
aus denen jedoch soviel hervorgeht, daß atti- mung von Asklepios ist also nur selten bezeugt,
sehe Epheben den jugendlichen Gott gleich- die von Hygieia jedoch überhaupt nicht; vgl.
Bam als princeps iuventutis betrachten und Schenck S. 18. Dadurch wird widerlegt Clarac,
in einem öffentlichen Verzeichnis seinen Namen Mus. de sculpt. t. IV p. 2: Le Tölesphore s'otfre
an die Spitze ihrer Genossenschaft stellen. Wie parfois comme le fils d'Esculape et d'Hygie (?),
nämlich die attischen Prytanen in manchem 60 sowie v. Sacken u. Kenner, Sammlungen d. K. K.
ihrer Namensregister (C. I. A. 3 nr. 1054; 1056; Wiener Münz- u. Antikenkabinets S. 284 A. 1.
1062) an erster Stelle die Athene Polias nennen Auch ist es, wie hier zugleich erwähnt werden
und sich damit unter ihren Schutz begeben, so soll, eine unbegründete Behauptung, Asklepios,
ordnen sich die Jünglinge jenem Gotte unter, Hygieia und Telesphoros seien Kinder des Apol-
dem sie sich wegen seiner Jugendkraft ver- Ion Kalliteknos {Preller- Robert 1*, 523; vgl. da-
wandt fühlen {Dittenberger, De ephebis atticiSy gegen Thrämer im Art. Asklepios Bd. 1 Sp. 2783).
Diss. Göttingen 1863. S. 19 Anm. 7). Der dop- — Schließlich verdient hervorgehoben zu wer-
pelte Brauch gehört überdies derselben Zeit, den v. 35 f., wonach die 'Kekropiden' ihn Te-
313
Telesphoros (Bildwerke)
lesphoros, die Epidaurier aber Akesis nennen;
mit letzterem stimmt nämlicli überein Paus. 2,
11,7; zujrleich wird dort als riehtij^e Lesart
^yisaig test^^estellt (s. o.).
Die hildwerke, die sieb aul" ToleBplioros
beziehen, sind verhältnisniiVüig zahlreich; frei-
lich müssen manche von der lierkömmlichen
Deutung ausgeschlossen werden. Sein Äußeres
wird vorneiimlich durch die Kleidung ge-
kennzeichnet und durch sie geradezu ein Ty-io
pu8 testgelegt. Schon Gesncr a. a. O. S. 312
beschreibt sein charakteristisches Gewand als
ein rundes, enges Oberkleid (paenula) aus gro-
bem StoflF, das ziemlich tief herabreicht und
meist zugleich Arme und Hände mit einschließt;
nur selten sind diese durch Schlitze auf beiden
Seiten entl)lößt. Nach oben schließt sich daran
eine Art Kapuze, die in eine spitze Mütze
ausläuft. Das mantel- oder mönchskutten-
artige Gewand ist vorn zusammengenäht, so 20
daß es den ganzen Körper bis unter die Knie
einhüllt; nur auf wenigen Bildern bleiben die
Ellbogen sowie Gesicht, Hals und Brust frei.
Ein solches Gewand kennt das Altertum unter
dem Namen bardocucullus; s. d. Art. von
Mau bei Pauly^-Wissowa S, 11; vgl. auch Four-
geres a. a. 0. S. 5Ü6. Martial bezeichnet es als
Tracht der Gallier (1, 53, 5; 14, 128, 1; vgl. Gal-
lien, bei Trtb. PoU. Claud. 17,6); es wird aber
auch bei den Römern von einfachen Leuten 30
getragen, die sich wegen ihres Gewerbes viel
im Freien auflialten, so von Boten, Müllerbur-
schen und Jägern; vgl Seilende S. 20 f.; übrigens
sieht man, worauf es hier namentlich ankommt,
auch Knaben damit bekleidet; vgl. iifws.
Borbou. IV Tafel 54; KehuU, Die antiken Terra-
kotten, Tafel 45, 4; v. Sacken u. Kenner a. a. 0.
S. 52/44. Einen solchen bardocucullus trägt also
auf bildlichen Darstellungen auch Telesphoros
und erscheint darin wie ein zwerghafter Kapu- 40
zinermönch oder, im Hinblick auf sein jugend-
liches Alter, wie das Münchener Kindl. Meist
reicht der sonderbare Mantel bis über die Knie
herab, in einigen Darstellungen aber sogar bis
zur Erde, sodaß die Gestalt vom Halse an fast
einer Säule ähnelt. In diesem Falle verschwin-
den die Füße ganz hinter dem Kuttensaum;
sind sie, was meist der Fall ist, sichtbar,
so tragen sie, im Gegensatz zu der engen Um-
hüllung des Oberkörpers, keine Bekleidung, 50
sondern sind nackt (s. u.). Den meist eng-
umschlossenen Armen ist jede Gebärde ver-
wehrt (gegen Panofka, Terrakotten d. K. Mus.
zu Berlin, S. 105 f., der andre Göttertypen mit
Telesphoros vermengt). Auch hat er keinen
Zweig und keine Fackel in den Händen,
wie manche andre Knabengestalten (Schenck
S. 22 f.). Als vereinzelte Attribute sind nur
nachweisbar :
1. eine Traube, soauf Mün- 60
zen von Perperene in Mysien aus
Antoninus Pius' Zeit: Mionnet;,
Bescription II S. 623 nr. 700—
703; vgL Heaä, H. N. 631^. s.
Abb. 1 ; jedoch ist die Traube hier
mit Weintraube : "i^ht eigentliches Symbol des ju-
Caiaiogueo/Greek geudlichen Gottes, sondem_ eher
Cüin*, Mysia. ein Abzeichen der durch ihren
Telesphoros (Bildwerke) 314
Wein VierühmtenStadt;
und durch die Verbin-
dung mit Telesphoros
wird zugleich die Heil-
kraft des dortigen star-
ken Medizin alweincH
bezeichnet; diese be-
zeugt auch (ra^rn,ylMS(/.
V. /C<>Än, Bd.VIS.806;
804 f. (vgl. XV 645);
X 833; XVI 433 (vgl.
VI 337);
2. eine aufg<'-
wickelte Bücher-
rolle, so auf dem
elfenbeinernen Dipty-
chon Gaddi oder Wi
czaianum in Liverpool
{MäUer - Wieseler U
792 a u. b; Jiaumeister,
Denkmälern. 139 ; Ve7i-
turi, Storia delV arte
«toZmnal3l)l,Fig.357);
er hält sie mit beiden
Händen, wie um etwas
daraus vorzulesen,
offenbar Orakel, die
ja Asklepios (neben ihm) Kranken zu spenden
pflegt; vgl. Aristid. or. 27, I p. 539 Dind. s.
Abb. 2. Dasselbe bedeutet wohl eine Tafel, die
ihm an seiner Statue im Britischen Museum((7mV/e
to Graeco-lioman Sculpt. inBrit.Mus. II p. 13/27)
vom Halse auf dem Rücken herabhängt, sowie an
einer Statuengruppe des Louvre : Askl. u. Telesph.
{Clarac, Mus. de sculpt. pl. 294/1164; Müller-
Wieseler II 790) die Tafel, die mit zwei Bücher-
rollen hinter ihm am Boden steht; s. Abb. 3.
Sind somit solche Beigaben kaum wirkliche
Kennzeichen des Götterknaben, sondern nur ver-
einzelte Begleiterscheinungen, so ist er am leich-
testen an jenem auffälligen Gewandstück zu
erkennen, wobei aber beachtet werden muß,
daß nicht jeder im Kapuzenmantel dargestellte
Knabe ein Telesphoros ist. Barhäuptig ist
er nur einmal nachweisbar, in der soeben er-
wähnten Gruppe des Louvre (s. 0.); denn wenn
auch die Köpfe der beiden Götter moderne Er-
gänzungen sind, so beweist doch die bei Te-
2) T«4e8phoro9 mit llüuher-
roUe: Aus Venturi, Arte Jta-
linna Fig. 357.
3) Asklepios und Telesphoros: Clarac. Muse'e de Sculpt.
pl. 2H 1164.
315
Telesphoros (Bildwerken
Telesphoros (Bildwerke)
;U6
lesphoros hinten herabhängende Kapuze, dafi
er auch ursprünglich unbedeckten Hauptes ge-
wesen ist. Bei der Beurteilung seiner eigenen
kleinen Person hat man sich vor der Annahme
zu hüten, als wäre er ein kränklicher, abge-
kommener Junge, mit dickem, häßlichem Kopfe
und schmerzhaftem Gesichtsausdruck {Fanofka
a. a. O. S 323; Baumeister, Denkmäler 1,140;
FreUer-Jiobert 1 \ 627 : 'der leibhaftige Ausdruck
eines in der Wiederherstellung begriffenen Kran-
ken!' vgl. auch, wie Fougeres a. a. 0. S. 59 die
in Mantineia und auf Kreta gefundenen Sta-
tuetten schildert: une melancolie un peu mor-
bide (ioHs la rondeur »oufjle de ce visage d'en-
fant, dam cette houche delicate et sans aourire,
dans Je nii-clos langoureux des yeux eteints.
L'etre souff'ie avec resig^iatitm. 11 est la
presque passif eous la def'enae imparfaite de son
Umrd manteau dltirer, aber auch wie Sal. Eei-
naclt, Bev. des et. gr. 1901 S. :^43 Anm. dies wi-
derlegt); 8. Abb. 4. Denn diese Auffassung
ist unhaltbar. Ihr
stehen nämlich ein-
mal die ausdrück-
lichen literarischen
Zeugnisse entge-
gen: Marin, vit.
Procl. c. 7: Tcats
riog xontdfj xal
(o gut OS idslv, so-
wie der Kasseler
Hyni iius.heiKaibel,
Epigr. gr. nr. 1027,
31 f. s.o.; dann aber
die gesicherten
bildlichen Darstel-
lungen, die ihn als
einen zwar kleinen,
aber normalge-
bildeten, fast
blühend aus-
sehenden Kna-
ben mit kind-
lich froher Mie-
n e veranschau-
lichen, w^enn auch
die ungewöhnliche Vermummung zunächst den
Eindruck des Frösteins hervorruft; vgl. Schenck
S. 27f. ; Usener, Götternamen S. 171 Anm. G3;
Burckhurdt, Cicerone P S. 138: — 'der kleine
Genesungsgott Telesphoros, der aus seinem
Mäntel chen mit Kapuze oft so schalkhaft
vergnüglich hervorschaut {Vatican: Museo
Chiaram<mti , Gall. de' Candelabri; Vüla Bor-
den schon erwähnten und oben besprocheneu
Statuetten aus Marmor, vgl. G. Foughcs, Jiull.
d. Corr. Hell 1890, 8.596 f., die eine 1888 in
Mantineia gefunden; s. dort Taf. 8 u. Jirinach
II S. 469, 11; die andre aus Kreta, dann in Ka-
rapanos' Besitz, abgeb. in Fougeres' Aufsatz
S. 698. Ferner eine treffliche Pariser Bronze-
statuette, auf Telesphoros gedeutet schon vom
Grafen Caylus, Jiecueil d'antiquites l S. 170,
10 Taf. 66, 1 ; Beinach II S. 470, 4. Endlich eine
Bronzetigur in Amiens; vgl. Bev. archeol. 188G,
S. 89f.; Fig. 17; Beinach III S. 18,2. Alle sechs
Bildwerke geben den Typus am treuesten wie-
der; sie veranschaulichen den Gott im langen
Kapuzengewand, das jedoch die Füße freiläßt.
Bei fünf weiteren reicht der Mantel sogar bis
auf den Erdboden herab. Es sind dies zwei
Bronzen im Museum zu St.-Germain-en-Laye,
vgl. S. Beinach, Bronzes figurvs de la Gaule
20 Bomaine S. 108 f.; Fig. 100 u. 101 (wo auch
Terrakottabüsten des Gottes im Museum zu
Moulins am AUier erwähnt werden): die eine
Statue, deren auf die Erde stoßender Mantel-
saum kleine rechteckige Ausschnitte zeigt, ist
in der Champagne gefunden; s. Abb. 5; die
andre mit faltigem Mantel, dessen Saum aber
gleichmäßig den Boden berührt, ist aus Avignon.
4) Telesphoros, Statuette aas Man-
tineia: Bulletin de Corretpondance
HeU. 1890, PI. VIII.
5) Telesphoros, Bronzetigur
in St. Germain - en - Laye :
RH7iach, Antiquite$ Natio-
nales de St. Germain ; Bronce».
6) Telesphoros, Marmor-
»tatuette: t. Sacken. An-
tike Skulpturen,
Tafel XXXIV.
Den Telesphoros allein zeigen mehrere
Bildwerke, zunächst eine ganze Reihe Statuen,
aufgezählt und abgebildet bei Sal. Beinach,
Bepertoire de la Statuaire gr. et rom. I S. 169 ;
290; n S.469f.; III S. 13; IV S. 25.
Hervorzuheben sind zunächst einige Mar-
morfiguren : die eine von hoher Schönheit, früher
aufgestellt im Pariser Musee Foucault; vgl.
Montfaucon. Antig. expl. I pl. 191,1; p. 291;
Sal. Beinach, Statuaire II S. 469, 10; die andre,
aus Rosso antico, noch jetzt im Museo Tor-
lonia zu Rom; vgl. Catalogo del Mu^. Tori.
S. 82/154; Beinach II S. 470, 1. Sodann die bei-
Währeud eine Bronze aus Djemila in Algier,
jetzt im Museum zu Constantine {Beinach, Sta-
50 tuaire 11 S. 470, 6) , mit auffallend spitz nach
oben verlaufender Kapuze und genau senkrecht
abfallendem Mantel fast den Eindruck einer
dünnen Säule macht (s. o.), erweitert sich bei
zwei anderen, in Wien {v. Sacken, Ant. Skulpt.
S. 60 f., Taf. 34, 3; s. Abb. 6) und in Mainz
(Lindenschmit, Altertümer heidn. Vorzeit IV 64, 7),
der Mantel nach unten glockenartig; vgl.
Beinach II S. 470, 3 u. 8; letztere Figur wurde
an einem der Kapuzenspitze angefügten Ringe
80 wohl als Amulett getragen.
Andre auf Telesphoros gedeutete Bildwerke
sind freilich anfechtbar. So die im Louvre be-
findliche Figur eines Knaben oder Jünglings
im langen, vorn aufgehobenen Mantel und mit
aufgesetztem, aber wohl antikem Kopfe (Clarac
pl. 334/1165; Müller -Wieseler II 787; Beinach
I S. 169, 5); vielleicht ist ein jugendlicher Her-
mes dargestellt; vgl. Fröhner, Notice de la
317
Telesphoros (Bildwerke;
Telesphoros (^^Bildwerke)
:U8
sculpt. ant. du mus. du Louvrc'^ p. 207 176 und
Schenck S. 26. Sodanu eine Marmorwtatuette im
British Museum ohne Kopf und rechte« Bein
(Clarac pl. 551 /1165 A ; Eeinach I S. 290,3);
Epidauros, das für TelesphoroH sprechen würde,
steht als Fundort nicht fest; v^l. Scfnuck S. 27.
Ferner sind einige Terrakotiafioruren im Mu-
seum /AI Atlien (CdtaJogue de^ fi,(iuri)ies cu ferre-
cuite UV. 147 u. 148), die Jules Martha auf den
jungen Heilgott bezieht, eher Darstellungen
kränklicher, abgemagerter Knaben,
Ebenso kann dasTonHgiirfhen eines sitzen-
den Knaben, das Biardot (Les Terres-cuites
greoiues funcbreH, Paris 1872, S. 448; vgl. Sal.
Beinach II 470, 9) hierher bezogen hat, für den
kleinen Heilgott nicht ernstlich in Frage kom-
men, sohmge er in jener Körperhaltung nicht
auch durch andre Zeugnisse einwandfrei be-
legt ist.
Noch ernstere Bedenken stehen andern ver-
meintlichen Telesphorosdarstellungen entgegen.
Sowenig es sich empfiehlt, die Grenzen eines Ty-
pus zu eng zu ziehen, so schwer müssen doch
die Zweifel l»ei erheblichen Abweichungen wie-
gen, zumal wenn diese an einem Götterbilde mit
sonst stehenden Formen nicht hinreichend er-
klärbar sind. Drei Statuen oder Statuetten,
sämtlich mit Kapuzengewand, haben teils an
sich soviel Absonderliches, teils stehen sie zu-
einander in einem so eigentümlichen Verhält-
nis, daß keine vollgültig als Telesphoros ange-
sprochen werden kann. Die eine Bronzefigur
eines gehenden, kräftig ausschreitenden
jungen Mannes befindet sich im Antikenkabinet
des Kopenhagener Thorwaldsenmuseums (X.
Müller, Description des Äntiq, du Mus.-Thorv.,
Abteilung I S. 162 nr. 50; Müller -Wiesehr II
789 a u. b; Sal. Beinach II S. 409, 8. 9) und wird
vielfach, auch von Gruppe S. 1455, 1, für eine
Yeranschaulichung des Telesphoros angesehen,
während schon Schenck S. 30 f. Bedenken ge-
äußert hat. Statt der langen Pänula trägt sie
eine hoch aufgeschürzte Tunica, aber, was das
auffälligste ist, sie läßt sich in zwei Hälften
zerlegen; ihr oberer Teil ist hohl und abnehm-
bar; nimmt man ihn w^eg, so wird am unteren
ein Phallus sichtbar. Von der zweiten, weniger
bekannten, die einst im Pariser Kunsthandel er-
schien (Collection Charvet, Paris 1883, S. 164/1803,
abgeb. S. 165), war schon damals nur der obere,
gleichfalls hohle Teil vorhanden, der aber gewiß
auch einen Phallus der unteren Hälfte bedecken
sollte; ausschreitende Gliedmaßen gab es von ihr
nicht mehr. Solche hat aber die dritte Figur, be-
schrieben von Grivaud de la Vincelle {Becueil des
monum. ant. pl. X 1. 2. 3. 4. 5; XI 5; Text II
S. 86 f.) ; auch sie zeigt einen Gehenden , aber
mit bärtigem Gesicht; daher ist sie als Teles-
phorosfigur unmöglich {Schenck a. a. 0.). Zu-
gleich wird aber als solche auch die erste in
Kopenhagen zweifelhaft, besonders weil die un-
züchtige Entblößung, die nach Wegnahme der
oberen Hälfte sichtbar wird, bei dem jungen
Heilgott nicht wohl zu erklären ist. Falls näm-
lich die dritte bärtige Statuette nur eine un-
anständige Spielfigur, ein seltsames Phantasie-
stück ist, so gilt dasselbe von der ersten jugend-
lichen und wohl auch von der zweiten nur z. T.
erhaltenen. Wie vorher die sitzende Haltung,
so ist nunmehr «lic ausschreitende Stellung für
Telesphoros erledigt, nicht wegen des Gehens
an sich, sondern wegen der sonstigen Begleit-
erscheinungen. Denn die sehr hochgeschürzte
Tunica und die nur scheinbare (oder vorüber-
gehende) Entblößung stehen im Widerspruch
mit der für Telesphoros sonst charakteristischen
Verhüllung, und die Kapuze allein genügt
10 nicht, ein Bildwerk überzeugend als solchen
zu kennzeichnen.
So erinnert eine Bronzefigur in Itegensburg
{Beinach I S. 13, 3) höchstens durch ihre Ka-
puze an den kl(?inen Gott; aber di<5 kurze,
leichte Kleidung, die sogar die rechte Bru.^t
und Schulter freiläßt, und die zur Bekräftigung
lebhaften Sprechens halb erhobenen Arme lassen
eine solche Erklärung nicht zu. Keinesfalls
kann endlich eine kleine Wiener Statuette
20 {Beinach II S. 469, 7) als Darstellung des Te-
lesphoros gelten; der pausbackige Knabe in
kurzer Pänula und mit übergezogener Kapuze,
der einen jungen Hund vor der Brust trägt
und sorgsam zu bedecken sucht, ist vielmehr
'ein niedliches Genrebild' {v. Sacken, Ant. Bron-
zen S. 118; Taf. 15, 1).
Sehr oft ist aber Telesphoros allein in
der herkömmlichen Gestalt auf autono-
men und auf Kaisermünzen
30 von Städten Kleinasiens ein-
wandfrei veranschaulicht, be-
sonders auf pergamenischen
aus der Regierungszeit von
Antoninus Pius, Commodus,
Caracalla und Geta ; \g\. Mion-
net, Description II p. 592 f.
U. Suppl. V p. 421 f.; Schenck ^^ TelesphLoros : C«ta-
c Ol j - f x-i -j n/r- logue of Greek Conti:
S. 31 u. 4< f. 1^ ritze, Münzen ^^,^,,•;^ pj xxix.
von Pergamon, Abhandl. der
40 Berl. Akad. 1910, Taf. III 16; s. Abb. 7.
Mit andern Gottheiten wird Teles-
phoros oft zusammengestellt und durch
sie dann bisweilen seine Person überhaupt erst
bewiesen.
Neben Asklepios erscheint er in einer
marmornen Statuengruppe zu Rom {Montfaucon,
Ant. expl. I pl. 186,0) im bardocucuUus, mit
nackten Füßen und gesenkten Armen. Ähnlich
eine andere Marmorgruppe im Palazzo Massimi
50 zu Rom {Montfaucon a. a. 0. 187,2; Beinach
11, S. 168, 7), eine dritte in der Villa Borghese
{Heibig, Sammlungen Borns 2^, 142; die 3. Autl.
übergeht das Bildwerk), sowie die schon er-
wähnte in Paris {Clarac pl. 294/1164; Müller-
Wieseler II 790; Beinach I S. 148, 5. 6: vgl.
auch d. Art. Asklepios Bd. 1 S. 634): zur Linken
des Asklepios steht der kleine Heilgott, dessen
Haupt eine moderne Ergänzung ist; ihm hängt
die Kapuze über den Rücken herab ; hinter
60 ihm eine Schreibtafel mit Handgriff und zwei
Bücherrollen (s. o.). Dieser Gruppe ist wieder
sehr ähnlich eine gleichfalls schon erwähnte
im Britischen Museum {Guide to Graeco-Boman
Sculptures in Brit. Mus. II p. 13 27), bei der
jedoch dem Telesphoros vom Hals auf dem
Rücken eine Schreibtafel herabhängt (s. o.).
Oft wird auf Münzen Telesphoros dem Askle-
pios beigesellt, besonders auf Kaisermünzen
319
Telesphoros (Bildwerke)
Telespboros (.liiklwerke)
320
aus St&dten Kleinasiene: sie sind aufgezählt
sowie nach Herkunft und Fundort bezeichnet
bei Schenck S. 33 f.; vgl. Hewi, H. N.'^ unter
Aesculapius.
Endlich gehören hierher ein Marmorrelief
aus Imbros {Come, Reise auf den Inseln des
thrak. Meeres, Taiel XV 4 S. 84) und eine Kar-
neolgemme (^rcÄ. ifci<t4w^ 1847 S. 1*; BuUetino
d. J. 1H47 S. 8»), die, weil durchbohrt, wohl
als tragbares Amulett gedient hat. Vorderseite: lo
Asklcpios reicht der Schlange eine Schale; da-
zwischen steht Telesphoros ; Kehrseite: die Par-
zen, zwischen ihnen Plutos mit dem Füllhorn,*)
Neben Hygieia ist der kleine Heilgott
auf Münzen von Hierapolis in Phrygien {Mian-
net, Suppl. IV 634; «42; 644; Müller - Wieseler
II 791. Catal. «/' the Greek
Coim in Brit. Miks., Fhry-
gia PI. XXX1I4; s. Abb. 8)
und von Philippopel in Thra- 20
kien {Eckhel, d. K. Wiener
Mus. I S. 77 nr. 15) darge-
stellt; freilich wollen andre
in den beiden Gottheiten
8) Hygiei» und T«ie»- Kybele und Attis erkennen ;
phoroi: Cataiogueofthe y^\ Wfoth, Journal of hell
^'■'•* pfTtVrf '^'^ ^^^' 1882 S.297,6; Schenck
i-Lüiii. g g^^ Die in einer Statueu-
gruppe zu Athen (nr. 4479) neben Telesphoros
stehende Göttin, die v. Sybel für Aphrodite hielt so
(s. u.), erklärt aber Ziehen (Athen, Mitteilungen
1892 S. 242) mit Bestimmtheit für Hygieia.
Mit Asklepios und Hygieia zeigen den
jungen Heildämbn zwei Marmorreliefs. Auf dem
einen (wiedergegeben von Passeri, Lucernae
fictiles II 69 S. 44 f.) ist er wie gewöhnlich mit
der Kapuze bekleidet, die jedoch nur hier nach
oben in einen Kalathos ausläuft. Doch ist über
ihn wegen der Anwesenheit der beiden älteren
Heilgötter kein Zweifel. Das andre schmückt 40
einen Marmorzylinder im Nationalmuseum zu
Pest (Arch. Zeitung 1848 S. 89*): hier stehen
nebeneinander Hygieia, Asklepios, Telesphoros
und eine unbekannte Frau mit Szepter und
Arzneischale; Weil vermutet in ihr die dem
Asklepioskult ergebene Kaiserin Otacilia, Phi-
lippus Arabs' Gemahlin {Zeitschr. f. Numism.
1881 S. 102 u. 104).
Auch auf dem bereits erwähnten schönen
Elfenbeindiptychon sieht man mehrere Gotthei- 50
ten: auf der einen Tafel Asklepios, der in sin-
nender Stellung mit Bücherrolle und einem mäch-
tigen, von einer Schlange umringelten Stabe
besonders kräftig charakterisiert ist; zu seiner
Rechten in langem Kapuzengewand, unter dem
*) Da Herausgeber und Verleger im Interesse des bal.
digen Erscheinens der neuen Lieferung dringend um Ab-
schluß des Artikels baten, so habe ich die obige Liste der
Asklepios und T. genauer darstellenden Bildwerke nicht
in der von mir gewünschten Weise TervoUstftndigen kön- ^0
neu. Ich bemerke daher hier beiläufig, daU in meiner
Liste noch einige von Reinach, Stat. I, 8. 148; II, 8. 38;
III, S, 13; IV, S. 25 aufgeführte Gruppen fehlen, so na-
mentlich die im Mus^e de Carthage (Ruinac/i III, 8. 13, 10)
und die in Sofia {Dobrutky, Studl materiali d'arch. bulgare,
Sofia 1907, S. 12 = Reinach IV, S. 25,6) befindlichen. Vgl.
auch die Münze von Serdica bei Uead^ S. 288 ; Numism-
Ztscfir. 1891, PI. 111,5, die ich nicht habe finden und prüfen
können.
die Tunika sichtbar wird, der kleine Telesphoros,
der aus einer entfalteten Buchrolle oder Schreib-
tafel vorzulesen scheint — eine überaus an-
mutige, obwohl phantastische Knaben-
figur! Auf der andern Tafel als Hauptperson
Hygieia eine große Schlange fütternd, neben
ihr Eros mit dem Köcher (s. u.) und im Hinter-
grund ein zweiter nackter Knabe, der bald für
einen jugendlichen Dionysos, bald für einen
Heildämon, wie Akesis oder Euamerion, erklärt
wird; vgl. Schenck S. 40.
Ferner stellen den Telesphoros zwischen As-
klepios und Hygieia Gemmen dar, am schön.sten
die bei Montfaucon, Antiq. v.rpl. I pl. 1H6. 7,
mit der Inschrift av^Bxi iit, wohl nicht von ör-
^^£ö abzuleiten: legt mir Umschlüge auf! (das
müßte doch av^flti fie heißen), sondern zu lesen:
(TtofsTt fiB. Gehört doch Telesphoros zu den
d^ioi atoxfjQBg (s. o.). — Zwischen Asklepios und
Hygieia ist er auch auf einer gläsernen Gemme
in Berlin {Tölken, Krkl. Verz. d. gcsdtn. Steine
d. Berl. Gemmens. S. 216 nr. 1207) und auf einer
solchen aus Jaspis im Museum in Florenz ver-
anschaulicht, noch öfter auf kleinasiatischen
Münzen aus der Kaiserzeit {Mu.nnet, Descr. u.
Suppl. ; Panofka, Ahhundl. d. Berl. Akad. 1 846,
Taf. II 6, Münze v. Apameia; s. Abb. 9); bis-
weilen sieht man
noch eine vierte
Person ihnen zu-
gesellt, entweder
den der Prägezeit
entsprechenden
Kaiser oder (wie
auf dem Pester
Marmorrelief, s.
0.) vielleicht die
Kaiserin; so auf
einer Münze von
Bizya in Thra-
kien {Mionnet, ^^ uygieia, Telesphoros u. Asklepios,
JJeSCr. 1 o7Ö, 7o). Münze CO n Apanifla. A.vls: Baume itt er ^
Endlich zeigt
eine großeBronze-
münze aus der-
selben thraki-
schen Stadt eine
ganze Götterver-
sammlung: Askle-
pio8,Tele8phoros,
Apollon mit sei-
nem Attribut,dem
Omphalos, und
dieHygyieia ; dar-
über sind noch die
sitzende Fortuna
und der blitz-
schleudernde Ju-
piter sichtbar,
vgl. Röscher, Neue
Fig. 12; s. Abb. 10.
De/ikiiiälf/:
10) Asklep., Tel., Apollon, Hy-
gieia etc., Münze von Bizya.
Omphalosstudlen , Tat". II
Neben Demeter, die, weil mit Heilkraft,
namentlich für Augenleiden, begabt, bisweilen
in Asklepios' Gesellschaft erscheint (Gruppe
S. 57, 9; 1175, 3; 1676, 5), erblickt man den Te-
lesphoros auf zwei Münzen der phrygischen Stadt
Dionysopolis, beschrieben von Wroth, Journal of
hell stud. 1883 S. 161 f.; vgl. Gruppe S. 1455, 1.
321 Telesplioros (Kult) Telesphoros (Wesen) '62'2
Neben Aphroclito stehend ist er darge- Ist somit das Material, das der Kfiauzeich-
stellt in einer zu Athen gefundenen Statuetten- nung dew Teh'sphoros dient, zienilich reichhal-
gruppe; vgl. V. Sybely Katal. d.S/ailpf. in Athni tig, so genügt es doch leider nicht zu einer
nr. 1106; die von diesem hierher bezogene Gruppe völlig klaren Deutung seintiK Wesens,
ur. 4479 zeigt dagegen Telesphoros neben Hy- Durchgängig erscheint er als ein jugend-
gieia {Ziehen a. a. 0. S. 242; s. o.). lieber Heilgott; aber seine Herkunft, seine
Harpokrates und Telesphoros endlich Kleidung, seine Obliegenheiten im einzelnen
sind zu einer Statuengruppe in der Sammlung lassen sich nicht zweifelsfrei erklären. Da er
Straxoherry Hill vereinigt {Michaelis, Arch. Zei- nicht vor dem 2. Jahrhundert n. Chr. erwähnt
tung 1875 S. 02). Beide Knaben versinnbild- lo wird, seitdem aber gar nicht selten auftritt, so
liehen Heilkräfte. Sonst freilich ist Harpokra- ist er wohl erst in der Kaiserzeit aufge-
tes oder Horos der Begleiter von Sarajns und kommen. Zuerst verehrt man ihn als Gott mit
Isis (s. d.); vgl. Sehende S. 44. Kapelle und Knltbild in Pergamon auf Grund
Bildwerke vorchristlicher Zeit kommen für eines Orakels {iv. ^iccvtsv^icctos , Paus. 2,11,7;
Telesphoros nicht in Frage, sondern erheischen Äristid. or. 25. I p. 494; or. 26, I p. bOG l)i7id.).
eine andre Deutung. Nun blühte aber hier auch der geheimnisvolle
Der Kultus des Telesphoros ist seit Kablrenkult, an den Telesphoros mit seiner
Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. literarisch und Zwerggestalt und Vermummung erinnern kann,
inschriftlich bezeugt für Epidauros, Athen und Deshalb ist er mehrfach aus jenem Kultus her-
Pergamon , endlich anch für die ferne thraki- 20 geleitet worden ; vgl. schon Gesner a. a. O. S. 305 :
sehe Stadt Ulpia Pautalia (jetzt Kustendil); Cahirorum proles — an pars? — ipse quoque
denn jene epidaurische Weihinschrift, die (nach fuit (Telesphorus) : horum imagines mysticae
später berichtigter Ergänzung) neben den bei- Pygmaeorum instar hdbebant, quod docet Hero-
den älteren Heilgottheiten auch den Telespho- dotus 3,37; Clarac, Mus. de sculpt. t, V p, 2:
ros aufführt {Ephem. arch. 1884 S. 24; s. o.), Telesphore, dont le manteau et le cucullus rap-
bezeichnet alle drei als Tautalioten', was sich pellent Vorigine cabirique; Scheuch S. 51 A. 1.
nur auf ihre dortige Verehrung beziehen kann. Da aber dieser Gottesdienst trotz eingehender
Sodann sind für Kultstätten gewiß auch manche Untersuchungen vielfach selbst noch der Auf-
Fundorte von Bildwerken zu halten, die den hellung bedarf (JBcZoc/*, (rr. (resc/<. 2^265 A. 2),
jungen Gott darstellen. Für alle übrigen Orte so so ist es mißlich oder sogar unmöglich, eine
ist der Kultus nur durch Münzen bezeugt, und unbekannte Größe durch die andre zu erklären,
zwar ist er zuerst nachweisbar in Ha- Ferner herrscht auch darüber Unklarheit, ob
drians Zeit auf pergamenischen Mün- er älter ist als Asklepios und sich etwa dessen
zen. Seitdem bis auf Gallienus blüht der verjüngter Gestalt früh zugesellt hat, oder ob
Kult in fast ganz Kleinasien sowie auf Lesbos, er erst als eine Hypostase dem als gereiften
Samos und in Thrakien. Viele Münzen aus Bi- Mann auftretenden Heilgott angekindet worden
thynien, Mysien, Lydien, Karien, Pamphylien, ist. Dabei fragt es sich: reicht die nur zwei-
Pisidien, Kilikien, Kappadokien, Lykaonien, mal uns bekannte Bezeichnung als Sohn des
Phrygien, der Aiolis und lonien sowie von Asklepios {Kasseler Hymnus v. 24 f. Kaihel:
den zwei genannten Inseln und endlich aus 40 Uaiccv ysyri%'iv — viov ^qvo? ^%g>v gs, und att.
mehreren Städten im Norden der Balkanhalb- Ephebeninschr. nr. 1159: Tslsecpögog kav,X't]7tiov)
Insel beweisen dies. Es befinden sich darunter zu einer verallgemeinernden Auffassung dieses
bekannte Städte wie Nikaia, Kyzikos, natürlich Verhältnisses aus? Mit ebenso zweifelhaftem
auch Pergamon (s. o.), dann Tarsos, Tyana, Rechte könnte man, wie es fälschlich geschehen
Ankyra, Hierapolis, Kolophon, Smyrna sowie ist (s. 0.), Asklepios und Hygieia etwa deshalb
in Thrakien: Hadrianopolis, Philippopolis, Ni- für sein Elternpaar halten, weil er häufig mit
kopolis am Istros , Traianopolis am Hebros. beiden wie ihr Kind abgebildet wird (s. 0.). In
Jedenfalls erstreckte sich das Gebiet, wo Teles- Wahrheit kommt es auf eine solche Verwandt-
phoros verehrt wurde, von der unteren Do- schaft gar nicht an; diese ist nur der dichte-
nau über Vorder asien bis an die kili-r,o rische oder künstlerische Ausdruck einer zeit-
kische Meeresküste; vgl. Head, H. N^ liehen Priorität der beiden erwachsenen Gott-
unter Telesphorus, Aesculapius und Hygieia. heiten; eine solche ist aber mindestens wahr-
Für die Annahme eines T. -Kultus im Westen scheinlich, und die Annahme, Telesphoros sowie
fehlt es bis jetzt an Zeugnissen der Münzen. die mit ihm identifizierten jugendlichen Heil-
Ob daher die T. -Statuetten in Regensburg, Mainz, dämonen Euamerion, Akesis {Paus. 2,11,7),
Amiens, Avignon, Algier, Karthago, falls sie lai,nisko8{Schol.Aristoph.Plut.l01),Dajrrhon
überhaupt jedesmal an Ort und Stelle gefunden {Hesych. s. v., vgl. G. Curtius, Gr. Etymol. S. 256^)
sind, etwas für einen dortigen T. -Kultus be- seien hygienische oder iatrische Emanationen
weisen, muß eine offene Frage bleiben. Ahn- des Asklepios, trifft gewiß das Richtige; vgl.
lieh steht es mit den Bildwerken der römischen 60 Thrämer bei Pauly^-Wissoiva., Art. Asklepios
Museen. Bronzefigürchen des heilkräftigen Soter S. 1683.
konnten sehr wohl als Amulette weit verschleppt Manches Rätsel gibt auch die schon mehr-
werden; aber unwahrscheinlich ist dies von fach besprochene Kleidung auf, sodaß es
Marmorstatuen (z. B. jener im Museo Torlonia). kaum angeht, mit ihr Telesphoros' Herkunft
Wo auf den Münzen, die den Kultus des zu erklären. Sal. Beinach {Bev. des et. gr. 1901
kleinen Heilgottes bezeugen, zugleich auch bild- S. :^43; vgl. Gruppe, Burs. Jahresber. Bd. 137
liehe Darstellungen von ihm vorhanden sind, S. 622) schließt nämlich aus dem Kapuzenge-
ist ihrer bereits gedacht w^orden (s o.). wand, er sei ein aus dem Norden gekom-
323 Telesphoros (Wemm) Telesphoros (Wesen) 324
mener Gott und ursprünglich bei den angewendete Beiwort .sOiotpopo^, d. h. entwe-
Thrakern heimisch gewesen, deren Tracht der: lebenspendend, oder: lebende Wesen her-
er dann mit zu den Griechen gebracht habe. vorbringend. Gerhard {ebenda § 503) bezeichnet
Auch stamme der Name aus dem Thrakischen; ihn geradezu als 'zeugenden Phallusdäuion ',
die zweite Hälfte entspreche den Namen dieser und auch wenn die halbhohlen Figuren (in
Sprache auf -poris, was dann erst durch Volks- Kopenhagen und in Paris), deren obere Hälfte
etymologie dem griechischen -qpopo^ angegli- den (erst beim Wegnehmen sichtbaren) Phallus
chen worden sei. Diese Annahme Jhitiachs bedeckt, mit Telesphoros nichts zu tun haben
könnte überzeugen, wenn Telesphoros nicht in (s. o.), so wird er doch als Sinnbild z engen -
seiner Vennummung barfuß ginge, was sicher 10 der Naturkraft auch durch die Worte in
auch damals nicht die Sitte der Bewohner des v. 89 f. : ig rtXog eixoxiriv It^/jxae gekennzeich-
rauhen Nordens gewesen ist. Daß aber die net. Mit Recht betonen dieses phallische Ele-
nackten Füße zu seinem Typus gehören, wird meiit auch Fmioßa ^Äsklep. n. die Asklepiad.
besonders an den Bildwerken augenfällig, wo S. 54), Fröhner (Sculpt. du Loume 1 869) und
er mit beschuhten Gottheiten, z. B. mit Askle- Scheuch S. 54. Daß er in der Tat nicht nur
pios, zusammengestellt wird, so in der römi- ein Gott der Genesung ist, sondern allen zu-
sehen Statuengrappe bei Montfaucon (Avtiq. gehört, die sich schwellender Kraft,
expl. I pl. 186,6) oder auf dem elfenbeinernen namentlich sprossender Jugendblüte
Diptychon Gaddi (s. o.). Das Kapuzengewand erfreuen, erkennt mau am besten aus den
beweist also für die nordische Provenienz nichts; so Ephebeninschriften, nach denen heranwachsende
ist es doch noch heutzutage auch dem Süden Knaben in Athen ihn an die Spitze ihres Ver-
vertraut; an kalten Tagen, die dort keineswegs eins oder ihrer Stammrolle stellten. Endlich
fehlen, erscheint die Mönchskutte der Kapu- vergesse man nicht: nach dem Kasseler Hyvi-
ziner und anderer Orden geradezu als die von «U5, einem innigen Dankgebet (s. o.), erstreckt
der Vernunft gegebene Tracht und findet auch sich sein Segen auch auf die unbeseelte Natur
unter der nichtgeistlichen Bevölkerung vielfach und hilft ihren Mißständen, wie etwa Vieh-
Nachahmung; ja eine ähnliche trägt, sei es seuchen und Mißwachs, ab; denn nur darauf
zur Abwehr der glühenden Sonnenstrahlen oder kann sich in v. 39: vovcov änaad^tvog tivqo-
zur eigenen Erwärmung in kalten Wüsten- q)^ÖQov (nach G. Hermanns Verbesserung; be-
nächten, selbst der Beduine. 30 ziehen. Also zeigt sich auch hier wieder die
Freilich, auch wenn man, wie es meist ge- Macht des kleinen Gottes in der Förderung
9chieht, Telesphoros als Schutzgeist der Gene- alles organischen Lebens, dessen fröh-
senden ansieht, läßt sich die Verhüllung bis liches Gedeihen er verkörpert und versinn-
«uf den Erdboden herab mit der Barfüßigkeit bildlicht.
nicht zusammenreimen. Wenn irgendwo, so hat Da, nach dem soeben versuchten Nachweis,
X. JPeuerftacÄ« Ausspruch: 'Der Mensch schuf daß für die Erklärung der zwar malerischen, aber
Gott nach seinem Bilde', volle Berechtigung doch un jugendlichen Tracht des Telesphoros
in der Mythologie. Man müßte also annehmen, schon wegen der nackten FiLße weder die Klei-
Telesphoros hätten die Künstler nach der Tracht düng des thrakischen Nordländers noch das
der Rekonvaleszenten dargestellt. Nun wissen 40 Rekonvaleszentenkostüm in Frage kommt, so
wir aber von der im griechisch-römischen Alter- bleibt nur übrig, sie aus einem religiösen
tum üblichen Kleidung der Kranken und Ge- Herkommen abzuleiten. In der sikyonischen
nesenen fast nichts {Schenck S. 52: — ad cer- Stadt Titane stand ein Heiligtum des Askle-
tum haec res redigi non potest, cum de aegro- pios (s. o.), dessen uraltes Idol puppenartig
torum apud veteres vestitu nihil fere sit comper- mit Gewändern umhüllt war, sodaß man von
tum). Aus Telesphoros' bildlichen Darstellungen ihm nur das Gesicht, die Finger und die Füße
jedoch darauf einen Schluß zu ziehen, ist nicht sehen konnte. Was es mit dieser Vermummung
angängig. Wenn, wie es naturgemäß ist, solche, des Asklepios für eine Bewandtnis gehabt hat,
die schwere Krankheiten überstanden hatten, braucht hier nicht erörtert zu werden. Höchst
ihren Körper noch besonders warm hielten, so 50 wahrscheinlich schreibt sich aber von der un-
entblößten sie so wenig, wie dies heute Re- gewöhnlichen Bekleidung des älteren Heilgot-
konvaleszenten tun, die Füße ; das verbot ihnen tes die übereinstimmende des jüngeren her.
einfach schon das Gefühl. Also kann Telespho- Abgelebte Bräuche, die sich an jene knüpften,
ros nicht ein Abbild der von ihm beschützten übertrugen sich auf Telesphoros und erhielten
Rekonvaleszenten sein, und seine ganze Auf- sich bei ihm noch zu einer Zeit, wo die äußere
fassung als Gott oder Genius der Genesenden Erscheinung des Asklepios namentlich durch
ist zu eng. die bildende Kunst bereits tiefeingreifende
Es ist ja auch bereits betont worden, daß Wandlungen erfahren hatte. Die literarische
Telesphoros keineswegs als fröstelnder, halb Überlieferung und das erhaltene Bildermaterial
kranker Knabe aufgefaßt werden darf. DasEpi- eo gestatten nicht, zu bestimmen, wie lange der
theton (pusaivßgoTos im Kasseler Hymnus Typus des verhüllten Asklepios das Dasein ge-
(v. 33), das Homer bald Helios (x 138), bald Eos fristet hat; nachweisbar ist höchstens ein thro-
(ß 785) beilegt, schreibt vielmehr dem kleinen nender Asklepios mit Ärmelchiton im Palazzo
Gotte die Bedeutung und Wirkung hellen Lieh- Famese zu Rom {Matz-Duhn nr. 54), der nur
tes zu, das ja auch bei Ail. Aristeides (I p. 494 entfernt an eine solche Verhüllung erinnern
Dind.) seine nächtliche Erscheinung umstrahlt kann; vgl. Emil Löwe, De Aesculapi figura,
(s. o); vgl. Gerhard, Gr. Myth. I § 506. Diss. Straßburg 1887, S. 7. Während aber der
Noch wichtiger ist das andre dort (v. 43) antike Künstler die Antizipation des mittel-
l^2n Telesphoros (Wesen n. Name) Telestorides H2fj
alterlichen MöTichs^evvandes Lei dem männlicheu Ans]»ielnugou auf den Namen: »7;/} tx xäuvov-
Heilgott bald verschmähte, erschien ihm dieses rog ansTBkeat {Marin, rit. Procl. c. 7) und i^- ri-
bei <lcm Knaben wegen der Orifrinalitllt an- Xog i-vroxirii' ^O'rjxa? (Kasseler Hymnus v. 3ü
rautig, und man wird nicht bestreiten wollen, Kalbet). Schon bei Homer (T ;-i2) Hn«let sich
ilaß es ihm wohl ansteht. Jedenfalls hat Teles- ferner TsXeafpugov ^lg tviuvrov. bis zum Voll-
l)horos das Äußere eines zwerghaften Pfilttleins endung bringenden Jahre, d. h. bis znr Voll-
beibehalten und als ausschließliches Krken- endung d<'8 Jahres; denn da von dem .lahre au-
nungszeichen bewahrt. genommen wird, daß es alles zu Ende fiihrt,
Das Phantastische dieses Aufzugs ist viel- vollendet es auch seinen eigenen Verlauf und
leicht der Ausdruck oder die Begleiterschei- 10 gewinnt daher auch selbst einen Abschluß;
nung von Absonderlichkeiten im Kultus, Wie vgl. Ameis, Faesi u, Hentze zu d. St. u. zu fi 8H,
der Asklepioskult eng verbunden ist mit aller- Dann wird aber d.is Adj. auch im passiven
band Wunderkuren und Orakelkünsten der Sinne gebraucht und bedeutet von Gebeten,
Schwindelärzte, so mochte sich auch an Teles- Flüchen, Orakeln, Träumen .vollen «1 et, er-
phoros mancherlei Mummenschanz heften, von füllt; vgl. Aescli. Choepli. 204; 528; Sept. 03H
dem wir jedoch wenig wissen. Kaum daß man {Kirchhof})', Soph. Kl. (ÜB; Kur. Phoen. 60; 041;
bei Suidas s. v. und im Ktymologicuvi Magnum Sehend- S. 54. Daher erklären Suidas und das
751, 11 die gleichlautenden Worte liest: Ts- Etym. Magn. a. a. 0. das Wort mit t^Xeiog,
XtöcpOQOs ^ävt t g iyyaatQL^v&og, d.h. vollkommen. 7 «i£öqpo(»os ist also der, welcher
Telesphoros — ein weissagender Bauchredner. 20 die Vollkommenheit, die ihm selbst eigen ist,
Näheres ist über den ventriloquistischen Unfug, den Menschen bringt; der Vollendete und Voll-
den der Telesphoroskult im Gefolge hatte, nicht endende. Die attischen Epheben wühlen ihn
bekannt. Möglicherweise war der Gott Schutz- zu ihrem Schutzgott, weil sie von ihm erhörten,
patron herumziehender Wunderdoktoren, die daß er ihnen zu reiferer Entwickelung verhilft,
im sinkenden Heidentum den Aberglauben der und im Besitze jugendlicher Kraft verbürgt er
Menge gründlich ausnutzten; \g\. auch Gruppe die gesunde Ertüchtigung des heranwachsen-
S. 1455,1. den Geschlechts". Vgl. Telesphoros II.
Der Deutung des Namens ist schon vor- [Johannes Schmidt.]
gearbeitet worden. Wenn man die ohnehin frag- Telesphoros II {Tusa(pÖQog) als Götterbei-
würdige Ableitung aus dem Thrakischen ver- 30 name findet sich bezeugt für — 1) Gaia auf einer
wirft (s. 0.), bleibt wohl nur eine etymologische Inschrift aus Theben, die nach Dittenherger,
Erklärung aus dem Griechischen übrig. I. G. 7,2452 lautet: 'lagov r{uiccg) iMccIy.aigag
Während die zweite Hälfte des Wortes keinem TsXsacpogco, nach Vollgraff, Corr. Hell. 25 (1901),
Zweifel unterworfen ist, verursacht die erste 3G3 nr. 3: 'Ja()6v Fä? iVfaxaiporff Tf/.eöqpdpo. Die
bei der Vieldeutigkeit von xiXog Schwierig- beiden in dieser Inschrift ihr gegebenen Epi-
keiten. Es leuchtet ein, daß es hier nicht das theta trägt Gaia auch Orph. Hymn. 2«i, 10 aä-
Lebensende heißen kann; sonst wäre ja Teles- ^aiga Q-ta, vgl. Soph. Phil. AQO) und 26,2 {Tt-
phoros ein Todesgott. — Sachlichen wie sprach- XsacpoQs, vgl. Orac. Sihyll. 3 659). Der Beiname
liehen Bedenken unterliegt sodann die von bezeichnet die Göttin wohl als diejenige, welche
Boeckh{C. I. Gr.l S. 479a) aufgestellte und von 40 alles zur Vollendung und Entwicklung bringt
Welcker {Götterlehre II 740) sowie auch von (vgl. Plut. de Hb. educ. 4 p. 2E: devögcc . . . tv-
Gruppe a. a. 0. befürwortete Erklärung, die ^ovtcc ÖQd^f^g naidaycoyiccg hyy.ccQTta yiyvsrat ytcci
den Namen mit Mysterien {zeXeGq^oglai) oder rsX£6q}6Qa); vgl. auch Preller- Robert, Griech.
geheimnisvollen Weihen (Tf^8r(zt) in Zusammen- Myth. 635,3, — 2) die Moiren: Jia rsvs&Xiov,
hang bringt; denn obwohl der Telesphoroskult 'Hqccv Faai'iXiov., Moigccg TtXiGcpÖQovg , Ao^iav
sich im Laufe der Zeit von absonderlichen "Aqtsulv x. t. X., Dio Clirysost. or. 7 p. 209 R.
Bräuchen nicht freigehalten haben mag (s. 0.), (= 1, 139, 20 ed. Bindorf). Lobeck, Äglaoph.
so ist doch die Annahme von eigentlichen 767. Vgl. Moiqcc TsX86(p6qoq^ Aesch. Prom. 511
Weihen, namentlich bei dem Schweigen des (513). — 3) Zeus, Hom. Hymu. 23,2, wo nach
Ail. Aristeides, unhaltbar; ferner wären die xs- 50 Gemoll z. d, St. tsXsacpoQog nicht, wie manche
XtGcpogiai sprachlich doch erst wieder von tb- annehmen, '^allgewaltig' bedeutet, sondern ^ver-
XBCcfÖQog abzuleiten; aber auch wenn man von geltend', wie in demselben Sinne — 4) auch
rf^söqpoplor^ auf Tf'^7], was ja auch schon Weihen, Dike dieses Epitheton führt, Soph. A/. 1390;
Mysterien bedeutet, zurückgeht, so ist doch die vgl, Teleios IV — 5) Beiname der Selene, Orph.
von Welcher {Berliner Terrakotten S. 106) vor- Hymn. 8, 9, [Höfer.]
geschlagene Übersetzung: ""Träger oder Bringer Telestas {TsXsGTag), ein Bastardsohn des
dieser Weihen' wenig klar: es gab keine My- Priamos, Apollod. 3, 152 W; nach Dict. Cret.
sterien des Telesphoros, und diese konnten da- 4, 7 wird er von Diomedes getötet, [Ruhl,]
her auch nicht von ihm "^gebracht' (?) werden; Telestes {TsXsöf^g), Beiname des Herakles,
vgl. Sehenck S. 53. — Wer den Telesphoros für 60 wohl synonym mit Mystes (s d. nr. 3), loann.
den Gott der Genesung hält, wird bei xilog an Malalas 8 p. 204 ed. Bon. [Höfer.]
das Ende der Krankheit denken. Doch es fragt Telestho {TsXsöd-co in der Klasse W — Venetus
sich, ob dieser spezielle Sinn in dem Worte 9, 6 u. Parisinus 2708 — , TsXtGrco Rzach), r}
liegen kann. Es ist daher gewiß richtiger, die yiQoyioTtsnXog, eine der Töchter des Okeanos und
allgemeine Bedeutung Vollendung ins Auge der Thetis, Hes. Theog. 358. Ihren Namen hat
zu fassen zugleich mit dem Sinn Vollständig- sie ^von der Weihe des W&sseTs\ Preller- Robert,
keit, volle Entwickelung, Vollkommenheit. Gr. Myth. 1^ p. 553. [Ruhl,]
Damit stimmen auch die beiden etymologischen Telestorides {TsXsoTogidrigX Bei Kallim. fr.
327 Telestor Telete 328
13a Sdmeider: rsTQaivov Jafiäaov nut^a Ttlh- hing der reichen Literatur von 1811 — 190.S und
orogldriv^ woraus Fape -Benseier einen „Dama- Wiedergabe der haui^tsächlichsten Interpreta-
B08, Vater eines Telestorides" erschlossen hat, tionen bei Svoronos, Das Athener National-
liest E. ])ittrich, Jahrb. f. klass. J*fiil Suppl 28, museum 1, 336—340 (Taf. 56 ur. 1390); vgl-
179 (vgl. 201. 208 nr. 14): teTQoifvov Sä^ouv auch die Beschreibung des Reliefs C. I. G.
natdot TtlsöTOffidriv und bezieht das Fragment 4, 676.
auf Linos (s. d.), der Sohn des Telestor, d. h. Im folgenden nur einige der wichtigsten
des Apollon, da dieser so in einem Hymnus Deutungen: Prott, Atli. Mitt. 27 ^1902) 266,
(Anth. Pal. 9,525,20: rfpt^i^opoy, Tir&vccy re- sieht in dem Relief 'unbedenklicli' ein Denk-
Xiöxoga^ rmr^tvxa) genannt werde = den Sohn lo mal der Verbindung von mystischem Dionysos-,
des Apollon zerreißen im Alter von vier Jahren Demeter- und Kaiserkult f wohl weil die Kaiser
<^die Hunde>. Über weitere auf einem Papyrus- die Bringer der Euthenia und Eueteria seien,
streifen erhaltene Fragmente des Kallimnchos Hepdiug a. a. 0. 443]; dagegen wendet sich
mit der Behandlung der Linossage s. Körte, Ippel ebenda 37 (1912) 290f. Nach ihm ist
Archiv für Fapyrusforsdi. 5 (1918), 544 nr. 391. das Relief der T., Euthenia und p]piktesis ge-
Freilich will es sehr bedenklich erscheinen, von weiht. Er hält die kleine Statue mit dem
dem adjektivisch gebrauchten TBliarug ein Fruchtkorb links für Euthenia, 'Epiktesis wird
Patronymikon zu bilden. [Höfer] ebenso eine kleine Statue gewesen sein auf
Telestor s. Telestorides. dem Pfeiler'. T. selbst ist ihm die große
Telete (Tfisrtj)- Nikaia, Tochter des San- so Figur, die kleine aber auf dem Pfeiler Hfekate,
garios und der Kybele {Boscfi. Lex. 3, 1. 303), 'die Hüterin der Weihen'. T. weilt in dem
von Dionysos berauscht, gebiert dem Gott eine Heiligtum, das Statuen und Baum bezeichnen,
Tochter (Jfetnn frgm. 41, 5, F. H. (r., 3, 547; als großes den Ort erfüllendes Numon. Doch
A^'onw. 15, 169 — 16,405): ^BOGGvxog i]v%^BS %ovQri., hat Ippels Deutung wenig Wahrscheinlichkeit
fjv TeXsTTiv 6v6iiriafVy alsl x^^^QOvcccv togrccig, für sich. Die Hauptfrage ist nach wie vor:
xovgriv vvxTLXOQSvrov^ iqiBanoiiivriv Jiovva(o, worauf bezieht sich die Inschrift T6A6TH?
tSQnofiivriv ngordcloioi x. dfKpi7rZi)yi. ßoslj] Gegen die Deutung der kleinen oberen Figur
(Dww. 16, 866ff.). XogoTiXsTtris wird 8ie Dion. 4S, als T. sprach sich schon Sybel, Katalog der
880 genannt; sie wird Dienerin der Nikaia bei Skulpt. zu Athen nr. 348 (Artemis?), aus, Ke-
der Hut des Jakchos (886). T. ist die personi- so kule (TJieseion nr. 248 mit Literatur), der sie
fixierte Weihe; vgl. Deubners Artikel über Per- auch für eine Artemis hielt mit der Annahme,
Bonifikationen: Bd. 3, 2 Sp. 2068 flF. (im Index die daß unter T^AETH noch etwas gestanden habe.
Stellen zu T.). In diesem Sinn darf man viel- Ihm gilt auch die Figur der 'ETtUrrioig als T.,
leicht auch Herod. 4, 79 fassen: ^«cO^v^rjöf und inUrr\6ig (sie) "^ scheint sich auf keine
(Skylas) jdtovveoi Bccnxsitp rsXsod'iivai,, (ibXXovtl dieser Figuren zu beziehen'; auch Deuhner
8i ol ig x^^Q^9 aysad^cci xr]v TsXexr]v iyi- schaltet dies obere Figürchen als T. aus.
vsxo (pdöiia iisyiaxov. Daran wird wohl mit Svoronos festzuhalten
Auf dem Helikon stand neben Orpheus ihre sein, daß die Gestalten mit Inschrift dieser
Statue; Paus. 9, 30, 3 'OQq)8t 6h tc5 Ggccxl ns- auch entsprechen: Evd'rivia auf der Basis,
nolrixat, ft« v TtccQS6rui6a avxm T. [Erinnerung 40 'EjtUxriGig die sitzende Gestalt, in der Sybel
daran in Anstoph. Fröschen 1032?] Nach der gewiß richtig eine heroisierte Verstorbene (aus
Kalenderschrift aus der Epakria erhielt sie Chios? /Swrowos) vermutete. Milchhöfer wieder
dort Opfer; vgl. Amer. Journ. Arch. 10, 1895, (s. Svoronos 338) sieht in der Hauptfigur
210. 10; Prott, Fasti sacri 48 nr. 26 B 10; ( E%Ux7\öig) eine heroisierte Tote namens Te-
Deubn. a. a. 0. 2141, 64 if. {TsXBxfig envSia lete. Wieder anders Deuhner, Stais, Reinach
[od. anvXia'i s. Am. Journ. 223] A A A A). {'ex-voto ä des divinites protectrices de la vege-
Auf einem Rundaltar von Pergamon ist T. tation? . . . d une defunte?^), Kastriotis (xsXsxr'i
mit der iVv| und dem Aiyxo^iaxov verbunden: = Fest).
iVvxrl xal TsX8xi]i nal xibi Avxofidxmt KXavdia Im folgenden eine brief 1. Mitteilung von
TsXsacpoQLavla vuv^xqlcc xax' övag (wo die Zu- 60 0. Weinreich, der mir nach Autopsie schreibt:
sammenstellung der iVv| mit der T., die ja 'Das Relief ist überarbeitet offenbar zu einer
xovQTi vvxxLxOQSvxog ist, keine Schwierigkeit zweiten Verwendung. Das ist ganz deutlich
bietet); vgl. Hepding, Mitt. d. arch. Inst. 35 an dem Zapfen, mit dem es in die Basis, die
(1910) 458; s. auch Kern, Herrn. 4:6 (1911) 434; es trug, eingefügt war. Danach ist das Relief
A. S. Peinach, Rev. et. gr. 25 (1912) 53 \^Divi- links unvollständig. Nun ist sicher und oft
nües orphiques de la Finalite et de la Fatalite^]. hervorgehoben, daß auch die Inschriften nicht
Mit Unrecht wurden früher viele Bilder auf gleich sind, also wohl auch nicht gleichzeitig.
T. bezogen; vgl. GcrÄard, -4n<. ^iZdz^. 210, 211. Und da die große Inschrift TeX^xr} ziemlich
52. T. XLIX, L 295 CCCXI 402. In der letzten roh im Felde steht und an einer Stelle, wo
Zeit fand häufige Besprechung das Relief aus ursprünglich wohl die aus der Schale trinkende
Lnku in der Thyreatis ('1. Jahrh. nach Chr.' Schlange vom Baum herabhing, so möchte ich
Svoronos-., 'wahrscheinlich aus der Villa des diese Inschrift für sekundär, die beiden an-
Herodes Atticus' Deubn. a. a. 0. 2125 mit Re- deren für primär halten. Nach der Analogie
Produktion). Die Bedeutung des Reliefs ist des ebenfalls aus Luku stammenden Heroen-
noch nicht völlig erkannt, zumal noch nicht reliefs, das stilistisch verwandt ist (s. Svoronos
einmal die erforderliche Einigkeit in der Iden- 339 r.), glaube ich, daß es ursprünglich ein
tifikation der Figuren selbst besteht. Die ge- Grabrelief für die heroisierte 'EnUxriGi? war
naueste Beschreibung des Reliefs ipit Samm- und später zum Weihrelief umgestaltet wurde,
:^29 Teleus Tellumo 330
was um so leichter ^inj^, als sich der Menschen- er denkt Uei dieser Ahnherrnschaft des Tellis
name 'ETti%Tr\ai^ nun auch niytlioloj^fisch fassen zu Archilochos an eine spätere 'Ciceroniertin-
ließ. . . Bei dieser Neuverwendunjj^ hat man dunj^', durch die Tellis in diesen Zusammen -
die Schlanjj^e aljgearbeitet und TfXtxi] einge- hanjf mit Archilochos geliracht worden sei,
graben, was nun sehr wolil auf die j^roße Ge- der ja auch dem parischen Priestergeschlechte
stalt bezogen worden sein maor, wodurcli Eni- der kabirischen Dcsmeter anp^ehörte. Der Name
xtriGig allerdings bildlos würde'. Tellis, anklingend an die pariwchen riXi], als
Danach scheint mir wohl möglich, daß hier Kurzform zu 7 tJlföqpoyoc, tat das scnnige dazu.
T€A€TH gar nicht als Personifikation zu be- Wäre also die Verwandtschaft erst später will-
trachten ist, sondern etwa in der Auffassung, lo kürlich konstruiert, wie IHeterich anniu)mt,
wie sie Sroronos geäußert hat: das Wort rfA,«T7?' dann könnte Tellis wohl als ^qpTj^os dargestellt
bezieht sich entweder auf die Feier der He- gewesen sein.
roisierung der Epiktesis oder auf den Akt einer Indessen folgte nach Crusius Polygnot
Fruchtbarkeitsfeier, und das Kelief selbst ist zweifellos der heimischen Überlieferung (so
wie der Altar des Musonios (Svoro7i. 340) v^g auch Hauveite, der von Tellis und Kleoboia
xiXfxii? rb 6vvQ-i]ucc. Das Wort xbXfri] gibt sagt, daß sie „figuraient sous yne forme con-
dann den Zweck und Inhalt des Reliefs an — crete la patrie de Vartiste ei rnppeluient /e.s
womit freilich, wenn sich diese Interpretation Souvenirs les plus recules de Vinjluence paricnup
in der Folge als richtig erwiese, wieder ein a TAorsos"), die in der spä,teren "" mirakelreichen'
nicht unwichtiger Beleg für die Personifikation 20 xxlöig IJccqov sich wiederfinde; vgl. das be-
der Telete hinfällig würde. kannte Orakel liyysiXov Hagloig, TiXsalxXteg,
Eine weitere mutmaßliche Darstellung Te- öig gs xfXsvco- V7]aa) iv 'Hsgirj y,xl^si.v evdsifXov
letes: auf einer kapitolinischen Bronze ist aaxv (Euseb. praep. ev. H, 7). Dieser Telesikles,
sie abgebildet als kleine Gestalt 'mit flacher Vater des Archilochos, führte die parische
Scheibe (Ttlvcc^) auf dem Kopfe: Telete? Kolonie nach Thasos, so daß ihn Crusius als
Nymphe?' {Eosch. Lex. 1, 2. 1906 f.) einen Doppelgänger des polygnotischen Tellis
[Preiseudanz.] und dessen Namen als Kurzform auch zu Tele-
Teleus (TsXsvg), Vater des Klymenos (s. d. sikles betrachtet,
nr. 6), Farthen. 13. [Höfer.l Noch weiter sucht Hauvette zu kommen mit
Teleiitagoras {TsXsvrayoQccg), Sohn des He- 30 der Annahme, der Kult der parischen Demeter
rakles und der Thespiade Euryke? oder Euryte?, sei zuerst von Tellis und Kleoboia nach Thasos
Apollod. 2, 162 W. [Ruhl.] gebracht worden, während erst zwei Genera-
Teleiitas (TsXsvxag), Phryger, Vater der tionen später die eigentliche Kolonisation unter
Tekmessa (s. d.), Soph. Ai. 210. .'iSl. Schol. B. Führung des Telesikles, der als Nachkomme
L. Rom. II. 1, 138 (p. 15 a 43 Bekker). J. Toepifer, dieses alten yixiaTr,g besonders zu diesem Amte
Att. Genealogie 276 Anm. 3. [Höfer.] geeignet erschien, vor sich gegangen sei. Dem-
Telethusa, Gemahlin des Ligdus und Mutter nach wäre Archilochos als Urenkel des Tellis
der Iphis (s. d.), Or. Met. 9, 682; 696; 766. anzusehen und dieser mit Kleoboia als der
[Ruhl.] frühste Übertrager des parischen Demeterkultes
Tellis (7 f /.Ztg. -u^og). 1) [Literatur: ^rrwpjpe, 40 nach Thasos. [Preiseudanz.]
Gr. Myth. S. 222, 16; Bobert 16. Winckelmann- Vgl. auch 0. Jahn, Hermes 3 (1869), 326.
iwogr. S. 6; Bieterich, Nekyia S. 69; Crusius v.Wilamowitz, Homer. Untersuch. 223 Anm. 19.
bei Pauly-Wissoiva s. v. Archilochos 2, 490, Bobert a. a. 0. 81. Kuhnert, Arch. Jahrb. 8
10 ff.; Preller, Mythol. 1 S. 754, 1; Hauvette, (1893), 109 f. Schöne, ebenda 201 Anm. 23.
Archiloque, Paris 1905, S. 43f,]. Auf dem Po- P.Weizsäcker, Polygnots Gemälde in der Lesche
lygnotischen Gemälde der Unterwelt in der der Knidier in Delphi 15. — Wenn im Texte,
Lesche zu Delphi saßen im Schiffe Charons was mir aber unnötig erscheint, überhaupt
Kleoboia (s. d.) u. Tellis: Paus. 10, 28. 1 ol etwas zu ändern ist, liegt am nächsten für
Sh tTtLßsßrixöxt? xyg vemg ovy. iracpavalg ig iq^rjßov zu schreiben acp^ßov; vgl. Pollux 2,
anavxäg ÜGiv olg 7tQ06rjy,ovai, TeXXig iihv 7]li- 50 10. 18. 1, 236. Suid. s. v. äcpTqßrpiOxi ' yrigdoccvtL.
v.iav icp'^ßov ysyoviog (pccivhxai, KXsoßoia 3s hi — 2) Sohn des Teisamenos, Bruder des Daime-
Ttagd'^vog, ^%si 8s iv xolg yövaGL yaßcoxöv bnoiag nes, Sparton und Leontomenes, Paus. 7, 6, 2.
noislG^ca voul^ovGL JijfirixQL. ig ^h> di] xöv [Höfer.]
TiXXiv xoGovTov i'j'iiovGcc mg 6 noLrixr}g 'iQx^Xo%og Telliimo nennt Varro bei Augustin, Cir. I)ei
äitoyovog el'ri xQixog TelXiSog' KXsoßoicxv Sh ig 7, 23 einen der Tellus entsprechenden männ-
QÜGov xa oQyicc xfjg ^r\iLr]XQog ivsynstv ttqwxtiv liehen Gott. Daß er etruskisch war, folgt aus
i% UdcQov cpaGiv. Eine Schwierigkeit im Text: zwei Tatsachen, erstens daß er auf dem Temp-
TsXXig ^hv TiXiyüav ysyovojg cod. Leid. A; icprißov lum unter den Namen Tellurus (s. a.) bei
schalten die anderen Hs.'^. ein, was Bobert für Martianus Capella erscheint, und zweitens, daß
unmöglich hält, da Tellis als Ephebe nicht 60 die etruskische Hafenstadt Telamon, in etrus-
Ahnherr des Archilochos genannt werden könne; kischer Form auf ihren Münzen {Fabr. C. LI.
von Wilamowitz verb. bei Bobert: TeXXig ^ihv nr. 297 a— 302) telmun oder tlamun genannt,
r\XfAiav yigiov cog cpulijg äv, eine Emendation, ohne Zweifel nach ihm ihren Namen hat,
die allerdings in dem folgenden KX. Sh hi denn Tellumo lautet in etruskischer Lautge-
Ttccgd-ivog begründet zu sein scheint [vielleicht stalt telmun, woraus dann mit Metathese tla-
ist einfach zu lesen yigcov mg cpaivsxai?], wie- mun werden kann. Über diesen letzteren Vor-
wohl Dieterich den Zusatz der Hss. icp^ßov gang vgl. s. v. telmun. [C, Pauli.]
auf andere Weise für gerechtfertigt hält; denn Vgl. G. Wissowa, Beligion und Kultus der
Röscher,* Lexikon der er. u. röm. Mythol. V. 12
331 Tellurus Tellus (Name «. Bedeutung) 332
Homer* S. 192, 1. P. Wolters. Archnol. ferner- griti der mütterlichen Erdgottheit gruppiert,
kungen II =« SUzunifsber. d. K. Baijtr. Akad. d. hat A. Dieterich. Mutt^ Erde, Leipzig u. Berlin
Wixs PhiJos-philoI. u äia/. Klasse 1916, 3 8.45 1905 (2. Aufhige mit Nachträgen von B. Wünsch
und den Art. Tellus Sp. 332, 64tf. [Höfer.j 1912} vortrefflich beleuchtet; für die spezitisch
Tellurus wird bei Martiamis Capella in römiRchen Anßchauungeu vgl. W. Warde Fonler^
folgendem ZuBammenhang gelesen: *Corro- the religious experieme of Roman pcople, Lon-
gantur ex proxiina [sc. regione, i. e. quintaj, don liUl, S. 12()tf. (;. Wissowa, Religion und
UraHseursis damibus coniugum regum, Ceres, Kultus der Römer* ^. VJ2 f^.
TelluruSy Terraeque pater, Vulcartus et (Tenius\ Der Kultname lautet ursprünglich aus-
Hier wird das Terrae pater verschieden ge- lo schließlich Tellus (Serr. Aen. 1,171 tellurem
faßt. A'. O. Müller ( Ktr. 2\ 130 == 2«, 184) autem 2>ro terra posuit, cum Tellurem deam di-
schreibt: 'der Vater der Erde Vulcauus*, ver- camus, terram elementum ; vgl. 12,778. Cic. de
steht also Terraeque pater Vulcanus, während nat. deor. 3, 52 terra ipsa dea est et ita habetur:
Deecke (Etr. Fo. 4, 16 not. 16) geneigt ist, das quae est enim aha Tellus? Placid. ('orp. gloss.
Terrae pater für eine Glosse zu Tellurus zu /«f. 5,101,19 <Tc//m«> "Telluris, dea terrae), und
halten. Das ist auch mir wahrscheinlich. Vgl. zwar ohne weiteren Zusatz (z. B. heißt der stadt-
auch s. V. tehnun u. unt. Sp. 382, 32. [C. Pauli.] römische Tempel nie anders als aedes TeUuris;
Tellus. in jüngerer Anrufungsform Terra Tellus mater steht nur in der überarbeiteten
mater, altrömische Erdgöttin, wobei die Erde Formel der Devotio urbis bei .1/acr. ,S'. 3, 9, 1 1 ;
nicht als Element, im Sinne des Erdganzen 20 in den Worten des Varro de r. r. 1, 1, 5 itaque
im Gegensatze zum Himmelsgewölbe (Gaia und quod ii parentes, magni dicuntur, luppiter pater
Uranos) oder zum Weltmeer (Gaia und Okeanos), appellatur, Tellus {Terra (getilgt von Jordan
gefußt ist, sondern als der heimische Erdboden zu Preller, Rom. Myth. 2' S. 2, ;^)J mater gehört
in seiner doppelten Eigenschaft als Saatfeld mater nicht zum Namen, sondern ist Prädikat),
und als Grabstätte: tu alimenta ritae trihuis nur vereinzelt findet sich auf Inschriften (C. i. Z.
perpetua fide et, cum recesserit anima, in tete 6,769. 8 Suppl. 11986) die Benennung ^/ea T^/Zm^.
ref'utiimtis: ita quicquid tribuis, in te cimcta re- Seit dem Ende der Republik tritt daneben in
cidunt heißt es in einem dichterischen Gebete rasch zunehmender Häuögkeit, aber z. T. mit
an die Göttin {Precatio Terrae matris, Anih. lat. lokalerBeschränkungdieBezeichnungalsTerra
5, 12ff..B.'), und diese Doppelnatur als All- 30 mater auf (wmier Terra C. /. X. 2,. ']52 7. 12,359,
gebärerin und als Bergerin alles Abgestorbenen dea Terra mater C. I. L. 13, H249; poetisch da-
spricht sich auch in den mit großer Wahr- inr Terra parens lucen.^.'lbl. 6\ /. X. 6, 18579
scheinlichkeit auf sie zu beziehenden Indigi- = Buecheler, Carm. ep. 1039, 1), für welche der
tationen als Panda Cela {Varro Menipp. frg . römische Stein CLL. 6,770 Tcrrai matri und
b06 Buech. und mehr bei R.Peter oben Bd. 2 die Akten der augusteischen Säkularfeier (C'.i.i.
Sp. 210f.) und Genita Mana (Plut. Qu. Rom. 6,32323 Z. 136) die ältesten Zeugnisse sind; die
62. PZm. «. Ä. 29, 68, vgl. oben Bd. 1 Sp. 1612) Epiklesis mater ist ein notwendiger Bestand-
aus, die beide in der sog. polaren Ausdrucks- teil dieses Kultnamens und mit dem voraus-
weise das Wesen der Göttin von den entgegen- gehenden Eigennamen völlig zur Einheit ver-
gesetzten Enden seines Inhalts her umfassen. 40 schmolzen, wie Vitruv. 4, 9, 1 arae . . . Vestae
Die Doppelbeziehung auf Werden und Vergehen Terrae matrique humiles conlocentur zeigt (denn
wird in Anlehnung au griechische Vorbilder es handelt sich nur um die beiden Gottheiten
{Menand.niotiost.S9 y^ "jtdvTa rlxrsi xai ndXiv Vesta und Terra mater). Die Griechen geben
xo^i^^rort) auch an zahlreichen Stellen der rö- daher den Namen ebensowohl durch Vfi (die
mischen Dichtung hervorgehoben, zuerst bei aedes TeUuris heißt o vBmg rfjg Ffig Dion. Hai.
Ennius var. 48 F.* gentis omnis peperit et resu- 8, 79, 0, tb rf]g Ffig Isgov Appian. 6. c. 2, 126,
mit den uo und L^ucrez 5,259 omniparens eadem vgl. Cass. Dio 44, 22, 3) wie durch ^rwir^TriQ
rerum commune sepulcrum, später häufig in wieder; z. B. bezeichnet mit diesem Namen
metrischen Grabinschriften, deren Zeugnisse Lydus die Göttin der Feriae Sementivae (de
B. Lier, Philologus 62 (N. F. 16) 1903 S. 586 ff. 50 mens. 3, 9 p. 42, 15 W. Ugonolow JrjtiritQi otov
wad A. Dieterich, Mutter Erde S. 7 6 zusammen- r^ Fj tfj vxodsxoii-tvrj rovg -naQnovg) und der
gestellt haben, z. B. C. L. L. 6, 154:2:^ = Bücheier, Fordicidia {de mens. 4,72 p. 124, 10 W.) und eben-
Carm. epigr. 1129^2 quae genuit, Tellus ossateget so Zosimus 2,5 die Terra mater der Säkular-
tumulo; C. L. L. 12, 1932 = Buecheler 1476, 2 feier, während umgekehrt Florus Verg. orator
Terra mater rerum quod dedit ipsa teget; CLL. an poeta p. 185, 11 Roßb. die Göttin, die den
5,7454 = Buscheier 809 mater genuit materque Triptolemos aussendet, Terra mater nennt: da-
recepit. Hier spricht sich überall zugleich die her müssen wir uns, wenn ein griechischer Ge-
Anschauung aus, daß die Erde nicht nur die währsmann eine römische Göttin namens Jrj-
Quelle des pflanzlichen, sondern auch alles j*»?i^»3(> erwähnt, immer die Frage vorlegen, ob
animalischen Lebens {fprtilis frugum pecorisque 60 Ceres oder Tellus gemeint ist.
Tellus Llor. c. s. 29. vgl. Diod. 37, 11, 1) mit Der älteste Gottesdienst der Erdgöttin
Einschluß des menschlichen Daseins ist, nicht in Rom ist unpersönlich und an keine feste
nur frugum mater {Ovid. fast. 1,671. Paneg.lat. Kultstätte gebunden. In den Gebetsformeln der
5, 13, 61, sondern auch gentium et divum parens Pontifices fanden sich die Anrufungen Tellumo
{Anth. lat. 5, 17 JB.*, vgl. Siiet. Caes. 7, 2 Terra, Altor Rusor {Varro hei Atigust. c. d.l ,23 = antiq.
qutie omnium parens h€iberetur) und d&hei prima dir. 16 frg. 45* Agahd , Jahrb. f. Philol. Siijjpl.
deorum Tellus {Verg. Aen. 7, 136 . Den ganzen 24, 213: pontifices . . . quattuor diis fuciunt rem
Kreis von Vorstellungen, der sich um den Be- divina?n: Telhiri Teliumotii AHori Rusori); diese
o:»:> l'ellus (Fest d. feriae Sementivae) Tellus (Fest d. Fordicidia» ;^84
drei Namen verhalten sich zur Krdfjrottheit eben- scheidet die allgemeine Regel bei Cic. de leg.
KO, wie die zwölf numitM, die der Flamen beim 2, 19 ferias . . . in famulis operihus patratis ha-
sacrum Ceriale anruft {Serr. (leonj. 1,21, s. unten hento) an zwei durch eine siebentägige Zwischen-
Sp. 3;{4, 19tf.), zu den dort verehrten Gottheiten frist getrennten Tagen (in der Regel des Ja-
TelluK und Ceres, wobei noch bemerkenswert nuar) begangen wurden, an deren erstem der
ist, daü in beiden Fällen diese ^Sondergötter' Tellus, am zweiten der Ceres geopfert wurde
männliche Namen tragen, während ihre Anru- {Lyd. de mens. 3, 9, der die Göttinnen JrnirJTTiQ
fung im Dienste weiblicher Gottheiten erfolgt und Koftt] nennt; vgl. Oü id. fast. 1, 667flf. Paul.
{\gl Wissowa, Ges. Äbhandl. S. 3llf. ^20). Die p. 837; die auf attische, nicht auf römische
Beziehungder Anrufung .4/<o>- auf die Nährkraft 10 Saatfeiern bezügliche Notiz des sog Probus
der Erde {quod ex terra aluntur omnia, quae zu Very. Geor(ß.2,SHb ist fernzuhalten); wo nur
nata sunt, Varro a. a. 0.) liegt auf der. Hand, von einem Festtage die Rede ist (Varro de 1. 1.
in der späteren Liturgie entspricht ihr das «j, 26 Sementivae feriae dies is, qui a pontt/ici-
Beiwort aima, das der Krdgöttin in erster Linie bus dictus, appellatus a semente, quod sationis
zukommt (Serv. Jett. 10,252 alnia proprie est causa susceptae), ist damit der speziell der Tel-
Tellus ab eo, quod nos alat, tarnen etiavi aliis lus geltende erste Festtag gemeint (vgl. Varro
numinibus hoc epitheton datur; vgl. alma Tellus de r. r. 1, 2, 1 Sementivis feriis in uedem Tel-
bei 0?;/d. met. 2, 272 und über die sonstige Ver- Iuris veneram rogatus ab aeditunio), während
Wendung dieser Epiklesis Thes. ling. lat. 1, 1703); der zweite wohl zweilellos das von Fabius Pictor
Kusor wird yon Varro {quod rursus cuncta eodem 20 bei Serv. Georg. 1,21 erwähnte sacrum Ceriale
revolvuntiir)=revor.sor gei&üt, gehört a,her wohl ist, bei dem der Flamen (Cerialis) Tellus und
zu der in ruriia, rumen, Bumina (s. JR. Peter Ceres gemeinsam opfert und dabei zwölf 'Gott-
oben Bd. 2 Sp.219f.) vorliegenden Wurzel. Tel- heiten' (richtiger die Gottheit unter zwölf ver-
Imno {^ *TeUusnio) entzieht sich einer sicheren schiedenen Indigitationen) anruft, welche den
Deutung, aber ein männliches Seitenstück zur ganzen Kreislauf der ländlichen Arbeiten vom
weiblichen Tellus hat erst die Spekulation aus ersten Brachpflügen bis zum Einfahren und dem
ihm gemacht {Varro a.a.O., vgl. auch frg. 46^ Herausgeben des Korns aus der Scheuer um-
hei August, c. d. i, 10), auf welcher fußend dann fassen {Fabius Pictor hos deos enumerat, quos
H. Nissen {Pompejan. Studien S. 332) sogar invocat flamen sacrum Ceriale faciens Telluri
hermaphroditische Darstellungen der Erdgöttin 30 et Cereri: Vervactorem, Pedaratorem [so Sal-
nach weisen zu können geglaubt hat. Der an- masius, Hs. reparatorem], Iniporcitorem , Jnsi-
gebliche männliche TeUurus in den Götter- torem, Obaratorem, Occatorem, Sarritorem, Sub-
reihen des Jfari/anMsCa/>eZ?a (1,49 in der fünften runcinatorem, Messorem, Convectorem, Condi-
Uegion: Ceres TeUurus Terraeque pater Volcanus torem, Promitorem; vgl. dazu Wissowa, Ges.
et Genius) ist vielleicht nur ein verkannter ar- Abhandl. S. 309 ff.). Trächtige Kühe {fordae bo-
chaischer Genetiv auf -iis (vgl. auch C. Thulin, res) werden der Tellus an ihrem nach diesem
DieGötter des MartianusCapella und der Bronze- Opfer benannten Hauptfeste, den Fordicidia
lebtr^ von Piacenza, BGVV 3, 1 S. 3. 46f.\ (Ovid. fast. 4, 629tf. Varro de l. l. 6, 15; ältere
Älter als die Vorstellung einer persönlich Form Hordicidia Paul. p. 102. Varro de r. r.
gefaßten Erdgottheit ist die Gedankenverbin- 40 2, 5, 6, wo die Überlieferung Hordicalia viel-
dung zwischen dem Saatfelde und dem be- leicht nicht zu korrigieren, sondern als spätere
fruchteten Mutterschoße. Aus ihr erklärt sich Nebenform des Festnamens zu erklären ist, da
der Brauch, der Erde weibliche (Horaz epist. Lyd. de mens. 4,72 p. 124, 11 die Schreibung
2,1,143 Tellurem porco, Silvanum lacte pia- ^ogSiKocXia bietet) am 15. April {CLL. 1*
baut widerspricht nicht, es müßte nur genauer p. 315) geschlachtet. Das Fest stammte noch
j9orco/(!^mma heißen, wie bei Oaio de a^nc. 134,1; aus der Zeit der Feldgemeinschaft der Kurien
vgl. auch E. Labbert, Commentationes pontifi- und wurde daher zwar als Staatsfest {publice)^
caies S. 74), und zwar trächtige Tiere zu opfern. aber getrennt nach den Kurien begangen {pu-
Das gewöhnlichste Opfertier für sie war die blica sacra pro curiis, Fest. p. 245), in denen
sus plena {Fest. p. 238. Cic. de divin. 1, 101. 00 auch noch in historischer Zeit an diesem Tage
Arnob.1,'22 Telluri matri scrofa inciens immo- eine forda bos geopfert wurde {Varro de 1. l.
latur et feta ... ob honorem fecunditatis ipsius), 6,15. Ovid. fast. 4:, 636 t.), während außerdem
die ihr nicht nur bei der Säkularfeier dar- auch ein allgemeines Staatsopfer gleicher Art
gebracht wurde {C. I. L. 6, 32323 Z. 137 uti tibi durch die Pontifices auf dem Capitol dar-
sue plena propri[a sacrum fiat]. Orakel bei gebracht wurde {Ovid. a. a. 0. v. 630. 635. Lyd.
Zosim. 2, 6 v. 11 nlriQ'oaivri xolqols vg isQsvoiro de mens. 4, 72, der aber sonst mit Vorsicht zu
lieXuLva; die schwarze Farbe wird nur hier im benutzen ist, da er mehrfach fremde Züge ein-
Orakel, nicht in den Protokollen der Säkular- mischt; vgl. Th. Litt, De Verrii Flacci et Cor-
feier erwähnt), sondern auch bei dem alten we?M jLa&eoms /asiorttm Z/6m, Diss. Bonn 1904,
Saatfeste, den feriae Sementivae (Oy/tZ,/asi. 60 S. 25, 2). Das Fest galt der Fürbitte für das
1, ^11 i. placentur frugum matres Tellusque Ceres- Gedeihen der um diese Zeit in der entschei-
que farre suo gravidae visceribusque suis), die denden Entwicklung befindlichen Saat und stand
als Wandelfest {feriae conceptivae, Macr. S 1, in enger Beziehung zu den benachbarten Festen
16,6. Paul. p. 62) je nach dem Stande der einerseits der Cerialia am 19. April (der Zwischen-
Feldarbeiten nach Beendigung der Aussaat {se- räum von drei Tagen ist für zusammengehörige
minibus iactis est ubi fetus ager, Ovid. fast. Festfeiern herkömmlich, vgl. Wissowa a. a. O,
1, 662, dagegen stg ccQxijv önoQov Lyd. de mens. S. 162 ff), andererseits der Palilia am 21. April;
3, 9 p. 42, 1 1 W. ; für die Angabe Ovids ent- denn bei den Fordicidia wurden aus den ge-
12*
335 Tellus (Opfer d. porca praec.) Tellus (und Ceres) 336
opferten Kühen die ungeboreuen Kälber heraus- der Möglichkeit rechnen mußte, im Laufe dea
geschnitten und zu Asche verbrannt, diese Asche Jahres bewußt oder unbewußt eine Unterlas-
aber von den Vestalinnen bis zu den Palilien sangssünde gegen die Vorschriften des ins
aufbewahrt, um bei dieser Reinignngsfeier zu- manium begangen zu haben (vgl. Lübhert,
■ammen mit anderen Dingen (s. oben Bd. 3 Comment. pontiflcdles S. 78). Für die Vereini-
8p 1279) als Siihnmittel Verwendung zu finden gung einer Handlung des Totenkultes mit einem
(Ovid. fast. 4 , 639 f. 738). agrarischen Opfer zieht Dieterich a. a. 0. S. 78
Die sowohl beim Saatfeste wie bei den treffend den attischen Kultbrauch zum Ver-
Fordicidia hervortretende enge Verbindung gleiche heran, daß der Huzyge beim &Qorog
Ton Tellus und Ceres begegnet zum dritten lo TsQog u. a. toi? negLogcbaiv nracpov öwf/a tlucht
Male bei dem alljährlich vor Beginn der (Schol Soph. Äntig. 256, vgl. Töpffer, Attische
Ernte (priusquam messim facies . . . prius- Genealogie S. 139). Ciceros Worte de leg. 2, 57
quam hascf fruges condas: far, triticum, hör- nee tarnen eorum ante sepulctum est, quam iusta
deum, fäbam, aemen rapicium, Cato de agric. facta et porcus (so Lühhert a. a. 0. 8. 73, Hss
134,1; antequam nwoam frugem, quae dapem corpus) caesus est gehen wahrscheinlich auf die
mereat, de suo capiant, Mar. Viel. T^.ib K.; ante porca praesentnnen , dagegen die folgenden
fruges novas captas, (JcW. 4, 6, 8; antequam no- Worte in eo, qui m nare necatus, deinde in
vom frugem praeciderent , Paul p. 219; prius- mare proiectus esset, .... porcam heredi esse
quam novas fruges gustarent, Paul. p. 223) dar- contractam auf die porca praecidanea, während
gebrachten Opfer dßr Porca praecidanea 20 die weitere Bestimmung et habendas tridunm
(feriae praecidaneae, Gell, i, 6,10), das neben feria^ et porco femina piaculum pati, da sie
seiner agrarischen Bedeutung zugleich Be- nach CiceroB ausdrücklicher Angabe nur im
siebungen zum Totcnkult aufweist, da es pia- Falle des in nave necatus, deinde in mare pi'o-
euli gratia (Gell. 4, 6, 8) zur Sühnung bestimm- iectus, nicht aber bei dem in mare mortuus
ter Verstöße gegen das t ii« mantum diente (^u/ Platz greifen soll, eine besondere Sühne für
iusta defuncto non fecerunt aut in faciendo pec- den von fremder Hand herbeigeführten gewalt-
carunt, Mar. Vict. p. 25 K.; qui mortuo iusta samen Tod (wecafws) darzustellen seheint (anders
non feeisset, id est glebam, non obiecisset, Paul. früher Real-Encykl. 3, 1972).
p. 223; quod humatus non sit, Varro bei Non. Der Anteil der beiden Göttinnen am Opfer
p. 163; st qui familiam funestam aut non pur- so der porca praecidanea ist offenbar so geregelt,
gaverant aut aliter eam rem quam oportuerat daß das Emteopfer der Ceres gilt, die Süiin-
procuraverant, Gell. a. a. O.). Cato a. a. 0., der leistung für Vernachlässigung der Pflichten
nur der Beziehung auf die bevorstehende Ernte gegen die Verstorbenen aber der Tellus als
gedenkt, gibt als Empfängerin des Opfers Ceres der Gottheit der Grabstätte. In dieser Eigen-
allein an (ebenso Paul. p. 223. Gell. a. a. 0.) schaft gehört sie in den Kreis der di inferi
nnd teilt ausführlich nur die bei dem Vor- und steht in engster Beziehung zu den di manes,
Opfer {iure vino lano lovi lunoni praefato, mit denen zusammen sie bei der Devotion (deis
priusquam porcam feminam immolabis) zur An- manibus matrique Terrae, Liv. 8, 6, 10 = Val.
Wendung kommende Gebetsformel mit; daß Max. 1,1, S; deis manibus Tellurique, Liv. S,
das Opfer aber Tellus und Ceres gemeinsam 40 9,8; vgl. 10,28,13; dis infernis Terraeque pa-
alt, bezeugt Varro de vita pop. Rom. 111 bei renti, luven. 8, 257) und bei der Defixion {pars
t
on. p. 163: quod humatus non sit, heredi porca Terram matrem deosque manes orarent, ne mor-
praecidanea susdpienda Telluri et Cereri; aliter tuo sedem ullam nisi inter impios darent, Suet.
familia pura non est. Wahrscheinlich bestand Tift. 75, 1, danach Aur.Vict. Caes. 33,31 vulgus
ursprünglich ein jetzt nicht mehr deutlich er- pari clamore Terrain matrem deos quoque in-
kennbarer Zusammenhang zwischen diesem feros precaretur, sedes impias uti Gallieno da-
Opfer und dem der pra^sentanea porca, quae rent; daher auch Tellus hoc ita iusta sinat,
famüiae purgandae causa Cereri immolatur, Prop. 1, 19, 16) erscheint; auch in der Formel
die angeblich deshalb so benannt ist, quod der Devotio urbis, die uns bei Macrohius S. 3,
pars quaedam eius sacrißcii fit in conspectu 50 9,10 t in jüngerer Umgestaltung vorliegt, war
mortui eius, cuius funusinstituitur (Fest.]). 20O; wohl ursprünglich neben den Manes auch die
Ygl. Mar. Vict. a.a.O.); zwar ist hier nur von Terra mater angerufen; jetzt erscheinen dort
Ceres die Rede, daß aber ursprünglich Tellus am Anfange Dispater, Veiovis, Manes und am
an dieser Stelle oder mindestens neben und Ende Tellus mater und luppiter mit der Hinzu-
vor Ceres stand, darf man aus der Beziehung fügung (§12) cum lellurem dielt, manibus ter-
dieses Opfers auJF den Totenkult schließen, mit ram tangit (dazu vgl. E. Samter, Gehurt, Hoch-
dem nicht Ceres, wohl aber Tellus verwachsen zeit u. Tod S. 18, 2), cum lovem dicit, wanus
ist. Man wird das Verhältnis beider Opfer zu- ad caelum tollit. Das Grab ist die Kultstätte
einander so auffassen dürfen, daß das Sühn- der Terra mater und der di manes, wie die
Opfer der porca praecidanea als Ausgleich für 60 römische Grabschrift C. 1. L. 6, 16398 dis mani-
dieünterlassungder Darbringung der bei jedem bus et Terrae matri trium Corneliorum zeigt.
Todesfalle geschuldeten porca praesentanea ein- Daher enthalten auch die Grabschriften häufig
trat, und daß dieses Sühnopfer in Verbindung Anreden an beide, z. B. C. 1. L. 5, 3653 = Bue-
mit dem Ernte- Voropfer zu einem allgemeinen cheler, Carm. ep. 1043, 3 f te, Tellus, sanetosque
(die porca praecidanea wird von Fest. p. 253 precor pro coniugis (soll heißen coniuge) manes,
unter die 6acrapo2)M?ar»a gerechnet; überwiesen vos ite placidi, tu levis ossa tegas; C. I. L. 6,
Begriff vgl. Wissoica, Religion u. Kultus* S. 399 24807 = Buecheler 1029, 5 nunc vos contestor,
A. 2) und regelmäßigen wurde, weil jeder mit manes, quihus ossa relinquo, Tellus huic tumulo
^37 Tellus ^(iottlieit d. Gräber) Tellus (Bez. z. Ehe, Eid, Erdbeben) 338
ne gravis esse velis; C. I. L. 6,20200 sacriim d'w sich vor Ablauf der zehnmonatigen Trauer-
d(is) m(anibus) et Terrae levi Decimis lulis zeit wieder verheiratete, eine trächtige Kuh
rhoelnano et Sperato; vgl. auch C. I. L. H Suppl. (ßovv iy-Kv^ova ^ fordam horem) ojjfem mußte,
llOOy Terr(ae) m(Ur(i) et m(emoriaej Priscille. ein Opfer, da« keiner anderen Gottheit als
]n vielfacher Variation kehrt in der Gräber- Tellus gegolten liaben kann. EbeuHO ist in dem
poesie die Bitte an die amica Tellus (C\ /. L. bei Plut. Eom. 22 angeführten Gesetze des Ro-
6, 9632. 8703 = jBi«f'c7<e/t'/- 89, 4. 1028, ö) wieder, mulus, nach welchem bei ungerechtfertigter
daß sie den Toten in ihrem Mutterschoße (('. Verstoßung der Ehefrau das Vermögen des
/. L. 9, 3184 = Buecheltr 1313, 3 Terraqfue), Mannes zur Hälfte dieser zufallen, zur anderen
quae mater nunc est, sibi sit levis oro; CLL. lo Hälfte xi)g Jri^LJixQog UqÖv sein soll, gewiß
6, 18579 = Jiuecheler 1039, 1 Terra parens, tibi nicht Ceret», sondern Tellus gemeint.
Fortunatae commisimus ossa, quaetangis matres Singular ist das Auftreten der Tellus rr]v
[soll heißen matris\ proxumitate tuos) freundlich ivtQyhiv fwojv xt xai (pvxobv Ffiv) in der Formel
aufnehmen (('./. jL. 8,7604 = .Bwec/w/er 1613,11 des Eides', den nach Diodor '61,11,1 die Ita-
ab ea sie merita pertuli, ut benigne nie Terra liker dem M. Livius Drusus schwuren (s. dazu
reciperet; CLL. ij, 9632 = Buecheler 89,4: amica W. Slrehl, M. LAvius Drusus, Oiss. Marburg
Tellus ut det hospiti^im ossibus ; C. I. Lj. 6, 18149 1887 S. 34 ff. 0. Hirschfeld, Kl. Schriften S. 288 tf.) :
= Buecheler 1217 Diva, preeor, Tellus, aevo sie steht hier hinter der führenden Göttertrias
complectere sancta ossurt, quorum in hoc nomina der ältesten römischen Religionsordnung lup-
sunt lapide; mehr bei /. A. Tohnan, A study 20 piter, Mars, Quirinus {xov ytvccQxriv 'EvväXiov
of the sepulchral inscriptiovs in Buechelers Car- hat Freller, Böm. Myth. 1, 93 schön für das
mina epigraphica latina , Chicago 1910 S. 60) überlieferte xbv ytvdgxriv 'IIXlov hergestellt)
und nicht schwer auf ihm lasten möge (('. L L. und Vesta und vor den di indigetes und noven-
6,9204: = Buecheler 1048,1 et te. Terra, preeor, sides (Wissowa, Ges. Abhandl. S. 183 f.). Sonst
leviter super ossa residas. Tibull. 2, 4, öO Terra- ist Tellus als Schwurgöttin auf italischem Bo-
que securae sit super ossa levis. Frop. 1,17,24. den nicht nachweisbar, während in Griechen-
Ovid. am. 3, 9,68. Eleg. in Maecen. 1, 141 Tel- land der Bundesschwur bei Zeus, Ge und He-
lus levis osi^a teneto, und sonst sehr häufig, oft lios ganz geläufig ist {E. Ziebarth, De iure-
auch in der Form stt tibi Terra levis, z. B. Mar- iurando in iure graeco quaeMones, Diss. Gotting.
tial. 9, 29, 11 und mehr bei Tolman a. a. 0. 30 1892, S. 22 f. Usener, Rhein. Mus. 58, 1903,
S. 27f., vgl. auch F. Lillge, de elegiis in Mae- S. 18 f.).
cenatem quacstiones, Diss. Vratisl. 1901 S. 50 f., Im Falle eines Erdbebens pflegte man nach
wo auch die zahlreichen griechischen Parallelen, Cicero de div. 1, 101 cum terrae motus factus
wie Eurip. Ale. 463. Cdlim. epigr. 26, 3 u. a. esset, ut sue plena procuratio fieret das Opfer
angeführt sind); auch der Gedanke, daß der einer trächtigen Sau darzubringen: daß dies
Tote nun, zu Erde geworden und in der Erd- Opfer der Tellus galt, ist an sich schon ein-
gottheit aufgegangen, selbst Gott sei (Ps.-jEp*- leuchtend, wird aber noch dadurch bestätigt,
charm. frg. 296 Kaibel stid va-KQog- vtxQOs ds daß ein Tempel der Tellus in Rom gerade aus
xojrpog, yfj ä' r] -AOTcgog ioxiv d 8s yi] vtxgog Anlaß eines Erdbebens errichtet wurde: der
iax' , oi) vrKQog cdXcc d-8Ög\ begegnet mehrfach: 40 Konsul P. Sempronius Sophus gelobte ihn 486
C I. L. 6, 'SbS^l = Buecheler löS2, 2 mortua heic u. c. = 268 v. Chr. im Kampfe gegen die Pi-
ego sum cinis, is cinis terrast, sein est terra dea, center {Seihpronio duce, qui tremente inter proe-
ego sum dea, mortua noiisum; CT. L. 6,29609 lium campo Tellurem deam promissa aede pla-
== Buecheler 914:, 4: cinis sum, cinis terra est, cavit, Flor. 1, 14,2). Der Tempel, dessen Stif-
tern/ dea est, ergo ego mortua non sum (vgl. tungstag auf den 13. Dezember fiel (^In^ofe. 7,32
B. Lier, Fhilologus 62 [N. F. 16] 1903 S. o80f.). lectisternium Cereris crit idibus proximis . . .
Von der engen Verknüpfung der Vorstel- Telluris natalis est, auf den Monat bestimmt
lungen von Saatfeld und Mutterschoß, von durch fast. Antiat. z. 13. Dezember Tel[luri^
Feldbestellung und Zeugung (vgl. dazu F. v. La- und fast. Praen. zu demselben Tage Tel-
saulx, Studien des Mass. Altertums S. 381 ±F.) aus 50 lu]ri in Carinis, C 1. L.l^ p. 336), lag auf der
ist es leicht verständlich, daß man sich die das Forum überragenden Anhöhe des Esquilin,
Erd göttin auch als über die eheliche Verbin- den Carinae {in Carinis ad Telluris, Suet. de
düng der Menschen wachend dachte. In dieser gramm. 15, ygl. Serv. Aen. 8, 361. Dion. Hai.
Eigenschaft stellt Vergil Aen. 4,166 prima et 8,79,3 -kccxcc xr]v inl KccQivag cpsQovaav öSov;
'Tellus et pronuba luno dant signum sie neben über die Lage vgl. Hülsen- Jordan, Topogr. 1, 3
die eigentliche Ehegöttin luno, und daß er da- S. 323 ff.) und muß ein stattliches Gebäude ge-
mit nur Anschauungen der altrömiscben .Reli- wesen sein, da in ihm Senatssitzungen gehalten
gion wiedergibt, zeigt die sicher auf guter Über- werden konnten (so die denkwürdige Sitzung-
lieferung beruhende Bemerkung des Serv. ampl. vom 17, März 710 = 44, Cass. Dio 44, 22, 3.
zu d. St.: quidam sane etiam Tellurem praeesse 60 Appian. b. c. 2, 126. Cic. Fhil. 1, 31; ad Att. 16,
nuptiis tradunt; nam et in auspiciis nuptiarum 14,1), seine Wand schmückte eine gemalte
invocatur. cui etiam virgines vel cum ire ad Darstellung Italiens {Varro de r. r. 1,2,1 spec-
domum mariti coeperint vel iam ibi positae di- tantes in pariete pictam Italiam), wohl eher
versis nominibus vel ritu sacrificant (vgl. Boß- eine Personifikation als eine Landkarte. Das
bach, Untersuch, über die röm. Ehe S. 304 f.). Areal, auf dem der Tempel stand, war wahr-
Es hängt damit zusammen, daß nach einem scheinlich schon vorher der Tellus heilig ge-
der sog. Königsgesetze, das auf Numa zurück- wesen, denn es war die Stelle, an der das
geführt wurde (Flut. Numa 12), die Witwe, Haus des Hochverräters Sp. Cassius gestanden
339 Tellus (und Ceres) Tellus (ital. u. Provinzkulte) 340
hatte {ante Telluris aedem, J.»V. *2. 41, 11 ; l^o) die dem Schriftcharakter nach iilteate CLL.
xoü vedi tfjs rV)^, ov i>axdQOtg i} noltg xccrsanev- 9,2117 (aus der (Jegeud von Heneventum) eelir
aee xQ^^^^i ^*' M^V' ^'*'* «vTf)ff, Dion. Hai. 8, verstümmelt und gerade im Namen der Göttin
79,3; Sp. Cassi domus . . . est eversa atque in ergänzt {lucar TfeUuriJ d(e) s(enntus) s(enten-
eo loco aedis posita Telluris, Cic. de domo 101; <»«)), eine ostiensische C. L. L. 14, 07 vom
in solo autem aedem Telluris fecit, Val Max. 19. April 142 n. Chr. bezeugt die Stiftung eines
6,8,1**), das also offenbar als Telluri sacrum signum Terrae matris für die Korporation der
erklärt worden war (über eine der Ceres vom dendrophori Ostiensium, weist also auf einen
Vater des 8p. Cassius geweihte Suhnstatue des- Zusammenhang ihres Dienstes mit dem der
selben s. Liv. 2,41,10. Dion. Hai. a. a 0. Plin. lo Großen Mutter (s. auch unten Z. f)6ff.) hin, mit
»i. /i. 34, 15; die Angabe des Pm bei P/in. ti. Ä. der sie auch häuhg gleichgesetzt wutde (s.
34,30, daß diese Statue apud aedem Telluris unten Sp. 346, 61). Außerhalb Italiens be<;ognen
gestanden habe, verdient ebensowenig Glauben uns inschriftliche Zeugnisse ihrer Verehrung
wie seine Behauptung, daß Sp. Cassius sie sich in größerer Menge insbesondere in den afrika-
selber errichtet habe). nischen Provinzen (namentlich Numidieu) und
Wenn dieser Tempel der Tellus in Rom der den Donauländern (vgl. J. Toutnin, Les cultes
einzige geblieben ist — denn das Heiligtum patens dans Vempire Itomain 1 , 1 S. 388 ff.),
in der Vigna delle Monache di S. Cesario, aus und zwar deckt offenbar in beiden Gegenden
dem die Inschriften C. /. L. 6, 771 f. stammen der römische Name einheimische Gottesdienste.
{Hülsen- Jordan a. a. 0. S. 197,37), war nur eine 20 Für Numidien beweist das schon der Umstand,
Privatkapelle — und auch sonst im Verhältnis daß nach der Opferordnung von Aziz ben Tellis
zu der umfassenden Bedeutung der Göttin die {CLL. 8, 8246 f. ovicla Teluri) der Tellus, ab-
Zengnisse für ihre Verehrung in Rom und Ita- weichend vom römischen Ritual, das Schaf als
lien recht spärlich sind, so erklärt sich das Opfertier zukommt; unrömisch ist auch d«}r
daraus, daß sie vielfach durch andere Gott- Beiname Gilva, den die Göttin in Calama führt
heiten zurückgedrängt worden ist, insbesondere (C L. L. S, bSOb). Priesterinnen der Tellus, in
durch die von manchen Gelehrten (s. unten beiden Fällen hochbetagte Frauen, sind aus
Sp. 345, 50} mit ihr identifizierte Ceres , nicht den numidischen Städten Thubursicum {St. Gsell,
sowohl die altitalische Göttin des pflanzlichen Ltecherchesarcheol.en Algerie, 1^93 Si3S0i\r. 4^0)
Wachstums, mit der Tellus bei den Festen der 30 und Madaura {ebd. S. 375 nr. 567) bezeugt. Tem-
Feriae Sementivae, der Fordicidia und der Porca pel der Tellus kennen wir innerhalb der pro-
praecidanea in Kultgemeinschaft erscheint (s. konsularischen Provinz in Karthago (C 1. Lj.
oben Sp. 334 ff.; vgl. Ooid. fast 1, 673 f. officium 10, 6104 aus frühaugusteischer Zeit: M. Caelius
commune Ceres et Terra tuentur: haec praehet M. l. Phileros acccns(us) T. Sexti impferaiorin)
causam frugibus, illa locum), sondern die grie- in Africa Cartha(gine) . . . . aedem TelKuris)
chische Ceres-Demeter, die im Kulte insofern s(ua) p(ecunia) f(ecit)), Vaga {C. L. Lj. 8 Suppl.
zu ihr in Beziehung trat, als auf den Stiftungs- 14392 aedefmj Telluris refecit, vom J. 2 u. Chr.)
tag des Tellustempels ein lectistemium Cereris und anderen Orten {C. T. Lj. 8 Suppl. 11986
gelegt war {Aniob. 7, 32; vgl. C. L. L. V p. 337 [aedem djeae Telluris vetustatfe conlapsam usw.,
u. oben Sp. 338, 45 ff.). Es verdient hervorgehoben 40 unter Commodus; 12332 Telluri et Cereri aug.
zu werden, daß, während noch Varro in seiner sac(rum) . . . ianuum cum suis ofrjnamentis),
Schrift vom Landbau (1, 1, 5) an die Spitze in Numidien in Cirta (C. /. L. 8 Suppl. 19489
seines agrarischen Zwölfgötterkreises luppiter [Tejlluri aug(ustae) . . . ob [hojnorem aedili-
und Tellus stellt, in Vergds Georgica (1,388 ff.) tatis . .) und Cuicul (C. L. L. 8, 8309 Telluri
und in den ländlichen Gedichten Tibulh (1,1, Genetrici respublica Cuiculfi]tanor(um) templum
16f. 2,1,3) Tellus ganz verschwunden und Ceres fecit,C LuliusLepidusTertullusleg(atus) auff( iisti)
an ihre Stelle getreten ist; Horaz hat die Terra pi(o) pr(aetore) dedicavit, Ende des 2. Jahriis.
mater der Säkularfeier im carm. saec. 29 f. durch n. Chr.). Die Verbindung mit Ceres (C. L. L. 8
die Verbindung von Tellus und Ceres ersetzt: Suppl. 12332) und der Beiname Gewt'ina; (C 7. Z.
fertilis frugum pecorisque Tellus aurea donet 50 8, 8309) lassen die Göttin als die Spenderin des
Cererem coroua. Die stadtrömischen Weihin- Getreidesegens der fruchtbaren Provinz erken-
schriften, deren Zahl sich auf nicht viel mehr nen. Während in den angeführten Zeugnissen
als ein halbes Dutzend beläuft {C. L. Lj. 6,84. der Name der Göttin ausnahmslos Tellus lautet,
769 — 772. 3731 = 31052), sind mit einer Aus- begegnet uns in Thibilis in Numidien eine als
nähme {C L. L. 6,769 deae Telluri sacrum M. Terrftwiafer bezeichnete Gottheit in Gesellschaft
Aurelius Threptus fecit) Terrae matri geweiht von Aerecura und Magna Mater auf Taurobolien-
(C.L.L. 6,771 deae sanctissimae Terrae matri), altären: C. L. Lj. 8,5524 Terrae matr/ij Äere-
der Anlaß der Weihung ist kaum je zu erkennen curae Matri deum magnae Ldeae Popilia M. fil.
{C.L.L.6,S13l — 31052 ... deae 2nae et conserva- Maxima iauroholiuin aram posuit movit fecit
trici meae). Die bemerkenswerte Zusammen- 60 und Cagnat, L'annee cpigraph. 1895 nr. 81 Ter-
stellung Caelo aeterno Terrae matri Mercurio rae matrfij Eraecurae Mfajtri magnae Ldfejae
menestratori C. L. L. 6, 84 {Terrae Caelo allein P. Sextilius C fil. Quir. Honoratus tauripolium
auch auf einem der Steine aus der Kaserne et creobolium movit et fecit aramque pofsuitj.
der Equites singulares, C. L. L. 6, 31171) ist In den Donauprovinzen, mit deren Denkmälern
kaum aus römischem Vorstellungskreise her- die vereinzelten Zeugnisse aus Histrien {Pais,
zuleiten, sondern bezieht sich wahrscheinlich Suppl. Ital. nr. 169. Cagnat -Besnier, L'annee
auf die Götter von Samothrake (vgl. Beal- epigr. 1913 nr. 60) verbunden werden können,
LJncyll. 3, 1277). Von italischen Inschriften ist heißt die Göttin nie anders als Terra mater;
:ui
Tellus (Provin/ktilte)
Tellus (Kultbilder)
U2
1) Römische Aodicula der Terra Mater (nach Bull. arch.
comun. 1, 1872, Taf. 3)
am häufigsten begegnen Weihungen an sie in 40
Dacien (C. I. L. 3, 1284 f. 1364. 15'J9), etwas sel-
tener in Pannonien (C. I. L. 3 Suppl. 10374.
10469), ein Tempel in Rudnik in Moesia superior
wurde vom Kaiser Septimius Severus wieder-
hergestellt (('. L L. 3, 6313 = Suppl. 8333); im
Verein mit Silvanus (domesticusV) und Hercules
erscheint die Göttin auf einem Steine von Apu-
lum (C. i. i. 3, 1152; vgl. A. v. BomaszewsU,
Ahhandl. z. röm. JRelig. S. 68, 3), mit der capi-
tolinischen Trias auf einer dacischen Inschrift 50
(C. I. L. 3, 1555), mit luppiter 0. M. und Inno
in Aquincum (O. /. L. 3 Suppl. 10431). Aus Hi-
spania Tarraconensis stammt eine Weihung
TelLuri C. Sulp(icius) Flavus ex voto {C. I. L. 2,
2526; dagegen 8527 Matri Terrae sacrum), in
GalliaNarbonensis sehen wir Terra inB>tei {Matri
Terrae C. I. L. 12, 359 Reii) auf einem Altar
aus Nemausus mit luppiter gepaart {C. I. L.
12,3071 lovi et Terae mat(ri), danach 12,4140
[loüi] et Terrae matri ergänzt, wo der keltische 60
Gott mit dem Rad gemeint ist), eine Kölnische
Inschrift lautet (C. /. L. 13, 8249) Beae Terrae
matri Valeria Taca ex [ijussu ipsiu[s] v.p. l. m.
Mehrfach ist Terra durch Hinzufügung des
Spezialnamens in echt römischer Differenzie-
rung (vgl. auch Verg. Aen. 12, 176 esto nunc
Sol testis et haec mihi Terra precanti, quam
propter tavtos 2}otui perferre labores) als die
(iöttin eines bestimmten einzelnen Landes clia-
rakteriaiert, so CLL. 10,8031 /Terrjne Cor-
sicae, 5,327 llistriae Terrae, 3,1351 Terrae Da-
ciae (vgl. auch die unvollend«*te Inschrift 3, 996
litis deabus Daciaravi et Tcrr ), 7. 1113
Ci'nio Terrae liritannicae (vgl. damit dichte-
rische Personifikationen, z. B. bei üilius Itali-
ens 15, 522 (Jenotria Tellus, 15, 640 Ijatiae Tel-
Iuris imago u. a.).
Mehrfach werden in den Inschriften Kult-
l>ilder der (iöttin erwähnt, so CLL. 14,67
< »stia) Signum 'Terrae matris und 8,8309 (Cui-
I ul) siinulacrum deae (der Tellus Genetrix) acro-
lilhum. Erhalten sind davon zwei. Das eine
Hall. arch. com. 1, 1872 Taf. 3, hier Abb. 1) aus
b'om mit der Inschrift C I. L. 6, 3731 -= 31052
l'rrrae matri s(acrum) A. Hortevsius Cerdo deae
■ le et consercatrici suae stellt die Göttin in
iier Aodicula thronend dar, verschleiert und
it Ähren bekränzt, ein Szepter in der linken,
iie (Jpferschale in der rechten Hand haltend,
irie ganz ähnliche Darstellung, die zu der
I Schrift aus Murcia in Hispania Tarraconen-
> C I. L. 2, 3527 Matri Terrae sacrum Alha-
'is dispfeiisalorj gehört, wird im C. I. L. a. a. O.
' beschrieben \statua) matronae sedentis, quaes.
'■nrnu cojiiae, d. pateram, in sinu fructus varios
ii iict'' (vgl. E. Hübner, Die antiken Bildiverke in'
.Madrid S. 291). Der Gedanke, daß beide Bilder
in letzter Linie auf die Kultstatue im Tempel
auf den Carinae zurückgehen, liegt nahe. In
anderer, mehr malerischer Auffassung begegnet
iiiis die Göttin sehr häufig auf den Sarkophag-
reliefs (vgl. C B. Stark, De Tellure dea, Jena
1848, S. 36ff.), am Boden gelagert, mit ent-
blößtem Oberleib und häufig mit über dem
Haupte sich bauschendem Schleier, Ähren oder
Früchte im Haar oder Schoß tragend, ein Füll-
horn oder auch einen Baum- oder Rebzweig
(z. B. auf der Gemme der früheren Sammlung
Demidoff' bei Furtwüngler, Die antiken Gtmmen
Taf. 44, 86) im Arme; ein neben ihr gelagertes
Rind (auf dem Medaillon des Antonin us Pius
bei W. Froehner, Les medaillons de lempire
Bornäiii S. 72 stützt sie sich mit dem rechten
Arme darauf) und ein Blumenkorb weisen auf
die animalische und vegetabilische Fruchtbar-
keit hin, die Göttin umspielende Kinder sind
dort, wo die Darstellung deutlich genug ist,
als Vertreter der Jahreszeiten charakterisiert
{Bohert, Die antiken Sarkophag reliefs 3,1 S. 58).
Aus Gründen der Raumverteilung bildet die
Göttin oft das Gegenstück zu einem im Gegen-
sinne gelagerten Okeanos oder Flußgott {O.Jahn,
Arch. Beitr. S. 65, 77; so auch häufig auf den
sog. Medaillonsarkophagen, z. B. bei »S". Beinach,
Bepertoire de reliefs 3, 113. 210. 254. 339^ oder
liegt in dem freien Räume unter den anspringen-
den Rossen eines herauffahrenden Gespanns so
vor den Rossen des Sonnenwagens z. B. auf
Medaillons des Antoninus Pius und des Com-
modus bei Froehner a. a. 0. S. 72. 137; vor dem
Triumphwagen des Marc Aurel auf dem ephe-
sischen Siegesdenkmal, Ausstellung von Fund-
stücken aus Ephesos im unteren Belvedere, Wien
1905, S. 15 Abb. 14). Die Erfindung dieser Ge-
stalt geht wohl in hellenistische Zeit zurück.
Als Beispiele dieser Darstellung auf Denkmälern
B4n
Tellus (Bildwerke)
Telhis (Bildwerke)
344
[*) Ucllef der Uffisien in Florenz (nach A. Feierten, Ära Fad» Auguttae Taf. 3. 10).
von ausj?eprägt römischem Charakter seien ge-
nannt der Helierschmuck des Panzers der
Augastusstatue von Primaporta {Monum.d.Inst.
6/7,84, vgl. Amelung, Vatican 1,19 ff. nr. 14;
ähnlich auch auf anderen Panzerreliefs, z. ß.
Amelung a. a. 0. 1, 152 ff. nr. 129; 2, 061 ff.
nr. 420 u. a.) und die Wiener Silberschale aus
Aquileia mit der Darstellung eines Römer«
(Agrippa?) als Triptolemos (R. v. Schneider,
Album der Antikensammlung den Allerh. Kaiser-
hauses Taf. 45, vgl. H. Brunn, Kl. Schriften
1, 58 ff.), das Pfeilerkapitell von einer Kapelle
des Sol Invictus Elagabal (Böm. MUteil. IG,
. .tuB Seiitinum in München inacli Arh. Zri!
35.1S77, Taf. S): Sol, Tellug u. 4 Jahreszeiten.
1901 Taf. 12, vgl. Wissowa, Ges.Abhandl. S. 73 ff.)
und der Serapisaltar des Scipio Orfitus {K. Strong,
Roman sculpture pl. 97; vgl. Heibig, Führer'^
1, 488 f. nr. 871). Im Giebelfelde des von I)o-
mitian erneuerten capitolinischen Tempels füllte
wahrscheinlich diese Figur der Tellus die linke
Ecke; entsprechend dem gelagerten Flußgott
in der rechten iE. Schulze, Ar eh. Zeitung ö(X,
1872 8. 8. Jordan, Topogr. 1, 2 S. 101). Das
40 Mosaik von Sentinum in München [Arch. Zei-
tung 35, 1877 Taf. 3, hier Abb. 3), auf dem
Tellus zu den Füßen des innerhalb des Zodia-
cu.s stehenden Sonnengottes liegt, ist darum
bemerkenswert, weil hier die Kindergestalten
7A1 den Seiten der Göttin deutlich als Repräsen-
tanten der vier Jahreszeiten gekennzeichnet
sind; dasselbe ist der Fall auf Münzen und
Medaillons der Kaiser Hadrian und Commodus
{Cohen, Moun. imprr.^ 2, 224 f. nr. 1429 ff.; 3, 322
nr. 714ff. Froihner a. a. 0. S.130f., hier Abb. 4)
mit der Beischrift Tellus utabildta), über deren
Bedeutung Eckhel, Doctr. num. 6, 509 f. zu ver-
gleichen ist; diesen Darstellungen ist es eigen-
tümlich, daß die Göttin den rechten Arm auf
einen gestirnten
Globus legt. Die
Gestalt der Tellus
auf dem schönen,
zur Ära Pacis
augustae gehö-
renden Florenti-
ner Relief (X Pe-
tersen, Ära Pacis
S. 49 ff. und Taf. 3,
10, hier Abb. 2)
und dem wohl die-
sem nachgebilde- 4) Medaillon des Commodus (nach
ti^mSOStudniczka, Cohen, Monn. irnper. 3,322 nr. 714).
345 Telhis (in theol. Spekulat.) Telmissos 346
Äbhandl. d. Sachs. Gfsdlscli.d. Wisse. nsch. ^11, \^i){) Ion von dfr kariscluM) b^i Halikarnaswos ge-
S. yaO, ebenso früher J'ettrseu. Wim. Mitteil. 9, legenen 8ta(it 'JelmenKos, Stiph. Byz. h. v. Fcc-
1894 S. 202, der aber nachher ylra /V/Y'/.sS. 173 ff. Xtditix. Auf einer Inschrift aus Halikarnassos
für die Priorität des karthagischen Reliefs ein- heißt er TtXt^sonov niötojv, JHifertbrrfjer, Syl-
getreten ist) Kelief des Louvre aus Karthago loge^ 041 (mit Literaturangaben). Über die
{Schreiber, Hellenist. Jieliefbilder Tat". 81. Feter- Orakelstiltte vgl. (iruppe, (kriech. Myth. 931, 4.
sen , Ära Pacis S. 174) weicht von den ange- Vgl. Telmisseus. [Höter.J
führten Darstellungen namentlich durch die Tcliiiios (TtXfiiog), Freier der Penelope aus
sitzende Stellung ab; durch das zu ihrer Seite Dulichion, Apollod. Kpit. 7, 27. [Höfer. |
gelagerte liind (daneben ein weidendes Schaf) lo Teliiiisciis (TtXfiiotvs). Auf Kaisermüuzeu
und die Früchte im Schöße wird sie als die von Jlalikarnas.sos ist einer bekleideten männ-
fertilis frugum pecorisque Tellus, durch die liehen Figur, die einen Zweig trägt, die Bei-
beiden Kinder, die sie auf ihren Knien hält, schrift T6AMIC6YC gegeben, J^e^/c/, 7/«s^ www.*
als die Beschützerin auch der menschlichen «jl9. Es ist darunter wohl Apollon zu verstehen;
Fruchtbarkeit kenntlich gemacht. Auch auf vgl. Telmisseus. [Höfer.J
der berühmten Gemma Augustea in Wien Telmisseus {TtXuLaotvg)^ Beiname des Apol-
(Furtträngler, Gemmen Taf. 5G) wird die hinter Ion (vgl. Telmessios) in einer Inschrift aus Tel-
dem Throne des Kaisers sitzende Göttin mit missos (Karien), in einem Ehrendekrete de»
Füllhorn, neben der ein Knabe mit Ähren in v.oivbv Ttipfftftojr, worin der Gott als ap^r^-
der Hand steht, am besten als Tellus gefaßt. 20 yfTrjt," "cov yivovg yino/.Xmv TsXuiactvs genannt
In der Spekulation der römischen Theo- wird, Journ. of hell. Uud. 14, 377 f. JJur.sians
logen spielt Tellus insofern eine bedeutsame Jahresber. 87 (1897) Suppl. zur 3. Folge S. 306.
Rolle, als diese nach dem Vorgange der Stoiker Es kann wohl angenommen werden, daß der
vielfach bemüht waren, alle Gottheiten auf die Seher und ApoUonsohn Telmissos, der nach
Elemente Himmel und Erde zurückzuführen Herodian bei Eust. ad Dionys. Per. 859 == He-
(z. B. Vurro de l. l 6, 57—59; de r. r. 1, 1, 5), rodian. ed. Leniz 2, 288, 1. 589, 6 eigentlich Tt-
und demgemäß die meisten Göttinnen mit Tel- [iiocög (s. d.) geheißen haben soll, eine Hypostase
lus identifizierten. Varro stellte daher im des Gottes selbst ist, zumal da (was zu Telmissos
IG. Buche der Antiquitates reriim divivarum nachzutragen ist) der Altar ApoUons in Tel-
ide dis selectis) nicht nur Tellus an die Spitze 30 missos für das Grab des Sehers Telmissos galt,
der weiblichen Gottheiten {tit in superioribus Clem. Alex. Protr. 3, 45, 3 p. 40 P. (= p. 35, 1
initium fecimus a caelo..., sie de femi)ns scri- Stählin). Fuseb. Praep. ev.2,6,b {p. S^ JJindorjf).
bendifacimusinitiuma Teil ure^Varrohei August Theodoret. Graec. äff', cur. 8,30 (p. 115 Sylburg
c. d. 7,28), sondern führte auch eine Menge = p. 205, 13 Paeder). Arnob. adv. nat. 6, 6
Göttinnen in ihrer Bedeutung auf sie zurück (p.219,3f. J^e///'ersc/<eeV/). Vgl.Telmiseus. [Höfer.]
(August, c. d. 7, 24 deinde adiungit et dicit [Varro], Telmissos I {TkXynGaog), Flußgott, in mensch-
Tellurem matrem et nomimbus plurihus et cogno- lieber Gestalt von den Einwohnern von Egesta
minibus quod norninavit, deos existimatos esse verehrt, Aei v. h. 2, 3. F. Ciaceri, Culti e miti
complures . . .sie alias deas, iruiuit, non absurde nella sioria delV anlica Sicilia 252. [Höfer.J
ad hanc revocant . . . adiungit enim et dicit: cum 40 Telmissos II (TsX^iaaos). 1) Sohn des Apollon
quibus opinio maiorum de his deabus, quod und einer der Töchter des Antenor — vielleicht
plures eas putarunt esse, non pugnat . . . ,sed der bei Pauianias 10, 27, 4 erwähnten Krino,
potest, inquit, fteri, ut eadem res et una sit et vgl, Müller, Anm. zu F. H. G. 4, 394, 4 und
in ea quaedam res sint plures: das ganze Ma- Grupp>e, Gr. Myth. 329g — , mit der sich der
terial aus den Antiqu. rer. divin., das ich im Gott in Gestalt eines ayivXat, vereinigt hatte,
folgenden nicht mehr einzeln anführe, bei Von seinem Vater wurde T. zum rsQuxoav.onog
P. Agahd, Jahrb. f. Philol. Suppl 24, 1898 bestimmt, Dionys. Chalk. bei Aposiol. 16, 24
S. 212 ff., vgl. S. 114 f.), so Juno (Varro de l. l. (F. B. G. 4, 394, 4); Et. M. 751, 28; Suidns
5,67), Ops [Varro de l. I. 5,64, vgl. Macr. S. und Photios s. v. Tsliii6{6)blg. An diesen Stel-
1,10,12; 12, 21), Ceres {Varro de l. l. 5,64; vgl. 5o len ist er zugleich Epouym der lykischen Stadt
Cic. de nat. deor. 3, 52), Magna Mater (vgl. Serv. Telmissos genannt, in der die Kunst der övtt-
Georg. 4,64; Aen. 3,313. 10, 25'2), Vesta (vgl. Qo^avrsla geübt wurde: JSomius Abbas ad S,
Ovid. fast. 6,460. 267 ff. Lact. inst. div. epit. 19,3. Greg. c. Jul. 1, 71 bei Migne C. P. 36 p, 1021.
Macr. S. 1, 23, 8 und Jan z. d. St. Serv. Aen. S. u. nr. 2. — 2) ein Hyperboreier; wie es nach
1,292. 2,296. 3,2S1), Proserpina (vgl. ^eri?. ^4ew. dem Zusammenhang scheint, Bruder des Ga-
3,313). Andere Namen kommen in den nament- leotes, Steph. Byz. s. v. FaXiöiTCii. Das Orakel
lieh auf Cornelius Laheo und durch diesen auch zu Dodona hieß beide nach entgegengesetzten
vielfach auf Farro zurückgehenden Darlegungen Himmelsrichtungen wandern und dort einen
des Macrobius im ersten Buche der Saturnalien Altar errichten, wo ihnen beim Opfer ein Adler
hinzu, so Mala (1,12,20), Bona Dea (1, 12,21), 60 die Schenkelstücke raube, Galeotes — s. o.
Latona (1, 17, 54). Es ist darum leicht ver- Bd. 1, Sp. 1590 Art. ""Galeos' — kam nach Si-
ständlich, daß man auch in Göttinnen fremder zilien, Telmissos nach Karien, t^v^a 'AnöXXoivog
Kulte gern die römische Mutter Erde wieder- TtX^LOolov isgöv. Die Annahme, daß dieser Tel-
erkaunte, so in der ägyptischen Isis (Macr. S. missos ein Bruder des von Steph. Byz. im
1,20,18; 21,11), der syrischen Atargatis (ebd. ersten Teil jener Stelle genannten Galeos, des
1,23,18) und der germanischen Nerthus (Tac. Sohnes des Apollon und der Tochter des Hy-
Germ. 40). [Wissowa.] perboreierkönigs Zabios, sei (vgl. Pauly, P. E.
Telmessios (TsXar\oaioc), Beiname des Apol- 4, 1663 u. Pouche- Peclercq, Histoire de la di-
347 Telmun Telonai, Telonia 34.S
vinatioH 2, ö8f.), ist freilich unter der \ oraus- an haisch südetr.i, -es (südetr.), -it^ i archaisch
setsang der Identität des Galeotes und (ies i^fmeiiietr.), -i (perusiniscbX -e ij^emeiuetr.)
Galeos richtig, aber der Wortlaut des Texte« erscheinen. Es ist somit tlamunus (irnetiv,
zwingt nicht zu einer solchen Annahme. Auch wie velus. larus, vel-O^urus usw., und zwar in
bei Gruppe, Chr. Myth. 1234^- sind (laleos und südetruskischer Orthographie mit s statt s.
Galeotes geschieden. Eine Identität des Hy- Der Nominativ wiirde tlaraun oder tlamu hiuten.
perboreiers T. mit dem unter nr. 1 erwähnten Des weiteren ist nun über das Verliältnis der
ist nicht zu erweisen. Gemeinsam ist beiden beiden Formen telmun und thiraun zueinander
ihre Herkunft von Apollo, ebenso sind Orakel- zu sprechen. Wir begegnen ganz demselben
Bt&dte nach ihnen genannt. Über diese Orte lO Lautwandel auf den Münzen der Hafenstadt
vgl. Gruppe a. a. 0. U31, 4. [Ruhl.] Telamon, jetzt Talamone. Ein Teil der Mün-
Telmuii (telmun) ist die etruskiache Um- zen (Fahr., C. 1. I. nr. 292) trägt die Legende
formung des griechischen Namens Telamon tel[munj, ein anderer (1. c. nr. 302. 297 a, b)
{Deeckt in Bezzetiberiftrs Beiträgen 2. 170 nr. hingegen hat die Legende tlamunu, ver-
96). In dieser Form ist der Name einmal be- kürzt tla. Daß beide sich auf dieselbe Stadt
legt, und zwar auf einem Spiegel von Chiusi, beziehen, beweist das Gepräge, welches je auf
der von Gamurrini in dem Bull. delV Inf<t. einer Seite den Kopf eines Gottes, auf «ler
1875, 87 veröffentlicht ist. Daneben findet sich anderen verschiedene Schiffahrtsinsignien /.eigt.
aber ein anderer Beleg desselben Namens in Der Lautvorgang erkläit sich so, daß im Ktrus-
der Form tlamun. In dieser Gestalt erscheint 20 kischen die Liquida nicht selten vokalisch
der Name auf einer Grabwand des Fran9oi8- werden, dann aber später wieder einen Hilfs-
grabes in Volci. Die Literatur des letzteren vokal annehmen. So haben wir z. B. pul,
habe ich an anderer Stelle angegeben. Im *pl, epl: pur-ö-ul, *pO'ihil, epo-O-ul; zal, zl, eslz:
Fabretti, C. 1. /. trägt unsere Inschrift die velsi, *vlsi, vlesi; Turscus, *Trscu8, Etruscus,
Nummer 2162. Die Darstellung des Clusini- dieses sogar mit zwei Hilfsvokalen. Ebenso
sehen Spiegels ist die folgende. Aias (aivas) bildet auch unser telmun die Reihe telmun,
liegt in vollem Waffenschmuck auf der Erde, *tlmun, tlamun, hier mit Hilfsvokal a, wie er
auf den Schild und das eine Knie sich stü- bei Gegenwart von Nasalen zumeist im Etrus-
tzend. Das Schwert hat er sich in die Hüfte kischen sich einstellt, z. B. in aruna^, arn-ö-,
gestoßen. Neben ihm steht mit Blicken des 30 aran-d*. Daß in tlamun das a des griechischen
Mitleids ein anderer Held, auch er in Waffen. TtKcmwv sich erhalten habe, ist deshalb we-
Hinter diesem befindet sich die bergende tel- niger glaublich, weil dies u selbst nur Hilfs-
xnuns. Dieser telmuns ist ein sicherer Genetiv, vokal ist, was ich hier nicht weiter ausführen
und somit ist es selbstverständlich, daß die will. Vgl. Telamon. [C. Pauli.]
Beischrift sich nicht auf den zweiten Ki'ieger Telo, Telon, Gottheit auf Weihinschriften
beziehen kann, sondern, daß sie die Fortsetzung aus Petrucorii (Perigueux) in Aquitanien : rm-
der Legende aivas ist. Wir haben also aivas min. Äug. et \d'\eo Telon., CLL. 13,948 (Des-
telmuns 'Aias, des Telamon (Sohn)', die ge- sau, Inscr. Lat. seh 4690). Dieselbe Gottheit
wohnliche Ausdrucksweise des Etruskischen findet sich auf Weihinschrift mit der Göttin
für die Paternität. Die Darstellung auf der 40 Stanna vereinigt: Deo Teloni et deae Stannae,
Grabwand aber stellt die Hinschlachtuug der 6\ J. X. 13, 950 — 954. Nsich Esperandieu, Mtcsee
trojanischen Jünglinge durch Achill zu Ehren de Perigueux: itiscr. ant. p. 42 hat der Name
des Patroklos dar und ist von mir s. v. pa- der bei Perigueux befindlichen „source du Tou-
trucle genauer beschrieben worden. Über der Ion'' den Namen des Gottes Telo(n) bewahrt,
Figur des als Zuschauer anwesenden Telamo- [Höfer.J
niers Aias findet sich die Beischrift aivas tla- Teloni (T-^Xoav), Heros Eponymos der T/jZüd-
munus. Bezüglich der Form tlamunus ist Mei- vsia, der Burg von Priene (i^ äy.Qa 17 iv TtiXoj-
nungsverschiedenheit zunächst in der Auffassung velk, Köniyl. Museen zu Berlin: Inschriften voti
der Endung -us. Corssen (Spr. d. Etr. 1, 839, Priene 4., p. 81; Tijlcovrjcc ebenda 19, p. 28),
hält diese für einen Nominativ und die ganze 50 wo sich sein Heiligtum befand; to Isqov tov
Form für gleich griech. TtvlafttövtOs'. Deecke T'^Xtovog, Inschr. v. Priene 19^^ p. 29. H. Schra-
(Bezz. Beitr. 1. c.) hiergegen sieht in ihr einen der, Königl. Museen zu Berlin: Priene 184 (vgl.
Genetiv und setzt die Form gleich griech. 137). v.Wilamowitz, Die Textgeschichte der grie-
TsXantbvo^. Letzteres ist die richtige und chischen Bukoliker 115 Anm. 1. Auch als Ste-
mögÜche Erklärung. Für die Cwsscnsche Er- phanephoros erscheint Telon, Inschr. v. Priene
klärung könnte der Umstand sprechen, daß IO831 p. 85. [Höfer.]
Aias der Oiliade die Beischrift aivas vilatas Telon II, König der Teleboer, wanderte von
hat diese Form vilatas aljer gleich dem grie- der Insel Taphos nach der Insel Capreä gegen-
chischen Oiliades und ein sicherer Nominativ über Neapel. Sein und der Nymphe Sebethis
ist. Es scheint natürlich, die gleiche Kon- 60 Sohn war Oebalus. Verg. Aen. 7, 734 f.; Ser-
struktion, wie es Corssen getan hat, auch für vius zu d. St. = Script, rer. myth. lat. 2, 187
den anderen Aias anzunehmen, dennoch aber Bade; vgl, Sil. Ital. 8, 541. [Ruhl.]
ist diese Deutung völlig abzuweisen. Wir Telonai, Telonia (TeXöavai, TsXmvia; auch
wissen es jetzt sicher, daß die Endungen -cos im Singular xsXüivr\g vorkommend; vgl. auch
und -ius niemals, wie es ältere oder veraltete (^äaifiovsgy tsXavovvtsg bei Hermippos, De
Forscher (Steub, Corssen, Lattes) angenommen astrologia dialogus ed. Kroll und Viereck 17,
haben, durch etr. -(i)u8 wiedergegeben wer- 121 (p. 26, 9), Luftgeister, gewöhnlich mit dem
den, sondern daß sie nur in den Formen -ies Nebenbegritt des Bösen und Schädlichen; Be-
:-549 Telondes Telphusios 350
legstellf^n bei I)u Canqc s. v. r«Ao)fm- ra ror die a. E. des Art. Telphuf^ia aufgeführte Litera-
cciQog dcci^ovio: und im Ihcsaur. s. v. xBXmviov tur, — Nach Mallen, JhrL Vhilol. Wochensdir.
p. 2003C. D; vgl. Krall, Wiein. .I/m.s-. 50, 637,4. l'.UO, ;{3<) jjehören Delphoi, Delphussa, l'el-
Leontios von NeapoUs Lrhcu des lüg. Johannes phuaa, Tilphossa /u der Wurzel ddph-, ''hohl';
des Barmherzigen ed. H. (Jelzer S. 191 s.v. re- diese Quellnamen »eien so genannt, Veil sie
loiviig. K. h'rumhacher, MUtelgriech. Sprich- aus den Höhlungen des Bodens kommen'; s.
Härter S. 97 nr. 26. Byzant. Zeitschr. 7 (1898), dagegen W. Aly, Klio, Beiträge zur alten Gc-
216. P. Wendland, Byzant. Zeitschr. 11 (1902), schichte 11 (1911), 16 f. mit Anm. 3; vgl. auch
190. Bernh. Schmidt, Volkslehen der Neugricchen. Aly, Der kretische AjjollonkuUus AI, welcher
Nach Geizer a. a. 0. erklärt sich der Sprach- lo die Erklärung von Bursian, Geogr. v. Griechenl.
gebrauch aus den ägyptischen Unterweltsvor- 2, 259, 1 = ("Jalnovau (von ^ccXnai; die Quelle
Stellungen und ist durch die ägyptischen As- also als heilkräftig gedacht; vgl. auch Pott,
keten der Kirche übermittelt worden. Kuhns Zeitschr. 8, 35. lioseher, Ciirtius Stadien
[Hüfer. j 1, lOüj für nicht wahrscheinlich hält. [Höfer.]
Telondes (TrjXmvSrig), ein böotischer Kabire, Telphiisiu (TeX(povaia). Bei Lykophr. Alex.
Paus. 9, 25, 8; s. o. Bd. 2, Sp. 2536. [Ruhl.] 1040 {=. Steph. Byz. TlXcfovöa p. 613, 12 f.) ist
TeloQDesos (Tril6vvY\oo£) , beigeschriebener nach dem Schol. zu Lykophr. a.a.O. unter der
Name einer Nymphe auf einem Relief in T8Xq)ov6icc gkvXu^, die Jlxris tccQQo^og genannt
Neapel, auf dem außerdem noch drei andere wird, die in Arkadien verehrte Erinys zu ver-
Nymphen ('/(Jutji'tj, 'EQccvv[ä}], Kvucc'i'g) und die 20 stehen. Eine Erin5's TiXcpoaalri nannte nach
drei Chariten dargestellt sind, Gerhard und Schol Lykophr. 1225 auch KalUtnachos (frgvi.
Panofka, Neapels ant. Bildw. 1, 275 S. 82 f. 207): iv "Oyxcxi? Tf]g 'jQTiudias 'Eqivvs JrjiiTJTriQ
C. 1. G. 4, 6854*. Nach Osann zu Cornut. de nat. rifiätaL, mg KaXXiuaxog rr]v ßhv oy' iöTctg^rivtv
deor. p. 272 ist es eine Ortsnymphe, wohl die 'Eqivvl TiXqxocccii). Nach Bethe, Thehan. Hel-
der Insel Telos, die nach ihrem Gründer Te- denlieder 91,21 geht aus dem Zitat nicht her-
los (s. d.) vielleicht auch Tr]X6vvr\r)og hieß. vor, ob KaUimachos sie in Boiotien oder Ar-
[Höfer.] kadien denkt; für ersteres scheine die Form
Telos {TriXog), Oikist und Eponymos der Tdcpccöalr} zu sprechen, da sich die arkadische
gleichnamigen Insel, »S^e^^.T^?/^:. s. V. 7YyAos,". Vgl. Stadt auf ihren Münzen OiXl'jtovGa] nenne. —
Telonnesos. [Höfer.] 30 Eine TiXcpöiGGu 'EQivvg wird im Schol. Soph.
Telphosios [TaXcpooöiog), Beiname des Apol- Ant. 126 erwähnt: sie habe dem Ares den the-
lon. Anonym. Laurent, in Anecdota varia Gr. banischen Drachen geboren; dieser Zusammen-
et Lat. ed. Schnell u. Studemund 1 p. 267, II hang weist sicherlich auf das boiotische Til-
nr. 39. Siehe Telphusios. [Höfer.] phossion hin, G^'uppe, Gr. Myth. 1376, 3. Vgl.
TeIphiisti(T£'Zqpoy(>o:), 1) arkadische Nymphe, ferner K. 0. Müller, Aeschylos Eumeniden
Tochter des Flußgottes Ladon (s.d.), Eponyme 168 f. 175 Anm. 15. Derselbe, Orchomenos 121.
der gleichnamigen Stadt, Steph. Byz. s.v. TtX- Ludiv. Preller, Demeter und Persephone 164flf.
<povaa. Schol. Lykojjhr. 1040 p. 320, 26 f. Seh. (vgl. 156 ff. l Heinr. Dieir. Müller, Ares 22 IF.
Herodian ed. Lentz 1, 269, 35 f. 2,589,11. Bei Tümpel, Jahrb. f. klass. Phil. Suppl. 11, 687 f.
Paus. 8, 25, 2 heißt sie ©tXTtovacc. — Eine In- 40 693. 701 f. Tümpel, Bemerkungen zu einigen
Schrift aus Ini auf Kreta, das wohl an der Fragen der griech. Beligionsgeschichte (Progr.
Stelle des alten 'Agyiadia oder 'Agv.ccäsg (in der Neustettin) S. 18. 0. Crusius, Jahrb. f. klass.
Nähe von Gortys) liegt, erwähnt ein [i]sQbv Phil. 123 (1881), 293 iF. Fr. Ad. Voigt, Beiträge
tag QiXffovcccg — die Schreibung ©i:Xcpov6Log, zur Mythol. des Ares u. der Athena {Leipz. Stu-
SsXcpovoa auch in zwei Inschriften, Ath. Mitt. dien 4) S. 241. 243. 287 f. 290. 305. [Höfer.]
3 (1878), 178. ^bXx. ao^. 1890, 147 f., Part- Telphusios (Jfilqpovöio?), Beiname des Apol-
beni, Monumenti antichi della Reale Acad. dei Ion nach der Quelle Telphusa (s. d. nr. 2) in
Lincei 18 (1907), 360 ff. nr. 13. Collitz, Samml. Boiotien. Der Homerische Hymnos in Apoll.
(1. griech. Dialekt-lnschr.lV, 4 S. 1036 f. nr. 14. 244—276. 375 if. (vgl. Preller, Berichte über die
Da Arkades wie seine Nachbarstadt Gortys von 50 Verhandl. d. Königl. Sachs. Gesellsch. d. Wiss.
Arkadien aus begründet worden ist (Busolt, phil.-hist. Cl. 6 [IS64:], lil f. Gemoll, Die Homer.
Gr. Gesch. 1-, 329 Anm. 2), so ist anzunehmen, Hymnen S. 159 f. [zu v. 244]. 170 [zu v. 375]
daß die arkadischen Auswanderer den Kult mit weiteren Literaturangaben. A. W. Verral,
der Thelphusa, der dann auch für das Mutter- Journ Hell. stud. 14 [1894], 1 ff. mit den Be-
land selbst vorauszusetzen ist, in die neue ^nevkungQu von Gruppe, Bursiayis JaJiresber.10'1
Heimat übertragen haben. — 2) Nymphe der [1899] S. 148) berichtet folgendes: Apollon
gleichnamigen zwischen Haliartos und Alal- kommt zur Quelle Telphusa, einem Ort, der
komenai in Boiotien unter dem Fuße der Fels- ihm wegen seiner Sicherheit (cc-jirjucov v. 244)
wand TiX(p6}6aiov entspringenden Quelle, Hom. und Lieblichkeit (igarog v. 380) gefiel, und
Hynin. in Apoll. 244. 247, 256. 270. 377 if. Bei 60 oflFenbart der Nymphe Telphusa, daß er hier
Steph. Byz. s. v. TsXq:ovaa p. 014, 2. Herodian einen Tempel mit Orakel errichten wolle. Aber
p. 589, 13 stellt die Form TiXq)ov6cc. Näheres Telphusa in ihrer Eigenliebe, 'ocpga ol avtfj
s. unter Telphusios. Über die Etymologie von TsXcpovör/ xZeo? bi'ri ini %^ovi, urjö' '^Exaroto',
Telphusa usw. ist oben im Art. Teiresias S. 186, weiß ihn listigerweise zu bestimmen, von seinem
16 ff. gehandelt worden; hinzugefügt werden Plane abzulassen und nach Delphoi zu gehen,
kann: Unger, Thvbana Paradoxa 117. Dibbelt, wo er den schweren Kampf mit dem Drachen
Quaest. Coae Mythol. 7 Anm. 4. Preller, Sachs. zu bestehen hat (vgl. Del^ibyne, Python). Als
Berichte 0 (1854), 148 (J= quellende Flut'), und Apollon den Betrug merkt, kehrt er zurück,
351 Temayas Temenias 352
schilt die Telphues und verbirgt das Quell- miniuum zu Tfniviag bz. Tsufviog (s. d.). Sehr
wasser (v. 882 mit GemoU für ^iovi qöov zu unsicher ist die Ergänzung einer Inschrift aus
lesen) unter vorspringenden Felsen und er- l*hiladelphia(Alaschehir) durch A'ctV uwrf r. Prf-
richtet sich nahe dabei einen Altar: Iv^a ö' merstein, Bericht über eine dritte Heise in Ly-
&vuiixi navta inimlriaiv TiX(f)ovalui hix^xotüvrai^ dien in JJen/iachr. d. Kais. Akud. d. Wiss. in
€n)V9%ctTtl(f>ovCrisUQfigil,6xvvb Qii9Qa{\.ZmiX.). Wien 67 (19U), I S. 18 ur. 18^ (vgl. S. 20):
— Der Beiname TtXtfiovöiog für ApoUon findet Jibg . . . xai 'Eariccs 'i'[e^€»iasj, wo aber auch
sich auch bei Lykophr. Alex. 662 und dazu ein anderer Beiname z. B. T[tXBlcti] gestanden
Schol. (2,107,1): nagit Boitoxolg. (Für TiXtpov- haben kann. | Höfer.]
«iof hat cod. Paris. 2403: TtXtpivios mit der lo Temenias, TomenioH {Ttiitviag, Tsiiiviog).
Erklärung naQoeov tpaivti xa Witj.) — Von Auf mehreren Inschriften aus dem Amyklaion
dem Tempel des Apollon T. — t6 to« riJl(8o!;- in Sparta wird ein Priestertum des ApoUon
[q^aoaiov AnoXXoi^vog isQOv, Sirabo 9, 27 p. 411, Karneios, des Apollou, des Herakles xal Kügccg
der auf der Höhe der Felswand TiX^fmaciov, xal T^iitviov xüv iv tw '^EXti xal xibv avvv.a^-
gerade über der Quelle stand, sind noch spar- hiöi^viiivaiv O-^tüv erwiihut, /. G. 5, 1, 497, „fif.
liehe Reste vorhanden, JBursian, Gcogr. v. Grie- 589,,. ff. (= C. I. G. 1, 1446). 608, ff. Nach Tsnn-
chenl. 1, 2^4. Oben s. v. Teiresias Sp. 186, 12 tas, Eqprjjii. &qx 1892, 21 ist mit der Kora tV
(vgl. Sp. 199, 28 ff.) ist vermutet worden, daß xm '^EXst. die bei Paus. 3,13,2 — vccbs A'oprje
der ApoUon T. in Beziehung zu dem Orakel- liwxsigas- Ttoiijöai, äh xbv ffgaxa 'ÖQtfioc Xiyov-
ffott Teiresias gestanden habe. Aus den oben 20 tftv, ol di ^ßuQLv &(piyi6tJievov i^ 'TTChQ^oQ^oiv —
Sp. 360, 62 angeführten Versen dkiB HomeriscJicn erwähnte Köre Soteira gemeint, deren Tempel
Jiyiwno« scheint hervorzugehen, daß die Nymphe südöstlich vom Theater in einer flachen und
oder Quellgöttin Telphusa selbst als Orakel- auch heute noch sumpfigen Gegend anzusetzen
göttin tätig war, da sie ja den Bau des Tem- sei; unter dem von Pausanias als Stifter des
pels des ApoUon, in dem sie den künftigen Tempels genannten Orpheus oder Abaris berge
Eonkurrenten sah, verhindern wollte. Wenn sich der namenlose Heros Temenios. Dieser
ftreUich 15. Wilamouitz, Griech. Tragödien über- Auffassung tritt S.Wide, lAikonisthe Kulte 296 f.
setzt VII {Aeschylos, Die Versöhnten) S. 19 bei mit dem Hinweis, daß schon die Verbin-
Anm. 2 sagt: 'Dort (am böotischeu Berg Til- düng des Temenios mit Köre in diesem einen
phossion) war in sehr alter Zeit ein Erdorakel 30 chthonischen Gott, was Orpheus ursprünglich
an einer Quelle; die Göttin war als Schlange sei, suchen lasse, dessen Namen auszusprechen
gedacht', so fehlt m. W. für die letzte Be- man sich gescheut habe. Dieser chthonische
auptong das Zeugnis der ÜberUeferung. Vgl. Heros Temenios sei „der Stifter oder Hüter
Telphosios. [Höfer.] eines Tf'/xfros" oder „der iv ra zE^ttvtL begra-
Temavos. Eine Weihinschrift auf einem bei bene, verehrte". — Auf einer anderen fragmen-
Montereale am Flusse Celina gefundenen Altar tierten amyklaiischen Inschrift, wo Tsuntas
lautet: Ti. Poppai. Ti. f. Temavo d. d. l. m., Not. a. a. 0. 22 nr. 4 und Wide a. a. 0, 370, 1 : z/tog
dt Scavi 1884, 66, H. Pais, Corporis inscr. Lat. ti[iLtvos] oder Tt\XEiov~\ oder Tt[QaGTiov\ er-
supplenienta italica 1 p.48nr.380. Dessau, Inscr. ganzen, liest Kolb, I. G. a. a. 0. 372: Jibg Ts-
Lat. sei. 3900. Die Weihung gilt dem Gott des 40 [asviov]. Ob die von Tsuntas und Wide ge-
sonst Timavus (vgl. Mommsen in C. I. L. ö p. 75) gebene Erklärung das Richtige triö't, läßt sich
genannten Flusses, dem auch die poetische mit dem zu Gebote stehenden Material nicht
Weihinschrift {Dessau a. a. 0. 8885) gewidmet entscheiden. Einstweilen lassen sich nur die
ist. [Höfer.J Theoi Entemenioi {Q'tol ivxtiitvioL [s. d.]) ver-
Teinbrion {Tsiißglav). Oikist von Samos, gleichen und das Götterepithetou Temcnites
S<ra6o 14, 633. 10, 457. Themistagoras {F. H. G. (s. d.), zu dem folgendes nachzutragen ist:
4, 512) im Etym.M. s.v. 'AexvndXuia. Busolt, 1) ApoUon Temenites ist auch durch eine In-
Gr. Gesch. 1*, 315, 2. v. Wilamouitz, Sitzuvgs- schrift von Delos bekannt, auf der ein Altar
berichte d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. 1906, 65 [xov kn6XX]covog xov Tsn6v\i]xov und ein Altar
Anm. 2. [Höfer.] 50 [xov knölliovog xov JIar[()a)t]ot; erwähnt wird,
Tembris, Tembros {Td^Lßgig, TB^ißgog), Gott Corr. Hell. 32 (1908) Beilage zwischen p. 14 und
des gleichnamigen Flusses auf Münzen von 15, Face B, frg. a Z. 11. Ebenso befand sich auf
Ifidaion in Phrygien, Head, Hist. num. 681 ^ der Insel Kasos ein Isqov xov knoXXcovog xov
Catal. of the greek coins in the Brit. Mus. Phry- Ts^svixov, Corr. Hell 24 (1900), 227 nr. XIUt^
giu Introd. 84 p. 335, 2. 337, 14 pl. 39, 3; auf Collitz 5104c ev«. p. 357. Zur Erklärung des Bei-
Münzen von Dorylaion (ohne Beischrift), JwÄoo/"- namens Temenites bemerkt Demaryue, Corr.
Blumer, Kleinasiatische Münzen 1, 226, 5. Hell. 24,231: „Temenos est un num de Heu ou
[Höfer,] de ville." Das ist natürlich irrig, ein Stadt-
Tembrogius s. Temrogeios. namen Temenos wird auf Kasos schwerlich
Temenia (Te/ifvm), Beiname der Hestia s. 60 existiert haben, sondern der Beiname ist selbst-
Bd. 1 Sp. 2641, 17 ff. Dittenberger, Sylloge 2*, verständlich, wie man schon längst gesehen
600, 9. 59. Collitz 5692 p. 723. 725. Nach hat, von xifisvog abzuleiten; vgl. E. Ciactri,
E. Fraenkel, Gesch. d. griech. Nomina agentis Culti e miti nella storia delV antica Sicilia 161.
auf -tjjp usw. 2 (= Untersuch, zur indogerman. Nun hat Dittenberger, Sylloye 2^ 531 p. 195
Sprach- u. Kulturwiss. 4 [1912]) S. 210 Anm. 1 Anm. 32 (vgl. Gruppe, Gr. Myth. 746, 9) die
soll Tiiutia. als Femininum zu dem Götterbei- Götter, die den Beinamen Tt^itvixr^g führen,
namen Ts[Livixi]g (s. d.i fungieren; das lautet als solche erklärt, „quorum xtfiivri tränt sine
aber Tiusvtxig. Vielmehr ist Tt^tvia das Fe- templis.'' Dieselbe Bedeutung nimmt speziell
B53 Temenites Teraenos 354
für den Poaeidoniteinamcn 7V.a>/'/rrjc Nilsson, E. Curtiiis, Pelop. 1,203 f. 217 A. 30. Bursian,
Griech. Feste H3 an: „Aus dem Epitiietoo 7V- Geogr. v. Griechenl. 2,196, l'reller- Robert, Gr.
li£vitr]g . . . bentätigt sich die heol)aclitnng M////<. 1, 16<), 2. Ob als des Temenos Vater der
Köhlers, Ath. Mitt. 10 (ISSf)), 37, daß Poseidon arkadische oder der argivische Pelasgo« (s.d.)
oft nur ein Temenos ohne Tempel hatte, da« zu <,'elten liat, ist unentschieden, wahrschein-
außerlialb der Stadt geleg-en war." J)a aber lieh aber hänpt diese vereinzelte Notiz, daß
durch die oben ani^eführte Inschrift ein Tj'mpel Temenos <ler Argiver (s.u. nr. 3) im arkadi-
des Apollon Temenites auf Kasos bezeu<^t ist, sehen Stvmphalos gewohnt habe und Stifter
ist «liese Deutung, wenigstens in ihrer V(!rall- des Herakultes daselbst geworden sei, damit
gemeinerung, einzuschränken. 'Such J<J. CurI ins, lo zusammen, daß Stjmphalos nach dem benacli-
GesawmcUe Ahhandlimgcn 1, 5() führt Apollon harten Argos gravitierte, wie es denn auch zu
den Beinamen Temenites, weil in seinem Pa//.9anw.s' Zeit zum argolisc^hen Bund gehörte,
Dienste die Somleruiig des Heiligen und Pro- vgl. I'aJ. Meyer, Forsch, z. alt. Gesch. 1, 99, 1.
fanen besonders streng geübt wurde. Ob sich Victor Bcrnrd, De Vorigine des cultes arcadiens
vielleicht aus Schol. Harn. Od. 8, 3G3: naga IIa- S. 145. — Jmwrrwuhr, Kulte und Mythen Arku-
cpiotg ovx %6TLV k(fQoöirri? (iyocXiia, tf^itvog dt dicns S. 33 f. führt den Ursprung dieses Kultes
[lovov Y.ci\ ßcoiiog ein Schluß auf das Epitheton von Stymphalos zurück auf das zwischen Argos
ziehen läßt? und Nauplia gelegene Temenion (s. u.), da ein
2) Zeus in Arkesine auf Amorgos, Collitz Kult der jungfräulichen Hera sich zu Argos
5371g-. I. G. 12, 7 nr. (}2j- ; vgl. auch Rccueil 2o sowohl wie auch zu Nauplia befand, vgl. Paus,
des inscr. iuridiqiies Grecqnes fasc. HI p. 507, 59. 2,38,2. Hitzig-Blümner z. St. 1,(»5(>; als HaQ-
3) Poseidon Temenites in Mykonos: Die In- ^^vo? hatte die Hera auch zu Hermione ein
schrift auch Collitz 5416,, p. 577. Zu verglei- Heiligtum {Steph. Byz. s. 'Eq\liÖ)V p. 277, 17 f.
chen ist das Epitheton Tsusvovxog, das Posei- Meineke hgöv "'Hgcxg IJaod-tvov); als üagd^evicc
don in einem pythischen Orakel avif einer In- ward sie nach Schol. Bind. Ol. 6, 149 auf dem
schrift aus Tralleis erhält, Mov6. -/ai. ßi{^l. rfjg Parthenion an der Grenze von Arkadien und,
svayy. axoXyg ri^g 2Juvgvi]g 1880 p. 181. (-orr. Argolis, als /yae-a-f-Vog auf Euboia verehrt, usw..
Hell. 5 (1881), 340 f.' Anth. append. ep. add. YI, W. H. Boscher, Inno und Hera (Slud. z. vgl.
104 b, 5 Cougny. Auch das epische Zitat bei Myth. d. Gr. u. B. 2) S. 74, A. 221 Preller-Bo-
Apolionios Dyskolos Synt. 138.12 = Pindar io bert a. 'd.O. 1,170 f., 6. Gruppe, Gr. Myth. 196,
frgm. 18«j {Poet. Lyr. V p. 4:i4:Bergl: ccvxöv ^s 17. 464,7. 1133 f. Nach Trjiiavog oder frißsvvog
TtgwTiGTa GvvoiyiiGTiigu yaiag ^GÖi-^cci tEßtvovxov dem Arkader, der als erster seine Chlamys nach
bezieht sich wohl auf eine Gottheit. Diese Art der Toga sich umgeworfen, als er ins lo-
Gottheit soll nach P. Maaß, Hermes 46 (1911), nische Meer gelangt nnd bei dessen Anwoh-
610ff. gleichfalls Poseidon sein, der in seinem nern Aufnahme gefunden, sei ursprünglich die
Streite mit Athene redend eingeführt werde; römische Toga, griech. rj Trjßsvvog., benannt
das Fragment selbst sei der Hekale des Kalli- worden; von ihm hätten die (italischen) Lau-
machos zuzuweisen. [Höfer.] desbewohner die Weise sich zu kleiden über-
Temenites {Tt^iLtvlxr^g), Beiname verschiede- nommen, und das Gewand nannten sie r?]^6-
ner Gottheiten. Nach Dittenherger, Syll.^ 531 40 vslov {Suid. tri§ivv£iov) nach dem Erfinder,
Anni. 32 dei inteUegendi videntur, quorum ts- woraus durch allmähliche Namenverderbnis rrf-
HevT] erant sine templis. 1) Apollo T. in Sy- ßsvvog geworden, Artemid. Oneirokr. 2,3 p. 85.
rakus, wo ein hervorragendes Kultbild im Te- Suid.u. v^ßsvvog, vgl. K. 0. Müller- Deecke,
mcnos stand, Cic. Verr. 4, 53, 119; Sueton Tib. Etrusker 1,247,52. 53^.
74 in.; daher hieß ein ganzer Stadtbezirk Te- 2) Sohn des Phegeus, des Bruders des Pho-
menites, Thuc. 6, 75, 1; 100, 20; vgl. Steph. roneus (s. Phegeus nr. 1), Bruder des Axion
Byz. s. V. Tifisvog. — 2) Zeus T. auf Amor- (s.d. unt. 1). Durch der beiden Brüder Hinter-
gos, Ditt. Syll. 2- 531, 11. — 3) Poseidon T. list fand seinen Tod der Muttermörder Alkmaion
auf Mykonos, Ditt. Syll. 2~ 615, 5. S. o. Bd. 3, (s. d.), wider seinen Willen nach Phegia (dem
Sp. 2852. Vgl.Temeniasu. Temenuchos. [Ruhl.j 5ö spätem Psophis) gesandt von Kallirrhoe (s. d.
Temenos {Tri^itvog). 1) Des Pelasgos Sohn. unt. 2), die nach dem Halsband der Eriphyle
der im alten Stymphalos gewohnt habe und (s. d. unt. 1) begehrte; die Brüder aber weihten
von dem Hera auferzogen worden sei, und das Halsband dem Apollon zu Delphi, und zur
3 Heiligtümer habe er der Göttin errichtet und Zeit ihrer Königsherrschaft in der damals noch
3 Beinamen ihr beigelegt: solange sie Jung- Phegia benannten Stadt sollen die Griechen
frau war, Mädchen (Tcalg), nachdem sie sich gen Troia zu Felde gezogen sein, Paus. 8, 24,
Zeus vermählt, nanute er sie rsXsia (= die Reife), 10. Hitzig-Blümner z. St. 3, 195 ; zur Ermordung
als sie aber mit Zeus sich entzweit aus irgend- des Alkmaion durch die Söhne des Phegeus
einem Grunde und wieder nach Stymphalos vgl. auch Paus. 6,17,6; ihre Schwester hieß
zurückgekehrt, nannte sie Temenos Witwe (;frjpa:, 60 nach Paus. 8, 24, 8 Alphesiboia (s. d. unt. 2,
vgl. Hesych. s. %rigu- i] ^srä yä^ov fii] avvoixovGoc vgl. auch Hyg. f. 244 p. 131, o Seh.), dagegen
ccvSgi), Paus. 8, 22, 2. Hitzig-Blümner z. d. St. Arsinoe (s. d. unt. 1) nach Apollod. 3, 87. 90 T^".,
3, 183, s. o. Bd. 1, Sp. 2080, 10 ff. OflFenbar war der auch für die Söhne des Phegeus andere
dies ein alter pelasgischer Naturdienst, bei dem Namen hat, nämlich Prönoos und Agenor (3,
Hera als Repräsentantin der Erde in den drei 92 W.). An der Überlieferung, daß die Söhne
verschiedenen Jahreszeiten verschieden erschien: des Phegeus den Halsschmuck nach Delphi ge-
im Frühling als Maid und Jungfrau, im Som- weiht, h^lt Pausanias auch 9, 41, 2 f. fest, wo er
mer als Gattin, im Winter als Witwe, vgl. bei Anführung von angeblichen Werken des He-
355 Temenos Temenos 1-^56
phaistos auch des Halsbandes gedenkt irj(pcii6T6- rung der Temenossöhne Agelaos und Archelaos).
rtvxTog OQiiog Apollod. :^, 25 H'), das Ursprung- Nach Temenos führte den Namen das Teme-
lich der Harmonia ^s. d.; geschenkt ward, aber nion (Trj^ftov), ein fester Ort in der Argolis
benannt wird nach Eriphyle, weil sie es als iv m H&anrai Tijufvos, Strab. 8 p. 308, das-
Geschenk hinnahm für ihren Mann, und er- selbe Stcph. Byz. s. v. p. 021, 3 f. Jf. , wo indes
wähnt, daß die Amathusier der Meinung, das das Temenion fälschlich nsich Messenien ver-
Halsband finde sich bei ihnen als Weihgabe legt wird (xtaglov Msaarivrig) und der Zusatz
im alten Tempel des Adonis und der Aphro- ot ohi]roQtg Tr]iiBvistg ojg IXiftg. Nach Paus. 2,
ditezuAmathusaufKypros; das bestreitet Pous. 38, 1 hat Temenos, des Aristomachos Sohn, die-
a. O., vgl. Hitzig- Bin inner z. St. 8, 523 f. Auch lo sen Ort besetzt und befestigt, mit seinen Do-
das Artemision auf Delos wollte im Besitze der rem von hier aus Krieg geführt gegen Tiaa-
goklenen Halskette der Eriphyle sein, vgl. TA. menos und die Achaier, der Ort aber enthielt
HomolU', Bull, de coir. hell. 6 (1882), 124. 14 ein Heiligtum des i'oseidon und ein anderes
(1890), 406 Z. 2 (42). 16 (1891), 184. Und wäh- der Aphrodite, zumal ein nvfma 7'rjfieVov ri^äe
read nach Paitsanias das verhängnisvolle l;fov nocgä Jcagi^av tibv iv Mpyti; vgl. J^Jd.
Schmuckstück sich zu Delphi im ApoUontempel Meyer, Gesch. d. Altert. 2, 266 f. F. Pfister, Der
befand, gibt Phylarchos FEG 1,358,60 bei Beliquienkult im Altert. {R. V. V. V) 8. 288.
Parthen. 4q. tiu^. 25, 1 an, daß es ebendaselbst Strabon und Pmisanias bestimmen die geogra-
niedergelegt war im Heiligtum der Athena Pro- phische Lage des Temenion recht genau im
noia, was Freuer {z. Paus. 8,24, 10 S. 285) ver- 20 Zusammenhang mit Lerna und Nauplia, 26 Sta-
muten läßt, Phylarchos habe das Halsband der dien von Argos vttsq rfy? ^aXccTzris {Strab. a. 0.),
Eriphyle verwechselt mit dem der Helena, das 50 Stadien von Nauplia (Paws. 2,38,2); zwischen
Menelaos der Athena Pronoia geweiht, nach dem Temenion und Lerna mündet der (rätsel-
Demetr. Phal. hei Eustath. Od. 8,267 p. 1466,60; hafte) Phrixos ins Meer, Paus. 2, 36, 6. 38, 1;
über das spätere Schicksal dieser Halsbänder das Temenion aber vermutet man in Resten
vgl. außer Parth. 25 auch Ephoros (oder dessen und Ruinen zwischen den Flüssen Panitza (Ina-
Sohn Demophüos) im 30. B. der iarogiai FHG chos) und Kephalari (Erasinos), über die Ört-
1, 275, 155 (aus Ath. 6, p. 232 d fF.). Diod. 16, lichkeit vgl. Leake, Travels in the Moria 2, 476.
64, 2. Paus. 9, 41, 2 f. 0. ßd. 1, Sp. 1337, 45 ff. L. Boß, Beisen im Pelop. S. 149. Ciirtius, Pelop.
8) Sohn des Aristomachos (oder des Kleo- 30 2,(154). 383 f. Bursian, Geogr. v. Griechenl. 2,
daios s.u.), ein Herakleidc, Ururenkel oder (8.42). 56 f. Hitzig-Bhimner, Paus.l,{G52).65b{.
Urenkel des Herakles, gewissermaßen ^nach Pho- Während Temenos in der Regel (vgl. z. B.
roneus und Danaos der dritte Gründer vou Ar- Paits. 2, 18, 7. 38, 1. Hyg. f. 124 p. 106, 8 Seh.
gos' (E. Curtiw, Pelop. 2, 346. 384), der Stamm- Theopomp. frg. 30 FHG 1, 283 und Diod. 7, 15
vater der Temen iden (Tijfifvtdai), jener drei aus Georg. Synk. Chron. 262 B/C [1, 41)9, 5 ff.
Brüder Gauanes, Aeropos und Perdikkas (s. o. Dind.], wo die genealogische Reihe Karanos —
Bd. 1, Sp. 88, 18 ff. 1605, 39 ff), die, aus Argos Pheidon — Aristodamidas — Merops — Thestios
zu den lUyriem geflohen, nach Obermakedo- — Kissos — Temenos — Aristomachos- Kleo-
nien gelangten, nach Lebaie, später sich nie- daios — Hyllos — Herakles, aber auch, nach an-
derließen in der Gegend der sog. Gärten des 40 dern, Karanos — Poias — Kroisos — Kleodaios —
Midas am Fuß des Bermion und von da auch Eurybiadas — Deballos — Lachares — Temenos
das übrige Makedonien sich unterwarfen, so etc. [dasselbe bei Porphyrios aus Tyros FHG
daß also diese Temeniden die Ahnen der ma- 3,690]. Satyros frg. 21 FHG 3,165 bei Theoph.
kedonischen Könige geworden sind, im beson- Antioch. ad Autol. 2 p. 94) als Sohn des Ari-
dem Perdikkas, vgl iZcrod. 8, 137 f. (6,52 be- stomachos gilt, des Sohnes des Kleodaios
reits die genealogische Reihe Aristodemos — {schon Herod. ß, b2 hat ja für Aristodemos die
Aristomachos — Kleodaios — Hyllos). Thuk. 2, Abstammung: Aristomachos, Kleodaios, Hyllos),
99,3. Diod. 7,17. Nach ihnen hieß TruiEvidai erscheint er gelegentlich, bei ^poZZof/. 2, 172 TT.,
ein Waffentanz, vgl. Dioskorides Anth. Pal. 11, unter des Kleodaios Söhnen, und auch nach
195 ; mit demselben Titel auch gab es ein Stück 50 Tzetz. Lyk. AI. 804 war er Sohn des Kleodaios
des Euripides, frg. 728—741 Nauck, für dessen (als dessen Brüder Lichas und Keyx genannt
Inhalt zu vergleichen sein wird Nikol. Dam. werden) und der Peridea fs. d. unt. 1), der En-
FHG 3,376,38. Diod. 7,14a {FHG 2 p. VIIl kel des Hyllos und der Eurytostochter lole,
frg. 4). Paus. 2, 19, 1. 28, 3—7, s. u., wie denn der Urenkel des Herakles und der De'ianeira;
auch Temenos selbst der Held einer euripi- in dieser Reihe fehlt lediglich das Zwischen-
deischen Tragödie gewesen zu sein scheint, glied Aristomachos (als Vater des Temenos und
frg. 742 — 751 iV., über deren Fabel indes nichts Sohn des Kleodaios). Die unter Temenos ein-
bekannt ist, vgl. Welcker, Gr. Trag. 2, 697 f. wandernden Dorer habe des Tyrsenos Sohn He-
Wecklein, Philo!. 39 (1880), 406 ff. Christ- Schmid, geleos (s. d. und unt, Omphale IM. 3, Sp. 879 f.,
Gesch. d. gr. Lit. 1*, 378, 10; auch des Temenos 60 51 ff.) im Gebrauch der Trompete unterwiesen,
Sohn Archelaos als AhnheiTu der makedoni- Paus. 2,21,3, vgl. K. 0. Müller - Deecke , Etr.
sehen Könige und Gründer der Residenz Aigai 2,209. Gruppe, Gr. Myth. 1199,4; hier sei gleich
nahm Euripides zum Helden einer Tragödie, erinnert an die Erzählung bei Polyain. strat.
da er bei dessen gleichnamigem Nachkommen 1, 10 von der Verwendung des avXo? durch die
zu Pella ehrenvolle Aufnahme fand, frg. 229— Herakleiden Prokle^ und Temenos. Den Söhnen
266 N.; für den Inhalt vgl. Hyg. fab. 219 p. 129, des Aristomachos an der Spitze der Dorer habe
6 ff. Seh. Welcker a. 0. S. 698 ff. Wecklein a. 0. bei der xa^odog xäiv 'HQccxXsuy&v Oxylos (s. d.
Gruppe, Gr. Myth. 219. 1199,4 (wo Identifizie- unt. 2) den Weg gewiesen in die Peloponnes,
357 Tenienos Temenos Hö8
Kph<nosfr(jA:* FHd l,236f. M)ei Sirah. 8 p.3ö7. rückhaltung in anderer Situation /Vms. 2,2H,3),
P«*/.s. 5, 3,'6ff. 4, 1 tl". .S'c/fo/. Aristeid. Fanath. Titanen (nach Apollo i. 2, n\i \V., wo Tirävccg
l). 33 f. ed. Frommel. Polyaüi. 1. 9, vgl. hi(!rlur die tlberlielerung, Heynea Vorschlag Tiravlovg,
und für das Folgende F r eller- Flciv, (ir. Myth. Wagner B}nii- mit Tau aquüFabrr tlvüs Hchreiht),
2^ 282 f. J'Jd. Meyer, Gesch. d. Altert. 2, 250 fF. die nach Preller- Robert, Gr. Myth. 1,46 A. 'olfen-
Nach und nach kommt das ganze Land in den bar als die alten, von den Herakleiden unter-
Besitz der Herakleiden, und bei der Teilung jochten Einwohner von Argos gedacht sind',
durch das Los fällt Argos an Temenos, Lake- vgl. Ma.x. Mayer, Gig. u. Tit. S. 35 f. 100: bei
daimon an des verstorbenen Aristodemos Söhpe einsamem Had im Fluß verwunden sie den Te-
Prokles und Enr^sthenes und Messene an Kres- 10 menos, sterbend aber überträgt er die Herr-
phontes, Apollod. 2, 177 f. U'. Paus. 3, 1,5. 4, schaft auf De'iphontes und Hyrnetho, usw., vgl.
;{, 3f. . auch schon Plat. Ges. 3 p. GH3d. <>92d Eurip. Trifisvidcci. Nile. Dam. und Diod. a. O.
(wo Temenos und Kresphontes als die Gesetz- Paws. 2,19, 1. 2,^, A {vfovAx Hitzig-Jilünmer \.,iu%.
geber ihrer Zeit bezeichnet werden). Polyain. 619). Apollod. 2, 179 W. Es schließt sich der
1,6, vgl. auch Vell. Paterc. 1,2. Über die bei Brüder Vorgehen gegen De'iphontes an und der
der Verlosung angewandte List, durch die Kres- Tod der Hyrnetho, Paus. 2, 28, 3 tf., s. o. Bd. 1,
pbontes Messenien erlangt, wobei nach Pausa- Sp. 891 ff., 58 tf. s. De'iphontes, ferner P. Fried-
-nta.s Temenos Mitschuldiger war, vgl. z. B. o. Bd. 2, länder bei Pauly - Wissowa- Kroll 9, 535 f., 34 tf.
Sp. 1420,31 tf. (s. Kresphontes). Hitzig- Blümner, s. Hj^rnetho, wozu Sp. 1171, 22 tf. Gruppe, Gr.
Paus. 2, 106; auf die List spielt bereits Sopho- 20 Myth. 178,6. Um Hyrnetho bzw. das Grab der
Ixles an, Aias v. 1285 f., vgl. Schol. z. St. Suid. Hero'ine, der Eponyme der hyrnethischen Phyle
s. ögccnerrig xXf/poff. Auf Anstiften des Temenos (die zu Argos als vierte neben den drei altdori-
habe Ergiaios {'Egyivog? Bernardakis), einer sehen Phylen stand, vgl. Cwr<^MS, PeZop. 2, 363.
der Nachkommen des Diomedes, das von die- Bursian, Geogr.v.Gr. 2, Ai. 6G. Fd. Meyer, Gesch.
sem nach Argos gebrachte Palladion entwendet, d. A. 2, 270 f.) stritt man sich zwischen Argos und
in Gemeinschaft mit einem der Vertrauten des Epidauros, und letzteres hatte begründetem An-
Temenos, Leagros, der e.s später, nachdem er spruch, Paws. 2, 23, 3. 28, 3. Steph.Byz.%. Tgvr'i-
sich mit Temenos entzweit, nach Sparta über- -d'/ov p. 652, 17tf. il/. , vgl. Pfister, Beliqnienkult
führt, wo es die Könige gern aufnahmen und S. 219, 802. 407. Für der Hyrnetho Grabmal zu
in der Nähe des Heiligtums der Leukippiden 30 Argos vgl. CMr^iWS a.O. 361. JSwman a. 0. 56, für
aufstellten, Pluf. {kiaest. Gr. 48 p. 302 C/D das Hyrnethion zu Epidauros CW^ms 425. Bur-
[Phit. Mor. 2, 347, 20 tf'. Bernard.), o. Bd. 1, sian 75. Hitzig-Blümner 1,592. 619. Bei Paus.
Sp. 1024, 54 tf. 1301, 21 tf". Bd. 2, Sp. 1919, 7 ff. 4,3,8 wird auch ein sonst nicht bekannter
Gruppe, Gr. Myth. 624,3. Temenos habe den Isthmios als Sohn desTemenos genannt (gleich
De'iphontes, der gleichfalls Herakleide war, nachher 4,3,10 Isthmios des Glaukos Sohn, des
des Herakles Ururenkeli bei P5.-67.-i/m»2osPem'^. Dotadas Vater), der mit den Herakleiden von
534 irrtümlich als des Temenos Sohn bezeich- Sparta, den Söhnen des Aristodemos, die Ar-
net; wenigstens ist zur Ergänzung des Textes kader unterstützt habe bei der Zurückführung
vtor übergeschrieben, wofür yttfil^pov in 3///Wer6? des Aipytos nach Messenien, jenes jüngsten
G. G. M. 1,217), den Vorzug gegeben vor seinen 40 Sohnes des Kresphontes und der Merope, der
Söhnen, machte diesen zu seinem Eidam und in des Euripides Kresphofites der Träger der
wollte auf ihn und seine Tochter Hyrnetho Titelrolle war, also wie der Vater hieß, vgl.
die Königsherrschaft übertragen. Die Namen Eurip. frg. 452/62, Telephontes bei Hygin, der
der Söhne werden verschieden überliefert; bei den Inhalt der euripideischen Tragödie skiz-
Nikolaos Damask. frg. 38 {FHG 3,376) heißen ziert fah. 137. 184 p. 116 f. Seh., vgl. Lessing,
sie Keisos (s. d.), Phalkes (s. d. unt. 3), Kerynes Hamb. Dramat. St. 40; zu des Euripides Tra-
(s. d.) und Aigaios oder Agaios, bei Diod. 7, 14 a gödie aber vgl. Lessing a. o. St. 37 tf'. WelcJcer,
Kissos, Phalkes und Kerynes, bei Paus. 2,6,7. Gr. Trag. 2,828/40. Gruppe, Gr. Myth. 153,4.
11,2. 12,6. 13,1. 19,1: 26,2. 28,3. 5 Keisos, 0. Bd. 1, Sp. 196, 5 ft^ Bd. 2, Sp. 1421, 8 ff. (unt.
als der älteste, und Agraios (oder Argaios), als 50 Aipytos und Kresphontes). Hitzig-Blümner,
der jüngste bezeichnet, Kerynes und Phalkes, Paws. 2,108. — Singular ist die Herleitung von
bei Apollod. 2,179 W. Agelaos (s. d. unt. 3), Temenos für Archias, einen der Herakleiden
Eurvpylos (s. d. unt. 8) und Kallias (s. d. unt. 1) : aus Korinth {Ihuk. 6, 3, 2), des Euagetos (Evdyri-
über die Schreibung des Namens KbTgoq, Kl- rag) Sohn, deu Gründer von Syrakus: als den
6og, KiGGog, KiGGtog usf. vgl. FHG 2 p VIII zehnten Nachkommen des Temenos bezeichnet
frg. 4 A. 5, für Agelaos (aus Apollodor durch ihn das Marmor Parium ep. 31 (wie Ephoros
Meineke auch hergestellt bei Ps-Skymnos 533 frg. 15 FHG 1, 237 bei Strab. 8 p. 358 den Ar-
für überliefertes kyocvog, dem indes kyaiog am giver Pheidon, vgl. Sbuch Paus. 2, 19,2 und dazu
nächsten kä,me), Agaios und Aigaios (iV'iÄ:. i)am.), Hitzig-Blüinner 2, G61) , vgl. die Ausgabe des
Agraios oder Argaios (außer bei Paus. Agraios 60 M. P. von Felix Jacoby (1904) S. 11. 94 f. Niese
auch Strab. S p. 389 nach Ephoros) Yg\. Curtius, bei Pauly -Wissoira 2, 461, 50 ff. — In Zusam-
Pelop. 2,575. 0. Bd. 1, Sp. 982, 11. Knaack bei menhang mit Temenos, bzw. Hyllos des Hera-
Pauly -Wissowa, R.-E. 1,770, 23 tf. (der überall kies Sohn, wird Paus. 1,35, 7 auch Temeno-
Agelaos schreiben möchte), auch Hitzig-Blüm- thyrai {TriuBvov d"vQcci.) gebracht, ^eine nicht
ner, Paus. 452. 619. Die erbosten Söhne dingen große Stadt in Oberlydien' (nach Imhoof-Blu-
Mörder für den Vater (nur der jüngste, Aigaios mer, Lyd. Stadtmz. S. 5 ist indes Temenothyrai
oder Agaios nach Nik. Dam., nimmt nicht teil Flaviopolis zu Phrygien zu rechnen, vgl. auch
an dem Anschlag, vgl. auch des Agraios Zu- Hieroki. Synekd. p. 668,14 [p. 20 Aug. Burck-
359 Temenuchos Tempestates 360
hardt], wo Ttfiivov 9vQat unter den Städten derun^en in die Gebend am Inaclios nieder-
der Phrygia Pakatiane); der Ort lag auf der stiegen, wo Inachier und Achaier wohnten, er-
Sudseite des Tlitivov fipoe, da, wo der Hyllos, ging ein Orakel, den einen, sie würden ihr
ein Zufluß des Hermos, entspringt, vgl. Hitzig- ganzes Land einbüßen, wenn sie daran Anteil
Blümner, Paiis. J,34C; für die Verachmelzung gäben, den andern, sie würden es innehaben,
von T/jtievog und T^fivos s. o. Bd. 8, Sp. 880, 4 ff. wenn die es i^d. h. etwas davon) auf gütlichem
Auf Kupfermünzen von Teraenothyrai erscheint Wege (nag* ixovtav) erhielten. Temon nun be-
denn auch nicht bloß Herakles, Kopf und ganze gab sich, als Bettler verkleidet, zu den Inachiern,
Figur (vgl. z. B Iinhoof -Blumer, Zur Griech.u. und als ihrn^ daselbst der König i^er hieß Hyper-
Böm.Münzk S.169. Kleinasint. Mz. 8.25)8,1.8), lo ochos) im übenuut und zum Gespött eine Erd-
Bondern auch gelegentlich die Büste des my- schölle schenkte, war er sichtlich erfreut über
thischen Gründers (THM6N0C OIKICTHG oder das Geschenk, barg es in seinem Brotsack und
KTICTHQ, Head, Hist.nnm.^ S. 687. Heai-Svo- ging ohne weitern Begehr alsobald von dannen.
ronos 2, 232, z. B. auf der Vorderseite einer Darob wunderten sich die Ältesten des Landes;
Kupfermünze der Zeit M. Aureis die Büste des sie erinnerten sich des Orakels, gingen zum
Temenos rechtshin, unbartig und lorbeerbe- König und mahnten ihn, die Sache nicht als
kränzt, Nacken drapiert, mit Beischrift Tiffi«- Bagatelle zu betrachten und den Mann nicht
POS olxiatijg, Brit. Mus. Cat. of gr. coinSj Phry- entwischen zu lassen; wie aber Temon ihre
gia S. 407, 1 desgleichen auf der Vs. einer Kup- Absicht bemerkte, machte er sich auf die Flucht,
fermünze der Zeit Galliens mit Beischrift T. 20 wobei er dem Apollon eine Hekatombe gelobte,
xnffTijs, a. o. S. 411,18. Von 'lydischen Te- und entkam auch wirklich. Darauf traten die
meniden' (neben den makedonischen) spricht Könige Hyperochos und Phemios, der König
Gruppe, Gr. Myth. 495 ff. (496 f.). Vgl. schließ- der Ainianen (s. 0. Bd. ü, Sp. 22i>3, 28 ff. Phe-
lich auch tag Triiitvidag ^goüayogsvo^i^vag nv- mios nr. 4), zum Zweikampf zusammen; als
lag zu Tarent, Polyb. 8, 27. 30 p. 592, 8 f. 5U4, sich dabei aber Hyperochos. um auf des Phe-
26 Bekker. Liv. 26, 9 {Temenitis porta). mios Verlangen den Hund, den er mitgebracht,
[Otto Waser.] wegzujagen, umwandte, tötete ihn Phemios
Temennchos (Teufi'of'jfo?), Beiname des Po- durch Steinwurf. Nachdem die Ainianen die
Beiden s. oben Sp. 353, 24 ff. und dazu 0. Kern, Inachier mitsamt den Achaiern vertrieben, nah-
Geneihliakon für C. Bobert 99 ff. Hermes 51 30 men sie das Land in Besitz, jenen Stein aber
(1916), 480. [Höfer.] verehren sie als heilig, opfern ihm und um-
Temenuros(rf|tttvowpög)='Tempelwart'(vgl. hüllen ihn mit dem Fette des Opfertiers (vgl.
Hesych. TSiisvaagöv xs^itvovg cpvXaxa), Beiname dazu M. W. de Visser, De Graecor. diis non
des Hermes in einem Epigramm aus Knidos, referentibus speciem humanam S. 71. Die nicht
Kaihel, Epigr. 781ii. Usener, Rhein. Mus. 29 menschengestalt. Götter d. Griechen S. 92); so oft
(1874), 27. [Höfer.J sie aber dem Apoll seine Hekatombe entrichten,
Temnonis {Tsfivovig), Mutter der Kerkopen nachdem sie dem Zeus einen Stier geopfert,
Passalos und Aklemon (wohl Akmon: s. Bd. 2, spenden sie also den Nachkommen des Temon
Sp. 1171, 43ff.), Comas ad Gregor. Naz. carm. das erlesene Fleischstück, das den Namen
114 in Mai, Specileg. Roman. 2, 2, 226 = 40 ' Bettlerfleisch' führt. [Otto Waser.]
Migne, Patrol Ser.Graec. 3S,bbl. Ob Variante Tempeitas {TBiLnsivag) , Beiname des Apol-
oder Corruptel für Mf juvovi? ? s. Bd. 2, Sp. 1171, Ion nach seiner Verehrung im Tal Tempe auf
64 ff. [Höfer.] einer Inschrift aus Gyrton: 'ÄtiXovvl TBfinsira
Temnos (T^ju-vos). Das Haupt der Stadtgöttin ... iXtvQ-BQta („Dank für erlangte Freiheit"),
(oder einer als Gründerin von Temnos gelten- 0. /. 6r. 1, 1767. Fick in Bezzenbergers Beiträgen
den Amazone) erscheint mit der Beischrift 5,19. Collitz 36S. O.Hoff'fnann, Gr. Dialekte 2,12
THMNJC auf Münzen dieser Stadt, W. Wroth, nr. 3. 1. G. 9, 2, 1034; vgl. Ernst Fränkel, Gesch.
Cat. of the greek coins in the brit. Mus. Troas. der griech. Nomina agentis auf -rrj^, -xojq^ -rfjg
Aeolis 145, 18 pL 29, 5. Head, Hist. nww.* 557. 2, 211. Zum Kultus vgl. O.Müller, Dorier 1,202.
Boisserain, Beschreibung der griech. autonomen 5) H. Magnus, Hermes 40 (1905), 202. [Höfer.]
Münzen im Besitz der Kön. Akad. der Wiss. zu Temperautia, Personifikation der Besonuen-
Amsterdam (1912i S. 147 nr. 51. Macdonald, heit, der griechischen Sophrosyne (s. d.) ent-
CkUal. of greek coins in the Hunterian coli. 2, sprechend, Murtian. Capella 2, 129. [Höfer.J
311,6.6. Über die Darstellung der Personifi- Temperies, Personifikation, synonym mit
kation von Temnos auf der sogenannten Puteo- Temperantia (s. d.), mit Patientia, Prudeutia
lanischen Basis s. Bd. 2, Sp. 2094, 63 — 2095, 19 und Constantia zusammen genannt, Claudian.
s. V. Lokalpersonifikationen. [Höfer.] De consul. Stilichonis 2, 107. [Höfer.]
Temon (iVfiwv, -avog, zu xiiL-to, xi^-voi Tempestates, Sturmgöttinen , Windsbräute,
schneiden), namhafter Ainiane; seinen Nach- Die T. waren nach altrömischer Vorstellung
kommen wiesen die Ainianen (in Südthessalien) 60 Beherrscherinnen des Meeres, da man bei
jeweils, wenn sie dem Apollon und dem Zeus dessen Anblick lediglich die Sturmgefahr emp-
Tieropfer darbrachten, ein erlesenes Fleischstück fand. Bereits 259 v. Chr. wurde ihnen von
zu, für das sie den Beinamen ^ Bettlerfleisch' L. Cornelius Scipio in Seenot ein Tempel ge-
{mxoaxLiiov xgiag) hatten, vgl. Plut. Quaest. Grae- lobt, der dann aus der in Korsika gemachten
eae 13 p. 293/94 {Plut. Mor. 2, 326 f., 19 ff. Ber- Beute in der Nähe der Porta Capena neben
nardakis), wo auf die Frage: "xi xo tcxoxi^xöv dem Marstempel und Scipiouengrab erbaut
ngiag tcccq' Aiviaaix' die folgende Antwort er- wurde und sein Stiftungsfest am 1. Juni feierte
teilt wird: Als die Ainianen auf ihren Wan- (C. IL. 1, 32 = 6, 1287. Ovid. F. 6, 193 f.
361 Tempus Teneros 362
Hülsen- Jordan, Topoyr. ly 3 S. 217). Als Dank- TvAiay^as {Teräyrig), 1) Sohn des Hob, der von
oder als Bittopfer schlaclitete man ihnen ein seinem Bruder Makar getötet wird, Schol. B zu
weibliches Lamm, das jedenfalls schwarz war wie ifowi. /^ 24, ö44. Doch lesen die Scholia Toum-
dasjenige, welches der ihnen weseijsverwandte leyana, übereinstimmend mit der Vulgata,
Sturmwind (Hiems) erhielt {Verg. Aen. 3,120). 'IlXlov statt "/Xou. — 2) Sohn des Helios und
Das Alter ilirer Verehrung bezeugt auch Cicero der Rhodos, Diod. 5, 6(5, 5. Er war der ti-
[de nat. dcor. 3, 20, 51), denn das bei der Aus- (fviatarog unter den lloliaden und wurde von
fahrt einer Flotte vom Feldherrn dargebrachte s. Jirüdern aus Neid umgebracht, Diod. 6, 67,
Opfer galt offenbar den T., wenn er auch die 2; 61, 1; vgl. die Liste der Heliaden im Schol.
Fluten nennt. Vgl. Äppian. b. c. 5, DH. Liv. iq Find. Ol. 7, 131; ebd. 136 bietet der Vratisl.
2'J, 27, 2. Für spätere Zeit erweisen ihre Vor- A Kandalos statt Tenages, und am Schluß der
ehrung Inschriften aus Aesernia bei Venafrum Reihe heißt es fpaid-cov 6 vBwraxoq, ov oi ir
und aus Lanuvium (C. /. L. 10, 4846. 14, 20Ü3). rr/ vriam övo^ä^ovai TsvdyrjVy wie Borckh für
Unbestimmter ist die Vorstellung, wenn di das überliefertet, wv 6 vfcoraro? o/xf^xaTÖ: t?;v
tempestatum potentes {Verg. Aen. 3, 528) oder vfiaov riv Ttväyr\v xalovai verbessert. [Ruhl.]
Venti bonarum tempestatium pot. (0. I. L. 8, Beide Homonymen sind natürlich identisch,
2610) angerufen werden, oder wenn luppiter v. Wilamowitz, Hermes 18 (1883), 429 Anm. 1.
als ihr Herrscher erscheint (C. 1. L. 8, 2609. Der Name Tenages, der nach Fott, Kuhns
13, 6. Dessau, Inscr. Lat. sei. 3934. — Wis- Zeitschr. 9 (1860), 195 von xivuyog „seichtes,
sowa, Eel. u. Kult. d. Bömer^ S. 228, 3—4. 20 flaches Wasser^' abzuleiten ist und an die
A. V. Domaszewslii, Abh. z. röm. Bei. S. 22 ff. troische Insel Tivocyog {Hesych. Gruppe, Gr.
Fr cller- Jordan, R. M. 1,190. 331. Vgl. Aurae 2, Myth. 269, 3) erinnert, ist nach v. Wtlamowitz
Harpyia u. Windgötter. [Steuding.J a. a. 0. 430 (vgl. auch Arch. Anzeiger 1913, 44)
Tempus, dem griechischen Kaigog (s. d.) ent- und nach H. van Gelder, Gesch. d. alten Eho-
sprechend, Fhaedrus 5, 8. G. Jhiele, Hermes dier 55 f. der barbarische bzw. vorgriechische
41 (1906), 577 ff. Eine Inschrift aus Tyra Name des von den Griechen Phaethon ge-
(Moesia inferior) ist gewidmet Tempori bono, nannten Heliossohnes. [Höfer.]
Latyschev, Inscr. grecques et latines decouvertes Teneates (Tevsarrj?) , Beiname des ApoUon
dans la Mussie meridionule de 1889 ä 1891 in nach der in der Korinthia gelegenen Ortschaft,
Materiaux pour servir ä Varcheol. de la Bussie 30 deren Hauptgottheit {Paus. 2, 5, 4) Apollo war,
1892, 60. C. I. L. 3 Suppl. nr. 12510 (= nr. dessen Kult die Bewohner auf ihre Stammes-
13747). Dessau, Inscr. Lat. sei. 3755. [Höfer.] Verwandtschaft {Faus. a. a. 0. Steph. Byz. s, v.
Temrogeios s. Puntasbas und Fr. Foland, Tsvioc) mit den Bewohnern . der Insel Tenedos
Gesch. d. griech. Vereinswesens 218*** Die In- (vgl. Tenedios) zurückführten, Strabo 8, 6, 22
Schrift steht jetzt auch Journ. of hell. stud. 31 p. 380. Curtius, Felop. 2, 597. L. Boß, Arch.
(1911), 186 nr. 48. Osten: Jahreshefte Beiblatt Aufsätze 2, 344 ff. Bursian, Geogr. v. Griechen-
8, 103 nr. 48. — Ad. Torp, Bezzenbergers Bei- land 2, 22 und Anm. 2. Stichle, Philologus 15,
träge zur Kunde der indogerman. Sprachen 27 610. [Höfer.]
(1902), 286 liest MitgcccpäralL] xh Mag Ts^qo- Tenebrae, Sproß des Erebos und der Nox,
ysL, og Jlovvtaößccg %tX. und sieht in Hovv- 40 Cic. de nat. deor. 3, 17, 44; vgl. Hirzel, Säch-
taößccg den Genetiv eines weiblichen Personen- sische Berichte 48 (1896), 283. [Höfer.]
namens, während er in den zwei im Dativ Tenedios (Tsvidiog), Beiname des Apollon:
stehenden Namen MLtQcc(pdta[i,] und TsuQoysi Aristeides in Bhet. Graec. ed. Spengel 2, 511
Götternamen erkennt. Letzteren erklärt er mit == Walz 9, 409. Zum Kult des Apollon auf
Kretschmer, Ath. Mitt 23 (1898), 363 für den Tenedos vgl. Schol. Townl. Hom. II. 21, 444.
Gott des bei Flin. N. h. 6, 4 Tembrogius ge- Apollod. Epit. 3, 28. Stat. Theb. 8, 197. Vgl.
nannten phrygischen Flusses (vgl. Joh. Solch, Tenes. Teneates. [Höfer.]
Klio Beiträge zur alten Gesch. 11 [1911], 394. Teneros (TrjvsQog), Sohn des Apollo und der
401 f.), an dem Dorylaion lag, der in der In- Okeanide Melia, Bruder des Ismenos, König
Schrift mit kleiner Variante Ti^goyig genannt 50 von Theben. Er erhielt von seinem Vater die
werde. Durch den vorangestellten Genitiv Mag Seher- und Priesterwürde im Heiligtum des
werde er als Sohn der Göttin Ma (Rhea) be- ptoischen Apollon, Strabo 9, 413, 34 = Find.
zeichnet. [Höfer.] fr. bl'^ Sehr., wo er vaoTtoXog iiävtig heißt;
Temusio, sonst unbekannte gallische Göttin Find. frg. Faean. 9, 41 ff. Sehr. : iv m (sc. xQ^l'
auf der Weihinschrift eines Bronzesockels, der ötrigim) Trjvs \ qov Evgvßiccv d^salr(G)v noxB) \
die jetzt verlorene Statuette der Göttin trug, aus i^aigstov TCQocpä \ xav hsv.{sv Xbx^l) \ xoga ^(l)-
Saint-Marcel-les-Chalon (Dep. Saone-et-Loire): yslö' \ 'Slxsccvov MsXicc aso, Hvd'Ls. Vgl. ferner
Aug{usfo) sacr{um). Deae Temusioni lanuaris Faus. 9, 10, 6; 21, 6; Schol. LykopJir. 1211.
Veri fd{ius) ex voto v{otum) siolvit) liibens) m(e- Er ist Eponymos des am Ptoongebirge liegen-
rito), Hcron de Villefosse, Comptes rendus de 60 den tenerischen Gefildes, öaTtEÖoiöLv o/xohjItjs,
Vacademie des inscr. et belles-lettres 1901, 107 f. Find. fr. 51* Sehr.; Faus. 9, 21, 6. Lykophr.
{Bev. archeol. 1901, 2,473 nr. 200). 1912, 680; a. a. 0. dürfte das ptoische Heiligtum als eine
vgl. Arch. Anzeiger 1913, 458. Bevue epigr. du Gründung des T. auffassen, Holzinger Kom-
midi 4, 182 nr. 1396. [Höfer.] ment. p. 335; vgl. v. Wilamotvitz im Hermes 26,
Tenacra, Beiname der Diana auf ein er Weih- 204 Anm. 1; 29, 247. Nach Schol. Find. Fyth.
Inschrift aus Paramythia in Epirus: Dianae 11, 5 ist Melia eine Schwester des Ismenos,
Tenacrae sacrum, C. I. L. 3, 14203=^^ p. 2316^^ und ihr Sohn von Apollon, T., ist Priester im
(vgl. nr. 12298 p. 2080). [Höfer.] Ismenion oder 7t(XQa 'laiir^vo) xü TtoxaiiS). [Ruhl.]
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 13 -
363 Tenes, Tennes Tenes, Tennes 364
Tenes, Tennes {Tdvrig, Tdwrig. Über die Schol AD Hom. nennt als rettenden Gott den
Schreibung deg Namens s. B. Wagner, Epttome Poseidon, den (iroßvator des Tenes — an die
Vaticana 198, 1, nach welchem TsVvijs die rieh- gegenüberliegende Insel Leukophrys angetrie-
tigere ist), Eponymos von Tenedos, das früher ben und von den Einwohnern geöffnet, die den
Leukophrys hieß, und dessen Name s. v. w. Tenes zum König der Insel machten. Daß
Tsvovtdos (d. i. Ttvov ^dof) bedeuten soll, Tenes allein in die ^apra^ eingeschlossen wor-
Steph. Byz. s. v. Th^sSos. Nach Fick, Verkriech. den sei, berichten Diodor. Herakl Pont. Schol
Ortsnamen 64 ist der Name Tenedos wie der AI) Hom. Merkwürdig ist es, daß auch Hemi-
der gleichnamigen lykischen Stadt, wie der thea das Schicksal ihres Bruders teilen muß;
Ortsname Lebedos (Lydien) oder Sebeda (Ly- lo der Versuch einer Motivierung für diese Tat-
kien) vorgriechisch, und der Name des epony- sache ist vielleicht mit Usenet 91, 6 bei Konon
men Heros Tennes, der für Tivdr^g eingetreten zu finden : 6 nccxriQ . . . Thvriv xaraxile/et,
•ein kann, ist erst aus dem Namen der Insel icXXcc xal xi]v 'H^iQ-^uv neQiccXyovaav vSt-
abgeleitet. dBl(pov. Man kann auch auf Mythogr. Gr.
Die hauptsächlichsten Quellen (vgl. ZJ.fTof/'er, Westeiinann Mb,V2 = Paradoxogr. Westerm.
A'iommSSif. üsener, Sintflutsagefi, = Religions- 219,4 (vgl. v. Wüamowitz, Analecta Euripidea
aesckiehtl, Untersuchungen III S. 90 ff.) für den 161 Anm.) verweisen, wo unter den 'qpdadfi^ot*
Tenesmythos sind: Aristoteles frgm. 693 p. 362f. Tennes und Hemithea genannt werden, so daß
Rose {= F. H. G. *2, 157 frffm. 170) in der Bruderliebe es war, die Hemithea vielleicht
Tepfdimv noUtsia bei Steph. Byz. s. v. TiveSog; 20 bestimmte, freiwillig das Los des Tenes zu
vgl. Strabo 8, 880. Phot und Suid. s. v. Tsvi- teilen ; (vgl. Suid. Phot. s. v. Tsvidtog ard^gconog.
diog awTiyoQog. Apostol. lGy26. Anf Aristoteles Apostol 16,26: §Xo(idvrig Sh rfjg 'Hfiid^tag
geht nach K. Giesen^ Philologus 60 (1901), avyyiivdvvsvsiv rat aSsXcpm ixavfgovg xartTrov-
469 ff. der Bericht bei Plut. Quaest. Gr. 28 und raGBv) oder ihre klagen um den Bruder mögen
ÄeroJt/td. Pon<. /r^rm. 7 (1^. JT. ö. 2, 213) zurück. den erzürnten Kyknos bestimmt haben, sie
Ferner: Pat«. 9, 14, 1 ff. Deorf. 5, 83, 4. Konon, gleichfalls mit auszusetzen. Die Aussetzung
Narr. 28. Apoüod. Epit. 8, 23 tf. Schol. und des Tenes und der Hemithea hat man auf
Tzetz. zu Lykophr. 232 ff. (p. 105 tf. Scheer). einem im Museum zu Neapel befindlichen
Schol. Hom. II. 1, 38. Phot. Suid. s. v. TsvBdiog Vasen gemälde {Heydemann, Die Vasensamml.
äv^ganog. Zenoh. 6, 9. Über die angebliche so des Museo Nazionale zu Neapel 3140 S. 479 f. ;
Tragödie Tivvrig des Euripides s. Welcker, Die abg. Mus. Borb. 2, 30, 4) zu erkennen geglaubt,
griech. Trag. 499 f. Gerhard, Arch. Zeit. 2 (1844), 269 f. Panofka,
Tenes ist Sohn des Kyknos — über Apollo Annali 19 (1847), 227 Anm. 5 ff. 0. Jahn, Arch.
als Vater s. unten Sp. 365,44 von Kolonai in der Zeit. 8 (1850), 192. Sachs. Ber. 1858, 10. Buhl,
Troas und der Prokleia {Paus. Apollod. Tzetz. Arch. Zeit. 20 (1862), 337 f. Longperier, Rev.
Lyk. ^. 106, 32 ff.). Irrtümlich wird statt Pro- arch. N. S. 18 (1868), 165 Anm. 4. Nachdem
kleia als s.eine Mutter Skamandrodike genannt, Kyknos später seinen Irrtum erkannt, den
Schol. BLT Hom. E. 1,38, die vielmehr die Flötenspieler steinigen und sein Weib lebendig
Mutter seines Vaters Kyknos, also seine Groß- hatte begraben lassen {Apollod. \ vgl. Tzetz.
mutter ist, üsener 91, 1. {Strabo 13, 604 nennt 40 zu Lyk. p. 106, 18), sucht er Versöhnung mit
den Kyknos zwar König von Kolonai, aber dem Sohne: er fährt nach Tenedos, macht die
einen Thraker.) Des Tenes Schwester ist He- Taue seines Schiffes an einem Felsen oder
mithea ; diesen Namen bieten fast alle Quellen ; Baume fest und bittet den Sohn um Ver-
nur Schol. AD Hom. 1, 38 nennt sie Aevyiod-ia, zeihung, aber Tenes in seiner Erbitterung
Steph. Byz. 'Ancpid-ia iq'HfiiQ'dcc. Nach dem Tode kappt, zum Zeichen, daß er jede Gemeinschaft
der Mutter erhalten die Geschwister eine Stief- mit dem Vater ablehne, die Taue; daher' man
mutter, die, wo ihr Name genannt wird, ge- später noch das Sprichwort TsviSiog TttXsxvg
wohnlich Phylonome heißt (die Stellen s. unter {TsviSiov ßsXog, Hesych.) gebrauchte — inl
Philonome, wo Z. 46 zu lesen ist: ^zweite rwv &7tot6(ioig xi v.ccl xai w^wg ÖLccTCQaxxo^ivav
Gattin des Kyknos'. JÜKch E. Maaß, Jahreshefte 50 Makar. 8, 7; vgl. Diod. u. Konon. Abweichend
des Österreich, arch. Inst. 9 [1908], 23 Anm. 60 hiervon ist die Erzählung bei Tzetz. zu Lyk.
wäre statt ^vXovoari vielmehr ^vXXovÖt} zu p. 106, 18 f.; Kvkvos . . . iXd-oav cvvcpxriös xolg
schreiben). Polyboia heißt die Stiefmutter im nttialv iv Tevidco, nach der eine Aussöhnung
Schol. AD Hom. II. 1, 38. Eust. ad Hom. II. stattgefunden haben muß. Seinen Tod fand
33, 26, Kalyke im Schol. BLT Hom. Von Liebe Tenes durch die Hand des Achilleus : er suchte
zu dem herangewachsenen Stiefsohn ergriffen, die Landung der Griechen auf Tenedos durch
von diesem aber zurückgewiesen, verleumdet Steinwürfe zu hindern und erhält im Kampfe
Phylonome den Sohn beim Vater (vgl. auch mit Achilleus eine tödliche Brustwunde (yl^o/Zo(i.
Sero, ad Verg. Aen. 2, 21. Myth. Lat. 2, 186. vgl. Diod.), zugleich mit Tenes fällt sein Vater
Isidor. Orig. 14,6,23), indem sie sich des 60 Kyknos {Tzetz. zu Lyk. p. 106,21.26). Nach
falschen Zeugnisses eines von ihr gewönne- anderer Version fällt Tenes, als er seine von
nen Flötenspielers — EvuoXTCog nennt ihn Achilleus verfolgte schöne Schwester zu schützen
Apollod., MoXnog Plut. u. Tzetz. p. 106, 6. 107,13. sucht und wird von diesem begraben an der
27 — bedient. Kyknos glaubt der Verleum- Stelle, wo sich später sein Tempel erhob {Plut).
düng, läßt den Sohn und nach fast allen Das Tempelgesetz untersagte in Erinnerung
Quellen auch die Hemithea in eine Truhe an die Verleumdungen des Flötenspielers jedem
{idgvcc^) schließen und ins Meer werfen. Die Flötenspieler den Zutritt zum Heiligtum des
Truhe wird — &scbv xivog ngovoia Diod.-, das Tenes {Herakl. Pont. Plut. Diod. 0. Müller,
3()5 Tenos Terambos 366
Dorier 1,834,3); ebensowenig darf der Name Wiedemann, Bezzenbergers Beiträge zur Kvmde
des Achilleus innerhalb des Tempelbezirks ans- der indogrrm. Spr.^ll (li>02), 197 Anm. 1. Solm-
gesprochen werden {Flut. Diod. O.Müller a. a. scn, Zeitschr. f. vcrgl. Sprdchf. 34 (1897), 646.
0.221,1). Gruppe, Gr. Myth.TA'S.l. [Höfer.J
Tenes genoß auf der Insel Tenedos gött- Tenthrcdou (Tsvd-QTifimv), Vater des Pro-
liclie {&&dvaTOL riuai Diod.) Verehrung, Cic. thoos (s. d.): Hom. IL 2, 766. Hcrodian ed.
nat. dcor. 3, 16, 39. Athenagoras Suppl. pro Lentz 1, 27, 1. 914, 20. Aristot. Pepl. 2H (Bergk,
(Christ. 1 (p. 4 Otto: xat Ts'vvt]v 6 TsviÖiog P. L. G. 2* p. 349). Schol. Nikand. Alex. öl7.
a^lÜL). liohdc, Psyche l^ 198 Anm. 1. Seine Lyhophr. Alex. 899 und Tzetz. z. d. St. (p. 290,
hochheilig gehaltene Bildsäule (Tenem ipsum, lo 14 ff. Sriieer). Im Schol. Ven. B Hont. II. 2,756
qtii apud Tenrdios sanctissi7nus deus habetur, und bei Eust. ad Hom. II. 338, 21 findet sich
qui urbem Ulam dicitiir condidisse, cttius ex der Stammbaum Mdyvris — kXtyiTajQ — 7 er-
nomine Tenedus nominatur) entführte Verres, d-gridüiv — Ilgod-oog. Zum Namen TevQ^Qridmv
Cic. in Verr. act. II lib. 1,19,49. Sein Tempel = 'Gallwespe' bzw. 'Biene' vgl. Fick- Btchtel,
(isQov, Plut. Herakl., r^^isvog, Diod.) ist schon Griech. Pcrsonnniamen 418. E. Maaß, Griechen
oben erwähnt. Zweifelhaft i.st, ob wir auf den u. Semiten auf d. Isthmus v. Korinth 53. 113.
autonomen Silbennünzen, die auf der Vorder- [Höfer.J
Seite einen Doppelkopf, je einen männlichen und Teos {Ticag). Auf Münzen von Teos er.scheint
weiblichen (ovo v.ecfaXal Stcph. Byz. Svo tcqo- die Büste des jugendlichen Dionysos als des
au}7tcc st, ivo? av^kvoi, Said, und Phot. s. v. 20 Stadt«j;otte8 mit der Legende T€ßC, Head, Hi^t.
Tsv^äio? avvrJYOQog. Apostol. 16, 20), auf der num.* ö96. Catal. of greek coin^ in the hrit.
Rückseite das sprichwörtlich gewordene Dop- Mus. lonia 317, 61. 318, 63. Nach Eckhel,
pelbeil (vgl. Spyridion Lampros, De conditorum Doctr. num. vet. 2, 503 wäre die Büste weiblich
coloniarum Gr. iudole pracmiisque et honoribus und stelle die Amazone Teos (die sonst nicht
[Diss. Leipzig 1873J 16 f.) zeigen (abg. Cat. of bezeugt ist) dar, Ui qua urbem suam conditam
(jreek coins brit. Mus. Trons pl. 17 nr. 1 if . iactahant Teii\ Lampros, De condiioribus colo-
üverbeck, Kunstmythol. 2 Münztafel 1 nr. 45. niarum Graecarum 41 und Karl Scheffler, De
Macdonald., Greek coins in the Hunterian coli. rebus Teiorum 10 erblicken in ihr nicht die
2 pl. 49 nr. 15. 16. Head, Hist. num.^ 551 Gründerin, sondern eine eponyme Heroine.
Fig. 288), nach dem neuerdings von 0. Boß- 30 [Höfer.]
back, Castrogiovanni S. 24 wieder aufgenom- Tephras? (7Vqp()a??), angeblich ein Sohn des
menen Vorgange von Eckhel, Doctr. num. vet. . Herakles, nach dem das Gebirge und die Stadt
2,489 {yg\.Rof<chcr, Myth. Lex. 1 Sp. 2035, 9if.) Typhrestos im Gebiete der Ainianen benannt
in dem männlichen Haupte das des Tenes, in sein soll : Scno Tvfi(pQ7]orov (s. d.) . . . r) Ticpgav-
dem weiblichen das der Hemithea zu erkennen ro? viov 'HQa-nX^ovg, Schol. Lykophr. 420 (p. 154,
haben. Usener, Strena Helbigiana 329, dem 26 f. Scheer). Doch ist vielleicht dafür mit Mei-
auch ^Vroth, Catal. brit. Mus. Introd. 48. Head neke rj rscpQag xfig xov 'HQa-aXsovg zu lesen, wie
a. a. 0. 551 zu folgen geneigt sind, spricht sich auch im Schol. Ljykophr. a. a. 0. p. 154, 21. 29.
entschieden für die Deutung auf Zeus und Steph. Byz. Etym. M. und Suid. s. v. Tvcpgri-
Hera aus; Overbeck a. a. 0. 2, 108 hatte schon 40 arog etymologisiert wird. [Höfer.]
früher in dem männlichen Kopfe den Zeuskopf Tephredo {TscpQrjSw), Variante im cod. Lau-
erkennen wollen, während er eine Deutung reut. LXXXXI sup. 10 Hes. Theog. 273 (vgl.
des weiblichen Hauptes unterlassen hatte. Fick, Hesiod. Ged. 33) für den Graiennamen
Als Vater des Tenes galt auch Apollon, nsqtgriöm oder, was die bessere Form ist, IIs^-
Tzetz. zu Lyk. p. 100, 23. 30. 108, 22. 33. K. 0. cfQi]da); vgL Bd. 1, Sp. 1730, 38. 1738, 32 sowie
iMüller, Prolegoinena S. 264: f. {wg\. 214). Daher den Artikel Pemphredon. In der Bd. 1, Sp. 1730,
hatte Thetis den Achilleus gewarnt, den 54 — 1731 flf. angeführten Etymologie des Na-
Tenes (cog tL^m^svov vTtb 'AxiXXtcog, Plut.) zu mens nscpgriöm ist nachzutragen die von Heinr.
töten, da er sonst von Apollon fallen werde X)^■e^r. ilfw7/er^ ^Ires 74f., der ihn zu dem Stamm
{Tzetz. Apollod.). Aus diesem Umstand, der Tö- so cpgad [cpgaSi], cpgadrjg, cpgdd^cov) stellt und ihm
tung des ''apollinischen' Tenes durch den ^po- die Bedeutung ^die Kluge' beilegt, womit er
seidonischen' Achilleus oder Acheloos, ferner das Epitheton des Kronos äyv.vXoyiritrig ver-
aus der Aussetzung und Landung des Tenes gleicht; vgl. aber auch Tümpel, Jahrb. f. Mass.
in der Truhe, in der er ein mythisches Bild Phil. Suppl. 16,211 Anm. 223. [Höfer.]
für die Ankunft und den Aufgang des Licht- Terambos {Tegcciißog), Sohn des Poseidon,
gottes sieht, aus dem alten Namen für Tene- sohnes Euseiros (s. d. , ferner Usener, Rhein.
dos, Leukophrys, die nach den Veißen Brauen', Mus. 23, 1868, 363 = Kl. Sehr. 4, 74. Götter-
d. h. nach dem Aufgange des Lichtes heißt, namen S. 66, 29) und der Bergnymphe Eido-
folgert Usener, Sintfl. 95, daß Tenes als Ver- thea (für vv^q)rig'Od-griidog hat Eug. Oder, De
treter des Sommergottes zu fassen sei. 60 Anton. Lib., Diss. Bonn 1886 S. 20 f. v. ogeid-
[Höfer.] öog vorgeschlagen, P. Sakolowski v. 'Od-gvldog).,
Tenos {Tf]vog), Oikist und Eponymos der wohnte im Land der Malier am Fuß der Othrys,
gleichnamigen kykladischen Insel, Steph. Byz. wo er seine zahlreichen Herdentiere selber wei-
8. V. Tfivog. Eust. ad Dionys. Per. 525. dete, ein Liebling der Nymphen, die er in den
[Höfer.] Bergen durch seinen Gesang erfreute; denn er
Tentheus {Tsvd-svg), 6 üav&svg, nagcc 'Exoc- soll in der Musik am meisten sich ausgezeich-
ra/ot), Phot. Lex.', vgl. 0. Hoffmann, Die griech. net haben unter den damals Lebenden (fiovöi-
Dialekte 3, 69S. EMaaß,ParergaAtticaYlI,2. v.mxaxog x&tv xots ysvsad'ai), sei durch Hirten-
13*
367 Terambos ' Terasia und terasia 3()8
lieder berühmt geworden, habe in seinen Ber- Mus. 66 (1901), 4R4 f. = Kl. Sehr. 4, 386 f. Joh.
gen eine Uirtenschalmei {avgiy^ 7toiy,Bvtyir}) zu- Diette, Kornj). und Quelletibenutzung in Ooids
sammengefügt (Hermes der Erfinder der ciigiy^ Met., FesUchr. d. Jolianneums zu Hamburg z.
Eom. Hymn. auf Herrn. 612, lediglich der \io- 48. Fhilologenvers. {Hamb. 1905) S. 23. 41. Für
voxdXaiiog ffi^ptv^, deren Erfindung aber einige eine Ausdeutung der Erzilhluug, zu dem Mo-
auch den Maidern Seuthes und Khonakes zu- tiv, daß Pan Wetter prophezeit, über die Weu-
schrieben, wogegen die TtoXvxdXanos Silen, die düng, daß die Leier, die nachher der Verwan-
xTiQÖdsxos Marsyas erfunden habe, Euphorion delte als Gehörn trilgt, vordem in der Hand
frg. 33 in Meinekes Anal. Alex. S. 68 aus Ath. des Hirten figurierte als Saiteninstrument, zu
4 p. 184a; dagegen Pan der Erfinder nach Omd. lO dessen Spiel die Nymphen tanzten, wie auch
niet. 1,689 ff., wozu Lact. Plac. narr. fab. 1 c. 12, die neugriechischen Neraiden sich gern zu mu-
Pat«. 8, 38, 1 1 , und auch dessen Rival in Si- sizierenden Hirten gesellen (vgl. jö«rn/t. »ScÄmtdi,
Zilien Daphnis kommt in Betracht nach r«mrtto* Das Volksleben d. Neugriechen 1,1 10 f.), und
bei Diod. 4, 84, 3 f. usw., vgl. o. Hd. 4, Sp. 126, über die Namen Tigafißog {zn Tf partvo^at prah-
61 ff. 1642 ff., 42 ff), habe als erster der Men- len?), Kigaiißog (zu -Kegdfißv^^ -Kagdiißiogy xa-
schen sich der Leier bedient und sehr viele gaßog) vgl Ludw.Laistner, Das Jiätsel d. Sphinx
schöne Lieder gemacht (vgl. F. Blum, De Ant. 2, 200/02. Gewöhnlich denkt man bei dem vXo-
Lib.f Diss. Straßb. 1892 S. 83, der in diesem (fdyog -Kegdiißv^ an den Hirschkäfer oder Horn-
ganzen Passus Anlehnung findet an Herod. 1, Schröter, im Schwäbischen Hornschretel, d. h.
23 f. über Arion). Deshalb seien dem Terambos 20 gehörnter Teufel, lucavus nach Nigidius Figu-
gelegentlich die Nymphen erschienen und hätten Itis bei Plin. n. h. 11, 97, vgl. O. Keller, Die
getanzt nach seiner Musik, Pan aber habe ihm ant. Tierwelt 2, 407, der jedoch S. 408 den xe-
wohlmeinend geraten, die Othrys zu verlassen gd^ißv^ mit dem Holzbock identifiziert: 'seine
und in der Ebene seine Schafe zu weiden, denn langen Antennen faßte man als Hörner auf und
ein schrecklicher Winter stehe bevor. Allein machte volksetymologisch aus karambyx ke-
Terambos, prahlerisch von Jugend auf, wie rambyx' (indem man K^gccg Hörn einmischte,
gottbetört, fand nicht für gut, wegzutreiben Laistner Bi.O.S. 201). So sehr es nun naheliegt,
von der Othrys in die Ebene, und stieß un- das T^gocußog des Cod. Palatinus zu berichtigen
dankbare und unvernünftige Rede aus gegen in Kigaußog^ haben 0. Schneider u. E. Martini,
die Nymphen, sie stammten nicht von Zeus, 30 Berkel u. Muncker folgend, zu radikal T^ga^i-
eondern die und die Tochter des Spercheios ßog überall im Text ersetzt durch Ktga^ißog^
habe sie geboren (1^ dstva tov Snsgxfiov Cod. findet man doch beispielsweise auch neben Td-
Fal.., wofür ii ösiva xibv l^nBQxsiov Muncker, ica? als gewöhnlicher Namensform iCaJlajff Pai*s.
1^ zfgtrü) xov Znsgxsiov Berkel., i] Jeiva tq> 1,21,4.26,4. Suid. Phot. {y. SOS G. Hermann)
Znsgxsim Oder a. 0. S. 21), Poseidon aber habe s. TlfgÖLKog Isgöv, ebenso Apostol. 14, 71 (2, 610
aus Verlangen nach einer von ihnen, der Dio- ed. Deutsch), direkt gestützt durch das Schol.
patra (s. d), die Schwestern Wurzeln fassen Soph. Oid. Kol. 1320 TaXuov, ov hioi diä xov
lassen und in Schwarzpappeln {atysigoi) ver- x KaXccov TcgoßccyogEvovoi xr^., vgl. 0. Bd. 2,
wandelt, bis er seine Begierde befriedigt; als- Sp. 938,31 ff. Bd. 3, Sp. 1652, 4 ff. 1947, 19 ff.
dann habe er ihnen die ursprüngliche Gestalt 40 Bd. 6, Sp. 23, 2 ff. 36, 18 ff. Hitzig -Blümner,
zurückgegeben. Solche Sticheleien brachte Te- Paus. 1, 237. [Otto Waser.]
rambos gegen die Nymphen vor; nicht lange Terambos s. Kerambos. Nach 0. Jahn, Be-
darauf aber trat plötzlich Eiskälte ein, es ge- richte der K. Sachs. Gesellsch. d. Wiss. 7 (1855),
froren die Rinnsale, eine Unmenge Schnee fiel, 59 Anm. 116 ist T^ga^ßog die richtige Form;
und es verschwanden die Herden des Terambos vgl. auch das Schwanken zwischen der Namens-
mitsamt den Pfaden und Bäumen; die Nym- ioim Kgdyocöog {s. d.) und Tgdyccaog, I{. Wagner,
phen aber verwandelten den Terambos im Zorn Epitome Vaticana 193, 1. [Höfer.]
darüber, daß er sie geschmäht, und er ward Terasia und terasia sind die etruskischen
ein holzfressender xegdaßv^, der auf dem Holz Umformungen des griechischen Namens Tei-
eich zeigt und beständig die Kiefer bewegt, 50 resias {Deecke in Bezzenbergers Beiträgen 2,
schwarz und länglich ist, harte Flügel hat, 170 nr. 96). Die erste der Formen ist belegt
den großen Käfern {yLdv&agoi) ähnelt. Er heißt auf einem Spiegel von Volci, die zweite auf
|vioqpayos/5oi;g, holzfressender Ochs (vgl. deutsch einer Grabwand der Tomba delF Orco zu Cor-
'Holz-Bock'), bei den Thessalern aber xf pdfi,/5v^. neto. Der Spiegel ist veröffentlicht von Braun
Ihn brauchen die Kinder als Spielzeug, und im Bull. delV Inst. 1835, 122 sqq. (vgl. Ann.
sie tragen ihn herum, wobei sie ihm den Kopf dell Inst. 1851, 150), von Lud. Grisi, Dello
abschneiden, der mit seinen Hörnern gleich- speccMo fZiftrow^o etc. (vgl. J^ww. 1836, 174 not. 1),
schaut einer aus der Schildkrotschale gefertig- von P. Secchi in den Ann. 1836, 65—99 und
ten Leier. So Anton. Lib. 22 (p. 221 f., 24 ff, in Monum ined. 2, tab. XXIX (vgL Bull. 1836,
Westermanns Mvd-oygdcpoi), erzählt n&ch. Nikan- 60 81 — 89), von Bunsen in den Ann. 1836, 170, 178,
dros' 'Exegoioviisva frg. 39, p. 49 f. in 0. Schnei- und im Giorn. arcad. LXXVHI, 268 sqq., von
ders Nicandrea. Nicht stimmt dazu, was Ovid. Inghirami Gall. omer. 3, 79, von S. Campa-
met. 7, 353/56 von Cerambus berichtet, der von nari in den Atti delV Accad. rom. d' arch. 8,
der Othrys weg, mit Hilfe der Nymphen in 2—29, im Mus. etr. Vatic. 1 ad tab. XXXHI
die Luft gehoben, auf Flügeln der deukalioni- nr. 1, von Overbeck, Gallerte 790, von Gerhard,
sehen Flut entging (s. o. Bd. 2, Sp. 1115,54/63), Über die Gotth. d. Etr. Taf. VI nr. 1 und Etr.
und dafür, daß also in diesem Fall Ovid nicht Spiegel 3, 223. Taf. CCXL und von Fahretti,
abhängig von Nikandros, vgl. Usener, Rhein. C. I. I. nr. 2144, tab. XL. Die Literatur der
369 Terastioi Theoi, Terastios Tereis 370
Tomha delV Orco habe ich b. v. qpersipnai f^e- Milet bezeup^t ist, Th. Wiejjand, Sechster vor-
geben, bei Fabntti , C. I. 1. «uppl. 1 hat die läufiger Bericht über Ausgral ruv gen in Milet
den Tiresias enthaltende Inschrift die Nummer und Di'dyma in Abhandl. d. Kgl. I'reuß. Akad.
407. Die Darstellung,' des Spiegels gibt die d.Wiss. isiO^ Fhil.-H ist. Klasse Anhang i ^.'11.
vixvicc des Odysseus nach Odyssee 11 und ent- Vgl. Terniinthöns. | Höfer |
hält drei Personen : links sitzt Odysseus (u-O-uze) Toreia (TrjQsia), Heiname der Meter, unter
mit gezogenem Schwert, in der Mitte vor ihm welchem sie auf dem 40 Stadien von Lampsa-
steht Hermes psychopompos, in der Beischrift kos entfernten TriQsirig ögog ein Heiligtum be-
als turnis, aitas, d. i. wortlich ^'EQ^itlag 'Aidao^ saß (iirjtQog O^tibv Isgov . . uyiov Tm)fir\g ini-
bezeichnet. Er umfaßt und stützt die rechts lo xccXov^bvov), Strabo V\, 1, 17 p, ö89. Max.
stehende, in sich zusammengesunkene und die Mayer, Hermes 21 (1892), 495. [Höfer.)
Augen geschlossen haltende dritte Gestalt, den Tereiiie [TeQHvr]), Tochter des Sirymon, von
Schatten des Tiresias, der die Beischrift hat Ares Mutter der Thrassa, Boios bei Anton. Lib.
hin-ö-ial terasias, d. i. wörtlich "li^vxi] Ti:tQeaiao\ 21. Sie ist als eine Hypostase Aphrodites auf-
genau wie Odyss. 11, 90 zu lesen. Die Dar- zufassen, Gruppe, Gr. Myth. 1302,,. (Nach
Stellung der Tomba dell' Orco enthalt nur Panof'ka, Abh. Berl. A. W. 1«40, 3öH war die
zwei Figuren: rechts den Memnon (memrun) nnteritalische Stadt Terina nach Aphrodite T,,
und links die Seele des Tiresias (hinx^in teri- der 'zarten Venus', genannt. Vgl. ebd. Tafel 3,
asals). Worauf die Darstellung sich bezieht, 6, wo ihr Kopf auf Münzen erscheint. Die
ist nicht klar. Was die Wortformen anbetrifft, 20 Darstellungen Journal des Sav. 1831, 473, Cat.
so habe ich {Etr. Stu. 3, 28 sqq.) hierfür die of gr. c. in the Brit. M. Itnly 385 f. z.B. nr. 1
Bedeutung ^vxr] nachgewiesen, die beiden u. 2 können sich auch auf die personifizierte
Formen terasias und teriasals sind Genetive, Stadt beziehen; vgl. Terina.) [Ruhl,]
der erstere von terasia gebildet, wie z.B. lar- Trreis (Trjpr]/?). Bei Apollod. 3, 11, 1 (3, 133
-d-ias von lar^ia, der letztere nach der Analo- Wagner) heißt es: MsvtXaog . . . i^ 'EXsvr]g 'Eq-
gie von arn-^-als {Beecke, Etr. Fo. ii, 44 nr. 35) ^lövriv iy^vvr]Gs..., ix öovXrig <^6h {Sidd.Wester-
und lar'itals (1. c. 3, 189 nr. 4—6). Die beiden mann)y llisgidog, yivog Ait(oXi6o?, i] yiad'djisg
Nominative würden terasia und teriasa lauten. yiy.ovaiXcc6g {frgm. 28. F. U. G. 1, 102 = Arnold
Diese Formen erklären sich so, daß aus 7 f/pfctorg Kordt, De Acusilao frgm. 24 p. 36 =»= Diel&,
zunächst etr. tersia wird, dann bildet sich so Fragmente der Vor sokrattker 2% 1 -p. 614= frgm. 11)
zwischen r uhd s ein Hilfsvokal, der unter q)7]6L Trigr]iöog, MbyantvQ-r}, i-a KvaGaiag dh
dem Einfluß der Endung sich als a fixiert, vv^cpr]g . . . ^hvöda^ov. Die Schwierigkeit der
also terasia, woraus dann teriasa durch Meta- Erklärung der Stelle besteht nach der Ansicht
these des i hervorgeht. [C. Pauli.] von Hercher, die v. Wilamowitz, Homer. Unter-
Terastioi Theoi, Terastios {TsgccGtLOi dsol, such. 175 Anm. 17 billigt, darin, daß TJugig
TfpaffTto?), die Götter, die diß Wahr- und Wun- als Eigenname aufgefaßt werden müßte, was
derzeichen senden; vgl. TsgäottoL &soi ircl es nicht ist, und daß Tr]gr\ig ein Ethnikon sein
arnisicov xsxayiiBvoL, Hesych. Lobeck, Aglaopham. müßte, was es auch nicht sei. Leider scheint
1231 tt. Bei Heliodor. 2, 5 p. 43, 3 Bekker das zur Ergänzung bzw. Emendation der Stelle
werden die dccLßovsg rsgdönoL angerufen Be- 40 des Apollodoros heranzuziehende Scholion zu
sonders ist es Zeus, der als tegdönog {diä tb Hom. Od. 12 (zu: yivsto -Agccrsgog MBycc7tivd-r]g
Tcäv tsgcxg ccvdysöd-ca sig i-KEivov, Fust. adHom. ix. dovXrjg) so korrumpiert zu sein, daß, wie
Od. 1885, 8) bezeichnet wird, Lucian Gall. 2. v.Wüamowitz meint, ohne neue Hilfsmittel eine
Timon 41. Aristid. or. 45 p. 86 Dindorf. Eine Verbesserung nicht möglich ist. Das eine Scho-
Inschrift aus Gytheion lautet: Moigu (= Tf'fif- lion lautet: [^x doi'/Lrj?] ol ^sv -AvgLOv xo Jou-
vog) Jibg T£Qaaxi[o], Skias, 'Ecpr^i. dg%. 1892, Ar]?, oi dl Trigiddr]g. Tr]giddr\ ydg xo xvqlov
57. Michel, Becueil d'inscr. grecques 760 p. 637. avxrig övoiicc. Das andere Scholion bietet nach
Es ist der Zeus, der dem attischen Zeus Hr]- den besseren Handschriften (s. Dindorf z. d. St.
liaXsog entspricht, der das Himmelszeichen, p. 172f. und besonders Eich. Berndt, De Cha-
speziell den Blitz {xo xegag ^ibg Kaxaißdxov^ 50 rete, Chaeride, Ale:iione grammaticis eorumque
Arist. Fax 42) sendet, Wide, Lakonische Kulte reliquiis. Pars posterior: Alexionis grammatici
371. B, Meister bei Collitz, Dialekt- Lnschr. zu quae supersunt [Progr. Königl. Gymnas. zu Lyk
nr. 4563. Usener, Bhein. Mus. 60 (1905), 12 f. 1905/06] p. 6f. [vgl. p. 86]): avxrj, ag ^iv kXs-
— In anderer Bedeutung (""wunderbar') wird Itcov, Tstgig — {ÜLsgig vermutet Dindorf, Tt]-
Proteus xsgdaxLog genannt, Eust. ad Hom. gr]Lg Berndt a,. a. 0. 1,14=; für Tngig findet sich
Od. 1503, 3. [Höfer.] die Variante y Fr] yfiQi bzw. yijpiö, was Stiehle,
Terbintheus(Tfp|3ty^fvs), Beiname des Apol- Philologus 8 [1853], 610 in Trigiöär] ändert)—,
Ion auf einer Inschrift aus Milet, in der be- mg ds tvioi Trjgig — (so Dindorf für das über-
richtet wird, daß die Milesier Anspruch erheben lieferte d'vyaxr]gig, indem er die Korruptel
auf heiliges Land, das im Gebiete von Myus 60 durch ein Versehen des Abschreibers erklärt,
gelegen zum Tempelgut des Apollon Terbin- der schon das folgende Wort ^vydxrig im Auge
theus gehört: iisgog xrjg x^^Q^^? t^V? ogsLviig ''^VS gehabt habe. Wenn aber Berndt im Anschluß
cc^q)i6ßrixov(i^vr}g, ^v MiXriöioL (ihv dTTocpciivovGLv an Dindorf sagt: „etiam nomen Trigig valde
slvai xfjg MvrjGLDcg Isgdv vndpxovaocv xov 'AnoX- suspectum est", so ist ihnen beiden das Schol.
Xavog xov TsgßLv&Eag, Th. Wiegand, Milet 1 zu Tzetz. Chili ad. 6,466 bei Cramer, Anecd.Gr.
nr. I5O79 S. 359 (vgL S. 202. 362). Das Epithe- Oxon. 3,369,1 entgangen, das kurz berichtet,
ton ist identisch mit TsguLvd'svg (s. d.), das eine Sklavin des Menelaos habe Trigig ge-
auch als Beiname des Zeus, gleichfalls für heißen) — d^vydxrig Zsv^iTtTtrig, (hg äs xäv No-
371 Terensis Tereus 372
arav «otrjTt/ff, Fetif. ^riv^s d^ tby dovXrig xv- unten ausführlicher zu besprechenden Bericht
Qiov qpuöt; womit man vgl. Eust. ad Hom. Od, bei) TAmA. 2, 29. Als Gemahlin des Tereus kennt
Iil9,(i0ff.: Tr)P dovXriv Ztv^ixnov{BOl) ri rivos die Prokne schon Aesch. Suppl. HO i.: Tr)QHa
tinov d^v/ardga xal xvQiov avri)s i^id'evxo Svo^a., oIxtqcc äXoxos; daraus ist wohl der Schluß <,'e-
ov x6 ScxQißig cc<pavhg iv rolg naXaiotg vjro/ivi}- stattet, daß Aesch. Ag. 1145 bei der Erwäh-
^ttci. xaX 6 tä>v N6(tto>v 64^ g)atft, xoiTjrr}; xv- uung der Klage der Nachtigall um Itys eben-
ptov övoiiot Xiyet th JovXrig. Als Grund dafdr, falls den Mythos von Prokne, Philomela und
daß bei Homer JovXri *1* Eigenname aufzu- Tereus im Auge gehabt hat. Auch /fe^tod kennt
fassen sei, gibt das Scholiofi an, daß Homer den Mythos von Prokne und Piiilomela: in den
die Sklavin niemals 9ovXr\^ sondern ^B^dnaiva iü*'£9/a xa\ ^Hfiigat 568 nennt er die llavdio-
nenne, und daß daher auch der Vers i/. 3, 409 vlg xfXtämv (= Sappho fr. 88 Bergk* S. 118)
{(ia6xBv r) &Xoxov Troirjcrerat t) Syf iovXriv) als und in frgm. 208 (p. 897 Bzach) aus Ael. Var.
unecht verworfen werde. Auch bei PoMS. 2,18,6: Ät«^ 12, 20 berichtet er, daß die Nachtigall
NixoaTQccrog xal MsyccjcdvQ'ris MtveXam ytyajitrj- völlig, die Schwalbe zur Hälfte des Schlafes
liivoi ix SovXrig fA^i v.Wilamowits A.h.O. iovXri entbehre: nun fährt Aelian fort: tincnQiccv Öh
als Eigennamen, schreibt also ix ^äotdrig^ wo- äga ravTrjv i^rivovöi dia t6 ndd-og rb iv f>Qa-Kr]
gegen Kordt A.A.O., m.E. mit Recht, Einspruch xarocToX(iri9^hv {Coi'acs, dmToJlftrjttev codd.) t6 ig
erhebt. Daß bei Apollodor dovXrj nicht Eigen- tb Sitnvov ixslvo t6 &d-£a^ov. Gehören die an-
name sein kann, hegt auf der Hand. HercJiet' geführten Worte inhaltlich auch noch dem /be-
dachte daran, bei ApoUodor statt TriQriiitog zu 20 siod an, was mir aber wenig wahrscheinlich
schreiben ZTsignidogy entschloß sich aber dann, dünkt, so würde sich aus den Worten to nd-
-K&s v.WiUtmoviüs A.A.O. {vgl. Hermes 40 [VJOb], d^og tb iv SQitxT] schließen lassen, daß auch
175) billigt, zu' der Annahme, daß Tlitgig als bei Hesiod sc^on Tereus genannt war. Denn
Emendation zu Tr\Qriig zu betrachten sei und nach der Mehrzahl der Quellen ist Tereus Kö-
die .Stelle ursprünglich gelautet habe: ix Sov- nig der Thraker, sei es, daß sie unter den
Xrig (^Shy yivog AltaXidog., ri xa^-dnEQ 'Axovai- Thrakern die Bewohner des eigentlichen Thra-
Xuog tpr\ci TlLegiiog. Danach meint v. Wilamo- kiens, Großthrakiens verstehen oder diejenigen
witz, daß auch in dem oben angeführten Corner- Thraker, welche nach Mittelgriechenland vor-
scholion^ „Trigig und in wei^rer Entstellung gedrungen waren und um Eleusis in Boiotien
TriQiödri nichts als üisglg sei." Einen anderen so und Phokis gesessen haben sollen, v. Wilamo-
Weg schlug Heyne, Ad Apollod. hihi. not. 2 witz, Euripides Herakles 1', 9. P. Kretschmer,
p. 730 ein, indem er vorschlug: ^x SovXrig Uie- Einleitung in die Gesch. der griech. Sprache 242.
gidog yivog (j}} AlrtoXiSog. Maxim. Mayer, Back, Jahrb. f. Mass. Phil. 135 (1887), 448 f.
Hermes 27 (1892), 494 f. hat Tr]gr]ig zusammen- Man hat diese mittelgriechischen Thraker von
gestellt oder vielmehr für identisch erklärt mit den in Thrakien wohnenden scheiden wollen;
dem bei Hom. II. 2, 828 (vgl. Strabo 12, 565) in z. B. v. Wilamowitz^ Aus Kydathen {Philol. Un-
Adjektivbildung gebrauchten thrakischen Orts- tersuch. 1) S. 129 u. Anm., wogegen aber m. E.
namen Tryp«a: ol Uirvst^v ^x^v xal TriQsirig mit Recht EoMe, Psyc/ie 2', 8 Anm. 1 Einspruch
6gog aiitv und verweist ferner auf Strabo 13, erhebt. Über die Heimat des Tereus vgl. ferner
589: Tfigsir]g ögog oi (ihv rä iv üsigtoööa ögri 40 — außer der im folgenden Text erwähnten
q>aaiv . . oi d' &7fb TstragdxovTa GTuSicov Acc^- Literatur — Hiller von Gaertringen, De Grae-
^dxov dsixvvovöi Xocpov, icp' m ftrjrpos dsibv corum fabulis ad Thraces pertinentibus 35 ff.
hgov iariv dyiov Trigelr}g inLxccXov^svov. Da- (vgl. dazu Gruppe, Wochenschr. für klass. Philol.
mit ist Triorilg, aus dem das Homerscholion 1886, 1505 f.) ülr. Hoefer, A'onow 94 ff., Ma.x.
einen Eigennamen gemacht hat, als Ethnikon Mayer, y/ermes 27 (1892), 489 ff. Toepffer, Atti-
erwiesen, und die .4j3oWof/orstelle ergibt, wenn sehe Genealogie 38 u. Anm. 1. G. Biisolt, Griech.
man die Ergänzung von Heyne annimmt, einen Geschichte 2*, 79 f. Auszugehen ist von Thuk.
untadligen Sinn: ^x dovXrig dh niegiSog yivog 2,29: Tereus, sagt er, der Gemahl der Prokne,
^ AlzwXiSog, tj xa^dnsg kxovaiXaog <pr}6i. Tri- der Tochter Pandions, hat mit dem Odrjsen-
QTlidog. [Höfer ] 60 fürsten Teres — wie ei von den Neueren z. B.
Terensis, römische Gottheit, die das Aus- Crusius,Lit.CentralblattlSSl,l'S61{vg\.Tocp/fer
dreschen des Getreides auf der Tenne über- a.a.O.) annimmt — nichts zu schaffen, er stammt
wacht, Amob. adv. not. 4, 7. Usener, Götter- auch nicht aus demselben Thrakien wie jener,
namen 76 f. [Höfer.] sondern wohnte in dem damals von Thrakern
Terens {Trigivg) 8. Itys, Philomela nr. 5 u. besiedelten Daulia (Daulis) — über die gleich-
vgl. A6don, Pandareos. Die folgenden Zeilen falls auf Thukydides zurückgeführte Angabe,
beschranken %\eh. auf Nachträge und befassen daß Tereus in Megara zu Hause gewesen sei,
sich nur mit der Person des Tereus, soweit sie s. unten — . Denn erstens, fährt er fort, wird von
in den oben angeführten Artikeln noch nicht vielen Dichtern die Nachtigall (in die Prokne
behandelt oder nur flüchtig gestreift worden ist. 60 verwandelt worden ist) JocvXidg genannt — bei
Tereus ist Sohn des Ares: ^poZZoc/. 3, 14, 8. griechischen Dichtem ist diese Bezeichnung
Hygin. fab. 45.216. Ov. Met. 6,4:21. LactantPlac. nicht erhalten, wohl aber bei römischen, s.
rMrrat. fab. Ovid. 6 (p. 664 Magnus). Als Dank Bd. 3 Sp. 2340, 27 ff. und Catull 65, 14. Ov.
für die dem Pandion gegen seine Grenznach- Heroid. 15, 154; vgl. Seneca, Thyest. 275 — und
bam — den Labdakos nennt Apollod. a. a. 0. — dann ist es wahrscheinlich, daß Pandion ver-
geleistete Hilfe erhält er von Pandion dessen wandtschaftliche Beziehung zu gegenseitigem
Tochter Prokne zur Gemahlin, Apollod. a. a. 0. Nutzen (vgl. oben Sp. 371, 66 und Paus. 1, 5, 4:
Ov. a. a. 0. 428. Lact. Plac. a. a 0.; vgl. (den TLavSioiv . . . dwdusoag svs-au ngbg tbv Ogana
373 Toreus Tereus 374
to HTjdos l7toi7\Garo) eher mit einem in der Nähe 491), daß Tereus König im Gebiet von Pagai
wohnenden als einem so entfernten Herrscher in der Megaris gewesen sei; in l'agai sei die
angeknüpft hat. Die weiteren Stellen, wo Te- Schandtat an Philomela und der Mord an Itys
reus als Herrscher von Daulis genannt wird, durch die Schwestern geschehen; doch habe
sind Bd. 3 Sp. 2346, 6 tF. verzeichnet; vgl. auch Tereus ihrer nicht habhaft werden können, da
Elym. M. s. v. JavXis. Lehrreicli ist besonders sie nach Athen entkommen seien, wo ihre Ver-
Strabo 9, 4'23: JavXle noXi%vioVj otcov Ttiq^u Wandlung erfolgt sei (Bd. 3 Sp, 2345, 25). Tereus
Tov &Qä%d cpaöi SvvaöTi-vaccL, weil aus dieser aber habe in Mcgara durch Selbstmord geendet,
Stelle hervorgeht, daß dort, wo Tereus als die Megarer hätten iiim sofort einen Grabhügel
Thraker bezeiclinet wird, man nicht ohne wei- lo errichtet und brächten ihm alljährlich Opfer
teres das historische Thrakien als seinen Wohn- dar, i/^rjqprfTiv iv x'Q ^vaicc avxl ovXcöv ;fpa)|Ltevot,
sitz annehmen darf. Daulis soll nach Welcker, d. h. indem sie das Opfertier statt mit heiliger
Griech. 'Trag. 375. Hiller ik Gaertringen&.a,. 0. Gerste mit Steinen bedeckten. In dieser Zere-
40 auch im Tereus des Sophokles {frgm. 519 monie erblickt Mayer a. a. 0. 493 unter Zu-
Nauck) der Sitz des Tereus gewesen sein. Doch Stimmung von Vogt (a. a. 0.) und Busolt a. a.
richtet sich höchst wahrscheinlich die Polemik 0. 80 den Überrest einer ehemaligen Steini-
des Thukydides gerade gegen Sophokles, der in gung, also eines ursprünglichen Menschenopfers,
seinem Tereus Tlirakien (weitere Stellen Bd. 3 Nilsson, Griech. Feste 462 Anm. 2 (vgl. mit
Sp. 2346, 12 ff. und Ov. Met. U, 490.' 424. Schol S. 390) verweist auf die Sitte, Steine auf Grä-
Arist. av. 212. Liban. narr. (J4, bei Westermann, 20 her niederzulegen, worin er eine Ehrung des
Mythogr. p. 382. Laetant. zu Stat. Theb. 5, 121) Toten sieht, indem man dadurch sein Grabmal
als Vaterland des Tereus genannt hatte, U.Hoe- vergrößert. Da Tereus aber ein ßLaiod'dvatos
fer a. a. 0. 95 f. Max. Mayer a. a. 0. 491. 493. sei, bestehe auch die Möglichkeit, in dem Wer-
Busolt a. a. 0. 79.*) Daß Tereus ursprünglich fen von Steinen eine gleiche Zeremonie zu er-
nach dem historischen Thrakien gehöre, nimmt blicken, wie die von Plato de leg. 873B ange-
Ä. Riese, Jahrb. für klass. P/a7. 115 (1877) 230f. gebene, wo zum Zwecke der Entsühnung der
an: dies werde schon durch seine wilde, grau- Stadt die Behörden auf den Kopf eines wegen
same, der Landes- und Volksart angepaßte Na- Mordes Hingerichteten Steine werfen. Eine mit
tur wahrscheinlich und durch seine Bezeich- der oben behandelten Stelle des Thukydides in
nung als Sohn des thrakischen Ares, als dessen 30 direktem Widerspruche stehende Notiz findet
Söhne auch der unmenschliche thrakische Dio- sich bei Strabo 9,423: ^avXig, . . . onov Trjgia
medes und der grausame Lykurgos genannt . . . cpccol öwaGtsvöca, v-ccl tu Ttsgi ^iXofiriXav
würden. Das Epitheton JocvXidg, auf das sich xal Ugo-uvriv insl ^vd-svovßL, ©ovavdidr^g d' iv
Thukydides berufe, gehöre nicht zu Daulis, son- MsyaQoig cprioi. Von Meineke werden die letzten
dem sei SavXidg zu schreiben, abgeleitet von Worte als Interpolation ausgeschieden; Hiller
davXov {Paus. 10, 4, 7. Etym. M. s. v. JavXig), v. Gaertringen a. a. 0. spricht von einem '^mirus
und bezeichne die Nachtigall als '^Sängerin des aut Strabonis aut librarii error''; Busolt a. a. 0.
Dickichts'. Doch dürfte dem Thukydides kaum 80 sagt: "^ Einen megarischen Tereus kennt auch
ein solcher Irrtum oder eine absichtliche Um- Strab. IX 423', ohne sich mit der Erwähnung
deutung von davlidg in JavXidg zur Bekräfti- 40 des Thukydides abzufinden; Mayer a. a. 0. 491
gung seiner Ansicht von Daulis als Sitz des nimmt ein durch Kürzung oder Zusammenzie-
Tereus zuzutrauen sein. Als drittes Lokal wird hung der Quellen entstandenes Versehen an;
außer Thrakien und Daulis noch Megara bezw. ein Schreibfehler sei ausgeschlossen. Das dürfte
Pagai in der Megaris genannt. Was v. Wila- am wahrscheinlichsten sein; vielleicht hat bei
mowitz, Homerische Untersuchungen {Philol. Un- Strabo gestanden: ©ovyivdidrig S' iv (^JocvXlSi,
tersuch. 7) 212 Anm. 10 als Heimat des Tereus (Name eines andern Autors) ö' ivy Ms-
angeseheu haben will, indem er sagt: 'Daß ydQOLg q)r\6i, so daß das Auge des Abschreibers
Tereus ursprünglich noch näher an Attika durch das doppelte d' iv irregeführt die da-
wohnte, als selbst Thukydides will, werde ich zwischen stehenden Worte ausgelassen hat. —
in anderem Zusammenhang beweisen', ist mir 50 Hiller v. Gaertringen 48 ff. erklärt unter Zu-
unbekannt; ebenso wenig weiß ich, ob und wo Stimmung von Wellmann, Wochenschr. f. klass.
V. Wüamowitz diesen Nachweis geführt hat. Phil. 1887, 298 und E. Maaß, Deutsche Lite-
Meint er vielleicht Eleusis? Pausanias (1,41, raturzeit. 1886, 1752 Megara für die älteste
8 f.), der persönlich der Ansicht des Thukydides Heimat der Tereussage (s. dagegen Toepffer
von Daulis als Heimat des Tereus beipflichtet, a. a. 0. 38 Anm. 1): ungefähr zur Zeit des So-
berichtet, wohl nach einem megarischen Lokal- Ion hätten die Athener den Tereus und den
historiker {Mart. Vogt, Jahrb. für klass. Phil. gleichfalls megarischen Pandion sich angeeig-
Suppl. 27,14:2', vgl. aber auch Mayer a. a. 0. net; die Regierung des Tereus wurde nach
Daulis, wo Thraker gesessen hatten, verlegt,
*) Bei Apoiiod. 3,14,8 ist Tereus Thraker, aber die 60 und ' durch irrtümliche Kombination' wurde
Verwandlung findet in Daulis statt: Tereus verfoij^t die dann Tcreus wieder den barbarischen Thra-
Schwestern: ai ök iv JauUcc tTjg clicuy.iöog yivöj^ievai Ttsoi- kern zugeführt {Maaß a. a. 0.).
y.atuXtjTTToi ^Boig sv/ovtai aTtoQvscod-Fjvai. Dem gegenüber Die megarische Sage unterscheidet sich von
ist zu bemerken, daß in der Epitomc Vaticana nur steht: ^g^ übrigen Versionen dadurch, daß in ihr Te-
aldhy.araXa^i^av6^,.ra^^^^^^^^^ ^^^^ ^^^ regelrechter Hcros erscheint. Auch
tlberhaupt nicht genannt ist. Wagner in seiner Ausgabe i-iii-r» • -i^ i \t j
der Apoiioä.Bmoth. geht daran stüischweigend vorüber, berichtet Pawsamas nichts von der Verwand-
trotzdem es höchst wahrscheinlich ist, daß wir es mit l^ng, SOndcm sagt nur: v.al XOV BnOTia TOV 0Q~
einer Interpolation zu tun haben. Vld^a ivxccvd^a (pavtlVUL TCQcbxov XiyOVöLV. Doch
375 Tereus Terina 376
braucht nicht, wie Bd. 3 S. 2846, 20 f. mit Thrä- Zu der Bd. 3, Sp. 2347, 67flF. geäußerten Ver-
mer bei Pauly-Wissowa 1, 4G9, 28 ff. angenom- mutung über den Namen des Tereus und des
men worden ist, darans eine Vogelmetamor- Lynkeus, dem jener die Philomela zur Bewa-
phose des Tereos geschlossen zu werden. Auch chung übergibt, vgl. auch J. van Leemven, De
von einer Verwandlung der Prokne und Philo- epope avium rege in Album gratulator. in ho-
mela ist zunächst nicht die Rede, sie sterben norem H. van Hencerdeni löl, nach welchem
vor Jammer und Thränen: ^Qr\vo{)aai ... i%h (vgl. auch Grünbaum, Zeitschr.d. Deutsch. Mor-
$oc%QV(av diutp^siqovxai. xai C(piai triv ig &T]d6va genl. Gesellsch. 81 [1887], 207 f.) der Wiedehopf
xal x^^^^ova iiSTaßoXi)v ixecpi^fucav, 3ri oifiat und die Rolle, die er bei Sophokles, Aristopha-
%(xl avrori ai OQvtd'sg ilssivbv xai ^pijva» oftoiov 10 nes usw. spielt, aas dem Orient entlehnt ist,
fSovetv. Soll man annehmen, daß die Schwe- wo er als äußerst scharfäugig gilt: 'Arabum
Stern etwa erst nach ihrem Tode verwandelt poetae . . . (den Wiedehopf) oculis vere lynceis
worden sind? Wenn die Megjarer behaupten, fingunt praeditum, cernere enim nquae venas
daß der Wiedehopf zuerst bei ihnen erschienen aubterraneas.* Die beiden Begriffe inönrrig xal
sei, so ist dies eine Eonzession an den allge- TrjpT^rifff erscheinen, auch verbunden, im Ktym.
mein verbreiteten, feststehenden Glauben von M. 65, 41 ff. JiVym. GW. 86, 23 ff. b \. 'AXixriQiog.
der Verwandlung des Tereus, zugleich aber ein Anspielungen auf den Tereusmythos finden
ausdrücklicher Hinweis darauf, daß Tereus ur- sich ferner bei (Demosth.) or. 60, 28 p. 1397 a. E.
sprünglich bei ihnen zu Haus ist, freilich nicht Luc. de nierc. cond. 41. Diod. 35, 34 {TriQ^ag
der Tereus, der zum Vogel geworden ist — 20 d-oival; vgl. l'riQsvg naiSoßogog, Nonn. Dionys.
ist es glaublich, daß die Megarer ihm, wenn 44,269). Mariial. 4,49,3. 14,75,1. Emtath.
er in einen Vogel verwandelt wäre, Heroen- Opusc. ed. Ta/'eZ p. 320, 91 = 7i,292s«. 10. Auson.
ehren erwiesen haben würden? — , sondern als 27 (Technop.), 9, 27 p. 137 Schenkl. Epist. 23, 13
eine echte alte Kultusperson (vgl. Mayer a. a. p. 186. 29,28 p. 148. Ov. Rem. am. 459. Am.
0.498). Freilich könnte man einwenden, daß 2,2,7. Aetna bS6t Probus B^dVerg. Georg \i.&b
sich die Verehrung des Tereus schlecht ver- Keil Claudiafi in Eutropium l.'liiS. 2,363.
trage mit seiner Schandtat an Philomela und [Höfer.]
seinem Ende durch Selbstmord, da den Selbst- Teriasa s. Terasia.
mördem die Grabesehren vorenthalten zu wer- Teridae (T/j^tdarj), eine Sklavin, von Mene-
den pflegten {Rohde, Psyche 1', 217 Anm. 4; 30 laos Mutter des Megapenthes; Schol. Hom. Od.
vgl. PlcUo leg. 873 d: i&dnxsiv axXislg avrovg, 4, 11 hat die Formen TriQLddri und TriQLg —
fti^s arrjXaig fiijrs 6v6yiu6i driXovvrsg rovg rd- vgl. Dindorfs Anm. — , während Akusilaos bei
q)ovg). Aber alle diese Schwierigkeiten erledi- ApoUod.S.lS'SW. Trigritg (b. d.) bietet. [Ruhl.J
gen sich durch die Annahme, daß der mega- Terina (TsQtva). Auf der Rückseite von Di-
rische Tereus ursprünglich mit dem Tereus des drachmen von Terina ist dargestellt ein un-
Prokne - Philomelamythos gar nichts zu tun geflügeltes Mädchen, 1. sitzend auf cippus, im
hatte , sondern erst später mit ihm verknüpft ärmellosen Chiton und Himation , in der vor-
wurde, was durch die Gleichheit des Namens gestreckten R. Schale, die L, aufgestützt; 1.
und die Megara und dem nahen Athen ge- von ihr die Legende TERINA; hinter ihr Nike
meinsame Person des Pandion begünstigt wurde. 40 fliegend, Kopf zurückgebogen, im langen Chiton,
Diese Ansicht scheint in gewisser Beziehung in den Händen zwei kranzförmig zusammen-
auch schon Mayer (a. a. 0.) 494 zu vertreten, gelegte Zweige dem Kopfe des Mädchens
indem er sagt: 'Die Leute, bei welchen Pausa- nähernd: also Terina von Nike gekrönt, Kurt
nius hörte oder las, in Megara sei der Wiede- Begling, Terina {Gßfe» Berliner Winkelmanns-
hopf zuerst erschienen, ahnten . . . nicht mehr, programm) 28 nr. 77 (zu den a. a. 0. gegebenen
ein wie schwaches Band ihn mit der dortigen Nachweisen ist unter n „Sambon, presqu'ile
Ilavdiovig verknüpfte.' Den Namen Tereus Ital. 361, 12 ohne Sammlungsangabe" zu be-
selbst setzt Jlfat/er (494 ff.) in Zusammenhang mit merken, daß damit wohl Sambon, Collectio
dem thrakischen Stamme der Tgi^gsg (Tgrisg). Strozzi: Medailles grecques et romaines 100
Nicht recht aber kann ich Mayer (493 f.) ver- 50 nr. 1272 gemeint ist) Taf. 3 vgl. S. 61. Über
stehen, wenn er die Verwandlung des Tereus die weiteren Darstellungen und Benennungen
in einen ^ttot/j daraus erklären' will ^ daß Te- des auf Münzen von Terina erscheinenden Mäd-
reus mit *En6nrr\g — "Enorp — 'EnoipLog^ dem chens ist ebenfalls auf Begling a. a. 0. 61 ff.
Beinamen des Zeus und Apollon {Gruppe, Gr. zu verweisen: auf den ältesten Münzen (S. 7
Myth. 1101 Anm. 1 a. E.) vermischt worden sei. nr. 1) ist die Darstellung durch die Beischrift
Zu der mit dem Namen TriQsvg in Verbin- NIKA gesichert: es ist der Typus der unge-
dung gebrachten Bedeutung des 'Belaurers, flügelten Nike. Li der zweiten Periode sitzt
Spähers* (von xtiqbIv Bd. 3 Sp. 2347, 58 ff. ; vgl. das Mädchen teils auf einer Hydria, teils auf
auch die Ansicht, daß in dem Rufe des Wiede- einem Stuhl oder cippus, ihr Attribut ist der
hopfes TToO, Äov noch das Suchen nach den 60 Kranz und das Kerykeion, manchmal ein Gra-
Schwestem liege, Tzetz. Chiliad. 7,479. Eust. natapfel, ein Vögelchen oder auch ein Kranich;
zu Hom. Od. 19,518) vergleicht Thrämer a. a. 0. auch als Ballspielerin erscheint sie oder füllt
474, 2 ff. ansprechend den in der westgriechi- ihre Hydria aus einer Brunnenmündung mit
sehen Version der ASdonsage {Thrämer a. a. 0. Wasser. Die Hydria, das Wasserholen, das Ball-
467, 10 ff. Röscher, Myth. Lex. 1,84, 61 ff.) an spiel, das Spiel mit dem Vögelchen charakte-
die Stelle des Tereus getretenen ZTjrrjs, dessen risieren das Mädchen als Nymphe ; das Attribut
Name vom Stamme ^ri (vgl. öL-^rmcci, trirdoj) ab- des Kranzes und des Kerykeions weisen auf
zuleiten gleichfalls den Späher bedeuten kann. die ältere Nike zurück: wir haben also eine
377 Termera Termintheus 378
VerschmelzuntT der Nymphe Terina, die wohl Die Angahe von Pape-Benseler s. v. T^g^SQog,
auch als Stadt^öttin verehrt wurde, mit der daß T. ein thessalischer lltluber gewesen
Göttin Nike. Vgl. Tereino. [Höfer.] sei, ist irrtümlich. Von Termeros leitete
Termera ('/'«(>it^pa). Bei Steph. Byz. s. v. man auch das Sprichwort TeQiiiQ{s)iov yi.av,6v
^Slyvyioc . . . Xiytxai xal 7; BoLOjtia 'kccI i\ Or'jßri {Plut. a. a. O. Julian. Or. 210 D. p. 273, 10
anb 'Hyvyov viov TtQii^Qccg. rag [folgt eine Ihrtlnn) oder 7>()/i^p(f)ta xaxa = zu ^eyäXcc
Lücke I Xiyovrai. nccl ol Avxioi 'SlyvytoL ik avtov her, Phot. a. a. 0. Makar. a. a 0. i>uid a. a. O.
'Slyvyov \G\'iVi\\t('i U.Unger, Thehana Paradoxa Zenoh. 6, 6 (l p. 102, 12). Diogen. 8, 24 (1,
209 nach Tzetz. /.u Lyk. 120G (6 ^b "ilyvyoq 309, 2). Hesi/ch. 7'«y;i^(»(t)ia v.nytcc; vgl. aber
viög 7}v Iloosidiovog xarl kliarQcag): anu 'Slyvyov 10 auch Apostol. 16, 28 (2, 665, 7). Vgl. auch oben
viov TsQu^Qov -Kai 'AXiGtQccg, — doch wäre we- Bd. 3, Öp. 2925, 31 If. [ Hüter. j
nigstens statt 'AXlargag mit v. Wilamowitz, Teriiiesos (7 tp/irjcro?), Flußgott s. d. A. Per-
IJcrmes 26 (1891), 216 Anm. 1 (vgl. W, Radtke, messos und E. Maaß, Hermes 31 (1896), 393.
Ifcrmcs 36 |1901j, 47) MrjGZQag zu schreiben. 395. [Höfer.J
Wörner im ÄI. L. 3, 688, 39 (s. v. Ügygos) Terinieus {TsQ(iifvg), Beiname des Zeus, Ly-
möchte lieber uTto 'Sl. v. (^floGSiäüvog xorl^ kophr. Alex. 106^ nach dem Äc/»o/. z.d. St. (p. 231,
Ti-QiiSQug schreiben. Vgl. Termeris, Termeros. 29f.) und Etym. M. 'lb'6,8 so genannt Tcccgä tb
[Höfer.J tcöv 'TtdvTcov dgx^j xori Ttpfta sIvul. Pott, Kuhns
Termeris (Tigiisgig); vgl. Stej^h. Byz. s. v. Zeitschrift 9 (ISQ0),1>^4: {v^\. Gerhard, Gr. Myth.
"TXcciioi. jtoXig Av^iccg, oig'AXe^avdgog 6 UoXvLOtcog 20 1, 200, 6 S. 171. v. Holzinger zu Lykophr. a. a. 0.)
iv dsvttgm nf^gl Avxiag. sha Jiovvaiüg (gemeint erkennt in Zeus Termieus den „Beschützer der
ist wohl Dionysios von Chalkis, wie /. Geff'cken, Grenzen" = Zeus'O^nos {Plaio, Leg. 8, 9 p. 842 E.
De Steph. Byz. capita duo 68 Anm. 108 ver- Dmos//«. 7, 40 p. 86, IH). [Höfer.J
mutet) qprjöt TovßsQiv yial Tsg^sgiv {2"^g^sgov?y TermiiitheiiS {Tsguivd-tvg), Beiname des
Meineke) dvo ccösXcpag yT^iai -aal yBvvf]6ai di-aa Apollon bei Lykophron Alexandra 1207 : önov
aggsvccg ^kcctsqov. "TXd^ovg dh rovg xccgTtovg os •JtSiüd'slg 'Slyvyov GTCugtbg X8cog\xQ'ri()y,OLg 'lät-
(Salmasius; die mmss. haben rovg g novg) (paoi. gov As^iov TsQ^iLvd'Btog | ii 'Ocpgvvsiiov rjgicov
Irrig ist die Deutung der Stelle bei Pape- Scvsigvöag | a^si KaXvdvov rvgöLv Aövoiv ts yfjv \
Benseier s. v. Teg^sgig „Schwester der Tuberis, 6aixf\ga. Apollon wird hier als tatgo^avtig be-
und mit dieser Mutter der Hylamoi", Vielmehr 30 zeichnet. Seine Bedeutung deutet der Beiname
heiraten Tuberis und Termeris zwei (namen- an. Er ist von der in Asien und Südeuropa
lose) Schwestern, und jeder zeugt zehn Söhne, wachsenden Terebinthenpistazie abgeleitet. Tep-
die, wie es scheint, '''TXcc^vol genannt wurden; fiLvd-og, rginivd'og ist die ältere Form von rsge-
vgl. P. Kretschmer, Einleitung in die Gesch. der ßivd-og. Nach Pott, Kurdische Studien in
gricch. Sprache 322 und Anm. 2. Osk. Treuher, Lassens Zeitschr. 6, 63 ff", ist es ein persisches
Gesch. der Lykier 41 Anm. 4. [Höfer.] Lehnwort, wozu gut der Wechsel zwischen ß
Termeros (Tsg^sgog), Eponymos der lyki- und ft paßt, der bei persischen Namen im Grie-
schen (vielmehr karischen) Stadt Termera, /SiepÄ. chischen einzutreten pflegt.*) Die Terebinthe
Byz. s.v. Tsgiisga. Nach Philippos iv ta Ttsgl stand als Heilmittel in Ansehen. Sie erscheint
Kag&v Gvyygda^axi {T^ . H. G. 4, 475^ 3) im 40 zuerst bei X.en. An. 4, 4, 13, der von den Ar-
Schol. Eur. Rhes. 509 (vgl. Phot. s. v. Tsg^iigBicc. meniem erzählt, daß sie tsg^iv^Lvov xgta^cc
Makar. 8, 8 [== Paroefniogr. Gr. 2, 215, 1]. Suid. gebrauchten. Bekannt ist der Ausruf des
s. V. Tsg^^Qia xaxa) waren Lykos und Terme- Astyages, als er sein Heer von den Scharen
ros, der Eponymos der zwischen Myndos und des Kyros geschlagen sah; ol'^oi rovg tsg^iv-
Halikarnassos gelegenen Burg Termerion, wilde d'ocpdyovg TLigaag olcc agiGvsvovai (Nicol. Da-
{d'7]gimdr}g) lelegische Seeräuber, die nicht nur masc. 66, 59 = F. H. G. p. 404). Das öl, das
die Küste von Karlen plünderten, sondern ihre aus der Frucht gewonnen wurde, war an der
Raubzüge auch bis nach der Insel Kos aus- Tafel der persischen Könige in Gebrauch {Poly-
dehnten; vgl. B. Unger, Thebana Paradoxa aen. strat. 4, 3, 32). Bei den Israeliten hatte
259 f. Max. Mayer, Giganten 11. Titanen 38 50 der Baum religiöse Bedeutung {Genes. 13, 18;
Anm. 50. Osk. Treuher, Gesch. der Lykier 41. 35, 4, 8; Hos. 4, 13). Aus all diesem scheint
Eine Parallele zu diesen zwei wohl als Brüder hervorzugehen, daß der Beiname von den klein-
aufzufassenden Seeräubern bildet das Räuber- asiatischen Griechen geprägt worden ist, viel-
paar Pataros und Xantbos (ist das derselbe leicht in Anlehnung an einen orientalischen
Xanthos, der in Termera uns begegnet, Parthen. Gott, dem die Terebinthe heilig war und der
35?) s. Bd. 3, Sp. 1679, 35 ff. s. v. Pataros. außerdem dem Apollon ähnelte. Denn in
Sp. 2928 Anm. Nach Plut. Thes. 11 (vgl. /. Griechenland selbst war der Terebinthenbaum
Toepffer, Attische Genealogie 197 Anm. 2 zu ohne Bedeutung, indem er nur als Strauch ein
S. 196) war Termeros ein Unhold, der „Traiwr bescheidenes Dasein fristet, in Asien aber er-
tf} ■K8q)aXfj rovg ivrvy%dvovrag a7t(oXXvsv''\ d. h. 60 reicht er als Baum eine stattliche Höhe. Vgl.
er zwang wohl die ihm Begegnenden zu einer V. Hehn, Kulturpflanzen u. Haustiere "' p. 418
Art Zweikampf, bei dem die Gegner mit den u. 423 ff. Vgl. Terbintheus. [Reusch.**)]
Köpfen zusammenstießen und er infolge seines
Eisenschädels den Sieg behielt. Herakles tötete
ihn, indem er ihm den Kopf zerschmetterte. , *) VgL auch über deu Austausch zwischen ,^ und ,.
Eine Lokalaugabe findet sich bei Plutarch ^«-^-^-^^-'-^^
nic'nt; doch werden wir auch hier Karien an- **) ^^^ Verstorbene Herr Verf. hat leider die Kor-
zunehmen haben, vgl. Gruppe, Gr. Myth. 493. rektur nicht selbst noch erledigen können. D. Red.
379 Terminus Terminus 380
TermlnaSy altlateinisch auch termen (bei Terminalia die Anlieger am Grenzstein, den
Aceius, Varro de l.l. 6,21; vgl. Neue-Wagener, sie bekrlluzen und durch ein Brandopfer von
Formenl* 1,868 f.) und termo (bei Ennius ann. Früchten, Honigwaben und Wein, sowie durch
479. 480 Vahl.*^ nach Fest. p. 3G8 graeca con- die Schlachtung eines Schafes oder Ferkels
auetudine^ doch vgl. Usener, Jahrb. f. Philol 117, ehren (Ovid. fast. 2,ü39 tf.); die Darbringung
1878 S. 51f. = Kl ScAn/t. 1,224), der Grena- blutiger Opfer tritt an beiden Stellen stark
stein, von den Römern seit alter Zeit selber hervor und ist auch sonst bezeugt {Horaz ep.
als Gott verehrt: 9sovg xs y^Q i9yov»Tai (oi 2,69 aut agna festis cacsa TermindUbus. Pru-
*P(oiiatoi) Tovg tigiiovag xal 9'vovctv a{>Totg dent.c. Sgmm. 2, 100>^ gallitiae pulmone), dtiher
döitri^ Dum. Hai. 2,74,4; cUia^, quibua eon- lo wird die Behauptung, daß ursprünglich Tier-
suetudo est terminis saerum fieri gibt die Über- opfer von diesem Gottesdienste ausgeschlossen
lieferung bei Sicul. Flacc. de condic. agr. Grom. gewesen seien {d-vovaiv . . . vvv fihv '^^i'tpvxcc, to
lat. 1 p. 105, 12 f. Thulin. Die Geschichtskon- naXaibv Si 6ivai(ice>niog i}v ij d-vöia, Plut. Numa
struktion der römischen Gelehrten schrieb die 16), eine der Theorie zu liebe gemachte will-
Einführung dieses Gottesdienstes teils dem Ti- kürliche Erfindung sein {Plut. Qu. Jx'om. 15 tbv
tus Tatius zu {Varro de l. l. 6,74; derselben Tig^ivov ag inicxonov xocl tpvXaxcc cpiXiag xal
Anschauung folgt Livius^ wenn er 1,56,2 das slg'/ivqg cosro dslv a^iiarog xal cpovov xad'aQov
capitolinische fanum des Terminus zu den fana x«i &iilavTov diacpvXdttsiv, vgl. Numa IG. Dion.
saeellaque a Tatio rege primum in ipso discri- Hai. 2, 74, 4). Ein Schafopfer {lanigeri pecoris
mine adversus Romulum pugnae vota, comecrata 20 . . . fibris, Ovid. fast. 2, 681) findet auch bei der
inaugurataque postea rechnet), teils dem Numa, staatlichen Terminalienfeier statt, die am 6. Mei-
der überhaupt erst das Eigentum am Grund lenstein der Via Laurentina begangen wurde
und Boden und seine Abgrenzung eingeführt {Ovid. a. a. 0. 679 ff.): das ist einer der Grenz-
haben sollte: Tijg iihv airagxBiag xal top /i?]- punkte des ager Romanus antiquus^ wie uns
Siva Töv älXoTQiav i7ti%vu.ilv i} nsgl xovg öqlo- deren andre z. B. bei den Ambarvalia [Strabo
liovg Tcov nx'qöecDV vo^od-eaioc. -KBXsvaag yccg 5, 230) und Robigalia {via Claudia ad millia-
kxäöxat Tifgiygätpai ttjv iavxov xx^aiv xal ar^- rium V, fast. Praen. z. 25. April, CIL 1' p. 316)
ccci Xid'ovg iTfi xotg ogoig Isgovg ccjti^äsi^ev ögiov begegnen; daß die Feier gerade an der Grenze
<J»6ff xovg Xi^ovg (darüber s. unten), Dion. Hai. gegen das Gebiet der alten, mit den Anfangen
2,74,2, vgl. Plutarch. Qu. Born. 15. Er hat nicht :;ü Korns eng verbundenen Laurentergemeinde La-
nur strenge Strafen gegen den Frevler festge- vinium lokalisiert ist, beruht wohl nicht auf
setzt, der den Grenzstein antastet (s. unten), Zufall.^ Die Art der Festfeier zeigt, daß die
sondern gilt auch als der Begründer des schon Terminalia nicht, wie es später geschah, als
in der ältesten Festtafel am 23. Februar ver- ein Fest des Gottes Terminus {Corp. gloss. lat.
zeichneten {CIL 1* p. 310; vgl. Lact, de mort. 2,197,19 Terminalia bgoQ^iöiu, iOQxi] ögiov d'sov;
persec. 12, 1 Terminalia deliguntur, quae sunt 4, 291, 23 Terminalia dies festi pertinentes ad
a. d. septimum Kalendas Martias) Festes der Terminum , quem deum putaverunt liomant),
TeTminSkYiA: ^vöiagiTa^svavxoigijtixsXslvccTtav- sondern als ein Fest der termini aufzufassen
xag fjufga xaxxf/ xa^' exaörov iviccvxov inl xbv sind, wie die Fornacalia als ein Fest der for-
xÖTtov avvBgxo^Livovg iogxriv iv xolg tcccvv xi- 40 naces {Plin.n.h. 18,8 von Numa: is et Forna-
fiiav xr}v xobv ögiav d'Eoav xccxaaxriad^svog. rccv- calia instituit farirs torrendi ferias et a^que re-
TTjv 'Pca^afot Tfg^LvccXLoi xaXovöiv, Dion. Hai. ligiosas terminis agrorum; vgl. auch Charis.
a. a. 0. (vgl. Plut. Numa 16. Plin. n. h. 18,8). p. 544,28 Terminalia oxccv iv xolg ögioig d-vco-
Die Festfeier ist sowohl eine staatliche, wie 6iv; 550, 15 Terminalia ogoi^ioicc^ olg kogxd^ov-
eine private {d'vovaiv avxw 8r\^ioaia) xccl idicc xsg ^Pcoaaioi ^vovaiv). Die staatliche Feier hat
xaxci xovg xöbv aygoiv negiogißuovgy Plut. Numa keinerlei Beziehung zu der einzigen uns für
16) und knüpft in ihren Bräuchen an das beim Rom bezeugten Kultstätte des Terminus, die
Setzen der Grenzsteine übliche Ritual an, das sich damit als jünger erweist. Im capitolinischen
Sicul. Flacc. de condic. agr., (irom. lat. 1,105, Tempel befand sich in der Cella des Juppiter
6 ff. Thulin ausführlich beschreibt (dazu Bu- 5o ein dem Terminus geweihter Stein, über wel-
dorffy Schrift, d. röm. Feldmesser 2, 236 ff.): das chem das Dach eine Öffnung hatte, so daß er
Grenzzeichen, ein Stein oder Pfahl {Termine, unter freiem Himmel stand (Paw?. p. 368 Ter-
sive lapis, sive es defossus in agro stipes, Ovid. minus quo loco collocabatur, super cum foramen
fast. 2, 641 f., vgl. Tibull. 1, 1, 11 f. Lact. inst. patebat in tecto, quod nefas esse putarent ter-
div. 1,20,37; arbores terminales, Paul. sent. 5, minum intra tectum consistere) : zur Erklärung
22,2; vertices amphorarum dffixi inversi als erzählten die Annalisten, daß bei der Erbau-
Grenzzeichen in manchen Gegenden, (Sicw/. i*^/acc. ung des Capitols von den zahlreichen älteren
a. a. ü. p. 106,1), wird gesalbt und mit Kran- Kultstätten, die an jener Stelle lagen, nur die
zen und Binden geschmückt, in die Grube aber des Terminus (die Juventas nennen neben ihm
werden, bevor der Grenzstein eingesetzt wird, 60 Liv. 5, 54, 7. Dion. Hai. 3, 69, 5. Flor. 1, 1, 8.
die verbrannten Reste des Opfers, das Blut des Augustin. de civ. Dei 4, 29. 5, 21. lordan. Rom.
Opfertieres, Weihrauch, Früchte, Honigwaben, 106, neben beiden auch Mars Augustin. de civ.
Wein u, a. geschüttet, und dadurch die Stelle Dei 4,28) nicht habe weichen wollen, so daß
ein für allemal kenntlich gemacht. Ganz ent- man auf ihre Exauguration verzichtete und sie
sprechend versammeln sich zu einer Art jähr- in das neue Heiligtum aufnahm, Cato orig. frg.
lieber Erneuerung der Grenzsetzung (vgl. W. 24 Peter (aus Fest. p. 162) fana in eo loco com-
Warde Fowler, The religious experience of Ro- pluria fuere; ea exauguravit, praeterquam quod
man people S. 81 f ) bei der privaten Feier der Termino fanum fuit; id nequitum exaugurari.
381 Terminus Terminus 382
Liv. 1, 55, 3 f. Dion. Hai. 3, (Ji), 5. Ovid. fast. 2, Inschrift auf dem Bauche einer jugendlichen
«67 tf. Sero. Aen. 9, 440 {CapUnli immobile sa- Mantelherme mit androj^ynen GeschlechtBab-
.xum). Lact. inst. div. 1,20, 38 tf.; auch in dem zc\G\iQ\\{2^d^Qh. Annali d. Inst. \^^1 tav.d' agg.S)
Itätsel des Varro bei Gell. 12, 6, 2 scmd mi- steht, ist wohl zuftlllijif; die Henne mag zur
ttiisne an bis minus sit nescio: iitrumque eorum, Bezeichnung einer Grundstücksgrenze gebraucht
ut quondam audivi diccre, ipsi lovi regl noluit und dalier mit d«!r Inaclirift versehen worden
coHcedere wird darauf angespielt. Tatsächlich sein, eine Darstellung des Juppitcr Terminus
handelt es sich gewiß um einen wirklichen gibt sie keinesfalls. Ebensowenig kann die Deu-
Grenzstein, doch kaum in der Weise, daß ein tung des bärtigen Hermeskopfes auf der Vor-
solcher rein zufällig an jener Stelle gestanden lo derseite der Denare, die der Philologe M. Te-
hätte ( W. Warde Foivler, The Boman festivals rentius Varro wahrscheinlich im J. 705 = 49
S. 326 denkt an die Grenze zwischen den Nie- v. Chr. als Proquaestor in Spanion schlug (lia-
derlassungen der Palatin- und der Hügelrömer, helon, Monn. de la rep. Born. 2, 48G nr. 15), auf
die aber kaum über die Kuppe des Capitolinus Juppiter Terminalis auch nur das Prädikat
gelaufen sein wird) und wegen seiner Unver- 'wahrscheinlich' für sich beanspruchen (vgl.
rückbarkeit in das neue Heiligtum eingebaut auch den ähnlichen und ebenso gedeuteten Kopf
worden wäre; sondern man hat wohl absieht- auf der Vorderseite der von Q. Caecilius Me-
lich dem Juppiter, der nach römischer Anschau- tellus Pius im afrikanischen Kriege ausgepräg
ung Beschützer von Recht und Treue und nach ten Denare und Goldmünzen, Babelon a. a. 0.
dt'r beim capitolinischen Tempel stark mitwir- 20 1, 278 f. nr. 47. 48). Eine gewisse Verwandt-
kendeu etruskischeu Auffassung der Begründer schaft mit der ravennatischen Herme (aber ohne
der Landvermessung und Grenzfestsetzung ist die Doppelgeschlechtigkeit) zeigt eine bartlose
{terminis omnia sancita esse voluit, Vegoia Grom. Mantelherme auf dem Avers der Denare des
lat. 1, 350, 21 Lachm.; vgl. auch Carter, Böm. M. (Pupius) Piso Frugi (Cos. 693 = 61 v. Chr.),
Mitteil. 25, 1910 S. 84 f.), den Schutz der Grenz- Babelon a. a. 0. 1, 299 n. 22; aber in Ermange-
steine unterstellt; die Verehrung unter freiem lung aller sonstigen Anhaltspunkte gibt das
Himmel, welche die Durchbrechung des Tempel- noch keine Berechtigung, das Bild für Termi-
daches veranlaßt, gehört nicht zum Gottes- nus in Anspruch zu nehmen, ebenso wie das
dienste des Terminus, sondern des Juppiter, bärtige Antlitz in Flachrelief auf einem run-
wie daraus hervorgeht, daß ganz die gleiche 30 den, kieseiförmigen Steinblock aus Constantine
Erscheinung beim quirinalischen Tempel des ebensogut alles Mögliche andre gewesen sein
Dius Fidius vorliegt {Varro de l. l. 5,60 und kann als ein Terminus, für den ihn A. Schul-
bei Non. p. 494). Diese Verbindung des Kultes ten (Arch. Anz. 1903 S. 105) erklärt. Eine jetzt
von Juppiter und Terminus tritt auch noch in verlorene bärtige Herme soll früher den Grenz -
einem andern Punkte hervor. Die Verrückung cippus aus Kegium Lepidum (Reggio d' Emilia)
des Grenzsteins (revellere terminos, Hör. carm. mit der Inschrift deo Termino dicatum {CIL
2, 18,24, vgl. Quinta, dech 13, 2. Faul. sent. 5, 11, 956) gekrönt haben; ein gewöhnlicher Cip-
22, 2 qui terminos effodiunt vel exarant arbo- pus mit der Inschrift Termeno santissimo M.
resve terminales evertunt. Digest. 47,21 de ter- Popilius M. f. d. d. {CIL 11,4643) stammt aus
mino moto) ist ein besonders schweres Ver- 40 Tuder, ein Altar aus Dalmatien trägt nur die
brechen, auf welches ein Gesetz des Numa die Aufschrift Term(ino) {CIL 3,8371). Ob der von
Strafe der religiösen Bannung setzte : denique einem Pächter der norischen Eisengruben mit
Numa Pompilius statuit eum, qui terminum ex~ seinen beiden Söhnen Termunibus Aue (doch
urasset, et ipsum et boves sacros esse, Paul. wohl Augfustis)) errichtete Altar C/Z 3, 5036
p. 368; die Gottheit, welcher der Frevler ver- mit dem Terminuskulte etwas zu tun hat, ist
fallen sein sollte, wird hier nicht genannt, sehr zweifelhaft (s. unt. Art. Tennunes). Da-
wenn aber« Dion. Hai. 2, 74, 2 in diesem Zu- gegen hat Buecheler durch glänzende Ergän-
samraenhange den ögiog Zsvg nennt und aus- zung des Anfangs eines aus zwei erst neuer-
drücklich angibt (§ 3) sl 6i rtg äcpccviasis r) dings vereinigten Bruchstücken hergestellten
(isrccd-sir] tovg ögovg, lsqov ivo^otE&r}6i:v tov 5u inschriftlichen Gedichtes aus Rom dieses auf
dsov (eben des Z8vg oQiog) rbv xovrcov n öia- Terminus bezogen {CIL 6, 31051 = Buecheler,
Ttga^di^Evov , 80 sehe ich keinen Grund mit Carm. ep. 269): [Terminus hie custos manjeo
E. Samter {Arch. f. Beligionswiss. 16, 1913 S.lil) pede claudus utfrjoque [hojrti divfitis: atj
die Glaubwürdigkeit dieser Angabe in Zweifel procul hinc regfe pjlaustra, bubulcfej ! quod
zuziehen, glaube also, daß jedenfalls in histo- si forte tuus me non vitaverit axis, excutiere
rischer Zeit die Sanktionsformel loui sacer esto rotis et tractus, ut He[c]tor Home(ri), debilior
gelautet hat. nobis inter tua plaustra iacebis; das pede clau-
AUe drei Entwicklungsstufen dieser Vor- diis utroque geht auf die Hermenform des Bild-
stellungsreihe, die- Verehrung a) der Grenz- nisses, das ganze Gedicht erinnert in Ton und
steine, b) des Gottes Terminus und c) des Jup- 60 Stil an die Priapea, darum möchte ich nicht
piter Terminus treten uns nach den erhaltenen mit Samter (a. a. 0. S. 142 A. 2) glauben, daß
Zeugnissen und Denkmälern auch in der Reli- in der Strafandrohung gegen den Grenzfrevler
giou der Kaiserzeit noch entgegen. Der letzten eine Erinnerung an ein altes Termino sacer esto
Stufe gehört ein in der Umgebung von Ravenna stecken könnte. Aus dem Kulte des Gottes
gefundenes Denkmal an, das die Inschrift trägt Terminus stammt endlich der Individualname
lov(i) Terfmino oder -minali) M.Val(erius) An- Tertni?ialis , den W. Schulze (Zur Gesch. lat.
t(iochus) An(nii) Ti(beriani) co(mes) , CIL 11, .E'if/ewwawen S. 487 A. 1) mit Recht zu den theo-
351 (dazu Borghesi, G'Juvres 3, 297 ff.); daß diese phoren Namen rechnet, während er ebenso rieh-
383 Terminus Termunes 384
tig (S. 278) dem Geechlechtsnamen Terminiua nalia,quodis dies extremus anniconstitutus. Ovid.
im Gegensätze zu Usener {Götternnmen S. 367) fast. 2,60 tu quoque sacrorum, Termine, finis
diese Kigenschaft abspricht. Aber auch die al- eraUf vgl. Cet\sor%n. 20, 6. 10. Macr. S. 1, 13, 15;
teste Form dieses Gottesdienstes, die sich in eine Jahresrechuung von Teiminalia zu Termi-
unmittelbarer Verehrung und Schmückung der nalia zeigt die rOmische Inschrift CIL 6, 1925
Grenzsteine äußert, hat sich bis zum Ausgange = Dessau 1919, nach welclier die Strafe für
des Heidentums erhalten; nicht nur Tibull 1, Unterlassung der alljährlich darzubringenden
1, 11 f. sagt von sich nam veneror, seustipes ha- parentatio dann fällig wird, wenn sie nicht bis
bet def^ertus in agris, seu vetus in trivio florida zu den Terminalia abj^ehalten worden ist), was
serta lapis, noch Prudentius erzählt (c. Symtn. lo noch dadurch hervorgehoben wurde, daß bei
2, 1006 tf.), daß die christlichen Bauern bei der Interkalation sowohl der Schalttng {hissextum)
Feldarbeit die Grenzsteine als Sitze heidnischen wie der mennii^ intercalaris unmittelbar hinter
Aberglaubens zerschlagen {et lapis illic ai titetit, den Terminalia eingesetzt wurden (daher Da-
antiquus quem cingere sueveiat error fascidis tierungen a. d. quintum Terminalia, Cic. ad Att.
et gallinae pulmone rogare, fran^tur, et nullis 6, 1, 1; a. [d.J X TerminafliaJ, CIL 10,3772
vwlatur Terminus extis)^ und die Zeremonien ^= Dessau 6302; vgl.il/owtwsew, Born. Chronol*
ad petraSy die noch im 6. Jahrh. in Spanien S. 38 f. 43), veranlaßte Varro, den Gott Termi-
Martin von Bracara {de correct. rust. IG) als nus nicht nur mit den Grenzen im Räume,
cuUura diaboli verdammt, betrafen gewiß zum sondern auch mit dem zeitlichen Begriflfe des
mindesten in erster Linie die Grenzsteine. 20 Endes zusammenzubringen, wodurch er zu der
Bemerkenswert ist, daß Terminus, trotz 7)ton. sonderbaren Aufstellung kam, daß die Götter
Hai. 2.74,4 Tovro d* oi)% inl r&v idiatix&v der beiden ersten Monate, Janus und Termi-
»ccTsan^aaTO ftorov, &XXa xal inl tmv dr^iioGioiv nus, propter initia et fines ihre Stelle erhalten
öpotff TA&xnvug nsgiXaßojv, tva yal ttjv 'Ptonaioav hätten {rer. div. 16 fra. 9 Agahd bei August, de
fi^v &7cb ti^g tJ-ffrvyftroro? ogioi diaLQüai dsol a'v. De« 7,7), was auf keinen Fall stimmen kann,
xal vijv "noivriv &inb rfjg idias' tovto ^^xQ^ da in einem mit dem Januar beginnenden Jahre
t&v xa^* ilii&s xQovtov (pvXdtrovai rw- der Februar mit den Terminalia nicht den
ftato», nie zum Gotte der Keichsgrenze oder Schluß bildet, und umgekehrt. Es ist ihm da-
auch nur der Abgrenzung der Provinzen ge- her auch, soviel wir sehen, keiner der Späte-
worden ist. Wenigstens in letzterer Hinsicht so ren auf diesem Irrwege gefolgt (allenfalls könnte
ist hier ergänzend die göttliche Verehrung der August, de civ. Dci 4, 11 deus unus sit . . . in
Fines eingetreten, die zum ersten Male in der Termine terminator so gemeint sein).
(wohl stark retouchierten) Fetialformel der Vgl. im allgemeinen J^J. Samter, Arch. f.
rerum r^petitio hei Liv. 1,32,6 begegnet: audi Beligionswiss. 16, 1913 S. 137 — 144. Wissowa,
luppiter, audite Fines (euiuscumque gentis sunt Beligion u. Kultus d. Bömer* S. 136 ff.
nominat), audiat Fas. Zwei sehr lehrreiche [Wissowa.]
Denkmäler dieses Gottesdienstes sind in der Termunes, örtliche, eher männliche als weib-
Gegend des Vinxtbaches, der die Grenze zwi- liehe Gottheiten, welchen eine zu Friesach, zwi-
schen den Provinzen Ober- und Niedergerma- sehen Treibach = Matucaium und Neumarkt
nien bildete, gefunden worden, das eine, gut 4o = Noreia (CJX III Suppl. Tab. VJII iTs), im Be-
erhaltene, jetzt in Brüssel (Abbildung bei Cu- reich der römischen Provinz Noricum, noch
mont, Musees royaux du Cinquantenaire, Cata- vorhandene Inschrift geweiht ist, 0/L III 5036:
logue des sculptures et inscriptions antiques* Termunibus Aue. (so statt Aug. = Augustis)
S. 235 nr. 195): Finibus et Genio loci et I(ovi) sacr(um) ; Q. Calpurnius Phoebianus c(onductor)
0(ptimo) M(aximo) milit(es) leg(ionis) XXX f(errariarum) N(oricarum) et Quintus Calpurnius
ü(lpiae) V(ictricis) M. Massiaenius Secundus Phoebianus iunior et (Q. Calpurnius) Charito-
et T. Aurelius Dosso votum s. l. m. {CIL 13, nianus fili(i) restituerunt curante C. lul(io) Her-
7732), das andre, sehr zerstörte, nach ihm von mete proc(uratore) . Das Weihdenkmal hatte also
Zangemeister {Westdeutsch. Zeitschr. 11, 1892 erneuert ein Staatspächter der Eisengruben in
S. 283) ergänzt, jetzt in Bonn (Abbildung bei 50 Noricum mit seinen beiden Söhnen durch Ver-
JB. Lehner, Das Provinzialmuseum in Bonn. mittlung eines Geschäftsführers des Gruben-
I. Die römischen Skulpturen, Taf. XXXI 4): betriebes. Ihm, Bonner Jahrb. LXXXlll S. 101
[GeJnifoJ Ifocji e[t Fi]ni[b]us et I(ovi) 0(P' verwirft mit Recht eine Erklärung von T. als
timo) M(aximo) T. Fl(avius) Verecundus e[t] Beinamen der Matres. Holder, Aitcelt. Sprachsch.
M. Dom(itius) Atto mi[l(ites) leg(ionis) ... .7 II S. 1797 f. führt den Namen als keltisch auf.
{CIL 13, 7713). Ein dritter Altar mit Weihung Die Benennung als 'kaiserliche' {Aug.) ist auch
an die Fines ist neuerdings in der Gegend von für provinziale Orts- oder Landesgottheiten üb-
Narbonne, also nicht an einer Provinzgrenze, lieh, so Epona Augusta gerade in Inschriften
gefunden woTden: M.AtiliusfLJabeov.s.fl.m.J der Donauländer, vornehmlich Noricum, CIL
FinibufsJ, Heron de Villefos.se, Comptes rendus 60 III 3420. 4776. 4784. 5176. 5312, vgl. noch z. B.
de Vacad. d. inscr. 1913 S. (560 ff. Der in Eburo- CIL XIII 3071 (= Esperandieu, Becueil IV nr.
dunum (Yverdon) verehrte Mercurius Finiti- 2978): Aug(usto) Budiobo sacrum und 5912:
mus {CIL 12, 75) könnte sich zu den narbo- Aug(usto) Borvoni (anderswo ist die Weihung
nensischen Fines verhalten, wie Juppiter Ter- für den Augustus von der Weihung für die
minus zur Verehrung der Grenzsteine. provinziale Gottheit ausdrücklich gesondert).
Der Umstand, daß die Terminalia nahe am Doch wäre übrigens sprachlich nicht un-
Ende des mit dem März beginnenden altrömi- möglich eine Deutung Termunibus = Terminis.
sehen Jahres lagen {Varro de 1 1. 6, 13 Termi- Denn der Wechsel von i und u ist im Latei-
385 Teros , Terpios 386
iiischeii sehr häufig, allerdinj^s hauptsächlich sehr nahe läge, nach Eustalh. a. a. 0. (TsqtcIov
vor labialen Konsonanten, wie moninnintum — viog) in Tegniov rccclg zu vorbessern. — Natür-
monimcntam, libct — luhet, maximus — maxu- lieh liegt ein erfundener, sprechender Eigen-
muSyScptimus — septumusuHw.; \g\. 0. Mibbec/c, name vom Stamme T EPH vor, dnr auch nach
Proleg. crit. ad Vergil. Ind. <jramm. S. 460 f. Homer noch vielfach zur Bildung von Künst-
le. Corsnen, Äusspr. Vokalism. u. Betonung der lernamen benutzt wurde (vgl. Fichf Personen-
latcin. Sprache l* S. 331— 339. Neue, Lat. For- nanien S. 214 und Welcher a. a. 0. Anm. 072).
menlehre II" S. 102 f. 160 f. 822. Stolz-Schmalz, Auch ein flöteapielender Silen auf einer Cor-
Latem. Grammatik''^ S.'Sa. CILlllSuppLIndices netaner Schale des Oltos heißt Tigrcav (s.d.),
p.2572. 2670 (nr. 7Ü5: nu muni = num i ni) u. a. lo ein leierspielender TiQitr]? (s. d.). Noch der Ki-
Auch die Endung -ihiis (3. Deklination) statt tharöde Neros und Vespasians heißt Terj)no8
-/s (2. Deklination) ist inschriftlich belegt durch (siehe Charlotte Fränkcl, Satyr- und Bakchen-
die im Lothr. Jahrb. 1896, Vlll 1, S. 75 von mir namen auf Vasenbildern S. 30). (H Ostern.)
angeführten Beispiele: dibus = dis (häuHg), fili- Teri)ikeraunos(7'fc»n:tK^()«vvofe-), Beiname des
bus = filiis {sLuch. C1LU11636), natibus-^^ natis Zeus s, außer den bei Bruchmann, Epitheta
(CIL in 914. 7521); vgl. noch CIL lll 12963: dcoruni p. 141 angeführten Dichterstellen An-
amicibus (= amicis) und Suppl. Ind. p. 2676 onym. Ambras, in Anecd. varia Gr. et Lat. ed.
(Heteroclita). Ist diese Deutung richtig, so ha- Schoell und Studemund 1, 265, 98. Anonym.
ben wir die Mehrheit des römischen, göttlich Jjaurent. ebenda 2(j7^ 90. Theodoret. Hist. eccles.
verehrten Terminus (s. d.) vor uns ; geehrt wären 20 3, 25 (p. 204, 12 ed Parmentier). Gewöhnlich
aber wohl die Grenzen, welche zwischen den wird das Epitheton erklärt durch ,,o xotg xe-
Gebieten der beiden genannten Gemeinden durch Qccvvolg tsguöiLsvog^'', Phot. Suid. Hesych. Etym.
Steine bezeichnet waren, vgl. CIL III Suppl. M. s. v. = „der sich am Blitzstrahl Freuende",
/nd. p. 2549f. 2673. \l Suppl. Ind. ^.1\Q'2, auch „der Donnerfrohe". Daneben findet sich auch
andere Bände, und die den Flnibus., d. h. den die Erklärung, daß ttgTiixtQccvvog durch Meta-
Grenzen zwischen den beiden Germanien, ge- thesis aus rgsniv-^gawog entstanden sei; vgl.
weihte Inschrift, CIL XIII 7732: Finibus et Schol. Toivnl. und Schal. Yen. B. Hom. 11. 8, 2.
Genio loci et I(ovi) O(ptimo) M(aximo) usw. Etym. M. a.a.O. (p. 763, 33): 6 xolg ■negccvvoZg
Vgl. Terminus. [Kenne.] tg^noav roug ivavtiovg-^ vgl. auch *S'cÄoZ. Ven. B.
Teros, 'On? {TT]ga}g,-cüv?);\g\. Schol. V. Harn, zo Hom. II. 1, 419. Hesych. s. v. Eust. ad Hom.
H. 22,318 (ed. £eUer 2, 597, 33): rbv "Eönsgov II. 1186, 1. 486, 42 (o rgtTCcov iv rw acpiivai
Higacci fihv TiJqojv, '"'EXlrivsg Ss 'iitoXXavd cpu- xsgavvovg). Wenn auch die Erklärung „die
61V. [Höfer.] Feinde mit dem Blitzstrahl in die Flucht
Terpes (Tsgrcrig), Satyr auf der unter Ter- schlagend" unhaltbar ist, da der Hauptbegriff
pon 2 c angeführten Vase. TEgnrjg ist wohl „die Feinde" in dem Kompositum rbguiy-igav-
Kurzname zum Vollnamen T£()7i;o:v(5^poff, Crusius, vag nicht enthalten ist, so ist doch wohl die
Jahrb. f. klass. Phil. 143 (1891), 386 f. Wilh. Ableitung von tgsitsiv richtig; nur bedeutet
Schulze, Gatt. Gel. Anzeigen 1896, 238; vgl. auch rgsnsiv s. v. a. „schleudern", rtgTtiKtgavvog also
Theod. Beinach, Bev. arch. 34: {iSi)d), 33bi. Vgl. „den Blitzstrahl schleudernd", Gust. Meyer,
Terpou 2°. [Höfer.] 40 Curtius Studien zur griech. und lat. Gramm.
Terpiades (T£9;rta(5^r]?), Beiname des Phemios. 7 (1875), 180 ff. F. Froehde, Bezzenberger Bei-
Od. X 330 f.: TsgTtiddrig &' h' dadog dXvayiccvs träge 3 (1879), Anm. zu S. 7. H Hirt, Der
y-figcc (isXccLvaVy \ ^ij^Log. Regelrecht gebildetes indogerman. Ablaut 125 nr. 585. van Lteuicen,
Patronymikon vom Stamme rsg-nio — (vgl. Cur- Enchir. dictionis epicae 484. Auch W. Prelhcitz,
tius, Studien z. griech. u. lat. Grammatik Bd. 1: Etym. Wörterbuch d. griech. Sprache^ 4:b<o erklärt
Angermann, He patronymicorum Graec. forma- xsg-jtLy.igawog als „fulmina torquens", leitet es
^ww«p. 15§ 15). Also: Sohn des Terpios (s.d.). So aber nicht von tgsfca ab, sondern von Wurzel
nach Eustath. p. 1929, 9. Apoll. Sophist, p. 772, treq = terq, lat. torquere. Dagegen erklärt
14 Vill. Hesych. s.v. Ähnlich Nitzsch z. Od. Fr. Bechiel, Glotta, Zeitschr. für gr.u. lat. Sprache
«8 ^Sohn der Ergötzung'. Anders urteilt Usener 50 1 (1909), 74 f. und Lexilogus zu Homer 312 die
{Gätternamen S. 20 f.): Er stellt fest, daß ""eine Vermutung von G. Meyer u. anderer als unver-
ganze Anzahl adjektivischer Worte ohne Ver- einbar mit dem griechischen Sprachgebrauch,
änderung ihres Wertes' durch das Suffix i-Sr]g, der die Verbindung des angeblich mit torquere
cc-8rig weitergebildet worden sei, und nennt identischen Verbums tginsiv nicht kenne und
gerade TsgTtiddrjg als Beispiel dafür, daß ^auch kehrt zu der alten Interpretation 6 Tbgno^svog
bei freier Schöpfung von Eigennamen das Epos yisgavvotg zurück, indem er tEgTiLKsgccwog über-
diese rein adjektivische Natur des Suffixes ver- setzt „dessen xignog der yisgavvog bildet",
wendet'. Er übersetzt demgemäß Tsg^tiddrig [Höfer.]
mit ""der Erfreuende'. Vielleicht darf man eine Terpios (Teg-rciog), Vater des Sängers Phe-
Ahnung von der nicht patronymischen Bedeu- 60 mios (s. d.), der TipTtiad^T]? is. d.) heißt, Hom. Od.
tung des Wortes in der zweiten Erklärung er- 22, 330. Hesych Tagniddrig. Eust. zu Hom. Od.
kennen, die das Scholion gibt: t] ö xegitav. 1929, 10 {TsgTtidSrjg, xovxbgxi Tsgnlov vIoq, 6
Diese scheint auch Welcker vorgeschwebt zu xsgipid'viiog doidog c^rjfiiog). Der Name ist freie
haben, wenn er {Ep. Cycl.^ S. 321 f.) Phemios Erfindung des Dichters: Gesang ergötzt des
Terpiades mit 'der ergötzliche Sagner' wider- Menschen Herz; vgl. Ameis zu Hom. a. a. 0.
gibt. Unter diesen Umständen ist auch viel- Nitzsch zu Hom. Od. 1, 8. Usener, Sitzungsber
leicht der erste Teil des Schal. % 330 Tigmog d. Äkad. d. Wiss. in Wien 137 (1897), III, 18.
Ttalg unangetastet zu lassen und nicht, was ja 23 f. Götternamen 21 und Anm. 55. Auf einem
887 Terpon '^erpsicbore 388
'Homerischen Becher* aus Boiotien mit der ithypallischen Silenen oder Satyrn, und ea
Darstellung der Begnadigung des Sängers Phe- liegt die Annahme nahe, daß der Name dem
mios durch Odysseus auf Fürsprache des Tele- Steinphallos bzw. Steinidol von Autibes ent-
machos stand vielleicht der Name TEPPIAAHI, nommon ist, Hettzey, Corr. hell. 8, 162. Nach
G. Robert, Homerische Becher {50^ Berliner W, Schulze a. a. 0. 255 ist TtQTttav gewisser-
Winckelmannsprogramm) S. 18; vgl. die Abbil- maßen Kurzform zu rFpxdrpa^tff, das Telckhides
düng auf S. 14. Vgl. Terpiades. [Höfer.] {Com. Frgm. 1, 224 nr. 66 K) bei Fhotius (p. 571»,
Terpon (Tigntoi^. 1) Ein in Antibes (Anti- 8 Pars ) in der Bedeutung von ij t&v 'Acpgodi-
polis in Gallia Narbonensis^ im Jahre 1866 ge- eicov xtQ\i)ig gebracht hat Als Satyniame findet
fiindener Stein von dunkelgrün - schwärzlicher lo sich Terpon auf folgenden Sclialeii: a) Schale
Farbe trägt die Inschrift: Tiq-nrnv f/ftl ^«fi? des Brygos (abg. Monum. deW luf^t. 9, T. 46.
^fQdTtoiv öeiiv^S ktpQoS irrig. Totg dk xaraöTrjGaöi Wienei' Vorlcfieblätter H, 6. Harrimn-Maccoll,
Kvngis x^Q^*' ^vTanoSoir]. (Die inige Lesung Greek vase paintings Taf. 27. Furiwänghr und
TeQXvibv [K(i ibel^Kpigr.'t Si]hsit Kaibel.l^ae f. JReichhold, Griech. Vasenmalerei T&i'. AI [vgl.
17 selbst korrigiert; ebenso beruht wohl auch Serie 1 Text 239]): vier Satyrn, unter ihnen
auf einem Irrtum die Schreibung JJgsTt&v (so!) Terpon, unternehmen einen zudringlichen An-
Rev. arcli. 27 [1874], 191), I. G. 14, 2424. Anih. griff auf Hera, zu deren Verteidigung Herakles
Pal. ed. Cougny 8, 1, 49. Ernst Hoffmann, herbeieilt, während Hermes die Lüsternen zur
Sylloge Epigr. Graec. 164 nr. 823. Die Inschrift Vernunft mahnt, L. Urlichs, Der Vasenmaler
gehört nach Ausweis der Buchstabenform dem 20 Brygos (7<«» Progr. des v. Wagnerschen Kunst-
fünften Jahrhundert V. Chr. an, Heuzey,Compte8 instituts 1875) S. 6. Heydemann, Satyr- und
rendus de VAcad. des inscr. et belles-lettres 1874, Bakchennamen 16 nr. H. W. Klein, Die griech.
62. Ch. Lentheric, La province maritime ancienne Vasen mit Meistersignaturen' 183 nr. 8. Cecil
et moderne 468 ff. Während Froehner, Rev. arch. H. Smith, Cat. of greek va^es in the Brit. Mus.
N. 8. 8. annee 15. vol. (1867), 363 in Terpon 3, 88 nr. E 65. Charlotte Fränkel, Satyr- und
den Träger eines Personennamens, eines Kult- Bakchennamen auf Vasenbildern 90 nr. c (vgl.
beamten der Aphrodite erblickte und in dem S. 30). Man führt die Darstellung der Brygos-
Stein die Basis der Statue, die man diesem schale gewöhnlich auf ein Satyrspiel zurück,
gesetzt habe, schloß J3" Razin, Le galet inscrit Urlichs a. a. 0. Dümmler, Rhein. Mus. 43
d'Antibes, offrande phaUique ä Aphrodite (Paris 30 (1888), 368. Kleine Schriften 3, 29. E. Bethe,
1885) = .knnofcs dw ilfwsec Gwmcf 10, 1 ff. (nach Prolegomena zur Gesch. des Theaters im Altert.
Bericht von R. Moicat, Bulletin epigraphiqu£ 76. E.Reisch, Festschrift Theodor Gomperz dar-
5 [1885], 266) aus dem Umstand, daß der gebracht 469 (vgl. jedoch auch G. Körte bei
Stein, der die Inschrift trägt, eine phallische -BeiÄe a. a. 0. 342 Anm. 1). — b) Schale im Louvre,
Form zeigt, daß der Stein, d. h. der Phallus, die wohl dem Oltos zuzuweisen ist: der Satyr
unter dem dezenteren euphemistischen Namen Terpon (auf der Vase steht T6P0TT0N) packt
Tigncav der Aphrodite gewidmet worden sei. eine Mainade, die ihn abzuwehren sucht, Ca-
Ähnliche Deutung findet sich bei A. Fick, Vor- tologhi del Museo Campana 1: Catalogo delle
griechische Ortsnamen 146, nach dem der Stein serie 4—7 nr. 691. Heydemann a. a, 0. 31 nr. rj.
gleichfalls ein Phallosidol ist, vielleicht ein 40 Ch. Fränkel a. a. 0. 88 nr. V. W. Klein a. a. 0.
Fetisch umwohnender Barbaren, von griechi- 136. P. Hartwig, Meisterschalen 72 Taf. 6.
sehen Ansiedlem aufgestellt und mit Inschrift Harrison-Maccoll a. a. 0. Taf. 31. — c) Schale
versehen (vgl. auch Gruppe in Bursians Jahres- des Euxitlieos (abg. Monum. delV Inst. 10,23.
ber. 137 [1908], 622. Supplementband. Wilh. 24. Wiener Vorlegebl. D Taf. 1. Harrison, Pro-
Schulze, Gott. Gel. Anzeigen 1896, 255). Heuzey, legomena S. 367 Abb. 114): im Gefolge des auf
Comptes rendus A.ai.O. 62 S. — Derselbe, La pierre einer Quadriga stehenden Dionysos befinden.
sacree d'Antipolis in Memoires de la soc. nat. sich nebst zwei Mainaden der leierspielende
des antiquaires de France 36 (1874), 99 ff. [da- Satyr Ttgrcrig und der flötenspielende Satyr
selbst p. 103 Abbildung des Steines]; ebenso Tigncov, Heydemann a. a. 0. 30 nr. y. Klein
bei Desjardins, Geographie de la Gaule Rom. Bo a. a. 0. 136 nr. 2B. Gh. Fränkel a. a. 0. 88 nr. U.
2, 177 und Corr. hell. 8 (1884), 162 (vgl. auch — d) Vase in München : Ein Satyr preßt mit be"
fheod. Reinach, Rev. arch. 34 [1889], 336) hält den Armen einen Weinschlauch, aus dem der
den Stein für einen Gegenstand des Kultus Wein in eine Amphora strömt, 0. Jahn, Be-
selbst, für einen Steinfetisch, wie etwa der Stein Schreibung d. Vasensammlung König Ludwigs 331
des Eros in Thespiai, der ctgyog Xi^og, gewesen p. 18, der freilich unter Zustimmung von Heyde-
ist. Paus. 9, 27, 1. Röscher, Myth. Lex. 1, mann, Annali 1876, 260 in der Inschrift Zda-
1341, 2 ff. Da Eros bei Plato Sympos. 203 C vbgTegnavrjdvg o olvog liLXavog nicht ah Eigen-
^tgdntov 'Ac()godLTr,g heiße (so hat ihn übrigens name faßt, sondern aiXavog erklärt als „Quell-
schon Sappho [frgm. 74 Bergk^] genannt), so sprudel ' (eine Bedeutung, die freilich nur aus
werde man auch hier unter dem %8gdna>v 6o römischen Schriftstellern bekannt ist). Doch
'A(f)Qo8ixr\g genannten Terpon eine lokale Be- beruht die Lesung Ja/ms auf Irrtum: statt 2l-
zeichnung des Eios oder einer ißm verwandten Xocvbg steht auf der Vase Zilbvog-. Klein, Griech.
Gottheit, wie Himeros, Pothos zu verstehen Vasen mit Lieblingsinschriften 6b'^, m.Z. Darmit
haben (vgl. auch Gruppe., Gr. Myth. 776, 1) ist die bereits von T/<eo</. l^emacÄ, J?ev. arc/i. 34
oder einen Dämon, der den vom Komiker Piaton (1899), 336 ausgesprochene Deutung, daß Terpon
bei Athen. 10, 441 e f. genannten priapeischen auch hier Name eines Satyr ist, erwiesen; vgl.
Dämonen wesensgleich sei. — 2) Nun findet Ch. Fränkel a. a. 0. 88 nr. W. [Höfer.]
sich Tignav wiederholt als Name von meist Terpsichore (Tgpi/Ji;fdpa, -rf]. Literatur ge-
.■i89 Terpsichore Terpsikome 890
sammelt bei O. Bie, h'osch. Lex. s. v. Musen; Literatur: iJccharme, Ji''c. dHnatr, de TieoHe 62;
vgl. Bu's Schriften: De Musarum imaginibus, Arch. des Miss. 2. sörie 4, 484, 1867/H; Ditten-
(Hss. Berol. 1887, JJie Musen in der antiken beryer GIGS. 1, 1799; Jamot a. a. 0. 130.
Kunst, Berl. 1887. Eine der neun Musen Letzterer bemerkt, der Dichter bringe T. in
{(lia rcbv d"' ^lovöäv, Suid.) in Tierien, wie diese enge Verbindung mit Dionysos 'et semble lui
selbst geboren als Kind des Zeus und der aussi faire d'elle In Muse de Vinspiration lyri-
Mnemosyne, Hes. Th. 78, wo nie gleich den que\ Dunkel ist das von Jamot boige])rachte
übrigen Musen — bis auf Kalliope — ohne ep. (S. 143 app. 8), dessen vierter Vers rühmt:
nähere Bezeichnung angeführt wird, an fünfter TsQxl)i%6Qr\ 6t (pvr]v . . ., während der dritte
Stelle; vgl. auch Varro frgm. p. 32i). Ange- lo Kratos jt^iZoö?'^!/); betonte, ,/awo< hat die Musen-
rufen im Verein mit den Genossinnen im Orph. epigrarame des Honestus genauer bestimmt.
Hymn. 76, 9. Als Mutter der Seirenfrn ge- Nach ihm köiuien sie nicht später sein 'aux
uannt im schol. Lyk. 653: ag al Movßcci viv.ri- premicves annies du premier siede de notre he,
auGKL [LsXcaöia roTg TtrsQotg ccvrCöv ^ßzEtpccvu)- ni antericures ä la seconde mnitie du premier
^r\6av. iid'sv i^cayQacpovvtccL al Movoai iv Toclg sircle av. J. Chr. {Jjarfdd, Sylt, inscr. Boeot.
■Ktq)aXccig ^;fovöar Ttttgä, nXijv TsQxpix'^Qrig, ort, datierte ins 3. Jahrb. v. Chr., 7voMwawoM</e.s!4'i^7j-
^n'jTTiQ riv ZhiQrivtov, vgl. Suid. s. v. aTtxsQa-., vaiov 7, 285 ins 2. n. Chr.; Jamots Fixierung
Jul. ep. 41, Ap. Bhod. 4, 896 {Gruppe, griech. des Honestus stimmt zu Dessau, Hermes 47
Myth. 344). Mutter des Lines nach Suid. (1912), 470 f.
Aivog: Variante wie bei Euterpe und Kalliope 20 Der T. ^ocqUcgu verleiht der Anonymes
(s. d. bei Pauly-Wiss. Beal- Ena., Gruppe a. Anth. Pal. 9, 505, 5 rsxv^^ovag ccvXovg, wah-
a. 0. 963, 3), des Hymenaios {Alkiphr. ep. 1, rend 9, 504. 5 Euterpe die Flöten hat. Den-
13; Pro W. bei Phot. bibl. 321a 21: Tzetz. Chil. noch ist, eben der allgemeinen Unsicherheit
13, 599; auch hier Variante); des Rhesos wegen, Stadtmüllers Namenvertau.schung in 9,
(argum. Aristoph. zu Eur. Blies., wo dieser 504.3 — 6 unnötig; vgl. die Ausgabe 3, 1 p. 501.
HtQv^tovog Tcoxcciiov X. TsQ'^LXQQTigy Movßmv T.s Funktion läßt sich nach diesem Epigramm
uiäg, Ttoclg genannt wird, ebenda v. 349 UiEglg nicht feststellen, doch liegt seine Verteilung
ndvrjQ] sie selbst tritt auf von v. 890 an; doch der Musenattribute offenbar späterer Anschau-
liegen auch hier Varianten vor: vgl. schol. ad ung zugrunde (s. Bie, Musen 99), so dem 20.
Bhes. 346: ovy. stQr]yi8, tivog Movaäv 6 'P. rjv 30 Idyll des Ausonius {Anth. lat. 664 Cat)-. T.
Ttcclg. KXsiovg y.svroL Xiyovßiv avtbv dvcci . . . affectus citharis mocet, imperat, äuget; vgl.
wozu vgl. Baege, diss. phil. Hai. 22, 1, 127 f.) Myth. Vat. 2, 24 mit geringer Veränderung.
Etymologische Spielereien bei Plat. Phaidr. Die gleiche Verteilung Aiith. lat. 1, 88 Bie.^^e,
259c, wo T. bevorzugt die iv toig xoQotg tsxi- und auch Anth. Pal. 5, 221 {Agathias) deutet
lir\v.6tag aif^v, Plut. conv. disp. 9, 14: rb tisqI auf die Kithara als Attribut Terpsichores
rag oiiiXiag iitLTSQTthg ^l'Xrjx^ v-ccl xg;^a()t(7a£Voa; hin; als Vertreterin der "^kleinen' Lyrik erhält
(seil. 00? cp7\6i XQv6LTtnog)\ ebenda 1 rj dh rcbv sie die Lyra; das Psalterion gibt ihr schol.
6q)d'c(Xacöv r}6ovr} slSog . . . MsXTtoiiivr] %. T. Luc. im. 16; die Rolle hält sie auf den areti-
TtaQCilocßovacayioa^ovöLv. Fulg. Mytli.l4.{Helm): nischen Scherben. Ungenau ist es daher von
septima Terpsichore id est delectans instructionem. 40 0. Navarre, Dictionn. des Ant. grecq. et Bom.
Der Scholiast zu Ap. Bh. 3, 1 gibt an T. die 3, 2, 2069 s. v. Terpsichore, wenn er schlecht-
■jtaidia.. hin sagt: „la lyre est son attribut propre.'^ —
Ihre Attribute und die mit ihnen angedeu- T. allgemein gesagt für ^Muse' : s. z. B. Juv^
teten Wirkungsgebiete sind so schwankend wie 7, 35.
die der anderen Musen : Trigonon, Lyra, Flöten Ihre Epitheta bei Dichtern: 8v8id7Jg Apoll.
wechseln. Bie {de Mus. im. 3 'Musen"* 13) Bh. 4, 895 f.; ^sXlcp^oyyog Pind. J. 2, 7; ^sXco-
führb ein Beispiel an: auf einem Volcenter dog (^i^i]rr]Q (seil. Sirehum) Lyk. 713; ;^o:pifffr;of
Gefäß in London hat T. das Trigonon, auf einem AntJi. Pal. 9, 504. 5; saucia Martial 3, 68. 6.
Kumaner in Berlin {Gerh. Trinksch 2, 18; Wie in dem von Bie, Bosch. Lex. 2, 2, 3287
Typ I 2 Bie) die Lyra und auf Typ III 2, 50 erwähnten Trierer Mosaik haben die Musen
Hydria aus Nola {Panofka, Mus. Blac. 4, El. auch sonst die 'berühmtesten Vertreter ihres
cer. 2, 86a) die Flöten. In Literatur u. Kunst Faches' erhalten; so finden sich im cod. Par.
gleiches Schwanken der Auffassung. Die spä- 1773 (cop. en 1493 par. Barth. Comparini de
tere, nachalexandr. Zeit individualisiert zwar Prato) fol. 26 r ta ovo^ata t&v d"' ^Lovaav y.al
die Musen genauer, aber ein bestimmter Typ noiccg xh%v7\g £xa[(7]Trj iTtiötccrccr xccl zig ixd-
für T. läßt sich auch hier kaum ermitteln. özrig ^LiLr]trig. Das gleiche im cod. Par. 2720
Flöten gibt ihr Honestus auf den Statuenbasen fol. 237 v, [Preisendanz.]
der thespischen Musen {Jamot, Bull, de corr. Terpsichoros? (T6()t/u;fa)()0ff?). ImEtym.M.
Hell. 26, 1902, 140 'Fouilles de Thespies\ Kai- 197, 57: Blötovlt] . . dno Blctovog tov Tsq-^v-
bel, Ep. gr. 788, Meister bei Coli. Gr. Dial 60 x(<>qov schieiht Stiehle, Philologus 4: {1S4:9), 410:
Inschr. 1, 805; vgl. Bie, Musen 96, Bosch. 2, ccno Biozovog tov TsQ^ixogrig nach Tzetz. Lyk.
2. 3294). Hier vertauscht nach Kaibel T. die 418: BiGtovsg . . &7to viov "AQSog Bierovog rj
Flöten mit dem Epheu des Dionysos: TtQipi- -aal viov Tegipi^ogrig. Vgl. auch Schol. Apoll.
XOQcc. v-iööbg TsQiijixoQrjL., Bqo^ilcol dh ngslTtSL Bhod. 2, 704. [Höfer.]
Xiyvg avXog], richtig nach der Inschr. Bgonicoi Terpsikome (TEP$IX0ME so!), Bakchantin
d' ^TtQs^sv 0 Xcotog, ri]L ^ihv lv' ^vd-sog rjL, auf einer Schale (vormals Sammlung Pourtales
T&i d* Lva xsQnvotSQog (Ovsötov), im letzten nr. 172 [133]; abgeb. Panofka, Cabinet Pour-
Vers wieder Spiel mit dem Namen T. Weitere tales 29,2. Müller -Wieseler 2-, 581). Der Name
391 Terpsikrate Tethum 392
ist nicht mit C. I. G. 4, 7469. Panofka, Mus. dämon mit gezücktem Schwert erscheint er im
Blacas 16. 0. Jahn, Vasenbilder 26 usw. Tbqoi- Verein mit Metus als Begleiter der Kriegs-
X0Q8 — TsQ'tl)ix6gri zu lesen, sondern TsQfpL- göttin Minerva in dem Pantomimus bei Apul.
xofiTi {Ueydemann, Satyr- u, Bakchennamen 16 f. Met. 10, 31. DiUhey, Arch Zeit. 33 ^1876), 69
nr. O. F. Kretschmer, Die griech. Vaseninschrif- Anm. 28. Vgl. Pallor, Phobos (zu den Dar-
ren 154. 182), und bedeutet nicht 'die sich an Stellungen kommt hinzu das flache Kalkstein-
ihrem Haar Freuende*, sondern ist s. v. a. die relief mit der Darstellung des Kopfes des Pho-
'Komosfrohe' = TfpipAxcbfi»], Charlotte Frünkel, bos, üsterr. arch. Jahreshefte 16 (1912), Bei-
Satyr- u. Bakchennamen auf Vasenbildem 69 hlatt S. 260 Fig. 20ü). — 2) Mit Pavor zu-
(▼gl. 96 nr. v). [Höfer.] lo sammen als Roß des Mars genannt, wohl nach
Terpsikrate, -krate» 8. Euryope und Euryops. dem Vorbild des Antimachos (s. Phobos Bd. 3,
[HöferJ Sp. 2896, 87 ff.) bei Val Ilacc. Arg. 3, 89.
Terpsis {Tigtpis), Personifikation des Ver- ' [Höfer.]
gnügens (vgl. Hedone), Mnasalkas in Anih. Tersios (Tt'pfftoj), Beiname des Zeus; s.d. A.
Appeiul. Epigr. 3, 71 ed. Cougny = Eust. ad Tarsios Sp. 119, 6 ff. | Höfer.]
Hom. 11. 2^6, 28. Bei Martian. Capella 9, 906 Tertiana, Göttin auf einer Weihinschrift aus
erscheint Terpsis im Gefolge der Dione (Aphro- der römischen Militärstation Habitancium in
dite). [Höfer.] Britannien: Deae Tertianae sacrum, C. I. L.
Terra mater, ein anderer und späterer 7, 999. Die dea Tertiana ist die Göttin des
Name der alten römischen Göttin Tellus (s. Art. 20 dreitägig wiederkehrenden Wechselfiebers, wie
TeU%is\ kommt mehrfach in Dedikationen vor. Quartana (s. d.) die des viertägig wiederkehren-
80 auf Inschrift aus Rom mit Caelus und Mer- den (vgl. darüber die magischen Formeln 'ad
3arius zusammen {CIL VI 84: Caelo Aeterno, quartauas' Plinii quae fertur medicinB, ed. Böse
Terrae Matri, Mercurio menestratori sacrum .. .), [Leipzig 1876] 3, 14. 16 p. 88 f. Wissowa, Bei.
mit Jupiter (C/L XII 4140), mit Jupiter und u. Kultus der Bömer 246; vgl. auch Theod.
Juno {ib. III S. 10431), mit Aerecura (aus Nu- Priscian. Euporiston ed. Böse (Leipzig 1894)
midien, CIL VIII 5524: Terrae Matri, Aere cu- p. 260 f.: hinc est quod et Bomani Febri aedem
rae, Matri deum magnae Ideae . . . taurobolium statuerunt e tquod "tcertanus (Quartanas : v. Neue-
aram posuit, movit, fecit). Eine Grabinschrift nar, Tertianas: Böse) Saturni filias affirmavit
wird geweiht der Terra mater und der Erinne- 30 antiquitas. [Höfer,]
rung der Verstorbenen, CIL III S. 11009 (aus Terymbas (TrjpviiilSaff), mit Aspondos als Sohn
Pannonien). In Rom selbst wird ein Grabdenk- des Phineus (s. d. Sp. 2370, 58) genannt, Schol.
mal den D» manes und der T. m. geweiht {CIL Soph. Ant. 971. 981, vielleicht auch mit Ellis
VI 16398). Dieselben als Herrscher des Toten- zu Schol. Ov. Ibis 259 für den korrupten Namen
reichs rief das römische Volk beim Tode Ti- des Phineussohnes ^Tesalla, Thetilla, Thirila'
bers an, Suet. Tib. 75, und in der alten Devo- einzusetzen. [Höfer.]
tionsformel, wo der Führer sich und die Feinde Tesenuphis {TeösvotKpig) nach der Deutung
dem Tode weiht, nennt Liv. VIII 9,8 Dei ma- von Milne, Catal. general des ant. egyptiennes
nes und Ttüus. Mit Bücheier, Carm. epigr. 974 du Musee de Caire, Gr. inscr. 18 (1905) p. 43
und 1532 {Dessau nr. 8168) biegen wir ganz in 40 nr. 1190 Name einer ägyptischen Göttin auf der
griechische Vorstellungen ein (der Tote werde Inschrift einer Basis: TsGsvovcpi ^s{oc) Jlgccnfi-
Erde und deshalb selbst Gott). Bemerkenswert vig <^^y7toi{7\Gs). Dagegen erkennt U. Wilcken,
ist noch CIL VI 3731 (= 31052), Dessau, Inscr. Arch. f. Papyrus forsch. 4, 244 in Tesenuphis
Lat. sei 3951 {dea^ piae et conservatrici meae)., einen Personennamen, in Tramenis den Gottes-
die Inschrift ist auf dem Epistyl einer Kapelle namen, und zw&i = IJQccfiaQgfjg und liest: Ts-
eingemeißelt, wo T. m. thronend — nicht, wie osvov(pL (nicht gräzisiert oder TaötvovcpiC^gy)
die Erdgöttin sonst, sowohl in Griechenland ^e{a}) Ugccfi'qvi, i'7ioi{7\aBv). — Der Personen-
wie auf römischem Gebiete, gelagert — dar- name ThOBvovtpLg begegnet häufig: s. d. Index
gestellt ist (Abb. bei Visconti, Bull, munic. I, bei Wessely, Karanis und Soknopaiu Nesos in
1872, Taf. 3). Durch Inschriften {CIL VI 771 f.) 50 Denkschr. d. Kais. Akad. d. Wiss. phil. hist. Kl.
wird ein ihr gehöriges Heiligtum auf einem 47 (1902), IV. [Höfer.]
südlich vom Aventin belegenen Hügel erwiesen, Testimonius , sonst unbekannter Gott, er-
Hülsen-Jordan, Topographie defSt. Bomld, 191. scheint neben Saturnus, Tellus, luppiter, Nu-
Bei der Säkularfeier des J. 17 v. Chr. wurde trix, Hercules, Mercurius und Venus auf In-
der griechischen Gaia als T. m. geopfert, CIL Schriften aus Aziz ben Tellis (Provincia Numi-
VI 32323, 136 Vgl. Gaia u. Tellus. [Eitrem.] dia), C. I. L. 8, 8246. 8247. Dessau, Inscr. Lat.
Territor, Beiname des Juppiter auf einer seZ. 2, 4477. 4477 a p. 194, Der Name Testimo-
Weihinschrift auf einem Altar in Tibur: Sancto nius läßt vermuten, daß der Gott im beson-
lovi Territori sacrum, Bulletiro 1849, 94. C. I. deren als Zeuge und Schwurgott angerufen
L. 14, 3659, Dessau, Inscr. Lat. .sei. 3028. 60 worden ist. [Höfer.]
[Höfer,] Tethum (te-ö' um) liest man in der dritten
Terror. 1) Personifikation des Schreckens, Randregion des Placentiner Temphims, dessen
mit Luctus, Pavor und Insania im Gefolge der Literatur ich weiter oben angegeben habe.
Teisiphone, Ov. Met. 4, 484 f., mit Metus und Bezüglich der Lesung dieser Form bestehen
Furor Begleiter des Hannibal, Sil. Ital. 4, 325. zwei Unsicherheiten; zunächst in bezug auf den
Carl Bich. Berge, De belli daem^nibus, qui in dritten Buchstaben, den Poggi als O -9" gibt,
carminibus Graec. et Born, inveniuntur (Diss, während Deecke in seiner Zeichnung O hat.
Leipz. 1895) 49 f. A\s jugendlicher Kampf- Daraufhin hatte ich selber {Etr. Fo. u. Stu.
393 Tethum Tethys 394
3, 146 fF.) geglaubt, daß vielleicht toc|vm ge- der Region 13'. Letzteres ist der abgekürzte
lesen werden könne, und hatte dies als einem Genetiv. Nach der Analogie der weiblichen
lat. *Decuma entsprechend angesehen. Auch Genetive petrual, pumpual usw. müßte der-
Deecke (bei Krall, Mumienhitulc 56) wollte selbe *te'0^ual oder, mit Metathese der Aspira-
später, weil auf der Mumienbinde (12, 5) eine tion -O'etual lauten. Letztere Form liegt in
Form tecum sich findet , «o auch auf dem unserem -ö-etl in abgekürzter Schreibung vor,
Templum lesen. Aber die Stelle auf der Mu- abgekürzt in derselben Weise wie in lieg. 11'
mien binde ist völlig dunkel, und wir haben das Ivsl aus Ivnsal abgekürzt ist, |C. Pauli.]
gar keinen Anhalt, daß das tecum dort ein Tethys {Tri9"vs) 1) Gemahlin des Okeanos.
Göttername sei. Nach den Abbildungen des lo Bei Homer wird Tethys nur in einer Epi-
Templums bei Fofjgi und Deecke scheint doch sode des 14. Gesanges erwähnt: Hera begibt
tea^ivm die richtige Lesung zu sein, womit sich zu ükeanos und Tethys: ^Uv.Bav6v xt d-eiov
dann natürlich meine Schlußfolgerungen hin- ytveaiv xal ^rix^Qa Tr]ifvv, v. 201. 302; vgl. C.
fällig werden. p]ine weitere Frage ist die, ob Robert, Studien zur Ilias 482. — Der Vers
dies te^jvm ein einziger Gottesname sei, oder wird oft angeführt, P/aio, 2'heaet. lb2E. Cratyl.
ob es Abkürzungen von zweien seien, l^oggi 402 B. Fhilodem. negl svasß. p. 19 Gomperz
und Deecke (a.a.O.) fassen das Lautgebiide {Diels, Frgm.d.Vorsokrat.'i^, 1,4^36 i'r.b). Theo-
als einen einzigen Namen auf, allein ich doret. Graec. a/f'ect. cur 2, 29 (p. 26 Sylb. =
glaube nicht, daß das richtig ist. Die übri- p. 44 Bäder). Asklepios in Arist. Metaphys.
gen Randregionen des Templums, sofern sie 20 983a 24 (p, 25, 10 Hayduck); vgl. Arist. Meta-
mehrzeilig sind, nämlich 1. (auch diese!), 2, phys. 1, 3 p. 983** 27 = JDiels, Fragm. d.Vor-
15, und 16 enthalten alle zwei Götternamen, sokratiker 1', 9 frgm. 12 {Thaies) 2,1,475. frgm.
und es ist nicht anzunehmen, daß nur die 10 {Orpheus). Gregor. Naz. or. Sl, 16 = Migne,
3. Region davon eine Ausnahme machen solle. Patrol. Ser. Gr. 36 p. 152 {rag Ttgcorag aixiag'
Aber es kommt noch ein zweiter Grund hinzu, ovg Si] xccl 'Slyisccvbv yial Tri^-vv . . . dvoiid-
der für zwei Namen spricht. In Reg. 13'. ^ovöl). Daher führt Tethys wie ihr Gemahl
wird -O^etlvmr (so Deecke, während Poggi -ö^etl- Okeanoa {Cornut. de nat. deor. p. 25 Os. = p. 8
vm-ö- liest) gelesen. Hiermit haben beide unser Lang) das Epitheton ScQxsyovog, Nonn. Dionys.
te^jvm zusammengebracht, indem sie auch 8,160. — Denn einst, als Zeus den Kronos
•ö^etlvmr als einen einheitlichen Namen auf- 30 unter die Erde versetzte, hat Rhea ihre Tochter
fassen. Allein so gut in Reg. 12 das cvlalp Hera zu Okeanos und Tethys gebracht, und
zwei Namen enthält, nämlich culsu und alpan, diese haben die jugendliche Göttin aufgezogen
ebenso auch das -O^etlvmr, und zwar ist es zu (v. 202 ff.). Jetzt aber leben Okeanos und Te-
zerlegen in -O-etl und vmr, ersteres ein abge- thys schon lange Zeit entzweit und enthalten
kürzt geschriebener Genetiv, wie das Ivsl in sich der ehelichen Gemeinschaft (v. 206. 305).
Reg. 11'. Die gleichen beiden Namen enthält Nun möchte Hera zum Danke für die dort ge-
nun aber ganz ohne Zweifel auch unser teO" vm, nossene Pflege die zürnenden Ehegatten mit-
und es ist somit in 1%%' und vm zu zerlegen. einander versöhnen. Die Erziehung der Hera
Wegen des letzteren verweise ich auf den Ar- bei Tethys erwähnt auch Luc. Tragodopod. 94;
tikel Um-r, Um, das erstere aber ist hier zu 40 vgl. Schol. Townl. Hom. II. 14, 296; spätere
behandeln. Die verschiedene Schreibung te-ö* Dichter, angeblich schon Hesiod {frgm. 260
und -ö^etl kann die Identität beider Formen Bzach), erklären die Tatsache, daß das Stern-
nicht hindern : Tenuis und Aspirata wechseln bild der Bärin — die verstirnte Kallisto —
im Etruskischen so häufig, daß es besonderer niemals in die Fluten des Ozeans tauche, d.
Beispiele hier gar nicht bedarf. Die richtige h. nicht untergehe, daher, daß Tethys aus
Deutung- unseres Götternamens hat bereits Freundschaft für ihre Pflegetochter Hera jene
Deecke {Etr. Fo. 4, 42) gegeben, indem er als deren Nebenbuhlerin vom Bade im Meere
darauf hinweist, daß Martianus Capella inRe- ausschließe, Hesiod frgm. 260 p. 409 Bzach.
gion 13 die Fata aufführt, und daß Plutarch Ov. Fast. 2,191. Metam. 2,509. 527 ff. Hygin.
{Momul. 2) berichtet, der Albanerkönig Tar- 50 f. 177 (p. 30 f. Schm.). Astronom. 2,1 (p. 31,15
;^etios (s. d.) habe die etruskische Orakelkönigin Bunte). Schol. Stat. Hieb. 3, 685. Mythogr. Lat.
Trid'vg befragt. Aus der Kombination dieser 2, 59. Lact. Placid. Narrat. Fab. Ovid. 2, 5/6
beiden Tatsachen schließt Deecke, daß diese p. 639 Magnus.
Trid'vg, die ''schwerlich die griechische Meer- Bei Homer erscheint also Okeanos als Vater
göttin dieses Namens sein kann', in den -d'etl- und Tethys als Mutter der Götter. Das hätte
vmr der Region 13' des Placentiner Templums nach Plato Cratyl. 402 B "OftTjpos 'Sl-Ksavöv xs
enthalten sei. Der Schluß ist zweifellos rieh- dsmv yivsöiv cpriai xai ^r}x^Qcc TriQ"vv, ol^ai Ss
tig, nur ist die von Deecke gegebene sprach- %ocl ^Höloögv"^) auch Hesiod überliefert. Aber
liehe Erklärung der Lautgruppe -ö-etlvmr, in das ist nicht zu glauben, ebensowenig wie die
der er ja eben nur eine einzige Form sieht, 60 von Theodoret a.a.O. 2, 28 f. ebenfalls auf Äe-
irrig. Nach dieser Richtung hin ist also seine siod zurückgeführte Angabe, daß Okeanos (und
Darlegung zu verbessern, und zwar folgender- also auch Tethys) von Chaos abstamme; vgL
maßen. Die etruskische Schicksalsgöttin heißt Sittl, Wiener Studien 12 (1890), 39 und Anm. 6.
teO-u. Diese Form gibt das griech. Trid'vg
an die Hand, dessen -g natürlich griechische *n t^- , i.- . ., rr t .^ «.. ..-„/,!
r/ i.„i. • j -rw- i. Q. • j. i_M 1 j. • T-» ) -Diet». rragmente d. Vorsokrattker 2-, 1,473: Orpheus
Zutat ist ^ Dieses te^u ist gebildet, wie z. B. ^^J,^ ^^^ j,J^ ^^ ^^, ^,^^^ 33, ^^^^^^^^^^ ^ ^^nit
der etruskische Vorname ravn^n, und ist er- Uarecht, diese Erwähnung des Henod. auf Theog. 337:
halten in dem te'9' der Reg. 3 und dem '^•etl T^9hi d' "Sly.t<xv(ä notai-iovg täxs ötv>jsvtag.
ßoscHBB, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 14 ,
395 Tethys Tethys 396
Gruppe, Jahrb. f. kltss. Phü. Suppl 17,696. Stat.AchiU. 1,222 {yg\. Herrn. Mayer, Fhihlog.
Denn bei Hesiod (Theog. 136) stammt Tethya. 63 [1894], 1«J6): 'duae sunt T(h)etides, vmior
wie ihr späterer Gemahl Okeanos, von Uranos et minor; minor fuit mater Achülis, maior vero
und Gaia: ihre Geschwister sind Koios, Krios, fuit coniux Oceani.'' — Schließlich heißen auch
Hyperion, lapetos, Kronos, Theia, Rhea, The- die Moiren &fivaiiot (= iTtoyoroi) Ti]^vos, Ly-
mis, Mnemosyne, Phoibe. Damit stimmen mit kophr. Alex. 144 und Tzetz. z. d. St. (p. 67,22f,
kleinen Varianten überein Orpheus frgm. 95 Scheer).
{Abel; vgl. Fr. Susemihl, De Theogoniae Orph. Im Mythos spielt Tethys eine unbedeutende
forma antiquissima [Index Schol. Gryphiswald. Rolle; ihre Pflegschaft au Hera ist schon oben
S. S. 1890] XX). ApoVod. 1,1,3. dem. Rom. lO Sp. 894 erwähnt; vgl. Quint. Smyni. 5,398 und
Hom. 5, 6, 2 {Migne, Patr. Ser. Gr. 2, 196) und Kochly z. d. St. Den Priamiden Aisakos (s. d.
bei Eufin. Becogn. 10, 17. Die Abstammung nr. 1) verwandelt sie nach seinem Meeressturz
des Okeanos und der Tethys von Ge und Ura- aus Mitleid in einen Taucher, Ov. Md. 11,
no8 kennen auch Plato, 2'im. 40 E (vgl. Proklos 784 ff. Ad. Döring, Griechische Heroen u. Abend-
in Plat. Craiyl. 402 c p. 82, 24 Pasquali) und geister 44. Den Glaukos aus Anthedon läutert
Cicero Tim. 11, der aber in seiner Übersetzung sie und ihr Gemahl Okeanos mit der Flut von
für Tethys: Salacia (vgl. Serr. Verg. Aen. 1,81) 100 Strömen zum Gotte, Ov. Met. 18, 950 ff.
eingesetzt hat; vgl. Fries, Bhein. Mus. 66 Fr. Marx, Arch. Zeit. 43 (1885), 174. Dies be-
(1900), 34 f., vgl. ferner Kallim. Hymn. 4,17. zieht sich wohl auf die Annahme, daß das
Ov. Fast. 6,81. Comut. nat. deor. 17 p. 93 Os. 20 Meerwasser reinigende Kraft {Q-aXaGoa -^Xv^f-i
= 21,2 Lang. Bei Diod. 6,66,3 findet sich -xavta t&vd^QutnQOiv -ku-höl, Eur.Iph.Taur.lVd'd\
neben der Abstammung von Uranos und Ge vgl. Apoll. Bhod. 4,663) besitzt; freilich kann
auch die Überlieferung: fx rivog tutv Kovgt]- es auch ein so gräßliches und großes Ver-
ttov xal iiriTQOs Tiraiag. Bei Hygin. fab. praef. brechen geben, ^quantmn non ultima Tethys \
(p. 10, 2) werden als Eltern des Okeanos und Nee genitor lympharum ahluit Oceanus\ Catull.
der Tethys Aether und Terra genannt. 88, 5. Über den metonymischen Gebrauch von
Die schon bei Homer erwähnte Ehe des Trj^v^ = ^Meer' s. Mar. Haupt, Opuscula'^,!^
Okeanos und der Tethys besang Orpheus {frgm. In enger Beziehung steht Tethys zu Helios,
32 Abel = Diels, Fragm. d. Vorsokrat. 2', 1 dem Gemahle ihrer Tochter Klymene (s. d.),
p. 473 frgm. 2) mit den Versen : '^ycsccvbg ngm- 30 und zu ihrem aus dieser Ehe hervorgegangenen
TOS yiuiXigQoog tjq^s ydfioio, og ga xaaiyvi^vriv Enkel Phaethon: sie entfernt jeden Morgen
6iio^iqroQa Trid-vv önviev; vgl. dazu 0. Kern, die Schranken, durch welche die Sonnenrosse
De Orphei Epimenidis Pherecydis theogoniis zurückgehalten werden, Oi\ Met. 2, 155 f.
guaest. crit. 40 f. Gruppe, Jahrb. f. klass. Phil. Freilich versetzt Ovid merkwürdigerweise diese
Suppl. 17,695; (vgl. auch Gruppe oben Bd. 3, Handlung auf die am hohen Himmel gelegene
Sp. 1122, 19 ff. s.v. Orpheus). <S»wsc)wt7jZ, JaÄrZ). /*. Sonnenburg, Haupt zu Ov. Met. a a. 0. G.
klass. Phil. 141 (1890), 822. Eine große Zahl von Kyiaack, ^aest. Phaethonteae (== Philol. Unters.
Kindern (daher heißt Tethys itoXvzB-Kvog, Aesch. 8) p. 29. 68. Tethys schaut mit Besorgnis zu,
ProjJi. 137) stammen aus dieser Ehe: die Flüsse, wenn Helios den letzten Teil seiner Fahrt auf
die in runder Zahl als 3000 {Hes. Theog. 367) 40 jäh abfallender Bahn zurücklegt, und nimmt
angegeben sind und von denen 25 namentlich ihn im Schöße der Meeresflut auf, Ov. Met.
aufgezählt werden, Hes. Theog. 337 ff. , vgl. 2, 68 f. Nach dem Sturze des Phaethon sammelt
Bd. 3 Sp. 813, 66 ff. Akusilaos bei Didymos bei sie mühsam die Joche der Sonnenrosse und
Macrob. Sat. 6, 18, 9 f. {Arn. Kordt, De Acusi- die zerstreut umherliegenden Teile des Sonnen-
lao 16 frgm.l. Diels, Frgm. d. Vorsokr. 2\ol5 wagens (angeblich Metallreliefdarstellung an
frgm. 21). Schol. Theokr. 8,33. ApoUod. 2, 1, 1, 2. einer der Doppeltüren des Kolchischen Apollon-
3,12,6,4. Diod. 4,69,1. 72,1. Himer. bei Phot. tempels. Fr. Wieseler, Phaethon 19; vgl. aber
Bibl. 867 a 2 (ya^ot 'Äxaarov xal Tr\^vog [Ov. auch Bd. 3 Sp. 2195, 8 ff.), Valer. tlacc. 5, 431 f.
Met. 9, 499] . . , &(p' mv ScviGxovai, fihv TLoxa- Damit stimmt überein die erhaltene Darstel-
\iol xal Ai^ivai, hi ds Kgfjvai xal Uriyal xal 50 lung der Tethys auf der Bd. 3 Sp. 2195 f. nach
^Qiaxa xal rj nüvxcov nrjtriQ vd^iarav 0dXa66a). Philolog. 58,41 abgebildeten aretinischen Becher-
Daher heißen die Flüsse Tqd"vog naldsg, Aesch. form (Abbildung jetzt auch bei Karl Hähnle,
Sept. 311; femer werden als Sprößlinge dieser Aretinische Belief keramik [Tübinger Dissert.
Beiden genannt die von Hes. Theog. 364 in 1915], auf der als Ort der Szene wohl der
runder Zahl als 3000 angegebenen Okeanides Okeanos, nicht wie sonst der Eridanos, anzu-
(s. d.), Hes. a.a.O. 346 ff. Aesch. Prom. 137. nehmen ist, Gruppe, Bursians Jahresber. 137
ApoUod. 1, 2, 2; vgl. Kallim. Hymn. 3, 44 f. (1908) Suppl. 63 S. 595.
Nach Mythogr. Lat. 1, 204, 4 stammt aus dieser Dargestellt war Tethys wahrscheinlich fer-
Ehe auch Caelus (s. d.): der Vater heißt hier ner auch auf der Fran9oisvase neben ihrem
Okeanos-Nereus-Ophion (s. d.); statt Tethys 60 Gemahl Okeanos, dessen Gestalt gleichfalls
wird als Mutter 'maior Thetis' genannt, ebenso verloren ist, der aber durch die erhaltene In-
findet sich diese Bezeichnung beim Myth. Lat. schrift • %savog gesichert ist, Fu/rticängler und
1,204,32: Maior Thetis, uxor Oceani genuit Beichold, Griech. Vasenmalerei Serie I Text
Thetidem, matrem Achillis, — merkwürdig und S. 6 (wo versehentlich [vgl. S, 315 Anm.] Thetis
Singular ist hier das genealogische Verhältnis, gedruckt ist), wohl auch auf der linken Trep-
das die Tethys zur Mutter der Thetis macht; penwange der Nordwestseite des großen per-
Enkelin des Okeanos und der Tethys heißt gamenischen Altars, wo sie mit Nereus, Doris
Thetis bei Catull. 64, 29 — ; vgl. auch Schol. und Okeanos gegen die Giganten kämpfte,
397 Tethys Tetracheir, Tetracheiros 398
H. Winnefeld, Die Friese des großen Altars Hom. II 14, 201. Fust. ad irom. IL 978, 20. 50.
(=. Altertümer v. reigamon IIP) Beilage 3. 4; 10b4, 34. Herodian ed. Lentz 2,1,23. JIrsych.
vgl. auch S. lieinach, Repertoire de reliefs grecs b. v. Tr]d-vg. Tzetz. Exeg. IL 90, 8 Hermann.
et romains 1, 20G. Über die Darstellung der Tzetz. Alleg. in. llesiod. Theog. 134 {Poet. Min.
Tethys auf einem Sarkophag der Villa Medici Gaisford 2 p. 556) = Anecd. var. Gr. et Lat. ed.
in Korn 8. Bd. 3 Sp. 573/4 (vgl. Sp. 576,6). Auf Schocll-Studemund 1 S. 23H Anm. v. 146 {Tri»v?
dem oberen Felde des Mosaiks von Portus rBFriX^iov^Eavicc). E. Buchholz, Homer. Realien
Magnus (abg. Arch. Jahrb. 5 [1890] Ö. 216 und 3, 1, S. 9. Welcher, (Jr. Götterl. 1, S. 618. L.
Tafel 4) erkennt C. Robert, Arch. Jahrb. a.a.O. Döderlein, Homer. Glossarium 3,258 nr. 2349.
233 Tethys sitzend neben ihrem greisen Ge- lo G. Curtius, Grundzüge der griech. Etymol ^ 253.
mahl Okeanos, neben dem seine Tochter Phi- Rott, Zeitschr. für Völkerpsychologie u. Sprach-
lyra steht. Von einer Darstellung der Tethys Wissenschaft 14 (1882), 48. Kuhns Zeitschr. für
und ihres Gemahls auf dem Schilde des Achil- vergl. Sprachforschung 8, 175 f.; vgl. auch Rlut.
leus berichtet Quint. Smyrn. 5,14. de Is. et Os. 34: oI'ovtccl . . slvai . . . TriQ'vv
Auch auf Fluchtafeln und im magischen ^Ißi.v, tos riQ-i]vov\ibvr]v Ttävxa y.ai övvsxrgicpov-
Zauber erscheint Tethys: kcctccöü) fltoÖcaQuv cccv. — Nach Rlato Cratyl. 402 cd ist Tetliye
TtQog Tov ^Eqhi]v Toy jj-S-or/ov -nccl ngb? tovg *7cr\yiig livo^ia iTtixexQv^iiL^vov. To yuQ Sicctrü)-
aTeXtCTox^S xcxl Ttgog rijv [T]rl^^vv, Wünsch, fievov (^durchsieben*) ynd xb rjO'oviitvov (^durch-
Rliein. Mus. 55(1900), 6Ö. AudoUent, Deflxion. sickern') nriyfi? ccTtsixaGiicc iativ, iyi öh tovtojv
tab. 68 B p. 96. Die auf den ersten Blick seit- 20 ccfxcportQav t&v ovoudtav rj Trid-vg t6 övoßcc
same Erwähnung der Tethys in diesem Zu- avyycsitai' vgl. Proclus in Piaton. Cratyl. a. a. 0.
sammenhange erklärt sich mit Wünsch am p. 83, 7 ff. Pasquali: divo^actai ij Trid-vg nccga
besten wohl aus der Auffassung der Göttin als to dLarrw^svov v.ccl fid-ov^evov olov JLccxtr\%-vg
Mutter Erde (s. unten) — also als chthoni- xccl äfpccigbCht xibv TcgwTcov ovo 6vXlaßä)v Tt]-
scher Gottheit. In dem magischen Hymnus &vg. Nach Elard Hugo Meyer, edd. Kosmo-
an Selene weist der Vers: Tri&vg xs xr]v arjv gonie 10 (vgl. Gruppe in Bursians Jahresb'er.
xovq)iosi oUov^hriv (Wessely, IJenkschr. d. Kais. 85 [1895] S. 287) wäre Tethys = assyr. Thauat
Akad. d. Wiss. zu Wien: Rhil-hist. Gl. 36 oder Tiamat (s. d.). — 2) Mainadenname —
[1888], JI S. 102 V. 2312) auf eine von Tethys a) auf einer rf. Kilix der Sammlung Dzia-
als Göttin des Meeres drohende Überschwem- so lynski, Longperier, Rev. arch. N. S. 17 (1868),
mung hin, Br. Küster, De tribus carminibus 351 nr. 11. Heydemann, Satyr- und Bakchen-
papyr. Paris, mag. SS, was v. Herwerden, Mne- namenS2nT.X. Ch. pyänkel^BakchcnnamenS. 9Sf.
moys. 16 (1888), 342 deutlicher durch die nr. z. — b) auf einem Krater im Brit. Museum,
Lesung: T^d-vg rs tijv yqv voecpulx' oUrirogoav Heydemann a. a. 0. 16 nr. N. Cecil H. Smith,
zu machen sucht. Cat of the greek and etruscan vases in the Brit.
Einen Kultus hat Tethys wohl nicht be- Mus. 3, 299 nr. 492 (mit weiteren Literatur-
sessen: weder sind, worauf Gruppe, Gr. Myth. angaben). Ch. Fränkel a. a. 0. S. 92 f. nr. i:
420,6 hinweist, Personen- noch Ortsnamen er- [TE]OY$. — 3) etruskische Orakelgöttin s.
wiesen; auch die Behauptung von lümpel, oben s. v. Tethum u. d. folg. Art. [Höfer.]
Philol. 53 (1894), 197 f. (vgl. auch v. Wilamo- 40 Tj^^^vq, Name einer etruskischen Orakel-
witz, Aristoteles und Athen 2,181 Anm. 26), daß göttin bei Phitarch {Romul. 2). Näheres da-
die Meermuschel xri^^vg, xfjd'og (Plur. xri%-sa, rüber s. in meinem Artikel s. v. tethum.
xTqQ^va., x')]&ri) der Tethys geweiht und nach ihr [C. Pauli.]
genannt sei, ist, wenn auch möglich, doch Tetracheir, Tetracheiros {Tatgdxsig, Tsxgd-
nicht erweisbar; vgl, Gruppe, Bursians Jahres- %sigog), Beiname des Apollon, Anonym. Lau-
ber. 102 (1899) S. 240 Der Dichter, der ihr rent. in Anecd. var. Gr. et Lat. ed. Schoell-
Orph. Hymn. 22 weihte, ließ sich mehr wohl ^S^^wcZewmncZ 1, 267, Hjg, und zwar in Lakedaimon
durch die theogonische als durch die Kultus- nach Sosibios {F. H. G. 2, 627, frgm. 11) bei
Überlieferung bestimmen; ebenso Alexander Zenob. 1, 54 (= Apostol. 1, 93): kTtoXXcov . . . ,
der Große, der ihr und dem Okeanos am In- 50 ov TsxQdj^si,Qcc xccl Tstgaoaxav Idgvßavxo
diseben Ozean Altäre errichtete, Diod. 17,104; Acoisäcciuovioi, cog (pr]6L UcoaißLog, oxi xoiovxog
vgl. Werner Baege, De Macedonum sacris {Dis- acpd-ri "^otg Ttsgl 'i^vyiXav ^axo^svoig; vgl. Tresp,
sert. Phil. Halenses XXll, 1) S. 131 f. Nachdem Die Fragmente der griech. Kultschriftsteller,
Vorbild Alexanders hat Demetrios von Tarsos, {Religionsgesch. Versuche u. Vorarbeiten XV, 1)
der Freund Plutarchs (vgl. de def. or. 2), nach S. 136. Einen Apollon TsrpacoTo? allein erwähnt
seiner Rückkehr von einer Ozeanfahrt in Ebu- Diogen. 2, 5. Dem Apollon Tsxgdxsig wurde als
racum (York) in Britannien ein Weihgeschenk Opfer ein Rind geschlachtet; die aus dessen Felle
aufgestellt 'Sl-nsavo) ycccl Ttj'&vt, Ephem. Epigr. geschnittenen Riemen wurden als Kampfpreise
3,312. I. G. 14,' 2548. Dessau, Hermes 46 yeiliehen, Hesy eh. s. y.-Kvvccyticcg. Ein kTtoXXcovog
(1911), 157 ff. 60 Tbxgd%Eigog dyccX^cc erwähnt Liban. Antioch.
Etymologie. Im Anschluß an das der Tethys {or. 11) ed. Reiske 1 p, 340, 6 = ed. Foerster
von Ho7ner gegebene Epitheton ^rjxrig stellen 1, 507, 12, einen Priester desselben Gottes das
schon die meisten alten Erklärer Tr]d"vg zu Epigramm aus Sparta I. G. 5, 1, 259 p. 81:
trj^r,, xL&7jvr] (vgl. Luc. Tragodopod. 94:-. '"'Hguv ^Igsvg 6sio, Mäxcagcc, '/.a[6iyvi^xov] Tsxgdxsigog.
ixL^T]vaxo Tri^^vg) und erklären den Namen als Nach einer nicht ganz unversehrten Glosse
xQocpog (vgl. das Epitheton der T. navxgöcpog bei Hesych. s. v. xovQidiov nannten die Lake-
bei Nonn. Dionys. 23, 285) und y?}, Etyjn. M. dämonier ihren Apollon Tetracheir auch xov-
756,37. Suid. s. v. Tr\^vg 2. Schol. Ven. A. B. gi^iog. Aus diesen Zeugnissen geht hervor, daß
14'
399 Tetragoneites Tetrakephalos 400
wir eine Doppelbildung, wie solche sich auch 416 f. = F.G.Kenyon, Greek papyri in the Brit.
sonst finden (s. lanus), mindestens des Kopfes Mus. CataJogue, with texts S. 78v. 401 f. =
und des Oberkörpers anzunehmen haben, Ger- Alb. Dieterich, Ahraxas 64. — b) Wessely, Neue
)wrd, Gr. Myth. 1, 317, § 813, 2c. Welcher, Gr. ariech. Zauberpapyri, Denkschr. usw. 42 (1893),
Götter/. 1,473. Overbeck,KumtmyÜwl()gie Apollon II S. 45 v. 736 =*= Kenyon a. a. 0. S. 105 v. 669.
8 f. H. Use7ier,StrenaHelbi(fianam) u Anm. 3. — c) O. Plaßherg, Arch. f. l*apyrus forsch. 2
Vielleicht enthielt ein leider verlorengeganee- (1903), 20ü. Hermes wird in diesen Hymnen
nes Relief aus Sparta eine Darstellung des angerufen als: tftpoyyiUf xai xixQdytavB Xoyaiv
Apollon Tetracheir: „bekleidete weibliche Figur, aQxr]yitu yXmaaris. Dieterich bezieht den Gene-
siehend, von vorne, mit vier Armen; der rechte lo tiv Xöyav zu den folgenden Worten, inter-
Oberarm hält einen Zipfel des Gewandes über pungiert als nach TfTpaywvf, doch kann er
der Schulter, der rechte Unterarm einen öl- ebensogut mit tergccytovs verbunden werden,
zwei^, gegen den sich eine Schlange aufrichtet; Auf jeden Fall aber liegt kein Grund vor, die
der linke Oberarm hält einen Bogen, «ler Unter- Lesart Xöyiov ru ändern und mit Wessely, dem
arm auf derselben Seite eine flache Scliule", Jiruchmann, Epith. deor. lOii fo]gi, zu schieiheu:
L. Roß, Archäol. Aufsätze 2, 659 f., nr. 21. In cxQoyyvXB xal xBXQdyoiv' ivaymvis. Hier ist also
der Beschreibung von Boß liegt wohl insofern xixQciyoavog umgedeutet auf den Hermes als
ein Irrtum, als er die Gestalt als weiblich be- Logos, und Beitzenstein bei Piasberg a. a. 0.
zeichnet: es wird eine nur mit einem Frauen- 211 verweist dazu auf Lydus de mens. 4 p. 129,
gewande bekleidete Figur gewesen und in 20 18 ff. Wünsch: slxa dh rsxQciyaivov oxriiiccxi,
der dieser Apollon Tetracheir zu erkennen sein, '^EXXrivsg &vanXdxxov6i xovxov , xsxiii^qiov pui-
P^oucart zu Le Bas, Explic. 101 zu nr. 180. yiaxov Ttccgexo^LSvoi Xoyov dvai xovxov^ xat X6-
UsenerA.&.O. TT. A'^oiftc zu /. (r. 6, 1, 683 p. 147. yov &Xri&f]. Uxi yccg xai Xoyov oxri^iocxcc, ö iihv
Diese „von ursprünglicher Zweiheit zur Zwil- 'ijjsv^ijg Xoyog (xQiyavog^ add. M'issoway, 6 ds
lingshairtigkeit vorschreitende Entwicklung" &7tccxriXbgnoXvYovmx8Qog,ddsScXr]d'i}gavxbsiavxa
{üsener a. a 0. 818) stellt nach S. Wide, La- iyi ndvxojv ^ifQüv laog, OTtov äs cxgicpoixo ndaaig
koniische Kulte 95 (vgl. Welcker a. a. 0.). S. Ei- ßdasaiv doQlaxcag cxrigi^Exai, 0 ör} xsxQuycovL-Kov
trem, Die göttlichen Zwillinge in Skrifter udgivne Gxfjiia xvyxdvsi \ vgl. Cornut. a. a. 0. Eust. ad
af Videuskabs silkabet i CJiristiania 1902, hist.- Hom. II. 1353, 5. Philolaos bei Damafikios in
/i/o». Kl. II, 82 f. den mit Apollon vereinten 30 Bev. arch. N. S. I annee I vol. (1860) p. 309
Hyakinthos dar, nach G. F. Unger, Philologus (ed. Buelle, Macrob. Sat. 1, 19, 14. Mart. Cap.
37 (1877), 26 f. (vpl 21) den Apollon-Hyakinthos. 2, 106 7, 734. Von Isidoros berichtet Damask.
Vermutungen über die Bedeutung der seltsamen bei Phot. cod. 242 p. 336* 6: „sein Gesicht war
Gestalt des Gottes bei 0. Müller, Die Dorier fast viereckig, von der heiligen Form des Her-
1*, 857 f. Unger a. a. 0. 26 f. Usener a. a. 0. mes Logios" (tö ^isv ngoaconov oXiyov xtxgd-
[Höfer.] yfovov tiv/Eq^lov Aoyiov xvTtog isgog); vgl. da-
Tetragoneites {TsxgayavslxTig), Beiname des zu Bud. Asmus, Da^ Leben des Philosophen
Hermes in einem im pisidischen Anabura in- Isidoros von Damaskios aus Damaskos S. 144 f.:
schriftlich erhaltenen Würfelorakel, Sterrett in Die Vierzahl ist nach der Zahlensymbolik der
Papers of the American School of class. stud. 40 Neupythagoreer und Neuplatoniker die ganz
at Atnens 3 p. 214 y. 31. Kaibel, Hermes 23 harmonische, weil sie alle Zahlenverhältnisse
(1888), 536 V. 66. Über die Form vgl. Bd. 2 in sich enthält. Ihre Übertragung auf den
Sp. 2752 Anm., über die Bedeutung s. den Gott Hermes . . . erklärt sich wohl aus der
Art. Tetragonos. [Höfer.] viereckigen Gestalt der Hermenpfeiler; daß sie
Tetragonos (Tsxgdyoavog), Beiname des Her- gerade dem Hermes Logios, dem Schutzgott
mes (Babrios 48, 1) — von Leonidas Tarent. der Redner und Philosophen, geheiligt war,
in Anih. Pal. 6, 334 wird in derselben Bedeu- deuteten die Stoiker auf die „viereckige" Form
tung xsxgccyXmxiv gebraucht — zunächst wegen der wahren Rede, welche sich in allen Stücken
der vierkantigen Form der Säule oder des selbst gleich sei und, auf welchem Gebiet sie
Steines, unter dessen Form er verehrt wurde: 50 sich auch immer bewege, auf allen Grundlagen
rexgdytovov Gxfjucc. Paus. 4, 33, 3. 8, 39, 6. ohne Einschränkung feststehe: dies sei eben
Cornut. de nat. deor. 16 p. 68 Osann = 23, 12 die Eigentümlichkeit des Quadrats. — Über
Lang; xsxgdyavog igyaaia, Thuk. 6, 27. Schol. die xsxgdg als dem Hermes geweiht s. Osann
Demosth. or. 20 p. ö07, 21 in der Ausgabe der zu Cornut. p. 280. — Nach Apollodoros {F. H. G.
Scholien von Dindorf\ vgl. Keil, Straßburger 1, 433) im Schol. Hom. Od. 23, 198 heißt Her-
Festschr. zur i6. Philol. -Versamml. S. 133. mes xsxgdycovog^ weil er vier Erfindungen
Usener, Bhein. Mus. 58 (1903), 340. Daneben {ygduiiccxa, ^lovöixt], nccXccioxga, yscafii-xglcc) ge-
findet sich der Beiname aber auch in anderer macht hat. [Höfer.]
Bedeutung (s. unten): auf einem inschriftlich Tetrakephalos (TsxgatiicpaXog), Beiname des
erhaltenen Würfelorakel aus Termessos in Pi- 60 Hermes, unter welchem er in Athen im Kera-
sidien: ^Eg^Lov Tsxgaymvov, Peterseti bei von meikos eine vierköpfige Herme, ein Werk des
Lanckoronski , Städte Pamphyliens u. Pisidiens Telesarchides, besaß mit dem (unvollständig
2 S. 222 nr. 180, LVI. Franz Heinevetter, Würfel- erhaltenen Epigramm : 'Ep/x^ Ttxgcc-nitpaXs, xcc-
u. Buchstabenorakel in Griechenland u. Klein- Xov TsXsoagxläov ^gyov, TcdvQ-' ogdag. JEust.
asien 26, LVI. und in drei magischen Hymnen : ad Hom. II. 1353, 8 (= Th. Preger, Inscr. Gr.
a) Wessely, Griech. Zauberpapyri van Paris u. metricae 188 p. 148); vgl. Phot. 15, 17: 'Eg^fig
London, Denkschr. d. Kais. Akad. d. Wiss. zu TstgccxscpaXog , iv Ksgcc^iBvv.^^ TeXBüccgxl^ov
Wien, phüos.-hist. KI.Z6{1S8S), 2. Aht S.lSIx. J^gyov. Hcsych. s. v. 'Eg^i]g' Tgi7iiq)(xXog . . .
401 Tetrakephalos Tettix 402
TtccQOGov TsTQaxicpaXos 'EQ^i)g iv rf/ xqi68(o t^ Comptcs rendus 1907, 482. Mehr Beispiele für
<^iv} [add. Meineke, Frgm Com. (ir. 2, 1, 218. die Büste eines dreiköpfigen Gottes Ä. Bertrand,
•2, 2, 1166, frtim. 11; vgl. Com. AU. fhjm. ed. Eev arch. 21 (1893), 289 Fig. 2. Usener, R/iein.
Kode 1, 532, frgm. 563] Ksga^st-MO) lögvvo; vgl. Mus. 68 (19U3), 162 f. [Höfer]
I. (). Sluiter, Lectiun. Andocidcae 42. Osann zu 1>ti-akeratoH {T£r{)uv.iQccxoq). Nach Procl.
Cornut. nat. deor. p. 281. C. Wachsmuth, Die ad Fiat. / em/mft/. 30, 33 kamen in der 'OpqpiK^
Stadt Athen im Altert 2, 1, 261 Anm. 6. 293 -9-80^0 yi'a unendlich häufig (fivpiaxt?) die Worte
Anm. 2. \V. Judeich, Topographie von Athen ^ttxQddot rsTQu-Atgatov^ vor, was nach Rohde,
165. Usener, Bhein Mus. 5S (19u3), 167. Manche, Psyche 2*, 108 Anm. 2 höchst wahrscheinlich als
wie z. B. H. Brunn, Gesch. d. griech. Künstler lo Beiwort des Zagreus-Dionysos, des xfpofv ^Qi-
1, 668 f. (390* f.), haben vermutet, daß dieser qpog {Nonn. iHornjs. 6, 165; v^l. auch Gruppe
Hermes Tsrgnyi^cpaXos identisch sei mit dem Gr. Myth. 1426, 4) aufzufassen ist. [Höfer.j
mehrfach erwähnten Hermes TQtv.i(faXog. Doch Tetfakore (TtxQccKOQri). Auf einer Inschrift
stand dieser, narch dem ausdrücklichen Zeugnis aus Ikonion wird P. rsephone als xtxQav.ÖQT]
des Philochoros {F. H. G. 1,390, 69) und Isaios ^sd bezeichnet, C. I. G. 3, 4000, 45. Nach
(fr. 12 Thalheim) bei Harpokrat. s.v. Tgin^cpciXog v. Wilamowitz bei Kaibel, Epigr. 406 p. 161 =
u. ]*hot. 601, 16, in Ankyle, an einer Kreuzung dea quadrifrons. Usener, Strena Helhigiana
von Straßen, deren eine 'Eöxia (Eoxiccg Wachs- 330 weist auf den Doppelsinn des Wortes
muth a. a. 0. 2, 1, 301 Anm. 2, vgl. auch 1, xögri (^Vlädchen-Auge'), mit dem hier gespielt
3ö7, 1) üdög hieß, Wachsmuth 2, 1, 293 Anm. 2. 20 wird, hin und nimmt Doppelbildung minde-
Judeich a. a. 0. 176; vgl. Bekker, Anccd. Gr. stens des Kopfes an. Vgl. Tetraprosopos 2
1,306, 27: TQiycecpaXog övofia ccydXuccrog xov (Beiname der Selene — Hekate — Persephone).
'Epfiov; bei Phot. 15, 14 ist die Erklärung aus- [Höfer.]
gefallen. Die Bedeutung dieser Hermen, als Tetr&o , . , (TsxQaco . . .). Eine Inschrift aus
Wegweiser und zwar so, daß jeder Kopf nach Schar-öjük in Phrygien lautet . . v-jttQ xCav Idioiv
einer anderen Straße zeigte, wird von den al- Jd Tsxgaco ^vxrjv, Götting, Gelehrte An-
ten Erklärern ausdrücklich bezeugt: TgixEcpci- zeig. 159 (1897), 408 nr. 51, wozu Körte a.a.O.
Xog o'Eg^ifjg Xiytxai, atöntg diSccöxav xdg ddovg bemerkt: '^es liegt nahe, an rsxgdaxog zu den-
xori '^x(ov VTCoygacp^v, ■jtol (v. 1. nov) yihv ccvrr\ ken, einen für Apollon in Lakedaimon durch
(ftgsi 7] ödoff, nol (Ttov) Öh iv-sivr]- i'acog ös Ttgbg 30 Sosibios bezeugten Beinamen {Zenob. 1, 54.
t}idaxi]v ööbv 7iscpaXr]v slxe, Phot. 601, 23 iF. Apostol. 1, 93), aber dann müßte zur Raum-
Etym. M.liiG, 24:. Suid a.v. TgLxsqxxXog {^. 1210, füllung xar' svxiqv geschrieben werden, und
1 tf.). Apostol. 17, 23. Usener a. a 0. Auch der das ist keine übliche Formel'. [Höfer.]
in einem Orakel im Schol. Oid. Kol. bl er- Tetraotos s. Tetracheir u. Tetrao . . .
wähnte Xi^og xgiyidgavog war wohl ein'Egiifjg Tetraprosopos (Tfcrea:r90(>cö7rajs), 1) Beiname
xgiyscpccXog oder mehrere vereinigte viereckige, der Meter auf einer Weihinschrift aus Phry-
oben mit Köpfen verzierte Pfeiler, K. 0. Müller, gien Mrjxgl TsxQ[cc7tgo]amn(o vTthg dvd-ga)7t{(ov]
Aeschylos Eumeniden 171, Anm. 7. Hiller v. y.a.1 xstgccnoScov, The annual of the brit. school
Gaertringen, Hermes 50 (1916), 470 ff. Berl. o/" ^i/?ews 4 (1897/98), 61. Journ. of hell. stud.
Phtlol. Wochenschr. 1915, 1133. Zu Lykophr. 40 19 (1899), 303 nr. 237. [Höfer.] — 2) Beiname
Alex. 680, wo Hermes das Epitheton Tpixgqpa- der Selene-Hekate in der Evxi] ^g. ^^X. 22 b.
Xog führt, erklärt Tzetzes (p. 224, 33 Scheer): Abel, Orphica p.2SS: xErgccicgÖGcoTts dsd, xsxga-
oxi iatlv ovgdviog yiccl d'aXd66iog yial xaxaxd-6- mvv^s, xsxgaodlxi; vgl. Moscher, Nachträge zu
viog r) dicc x6 (pvöi-nov yiccl Xoyiyibv xal ijd-Lycöv. Selene u. Verw 50. [Röscher.]
t) öxi iTtsLGsXd-ojv XT] 'ExdxTj xgstg Ic^ax^v i^ ccv- Tettix (TexxL^), ein Kreter, der Tainaros,
xr]g d-vyccxfgccg. Das ist natürlich späte Um- wo sich ein Psychopompeion iDefand, gegrün-
deutung, ebenso wie die Erklärung von Tgi- det und dort begraben sein soll, Plut. de sera
xBcpccXog bei Apostol. a. a. 0.: Ttagöaov 6 Xöyog num. vind. 17 p. 560f. Ael. frgm. 80 aus Said.
liByiöxa Igxvsi und bei Eust. ad Hom. Od. s. v. kgxlXoxog. Hesych. s. v. Thxiyog sdgccvov.
1504, 62: Egafig Ss TgiycEcpaXog, dXXcog x6 xgix- 50 Baoul-Bochette, Hist. crit. de Vetablissiment des
xov xov cpiXoGocpov Xoyov ccivixxBxcci. in gleicher colonies Grecques 2, 172. Hoeck, Kreta 3, 296.
Richtung bewegt sich die Deutung des Hermes S.Wide, Lakonische Kulte 44 f. 357. Tettix ist
TsxgaxBcpaXog bei Eust. ad Hom. II. 1353, 2: in die Archilochoslegende verwoben: Archi-
011 ^iovov did x6 xccx' iTttaxrj^ccg xsxgaivBgsg xfjg lochos hatte sich selbst xhxi^ genannt: xsxxLycc
(fiXoGocpiccg T« 'Egfifi v.axd xov ndXcci ^vd-Qv 8' sl'Xricpccg itrsgov , Arch. frgm. 143 aus Luc.
TtgoöTtXdxzovxcn, -nBcpaXai. aXXd v.al fiid xb dlXcag Pseudolog. 1. Kalondas, der Mörder des Archi-
noXvdvvauov. — Eine Bronze gallo-römischer lochos erhielt vom Orakel die Weisung iX&stv
Arbeit stellt den nackten vierköpfigen Hermes slg Taivccgov, Bvd-cc Tsxxi^ xi%-a7txai xal ^siXi-
dar: der Hauptkopf, unbärtig, wird von zwei ^aod'ca xi]v xov TsUöiv.Xblov naiöbg ^vx^v
kleinen Flügeln überragt; in der vorgestreckten 60 {Ael. a. a 0.). Bei Plut. steht: i-asXsvod-ri no-
R. trägt der Gott eine Börse, die L. hielt den gsvd-slg inl xrjv xov Tsxxiyog oi^tjölv iXdaaod-ccL
Caduceus. Die zwei über der Schulter befind- xriv xov kgxiXoxov ipvx^v. xovxo d' '^v 6 Tccl-
lichen Gesichter sind bärtig, das vierte un- vagog. Also stand wohl im Orakel nur, daß
bärtig, Bahelon und Blanchet, Catal. des bronzes Kalondas sich an denjenigen Ort begeben
ant. de la bibl. nat. p. 158 f., nr. 362. Vgl. auch sollte, . . . xsxxi^ ^vd-a xid-anxcci, d. h. an das
die als Mercure tricephale' gedeutete Dar- Grab des Archilochos, der sich ja selbst xexxi^
Stellung auf einem in Paris gefundenen Bas- genannt hatte. Es lag sehr nahe, als Ort dieses
relief, S. Beinach, Acad. des inscr. et belles Uttres, Grabes Tainaros zu verstehen, das einmal Tix-
403 Tetus Teukros (König von Troas) 404
xtfog iigavov hieß, andererseits ein Psycho- sowie d. Art. Skamandros Sp. 984. Da einige
pompeion besafi, auch soll Archilochos bei Leb- nähere Umstände des Zuges, die A'aWmosberich-
seiten selbst nach Sparta gekommen sein, Plut. tete, bei Lykopin. AI. 1303 f., Kephalion fr. ö {fr.
inst. Lacon. 84 p. 289b; vgl. A. Piccoloniim, hist. Gr. 3, 70) und Serr. Acn. 3, 108 mitNen-
Hermes 18 (1883), 267 tf. A. Hauvette, Arvhi- nung des Teukros wiederkehren, so ist an-
fefiM 47 f. Orusitis bei Pauly-Wissotca 2, 49ö, zunehmen, daß auch schon jener alte Lyriker
88 ff. [Höfer.] in seiner Dichtung den Teukros genannt hat
Tetn8(?). Zu der Inschrift eines Altarfrag- {Degen S. 44). Bei den drei Gewährsmännern
ments aus Dalmatien 'Teto', C. I. L. 3 Suppl. schwanken freilich die Angaben. Nach Lykophr.
14968 bemerken die Herausgeber: *num dei lO (u. Tzetz.) kommen Skamandros und sein Sohn
nomen subsit ignoro*. [Höfer.l Teukros aus Draukos am kretischen Ida mit
Teiicer (od. Teucrus) s. Teukros. einem Heere in das Land der Bebryker (d. i.
Teucontns (?), verderbter Name des Vaters nach Troas) zur Bekämpfung der Mäuse (s.u.);
des Palamedes beim Mythogr. Lat. 1,204,45 der dortige König Dardanos, der aus 8amo-
p. 64: ^ Teucontxts gennit Palamedum, I^aupHus thrake eingewandert ist, vermählt sich mit
genuit Telephunu* Versuche, die Stelle zu heilen Teukros' Tochter Arisbe; aus dieser Ehe ent-
8. bei Bode, Adnot. in Myth. Lat. 2 p. 66 und springt Erichthonios (den die andere Überlie-
bei PiUing, Quomodo Telephi fabulam et scrip- ferung bei Apollod., JHod. und Dion. Hai. viel-
tores et artifices veteres Graeci tractavennt mehr als Sohn des ureingesessenen Teukros
(Halle 1886) S. 71. Vgl. Teuthras. [Höfer.] 20 und der Bateia bezeichnet, s. o.). Zu Lyko-
Teudareos (Tev^apews), Form des Namens phrons Bericht gibt Schol. 1303 folgende er-
des TyndareoB (s. d.) auf der Schale des Xe^ gänzende Erläuterung: Skamandros und Teu-
notimos, worüber man die s. v. Philonoe 1 an- kros erhalten bei ihrer Auswanderung aus
geführte Literatur sehe, außerdem Kekule von Kreta das Orakel, sie sollten sich dort nieder-
Stradonitz, Sitzungsher. d. K. Preuß. Akad. d lassen, wo Erdgeborene {yr\yBvei?) sie angreifen
Wiss. 1908, 691 und besonders P. Kretschmer, würden. Als ihnen nun in der Nähe von Troja
Die griech. Vaseninschriften 205 f. [Höfer J (nsgl xa ^ligt) xi)? 'IXiov) Mäuse bei Nacht die
Teakros {Tsvxgog, lat. Teucer, seltener Teu- Schildriemen und Bogensehnen wegfressen,
crus, etr. tevcrum, s.d.; über den Namen s.u.). deuten sie die Weissagung auf die erdgebo-
1) Ein alter oder sogar der erste so renen Mäuse, schlagen dort ihren Wohnsitz
König von Troas. Bei Homer wird er noch auf und gründen, dem nach den Mäusen (kre-
nicht erwähnt. Über seine Abstammung gehen tisch e^LivQ'oi) zubenannten (Mausetoter?) Apol-
dic Berichte weit auseinander. Ion zu Ehren, xo U^ilv^lov, d. h. ein Heiligtum
Entweder ist er ureingeboren als Sohn des 'ATtoXlcov Zpnvhsvs (s. d. Art. Smintheus).
des Flußgottes Skamandros und einerNyraphe König wird dort Teukros; nach ihm heißen
des Ida: nova(iov 2yia^dv$Qov v.al vv^qpjjs die Troer Teukrer. — Kephalion bestätigt
'löaiceg {ApollodoT 3, 12, 1; Diodor 4, 75; vgl. Teukros' kretische Herkunft und die Verhei-
auch Sdiol. Lyk. 29); später hat man Idccicc ratung des Dardanos mit dessen Tochter Arisbe,
als Eigennamen gefaßt, doch s. Serv. Aen. 3, als deren Namen Hellanikos {fr. 130; Müller
108: Idae nymphae fiJium {vro freilich Burmann io 1, 63; vgl. Kullmer, Fleckeis. Jahrb. Supplhd.
u. a. Idaeae lesen). Vgl. die Art. Skamandros 28, 559 f.) Bateia angibt (so heißt sie auch bei
Bd. 4, Sp. 983 und Idaia Bd. 2, Sp. 94, sowie Apollod., Diod. und Dion. Hai., s. o.). — Mit
Degen, Leipz. Diss. 1900: De Troianis Scae- manchen Anklängen und weiteren Ergänzungen
nicis, mit Appendix: de Teucro Teucrisque erzählt endlich Servius (Aen. 3, 108): über
S. 42 f. Nach Teukros werden die Bewohner Teukros' Eltern gibt es eine doppelte Über-
der Landschaft Teukrer genannt. Bei jenen lieferung; nach der einen ist er der Sohn des
Quellenschriftstellern heißt es dann weiter: Als Cures (Codices: Cureas filium; dafür liest aber
Dardanos (s. d.) von Samothrake auswandert Burmann wohl richtig: Curetis, mit Berufung
und sich auf dem gegenüberliegenden (asia- auf den kretischen Bogenschützen Kovqt]?, acc.
tischen) Festland ansiedelt, erhält er von Teu- 50 KovQiixa^ bei Strah 10 p. 480) und Idae nym-
kroB einen Teil des Landes und seine Tochter phae (wofür manche Idaeae schreiben, s. o.);
Bateia oder Batieia (s. d.) zur Gemahlin nach der andern, die auch Pomp. Trog, ver-
nnd gründet die Stadt Dardanos ; nach Teukros' tritt, ist er der Sohn des Scamander. Dieser
Tode benennt er das ganze Land Dardania. verläßt wegen einer Hungersnot mit einem
Söhne des neuen Königspaares, also Teukros' Drittel seines Volkes Kreta. Als ihm in Phry-
Enkel, sind Hos und Erichthonios (s. die Art. gien Mäuse das Lederzeug seiner Waffen auf-
II08 1 und Erichthonios 4), bei Dion. Hai. 1, zehren, erkennt er in den Tieren die ihm durch
60: Zakynthos und Erichthonios. Nach Arrian eine Weissagung als Feinde in Aussicht ge-
fr. 64 {Müller, fr. hist. Gr. 3, 598) hat Dardanos stellten Erdenkinder (terrigenae) und siedeltsich,
schon vorher Teukros' ältere Tochter Neso 60 nach Besiegung der einheimischen Bebryker,
(s. d.) geheiratet; ihr Kind ist die Seherin am Ida an, ertrinkt aber im Flusse Xanthus,
Sibylla; vgl. auch Tzetz. Lyk. 1466 und Schal., der ihm zu Ehren Scamander genannt wird.
8. u. den Stammbaum. — Oder er ist Es folgt ihm als König sein Sohn Teucer. —
A. eingewandert aus Kreta. Vgl. Dc^rcw Hiermit stimmen, insoweit es sich um Teukros'
S. 43 f. Daß das Volk der Teukrer aus kretische Herkunft und Abstammung von Sca-
Kreta in Troas eingewandert sei, erzählte zu- mander, um die Verheiratung seiner Tochter
eiät KaUinos (fr. 7 hei Bergk, Lyr. 2*, 1). Über Batia mit Dardanus, endlich um sein dann
die Herkunft der Teukrer aus Kreta s.u Sp. 420f. auf diesen vererbtes Königtum über die Teu-
405 Teukros (Könij^ von Troas)
Teukros (König von Troas) 406
crer handelt, die Bemerkungen bei Scrv. Aen.
1, 38 (u. 2iJ6) und 3, 167 überein. Daj?e«?en
weichen einige Zusätze bei Serv. 3, 108 (s. o.)
von den vorstehenden Erzählungen mehr oder
weniger ab. Unerheblich ist die Differenz, wenn
nach dem einen Berichte (alii) nicht Scaman-
der, sondern nur Teuccr, auf Grund des er-
wähnten Orakels, von Kreta nach Troas
zieht und dort Reich und Apollotempel grün-
det; übrigens bleibt auch bei Verg. Aen. 3, lo
104 f. und Ov. Met. 13, 705 f., wo die Sage von
T, berührt wird, Scamander unerwähnt i schon
tiefer schneidet in die sonstige Sagenfassung
die Notiz ein (tradunt praeterea nonnulli),
Dardanus sei in Phrygien von T. be-
reits angetroffen worden und liabe sich
mit dessen Tochter vermählt (hier ist näm-
lich zu lesen: Dardanum a Teucro in Phrygia
inventum filiavi eins sihi sociasse, s. die Fuß-
note bei Thilo und Hagen); völlig vereinzelt 20
steht dann noch die Schlußbemerkung (quidam
tradunt) f Teucer habe die Tochter des
Dardanus geheiratet, und deshalb (d. h.
doch wohl: weil nun Teucer der Erbe des
Königreichs geworden sei) habe man die dor-
tigen Bewohner Teuerer genannt.
Sind hier zuletzt Schwiegervater und Schwie-
gersohn gleichsam miteinander vertauscht (oder
irrtümlich verwechselt), so wird das Verhältnis
zwischen Vater und Sohn umgekehrt im Etymol. 30
Magn. p. 715, 31: I^xd^cxvSQog Jtotafibs Tgolccg
ccTtb I^-Ka^dvdgov, vlov Tsvxqov^ og i]v
Kgrig rö yivog. Diese Fassung ist nur hier
sicher bezeugt; denn im Schol. Lyh. 1303 ver-
dient den Vorzug die Lesart: TsvyiQog vibg
iysvBxo Sza^avS Qov xov KQr\x6g (gegen Wör-
ner Art. Skamandros Sp. 984 und Gruppe, Gr.
Myth. 301, 6, der Skamandros schlechthin den
Sohn des Teukros nennt).
Teukros' Rolle bei dem Zuge nach Troas 40
wird demnach verschieden gekennzeichnet
{Degner S. 44f.): ,
Er kommt allein bei Serv. Am. 3, 108 (alii)
sowie bei Verg. Aen. 3, 104 f.
Er kommt mit Skamandros bei Lyk. AI.
1303 f. u. Schol. sowie bei Serv. Aen. 1, 38.
Immerhin überwiegt die Sage von der kre-
tischen Herkunft des Teukros entschieden in
dem Sinne, daß er durch seine Tochter Bateia
oder Arisbe, die sich mit Dardanos verheiratet, 50
der Ahnherr des späteren troischen
Königshauses wird (s. u.).
B. eingewandert aus Attika. Vgl.
Degen 47 f. Nach dem Zeugnis von Dion. Hai.
1, 61 berichteten der Atthidograph Phanode-
mos (fr. 8; fr. hist. Gr. 1, 367) und „viele
andere", Teukros, der Ahnherr der Teukrer,
habe ursprünglich in Attika gewohnt
als Fürst {aQxcov) des Demos Xypete {^E^vits-
xaiBvg) und sei von da nach Asien aus- 60
gewandert. Dort habe ihn Dardanos gern
in seinem fruchtbaren, aber wenig bevölkerten
Lande aufgenommen, um ihn and seine Be-
gleiter als Bundesgenossen gegen die feind-
lichen Barbaren zu benutzen; auch habe Teu-
kros seine Tochter dem Dardanos zur Frau
gegeben. Jener attische Demos, der nahe dem
Hafen Phaleron lag, hieß (nach Steph. Byz. s.
Tgolcc) früher Tgoict oder ^fifiog Tqöj(ov.
Bei Strab. 13 p. 604, der jene attische VV an-
dersage kennt, wird sie als die Ansicht der
Jüngeren der üblichen Überlieferung von Teu-
kros' kretischer Herkunft gegenübergestellt
mit den Worten: ^cplxd'ccl xivcc Tsvxqov i% ö'rj-
ftov Tgdxov^ og vvv ol !E!v7t8xcciu)veg ^^yerat,
Tsvxgovg dh uridivag iXQ^atv ix xfig Kg-^xrig.
Endlich wird die Abstammung der Trojaner
von den Athenern, jedoch gerade mit Aus-
schluß von Dardanus und Teucer {Tro-
iani praeter Dardanum et Teucrum ab
Atheniensibus originem ducunt)., bezeugt bei
Serv. Aen. 3, 281. Über diese Versuche, die
drei verschiedenen Fassungen der Sage von
dem in Troas ureingeborenen, dem kretischen
und dem attischen Teukros zu erklären, s. u.
'Teukros 2. Sie stimmen wenigstens darin mit-
einander überein, daß Teukros nach jeder
Fassung der Gründer und Ahnherr des tro-
ischen Herrscherhauses ist.
Stammbaum :
0
'^-
Ca
•rH
<
m
00
-1
<D -
■^
'M
Pm
0
Die Reihenfolge der von ihm abstam-
menden Könige ist auch nach den ganz ver-
schiedenen Quellen doch im wesentlichen die
gleiche. Die Ilias kennt zwar den älteren Teu-
kros selbst noch nicht (s. 0.) ; aber bereits von
seinem Enkel Erichthonios an zählt sie die
nämlichen Nachkommen auf, die in der spä-
teren Sage dafür gelten: Y 230 f. Diese sind
407 Teukros (Sohn des Telamon) Teukros (Sohn des Telamon) 408
dann stehend geworden; vgl. Apollodor 8, 12,3, holt Hektor mutig entgegen; auf ihn schießt
8 f.; Diodor 4, 76; Dion. Halte. 1, 62; Schol. er, vom Bruder herbeigerufen, mit dem Bogen,
Lyk. 29 u. 1806; Serv. Aen. 8, 108. Sogar die dessen Sehne jedoch Zeus, um Hektor zu retten,
Re g i er ongs zeit der einzehien Herrscher wird zerreißt (O 301 f.; 436 f.; 461 f.; 484 f.). Zu einer
nicht verschwiegen; so heißt es bei Oratner, Art ägiarsia des Teukros gestaltet sich
Aneed.Paris.2y 204: Tsixgog vlog Zxaiucvdgov sein Auftreten im Buche ö, wo er, von Aias'
(rq i^'. mächtigem Schilde gedeckt, nicht nur mehrere
Von besonderer Wichtigkeit für die Wei- Troer mit PfeÜBchiissen erlegt (274 f.), sodaß
terentwicklung der Sage ist die als Tochter ihm Agamemnon unter lebhaften Glück wünschen
des Laomedon und Schwester des Priamos ei*st lO (281: Tevxps, cpiXri xfqpaXr}, TsXocfimvit) reiche
von Hellanikos {fr. 136; fr, bist. Gr. 1, 64; Ehrengaben verspricht (289 f.), sondern auch
Kullmer, Jahrb. Supplbd. 28, 668 f.) eingeführte mehrmals auf Hektor, freilich vergeblich, seine
Hesione (s. d.). Denn sie wird von Telamon Geschosse richtet (299 f.); von ihm darauf mit
(s. d.) Mutter des lungeren Teukros (s. u.) und einem Feldstein schwer verwundet, aber vom
verknüpft so die Dardaniden mit den Äaciden Bruder geschützt, wird er aus dem Getümmel
(s.u.). Trotz deren naher Verwandtschaft kon- hinweggetragen (324 f.; 882 f.). Endlich zeich-
struiert doch die Dichtung einen durch folgen- net er sich als Schütze bei den Wettspielen
schwere Kriege bedingten feindlichen Gegen- zu Ehren des gefallenen Patroklos aus: durch
satz. Nachdem schon Telamon zusammen mit ApoUons Mißgunst verfehlt er zwar die als
Herakles im Kampf gegen den wortbrüchigen 20 Zielpunkt bestimmte angebundene Taube, trifft
Laomedon Troja erobert und dessen dabei er- aber den Faden, worauf Meriones den davon-
beutete Tochter zu seiner Gattin gemacht hat, flatternden Vogel durchbohrt {W 8ö0f ); Teu-
ist später, nach dem Raub der Helena, durch kros empfängt den zweiten Preis (867 f.; 883).
den weiteren Verlauf der Heldensage sein Einen Schatten wirft auf sein Heldentum,
Sohn Teukros dazu berufen, gleichfalls gegen daß dreimal Götter ihm den Sieg verkümmern
Ilion zu ziehen und das Haus seiner Ahnen (M 402 f. O 461 f.; 488 f. y^Sööf.); dagegen
zu stürzen. wird sein Charakterbild durch sein Verhältnis
2) Der Sohn des Telamon (s. d.). Bei zum Binder gehoben; jedenfalls erscheint er
Homer heißt er daher TsXcc^mviog (N 170. als wackerer Streiter. Die Bezeichnungen «i^v -
O 462) oder viog TsXa^&vog {N 171); er so ^kov (@21Z,b.u.) und ßir] Tüvxqolo avaxtog
ist somit der Bruder des großen Aias, {W 859) halaen freilich nicht viel auf sich.
mit dem er in der Ilias oft gemeinsam auf- In der nachhomerischen Sage verfolgen
tritt (M849f.; 371; 400. JV 313. O 436 f.; 466; wir Teukros' Schicksale zunächst nach seinem
471f.). Über ihre Abstammung von dem Lebenslauf. Auch hier ist er der Sohn des
gleichen Vater besteht weder bei Homer Telamon (s. d.; d&hei TeXcc^coviddag: Pm-
noch später ein Zweifel; ausdrücklich heißt dar, Nem. 4, 47; Ts?.ay.mvtog: Ps.-Aristot.
Teukros des Aias önatgog M 311 (vgl. Schol. epigr. bei Bergk, Lyr. 2*, 346; Strdb. 9 p. 394,
Zyj/A-. 462) ; aber cbcwda sowie 0 330. O 436; 466 oder TsXaiKoviog vi6g: Triphiod. 170), des
wird er auch dessen xuGiyvrixog^ d. h. der Königs der Insel Salamis (daher Salaminius:
leibliche Bruder oder Sohn derselben Mut- 40 Hör. C. 1, 15, 24). Seine Mutter ist nach ein-
ter, genannt; vgl. über das Wort Curtius, Gr. stimmiger Überlieferung die von diesem als
EtymoL* 146; Jak. Wackernagel, Kuhns Zeitsehr. Siegespreis errungene trojanische Königstochter
Bd. 33, Heft 1, S. 13f.; Degen a.a.O. 56. Doch Hesione (s. o.); nur auf dem zum Art. Tela-
bleibt schon bei Homer diese Sagenfassung mon beigegebenen Vasengemälde (Abb. 7) er-
nicht uneingeschränkt; denn 0 284, ein Vers scheint, um der künstlerischen Geschlossenheit
1'üngeren Ursprungs {Schol. A)^ verrät mit der willen, beim Abschied des Aias und des Teu-
iezeichnung v69-ov nsg iovta bereits Kennt- kros vom Elternpaare als Mutter beider Söhne
nis der späteren Überlieferung, nach der Ten- Periboia (s. d.). Auf die Herkunft der Hesione
kros der Sohn Telamons aus dessen zweiter, aus ilischem Geschlecht bezieht sich die Be-
nicht vollgiltiger Ehe mit der von ihm im 50 nennung des Teukros bei Nonn. 28, 60; Jocq-
Kampfe erbeuteten Troerin Hesione (s. d.) ist. davir\g 6iüt8vxr]Q ysvi&Xrig. Während Homer
Übereinstimmend erscheint er bei Homer und und Hesiod Achill und Aias noch nicht als V^er-
später als der jüngere Bruder. Hinter Aias wandte kennen und Pherekydes {Müller, fr. hist.
tritt er an Bedeutung weit zurück, gilt jedoch Gr. 1, 72; fr. 15; Lütke, Pherecydea 7) Telamon
für den besten Bogens-chützen im Grie- und Peleus nur Freunde nennt, sind letztere nach
chenheere, aber auch für wacker im Nahkampf: späterer Sage Söhne des Ai ako s und somit Brü-
iV313f.: vTivol {UV iv (liea^aiv 6c[ivvblv sIgI xal der; deshalb bezeichnet Odysseus imWaffenstreit
fiUot Aiavxig rs ävco Ttviigog 0-', og aqiatog den Teukros mit Recht als patruelis Achilli
kxcciöäv To^oavvTj, Scyad'bg dk xal iv öTudir] {Ov. Met. 13, 157; vgl. Serv. Aen. 1,G19). Somit
veiiivT], vgl. M350; 363: ro^cov iv s ^d tog, 60 kreuzt sich in ihm das Blut der Äaciden mit
sowie 0 266 f.; 300. 0 443f. ^'862f. Manche dem der Dardaniden, vgl. Preller, Gr. Mythol.
seiner Taten sind belanglos (Z 31. J\ri70f. 2^ 405; Degen 42 f. Wegen dieser Verwandt-
Ä 515); doch bietet er bisweilen selbst den schaft mit dem troischen Königshause wird
tüchtigsten Gegnern die Spitze ; so werden ihm seine spätere Teilnahme am Kriege gegen
von ihm und seinem Bruder Glaukos und Bion schwer verübelt (XyÄ;. J.Z. 453: er vyysvcov
Sarpedon zurückgeschlagen (M331f.; 370f.; ßXdßri, mit Schol). Teucer seinerseits legt,
887 f.); letzteren rettet nur seines Vaters Zeus sogar nach der Zerstörung von Troja, noch
Dazwischenkunft (402 f.) ; ferner tritt er wieder- immer hohen Wert auf seine eigene Abstam-
409 Teukros (Sohn des Telamon) Teukros (Sohn des Telamon) 410
inung von den Trojanern {Verg. Aen. 1, G25 u. Soph. Phil. 1051. Eur.Hel.1%. Fs.-Aristot. epigr.
Serv.). Die beiden Stiefbrüder Aias und Ten- bei Jiergk, Lyr. 2\ 340: libv uiv.v\L6Q(iiv xa-
kros pflegen zeitlebens das beste Kinvernehmen; |u,t7]g. Quint Smyrn. 8, 316f ; 11, 99f. Triphiod.
ihre Bruderliebe ist nicht eigentlich sprich- 170: h-KrißöXoq. Tzetz. Hom. 181. AtithoL Pul.
wörtlich wie bei andern Brüderpaaren, wird 15,9,2. Alkidam.''Od in Blaß' Ausg. d. Antiph.
aber, abgesehen von gelegentlichen Erwäh- p. 18ö". Plutarch. d f'rat. am. 16. Ail. Arist.
nungen {Plutarch. d. frat. am. lo; Hör. Sat. 46, 258; lulinn or. 2, 63 Hör. C. 4, 9, 17.
2, a, 204), im Epos {Quint. Smyrn. 5, 60u f.) Bei den Kamptspielen zu Ehren des Achill
und Drama (s. u.) hell und breit ausgemalt, siegt zwar der kleine Aias über Teukros, der,
obwohl Teukros, als Kind einer Kriegsgefange- lo über eine Baurawurzel strauchelnd, sich ver-
nen für v6d-og gilt {Soph. Ai. 1013; 1228f.; letzt, sodaß ihn die Gefährten hinwegführen
1260 f. Anthol. Pal. 15, 9, 3; vgl. Jl. 0 284, und Ärzte pflegen müssen (Quint. Smyrn. 4,
s. o), ja von seinen Gegnern unter die do-ö^oi 180f); im Bogenschießen aber übertrifft er
gerechnet (Soph. Ai. 1235) und ein Barbar den Lokrer, indem er, zum Staunen des Heeres,
gescholten wird (1289). von einem Helmbusch die Haare abschießt, und
Er gehört zu den zahlreichen Freiern der erringt so die Waffen des Priamossohnes Troilos
Helena; zwar ist er nicht genannt in dem als Siegespreis (4r2f ; Apollodor. Epit. 5, 5).
hesiodischen Äa^aZo^fragment eines Papyros Wenn übrigens Teukros von Menelaos ein-
{Berliner Klassikertexte Bd. 5, Abtlg. 1, S. 28f. mal zum Hohne rolorrj? genannt wird
= Hesiod.fr. 94: Pz.^), wohl aber bei Apollodor 20 {Soph. Ai 1120), so liegt darin ein sarkastisch
3, 10, 8, 3; vielleicht auch bei Hygin. fab. 81, gemeinter Anachronismus: die in homerischer
wo Bunte aus der verderbten Lesart der Ed. Zeit hochgeachteten Bogenschützen wurden
princ. Aecaeus Blanirus: Teucrus Telamonius später, im Gegensatz zu den schwerbewaffneten
herstellen will (die näherliegende Vermutung: Kerntruppen, zumal als Barbaren gering ge-
Ancaeus ist aus sachlichen Gründen abzuweisen; schätzt; überdies hießen in Athen xo'göxcci die
über Blanirus s. d. Art. Bd. 1, Sp, 788). — Ein- nie und nirgends beliebten Schutzleute oder
schlägige Komödie :'EX£V7]? nivrjffr^pE? des J./ea;*s Polizeisoldaten. Über das in Athen um 449
{Kock, Com. 2, 320; Joh. Schmidt, Ulix. Com., aufgestellte Korps der skythischen xoh,6xai vgl.
Jahrb. Supplbd. 16, 399 f.). Bruno Keil, Anon. Argentin. 145 f. — Auf bild-
Nach dem Raube der Helena beteiligt er 30 liehen Darstellungen aus dem troischen Sagen-
sich, wie deren übrige ehemalige Freier durch kreise wird in einem Bogenschützen unter den
den Eid verpflichtet (s. d. Art. Helena Bd. 1 Griechen nicht selten Teukros erkannt (s. u.).
Sp. 1935 f. und Odysseus Bd. 3 Sp. 614), am Bei Aias' Selbstmord ist er auf einem Beute-
Zuge gegen Troja {Dar. Phryg. 14). Der zug in Mysien abwesend (»S'oi?/*. ^i. 342 u. 6'c^oZ. :
Telamonier Ajax und sein Bruder Teucer sind x6 aTrslvai Tüvtcqov XQ^^t^iov xfj oUovq^icc- nag-
die ersten, die auf den Sammelruf der Atriden (bv yäg av ixdjXvsv avxbv Ttgä^ca u ^ßovXsxo,
erscheinen {Dici. Cret. 1, 13). Fährt bei Homer vgl. 564. 720 f), kehrt aber früh genug zurück,
{B 557) Aias mit zwölf Schiffen aus, so werden um den toten Bruder vor den Mißhandlungen
bei Hygin. fab. 97 beiden Brüdern je zwölf der Atriden zu schützen (974 f.). Angesichts
zugeteilt. Vor Ilion gesellen sich zu den ho- 40 der Leiche will er sich das Leben nehmen,
merischen, z. T nochmals erwähnten Taten wird aber von den Umstehenden daran ver-
{Tzetz. Hom. in = II. Z 31; Tzetz. ib. 181 f. hindert; laut klagend stürzt er sich auf den
= 0 274 f.; 300 f.; 321; Tzetz. Alleg. S 75 Toten, der ihm mehr wert ist als da-
= Ä 515) neue Verrichtungen Die Zahl der heim die Eltern {Quint. Smyrn. 5, 500 f.;
von ihm erlegten Feinde, bei Homer etwa fünf- 518 f.); hierdurch gerührt sichert selbst Aga-
zehn, erhöht sich bis auf dreißig (Hygin. fab. memuon der Tekmessa seinen Schutz zu (559 f.).
114; vgL auch Om7?ier, Anecd. Paris. 2, 218). Odysseus will dem Aias die Waffen Achills
Manchmal kämpft er als Lanzenschwinger: bei mit ins Grab geben, womit die Griechen ein-
dem siegreichen Vordringen des Eurypylos, verstanden sind ; nur Teukros lehnt es ab, weil
der den Troern zu Hilfe kommt und Nireus, 50 ja gerade dieser ihm vorenthaltene Siegespreis
den schönsten Griechen, sowie den Arzt Machaon die Ursache seines Todes sei {Philosirat. Heroic.
tötet, ermutigt Teukros seine Landsleute, die 12,3; 2, 189 Äat/ser). — Vielleicht haben Epiker
beiden Leichen zu bergen {Quint. Smyrn. 6, und Mythographen manche solcher Züge den
435 f.); er selbst schleudert seinen Schaft gegen zahlreichen Dramen entlehnt, die des Teu-
den Schild des Aineias (545 f.); ebenso betätigt kros Verhalten an Aias' Leiche vergegenwär-
er sich im Handgemenge am Simoeis wieder tigten. Vorhanden ist allein noch Sophokles'
als Speerwerfer (11, 356 f.); daher sein Beiwort Aias, wo er sich zuerst gleichfalls in lautem
iv^uslirig (6, 546; 11, 357). Doch meist tritt Jammer ergeht (974f.; 992f.), aber dann, gegen
er, wie bei Homer (s. 0.), als Bogenschütze Aias' Widersacher männlich auftretend (1044 f.;
auf, und obwohl ihm in dieser Kunst berühmte 60 1223 f.), wirksamer als durch Klagen seine
Nebenbuhler, wie Odysseus, Meriones, Mene- Bruderliebe beweist und, als Odysseus gegen
laos und Philoktet, zur Seite stehen {Dict. Cret. jene hochherzig Partei ergreift (1316 f.; 1381 f.),
3, 1), so behauptet er doch, wie in der llias nunmehr dem Toten mit dessen Witwe und
(s. 0.), seinen sprichwörtlichen Ruhm; vgl. Söhnchen zu ehrenvoller Bestattung verhilft
Arrian. Kyneg. 36, 1: xo^i'n.mxaxog xcbv (1402f.). Aus seiner Rede gegen Agamemnon
^EXXT^vGiv. Lukian Hermot. 28: 6 'O^riQi-Kog (1266f.) ist, in etwas veränderter Form, v. 1313
To|drr]ff, u. Parasit. 46. Nonn. 28, 60: 6t- geflügeltes Wort geworden, vgl. ^posfo^ 15,52
GxevxriQ. Tragic. fragm. adesp. bQd Nck.^ ^.952. {v. Leutsch, Paraemiogr. 2, 642) und Ail. Arist
411 Teukros (Sohn des Telamon) Teukros (Sohn des Telamon) 412
46, 287. Alle andern einschlägigen Tragödien ist kein griechisches Original nachweisbar;
sind verloren: Aischylos' U-nXiov ycgiaig und nach den Bruchstücken ist der Inhalt klar:
GQfjaoat {Welcker, Tril. 440 f. und Kl. Sehr. „es stand einem argwöhnischen greisen Vater
8, 276), Ästydamaa des Jüngeren Attt^ nai- ein unschuldig geschmähter Sohn gegenüber,
pößsvog^ Karkinos' und Theodektes' Atag tapfer und großmütig das Unrecht ertragend"
{Welcker, Gr. Tr. 1060, 1078), ferner Livius {Bihbecl, Rom.lJichtuiUf l\'M;y^\.JtTr.im{).
Ändronicus' und Ennius' Aiax {Ribbeck, JR. Sodann war dieser die Haupt- und Titelper-
Tr. 26, 181 f.), l\icuvius und Accius' Armo- sou in Sophokles' 7'svxQog (Welcker, Gr. Tr.
rum iudicium (218 f.; 368 f.), Julius Caesar 191 f.), einem Stück, das woniger aus den
Strabos Tecmessa (614) und Kaiser Augustus' lo Fragmenten als aus einer freilich uuch ver-
Aicix. Von den zahlreichen Tsvxqos oder lorenen, aber im Altertum berühmten Nach-
T(M*ccr betitelten Stücken behandelten wohl dichtung, dem Teucer dos i'acwyttts, be-
die meisten seine Heimkehr (s. u.); nur in kannt ist {Ribbeck, R. Tr. 223 f.; R. 1). 1',
einem Ton Aristoteles {Rhet. 2, 23 p. 1398 b 8; 168 f.). Teucer hat dem Vater nicht nur den
8, 16 p. 1416 b 1) erwähnten Tfiüxpof, der mehr- Tod des Bruders, sondern auch den Verlust
fach dem Tragiker Nikomachos zugeschrieben von dessen kleinem Sohne Eurysaces zu er-
wird {Wdcker 1013 f.; Ribbeck 374 f), entspann klären, der ihm auf einem andern Schiffe im
sich ein heiliger Wortstreit zwischen ihm und Seesturm abhanden gekommen ist ; Telamo
Odysseus: letzterer wies die Beschuldigung aber „sagt sich, ehe er nicht den verlorenen
jenes, er habe den Aias im Walde ermordet, so Enkel wieder hat, von dem Bastard, der seinen
siegreich zurück, ein Stoif, den später die Stamm vernichtet habe, los und stößt ihn in
Rhetorschule fleißig bearbeitet hat {Quintil. die Verbannung". Für den Verstoßenen ent-
4, 2, 18; Comific. ad Herenn. 1^ 11, 18). zündet die schwererregte Mutter einen hef-
Wie andere griechische Führer, rüstet auch tigen Parteikampf der Freunde, die den Alten
er seine Mannen gegen die Amazonenkönigin vom Throne stürzen wollen: da tritt hochherzig
Penthesileia (T^fte. Po5<Ä. 83f.); nach seiner und pietätvoll Teukros selbst für den Vater
eigenen Erzählung erntet er dabei Lob durch ein und verläßt die Heimat freiwillig mit der
die Tötung vieler Feinde {Gramer, Anecd. Paris. Losung: Patria est ubicunque bene est {Ribbeck,
2, 218); auch an der Bekämpfung Memnons R. Tr. 231; vielleicht nach Sophokles' Drama;
nnd seiner Inder und Äthiopen nimmt er teil so vgl. auch ^r. P/wi. 1151). Ions Ttv-ngog {Welcker
(2, 219 f.) und wird mit Entsetzen Augenzeuge 953), Euaretos' gleichnamiges Stück {C. I. A.
der Ermordung Achills durch Paris (220 f.). 2, 973, 7) und Livius Andronicus' Teucer (Rib-
Sodann gehört er zu den Helden, die sich im beck 40) liefern in ihren Resten und Erwäh-
Hölzernen Rosse verstecken {Quint. Smyrn. nuogen keinen Ertrag; über den wesentlich
12, 322. Triphiod. 170. Tzetz. Posth. 646); an andern JnhaXt von Nikomachos' TtvxQoga.o. —
dem Bronzebild des Pferdes auf der athenischen Die Bucht Phreattys am Peiraieus, wo er von
Akropolis sah man, wie sich Menestheus, Teu- einem Schiffe aus seine Reden gehalten haben
kros und die Söhne des Theseus, offenbar im sollte, diente noch später dem schon einmal
Begriffes zu verlassen, herausneigten {Patts. 1, freigesprochenen Angeklagten als Verteidigungs-
23, 8; 8. u.). 40 statte {Paus. 1, 28, 12; vgl./. H. Lipsius, AU.
Seine Treue gegen den Bruder findet bei Recht u. Rechtsverfahren 1, 130 A. 32).
der Heimkehr nach Salamis, die vielleicht So zieht er denn in die Ferne. Sein Auf-
schon in den Noazoi des Epischen Kyklos er- bruch gewinnt ein feierliches Gepräge bei Äor. (7.
zählt war {Welcker, Gr. Tr. 191), einen üblen 1, 7, 21 f. Zuerst begegnen wir seiner Spur in
Lohn und erspart ihm nicht den schlimmsten Sidon, wo Dido, lange vor ihrer Flucht nach
Empfang durch den Vater. Die Erinnerung an Libyen, von ihm Trojas Fall und die Helden-
dessen unerbittliche Strenge hat die Söhne taten der Griechen wie der Troer erfährt ( Verg.
während des ganzen Krieges begleitet (s. d. Aen. 1, 619 f.). Mit Hilfe ihres Vaters Belus,
Art. Te/amon Sp. "223 f.). So gewärtigt Teukros des Königs von Phönicien, erobert er darauf
an des Bruders Leiche den Vorwurf des zor- 60 Cypern {ib. 621 u. Serv.); zunächst landet er
nigen Alten, aus Feigheit oder gar aus Tücke, dort an einer seitdem als kxcciätv äv.xri be-
um nunmehr als alleiniger Erbe auftreten zu zeichneten Küstenstelle {Strab. 14 p. 682) und
können, habe er Aias im Stiche gelassen {Soph. benennt die von ihm neugegründete Stadt nach
Ai. 1008 f.); gilt er doch auch der auf ihn er- seiner heimatlichen Insel Salamis. Seine Aus-
hiiteiten K&88a>udi&9\B 6 n uT Q io V (pov£vg{Lyk. Wanderung und Ankunft auf Cypern: Marmor
^Z.463, nach der besten Lesart; vgl. auch T^ei^.u. Partum, Ep. 26, p. 10 Jacoby. dccp' ov [üaXa-
Schol.). Überdies verargt es ihm der Vater, daß ^Iva xriv iy'\ Kvtcqo) TsvKgog mixiGav, hr}
«r nicht wenigstens die Asche des Aias mitge- PHHHHAAAnil (= 938) ßaöiXsvovrog 'Ad-rivmv
bracht habe {Serv. Aen. 1,619). Die unglückse- J7]iiocpä)vtog. Pind. Nem. 4, 46 u. Schol Aisch.
lige Eeimkehi hehdj[ide\ten Aischylos' UaXuiLi- 60 Pers. 895. u. Schol. Soph. Ai. 1019 f. u. Schol.
viai, das dritte Stück der einen Trojanischen Eur. Hei. 147 f. Isokr. 2, arguin.; 3, 28; 9, 18 f
Trilogie {Äschyl. Tril. 439 f.; s. o.). Einen Hin- Paus. 8, 15, 7. Menandr. inid. bei Spengel,
weis auf diese Tragödie erkennt man bei Aristo- Rhet. Gr. 3, 357. ' Tzetz. Lyk. 447 f. u. Schol.
phanes, Barg. 1041, in dem für den Helden Eustath. II. p. 285, 14. Cic. Tusc. 5, 108; d.
charakteristischen Ausdruck Tiv-ngav d-v- Gr. 2, 193. Ov. Met. 14, 696 f.; 760. Pont.
yi^oXBovxoiv, was, nach dem vorhergehenden 1, 3, 80. Velh 1, 1. Tac. Ann. 3, 62; lustin.
IlaxgöxXoiv, nur heißen kann: „löwenmutiger 44, 3, 2. Dict. Cret. 6, 4; vgl. auch Engel,
Männer wie Teukros". Für Ennius' Telamo Kypros 1, 212. An den neuen Wohnort bringt
413 Teukros (Sohn des Telamon) Teukros (Sohn des Telamon) 414
er kvie^sgefsuK^eue TroGT mit (Athen. 6 p. 266h). linj? .auf Ai^ina. Hier landet Teukros mit
Vielleicht ist der dortige Zeuskultus mit seinen seinem Netten, den er früher unterwegs ver-
Menschenopfern von ihm gestiftet {Lactant. loren (s. o.), dann aber wiedergefunden hat,
diviri. insHt. 1, 21, 1; vgl. auch Tac. Ann. 3, erkennt den hilflosen (Jreis, besänftigt dessen
62. Uegesandr. bei Athen. 4 p. 174 a = Müller, Zorn durch die Uückgabe des (wohl schon er-
fr. hist. Gr. 4:., Ai9 : Zsvg GTtXccyxvoto^iog. Gruppe wachscnen) Enkels und Hetzt den Vertriebenen
335,15). Er heiratet sodann Ei;?] (oder fJ-övrj), aufs neue als König und den Eurysaces zu
die Tochter des eponymen Königs Kyp res (s.d.) seinem Thronerben ein. Dunkel bleibt dabei,
und Enkelin des Kinyras (s. d.), und erzeugt ob er selbst nach Cypern zurückkehrt. Erscheint
mit ihr die Aster ie {Tzetz. Lyk. 450). Nach lo er liier als selbstloser Eriedensstifter, so sucht
einer andern Genealogie ist Kinyras' (nicht er, nach einer andern Überlieferung {lustin. 44,
mit Namen genannte) Tochter die Gattin des 3, 3 f.; s. auch d. Art. Telamon Sp. 226), im
Teukros, und von diesem Paare leiteten die Gegenteil selbst die väterliche Krone zu ge-
Könige von Cypern ihre Herkunft ab und winnen. Auf die Kunde von Telamons Tode
hießen nach dem Ahnherrn Tsv-tigidcci {Paus. kehrt er nämlich aus Cypern nach der heimat-
1, 3, 2; 2, 29, 4; zu ihnen gehören Euagoras liehen Insel zurück; von Eurysaces, der die
und sein Sohn Nikokles, deren Herkunft aus Herrschaft bereits angetreten hat, abgewiesen,
Teukros' Geschlecht bezeugt wird bei Isokr. 2, wendet er sich nach Spanien: zuerst besetzt
argum.; 3,28; 9, 18f.). Ein Sohn des Teukros, er die Gegend des späteren Neukarthago
Namens Aias, gilt für den Gründer von Olbe 20 {lustin.: uhi nunc est Carthago Nova; nach Sil.
in Kilikien: noch zu Augustus' und Tiberius' Jtal. 3, 368; 15, 192 ist er sogar Gründer der
Zeit hießen die meisten Glieder der dortigen Stadt: Carthago Teuere fundata vetusto), wan-
priesterlichen Dynastie Tev^qoc i] Atavrsg dert aber dann nach der im nordwestlichen
(Strab. 14 p. 072); offenbar wechselten in der Winkel der Halbinsel gelegenen, nachmals von
Herrscherfolge die beiden Namen ab. Ein Teil Kelten bewohnten Landschaft Gallaecia (oder
Kilikiens, t] TqccxbIcc genannt, wo JPompejus Gallaecia) aus, siedelt sich hier an und gibt
kriegsgefangene Seeräuber ansiedelte, hieß ge- dem Volke (wohl nach sich) den Namen. Nach
radezu: i] xov Tsvxqov dwccötsicc y.al Asklepiades von Myrlea bei Strab. 3 p. 157
IsQcoavvri. Inschriftliche Belege für das Fort- {Müller, fr. hist. Gr. 3, 301) sollen Kriegsge-
leben dieser Heroennamen auf Cypern und 30 fährten des Teukros {r&v fistä Tsv-hqov otqu-
in Kilikien bei Gruppe 329, 5 ; Kretschmer, Ein- tsvaccvvcov rtva?) dort {iv KaXXaiy,ols) sich nie-
leitung in d. Gesch. d.gv.Spr. 190; Degen 57 A. dergelassen haben; doch erlaubt der Wortlaut
4u. 5; Beloch, Gr. Gesch. 1^, 97 A. 2; Vürtheim, der Stelle nicht, die dortigen St'Mte "EXXTivsg
De Aincis origine cultu patria, Leiden 1907, und 'A^cpiloxoL für Gründungen dieser Gefolgs-
S. 54; Paulg-KroU, Suppl. I.Heft Sp. 34; Jahrb. mannen oder gar des Teukros selbst zu halten
d. Arch. Inst. 24 (1909), 434 f. In der Erzählung (gegen Hübner b. Pauly -Wissowa 3, 1367 u.
bei Ov. Met. 14, 698f. stammt die hartherzige 1, 1937 f.). An einer dritten Stelle Spaniens,
cyprische Jungfrau Anaxarete (s. d.) aus Teu- in Gades {Fccdsiga), zeigte man als Reliquien-
kros' edlem Geschlecht, vgl. auch Hermesianax stück den goldenen Waffengurt des Telamo-
hei^ Anton. Lib. 39. 40 niers Teukros {Philostr. vit. Apoll. 5, 1; 1, 167
Über seine letzten Schicksale gehen Kayser).
die Zeugnisse weit auseinander. Unter Aristo- Soweit bei der Verschiedenartigkeit der
teles' Namen haben wir ein Epigramm auf Quellen von einem Gesamtbild die Rede sein
den in Cypern bestatteten Telamonier kann, ist Teukros ein Held von kriegerischer
{Bergk, Lyr. 2*, 340; s. o.). Hiernach ist er Tüchtigkeit und ausgeprägter Liebe zu
bis an sein Ende dem neuen Vaterland treu Vater, Bruder und Heimat. Farblose epi-
geblieben. Dagegen hören wir anderwärts von sehe Beiwörter: a^v^icov {Quint. Smyrn. 5, s. o.
seiner Rückkehr nach Salamis, die sich nach II. f) 273), ccvtld'sog (12, 322) und datcpQOJv
den verschiedenen Berichten ganz verschieden (8,311); außerdem s. o. iv[insXir\g 6,546; 11,
gestaltet. Unterwegs hat er, wohl bald nach so 357); Q-viLoXiav {Ar. Bccxq. 1041). Daß er ein
Trojas Zerstörung, deren Chronologie hier nicht angesehener Typus der Tragödie war, ergibt
recht klar ist, an der Küste von Troas eine sich auch aus Antiphanes' fr. 191, 22 (Kock,
Begegnung mit Achills Sohne Pyrrhos {Cra- Com. 2, 90 f.), wo er, zusammen mit Peleus (s.
mer, Anecd. Paris. 2, 216. 221); dieser hat auch Hör. A. P. 96. 104), als tragische Person
die Asche des Telamoniers Aias neben dem gewissen Charakteren der mittleren Komödie
Grabhügel seines Vaters Achill beigesetzt; zum gegenübergestellt wird. Gewiß spielt er in
Danke hierfür erzählt ihm Teukros beim Mahle vielen Stücken als Kontrastfigur oder als Deu-
die Ereignisse des Krieges kurz vor dem Tode teragonist, besonders aber in manchen als
des Peliden, darunter auch seine eigenen Taten Titelheld eine bemerkenswerte Rolle; immer-
(s. 0.); nun erst setzt er die Fahrt nach seiner 60 hin hat es bei dem Urteil des Philostratos,
Heimat Salamis fort. der ihn bei der Besprechung homerischer Hel-
Sophokles' EvQvöd-arig {WeJcker l^lt.; s. den und ihrer Körperstärke nur zu den Mittel-
auch d. Art. Bd. 1, Sp 1430), wohl als drittes mäßigen {iv tolg ^eöOLg r&v 'Axcci&v)
Stück zu derselben Trilogie zu rechnen wie rechnet {Heroic. 12, 3; 2, 189 Kayser), in kör-
Atccg und Tsvxgog (s. o.), sowie ferner Accius' perlicher wie geistiger Beziehung auch für die
Eurysaces {Ribbeck, B. Tr. 419 f.; B. D. 1*, nachhomerische Literatur sein Bewenden.^
180) zeigten den alten Telamon aus seinem Dies der Bestand der literarischen Über-
Reiche vertrieben und als armen Flucht- lieferung. Doch das Bestreben, jene Mythen zu
415 Teukros (Deutungsversache) Teukros (Deutungs versuche) 416
verstehen, macht hier nicht halt. Freilich dilr- Nebengattin des Telamon auf. Dieser ist näm-
fen Deutungsversuche, die ihnen gewidmet lieh gleichfalls auf die Wanderschaft gegangen.
Bind, eben nur als Versuche gelten. auf Aigina dem Aiakos angekindet worden
Beide Helden, die Teukros heißen, werden und, nach mancherlei WechsoltVillen (s. d. Art.
von der Überlieferung in einen direkten ver- Sp. 21 6 f.), auf der Nachbarinsel Salamis /ur
wandtschaftlichen Zusammenhang gebracht; Herrschaft gelangt {BusoU, Gr. Gesell. 2', 215
ein solcher besteht ja auch nach der wissen- A. 1). Ein naheliegender, durch den athenischen
schaftlichen Auffassung der Sage; nur ist er Nationalstolz bedingter Anachronismus ver-
ganz anderer Art, als der von der Dichtung schafft diesem Eiland schon für das Helden-
aufgestellte Stammbaum vermuten läßt. Die lo Zeitalter die Zugehörigkeit zu Attika und macht
Heldensage hat — so nimmt man jetzt an — so den Telamon samt seinen berühmten Söhnen
den jüngeren Teukros früher geschaf- zu Stamraheroen auch für das attische Fest-
fen. Dieser ist, wie sein Bruder Aias, nicht land (77. B 568 mit Schol.; Soph. Ai. 202 u.
auf der Insel Salamis zu Haus, wie es für 861 mit Schol.; Töpff'er, Att. Geneal. 270 f. ;
letzteren nach dem spilter entstandenen Schiffs- 274 f.). Jene Gattin aber, die später seines un-
katalog (ß 657) scheint, sondern bei Homer ebenbürtigen Sohnes Mutter werden soll, er-
heimatloB {Ed. Meyer^ Gesch. d. Altert. H beutet er als Herakles' Kriegskamerad auf
S. 646); er stammt aber wohl aus dem opun- einem Zuge nach Asien; denn Hesioue heißt
tischen Lokris, wo beide Aias aus einer die „Asiatin" {Degen 66; Ed. Meyer I 2'
einzigen Gestalt erwachsen sind {Gruppe, 2o S. G69). Während demnach bereits das älteste
Mythot 613; SlO; Vürtheim 13 f.; 134; Beloch Heldenlied den Teukros mit seinem bedeuten-
1", 185); oder der Telamonier ist eine gestei- deren Bruder als Kämpfer vor Troja kennt
gerte Nachbildung des Lokrers {F. Cauer, IIb. und feiert, tritt erst nachträglich, gleichsam
JoÄrb. 1905, S. 11 f.). Der Uraias ist ein Gigant dem Parallelismus zuliebe, ihr Vater 'ielamon
{Vürtheim 87 f.). Die ursprüngliche Einheit der auf den Plan, um durch die erste Eroberung
beiden AHavrs wirkt noch darin nach, daß sie Ilions den Söhnen als Muster voranzuleuchten,
bei Homer meist gemeinsam auftreten und Nach dem Trojanischen Kriege gelangt, wieder
vereint kämpfen {Vürtheim a. a. 0.); Teukros auf dem Wege der Kolonisation, Teukros' Kuhm
femer, der sich hier oft zu ihnen gesellt (s. o. von Salamis nach Rhodos und Kreta (Grwppß
Sp. 407), ist gleichfalls aus jenem opuntischen so 642, 11; 269); zumal wegen seiner Schützen-
Dämon hervorgegangen; als Bogenschütze würde kunst gilt er den Kretern als stammverwandt
er sich überdies besonders zum Führer der mit und ist ihnen vertraut (s. u.; vgl. auch Hör.
Bogen bewaffneten Lokrer eignen {IL iV 715 f.); C. 4, 9, 17). Rhodier bringen dann seinen Namen
wird doch sogar sein Name abgeleitet von nach Olbe in Kilikien (s. o. Sp. 41i^), wo
rvx-, treffen {Vürtheim 24; s. u.). Telamon dieser sehr üblich wird {Kretschmer, Einl. in
(8. d.) ist noch gar kein Held der älteren Sage ; d. Gesch. d. griech. Spr. 190); und als von
weder bei Homer noch in Hesiods Katalogen dort Ansiedler nach Cypern kommen und eine
wird er erwähnt; auch darf man ihn wohl gar Stadt Salamis vorfinden {Busolt 1*, 321), schrei-
nicht als den Vater der homerischen Brüder ben sie deren Gründung ihrem auf der g-leich-
auffassen, sondern er ist identisch mit einem 40 namigen Insel ansässigen Nationalhelden zu,
Giganten, der sonst auch als Atlas, Tantalos dessen Name aus Kilikien bereits hierher
oder Prometheus erscheint (s, d. Art. Telamon gedrungen ist {Beloch 1*, 97 A. 2). Seine Ver-
Sp. 230 u. Degen 58). Nicht weil die beiden bannung und sein rührender Auszug aus der
Brüder seine Söhne sind, sondern weil sie Heimat wird dann erst von der Sage als Mittel-
unter seinem Schutze stehen, heißen sie TsXa- glied in seinen Eilebnissen gefühlvoll ergänzt.
iLa}vi.OL {P.Girard, Aiaxfils de Telamon, Bevtie Mehrfach sind für die Weiterbildung solcher
des Etudes Grecques 1905, S.l f.; Vürtheim 52 f.); Wanderungs und Gründungssagen Kulte maß-
ßpäter erst ist dieses Adjektiv patronymisch gebend, so der kilikische Zeuskult in Olbe
aufgefaßt und dann weiterhin so verwendet und der cjprische in Salamis (s. o. Sp. 412 f.).
worden {Soph. Ai. 134: Telafimvis ital. Quint 50 Bisher ist nur von dem jüngeren Teukros,
Smyrn. 4, 227: TiXa^mviog vi6s. Vgl. Ov. Met. dem Griechen, die Rede gewesen. Aus ihm hat
13, 194). Mit Kolonisten sollen die Sagenge- sich, nimmt die moderne Forschung an, der
stalten des Aias und des Teukros in den Pelo- Troer Teukros erst entwickelt {Degen 64 f.).
ponnes imd nach dem Saronischen Golf Die Troer werden von den Späteren vielfach
gelangt sein {Gruppe 613; Vürtheim 25. 52. mit Kreta in Verbindung gesetzt, vor allem
130). Während nun bei den Lokrem der Gigant wegen des beiden gemeinsamen Idagebirges
Aias in dem kleinen Aias fortlebt, faßt der {Ed. Meyer I 2* S. 658); ferner wird der tro-
große auf der Insel Salamis festen Fuß; und janische Kybele- und Korybantenkultus aus
wie dem Lokrer ein natürlicher Halbbruder Kreta hergeleitet und mit jenem auch das
in Medon (s. d. imd Vürtheim 25) beigegeben 60 Smintheusheiligtum in Beziehung gebracht
wird, so tritt neben den andern Aias der {Degen 46). So landet denn Teukros in Troas
Bastard Teukros; zur Erklärung des Namens (s. o,) und wird hier als siegreicher Eroberer
benutzt sogar Moritz Schmidt die Glosse des des Landes nachmals der Königsliste einver-
Hesychios (4,149): tsvxQog- ccÖElcpbg vod-og leibt. Da aber die Sage einen einheimischen
(fl. u.). Seine uneheliche Geburt wird aber nun Herrscher Ilions, das sich trotz seines zwei-
erst durch Einführung einer ausländischen, maligen Falles auch in der Erinnerung der
nicht vollbürtigen, weil kriegsgefangenen Mutter Griechen stets besonderen Ansehens erfreut,
erhärtet. Damit taucht Hesione (s. d.) als lieber sieht als einen zugewanderten Fremd-
417 Teukros (Deutungeversuche) Teukros (Etymologie) 418
ling und Unterdrücker, so macht ihn eine Bb. Jahrb. 1901, S. 667 f ; 66H; 673 f.). Gerade
andere Form der Überlieferung,' zum urein- für den Troer Teukros ist zwar diese Lehre
geborenen König, ja zum Ahnherrn der troi- Bethes namentlich von O. Crusius {Süzungsber.
sehen Königsfamilie (s. o. öp. 403); offenbar d. Bayr. Akad. d. Wüs,, phil.-histor. Kl.,
ist für h'tzteres der Grund, daß durch die 11)05, 8. 77«if.; vgl. Vürtheim 62 f. u. Gruppe,
Autorität der Utas (T 21i)f.; 23Uf) von Dar- Burs. Jahresher. Bd. 187 S. 122) lebhaft be-
danOf» an der Stammbaum des Herrscherhauses kämpft worden. Aber bei der hiermit in Zu-
ber^its unverrückbar feststeht und Teukros samnienhang stellenden Betrachtung des Volkes
mithin nur vor Dardauos unterzubringen ist. der Teukrer und seiner Wanderung von West
Bereits vorher ist, nach dem Muster der rho- lo nach Ost (s. u.) wird die Bethesche Theorie
dischen Andromedasage {Tümpii, 1^ leckeis. eine Stütze finden. Hier muß der Hinweis auf
Jahrb. Supplbd. 16, 199 f.; (Uruppe 848; Vürt- die schon berührte Tatsache genügen, daß
heim öO) Hesi^ne, ihre Aussetzung durch ihren Athens Dichter und Lokalhistoriker, gewiß
Vater sowie ihre Errettung durch Telamon in unter dem Einfluß des alten Epos {Gruppe
die Erscheinung getreten (s. Weicker b. Bauly- a, a. 0.), ihre Vaterstadt mit dem auch nach
Kroll 8, 1241), und in dem J^ohne dieses seinem Sturze hocbberühmten Ilion zu ver-
Paares, dem Telamonier Teukros, hat sich das knüpfen suchen und diesem Streben schon
Blut des troischen und des griechischen Hei- vorhandene P'ormen der Heldensage unbe-
dengeschlechts gekreuzt {Prell er , Gr. Mythol. denklich und nicht ohne Willkür zum Opfer
2^, 40ö). Damit ist, woran auch sonst der Sage 20 bringen.
viel liegt, zwischen den beiden gleich- Dies sind Versuche zur Erklärung von Wesen
namigen Heroen ein Verwandtschaft- und Herkunft des jüngeren wie des älteren
liches Band hergestellt. Während also in Teukros. Besonders viel Einfluß auf die Wan-
Wahrheit — oder doch wahrscheinlich — der derung der beiden Heroen darf man der atti-
Kreter Teukros fern im Südosten der Griechen- sehen Überlieferung und der rhodischen Sage
weit von dem salaminischen Flüchtling und beimessen. Durch jene gewinnt der Troer
nachmaligen cyprischen Kleinfürsten erst ins Teukros einen wenn auch lockeren und künst-
Leben gerufen worden ist, wird er, als ältester liehen Zusammenhang mit Athen; diese führt
König von Troja, Hesiones Ahnherr und so, den Telamonier erst nach Süden und zuletzt
durch künstliehe Verknüpfung, der Stammvater 30 nach dem äußersten Westen {Gruppe 643, 4),
des Telamoniers. Zugleich ergibt sich dabei wo er den Tod und sein Grab findet,
zweierlei. Einmal hat diese Verbindung den Zur Etymologie des Namens sind schon
Erfolg, daß der nur scheinbar troische Name zwei Deutungen erwähnt worden: die Herlei-
Teukros in Troja erklärt wird (>F(^^■c/l•er a. a. 0.): tung von tvx-, xvy%ävsiv., treffen, wo-
er stellt sich damit stillschweigend als ein nach das Wort den treffsicheren Schützen
echtgriechischer und dorthin übertragener her- bezeichnen würde ( Vürtheim 24), und die Be-
aus (s, 0. und Degen 62), wodurch sich Ablei- nutzung der Hesychiosglosse : tsvxQog' äisX-
tungen des Wortes aus andern Sprachen er- cpbs vöd'og, darnach hieße Teukros der un-
ledigen (s. u.). Wichtiger als die Erfüllung eheliche Bruder oder allgemein der Bastard
dieses eigentlich nur sprachlichen Zwecks 40 (iHoni^ Schmidt, Hesych. 4, 149). Von einer
ist der Sage die Befriedigung einer natio- ifes^/c/nosstelle geht auch eine dritte Erklärung
nalen Tendenz gewesen, nach der „Teukros aus; es heißt da:
■ein Band zwischen den Troern und den Er- ^n ~ <: n^ ~ ^ . /
oberern Trojas sein und diese als Abkömm- ^^!^^«^' !'' Tgco^^^^ccl gl uoinxai.
linge der echten Heroen kennzeichnen sollte« rsvY^QOV Trotrjr^r.
{Gruppe, Berl Fhilol. Wochenschr. 1908, S. 688). rsv^rnQos' ^oi^xov.
Als besonders mächtig hat sich, hier wieder Hiernach leitet Degen (S. 62) den Namen
der attische Einfluß erwiesen. Er hat den von tvx-, xhv%iiv., fertigen, erfinden ab
kaum auf Salamis heimisch gewordenen Tela- und übersetzt ihn mit Künstler (opifex). Sohn
mon und seine Söhne für Attika gewonnen 50 einer Hesione (s. d. unter 2) ist nämlich auch
{s. 0 ), aber auch den Erichthonios in die troische Palamedes (s. d); er heißt nach Weicker ur-
Königsliste eingefügt (jEscÄer &. PömZ*/ TFVssotüa sprünglich TlaXoi.\ia — ju-rjdr]?, was den Hand-
<5, 440). Nicht genug damit. Früh hat der fertigen bedeutet, und ist namensverwandt mit
attische Gau Xypete die Bezeichnung äfj^og Palamaon (s. d.), dem Vater des Künstlers
Tqcocov oder Tgoicc erhalten (s. o. Sp. 405 f. u. Daidalos, und mit Palaimon (s. d. unter 3),
Steph. Byz. s. Tqolcc), wozu gewiß das älteste einem Sohn des Hephaistos. Diesem Gotte sind
Epos mitgewirkt hat; ägxcav wird hier der alle drei fast gleichnamigen Heroen sehr ähn-
Sage nach der Held Teukros. Seine von dem lieh, ja angeblich mit ihm dieselbe Person;
Atthidographen Phanodemos berichtete Wan- vgl. Fick--Bechtel, Griech. Personennamen 405.
■derung von Attika nach Troas (s. o. Sp. 405) 60 Falls nun auch TsvKQog nach der Hesychios-
stellt, im ausdrücklichen Gegensatz zu der glosse der geschickte Arbeiter und Erfinder
Überlieferung von "Teukros' kretischer Her- heißt, so erscheint, wie man es wenigstens
kunft {Strab. 13 p. 604), ein neues Band zwi- auslegt, auch er als eine dem Hephaistos eng-
schen den hier wie dort wohnenden Völkern verwandte Figur; nach Gruppe {Burs. Jahres-
her. Damit scheint die vielumstrittene Ansicht ber. Bd. 137 S. 490; vgl. Mythol. 1308, 4) ist
Bethes Raum zu gewinnen, nach der die Heimat Teukros „vermutlich ein Kultname für Hephai-
der troischen Helden im griechischen Mutter- stos". Auch G. Curtius {Etymol.^ 219. 507)
lande zu suchen ist {Homer u. d. Heldensage, scheint für die Ableitung des Wortes an xsv-
419 Teukros (Etymologie) Teukros (und die Teukrer) 420
'XHP ZU denken, redet aber beidemale auch von Volk der Troer bei Diodor 4, 76 u. Strah.
xvy%dviiv. Sprachlich mag ja bei dieser Er- 1 p. 61; 13 p. 604; vpl. Eustath. 11. p. 713, 2G,
kläruDg alles klar und in Ordnung sein, und wo ausdrücklich die Namcnsgleichheit bezeugt
nach Hesychio« kann Teukros gewiß Werk- wird; daher ist bei A'a//ma(7<os (/<yw<n. 3, 231)
meister, Ertinder bedeuten. Nur beziehe man, 7Wxpwv, weil durchaus möglich, und über-
wie es doch gerade hierbei geschieht, den dies als Lesart aller Handschriften festzu-
Nameu dann nicht als Appellativum auf einen halten (gegen 0. Schneider). Dagegen nach
der beiden vorgenannten Heroen. Beide sind Steph. Byz. s. l'fvxpoi (s. auch s. yipVrrt'?, s.
Heerfürsten, Krieger. Von einer geistigen oder Ai^ovia^ s. Aivlce) sind für das Volk die oxy-
eigentlichen Verwandtschaft mit Hephaistos lo tonicrten Formen Tfvxpot, 7'erxe 09 die rich-
meldct die Sage nicht das Mindeste. Der Ver- tigeren; sie finden sich bei Hcrodot 2, 114; ö,
gleich mit Palamedes, Palamaon und Palai- 18. 122 u. o., eine Differenzierung, die auch
mon, denen doch entweder erfindsame Ge- der Volksname iQcnxoi neben dem Persouen-
schicklichkeit oder wirkliche Familienzugehö- namen rQulxos aufweist, während bei Boicard?
rigkeit zu großen Künstlern ausdrücklich be- und 'Jiilcrog diese Unterscheidung nicht eintritt,
zeugt ist, beweist also für Teukros nichts. Die Vgl. über die (nur teilweise durchgetülirte)
Identität der beiden Hesione genannten Mütter Veränderung und Wanderung des Akzents bei
(oder gar aller vier! s. d. Art.) ist unglaubhaft; Bedeutungswechsel: Kühner- Blase, Gr. Gramm
überhaupt sollte man in der Mythologie nicht I 1 {5 84, S. 329 f.
alles Gleichnamige identifizieren wollen (noch 20 Ttvxglg alcc {Aisch. Ag. 111) oder nur Tev-
weniger freilich das Ungleichnamige und Un- xp/g {Steph. Byz. s. l'evxgoi) ist Troas, letz-
gleichartige! vgl. darüber GrM|)pc, i^urs. Ja/trcs- teres auch Troja, das altertümlich auch Tsv-
ber. 137, 17). Daher ist die Formel Teukros = xpiov genannt wird; vgl. JJcgen 12 f.
Hephaistos sehr fragwürdig und an der sprach- Die entsprechenden lateinischen Ausdrücke
liehen Erklärung höchstens dies zu billigen, sind Teucri (oft bei Verg. u. Ov.); Teucrus.
daß sie bei derselben Wurzel tvx- und über- — Teucria tellus {Cul. 306) ist Troas; Teucria
haupt bei der Ableitung aus dem Griechischen (Verg. A. 2, 26) Troja. Teucrus ist auch Ad-
verharrt. Denn Versuche, Teukros und Teukrer jektiv: Teucro sanguine (Caitt//. 64, 344); Teucri
aus dem Phrygischen, von nOYKPOI (J?am- viri {Verg. A. 5, 630); Teucrae carinae {Ov.
say, yysterr. JaJiresfiefte 1905, Beibl. 89, vgl. so Met. 14, 72); aber auch Teucrius: Teucria Per-
Gruppe a. a. 0. 623) oder von dem altkreti- gama {Sil It. 13, 36). Wegen ihrer vermeint-
8 eben Volksnamen Tschakara {S. Reinach, liehen Abstammung von den Troern werden
Rev. Archeol. 1910, S. 38; 40 f.) oder gar aus Teucri dann auch die Römer genannt; da-
dem Ägyptischen (s. u.) herzuleiten, bleiben her ist mit Teucro Quirino {Propert. ö, 6, 21)
höchst unsicher. Übrigens fassen alle drei Ab- Romulus gemeint; s. auch Sil. It. 12, 362;
leitungen aus dem Griechischen zunächst nur 13, 70; 17, 348.
den Telamonier Teukros ins Auge — ein Was hat es nun mit den Teukrern für
Beweisgrund mehr für dessen Priorität (s. 0.). eine Bewandtnis? Homer kennt sie noch nicht,
Unter ihnen hat Vürtheims Erklärungs- ebensowenig wie den Troer Teukros (s. 0.);
versuch am meisten für sich, weil er 4o in der Ilias erscheint nur der Grieche dieses
diesen Helden als Bogenschützen kennzeich- Namens. Die erste Erwähnung einer Völker-
net; denn als solcher erscheint er besonders schaft, die Teukrer heißt, begegnet bei Kalli-
häufig in der literarischen Überlieferung (s. 0.) nos (fr. 7, Bergk, Lyr. 2*, 7) : unter dem Kreter
und zumeist auch in der bildenden Kunst (s. u.). Skamandros wandern die Teukrer in Troas
Es wird sich überdies ergeben, daß diese Be- ein (s. 0. Sp. 403f.; JEd. iV/eyer I 2^ S. 659). Dann
Zeichnung am besten auch für das Volk der hören wir erst wieder über sie von Herodot
Teukrer und seinen kriegerischen Charakter (5, 122): nach dem ionischen Aufstand unter-
paßt (s. u.). wirft ein persischer Satrap alle Äolier, die in
Der griechische Name der beiden Hei- Troas wohnen, darunter die Gergithen, die
den zeigt in keinem Kasus irgendwelche Be- 50 Überreste der alten Teukrer {riQyi^-ccg
Sonderheiten, der lateinische hat die dop- xovg vnoXsicpd'ivTag rüv ccQxalav TsvxQöav); in
pelte Nominativform Teucer und Teucrus; vgl. derselben Gegend berührt .Xerxes auf seinem
darüber Neue, Lat. Formenlehre l^ 77 f. u. großen Feldzug r^gyi^ocg Tevxgovg (7,43).
Kxüiner-Holz weißig, Lat. Gramm, l^ 444 f. Die Wenn freilich bei Strab. 13 p. 689 eine Stadt
Form Teucer ist die gewöhnliche und er- in Troas nicht weit von Lampsakos, namens
scheint z. B. bei Hör. C. 1, 15, 24; 7, 21; 4, 9, Gergitha, bezeugt wird (s. auch Bürchner
17; Ov. Met. 13, 167; Vell. 1, 1, 1. Die Form b. Pauly- Kroll 7, 1248 f.: Gergis) und auch
Teucrus findet sich bei Verg. A. 3, 108; weiter südlich an der kleinasiatischen Küste,
Lactant. divin. instit. 1, 21, 1; Epit. 23, 1; s. in Kyme {Athen. 6 p. 266 c; Strab. a. a. 0.)
auch Priscian. 6, 6, 33; 7, 5, 17; Charis. 1,11. 60 und Milet {Athen. 12 p. 524 a), Gergithen oder
Ein Vokativ des Wortes, der interessant wäre, Gergethen als Teile der dortigen Bevölkerung
kommt im Lateinischen nirgends vor; vgl. aber erwähnt werden, so geschieht dies ohne Nen-
Ov. Fast. 1,471: Euander (Nom.J; Verg. A. nung der Teukrer. Dagegen wird man unter
11,56: Euander (Voc); 8,100. 186 u. ö.: den Gerginern (rgpytroO in Cypern das näm-
Euandrus; 10, blb : Euandre. — 10, 301: Thym- liehe Volk wie jene Gergithen oder wenigstens
ber (Nom.j; v. 394: Thymbre. " deren Stammverwandte zu verstehen haben (so
Tbvxqol, wie die beiden Helden, heißt Ed. Meyer a. sl. 0.; anders De^ren 60, der Ger-
auch das nach dem König Teukros benannte githen und Gerginer durchaus voneinander
421
Teukros (und die Teukrcr)
Teukros (Bildwerke;
422
trennt), weil diese bei Athen. ('» p. 256 c in
Verbindunt? mit den gefangenen Troern ge-
nannt werden, die der verbannte Teukros mit
eich führt und dort ansiedelt («. o.). In V^or-
derasien (Troas, Kynie, Milet, Cypern) werden
also die Teukrer von den älteren Gewährs-
männern, Kallinos und Jlewdot^ lokalisiert, und
letzterer bezeugt außerdem, die Paionen in
Thrakien leiteten ihre Herkunft von den
troischen Tcukrern her (5, 13; vgl. Strab. 7
p. 331); die Bithynier Kleinasiens ferner
tseien nach ihrer eigenen Erzählung aus Thra-
kien von den Teukrern und Mysern vertrieben
worden (7, 75); endlich, diese beiden Volks-
stämme seien über den Bosporus nach
l'luropa gewandert und westlich bis ans
lonischie Meer, südlich bis an den Peneios
vorgedrungen (7, 20). In dieser Darstellung
Hcrotlots erkennt jedoch die moderne Ethnologie
einen entschiedenen Irrtum: nicht aus Klein-
asien, nimmt sie an, sind die Teukrer mit
Paionen und Mysern nach Nordgriechenland
gekommen, sondern aus Illyrien und
Thrakien dahin eingewandert {Tomascheh^
Die alten Thraler 1, 13 f., Ber. d. Wiener Akad.
Bd. 128, S. 63 f.; Brandis b. Fauhj -Wissowa
3, 511 f.; Vürtheim 58) und vonda in Europa
wie in Asien südwärts gezogen. Dort hinter-
lassen sie Spuren ihres Aufenthalts am Peneios,
hier an der Propontis und bei Milet (s. o.).
Auftallig ist dabei, daß in Lokris der Volks-
name verloren geht und nur der Personenname
Teukros sich erhält; doch ist auch hier seines
Bleibens nicht. Lokrer vermutlich bringen ihn
mit Aias nach dem Saronischeu Golf (s. o.).
Und nun beginnt, wie schon erörtert worden
ist, auf dem Wege der Kolonisation die Wan-
derung des Helden namens erst südwärts
nach Rhodos, Kreta, Kilikien und Cypern, dann,
wohl von Kreta aus (s, o.), nach Troas: des
Heldennamens! Denn das Volk der Teukrer
oder doch sein Name ist unterdes in Europa
verschwunden; an der kleinasiatischen Küste
dagegen, wohin gleichfalls einst (von Thrakien
aus) Teukrer gelangt sind, hat er sich erhalten;
hier finden ihn griechische Kolonisten vor
{Vürtheim 61), und so lebt er, begünstigt und
verklärt von der epischen Dichtung, in
Königen, Heroen, ja ganzen Völkerstämmen
wieder auf und gewinnt für das Heldenzeit-
alter eine neue Bedeutung, indem er zu einer
Bezeichnung für die Troer wird, von denen
er sich weit später, wieder unter dem Einfluß
des Epos, auf die vermeintlichen Abkömmlinge
Trojas, die Römer, vererbt. Nach allem bleibt
der Name Teukrer als echtgriechisch zu Recht
bestehen ; wir brauchen ihn weder mit Brugsch-
Pascha {Gesch. Äg. 603), Schliemami {Ilios
825 f.) und Hörnes {Urgesch. d. Menschh. 490)
von ägyptischen Denkmälern herzuholen (s.
dagegen Degen 66; Beloch 1-, 138 A. 2) noch
mit Eamsay {Österr. Jahreshefte 1905, Beibl. 89)
aus dem Phrygischen oder mit S. Beinach
{Rev. Archeol. 1910, S. 38. 40 f.) von den kre-
tischen Urbe wohnern abzuleiten, sowenig es
jemand vom Standpunkt wissenschaftlicher
Sprachkunde billigen wird, daß man die dro-
henden Türken im 14. Jahrhundert die neuen
Teukrer nannte {Gregorovius, Athen im Mittel-
alter 2, 165). Und wenn es sich endlich um die
Etymologie des Wortes Teukrer handelt, so
paßt die für den Namen des Helden bereits
befürwortete Herleitung von tvx-, tretfeu (s. o.)
als Appellati vum aucli zu dem kriegerischen
Wesen des erobernden Volksstammes: noch bei
Homer {N 715 f.) führen die mit den Teukrern
früh verschwisterten Lokrer als Nation alwatl'en
10 Speer und Bogen , ebensowie ja der den Lo-
krrrn früli abhanden gekommene, aber doch
wohl aus ihnen hervorgegangene Held Teukros
in Literatur und bildender Kunst vorzugsweise
der treffsichere Bogenschütze ist (s. o.).
Die bildende Kunst läßt den Troer Teu-
kros unbeachtet, veranschaulicht aber mehr-
fach den Telamonier. Die Denkmäler sollen
hier nach seinem Lebenslauf aufgezählt
werden.
20 Der Abschied der Brüder Aias und
Teukros vom Elternpaare ist dargestellt auf
dem Gemälde einer apulischen Amphora in
Neapel; s. Overbeck, Gal. her. Bildtr. 1, 276;
40 1) Apnlische Amphora ; anwesend: Teukros, Aias, Telamon,
Periboia (nach Overbeck, Gal. Taf. 13, 7).
Taf. 13, 7; Baumeister, DenJcmäler 1, 683; Art,
Telamon in diesem Lexikon Bd. 5, Sp. 235 mit
Abb. 7; vgl. auch C. I. Gr. 4 nr. 7654. Aias
ist durch Beischrift kenntlich, die Namen Tela-
mon und Teukros sind dagegen verwechselt,
die Mutter unbezeichnet; es ist Periboia (s. d.
Bd. 3, Sp. 1962); Teukros' Mutter Hesione
50 bleibt, um der künstlerischen Einheit willen,
außer Betracht (s. o.). Schon im Fortgehen be-
griifen und ausschreitend, schaut Teukros, wie
der Bruder, nach den tiefbetrübten Eltern zu-
rück. Doch bemerkt mit Recht Luclcenbach
{Fleckeis. Jahrb. Supplbd. 11, 545 f.), Teukros,
der — anders als der wohlgerüstete Aias —
seiner sonst üblichen Kennzeichen als Bogen-
schütze entbehre, sei mehr nur als Diener
{axsvocpÖQos vTtriQhr]? oder dsgaTCcov) des Ho-
60 pliten Aias charakterisiert; die ganze Szene be-
zeichne ursprünglich überhaupt den Auszug
eines Schwerbewaffneten und seines mit Hut
und Lanze versehenen Begleiters; s. Abb. 1. —
Um so deutlicher wird Teukros gekennzeichnet
auf einem Vasenbild desselben Gegen-
stands {Gerhard, Auserl. Vasenbilder Taf. 215;
S. Beinach., Bepertoire des vases peints 2, 108 f.):
zwischen einem Greis (Telamon) und einer
423
Teukros Bildwerke)
Teukros (Bildwerke)
424
S) Teukros mit AiM swisohen den Eltern, Vaf>enbild (nach
Gerhard^ Auierl. griechiache Vatcnbilder Taf. S15)
weinenden Frau, die in ihrer Haltung ganz an
Periboia auf dem vorgenannten Vasengemälde
erinnert, stehen nebeneinander, von der Mutter
abgewendet und dem Vater zugekehrt, die
beiden Brüder: Aias mit Helm, Schild und
Lanze, Teukros mit Bogen und spitzer
Ein schlechterhalteuer korinthischer Pi-
nax des Berliner Museums, von Furtnängler {Be-
schreibung der Vaaensammlung des Äntiquariums
7 64; Antike Denhn d. D. Ärvh. Inst. 1, Taf.7, 15)
einer anderen Tonscherbe mit Diomedes* &qi>-
öreia {IL E) angefügt, zeigt den durch die
Beischrift TB gesicherten bogenschießenden
Teukros, den ein Hoplit, ohne Zweifel der
Telamonier Aias, mit seinem Schilde deckt.
10 Eobert {Hermes 86, aöO f.) will das Bild der
beiden Brüder lieber auf 0 330 f. beziehen,
denkt aber auch an andere Szenen, nament-
lich an den Kampf bei den Schiffen (s. u.); s.
Abb. 3.
Das Relief eines etrusk. Sarkophags
vergegenwärtigt einen Kampf, auf den Svoro-
nos {Jahrb. d. Arch. Inst 1886, S. 205 f.) II.
A 401' f.; 544 f. bezieht; vgl Engelmann,
Homeratlas: Utas nr. 61; die eine Hallte ist
20 auch im Art. Odysseus Bd. 3, Sp. 659 abge-
bildet. Im Handgemenge mit Troern bemerkt
man Odysseus und Aias; neben diesem steht
mit Bogen und Pfeilen Teukros, der, auf
einer Muschel blasend, Hilfe herbeiruft;
auf ihn, der in diesem Buche der Ilias nicht
vorkommt, ist vielleicht Eurypylos' Hilferuf
übertragen uud dieser Ruf anachronistisch durch
ein Blasinstrument verdeutlicht {Svoro7ios20S{.).
Epinausimache, der Titel einer Tragödie
phrygiecher Mütze, also in Barbarentracht,
wie sie selbst bei griechischen Bogenschützen
auch sonst auf Bildern erscheint. Beischriften so des Accius {Bibbeck, B. Tr. 355 f.), ist auf der
fehlen; doch ist am Tabula Iliaca {Jahn, Bilderchroniken S. 17,
Gegenstand nicht zu
zweifeln; die beiden
Alten als Phoinix und
Briseis zu erklären,
liegt kein Anlaß vor ;
8. Abb. 2. — Weit
igur
gleiche Szene ge-
Taf. 1) die Unterschrift des dritten Streifens
von unten rechts, der Buch O wiedergibt.
Bogenschießend
kniet Teukros neben sei-
nem Bruder Aias, der ihn
hinter seinem Schilde
deckt, in einem von bei-
den verteidigten großen
staltetauf dem Bilde 40 Schiffe; zahlreiche mit
einer rotfig. Vase Unterschriften bezeich-
nete Troer, besonders
Hektor (v. 415f.; 458f.;
466f.), dringen an; Klei-
tos (v. 445) ist bereits
von Teukros' Pfeilschuß 5) Teukros mit Aias ein
gefallen; S. Abb. 4. — Schiff verteidigend, auf
In ähnlicher Haltung einer Gemme (nach Over-
ist das Brüdei-paar dar- (^eck, Galerie /heroischer Bild-
im Brit. Museum {Va
senkatalog des Brit
Mus. E 16, Bd. 3,
S. 51 f. ; Photogr.
S) Bogenschießender Teukros Mansell; Vgl. Jahn,
(nach Antike Denkmäler d. K. J^^ch. Zeitg. 1852,
DtuUchen Ard,äol Irutitut, Bd. 1, g ^^3 ^ Abhandl. d.
Taf. 7, 15). g^^^ ^^^ ^ ^r^^^
phil-hist Kl Bd. 3, S. 768; C. I. Gr. 4 nr. 7655. 50 gestellt auf einer Gem
Aias (AIAS), ganz gerüstet, nimmt Abschied von me; nach Furtwüngler
einem Greise, der sich auf einen Stab stützt,
wahrscheinlich Telamon. Hinter einem Vier-
gespann, das mehrere teils gar nicht, teils un-
deutlich bezeichnete Personen umgeben, steht
einBogenschütze in skythi seh er Tracht;
daneben die freilich zweifelhafte Inschrift
?T£VK^os.
werke Taf. 17, 9).
4) TeukroB mit Aias ein Schiff verteidigend (nach Jahn, Bilderchroniken,
Tafel 1).
Beschreibung der antiken Gemmen in Berlin
nr. 9615, ist es eine für Stosch (8, 243) her-
gestellte Paste, wahrscheinlich also nach an-
tikem Original; vgl. Overbeck, Gal. her. Bildw.
Taf. 17, 9; Brüning, Jahrb. d. Arch. Inst 1894,
S. 150; Engelmann, Homeratlas nr. 69: neben
dem riesigen Aias, der das Schwert zückt,
kniet im Hintergrund des Schiffes
Teukros, wesentlich kleiner, mit
dem Bogen; s. Abb. 5. Auf einer
andern etwas kleineren Gemme
Stoschs (3, 242), die nach Furt-
wüngler antik und in zwei Exempla-
ren (nr. 4291 u. 4292) vorhanden ist,
soll nach Brüning a. a. 0. Teukros
gleichfalls mit abgebildet sein, näm-
lich wie dort im Kampfe für die
425
Teukros (Kildwerke)
Teukros (Bildwerke)
426
Schiffe begriffen. — Auch uu8 stark trümmer-
haften Relieffraf^menten j?r i c c h i s cii e r S a r k o -
phage erweist Hoheit {Hermes 3ü, 31)3 f.) eine
lliasHzene, und zwar noch am deutlichsten auf
einem spartanischen aus der Kaiserzeit die
Epinausimache: gegen Ilektor und Pulydamas
(0 415f. ; 454 f.) verteidigen Aias (mit Schild und
Schwert) und Teukros das Schiff, letzterer hier
nicht als Schütze, sondern mit einem Stein
bewaffnet, da „der Bogen in der Kaiserzeit lo
(wie auch schon im 5. Jahrh. v. Chr., vgl. Soph. Ai.
1120; 8. 0. Sp. 410) eine viel zu wenig vornehme
Waffe ist, als daß ein Heros ihn führen könnte"
(Robert 402 f. u. A. 1). — Auf einem Getuß der
Münchener Vaseusammlung (Otto Jahn S. 13,
nr. 53) ist eine weitere Kampfszene der
lUas, vielleicht nach Buch n dargestellt: Aias
{AlAAE) steht Hektor gegenüber, zu ihren
Füßen liegt ein gefallener Krieger (Patroklos?);
hinter Hektor kämpft ein undeutlich bezeich- 20
neter Held (Tydeus?); hinter Aias ein bär-
tiger Bogenschütze in phrygischer
Tracht und mit gespanntem Bogen,
offenbar Teukros; s. Abb. 0.
Mögen die Münchener Skulpturen aus dem
Westgiebel des Aphaiatempels von
Aigina den Kampf um Achills oder Patroklos'
Leiche darstellen, es erscheint fast selbstver-
ständlich, in dem einem knieenden Bogen-
schützen im Panzer den Teukros als Gegen- 30
stück des Paris zu erkennen. Diese Auffassung
hat lange gegolten, vgl. Brunn, Glyptothek S. 80^;
Overheck, Gal. her. Bildw. S. 545; Baumeister,
Denkmäler 1, 335; und doch wird man sie auf-
geben müssen. Der Zuwachs, den die Figuren
durch die letzten Ausgrabungen gewonnen
haben, und die hierdurch bedingte Neuordnung
hat die Anschauungen über die berühmte Sta-
tuengruppe wesentlich bereichert und vertieft.
Furtivämßer {Die Ägineten S. 49 f.) hält sehr 40
wohl daran fest, daß die für Aigina bedeut-
eamcn Aiakiden dargestellt seien, warnt aber
davor, die Einzelfiguren zu benennen, und gibt
für sie (mit Ausnahme des Bogenschützen
Herakles im Ostgiebel) keine Individualisierung
6) Kainpfd/eno der Ilias mit Aiua und Teukros, Vaaen-
bild in München (nach Photographie).
ZU. Auch Wolters (Äginetische Beiträge, Sitzgs-
ber. d. Bayr. Akad. d. W., phil.hist. KL, 1912,
S. 1 f.) verzichtet auf weitere Deutungen.
Den Kampf zwischen Achill und Mem-
non veranschaulicht das Bild auf einer archai-
schen schwarzfig. Trinkschale: vgl. Gerhard,
Arch. Zeitg. 1851, S. 3G2f., Taf. 31, 1; Ol er-
beck a, a. ü. S. 517, nr. 47; S. Keinach, Reper-
toire 1, 374. Viele Teilnehmer am Kampfe sind
anwesend, als Zuschauerinnen auch die Mütter
Thetis und Eos; links der knieende Bogen-
schütze ist wohl Teukros; ihm entspricht
rechts Paris Die Inschriften geben keinen
Sinn. Zum Gegenstand vgl. die Art. Eos^ Bd. 1,
Sp. 1270 f., und Memnon, Bd. 2, Sp. 2672 f.; s.
Abb. 7.
Der (bereits beendigte) Streit um die
Waffen des Achill bildet den Gegenstand
der Darstellung auf einer Aschenkiste aus
Ostia im röm. Thermenmuseum; vgl. Mon. d.
I 2, 21; Overheck a. a. 0. S. 563, nr. 3, Taf.
2o, 3; Baumeister 1, 30, Abb. 31. Agamemnon
7) Kampf zwischen Achill und Memnon (nach Gerhard, ArchäoL Zeifuii[/ 1851, Taf. 31, 1), anwesend links
T-eubros, Thetis und Eos.
BOSCHER, Lexikon der gr. u. räni. Mythol. V. 15
427 Teukros (nach Vürtheim)
8) streit
die Waffen det Achill (nach Oeerheck, (fatene
hrroitcher Bildtterke Taf. 2S, 8). "
Teukros (nach Vürtheim) 428
Kreta nach Troas übertragen worden; zweifel-
haft bleibt, ob vor oder nach dem Trojanischen
Kriege. Von Teukros' Vater hat der Fluß Ska-
mandros den Namen.
b) aus Attika (s. o. Sp. 405 f.). Unklare Vor-
stellungen einzelner Atthidographen über die
Herkunft des in dem attischen Gau Xypete
befindlichen Palladiums und dem attischen
Erichthonioskult sowie die Namensgleichheit
10 vieler troischer und griechischer Helden haben
„das Hirngespinst des von Attika nach llion
fahrenden Teukros'' verschuldet und die Nei-
gung begünstigt, alle möglichen trojanischen
Heroen und Könige aus Griechenland herzu-
leiten.
HI. T. ein Kyprier (s. o. Sp. 412; 416).
Ein aus Troas in Kypros eingewanderter Teukros
■wird später mit Telamons Sohne verschmolzen.
Überseeische Beziehungen zwischen beiden
fuhrt, in der Mitte thronend, den Vorsitz; die
siegreiche Partei (Odysseus) bemü-chtigt sich, 20 Ländern liegen dieser Sage zugrunde. Ger-
««« i:«!,- u„ — *.^4.^-j j^- wT^tr^- ...v.l. — j githes und Gerginoi sind ethnographisch ver-
von links herantretend, der Waffen, während
die besiegte nach rechts hin sich entfernt.
Während früher die beiden Gestalten ganz
rechts für Aias und Tekmessa erklärt wurden,
erkennt man neuerlich, so besonders Heibig
(Sammlungen Roms 1', 199, nr. 1469), richtiger
in dem Bartlosen, der mit Anzeichen des Ent-
setzens davoneilt, Aias, in dem Bärtigen,
der ihn voll Besorgnis wegdrängt, Teukros;
s. Abb. 8.
Endlich waren in einer Bronzegruppe
anf der athenischen Akropolis Teukros,
Menestheus und die Söhne des Theseus (De-
mophon und Akamas) dargestellt, wie sie sich
ans dem Hölzernen Pferde herausneigen
(Patts. 1,23,8 ist wohl zu lesen vtibh-uvtctovciv ;
vgl. Hitzig- Blümner 1, 260 f.). Hier erscheint
also Teukros als Haupt und Führer der an Trojas
Eroberung beteiligten attischen Nationalhelden.
Dieser Artikel war bereits gedruckt, als
seinem Verfasser die treffliche Schrift: „2W<-
kros und Teukrer^'' von /. /. G. Vürtheim,
Rotterdam 1913, bekannt wurde, dessen Buch:
de Äiacis origine cultu patria, Leiden 1907, in
dem vorliegenden Artikel mehrfach verwertet
worden ist. Dem Zweck, der neuen wichtigen
Einzeluntersuchung ihr ungeschmälertes Recht
zu lassen, dient die folgende Inhaltsangabe.
wandt oder sogar identisch (gegen Degen). An
die Gergithen in Troas erinnert schon Priamos'
Sohn Gorgythion (//. 0 302). Die von Kallinos
erwähnten 'Heiovstg (= Asiaten) leben fort in
Hesione, die zugleich auch „eine lokrische, d. h.
lelegische, Figur" ist; die troischen und die
lokrischen Teukrer sind gleichfalls Stamm-
verwandte. So finden sich auf troischem Boden
30 Teukros und Hesione (d. h. ursprünglich lele-
gische Teukrer und Asiaten) zusammen.
IV. T. im kilikischen Olbia (s.o. Sp.413;
416). Hier stiftet Teukros' Sohn Aias einen Zeus-
kult und eine priesterliche Dynastie. Der Name
erscheint bei den Kilikem in zahlreichen Fas-
sungen ; die ursprüngliche Namensform ist wohl
Tarku. So hieß bei den kleinasiatischen Lele-
gern ein Gott, dann dessen Priester. Leleger
wohnten also in Kleinasien von Troas bis Ki-
40 likien und Kypros.
V. T. in Thrakien (s.o. Sp. 421). Herodot
sieht die Paioner in Thrakien sowie die Bi-
thyner und Myser für Teukrer an, die von
Kleinasien nach Europa gewandert sind. Nach
der neueren Völkerkunde (Thrämer, Tomaschek,
Kretschmer, Degen) vollzog sich diese Wande-
rung in umgekehrter Richtung. Die beiden
„Urvölker'' Pelagonen und Leleger drangen von
Norden her nach Lokris und Epeiros sowie über
I. T. der troische König (s. 0. Sp. 403). 50 den Bosporos nach Kleinasien vor.
Diese Sage, deren Ursprung bald 2Luf Hellanikos
zurückgeführt (Ulrich Höfer; Wellmann), bald
aus einem alten Epos hergeleitet (Degen), bald
einem späten Mythographen zugeschrieben wird
(Gruppe), erklärt sich aus dem Seeverkehr
zwischen Troas und Kreta unter rhodischer
Vermittelung. Die Teukrer sind wohl ein
historisches, vielleicht lelegisches Volk, das,
wie Kallinos bezeugt, von Norden her in Grie-
VI. T. der Grieche bei Homer (s. 0. Sp.
407 f.). Seine Heldentaten in der Ilias gipfeln
in der ägietüu S 267 — 334. Als Bogenschütze
zeigt er eine ,, orientalische Kampfart". Für
vo^o? ist er nicht nur nach 0 284, sondern
auch nach M 371 zu halten; denn yiuaiyvrixos
heißt Sohn desselben Vaters (anders s. o. Sp.407).
Die beiden Aiavte und Teukros bilden eine
„Dreiheit". Degens Annahme, Teukros sei Pe-
chenland und Kleinasien einwandert und Lokris 60 loponnesier, wird widerlegt. Er gehört, weil
wie Troaa besiedelt. Vermutlich durch Hella- ^ ~^"-i--^ -- ^ — -^—j-^j: 1«- c'„u:a„ „^i,„„
nikos wird Teukros zum einheimischen König
gemacht und im Stammbaum des trojanischen
Herrscherhauses (II. T219f., 230 f.) später oben-
angestellt.
H. T. eingewandert: a) aus Kreta (s. 0.
Sp 403 f.). Ähnlich wie ApoUon Smintheus und
Rhea mit ihren Kureten ist auch Teukros aus
beteiligt an der Verteidigung der Schiffe, schon
der Urilias (oder richtiger der „Uriliassage")
an. Alle drei Helden sind ursprünglich Lokrer;
ihre Taten füllen eine der ältesten Schichten
der troischen Sage, die lokrisch-thessalische, aus.
VII. Der ausgewanderte T. (s. oben
Sp. 412f.). Während Teukros nach Pausanias
in Arkadien stirbt und begraben liegt, begibt
429 'reumessischer Fuchs Teumessischer Fuchs 430
er sich nach der Mohrzahl der Quellen, aus der gen entleerte, um hernach der Pasiphac (s. d.)
Heimat verbannt, wieder auf die Wanderschaft, in gewöhnlicher Weise beizuwohnen. Als er
die ihn nach Kypros führt; von Kuripides wird hierdurch Kinder bekam, gab er der Prokria
sie bis Ägypten, von Vergil bis Phönicien, von zum Lohne seinen Speer und Hund, denen
lustin sogar bis Spanien ausgedehnt. Doch ist kein Wild entfliehen konnte. Prokris verklei-
die [iberlieferung von seinem dauernden Aut'ont- dete sich nun als Mann, zog zu Kephalos und
halt in Kypros und seiner Bedeutung für den jagte mit ihm. Alsbald verlangte Kephalos
dortigen Zeuskult bis in Hadrians Zeit seßhaft nach dem wunderbaren Speere und Hunde,
geblieben. Auch die Frage, ob aus der Gleich- und Prokris versprach ihm beides, wenn er
namigkeit der kyprischen Stadt Salamis mit lo sich von ihr gebrauchen lasse. Als Kephalos
der berühmten Insel auf die „(leschichtlichkeif' hiezu bereit war, gab sie sich ihm -u er-
einer Einwanderung zu schließen sei, wird unter kennen, da er ja nun noch schimpflicher ge-
Hinweis auf andere Homonymien berührt. handelt hatte als sie vordem. Kephalos nahm
VIII. T. in der Kunst (s. o. Sp. 422f.). Zu (nach dem Tode der Prokri8(?), die er „unab-
(len bereits aufgezählten Bildwerken kommen sichtlich" getötet hatte (?) s. unten) Hund und
noch folgende: Speer in Besitz. Da kam Amphitryon zu ihm
Bild einer att. rottig. Schale {Furtwängler, in folgender Sache: Er habe die Kadmeier
Vasensammlmig mi Berliner Antiquar ium A221): aufgefordert, mit ihm gegen die 'i'eleboer zu
Aufgehobener Zweikampf. Hinter Aias(?), dem ziehen, sie aber hätten erklärt, ihr eigenes
Hektor(?) gegenübersteht, entweicht ein noch 20 Land werde von einem Fuchse bedrängt, der
abschießender Bogenschütze mit skythischer stets von dem oberhalb Teumessos gelegenen
Mütze (Teukros). Berge herabkomme und dem man alle 30 Tage
Gemälde einer Kylix, jetzt in England (Over- ein Kind ausliefern müsse. Daher solle Ara-
bi'ck. Gal. her. Bildu\ S. 425): über Patroklos' phitryon zuerst das Land von diesem Fuchse
Leiche kämpfen Hektor und Aias. Auf Aias' befreien, was nur mit Hilfe des Kephalos und
Seite ein phrygisch gekleideter, auf der Hektors seines Hundes möglich sei; dann erst wollte
ein griechischer Bogenschütze: Teukros. Viel- sie mit Amphitryon gegen die Teleboer ziehen,
leicht sind die Namen vertauscht. Amphitryon versprach dem Kephalos seinen
Catal. of Greek Sculpt. im Brit. Mus. Vol. I. eigenen Anteil an der Teleboerbeute, und Ke-
Aegina nr. 162: griechischer Bogenschütze, viel- so phalos jagte den Fuchs. Da aber diesem Tiere
leicht Teukros ; nr. 168: Schütze mit phrygischer verliehen war, daß es kein Verfolger einholen
Kappe, desgleichen. könne, wie andererseits dem Hunde, daß er
Inghirami, Pitture di Vasi fittili. Tora. II jedes Wild erjage, verwandelte Zeus beide in
p. 50, tav. 125: Teucro in casa di Telamone Stein. — Dazu stimmt fast völlig der gedrängte,
suo padre. mehr andeutende als erzählende Bericht bei
JJi Cesnola, Cypern S. 127, Taf. 31: Teil ApoJlod. Bibl. 2, 57—59. Auch nach ihm be-
einer lebensgroßen knieenden Kriegerstatue, ahn- kam der Fuchs jeden Monat ein Kind zu
lieh dem Teukros auf salaminischen Münzen(?). fressen. Und von dem Speere ist nicht die
IX. Anhang. Bei der Ableitung des Rede, wie auch sonst nirgend wieder außer
Namens legen Ed. Meyer und mehrere an- 40 bei Ovid. Met. 7, 750 flF., wo Kephalos canis
dere Forscher den bei den Chetitern und und iaculum von Artemis erhält. Den Na-
zahlreichen vorderasiatischen Völkerschaften in men Lailaps, den Ovidius dem Hunde gibt,
vielen Spielarten auftretenden „Gottesnamen führt Met. 3, 211 auch ein Hund des Aktaion
Tarku" zugrunde. (vgl. Hygin. fah. 181), und mit dem Wurfge-
Christ, Chronologie des Alten Epos S. 58, schösse geschieht nichts, da die Versteinerung
liefert einen Beleg für die Herleitung aus dem erfolgt, als Kephalos es gerade gebrauchen
Ägyptischen: Tekkra = Teukroi. will. Vollständiger sind wieder die Angaben
Zu der oben (Sp. 418f. ; 422) befürworteten des Paus. 9, 19, 1, der in einzelnem auch er-
Erklärung aus dem Griechischen: Teukros = heblich abweicht. Nach ihm hat Dionysos,
der „Treffer" gelangt, freilich auf künstlichem 50 um die Thebaner zu vernichten, den Fuchs
Wege, auch V.Hehn,KulturpfI.u. Haust. S.46d^. gesandt; doch erfahren wir die Ursache seines
Dagegen weist G. Hinrichs, Philologus 44, Zornes nicht. Ähnlich wie bei Ovidius soll
431, jede griechische Etymologie des Namens der Hund der Prokris von Artemis stammen.
ab. — Vgl. Tevcrun. [Johannes Schmidt.] Auch sagt Pausanias knapp vorher, Zeus habe
Teumessischer Fuchs. die Europa bei Teumessos verborgen (Anti-
1. Überlieferung. Am ausführlichsten machos fr. 3, Nicandr. fr. 97). Aber die Ge-
ist Anton. Lib. 41: Kephalos (s.d.) wollte die schichte vom Hunde und Fuchse ist ihm ein
Treue seiner Prokris (s. d.) erproben, ließ ihr irsgog Xoyog. Jedoch bei Hygin. astron. 2, 35
von einem Freunde Geld bieten und trat mit (= Istros fr. IS F. H G. 1, 420) besteht noch
brennenden Fackeln hinzu, als sie sich dem 60 die von Pausanias geleugnete Beziehung zwi-
Fremden gerade hingeben wollte. Voll Scham sehen dem Xöyog von Europa und von dem
floh Prokris und kam zu Minos, dem Könige Hunde und Fuchse: hie (sc. canis) dicitur ab
der Kreter, der keine Kinder zeugen konnte, love custos Europae appositus esse et ad Minoa
da ihm statt des Samens Schlangen, Skorpione perve^iisse, quem Procris Cephali uxor Jaboran-
und Tausendfüßler kamen, welche die Weiber fem dicitur sanasse, et pro beneficio eo canem
töteten, mit denen er verkehrte, Prokris führte muneri accepisse. . . . post eius (sc. Procridis)
die Harnblase einer Ziege in den weiblichen obitum canis ad Cephalum pervenit, quod Pro-
Geschlechtsteil ein, in die Minos seine Schlan- cris eius fuerat uxor. quem ille ducens secum
15*
431 Teumessischer Fuchs Teumessischer Fuchs 432
Thebas pervfnit, übt erat vulpes, cui datum vermuten, Palaiphatos könne in diesen Worten
dicebatur omnes eants effugere posse, itaque eine alte Formel erhalten haben, in die man
cum in unum pervenissent, luppiter nescitis quid das Treiben des Untieres zusammenfaßte. —
faceret, tU Ister ait, utrumque in lapidem con- Nichts Neues bieten Steph. Bijz. ». v., Etym. M.
vertit. Allem Anscheine nach tat also Istros s. v. und Heracl. n. Scnlar. 3(), Mylhogr. 1 fab.
bloß der Ratlosigkeit des Zeus und der Ver- 233, Tzetz. Ghil. 1, 20, 662 ff. (vgl. R. Unger,
Bteinerung Erwähnung; alles andere kann Hy- Thebana Paradoxa 1846 p. 399 1'.).
S'nus auch aus anderen Quellen haben. Zu 2. DieOrtasage. Schon in der ältesten
inos sollte der Hand wohl anläßlich der uns bezeugten Fassung, in jener der Korinna,
Heimholung der Europa durch Kadmos ge- lO aber wohl auch im epischen Kyklos, war die
langt sein; wenigstens dürfte Hyginua es sich Sage auf Teumessos bezoi^en. Diese Stadt an
80 gedacht haben. Neu ist uns, daß Kephalos dem gleichnamigen Berge war 100 Stadien von
den Hund durch Erbschaft erwirbt. Ps.-Era- Theben {ßchol. Eurip. Phoin. 1100), 7 von
tosth. catast. 33 gibt Hund und Speer der Eu- Glisas {Strab. 9 p. 412) entfernt (vgl. zur Lage
ropa zu Wächtern, dann kommen beide, man die bei Ungei' a. a. 0. 154 ff. mit großer Ge-
weiß nicht wie, an Minos, von diesem (wie bei lehrsamkeit zusammengestellten alten Zeug-
Antoniwts) an Prokris und dann an Kephalos nisse). Man erkennt diese örtlichkeit in dem
dicc x6 slvai nQoxQiios Scvi^q. Es folgen Jagd heutigen Sorös (614 m über dem Spiegel des
und Ratlosigkeit des Zeus, der den Hund unter Meeres) zur Linken der nach Theben führen-
die Sterne versetzt und nur den Fuchs ver- 20 den Bahn wieder (vgl. Bädeker, Griechenland^
steinert. Nach Pollux Onom. 6, 39 bildete 174). Von ihm kommen nach Kieperts Karte
Hephaistos aus Metall von der Insel Demonesos mehrere Gießbäche herab, welche die an seinem
bei Chalcedon (vgl. Aristot mir. ausc. 69 p. 834' Fuße liegenden fruchtbaren Ebenen verwüsten.
18, Nicandr. fr. 18, Hesych. s. v. Jrniovrjöiog Hesych. T£Viir]a<^a6gy. noTccfibs ffrißdr liefert
^aixöff) einen Hund, in den er eine Seele legte uns wohl den Namen äines dieser Wasserläufe,
(wie in die Hunde, die er dem Alkinoos machte) Daß ein anderer von ihnen irgendwann als der
und gab ihn dem Zeus, dieser der Europa, zerstörende Fuchs gegolten habe, ist nicht über-
diese dem Minos, dieser der Prokris, diese dem lief eitund trotz Eoschers{Nachtr.z.Sele7ieu,Verw.
Kephalos. — Altere literarische und zum Teile 4, 1.) Nachweisen über ins Mythische spielende
wohl auch örtliche Gewähr als alles bisher so Tiernamen von Gießbächen und Flüssen, auch
Angeführte hat die Fassung bei PÄo^.,5MtdaÄ und nicht wahrscheinlich, da andererseits die Ver-
Hesych. s. v. (fast gleichlautend Mich. Apost. steinerung von Fuchs (und Hund) das An-
16, 42, welche auf die ra GTißaiy.cc ysYQccq)6rsg, knüpfen der Sage an örtliche Felsbildungen
vor allem Aristodemos {F. H. G. 3, 309 fr. 5), bezeugt.*) In dieser Hinsicht ist der Wolf,
letzten Endes aber auf den epischen Kyklos der die Rinder des Peleus schädigte und in
{E. G. F. 13,) zurückgeht, wie am Ende der Stein verwandelt wurde {Etym. Gud. s. v. Av-
Stelle ausdrücklich (und wohl schwerlich irrig) xsiov, Etym. M. 671, 32, Anton. Lib. 38) eine
angegeben wird. Grund der Heimsuchung durch genaue Parallele zu unserem Fuchse, zumal
den Fuchs ist hier, daß die Thebaner die auch Peleus Entsühnung von unverschuldetem
Nachkommen des Kadmos von der Herrschaft 40 Morde sucht, wie Kephalos. Schon F. G. Wel-
ausgeschlossen haben. Welche Gottheit die cker, der epische Cyklus 2, 394 f., hat erkannt,
Strafe sandte, wird nicht gesagt. Auch scheint daß solche Verwandlungen in Fels „von der
diese Fassung ebenfalls anzunehmen, daß Ke- Einfalt des Volkes ausgehen, wie wenn Niobe,
phalos den Hund selbst erwarb. Weiter heißt Daphnis, die Kerkopen u. a. in Stein verwan-
es, er habe sein Weib Prokris unwissentlich delt, d. h. die Sagen von ihnen auf gewisse
getötet, sei von den Thebanem entsühnt wor- Felsen angewandt werden.'' In der Tat sprechen
den und habe dann (etwa zum Danke?) den auch andere Anzeichen dafür, daß die Sage
Fuchs erjagt. Auch hier bildet die Versteine- nicht von der thebanischen örtlichkeit ihren
rung den Abschluß. Die älteste Zeugin aber Ursprung nahm. So wenig wie die Sphinx
ist Korinna im Schol. Eur. Phoin. 26 {Bergk 60 (über ihr Wesen vgl. JReal-Enzyklop. d. klass.
fr. 32) ccvbXsTv d' avxbv (sc. xov Oldinoda) ov Altert. 1 A Sp. 93) oder der teumessische Löwe
fiovov trjv Zcpiy ,a &XXa Y.cd X7]v TeVfiriölccv {Stat. Theb. 1, 485, vgl. Unger a. a. 0. 401), den
&X6a7CB-Ka, ajg Koqlvvcc. — Der teumessische Herakles tötet (und der also seinem Wesen
Fuchs ist auch zum Sprich werte geworden nach dem nemeischen zu vergleichen ist, der
{Macar. 8, 13 Tavu.r\66ia Sclmni]^- inl x&v TtoXXy vom Monde stammt; Schol. Apoll. 1, 498), wird
Tcavovgyia ^pwjitaVwi', vgl. Mich. Aposthol. 16, der Fuchs, den £^ormna mit der Sphinx auf eine
42). — Palaiph. 5 gibt im Anschlüsse hieran Stufe stellt und der uns zugleich schon wegen
eine euhemeristische Deutung: ein Thebaner der auch an ihm haftenden Monatsfrist, aber
namens kXanrig., o r}v TtavovQyog^ habe die auch sonst unmittelbar an den (nemeischen und
Herrschaft an sich reißen wollen, indem er 60 dann den teumessischen) Löwen gemahnt, Son-
zunächst den teumessischen Hügel besetzte, dergut thebanischer Sage gewesen sein. Und
von wo er die Thebaner bedrängte, bis Ke- wenn auch die Versteinerung des Hundes (und
phalos mit seiner Schar zu Hilfe kam und seines Gegners?) wohl zum alten Sagenbestande
ihn tötete. Dieses Geschwätz enthält aber gehörte, so würde doch echter Mythos voraus
doch die Wendung, man habe gesagt: ccXmnri^
(rjHäg wohl bloß Zusatz des Palaiphatos im *) ygl. ^u&er Roscf>er ^.,.. O. Elym. Gud. ..v. Jöy..av.
Sinne seiner Deutung?) yiaxaxgixcov vnoxcoQEl. Feicifcer, J?p. Cwd. 11, 395, 34. Buhhe, De metamorpho»ibu*
Wir werden schwerlich fehlgehen, wenn wir Gratcor. Balüsche Doktordist. r. 191^, S.23ff. Koscher.
433 Teumessischer Fuchs Teumessischer Fuchs 434
setzen, daß sie wieder rückpilngi)? gemacht Sternen aus dem einen Siebengestirne /Ajiä
wurde. Ob Korinna überliaii})t eine solche ^^ Plejaden) in das andere (Kima = Orion)
noch kannte, ist der kurzen Nachricht über bewirkt wird {'J'almud Jiabli, Traktat Berakot
sie nicht zu entnehmen, und auch die Fassung öi), ausführlich behandelt in Mitt. d. W. Anthr.
des epischen Kyklos ließ die mythische Er- des. 40, 128 ff.). Und diese Angaben sind zu
Zählung gerade an der Stelle mit der Ver- berücksichtigen, da sie eben von Orion und
steinerung abbrechen, an welcher die örtliche den I^lejaden handeln und Sinbrand und Sin-
Aitiologie einsetzen konnte. Dazu kommt, daß Hut mythologisch gleich gelten. In ihnen spielt
der Name Tsviir]66Ög eine kretische {vgl. d'tv- auch Ke8il = Sirius eine UoUe und wird als
ytöd-cci u. ä.) Dialektform für 7 ti^TjGöos {Fick lo heißes Gestirn der kalten Kima gegenübcr-
schließt in Bvzzenhcrgers Beiträgen 1HI)2 18, gestellt. Seirios ist aber der Hund des Orion,
137 aus inschriftlichem Ilei^uccttog, daß der den Pandareos Htiehlt und den P8.-7tV«<o.s^c»jes
Name ursprünglich mit q anlautete) is-t, das dem goldenen Hunde des Zeus, Hygimis dem
sich im Namen der lykischen Kolonie und ver- ehernen des Keplialos gleichsetzt. Vor ihm
einzclt auch sonst (vgl. Blut. Gryll. 4, 8) er- flöhe dann die in einen Fuchs verwandelte
halten hat. '^o i\h^v\\tieri Flut, de hrutisratione Plejade (vgl. die von Orion verfolgte Merope,
uti 4 p, 988 A Tf-Xfisaiav (sc. aXi'oTctxa)-, auch die Tochter des Pandareos).
der Fluß Tegfisaöög am Helikon ist zu ver- 4. Herkunft und Deutung. Vorgänge
gleichen. Das scheinen also die älteren, hei- der soeben behandelten Art sind freilich an
mischen Formen zu sein. Außer den Namen 20 dem Sternenhimmel nicht zu' sehen; die Stern-
weist aber auch der Inhalt der Sage wenig- bilder bewegen sich nicht im Verhältnisse zu-
stens zum Teil nach Kreta (vgl. 0. Gruppe, einander und tun nichts von dem, was die
6^;*. Myth. 60.), und bei Hyginus und Fs.-Era- eben erst nachträglich auf sie angewandten
tosthenes tritt zugleich damit die Neigung deut- Sagen berichten. Wo liegt also die Wurzel
lieber hervor, an Stelle der Versteinerung die all dieser Überlieferungen? P]8 ist klar, daß
Verstirnung zu setzen. sie aus der Betrachtung vereinzelter Fassungen
3. Die Sternsage. Bei Bs.-Eratosthenes nicht gefunden werden kann; nur die verglei-
und Hyginus ist der Hund des Kephalos Zti- chende Verarbeitung des ganzen, irgend zu-
Qiog (auch Schal. Germ. 94, 11, vgl. Robert, Cat. gehörigen Sagen.stoffes, die aber weit über den
166), den wir sonst als Hund des Orion kennen. 30 hier gesteckten Rahmen hinausgehen müßte,
Daraus folgerte 0. Gruppe a. a. 0. 9542 ur- könnte sie bloßlegen. Die alte Sage war weder
sprüngliche Wesensgleichheit von Kephalos und an einen bestimmten Ort in Boiotien noch an
Orion. Beide sind in boiotischer Sage vertreten, ein Sternbild gebunden, und zahlreiche Züge
bei beiden spielt die -nicpalri eine wichtige der erhaltenen Fassungen leiten zu verwandten
Kolle, die Tötung der Prokris entspricht der Sagenkreisen hinüber. So wäre, um ein Bei-
Verfolgung der Merope durch Orion {Gruppe spiel anzuführen, die Probe des Kephalos auf
921 f.). Bei Korinna freilich ist Orion bloß die Treue seiner Frau wegen des Hinzutretens
ein Fv6eߣ6tatog, der an vielen Orten Unge- mit Fackeln durch Aristippos n. nal xQV(pf}g
heuer erlegt hat, und diese älteste erhaltene a' bei Diog. L. 1, 7, 2 und PartJien. 17, wo
boiotische Auffassung von seinem Wesen bleibt io Periandros als ^Oidipus' auftritt (vgl. Oidipus
uns hiedurch ein wertvoller Beleg, daß (trotz als Überwinder des teumessischen Fuchses bei
des Vorkommens von Sternsagen in Boiotien; Korinna), und den anschließenden Stoff (zu-
s. Röscher, Selene und Verwandtes 14:2i.) auch eammengestellt in OLZ 1913 Sp. 176; wegen
Orion schon vor der nachmaligen Übertragung der Fackeln = Schwänze vgl. OLZ 1910 Sp. 246
seines Namens auf das Sternbild in der Sage und 250) zu beleuchten. Daher müssen wir
Platz und Geltung hatte (vgl. 3Iitt. d. W. Anthr. auch die bisherigen Versuche einer Deutung
Ges. 40, ISög). Während nun von Kephalos oder Erklärung, die sich insgesamt an einzelne
keine Verstirnung, wie von Orion berichtet wird, Ausprägungen (die boiotische Ortssage oder
ist sie von seinem Hunde überliefert; vom die Sternsage) halten, ohne mit dem zugehö-
Fuchse fehlt sie ebenfalls in unseren Quellen, ,50 rigen übrigen Mythenstoffe abzurechnen und
aber ein Sternbild oder einen Einzelstern seiner Genealogie gerecht zu werden, von vora-
vulpes erwähnt Firmicus als Paranatellon herein als methodisch verfehlt zurückweisen,
des Skorpions. F. Boll, Sphaera 406 setzt ihm So versucht L. Preller, Gr. Myth. 1875, 2^ 148
den Fuchsstern der runden Sphaera von Den- den Rotfuchs als Kornbrand (robigo), der zur
dera gleich und verweist auf den Fuchsstern Zeit der Hundstage besonders zu fürchten sei
der babylonischen Grenzsteine (vgl. OLZ. 1913 (er tritt in Wirklichkeit nicht erst bei der
Sp. 154). Die Schollen zu Ar atosp- -^91, 3 M bieten Gluthitze, sondern schon bei der Blüte des Ge-
nun: cpr^öl de rivsg xoiovxov ^v^ov, qxl ftm iv. treides ein) Kephalos als Morgentau zu deuten,
Tföf ^' (JlXsiddcav) xb xfig 'lliov TidO'og IdovGa, rj der gegen den Brand schützt; nach Mannhardt,
HXsxxga, vTCsxmQrias xov avcx-^^axog {ßaxL yaq 60 Myth. Forschungen 108 ff. wäre der Fuchs ein
^rixriQ}iccQ8dvov)%a.l vno xov ß' datsga xov qv^ov, Getreidedämon, und in ähnlichem Rahmen hält
ög SLVdL XeysxKL xfjg ccqv.xov, ix xCov Ulsidöcov sich Gruppe, Gr. Myth. 249, der vermutet, die
dvaxojQ-^Gavxcc dloonfnd xLvsg v.ccIov6lv. Der Fall Sage vom teumessischen Fuchse gehe auf ein
Trojas ist ein Brand und hat hier den Platz- Ritual zurück, das sich in Italien {Carseoli,
Wechsel des Fuchssternes = Elektra von einem Ovid F. 4, 691 — 712) finde und für Palästina
Siebengestirne (Plejaden) zum anderen (Bär) zur aus Richter 14, 18 zu erschließen sei. Dafür
Folge. Wir kennen aber auch Überlieferungen, ließe sich noch anfuhren, daß der teumessische
in denen die Flut durch den Platzwechsel von Fuchs nach Pansauias von Dionysos gesandt
435 Teurnia Teutates 436
war, während nach M^ Ridgetray, Cl. rev. 1896, Sprachforschung 45 (1913), löi) von iiuiogerm.
10, 21 Dionysos Bassareus (vgl. Gruppe a.a.O. teutä = 'Volk' ab und erkUlrt ihn für durch
1410g) die Weingärten vor Füchsen beschützt. Silbenschichtung aus Tevza-taiiiccs entstanden.
Aber von einem Kitus ist in der Simson-Sage Vgl. auch AI fr. Dühring, Griechische Heroen
mit keinem Worte die Rede, der teumessische .^endgeister 20 Anm. 1. Vgl. 'J'entamos.
Fuchs hat auch nichts mit Weingürt«n oder [Höler.]
Saaten (er muß ja monatlich, nicht jährlich Teiitaini(d)e8 s. Teutamias.
besänftigt werden» und zunächst auch nichts Teutauios (7'f rra/iog), 1) andere Namensform
mit Feuerbränden zu tun. Und wenn durch für Tautanes (s. d. und Trieber, Hermes 29
Vergleichsstoff aus auch in anderen Zügen lo [1804] S. 185), 7>w/. 2,22. Kcphalion frgnt. 1
nahe stehenden Sagen oben angedeutet wurde, {F. H. G. "&, 626 b.). Ftiaeb. ed. Schönn 1, 06.
daß in der Tat. die Fackeln des Kephalos zu 2,60. Synkellos 285, 19 ff. Krumbholz, lihein.
den 9 Schwänzen des alten Herrn Fuchses im Mus. 41 (1886), 333. /. Fürst, Philologus 60
deutschen Märchen zu stellen sind, so kann [1901] S. 354, 11. Trieber, Hermes 29 (1894),
doch Crtuppe, dem solche Zusammenhänge 135 f. Marquart, Philologus Suppl. ü.b^b f. 66S.
nicht vorlagen, dieselben auch nicht für sich 570. 583. 685 f. und Anm. 264. Nacli Tümpel,
geltend machen, da gerade diese anderen PÄt7o/o^. 49(1890), 712 Anm. i;^ ist der Name von
Fassungen jede Beziehung zu einem Ritual Kephalion in Angleichung an Teutamos, den
vollends ausschließen und das Eingehen auf berühmten Argyraspidenführer (Flut. Fumenes
die Genealogie dös zugehörigen Mythenstoffes 20 13. 16. 17. Biod. 18, 59. 62. Polyaen. 4,8,2)
erfordern. Erst durch solchen Anschluß kann für Teutamies gebildet. Teutamos mit der Bil-
auch die Sage, aus ihren besser überlieferten düng auf -cc^og (vgl Priamos, Pyramos usw.)
Ausprägungen berichtigt und vervollständigt, ist ein echt kleinasiatischer Name, P. Kretsch-
deatungsreif werden. Bis dahin ist an der mit mer, Einleit. in die Gesch. d. griech. Sprache 325.
dem ttnimessischen Untiere verknüpften Monats- Aug. Fick, Vorgriech. Ortsnamen 106, so hieß
frist und an seiner nahen Verwandtschaft mit der Vater des Bias, Demetr. Phaler. bei Stoh.
dem teumessischen und nemeischen Löwen, welch 2*70^3,79 (1 p. 89 Meineke). Diog. Laert. 1,
letzterer vom Monde stammt, als Grundlagen 5, 82. Am Schlüsse der vita des Bias berichtet
der Deutung festzuhalten. [W. Schultz.] Diog. Laert. (1,5,88): ol TlQirivtig avrco (dem
Tearnia, Göttin der gleichnamigen Stadt 30 Bias) xa^t^pcotfav xb TtvxdiLHov Xcyo^svov.
(jetzt St. Peter im Holz) in Norikum auf einer Diese Notiz findet v. Wilamoioitz, Sitzungsber. d.
Altarinschrift: Teurniae sanctissim(ae) Au- jßerZ. J.A:ad. d. lUtVss. 1906, 44 Anm. 1 (vgl. auch
g(ust€ie), Jahresheft des österr. arch. Inst. 17 Fr. Pßster, Reliquienkult im Altertum [Belig.
(1914), Beiblatt 29 und Fig. 14; vgl. 16 (1913), Versuche und Vorarbeiten 5] S. 103) höchst
Beiblatt 95. [Höfer.] seltsam, da die Inschriften nur ein ElÜvthov,
Teutagonos {Tsvxäyovog). Führer der Ba- das wohl das Rathaus von Priene war, kenneu.
tarner, einer skythischen Völkerschaft, Vad. — War vielleicht das Teutameion ursprüng-
Flacc. Arg. 6, 96. [Höfer.] lieh einem Heros Teutamos heilig und haben
Teutamias (Tavrafit'as), König von Larissa die Einwohner von Priene es später dem Bias,
zur Zeit des Akrisios und Perseus, Apollod. 40 dem Sohne des Teutamos, geweiht? — 2) Va-
2,4,4,2. Tzetz. in Lyk^phr. 835 (ed. Scheer. 2, riante für Tektamos (s. d. Sp. 214,22). Zur
270, 31). Die Handschriften bei Apollod. a. a. 0. Sache vgl. auch J{. Meister, Dotier u. Achäer I
haben Tevxafiiag, die Epit. Vaticana und Tzetz. = Abhandl. der phil.-hist. Klasse der K. Sachs.
a. a. 0. TsvxaiLiSrig, was nach Ed. Mexjer, GeseUsch. d. Wiss. 2i,3 S. 63f. [Höfer.]
Forschungen zur alt. Gesch. 1, 105 f. Anm. 2 die Teutaros {Ttvxagog), ein skythischer Rinder-
richtige Form des Namens ist. Dagegen will hirte des Amphitrj^on, der den Herakles im
Tümpel, Philologus 49 (1890). 713 unter Zu- Bogenschießen unterrichtete und ihm Bogen
Stimmung von Busolt, Gr. Gesch. 1*, 167 Anm. 1 und Pfeile schenkte; nach ihm heißt der Bo-
in dem auf die thessalisch-pelasgische Genea- gen Lykophr. 56 Ttvxccgaia 'jrxsgm^axcc. Vgl.
logie bezüglichen Fragment des Hellanikos 50 Tzetzes zu Lykophr. 50; 56; 458; Herodor im
{frgm. 1 F. H. G. 1,45; vgl. Kullmer, Jahrb. f. Schol. Theoer. id. 13, 9 {F. H. Gr. 2, 29, 5 =
klass. Phil. Suppl. 475) bei Dionys. Hai. A. R. Kallim.fr. 365 <ScÄ><.), 13, 56. Holzinger Komm.
1,28: UeXuayog — ^gdatag — kpivvxcog — zu Lyk. p. 175. |Ruhl.]
Tsvxaiiidrt? — Nävag für das nach seiner An- Auf einer mit Hochreliefs verzierten Mar-
sicht irrtümlich aus Hom,. II. 2, 843 eingesetzte morplatte der vatikanischen Sammlungen ist
Tsvxaiiidrig (s. d.) lesen Tsvxcciiiccg oder viel- der jugendliche Herakles dargestellt, wie er
mehr die ionische Form Tsvxcciiirig. Tümpel von zwei Skythen, deren einen man wohl mit
a. a. 0. 718 ff. und bei Röscher, M. L. s. v. Recht als Teutaros bezeichnet, Unterricht im
Lethos identifiziert den bei Hellanikos ge- Bogenschießen erhält, W. Amelung, Die Skulp-
nannten Tevxauirig mit dem bei Hom. a. a. 0. 60 turen des Vatikanischen Museums 2 nr. 434
genannten Teutamies, dem Vater des Lethos S. 701 (und Taf. 80). W. Heibig, Führer durch
{Afi^og Tsvxa(ii8rig; yg\. R.Wagner zu. Apollod. die öffentl. Samml. klass. Altert, in Rom 1',
Epitome 3, 35), während nach F. Meyer, a. a. 256 S. 166 f. S. Reinach, Repertoire de reliefs
0. auch der bei Apollod. a. a. 0. genannte grecs et romains 3 S. 373. [Höfer.]
Teutamides bzw. Teutamias mit dem Pelasger- Teiilätes wird von Lucan (Phars. 1, 444 f.)
könig bei Hellanikos ursprünglich gar nichts neben Esus und Taränis als keltischer Gott
zu tun hat. Den Namen Tsvxa^iag leitet W. genannt. Der jugendliche Dichter weiß aber
PreUwitz, Kuhns Zeitschr. f vergleichende offenbar von allen drei Göttern nichts Genaueres,
4^)7 Teutates Teutbras 438
und 80 wiederholt er mit seiner pathetischen 7, 160», J.ehner (Korr. Jil. d. Westd. Z. lö/6) und
Rhetorik in dreifacher Variation (s. den Wort- Holder a. a. 0. ist also ohne Zweifel die zweite
laut u. d. Art. Taraxw) nur das Kino, daß ihnen Version der Lucanscholien : Teutates ^ Mars,
Menschenopfer dargebracht wurden. In den nicht = Mercur, vor/u/.iehen. Allerdings hat
Scholien zu Lucun (s. Art. Taranis) liegen zwei zuletzt Cam. Jullian, Hiet. de la Gaule liomaine
ganz verschiedene V^ersionon vor, welche nur in 2,118 ff. von der Etymologie (in D^bereinstim-
der Bestätigung der Menschenopfer übereinstim- mung mit Holder) ausgehend Teutates als den
men, jedoch mit künstlich ersonnener Unter- eigentlichen Volks- oder nationalen Gott der
Scheidung der Arten der Strafvollziehung, und keltischen Stämme erklärt; aber gegen diesen
nach der zweiten Version mit der Beschrlin- lo Schluß spricht doch das, daß auch die Teu-
kung auf frühere Zeiten {antea, olim). tones oder Toutoni nicht als der Hauptstamm
Bildliche Darstellungen mit der Bezeichnung der Germanen angesehen werden können. Die
Teutates gibt es nicht, während wir für Esus Schwäche der Annahme ./M//«a//s zeigt sich auch
eine solche haben auf dem berühmten Altar darin, daß er sich genötigt sieht, durch allerlei
aus Paris (s Art. Taranis). Wir kennen aus Kombinationen das Wesen des Gottes Teutates
plastischen Bildwerken einen dreiköpfigen Gott, ins Allgemeine zu verflüchtigen. Ohne Zweifel,
einen Gott mit langstieligem Hammer oder sagt er, habe Caesar ihn mit dem römischen
Schlegel (le dieu au maillet), einen gehörnten, Mercur identifiziert, doch sei er auch mit Mars
sitzenden Gott mit gekreuzten Beinen, einen gleichgesetzt worden; vielleicht habe man ihn
Gott mit dem Rad (vgl. Riese, TFesfdfe«/isc/ie 20 auch Camulus 'der Starke', Visucius 'der Weise'
Zeitschrift 17 (1898), 1 ff . Zar Geschichte des genannt; vielleicht sei auch der Hercules Bio-
Götterkultus im rheinischen Germanien) ; aber dors und der Ogmios Lucians (s d) mit ihm iden-
trotz mannigfacher Versuche können wir keine tisch, ja vielleicht seien auch Esus und Teu-
dieser bildlichen Darstellungen mit den uns tates ursprünglich identisch gewesen; man dürfe
bekannten Götternamen sicher und allgemein sich keine fest umrissene Persönlichkeit dabei
gültig identitiäeren. Ebenso lassen uns die denken, der Qlott Teutates sei in Wahrheit nn-
Vergleichungen oder Identifikationen mit rö- sichtbar und namenlos gewesen. In der späte-
mischen Göttern, welche Caesar für die Kel- ren Zeit der Entwicklung habe er aber als der
ten und Germanen, Tacitus für die Germanen politische Gott die bloßen Naturgötter überragt,
aufstellten, fast ganz im Stich, weil sie sich 30 Andererseits können wir aber auch der von
nur an einzelne Attribute oder Tätigkeiten Reinach {Revue celtique 1897, 1.'37 ff.) aufgestell-
hielten und die keltischen und germanischen ten Ansicht nicht beipflichten, daß die drei von
Götternamen gar nicht nannten. Lucan genannten Götter Teutates, Esus und
So konnten schon in alter Zeit auch über die Taranis nur Lokalgötter der Völker zwischen
Identifikation des Teutates die Ansichten zwi- Seine und Loire gewesen seien (s. Art. Taranis
sehen Mercur und Mars schw^anken. Die erste Sp. 91). Denn daß Teutates auch in Britannien
Version der Schölten zu Lucan erklärt sich für und in den Donauländern verehrt wurde, ergibt
Mercur, die zweite für Mars. Die römischen sich aus den Inschriften, und ferner sagt Lu-
Inschriften sprechen für Mars (s. Art. Taranis can gar nichts von einer solchen Einschrän-
Sp. 89). Wenn auf zwei Inschriften in Britan- 40 kung; aus seinem Schweigen aber deratige
nien Marti Toutati und Deo Marti Tutati Co- Schlüsse zu ziehen dürfte bei dem schon er-
cidio, auf einer Inschrift in Noricum Marti wähnten nicht lehrhaften, sondern pathetisch
Latobio Murmogio (nicht Harmogio) Toutati rhetorischen Charakter seiner Darstellung un-
Sinati steht, so beweist dies, daß weit herum statthaft sein. [F. Haug.]
in der keltischen Welt Teutates oder Toutates Teuthis {Tsvd-ig), anderer Name für Ornytos,
als Kriegsgott galt und mit Mars identifiziert s.o. Bd. 3, 1050, Paus. S, 28, 4; Tzetzes Prooem.
wurde So dürfen wir auch annehmen, daß auf in Alleg. Hom. 11. 645. [Ruhl.J
derSchale von Bavay mit den Büsten der Wochen- Teiitüides {Tsvd-lärtg) wird in dem Schiffs-
götter der an der Stelle des Mars stehende katalog der gegen Troia ziehenden Griechen
dreiköpfige Gott als Teutates zu fassen ist 50 mit 'AyqvcoQ als Führer von sechzig Schiffen
{Krüger, Annales du C&ngres archeol. de Bei- genannt, loann.Malalas bij. 107 ed. Bonn. Nach
gique XXI p. 130). Bentley , Epist. ad Millium p. 735 derselben
Als alleiniger Gottesname kommt aber die Ausgabe des Malalas ist statt 'AyrjvcoQ zu lesen
Dativform Toutati auch in Rom vor, auf der 'Aya7tr]v(OQ {Hom. 11. 2, 609) und der Name
Weihinschrift eines germanischen oder wohl Tsv&idris wäre aus dem Namen der arkadischen
eher gallischen Reiters. Auf den Unterschied Stadt Teuthis willkürlich erdichtet; doch mag
der Diphthonge eu und ou ist kein Gewicht immerhin eine Reminiszenz an Teuthis-Ornytos
zu legen, da auch Leucetius und Loucetius, Teu- (s. d.) vorliegen, [fiöfer.^
tones und Toutoni nebeneinander vorkommen. Teiithranides (Tsv^gavidris), Beiname des
Die etymologische Frage ist am gründlich- 60 Axylos aus Arisbe, Hom. II. 6, 13, Der Vater
sten behandelt von A. Holder in seinem Alt- hieß entweder Teuthras oder nach Schol. Townl.
celtischen Sprachschatz, wo alle von dem ur- zu der St. Teuthranos. [Ruhl,]
indogermanischen Wort ^ew^a, später ^OMto, end- Teiithranios {Tsvd-QcivLog), Sohn des Teu-
lich töta = Gemeinde, Volk, Staat abgeleiteten thras (s. d.) und der Auge, Dictys 2, 3. JS*. 31aaß,
Formen und die daraus gebildeten Eigennamen Hermes 23 (1888), 617 f.
aufgeführt und besprochen sind. Teuthras {Tavd^gag), 1) der Herrscher von
Nach Vorgang von Mommsen {Rom. Gesch. Teuthranien oder Mysien, der Eponym der Be-
5, 95), Michaelis {Jahrb. f. lothr. Gesch. u. Alt. völkerung des Kaikostales, Apollod. 2, 147 W;
439 Teuthras Tevcrun 440
8, 103; HeJuitaios bei Paus. 8, 4, 9 (F. H. G. Fr.' p. 263, deren Inhalt vielleicht auf Hygin
1, 27, 847); Paus. 10, 28, 8; SUph. Byz. s. v. fab. 100 zurückgeht, Ribbeck, Büin. Trag. Ü15.
Tsv^gavla; Diod. 4, 38, 10 u. 12; Strabo 12, PiUing A.a.O. 71 verbessert die Stelle 3iy</jo^r.
671, 2; Hygin. fab. t>U u. 100; E. Thraemer, Vat. '204: ' Teucontas yenuit Pnlamedem, Nau-
Pergamos 164; 184. Sein Keich umfaßte haupt- plim geumt lelephuvi' in N. g. P., TeutJiras g.
sächlich das Mündungsgebiet des Kaiko8,6'<ra6o T., wonach dann T. der leibliche Vater des
a. a. 0.; Paus. a. a. 0.; Thraemer 189. über Telephos wäre. — Unter den Bnichstücken des
das Verhältnis Ton Teuthranien zum weiteren Telephosfrieses vermutet Hobert, Arch. Jahrb.
Begriff Mysien vgl. Thraemer 18öff. Die Haupt- 3 (1888) p. 48 auf dem Fragment A' 1 die Dar-
stadt Teuthrania, Steph. Byz. s. v., Tsvd-gavrog lo Stellung des Empfangs des Telephos und des
äoTv Aesch. Suppl. 647, it6lis Mva&v Soph. Parthenopaios durch Teuthras und in K 3 den
Mys. frg. 377 N\ hält Thraemer 207 (vgl. 870) Abschied des Telephos von T. Vgl. p. 53. —
für eine reale Größe. Bei Strabo 13, 615, 69 2) König von Phrygien, auf einem Streifzug
wird T. König der Kiliker und Myser genannt, des Aias in das Land der Phr. von diesem
und zwar, wie aus dem folgenden § hervor- getötet; s. Tochter Tekmessa wird als Gelan-
geht, eines Teiles der K. Die Mutter di s T. gene mit fortgeschleppt, IJict. Crct. 2, 18; s.
hieß Lysippe, Ps.-Plut. de f luv. 21, 4 (Kaixos). Art. 'Teleutas'. — 8) Ein Grieche, den Hektor
Dort steht die Sage, daß T. einen Eber, der tötet, Hom. 11. 5, 705; TzHz. Hom. 100. — 4)
sich in das Heiligtum der Artemis Orthosia Sohn Agamemnons, Schal. 11. ö, 705, genannt
geflüchtet hatte, trotz seines Flehens in mensch- 20 nach dem lakonischen Teuthrone, Gt-uppe, Gr.
lieber Stimme getötet habe und dafür von der Myth. 62%. — 5) Sohn Pandions, Vater des
Göttin mit Vi^ahnsinn und einer aussatzartigen Thespios, Steph. Byz. s. v. Sionsiu. Nach
Krankheit geschlagen worden sei. Nachdem Toepff'er, Attische Getieal. 256, 5 = Teithras,
es seiner Mutter gelungen war, mit Hilfe des s. d. — (>) Oekist von Teuthrone in Lakonien,
Sehers Polyidos die Göttin zu versöhnen, ge- Paus. 3, 25, 4. — 7) Nach der handschriftl.
wann T. seine Gesundheit wieder nnd nannte Überlieferung bei ApoUod. 3, 55 W. Vater der
das Gebirge, wo sich die Geschichte zugetra- Eurygaue. S. Art. 'Hyperphas'. — 8) Vater des
gen hatte, Teuthrania. Bekannter ist er durch Axylos, s. Art. 'Teuthranides'. — 9) Ein Troer
(lie Mythen von Auge und Telephos. Er nimmt im Heer des Aeneas, Very. Aen. 10, 402.
die Auge, nachdem sie den T. geboren hatte, so [Ruhl.]
samt ihrem Kinde auf und macht sie zu seiner Tevcrun (tevcrun) erscheint einmal als Bei-
Gemahlin, Apollod. 2, 147 W\ 3, 10;{; Paus. 8, schrift auf einem in Präneste gefundenen
4, 9 (10, 28, 8); Steph. Byz. s. v. Tsv&Qavia; etruskischen Bronzespiegel. Derselbe wurde
Strabo 12, 571, 2; 572, 4; 13, 615, 69; Alkid. veröffentlicht von Cicerchia im Bull. delV Inst.
Od. 16; vgl. Diod. 4, 33, 10: Auge wird dem 1859, 37, von Garrucci, C iste Prenestine IGS, von
Teuthras übergeben, 33, 12, T. kommt auf der Gerhard, Etr. Spiegel 4, 24. Taf. CCCLXXVÜI
Suche nach seiner Mutter zu Teuthras. Da und von Fabretti, C. 1. I. nr. 2726^18. Die
der König keine männlichen Nachkommen hat, dargestellte Szene enthält 6 Figuren : links
änaig mv &QQsva>v Diod. 4, 33, 12; Alkid. Od. die fast unbekleidete Venus turan, vor ihr,
16, gibt er dem Telephos (s. d.) seine Tochter Ar- 40 gleichfalls unbekleidet, mit Speer und Schwert
giope zur Frau und macht ihn zu seinem Nach- bewaffnet und einem Lorbeerkranze auf dem
folger, Diod. a. a. 0.; vgl. Strabo an den bei- Haupte Menelaos (menle); dann folgt eine
den letztgenannten Stellen. In der bei Hygin Gruppe von drei bekleideten weiblichen Ge-
erhaltenen Fassung der Sage ist Teuthras stalten; die linke ohne Beischrift, die mittlere
Adoptivvater der Auge. Sie verspricht er dem als crisi'O-a, die rechte als irisis (so wenigstens
Telephos, der in Mysien gelandet ist, zur Ge- wird der Name überliefert) bezeichnet; ganz
mahlin, wenn er ihn von seinem Feind befreie. rechts ein sitzender, bekleideter und mit Lanze
Als dann Telephos den Idas (s. d.; vgl. ferner bewaffneter Krieger mit der Beischrift tevcrun.
Robert, Arch. Jahrb. 3 (1888), 53; Thraemer Es handelt sich in der Darstellung ohne Zwei-
a. a. 0. 376, Gruppe, Gr. Myth. 342 u. Anm. 5; 50 fei um einen uns unbekannten Vorgang, und
Pauly-Wissowa R.E.2, 2302) besiegt hat, hält Gerhard hat vollkommen recht, wenn er sagt,
Teuthras sein Versprechen, und unter den bei die Zeichnung scheine Murch die am obersten
Äi/^»« /aft. 100 geschilderten Umständen — s.o. Rand angebrachten, zum Teil wohl verständ-
Bd. 1, Sp. 730 — erfolgt die Erkennung von liehen Namensinschriften größere Leichtigkeit
Mutter und Sohn. Über die Rolle, die Teuthras ihrer Erklärung uns darzubieten , als dies in
in vielen den Sagenkreis behandelnden Trag- der Tat der Fall sei'. Es sind zwar verschie-
ödien gespielt hat — s. Telephos und Bd. 1, dene Erklärungsversuche der Szene gemacht,
S^. 129 f. und Pauly-Wissowa, R.-E. Alt. ^ Auge' allein sie alle sind, einschließlich der von
V. Wernicke Bd. 2, 2301 f. — stehen bemerkens- Gerhard selber, wenig befriedigend und wenig
werte Einzelheiten nicht fest. Vielleicht ist er 60 überzeugend, und so werden wir uns mit der
in jenem Priester des Kaikostales gemeint, den Woiterklärung der Beischriften begnügen
der Begleiter des Telephos mit den Worten müssen. Bezüglich der Formen turan und
anredet: Ttorafiov Kat-Kov x^f^Q^ ngioTOs ögystov, menle ist nichts zu bemerken. In tevcrun
Aesch. Mys. frg. 144 A'*; Thraemer 185; Pil- und crisitfa beobachten wir eine Eigentüm-
ling, Quomodo Telephi fabulam et Script, et artif. lichkeit. die auf pränestinischen Spiegeln und
veteres Gr. tractaverint, Halle 1886, p. 16. Cisten auch sonst sich findet, die nämlich,
'Teuthras' war der Titel einer Tragödie des daß die Beischriften in einem casus obliquus
Gaiiis JuHius Caesar Strabo, Ribbeck Trag. Rom. stehen. Beispiele dieser Art sind die Akkusa-
441 Tex Thalassa (helleniat. Personif.) 442
tive alixHiitrom (Fabr. nr. '241)1), Diovem (C sehen Protogenia nnd Salaminia steht, muß er
/. L. 1, 57; Jh)scli€r, Sachs. Ber. 1891 S. 140A. mit P oder S beginnen. Doch will keiner der
85 a. Ende), u. d. Dativ lovei t^Fabr. nr, 2483). bekannten Namen der Töchter des Proteu»
So haben wir auf unserem Spiegel nun auch bzw. des Proito«, wenn man für Protei: Proeti
hier die beiden Akkusative tevcrun und crisi-Oa. lesen wollte, hierher passen, [Höfer.]
Daß ersterer <Mn solcher sei, darauf hat schon Thaiiiieios ((OaipiHos), Heiname der Tyche
Buyge {Etr. Forsch, h. Stud. 4, lUi) hinge- in einer zweisprachigen Inschrift von Palmyra;
wiesen, mit Hecht, denn der Nominativ würde s. Bd. 2 Sp. 22*J6, Ulf. unter Malachbelos.
tevcre lauten. An sich könnte freilich etr. [Höfer.]
tevcrun auch einem griech. *TtvxQaiv ent- lo Thalana (■öalana) = Thalna (s. d.), auf einem
entsprechen, allein die BuggeBche Erklärung etruskischen Spiegel, Gerhard, Etrusk. Spiegel
ist vorzuziehen, weil wir auch in crisi-O-a einen 4 Taf. 324 A. vgl. Arch. Anz. 16 (1864), 2'J9 iF.
Akkusativ haben, der dem griech. XQVGriiSu H. B. Walters, Cat. of the bronzes in (he Bril.
entspricht. Der No\ninativ würde etr. crisis Mus. 698 p. 116. [Höfer,]
lauten. Den gleichen Akkusativ haben wir Thalassa {(i>äXaaaa). Die Gottheiten des
noch auf zwei anderen praenestinischen Spie- Meeres sind in alter Zeit Nereus mit seinen 50
goln od. eisten? in den Formen Crizida (C /. 7>. Töchtern, Triton, Poseidon und Amphitrite;
1 \ nr. 1501) und Creisita. Was nun den Thalassa bat neben ihnen weder in der Sage
letzten Namen, der als irisis überliefert und noch im Kultus eine Stelle, In der Theogonie
als Jris gedeutet ist (s. Art, 7m) anbetrifft, 20 taucht Marc zum ersten und einzigen Mal in
so ist diese Deutung völlig unmöglich, sprach- der Praefatio Hygins auf, als Tochter von
lieh und doch auch wohl sachlich. Ich bin Aether und Dies und Schwester von Terra und
überzeugt, daß ein Fehler in der Lesung vor- Caelum; aber sie erzeugt keine göttlichen
liegt, daß ein kleiner Strich oben am ersten Wesen, sondern es sind nur piscium genera.,
Buchstaben übersehen oder geschwunden ist, die diese späte Überlieferung als Sprößlinge
(laß dieser Buchstabe nicht I , sondern y\ war von ihr und Pontus zu nennen weiß. Das un-
und der Name prisis lautete. Dies ist die fruchtbare Meer hat nichts Mütterliches, ganz
normale etruskische Umformung des griech. im Gegensatz zu der Mutter Erde, aus deren
HQLOifCs., und wir haben somit die beiden Ge- Schoß die Götter und die Menschen entstehen,
tangenen, die Chryseis und die Briseis, vor so Der Erdgöttin, die in geheimni.svoUer Macht
uns. Damit wird Gerhards Deutung der cri- von alters her neben den olympischeu Göttern
sio^a als der 'goldigen' Helena natürlich hin- ihre Stelle hat, die beim Eide angerufen wird
fällig. Aber damit wird weiter, wie mir scheint, und bis in die späteste Zeit an räumlich weit
auch die Deutung des tevcrun als '^der Teukrer', voneinander entfernten Orten einen Kult ge-
il, i. Paris {Bugge, Etr. Forsch, und Stud. 4, nießt, steht Thalassa als ein ganz schatten-
•27) hinfällig, denn wenn die Helena in der haftes Gebilde gegenüber; nie ist sie in eine
Darstellung nicht vorkommt, so sieht man mythische, genealogische oder kultische Be-
nicht, was der Paris dort soll. Es wird also ziehung zu irgendeiner Gottheit getreten, nicht
unser tevcrun vielmehr der Grieche Tsv^gog einmal zu einem der obengenannten Meergötter,
sein (so auch Deecke in Bezzenhergers Beitr. 40 neben die sie erst in späterer Zeit und nur
2, 169 nr. 93), So hat uns die Betrachtung ganz äußerlich gestellt wird. Diese Tatsache
der Wortformen wenigstens zur Feststellung erweist klar, daß Thalassa keine alte Gottheit
der Persönlichkeiten verhelfen, wenn auch die ist, sondern eine nicht vor der hellenistischen,
dargestellte Szene dunkel bleibt, [C. Pauli.] Zeit geschaffene Personifikation ihres Elementes.
Tex = Kronos; s, Bd, 2, Sp, 1522, Freilich überliefert Biodor 5, 55, daß nach
Thadytios {Qadvxio?)., Freier der Penelope rhodischer Sage — cbg 6 [ivd-og Tcccgcc^töaxe —
aus Zakynthos, Apollod. Epit. 7, 29, — Bü- die Teichinen viol Q-ccX<x.667\g ^oav; und eben-
cheler vermutet OaXvßiog. [Höfer.] so bezeichnet Ion in einem Dithyrambos den
Thagiiiiasadas {@ayiii(x6ad(xg) oder Thami- Riesen Briareos, der aus der Tiefe des Meeres-
masadas {@c<^L(i(x6däas), skythischer Gott, dem 50 von Thetis zur Hilfe für den von den Göttern
griechischen Poseidon gleichgesetzt, Herod. bedrängten Zeus heraufgeholt wurde, als natg
4, 59, Origenes adv. Celsum 6, 39, Dieselbe En- d^aXäööy]? {Schol. Apoll. Bhod. 1, 1165). Aber
düng findet sich in dem skythischen Personen- nach alter Tradition war Aigaion-Briareos ein
namen 'Ov.taiLa6ädccg, Herod. 4, 80. Versuche, Sohn des Uranos und der Gaia {Hesiod, Theog.
den Gottesnamen Thag(m)imasadas zu deuten, 147); die Bezeichnung Meereskind wird also
von Anquetil bei J. Görres, Mythengeschichte der bei diesem Dämon nur ausdrücken sollen, daß
asiatischen Welt 1, 198 Anm. /. G. Kuno, For- er — gleich den Teichinen — in der Tiefe de&
schungen im Gebiete der alten Völkerkunde 1, Meeres hauste, nicht, daß eine persönlich ge-
"248, P. /. Schafarik, Slaicische Altertümer dachte Thalassa seine leibliche Mutter war.*)
(Deutsch von Mosig von Aehrenfeld, herausgeg. 60
von Heinr. Wuttke) 1,282. /. Grimm, Gesch. d. *) Vgl. jetzt hinsichtlich der Grundbedeutung desAi-
deutschen Sprache 1*, 163. [Höfer.] gaion-Briareos und der übrigen 100-armigen, SO-köpfige»
ThaicrUCia, korrupter Name einer Tochter «nd SO-leibigen Meeresriesen (Hekatoncheiren) Röscher.
des Proteus, die von Zeus den Nympheus ge- ^'"^ -^«^^ -^"^ «'^ ^J^^'''"*' *»^^«*' ^/"'* "• ^^^*^'* '^'''' ^^"f;'.^^''
1-.0« -D..£t.^ r» tr\ cii rkr. A^^ v„.^- 'T'r,^; u. anderer Völker, besonders der Semiten. Leipzig 1917. Hier
bar, Rußn.Becogn. 10 21. Da der Isame Thai- .^^ ^^^ ^^^^.^ ^^^ ^^^ ^.^ Vorstellung 50-köpfiger
crucia m der Aufzahlung der Zeusgehebten, (.leiWger) und 100-armiger Meeresriesen auf das innigste
die bekanntlich bei BufinUS bzw. seiner Quelle, mit ^er Erfindung und Einführung der Fünfzigruderer
Clemens BomanuS, alphabetisch erfolgt, zwi- (Pentekontoren) zusammenhängt, R.
443
Thalassa (Bildwerke)
Thalassa (Bildwerke)
444
Für die sein Heimatlaud bespülenden Meere
kannte der Grieche iu guter Zeit die Benen-
nxmg d-dlaöaa überhaupt nicht; das Ägäische,
Schwarze, Myrtoische und Ionische Meer heißen
Alyaloi und Evitivo^ novxos oder Alyociov,
MvQTäov und 'loviov xiXayog, erst in später
Zeit findet sich einmal *Iovta ^dXaeaa. Wer
die Abstammung des Aigaion von einer Mee-
resgottheit bezeichnen wollte, hätte ihn also
sehen wir aber ebenfalls nichts Näheres er-
fahren.
Eine Vorstelluung davon können wir Uns
aus einigen erhaltenen Heliefs und Münzen
bilden. Auf einem den Sturz des Phaethon
darstellenden Sarkophagrelief {Miliin, G. M.
27, 83; Matz-Duhn 2, 3816) ist unten rechts
Gaia gelagert, umspielt von drei Kindern, ein
Füllhorn im 1. Arm haltend: ihr Gegenstück
zum Sohn des Pontos machen müssen, gleich- lo bildet eine weibliche Gestalt' in ebenfalls halb
liegender Stellung, die mit einem den Ober-
körper vorn frei lassenden Mantel bedeckt ist.
Ihr Haarschmuck besteht aus Krebsscheren,
in der R. hält sie ein aufrechtstehendes Ru-
der und auf der L. einen Delphin. Daß in
wie Pindar die dem Meer entstiegene Insel
Delos als Tlomov ^ydtr\Q bezeichnet (P. L. G.
1' fr. 87. 88). Auch die im Schaum des Meeres
entetehende und heranwachsende Aphrodite
{ä^- Theog. 197) kennt die gute Zeit als
Tochter der Thalassa nicht, diese Genealogie
hat erst die alexandrinische Zeit geschafifen.
Sie scheint sich zum erstenmal bei dem Bu-
koliker Bion zu finden, der (1, 13) die Göttin
.Jtoff rexoff iiüh &aläaar]g nennt; die Verbin- so
düng mit Zeus läßt keinen Zweifel, daß Tha-
lassa hier persönlich als leibliche Mutter der
Aphrodite gedacht ist. ^ Wie sehr aber auch
in der alexandrinischen Dichtung die Vorstel-
lungen von Person und Element bei Thalassa
ineinander fließen, zeigt ein Epigramm Mele-
agcrs {Anth. Pal. 5, 180: ^iccrgog d' ov (lärriQ
iiviufov (utaxi^i Sdlaaaa rgaxv ßoa;), in dem
der Dichter die Ahne des Eros als Person vor
Augen hat, in dem Bild von den Geißelhieben so 1> Thalassa mit Ruder in der R. und Delphin in der L..
der Winde und dem wilden Brüllen des Meeres ''*''"" *^' "^° Wasservogel, von einem Prometheussarko-
»ber wieder in die Vorstellung des Elementes
hinübergleitet. Ebenso spielen diese Vorstel-
lungen ineinander in dem Epigramm eines
Afwnymus (9, 386), in dem Kypris ihr Leid
klagt, daß arccyovtov ixrod'fv Ovgavioav ^aXmaccg
wSlva SaXäaarig 6 d-gccavg aXXav NeiXog dcnb yXv-
%€Qd>v Kvngiv Scpfj-KS ßvd-äv. Und wenn Tha-
lassa bei Lukian {ivdX. didX. 11) den von He-
phag (nach Gerhard. Ant. Bildw. 61).
ihr Thalassa zu erkennen ist, geht schon aus
der Gegenüberstellung mit Gaia hervor; Erde
und Meer sind bei der unglücklichen Fahrt
zugegen, die die Welt in Flammen zu setzen
drohte, beide Göttinnen freilich bewahren auch
bei diesem Ereignis die schwei-fällige, fast
gleichgültige Haltung, die zu den charakte-
phaistos versengten Flußgott Xanthos auf- 40 ristischen Eigenschaften der Ortsgottheiten ge;
nehmen soll, so ist hier das Element das we-
sentliche, neben dem nur wie ein Schatten die
Person steht.
Von bildlichenDarstellungen der Tha-
lassa macht die literarische Überlieferung nur
drei namhaft^ die sich sämtlich im Poseidon-
heiligtum zu Korinth befanden {Paus. 2, 1 7).
Im Tempel selbst stand ein großes Anathem des
Herodes Attikos aus Gold und Elfenbein: Po-
hört. Ebenso sind Gaia und Thalassa gegen-
übergestellt auf einem Prometheussarkophag
(Gerhard, A. B. 61); Thalassa in der gleichen
Stellung hält auch hier in der R. ein Ruder
und auf der L. einen Delphin, während neben
ihr ein Wasservogel hockt (s. Abbild. 1). Auf
einem den Sturz des Hephaistos darstellenden
Relief (Ger/mrcZ,^. J5.81,6) sieht Thalassa allein,
mit dem 1. Arm auf ein Seetier sich stützend.
seidon und Amphitrite auf einem Wagen, den 50 dem Fall des Gottes zu. Ein Diptychon zeigt
vier Pferde zogen und zwei Tritone begleite- • • • ^ ^^ ^ n ■, ■, r.
ten; auf einem Delphin stand aufrecht der
kleine Palaimon. Auf dem Bathron dieses
Weihgeschenkes tauchte mitten unter Nereiden
Thalassa aus dem Meer empor, die kleine
Aphrodite haltend; ob und durch welche Bei-
gaben sie näher charakterisiert war, erfahren
wir nicht. Weiter befanden sich im Innern
des Tempels Bildsäulen der Galene, der Tha-
sie unter dem Gespann der aufgehenden Se-
lene auf dem durch Wellenlinien angedeuteten
Meer sitzend, in dem sich allerlei Seegetier be-
wegt (Mt7Zm, G. M. 34, 121 ; Abb. 2). Zweifelhaft
ist, wie die auf einem Endymionsarkophag
unter dem Wagen der Selene — an der Stelle.
die öfter Gaia einnimmt — gelagerte Seegöttin
zu benennen ist, die an ihrer Seite einen bär-
tigen Wassergott mit einer Muschel und vor
lassa und eines Seepferdes; daß das letztere 60 sich einen Seedrachen» hat (Jahn, Arch. Beit
zur Göttin gehört, ist zweifellos, obwohl dies
Pausanias in seiner Weise so wenig anzudeu-
ten für nötig hält als die Zusammengehörig-
keit des Pegasos mit Bellerophon bei der un-
mittelbar danebenstehenden Gruppe. Im Pro-
naos des Tempels endlich sah man neben einer
Erzstatue der Amphitrite und zweien des Po-
seidon auch eine Thalassa, über deren Aus-
60). Man hat auch sie Thalassa benannt,
wahrscheinlicher aber ist mir Roberts Annahme,
daß dies Götterpaar hier wie auf zwei Dar-
stellungen des Parisurteils ursprünglich als
Okeanos und Tethys gedacht war (Ant. Sark.
3, 1 S. 102). Ruder und Krebsscheren fehlen
dieser Meergöttin.
Die Darstellungen der Sarkophage erfahren
445
Thalassa (Bildwerke)
Thalassa (Bildwerke)
44<;
mS«Ä
eine willkoin- horii im Arm, die zweite, deren Haupt mit
mene Kro-ilnzung Kn'bssclieren geHchmückt ist, hält ein Ruder
durch Münzen und hat zu ihren Füßen das Vorderteil eines
kleinasiatischer Schiffes (Brit. Mus. Cat. Thrace 157 nr. 58).
und thrakischer Stehend endlich erscheinen die beiden (iöttin-
Stildte vom ersten nen auf einer Münze des Caracalla aus Lao-
vorchristlichen dikeia in Phrygien. Gaia hat ein Füllhorn
Jahrhundert ab im r. Arm und sprossende Ähren hinter sich,
bis weit in die während Thalassa, auf dem Haupt zwei auf-
Kaiserzeit hinein, lo gerichtete Krebsscheren tragend, in der er-
Autonome Mün- hobenen L. ein Ruder hält und einen Delphin
zen der. Stadt zum Begleiter hat. Auf den vorgestreckten
Korykos in Kili- freien Händen der Göttinnen, die sich beinahe
kien zeigen eine berühren, steht Caracalla; unter dem Kaiser
weibliche Büste, schwebt ein Adler, der einen Lorbeerkranz hält
die eine Krebs- {Z. f. Num. 20, 2(50, Taf. 9, 9).
schale als Kopf- Auf allen diesen Darstellungen erscheint
schmuck trägt; also Thalassa durchaus im (Jharakter und den
daß sie Thalassa Situationen einer Lokalpersonifikation; stehend,
vorstellen soll, er- 20 sitzend oder in halb liegender Stellung sieht
weisen die Kai- sie ruhig auf ihre Umgebung, sie hebt die
sermünzen der- junge Aphrodite empor oder sie taucht nur
selben Stadt, auf mit dem Hau])t aus ihrem Element, ähnlich
denen die Göttin dem Orontes neben der Stadtgöttin von Antio-
stehend er- cheia. Ihre Beigaben sind ein Ruder oder
scheint, das Haar Teile eines Schiffes, Seetiere bilden ihre Üm-
mit Krebsscheren gebung, Krebsscbalen oder Scheren ihren Kopf-
geschmfickt, in schmuck; in ihrer Gestalt gleicht sie der Gaia,
der L. ein Ruder nur daß sie vielleicht der mütterlichen Göttin
und das Hinter- 30 gegenüber etwas jugendlicher erscheint. Der
teil eines Schiffes
haltend {Z. f.
Num. 20, 261:
Head, hist. '^^ *
8) Selone auf einer Rinderbiga aus
dem Meere eniporfahrend, geführt
von Hypnos, unten Thalassa mit See-
tieren, Diptychon von Sens (nach 720). AufMünzeu
MÜH,!, Gal myth. T. iU nr. 121). yon AmisOS in
Pontos aus der
Zeit Vespasians und seiner Nachfolger hält
die Tyche der Stadt in der L. ein Füllhorn,
in der R. ein Ruder, das auf dem mit Krebs- 4o sonifikation war,
alte Meeresgott führte als Attribut den Drei-
zack, der seine Macht und sein Wirken kenn-
zeichnete; die Personifikation der Epigonenzeit
mußte sich mit einem Emblem begnügen, das
anzeigt, womit menschliche Macht sich ihr
Element dienstbar gemacht hatte. Sowenig
wir im Mythos eine Göttin Thalassa nach-
weisen konnten, so deutlich zeigt ihre Aus-
stattung in der Kunst, daß sie nur eine Per-
die erst hellenistischer Auf-
scheren geschmückten Haupt der Thalassa
ruht, eine Darstellung, die die Herrschaft der
Stadt über das zu ihren Füßen liegende Meer
versinnlichen soll {Head 497; Imhoof- Blumer,
JZ. f. Num. 20, 258 ff., Taf. 9 nr. 5. 6; Klein-
asiat. Münzen 1, 1 nr. 4, Taf. 1, 1). Auf einer
Münze Gordians IlL aus Deultum in Thrakien
ruht 1. unten Thalassa in der aus den Sarko-
phagen bekannten Stellung, in der L. ein Steuer
fassung ihre Entstehung verdankte.
Die Deutung der mit T bezeichneten weib-
lichen Gestalt im Westgiebel des Parthenon
als Thalassa ist hiernach unhaltbar. Sie be-
ruhte allein auf der nackten, nach Carreys
Zeichnung für weiblich gehaltenen jugendlichen
Gestalt auf ihrem Schoß, in der man Aphro-
dite erkennen zu müssen glaubte. Ist diese
Gestalt aber, wie neuerdings fast allgemein
haltend; in ihrer Umgebung erscheint ein Segel- 50 angenommen wird, männlich (Furtwängler
boot und ein Delphin, r. oberhalb von ihr aber
liegt ein bärtiger Flußgott mit Schilfstaude
und Füllhorn, der sich mit dem 1. Arm auf
eine Urne stützt, deren Inhalt zur Thalassa
herabfließt {Head 287; 'Ecpijii. ccqx. 1889 Taf.
2, 25). Eine Münze des Commodus von Per-
gamon zeigt zwischen den Büsten des Helios
und der Selene den jugendlichen Zeus, zu
seinen Füßen den Adler; r. von ihm ist Gaia
Arch. Anz. 1891, 70; Ovcrheck, Plastik 1*405;
Steiiding oben 2, 2 Sp. 2080; Studniczka, N.
Jahrb. f. d. kl. Altert. 29, 1912, 249), so ist
damit der einzige Grund an Thalassa zu den-
ken hinfällig geworden. Waldstein {Essays
on the art of Phidias, 1885. S. 157—59^ will
in den beiden früher als Tauschwestern ge-
deuteten Figuren Personifikationen von Erde
und Meer erkennen; die lieofende weiche Ge-
gelagert, 1. Thalassa, mit Krebsscheren im 60 stalt, deren Gewand fließende, wellige Linien
Haar und einem Ruder in der Hand {Head
536; Brit. Mus. Cat. Mysia 151 nr. 307, Taf.
30, 4). Auf einer Münze von Perinth (Hera-
kleia) mit der Büste des Alexander Severus
sitzt auf der Rückseite im Innern des Tier-
kreises Zeus; über ihm lenken Helios und Se-
lene ihre Gespanne, unterhalb sind Gaia und
Thalassa gelagert. Die erstere trägt ein Füll-
zeige, sei Thalassa, die festere aufrecht sitzende,
in deren Schoß jene ihren r. Arm stützt, Gaia.
Gewiß sind die beiden Frauen schon nach
ihrer schwerfälligen, fast indolenten Haltung
als Ortsgottheiten gedacht, und ebenso richtig
mag es sein, daß die Einführung der Ortsgötter
und der kosmischen Gottheiten Helios und Selene
eine Neuerung des Pheidias war. Aber seine Orts-
447 Thalassa Erythra Thalassios 448
Gottheiten werden ebenso gewiß Personen von Thalnssata s. Thalassios 2.
Fleisch und Blut gewesen sein, die jedermann Thalassios (6)a>lcfo0to9), 1) Beiname des Zeus,
in Attika kannte und verehrte; eine Thalassa unter dem er in Sidon Kult genoß; vgl. Hesych.
paßt in diesen Kreis nicht hinein. s.v. GaXäaaiog Z«is' iv 2^iSCüvi Ti/i«rai. Preller-
Zum Schluß muß ich noch kur« eine um- Bobert, Gr. Myth. 1,506,4 verweist auf .4t-
strittene Stelle des Phtlostratos in seiner Be- schylos (/r^w. 343) bei Paus. 2,24,4: AlaxvXog
Schreibung des Isthmos {Im. 2, 10 p. 420) be- . . xaXst Jia yial rbv iv d-ocXdaay^ wonach G.
rühren: icrt dh avuo ^leigccxiov fiiv iv ^8|m, Hermann iväXios, Nauck O^aXccaaiog als das
Aixciiov oiftat, ai xoQai 6' iv Scgtars^o: KiyxQ^'^'- ^^^^ Aischylos gebrauchte Beiwort vermuten,
rajja nov. GdXaxxai öh avrat. xaXal xcci inav&g lo und auf I^oklos in Plat. Cratyl. 147 p. 88
fvötoi xfjTÖv 'la^fiov &no(fceivovaf} yfj srofpaxa- (= ed. G. Pasquali p. 83, 29) : 6 dh SsvrsQog
d-r^vrai. Die Lberlieferuug ist nicht g«ui« sicher, dvaSixtos xaXfiTcci T^evs ivciXiog xat TloOfiitüv.
hält man sich aber an den Text in der oben Doch ist hier, wie auch aus dem folgenden
wiedergegebenen Gestalt, so kann man nicht (6 6h, rgirog rgiadixibg Zsvg re xarax^ovt-og
mit Brunn {Jahrb. f. Philol. Supplbd. 4, 288) xal riXovrcov xal Ziidi^g) hervorgeht, der 'Meer-
und Gerber {ebenda SuppUtd. 13, 26i*) in den Zeus' = Poseidon, wie der ^unterirdische Zeus*
beiden SaXuttai Personifikationen der beiden = Hades ist; Zsvg hat also den generellen
den Isthmos bespülenden Meere erkennen; dies Sinn des 'Gottes' überhaupt, wie auch in vielen
ist schon darum wenig wahrscheinlich, weil Lokalkulten, Bohde, Psyche 1-, 20ö. Ob sich
Phtlostratos — wie es im Altertum allgemein 20 unter dem Gotte von Sidon also ein Poseidon
üblich war — die Meere vorher nicht als weib- birgt, ob der Gott die Eigenschaften des Zeus
lieh, sondern als Alyaiov und "Aögtov TciXayog und des Poseidon (vgl. den karischen Osogos-
bezeichnet hat. Nach dem Wortlaut des Textes Zenoposeidon) in sich vereinigt, läßt sich bei
war vielmehr r. von Isthmos ein Knabe dar- dem Mangel anderer Zeugnisse nicht feststellen,
gestellt, in dem Phtlostratos das Aixatuv zu Nach v. Baudissin, Studien zur semitischen
erkennen glaubte, den nach der Adria zu lie- Beligionsgcsch. 1,176 ist QaXdG6io<: 7.svg nur
geuden Hafen Korinths; auf der 1. Seite aber ein zum Meere in Beziehung gesetzter Himmels-
befanden sich zwei weibliche Gestalten, in gott, nicht eine das Meer als ihr Element be-
denen er die KiyxQsai vermutete. Das A^x^^iov wohnende Gottheit. Nach K. B. Stark, Gaza
war also, der neutralen Namensform ent- 30 n. die phih'stäische Küste 299 f. stammt der Kult
sprechend, als Knabe gebildet, die KiyxQ^cci des Zeus d-aXäaaiog aus hellenistischer Zeit;
ihrer pluralen, weiblichen Namensform nach vgl. auch G Hoffmann, über einige phönikische
als zwei Mädchen; und nur auf diese beiden Inschriften in AbhanclL d. K. G eselisch. d. Wiss.
Mädchen kann sich die Bezeichnung GdXaxxccL zu Göttingen 36 (1889/90) S. 19. v. Baudissin,
im folgenden Satz beziehen. Ist also der Text Adonis und Esmun 232.
richtig hergestellt, so sind hier als GdXaxxai 2) @sol ^aXdaGioi, Bezeichnung der Meeres-
nicht die beiden den Isthmos umgebenden götter im allgemeinen, Pollux 1, 23. Strabo
Meere personifiziert, sondern die beiden Nym- 6,2,11 p. 277. Namentlich werden als Q-sol
phen des auf der Seite des Ägäischen Meeres Q-aXdßGiot angeführt von Arrian. de venat. 34:
liegenden Hafens von Korinth; ©aJLarrat wäre 40 Poseidon (vgl. Schal. Hom. Od. 3,178. Schal.
also mit Meerfrauen zu übersetzen. Eine solche Arist Plut. 1050 und unten Zeile 46), Amphi-
Auffassung mag Heibig dazu geführt haben, trite und Nereus {Ael. hist. An. 14:, 28). Noch
in einer zuschauenden Frau auf einem An- größer ist die Liste der ^sol d^aXdaaioi xccl 7to-
dromedabilde {Kampan. Wandgemälde 1184) xd^ioi bei Artemidor Onirocrit. 2, 24 (p. 130,
und auf einem den Ritt des Phrixos darstel- 20. 131,24 Hercher), der a. a. 0. (p. 131, 7 ff.)
lenden Gemälde (1258) eine QüXkxxu zu er- als Q^sol d^aXdaötoL vorirol Poseidon, Amphi-
kennen. [E. Kuhnert.J trite, Nereus, die Nereiden, Leukothea und
Thalassa Erythra {0dXa6Ga 'EgvO-gd), Per- Phorkys, als ö^sol d'aXdaaioi alöd-T^xoi Thalassa,
sonifikation des Roten Meeres (Epv'ö'pa ©aXaor}) Kymata, Potamoi, Limnai, Nymphai und den
in einer Miniatur des Pariser Psalters, darge- .50 Acheloos aufzählt. Glaukos heißt d-aXdxxiog.,
stellt beim Untergang des Pharao voller Plala de republ. 10 ^p. 611 C. Palaeph. 21 (2S).
Schrecken davoneilend; mit der Linken schul- Athen. 7, 296E. Eust. Hain. IL 271, 15. Thetis
tert sie ein Ruder, die Rechte erhebt sie ent- ist d^aXacaicc d^sög, Eur. Bhes. 974 frgm. 885
setzt zu dem halb umgewendeten Kopf, der {Nauck^ im Schol Ar. Ban. 840. Origin. adv.
Oberleib ist nackt, der Unterleib verschwindet Gels. 1,42 p. 92,11 Kaetschau (vgl. Thetis ^a-
im Wasser, Henri Omont, Facsimiles des mi- XuGcair\, Nonn. Dianys. 22, 399); Aphrodite
niatures des plus anciens de la bibl. nation. heißt ebenfalls ^aXccxxia %-s6g (vgl. ihr Epithe-
Taf. 9 (vgl. p. 8). P. Friedländer, Johannes ton ^aXaGCalr}, Bruchmann, Epith. deor. p. 57)
ron Gaza und Paulus Silentiarius 188. 198. bei ^/Ä:/j9/<r. 1, 19, 1. Die Graiai sind -Ö^aiafföiat
Von bildlichen Darstellungen der Thalassa (s. 60 dcci(iovsg, Eust. Sid Hom. II. 116,25, Melikertes
oben Sp. 443 fif.) wäre die auf einer Inschrift xxnd. Ivio ^aXdGGioi öcci^ovtg, Schol. Luc. Dialog.
aus Kalauria {A. B. Bangabe, Ant. Hellen. 2, mar. 6 (p. 266, 21 Babe), Proteus öaiiicav ^a-
821b p. 463 = Le Bas, Voyage arch. Inscr. 2, XdGGiog, Schol. Luc. Dialog, mar. 4 (p. 265,23).
1754) erwähnte Darstellung der Th. {xdg xs Nonn. Abbas zn Gregor. Nazianz. or. contra
fU6vccg...xal xäv SaXaGGag xal xäv iv xa lulian. 1,2 {Migne, Patrol. Ser. Gr. iiG,98S) =
vccüt Faiaöxov) anzuführen gewesen, wenn nicht Mijthogr. Gr. ed. Wesi,ermann 388, 32, während
die Inschrift ganz anders zu lesen und zu er- dafür bei Eudocia 348 (p. 581, 12 Flach) =
ganzen wäre, CoWtts 3380. i.6r. 4,840. [Höfer. j Cosmas bei A. Mai, Spicilegium Bomanum 2,
449 T(;h)alas(s)ius Thaleia (Muse) 450
118 ivdXtog üaiiKov steht; vgl. Flach, Jahrb. f. der Freuden des geselligen Mahles {datzu i&ä-
A7a.ss.P/K7. 126 (1882), 239. Patzig, Jahrh. f. f.lass. Xsiav, Jfom. II. 7,476. Hyinn. in Mercur. 4S0
Phil. a. a. 0. 551. Aigaion-Hriareos heißt d-a- u. ö. Pherekrates bei Athen. 8, 3G4a. Bei So-
Xäööios öaificov, Schol. A 1) Hofn. 11. 1,H1)9 (p.33a phokl. frgm. 548 erscheint die Ju\<i Q-ctXttcc sogar
9); vgl. Schol. A llom. IL 1,404, wo er iväXio? personifiziert als ngsaßiari] d^srnv^ vgl. Carl
daificov genannt wird; andere sahen in ihm Strube, Studien übrr den Bildcrkrei.s von Eleusis
ein ^aXä(S6iov ^rigiov, Scitol. Apoll. Phod. 1, 21 [vgl. 167]), und so sagt Plut. Quaest. conr.
1165 (p. 374, 14 7v>i/); vgl. Poscher, Die Zahl 50 9,14,7: tfjg d' im^v^ias tu /i^v xbqI idaöi^v
in Mythus . . . der Hellenen (Äbhandl. d. philol.- -kul nöaiv t] OaXicc yioivojvr]TLyi6v tcoih xal övy.-
hist. Kl. d. K. Säclts. Ges. d. Wiss. XXXIII, 5) lO noxLv.bv ii, Scnard-gtunov xat d^riQuoSovs diuTovg
S. 21 Anm. 28. S. 28. 30. cpiXofpQOvojg yial iXccQutg Gvviovxag &XXrlXo^g iv
Besonders merkwürdig ist Arist. Plut. 396: ol'vo) ^aXiä^siv Xtyo^sv, ov rovs vßQi^ovrag xai
vi] tov Tloafiduy || rbv ^aXdrriov Xsysig; \\ st d' nagoivovvtocg. Dieselbe Erklärung mit einer
^ötiv EtSQO? Tig IloöfiSiov, rbv ttsgov. Die zweiten verbunden hat Cornut. de nat. deor. 14
meisten Erklärer (Belege bei MüUer-Strühing, p. 50 Osann: diä xb ^äXXnv avxwt' fnämlicii '
Ja/ir/>. /". Ä:/rtSS. P/»v7. 117 1 1878], 753) sehen hier ol vitb (-)aXelccg nsTcaidEvfiivoi) xbv ßiov (vgl.
in Poseidon den Meergott, unterdessen Schutze Diod. 4,7: (^^^ccXsLav &nb xov ^dXXeiv inl noX-
Chremylos mit seinem Schatze übers Meer Xovg xQOvovg xovg ötäxiöv nou^iidxoiv iyy(.v)y.ia^o-
entfliehen wolle. Dagegen sucht Müller-Strü- ^evovg) i) diu xb ^';u£tv ccbxovg v.al xijv av^noxi-
bing a. a. 0. 754 ff. 760, gestützt auf die Glosse 20 yiijv ccQhxr\v iTtidt^loig ynxl sv^ovocog iv xalg -O-c-
des Hesych. ■XBlayi^siv . . . v.al aXcc^ovBviCd^ui /.tat? i-jiiaxQsq^oiisvovg. Daher heißt es Änth.
xat ipsvdsad-cci u^ydXa., zu erweisen, daß IIoösl- Pal. 9, 504, 10, daß Thaleia rjdsa y.eSvd 'erfun-
döjv d'aXdööiog im Volksglauben als Schutzgott den' habe. Ferner ist sie rfyj nsgl ^tovg ini-
der Seefahrer, die gern ^Seegeschichten' er- 6xrni7\g xat Q-iag rjysy^uiv, Plut. Quaest. conv. 9,
zählen, also aufschneiden und gewaltig lügen, 14, 7. Welche Funktion sie in den von Plut.
mit denselben Gewohnheiten und Schwächen, a. a. 0. 9, 14, 3 auf die Musen bezogenen Zwei-
<lie seinen Schützlingen, den Seefahrern eigen gen der Wissenschaften und ihren Unterabtei-
sind, ausgestattet und als Gott der Lügner hingen (Mathematik [Musik, Arithmetik, Geo-
und Aufschneider aufgefaßt worden sei. metrie], Philosophie [Logik, Physik, Ethik],
3) Hermes d-ccXdaöLog, Tzctz. zu Lykophr. 30 Rhetorik [enkomiastische, symbuleutische, fo-
679 (ed. Schcer 2,224,33. PJust. ad Hom. 11. E rensische Beredsamkeit]) ausübt, ergibt sich
p. 561, 06. 0. Crusius, Beiträge zur griech. aus dem Zusammenhange nicht. Kikomachos
Mythol. u. Peliijionsgesch. (Progr. Thomasschule Geras. Arithm. theol. bei Phot. Bibl. p. 144b 11
Leipzig 1886)' S. 23. E. Hesselmeyer , Die setzt die Thaleia in Beziehung zur Sechszahl.
Pelasgerfrage 57. — 4) Zu den OaXaGöiat ge- In der späteren, und dann zum Kanon ge-
nannten Priesterinnen der Kybele {^t]X7]q 17 wordenen Differenzierung der Funktionen der
nXccKtavt]) C. I. L. 2,3657,5. 11 (at Isgonoiol Musen waltet Thaleia über die Komödie und
al'7iQ06ayogsv6iLevccid'ccXdc6LaL)\g\. E.Kirchner, überhaupt die leichte, tändelnde Dichtung; ihr
Attica et Peloponnesiaca 45 Anm. 1. E. Mnaß, gewöhnliches Attribut in der bildenden Kunst
Orpheus 191 Anm. 29. [Höfer.] 40 ist die komische Maske, die sie in der L. trägt,
T(h)alas(s)ius = Talassio (s. d.). während die R. einen Krummstab (Pedum) hält.
Thalassuchos (ßaXcx66ovxo9), Name oder Bei- Als Vorsteherin oder, wie es nach bekanntem
name einer Meeresgottheit (Poseidon?) neben Muster manchmal ausgedrückt wird, als P]r-
Tgixcov, TQixoysvsLcc, k%8X(ßog von Nikomach. finderiu der Komödie wird Thaleia genannt
Geras. Arithm. theol. in Phot. Bibl. 143b, 41 er- Schol. Luc. Imag. 16 (p. 164 Jacob. = p. 186
wähnt. [Höfer.] Babe). Apostol.lO.^^h. Anonym, in Anth. Pal.
Thaleia, Thalia {edXBia, @aXla\ 1) Tochter », 504, 10. 505, 7. Cato in Anih. Lat. ed. Biese-
des Zeus und der Mnemosyne {Hesiod, Theog. ö^^^ ^ P- 1^* (= ^«somtes p. 412 ed. Peiper =
64. 915), eine der neun Musen, Hesiod, Theog. Appendix 4, 3 p. 251 Schenkl). Claudian. Carm.
77 {Orpheus, Htmn. 76, 8. Diodor 4, 7. loann. ^o minor. 41, 14 p. 335 ed. Th. Birt. Plorus Anth.
Diakon. Alleg. Hes. Theog. 303, 10 Fl. Gramer, ^ Lat- 88, 3. Anonymus ebenda 664 a, 4 p. 135 (vgl.
Anecd. Gr. Oxon. 1, 278. 4, 425, 6. Herodian 2, Wiener Studien 10 [1888], 174). Ausonius p. 236
1, 20 Eentz). Apollod. 1, 3, 1., (1, 13Tr.). Cosmas P^^P^^ = ^P'^^- 1*^ 28 p. 173 Schenkl. Fulgent.
ad Gregor. Carm. bei Migne, Patrol. Ser. Gr. Mythol. 1 p. 3, 12 Helm. Einige im Wortlaute
38,539. Mannigfach wie der ihr zugeschriebene übereinstimmende Traktate im Codex Parisinus
Wirkungskreis ist auch die Auslegung ihres ^^^^ chartaceiis 8^ Fol. 26 r, im Codex Vindo-
Namens, der natürlich vom Stamme %'aX{^dXXcü, bonensis theol. gr. 287 Fol. 38 v inf. und Fol. 39 r
d-aXlcc, Q-dXog usw.) gebildet ist, — als Beispiel sup. (vgl. Studemund, Arch. Jahrb. 5 [1890], 2 f.),
für den sechsilbigen Versfuß 6v.oXiavxißdyixsiog ^"^ einem jetzt verschollenen Königgrätzer Codex
^ - ^ ^ - ^ wird vom Anonymus BeroUnensis ^o (^^1- ManueUs Moschopuli Cretensis opuscula
in Anecd. vaHa Gr. et Lat. ed. Schoell und Stu- grammatica ed. Franz Nicol. Täze [Leipzig., und
demund 1, 298 nr. 57 GdXsiu d-dXXovou ange- Prag 1822] p. 59) enthalten unter der über-
führt. Wenn es bei Hes. Theog. 917 von den schrift: xä ovoyiccxcc x&v -9" fiovöcbv %ccl Ttoiccg
M.usenheiQt: xyGL adov d'ccXiaLxalxsQipig doLdi]g., xixvrig . h.daxri iTtiörccxst -aal xig t^döxrig fttjLtT]-
80 liegt wohl eine Anspielung auf ihren und x-qg für Thaleia die Angabe: d'dXsLa yicouadiag
ihrer Schwester Terpsichore Namen vor, mit Msvavögog. Auf einem Bd. 2, Sp. 3273 abge-
der sie eng verbunden auch bei Plut. Quaest. bildeten Wandgemälde aus Herculaneum {Pitt,
conv. 3, 6, 4 genannt wird. Sie ist die ^(pogog di Ercol, 2, 3 p. 19. Miliin, Gall. myth. 22, 70.
451 Thaleia (Muse) Thaleia {Mme) 452
Denkm. d. (üten Kunst 2,68,736. W. Heibig, p. 221 herausj^e^ebene Glossarium Graeco-La-
Wandgemälde Campamens 878 S. 176) steht tinum der Bibliothek von Laon) unde et Epi-
UDter dem Bilde (-JAA€K KCOMOAIAS ; vgl. cai-mus comicus in Difilo comedia ait: Xi^ia fii}
anch C. I. G. 3.6866. Als Muse der leichten ISotv [nach Kaihel, Foctarum Gr. Fragm. 6,1
Dichtung führt sie das Epitheton Maseiva', = Comicorum Gr. Fragm. 1,1 li. 1^7 : Fseudo-
Stat. Silv. 2, 1, 116. 5, 3, 98 (und dazu Fr. VoU- Epicharm. frgm. 300 wäre zu lesen: (^afra) i&d-
mer, Statu Silvae p. 532 f.). Martial 7, 17,4. Xnav o^x /dwv] iiftcJv rtg &qxvvh^ id est: ger-
Wie sie Muse der heiteren ländlichen Dichtung mina dum non viderit, famem consumit. In dem
ist {Vergil, Eclog. 6,2. Culex 1; vgl. Fr. Leo, eben erwähnten Laoner Glossarium p. 202 wird
Culex p. 24. Ch. Pk'sent, Le Culex p. 93), so lO aus Martianus zitiert: 'Thalia interpretatur ca-
auch Muse des Epigramms, Martial a. a. 0. 4, pacitas, ipsa est terra.' Verfasser hat diese Stelle
S, 12 (und dazu Friedlätuier). 7,46,4. 8,73,3. im Martianus Capella nicht ausfindig machen
9,26,8. 9,73,9. 10,19,3. 12,94,3; vgl. auch können. Daß aber Marl. Cap. die Thaleia in
Apoll Sid. Carm. 9, 18. 261 (p. 219. 224 Luett- Beziehung zur Pflanzenwelt gesetzt hat, geht
Johann). 12, 10 p. 231. 13,435 p. 260. Epist.S,9 aus 1,28 (p. 12, 28 Eysscnhardt) hervor, wo es
p. 139,17. Ennodius 188,7 p. 160 Fr. Vogel. heißt, daß Thaleia, während die anderen Mu-
105,10 p. 124. 213,25 p. 170. Als Muse der Dicht- sen zum Olymp eilten, 'in ipso florentis campt
kunst überhaupt erscheint sie bei Hör. Carm. ubere residebat\
4, 6. 26. Ov. Fast. 5, 54. Von Apollo ist Thaleia Mutter der Kory-
Irrtümlich bezeichnet sie Papc - J?<?nÄc/er 20 bauten, Apollod. 1,3,4. Tzetz. zu Lykophr. 78
8. V. BttlBia unter Berufung auf Themist or. 21 (p. 46, 8 Scheer). Hierauf bezieht sich wolil auch
p. 265c (= p. 311,12 Bind.) als 'Vorsteherin Tzetz. zu Hes. Op. p. 25(t.: 'AnoXXwvog 8b xov
des Flötenspiels'; die Stelle des Themistios KdQ^aixog %a.l &aXsias TlaXdicpaTog, y,o Hein-
sagt gerade das Gegenteil: ovSk iiBTUTroistToci siu^ vorschlägt: 'AnoXXavog Ss xat OaXelag ol
Ti)g Tii^dgas ^ KaXXionri ovdh i] OdXsicc t&v KoQvßccvrsg xccl IIccXaLcpccTog. Diese Stelle fehlt
avXäiv ovSh rfjg Xvgag ij Tegipixogt], öcXX* IxaffTi] bei /. Poerner, I)e Curetihus et Corybantibus
t6 avtijg ayaica avyißdXXBü^oci alg tbv xoQOv {Diss. Phil. Hai. 22, 2) p. 339. Als Mutter des
xaJ avvsigq>4Qeiv. Palaiphatos wird Thaleia noch genannt von
Ein Epigramm des von der Stadt Thespiai ApoUodoros im Schol. Eur. lihes. 346. Tzetz.
den neun Musen geweihten Denkmals — bei 30 a. a. 0. p. 28. Schol. Hom. 11. 10, 435. Eust.
der Figur einer jeden inschriftlich genannten ad Hom. II. 817, 31. Auch bei Suidas s. v.
Muse, in unserem Falle OAAHA, steht ein Epi- naXaitparog . . . vlbg !Ayitaiov yiccl Boiovg. ol
gramm; als Dichter wird Hoiiestus (Ovioxov, 8b 'loi/tXiovg (= OUXsovg) cpaöl xal Maxccvel-
80, nicht 'Ov^tfror ist zu lesen) genannt, dessen gag. ol ds 'Egpiov hat Eckstein bei Ersch und
Lebenszeit wohl in den Anfang der römischen Griiber, Allgemeine Encyklopädie s. v. Palae-
Kaiserzeit anzusetzen ist, Jamot, Corr. hell. 26 phatus S. 337 a nach 'Egnov ergänzt <xai 0a-
(1902), 140. Dessau, Hermes 47 (1912), 470 — Xsiagy, und die Zustimmung von Friedr. Wip-
lautet: OdXria. | 0dXX(s)i' in' igi]V7]g aocpirig precht, Quaestiones Palaephateae (Diss. Bonn
xaXd- xoiyocg dndaccg 'Ig-^vt] Xoißag xdßSs Od- 1H92)S. b'S f. und von Joh. Schrader, Palaephatea
Uta xifo, Kumanudes, kif-rivaiovl, 282. Athen. 40 in Berl. Abhandl. zur Klass. Altertumswiss. 1, 1
Mitt. 5, 121. Corr. hell. 3, 446 f. Meister bei (1894) S. 44 Anm. 1 gefunden. Dagegen sucht
Bezzenberger, Beiträge 6, 11. Collitz 805 (wo Nie. Festa, Intorno all' opusculo di Palefato
noch Gotpirig y.ccXd xoi ycct' anaöa steht). /. G, de incredibilibu^ Considerazioni 3 4 ff. und Pro-
7,1798. Jamot a. a. 0. 134, II. Auch hier er- legoinenaad Palaephatum {= Mythogr.Gr.lU,2)
scheint Thaleia wohl wie die gleichnamige XLIIff. den Nachweis zu fuhren, daß der an-
Charis (s. nr. 2) als Förderin des Pflanzen- geblich als Sohn eines Gottes bezeichnete alte
Wuchses, der nur im Frieden gedeihen kann, Epiker PaZaip/?Wos nur dem Spotte der Komiker
als ^Musa agrestis'; vgl. Jamot a. a. 0. 147: sein Dasein verdanke und mit dem gleichnami-
Thalie off'rant une libation ä la Paix qui fait gen Mythographen identisch sei. Freilich sieht
fleurir la terre. 50 sich Festa dabei zu der immerhin bedenklichen
Eine eigenartige Funktion weist den Musen Annahme von Lücken und Einsetzung einer
ein anderes in Thespiai gefundenes Epigramm Konjektur im Schol. Eur. Mhes. a. a. 0. und Schol.
ZU: KccXXoevvriv ^gaxw, KXsioo axfjnxg' Ovgccviri Hom. a. a. 0. genötigt. — Identisch mit der
8e j Xixxga, OdXiu yivog^ Tsgipixogr} 8h q)vi^v, \ Muse ist wohl auch Thaleia, die Geliebte des
MsXnonivri 8* otSlva, DoXv^via A^/t/i,' ifibv üaphnis, Sositheos (F. T. G. 821 N.*; vgl. Wel-
vfivtf, I a/düj 8' Evxignri, KaXXionri 8s voov, cker, Gr. Trag. 3, 1252 ff. Mannhardt, Myth.
n&ffcci Mvriiioavvriv uiXnovcL (IS xr}v iia'Aagi6xr}v^ Forschung. 1 ff ) in Hypoth. Schol. Theokrit. 8
^7]xigi 8' didiviov xixva xivsi ;uap£.ra?, Jamot, und im Schol. Theokr. 8,92), wozu ergänzend
Corr. hell. a. a. 0. 143, der p. 147 f das der (K. Fr. Hermann, De Daphnide Theocriti 6.
Thaleia zugeschriebene ysvog auf das Wachs- 60 0. Jahn, Hermes 3 [1869], 180) der Bericht von
tum der Pflanzen {naissance des plantes) be- Serv. ad Verg. Eclog. 8, 68 tritt, nach dem die
zieht. Als Vegetationsgöttin wird Thaleia auch Geliebte des Daphnis, Pimplea, quam alii Tha-
von JPW^ent.Äft/<ÄoZ. p. 26, 8 ff. ^eZ?» bezeichnet: liam dicunt, von Seeräubern entführt und an
Talia id est capacitas velut si dicatur Tithovlia, Lityerses nach Phrygien verkauft wird, wo
id est ponens germina (damit stimmt fast wört- Daphnis sie nach langem Suchen wiederfindet,
lieh überein das aus dem neunten Jahrhundert und sie teils mit Hilfe des Herakles teils durch
stammende, von E. Miller in Notices et extraits die Macht seines Gesanges wiedergewinnt; vgl.
d^ manuscrits de la bibl. nationale 29, H [1880] B. Eeitzenstein , Epigramm und Skolion 258ff.
4öH 'Jlialeia '.Muse; 'riiaieia (.Lharin; 454
Daß unter Thaleia die Muse zu verstehen ist, bil«lun^ der Musenbasis von Knidos. Aus der
folgert K. Maaß, Orpheus 147 f. Anni. 30 aus Tafel des Archelaos, mit deren Darstellung die
ihrem /weiten Namen Pimploa, d. i. die 'IMm- sechs in Milet gefundenen Musentypen über-
l)leerin, die aus dem Musenort Pirapla'. Ur- einstimmen (.4rcA. J". ^x^. Ül [1906 1, 30 f.) und
sprünglich stand wohl da Waitta nninXr\ia, der Musenbasis von Halikarnassos (s. Bd. 2,
woraus dann der Doi)pelname gebildet sein Sp. 3268 f.) lilßt sich aus den analogen Musen-
inag; vgl. aber auch v. Wilamowitz, Die Text- gestalten fast die ganze Gruppe des Philiskos
(fi'sch. der griech. JhikoUker (= Philol. Untersuch. {Plin. h. n. 36, 34\ die, wie Watzivger 4fF. nach-
18) 8. 234 Ann). 1. gewiesen hat, dem (Iritten Jahrhundert ange-
Von Darstellungen der Tb. auf Vasen ist lo hört, zur Anschauung bringen, IF. /t'/^iw, GV'.sc/?.
zunächst als die einzige auf scbwarziigurigen der griech Kunst 3,36.
Vasen zu nennen der Krater des Klitias und Sp. 3271 f.: Hier fehlt der Sarkophag mit
Hrgotimos {Fran<;ois-V<(se) abg. Fiutuängler Muscndarstellung in Berlin, auf dem Thaleia
und Belchhold, Griech. Vasenmalerei Tai'. 1 und 2 erscheint mit langärmligem Chiton und Hi-
vgl. 1 S. 5): vier eng gereihte Musen MsXno- mation bekleidet; sie erhebt die R. leicht wie
fisv£, äXeio, EvTi^QTis uiid OAAEIA geleiten das im Gestus des Redens und hält in der L. eine
(«espann des Toseidon und seiner Gemahlin komische Maske; eine zweite solche Maske,
Amphitrite; zu den Inschriften vgl, C. I. G. 4, mit Öchulterlocken, liegt auf einem Altar neben
8185 d. Elite des nionum. ceravwgr. 2,215. Hub. ihr, F. Gerhard, Arch. Zeit. 1 (1843) Taf. 6
Schmidt, Übse.rvütioncs archaeol. in carmina 20 ^. llüW. Conze - Ihichstein , Königl. Museen in
Hesiodi {Dissertat philol. Hai. 12) p. llOf. mit Berlin. Beschreibung der ant. Skulpturen mit
Anm. 2. — Von Darstellungen auf anderen Va- Ausschluß der pcrgamenischen Fundstücke S.320
sen seien erwähnt: Nolanische Vase in London: Abbild, nr. 884.
0AAEA, sehr jugendlich im dorischen Chiton, Sp. 3279/80 Fig. IIb: Eine bessere Abbildung
mit kurzem Haar im Verein mit sechs anderen des Vatikanischen Exemplars der Thaleia findet
Musen im langen ionischen Chiton (Polyhymnia, sich bei Baumeister, Denkmäler 2, 971 Fig. 1184.
Kleio, Euterpe, Erato, HdAMo^o), Panofka, Mus. Löwy, Griech. Plastik p. 9 Taf. 115, 205; vgl.
i^/acas pl. 4, 16. P2litc des monmn. ccramogr. 2 W. Heibig, Führer durch die öffentl. Samm-
pl.86A. Cecil H.Smith, Catal. of the greek and lungen klass. Altert, in Born 3. Aufl. S. 176 f.
etruscan vases in the Brit. Mus. 3E 805 p. 381; so nr. 268.
vgl. auch Chr. Walz, Philologus 1 (1846), 549. 2) eine der drei Charites (Aglaia, Euphro-
— Hydria, gleichfalls aus Nola (Sammlung syne, Thaleia), Tochter des Zeus und der Okea-
Betti): vor Klio r. eine andere Muse mit vol- nostochter Eurynome, Hesiod. Theog.909. Pind.
lem Kästchen oder Korb in der L., in der R. Ol. 14, 21. Orph. Hymn. 60, 3. Paus. 9,35,5.
eine Lyra, über ihr steht TAAEIA (so!), Panofka, Themist. 6, 79 c (p. 95, 8 D). Apollod. 1, 3, 1.
Arch. Zeit. 5 6 (1848), 247 nr. 3 (vgl. Mus. Bla- Plut. cum princ. phil. 3. Tzetz. Chil. 10, 516.
cas p. 18 Anm. 22). C. 1. G. 4, 8075. Schol. Pind. Ol. 14, 13. Schol. Ar. Nub. 773 (wo
Von Wandgemälden ist außer dem oben Sp. nsid^ca, 'Aylccta und QccXeicc genannt werden).
451, 3 erwähnten, denen die bei Heibig a. a. 0. Cornut. de nat. deor. 15 p. 61 Os. = Eudocia 995
879—886 S. 176 f. angeführten anzuschließen 40 p. 730 Plach (hier wird als ihre Mutter auch
sind, bei denen jedoch die Beischrift fehlt, noch Euanthe oder Aigle genannt). Auch bei Bufin.
/.u erwähnen das pompejanische Wandgemälde Becogn. 10, 21: luppiter vitiat . . . Hermionem
[Helbig Sb.a.O.S'dd S. llSi. Tsif. 10; ygl. Heibig, Oceani, ex qua nascuntur Charites, Thalia,
Untersuchungen über die campan. Wandmalerei Euphrosyne, Aglaia wird Hermionem (Eq^io-
293), das den Orpheus mit Herakles Musagetes vriv) aus Evgvvofiriv verderbt sein. Über Tha-
unter fünf Musen, darunter die weißgekleidete leia als Gemahlin des Hephaistos s. Bd. 1,
0AAHA, darstellt; vgl. auch Gerh. Bodemvaldt, Sp. 2065, 6 ff. und B. Wagner, Hermes 27 (1812),
Die Komposition der Pompeianischen Wand- 136 Anm. 2. Den Namen der Charis Thaleia er-
gemälde 80. klärt Proclus zu Plato Tim. 40 AB (p. 275 ed.
Auf arretinischen Gefäßen (vgl. Bd. 2, Sp. .')0 Basil. = ed. Diehl 3, 119,6) als 'ag rag ^oaag
3268, 64ff. und besonders wohl die dem Ver- ... aud^aUlg ccTCotsXovöa^ ; ähnlich Schol. vet.
fasser nicht zugängliche Tübinger Dissertation Pind. Ol. 14,20: OccXsia rj Xdgig nagoc xb rs-
[1915] von Karl Hähnle, Arretinische Belief- ^r\XivaL tr]v ^iv^^riv t&v sv nsnord-oTcov., Ety-
keraniik) hält 0AAHA ein Diptychon, I. G. 14 mologien, mit denen die für die gleichnamige
nr. 2406, 29 p. 604. nr. 2406,37. 38 p. 605; vgl. Muse gegebene (Sp. 450) zu vergleichen sind,
auch ebenda nr. 2577,3 p. 682: [OAAEjIA. Vgl. auch das Epitheton der Charis, ^ao^äX^Los
Zu den Bd. 2 unter Musen aufgezählten Dar- Pind. Ol. 7, 12 (20), und dazu Eustath. Gammen-
Stellungen der Musen bzw. Thaleia sei folgen- tar. Pindar. Praef. 16 (= Opuscula ed. Tafel 56,
des nachgetragen bzw. ergänzt: 21): xa-ö-' i^v ^äv tig &dXX£i. Gleichbedeutend
Sp. 3249ff. : Die Musenreliefs aus Mantinea 60 mit Thaleia ist Thallo (s. d.), Usener, Götter-
sind abgebildet bei /. N. Svoronos, Das Athe- name« 134; diese Bedeutung der Thaleia als Göt-
ner Nationalmuseum: Deutsche Ausgabe von tin der sprossenden Frucht ist später auf die
W. Barth Taf. XXX und XXX, ] . 2 (vgl. S. 179 ff. gleichnamige Muse übertragen worden, eignet
mit weiteren Literaturangaben). aber ursprünglich der Charis. So läßt Plut. Sym-
Sp. 3265 f.: Das Relief des Archelaos von _pos. 9, 14, 4 p. 734f. den Dionysios sagen: 'auch
Priene ist abgebildet bei C. Watzinger, Das wir Landleute eignen uns die Thalia zu, der
Belief des Archelaos von Priene (63. Berliner wir die Pflege und Erhaltung der Pflanzen und
Winckelmannsprogr.) Taf. 1. Ebenda Taf. 2 Ab- Saaten während ihres Sprossens und Wachs-
455 Thaleia (Nereide, Maioade) Thaleia (Mainade) 406
tams anvertrauen* (xai yap iiftsts oi yteaQyol C140. Röscher, Myth. Lex. 8. v. Olympos Sp.
T^v SaUav oUeioiffis^a, qpvrÄv xai ontQ^dTtov 861 62. Zu den Inschriften vgl. C. J.6r. 4, 8412.
ßi^alovvTcav xai ßlaarccvdvxav ixiiidUiav aixy Heydemann, Vasensammlung des Museo Nazio-
xal otoxriqiav &xodtd6vvsg). Und ebenso soll nah zu Neapel Taf. X nr. 3236 P. Kretschmer,
Th. 'erfunden* haben ysagylav xal t^v ntgl Die griech.Vaseyiimchrifien S. 210 ur.'iO'i. Stellt
tct «pvrof nQttYfuetaiav {Schol. Apoü. Rhod. 3, 1 das Bild (vgl. Bd. 3, Sp. 864, Iff.) die Unter-
fp. 449, 24]) oder r^v (pvtovQyiav, Tzetz. zu Weisung des Olympos im Flötenspiel durch Mar-
Hes. Op p. 23 Gaisf. (vgl. p. 28). Eudoeia 655 sjaa dar, so werden die beiden inschriftlich
p. 480 Fl Schol zu Anth. Pal ö, 604. Mit den als 0AAEA und OPANIHE (so!) == Urania be-
zwei anderen Charites und vier Nymphen er- lo zeichneten Frauengestalten als Bakchantinnen
scheint GAAIH auf einem Relief in Neapel, aufzufassen sein ; erkennt man m der Darstel-
Gerhard und Panofka, Neapels antike Büd- lung aber den Wettstreit des Apollon mit Mar-
icerke 1, S. 82 nr. 276. syas, so liegt der Gedanke nahe, sie als Musen,
3) Nereide, Tochter des Nereus und der die ja in jenem Streite den Schiedsspruch ab-
Doris, Hom. n. 18, 89. Hygin. fab, praef. 10, 14 geben, zu betrachten.
Schm. Verg. Aen. 6,826. Georg 4,838. Eusl B) Stammos im Museum zu Neapel (2419),
ad Hom. //. 742,37. 1130,39. Bei Hesiod Theog. Heydemann S. 17 nr. P. Fränkel S. 100 nr. if\
246 (b. Rgach z. d. St) ist die Lesart 2nsim « vgl. Stephani a. a. 0. 1868, S. 164 f. Abgebildet:
.S6ri ^* *AXirix* igoscaa wahrscheinlicher als Museo Borh. 12 Tav. 21 — 23. Oargiuh, Eec.
S6r] SaUri t* iQ6sa6ai vgl. jedoch auch. ScÄoc- so des mon. 2 pl. 32. Inghirami a. a. 0. Tav. 317.
.mann, Opusc. acad. 2, 173ff. und oben Bd. 8, 318. Panofka, Bilder antik. Lebens Taf. 18,9.
.Sp. 2l4,67iF. Pott, Zeitschrift für vergleichende Dionysos u. die Thyiaden 1, 1. Wieseler, Denk-
Sprachforschung 6 (1866), 281**. Sonne, ebenda mäJer 2 nr. 583. Vasi Vivenzio T. 21. Nicole,
14 (1866), 336. A. Ludwich, Aristarchs Home- Meidias 122 Abb. 30. Furtwängler-Reichold a.
Tische Textkritik 1, 427 f. Auf einer rotfigurigen a. 0. Taf. 36. m (vgl. 1 S. 194): Die Inschriften
.attiaclienPyxi8imBrit.Mus.(abg.I>Mmonte«CAa- C. J G. 4,8387. Heydemann, Vasensammlung
piain, Ceram. de la Grece propre Taf. 9 [schlechte zu Neapel Taf. 5 nr. 2419 ; vgl. Flite des monum.
Ausführung]. Furtwängler und Reichold &.&0. ceramo^rr. 1, 126, 2, 2. Gerhard und Panofka,
Taf. 57,3) tragen die dargestellten jungen Mäd- Neapels ant. Bildw. 363 nr. 1848. Vier Maina-
.chen sämtlich Nereidennamen: Galene, Kymo- so den, von denen zweien die Namen beigeschrie-
thea, Kymodoke,0AAEIA,Glauke,Doso(=Doto), ben sind, 0AAEIA und XOPEIA, eilen weinlaub-
Pontomedusa, Heydemann, Comment. phil. in bekränzt zum Opfer herbei.
hon. Th. Mommseni 171 f. P. Kretschmer, Die C) Vase, früher im Besitze Hamiltons, Hey-
griech. Vaseninschriften 201. Cecil H. Smith, demann S. 22 nr. d. Fränkel S. 104 nr. q. Ab-
Cat. of ihe greek and etru^can vases in the Brit. bildung: Tischhein 2 T. 44. Inghirami, Monu-
Mus.'SE 774 p. 366. Furtivängler und Reichold menti Etruschi 5 T. 26. Wieseler, Denkmäler 2
a. a. 0. 289; vgl. auch C. Robert, Die Knöchel- 487. Reinach, Repertoire d./vas. 2,302. Inschrif-
spielerinnen des Alexandros {21. Hallisches Win- ten: C. I. G. 4, 7462; vgl. Elite des monum. cera-
ekelmannsprogr.) S. 20. mogr. 1,116,4,6. 125,2,1: Die Satyrn Oinos
4) Mutter derPaliken, über welche be- 40 und Kibuog und die Mainaden Eudia und 0AAIA
reite Bd. 3, S. 1293, 12 ff. \on Bloch erschöpfend schwärmen unter dem Flötenspiel des Pothos
gehandelt worden ist. Das dort Sp. 1293,57 daher.
erwähnte unteritalische Vasenbild ist auch ab- D) Schale aus Vulci, Heydemann S. 29 nr. z.
gebildet bei Lenormant und de Witte, Elite des Fränkel S. 92 nr. g (vgl. S. 45); vgl. de Witte,
monuments ceramographiques 1 pl. 16. C. 0. Description d'une collection de vases peints pro-
Müller und Fr. Wieseler, Denkmäler der alt. ven. des fouilles de VEtrurie nr. 59 und Catal.
Kunst 2, Taf 3 nr. 47 (vgl. S. 5 nr. 47) = Mül- Magnoncour p. 20 nr. 24. 0. Jahn, Vasenbilder
ler- Wieseler -Wemicke, Antike Denkmäler zur S. 26. Inschriften: C. I. G. 4,7468. Drei tan-
griech Götterlehre Taf. 6 nr. 3 (vgl. S. 64 f. nr. 3); zendeundKrotale schlagende Mainaden: Chione,
vgl. Stephani, Compte-rendu 1880, 31. Welcker, 50 Rhodo und 0AHA.
Alte Denkmäler 3, 468. E) Schale aus Vulci in Brüssel {Musee Ra-
5) Mainade auf Vasengemälden, die im vestein 253), Heydemann S. 29 nr. a. Fränkel
folgenden in erster Linie angeführt werden 88 nr. S; vgl. Braun, Bull delV inst. 1847, 114
nach den Sammlungen von Heydemann, Satyr- = Arch. Anzeiger 1847, 8. E. Pottier, Gazette
und Bakchennamen {5. Hallisches Winckelmanns- arch. 12 (1887), 113 f. Wilh. Klein, Die griech.
Programm). Charlotte Fränkel, Satyr- und Bak- Vasen mit Liehlingsinschriftoi 59* nr. 26. In-
chennamen auf Vasenbildern (Halle 1912). Schriften, C. L G. 4, 7473: 0AUEIA und der Sa-
A) Amphora aus Ruvo im Museum zu Nea- tyr Simaios spielen mit einem ithyph allischen
pel (nr. 3236) Heydemann S. 19 nr. T. Fränkel Esel.
S. 102 nr. i vgl. Stephani, Compte-rendu de Za F) Vase, einst im Besitze von Jules Dert,
commission imperiale archeol. pour Vannee 1862 Heydemann S. 32 nr. v. Fränkel S. 104 nr. a;
S. 104f. Abgebildet: Mon. pubbl delV Inst. arch. vgl. Elite ceramogr. 1, 125 n. 2, 3: ^sur un char-
2 Tav. 37. Inghirami, Vasifittili Tav. 332. Elite mant petit vase qui appartient ä M. Jules Dert,
des monum. ceramogr. 2 pl. 76. Müller -Wieseler, OaXia et une autre menade, au milieu VAmour
Denkm. 2 nr. 488. Min^rvini, Mem. delV Acc. hermaphrodite, qui met en fuite les deux mena-
Ercöl. 4, 1 Taf. 8. 9. Minervini, Blustrazione di des.^ Diese Vase ist wohl identisch mit dem
un Vaso Ruvese tvel Mus. Borbonico Tav. 2 (Na- Aryballos im Britischen Museum (Cecil H.
poli 1851). Daremberg-Saglio 4, II p. 1101 Fig. Smith a. a. 0. 3,702 p. 348): Eros (ohne Bei-
i:u Thaleioi Thallo 458
schritt) verfülot eine Jungfrau (ji^lcicli falls ohne an dia <ilo88e df».s IIe»ych. ^ocXtiov v.a&agov,
Beischrift), während eine zweite OAAI/V =^ Oa- wie aus d-(oXttov (p. 298, 38 Schvi.) zu emen-
ila voll Schrecken davonflieht. — Identisch mit dieren ist. jHöfer.J
der liakche Thaleia soll nach Svoronos- Barth, Thaies (6)«^?}?), 1) Beiname des Zeus auf einer
Das Athen. Nationalmuseum 523 tf. zu Taf. 82 Inschrift auf einem Altar zu Aquileia: Jil
die Bakche Kv^aXia — wie Svoronos für den fyccXi} (/. G. S. I. 2387) bezeichnet nach Usener,
^onst UagccXia (s. d. nr. 1) gelesenen Namen (Jötternawen 131, der den Zeus Anthaleus {Jii
chreibt — auf dem Peiraieusrelief sein. kvQ^ccXsl) einer Inschrift aus der Epakria (/1w/t.
[Höfer.J Journ. arch. 10 [18i)5], 211 ^7. v. rrott,' Fasti
Thaleioi (Wäifto/? ^cclstoi)^ Beiname der 10 sacri 264^) vergleicht, den Gott, der die Pflan-
Kory bauten auf der großen Inschrift von Ery- zen sprießen läßt (vgl. die Deutung Useners
thrai, auf der es sich um Vorkauf von Priester- der Zeusepitheta Taletitas |s. d.J, Tallaios [s. d.]).
Schäften handelt: ÄOQvßdvrcor EvcpQovitlav — 2) anderer Name des thrakischen Gottes
y.cd 0aXsicor in) SäXeco 'iciog ^[tbi]ö8v 'Avtl- Zamoxis oder Zalmoxis (s. d.), Porphyr, vit.
TtccTQog, Dülenherger, Sylloge' 600 „^ p. 309= Pythagor. 14. (Höfer.J
Collitz Ö6924. p. 724. KoQvßdvToyv i^)aXeL(üv Thalestria ((^aXtiötgia) = Thalestris (s. d.
allein kehrt wieder Dittenherger 600 1^,, p. 370. und Justin. 12, 3, 5. 42, 3,7), Kleitarchos bei
Collitz 5692^,7; daneben findet sich noch Ko- Strabo 11 y. bOb. Vgl. die Kritik, die P/mL ^Zeo;.
Qvßdvrav kv^getav, Dittenherger OOCj^,,,. ,,7 . 46 und Arrian 7,13,2 an dieser Erzählung
Collitz 5692j;7.4j,. Eine Revision der Inschrift 20 üben. Zur Etymologie des Namens (von d'dXXoi
durch Jos. Keil, Zur erythräischen J^riester- = blühend, in Kraft strotzend) s. Pott, Zeit-
' limerverkaufs - Jnschrift , Tätigkeitsbericht des sdtrift für vergleichende Sjn-aehforschung 8(1859),
Vereins klassischer Philologen ifi Wien (1909) 433. | Höfer.J
6. 10 ff. (vgl. Gl Ott a 3 [1912J, 299. J. J^oerner, Thalestris (<9aZr](>r()ts), Amazone, welche nach
De Cnretibus et Corybantibus [J)iss. Phil. JJal. Kleitarch mit Alexander zusammentraf, Diodor.
22, 2] p. 307f.) hat ergeben, daß die Zeilen (oben 17, 77. Curtius 6, 19, 24. Justin. 2, 4, der als
Z. 13 ff.) zu lesen sind: KoQvßdvTO}v Evcpgovt- ihren Namen auch Minithyia überliefert. Vgl.
cicüv (möglich auch : Evcfgovicov) -nal GaXsifjJv Thalestria. [Klügmann.]
inid-aXsäGiois t-'[v]&Ksv xi]v yvvaixsiav rjyoQdG^v Thalia s. Thaleia und Chariten.
kvriTTCcTQog: vgl. auch v. WHamowitz, Nordioni- 30 Thalios (©aZtog), ein Troer, von Achilleus
che Steine in Abhandl. d. Kgl. Preuß. Akad. d. getötet, Quint. Smyrn. 2,228 [Höfer.]
Wiss. phil.-hist. Classe 1909, II S. 35. Was die Thallo (OaXXm). Bei Paus. 9, 35, 2 heißt es,
merkwürdigen Beinamen der Korybanten ©d- daß die Athener seit alter Zeit die Charites (s.
Xsioi, 'Avdgsloi, Ev(fg6v£{L)oi betrifft, so hat man d.) Auxo und Hegemone verehrten. Denn Karpo
nach dem Vorgang von Jiayet, Rev. arch. 33 sei der Name, nicht einer Charis, sondern
(1877), 128 sie abgeleitet von den Namen der einer Höre: t^ ds hxiga t&v "^Slgüv vifiovGiv
Begründer der Kultusgemeinschaften, also von oiiov riß Jlavägoaaf rtjuag ol kd-rivcctoi, @ccX).6}
einem ©aXflg, EvipQoviog, kvdgtccg: s. Dittenber- ti]v dsbv ovoiid^üvrsg. Tcccgd dh EtsoyiXiovg tov
ger a. a. 0. p. 369 not. 46. Collitz a. a. 0. S. 728. 'Og%o^sviov yLad-ovxBg xgiölv r'idri voiiL^oiisv Xd-
Jmmisch, Poschers Myth. Lex. 2, Sp. 1609, 5 ff. 40 gi6Lv e^xeöd^cci. Darnach wäre Thallo der Name
Aber mit Recht weist P. Meister, Per. über einer Höre, als welche sie, neben Auxo und
die Verhandl. d. Jl. Sachs. Gesellsch. d. Wiss. zu Karpo, auch JJygin. f. 183 (p. 36,10 Schm.)
Leipzig phil.-hist. Kl. 56 (1904), 18 darauf hin, nennt; vgl. A. Mommsen, Feste d. Stadt Athen 7.
daß in der langen Liste von Götterbeinamen, Im feierlichen Eide, den die Epheben im Hei-
die auf der Inschrift von Erythrai begegnen, ligtum der Aglauros leisteten, wurden als
die Korybantenbeinamen die einzigen sein Schwurgötter {löxogsg ^soi) angerufen: Agrau-
würden, die solchen Ursprung hätten; es los, Enyalios, Ares, Zeus, Thallo, Auxo, Hege-
würden ferner zweimal Korybantenkulte je zwei mone. — (Auf dem innern Friese des Parthenon
Stifter haben, und es wäre vor allem ein merk- wollte Chr. Petersen, Arch. Zeit. 13 (1855), 21 f.
würdiger Zufall, daß die drei Personennamen 50 u. a. Auxo, Hegemone und Thallo dargestellt
sämtlich mit dem Begriffe ^kräftig, frisch, erkennen). — C. Robert, De Gratiis Atticis in
rüstig, munter', der das Wesen der Korybanten Comment. phil. in honorem Theod. Mommseni
ausdrückt, übereinstimmen; also seien die Bei- 143 ff. (vgl. G. Robert, Die Knöchelspielerinnen
namen in dieser Bedeutung zu fassen. Etwas des Alexandros [21. Hallisches Winckelmanns-
anders erklärt /. Keil a. a. 0. die Beinamen: progr.] S. 22 Anm. 51), der die lebhafte Zu-
kvdgsloi = '^die Mannhaften', EvcpQoviöiov {Ev- Stimmung von Furtwängler, Athen. Mitt. 3 (1878),
(pgovioC) = ^die Nächtlichen (?)', QdXsioi = "^die 183 Anm. 2 gefunden hat (vgl. auch Aug. Kalk-
Blübenden', indem er wegen der Wendung mann, Paus a^iias der Perieg et 202,6. W.GurUtt,
iTtLd-ccXsöaGEcog ivsnsv Beziehung von ©dlsioi zu Über Paasanias 189. Rapp, Roschers M. L. 1,
d-dXsLa für notwendig hält. Nach v. Wilamowitz 00 2716,44. Escher hei Pauly-Wissowa S Sp. 2152,
3>. a. 0. 34 f. bedeuten die ©aXstoi Kogvßavtsg 1), versucht nachzuweisen, daß Pausanias durch
Veibliche', wie die kvdgstoL '^männliche' Kory- den von ihm (9, 29, 2) zitierten KalUppos von
bauten; die EhcpgovisLoi leitet er von einem Korinth verleitet, einen Irrtum begangen habe;
Gottesnamen Exxpgoviog ab, der in der gram- denn die Athener hätten, niemals zwei, sondern
matischen Bildung van einem Ev^pQtov und immer nur drei Charites verehrt : ©ccXXö}, Av^co,
einer Evcpgovr} und Evcpgoövvr] geschieden ist. Kag-xm (S. 146); 'Hysiiovri aber sei ^quamquam
Doch erinnert v. Wilamowitz 35 und ebenso et Veneris, maxime tamen cognomen Dianae^ :
Reinach, Rev. des ctiides gr. 23 (1910), 329 auch Artemis-Hekate sei also als 'Hysaovri mit den
E.08CHEE, Lexikon der er. u. röm. Mythol. V. IG
459 Thallophoros Thalna 460
Chftrites auf der Burg verehrt worden. Hierin Corneto hat buhntti, C. 1. L suppl. 1 nr. 31)5
irrt Bohert. Die auch im Ephebeneide bei veröffentlicht. Don dritttm Spiegel unbekannter
Pollux genannte 'Hyt\uivri ist nicht Artemis Herkunft haben herausgegeben Lanzi 2, 196 ff.
Hegemone, sondern Aphrodite Hegemone, = 154 ff., tav. X nr. 2, Visconti, Mtis. Pio-
welcher die im Bezirk des Demos und der Clement. 4, tav. B. nr. 1, MiUin, Gnl. imjth.
Charites (rifiavog tov Jrjuov xat ttbv Xagitav) pl. LXXI nr. 322, Inghirami, Monum. ctr. tom.
gefundene Altarweihinschrift gilt: 'AtpQodirH 2 (= vol. 3), t«v. XVl und Storia della Tos-
^Hytiiovsi ToC dijftor x«l Xagiaiv, LoUing, JsXr. cana tav. XXXIX nr. 1 , Quarantd im Mtis.
&QX, 1891, 127. C /. .4. 4,2, 1161 b. Furt Borbon. 12, tav. LVII, (ierhard, (iotth. der
wängler, Sitzungsber. d. K. B. Akad. d. Wiss. lo Etr. 'l'af. V nr. 3 und Etr. Spiegel 3, 84 ft'.,
gu München phüos.-philol. Cl 1899, 2, 592. TT. Taf. LXXXH, Müller, Denkmäler der nUen
Judeich, Topographie von Athen 823 Anm. 2. Kmist 2, Taf. XXXIV nr. 394 und FabreUi,
Da die Charites mit denselben Namen wie die C. 2. 1. nr. 2470. Der viertt> Spiegel unbe-
Horen hätten genannt werden können, so be- kannter Herkunft ist voröff(mtlicht von Cone-
ruft sich Bobert für seine Ansicht von der Drei- stahile^ Bull. diW Inst. 1862. 14, von Gerhard,
zahl der attischen Charites auf die Darstellung Etr. Spiegel 4, 64, Taf. CCCXXVI. Den fünften
der drei Hören auf der ans dem 6. Jahrh. stam- und letzten Spiegel unbekannt^^r Herkunft, der,
menden attischen Schale des Sosias (abg. Bo- wie Fabretti anmerkt, vielleicht aus Caere
scher, Myth. Lex. 1 Sp. 2726; besser ^n^ Denkm. stammt, haben herausgegeben Brunn im Bull,
d. arch. Inst 1 Taf. 9 und besonders Furtwäng- 20 delV Inst. 1862, 37, Gerhard, Etr. Spiegel 4, 68,
ler-Beichold, Gr. Vasenmalerei Taf. 123), auf der Taf. CCCXX und Fahretti, C. I. I. nr.'2476ter.
durch die den Göttinnen beigegebenen Attribute Hergestellt endlich , und zwar unzweifelhaft
(blühender Zweig, Zweig mit Früchten, reife richtig, ist unser Name -ö^alna von Bugge {Etr.
gepflückte Früchte) auf ihre Namen Thallo, Fo. und Sind. 4, 7. not. 1) auf einem wei-
Auxo und Karpo angespielt werde; vgl. aber teren Spiegel unbekannter Herkunft, der ver-
auch Bd. 1, Sp. 2726, 20 ff. Dagegen betont üse- ötfentlicht ist von Gerhard, Etr. Spiegel 4,13,
ner, Gotterttamen 131 ff. 143 f. mit Nachdruck Taf. CCLXXXIV nr. 2 und Fabretti, CLL
gegen Bobert, daß wie für Sparta so auch für nr. 2471 ^i^. Der Spiegel ist ein Duplikat von
Athen eine ursprüngliche Zweizahl der Cha- Fabr. nr. 2478, und somit an der Lesung otalna
rites bzw. Hören, Thallo und Karpo anzuneh- .ho kein Zweifel. Um eine Verwechslung zwischen
men sei. Clemens Alex. Protr. 2,26,5 p. 19, 29 diesen Spiegeln zu verhüten, wird es zweck-
Stählin = Migne Patrol. Ser. Gr. 8, 96 B nennt mäßig sein , sie einfach nach den Fahretti-
gleichfalls nur zwei: Ai^ät nal SaXXm, ai km- Nummern zu bezeichnen, wobei ich bemerke,
xat. [Höfer.] daß der Spiegel von Arezzo = Fabr. nr. 459,
Thallophoros {SaXXoq)6QOs\ Beiname des die oben erwähnten drei Spiegel unbekannter
Herakles auf einer Inschrift aus Aquinum Herkunft = Fabr. nr. 2478 (preale) 2500 (racu-
{lta\ia,):'HQocytXTlg eaXXo(p6Q09'IfQbg Evdxovatog, neta) und 2505 bis (zipna) sind, der von Orvieto
C /. L. 10, 5385. /. G. 14, 9040. Dessau, Inscr. aber bei Fabretti fehlt. Die Darstellungen
Lat. sei. 2 nr. 3436 p. 57. Cagnat, Inscr. ad res auf diesen Spiegeln sind nun die folgenden.
Born. pert. 1, 33 nr. 405. Weinreich, Aih. Mitt. 40 Der Spiegel Fabr. nr. 459 (Arezzo) enthält die
37 (1912), 14 nr. 58 a. Der lateinische Text lau- Geburt der Minerva. Ich habe die Szene s.v.
tet: Herculi Pacifero Invicto Sancto. [Höfer.J se-ö-lans beschrieben und gebe hier nur eine
Thalna (-Ö-alna) ist der Name einer etruski- etwas genauere Beschreibung der #alna. Sie
sehen Göttin. Der Name findet sich auf iß* eine schöne jugendliche Göttin, mit Stim-
13 Bronzespiegeln, von denen einer aus Arezzo, ^and, Ohrgehängen und Perlenhalsband ge-
zwei aus Chiusi, einer aus Orvieto, einer aus schmückt. Das Gewand ist ihr herabgesunken,
Volci, einer aus Cometo stammt, während so daß der Oberkörper nackt ist. Sie hat mit
sieben unbekannter Herkunft sind. Die Lite- beiden Armen den Zeus (tina) um den Leib ge-
ratur des Spiegels von Arezzo habe ich s. v. ^aß*, um ihn bei dem Geburtsakt zu unter-
se^lans angegeben, die des einen von unbe- 50 stützen. Auch die beiden Spiegel Fabr. nr.
kannter Herkunft 8. v. preale, die eines zweiten 2471 bis (arig. ine. 2) und Fabr. nr. 2478 {orig.
derselben s. v. racuneta, die eines dritten s. v. »»*c. 5) stellen die Geburt der Minerva dar und
zipna. Der erste clusinische Spiegel ist ver- sin^^ wie schon gesagt, Duplikate. Beide ent-
öffentlicht von Inghirami im Museo Chiusino ^al^^n sechs Figuren: in der Mitte den Zeus
tab. CVm, von Bunsen, Ann. delV Inst. 1836, (ti»ia), über seinem Haupte die kleine Minei-va
172 ff. und Bull. delV Inst. 1843, 89ff., von (2476, menrva, 2471 bis, manrva; rechts von ihm
Gerhard, Etr. Spiegel 3, 80, Taf. LXXVIl und steht die luno (uni), links die ^alna (2478.
von Fabretti, C L L nr. 478. Den zweiten flUvIflO, 2471 bis flMVÜ); endlich als Zu-
clusinischen Spiegel haben veröffentlicht Mi- schauer ganz links Mars (laran), ganz rechts ein
coli, Monum. ined. tav. XX nr. 2, Braun und 60 anderer Gott (2478 preale, 2471 bis maris . . usta).
Welckcr in den Ann. deW List. 1843, 356 sq. Der Spiegel Fabr. suppl. 1, nr. 395 (Cometo)
und 1845, 209, Gerhard, Etr. Spiegel 3, 185, enthält von links nach rechts auf dem Rande
Taf. CLXXXVni und Fabretti, C I. I. nr. 481. die Namen laran, le-ö-am, tinia, menrva, -O-alna,
Der Spiegel von Orvieto ist herausgegeben in uni. Die Szene hat gleichfalls, wie auch Bugge
dem Bull. deW Inst. 1881, 38 ff., der von Volci (Etr. Fo. u. Stu. 4, 228) meint, wohl sicher
von Gerhard, Etr. Spiegel 3, 77, Taf. LXXV, die Geburt der Minerva dargestellt, doch ist
femer im 3/t«s. etr. Vatic. 1, tav. XXIX nr. 2 dieDarstellung selbst jetzt erloschen, so daß von
und von Fabretti, C I. I. nr. 2139. Den von den einzelnen Figuren keine nähere Beschrei-
461 Thalna Thalna 462
biin«^ mehr jj^egeben werden kann. Der Spiegel etniskische Form des Namenwj, wie er von den
Fabr. nr. 2470 {orig. ine. l) enthält in seiner zwei Göttinnen vj'ranlaßt wird, sich zu der
Hauptdarstellung 5 Kifturen. Die Szene stellt Aithra (statt altria ist also aitria zu lesen;
die (lebiirt des epiur dar, wie sie in etwas an- zu gescdhui, nachdem ihr Poseidon schon
derer Form auch der Spiegel Fahr. nr. •2500 genaht war (s. Myfh. Lex. 1, 146;. In dem
{oria. nie. 6; zeigt. Die dargestellten Figuren Spiegel Fabr. nr. 478 (Chiusi 1) haben wir vier
sind die folgenden: der sitzende Zeus (tinia) mit Figuren: den Apollo (aplu) in der Mitte links,
dem Donnerkeil in der Linken und einem stehend, unbekleidet, mit einem Lorbeerkran/,
Speer in der Hechten, der oben in ehi Vogel- ums Haupt und den Bogen in der Linken:
bild ausläuft; links von ihm steht die -ö^alna, lo links hinter ihm sitzend Artemis (artumi) ;
auch hier mit Stirnbinde, Ohrgehängen und rechts von ihm stehend, die Rechte um seinen
Halsband geschmückt und den soeben gebo- Nacken gelegt, Leto /^l(!tun) und rechts von
icnen Knaben in Empfang nehmend; noch dieser, halb sitz(!nd, die -^alna. Die 3 Frauen -
weiter links steht als Zuschauer Apollo (aplu), gestalten sind einander sehr ähnlich: alle drei
ganz rechts ebenso die m[e]an. Am Fußende tragen ein Stirnband, ein Halsband mit je '>
der Darstellung befindet sich eine weitere Bei- Anhängern, und <las Gewand ist vom Ober-
schrift, die sich, wie ich glaube, nicht auf die körper herabgesunken, -^alna hat außerdem
gefliigelte Gottheit auf dem Handgriff des auch Ohrgehänge und in der Linken einen
Spiegels, sondern auf den Knaben bezieht. Stab, der oben in einen Blütenkelch ausläuft.
Sie ist nur noch wenig leserlich. Es scheint uns, 20 Der Spiegel Fabr. nr. 2139 (Volci) enthält
als ob die bisher ziemlich sinnlos gelesenen a Figuren: in der Mitte den Zeus (tinia) mit
Huchstabenreste als >JF1^nIH1[^<''1^W\I[V8] dem Donnerkeil in der Rechten; rechts von
fufluns semleal gelesen werden könnten, was ihm steht Hermes (turms) in seiner gewöhn-
'Fufluns, der Semele (Sohn)' bedeuten würde, liehen Darstellung; links die -^alna, das Haupt
so daß man, wie man gemeint hat, in dem mit einer Kappe bedeckt, ohne Ohrgehänge und
epiur des oben genannten Spiegels in der Tat Halsband, mit nacktem Oberkörper und dem
den Bacchus vor sich hätte. Dieser Spiegel Stabe, der aber hier ohne den blütenartigen
Fabr. nr. 2500 {orig. ine. 6) zeigt von dem so- Knauf ist. Beide Götter, turms und -ö-alna.
<'beu behandelten folgende Abweichungen: die sind augenscheinlich in einem Streit begriffen,
-i^alna, auch hier mit Stirnbinde, Ohrgehängen ^^ den sie vor tinia bringen. Die Figur der -^alna
und Perlenhalsband geschmückt, steht nicht hat sehr harte Formen, so daß GerJiard sie für
vor dem Zeus (tinia), sondern sitzt hinter ihm; männlich halten wollte, allein die Bildung der
statt ihrer nimmt hercle das hier epiur ge- Haare zeigt, daß das ein Irrtum ist. Auf dem
nannte Kind in Empfang: ganz links haben Spiegel Fabr. nr. 2474 bis {orig. ine. 3) befinden
wir statt des apulu als Zuschauerin die turan. sich zwei Figuren : links ein jugendlicher Mann
Der epiur ist hier geflügelt, der Knabe auf (an^as), sitzend und mit unbekleidetem Ober-
dem vorigen Spiegel nicht; trotzdem aberläßt körper, links hinter ihm ein Schwan; rechts
die Darstellung gerade auch der beiden von ihm die -O-alna, gleichfalls sitzend, sie hält
Kindesgestalten keinen Zweifel, daß sie iden- mit den Händen ein Band, welches in der
tisch sind. Dieselbe Szene führt uns in ge- ^^ Mitte ein Schmuckstück oder Amulett enthält,
kürzter Form auch der Spiegel von Orvieto und ist eben im Begriff dies Band dem an;jjas
vor. Er enthält vier Figuren: in der Mitte überzuhängen. Die Deutung auf Venus und
den Herkules (hercle) stehend; in der Linken Anchises, die man der Szene gegeben hat, halte
hält er das nackte neugeborene Kind, welches ich für verfehlt. Auch der Spiegel Fabr. nr.
ohne Beischrift ist: zu seinen beiden Seiten 2476 ter (orig. ine. 4) zeigt nur zwei Figuren:
sitzen -O-alna und '9'an[r j , erstere mit einem links die sitzende Venus (turan), die im Begriff
Mantel bekleidet und den Herkules anschau- ist, der vor ihr stehenden auch hier jugend-
end, letztere gleichfalls völlig bekleidet und liehen -ö-alna einen Kranz auf das Haupt zu
die Linke unter das Kind gestreckt, als wolle setzen. Die Darstellung des Spiegels Fabr.
sie es aus den Händen des Herkules in Emp- 50 nr. 2505 ter {orig. ine. 7) habe ich s. v. sipnii
fang nehmen. Der Spiegel Fabr. nr. 481 beschrieben. Stirnbinde, Ohrgehänge und Hals-
(Chiusi 2), von dem Gerhard eine völlig ver- band trägt die '9'alana (so ist der Name hier
fehlte Erklärung gibt, enthält 4 Figuren: ganz geschrieben) auch auf diesem Spiegel. — Die
links einen Jüngling, ai;^e mit Namen, der im älteren Erklärer sahen in der -O-alna teils die
Begriff ist, sich seines Gewandes zu entledigen ; Inno , teils die Venus , teils die Diana. Dies
vor ihm steht die Göttin euturpa, bekleidet alles ist abzulehnen. Mit der Diana bestehen
und augenscheinlich bemüht, ihn zu bewegen, gar keine Beziehungen, mit der Inno (uni) aber
daß er sich in Liebe zu der rechts von ihr kommt die -O-alna auf dem Spiegel Fr/ &r. nr. 247 (>
stehenden mit einer Krone geschmückten und zusammen vor und ebenso auf dem Spiegel Fabr.
des Gewandes bereits entledigten weiblichen 60 nr. 2476 ter mit der Venus (turan) zusammen.
Gestalt geselle, deren Beischrift bisher altria sie kann also selbstverstverständlich weder mit
gelesen wurde; rechts von dieser steht die der einen, noch mit der anderen identisch
-ö-alna, bekleidet und gleich der eutuqDa be- sein. Gewisse gemeinsame Züge hat sie mit
müht, dem aij^e zuzureden; Stirnbinde, Ohr- beiden, mit der luno Lucina in den vier Ge-
gehänge und Perlenhalsband trägt sie auch burtszenen, mit der Venus in der Szene mit
hier, ebenso auch die euturpa. Diese bis jetzt dem aixe und der aitria, aber nichtsdesto-
von niemand erklärte Darstellung zeigt uns weniger ist sie eine besondere Gottheit, und
den Aigeus (ai;ue ist die lautgesetzlich richtige zwar eine rein etruskische, wie auch ihr Name
16*
463 Thalpios Thaniyras 464
rein etruskisch ist, ohne daß wir freilich bis des Johannes v. Gata 2, 297 ff. P. Friedländer,
jetzt seine wörtliche Übersetzung zu geben Johannes v. Gaza n. Paulus Silentiariiis 2 10 f.
vermöchten. Alle die älteren Etymologien aus [Höfer.]
dem Griechischen oder gar Hebräischen, \*'ic Thambo (öa^flw), Personifikation des Stau-
sie bei lahretti, Gloss. ital. ttl« aufgezählt nens den Himmelserscheinungen gegenüber (to
sind, sind selbstverständlich abzuweisen, und ngbi xa yarioiQa d^dy^^og^ Plut.Per.6) in einem
es verlohnt der Mühe nicht, sich mit ihnen von Val Hose, Hermes 9 (1875), 119. 121 her-
hier aufzuhalten. Vgl. Thalana. [C. Pauli.] ausgegebenen byzantinischen Traktat. [Höfer]
Thalpios SdXniog), einer der vier im ho- Tnaniimasadas s. Thagimasadas.
merischen Schiffskataloge genannten Führer lo Thamueiis (Wa^ivercr), Hliodier aus Jalysö«,
der elischen Epeier (mit Beziehung auf diese der den schiffbrüchigen Phorbas aufnahm,
Vier-Zahl spricht Strnbo K, 34 1 [siehe Blümner- Dieuchidas (F. H. G. 4, 389) bei Athen. G, 262 f.
Hitzig zu Patts. 5, 3] von den vier iiegidsg von Näheres s. Bd. 3, Sp. 2427, 1 ff. u. Pliorbas; vgl.
Elis: die anderen drei Epeierföhrer sind Am- BUnkenberg, Hermes bO (191 [>), 291. Dor Name
phimachos, Diores und Polyxeinos), der Sohn gehört zu ^a/tvog, Gesträuch, Pott, Zeitsehr. f.
des Eun^s, der Enkel des Aktor. Er führte vergl. Sprach forsch. 9 (1860), 215. [Höfer.]
10 Schiffe gen Ilion (//. B 6 18 ff.). In der Utas Thamiis (©a^oCg), alter ägyptischer König,
wird er sonst nicht erwähnt. Quintus Smyr- unter dem sich der Gott Ammon birgt, Plaio
naeus 12, 323 nennt ihn unter den Helden, die Phaedr. p. 274 d, e verglichen mit Synes. in
sich im hölzernen Pferde versteckten. Nach 20 Dion 11. 12. Vgl. auch den theophoren Per-
einer anderen Version der Sage war er (wie sonennamen 6>afi-ovg,PZM<. de </c/".or. 17 p. 419b c.
auch Amphimachos und Polyxeinos) einer der Philostr. vit. Apoll. Tyan. G,ö. Parthey, Ägypti-
Freier der Helena (ApoVod. hihi. 3, lö, 8 Wagn.; sehe Personennamen 118. [Höfer.]
vgl. auch Hygin. fah. [ed. Schmidt 1872] p. 82, Thamyras, Thamyris (0a;ivpas, ffdfivgis —
12 [== cap. 81], wo jedoch Tallius überliefert über die Namensform s. unten Sp. 472 f. — ),
ist, die Lesung Thalpios aber bereits auf die einer jener mythischen Sänger, wie Orpheus, Mu-
Emendation von Micyllus in der ed. princeps saios, Linos, von dem fiowi. /Z. 2, 594 ff. berichtet,
1685 zurückgeht [vgl. Schmidt z. d. Stelle]). daß ihn, als er von Eurytos in Oichalia, wor-
Pausanias (5, 1, 2 und 5, 3. 3 f.) und mit ihm unter man in dem Zusammenhange nur das
übereinstimmend Eustathios (z. II. B 618 ff.) 30 messenisch-arkadische verstehen kann, kam, in
geben den genauen Stammbaum. Nach ihnen Dorion (s. unten Sp. 470 f.), einer zu Nestors
ist Aktor der Sohn des Lapithen Phorbas und Gebiet gehörigen Ortschaft, die Musen blen-
der Hyrmine, der Tochter des Epeios. Die deten {nriQbv d-iöav, s. unten Sp. 468, 30) und
beiden Söhne des Aktor (oder Poseidon) und ihm die Gabe des (jesanges und des Kithara-
S'"'^ Molioj^ {so Eustnth., der nach den vswtsqoi, spielens nahmen, voll Zorn, weil er sich ver-
die beiden Söhne Molioniden nennt; siehe auch messen hatte, die Göttinnen im Gesänge zu
unter Aktor, Kteatos, Molione), Kteatos und besiegen. Diese dem SchiffsJcataloge eingefügte
Eurytos, heiraten zwei Töchter des Dexamenos ; Thamyrisepisode wird wohl nicht interpoliert
Kteatos die Theronike, Eurytos die Theraiphone. sein, wie z.B. Düntzer, Homerische Abhand-
Der Sohn des Kteatos und der Theronike ist 40 lungen 218 meint, sondern vom Verfasser des
Amphimachos, der des Eurytos und der The- Kataloges aus altem Sagenbestand dem ur-
raiphone Thalpios (Gerhard, Griech. Mythol. 2, sprünglichen Gedicht entnommen sein, Bergk,
S. 241 gibt eine genealogische Tafel der „Epeier Griech. Literatur gesch. 1, 558 Anm. 16. Nilsson,
in Elis"). — Bares (cap. 14) und Dictys (1, 17) Rhein. Mm. 60 (1905), 166 f und Anm. 1. Gercke,
schließen sich eng an den Schiffskatalog an Neue Jahrb. f. d. klass. Altert. 15 (1905), 400;
und nenuen die vier Epeierführer mit ihrer vgl. auch unten Sp. 470 f. Th. erscheint hier
Schiffszahl unter den Griechen die ^Athenas als wandernder, von Fürstenhof zu Fürstenhof
convenerunt^ (Dar.) oder 'ad Aulidam Boeotiae ziehender Rhapsode, K. 0. Müller, Orchomenos
instructas classes praemittunf (Biet.). Dagegen 388. Berselbe, Gesch. der griech. Literatur 1*, 47
ist die Lesung bei Hygin p. 91, 14 (= cap. 97: 50 (1*, 45). Bernh. Gisecke, Thrakisch-Pelasgische
Quiad Troiam expugnatum ieruntetqvot naves) Stämme der Balkanhalbinsel 30.
Thalpius Euryti et Therephones ßlius Mycenis Auch als Schriftsteller (övYyQ(x(psvg) wird
navibtis X nur durch sehr kühne Konjektur Th. genannt, Euseb. praep. ev. 10,11 p. 495bc
erhalten. Das Grab des Thalpios (wie des (ed. Giff'ord 2, 47). Tatian or. ad Graecos 41
Amphimachos) befand sich in Elis (Anthol. Plan. (p. 41, 17 Schwartz), vgl. G. F. Schoemann, Opusc.
append. ep. 9, 18 == Aristot. vol. 5 Fragm. ed. acad. 2,6. Nitzsch ad Piaton Ion. p. 31. Nach
Böse. fgm. 596 p. 1576^, 22), während die an- Suidas s. v. Odiivgig (p. ilOS Bernh.) ist er Ver-
deren beiden jener vier Epeierfürsten vor Ilion fasser einer Theologie; vgl. Bergk, Griech. Li-
ihren Tod fanden (11 N 185 f u. J 517 ff.; vgl. teraturgesch. 1,404 Anm. 265. E. Hiller, Rhein.
Anthol. Plan. a. a. 0. ep. 9, 17). [Ostern.] 60 Mus. 33 (1878), 522. K. Sittl, Gesch. d. griech.
Thalystades (SccXvaiddrig), Sohn des Thaly- Literatur 1, 22 und Anm. 4. Als Verfasser einer
sios, d. i. Echepolos, ein Troer, von Antilochos Kosmogonie nennt ihn Tzetz. Chiliad. 7, 92 ff.,
erlegt. II. 4, 458. Tzetz. Hom. 37. [StoU.] einer Titanomachie (nsnoiriKevca dh xovtov lato-
Thalysias (©aiuaiag), die Höre des Sommers, gstrca Titdvcav ngog rovg dsovg noUiiov) He-
dargestellt mit sonnenverbranntem Gesichte, rakleides Pontikos hei Phit. de 7nus '6 ip. 11B2B.
im dünnen Gewände, mit einem jcllog auf dem Nach der Annahme von Welcker, Ber Epische
Haupte, Sichel und Ähren tragend und mit Cyclus 1,2 30 f., die auch Gercke, Neue Jahrb.
einer Schlange umgürtet) auf dem 'Weltbilde' f. d. klass. Altert. 15 (1905), 400 billigt, galt Th.
465 Thamyras Thamyras 46B
im Altertum auch lür den Verfasser einer Oixcc- Fhilammou hingegeben, den Peloponnesos und
liag äXoiöiii oder 'llgccytlsia. Plato {Jon 533 B C) flüchtet nach der Jxrr) — damit ist nicht At-
schreibt ihm Gedichte und (L<'(/. 829 /i') Hymnen tika gemeint, sondern der auch uu8 anderen
zu. Vgl. über die angeblichen Schritten des Th. Quellen bekannte Wohnsitz des Thamyras, die
im allgemeinen G. W. Nitzsc/i, Beiträge zur Ge- östliche in's AthoHgebirge auslaufende Halbinsel
schichte der epischen J'oesie der Griechen 39 ii". der Chalkidike {Thuk. 4,109. Viod. 12, üH, vgl.
0. Gruppe, Die (jriech. Kulte u. Myfhen in ihren unten Sp. 471) — , wo sie gebiert. Auch Mu-
Beziehungen zu den orientalischen Religionen sen, deren Feindschaft ihm später so verhäng-
1, 632. nisvoll werden sollte, erscheinen als Mütter des
Thamyras galt als Erfinder der dorischen lo Thamyras: Meipomene, Apollodoros im SchoL
Harmonie, Giern. Alex. Strom. 1, 16, 76 p. 363 i^ AW. Mhes. 346; Krato, Srhol. Yen. A Uom. IL
(= ed. Stählin 2, 50, 3). Euseh. Fraep. ev. 10, 6 10, 435. Ku.st. ad Hom. IL «17, 31. SchoL Hes.
p. 476 c = ed. Giff'ord 2 p. 23 (vgl. Studemund, Dp. 1 p. 25. 2H Gaisford.
Arch. Jahrb. 5 [1890], n). Plin. Nat. hist. 7, 204. Wie das Altertum eine Vielheit von Trägern
Das ist eine Spielerei mit dem Namen des des Namens Orpheus (Bd. 3, Sp. 105H, 49 ff.) an-
Ortes Üorion, dem Homerischen Schauplatz der genommen hat. so hat auch neben anderen
Bleudung des Th. (nach Scliol. Stat. 4, 182 soll Apollodoros in seinem Kommentar zum Schiffs-
Dorion auch der Geburtsort des Th. gewesen katalog zwei Träger des Namens Thamyris ge-
sein), der sogar eben danach benannt sein soll, schieden (SchoL Kur. Wies. 916), einen älteren,
weil Th. dort die 'dorische' Harmonie erfun- 20 einen Angehörigen des thrakischen Stammes
den habe, Dositheos {F.H. G. 4, 402 frgm. 8) der Bisalten und Vater der Mutter des Orpheus,
iius Steph. Byz. cod. Segiierian. p. X Westermann und einen jüngeren, den Vater des Antiochos,
- p. 251 ed. Meineke adnot., wonach auch bei welch letzterer die Pandia, die Tochter der
^teph. Byz. ^. 2b2, 11 ^. M. zu schreiben sein Selene, heiratete und Stammvater des Ge-
wird: iv Joigicü t]w tteqI Mb60riv7]v v.cx\%ä (fr]6L schlechtes der \ivxio%i8ai in Athen wurde. Als
Joöii^sog, vTTo ©a^vga svQsd^fjvai ti]v| uq^ovlccv Namen der Tochter des Thamyras, die bei
xal xfi<s fVco/lscoff incavv^iov ngoörilyoQfvG^ca Ja>- Apollodoros namenlos bleibt, überliefert das
giov. Eust. Hom. IL 297, 36 (vgl. W. Knauss, SchoL zu Tzetz. Alleg. Hom. IL bei Cramer,
De Steph. Byz. Ethnicorum exemplo Eustathiano Aiiecd. Gr. Oxon. '6 ,S16 (abgedruckt auch F.
\Diss. Bonn. 1910] p. 12); vgl. Weicker, Griech. 30 H G. 2,10,10) und Tzetz. Chiliad. 1, 12, 306.
Trag. 421 Anm. 10. K. 0. Müller, Dorier 2, 317 4,133,279 (vgl. Loheck, Aglaopham. 328 Anm. p)
Anm. 2. den Namen Meuippe. x\ls weitere Kinder des
Nach der überwiegenden Überlieferung ist Th. werden genannt Musaios, Suidas s. v. Mov-
Thamyras Sohn des Philammon, Sophokles (fehlt Galog Grißatog (vgl. Toepffer, Attische Genealo-
bei Nauck, Trag. Gr. Frgiu.'-' 181) in dem von gie 39) und Homeros, Certamen Hom. et Hes.
Habe im Bhein. Mus. 6'6 (1908), 420 {\g\. Diels, p. 43630 Bzach. Tzetz. Frooem. Alle Hom^U.
Rhein. Mus. a. a. 0. 422) herausgegebenen Scho- 64 p. 6 Boissonade (= Matranga, Anecd. Gr. 1
Hon zu Eur. Blies. 916 (vgl. mit 925) und SchoL p. 3).^
a.a.O. Apollod. 1,3,3 (1, 16 TT.). Paws. 4, 33, 3. übereinstimmend wird des Th. körperliche
10, 7, 2. SchoL Veu. A B Hom. IL 2, 595. Eust. 40 Schönheit und seine Kunst im Spiel der Ki-
ad Hom. IL 298, 39. SchoL Hes. Dp. 1 p. 25 thara und im Gesang hervorgehoben, Askle-
Gaisford (Foet. Min. Graeci ed. Gaisford p. 28). piades a. a. 0. Apollod. a. a. 0. SchoL Ven. A
-Suidas s. v. Moveaiog Srßalog ( p. 890 Bernhardy) Hom. IL 2, 595. Eust. ad Hom. IL 298, 39. Tzetz.
und s. V. ©dy^vgig 1) ©auvgag (p. 1108). Eusebius Chil. 7, 92 if. Zenob. 4, 27 p. 91. Daher wird der
Chron. ed. Schöne 2, 46 = SynkelL 308, 1. Ver- Name des Th., der für einen Schüler des Linos
einzelt wird als Vater Aethlios, Sohn des En- galt (Diod. 3, 67) oft mit denen alter mythi-
dymion — sonst ist Aethlios Vater des -Eudy- scher Sänger, wie Orpheus, Olympos, Musaios,
mion, s.d. Art. Aethlios und Endymion — ge- Phemios, Demodokos, Amphion zusammenge-
nannt, SchoL Hes. Dp. 1 p. 25. Seine Mutter ist stellt, Flato Jon 533 B C. Leg. 8, 829 E. Diod.
die Nymphe Argiope, Apollod. a. a. 0. SchoL 50 3, 66. Luc. de domo 18. Dio Chrysost. or. 70
Ven. A Hom. IL 2, 595, die, wie Fausanias (4, p. 373 R. = p. 239 Dind. Aristid. or. 19 p. 448
33,3) berichtet, in der Gegend des Parnasses Gant. = p. 415 Dind. Strabo 10, 471. Aeneas
wohnte, sich aber während ihrer Schwanger- Soph.Epist.l (E^nstologr. Gr.ed. Hercher p.2ö).
schaff, da sich Philammon weigerte, sie in sein Fhilostr. Ep. 73 p. 486 Hercher (= ed. Kayser
Haus aufzunehmen, zu den thrakischen Odry- 2, 256). Fhilostr. tut. Soph. ed. Kayser p. 2, 4, 1.
sen begab, wo sie den Th. gebar, der nun nach 33, 25. Und so erscheint er auch in der alten
dem Lande seiner Geburt ein Odryse und Thra- mythischen Siegerliste der Pythien als Sieger
ker hieß. Bei Suidas s. v. Qd^vgig (p. 1108) im Gesang, wie vor ihm der Kreter Chryso-
heißt die Mutter ligoLvöj] (vgl. Loheck, Aglaoph. themis und (sein Vater) Philammon, Paus. 10,
373 g), wofür man 'AgyLonri (z. B. Heydemann, 60 7,2. Ed. Meysr,Gesch.des Altert.2%Zl^ A.nm.4..
Annali 1867, 366 Anm. 1) vermutet hat, eine Wie die Seele des Orpheus in einem Schwane,
Änderung, die bei dem oft zu beobachtenden . so lebt die Seele des Thamyras in einer Nach-
Schwanken mythischer Genealogie wohl, un- tigall weiter, PZa^o i?ep. 10, 620 A; vgl. ProÄ;Zos
nötig ist. Am nächsten deckt sich mit dem z. d. St. (ed. Kroll 2,313,16. 314, 12 f.).
Bericht des Fausanias die nach ü. Hoefer, Die Zeit des Thamyras ist wie die des Or-
Konon 65 f. auf Hegesippos zurückgehende Er- pheus, Musaios usw. schwankend : Nach Suidas
Zählung bei Konon 7 : die — hier namenlose — s. v. ©dfivgig wäre Th. , Sohn des Philammon,
Nymphe verläßt aus Scham, daß sie sich dem öyÖoog ngb 'O^r]gov, xavu de rivus rts^Ttrog.
467 Thamyi-as Thamyras 4()8
Damit steht im Widerspruche die Angabe, daß den Verlauf des Wettstreites wird nichts be-
Thamyras Vater des Homeros sei (Sp. 46ß, 35). richtet, ebensowenig, wer als Schiedsrichter
Nach Euseb. Chron. 2, 44 {Sifnk. 307, 13) wäre (etwa wie im Wettstreit des Apollon und Mar-
Philammon auf 741, nach Euseb. 2,46 {Synk. syas [a. d. Sp. 2442, 35. 50f. 64f. Sp. 2958, 20tiVJ
808, 1) sein Sohn Th. auf 772 nach Abraham, dabei funktionierte. Höchstens kann an Apollon
d. i. 68 Jahre vor Troiaa Einnahme anzusetzen; gedacht werden (s. unten Sp. 469, 62). An dem
Theodoretos Senn. 2 p. 741 {Migne PairoL Ser. Besiegten vollziehen die Musen die Strafe.
Gr, 88 =" Theodor. Graec ajf'ect. cur. 2, 49 p. 50 Wenn als Mutter des Th. eine Muse ge-
Jiaeder) setzt den Lines und Musaios, den Tha- nannt wird (oben Sp. 466, 7), so widerstrebt die
myris und Philammon Sc^tpl xcc Tgoaiytoi. Damit lo von diesem für den Fall seines Sieges gestellte
stimmen überein A^<se6. Pr«ep. fr. 10, 11 p. 496 d Bedingung, allen Musen beiwohnen zu dürfen,
(2,48 ed. Gifford) und Tatian or.ad Graecos 41 dem 'sittlichen Empfinden, da sie die Blut-
(p. 42, 12 ed Schtrarts [vgl. p 41, 17]), die den schände in sich schließt. Auch die Teilnahme
rhilammon und Thamyris um nicht v.iel älter der Mutter an der Blendung ihres Sohnes hätte
als den rur Zeit des troischen Krieges lebenden etwas Abstoßendes und kann nicht etwa durch
Demodokos und Phemios ansetzen. Nach dem den Hinweis auf Agaue, die den eigenen Sohn
oben angefühlten Schol. Ttetz. Alleg. (Sp. 466, 28) Pentheus zerfleischt, gerechtfertigt werden. Man
ist Th. Zeitgenosse des Kadmos und Ciroßvater darf also wohl annehmen, daß alle diejenigen
des Orpheus. Kadmos ist nach Tzetz. Alka. Prol. Quellen und Kunstdarstellungen, die die Blen-
67 flP. Lehrer des Linos, dieser Lehrer des Or- jo düng des Th. durch die Musen behandeln, als
pheus, Herakles und Pronapides, Pronapides seine Mutter nicht eine der Musen, sondern
wieder Lehrer des Homer. Bei Diod. 3, 67 ist die Argiope, auch wenn sie über ihren Namen
Linos Lehrer des Herakles, Thamyras und Or- mit Stillschweigen hinweggehen, angesehen
pheus. Tüftees hat also, wahrscheinlich Willkür- haben. Dagegen ist es wohl denkbar, daß die
lieh, den Thamyras bei Diodor durch Pronapi- Version, die dem Th. eine Muse zur Mutter
des ersetzt, wie er, wohl gleichfalls willkür- gegeben hat, diejenigen Vasenbilder beeinflußt
lieh, den Thamyras und Kadmos zeitlich gleich- hat, die einen freundlichen, zum mindesten
setzt, Bohde, Rhein. Mtis. SB (ISSl), 3Sb Aum. 2 nicht feindlichen Verkehr zwischen Th. und
a. E. (= Kleine Schriften 1,6 Anm. 2 a. E.). 564 f. den Musen zeigen.
{=: Kl. Sehr. 2, 101 f.). Über die Annahme eines so Über die von Homer gemeinte Strafe, die
älteren und jüngeren Th. s. oben Sp. 466, 14. den Th. betroffen, über den Ausdruck ^tii^qov
Ist es bei Homer (b. oben Sp. 464,32) nur das ^tßav' schwanken die alten und auch die neue-
Pochen auf eigene (Geschicklichkeit {K. Lehrs, ren Ausleger, wenngleich die letzteren mit we-
Populäre Aufsätze au^ dem Altertum 51), der nigen Ausnahmen, z. B. von L. Doederlein, Ho-
Stolz und das Selbstbewußtsein des Künstlers, merisches Glossariiim 2, 812, S. 237, sich für
das den Th. zu seinem Wettstreit mit den eine Blendung entscheiden. Boederlein meint,
Musen treibt, so ist es in den späteren Quellen in der Regel pflegten die Götter den Menschen
noch ein anderes Motiv, das erotische, das an dem Gliede zu strafen, mit welchem er ge-
Furtwängler^ Berl. Phil. Wochenschr. 1888, 1451 sündigt hat (es konnte verwiesen werden auf
schon für den Thamyras des Sophokles in An- 40 Schol. Soph. Ai. 118: xai tovto öl 'Ohijqov Trat-
spruch nimmt. ^Als die Musen nach Thrakien Ssv^cc, ort iq)' olg ccvxovei xivsg tovtav gtsqovv-
gekommen waren', berichtet Asklepiades im xoci tkxqo. dscov, cog xat 0ccfivQig t7]v {lovoi-ativ
Schol. Eur. Bhes. ^JIB, 'trat Th. an sie mit dem xal Nioßri r&v teyivcov); das Augenlicht aber
Ansinnen heran, ihnen allen beizuwohnen, da stand in keiner Beziehung zu des Thamyris
es ja thrakische Sitte sei, daß ein Mann mit Frevel, dem Übermut. Man könnte deshalb an
vielen Frauen verkehre.' — Über die Sitte der Wahnsinn (vgl. Sp. 467. 63) denken; noch natür-
VielweibereibeidenlTirakern 8. JETeraÄr/etd. Pow- lieber aber sei es, anzunehmen, daß die Musen
tikos frgm. 28. F. H. G. 2, 220. Arrian frgm. 7. den anmaßlichen Sänger stumm gemacht hätten,
F. H. G. 3, 593 f. Solin 10, 3 p. 67, lOf. Momm- nriQov Ti]g qxovfjg. Der Dichter habe diese nähere
sen*. — 'Die Musen nahmen sein mit dem Vor- 50 Bestimmung darum weglassen können, weil sie
schlag eines Wettstreites gepaartes Ansinnen sich aus Vers 595 {navßccv Scoidfjg) leicht er-
unter der Bedingung an, daß sie im Falle ihres raten lasse. Und so erklären es z. T. auch die
Sieges mit ihm nach Belieben verfahren könn- Scholien: Schol. Ven. A (vgl. Eust. ad Hoin. II.
ten, während er, wenn er siege, von ihnen so- 299, 25 f.): Trtjpov, ov rvcpXöv, cb? &7ceSe^ccvto ol
viel er wolle, als Frauen nehmen dürfe. Die vbooxbqoi., ScXXä xfjg ajdfjg nriQov {vgl. Schol. Soph.
Musen siegten und beraubten ihn des Augen- Aias 118) xL yccg riv avxm ßXaßsgov xit^apoodw
lichtes.' Damit deckt sich der Bericht bei övri, sl xöav ocp^aXuüv ißxsQ^d-ri, Schol. Ven. B:
Apollod. 1,3,3 (1 , 17; vgl. Zenob. 4, 27 p. 91), xb 8b ti7\qov ^ieav &vxl xov xijg xixvns ^navöccv
nur daß es hier, wie bei Homer, heißt, daß sie xal ?xqppova avxbv irtolriaocv. Andere wieder
ihm auch das Kitharaspiel und den Gesang 60 hielten an der Deutung von nriQog = xvcpXog
genommen hätten; dasselbe berichtet Schol. fest, zu welcher Strafe sie dann im Gegensatz
Ven. A Hom. II. 2, 595 und Eust. Hom. 11. 298, zu Demodokos {Hom. Od. 8, 63 f.) eine zweite,
42, nur daß Th. auch noch den Verstand ver- noch härtere, die Entziehung der Stimme, füg-
liert. Im Schol. Ven. B Hom. II. a. a. O. und ten; vgL Eust. a. a. 0. 299, 30: dt;o na%Elv xov
bei Eu^t. Hofn. II. 298,43 setzt Th. für sich 0d^vgiv, ö^E(og nriQcoGiv xal ccoidfig cccpaigsöiv
selbst im Falle der Niederlage die Blendung (vgl. Dio Chrysost. or. 13 p. 428 B. =^ p. 247
f»*st und bedingt sich im Falle des Sieges die Bind.). Der von Homer gebrauchte Ausdruck
Hand einer Muse aus. Th. unterliegt: über nriQog kehrt in dem unten Sp. 475, lö ange-
469
Thamvras
Thamyras
470
führten Epigramme wieder. Sonst wird, wie
auch in einer Anzahl von Kunstdarstellun^en
(s. unten Sp. 474), die Blc-ndung als «nnzige
oder wenigstens als Hauptstrafe genannt, 8.
außer den obigen bereits angeführten Stellen
ferner JiJtir. Uhes. 9'2^i'. ///o(/. «,Gü. 7'imaios hei
Parthcn. 29, -'. fiilian. KpiM. 41 (p. 7(> Heyler =
p. 3Ü3 Epistologr. Gr. ed. Ifercher). Tzetz. Chü.
7, 9^i. Frolclos in Flato Uep. 10, G20a (p. 2, 314,
19. 316,9 v^. Kroll). Dionysios Korinthios [\\^c\i
Cramer, Anecd. Gr. Paris, i, 20 Anm. 1) in Anecd.
Gr. Paris. 1, 38, 28 Dionysios de avibus 2, 8
in Poet. Bucol. A. Did. Gr. ed. Lehr.s (Paris,
Didot 1862) p. 118. Ov. Ibis 272. Propert. 2, 22,
19. Eine rationalistische Detitung führt Pausa-
nias (4, 33, 7) an: Th. habe infolge einer Krank-
heit das Augenlicht und in der Folgt; auch
noch seine Stimme verloren.
Nach seiner Blendung soll Th. seine Lyra
in den Fluß BuIvqu {Bursian, Geographie von
Griechenland 2, 163 mit Anm. 2) geworfen ha-
ben, der infolge dessen (also Ableitung von
ßccXXsiv und Xvqcx; vgl. Welcher, Gr. Trag. 427
Anm. 19) seinen Namen erhalten habe. Paus.
4, 33, 3. Nach Pud. Heberdey, Die Beisen des
Pausanias in Griechenland (Abhandl. des arch.-
€fpigr. Seminars der Universität Wien X) S. 65
geht die Notiz des Pausanias auf einen Homer-
kommentar zu IL 2, 595 ff. zurück, der den Aus-
zug des Th. von der Burg des Eurytos in Oicha-
lia bis nach Dorion, wo ihn sein Schicksal er-
eilte, erzählte; Pausanias hat irrtümlich das
Wegwerfen der Lyra, das natürlich an den
Quellen des Flüßchens Balyra in der Nähe des
angeblichen Doriou anzunehmen ist. an den
Übergang über den Fluß verlegt, da er die
Balyra überhaupt nur in der Nähe von Messene
ewähnt. Das Wegwerfen oder das Zerbrechen
der Lyra nach der Niederlage ist ein öfter
dargestellter Vorwurf in den Kunstdenkmälern
(s. unten nr. A ff.), und auch Soph. frgm.. 223 N-
aus Plut. de cohib. ira 5 p. 455 D : Qr\yvhg xqv-
öodiTOv yiiQccg, QTjyvvs äQiLOvlav xoqöovovov
XvQCi^ bezieht sich auf das Zerbrechen der Lyra,
Kurz nach seiner Blendung scheint Th. ge-
storben zu sein (vgl. Eur. Bhes. 915). Wie Paus.
4,33,7. 9,5,9 berichtet, soll Th. nach dem
Dichter der Minyas ebenso wie Amphion für
seine Überhebung im Hades bestraft worden
sein; doch hat Pausanias nicht unmittelbar
aus der Minyas geschöpft, v. Wilamowitz, Ho-
mer. Untersuchungen 223. 340 f. A. Kalkmann,
Pausanias der Perieget 259.
Nach einigen ist das Sternbild des Engo-
nasin der von den Musen geblendete, um Scho-
nung auf den Knien flehende Thamyris, Hygin.
Astrom. 2 , 6 (p. 42, 9 f Bunte). Schol. zu Arat
75 {E. Maaß, Commentariorum in Äratum re-
liquiae p. 353,22); vgl. Fr. Boll, Sphaera 100.
Späte Quellen beschränken den Streit des
Th. nicht auf die Musen allein, sondern ziehen
auch den ApoUon mit herein oder setzen ihn
an Stelle der Musen; vgL Mythogr. Lat. 1,197:
Thamyris cates, quem Musae diu contra se et
Apollinem carmine suo contendentem caecasse
dicuntur. Schol. G Ov. Ibis 272: Thamiras cum
Apolline, Demodocus cum Musis certaverunt.
Schol. C Ov. Ibis a. a. 0. : Et Thamiras et De-
modocus superati sunt; Thamira.^ ab Apolline,
Demodocus a Musis, unde lumina amiserunt.
Auch Kikephoros Progymnas.'J in Rhet. Gr. ed.
Walz 1,437 läßt sich hierher ziehen: Th. er-
hebt sich über die Musen und schmäht sie,
weder sei Zeus ihr Vater nocli Apollon ihr
Lehrmeister. Möglicherweise erklärt sich hier-
aus die Gegenwart des Apollon auf dem Vasen-
bilde unten nr. G, wenn wir die dafür von
10 I*Mr<«ä>?_7Zcr gegebene Deutung annehmen. Ganz
vereinzelt ist die Notiz, daß Th. mit den Mu-
sen und Seirenen gestritten habe (^'p'»« • • •
2^6iQ^at dh xai MovGaig S6hlv(}1^ 6 iiccivöusvog)^
Arg. Arist. Ban. 4 (p. 274 der Ausgabe der
Scholia von Dübner).
Als besondere Eigentümlichkeit von ihm
wird angegeben, daß er zwei verschiedene Augen
gehabt habe: rmv . . . ocpd^aXuobv rov ^ihv os^ibv
Xtvxbv eIvcci, rov dh Scqigtsqov yiiXavu., Askle-
•20 piades a. a. 0.; vgl. Schol. Ven. B Hom. II. 2,
595. Pollux 4, 141, an welchen beiden Stellen
es heißt, daß das eine Auge schwarz, das an-
dere yXa.vy.0? gewesen sei. Nach Welcker, Gr.
Trag. 427 bezieht sich die Notiz des Pollux auf
die Maske des Thamyris: dieser ist erst sehend
und nachher blind {yXavKog = mit einem yXocvr
Kwucc, dem blauen und dem grünen Star be-
haftet) auf der Bühne erschienen; die Schol ien
zu Homer hätten diesen Umstand von der Maske
30 des Thamyris auf diesen selbst übertragen
und eine falsche Erklärung hinzugesetzt. Aber
w^arum soll man dem Th. nicht selbst Augen
von verschiedener Färbung der Regenbogen-
haut zugeschrieben haben? So wird von dem
byzantinischen Kaiser Anastasios, der deshalb
den Beinamen .dUoQog führte, berichtet, daß
er ccvo^oiccg aXXriXaig rag -nogag eI%s r&v öq^d-aX-
liobv. rfj utv yciQ Tjv ro XQ&iicc nsXdvrsQOv, rj
dh Xccia. TCQog ro nsXdvrsgov ^;|jßö)itart(TTO , Zo-
40 naras, Epitome 14, 3, 2 p. 53 D (= ed. M. Pin-
der 3, 133, 10 ff.); vgl Malalas 16 p. 392, 8 ff.
ed. Bon.: iv ra ds^La ocpd-aXaa i^ov rrjr xo-
Qr\v yXav'/.i]v Tcai iv ra agiorsgco aiXuivav. Die
Gemahlin des Kandaiiles, Nysia, soll gleich-
falls zwei verschiedene Augen gehabt haben
{di-KOQog -Kccl 6lv(OTCB6rärr\), Ptolem. Heph. bei
Phot. Bibl. p. 150b, 20. Nach dem Anonymos
in Cod. Paris. 2991 A {Boissonade ad Marini
vit. Prodi p. 130) sind Augen verschiedener
50 Färbung ein Merkmal von Unbeständigkeit und
Unwiderstehlichkeit {cc6rdrov yvcoQLGucc xal ccvv-
Ttoördrov).
Als Ort des Wettstreites und der Blendung
ist, wie wir oben sahen, bei Homer {II. 2, 594)
Dorion genannt; vgl. Strabo 8, 339. 350. Stat.
Theh. 4, 181. Lucan. bell. civ. 6, 352 und Schol.
z. St. (Adnot. super Lucanum ed. Endt p. 219),
Dagegen hätte nach Oros bei Stej^h. Byz. s. v.
z/wTiör p. 258 Meineke {'Slgog . . . ygdq)BL ^ xal
60 tcc Ttsgl Ody^vgLv iv Jagla TcagiGrogovvrog rov
Ttoirirov TtdXiv 'HoloSog zicorito iv Ttsöico cpdaxsi
avrbv rsrv^Xmad'aL') Hesiod als Ort die Ebene
Dotion in Thessalien genannt. Für 'H6ioöog
hat freilich Fr. Osann, Philemonis Grammatici
quae supersunt p. 305 f. Anm. "Hgtodiavog ein-
gesetzt, wogegen Fr. Bitschi, De Oro et Orione
59 f. {Op. 1,649) Widerspruch erhoben hat. B.
Niese, Der homerische Schiffskatalog als histo-
471 Thamyras Thamyras 47::-^
ris€j»e Quelle betracJiUt '22 ist der Ansicht, daß Der Umstand, daß Th. vor ApoUoii den Hya-
diesee ' hesiodeische Fragment', das übrigens kinthos geliebt hat, hat Weruiche, Arch. Jahrb.
auch Marckschf'ff'el, Hesiodi, Eumeli nsvf. Frag- 7 vlSU'i), 21ä veranlaßt, in Th. eine Hypostase
menta p. 389 frgm. 267 unter die ^fragmenta des Apollon zu erblicken.
faUa^ gerechnet, das von Kinkel, JEpic. Graec. Literarische Behandlung hat die Thamyras-
Fragm. GoettUng-Flach^ und Rzach (ed. anni sage, vkrie aus dem allerdings leider vorstüm-
1884; in der Ausgabe von 1902 rechnet es melten Schoüon zu Enr. Jihes. 91G hervorgeht,
Rtach p. 406 frgm. 246 unter die 'fragmenta durch Äisvhylos erfahren: ;rap' AiyöxvXfo dh
dubia*) gar nicht aufgenommen worden ist, tu :TtQi tov 6)aji(U(ur xa^ rtgov &(pi^-
während Stttl, Wiener Studien 12 (^1890),* 64 f. lu yijvrai. Die Lücke nach xai wird von Eabe
es für echt halt, die Quelle für die Thamyris- durch <^rccs Movaag &XQißioyTSQov ergän/t. Ob
episode im Homerischen Schiffskataloge (s. oben man aus dieser Notiz ein Drama ("ya^ivQag
Sp. 464, 26) sei, indem der Verfasser durch einen des Aischylos erschließen darf — erhalten ist
Gedächtnisfehler getäuscht das Uesiodische Do- dieser Titel in dem im codex Mediceus be-
tion gegen Dorion vertauscht habe. Auch W. findlichen xatdloyo^ ribv 'Aia^rlov d^aiiä-
Christy (iriech. Litteraturgesch. 20' Anm. 2 (20* rwv nicht; vgl. .4. Dieterich, Rhein. Mus. 48
Anin. 6) halt Dotion für den älteren Schauplatz. (1893), 141 ff. 143 und bei Pauhj-Wissowa 1,
Nach Stttl a. a. O. meint Stephan, v. Byzanz a. 1072 f. — oder ob der Mythos von Th. in einem
a. 0., daß Oros mit Unrecht eine Doppelheit der uns wenigstens dem Titel nach bekannten
der Form statuiere, da auch bei Homer Ja- 20 Dramen behandelt war, entzieht sich jeder Ver-
Tio), nicht Joagio) zu lesen sei. Nach Meineke mutung. Im letzteren Falle könnte man etwa
zu Steph. Byz. a. a. 0. ließ Homer die Szene an die 'HScovol denken, das erste Stück der
in Dorion, Heaiod in Dotion sich abspielen; Av^ovgysicc {'Hdoavol, Baoöccgidtii, Nsccviöxot,
hieraus hat Oros geschlossen, daß Dorion und Avxovgyog aatvgiyiog), in dem vielleicht der
Hotion verschiedene Formen eiuesunddesselben Thamyrasmythos als Episode erzählt war als
Namens seien. Enripides hn.t {EJi es. 9i2:, — das warnendes Beispiel, wohin Überhebung den
Schal, z. d. St. im Philologus 63,421: Uäyyaiov Sterblichen führt. Über den Thamyras des So-
ögyävoiaiv Ildyyaiov ögyu [so!] ovt£ ntgi xb phokles s. Welcker, Griech. Trag. 1, 419 ff. Fr.
Uäyyaiov gjijffi Sia{uXX<^&Gy%^ai xccg Movaag reo Müller, De Graecorum deoriim partihus tra-
Sa\jLvgidi leidet an noch nicht geheilten Korrup- 30 gicis {Keligionsgesch. Versuche und Vorarbeiten
telen — ) die Blendung an das Pangaiongebirge 8, III) p. 57 f. Furtwängler, Berl. Phil. Wochen-
verlegt; und aus Soph. fr. 216 Nauck-: ©gijö- schrift 1888, lj450f.; die Fragmente bei Nauck,
aav 6%oniäv Zr^vbg A^aov darf man trotz des i^. T. 6r.-p. 181 ff. /r^iw. 216 ff. Zu dem von iV^awcA;
Widerspruches \on A. Riese, Jahrb. f. Mass. eingeklammerten Fragment 221 s. C.Robert,
Phil. 115 (1877), .233 wohl schließen, daß auch Oidipu8 2,^J2 Anm. 179, der es unter Benutzung
Sophokles die Szene des Wettstreites nach Thra- einer Verbesserung von v. Wilamowitz, Homer.
kien verlegt hat, Welcker, Gr. Trag. 420. L. Unters, ^ih Anm. 26 liest: ^x \l\v dga X^oviov
Preller, Rhein. Mus. N. F. 4 (1846), 405 Anm. {'Egix^-oviov cod.) itoxuLÜGtLov böxs&s kovqov
12. Auch Asklepiades in dem schon wiederholt AvtöXvkov, tcoHcov xxsdvav üiviv jlgyst y.oiio):
angeführten Schol. Für. Rhes. 916 läßt die Mu- 40 nach Robert sang Thamyris das Lied, von dem
Ben nach Thrakien kommen und dort von Th. ein Rest in unserem Fragment erhalten ist,
zum Wettstreit aufgefordert werden. Die schon bei einem Wettstreit mit den Musen und pries
oben Sp. 466, 2 ff. mitgeteilte Version des Pau- darin seine göttliche Abstammung: seine Groß-
saniiis (4, 33, 3) und des Konan (7) lassen den mutter Philonis gebar von Hermes — im Liede
Th. im Lande der Odrysen bzw. auf der Akte X^oviog genannt — den Autolykos; soweit
geboren werden, und wenn Kofion ihn von den ist das Lied erhalten; nun folgte, daß sie in
Skythen zu ihrem Könige gewählt werden läßt, derselben Nacht von Apollon Mutter seines
80 ist dies wohl nur eine Folge des Schwan- Vaters Philammon wurde. Nach Athen. 1,20F
kens der Begriffe Zxvd^ai und ©gaxbg {Jo. Arn. spielte Sophokles bei der Aufführung seines
Kanne, Cononis narrationes p. 83. ü. Hoefer, 50 Thamyris selbst die Kithara; vgl. auch Vit. Soph.
66f.), und so nennt ihn a,vich Strabo 7, SSI frgm. ö: qpaffi 6h oxt, xat xid'dgav dvalaßcov iv ybövca
35 (== Eust. ad Hom. II. 299, 6) einen Thraker xa (iiovcoäm, Welcker, Gr. Trag. 425) OaiivgiSi
und König auf der Akte. Die Bezeichnung noxe ixid^dgiasv, od'Bv xai iv xy noiyiiXrj Gxoä
^Thraker' führt er auch sonst fast durchgängig iiexcc v.iQ'dgag ahxhv ysygdcp&ai. Man hat aus
in allen Quellen; vgl. Giseke a. a. 0. 29. 54 f dieser Stelle geschlossen, daß Sophokles von
Gruppe, Roschers Myth. Lex. 3,1078,28 unter Polygnotos als zitherspielender Thamyris in
Orpheus. der bunten Halle dargestellt gewesen sei, Christ,
Wie seine Liebesbegierde nach den Musen Griech. Litteraturgesch. 235. /. /. Bernoulli,
hervorgehoben wird, so gilt er auch als erster Griech. Ikonographie 1,124. Doch ist diese An-
nca6£ga6xi]g: Tcgibxog dg^diisvog igäv Scggevav^&i nähme, so sehr sie möglich ist, nicht erwiesen,
Apollod. 1,3,3. Schol Ven. A Hom. II. 2,595; Hauser, Oesterr. Jahreshefte 8 (1905), 36.
2feno6. 4, 27 p. 91, 10. ala^gov igcax'a voffrjaag. Eine Komödie Oa^ivgag dea Antiphanes er-
Fust. ad Hom. II. 298, 40. Als den Namen sei- wähnt Athen. 7, 300c {Meineke, Com. Gr. frgm.
nes Geliebten gibt Apollod. a. a. 0. (vgl. Arnob. 3, 55 = Kock 2, 52).
adv. nat. 4,2,6. Clem. Alex. Protr. p.2lSiSylb.) Namen und Etymologie:
Hyakinthos, Suid. s.v. Gd}ivgig (p. 1108,11) Nach Cyrillus bei Cramer, Anecd. Gr. Paris.
Hymenaios an. Man hat bei ^j9o//odor Hyme- 4, 183, 13 ff. {@d\ivgiv: xov Sdfivgiv, o ißxiv
naios, bei Suidas Hyakinthos korrigieren wollen. övoiia xvgiav, 6 Od^ivgig -nid^agog ©gaxbg [xi-
47a
Tiiarayras
Thamyras
474
d'ccQcodös ('•)Q<xxixug, ^>auc/>- , Trag. Gr. b'rijui.-
181 1 Sv6(pr,(iog. ,'irrtxoi d^ (■)aurQa'^ (Hufivgäi^
cod.) ist &a^vQas die attische Form des Na-
mens. Auch Flato hat duiclifjchends die Form
Occuvgag, die sich auf der Vase H findet.
F.W. Fordihammer, f feilen ika 1,321 wollt«;
in Thamyris (von d'dco, xtäucc und vq . . .) 'den
Heros des rieselnden Wussers' erkennen, ""wel-
ches im Sommer, nachdem Apollon seinen und
des Thamyris Lieblinf?, den Hyakinthos, mit lo
dem Sonnendiskos getötet, in den Sand ver-
siegt, wenn Thamyris, mit den Musen im Wett-
streit, seiner Leier und seiner Augen, d". h. des
rieselnden und glänzenden Wassers, beraubt
wird'. Auszugehen hat die Erklärung von He-
aych. Od^ivQis Tcav^yvQig, avvodog, i) Ttvxvotrig
xivöiv. ^art y.ul yivgiov övo^ia und He^ych. ■9-a-
fivQi^bi. ad'Qoi^si, öwdyti; vgl. Fick-Bechtel, Die
griecli. Personennamen 420. Vott, Kuhns Zeit-
schr. für vergleichende Sprachforschuvg 9 (1860),
417, und so erklärt Gruppe, Gr. Myth. 543, 4.
5 den Thamyris, dessen Name wahrscheinlich
dem des Athamas (s. d.) gleichbedeutend sei,
als den bei der Festversammlung funktionie-
renden Priester. Tomasch eJc, Die alten Thraker
2, 1 {Sitzimgsher. d. Kais. Akad. d. Wiss. inWieu,
philos.-hist Gl. 130 [1893] S. 50 deutet den Na-
men als Xomponist, Dichter, Sänger' (so schon
Welcker, Ep. Cycliis 151) oder als ^fahrenden
Sänger'. Nach Movers, Die Phönizier 2, 2, 275 30
Anm. 50 a und Welcker, Ep. (hjklus 150 Anm.
185 wäre Thamyras == Tamiras. Ob der für
TouvQLg, den Namen der skythischen Königin,
bei den Römern gebrauchte Name T(h)amyris
{K.Peiper, Jahrb. f. klass. Phil. 107 [1873], 397)
in irgend welchem Zusammenhang mit unserem
Th. steht, bleibe dahingestellt. Als Personen-
namen findet sich Thamyris (s. d.) als Name
eines Königs der Saken
weisen (Herod. (>, 127) Sybariten .\myri-., der
von den Sybariten nach Delphi geschickt dem
durch richtige Auslegung eines Orakels von
ihm vorausgesehenen l'nteigang seiner Vater-
stadt entging, obwohl er sich durch seine
Handlungsweise den Vorwurf der iiccvia zuzog,
Athen. VI, i)20ii. Nach Eust. a.a.O.: ' iariov
OB üTt xai "j^fivgig ttg B'rQr}xat Öixu rov ö" tV
Talg Tö}v nccnoiuiuiv dvuygucpcctg hl'rs uovaiytög
8irs xofi i-rsQolog ()i6 xui hv tt/ Ttagoifiio: Tj) Xs-
yovci] Oäfivgig uaivitUL xivi:g "Ayivgiv i-yoa%'av
(Mxcc rov iv ccgxicig d-^ könnte man aus der He-
zeichnung des Qd^ivgig bzw. "ApLvgtg als Vov-
aixog^ eine Beziehung auf den mythischen
Thamyris annehmen. Noch deutlicher ist eine
solche Beziehung ausgesproclien bei Eustathios
Opuscuhi ed. Tafel p. 2tJö. 48: tomurrj rig ouiatg
(= Eigendünkel, törichter Wahn) y.al rov nu-
goiULcc^Ofinrov Gd^Lvgiv, tl'rs^'J^VQLv^ v-:t£^ijyay8
rov ßXsTttLv. Denn ein Verlust des Augenlich-
tes, eine Blendung, kann sich nur auf den
mythischen Sänger beziehen. Hat dieser statt
f)d(iVQig auch A^vQLg geheißen , wie neben
'Afiovg sich Oa^iovg (s. d.) findet (vgl. Welcker,
Ep. Cycius 150 Anm. 185), oder hat man in
Erinnerung daran, daß Hesiod die Blendung
des Thamyris ^Jwricp iv rtböia) ' (s. oben Sp.
470,62; habe stattfinden lassen, den Namen
Thamyris absichtlich in Amyris verwandelt,
indem man ihn mit dem Namen der Stadt und
des Flusses "A^vgog in der dotischen Ebene zu-
sammenbrachte (vgl. Urs. frgm. 122,2 aus Straho
9,442: z/ojr/oj iv jisdico TTolvßorgvog uvr' 'Afiv-
goio)'^ Wenn das Sprichwort von dem mythi-
schen Sänger hergeleitet worden ist, so kann
es si-ch nur auf den Streit mit den Musen be-
ziehen: der sonst so weise (y.XsLvbg ()Ocpcati]g
&Qfit, Eur. Bhes. 924) Th. unternimmt ein wahn-
^x^^o ^w..xg,o V4.^x Kj«,ivvrja, Polyaen. 7,12; auch ■ • n • / i v o ^r,« ^o ^'
noch in später Zeit als Name des Bräutigams 40 ''^^Tl^l^EZJ^ ^^^ ^' '
der Heiligen Thekla, JBasilius von Seleukia, de
vita St. Theclae 1 p. 236 jff. {Migne, Patrol. Sei
Gr. 85 p. 487 ff.). Photius Patriareha, Orationes
et Homiliae ed. St. B' Aristarchi fKonstantinopel
1900) 2, 255. 265. Ein geschnittener Stein trägt
die Inschrift Qaavgov (Genetiv zu Oa^ivgccg
oder Qd^vgog\ 0. J. (r. 4, 7196. Ciital. of engr.
gems in the Brit. Mus. 1346. R. v. Schneider,
Jahreshefte des oesterr. arch. Inst. 10(19Cf7\ 346
Anm. 5. Eine Henkelinschrift lautet Oc(av{g . .
C. I. G. 4, 8518, IV, 84.
Es bleibt noch übrig, eine Betrachtung über
das Sprichwort Od^ivgig ^aivsrai iitl tö)v y.ark
Gvvsdiv TcagdXoyov ri Ttgarrovrajv {Hesych. Suid.
[p. 1108]. Zenoh. 4,27. Biogen. 5,19) anzustel-
len. Bezieht es sich überhaupt auf unseren
Thamyris? Gregor. Cypr. Cod. Leid. 2,27 (Pa-
roimiogr. 2,71) u. Äpostol. S,7S berichten unter
©diivgig itccivsxca dasselbe, was die anderen
Sprichwörter unter "Aavgig uaivErai (Biog. 3,
26. Pausanias Atticista bei Eust. ad Hom. II.
p. 298, 2 [= Aelii Bionysii et Pausaniae Atti-
cistarum frgm. ed. E. Schwabe p. 171; vgl. Aug.
Hotop, Be Eustathii p)roverbiis in Jahrb. f.
klass. Phil. Suppl. 16,2871.. Ber Anfang des
Lexikons des Photios ed. B. Beitzenstein p. 96,
25 ff. Apostol. 2,60. Suid. s.v. "Juvgtg fialvsxcci
[p. 293, 14]) berichten: jene Erzählung von dem
iiVQig aaivouevog).
Von den Kunstdenkmälern, Gemälden,
Statuen, Vasenbildern, Mosaiken — die nur lite-
rarisch überlieferten sind mit * bezeichnet —
stellen den geblendeten Thamyras A* B^^ C* D E
dar, F* ist nur vermutungsweise zu deuten.
Auch über die Deutung- von G H I, auf denen
Th. — auf G durch Beischrift bezeichnet —
vor den Musen und anderen Personen leier-
50 spielend dargestellt ist, gehen die Meinungen
auseinander.
A*) Gemälde des Polyguotos (Nekyia) in
der Lesche der Knidier in Delphi, Paus. 10,
30, 8 (vgl. 10, 31, 5): 'Nahe bei Pelias sitzt
Thamyris. Seine Augen sind ausgestochen
{di,sq}^aQii8v<xL); sein ganzes Aussehen ist jam-
mervoll; dichtes Haar — so übersetzt C. Ro-
bert, Bie Nekyia des Pohjgnot (16. Hallisches
Winckelmannsjjrogramm) S. 16 die Worte : rj
60 y.oLii] Ttolli] uhv inl xfjg y.ecpccXfjg, noXXi] dh ccirro}
inl xolg yavüoig, während Schöne, Arch. Jahrb.
8 (1893), 209 Anm. 43 darunter langes, unge-
ordnetes, sehr voll erscheinendes Haar versteht
C^mit struppigem Haar und Bart', P. Weiz-
säcker, Polygnots Gemälde in der Lesche der
Knidier in Belphi 42), zur Charakterisierung
eines elenden Blinden, der keine Gedanken da-
für hat, sein Haar zu pflegen — bedeckt sein
475
Thamjrras
Tbamyras
47(5
Uaupt und sein Kinn; seine Leier liegt mit
zerbrochenem Gestell und zerrissenen Saiten
weggeworfen zu seinen Füßen.
B*) Eine Statue des blinden Tliamyraa, ein
Werk des auch aus einer Inschrift aus Tanagra
(J. G. 7,530,6. Loeidf, Insctw. griech. Bildhauer
p. 93nr. llü) bekannten Kcc<piaiag (Krupriaias),
bezeutrt das in der Nähe von Thespiai auf dem
Sockel, der die Statue trug, gefundene Epi-
gramm lies Hanestits, Jamot, Con. hell. 26 (1902), lO
166 ff. Dittenherger, Or. Gr. inscr. 2, 7öO p. 491.
KeratHopulos, Corr. hell 30 (1906), 467; das Epi-
gramm lautet nach Jumot : rbv ^gaabv EiuoX-
vrjv ältp]^OYyov vvv ite\v] aoidi]v Xtvea' ' tri
yccQ Movöatg hlg tgw i]vxiaca- \7i]r\Q0i ö* o
xccttayviag icpajtxoßsvog) auf dem Helikon, Paus.
9, 30, 2. Nach P. Perdrizet, Cultes et mythe^s du
Pangte {Annales de IKst publiees par la fa-
ctdte des lettres de ruuiversite de Nancy 24
1 1910], I) p. 15 Anm. 8 ist diese Statue mit der
in der vorausgebenden Nummer erwähnten
identisch.
D) Hydria in Boston, Arch. Atiz. 17 (1902),
86 f. Journ. of hell, studies 1905, PL 1. Hauser,
(Jesterr. Jnhreshefte 8 (1905), 37 Fig. 5. B. Schrö-
der, Arch. Jahrb. 30 (1915), 113 Abb. 11: Die
Figuren sind zwar ohne Beischrift, die Deu-
tung aber sicher durch die Situation gegeben:
ein Jüngling mit reicher Lockenfülle, durch
die liehen, pel^sefütterten Stiefel als Thraker
'i«48k/j»\rn?
Abb. 1 : Der blinde Thamyras, seine Mutter Arpiope und eine Muse, Vasenbild (nach Ardiüol.
Jahrbuch Bd. 30 Abb. 11).
OQr,'(^ GdavQtg (föguiyyi ■xägiaai. ccXXä^ d'sccl^
fioxxfyc Y* viiBtigr,? &i'(o. Dittenherger hat den
schon durch die Namensform (statt E^jaolrcog)
verdächtigen EimöXTcr^, für den auch sonst im
Zusammenhang gar kein Platz ist, beseitigt,
indem er schreibt: roj' ^gaavv fuudA-.-rrjv cttp%oy-
yov vvv ft£[r'] äoidi^v /.tvaa'. hi y. M. i. i.
rimiuGccy \n\t]Qbg 6'. 6 &. 0. cpÖQiuyyi nccg-
{s)iuc(i. — Richtiger wohl schreibt Keramopulos
unter Benutzung der Bittcnhertjerschrn Lesung:
Tor ^guavv ig iioXTtijv atfd'oyyov vvv u' i[g\
Scoidr^v Xbv66£ {vi yäg Movoaig dg ^giv ijVTidaa;)
7tr]gbg ö* 6 G. 6. tp, ■jidgiuai usw. Nach Ja-
mot a. a. 0. 160 ist nägiuui = ndgrificci, also:
'ich der blinde {jtrigog) Thamvris sitze neben
meiner Leier'. Nehmen wir Dittenhergers Er-
klärung Tiag{i)lacci^ so ist wohl (poguiyyt, mit
nifgog zu verbinden: verstümmelt an meiner
Leier C= mit zerbrochener I^eier) bin ich er-
schlafft, in mich zusammengesunken. Vgl. Nr. C*.
C*) Statue des blinden Thamyris mit zer-
brochener Leier {Gduvgig tvcpXbg xori Xvgag
charakterisiert, sitzt mit geblendeten geschlos-
senen Ausren auf einem Felsen, auf den er &ich
mit deV linken Hand stützt. Den rechten Arm
50 streckt er mit geöffneter Rechten weit aus;
die im freien Räume vor ihm schwebende Leier
muß wohl als der Hand des Sängers entfallen
oder von ihm weggeworfen aufgefaßt werden.
Rechts von Th. steht in ruhiger Haltung eine
Frau mit einer Leier, also eine Muse, die gleich-
gültig das von ihren Schwestern über den Sän-
ger verhängte Schicksal betrachtet; links vor
Th. rauft sich eine alte, durch die Tätowierung
(vgl. darüber P. Wolters, Hermes 38 [1903], 268 ff.)
60 auf ihrem Unterarm als Thrakerin gekennzeich-
nete Frau, wohl Argiope, die Mutter des Th.,
ihre kurz geschnittenen Haare. S. unsere Abb. 1.
E) Vase (Hydria) aus der Mitte des fünften
Jahrhunderts im Ashmolean Museum zu Oxford
mit der Darstellung der 'Blendung des Tha-
myris in Anwesenheit seiner Mutter Argiope
und einer Muse', Arch. Anz. 16 (1901), 165.
Weitere Angaben fehlen; so viel sich aber aus
47
Thamyras
Thaniyras
478
1
'"*•
/
/
,1
'' ^* .
^^te'>-'
-
f
1
■ i'
'^i ^
'"^\ ■
\''. r,-.
1 1 !,'<->ira'»^-
■f
/
Abbilduug 2: Thamyras leierspielend, Aphrodite und ihr Thiaso» (PoithoL;'] , Parcgorostyj und drei Eroten), ApoIIon
und drei Musen {nach Mic/iaclis, Tli. u. Sappl.o, Leipzig 1865 = Baumeister, Denkmäler 1728j.
der kurzen Beschreibung ersehen läßt, muß die
Darstellung der auf der Hydria in Boston (Nr. D)
sehr ähnlich sein, ja, man möchte, wenn etJ
erlaubt wäre, einen Irrtum anzunehmen, an die
Identität beider Vasen denken; vgl. Sp. 481,41.
F*) Unter den Gemälden des Malers Theon
von Samos nennt Flin. Nat. Hist. 35, 144: ^ Ort-
stis insaniam, Thamyram citharoedum.^ Bei
dem Mangel weiterer Nachrichten sind wir auf
Vermutungen angewiesen {Ileydemann, Annali
1867, 370), die sich wohl in der Annahme von
einem, wie Orestes i^ 'Eqlvvvcov uavsig, so von
einem 0cciivQccg i-a Movgmv ^avsig zu bewegen
haben, H. Brunn, Gesch. d. griech. Künstler 2,
253 (2-, 170). A. Trendelenhurg, ^avtualcci
{70. Berl. Winckelmannsprogr.) S. 5. Willi. Klein,
Gesch. der griech Kunst 3, 24.
G) Vase in Ruvo, Giov. Jatta, Catalogo del
Museo Jatta nr. 1538 p 847 ff., abg. Böm. Mitt.
3 (1888), Taf. 9; vgl. Jatta ebenda 239 ff. Die
frühere Abbildung: Ad. Michaelis, Thamyris
und Sappho auf einem Vasenbilde (Leipzig 1865)
und die Wiederholungen dieser Abbildung Mu-
seo Italiano di Antichitä Classica 2 (1888),
Tav.V; \gl.Comparettiebeiidsib9S. Baumeister,
Denkmäler des Mass. Altert. 1728, Abb. 1809
sind nach einer schlechten Zeichnung aus dem
<reWmrf/schen Apparat angefertigt, die Inschrif-
ten, wie sie jetzt auf der Vase stehen, modern,
doch folgen sie antiken Spuren, besonders der
Name Thamyris, da der offenbar unkundige
Restaurator diesen Namen nicht erfunden ha-
ben wird, A. Furtivängler, Berl. Phil. Wochen-
schrift 1888, 1450 f. Die Darstellung ist nach
der von Baumeister und Comparetti — nur be-
zieht dieser die auch von ihm auf den Namen
der Sappho gedeuteten Buchstaben auf eine
andere Figur als auf die, über welcher sie
stehen — gebilligten Erklärung Michaelis' fol-
gende: Thamyris (0AMYPIE so!) sitzt als schö-
ner Jüngling in gesticktem Gewände, lorbeer-
umkränzt, enthusiastisch singend, mit golde-
nem Plektron die Kithara schlagend. Rechts
von ihm sitzt, mit einem Eros (der ^eigentlicbe
Eros'), den sie auf der Schulter festhält, eine
mit ZAO — von Michaelis usw. als Sappho —
gedeutete Frauengestalt. Rechts im Vorder-
30 grund sitzt mit Schleier und Stephane ge-
schmückt, Aphrodite, die einen ungeflügelten
Eros (Himeros) umfaßt, hinter ihr lehnt, auf
Sapphos Schoß gestützt, Peitho und lokt ein
Vögelchen von eines Eros (Pothos) Hand. Tha-
myris singt also verzückt Liebeslieder, deren
Wiederhall in den Liedern der Sappho uns
vorliegt: sie ist seine Schülerin. Links von
Th. lauschen drei, rechts am Ende der Gruppe
zwei Musen dem Spiele des Th. In der Gruppe
40 der drei Musen links steht inschriftlich als
solcher bezeichnet und durch den Lorbeer im
Haar und den Zweig in der L. charakterisiert
APOAAQN abgewendet von Th., ein Umstand,
der allerdings befremdlich erscheint. Trotzdem
kommt Michaelis zu dem Resultat, daß Th.
hier nicht als Gegner der Musen aufzufassen
ist, sondern daß man sich diese unter Führung
des Apollon als Gäste des Th. zu denken habe,
wie sie den Hesiodos am Helikon unter seinen
50 Schafen besucht haben {Hes. Tlieog. 22). Gegen
die Deutung des Vasenbildes durch Michaelis
hat Ad. Furtwängler, Eros in der Vasenmalerei
33 f. Einspruch erhoben: die Ergänzung der
Buchstaben ZAO, denen andere sowohl vor- als
nachgefolgt sein könnten, sei durchaus will-
kürlich. Übrigens hatte auch schon Bergk,
Griech. Literaturgesch. 1,404 Anm. 264 an die-
ser Ergänzung Anstoß genommen, da sie jede
Chronologie verletze, und die Buchstaben zu
60 Zdog, in der er eine thrakische Lokalgöttin
erkennen möchte , ergänzt ; in anderem Sinne
liest gleichfalls adog Jatta, Catalogo usw. p.849.
853. Der aphrodisische Dreiverein (Aphrodite,
Peitho, Paregoros) und die Eroten fungieren
nach Furtwängler als psychologisches Motiv
der Handlung des Thamyras: er singt von
Liebe und liebendem Verlangen nach den Mu-
sen getrieben, mit denen er zwecks Erreichung
479
Thamyras
\
Thamyras
480
AbbildaDK S: Thamyras, leierspielend im Wettstreit mit den Musen (V)
and seine Mutter Argiope(:) (nach Jlonum. >l. I. 11 pl. XXIII = KH-
nach. KijHff. 1,96,4. Oesterr. Jahrcshe/tc t<,38).
seines Liebessehnens in einen Wettstreit sich
eingelassen hat. Die Haltung der Musen sei
keineswegs freundlich, sondern zurückhaltend
und kritisch, und der Umstand, daß ApoUon
sich abwendet und mit einer Muse ernst spricht,
könne nur als Zeichen seiner Abneigung und
Kälte aufgefaßt werden: der der Sage Kundige 30 Taf. 48, U; vgl. Heitner ebenda S. 36. Stude-
y.we'i Flöten (eine Rolle?) haltend mit
dem Zeigeliiiger der R. auf die an-
dere weist, die die R. erhebt und in
der gesenkten L. eine Leier hält.
Hinter dem Jüugliug naht eilig eine
weißhaunge Frau, die in der L. einen
Lorbeerzweig hält, während sie in der
erhobenen R. einen Zweig über den
Kopf des Jünglings hält. Man wird
wohl davon absehen, in der Alten mit
Brizzio, Bulletino 1»72, 71 eine Per-
sonifikation der Jöiu sehen zu wollen :
es wird, wie auf anderen Darstellun-
gen, Argiope, die Mutter des Th., sein.
K) Nolanische Amphora in Peters-
burg: auf einem Felsen sitzt, nach
rechts gewendet, ein bärtiger Mann
in kurzem Chiton, reich verziertem
Mantel, hohen Stiefeln, mit der thra-
kischeu Mütze bedeckt, in der L.
die Leier, in der R. das Plektron; an
jeder Seite stehen, halb nach ihm
hingewendet, zwei Frauen (Musen), Stephani,
Vascnsammlung der Kaiserl. Eremitage 2, 265 f.
nr. 1685. Compte-rendu 1875, 121; abgeb. (nur
die Figur des Thamyras) Compte-rendu a. a. 0,
1)5. Oesterr. Jahreshefte 8 (lli05), 39 Fig. 8.
L) Mosaik des Monnus in Trier, abg. An-
tilce Denkmäler des Kais. Deutsch. Arch. Inst.
errate den Gegenstand des Gespräches, das
Verhängnis, das dem schönen Sänger als Strafe
für seine Liebesbegierde nahe. S. unsere Ab-
bildung 2.
H) Hydria im Vatikan, abg. Monumenti d. Inst.
2, 23. Museo Gregoriauo 11 Taf. 13, 1. Haiiser,
Oesterr. Jahreshefte S (1905), 3!^ Fig. 6 und unsere
Abbildung 3; vgl. Panofka, Annali 1835, 321.
Heydemann, Annali 1867, 363 ff. Jatta, Rom.
mund, Arch. Jahrb. 5 (1890), 1. 3: Erhalten ist
nur z. T. der Kopf des [TJHAM[YJPIS, der
stehend abgebildet war, und zwar, wie aus
dem Zusammenhang der übrigen Darstellungen
(Dichter und Weise, von Musen lernend, z. B.
Homeros von Kalliope, Kadmos von Klio, Agnis
[Hyagnis] von Euterpe) hervorgeht, als Schüler
und Lernender einer Muse, deren Beischrift
auf dem Mosaik zerstört ist; man wird wohl
3fi«.3 (1888), 252. W. Klein, Die griech. Namen io Sim ehesten an die als seine Mutter genannte
mit Lieblingsinschriften- 131 nr. 1. W. Heibig,
Führer durch die öffentlichen Sammlungen klass.
Altert, in Born 2», 308 nr. 1530 = 1», 311 f. nr. 498 :
Auf einem Felsen sitzt nach rechts 0AM\ PAI
leierspielend in thrakischer Tracht; vor ihm
steht, einen Fuß auf den Felsen setzend, eine
greise Frau und hält einen Zweig in der R.
empor; hinter Th. steheu zwei bekränzte Frauen-
gestalten (Musen, Welclier, Alte Denkmäler 3,
Melpomeno oder Erato zu denken haben; vgl.
oben Sp. 466, 7 tf.
M) Auf einer Reihe von Vasenbildern (auf-
gezählt von O. Jahn, Archäologische Beiträge
97 Anm. 13), auf welchen eine geflügelte Frau
einen Jüngling mit einer Leier verfolgt, hat
3Iillingen, Annali 1,207 ff. den Thamyras er-
kennen wollen, welchen, nachdem er von den
Musen besiegt ist, die Nemesis ereile. Feuer-
468) dem Spiele lauschend, von denen dereinen 50 öac/i, Vatic. Apollon 372 f. vermutete in der
der Name Choronike, -f OPONIKE, beigeschrie-
ben ist. Manche wollen in der Alten die Mut-
ter des Sängers, andere die Pythia erkennen
und erinnern an den Sieg des Th. im delphi-
schen Wettkampf (oben Sp. 466, 56 ff.). Welcker,
Ep. Cyclus 150 Anm. 185 will die ganze Szene
ins alltägliche Leben verlegen, indem er die
als Th. bezeichnete Person als einen jungen
Kitharöden, nicht den mythischen auffaßt.
Verfolgerin eine zur Rache eilende Muse, wäh-
rend der verfolgte Th. seine Leier zerbricht
oder wegwirft. Gegen beide Deutungen hat
Jahn a. a. 0. 100 f. überzeugende Einwände er-
hoben.
Hauser a, a. 0. 38 f. sieht auf den zwei Dar-
stellungen H I den Thamyras als Sieger dar-
gestellt: die Alte bringt dem Sänger außer
lern Zweige, den sie über ihn hält und der
I) Hydria in Neapel, Heydemann, Vasen- 60 nach Form und Sinn dunkel bleibt, den Lor
~'* ' " ^ .-■ beerzweig zur siegreichen Bekränzung, Hauser
sieht in diesen Bildern Nachbildungen des
Votivpinax, den Sophokles vermutlich für sein
Drama Thamyras gestiftet und von Polygnotos
habe malen lassen ; s. dagegen Schröder a. a.
0. 114, nach dem die siegreiche Bekränzung
des Thamyras unmöglich in dem Sophoklei-
schen Drama begründet, vielmehr aus der ün-
sammlung des Museo Nazionale zu Neapel 481
nr. 3143; abgeb. Monumenti d. Inst. 8, 43, 2.
Oesterr. Jahreshefte 8 (1905), 39 Fig. 7 : Auf einer
felsigen Erhöhung sitzt ein langgelockter Jüng-
ling in thrakischer Tracht, der in der L. die
Leier, in der R. das Plektron hält; vor ihm
stehen im Gespräche zwei lorbeerbekränzte
Frauen (Musen), von denen die eine in der L.
4.^1
Thamyri^
Thanatos (Bibliograph.)
4^52
I
f ähigkeit des Vasenmalerg /u nrkiiireu ist, der
seine Vorlage nicht vorstand, den ThamyraH
als sehenden Sänger malte und nun den
ihm unklaren Gestus der ihr Haar raufenden
Argiope, wie ihn die Bostoner Hydria bietet,
umdeutete, indem er ihr nach Analogie an-
derer Bilder die Bekränzung unterlegte. Für
die Interpretation der beiden genannten Vasen
sei die Alte mit dem Kranze zurückzuüber-
setzen in die Wellklagende der Bostoner Hy-
dria. Die eine Muse der letzteren Vase sei
untrennbar von den Musen der anderen Dar-
stellungen, und diese seien zu betrachten als
einige herausgewählte aus dem ehemals voll-
zählig dargestellten Musenchor. Diese Musen
und der Tlaamyras der Bostoner Vase seien
allein authentisch und das verlorene, diesen
Bildern zu Grunde liegende Original sei wahr-
scheinlich der Votivpinax des Sophojdes für
sein Drama gewesen, der, wie die Überein-
stimmung mit der Beschreibung des Th. in
dem Unterweltsbilde des Pohjgnotoa (s. oben
nr. A) vermuten lasse, wahrscheinlich von die-
sem gemalt worden sei.
Wenn die Alte auf H I, wie nicht zu zwei-
feln ist, die Mutter des Sängers ist, läßt sich
da nicht in dem Zweig, den sie auf I über
den Kopf den Sängers hält, der Zauberstab
erkennen, durch den sie für ihren Sohn den
Sieg, der durch den Lorbeerzweig in ihrer an-
deren Hand angedeutet wird, erzwingen will?
Thrakien ist ja nebst Thessalien das Land der
Zauberei. Auf H fehlt der Stab: die Mutter
bringt, was psychologisch ja ohne weiteres zu
verstehen ist, dem Sohne den Siegespreis. Ob
sie durch ihre Handlung den Ausgang des
Wettstreites zu gunsten ihres Schützlings be-
einflussen wird, ist eine andere Frage, deren
Lösung freilich aus der Darstellung nicht zu
entnehmen ist.
Nachtrag zu Sp. 476: Die Hydria nr. D ist,
wie schon Sp. 477, 29f. vermutet wurde, mit der
Hydria nr. E identisch. Die Angaben von Hau-
ser und Schröder (vgl. Sp. 476, 8fiF.), daß die
Hydria sich in Boston befindet, beruht auf einem
IiTtum: sie befindet sich vielmehr in Oxford,
vgl. Studniczka, Arch. Jahrbuch 31 (1916), 205,
wo sie von neuem abgebildet ist (Abbild. 20).
[Höfer.]
Thamyris {©davQi?) 1) = Thamyras (s. d.).
— 2) Thebaner, von dem Argiver Aktor ge-
tötet, Stat. Theb. 10,314. — Über den Personen-
namen Thamyris s. Thamyras Sp. 473, 37 ff.
[Höfer.J
Thanatos {©ävcctog zu W. ^av-, ^vt]-).
L Bibliographisches. G. E. Lessing,
LaoJcoon c. 11 A. 1 und Wie die Alten den Tod
gebildet, eine Untersuchung, 1769: dazu Her-
ders „Nachtrag" in der Zweiten Sammlung der
„Zerstreuten Blätter" (1786) S. 273 — 376 und
Goethe, Dichtung und Wahrheit (2) 8. Ferner
Raoul-Bochette, Mon. ined. (Paris 1833) 1, 216 ff.
Ed. Jacobi, Hdwb. d. gr. u. röm. Mijth. s. v.
(S. 850f.). Alfred Maury, Du personnage de la
mort et de ses repres. dans Vant. et au mögen
äge, Bev. arch. 4 (1847), 305 — 339. 686 — 701.
737—748. 784—796. 5 (1848), 287—300. Wel-
cl-er, Gr. Götterl 1, 715. 3, 101. 222 f. Heim:
Brunn, Ann. d. Inst. 30 (1858), 370 ff. Mon.
6.21 (= Kl. Sehr. 3, 43—46 Abb. 28 [S. 104]).
Wilh. Furtivängler, IHe Idee dex Todes in d.
Mythen und Kunstdenkmülern d. Gr. (Freib.
1860). Gu><t. Krüger, Charon u. Thanatos (Berl.
1866). Jul. Lessing, De Mortis ap. veteres /igura,
J)iss. Bonn 1866." Carl Bobert, Thanatos, :i9.
Berl.Winckehnnnns-Profßr. 1879; Bild und Lied
{Philol. Unters. Heft 6) S. 104 ff.; Arch. Märchen
10 (Bhilol Unters. Heft 10) S. 160 ff. 170 ff. Brunn,
Troische Miszellen 3. Abt. {Sitz.-Ber. d. philos.-
philol. (Jl. d. Bayer. Akad. d. Wiss. 1880, 167
—201 =- Kl. Sehr. 3, 104—123). P. ,/. Meier,
Ann. d. Inst. 55 (1883), 208—226 tav. d'agg. Q.
0. Adamek, Die Dar st. d. Todes in d. griech.
Kunst u. Ijessings Schrift „Wie die Alten den
Tod gebildet", Progr. Graz 1885. Arthur Sehnei-
der, Der troische Sagenkreis in d. ältesten griech.
Kunst (Lpz. 1886) S. 145 ff. Baumeister, Denkw.
20 d. kl. Altert. (3) 172H — 1730, Abb. 18 10 f. Ersilia
Caetani-Lovatelli, Thanatos {Böm. Essays, Lpz.
1891). Bohdc, Psyche^' 1, 86, 1. 2,249, 1. PreUer-
Bobert, Griech. Myth. 1,350, 1. 842—846. Georg
Iwanoiritseh, Opiniones Homeri et trag. Graec.
de inferis, Diss. Berl 1894, 100 f. A. de Bidder,
De Videe de la mort en Grcce ä Vepoque class.,
Paris 1897. IJ. C. Hesseling, Charos, ein Bei-
trag zur Kenntnis des neugriech. Volksglaubens.
0. Waser, Charon, Archiv für Beligionswiss. 1
30 (1898), 152—182; Charon Charun Charos, Berl.
1898, dazu v. Wilamoicitz, D. Literatur- Ztg. 20
(1899), 14f. und Hermes ß^ tl899), 227—230;
ferner Ders., Einl. zur Übers, von Eurip. Alk.
S. 16 ff. = Griech. Trag. 3 (nr. 9), 78 ff. Wilh.
Klein, Prax. 148 ff. Herrn. Ubell, Vier Kap.
vom Thanatos, Abh, d. arch.-epigr. Sem. Graz
Wien 1903). Gruppe, Griech. Myth. 119,1. 187,
2. 396, 5. 6. 407, 4. 488, 8. 677, 5. 681f. 772,2.
882,3. 983f., 7. 998,5. 1021, 2. 1050, 5. 1068, 1.
40 1070,9.1084, 1. 1240,1. 1382,1. 1597,6. H.Stein-
metz, Windgötter, Arch. Jahrb. 25 (1910), 43—
55. Max. Collignon, Les statues fuueraires dans
Vart grec p. 9ff. 104—100. 329 ff. Gust. Erich
Lung, Memnon {Arch. Stud. z. Aithiopis), Diss.
Bonn 1912, 56 ff. Kurt Heinemann, Thanatos in
Poesie und Kunst der Griechen, Diss. München
1913. Walter Biezler, Weissgrund, aft. Lek. S. 9ff.
Fig. 8. S. 131 f. z. Taf. 74. Emanuel Löwy, Zur
Aithiopis, N. Jahrb. 33 (1914), 81—94 mit Dop-
50 peltafel. — Vgl. o. Bd. 2", Sp. 267 7 ff., 3 ff. s.
Memnon {B. Holland). Bd. 3, Sp. 2087, 1 ff. 8.
2095, 58 ff. 2104,55. 2111, 5ff. 52 ff. 2141 f., 67 ff.
2169, 3 ff. s. Personif. {L. Deubner). Bd. 4, Sp.
409 ff. 411 f., 52 ff. s. Sarpedon {Immisch).
n. Literarisches. Hesych. s. d-dvarog' o
TS d'£og ■accl o Tid6%oiiEv., rsXog 6v tov ßlov. o
XCOQia^bg r^jg pvxV? ^^^ ^oi) öcoaccxog xat 6 öco-
^ccTosidiig ösog. Homer hat den schönen Ge-
danken, daß der Tod des Schlafes Bruder sei
60 {II. 14, 231), und stellt das wundervolle Bild vor
uns hin , wie nach dem Willen des Zeus , der
dem Rate der Hera folgt, auf Gebot des Apol-
lon die Zwillingsbrüder Hypnos und Thanatos
die Leiche des lykischen Helden Sarpedon nach
seiner Heimat tragen, auf daß ihm daselbst
Brüder und Angehörige die letzten Ehren er-
weisen (77. 16, 454f. 671ff. 681 ff.); rasche, be-
schwingte Geleiter, rrourroJ xqccitcvoL heißen sie
483 Thanatos ».bei Homer) Tliiinatos lin d. Aithiojyis) 484
V. 671. 681, dtdviuiovfg 672. 682 {\g\. lo. TzeU. dons die Rede ist 16,482—458. 666—683), für
all. Hom. 11 *i44 6UivyL.oii d&eitpolg, Txvm xal den ausschmückenden Zusatz eines späten»
tm Öavoerw, dazu ebd. v. 259). Das aber sind Dichters erklärt (1841 in den Betrachtungen
die einzigen Stellen, wo Thanatos bei Homer üb. Homers llias^ S. 72f.), ebenso schloß ]\iul
als wirkliche Persönlichkeit vorkommt; halb- Cauer, Grundfragend. Homerkritik* S.Sä'l, daß
wegs personifiziert erscheint er noch, mit der das Grab in Lykien der Anlaß gewesen zu der
Moira gepaart, 11. 16,853 = 24,182 {äXXd toi, späten Erfindung (vgl. dazu auch v. Wilamo-
i]6ri I ayx» TcaQiorrixsr d'ävceros xal fioigcc xga- witz. Die Ilias und Homer S. 136. 140), und
xaiij\ woEu vgl. 11 5, 82 f. = 16, 388 f. = 20, möglicherweise ist dics^ Thanatos-Hypnos-Epi-
iTöf. (toi» 8h xar' Seof \ iXXccßs noQ<pvQSos ^d- lo sode gar nicht die Originalschöpfun«,' des Ilias-
vaxos xal aolga xparati}), ferner Od. 11, 184 ff ; dichters gewesen, sondern von ihm übernom-
doch geht Albert Hartmann {Unters, über die men, ist trotz Wilh. Christ, Zur Chronologie d.
Sagen v. Tod d. Odysseus S. 73) zu weit, wenn altgriech. Epos S. 25 (Sitz.-Ber. d. philos.-philol.
er mit Hinweis auf II. 16,858 = 24, 132 für u. hist. Cl. d. Bayer. Äk. 1884), Mohdc, Psyche^
Od. 11, 134 ff. direkt den „leibhaften Thanatos" 1,86, 1, v. Wilamowitz a. a. O. 141 nicht Vor-
feststellt, der zu Odysseus „kommt*' and ihn bild, sondern Nachahmung der für die Aithio -
„tötet", wie weiter unten V. 173 die todbringende pis (vornehmlich aus den Denkmälern, s.u.)
Artemis i7toi%oiUvri xaxinBtpvfv. In der offen- erschlossenen Parallelepisode , vgl. P. ,/. Meier,
baren nahen Verwandtschaft zwischen Tod und Ann. 1883, 2t 7 ff. Gruppe, Gr. Mytii. 682, 1, wie
Schlaf liegt die Wurzel der schönen poetischen 20 dies neuerdings Löwy, Zur Aitli. a. a. (>. 85 ff.
Vorstellung: Tod und Schlaf sind sich ähnlich 88 gefolgert hat, nachdem auch schon Roltert,
wie Zwillingsbrüder, wie denn auch 11. 11, 241 TJian. S. 5 in dieser Richtung wenigstens An-
der Tod als „eherner Schlaf" bezeichnet wird deutungen gemacht. Aus der an sich zweifellos
(dem xdXxsog vxvog entspricht ^ferreus somnus^ jüngeren Aithiopis (Epic. Gr. frg. ed. Kinkel
Fcro. i4ew. 10, 745f.), wie es umgekehrt vom p. 32 — 36) stammt beispielsweise auch die i/;v;t<*-
Schfaf heißt Od. 18, 79 f., daß dem Odysseus Gtaela II. 22, 209 ff., vgl. Gruppe 681,6. Löioy
auf die Lider sich senkte vi]dviiog vTcvog, vrj- a. a. 0. 90. 92, wie längst Benutzung der Aithio-
yQBTog ijöiGTogy d-avarm 5y;ftffTa ioLxmg, pis in der Odyssee wahrgenommen worden ist,
als ihn die Phaiaken nächtlicher Weile und Löwy S. 88 f. Nicht bloß Robert (a. a. 0.) hat
auf übernatürlich schnelle, geisterhafte Weise 30 die Empfindung, daß sich die Episode in der
heim beförderten nach dem lange entbehrten Aithiopis viel inniger dem Zusammenhang der
Ithaka, die Phaiaken, nach Ti^€/cÄ:ers feinsinniger Erzählung anschmiege als in der Utas {ygl.
Deutung die „Dunkelmänner" (von cpatdg = z.B. auch Schneider, Troischer Sagenkr. S. 147),
„dunkel"), die „Fährmänner des Todes", „die auch Löwy hebt wieder mancherlei Befrem-
ihren Mann in tiefem, dem Tode ganz ähnlichem dendes hervor , das der Iliaspartie anhaftet
Schlafe zur Heimat bringen" {Rhein. Mus. 1, (S. 85. 88). Im Rahmen der Aithiopis ergeben
1832, 219 ff. 231. 235 = Kl. Sehr. 2,1 ff. 11. 15. Tod und Schlaf eine durchsichtige Symbolik:
Preller-Robert, Gr. Myth.l, 626S. Rohde,Psyche^ da, wo der Tote zu neuem Leben erstehen wird,
1,83 f. Waser, Charon S. 7. Gruppe, Gr. Myth. ist dem Todesgott besonders passend der Schlaf-
398f.), wie Od. 18, 201 ff, Penelope, von sanf- 40 gott gesellt (vgl. auch Löiry S. 88). Der An-
tem Schlummer erquickt, alsbald auch den nähme aber, die schon begegnet bei Sam. Birch,
Wunsch ausspricht nach gleich sanftem Tod, Archaeologia 29 (1842), 139 ff', z. Taf. 16, femer
den ihr die heilige Artemis bescheren möge bei Cecil Smith, Catal. of vases in the Brit. Mus.
zur Erlösung (derselbe Wunsch an Artemis Od. 3, 405. Fairbanks, Ath. Lek. (1917) 258, neuer-
20, 61 ff.) und wie dies durchaus nur im Ein- dings verfochten ward von Steinmetz, Arch.
klang steht mit homerischer „Psychologie", Jahrb. 1910, 45 ff., es seien die beiden geüügel-
der zufolge die Seele, als des sichtbaren leben- ten Daimonen, die beiden Träger des Memnon
digen Menschen Doppelgänger, bei Schlaf und (wie sie auf Kunstdenkmälern zu schauen sind,
Tod gleicherweise den Körper verläßt, nur mit s. u.), als Windgötter zu verstehen, als Boreas
dem Unterschied, daß sie im einen Fall wieder- 50 und Zephyros, auf Grund von Quintus v. Smyrna
kehrt in den Körper, im andern dagegen, wenn Posthorn. 2, 550 ff. („wo übrigens nicht von zwei
der Mensch gestorben ist, den Körper endgültig oder einigen, sondern von Tcdvttg aqrai die
verläßt und eingeht zum Hades, vgl. Röhde, Rede ist" Löwy S. 82,3), dieser Annahme ist
Psyche^ 1,5 ff. Waser Art. Psyche 0. Bd. 3, Sp. zumal entgegenzuhalten, daß der ganze Schluß
8202 f., 10 ff. Als recht schemenhafte Person- der Memnonepisode bei Quint. Sm. gründlich
lichkeit gibt sich dieser homerische Thanatos, verschieden ist von dem, was durch Proklos
als die eigentliche, bedeutendere Todesgottheit für die Aithiopis bezeugt ist; vgl. auch Gruppe
erscheint (neben fioiga, alaa, atr}, neben Arte- 682, 1 und gegen Steinmetz Lung, Memnon 62 ff.
mis, s. 0., und Apollon) die Kt^p, das Todes- Heinemann, Than. 81 ff. Löwy 82 f. Eos hebt
Verhängnis, das schon vorhomerische Seelen- 60 den bluttriefenden Leichnam ihres Sohnes vom
gespenst, ursprünglich wohl die Seele eines Ab- Schlachtfeld , vgl. die Schale des Duris im
geschiedenen, die kommt, um die eines andern Louvre (z. B. nach Pottier, Douris fig. 8 bei
zu holen, s, Crusius Art. Keres Bd. 2, Sp. 1136 ff. Löwy Abb. 2); gebadet und gesalbt aber tra-
G. Fimler, Homer* 1, 275 f. 297. 300. Waser gen ihn die beiden Flügelgestalten Thanatos
a. a. 0. 3233, 13 ff. und Arch. f. Religionswiss. und Hypnos hin weg zur dauernden Wohnstätte ;
16(1913), 377 f. Heinemann, Than.2^f. Bereits Iris ist herbeigeeilt, die Gewährung des Zeus
Karl Lachmann hat die beiden Abschnitte, in kundzutun, von der andern Seite gibt Eos die
denen von der Entführung der Leiche Sarpe- Mutter den Trägern Weisung, vgl. die Schale
I
485 Thanatos (l)ei Hesiod) Thanatos (b. d. Tratrikeni) 48(>
des FsLmiih&ios im lirit. Museum (Löwy Ahh. l); Homers, das sich vom Volksglauben bewußt
so stellen diese beiden Schalen die zweifache abwandte" (S. 24), noch keine Aufnalime «j^e-
Weorschatt'un^ des Leichnams dar, schildern lunden, der hier bei Hesiod th. 7«J4— TO») und
aber nicht sich ausschlii^ßende Parallelversio- wieder IC and T. 104 f. /um ersten Mal lite-
nen, sondern verschiedene Szenen desselben rarisch uns entj^egentritt. Wie von Thanatos
Mythos, derselben Erzählung, eben dor Aithio- v. 764 f. heißt es auch von Hades, er sei vri-
pis; für diese Doppelung d(?r Momente und ^6^^; -tjtoQ tjav^ th. 456. Allein, auch wenn
ihre Begründung vgl. Löiry 86 ff. — Homers bei Hesiod Thanatos beinah in die Funktion
mehr zart-poetische Vorstellung von Tod und eines ,, Hades der Oberwelt" rückt [Heinemnnn
Schlaf als Zwilliugsbrüdern (die auch Paris. loS. 29;. neben und verglichen mit Hade.^, d»'m
3, 18, 1 zitiert), die schwerlich einen Anhalt eigentlichen Herrn der Unterwelt, und neben
hatte im Glauben {v. Wilamotritz meint frei- den Gestalten des Hermes Psychopompos und
lieh, daß wir dies nicht bestimmen können, des Charon behi^dt Thanatos doch auch in
Ilias u. Homer S. 141), gewinnt feste Gestalt der Folge, wohl „wegen der Durchsichtig-
im theogonischen System Hesiods, der über- keit seines Namens'", stets „etwas von einer
dies, vielleicht in Erinnerung an IL 14,259, blassen Abstraktion, etwas Schwankendes und
passend den beiden die Nyx zur Mutter sowie gleichsam Blutleeres" (Heinemtmn); „es ist, als
auch festen Aufenthaltsort gibt. Theog. 211 ff. müsse der Prozeß der Personifikation liei Tha-
gebiert die Nacht aus sich selbst das ver- natos vom Dichter in jedem einzelnen Falle
haßte Geschick {GvvysQo^^ Mogog), die schwarze 20 von neuem vollzogen werden, und er wird nie
Ker und Tod und Schlaf und das Volk der in solchem Grad eine wirklich ausgebildete
Träume {Gruppe 1068,1. 1070,9), wozu vgl. Gestalt wie selbst Nike und Eros" [liobert,
Hyg. fab. praef. p. ^.oi.Sch., wo ebenfalls als 7'/?«^^. S. 82. Heinemann, Thaii.S.29). Vielfach
Ausgeburten der Nox und des Erebus aufge- ergeht })ei den Tragikern Gebet und An-
führt werden "Fatum Mors Letum Conscientia rufung an den Thanatos. natürlich nicht, er
Somnns Somnia\ ferner Cic. de nat. deor. 3, möge verzichten aufsein Opfer (denn in die.>:er
17, wo als hervorgegangen aus Erebus und Hinsicht gilt er gleich dem ^i<)r]s a^f/ili;j;o(; /;<J'
Nox ^Fatum Mors Somnia^ und vieles andere äÖduaotog, IL 9,158, für unerbittlich, Aisdi.
derart, vgl. auch Orph. h. 85,8, wo Hypnos be- frg. 161 i\\- = Aristoph. Frö. 1392. Gruppe
zeichnet wird als leiblicher Bruder von Lethe 30 983 f., 7. Heinemann S. 31, 2. 34, aannGtog -accI
und Thanatos {avroxcc6iyvr]Tog yccg ^q)vg ylTjO-rj? 6cn(xgairrjrog Füll, bei Stoh. ed. 3, 6, 63, 8. u.),
Oavdtov te), wozu Art. Lethe o. Bd. 2, Sp. 1957, vielmehr wird er angerufen als Uaiäv. Leiden-
22 ff., ferner des sterbenden Gorgias Ausspruch: stiller, Erlöser der Menschen aus allem Leid,
i'jSri fX6 o vTtvog äg^^tai n a g cc'natatlQ's 6 d'at oa Oävccre Ilcaäv., Aisdi. frg. 2öö N.'^, ähnlich
rd^sXcpm., Ailian, v. h. 2, 35. Diels, Vorsokr.^ v-ai ^oi Odvcctog Uaidv tA-S-ot, Furip. HippoL
(2) 548, ferner Verg. Aen. 6,278 C^consanguineus 1373, wozu vgl. Aisdi. frg. 353 {dtg ov öiTcaicog
Leti sopor''). VaL Flacc. Arg. 8, 74 (wo Somnus Qdvaxov }cx%'ov6iv ßgoroi, iiansg ^syiOTOv gvucc
'^fratri simülime Leto^ angeredet wird). Sen. rüv nollibv ■nayimv). Soph. ^il. iv Tg. frg.
.flerc. /". 1069 (wo die Anrede für (Sownws lautet: 636 iV.^ (all' hd-' ö d-ccvarog Xmarog iargog
^frater durae languide Mortis^) — wie auch 40 vogcov). JDiphilos frg. 88 ed. Kock 2, 570 i ovx
im deutschen Volksmärchen der Tod den Schlaf hri ßlog. og ov%\ xg'xTTjra/ -/.axa, | Xvnd^., as-
seinen „leiblichen Bruder" nennt, vgl. dei Brü- gl^vccgy dg-jtccydg., 6tgißXocg, vooovg- \ rovtcov
der Grimm Kinder- und Hausmärdien nr. 177 b-dvato^ ■/.ccd'dTisg latgog cpccvsig j ditilvas
„Hie Boten des Todes'' — wogegen Sophokles tovg ^xovtag avccTtavaccg vtcvoj); so wünscht
eine neue Genealogie zu schaffen scheint, wenn Philoktet auch den Hypnos herbei als JTatTjwv
er Oid.Kol.1614: den Todesgott, den „Immer- (JlatoW), Sojjh. Phil. 832, und in diesem Sinn
schlaf" iccUvvitvog), den Gott des ewigen Schla- beauftragt Sokrates vor seinem Tod den Kri-
fes, anrufen läßt w Fag nal xccl Tagxdgov, ton, dem Asklepios einen Hahn zu opfern (das
wozu Gruppe 407, 4. Waser o. Bd. 5, Sp. 125 f., Leben ist Krankheit, der Tod Genesung), Plat.
56 ff. s. Tartaros. An IL 14,231 klingt an der 50 Phaid. 66 p. 118 A; vgl. noch Soph. frg. 865
einer Interpolation angehörige v. 756 der he- (und dazu das Fpigr. des Agathias Anth. Pal.
siodischen r/?eo5fome, wo Hypnos, den die Nacht 10, 69), ferner /"rgf. «des;;. 370f. .ZV^.-, für diesen
in den Händen trägt, wieder im Versausgang Thanatos Ilccidv Brudimann , Epith. deor. 157.
als -KccGiyvritog ©avdroio bezeichnet wird. Im o. Bd. 3, Sp. 1250, 58 ff. Gruppe 1240,1. Heine-
Tartaros haben der finstern Nacht Kinder Schlaf mann 35 f. ; mit nachdrücklicher Wiederholung
und Tod ihre Stätte (vgl. auch Verg. Aen. 6, 278 wird der Erlöser Tod angerufen von Aias und
390), dsLvol d'soi, die niemals der strahlende von Philoktet: m ©dvats , Gdvars^ Soph. Aias
Helios anblickt; während aber der eine ruhig 854. Phil. 797. Direkt an des Hades Stelle steht
und den Menschen freundlich gesinnt hinwan- Thanatos z. B. Soph. Oid. tyr. 942 {iitsl viv
delt über die Erde und den weiten Rücken 60 Odvatog iv tdtpoig ^%bl), vgl. auch Eurip. Med.
des Meeres, ist von Eisen des andern Sinn, 1109 ff. usf. Anderseits wieder gilt u. a. auch,
ehern ist ihm das Herz und mitleidlos in der Thanatos als Erzeuger jeglichen Giftes und
Brust, festhält er, wen er einmal erhascht von verwünschter Kreatur, vgl. Soph. Trach. 833 f.
den Menschen, und verhaßt ist er selbst den (loi), ov ts-nsto Gdvarog, hgsq^s S' cciolog ägd-
unsterblichen Göttern, v. 758—766 (vgl. z. v. 766 xcor, wozu Heinemann S. 35, 2). Eur. Troad.
Eur. Alk. 62). Das, meint Heinemann, Than. 766 ff., wo Andromache die Helena Tochter
27 ff., ist nun der populäre griechische Tha- nicht des Zeus, sondern vieler Väter schilt,
natos, der im ,, aristokratisch höfischen Epos des Alastor, Phthonos, Phonos, Thanatos und
487 Thanatos (b. d. Tragikern) Thanatos (b. d. Tragikern; 488
alles dessen, was die Erde an Übeln hervor- banks, Ath. Lek. [1914] p. 244, pl. .]-2, 1 |(l. 3,
bringt, ön*pp« 1068, 1. — Als handelnde Per- 48 A.]) — wie solche Haarweihe Obliegen-
ßon hat bereite Phrynichos in seiner „Alkestis" heit der Persephone ist nach Verg. Aen. 4, 698 f.
den Thanatos auf die Bühne gebracht, Phi-yn {*nondum Uli flamm Proscrpina vertice ot-
frg. 2 f. TGF ed. Xauck* S. 720. Daß Phryni- nem \ ahstulerat Slygioque capiit damnaverat
cÄo« eine 2tlxrjaTiff gedichtet, erfahren wir einzig Orco*) und v. 704 in der luno Auftrag durch
aus Hesychios s. Scd-a^ßi?' 'pQvvirog'AXxi'jöTiöf Iris nachträglich erfüllt wird, wozu vgl. Ma-
cdiiia i' Sc^außhg yvio86vr}rov \ rct^ci, was schon crob. Sat. 6, 19, der, des Cornutiis Meinung, es
Gottfr. Hermann und Wekker auf den Ring- liege bei Vergil bloß dichterische Erfindung
kämpf zwischen Herakles und Thanatos be- lo vor, bekämpfend, mit Recht tlie Vergilstelle
zogen haben, „mit demjenigen Grade von mit Eur. Alk. 73 ff. in Parallele setzt; wozu
Wahrscheinlichkeit, der bei Verwertung von ferner vgl. Stat. silv. 2,1,147, sowie (nur all-
solch kurzen Fragmenten überhaupt erreichbar gemeineren Ausdrucks) Bor. carm. 1, 28, 19 f.
ist** {Robert, Than. 80). Das Vorkommen des {'nuUum \ saeva caput Proserpina fugit') — so,
mit dem Schwert ausgerüsteten Thanatos bei wie auch die „Braut von Korinth" in Goethes
Phrynichos findet man bestätigt durch Serv. Ballade von 1797, „aus dem Grabe ausgetrie-
Aen. 4, 694: 'aJit dicuut Euripidem Orcum ben, | noch zu suchen das vermißte Gut, | noch
«)i sctmam indticere gladium ferentem qtio cri- den schon verlornen Mann zu lieben | und zu
tietw Alcesti dbscidat (vgl. Macrob. Sat 6,19,4, saugen seines Herzens Blut" (Str. 20), also mit
wo die weitgehende Übereinstimmung im Wort- 20 Vampyr-Eigenschaften wiederkehrend, an an-
laut dieselbe Quelle vermuten läßt) <ct> Euri- derer Gabe Statt Str. 13 bittet: „Eine Locke
jmicm hoc a Poenia antiqtio tragico mutuatum\ gib von deinem Haar!" und beim Abschied
sobald man gutheißt die Verbesserung von von dem todgeweihten Jüngling wiederholt
O. Jahn {Wiein. Mus. n. F. 0, 1864, (126) 'a (Str. 27): „Deine Locke nehm' ich mit mir fort"
Phrynicfw* statt ^a Poenia^ {Voss dachte an — wie man eben auch den Opfertieren erst
P€mya$(s)is, Bentley an Pratinas), die auch zwischen den Hörnern einen Haarbüschel her-
von Nauck u. a. übernommen worden ist, so- ausschnitt, Verg. Aen. 6, 245, wozu Bekker,
zusagen allgemeinen Beifall gefunden hat, Ko- Anecd. Gr.{l) p. 62, 10 f. \iBxca7ctdia, ^git.- rj t&v
herty Than. 32. Preller- Robert 1, 843, 2. Alfr. ^vo^iivcov Ugsiiov, i]v ngb xov d-vsad^ai &7tov.si-
ScJtime, rb. d. Alk. d. Eurip., Kaisergeburts- 30 qovtes stg rb nvQ iiißdXXovaiv — wie auch der
tagsrede, Kiel 1896, S. 10 f. 20. Heineinann Sieger Besitz ergreift vom Besiegten, indem er
8. 43, 4 (21, 2) usf. Offenbar also schon bei ihn am Haarschopf packt (vgl. z. B. Ludwig
Phrynidws schnitt Thanatos der sterbenden Sommer, Das Haar in Relig. u. Abergl. der
Alkestis mit dem Schwert eine Haarlocke ab Griechen, Biss. Münster i. W. 1912, S. 58 ff.),
zur Todesweihe, wie Thanatos bei Euripides und der Wilde durch das Skalpieren sich der
als „Opferpriester der Toten" {Isqsvs d-avövtcov Seele seines Feindes bemächtigt (dazu z. B.
Alk. 26) seinem Opfer mit dem Schwert eine Gruppe 882, 3. Waser, Arch. f. Riv. 16, 1913,
Locke vom Haupt schneidet und es so den 381,2) — wie wiederum auch der neugriechi-
ünterirdischen weiht, Alk. 74ff. (dazu v. 1145 f.). sehe Todesgott Charos die Sterbenden bei den
Hesycft.8. xardg^ctßd'ai xov isQsiov' tibv xqi- 40 Haaren packt, vgl. Bernh. Schmidt, Das Volks-
%äv ScnocTrdaaL — wie auch die der Opferung leben d. Neugriechen u. d. hellen. Altert. 1, 230 f.;
der Iphigeneia vorausgehende Haarweihe als Griech. Märchen, Sagen u. Volksl. S. 163, nr, 20,
Vorwurf verschiedener Kunstdarstellungen er- 18 f. (dazu Herrn. Lübke, Neugr. Volks- und
scheint, zumal des pompeianischen Wandbildes Liebeslieder S. 258 „Charos und die Helden^').
bei Heibig, Wandgem. nr. 1306. W. Vorlegebl. S. 177, nr. 38,12. A. Thumb, Hdb. d. neugr.'
Ser. 5 T. 8,2, wo ein Bärtiger, von Robert, Volksspr.^ S. 204 f., nr. 9, 19 (= Lübke S. 258f.
Arch. Märchen 175f. (vgl. auch Paul Schredel- „Charos und der HiH"), ferner Lübke S. 261 f.
seker, De super st. Gra^cor. quae ad crines per- „Bruderliebe") M&t Waser, Arch. f. Ric. 1,11 6 t:,
tinent, Diss. Heidelb. 1913, S. 32,2) beim Feh- Charon S. 101 ff. Bohde, Psyche^ 2, 249, 1.
len der Flügel wohl mit Unrecht als Thanatos 50 Gruppe 187,2. 882,3. Sommer a. a. 0. 53 ff. 58 ff.
in der Alkestissage angesprochen, nach der 61 ff. Schredelseker a. a. 0. 32 ff. Heinemann
gewöhnlichen Deutung Kalchas, einer vor ihm S, 46, 3, weiteres Waser, Volksk. u. Altert. 24 f.
stehenden Frauengestalt, offenbar Iphigeneia, (= Schweiz. Arch. f. Volksk. 20, 1916, 472 f.);
mit dem Opfermesser eine lang ausgezogene als weitverbreitet eben erweist sich die Vor-
Haarsträhne abtrennt, wozu auch vgl. die ge- Stellung, daß in den Haaren, auch in einzelnen
schnittenen Steine zu Berlin nr. 788 — 790 besonders gekennzeichneten Locken der Sitz
(Furticängler, Beschr. d. geschn. Steine im Ant der Stärke und des Lebens sei, daß mit deren
S. 56 Taf. 10), sowie die Mittelgruppe des (neu- Verlust der Betreffende dem Tode verfallen,
attischen) Reliefs, das die sog. Ära des Kleo- darüber z. B. o. Bd. 3, Sp. 3209, 52 ff. 3264, 20 ff.
menes schmückt, in den üffizien zu Florenz, eo Bd. 4, Sp. 1069f., 62ft'. Auch der burleske Sa-
W. Vorl. Ser. 5 T. 9,1. Baumeister (1) S. 754f. genzug, den Aisch. Eum. 723 f. 727 f. (dazu
Abb. 806. Amelung, Führer d. d. Ant. in Flo- v. 173) bezeugt, daß Apollon im Haus des
renz S. 55 f., 79. Klein, Gr. Kunst 2, 238 f. Pheres die Moiren durch Wein betrunken ge-
Reinach, Rep. de rel. 3, 31, 2, vgl. Kjellberg macht zugunsten des Admetos (wofür es bei
Art. Iphig. bei Pauly-Wissoica- Kroll, R.-E. 9, Euripides bloß heißt, er habe die Schicksals-
2618 f. :^2ff. (ein Unikum ist die Darstellung frauen überlistet, Alk. 12. 33 f., vgl. aber auch
der Haarweihe eines Epheben auf einer Grab- Schol. zu v. 12 u. 34. Gruppe 910,4. 1069,1),
lekythos im Metrop. Mus. zu Neu- York, Fair- auch dieser Zug dürfte schon dem Stück des
4S!) Thanatos (b. d. Tragikeru' Thauatos (b. d. Tragikern) 490
JVirynicIios geeignet haben, vgl. Wilainoirit:, \)Vivk\ der Todesgott {vn öcpQvai xvavuvytai
hifllos V. Epid. S. ür.ir. u. EinL z. Alk.-Vbers. [VkIumv TtrtQoizog 'Atdccg v. 261, "lUdav lindert
8.16, dagegen 6^c/<ö/<c a.a.O. 20, der hinweist Wiltonowitz , Herrn. 34,229 und AUc.-f'bers.
auf eine gewisse Analogie zwinchen dem Dia- S. 93, dazu Ifcinemann S. 46,1), und v. 43'.>
log von Apollon und dem Chor der Eumeniden hat der wirkliclie ^-ü'da? den Zusatz n ntXayxcci-
(Äisch. Ivum. 711 — 73.')) und der Unterredung tag 9-i-6g. So pflegt auch der Neugrieche zu
des Apollon mit Thanatos {Enr. Alk-. 38—76), sagen: „Schwarz wie Charos''; auch Charos ist
besonders zwischen Eum.l2l[. und Alk. 62, in schwarzes Gewand gehüllt, sitzt auf scliwar-
mit der \'crmutung, Euripides habe das Motiv zem lloß, wird begleitet von schwarzen Hun-
von den betrogenen Moiren lediglich aus Aischy- lo den, schwarz ist das Feld, über das er hinweg-
lof< geschöpft; wieder an l^iirynichos denkt reitet, \g\. Scfunidt , Volksl. d. Js'eugr. l^^lhi.,
Leo Bloch, Alk.-Stud. 34 {Ilbergs N. Jahrb. 7, weiteres Waser, Charon S. 98 f. Das Schwert
1901, 114). Kaum mit Recht hält Schöne a. a. ist des Thanatos Waffe, Alk. v. 76 (wie die des
O.lOt i\'\G cnnpideisclie Alkestis iiXv einQVtkVO- Charos, Schmidt S. 226. Ders., Gr. Märchen
■die des Stückes des Fhrynichos, eher wird man S. 158 ff., nr. 18, 7 f. = Thumb a. a. 0. 203 f.,
]Vilamoicitz zustimmen, der schon des Phry- nr. 8, 7 f. Wastr S. 99), Blut seine Labung, an
nichos Alkestü ein burleskes Drama genannt die Gräber kommt er, das Blut der dort ge-
Jiat, Isyllos S. 66 {Einl. z. Alk. S. 15 f.), und schlachteten üpfertiere zu schlürfen, v. 845.
A. Dieterich, der gleichfalls, im Gegensatz zu 8ö0f., wie sonst der Tod selbst, vgl. Rohde,
Schöne, bereits darin „ein sehr burleskes Satyr- 20 Psyche- 1, 243, 2 z. 2, 249, 1. Er ist ItQbvg ^cc-
spiel" sah, PwZeme/?« S. 69, 1 u. Art. i'yitnjp. bei vovxoiv, v. 25, scheint einem Höhern unter-
Pauly- Wissoiva 6, 1254, 52 tf., vgl. auch Christ- stellt, v. 49 (dazu „Mein ewig Amt ist Würgen
Sthmid, ör. -L«V. 1*^, 282, 11. 355, 4. „Man kann und Entratten'' Adolf Frey, Totentanz S. 8 =
sich denken, wäe das Publikum gejubelt hat, Gedichte^ S. 109) und ist doch selbst uva'S, vi-
wenn Herakles "^den schamlosen Leib mürbe xpwr, v. 843, Sai^övoiv ö -noiQavog v. 1140. Er
machte, dessen Glieder er nur so herumwir- berührt sich mit dem Hermes rpvxoTto^Ttög
belte', wie es in dem einzigen Verse heißt, der v. 25 f. 47. 259. 870 f. An letztzitierter Stelle
aus einer Schilderung des Kampfes erhalten ist in den Worten 'Älöt) Odvccto? TtccQtdcoxsv
ist" {Wilamoicitz , Einl. z. Alk. 21), und „die {sc.yilxriGtLv) auch deutlich unterschieden zwi-
trunkenen Moiren haben jedenfalls ein sehr 30 sehen Thanatos und Hades, desgleichen in des
heiteres Bild abgegeben'' (1^/oc/i a. a. 0.). Neben Herakles Ausspruch 850 ff.: So Thanatos sich
■des Phry nichos Drama gilt als Vorlage des nicht einfinde ngog aliLarr^Qov 7Cb7.avov, begebe
Euripides ein Hesiodos zugeschriebenes (jedicht er sich „in Hades' und der Kora düstres Schat-
(vgl. dazu Wilamoicitz, Isyllos S. 57 ff. 70if. mit tenreich''. Im großen und ganzen aber gehen
^,inem Versuch der Nacherzählung, den Wila- die beiden Gestalten ineinander über, ähnlich
woicitz wiederholt hat in der „Einl. z. Alk.- wie Thanatos und Charon sich vermischen im
übers.*' S. 9fF., vgl. auch S. 23, s. Hesiod. frg. „Nationalepos der Byzantiner'' von Basilios
122 ff. 126 f. Rzach), wo indes (soviel gibt auch Digenis Akritos, vgl. Hesseling , Charos 23 ff.
Bloch, zu a. a. 0.) die Freigabe der Alkestis Waser, Charon 92. Heinemann 45,4; auch in
•durch Mitleid und Gnade der Persephone mo- 40 einer „Achillei's", deren zwei Fassungen wahr-
tiviert war (vgl. zu Apollod. 1, 106 W. ccvti]v scheinlich beide dem 14. Jh. entstammen, heißt
nTccUv ccv^Tcs^ip&v T] KoQTi Plut. symp. 7 p. 179 C es vom Todesgott bald Thanatos, bald Charon^
und Komm, von Arnold Hug^ S. 41. Wilamo- Hesseling 25 f. Waser 92,3. Und bezeichnend
iritz, Isyllos 72,49) ohne Hereinziehung des ist, daß in einer jungen iwripicZes-Handschrift
Herakles, der in des Phrynichos und des Enri- mit Alkestis {Cod. Palat. 287) wie im Personen-
pides Stücken eine so entscheidende Rolle spielt. Verzeichnis, so auch vor den dem Thanatos in
Des Euripides Thanatos ist der „schwarze den Mund gelegten Versen (28 ff.) Xdgcov an
Fürst der Schatten"; v. 843 f. sagt Herakles: Stelle von Odvaros gesetzt ist: der Abschrei-
■sXd-ojv &' ava-KXoc tov [Lsl(x.\L7csnlov ve- ber hat sich eben dem zu seiner Zeit herr-
•/.Q(hv I Odvatov cpvXu^co; dies bieten die 50 sehenden Volksglauben angeschlossen, der in
Handschriften, iisXdLLntsQov aber vermutete der Funktion des Thanatos bloß noch den
Musgrave aus Schol. \. 843: sldcoloTtoLSitcic /xs- Charon kannte, Waser, Arch. f. Ew. 1, 173 f.
Icävag nriQvyag ^XCüv b ©ävccxog., Ng\. ■ntSQcoros und Charon S. 89 f. Wilamoicitz, Alk.-Einl.
(Äidccg) V. 261, ferner Kaibel, Epigr. Gr. 89,4 S. 18,1 (80,1); ebenso begegnet Charon statt
(Äidrig <(o)>t axoriccg ccuq)Eßalev nrigv/ocg). Hör. Thanatos in Melanchthons lateinischer Über-
sah. 2, 1, 58 {'Mors atris circumvolat alis''). Setzung der euripideischen Alkestis (z. B. Basi-
Gratti cyneg. 1, 348 {^nigris orbein circumsonat ' leae 1558 p. 310), nach Schone a. a. 0. 27. Zwi-
alis sc. örctis''). Schwarz heißt der Tod auch sehen zwei Charungestalten sehen w^ir Admetos
Hom. Od. 12, 92 und in einem Grabepigramm und Alkestis voneinander Abschied nehmen
von Amorgos, Bull, de corr. hell. 15 (1891), 604 60 auf dem rf. Krater aus Vulci zu Paris im Cab.
nr. 44, 15 {tgidytavtcc 'de fiiv Xvyidßccvtccg dvcc- des Med., s. u. Sp. 521. — Da aber der euri-
'JiXriGavtu I <^öy6yaa6v Moigccäiv eIXs fieXag d'd- pideische Tliauatos so ziemlich wesensgleich
vccvog, vgl. noQcpvQsog d'dvarog Hom. 11. 5,83 ist mit Hades selbst, ist, wo weiterhin dessen
= 16,334 = 20,477), wie häufig die Nacht gedacht wird, daß Herakles dem Tod die Al-
(DichieiateWenloei Bruchmann, Epith.deor.lS3), kestis abgerungen, stets von Hades, nicht von
•die gleichfalls Eur. Ion 1150 erscheint als Thanatos die Rede, ist genannt 'HQccTcXfjg aa-
:lisXd^Tts7iXog Nv^, Aristoph. Av. 695 als Nv^ tj xE6diiEvog'''Aidij, Apollod. 1, 106 TU. {Zenob. 1,
tj^hXavoTiTSQog. Unter dunkelglänzenden Brauen 18 = Paroemioqr. Gr. 1, 6, 13). Schol. Aristoph.
.Koscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V 17
491 Thanatos (b. d. Tragikern) Thanatos (b. a. KomikerjO 492
Wesp. 1289, vgl. auch Schol. u. Tzetz. z. Lyk. Sinne etwa von Shakespeares „Kaufmann von
5ü {tbv ^HgccxUa) tov TtäXai ;|r»pcD«auei/oy tbv Venedig'', wo auch das Tragische mehr als
Ziidriv mg %al X>fiTjQog (//. ft, 896ff., vgl. Pind. geatreift wird, für unser Empfinden recht eigent-
01. y, 33. Gruppe 47ö, 6, s. u.); u. weiter heißt lieh überwiegt. Schon G. E. Lessing hat die
es bei Tsetzes: i^sld'ovtog roi) ZiiSov titpaad'cei Vermutung ausgesprochen, „daß die 'Alcestis'
^'öitbp iKgärriöev {BC.'HffaxXfjg) avvbv a<poÖQü}^y des Euripxdes nicht ein Trauerspiel, sondern
aiiQig civ xr^v yvvaixa (scIiiTiricxiv) ccniöanBv^ ein satyrisches Drama sei'' (nach einer An-
woru i?o6cr<, TÄan. 33,2. Eher auch dem ^it^Tjs merkung iJscÄen&wr^s zu Lessings „Collecta-
iils dem BdvttTog entspricht der Orcus bei neen", Hempelsche Ausg. 1kl. 19,484, 1, vgl.
Serv. Aen. 4, 694. Macroh. Sat. 5, 19, 4, ganz lo WilamoiüitZf Einl. z. Alk. S. 22, 2), für uns aber
abgesehen davon, daß sich Mors und Letum steht es ja urkundlich fest, daß dies „Lust-
zufolge ihres andern grammatischen Geschlech- spiel" 438 von Euripides, dem kühnen Neuerer,
tes weniger als Ersatz empfahlen. Daß aber an 4. Stelle geboten ward, also an eines Satyr-
Goethe in seiner Farce „Götter, Helden und Spieles Statt. Herakles war von je eine durch
Wieland" (1774) an die Stelle des Thanatos und durch volkstümliche Figur mit derb- possen-
die „Königin der Toten", die „Todesgöttin" haftem Einschlag, eine Lieblingsgestalt des
treten läßt (während doch Wieland in seiner Volkswitzes und so auch des Satyrspiels, sein
teilweise wohl durch Calsabigis Libretto zu Auftreten allein schon mochte ausreichen, das
Glucks Oper bestimmten „Alceste** diese vom Stück zum „Satyrdrama" zu stempeln, vgl.
Thanatos durch Herkules erkämpft sein läßt), so A. Dieterich, Pulcinella 64 tf. 68 tf. Wascr,
das hat seinen Grund darin, daß Goethes Vor- VoJksk. u. Altert. 53 f. {Schtveiz. Arch.f. Volksk.
läge, sei dies nun die französische Übersetzung 20, 1916, 501 f.), über den 'HQccxXfig dBinvmv,
des Pater Brumoy gewesen oder eher die la- Mricpayog im besondern als einer der belieb-
teinische des Aemilius Portus, 7a Mort\ bzw. testen Figuren wie schon bei Epicharm, so auch
^ Mors^ und ^mortuoi'um reginn^ an die Hand in der altattischen Komödie vgl. ^^^<o ii/oes.sner,
gab, vgl. ScAon« a. a.O. 26 f. Wilamowitz, Einl. D. Myth. in d. dor. u. altatt. Komödie, Diss.
z. Ajk. S. 16f., 2. Heinemann S. 47, 2. Kein itV^an^rtn 1907, S. 47. 89 f. Vielleicht auch stellt
Zweifel, dem euripideischen Thanatos (wie wohl das euripideische Stück einen Versuch dar, das
schon demjenigen des Phrynichos) eignen volks- Satyrspiel zu ersetzen durch ein „Märchenspiel"
tümliche Züge in großer Zahl, in ihm spiegelt 30 (Bohde, Psyche^ 2, 249), eine Märchenkomödie;
sich vornehmlich d i e Auffassung des Todes, denn die Opferung der Frau für den Mann und
die in den breiten Schichten des Volkes lebte, der Kampf mit dem persönlich gedachten Tod,
verschieden von derjenigen, die sich festsetzte das sind Märchenmotive, die, einschließlich
bei den Gebildeten, den Dichtern und Denkern der Weigerung der Eltern, für den ^ohn zu
der Griechen: bei diesen lebenvemeinender sterben, z. B. wiederkehren im armenischen
Pessimismus, der Tod die Erlösung, bei der Märchen von Kaguan Aslan, nur daß an Stelle
Menge lebensfrohe Weltbejahung, naive Da- des Thanatos der Erzengel Gabriel tritt, vgl.
seinsfreude und Diesseitsstim mung als Ausfluß Bugrat Chalatianz , Armen. Htiligenlegenden,
des naiven Empfindens und Sinnenlebens des Ztschr. d. Ver. f. Volksk. 19 (1909), 368 f. Christ-
Volkes überhaupt, im besondern der Kinder 4o äcä??«'^/ 1®, 355 f. Waser a. a. 0. 42 f. (490 f.).
des heitern Südens, somit im Volksglauben der Dabei ist denkbar, ja geradezu wahrscheinlich
Tod eine grause, düstere Gestalt und verhaßt, die Einwirkung der siziliscbenMär chenkomö -
der Feind auch, den man zu überlisten, dem die, die um diese Zeit sich geltend machte auf
man ein Schnippchen zu schlagen sucht, vgl. der komischen Bühne Attikas {Christ - Schmid
Waser, Arch. f. Rw. 1,166. 17*2 f.; Charon S. 53 f. a. a. 0. 356), zumal Suidas s. ^oQ^og von diesm
86. /f«nemann S. 8. 17. 23, übrigens auch schon Phormis, dem Syrakusaner und Zeitgenossen
Herder a. a. 0. („Zerstr. Blätter*' 2) 307 If., wei- Epicharms, auch "Aö^iritog nennt als Titel einer
teres aber über diesen volkstümlichen Thana- seiner mythologischen Travestien, vgl. Com.
tos, zumal auch das Motiv des Ringens mit Gr. frg. ed. Kachel 1, 148, ferner Heinemann
dem Todesgott s.u. Abschn. III. Naive Lebens- 50 S. 44, der gleichfalls bei Epicharmos und *S'o-
lust, Furcht vor dem Tod als dem ßotqvxccxov pliron und in den Kreisen der dorischen Ko-
xa-Kov {Aristoph. Frö. 1394) und Hangen am mödie mit ihren ganz auf den Volkston abge-
Leben, das in dieser Auffassung tatsächlich stimmten Lustspieleu und mythologischen Tra-
„der Güter höchstes", diese Gesinnung steht vestien dieWurzeln derartig humoristischer Aus-
überhaupt herrschend im Mittelpunkt der AI- gestaltung der Unterwelt und ihrer Schrecken
kestissage, bestimmt in der Hauptsache den annimmt, und nach Euripides hat tatsächlich
Charakter auch des euripideischen Stückes, da« auch die attische Komödie des Stoflfes sich be-
mit seinen den Gestalten des Thanatos und mächtigt, zwar nicht ein Aristophanes: dem
zumal des Herakles anhaftenden possenhaften Stück des Österreichers Cornelius Hermann
Zügen, z. B. auch der burlesken, an Shake- 60 v. Ayrenhoff' (17:^3—181^) im 4. Bande seiner
speare erinnernden Erzählung des Dieners von Werke (1814 herausgegeben), betitelt „Alceste,
des Herakles Ungeniertheit und Gefräßigkeit ein Lustspiel des Aristophanes aus dem Grie-
(v. 747 ff, auch in Epicharms Bovasigtg frg. 21 chischen übersetzt", liegt lediglich die Fiktion
J^«i6e/ spielte des Herakles Freßlust ihre Rolle), zugrunde, es sei zu Pompei eine „Alkcstis"
und mit seinem die Wiedervereinigung der des Aristophane^t gefunden worden; außrr dem
Liebenden herbeiführenden untragisch -glück- Namen aber in Titel und Vorrede ist in dem
liehen Ausgang keinesfalls als Tragödie zu faden Produkt nichts zu finden von Aristo-
werten ist, sondern direkt als Lustspiel, im phanes bzw. aristophanischem Geist, vgl. Fritz
4i);) Thanatos (in Komödie u. Epij^ramm.) Thanatos (volkstümlich) 494
HiJsenheck, Arist. u. d. deutsche Lud. IS. Jhs., 20, 1900) S. 51/53. Gruppe 772,2, vgl. auch
lierl. Beitr. z. germ. u. roman. FhiloL 34, Germ. Jiohde, Psyche^ 1, 1Ü3, 1, so auch mit dem Dai-
Abt. i\r. 21 (VJOH) ^.27 f. Christ-Schviid S.3Ö6, 2. raon des Greisenalters, dem personifizierten
Dagegen wird wiederum ein Zidiirixog genannt Gera«, was wieder ein possenhaft volkstüm-
von An'stomenes, 388 aufgeführt gleichzeitig licher Sagenzug ist, s. o. 13d. 1, Sp. 2215, 20 ff.
mit des Aristophanes Hutos, vgl. Ar<f. Ar. Flut. Bd. 3, Sp. 2083 f. 2085, 1 ff Waser bei Fauly-
4 (Kock 1,690), und ebenso von Theopompos, Wiasowa 7, 1241 f., 35 ff. Heinemann S. 44. Die
vgl. frg. 1 {Ath. 15 p. 690a) und 75 bei Kock Agonie des Sterbenden als ein persönliches
1, 733. 752, ferner von Antiphanes, dem frucht- Ringen mit dem Tod aufzufassen war gewiß
barsten unter den Dichtern der mittlem Ko- lo naheliegend, und so ist denn auch das hingen
mödie, für 354 eine "AX%r]6xig, auch durch Bruch- mit Charos vielfältig belegt in neugriechiHcher
stücke belegt, vgl. frg. 29f. 276 {Kock 2, 22f. Volksdichtung, vgl. Schmidt, Volkal. d. Neugr.
124). Lehrreich in der derb burlesken Behand- 1,230 f. Waser, Arch. f. Rio. 1, 176 f.; Charon
lung des Stoffes im Sinn und Geist des Fhry- 101 f. L. liadermacher, Das Jenseits im Mythos
tiichos ist Eberhard Königs (des modernen d. Hell. 145 ff. Heinemann S. 23, 2. Doch der
„Dichters des Problems des Todes") mytholo- Thanatos bei Flirynichos und Kuripides ist ein-
gisches Schelmentpiel „Alkestis" (1910). — Für fach auch zu vergleichen dem „guten Teufel'*,
Thanatos in der Vorstellung des Volkes und der sich seine Beute wieder abjagen läßt
seine verschiedenen Epitheta sind ergiebig auch {Waser, Charon 102. Heinemann 21), wie ja
dieGrabepigramme, Kaibel,Epigr. Gr. 127,3 20 auch der Tod im deutschen Volksmärchen man-
{Scci^cov 6 ni-KQÖq). 204, 3 (axpitf dat^ov). 226 nigfach überlistet wird, vgl. der Brüder Grimm
'= CIG 3123), 2 {IvnriQog Scämov). 257,3 {8. Kinder- und Hausmärchen nr. ^^ „Der Gevatter
ßccgifg, vgl. auch Add. 497a, 8f. ßccQvg &.). 334 Tod'' (künstlerisch verwertet z. B. in Rudolf
(= CIG 3627), 10 {d. äXoyiGxog). 345 (= CIG Baumbachs Dichtung „Her Pate des Todes'' von
3715), 1 (6 ßäaxavog Ö., ebenso Com. frg. adesp. 1884), s. dazu schon Theod. Benfey, Fantscha-
1498 bei Kock 3, 665 aus Fs.-Lukian. '^q. 25, tantra (1859) 1,524 f. 2,551, ferner zahlreiche
vgl. auch ßccGxavs dccT^ov Kaibel 569, 3 = CIG Varianten beibringend Gustav Meyer, Essays
6200). 404 (= CIG 4137), 1 {y.oivbg daiy^oov). u. Sticd. z. Sprachgesch. u. Volksk. 1 (1885), 242
430, 2 (6 navöaiiätcog). 551 (= CIG 6261 coli. —276, erschöpfend Joh. Bolte u. Georg Folivka
Add. 3, 1266), 5 {xa-nbg Öai^oav, vgl. ca yiayis 30 in der Neubearbeitung der „Anmerkungen z.
Satiiov 644,1 = CIG 6281). 562, 1 f. {ccviyQov d. Kinder- u. Hausmärchen der Br. Grimm" 1
Sai^ovog). 566 (= Ci6^ 6239), 4 {TCovriQS öcci^ov, (1913), 377 — 386, im besonderen noch für die
vgl. vriXshs d. Antli. app. 2, 348, 4 Cougny, wozu neugriechische Variante „Gevatter Charos" vgl.
wieder vriXi]g w d-dvatog, Kaibel 647, 11 = CIG Schmidt, Volksl. d. Neugr. 1, 234 und Griech.
6203 und vriXEo^vyLS Xäqoiv Kaibel 566,8 = Märchen S. 117 f. 235 f. nr. 22 (aus Lesbos).
CIG 6239), vgl. Bruchmann, Epith. deor. 157; G.Meyer a.a.O. 251. 275. Waser, Charon ^.9Q,
dazu für die Epitheta der Mors bei lateinischen 5. 102, 6; es sind namentlich die beiden Listen
Dichtern I. B. Carter, Epith. deor. 72 f. — Doch des Bettumdrehens und des Nichtzuendebetens
besondere Betrachtung verdient noch: eines letzten, dem Todeskandidaten noch be-
• in. der volkstümliche Thanatos, von 40 willigten Vaterunsers. Und wie wiederum der
dem Heinemann mit Vorliebe als dem „Mär- Arzt des Märchens seinen Vorfahren hat im
chenthanatos" spricht (S. 20 ff.). Als durchaus Wunderarzt Asklepios, der auch dem Tod sein
volkstümliches Element in des Fhrynichos und ewiges Recht kränkte, dafür von des Zeus
des Euripides Stücken ward bereits hervor- Donnerkeil niedergeschmettert ward, der auch
gehoben des Herakles Ringkampf mit Thana- dem Tod verfiel, weil er des Todes Rechte ge-
tos, vgl. Fhryn. frg. 2. Eur. Alk. 69. 846 ff. kürzt, Apollod. 3, 120f. 1^2W. (Zeus' Befürch-
1035. 1140. 1142, wo teils angedeutet, teils tung). Diod 4,11,1 — 3 (Hades' Anklage;, s.o.
nachdrücklich und anschaulich mit Behagen Bd. 1, Sp. 619, 30ff. Wilamoivitz, Isyllos S. 71
ausgemalt ist, w-ie Herakles aus dem Hinter- und Einl. z. Alk. S. 10,1, so läßt sich der
halt auf den Thanatos sich stürzt, mit beiden 50 Märchenzug von der Überlistung des Todes
Händen ihn packt, umklammert, die Rippen auch aus dem Altertum direkt noch belegen
ihm quetscht, bis er seine Beute fahren läßt. durch die zwei Geschichten von Sisyphos und
Schon IL 5, 395 ff wird angespielt auf einen vom Greis und dem Tod. Sisyphos (vielleicht
Kampf des Herakles mit Hades, der dabei der „zweimal Schlaue", die Verkörperung des
durch Pfeilschuß verwundet ward (vermutlich über alle Schranken hinaus strebenden Men-
bei der Heraufholung des Kerberos durch He- schengeistes, Etymol. s.o. Bd. 4, Sp. 970, 12 ff.),
rakles, vgl. dazu den altkorinthischen Napf der Erzschelm, der Verschlagenste aller Men-
Arch. Ztg. 1859, Taf. 125. Reinach, Rep. des sehen (ö aegdiorog yevsr' ccvÖgcov IL 6, 153),
vases 1,389, 1, o. Bd. 1, Sp. 1781 f., 65 ff. 2205, 2:Lavcpog AioXidrig (v. 154), der nach Theognis
lOft". Gruppe 475, 6. Wilamowitz, Einl. z. Alk. 60 702 ff", selbst aus dem Hades wieder heraufkam,
17,2), und wie mit dem Thanatos als einer nachdem er Persephone mit schmeichlerischen
Gestalt der niederen Mythologie, des niederen Worten beredet (v. 704), dieser Sisyphos, führt
Volksglaubens {Heinemann S. 23) ringt Hera- Fherekydes aus, verrät dem seine Tochter Aigina
kies mit dem Daimon des Albdruckes, 'Hqcc- suchenden Asopos deren Entführung durch Zeus
v.Xfig 'HniäXr^xa Ttviyav Sophron frg. 70 bei und zieht sich dadurch des Gottes Zorn zu.
Kaibel, Com. Gr. frg. 1, 166, vgl. W. H. Röscher, Der schickt ihm den Thanatos auf den Hals.
Rhein. Mus. n. F. 53 (1898), 178 80 u. Ephial- Doch Sisyphos merkt dessen Ankunft und bin-
tes {Abh. d. Sachs. Ges. d. Wiss., phil.-hist. Kl. det den Tod mit starken Fesseln, und es be-
17*
495 Thanatos (volkstüinlicir Thanatos (volkstümlich) 496
gibt aich, tlaß keiner der Menscheu Ulf ai suioi, i<>.> Knuer der Menschen mehr sterben kann
bis Ares den Thanatos befreit und ihm den {:^-hol u. Ivust. z. //. 0,163), kehrt wieder im
Sisyphos ausliefert. Doch ehe Sisyphos stirbt, 1. Teil des Milrchens „Die Boten des Todes'',
trägt er seinem Weib Merope auf, dem Hades Grimm nr. 177, wo auch der vom Kiesen uie-
die üblichen Totenspenden vorzuenthalten (ihn derj^erungene Tod, am Wege liegend, jammert,
nnbestattet zu lassen). Und über ein kleines, wie daß nun niemand mehr sterbe in der Welt,
Hades der Unterlassungssünde innegeworden, desgleichen im Märchen vom Spielhansl, vgl.
entläßt er den Sisyphos wieder, auf daß er (irimm nr. 82 „De Spielhansl" (aus Weitra,
die Säumige zurechtweise; Sisyphos aber, in Deutschböhmen), einem typischen Beispiel auch
Korinth angelangt, kehrt nimmer um, erst als lo der Überlistung des Todea ; denn Ähnliches,
Greis stirbt er zum zweiten Mal, worauf er wie die Griechen von Sisyphos, erzählt das
(heißt es nach einer Lücke) gezwungen ward, deutsche Märchen vom Spielhansl oder vom
im Hades den Stein zu wälzen, damit er nicht ,.Schmied zu Jüterbog'*, wozu eine der vielen
wieder entlaufe. Vgl. Schol. A D z. Hom. IL 6, V^arianten das Walliser (und Tiroler) Märchen
163 nach Pherekydes FHG 1, 91, 78, ferner „Der Schmied von Rumpelbach" (vgl. Joh.
Eustath. p. 631, 86 ff. (z. 7/. 6,153). 1701, 51 tt". Jegerlehner, Was die Smnen erzählen* S. 1—7
1702, 5 f. (z. Od. 11,698). Schol Soph. Phil. 625. und „Sagen u. Märchen aus d. Obern'allis'' in
Schol. Pind. Ol. I,d7. Freilich verdient die Sub- d. „Schriften d. Schweiz. Ges. f. Volksk.'' nr. 9
scriptio des Iliasscholions i) löroQia nagcc *f- S. 88flF., 114 „Der listige Schmied", S. 197 f., 92
QSHvSii (vgl. Boberty Herrn. 52, 1917, 308 ff.^ 20 „Der Schmied von H.", S. 3l4f. 322 Literatur-
nach Wüamoicüz, Hom. Unters. 201 nicht un- nachweise, ferner Hanns Bächtold, Schweizer
bedingten Glauben, „nur in märchenhafter spie- Märchen S. 113—117) usw., vgl. das reiche Ma-
lerischer Umdichtung" sei uns die (ieschichte terial bei Balte u. Polit'ka a. a. 0. 2, 163/89,
überliefert (vielleicht aber trug sie von Haus wo S. 173 ff. auch des Märchens vom Schmied
aus diesen Charakter), vgl. dazu noch Wilamo- zu Jüterbog, S. 176 desjenigen vom Schmied
witz, Einl. z. Alk. S. 20f., 2. Gruppe 1021, 2. von liumpelbach, S. 18S auch der Überli.stung
1882,1. Heinemann S. 21,1. 0. Bd. 4, Sp. 961, des Todes durch Sisyphos gedacht wird; zum
6ff. Nach Eust. 1701, 51 ff. mußte Sisyphos, Kapitel „Den Tod betrügen*' vgl. ferner die
der, durch List zu neuem Leben gelangt, nicht Mitt. von Richard Andree u. Albert Hart mann,
wieder in den Hades zurückkehren wollte, 30 Ztschr. d. Ver. f. Volksk. 19 (1909), 203 f. 432 f.
durch das (wie es scheint persönlich gedachte) — Gefoppt wird der Tod auch in der bekauu-
Alter hinabgeführt werden, vgl. Waser Art, ten aisopischen Fabel vom Greis, der aus dem
Geras bei Pauly-Wissoiva 7, 1242, 49 ff., wo- Wald Holz heimschleppt und lebensüberdrüssig
gegen nach dem jungen Schol. Pind. Ol. 1, 97 den Tod herbeiwünscht, doch, als dieser flugs
Hermes es war, von dem der Saumselige gegen zur Stelle, auf die Frage, weshalb er ihn ge-
seinen Willen in die Unterwelt zurückgebracht rufen, gleich die Ausrede bereit hat: ,.Auf daß
wurde. Und wie des Herakles Ringkampf mit du mir die Last wieder auf die Schultern he-
Thanatos passend dem Rahmen eines Satyr- best!", vgl. Aisop. fab. 60 ed. /. G. Schneider,
dramas sich einfügte, so scheint „Sisyphos ferner die neugriechische Fassung, das Gedicht
der Ausreißer" schon für Aischylos den Helden 40 des 'lauwrig BriXagag aus loannina in Epirus
eines Satyrspiels abgegeben zu haben unter (1771 — 1823) bei jT/mwb, i/dö. 235f. nr. 2 (hier
dem Titel Eiavcpo? ögaTihris (bereits Casaubon, natürlich Xdgog an Stelle des f)dvccTog) und
De poesi sat. 166 b>t diesen dQccTitTrjg als Satyr- zur Fabel vgl. Wilamowitz , Einl. z. Alk. 19f.,
spiel erkannt), vgl. Aisch.frg. 225 ff. p. 74ff. Ä'.^ wo (S. 20 A. 1) etwas unvermittelt, nicht eben
Welcker, Aesch. Tril. bbbß.: gewiß wirkte da einleuchtend der Greis der Fabel in Zusammen-
(nach Wilamowitz, Einl. z. Alk. 21 A.) höchst hang gebracht wird mit der mythologischen
spaßhaft, wie der aus der Hölle entlaufene Greisengestalt des Oknos, ferner Heinemann
Sisyphos plötzlich aus dem Boden emporkrab- S. 21f. Daß wahrscheinlich, wie dies schon
belte: „Kann es eine solche ungeheure Feld- A. Korais vermutet hat iMv^oiv Aieanslcov
maus geben?" fragen die entsetzten Satyrn .00 ewocycoYt], Paris 1810, S. 13 A. 1), bereits Eur.
(frg. 227), wozu Welcker a. a. 0. 558 hinweist Alk. 669—672 eine Anspielung enthält auf die
auf Hamlet, der den Geist, als er wieder hinab- Fabel, daß da Admetos seinen alten Vater
gesunken ist, einem Maulwurf vergleicht („Brav, Pheres höhnisch erinnert an den Greis der Fa-
alter Maulwurf! Wühlst so hurtig fort? Vor- bei, verbürgt ihr hohes Alter. Als weitere Re-
trefflicher Minierer!'*). — Den Einfluß der Si- miniszenz stellt sich ein Bruchstück des Tra-
syphosgeschichte verrät wohl, was Diog. Laert. gikers Lykophron dar, frg. 5 p. 818 K."^: „Wahr-
9,43 von Demokritos mitteilt in einem Epi- lieh, solange im weiten noch liegt das Sterben,
gramm seiner IläuiutQog, das auch in die wird Hades (kidrig statt ^ävcctog) herbeige-
Anthologie übergegangen ist (^n^Ä. 7*«/. 7, 57), sehnt von den Unglücklichen; wenn aber mal
Demokritos habe, als Thanatos bei ihm vor- 60 heranschleicht die letzte Lebenswelle, verlangen
sprach, diesen drei Tage lang im Hause be- wir zu leben: denn davon hat man nie genug!''
halten und bewirtet mit warmen Dämpfen von vgl. Heinemann S. 17, 1. 22. 30. In ältester
Broten, Diels, Vorsokr.- 1, 352. Heinemann 22 f. Volksphantasie mag auch die Vorstellung wur-
In reicher Fülle aber drängen sich einem di- zeln, daß Thanatos taub und blind ist (s. Euklei-
rekt auch zu dieser Sisyphosgeschichte die des von Megara bei Stob. ed. 3, 6, 63 = 3, 302,
Analogien und Parallelen auf aus dem Mär- 13 ff. Hense). Bobert, Than. 25. Heinemann
chenschatz aller Zeiten und Völker. Der Ge- S. 53 (Text 11. Sp. 509f.\ Auch von Charos sagt
danke, daß zufolge der Fesselung des Thana- man, er sei taub, Schmidt, Volksl. d. Neugr. 1,
4i'7 llianatos (= Clmroii; Kultus) Thanatos (Kultus; kuustdenkmälciv 498
'2HHt!". , und eine auf Lesbos bekannte Siij^f 2. 'M^,\ f:\.c\Hzu äarrfiazog {ho LoJiecky..iSop7KAias
(bei Schmidt, (tr. Märchen 132 und 241 nr. 2 151 )». M() für überliefertes äTTiotj^, K. (itsner
„Charos' Strafe") erzählt, wie vor Zeiten (^haros schrieb aTreiaTog) xat fi7TccQuitrixo<; von Thana-
öich rühren ließ durch der Menschen Triineu tos: E\(kl. bei Stob. ed. 3, »»,63 (s.u. Sp. 010,3).
und einst einer wunderlieblichen Jungfrau, HoJiert, Th((n.2'd. IIcincwann'^.ö'A. Zu Sparta
deren 'Seele er zu holen abt^esandt worden, das indes gab es Heiligtümer nicht allein des Pho-
Leben schenkte, dafür aber von Uott mit Taub- bop, sondern auch des Thanatos und des Gelös
heit, Blinilheit und Lahmheit geschlagen ward yic<l roiovTtov aXX(ov TCud'riuciTcov^ IHut. Kleoni.
{Schmidt, ]'olksl. 1,235); „taub machte er ihn, 9, 1, und auf der Burg von Sparta stand neben
damit er die Weinenden nicht mehr höre; lo dem Bild der Aphrodite 'A\LßoXoyriQu (die das
blind, auf daß er nicht mehr sehe und unter- Alter hinau.^schiebt) ein solches des Hypnos und
scheide, ob die Seele, die er holen soll, die des Thanatos, Paus. 3, IH, 1, vgl. Sani Wide,
eines Greises oder eines Jünglings oder einer Lak. Kulte 275 f. Prellcr-Rohert 843,1. Hitzig-
Jungfrau oder eines Kindes sei; lahm endlich, Blünmer z. St. 1,806. Gruppe 1070,9. Ebenso
um nicht schnell fliehen zu können von dem ist die Rede von einem Heiligtum des Thana-
Orte, wo er sein Amt ausüben soll" {Schmidt, tos zu Gades {bI? ytQa? ry -^oivfj avanavly
Märchen S. 132). — So gab es auf jeden Fall riyovv rw rfXsvrccLro oquco), AHian. fr(j.'i2 Her-
auch bei den alten Griechen eice Volkstum- eher aus Eiistath. z. JJion. Perieg. 453 {GGM
liehe Ausprägung des Todesgottes, der Name 2,302), und wenn nach Aisch. frg. 161 auf den
tut im Grunde wenig zur Sache, und man wird 20 Thanatos kein Paian angestimmt wird, so no-
sageu müssen: während im allgemeinen d^ä- tieit doch Philostr. v. Apoll, b, 4. -p. liM, 2 Kay-
vciTog bloß appellative Bedeutung hat, allen- sir eine Ausnahme hinsichtlich der Gaditauer:
falls als bla.«be, mehr nur dichterische Personi- rbv (^ccvccxov [lovoi avd-Qojncov TtaKovi^ovrcci.
tikation auftritt, trägt doch gelegentlich der Mit diesem Thanatos, dessen Kult durch J.27?'«n
leibhaftig vorgestellte Tod auch den Namen und Pliilostrat für Gades bezeugt wird, dürfte
Thanatos {A. Chudzimki, Tod inid Tot(rikul1us identisch sein der mauretanische Gott, den eine
hei d. alten Griechen, Gymn.-Bibl. H. 44 S. 34 Inschrift aus Taksebt (67i 8, 8992) 'deus Charo'
und Steinmetz, Arch. Jb. 1910, 53f. geben ent- nennt, \g]. Weser, Charon 8.87,1. 89. Wilamo-
sehieden zu weit in der Negation), und dieser lüitz , Herrn. 34 (1899), 229. Ed. Norden, Verg.
Thanatos steht als Todesgott gleichwertig ne- 30 Aen. B.yi' S. 222. Wenn ferner Vergil bei der
ben einem Hades oder Hermes Psychopompos; Leichenfeier zu Ehren des Pallas der Mors
zumal aber ist immer mehr die wahrhaft Volks- opfern läßt, ^et?. 11,197 {^multa houm circa
tümliche Figur des Totenfergen Charon in all- mactantur corpora MortC), so verbürgt dies
gemeinerer (kaum ursprünglicher) Fassung an noch nicht wirklichen Kult, sondern ist viel-
des Todesgottes Statt gerückt, und Charon war leicht nur dichterische Ausschmückung; im-
es in der spätem Zeit, der nicht allein den merhin gibt Usener, Götternamen 368 dazu
Thanatos endgültig zurückdrängte und völlig aus Guastella im Padre Antonio (Ragusa 1885)
verdrängte, der vielmehr auch auf Kosten des p. 56 die Notiz, daß heute noch der Sizilianer
Hades sich auswuchs zum populären und aus- bei Santa Morte flucht; vgl. auch Serv. Aen. 11,
schließlichen Vertreter der Unterwelt. Auf 40 197, der Statins (T7?eö. 4, 528) und Lucan (6,
CTrabschriften läßt sich z. B. verweisen, wie 600f.) zitiert; hrezu und zu Tertull. ad nat. 2,
Kaibel,Epigr. Gr. ni. 302 {=^ CIG add. 2, 2239 c). 15 {et ipsins mortis d[ea est]) s. o. Bd. 2, Sp.
:66 (= CIG 6239), 8. 647 (= CIG 6203\ 16. 145. 75. 184, 24ff. 3218, 54ff.
.4»?^/«. Pal 7, 603. 671. 11,133,5, aus denen V. Kunstdenkmäler (K.-D. nr. 1— 39).
hinlänglich erhellt, daß eben der gleichzeitig Einigermaßen in Übereinstimmung mit Hesiod.
herrschende Volksglaube als Todesgott bloß th. 756 f. (211 f.), wahrscheinlich in Anlehnung
noch den Charon kannte, der als Charos (oder an diesen Dichter waren Thanatos und Hypnos
Charontas) heute noch fortlebt in den Volks- 1) dargestellt an der sog. Kypseloslade im
liedern Griechenlands; für diesen Wandel in Heraion zu Olympia (von c. 600 v.Chr.) in der
Auffassung und Bedeutung des Charon vgl. 50 1. Szene des 2. Streifens, „als Knaben in den
Schmidt, Volksl. d. Neugr. 1, 222 fi". u. Gr. Mär- Armen der Nacht" {Lessing), nach Paus. 5,18,1
then 116tf. nr. 21 f. 132 nr. 2. 158 ff. nr. 18 ff. {mnoirixccv 8s yvvr\ TtatSa Xsvabv yiad-svöovra
Hisseling, Charos S. 1. 14f. 16ff. 20fl". Waser, ävi%ov6a ry ös^ia %siQi, ry ös itsga fiiXava
Charon S. 23f. 61ff. 85ff. 88ff. Thumb, Hdb.^ ^yji Tiaida xczQ-tvöovTL ioi-notcc, cnicpotiQOvg 6i-
S. 203ff. nr. 7 — 9. 235f. nr. 2, aus dem Glossar töTQanaEvovg rovg Ttööccg. örjXot (^isv örj nul tcc
S. 352: ;fa()Oxar]jLi£Vog „vom Tod getroffen" und iTCiygäyLucctu., avvsivaL ös Kai ävsv rcöv ini-
y(xQox8vx(ouEvoq „im Tod erstarrt". Heinemann ygaii^iäxcov höxt, Qävaxov xs dvai acpctg xocl
S. 49. 'Tnuov, yicci a^cpoxsgoig NvTixcc avxoig xgocpov),
IV. Kultus, vgl. 0. Bd. 3, Sp. 2141 f., 67 ff. wozu Hitzig -Blümner, Paus. 2, 404f. mit Re-
Thanatos hatte auch Kult, doch nur sehr ver- 60 konstiuktionsversuch auf Taf. 1 nach Henry
einzelt; bloß spärliche Spuren finden sich, daß Stuart Jones, Journ. of hell. stud. 14 (1894),
auch ilim geopfert ward, heißt es doch bei Taf. 1 (dazu S. 51 f. 57 f. 69), vgl. noch Lessing,
Aisch. frg. 161 iV.- {Aristoph. Frö. 1392), Tha- Laokoon 11, 1. Wie die Alten den Tod gebildet
natos allein von den Göttern liebe Geschenke S. 254. 261 66. 300 f. (303) in der Hempelschen
nicht, noch sei er Opfein und Gaben zugänglich, Ausg. Bd. 13. Bobert, Than. 6. 24. Preller-
noch gebe es Altar oder Paian für ihn, ihm Bobert 1,844 mit A. 3. Klein, S.-B. d. Wien.
einzig von den göttlichen Wesen stehe fern ^lA:. Bd. 108 (1885), 72 f. ; Prora;-. 148; Gr. Kunst
die Peitho {Gruppe 983f., 7. Heinemann ^. 31, 1,116. Gruppe 396, 5.1070,9. Heinemann ^. hb.
499 Thanatos (KimsUeukmUler) Thanalos , Kunst<leukmiiler) 500
Mit Recht bemerkte schon Lessing ( Wie d. A. holfenen Formensprache dieser Bildor, allein,
d. T. geb. S. 300 f.), daß au8 des Pa%»^anias warum sollte der Perieget eine solche Wahr-
Werten nicht eigentlich erhellt, ob der weiße nehmuiig just nur bei dieser Szene hervor-
Knabe den Schlaf und der schwarze d^n Tod heben? Im übrigen hat sich Shiart Jones den
vorstellte oder umgekehrt, und ließ daher we- Hinweis von G. Loeschcke, Arch. Ztg. 34 (1876),
nigstens die Möglichkeit offen, „daß der alte 114 A. zunutze gemacht und seine Nyx mit
Künstler dem Tode die weiße Farbe gegeben", Tod und Schlaf nachgebildet der Leto mit den
erinnernd an Nonnos, der (wohl mit Rücksicht Zwillingen auf der rf. Amphora im Br. Mus.
auf 11 14,291) 7>ion. 83,40 den Hypnos ^cia- B 108 (z.B. bei Gerhard, Atiserl. Vasenb. T. öö,
poxQoog nennt; an Le«»in^jr Ausführung schließt lo 2. Beinadk, Rep. des vases 2, 38, 1), mit Anbrin-
Robert, Than. 24 den Hinweis auf jene Leky- gung noch von Flügeln, sich berufend auf JVv|
thos im Brit. Museum (D 68, u. K.-D. nr. 17), ^ iisJMvonrBQogy Aristoph. Vöij. 095, wogegen
wo die danklere Hautfarbe beim Hypnos ent- nach Klein die Figur der Nyx nach rechts ge-
gegentritt (und diese Lekythos ist ausschlag- wendet war, wie ein Wegweiser, auf den vor-
gebend für Lung, Memnon S. 76f.); schon aus gestreckten Händen die Knaben tragend, Hyp-
der Wortstellung bei Pau«a»ta« wollen Pottier, nos sitzend und schlafend, Thanatos (für den
luec. bL 30, 5 und Winnefeld , Hypnos S. 2, 1 allein er die Angabe über die Fußhaltung gel-
übereinstimmend herauslesen, daß das weiße ten lllßt, das SciKporigovg, wie andere vor ihm,
Kind Thanatos und das schwarze Hypnos ge- auf rohg ndSag beziehend statt auf das zwei-
wesen, und während Preller- Robert 844,3 sich 20 malige iraiöa) stehend, die Beine verdreht im
schwankend verhält, neigt derselben Annahme bekannten archaischen Schema des Laufens,
auch Heinemann zu, Than. S. 66,3 (77), der „als ob ein yiadsvSovTi ioixmg laufend gedacht
seinerseits noch //. 14, 291 anzieht, wo der werden könnte'' {Blümner). Immerhin bietet
Schlaf verglichen wird mit dem Vogel, den auch Preller- Robert die Vermutung, „daß die
XCcXxig nennen die Götter, die Menschen aber Nacht die beiden Knabenfiguren auf den flachen
yivfitviig — einer Art schwarzer Habicht, sagt Händen hielt, wie das delische Kultbild des
Heinemann; doch läßt sich ja kaum genau Apollon die Chariten und der Zeus und die
feststellen, welcher Vogel gemeint ist; und Parthenos des Pheidias die Nike", somit die
eher in dem spezifischen, weichen Gefieder der Knaben in Vorderansicht ; aber schwerlich
Nachtvögel (vgl, die Eulenflügel des Hypnos- so waren die Schlafenden stehend gegeben, eher
kopfes aus Perugia im Brit. Museum) als in wohl gelagert; wird man also nicht sagen
der für sie nicht charakteristischen schwarzen können: „beide auseinander (nach auswärts)
Farbe ist der Vergleichspunkt zu suchen. Ent- gedreht die Füße", sodaß die Köpfe einwärts
scheidend dürfte vor allem sein, daß Pausa- gerichtet waren nach der Brust der tgocpog
nias den weißen Knaben als schlafend bezeich- hin, wodurch dann auch des Pausanias knappe
net, den schwarzen aber nur als einem (nicht Notiz direkt eine allgemeine, die Anlage der
„dem") Schlafenden ähnlich, v.aQ-bvdovri ioLxmg ganzen Gruppe festlegende Bedeutung gewänne?
(was eben nicht, wie Lessing a. a. 0. 261 Noch heute werden im Süden die Kinder fast
meinte, auch heißen kann „jenem schlafenden regelmäßig nach auswärts getragen (mit dem
Knaben ähnlich", solange man nicht mit Schu- 40 Rücken gegen die Trägerin). — 2) Über die
bart den Artikel beifügt und schreibt rc5 xaö-- oben erwähnten äyccXaccxa der Brüder Hypnos
svdovTi ioiyiotcc, welche Lesung denn auch und Thanatos auf der Burg von Sparta neben
Lung S. 77 für die richtige erklärt); vgl. auch dem Bild der 'A^ßoXoYtjQoc kqjQoditrj, Paus. 3,
Hitzig -Blümner a. a. 0. Vielumstritten sind 18,1 (dazu Hitzig- Blümner 1,806), läßt sich
namentlich seit Lessing die Worte cc^cp. dis- leider kaum eine Vermutung wagen, da nicht
OTga^^iivovg rovg nodag, auch für verdorben einmal bekannt ist, welcher Zeit sie angehören
gehalten worden schon vor Lessing. Seine {Robert, Than. 0, 1. Heinemann S. 55). Und
Uebersetzung „beide mit übereinander geschla- ebenso kann lediglich als literarische Notiz
genen Füßen" begründet Lessing schon im über eine bildliche Darstellung des Thanatos
Laokoon 11, 1 mit der „gewöhnlichen Lage der 50 gebucht werden 3), daß Quintus von Smyrna
Schlafenden" und dem Hinweis auf die antike auf des Achilleus Schild inmitten anderer (auf
Kunst, ausführlich verteidigt er diese Auffas- WaflFen als aitoxQOTtaia üblicher) Daimonen
Bung in der Schrift „Wie die A. d. T. geb." (Phobos und Deimos, Enyo, Eris, Erinyes, Ke-
(S. 261 flf.); es ist auch nicht recht abzusehen, res, Hysminai) auch Thanatos einherschreiten
warum dies SiSGTQ.T.n., wenn „mit verdrehten, läßt {UvyccXiov ©avdxov ^ivog 5, 35), vgl. o.
verrenkten Füßen", nicht ebensogut „mit ver- Bd. 3, Sp. 2104, 55. Gruppe 1084, 1. Dagegen
schränkten Füßen" bedeuten kann. Die Er- kommt eine Reihe von Vasenbildern in Be-
klämng bei Preller - Robert 844, 3, „daß sich tracht, auf denen zwei männliche Flügelgestal-
die Fersen berührten und die Spitzen nach ten einen Leichnam wegtragen, und im An-
außen gekehrt waren", ist von Stuart Jones 60 schluß an diesen Darstellungstypus entspann
ins Bild übersetzt worden, doch weder Hypo- sich eine lebhafte Kontroverse darüber, ob der
these noch bildliche Darstellung befriedigen Tote als Sarpedon oder als Memnon anzuspre-
80 recht; jedenfalls bei der angerufenen Thetis chen sei, vornehmlich zwischen Brunn und
der Fran9oi8vase ist diese Fußstellung nicht Robert (gegen Brunn, Ann. 1858, 370 73 ==
zu konstatieren, die Zeichnung der W. Vor- Kl. Sehr. 3, 43/45, der auf Memnon deutete,
legebl. 1888 T. 2 beruht in diesem Punkt auf Robert, Than. 7 ff., der für Sarpedon eintrat:
Irrtum. Gewiß läßt sich ja der Ausdruck be- hiergegen Brunn, S -B.d. Bayer. Ak. 1S80, 161 IX.
gründet denken in der hocharchaisch unbe- = X/. 6'c/tr. 3, 104 ff. und darauf wieder 2?o6e!rf,
501
Thanatos (Kunstdenkmäler)
Tlianatos (Kunstdenkmäler)
'){}2
liild u. Lied S. 104 flF.), weiterhin darüber,
ob auch in den beiden Trägein Memnons
Thauatos und Hypnos zu sehen seien oder
vielmehr VVindgötter (so zuletzt Steinmet::,
Arch. Jb. 1910, 45 ff., wogegen Lung 62ff.
Heinemann 81 ff. Löny 82 f., s. o.), vgl. o.
Bd. 1, Sp. 28481'., G3ff'. Bd. 2, Sp. 2677 ff.,
3 ff. Bd.3, Sp.2111f.,ö2ff. Bd.4, Sp.411f.,
52 ff. Wobl mit Recht bemerkt L.Beuhner
o. Bd. .'{, Sp. 2111, 52ff.: „Das Schema
Thanatos und Hypnos um die Leiche des
Sarpedon (bzw. Memnon, fügen wir bei)
geht auf das Schema von Kriegern zurück,
<lie einen Gefallenen aus der Schlacht
tragen, indem an Stelle der Menschen die
aus der llias (und, fügen wir bei, der
Aithiopis) bekannten getlügelten Daimo-
nen getreten sind; späterhin wird das
(Thanatos-Hjpuos-)Schema auch auf ge-
wöhnliche Sterbliche übertragen", ähnlich
Heinemann S. 58 f. 60. Zunächst also sind
es mythologische Darstellungen, in
denen zumeist die Deutung auf den eben
doch populärem Memnon ohne weiteres sich
ergibt oder näher liegt, seltener die (im Grunde
bloß durch das Zeugnis der liias empfohlene) auf
Sarpedon wenigstens möglich ist („die Gestalt
des Sarpedon hat, wie sie mythologisch wenig
fruchtbar sich erwiesen hat, auch die Phantasie
der bildenden Künstler wenig angeregt,'' Im- 30
misch oben Bd. 4, Sjd. 411, 13 ff., ähnlich Klein,
Prax. 149), sodann allgemein menschliche Dar-
stellungen. Man sehe zu von Fall zu Fall. Aus
der Zahl der sf. Gefäße können drei an die
Spitze treten mit dem Gemeinsamen, daß zwi-
schen den Trägern über dem Toten ein Eido-
lon schwebt, ein kleines Flügelwesen, in den
beiden ersten Fällen als Miniaturkrieger ge-
geben, das eine Mal nach oben gerichtet, als
hätte es, die '\^vxri des Toten, soeben seinen 40
Leib verlassen, die beiden andern Male von
oben sich senkend, als käme es, im Sinne der
Keres (so schon Eohert, Than. 17), die durch
den Mund entweichende Seele des Toten ab-
zuholen, vgl. Crusius Art. Keres o. Bd. 2, Sp.
1150f., 19 ff. Waser Art. Psyche o. Bd. 3, Sp.
3226f., 62ff. Arch. f. JRic. 16 (1913), 363f. Rein
typogenetisch mag obenan stehen 4) die spät-
sf. ,, Amphora Bourguignon'', aus Sizilien s. Z.
in S. Bourguignon zu Neapel, jetzt im Besitz der 50
Schwester von B., vgl. liohert, Than. 16. P. J.
Meier, Ann. 1883, 208 ff. z. tav. Q (darnach uns.
Abb. 1). Beinach, Bep. desvases 1, 347, 1 u. Coli,
d'ant. prov. de Naples (Vente Paris, 18 mars 1901)
S. 7, 19 pl. 2. Steinmetz a. a. 0. 51, 113. Liinq
51. 56 f. Heinemann hl, 7. 60. 62. 66 T. 5. Da
auf der einen Seite neben einem nach 1. sich
entfernenden Krieger Eos dargestellt ist, nach
r. durch die Luft fliegend mit der Leiche des
Memnon in den Armen (für den gleichfalls 60
nach r. fliegenden ,. Seelenvogel" direkt über
des Toten Mund s. o. Bd. 3, Sp. 3218 f., 64ö'.
Arch. f. Bic. 1913, 342), wird man auch bei dem
übereinstimmend gegebenen Toten, der auf der
andern Seite von zwei vollgerüsteten Kriegern,
■einem bärtigen und einem jugendlich unbär-
tigen, getragen wird, ohne weiteres an Memnon
denken; dagegen ist hier nicht wohl angängig
1) Amphora 15oiirguigiiou (nacii Ann. ISsS, tav. (}).
die Deutung der Träger auf Thanatos und
Hypnos, nicht, weil auf der andern Seite Eos
selbst schon den Memnon entführt, sondern
wegen des Fehlens der Flügel: „es sind nicht
zu benennende troianische Melden, die hier die
Leiche des gefallenen Aithioperfursten aus der
Schlacht tragen'^ (Bobert), das Motiv der ihren
toten Kameraden tragenden Krieger, das, in
Dichtung und bildender Kunst beliebt, nament-
lich oft sich wiederholt in der Form praenesti-
nischer Cistengritfe, vgl. z. B. Beinach, Bep. de
la stat. 2, 521. Lung 00, 1. Heiuemann 60, 2,
s. u. nr. 14. — Die beiden folgenden Darstel-
lungen könnte man sich abgeleitet denken
aus derienigen der Amphora Bourguignon: im
einen V-aW erinnerte sich der Vasenmaler, daß
die beiden Träger des toten Memnon Thanatos
und Hypnos gewesen sein müssen, und versah
die beiden Krieger, sie gleicherweise bartlos
gebend als die göttlichen Zwillingsbrüder, über-
dies mit Flügeln, im andern Fall war ihm
gegenwärtig, daß es bei Memnon sich handelt
um den Aithioperfursten, und so entnahm er
die Träger diesem Volksstamm. Es folgt also
5) die mit der ,. Amphora Bourguignon'^ ge-
schwisterlich verwandte ., Amphora Piot", aus
2) Amphora Piot (uacli Ball. arch. Nap
503
Thanatos (Knnstdenkmliler)
Thanatos (Kuiistdenkmäler)
:)04
«!»»"•
Capna im Louvre, Salle F ur. 888 (l^ttier, Vases
(tut. du L T. 87), abg Bull arch. Xap. 10 (Ital
2, 1862,. T. 7 (darnach une. Abb. 2), \gl. Heibig,
Bull. 1864, 175 f Jul. I^ssing a. a. 0. 40. Robert
Than. 8 ff., nr. 1. P J. Meier a. a. 0 212, 2.
Furtträtigler, Arch. Anz. 8 (1893), 86 f. Liiug 57.
Heineinann 56,1. 61 f. T. la. So nahe berührt
sich diese Darstellung mit der der Amphora
Bourguignon.dafi
man sie von der-
selben Hand ge-
malt vermutet
\HeineMannS 67.
62); leider sind
aber auch hier
die raiimfiillen
den Beischrilt. i
sinnlos, so«:: I
sich nicht em
scheiden läßt. <
Memnon 0(
Sarpcdon es i"«i
dessen Leichnum
die beiden mit
Riickenflügeln
3) Lekythos Xavarra (nach Are/.. Jufirb. 1892, 148).
ausgestatteten unbürtigen Krieger, Tb anatos und
Hypnos, vom Schlachtfeld hiuwegtragen. Und
6) die sf. Lekythos aus Gela in S. Navarra zu
Terranova, vgl. O.Benndorf, Gr. u. siz. Vastnb.
S. 88, T. 42,2. Bobert, Than. 16 f. Brunn, Kl. 30 hier dürfte es sich um Memnon handeln, nicht
da^Thanatos-Hypnos-Schema feine l")ar8tclhing
umgewandelt in das Bild des von zwei Moliren
getragenen Memnon, vgl. die ..genetische Er-
klilrung dieses Bildchens" bei Klein, Ant. Über-
mnl(tn<ieu a. a O. 143 f., der aus dem rmstaud,
daß hier durch den Aithioper Rasseiypus der
TrJlger die Deutung auf Memnon ge.sichert ist,
daß somit schon der alte Vasenmaler seine
Vorlage in die-
sem Sinn inter-
pretierte, direkt
die Entscheidung
in der Brunn-
//o^t^Wschen Kon-
troverse ableiten
möchte,wozu bei-
stimmend Im-
misch 0. Bd. 4,
Sp. 411 f., 62flf.,
zurückhaltend
HcincmannQG. —
Übrigens ähnelt
dem Memnon die-
ser Lekythos in
der ganzen Auf-
fassung der gefallene Held auf 7) der sf. atti-
schen Lekythos aus S. Furtwängler in der Städti-
schen Galerie zu Frankfurt a. M., vgl. Heinemann
56 f., 4. 66 f., T. Ib (darnach uns. Abb. 41 Auch
Sehr. 3, 116. P.J. Meier a. a 0. 213. Hartwig,
Joum. ofhell.stud. 12 (1891), 345. Klein, Arch.
JaJirb. 7 (1892), 142 ff. (Abb. S. 143, daniach uns.
Abb. 3). Lung 62. Heinemann 57,8. 65 f. T. 6 a.
Die Bergung des Toten wird hier durch zwei
Aithioperknaben vollzogen, der Tote aber zeigt
4) Lekythos in Frankfurt (nach Heinemann, Than. T. 1).
durchaus den sonst für Alkyoneus geläufigen
Typus: es scheint, der Vaseumaler habe das
Herakles- Alkyoneus- Abenteuer zu zeichnen be-
gonnen im bekannten Darstellungsschema, bei
dem ja in der Regel auch ein Flügelwesen (Hyp-
nos über dem lang Hingestreckten mit eingreift
(vgl. z. ß. Winnefehl, Hypnott 3 f. Beinach, Bep.
d. K. 1, 255. 451 f.), dann aber in Anlehnung an
bloß wegen der eben betonten- weitgehenden
Übereinstimmung, sondern zumal, weil in der
den Leichnam überschneidend zwischen den Trä-
gern stehenden Frauengestalt, die dem Toten
ihr Gesicht zuwendet, kaum jemand anders er-
kannt werden kann als Eos; dazu kommt noch
ganz links ein nach r.
stehender, vollbekleide-
ter Bärtiger mit Delphin
in der vorgestreckten
L., ein Meer;iott also,
der hindeuten dürfte auf
des Toten Entrückung
über das Meer und auf
glückliche Fahrt. Wie
bei nr. 5 sind beide Dai-
monen jugendlich un-
bärtig gebildet, doch
statt vollgerüstet bloß
noch mit kurzem Chiton
bekleidet; von Harnisch,
Beinschienen und lielm,
Schwert und Speer ist
nichts mehr zu sehen.
— Noch flüchtiger und
auch noch figurenreicher
ist 8) die Darstellung
der aus Scherben zu-
sammengestückten sf.
Trinkschale aus Vela-
nideza im Athener Nationalmuseum, Col-
lignon - Couve, Cat. 340, 10D3, vgl. o. Bd. 2, Sp.
2677 f., Abb. 5. Bd. 4, Sp. 409 f., Abb. 2 (hier
wiederholt als Abb. 5). Bobert, Than. 17 f.
(Abb.). Nekyia {16. Hall. W.-P 1893) 39 A. 14.
Brunn, Kl Sehr. 3, 115 f., Abb. 30. Koepp, Arch.
Ztg. 42 (1884), 43. Steinmetz 44. Lung 58, 2.
Heinemann 57,6. 68, T. ob. Von unbedeuten-
505
Tluinatos (Kunst »lenk miilcr)
durch Pctasos und
den Abweicliungen abgesehen findet sich boid-
seitif? dieselbe Darstellung, die (nach Lunif) die
bi8heri<ifen Abb. nur un«,'enau wieder<j^eben. Daß
der von den iieiden Flü<^('ldainionen in kurzem
«,'egiirtetem Chiton (lei<le bilrtig, Homit auch
hier nicht unterschieden im Alter)
getragene Tote Memnon
erhellt wieder aus den
linstand,
sehen den
gleiehfiiUs
o('H (igelte
schreitet
bei mit vor
gestreck-
ten Ar-
men lie
bevoll
/Aim
Sohn
sich nie
dernei-
gend;
voran marschiert Hermes
hohe Stiefel gekenn /ei ebnet, zurückschauend
mich der Gruppe, der von der andern Seite
noch eine Frau (Iris?) und ein Jüngling
folgen; erstere wendet sich nach dem wie
Hermes mit Chlamys und Petasos ausgestat-
teten Jüngling zurück und scheint ihn durch 30
Bewegung ihrer L. auf den Vorgang in der
Alitte aufmerksam zu machen. — Den Reigen
der rf. Gefäße eröffnet am besten die viel-
besprochene „Pamphaiosschale", 9) die 'J nnk-
schale aus der Fabrik des Pamphaios, als deren
Zeichner Klein (mit Recht sekundiert von
Winncfeld, Ilartirig u. a.) den Euphronios ver-
mutet hat, aus Vulci im B)it. Museum nr. 834
= E 12 (Cat. 3, 47), veröffentlicht
von 5"«^. Birch, Archaeol. 29
(1842), 139 ff. pl. 16, abg
(rtthard, Auserl. Va-
scnb. T. 221 (dar-
nach Reinach 2,
112). Panof- .
la, Der Va-
senbildner
Pam- /
pliaios
Thauatos (Kunstdenkmäler) 506-
Wiiiitrfrld, TJypnos S. 5. liayet-CoUigmm, ('er.
qr. 199. Hartwig, Meistcrsch. 142 ff. 0. Bd. 2,
Sp. 2ü77ff., Abb. 1. Bd. 4, Sp. 409 f., Abb. 1
(hier wiederholt als Abb. 6). Strininetz 44 f.
Lung 58 f. Heinemann 56,3. 63 ff. T. 3f. JJiicy
81 ff., Abb. 1. Wieder ist die Deu-
tung auf .Memnon sozusagen
,'elegt einerseits durch
die (iegenwart der Eos
r,, der 1. die durch
das Kerykeion
charakterisier-
te Iris ent-
spricht, an-
derseits
auch
durch
die sie-
ben,sich
rüsten-
('en
Amazo-
nen der
(Gegenseite. Die Träger des euphronisch riesen-
müßig gehaltenen Leichnams sind beide Jugend;
lieh uubärtig, mit Rückenflügeln versehen, doch
in herkömmlicher Weise kriegerisch gerüstet.
Schon Gerhard erkannte in der weiLlicLeu Figur
r. die PJos, desgleichen Brunn, wogegen Jul.
Lessing S. 39 an Sarpedons Mutter dachte, die-
Laodameia {11. 6, 197 ff.), oder eine andere Ver-
wandte des Sarpedon, ebenso ii'o^er^ Than. 14f.
an die Mutter Sarpedons oder dessen Gattin
ill. 5, 480). Diese letztere Annahme hat indes
wenig für sich: nicht ein Niederlegen des Toten
ist dargestellt, er wird vielmehr vom Boden,
aufgehoben, darüber besonders Löivy S. 81. —
Gleichfalls in des Euphronios Zeit gehört, streng
_^ rf. Stiles, doch gegenüber der Pnm-
phaiosschale in verschiedener
Hinsicht den Fortschritt
dokumentierend, 10)
d. Caeretaner Kra-
ter aus S. Cam-
pana im Lou-
\ vre (G 163,
Pott i er,
r>WK Cat. 3,
^■■^»^■^ lOllff),
6} Schale des Pamphaios (nach Ovcibeck, Gall. her. Bildw. T. 22, 14).
vgl. schon Welcher, Ärch. Ztg 11 (1853), 109,
Abh. d. Berl. AI'. 1848) S. 20, T. 4. Ocerheck,
Gal. her. Bildw. T. 22, 14. Brunn, Kl. Sehr.
3,44. 114 ff., Abb. 29. Jul. Lessing 38 f. W.
Vorl. D T. 3. Robert. Than. 9 ff., 2; Bild u.
Lied 110 f. Luckenbach, Das Verh. d. griech.
f asr/i?). 2. d. Gedichten d. ep Kyklos (Leipzig
1880\ Jahrb. f. kl. Phil. Suppl 11.' 6 18 ff. Klein,
Luphr.- 272 ff. 275; Meit^tersig.- 88. 94 f., 20.
zumal Brunn, Ann. 1858, 362 ff. Mon. 6, 21
= Kl. Sehr. 3, 43 ff. 104, Abb. 28. Jul. Lessivif
37 ff. Robert, Than. 7 f. (Abi). S. 4, darnach
uns. xAbb. 7). Winnefeld, Hypnos 6, 2. Bau-
meister (1) Abb. 781. Reinach, Rep. d. v. 1,-
149, 2 Steinmetz 43 f. Lung 59 f. Heinemann
57,2. 58. 67, T. 5a. LOwy 81 f. Zur Darstellung:
50'
Thanatos (Kiinstdenkiuiiier)
der ngtaßiia auf der einen kommt auf der an-
dern Seite die des von zwei geflügelten Daimo-
nen getragenen Toten, von besonderem Wert
wegen der Beischrift HVPNJS zum Daimon r.,
7) Caereuuer Krater im Lourre (aaoh Ro'>rrt, l'mtH. S. 4).
der, ein neues, schönes Motiv, eich auf sein r.
Bein niedergelassen hat. Hier nun sind die
beiden Flügelgestalten der schweren Rüstung
entkleidet, nackt wie der Tote (der aber imacpv-
Qia, Knöchelspangen, trü^t), wohl beide auch
jugendlich unbärtig, was indes für den großen-
teils ergänzten Thanatos als unsicher zu gelten
hat. Die Beischrift "Txvos gibt einigermaßen die
Gewähr, daß die Deutung auf Thanatos und
Hypnos für diese Darstellungen das Richtige
triflt, also nicht etwa an Windgötter zu den-
ken ist; möglicherweise war ursprünglich auch
die Namensbeischrift des andern Daimon vor-
handen, allenfalls Grund der Weglassung die
abergläubische Scheu vor dem ominösen Wort
(vgl. Heinemann 17 f, 2. 53, 1. 58, 2, u. Sp. 510.
622). Offenbar handelt es sich auch hier um
ein Aufheben des Toten, nicht um ein Nieder-
legen; auf die Frage dagegen, ob unter dem
toten Helden Memnon oder Sarpedou zu vor-
stehen ist, bleibt uns das Bild die Entschei-
dung schuldig. — Den Übergang zu den spä-
tem Lekythen, u. nr. 16—26, vermittelt 11) die
immerhin noch streng rf. Lekythos aus Eretria
zu Berlin, Inv. nr. 3*25"2, abg. und besprochen
von Furticänglcr, Arch. Anz. 8 (1893), 85 f.,
nr. 20 (darnach uns. Abb. 8), vgl. o. Bd. 2.
Sp. 267i)A. Steinmetz 52,115. Lung 71 tf. Hei-
nemann 56, 2. 62 f., T. 2. In dieser streng sym-
metrischen und schematischen Darstellung sind
die beiden Flügeldaimonen wieder bärtige,
vollgerüstete Krieger, die die nackte Leiche
eines Jünglings auffallend hoch halten, und
») Lekythos aus Kretria iu Ucrliu (nach Arrh. An:. 1893, 85 f.)
Thanatos (Kuustdenkmäler) 508
gerade bei diesem schematischen Charakter
der Zeichnung bleibt zweifelhaft, ob ein Auf-
heben oder Niederlegen gemeint ist; aber in
der Tat hat es den Anschein, als solle da die
Grabstätte angedeutet werden, auf der Schild
und Helm des Toten niedergelegt und drei
Lanzen aufrecht in den Boden gerammt sind,
an deren mittlerer oben auch noch das Schwert
befestigt ist, sodaß eben der ganze kunstvolle
10 Aufbau der Waffen sich darstellt als Grabmal.
— An diese besprochenen mythologischen Va-
senbilder schließen sich in Gegenstand und
Darstellung ein paar weitere Kunsidenkraäler
an, so 12) der „etruskische" Karneol- Skarabaios
des sorgfältigen archaischen Stils aus Neapel
in S. Tyszkiewicz zu E^aris, vgl. W. FrOhner,
Coli Tyszk. p. 22, pl. 24, 8. P. J. Meier a. a 0.
213 ff. imit Abb.). Winnefeld 5. o. Bd. 2, Sp.
2678, 61 ff. Furticängler, Ant. Gemme ti T. 16,22
20 (Text S. 77). Lung 60. Heinemann 57. 64. 68.
Löwy 82, 1. Hier sind es ein nackter geflügel-
ter Jüngling und eine nach diesem den Kopf
zurückwendende gleichfalls geflügelte Frauen-
gestalt (Eos nach allgemeiner Annahme, wo-
gegen FxirticänqJcr an Ker dachte neben Tha-
natos), die den übermäßig großen nackten Leich-
nam eines Jünglings (Memnons) tragen, dessen
Körper von vorn, dessen Kopf aber im Profil
gegeben ist, eine Art Abbreviatur oder Con-
30 taminatio; doch ist vielleicht der zweite Trä-
ger bloß Raummaugels halber weggelassen,
nicht eigentlich ersetzt durch Eos, die nur mit
ihrer L. unter des Toten Nacken greift, nicht
richtig tragen hilft. Hierher gehört 13) ein
archaisches Tonaltärchen vom Esquilin, s. Z.
im Besitz von Aless. Castellani, c. 300 v. Chr.
anzusetzen, H. Dressel, Ann. 51 (1879), 257 5i)
z. Mo7i. 11,10,3. P.J.Meier 212 f., 2. Winne-
feld 6,1. Steinmetz 51 i. Lung 60,3. Heinemtuin
40 57 f. 07 f. Zwei nackte, an Schultern und Füßen
geflügelte, bartlose Daimonen heben eine nackte
männliche Leiche auf; zweifarbig war das Re-
lief bemalt: rote Figuren standen auf himmel-
blauem Grund. Und von den oben erwähnten
Cistengriffeii (lieinach, Stat. 2, 521. Lung 60, 1.
Heinemann 60,2) seien beispielsweis heraus-
gehoben der Deckelgriff der sog. Cista Barbe-
rini zu Rom in der Villa di Papa Giulio (nach
der ticoronischen die schönste aller erhalte-
50 neu eisten), Helhiq, Führer^ 2, 318 f, 1768a,
vgl. Ann. 1806, 357 ff. z. Mon.
8.31,2 (3). Reinach 2 , 52 1 , 1 .
Hirth's Formenschatz 1910, 49
(zwei mit phrygischen Helmen,
13ein- und Oberschenkelschie-
nen bewehrte Krieger tragen
eine nackte tote Frau), und
die Erzgruppe zu Florenz, wo
zwei geflügelte Frauengestalten
einen mit Helm und Knöchel-
spangen versehenen, im übri-
gen nackten Krieger quer vor
sich tragen. Reinach 2,521,2.
Lung und Heinemann a. a. 0.
Bei einer Bronze des Museo
Kircheriano zu Rom sind ein
Jüngling und ein Mädchen die
Träger; anderseits wiederholt
509 TLanatos (Kunstdeukmäler) Thauatos (Kuiistdeiikmäler; ölO
<ler etruskische Karneol bei FurtirnngJer, Aiit. yttv o rU bvnQO^ ovrog nohog xat yt'^wr, iv
Gemmen T. 10,23 die Darstellung von o. nr. 12, xotg TtgtaßvttQoig tcoi' av&QMTtoiv fidharu iunt-
„nur mit dem Unterschiede, daß beide Flügel- cpuKw?, &ansioro<^ -nul änuQoüxrixo^ • xovtov dt
gestalten weiblich sind (zwei Keren), mit langen tov äuiuovog ^Qy&dtg iaxiv &naX7.uyf]vccL ^ inav
Chitonen bekleidet" {Furtiriin</Irr, A. G. Text uTtah, TfuQff ovxb yuQ löyoig Tcgooi'^ti ovdlv
S. 77); als geringere Repliken kennt Furt w(hi ff ler [o^xs &xoveiv x6 avvolov dvvaxai srclusit M7/.J'
den Skarabaioh! des Brit. Mus. Vat. nr. 346, pl. K xcjgjog ydcg iaxiv. ovx' av ötiY.vvoiv cctxu) i^itfa-
und eine (Jlaspaste des Muscc Fol 2, pl. 71,3. vicai? xi av xvtpVog yocQ iöxiv, \g\.' Jx'oberf,
Zwei langbekleidete Frauen mit Leichnam zeigt Than. 22 f. Heinemann 53. 69; möglicherweise
auch das Bild des Petersburger Spiegels bei lo wieder nur aus Scheu vor dem Gebrauch omi-
Gerhard, Etr. Sp. 4, 44 f., 'J'. 31)7,1, nach Ger- nöser Wörter ist der Name (»Jccvccxog für den
hard Memnons Bestattung darstellend, wobei zweiten Daimon nicht ausgesetzt, vgl. Heine-
Eos und Iris die Trägerinnen, Eos im beson- mann 17f. ö3, 1. 58,2; ebenso scheinen in der
dern charakterisiert durch Lichtschein (Nimbus) spätem römischen Kaiserzeit Abergläubische
und Flügelchen an den Fußknöcheln (wie sie das griechische Zeichen für die Zahl 9 (-ö-'),
freilich bezeichnender wären für die Begleiterin weil damit auch das Wort 9-üvaxog beginnt,
als Iris). Und an Thanatos dachte 14) Gerhard als von übler Vorbedeutiuig gemieden zu ha-
bei der als Griffverzierung an diesem Spiegel ben, und in der Münzstätte Antiocheia w^ard
verwendeten bärtigen Flügelgestalt mit Zacken- um 270 n. Chr. die Ziffer, die die 9. Offizin
kröne (die ihrerseits wieder den Gedanken an 20 bezeichnen sollte, auf deren Münzen statt durch
Hades^ nahelegt); ferner 15) Furtwänglcr bei .0 mit E'A (5 4-4) oder AH (1-4-8) oder mit
dem Flügeldaimon eines Karneols zu Berlin, der lateinischen IX wiedergegeben, zu Rom
einem Mann mit großen Rückenflügeln, vor- mit N (für novem), vgl. Phil. Ledtrer, Berl.
gebeugt, im Begriff, eine Urne niederzusetzen, Münzhl. März 1911. AdrienBlanchet, Bec.num.
Furtwänglcr, Beschr. d. geschn. Steine im Ant. 4. ser. 15 (1911), p. XLIIIf. Gust. Schüttle, Arch.
S. 24 (T. 5), nr. 222. Ant. Gemmen 2, 95 (T. 19), /". Kidturgesch. 11 (1914), 323 A. — Zu Biezlers
nr. 68. Des weitem aber über das Motiv der Publikation (s. o.), wo S. 1 A. ältere Lit., vgl. jetzt
einen gefallenen Kameraden wegtragenden Krie- namentlich auch Arthur Fairhanks, Athenian
ger, das z. B. auch auftritt in Bolygnots Iliu- Lekythoi lüith outline draicing in glaze varnish
persis, in der Gruppe des Sinon und Anchialos so on a ivhite ground (1907) und leiih ouil. draic. in
mit Laomedons Leiche (Paus. 10,27,3, wozu matt color on a ivhite gr. (1914), üniv. of Mi-
AViederherstellungsversuch von Benndorf, W. chigan Stud., Humanist. Ser. \o\. & u.l. Unter
Vorl. 1888, T. 12, von Bohert, 17. Hall. W.-P. den hier in Betracht kommenden dieser Grab-
ISdS.yv-iederholt hei Bauingarten, PoJand, Wag- lekythen aber möchte Heinemami S. 71 nach
ner, Hell. Kultur^ T. 12), und, offenbar von Po- Zeit und Typus zwei Gruppen unterscheiden.
lygnot übernommen, in der Kalydonischen Eber- Zunächst, vertreten durch Exemplare des Brit.
jagd am Heroon von Gjölbaschi {Benndorf- Museums, eine ältere Gruppe, bei der es sich
Niemann, H. v. Gjölbaschi-Trysa S. 109, T. 7 B 1, noch wie bei den mythologischen Vasenbildern
wiederholt Arch. Jahrb. 31, 1916, Beil. z. S. 257, (o. nr. 4—11) um Bestattung speziell von Krie-
vgl. auch Beinach, Bep. de rcl. 1,445,2), vgl. 40 gern handelt, wobei die Daimonen in Schntt-
Heinemann 58 ff. Und gewiß war Polygnots stelbing mit beiden Füßen auf dem Boden
Einfluß in verschiedener Hinsicht auch noch stehen, Hypnos zu Häupten, Thauatos zu Füßen
wirksam auf die attischen Lekythenmaler,' die des Toten, der letztere noch finster gebildet.
Verfertiger der buntbemalten weißgrundigen zumal mit struppigem, wirrem Haar. Also
Lekythen, die, für den Totenkult bestimmt, 16) Lekythos im Brit. Mus. D 59 {Cat. 3, 405),
neben Darstellungen der Totenklage {ngodsöig), vgl. A. S. Murray- A. H Smith, White ath. vas.
der Abholung des Toten durch Charon, der pl. 9. Xt<»r/ 72ft", 4. HeinemantiGd, 1. 76f., T. 7.
Darbringung von Opfergaben durch die Hinter- Fairbanks a. a. 0. (1914) S. 15 f. (class 9, 1, 21).
bliebenen, der Totenspeude und Grabespflege Die beiden Daimonen sind mit kurzem Chiton
zumal auch die Niederlegung oder Beisetzung 50 bekleidet und tragen wie auf all diesen Leky-
(iyicpoQd, depositio) der Leiche durch die stillen then ein paar mächtige Schwingen am Rücken,
Brüder Schlaf und Tod zeigen. Das äußere Thanatos, der von 1. die Beine des Toten ge-
Schema ist den mythologischen Vasenbildern faßt hält, zeigt etwas Heftiges in seiner ganzen
(o. nr. 4— 11) entlehnt; doch nicht bloß treten Bewegung, zumal gesträubtes Haupt- und strup-
nun an Stelle des Memnon (bzw. Sarpedon) ge- piges Barthaar sowie auch leise gekrümmten
wohnliche Sterbliche, es erscheinen jetzt auch Nasenrücken (wie dies typisch für den häßlichen
die beiden Daimonen fast regelmäßig vonein- etruskischen Cham). — Und 17) Lekythos ebd.
ander unterschieden: dem Schlaf wurde im all- D 58 {Cat. 3,400), vgl. W. Vorl. D 3. Bohert, Than.
gemeinen seine Jugendlichkeit belassen, als 19f. (B). 24, T. 2. Pottier, Lee. hl. 25,4. Bän-
der schönlockige Ephebe aber tritt er in Gegen- 60 meister S. 1729 Abb. 1810. Journ. ofhell. stud. 19
satz zu dem altern, mehr ernsten, mitunter (1899), 182y. 183,2. Murray-Smith B;.ii.0.i:)l. 11.
auch finstern, immer bärtigen Thanatos. Im Fairbanks {IdOl) S. 257 (G, 1 , 2). Luckenbach,
Einklang steht diese Differenzierung mit dem Kunst u. Gesch. 1^ 91, Fig. 210 (darnach uns.
o. schon angezogenen zeitgenössischen litera- Abb. 9). Lung 71ü\,yj. Heinemann 69,2. 11, T. 8.
rischen Zeugnis, dem Bruchstück des Euklei- Biezler S. 10, Fig. S. Studniczka, Die griech. Kunst
des von Megara bei Stob. ed. 3, 6, 63 (3, 302, 6 fl*. an Kriegergräbern S. 14 (=iV. Jahrb. 35, 1915, 294)
Hense): ^gxl $' 6 filv vTCvog vswTtgog xccl ^ai- mit A. 37, T. 8, Abb. 15. Bei dieser im Gegen-
^UHLwärig äccifuov, tvTtsicrog y.ccl Qccöiog ccnocpv- satz zur flüchtig bemalten nr. 16 liebevoll sorg-
511 Tban
ukmiilerl
Thanati>s i^Kiuistilcnkmriler) 012
ff
9) l.ek>tho8 im Unt. Museum D 58 (nach Luckaibacli, h'uiui u. li-jsdi. 1', b. yi, 21U).
fälb'g gezeichneten Darstellung ist das Beson-
dere, daß von den beiden nackten Flügelge-
stalten die zu Häupten des toten jungen Krie-
gers dunkler gehalten ist, in braunroter Farbe
ein sanfter Jüngling, wogegen der Däiinon 1.,
der bärtige mit struppigem Haupthaar, das
in starren Strähnen ins Gesicht vorfällt, mit
langer Stirnfalte, stierem Blick, am Körper
Spuren zeigt von Befiederung*), somit zu den
Kückenflügeln hinzu weitere „Rudimente the-
riomorpher Auffassung" {Lung u. Heine mann).
Das ist wohl der Thanatos, hier mehr noch
als sonst ursprünglicher Geiernatur genähert,
wie sie herkömmlich für todbringende Geister
(erinnert sei nur an das sog. Harpyienmonument
von Xanthos mit seinen raffenden Todesdai-
monen im Vogeltypus der Sirenen), wie auf
einem Geierbalg sitzend der Unterweltsdaimon
Eurynomos dargestellt war in Folygnots Nekyia
(Paus. 10, 28, 7, wozu Hitzig-Blümner 3, 782 f.),
wie sich auch bei den Etruskern mit der Vor-
stellung des raffenden, raubenden Todesdai-
mons die eines Raubvogels verband, sodaß
ihrem Cham oder z. B. auch ihrem Tuchulcba
(vgl. SpHnger -Wolters'"' S. 453, 858. 455, 862)
die Hakennase von der Form eines Geierschna-
bels verblieb als bezeichnendes Merkmal (vgl.
Waser, Charon S. 74. 77).**) Somit ist in dem
„bleichen (leichenblassen), düstern Mann" der
Tod, der fahle, blaßmachende, dagegen in dem
„lebensvoll braunen Jüngling" (so Studniczka in
Anlehnung an Ttobert S. 24) der Schlaf zu sehen,
woraus sich aber keineswegs die Nötigung er-
gibt, an der „Kypseloslade" {K.-I). nr. 1) nun
*) Nach. Löwij a. a. O. 82 f., 8 handelt es sich nicht um
Befiederong, aondern nm zeichnerische Ungenaaigkeiten.
•') Vgl. über die Beziehungen des Geiers zu den Dai-
xaonen des Totenreichs Roncher, hynanthroplc 8. r.8fif. 8S ff.
auch das schwarze Kind als Schlaf anzuspre-
chen, da ja eine Parallele zwischen den beiden
Darstellungen nicht besteht und da es eben
in der Natur dieser Anschauungen liegt, daß
sie fließend und dem Wandel unterworfen sind.
— Nicht mehr um Krieger handelt es sich bei
der zweiten, jungem (imppe von Lekythen;
da sind es beliebige Sterbliche, die von dem
göttlichen Brüderpaar bestattet werden, wobei
•10 nun aber Thanatos, ernst, doch milde gehal-
ten, zu Häupten und Hypnos zu Füßen des
Toten steht, je mit aufgestütztem Fuß (zu wel-
chem Motiv vgl. Fr. Behn, Die ficoron. Cista,
Diss. Bostock 1907, S. 33 f.). Hierher zählen zu-
nächst die vier folgenden Darstellungen: 18) Le-
kythos zu Berlin nr. 2456 (Furticüngler, Beschr.
S. 685), vgl. Bobert, Than. 19 (A), T. 1. Pottier
p. 25, 3. Lung TIS., 2. Heinemann 10,3. 77 f.,
T. 9. Fairhanks (1914) 83 f. (11, 2, 4). Vor einer
50 akanthosgeschmückten, von roter Tänie um-
wundenen Stele wird von Schlaf und Tod die
Leiche eines Mellepheben niedergelegt, 1. zu
Häupten der bärtige Thanatos mit gütig ern-
stem Gesichtsausdruck, den 1. Fuß aufstützend
auf einen Stein, anscheinend nackt, ursprüng-
lich wohl auch mit kurzem Chiton angetan (dessen
Farbauftrag mit der Zeit geschwunden) wie der
jugendlich unbärtige Hypnos r. , der tief sich
niederbeugend den Toten bei den Oberschen-
60 kein gefaßt hält. — 19) Lekythos im Athener Na-
tionalmuseum nr. 1796, CoUignon-Couve nr. 1653
(p. 527), \o;\.l)umoHt-Chaplain, Ceram. de la Grece
propre 1, 388, pl. 29 (darnach uns. Abb. 10). Bo-
hert, Than. 21 (C). Pottier p. 24, 1. Lung 72 ff., 5.
Heinemann 70,4. 78, T. 10. Fairbanks (19U)
S. 166 (cl. 14, 7). Hier ist die Stellungtder bei-
den mit kurzem Chiton und Schuhen beklei-
deten Flügelgestalten vertauscht, doch gewech-
518
Tliaiiatos ( Kuiistdeiilviir'ih'r)
'l'hanatos (KunsUlcMkiMiiUn-
i)\4
/
%
10) Lekytlios im Athener Nationalmuseum (nach. D ainont-Chaplain, Leu ceram. de la (irece propre 1, pl. 29).
seit auch die Lage des Toten, eines in ein
langes Gewand gehüllten bärtigen Mannes,
also wieder der bärtige Thanatos zwar r., doch
zu Häupten , der andere, wahrscheinlich un-
bärtige Dainion 1. zu Füßen des Toten, beide
den einen Fuß auf eine Stufe der Grabstele
aufstützend in symmetrischer Gegenüberstel-
lung. — 20) Lekythos ebd. nr. 11)39, Colli gnon-
Couve nr. 1656 (p'. 528 f.). Lung 72 iF., 9. Heine-
mann 70 f., 8. BiezJer S. 9 A. 16. 131 f. z. T. 74. 40
Fairhanks (1914) S. 82 (11,2,2). Wiederum 1.
beidhändig den Toten an den Beinen tragend
und den 1. Fuß auf eine Stufe der Stele auf-
stützend, wieder angetan mit hohen Stiefeln
und Chiton, ist Hypnos eigentlich das einzige
deutlich Erhaltene; am Rücken trägt er große
Flügel mit dunkeln Schwungfedern, sein Haar
ist halblang, gelockt, sein Gesicht schön, doch
finster, die Unterlippe vorgeschoben; vom To-
ten, der am Grabmal niedergelegt wird, ist 50
nur noch der Unterkörper schwach sichtbar,
vom Thanatos nur die Schuhe und die großen
Schwungfedern der Flügel. — 21) Lekythos ebd.
nr. 1830, CoUignon-Couvc nr. 1054 (p. 527 f.), vgl.
Dumont-Chaplain a. a. 0. 1,388, pl. 27 f. Bayet-
Collignon, Hist. de la cer. gr. p. 231 fig. 85. liobert,
TJian. 21 f. (D). 24 f. 27 (Schluß vign., darnach uns.
Abb. 11). Fottier\).24:,2. Daremberg-Saglin, Dict.
fig. 2287. Lung 72 IT., 6. Heinemann 70,5. 78 f.,
T. 6b. Fairhanks (l'dA^) S. 82 (11, 2, 3). Eine ju-
gendliche Frau in beinahe sitzender Haltung
wird hier vor ihrer akanthosgeschmückteu Stele
sanft niedergelegt von dem bärtigen Thanatos
im kurzen Chiton mit aufgesetztem 1. Fuß 1.
im Bild zu Füßen der Toten und dem knaben-
haft jugendlichen, mit Chlamys bekleideten
Hypnos r., der sich wiederum tief vorbeugt.
Dkzu kommt aber 4. ein Jüngling hinter Hypnos
r. neben der Stele stehend mit Fetasos und
Chlamys, die R. quer vor dem Leib, die L. er-
hoben haltend und wie in Trauer das Haupt
senkend; mit Murray, Bohert, Lung wird man
ohne weiteres an Hermes denken, zumal dieser
(freilich besser gekennzeichnet) auch bei Lek.
u. nr. 24 als Zuschauer auftritt; einen Jüng-
ling gewöhnlichen Schlages, lediglich einen
sterblichen Besucher des Grabes, Bruder oder
sonstigen nahen Angehörigen der Verstorbenen
vermuteten in ihm Heydemann, 3. Hall. W.-P.
80, 204. Milclihoefer, Atli. Mitt 5 (1880), 180, 2.
Heinemann 78 f. (weil Hermes auf den Leky-
then stets bärtig gebildet sei, so auch u. nr. 24).
Eiczler S. 9, 16 (der mit Recht diese Bilder
weniger für mythologisch als für symbolisch
hält und, der zudem die Echtheit der Lek. u.
nr. 24 anzweifelt). — Besonderes Interesse be-
ansprucht 22) die Scherbe einer Lekythos zu
Berlin, Inv. nr. 3325, vgl. F. Curtius, Arch.
^m^^!m:,,Vf-:m'smmi^^^^mm\sm\ '^ms?ms\ms^^!MiS.
11) Lekythos im Athener Nationalmuseuui (nach Robert,
Than. S. 27).
515 Thanatos (Kunstdenkmüler)
yß
1
13) L«kytho*fr»giu<>nt in Berlin (nach Beinemann,
Than. T. U).
Jahrb 10, 1896, 86flf. zu T. 2 {Änz. S. 41 nr. 62).
A. r. Salis, Stud. z. d. ntt. Lei., in ^luvenes dum
sumus' [Festschr. z. 49. Piniol- Vers., Basel 1907)
S. 64. o. Bd. 3, Sp. 2112, 15 flf. Coüignon, Les stat.
fuH. 104/06, Fig. 64. Lung 72 ff, 7. Heineinann
70, 6. 79 f., T. 11 (daniach uns. Abb. 12). Riezler
S. 11. Hier ist die bekannte Gruppe von Hypnos
und Thanatos mit Leichnam (Thanatos bärtig,
mit hohen Schuhen, r. zu Häupten der Toten) als
Akroterienbild verwendet, als figürliche Darstel-
lung einer Stelenbekrönung, was daraufschließen
läßt, daß dies Motiv wirklich Eingang gefun-
den in die attische sepulkrale Plastik und daß
es tatsächlich plastische Darstellungen dieses
Typus gegeben, zum mindesten Akroterien,
plastische Grabepitheme mit diesem bildlichen
Typus, vgl. F. Hauser, Oesterr. Jahresh. 6 (1903),
106 f., A. 24. V. Salis, Heinemann, BkzUr a. a.O.
— Sodann 2S) Lekythos im Ath. Nationalmus.
nr. 1928, CoUignon-Couve nr. 1655 (p. 528), vgl.
H Wallis, Pictures from the greek vases: The
trhite ath. lekythoi pl. 10. Fairhanks (1907)
S. 258 f. (cl. 6, 1, 3). Luna 72, 2. Heinemann 70,
9. Riezler S. 9, A. 16. Die Darstellung ist im
Typus etwas verschwommen und aljfvveichend
vom Herkömmlichen, insofern als hier die Dai-
monen, beide unbärtig, die Tote auf einem vor
dem Grabmal stehenden Stuhl oder Bett nie-
derzulegen scheinen; das Stück ist allerdings
sehr zerstört, Einzelheiten bleiben unklar. —
Desgleichen weicht vom Hergebrachten ab
24) die Lekythos ebd. nr. 12783, G. Nicole, Cat.
Suppl. 212, 1009, pl. 16. Lnng 72 ff., 10. Heine-
mann 70 f., 7. Riezler 9, 16. Fairhanks (1914)
82f. (11, 2,3a). Wieder handelt es sich hierum
eine junge Frau; die zwei Daimonen aber, mit
gegürtetem Chiton bekleidet, sind da beide
bärtig gegeben ; ferner ist der Gruppe Hermes
gesellt, bärtig, mit Flügeln an den Fersen, mit
Chlamys angetan, mit Kerykeion in der R.,
und spielt sich die S/.ene nicht am Grab, son-
dern in der durch einen Baum oder Busch
mit langen kahlen Zweigen angedeuteten freien
Landschaft ab; all diese Abweichungen vom
Gewöhnlichen machen Riezler (vgl. auch Hei-
Thauatos (Kunstdenkmäler) 51t>
netnann S. 71, A. 2) das Stück verdächtig, zu-
dem gibt ihm die Figur des Hermes, beson-
ders in der Zeichnung der Chlamys, auch zu
stilistischen Bedenken Anlaß. Direkt auszu-
schließen ist die Lekythos, s. Z. im athenischen
Kunsthandel, bei Vottier p. 26, 5, pl. 2, als mo-
derne Fälschung verworfen von Robert, D. Lit.-
Ztg. 5 (1884), 1796, vgl. auch Winnefeld, Hypnos
6,4. Körte bei Pauly-Wissowa 6, 2091, 63 ff.
10 Steinmetz 62,117. Lung 74, 1. Wasei; Arch. f. j
Riv. 16 (1913), 367, 4. Heinemann 70,10. Riezler f
a. a. 0. Fairhanks (1914) S. 226. Dafür erfährt
der bisherige Bestand durch Fairbanks Ver-
mehrung um zwei Exemplare, 25) u. 2ö) Le-
kythen in athenischen Privatsammlungen, die
eine aus Pikrodaphni, Fairbanks a. a. O. (1914)
S. 16 (cl. 9, l,22f.), deren Depositio- Darstel-
lungen ziemlich genau entsprechen derjenigen
der Berliner Lekythos o. nr. 18; bei der Leky-
20 thos aus Pikrodaphni aber ist ähnlich wie bei
der als nr. 24 aufgeführten die Stele wegge-
lassen, bzw. ersetzt durch einen mit Tänien
geschmückten Tumulus und einen belaubten
Baum. — Angeschlossen seien hier zwei inter-
essante Beispiele eines Nachklingens dieses
Hypnos-Thanatos-Motivs außerhalb Attikas in
nichtgriechischer Kunst: 27) eine singulare
etruskische Wandmalerei in der 1865 entdeck-
ten, 1873 wieder geöffneten sog. Tomba della
30 Pulcella zu Corneto (Tarquinii), deren Gemälde
stilistisch den rf. attischen Vasen im Übergang
vom strengen zum schönen Stil entsprechen
(erinnernd an die Meisterschalen des Euphro-
nios und seiner Genossen), somit etwa um die
Mitte des 5. Jhs. entstanden sind, vgl. G. Körte,
Ant. Denkm. 2 (1899/1901), S. 6f., T. 43,3. o.
Bd. 3, Sp. 2112, 7ff.: zwei nackte, jugendlich
unbärtige Flügeldaimonen (zum braunroten In-
karnat kommt grünlichblaue Zeichnung der
40 Flügel), von vorn gegeben, doch die Köpfe im
Profil nach außen gewendet, nach 1. der eine,
der andere nach r., halten herabschwebend mit
beiden Händen (in symmetrisch entsprechender
Anordnung) ein großes, mit kreisförmigen Ver-
zierungen versehenes Tuch schweren Stoffes,
offenbar, um es über den darunter im Alkoven
ruhenden Toten zu decken. — Und 28) das Dipty-
chonrelief aus 'S. Gherardesca zu Florenz im Brit.
Museum, das, wohl noch dem 4. Jh. n. Chr. zuge-
50 hörig, wahrscheinlich die Apotheose des Kaisers
Constantius Chlorus darstellt, vgl. Daremherg-
Saglio, Biet. 2, 275 f., fig. 2460 (darnach uns.
Abb. 13). Emile Molinier, Hist. gen. des arts ap-
pliques ä Vind. 1, 35 f., 40 (mit Textabb.). Hans
Graeven, Repert. f. Kunstwiss. 21 (1898), 32. o.
Bd. 3, Sp. 2112, 11 ff., wo wieder zwei nackte Flü-
geldaimonen, diesmal gehörnt und der r. bärtig,
den vergötterten Kaiser himmelwärts tragend;
dieser in sitzender Haltung hat seine L. auf die
60 Schulter des bärtigen Daimons gelegt, die R.
aber mit sprechender Gebärde erhoben, dabei
emporblickend, als öffne sich ihm der Himmel,
als erschaue er die Götterversammlung, die
über ihm im Hintergrund wiedergegeben ist.
Des weitern gibt es noch ein paar Vasen-
bilder, bei denen die Erklärung einer Flügel-
gestalt als Thanatos wenn nicht geradezu sich
aufdrängt, so doch jedenfalls nicht weit abliegt.
Ol
Thanatüs (Kiuistdonkniäler)
Thanatos (KuriHtdenkmäler; 51i^
(Jenannt sei 2Ö)
(lerKantbarosaus
Nola im Stil des
Epigenes, aus 8.
Pourtalesimlirit.
Museum E 155
(rae.3,143f.),vgl.
Th. Panoßa, Bh.
Mus. 2 (1828),
452 f. und Cah.
J'oiirtah'S p. 37,
pl. 7. Bnoul-Jio-
chette, MoH. in cd.
p. 205 ff. , pl. 40.
Klügmann, Mein.
d. 7. 2 (1865), 388 '
92. Klein, Arch.
Ztg. 38 (1880),
189 f. Robert,
Than. 43 ; Bild u.
Lied S. 210/12.
Jul. Vogel, Scenen
eur. Trag, in gr.
Vasengem. 116, 1.
141 f. Foerster,
Verh. d. 40. Pin-
iol.- Vers. (Görlitz
1889) 306, 23.
Milchhoefer,
Arch. Jahrb. 9
(1894), 75. Cecil
Smith, Class. Bev.
9 (1895), 277/80.
Höfer 0. Bd. 3,
Sp. (993, 32 ff.).
1012, 32 ff. Art.
Orestes. Beinach,
Bep.d.v. 1,429,1.
Waser hei Pauly-Wissoua- Kroll, B.-E. s. Ixion.
Auf einen Altar im Mittelpunkt des einen Bildes
hat sich ein bärtiger Mann geflüchtet, der von
einer Schlange in die 1. Schulter gebissen wird,
mit Schwert in der ausgestreckten R., Schwert-
scheide in der L., nackt bis auf das Wehrge-
hänge; er hat soeben den Jüngling ermordet, Aqi\
von l.her ein nackter bärtiger Daimon mit mäch-
tigen Schwingen am Kücken, Thanatos, in seinen
Armen auffängt; dem Thanatos entspricht r.
ein herbeieilender Bärtiger mit Zepter in der
vorgestreckten L. , mit der R. zum Steinwurf
ausholend. Man hat in dem Schutzflehenden
Orestes, Laokoon oder Ixion vermutet, identisch
scheint er mit dem nackten Missetäter des Bil-
des auf der andern Seite, nach Panofka wie-
der Orestes, nach KÜigmann Ixion; Bobert na-
mentlich hat im Hinblick auf die beidemal
entsprechend gestaltete Hauptfigur beide Dar-
stellungen demselben Ixion-Mythos zugewiesen,
weiteres zumal Smith beigebracht. — Ferner
30) die campanische Amphora, gleichfalls aus
Xola, zu BerJin nr. 2991 (Furtiiängler, Beschr.
S. 835): 1. steht nach r. ein Mann (Thanatos?)
in kurzem Chiton und mit großen Rücken-
tiügeln, mit kurzem schwarzom H'.iar, bloß
konturiertem (tongrundigeml Bart, etwas krum-
mer Nase (8. auch nr. 31) und geöffnetem Mund,
den Zeigefinger seiner L. gegen Hermes erhe-
bend, der in der üblichen Weise gekennzeichnet
■3"
13) Diptychonrelief im l-5rit. Mu-
seum (nach Daremberg-Saglio, Dict.
2, flg. 2460).
ist. — Femer 81) der rf. Stamnos aus Chiusi,
aus S. Casuccini im Museo Naz. zu Palermo,
vgl. E. Braun, Bull. d. 1. 1838, 85 f. Jahn,
Ann. 20 (1848), 216, t. d'agg. K (Aj. Hty
demann, Arch.- Ztg. 29 (1872), 59 ff., nr. 77
z. T. 46. Bobert, Than. 44. Daremberg-Saglio,
Dict. 1, 1100, fig. 1357. Waser, Charon S. 138,
23. Pottier, Alb. des Musees de prov. 73. Bei-
nach, Bep. d. V. 1,278, 1. In dieser Darstellung,
10 die man auf den Selbstmord des Aias bezieht,
naht der geflügelte Daimon, der auf Thanatos
sich deuten läßt, von r. ; mit kurzem gegürte-
tem Chiton ist er bekleidet und vor allem hier
unbärtig, ferner krummnasig (vgl. Thanatos bei
nr. 16 und 30, sowie den Cham der Etrusker) ;
indem er beide Hände vorstreckt, nimmt er
durch Zugreifen oder Handauflegen Besitz von
seinem Opfer; so ist die Bewegung der Händt'
gewiß glaubwürdiger erklärt als durch die
20 Annahme, es sei der (hier männlich gegebene;
Daimon, der dem Aias die verwundbare Stelle
weist, nach Schol.Soph.Aias 833 (Aisch. frg.lH N.),
welchen immerhin nicht wenig bestechenden
Gedanken Bobert geäußert hat. — An Thana-
tos hat E. Pottier gedacht bei 32) der jugend-
lichen Eros- ähnlichen Flügelgestalt, die ein
Mädchen verfolgt mit kurzem Schwert in der
gesenkten R. und Schwertscheide in der vor-
gehaltenen L., auf einer gleichfalls zu Palermo
30 befindlichen Amphora, vgl. Ileydemann a. a. 0.
65, 48, T. 45 (wo die Deutung „ Boreade in
Liebesverfolgung"). Beinach a. a. 0. 1,410, 2.
Ist die Deutung auf Thanatos in diesem Fall
sehr fraglich, so ist sie es nicht minder (im-
merhin unter den vorgebrachten nicht die
schlechteste), 33) bei jenem Daimon auf der
Ficoronischen Cista (aus Praeneste im Museo
Kircheriano zu Rom, Heibig, Führer-^ 2, 303 ff".,
1752), jenem bärtigen Zuschauer mit den mäch-
40 tigen Flügeln am Rücken, der finstem Blickes
am Vorgang teilnimmt, indem er sein 1. Bein
auf einen Felsen aufstellt („ein echt polygnoti-
sches Motiv", s. Sp. 512, 42 ff.) und nachdenklich
mit der L. das Kinn stützt, in der Abb. o. Bd. 1,
Sp. 527 mit Fragezeichen Eidolon genannt, im
Art. Sosthenes Bd. 4, Sp. 1232 f., 17 von Pflster
für Sosthenes abgelehnt, dagegen angesprochen
als Boreas, welche Deutung auf Gerhard zu-
rückgeht, auch aufgenommen worden ist von
50 Behn, Plcoron. Citta (Diss. Bostock 1907) 33 ff",
und H. Bulle, Der schöne Mensch' Sp. 633 z.
Abb. 194 f, wo „der rauhe Mann mit den großen
Flügeln, der finster auf die Szene schaut," be-
zeichnet wird („nach der glaublichsten Deu-
tung") als „Boreas, der Nordwind, der Schutz-
gott des nordischen Bebrykerlandes, ein Gegen-
stück zu der Griechenbeschützerin Athena" (auf
der andern Seite). Nun wiederholt sich aber
die Figur auf weitern italischen Denkmälern
60 (s. Behn S. 34f.), zumal mit Namensbeischrift
als Kalchas verwendet auf dem etruskischen
Spiegel im Museo Etr. Greg, des Vatican bei
Helbig^ 1, 371 f., nr. 642, sie ist also in der
Komposition der ficoron. Cista wohl eine der
Zutaten dea italischen Künstlers, und da die
Etrusker mit Vorliebe Todesdaimonen in ihre
Darstellungen einmengten, läßt sich immerhin
auch hier an Th. denken, den Daimon des
r>ii»
'riianalo.>s iMmstdeiikmiilcr)
Thanatos (.KunsyenkiuiUen
;>:^U
14) Epheii^ches Säulearelicr im Brit. Museum (nach
Bruckiiu T. 52).
Todes, der auf sein Opfer wartet, in diesem
Fall auf den Tod des Amykos, vgl. Bulle, Der
schöne Mensch^ S. 49 (zu T. 135). — Unsicher
auch bleibt bildliche Darstellung des Thanatos
im Rahmen ebenso unsicheni künstlerischen
Niederschlags der Alkestissage. Nur gestreift
:fiei 34) der attische spät-sf. Skyphos im Mu-
seum von Kopenhagen, Bull. Nap. n.s. 5, t. 11
{Beinach a.a.O. 1,489 f.), mit Darstellung des
nackten unbärtigen Herakles, der, tüchtig aus-
schreitend, die Keule in der L., mit der R.
•ein Ungeheuer am Strick aus einer Höhle her-
auszuführen scheint, eine Karikatur doch wohl,
in der Art derjenigen auf einer Kanne gleichen
Stils zu Berlin, Arch. Ztg. 1885, 14, T. 7, 2
{Beinach 1, 450, 4;; an der Leine sieht man
lediglich einen riesigen menschlichen Kopf mit
heraushangender Zunge; der Typus der Hand-
lung aber ist am ehesten der des Kerberos-
abenteuers, und so hat denn die Annahme Furt-
u'änglers o. Bd. 1, Sp. 2221, 30 if., es handle
sich um scherzhafte Bildung des Kerberos als
scheußlichen Wächters der Unterwelt, entschie-
den mehr für sich als der Gedanke an des Hera-
kles Sieg über Thanatos. — Dagegen ist, wenn
jiicht sicher, so doch trotz allen Einwendungen
höchst wahrscheinlich Thanatos wenigstens in
-einer Alkestisdarstellung nachgewiesen (und da-
jnit zugleich ein statuarischer Thanatostypus ge-
wonnen, belegt und festgelegt für das 4. Jahrh.)
*55) auf der reliefierten Säulentrommel im Brit.
3rluseum von einer der 'columnae caelatae' des
Artemision zu Ephesos, vgl. Cat. Sculpt. Br.
Mus. 2, nr. 1206, T. 23. Bruckm. T. 52 (darnach
.nns. Abb. 14). Baumeister Abb. 281. Klass.
JSkulpt.-Schatz nr. 61. Das Museum 3, 118. Col-
JignoH' Baum garten, Gr. Plast. 2. 416 ff., Fig. 205 f.
Beinach, Bep. de rel. 1, 139 f. Hier ist nach Bo-
hert, Thuu. 36 ff. (/,. T. 3) ArcHi. Märchen 160 ff.
170 ff., T.1,1 Thanatos zu sehen in dem von
vorn gegebenen nackten Epheben mit mäch-
tigen Adlerflügeln am Rücken und großem
Schwert an der l. Hüfte, befestigt an doppel-
tem, über die r. Schulter laufendem Kiemen;
(las r. Bein ist Standbein, das l, fast ganz
entlastet, seitlich gestellt; die r. Körperhälfte
hat stark gelitten, doch war wohl die R. ohne
Attribut gesenkt an der Seite herabhangend,
die L. ist erhoben mit sprechender Gebärde
d.'s Grußes oder des Abschieds, die, wie auch
der wehmütige Blick des leise geneigten
Kopfes, der Frauengestalt r. gilt, also Tha-
natos, der mit dieser Geste die Alkestis aus
seiner Macht freigibt, sie dem Hermes weiter
r. überläßt, der, am Kerykcion ohne weiteres
kenntlich (abg. o. Bd. 1, Sp. 2416), bereits sei-
nen Blick nacli oben richtet, im Begriff eben,
die Alkestis an die Oberwelt zurückzugelei-
tcn; denn daß der Hades Schauplatz der
Szene ist, bezeugt direkt auch die Gegenwart
von Hades und Persephone, weiter r. hinter
Hermes, denen auf der andern Seite 1. von
Thanatos Herakles dürfte entsprochen haben,
der Befreier der Alkestis, freilich nur noch
in dürftigen Resten erhalten. Früher vor-
geschlagene Benennungen für die Flügelfigur,
wie Agon {Äy^av cptgav uXrfjQccg Paus, ö, 26, 3,
vgl. E. Curtiiis, Arch. Ztg. 30, 1873, 72 ff. zu
T. 65 f., der an einen Wettstreit dachte zwi-
schen den von Hermes zu ApoUon geführten
Musen, wobei Agon zugegen, der Genius des
Wettstreits), Eros (Furtwängler, Eros in der
Vasenm. S. 89), Boreade {B. Engelmann, Arch.
Ztg. 1879, 114, der die Darstellung auf die Ar-
gonauten bei Phineus vor Ankunft der Har-
pyien beziehen wollte) hat Bohert schon Than.
S. 38, 3 registriert und zurückgewiesen ; in seinen
40 „Arch. Märch." 160 ff. aber widerlegte er Ke-
kule, D. Lit.-Ztg. 1880, 382 und Wolters in
Friederichs- Wolters, Baust. 430, sowie besonders
auch die Deutung Benndorfs , Bull. com. 14
(1886), 54 ff. aut eine Episode aus dem Paris-
urteii mit Eros; weiter hat A. H. Smith, Journ.
ofhell.stud. 11 (1891), 278ff. an die Schöpfung
der Pandora gedacht. Doch unter allen Deu-
tungen bleibt die von Bohert die am besten
begründete, einzig stichhaltige, ja, sie darf
50 gelten als eine der glänzendsten archäologi-
schen Interpretationen überhaupt. Ihr haben
schon Overbeclc, Gr. Plast* 2,131 und gegen
Curtius auch Bayet, Mon. de Vart ant. 2 (pl. 50)
zugestimmt, u. a. auch ColUgnon- Baumgarten
2,418. Bloch 0. Bd. 2, Sp. 1371, 6ff. und Alk.-
Stud. 50 f. (= N. Jahrh. 7, 131). Beinach, Bep.
de rel. 1,139 f. Schredelseker, De saper st. Gr.
quae ad crines pert. (Diss. Heidelh. 1913) S, 32,
2 usf., ablehnend Klein, Gr. Kunst 2,300.
&Q Heinemann S. 12, schwankend Springer -Wol-
ters'^'' S. 331 f. (Abb. 606 f.). — Was Bohert im
Anschluß an die ephesische Darstellung ,.Arch.
Märch." S. 175 ff. des weitern für Thanatos in
Anspruch nimmt, ist kaum hierher gehörig: für
das pompejanische Wandgemälde {Heibig nr.
1305) ist schon o. Sp. 4.87, 44ff. zugunsten der
üblichen Beziehung auf die Opferung der Iphi-
geueia entschieden worden; die beiden Statuet-
521 Thanatos (Kunetdenkmäler) 'l'hanatos (KunstdenkmiUer) 522
tenvascn aus Olhia und Tauagra, die ein von 2. Auti. von Hclbujs Führer (1, 108 if., 189) mit
einem geflügelten .Jün^'lin<r oreraubtes Mildchen aller Bestimmtheit vorf^etragene Deutung de«
zeigen (vgl. auch Freller- Robert l,84ö, 2), Hnden Eros von Centocolle auf Thanatos {Furtwängler,
doch besser ihre Einordnung unter die Dar- Meistcrw. 542,7. Collignon a. a. 0. 335, 4) in
Stellungen des Raubes der Oioithyia durch der 3. Aufl. als vorfehlt wieder aufgegeben.
Boreas, sind z. B. auch aufgeführt von Wer- Es ist indes nicht abzusehen, warum die später
nicke Art. Boreas bei Fauly- Wissoiva 3, 728, so geläufige Darstellung des Todesgenius hier
31 ff. (nr. 30f.). — Eigentlich todumwittert, tod- nicht schon wenigstens vorgebildet sollte an-
umdräut erscheinen Alkestis und Admet auf genommen werden dürfen; freilich (und in die-
dem o. erwähnten rf. Krater mit Volutenhen- lo sem Punkte hat, wie übrigens auch in andern
kein im Cab. des Med. zu Paris, wo die beiden Fällen, gegenüber Lessing der minder beach-
voneinander Abschied nehmen zwischen zwei tete Herder tiefer geschaut, bereits die rich-
mit Hammer und Schlangen drohend auf sie tige Einsicht gehabt) nicht eigentlich um Tha-
eindringenden etruskischen Daimonen, grausen natos, den Todes gott kann es sich dabei han-
Charungestalten mit scheußlicher Fratze, abg. dein, sondern, wie schon Herder (der in sei-
als Titelkupfer z. 2. Bd. von (r. Dennis, Cities nem immernoch ungemein lesenswerten „JVacTj-
and cemet. of Ktr.^^ vgl. auch Petersen, Arch. trag zu Lessings Abhandlung" ^1786,288. *1796,
Ztg. 21 (1863), 108 f., T. 180, 3. J. Martha, L'art 302 = Sämtl Werke,hg. vonBernh. Suphan Bd.15,
etr. p. 487, fig. 324. Waser, Charon S. 83. 134 f., 437 mit Recht unterscheiden fiiöchte zwischen
15. Beinach, Bep. des vases 1, 395, 1. Heine- 20 mythologischen Göttern und allegorischen We-
mann S. 81, 1. sen) a. a. 0. 450f. ausführt, um einen „Euphe-
An der Richtigkeit von Roberts Deutung mismus der Kunst, den man über den Tod auch
des ephesischen Säulenreliefs hängt sehr viel: in der Sprache liebte'' (vgl. o. Sp. 507, 32. 510,
darf man mit ihr rechnen, so darf man zu- 9 ff.), um einen Ersatz bloß für den eigentlichen
gleich ii'oöer^ (T/m». S. 44; Arch. Märch.'&.llQ) Thanatos: „Aus Sprache und Kunst ward er
zustimmen, „daß hier der erste Keim für die verbannet, und in der letzten ein Genius an-
spätere Verwendung der Eroten als Todesgötter die Stelle gesetzt , der — nicht den Tod vor-
vorliegt" (nur sagt man gewiß zutreffender stellen sondern seine Idee verhindern, d. i. ihn
„als Todes genien"). So hat man bereits auch nicht vorstellen, vielmehr verhüten sollte, daß
36) bei dem berühmten, vielfach überschätzten 30 man nicht an ihn dächte" ; nach Herder auch
Erostorso von Centocelle, dem „Genio del Ya- ist von den beiden Jünglingen der Schlaf eigent-
ticano'' {Helbig^ 1, 117 f., 183. Bruckm. T. 379. lieh der Hauptbegriff : „denn da die ganze°Vor-
Furtwängler, Meisterw. S. 540 ff., Fig. 101. Col- Stellung auf einer Allegorie beruhet" (und das
lignon, Les stat. fun. p. 334 ff., fig. 213. Löivy, ganze Bild vom Schlaf ausgeht), so muß dieser
Gr. P/a5i.- S. 72 f., T. 79, 152. 84, IGl) und seinen seinem Bruder Bedeutung geben, und der Tod
zwölf Repliken (vgl. i^wri(M;ry7i^?er a. a. 0. Klein, steht eigentlich nur der Symmetrie wegen da
Prax. 233, 1, der farnesische Eros zu Neapel in (S. 451 f.). Ferner hat schon Herder bei Lessing
Abb. 0. Bd. 1, Sp. 1359. Furtwängler Fig. 100. eine genauere Festsetzung vermißt, „von wel-
W. Rolfs, Neapel, Ber. Kunstst. nr. 29, S. 67 f., ehern Volk der Alten und von welcher Zeit er
Abb. 39. Löwy a. a. 0. T. 79, 153) vermutet, daß 40 rede"; alle Denkmäler, die er anführe, seien
dieser Typus des Flügelknaben nicht mehr den ja römisch (S. 479, 1, wobei er mit Recht auch
eigentlichen Liebesgott meine, vielmehr den die Etrusker anzieht, denen man angesichts
aus dem Eros abgeleiteten „Thanatos". Die L. ihrer eigenen ausgebildeten Genienlehre sehr
hielt den Bogen^ wie ihn Apollon-Helios führt wohl einen bestimmenden Einfluß auf Ausprä-
als der rächende Todesgott (z. B. in der Niobe- gung und Häufigkeit der Verwendung dieser
sage), dessen Pfeile die versengenden, morden- römischen Todesgenien zumessen darf), und
den Sonnenstrahlen sind, und wie der neu- anderseits, wenn dann auch mit dem schönen
griechische Charos ausgestattet ist mit Pfeil Knaben, der, geflügelt und ungeflügelt, ge-
und Bogen, den typischen Jagdwaffen, oder wohnlich schlummernd, mit noch lodernder,
auch als reitender Jäger gedacht ist {Waser, 50 aber gesenkter oder umgestürzter und ausge-
Charon S. 100). Für die gesenkte R. aber nimmt löschter Fackel (vgl. Preller- Robert 1, 845), mit
man nach Maßgabe der Statuette der Kandela- übereinandergeschlagenen Beinen dasteht, mit
bergalerie des Vat. {Helbig^ 1, 245, 381, z. B. einer Achsel auf die umgekehrte Fackel sich
auch Reinach, Stat. 2, 488, 1) und der Statue lehnend, die eine Hand unter das müde Haupt
im Konservatorenpalast {Heibig ^ 1, 538, 947. auf die Schulter gelegt, die andere an der
Reinach 2, 94:, 3. Colligno7i, Les stat. fun. S.dSoi.^ Fackel niederhangend, etwa mit Kranz, einem
Fig. 212) eine umgestülpte Fackel als Attribut Symposienkranz, hindeutend auf gehabten Ge-
an, das Symbol des erlöschenden Lebens (vgl. nuß , auf die müde Ernüchterung nach des
auch die „fax funebris"); und endlich scheint Lebens Rausch (vgl. Petersen, Rom. Blitt. 16,
dieser ,, Todesgenius" mit dem sinnend träume- 60 1901, 59. Waser, Art. Eros bei Pauly-Wissoica
rischen Ausdruck des leise wie in Wehmut 6, 508, 42 ff.), wenn auch mit dieser stereotypen
geneigten Hauptes selber schmerzlich betroffen Figur auf Urnen, Sarkophagen, Grabdenk-
durch sein Amt, das menschliche Leben zu malern der römischen Kaiserzeit immer wieder
vernichten. Vgl. Waser Art. Eros bei Pauly- der Genius des ewigen Schlafes gemeint ist,
Wissowa 6, 505, 20 ff'. Collignon a. a. 0. 333 ff. beachtenswert ist doch der Einwurf, den schon
Von „sepulkraler Bedeutung" wenigstens der Herder Lessing gemacht hat (S. 435): „Wie
Replik zu Neapel spricht auch Furtwängler 0. mancherlei Genien gabs, die Fackeln trugen
Bd. 1, Sp. 1361,63, dagegen wird die in der und sie also auch, wenn es die Bedeutung ge-
KosCHER, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 18
523 Thanatos (Kunstdenkmäler^
Thanatos (KunstdeuknüVlor) 524
1;'>) JHLapitolinisoher Prometheost&rkophag (nach Righetti, Detcr. del Campidoylio ], 75).
bot, umkehren konnten!" — was er des wei-
tern belegt, nachdem er zuvor schon (wie
neuerdings Petersen a. a. 0.) erinnert hat an
den K&aog des altern PhiJostratos {sU. 1 , 2), 20
ferner an den Eros in der 7. Gemäldebeschr.
des Jüngern Philostrat (Mijdeia iv KoXxois),
nämlich an den Komos, der da gleich dem
„Todesgenius" als stehend schlafender Melle-
phebe erscheint, das Antlitz zur Brust geneigt,
die L. am Ohrläppchen {ngoloßifo, nicht ngo-
ßolim nach Furtwänglers auch von Benndorf
verteidigter Konjektur), mit gesenkter, seitwärts
abgewandter Fackel, ein Bein über das andere
geschlagen (woraus man freilich auch schließen 30
will, in einem wirklich existierenden Gemälde
habe PhUostrat diese Figur falsch gedeutet,
d. h. er habe tatsächlich vorhandene Bilder
beschrieben, so zuletzt Fritz Steinmann, Neue
Sind. z. d. Gemäldebesdir. d. alt. Philostr., Biss.
Zürich 1914, S. 23flf., zu Philostrats Komos o.
Bd. 2, Sp. 1282, 9 ff. Paul Friedländer, Joh.
V. Gaza und Paulus Silent. S. 89), sodann an
den Eros im Medeiabild, der auf den Bogen
gestützt steht, wieder die Füße gekreuzt, die 40
Fackel gegen die Erde gewendet, „weil — die
Liebe noch nicht gekrönt ist" {Herder S. 433).
Für derartige Todesgenien sei verwiesen auf
die von Lessing seiner Untersuchung beigege-
benen Abbildungen. Reich an solchen Denk-
mälern ist z. B. das Museo lapidario zu Verona
(das Goethe zu schönen Worten gestimmt hat,
It. Reise 16. 9. 1786), wie ja auch Schiller den
Genius mit der umgekehrten Fackel verherr-
lichte; ferner vgl. für das Flügelkind als Ge- 50
nius des Todes (oder des Schlafes) Reinach,
Stat. 1,443. 445. 2,448. 454,3. 488/92. 812. 3,
133, 1. 142. 267, auf Sarkophagen etc. Reinach,
Rep. de rel. 3, 110, 2. 145, 3 (Relief in Villa Al-
bani, Helbig^ 2, 405, 1840). 199, 1 (kapitolin.
Prometheussarkophag, s. u. nr. 38). 210, 3. 212, 1
(Grabstein des T. Statilius Aper im Kapitolin.
Museum, Heibig'' 1, 423f, 773). 395, 4 (Relief
mit Darstellung der ünterweltsgötter im Va-
tikan, Amelung, Sculpt. d. Vat. Mus. 2, 23 ff ,6, 60
T. 3, wo für den Flügelknaben mit Fackel
auch die Deutung auf Thanatos); femer Col-
lignon, Les stat. fun. p. 329 ff., fig. 208 (wozu
z. B. Adonissarkophag im Lateranmuseum, Hel-
big^ 2, 38 f., 1202). 209 (Todesgenius zu Florenz
8. u. nr. 37). 210 f. (Terrakotten von Myrina und
der Kyrenaika). 214 (mittelmäßige Statue aus
der Gegend von Tivoli in der Kandelabergalerie
des Vat., Heibig- 1,253,402). 217 f. ('Eros en-
dormi' oder Eros-Hypnos) ussf; wie Pottier,
Lee. 78 braucht Collignon mit Vorliebe den
suggestiven Ausdruck 'Eros funöbre', so schon
bei Daremberg-Saf/lio , Biet. 1, 1609 s. Cupido.
Vgl. auch Gruppe 1050,5. 1070,9. Herausge-
hoben sei 37) der Todesgenius zu Florenz im
2. Gang der Uffizien, Amelunq, Führer S. 54 f,
78. Collignon a. a. 0. 330 f, fig. 209, ein typi-
sches Beispiel des mit traurig geneigtem Köpf-
ehen und gekreuzten Beinen stehenden Flügel-
knabeu; an des ergänzten Bogens Statt wird der
1. Achsel eine nach unten gekehrte Fackel als
Stütze gedient haben, an der der 1. Arm nieder-
hing, wogegen der rechte quer liber den Leib
zur 1. Schulter geht, an der die R. anliegt; weh-
mütig sinnend blickt der Genius dem Erlöschen
der Flamme nach. — Und 38) der Kapitoli-
nische Prometheussarkophag, Helbig^ 1, 437f ,
792, vgl. W. Vorl. Ser. D, T. 11,4. Baumeister
S. 1413, Abb. 1568; darnach 0. Bd. 3, Sp. 3235 f.,
Abb. 20 (hier wiederholt als Abb. 15). Collignon,
Les stat. fun. 373 f, fig. 238. Reinach, Rel. 3, 199,
1 : r. liegt am Boden ausgestreckt ein totes Men-
schenkind, über dem die entflohene Seele in
Schmetterlingsgestalt entschwebt und auf dessen
Brust der trauernde, mit übereinandergeschla-
genen Beinen stehende Todesgenius die umge-
stürzte Fackel aufsetzt (vgl. Lessings Titel-
kupfer und dazu Herder a. a. 0. 453). — Ferner
39) die sog. Gruppe von S. Ildefonso, seit Be-
ginn des 17. Jahrhs. in Villa Ludovisi zu Rom,
dann von der Königin Christine erworben und
mit ihrer Sammlung nach Spanien versetzt ins
Königl. Schloß S. Ildefonso, heute im Prado-
museum zu Madrid, Bruckm. T. 308. Baumeister
S. 1731, Abb. 1811. Furtwängler, Meisterwerke
S. 463 f, Fig. 76. Collignon- Baumgarten, Gr.
Plast. 2, 722 ff. , Fig. 352. Klass. Skulpt.- Schatz
nr. 501 (darnach uns. Abb. 16). Arthur Mahler,
Polyhlet und seine Schule S. 134 f. Klein, Prax.
S. 132 und Gr. Kunst 2, 151. 3, 343. Collignon,
Les stat. fun. p. 336 ff., fig. 215. Schon G. E.
Lessing hat „die sog. Brüder Kastor u. Pollux
in der Villa Ludovisi" einbezogen in seine
„Untersuchung", für die beiden Jünglinge die
Deutung vorgeschlagen auf Schlaf und Tod,
femer die r. beigefügte kleinere Frauengestalt
mit Kalathos auf dem Kopf als Nacht erklärt,
der beiden Mutter; widersprochen hat Herder
auch in diesem Punkt (S. 455f), dagegen hat
dieselbe so ansprechende Deutung (die übrigens
525 Thanatos (Kunstdenkmäler)
Thanatos (Kunetdenkmiller) 526
lö) Sog. Gruppe von S. Ildofonso im Pradomuseiim zu
Madrid (nach Klass. Skulpt.-Schatz nr. 501).
auch, unabhängig von Lessing, 1826 Ed. Ger-
hard geäußert) Welcher näher begründet, Alte
Denkm. 1, 375 — 391 und neuerdings wieder Col-
lignon p. 338 f. nachdrücklich vertreten. Die
Gruppe stellt sich dar als ein Pasticcio, be-
stehend in einem „bekränzten Knabensieger
polykletischen Stils" (r.) und einer „Variante
des praxitelischen Sauroktonos" (1.), in deren
Kopf schon Visconti glaubte die Züge des An-
tinoos erkennen zu können — diesen beiden
Jünglingen, denen noch gesellt ist eine archai-
sierende Statuette der Kora; falls sich für den
Jüngling 1. die Zugehörigkeit des Kopfes er-
weisen läßt, wird man etwa an die „1'odes-
weihe des Antinoos" denken: auch so bleibt
für den Fackelträger r. die Deutung als Todes-
genius zu Recht bestehen, erhärtet durch die
attribuf,ive Beigabe der auf seiner Seite ange-
brachten Kora mit Granatapfel in der R.
Darf man aber diese Gruppe des „Antinoos mit
dem Todesgenius" kunstgeschichtlich ernstneh-
men, so ordnet man sie am besten ein in die
Gefolgschaft von Werken eklektischer Richtung,
wie sie Pasitelesund die „Pasiteliker" geschaffen,
hat man doch auch bei diesem Jünglingspaar
an Orestes und Pylades gedacht, mit welchen
Namen schon eine andere, direkt der pasiteli-
schen Schule entstammende Gruppe {Briickm.
T. 307) belegt worden ist. — Auch als Münz-
bild tritt der Todesgenius häufig auf, doch
erst im 2. und 3. Jahrh. n. Chr., vornehmlich
in Städten Moesiens (Kallatis, Markianopolis,
Nikopolis am Istros, Tomis) nnd Thrakiens
(Anchialos, Bizye, Hadrianopolis, Pautalia, Phi-
lippopolis, Plotinopolis, Topeiros, Traiane Au-
guste, Traianopolis), ferner in ein paar klein-
asiatischen Städten (Aphrodisias in Karlen und
Tripolis in Lydien, Dorylaion und Laodikeia
in Phrygicn, ßithynion Klaudiopolis, Kios und
Trusa am Olympos in Bithynien), vgl. Hans
Riggancr, Eros auf Münzen, Ztschr. f. Num.
8 (1881), 1)5/97. Waser Art. Eros bei Pauly-
Wissowa G, 609, 16 ff. 516 ff., 26 ff. Jlead, Hut.
num.^ 288 (Plotinopolis). 672 (Dorylaion), 680
10 (Laodikeia). Für die Münzen von Kallatis vgl.
insbesondere Behrendt Pick, Die ant. Münzen
Nord-Griechenlands Bd. 1 (Dacien und Moesien)
S. 95. 113, 300. 115, 314, für Markianopolis ebd.
193. 217, 633. 232, «J99. 251,796, T. 16,7, für
Nikopolis ebd. 339. 353, 1241. 377, 1366/68. 414,
1591 (?). 1592. T. 10, 5 f., für Tomis vgl. B. Pick
und Kurt Begling ebd. 616. 632. 671, 2667.
760,2940. 785,3044, für Anchialos vgl. Fr.
Münzer und Max L. Strack ebd. Bd. 2 (Thra-
20 kien), S. 271, 613. Kaum vom Todesgenius ist
zu reden bei dem auf einem Löwenfell(?) nach
r. ausgestreckt schlafenden Flügelknaben auf
Kupfermünzen von Nikopolis mit lulia Domna
und Caracalla (Pick a. a. 0. 393, 1468. 396,
1489, T. 16, 4); die Fackel, die auf der Löwen-
haut vor dem Schläfer (Eros-Hypnos?) liegt,
macht ihn noch nicht zum Todesgenius, ist
ja häufig des Eros Attribut, anderseits bringt
ihn das Löwenfell in gewisse Beziehung zu
3.) Herakles, wie Eros z. B. als Bezwinger des Lö-
wen des Herakles Rolle übernimmt, vgl. Waser
a. a. 0. 512, 30 ff. Ebenso widerstrebt der Deu-
tung auf den Todesgenius die Erosdarsteliung
auf Münzen von Aphrodisias mit I6PA BOVAH
(z. B. Ernest Babelon, Inventaire somm. de la
Coli. Waddington p. 117, 2185 pl. 4, 16), wo Eros
stehend gegeben ist, die L. gesenkt mit Bogen
und Pfeil, desgleichen die R. mit nach unten
gekehrter Fackel, derßn Flamme gegen ein
40 kleines, vom Boden sich erhebendes Flügel-
wesen züngelt, nach der Form der Flügel zu
schließen Psyche. Dagegen vgl. für den Todes-
genius auf Münzen von Aphrodisias z. B. auch
Brit. Mus. Cat. of Caria p. 32, 42, pl. 6,2, femer
für die Kupfermünze von Bithynion Klaudio-
polis in S. Löbbecke, die auf der einen Seite
den nach r. gerichteten jugendlichen Kopf des
Herakles mit Löwenfell zeigt, auf der andern
den Todesgenius, vgl. Imhoof-Blumer, Bith. Mz.
50 S. 5 {Journ. internat. de VArch. num. 1, 1898, 15),
nr. 6. (Verschiedene der Hinweise verdankt der
Verf. gütiger Mitteilung von Dr. Fr. Imhoof-
Blumer). — Schließlich sind es die auf römi-
schen und selbst altchristlichen Sarkophagen
immer wiederkehrenden Todesgenien, die sich
in der byzantinischen Kunst verschmolzen ha-
ben mit dem christlichen Engel; zwei antike
Flügelgestalten leben in diesem fort: Nike-
Victoria und Eros-Cupido, nicht so eigentlich
60 der Aphrodite neckischer Sohn, vielmehr eben
der aus Eros-Amor abgeleitete Todesgenius,
Waser Art. Eros bei Pauly- Wissowa 6, 515 f.,
65 ff. Schweiz. Arch. f Volksk. 20 (1916), 474.
Auf die Allgemeingültigkeit des im antiken
Todesgenius beschlossenen Symbols, die es
tauglich macht für alle Völker und jede Re-
ligion, so auch die christliche, hat schon
Herder mif wundervollen Worten hingewiesen
18*
527 Thanna Thanr 528
(a. a. 0.457 f.); dafür, daß die Enjjel der ehrist- nr. 803 »>is veröttentliclit. die zweite und dritte
liehen Mythologie „nur getaufte und leicht von Gamurrini Append. nr. aiXJ, das Gefiiß von
verkleidete Eroten", vgl. C. Dilthey, Jenaer Lit - Cerveteri von Fübretti, C. 1. 1. suppl. 3 nr. 391.
Ztg. 1878, 420. C. Fredrich, Sark.-Stud., Gott. Zur Vermeidung von Verwech-slungen werde
Nachr. 1896, lOOf., endlich über die Entwiek- ich im folgenden diese sämtlichen Belege nach
lung des christlichen Engeltjpus, eein Verhält- ihren Fahret ti-lSlummern zitieren, w ol)ei der
nie zu den Victorien auf der einen, den Putten, Spiegel von Arezzo = Fahr. nr. 45'.>, die bei-
den Eroten auf der andern Seite vgl. Georg den von unbekannter Herkunft ■-= Fahr. nr.
Stuhlfauth, Die Engel in d. nltchristl. Kunst, '2505 bi« und i«a6r. nr. 2505 t<*r sind. Der Spiegel
in Joh. Fickers Arch. Stad. z. chriatl. Altert, n. lo von Orvieto hingegen findet sich noch nicht
Mittelalter H. 3, S 242 ff. fOtto Waser.J in den Werken von Fahretti. Die Darstellung
Thanna? Aus Messager de la 80cüt4 nrcheo- auf dem Spiegel Fahr. nr. 45U (Arezzo) habe
logique croate 1895 — 1896 p. 160 geben Cagnat ich s. v. seO-lans beschrieben. Es ist die Ge-
und Besnier, Rev. arch. 39 (1901), 476 nr. 216 burt der Minerva, und die -O^anr nimmt die
eine inTopusko (Pannonia Superior) gefundene soeben aus dem Haupte des tina neugeborene
Inschrift in folgender Fassung wieder: Vidaso Göttin entgegen. Den gleichen Gegenstand
et Thannae [sajcr. Dagegen lesen Kalinka und stellt auch der Spiegel Fahr, suppl. 3 nr. 394
Swoboda, Arch. Epigr. Mitt. atis Österreich- (Palestrina) dar, doch im einzelnen etwas ab-
l/n^fam 13 (1890), 16'nr. 2 = C. /. L. 3 Suppl. weichend. Es sind vier Figuren: im Mittel-
10819 p. 1740, denen Desf^au, Inscr. Lat. sei. 2 20 punkte sitzt auch hier Zeus (tina), und aus
nr. 3910 folgt: Vidaso et Tianae und erkennen seinem Haupte geht soeben die Minerva (me-
in Tiana eine ursprünglich barbarische Göttin, nerva) hervor; hinter ihm steht die i^anr, die
deren Name aber absichtlich an den Namen sein Haupt mit einer Binde zusammenpreßt.
Diana in volksetjmologischer Umgestaltung vor ihm die e^ausva, die sein Haupt und seine
angeschlossen worden sei. Vidasus sei vielleicht Schulter gefaßt hat; beide Göttinnen sind mit
vom Stamme vid- abzuleiten und würde wohl Stimbiude und Halsband geschmückt, mit dem
als Sonnengott zu deuten sein. Dagegen ver- Chiton bekleidet und geflügelt, eine Eigentüm-
mutet M. Ihm, Arch. Epigr. Mitt. 19 (1896), lichkeit eben dieses palestrinischen Spiegels.
78 in den beiden genannten Göttern Flußgott- Der Spiegel von Orvieto zeigt eine verein-
heiten. Nach obiger Inschrift ist die gleich- .so fachte Darstellung von der Gebui-t des epiur
falls aus Topusko stammende Inschrift (C. I. und ist von mir s. v. -O-alna beschrieben worden.
L. 3, 8941): Vidasotithanae sacr. zu korrigieren Auch hier streckt die -S-anr ihre Linke aus, um
in: Vidaso et Thannae bzw. Tianae. — Bei das Kind aus den Händen des hercle entgegen-
Gruppe in Bursians Jahresber. 187 {Supple- zunehmen. Die Szenen auf den Spiegeln Fahr,
menib.) S. 624 steht Thamna. [Höfer.J nr. 2505^18 und 2505 ter (on^. ine.) habe ich
Thanr (-O-aur) ist der Name einer etruski- s. vv. zipna und tipanu beschrieben. Beide
sehen Göttin. Dieser Name ist zunächst auf sind sehr ähnlich, jedoch mit dem Unterschiede,
fünf Spiegeln belegt, deren einer aus Arezzo daß auf dem ersteren Spiegel die beiden Göt~
stammt, einer aus dem Gebiet von Orvieto, tinnen alpnu und -ö-anr sich küssen imd die
einer aus Palestrina, während zwei unbekannter 40 -ö-alana und die sipna als Zuschauerinnen zu-
Herkunft sind. Weiter findet sich der Name gegen sind, während auf dem zweiten die al-
nnserer Göttin auf einer Bronzestatue unbe- panu und die a;^uvitr sich küssen, dagegen
kannten Ursprungs und auf vier Gefäßen, die -ö-anr und die tipanu zuschauen. Die
deren drei aus Chiusi und eines aus Cerveteri Bronzestatue stellt eine Priesterin dar, die
stammen. Dagegen liegt der Name unserer eben mit einer Patera eine Libation darbringt.
Göttin nicht vor in dem letzten Worte des Auf dem Rücken hat sie die Inschrift mi:
Perusinischen Cippus Fabr. nr. 1900, auf der -Ö-anrs = Mies [sc. die Statuette] der Thanr'.
Bronzestatue Gamurrini App. 87, wo IJeecke Orioli wollte dies '9'anrä in -^anas ändern, den
{Gott. gel. Anz. 1880, 1442) ihn in der Form Genetiv des Vornamens -d-ana, aber ohne jeden
tanr finden wollte, in den Formen -d^amri 60 Grund, denn das -O'anrs ist regelrechter Genetiv
{Gamurr. App. nr. 804 aus Corneto) und -O-anri zu -ö-anr, und zwar der bekannte etniskische
{Fabr. nr. 2344, gleichfalls aus Corneto), die Genetiv der Widmung (s. Pauli, Etr. Stu. 3,
Bugge {Etr. Fa. u. Stu. 4, 3ff. ; Bezzenhergers 78 ff.). Auf den vier Gefäßen haben wir den-
Beitr. 10, 36 u. 11, 14) als Dative zu unserem selben Genetiv, aber als besitzanzeigenden (vgl.
Namen erklärt hat. Die Literatur des Spiegels s.v. pa;Ki®8) und in altertümlicherer Form:
von Arezzo habe ich s. v. seMans, die der auf den drei Schalen von Chiusi lesen wir
beiden von unbekannter Herkunft s. vv. sipna -O-anursi, auf der von Cerveteri '9'anursi. Das
und tipanu gegeben, die des Or\'ietoni8chen -si ist ältere Form der Genetivendung -s (-s),
Spiegels s. v. -a-alna. Der Spiegel von Pale- wie ich schon früher (Etr. Fo. u. Stu. 3,
strina ist veröffentlicht in den Monum. ined. 60 47ff.) bewiesen habe, und das '9-an(n)ur ist
ddV Inst. 8, tav. LVI nr. 3, von Corssen, Spr. die ältere, noch voll vokalisierte Form für
d. Etr. 1, 372 und von Fahretti, C. 1. 1. suppl. 3 -Ö-anr. Daß diese ein inneres u gehabt habe,
nr. 394. Die Bronzestatue haben veröffentlicht folgt auch noch aus einer anderen Tatsache.
Micali, Storia etc. tab. XXXVH nr. 4 et 5, Der etniskische Vorname, den die Römer als
Vermiglioli Iscr. Perug. UO not. 5 == *47, Tanaquil geben, lautet in etruskischer Form
not. 3, Orioli AVbum 22, 171 und Fahretti, gewöhnlich 0'an;fvil, aber in der Inschrift Fa&r.
C. I. Z. nr. 2607, tav. XLIV. Die. erste Ton- nr. 2033 ter e (s. Deecke, Etr. Fo. 3, 160 nr. 20)
schale von Chiusi ist von Fahretti, C. I. I. ist -O-anucvil geschrieben, und dies ist die echte
' ''• Thapsos Thasios 530
iLr iM-ini. N\.iiiM-ini (liis '/Avcite a in l aiiatiuii der in ihm einen ähnlichen Heros venuutet
müderer Hilfsvokul ist, so daß die drei Formen wie Leukippos (s.d. nr. U), der gleichfalls auf
llamu'vil, ^aii^^vil, Taiuiquil sich verhalten, wie metapontinischen Münzen erscheint. Nach IL
\\Y\\\\%-, arnit, arani^. Da nun der Name ■ita- Holland, Ileroenvögel in d. griech. Mythologie
uucvil bedeutet ^»eschenk der Tlumr' (s. Fault, (Progr. Thomasgymnasium Leipzig 1896) S. 34, 2
AYr. Stx. ;:{, 110), also eine Namenbildung, birgt sich unter OaQQayögas, 'dem kühnen
wie griech. JioticoQO^ ^Geschenk des Zeus', so Redner' ein Beiname des Hermes Aoyiog oder
folgt auch hieraus, <laß die alti^ volle Komi des kyogaiog, wie unter Leukippos der in Boiotien
Namens unserer (liöttiM t)anur gelautet hat. Was verehrte Hermes At-vxög {Tzetz. zu Jjykophr.
nun das Wesen und die Bedeutung der (iöttin lo Alex. 679). [Höfer.]
selbst angeht, so ist sie ohne Zweifel eine Art Tharso {Oagaoa) Beiname der Athena, Schol.
Kntbinduugsgöttin, wie das nicht bloß aus Hom. II. 6,2. Nach O. PawZt in dies. Lex. .s. v.
den Spiegehlarstellungen, sondern auch aus tarsu (vgl. Veeclce, Bczzenhergers Beiträge 2, 164
dem soeben be8i)rochenen Vornamen ^anucvil, nr. 21 und bei Müller, Etrusker 2^,608) wäre
(leschenk der Thanr' sich ergibt. Sie hat tarsu, dem griechischen Occgam entsprechend,
verwandte Züge mit der -O-alna (s. d.), ohne auch eine Bezeichnung der Gorgo (vgl. auch
daß man sie deshalb, wie das früher geschehen d. Art, Tarsura). — Identisch mit der Athene
i-^t, mit dieser identifizieren darf. Das ist ©ccgom ist die Ath. @qu66), Lykophr. Alex. 936
•hon deshalb unmöglich, weil auf mehreren und Tzetz. z. d. St. (p. 302,32 Scheer) und zu
>piegeln {Fabr. nr. 409. 2505bis und die Or- 20 930 (p. 300, 16); vgl. -ö-pafftt' l4^dvu^Pind. Nem.
vietonischen) beide Göttinnen nebeneinander 3, 50. Gruppe, Gr. Myth. 1207, 10. Usener, Der
vorkommen. Bugqe (Jür. Fo. u. Stii. 4, iff.) Stoff' des griech. Epos {Sitzunysbcr.d. Kais. Akad.
will die -^anr mit der Ju^iärriQ identifizieren d.Wiss. inWien, Thilos. -hisi. GL 137 [1897], III)
und auch den Namen daraus ableiten. Dafür S. 52 = Kleine Schriften 4, 249 f. [Höfer.]
fehlen sachliche Anhalte, und sprachlich wider- Tharsos {Sägaog), Personifikation des Mutes
spricht auch das u der älteren Form ^anur. neben 'iG^vg und kcpoßia im Pinax des Kebes .
\C. Pauli.] 12. 13. ^ [Höfer.]
Thapsos {&dij}og), Kyzikener, von Polydeukes Thasios (0a<>to?),l) Beiname des Zeus auf einer
etötet, Val. Flacc. Argon. 3,191. [Höfer.] Inschrift aus Thasos: [z/t]6? [k]yooccLo Suoio.
Thargelios (©apy/jAio?: über die Schreibung so Über den auch durch Münzen usw. bezeugten
©agyrilLog: TaQyt]liog s. Eoscher, De aspiratione Kultus des Zeus auf Thasos s. Gh.Vicard, Rev.
vulgari ap. Graecos. Leipz. Diss. 1868 S. 50 ff. arch. 1912, 2, 54 f. Corr.hell 24 (1900), 270,10.
(= Ourtius, Stud. z. gr.u.lat. Gramm. llllA^.). I. G. 12, 8. 361. — 2) Beiname des Herakles.
E. Sittig, De Graecorum nominibus theophoris in Nach dem Bericht des Herodot (2, 44) befand
Diss. Phil. Hai. 20, 1912, 57. P. Kretschmcr, sich in Tyros außer dem Heiligtum des von den
Glotta 6 [1914], 77 Anm. 1; vgl. Ad. WilJielm, Griechen mit Herakles identifizierten Melqart
Sitzungsber. der Wiener Akad. phiL-hlst. Klasse (s. d.) ccllo Iqov 'HQav.Xtovg inavvulriv i%ovtog
175,31) Beiname des dem Helios gleichgesetzten Saaiov slvai; vgl. Belocli, Bhein. Mus. 49 (1894),
ApoUon, PJiot. -p- 79, 26f. (s.v. @aQy7]Xios. Suid. 131. Den Kult und den Tempel des Herakles
s.v. 0aQy7]Xiu (p. 1110, 10) Bernli.)\ [vgl. Etym. 40 auf Thasos, fährt Herodot (und mit ihm deckt
M. 443,22]: r]tpovv (am Targelienfeste) ccTCagxcig sich Paus. 5, 24, 12 [== Eust. ad Dionys. Pers.
tm d-i'Cp (dem Apollon) t&v TtscprivÖTajv y.uQTtMv., 517]; vgl. Wernicke, De Paus. Perieg. stud. He-
övoLia^oiisvov ccnb xov d-eosLv ri]v yf]v, röv rodot. 69) fort, haben Phönizier gestiftet, die
avTov övra rä'HXlco; vgl. B. Holland, Heroen- nach der Suche nach der von Zeus geraubten
Vögel in der griech. Mythol. (Progr. Leipzig, Europa sich dort niederließen, und zwar fünf
Thomasgyranasium 1895) S. 32. Thargelios ist Geschlechter vor der Geburt des thebanischen
nach der xA.nsicht von U. v. Wilamowitz, Hermes Herakles. Nach der Ansicht von Movers, Die
38 (1903), 581 ein alter Gott der lonier, der von Phönizier 2, 2, 276 (vgl. Wiedemann, Herodots
Apollon verdrängt worden ist. Bei Zitierung zweites BucJi 210) wäre unter dem Iqov 'Hqcx-
eines Verses des Analreon (P. L. ö*, 266 frgm. 50 ytXsovg Gaaiov in Tyros ein Heiligtum zu ver-
40): 6b ydg cpr] TaQyrjXiog iii^sXELog äiayistv be- stehen, welches dem Herakles in der Eigen-
merkt Choiroboskos bei Cramer, Anecd. Gr. schaft eines Schutzgottes der Thasier in Tyros
Oxon. 4, 411, 24 = Grammat. Gr. 4, II p. 25,20: geweiht und von den Thasiern, wahrscheinlich
ro öt TaQyrßiog övoiid iön öui^tovog; vgl. auch von einer Innung thasischer Kaufleute erbaut
Usener, Stoff' des griech. Epos in Sitzungsber. worden sei, die sich zur Vermittlung des tha-
d. Wiener Akad. 137 (1897), III S. 61 Anm. 5 sischen Handels in Tyros niedergelassen hätten,
zu S. 60. Über das Fest OccgyriXia s. A. Momm- natürlich zu einer Zeit, wo Thasos noch im
sen, Feste der Stadt Athen im Altertum. 468 ff. Kolonialverband mit Tyros stand. Ob dies
JSilsson, Gr. Feste 109 ff. [Höfer.] letztere jemals der Fall gewesen ist, ist mehr
Thargelos {Qd^yriXog) . Krieger des Dionysos 60 als zweifelhaft (s. d. A. Thasos), und ebenso
im Kampfe gegen Deriades, Norm. Dionys. 32, zweifelhaft (vgl. Furtwängler in BoscJiers Myth.
234. [Höfer^J ^ Lex. 1,2142. Em. Jacob, Thasiaca 10 f.) ist
Tharops {Odgaib) andere Form des Namens Herodots Behauptung von dem phönikischen
Charops (s. d.). Lobeck, Aglaopham. 238. 323 Ursprünge des thasischen Herakleskultes, der
Anm. e. [Höfer.] doch von dem der Nachbarschaft an der thra-
Tliarrjigoras ((-^aQQayoQccg), Heros auf Mün- kischen Küste (Abdera usw.) nicht getrennt
zen von Metapontum, Head, Hist. num.- S. 78. werden darf, v. Wilamowitz, pMripides He-
hnhoo/'-Blumer, Monnaies grecquesi). 6 BT. 21 ff., rakles"^ 20 Anm, 40. Herakles war in Thasos
531 Thasos Thasos
d-BÖg TcatQOMs, l^lyaen. 1, 45, 4. Seil» Tempel i^Unüiv, Ayi'ivoQog n-a/V, i]X^s Srißcciav x^ova
CHgomlBtoVy Hippocrat. 2, 666. 698. 3, 112 i^öav tjomV kyrivo{}Oi xooor Au<g, <i(p*
'HgaxXiovg ibqov, Polyaen. a. a. 0. J.G. 12, H, oti xccl Kdinia mxXi'iCxBtta, 'Poivi^, od-tv ?re(j
264 .4) war das bedeutendste der Stadt, Fre rovvo^* rj x<oqcc (p^Qn, x«i ^>a'öos^ Euripides
drich, Athen. Mitt. 33 (1908), 285. A. Wilhelm, neimt also zuerst de» Kadiuos als Sohn des
Neue Beiträge zur grüch. Jnschriftenlutide '^ Ageuor, dem er drei Söhne zuschreibt, die er
Sitzungsher. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien dann namentlich aufzählt: Kilix, Phoiuix, —
Phil.-hist. Klasse 166 (1910), U\ S. 30. ErwÄhnt und als dritter erscheint auf einmal Thasos,
wird femer ein xfjxog UgaiiXeogy 1. G. a. a. 0. während man die Erwähnung des (schon ge-
266,; ein Schiff heißt 7fpaxii)5 Kvrvx^Si ebd. 10 nannten) Kadmos erwartet. Daher schreibt
681 5. Auf Münzen von Thasos fflhrt er den Sdmeidewin (s. Nauck zu Eur. frgm. a. a. 0.)
Beinamen ZtoxriQ (s. d. Sp. 1268, 28ft.), und auf Ka<J^oe statt Gdrsog, und auch Fei. Jakuhy,
seine Eigenschaft als klf^lxaxo? bezieht sich Das Marmor rarium 3li Anm. 1 hält die
auch die InBchrift: 'Kporxif)? iv&d6s xarotxsf; Lesung Qdoog für immöglich; es müßte dafür
I. G. a. a. 0. 687 (add. ad. 627) p. X. Ein ar- Kdd^og eingesetzt werden, dessen Namen ent-
chaisches Relief aus Thasos stellt den knieen- fernt worden sei, weil er schon in den ersten
den bogenschießenden Herakles dar, Mendel, Versen vorkomme; den Namen f)daog habe
Corr. hell. 18 (1894\ G4ff. pl. 16. 24 (11)00), man eingesetzt, weil Euripide.^ wahrscheinlich
570 f., dieselbe Darstellung des Herakles findet auch den Thasos mit genannt habe, der mit
sich auf Stempeln thasischer Tongefäße, P. )H) Kadmos ausgezogen sei (vgl. oben Sp. 631).
Becker, Jahrb. f. klass. Phil. Suppl. 5, 462. Dagegen halten v. Wilamowit.:, Hermes 26
.Bcr^waiiM, 5<rrmeÄ 3(1869), 235 f. (mit weiteren (1891), 213 Anm. 2 zu S. 212 und P. Fried-
Literaturangaben), auf Münzen, Mendel, Corr. länder, Herakles {Piniol . Untersuch. 19) S. 12
hell 18, 66. Catal. of Gr. coins. Brit. Mus. Anm. 2 die überlieferte Lesart Odaog für ur-
Thrace 219 ff. Berl. Münzkabin.* nr. 307 ff. sprünglich. Ersterer emendiert zugleich den
Head, Hiat. num. 228 (266*). Das ist aber Anonymos bei Steph. Byz. s. v. &d6og wo bei
griechischer Stil, Furtwängler, Roschers M.L. Meineke steht: 'Siv.a öe ysvscctg'HQaxXiovg xai
1, 2165, 36 ff. Der thasische Herakles (Hqoc- Gdöog TCalairtgog, sI'tcsq &no kyrivogog Tlgolrog
xXi)s Gdatog) galt für den Vater des Pankra- ^r' in ^cctto 'Ayr,voQOg natgog t,v\ während
tiasten Theagenes (s. d.). Paus. 6,11,2; vgl. ao Em. Jacobs, Thasiaca (Diss. Berl. 1893) p. 12
Bd. 1, Sp. 2527, 20 ff — 3) Thasios, Sohn des Anm. 36: für Ugolrog: ngcbrog vorschlägt. —
Anios, 8. Thasos (a. E.). — 4) Thasios Variante 2^ Sohn des Phoinix. Denn bei Herod. 6,47:
für Phrasios (s. d. nr. 1), wo nachzutragen ist oi f^olvi-asg ol {istd Odaov v.riaccvtsg rrjv vf^oov
Schal. Clem. Alex. Protr. 4, 57, 3 (p. 50 Potter) tavxr{v, ijXLg vvv in\ (v. 1. dnb) tov &doov
in der Ausg. von Stählin p. 314, 2: tovtov (des rovrov tov ^oivLxog t6 o^vo^a ^axs, womit
Pygmalion) ScdtXtpbv xarad'vsi ra Jil Bovoigig. Eust. ad Dionys. Per. 517 übereinstimmt, wird
[Höfer.] ^oiviY.og nicht Volksname sein — Herodot
Thasos (f>daog\ 1) der Überlieferung nach ein hätte dann wohl, wie 7, 91 (KiXixog tov kyri-
Phönizier, Eponymos von Thasos, der als Be- vogog dvdgbg (Polviyiog) dvögog ^oivixog ge-
§leit«r des Kadmos nach erfolglosem Suchen ^o sagt — , sondern Personenname, Belach, Rhein.
er von Zeus entführten Europa sich auf der Mus. 49 (1894), 130. Friedländer a. a. 0. 12
nun nach ihm benannten Insel niederließ, s. Anm. 2. — 3) Sohn des Poseidon, Arrianos
außer den unten angeführten Stellen Steph. bei Eust. ad Dionys. Per. 517. ApolJodor. 3,
Byz. s.\.f>daog. Herodia n ed. Lentz 1,205,28. 1,1,4. — 4) Sohn des Kilix, Pherekydes bei
Skymnos 661 tf. Demaporas im Schol. Eur. Apollod. a. a. 0.
Phoen. 7. Movers, Die Phönizier 2, 2, 274 f. In Nach Mart. Kremmer, De catalogis heure-
seiner Begleitung befand sich auch die Mutter matum (Diss. Leipzig 1890) S. 67 ff. soll Thasos
der Europa, Telephassa, J/>o/?od. 3, 1, 14, die derjenige gewesen sein, der zuerst das Gold
er später heiratete und mit der er — an den gefunden und bearbeitet haben soll. Freilich
unten erwähnten Stellen steht die Kurzform .^o stützt sich diese Annahme nur auf Konjektur,
Telephe (s. d.) — den Galepsos zeugte, Etym. indem Kremmer bei PHn. n. h. 7. 197 liest:
M. 219, 45 s. v. FccXritpog. Steph. Byz. s. v. Fa- ^auri metalli et flaturum Cadmus Phoenix ad
Xri'ipog. Suid. s. v. Fairiil^og (p. 1068, 1 Bernh.). Pangaeum montem, ut alii I'hasos {Thoas, codd.)
Die Genealogie des Thasos wird verschieden aut Acacus in Panchaia^ und bei Hyg. f. 274
angegeben, immer aber erscheint er, was er vorschlägt: ' Aeacus, lovis filius, in Panchaia
aber ursprünglich gar nicht ist (s. unten), als <^Cadmus autem Pangaeoy in monte (auf) Tha-
Phönizier; auch der Name Thasos ist nicht sos {Tasu cod.) aurum primus invenit^ -., vgl.
semitisch, A. Fick, Vorgricch. Ortsnamen 66 f. jedoch v. Wilamowitz bei Knaack, Hermes 16
Thasos gilt als: 1. Sohn des Agenor, Paus. 5, (1881), 589 Anm. 1.
25,12. iVown. D/onys. 2, 684. Schol. Eur. Phoen. qq In Übereinstimmung mit Belach, Rhein.
217, wo als seine Geschwister Kadmos (dieser Mus. a. a. 0. 111 ff. 131 (vgl. Friedländer a. a.
als sein Bruder auch bei Konon 37; vgl. 0. 0. 11 Anm. 2. v. Wilamoicitz, Euripides He-
Müller, Ordhomenos 115. Darier 1,453), Ke- rakles"^ 20 Anm. 40), der für die angebliche
pheus, Kilix, Phoinix (der auch sein Vater phönikische Kolonisation am Ägäischen Meere
heißt 8. Sp. 532,32), Europa und Phineus ge- den Mangel eines historischen Fundaments
nannt werden. Schwierigkeiten bereitet die nachweist und nur durchsichtige und späte
Angabe im Phrixosfragment des Euripides Kombination auf Grund von Mythen und Orts-
ifrgm. 819 N*): Hidmviov not' aatv KdS^og namen gelten läßt, meint auch 0. Roßbach,
fhVi) Thaulios Thaulios 5;M
Neue Jahrb. f. d. klass. Altert. 7 (l'JOl), 400 f. inschriftlichen Zeugnisse übor einen thessali-
(vgl. Deutsche Lilerdturzeit. 15 [1894], 178 f.), sehen C*r)atUtoff bestätigen diese Vermutung,
daß die Überlieferung, der Eponymos von die aber auch in ihrem zweiten Teile, daß der
Thasos sei ein Phöniker, ihre Entstehung Kultname gemeingriechisch sei, durch die fol-
sicherlich nur der Vorliebe für die Herleitung genden Zeugnisse als richtig erwiesen wird,
der liellcnischen Kultur aus dem Orient und b) 0avXicc (1. C^^atUtor)- ioQtij TccqccvtIvoi
gelehrter Reflexion verdanke. In Wirklichkeit &x^si6a vtco Kxfdxov tcuq' o y.a/ ^uvXi^kiv
sei der E]»onymos ein echt griechischer, im (qpafft add. Hewslerhusius) Xkyiriv xovg ^(ogietg^
'Walde und auf den Bergen hausender Daimon Hesycli. Die Glosse ist zwar nicht heil über-
gewesen, der auch auf Münzen von Thasos lo liefert (vgl. Nihnon, Gr. Feste 471): das nach
{Cat. of greeV coins hrit. Mus. Tlirace 216 f. koQxi]{o\^QnOiit Tocgavtlvoihai Verijer {%. Schmidt
Neue Jahrb. a. a. 0. Tafel zwischen S. 392/393 z. d. St.) auf die vorangegangene Glosse be-
Fig. 7) dargestellte halbtierische, stark be- zogen; aber die Eiwähnung des Kteatos, unter
haarte Silen, der eine Frau, die Stammutter dem doch wohl der Molionide zu verstehen
der Thasier, raubt und für den kein anderer sein wird, weist nach dem dorischen Kleonai:
Name passender sei als f)ä6og = ^Rauh' Kteatos wird als Stifter der Gavliu zu be-
(= SdGvg mit Lautwechsel des wohl aspirier- trachten sein, und das von diesem Feste ab-
ten (V mit %■). geleitete Verbum ^uvlltnv wird nichts ande-
Nach dem Vorgang von A. Meineke, Anal. res bedeuten, als 'die (»)avXici feiern', vgl.
Alcxandr. 17 Anm. 2 (vgl. K<dlim. frgm. 9 20 Hiller v. Gaertringen a. a. 0. 155.
p. 120 Schneider; vgl. auch E. Dittrich, Calli- c) f)avX(ov (s. d.), der Ahnherr der Thaulo-
maclii Aetiorum libcr I in Jahrb. f. hlass. Phil. nidai.
ßup2)l. 23, 185) bezieht auch Gruppe, Gr. Myth. Was bedeutet nun der Beiname OavXiog^
969, G das Schol. z. Ov. Ibis 475 (p. 470 Merk.: W. Tomaschel-, Die alten Thraker 2 in Sitzungs-
sacerdos ApolUnis Delii Anius fuit, ad quem ber. der phil.-hist. Kl. d. Kais. Akad. d. Wiss.
cum venisset per noctem Thasus, a canibus la- zu Wien 130 (1894), II S. 55 leitet den make-*
niatus est, unde nulhis canis Delon accedit donischen Namen des Ares OavXog von der
auctore CaUimacho), vgl. Lobeck, Aglaopham. Wurzel O-v — stürmen ab. Hiller v. Gaertringen
1095), auf unseren Thasos. Doch wird bei a. a. 0. 156 hat seinen Gedanken einer Ablei-
Hygin. f. 247 der von den Hunden zerfleischte 30 tung von d-dXXco, d-ccXXog, OaXvaicc wieder auf-
Thasius ein Sohn des Anios genannt, und als gegeben und führt die Mitteilung \ on Bechtel
solcher ebenfalls — in der Namensform Trasus — an, das f)ccvX(ov (s. d.) den Töter bedeute:
in den von Ellis zu Ov. Ibis 477 (p. 84) heraus- d-av — , zu kombinieren mit germanischem dau
gegebenen Scholien bezeichnet; G.Knaack, Her- im gothischen daujjs, ahd. tot, nhd. todt. Sav-
mes 23 (1888), 134 Anm. 1 J. Geft'cken, Hermes X(üv wäre also = ßovfpovog, GavXicc = ßovcpovicc
25 (1890), 96 f. [Höfer.] und Zeus ©avXiog der Gott, dem die Bovcpovta
ThaiiliO'^ {©avXiog), Beiname des Zeus auf gelten. Dagegen erhebt Solmsen, Hermes 46
thessalischen Inschriften und zwar aus Pherai: (1911), 286 tf. sprachliche Einwände und sieht
^lI SccvXlov (so!), 'Ecpr,ii. clqxccioX. 1908, 36 unter Zustimmung von A. Fick, Zeitschr. für
und aus Pharsalos, wo sein Tempel aufgedeckt 40 «;er^Zac/iewt7e Sprachforschung 44 (1911), 340
worden ist {Arbanitopulos , 'Ecpri^. aQxaioX. (vgl. Kaxaron, Rev. des etiides gr. 23 (1910), 248.
1910. 407): Jiog SavXiov, Arbanitopulos a. a. Werner Baege, De Macedonum sacris in Diss.
0. noa-nti'ücc 1907, 152. Hiller v. Gaertringen, phil. Hai. 22 (1913), 63 ff.) und Frnst Fraenkel,
Hermes 4.^ (1911), 154. Rev. epigraphique Nouv. Gesch. der griech Nomina agentis auf — xtiq
Ser. 1 (1913), 201. Für die Erklärung des Bei- usw. II (= Untersuch, zur indogerman. Sprach-
namens SavXiog sind folgende Analogien her- u. Kultur Wissenschaft) '^.11 'k{Yg\.lQ^). P.R021S-
anzuziehen: sei, Rev. des etudes gr. 26 (1913), 464 in 0uvX—
a) Oav^og ij GavXog- 'Agrig Mav.eSoviog (so den zweiten Bestandteil des lydisch-phrygischen
Schmidt für das überlieferte ManEdovicog), He- Namens Kccv—SavX~ag (s. d.), der bekanntlich
sych.=- Herodian. ed. Lentz 2, 519, 26. Da die 50 '^ Hunds würger' bedeutet, so daß 0avX-iog, @av-
Glosse zwischen d'cxvaccTL^oiiai. und d-avvov steht, Xog, SavXcov als "^Würger' zu erklären wäre,
vermutete Otto Hoffmann, Die Makedonen 94 OcivXia als ^ Würgefest', eine Bedeutung, die
Anm. 127, daß Gav^iog aus QavXXog verderbt auch für den Kriegsgott (s. oben nr. a) einen
sei; man wird jetzt aber mit Hiller v. Gaert- durchaus passenden Sinn ergibt. In ältester Zeit,
ringen a. a. 0. lieber QccvXsog schreiben. Übri- weist Solmsen nach, wurde das Opfertier nicht
gens weist Hoffmann a. a. 0. 95 (vgl. mit S. 97 sogleich getötet, sondern zunächst mit um den
Anm. 132 S. 234) darauf hin, daß, da das an- Hals gelegten Stricken an einem Baume oder
lautende #— dem wichtigsten Lautgesetze des Pfosten in die Höhe gezogen und so fast schon
Makedonischen widerspreche (vgl. jedoch Ze67i«/, erwürgt, bevor man ihm mit dem Messer den
Kuhns Zeitschr. für vgl. Sprachforschung 42 60 Todesstoß versetzte. Daraus erklärt sich das
[1908 1, 299 f.), man mit der Möglichkeit rechnen Gleichnis bei Hom. II. 20, 403 ff.: iJQvösv, mg
muß, daß in der angeführten Glosse des He- oxs xccvgag i]Qvyiv kX-no^svog 'EXiyiöavLOv aiicpi
sychios das Ethnikon Mcc-Ksöoviog auf einer Ver- avayiTcc tiovqcov eXkovxov. Münzen von Ilion
wechslung beruht. Der Glossograph habe dann aus der Zeit vom 2. Jahrhundert bis zum
entweder ein thessalisches Wort für makedo- 2. Jahrhundert n. Chr. zeigen, daß dieser Opfer-
nisch gehalten oder es sei ein gemeingriechi- brauch — die als Opfertier dienende Kuh ist
sches Wort erst in späterer Zeit in den make- an einem Pfeiler aufgehängt, um ihr den Kehl-
donischen Götterkult eingeführt worden. Die schnitt beizubringen — , sich noch in später
535 Thaulon Thea :)3()
Zeit erhalten hat, //. r. I'Vitze bei II . JJt^p- -^ . .Strv. ad Verg. Aen. 3,241». Mit der Oke-
feld, Troia und Ilion S. 514 ff. und Beilage anostochter Elektra (bei Hygin. f\ 14 p. 47, 16
68 nr. 68,69. Beil. 64 nr. 86. Beil 61 nr. 19 heißt seine Gemahlin Ozomene [s. d.L wo die
(vgl. Arch. Jahrb. \^ [1903], 68 ff.). A.Brückner Änderung des Namens in Oceanine üüerflüssig
bei Dörpfeld a. a. 0. 566. P. Stengel, Arch. ist; vgl. Bursian, Jahrb. f.klass.rhil93[lSQ6],
Am. 17 (1902), 164 ff. (der auf den analogen 771 ff.) zeugt er die Harpyien, Ues. 'Jlieog.267.
bei Plato Crit. 119 f. erw&hnten Brauch hin- Apollod. A.a.O. Schal. Lykophr.lGb (^.17.22 S.
weist), dcrs., Opferbrnuche der Griechen 124. Scheer). Hygiv. f. 14. Serv. ad Verg. Aen. H, 212.
NUssan, Gr. Feste 236 f. (der Anton. Liberal. 13 241. 249. Mythogr. ImL 2, 13 p. 78, 12 B und
vergleicht). Nach Stengel, Opferlr. 126 erklart lo die Iris, Hes. Theog. 266. 780. ApoUod. a.a.O.
sich dieses uns so umständliche Verfahren Schol. Lykophr. a.a.O. Plato Theaet. ^. IbfiD.
daraus, daß diese Art des Schlachtens die un- Cic. de nat.deor. 3,20,51. Plut. de plac. phüoa.
fef&hrlichste war, und daher gerade in alter 3, 5, 2. KaUim. Hymn. 4, 67. 232. Asklepios in
eit, wo die Werkzeuge noch mangelhafter Aristot. Metaphys. p. 982*' 11 /^= p. 18, 31 ed.
waren, gewiß vielfach geübt wurde. So würde Hayduk) Elias in Porphyr. Isag. p. 41,19 B.
sich SavXios als 'Würger' gut erklaren, und Myth. Lat. 2,6 (p. 70, 21). 3, 4 (p. 16.^>, 32).
der Name ist auch in spaterer Zeit, wo der Maximinus in Anth. Lat. 643. Basilius rbenda
Brauch sich geändert hatte, geblieben. 546. Julianus ebenda 649. Als Tochter des
[Höfer.] Thaumas heißt Iris daher: Thaumantea, Ov.
Thaulon {ßavXtov), angeblich Sohn eines so Met. 14, 846; Thaumantia, Poet. Lat. min. 4,
Thaulon {SuvXtov &avXtovog^ og reo idico nf- 126; Thaumantias, Verg. Aen. 9, ö und Serv.
Uxii &nixTeivs top ßovv rbv (payovra t6 no- z. d. St. Ov. Met. 4,4:80. Faü. i^Zacc. 7, ö9s. 8,116.
navovj SnsQ ^v «apfffxtvaffftet'ov eig tT]v ^vaiav Stat. Theb. lü, 123. Columella 10, 2*.)2. Myth.
iv toTg Juitoiioigy Suid. 8. v. OavXoav, doch ist Lat. 2,6. 3,4. Mart. Capeila 1, 67; Thaumantis,
der Vatersname offenbar nur aus einer Ditto- Ov. Met. 11,647. Stat. Achill. 1,220. Silv. 3,3,
graphie [GavXmv hg] entstanden, Toepffer, Att. 81. 5, 1, 107. Claud. de raptu Pros. 3, 1. — Nach
Geneal. 156,1), Ahnherr des athenischen Nonn. Dionys. 20, 359 ff. sind Thaumas und
Priestergeschlechtes der SavXioviöai (Hesych. Elektra Eltern nicht nur der Iris, sondern auch
8. V. ßovTonov und SavXavidcci), der in die Ver- des indischen Flußgottes Hydaspes. Auch Arke
bannung nach Kreta ging, weil er in Athen so (s. d.) wird als Tochter des Thaumas genannt. —
ein Rind getötet hatte, das die für Zeus be- Man hat den Namen (^)avyLag mit Q^ccvyicc, ^av-
stimmte Opfergabe gefressen hatte, Androtion iid^to in Verbindung gebracht, Plato a. a 0.
(F.H.G. 1,372 frgm. 13) im Schal. Arist. Nub. Plut. a. a. 0. Stob. PJclog. 1, 30, 1 p. 167 Mei-
•86. Suid. 8. V. ßovtpovtcc. Schal. V. und Townl. neke (= Boxographi ed. Dicls 372, 6tf.). Pro-
«u Harn. II. 18,483. Eust. und Hani. II. 1166, clus zu Plato Tim. 41 B (1, 133, 9). 50 E (1,
69, wo statt GäXoiv natürlich f)a'vXG)v zu lesen 183, 13), und Gilbert, Gr. Götterl. 176 meint
ist; vgl. Toepffer a. a. 0. 149 ff. Vgl. Diomos, 'Thaumas wird nur ein Ausdruck der Wunder
Sopatros, Thaulios. A. Mommsen, Feste der Stadt des Westens sein, aus dem die Wolken und
Athen 513, 2. 614. 620 f. J. E. Harrisan, Themis Wasser aufsteigen, um den Himmel zu erfüi-
142 ff. (nach Bericht von 0. GVMj?pe, JBcrZ. PÄ*7. 40 len' (?). Doch dies ist spätere Spekulation.
Wochenschr. 1913, 439). v. Prott, Bursians Nach Cornut. de nat. deor. p. 146 Osann sind
Jahresber. 102 (1899), 121 f. P. Stengel, Opfer- Atlas (s. d.), Astraios (s. d.) und Thaumas iden-
bräuche der Griechen 206 ff. J. Toepffer, Her- tisch; vgl. Osann -/-. d. St. — Gruppe, Gr. Myth.
mes 23 (1888), iiSOH. = Beiträge zur griech. AI- 418, 1 sieht in Thaumas den Eponymen von
tertumsuissenschaft 143. v. Wilamoivitz, Euri- Thaumakoi im thessalischen Acbaia wie in
pides Herakles Vorwart p. XI Anm. 1. [Höfer.] seiner Tochter Iris die Eponyme von Iros in
Thanlos s. Thaulios. Malis, und vergleicht den Thaumakos (Thau-
Thanmakia (0av^axia), Beiname der Arte- mas: Thaumakos = Aias: Aiakos = Ithas:
mis in einem von Bergk, P. L. 3*, 736 dem Ithakos) und Thaumastos. — 2) ein Kentaur,
Kallimachos (frgm. anonym. 308 Schneider) zu- 50 Ov. Met. 12, 303. Der Name weist wohl gleich-
gesprochenen poetischen Fragment bei Steph. falls nach Thaumakoi. [Höfer.]
Byz. s. V. Oavfutxtoc Saviiaxlrig iegov 'Aqtsiil- Thaumastos (Gav^aotog), ein von den Pe-
Sog. [Höfer.] lasgem verehrter Heros nach dem (allerdings
Thaumakos (©av^axof), Eponymos von Thau- nicht ganz unversehrten) Schal. A. l). Hom. II.
makia in Magnesia, Vater des Poias (s. d.). 16, 233 (p. 450 Bekker = 2, 104 Dindorf). Vgl.
Steph. Byz. s. v. Gavfiaxia. Apollad. 1, 9, I69. Gruppe, Gr. Myth. 418, 1. [Höfer.]
Pott, Zeitschr. für vergleich. Sprachforschung 7 Tliaumos s. Thaulios.
(1858), 255. Vgl. Thaumas nr. 1 a. E. [Höfer.] Thea (0fa), eine in Eleusis und Athen ver-
Thanmantea s. Thaumas. ehrte, unbestimmt bezeichnete Göttin, die in
Thanmantia(g) s. Thaumas. 60 den uns erhaltenen Zeugnissen immer mit dem
Thaumantis s. Thaumas. gleichfalls unbestimmt bezeichneten Qeog, öfter
Thaumas {(^av^iag), 1) Sohn des Pontos und auch noch mit Eubuleus verbunden erscheint.
der Gaia, Bruder des Nereus, des Phorkys, Die Zeugnisse sind folgende:
der Keto und Eurybia, Hes. Theog. 237. Apol- 1) (Eleusis): Aus den Einkünften der Ge-
lod. 1, 2, 6. Orph. frgm. 104 Abel aus Proclus treideabgaben werden am Mysterienfeste Opfer
in Plat. Tim. V 296 B (ed. Diehl 3, 186,23; bestritten, und zwar das eine für die Göttinnen
Ygl. Lobeck, Aglaopham. 609). Hygin.fab.praef. (d. i. Demeter und Kora) und Triptolemos. das
(p. 10,13 Schm.). Proclus a.a.O. 297 A (3,189, andere für Theos, Thea und Eubuleus, /. G.
537 Thea Thea 538
Suppl. 1 ur. 27 b p. 66 f. bzw. (>2 - IHüenherger, stcrj^cmeinde hiiuius gebildet ha})en. Deuii nach
Sylloge* 20g3 (=-- 1^ nr. SS,^) = Ziehen, Leges A. Furtinüvfjler, Sammlung Sahouroff' 1,22 ])e-
Graec. sacr. 4^^ p. 20: totv GboTv ixattga . . . ymI wirkt cIuk Ztisamnientreöen mohrorer einzelner
toi TQiTtToXb^oL -nal Tol ("-hoi 7ta) Tht 4)£cct xccl Killte an einem Zentrum, daß zuweilen nieh-
Tot EvßdXoi, ifQttov. Die Jnsclidlt stammt aus rere, eigentlich völlig gleichartige Götter unter
der Zeit der zweiten Hälfte des fänft(!n Jahr- verschiedenen Namen an einem Kultorte ver-
hundert« v. Chr. (444 — 430). Darnach ergänzt ehrt wurden; vgl. auch Furtirängler, Sitzungs-
OilonomoSy 'E(p. Scqx- 1910, 2 n, 1 die fragmen- ber. d. philos.-philol. Classe d. Kgl. liager. Akad.
tierte auf der Agora von Athen gefundene In- d. Wiss. zu München 1H97, 410.
Schrift: rwfi d\ Jil ^al tfjL J7j^ri]tgL -/al TJ)[t lo Gewöhnlich identifiziert man daher die Gsd
KoQf] ■HUI rcüi TQmTo]X^ioji -nal [^w^ d^swt yiccl mit Kora, den 6-hos mit Fluton, 0. Ktm, Ath.
Ti)i d-e&i xal\ r(b[i Eijßovlan Isgstov, während Mift. 16 (1H91), 5 f. 0. Jfuhensohn, Die Myste-
Kirchner bei Dittcnberger, Sylloge 1", 2Ö0 mit rienheiligtümer in Eleusis und Samotlnahe 3ü.
A. Elter, Ein Athenisches Gesetz über die Eleu- A. Movnnsen, Feste der Stadt Athen 362 f. und
sinische Aparche {Programm zur Feier des Ge- etwas modifiziert r. Frott, Ath. Mitt. 24 (1891)),
burtsfages S. M. des Kaisers am 27. Jan. 1914, 256 ff. : H^)t6g und C-hä ... sind Pluton und Köre,
Bonn) S. 31 f. ö4 (vgl. auch Jiannier, Berliner soweit der Mythos diese mit Hades und Peree-
Philolog. Wochenschrift 1918, 94 f.) schreibt: phone gleichgesetzt hat und gleichsetzen mußte,
Tci}[v dh loiTCoiv rfji z]'^hii]tqi und nach Evßov- sie sind es nicht, insofern der Kultus die we-
Xo)t. fortfährt: [-/.cd xi'ii l-l&riväai]. 20 senhaften Unterschiede der ursprünglichen re-
2) Weihrelief des Lakrateides aus Eleusis, ligiösen Vorstellung niemals verwischt hat'.
I. G. 2,3 nr. 1620b add. y. 352; vollständiger v. Frott vergleicht (wie auch schon Foncart,
Belief des T.akrateides gefunden im Pluton- Corr. hell. 7 [1883], 400) den Zeus Xiföviog und
heiligtiim in Eleusis, zusammengesetzt von R(u- die Ffj Xd'ovia (?;, Prott, Leges sacrae 4^j p. 14),
dolf) Hcherdey und W. Beichel. Deii Archaeo- denen die Mykonier in der stürmischen Win-
logen der XLII. Versammlung deutsclur Philo- terszeit für das Gedeihen der Feldfrucht opfer-
logen und Schulmänner in Wien Pfingsten 1893 ten, sieht die in der Orakelinschrift aus Kalli-
zur Begrüßung gewidmet und besonders Bud. polis (Kaibel, Epigr. 1034, 23 = Bnresch, Kla-
Heberdeif, I'estschrift für 0. Benndorf 116 (mit ros 81) genannten Gottheiten Ev^airrig (euphe-
Abbildung des Weihreliefs). Philios, Ath. Mitt. 30 mistischer Name für Hades, nicht, wie Buresch
30(1905), 183 tf. (mit Abbildung). [Aa-KQatsl^rig] wollte = Dionysos) und die 'd-sd^ als Seit-en-
. . . isQSvg @£ov v.al Gsäg y.ccl EvßovXf(o[g] . . . stück zu unserm Götterpaar an, das 'sicher zu
locQiaxr'iQiov J7j^r,TQi -iiccl JCd(jr;[r -nal d-b\wL v,ou einer sehr alten Stufe der eleusinischen Reli-
-O-ffßi v-al Ev]ßovXsT avtd-rjKsr. gion gehöre' (S. 262) und sucht (S. 258 ff.) zu
8) Weihrelief des Lysimachides aus Eleusis erweisen, daß der eleusinischen ©sd ursprüng-
(abg. SvoronoS' Barth, Das Athener National- lieh der Name Daeira (s. d.) zukomme. Nach
museum Taf. 88; vgl. S. 554 ff.): ©eu ©sä Jvai- der von G. Löschcke, Die Enneakrunosepisode
yiccxiSr^g dve^ri^s, I. G. 2, 1620b p. 352. hei Pausanias 15 f. geäußerten, von E. Bohde,
4) (Athen): UqBvg ©sov y.ccl ©s&g, I. G. 3, Ps?/c7<6 1^, 210 Anm. 1 zurückgewiesenen Ansicht
1108 (C I. G. 1, 274b add. p. 910). 1109 {C. I. G. 40 wäre die eleusinische Trias ©sog, ©sdund Eubu-
1, 274). leus nach Athen übertragen, an der Eumeniden-
Die älteren z. T. ganz unhaltbaren Ansich- schlucht angesiedelt und statt ©sog Hermes,
ten über den 'Gott' und die 'Göttin' sind bei statt ©sd Ge und statt Eubuleus Pluton be-
Boeckh zu C. I. G. 1,274 verzeichnet: 'Augustus nannt worden.
undPtoma', 'luppiter bzw. Apollo und Minerva', P. Svoronos a. a. 0. 554 ff. hat seine bereits
'Mercurius und Minerva' oder die 'Kabeiren'. früher geäußerte (Journ. intern. d'Arch. niimism.
Nach P. Foucart, Les mysteres d' Eleusis 4 [1901], 252ff. 502ff.) von P/n7eos a. a. 0. 192ff\
90 ff', ist die Verbindung von ©sog und ©ad die und H. G. Pringsheim , Arch. Beiträge zur Ge-
älteste Form der Gottheiten des Ackerbaus, eine schichte des eleusinischen Kultes 112 (dem Ver-
Nachahmung des ägyptischen Götterpaares Isis ,öo fasser nur aus Svoronos a. a. 0. 557 bekannt)
und Osiris. Die 'Göttin' habe sich zur Dorne- bekämpfte Ansicht, daß unter der ©sd Hygieia
ter und Persephone verdoppelt, der 'Gott' er- und unter ©sog Asklepios zu verstehen seien,
scheine bald als Eubuleus, Pluton oder Dionysos. weiter zu entwickeln und zu stützen gesucht.
Bezeichnend ist es, daß in dem älteren, Ä'wrowos beruft sich besonders auf die Darstel-
gleichfalls in Eleusis gefundenen Dekret (/. G. lung und Inschrift eines Pinax aus Argos {Svo-
1,5. Ziehen, Leges sacrae nr. 2 p. 7 ff'.) die in ronos- Barth Taf. 86 nr. 1509, S. 544 ff.), auf
Zeugnis 1 erwähnten Gottheiten, ©sog, ©sd dem ein bärtiger Gott auf der Kline liegend
und Eubuleus, fehlen, während Triptolemos dargestellt ist, aus einem Rhyton Wein in
und die 'Göttinnen' nebst anderen wiederkeh- eine Schale gießend, während vor einem vor
ren, vgl. Ziehen a. a. 0. 9. 27. 60 der Kline stehenden Tische eine Göttin sitzt,
Toepff'er, Attische Geneal. 33 Anm. 2 sieht die aus einer Schale einer sich hinter der
daher in d-sög und dsd neben den d-sm und Kline des Gottes aufrichtenden Schlange Nah-
Eubuleus eine Vervielfältigung der alten Götter- rung darreicht; die Inschrift lautet: ©s[a)t
Vorstellung, die erst auf attischem Boden vor 'Aatvoisia . . . d.vsQ'riv.s. Die beiden Gottheiten
sich gegangen ist, nachdem Dionysos in den sollen nach Svoronos Asklepios und Hygieia
allheiligen Dreibund eingerückt ist, den die bzw. Epione darstellen. Selbst wenn der dar-
d'sd) mit Eubuleus einst in mythischer Vorzeit gestellte Gott Asklepios wäre — nach Fränkel
weit über die Grenzen der eleusinischen Prie- zu L G. 4, 568 ist es vielmehr, wie in dem oben
5i59 Thea Aliaiie Thea Ihsileia 540
angeführten eleusinischen Relief, der chtboni- halten: \oi liiiom nach linka bergan(?) sprcn-
Bche ÖfOff, und die vor ihm sitzende Göttin genden Viergespann läuft rückblickend ein
unsere 0kd — , so wäre damit noch nicht be- nackter, nur eine Chlaiuys trat,'ender .lünglinjif.
wiesen, daß auch unter dem eleusinischen bzw. Auf dem Waj?en steht als Lenker ein ganz-
athenischen Seog Asklepios zu verstehen wäre. ähnlicher Jüngling, welcher mit der L. ein
Eohde a. a. 0. (vgl. Pringsheim a. a. 0.) be- neben ihm stehendes Mädchen umfaßt; dieses
zeichnet es als ein fruchtloses Bemühen, die un- in Chiton und Mantel gekleidet hält sich mit
bestimmt bezeichneten Osög und öed mit den der R. am Wagenrande fest und scheint sich
Namen bestimmter chtbonischer Gottheiten be- die Entführung nicht ungern gefallen zu lassen.
nennen zu wollen, stimmt also im wesentlichen lo Über dem Paar stehen die Namen EXEAOI un<l
mit Fw'ttningler n. H.O. {vgl. Auch Meütenverke IfAIIAH (vielleicht Baalbi, wie iMÜitig ver-
dei- griechischen Flastik b^^wwdi knmA. B.Pick, mutet, und wozu die Spuren passen), über den»
Arch. Jahrb. IH ( 1898J, 160) und Toepff'er a. a. 0., Jüngling vor den Pferden '////// \ //'/////// HEP| MHI.
der seine Ansicht noch schärfer {Beiträge zur Abgebildet ist das Relief bei Max. Collignon,
griechischen Alter tumswissetisch aß 339 f.) aus- Histoire de la scul})ture grecque 2,VJ0 Yig.MO.
geführt und begründet hat, überein. Im Wesen 'Ecjprj/i. igx- 1893 pin. 9. Svonmos- Barth, Das
sind gewiß der 'Gott' und die 'Göttin' dem Plu- Athener Nationah)ni.<^cum Taf. 38. Kikulc von
ton und der Persephone gleich, aber im Kulte Stradonitz ä. a. O. Taf. 2, der iiuf Taf. 1 ein
von Eleusis haben sie neben diesen eine selb- ganz ähnliches attisches, aber in Rhodos ge-
ständige Existenz gehabt. Auch sonst finden 20 fundenes Relief publiziert, das sich von dem
sich Osd bzw. Oto? häufig ohne Nennung einer Echelos-Basile-Relief nur durch das Fehlen der
bestimmten Gottheit; doch ergibt sich gewöhn- Beischriften und in der Figur vor dem Wagen
lieh ohne weiteres ans dem Zusammenhang unterscheidet, die statt des voraneilenden Her-
{ygl. z. B. Plato Bep. lyl y. 321 A: TZQossv^o^s- mes einen bärtigen Mann in der Geste der
vog zfj ^fö)), welche Gottheit gemeint ist Adoration zeigt; auch das Relief bruchstück
Schwierigkeit bereitet die Deutung der nach &uß Chios {Studniczka, Ath. Mitt. IS [IHiiS], 190 f.
von Prott a. a. O. 268 Anm. 2 vollständigen In- Kekule von Stradonitz a. a. 0. 16) gehört sicher-
schrift eines auf Aigina mitten zwischen Grä- lieh einer ganz ähnlichen Darstellung an, zeigt
bem gefundenen Porosblockes : 060. [Höfer.] also die Verbreitung derselben mythisch- reli-
Tbea Allane {Gsä khuv}]) s. d. Art. Sybaris 30 giösen Vorstellung, wie sie im Mythos vom
nr. i). [Hafer.] Raube der Köre durch Pluto zum Ausdruck
Thea Asteria {Ssä kaxB^ia). Auf Münzen kommt. Ed. Meyer, Hermes 30 (1896), 2.^0 hat
von Philadelphia in der syrischen Dckapolis, unter Zustimmung von E. Petersen, Arch. für
einer Kultstätt« des 'tyrischen' Herakles, er- Beligionswiss. 13 (1910), 61. Kekule von Stra-
scheint die Büste seiner Mutter Asteria {Eu- donitz a. a. 0. 12. L. Malten, Arch. Jahrb. 29
doxos von Knidos bei Athen. 9, 392 d. Cic. de (1914), 186 f. in Echelos = Echelaos, dem Fürst
nat. deor. 3, 16) mit obiger Legende, W. Wroth, der unterirdischen Xaoi (vgl. die Hadesbezeich-
Catal. of the greek coins Brit. Mtis. Galatia, Cap- nungen'AyjiGiXaog/Ay^aavögog [Hesych.], Usener,
padocia and Syria Introd. XC p. 306, 2 pl. 38, 10. Gütternamen 361, 26) den Herrn der Unterwelt
Head, Hist. num.^ 787. [Höfer.] 40 erkannt; demnach würde ßajjilrj eine Ausdruks-
Thea Basileia {Ssa BaalUia). Eine Weih- form für Persephone als Herrin der Unterwelt
inschrift von einer kleinen aedicula auf Thera sein. — Svoronos a. a. 0. 127 f. will in Echelos,
ist gewidmet: Gsa Bccedsin, C. I. G. 2 add. dessen Name er als 'Herr des Sumpfes' (i';^«!'
2465c p. 1085 f. 1.' G. 12,3,416. Gazette arch. to tkog) deutet, den Theseus erkennen, der die
8 (1883), pl. 37; vgl. p. 222. Hiller von Gaer- Basile = ßaöUsLcc raubt; in letzterem vermutet
tringen, Die Insel Tliera 1,306 f. (vgl. 3,107); Svoronos die Personifikation der königlichen
vgl. Conze, Sitzungsber. d. Wiener Akad. 71 (1872), Gewalt und zwar gerade jener Königsherrschalt,
824 Anm. 1. F. Bechtel, Hermes 34 (1899), 401 f., die Theseus den Mächtigen seiner Zeit entrissen
der mit dem Kult der Thea Basileia den Frauen- habe (vgl. Plut. Thes. 32). In der Deutung von
namen ßatfiidxXfta aus Thera (J. G^. 12, 3,613 ag) 50 ßaai'Ar] als Personifikation des Königtumes
in Zusammenhang bringt. Basileia, Basile, Ba- stimmt Svoronos mit E. Curtius, Die Stadtge-
silis usw. als Name oder Beiname von Göttin- schichte von Athen 79 überein, der eine solche
nen ist ziemlich häufig, so daß, wo nicht der in dem gleich anzuführenden Zeugnis (nr. 2)
Göttemame selbst noch hinzugefügt ist, nur annimmt, in dem auch v. Wilamowitz, Aristo-
aus dem Zusammenhang, z. B. der Paarung mit teles und Athen 2, 130 und Anm. 10 in der Ba-
einem Gotte, auf das Wesen der Basileia ge- gLXt^ 'den göttlichen Exponenten für die ßccci-
schlössen werden kann. Hierfür kommen fol- Xgta, die ihre Enkel auf Erden üben' erkennen
gende Zeugnisse in Betracht: will.
1) Echelos und Basile. Auf der einen Seite 2) Ein athenisches Dekret vom Jahre 418
eines im Jahre 1893 bei Neu-Phaleron gefun- 60 v. Chr. nennt ein Uqov xov KoSqov %(A xov
denen Votivreliefs, dessen Stil auf die Zeit Nr\U(ag v.dcI rfjg BaaiXrig, I. G. 1 Suppl. 53 a
kurz nach dem Parthenonfries hinweist, ist {C. 1. A. 4,1 p. 66) Z. 4. 14. 30 bzw. t6 r^^svog
nach P. Wolters, Athen. Mitt. 18 (1893), 21 2 ff. tov NriXioog -acci rjys BaaiXrig Z. 12. 29. 32 bzw.
(vgl. Kavvadias, 'E(frm. üq%. 1893, 109ff. xo NrfXuov Z. 27; ygl. v. Wilamoivitz, Lectiories
130 ff. Ad. Wilhelm, ebenda 1902, 138 f. Kekule ejjigraphicae {Ind.Schol. Göttingen 1SS6/S6) p. G.
von Stradonitz, Echelos mid Basile = 65. Ber- Toepff'er, Ati. Geneal. 240 und Anm. 2. Judeich,
linerWinckelmannsprogramm 10 ; \g].a,ach Arch. Topographie v. Athen 78.
Anz. 25 [1910], 155f.) folgende Darstellung er- Schon Vrlichs, Rhein. 3Ius. 12 ri857), 307
541 Thea Basileia Theagenes 542
hat bei Plato Charmid. 1 p. 158A: «/? tt;v Tocv- ter, deuen die Weihun^ gilt — früher dachte
Qiov TtaXaiöTQccv r^v v.axc(vriv.Qv tov ri)? ßaai- man irrig an Personennamen, Namen heroisier-
li-Kfjs (cod. A. und G. bei Jickker haben ßaai- ter Toten — eine eng«* Be/ä»dmng zur ünter-
IX weit anzunehmen. Die Baölkfia ist Königin des
Xfig bzw. ßaadr]g) Isgov siarjX^ov vorgeschlagen: Totenreichea, Zeuxippos 'der HosscHchirrer' (vgl.
KavavTiiiQv TOV rt'ig BaGilficcg hfiov, \v^d H\nitev j^n Hadesbeimiinen KXvroTKoXog), der Unter-
hat (i. Löschcke, Vermutungen zur (jriech. Kunst- weltsgott, v. Wilamoivitz, Jieden a. a. O. Kekule
gcsvhichte und zur Topographie Athens (Dorpat ^o,,^ Stradonüz 12 Anm. 24. Malten a. a. 0. 187 f.
1884) S. 19 diese Vermutung wiederholt, die Nicht ganz sicher ist die Lesung eines Weih-
jetzt allgemein angenommen ist, nur daß man j^ epigramms eines in Argos lebenden Atheners
auf Urund der oben angeführten Inschrift das Archelaos (2. oder 3.Jahrh. n.Chr.), wo Kaibel,
auch der Überlieferung nälier kummende Ba- Kpiyr.H22,{) schreibt: Jaöovxog ^is Koqt]?, Ba-
ciXr]g schreibt. Auch hier wird jetzt ziemlich ^aär, Jiög, Uqu öri-KÜv '^'Ihmg xIbI^qu (piQcov
allgemein mit Ed, Meyer a. a. 0. 287. Kekuh ß^,,^}yj, f^^^^^ ^p^,^^ während Dittenhcrqer, I. G.
von Stradonitz a. a. 0. 12. v. Wilqmowitz, lie- 3^ 170.^ mit G. Wolff, Wiein. Mus. 19 (i8G4i, 301
den und Vorträge (1901) S. G9 Anm. 1. Sitzmigs- nach Vers 7 derselben Inschrift (xltiöovxog icpv
her. d. Berliner Akademie 1906, 07. Furticangler, ßacdriidog ^'Hgrig) auch in v. 9 schreibt: JaSov-
Sitzungsber. d. phüos. Classe d. Kgt. Bayer. Akad. ^^^^ ,^g Koqtiq, ßaad[7]i\Sog lEgä orixööv "'Hgag
d. Wiss. zu München 1897, 410. Judeich a. a. 0. ^ ^_ x^ ßei Cougny, Anth. Append. 1, 283/3 p. 46
345. E.Petersen ii.ü.O.iM. Malten, Ärch. Jahrb. ^0 steht: Jaöov{6giis Kogrig Baoilfig Jibg hgög
a. a. 0. 188. Basile als Königin der Unterwelt, ^'^„^. ^^ch ist wohl an der Lesart Baail&v,
Neleus 'der Erbarmungslose' (Belegstellen bei unter denen K. Keil, Philologus Suppl 2 (1H63),
Malten a. a. 0.) als Unterweltgott gedeutet. 591 Köre und Demeter versteht, festzuhalten,
Löschcke a. a. 0. 18 hatte gemeint, daß unter (Jscner, Götternamen 222 Anm. 12. Kern bei
der athenischen Basileia, die auch Arist. av. Pauly-Wissowa s. v. Basilai, zumal da auch
1536 f. und Kraiinos im SchoL Arist. av. 1530 gonst Persephone nicht selten die Bezeichnung
erwähnen, die '^auch als BaGilhia angerufene '^Köni<Tin' führt.
Mi]TrjQ am Markte' zu verstehen sei, wenngleicli Auf Goldblechinschriften aus Thurioi wird
Aristophanes der Oekonomie seines Stückes ent- jig j^Q-ovlcov ßaoiXna neben Eukles oder Euklos
sprechend unter BaoiXua die wiedergewonnene 30 (euphemistische Bezeichnung des Hade.s), neben
Weltherrschaft der Vögel, die Zeus in Besitz Eubuleus und den Q-8ol a^avaroi bzw. i^sol
genommen habe, verstehe. Auch der mit Y un- (^'^^O dcci^ovi:g aXXoi angerufen, /. G. 14,641^ ^ 3.
terzeichnete Verfasser des Artikels über die i^ orphischen Hyninos (19, 6) wird Persephone
Ssu BaöiXsicc auf Thera in der Gaz. arch. a. a. ^Is v.ccrax^ovlcov ßccöiXsia angerufen. Auch un-
0. hatte die genannte Göttin mit der Götter- ter der Göttin, welche in dem Epigramm aus
mutter identifiziert. Eine Stütze für diese An- Kos als ßccoiXsia, Jibg 7toXvoovv(is xovga ange-
sicht geben scheinbar die von M. Fränkel her- ^edet wird {Herzog, Koische Forschungen und
ausgegebenen Inschriften von Pergamon 481 ff., Funde 113,^ nr. 169), ist wohl Persephone zu
auf denen eine Priesterm tiig Mrirgog Ti)g Ba~ verstehen, Gruppe, Gr. Myth. 1521, 1. Vgl. auch
adslag genannt wird; vgl. ebenda 334 fi^örTjg ^^ den sibyllinischen Orakelspruch bei Phlegon,
Mritgbg Baodriag. Auch die BaaiXsLa des Bio- Mirabilia 10 {Paradoxographi ed. Westermann
nysios Skytobrachion bei Biod. 3, 57, die als 135 y 2 = i?. Hendess, Oracula Graeca [Diss.
MsyäXri JVIrjrrje verehrt wurde (s. Basileia nr. 1), ^/^^^ ji^l 4] 157, 34 p. 83), wo unter der ßaoi-
gehört wohl hierher; vgl Bd. 2, Sp. 2852, 41 ff. ;t7]i? %ovQa gleichfalls Persephone gemeint ist;
Doch läßt sich aus diesen Stellen, wo durch ^gi ^uch Pambasileia nr. 2. Im Kult von Ka-
Hinzufügung von MijvriQ zu BaGiXtia die Gott- tana begegnet Persephone Bccadig, 1. G. Sic. et
heit ohne weiteres bestimmt bezeichnet wird, j^^/ 450. _ über ''Hga Bccodsicc bzw. Bacdig
kein Schluß auf das Wesen der nur allgemein g_ Gruppe, Gr. Myth. 78 f. Anm. 17. 1082 ob.
als BaoUr] oder BccöiXsicz bezeichneten Göttin 1132,2. C/^ener a. a. 0. 227. Biels, Sibyllinische
ziehen. Über die Deutung der ßaodioacc ^Qv- -^q Blätter 52 f. Anm. 1, über Aphrodite Baadig
coGtoXog XgvGOTttÖdog in der Grabschrift des Qruppe 1082. 1364, G. üsener 228, über Selene
Aberkios auf Kybele ist Bd. 2, Sp. 2880 ff. aus- als ^sä ßccadaia, Orph. Hymn. 9, 1. A. Biete-
führhch gehandelt. Hmzuzufügenist, daß sich ^^^h, Ahraxas 81 (vgl. 101). Gruppe 1534,1;
gegen diese Deutung auch C. Bobert, Hermes über Artemis Bcc6drilr] Herod. 4, 33. Gruppe
29 (1894), 421 ff. besonders 428 Anm. 1 ausge- 1557^ 2. Usener 228, über Nemesis BaodsLcc
aprochen hat. Ör/^A. Hymn. 61, 1. Bieterich a. a. 0. 101 Anm. 5.
ii) Totenmahlrelief aus Athen, jetzt in Triest Über die BaoiXsia als Himmelskönigin s. Use-
mit der Inschrift . . . dJGiog r[cp] Zsv{^)i7cna} %al ner 227 — 231. Gruppe 1364, 6. [Höfer.]
xhl BccaL{X)H(x, I. G. 2, 1573 {C.'l. G. 1, 925 und Theagenes {Qsccyhrig). Über den als Gott
P. Pervanogiu, Bas Familienmahl auf oltgriech. 60 bzw. als Heros verehrten Athleten Theagenes
Grabsteinen S. IG nr. 11. S. 70 mit ungenauer aus Thasos s. F. Beneken Bd. 1 Sp. 2526, 56 ff.
Lesung und Abbildung); abg. Conze, Sitzungs- und Bio Chrys. or. 31^. QU Eeiske {1.^317 Bind.),
ber. d. Wiener Akad. 71 (1872), Taf. 1, 2 (vgl. Euseb. Praep. cv. 5, 34. Athenag. Suppl. pro
S. 324); vgl. V. Buhn, Arch. Zeit. 43 (1885), 21 Christ. 14 p. 62 Otto. Nilsson, Griech. F'este
Anm. 29. TF«mer ForZe</6&?ä«er Ser. 4 Tafel 12. 455, 1. Bohde, Psyche 1^, 193 f. Die richtige
Svoronos- Barth a. a. 0. 541 Abb. 250. Malten, Schreibung des Namens ist, wie das durch
Arch. Jahrb. a. a. 0. 187 Abb. 7. Auch hier Pomtow , Berl. Phil. Wochenschr. 1909, 252 f.
ist wohl mit Sicherheit in den Namen der Göt- (vgl. 765) entdeckte Epigramm aus Delphi lehrt:
543 Thea Hagne Theaneira 544
Theogeues (nicht Theageues, OioySvris)^ Sohu 21. 133) läßt den Kult der 'Ayvd voraussetzen,
des Timoxenos (nicht Timosthenes. Ttnoo^ivrie^ Usener, Göttemnmcn 865.
wie Paus. 6, 11, 2 angibt); vgl. 1. G. XII, 8 Add. Thea Hypsislc {9tä 'Tünarri). Eine Weih-
p. VIII. Dittenherger, Sylloge 3», »6 p. 39 f. R. inschrift aus Gjölde (dem alten SatalaV) lautet:
Herzog, Hermes 60 (lUlö), 820. Vgl. auch v. &eü 'Ti^Jtcrrrj . . tixrji't A't*' und v. Premerstein,
Wüamowitz, Euripides Herakles* 47 Anna. 77. Bericht über e%n4! zweite Meise in Lydien in
[Höfer. j Denkschriften d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien
Thea Hagne {Osa l^yvij) s. Hagna, wo fol- 64 (lUll) U p. 97 nr. 189 mit der Bemerkung:
gende Inschriften, die später publiziert worden Der wohl mit Anlehnung an den d^ebg "Ti/uffrog
sind , sowie folgende Ergänzungen nachzntra- lo ffeschatiene Beiname der großen weiblichen
gen sind: Hauptgottheit Kleinasiens begegnet unsere»
1) Phazemon {Straho 12,560; das spätere Wissens hier zum ersten Male. [Höfer.]
Neapolis oder Neoklaudiopolis): Ofa'Ayv^ kv- Theal Anonyinoi (Vlvobvv^oi i^f«/), Bezeich-
xmvtog . . . xav* övifov 6v4axriaev^ Cum(ynt, Studia nung der Erinyen, AW. Iph. Taur. 944. frgm.
Pontica S («» Rectteil des inscr. gr. et lat. du in Beri Klassiker texte 5, 2, 126 Vers 8 (Mulgccg
Pont et de VArminie puhl. par Afiderson-Cu- tag t' Scvuvvnovg d-sag). Vgl. Awr. Ch: Hl und
mont-Gr^goire) S. 74 nr. h6; vgl. Bev. epigr. du Schal. Bohde Psuche 1-, 174, 1. (Höfer.]
mW» JSr.Ä l (1913), 869. Nach Cuwone soll hier Thea Kaie (Wa« xal^) s. Kaie Thea und
unter der Thea Hagne die Kybele oder Ma zu En Pandois. — lireccia, Cat. general des ant
verstehen sein, wie Kybele auf einer Inschrift 20 egyptiennes du Mu^ee d'Alexandrie 67 : Jscri-
aus Andeira in der Troas gleichfalls 'd'sö? ayyi^ zioni Greche e Latine 117 p. 73 liest: (9fa
genannt werde, CIG 6886, vgl. Bd. 2, Sp. 2866, Kcclf) iv navSoLx[xi] xai avvvdoig 0801?. —
ISfif. Ausfeld, Rhein. Mus. 55 (1900), 371 ideutifi-
2) Larisa (in der südlichen Aiolis) ...Uq^tg ziert Panda mit der von Pseudo-Kallisth. 1,
Hvxig *Ayv^{C) Öfa(*) (iv^O-Tjxav, Keil und v. Pre- 31 genannten Örtlichkeit fldcvdvta (Ausfeld a.
merstein, BericfU tü>er eine Reise in Lydien und a. 0. 352 Anm. 2 zu S. 351. Ders., Der griech.
der südlichefi Aiolis in Denkschr. d. Wiener Alexanderroman 46 Anm. 5.) [Höfer.]
Aiad. Phüos.-Hist. Klasse 53 (1910), 92 nr. 199 Thea Megiste (Gsä Msylarri). Eine Inschrift
(Abb. 93 auf S. 98). aus der Umgebung von Mareia in Ägypten ist
8) Priester 9sccl Kogvi^vrit ayvrit auf einer so geweiht dsd ^sylarrj iv Uevlco . . (zwei Buch-
Inschrift aus Tschitschekli Jeni Kjoi, Keil und staben fehlen), Cat. gen. des ant. egypt. du mu-
V. Premerstein, Bericht über eine dritte Reise in sie d'Alexandrie: Breccia, Jscrizioni Greche e
Lydien {Denkschr. d. Wien. Akad. 57, 1 [1914]) Latine p. 273. Über das (jötterepitheton yiiyi,-
S. 37 nr. 64. Der Beiname KoQvr\vri kann nach 6tog und iiByag s. Bd. 2, Sp. 2549 ff. und be-
den Herausgebern vor der kappadokischen Stadt sonders Bruno Müller, Miyccg ffsog (== Dissert.
KoQvri {Ptol. 6,7, 9) oder der lykaonischen Stadt phil. Halens. 21, 3 [1913]). [Höfer.]
K6Qva. {ebenda 5,6,16) oder auch von einer bis- Theaueira {^sävsiQcc), Troerin, die nach der
her unbekannten Ortschaft in der Nähe der Eroberung von Troja durch Herakles dem Tela-
Fundstätte abgeleitet sein. Zu Bd. 1, Sp. 1813, mon (s.d.) als auserlesene Siegesbeute zufiel. Von
61 : Die Mysterieninschrift von Andania steht 40 diesem schwanger floh sie von seinem Schiffe,
jetzt auch Dittenherger, Sylloge* 653, 33. 69. 84. durchschwamm das Meer und kam nach Milet,
Collitz 4689. Ziehen, Leges Graec. sacrae 2, 58. wo sie sich in einem Walde verbarg. Hier fand
/. (r. 5, 1, 1390. Die Deutung der "^yia als Kore sie der König von Milet, mit Namen Arion,
haben auch Toepffer, Att Genealogie 219. Ziehen nahm sie auf und erzog den Sohn, den sie ge-
a. a. 0. 177 aufgenommen. Nach Hagna (= Köre) bar, Trambelos (s. d.l, wie seinen eigenen, Istros
fuhrt Hagnagora, die Schwester des Aristome- (l^.iT. G^. 1,421. M. Wellmann, De IstroCaUima-
nes {PaurS. 4, 21, 2. 24, 1), ihren Namen, Usener, chio [Diss. Greifswald 1886] S. 8 Anm.) im >Schol.
Götternamen 355. Hiller von Gaertringen, Hira Lykophr. 467. Die Übereinstimmung mit äbn-
und Andania [71. Berl.Winckel man nsprogramm) liehen Sagen erlaubt die Annahme, daß Arion
7. 10. Bei Orph. Hymn. 76, 10, wo man ver- 50 die Theaneira zu seiner Gemahlin gemacht hat.
schieden korrigiert hat, liest 0. -ÄTerw, (rcne^AZia- Von Tzetzes zu Lykophr. 467. 469 (p. 170,9.
kon Karl Robert zum 8. März 1910, S. 97: KaX- 171,3) wird Theaneira der Hesione gleichge-
Xiönrj 6VV (irirgl v.aX a-häwarrj (wofür man nicht setzt {Oedveigav rrjv xcc). 'H6i6v7]v bzw. 'Hato-
Evvoiiir} lesen oder eine besondere Göttin Ei- vr\v rr]v -nai ©tdvBiQccv). Diese Gleichsetzun^
Svväxri bilden darf) %ta ayv^ und versteht kann nicht richtig sein; sie ist lediglich ver-
unter der letzteren Göttin entweder Demeter anlaßt durch die seit Hellanikos (F. IL G. 1, 64.
oder Persephone, allenfalls Brimo, für die frei- H. Kullmer, Jahrb. für klass. Phil. Suppl. 27,
lieh das Epitheton ayvi] nicht nachweisbar ist. 569) im Schol. Lykophr. 469 (vgl. Apollod. 2,6,4.
4) Thera: Zaganicav Aaoöixtvg . .'Ayv[y] 3,12,7) geläufige Tradition, daß Telamon die
^sSi.. XaQiözrjQiov, I. G. 12,3,410. Die Hei- 60 Hesione als Siegespreis empfangen habe. Te-
mat des Dedikanten weist darunf hin, daß lamons und Hesiones Sohn ist Teukros (4poZ/od.
unter der 'Ayvrj &iög die syrische Göttin zu 3, 12, 7). Wann und wo sollte sie, falls sie mit
verstehen ist. Theaneira identisch wäre, diesen geboren haben.
Zu Bd. 1, Sp. 1814, 49 ff.: Zu den Belejrstel- da sie ja in Milet den Trambelos gebiert?
len für den Kultus der Hagne Thea auf Dolos Oder soll man gar annehmen, Theaneira-Hesione
kommt die Inschrift: köddcp/Ayvi/ (9fw(t), Corr. habe dem Telamon den Teukros zuerst gebo-
Hell. 36 (1912), 203 nr. 14. Der Monatsname ren — in diesem Falle hätte sich das Eltern-
Ayvatog (Phthiotis, L G. 9. 2, 109 a 28. 71. 109 b paar ungefähr ein Jahr in der Troas oder sonst
54;") Thea Nikephoros Theano 546
wo i)i Asien aufhalten müssen -— , und sei erst =p. 16 Boissonade; vgl. Rademacher, Rhein.
bei ihrer zweiten Schwanfrerschaft dem Telaraon Mus. 63 [1H98J, 462), dessen Kult bezeugt ist
entflohen? Aber nach dem ausdrücklichen Zeug- für — l) Athila(JJathanaia(): -ö^fw (HaotäO'ov Jta-
nis des I.yJcophron (v. 407 Ttäriiag) ist TeukroH tqoco ^JEccväQvo), C. I. G. 3, 4609. Waddington
(s. d.) auf Salamis geboren; vgl. v. Holzinifer zu '2374a. Cagnat, Inscr.Gr. adresRoman,pertinent68
Lykophr. ii.n.O. Theaneira ist also eine eigene, 3 nr. 1238. Brünnov und /;. DomaszewsH, Die
selbständige Persönlichkeit. Die Gleichsetzuiig rrovincia Ärahia 3 S. 106. — 2) Zor'a (Tra-
der Hesiono mit Theaneira erklärt sich wohl chonitis): &i:av8Q[ixxi\ oder (9favdV(to>] vnsQ
daraus, daß, nachdem Hesione, die Ursprung- acorriQlas xal vti-K7]g xmv hvqiojv, Waddington
lieh eine Hellenin und die rechtmäßige Ge- lo 2481. Cagnat u. a. 0. nr. 1156. — 3) Awwas
mahlin des Telamon gewesen ist (Heinr. De- (Hauran): Tempel des Gottes fysovdQinov (so!)
gen, De Troianis scacnicis specimina duo [Diss. genannt, Waddington 2046. — 4) Bostra s.
Leipzig IDOOJ p. 58 f.), zur Troerin gemacht unten Z. 23 ff. — 5) Die in Preßburg gefun-
worden ist, nun zwei dem Telamon als Sieges- dene Inschrift eines Soldaten, dessen Heimat
beute zugefallene Troerinuen vorhanden waren, nicht angegeben , aber wohl in Arabien zu
mit denen man sich nicht anders abzufinden suchen ist, lautet: Dis patris ManaJpho et
wußte, als daß man sie einander gleichsetzte. Theandrio, C. I. L. 3, 3668, Ephem. Kpigy. 2
Vermutlich knüpfte sich an ihre Flucht durch (1875), 390 nr. 722. Dessau, Inscr. Lat. sei. 4349
das Meer auch eine Delphinsage. Eine so ge- (\g\. Arch. epigr. Mitt. aus Oe.st. 8 [1884], 184, 8).
waltige Strecke, wie von der troischen Küste 20 Über das Wesen des Gottes gibt die einzige
bis nach Milet zu durchschwimmen , konnte dürftige Auskunft Damaskios, vita Jsidori in
nicht ohne göttliche Hilfe geschehen. Der Kö- phot. Bill. 347 b 26 Bekker = Migne , Fatrol.
nig von Milet, Arion, der sie findet und rettet Svr. Gr. 103 p. 1290: ^yvco Sh ivrccvd'cc (in Bostra)
{diiacDOs), trägt denselben Namen, wie der les- röv ©scxvöqIttiv , Scqqsvcotov övtcc dsbv xccl xbv
bische Sänger, unter dem, wie man längst er- a%'r\lvv ßiov iiinviovta tatg ipvxcclg. Daß für
kannt hat {Gruppe, Gr. Myth. 1227, 2; vgl. icQQEvcoxov vielmehr kqqsviotiov zu schreiben
Usener, Sintflutsagen Udt; imdevs K. Klement, ist, ist längst erkannt, Mordtmann, Zeitschr.
Arion 45 ff.), sich Apollon birgt. In Milet, wo d. Deutsch. Morgenland. Gesellsch 29 (1875),
Theaneira landet, war ein Kultus des Apollon 105. Bosch, ebenda 38 (1884), 654. Fr. Baethgen,
Delphinios, Dio^. iaeri. 1, 29. Auch in Lesbos, 30 ^etYr«(/e zur semitischen Religionsgesch. 102.
der Heimat des Arion, war die Sage vom Sohne Schürer, Gesch. des jüdischen Volkes 2*, 46
der Theaneira Trambelos (s. d.) lokalisiert, Eu- Anm. 73. Der Gott wird also als mannbar be-
phorion hei Parthen. 26; vgl. De</m a. a. 0. 59. zeichnet und als ein solcher, der männliches
Vielleicht darf man auch den Namen des Tram- _ so wird doch wohl ad^rilvg aufzufassen sein,
belos, der von Arion- Apollon als eigener Sohn nicht, wie Bosch a. a. 0. übersetzt, 'un weib-
angenommen wird, mit dem sonst unerklär- Hch' oder '^ weiberlos', indem er dabei an eine
liehen Beinamen des Apollon TQciiißiog {Äno- dem Damaskios unverständliche Zurückführung
nym. Laur. in Anecd.var. Gr. et Lat. ed. Schoell der auch dem Heidentume nicht fremden
nnd^^Mrfßmjmci 1, 267,11, 40) in Zusammenhang mönchischen Askese und Ehelosit;^keit auf
bringen, für den vielleicht auch der Name der 40 Christus annimmt — Leben den Seelen ein-
ionischen Stadt Tqüiltiti {Steph. Byz.) zu ver- flößt. Nach dem Vorgang von Zoega und
gleichen ist, wofür die Lokalisierung des Tram- Movers haben Bosch a. a. 0. 653 und Fossey,
belos in Miletos angeführt werden könnte. Journ. Asiat. 9. Serie 11 {1S2S), SU L den The-
Wenn Achilleus diesen 'apollinischen' Heros andrios mit Dusares (s. d.) identifiziert; s.
Trambelos tötet {Aristohulos hei Athen. 2, 4:Sd. dagegen Mordtmann und Baethgen a. a. 0.
V. Wilamoivitz, Sitzungsher. d. Kgl. Preuß. Akad. Aus dem mannhaften Charakter des Thean-
d. Wiss. 1906, 44 Anm. 4. Eaphorion und Istros drios erklärt es sich, daß an seine Stelle
aa. aa. 00.), so würde Usener ein neues Beispiel später der heilige Georg getreten ist, dessen
für den von ihm (Bhein. 3Ius. bS [1898], 365ff. Kirche in der trachonitischen Ortschaft Zor'a
<S*>ti^/fMisaö'e>j 94 f.) angenommenen Gegensatz und 50 wohl an Stelle eines Tempels des Th. erbaut
Kampf zwischen einem 'poseidonischen' und worden ist, jBtte^m a. a. 0. und Anm. 2. Auch
'apollinischen' Heros zu buchen haben. Vgl. als Personennamen kommt OsdvdgLog {Wad-
Teukros, Telamon, Trambelos. [Höfer.] dington 1905) vor. Bosch a. a. 0 führt die
Thea Nikephoros s. Bd. 2, Sp. 2219, 3 ff . Göttemamen ©sdvdgtog und Gsav^gixjig (Chri-
2221, 20 ff. Bd. 3, Sp. 360, 60 &. und die gleich- stus der 'Gottmensch' heißt dsccv&gixrig, S. Mar-
falls aus Komana stammende Inschrift (frag- ximus im SchoUon zu Dionys. Areopag. 2, 78;
mentiert): x&v rfjg NELxrjcpogov Ssäg, Melanges Ygl. W^yttenbach in Adnotat. ad Eunapiump. ISO
de la, faculte Orientale Universite Saint- Joseph ed. _Bo^ssona(Ze) auf das kirchengriechische -O'gori'-
Beyrouth 5 (1911), 321 nr. 17. Zu den Göttern, Sglcc und ^Eccvägog für dsav^gcoTticc und d-sdv-
die die Epiklesis Nikephoros führen, kommt 60 d-ga)7Cog zurück und sieht in Theandrios 'eine
Eros hinzu: "Egcorog l<liy.r\cp6gov (Delos), I. G. synkretistische Fratze des Gottmenschen'; vgl.
11,4 nr. 1304 und die Weihung dargebracht auch Usener, Strena Helbigiana 316, der auf
UccgccTtL, "löi, kvovßi, d-Eotg JVixrjqpo^otg, I. G. ähnliche Bildungen, wie ard-gcoTtoialacov, dso-
a. a. 0. nr. 1230. [Höfer.] dccl^icov, dsog rjgaig hinweist. [Höfer.]
Theandrios, Theandrites {OsdvSgiog, Osav- Theano (ßsKvm), 1) Tochter des Thraker-
ägitrig), arabischer bes. nabataeischer Gott königs Kisses oder Kisseus — daher KioGriig
{@v(so l)ccvSgixrig . . . kgocßloig Ttolvxl^ritog genannt, flom. JZ. 6, 299 — Hom. II 11,223 f.,
^EÖg, Marinus vita Prodi 19 p. 47. Fabric. Gattin des Antenor, ifow. aa. aa. 0. 5, 70. Luc.
547 Theano Theano 548
Imag. 19. Schol Eur. Attdr. 224. TzeU. zu Lij- dorf). Tzetz. Posthorn. 516. Suid. s. v. UulXä-
hophr. V 840 (p. 219, 22 ScÄCtfT. 668 (p. 219, 26). <r»o»; vgl. Stiehk a. a. 0. 596. Auf den Verrat
Sthol. Eur. Hec. 3, wo als ihre Mutter Tele- der durch Odysseus durch ein geheuchelte»
kleia, Tochter des Ilos genannt wird. Als ihre Liebesversprechen {Welcler, Annnli 4 ( 18.'J8| 383
und des Antenor Söhne werden genannt Iphi- = Alte Denkmäler 3, 450 == Die griech. Traif-
damas Hom. 11. II, 221 ff. Schol Hom. II. 11, iidien 1, 147. 0. Jahn. Philologns 1 [1846], ö'3)
266. J^twt. ad fibm. J/. 840,10. 36), Archelochos oder durch sonstige Versprechungen {Overbeck,
und Akamas {Apollod. Epit. S,S4; vgl. Hom. II. Bildwerke zum theb. oder troisdien Heldenlreis
2,828), Glaukos und Eurymachos {Paus. \0^ S. 681 f.) gewonnenen Theano hat man die Dar-
27, 3), Helikaon und Polydamas {Serv. ad Verg. lo Stellung einer bei Overbeck Taf. 25, 1 abgebil-
^en. 1,242). Eine vollständige Aufzahlung samt- deteu Amphora in Berlin (nr. 8025) bezogen.
Hoher Söhne des Antenor, als deren Mutter in der ein durch den Pilos als Odysseus (nach
Theano zwar nicht ausdrücklich genannt, aber Chavannes a. a. 0. 9 wäre es Diomedes) cha-
doch anzü9ehen ist, gibt R. Stiehle, Philologus rakterisierter Manu einer durch den Schlüssel
16 (18601, 693 f.; es sind außer den schon ge- als Priesterin bezeichneten Frau, die das Pal-
nannt^n noch folgende: Koon, Medon, Thersi- ladion hält, eine Tänie darbietet; doch hat
lochoB, AntheuB, Agenor, Polybos, Demoleon, Ijuckenbach, Jahrb. /. /.7a.s.s. Phil. Suppl. 11, 627
Erymanthos, Laodokos und Hippolochos. Ihre (vgl. auch Furtwängler, Berl. Vasen 2 S. 842 f.)
Tochter ist Krino {Paus. a. a. 0.). Den Bastard gegen diese Deutung schwerwiegende Bedenken
des Antenor Pedaios (s. d.) erzieht sie ihrem 20 geäußert. Mit größerer Wahrscheinlichkeit ist
Gatten zu Liebe wie ihr eigenes Kind, Hom. Theano, die hier als treue Priesterin erscheint,
II. 6, 69 ff. Von den Troern zur Priesterin (vgl. die voll Schrecken entflieht, während Odysseus
Tzetz. zu Lykophr. 658. Tzetz. Posthomer. 516) und Diomedes mit Hilfe der Helena das Pal-
der Burggöttin Athena eingesetzt, läßt sie die ladion rauben, auf der Neapeler Vase {Heyde-
Hekabe und die anderen Troerinnen beim Sturm mann 3231 S. 530) zu erkennen, 0. Jahn a. a.
des Diomedes auf die Stadt in den Tempel ein, 0. 56. Overbeck S. 585. Luckenbach S. 626. C7ia-
bringt der Göttin den kostbaren Peplos dar vannes S. 5 nr. 5. Welcker, Gr. Trag. 1, 147. —
und spricht das Gebet, in dem sie um Schutz Auf dem Bd. 2, Sp. 983/84 (s. v. Kassandra) ab-
vor der Wut des Tydiden fleht, Hom. IL 6, gebildeten Vasengemälde wird unter der rechts
297 ff. Serü. zu Verg. Aen. 1, 480. Klug und be- so entsetzt Fliehenden, inschriftlich als 'Priestevin
sonnen (vgl. Lucian. Pro imag. 7. Tzetz. Ante- der Troer' bezeichneten Frauengestalt gleich-
hom. 239) hält sie die Troerinnen von der be- falls Theano zu erkennen sein. Theano oder
absichtigten Teilnahme am Kampfe erfolgreich wahrscheiulicher Hekabe auf einem ^Homeri-
ab, ^in^/Swyni. 1,449 ff. 475. Mit ihrem Ge- sehen Becher', C. Bobert, Homerische Becher
mahl Antenor hat sie einst den Odysseus und {50. Hallesches Wiyickelmannsprogramm) S. 43.
Menelaos, die nach Troia gekommen waren, — 2) eine der fünfzig Danaiden; ihre Mutter
um Helena zurückzufordern, gastlich aufge- ist Polyxo (s.d.), Apollod. '■i,l,b.
nommen, Tryphiodor 659; vgl. Hom. II. S, 207 3) Gemahlin des Königs Metapontos von
Bd. 2, Sp. 2781, 60 ff. Noack, Hermes 27 (1892), Ikaria (d. i. des attischen Demos der aegeischen
457. Zum Danke dafür wird sie nebst Mann 40 Phyle, Wünsch, Rhein, Mus. 40 [1894], 103.
und Kindern nach der Eroberung Troias von Beloch, Hermes 29 [1894], 605 ; nach v. Wilamo-
den Griechen geschont und wandert mit An- tcitz, Euripides Herakles^ 10 Anm. 22 gehört
tenor und ihren Söhnen Helikaon und Poly- Metabos— Metapontos ursprünglich nach An-
damas nach Illyrien aus, Serv. zu Verg. Aen. 1, thedon am Fuße des Messapiongebirges), die aus
242. Auf Polygnots Gemälde in der Lösche der Furcht wegen ihrer Kinderlosigkeit von ihrem
Knidier in Delphoi war der Auszug des Antenor Gatten verstoßen zu werden, sich an Hirten
aus seinem durch ein Pantherfell gekennzeich- wendet-, mit der Bitte, ihr ein Kind zu verschaffen,
neten Hause mit Theano, seinen Söhnen Glau- das sie unterschieben will. Die Hirten senden
kos und Eurymachos und seiner Tochter Krino ihr die zwei Söhne der Melanippe, der Tochter
dargestellt, Patts, a. a. 0. C. Bobert, Die Iliu- 50 des Desmontes — dieser Vatersname ist aus
persis des Polygnot {17*" Hall. Winckelmanns- dem nicht verstandenen deaii&rig herausgespon-
programm) S. 54. P.Weizsäcker, Polygnots Ge- neu — oder des Aiolos. Melanippe (s.d) war, weil
mälde in der Lesche der Knidier in Delphi 29 f. sie von Poseidon verfährt, diese beiden Söhne
Spätere Quellen — nach Welcker, Der epische geboren hatte, von ihrem Vater geblendet und
C^cZus 2,241 wahrscheinlich aber schon So- in Gewahrsam geworfen, ihre Kinder ausgesetzt
phokles in den Adnaivai {Nauck^ ^.210; s. da- und von Hirten gefunden worden. Diese wer-
gegen Ferd. Chavannes, De Palladii raptu 64, den also der Theano überbracht, die sie unter-
der diese Version schon für die kleine Ilias schiebt. Später gebiert die Theano selbst dem
in Anspruch nimmt) — lassen die Theano an Metapontos Z>villinge, doch dieser wendet seine
ihrer Vaterstadt Verrat üben, indem sie das 60 ganze Liebe ausschließlich den älteren — sie
Palladion entweder dem Antenor überläßt, um heißen Boiotos und Aiolos — wegen ihrer Schön-
es an die Griechen auszuliefern {Dictys 5, 8. heit zu. Daher sucht Theano diese zu beseiti-
Cedrenus 1, 229, 18 ed. Bonn. Malalas p. 109, gen und ihren eigenen Kindern die Nachfolge
10 ed. Bonn:, vgl. Ferd. Noack, Der griechi- in der Herrschaft zu sichern. Als Metapontos
sehe Dictys in Philologus Suppl. 6, 430. 475. sich einst entfernt hatte, um der Diana Meta-
486 f.), oder selbst dem Odysseus und Diome- pontina zu opfern, offenbart sie ihren Kindern
des das Heiligtum verrät, Schol. Ven. B Hom. den wahren Sachverhalt und fordert sie auf,
//. 6, 311 (p, 191, 30 Bekker = p. 303,8 Din- den Boiotos und Aiolos auf der Jagd zu über-
549 Thearios Thebaios 550
fallen und zu töten. Es kommt zum Kampfe, verweist. Da.s in Inschriften auH dem karisr-hen
in dem mit Hilfe Poseidons Boiotos und Aiolos Thean^ela, das vielleicht seine (iründung auf
siegen und ihre Gegner ersclilagen. Als deren Troizen zurückführte {Ilelbitj, Göttinger Gel.
Leichen in die Königsburg gebracht w^erden, Nachr. IHdii, '2b i. Ä. Wilhelm, Östcrr. Jahre nhefte
tötet sich Theano aus Verzweiflung. Boiotos 11 1 1908], 74), crwäiinte mpov tov yf7röU&)vos roii
und Aiolos befreien von Poseidon über die Lage ©sagiov {\Vilh<im a. a. 0. 71 nr. 7,j. 72 nr. 8„ =
ihrer Mutter unterrichtet, diese aus dem Ker- Hicks, C/amcal revieir 3, 'IM nr. 1,./, vgl. C. Sviith
ker, töten den Desmontes, führen die Mutter, eftenda p. 139) ist mit den Herausgebern gleich-
der Poseidon das Augenlicht wiedergegeben falls Troizen zuzuweisen. Ein Kultus des Apol-
hat, zu Melapontos und enthüllen ihm die 10 Ion Thearios ist aus ]Hnd. Xem. 3, 70 ^122) mit
Treulosigkeit der Theano. Dieser heiratet die Schal, wohl auch für Aigina aus der Erwäh-
Melanippe und adoptiert ihre Söhne, Hygin. f. nung eines Platzes fi)suQiov^ der dem Apollon
186 p. 117 Schm. Dies wird im allgemeinen der Pythios gehörte, zu erschließen. Gruppe, Gr.
Inhalt der MsXaviiini] di6\L(bxi<s des Euripides Myth. 139, 5. Der Beiname (•^tdiiiog hängt
sein, nur daß bei diesem, wie M^ümch a.a.O. jedenfalls mit -O'fwpsfv, -ö-tcopo? zusammen
98 flF. 102. 105 (vgl. Er. Müller, De Graecorum (identisch ist der von Hcsych. s. v. ©söaQiog
deorum partihus tragicis [lieUgionsgesch. Ver- bezeugte Apollonbeinamen) und hat ungefähr
siiche u. Vorarbeiten YlU^ 3] S. 105) wahrschein- dieselbe Bedeutung wie nQo6^)iog, Eni. Jacobs,
lieh macht, der Mordanschlag gegen Aiolos Thasiaca (Diss. Berlin 1893) S. 43. Bei der
und Boiotos von Theano und ihren Brüdern 20 Entsühung des Orestes scheint der Apollon
geschmiedet wird, nicht von Theano und ihren Tb. eine Rolle gespielt zu haben: vor seinem
Söhnen, die bei Euripides wobl überhaupt Tempel befand sich das Zelt des Orestes, in
nicht vorhanden waren. dem dieser bis zu seiner Entsühnung weilte,
4) eine der Töchter des Skedasos (s.d.), wo Paus. a. a. 0. Bd. 3 Sp, 980, 65 ff. Wide, De
nachzutragen ist Er. Pßster, BeliquienTcult im sacris Troezeniorum 21tf. [Höfer.]
Altertum {Ueligionsgesch. Versuche u. Vorarbei- Thea Soteira {0sä Zmxsiocc). Eine Altar-
/en 5, 1) S. 308 f. und besonders X. J/aZ^e>*, jDas inschrift aus Manawly lautet: @Bcc{i) Zcorsi-
Pferd im Totenglauben in Arch. Jahrb. 29 (1914), (>rj(t) . . .&vBd'r\%s, Keil und v. Prcmerstein, Be-
214 ff. : der Name der einen der Leuktrides rieht über eine dritte Reise in Lydien {Denkschr.
MiXr,ticc ist wohl in MoXTticc zu ändern; kon- 30 d. Wien. Akad. 57, I [1914J) S. 14 nr. 17 mit
stant kehrt in allen Namensangaben (Innw, dem Bemerken: ^Ob unter der Q-eu ZmxHga
Ev^LTtTCTi) die ""Stute' wieder. Man hat sich die eine bestimmte Gottheit, etwa Artemis-Hekate,
toten Jungfrauen als in der Gestalt weißer oder eine nicht näher bezeichnete Form der
Stuten umgehen zu denken (S. 214, 3); nach kleinasiatischen weiblichen Hauptgottheit zu
anderer Tradition werden sie auch in Wolfs- verstehen ist, bleibt dahingestellt.' Ygl. d. Art.
gestalt erscheinend gedacht (S. 239, 20); darauf Soteira, wo Sp. 1247 nr. XXI f. Stellen angeführt
führt die Erzählung bei Paus. 9, 13, 4 f., nach sind, wo Soteira auch ohne Namensbeifügung
der die in den Herden des Kleombrotos ein- einer bestimmten Göttin erscheint. [Höfer.]
brechenden Wölfe ein nijvii^ia der Skedasos- Tliel)a[i]genes (077(?ckr[i]-/8vr]V)> Beiname 1) des
töchter waren (Deneken in Röscher, M. L. 1, 40 Dionysos, Dionys. Per. 623. Schal. Soph. Ant.
2472, 24 ff Röscher, Kynanthropie 61). Zu den 154 (6 ©rjßaYSvrjg Jlovvgo?, ö rrjt @ri§r\g tcoU-
unter Skedasos angeführten Belegstellen kom- rris); vielleicht auch Anonym. Laur. hei Schäu-
men Gregor. Naz. or. 4 in Julian 1 p. 109 Studemund, Anecd. var. Gr. et Lat. 1, 268, 17,
{Migne 35, 592) und Cosynas ad Carm. Gregor. wo @rivccioysvT]s steht. Vgl. Thebaios 4. —
bei Migne 88, 621 f. — 5) Gemahlin des Troers 2) des Herakles, Hes. Theog. 530. Schal. Soph.
Amykos, Mutter des Mimas (s. d. nr. 6), Verg. Trach. 116; vgl. 0. Jahn- Michaelis, Griechische
Aen. 10, 702. — 6) s. Theo. [Höfer.] Bilderchroniken S. 44 mit Anm. 294 und den
Thearios {QedQios)., Beiname des Apollon in Art. Thebaios nr. 3. — 3) des Polyneikes, Eur.
Troizen; sein Tempel, eine Stiftung des Pit- Suppl.i3Q. — Über die Form des Namens vgl.
theus, lag an der Agora und galt für eines 50 W. Schulze, Quaest. ep. 508. Pott, Kuh^is Zeit-
der ältesten Heiligtümer, Paus. 2, 31, 6. Bur- schrift für vergl. Sprachforschung 9 (1860), 345.
sian, Geogr. v. Griechenl. 2, 89. — Inschriftlich Düntzer ebenda 12 (1863), 4. [Höfer.]
wird das Icxgov rov kxöXXcovog xov Osagiov in ThebaieiiS (Qrißaisvg), Beiname des Zeus»
Troizen erwähnt: — a) Corr. Hell. 17 (1893), Herod. 1,182. 2,42. 54. 4,181; s. Thebaios nr. 1.
103 nr. 24, e = Michel, Recueil d'inscr. Gr. 170 [Höfer.]
nr. 116 = Dittenberger, Sylloge 2^ 473,^ p. 82 Thebaios (Srißatog) l) Als Zsvg 0rißcciog —
= I. G. 4, 748^5 (im Index p. 399 steht irr- oder Orißccisvg (a. d.) — wird der ägyptische
tümlich 7I85). — b) Corr. Hell. a. a. 0. 110 Ammon, der Gott von Theben, der nach
nr. 28 = /. G. a. a. 0. 755io- — c) Iccqov 'AnoX- Spiegelberg, Zeitschr. f. ägypt. ^Sprache 49, 127 f.
Xcovog xov GaccQLcc {so l), Inschrift des Cyriacus 60 ein Gott der Luft ist, infolge seiner Gleich-
von Ancona, mitgeteilt von R. Sabbadini, Ci- setzung mit Zeus bezeichnet, wie ja auch
riaco d' Ancona e la sua descrizione autografa Thebai JiööTtoXig heißt, Eust. ad Dionys. Per.
del Pelopanneso trasmessa da Leonardo Balta 211. Eudocia Viol. 75 (p. 83 Flach). Der grie-
in Miscellanea Ceriani (Mailand 1910) S. 227 f. chische Text der Weihung eines Bronzegefäßes
(nicht S. 221, wie Revue des etudes gr. 24 aus Memphis (6. Jahrh. v. Chr.) lautet: MiXdv-
[1911], 309 angegeben ist). Vgl. auch i^r. P/^s^er, Q-iog [la ccvsd-riTcs xä Zrjvl @r}ßai(ü aTiccX^a, S
Reliquienkult im Altertum 61 Anm. 192, der auf Birch, Zeitschr. f. ägypt. Sprache 9 (1871) 119.
den troizenischen Namen QccQig {I. G. 4:,S06) C.Smith, Class. Review 6 (1891), 18. Arch Anz.6
551 Thebaios Thebe 552
(1891), 59. Maltet , Les pretniers etahlisseiiieuts Tbobe {(r^ßri)^ Heroine und Epouyme ver-
des Grecs en EgypU (Paris 1893) p. 4471'. Frei- achiedener Städte gleichen Namens, (die zum
sigke, Satnmelbuch griech. Urkunden aus Aegyp- Unterschiede von der Eponyme gewöhnlich in
ten 1694 pl47. Eine Weihung aus Naukratis Pluralbildung auftreten ©»j/??] : fifißui = *A^ifivri',
ist gleichwlls z/ii Öij^aio) dargebracht, P/inffer« *A^vcti =^ Mvy.r]vr\'. Mi'x^vat, Usener, Götier-
JPeirie, Naukratis 1, 63, 2 plate. 30, 2. Preiaigke namen 232. v. Wilamoiritz, Kuripidcs Herakles
ft. a. 0. 2463 p. 198. Ob die Ergänzung einer 66^ Anm. 14) und demnach genealogisch vor-
zweiten Inschrift aus Naukratis {Petrie a. a. 0. schieden eingereiht. Sie ist
61,122): To* ZTjvi r« l^^ßaim] durch C Smith I. Eponyme von Theben in Boiotieu und
a.a.O. das Richtige trifft, ist zweifelhaft Vgl. lo als solche
auch Pto<o, P/wedr.p. 276 b vgl. mit p. 274 d,e. a) Tochter des Prometheus und einer
2) Als Beispiel von Mensch envergötterungen Nymphe, Steph. Byz. s. v. Srjßri = Herodian
bei den Ägyptern {r&v xag* Alyvittloig &v^Qm- ed. Lente 1, 809, 7. Über die Verbindung des
%mv 3toT^, yivo^ivtov Ss &v^QGinixi S6\^ ö-ewv) Prometheus mit Theben s. Bd. 2 Sp. 2536 (s.
nennt Clem. Alex. Stromat. 1,21 p. 399. 400. v. Megaloi Theoi) Bd. 3 Sp. 3037, 11 ff. Sp.3040,
Pott (= 869 Migne = 2, 83, 8 Stählin) den 40 ff. (s. v. Prometheus).
*£p^})ff 6 Srißttiog und den koxXrixiog 6 Mtn- b) Tochter des Amphitryon, J^Jtym. M. Flo-
q>ivrig. Nach K. Setfit, Imhotep, der Asklepios rent. bei M. E. Miller, Melanges de litterature
der Atgypier 9= Untersuchungen zur Gesch. u. fjrecque p. 168 s. v. &i^ßt].
Altertumskunde Aegyptens 2, 101 ist dieser 20 c) Tochter des Zeus und der lodama: T^shg
*Eif(ifjg 6 Grißaiog identisch nicht mit dem fityslg 'lodd^a . . . ysvvu ©i^ßriv r^v diScoaiv
alten Gott von Hermopolis, sondern, wie der Alyvntay &(p' ov 'Slyvylri V ^vßl^ so berichtet
Zusatz 6 Orißalog lehre, mit einem jüngeren nach der Rezension von Scheer {Scholia in Ly-
Gott Toth, einem Lokalgott im Gebiete des kophr. 2 p. 347) Lykos von JRIieyion {F. H. G. 4
alten Thebens, dessen Tempel aus der Zeit p. 667 a frgm. 14 a [das angeblich zweite Frag-
des Ptolemaios bezeugt ist {Lepsius, Denkmäler ment des Lykos von Bhegion (F. H. G. 4, 667
Text 3, 186 ff.), und der ursprünglich ein ver- fr. 14b ist zu streichen; es beruht auf einem
götterter Hoherpriester von Memphis, namens Irrtum C. Müllers, der die unten s. 11 a. E. er-
De-h6 griech. T^oog, gewesen sei. Dagegen er- wähnte Stelle aus Rufin. Becogn. nicht selbst
hebt W. Spiegelbergt Zeitschr. f. äaypt. Sprache so eingesehen, sondern aus Unger, Theb. Paradoxu
46 (1909), 89 f. Bedenken und erklärt den Bei- 63 abgeschrieben hat] ; vgl. W. Radtkc, Hermes
namen als 'Thot erhört'; der Beiname sei 36 [1901], 47 Anm. 1) bei Tzetz. zu Lykophr.
dann dem Gottesnamen selbst noch hinzuge- 1206. Die Vulgata hat für Alyvntm: '^yvyco,
fügt worden. dessen Erwähnung durch die folgenden Worte :
3) Beiname des nach der späteren (i?. Wi7a- aqp' ov 'Slyvyir] rj Grißr] gefordert wird, und
mowitz, Euripides Herakles* 62. Friedländer, so schreiben auch Chr. GoUfr. Müller in der
Rheiti. Mus. 69 [1914], 341 Anm. 1) Überliefe- Ausgabe des Tzetzes zu Lykophr. 2 p. 958,
rung in Theben geborenen Herakles — ein Carl Müller, F. H. G. a. a, 0. und Radtke a.
ßmii^g 'HgccKUovg ©rjßaiov befand sich aber a. 0. ^Slyvyto^ während Sclteer vermutet: Aiyv-
auch in Gadeira, Philostr. vit. Apoll. Tyan. 5, 40 tttco, Sccp' ov (^"Slyvyog, öd-avy 'Slyvyir] 17 Q^ßri-
4; vgl. Eust. ad Dionys. Pers. 451 p. 184, 26 f. Die Lesart 'Slyvym wird auch durch die Notiz
Bernh. — , Paus. 6, 8, 8. 8,48,1. Varro bei im Schol.Aristid. Panathen. p.iilS, 27 f. emipioh-
Serv. ad Verg. Aen. 8, 664. Ammian. Marcell. len, wonach Thebe die Gemahlin des Ogygos
16, 10,9 (p. 64,23 Clark). Arnob. advers. nat. ist; freilich werden die beiden hier als attische
1,36 (p. 23, 22 Reifferscheid). 4,22 (p. 158,24). Autochthonen bezeichnet, die nach Ägypten
Isidor, Orig. 14,4,11; vgL Hirzel, Berichte über gekommen seien, wo Ogygos die Stadt Theben
die VerhancU. d. K. SäcJts. Gesellsch. d. Wiss. gegründet habe (s. unten nr III).
Phü.-hist. Gl. 48 (1896), 328. Identisch (vgl. d) Tochter, und zwar neben Aigina die
über den synonymen Gebrauch von Orißatog jüngste {Find. Isthm. 8 [7], 19 f. [37 f.] und
und BoMorog J. Beloch, Klio Beiträge zur alt. f-o Schnl. z. d. St.) des Asopos, und zwar nach the-
Gesch. 6 [1906], 39 f.) mit dem 'JfpaxX^? Sri- banischer Sage des boiotischen, nach der Sage
ßatog ist der 'HgaxXfjg BoimtLog, Plut. de Herod. der Phliasier des phliasischen Flußgottes glei-
maligr. 14; eine Weihung der Delphier gilt eben Namens (Patts. 2, 5, 2. Friedländer, Rhein.
'Hga'KXet Boi(otlg)[l] , Pomtow , Berl. Philol. 3fws. 69 [1914], 300 Anm. 5) und der Metope
Wochenschr. 1909, 316. Anm. 1911, 61. Philo- (s. d.), Pind. Ol. 6,84 (144) und Schol. z. d. S.
logus 71 (1912), 43. Herod. 5, 80. Diodor. 4, 72. Etym. M. 450, 44
4) Beiname des Dionysos (vgl. Thebaigenes), s. v. ©rißri. Schol. Pind. Nem. 4, 30. 36. Schöl.
Arrian. Anab. 2, 16, 3. 5, 1, 2 (vgl. W. Quandt, Pind. Pyth. 4, 25. ScJiol. B. L. Hom. 11. 2, 505
Diss. Phil. Hai. 21 [1913], 2, 177). Eust. ad (p. 81 Bekker). Schol. Tzetz. Exc(j. Hom. II.
Dionys. Per. 623. 1153 (p. 313,3. 316, 7 Bernh.). 60 p. 132, 8. 145, 20 Hermann. Nach Schol. Pind.
Tzetz. Chüiad. 8, 584. Isthm. 8 [7], 37 war die sonst als Mutter der
5) Beiname des Teiresias (s. d.), Hom. Od. Thebe genannte Metope ihre Schwester, und
10,492. 11,90. 165. Tzetz. zu Lykophr. Alex. nach Oc. Amor. 3,6,33 ist Asopos, der sonst
684 (p. 226, 29 Scheer). als Vater der Thebe erscheint, ihr Gatte, dem
6) Eigenname: Troer, Vater des Eniopeus sie fünf Töchter gebiert. Wenn Alex. Berg,
(8. d.), Hom. II. 8, 120 und Schol. Townl. z. d. Des Publ. Ovid. Naso erotische Werke 1, 107
S. [Höfer.] Anm. aus dem von Ovid b.. a. 0. der Thebe
Thebanische Kriege s. am Schluß des T. gegebenem Epitheton 'Martia' schließt, das
553 Thebe Thebe 554
Mars mit Thebe die Ov. a. a. O. 3, 0, 41 ge- deusarkophag des Lateranischen Museums,
nannte Euadne (s. d. nr. 5) gezeugt habe, so während W. Heibig, Führer durcJi die ö/fent-
ist data eine unerwiesene Vermutung. Nach liehen Saminlungen klasa. Altert, in Hom 2',
Pirui. Jsthni. a. a. 0. und Schal, i. d. St. (vgl. 43 nr. 1209 in der von Htark als Thebe be-
PrxM«. 5, 22, 6) erregten die Asopostöchter Ai- zeichneten Figur eine Bergnymphe erblickt),
gina und Thebe den Gefallen des Zeus, der Auf zwei homerischen Bechern, deren eine
sie raubte und zu seinen Geliebten machte, im engen Anschluß an tJuripides' Phoinissai
und so wird wohl auch Korinna (Berliner den Zweikampf der Oidipussöhne, der andere
Klassikertexte 5, 2 S. 32 v. öl ff. und v. Wila- die sterbenden Brüder zeigt, erscheint als Zu-
motvitz ebenda S. 50) von dem Raube dieser lo schauerin, auf einem Felsen thronend, die
beiden durch Zeus gesungen haben. Die von Stadtgöttin, auf dem ersten (in London be-
den Phliasiern nach Olympia geweihte Gruppe findlichen) Becher mit der Beischrift f)HBHy
stellte die Entführung der Aigina durch Zeus H. B. Walters, Class. rewiew 8 (1894), 326. Cat.
im Beisein ihres Vaters Asopos und ihrer of the greek and etruscan vases in the Brit.
Schwestern, unter ihnen der Thebe, dar, Paus. Mus. 4, p. 254 nr. 9104 pl. 16. C. Robert, Arch.
5,22,6. Overbeck, Gr. Kunstmythol. 2,399. Br. Jahrb. 23(1908), 195 Taf. 6N p. 191. C.Robert,
W. Sauer, Die Anfänge der statuarischen Oidipus 1, 152 Abb. 58, — auf dem zweiten
Gruppe 29. Eine ganz ähnliche Darstellung (in Halle befindlichen) Becher mit der Beischrift
findet sich auf einem Vulcenter Stamnos des 0HBAIA, Arch. Jahrb. &.&. 0. Ta.t 60 p. 190f.
Vatican, Mu^. Gregor. 2, 20. Braun, Antike 20 Oidipus 1, 453 Abb. 59. Auf der Vase Gort,
Marmorwerke 1,6. Overbeck a. a. 0. 2,400 Mus. etr. 1 Taf. IZO = Arch. Jahrb. 20 (1906)
nr. 4. M\ Helhig, Führer durch die öffentl. Taf. 7 erkennt Engelmann, Arch. Jahrb. a. a.
Samml. klass. Altert, in Rom 1', 314 nr. 504. 0. 187 in der untern Gruppe den Zweikampf
Nach Apollod. 3, 5, 6^ (vgl. Paus. 9, 5, 6) ist des Eteokles und Polyneikes, in dem Mittel-
Thebe die Gemahlin des Zethos (s. d.). bild den Opfertod des Menoikeus und den
Auch als Stadtgöttin baw. Lokalpersonifi- Kampf zwischen Tydeus und Periklymenos in
kation (vgl. Pind. Isthm. 1,1. 7,1. Schal. Pind. Gegenwart der Thebe, der Personifikation von
Pyth. 4, 25) erscheint Thebe. Im Asklepios- Theben.
tempel von Messene befand sich eine Statue II, Eponyme des hypoplakischen Theben,
der Thebe von der Hand des Damophon, Paus. 30 Tochter des Adramys, eines Pelasgers, des
4, 31, 10. C. Robert, Hermes 29 (1894), 434. Als Ktisten und Eponymen von Adramyttion, deren
Zuschauerin bei dem Kampfe des Kadmos er- Hand von diesem demjenigen zugesagt wurde,
scheint Thebe auf zwei Vasengemälden : der in einem Wettkampf und Wettlauf {"A-^ga-
a) Vase des Assteas, jetzt in Neapel, H. ^vg mit cc intensivum zu dga^islv Tümpel bei
Heydemann, Die Vasensammlung des Museo Pauly-Wissowa s. v. Adramys. P. Friedländer,
Nazionale zu Neapel ;^226 p. 523 (vgl Arch. Argolica 11 Anm. 26; \g\. a^uch. P. Friedländer,
Zeit. 29 [1872], 36. Welcker, Alt. Denktn. 3, 388. Herakles [Philologische Untersuchungen 19] S.
H. Brunn, Gesch. d. griech. Künstler 2,662= 160 Anm. 3) siegen würde. Der Preis fällt
451^. W. Klein, Die griech. Vasen mit Meister- dem Herakles zu, der die Thebe heiratet
Signaturen' 209 f. nr. 4. P. Kretschmer, Die 40 und am Fuße des HXccxlov ögog eine Stadt
grieeh. Vaseninschr. 222,206); abg. Millingen, gründet, die er nach seiner Gattin &rjßr] be-
üned. ancient monum^nts 26. Mus. Borbanico nennt, Dikaiarchos frgm. 11 {F. H. G. 2,238;
14, 28. Dubais- Maisonneuve, Inirod. pl. 2. Wie- vgl. Ed. Schwartz, De scholiis Homericis ad
ner Vorlegeblätter 1 Taf. 7. Röscher, Myth. Lex. histor. fabul. pertin. in Jahrb. f. klass. Phil.
2, Sp. 830. Baumeister, Denkmäler 770 Abb. 8 Suppl. 12, 441) im Schal Toivnl. Ven. B. Hom.
(Beischrift &HBH. C. Z. G^. 4, 8481). II. 6,396; vgl. Schal. Townl. Hom. II. 1,366.
b) Hydria aus Vulci, jetzt in Berlin {A. Eust. ad Hom. II. 649, 45 ff. K. B. Stark, Niobe
Furtwängler, Beschreib, der Vasensamml. im 399. Statt des Adramys wird im Schal. Ven.
Antiquarium 2634 p. 744. Heydemann, Arch. A. Ham. II. 6, 396 auch Granikoe als Vater
Zeit 29, 35 f. P. Kretschmer a. a. 0. 212); abg. 50 der Thebe genannt; vgl. Gruppe, Gr. Myth.
Gerhard, Etr. u. campan. Vasenb. Taf. C 3. 4. 309, 2. 3. — Auf Münzen von Adramyttion er-
Welcker, A. D. 3, Taf. 23, 1 (vgl. p. 389). scheint das Brustbild der hier wohl mehr als
Wiener Vorlegebl. 1, 7. Beischrift: ©HBA (0. Stadtgöttin aufzufassenden @HBH mit Mauer-
I. G. 4, 8426). kröne, H. v. Fritze, Die antiken Münzen My-
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Thebe siens S. 33 nr. 99. 100 S. 56 nr. 170 (vgl, S. 7).
auch auf einer rf. Hydria des Louvre, auf der — In Zusammenhang mit dem Hypoplaki-
gleichfalls der Drachenkampf des Kadmos — sehen Theben muß wohl auch die von Diodar
aber ohne Beischrift zu den Figuren — dar- 5, 49, 3 angeführte Genealogie gebracht werden,
gestellt ist, zu erkennen sein (abg. Miliin, wonach Thebe die Tochter des Balix ist, die
Man. ant ined. 2 pl. 26 p. 119 ff. Gall. Mythol. 60 den Korybas^ den Sohn der Kybele und des
98, 395. Peintures de Vases 2, 7. Inghirami, lasion heiratet. Denn ihr Name und der Name
Vasi fittili 3, 239. Raoul.-Rachette, Man. ined. ihres Vaters Kilix weist auf die noXig KiXiv,(ov
4, 2), Welcker a. a. 0. 388. Heydemann, Arch. @rißr] vipLTCvXog Hom. II. 6, 545. Quillt. Smyrn.
Zeit. 29, 36. Pariser Antiken {12. Hallisches 3, 545, wie der Name ihres Gatten Korybas
Winckelmannspragr.) 52,45. Unsicherer sind naeh der Troas (vgl. Bd. 2 Sp. 1608, 59 ff.),
weitere Deutuugen auf Thebe, Panafka, Arch. Und schließlich gehört hierher auch die Notiz
Zeit. 4 (1846), 223 (etruskischer Spiegel). 221 bei Rufin. Recognit. 10, 21 {Migne Patrol. Ser.
(Henkelverzierung). Stark, Niobe 196 f. (Niobi- Gr. 1 p. 1432), daß Thebe und ihr Bruder Lo-
RoscHER, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 19
555 Thegylis Theiodamäs 556
kro8 Kinder des Zeus und der Megakleite, der 'ßxfavot)), bei Eust. ad Hom. Od. 1864, 34. Suid.
Tochter des Makareus sind. Dies führt nach s. v. KEQn<o7csg (p. 222, 6 Beruh.) sind die Ker-
Lesbos: denn Megakleite ist sicher mit Me- kopen Söhne der Th. und des Okeanos {Oelag
gaklo (s. d.), der Tochter des lesbischen Makar xal 'SUsavov. Im Schal. Hom. B M 11. 24, 316,
(g. d.) bzw. Makareus (s. d. nr. 1) identisch. wo von den Kerkopen gehandelt wird, emen-
111. Eponyme von Theben in Ägypten. diert Loheck, Aglooph. 121)9 statt des unver-
Schon oben (I, 3) ist Thebe als Gemahlin des ständlichen ^^läaovg: Gsiae viovg. Zur Etymo-
Ogygos erwähnt worden. Nach Porphyrios logie des Namens Qeia, den E. Braun, Rhein.
{Porj^yrii Quaest. Hotner. ad Jliad.pertin. ad Jtfu«. N. F. 7 (1850), 198 von der goldgelben
Schröder p. 138) im SehoL Ven. B. Hom. II. 9, lo Farbe des Schwefels (!) ableitet, vgl. Ahrem,
888 (vgl. auch Schol. Touml. a. a. 0) war Thebe Kuhns Zeitschrift für vergl. Sprachforschung 8
Tochter des Neilos, an dessen Stelle andere (1854), 173 if. 176. [Höfer.]
den Epaphos oder den Proteus oder auch den Theias (Geiag)^ Sohn des assyrischen Könige
Libys nannten. Die 'Si^ßri ii Alyvnxia* (vgl. Belos, Gemahlin der Nymphe Oreithyia, ulnton.
Nonn. Dionys. 4,304. 6,86. 41,270: öij|3rjs Xt6. 34, 1, Vater der Myrrha (oder Smyrna),
&Q'lsy6voio q>$Qaw(ios irclsro Si^Bri) ist von mit der er, ohne es zu ahnen, blutschänderisch
Zeus Mutter des 'vierten* Herakles, Lyd. de verkehrt (das Nähere s. unter Adonis), Pany-
mens. 4,46 (=4,67 p. 122,2 Wuensch), nach assts bei Apollod. 3,14,4. Antimachos {Schnei-
einem 'i«ro^ixös' bei Tzete. zu Lykophr. 1206 dewin, Philologus 3 [1848], 250, 4. Stiehle, Phi-
erzeugt Zeus mit Thebe den Aigyptos. — Eine 20 lologus 4 [1849], 389 vgl. Bergk, Poet. Lyr.
Art Personifikation des ägyptischen Theben Gr. 2*, 293) bei Prob, ad Verg. Eclog. 10, 18.
findet sich in einem ganz späten Gedicht, das Anto7i. Lib. 34, 1 ff . Tzetz. zu Lykophr. 829
die azaxvmSris ftij"jp ^vß^ preist, Berlin. (p. 265, 27 ÄcÄeer). jEii«^ zu ^om. 7/. 1168, 32.
ElassikertexU 5,2,147. [Höfer.] Schol. Oppian. Hai. 3,403. Schol. in Tzetz.
Thegylis (SriyvXig), Beiname der Athena, Exeg. II. p. 138, 5 Hermann. Bei Cramer,
Steph. Bye. s. v. Ha^upvliu. Drdko Straton., De Anecd. Gr. Paris. 4, 183,^: Qstdg: 'O ßvXXiog
metris poeticis (ed. G. Hermann) p. 76, 22. He- ov ijQccGd-ri rj Q^vydtriQ Mvqqu wird zu schrei-
rodian. ed. Lentz 1,91,28. [Höfer.] ben sein: Qüag ö BvßXiog^ ov x. r. X. In der
Theia (öcta). 1) Tochter des Uranos und der auf einen sonst unbekannten Zoilos ziirüekge-
GaiÄ, eine der Titaniden^J/cs.TÄco^r. 135. (Auch so führten Notiz im Etym. M. 117,36 {Meineke,
Hes. Theog. 19 will Peppmüller [s. d. Adtiot. Anal. Alexandr. 279) xriv yccQ QsiavTog ^ririgu
von Rzach z. d. St.] statt 'Hm : Gsiccv lesen). oi 2^vQvat% &XX' kmccv -naXavoi, (die Kyprierj
Orph. frgm. 96 , 2 Abel (vgl. Proclus ad Plat. korrigiert M. Haupt, Observat. crit. 2 (= Opu^-
r«m. 297A ed. DieW 3, 189, 6). Clem. Rom. Ho- cula 1,74) firiT^ga in d-vyar^ga. Nach dem
mil.6,2 {Migne Ser. Gr. 2, IdG, wo Bsd steht). Schol. Townl. Hom. II. 11,20 und Eust. zu
Rußn. Recogn. 10, 17 {Migne a. a. 0. 1, 1429). Hom. II. 827, 4 (darnach ist Blccvtog im SchoL
10, 81 (p. 1487). Cyrill. Al^. c. lul. 2, 63 Aubert Ven. B. Hom. 11, 20 in Qsiavtog zu verbessern)
t. 9 c. 681 BM. Apollod. 1,1,3 Comut. de nat. ist Theias Vater der Kinyras (s. d.), der bei
deor. 17 p. 94 Osann. In der Ev^i} «pos Mov- anderen als Vater der Myrrha genannt wird.
calop 19, wo bei G. Hermann und Abel steht 40 Als Theias die unselige Handlungsweise seiner
Aritm T* svnXo-KUfiov &£lriv ös^iv^v ts ^imvriv Tochter erkennt, legt er Hand an sich, Ant.
schreibt 0. Kern, Genethliakon Karl Robert Lib. 34, 6. Zur Etymologie des Namens vgl.
zum 8. März 1910 S. 95: A-^rm r* «-ßxXoxaftov, Ahrens an der am Ende des Art. Theia ange-
Osiriv 6sfivi^v t£ jdiatvTiv. Von Hyperion (s. d.) führten Stelle. [Höfer.]
ist Theia Mutter des Helios {Pind. Isthm. 5 Theinaecus. Der hispanische Gott Cosub
4], 1 und dazu v. Wilamowitz, Sitzungsber. d. (Cososus) der wohl dem Mars gleichgesetzt
'erl. Akad. 1908, 330. Schol. Pind. a. a. 0. 2. wurde (Coso M(arti?), C. I. L. 2, 5071 p. 706 =
lulian. er. 4 p. 136 c [= 1, 176, 15 Hertl.']. Schol. Suppl. 5628; vgl. 5960) erhält auf einer ande-
Hom. Toicnl. 9, 480. Et. M. und Et. Gud. s. v. ren hispanischen Inschrift das Epitheton Thei-
^Tntgiaiv. Schol. Hom. 1,8. Schol. Apoll. Rhod. 50 naecus: Coso Theinaeco . . . pos(uit) ex voto,
464. Schol. Eur. Troad. 856. Phoen. 175; vgl. Boletin de la Real Academia de la Hittoria
Rapp Bd. 1, Sp. 2016, 4ff.), der Selene {Schol. 61 (1912), 535, wo Theinaecus = ('^sivai-nog von
Apoll. Rhod. Schol. Eur. Troad. Phoen. a. a. 0., dem griechischen ^sivco abgeleitet wird, was
vgl. i2o«cÄ€r Bd. 2, Sp. 3160, 2 ff.) und der Eos, wohl kaum anzunehmen ist. Die Inschrift
Hes. Theog. 371 ff. {Schol. Pind. Ol. 7, 72. Am- kurz erwähnt auch Rev. epigr. N. S. 1 (1923),
man. de diff. voc. s. v. ij^iiga. Eust. ad Hom. 391. [Höfer.J
1627, 67). Apollod. 1, 2, 2. Hygin. fab. praef Theiodamäs {©sioSdnag) 1) ein in Zusammen-
p. 11, 16 Schm. Nach Schol. Pind. Isthm. 4 (5), 1 hang mit dem Heraklesmythos stehender Heros,
scheint es, als hätten manche auch den Eros Zur Etymologie des Namens vgl. Pott, Kuhns
und die Elpis als Kinder der Theia bezeichnet. 60 Zeitschrift f. vergleich. Sprachforschimg 7 (1868),
Als Sohn der Eos, der Tochter der Theia heißt 244. Gruppe, Gr. Myth. 105.
Boreas Q^iag du,vdii(ov (= Abkömmling), Suid. , , „, . ,
s. V. 08lag diivd{i<ov (p. 1178, 18 Bernh): 6 Bo- I- ^^^ dryopische Theiodamassage.
giag 6 dvi^g. dfivdfuov dh 6 dnoyovot. mg yccg Aus Schol. Apoll Rhod. 1, 131, wo Mnaseas
'Höiodog {Theog. 379) Xiyu, vfig Qslag dnoyovoi {F. H. G. 3, 151 fragm. 10) zitiert wird und wo
ot avBiLot. — 2) Mutter der Kerkopen: bei die Worte Qsiodd^avrog tov jQvoTtog stehen,
Tzetz. zu Lykophr. 91 (p. 51, 7 Scheer). Zenob. erschließen Pape-Benseler s. v. Ssioddiiag und
6, 10 heißt sie Tochter des Okeanos {Bsia i] Weizsäcker, Roschers Myth. Lex. Bd. 1, Sp. 1204,
g
557 Theiodamas (dryopische Sage) Theiodamas (dryopische Sage) 558
30 einen Theiodamas, Sohn des Dryops. Doch stimmt Cosinus ad Greg. Naz. curin. 3, 486 bei
ist dieser Schluß nicht zwingend : die Worte A. Mai, Spicilegium Jiomanum 2 p. 64 --= Migne
xov jQvonog können ebenso gut nur den Th. a. a. 0. 48 p. 400; Schol. Apoll. Wiod. 1, 1212,
als Dryoper bezeichnen. Noch weniger richtig nach welchem auch Kallimachos in den AixLa
ist die Bezeichnung des 'Therodomantus' (so!) {Frgm. 410; vgl. Kuaack, CaWmachea [Progr.
als 'Coroni filius' im Scliol. Ov. Jbis 488, ein d. Kgl. Maiienstiftsgymnas. zu Stettin 1887J
Irrtum, der nach Eüis z. d. St. daher entstan- S. 12 f Hermen 23 [1888], 131 fif. Gott. Gel. Anz.
den ist, daß Herakles nach Besiegung des 1890, 881 ff.; vgl. ^/. Ifoe/er, Xowon 62) die Sage
Theiodamas und der Dryoper den Lapithen behandelt hatte. Aus dem ßoriXdrris Theioda-
Koronos tötete, Apollod. 2, 7, 7, 2 (2, 154 W.; lo mas ist ein Pflüger {Kallim. Ilymn. 3, 161; vgl.
vgl. Diod. 4,37). Übrigens hat, was unter Ko- frgm 491b. Apoll. Bhod. 1,1214. Nonn.&.&A).)
ronos nr. 1 nachzutragen ist, das Abenteuer des geworden. Herakles begegnet ihm und bittet
Herakles mit Theiodamas und das mit Koronos ihn für seinen hungernden Sohn Hyllos um
das Gemeinsame, daß Herakles auch bei die- Speise. Th. verweigert dies (und schmäht sogar
sem ein ganzes Rind verzehrt. Find, hei Fht- den Heros, Nonn)\ da nimmt ihm Herakles
lostr. Imag. 2, 24 = Fragm. 108 Bergk*; vgl. den einen Ackerstier, schlachtet ihn und hält
Knaack, Hermes 23 [1884J, 140. Gott. Gel. Anz. mit seinem Sohne einen Schmaus. Th. eilt nach
1896, 882 und Anm. 1. Daß Theiodamas Kö- der Stadt, holt Hilfe (vgl. Ov. Jbis 487 f.), es
nig der Dryoper gewesen sei, wollte G. Türk, kommt zum Kampfe, in dem Herakles — nach-
De Hyla {Breslauer pJiilol. Abhandl. VH, 4) 20 dem er erst in solche Bedrängnis geraten war,
S. 89 aus Apoll. Bhod. 1, 1213 {diov ©stodd^av- daß sogar seine Gemahlin Deianeira am Kampfe
tag) erschließen; doch hat schon Knaack, G. teil nehmen muß; Herakles (oder Deianeira)
G. A. a. a. 0. 881 Anm. 1 diesen Einfall zurück- selbst wird an der Brust verwundet (Schal.
gewiesen. Freilich wird Th. an zwei Stellen Apoll. Bhod.) — schließlich die Oberhand ge-
(abgesehen von dem unzuverlässigen Schol. Ov. winnt, den Th. erschlägt und seinen Sohn Hy-
ib. a. a. 0., wo er 'tyrannus' heißt) als König las mit sich fortführt. Nach Apoll. Bhod. 1,
der Dryoper bezeichnet (Schol. Kallim. Hymn. 1216 ff. (vgl. Schol. 1218) hätte Herakles den
3,161. Probus ad Verg. Georg. 3,6), und auch Th., der ihm die Herausgabe des Stieres ver-
seine Ehe mit einer Tochter des Orion (s. unten) weigert, getötet, um einen Grund zum Kampfe
kann für seine königliche Abkunft angeführt 30 gegen die räuberischen Dryoper zu haben. An-
werden. Als Dryoperkönig bezeichnet ihn auch spielungen auf die dryopische oder auch, was
Konr. Wernicke, Aus der Anomia 83 f. Sonst infolge Fehlens näherer Angaben ebenso gut
aber erscheint er in der bescheidenen Rolle eines möglich ist, auf die gleich zu behandelnde rho-
Rindertreibers oder pflügenden Bauermannes, dische Theiodamassage finden sich noch Anth.
und als König der Dryoper wird von Apollod. Pal. (Planud.) 6,101. Schol. W. zu Anth. Pal.
2, 7, 7, 3 (2, 155 TT.) im Anschluß an das Theio- 16, 123 (2, 620 ed. Bübner). Nach Nonnos a. a. 0.
damasabenteuer des Herakles Laogoras genannt soll Herakles, weil er das ganze Rind des Th.
Theiodamas ist Vater des Hylas (s. d.) , Apoll. verzehrt hat, den Beinamen BovO-oLvag erhalten
JRÄod. 1, 1213. 1355. Schol. Apoll. Bhod. 1., 1201. haben; doch liegt bei Nonnos ein auch von
Apollod. 1, 9, 19 (1, inW.). Catal. Argonaut, in 4o Knaack (s. unten) geteiltes Versehen vor; denn
derAusgabedes J.poW. i2/iocZ.p.536Äei7. jE'Möfocm der Beiname Bovd-oivag gehört nach Lindos.
p. 221. p. 354 Flach. Hyg. fab. 14 p. 46 Schm. Als Quelle für die dryopische Theiodamassage
{Hylas, Thiodamantis et Menodices [s. unten] . . . nimmt P. Friedländer, Herakles (Philol. ünter-
filius, ephebus ex Oechalia. alii aiunt ex Argis suchungen 19) S. 149 das alte, dem Hesiod oder
comitem Herculis, woraus Koehne, Mem. de la dem Kerkops von Milet zugeschriebene Epos
soc.d'arch. et de numism. de St.-Petersb. I, 1847 Aigimios an; ursprünglich ist dieser Sage nach
S. 17 einen Hylas ^des Theiodamas, Fürsten Friedländer, worin er mit Knaack, G. G. A.
von Argos oder Oechalia, und der Nymphe Me- 879 f. übereinstimmt, nur die Person des Theio-
nodike [s. unten] Sohn' gemacht hat). Hyg. damas eigen. Hylas ist später hinzugefügt wor-
fdb. 271. Schol. Veron. und Probus ad Verg. 50 den, ebenso der auch in der rhodischen Sage
Georg. 3, 6. Serv. und Schol. Bern, ad Verg. wiederkehrende Zug, daß der Hungernde Hyl-
Fclog. 6, 4:3. 3Iythogr. Lat. 1, 4:^. 2,19'^. Schol. los gewesen sei: ursprünglich ist Herakles, was
Theokr. 13, 7— 9d p. 260,6 Wendel. Auch im auch einige Versionen bewahrt haben, selbst
Schol. Theokr. 13, 7— 9a p. 259,11 liest man der Hungernde. Phereky des {F. H. G. 1,S2 frgm.
xß.it Hemsterhuis iÜT das ühevlieieite ^iXoddiiov : 38) hat nach Karl Luetke, Pherecydea {Diss.
@8Loddiiavtog (vgl. auch Türk a.a.O. 20), und Göttingen 1893) S. 38 f. die Vernichtung der
bei Propert. 1, 20, 6 heißt Hylas Theodaman- Dryoper berichtet, ohne das Motiv von dem
teus. Für das Abenteuer des Herakles kommt Zusammenstoß des Herakles mit Th., wodurch
in Betracht zunächst der kurze Bericht bei natürlich auch die Rolle des hungernden Hyllos
Apollod. 2,7 .,1 (2, 16^ W.) = Argum.Soph.Trach.: 60 wegfällt, heranzuziehen.
dis^ioiv . . . ^HgayiXfjg tijv zigvontov y^coqav, äzto- Des Theiodamas Gemahlin ist Menodike,
Q&v XQocpfig, äTtavxr\6avtog &Bio8dybavxog ßoriXcc- die Tochter des Orion; vgl. Hyg. fab. 14 p.46,b
xovvxog xbv ixsQov xä)v xccvQcav XvGccg (d"v6ag Schm.: Hylas, Thiodamantis et Menodices nym-
Wagner) svcairiaccxo (vgl. Tzetz. Chiliad. 2, 465. phae, Orionis filiae, filius. Für Menodices hat
591). Ausführlicher berichten Nonn. Narrat. ad Muncker (vgl. M. Schmidt zu Hyg. a. a. 0.) Me-
Gregor. Nazianz. invect. 1,41 bei Migne, Patr. kionices eingesetzt aus Tzetz. Chiliad. 2,6 13 S.:
Ser. Gr. 36 p. 1008 (= Mythogr. Gr. ed.Wester- EuqpTj/iog %atg xfjg JcagiSog ^v xal xov IJogsc-
mann p. 370 f.), mit dem fast wörtlich überein- ö&vog slx' ovv EvQmTcrig Tlxvov, sixs Mrixiovi-
19*
559 Ttieiodamas (drjopische Sage) Theiodaiiias (rhodische Sage) 560
*tlSi ^»Jff ^yccTQog 'Slglnvos, »trs rfjg tov Eigm- des Herakles 1', 31 [anders 1^280]; vgl. Text-
rot>, Tfiv 'HgaxXiovg dÖshpiiv fjjwv rijv Actov6- gesch. der griech.Bukoliker 11%. Kidlmer, Jahrb.
^Tjv, und Otto Jessen, Prolegomena in Catal. f. klass. Phil. Suppl. 27, 581»), aber als Vater
Argonautarum {Diss. Berlin) p. 49 ' Sententiae des Hylas wird er nirgends genannt. Doch gibt
controvertae III* vermutet, daß bei Schol. Lg- es allerdings t^berlieferungen, die einen andern
kophr. 886 (p. 287, 14 Scheer) für E^fpriiu>s . . . Vater des Hylas atatt des Theiodamas nennen
vl6g atv xal aitbg noasiS&pog xal Mrixiovixrii und zwar den Theiomenes (s. d.) oder den Keyx
i) JmQi'iog rijg Evgamrig («^pwra, cod. Ämbros. (Nikandros bei Anton, lAheral. 20 und im Schol.
222) d^yargögy ya^^p6ff dh kXxiirjvrig inl Auo- Theoer. 13, 7 p. 269 Wendel) oder gar den He-
96u,r\ ^vfaxQi zu schreiben sei : E^tpriy^og . . . lo rakles selbst {Sokrates im Schol Theoer. a. a. 0. ;
vlhg mv xal wbthg Tloesticbvog xal MTixtovUrig vgl. Antikleides im Schol. Apoll. Jihod. 1, 1207.
T} 'Slgltovog ^ Eigoara d'vyargog. Mekionike (vgl. 1289. Knaack, G. G. A. 880), woraus sich dann
über sie auch L. Malten, Kyrene [Philol. ün- leicht erklärt, daß Hylas als Liebling des Po-
tersuchungen 20] S. 168. E. Maaß, Gott Gel. lyphemos erscheint; vgl. Türk a. a. 0. 40.
Anz. 1890, 883) als Mutter des Euphemos von
Poseidon nennt auch Hesiod (frgm. 148 Rzach) ^- ^i® rhodisohe Theiodamassage.
im Schah Find. Pyth. 4,36 und das Schol. zu Quellen: Apollod. 2, 5, 11 , 8 (2, 118 W).
Pind. Pyth. 4, 15 (Mekionike T. des Eurotas), Lactant. Divin. inst. 1, 21, 31 ff. (= Corp. Script.
wo auch, ebenso wie Schol. Pind. a. a. 0. 76 eccles. Lat. 19, p. 84 f. ed. Brandt) und Instit.
als seine Gemahlin Laonome, die Schwester 20 «pt^^w'C 18,9 (p. 098 J5rand^). Kanon 11. Phi-
des Herakles genannt wird, als deren Gatte lostr. Imag.2y'i^{2,SlS Kayser). Orig.adv. Cel-
nach anderen Quellen {Schal. Apoll. Rhod. 1, .sww. 7, 54 p. 732 738(=2, 204, 4ff. ed. Ä'oetecAaw).
1241) Polyphemos (s. d. nr. 1), der demnach ein Weitere Stellen s. außer den im Texte ange-
Doppelgänger des Euphemos ist, genannt wird führten unten Sp. 562.
(vgl. L. Malten a. a. 0. 134f.). Literatur: Mar. Wilh. Heffter, Die Götter-
Die Vermutung Munckers hat den Beifall dienste auf Rhodos I, 1 ff. Knaack, Hermes 23,
von Knaack, G. G. A. 876,2 (vgl. Studniczka, 139 ff. GöU. Gel. Anz. 1890, 881 ff. U. Hoefer,
JTyr«»« 108 Anm. 50) gefunden, während /Temr. Kanon 52. 113. O.Gruppe, De Cadmi fabula
KüefUzle, Über die Stemsagen der Griechen I 13 f und Bursians Jnhresber. 86 (1895), 288 f.
(Diss. Heidelberg 1897) S. 31 Anm. 2 an dem so -ff- van Gelder, Geschichte der alten Rhodier
überlieferten Namen Menodike festhält. XnaacÄ;, 346 ff. Mart. P. Nilsson, Griech. Feste 460.
G. G. A. a. a. 0. 876 Anm. 2 hält es femer für Weitere Literatur im Texte,
wahrscheinlich, daß mit Benutzung der Mun- Herakles kam nach Erlegung des Busiris
cÄ;«r8chen Konjektur bei Hyg. a. a. 0. zu lesen auf seiner Rückkehr von Aigypten und Asien
sei: Hylas Thiodamantis (^sive ut alii dicunt (Apollod.) oder auf seiner Rückkehr aus dem
Euphemiy et Mecionices . . . ßius. Worauf sich Lande der Hyperboreer (Tzetz. Chiliad. 2, 386ff.)
aber die Behauptung von Knaack a. a. 0. stützt, nach Thermydrai oder Thermydron, dem Hafen
daß der dem Euphemos gleichzusetzende Poly- von Lindos auf Rhodos {Apollod. Tzetz. Hiller
ßhemos Vater des Hylas sei, ist mir unerfind- v. Gaertringen, Ath. Mitt. 17 [1892J, 317). Er
eh. Auch Escher bei Pauly-Wissowa 6, 1169, 40 oder sein Sohn Hyllos {Kanon) hungert; da
21 ff. (s. V. Euphemos) behauptet: 'Hylas . . . trifft er einen Bauersmann (^OTjXarrjg Tis, J.poZlod.
nach Eupharion bei Schol. Theoer. XIII 7 &goti]Q tig AlvSLog, Kanon; yscagyog, Phüastr.
der Sohn des Euphemos.' Das kann nur auf Origines. Zenob. 4, 95 p. 113; aratar quidam,
die alte Rezension der Scholien {Dübner p. SO. Lactant. tig r&v AivSitov, Diogen. 6, 16 =
Chr. Ziegler, Cod. Ambras. 222 Schal, in Theacr. Apostol. 10, 71 p. 500). In fast allen Berichten
p. 78): TOV TfXav Z'wxparTjs vlov 'HgaxUovg also ist der Lindier namenlos; nur Philostr.
(prielvy . . .Eicpogicov Ss EvcpT^^ov tov noöSLS&vog nennt ihn Gsioddcuavrcc tov Äivöiov., und Am-
igco^Livov {bo l) gehen. Doch hätte Knaack, der mian. Marcell. 22,12,4 spricht von einem Thio-
G. G. A. 874 f das Schol. Theacr. zitiert mit damas agrestis hämo Lindius (vgl. H. Michael,
dem Bemerken: 'in den Namen schwer ver- 50 Philol. Abhandl. Martin Hertz dargebracht S. 2^5
derbt, aber längst mit Sicherheit verbessert' nnd dagegen E. Maaß, Deutsche Litter atur zeit.
schon bei Türk a. a. 0. 20. 40 finden können, 1888, 1640, nach dem die Berichte des Philo-
daß das Scholion, wie es jetzt auch bei Wendel Stratos und Ammianus unabhängig voneinander
p. 259 und Frl. Scheidweiler, Euphorianis Frag- sind, während nach 0. Crusius, Philo!. Suppl.
menta {Diss. Bann 1908) p. 61 nr. 87 steht, zu 6, 2S7 Ammianus aus Phüastratas geschö-pft hat).
lesen ist: tbv "^av Zatigdtrig {F. H. G. 4, 449 Ob der Name Theiodamas aus der trachini-
frgm. 11) vlbv 'HgaxUovg cprielv, 'AnoXXmviog ds sehen Sage nach Rhodos übertragen worden
ö ^Podiog SsioddiiccvTog , <^Niyxav<^ägog Sky ist oder in der rhodischen Legende gegeben
X^vxos, Eitpngioiv Ss HoXvcpi^pLov (cod. Evq)7]- w^ar, hängt von der Entscheidung ab, wo die
iU)v, veranlaßt durch das vorausgehende Eicpo- 60 ältere Kultstätte des Herakles Bovd-olvccg (s.
gimv) tov HoGsidäivog igmfisvov (so!). Das wird unten; zum Namen vgl. auch P. Friedländer,
bestätigt durch Sokrates im Schal. Apoll. Rhod. Herakles 52/53 Anm. 4) zu suchen ist. — Nun
1, 1207: iTXav igm\uvov noXvtprjfiov xal oix erzählt die Legende weiter: Herakles bittet
^HgaxX^ovg ysviöd-ai. = Eudocia 409 p. 691 den Landmann, ihm den einen von den Stieren,
Flach. Polyphemos wird wohl ursprünglicher mit denen er ackerte, zu verkaufen, was jener
als Herakles mit der Hy lassage verbunden sein abschlägt mit der Begründung, daß seine ganze
{Seeliger, Rascher Mythal. Lex. 1, 2794, 53 ff, Hoffnung, den Acker zu bestellen, auf diesen
Knaack, G. G. A. 874. v. Wilamowitz, Euripi- beiden Stieren beruhe {Lactant.; nach Kanon
5l)i Theiodamas (rhodische Sage) Theiodamas (rhodieclie Sage) 562
schmäht er sogar noch den bittenden Herakles; Damit aber fügt er einerseits Stall schweres
nach Philosir. wirft er nach ihm mit Steinen). Unrecht zu, andererseits sind ihm selbst (s. un-
Da nimmt ihm Herakles den einen Stier weg, ten) eine Anzahl Stellen entgangen, die den
schlachtet und ver/elirt ihn (7'£;etr. 67it7. 2, :i86. Herakles Buthoinas nennen. Stoll führt an:
690; nach Lact, schlachtet und verzehrt er a) .^w<Ä. P/awwd. 123, was A'/tr/ac/- (s. oben nr. 4)
beide Stiere; vgl. Diogenes J'Jpist.iiii.i^Episto- zitiert. — b) Kaatath. Jfam. p. 1623,8 (1623,4
logr. ed. Ilercher 260, 23: AivÖicov tov^ ßovg heißt Herakles Bovcpuyos wegen eines Wett-
xartipaYSv). Voll Erbitterung schmäht und lä- Streites mit Lepreus; 1623,8 heißt es aber wei-
stert der Bauer (von einem Berge aus, Apollod.) ter: ov ^övog 'HguxXfjs ßovd^olvag ryf, &XXcc xal
den Heros, der aber die Schmähungen mit jo aXXoi). — c) Suid. s. v. Rovd-og Tttgitpoitu und
Lachen und heiterem Gleichmut hinnimmt und s. v. "'TXXog. An der Stelle heißt es (p! 1016
erklärt, es habe ihm noch nie besser geschmeckt Bemhardy) : inl röjv . . . naxvcpQovow BiQiycai.
als jetzt unter solclien Verwünschungen [Conon. Kai Bov&olvag o 'HgaxXTjg x. r. X. und nach der
Lact.). Deshalb, sagt Apollodor (vgl. Kanon) adnotatio von Bemhardy zu 'TXXog heißt es:
xal vvv, insiöixv d'vcooiv 'HganXel, (istä xara- ^suhsequebatur ante Guts far dum: Bovd'OLvag ö
Qcav xovTO ngaTtovöti'. Auch die einleitenden 'Hga-KXfjg x. r, X.^ quae A. V. in margg. hahent
Handlungen des Opfers werden mit Flüchen ex v. Bov%-oivag (immo Bovxog tisql^joizu). —
begleitet {y.axäQxovxai iTtagw^Lsvoi Fhilostr.):, d) Gregor. Nazianz. or. 3 s. Knaack oben'nr, 3,
das Opfer besteht in einem ßovg ccQÖxrig {Phi- — e) Eudakia p. 96 u. 209 (Diese beiden Stel-
lostr.\ nach Lactani. in ^duo iuncti boves'), 20 len aus Eudokia [= p. 1G2. 333 Flach]) stim-
Herakles aber freut sich über das Opfer %ctl men wörtlich mit Nonn. bei WeHtermanyt, My-
Aivöloig SiScoai v.uxuQ03\iivoig xuyu%-d {Canon). thogr. p. 370 — s. oben Knaack nr. 1 — über-
Nach Lactant. fand das Opfer an einem ßov- ein, enthalten also den Heraklesbeinamen Bov-
tvyog genannten Altar (ara, quam de facto d-oivag. Das sind die von Knaack alle als
ßov^vyov nominavit [Hercules]) statt, und He- falsch (!) bezeichneten Stellen. Dagegen sind
rakles bestellte sich den Landmann, der ihn A'naacA; folgende Belege entgangen: 1. Gregor.
geschmäht hatte, zum Priester und verordnete, Naz. or. iF in Julian. I, 134 'Migne 35,640:
daß dieser (und ebenso seine Nachfolger, Lact. nov dt mönsg Aivdioig svösßlg xö yiaxaguGd'ai,
Inst. Epit.) bei dem Opfer, das nach Zenob. x(Z Bov&oivcc, — 2. Basil. Minim. Schol.in or.I
4,95 kraft eines Orakelspruches {y.axu xQV'^y-öv) 30 contra lulian. p. (i04A 3 {Migne 36, 1109 =
ihm dargebracht wurde, dieselben Verwün- Boissonade in Natices et extraits des manu.scrits
schungen anwenden solle, die ihm seinerzeit de la biblioih. du roi et autres bibliatheques X,
das Mahl gewürzt hätten. Anspielungen auf 2 p. 249 note 1. XI, 2 p. 287: Bovd'oivav . . . xbv
dieses eigentümliche Opfer finden sich außer avxbv Xeysi, 'HgayiXia. Ovxog yccg disgxö^isvog
an den genannten Stellen bei Diogenian. Pro- ^svyixr]v agoxgi&vxcc svgcov x«t xov txagov xov-
verb. 6, 15 p. 272 = Apostol. 10, 71 p. 506. Dio- xov Q-vcag x&v ßoobv &oivi^v kavxov nal ßgcöfia
genian. Si. ü.O. l,9ß i». SOS (PöSlol xr}v d-vGiav), TtsnoirixaL, i^ ob xai dtvö^aöxai (diese Stelle
woraus Hesych. 'Podiot xr]v d-vaiav ... zu er- ist später von Knaack, G. G. Ä. 1896, 883, 1
ganzen ist (= Apof,tol. 15, 29 p. 635 = Dioge- aus Notices et extraits 10, 248 f. angeführt wor-
nian. cod. Vindob. 3,72 p. 48. Hesych. s.v. Aiv- 40 den, aber ohne das Lemma Bov&olvav). —
dioi xi]v Q-vgLccv. Gregor. Naz. Sectio II Poe- S. Herodian.Epivierism.-pJSl Boissoyiade: ^oivr\
mata, quae spectant ad alios (ed. Maurian. 1085 . . . oQ'sv xccl Bovd-oivag, 6 ßovg ia&icov, ^gxl dh
V. 278 = Migtie, Ser. Gr. 37 p. 1573 v. 278: inwvv^ov xov 'HgocxXiovg. — 4. Moschopulos
Aivdog icpißgv^ovo' isgotüi) und an den unten nsgl 6%88. p. 96 (Wien 1773): d'oivri, i^ ov v,al
Sp. 562 angeführten Stellen. Zunächst soll fest- Bov^oivccg 6 'HgayiXfjg, b ßovv oXov ioüiav. —
gestellt werden, an welchen Stellen Herakles 5. Eustath. epist. ^iß {Opuscula ed. Tafel 347^
mit dem Beinamen Bovd'oivag bezeichnet wird. 50): xi\g] yag dv ovxag avxov xccxccyiavx^ösxaL,
Knaack, Hermes 2S,S20 hemeikt: 'Neue Be- sL \iri avxb tovxo BovQ^oivag slt] i'/,slvog; —
legstellen für Bov&OLvag, den Beinamen des 6. Vielleicht gehört hierher auch Hesych. ßov-
Herakles habe ich nicht gefunden' — aufge- 5o d-mvris ßov%BLXog, wo Is. Vossius (vgl. M. Schmidt
führt hat Knaack a. a. 0. 131 tf. 135 Anm. 1 z. d. St.) schreibt: ßovd'oivag- ßovxiXog. —
folgende Stellen: 1. Nonn. Narrat ad Gregor. 7. Elias Cretensis ad Gregor. Naz. or. 3,123 (in
invect. 1, 41, s. oben Sp. 557, 66. 2. Gregor. Naz. der Übersetzung von Leicenklau in der Aus-
or. IV contra lulian. l.,12S [ed. Maurian. 14=6 = gäbe des Gregor. Naz. Coloniae 1690 Tom. 2
Migne a. a. 0. 35 j). 661]: 6 Bov^oivag., xov p. 394 D): Hercules, qui arantem Hiodarnantis
ysmgybv xvgavvTJaccg , ycal xbv ägoxriv ßovv Xa- (so!) bovem dilaceraverit , integrumque comedit
(pv^ccg -Kai xriv TilfjGiv Xccßibv f'x xfjg ':tg(x.hcog. indequeBovd'olvag appellatns est. — S. Elias Cret.
3. Gregor. Naz. or. 3 p. 46 [ed. Coloniae 1690 ad Naz. or. 3, 98 Tom. 2 p. 367 CD: Buthoinam
Tom. 1 p. 81 = or. IV contra lulian. I p. 114 — Herculem . . . ut qui Diadamantis bovem arantem
115 = Migne 35 p. 604J: xbv Bovd-oivccv Ttccg- 60 abstulerit eiimque comederit. Cui etiam,tamquam
riGOiiiv ccvxotg "nal xbv TgiEGnegov. — 4. Anth. deo , Lindii sacra facientes maledictis ipsum et
Planud. 123, 1. — 5. Georgias Pachymeres bei cantumeliis conflgebaut, Buphagum . . . appel-
Walz, Rhet. Gr. 1 p. 565 — ; '^ich erwähne die- lantes. Ille autem ex his probris et cantumeliis
sen Umstand, fährt Knaack fort, weil es nach tamquam de amplissimis honoribus ingentem lae-
Stoll {Raschers mythol. Lex. Sp. 838) scheinen titiam capiebat, eo nomine se iactans, quod bo-
könnte, als ob ich eine Anzahl Zeugnisse un- vem integrum vorasset, atque ob suam ignomi-
berücksichtigt gelassen hätte. Die angeführten niam gloriam. Knaack, G. G. A. a. a. 0. 879.
Stellen sind aber alle falsch!' So Knaackl 881f. fvM. Ä^erwes a. a. 0. 133. 140^ hat die An-
563 Theiodamas (rhodiache Sage) Theiodamas (rhodische Sage) 564
sieht aufgestellt, daß Herakles in Thessalien als ob admirationem viriutis deferri plncuit, a civi-
JBov^oivaff, in Lindos als Bov^v/tj? verehrt wor- hus am ei posita est, quam de facto ^ov^vyov
den sei. Beide Behauptungen können als un- nomiuavit, ad quam duo iiincti boves immola-
richtig erwiesen werden. Von einem Kult des rentur, sicut tili quos abstulerat aratori. Knaacks
Herakles Bov&oivag in Thessalien ist überhaupt (a. a. 0.) Vorschlag, ^ov^vyr\q zu schreiben, ist
nichts bekannt. Knaack, G.G.Ä.SHi bemerkt: unverständlich; wenigstens würde man Bov^v-
'Wie fest die Sage in Thessalien haftet, be- yov erwarten (vgl, Aihson 451,1). Aber wie
weist auch der Name eines pharsalischen Neu- kann Herakles den Altar, der ihm von den
börgers Bov^oivog Tlaidivaiog (4. Jahrh. Fick, Lindierii errichtet wurde, 'de facto', d. h. doch,
Bezzenb. Beiir. V [jetzt auch 7. G. 9, II nr. 234, lo (vgl. oben 561, 57 Herakles Bov^tdva^ . . . xi]v
186]). Das ist das einzige Beweismittel, was %Xi)Giv Xaßdiv ix ri)g ngd^emg) 'auf Anlaß der
Knaack für den thessalischen Kult des Her. zu Grunde liegenden Tatsache' ßov^vyog bez.
Bnthoioas anführt. Doch wird man daraus, ßov^vyov nennen? Die Annahme von Knaack
selbst wenn man ein unbedingter Anhänger und anderen, daß darin eine Epiklesis des He-
der von Usener in seinen Götternamen auf- rakles liege, ist, wie gezeigt, irrig. Es bleibt
gestellten Hypothese ist, noch nicht einen wohl kein anderer Ausweg zu einer Erklärung,
Kult des Herakles B. erschließen dürfen, zu- als daß man unter 'ara ßov^vYog\ oder, um
mal da in Thessalien noch andere mit Bov- dieses m. W. sonst nicht bezeugte Adjektivum zu
zusammengesetzte Personennamen, z. B. Bov- beseitigen, unter 'ara ßovtvyios'' denjenigen
e^gag (/. G. 9, H, 5ab. 13,17. 68, 8\ begegnen 2o Altar versteht, an dem als Opfer für Herakles
(s. auch den Index J. G. a. a. 0.). Ja selbst die ein ^vyov ßo&v dargebracht wurde, eine Er-
Annahme, daß Herakles in Thessalien den Bei- klärung , die eigentlich schon in den Worten
namenßov^oiWff geführt habe, mag dies immer- des Lactant. 'ad quam duo iuncti boves im-
hin auch sachlich möglich sein, beruht auf molarentur^ liegt. Die ara ßoty^vyLo? mag an
einem Irrtum. Zur Erklärung der oben 561, 56 derselben Stelle gestanden haben, wo Herakles
angeführten Stelle des Gregor. Naz. (6 Bov- das Rindergespann geopfert und verzehrt hatte
^Oivag xov yttogyov xvQccvvi]6ag usw.) erzählt {BV(oxslro Q'vöctg, Äpollod. 2, 7, 7, 1). Denn Lac-
Nonnos a. a. 0 das Abenteuer des Herakles tant wird das Ursprüngliche berichtet haben,
mit Theiodamas, verlegt es aber irrtümlich daß Herakles nicht einen, sondern beide Pflug-
nach Drjopien. Auf diesem Irrtum beruht auch, 30 stiere weggenommen hat. Vielleicht ist mit
daß Nontios aus der lindischen Sage die Schmäh- Hüler von Gaertringen zu I. G. 12, 1, 791 und bei
imgen des Th. gegen Herakles herübernimmt. Pauly -Wissowa s. v. Bov-Konia GEvöccioia (vgl.
Daß bei Nonnos (^xiTjd'rj dta xi]v ccltiav xavxriv M. Holleaux, Melanges Henri Weil 197 f. und
Bovd-oivagy iitSLÖf} olov i^oinid-ri xbv ßovv) ein Anm. 1 zu 198) das lindische Fest der Bov.6nia
Irrtum vorliegt, geht daraus hervor, daß der (7. G. a. a. 0. 792—801) oder der Boxonia Gso-
von ihm kommentierte Gregor von ^azianz, daiaia (7. G. a. a. 0. 791. 804) auf dieses Opfer
wo er überhaupt eine örtlichkeit anführt, wo an Herakles zu beziehen; vgl, aber auch P.
der Buthoinas verehrt worden ist, Lindos nennt: Stengel, Opfei'bräuche der Griechen 205. Nilsson
AtvSiotg tiösßhg xb xcctagüad^ai, tc5 Bovd'oivcc a. a. 0. 279. Wie dem Herakles in Lindos, so
(s. oben 562,28), und auch ein anderer Kom- 40 wurden dem Apollon Spodios in Theben ißösg
mentar des Theologen, Elia^ Cretensis, ver- ^pyarat geopfert. Paus. 9. 12,1. Nilsson a. a,. 0.
weist den Kult des Buthoinas nach Lindos (s. 174. Wie aber sind die Schmähungen und Ver-
562,61). Daraus ergibt sich mit Notwendigkeit, wünschuugen zu verstehen, unter denen das
daß Gregor auch au den anderen Stellen, an Opfer stattfand? Knaack, G. G. A.^S2. Gruppe,
denen er den Buthoinas ohne Erwähnung sei- Gr. Myth. 895 Anm. 4 zu 894 (vgl. auch Heff'ter
ner Kultstätte nennt, Lindos (vgl. oben 561,44: a. a, 0. 24flF.) erinnern an die sogar sprich wört-
Aivdog icpvßQLJ^ova' legotai) im Auge gehabt lieh gewordenen uqccI Bov^vystot, die gegen
hat, und daß No^inos irrtümlich die ihm viel- den Töter des Ackerstieres geschleudert wurden,
leicht geläufigere thessalische Sage eingesetzt Toepff'er, Ätt. Geneal. 139. Gruppe, De Cadmi
hat. 50 fab. 13, Letzterer ist {Gr. Myth. a. a, 0.) der
Ist Herakles aber in Lindos als BovO-olvag Ansicht, daß dieser Fluch ursprünglich gegen
verehrt worden, so kann er dort nicht zugleich den Dämon der Rinderpest, an dessen Stelle
als Bov^vyrig ^^ult genossen haben: eins schließt in der rhodischenSage vielleicht der stiertötende
das andere aus trotz E. Maaß bei Herrn. Dib- Herakles getreten sei, gerichtet gewesen sei.
belt, Quaest. Coue mythol. 49 Anm. 2 zu 48. Die Nach van Gelder 347 ist Herakles an Stelle
einzige Stelle, wo Herakles Bov^vyrig genannt eines karischen oder phönizischen Gottes ge-
wird, ist Suidas {Bov^vyrig ö 'HgayiXrjg), und treten, dessen blutloses Opfer durch das Stier-
diese Stelle ist Knaack entgangen. Toepifer, opfer ersetzt worden sei; die Flüche bei die-
Att. Geneal. 146, 4 ist geneigt, die Suidas&ieWe sem seien auf Abneigung der ursprünglichen
auf Rhodos zu beziehen, doch ist wohl eher 60 vorgriechischen Bevölkerung gegen blutige Op-
mit Nilsson a. a. 0. 451, 1 ein Irrtum der mytho- fer zurückzuführen. Diese feierlichen &Qal Bov-
graphischen Überlieferung anzunehmen. Aber ^vy^ioi sind aber, wie das Aition zeigt (vgl.
selbst wenn Herakles wirklich Bovtvyrig ge- Nilsson a. a. 0. 451, 1), gegenüber dem in Lin-
heißen haben sollte, ist diese Epiklesis für dos hochverehrten (Parrhasios bei Athen. 12,
Lindos ausgeschlossen, wo, wie oben nachge- 543 f. == Bergk, P.L. 2*, 321 frgm. 3; vgl. Plin.
Aviesen worden ist, der Heros als Bov&OLvag n.h. 35,71) Herakles gar nicht am Platze, der
verehrt wurde. Knaack, Hermes 140 stützt sich ' Aivöioig diSoaoc v.cctaQ(o^ivoi.g xayccd-d'. Die
auf Lactant. : postquam Herculi divinos honores richtige Erklärung des sonderbaren Brauches
565 Theiodamas (rhodische Sage) Theios (und Theion?) 566
hat lu. E, Usener, Rhein. Mus. 30 (lH7ö), 226, der thessalischen, wenn man nicht gerade an-
dern nich im großen und gan/en J^ilsHon 451 nehmen wolle, daß die Dryopergeechichte von
anschließt, gegeben. S})ott- und Schimpfreden einem andern nichtrhodischen, aber verwandten
gegen einen Gott zeigen einen Kultusbrauch Kultbrauche ausgegangen und aus der epi-
von großer Altertümlichkeit. Zwar empfindet sehen Formung (s. Sp. 558, 44) in die rhodieche
<iie Entwicklung des sittlichen Bewußtseins in Kultaitiologie übernommen worden sei.
einem solchen Brauche zeitig einen Widerspruch 2) Gemahl der Neaira, die ihm am Sipylos-
mit dem Begriti'e der Gottheit; aber diesen berge den Dresaios gebiert, der später im Kampfe
Brauch fortzuführen, gestattet oder fordert wohl mit Polypoites fällt, Quint. Smyrn. 1,292. Nach
gar der zähe Konservativismus der Superstition, lo Gruppe, (iriech. Myth. 4li4, 4 und oben Bd. 3,
aber im Widerspruch mit dem sittlichen Emp- Sp. 1066, 22ff". unter Orpheus wäre dieser Theio-
fiuden vermag er flicht zu entstehen; daher ist damas mit dem Vater des Hylas identisch
ein solcher Brauch, wo wir ihm begegnen, im- 3) Sohn des Priamos, mit dem Orpheus eine
mer ein Zeichen hohen Alters, der von den Begegnung hat, Orph. Lith. 94 (vgl. 394 und
S))äteren gewöhnlich nicht mehr verstanden dazu ^6eZ). Dcmetrios Mosch . JJypothes. zu Orph.
und als wunderliche Einzelerscheinung aufge- Lith. p. 13 f. Abel. Vgl. Gruppe oben unter Or-
faßt wurde. Beispiele solchen Brauches sind ^^/tewÄ Bd. 3, Sp. 1066, 19ff.
die Spott- und Schimpf lieder der römischen 4) ein Gigant (Theodamas) ITi/^m. /afe.jprae/".
Mädchen auf Mars, den hochgefeierten National- p. 10, 11 *S'c/iw». [Höfer.]
gott (Ov. Fast. 3, 675 if.), die Spottreden im 20 Theioiiienes {©tLO(itvrig) nannte Hellanikoa
Kulte des Apoll on Aigletes auf der Insel Anaphe {Schol. Apoll. Mhod. 1, 131. 1207. Eudocia, Vio-
(Apoll Bhod. 4, 1694 tf. Apollod. 1, 9, 26, 2 Ko- lar. 409 p. 691 Flach) den Vater des Hylas (s. d.),
non 49), die Schmähungen im thessalischen als welcher sonst Theiodamas (s. d.) genannt
Peleuskultus {KaUimachos im ScJiol. Find. New. wird. Irrtümlich hat K. 0. Müller, Dorier 1,
5, 25 = frgm. 136 Sehn.). Auch der Brauch, beim 451 aus Theiomenes — Theiodamas einen 'Theio-
Aussähen des Kümmels (xt'iLcirov) Verwünschun- menes, Sohn Theiodamas des Dryoperkönigs'
gen und Schmähungen auszustoßen (y.arapäöot'at gemacht; vgl. F. JRohde, Der griech. Boman
rfxo:t|3^a(7g)rja£rr), damit er gut gerate (jf7/('op/ir. 105,3 (=113^3). Auch J. Marquart, Philo-
Hist. plant. 7,3,3; vgl. den ähnlichen Brauch logus Suppl. 6,579 teilt den von Müller be-
beim Ausschneiden des ^ccvdQccyogccg, Theophr. 30 gangenen Irrtum. — Herrn. Dibbelt, Quaestio-
a. a. 0. 9, 8, 8), entspringt derselben Gedanken- nes Coae mythologae {Dii^s. Greifswald 1891)
Verbindung: Lob bringt Gefahr: daher tadelt, p. 46 n. 6 zu p. 45 vermutet, daß an Stelle des
flucht und schmäht man , während man das Theiomenes, wie der Vater des Hylas ursprüng-
Gegenteil meint. lieh geheißen habe, von einem Schriftsteller
Daraus ergibt sich die Altertümlichkeit des der ähnlich klingende Name Theiodamas ge-
rhodischen Kultes: das zu seiner Erklärung setzt worden und von den Alexandrinern über-
erfundene Akiov — Knaach, Hermes 23,141. nommen worden sei. [Höfer.]
G. G. A. 881 führt es auf die ^P68ov yitiöig Theiou {d'slov) s. Theios.
des ApoUonios Bhodios zurück — ist natürlich Theios lf)stos). Eine aus Baschören, 45""^
jünger (vgl. auch v. Wilamowitz, Euripides He- 40 nordöstlich von Dorylaion, stammende Inschrift
rakles Vorwort S. XI Anm. 1). Ob es aber ein- lautet: . . . ^sico xat ÄTtöXlavi ^v%r]v vtcIq x^s
fach als Dublette der dryopischen Version auf- kccvxcbv öcorrigias, Koerte, Athen. Mitt. 25 (1900),
zufassen ist {Knaacl' a. a. 0. U. Hoefer, Konon 431 nr. 54. Dazu bemerkt Koerte a. a. 0. 432:
113. van Gehl er 3b0[deäsen Berufung ü,uf Phere- ©sico ist ganz sicher, das naheliegende 'Oö/ca
kydes hinfällig ist; s. oben 558,54]. Gruppe, ausgeschlossen. Mir ist sonst kein Beispiel für
Cadtni fab. lA. BursiansJahresber.Sb.,lSd6,28^ appellativischen Gebrauch von d-stos bekannt,
[nach dem die Caerimonie der während einer ... In unserer Inschrift ist das Adjectivum
heiligen Pflügung über die Übertretung gewisser genau so zum Götternamen geworden wie so
heiliger Gebote ausgesprochenen Flüche durch oft oGLog mit oder ohne diytaiog. Theios und
^dryopische' Demeterpriester aus Hermione nach 50 Apollon zusammen bezeichnen nach Koerte
Lindos übertragen worden ist]), ist doch nicht so jenes proteische Wesen, das, als Reiter mit
sicher. Dibbelt 48 (vgl. E. Maaß, Deutsche Litte- Strahlenkranz und Doppelaxt dargestellt, meist
raturztg. 1888, 1640) hält die Theiodamassage als Einheit auftritt, aber auch in zwei Per-
für ursprünglich in Rhodos heimisch: der lin- sonen gespalten werden kann und bald als
dische Gegner des Herakles, Theiodamas, dessen ''Oöiog {■nccl) zJiKaiog, bald als Ares erscheint,
Name nach Knaack, Callim. 12 aus der trachi- aber in allen griechischen Namenshüllen doch
nischen Sage fälschlich nach Rhodos übertra- immer seine Eigenart bewahrt. Doch jst der
gen worden sein soll, sei erst später durch die durch obige Inschrift erwiesene Gebrauch von
einwandernden Argiver in Erinnerung der f)stog nicht so vereinzelt, wie Koerte meint.
Kämpfe de« Herakles mit den Dryopern zu 60 Ein athenischer Opferkalender aus der Zeit
einem Dryoper gemacht und die Sage nach Hadrians bestimmt als Opfer am Ende des
den ursprünglichen Wohnsitzen der Dryoper, Munychion zwei Hähne (der Hahn dem Herakles
nach Thessalien, übertragen worden. Theioda- heilig, Mnaseas F.H. G. 3,151 frgm. 11 aus Ael.
mas wäre also dann an die Stelle des Koronos hist.an.lS,4:l)R\THera,'klesu.Q'stog:Movvvxi(bvos
{Find. frgm. 168. Knaack, G. G. A. 882 und ß' ccTCiövrog 'H[Qa]yiUl yial dsico aUv.roQug ß\
Anm. 1) getreten. Auch Friedländer a. a. 0. 151 C. I. G. 1, 0283^. I. G. 3, 1, 11^.^.' v. Prott, Leges
und Anm. 2 hält die rhodische Geschichte, weil Gr. sacr. 1 p.' 8 nr. 337 — Böckh zu C. I. G.
sie kultische Begründung hat, für das Vorbild wollte ^stog als "^ Oheim' fassen: "Q^slog videtur
567 Theios Thelxinia 068
Eurystheus esae, Alcmenof frater patru€Us\vfSLB Umgebung vor Philadelpheia stammt: Arvqpi-
natürlich nicht angeht. Näher kam dem dlce . . . M t6 d-stov vtcsq ryg iöiag Gtorccglas
Wahren txm JhroH a. a. 0. 12: *Mihi Gstog xai tw»' löiiov 7tc:vT(or «W-O-tjxe»', Keil und
aut heros ignotua aut notnen proprium videtur\ I^emerstein, Bericht ühtr eine dritte Heise in
indem er (Anm. 8) zugleich auch auf die — Lydien (Denkschr. d. M^ien. Akad. hl, I [1914])
unten zu erwähnenden — Weihungen, darge- nr. 30 S. 29 mit der Bemerkung: 'der Präpo-
bracht Jtl i'tpiarm xai ^eim oder xai ^Bim sitionalausdruck inl t6 d^siov muß, wie in einer
Scyyilmy hinwies, ^ie jedoch z. T. nicht heran- Inschrift bei Buresch , Aus Lydien 128 nr. 64
zuzielien sind, da 9Btog in ihnen adjektivisch {inl rbv Jia) als Umschreibung für den Dativ
zu fassen ist. Aus Stratonikeia (Karien) stam- 10 eingetreten sein. Unter t6 ^fiov ist die in dem
men die Weihungen: *Ti/>itfTa)(») xai ^f/o()(t), Heiligtum, in welchem die Stele aufgestellt
Ot)fT.Ae/J. ft (1881), 182 nr. 4. Schür er, Sitzungs- \var, waltende göttliche Macht zu verstehen,
ber. d. Kgh Preuß. Akad. d. Wiss. eu Berlin die möglicherweise einer nilheren Bezeichnung
1897, 2H. Jd x)ipi'ox<o{i) xal »flm, Corr. hell. entbehrte. | Höfer. j
1.*) (1891), 418 nr. 1. Schüret a. a.'0. 210; v^l. Theisoa {ffsiaoa), Eponyrae von Theisoa in
auch die ganz ähnliche fragmentierte Inschrift der Parrhasia, mit den zwei anderen Nymphen
aus Lagina (Karien) ^tl itpialrm] xai f>EISlT Neda und Hagno als Erzieherin des Zeus ge-
. . . JSIAIKSIS . . . ^ANISIN vnhQ ai)Tov, Corr. nannt, Pawi. 8, 88, 3, und als solche hoch ver-
hell. 11 (1887), 169 nr. 67. Schürer a.a.O. 210. ehrt. Paus. 8,38,9; dargestellt am Athenaaltar
Auf jeden Fall ist in den beiden Weihungen so in Tegea, Paus. 8,47,3. Nach V.Be'rnrd, De
aas Stratonikeia 'ö-stoj* nicht als Epitheton Vorigine des cultes arcadiens 207 soll sie iden-
des (Zeus) Hypsistos aufzufassen, sondern es tisch sein mit Theiosso, dem phoinikischen
steht, wie in den oben angeführten, als selb- Namen der Elissa: Qsioaam xara ji^i; rCov fpoi-
ständiger Göttemamen. Fraglich ist es, ob in vix(ov yXmccav 'EXiaaccv xaitiff^at, v(p' t)s qprjfft
dem Epigramm aus dem Grenzgebiet Lydiens Kagxri^ova y,ti6d-'i)vai, Tim. frg. 23. Nach Ah-
und Mysiens: sv^tkusvog d-slco ^laxxos hsv^cc rens, Kuhns Zeitschr. f. vergl. Sprachforschung
vo^iv, K. Buresch, Aus Lydien 140 Q^um als 3 (1854), 103 ist der Name von d-fiaai {Hesych.),
Dativ zu Sstog oder (ro) 9'slov zu fassen ist. dem Aorist zu dem epischen Defektivum d-dco
Wo freilich das letztere in Inschriften be- statt des prosaischen <9'r3>Laf(o = 'säugen, nähren*
gegnet {Dittenberger, Sylloge* nr. 256,20. 269, 30 abzuleiten u. bedeutet die 'Säugende'. | Höfer.]
4.26. 552,16. 279,17. 658,31. 662,32. 653,40. Thelpon (ffiXnav), ein auf An dros verehrter
Hüler V. GaeHringen, Inschr. von Priene 17, 12), Heros, Th. Saucius, Andros (= Sonderschriften d.
erscheint es immer in Verbindung mit Präpo- österr. arch. Inst. 8) S. 157. Doch handelt es sich
sitionenund daher mit dem Artikel verbunden, wohl um einen heroisierten Toten. [Höfer].
der ja auch bei Schriftstellern Regel ist (Herod. Thelpiisa s. Telphusa.
1,32. 3,108. T/mÄ:. 5,70; vgl. auch die von Thelpiisie s. Telphusie.
ItoMe, Der griech. Roman 462^ Anm. 2 aus Thelpusios s. Telphusios.
Heliodor gesammelten Stellen). Daß t6 d-sCov Thelxiepeia (Osltiinsicc) eine der Seirenen,
genau dieselbe Bedeutung wie oi d-soi hat, Apollod. Epist. 7, 18. Tzetz zu Lykophr. 712
«eigt Antiphon, der or. 5, 76 slg tö &bIov ccgs- 40 (p. 764 Müller; vgl. aber auch Scheer z. d. St.,
ßstv, ebenda 129 nsgl rovg 9'sovg aasßstv sagt. der die Worte ausgeschieden hat). Tzetz. Chi-
Als Adjektivum erscheint ^slog in der Wei- liad. 6,716. Eiist Sid Hom. Od. 1749,46. Schol.
hung aus Stratonikeia: Jd v-tpierm xal ^üto Hom. Od. 12,39. Vgl. Weicker, Der Seelenvogel
ccyytXto, Corr. hell. 6 (1881), 182 nr.' 3. Schürer in der antiken Literatur und Kunst 40. P.
a. a Ö. 210 (vgl. die gleichfalls afts Stratoni- FriedUinder , Herakles {Philol. Untersuch. 19)
keia stammende Inschrift: Jd v^iexai xat S. 62. Franz Müller, Die antiken Odyssee-
&ya^m &yyiX(o vgl. Angelus Bonus, C. I. L. 6, Hlustrationen 37 Anm. 4. Gruppe, Gr. Myth.
142 d), Schürer a.a.O. 210. In der mäonischen 344,16. Pott, Kuhm Zeitschrift f. vergleichende
Inschrift: 0«oj off/co xal Sixaim {Le Bas 1670) Sprachforschung 9 (1860), 415. [Höfer.]
läßt es Buresch a. a.'O. 76 Anm.' unentschieden, 50 Thelxinia {ffiX^ivia) 1) nach Hesych. s. v.
ob O-eiea = O-ew mit vulgärer Nasalaussprache, {©sX^ivia ir]fHgcc xiiiaraL naga kd-rivccioi?) Kxdt-
welche in Inschriften öfter zum Ausdruck name der Hera in Athen. Schmidt zu Hesych.
kommt{Inschr.v.Prtene 196.. LG. 12,3,S6S und a. a. 0. vermutet GeX^tvori, Meineke: TiX^ivta.
ÄfppM 349) oder -ö-ftco (von TÖ-ö^ftov) zu schreiben Nach Otto Hofjmann, Die Makedonen 96 wäre
sei; es wird wohl das erstere vorzuziehen sein. die Hera Thelxinia die Göttin, die die Lie-
Freilich besteht mit Rücksicht auf die unter benden vereinigt; ähnlich erklärt Weicker, Die
Pantheion mitgeteilten Zeugnisse, besonders Aeschyl.-Trilogie 189 Anm. 289 sie als 'die zur
auf die Sp. 1555, 15 zitierte isaurische In- Ehe freundlich anlockende = UsiO^oa, Gegen
Schrift: /^lovvöov y-ul UocvO-iov {=TIav%'Elov),vfO die von manchen für den Beinamen Thelxinia
Jlai^aiov = «avTf ff ^eot steht, die Möglichkeit, 60 in Anspruch genommene sinnbetörende Kraft
daß 0€töj doch Dativ zu ^tlov ist; dann würde der Göttin, die sich in Verhängung des Wahn-
es, yi\e ndv^Biov = ndvxBg ^soi ist, für ^soi sinnes z. B. über die Proitiden, Athamas und
stehen (s. Pantes Theoi Sp. 1554, 33 ff.). Doch Ino, Herakles, lo, Dionysos äußert, wendet sich
spricht gegen diese Auffassung die Stellung Gruppe, Gr. Myth. 1124,2. Vgl. auch d. A.
des d-stog in der ersten der oben mitgeteilten Praxidike Sp. 2919, 46 ff. — 2) eine der Praxi-
Inschriften; man würde dann knoXXavi, %ccl dikai s. Bd. 3 Sp. 2912, 35 ff. 21)19, 6 ff. 48 ff".
öfico erwarten. Sicher aber haben wir das Neu- bis 2920, 51 ff. 2923, 61 ff. Nach Ehrlich, Rhein.
trum vor uns in einer Inschrift, die aus der Mus. 63 (1908), 638 sind die drei Praxidiken
5(39 Thelxinoe Themis (Name) 570
nicht Ogygoitöchter, ßondern ünterweltgötter. Schol. Apoll. Rhod. 4, 892. llygin. fah. itraef.
Ihre Namen Aulis und Alalkomenia sind aus (p. 12,11 Schm.). Thelxiope verhält sich zu
böotischen Stiidtenamen (lid. 3 Sp. 2919) ab- Thelxinoe (s. d. nr. 3) wie das gleichfalls als
geleitet, ^)E^^il'o^a (so!) aber, die 'Sinnbetö- Sirenenname angeführte 'AyXaönr] {Apollod.
rende' sei passend als Name einer Erinys ge- Epist. 7, 18. Tzetz. zu Lykophr. 712 p. 754
wählt. [Höfer. I Müller) -au dem Sirenennamen './i/Zaoi/OT] {'Tzetz.
Thelxinoe ((''hX^ivoi]) 1) Tochter des Zeus Chiliad 6,716). [Höfer.]
(Jiög rov aid^^Qog) und der Nymphe Plusia (für Thelyiiiitris {OriXviiitQLs), Beiname des Dio-
nXovcia schreibt E. Maafi, Aratea 211 = nysos, Anonym. Laurent, in Anecd. varia Gr.
J^hilol. Tnters. 12 S. 211: Tlisgla), mit ihren lo e< Lat. ed. Scitoell. Studemund 1,268, V,..
Schwestern Arche, Melete und Aoide als die Xiketas ebenda 275. 282 (bei Niketas a. a. 0.
vier ältesten Musen genannt, Aratos (vgl. W. heißt es auch AioXouitQig). Luc. Dialog, deor.
H. Grauert, Rhein. Mus. 1 [1827], 337. J. Frey, 18, 1. Bacch. 3. Das Beiwort bezieht sich auf
Rhein. Mus. N. F. 13 [1858], 134) bei Tzetz. die in späterer Zeit dem Dionysos zugeschrie-
Schol. zu Hesiod. Op. 1 p. 23. Gaisf. (=.p. 25') bene Weichlichkeit, wie sie auch in Bildwer-
und in Anecd. Gr. Oxon. ed. Gramer 4,425,1 ken zutage tritt, Gruppe, Gr. Myth. l-i^O-, vgl.
= Eudocia 655 p. 484 Flach. Nach Cic. de Eur. Backcli. 235. 455. 353 {d-riXvfLOQcpog).
nat. deor. 3,21,54 (und dazu Hirzel, Berichte [Höfer.]
über die Verhandl. d. K. Sachs. Gcsellsch. d. Wiss. Themeliuchos {GhpLhXiovxos) ., Beiname des
zu Leipzig. Phil-Hist. Cl. 48 [1896], 313 und 20 Poseidon, der die Grundmauern {^tyiiXicc), die
Anm. 1) sind Thelxinoe und ihre oben ge- ihm geweiht sind (Myth. Vat. 3, 10, 2), hält und
nannten Schwestern Töchter des Zeus und der schützt (kacpccXiog Qi^ovxf- , d'Sßi-iXia viQ^s qpv-
Neda (s. d.). Thelxinoe erscheint auch in einer XaGOcov, Oppian. Hai. 5, 680. ^öqccvu yvs ßco^oig,
Aufzählung von Musen, die zwar die Neunzahl Orph. Hymn. 17, 9), also gleichbedeutend mit
aufweist, aber von den üblichen Namen bis auf Asphalios , Panasphalios {Athen. Mitt. 24, 358),
zwei abweicht: KaXXi%6Qr\,'EXi%r\, Evviy.r], OsX- Hedraios CESgalog, Journ. ofhell. stud. 10 [1889],
^ivoT], TsQ-^LxoQT], EvrigrcT]., EvusXdöi], z/tV, 81) und rairjoxog, Apollodoros {Schwartz bei
^v6nri, Schol. zu JECes. Op. 1 p. 23. — 2) Diene- Pauly-Wissotva 1, 2873, 64 ff. (s.v. Apollodoros)
rin der Semele, Nonn. Dinoys. 8, 195. — 3) Eine im Schol. Gen. A.BD Hom. 11. 21, 447. Cornu-
der Seirenen, wofür auch die Variante Osi^iÖTcri 30 tus de nat. deor. 22 p. 125 Osann = 42, 22 Lang:
(s. d.) angeführt wird, Schol. Apoll. Rhod. 4, rairioxog liystai ö TIoGsidcöv 'accI (^susXiovxog
892 = Eudocia 858 p. 656 Flach] vgl. Kirch- V7t6 rivatv -accI d-vov6iv avtä kacpccXaia) Uoosl-
hoff, Philologus 15 (1860), 5. — 4) Unsicher dävt TfoXXaxov maav in avxa v.£i^ivov xov
(vgl. Diels, Sitzungsher. der Berl. Akad. 1896, uGcpaXwg iörccvat xa oix7]^atcc inl x-qg yfig.
459) ist die von H. Weil, Bull, de la Corr. [Höfer.]
Hell. 19 (1895), 404 im delphischen Päan des Themigonoi {Qs^iyovoi), Beiname der Horai
Philodamos Vers 54 vorgeschlagene Ergänzung als der Töchter der Themis, Pind. Paean. 1, 6 '
und Deutung @sX[t,Lv6cc] = Aphrodite, wozu er p. 273 Schroeder. Über die Hören als Töchter der
Eur. Bakch. 402 ff. vergleicht: Kvtcqov, väGov Themis (s. d.) vgl. Bd. 1, Sp. 2716, 2 ff. [Höfer.]
x&g ktpQodlxag, iv a dsX^lcpQovBg vB^ovxai 10 Themis (Seius = ^iuig), Göttin des Rechts.
dgaxolGiv 'KQcoTsg. Doch kann der dritte Buch- Name. Oi^ig von Wurzel d's, wie xi-%'ri-{Li
stabe in @£Xiiv6a{'i) auch ein A sein: Q-B&[gVj setze, tue, d-E-^a Satz, d's-GL-g Satzung, d-s-o-
.... — 5) s. Thelxinia. [Höfer.] ^6-g Satzung, d's-iie-Xio-v, Q'i-^E-Q'Xo-v Grund-
Thelxiiioia s. Thelxinia nr. 2. läge. G. Curtius, Grundz.^ 254 n. 309; vgl.
Thelxion {SbIIIcov). In der sikyonischen Ge- Benfey, WL. 2, 266 (anders Ahrens, D. Göttin
nealogie der Könige (Aigialeus, Europs, Teichin, Th. 2, 27ff'. , der einen Stamm Q^sa oder eine
Apis, Thelxion, Aigyros) der fünfte König, Sohn Wurzel %ayb mit Grundbedeutung ''häufen' an-
des Apis, Vater des Aigyros, Paus. 2, 5, 7. Hier- nimmt. Auch JB. Hirzel, Th., Hike und Ver-
mit stimmen Kastor und die Chronographen wandtes 54 geht vom Stamme d-sii aus und
überein, nur daß bei ihnen der Sohn des Thel- 50 hebt die Grundbedeutung eines lebendigen An-
xion nicht Al'yvQog, sondern AiyvdQog heißt, triebs und danach von Rat, Ermahnung hervor).
Euseb. Chron. ed. Schöne 1,113 f. 2, 13i.{= Syn- Das Appellativ ^s^ig bedeutet danach '^ Sa-
kellos 191,13. 196,4). Interpres Armenius bei tzung', 'Gesetz', der Eigenname ©eVs^Setzerin',
Schöne üj.Si.O. Appendix 1^.1. Anonym, obendd» mhd. 'säze', ^Satzungen setzende Göttin'; vgl.
Appendix ^Q. Excerpta Lat. Barb. ehendd, 21Q', Fick, Vergl. W.^ 1, 102, 274; IJers., Gr. Per-
vgl. Ed. Meyer, Forschungen zur alten Gesch. soT^ewnamew LXI. 175, entsprechend indog.dhämi
1,87 und Anm. 1. W. Christ, Studien zu de- Satzung, von dhä, gr. d'8-, -O-rj-, setzen, stellen,
mens AJexandrinus in Ahhandl. d. philos.-philol. legen. Schol. Hes. th. 135 OiyiLg- 7; Q^ioig xov
Klasse d. Kgl. Bayer. Akad. d. Wiss. 21 (1901), Ttavxbg 17 cciisxdd-stog. Etym. M. s. v.., vgl.
517. In der argivischen Genealogie erscheint 60 X. Meyer, Hdb. d. Gr. Et. 3, 454. Schrader,
Thelxion zusammen mit Teichin (s. Telchis, Reallexikon der indog. Altertumsk. 656 unter
wo Sp. 246, 46 ''Sohn des Europs' zu lesen ist) ""Recht'; Ders., Sprachvergleichung u. Urgesch.^
als Mörder des Apis, Apollod. 2,1,1,4. Tzetz. 11,2,404. Die Abwandlung in der Deklination
zu Lykophr. 177. Außer der unter Telchis an- attisch und in der v.oivri vom Nominalstamme
geführten Literatur s. van Gelder, Gesch. d. ^s^lö-, dorisch von Q-sillx-; ionisch ge. Gsiiiog
alten RhudierAd. Blinkenberg, Hermes bO {1915), Hdt. 2, 50. Die älteste Gestalt des Nominal-
281. 298. [Höfer.] stammes ist d's^iax-; danach die Abwandlung
Thelxiope {Osl^lonri), eine der Seirenen, bei Homer. Die Komposita, welche d-s^ig als
571 Themis (Wesen) Themis (Abstammung, Ehe) 572
ersten Teil haben, sind ausschließlich mit d^s- nur bei edlen Frauen an' ; daß solclie Gedanken
luüt- gebildet, ebenso die Derivata bei Homer auch dem Alteiiume nicht fern lagen, zeigt
und den Epikern. Dieselbe Abwandlung auch Hirzel 412): Das ist die Göttin Themis, die
in der Mundart von Thessalien (iVW/wt/r, i>i«i. zunächst das in sich verkörpert, was ^^fug
Thess. 88); ebendaselbst ein Monatsname Sb- bedeutet, danach handelt und darüber wacht,
fUattog. Entsprechend gebildet 0ffii6ticid£gy der sodann auch besondere Beziehungen auf
d. i. Tbemistöchter, bei Hesych. Vgl. Brug- Grund örtlicher Auffassung beigemischt sind.
wann, Gr. Gramm.\ §§ 212. 185. 227, 6. Hirzel faßt das Wesen der Th. als Göttin des
Das Wesen der Göttin stimmt mit der Be- liats und hebt das Treibende in ihrem Walten
deutung des Appellativs &^nig so überein, daß lo hervor, S. 3 ff. Uns scheint die Bedeutinig des
man sie solchen Personifikationen abstrakter ewig Seienden, unverrückt Bestehenden, danach,
Begriffe, wie Eris, Moira, Dike, Charis, Peitho, auf sittlichem Gebiete, des Geziemenden, wel-
Kike u. a. an die Seite stellen darf, wobei zu ches ist, weil es sein soll, und dementsprechend
beachten ist, daß schriftliche Unterscheidung waltet, zu überwiegen. V^l. 7>. ISchnndt, Ethik
bei diesen Worten in> Altertum ebensowenig rf. 6'r. 1,387. 372. Leüst, Graeco-itul. Jiechtsyesch.
stattfand, wie mündliche, und daß die Personi- 206 if. J. E.Harrison, Themis, Kap. 11 p. 480 ff.
fikation nicht neben, sondern mit dem Appel- Abstammung. Th. gehört dem Geschlechte
\&tiv eutsi&ndenist {Lehnt, Thcmi8,in Pop. Aufs.' der Titanen an. Sie galt als Tochter des
96. Usener, Göttern. 364 ff. Gruppe, Gr. Myth. Uranos und der Gaia, Hes. th. 136. Diod. 6, 66
u. Rel-Gesch. 1068 flf. Hirzel 2. 19). Um das 20 (nach kretischer Sage). Apd. 1, 1, 3. Orph.
Wesen der Th. allseitig zu erschließen, ist fr. 8, 22 (vgl. Loheck, Agl. 606). Clem. Rom.
daher ein Eingehen- auf die Bedeutungen des Honi. 6, 2. Cornut. 17. Nach Hygin. f. praef.
Appellativums unerläßlich. Ursprünglich ist sind der Th. und der Titanen Eltern Aether
fti^ig 8. V. a. 'Satzung', 'Gesetz*, danach, was und Terra; hier ist Aether nur eine andere
gesetzt ist an und für sich und ein für allemal, Benennung für Uranos. Einfach als Tochter
also eine, von höherer Macht, die auch über des Uranos und der Gaia wird sie bezeichnet
den Göttern steht, gefügte, Ordnung, unver- Orph. h. 79, 1. 2. Als T. des Uranos heißt
rückt von Urzeiten her und auf immerdar, welche sie Oi}Qavioc Pind. fr. 6 (vgl. Aesch. Pr. 164
im Himmel und auf Erden gilt, daher gött- und dazu SchoL Med.). Soph. El. 1064. Bei
liches Recht und über das künstliche Recht so Menauder de enc. 8, 153 ist Th. Tochter des
der Menschen erhaben. So wohnt dem Begriffe Kronos; dies scheint eine Verwechselung mit
die Bedeutung des Heiligen inne; er steht dem Uranos zu sein. Bloß Tochter der Gaia ist sie
von dixtf gegenüber, wie lat. fas dem tws. Da- genannt Eiir. Iph. T. 1259 f. (vgl. Proclus in
her bedeutet <9-eV*s tc^i soviel als: es ist ge- Plat. Tim. 6, 295 d. Paus. 10, 5, 3), Titanin
setzt, d.i. es soll so sein; es ist durch höheres imd Tochter der Gaia oder Chthon Aesch.
Walten also gefugt und gebührt sich demnach, Eum. 6, 2, einfach Titanin Aesch. Prom. 874.
daher denn auch 'es ist erlaubt', in dem Sinne: Clem. Strom. 1, 366 P. Schal. V. IL 20, 4.
'erlaubt ist, was sich ziemt' (vgl. Hesych. ^b- Bei I^ykophron 129 heißt Ichnaia eine Tochter
fug- diTiciiov, a|<ov, nginov)., und verneinend des Helios; diese Ichnaia ist aber Th. (s. d.
ov billig iiGxi) 8. V, a. es ist nicht gesetzt, 40 Scholion zu der Stelle und unten Sp. 603f.; vgl.
d. i. es soll nicht sein, ist verboten. Beides Gruppe, Gr. Myth. 1080 f. 6.). Nach ihrer Ab-
in höherem Sinne, nämlich nach heiliger Ord- kunft wird sie benannt rjvysv^g hymn. Ven. 94,
nung, die für alle gilt {Eitipedocles lustral. carm. BvnaxiQticc Orph. h. 79, 1, Ttalcciysvrig Aesch. Prom.
437 o-ö TtBÄEzai roig ^tiv ^Ffiitov tdös., xoig 873, TcgtaßtiQa Apollon. Bh. 4, 800; vgl. ^föjv
d'ad-BuiaTot\ 6Jl/,a t6 ^tv Ttdvrav i'o/Aifiov öid j] TtQBaßvtäzT] bei Aristid. 1, 337 Dindf. und
X tvQvu.i6ovxog al^iqog iivs^^cog xixaxai öicc Longa,e\Si hei (Jlaudian. Bapt. Pr. 1, 219; doch
x'ccnksxov at)}'?)e), an die selbst Götter gebunden ist sie nicht als Greisin zu denken, s. u. Als
sind (z. B. Apollon bei Piaton, Ap. 21, b. Himmel und Erde zueinander in Beziehung
Pindar, Pyth. 9,75). Somit bezieht sich -itt/it? traten, da ist sie entstanden, und in diesem
auf die Ordnunj^ im Götterstaat, auf die den 50 Sinn ist sie älter als Zeus und alle Götter
Göttern ihrem Wesen nach anhaftenden Pflich- des Olympos: Himmelsklarheit beschattete die
ten, wie auf das Verhalten der Menschen gegen 'Feste' der Erde, und diese gebar eine Toch-
die Gottheit, auf das von den Göttern Geschützte, ter, welche den Anteil von Vater und Mutter
als Heiligtümer, Mysterien, Eid, auf Pflichten in sich trägt, als eine heilige Kraft, die alles,
der Pietät gegen geheiligte Personen, auf die was auf Erden gegründet ist, in richtige Ord-
durch die Ordnung der Natur gesetzten Be- nung setzet; vgl. Schiller: 'heil'ge Ordnung,
dürfnisse alles Lebenden, auf das Recht der segensreiche Himmelstochter'.
Mitleidsbedürftigen. Sodann bezeichnet es die Ehe. Hes. th. 901 ist Th. die zweite unter
Ordnung der versammelten Massen, Leitung den sieben aufeinander folgenden Gemahlinnen
der Rats Versammlungen und Gerichte und He- 60 des Zeus (die erste war Metis). Nach I^indar
gung der Rechtspflege auf Erden, der strafen- fr. 6 fuhren die Moiren Th. auf goldnem Ge-
den wie der schützenden. Also enthält ^i^iig spanne von den Quellen des Okeanos zum
den Begriff des heiligen Rechts. Dieser, zu Olympos, um des rettenden Zeus ccQxccia aXo%og
einem lebendigen Wesen geworden, und zwar zu werden (a(j;^ata von ccg^ri in dem Sinne von
zu einem Weibe, dem Geschlechte des Wortes uraniänglicb. Vgl.Boschcr. oben Bd. 1, Sp. 2103
entsprechend, aber dann auch mit gewissen unter 'Hera'). Gemahlin des Zeus ist Th. auch
Seiten der Frauennatur übereinstimmend ('willst in der orphischen Theogonie, s. Piocl. in Tim.
du genau erfahren, was sich ziemt, so frage 2, 121, und bei Menander de encom. 8, 153.
57H Tliemis (Kinder) Themis (Kinder) 574
Als Geliebte des Zeus jj^ilt TL. nach der Orts- cci Nviicpat ai Jibg ■ncci ("HyuÖO:^ olnovöui iv
aage von Ichnai in Makedonien Stcjth. li. s. v 6n7\Xaioy thqI xov 'Hqiöuvov)', danach Apd. 2,
und bei Späteren: Apd. 1,8,1. Nonniis D. 5,11. Hesych. Gt^iötiadss- Nv^cpcxi^M. Schmidts
5,620. Claudian. B.Pros. 1,107. Sinn der Änderung in Wtcria^eg ist unnötig). Die Kinder
Verbindung ist: der höchste der Gtitter, Herr des Rechts weilen im Gelobten Lande an den
des Himmels und der Erde, übt seine Gewalt Enden der Welt (wie die Abier, //. 13, G, dt-
nach den Gesetzen der Sittlichkeit, und so ver- v.at('itocxoi. avd-^xoTtuiv, die Hyperl»oreier, llclla-
eint er sich mit der Vertreterin altheiligen mV.o.s bei T'/em. yIZ. «Sir. 1, 350, vgl. 642 P.), wie
Rechts. Indes ist das eheliche Verhältnis zwi- Th. selbst bei Find. fr. 6 von den Quellen des
sehen Th. und Zeus wenig in den herrschenden lO Okeanos geholt wird. Diese Nymphen sind
Glauben eiugednmgen, in welchem Hera als nicht selber Themiden, sondern horenartige
die Gattin des Kroniden galt; bei Homer steht Gestalten und als solche in Dreizahl zudenken,
Th. mit dieser in ganz freundlichem Vernehmen, wie Ordnung, Recht und Frieden. Es ist der
8. II. In, 00 ff. nämliche Gedanke, wie die Versetzung unter
Kinder. 1. D(^ Th. von Zeus die drei die Sterne: das Recht flüchtet in unerreichbare
Hören Eunomia, Dike, Eirene {Hes. th 001 f. Ferne. — 6. Die Hesperiden werden als Töch-
Pind. Ol. 13, 6 tf. Orph. h. 43, 1 f. Cornut. 20. ter des Zeus und der Th. bezeichnet von dem-
Hygin. f. 1^<3. P. L. G^ 3, 734 f. adesp. Apd. selben Pherekydcs bei Schol. Eur. Hippol. 742
1, 3, 1), Wohlgesetzlichkeit, Recht und Frieden, <l>iQE'^vöric; dh Jibg -accI ©iiiidög (fr^oiv avrd?.
in demselben Sinne, wie Diod. 5, ü7 der Th. 20 Indes nimmt man wohl mit Recht an, daß eine
zugeschrieben wird m TtSQl tr^v tvvo^dccv xa/ Verwechselung mit den eben genannten The-
BiQr\v7]v anoÖEL^aöd-ai , und ähnlich, wie bei mistiaden vom Eridanos vorliegt. Im Heraion
BaJcchylides fr. 20 Dike als Begleiterin der zu Olympia war ein Standbild der Th. von
Eunomia und Th. bezeichnet ist. Eunomia als Dorykleidas aufgestellt, daneben Sitzbilder der
Soteira und Tochter der Th. findet sich auch Hören, als ihrer Töchter, einWerk des Smilis, Im
Find. Ol. 0, 25 f. ; über den besonderen Sinn Schatzhause der Epidamnier ebendaselbst waren
vgl. TJesych. d'sutara- s^voucc, vo^c^lcc und ahn- Bildwerke des Atlas, des Herakles und der fünf
liches; s. u. 603. Die Hören heißen Töchter Hesperiden von Theokies Diese Hesperiden wur-
der Th. ohne Angabe der Namen Pind. fr. 6. den nachmals ebenfalls in das Heraion versetzt.
Paus. 5, 17, 1 Hygin. f. praef. Den Sinn 30 und zwar, wie die Zusammenstellung lehrt,
dieser Kindschaft gibt Hes. th. 003 '"SIqccq — neben Th. und die Hören. Ob der Grund dafür
ocit' ^()y' o)Q£vov6i, 'KaTad^i'rjTotöi ßQOtoiGi. Cor- bloß die Übereinstimmung dieser iiltertümlichen
nutus 20 'E-A f)iiudog Uybrai 6 Zsvg yavvfjGai Werke in Material, Stil und Herkunft bestan-
rccs P^Qixg. vcp' oiv xa äyccQ-a Ttdvxa v.ad'' rj^iäg den hat — Dorykleidas und Theokies waren
coQSvfxcci Kai q)vXd.xx£X(xi. Vgl. Papp, ob. Bd. 1, 2, beide Lakedaimonier und Schüler des Dipoinos
Sp. 2716. — 2 Die drei Moiren Klotlio, Lach esis, und Skyllos — oder in der Geltung der He-
A.troi^o^^ccixs ÖiöovGiv ^■vrixoig äv^Qi'oTcoiGiv ^isiv speriden als Themistöchter , läßt sich nicht
ayci^ov xs -nanöv rt, werden neben den Hören feststellen; man möchte sich für das erstere
als Töchter des Zeus und der Th. bezeichnet entscheiden, da außer den Hesperiden auch
JSes.th. 004 tf. (ebd. 217 heißen sie Töchter der 40 eine Athena des Dontas, des Bruders des Do-
Nv^). Apd. 1, '6,1. Über die Bedeutung s ie/*rs rykleidas, in das Heraion übertragen worden
104: *■ alles, was in der Welt geteilt und zugeteilt ist, lauter Werke von Holz, Elfenbein und
ist, ist nach der Th. geteilt'. Vgl. das deutsche Gold. S. unten Sp. 580. Paus. 5, 17, 1. 6,
Ur-teil, urspr. s. v. als Vas erteilt wird' {Kluge. 10, 8; dazu Blümner 2, 1, 300 f. der Ausgabe.
Etym. Wtb.), dann in juristischem Sinne der Weniger, Olymp. Forsch. 1, üT/iO 6, 1006, 77. —
Rechtsspruch. — S. Astraia, Sternhilde, Tochter 6. Während nach der gewöhnlichen Auffassung
des Zeus und der Th., ist gleich Dike; diese wal- Th. nur Töchter gebar, d.i. Abstraktionen
tete im goldenen Zeitalter unter den Menschen weiblichen Geschlechts aus ihrem Wesen ab-
und wurde danach unter die Gestirne versetzt, geleitet wurden, macht sie Aischylos Prom. 18.
wo sie das Sternbild der Jungfrau bildete: 50 200. 874 zur Mutter des Prometheus (welcher
Eratosth. cat. 0; vgl. Arat. phaen. 96 &. Der sonst ein Sohn der Klymene oder der Asia,
Name Astraea findet sich für uns zuerst bei Asopis u. a. heißt) ; der Vater ist nicht genannt.
Ovid. M. 1, 150. luv. 6, 10. Bei Martian. Der Sinn ist auch hier verständlich: Prometheus
Cap. 2, 46 sind Th., Astraea und Erigone bedeutet: 6 -kqooq&v xu ^iridsa., xu ßovXevuaxcc
gleichgesetzt. Vgl. Stall, ob. Bd. 1, Sp. 650 und {Etym. M. s. Aeseh. Prom. 85 — vgl. Suppl.
TTermcÄ-c bei Pa?(7?/-I'r«sso?6-a 2, 2 unter Astraia. 700 itQOiLaQ-svg svv.oiv6a7\XLg ccQxd); Th. aber,
Gi'uppe, Gr. M. 1080, 6. 450, 2. In einer In- die Satzungen setzende, ist, wie gezeigt wer-
schrift von Sinope {American Journal of Ar- den wird, der Zukunft kundig. Vgl. Bapp
chaeology 0 [1005] 322) bilden die 6 Worte oben 3, 2, 3032 ff. 3058 ff. — 7. Bei Dionysios
@i(iig,'^HXiog, — slrji'?], 'Eptti)?, 'T&goxöog, Hsi- GO H. ant. 1, 31 wird der Führer einer aus dem
QLog das Akrostichon '^©rjösv?', dem zu Ehren, arkadischen Pallantion nach Italien gezogenen
dem die Inschrift galt. Auch hier steht Th. Auswanderersc^ar, Euandros", als Sohn des
für Dike und gleich Tlagd-ivog {Ball, Archiv Hermes und einer arkadischen Nymphe be-
/'. Religionsiü. 13 [1010] 475). — 4. Töchter zeichnet, f^r ol iihv "EXX7]vsg ©e^iv elvca Uyov6L
beider sind auch die Nymphen des Zeus und -/ort d'socpoQVtXov aTtoipcclvovatv, die von den rö-
der Th. in einer Höhle am Eridanos, zu denen mischen Darstellern Carmenta genannt werde;
Herakles auf dem Wege nach den Hesperiden iir] d' av 'EXXddi cpcovfj @E67Cup8bg xfj vv^cpr]
s^elnngte: Pherckydes hei Schol. Apoll. Rh. 4:,l'd9Vi xovvo^lcc. Nach Plutarch. Q. B. 56, 278 b soll
575 Themis (und Zens) Themis (und Dione, Khea etc.) 57 &
Carmenta, die Mutter des Euandros, nach Ita- idäiscben Grotte und hält mit den Moireu den
lien gekommen sein, 6vofia^oiitvj]v Gsutv, die jungen Zeus von der 'l'ötung der Eindringlinge
d*ivioi. Nixü6rQäTi}v. Näheres über diese ar- zurück: ov yccQ ijv oßiov ccvrö^i d-avslv ()vfih>a.
kadische Nymphe unten Sp. 694, vgl. Wissowa, In diesen Sagen ist die Zeit vor der Herrschaft
oben Bd. 1, öp. 852 tf. Preller- Jordan, Böm. der olympischen Götter vorgestellt, in der Zeus
Myth. 405 ff. — noch ein kleiner Knabe war; Th. erscheint
In ähnlichem Sinne, wie man Th. als Gattin bereits als heilbringende Helferin, eine Eigen-
dem Zeus beigesellt hat, aber der gewöhnlichen schaft, die mit ihrem Walten als Rechtsgöttin
Anschauung, welche Hera als solche kannte, sich zusammenhängt (s. u.). Einem Götterkinde, vor
leichter anbequemend, wurde ihm die Göttin lo allem einem solchen, gebührt P]rluiltung und
als nahe Vertraute, nämlich als Beisitzerin Ernährung, zumal wenn böse Mächte es be-
find Ratgeberin, zur Seite gestellt. So spricht drohen. In gleichem Sinne reicht Th. auch
Anaxarchos bei Plutarch. {Alex. 52) zu Alexan- dem neugeborenen ApoUon Nektar und Am-
der: ovx olad-a ort triv jditiriv ix^t Ttdgsdgov brosia, Htfmn. Apoll. 124. In einem theogo-
6 Zbvs xai Tr]v Sifiiv^ iva itäv ro 7t(faxb-\v nischen Hymnos von Athenas Geburt bei Ga-
^b xov xgaxoitvxog ^'ffiiTOv r} %(xl äinaiov; vgl. lenus de Hippocr. et Fiat, dogin. (5 S. 361 Kühn)
Cid princ. inerttd. 4. Eustath. in II. 9, 63 t} di ye nimmt Th. die aus dem Haupte des Zeus ge-
Gi^isi66xhi9fdxigilvc(i>xoi!) Öixaiox^ (pv}.axti%ri, borene Athene in Empfang (v. IG nach der
6Ut xa\ To5 Jil iXiysxo ndgeögog. Dieses innige Lesart von Ahrena ^v^a d-tä nccgtÖanto Otuig ;
Verhältnis bezeichnet besonders Jiymn. /ov. 2o anders Usener, lih. M. öG, 17i); vgl. Hirzd
28, 2f., wo es von Zeus heißt: 0ifiL6Ti iy-uXidov 16, 2). Bei Nonnos Dion. 41, 1G2 wird sie
kl^oiUv^iJ nvxivovg odgovg 6tiQi^H {iyxXidöv: vgl. geradezu als ff^^ng slXsl&vicc bezeichnet und
die Lage der beiden Frauen im Ostgiebel des leistet der Aphrodite bei Geburt der Beroe
Parthenon und f/yw«.^jjo//. P*/</j. 16G von Hera Hilfe. Indes war die Göttin am meisten bei
o^f «or* sl? avvrjv Jib? i'ßvd-s firiXLosvxos, ovxs der Pflege des jungen Zeus an ihrer Stelle,
«ÖT* elg ^coxov nolvdcciöalov^ mg t6 nägog tcsq, und die andern Sagen scheinen dieser nach-
wbxm i(pf^oiisvri TivxLvag (pQu^iaxsxo ßovUzg, auch gebildet. Als Erzieherin seiner ersten Kindheit
Eurip. Alcest. 144 f. "AlSov vv^rpTj nagsög^vEtg; flößt sie dem zukünftigen Herrscher der Welt
vgl. -irtwii» //. 2 1, 606) ; ähnlich yl mm /a«. 21,1 1» den Sinn für Recht und Gerechtigkeit ein, die
cubili solioque lovis — theologi veter es coUocarunt. so solcher Stellung gebührt (vgl. Hirzel 167).
Man sieht, wie nahe die nagBÖgog der Gattin Von Geschlechte Titanin, ist Th. den andern
(Tittgdxoixig) steht. Find. Ol. 8, 21 wird Themis Kindern des Uranos und der Gaia als Schwester
Soteira Jibg ^sviov ndgedgog genannt. Öfter beigesellt, ürmächten, welche vor den Olym-
freilich noch wird Dike so bezeichnet (vgl. piern die Götterwelt bildeten. Auch im Hymnos
Lobeck, Agl. 396 f.). Der Ausdruck ist für auf ApoUon 93 f. wird sie mit Dione, Rhea,
Rechtsgottheiten um so passender, als er auch Amphitrite, die dem altem Göttergeschlecht
für die Bezeichnung gewisser Beamten gebraucht angehören, zusammengestellt. Dem Kronos
wurde: Beisitzer, assessores; so z. B. die Par- weissagt sie, daß er durch einen Sohn seinen
edroi der Archonten in Athen (Hermann, Gr. Sturz zu gewärtigen habe: Myth. Vat. 1, 104.
StaatsaUeH.^ % ISS, 16. 148,11. iftr*e/ 5. 412ff.). 40 2, 16. 3, 16, 10. Lactant. ad btat. Ach. 2, 196.
Ala solche Paredros berät Th. den Zeus bei Serv. Ae. 3, 104. Wie sie Rhea bei Erhaltung
wichtigen Unternehmungen und hilft ihm zur des Zeuskindes beisteht, so tritt sie überhaupt
Erreichung seiner Ziele. Im Titanenkampfe den Olympischen Göttern nahe, zu denen
rät sie ihm, sich des Felles der Ziege Amal- sie auch hielt, als der Titanenkampf losging,
theia als Schild zu bedienen, Schol. II. 15, 229 bei dem sie mit ihrem Sohne Prometheus dem
(dazu Hirzel 4, 2); vgl. Eratnsth. Cat. 13. Zeus helfend zur Seite stand {Aescli. Fr. 217, s.
Hygin. p. astr. 2, 13. Um die Übervölkerung oben). Bei Hesiod. th. 16 wird Th. unter den
der Erde zu verhindern, bestimmt sie ihn zur neuen Göttern aufgezählt, während gleich dar-
Anstiftung des troischen Krieges; so in den auf (v. 19) die Titanen Kronos und lapetos mit
Kyprien bei Frocl. ehrest, p. 472 Gaisf. (wo 50 den alten zusammen genannt sind. Auch in
für QixiSog zu lesen ist G^^töog gemäß Flaton. der Gigantomachie kämpft Th. auf Seiten' der
rep. 2, 380 a. Ahrens 16, 22. Hirzel 2, 3); Götter, und weil sie dabei den Spuren der
daher Th. auch auf dem Vasenbilde des Paris- Feinde nachspürte, soll sie den Beinamen
Urteils {btephani, Gompte rendu 1861, Taf. 3; Ichnaia erhalten haben {Tzetz. Lyk. 129). Bei
nnten Sp. 581 Abb. 4). Nonnos (2, 710) hängt sie die Waifen des er-
Ein anderes Verhältnis zu Zeus , wie das schlagenen Giganten an den Toren des Olympos
als Gattin oder Ratgeberin, findet sich in der, auf und zeigt sie der schmerzerfüllten Gaia
auf Musaios zurückgeführten, Überlieferung, zum abschreckenden Beispiele. So war sie
daß Rhea das neugeborene Knäblein Zeus nach auch auf dem Friese des pergamenischen Altars
Kreta gebracht und der Th. zur Kindespflege 60 inmitten der olympischen Gottheiten dargestellt,
eingehändigt habe, welche das Kind der Amal- wie die Inschrift ihres Namens beweist, wäh-
theia, d. i. der Nährerin (s. Stoll, oben Bd. 1, rend die Gestalt selbst nicht erhalten ist. Man
Sp. 266) zur Ernährung übergab: Eratostli. erkennt, wie sehr der Begriff der Titanide als
cat. 13. Schol. II. 16, 229). Hygin. p. astr. Tochter der Erde dem Bewußtsein entschwunden
2, 13. Schol. Gemian. 156. Vgl. Ovid. Fast. war; denn auf demselben Friese hebt die Erd-
3, 668 von Anna Perenna: pars Themin . . . göttin gramvollen Antlitzes flehend ihren Arm
putut esse . . . teque lovi primos, Anna, dedisse empor. Von allen Titanen erscheint Th. neben
cihos. Bei Antonin. Lib. 19 weilt Th. in der Leto allein im Olympos. II. 15, 87 ff. steht
577
The Ulis (in der Kunst)
Themis (in der Kunst)
578
sie dem Mahlf der (Jötter vor und kommt der
Hera mit dem liechor entgegen, die sich ihr
gegenüber vertraulich ausspricht. Zahlreiche
Personennamen sind mit ihrem Namen gebildet,
und dieser Umstand ist insofern von Bedeu-
tung, als das gleiche bei den meisten der
Götter, aber bei keinem der übrigen Titanen
geschehen ist. So erschien der Volksauffassung
Th. den Olympiern durchaus ähnlich. Sie er-
hielt daher auch Dienste mit Altar, Tempel,
Priesterschaft, Opferung und, wie sich aus
Monatsnamen schließen läßt, eindrucksvolle
Festfeier, ganz wie andere Götter, So stellt
sie sich als eine Gestalt dar, deren a!llegori«che
Bedeutung allgemach zurückgetreten ist, als
ein wirklich persönliches Wesen und anthro-
pomorphisch, weit mehr, als dies bei Dike der
FaU ist.
Wie man sich die äußere Erscheinung
der Th. vorstellte, ist mehr aus gelegentlichen
Bemerkungen und den ihr gegebenen Beiworten,
als aus Kunstgebilden zu erkennen. Man dachte
sich Th. als eine jugendliche Frau {■kovqt} heißt
sie Orph. h. 79, 2) von würdevoller Schönheit,
Im Hymnos auf Aphrodite v. 92 ff. ist Anchises
in Zweifel, ob er Artemis oder Leto oder Aphro-
dite oder Th. oder Athena oder eine der Chariten
oder Nymphen vor sich sehe. Von ihrer Schön-
heit zeugen Beiworte, wie y.cdXntdQyog 11. 15,
87, aylccöaoQfpog Orph. h. 79, 7, yialvKöäTtig ebd. 2;
von ihrer Würde ovgavia Sojjh. El. 1064, alöoir]
Hes. th. 16, \LsydXri Ewr. Med. 160, dyvri Orph.
h. 79, 1, TtdvTifiog ebd. 7, ci^ßäa^uog ebd.
Von Darstellungen der Th. durch die
bildende Kunst sind folgende überliefert:
1. Standbild aus Goldelfenbein von der
Hand des Lakedaimoniers Dorykleidas, eines
Schülers von Dipoinos und Skyllis, im Heraion
zu Olympia, Paus. 5, 17, ] : s. oben. — 2.
Marmor statue im Heiligtume der Th. vor
dem neistischen Tor in Theben, Paus. 9, 25,
4. — 3. Eine sechs Fuß hohe Holzfigur der
Demeter Lusia mit Gesicht, Händen und Fü-
ßen aus parischem Marmor im Demetertempel
zu Thelpusa in Arkadien wurde von manchen
für Themie gehalten, vielleicht mit Recht, ob-
gleich Paus. 8, 25, 6 widerspricht. Näheres
unten Sp. 594. — 4. Auf einem kostbaren
Teppiche des Alkimenes von Sybaris sah
man eingewirkt Zeus, Hera, Themis, Athena,
Apollon, Aphrodite {Aristot. mirdb. ausc. 96)
nach der Expositionsszene der Kyprien (vgl.
Epic. Gr. fr. ed. Kinkel 1,17, 20f. ; Benndorfhei
Helbi(j, Homer. Epos^ 232, 1), — Von den
unter 1 bis 4 genannten Werken ist keines
mehr vorhanden. Erhalten ist dagegen: 5. ein
kolossales Standbild, das in dem kleineren
der beiden Tempel von Rhamnus in Attika an
der Hinterwand der Cella in der linken Ecke
aufgestellt war, im September 1890 ausge-
graben wurde und jetzt im Nationalmuseum zu
Athen verwahrt wird (xibb. 1). Auf der oberen
Plinthe der Basis steht an der vorderen Kante
die Inschrift: Msyccycli)? Msyayi\XEOv]g' Pociivov-
<y[t]oj avfd'Tiyisv 0i[LiÖL Gtscpavoad'slg vTtb t&v
d7]iiota)V di'KaioGvvrig 8vs-a.cc in[l i^sgslag KccXXl-
6rovg xal wariaag Ttccißl y,ccl avögccGi yv^vaoi-
aQ%cbv, darunter rechts nachgetragen ycal 'ncoiicp-
20
30
vm
^^^^^^^^^r ' '^'^■P^R^Va^V^H
1
UhjII
^^B ^'^^ ''Wj^Mw^^^
1) Standbild der Theu.io ^110.^01 l,, u^r^m,^,,,,, Denkmäler
griech. u. römischer Sculptur Tafel 476).
40
dotg xoQriycüv, und ebenso nachgetragen weiter
links: y.ccl ^BLdoöTQatTqg Nsuegsl isgtlac,. Auf
der Mitte des Bathron die Künstleiinschrift :
XccLQSöTQarog XcaQsSi]^ov TafivovöLog i-n;oLri6s.
Das Standbild ist aus pentelischem Marmor
und 2,22 m hoch. Es gehört dem Anfange des
drittel! Jahrhunderts v. Chr. an, ein Werk von
tadelloser Ausfühnmg, das an die Artemisia
des Mausoleums erinnert. Der hintere Teil des
50 Hauptes und der übrigen Gestalt ist nachlässig
gearbeitet; man erkennt, daß es allein zur
Betrachtung von vorn bestimmt war. Kopf
und Hals sind frei, und ebenso, wie die Hände,
eingesetzt. Der feingefältelte Ärmelchiton wird
unter der Brust durch ein schmales Gürtelband
zusammengehalten. Ein Himation von großem
Faltenwurfe mit Spuren zierlicher Bemalung
bedeckte linke Schulter, Mittel- und Unter-
körper. Der Chiton kommt unten wieder zum
60 Vorscheine ; die Füße tragen Sandalen. Der
rechte Arm fehlt; vom linken hat man die
Hand in der Nähe aufgefunden; sie war halb
geschlossen, drei Finger fehlen. Attribute zur
besonderen Charakteristik der Themis sind
nicht vorhanden; vielleicht hielt die rechte
Hand ein solches (s. Abb. 1). Zuerst veröffent-
licht von Stats/Ecpri^. ccqx. 1891 Taf. 4; dazu
Text Sp. 45 ff. Vgl. Blümner zu Paus. 1, 33.
579
Themis (in der Kunst)
Themis (in der Kiuist)
580
BrunH'Bruckmann 96 nr. 476. Athen. Mitt. 15,
1890, 849. Collignon, Gesch. d. Gr. PL. deutsch
von Baumgarten 2, 497, Taf. 241. Baedeker,
Gr.* 118. 84. Weiteres untcu Sp.591f. — 6. Von
S) Themis erteilt dem Aigens Orakel (Dach Gerhard, Berliner
Winckelinanruprogramm 1846).
der Gestalt in Hochrelief auf der Südseite
des pergamenischen Altarfrieses rechts neben
Uranos, welche durch die Inschrift OEMI^
sichergestellt ist, hat sich ein Stück von Chiton
und Mantel erhalten. Die Göttin hatte, die
künstlerischen Typus der Th. ist aus dem Ge-
iUßbilde, das die Göttin allgemein gefaßt als
Pythia darstellt, auch hier nichts liesonderee
zu entnehmen. Vgl. Gerhard, Auserl. VB. 4,
827. 828, 3 zu S. 103 f. Derselbe, Berl.
WinckelvKinnsprogr. 1846. MüUer-
Wieselery Denkm.2, 74, 947. Beinächy
Bepertoirc d. vases p. II, 162. — S. Die
rotfigurige Darstellung de« Pa-
risurteils auf einem bei Pantika])aion
gefundenen mächtigen Krater der
Eremitage zu Petersburg {Steiihani
Comptc rendu 1861, :Vdü'., 45flF., Atlas
Taf. 3. Beinach a. a. 0. I, 7) zeigt in
der oberen Reihe mitten die Gestalt
der Themis ebenfalls inschriftlich ge-
sichert: GEMI^ (Abb. 3). Von dem
Gefäß ist gerade an dieser Stelle ein
Stück ausgebrochen. Sie ist jugend-
lich gebildet, mit bloßen Armen, trägt
Kopfband mit Blätterschniuck, Ohr-
gehenk und Halsband aus weißen Ku-
geln. Der einfache Chiton läßt die
Körperformen durchscheinen. Die
Göttin unterscheidet sich durch kein
besonderes Merkmal von den übrigen
weiblichen Gestalten der Komposition.
Lebhaft redet sie der vor ihr stehen-
den Eris (EPI^) zu, deren Schulter
sie mit der Rechten faßt, während
die Linke in die Seite gestemmt ist.
Hinter Th. sieht man ein, von geflü-
gelter Nike gelenktes, Zweigespann;
dahinter steht Zeus (erhalten die Buch-
staben IV-). Hinter Eris hält ein Viergespann
mit einer ungeflügelten Frau. In der unteren
Reihe mitten sitzt als Hauptfigur Paris (Name
weggebrochen). Links daneben steht Hermes
(EPMHC); dann folgt Hera (HPA) sitzend. An
Rechte erhebend, mit der Linken nach einem 40 sie lehnt sich stehend Hebe (HBH). Rechts neben
niederfallenden Giganten gegriff'en, der sich
mit seiner Rechten, die ein Schwert hält, auf
den Boden stützt. Vgl. Puchstein, Beschr. der
Skulpturen aus Pergamon 1, 19. 20; dazu Taf. 1.
Derselbe, Zur jyergam. Gigantomachie^ Sitzungs-
her, der Berl Äk. 1888, 1231 flF. — 7. Rot-
figuriges Innenbild einer Kylix anis Vulci
in der Berliner Sammlung (s. Abb. 2) von voll-
endeter Zeichnung, dar-
stellend Themis als Pythia
auf dem Dreifuß orakel-
gebend undvor ihr Aigeus.
Die Göttin, eine jugend-
lich anmutige Gestalt,
langbekleidet mit nackten
Armen und Füßen, Ohr-
gehänge, Schleierauf dem
Hinterhaupte, sitzt nach
rechts gewandt auf dem
Dreifaß, in der Linken
eine Schale, in der Rech-
ten ein Lorberreis haltend.
Aigeus als Theoprop steht
in ehrerbietiger Haltung
wartend vor ihr. Die Na-
mensinschriften AEMK
(sie) und AIFEY^ sichern
die Deutung. Für den
Paris steht Athene (Kopf und Inschrift abge-
brochen); dann folgt sitzend Aphrodite (A0PO-
AITH), der ein geflügelter Eros (EPß^) zuredet.
Die ganze Gruppe gibt das Parisurteil wieder.
Die Zusammenstellung der Th. mit dem Wagen
der Nike und dazu Eris bedeutet wohl, daß der
Sieg im troischen Krieg auf seiten des Rechts
sein werde. — 9. Die auf dem Omphalos sitzende
S) Themis beim Parisurteil (nach Step/iani, Cuinplc rendu lö61, Atlas Taf 3)
581
Themis (in der KuriHt)
Themis (weisHaj^end)
582
Frau einer andern KertHcher Vsise (Cotnpte rendu
1860, Atlns 2. Furtwängler- lieichold 2 Tat". 69.
Hcinach a. a. 0. 1, 3) mit der farbifj^en Darstellung
einer Beratung der Götter über den troischen
4) Beratung der Götter (nach Cornpte rendu 1860, Atlas Taf. 2)
anwesend : Themis, Zeus, Nike, Athene, Hermes, u. a.
Krieg (s. ob. Sp. 575) ist offenbar Th. Sie spricht
mit lebhafter Geste zu Zeus, der rechts neben
ihr thront und ebenso wie Athene r. und Her-
mes 1., ihren Worten aufmerksam zuhört (Abb. 4).
Vgl. Boscher, Neue Omphalosstudien , Abh. d.
Sachs. G. d. W. 31 [lölöj 1, Taf. 6, ö. — Andere
Darstellungen der Th. lassen sich zurzeit nicht
nachweisen (die von Ahrens 1, Sltf. aufgezähl-
21, 1 suhstantiales polestates ritu diverso pla-
catae, velut ex perpHuis fontiuni venis, vati-
cinia mortalitati suppedüant vn'ba,quihns nnmen
praei'ssc dicitnr Thcmidis, <juam ex eo quod fixa
fatali lege decnia praescire facit in
postrruw, (juae tti^ti^L^va sermo Grae-
cus appetlut, ita cognominatam in
cubili sotioque lovis vigoris vivifici
theologi veteres collocarimt. Kuseb.
praep. ev. 3, 11 insi di: xal Ti]g ^lav-
Tixr]g dvväfihwc; rt? fi^ro'j^og iiv dv-
vcc^ig, ßeiiig iii:V v,iv.Xritai ij dvvcc^t,g^
x(p rä r8^i'£i(iti>C!C y.al hMÜGToy -ati^isva
Xsyfiv. Aber unter ittfitöTts verstand
man auch Grundsätze der Sittlichkeit,
des Rechts und der ewigen Wahrheit,
daher entscheidende Urteile, Rechts-
offenbarungen, weisen Rat, göttliche
Gesetze {Hirzel 20. 37 ff.). Damit zu-
sammenhängend bedeutet Q^EiiiaxBvevv
Satzungen künden, weissagen, recht-
sprechen, Rat erteilen (da Hirzel Th. als Göttin
des guten Rats auffaßt, wird von ihm diese Seite
ihres Wesens besonders betont; s. S. 7 ff", und
Jurertka, Wiener Studien 20, 1898, 120). Dieses
^e^LGtsvsLv nun ist eine der bedeutendsten Oblie-
genheiten, welche der Gsiiig, ihrem Wesen ent-
sprechend, zukam. So wird sie zu einer weis-
sagenden Gottheit, fatidica Ovid. M. 1, 321 [fati-
ten Abbildungen sind unerwiesen oder falsch 30 cano ?7e«^Hnpmesaa cZmYore 9, 418 f.) und guten
gedeutet, ebenso das Gemmenbild Welcher A
D. 2, 325, Taf. 16, 31 'Th. als Schlafprophetin'
Auch die Deutung des schönen Frauen-
kopfes, der im Gebiete des Asklepieion am
Südabhange der Akropolis zutage kam, auf
Th. (Studniczka, Themis, ein Werk des Meisters
der Niobe, Festgabe z. Winckelmannsfeste d.
Ar eh. Seminars in Leipzig 1913) ist nicht aus-
reichend gesichert). Gellius 14, 4 gibt eine
Ratgeberin v,8%uQL6[iivT] ivrpQOVL ßovXy Orph. h.
79, 11 ; svßovlog Find. Ol. 13, 8, Isthm. 8, 32, fr. 6;
ogd^oßovXog Aesch. Pr. 18, 711-vvTri Bacchyl. fr. 29
Bergk. Nachher?'. Verg. A. 4,246 ist sie antiquis-
sima dearum vates. Sie gilt geradezu als Erfinde-
rin der Orakel Biod. 5, 67 : 0siiiv ät ^v^oXoyovac
\iavxsiag yiccl %'vaiag -nai d'hO^ovg rovg Ttsgi xä>v
^sg)v TiQmrriv 8Lüri'y7]6aod'ai, yial xu usqI X7]v svvo-
ulccv y.al stgt^vriv yiccxaäst^aL' ölo y.ccl ^safiocpv-
Stelle aus dem Buche des Chrysippos tcsqI v.a- 40 Xav,ag -nal ^BO\ioQ^ixag övo^d^sad^aL xovg nsgl
Xov Ticcl i]8ovfig wörtlich an, in der das Bild
der Gerechtigkeit — lustitiae — auf Grund der
Darstellung von Malern und Rhetoren be-
schrieben wird. Gleich die Anfangsworte -jtag-
d'Evog Sh bIvccl XEysxca zeigen aber, daß es sich
nicht wohl um Th. handeln kann. Als 'Jung-
frau' galt vielmehr Dike (vgl. Hes. opp. 296
u. schal.), die ja auch am Himmel in dem
Stembilde der Jungfrau erkannt wurde (s. ob
xovg d'EOvg oaia v.al xovg xcbv ccv^qcotkov vo^ovg
dtacpvXccxxovxag' y.al xov 'JttoXXoj, yiad"' bv
di] ^Qovov xovg j(^Qriouovg äuSdvai ^^XXbl^ d'siiL-
GXivsLv Xeyousv ccnb xov xi]v Gifiiv evqbxqLccv
yByovivcci xüv ;f()r](>iLtMv. Orph. in Musaeum 23
heißt sie isgoGyionog avögav. Wenn von Th.
erzählt wird {Zenob. 1, 62 Leutsch), daß sie
weissagend ermahnt habe ß^cc? xat x^änb^ccv
ui] TtccQocßccivsiv, d. h. das Gastrecht nicht zu
Sp. 573 und Puchsteiti, Sitzungsber. Berl. Ak. 50 verletzen, so sieht man an diesem Beispiele,
1888, 1239 ÖV). Ähnlich steht es mit dem Bilde
der Th., welches in dem Romane des Eustathios
xb >to:'9'' 'Tö^lvriv zccl 'Tgulvlccv ägäiia 2, 5, bei
Hercher l% 172, beschrieben wird. Es stellt
vier Jungfrauen dar, deren Bildung er ein-
gehend angibt. Die über ihnen stehenden In-
schriften ^QovriGig., 'iGxvg, UcocpQOGvvr} , Qi^ig
zeigen, daß die Kardinaltugenden gemeint sind,
und daß unter Themis vielmehr Dike oder
Dikaiosyne zu verstehen ist.
Aus dem Wesen der Th. als der Satzungen
setzenden Göttin fließt es, wenn ihr die Gabe
der We issagung zugeschrieben wird. Oi^LOxs g
bedeutet Satzungen, dann namentlich Orakel-
sprüche. Mantik setzt den Glauben an Vor-
herbestimmung voraus; die zukünftigen Dinge
müssen festgesetzte sein, wenn sie erkennbar
und danach verkündbar sein sollen ; vgl.^mmmw.
wie sie zum Ziemenden, d. i. sittlich Guten,
rät. Hierher gehört daher auch ihre Stellung
als Beisitzerin und Beraterin des Zeus (s. oben),
und so wurde sie, die der Satzungen kundige,
überhaupt als Prophetin der Götter aufgefaßt;
antistes deorum initio fuerat, Mythogr. Vat. 2,
114. Dem Kronos hatte sie verkündet, daß
ein Sohn ihm den Sturz bereiten werde (s.
oben). Dem Zeus sagt sie, daß er im Tita-
60 nenkampfe mit dem Schilde der Aigis siegen
werde (s. 0. Sp. 576). Bei Aischylos teilt sie
ihrem Sohne Prometheus mancherlei aus der
Zukunft mit (209 ff., 873 f., vgl. 756 ff., 907 ff.,
947 ff.). Nach Claudian. Bapt. Pr. 1, 217 ff.
hat sie dem luppiter kundgetan, daß Proser-
pina dem Pluto zur Gattin bestimmt sei.
Durch die Weissagung, daß der Sohn der
Thetis stärker sein werde als sein Vater, hält
583 Themis (Verhältnis zu Ge) Themis (Verhältaiis zu Ge) 584
sie Zeus sowohl wie Poseidon von der Ver- stalt sei, auf der alles vorgehe, in so viele mit
bindung mit der Nereide zurück: Pind. Jstfun. einzelnen Namen belegte Länder sich auch die
8, 8:8 ff. Apd.S,13,b; vgl. Tzetzes z. Lyk. llS. Nationen und die vielfachen Schicksale der-
Ap. Rh. 4, 798 ff. Melanippides bei Schol. II. selben verteilen.' Und allerdings kann man
18, 350. Lactant. inst. 1, 11, 9. Bei Omd. M. in solchem Sinne sehr wohl von Gaia sagen
9, 403 ff. verkündet sie den Göttern die Kämpfe TtoXX&v 6vo^^.äxcav [lOQtf)}] iiicc; denn die ganze
um Theben und das Schicksal des Amphiaraus Menge derartiger Namen, wie 'EXXds oder
nnd des Alcmaeon. Urd^ig, ^(oxig u. a., oder 'Aaia^ .iißvi], Bottoricc
Von besonderer Bedeutung für die manti- u. dgl., sind als Epitheta zu dem einen Begriffe
sehe Seite der Th. ist ihre Stellung zurErd- lo yi) zu verstehen. Demnach beweist die viel-
göttin; denn aus den Tiefen der Erde wurde besprochene Aischylosstelle nicht, daß der
vornehmlich die Kunde der Zukunft geholt. Dichter Gaia und Th. schlechthin als identisch
Man hat sie mit Gaia schlechthin für gleich ansah. Wenn sich aber später in einer der
erklärt und sich dabei auf Aischyhs Fr. 209 ff. Sesselinschriften des athenischen Theaters außer
berufen: ^^ol dl tti^rriQ ovx ccnai ^lovov O^^ug der Th. selber auch eine Pfj Siing erwähnt
%ttt Fat«, noXl&v 6vo(idTmv (lOQcpij (lia rb ^iXXov findet (s. u. Sp. 696), so bedeutet dies, daß die
ingaivoiro «povwö'Wjrtxf t, als enthielten diese Erdgöttin daselbst in ihrer Eigen.schaft als Th.,
Verse den Sinn: 'Themis und Gaia: es sind d. h. als orakelkundige Göttin, »gedacht ist, wie
vielerlei Namen, aber es ist eine Gestalt.' So ebendaselbst auch eine 'Ad^ijvcc als Th., d. i.
bereits Tzettes exeg. in II. 62, 24 Herrn. Aiaxv- 2o als rechtskundige, bezeugt ist (oder in um-
log Siiuv Uyu xrjv yfjv iv xm IlQoyLri^Bi ngo- gekehrter Folge 0i^i>g KlXsl^vta bei Nonnos D.
(pocv&g %xX.; ad Hes. opp. 9 Se^ig i] yfj xar' 41,126 die Th. ist, in ihrer Stellung als Ent-
MoxvXov p. 38 Gaisf.; ad. r. 56 17 yccQ GipLig bindungsgöttin. Vgl. Zsvg d-SfiiaTiog bei IHu-
^xot ^ Pf) rot) tfroijjftaxov ÜQOurid'^cog (irixTiQ tarch comm. not. 14, 1065, d. i. Zeus als den
icxi p. 69 Gaisf. Der Scholiast zu 'Aisch. Pr. höchsten Rechtes waltend. Ähnliche Beiworte
V. 874 nennt Th. 17 xccxax^oviog Sal^itov. Von des einen Gottes aus der Sphäre des andern
Neueren namentlich IFe/cAer, Aesch. TnZ. 40ft'. sind Hera Eileithyia, inschriftlich bei Keil,
Nachtr. 39S. Götterl 2, 2b:i ff. G. Heimann P/nZoü. 23, 621, Aphrodite Peitho, Artemis Hekate,
in der Ausgabe u. Opusn. 7, AOL Keck, Neue ebd. 622, AthenaNike u. a.); für identisch wird
Jahrb. 81, 1860, 484 ff. Ahrens 9 ff. Dagegen so Athene und Th. niemand halten. Das eine
besonders Schoemann, Des Aesch. gefesselter freilich geht auch a"us dem inschriftlich über-
iVom. 1844, 292 f. In den Versen am Schlüsse lieferten ri) @i}iLg deutlich hervor, daß Th.
der Tragödie co tirixgbg ififig osßag, at ndvxcov und Gaia nach einer bestimmten Seite ihres
ai&T}Q xoivov qpdo? siXlaaoov^ ioogag fi' mg ^x- Wesens verwandt waren (ebenso wie Th. und
tfixa flTCttyj;« hat man aus der Zusammenstellung Athene), wie es eben auch die Überlieferung
mit dem Aether in der 'Mutter' ebenfalls Gaia bezeichnet, wenn sie Th. zur Tochter der Gaia
erkennen zu müssen geglaubt: Schol. Med. a macht, und wenn, wie sich zeigen wird, Th.
Ffi r\ & Siyiig. Schol. A. 10 ftrjtTjp i^i} Fi) und und Gaia in manchen Gottesdiensten eng ver-
danach G. Hermanne Lesart. Nun ist aber bunden sind. Worin aber die besondere Ver-
allein Th. als die Mutter des Prometheus be- 40 wandtschaft der Satzungen setzenden Göttin
zeichnet v. 18. 209. 874, und eben diese Th. mit der Göttin der Erde bestand, erkennt man
ist 874 ausdrücklich Titanis genannt, die Titanen aus der Etymologie des Namens (9fc'fit5 und
aber gelten auch dem Aischylos nach v. 205 der Beziehung, in welcher der durch dies Wort
als OvQccvov x£ xai X%^ovbg xixvcc, also ist Th. ausgedrückte Begriff zu dem Wesen der Erde
Tochter der Chthon. Will man den Dichter steht. Man vergleiche -O-f-ftf-Xtov, -O-^-jxf-^Xov,
nicht mit sich selbst in Widerspruch bringen Grundlage, gelegter Grund, und solche Aus-
nnd ihn seinen Helden zugleich als Sohn seiner drücke, wie einerseits Q-i^Lt^Xcc Sixris cpvXdxxs-
Mutter und seiner Großmutter bezeichnen lassen, ö-O-at, Solon fr. 4, 14 Bergk, -ö-^ftTjffig' di-Kuio-
80 muß man eine Unterscheidung von Chthon avpi] naga. Ilvd-icc, Hesych., anderseits d'By^BiXia
und Gaia annehmen und Th. zwar als Tochter 50 ycclrig, Oppian. hol. 5, 680. 0sii£XLOvxog heißt
der Chthon, aber als identisch mit Gaia, an- Poseidon, wie sonst yai^oxog bei Cormitus 22
sehen. Ein mißlicher Ausweg, zumal da der- (ycci'qoxog Xiysxai 6 floGudüiv xal dsasXLovxog
selbe Dichter zu Anfang seiner Eumeniden Gaia vnö xivcav xccl 9"vovciv wbxcp 'AöcpaXsia II06E1-
und Chthon einander gleichstellt und Th. deren 8äivi xxX.). OsiiiXri ist der Name der Erde als
Tochter nennt: ttjv -jtgcaxo^iavxLv Falccv ix Sh fester Grund {Apollodoros heilo. Lydus de tnens.
xfjg ö^fiiv, fj dr) xb firixgbg dsvxEga xod' i^sxo 4,38 S. 82: cpigsxai 81 xai XLg ^ivd-og jtsgl ccbxov
luivxslov . . . iv dh x<p xgixa) XdxBi . . . Tixccvlg xaxcc xbv 'AnoXXodoigov, mg sl'ri ix Jibg xai JTfy?,
&IXti Tcalg ;f^ov6s ' xa^i^sxo ^oißri. Diese xfig Sh Ffjg ©s^iiXrig Ttgooayogsvoiiivrjg Suc xb
Schwierigkeiten werden beseitigt durch die slg ainiiv ■ndvxa xatad'£ii8Xi.ovad-aL xxX.). Die
Erklärung von Lehrs (S. 107), der zufolge Pro- 60 Erde ist hier also nicht als die nahrungspros-
metheus a. a. 0. nichts anderes sagt, als : 'Die sende (vgl. Demeter), noch auch als Göttin der
Zukunft, um die sich's hier handelt, habe ihm Tiefe (wie im Totendienste), sondern in dem
wiederholt seine Mutter Th., und auch be- Sinne des Festen, Unverrückbaren, Haltbieten-
stätigend seine Großmutter, vorher verkündet, den, als der Grundfeste alles Seienden {Fat'
deren Vielkundigkeit er durch einen Zusatz Bvgvoxegvog Tidvxav EÖog aecpaXhg alsl Hes. th.
andeutet, durch den, daß sie vieler Namen eine 117 Goettl.) aufgefaßt. Dazu steht der Begriff
Gestalt oder ein Leib sei. D.h. deshalb weiß der Satzung setzenden Th. in verständlicher
sie alles, weil sie eine zusammenhängende Ge- Beziehung: 'Fest, wie der Erde Grund' stehen
585 Themis (Kult in Delphi) Themis (Kult in Delphi) 586
ihro 'GrundBÜtze', d-hfttatEi^. So (n-klärt es sich den Stoff anwandten, um dadtirch d<^HHon Alter
aber auch, daß Gaia iUt«^r ist und Tli. j^leich- zu k(»nnzeichnen. Dem entspricht auch die
sam von ihr entnommen: Die P^rde int der dem Volcenter VaH(?nbiMe zu^rundo liegende
Hoden, auf den gesetzt wird, der 'Rechtsljoden'. Überlieferung (h. o.), wo Th. gleich der Pythia
So wird Th. mit Fug Gaias Tochter, die ihr vom Dreifuß herab dem Aigeus jeneH Orakel
entspricht in bezug auf eine Seite ihres Wesens. verkündet, welches er nach J'lnt. Thes. 3 in
Wie als Priidikat der Ge, z. IJ. auf der athe- Delphi begehrte. In einer allegorischen Er-
iiischen Inschrift, so erscheint sie dann st^lb- Zählung bei ThnnistioK or. 24 S. 305 kommen
ständig neben ihr, als Tochter oder Prophetin, Aphrodite und die Chariten, um sich wegen
d. i. in (Jaias Namen Satzungen verkündend. lO des langsamen Wachstums des neugeborenen
Auf die enge Verbindung zwischen Th. und Eros Rat zu holen, zu Th.; ovn(o yccg slxs JhX-
der Erdgöttin weisen auch manche Ortssagen (pov^ (t 'AnoXXojv. Bezeichnend ist, daß nament-
und die ältesten Spuren ihres Dienstes zurück. lieh römische Dichter und Sagensammler ihr
Unter den Stätten gottesdienstlicher Ver- gelehrtes Wissen von der Th. vorzeitlichem
ehrung der Th. obenan steht Delphi. Daß Walten zu Delphi gern anbringen. J)eukalion8
vor dem Dienste des Apollon das Orakel von Arche landet am Parnassos; die beiden Ge-
Delphi der Erdgöttin geweiht war, galt als retteten holen sich bei Th. ihren Schicksals-
eine feststehende Tatsache. Den Übergang von spruch Ovid. M. 1, 321. 374 ff. Lactant. narr.
dem einen Dienste zum andern berichtet der 1, 7 (wo Th. als antistes Terrae bezeichnet
hqbg Xöyog in verschiedener Weise. Die für 20 wird). Froh, ad Georg. 1, 62. Lactantius zu
uns älteste Überlieferung bei Aischylos Eum. 2 Stat. Th. 3, 661. Atlas hatte von Th. Parna-
(danach Harpolration s. v. d^s^iarsviiv) nennt sia ein Orakel erhalten, daß ein Nachkomme
Gaia, die Urprophetin (TtgcoroiLavtig) erste In- luppiters die Goldäpfel aus seinem Garten
haberin des Orakels, dann deren Tochter Th., holen werde: Ovid. M. 4, 642 ff. und ohne
danach die Schwester der Th., eine andere Bezeichnung von Delphi Lactant. narr. 4, 19.,
Titanide, Tochter der Erde, Phoibe. Von Serv. Verg. Ae. 4, 246. Mythogr. Vat. 2, 114.
dieser erhielt es Phoibos als Geuethlion ge- Apollon tötete den Python, als Th. noch in
schenkt. Die Reihenfolge Ge, Th., Apollon im Delphi Herrschaft und Dreifuß inne hatte,
Besitze des Dreifußes überliefert /S^c/io/. jK'w/. 0/'. Lucan. 5, 79 f. Claudian. in linf. jwaef. 14.
159. 163. Th. in Delphi kennt auch Pindar; 30 Ein besonderer Wert ist diesen Angaben später
vgl. Fyih. 11, 9, wo sie mit Python und dem Zeugen, die aus gelehrten Quellen schöpften,
rechtrichtenden Nabelsteine der Erde {öcpgcc für die Beurteilung der Sagen nicht beizulegen ;
Gi^iiv iSQccv Ilvd^cbvcc TS 'Kccl öq^-oSUccv y&g immerhin bekunden sie die verbreitete An-
ö^cpccXbv -nsXcc^'^GSTs), an welchem zu alter Zeit schauung, daß Th. vor Apollon das Orakel
die Blutsühne bittllehender Mörder vollzogen besaß Wie es dann von ihr auf Apollon
wurde, zusammen genannt wird. (Vgl. Koscher, übergegangen ist, wird in zwiefacher Weise
Omphalos, Abh. d. Sachs. Ge:<. d. W. 29, 9, 1913. überliefert: nach den einen geschah es auf
Neue Oinphalosstiidien, ebd. 31, 1, 1915, und friedlichem, nach den andern auf feindlichem
den Artikel Pythios ob. 3, 2, 3378 ) Hier nähert Wege. Auf friedlichem: Th. heißt die Erfin-
sich ihre Bedeutung, wie das Beiwort Ugd be- 40 derin der Orakelsprüche, IJiod. 5, 67. Orph.
kündet, der des Appellativs; sie bezeichnet die h. 79, 6; s. o. Von ihr lernt sie Apollon; von
heilige Gerechtigkeit der delphischen Mantik ihr erhält er das Orakel geschenkt. Die Eu-
{Hesych. d-s^ri6tg- drAcaoovvr, Ttagä 11 u&iu), und molpia des Musaios erzählte nach Paus. 10,
zwar, wie es scheint, insbesondere die ver- 5, 3, daß einst Poseidon und Ge das Orakel
söhnende Gnade, wie sie in dei# pythischeu gemeinsam besaßen; Ge gab ihren Anteil an
Blutsühne zur Geltung kam. Auf die Heilig- Th.; von dieser empfing ihn Apollon zum Ge-
keit der delphischen Th. kann man auch Plut. schenke — dcogsdv — , während er Poseidons
sera num. rind. 22 S. 566 beziehen, w^o in einer Anteil gegen die Insel Kalauria eintauschte.
Vision der verstorbene Thespesios aus dem Geburtstagsgabe der Phoibe an den Gott wird
Dreifuße durch den Busen der Th. blendenden 50 es Aesch. Eum. 7 genannt (s. 0.), nicht ohne
Lichtglanz zum Parnassos emporsteigen sieht, besondere Bedeutung; denn am 7. Bysios, der
während die Sibylle in metrischer Form pro- als Apollons Geburtstag galt, wurde zu Delphi
phetische Worte kündet. Orph. h. 79, 3 sagt jährlich, wie eine Art Kirchweih, das Fest der
von Th., daß sie zuerst den Sterblichen das Theophanien und die Stiftung des Orakels
heilige Orakel zeigte in der delphischen Höhle. gefeiert, auch früher nur an diesem einen Tag
den Göttern Recht verkündend, ^s^ußtbvovöcc orakelt: Plut. Q. G. 9 p, 292. In dem neu
^solGiv, auf dem pythischen Boden, als sie in entdeckten Hymnos des Aristonoos v. 5 f. bat
Pytho die Herrschaft hatte, und sie habe auch Apollon nach der Entsühnung in Tempe die
den Phoibos die Weissagungen gelehrt. Die blumennährende Gaia und Th., die Göttin mit
Erfindung des Hexameters, des Verses, in dem 60 schönen Flechten, zur Abtretung des Orakel-
vor alters die Orakel verkündet wurden, schie- sitzes überredet (s. Criisius, Delph. Hymnen 5).
ben einige der Th. zu: Clem. AI. ström. 366 P. Dem friedlichen Übergange von Th. auf Apollon
Suid. ^saTiLwSsi (wo zu lesen ist Tr]v (^efiLv entspricht es, wenn man auch die Tötung des
i-KSt tag ^avtsiag adsiv, s. Ahrens 1, 19, 27. Drachen durch den Gott der Th. zuliebe ge-
Schol. Arist. PL 9). Von der Anschauung, daß schehen ließ. Nach Menander enc. 326 hauste
dereinst Th. Inhaberin des Orakels gewesen. der Drache auf dem Parnassos, alles verhee-
geben auch manche Sagen Zeugnis, deren rend, so daß Delphi unzugänglich war und
Erzähler ihr Wissen auf den ihnen vorliegen- das Orakel der Th. leer stand. Um der lei-
RoscHBR, Lexikon der gr. u. röm Mythol. V 20
587 Themis (Kult in Delphi) Themis (Kult in Delphi) 58s
deuden Menschheit zu helfen, tötet Apollon (iali Loxias auf dem Dreifuße der Tli. den
das Ungeheuer (ähnlich Hymn. Ap. 1\ 122 tf., Mord der Mutter für Recht befunden habe,
wo aber von Th. nicht die Rede ist). Der idUaaf; Phid. Pyth. 1), 7ö. Phit. Apol. 21 b),
philosophische Mythos bei Plutarcft. dcf. or. wird diese Überlieferung? veranlaßt haben. So
21 p. 421 läßt den ApoUon nach Tötung des heißt es denn bei Plutarch de Her. mah 23
Drachen in eine andre Welt verbannt werden, p süO ausdrücklich, daß Th. mit ApoUon zu-
aas der er nach neun großen Jahren gereinigt sammen das Prophetenamt verwalte {avfinQo-
wiederkehrt und nun das Orakel übernimmt. (prirevsiv), und bei Schol. PituL Ni^. 123
das bis dahin von Th. verwahrt wurde; auch wird Th. die Paredros des Apollon genannt,
dies setzt ein freundliches Verhältnis zwischen lo des Orakels wegen, da nie ja auch Prophetin
beiden Gottheiten voraus. Auch Claudian in war. Nach ApÄoros bei <S^rat«H 9, 422 f. wurde
Ruf. praef. 14 nimmt ein ferneres Walten der von manchen angenommen, Apollon habe das
Th. nach der Drachentötung an. — Dem- Orakel mit der Th. hergerichtet, um dem
gegenüber steht die andre, ebenfalls alte, Über- Menschengeschlechte zu Segen und Gesittung
lieferung, der zufolge Apollon sich gewaltsam zu verhelfen. (Über Th. in Delphi Poinfow,
in Besitz des Heiligtums gesetzt hat. Wenn Philol. 71 (1912] ö7 f.) — Überblickt man di.
Menaitder de enc. 200 allgemein sagt, daß verschiedenen Überlieferungen von der delplii
um Delphi Apollon und Poseidon und Th. und sehen Th., so läßt sich erkennen, daß die Auf-
Nyx gestritten haben, so beweist das an sich fassung, weiche sie mit Gaia zusammenstellt, die
nur wenig für dies feindliche Verhältnis; doch 20 älteste ist. Denn daß in Delphi im Zusammen-
gewinnt es an Bedeutung, wenn man andere hange mit dem alten Heiligtume des mantischen
Belege zuzieht. Am stärksten ist die Dar- Schlundes {atofLLov Strab. 9, 419. Diod. 16, 26.
Stellung des Chorlieds in Eurip. Iph. T. 1269f .: Imtin. 24, 26. Lucian. Ner. 10. Dio Cass. 63, 14)
Apollon habe Th., die Tochter der Ge, von zuerst den Göttern der Tiefe in Gestalt der Gaia,
dem hochheiligen Orakel vertrieben; da er- Chthon, Nyx oder des Python göttliche Ehre
zeugte die Erde (Chthon) nächtliche Traum- erwiesen wurde, wird man ebenso annehmen
gebilde, die vielen der Sterblichen im Schlafe dürfen, wie, daß die Legende von der Erle-
die Zukunft verkündeten. So nahm Gaia dem gung des Drachen und der Buße Apollons, die
Phoibos die Ehre der Orakel aus Groll um die den Mittelpunkt des delphischen Sagenkreises
Tochter. Apollon beschwert sich darüber bei 30 bildet, eine Ersetzung der chthonischen Mantik
Zeus, und dieser verhilft dem Loxias wieder durch die apollinische bedeutet. Die Gestalt
zu seiner Ehre. Nach Apd. 1, 4, 1 hatte der Th. bequemt sich beiden, der Erdgottheit,
Apollon die Weissagekunst von Pan gelernt wie dem Apollon, an, weil sie dem Wesen des
und kam nach Delphi, wo damals Th. Orakel Orakelgebens entspricht, das in beiden Fällen
gab. Python, der Drache, war Wächter des ein d-s^LaTsvsv bleibt; ursprünglich aber ist
Heiligtums. Er hinderte den Gott, dem Erd- Th. chthonische Prophetin als Vertreterin der
Schlünde zu nahen. Da erlegte ihn dieser und unveränderlichen Satzungen der Feste der
nahm das Orakel an sich. Hier ist also Python Erde, die ihre Mutter heißt. Bedeutisam für
als hütender Daimon aufgefaßt, der den Besitz diese Seite altdelphischer Dogmatik ist das
der Th. schützt. In mancher Beziehung ahn- 40 Rechtsmal im Tempelhause, der unverrückbar©
lieh berichtet Arg. Pind. Pyth.; nur ist das Nabel der Erde, ein Steinzeichen alter Zeü
Wächtertum des Drachen nicht erwähnt: an dem der reuige Missetäter Schutz und Eni
Apollon lernt die Mantik von Pan ; dann kommt sühnung fand, und wo die Erinyen nicht wa-
er zu dem Orakel, an dem zuerst Nyx geweis- gen, ihres Rächeramtes zu warten. An eben
sagt hatte, dann Th. ; damals aber war Python diesem Onfphalos aber waltet Apollon als
Herr des prophetischen Dreifußes. Diesen tötet Retter und Sühner. Er sitzt auf demselben
Apollon und setzt 4en Agon ein. (Der Bericht (z. B. auf einer amphiktyonischeu Münze
des Schol. verliert an Wert, weil, wie das Müller- Wieseler Benkm. 2, 134b. Vgl. das
Folgende zeigt, seine Angaben aus verschie- Vasenbild Overbeck, Gallerte h. B. Tf. 29, 11.
denen Quellen ohne Verständnis zusammen- 50 GVi'ec/?. Kunstmyih. 3, 5, Münztafel III, 35.
gestellt sind; der Anfang des hier Erwähnten Bötticher Arch. Z., Benkm. u. F. 1860 Tf. 138,
läßt jedoch auf denselben Ursprung schließen, 1. Dazu Eiirip. Ion 5 f.), wie richtende Anak-
wie der Bericht bei Apollodoros.) Endlich ist ten oder Geronten auf geglätteten Steinen
neben dem Sagenzuge von dem friedlichen (II. 18, 504. Od. 3, 406. 8, 6), oder der Bitt-
und von dem feindlichen Übergange des flehende umklammert den Stein, Recht und
delphischen Orakels in den ausschließlichen -Hilfe suchend, und der Gott vollzieht die Rei-
Besitz Apollons eine dritte Überlieferung er- nigung an ihm {Jahn, Vasenbilder Tf. 1. Böt-
halten, die das gemeinsame Walten beider ticher a. 0. Tf. 137, 3. 138, 2). Man sieht, wie
Grottheiten voraussetzt. Die volkstümlich ge- der Gottesdienst mit den Gedanken an Recht
wordene Auffassung vom Wesen der Th., als 60 und Heil verwoben ist, und so scheint auch in
Vertreterin des höchsten Rechts, und des del- Delphi bereits das Wesen der Th. als Soteira
phischen Gottes, als gleiche Ziele verfolgend vorgebildet, als welche sie später anderwärts
(vgl. Alkaios nach Himer. Or. 14, 10, Bergk* 3, Verehrung fand. Ein eigener Kultus der Th.
147 <^6 Zsvg xhv 'AnoXXmvccy slg zfaiqpov? ni^LitBi zu Delphi ist nicht bezeugt, wenigstens nicht
%ai KccGtccXlag vdaara, i-ASld^sv ngocpijtsvöovTa unmittelbar durch Altar, Opfer, Hieron, Agalma
dixriv %al ^i^Liv rolg''EXXriGiv — nachher rcaga oder Festfeier; wohl aber darf man die un-
tolg ixsi., sc. tolg 'Tjtf pjSop^oi?, d-spLißtevaccg — ; verändert festgehaltene Anstellung einer Pythia
femer jE?*r. Or. 162, wo Elektra bitter ausspricht, als eine Erinneining an das alte Wirken der
589 Themis (Kult in Olympia) Themis (Kulte v.lclmai in Thess.ii.Maked.) 590
Gaia, wie derTh. , bezeichnen. Denn es ißt Themiato (a. d.), der (ienmhlin des Athanias, igt
kein Zufall, wenn gerade ein Weib das pro- vielleicht eine Hypostase der Th. zu erkennen
phetische Amt im Dienste des männlichen yPreller- Robert , Gr. M. 471, 1). Die einstige
(rottes innehat. Auf dem Dreifüße sitzend Bedeutung des Dienstes der (»öttin bei den
über dem Erdspalt ist sie selbst die Stell- Thessalern ergibt sich vor allem aus dem
Vertreterin der Erdgöttin, der Entsenderin des Monatsnamen Themistios in den Kalendern von
mantischon Hauches, sie, Themis, die Verkün- Halus, Larissa, Metropolis (liischoff, de fasttfi.
derin der Tliemistes, d. i. des Bestehenden im Gr. Leij)Z. Stud z. cl. P/tllol. 7, 327. 31'.) f. 323 f.
Wechsel der Dinge. So stellt sie bedeutsam N. Jahrb. /'. Phil. 115 [1892] 470;. Eine archa-
das Volcenter Vasenbild hellenischer Herkunft lO ische Inschrift, an einer Kirche zu Tyrnavo in
der besten Zeit dar, und so erhält sie die derNähe des alten Metropolis eingemauert, lautet
Tradition durch alle Zeiten delphischer Weis- — g ^OQtotdSaOv^d't'iii- tu StiiLoatL (JjolUng,Ath.
sagung. (Vgl. die Artikel Pythios ob. 3, 2, 3375 Mut. 7, 1882, 223. Collitz, Gr. Dialektimchr. 1,
und Python ebd. 3403.) 386); einethessalischelnschrift auf einer Bleitafel
Von den übrigen Diensten der Th. bekun- von Dodona {Karapanos pl. 34, 3 b): Jl Ncccol
det der von Olympia nächst dem delphischen xccl Jimvcci iniv.0Lv&xai Mov[(S\aiaxuv xo yioivov
das höchste Alter. Dieses Alter ist aus ver- nhg ro\ l kqIyvqqol xui ©fc/iiörofg] ctl «(v)txr[o]v
schiedenen Merkmalen zu erkennen (vgl E. Cur- iöxi tu @h^i\G]TL xccl ßeXTiov i[G]yiLXQ^lisv. Ein
tiits, Altf'ire V. Olymiiia, Abh. Berl. Akad. 1881, Ort {M)ovöaia findet sich auf Inschriften auch
15; aber die Verlegung des '"(laios' in die 20 sonst (s. Dütenberycr, Syll:^ n. 453 Anm.j. In
Kapelle hinter dem Theokoleon ist unhaltbar), diesem Mondaia also besaß Th. bares Geld,
Der Dienst der Göttin durch Altar und Opfer und um dessen Ausleihuug wurde beim Dodo-
erhielt sich bis ans Ende von Olympia. Nach näischen Orakel angefragt (vgl. JJittenberger
Pausanias 5, 14, 8 befand sich auf dem Erd- a. 0. n. 793). Ausgrabungen im phthiotiscnen
heiligtum am Abhänge des Kronoshügels, dem Theben haben u. a. einen Tempel der Athene-
sogenannten Gaion, ein Altar der Ge, von Polias zutage gefördert, dabei Weihgeschenke
Asche gemacht, wie die olympischen Hoch- mit inschriftlicher Widmung an Th. -^ Auch
altäro des Zeus und der Hera und das Herd- das makedonische Ichnai verehrte die Th,
heiligtum der Hestia. In älterer Zeit soll auch Ichnaia, und die Sage erklärt den Namen des
ein Orakel der Ge dort gewesen sein. An .30 Ortes : Zeus habe die Spur der Th. verfolgt und
dem sogenannten aro^uov nun war der Altar sie selbst in den Gauen der Ichnaier erfaßt, y.al
für Th. errichtet. Unter dieser ^Mündung' ccjto tov dKox^fivcci yiaT i'xvovg vjvoy.dod'ri., Steph.
wird man eine ErdöfFnung zu verstehen haben, B. "fxvcct. In dem makedonischen Ichnai war
die dem ebenso bezeichneten Erdspalte von ein Apollonorakel; so begegnet auch hier wie-
Delphi entsprach. An dem Altare der Th. der Themisdienst neben apollinischer Mantik.
wurde das in Olympia übliche Monatsopfer Von der Stadt Ichnai wurde ganz Makedonien
durch die Theokolen und ihre Ministranten 'l^vaiä %ä}QCi genannt, Hesych. 'l%v<xir\v. Der
ebenso verrichtet, wie an den übrigen Altären^ Name Ichnaia, d. i. Spürerin, kommt derTh. als
vgl. Paus. 5, 15, 6. Auch in Olympia hat nach- Eechtsgöttin zu, und zwar in ähnlichem Sinne,
mals ein anderer Dienst den der Gaia in den 40 wie der Nemesis; s. u. Wenn nun beide Städte,
Hintergrund gedrängt, und eine andere Man- Ichnai in Thessalien und Ichnai in Makedonien,
•o^t
tik trat an die Stelle der chthonischen, näm- den, sonst nicht eben häufigen, Dienst einer Göt-
lich die aus den Opferzeichen auf dem Hoch- tin pflegen, die einer bestimmten Seite ihres
altare des Zeus durch zünftige Sehergeschlechter, Wesens gemäß, ganz unabhängig von Orts-
aber es geschah, soweit wir sehen können, beziehungen den Namen Ichnaia trägt, so sollte
ohne Streit, und Th. behielt ihrem Wesen zu- man meinen, daß der Städtenamen älter sei
folge Stellung und Dienst nach wie vor (vgl. als der Dienst, und daß die Namensähnlichkeit
Weniger, Hochfest d. Zeus 2, Beitr. z. Alten zu dem Kulte der Göttin als einer Art Stadt-
6resc/j. 5, 1905, 58; Olymp. Forschungen 1, Klio heiligen Anlaß gegeben habe. Der Ortsname
6, 1906, 51 ; 3, Klio 7, 1907, 167. Die Seher v. 50 Ichnai kommt außer den beiden Städten nur
Olympia, Archiv f. Religionsw. 18 [191Ö] b:-if^.). in einer makedonischen Gründung vor. Da-
Eine Goldelfenbeistatue der Th. von Doryklei- gegen findet sich für das makedonische Ichnai
das stand im Heraion neben den thronenden die Form Achnai und Achne, und eine Ort-
Horen des Smilis und nahe den Holzbildern schaft Achnai ist auch für Thessalien und
der Hesperiden von Theokies, lauter von an- Boiotien bezeugt {Steph. B.). Auch war Achne
deren Stellea des olympischen Heiligtums dort- der alte Name der sporadischen Insel Kasos.
hin übertragene Werke, s. Paus. 5, 17, 1. 6, 19, Es ist also eine öfter vorkommende Ortsbe-
5; ob. Sp. 574. Zeichnung und vermutlich auch in Makedonien
Alt und keineswegs unbedeutend muß der und Thessalien älter als der Name Ichnai.
Themisdienst in Thessalien und Makedonien 60 Durch den in Thessalien bedeutenden und wohl
gewesen sein. In beiden Ländern ist er an auch den makedonischen an Alter übertreflfen-
den Städtenamen Ichnai geknüpft. Daß in der den Dienst der Th. scheint der Ortsname in
thessaliscben Stadt dieses Namens Th. Ich- beiden Landen diese Umwandlung von dem
naia verehrt wurde, bezeugt Strabon 9, 435. Beinamen der geehrten Göttin erfahren zu
In der Nähe lag Phyllos mit einem Heiligtume haben, eine Namensänderung, die ihrerseits
des ApoUon Phyllios; ob aber der Dienst der wieder das Ausehen der damit zur Stadtgöttin
Th. mit dem dieses Gottes in irgendwelcher erhobenen Th. steigern mußte. Ähnlich wurde
Beziehung stand, ist unbekannt. In der Heroine das Dörfchen S. Rest(i)o am Fuße des Sorakte
20*
591 Themis (Kult von Uucheta, Theben etc.) Themis (Kult von Rhamnus) 592
b<'i Rom Kultstätte eines S. Oreste und erhielt dieser Widmunij; schließen, daß der kleinere und
auch dessen Namen. ältere der zwei Tempel beiden (Jöttinnen, Th
In ähnlieher Weise, nümlich im Zusammen- und Nemesis, zusammen gehört hat. Ottenbai
hange mit der mißverstandenen Etymologie des dachte man sich die hohen Frauen, bei feier
Ortsnamens, bildete sich eine, auf Th. bezüg- lieber (Gelegenheit durch das (lebet der Ge-
liche, örtliche Legende im epirotischen Ruche- meinde herl>ei<?erufen, unsichtbar auf diesen
ta, wie Philostephanos in den Kpirotika er- Thronen sitzend, wie sie den Opfern und aucli
z&hlte. Themis, von einem Rinde getragen, wohl anderen Veranstaltungen (Fackelzügen?
— ^jri ßoos öxov^ivriv — soll zur Zeit der den- ihrer Verehrer zuschauten. (Vgl. Heivhel, Über
kalionischeu Flut dorthin gekommen sein; vgl. lO vorheUenisrhe (iötterkidte S. 22.) FiS ist aucl»
Uarpokr. s. v. Suidas s. v. (wo statt *PiXoori- wahrscheinlich, daß die genannten Priesteriimen
(pavog unrichtig überliefert ist ^do^o^io^^; vgl. keine anderen waren, als jene beiden, deren
Suid. 8. v. S^fuv) und Ety^n. M- (wo t»/v ^?jtü) Namen auf dem Bathron des ob. Sp. 577 f. be-
iltoi f^Buiv steht und ebenfalls ^iXoxoqos). F. schriebenen Kolo8sall)iIdes der Th. zu lesen sind.
H. G. 3, 80. 9. Gruppe, Gr. M. 2, 1080, 6. Den Ausgrabungen der .Xrchilologischen (Jesell-
Mit Bor- anlautende Städtenamen sind aber schalt von Athen im Jahr 181)0 ist die Auf-
gewöhnlich in Kpeiros (vgl. Budeion, Butho«^, findung des Standbildes und zweier andern zu
Buthrotos, Bulimeis, Buneima). Dies bezeugt verdanken. Alle drei waren auf hohen Unter-
die Ursprünglichkeit des Namens Bucheta und sätzen nebeneinander an der Hinterwand der
die danach erst gebildete Sage. Daß dann 20 Cella des älteren Tempels aufgestellt, zunilchst
in Bucheta irgendeine Form göttlicher Ver- in der Südwestecke die Figur der Th. mit der
ehrung der Th. sich eingefunden hat, wird man oben a. a. 0. angeführten Widniungsinsehrift
annehmen dürfen, ebenso, daß die erste An- Daneben das Standbild einer I'riesterin mit
regung zu Sage und Kult von Thessalien der Widmung (9^^tdt yiccl JV'f[ft]^(>ft j 'lSQo>iXfj^
ausging. ' Ieqottoiov ' Pcc^voyöiog | icvs^ri-ns xiiv ^Lririqcc
Boiotien hat in mehreren Orten Themis- *AQi6xov6riv i JVtxoxpaTov ^ Fu^vovaiov ligsiav
dienst gehabt. Als Rechtsgöttin besaß sie ein Ntn^aecog au^ dem Ende des 3. Jahrhundert>
Heiligtum in der nordwestlichen Vorstadt von (C. /. Ä. 4, 2, 1380b. Kirchner a. 0. 141)7
Theben vor dem Ne'istischen Tore neben dem Man beachte, daß auch dieses Weihgeschenl
der Moiren, als deren Mutter sie ja galt, und so beiden Göttinnen dargebracht ist. Wenn aber
dem des Zeus Agoraios [Paus, i), 25, 4. Hesych. die Priesterin, ebenso wie die vorher genann-
kyoQcciu OtpLis,, ihrem Wesen nach verwandte ten, Pheidostrate oder Philostrate und Kai-
Gottheiten. Auch in Tanagra war ein Heilig- listo, als eine der Nemesis bezeichnet wird
tum der Th. (Pau^. 9, 21, 1), und eine bei dem (vgl. die Inschrift auf . der Themisbasis und
heutigen Parapoungi in der Gegend des alten die auf den Thronen), so läßt sich diese Tat-
Leu ktra gefundene Inschrift (lllelig Asvoqpt'Xov Sache dadurch genügend erklären, daß der
[i]fQitd^aacc S^ntri. Hhangabe A. H. 2, 1215. Dienst der Nemesis, wie auch ihr stattlicher
/. G. 7, 1816. Collitz 1, 857) berichtet von Tempel beweist, später weit mehr in den Vor-
einer Priesterin der Göttin, setzt also zum dergrund getreten ist Eine Widmung an beide
mindesten Altardienst und Opferung voraus. 40 Göttinnen (neben Zeus und Athene) enthält
In Attika findet sich Th. zu Rhamnus auch die, in der (iegend von Rhamnus gefun-
nach einer besonderen, auch für andere Dienste dene, Inschrift, C. I. A. 4, 2, 1206b: ... cxu
lehrreichen, Seite verehrt. Auf einem vor- ov . . evg G\rQ]a\rriy\bg \ {xf:i'Qox^o\y\T\
springenden flachen Hügel, von einem heiligen %^hl<i inl ^Pcc^[vov\vxa xal xiiv itccQaXiav %aiQuv
Bezirk umgeben, liegen zwei Tempel, ein klei- ! \slg x\bv ircl Mrjdfiot' ägxovxog iviavxbv ^d
nerer aus dem sechsten Jahrhunderte v. C. von UmxfjQL -nccl 'y4d-[i]\ vu HioxtJqcc -auI fliiiiSi xai
10,70 m Länge und 6,40 ni Breite, bestehend Nsiitösi avi^r^-Ahv. Der Archontat des Medeios
aus einer Cella mit Vorraum zwischen den fällt in Ol. 170,1 = 100/99 v. C. Das dritte
Antenwänden, vorn zwei dorische Säulen aus Standbild an der Hinterwand der Cella, das
Porös; dicht daneben nördlich, gleichfalls nach .50 gerade gegenüber der Türöffnung seinen Platz
0. gerichtet, aber nicht ganz parallel, ein grö- hatte, stellt einen Knaben vor, der in seiner,
ßerer von 22,90 m Länge und 10,30 m Breite, nicht erhaltenen, rechten Hand eine Fackel
bestehend aus Pronaos, Cella und Opisthodom. getragen zu haben scheint; auf dem Untersatze
(Grundrisse beider bei Frazer, 2, 452 zu Paus. steht in vier Zeilen folgendes Distichon: Av-
1, 33; der des kleineren bei Stazs, 'Eqprju. Scqx- oiyiXslÖrig avi&r\v.£v 'Enccvögidov vjo]? o:3tar<(a^^
1891, Sp. 46\ Dies war der von Pausanias xv^ xovSe dsa xf/ös, /) xöS' [?];i;^t xt^tvog.
(1, 33, 2) erwähnte Tempel der Nemesis mit nach der Schrift aus dem fünften Jahrhunderte
dem Kultbilde von Pheidias' oder Agorakritos' {Stais a. 0. 56. C. I. A. 4, 2, 1393b). Ob die
Hand, ein Peripteros aus der Mitte des fünften hier gemeinte Göttin Th. oder Nemesis war,
Jahrhunderts. Vordem kleineren Tempel waren 60 läßt sich nicht entscheiden. An die genannten
auf beiden Seiten des Eingangs zwei Marmor- drei Figuren schlössen sich, an derselben
throne aufgestellt. Der zur Linken trug die Hinterwand aufgestellt, noch andere an, di'
Inschrift inl UQttag ^i,XoaxQd\xrig] I @i^i8i nicht mehr am Platze stehen; nur in der ^ ord
.Z^coffTparos dvE'O'jjxti', der zur Rechten ^;rl i£(>f tag westecke fand sich ein Bathron mit Inschrift:
KaXXi6xo[yg'\ j Nt^itati \ ZcoGxgaxog icvi^ri-Atv. kvxicpiXov f!Eo8coQOv AiavUr] rj ^r^xTiQ i uvt-
Die Schriftzüge bekunden den Anfang des Qrjxsv (nach Stais a. O. 47 aus dem 4. Jahr-
3. Jahrhunderts (r. /. (y. 462. 461. 0.7.^4. 1571. hunderte; 6' i. A 4, 2, 1401b 'de aetate tiluli
1570. Kirchner, Prosopogi: 8117). Man muß aus nihil consf of) ] nach den Fußspuren zu schließen,
593 Themis (Kult vou HliaimiuH, Troiz(Mi) Theniis (Kult in Arkadien) 594
stand ein bronzener Knabe darauf. Es leuchtet Lykoia selber auf eine (Terichtsstätte deutet
ein, daß diese, an der Hinterwand nebenein- ('der Wolf Itechtasymbol h. Ulrichs, Ji. n. F.
ander aufj^estellten Figuren keine Kultbilder, 1, (52 tf), so passen dazu die Sühnsttltte des
sondern «gewöhnliche Weihj^eschenke waren. Orestes, der 'r(!ttende' Dionysos, der 'befreiende*
Dies gilt natürlich auch von dem Kolossalbilde Sonnengott und der (als Prophet) 'schauende''
der Th., dem uuin sonst sicher nicht in der Apollon. Mitten darunter steht der, von dem
Reihe der übrigen den bescheidenen Platz in alten rechtsprechenden {]*(ihs. 2, 31, 3; Konige
der Ecke angewiesen hätte. vSie darf also nicht Pittheus aufgestellte (vgl. r. Lichtenher(f ob.
als das Kultbild dieses Heiligturas aufgefaßt lid. 3, Sp. 2514 unter Pittheus i Altar der The-
werden. Hat der kleine Tempel, wie nicht zu lO mides. Der Annahme, daß es zwei waren,
bezweifeln ist, dereinst dem (Gottesdienste ge- welche die beiden Seiten von Recht und Gesetz
dient, so wird er ursprünglich beiden Göttinnen vertraten, wie in Rhamnus, liegt nahe. {Welcher^
gemeinsam geweiht gewesen, nachmals aber (ir. G. 3, 2 nimmt drei an, ebenso S. Wide,
zu einem Magazin für Weihgeschenke herab- de sucris Tmez. 70 u. Lahm. Kulte 166, 2, eine
gesunken sein, ganz ähnlich, wie das altberühmte Vielheit überhaupt Hirzel ö, 9. 163, 6.) VAn
Heraion in Olympia, während der Kultus durch Opferdienst dieser Göttinnen versteht sich bei
den größeren Tempel zu seinem Rechte kam. dem Vorhandensein des Altars von selbst.
Daraus erklärt sich wohl auch, daß Pausanias Auch der Bericht des Pausania/i (8, 25, 4)
das kleine Heiligtum gar nicht erwähnt. Der über den Tempel der Demeter Erinys im On-
merkwürdige Umstand, daß vor dem Standbilde 20 keion am Flusse Ladon und in der Nähe des
der Priesterin Aristonoe ein Grab aufgedeckt arkadischen Thelpusa scheint hierher zu ge-
worden ist, will insofern nicht viel bedeuten, hören. In diesem Tempel standen zwei Bild-
ais darin römische Münzen später Zeit — die säulen, eine der Demeter als Erinys, d. i. der
jüngste des Fl. Constantius Nob. Caes. von 323 zürnenden (iQivvstv arkadisch s. v. a. tw 9-vii<ä
n. C. {Wolters bei Roßbach ob. Bd. 3 Sp. 125) xQV^^^^'- l^aus. a. 0. Etym. M. p. 374, 1), uncl
- aufgefunden worden sind. Im 4. Jahrhun- eine zweite derselben Göttin als Lusia, vom
derte n. C. aber war der heidnische Gottes- Bade im Flusse Ladon so geheißen, zwei Bei-
dienst bereits verfallen. Ob die gymnischen namen, welche durch eine örtliche Legende
Agone und Lampadephorien, die mit den begründet werden. (Über die Bildsäule s. o. 577.)
Diensten von Rhamnus verbunden waren, auch 30 Die Bemerkung, welche Pausanias hinzufügt,
der Th. gegolten haben, steht dahin. Über daß diejenigen im Irrtume seien, welche das
den Sinn der Vereinigung beider Göttinnen, Standbild für eines der Th., nicht der Demeter
der Nemesis und der Th., d. i. der strafenden Lusia hielten, leitet gerade auf die rechte Spur,
und der erhaltenden Hüterin des Rechts nach Demeter Erinys ist eine in vieler Beziehung
den zwei Seiten des Gesetzes von Verbot und der verbietenden Th. oder der Nemesis ent-
Krlaubt, s.u. Sp. 604f. Die Nähe von Marathon sprechende Gestalt, eine ernste Thesmophoros,
legt es nahe, daß die Errichtung des großen die Verbot und Strafe vertritt. Verbot be-
Tenipels der Nemesis, das Überwiegen ihrer deutet das Kästchen, welches das Arcanum
Verehrung imd die Herstellung ihres Stand- birgt, die Strafe aber wird durch die Fackel
bildes von Meisterhand in dem attischen Rha- 40 bezeichnet. Ihr gegenüber entspricht, vielleicht
mnus durch die eindrucksvollen Erlebnisse des von der, durch die Wassertaufe versinnbild-
Perserkriegs veranlaßt worden ist. Pausanias lichten, Reinigung benannt, die Lusia der
(1, 33, 2) hebt dies auch ausdrücklich hervor. gnadenreichen, verzeihenden Th., wie in Rha-
Vgl. Leale, Demen 22. L. Boß, Arch. Z. 8, mnus. Erinys zürnt, verbietet, straft, gleich der
1850, 167 if. Bursian, Geogr. 1, 341. Lolling, Nemesis; s. Bapp, ob. Bd. 1, Sp. 1323. Hirzel
Ath. Mitt. 4, 1879, 284. Schneider, Berl. Phil 143 ff. 156. Die Beziehung zum Ladon führt
Wochenschr. 1884, 1305 ff. Partsch, ebd. 1895, noch auf eine andere Überlieferung. Th. galt
1020 f. Stais, 'EcpaiJb. ccqx- 1891, 45 ff. Blümner nach Bion. H. Ant. 1, 31 als eine arkadische
zu Paus. 1, 33, 2 Bd. 1, 1, 336 ff. der Ausgabe. Ortsnymphe mit der Gabe der Weissagung,
0. Boßbach, ob. Bd. 3, Sp. 125 ff. Baedeker, 50 welche von Hermes den Euandros geboren
Gr.^ 118 f. hatte und von den Römern Carmenta ge-
In gleichem Sinn ist wohl auch der den uannt wurde, d. i. so viel als dsaTticodog'
Themiden geweihte Altar in Troizen aufzu- räii l^^sv yuQ atSäg v.(xXovai 'Pcofialot, xag^iLva.
fassen. Vor dem, von Hippolytos erbauten, Damit stimmt' Plutarch Q. B. 56 p. 278, wel-
Tempel der Artemis Lykeia lag der sogenannte eher berichtet, daß die italische Carmenta,
heilige Stein, an welchem einst neun Männer Euandros' Mutter, früher Th., nach andern
von Troizen den Orestes vom Muttermorde ge- (vgl. Strah. 5, 230. Plut. Bomul. 21) Niko-
reini^t hatten, ein Rechtsmal in der Art des strate geheißen habe. Nach Paus. 8, 43, 2
delphischen Omphalos, au den sonst dieser aber war Euandros der Sohn des Hermes und
Vorgang geknüpft wird. Nicht weit von der 60 einer Tochter des Ladon. S. ob. Sp. 574 f. Man
Artemis Lykeia folgen dann nahe beieinander sieht, daß manche in dieser Tochter des Ladon
der Altar des Dionysos Saotes, dann der der die Th. erkannten. Ward es nun erklärlich,
Themiden, der Überlieferung nach von Pittheus wie die Göttin , welche der Erinys entgegen-
geweiht, und der des Helios Eleutherios, end- gesetzt war, als Th. gelten konnte, so ersieht
lieh das Heiligtum des Apollon Thearios {Paus. man weiter, wie auch die Sage von dem Kei-
2, 31, 7). Es ist eine Zusammenstellung von nigungsbad im Ladon die Variante, welche
lauter auf Recht und Sühne bezüglichen die Flußnymphe zur Th. machte, zu unter-
Heiligtümem. Wie der Tempel der Artemis stützen diente. Nach italischer Sage aber war
595 Themis (Kult von Athen Themis (Kult vou Epidauros etc.) f)96
die Mutter deeselben Evander, Carin. lu.i mier Wie in Athen unweit des Asklepieion der
Cannentis, eine Nymphe der Weissagung, der Themistempel stand, so war ihr zu Epidau-
Th. nach Begriff und Namen entsprechend, wie ros im heiligen Bezirke des Apklepios ein
^^fiißTh? und carmina. Vielleicht ging die Heiligtum erbaut; Paus. 2, 27, Ti. Bemerkens-
Entwickelung der Evandersage in Cumae vor wert ist, daß auch dort, wi«^ in Athen und
aich {Preller- Jordan, Böm. Myth. 2, 341. Über l^oizen, in unmittelbarer Niihe die Erinnerung
Carmenta s. Wissotva ob. Bd. 1, Sp. 861. Der- an den durch des Vaters Fluch umgekommenen
selbe Belig. ti. KuUus tl. Pöm. 181). Hippolytos wach erhalten wurde, vermutlicli
In Athen besaß Th. einen Tempel am doch, weil Th., wenn sie einzeln erscheint,
Südabhange des Burgfelseus zwischen Dionysos- 10 neben dem Wesen der Soteira, das ihr den
theater und Odeion, auf dem Pfade, der vom Platz in der Nähe des Heilgottes verschaffte,
Asklepiosheiligtume zur Burg führte, neben auch das einer Erinys, die strafend rächt, in
dem Heiligtume der Ge Kurotrophos und der sich schließt (die Erinyen des beleidigten Va-
Demeter Chloe und nahe dem Tempel der ters in der Geschichte des Hippolytos ähnlich.
Aphrodite Pandemos. Vor dem Themistempel wie in der des Phoinix //. U, 454). Dazu kommt
war dem Hippolytos ein Grabdenkmal errichtet, dann das, mit der Wiederbelebung des un-
Patn<. 1, 22, 1. U. Koehler sieht in den er- gerecht Bestraften durch Asklepios wieder-
haltenen Grundmauern eines kleinen ionischen hergestellte, Hecht (über die Beziehungen der
Anteut^mpelß aus bester Zeit südlich von einer Th. zu dem Sagenkreise des Theseus (iruppe,
dort entspringenden Quelle die Reste des 20 Gr. M. 586, 2. 687). Wie in Athen wird auch
Themisheiligtums {Ath. Mitt. 2, 1877, 256; in Epidauros das Heiligtum der Th. mit einem
vgl. 238, auf Taf. XIII mit F bezeichnet; über der Aphrodite zusammen genannt; man glaubt
den Aufstieg auf den Burghügel 239). Monu- die Reste beider nordöstlich von dem großen
mentale oder inschriftliche Stücke sind nicht Tempel des Asklepios aufgefunden zu haben.
erhalten. (Vgl. Blümner zu Paus. 1, 22, 1, Da das athenische Asklepieion von Epidauros
B. 1, 1, 230 d. Ausgabe. Judeich, Topogr. v. her gegründet worden ist, und zwar unter dem
Aihefi, 1905, S. 289, 15. Baedeker^ 34 und den Archontat des Astyphilos 420 v. C. {A. KöHe,
Plan der Akropolis.) Von den Sitzen des naben Athen. Mitt. 1893, 246 ff. auf Grund der ür-
Dionysostheaters waren die, hinter der Vorder- künde C. I. A. 2, 1649 nach richtiger Ergän-
reihe mit den Sesseln der vornehmeren Priester 30 zung), so wird auch der Themisdienst, soweit
und Beamten folgenden, für priesterliche Person- er mit dem des Heilgottes in Verbindung steht,
lichkeiten untergeordneten Ranges bestimmt. mit diesem von da nach Athen gelangt sein,
Von diesen trug einer im dritten, rechten allerdings an Vorhandenes anknüpfend {U.
rBlick auf die Skene vorausgesetzt) Keile des Köhler, Ath. Mitt, 2, 1877, 171 ff. 229 ff). Über
Theaterrundes (von der Mitte aus gerechnet) Epidauros Frazcr, Paus. 3, 256. 5, 570 f.
auf Reihe 4 die Inschrift: tfemc; T/}? ©^fttdo?; Bliimner zu Paus. 2, 27, 1 ff., B. 2, 608 ff. 615
ein anderer, Keil 1, rechts Reihe 5: kgör^cpogog d. Ausgabe. KaßßaSiag, xb Ugbv xov kayiXrinlov
ß^[r\fi? SspLi&og; ein dritter ebendaselbst Reihe iv 'E7iidciVQ(p (1900), 135 ff. Herrlich^ Epidau-
10: hXritpoQov Ad-riväg OiiiiSog; ein vierter ros, Progr. Berl. 1898, 20. Dslbe., Berl. Phil.
ebd. Reihe 20: isgfcog ^iliiiSog]. Ist diese 40 TT. /Sc/m 1900, 1026 ff. 1067 ff. Kern bei P.-
letzte Ergänzung richtig, so wäre dadurch ein Wissoira 6, 1, 50 u. Epidauros. Baedeker, Gr.^'
männlicher Priester der Th. bezeugt, wie ein (1908) S. 325. Arch. Anz. 1908, S. 139.
solcher auch für Nemesis Urania (C /. A. 3, Auf Dienst der Th. Soteira in Aigin a
289. K. Keil, Philol. 23, 221 f. 234) überliefert möchte man aus Pindar Ol. 8, 28. 30 schließen:
ist. Dagegen hat Ge Themis, die von der Atyivav — ^v^'u Hcotsiqu Jibg ^sviov TtaQsSgog
Themis selbst wohl zu unterscheiden ist, eine Sca-ntlrcci Giuig ^^,0% ^v&qojticov. Indes läßt
Priesterin und wie Eileithyia in Agrai (0. /. A. sich die Ausdrncksweise des Dichters auc h als
3, 319) auch zwei Hersephoren, während man eine bloße Umschreibung der Tatsache verste-
solche bisher nur im Dienste der Athena Polias hen, daß die Aigineten vor andern Gastfreund-
kannte {Paus. 1, 27, 4). 'OXricpogog hat Kuma- 50 schaft übten (vgl. Pind. fr. 4, 6) , ohne daß
nudes durch OvXoq)6gog erklärt (vgl Serv. Verg. ein wirklicher Kult der Th. Soteira vorhanden
Aen. 11, 858). Über Ge als Themis und Athena war; in diesem Sinne sprechen sich auch die
als Th. 8. ob. Sp. 584. Der Beiname dient zur Scholien aus.
Bezeichnung einer besondem, sonst der Th. Ähnlich ist, was Pmdar von der Th. in Ten e-
zukommenden, Richtung des Wesens dieser dos sagt, Nem. 11, 9 x«i ^tviov Jibg aaxslxai,
Gottheiten (Satzungen setzend durch Weis- @i[iig &svaolg iv xgcncitctig. Man könnte da-
sagung die eine, als Staatenlenkerin die andre), bei an Theoxenien zu Ehren der Göttin denken;
also nicht schlechthin gleichstellend {Plutarch. doch ist es auch möglich d-^iiig als Appellativ
pr. reipubl. ger. 5 p. 802 nennt den Redner und den Ausdruck ^ibg ^sviov d^s^ug als einen
xijg noXiddagk^Tiväg xal xf)g BovXaiccg O^HiSog 60 Begii^, nämlich 'des gastlichen Zeus ge-
TtgocprixTjg; vgl. dazu die Sesselinschr. C. I. A. bührendes Recht' zu fassen, und dafür erklären
3, 272 u. n. 683 itgicog Jibg ßovXaiov yial sich ebenfalls die Scholien.
li^vüg ßovXaiac^ K. Keil a. 0. 216). Die In- Daßim Di dymaion bei MiletTh. als Soteira
Schriften, die sämtlich der Kaiserzeit anzu- verehrt wurde, läßt eine unter den Trümmern
gehören scheinen: C. I. A. 3, 350. 318. 323. des Apollontempels gefundene Inschrift ver-
H29. K. Keil, Philol. 2S,G0S f. Geltzer, Sitzungs- muten, welche die Widmung goldener und
ber. d. Berl. AJ:. 1872, 176 u. d. Tafeln. Blüm- silberner Geräte an die Rettergottheiten durch
tter z. Paus 1, 22. ".. B. 1, 1, 242 d. Ausg. Seleukos IL Kallinikos und seinen Bruder
597 Themis (Kult vou Didyniaion etc.) Tbemis ((Jöttin tle« Itechts, Kides) 598
Hiertix «jnthiilt: tiV ccvccd'eatv rol<^ Q'eoI^ t«/(s g,t(^og, xtai? yvvaixstog, ö iötiv, tinf^fioig -Kai
HoaxfiQöiv slg xb hgbv rov 'AnoXXoiVOQ toO iv (ivatixiog tiTtttv, (ioqiov yvvccLxfiov, und daher
Jiövfioig ('. I. G. *2852, nämlich kunstvoller Kusih. praep. ev. 2, H, 40. Hierher gehört der
Phialen an Agathe Tyche, an Theniis, an OrpA/6c//r 7///wtnos 79, ein Kletikos (v. 1. 11. 12;;
Leto und an Hekate, ferner andert'r Gaben an in diesem heilit Th. vvxriTioXtvtog (v. 7) und
Apollon, Artemis und Zeus Soter. Dem didy- wird angerufen zu ihren heiligen geheimen
maischen Orakel des Apollon, das in I3e- Weihen zu erscheinen, v. 12: tX^oig — svitgovg
ziehimg zu Delphi stand, und wo ebenfalls inl fivatLnoXovg TfXftug öio, v.ovQri. Kbenda-
einer yvvi] ;f()/j(y^foddg, wie der Pythia, die Ver- selbst wird der Göttin überhaupt die Ein-
mittlung oblag (vgl. 7*. Caiicr b. F.-Wissotra lo führung der bakchischc^n Mysterien und der
3, 1 unter Jiraricliidai. Jinrchnn' ebd. 5, 1, Heroendienste (rt(iccl fiandguiv ^ v. 10) zuge-
437 If. unter Didymoi), kann sehr wolil auch in schrieben.
ähnlicher Weise Th. beigegeben gewesen sein, Die bisher gewonnenen Ergebnisse schließen
und zwar als rechtwahrende Heilsgottheit (vgl, das weitere Verständnis des Wesens der Th.
Scymn. öi) xbv 'JnoXXcova xbv Jiövy.)) Xbyco^ xbv auf: die mit dem Urbeginn aller Dinge geheim-
■nai d-efU6x£vovxa yiccl ^ov6riYkxi]v); indes ist von nisvoll verbundene höhere Ordnung als wirk-
eigentlichem Dienste nichts weiter bezeugt. same Person gedacht, welche göttliche Macht
Zu Migonion in Lakonien hat Ährens (1, 27 besitzt und unaufhörlich waltet, die Satzungen
aus Paus. 3, 22, 1; ebenso S. Wide, Lak. Kulte setzende Göttin des Rechts. Ihr Wesen
23i)f. 143 f. 1G4) Themisdienst nachzuweisen 20 läßt sich scheiden nach den beiden Seiten des
versucht, indem er das von Thetis Bezeugte göttlichen Rechts und des menschlichen Rechts,
(ayaX^tcc f)£xiöog xort ^täg IlQa^iSiyiag) durch wobei festzuhalten ist, daß das menschliche
Änderung des Namens in Themis für diese in dem göttlichen entstammt, insofern als beides
Anspruch nimmt, eine Änderung, die zwar be- dem einen Grundgedanken entfließt. Als Ver-
sticht, aber entbehrlich ist; denn es liegt nahe, treterin des göttlichen Rechts entspricht
daß Menelaos nach endlich vollbrachter See- Th. dem lateinischen, als Gottheit personi-
fahrt sich der Meergöttin dankbar erweist. fizierten Fas. Dies erkannten schon die Alten,
Übrigens findet sich alter Thetisdienst auch vgl. Ausou. Idyll. 12 technop.: prima deum Fas,
sonst in Sparta: Paus. 3, 14, 4. quae Themis est Grais. Paul, ex F'est. p. 367
Überblickt man die Gegenden Griechen- 30 iüfMe/Z.: Tliemim deam putabant esse, qua£ prae-
lands, in welchen ein Kult der Th. erweisbar ciperet liominihus id petere, qtiod fas esset, eam-
ist, so läßt sich auf den Weg schließen, den queidesse eocstimahant, quod et fas est. Liv.^,b;
seine Verbreitung genommen hat. Ausgangs- vgl. 1, 32. Hirzel 2, 2. 51, 1. 157, 161, 2,
punkt war vermutlich Delphi, von da kam er Daher galt sie als die Himmelstochter, als eine
nachOlympia, von Delphi ferner nach Thessalien, heilige, hohe, Ehrfurcht gebietende Gottheit
Makedonien, Epirns, ebenso nach Boiotien («yi^»], Ttdvxifiog, Gtßdauiog; OrpJi. h. 79, 1. 7).
(Leuktra, Theben, Tanagra, Thespiai), Argolis Das göttliche Recht aber entfaltet sich wieder
(Epidauros, Troizen), von da vermutlich einer- nach doppelter Richtung, nämlich auf Götter
seits nach Attika (Athen und Rhamnus), ander- wirksam und auf Menschen. In ersterem Sinn
seits nach Thelpusa. {Gruppe, Gr. M. 584, vgl. 40 ist Th. die waltende Macht, welche den Göttern
1080, 6, nimmt eine alte Kultstätte in Ostboi- das ihnen Gebührende zukommen läßt, daher
otien in der Nähe vou Aulis an und sieht darin die Pflegerin göttlicher Kinder, Gemahlin und
den Ausgangspunkt ihres späteren Dienstes in Beisitzerin des Zeus Tind Verkünderin ewiger
Tanagra und Theben; diese Kiinststätte habe Satzungen auch im Himmel. Gottesdienst,
wahrscheinlich Themiskyra, d. i. der weiße Fels Heroendienst, Weissagung hat sie eingeführt;
derThemis geheißen.) -Der Dienst unserer Göttin Diod. 5, 67. Orph. h. 79, 3 ff. Die Mysterien
trägt an manchen Orten Spuren hohen Alters. sind ihre Erfindung und stehen unter ihrem
Zwar scheint in DodonaTh. nicht verehrt worden Schutze (Orph. a. 0., vgl. Eur. Bacch. 81
zu sein, trotz Orakel und Gaiadienst. Dagegen Q's^Lixsvfov (== Q-s^iatsviov) OQyia, d. i. auf ge-
spriclit in Delphi und Olympia alles für eine weit 50 setzliche Weise feiernd), wie alle Heiligtümer
zurückliegende Zeit. Ebenso setzt die Art, wie der Götter, insofern als es nicht gestattet ist
Th bei Homer und Hesiod erwähnt wird, den {ov d'euLg), deren Weihe zu verletzen. Beispiele:
Begriff schon als p -rsönlich gewordener Götter- Soph. El. 565. 0. B. 993. Aristoph. Thesm. 1150.
gestalt alter L^berlieferung voraus, und darauf Eur. Ion 220. 222; auch inschriftlich, vgl.
führt auch die Bildung von Personennamen in Bittenherger Syllr 632, 6. 624, 2. 3. 615, 9;
früher Zeit (Chrysothemis II. 9, 145. 287. The- ^b^Lig {laxi) und ccGsßbg gegenübergestellt S.
mistonöe Hes. sc. 356). Manches scheint in Ver- Emp. p. 173, 24 Bekk. So wird sie insbesondere
gessenheit geraten, auch der Kultus da und dort eine Hüterin des Eides, ©s^Lig uq-z-lcc, den
verblichen oder von den Orakeln zu den eigent- verletzen die Th. verletzen heißt, und steht
liehen Rechtsstätten übergegangen zu sein 60 auch in dieser Hinsicht dem Zeus zur Seite,
(s. u.). Wie die inschriftlichen Überlieferungen vgl. Eur. Med. 168 ff. 207 ff. : d^soy.Xvrsl ö' adiiAci
vou Parapoungi und Rhamnus zeigen, ist der TcaQ^ovaa xdv Zrivbg oQ-aiccv @i[Liv. Nach Piaton
Dienst der Th. dort von Priesterinnen versehen legg. 11, 936 e soll einer, wenn er, vor Gericht
worden; auch die Pythia, sahen wir, ist Ver- zum Zeugnis aufgefordert, behauptet, nichts
treterin der Gaia, wie der Th. Aus späterer zu wissen, dies bei den drei Göttern Zeus,
Zeit sind Spuren mystischen Dienstes erhalten. Apollon und Th. beschwören. Soph. El. 1064
Clem. AI. protr. p. 19 P.: y.al tiqogbxl xfjg wird sie mit Zeus bei feierlicher Versicherung,
Se^iiöog xa ccTtOQQjixa GvußoXa, ÖQiyavov, 7.vxvog, und Eur. Med. 160 mit Artemis als Zeugin
599 Theniis (Göttin de« Hecht«) riieims. i^lu-rutt \ irsammlunjrtMi) 600
des Kidbnu'hs angerufen. In der griechischen xoit'iovt'iaaöt Tovrwr cpiXoig xQ^'i^^^^' ^<-0- ^^^
Schwurformel römischer Senatoren einer Mün- trastliohe Tisch und die ccyvoTtXr}s ffiut^^ werden
chener Handschrift {Münch. Gel. Anz. 186(), /usammen genannt OrpA. ^ht/. 541); vgl. Ly<^opÄr.
n. 19, 168 ff.) steht sie nebst Dike unter den 137. QuiHtus StnuiH. 4, 186 f. stellt Th. bei der
Göttern, bei denen der Schwur geleistet >vird Hochzeit des Peleus und der Thetis lächelnd
(entsprechend Fas bei den Römern Lir. 8, 6: die silbernen Tische auf. Dazu kommt ihre
attdi luppiter haec scelera, audite Jus Fasque, Stellung als Symposiarchos (s. u. i
vgl. 1, 82) daher der formelhafte Ausdruck rai, Themis ist Tochttn* des Uranos und der
^, vij (rijv) Oifuv; so schon S<^. El. 1064, (iaia. Wenn der Himmel die Erde freit und
namentlich aber bei Späteren, z. B. Anthol. 12, lo mit ihr eine Tochter zeugt, so kann dies auch
31 {Phaniwi). Theod. Ptodr 8, 94 in Herchers bedeuten, daß Geist von oben die wüste Masse
Jirot. 2, 406. Luc. lupp. tr. 19. Nicet. Eugen. durchdringt und ordnend gestaltet, wie es ge-
5, 76 in Herchers Erot. 2, 489. übrigens kommt schiebt, wenn Zucht und (Jesetz Menschen wie
bei der Auffassung der Th. als Eidesgöttin Dinge 'zurechte setzt' und 'richtig stellt'.
wohl auch ihre Beziehung zur Erdgöttin (s. o.) Dieser Geist, der die Massen ordnet, als han-
in Betracht, welche vorzugsweise bei Schwüren delndes Wesen gedacht, ist wieder Th., wie
angerufen wurde, der Th. nämlich als festen das Appellativum ^i^ms auch in dem Sinne
Grundes der Dinge (vgl. Schoemann - IJpsius. von vdfiog gebraucht wird (s. u.). Daher ist es
Gr. Alt. 2*, 276). — In menschlichen Verhält- wohl verstilndlich, wenn Th. als Beruferin,.
nissen zeigt sich Th. als Vertreterin göttlichen 20 Ordnerin und Vorsteherin von Vers am m-
Rechts überall da, wo heilige Pflichten der lungen erscheint. Dies ist an allen drei
Pietät und jene ungeschriebenen Gesetze in Stellen, an denen Th. , die Göttin, überhaupt
Betracht kommen, welche zu halten das Ge- bei Homer vorkommt, der Fall. So zunächst
wissen gebietet. Dahin gehört die Ehrfurcht //. 20, 4 Ztvg öt Siuicza yiÜsvot d^sovg ^yo-
vor den Eltern, vgl. Aesch. Suppl. 707 tF. zb grjvSs yiaXeoaai rj f(' uqu Ttävr^ (fOLTi'iaccaa
yocQ rcxdrrb>y oißag xqLxov zoS* iv d^eanioig .Jinccg xiXtvGt Jibg otgbg dm^a vha^ai, und Od. 2, 68
yiyQanrai ^ifyiazoziiiov (denn^ Dike ist hier Oeiiiazog rj z' ScvÖgiov ScyoQag r]^iv Xvei i\Sh
völlig der Th. entsprechend), und die Liebe zu xa-O-i'^tt. (Dazu schol. zi]v yug TiQoeGrrjyivlccv rätv
denselben; vgl. Od. 11, 451. Femer die Treue ixiiXrjoiibv ^tbv iniKaXetzai . tivig äh anfjd^riaar
der Ehegatten gegen einander; vgl. JS*!*/-. J/«*«/. so G^ßiöog ccyaXiicc tlocphgead^ai si? zag iyiycXriaiag.
160. Od. 14, 129 f. Auch das Naturrecht Eusfath. 1434, 40 ztvsg dt ayaXau G^udog
gehört unter das Gebiet der Th., wie z. B. die ivoniaav zolg ixHi»]6ta»oröir daiiofiiteod-ai, ngbg
Vereinigung von Manu und Weib bei Homer o xcd Y.ä^i]vzui tpuai xai iysiQovzaL.) In beiden
als d^fiisT bezeichnet ist, 7Z. 9, 134. 276. 19, 177, Fällen gleicht sie einer Heroldin, welcher
wo ^ffiig die von der Natur gesetzte und da- die Agora zu besorgen obliegt. Dazu stimmt,
durch berechtigte Ordnung des Lebens be- was Aratos Phaen. 106 tf. von Dike eagt, die
zeichnet; vgl. Od. 23, 296 (Lei^t, Graeco-ital. dort ganz die Rolle der Th. spielt: &ysLQo^iv7i
Bechtsgesch. 206. Hirzel 40 f.). Das Recht zu 8^ ysgovzag ije nov slv ayogy ^ svqvxoqo} iv
leben steht allen Geborenen zu. Daher ist es ayviij öriuoztQag rjsidsv iTti6niQ%ov6cc ^hiUGzocg
wider die Th., daß dem Unschuldigen ein 40 und Artstides 1 p. 837 Dindf. iy.xX7]6iat xal
Schaden widerfahre, vgl. Aesch. Eum. 418 f. ßovXefzrjQicc , a dsojv i) nQeGßvzccrr] GvvdysL
Insbesondere stehen alle des Mitleids Be- Gi\Lig. II. 11, 807 heißt es von der Stelle in
dürftigen auf Erden unter dem Schutze der der Älitte des Schift'slagers, wo die SchiflFe des
Göttin, Elende zumal, Verlassene und Wehr- Odysseus sich befanden iva acp' ccyog'^zs d-sfiig
lose. Es ist wider die göttliche Ordnung, Fremd- rf , und dazu bemerkt schol. A : onov ccvtotg
lingen und Bettlern ein Leid zu tun (vgl. Od. xa zt mvio. ininmqde-Kizo 'Aal xa 8iv.u6tr]Qia
6, 16. 101. 16, 97) und, wie der sühnbedürftige iyivBzo- i] yaQ Qi^ii? ^nonzrig x&v i-K-uXriaiav.
Mörder den Omphalos der Erde zu Delphi, wo So wurde Th. zur Göttin des Marktes, wie
gerechtes Gericht ergeht {Pind. Pyth. 11, 15), ayopa Versammlung sowohl als Versammlungs-
bittflehend umschlingt oder zum Herd eines 50 ort bedeutet. In Theben vor dem Ne'istischen Tore
Hauses flieht, und es nicht gestattet ist, ihn stand ihr Heiligtum neben dem der Moiren
von der Freistatt zu verstoßen, so spricht und des Zeus Agoraios. s. o. Sp. 691. Auf den
Aischylos Suppl 360 von einer ixsaia d^ifiig Märkten fanden Gerichts- und Ratsversamm-
Jibg xXaQiov. Die Fremden schützend wird Th. lungen statt, vgl. II. 18, 497 ff., wo das ver-
zur Hüterin des Gastrechts. Den Fremden sammelte Volk den 'umstand' bildet, während
aufzunehmen, i^i &i^ig {11. 11,779. Orf. 3, 187. die richtenden Geronten inl ^tczotai Xid^oioi.
9, 268. 14, 56. 24, 286; vgl. Schröder, Sprach- Ugm ivl mrAXa sitzen (vgl. Od. 8, 6. 16. 3, 406.
vergleichg. u. Urgc^ch.^ 2, 2, 296). Zeus Xenios 2, 14. 9, 112. Ahrens 2, 14tf. J. Grim,m, Bechts-
waltet über dem Gastrecht, und so wird Th. altert. 747). Die freie Äußerung der Agora galt
Soteira seine Paredros, wie zu Aigina {Pind. 60 als gutes Recht, d-tiiig (vgl. //. 9, 32 f., ßovXag
Ol. 8, 27, fr. 4, 6); ähnlich ist Th. in Tenedos ßovXsvsiv ebd. 24, 656). Daher wird der des
zu ihm in Beziehung gesetzt {Pind. N. 11, 8). Wortes mächtige Staatsredner als Prophet der
Sie selbst soll durch ein Orakel befohlen haben, Athena Polias und der Th. Bulaia bezeichnet
Salz und Tisch nie zu überschreiten (s. o.), und bei PhU. praec. reip. ger. 5 p. 802 (s. oben),
dies wurde zum Sprichwort in dem Sinne, daß Entsprechende Beinamen der Th. sind die oben
die daran Teilnehmenden als Freunde zu be- erwähnten t^ßovXog^ ÖQd-oßovXog, yiixagrifiivri
handeln seien (vgl. Zenoh. 1, 62 Leutsch: s^cpgovL ßovXf; {vgl. Hirzel 9 S.). Als Ordnerin
"JXae xai xQaTif^av iii) TcaQaßaivsiv iTCSidrj xolg Versammelter wird man Th. auch an der dritten
601 Themis (Ordnerin der Agone etc.) Themis (und die Könige, Gerichte etc.) 602
Stelle, in der sie bei Homer erwühnt wird, /u ■A.tXtvbi u ßovXf-zai. 11. 1> , i)8 wird dem Aga-
betrachten haben, IL 15, H7, wo Hera zu den memnon gewagt: Xaiov ^aoi uva^ y.ai toi Ztvg
beim Mahle versammelten (lottern eintritt: 17 iyyvdlitf-v ay.fiTix^öv x ijöh if-t^uarug, ivcc atpiat
(\' ciXlovf (ih' '^aoF, Gf^tazL Üh -KCiXXtTKXQijcp dfuTo ßovXfvr/ad'cK ; vgl. 2, 206. Die K(")nige heißen
Stnccg' nQmri] yag ivavzhi ijX^t ^hovöa; v. 95 'Ut/ürTroTröXo' Hes. /r. 82. Jlymv. (W. 215. 478
spricht sie sodann zuTh.: icXXa avy' ccqxi- ^boich [S\r\, l'in^l. I'yth 5,85 Kurrifiar i^i-(iianQt6vT(üv).
ä6}ioig SvidaiTog iiGJis. Vgl. dazu //y7W//. Jp. 124 Alles von einem Herrscher Getane soll -ö^juirör
ivom neugeborenen Apollon): (">tfus' viy.xccQ xt yial öUuiov erscheinen Plut. Alex. ö2; ad princ.
%al cnLpQ06ir\v igccxftvijv ädavaxotg xBiXtGGiv inerud. 4, j). 7H1. Das königliche Zepter des
fTTT^'p^aro. So erscheint Th. an der Homerstelle 10 Hieron wird Pivd. Ol. 1, 12 d-BfiLaxtlov a-nuTttov
als Symposiarchos der Götter, in ähnlichem genannt. Vor allem aber kommt natürlich die
Sinn etwa, wie Pyrrhos bei den delphischen Tätigkeit der |<;önige als Richter in Betracht
Heroxenien als ^sfiioxÖTiog tätig war nach (vgl. Hermann St. A.^ § 8, Sit'.). Denn in den
Pind. JV. 7, ()i). Vgl. A. Mommsen, Delphika Gerichten, welche von den damit betrauten
228 tf. Bei Pind. fr.' 6 ist sie, (wie sonst Männern in und auf der Agora gehegt wer-
Praxidike, Mnaseas bei Suid. s. v.) Gemahlin den, hn<let die Satzungen setzende (iöttin, die
des Zeus Soter, dem bei der Mahlzeit der dritte Ordneriu der Versammelten, die Vertreterin
Trunk gewidmet wurde {Philochoros fr. 179. des heiligen Rechts, die Hüterin des Eides,
Pind. Isthm. 5, 7 ff, und dazu schol. Piaton. rep. ihre hauptsächliche Wirkungsstätte auf Erden.
9, 583. Hesych. s. v. ^axfiQog Jiog. Athen. 20 Daher sind der Th. die Gerichtsstätten heilig:
15, 675. Näheres 0. Müller, Aeschyl. Eum. (^buiSi yocg Uqu xu fiiv.aGxr]Qici , schol. 11. 18,
187 f). Daß sich in dieser Hinsicht das Wesen 504, wo von dem heiligen Kreise der richten-
der Göttin mit dem berührt, was sie zur Hüterin den Geronten auf dem Schildbilde die Rede ist.
des Gastrechts macht, erklärt sich aus der Vgl. Eustath.: itgbg öh u Ttv-nXeg ö zfjg ciyoQ&g
Ähnlichkeit der Verhältnisse {Hirzel 12 f.). Als Slcc xr]v iv avxäi ^t\iiv xal dU7]v, vrv Uqöv xl
Aufseherin von Versammlungen und Satzung 6 xoiovxog dvai xv-aXog Ö7]Xol. Aus dem gött-
setzende Göttin wird man sie ferner in bezug liehen Rechte, ^diug, fas, fließet das irdische,
auf die Ordnung der Agone betrachten ^i'x^, ius, welches dafür zu sorgen hat, daß
dürfen. Vgl. Pind. Ol. 11, 24 ayöivcc ö' i^alge- jedem das Seine zukommt, und daß der Recht-
xov asloai f)^utx8g mgoav Jiög. Die Sieges- 30 schaffene nicht dem Bösewicht unterliege: ov
gesänge heißen Nein. 9, 52 -O-f /iiAtxToi : dazu yccg ^B\iLxbv — anslvon ccvöqI vnb xsLQOvog
stimmen bei demselben Dichter Ausdrücke wie §XditxB6%ai ., Piaton. Apol. 30 d. Th. ist es,
xsd-^ibg ded'Xav Ol. 0, 117, xt^fibg Gxtcpccvmv die allen kündet, was das Gerechte ist: r^nsg
ebd. 13, 39 {9-86fi6g dor. xsd'^og steht der Be- aTCUGi Qs^iaxEvsi xcc diy.ccLcc, Orph. fr. 28
deutung von ^e^iig sehr nahe, wie noch gezeigt (160 — 102 Abel); sie ist die ^cpogog xfig diy.aio-
werden soll), wobei man sich vergegenwärtige, Gvvi^g, schol. Eur. Or. 163. Tzetz. Lyc. 137, und.
daß auch der olympische Gottesfrieden in Elis auch insofern, als sie über die Gerechtigkeit
GtQ{i(x hieß und Apollon daselbst als -O'fp/ito?, wacht, galt sie als Beisitzerin des Zeus, des
d. i. •O^Eöft/o?, verehrt wurde (vgl. Paus. 5, 15, 7. höchsten Richters: d^sä q;rAaxriJt^ xov dvmxiov,
Hesych. Oeq^cc. Weniger^ Hochfest 3, Beitr. z. 40 8ib xo;i xa ziu iXsysxo TtccgEdgag Eustath. in
alten Gesch. 5, 1905, 203). In gleichem Sinne IL 9, 63, wie auch die Richter ihre Rechts-
wird auf späteren pamphylischen Münzen und Sprüche von Zeus haben: IL 1, 238 öixcco'TtoXoL,
auf lykischen, pamphylischen und pisidischen ©r xs Q-i^LGxag i-a ziibg bigvaxcci\ vgl. 9, 98
Inschriften die Festfeier mit dem Ausdrucke ( — wie SLyccconoXot auch ^huiGxoTCÖXoi Hes.
Q^i^iig bezeichnet, so %-b[Lig ncc^tpvXinyc^ C. I. G. fr. 32) und 16, 385 tf., wo Zeus böses Wetter
3, 4352 ff. ; auf Münzen von Aspendos ©siiiSog sendet, weil die Menschen GxoXiag 'ngivcoGL
xo ß, Osiiidog xo f, Mionnet, Pamphylie n. 12. 18 Q-fiiiGtag (vgl. Psalm 11, 6 'er wird regnen lassen
{Descr. 3, 448), vgl. C. 1. G. S, 4198 vsuctjGag — über die Gottlosen Blitz, Feuer und Schw^efel
nccyngccxiov xr]v xixägx7\v d^B^iiv; 4274 vsL'K7]Go:g und wird ihnen ein Wetter zum Lohn geben').
jtäX7]v dsiiiv nocidcav 4365; vgl. 4366. — In- 50 So wird Th selbst schlechthin z^txatocvvrj ge-
dem Th, in all diesen Beziehungen wie eine nannt: Phot. Suid. Qi^iLv. Schol. IL 20, 4.
göttliche Heroldin wirkt, würde ihr das Ab- Pind. Ol. 13, 11, oder z/ixrj: schol. Pind. Ol. 8,
zeichen des Skeptron gebühren (vgl. Eustath. 28, vgl. Phot. d-siiiGxog, diyiaiog. Die Richter-
II. 18, 497 ^Gxi yug xb G-n^TCxgov ov ^ovov Sprüche heißen d-^iiiGxsg, (z. B, IL 1, 238, 16,
ßccGiXsiag, ccXXa -nal ^s^idog Gv^ßoXov) {%'BfiLSog 387. Hes. opp. 9, th. 75) wie die Orakel, welche
klein zu schreiben); doch ist eine Abbildung häufig als Bechtsentscheidungen höherer Mächte
der Th. mit demselben nicht erhalten. Auch aufgefaßt werden dürfen (s. ob.). Daher be-
steht sie in diesem Sinne dem Hermes nahe; deutet &e^iGx£v£iv., wie -KgivEiv, dtaxgivsLv &t-
vgl. Orph. in Mus. 23. Bemigius bei Mythogr. ^iGxag, rechtsprechen (vgl. Od. 11, 569 von
Vat. 3, 9, 4 (der jedoch Th. mit der an den 60 Minos d's}iiGxivovxcc v^^vgglv ij^isvor' ol di (.uv
Himmel versetzten Dike zu verwechseln scheint). diicpl diyiccg sl'govxo avccnxcc) ebenso wie Orakel
Auf Erden liegt die Ordnung der Massen geben {Biod. 5, 67, s. ob.). ^^niGxeg als
vor allem denen ob, die Homer als Hirten der Satzungen höherer Macht haben bleibende
Völker bezeichnet. Sie haben das Regiment Geltung und werden daher auch zu Gesetzen:
von Zeus, der bei Plutarch comm. not. 14 p, Plut. Homeri vitu 175 p. 1213: Q^iiiiGxsg yag
1065 selbst &s(ilGxiog heißt, und sind Verwalter xal &8G110I ol vouol. Hesych. Q'i^iGxa- ^vvofia^
heiliger Satzungen, in deren Ausführung das vo^i-iicx. Et. Gud. 258, 11 Q-iynGxag, 8iY.ag^
Regieren besteht; vgl. jyf.s«/cÄ. -O-fjLUffTfvff a();^ft, vo^iovg y.ccl -agixccg. Suid. Q^i[LiGxa' vo^iov 7}
603 Themis-Ichnaia (und Dike) Themis (und Nemesis) 604
dinriv. Vgl. Etym. M. Si^ig ^45, 21, ^k^taxtv- dta tö xar' rjji^og ribv avd^gwTCtov TcoQtvtad-cci,,
x6v vo^o&frtxöv. So werden sie denn natur- und bei Quintus Stn. 13, 21)9 wird sie als
gemäß der Göttin Th. verdankt, wie ja auch 7(avSsQxi]g, die allsehende, bezeichnet. Über
ie Wohlgesetzlichkeit, Evrofiiccy deren Tochter ihren Dienst in den beiden Ichnai s. oben,
heißt, Diod. ö, ü7 fti^iv dk uvd^oloyoifaiv ^av- In gleichem Sinn ist Authol. Pal. 9, 406, 1
xUag xctl ^vai'as xal ^sa^iovg rov? negl tmv der Beiname Ichnaia und sind OrjtiÄ. /i. 61, 2.8.
^iäiv irptoTijr flariyrjaaöQ'at xal vä nfgl rijv die nilmlichon Eigenscli alten auch der Nemesis
(vvofiiav xa) ti*p»Jt'/jv ccrcoöd^ccad'ai^ d/o xal erteilt, der spiirenden Kachegöttin, die mehr-
^fff/toqpiUaxcfj,' xai d-saiio^hag övoiid^fad-ai rohg fach sich mit Th. berührt, s Jioßbach ob. Bd. 3,
xä ntgl Tovg d'aovg oaia xai xovg x<bv avd'Qm- 10 1, Sp. 123 f. 130 tF. Denn auch Th. tritt als
n<ov vöiiovg Siccq)vXdrzovTag. Wie ©"^/itcrf g und Straferin, Rächerin auf, und ebenso Dike.
&8aitoi sachlich wie sprachlich (dagegen .4/*- Bei Aischylos Sept. 437 rivhiv duoiav ^i^iv
rens 2, 26. Hirzel 22 ff. 32 flf. 341, 3. 320 ff.) bedeutet das Appellativ gradezu Strafe, wie
verwandt sind, so gleicht Th. auch der weithin 8i%i]. Vgl. auch Hesych. ^E^LL^hoi' ^laotiyovxto,
als dftf/toqpopoff (8. d) gefeierten Demeter (in vo^o-O^fTttTw • Kgi'jTeg. Auch wenn Th., wie wir
Pheueos heißt Demeter Biöiiia Paus. 8, 16, 1; sahen, beim Schwur angerufen wurde, setzte
bei Orph. h. 1, 25 ^BaiioSaxBiga). Doch ist zu man ihre Eigenschaft als strafende HiUherin
beachten, daß die ^ta^ol der Demeter nur voraus, so z, B. Soph. El. 1064, wo der Chor
Anordnungen innerhalb des ihr eigentümlichen beim Blitze des Zeus und der himmlischen Th.
besonderen Kreises sind; s. Preller, Demeter u. so die bevorstehende Strafe verkündet. Vgl. den,
Pers. 335 ff. 852. zwar an verkehrter Stelle stehenden, aber doch
Aus den vorstehenden Erörterungen geht wohl alten Vers bei Ovid M. 7, 762 ulma
hervor, wie nahe die Begriffe des göttlichen Themis non talia linquit inulta. Fand uner-
und menschlichen Rechtes, ^^^iig und dixri, hörtcr Frevel auf Erden endlich seine verdiente
und demgemäß auch der gleich benannten Strafe, so ahnte man ein göttliches Walten
Gottheiten an einander herantraten, und so und erkannte darin Th., die das aus dem
durften wir füglich einigemal für Th, in Gleichen gerückte Recht wieder richtig stellt.
Anspruch nehmen, was für Dike bezeugt war, So erklärt sich das Schwert unter ihren ge-
da beide Begriffe gelegentlich auch ineinander- heimen Symbolen bei Clem. AI. protr. 19 P. ;
fließen und namentlich bei Späteren nicht 30 sie führt es, wie Dike {Aesch. Choeph. 639) und
immer unterschieden werden. Indes ist ein Erinys (Lycophr. 15.;; s. Rapp ob. Bd. 1, Sp.
Unterschied, wie sprachlich, so auch sachlich 1335). Bei iJion. Hai.*!, 75 wird Th. mit Dike,
vorhanden (vgl. Od. 9, 215 ovxs 8i%ug sv sl- Nemesis und den Erinyen zusammen genannt.
doxa ovre d^i^iiaxceg. Ptnd. fr. 4, 6 oi) d-ifiiv Frevelstrafend nahm sie auch am Giganten-
ovdk öixav ^slvcov VTtsgßcävovxag; vgl. Jus kämpfe teil, s. ob. Sp. 576. Wenn nach Schol.
Fasque L v. 8, 5), und so bezeichaet es auch vct. Pind. Ol. 1, 37 Tantalos seinen Sohn Pe-
die mythische Überlieferung, wenn sie Dike lops den Göttern zum Schmause vorsetzt und
zu einer Tochter der Th. macht, als ein Aus- außer Demeter nach einigen auch Themis
flnß derselben (bei Bakchylides 29 Bergk P. {xLvhg öh xijv Se^iv statt @ixi8a zu lesen, s.
L. G.* 3, 580 heißt sie ihre Folgerin jUav 4o Drachmann) von dem Fleisch aß, so bedeutete
baiav ayvag Evvo^iccg &-k6Xov9'ov xai TTivvxag das eine Verschärfung des zum Himmel schrei-
Sinidog (s, ob.), die Vertreterin menschlichen enden Frevels, der die Göttin des Rechts zur
Rechts und der Gerechtigkeit auf Erden. Denn Mitschuldigen machte und um so schwerere
Th. ist weit früher Göttin gewesen und auch Rache herausforderte. Im Hymnos 8, 4 wird
weit mehr zu persönlichem Wesen geworden, derselbe Ares, von dem es B. 5, 761 heißt,
als Dike, welche als Göttin bei Homer eben- daß er keine %iiLig kenne, mit gutem Fug als
sowenig vorkommt, wie Nemesis, und von der Gvvagoayog O^iiLGtog angerufen; als Vollstrecker
auch keine Personennamen gebildet sind. Des der Strafe nämlich heißt er so, der Rechts-
weiteren vgl. über Dike v. Sybel oben Bd. 1, göttin Beistand, in ähnlichem Sinne, in wel-
Sp. 1018 flf. und Waser bei Pauly-Wissoiva 5, 50 chem er auch als Vollstrecker der Blutrache
1, 574 flf. Lehrs 96, 105 f. Hirzel 157 ff. 166 f. galt (s. Stoll ob. Bd. 1, Sp. 484). Somit tritt Th.
209 f. 125. 44, 3. 354 f. — Aus dem Wesen an Bedeutung wiederum der Nemesis an die
der Th. als des göttlichen Rechts und der Seite; vgl. Hesych. ^yccd-j] xv^r]- 17 Nifisatg xat
Satzungen setzenden Göttin fließt ihre feind- ij Q^^ig. In Rhamnus, sahen wir (ob. Sp. 691 f.),
liehe Stellung zu allem, was ihrem Wirken wurde Th. mit Nemesis verehrt, beide als
und Walten entgegenläuft, nämlich Unrecht Vertreterinnen von Recht und Gesetz nach den
und Übeltat, besonders Hybris. Lehrreich hier- beiden Seiten des Erlaubten und Verbotenen.
für ist das Chorlied bei Sophokles O. B. 863, Denn wie d-^iiig (sc. iaxlv) die Bedeutung hat
wo die erste Strophe, ohne sie zu nennen, die 'es ist erlaubt', fas est, so bedeutet viy.E6ig
Th. verherrlicht, die Gegenstrophe aber von 60 (sc. ißxlv) nefas est, z. B. Soph. 0 C. 1753; vgl.
der Hybris handelt. Vgl. Ätf.s. opp. 214 flf. 240flf. ^tsgxl veiitaig El. 1 AßT. In entsprechender
Hierher gehört die Auffassung der Th. als Weise wurde oben die Gegenüberstellung der
Ichn&ia. {Hymn. Ap.M. Strab.d,4Sb), die das Demeter Erinys und der Demeter Lusia, die
Böse aufspürt und mit scharfem Auge erspäht. einige für Th. hielten, erklärt, und den glei-
Lykophron 129 nennt darum Ichnaia Tochter cheu Sinn hat es, wenn in Troizen ein Altar
des Helios, wozu der Scholiast hinzufügt -öv- den Themiden geweiht war, zweien nämlich,
YdxT]g 08 xov'HXiov ©ifiig öiöxL y.al ccvxbg Ttdvxa deren eine die Bedeutung einer Nemesis ge-
^Topa xai ndvxcc iTca-Kovii., o%^bv -auI 'l^vceicc, habt haben wird, wie von den zwei Nemeseia
605 Themis (Soteira; neuorc Literatur) Themisio i\0i5
in Smyrua eine die der Th., s. Paus. 7, ö, 1. mdUHsproffr. 1.^46. — Ausführlich L. Ähren«,
Vgl. Pind. Ol. 10, 21), wo die Qi^iittg Jibs die döttin TfumLs I. II. Progr. Hannover 1H62.
^'anz wohl persönlich «gefaßt werden können, 18G4. — K. Lohrw, Themis, in d. Populären
die liechts^öttinnon in der üblichen Zwei/ahl, Aufsätzen" IHTo, 1)3 — 108. — L. Stephani,
ihrer Bedeutung als Hnterinn«!n der A«^:one (;omptc rendu de la eomm. Imp., S. Petersburg
unbeschadet. — Dem- 'Verboten' und 'Er- 18(>2, 44 ff*. — Lei st, (iraeco-ital. Jicchlsgesch.
laubt' entspricht als KrtrebniH des Hechts- 1884, S. 20otf. — Preller-Kobert, (iriech.
verf'aiirons 'Verurteilt' und 'Freigesprochen'. 3/?/<//oZ.^ 1894, 475ff'. — (>. (Iruppe, Gr Myth.
Beides geschieht unter dem Einwirken der n h'el. Gesch. 190<), 2, 1080, H u. sonst, vgl.
Th., deren strafendem Walten das freundlich lo Register. — K. Hirzel, Th., Diheu. Verwandtes^
schützende gegenübersteht, wie dem Fhiche L. 190H; dazu die Besprechungen von Thal-
der Segen. In diesem Sinne ist sie Retterin heim, Jierl. Phil. W.-S. 28, 49ff., Kroll, i\'.
und Erhalterin, llontiQK, aber auch überhaupt Jahrb. 21, öSlf., Swoboda, N. Philol. Hund-
in dem höheren, „daß Gerechtigkeit zum Le- schau l8, 414 f., Rabel, D. Lit. Z. 29, 2933 f.,
beu führt", d. h. Wohlbefinden und Frieden Thumser, Lit. Zentralbl. 59, 1109. — Das
erzeugt: Eirene ist eine Tochter der Th. Sehr Werk von J. p]. Harri son, Themis, a study of
schön führt diesen Gedanken Hesiod aus {opp. the social origins of greek religions, Cambridge
226 ff.), und in ähnlicher Weise drückt es die 1912, enthält 10 Abhandlungen über gottes-
Sage aus, wenn sie Zeus Soter mit Praxidike, dienstliche Stoffe anderer Art; dann folgt
einer gleich Th. gerecht waltenden Schicksals- 20 Themis p. 480 — 535. Vgl. die Besprechung von
göttin, Zeus, den Ktesios, d. i. den Reichtum- Gruppe, Perl. Philol. W. -Sehr. 33, 1913, 429f.
Spender, erzeugen läßt {Suid. Ufja^idlyiri; vgl. — Vgl. auch die Artikel Dike, Nemesis, Pra^i-
0. Müller, Aesch. Eum. ISS, s. ob. 3, 2, 2319 ff.). dike, Ihemista, Themisio. [L. Weniger.]
Um Th. als Soteira zu verstehen, vergleiche man Themiskyra (f}8^ii6xvQa), Amazone, Eponyme
auch die Pflege von Götterkindern durch Th. und der Stadt am Thermodon Appian. Mithrid. 78.
ihrWalten als Schützerin der Mitleidbedürftigen, Evstath. ad II. 2, 814. [Klügmann.]
der Bittflehenden zumal und der Fremden. So Tliemissos (Se^iaoos), Sohn des Dadas (s.
war es Th. Soteira, die in Aigina als Bei- d. und P. Kretsclimer, Einleitung in die Gesch.
sitzerin des Zeus Xenios verehrt wurde {Pind. der griech. Sprache 337) in Karien, wurde von
01. 8, 21), wie auch Pind. fr. 6 Th. Gemahlin so Wölfen zerrissen, worauf Dadas eine Stadt
des Zeus Soter heißt. Sie ist unter den dsol gründete, die er nach seinem Sohne Themissos
ccotfjQEg in Didymoi genannt, denen Seleukos benannte, Steph. Byz. s. v. Qs^iGöög. [Höfer.]
Weihgeschenke sandte (s. ob. Sp. 596 f). Daher Themista? {(Rs^laTa?), auf einer Inschrift
wohl auch stand ihr Heiligtum zu Epidauros aus Phalanna findet sich die Widmung 'Ogs-
im Haine des Heilsgottes Asklepios und befand 6Tdda6ved-8K8Tä&siiiGora[i,-wozuLoUing, Athen.
sich au( h in Athen ihr Tempel nahe dem 3Iitt. 7, 223 bemerkt 'das letzte Wort weist.
Asklepieion. Und so scheint Th*. als Soteira auf f)siiiaaxa. als Nebenform von Qsiiig (s. d.)
auch eine beliebte Stadtgottheit gewesen zusein, hin, denn an eine obskure Ortsnymphe ©siiiara
der eine segenwirkende Kraft zugetraut wurde wird gewiß nicht gedacht werden können' ; vgl.
— iustitia fundamentum rei publicae — und 40 auch Fick-Collitz 1, 370. — Lolling, Athen.
deren Heiligtümer durch ihr bloßes Vorhanden- Mitt. 8, 101, Anm. bemerkt, daß er nach noch-
sein eine Mahnung an die Gewissen richteten. maliger Vergleichung jetzt ©iinaati lese, wie
Der Th. Geltung in Theben, Tanagra und teil- auch Solmsen, Eh. Mus. 58 (1903), 604 schreibt
weis auch in Athen wird sich so auffassen und mit ihm Kern, I. G. 9, 2, 1236. [Höfer.]
lassen, wie ja auch in Athen Athena, die Theiiiistaurora {ßs^iGtayoga), eine der Da-
Stadtgöttin, als Th. sich priesterlichen Dienstes naiden, tötet den Aigyptiaden Podasimos,
erfreute; vgl. ob. Sp, 595 und bei Plut. praec. Hygin. f. 170. [Höfer.]
reip. ger. 5 p. 802, wo Athena Polias und Th. Theniiste {@niiaxr]), 1) Tochter des Ilos (s. d
Bulaia nebeneinander genannt sind. Als ret- nr. 2, wo Themiste nicht erwähnt wird), Ge-
tender Helferin gebühren ihr Beiworte, wie 50 mahlin des Kapys (s. d.) und von diesem Mut-
XiitdQri Hes. th. 901; vgl. ahna, Ovid. M. 7, 76.i; ter des Anchises, Apollod. 3, 12,2 (3, 141 W.).
Tcaai^hovacc Nonn. D. 31, 94. In gleichem Die friiheren Ausgaben lasen statt des hand-
Sinn erscheint sie dann auch der Agathe Tyche schriftlichen ^s^lo', was auf Qsfiiörris hinweist
verwandt, die neben ihr unter den vier Retter- (s. Wagner z. d. St.)_, Gefiidos. — 2) s. Themisto
gottheiten von Didymoi genannt ist. Vgl. auch nr. 7. [Höfer ]
Hesych. ccyccd-rj tv^tj- t) Ni^sGig xorl 17 G^iug. Theinistios {GspLiörios), Beiname des Zeus
Bekker An. p. 209. {Gerhard, Agathodatmon u. als des Hüters der Rechtssatzungen (-ö-f/xitrTS?),
Bona Bea, Abh. Berl. Ak. 1847, 485, 36). Plut. de commun. not. 14 p. 1065 E. [Höfer.]
Literatur. St. Pighii, Themis dea s. de Themisto (0f|xtöra)), 1) Tochter des Hypseus
lege divina, Antw. 1568, bei Gronov. Th. 9 60 — 'Tipri'tg xovgri., Nonn. Dionys. 9,314 — , Ge-
p. 1139 ff. — Jo. Fr. Hombergk zu Vach, mahlin des Athamas. Als ihre Mutter wird
Themis s. de ortu legis aeternae sec. sententiam wohl die als Gemahlin des Hypseus und Mutter
Graecorum , Marburg 1725. — Bouterwek, der Kyrene und der Alkaia genannte Chlida-
de iustitia fabulosa ad rationem tragoediarum nope anzusehen sein , Pherekydes (vgl. Bd. 2,
Gr. philosophiam atque polilicam pertincnte, Sp. 1718, 56 ff. L. Malten, Kyrene [Philol. Un-
comm. Soc Reg. Gott, recent. 1811—13 vol. IE. tersuch. 20] S. 8) im Schol. Pind. Pyth. 9, 31.
— Scheiffele, in Pauly's R. J*,'. 6, 2, 1788. Bei Hygin. f. 4: Athamas . . . duxit fNymphae
— E. Gerhard, d. Orakel d. Th., Berl. Winckel- filiam Themistonem uxorem hat man Nymphae
607 Themisto Themisto 608
entweder in Hypsei geändert oder angenom- Sp. 2779, 64 t. s. v. Porphyrien) kannte. Hierauf
men, daß der Name der Nymphe ausgefallen weist das Fragment einer Inschrift aus Ery-
aei. Aus Schol. G Ov. /Ws297: * Themisto tixor ' thrai, die Opferbebtimmungen für eine Anzahl
Athatnantis fChoniaf filia BroUam maritum von Göttern und für Athamas enthält: M«ya]-
8e (ense'f) infestantem veneno inteifeciV glaubte lot? Ssolt I^ixy 'Ofio»[ om xotra, rgirrj
Elhs auf Chione als den Namen ihrer Mutter kd-d^ctv[Ti, J. Keil, Jahreshcfte ile« oesterr. arcft.
schließen zu können; doch ist diese Vermutung Inst. 13 (1910), lieihlott Bö, II,,. Die Vermutung
jtehr unsicher, da nach ihr Themisto zwei Gat- liegt nahe, daß Athamas dii-sts Opfer erhalt,
ten gehabt hätte, den Athamas und den Bro- weil die Bewohner von Erythrai ihn als den
4eM. Außerdem haben Schoh C und Ask.: lo Vater ihres Eponymos betrachteten, vgl. Keil
Themisto, Echimüs filia, Brotheam, levis filium a. a. 0. 40.
(yg\. ApoUod. 2^2) maritum suum insequentetn Nach Pape- Benseier s. v. Kij^viilna nr. 2
ifUerfecit. Nach der gewöhnlichen Sage ist und StoU in Boschers Mythol. Lex. s. v. Eury-
Themisto die dritte Gemahlin des Hypseus kleia nr. 3 (vgl. auch Seeliger bei Boscher a.
(Nephele — Ino — Themisto), dem sie den Leu- a. 0. s. v. Athamas Sp. 671,14flf.) soll Eury kleia,
kon, Erythrios (Erythros; vgl. auch Schol. D die Gemahlin des Melas (s. d. nr. 6) eine Toch-
Hom. II. 2, 499), Schoineus und Ptoos (Ptoios) ter des Athamas und der Themisto sein. Ale
gebiert» Apollod.l^d^i^. Tzetz. zu Lykophr. 22 Quelle wird Menekrates (vgl. über diesen an-
p. 28,2 Seh. (wo für ^pvdptog: "Eqv^qos und geblichen Histoiiker Crusius in Jahrb. f. kla^s.
für IIx&ov des ApoUodor Tittova steht). Nonn. 20 Phil. 135 [1887], 244) bei Zon. 4,38 angegeben:
9, S14if. (wo für ^pvdpto?: noQtpvgiav [b. nnt.] doch muß es erstens statt Zon(uras) heißen
genannt wird, der der Zwillingsbruder des Ptoos Zcn(ohios) und zweitens wird an der angeführ-
ist). Den Ptoos allein nennt als Sohn der The- ten Stelle Eurykleia als Tochter des Athamas
misto von Athamas Äsios von Sanios bei Paus. und der Ino, aber nicht der Themisto, bezeich-
9,23,6. Über Ptoos als Sohn der Zeuxippe s. net; vgl. Cmsius a. a. 0. 244 Anm. 6.
d. Art. Ptoos. Wenn Herodor im Schol. Apoll. Der Themisto Eifersucht auf Ino macht sie
Bhod. 2,1144, der nach r. Wilamowitz, Her- zur Kindesmörderin, ein in boiotischen Sagen
mes 26 (1891), 204 Anm. 1 Quelle für ApoUodor öfter begegnendes Motiv (v. Wilamowitz, Euri-
sein soll, außer Schoineus, Erythrios, Leukon pidcs Herakles^ 86), und bringt dadurch Ver-
und Pt<x)8 noch Phrixos und Helle als Kinder so derben über das Haus des Athamas, Athen. 13,
und zwar als die jüngsten des Athamas und 560c. Anonym. heiWestermann, Mythogr.'A^b.,b
der Themisto nennt, die vor den Nachstellungen == Paradoxogr. 218,17; vgl. Oppian Cyneg. 3,
der Ino flüchten, so hat er Themisto als erste 248. Bei Hygin. /". 1, wo (s. oben) Themisto
Gattin des Athamas angesehen. Als zweite hat die zweite, ino die dritte Gattin des Athamas
sie dem Pherekydes gegolten, der im Schol. ist, also Themisto von diesem wohl verstoßen
Piwd.PytÄ. 4,388 sie als Stiefmutter des Phrixos ist, beschließt Th. die Kinder der Ino, ^quod
bezeichnet hat. Auch bei Hygin. f. 1 ist sie se Ino coniugio privasset^ zu töten, schleicht
die zweite Gattin des Hypseus. Als weitere sich heimlich in den Palast, um die Kinder
Kinder des Athamas und der Themisto nennt ihrer Nebenbuhlerin zu morden, tötet aber '«
Hygin. f. 1 p. 38 Schm. und f. 239 p. 134 den 40 nutrice decepta, quod eis vestem perperam inie-
Orchomenos und den Sphingios (s. d.), die wie ceraf ihre eigenen (vgl. Hygin. f. 239), Nach-
ihre Brüder boiotische Eponymen sind: Ptoos dem sie ihren Irrtum erkannt (vgl. Avitus in
Eponymos des Ptoon, Schoineus Eponymos von Anth. Lat. 1, 73, p. 91 Biese [1869]. Bohde, Der
Schoinus, Erythrios von Erythrai am Kithairon griech. Boman 153' Anm. 2), tötet sie sich selbst;
(vgl. aber auch unten Sp. 608, Z. 66 f.), Orchome- vgl. Hygin. f. 253. Etwas ausfürlicher und auch
no8 von Orchomenos, Sphingios gehört zum <^i- etwas abweichend ist die Erzählung bei Hygin.
xiov ÖQog^ Leukon begegnet unter den sieben f. 4, die nach der Überschrift ^Ino Euripidis\
Archegeten von Plataiai und hängt wohl mit ^fv- die freilich nach Bursian, Jahrb. f. klass. Phil.
Ticavis, dem alten Namen des Kopaissees zusam- 93 (1866), 776 (vgl. Schmidt zu Hygin. a. a. 0.
men, vgl. v. Wilamowitz a. a. 0. — Leukon, der so p. 40. Nauck, F. T. (?.' p. 482) Zusatz eines
auch bei Paus. 6,21,11 als Sohn des Athamas späteren Bearbeiters sein soll, den Inhalt der
genannt wird, scheint manchen als Sohn des Ino des Euripides wiedergibt, WeJcker, Griech.
Poseidon und der Themisto gegolten zu haben. Trag. 615 ff. J. A. Härtung, Euripides Bestitu-
da wahrscheinlich bei Hygin. f. 157 in dem tus l,ibS&. Er. Müller, De Graecovum deorum
Verzeichnis der 'Neptuni filii' statt Leuconoe partibus iragicis {Beligionsgesch. Versuche und
ex Themisto, Hypsei filia zu lesen sein wird Vorarbeiten 8, III) p. 108 ff.: Athamas hat im
Leucon ex Themisto etc. So ist Ptoos (s. oben) Glauben, daß seine zweite Gattin Ino gestorben
der Sohn des Apollon und der Zeuxippe, Ery- sei, die Th. geheiratet; als er aber erfahrt, dafr
thros Sohn des Poseidon und der Amphime- Ino als Bakchantin auf dem Parnaß schwärme
dusa {Schol. D Hom. IL 2,499). 60 (nach Nonn. Dionys. war sie, weil ihr Hera
Es ist wohl nicht zweifelhaft, daß der von wegen des Dionysos zürnte, dorthin geflohen).
Nonnos genannte UogcpvQicav mit dem in an- läßt er sie heimlich wieder holen. Wohl er-
deren Quellen ^EgvO^gios usw. genannten Sohn fährt Th., daß Ino wieder gefunden sei, weiß
identisch ist; denn igvO-Qoe^Bt = TtogtpvQovg. Es aber nicht, daß unter der angeblichen Sklavin,
muß auch eine Sage gegeben haben, die letz- die im Hause des Athamas weilt, sich Ino birgt,
teren als Eponymos des ionischen Erythrai Voll Eifersucht auf ihre Nebenbuhlerin plant
(vgl. Erythra, die Tochter des Porphyrion als Th. die Ermordung von deren Söhnen und
Eponyme dieser Stadt, Boschers Myth. Lex. 3, weiht die vermeintliche Sklavin in ihren Plan
^09 Themisto Theobule 610
ein: sie befiehlt dieser, ihren eigenen Kindern Berlin 2ö81), S. 731; abg. Gerhard, Trinkscha-
weiße, denen der Ino schwarze Kleider anzu- len und Gefäße Tat". 27. Furt icün gier- ReichoUl,
ziehen. Ino vertauscht die Gewllnder {Jiöldev, Gr. Kunstmalerci 125 [vgl. Ilauser ebenda 3,
Die llngläckszahl 13 [Mythol. Bibliothek 5, 2] 2Hff.], nach Charlotte Fränkel, Satyr- und Bak-
S. 24, 1), Th. trirtt die eigenen Kinder und sühnt chenriawen auf Vasenhildern 109 (vgl. 96 f. nr. x)
ihre Schuld durch freiwilligen Tod. einti sterbliche Dienerin des Dionysos. Zur In-
Themisto, die mit ihrem Gatten Athamas schritt vgl. P. Kretschmer, Die yriech. Vasen-
von Boiotien nach Thessalien gekommen ist, Inschriften 176.
heißt nach der im thessalischen Ichnai ver- 7) Im 'Aycov 'Outjqov xal 'Haiödov (Bioyru-
ehrten 'Ixvcclr] ©^^tg, Gruppe, Gr. Myth. 566 lO phi ed. Westermatni 34,24 = Hesiod ed. Bzach
Anm. 1, 587, oder ist wohl gar mit ihr iden- [Leipzig 1902] S. 436,2) heißt es bei der Auf-
tisch (Themis Kurzform zu Themisto), Preller- Zählung der verschiedenen Mütter Homers: oi
Robert, Gr. Myth. l"*, 477 Anm. 1, ihr Vater de Ge^iarriv, ^wofür Barnes: ©«fitarto, K. Maaß,
Hypseus ist vielleicht ursprünglich der Zeus Oesterr. Jahreshefte 11 {I90ii), 24 und Anm. 66:
'Ü^iffTos oder ''TTiarog, Studniczka, Kyretie 143. 0^fttv vermutet. Doch wird m. E. die Lesart
146 f. 151. E. Maaß, Gott. Gel. Anz. 1890, 344. GsfiiöTdi geschützt durch Paus. 10,24,3: Kv-
349 (vgl. Arch. Jahrb. 21 [1906], 104). Lud. ngioi . . . oIxslovvxccl ^'0^r]Qov, Otiiiaru) ts wbtm
Malten, Kyrene {Philol. Untersuchungen 20) 74 fir]t^Qa slvai xmv rivcc inixoiQiuiv yvvaiTicbp Xi-
Anm. 1; vgl. W. H. Röscher, Die Zahl 50 im yovai,, und weiter führt Pausanias Verse des
Mythus etc. der Hellenen 19. Nach Studniczka 20 alten ky prischen Wahrsagers Euklos an, in
a. a. 0. 150 f. ist die gleichnamige Mutter des denen gleichfalls Themisto als Mutter Homers
Arkas (s. unten nr. 2) trotz des verschiedenen genannt wird. [Höfer.J
Vaternamens ursprünglich mit der Hypseus- Themistouoe (©e/itörovorj), Tochter des Keyx
tochter identisch. Eine physikalische, wenig (s. d), Gemahlin des Aressohnes Kyknos, Hes.
wahrscheinliche Deutung der Themisto und Scut. 366. Ihr Name knüpft wahrscheinlich ur-
ihres Vaters Hypseus schlägt Forchhammer, sprünglich, wie der der Themisto (s. d.) an
Hellenika 1, 290 (vgl. 284) vor. den Kultus der Themis an, Gruppe, Gr. Myth.
2) Tochter des Inachos, von Zeus Mutter 587,3. [Höfer.]
des Arkas, Rufinus Becognit. 10, 21. Istros Theo (0feb), Name einer Jungfrau, neben
(frgm. 57) bei Steph. Byz. s. v. 'AgHaöicc (p. 120, 30 ihren Gefährtinnen fsavco, kßrtQÖTiri, ' iTtnoXvTi^,
12). Fust. ad Hom. II 300, 29. 30. ad Dionys. "AXv.riöxig (der Name der sechsten Jungfrau ist
Per. 414. v. Wilamowitz, Hermes 19 (1884), 447 unleserlich) dargestellt auf einem nach L. Pol-
Anm. 2; vgl. F. Maaß, Arch. Jahrb. 21 (19(j6), lak, Arch.-Epigr. Mitt. aus Oest. 18 (1895), 21
104. Reinh. Franz, De Callistus fabula {Leip- nr. 21 dem Xenotimos zuzuweisenden Onos aus
ziger Studien 12 [IS^O], ü) ^.S4:6 f. Vgl. The- Eretria, Ji^Xt. ccqx- 8 (1892), 78 f. Hartwig,
misto nr. 1 a. E. 'Ecpriii. ccqx- 1897, 134 f. und Tafel 10,1. Col-
3) eine der Nereiden, Hesiod Theog. 261. lignon und Couve, Catal. des vases peints du
Schoemann, Opusc. academ. 2, 111. Pott, Zeit- musee national d'Athenes (1902) ni.lbSS S. ^06 f.
sehr, für Völkerpsychologie und Sprachu-issen- C. Robert, Die Knöchel Spieler innen des Alexa^i-
schaft 14 (1883), 163. Gruppe, Gr. Myth. 418, 40 dros (21. Hallisches Winckelmannsprogr.) S. 20
7. 9. Röscher a. a. 0.; vgl. oben Bd. 3, Sp. Anm. 47. [Höfer.]
214, 44. Theoboon (@£oß6(ov\ in der rationalistischen
4) Tochter des Zabios, des Königs der Hy- Umbildung der Autiopesage Sohn des von Zeus
perboreer, von Apollon Mutter des Galeos (s. d.) stammenden Bronton (Bqcctcov Cedren., der auch
oder Galeotes und des Telmissos (s. d ), Steph. statt Theoboon die Form QedßoLog [Gsoßoog,
Byz. s.v. FaX^MTaL. Gruppe, Gr. Myth. 12M, 2 \ Malalas] bietet), Bruder des Nykteus, Ver-
vgl. oben Bd. 1, Sp. 2821, 43ff. wandter der Dirke. Er schwängert die Antiope.
5) Angebliche Herapriesterin in Argos zur und die von dieser geborenen Zwillinge, Am-
Zeit, da die Magneten, die aus Thessalien nach phion und Zethos, benennen die von ihnen
Kreta ausgezogen waren, nach einem Aufent- 50 gegründete Stadt zur Erinnerung an ihren Va-
halt von 80 (= 2 X 40) Jahren infolge des ihnen ter OfjßccL, loh. Antioch. im Schol. Tzetz. ad
von Apollon vorhergekündeten Zeichens, des Exeges. i/om. JZ. p. 132, 25 iF. 145,21. Tzetz.
Erscheinens weißer ßaben, nach Delphi um Chiliad. 1, 319 if. Kephalion {F. H. G. 3,628
weiteren Bescheid schickten, 0. Kern, Die In- Frgm 6) bei Malalas ed. Bonn. 1,45 f. 49.
Schriften von Magnesia am Maeander 17,^, S. 14. Cedrenus 1, 44, 1 tf. Vgl. Suid. a. v. kvtiönr}, wo
Derselbe, Die Gründuugsgeschichte von Magnesia Theoboon nicht genannt, sondern als ^ri? rcor
a. M. 10 f. V. Wilamoivitz, Hermes 30 (1895), itoXirmv'' bezeichnet wird; vgl. E. Bethe, The-
190; vgl. Ed. Meyer, Berliner Philol. Wochen. banische Heldenlieder 2 Aujn. 2. Ernst Graf , Die
sehr. 15 (1895), 453. Pomtoic , Philologus 54 Antiopesage (Diss. Zürich 18M) S. 24:. [Höfer.]
(1895), 247. Neben der Herapriesterin Themisto 60 Theobule (OsoßovXr}). 1) Bei Hygin. f. 97:
wird zur weiteren Datierung der sogenannte '^ Arcesilaus Lyci et Theobulae filius'' vermutet
TtQoäQicov lElsvvXXog in Delphoi in der oben an- Bunte für Lyci: Arcilyci (vgl. Hom. II. 14,451)
geführten Inschrift erwähnt: Powiow bei PawZi/- und bemerkt zu Theobulae " Hanc aliunde non
Wissowa 4, 2605. novi\ Doch steht bei Tzetz. Prooim. Alleg. Hom.
6) f)8iii66rä), nach Heydemann, Satyr- und II. 534: xovtov (^AXiv.xoQog) Y,al'ÄQy.f6lXaog, ar,-
Bakchennamen 23 nr. f mit Anm. 111 Mainade xgog dh KXsoßovXrjg über KXsoßovXrig: i) @8o-
auf einem Skyphos aus Chiusi {Furtwängler, ßovXr\g. — 2) Bei Hygin. f. 224, wo überliefert
Beschreib, d. Vasensamml. im Antiquarium zu ist: Myrtilus, Mercurii et Tlieobules fdius
611 Theodaimon Tbeodoros 612
schreiben nach dem Vorgang von Mutieker alten Thraker 2, 4s in Sitzungsher. der kaiserl.
auch Bunte, Bursian, Jahrb. f. klass. Phil 93 Akad. dr-r ir/.s>. phil-hist. Cl. 130 (1893) wäre
(1866), 778, Anm. 23 und Jf. iSc/*»iidt (p. 132, 17) Totis eine aus dem semitischen Orient nach
Mercurii et Cleohules filius. Bei dem Schwanken Phrygien eingedrungene Göttin, zu deren Na-
in dem Namen der Matter des Myrtilos (Klee- men er, wie auch Kaibel, Gott. Gel. Nachr.
hole («. d. nr. 4J, Myrto [s. d. nr. 1], Phaethusa 1901, 613 (vgl. 611), den phrygischen Namen
oder Klymene [Bd. 2, Sp. 3817, SSf.l, Klytia Torr?]? (so! nicht Pottes, wie oben Bd. 2, Sp.
[Hy^in Astron. 2, 18J) ist eine Änderung des 2635, 3 steht) vergleicht. Vielleicht darf man
überlieferten Namens Theobule wohl nicht nö- auch an das Geschlecht oder die Phratrie der
tig, zumal wenn man das oben unter 1) An- lo ToTT£[rdat?J auf Chios erinnern, k&rjvä 20
geführte berücksichtigt. [Höfer.] (1908), 20) ff. A. Plassart et Ch. Picard, Corr.
Theodaimon (ÖeotfaiVwv). Ein llelief aus //eW. 37 (1913), 218. 220. Auf jeden Fall aber
Amphipolis mit einer merkwürdigen Dar.stel- ist ein Zusammenhang des Totoes mit Toris
long (s. unten) trägt die Widmung: 'hgriTsvov- anzunehmen. In der Weibinschrift wird man
tog Zmiov roO KaöodvSQov Toro/jr* OsoSai- Gsodaliiovi als Epitheton zu "TTtvm aufzufassen
liovilTnvm Tloxlioe KimSioe ^iJitvxos trjv si>xi^Vt haben; es scheint sonst nicht vorzukommen.
Cominery, Voyage en Macedoine 1, 126, pl. 8. Denn daß Tordrje, f)to8oäinov und "Vnvos drei
l>£a« nr. 1417. Perdrizet, Corr. hell. 19(1906), verschiedene Gottheiten sind, ist, wenn auch
682 22 (1908), 360 ff. (mit Abbildung nach möglich, so doch unwahrscheinlich. Vielleicht
Cousinery auf S. 363). W. Baege, De Macedo- 20 geht die oben erwähnte Darstellung auf ügyp-
num sacris {Diss. pJtil Hol. 22, 1 [1913]\ 181 f. tische Vorstellung zurück. Der Esel ist das
Die oben angegebene Lesung ist nach Perdrizet Tier des Set (s. Sp. 773, 42 ff. Sp. 778), und so
a. a. 0. 22, 851 f. sicher: weder das von Cousi- erscheint Set als böses Geschöpf mit Eselskopf
nery für Osoöaifiovi gelesene 'AyaO^oSai^ovi neben Schildkröten, Schlangen und Krokodil
(vgl. auch Dimitzas, MaxsSovmoi nr. 864) auf einem Talisman aus Edfu, Daressy, Ann.
noch das von einem Anonymes in der griechi- SertK Ant. 12, 143 f. A. Wiedemann, Arch. für
sehen Zeitung KmvaTavrivovnoXig 1891 nr. Beligionswiss. 17 (1914), 220 Anm. 1. [Höfer.]
174 statt Tot6titi. vorgeschlagene Tcb(i) y<{ijrt Theodaisios {OsoSaiaiog), Beiname des Dio-
^£odatixov( X. T. X. ist anzunehmen. Perdnzet nysos, Hesych. Der Name soll nach Bich.
hatte anfangs den Gedanken, Totoes mit dem so Schmidt, De Hymenaeo et Tala^io dis vcterum
ägyptischen Thot, der aber keine Beziehung nuptialibus (Diss. Kiel 1886) S. 27 den Dio-
zum Schlaf hat, zusammenzustellen, später" nysos als Hochzeits- und Ehegott bezeichnen,
dachte er mit Beziehung auf die Darstellung da daisiv besonders vom Hochzeitsmahle ge-
(s. unten) an Einfluß des Gnostizismus und braucht werde; vgl. Hesych. 'Hgoxia xcc 9-eo-
der Mithrasreligion. JSac^e a. a. 0. 181. Anm. 1 äaioia. ol Sk koqxriv ol ös Isgä, was sich
verweist auf den Personennamen Toro?]?, der nach Schmidt auf die Hera als Ehegöttin be-
sieh häufig in Papyri findet {Greek Papyri in zieht. Gruppe, Gr. Myth. 736, 4 und Theophil
the Brit. Mus. ed. Kenyon HI p. 6. 8—11. 15. Saucius, Andros {Sonderschr. des österr. arch.
16) und nimmt eine Auswanderung von Thra- InstVlll) S. 111 leiten den Namen 0sodaiaiog
kern mit diesem theophoren Namen nach 40 und den Namen des als dionysisch wenigstens
Ägypten an. Auf dem Relief ist ein Esel dar- für Kyrene {Suid. s. v. 'AöTvägoiiia) und Andros,
gestellt, aus dessen Rumpf sich ein weibliches wo w^ährend der Festfeier aus einer Quelle
Haupt, das vielleicht mit einer Feder geziert sieben Tage lang Wein floß {Plin. N. H. 2, 2.'J1.
ist, erhebt; zwei Schlangen winden sich um 31, 16. Paus. 6, 26, 2. Philostr. Imag. 1, 25) be-
den Körper des Esels, dessen Schwanz in einen zeugten Festes GsoSaiaicc davon ab, daß
Schlangenkopf ausläuft. Am Boden befinden dem Gotte bei seiner Epiphanie ein Mahl
sich nach oben stehende Dolche, mehrere Skor- bereitet wurde. Indem jedoch der Gott selbst
pione und etwas, das wie lodernde Flammen Wein fließen läßt, ist er gleichzeitig auch der
aussieht. Ob man mit Perdrizet als Anlaß zur Bewirtende. S. auch Xihson, Gr. Feste 279 f.
Stiftung des Reliefs eine schreckliche Traum- .50 471, wo die ©soöaioia ausführlich behandelt
erscheinung annehmen soll, die Seleukos auf werden. [Höfer.]
Rat des Zoilos durch eine Weihung an Totoes Theodoros (OsoSagog) 1) ein Hirt in Ery-
darstellen und dadurch gewissermaßen in ihren thrai, von der Nymphe Idaia Vater der Sibylle
Wirkungen aufheben wollte, bleibe dahingc- Herophile, Paus. 10,12,7. Die Inschrift einer
stellt. Perdrizet nennt den Totoes ^un dieu in der Sibyllinischen Quellgrotte in Erythrai
obscur et inferieur, saw,«? cuite organise, un de- gefundenen Basis, die ein Bild der Sibylle
mon, un dieu thrace = Hypnos^ . Ist Totoes, was trug, bezeichnet die Herophile als Zißvl\Xu
wahrscheinlich ist, ein thrakischer Gott, denn vviicprig xai GsoSooqov 'Egv^gaia {Buresch,
Amphipolis liegt in dem früher zu Thrakien Athen. Mitt. 17 (1892), 17. Wochenschr.f.klass.
gerechneten Teil Makedoniens, so darf man 60 PM. 1891, 1043. S. Beinach, Bev.deset.gr.
seinen Namen wohl zusammenstellen mit Tortg, 4 (1891), 280), und die Sibylle spricht von sich
dem Namen einer thrakischen Gottheit: Bsvötg, selbst: yiccl GEoSagog ^cprj d-vrirbg ifiol yhvhrig^
kragyatlg^ Molig^ Toxlg {^üxl 6h tavra dvoiuxta Ath. Mitt. a. a. O. 21 Vers 4. Wochenschr. a. a.
datiLOvcav xiiuofidvaiv itctgu Gga^iv), Herodian 0. 1042. Bev. des et. gr. &. a,. 0. 2Sl. N&ch Suid.
ed. Lentz 2,761,1 ff. (vgl. 1,107,21). Dieselben s. v. ZißvXXa (p. 739,10 Bernh.) geht die An-
Namen begegnen bei Theodos. in Grammat. gäbe, daß Theodoros der Vater der Herophile
Gr. ed. Hilgard 4, 1, S 328, 22, nur daß hier ist, 2i\ii Hermippos — gemeint ist wohl der Schü-
Tixlg statt Torf? steht. Nach Tomaschek, Die 1er des Kallimachos, Buresch, A. M. a. 0. 25 —
613 Theognete Theoi Agnostoi 614
zurück: 2L!ißvXXccj jinolXcovog ■KcxlAauiag- y.cctcc dititj , \Alh. Mut. 35 (1910), 4. 56 f. (v^l. Deiss-
äd Tivas '/iQLaro-KQcctovs xaJ ' Trfairjt: (Idulag, mann, Dir cliristlichc Welt 24 [1910 1, 218 ff.)
E. Maaß, De SibylUirum indicibus 28 Anm. 66, einen Altar: (^-hoig 'Ayv\wrtxnig\. Vgl. Usericr,
nm Übereinstinimun«,' mit J'aus. a. a. 0. zu er- Bokde, Jlcfxiing aa. aa. 00. Jessen bei Pauly-
zielen), mg öt ''K{jyn7C7tog OfodmQov. — 2) Auf Wissoiva Suppl. 1, 28 tf. C. Pascal, II culto deyli
einem im Asklepieion in Athen gefundenen dei i'gnoti a Roma, Jiull. mmun. Rom. 22 (1894),
Relief (abg. Sroronos, Das Athener National- 188 tf, Wendland, Die hellenislisch-röm. Kultur
museum: Deutsche Ausgabe von W. Barth 'Vai'. HS 78, 2. Gruppe, Gr. Mgth. 1092, %. v. Frott,
nr. 1401 rechts unten = J.;cA. /«/tr6. 29 [1914], Fasti sacri 7. Fr. Poland, Gesch. d. griech.
218 Abb. 11) ist ein Reiter dargestellt mit der lo Vereinsiresens 212.
Inschrift ffi^oSagog ijQO}?. Unter diesem soll Vorstehender Artikel ist schon im Jahre
nach Süoronos a. a. 0. ö38 Anm. 4 zu S. 537 1912 gesetzt worden. Seitdem ist die Litera-
(vgl. auch Kutsch, Attische Heilgötter = lieli- tur (und auch das Material) bedeutend erwei-
gionsgesch. Versuche u. Vorarbeiten 12, III S 85 tert worden, hauptsächlich im Anschluß an das
nr. 106 S 127 nr. 48) nicht ein gewöhnlicher bedeutsame Werk von E. Norden, Agnostos
heroisierter Sterblicher, als welcher er aber TJieos (Leipzig 1913); vgl. die Besprechungen
S. 350 erklärt wird, zu verstehen sein, sondern von O Weinreich, Deutsche Literaturzeitung 34
ein Heros aus dem Asklepioskreise, vielleicht (1913), 2949 tf. W. Jaeger, Gott. Gel. Anz. 1913,
ein Sohn oder ein Geliebter des Gottes oder 569 tf. Meitzenstein, Neue Jahrb. f. d. klass. Al-
ein Pferdearzt; s. dagegen X. Malten, Arch. 20 tertum 3t (1913), 146 ff. 395 tf. R. Wünsch, Berl.
Jahrb. a. a. 0. 219 Anm. 1. Vgl. auch Furt- Phil. Wochenschr. 34 (1914), 10G5ft'. Th.Plüß,
wängJer, Ath. Mitt. 3 (1878), 291. [Höfer.] Wochenschr. für Mass. Phil. 1913, 563tf. 1914,
Tbeogiiete (©aoyrv/V?]), Tochter des Laodikos, 852 tf.; s. ferner: Ad. Harnack , Ist die Rede
Gemahlin des Aison, Mutter des Jason, Andron des Paulus in Athen ein ursprünglicher Be-
im Schal. Apoll. Rhod. 1, 45. [Höfer. J standteil der Apostelgeschichte = Texte u. Un-
Theogone (©Eoyorrj), von Ares Mutter des tersuch. zur Gesch. der altchristl. Literatur 39
lydischen Konicas Tmolos (s. d.), Pseudo-Plut. (1913), 1 tf . Th. Birt, ''AyvoiOxoi d'tol und die
de fluv. 7, 5. [Höfer.] Areopagrede des Apostels Paulus in Rhein. Mus.
Theogonien s. am Ende des T. 69 (1914), 342 ff. (vgl P.Corssen, Zeitschr.f.neu-
Theol A(u)gdisteis {SboI 'Avydiarstg) auf 30 test.Wissensch. li, 209 ff.). O. Weinreich, De dis
einer Inschrift aus Eumenia in Phrygien, C. I. ignotis quaestiones selectae (= Arch. f. Religions-
G. 3,3886,6 add. p. 1103 = Kybele und Attis, ivissenschaft 18 [1915], 1 tf".). Nicht zugänglich
Gruppe, Gr. Myth. 1088, 2. [Höfer.] war mir Francis Cranford BurJcilt, Agnostos
Theoi Agnostoi {Geol ayvcoGtoi). Der Kult Theos in Journ. of theol. stud. {Oxüord) lf> {191A),
der ^unbekannten Götter' ist wie der Kult der 455, vgl. Bursians Jahresber. 44. Jahrg., Bd. 174
'Ttdvtsg -O-foi" oder einfach der ^&8ol' hervor- — 177, S. 319. Auf Nordens Standpunkt stehen
gegangen aus dem Bestreben, ""jeder Gottheit im großen und ganzen W. Jaeger, Reitzenstein,
das Ihrige zu geben', aus dem Wunache, mit Weinreich, während Plüß und Birt beachtens-
seiner Verehrung ^nicht nur die bekannten und werte Einwendungen vorgebracht haben. Der
anerkannten, sondt-rn auch die unbekannten 40 Singular ccyv(06zog Qsog der Apostelgeschichte
Götter zu umfassen und dadurch die von fremd- ist nach Norden (dagegen Plüß a. a. 0. 1913,
ländischen Kulten so leicht beeinflußte Super- 555. 558) eine absichtliche Änderung des durch
siition zu heinhigen^ (Usener, Götternamen HAb) antike Zeugnisse als authentisch überlieferten
vgl. Philostr. vit. Apoll. 6, 3: acocpQovEGtsgov Plurals: 'der Verfasser der Areopagrede hat
yccQ TÖ negl nccvroai' Qscbv sv liysiv -Kcd xavt die polytheistische Altarinschrift durch Um-
kd'tjvriatv, ov %cc). kyvojöttov Jai^ovav ßco- Wandlung des Numerus monotheisiert' {Nor-
liol idQvvxcct. In Phaleron gab es paiiol ^stov den 121). Der Singular ist überhaupt in der
T8 övoiia^oiisvav ocyvmötoiv zal rjQoaav, Paus. altgriechischen Kulturwelt nicht nachweisbar,
1, 1, 4. Vgl. auch die Bezeichnung der von den sondern gehört der Zeit der Theokrasie oder
Einwohnern von Phaleron irrtümlich getöteten 50 des Synkretismus an. So nennt Lydus de mens.
Argeier, die mit dem Palladion dorthin ge- y). 109,24. Wünsch den Gott der Juden einen
kommen waren, als ayvöötsg, Pollux S, 119. 'unbekannten Gott' ; Aißiog (AiXaiog cod.) iv tjj
Hesych. s. v ayvät&g; vgl. oben Bd. 3, Sp. 3420, xor^öilov ' Pcoiia'Cx'^ IgtoqIcc ayvcaGxov xov ixst
4 ff. s. V. Palladion. An die ^yvmGvcov Scci^ovcov xhlw\ibv6v cprjaL; vgl. Lucan. Phars. 2,593: de-
ß(o(ioi knüpfte der Apostel Paulus an in seiner dita sacris | Incerti ludaea dei und dazu Schol.
Areopagrede, in der er von einem Altar in Bern. "p. Sb Usener: Livius de ludaeis ^Hiero-
Athen sprach, iv co inByiyQccnxo kyvcoGtoj @scp solimis fanum cuius deorum sit non nominaf.
{Acta Apost. 17, 23); vgl. auch die ßcaiLoi ccvoj- Lydos hat also das ihm durch die theosophische
vv^oi -KCixa xovg dr\iiovg xäv 'Ad-jivocicav., Diog. Spekulation späterer Zeit bekannte ccyvtoarog
Laert. 1, 110. Hesych. s.v. ßoawol uvävviioi. Die 60 eingesetzt {Norden 60 f.). Daß die Areopagrede
zwei Stellen im pseudolukianischen Philopatris von Paulus nicht gehalten worden, sondern von
{vT] xov "AyvcoGxov iv 'Äd-rjvccig 6, cap. 9, und dem Redaktor an Apollonios von Tyana an-
xov iv 'Ad-^vaLg "Ayvcoötov, cap. 29) setzen die geknüpft ist, steht wohl trotz Harnack fest;
Stelle der Apostelgeschichte voraus {Usener a. s. auch E. Schwartz, Gott. Gel. Anz. 1911, 671.
a. 0. 345,45). In Olympia stand beim großen Apollonios hat in. Athen eine Predigt {diöclBlig)
Zeusaltar '.^yvcoffrwf -O-scör j3o)uo? (Paws. 5,14, 8). über Opfer und Gebete gehalten, die inhalt-
Eine Inschrift aus Pergamon weiht nach der lieh mit der Schrift -jtsQl d'vaimv verwandt ge-
höchst wahrscheinlichen Ergänzung von Hep- wesen ist, von der ein Fragment durch Ver-
615 Theoi Agnostoi Theoi Agnostoi 616
mittlan^ des Porphyrios hei Eitsebios {Fraep. erkennt Birt 385 in den ignoti dei des Miuu-
ev. 4, 13) erhalten ist, Norden a. a. 0. 42 tf eins solche Götter, deren Namen den Itouiorn
/a€</er a. a. O. 007 ff. ; vgl. aber auch W. ScJimid, bisher fremd gewesen waren, wie Anubis, Isis,
Wochenschr. f. klass. Phil. 191S, 269. Die oben Sarapis, Mithras. Birt 3H4ff. nimmt drei Be-
8p. 61 3, Z. 44 f. abgedruckte Stelle des PÄi/os^ra/av dentungen für äyvcoaro^' iisöi bzw. ignotus ({eus
h&\t Birt a.a 0. 346 ff. für verderbt und schreibt an, einmal bedeutet es den ausländischen Gott,
6(o<pQovioTfQov fUQ To "KBqI TtdvTcov d'eäiv £v H- der zwar einen Namen führt, aber einen sol-
ysiv xal tawra (^nd&ots av oder auch svQOLg av} eben, den der Hörer, der Laie nicht versteht
^^»jvi?öivx.T.i.;s. dagegen ir.X»Wzmant»,7Mein. (vgl. Or. Met. 14, 3ü(>: ignotosque deos ignoto
Mus. Tl (1916), 280f. Plüß, Wochetischr. 1918, lo carmine adorat), zweitens bedeutet es den Gott.
656. Festaabe Hugo Blümner überreicht 42 ff. dessen Gestalt man nicht kennt, von dem ein
W. Schmüt^Wochenschr. f. klass. Phil. ldlS,2fi(iS. Abbild unbekannt ist (vgl. äyvaarai nog(pai
Dem Redaktor der Apostelgeschichte folgen der Hera, Parmenion in Anth. Planud. 216:
Euthiilios Diakon, ed. cathol. epist. bei Migne, oix ayvcaarog ^ot(iog ^s6g : Mer in seiner Er-
Patrol Ser. Gr.Sb^69'2{'E7ilyQoc(i(ucrov iv *Ad'^- scheinung wohl bekannte (iott Phoibos', auf
vatg ß(ouov: (^Botg 'Aöiag xai EvgmTtqg xal Ai- einem Maueranschlajj^ in Ägypten, Klio 2,278.
6yr]g ^«m re &yvui6V(o xal ^ivto — denselben Beitzenstein Aib,'>. Weitireich, J)e disign.MS.);
''ortlaut der Inschrift geben auch Oikumenios, drittens sind ayvoiaroi d-foi Götter, für die man
Comment. in acta apostol. 26 bei Migne, Ser. keinen Namen feststellen kann {Paiis. 1, 1, 4.
Crr. 118, 237 und Theophylakf. Expos, in acta 2o 5,14,8. Philostr a.a.O.). Hierher gehören auch
avostol. 17 bei Migne, Ser. Gr. 125, 746 — T69s die ßanol &v(i}vv^oi Diog. Laert. 1, 110.
TO iniyQa\L^a TlavXog dvccyvovg yid'ijvrjöt idri- Wie der Bericht der Kommentatoren der
fi?2/opef). Isidor. Peius. Epist. 4,69 bei Migne, Apostelgeschichte, die den dyvaöTog ^sög auf
Ser. ^rr. 78, 1128 (der, wie 0»/umeneo.s und auch Pan beziehen, auf Herod. 6, 105 zurückgeht,
Theophylakt. die Inschrift 'Ayvonörrp dsat auf Pan so wird die Quelle für die Erzählung der Er-
bezieht, den die Athener vor der Schlacht bei richtung eines Altars für den ' unbekannten
Marathon nicht gekannt und verehrt hätten, Gott' zur Abwendung einer Pest in dem Be
daneben aber noch angibt, die Athener hätten rieht des Diog. Laert. a. a. 0. zu suchen sein.
bei einer Pest, nachdem sie vergebens von Denn nur dieser gibt als Grund zur Berufung
ihren Göttern Hilfe erbeten hätten , im GIau-30 des kretischen Sühnepriesters Epimenides nach
ben, es gäbe wohl noch einen Gott, der bisher Athen eine Pest an, unter der die Athener
bei ihnen noch keine Verehrung genossen und schwer zu leiden hatten : Epimenides läßt weiße
daher die Seuche geschickt hätte, einen Tem- und schwarze Schafe nach dem Areopag füh-
pel und Altar mit der Widmung *Ayvdaaz(p ^sa ren, sie dort frei laufen mit dem Auftrag an
gebaut, worauf die Pest sofort erloschen sei). seine Begleiter, wo sich ein Schaf niederlasse,
Athana8.Comment.de templo ludaeor. bei Migne, es zu opfern tat ngoörixovzi ^sip. 'Daher kann
Ser. Gr. 28, 1428 (der die Stiftung des atheni- man', heißt es weiter, 'auch jetzt noch in den
sehen Tempels mit der Altarinschrift 'AyvdoaTO) Deraen von Attika als Erinnerung an die da-
^sat auf Apollon zurückführt). loann. Chrysost. mals vollzogene Sühnung ßco^ol ccvoavvaoi fin-
in acta apostol. honiilia 38 bei Migne, Ser. Gr. 40 den', Stengel, Die griech. Kultusaltertümer 109
60, 268 (vgl. auch Theophylakt. a. a. 0 ), der als (143-). Diels, Sitzungsber. d. K. Preuß. Akad.
Grund für die Errichtung des Altars mit der In- d. Wiss. zu Berlin 1891, 391 Anm. 4. H. De-
schrift -Jyrobaroi -O^sw die Besorgnis der Athener moulin, Epimenide de Crete 107 f. Auf diesen
angibt, 'fitj nors xal aXXog rig (^eoff) ^ aivotg Altären stand also nur dsSy oder Tay d-am (bzw.
fihv ovSino) yvbJQifiog, d'sgccTtEvöiiBvog dh ocXXa- mit einem Eigenschaftswort, Plüß a. a. 0. 1914,
;|roi>*. Daß Paulus (oder vielmehr der Redak- 858), während der Name des Gottes fehlte.
tor) den ursprünglichen Plural der Altarinschrift Birt 387 identifiziert diese ßa^ol avoavv^oL
in den Singular umgesetzt hat, bezeugt Hiero- mit den für Phaleron bezeugten ßw^ol ^eiov
nymus ad Titum 1,12: ^ Inscriptio autem arae rs öro/xafo^tVtav &yvoi)6tcov xal rjQdxov, wo
non ita erat, ut Paulus asseruit, ,ignoto deo% 50 Bohde , Psyche 1*, 174 Anm. 1. Hitzig- Blümner
sed ita: ,Diis Asiae et Europae et Africae, diis zu Paus. 1,1,4. Oikonomos, Ath. Mitt. 35
ignotis et peregrinis.* Verum quia Paulus non (1910), 310 Scyräotojv auch auf rjQoacav beziehen
pluribus diis indigebat ignotis, sed uno tantum wollen; vgl. aber auch Jfieger a. a. 0. 579 f.
ignoto deo, .^ingidari verbo tisws est^; vgl. Nor- Plüß, Wochenschr.f. klass.Phil. 1913,555. Nach
den 117tf. Weinreich, De dis ign. 25ff. Von W. Schmid, Wochenschr. f. klass. Phil. 191S, 2G0
Altären: 'ignotis deis^ in Athen geweiht be- und Anm. 1 besteht die Möglichkeit unzuneh-
richten auch Tertull. adv. Marc. 1, 9 (vgl. ado. men, daß Phtlostratos überhaupt nicht an einen
not. '2,9: ara inscripta ignotis deis und dazu Altar mit der Aufschrift ayvcaGtoig d-eolg ge-
Birt a. a. 0. 356 f.) und August, de civ. dei 6, 3. dacht habe, sondern vielmehr an Altäre sonst
Aus der Stelle bei Minuc. Fei. 6, 2 p. 12, 10 60 unbekannter und nicht verehrter, nur den Athe-
Schöne: 'undique (Romanij hospites deos quae- nern eigener Götter, wie z. B. des "EXsog. Auf-
runt et suos faciunt, . . . ara'i exstruunt etiam fallend ist jedenfalls, daß die Kommentatoren
ignotis numinibus ex manubiis^ hat Norden zur Apostelgeschichte, mögen die von ihnen
118 f. auf das Vorhandensein eines Altars in angegebenen alticc geschichtlich auch wertlos
Rom mit der Inschrift: 'ignotis deis^ geschlos- sein, übereinstimmend von einem nicht über-
sen, ein Umstand, der möglicherweise den haupt, sondern nur in Athen zeitweilig noch
Hieronymus irrtümlich veranlaßt habe, einen unbekannten und unbenannten Gotte sprechen,
aolchen Altar für Athen anzunehmen. Dagegen Nach Birt 350. 352 ff. sind überhaupt im ganzen
617 Theoi Agnostoi Theoi Agreis, Theoi Agrioi 618
Altertume Altarinschriften äyvi»at(p -O-foJ oder G15, Z.26). Was schließlich die Frag«; betrifft, ob
ccyvmGvoi? &Fotg unbekannt gewesen, das Ur- die Überlieferung darauf hinweist, einen oder
sprüngliche ist das einfache -ö-cw, TW -y^tw, -ö-for^^, mehrere Altilre für die 'unbekannten Götter
totg d-sotg gewesen; vgl. aber auch l^lüß, anzunehmen', so spricht nur für Olympia das
Wochenschr. rJ13. ööö. 1914, 855, P^ineu be- Zeugnis des i'aM.sa»?m.s (5, 14,8: 'y/yfcbffTojv -O^fc&v
achtlichen Kinwurf gegen diese Annahme würde ßcouög) klar dafür, daß einer Mehrheit von
die schon oben erwähnte Inschrift aus Perga- Göttern ein Altar errichtet war, während die
nion an die Hand geben, wenn ihre Ergän- Überlieferung für Phaleron bei Paus. 1, 1,4,
zung über jedem Zweifel stände. wo in den Worten ßoj^ol ^tcbv rs 6voy.cito\Li-
l)er Altar aus dem heiligen Bezirk der lo vav 6cyvmorcov -kccX tjqüjiov trotz Jiohde, Psyche
Demeter in Pergaraon mit der Inschrift 0EOII 1*, 174,1 und Oihonmnos, Ath. Mitt. 35 (1910),
AFI Ka7tlTa)[v\ dccdovx<)[s] i^t abgebildet bei 310 ccyvöaGtoyv nur zu ^füv gehören wird, nicht
Ad. Deissmann, Paulus zwischen S. 178/179; auch zu rigdtav, und für Athen bei Philostr.
ein verkleinertes F^aksimile der Inschrift gibt die Möglichkeit otfen läßt, an mehrere Altäre
auch Weinreich, De dis i(/notis 30. Die Ergän- mit je einem unbekannten Gotte zu denken,
zung zu ccyvmaToig halten für richtig Hepding vgl. Fluß a. a. 0. 1913, 055, [Höfer.]
a. a. 0, Deissmann a. a. 0. 180 (vgl. Die Christ- Theoi Agoraioi {08ol 'Ayogatoi)^ die in einer
liehe Welt 24 [1910], 281 ff.). E. Schwartz, Gott. Beziehung zu der ayoga stehenden Gottheiten,
Gel. Anz. 1911, 671. Weinreich, Deutsche Lit. Aesch. Agamn. 90. Pollux 1,24. Ob in der In-
Ztg. a. a. 0. 2958. De dis ign. 30 ff. W. Schmid, 20 schritt aus Thera (/. G. 12, 3 nr. 452; vgl. I. G.
Wochenschr. f. Mass. Phil. 1918, 267, 2. Jalaberi, 12, 3 Suppl. p, 301. Collitz 4772) kyogritoig =
Melnnges de la facidte Orientale Universite Saint- ^soTg 'Ayogaloig ist oder ob damit ein sonst
Joseph Beyrouth 5, 2 (1912), p. L (vgl. auch unbekanntes Fest gemeint ist, ist zweifelhaft,
Plüß II. a. 0. 1914, 859), die sich gegen die Hiller v. Gaertringen, Die Insel Thera 202 ff.
vorgeschlagenen Ergänzungen ary^[a)Taro^s, wo- Ziehen, Leges Graec. sacr. 2,1 p. 315 f. zu
ran vorübergehend Hepding a. a, 0. gedacht nr. 127, Von einzelnen Göttern führen diese
hatte und was von Kern, Hermes 46 (1911), Epiklesis: Artemis in Olympia {Paus. 5,16,4),
434 empfohlen wird, oder ay[yiXoig (vgl. die Athena iu Sparta {Paus. 3,11,9), Themis {He-
lateinische Inschrift aus Viminacium: Dis An- sych.), besonders häufig Zeus und Hermes, wor-
gelis, Österr. Jahreshefte 8 [1905], Beiblatt S. 6; so über Wentzel bei Pauly-Wissowa s. v. Agoraios
vgl. Bousset, Arch. f. Beligionsiviss. 18 [1916], die Zeugnisse zusammengestellt hat. Für Her-
I7lf.) aus inneren, gegen die Ergänzungen mes kommt hinzu das Weihepigramm aus De-
ay[voig oder äy[ioig aus äußeren (diese Ergän- los, Corr. hell. 29 (1905), 227 nr, 86 == J. G.
Zungen würden den durch die Symmetrie der 11,4,107 nr. 1143: 'Ayogccim 'Egfiti [Höfer.]
Inschrift geforderten Raum nicht füllen) Grün- Theoi Agreis, Theoi Agrioi {Osol 'Jygeig,
den wenden. Das letztere Bedenken würde ©eol 'ÄygLoi). Nach Alexandros Polyhistor Av-
durch die Ergänzung äy[viTciig gehoben werden ; v.iccyf.cc frgm. 75 {F. H. G. 2, 235 ; vgl. Ed. Stemp-
vgl. Pollux, Onomast. 1,24: Q-sol ccnotgonäioi, linger. Studien zu den ^^viY.d des Stephanos
XvöLOL, nccd-ccgGioi , äyvtrca. Auch an Q'soig von Byzanz [Progr. d. Kgl. Maximilians- Gymn.
&y]gioig oder ay]gor8goig hat man gedacht, s. 40 München 1902] S, 32) befanden sich in dem
d. Art. Theoi Agreis Sp. 622, — Norden a. a. 0, nach Kragos (s. d.) benannten Kragosgebirge
66 Anm. 1 und Birt a. a. 0. 352 Anm. 1 halten '^rä i7tovo(icc^6fi8va @e&v 'Aygicov avrgu. Scna-
die Ergänzung zu aylvwaroLg wenn auch für ^•ccviGd'T^vai yäg cpccOi xovg n8g\ rov Kgdyov^;
möglich, so doch für allzu unsicher, um daraus vgl. Eust. ad Dionys. Per. 847: ^Kgäyog . . . cctco
weitere Folgerungen zu ziehen. Einen weiteren Kgdyov . . . , og avtod^i -ö'avcbv rtfiarori, iv rovtoj
wichtigen Beleg für die '"unbekannten Götter' S4 cpccoiv oi Tcalaiol tm Kgaym Ssmv 'Aygicov
würde das in einem Papyrus in Chicago ent- avrgu 8ivui ; vgl. Benndorf-Niemann, Meisen in
haltene Fragment eines Hymnus auf Apollo Lykien und Karien 1 , 76 und Anm. 4. Man
geben, an dessen Ende die Worte iTt' ccyvm- wird sich wohl diese, nach ^^^e^p'*, ^2/^, ^unsterb-
€toig iniloi^cci stehen, die man auf die %'8ol 50 lieh gemachten', nach Eust. ^toten Götter' nur
<kyvü36xoL bezogen hat, indem man vor ^jt' schlafend zu denken haben, Rohde, Psyche 1',
ScyvmöTOig <^d'Boi6ivy ergänzt, Class. revieic 28 131 Anm. 3; vgl. auch die Sage von den ewig
(1914), 143. Weinreich, De dis ign. Abt schlafenden Heroen auf Sardinien, J?o/ide,i^Äem.
Weniger, Klio Beiträge zur alten Gesch. 14 Mm8. 35 (1880), 157ff ; 37 (1882),465ff. = ^Zeme
(1915), 414 sieht in den dsol ayvtoGzoi chtho- *Sc/jn/ifm 2,197fF. 204ff. lÄ&ni\&ch{Bohde, Psyche
nische unheimliche Mächte, deren Name nicht a. a. 0. Weinreich, Lykisthe Zivölfgötter- Reliefs
genannt wird, sowohl aus heiliger Scheu vor [Sitzungsher. der Heidelberger Akad. der Wiss.
ihrem Walten in der Stille, das tiefes Geheim- Philos.-hist. Kl. 4, 1913, V] S. 16) sind die aus
nis umhüllt, als auch, weil der Begriff vorsieh- einer Inschrift aus Lydai in Lykien bekannten
tig alle schadenden Mächte ohne Auslassung 60 f>8ol 'Aygstg (Priester 'AnoXXcovog y.a\ ^log xai
in Einem zusammenfassen sollte, auf daß keiner Osatv ^Aygicav), Hicks, Journ. of hell. stud. 10
übergangen blieb und sich verletzt fühlen (1889), 57 nr. 7 und die aus derselben Stadt,
konnte. Nach Pascal a. a, 0. (= Studii di anti- wo sich auch in der gleich zu erwähnenden
chitä e di mitol. 85 ff,; vgl. Gruppe, Bursians Inschrift der theophore Name 'y^ypfdqpco»' findet,
Jahresher. 102 [1899], 241. Gr. Myth. 1092,2) Fick - Bechtel , Die griech. Personennamen 46.
sind die 'unbekannten Götter' ursprünglich Sittig, De Graecorum nominihus theophoris {Diss.
Ortsgottheiten und stehen in einer bisher rätsel- Phil. Hai. 20, 1912) 42 bezeugten @8oi 'Aygo-
haften Beziehung zu Pan (vgl. auch oben Sp. rsgoi (Priester 'AnoXlavog ytal ^ibg y.al ©e&v
Koscher, Lexikon der gr. u, röm. Mythol. V, 21
t)19 Theoi A^reis, Theoi Agrioi Thooi Agreis, Tbeoi Agrioi t)20
UyffOT^QOiv xal Jioox6q(ov xori IJccvog)^ Micks 'iyiuoi wohl als Jtiger auffassen. Weinrerch a.
a. a. O. 06 nr. 6. Die Otol l4ypf<V wurden auch a. 0. 16 tf. hat die in Lykien j?efuiide<ien Zwölf-
in Anazarba in Kilikien verehrt: eine dem ^ötter Iteliefs mit der Darstellung (a.a.O. 1 if .
Zeus, der Hera Gamelia und dem Ares als den Taf. 1. 2) von je sechs liestalten, die in der
d-soif Tioltovxots gewidmete Weihinschrift ist erhobenen Rechten einen Speer mit breiter
nicht, wie man erwarten sollte, nach .einem Spitze tragen und unterhalb derer je sechs
Priester der großen Götter wie Zeus und Hera Hunde angebracht sind, auf unsere (-^eot liygioi
datiert, sondern nach dem Priester der einhei- bezoj^en. Die Reliefs tragen fast Hilmtlicli die
mischen f9fÄv //yp^wv, i/tcÄ« a. a.O. 11 (1890), Weihung: öt'odtxa ^«oftf. Dabei ist natürlich
238 nr. 4. Weinreich hat a. a. 0. 17 f. z.T. un- lo nicht an den griechischen Zwölfj^ötterverein
ter Benutzung der entsprechenden Artikel bei zu denken — die lykischen Götter sind ja
PauJy-Wissowa eine Zusammenstellung der auch lauter mUnnliche Gestalten — , sondern
Epikleseis ^kygiog^ .^ypdrfpo?, ytyQOxiga, 'AyQ%vg, wir haben die altheimischen ^Jäger', die Lan-
'iypatog (vgl, auch K Maaß, Oriiheus 83 Anm. desheroen zu erkennen, die ursprünglich in
108) gegeben. Noch nicht konnte ihm die unbestimmter Mehrheit vorhanden waren, aber
Weihinschrift auf dem Bruchstück^' eines Re- vielleicht unter dem Einflüsse des jj^ricchischen
Vieh östlich von Pautalia in Thrukien bekannt Zw^lfgötterkreises oder infolge des allgemeinen
sein: kygiai Ssdi 'Ejrfijxda), die offenbar dem Glaubens von der Zwölizahl als heiliger und
auch als Jäger gedachten 'thraki^chen Reiter' typischer Zahl zu einer Zwölfheit zusammen-
gilt, Arch. Anztiger 80 (1915\ 222. so gefaßt worden sind.
Welche Götter aber sind nun unter den Man hat die &boI "Aygiov der "Lykier für
^ypiot Ofoi zu verstehen? Hesychios erklärt wesensgleich oder völlig identisch mit den
sie für Titanen (ayptoi ^ioi' oi Tnävsg); vgl. I^-uXtiqoI &sol der Solymer erklärt, Lobeck^
Max. Mayer, Die Giganten und Titanen 103 .45r7ao/>/ja»J. p. 1186 not. i (s. unten) und p. 1314.
Anm. 121. Die Bezeichnung Titanen wird hier Weivreich a. a. 0. 19 Anm. 27. Lanckoronski,
in demselben Sinne, nur von Orts- und Landes- Städte Pamphylims und Pisidicns 2, 3 Anm. 3.
heroen zu verstehen, gebraucht sein, wie von Die Erwähnung dieser Götter findet sich bei
den kilikischen Titanen {Sleph. Byz. s. v. 'Ä8ava.\ Plut. de def. or. 21p. 421 d e = Theodoret. Graec.
wie von den Titanen Xanthos und Balios {Dio- affect. cur. 3 p. 46/47 Sylh. (= Migne, Patrol.
doros Vf>n Tarsos bei Eust. ad Hom. 11. 1190,, so 5fr. Gr. 83, 880' = ed. Paeder 3, 57 p. 84) ==
56. H. L. Ahrens, Kleine Schriften 308) oder Euseb. Praep. ev. 5, 5 p. 188 cd (=1, 246 ed.
dem Titanen Askos und seinem Sohne Damas- Gifford) : insl xal ZoXvfiovg nwO-dvo^ai, rovg
kos, Eudocia p. 396. Die in der literarischen Avxiav nQoaoixuvg iv xolg ^äXiara n^av xbv
Überlieferung als oi ytsgl tov Kgäyov bezeich- Kgovov. iml 6' icKoxrsivccg tovg ccQxovxag {ccg-
neten Ziygioi Qtoi sind wohl mit Meineke, xriyixag^ Theodor. Euseb.) ccvxüv, ZlgaaXov xccl
Anal, crit'ca ad Athenaei Deipnosophistas 189 Jgvov {"Agvov., Theodor., "Agvxov, Enseb.) xui
und H. Ehrlich, Rhein. Mus. 63 (1908), 638 als Tgoacoßiov {Töcoßiv, Theod. Euseb.\ icpvye xal
Kragos und seine Brüder Aufzufassen, die von /ifrf;ua»prj(T6 OTioid^noxs {xovxo yug ovx ?;i;ov(7/v
Panyasis bei Steph. Byz. 633, 8 s. v. TgtulXt] stnttv), ixslvov fiev &ii8Xrid-f]vaL, xovg 6h nsgl
als 'des Tremiles und der vvfKpr} 'Slyvyiri, i^v io''AQCaXov axXr,govg (axtg[g]ovg, llieodor. Euseb.)
Uga^idixTiv xai^ovGiv^ dXool natSsg^ bezeichnet d-sovg TtgoaocyogBvsßd^at {Tcgoöccyogtvöai, Theod.)^
werden: Tloos, Xanthos, Pinaros und Kra- xal ra? xaxdgag inl xovxojv Ttoieta&aL öritioßia
gos. Ihre Mutter hält Ehrlich für eine Unter- xal iSia Avyiiovg.' Was den Text betrifft, ist
Weltsgöttin, und erklärt mit Meineke, gegen wohl &gxriyixag statt dgxovxag vorzuziehen;
den sich aber schon Ahrens a. a. 0. 369 ge- von den Namen der drei oxXriQol oder oxiggol
wendet hatte, ihren Grottenkultus daraus, daß d'soL (s. unten) kehrt der dritte wohl in der
in ihnen vulkanische Kräfte verkörpert seien, Glosse des /Swirfas wieder: Toaißig. dsbg rcov...,
worauf schon ihre Namen hinwiesen: der Name wo man (s. Btrnhardy z. S.) nach xüv entweder
Kgdyog bezieht sich nach Meineke ^ad subter- LoXv^av oder Av/.i(av oder 6xXr]ga)v ergänzt.
raneos fragores terraeque motus\ wie auch der 50 Der bei Plut. Jgvog, bei den anderen "Agvog
Namen seines Vaters TgsfiiXrig *°^ xg^iiuv hin- bzw. 'jigvxog überlieferte Name könnte in seiner
weise, die Namen Sciv&og und Tlivagog 'ad letzteren Form an den Namen der lydischen
nUilescentes flanimarum ignes et cinerum pu- Prinzessin kgvrivig (Herod. 1,74) erinnern, so-
micumque squalores^, 'TXmog statt Tgüog von wie an die lykischen Namen zip»? und yip/v[6Ja?
xgmstv (= perforare) ad montis foramina et (unedierte Inschrift von Termessos), Joh. Sund-
firssuras.* Osk. Treuber, Beiträge zur Geschichte wall, Die einheimischen Namen der Lykier
der Lykier {Gymnasialprogr. Tübingen 1886) 31 ( Klio Beiträge zur alt. Gtsch. Beiheft 11)
versteht unter den ^Tttgl xbv Kgäyov^ die der S. 282. Der dritte der oxXr\gol d-toi, "jlgoaXog.,
Vorzeit angehörigen Bewohner des Kragos über- hat r\2Lc\i Lancloronski a a. 0. zum mindesten
haupt, so daß wir hier einen sehr alten Seelen- 60 Namens-, nach Ed. Meyer, Allgemeine Encyclo-
kult bezeugt hätten, bei dem die Seelen der pädie von Ersch und Gruber 33, S. o3f, s. v.
Vorfahren überwiegend als feindlich gesinnt Karien sogar Wesens Verwandtschaft mit "Ag-
gedacht wurden Die einfachste, schon durch oriXig, dem Bundesgenossen des Gyges im
den Namen begründete Deutung: (vgl. Micks Kampfe gegen Kandaules, Plut. Quaest. Gr. 45.
aa: aa. 00. L. Malten, Kyrene = Philol. Unter- Derselbe Stamm ist wohl auch in den lyki-
suehungen 20, S. 10), worauf auch die Bezeich- sehen Personennamen "Agoag, "Agaig, 'AgoäXa-
nung des tbrakischen Reiters und Jägers als yog, kgcd^irig u. a. enthalten; vgl. Sundwall a.
ayoiog 9^s6g (s. oben) hinweist, wird die ©sol a. 0. 77. Vielleicht läßt sich noch etwas wei-
()21 Theoi Agreis, Theoi Agrioi Theoi Agyaioi 622
ter kommen: die Einwohner von Tarsoa ver- 118(5 not. 1 (vgl //MHt7roron«A:i a. a. O. 2,0 Anm. 4
ehrten als (Jründer und Ahnherren ihrer Stadt zu S. 4, wo statt Plut. Quaest. Gr. 45 zu lesen
Titanen: ^ ScQxriyovs ^x^'ch l^Qoag xal ijfud-bovsy i«t Plut. de def. or. 21) hat bei Plut. a. a. 0. für
^äXXov 6h TiTixvug\ sagt J)io (^firysost. im Ein- Kgovov: Kgäyov einsetzen wollen. Aber gerade
gang seiner ersten tarsischen Hede (2,1,14 diese Korrektur, g»*gen die freilich aus anderen
IJind.). Einer dieser Titanen hieß "Ogaavog Gründen schon 3Jax. Mayer {Pascher AI. L
oder VQGccvris: \ (7a(>öOs) . . . vno 'Egtx^ovioi-' s. v Kronos Bd. 2, Sp. 1490) Einspruch erhoben
xTiGsrng hsrsvxfh xar£ö;^t'0'/] öh nccga 'ügüdvov liat, würde gegen die von ihm angenommene
^vbg tCov Titdvcov ■nal tTnxvlnsojg gilr]xsv, Ge- üleichsetzung der 0tol "Aygioi und öfol 2«^xXrj-
nesius cd. Bon. Gl., b {Corpus Script. Ilist. Byz.: 10 goi sprechen: denn unter den ersteren sind
Theophylactus. Genesius). Bei der nicht seltenen Kragos und die mit ihm verehrten Götter zu
Trübung von A zu O, ''A^vXog: "O^vXog (s. d. verstehen; durch die Konjektur von Lobeck
Sp. 1283, 22 ff.), krQtvg: 'Orgsvg {Etym. M. 637, würde aber Kragos in ein ftindliches Verhält-
3 f. A'. Maaß, Gott. Gel. Anz 1890, 352. Max. nis zu dem Götterkreis, dem er selbst ange-
Mayer, Hermes 27 [1892], 496), "Aatainog zu hört, gesetzt werden.
"OözayLog (s.d.), kann sehr wohl auch in un- Geraume Zeit nach Abfassung des vorstehen-
serem Falle "Ogßavog für "Agaccvog stehen, und den Artikels hat Weinreich , Triskaidekadische
letzteres mit "AgoaXog identisch sein. Es wäre Studien (= Peligionsgescnichtliche Versuche und
dann wie oben für die 08ol Aygeig auch für Fo/ar&e«7ew 16, 1) S. 70 tf. erneut über die yly()toi
die 0801 ZytXr\goi ein Kult in Kilikien nach- 20 ^fo/ gehandelt: er erwähnt die oben (Sp. 619,
gewiesen. Ob die Lesart 0i:ol Zy.Xr\goi oder Z. 18) angeführte Weihung an den ctygiog &sbg
Osol 2JA,Lggoi vorzuziehen ist, kann als gleich- ^jrfrjxoo? und teilt den Vorschlag von P. Munß.
gültig angesehen werden, da beide Begriffe und A.Brinkmann mit, die viel erörterte In-
synonym sind, iofeecÄ, .l^iZaop/i. 13 14 f. — ZxXri- Schrift des pergamenischen Altars zu Qtolg
gog bedeutet 'hart, unerbittlich'; vgl. 6Y.Xr]gog ay[gioig'\ oder ay[gorigoig'\ zu ergänzen, ein
icdiLcov, Arist. Nuh. 1264 = Xenokles frym. 1 Vorschlag, zu dem er sich aus sachlichen und
bei Nauck , Trag. Gr. Frgm.' 770. Eur. Alk. äußeren (iründen ablehnend verhält. Besonders
500. Theokr. 440. Die Sphinx heißt G-uXriga wichtig aber ist der von Ed. Meyer dem Ver-
aoidög, Soph. O. R. 36. Die dem Kreise des Dio- fasser übermittelte Hinweis auf die phoiniki-
nysos angehörigen KoßccXoi heißen gleichfalls 30 sehe Parallele der &ygioL dsoL Phdon von By-
GKXr}gol dcciuovsg, Schol. Arist. Plut. 279 p. 340b, blas berichtet in den ^oiviTiL-nal lgtoqIccl in dem
i9 IJübner und hieraus interpoliert {Dindorf, Abschnitte über die svgstccl {F. H. G. 3, 566
Harpokrat. 183 not. 12. 180 not. 13) bei Harpo- frgm. 2, 9): Xgövoig 8h vöxegov noXXolg ccTtö tov
krat. p. 113,11 Bekker., Avas nach Loheck a. a. 0. 'Tipovgaviov ytvsäg yhvf-6%^ai 'Ayg^u -nal l4XUa,
1315 hier allerdings auf die '^petulantia,^ der tovg aygag y.a\ äXuLag svQttdg, i^ wv yiXrid'fj-
Daimonen und ihren ^durus et agrestis iocus^ vai äy gBvt kg xal aXiug., und weiter (567
sich bezieht. Die Fluchgötter der Solymer sind, frgm. 2, 10): dito tovrcov (sc. TbxvIxov xai Frit-
wie es ihr Wesen erfordert, ^unerbittlich'; vgl. vov Avtox^ovog) iytvovTO sragoi^ vav 6 ^hv
die ^unerbittlichen Göttinnen' {'ÄTTagalrritoi 'Aygög iv-ccXflro., 6 ds 'JygovriQog r) 'Ayg6~
dsai) auf einer Inschrift aus Lesbos, CoUitz "266. 40 rrjs, ov yial ^öccvov tlvai udXa ötßda^Lov xcd
.AiTiri d7iccgaixr\xog., Demosth. 25,11; Q^bol Ttaod vccbv ^vyocpugov^bvov iv ^oiri-/.r]- Ttagd ds Bv-
xb SiyMiov diiccQaix7iXoi, Plato Leg. 10, 907 B. ßXioig i^aigtxag -Otcov 6 pLEyioxog ovo^id^srai.
Gegen die oben berührte Gleichset/ung der ^ETitvoricav dh ovxot. aiddg TiQogxL&Evai xoig
0sol ZyiXrigoi mit den Qtol "Aygioi hat Trcuher ohoig v.al Ttsgißokccta yiai a-mfiXccia (vgl. die oben
a. a. 0., freilich ohne Begründung, Widerspruch Sp 6 8, Z.42 erwähnten Höhlen der dygioi ^soi).
erhoben: ""Diese 6xXr,gol mit den dygioi d'bol 'Ex tovxcov dy g 6t a l kccI ■avvriyoi (vgl. oben
für vollständig wesensgleich zu halten, dürfte Sp. 620, Z. 1). Ovxoi öa xccl 'AXfjxai -na) Tixävsg
jedoch in etwas zu w^eit gehen' Der Haupt- -/o;Aoi)j'Tort (vgl. oben Sp. 619, Z. 23: c^yp/ot -O^fo/- ot
grund dieser Gleichsetzung ist m. E. die Auf- Tixävbg). Ferner berichtet J'hilo (569 frgm. 2,
fassung der Bedeutiing von dygLog, das ja 50 25), daß Kronos die Stadt Berytos geschenkt
synonym mit 6%XriQÖg sein kann {aygiog und habe IIo6sid&vt xai Kccßsigoig liygöxatg ts
GxXrigog verbunden bei Arist. Eth. Nikom. 4, 8 %ccl kXLSvaiv, also eine wiederholte Erwähnung
p. 1128a, 9 [wo die Korrektur dygoinog wohl des 'Aygog bzw. 'Aygitvg und der nach ilm be-
nicht nötig ist]. Plut. Solon 1. JDio Chrysost. nannten 'Aygoxat, so daß wohl schwerlich mit
or. 7 p. 222 i?. = 110, 16 Dmd). Da wir aber Benan, Sur Vorigine et le charact. verit. de
in den 08ol 'kygiOL, 'Aygtig usw., worauf auch Vhistoire phenicienne in Mem. de VAcad. des
die Bezeichnung des thrakischen Jägers als inscr. et helles lettres 23 (1858), an eine mißver-
d^sog aygtog und die oben erwähnten Reliefs ständliche Übersetzung von 'Aygög aus dem
weisen, ^Jäger, Götter der Jagd', bei denen Phoinikischen zu denken ist; vgl. 0. Gruppe,
allerdings ja auch eine gewisse Rauheit anzu- 6o Die griech. Culte und Mythen 1, 355 Anm. 9.
nehmen ist {Hicks, Journ. of hell. stud. 10,57), Auch der mehrere Generationen vor Agreus
erkannt haben, Jäger, die in Höhlen hausen angesetzte phoinikische Gott Usoos erscheint
und von ihren Hunden begleitet mit Lanzen gleichfalls schon als Jäger, der an zwei dem
die lykischen Berge durchstreifen, etwa in der Ilvg und üvsviia geweihten Säulen blutige
Art unsers "^ wütenden Heeres', darf die an und Opfer darbringt: alud xs enivdf-LV avxulg i^
für sich mögliche Gleichung dygiog = CKXrigog vov fiygsvs d-7}Qi(ov. [Höfer.]
nicht zu einer Identifikation beider Gruppen Theoi Agyaioi (08oi Hyvaloi), Bezeichnung
von Gottheiten benutzt werden. Z/OÖßc/t;, Jg/ciop/?. der Laren (s. d.) als der ^vicorum atque itine-
21*
623 Theoi Akraioi Theoi Genethlioi 624
rum dei' {Arnob.S.H) in derGlo8.se im Cot-p, oderGomlane: iVfoaop7js(?) TVfa^a tfe[fcjns.' |t^|tots;
Ghss. ed. Goetz 2, 104, 16 = 6,244 b. v. Com- ^[äJjjxoois.- sixi/jv, Journ. of hell. sind. 32 (1912),
pitalia: Compitalia ^i&v &Yvai(ov kogrccl ai 169 nr. 31.
yivd^Lsvai iv rotg öSoig vjto r&v TtgoarinopTav Zu S. 7 f. (Apollou). Fr. Cumont in Sttddia
tolg vtxQots; vgl, E. SamUr, Familieufeste der Pontica III faec. 1, p. 162 zu nr. 146a bemerkt:
Griechen und Bömtr 114 Anm. 1. [Höfer.] *Nous retrourer&na ä Sebastopolis une dedicace
Theo! Akraioi {Osol uxQutoO. Auf Münzen ^AnoXXiovi (nrixofo* (n" 282). Das zweite Faseikel
TOD Mjtilene werden als &boI ScxquIoi bezeichnet der Studia Pontica III ist mir noch nicht zu-
Zeus (mit dem Zepter) in der Mitte, rechts von gänglich; doch ist anzunehmen, daß die in
ihm Poseidon (mit dem Dreizack), links Hades, lo Frage stehende Inschrift mit M^einreich nr, 15
Eckhel, Doctr. num. vet. 2, 604. Mionnet, Descr. identisch ist.
8, 46, 102. Arch. Zeit. 1852, 508. Catdi. Ivanoff Zu S. 13 (Hekate) kommt die Inschrift aus
260. Head , Bist. num. 488. üsener, Bhein. Varna, dem alten Odessos: 'Exar»3(t) inrixocoit)
Mus. 58 (1903), lo. Nach Pollux 9, 4 ist die 'Afidtgtog: . . . , Filon, Monuments antiques au
Bezeichnung ^fol &%qc(Ioi gleichbedeutend mit Musee National in Bull, de la societe archeol.
ftBol noXutg. über die Epiklesis 'AxQula und Bulgare 3 (1912/13), 46 nr. 41.
'AuQaiog einzelner Götter s. Wentzel bei Pauly- Zu S. 22 (Theos Epekoos): 'y^yp/o)(i) d-si^t)
Wi880tca 1,1193 f. [Höfer.] i7i[r]K6(oi, Weihinschrift für den Hhrakischen
Theoi Basileioi («eol BaaiXHot). Die Perser Reiter' (Nähe von Pautalia), Arch. Anzeiger 30
schwureil bei den »boI ßaoiXnoi (die lustin. 20 (1915), 222.
11, 15, 10 regales dei nennt), d. h. nicht sowohl, S. 23 f. (Zeus). Die Inschrift nr. 128 ist jetzt
- wie Abicht zu Herod. 3, 65 meint, bei den 're- vollständig veröflFentlicht von Keil und v. Pre-
gierenden' Göttern , sondern bei den Göttern, merstein, Bericht über eine dritte Meise in Ly-
an ihrer Spitze dem Zeus ßaaiXevg, als Schir- dien (Denkschr. d. Kais. Akad. d.Wiss. zuWien,
mer der königlichen Majestät, Herod. 3, 65. 6, Phil.-hist. Cl. 57 [1914], 1) S. 61 nr. 77. Nach-
106. Appian, Syr. 60. Plut. De Alex. Magni zutragen ist die Inschrift aus Philadelphia:
fort. 2,6 p. 338 f. Cliariton, De Chaerea et Ca- Jd Tapyvrii'a)[t] inri-KOO) (Belegstelle s. u. Tar-
lirrhoe 6,7,10. Dio Chrysost. or. 74 p. 399 J?. gyenos). [Höfer]
(= 2, 260, 1 7>ind.). Beiske zu Chariton a.a.O. Tlieol Epiliurioi? {@£ol 'Etcixovqloi^). Die
p. 490 f. Lobeck, Agioapham. 772 not. X. Ad. 30 angebliche Überschrift &£ol ini-KovQiOL bzw. ^5«-
Wühelm, Jahreshefte des oesterr. arch. List. 1 xovgloig &tolg auf zwei attischen Urkunden
(1898), 156 f. Gruppe, Gr. Myth. 1118, 4. (0. 1. A. 1, 170. 2, 814. W. Larfeld, Griech. Epi-
[Höfer.J graphik^ S. 553 f. S. Beinach, Tratte d'epigr.
Theoi D.vnatoi (Ssoi Jwccroi) s. Bd. 2, Sp. grecque 338) beruht auf irrtümlicher Ergän-
859, 25 ff. Sp. 2533, 18 ff. Die Inschrift jetzt auch zung, A. Wilhelm, Hermes 36 (1901), 448 ff.
/. G 12,8nr. 74, Vgl. 0. Kern, Genethliakon Vgl. den Art. Theos Blekuros. [Höfer.J
Carl Bobert zum 8. März 1910, S. 96. Über Theoi Epilenaioi {@boI 'EmXrjvccioL), die
Varros {De l l 5,58} THEOE DYNATOE s. ^Keltergötter' neben den ^sol inixägnioi, aXü>oi
Wissowa, Hermes 22 (1886), 46 ■= Gesammelte und TTgorigoaioL erwähnt bei Maxim. Tyr. 30, 4
Abhandl. zur röm. Beligions- u. StcCdtgeschichte 40 (2 p. 92 Beiske = p. 293, 1 Hobein), v. Prott,
115. [Höfer.] Ath. Mitt. 23 (1898), 225, Anm. 4; vgl. Maxim.
Theui Entemeuioi (0eot ivTsiiivioi). Eine Ti/r. a. a. 0." 30, 5 : inl Xrivco axr]6ä[LBvoi Jio-
Weihung eines Stephanephoren aus dem Del- vvam xoQovg, inl uXw JriurirQl ogyia, rrjv iXcciag
phinion in Milet ist dargebracht: ['ÄTColXavi yivaaiv tri 'AQ-riva inicpri^iaavrsg, täv ix y^g
Js]Xq>ivio} xal dsoig ivxEiiBvLoig, Kawerau und xagncbv xotg dsdayioGL d^soTg ScTtag^ätif^voL. Als
Behm, Das Delphinion in Milet 260 nr, 159 Epitheton des Dionysos begegnet imX'^viog bei
(= Königl. Museen zu Berlin, Milet 384). Unter Orph. Hym. 50, 1. [Höfer.]
diesen ivreiiiviot, d-sol sind die im Delphinion Theoi Ergatai {0sol 'Egyäxai), znsammen-
neben Apollo verehrten Götter 'Exdxr], Zsvg fassende Bezeichnung von fünf in Megalopoliß
ZtüXTjg^ 'Agxsfiig zu verstehen, Milet a. a. 0, 275 .50 in Hermeugestalt gebildeten und verehrten Göt-
nr. 129. 130. 131 (vgl. S. 389 Anm. 1. 392 zu tern: Athena Ergane, Apollon Agyieus, Hermes,
nr. 172. 408). Auf Delos haben sich die Weih- Herakles und Eileithyia, Paus. 8, 32, 4. C. Bo-
inschriften gefunden: Zag[a\iii, "lai, 'Avovß[L], bert, Pausanias als Schriftsteller S. 189 und
^tolg ivxstisvioig bzw. {Zagoc]m, "Tai, 9eoig Anm. 2, S. 209. [Höfer.]
iv[xBiifvioig], I. G. 11, 4, 1239. 1215. Vgl. den Theoi Genethlioi {0sol r8vid-XtoL\ die Göt-
Art. Temenias. [Höfer.] ter, zu denen man um Kindersegen (naidcov
Theoi Epekooi (Rsol 'Enrjxooi), die 'erhören- yvriöiav yivEOiv, Himer. Grat. 1 p. 21 Werns-
den' 'gnädigen' Götter. Über 'Enr^v.oog als Göt- dorf. Aristaenet. Epist. 19 p. 150 Hercher. riijxo-
terbeiname hat nach Drexler, Jahrb. f. klass. y.riv ysviaO'oci fioi Tcccidcc xat noXXä xovg ysvs-
Phü. 1892, 361 ff. 841. 1894, 330 und Jessen 6Q ^Xiovg iXindgaw &8ovg nXrigmöai uoi diä xd-
bei Pauly- Wissowa 5, 2731 f. s. v. Epekoos vor x^^s to 67tovda^6^svov, Sopatros, Diaeresis re-
allem 0. Weinreich in seinem Aufsatz SboI temat. p. 320 Aid. = Bhet. Gr. ed. Walz 8, 81,
*EnTiY.ooi in Ath. Mitt. 37 (1912), 1 — 68 gehan- 28 f.) bittet, unter deren Schutz die Kinder und
delt. Im folgenden sollen nur einige Ergän- die Ehen stehen, Plato Leg.1,2 p. 729C. 9,16
Zungen gegeben werden. p. 879 CD. Porphyr, ad Marcellam 2, zu denen
Zu S. 20 (Theoi Epekooi) kommt die Weih- man am Geburtstag betet, Aristides, Genethl.
Inschrift eines Reliefs mit der Darstellung dreier in Apell. I p. 68 = 1, 113 ed. Dindorf Mann
mit Speeren bewaffneten Reiter aus Kundanli und Weib sind eng verbunden durch die -O-fol
(525 Theoi Uenethlioi 'JMieoinos ü26
yu[Li^XiOL ytvbd'Xioi tcphrioi, Hierokles bei Stob. elule I'oscitloii Wviaioi, P.ms. 2, 88, 4. A'if
Floril. 07, 24 (3, 10, 9 Meinekc): dieselbe Ver- diese Ortschaft l)eziftht nioh wohl, was Pam.
bindiing von dsol ya^rjUoi und ysvtiyXuu auch B, 7, 2 berichtet, daß die Ar^iver in die Jivri
bei Dionys. Hai. Rhetor. 2,2 (vgl. 3,4). Pollux genannte (Quelle xara t6 Ftvt&Xiov naXov^svov
1, 24. Maxim. Ttjr. 26, 0 (2, 22 Beiske = Hobein in alter Zeit Kosse aU Opfer für Poseidon ver-
p. 248, 10: d-eiöv ycc(ir}lUov rs y.al ohoyvIcov -kui senkt hiltten.
ysvE^Xiaiv). Ebenso gelten die &boi yBviQ-Xioi Bei Pind. Ol 7, 128 ff. (70 ff.) in der Ode für
als Ahnherren und Beschützer der Familien Diagoras aus Rhodos wird Helios ü^siicv ö
und Geschlechter = Q'boX ticctq^ol (s. Patrooi) ytv^d-Xto? axriVwi/ natt^g genannt, woza Schal.
oder O-fol y£vitai{Aesch. Sappl.ll), Äesch. Sept. lo z. d. St. bemerkt, Helios werde ytvtd-XLog ge-
638. Äppi'an, Ital. 2 (1, 23, 8 ed. Mendels.^ohn). nannt als 6 ^cpogog rar ytviahtov änccvraiv.
Plut. de superst. 4 p. 166 D. Auch bei Memm- Doch wird Pindar den (Jott nur als Vater des
der hai Walz, Rhct. Gr. d, 21 ö ^^ SjiengelS, 4=01, Lichtes bezeichnen gewollt hal)en. Die erste
19, wo der Bräutigam beten soll zu "Egcon, rf; F]rklärung ist wohl herausgesponnen aus der
'Effrta, ToTg ytved'Xioi? ist das letzte nicht Ap- späteren Auffassung des Helios als der alles
Position, sondern fügt einen neuen Begriff schaffenden Urkraft, wie Macroh. Sat. 1,17,35
hinzu. Vgl. Lobeck, Aglaophamiis 766ft. 1238 berichtet, daß in Kamarina dem aU Helios
und Anm. h. Theod. Bader, De Graecis quibus- gedeuteten Apollon ksiytvvrjTr^g geopfert werde,
damdeoruri\ appellationibus (Prpgr. Schlcmingen d. h. ' ra xov ccvtbv Scsl yiyvBöd-ai xul ysvv&v,
1867) S. 9 ff. Chr. Petersen, Über die Gehurt'^- ijo id est, quod semper exorieyix gignitur, quodque
tagsfeier bei den Griechen in Jahrb. f. klass. ipse generat uni.versa inseminando, forendo,
Philol. Suppl. 2, 317 ff. Jessen bei Paiäy-Wis- producendo, alendo, augendoque\
sowa 8. V. Genethlios. Von einzelnen Göttern Den bei Pind. Ol. i'6. 101 (148) genannten
führt den Beinamen V^vind^Xiog Zeus, Pind. ^atfta)r yfW-O'Xtos erklärt das /Vc/io?. z. d. St. als
Pytii. 4, 298 (167). Ol. 8, 20 (16). [Aristot.] de t6 6vy%X7]g(of^lv öaiiioviov oder ö Q-hog 6 dioi-
mundo 7, 410a 20. Dio Chrysost. 7 p. 269 jR. y.mv ...rbv ßlov anb yavBOscog; vgl. Wilh. Schmidt,
(= 1, 139, 19 Dind.). Maximus Tyr. 41, 2 (2, Geburtstag im Altertum {Religionsgesch. Versuche
276 B. = 474, 10 Hob.). Plut. Amat. 4 {Uv(ov u. Vorarbeiten 7, 1) S. lOf. (vgl. i;. [Höfer.]
xal Ixst&v Sf.dixiag 6 ^iviog, yovscov ügag 0 Theoi Helleiiioi {Gsol EXXijviui}, die Ge-
rsvid-Xiog öiöiKSt. xat ii^rstüi). Liban. Declam. 30 samtheit der nationalen hellenischen Götter,
49 (4, 751 Beiske = 7, 665, 4 Foerster): ngbg TLcc- die besonders in dem Sinne angerufen werden,
rgapov v.cc\ FsvsQ'Xiov. Hieronymus adv. lovinian. daß sie die nationale F'reiheit und Unabhängig-
1, 48 p. 318 = Migne, Patrol. Ser. 1,23 p. 280 keit (dsovg Tcdwag '^EXXr]vlovg zal 'EXsvd'sglovg
(Ridicule Chrysippus ducendam uxorem sapienti tovg ccvtovg, Ael. var. hist. 12, 1 p. 119, 14 Her-
praecipit, ne lovem Gamelium et Genethlium. c/ier) schlitzen sollen, ITerorf. 5, 49, 92 r;. Heliod.
violet. Isto enim modo apud Ijatinos ducenda Aethiop. 5, 4. Luc. Herc. 2 : vgl. Ael. a. a. 0.
uxor non erit, quia lovem non habent Nuptialem). 2, 9 (öj IloXiccg 'Ad-rivä xal 'EXsv&^gis Zsv nal
Wie Zeus als Ttcctgoiog und y^vid-Xiog, so ^EXXi]V(ov d-sol Tcdvrsg):. vgl r. Wilamowitz, Ho-
wurde Apollon in Eretria und Magnesia als mer. Untersuch. Si^,^. Aus Naukratis sind Wei-
natgmog und ysvEGiog verehrt, Plut. de Pyth. or. 40 hungen bekannt, dargebracht d-^solöi T[olg] ^EX-
16 p. 402 A. Vielleicht gehört hierher auch der X-^vlcov oder 'EHrjv[tots, Hogarth, Excavations at
delische Apollon Ff vfcTcop, Tim. F. H. G. 1,211^ Naukratis in Annual of the Brit. School at
79 [Censor. de die nat. 2, 3]. Arist. F. H. G. 2, Athens 5 (1898/99), p. 44 f. p. 55 f. Auch in der
165, 166. Diog. Laert. 8, 1, 13. Gruppe, Gr. Stadt der von Abkunft hellenischen Gelonoi im
Myth. 1233,2. Erwähnt sei auch die in Thra- Gebiet der skythischen Budinoi bestand ein
kien in der Nähe des heutigen Jamboli gefun- Kultus der ^EXXriviv.01 dsoi, Herod. 4, 108. Über
dene, von einem römischen Legionssoldaten das einzelnen Göttern (Zeus, Athena) gegebene
dem rsviyim{L) 'AiroXXbjvi dargebrachte Weih- Epitheton Hellenios, -ia vgl. Jessen bei Pauly-
inschrift, Filon, Monuments ant. au Musee Wissowa s. v. Hellenios. [Höfer.]
National in Bull, de la soc. arcli. bulgare 3, 1 50 Theoi Ischyroi [QeoI 'löxvgoi) s. Theoi Dy-
(1912/13), S. 37 nr. 31. natoi. Den dsbg iGxvgög (s. d. Art. Ischyros)
Aphrodite heißt [iBiXixtog xal y^vi^Xiog, faßt Pick, Arch. Jahrb. 13^ 165 Anm. 102 als
Plut. Is.et Osi'r. 48; vgl. die mit der Aphrodite eine Form des Unterweltgottes auf. [Höfer.]
Kolias verbundene Genetyllis, die so genannt Theoi Kiboreias. Auf einer Inschrift aus
ist dm t6 ysvsaacag ccvtriv slvcci tolg ccrd-gm- Deir El-Ashair im Norden des Hermongebirges
noLg cclticcv ngoiGtcc^svTjv toov ydacov xai t&v wird ein äg%iSQBvg d'söbv KißogEiag erwähnt;
inl tolg ydfioig \iv6trigicov, Schol. Ar. Niib. 52, das letztere wohl eine Lokalität, vielleicht der
Röscher, M. L. 2, 1270. antike Name der gegenwärtigen Fundstätte.
Poseidon hatte als Fsvsd'Xiog in Sparta Jalabert, Melanges de la faculte Orientale üni-
einen Tempel, Paus. 3,15, 10. Wide, Lakon. 60 rersite Saint-Joseph Beyrouth 2,279. [Höfer.]
Kulte 45. Das Genethlion bei Troizen, wo The- Theoi Los^ioi {&eoi. loyioi), die Götter, die
seus geboren sein sollte, setzt wohl gleichfalls die Gabe der Rede verleihen, in erster Linie
einen Kult des Poseidon Genethlios voraus, wohl Hermes Logios, Liban. or. 65 (3, 459, 9
Paus. 2,32,9. Wide, De sacris Troezen. 12 f. Beiske) = or. 62 {4:, SSO, 17 Foerster). [Höfer.]
Nach Apoll. Bhod. 2,4: gebar die bithynische Theoinos {Rsoivog), Bezeichnung bzw^ Bei-
Nymphe Melia dem Poseidon Genethlios den name des Dionysos: Zu Lykophr. 1247: ov (des
Amykos. Identisch ist wohl der in der südlich Telephos) not' OUovgbg äogv yvdfixhsL &BOivog
von Lerna gelegenen Ortschaft Genesion ver- bemerkt das Schol. p. 357, 19 Scheer: &soivog
627 Theoinos Theoklymenos 628
ö aiTOj (seil. Jiovvaog) otg .iii.^*A.j, ^// »///'• .l'>i/<>/to« (s. oben) j^enannten dionysischen Mai-
882 N'j TtdxfQ SiotPfy Maivaitou jtvxrrjpte xctl vadsg und ursprünt^lich wohl auch mit den von
jJiovvaiog Zxvßvatog (v. 1.: ^xiwr'aroc; vj^l. den Aiolern in Orchomeuos verehrten Kopcavidse
auch Müller, F. H. G. 2,9 fr. 10) ^a ra^' Sioi- rcuod^svoi (s, d. A. Koronides und dazu die Kr-
vov xai Kogcavidag (so die besten Handschr., kUlrun^ für die bei Ovid auftretenden zwei
V. 1. : KvQcavidov) xogag. Auch die Glossen er- männlichen Coronae von K(tnnengießer, Klio
wähnen den Theoinos: xov yug Jiovvaov fHoi- Beiträge zur alten Gesch. 11 [1^11] S. 33). —
vov Ufyov^ a>g drjZof Alöx^'^og (s. oben) xal J. Boehlau^ Bonner IStudien: Aufsätze aus der
"/tfrpo? ^v a' 2rt'va*/ö)y(bi'(K/f. G. 1,418 fr. p. 5), Altertumswissenschaft Reinh. Kekule gewidmet
Harpokrat. s. v. f^aoiviov (p. 151 Dind); tov lo S. 130 schließt aus Nonti. Diouys. 4s, 555, wo
-/äff Jiövvöov (^foivov ^ifyov, Phot. s. v. ö«ot- Koronis als Mutter der Charites von Dionysos ge-
viov (p. 83, 24 f.) &e6g f^eotvog Jiövvaog^ He- nannt wird, daß unsere XopDjv/d^8ff(7ia>()oWdos?)
sych. 8. V. Oeoivta. Nach der Glosse bei Pliot. xopat mit den Charitcs identisch sind, [liöfer.]
83,26: Otolviov: Ugöv diovvaov, &(f' ov xal Theol Protoi? (0fol /7pe5rot?), zusammenfas-
yivog [hieraus hat Fritzsche, De Lenaeis At- sende Bezeichnung der in Megalopolis zu einer
tieis 6 ein attisches Adelsgeschlecht &hoivl6cci Kulteinheit verbundenen Hören, des Pan und
oder SBOtvtdöcct erschlossen] und nach der des Apollon, PrtM.9 8, 31,3. Ilsener, Rhein. Mus.
noch küraeren bei Bekker, Anecd Gr. 264,6: 58 (1903), 28. Vjrl. auch die Bezeichnung des
Osoiviov iegop ^lovvoovy die beide freilich Memnon als 6 ^^bg rav d-srnv [«plobrcov in einer
nach /. Toepffer, Att. Genealogie 12 Anm. 2 in 20 Inschrift aus dem ägyptischen Theben, (\ I. G.
stark gekürzter und verstümmelter Gestalt vor- 3,4805. Nach Schubart wäre bei /Viws. a. a. 0.
liegen, könnte es scheinen, als habe der Theoi- statt nQmtcov zu lesen nargacov. [Höfer.J
no8 ein eigenes Kultlokal, ein Heiligtum be- Theoi Samothrakes {@söl lla^od-Quxsg) s.
sessen, und so hat in der Tat 0. Gilbert, Die Samothrakes, wo S. 306 f. nr. 2 nachzutragen
Festzeit der attischen Dionysi^n 164 das Theoi- ist die Inschrift aus Delos: &8otg ^Jaiiod^ga^iv
nion mit dem Lenaion identifiziert. Dagegen svxrjv^ Corr. hell. 37 (1912), 202 nr. 11. Die In-
halt Aug. Frickenhaus, Lende nvasen {72*"^ BerL schrift aus Koptos (S. 307, 36) s. jetzt auch bei
Winckelmantisprogr.) 26 (vgl. 29 Anm. 23) die Breccia, Cat. geveral des ant. Egyptiemies du
Existenz eines selbständigen Kultortes des Musee d'Alexandrie 57 : Iscrizioni Greche e La-
Theoinos für unwahrscheinlich; vielleicht sei 30 tine p. 69 nr. 109. — @sol iv Za^oQ-gayir] (S. 307,
Theoinos nur der besondere Kultname eines 29 f.), Kaiinka, Antike Denkm. in' Bulgarien
für gewöhnlich anders genannten Gottes, wahr- nr. 95,,, p. 89. [Höfer.]
scheinlich des lakchos (s. d ). Nach Foucart, Theoi Skleroi {ffeol ZKXrjQoi) s. Theoi Agrioi
Le culte de Dionysos en Attique (= Memotres und dazu v. Paucker, Arch. Zeit. 9) 1851), 379.
de Vinst. national de France: Acad. des inscr. Panofka, Arch. Zeit. 10 (1852), 508. [Höfer.J
e< 6e/Zc«-/«/fr<'.s'37, II [1906J p. 84f.) wäreTheoi- Tlieoi Syngeneioi {&sol Svyyivsioi). Auf
nos der Name des speziell im Demos Ikaria einer Inschrift aus Termessos in Pisidien ([ev^a-
verehrten Dionysos gewesen. Dem Theoinos ü^kl pihv rm Jd xal r]otg aXXoig ^sotg rolg
galt das Fest der Gsoivicc, das ausdrücklich 6vvysv[Eioig] begegnen die ^boI cvyy4vsiot., die
als ein altes Ge^chlechterfest bezeichnet wird; 40 wohl mit den Tltöidixol d-sol (s. d.) identisch
vgl. Harpokrat. p. 151: ra xatcc drjuovg Jio- sind. Ad. Wilhelm, Neue Beiträge zur griech.
vvGia Sfoivia. iUysto, iv olg ol yevvi)Tai ini- Inschriftenkunde II (Sitzungsber. d. Kais. Akad.
»vov {dni^vov, Phot), Toepffer a. a. 0. 12. 14. d. Wiss. in Wien 166 [1912J, III) S. 3^. 12,. S.9.
105, vgl. V. Prott, Ath Mitt. 2.S (1898), 224. [Höfer.]
Mit dem Kulte des Theoinos haben die Ge- Tlieokles {@BoxXr)g\ Vater des Sehers Krios
schlechter der Krokoniden und Koironiden enge (s. d. nr. 2), Paus. 3,13,3. [Höfer.J
Beziehungen gehabt, Lykurg, bei Harpohrat. TlieoklynienoH {Qso-AXviiBvog)., Seher in den
a. a. 0. A. Mommsen hat die in seiner Heor- von Kammer, Einheit der Odyssee 572. Kirch-
tologie :i27 (vgl. 359**) aufgestellte, von Gilbert hoff, Odyssee^ 572. Hennings, Homers Odyssee
a. a. 0. 162f. gebilligte Vermutung, daß un- 5a 114. 534 f. L. Adam, Der Aufbau der Odyssee
beschadet des durch feste Zeugnisse erwiesenen 85. 116 als Interpolation, von v. Wilamowitz,
Qioivog das Fe^t ursprünglich nicht OtoLvia, Homer. Untersuch. 42 f. 94,^ Dümmler, Rhein.
sondern Gsöyvia. (= Geburts- bzw. Anferste- Mus. 45 (1890), 197 f = ^Z. 6'c//n/i;en 2,399 als
hungsfest des Dionysos) geheißen habe und jung (vgl. aber auch Nägelsbach- Autenrieth,
daß 0soivia absichtlich, jedoch nicht sinnlos Homer. Theologie 167) bezeichneten Partien in
aus Osdyiva verdreht sei, in der Neubearbei- Homers Odyssee: Theoklymenos, der Sohn des
tung ^Feste der Stadt Athen^ stillschweigend Sehers Polypheides (s. d.) — nach Pherekydes
zurückgenommen. Diese Vermutung gründete im Schol. Hom. Od. 15, 223 hieß seine Mutter
sich auf die Lesart ©toyvia einiger Hand- Sariusa (s. d.), sein Bruder Hannonides. Die
Schriften für GboIvlcc bei Demosth. 59,78 (die 60 Stelle ist Bd. 3, Sp. 2691, iff. s. v. Polypheides
Stelle ist abgedruckt oben Bd. 2 Sp. 280, 43 ff. abgedruckt und behandelt. Nachzutragen ist
u. lobakchos), und so nimmt auch Petersen, die Behandlung der Stelle durch A. Ludwich,
Rhein. Mus. 68 (1913), 248f. (vgl 242) an, daß Jahrb. f. kJass. Phil 105 (1872), 315f., der
der Name des Dionysosfestes im Volksmunde schreibt: noXvcpsidrig 6 MavxLov yriuag Zägia-
zwischen ©ioivia. und Geöyvia == ^Geburtsfeier cav rrjv Ainovog iv 'EXsvaivi mxsi ' yivovrai dh
des Gottes' geschwankt habe. Die mit Theoinos avta Tcaidsg 'Ag{Lovi8r\g xcä Gfo-AXviitvog. Nach
genannten KogcavlSsg xögai sind nach Toepffer Ludwich ist von einem Glossographen zur Er-
a. a. 0 13. 105 identisch zunächst mit den von klärung von Hdgiaaav das gleichbedeutende
62iJ Theoklyiiienos Theoklyrnenos 630
aix^iiiiv bei<:^eschrieben und dieses von dem der Psamathe, Brudcir der Thcoiioc (v. 4 ff.) ist
Schrtiber (lea Schol. M Jlom. a. a. (>. in ein iiacb dem Todß seine.s Vaters, bei dem Helena
nomen proprium verwandelt worden ; Uäiftaaav weilt, Herrscher und Nachfolger d«'8 Proteus
sei dann in 2JaQiov6ui> verwandelt worden. {geworden (466. 787, 1044. n;4J»). Ein gewaltiger
Freilich ist der Eigenname UdgiöGa sonst nicht Jäger (1169 f.), grimmiger Feind aller Hellenen
zu belegen — undTh. Abkömmling des Melampus (468) opfert er jeden von die.sen, der in seine
(Melampus-Mantios-Polypheides-Theokl.vmenoH, Hände fallt {ib'y. 4H0. 781. 80:5. 807. 1172 ff.),
Etist. ad H()7n. Od. 1780, 10 ff. 55, vgl. Plato, trägt also, wie Stark, Gaza und die pfiüist.
Ion 9 p. r)38 E. Immiscli, Jahrb. f. klass. Phil. Küste 282 bemerkt, den düsteren, fremden-
Suppl. 17, 176) und wie sein Vater selbst Seher, lo feindlichen Charakter des ßusiris. Der einzige
muß ans Argos vor der Rache der Verwandten sympathische Zug an ihm ist seine Liebe zu
eines von ihm erschlagenen Mitbürgers fliehen, seinem verstorbenen Vater (1165 ff.). Die Be-
kommt nach Pylos, wö er den Telemachos trift't, lena verfolgt er trotz ihres Widerwillens gegen
der gerade Vorbereitungen zu seiner Abfahrt ihn mit seiner Werbung (63 ff. 294 f. :U4. 552.
nach Ithaka trifft, und bittet ihn um Schutz und 784. 799. 118H), läßt sich dadurch, daß Helena
Aufnahme, die ihm Telomach bereitwillig zu- scheinbar seinen Wunsch erfüllen will (1231 ff.
sagt, Hotu. Od. 15, 223 ff. Nach der Ankunft in 13'Ji)ff. 1432 ff), täuschen und schäumt, als er
Ithaka will ihn Telemachos zunächst an Eury- den Trug und die Flucht der Helena entd^^ckt,
machos, den einflußreichsten Freier seiner in seiner Wut so auf, daß er seine Schwester
Mutter, verweisen, da er es im Interesse seines 20 als Mitschuldige töten will (1624 ff. 16;')6); das
Schützlings nicht für angebracht hält, ihn bei Erscheinen der Dioskuren löst die Schwierig-
sich selbst aufzunehmen, bittet aber, bestimmt keiten. Der Name Theoklyrnenos wird (v. 9?.)
durch eine Prophezeiung des Theoklyrnenos, erklärt: ort äi] d-sovg atßav ßtov diijveyyi' ; das
seinen Gefährten Peiraios ihm Aufnahme zu stimmt aber nicht mit seinem Charakter; heißt
gewähren. Od. 15, 508 ff. Noch zweimal tritt er doch aGEnrog Ticctg UgarsMc {bi2) und &v6-
Theoklymenos als Seher auf: einmal, als er aiog (1054). Der Vers ist daher entweder mit
aus dem Hause des Peiraios von Telemachos einigen der Herausgeber zu streichen oder mit
in den Palast geführt in Gegenwart der Pene- Eug. Heel, Krit. u. execjet. Bemerkungen zu
lope verkündet, daß Odysseus bereits in der Euripides: Helena I (Diss. München) 20 ff. 26:
Heimat weilt. Od. 17, 72 ft'. 151 ff., und zum an- 30 o^ri öi] d-£ovg 6^ßoiv zu schreiben. Pott, Kuhns
dem, als er den übermütigen Freiern in einem Zeitschrift 6, 115 (vgl. 9,203 Anm ) erklärt den
fast visionären Zustande ihr Geschick voraus- Namen als 'mit der Götter Hilfe beriihmt',
sagt, wobei er freilich von diesen nur Spott läßt aber auch (Philologus Suppl. 2. 276) die
und Hohn erntet, Od. 20, 350 ff. Gegen die Möglichkeit offen, daß der Name mit yiXv^siv
auch schon im Altertum verbreitete Ansicht zusammenhängt, was für Theoklyrnenos, den
(P/Mi.P/ac.P/i/7. 4,12 \ daß Theoklymenos seine Sohn des aliog y^gav Proteus, passen würde.
Prophezeiung vom Freiermord in enthusiasti- Doch verbieten sprachliche Gesetze diese Ab-
schem, verzücktem Zustand {as^rivoag, Plut. a. leitung. — 3) Diener des Kadmos, Nonn.
ik.O. Hennings a.a.O. 534; \g\. Pohde, Psyche Dionys. 5,11. — 4) Sohn des Lyderkönigs
2^11) vorbringe, hat sich nach dem Vorgange 40 Tmolos, Pseudo-Plut. de fluv. 7,5. — 5) Lieb-
von Lobeck, Aglaopham. 264 besonders jffew«- haber derIsmene = Periklymenos(s.d.),i^f/w>^e;•-
»^€r^m^, De Theoclymeno vate (Progr. Kgl. mos [frgm. 21) im Argum. Soph. Ant — Bobert,
Kath. Gymnas. an Marzellen zu Köln 18^2) Oidipiis 1,12-1. 124. 1*28 hat seine Bild und
S. 15 gewendet: Theoklyrnenos ist nicht selbst Lied 20 Anm. 19 entwickelte von Toepffer, Atti-
Ton einem göttlichen Geiste erfüllt, sondern sehe Genealogie 226 Anm. 1 gebilligte Ansicht,
ausgenommen von der Verblendung, die die daß auch bei Mimnermos der Liebhaber der
Gottheit über die Freier verhängt hat: vgl. Ismene den Namen Periklymenos führte, der
Gruppe, Gr. Myth. 926, 2fi\ Theoklyrnenos, aber durch den aus der Schullektüre bekann-
dessen Name nach Eust. ad Hom. Od. 17hO, 19 ten Namen des Sehers der Qdyssee verdrängt
bedeutet ^tä iv. Q^eüv v.lv(ov\ wird weiter als 50 worden sei, aufs neue betont. Allerdings führt
Seher genannt bei Hygin, f. 128 (p. 112,4 mit auf der korinthischen Vase des Louvre — (zu
der Adnotatio von Schmidt). Clem. Alex. Strom. der Bd. 3, Sp. 1967, 60 ff. angeführten Literatur
p. 400 P. = p. 869 Migne= 1,21, 131, 3 ed. ist hinzuzufügen: &bg. E. Pottier,Vases antiques
Stählin 2, 83i7 {f)so'AXvu£vog iv Kscpallrivia); du Louvre 1 pl. 50 E 640, vgl. p. 58 nr. 640 E.
vgl. Ael. n. a. 8, 5 ©sokXv^i-vol = ""Wahrsager Perrot, Hist de Vart 9, 646. Duriiy, Hist. des
wie Th.' — 2) Theoklyrnenos in Euripides' Bomains 2, 132. Wiener Vorlegebl. 1889, Taf
Helena ist wohl von Euripides frei erdichtet XI, 4. Bobert, Oidipus 1, 122 Abb. 32: *^der
und selbst der Name in diesem Zusammen- nackt auf einem breiten Lager liegenden Is-
hang vielleicht von ihm erfunden worden, mene stößt Tydeus das Schwert in die Bru'St,
wenngleich es nicht ausgeschlossen ist, daß 60 während ihr Buhle Periklymenos feige entflieht,
sein und seiner Schwester Theonoe (s.d.) Na- Ein berittener Knappe des Tydeus, Klytos,
men schon bei Stesichoros vorkamen; aber die schließt, natürlich außerhalb des Hauses zu
Rolle, die Theoklymenos und Theonoe spielen denken, links die Szene ab') — der fliehende
und ihr Verhältnis zu Menelaos und Helena Buhle der Ismene den Namen Periklymenos,
sind sicher eine Neuerung des Euripides, Max. und demgemäß ergänzt Bobert, Oidipus 123
Mayer, De Euripidis mythopoeia (Berlin 1883) nach dem Vorgang von G C. Bichards, Journ.
S. 15 ff. A.v.Premerstein, Philologus 55(1896), of hell. stud. 13,282 auf dem Fragment eines
648 ff. Theoklymenos, Sohn des Proteus und schwarzfigurigen attischen Skyphos, auf dem.
Ü31
Theou
Theopliane
632
wie der vollständig erhaltene Name ' laiii]vt]
(vgl. P. Kretschmer, Die griech. Vasenimchr. 228
Nachtrag 33, S. 60) zeigt, derselbe Vorjrang
dargestellt war, die Buchstabenreste N3M zu
(Perikly)men(08); abg. /. H. St. a. a. 0. Taf. 11, l.
Botho Graef, Die antiken Vwen von der Akro-
polis zu Athen 1 Taf. 29, 603, vgl.S. 68. üohert,
Oidipus 128 Abb. 33; s. auch E. Pfuhl, Her-
mes 50 (1916), 468 ff. Aber warum kann der
Name Tbeoklymenos nicht auf einer anderen
Überlieferung beruhen? Neben dem Namen
Eallisto, der Mutter des Arkas, finden sich die
Varianten Megisto und Themisto, — die Schwe-
ster des Tennes heißt Hemithea, Amphithea,
Leukothea, neben Theiodamas findet sich Theio-
menes, — die Beispiele lassen sich leicht noch
mehren. [Höfer.]
Theon {Siayv)^ einer der Hunde des Daphuis
(8. d.), Ael. not. an. 11, 13. [Höfer.]
TheonoS (ösovörj) 1) Tochter des Proteus
und der Psamathe, Schwester des Tbeoklyme-
nos (s. d. 1), Eur. Hei. 4 ff. 821. Ariat. Thesm.
897. Ihr früherer Name war Eldm (Kurzform
zu Eiäod'ia)^ Eur. 11; den Namen (XQriOTi^QLOv
övoiia V. 822) Theonoe, der auf ihre göttliche
Einsicht {Plato, Kratyl, 407 b. Feit, Kuhns
Zeitschr. 6,243) hindeutet, erhielt sie, weil sie
von ihrem Vorfahren Nereus (v. 318 ff. 1003) die
Grabe der Weissagung (daher ^eaniaöbg Gso-
9071 V. 146. 859) erhalten hat. Im Gegensatz zu
ihrem Bruder Tbeoklymenos (s. d.) ist sie gütig
und mitleidig, wie sie ja auch schon bei Hom.
Od. 4, 365 ff. dem Menelaos beisteht. Sie kündet
der Helena, daß Menelaos noch am Leben
weilt (529 ff. 873), ist den Ehegatten behilflich,
auch gegen den Willen ihres Bruders das
Land zu verlassen (1005 ff. 1370 ff.) und wäre
ohne das Einschreiten der Dioskuren (1642 ff.)
der Rache des Tbeoklymenos zum Opfer ge-
fallen (1624 ff.). — Ihr Name ist vielleicht auch
bei Hygin. f. 128 (p. 112,4) einzusetzen s. M.
Schmidt z. d. St. Von ihrer unerwiderten Liebe
zu Kanobos, dem Steuermanne des Menelaos,
berichtet (nach dem Vorgang alexandrinischer
Dichter) U. Hoefer, Konon 89 f. 109) Kanon
Narr. 8. — 2) Tochter des Thestor (also Schwe-
ster des Kalchas; in Beziehung auf das Seher-
amt ihres Großvaters und Bruders trägt sie ihren
Namen) und Schwester der Leukippe. Beim Spiel
am Meeresstrande wird sie von Seeräubern ent-
fuhrt und dem König Ikaros von Karien ver-
kauft, der sie zu seiner Geliebten macht. Ihr
Vater, der, um sie zu suchen, auszieht, erleidet
an der Küste von Karien Schiffbruch, wird
gefangen und Sklave des Ikaros. Nachdem
Vater und Schwester verschwunden sind,
wendet sich Leukippe an das delphische
Orakel und erhält die Antwort, sie solle als
Apollopriester in die Weite ziehen ; dann werde
sie die Verlorenen finden. Sie läßt sich darauf
ihre Haare scheren und kommt als jugend-
licher Priester nach Karien. Hier erglüht ihre
Schwester Theonoe in Liebe für den vermeint-
lichen Priester und läßt ihn vor sich führen,
um seine Liebe zu genießen — damit steht
freilich in starkem Widerspruch, wenn bei
Hygin. fdb. 256 (p. 142, 1) unter denen, 'quae
castissimae fuerunt', Theonoe. Thestoris filia
genannt wird — ; erzürnt über die Weigerung
der Leukippe schließt sie diese in ihr Schlaf-
gemach und läßt einen Sklaven holen, um sie
zu töten. Der Sklave kommt, — es ist Thestor.
Ohne ihn zu erkennen, übt^rgibt ihm Theonoe
ein Schwert, Thestor geht in das Schlat'ge-
mach, wo er die Mordtat ausführen soll. Dort
klagt er, daß er, Thestor, nach Verlust zweier
Töchter, der Leukippe und Theonoe, nun noch
10 ein Verbrechen begehen solle und kehrt das
Schwert gegen sich. Leukippe, die des Vaters
Namen gehört hat, entwindet ihm das Schwert
und will nun mit Hilfe des Thestor Rache an
Theonoe nehmen. Aber auch Theonoe hat des
Vaters Namen gehört und gibt sich ihm zu er-
kennen; Thestor kehrt von Ikaros reich be-
schenkt in seine Heimat zurück, Hygin. fab.
190 (p. 121 Schm.). — Die Erzählung des
Hygin. scheint den Inhalt einer Tragödie
20 wiederzugeben. [Höfer.]
Theope {Gsonri) 1) eine der Töchter des
Leos (s. d.), deren angebliches {E. Curtius, Ge-
sammelte Äbhandl.\.,^^b. Judeich, Topographie
von Athen 301) Denkmal das Leokorion war,
Ael. var. hist. 12,28. Schol. Demosth. 54,7
p. 126 bjg ed. Baiter und Sauppe, Fhot. (218,7)
und Suidas (528, 18) s. v. AEaxdgLov. Apostol.
10, 53. Schol, Liban. Declam. 27 ed. Morell
(Paris 1606) I p. 605 b. — 2) Bakche, rt^rjvTj-
30 xHQK Avaiov, Mitkämpferin des Dionysos gegen
Lykurgos, Nonn. Dionys. 21, 86. — Zum Namen
Theope = ^göttlichen Antlitzes' s. Pott, Kuhns
Zeitschr. f. vgl. Sprachforsch. 9, 414. [Uöfer.]
Theophane {f>80(pdvr}), von Poseidon Mutter
des goldenen Widders, der den Phrixos und
die Helle über das Meer trug, Hyg. f. 3. Aus-
führlicher berichtet Hygin hierüber in fab. 188:
Theophane, 'Bisaltidis fdia"* (vgl. Schol. in Ger-
man. Arat. 143, 9 Breysig: genitum autem hunc
40 arietem dicunt ex Neptuno et Theophane, Bu-
saltidis fdia)^ wurde wegen ihrer Schönheit
von vielen Kreiern umworben und von Posei-
don nach einer Insel (über den Namen s. unten)
entführt, wohin ihr die Freier,., nachdem sie
ihren Aufenthaltsort erfahren hatten, zu folgen
sich anschickten. Um diese zu täuschen, ver-
wandelte Poseidon die Theophane in ein schö-
nes Schaf, sich selbst in einen Widder, die
Bewohner der Insel in Weidevieh. Als die
M Freier bei ihrer Ankunft die Insel menschen-
leer fanden, begannen sie das Vieh, d, h. die
in solches verwandelten Bewohner zu schlachten
und zu verzehren. Deshalb verwandelte Posei-
don sie in Wölfe und wohnte in Widdergestalt
der Theophane be^. Kaum richtig ist die Be-
zeichnung der Theophane als ^Bisaltidis filia^,
wofür Meziriac (vgl. Burmann zu Ov. Met. 6,
117) ^Bisalti filia^ schreibt. Vielmehr beruht
diese Angabe auf einem Mißverständnis: aus
50 @so(pccvr} ij BiouXxig (vgl. Oc. Met. a. a 0., wo
es bei der Aufzählung der Verwandlungen,
deren Poseidon sich l»ei seinen Liebschaften
bedient, heißt: aries Bisaltida fallis) h&t Hygin
ganz ähnlich, wie er aus der Mtlavlnnri ii
deeiicbtig eine Melanippe, Desmontis filia {fab»
186) gemacht hat, eine Theophane, Bisaltidis
fdia geschaffen, Bursinn, Jahrb. f. klass. Phil.
93 (1866), 784. Der Name der Insel, wohin
63ri Theophaues Theos Agathos 034
l'oseidon die Th. entführt, lautet CinmiNsa: in rinnen des ApoUon im delphischen Tempel-
i)isulam Crumissaw; dafür hat man Cromiusam, bezirk, Nonn. Dionys. 9,261. Lobeck a. a. 0.
Cromyusam, Cromyonesura, Croionusam, Crinis- Ho/}'mann a. a. O. 'J7,132. [Höfer.J
sam oder Crionissam vermutet. Sollte nicht Tlieorios {('^tiogiog)^ Heinarae des ApoUon ^^
ursprünglich mit Bezugnahme auf den in einen Thearios (s. d. i, J/esych. k. v. GtmQiog. Flut, de
Widder verwandelten Poseidon und auf den tl a/md Dclph. 21 p. 39ia. | Höfer. J
von ihm gezeugten Widder Criunesum {Kijiov Theos Agathos [Oeug .'/yaitoi,')- Eine unver-
vfiGov) dort gestanden haben? Die Deutung öft'entlichte Inschrift aus Athen nennt Priester
einiger Kunstwerke {Wieseler, Arch. Xeitschr. 4 verschiedener Gottheiten, darunter des *ßpos,
[1840], 211 if. Gerhard, ebenda 11 [1853J, 11«; lo ©eog 'Ayad^6g, 7.svg Kuoiog usw., uid. Wilhelm,
vgl. ebenda 6 [1847], 374 und Anm. 11) auf das Beiträge zur griech. Jufichriftenkundr {Sonder-
Abenteuer des Poseidon mitTh. ist nicht sicher, Schriften des österr. arch. Inst. VII) S. 136. Ein
Oi^erbeck, Kiinstmythologie '2,2,8. Si-i ff. Gruppe, Kult des kyad'ög @s6g war in Megalopolis:
Gr. Myth. 114G, 13. [H.öfer.| MsyaXonoXixaig . . . ?ört . . . 'Aycc^ov Seov vocog.
Theophaues {f>eo(fävrig). Über die göttliche st dt Scyad^üv ol ^eol dorfjQsg sioiv Scvd-QÖinoig,
Verehrung des Historikers Theophaues s. Bd. 1^, Zeug dh imatog Q-söav iaviv, iTCOfisvog &v r/g ro»
Sp. 2549, 24 ff. Die Münzen von Mytilene mit Xoyoy xr]v inlv.XriaLv ruvr^v ziiog riv.iiai()Oixo uv.,
der Lebende d-^bg 0so(pdv7ig s. bei M. Fränkel, Paus. 8, 30, ö, der also den 'Ayan^bg Ö-eo? mit
Arch. Zeitschr. 43 (188ö), 152. Newton ebenda Zeus identifiziert, während Welzel, De love et
1854, 515. Catal. of greek coins in the Brit. i'O Pane dis Arcad. 19 in ihm den Aristaios (s. d.)
Mus. Troas Aeolis and Lesbos 1S)A, 158, pl. 39, 1 erkennen will; vgl. auch Immerwahr, Kulte u.
{Vgl. Introd. p. LXXIf.). Head, Hist.num.'^ 563. Mythen Arkadiens 244, der, wie Wernicke bei
[Höfer.] Pauly-Wissowa 1,746,4 (s.v. Agathodaimon)
Theophroii (Osocpgcov) 1) Gefährte des den Theos Agathos mit dem Agathodaimon
Odysseus, dargestellt auf einem '"Homerischen identifiziert und weiter annimmt, "^daß hier
Becher' mit dem Kirkeabenteuer (raegarische wirklich ein Kult des Zeus bestand, oder daß
Schale aus dem phthiotischen Theben): er doch wenigstens eine doppelte Überlieferung
trägt den Kopf eines Hahnes und statt der über den Namen des hier verehrten Gottes vor-
Hände Vogelkrallen; neben ihm sind noch drei lag'(?). — Daß der ccyaQ-bg d'sög oft mit dem
andere Genossen dargestellt, Thestor mit Eber- 30 Scyad-bg dcclfioav identifiziert worden ist, bewei-
kopf, MävsLxog als Mann mit Widderkopf, &en Stellen wie Schol. Arist. Eguit.S6: rb 7tQ(b-
svg als Mann mit Eselskopf, Arbanito- rov Ttorr'jQiov aya&ov öaiaovog inivov, rovreotiv
pullos, 'E(priii. ccQx- 1910, 83 f. Pin. 2 Fig. 1. ccyad^ov dsov. Philochoros {frgm. 19 F. H. G. 1,
Franz Müller, Die antiken Odyssee- Illustra- 387) bei J.^/ie>i. 15 p. 693 D: die Tischgenossen
tionen Co; vgl. Wochenschr. f. klass. Phil. 1911, trinken den Schluck ungemischten Weines als
130. Theophron begegnet auch als attischer yEv^icc y.ccl dslyacc vfjg dvvd^sojg tov ccya&ov
Personenname, J. G. 2,439.. Dittenberger, Syl- d-f-ov; vgl. Kircher, Die sakrale Bedeutimg des
loge^ 1 nr. 140, 140 p. 230; ebenso in Erythrai, Weines in Beligionsgesch. Versuche u. Vorarb.
Dittenberger- nr. 600,87. 123. 124 p. 369f. — 9, II S. 24 ff. Bohde, Psyche l^,2bb knm. Die
2) Freier der Penelope aus Zakynthos, Apollod. 40 Bemerkung von Hitzig-Bliiemner zu Paus. a. a.
Epit. 7,29. [Höfer.l 0.: 'Der Kultus des 'Aycc^bg ^sog findet sich
Theophylax (6)foqpi)/,a:|), Beiname des Pan, nur hier', bedarf der Richtigstellung: Der athe-
in einer Weihinschrift ägyptischer Jäger: JTavt nische Kult ist schon oben erwähnt. Dazu
ögsoßdrsi -/.at d'socpvXay.i, Bevue des etudes kommt ferner die Inschrift auf einem Kantha-
grecques 4 (1891), 55 nr. 10. Nach Wilcken bei ros aus Athen: llyad'ov -O-soö, Athen. Mitt. 26
Prcisigke, Sammelbuch der griech. Urkunden 294 (1901), 74 nr. 17. Catalogue des vases peints du
ist statt dsocpvXayii. zu lesen d-slgjocpvXayiL = Musee national d'Athenes Supplement par Geor-
^riQocpvXocyii. [Höfer.] ges Nicole (Paris 1911), p. 272 nr. 1173, bei der
Theoria {Sscogia) 1) eine der Musen; s. Praxis maa freilich auch an den aya^bg äccl^cov (s. o.)
nr. 2. — 2) Personifikation der heiligen Fest- 50 denken kann. Auch in Tegea bestand ein Kult
gesandtschaft (-O'fco^t'o:) , die die Athener von des Th. A.: Auf einem Hermenpfeiler steht die
Prasiai nach Delos zu senden pflegten, Arist. Inschrift: KXsoitccg 'Aycc^ot &8o[t] ävsd-rixE^
Pax 523 f. 713. 715. 871. 873. 887. 906. Nach Arbanitopullos , 'Ecp7]ii. öcqx. 1906, 65 f. nr. 17.
L.Boß, Beisen auf den griech. Inseln des ägäi- Bomaios, ebenda 1911, 152, 6 (Abb. 6). I. G. 5,
sch^n Meeres 2, 11 (vgl. auch Lolling, Ath.Mitt. 2, 60, und auf einem Pfeiler, der ein Menschen-
4 [1879], 355 Anm. 2) stellt die Kolossalstatue haupt trägt, steht: 'Aya&bg 086g, Arbanito-
auf der Spitze der Klippe von Prasiai diese pullos a. a. 0. 1906, 43 f. nr. 10 (Abb. ebenda
Personifikation der heiligen Theorie dar. [Höfer.] S. 35 Fig. 1). Zwei Inschriften aus Epidauros
Theorides {Gsagidtg), 1) Bezeichnung der erwähnen gleichfalls den 'Ayad-bg Oebg {I. G.
Bakchantinnen: ol tcsqI Jlovvüov Bcckxccl, He- 60 4,997 a. 1059. Blinkenberg, Ath. Mitt. 24 [1899],
sych. Lobeck, Aglaoph. 285 Anm. a, Bibbeck, 382), dem als weibliches Gegenstück (vgl. die
Anfänge u. Fntwickelung des Dionysoscultus in Weihung Jd MsXlxv xr] MsXixri Bd. 2, Sp. 2558,
Attica 14 u. Anm. 3. Nach Otto Hoffmann, Die 14) eine Göttin 'AyaO'ri zur Seite steht. In der
Makedonen S. 97 Anm. 132 (vgl. S. 234. 244) Überschrift von Urkunden findet sich statt des
und Hiller v. Gaertringen, Hermes 46 (1911), gewöhnlichen @sol oder @s6g- Tvxn oder !^ya-
155 sind diese OEcogidsg identisch mit den 9'fj Tvxy mitunter auch Gsbg 'Aya&og (Itanos
makedonischen ©oiiQLdsg rviitpoci, novacci. Mcc- auf Kreta), Dittenberger, Sylloge^ 462, (Magne-
Tisdovsg, Hesych. — 2) Bezeichnung der Diene- sia a. M.), ebenda 929. — Eine Weihinschrift
635 Theos Arabikos Theos Hierax (536
aus Physkos im ozoliachen Lokris ist gewidmet Theos Erthreuo {(-^fbs 'Egd-gsve), auf einer
-Jii Meilixirp, 'Aya^olf &sotSy Wilhelm a. a. 0. Inschrift aus Hareiri in Syrien liest man »fov
13Ü nr. 125; mit den ccya9ol d'soi sind zu ver- ' Eg^giis^ wozu W'uddinifton, Asienn'n. -2650 be-
jfleichen die Jcti^ovsg äya^oL einer Inschrift merkt 'je crois etre sur du mot *KpO-ßfi)f, bien
aus der Umgebung von Oly mos in Karien (i?pfi»$ qu'il paraisse fort bizarre', f Höfer j
^aiuöviov &Ycc»<bv)y Sitsungsber. d. Kaui. Akad. Theos Geniieas (Weis Fsw^ui;). Ein, wohl
d. Wiss. in Wien, Phitos.hiat. Kl. 132 (18951, sicherlich aus Syrien stammendes, jetzt im
8 6 nr. 2. S. 6 Z. 1. [Höfer.] Louvre befindliches Helief stellt einen Reiter
Theo» Ar«hlko8 (Ö-tüs^pa/Stxdff). Eine Weih- mit bartlosem, jugendlichem Angesicht und
Inschrift aus Gerasa (Syrien) lautet: inkg rijs lO langem flatterndem Haare in orientalischem Ge-
ro»» I^t-ßactibv otorrigiag ^sm kgccßixw ixrixocoy wände (Ärmelrock, Mantel, Weste (?), Hosen)
Germer-Durand, Revue bibli<juelS\t5,SSb. Lucas, dar, der in der Rechten eine Peitsche hält,
Alitt. des deut'-ch. Palästina-Vereim 7 (lUül), wilhrend hinten am Sattel ein Köcher hängt.
62 nr. 7, Dittenberger, Orientis Graeci inscr. sei Die Inschrift lautet: OB(b{i) rBvvia{C) naxgmai{i)
623 p. 319. Etvue des etudes grecques 10 (1897), Matnßävvas x«l Mdgxog viol avrov x. r. X.,
98. Cagnat, Inscr. Gr. cui res Roman, pertinen- Heiizey, Acad. den imcr et belUs-lcttres : Comptes-
tos 3, 1313 p. 478 f. Brünnow-Domaszeu'ski,Pro- rendus 1902, 190 ff. pl. I. Clermont-Ganncau,
wncta ^raftm 8(1909), 2Ü5 314 nr. 150. O.Wein- Recueil arch. Orient, b {190S), 154. Dittenberger,
reich, Ath. Mitt Sl (1912), 21 nr. 106. Unter Orient. Graec in.'^cr. sei. 637 p. 344. Lidzbarski,
dem »toi !igaßi%6s v/ird mit ClermontGanneau, so Ephemeris für sentit. Epigr. 2,81; vgl. Ronze-
Recueil d'arch. Orientale 2 (18i»8), 14 und Wein- valle, Acad. des imcr. usw. 1Ü04, 11. Reo. epigr.
reich a. a. 0. 36 der Uauptgott Arabiens, Du- N. S. 1 (1913), 399. Gruppe, Gr. Myth. 1583, 1.
gares (s. d. u. d. Art. Tliesauros) zu verstehen Daß die Weihinschrift des Reliefs 'dem Gotte
sein. [Höfer.] Genneaa', und nicht, wie Clermont • G anneau
Theos Arcmthenos (^«6? *Ageu^nv6g\ sonst a.a.O. 155fif. wollte, 'dem Gotte des Genneas'
unbekannter semitischer Gott auf einer In- geweiht ist, daß also Genneas nicht Personen-,
Schrift aas der Nabe von Beirut (Berytos), sondern Götternamen ist, beweist die von Ronze-
Dittcnberger, Orientis Graeciinscr sei. 5S9 p.281. valle, Notes et etudes d'arch. or. (Mclnnges de
Der Name ist wohl von einer Ortschaft 'Agiy,d'cc la fncuUe Orientale: Umoersite Saint- Joseph Bey-
abzuleiten(vgl.^pifi,of^ataund'.4paaaO"a, ,/osepÄ. 30 routh 5 [1911/12]) p. 86* = 202 pl. 15,2 (zwi-
rnt. 8, 349. 411. 417. 9, 105. 106. 112), Cler- sehen p. 72* u. 73* = p. 188 u. ,1811) publizierte
mont-GanneaUy Recueil d'arch. Orientale 1{\%^2,), lateinische Inschrift auf einem Altar aus Koi-
94. [Höfer.] ^ ^ ^ lesyrien: Vales Camasi{?) Deo Genea. Ferner
Theos Ari'hagetcs (Ssog 'Agxay irrig), ^on stellt sich zu dem Gottesnamen Gen(n)ea8 der
zwei Inschriften, die Mordtmann, Arch. epigr. Kvgiog Vewctlog BcclaagxwS rig in der Röscher,
Mitt. aus Oesterreich 8,20s, nr. 24. 28 publi- iMyth. Lex. 2, 1759, 48ttC (s. v. Kyrios). 2,2554,
ziert hat, ist die eine SBm'Agxayixa^ die an- 5 ff. (s. v. Megrin) abgedruckten Inschrift; vgl.
dere ''Hgcai 'Agxayita geweiht; sie stammen aus auch die lateinische aus der Nähe von Berytos
Epivataes {' E:ti,ßäxutg) aus der Nähe von Se- stammende Inschrift: Gen(naeo) dom(ino) Bal-
lymbria. Mordtmann meint, es läge zwar nahe, 4o marcfodi, C. 1. L. 3 Suppl. 6673 p. 1221. Frei-
in kgxocyirag die dorische Form von 'AgxrjyETqg lieh faßt Ronzevalk, Notes etc. p. 88* = 204 in
zu sehen, doch bestehe daneben noch die Mög- ersterer Inschrift yswatog nicht als Götterna-
lichkeit, daß es ein einheimisches Wort sei. -men, sondern als einfaches an yivgiog ange-
Die letztere Ansicht ist entschieden irrig. *Ag- schlossenes Epitheton; vgl. auch Dittenberger
Xayixag (Agxr\yixrig) ist ein so vielen Göttern a. a. 0. zu nr. 589 p. 28^ Nach Damaskios vita
(Belegstellen gesammelt von Kern und Jessen Isidori 203 {Phot. Bild 348 b 4) wurde der Gott
bei Pau/y- irt5.so<<;a s. V. Archegetes, Archegetis) Gennaios von den Einwohnern von Heliupolis
als Führer und Geleiter zur neuen Heimat ge- verehrt, wo sie im Tempel des Zeus eine Art
gebenes Epitheton, daß wir es auch in diesem von Löwenbild aufgestellt haben, und tatsäch-
Falle unbedenklich werden annehmen können. 50 lieh ist auf den Bildsäulen des Juppiter Helio-
Es wird sich um den thrakischen dsog rigoag politanus oft ein Löwenkopf dargestellt {Rud.
handeln. [Höfer.] Asmus, Das Theben des Philosophen Jsidoros von
Theos Argaios (Gsbg 'Agyatog). Eine frag- Damaskios 122. 190). Darnach scheint Genneas
mentierte Altarinschrift aus der Umgegend von (Gennaios) derselbe 'Gott, wie der in Heliupolis
Caesarea in Kappadokien wird von Gregoire, zu sein, ein '"'H^Ltos ^cptJtTtog, und dem Namen
Corr. Hell. 33 (1909), 78 nr. 66 (vgl. Rev. des Fswicci bzw. Fswatog liegt ein semitisches
it. gr. 23 [1910], 325) gelesen: &t[m] 'Agylccitp], Wort zugrunde, Lidzbarski 82. Mit rivog{a. d.)
unter dem der göttlich verehrte Berg gleichen und revfd (s. d. und v. Baudissin, Studien zur
Namens, t6 'Agyatov ögog, zu verstehen wäre; semit. Religionsgesch. 1, 12) steht der ^sog Fsv-
vgl. Maxim. Tyr. 8,8 p. 144 Reiske = 2, 8 60 viag wohl kaum in Zusammenhang. [Höfer.]
p. 26j27 Hobein: "Ogog KannuSöxuig xal ^iog Theos Hierax {^tog 7^pa|). Eine Inschrift
xal ogxog xai ayaX^ce. [Höfer.] aus Ptolemais erwähnt die Errichtung eines
The '8 Blekuros (Geog BXrixovgog) auf einer Altars 'AgßcH-KtSL xal 'Ugccxi ^t[(p], Miller, Rev.
Weihinschrift aus Thrakien, unbekannte, wohl archeol. Trois. serie 2 (1883), 174, 1. Ditten-
lokale Gottheit, Athen. Mitt. 22 (1897), 475. beryer, Or. Graec. inscr. sei. 52 p. 82. Catal.
Nach G. Seure, Rev. arch. 1911, 2, 443 nr. 11 general des ant. egyptiennes du musee d'Alexan-
wäre statt 6>*a>(i) BXr^xovgoiU) zu lesen: @iib{i) . drie 57: Breccia, Iscrizioni Greche e Latine 48
'EmxovgcoU). [Höfer. J p. 32. Beide Namen — 'Agßaxxig wohl = Har-
iuM 'J'heos Koiuos Theoxenios 038
m-achuti s. /v. Meyer Bd. 1, Sp. JitG — .sind mählich unter dem P]influß der tliiakischen
wohl BeiiiiimeM des a^p Sperber verehrten Horos Nachbarschaft thrakischcs (Gepräge erhalten
(s. d.) [ lltHer. | liat. Zur Etymologie von Jegj^t-Xarrig vgl. 2'o-
Theos koiiios s. Koinos Theos. Die Weih- maschek, Die alten Thrdhcr 2 (Hitzungsber. d.
inschrilt aus NordatVika s. jetzt aucl) CLL. phil-hist. Cl. d. Kais. A/cad. d. Wi.ss. 130 [ 181)4 1,
8, 14426. Cagnat, Inscr. (rr. ad res Komnn. per- II, S. 67). — 2j Zwei InBchrif'ten aus dem «yri-
tinenies l,i>34p. 309. Coudraij la Iilancliere timf sehen Nazala .sind geweiht d-e(o fieydln JVafa-
P. Gauckler, Description de l' Afriquc du nord : Xr^viiiv {Le Bas '2571a. Onterr. Jahreshe/'te 3
Catahgtie du Miisee Alaoni (Paris 1897) p. 84 [ IDOOJ, Beiblatt "20 nr. 2. 3). Bruno Müller,
nr. 12. Ein (iegenstiick zum yiotios ^e6g hikWt lo Miyas f>t6s (l)is8. Phil. Hai. X.KI, 3) 325.
der Üdiog d^eög bzw. iöia Q^iä oder 'Cöioi i'jQ(08s^ Sonst tritt zu der Bezeichnung ^tyag ^fog fast
worüber man vgl. (). Höfer, Mythologisch' Epi- dui*chgehends der Eigenname des betreffenden
graphisches {Progr. d.Wettincr Gymnas.zuDres- Gottes; vgl. darüber die Zusammenstellung bei
den 1910) S. 31. [Höfor.] Br. Müller. Nachzutragen sind die zwei Bronze-
Theos Mcj?ns( 6)fo?Ar{fya:?). 1) Auf autonomen inschriften aus dem arkadischen Thisoa (Thei-
Müuzen von Odessos erscheint auf der Vorder- soa): hgov rm(t) MtyäXajii) f)£ö)(i), die also
Seite der bärtige Kopf eines Gottes mit starker, gleichfalls den Eigennamen weglassen, G. Oiko-
von einem Bande umwundener Tänie, auf der nomos, Berl. Phil. Wochenschr. 1911, 1207 (der
Kückseite derselbe Gott in ganzer Figur, bärtig unter dem 'großen Gott' den Zeus versteht),
mit Täuie in langem Gewände linkshin stehend, 20 A. Beinach, Bevue epigr. Nouvelle serie 1 (1913),
in der R. die Schale, im 1. Arm das Füllhorn; 86. [Höfer.]
die Münzlegeude lautet (mit kleinen Abwei- Theos Olbios {Shhg "OXßiog) s. Olbios, wo
chungen): Gsov Mi-yccXov 'OdriGix&v Kvqgcc, nachzutragen ist: a) die Inschrift eines Weih-
Pick, Jahrb. d. Kais, deutsch, arch. Inst. 13 reliefs aus Lampsakos: Kägnog Ilavllcovog 0so'
(1898), 155 tf. Taf. 10,20. Verselbe in Die an- 'Olßico tv%aQi6rriQtov., A. Beinach, Bevue epi-
tiken Münzen Nordgriechenlands herausg. von graphique Nouvelle serie 1 (1913), 172. — b) die
Imhoof-Blumer I, 2,1 S. 549f. nr. 2214. 2215; ifnschriften aus Panderma, die teils den Zsvg
vgl. S. 52 t. G. Macdonald, Catal. of greek coins "Okßiog {Journ. of hell. stud. 25, 1905, 56, nr. 57
in the Hunterian coli. 1,418, 1 pl. 28,4. Head, nr. 6: [^]t[/ '0\l[ßlai 8^](Tr]xo(^)G>, was zu Wein-
Hist. num.^ 276 Fig. 167. Die frühere irrige 30 reich, 08Oi ^Enr\v.oo't in Ath. Mut. 37, 1912. 23 flF.
Deutung der Münzlegende KvQßa als Kvq{lov) nachzutragen ist; Corr.AeZ/. 32, 1908, 523: Ugsig
Ha{Qd7tidog) durch Hardouin, Pop. Num. 368. z/i6? OXßiov) teils den Osog "Olßiog {Journ. of
Opera Sei. 127 (vgl. Eckhel, Doctr. num. ret. 2, hell. stud. a. a. 0. 56 nr. 1. 2) nennen. Über den
37. Overbeck, Kunstmyth. Zeus 103) ist wider- Zeus Olbios im kilikischen Olbia (Bd. 3, Sp.
legt durch Scsiini, Letk Num. 7 p. 12 f. L. 829, 41 ff.) s. Hill, Catal. of greek coins Brit.
Müller, Numism. d' Alexandre le Grand 172 Mus. Lycaonia LH. LIII. Gecil Smith, Class.
(vgl. W. Drcxler, Mythol. Beiträge 78). Es ist revieiv 4, 185 f. [Höfer.]
daher nicht statthaft, in dem 'Großen Gott' Theos Triskaidekatos (f)8bg TQigyccad^'^ccTog),
den Sarapis zu erkennen, w^enngleich Kaiser- als 'der dreizehnte Gott' wird von Philostr.
münzen des Severus ihn mit dem Attribut 40 J^Jpist. 39 p. 479 Hercher das personifizierte Mit-
dieses Gottes, dem Kalathos, darstellen. Mag leid, Eleos (s. d., wozu ergänzend der Artikel
sich hierin immerhin eine P^inwirkung des all- von W ser hei Pauly-Wissowa tritt) bezeichnet:
mählich eindringenden Sarapiskultus äußern tov 'EUov iotr'iaavTo ßcofiov cbg tQigTicciSsndtov
— die früheren Kaisermünzen zeigen den &£ov. Über die Bezeichnung eines Heroen oder
großen Gott in demselben Typus wie die auto- Kaisers in Verbindung mit den zwölf Göttern
nomen Münzen stehend, mit Schale und Füll- als d'sbg TQtgyicci8Ev.atog vgl. Usener, Bhein. Mus.
hörn — , eine Identifizierung beider Gottheiten 57 (1902), 171 tf. = Kleine Schriften 4, 396 ff.
ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil auf Q. Weinreich., Lykische Zwölfgötter-Beliefs. lin-
den späten Kaisermünzen immer noch der ein- tersuchungen zur Geschichte des dreizehnten
heimische Typus des 'großen Gottes' mit 50 Qottes {Sitzungsber. der Heidelberger Akad. der
Schale und Füllhorn erscheint, während gleich- Wiss. 1913, b) S. Iff. 35 ff. Derselbe, Triskai-
zeitige Münzen den Sarapis in der gewöhn- dekadische Studien {Beligionsgesch. Versuche u.
liehen Darstellung zeigen, Pick, Arch. Jahrb. Vorarbeiten XVI, 1) Itf. 12. 14. A. v. Domas-
a. a. 0. 156. Ant. Münz. a.a.O. 527. Eine In- zewski, Die Hermen der Agora zu Athen {Sitzungs-
schrift aus der Zeit des Gordianus (aus dem ber. d. Heidelberger Akad. d. Wiss. l^Oi., H))'$).b.
Jahre 238) gibt ihm den Beinamen JsQ^sXdxrig: E. Böklen, Die ^ UnglückszahV Dreizehn (My-
Oeov Msydlov J8Q^sXdxo{v, J. Mordtmann, thol. Bibliothek 5, 2) S. 5. [Höfer.]
Bev. arch. 35 (1878) p. 114 nr. 6. Kaiinka, An- Theoxenios, Beiname des Apollon als In-
tike Denkmäler in Bidgarien 108 f. nr. 114. haber des Festes der Oso^evia in Pellene in
Cagnat, Inscr. Gr. ad res Born. pert. 1, 1439 60 Achaia, vgl. Paws. VII 27, 4 (dazu Frazer IV
p. 482; und auf den gleichzeitigen Münzen S. 184 [die 2. Aufl. war mir noch nicht zugäng-
werden Jag^dXsia d. h. Spiele zu Ehren des lieh] und Hitzig - Blümner II 2 S. 845): hzi
©sog Msyocg zltg^aXätrig erwähnt. Pick, Jahrb. yiccl 'AitoXXmvog Qso^sviov TIsXXrivsvaLv iBgöv,
a. a. 0. 156 f. Ant. Münz. 525. 528. 580 nr. 2370 ro 6h dyaX^a x(xXy.ov itiTCoirirca- v.cu dyiöva iiti-
bis 2372. Head. a.a.O. 277. Der Beiname ^fp- xsXovei Oso^ivia xcp knöXXtovi, xid-hxsg ccgyv-
^sXdxrig, vielleicht von einer Ortschaft abge- giov ad^Xcc xiig vl-arig, Kai ccvdg^g dycovi^ovxaix&v
leitet, ist thrakisch und zeigt, wie der alte inixcagiav. Y gl. Preller- Bobert l 200; Wernicke,
ursprünglich rein hellenische f)eog Msyag all- P.-W. II 1,53; Deneken, De theoxeniis (Berlin
639 Thera Theras 640
1881) S. 10; A.,Mommsen, Delphica 801 A. 1. nike, von dem Molioiiiden Eurytos Mutter des
Bei Paus. a. a. 0. werden die Ssoiivia in Pel- Thalpios, Poj«. 6,3,3. Gruppe, Gr.MijthATiyi.
lene dem Apoll allein beigelegt; die älteren [Höfer. ]
P#wdrtrscÄo/t>H zu O/. 9, 146 nennen Hermes und Therapuaia {(^sganvala) , lieiname der He-
Apoll; vgl. über diese Fraire Nilsson, (iriech. lena von der spartanischen Ortschaft Therapne,
Feste 160 A. 4. — Über die delphischen Gso- wo sie Kult hatte und begraben sein sollte
^ivia und den danach genannten delphischen {Herod. 6,61. Paus. 3, l'J, U)i — Orpheus (frgm.
Monat Sfo^fviog vgl. Mommsen a. a. 0. 299 ff.; 286 Abel) bei Tzetz. zu Lykophr. 143 (p. 67,17).
Bischoff', De fastis {Leipz. Studien Yll) 352; Tryphiod. 620 (vgl. 'Noack, Hermes 27 [1892],
HiUer v. Gaertringen, P.-W. IV 2, 2622, Einzel- lo 461). Or. ars am. 3, 49. [Höfer.]
belege am bequemsten mit Wendeis Index bei Therapnaios (Osgccnvato?) ^ Beiname 1) des
CoUitZf Samnd. d. griech. DicUektinschriften {\ Apollon von dem Orte Therapne (Apollineae
8. 827 und 329. — Zusammenfassend über die Therapnae) Stat. Theb. 8, 422 , Apoll. Rhod. 2,
Theoxenienfeste zuletzt M.P. Nilsson, Griech. 163 und Schol. z. d. St. (yilftov dh ft^ganvcclov
Feste 160 ff.; seine Ansicht, daß die Hesych- .dibfvla). Vom /s,7t/w. 3f. 446, 40 wird die Stelle
alosseOsv^Evia' kTtolltovos koQT7J wohl MTsprüng- des ApoUonios auf Polydeukes (vgl. Paus. S^
lieh Erklärung einer Dichterstelle ist und, da 20, 1) gedeutet. — 2) des Hjakiuthos (s. d.)»
auch andere Götter außer Apollon Theoxenien Nonn. Dionys. 11,259; vgl. 4, 134. 12,224. Ov.
genossen, spezialisiert werden muß, also etwa Fast. 5,223. — 3) der Dioskuren (Therapnai
Iv Tlslli^vrj hinzuzudenken sei, erscheint mir 20 fratres), Stat. Theb. 7,793; vgl. Bd. 1, Sp. 1164,
richtig. [ Weinreich. J 60 ff. Stat. Silv. 4, 8, 53. 5, 3, 140. Schol. Pind.
Thera? (öijpa?), unsicherer Name einer der Isthm. 1, 43. Vgl. oben nr. 1. [Höfer.] %
Töchter des Amphion und der Niobe, Hytj. f. Therapne (Ö«pa7ri'rj), Tochter des Lelex, Epo-
69 (p. 77, 16 ScAw.), wofür E. Bethe, Genethlia- uyme von Therapnai, Paus. 3,19,9. Usener,
eon GoUingense 43 Eleclra, Bunte und v. Wi- Götternamen 232. Vgl. Tht^rapnes. [Höfer.]
lamomtz, Hermes 26 (1891), 219 Neaera ver- Therapnes {GsgdTtvrig), Sohn des Lelex und
muten. [Höfer.] der Peridike, Bruder des Myles, Polykaon, Bo-
Theragreutes (Öijpaypfvr»??), Beiname des molocho8(?), Schol. Eur. Or. 626. Doch ist es
Dionjdos-ZagreuB, Eur. Bakch. 1020. Weniger, auch möglich, statt Therapnes: Therapne (vgl.
Arch f. Beligionswiss. 10 (1907), 72. [Höfer.] so Bd. 2, Sp. 1937, 1. 3307, 14), also eine Tochter
Theragros {OiJQaYQog)^ Sohn des Klymenos des Lelex zu verstehen. [Höfer.]
in Argos und der Epikaste, Bruder des Idas Theras {@i]Qas), Oikist der Insel Thera (h
und der Harpalyke (s. d. nr. 2), Euphorion bei Santorin).
Parthen. 13 ^ Euphorionis Fragmenta ed. Fei. § 1. Literatur. Unter den Neueren maß-
Scheidweiler {Diss. Bonn. 1908) frgm. 20 S. 33. gehend Fr. Studniczka,Kyrene eine altgriechische
PoU, Zeitschr. f. vergl. Sprachforschung 6 (1857), Göttin, Leipzig 1890, vgl. oben Bd. 2, 1717 ff.
131. [Höfer.] * Vielfach fördernd E. Maaß, Gott, gelehrt. Arn.
Theran (Öi^par), Name eines sonst unbe- 1890, 337 ff. Die Ausgrabungen in dem monu-
kannten Gottes oder Heros auf einer Inschrift mentalen Werke von Hiller von Gaertringefi,
aus Argos Scv^jd-Bv rc5 öijpavi, Le Bas 2, 111 40 Thera, Unter suchungen, Vermessungen und Aus-
p. 48, *je ne sais ä quelle divinitä ou ä quel grabun./en, Berlin 1899 ff. Zusammenfassend
hSros eile se rapporte.^ Gollitz 3281. I. G. 4, und ul sichtig, aber zu radikal L. Malten,
676. N2Mh Usener, Stoff d. griech. Epos {Sitzungs- Kyrene, Berlin 1911.
berichte d. Wiener Akad. 137 [1897], III, S. 51 § 2. Überlieferung. Die ausführlichste
= Kleine Schriften 4, 249 f.) ist der Name die- Nachricht bietet Herodot 4, 147 ff.: i'h. ist ein
Ber argivischen Gottheit derselbe wie der des Kadmeer, dessen Geschlecht über Autesion —
in den Zeusmythos verflochtenen Flusses 07]Qr]v Tisamenos— Thersandros— Polyneikes auf Oidi-
bei Knossos auf Kreta, Diod. 5. 72; es ist al-^o pus zurückgeht. Autesion ist nach Sparta über-
ßi^gavL zu betonen S. auch Kannegießer, Beitr. gesiedelt, und seine Tochter (Argeia) hat dem
z. alt. Gesch. 11 {l9ll),Zi U.Art. Theras. [Höfer.] 50 Aristodemos den Prokies und Eurysthenes ge-
Therandros(?). Auf dem Kentaurenfries der boren, für welche später ihr Oheim Th. die
Fran^oisvase ist nach deren Restaurierung und Vormundschaft mit der Regierung führt. Als
Reinigung der bisher verdeckte Name eines die Neffen selber die Herrschaft angetreten
Kentauren GEPAN APOZ wohl verschrieben haben, beschließt Th., der nicht anderer Unter-
fur GEPANJPOH zutage getreten, Milani, tan sein will, nachdem er selber Regent ge-
Ate^ie e Roma 5 (1902), 711, der den Namen wesen ist, zu seinen Stammesgenossen auszu-
STiQccv8Q0s\\efii'.,\g\. Berlin. Philol.Wochenschr. wandern. Das sind die Nachkommen des Phö-
22 (1902), 1580 Anm. 2. A. de Ridder, Rev. des nikers Membliaros, der einst mit Kadmos die
etudesgr. 17 {1901), 101. Dagegen meint J2o6erf, Insel Kalliste (früherer Name von Thera) an-
Hermes 39 (1904), 473 (vgl. Wochenschr. f. klass. 60 gelaufen und von diesem, seinem Verwandten,
Phil. 1904, 1095), SriQavdQog wäre für den dort zurückgelassen worden ist. Auf seine
Vasenmaler Klitias doch zu abgeschmackt, Fahrt nimmt Th. mit Volk aus den Phylen
S^Qavägog wäre = Giggavögog, attisch für und einige Minyer, die, einst aus Lemnos von
GsgüccvSgog, zu lesen und zu deuten. [Höfer.] den Pelasgern vertrieben, bei ihren Stamm-
Thera(i)phone((9rjpa(i)(pov73; Varianten: 0T]- vätern in Lakedämon Aufnahme und Gleich-
poqjor?], Origecpovr} ; vgl. Gottfr. Hermann, De berechtigung erlangt, dann aber infolge über-
iteratis apud Homerum 16 (= Opuscula 8, 23), mutigen Wesens gefangen gesetzt und durch
Tochter des Dexamenos, Schwester der Thero- eine List ihrer Frauen befreit worden waren
641 Theras Theras 642
{Her. 4, 145 f.). Th. f^elit mit droi Dreißig- scheint die beträchtliche Zahl von Eigennamen
rüderem in See und siedelt' sich in freund- choriambischer Messung auf Verwendung im
schaftlicher Vereinbarung mit den Ikwohnern Hexumeter zu deuten, vgl. AvrsaiaVy Tiadfitvog,
auf der Insel an, die von ihm den Namen Thera MnitßXiaQog, OloXvxog. Wenn es das von
erhält. (So auch im wesentlichen I^aux. 3, 1, (). Müller vermutete Nationalepos über die do-
7 f. 15, (). 4, 3, 4. 7, 2, '2, vgl. auch schal. Find. rische Kolonisation gegeben hat, so wäre dies
Fyth. 4, 88. 455. schol. Apoll, lilwd. 4, 1764.) eine geeignete Quelle; auch das von Crusius
Zurückgelassen hat er in Sparta seinen Sohn, in i?osc/it'rs Lea:. 2, 857 0". erschlossene railesiscüe
der ihn nicht begleiten wollte, uir iv Xvv,oi6i, Schitferepos von Kadmos könnte teilweise hier
wie der Vater sagte, woher jenem der Name lo hineingespielt haben. Daß übrigens Th. Gegen-
OioXvnog blieb. Dessen Sohn war Aigeus, der stand dichterischer Behandlung gewesen ist,
Stammvater der Aigiden. Auch die Aigiden läßt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit dar-
müsseu später nach Thera nachgewandert sein, tun. Wenn nach Hemd. 6, 52 die Lakedämonier
denn es traf sie dort (wenn die lü%kenhafte üiLoXoy^ovrsg oväsvl noirirfi erzählen, Ari-
He7'odotsi(i\\e richtig verstanden ist) derselbe stodemos selber habe sie in ihr Land geführt
Fluch der Kindersterblichkeit wie ihre Ge- (so auch Xen. Affcs. 8, 7. Ephor. fr. 11), so
achlechtsgenossen in Sparta, der erst durch muß die andere Version, wonach erst seine
Weihung eines Heiligtums der Erinyen und Söhne Eurysthenes und Prokies das Land durchs
des Oidipus von ihnen wich. [So berichten Los erhielten (Apollod 2, 173. 177 f. Paus. 3,
übereinstimmend Lakedämonier und Theräer.] 20 1, 5 f. 4, 3, 4 f.) in Dichtwerken vertreten ge-
Es folgt c. 150—153 der theräische Bericht wesen sein (O. Müller, Dar. 1*, 52). Nun war
über die Gründung von Kyrene, dem 154 — 156 aber Th. Vormund der Söhne des Aristodemos
der kyrenäische darüber entgegengestellt wird. und trat nach Paus. 4, 3, 4 offenbar im Inter-
Die Geschichte Kyrenes bis Arkesilaos IIL wird esse seiner Mündel dem betrügerischen Kres-
bis c. 167 ohne Diskrepanzen erzählt. Schwer- phontes bei der Landverteilung entgegen. Er
lieh wird mit Studniczka, Kyr. 47. Mythol. wird also bei der bekannten List des Kres-
Lex. 2, 1738 auch noch auf eine besondere phontes, die sich die Dichter nicht v^erden
kyrenäische Version über Theras Gründung zu haben entgehen lassen, seine Rolle gespielt
schließen sein, wie auf eine lakonische für haben. Eine dichterische Reminiszenz scheinen
Kyrene: Kyr. 108 If. Unbefangen betrachtet er- 30 auch die Erinyen bei Herod. 4, 149 zu sein,
zählt Herodot der Zeitfolge nach: Theras Be- Ygl.v.Wilamowitz, Griech. Trag, übers. 2,235,1.
siedelung, woran nur Lakedämonier und Theräer, Malten, Kyr. 179, 2.
nicht Kyrenäer ein Interesse hatten, dann Ky- § 3. Kritik der Überlieferung. Wenn
renes Ursprung in zwei Brechungen*), woran es diese einheitliche Tradition auf ihre histo-
die Lakedämonier nicht interessiert waren. Die rische Glaubwürdigkeit zu prüfen gilt, so kann
Herodoteische Tradition hat in der Hauptsache die Person des Th. nicht isoliert, zum minde-
auch schon etwa 30 Jahre früher Pindar Pyth. sten muß seine Gefolgschaft nach ihrer Zu-
4, 257 tf. 5, 72 ff., und sie begegnet uns wieder sammensetzung untersucht werden. Den lite-
in der Alexandrinerzeit beiJj9oZZ.i?/<o(^. 4, 1755 ff. rarischen Quellen treten jetzt die Ergebnisse
und hei KalUm.hymn. 2, 71 ff., der gewiß, wenn 40 der umfangreichen Ausgrabungen, die das un-
es eine kyrenäische Version über Theras Grün- schätzbare Verdienst J3t7Z«rs f. Gaertringen sind,
düng gegeben hätte, diese vorgetragen haben zur Seite. Die ältesten Inschriften von Thera
würde. Wir haben also eine im wesentlichen bestehen in einzelnen, auf den Felsen geschrie-
einheitliche Tradition vor uns, wenn auch des benen Namen, göttlichen und profanen, aus
Th. Name nicht überall erscheint. Denn daß dem 7. — 8. Jahrh. Erst über diesen ältesten
bei Pifidar Pyth. 4, 257 ff. (von den Nachkom- Steinzeugnissen, also später als sie, ist ein
men der Argonauten auf Lemnos) Aa-asdcciuo- polygonales Bauwerk hergestellt, in dem sich
vicDv ^ix^evTEg avdgcbv ijd-söi bedeuten soll der Name Gr^gag zu finden scheint (J. C. Gr. 3,
„gelangt zuden Sitzen lakedämonischer Männer", 382). Damit ist ein so weites Hinaufrücken
nämlich in Thera, ist eine spitzfindige Deutung 50 des Oikisten Th., fast bis zur dorischen Wan-
von Maaß, Gott. gel. Anz. 1890, 358 f. Der derung, ausgeschlossen, ganz abgesehen von
Ausdruck scheint mir vielmehr gut das Streben der Unwahrscheinlichkeit, daß die Spartaner,
der Minyer nach völliger Gleichberechtigung kaum im Besitze des Eurotastales, sich zu
mit lakedämouischer Stammesart zu bezeich- überseeischer Kolonisation versucht gefühlt
nen, wovoü Her. 4, 145 f. erzählt. Man wird hätten {Studniczka, Kyr. bl. Lex. 2, 1740). Nun
also in Sparta, wo es Herodot hörte, und in ist aber andererseits ausgemacht, daß Thera
Kyrene, wo es Pindar vernahm, über Theras als lakonische Kolonie galt {Busolt, Griech.
Ursprung nicht sehr verschieden berichtet ha- Gesch. 1, 198), und auch Kyrene wird, doch
ben. Die Stiftungssage scheint zu sicher in wohl immer durch Vermittelung von Thera,
die heroische Genealogie eingefügt, als daß 60 als lakedämonische Gründung in Anspruch ge-
bloß mündlicher Bericht ihr zugrunde liegen nommen (etwas anders Studniczka, Kyr. 112).
sollte. Für Pindar hat man die Ehoie vom Wenn es sicher stünde, daß von Thera aus die
Argonauten Euphemos {Kirchhoff', Hie Compos. Besiedelung Kyrenes nicht eher erfolgt ist als
d. Odyssee 56 ff.) als Quelle vermutet (s. Stud- dort Lakonier vorherrschend geworden waren
niczka, Kyr. Ulf. Lex. 2, 1738), bei Herodot {Studniczka, Lex. 2, 1746), würde man, weil
Kyrene um 631 gegründet ist, einen terminus
*) Daß ifa/üön, Aj/re«. 97 ff. den richtigen Standpunkt ^ nnpm fnr Hpn 7no- dp«^ Th frewinnen
für die Beurteilung dieser beiden Versionen gefunden ^^^, ^^.^°^ tur den /Ug des iü. gewinnen^
habe, kann ich nicht zugeben. Doch Hiller V. Gaertringen, Ihera 1, 141 ü. 3, 52
643 Theras Theras 044
bat, dpnAusführung^envou ».TTt/amofrifc;, A'wrt)>. ponnes, so daß man die geschlossene Tradition
Herakl. 1, 2o6 ft*. über den Gang der dorischen schwerlich ganz verwerten darf, sondern höch-
VVanderung folgend, aus den Inschriften schlie- stens eine Beeinflussung zugunsten Spartas
ßen zu müssen geglaubt, daß Thera eher dorisch zugeben kann. Über Hezieiiungen des Th. zur
als spartanisch wurde und seine dorische Be- Argolis s. unten.
völkerung von der See her, von Kreta erhielt § 4. Die Minyer des Theras. Was die
{v.Wilamomtz, Berlin. Sitzungsber. 1906, 75f.). minysche Gefolgschaft des Th. anlangt, so muß
Wenn sich auf alten Inschriften die Personen- zunächst mit Stminiczka, Kyr. QO ^\ Lex. 1741 f.
nam^n ^oD^tEvp, 7. Gr. Jiis. 3, 548 und Jv^iäv von ihrer mythischen Abstammung von den
ib. f)50, dazu aus späterer Zeit Jvfidvtov vvfi' lo Argonauten und den leninischen Fraiuen alge-
qpat und 'rXXitov vvfiqpat finden {Hiüei' v. Gaert- sehen werden, auch ihre Vertreibung durch die
ringen. Die archaische Kultur dtr Jnsel Thera attischen Pelasger ist eine raythographische
31), 80 setzt das allerdings das Bestehen der Fiktion. Dagegen scheint mir der Aufenthalt
drei dorischen Phylen im 7. Jahrh. in Thera der Miny«»r in Lakedllmon mit nicht genügen -
TOrauB, die bekanntlich in Sparta für uns nicht den Gründen von Studniczka und Maaß 852 ff.
nachweisbar sind. Aber diese Phylen sind all- (etwas anders) verdächtigt zu sein. Beide geben
gemein dorisch, also auch spartanisch {Ed. zu, daß der Stamm in der Peloponnes beglau-
Meyer, Gesch. d. Altert. 2, 254 f.), und wenn bigt ist Der Minyor Euphemos ist vom Taina-
sie durch die sog. Lykurgische Verfassung ab- ron schwerlich zu lösen, v.^\ilavw^r^tz, Herakl.
geschafft sein sollten, so würde des Th. Zug so 1, 266 f. wird recht haben, wenn er infolge der
damit nur vor diese Verfassung, von deren <lori8chen Wanderung eine starke Schiebung
Zeit wir übrigens gar nichts wissen, gerückt der Hellenen (Pylier, Minyer, Lapithen usw.)
werden müssen. Es ließe sich sehr wohl an aus Thessalien und Böotien nach der Pelo-
den Anfang des 7. Jahrh. denken. Wir müssen ponnes annimmt. Hier mußten sich die Minyer
immer berücksichtigen, daß Herodot gar nicht notgedrungen mit den zuwandernden Dorern
von einer ausschließlich dorisch-spartanischen auseinandersetzen. Das scheint ihnen, wenn
Kolonie unter Th. erzählt, sondern es sind man den Spnren der Überlieferung nachgehen
außer dem Xtoig &7tb x&v ffvlitov noch Minyer darf, zunächst in Güte gelungen zu sein —
dabei, ja der Führer selber ist kein Dorer, die Sage spricht dabei von uralter Verwandt-
sondem ein Kadmeer. Wenn alle auf drei so schalt von den Argonauten her und von Be-
Üreißigruderem Platz hatten, so kann die Macht rufung auf die Tyndariden = Dioskuren — y
nicht groß gewesen sein, auch kommt er nicht später scheinen sie ihre Ansprüche gesteigert
^Ificov (d. h. die Bewohner), sondern övrotxryffcör zu haben, so daß eine Partei weichen ipaußte,
{Her. 4, 148), woran Pausan. 3, 1, 7 noch die natürlich die Minyer. Die einen zogen übers
Hoffnung auf freiwillige Abtretung der Königs- Meer, die andern nach Triphylien. Es ist nicht
würde knüpft, die sich auch erfüllte. Man einzusehen, warum die Sage erst den Umweg
vergleiche auch die spätere Art lakedämonischer über Sparta hätte konstruieren sollen, wenn
Kolonisation: Niese, Herrn. 42, 452. Daß der nicht eine historische Tatsache vorgelegen
lakonische Einfluß nicht stark gewesen sein hätte. Eine rein dorische Kolonisation wäre
kann, geht wohl daraus hervor, daß „die alte 40 dem Ruhme Spartas zuträglicher gewesen. Die
Schrift Theras von der lakonischen gänzlich Anknüpfung an die Argonauten wird dem Epos
unabhängig ist" und „die lakedämonische Ko- zuzuweisen sein, dem ja die Argofahrer als
lonie Thera nichts weniger als lakonischen Minyer gelten. Übrigens treten Minyer aus La-
Dialekt hat", vgl. Blaß bei Collitz u. Bechtel, konien auch in der Kolonisation von Melos und
Sammluvg der griech. Vialektiiischr. ii, 2. lASW. Kreta auf, wie Studniczka, Kyr. 4 7 ff. über-
Malten, Kyrene 166 ff. bezeichnet als sicheren zeugend dargelegt hat, und zwar etwa gleich-
Gewinn der Ausgrabungen die Tatsache, daß zeitig mit den theräischen Ansiedlern; vgl.
mindestens seit 1000 v. Chr. auf der Höhe des Konon 36 {Hoefer, Konon S. 71 ff.). Plut. de
Messavuno Dorer gesessen haben, die von nir- mulier. virtut. 8. quaest. Gr. 21 , wo Plutarchs
gends anders als aus Kreta gekopamen seien. 50 Zeitangabe des Helotenkriegs wohl zu vor-
Wenn dieser Zeitansatz nicht, wie ich fürchte, werfen ist (^i/Z^r r. Gaertringen, Thera 1,144,5).
y.u hoch ist, so würde allerdings eine von § 5. Die Phöniker auf Thera. In Thera
Sparta ausgehende Dorisiei-ung nicht möglich findet der Oikist ü^oivitisg, die acht Genera-
sein, an der Studniczka, Gott. gel. Anz. 1901, tionen vorher unter Kadmos an der Insel ge-
541 f. doch festhält. Daß die älteste dorische landet sind, wo Membliaros, ein Verwandter
Besiedelung Theras von Kreta aus erfolgt sein des Kadmos, zurückgelassen worden ist {Her.
müsse, dies zu erhärten genügen die von 4, 147 f.). Dieser Verwandte wird bei Paus. S,
Malten S. 167 angeführten Momente nicht, we- 1, 7 f. (Pragmatismus des Ephoros?) zu einem
der der Dialekt, der z. B. auch die Tatsache Manne aus dem Volke, um die Abtretung des
der Gründung Kyrenes von Thera aus wenig 60 Königtums an Th. wahrscheinlicher zu machen
bestätigt {Bloß b. CoUüz u. Bechtel, SGDI 3, {Boeckh, Kl. Sehr. 6, 4). Übrigens gehört Mem-
2, 194), noch der Kultus, namentlich nicht der bliaros wahrscheinlich bloß auf die Nachbar-
Kures, über dessen Bedeutung keineswegs Klar- insel Anaphe; vgl. Steph. Byz. s.v. &riQa xx.
heit herrscht. Überhaupt weisen die Kult- 'Aväcpri. Maaß 359, 1. Es herrscht wohl heute
zusammenhänge mehr nach der nordöstlichen Einstimmigkeit darüber, daß weder Kadmos
Argolis als nach Kreta (allerdings auch nicht noch die Kadmeer Phöniker sind, wenn auch
nach Sparta), s. Hiller v. Gaertringen 1, 144, der Name Kadmeer ethnographisch nicht ver-
Malten 167, 13, also jedenfalls nach der Pelo- wendbar ist. Dazu stimmt, daß Phönikisches
645 Theras Theras 646
auf Theia ^ar nicht «gefunden wurd« n ist, s. iJarlcpung darin süinen Grund haben, daß Th.
Dragendorl} h. Iltllir v. G., Thtra 2, 285, ;}22. <len hjuaklidiwchen Einwanderern gleich/eitiff
Die Heimat der Kadmeor muli naturgeniilß «^'enetzt wurde, die ^^irnticc des Aigcus aber
Böotien gewesen sein, also das Land, wo auc h nach gut beglaubigter Nachricht erst bei der
die Minyor zu Hause war<;n. Die verwandt- Kroberuiig von Amyklai stattfand, des letzten
ßchal'tliche Hezichung des Th zu den Kadmeern Holhverk« der vordorischen Bevölkerung, da»
gründet sich auf folgenden Slanimbauni : Kad- erst beträchtlich nach den ersten Erfolgen den
mos— Polydoro.s— Labdakos— Laios— OidipuH — Eroberern in die Hunde fiel, vgl. schol. Find.
Polyneikcs — Thersandros— Teisamenos— Ante- Islhii'. 7, 18. Aber den thebanii'chcn Ursprung
sion— Th, (Bocckh, Kl. Sehr. (5, 3). Maaß 361 lo der Aigiden als ungeschichtlich und nur er-
bat nachgewiesen, daß dieser Stammbaum der dichtet zu erweisen, ist m. E. Stvdnicz/.a, Kyr.
spartanischen Konigslistc parallel läuft, so daß «6 ff. Lex 1740 f. nicht gelungen. Bei Pindar,
Aristodemos und Theras einander entsprechen. Jsthm. 7, 12 ff. sind die Aiyttdai Oi^fiag ^ayopoi^
Daß Kadmos und die Kadraeer schon vor der dem nicht widerspricht, daß sie JHnd. Vyih.
Einwanderung des Autesion Beziehungen zu 5, 74 tf. aus Sparta ytysvvafihoi genannt wer-
Sparta gehabt haben, braucht aus der von den, denn die theräischen Ansiedler die^e8 Ge-
Favs. 3, 15, 8 berichteten Tatsache nicht ge- schlechts waren eben erst in Sparta geboren
folgert zu werden, daß in Sparta bei der ;itf>;^rj (falscher Schluß bei Malten 171 f.). Sie sind
IloixiXri ein ijQcpov des Kadmos stand, zumal nach Thera gekommen ov ^)f(av ätsg, ScXXä
es wie die des Oiolykos und Aigeus erst von 20 (joiqÜ rig aytv. Diese ^oiga kann sehr wohl
drei Enkeln des Aigeus, des Enkels des Th., mit der von Herodot berichteten Kindersterb-
gegründet sein soll. Es war natürlich, daß die lichkeit zusammenhängen und zur Folge ge-
Enkel ihre Kadmeische Abkunft auch kultlich habt haben die tx dtongoniov erfolgte Grün-
beglaubigten. Für den kadmeisch-bö( tischen, düng des Erinyenheiligtums, vielleicht auch
nicht dorischen Ursprung der ältesten theräi- die Abwanderung nach Thera.*) Die nach-
sehen Kultur, a.ucli der uralten Felsinschriften, wandernden Nachkommen des Th, brachten
die er leträchtlich früher datiert, ist zuletzt ater auch einen Sühnegott mit, den Apollon
Dörpfeld in der W^odienschr. f. Jclass. Phil. 1912, Karneios, als dessen Verehrer sie allgemein
1085 eingetreten unter Berufung auf die the- gelten; vgl. Find. a. a. 0., und bald erhob sich
räiöche Keramik und Totenbestattun? (s auch 30 der Tempel des Apollon Karneios neben dem
Börpfeld, Neue Jahrb. 11)12, 15). Doch vgl. Heroon des Th.; s. Hiller v. G. 5, 64 fF. Die
über die Tongefaße der theräischen Gräber Kameen scheinen ursprünglich ein Hirtenfest
Pfuhl, Mitt. d. archäol. Instit. athen. Abt. 28, gewesen zu sein, mit dem aber auch Sühnungs-
96 ff., bes, 284 tf. riten verknüpft waren, vgl. oben 2, 961 ff. S.
§ 6. Theras und die Aigiden. Ob das Wide und Höfer. Karneios ist herzuleiten von
Geschlecht des Th. als das der Aigiden zu vAgvog =^ TigoßaTov Hesych. s. v. Er wurde
gelten hat, ist eine Streitfrage, Her. 4, 149 schon vor der Rückkehr der Herakliden im
leitet jene her von Aigeus, dem Sohne des Hause des Sehers Krios verehrt, Paus. 3, 13, 3.
Oiolykos und Enkel des Th., und nennt sie Es ist anzunehmen, daß die Dorer ihn mit
eine cfvXr] yi^yälri iv Znagtr] (wohl ungenauer 40 einem eigenen Stammesgotte verschmolzen und
Ausdruck für öißä: Boeckh, Kl. Sehr. 6,5). Er dann als Nationalgott verbreiteten (so Wide,
setzt also ihr Hervortreten als gens einige Gene- dagegen Aly, Her kret. Apollonlmlt 8 f.). Schon
rationen nach der Rückkehr der Herakliden, StvdniczJca , Kyr. 68 hat darauf hingewiesen,
trennt sie aber nicht von dem kadmeischen daß der Vater des Ahnherrn der Aigiden Oio-
Volksstamme. Das ist in Sparta geglaubt wor- lykos offenbar in Beziehung zu bekannten Be-
den, vofür die neben des Kadmos Heiligtume nennungen des Lichtgottes Lykaios. Lykios usw,
von Aigiden, wann immer, errichteten iigacc steht. Nun haben wir zwar bei Herod. 4, 149
des Oiolykos und Aigeus zeugen Paus. 3, 15, 8, eine Etymologie des Namens: Th, habe seinen
Von einem ijgcpov des Th, liest man nichts; Sohn zuiückgelassen, als er ihm nicht folgen
Fr. Cauer s. v. Aigeidai b. Pauly-Wissoua 1, 50 wollte, mit dem Vergleiche öiv iv Xvv.oi6i, wo-
950 spricht wohl irrtümlich von einer Bildsäule von er O/oXvxoc genannt worden sei mit Spitz-
des Th. in Sparta. Ihre Heimat muß Theben namen, der schließlich das Übergewicht er-
sein, denn bei einer Kindersterblichkeit er- halten habe, offenbar über einen andern, uns
richteten sie auf Götters})ruch ein Heiligtum nicht bekannten Namen. Aber diese Deutung,
der Erinyen, des Laios und des Oidipus mit die mit einem bekannten Sprichworte operiert
Erfolg und ebenso die Abkömmlinge dieser {Tercnt. Eunuch. 832), allerdings immerhin auf
Männer in Thera (dies nicht ganz sicher). Zwistigkeiten {Hom. II. 22, 263) hinweist, in-
Herodot kennt also Aigiden in Thera, die nach folge deren wohl Th, davonzog, wird man nicht
Th. dorthin gekommen sein müssen. Das stimmt gelten lassen. Nähme man die Erklärung des
wieder zu Find. Pyth. 5, 72 ff., überdies finden 60 ersten Bestandteiles an, so läge der Gedanke
sich im Anfange der Kaiserzeit in Thera die an xa-pi/og sehr nahe: der Name OtdAvxos könnte
Namen Oiolykos und Aigeus, auch Maisiadas
(vgl, Mataig Paus. 3, 15, 8); auch ist Erinyen- *) Wenn es hei Her. l, 149 nach einer Lücke im Text
kult mit Wahrscheinlichkeit auf der Insel nach- T-^'"" ^^''^^ ^'"^^'' V"'^« ''"' *>, ^''^.'i ro7a,anorö<r' iv-
T-T-7J ^ r. r.^ c TiT • 1 I op"'»' tuut(nr yfyojo<T* sc. avrfi-i}], so mochte ich an die
gewiesen; S. HlUer V. (x. 3, 61t. Wenn nicht spätere Zeit denken, wo man mit der Aussendung der
Th. selbst, sondern erst sein Enkel Aigeus an Kolonie nach Libyen sieben Jahre lang zögerte und erat
die Spitze des Geschlechts gesetzt wil d, so wird ^""'f Mißwacbs ^^ozu sich die Kindersterblichkeit paB-
j 1 rr, 7 • T -f-r ^^. o ' 1 1 , T send stellen wurde, nach erneuter Befragung des Orakels
das nach btudmCZkaB, Kyr. 91 f. einleuchtender zur Lösung der Aufgabe gedrängt wurde, JJer. i, 151. 16*-.
647 Theras Theras 648
eine Verschmelzung des Kägvf^tos mit einem nischen Geschichte mit Dorieus, dem Stiefbruder
Avuhos sein, unter welchem Namen ApoUon des Kleomenes {Herod. 6, 42), der auch spar-
t. ß. in Argos und Sikjon (allerdings wohl tanisches Volk als Kolonisten über See führte.
vordorisch) verehrt wurde (Lykeios auf Thera.- HiUvr v. G. 1, 148 meint, daß, nachdem die
I. Gr. I. 3, 889). Der Träger des neuen Kultes Dorisierung Theras von Kreta oder Argos aus
^Ite dann naturgemäß als sein Sohn. Aber erfolgt sei, spilter eine Annäherung an Sparta
die Wortzusammensetzung macht Schwierig- stattgefunden und ein Thcriier des Th. Ge-
keiteu {Malten, Kyr. 114, 3), und eine andere schichte in Anlehnung an des Dorieus Zug nach
Spar wird uns richtiger fiihren. Mach i**«d«r, Libyen {Her. 5, 39 tf.) erdichtet habe. Aber
Pyih. ö, 76 if. haben die Aigiden den Kult des lO dieser Zug, der doch nach Westen geht (von
Kameios von Tbera auch nach Kyrene getragen, HilUr merkwürdigerweise über Thera geleitet
was auch Kallim. hymu. 2, 72 ff. meinen wird, wegen Her. 5, 42) und unglücklich endet, er-
obwohl er den Aristoteles = Battos nennt, dessen scheint dafür zu spät, 616 v.Chr. oder nach
Begleiter eben Aigiden waren. Gewöhnlich Niese, Herrn. 42, 454 noch später. Vor seiner
schließt man {i. B. Maaß 869) aus Kallim. 74 f. Abfahrt stiftet Th. in Sparta ein Heiligtum
ix iiiv ae 2i^ndQTrig ixTov vivog OiöiTcoäao iiyccye der Athena, Paus. 3, 15, 0, wie Studniczka,
Srigairiv ig &x6xri6iv' fx 6i at Si^gi]? usw. Kyr. 72 annimmt, der &QX7iy^Tig., wie auch Kad-
mit dem Scholiasteu z. St., Th. habe den Kar- mos, als er Thera besiedelte, Altüre des Posei-
neioskult nach der Insel gebracht, doch nicht don und der Athena weihte nach .'fchol. Pind.
§\m zwingend, denn Th. ist Nachkomme des »o Pyth. 4, 11 (am Markte? Hitler v. G. 3, 67 f.).
idipus im 6., nicht im 6. Gliede (die gleiche Über seine Tätigkeit auf Thera erfahren wir
Unstimmigkeit bei Paus. 4, 3, 4); streng ge- nicht viel mehr, als daß er der Tnsel ihren
nommen könnte man aus A'a//tmac/(05 eine nach neußn Namen gibt, wofür ihm die Theräer vvv
Theras erfolgte Überführung des Kultes her- hi xatk hog ivccyi^ovciv m oUiütfj I^aus. 3,
auslesen, wie aus Herodota Angabe. Wenn 1,7 f. 15,6. 7,2,2. In einem polygonalen Baue,
Silier V. G. 1, 152. 3, 60 auf Grund von zwei der sich über ältesten Weihinschriften erhebt,
Epigrammen der Kaiserzeit, /. Gr. I. 3,868. 861) scheint der Name S^gag zu stehen, Hiller v. G.
schließt, daß die Priester des Kameios sich von 1, 150. 284. 3, 67. 7. G. I 3, 382. Auch ist viel-
Th. herleiteten, so weist der Ausdruck Aaxs- leicht der sogenannte Christosbau (nach Weih
daiuovog ix ßaöiXi^wv durchaus nicht direkt so für Th. in Anspruch zu nehmen, s. hiller, Thera
auf Th., sondern vielleicht auf die Aigiden, so 1, 203. Daß sich die Könige Theras auf Th.
Studniczka, Kyr. 95, anders und kaum richtig zurückleiteten, bezeugt Her. 4, 150. Wer war
Maaß 369. Malten 170 tf. nimmt an, daß die Theras? Es scheint auf der Hand zu liegen,
Wanderung der Aigiden nach Thera im 6. Jahr- daß der Oikist lediglich zu dem Namen der
hundert stattgefunden habe und seitdem der Insel erdichtet ist. So meint in der Tat Stud-
spartanische Einfluß dort gestiegen sei. Das mc^-Zra, ifyr. 67, daß „der Eponymos dem Stamm-
Adelsgeschlecht habe den Eponym Th., „den bäume der Aigiden vorgeklebt ist". Daß viele
Mann von Thera", überhaupt erst nach Sparta Inselnamen des ägäischen Meeres mit denen
gebracht und mit seinem Stammbaume ver- ihrer Besiedler gleichlauten, ist eine bekannte
knüpft, er bilde das Bindeglied zwischen spar- 40 Erscheinung, z. B. Paros, Naxos, Mykonos, vgl.
tanischen und theräischen Aigiden und als Steph. Byz. s. vv. Aber bei Th. liegt die Sache
Kadmossproß auch zwischen Theben und Sparta. etwas anders. G^ga und O^gccg haben eine
Diese Hypothese st^ht auf schwachen Füßen durchsichtige Bedeutung: Jagd und Jäger, die
Hätten die Aigiden wirklich so stark auf die bei der Sagenbildung schwerlich unberück-
Tradition eingewirkt, so würden sie sich selber sichtigt geblieben ist. Studniczka 68 gibt zu,
wohl eine entscheidendere Rolle bei der Grün- daß der Sohn des Th. Oiolykos einen echt my-
dung der theräischen Kolonie zugeteilt haben, thischen Namen trägt; warum also nicht der
denn nur Pindar erwähnt ihre Wanderung, aus Vater? Wir werden uns in den Kulten der
Herodot muß sie erst erschlossen werden. Auch Kolonisten, die Th. führt, nach mythischen
ist es Malten 176 if. m. E. durch sophistische 50 Jägern umsehen dürfen. Die Minyer haben
Interpretation von Pind. Pyth. ö nicht gelungen, alten Hadeskult gehabt, Euphamos, einer ihrer
die offenbare Meinung des Dichters zu ver- epischen Vertreter, ist am Tainaron zu Haus,
dunkeln, daß die Aigiden ihren Gentilkult, die wo ein Eingang zur Unterwelt ist, und be-
Kameen, sowohl nach Thera wie nach Kyrene zeichnet in seinem Namen selber den Herrscher
mitgebracht haben {Studniczka, Kyr. 02, Gott. des Totenreichs. Die Vorstellung des Hades als
?el. Anzeig. 1901, 542, Maaß, ib. 1890, 369). großen Jägers {J.aygsvg) ist den Dichtern ver-
>ann aber hätte er die Wanderung der Aigi- traut {Prdler-Eobert, Gr. Myih. 1"*, 805,2) und
den nach Thera um mindestens 100 Jahre zu spiegelt sich in mancherlei Sagen wider, die
spät angesetzt, denn Kyrene wurde 631 von an den Küsten des saronischen Golfes lokali-
Thera aus besiedelt. 60 siert sind und auch ins Binnenland reichen,
§ 7. Wesen und Bedeutung des The- wo pinst Minyer gesessen haben. Wenn wir die
ras. Die Person des Th. weist keine charakte- Abkömmlinge des Th., die Aigiden, der Sage
risiischen Züge auf. Er ist Vormund seiner folgend aus Theben stammen und Kadmeer
Neffen, ähnlich wie Lykurgos Plut. Lyc. 3, 1, sein lassen, so war ihnen ein Kult des Ares aus
erfährt mancherlei Gegnerschaft auch wie Ly- ihrer Heimat altererbt. Nun wurde zwischen
kurgos und verläßt wie dieser das Land, Plut. Sparta und Therapne ein "Agrig oder 'EwocXiog
l.l. 3,5. Seine Abneigung, sich von andern ö/jpftTaj verehrt, der sehr wohl „der Jäger" (s d.)
beherrschen zu lassen, teilt er in der sparta- sein kann, wenn auch sprachlich eine Gleich-
649 Theras Theras 650
setzunjj^ mit StQüixi]? (von ^ägao?) ebensogut Die eigentliche Wortbedeutung verlangt einen
möglich wäre {Radermac'er, Rh. M 6;{, 402, 2). genet. obiect. dazu, der vermutlich in dem so-
Nach J*((us. 3, 19, 8 ist dieser 0/jpfi'rac: nach genannten alten Namen der Insel KuXXiazT] zu
seiner Amme 0rjpro benannt und sein Bild von Muclien ist. KaXXiürtig^i'jQa findet Heine Analogie
den Dioskiiren aus Kolchis gebracht. Schon in Aöorj? ^rjQa in Lebadeia, Paus. 9, 39, 4, das
H. D. Müller, Ares 8H f. hat in ihm den Th. ich allerdings als Jagd auf Köre erkläre, nicht
wiedergeJunden, und viele sind ihm gefolgt als Jagd der Köre, wie z. B. Malten 76, 2. Der
(vgl. Studniczka, Kyr. 67, 66). Entscheidendes Jäger der Köre ist der Unterweltsherrscher,
ist dagegen von Studniczka nicht vorgebracht dort als BaaiXevg neben TQo<pmvtog mit Köre
worden, überdies wird die Annahme gestützt lo verehrt (vgl. Kchelos und Basile auf einem
durch den Namen (^/jpro, der sich in Thera SitheniäQhenRelief: Malten, Archiv f. Religionsv.
unter alten Felsschriften gefunden hat, I. G. I. 12, 310). KaXXiarri i^^ ^^^ Beiname oder auch
3, 369. Für //. 1). Müller, der Ares als chtho- Hypostase der Artemis und der Hekate bekannt,
nische Gottheit auffaßt, ist er der Unterwelts- welch letztere nicht selten der Persephone
Jäger, wesensverwandt „den Eumeniden, den gleichgesetzt wird. Mag man nun in KaXXiarri
Jägerinnen des JßSc//7//Ms" S. 89. Zieht man es wie in ihren Wesensverwandten eine Mond-
aber vor, Ot]Qas mit (9fc'p(7av^po? zusammenzu- göttiu sehen mit Usener (vgl. KaXi^s Sgdfiog in
bringen (so w»hl Hofj'mann, Gr. Dial. 1, 11 f.), Megara) oder eine Inselnymphe: eine Verfol-
80 kommt man wieder auf einen Ares, wenn gung durch einen Räuber oder Jäger ist leicht
Studniczka, Kyr. 69 in den Ahnen des Th. 20 vorstellbar. Von Inselsagen wäre etwa in Par-
Polyneikes — Thersandros — Teisamenos richtig allele zu stellen die von Asterie, wie Delos
Aresheroen gemutmaßt hat. Gerade im weiteren früher hieß, von der Kallim. hymn. 4, 37 f.
Verfolge dieser Ahnenreihe scheint eine Ver- sagt: ßad^vv ijXao rccrpgov ovgavo^sv cpsvyovaa
mischung des Ares- und Hadeskultes einzu- .diog yd\iov ScGvigi lörj. Wie ich anderweitig zu
treten, wenn man die Ehe des Polyneikes mit zeigen hotte, war Kailiste wohl der Name der
Argeia so deuten darf, der Tochter des Ad rastos, Nymphe, die als Tochter des Euphemos und
„des Unentrinnbaren", eines offenbar chthoni- der Erdscholle aus dem Meere stieg. Die Jagd
sehen Dämons (vgl. Adrasteia — Nemesis, Stoll, auf sie konnte ©r'jQa heißen, aber auch sie
Lex. 1, 82). Die dritte Kolonistengruppe, die selltst als Jagdbeute. Insofern hätte die von
Th. führt, sind Dorer. Angenommen, der so manchen gebilligte Lesart bei Faun. 9, 39, 4
ApoUon Karneios, der jedenfalls durch Dorer Xdpjjg y.ocXoviiivr\g &i]Q<xg nichts Auffälliges,
nach Thera gekommen ist {Hierokles b. schöl. wenn sie sonst ohne Anstoß wäre. Die yarovo-
Pind. Pyth. 4, 11), sei ein echt dorischer Gott, iiaala der Insel würde sich so sehr einfach er-
80 wäre auch für diese Gestalt die Vorstellung klären. Ich sehe also in der Beziehung von
eines Jägers nichts Ungewöhnliches, man braucht Theras zu Thera eine Sage von der Verfolgung
nur an knöXXcov ccygalo? in Megara, Paus. 1, einer Nymphe durch einen göttliciien Jäger.
41, 3 und an den ccygsvg und ccygsvti^g zu er- Für Lakonien ist eine solche Sage nicht nach-
innern, vgl. Preller- Robert, Gr. Myth. 1*, 272, 1. weisbar, wohl aber für Argos. Im Stadtorebiet
Malten, Kyr. 10. Wen jagt dieser Gott? Der von Argos lag das Mvaiov TtsSiov^ die älteste
Name der Insel gilt vielen als das ,,Jagd- 40 Stätte des Raubes der Köre, wie Malten, Archiv
gebiet", „der Jagdgrund'^, unter Berufung auf f. Religionsic. 12, 28öff. einleuchtend dargetan
andere gleich oder ähnlich lautende Ortsnamen : hat unter Hinweis auf andere Bräute des x>Lv-
@f]Qai in Arkadien und auf dem Taygetos, x6n(olog, Z. Z. 308ff. Betrachtet man nun die
Sriga rcbv iXhcpävzav in J^gypten und Hadria- alten Götterkulte von Thera, wie^ sie durch die
notherai iu Mysien*), s. Grasherger, Stud. z. d. Grabungen Hillers v. G. etwas klarer hervor-
gr. Ortsnamen 247. Studniczka, Kyr. 145 f. Die getreten sind (vgl. Hiller v. G., Kilo 1, 212 ff.),
Möglichkeit dieser Auffassung soll nicht ge- so wird es sehr wahrscheinlich, daß eine viel
leugnet werden, obschon %'il]ga sonst nicht engere Verwandtschaft der theräischen Kulte
Jagdrevier, sondern entweder „das Jagen" oder mit nordostpeloponnesischen besteht als mit
„die Jagdbeute" bedeutet. Aber die Felsen- 50 lakonischen. Zfus ZroLxcclog ist wohl identisch
insel scheint mir kein ertragreiches Jagdrevier mit dem EroiXBvg von Sikyon [Per Odelberg,
der göttlichen Jägerin zu sein. Nach Philippson Sacra Corinthia etc. 2. Hiller v. G., Die archaisch.
in Hillers Thera 1, 75 f. gibt es von jagdbaren Kult. d. I. Thera 31) und verwandt mit der
Säugetieren dort nur Kaninchen, die Jagd wird kd-ava ZxoixEia von Epidauros {Inscr. Gr. Argot
mehr ausgeübt auf Rebhühner und im Oktober 1073), Lochaia Damia haben ihre Parallelen in
besonders auf Wachteln. Nun könnte man ja Epidauros, Aigina, Troizen, auch in Sparta
an die norviu ^rigöiv denken, die als Tier- (ßamWide, de sacris Troezen. etc. 61 sqq.). Am
würgerin auf altertümlichen Bildwerken er- saronischen Golfe lebten Sagen, die den Unter-
scheint; vgl. Studniczka, Kyr. 153 ff. Karo, weltsherrscher als Mädchenjäger widerspiegeln,
Archiv f.Religionswissensch.7 {1904:), HS. Peichel, 60 wie er denn auch noch als Mädchenräuber in
Vorhell. Götterk. 60, auch mit Wasservögeln in einem Märchen der Insel Milo erscheint, vgl.
den Händen, Studniczka, Kyr. 164. Mythol. Kretschmer, Mitteil. d. anthrop. Gesellsch. zu
Lex. 2, 1753, aber %-riga so allgemein erscheint Wien 31, 62 ff. (aus Gruppe, Bericht über die
als keine treffende Benennung für das Eiland. Literat, z. antik. 3Iythol. usw. \S9S— 190b .,^.'^24).
Zu erwarten wäre, daß sich auf Thera ein
*) "Oqtvyof^i'Kja auf Münzen von Tarsos b. Head, hist. Kultus des Hades findet mit seiner Beute, der
num. 618, wo es offenbar nicht mit Stark, Berichte der S. ir^~.rv l-rr,^-.. ^o^ Ar^^^ v^»^ r?jß^ i ' .o.^ .^
G.d.W. 1856, 44 als Fest-, .ondern als ( »rtsbenennung zu ^Ore. Zwar Ist dort Zf^? mßovX.vg = xfvviog
verstehen ist. Wie sonst aoi den Kykladen (Jessen b. Pauly-
RoscHKE, Liexikon der grr. u. röm. Mythol. V. 22
651 Theras There(i)tas 652
Wissowa 6, 863, Malten, Arch. f. Hdiaionstv. rj, würde €*8 erufcbeu, wenn man in der argivisehen
440, 2) nicht nachweisbar, aber den Kult eine» Gottheit 0r)ifav (auf einem Architrav in Ar^os,
Herrschers chthonischer Natur pflegten auf Jnscr. Gr. Argol. 576), auf die Usener, Stoff d.
Thera einzelne Geschlechter: Zbvs MTjii'xtOff, griech. Epos 51, hingewiesen hat, unsern Th.
J. Gr. L 3, 406 (dabei 409 TRiut^ivid&v'i) SuppL wiedererkennen dürfte, dessen Schwester übri-
1316 Zfvff MriUxioe fd)v ntgl Tlolv^tvov, vgl. gens Argeia heißt. Aus S))arta mag die Ein-
1317. 1818 {Hiller v. G., Klio 1, 216). Bekannt- Wanderung der Aigiden in Thera erfolgt sein,
lieh ist der Meilichios oder Melichios eine die den Karneios mitbrachten, obgleich auch
chthonische Gottheit, euphemistisch als „der dieser als minyscher Gott von S.^\'id€ u.a. an-
Milde" bezeichnet und außer in Athen beson- lo gesprochen wird. Aber ihr Führer oder Ahn-
ders in der nordöstlichen Peloponnes und Bö- herr war Th. nicht, der nur zur Anknüpfung
otien verehrt, vgl. Höfer, Lex. 2, 2668 flf. Ältest« an die Herakliden diente. Andererseits ist Th.
Nennungen des Zeus finden sich unter den auch kein 'tatenleerer* Eponymos, sondern eine
hocharchaischen FeUinschrift^n in der Nähe Gestalt gemeinsamen Kultes der Kolonisten, in
des vielumstritt^nieu Kures. Nachdem sich her- der verschiedene Stammesreligionen zusammen-
aaegestellt hat, daß I. G. I. 3, 371 Kogag fär trafen. Vgl. Theran u. Thereitas. | R. Holland.]
KovQT^g zu lesen ist, s. Supplem. 1311, möchte Thereitas s. Ther(e)itas. fHöfer.J
man die gleiche Möglichkeit auch für die Ther(e)lta» ((9ijp[f]tTaff). Zeugnisse: 1) He-
übrigen Belege für Kures nicht ausschließen sych. SrigUag ö 'E.vvaXiog jtccgcc AdxcaöLv; vgl.
und das hier allerdings deutliche iS" ionischem so G. Wentzel, 'Kni%Xi]aetg VII, 19 (vgl. VI, 8). —
Einfluß zurechnen (Kovpijs nÜavog, I. G. L 3, 2) Paus. 3, 19, 7 ff.: 'Auf dem We>je von Amy-
Suppl. 1369), der sich kaum abstreiten läßt klai nach Therapne liegt ein uraltes Heiligtum
(„Dialekt-Vermittelung zwischen Dorisch und des Ares, dessen Bild (ayaiua) die Dioskuren
Ionisch'', Blaß bei Collitz u. Bechtel, S. G. 7>. /. ' aus Kolchis gebracht haben : ©riQuitav (v. 1.
8, 2, 148. Hiller, Thera 1, 144 f.). Kores neben Srigtirccv) 61 inovoyiä^ovoiv &no Qr\QOvg. xav-
Zeus (auch sonst kommen hier verschiedene xr\v yuQ rgorpöv tov "Agscug Xtyovai. rajja d' ccv
Kasus der Götternamen vor) würde in diesem dx^jxodr«? Tcagä K6Xx<^v XiyoiBv^ iTCsi "EXXrivig
den Unterweltsgott erkennen lassen, also nach ys oix i'aaaiv "Agewg tgocpov Origm. 'Nach
obiger Vermutung den Jäger und sein Wild. meiner Ansicht', fährt Pawsanias fort, 'hat Ares
Jetzt gewinnt auch des Th. Sohn Oiolykos 30 den Beinamen nicht von seiner Amme Thero,
die richtigere Deutung. Zu dem Gedanken sondern weil er als Kämpfer rauh gesinnt sein
Studniczkas, Kyr. 68 an den bekannten lichten muß, wie ein Löwe und wildes Tier.' Die
Höhengott stimmt wenig der erste Bestandteil Deutungen des Theritas sind mannigfach. Nach
des Wortes. OloXvxog kann nur „den einsamen Pott, Zeitschr. für vergleichende Sprachforschung
Wolf' bedeuten (vgl. olonoXng, Pind. Pyth. 4, 6 (1857), 131. K. Klement, Arion (Wien 1898)
28, oloßönrag^ Soph. Aiac. 614, Malten, Kyr. S. 50, ist er ursprünglich ein Gott der Jagd,
114, 3, Oiaygog „der einsame Jäger" nach der sich im Laufe der Zeit selbständig zum
Maaß, Orpheus 154, 49), eine Bezeichnung, die Kriegsgott entwickelt hat. Studniczka, Kyrene
uns in den Kreis der Sagen vom Werwolf 67 sieht in Therites den 'Jäger' in Beziehung
führt, der in deserta abit {Plin. n. h. 8, 81), 40 auf das wilde Jagen, das in der spartanischen
oder zu dem religiösen Wahnsinn der Lykan- Jugenderziehung eine große Rolle spielte,
thropie (Rascher^ Abha^idl. d. sächs. Ges. d. W., Ebenfalls als Jäger, aber als Menschenjäger,
philol.-hist. Kl. 17, 3 (1896), 3 ff., Bohde, Kl. als chthonischen Gott (vgl. den 'Jäger' Za-
S6hr. 2, 216 ff.), deren Kennzeichen nach Mar- greus, die Erinyen als 'Jägerinnen') fassen
celltis von Side {Boscher 12 f.) ein nächtliches ihn auf K. Schwenk, Rhein. Mus. 2 (1833), 201.
Umherstreifen zwischen Gräbern ist. Auch die Mythol. d. Griechen 227. Welcher, Gr. Götter-
Auffassung des Wolfes als „Vertriebener oder lehre 2, 730 f. Heinr. Dietr. Müller, Ares 88 f.
Flüchtling'' (H. B. Müller, Mythol. d. gr. Stämme K. Dilthey, Jahrbuch des Vereins von Alter-
2, 106 ff., Nihson, Gr. Feste 9 {.^ da,z\i Fleischer tumsfreunden im Rheinland 53/54 (1873), 42.
b. Boscher S. 63, 156) könnte der Erklärung 50 Andere (s. Welcker a. a. 0. 730 Anm. 16) dach-
des Namens dienen. Die Beziehungen des ten an '-ö-f p/rTjs' = 'Schnitter' ; Lobeck, Para-
Wolfes zu den Dämonen des Totenreiches hat lipomena 433 not. 54 an ^rigsitrig und dement-
Boscher S. 60 ff. nachgewiesen, also wird dem sprechend an Jrigm als den Namen seiner
OloXvnog eine chthonische Bedeutung eignen, rgoq)6g. Wide, Lakon. Kulte 150 findet dieselbe
die noch von anderer Seite her wahrscheinlich Wurzel -ö'Tjp, wie in Therites, in dem lako-
gemacht werden kann. OloXvnog ist nicht zu nischen Ortsnamen Origcci {Pauft. 3, 20, b) und
trennen von O/oIvxtj, die bei Ibyc. fr. 45 eine in dem Heroennamen 6)tjpaff(8. d.), dessen Name
Tochter des Bgidgsoag heißt, der nach Hom. IL ebenso wie andere Eigennamen derselben Wur-
1,404 den menschlichen Namen Aigaion führt, zel nach Boiotien hinweise; so erscheine dort
ein Sohn des Poseidon. Die Reihe Poseidon — 60 die bei Pausanias genannte xgocpog des The-
Aigaion — Oiolyke hat ihre Parallele in Oioly- rites als Mutter des Eponymen von Chaironeia,
kos — Aigeus, der wohl unbestritten als Hypo- des Chairon (Paus. 9,40,5. Hesiod ebenda =^
stase des Poseidon gilt. Wenn aber der Unter- frgm. 142,4. 5; Bzach; vgl. Usener, Rhein. Mus.
weltsgott nur eine Aussonderung aus der Ge- 23 [1868J, 326 Anm. 23). Es sei also leicht
Btalt des alten Erdherrn Poseidon ist {Malten, möglich, daß der Ares Therites in Lakonien
Kyr. 120), so rückt Oiolykos auch von hier aus mit den dort wohnenden Geschlechtern böoti-
in den Wesensbereich seines Vaters Th. Einen scher Abstammung verbunden gewesen sei ; so
erwünschten Schlußstein für die Hypothese finde auch die Behauptung, daß die Dioskuren
Qbi) Therelimios Theriraachos 654
d&s&yaXfia des Gottes ans Kolclüs mitj^ebracht Fnbrrfti (gloss. s. v.) nach Lanzis Vorgang als
hätten, ihre Erklilrung, da nach E. Maaß, 'fortasse TriQf^vg, rex 'l'hracura', von Deecke
(iüit. Gel. Anzeigen 1890, .'{52 das Kolchis der hingegen (in Bezzenbergers Jicitr. "2, 167 nr. 56)
Argonauten nichts anderes sei als das eubö- ' (»h'iQug i?)' gedeutet. Beides ist recht un-
ische Chalkis-'Kalchis, Gegen die Gleichsetzung fiicher und mehr geraten, als aus der Darstel-
der gleichnamigen Mutter <les Chairon mit der lung erschlossen. Die dargestellte Figur zeigt
'Amme' Thero s. Stiidniczka a. a. 0. 149, nach einen mit Helm und Brustharnisch bekleideten
welchem — wie auch schon H. D. Müller a. Krieger, der in der Linken ein Schwert hält,
a. 0. 88 iingenomraen hat — der Name der in knieender Stellung, mit einem über dem
letzteren einfach aus dem Aresbeinamen her- lo Haupte kreisförmig sich bauschenden Schleier,
aus erfunden worden ist. Noch wenijrer Wahr- Daß es sich um irgendeine Beziehung zum
scheinlichkeit hat ni. E, die Vermutung von Hü- Meere handelt, zeigt dieser segelartige Schleier
ler von (jfaertringen, Thera 1,150 Anm. 43, daß und ein auf dem HariiiHch abgebildetes See-
die Inschrift aus Thera: ®;S"RÜ/H (7. G. 12,3, pferd. Infolgedessen möchte Lanzi anneh-
369. Collitz 4726; vgl. /. G. a.a.O. 652: ^rigm) men, daß -ö^eres für griech. @7jar}g stehe, nnd
sich auf unsere rgocpög beziehe. Einen an- es auf <len Theseus als einen Sohn des Po-
deren Weg zur Erklärung der Namen Origltas seidon beziehen. Auch das ist ganz unsicher,
und Thero hat TJsencr, Der Stoff des griech. So wird man zurzeit Namen und Deutung in
Epos {Sifzumjsher. d. Kais. Akad. d. Wiss. in der Schwebe lassen müssen. [C. Pauli.)
Wien philos.-hist. Ol. 137 [1897], III) S. 53 ff. 20 ThereiiS {©riQfvg), 1) einer der Kentauren,
= Kleine Schriften 4, 250 ff. (vgl. auch Nilsson, Diod. 4, 12. Ov. Met. 12, 353. Ros^cher, Jahrb. f.
Gr. Feste 406/7 Anm. 3) eingeschlagen: im klass. Phil. 105 (1872), 428; vgl. oben Bd. 2,
Gegensatz zu Studniczka meint er, daß der Sp. 1073 Anm. f- — 2) GriQsvg 6 0qu^ = Terens^
Name der ^Amme' des Ares nicht aus Grigitccg Adamantios Epitome nach Radermacher, Rh.
erschlossen sei, sondern gegeben sein mußte; Mus. 57 (1902), 640. Doch steht in der von
nur müsse man Thero statt als Amme als R. Foerster, Rh. Mus. 55 (1900), 142 heraus-
Mutter des Ares ansehen; nachdem einmal gegebenen Handschrift Trjgtojg tov Gga-nog.
Ares als Sohu des Zeus und der Hera durch [Höfer.J
das Epos anerkannt worden sei, habe sich Theriiiiachos (0rjpt/xa;fog), Sohn des Hera-
die örtliche Nebensage von Thero als Mut- 30 kies und der Megara (gelegentlich wird auch
ter des Gottes nicht halten können, Thero eine andere Mutter genannt oder der Mutter-
sei zwar nicht ganz geschwunden, aber zur name gar nicht erwähnt), von seinem durch
Amme herabgesunken. Der Name Origm sei Hera wahnsinnig gemachten Vater getötet;
nur dialektisch verschieden von Gccgaco fifgaoa, vgl. v. Wilamowitz , Euripides^ Herakles 83 ff.;
dem Beinamen der Athene, und ebenso sei 0r]- als seinen Bruder nennt Dionysios iv itgcotoi
gixag nur die dorische Form für Gsgaltrig (s. d.) Kv-kXcov {F. H. G. 2, 9, 4) im Schal. Pind. Isthm.
(vgl. W. Schulze, Zeitschr. f. Gymnasialwesen 4, 104 den Deikoon. Diese Zweizahl ist nach
1893, 162. Solmsen, Indogerman. Forschungen Gruppe, Gr. Myth. 485, 9 die ursprüngliche.
7 [1896], 46. Radermacher, Rhein. Mus. 63, Euripides soll nach Schpl. Pind. a. a. 0. noch
462 f.), Osgöitrig aber zu der Wurzel ^sgö — , 40 als dritten Sohn den Aristodemos hinzugefügt
= 'stark', abstrakt = '^Mut', die in den Eigen- haben. Im Hercules für. 474. 994 f. nennt ^wn-
namen Sigoav Sgaacov &i]gcov enthalten sei, pides drei Söhne, aber ohne Namen (vgl. auch
ebenso wie in dem Namen des makedonischen' Tzetz. Chil. 2,229). Daher nahm Boeckh an, daß
Heilgottes Jdggcov {Hesych. Fick, Kuhns sich die Notiz im Schal. Pind. auf ein verlore-
Zeitschr. 22, 227_, Solmsen, Indog. Forsch, a. a. nes Drama des Euripides beziehe. Doch ist es
0. 48 Anm.) bedeute der '^Gesundheit und viel wahrscheinlicher, daß die Namen im Schol.
Wohlsein verleihende Gott'. So ist üsener auf Pind. Zusatz des Grammatikers sind, v. Wila-
ganz anderem Wege zu dem — sprachlich mowitz , . Analecta Euripidea 186. C. Robert,
wohl kaum möglichen — Resultat von Ger- Bild und Lied 242. Nauek* zu frgm. 1016. —
hard, Gr. Myth. 1,369 § 348,4b gekommen, 50 .IpoZZorfor 2,4,11g (2, 70 IT.). 2,7,83 (2,165)
der den Namen Grigitag aus des Gottes ur- nennt Therimachos, Deikoon und Kreontiades
sprünglicher Nährkraft (d'iga für q)^g(o) er- (nach Kreon, dem Vater des Megara), Deinias
klärte. [Höfer.] im Schol. Pind. a. a. 0. fügt zu diesen drei
Therelimios {OsgsXliiiog). Aus Hesych. Osgs- noch den Deion, falls dieser Name nicht aus
Xl\iiov: tojtov ovoiia. "Kai ÄTtoXXoav xal Zsvg dem vorausgehenden Deikoon entstanden ist.
fuhrt G. Wentzel, 'ETti-uXrjasig VII, 46, IV und Asklepiades im Schol. Hom. Od. 11 , 269 nennt
VII, 52, XVI ©sgsXiybiog als Beiname des Apol- wieder nur zwei, Therimachos und Kreontiades.
Ion und Zeus an. Meineke, Philologus 13 (1858), Zu diesen beiden fügt das Schol. Lykophr. Alex.
547 nr. 594 verwandelte SsgsXliiLov in 0egs- 38 p. 33, 5 f. Scheer und Schol. Lucian. p. 58
livcciov, das nach ihm die ursprüngliche Form 60 Jacobitz noch den Onites und Demokoon, Ano-
von Osganvalog ist. [Höfer.] nymas bei Westermann, Paradoxa graphi 219, 9
Theres (-d-eres) liest man auf einer Gemme = Mythogr. 345, 16 den Aichmaios und Dio-
von Karneol unbekannter Herkunft, die einst im peithes, Pherekydes im Schol. Pind. a. a. 0. den
Besitze des Fürsten von Piombino war. Sie ist Antimachos, Glenos und Klymenos hinzu. Hy-
veröffentlicht von ian.2;* 2, 161 = 129 nr. XVIII, gin. f. 31. 32. 72 (vgl. 162) nennt den Theri-
tav. IX nr. 7 und von Fabretti, C. I. I. nr. 2533. machos und Ophites (== Onites? = 'OäiTr}g{?)
Lesung und Deutung sind unsicher. Lanzi Hesiad, Berl. Klassikertexte 5, I S. 23 v. 7. 13.
gibt erstere als 03PE$, und dies wird von r. Wilamowitz, Berl. Klass. a. a. 0. 27; vgl.
22*
655 Therine Themiios 656
auch JE. Bethe, Quaest. Diodor. mythogr. 74 rrpwTov :toi'f\6u6^ai IJvqqiv ^'tpfta/ov Kgfj-
Anm. 93). Der Name fii]Qiiiccxog des Herakles- t« oixot'vror iv 'Otpiovaar] viiGof roiyrov dh xal
Sohnes bezieht sich auf die vielen Kämpfe sei- W^r ivonhov öp^/jöiv tovg ' EvfoxgriTas äidä^ai,
nes Vaters mit den ^figts; yg\. K. 0 MüUer, Oxynjnch. Papyr. 10 p. 106 nr. 1241 Col. V,
Prolegomena zu einer wissemchaßUchen Mytho- 24 ff. Ob wir mit Grenfell und Hunt z. d. St.
loaie *27ft. Pott, /eitschr. f. vergl. Sprachfor- p. 111 IJvqqiv als falsche Schreibung? für
swung 6 (18ö7\ IHl. [ Höfer. 1 IIvqqixov auffassen oder, was wahrscheinlicher
Therine (96PINH), Personifikation des Som- ist, FIvqqov lesen, wir haben jedenfalls den
mers auf einem Mosaik aus Kabr-Hiram bei auch sonst als Kreter (Bd. 3 Sp. 33ü8, 3H fl\
Tjros, auf welchem die Husten der Jahreszei- lo 3362, 16 flf.) bezeugten Erfinder des Waffen-
ten dargestellt sind, Renan , Mission de Phe- tanzes, der nvQQtxr], zu erkennen, den Pyrrhos-
nicie 6li pl. 49. Heron de Villefosse, Gazette Pjrrhichos. Sonst nirgends bezeugt aber ist
arch. 5, 149. [Höfer.] der Name seines Vaters 0eQ(iatog. Ist er viel-
Theriope {0fiQi6xii\ Hund des Aktaion, Hy- leicht der Kponymos von Oig^t], dem spilteren
gin. f. 181; nach Bunte wäre statt Theriope Thessalonike? Unter der als sein Wohnsitz
zu lesen: Thero, Nape (s. d.). [Höfer. J genannten Insel Ophiussa verstehen Grenfell-
Tlieriphone (SriQKfovri)^ Hund des Aktaion Hunt a. a 0. die von Plin. n. h. 4, 12,61 (vgl.
(s.d.). Hyg. f. 181 (p. 37, 19 ^SfcÄm.). [Höfer]. Bursian, Geogr. v. Griechenland 2,681,1) er-
TheritttH s. Thereitas. wähnte zwischen Kreta und Gaudos gelegene
Thentia (06P/ii]), Nymphe der warmen Quel- so In.sel. — 2) Auf Münzen von Apameia in Phry-
len von Apameia, erscheint auf einer schönen Pa- gion erscheint das Kultbild der ephesischen
riser Münze aus der Zeit Gordians, in der Höhe Artemis, umgeben von vier gelagerten Fluß-
linkshin gelagert, mit nacktem Oberkörper, göttern, denen MAI., MAP., OP. und 0EP. bei-
Zweig in der R., die L. an der Wasserume. geschrieben ist, Head, Hist.num.- {i67. Fig. 314.
Imhoof- Blumer, Nymphen und Chariten auf Von demselben, Cat. ofgreek coins in the Brit. Mus.
griech. Münzen. Athen 1908, S. 167 u. Taf. X Phrygia XL; aa. aa 00. werden die Inschrif-
nr. 83. [Röscher.] ten als Maiandros, Marsyas, Orgas und Therma
Therniaia (ötp^aia), Beiname der Artemis erklärt; der letztere Name scheint für einen
als der Göttin der warmen Quellen (^ xocg 7t q- Fluß, da man Otgua doch nur als Neutrum
yug ras 9BQ(iag ix^i) und als solche auch Ge- 30 Plur. auffassen kann, wenig passend; daher
Blindheit spendende Göttin, die man um Er- empfiehlt es sich, GsQualog zu lesen. Früher
lösung {Ivöig) von Krankheit anflehte, wie es las man statt 06P: GBP, und ergänzte dies
ü. a. der Rhetor Äristeides (or. 26 p. 670 == ed. zu OBPiaccg, s. Bd. 2, Sp. 2241,56. Vgl. auch
DtW. 1,503 = ed. Ä:ct7 1,427, 3) tat. Ihr Hei- Therma. [Höfer.]
ligtum lag an den warmen Quellen bei Poima- Thermasia {@SQtiaala), Beiname der Demeter,
nenon am Aisepos in Mysien und hieß wohl unter dem sie ein Heiligtum sowohl in der
koriiLiSog 9sQual, Aristid. a. a. 0. Wigand, Stadt Hermione selbst (Paus. 2, 34, 12. Bursian,
Aih. Mitt. 29 (1904), 284. Nilsson, Gr. Feste Geoyr. von Griechenland 2, 97) als auch im
24uf. Der Kultus stammt wohl wie der rho- Grenzgebiet von Troizen und Hermione besaß,
dische der Artemis Osqiiicc {tö nav[£]lov noc\Qcc 40 Pau^. 2. 34, 6. 12. Gruppe, Gr. Myth. 172, 2. An
ir^J ö[«]pfita ^ipre/tfirt, /. G. 12, 1, 24. van Gel- den Namen der Göttin erinnert noch heute das
der, Gesch. der alten Rhodier 311. 339) aus Myti- felsige Kap ftegiilai, dessen Bezeichnung Bur-
lene, wo Artemis GsQiila hochverehrt wurde, tsmw, 6^6'ogfy. t?on (rn><:7tew/aw^ 2, 87, 1 auf warme
Gruppe, Gr. Myth. 316, 7. 8. 300, 13. Ihr Tem- Quellen zurückführt, Gruppe a. a. 0. 746,13.
pel {ßv tm stgoa Tug^Agtiaidog tag (9cpftta?) auf O. Müller, Dorier 2,424. Ad. Wilhelm, Neue
Mytilene wird erwähnt, /. G. 12, 2, 67^ . Ihr zu Beiträge zur griech. Inschriftenkunde I (Sitzunys-
Ehren feierten die Mytilenäer die Gsgynaxi] her. d. phil.-hist. Klasse d. kais Akad. d. Wisa.
navrjyvQLg mit Opfern {LG 12,2,261), in der zu Wien 166 [1910]) S. 29. [Höfer.]
freilich schließlich die agonistische Seite die Thermia (G>*pfn'a), Beiname der Artemis, s.
kultische verdunkelt hat. Oft erwähnen die 50 Thermaia. [Höfer.]
Ehrendekrete einen Ugsvg x«l ^Qx^^Q^vg xai Tlierinios {©tgiiiog) 1) Sohn des Haimon,
Aytavo^irrig xat nccvayvgidgxrjg tag Oegfiiayiag von seinem Bruder Oxylos versehentlich durch
xavayvQtog, I. G. 12,2,224. 242. 246. 247 ff. einen Diskoswurf getötet, Paz*s. 5, 3, 6. Ther-
Nüsson a. a. 0. 241. Diese Ttavdyvgtg hat sich mios ist wohl als Eponymos von dem aitoli-
bis in die neue Zeit in einem Fest des heiligen sehen Therma, wo die aitolische Landgemeinde
Konstantin erhalten, C(ynze, Leshos 16. C. Cur- ihre Wahlversammlungen abhielt, zu betrach-
tius, Hermes 7 (1873), 411. Öfter erhält Arte- ten, üsener, Der Stoff des griech. Epos
mis öap^m das Epitheton /ifyaATj, Z. 6^. a. a. 0. {Sitzungsher. d. Wien. Akad. 137 [1897], III)
108. 270. 614. Bruno Müller, Miyag 0s6g S. 27 Anm. 3.
{Diss. Phil. Hol. 21) S. 332. Das ihr gegebene 60 2) Beiname des Apollon, und zwar \) im
Beiwort Evd%oog {I. G. a. a. 0. 101. 103. 106. aitolischen Therma (Thermos). Schon aus PoZt/ft.
106), das TTemicÄre bei PawZ»/-Trissoica 2, 1384, 11,7,2 (vgl. 6,8,7): 0tQ^ov, ^v&a rjv Uqov
68 von ayiionai ableitet, gehört vielmehr zu '.4n6XXcovog war ApoUonkult für Therma be-
dxovoa und ist synonym mit inTj-Koog = Mie zeugt. Durch die Ausgrabungen kommt ein
Kranken und ihre Gebete leicht und gern er- weiterer inschriftlicher Beleg für die Existenz
hörend', 0. Weinreich, Ath. Mttt. 37 ri912), 28. des Tempels hinzu: iv f)tQtiG) iv rc5 hgat tov
Vgl. Thermia. [Höfer.] ^ 'AnoXcavog (so!), 'E(p7]/i. ccqx- 1905,68 nr. 29 —
Ther ni&ios (f>BQiuctog) 1) oi dk x(xXx^Vi&Gniia über die Ruinen usw. des Tempels s. Soteriades
(357 Tliuninniui. Thermuthis • 658
*E(p7i|Li. äc'^ i'-^^^i 1^1^^'- iyO;J,71ti. Jl. Koch, Kusl. Der Fluß begleitete die Wanderunj^en
Böm. Mut. 30 (lyiö), öltf. AtU. Mut. 39(1914), der Amazonen, insofern manohc ihn einen sky-
237; vgl. Antike Denkm. des Inst. 2, 11 f. — thischen Fluß nennen, -bc/io/. // 3, 189, 7Va7o«<r.
Wichtig ist der Beiname (»Hgniog, der sich auf Vit. Apollon. 7, 26, 5. Tzetz. Lykophr. i;^33.
einer fragmentierten Inschrift WnülXcovi W<-|(,)- Nach Orpheus Ar (fon. 747 entspringen Thermo-
^teo] und auf einer ehernen Wage lindet: don, Tanais und Phasis aus dem Araxes ; nach
1 "Änölliovog I M I HtQ^iov, wo das M 8. v. a. Hygin. f. 21 kehrt lasen durch den Thermodou
fivä bedeutet, So/cnWcs-, 'Kq)tin. Scqx- ^^•^^^^ ^^- heim. — 1i) Flüßchen in Böotieu, an welchen
Joh.v.Keitz, De Actolorumet Acavnanam sacris Duris bei Flut. a. a. 0. gleichfalls eine Ama-
(D SS. Halle 1911) S. 28. Der Beiname ist hier lo zonensage knüpft, vgl. ^'^ep/t. %^.v. j^ftafoi/tto«/.
ein rein lokalerund bezeichnet weiter nichts als Waclisviuth, Die Stadt Athen 1 S. 416, Note,
den in Therma verehrten Gott. — 2) in Myti- [Kliigmann.]
lene: '//;töUwros (9e()^/[w, Inschrift des CVriacMs Thcniiodoii (©fpfitodojv), Gott des gleicb-
pon -4»co«« herausg. von Kaibel, KpJum Epigr. namigen, vor allem durch den an ihm lokali-
2 (1876), 21 nr. 27 = /. G. 12,2,104 p. 43. — sierten Aniiizonenmythos {Herod. 9,27. 4,110.
3) in Olympia: ßiofib^ yi^öUcovoi,' Gsgiiiov, Bakchylid. 9,43. Diod. 4,16. Fauf< 1,2,1.
Paus. 0,15, 7. Zur Erklärung des Beinamens Strabo 1,52.11,605. Äppian. Mithr.l^. Kal-
fügt Pat*sawm.s hinzu : xhv ^ilv di] ■naQu^llltioig lim. [frgm. 270 .Vc/m.J bei Tzetz. zu Lyk.^il.
ffiffiLtov xai avtcp uoi TTcxQiöraTO sUdCtiv cu? Steph. Byz. s v. 'l^cc^ovfg. Schol. Lykophr. 646
Harä 'Jxdida yXibaöcxv su] d-^a^Log. Darnach 2ü [p. 215, 3 f. Sdteer.]. Themist or. 27 p. 333a
wäre also Apollou Thermios = GtöfiLog, Be- |p. 401, 23 7Jmrf J. FaZ. i-Vacc. 4, 601. Philostr.
Schützer der göttlichen Ordnung; vgl. Ilesyeh. Her. p. 330. Epist. 47 p. 481,4 Hercher. Verg.
9t6tiiov • äixaiov. Der Erklärui. g des Pai*sam'«s ^ew. 11, 659. Apollod. 2, b, 9^. Pediasim. 22.
stimmen zu 0. Müller, Darier 2,514 (vgl. 1, Sil. Itul. 8,430; vgl. 2, 80) bekannten Flusses
252 und Anm. 2, wo er noch für Ableitung im Pontos, Sproß des Okeanos und der Tethys
von dem unten zu erwähnenden &tQ(icc ein- (Hygin. fab praef. iß 11, \0 Schni.), nimmt auf
tritt). Welcher, Gr. Götterl. 2,368 Anm. 109. Befehl des Zeus die irrende Sinope (s. d.) auf,
Stephani, Compterendu 1861,67.67. 114. 1862, Dionys. Terieg 776 und Eunt. und Schal z. d.
67; vgl. V. Bratt, Arch für Beligiansiviss. 9 St. Eine Münze von Amisos (Pontos) zeigt den
(1906), 89. In etwas anderer Bedeutung, näm- 30 inschriftlich als 06PMQAQN bezeichneten Fluß-
lich als den Schutzherrn des von Iphitos und gott mit nacktem Oberkörper, linkshin am
Lykurgos gestifteten Land- und Gottesfriedens Boden sitzend, die Rechte am Knie, die Linke
— vgl. Hesych. '&^q(icc- . . . uritia. xaJ iv-ixsigia mit Zweig an der umgestürzten Urne, der Was-
— fassen den Apollon Th. auf M. Crain, Philo- ser entströmt, Dieudanne, Bev. num. 19()0 p. 126,
logus 10 (1855), 583. E. Curtius, Gesammelte 10, Taf. 4, 10. Imhoaf- Blumer , Kleinasiatische
Abhandl. 1,226. L. Weniger, Klia Beiträge zur Münzen S. 449 {Nachtrag zu S. 1 nr 3}. Head^
alt. Gesch. 6 (1905), 2u3. 14 (1915), 443. Die Hist. num. ^ 4:91. Eine Statue des Thermodon —
Ableitung von d'SQfiog und Erklärung des hier ist aber der böotische Fluß Thermodon,
Apollon Th. als Gottes der Sonnenwärme, wie an dem sich angeblich Amazouengräber {Plut.
Siebeis zu Paus. a. a. 0. vorschlägt, ist wenig 40 Thes. 27) befanden, gemeint; vgl. Herad. 9,43.
wahrscheinlich; vgl Gruppe, Gr. Myth. 1241/2 Paus. 9,19,3. Etym. 31. 445,28. Schol. Tzetz.
Anm. 5. Da der Apollon Th. in Therma seinen a. a. 0. (p. 215, 4 f. Scheer). O.Mülkr, Orcho-
Beinamen nach der Stadt führt, so wird bei wiewos 28, 2. 357, 4. Bursian, Geogr. v. Griechen-
den engen Beziehungen zwischen Elis-Olympia land 1, 222. Ulrichs, Beisen u. Forschungen in
und Aitolien, die durch die Einwanderung der Griechenland 2, 251. Wachsmuth, Die Stadt
Aitolier unter Führung des Oxylos (s. d. 2) Athen im Altert 1,-116 Anm. E. Maaß, Hermes
geknüpft worden waren, eine ÜbertrHgung des 25 (1890), 408, 1, P. Fr ledländer, Herakles {Phi-
Kullus des Apollon aus dem aitolischen Therma lol. Unters. 19) 172 Anm. 1 — , welcher eine ver-
nach Olympia anzunehmen sei (vgl. auch wundete Amazone in den Armen hielt, erwähnt
oben 1: Thermios, Bruder des Oxylos und 50 Duris {frgm. 6 J^. if . G. 2,471 = Duridis Sa-
Eponymos von Therma); vgl. v. Knitz a.a.O. mii quae supersunt ed. Hulleman p. 74) bei
Der lesbische Apollon Th., der neben Artemis Plut. Dem. 19. [Höfer.]
Thermia (s. d.) steht, wird wohl daher zu er- Therniodosa {OtQ^äSajoa), Amazone, Ge-
klären sein, daß der Artemisbeiname auf ihn fährtin Penthesileas. Q.Smyrn. 1,46. 254; vgl.
übergegangen ist. [Höfer. j Thermodon. [Klügmann.].
Thermodon {GsQuöidutv), 1) Fluß im Pontus, Thermuthis {Oigaovd-tg, OsQiiovd'ig), ägypti-
über seinen Lauf vgl. Apoll. Bhod. 2, 972. sehe Göttin, vgl. Epiphanias, Panar. Lib. 3,
Strabo 11, 547. Er wird in der Amazonensage Cap. 12 p. 1093 ed. Petavius = Migne, Patrol.
sehr oft genannt. Die Dichter schildern, wie Ser. Gr. 42,804 = ed. Dindorf 3,671 = Corp.
die Amazonen im Thermodon baden, Prapert. 60 Haeresiolog. ed. Oehler 2,3, p. 510; aXXot (d.
3, 14, 13. Nonnus Dionys. 37, 117. 148. P. eudo- Ägypter) öl Tr]v Ti^ga^ßä), "Exdrriv ig^irjvtvou^-
plut. de fluo. 14, auf seinem Eise tanzen, Verg. vr\v (x\j Tid^gcc^ßa, 'E-adtr] igurivBvoii^vy] Gehler).,
Aen. 11, 659. Sil. Pal. 2, 73. Claudian. Bapt. ^xtgoi tfig ' Evecpd-v [tt) 'Evscp^v oder EvicpQ-vt,
Proserp. 2, 6<>, wie er besiegte Amazonen mit- [= Nicpö-vL] Oehler), aXXoi ös xi] @sgaov9L{@sg-
leidig schützt, Valer. Flacc. Arg. 5, 135. Duris ^ovd^Lti oder Pegiiovd'SL Oehler) tsUa^üvtcxL, aXXot
bei Plut. Demosth. 19, oder auf Befehl des Zeus ös t/} "loidi. Derselbe Epiphanius (ed. Petav.
Sinope aufnimmt, die an Keuschheit den Ama- p. 1055C = Migne 42, 736 = 3,671 Dind. =
Zonen gleicht, Dionys. Perieg. 775 c. schal, und 2,3,442 Oehler) berichtet, daß die Ägypter
659 Tberiuutliis Theio 600
^QOöxwavai n;v ^tgfiovTiv t^sol) xi]v ^v/arsga and Ärsinoe 889 Tat'. 8, 3. M »&></«/, Bie Stadt
roü 'Aiievoitp img tot« 0a(>acu, insiör, . . . &vtd'QStl}t Arsinoe in giiech. Zeit = Sitzungsber. d. Kais,
rbv Mfovaicc. Die Pharaonentochter 0tQuov^is Akad. d. Wiss. phU.-hist. Kl. 145 [li)02j, IV S. 27).
wird als Retterin und Adoptivmntter de» Moses Mit dem a(iq>o6ov f>8Quov^)^iccxi)g ist wohl das
auch {genannt von Joseph. AtU. lud. 'ä, 9^ b ff. &fi(podov 'EQnov^iaxf)s in Arsinoe identisch,
Zonaras 1, 12. Suid. s. v. Sbquov^is p. 1166, 20 Pap. Fay. 28. Wvssely a. a. 0. 26.
Bernh. Cedren. p. 73f. ed. Paris. (= 1,130,19. Da die Göttin oft unter dem Bilde einer
181, 6 ed. Bon.) vjjl. p. 48 (= 1, 86, 22). Schlanjje verehrt wurde oder mit Schiangen-
Vielleicht ist Thermuthis eine vergötterte köpf (Maspeio a. a. 0.) durgestellt wurde, er-
Königin, wie nach Wilcken (s. d. Art. Premarres lo klärt sich die Erzählung Aelians [Nat. hist. 10,
und Wilcken, Grundzüge 107. Gott. Gel. Anz. 31), daß ffsQpiov^ig der Name einer heiligen
1895, 167 f. Ardi. f. Papyrusforsch. 4, 211 f.) der Schlange (nach Wiedemann, Hei'odots 2^** Buch
Gott UQa^Qffti'i der vergötterte König Ame- 316 wäre es die Uräussch lauge) sei. Auch in
nemhet III der 12. Dynastie gewesen ist. Denn einem magischen Text {h'enyon, Pap. Brit. Mus.
nach Artapaiios (vgl. J. Freudent?uU, Helleni- 1, 109) wird die <9£p^ot)d'iff-Schlauge erwähnt.
g^8(iie Studien 1. 2, S. 148 ff.) in F. U. G. 3, Das Attribut der Schlange bezeichnet den chtho-
8S1. 222 genoß die Retterin des Moses, die hier nischen Charakter der Gottheit. Zuweit gehende
aber M^ppiff Eponyme von Mfpoi], heißt, gleich- SchlüsMC auf eine von den Ägyptern verehrte
falls nach ihrem Tode göttliche Ehren, genau Isis — Hekate — Thermuthis haben aus einer
wie die Isis. 20 Kombination von Aelian und Kpiphan. a. a. O.
Nach W. Spiegelberg, Ägypt. u. griechische gezogen Jablonski, Panth. Aegypt. 1 p. 103 ff.
Eigennamen aus Mumienetiketten d. röm. Kaiser- Zoega, Numi Aegypt. Imjter. 2\i ni. 9. Das
zeit {= Demotische Studienl) S.12*{. VL. Zeitschr. Schlangen attribut und die der Thermuthis zu-
f. ägyptische Sprache 43 (1906), 89 Anm. 12 ist geschriebene Auferziehung des kleinen Moses
0fguov&i? die ägyptische Erntegöttin Rnht • et erinnern an Demeter und ihre Fürsorge für
= Eenov^ig mit Artikel, wie auch schon H. Triptolemos. [Höfer.]
Brugsch, Dict. geogr. de Vancienne Egypte \^l^ Tliero (Grigm), 1) die ""schöne, dem Lichte
erkannt hat; vgl. über diese Göttin G. Maspero, des Mondes ähnliche' Tochter des Phylas und
Hist. owc des peuples de Vorient classique I einer Tochter des thespischen lolaos, vou Apol-
(Egypte et Otaldee), p. 82 Anm. 2, wo weitere so Ion Mutter des Chairon, des Heros Eponymos
Literatur angegeben ist. Derselbe Gottesname der boiotischen Stadt Chaironeia, Hesiod frgm.
ist in dem ägyptischen Monatsnamen Phar- 142 (jRj^acÄ Ausg. v. 1902) bei Paws. 9, 40, 6. Der
muthi {^UQiLov^i) erhalten = 'der (Monat) der Name ihrer Mutter scheint (s. d. krit. Apparat
RDnt\ ferner in dem Namen des Kanals im bei Rzach und Hitzig-Bluemner zu Paus. a. a.
Delta 0£Q(iov&iccxog (v. 1. ^tg^iovd'iuxbg) nora- 0.) AsiTCBcpilrj zu sein; Kuhn vermutet JriKpiXi]
fiös, Ptolem. Geogr. 4, 5 p. 700. 701. 705. 708 ed. (vgl. Hitzig-Bluemner zu Pau.^. a. a. 0), Goett-
C. Müller, in dem Namen der StadtC:») Oeg- ling, Hesiod* 271 ' IjtnocpiXr]. Als Mutter des
fLOV^i-g., Steph.Byz. s. y.''Eg(iG}v&Lg; vgl. Brugsch Chairon von Apollon nennt sie eine z. T. nicht
a. a. 0. 1314 ff. Für den Kult der Thermuthis unversehrt überlieferte Stelle bei Steph. Byz.
spricht auch der häufig vorkommende Personen- lo s.v. Xccigcaveia, wo als Quellen die Botcor/xa
name Oigfiov^ig^ den G.Ebers, Durch Gosen des Aristophanes {F. H. G. 'i, SSS) und vielleicht
zum Sinai 84. 139. 539 Anm. 55 freilich als auch Hellanikos {F. H. G. 1, 51 frgm. 49) an-
'geliebt von der Göttin Mut' deutet, Heliod. geführt werden, falls sich das Zitat aus letz-
1,30 ff. Preisigke, Sammelbuch der griech. Ur- terem nicht etwa nur auf die am Schlüsse des
künden 1, 43 p. 8. 68 p. 9. 42 p. 8 (hier Tsg- Artikels des Steph. Byz. mitgeteilte geschicht-
ItovQ'cg geschrieben), und die damit zusammen- liehe Tatsache bezieht; vgl. Niese, Hermes 23
hängenden Namen ©sg^ov&iav, Mitteis, Griech. (1885), 87. v. Wilamowitz, Aristoteles und Athen
Urkunden der Fapyrussammlung in Leipzig 1, 1, 282 Anm 33 zu S. 281. Kulhner, Jahrb. f.
31,17 p. 81. Öfp/iov-ö-tov, Papyr. Oxyr. 116,7 klass. Phil. Suppl. 27, 647 f Ohne ersichtlichen
(1 p. 181). 242, 23 (2 p. 184). ffegiiovd-dgiov, 50 Grund wollen K. 0. Müller, Orchomenos 416
Papyr. Oxyr. 266, 3. 8. 11 (2 p. 215). 305 (2 und C. Müller, F. HG 1 Praef XXVIII adn. 2
p. 308). Arch. f. Papyrusforsch. 5, 121, 4 (= B. das Fragment statt dem Hellanikos dem Tlieo-
G.XJ. 1109). 167,19 {GsgiLciv&ägiv). 393,12. pow^os zuweisen. P/w^arcÄ, der selbst aus Chai-
Einen Kultverein der Göttin, cvvodog ©8g- roneia stammte und seinen Sohn nach dem
/tov<9-iax9j\ nennt eine wahrscheinlich aus Ale- mythischen Stadtgründer Chairon nannte {Con-
xandria stammende Inschrift aus dem Jahre 25 sol. ad uxor. 5), gibt der Geliebten des Apollon
n. Chr., Boiti, Bull, de la Soc. arch. d' Alex. 4 und der Mutter des Chairon den Namen @ovgo>
(1902), 99 nr. 73. Seymour de Ricci, Arch. f. Pa- {Süll. 17) mit Beziehung auf den Apollon ©ov-
pyrus forsch. 2 (1903), 432 nr. 13. Cagnat, Inner. giog, der auf dem nahe bei Chaironeia gele-
Graec. ad res Boman. pertinentes \.,Zli. nr.lO^^c. ^fi ^enen Berggipfel ©ovgiov einen Kult besaß;
Fr.Poland, Gesch. d. griech. Vereinswesens 222*** vgl. K. 0. Müller a. a. 0. 148 f. Nach dem Vor-
(vgl. 82ttt). Mariano SanNicolö, Aegypt.Ver- gang von Usener, Rhein. Mus. 23 (1868), 326
einsnesen zur Zeit der Ptolemäer u. Römer 19. Anm. 23, der in Thero eine Mondgöttin er-
W alter Otto, Priester u. Tempel im hellenisti- kannte, setzt auch Studniczka, Kyrenc 148 f.
sehen Ägypten 1,127 und Anm. 4. In Arsinoß (vgl. Röscher, M. L. 2,1749f.) die Thero der
gab es ein ä^cpodov ©tgiiovd-iaytrig {Nicola a. von ihm mit Artemis identifizierten Kyrene
a. 0. 19, 2. Stud. Pal. 10, 126) und eine ttvatj gleich und ihren Sohn Chairon dem sardini-
rf]g©sgiiovd'iax^g{Fl.Petrie,Hawara,Biahmn, sehen Aristaios- Sohne (Aristaios = ÄpoUon)
6t)l Tliero^iiJias ThersaTidros 662
Charinos (8. d.). Nucli Malten, Kyteur [J'fnlof. Tjdeus get<)tet, Stat. Thth. 2,682. 9,304. —
Untersuch. 20) 76 Anip 2 und Arch. Jahrh. 29 b) Kutuler, von Aineias getötet, Verg. Aen. 10,
(1914), 196 Aiirn. 8 ist Tliero, die Mägerin' von 312. |IIüfer.]
Chaironeia, identisch mit der Köre in der Ko- Tlieronike {GriQovi%7i\ Tochter des Dexame-
Q7]g ^■f]Qa. in Lebadeia {l'aus. 9,39, 4), bei der nos, Schwester der Thera(i)phone, Gemahlin
aber nicht an Persepbone zu denken sei, wie des Molioniden Kleatos und von diesem Mutter
A'. Dilthcy, Jahrh. d. Vereins von Altertums- des Amj)himacho8, i'aws. 6. 3, 3. Gruppe, Gr.
freunden im Eheinlaride 53/64 (1873), meinte. 311/th. Ali, A. Nach Gottfr. Hennann, Ue itera-
Mit Thero, der Amme des Ares, identifiziert tis apud Honieiwn =^ Opuscula 8,23 wäre ©rj-
unsere Thero Wide, Lakonische Kulte 150 (vgl. lo Qofily.ri zu sclirciben. [ Höfer. J
den Art. Thereifas^. über den vermuteten Zu- Tiiersandros [HhQöavdgog), 1) s. Therandros.
sammenhang mit Theras s. diesen Artikel oben — 2) Sohn des Sisyphos, Vater des Proitoe,
Sp. 649, Z, 3flF. des Vaters der Maira (s. d. nr. 3), Noötoi bei
2) Amme des Ares s. Thereitas und Theras. Paus. 10, 30, 5. Schol. Hom. Od. 11, 326 (p. 607,
8) Über Thero auf Thera s. die Art. The- 16 Dind.). Als seine Brüder werden Glaukos
reitas und Theras. Nach v Wilamonitz bei (s. d. nr. 12), Ornytion und Almos (Holmos, Hol-
Blaß, Collitz iJialektinschr. 472G wäre 1. G. meios) genannt, i^aits. 2, 4, 3, als seine Söhne
12, 2, 369 Sigos (= Origog) zu lesen = 'des Haliartos und Koronos, die Eponymen der boio-
Kentauren, nämlich des Cheiron, der in der tischen Städte Haliartos und Koroneia, Paus.
Kyrenesage eine große Rolle spielt und auch 30 9,34. 7. 8. Steph. Byz. s. v. 'Aliagtos (p. 73,9
inschriftlich {Khigmv, Collitz 4117) auf Thera Mein.) und s. v. Kogmvhicc (p. 377, 13). Schot.
bezeugt ist'. B L Hom. II. 2, 503. Eust. ad Hom. U. 268, 17.
4) Amazone auf einer Kylix im britischen 28. v. Wilamowitz , Hermes 26 (1891), 212/213
Museum (0^^O), Cecil H. Smith , Catal. of the Anm. 2. — Boeclh zu C. I. G. 1, 7 will auf dem
greek and etruscan vases in the Brit. Mus. 3, Thongefäß aus Korinth, dem sogenannten Dod-
70E 45. Hartwig, 31 eisterschalen Tat Id. A. S. wellschen Gefäß {Beschreibung der Vasensamm-
Mnrray, Designs from greek vases in the Brit. hing König Ludwigs 211 S. 66. Kretschmer,
3Ius. pl. 7 nr. 28; vgl. Petersen, Annali 1884, Zeitschr. f. ^^er gleichende Sprachforsch. 29, 152
276. Corey, De Amazonum ant. figuris 56. C. nr. 38. Collitz 3120), mit der Darstellung einer
I. G. A.lbll. Brit. Mus. nr. 820. 30 Eberjagd den im Kampfe mit dem Eber be-
5) Mainade auf einer Schale des Oltos im griffenen, inschriftlich als Qigeavdgog bezeich-
Museum zu Corneto, durch ein Reh, das sie in neten Mann mit unserem Thersandros identi-
der Hand hält, als Jägerin gekennzeichnet, fizieren. — 3) Sohn des Polyneikes und der Ar-
Heydemann, Satyr- und Bakchennamen {5. Hall. geia, der Tochter des Adrastos, Pind. Ol. 2, 76
Winckelmamisprogramm) 30 nr. y. Charlotte nnd Schol. 76. 80. 82 Herod. 4, 147. 6. 52. Paus.
Fränkel, Satyr- u. Bakchennamen auf Vasen- 2, 20, 5. Apollod. 3, 7, 23 (3, 82 W.). Hygin. f. 69
hildern S. 47. 88f. nr. U (0EPO); abg. Movum (p. 77, 10 Schm.). f. 71a (p. 78, 12). Schol. Kur.
10 Tai". 23/24. Wiener Vorle gehlütter Dl. Jane Phoen. 135. Schol. Pind. Ol. 2,76. 80. 82. Schol.
Harrison, Prolegomena to the study of greek re- Apoll Bhod. 4, 1764. Schol. Kallim. 2, 74 Schol.
ligion 367 Fig. 293. Daremberg-Saglio, Diction- io B LV Townl. Hom. II. 4, 404 (406). Kust. ad
naire des ant. 3,2 p. 1483, Fig. 4765. Reinach, Hom. Jl. 489, 37. Serv. ad Verg. Aen. 2, 261.
Bepert. d. vas. 1,293; vgl. Klein, Meistersigna- Stat. Theh.3,ßSS. Lactant.Placid. ad Stat. Theh.
turen* ISO UI.2B. Yghd. Art. Satyros S\:>.bl2,l. 3,697. 12,348. Als seine Brüder werden im
6) Nymphe, Begleiterin der Artemis, Clau- Schol. Pind. Ol. 2,76 Timias (Tifitorc) und Ala-
dian, De consulatu Stilich. 3 (XXIV), 250. 309. stör {kldatcog) oder Androtimos {kvdgÖTLuog)
7) Hund bei der kalydonischen Eber jagd, und Alastos ('^Aatyrog) genannt. Auf Grund die-
0. Jahn, Beschreihung der Vasensammlung Kö- ser Notiz will Bethe, Thehanische Heldenlieder
nig Ludwigs nr. 333 S. 100; abg. Gerhard, Aus- 111 Anm. 4 bei Paus. 2,20,5, wo die Brüder
erles. Vasenh. 235. 3Ionumenti inediti 4, 59. des Thersandros "Adgaatog -nal Tiiiiag als Teil-
Beinach, Bepert. d. ras. 2, 119. Vgl. Theriope. 50 nehmer am Epigonenzuge (C. Bohert, Oidipus
Theron nr. 2. [Uöfer.] 1,241) genannt werden, den ersteren Namen
Therodainas {©rigoöcciiag), \) Hund des Ak- in "AXaötog oder kXdarag ändern. Wie sein
taion (s. d.\ Oo. Met. 3,233. Hyg. f. 181 p. 37, Vater Polyneikes die Eriphyle (s. d.) durch
12 Schm. (Variante: Theridamas). — 2) Falsche das Halsband der Harmonia besticht, ihren
Lesart für Theiodamas (s. d. S. 557, 5) im Schol. Gemahl Amphiaraos zui- Teilnahme am theba-
Ov. Ib. 488. [Höfer.] nischen Kriege zu bewegen, so besticht sie
Theroleti^ (GrigoXirig), Beiname der Artemis, Thersandros durch den Peplos der Harmonia
Anonym. Laurent, in A)iecd. var. Gr. et Lat. ed. (von einem ;fiTa)v statt des sonst ninlog ge-
Schoell mid Studemund 1, 270, XH, 11, synonym nannten Gewandes spricht Hellanikos [frgm. 12]
mit d-rigoxrovog (Eur. Iph. Aul. 1570. Orph. 60 im Schol. Eur.Phoen.il; vgl. H.Kullmer, Jahrb.
Hymn. 36,9. Hymn. mag. in Dian. l^Wessely) f. klass. Phil. Suppl. 27,496 — 500), ihren Sohn
und d-rigocpövog {Eur. Herc. für. 378). [Höfer.] Alkmaion (s. d.) zur Teilnahme am Epigonen-
Theron (Oegcov), l) wahrscheinlich Name zuge zubewegen, Apollod. S, 1,2^ {3,81 W.). 3,
eines Sohnes des Laokoon, s. Bd. 2, Sp. 1842, 7, 5^ (3, 86 IT.). D/od. 4,66. Friedländer, Ehein.
64ff. — 2) Hund des Aktaion, Ov. Met. 3,211. Mus. 69 (1914), 329f. Nach einer Vermutung
Hygin. f. 181 (p. 37, 8 Schm.). — 3) Über den von 0. Bibbeck, Die römische Tragödie im Zeit-
als Heros verehrten Tyrannen Theron von Akra- alter der Republik 489 ff. bestimmt Thersandros
gas s. Bd. 1, Sp. 2519, 29 tt". — 4) Thehauer, von in des Accius Tragödie Epigoni = Eriphyle
B63 Thersandros Thersippos G64
den noch zaudernden Alkmaion zum KeKlzug Zwar nenneu ihn beide Quellen Thossander
¥3gen Theben. Nachdem die Epigonen sich (statt Theraander), aber nach dem ausdrück-
hebens bemächtig haben, erhält Thersandros liehen Zeugnis des Servius zu Ver<i. a. a. O. ist
»lie Herrschart über die Stadt und ruft die dieser Thessander Sohn des Polyneikes und der
nach der Eroberung der Stadt nach Homole Ar^eia.
in Thessalien ausgewanderten Bewohner zu- Thersandros, des Polyneikes Sohn und Va-
rück, Paus. 9,5,14. 8.7. Seine Gemahlin ist ter des Teisamenos, ist nach Studniczka, Ky-
Demonassa, die Tochter des Amphiaraos, die retw H9 (vgl. Gruppe, Gr. Myth. 646,8. 1880,2)
ihm den 'J'eisamenos (s Tisamenos) gebiert, Pau«. wie sein Vater und Sohn nach einem alten boio-
9,5,16. 8,16,8. ^afUDvaatfa nennt sie da:iiSc/io/. lo tischen Kultnamen des Ares benannt und mit
Pind. Ol. *2, 76, Juiiofdvaaa (AMAMAIOMAA) dem gleichnamigen Sisyphiden (so auch v. Wi-
heißt sie auf dem korintischen Krater in Ber- lamowitz a. a. 0.) und mit dem Sohne des Aga-
lin {Furtwängfer, Beschreibung der Vasemamm' medides (s. u. nr. ö) identisch. Zugleich bezieht
lung im Antiquarium 1,206 nr. 16i>ö), der in sei- sich der Name .seines Sohnes Teisamenos, wie
ner Darstellung, Auszug des Amphiaraos, mit der des gleichnamigen Sohnes des Orestes, auf
der auf dem Kypseloskasten in Olympia über- die Rache, die Thersandros an den Wider.sachem
einstimmt (jPbm». 6, 17, 7: Jriumvaöaa); abge- seines Vaters genommen hat; vgl. O.Müller,
bildet ist der Krater Mon. d. Inst. 10,4,5. Bau- Prolegomena 275.
meister,Denkm.S.'27. Wietitr Vorlegeblätter ISSd, 4) Kreter, Gemahl der Arethusa, Vater des
X. Furtwängler-Reichold , Griech. V^asenmalerei so von Aineias getöteten HjUos, Quint. Smyrn.
Taf. 121. C. Robert, Oidipus 1 S. 224 Abb. 37. 10,80.
Vielleicht ist sie auch auf der attischen Vase 6) Sohn des Herakleiden Agamedides, des
in Berlin {Furtwängler a. a. 0. 2, 660 nr. 2396) Königs von Kleonai (0. Müller, Darier 1*,83, 1),
zu erkennen in dem als Demo (z-HMß) be- Vater der Zwillingsschwestern Luthria (s.d.) und
zeichneten Mädchen, welches neben Eriphyle, Anaxandra (Max. Mayer, Giganten und Tita-
Alkmaion, Amphiaraos (alle diese Personen sind nen 143), der Gemahlinnen der Zwillingssöhne
inschriftlich bezeugt) erscheint, so daß Demo des Aristodemos, des Prokies und Eurysthenes,
als Kurzform zu Demonassa anzusehen wäre. Paus. 3,16, 6. [Höfer]
Verhängnisvoll wird ihm seine Teilnahme am Thersanoii (?), im cod. Frising. Hyg. fab. 14
trojanischen Kriege, zu dem er mit vierzig so (p. 47 not. 23) wird unter den Argonauten
Schiffen ausfuhr, Dictys 1, 14; wenn dieser ihn genannt: Thersanon {Schmidt im Index p. 171:
einmal ^ex Thebis% das andere Mal ^ex Aeto- Thersanor), Solin et Leucothoe» filius ex Andro;
Ud* kommen läßt, so bezeichnet er wohl mit vgl. Th. Saucius, Andros {= Sonde rschrißen d.
'ex Thebis^ seine Herkunft, mit 'ex Aetolia^ österr. arch. Inst. 8) S. 53 Anm. 17. [Höfer.]
den Ausgangspunkt der Fahrt, die er wohl mit Thersilochos {Otgöiloxog), \) Freier der Pe-
Diomedes antrat: im teuthranischen Kriege nelope aus Dulichion, Apollod. Epit. 7, 27. —
wird er, nachdem er selbst viele der Gegner, 2) Troer, Gefährte des Hektor {MiGn^Xr\v xs
unter ihnen einen Freund und Heerführer des riavxov re Midovra tt @SQ6iXoxov), Hom. II.
Telephos erlegt hat {Dictys a. a. 0.), erschla- 17,216. C. Robert, Studien zur IHas 463. Im
gen, KvngLu bei Proklos, Chrestom. hei G. Kin- 4lo AuBchlnQ hieran dichtete Verg. Aen. 6, 4 -3 f.:
kel, EpicoruiH Gr. frgm. 1, 19, 1. Apollod. Epit. Glaucumque Medontaque Thersilochumque, Tris
3,17. Paus. 9, 5, 14. Tzttz. Proleg. Alleg. II. 654. Antenoridas, wobei tris Antenoridus entweder
1003 (= Anecd. Gr. ed. Matranga 1 p. 22. 23). nicht Apposition ist oder ein Versehen Vir-
Schfil. ad Tzetz. Alleg. IL bei Cramer, Anecd. gils, eine Kontamination von Born. IL a.a.O.
Oxon. 3, 379, 10. Sein Leichnam wird von Dio- und 11,59 (TQhig r' kvrrjvoQidag) vorliegt; vgl.
medes geborgen, verbrannt und seine Asche Ed. Norden, Virgilius Maro Aeneis Buch VI
beigesetzt 'patrio more\ Dictys a. a. 0. Auf zu v. 483f. S 252. Alfons Scholz, De Antenore
die Bergung des Leichnams des Thersandros et Antenoridis {Diss. Breslau 1911) p. 24 f —
durch Diomedes (AlOME-i) wird mit großer 3) Paionier, Genosse des Asteropaios, von Achil-
Wahrscheinlichkeit die Darstellung auf einem 60 leus getötet, Hom. IL 21,209. Robert a. a. 0.
attischen Krater der Eremitage {Stephani, Va- 537. [Höfer.]
.sen der Eremitage nr. 1275; vgl. A.Michaelis, Therses {^Hgorig), 1) boiotischer Gastfreund
.Inna/t 1859, 267ff.; abg. Mon. rf. 7?iÄf. 6 tav. 34. des Anios, der diesem einst einen von Alkon
S. Reinach, Repertoire des va.ses peints 1,152) ziselierten Mischkrug geschickt hatte, den Anios
bezogen, Eman. Loewy, Arch. epigr. Mitt. 4 dem Aineias zum Gastgeschenke gab, Oo. Met.
(1880), 220 f C. Robert, Arch. Jahrb. 2 (1887), 6, 682. Lact. Plac. narrat. fab Ovid. XIII, 5
250. Thersandros empfing nach seinem Tode in (p. 702,4 Magnus), wo als Künstler Alco Lin^
Elaia, wo sich sein (ivijllcc auf der Agora be- dius genannt wird, während bei Ov. a. a. 0.
fand, Heroenehren, Paus. 9, 5, 14. E. Ihiaemer, 683: Alcon Hyleus steht (s. d. krit. Apparat bei
Pergnmos \6'2i. 191. Friolländer 2l. 9.. 0. 3il. %q Magnus). — 2) Sonst unbekannter Liebling
Abweichend von dieser fast allgemeinen Tra- des Hermes, falls bei Clem. Rom. Hom. b,lQ
dition über den Tod des Thersandros von der (Migne, PatroL Ser. Gr. 2, 185), wo Hermes als
Hand des Telephos lassen Verg. Aen. 2, 261 Liebhaber ntgaicog.^ Xqvgov, 0sq6ov, 'Oögvöav
(Lact. Plac. ad Stat Theb. 3, 683) und der von genannt wird, die Lesung richtig ist. Zum Na-
ihm abhängige ( W. Kroll, Jahrb. f. klass. Phil. men vgl. die Vollnamen l4Xi.-d-iQ0rig (s. d.), Avko-
SuppL 27, 166) Hygin {f. lOS p. 98, 1 Schm.) ihn »igarig (s. d.). f Höfer.]
den ganzen troianischen Krieg erleben und nen- Ther»\\*^o» {0s gaiTtTCog), Sohn des Archip-
nen ihn als einen Helden im hölzernen Pferde pos, Vater des Phorbas, athenischer König.
(365 Thersites Tliersites 666
SynkcU. ii-lö, 8. 10 ^^ J^Iuseb. <Jti<ni. ad. Mioenc eine iMMiiahc luH/inierende Wirkung' liinterlüßt.
•2, tJ4. 66. 1,188. [Höl'er.] über die Szene s. auch Bethe, Homer 1, 208 f.
Thersites ((9t(>ötT7]tf, über den Namen 8. u.), Die später«; Dichtung' erweitert durch
<lie Hauptperson der nach ihm benannten manche Einzelheit Schicksale und Charakter-
Szene der liias (i>'2Uf). Agamemnon stellt züge des Th., die im folgenden gleichsam
nach dem im Traum erhaltenen Hefehl des biographiHch aufgereiht werden sollen; doch
Zeus seine Mannen auf die l*robe durch den bleibt er auch hier eine, wennschon inter-
Vorschlag heimzukehren. Der Versuch fällt essante Nebenfigur. Sosehr Homer sonst
kläglich aus. Des langen Krieges herzlich die Stammbäume liebt, für Th. ist die Ein-
müde, eilen sie zu den Schiffen, und es bedarf lo Ordnung in einen solchen erst der nachho-
erst, auf Athenes Dazwischenkunft und Ver- merischen Sage, vorbehalten. Sein Vater ist
mittelung, der strengen, auch durch Szepter- hier Agrios (s. d.), der Sohn des ätolischen
schlage unterstützten Einrede des Odysseus, Königs Porthaon (s. d.) zu Pleuren und Ka-
um die Völker zur Heeresversammlung zurück- lydon (A/iollodor 1, 7, 10, 2; Ov. Pont. 3, 9, Of;
zurufen. Die andern Griechen warten deren Quint. Smyru. 1, 770 f.). Deshalb heißt Th.
nochmalige Eröffnung ruhig sitzend ab; als selbst gelegentlich AiroiXog: Schol. u. Tzetz.
keifender Hetzer und Schwätzer tut sich allein Lykophr. 991». 1000; vgl. (Inliad. 7, 888. 9j8.
Thersites hervor. Während Achill und nächst Insofern nun Porthaon mit dem bei Homer
ihm Nireus sich unter den Danaern am mei- gleichfalls als Vater des Agrios erwähnten
steu durch Schönheit auszeichnen, ist jener 20 Portheus (s. d.) identisch ist, wird so von
der häßlich ste ü rieche vor Tro.ja, näm- der späteren Sage Th. mit dem homerischen
lieh krummbeinig, auf dem einen Fuß lahm; Diomedes in c^inen Yerwandt^chaltlichen Zu-
beide Schultern sind höckerig und nach der sammenhang gebracht, von dem bei Homer
lirust zusammengebogen; seinen vorn einge- selbst noch keine Rede ist (s. o.). Portheus
drückten und hinterwärts sich schräg zu- ist nämlich in der llias (j^llof.) Vater von
spitzenden Schädel bedeckt nur spärliches Agrios, Melas und Oineus, und diesen, den
Wollhaar (v. 216 f.)- Der abschreckenden äuße- Vater des Tydeus, nennt Diomedes mit Stolz
ren Erscheinung entsprechen durchaus Ver- seinen Großvater, ohne daß er jedoch dabei
halten und Sinnesart. Laut kreischend beginnt nötig hätte, etwaiger Nachkommen seiner bei-
er jetzt auf Agamemnon zu schelten, weil er 30 den Großoheime Agrios und Melas ausdrück-
weiß, daß die enttäuschten Griechen auf ihn lieh zu gedenken. Näheres hören wir über sie
ohnehin erbittert sind. Schnöde Habgier, erst bei Apollodor a. a. 0. Porthaon und Euryte
Herrschsucht und Wollust wirft er dem ober- sind nämlich hier Eltern von Omeus, Agrios,
sten Heerkönig als Gründe des neuen Gegen- Alkathoos, Melas, Leukopeus sowie von der
befehls vor, verhöhnt die Griechen wegen ihrer Sterope. Wenn, im Gegensatz zu dieser Ver-
Gefügigkeit als Weichlinge und sucht sie zum knüpfung des Th. mit der Sippe des Diomedes,
endgültigen Aufbruch anzustacheln (v. 225 f). der Schol. zu II. B 212 einen solchen Zusam-
Währeud er es sonst durch sein Schimpfen mit menhang bestreitet (vgl. auch Eustath. 11. p.
Achill gänzlich verdorben hat, vertritt er hier 204, 10)., weil Odysseus ein»'n Verwandten des
aus bloßer Widerspruchslust gerade dessen 40 Diomtdes nicht gezüchtigt hätte, vielmehr nur
Sache, doch nicht, ohne auch ihn, den Ab- Leute aus dem Volke schlagen würde, so kann
wesenden, träger Nachgiebigkeit gegen Aga- diese Behauptung für jffowcr auf sich beruhen;
memnon zu beschuldigen. Über den dekla- für die nachhomerische Dichtung aber wird
matorischen Vortrag der Thersitespartie (mit sie durch die spätere Sage direkt widerlegt,
kreischender Fistelstimme) vgl. i^ö7<e, i/o. JaÄrft. wo der Tydide als Verwandter {Quint,
1907, S 577. An Stelle des Peliden ersteht Smyrn. 1.1 Gd; Schol Lykophr. 999) für den ge-
aber dem Störenfried ein Rächer in Odys- töteten Th. gegen Achill tatkräftig in die
seus, der mit ihm ebenso bitter verfeindet Schranken tritt (s. u.).
ist wie Achill (v. 220 f.). Rückhaltlos bezeich- Nach dem angeführten Schol. zu II. £ 212
net ihn jener als den schlechte.4en Menschen, 50 (vgl. Tsetz. Chil. 7, 887. 927) sind Th ' Eltern
der mit vor Troja gekommen sei (v. 248 f.), Agrios und Dia (z/m), und zwar wird hier
weist ihn energisch zurecht und bedroht ihn letztere die Tochter des Porthaon genannt, so
für den Wiederholungsfall mit schmählicher daß also dieser der Großvater des Th. nicht väter-
Strafe (v. 258 f.). Der Drohung folgt alsbald licherseits {Apollodor 1, 7, 10, 2), sondern von
die Tat. Mit derben Schlägen züchtigt er seiten der Mutter ist. Jedenfalls ist er vor-
den erbärmlichen Wicht, auf dessen Rücken nehmer Abkunft {Tzetz. a. a. 0. 888. *J28); daß
sich blutige Striemen erheben. Weinend und er sich jedoch ihrer nicht rühmt, rechnet ihm
vor Schmerz sich krümmend, setzt er sich tief- Libanios ('Eyxwfi/ov stg Osgöirriv 4, 943 Beiske)
beschämt nieder (v. 2ü5f.), unter dem lauten hoch an. Freilich wüten in der Familie des Vaters
Gelächter der Versammlung, die ihm die ver- 60 Thronraub und Bruderzwist. Agrios' Söhne
diente Strafe von Herzen ^önnt und Odysseus' Th., Onchestos, Prothoos, Keleutor, Lykopeus
Eingreifen als seine trefflichste Leistung be- and Melanippos entreißen dem Oheim Oineus
lobt (v 270f.). So hat in Th. bereits die alte- die Herrschaft {Paus. 2, 25, 2) und übertragen
ste Dichtung mit souveräner Meisterschaft das sie dem eigenen Vater, werden aber von
Muster eines Demagogen veranschaulicht, Oineus' Enkel Diomedes mit Ausnahme des
dessen Erscheinung, so rasch sie auch an dem Th. und Onchestos umgebracht {Apollod. 1,
Leser vorüberzieht, dennoch dauerndes Interesse 8, 6); nach Anton Liber. 37 erschlägt Dfome-
erweckt und wegen ihres einzigartigen Reizes des auch den Agrios, oder dieser gibt .sich in
(367 Thersites Thersites ()68
Stnmmbaum
1) bei Apollodor 1, 7, 10, 2; 8, 6, 1 ; 8, 6, 1 und 2:
Portliaon — Eiiryte
/• '' ^— .«^-^^^^^ .^
Oineus A^rios Alkat.hoos M^las Leukopeus Sterope
I , ; ^^ ,
Tyaeus Thersites Onchestos Prothoos Keleutor Lykopeus Melanippos
Diomeiles von Diomedes getötet.
2) im Sdiol. II. B 212: Porthaon
Agrios Dia
Thersites.
Vgl. auch die genealogische Tafel zum Artikel Deukalion Bd. 1, Sp. 996.
der Verbannung selbst den Tod {Hygin. fah. dahin erneuert, ob vielmehr Thersites noch lebe.
176.242). Th. kommt jedenfalls mit dem Leben Neoptolemos' bejahende Antwort wird dem
davon. — Nach Pherekydes {Schol II. B 212; Scholiasten (zu v. 445) ein Anlaß zu der Be-
Müller, fr. hist. Gr. 1, 91; vgl. Eustath. II. merkung: rovro nag iörogiav sowie 2u einem
^. 204, S) und Euphorion fr. ISl {Meineke, Anal. 20 Bericht von Th.' Tötuno^ durch Achill (s. u.).
Alex. 144; Scheidiceiler, Euphor. fr. 124) war Dieser chronologische Einwurf trifft durchaus
Th. auch „einer von denen, die gegen den zu, da ja Sophokles' Philoktet, in welchem
Kaly donischen Eber auszogen''; aber da er aus bereits der Sohn des Achilleus eine Haupt-
Furcht dem Kampfe auswich, ward er von rolle spielt, des letzteren Tod vor Troja (durch
seinem Vetter Meleagros einen Abhang hin- Paris' Pfeilschuß) zur selbstverständlichen Vor-
abgestürzt und zum Krüppel (vgl. auch aussetzung hat (oder doch haben sollte!).
das verstummelte Schol. Lykophr. 999 u. Tzetz. Wichtig aber ist für Th.' Charakteristik hier
Chil. 889 f.). — Während sich Odysseus und zweierlei: einmal kennt Philoktet, der ja vor
Achilleus von dem Zuge gegen Troja durch Troja noch gar nicht gewesen ist und daher
Verstellung anfangs fernhalten, zieht Th., ob- 30 auch die dortige „Thersitesszene" nicht mit-
wohl gebrechlich und nicht, wie Odysseus u. a., erlebt hat, doch diesen Menschen, offenbar von
durch Eide gebunden, mit in den Kiieg {Liban. früher, als einen heillosen Schwätzer (v. 443 f.);
a. a. 0. 4, 943H.); furchtlos spricht er im La- und während ferner Neoptolemos den gefal-
ger der Griechen seine Meinung aus und redet, lenen Helden Antilochos und Patroklos den
wie Demosthenes (!), niemand nach dem Munde Nachruf widmet : „Ja, der Krieg verschlingt
{ebenda S. 945); demnach ist er nicht schlechter die Besten!'' (v. 436), lautet Philokteta Urteil
als Nestor (S 947), ja zu loben, weil er die über den noch lebenden Th.: „Unkraut ver-
ihm angetane Unbill zu ertragen weiß. In dirbt nicht!" (v. 446). — Eine hämische Äußerung
dieser fast komisch wirkenden schmeichelhaften des Thersites glaubt Bibheck {R. Tr. 367) auch
Beurteilung des Th. ist es freilich ein beschei- 40 in einem Fragment von Äcciu>^' Nyctegresia zu
denes Lob, wenn Libanios hinzufügt, er sei erkennen.
auch nicht zu den Feinden übergelaufen (S. 948). Endlich ereilt ihn aber doch das verdiente
Ähnlich heißt es bei Max. Tyr. 15, 5 p. 188 Geschick, und er wird das Opfer der eigenen
Hobein: nicht einmal Th. würde durch Fahnen- Schmähsucht. Als er nämlich den Achill we-
flucht die Sache der Griechen geschädigt haben, gen seiner Liebe zu der von ihm im Kampfe
während Achill, im Zelte sitzend, diese in schwer verwundeten und schon im Verscheiden
großes Unglück stürzte. Weniger rühmlich begriffenen Amazone Penthesileia verspot-
klingt die Notiz, man habe ihn mit vor Troja tet, bringt der gereizte Held „den Mund des
genommen, um die Heimat von einem Friedens- griechischen Pöbels" {Herder, Kritische Wälder
störer zu befreien {Eustath. II. p. 204, 4). — 50 1, 21; Bd. 8, S. 175 Suphan) für immer zum
Der homerischen Szene, seiner Schmähungen Schweigen: Arktinos' Aithiopis bei Kinkel, fr.
gegen die Könige und der Züchtigung durch epic. Gr. p. 33; Apollod. epit. 5, 1 Wagner.
Odysseus gedenkt dieser bei OtJ. il/cL 13, 232 f.; Nach Schol. Soph. Phil. 445 sticht Th. der
nicht seiner Herkunft oder seiner Taten halber, Leiche Penthesileias mit dem Speer das Auge
heißt es bei l^zetz. Chil. 7, 895 f., habe Homer aus, wird aber dafür von Achill mit Faust-
ihn erwähnt, sondern wegen seiner Beschimp- schlagen (xov^u>Lots)getö tet. Die gleiche
fungen gegen die Helden: die Frechheiten also Strafe trifft ihn bei 2'zetz. Posth. 201 f.; Schol.
hätten ihn berühmt gemacht. — Über sein Lykophr. 999; Eustath. Ilrp. 20S, 2. Bei Quint.
Gebaren im weiteren Verlauf des Krieges hö- Smyrn. 1, 722 f., wo der Pelide ihn gegen Ohr
ren wir bei Sophokles: als Philoktet (v, 403 60 und Kinnlade schlägt, so daß alle Zähne sei-
bis 444) sich nach verschiedenen griechischen nem Munde entfallen und er selbst entseelt
Helden, die vor Ilion liegen, erkundigt, bezieht vornüberstürzt, wird man an Odysseus', frei-
Neoptolemos die Frage v. 439 f.: ava iiov ^ihv lieh milderes, Strafgericht über Iros {Od. a 96 f)
<pa)r6? i|ep7J<;oftat, | yXmacT] Sk dnvov yt.cc) erinnert. Phantastisch erweitert ist derselbe
cotpov., Ti vvv xvpst; ßlschlich auf Odysseus, Vorgang bei Pherekrates {Miller, MeJanges de
so daß jener berichtigend erklären muß, er litt, grecque p. 400): 6 Sh kxütV'^' iv nm^ -koq-
meine den Th., og ovx av siXst slöccTta^ slnstv, prjs avrbv iTcdrcc^iv., man nvg iXTiiXa^iil) iv.
oTiov (iridslg i(ör\ — , und nunmehr seine Frage tmv yvdd'ojv (s. u.). Nur bei Lykophr. AI. 1000 f.
669 Thersites Thersites 670
versety.t Achill dem „alfeiige^talti^en Schild- doch der Angeklagte unter Udysbouß' Beistand
ling aus Ätolien" (TtfO-rjxo/iöt'qpö) AiroiXw qpO'o- (Odvaa^cog 6vvayüQtvuvto<i) gewinnt {Lucian.
ijco) mit der vom Blute der Amu/one noch vcr. htst. 2, 20; vgl. auch Liban. 'Eyxm^i. Geqo.
triefenden Lanze den Todesstoß; vgl. Schal. 4, 947 1{.). Übrigens erklärte man Thersites'
997. 9UÜ. 1000. Über Achills Mordwaffe in Verunglimpfung durch Homer auch damit, daß
der bildenden Kunst 8. u.; auf der TafcwZa /^ac« man annahm, dieser sei ein betrogener und
ist es nämlich aus künstlerischen Gründen ein vernachlässigter Mündel des Thersites (ScJwl.
Knüttel. — Bei Dict. Crct. 4, :J wird nur Th.' 11 B 212 und Kustath. Tl. p. 204, 12), an dem
8pott, aber nicht seine Bestrafung erwähnt. — er sich daher habe rächen wollen! Und doch
Über das Ereignis selbst stimmen die Quellen lo durfte Th. Homer sogar noch dankbar sein,
im jiUgemeinen überein; von seinen Folgen weil dieser ihn nicht wie Tantalos, Sisyphos
berichten nur einige. Bei Arktinos a. a, 0. er- und Tityos in der Afkyia (X 573 f.) als büßen-
hebt sich wegen der 'J'ötung des Krüp- den Frevler dargestellt hat (iVa^ Gor^. p. 525 e);
pels unter den Achäern Zwist. Achill freilich war er, um wie diese vornehmen Ver-
hält es für angezeigt, nach Lesbos zu fahren brecher zu freveln, nicht mächtig genug, da-
uud hier der Leto und ihren beiden gött- her verhältnismäßig unschädlich und unschul-
lichen Kindern ein Reinigungso|ifer darzubrin- dig, vgl. Lessing, Laokoon a. a. 0. Ja, auch
gen, worauf er durch Odysseus von der Blut- Alexander der Große soll erklärt haben,
schuld gelöst w^ird. Wie es zu jener Ent- er wolle lieber Homers Thersites ald der Achill
zweiung der Griechen bei Penthesileias und 20 des schlechten Dichters Choirilos sein {Por-
Th.' Tode kommt, erfahren wir aus Quint. phyrion. ad Hör. A. P. 357), der den König
Smyrn.l, 7(57 f.: während nämlich die Danaer, auf seinen Feldzügen begleitete und seine Taten
,,deren Schande er gewesen ist'' (v. 749), in in fragwürdigen Versen beschrieb {Hör. Epist.
lauten Beifallsjubel ausbrechen (v. 747 f.\ tritt 2, 1, 232 f.; Curt. Huf. 8, 5, 8). — Ein weit
für den Getöteten allein sein Verwand- harmloserer Gegner des Thersites in der Unter-
ter Diomedes (s. o.) ein, den die übrigen weit ist Nireus {II. ß671f., s.o.). Dort spielt
Griechen nur mit Mühe davon abbringen, ge- nämlich eine Szene von Lucians Totengesprü-
geu den Peliden das Schwert zu zücken; vgl. chen (c. 25): Nireus und Thersites holen den
auch Lessing, Laokoon Kap. 23. . — Th. wird Urteilsspruch des Philosophen Menippos dar-
sodann fern vom griechischen Lager be- 3o über ein, wer von ihnen der schönere sei.
graben {Quint. Smyrn. 1, 823 f.). — Drama- Während Nireus auf i/omcrs Lob pocht, schiebt
tisch war der Vorfall behandelt in Chaire- Thersites dieses, unter Hinweis auf die Blind-
mons ^;fi/llti'5 Osga tro-Ktovog oder Oeg- heit des Dichters, beiseite und betont, dem
61X7]?., vielleicht einem Satyrspiel {Nauck, Totenrichter sei er trotz seines Spitz- und Kahl-
fr. trag. Gr. p. 782^); die zwei Fragmente ge- kopfes nicht schlechter (als Nireus) erschienen,
währen keinen Anhalt. Über die Penthe- Menippos gibt, nach Besichtigung des Knochen-
silea eines unbekannten römischen Dichters gerüstes der beiden, höchstens eine Verschie-
yg\. Bibbeck, E. Tr. G'21 ; Bergk {Ind. lect. Mar- denheit in der Schädelform zu, erklärt aber
bürg. 1844, S. 16) schreibt sie dem Ennius zu. die des Nireus für schwach und unmännlich;
Auch in der Unterwelt ist Th.' Stellung 40 überhaupt nennt er niemand im Schattenreich
eine höchst seltsame. Der Haß gegen Odys- schön; hier herrsche vollkommene Gleichheit,
aeus gesellt ihn dessen beiden Gegnern, dem Th. ist damit ganz einverstanden und zufrieden
Salaminier Aias und Palamedes, bei, mit denen {iyiol ^iv ovv xal xovxo iv.uv6v). — Ebenso
er am Würfelspiel, einer Erfindung des letz- äußert sich Menippos bei Lucian in dem nach
teren, sich vergnügt, während der andere ihm benannten oder auch Nekyomanteia be-
Aias zuschaut; so stellte es Polygnotos auf titelten Dialog c. 15, vgl. auch Charou c. 22:
einem Gemälde der Lescbe in Delphi dar ©sqgIxt] d' laog Oextdog Tcdig rjvxoiioio. Übri-
(Paus. 10, 31, if. , vgl. Bobert, Beschreibg. der gens werden Thersites und Nireus schon von
Gemälde des Pohjgnöt, HalleschesWinckelmanns- Ov. Pont. 4, 13, 15 f., aber auch später manch-
festprogr. 1892, S. 17. 67), vielleicht im An- 50 mal {Aeneas Sophist, ep. 15 p. 17 Hercher; Pro-
schluß an ein verlorenes älteres Epos, da ahn- cop. ep. 83 p. 564 H., ep. 128 p. 595 H.) einander
liehe Spiel Szenen, freilich ohne Beteiligung des gegenübergestellt. — Noch viel phantastischer
Th., \on Pindar (fr. 129, i Bgk.'^) und Euripides nimmt es sich aus, wenn bei der Verwandlung
{Iph. Aul. I92f. ; fr. 888 Nck.^) erwähnt wer- der menschlichen Seelen die Agamemnons ein
den {M. Mayer, Arch. Zeitung 43, 246; vgl. Adler, Thersites' Seele aber ein Affe wird
auch Hitzig u. Blümner, Pausanias 3, 2, 799; {Plat. Polit. 10 p. 620 c; vgl. Bohde, Psyche 2*.
Baumeister, Denkmäler 1, 684). Ebenso er- 276). Schon bei Lebzeiten heißt ja Thersites :rt-
blicken aber Palamedes und Th. einen ge- ^rtico^OQcpog: Lykophr. 1000 und Schol. — Wie
meinsamen Gegner in Homer: dessen Spiel- schon aus der oben erwähnten Zusammenstellung
zeug ('OfiTjpov Ttaiyviov, Philostr. Heroic. 2, 19 60 mit dem sprichwörtlich schönen Nireus hervor-
p. 695 K.)., heißt es, sei Odysseus gewesen, dem geht {Ov. Pont. 4, 13, 15 f.; Ijucian, Totengespr.
zu Gefallen er in seinen Dichtungen Person 25; Nekyomant. 15, s. o.), gilt Thersites häufig
und Verdienste des Palamedes ganz wegge- als Tyi^us körperlicher Häßlichkeit {Ov.
lassen habe (vgl. auch vit. ApoUon. 3, 22; Art. a. a. 0. 3, 9, 9 f.; Plut. d. aud. poet. 3; Max.
Odysseus Bd. 3, Sp. 630); und ähnlich fühlt Tyr. 1, 5: aiaxitov xov GsqüLxov. Tzetz. Chil.
sich Thersites wegen IJ. B 212f. von Homer 7, 891: tjv dh cpo^bg yiccl TcccgaßXaj^ ^coilos xv^ttö^"
benachteiligt und strengt daher noch im Schat- tpsdvod'Qt^). Als solcher ist er auch sprich-
tenreiche einen Prozeß gegen ihn an, den je- wörtlich, daher Paroemiogr. Gr. Append. 3,
671 Thersites Thersites 672
19 (1 p. 419 Leutsch): GtQaitnoi' ßltfi^a x«i Hebung des Saluioneus verglichen, der Zeus*
SfQöixuov eidatXov, «apoi/iia inl rtbv Ttdvv Donner und Blitis nachzuahoien sucht: Max,
itvgftdibv. — Hippt)crat. ep. 17 p. 302 Hercher ; Tyr. 35, 2; über die skurrile Gleichstellung
Lihan. Epist 162-'; Nikol. Frogymn. p. 68, 16 des Thersites mit Nestor bei Liban. 'Eyx. (■'hgc.
Feiten: t^sgattai = mißgestaltete, hilßliche 1, iU7/?. s. o. Endlich wird er, wie schon bei
Menschen; Apul. Florid. 1, 3: Marsyns fertur J'Iat Polit. 10 (s. o.), auch dem Agamemnon
cum Apolline certuvisse, Thersites cum de- gegenübergestellt; der Weise, sagt der Stoiker
coro, agrestis cum erudito, belua cum deo; Ariston von Chios {Diog. Laert. 7, 2, 1), sei
Clem, Alex. Paedag, 3, 4, 30 p. 99 Sylb ; Suid. gleich einem guten Schauspieler, «lor die Rollen
6. GtQairris. Vgl. auch Dieterich, Pulcinella lO des Th. und des Agaujcmiiou übernommen
162 f. Sein 'spitzes und lächerliches Haupt' habe und beide gleich })aö8eud darzustellen
verschafft ihm wenigstens die Ehre, mit dem wisse; vgl. auch Julian, ep. 58 p. 377 ff.
von Kratinos als Zwiebelkopf ver.-.potteten Pe- Körperliche und sittliche Gebrechen
rikles verglichen zu werden (Eustiith. J 1.^.201, zugleich werden durchgch«'chelt in mehreren,
8, vgl. Plut. Pericl. 13; A'ocA', Com. 1, 35). zumeist aus //owcr entlehnten, aber parodistisch
Andererseits ist er auch typisch wegen verdrehten Versen bei Lucian. Fugit. 30, die
seiner gemeinen Denkungsart und ra- in den Worten gipfeln: TXQÖa^t xvojv, oni^Bv
bulistischen Zungendrescherei: Soph. di i^co1^ ft^erff?] d^ jfi/iai^a (s. 7/. /^ 181), vgl.
Phü. 43"Jf., 8. o.; Aeschin. 3, 231: f^fgairr,? auch Max. Tyr. 26, 5: aiGxQO^- iötlv, qpcov^r
avavdgos xorl avxoqtävrijs. Bei Lucian {vit. 20 insaßöXoc., yvm^iriV ävccKtog, tl>iiüv cc-noXäorov
Demonact. 61) wird Thersites als Kwitio^- ng dij^ov. Vtmctrii et Lihanii qui feruntur rvnoi
driai,y6(iog bezeichnet; vgl. Funk, Philologns fniöroXixol et inLoroXiyiol ;^aeaxTj}c>fe ed. Val.
1907 S. 697: Die Kyniker tüten besser, nicht den Weicher t (1910) S 58: — ixBivov xuv Gsgoirov
Herakles als ihr Vorbild und ihren Heros aus- 'Ofii^Qa) xaiimÖaviitiuv, ov j;gi'pojv oi'^dfJ? aJiXoe
Zügeben, sondern den Thersites, jenes eigenartige oiks rig aioxitov tv toi$ "EX/iriöLv tyiyövn.
Musterbild des frechen, schimpfenden Dema- Erfährt somit Th. in der antiken Literatur
gogen. Übrigens weist auf seine Frechheit vielfach eine grelle satirische Beleuchtung, so
schon der Name hin; über dessen Deutung s. u. ist es kein Wundtr, daß diese wirksame Sagen-
Nunist aber Th., wie icS5»n^ a.a.O. geistvoll gestalt wenigstens vereinzelt auch in der mo-
ausführt, im Gegensatz zu manchem häßlichen 30 deinen Dichtung auftritt, aber auch die ge-
Typus der modernen Poesie (Richard III., vgl. lehrte Forschung mehrfach beschäftigt hat.
auch Franz Moor), bei aller Böswilligkeit un- Von letzterer kann hier nur insoweit die Rede
seh äd lieh und verfällt daher schon bei Homer sein, als sie der antiken Literatur zugute kommt,
(ß 270 f.), aber auch in der späteren Dichtung Armselig ist freilich das Gerede von Chr. Ad.
geradezu der Komik, so wahrscheinlich in Klotz, Epist. Homeric. p. 24sq., 31 sq., 43sq.,
C'Aatremon« (Satyrspiel ?) /4;ftUfi;t;6>£p<JtToxroi'os der die ganze Episode aus der Ilias weg-
(s. o.); Piaton a. a. 0. nennt ihn den Spaß- wünscht, um so tiefer und anerkennender ist
mach er {xbv yeXaroTioiov), vgl. Plut. d. aud. die Würdigung durch hervorragende Denker
poet. 3, und vollends in den besprochenen wie Les.sing, Taokoon Kap. 23 f. (s. o.) und
ünterweltsszenen ist seine Rolle durchaus 40 Herder, Krit. Wälder 1, 21 (Bd. 3, S. 166 f.
possierlich. Daher ist auch Libanios' 'Eyxcb^/ov Suphan), wo die Wirkung der Szene analysiert
f/g GBQcitriv (4>, 943 f. Peiske), aus dem die und die Begriffe des Häßlichen, des Lächer-
auffallendsten Züge bereits angeführt wurden liehen sowie des Unschädlichen eingehend an
(s. o.), humoristisch gefärbt; namentlich wirkt Thersites erläutert werden; vgl. auch Blümmr,
der Vergleich des Schwätzers mit Demosthenes Lessings Laokoon S. G5:if.- Ferner hat Fr,
(8. o.) erheiternd; das ganze rhetorische Schau- Jacobs, Verm. Sehr 6, 80 f., Notwendigkeit und
stück hinterläßt den Eindruck einer künstlichen, Wert der homerisch n Szene hervorgehoben,,
aber harmlosen Mohrenwäsche. — Bei Seneca aber auch die sonstige Sage von Th. bespro-
(de ira 3, 23) heißt ein Gesandter, der Alexan- chen. Eine ganz neue Sei-te weiß dieser Ge-
ders Vater Philipp eine unbescheidene Antwort 50 stalt endlich Usener, Der Stoff' des yriech. Epos,
gibt, ein Thersites; doch läßt der König Gnade Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wissevsch.
ftir Recht ergehen. Daß es nicht auf die Ab- 1897, Bd. 137 S. If ; 42f. (AT ScAr. Bd. 4 S. 199 f.;
kunft ankommt, erweist Juvenal (8, 2ti9f.) an 239f), abzugewinnen durch die Deutung
Thersites: immer noch besser dessen Sohn und ihres Wesens. Darnach sei Thersites nicht
ähnlich dem Achill, als des letzteren Sproß- eine vom Dichter freigeschaffene Kontrastfigur,
ling, aber dem Th. geistesverwandt! Beide er- etwa dazu bestimmt, die Frechheit zu ver-
scbeinen auch 11, 30 f. im Gegensatz zu ein- körpern, noch auch eine geschichtliche Person^
ander: Thersites werde den Mangel an Selbst- sondern, wie die meisten und berühmtesten
erkenntnis doch nicht soweit treiben, daß er homerischen Helden, namentlich Odysseus, ur-
auf Achills Waffen Anspruch erheben wolle, 60 sprünglich eine Gottheit (S. 48). Seine Mutter
in denen sich nicht einmal Odysseus sonder- Dia (s. o.) sei wohl mit Hera identisch. Als
lieh ausnahm; vgl. Lucian. adv.indoct.l. Wegen der von ihm gereizte Achill ihn auf die Schläfe
seiner Teilnahme am Feldzug wird Thersites schlägt, leuchtet aus seiner Backe Feuer auf
dem müßig abseits vom Kampfe sitzenden {Pherekrates b. Miller, Mel. d. litt. gr. p. 400,,
Achill sogar vorgezogen: Ma^. Tyr. 15, 5 (s. o.), s. o.). Ferner stellt ZJsewcr auf dem Woge kunst-
vgl. Lucian. d. conscrib. hist. 14, 20. — Ther- voller Untersuchung eine direkte Beziehung^
Sites' Streben, es (im Reden) dem Nestor zwischen Th und der attischen Thargeliensage
gleichzutun, wird mit der lächerlichen Über- bei htros fr. 33 {Müller, fr. hist. Gr. 1, 422) her
673
Tliersite>
Thorsites
074
1) Tötung des Thersito« (ünwesend: Achill und Phoinix [in der Mitte], Agamemnon [1.]), Diomedes und Menclaoa [r.],
Pan und Poine [ob. 1.], Athena und Hermes [ob. r.]. Apnlische Amphora in Boston (Aiwr. .hivrn. of Arch. 12, Taf. 19).
darnach wurde nämlich Pharmakos (s, d. Artikel
Sp. 2277 f.; 2282) in Athen zur Strafe für die
Entwendung heiliger Opferschaleu von Achill
gesteinigt: Th. sei nun seit der Kalydonischen
Jagd (s. 0.) einer der mißgestalteten cpccgiia-Kol
und überdies dem Namen wie dem Wesen nach 4o
identisch mit dem altlakonischen Gotte Sriglrccg
oder SrjQSLTccg {Hesych. s. v., Paus. 3, 19, 8); der
Kampf des Achill mit Th. in der Aithiopis sowie
mit Pharmakos in der attischen Thargelien-
sage stelle sich dar als Gegensatz zwischen
Sommer und Winter; diesen letzteren habe
man mithin unter Th, zu verstehen {Usener
S. 57 f.) und in der Gegnerschafc zwischen Achill
und Th, einen den loniern und Achäern ge-
meinsamen Zug alter Göttersage zu erkennen 50
(S. 63) ; vgl, auch Usener^ Heilige Handlung S, 300
{Kl. Sehr. Bd. 4 S. 437). Gebilligt wird diese Deu-
tung von 0. Gruppe, Burs.Jahresber. 102 (1899),
148; vgl. Mythol. S. 923, 7. Zweifel an der Rich-
tigkeit meteorologischer Mythendeutungen wer-
den freilich nie verstummen; vgl. bes. v. Wila-
mowitz, Die llias und Homer (1916) S. 271,2.
Zugleich kommt bei Usener der Name mit
seinen nach den Dialekten verschiedenen Er-
scheinungsformen zur Besprechung. Die Alten 60
bezeichnen d'hQOog = Q^ccQaog als äolisch {Schol.
II. B 212; Bekker, Anecd. 1190; Cramer, Anecd.
Oxon. 1, 198). Daß es jedoch auf griechischem
Sprachgebiet überall erscheint, beweist Usener
a. a. 0. S, 48 f, mit vielen Beispielen. Im Do-
rischen erfährt die Wurzel d-^ga- die Abwand-
lung in d-TiQ-; daher die Namensform des alt-
lakonischen Gottes Or^gitcxg (s, 0.); vgl. auch
Willi. Schulze, Zeitschr. f. Gymnasial ivesen 1893
S. 162. Die Verwandtschaft der Wurzel d^sga-
mit dharsh, 'wagen', im Sanskrit und mit
dharshi, „stark", im Zend, sowie mit lat. fortis
führt zu der Bedeutung: '^mutig'. Der Begriff des
Übermaßes an Mut oder des Mutes im schlim-
men Sinne, den schon das Etym. Magn. 24, 38
447, 22 von d-sosiv, 'erhitzen', herleitet, be
dingt die weitere Bedeutung: 'hitzig', 'keck'
vgl. Benseier, Griech. Eigennamen s. v.; Cauer
Homerkritik 407 2; Bader macher, Bhein. Mus.
03 (1908), 462f. Thersites ist also der
'Frechling'; s. auch G. Curtius, Etymologie
256^; Fick^-Bechtel, Griech. Personennamen 140.
Weeldein zu Soph. Phil. 442 übersetzt es alter-
tümlich mit 'Kuhnrich'; vgl. auch d. Art. Phi-
lotherseides Bd. 3, Sp. 2353.
Daß in der bildenden Kunst Th,, trotz des
eigenartigen poetischen Reizes seiner Person,
nur eine bescheidene Rolle spielt, hat man
nicht, mit Unrecht für eine Bestätigung des
von Lessing so geistvoll beleuchteten griechi-
schen Schönheitsprinzips erklärt. Allerdings
hat ihn, wie bereits erwähnt (s. 0.), schon
Polygnot in der Lesche zu Delphi veranschau-
licht, wie er in der Unterwelt mit Palamedes
und dem Telamonier in Gegenwart des ande-
ren Aias Würiel spielt {Pailsan. 10, 31, If,).
Da übrigens nach dem Zusammenhang dieser
Stelle Thersites hier bärtig war, so ist aus
dieser Abweichung von Homer zu schließen,
daß sich besagtem Prinzip zu Liebe der große
Maler für seine Darstellung die volle Freiheit
gewahrt hat. Über Polygnots Nekyia vgl.
675 Thesan, Thesaii 676
Robert, Hdüesches Winekelmannsfestprogramm delV Accad. rom. ä'arcli. 11, 171 sqq., von
1892, S. 17. 67 (s. o.) Fi>rchh(tnnner, Jahn und Cavedoui im Bull. deW
Während mehrere Marmorwerke auf Ther- Inst. 1839, 27. 13», von Braun in den Monum.
Sites' Züchtigung durch OdyÄseus (oder auf ined. deW Inst. 2, tav. LX, von Braun, Pa-
seine Tötung durch Achilleus) fälschlich be- nofka und C. (). Müller in den Ann. delV Inst.
zogen worden sind, die vielmehr dem Skylla- 1S38, 267—291, im Bull. 1840, 11 sq., im Bull.
abenteuer angehören (s. Art. Odysseus Bd. 3, 1 1843, 89, in den Ann. 1845, 03—67, ferner in
Sp. 666, vgl. auch Art Skylla Bd. 4, Sp. 1060f.; dem Mus. etr. Vatic. 1, tav. XXIV, von Ger-
andere Belege bei Bliimmr, Ijcssings Lnokoon hard, Etr. Spieael 3, 77 sq., Taf. LXXVI und
S. 661 f.'), ist er durch Naraensbeischrift be- lo von Fal>retti, C. I. I. nr. 2097. Den ersten
zeugt in einigen griechischen Bilderchroniken, Spiegel unbekannter Herkunft, gleichfalls im
80 seine Bestrafung durch Odysseus auf Vatikan, haben herausgegeben Braun im Bull.
den Reliefs B und C. bei Jahn- Michaelis delV Inst. 1837, 73—80, das Mus. etr. Vatic.
S. 13 nr. 8, Taf. II und lll: ersteres auch bei 1, tav. XXXI nr. 1, Gerhard, Etr. Spiegel 4,
Engelmann, Bilderatlas zu Homer, Utas Taf. I 44, Taf. CCCXCVI und Fabretti, C. 1 1. nr. 2477.
4, 2. Streifen links; freilich ist nur der Name Der zweite Spiegel unbekannter Herkunft wird
SsqcIttis zu erkennen, die Figur kaum teilweise erwähnt von Gerhard im Archäol. Anzeiger 1857,
vorhanden; letzteres siehe zu Art. Nestor 11 nndistveröSentMchtvon Gerhard, Etr. Spiegel
Bd. 3, Sp. 298 mit Abb. 8. — Seine Tötung 4, 22. Taf. CCXC, nach dem er sich im Ves-
durch Achill wird veranschaulicht auf der 20 covat von Chiusi befindet, so daß er also wohl
großen Kapitolinischen Ta5u/a J^'aca bei Ja^n- bei Chiüsi gefunden ist, und von Fabretti,
Michaelis A S. 27, nr. 54, Taf. I, 2. Streifen C. I. I nr. 2513 w«. Den Namen [^Jesan haben
V. u. links: Thersites ist am Altar oder am Corssen {Spr. d. Etr. 1, 260) und Deecke (in
Grabmale der Penthesileia in die Kniee ge- Müllers Etr. 1', 481) auch auf dem Spiegel
sunken; Achill hat ihn mit der Linken am Fabr. nr. 2506 lesen wollen, allein Bugge
Haare gepackt und schwingt mit der Rechten (Etr. Fo. u. Stu. 4, 35 sq.) hat gezeigt, daß
m seinen Kopf zu tödlichem Streiche einen hier vielmehr mit Friederichs {Kleinere Kunst
A X I A A E Y I
igel; dieser ist aus malerischen Gründen an 60 nr. 70) evan zu lesen ist. Außer auf den
die Stelle des literarisch überlieferten Faust- Spiegeln begegnet der Name auch verschiedene
Schlages (Schol So2)h. 445; Quint. Smyrn. 1, so Male auf der Mumienbinde, und zwar in Zu-
722 f., 8. o.) getreten, weil letzterer nicht wohl sammenhängen, die keinen Zweifel lassen, daß
darstellbar gewesen wäre {Welcher, Ep. Kyklos es sich wirklich um unsere Göttin handelt.
2", 172); s. Abb. 1. — Je unscheinbarer die vor- So haben wir: -ö-esan • tins • •ö-esan | eiseraä (5,
genannten bildlichen 19. 20); -d-esan | (.5, -23); -ö-esan (7, 12);
Darstellungen sind, -^esan (9, 14. 18) nebst den Kasusformen ^esane-
um so bedeutsamer uslanec. (5, 21) und ('d'esnin (5, 16). Die Dar-
ist ein figuren reich es Stellung auf dem Spiegel von Volci zeigt drei
Gemälde einer Figuren: in der Mitte steht der Gott usil, das
prachtvollen Ampho- Gewand über den linken Arm geworfen, in der
ra im Museum zu 40 linken Hand einen kleinen Bogen, um das
e p r I f H t Boston,veröifentlicht Haupt einen Lichtkreis und eben hierdurch
8) Aehiiiens tötet den Ther- und besprochen von als Sonnengott gekennzeichnet ; ihm zur Linken
t^aMn^G^^uJ^BMe^ch^^Mk J- ^^-Pciton im Amer. sitzt Neptun (neO-uns), den Dreizack in der
s. «7 nr. 54, T»f IV*"** Journ. of Archaeol. Rechten, während rechts die vollbekleidete und
12, 406 f. mit Taf. 19; schön geschmückte, jugendliche -^-esan steht,
es stellt den Tod des Thersites dar und ist Beide Gottheiten sind in einer Meinungsver-
auch deshalb besonders wichtig, weil es zugleich schiedenheit begriffen, die sie dem usil vor-
üseners Vermutung (s. o.) als Stütze dient; s. tragen. Sehr ähnlich ist die Szene auf dem
Abb. 2, Sp. 673/74 oben. Wir sehen auch hier ersten Spiegel unbekannten Fundortes. Er ent-
Thersites' Tötung durch Achill, er ist aber hier 50 hält vier Figuren : in der Mitte steht Zeus
zur Strafe geköpft worden; sein bärtiges, mit (tinia), in der Linken den Blitz, in der Rechten
vollem Haar umgebenes Haupt liegt am Boden, den Donnerkeil; ihm zur Linken steht -O-e^is,
ringsum allerhand Opfergeräte; Achill sitzt ihm zur Rechten -^esan, beide geflügelt. Beide
in der Mitte nackt auf seinem Lager, ihm zur sind auch hier in einer Meinungsverschieden-
Seite Phoinix; von links kommt Agamemnon heit, die sie dem tinia vortragen. Hinter der
herbei, rechts wird Diomedes von Menelaos -ö-esan steht Minerva (menrva), die, nach der
zurückgehalten. Darüber links bemerkt man Haltung ihres linken Armes, zugunsten der
Pan und Poine, rechts Athene und 'Hermas' (so). -ö-esan in die Erörterung eingreift. Von dem
Sämtliche Personen sind durch Inschriften zweiten Spiegel unbekannter Herkunft (oder
kenntlich. [Johannes Schmidt.] 60 von Chiusi?) haben wir gleichfalls vier Figuren:
Thesaii (-O^esan) ist der Name einer etruski- in der Mitte den tin-S-un und die -ö-esan, beide
sehen Göttin. Derselbe erscheint auf drei stehend und fast nackt, die -ö-esan mit Stim-
Bronzespiegeln, deren einer von Volci stammt, binde und zwei Halsbändern geschmückt und
während die beiden anderen unbekannter Her- den rechten Ann zärtlich um den Hals des
kunft sind. Der Spiegel von Volci, der sich tin-ö-un geschlungen; dieser hat in der Rechten
jetzt im vatikanischen Museum befindet, ist eine Blume und um das Haupt einen Kranz;
veröffentlicht von See. Campanari Tuscania e i rechts steht ein bärtiger Mann mit unbeklei-
suoi monumenti tav. VI und in den Atti detem Oberkörper und der Beischrift memrun,
677 Thesauros Theseus (neuere Literatur; 078
links eine weibliche Gestalt mit (•incr Stirn- (kitflus a. a. 0. 6, tab. XXXVI, von Winckel-
binde und Armbändern «geschmückt, auch sie mann, Monirm. ined. tav. CI, von Lanzi 2 =
mit nacktem Oberkörper und der Heischrift tav. V'lll nr. 11 und von Fabretti, C. I. I. nr.
la a . Auf der Mumienbinde findet sich der 2532. ^Iohk. 628. Die 8zene auf der Grabwand
Name unserer Göttin neben denen des Zeus stellt Theseus und Peirithoos wegen des ver-
(tins), der oder des eisera und des Sonnen- suchten Raubes der Proseq^ina als Gefangene
gottes (uslane). Darüber, daß die -O-esan der in der Unterwelt dar. Neben ihnen steht ein
griechischen Eos entspreche, ist bei den neueren Dämon von greulicher Gestalt, der die Bei-
Etruskologen (K. O. Müller, Gerhard, Corssen, schrift tujiul^a hat. Die Gemme hat nur die
Deecke) keine Meinungsverschiedenheit, und lo Figur des sitzenden Theseus allein, mit dem
man wird es auch nicht leugnen können, ob- Pallium bekleidet und sich den Kopf stützend,
wohl in den Spiegeldarstellungen im einzelnen [C. Pauli.]
manches dunkel ist oder abweichend von dem, Thegeides, s. Theseus § 39 u. 40 sowie Hip-
was wir sonst von der Kos wissen. So auf polytos, Akamas u. Demophon, Oinopion u.
dem letzten Spiegel der bärtige memrun und Staphylos. [Steuding.]
der jugendliche tiu'O'un, während es umgekehrt Theseis (^>;](>7]ts), eine der Amazonen, Hygin.
sein sollte. Auch über die Gegenstände der /"aft. 163, wo bei der Aufzählung der Amazonen-
Meinungsverschiedenheiten auf den beiden an- namen es heißt: . . . Agaue, Theseis, Hippolyte
deren Spiegeln sind wir nicht unterrichtet. etc. Sollte Theseis nicht eng mit Hippolyte
Bezüglich derer zwischen -ö-esan und -ö-e'd'is 20 zu verbinden sein, um sie von anderen Homo-
meint Gerhard, daß es sich um die Entschei- nymen zu unterscheiden? [Höfer.]
düng des Zeus über den Zweikampf zwischen Theseis, s. Theseus § 4.
den Söhnen der beiden Göttinnen, Memnon Thesens {OiqaEixs). Literatur. Joh. Meur-
und Achill, handle. Für möglich halte auch sius, Theseus sive de ejus vita rebusque gestis
ich das, aber sicher ist es nicht. Was den liber postumus. U Itraj ecti 16S4:. — L. Stephani,
Namen •O'esan betrifft, so gibt es eine ganze D. Kampf zwisch. Th. u. Minotaxiros. Leipzig
Reihe von Etymologien, meist aus dem Grie- 1842. — 0. Jahn, Arch. Beitr. S. 251 ff. IX.
chischen, aber sie sind sämtlich abzuweisen. Theseus- Ariadne. Berlin 1847. — N. Schell, De
Der Name ist echt etruskisch, und über seine Thesei origine educatione itinere Athenas sus-
Alileitung vermögen wir zurzeit nichts auszu- 30 cepto. Ofen 1860. — Bers., De tauro Marath.
sagen. Die Göttin hat sich unter dem Namen et Minotauro. Salzburg 1865. — H. Heyde-
Tesana im Volksglauben erhalten, und das mann, Analecta Thesea. Dies. Berlin 1865. —
Volk sagt von ihr, sie sei lo spirito della alba A. Schultz, De Theseo. Breslau 1874. — W.
{Leland, Etruscan. roman renieins 76), was also Garlitt, D. Alter der Bildwerke u. d. Bauzeit
gleichfalls die Deutung auf die Eos bestätigt. des sogen. Theseion in Athen. 1875. — A. Conze,
[C. Pauli.] Th. u. Minotauros. 38. Berl. Winckelmanns-
Thesanros (GriaavQog), 1) Personifikation des progr. 1878. — H. Kanter, De Ariadne, quae
Schatzes, Diener des Plutos, Luc. Timon 29. et Bacchi et Thesei fertur conjux 1. Diss. Bres-
39. 40. 41. — 2) d^sbg &ri6ccvQ6g, oder wie Sui- lau 1878. — L. Volkmann, Analecta Thesea.
das den Namen schreibt ©svadgri?, verballhor- 40 Diss. Halle 1880. — Fr. Wieseler, D. erhaltenen
nisierte Form des Gottesnamena Dusares (s.d.), Denkm. mit Darstell, d. Troezenisch-Att. Sage
Georg. Codinus de signis Constant. p. 52 ed. v. Aegeus, Aethra u. Th. in d. Nachr. d. K.
Bonn. Fr. Baethgen, Beiträge zur semit. Beli- G. d. W. zu Göttingen, 1886, 1 S. 65 ff. — W.
gionsgesch. 96 Anm. 4. v. Baudissin, Studien zur Müller., D. Theseusmetopen v. Theseion z. Athen
semit. Beligionsgesch. 2^2b(). J. Wellhausen, Reste in ihr Verh. z. Vasenmalerei. Diss. Göttingen
arabischen Heidentums 49. Ckrmont-Ganneau, 1888. — Talfourd Ely, Th. and Skiron. Journ.
Rec. d'arch. orient. 4,248,5. — 3) Unter dem of hell. stud. 9, 1888 S. 272 ff. — Luigi A. Mi-
oben Bd. 2, Sp. 2019,34. 45 s. v. Leusibora aus lani, Tazza di Chachrylion ed.alcuni altri va^i
Hieronymus als Gott der Manichäer angeführ- inediti con le imprese di Teseo. Museo Italiano
ten Thesaurus ist wohl die 'Thesauros' be- öo 3, 1890 Sp. 209ff. Tf. 2 ff. — J. Toepffer, Th.
nannte Schrift des Mani {Epiphan. 66, 3. Phot. u. Peirith. Aus d. Anomia S. 30 ff. Berlin 1890.
Bibl. cod. 85 p. 65 b, 3 Bekker. K. Keßler bei — Jane E. Harrison, Journ. of hell. stud. 10,
Herzog - Hauck , Realencyklopädie für protest. 1889 S. 231 ff. und deren Mythol. a. Monuments
Theologie u. Kirche 12,219,57. 221, 19 ff'.) zu of ancient Athens. London 1890. — E. Prigge,
verstehen. [Höfer.] De Thesei reb. gest. quaest. cap. duo. Diss.
These (■ö^ese) ist die etruskische Umformung Marburg 1891. — L. Pallat, De fah. Ariadnea.
des griech. Theseus {Deecke in Bezzenbergers Diss. Berlin 1891. — 0. Wulff, Z. Theseussage.
Beitr. 2, 167 nr. 56). Die Form ist zweimal Diss. Dorpat 1892. — E. Sarnoiv, D.kykl. Dar-
belegt, einmal auf der Grabwand der Tomba stell, aus d. Theseussage. Diss. Leipzig 1894.
deir Orco in Corneto, das anderemal auf einer 60 — E. Petersen, Theseo nel mare. Boll. d. Istit.
Gemme von Karneol unbekannter Herkunft. Arch. Germ. 9, 1894 S. 229 f. — Ghirardini,
Die Inschriften und Gemälde der Tomba delP Teseo nel mare. Rendic. d. R. Acc. d. Lincei.
Orco wurden veröffentlicht von Heibig in den Ser. 5 vol. 4, 1895 S. 86 ff. — C. Robert, Th,
Ann. deir Inst. 42, 16 sqq. und ilfo www. med. 9, u. Meleagros bei Bakchyl. Herines 33, 1898
tav. XIV und XV und, jedoch ohne Abbil- S. 134 ff. — 5^. Wide, Th. u. d. Meersprung bei
düngen, von F^abretti, C. I. I. suppl. 1, wo Bakchyl. 17. Festschr. f. 0. Benndorf. S. 13 ff.
unsere Inschrift die Nummern 411 und 412 Wien 1898. — E. Pottier, Pourquoi Thesee fut
trägt. Der Karneol ist herausgegeben von ramid'Hercule. Rev. de Vart anc. et mod.^, 1901^
679 Theseus (Abstamiming etc.) Theseus (Sage v. Troizen) 680
S. 1—18. — /.. Castiglumi, Stud. Alessaudr. 1, Jahn, A. Aufa. 6 S. 76) oder eiue von ihr ver-
Aritmna e Twtfo. Pisa 1907. — P. Jacobsthal, drängte alte Göttin (5. Wide, Lak. /Cu/i^' S. 56).
TK auf d. Meeresgrunde. Ein Beitrag z. Gesch. Somit ist diese Verbindung als lokale Neben-
ä. griech. Malerei Leipzig 1911. — A. Zacha- form der althelleuischen Kultgemeinschatt des
row. Zur Legende über Minos u. Minotauros. Pos. u. der Ath. aufzufassen, dit' sich für Sparta,
Russ. Herrn. 10, 1912 S. 90 ff. — D. G. Roberts, Athen, Kolonos, Pheneos, Alalkomenai, Kyrene,
Th. and the robber Sciron. Joum. ofhell. stud. Thera, Rhodos und Korintli erweisen läßt (5.
32, 1911 S. 106 ff. [Jf. A.Schwurtz, Erechtheus Wide a. a. 0. S. 37 ff. 54 f 62. Per Odelherg,
£t Theseus apud Euripidem et Atthidographos. Sacnt Cor. Stc. Phlias. S. 28). In Troizen sollte
Lugd. Bat. 1917.*)J Vgl. d. Art. These. lo Athena ebenso wie in Athen mit Poseidon um
I. (;esanitdar«tellnng der Saj?e. den Besitz des Landes gestritten und es dann
j 1 1- « "^c" "®^ Entscheidung des Zeus mit ihm ge-
J. Abstammung, Geburt und erste Jugendjahre. meinsam besessen haben (Münzen um 460 v.
i. Als Vater des Theseas galt zunächst Aigeus Chr. mit Dreizack u, Athenakopf. Pa«s. 2, 30,
(unten 71. Theogn 1233. Soph. 0. Col. 69. 649. 6. Itnhoof- Blumer, mann. gr. S. 182 f. nr. 148.
607. Eurip Suppl. 3. 7. 647. 666 u. später oft; 149; vgl. S. 181 nr. 132—146. Cntal. of gr. c,
o. Bd. 1, 146 u. 200), der Sohn des Pandion Pelop. S. 166 f. Tf. 30, 17 ff.).
oder Skyrios oder Phemios, Enkel des Erech- 3. Bevor Aigeus von Aithra schied, ver-
theus (o. Bd. 1, 1297 u. Bakchyl. 16, 11. 17,13; barg er sein euböisches {Hygin: astr. 2, 6;
vgl. Plut. Th. 3. Patts. 1, 17, 7). Eigentlich 20 vgL Xaeke, Hecale S. 74 f.) Seh wert und seine
war jedoch Poseidon sein Vater (o. Bd. 1, 200. Kiemensohlen unter einem hohlen Felsen
Pind. fr. 243 Bergk. Bakchyl. 16, 33 ff. Eurip. {Kallim. frg. 66 im Etym. Magn. s. v. "ÄQ-ali.
Hipp. SST. 1167. 1315. 1318. Uli 11. Schol z. Lykophr.1322f.A9Af. Apollod. 3, 20H. Hygin.
46. Isokr. Hei. IS. 23. Plat. de re publ. 3 y. 391 d f 37. Plut Th. 3. Paus. 1, 27, 8), der als
und später häufig), was schon Serv. V. A. 6, Altar des Zeus Sthenios bezeichnet wird, in
446. 7, 761 u. Myth. Vat 1, 46. 2, 128 durch der Nähe eines Heiligtums der bräutlichen
Oleichsetzung beider richtig erklären (vgl. Aphrodite (Nv^qxx) und der Quelle des jeden-
Müller, Dorier 1, 238 f. u. oben Bd. 1 Sp. 146. falls zu Poseidon TavQiog {Said. s. ravpidtov)
200; dagegen spricht Stephatii, Th. u. Minot. oder Tavgsios in Beziehung stehenden Flusses
S. 3). Th. ist somit ursprünglich der Sohn des 30 Taurios oder Hyllikos in den Bergen am Wege
altionischen Meergottes Aigeus, welcher selbst zwischen Troizen und Hermione {Paus. 2,
.später mit dem troizenisch-minyischön Posei- 32,7.34,6). Daß dieser Zeus Z^^v/o? aus einem
don Alyaios (Aristia.'i frg. 1 Nauck*. Plat. ep. ursprünglichen Poseidon entwickelt worden ist,
9, 1 Bergk Anth. Pal. 7, 256, 1; vgl. Soph. hat 0. Höfer, Mythol.-Epigr., Beilage z. Jahresb.
frg. 342 Nauck^ u. o. Bd. 3 Sp. 2847) oder Ai- d. WeUlner Gymn. in Dresden 1910 S. 84ff.
yaicov {Lykophr. 135. Kallim. fr. 103, 2 Schnei- nachgewiesen; vgl. ob. Bd. 4, 1532 ff.
der S. 362) verbunden wurde (s. unten 82 f.). Auch ein Heiligtum des Poseidon Phytal-
wie die Überlieferung auch beide zu Vätern mios war nicht weit davon entfernt {Paus. 2,
des Megareus (s. d.) macht {Usener, Rh in. Mus. 32, 8). Dabei gab er Aithra den Auttrag, seinen
68, 1898 S. 356). So kann ihn Ovid {Her. 4, 40 Sohn, sobald er diesen Felsen heben könne,
109) mit Recht als Neptunius heros bezeichnen; mit seinem Schwert und seinen Sohlen zu
vgl. auch 0. Frick, Arch. Zeit. 15, 1857, Sp. 36 Schiff nach Athen zu senden (Hygin. astron. 6.
n. Tf. 100, 1. ^ Plut. Th. 3. 6. Tzetz. z. Lyl: 494. Eustath. z.
2. Um die Überlieferung betreffs der bei- Dioyi. Per. 1017). Aithra gebar den Theseus
den Väter auszugleichen, hat man dasselbe auf einem Fsvid'Xiov genannten Platze, dessen
Ausktmftsmittel wie bei der Geburtssage des Name wohl eigentlich auf den Poseidon A-
Herakles und der Dioskuren (Zeus-Amphi- vi%-Xiog (zu Sparta, Paus. 3, 15, 10) zurückzu-
tryon, Zeus-Tyndareos) angewandt und erzählt, führen sein dürfte, in der Nähe des ihm ge-
daß Aigeus und Poseidon der Aithra in der- heiligten Süßwasserstrudels zfftvij (/^«»/.s. 8, 7, 2),
selben Nacht beigewohnt hätten (o. Bd. 1 Sp. 200 .tO vor einem Tempel des Are« am Wege von
u. 145). Aithra, Tochter des Pittheus von Troizen nach dem Hafen Ki-XsvdeQig (Paus. 2,
Troizen, war eine Enkelin des Pelops, daher 32, 9). Erzogen wurde er von dem weisen
ihr Sohn Theseus auch Nachkomme des Pelops Pittheus (Plut. Th. 4. Kallim. b. Schol. Eurip.
(Hut. Th. 3. Paus. 1, 41, 6. 5, 10, 8) genannt Hipp. 11); Konnidas {Plut. Th. 4) oder Kovsi-
werden kann. Ihre Verbindung mit Poseidon drjg {Hesych.) war sein Aufseher und Pädagog,
ist außer an den oben Bd. 1 Sp. 201 angeführ- d. h. wohl sein Lehrer im Ringkampf (vgl.
ten Stellen besonders bei Overbeck, Kunstmyth., ytovl^sad^ai ^= yv^väj^eaj^ai Athen. 9. 1<>. 388 c),
Poseidon S. 336 ff. u. o. Bd. 3, 2807. 2869 be- dem die Athener am Tage vor dem Theseus-
handelt. Das Beilager fand auf Veranlassung feste einen Widder opferten {Plut. 7h. 4); doch
und im Heiligtum der Athena knctxovQia statt 60 sollte auch Phorbas (nach Pokmon) oder Athene
(o. Bd. 1 Sp. 145 u. 200), einer Nebenform der (nach Mros) ihn im Ringkampf unterrichtet
k. ^Qocrgia {Schol. Plat. Euthyd. 302 d) oder haben {Schol. Pind. Ntm. 5, 89 (48) b. Müller
iWiJrrje, die der in Troizen neben Poseidon ver- F. H. G. 1, 421, 23), so daß er selbst später
ehrten ÄoiLiag oder ^^O-f vtcff (Paw*. 2, 30, 6. 32, 5 als Erfinder des kunstmäßigen Ringens galt
gleich ist; Aithra ist ihr heroisiertes Abbild {0. (Paus. 1, 39, 3. Schol. Jjukian. lup. trag. 21
n Inhalt: I. Erechtheus p. 13. - II. Orithyia, Procri., %^'^^ /«^O- ^if Jagd lehrte ihn Cheiron
Creusa. - ui. De Euripidi. 'Aegeo». - IV. De Eurip. {Xßnoph. de vcn. 1, 2. Philostr. her. 9). Als Ih.
^Theseo». - V. Theieu« ap. Atthidographot. Röscher.] im siebenten Jahre stand, kam nach troizeni-
681 Theseus (Haarweihe, Steinhebiiii}^^
scher Lokalsage, die nach Kolkmann (Paus.
S, 143) Agias v. Troizcn überliefert haben
dürfte, Herakles zu Pitthens. Wiihrend andere
Knaben vor dessen Lciwenfell Hohen, ergriff
Th. ein Beil und ging in der Meinung, der
Löwe lebe, auf ihn los {Paus. 1, 27, 7; vgl.
Vol. Flacc. Arg 1, 2C.3).
4. Zum Jüngling herangewachsen, weihte er
die Locken seines Vorderhauptes dem Delischen
ißchol Hom. II. 2, 11 Dind. Bd. 1. Kustath. lo
^Tom. /Z. S. 165, Gf. Anecdot. Paris. 3, 277, 32)
oder Delphischen Apollon (Plut. Th. 6; vgl.'
Kallimach. fr. 311. Tzetz. z. Lyknphr. \13'6).
Dieser Haarschnitt, bei welchem das Haar vorn
kurz und hinten lang getragen wurde, soll
darnach f)T]67}i'g genannt worden sein ; zuerst
sei derselbe jedoch bei den euböischen Aban-
ten und den Kureten in Chalkis in Gebrauch
gewesen, und zwar um im Nahkampf nicht
an den Haaren gefaßt werden zu können (Hom. 20
//. 2, 542 u. Schal dazu. Plut. Th. 5. Polyaen.
strat. 1, 4; vgl. Lykophr. Alex. 1133 u. Schol.,
sowie Dümmler im Arch. Jahrb. 2, 1887, S. 22).
Sonst wird auch erwähnt, daß Theseus dichtes
Haar hatte {Bakchyl. 10, 113) und*es schön
geflochten trug {Paus. 1, 19, 1), wie dies alt-
ionische Sitte war {Schreiber, Kulturh. Bilder-
ati. 1 Tf. 85, 16 u. 1), oder daß er Haare und
Bart lang wachsen ließ {Luk. Cynic. 14) ; nach
CatuU. 64, 08 war er blond, nach Ovid. a. am. 30
1, 5ü9f. war sein Haar nicht aufgesteckt. Auf
den Theseusvasen ist das Haar des Helden
häufig hinten aufgebunden, diese Tracht ist
aber durchaus nicht für ihn charakteristisch.
Sechzehn Jahre alt {Paus. 1, 27, 8; Plut. Th.
6), wie wahrscheinlich nach Agias v. Troizen
berichtet wurde {Kalkmann, Paus. S. 143), hebt
Th. den erwähnten Felsen mit Leichtigkeit
empor {Lykophr. Alex. 494 f. Apollod. hihi. 3,
16, 1. Hygin. fab. 37; vgl. poet. astr. 2, 6. 40
Plut. u. Paus. a. a. 0.), eine Szene, welche von
der bildenden Kunst oft dargestellt worden ist.
5. So befand sich ein Rundwerk aus Bronze
auf der Akropolis zu Athen, über dessen Alter
and Stil Pausanias (1, 27, 8) freilich keine
Andeutungen macht. Vielleicht haben wir aber
Nachbildungen auf athe-
nischen Münzen (Nach-
weise bei Fr. Wieseler in
den Nachr. v. d. Kgl. Ges. 50
d. W.z.Gött. 1886,1 S.71.
Head, Catal. of gr. coins,
Attica S. 105 PI. 18, 8.
Head, hist. num.^ S. 390;
8. Abb. 1). Die älteste er-
haltene Darstellung von
der Auffindung der Gno-
rismata findet sich am
Fries des Heroons vonGjöl-
ba8chi-Trysa(0. Benndorf 60
u, G. Niemann, Das Heroon v. Gjölhaschi- Trysa.
Wien 1889. Tf. 19, 11. Reinach, Mep. de reliefs
1, 459), welches den letzten Jahrzehnten des
5. Jahrh. v, Chr. angehört {67). Die Auffassung
entspricht durchaus der in Attika geläufigen
Weise, wie sie das oben Bd.l Sp.201 abgebildete
Relief der Villa Albani bietet, für dessen Haupt-
gruppe, den felshebenden Theseus, ein Relief
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V.
Theseus (Steinhebung)
682
1) Theseua hebt den Stein
Attisclie Münze (nach
«inem Exemplar der
Dresdner Sammlung).
im (liebel einer dem dritten Jahrh. v. Chr. an-
gehörenden Urkuntlenstele mit dem Ehrende-
kret für den Troizenier Telesias aus dem As-
klepieion am Südabhang der athenischen Akro-
polis das genau entsprechende Vorbild aufweist
{Duhn, Arch. Zeit. 35, 1877 S..171f. nr. 104.
V. Sybel, Katal. d. Sculpt. z. Athen S. 299
nr. 4049). Auch auf einem Terrakottarelief
Campanas {ant. op. in plast. Tf. 117. S. Bei-
nach, Rcp. de rd. 2, 279, 3. Arch. Zeit. 18,
1860, S. 123), einem solchen bei Winnefeld,
Architekt, römisch. Tonrcl. 74, 12; und auf
einer Anzahl Gemmen ( Wieseler a. a. 0. S.
69 f.; S. Reinach, Pierres grav. Tf. 127, 89)
stimmt die Körperbildung und Stellung des
Theseus im wesentlichen mit denen der Re-
liefs und Münzen überein; zuweilen ist eine
Keule oder ein Schild hinzugefügt. Dagegen
hebt Th. auf italischen Steinen und Pasten
strengeren Stils den Stein so, daß er über ihm
steht. Das Schwert ist einmal darunter sicht-
bar {Furtwangler, Geschn. Steine im Antiq.
387—390. S. Reinach, Pierres grav. Tf. 76,66).
Auf das Vorhandensein eines berühmten Wer-
kes, wohl der älteren Kunst, zu Troizen schließt
Wieseler (a. a. 0. S. 71 f.; vgl. Imhoof- Blumer
a. P. Gnrdner, numism. comm. an Pau>an S. 49,
Tf. M 11) nach daselbst geprägten Bronzemün-
zen des Commodus, Sept. Severus, Geta, Philipp.
Jun., die fast dieselbe Darstellung wie die aus
Athen zeigen {Catal. of gr. coins, Pelop. S. 167
nr. 19. S. 168 nr. 24. 25. PI. 31, 5. 9). Ein in-
schriftl. bezeichnetes Tonrelief befindet sich
im Brit. Mus. {Arch. Anz. des Jahrh. 1894, 4
S. 176 unter Terracotta 13), eine Dreifußbasis
aus Nabulus in Konstantinopel {Zeitschr. d.
deutsch. Palästinavereins 6, 230 ff. 7, 136 ff. u.
Tf. 3; vgl. Beisch, Griech. Weihgesch. S. 98 ff).
Endlich ist auf einem etrusk. Karneol-Skara-
bäus des Gab. des Medailles {Overbeck, Kunst-
myth., Poseid. Gemmen tf. 2, 12. Babelon, Le
cab. des ant. pl. 5, 16) das Steinhebeschema
umgedeutet und der bartlose Theseus durch
Beigabe des Dreizacks und der Inschrift Ne-
thunus in einen Poseidon verwandelt. Die
Sandalen und das Schwert sind nicht sichtbar
{Wernicke, Arch. Anz. d. Jahrb. 1899, 4 Sp. 201 ;
vgl. H. Bulle o. Bd. 3 Sp. 2855).
6. Auf einigen Gemmen und Pasten sehen
wir die der Steinhebung folgende Szene fest-
gehalten, wie Th. das gefundene Schwert seines
Vaters unter dem Arm trägt oder es prüfend
betrachtet, während er sich mit dem Fuß oder
dem Arm auf den gehobenen Felsen stützt.
Zuweilen liegt neben ihm die Keule am Bo-
den {Wieseler a. a. 0. S.70. Furtwangler, Geschn.
Steine im Antiq. 4229—32. 6233; vgl. 2327).
Den Abschied des Th. {Gsasvg) von seiner
Mutter {Aid-ga) schildert die Darstellung eines
r. f. Kraters der Sammlung Palagi zu Bologna
{Gerhard, A. V. 3, Tf. 158. Pellegrini, Catal.
dei vasi ant. dip. d. coli. Palagi ed Univers.
Bologna, /»^f. 34f., neu gezeichnet. S. Beinach,
rep. des vases peints 2 S. 81, 5), während Ger-
hard a. a. 0. 3 S. 31 f. nur von einem mütter-
lichen Gruß spricht. Aithra reicht dem ge-
panzert und mit der Lanze bewaffnet vor ihr
stehenden Sohne eine Schale zur cjtovS'^; in
23
683 Theseus (am Isthmos) 'Pheseus (Ankunft in Athen) 684
der Linken hält sie eine gleiche, nach welcher chthonischen Gottes des Ackerbaus und der
ein hinter Th. stehender Jüngling die Hand Mordsühne (s. o. Bd. 2 Sp. lölSfiF.), durch ein
»usatreckt. Vgl. Tischbein, Coü. of engr. fr. Opfer {Flut. Thes. 12, vgl. 23. Paus. 1, 37, 4),
emcfHues 1 Tf. 14. Beinach, rep. 2 S. 282, 1. bei dem offenbar, wie bei den Keinigungs-
Dieselbe Abschiedsszene Bieht Heibig , Führer d. festen der Plynterien und Thargelien, die Fei-
d. öff. Samml.. in Harn 2, 838 S. 88 in der gen eine wichtige Rolle spielten (yW/)//*cr, ^«.
rechten Seite des oben Bd. 1 Sp. 202 abge- GeneaL S. 135. 249). Diese Sühnung ist viel-
bildeten Reliefs der Villa Albani, da der Jung- leicht auf einer Lekythos zu Palermo darge-
iing dem Th. der linken Seite sehr ähnlich ist. stellt {Heydemann, Arch. Zeit. 29, 1871, S. 63,
Dagegen wird das Terrakottarelief {Mon. d. lo Taf. 46, 2. Reinach, rep. 1 S. 410, 3). Nacli
intt. arch. 6 u. 7 Tf. 83), welches ' Wieseler späterer Sage mußte sich Th. im Delphinion
Ä. a. 0 8. 68, 1 anführt, besser mit Rutgers vors Blutgericht stellen {Pöll. 8, 119), weil er
{Ann. d. inst. arch. 86 (1863) S. 464 f.) wenn den Skiron ins Meer gestürzt und so des Begräb-
überhaupt auf Theseus, auf dessen Abschied nisses beraubt hatte {Stai. Theb. 12, 676 ff.),
von Ariadne gedeutet. Inschriftlich bezeichnet s. aber unten § i>. Am H. Kronios, welcher Mo-
sind Theseus und Aithra auf der r. f. Kylix nat später in den Ilekatombaion umbenannt
des Hieron zu Petersburg, die o. Bd. 4 Sp. 922, wurde {E. Pfuhl, De Athenietmum pompis sacris
17 besprochen ist. Die Münze von Troizen, S. 31), kommt Th. nach dem am Südfiiß der
auf der Millinqen (Anc. coins 4, 22 S. 64) Akropolis (Thuk. 2, 15, 3) gelegenen Flecken
unseren Abschiecl zu erkennen glaubte, ist mit 20 Athen (Plut. Thes. 12).
Imhoof-Blumer and Gardner {Num. comm. on Als er hier im langen ionischen Chiton und
Patisan. in den Hell. stud. 1886 ß. 48, 7) auf mit zierlich geordnetem Haar, der altionisch-
Hippolytos und Phaidra zu beziehen. Dem attischen Nationaltracht (Hom. II. 13, 685.
aufbrechenden Theseus (luschr.) reicht seine Thuk. 1, 6, 3), die er freilich auf den Bild-
Schützerin Athena einen Zweig auf einem r. f. werken nibht trägt, an dem Platze vorüber-
Skyphos aus Orvieto in Wien {Wiener Vor- geht, wo der Tempel des Apollon Delphinios
Itgebl. E Tf. 12, 2. Arch. Anz. 7, 1892 S. 173, gebaut wird, verspotteu ihn die Arbeiter we-
194; 8. unten 38 f.). gen seiner mädchenhaften Erscheinung. Schwfei-
gend aber löst er die Stiere von einem bela-
2. Wanderung über den Isthmos. 30 denen Wagen und wirft ihn hoch in die Luft,
Trotz der Mahnung des Pittheus und ®i» Kraftstück, welches ihn als würdigen Ver-
/.
seiner Mutter, die ihm in Übereinstimmung ^^^ter der attischen Palästra kennzeichnen soll
mit dem Auftrag des Aigeus {Tzetz. z. Lyk. (-?«"•" ^> 1^^ !)• Vor des Th. Ankunft in Athen
494) den Seeweg empfehlen, schlägt Th. den °ieldet ein Herold dem König Aigeus das
gefährlicheren Landweg über den Isthmos ein Herannahen eines starken, von nur zwei Män-
(Plut. Th. 6), auf dem den Reisenden eine Reihe «^m begleiteten Helden, welcher auf dem
von Unholden bedrohten {Apollod. Übt. 2, 6, 5, 3. Isthmos den Sims, Skiron, die Sau von Krom-
.3, 16, 1, 2. Lukian. Zeus trag. 21; vgl. Hitzig myon, Kerkyon und Prokoptas (d. h den Pro-
u. Blümnerz. Paus. 1, 44, 7). In den Kämpfen krustes) erschlagen habe. Um die glänzenden
mit diesen zeigt Th. nicht bloß Mut und Kör- *<> Schultern trage er ein Schwert mit Elfenbein-
perstärke, sondern auch schlagfertige Gewandt- ^^iff, zwei Wurfspieße in den Händen, auf
heit, wie sie dem Erfinder der naXaiarmh x^vii ^^"^ feuerbrandhaarigen Haupte eine lakonische
{Paus. 1, 39, 3) zukommt. Über die Reihen- Sturmhaube, um die Brust einen purpurnen
folge der Kämpfe sowie über ihr Auftreten in Leibrock und eine dichte thessalische Chlamys.
der Literatur und Kunst ist oben Bd.3Sp. 1974 ff. Seine Augen glänzten wie Feuer, und doch
gehandelt. Das Periphetesabenteuer dürfte sei er ein eben erst herangereifter Jüngling
später als die übrigen erfunden worden sein, ^er Krieg und Schlachtenlärm hebe {Bakchyl,
um die von Herakles in den bildlichen Dar- ^"^^ l&'n. 4:1 u.). . . i. , ,
Stellungen entlehnte Keule bei Th. zu begrün- . 9. Theseus findet den Staat m Aufruhr und
den (5.9. 61). Die einzelnen Kämpfe u. Aben- ö» ^i^eus selbst m den Händen der ^edeia,
teuer findet man unter folgenden Stich worten : welche er nach ihrer Flucht aus Konnth bei
Periphetes, Sinis, Perigune, Melanippos 4, »ich aufgenommen und geheiratet hatte (s. o.
Krommyon und Phaia, Skiron, Alykos, Jope, Bd. 2 Sp. 2496 f.). , , _, rr r
Kerkyon, Alope, Damastes, Polypemon, Poly- . Über die Aussendung des Th. zum Kampf
pemonides, Prokoptas, Prokrustes; ihre kykli- ^it dem marathonischen Stier und über den
sehen Darstellungen werden unten § 5Tff\ be- Versuch der Medeia, den rechtmäßigen Thron-
sprochen erben durch Gift zu beseitigen, ist oben unter
Medeia (Bd. 2 Sp. 2496 f.) gehandelt worden.
3. Thesens in Athen. Von dem die Rettung des Theseus durch sei-
8. Nach Überwindung aller den Wanderer 60 neu Vater schildernden Terrakottarelief ist
auf dem Isthmos bedrohenden Feinde gelangt oben Bd. 2 Sp. 2515 nur die erweiterte Wieder-
Th. zu den Phytaliden (s. d.), welche am Ke- holung des Britischen Museums angeführt, wo
phisos bei Athen als Feigenbaumpflanzer und auf beiden Seiten je eine Dienerin hinzugefügt
als Verehrer des dem Boden Feuchtigkeit speu- ist. Bessere Exemplare befinden sich im Mu-
denden Poseidon (pvTccXiiios lebten. Sie rei- seo Kircheriano zu Rom und im Berliner Mu-
nigten ihn von dem vergossenen Blute an seum {Campana, Opere in plast. Tf. 68, Helbig,^
ihrem Geschlecbtsheiligtum, dem am Kephisos- Fuhrer d. d. öff. Samml. in Rom^ 2, 1468 S. 418.
ufer gelegenen Altar des Zeus nsilixiog., eines ReinacJi, Rep. de rel. 3, 269, 1), sowie in Mün-
ü8ö Tlieseus (in Athen 'Iheseus (u. d. niarath. Stier) (586
chen {Ärch. Anz. des Jahrbuchs l.)l-j >i). IJ« Vorlegebl. 1890/91 Tf. 8, \^\ das an Stelle aller
Abb. 20). Weni^ abweichende Wiederholungen anderen Nebenpersonen lediglich Poseidon setzt,
sind in Jena {Katal. d. Jen. Mus. 256) und in Nahe verwandt ist die Darstellung eines Vasen-
Wien (A^ Masner, Die Samml. ant. Vasen u. bilds der Eremitage ((\ R. de St. Petersb. 1874»
Terrak. im K. K. Österr. Mus. nr. 934 S. 96), Atlas Tf. 3, 1 . *S'. Ueinach, Uep. d. vases peints
Bnichstücke in Berlin {Berliner Mus. nr. 257. Bd. 1 S. 43, 2). Von der späteren Auffassung
Agincourt, Recueil de sculpt. ant. en terre cuifr abweichend wird Aithra also bei dem Empfang
i. 4, 1; vgl. 0. Jahn, Arch. Aufs. S. 186). des Th. in Athen als anwesend vorgestellt, wie
Die Wohnung des Aigeus lag ebenda, wo ihr in Aphidnai die Helena zur Bewachung
nachher das Delphinion erbaut wurde, so daß iü übergeben wird (77).
man später in diesem die Stelle zeigen konnte,
auf welcher der dem Theseus von Medeia ge- 4. Der marathonische Stier.
reichte Giftbecher verschüttet worden sein .11. Der gewöhnlichen Überlieferung nach
sollte (Plut. Th. 12). Hier erweist sich der zieht Th. nicht gleich nach seiner Ankunft in
Zusammenhang zwischen Aigeus-Poseidon mit Athen und bevor er noch von seinem Vater
Apollon Delphinios, dessen Kultstätten gewöhn- erkannt worden ist (s. o. Bd. 2 Sp. 2496 f.),
lieh am Meeresgestade lagen (s. 0. Bd. 1 Sp. 429). sondern erst nach Niederwerfung des Pallas
Der Kampf des Theseus mit Pallas und den und seiner Söhne (s. Bd. 3 Sp. 1333 ff.) gegen
Pallantiden ist oben Bd. 2 Sp. 1334 und 1339 den von Poseidon gesandten und die Felder
behandelt. Wegen Tötung dieser seiner Ver- 2ü verwüstenden (Isokrat. Hei. 13, 25 S. 213) ma-
wandten {Hygin. fah. 244) wurde Th. im Del- rathonischen Stier (Philoch. b. Plut. Th. 14.
phinion, der Gerichtsstätte, wo diejenigen ge- Diodor. 4, 59), der oft mit dem kretischen
richtet wurden, welche zur Tötung ihrer Gegner gleichgesetzt wird {Apollod. bibl. 2, 5, 7, 4.
berechtigt gewesen zu sein behaupteten, an- .Diodor. 4, 59; vgl. 4, 13. Hygin f. 38. Paus.
geklagt und freigesprochen {Paus. 1, 28, 10. l, 27, 10). Über den Tod des Androgeos s. o,
Pollux 8 S. 119); trotzdem ging er auf ein Bd. 1 Sp. 342. Unterwegs wird Th. von einer
Jahr nach Troizen in die Verbannung {Euri}t. armen alten Frau namens Hekale oder Heka-
Hipp. 34 0". und Schol.). line {Naeke,opusc.2 S. 15 ff.), der Stammherrin
10. Eine in wesentlichen Punkten von der des Demos Hekale, aufgenommen. Sie bewirtet
gewöhnlichen Auffassung abweichende Dar- so ihn mit einem Gemüse aus Saudisteln {Kallim.
Stellung der Ankunft des Theseus im Palast b. Plin. n. h. 22, 22, 44, 88; vgl. 26, 8, 50, 82.
seines Vaters findet sich auf mehreren rot- Julian, ep. 41 S. 421b. Murr, I). Pflanzen in
figurigen Vasenbildern, deren bedeutendstes der griech. Myth. S. 183) und gelobt dem Zeus
{Mon.delVIst.ll,Ti.^3.Wien.Vorlegebl.lS^0/91 ein Opfer, wenn Th. glücklich zurückkommen
Tf. 8, 2. S. Reinach, Repert. de vases peints würde. Da sie jedoch inzwischen stirbt, stiftet
Bd. 1 S. 226, 2) dem Brygos zugeschrieben wird. Th. aus Dankbarkeit gegen sie das Fest 'Exa-
Es gehört somit in die Zeit kurz nach 500 v. Chr., Xijciov zu Ehren des Zeus 'Eyiccl^iog. der wohl
in welcher die später allgemein gültige Form eine Lokalform des Zeus cplXiog oder ^iviog
der Überlieferung noch nicht feststand. Ein sein dürfte {^ycdXsiog = ey.TtXog). Zu den oben
lieimkehrender Jüngling (Theseus), der eine 40 Bd. 1 Sp. 1884 angeführten Stellen sind nach-
Lanze in der L. trägt, streckt die Rechte einem zutragen Priap. 12, 3 f. Petron. sat. 135. Apul.
vor ihm stehenden Greise (Aigeus) zur Be- met. 1, 23.
grüßung entgegen; zugleich aber wird er von Theseus überwältigt und fesselt den Stier
einer Frau (Aithra) leidenschaftlich umarmt. allein und ohne Anwendung von Waffen {Iso-
Hinter ihm steht die durch den Bogen ge- krat. Hei. 13, 25 S. 213. Kallim. Hek. fr. 275
kennzeichnete Artemis, mit schützend über ihn bei Naeke, Hec. S. 253 und im Etym. Magn.
erhobener Hand Ganz rechts reicht ihm ein s. v. 'Epcörj; vgl. Naeke a. a. 0. S. 255. Gom-
sitzender Greis eine Trinkschale; links aber perz. Aus d. Hekale des Kallim. S. 7. Cic. Tusc.
stehen zwei Frauen, die ihr Erstaunen durch 4, 22, 50. Diodor. 4, 59. Schol. Arat. Phaen.
Erheben der Arme zum Ausdruck bringen. 50 167 rec. Bekker. Eustath. Od. 7. 80 S. 1568, 44);
Diese Deutung hat zuerst I. L. Ussing {Om er führt ihn dann durch die Ortschaften, überall
den rette Forstaelse af Bevaegelser og Stillinger jubelnd begrüßt, nach Athen zum Opfer auf
i nogle antike Kunstvaerkr. 3) gegeben, und die Burg ((rom^jer^; a. a. 0.), und zw-ar schlachtet
ihm hat H. Bulle {Berl. Phil. Wochenschr. 1904, er ihn entweder selbst oder sein Vater Aigeus
29 Sp. 916) beigestimmt. Neben Theseus und dem Apollon Delphinios {Diodor 4, 59. Plut.
Aigeus erscheint Aithra ebenso auf der Kodros- Th. 14). Die Angabe, daß er der Athene ge-
schale (s. 0. Bd. 2 Sp. 2514 u. Bd. 3 Sp. 2429 opfert worden sei {Paus. 1, 27, 10), beruht auf
Abb.), die kurz nach 480 v. Chr. zu setzen einem Irrtum. Von einer Tötung des Stiers
ist {B. Graef, Arch. Jahrb: i:f, 1898 S. 73). durch Th. heiichten Apollodor {Epit.Vat. 1, 6),
Zweifelhaft bleibt, ob der rechtssitzende Greis 60 vielleicht nach einer dramatischen Quelle, wie
mit der Schale nach üssings Erklärung Pittheus etwa dem euripideischen Aigeus {A. Michaelis,
ist, der ja freilich auch nach Athen giehört Arch. Ztg. 43, 1885 S. 282 u. 291 ff. R.Wagner,
{78); vielleicht ist er vielmehr gleichfalls als Epit. Vat. ex Apoll, bibl. S. 124 f.), dann auch
Aigeus zu betrachten, der vor der Erkennungs- Strabo 9, 1, 22 S. 399. Ovid. met. 7, 433 f.
szene dem Sohn den Giftbecher geboten hat. Hygin. fab. 38. Serv. Verg. Aen. 8, 294. Eu-
Daß die Deutung auf Theseus richtig ist, be- stath. 11. 2, 547 S. 284, 17. In Rücksicht auf
weist eine genaue Wiederholung der Mittel- diese Tat nennt Nonnos {Dion. 47, 408; vgl.
gruppe auf einem jüngeren Vasenbild (TTecner 382 ff.) den Th. Marathonios; freilich dürfte
2:] '""
687 Theseus (u. d. marath. Stier)
(Theseus u. d. marath. Stieri
688
er auch sonst tats&chlich nach Marathon ge-
hören (77). '*
12. Früher als bei den Schriftstellern er-
scheint der Stierkampf in der bildenden Kunst.
Abzuweisen ist freilich die Annahme, die Fort-
führung des gefesselten Tieres sei bereits auf
dem urayklilischen Thron von Bathykles dar-
gestellt worden, der zwischen 680 und 540
V. Chr. gearbeitet zu haben scheint {Hitzig u.
Blümner zu Paus. H, 18, 9 S. 811. Klein, Gesch.
d. gr. Kunst 1 S. 210), neuerdings jedoch auch
weiter herabgerückt wird {Rwtrt b. Pauly-
Wissowa Bd. 3 S. 136. L. Maltefi im Arch. f.
JHeliaionsw. 12, 1909 S. 425. 446). Es bezogen
n&mlich Stephani, Der Kampf zwisch. Th. u.
Minot. S. 65; Heydemann, Ännlecta Thesen
S. 22 f.; W Müller, D. Theseus metopen v. The-
seion zu Athen S. 27; Overbeck, Plast. 1* S. 70;
Furtwängler, Meisterw. S. 709, und andere die
Worte des Pausanicks (3, 18, 11) xov 6\ Mtvca
xaXoviiBvov TccvQov ovn ofda Scvd"' oxov Ttsnoirixs
Bcc^uXi^S dsds^ivov re %al 6cy6yiBvov vnb Grj-
c4(og fAvra in Rücksicht auf die im Altertum
gewöhnliche und diesem Schriftsteller selbst
geläufige Gleichsetzung des kretischen mit dem
marathonischen Stier auf letzteren. Bereits
O. Jahn, Arch. Beitr. S. 257 f., und neuerdings
Dämmler, Arch. Jahrb. 2, 1887 S. 22; O.Wulff,
Zur Theseussage S. 17; Hitzig u. Blümner zu
d. Stelle S. 817, sowie Klein, Gesch. d. gr. Kunst
1 S. 204, 4, halten eine Verwechslung des ma-
rathonischen Stiers mit Minotauros für ausge-
schlossen. Die Entscheidung gibt die Inschrift
der unten 26 E besprochenen chalkidischen Hy-
dria, die den Minotauros ebenfalls als Tocvqos
Mivtoiog bezeichnet; vgl. TavQos Kvmaiog bei
Eurip. Herc. für. 1327. Unbestimmbar ist die
Entstehungszeit zweier Gruppen: die Fort-
führung des gefesselten Stieres, welche die Ma-
rathonier auf der Akropolis zu Athen aufstellten
(Paus. 1, 27, 10), und ein Erzwerk, das die
Bändigung und Fesselung zum Vorwurf hatte
(Anth. Pal. 2 S. 656 = Anth. Planud. 4, 105
Dübner).
13. Bei den Vasenbildem, die einen
Stierkampf zeigen, besteht die Schwierig-
keit in der Entscheidung der Frage, ob
der Kampf des Herakles oder der des Th.
zu erkennen ist. Furtwängler hat oben Bd. 1
Sp. 2201 die Übertragung des alten Hera-
klestypus auf Th. auch für die jüngeren
B. f. Vasen als nicht ausgeschlossen erklärt.
Da die Unbärtigkeit in dieser Zeit bei
Herakles bereits vorkommt, gilt für diesen
nur die Beigabe von Bogen, Köcher und
Löwenfell als ausschlaggebend *) Für The-
seus dagegen entscheidet sich F., wenn
der jugendliche Held langes aufgebundenes
Haar trägt: vgl. Walters, Cat. Brit. Mus. B
350. — Klein, Euphron.* S. 207 f. be-
hauptet, daß Theseus den Stier stets in der
Schlinge fange, während ihn Herakles
mit der Gewalt der Arme zwinge, was
jedoch nicht zu erweisen ist. H. Heyde-
mann (Anal. Thesea S. 25 ; vgl. Grie-ch. Vasenb.
S. 5, 7 und Jason in Kolch. 7 ff.) nahm sechs
schwär/, figurige Bilder, von denen eines {Inghi-
rami, Vasi fitt. 3,242) als gefälscht wegfällt, ent-
schieden für den Stierkampf des Theseus in An-
spruch; vgl. auch Lnoux,Va.se,s grecsetitalo-gr.
du musvearch de Madrid nr. 79 u. 105. Dagegen
läßt W. Müller (D. Thesnis metopen v. Theseion
S. 29) die Frage unentschieden, und 0. WuJf}
10 (Z. Theseussage S. 65) sowie E. Sarnow (7). zyk-
lischen Darstellungen aus der Theseussage S. 63)
beziehen nur rotfigurige Darstellungen be-
stimmt auf Theseus. Wenn also auch z. B.
ein unbärtiger Held in einem Stierkampf, der
als Gegenstück zu dem des Herakles dient,
auf einer schwarzfigurigen Vase aus Kypros
(Munro, Journ. of hell. stud. 12, 1891, S. 311 ff.)
sicher als Theseus aufzufassen ist, so empfiehlt
es sich doch für die Feststellung des Thi'seus-
20 typus nur rotfigurige Vasen zugrunde zu Ipgen,
bei denen jeder Zweifel ausgeschlossen ist.
Drei Hauptformen sind zu unterscheiden:
14. a) Im Anschluß an den ersten Typus
des Herakleskampfes, den Furtwängler oben
Bd. 1 Sp. 2201. 2225, 30 auf schwarzfigurigen
Gefäßen und auf Münzen nachweist, packt
Theseus seitwärts stehend mit der R. den nach
rechts fliehenden Stier am rechten Horu, mit
der L. faßt er nach dessen linkem Fuß und
30 stemmt sein Knie in dessen Seite (Schale des
Kachi^lion, aus Orvieto in Florenz. Mus. Ital.
3 Tf. 2. S. Rcinach, Rep. des vases peints 1
S. 528; s. unten 59 Abb. 13).
b) Den Übergang zum zweiten Typus, in
welchem Theseus den Stier von vorn zu Boden
drückt, bildet eine aus Kapua stammende Dor-
pater Schale schönen Stils, vielleicht aus der
Werkstatt des Brygos (0. Wulff, Z. Theseussage
S. 71). Hier versucht er erst, das Tier nieder-
40 zuzwingen, indem er es vorgebeugt mit der R.
am linken Hörn und mit der L. am linken
Vorderfuß packt. Gewöhnlich aber setzt er
bei diesem dem zweiten Heraklestypus (o. a. a. 0.)
*) Daher ist die Daratellang der Hydria bei
Pottier, Vases ant. du louvre 2 F 399 PL 84 auf
Herakles la besiehen.
'1) Theäens u. d. marathon. Stipr, Kylix aus Vulci, ;/*,
(nach Smith. Cat. of tlie yr. a. etr. raaes in thc lirit. Mu$. 3 Tf. 2).
689 Theseus (u. d. marath. Stier) Theseus (Zug nach Kreta) 690
Entsprechenden Kampfschema auf Kopf oder Athent-r /u J)elphi an den *2. Typus und zwar
Hals des bereits niedergesunkenen Stiers das unmittelbar an die Florentiner Schale an: Th.
Knie {Gerhard, A.V. 162, 1. Reinach, Bep. 2 (verschwunden) setzte den 1. Fuß auf den bis
S. 83. — Mus. It(d. 3 Tf. 3. Beinach, Bep. 1 zum Hoden niedergedrückten Nacken des Tieres
S. 529) oder den Fuß (Florentiner Schale im und faßte, sicli weit überbeugend, mit der
Stil des Hieron, Mus. Ital. 3 S. 2öG. Beinach Rpcliten dessen Hoden (Fartwängler, Berl. phil.
1 S. 531. — Stamnos bei Gerhard A. V. 3 Wochenschr. 1894 Sp. 1279 f. Homolle, Fouilles
Tf. 162, 1. Beinach 2 S. 83), während er ihn de Delplies 4 Tf. 46/47, 6). Die Metope des
zugleich mit einem Strick bindet. Nahezu sogen. Theseions zu Athen steht dagegen dem
vollendet ist die Fesselung auf der Schale des lo 1. Typus der Vasenbilder nahe: Der Held faßt
Euphronios (Wiener Vorlejjebl. 5, 1. Pottier, in eiligem Laufe den dahinstürmenden und
Va.'ies ant. du Louvre 2 G 10 ^ '^. Ibb; ü. :^2c und mit dem Schwanz den Rücken peitschenden
57 Abb. 11), wo Th. nach rechts gebeugt eben Stier an Hörn und Nüstern; zugleich stemmt
den um Füße und Hörn des Stiers geschlun- er das Knie in dessen Seite, um ihn herum-
genen Strick unter dessen Leib zusammenzu- zureißen (Stuart, Ant. of Ath. 3, 1 Tf. 12, 8.
binden strebt. Auf der Schale von Vulci ist Mon. d. Inst. 10 Tf. 43, 2. Brunn- Bruckmanny
der Stier bereits am Maul, den Füßen und Denkm. Iö2 b).
Hoden gefesselt und gebändigt. Th. steht vor Ähnlich war jedenfalls auch die Kampf-
ihm und hält die Enden des Stricks in den darstellung der sehr zerstörten Metopenplatte
Händen {m, Brit. Mus. 825, jetzt E 36, abgeb. 20 des etwas jüngeren Athenatempels zu Sunion
Smith, Catal. 3 Tf. 2; s. Abb. 2). {Dörpfeld, Mitt. d. arch. Inst, in Athen 9, 1884
15. Zuweilen drückt Th. den ihm gegen- S. 336 f. K. Lange, ebenda ü, 1881 Tf. 9. Fa-
überstehenden Stier mit der 1. Hand nieder bricius, ebenda 9, 1884 Tf. 19). Auf einem
und bedroht ihn mit der Keule (Schale aus Terrakottarelief {Campana, Ant. op. in plast.
Caere in Wien, Ann. d. Inst. 1878 Tf. D. Bei- Tf. 64. Beinach, Bep. de rel. 2, 279, 2) kniet
nach 1 S. 339, 1) oder mit einem Hammer Th. seitwärts auf dem bereits vorn zusammen-
(Schale aus Chiusi in Bologna, Mus. Ital. 3, brechenden Stier, indem er ihn gleichfalls an
261. Beinach 1 S. 532). Ganz auflfällig aber Hörn und Nüstern packt. Auf einem anderen
ist die Darstellung des Kampfes auf den Bruch- Relief {Campana Tf. 120) hält er das fortstür-
stücken einer Vase in der Nationalbibliothek 30 mende Tier seitwärts stehend in derselben
zu Paris (/. — De Witte, Cat. etr. S. 65 Anm. 1. Weise fest; vor diesem ist eine weibliche Ge-
J. Harrison, Journ. ofhell. stud. lQ,l^'^9m.'i\ stalt zu Boden gesunken, welche die R. ab-
B. 57 Abb. 12 b). Hier packt Th. unter dem wehrend oder flehend erhebt. Sie ist aber eine
Stier liegend dessen Hoden, während Athene moderne Ergänzung {Beinach, Bep. d. rel. 2,
mit Lanze und Ägis dem vor Schmerz brüllen- 278, 3).
den Tiere entgegentritt {Wulff a. a. 0. S. 70. In anderer Art als die Vasen des 3. Typus
Sarnoiv a. a. 0. S. 65). Ein auch auf lason schildert die Heimführuug des Stiers ein präch-
bezogener Stierkampf in Gegenwart der Medeia tiges Relief bruchstück {Fr. Bruckmann, La
auf einer Vase aus Kertsch ist o. Bd. 2 Sp. 2514 coli. Barracco Tf. 51 bis = Suppl. S4:. Beinach,
•ftbgebildet und besprochen, 40 Bep. de rel. 3, 162, 1), welches der Überliefe-
Mehrere Male findet sich Athene oder die rung des fünften Jahrhunderts nahe steht. Der
Ortsnymphe von Krommyon neben dem Stier- gefesselte Stier wird von (wegj^ebrochenen)
kämpf; zuweilen ist ein Begleiter des Th. — Dienern an der Leine fortgeführt, Th. aber legt
Peirithoos {Plut. Th. 30) oder Phorbas (s. d. u. sich die Siegerbinde ums Haupt. Daneben sitzt
Michaelis, Arch. Zeit. 35, 1877 S. 76 f.) — oder in einem Tempel Herakles mit Löwenfell und
ein Zuschauer anwesend. Einmal ist der Wa- Keule, der in Marathon als Gott verehrt wurde
gen und der gerüstete Wagenlenker des Hei- {Paus. 1, 15, 3. 32, 4). #
den — Phorbas {Pherekyd. fr. 108 bei Müller • *
F. H. G. 1, 97. Hesych. s. v.) — mit darge- a« Der Zog »ach Kreta.
stellt. 50 17. Bei des Theseus Rückkehr nach Athen
c) Der dritte Typus schildert die Fort- sollten zum drittenmal {Ovid. M. 8, 171. Plut.
führung des gefesselten, sich aber noch heftig Th. 15. 17; zum zweitenmalD/odor. 4, 61) die
sträubenden Stieres (Schale Basseggio aus Vulci alle neun Jahre {Ovid. M. 8, 171. Diodor 4, 61.
im Brit. Mus. nr. 824*, jetzt E 84. Smith, Plut. Th. 15. Boscher, Die ennead. u. hebdom.
Catal. 3, 84 S. 112. Journ. of hell. stud. 2, ISSl Fristen u. Wochen S. 23 in den Ahh. d. Kgl.
Tf. 10; s. 29 t Abb. 5. — Kampanische Schale Sachs. Ges. d. Wissensch., phil.-hist. Kl. 21, 4;
im Louvre. Beinach, Peint.de vases antr, Miliin alljährlich, Verg. Aen. 6, 21 u. Serv. dazu, so-
1 Tf. 43, sowie mehrere andere bei Wulff a.db.O. wie zu 3,74. 6,14) zur Sühne für die Tötung
S. 721". angeführte Vasen), der auch auf atti- des Androgeos an Minos nach Kreta zu sen-
schen Münzen {Leake, Numism. hell. Europa 1 60 denden Opfer abgehen (s. o. Bd. 1 Sp. 343, 16
S. 27. Imhoof-Blumer and P. Gardner, Num. u. Bd. 2 Sp. 3005; nach der Berechnung des
comm. on Pausan. Tf. DD 7 u. 8 S. 146) nach- Thrasyll. Mendes. bei Clemens, ström. 1 S. 145
weisbar ist und so vielleicht dem Weihgeschenk geschah dies im Jahre 1250 v. Chr. Müller F.
der Marathonier (o. 12) nachgebildet sein dürfte. H. G. 3, 503, 3). Und zwar mußten jedesmal
16. Unter den erhaltenen plastischen Denk- je sieben Knaben und je sieben Mädchen ge-
mälem schließt sich die Metope des wahr- liefert werden {Sappho fr. 144, bei Serv. V. Ä.
scheinlich in der Peisistratidenzeit, jedenfalls 6, 21. Bakchyl. 16, 2. Eurip. Herc. für. 1326 f.
aber vor 490 v. Chr. erbauten Schatzhauses der Piaton Phaidon S. 58 a. Isokrat. Hei. 27. Verg.
691 Theseus (Zug nach Kreta) Theseus (lug nach Kreta) 692
Äefi. 6. 21. Sehol. II. 18, 690 ed. Dtnd. tid. 2 c) Auf dem «chwarzfij^urijreu Becher des
u. 4 Hyain. astr.i^b; fab. il. Diodor. 4, 61. 77. GlaukyteB u. Archikles aus V'ulci in München
ApoU.bm. 3, 15,8. 9. Flut. Th. lö. De proverb. {Miymim. d. Ist. 4, öi>. Gerhard, A. V. '236. O.
Alexandr. l) Cr. Paus. 1, 27, 10. Seri\ V. Ä. 6. Jalni . Beschr. d. Vasens. d. K. Ludw. Nr. 338.
14 = Myth. Vat. 1, 43 2, 122. Serv. V. Ä. 8, 74. Wieuei- Vorl 1889 Tf. 2. 2b Klein, Gr. V. m.
Schol Plat. Min. 321 A S. 287, 12 liekker, Eu- Meisters.* S. 77. Peihach, Rep. 2, 119) Hnden
staÜi. Hont. Od. S. 1688, 84. Müller, Dorier^l sich folgende Namen: 1. Lykiuos. 2. Antias.
8. 238. Proleg. z. ein. ir. Mifth. S. 417. Koscher, 3. Simon. 4. Lykios. ö. Solon. ß. Timo ... —
Die Sieben- u. Neunzahl in Kult u. Myth. d. 1. Euauthe ^Gruppe, Gr. Myth. 216 S. 694).
Griechen S. 28 u. 48, in den Abh. d. Kgl. Sachs, lo 2. Anthyla. ,{. Glyke. 4. Enpedo. 6. Eutil . . .
G. d. Wisaensch., phil.-hist. Kl 24, 1). Jetzt er- 6. Eunike.
bot sich Theseus, selbst noch ein Jüngling d) Schwarztigurige Vase ans Vulci in Lei-
{Catuil. 64, 181. Nonn. Dion. 47, 300. 806. 371. den, korinthisch -attischen Stils {Janssen, De
430 f.), um Vater und Vaterland von dieser Gr. Rom. en Etrur. Man. v. h. Mtis. te Leyden
Schmach zu lefreien, freiwillig dazu, persönlich S. 62 Tf. 8, 8. O. Jahn, B. d. V. d. K. Jyudw.
an dem Zuge teilzunehmen {Isokrat. Hei 13, Einl. S. 118, 862. /. Boulez, Choix de vases
27 f. S. 218. Catull. 64, 81 f. Hygin. fab. 41. Plut. peints d. M. d'ant. de Leyde Tf. 10. S. Reinach,
Th. 17. Schol. II. 18, 590 ed.* Dind. Bd. 2 u. 4). Bep. d. v. p. 2 S. 271): 1. Phainipos. 2. Asty-
Dagegen war nach Pherekydes fr. 106 im Schol. dama[«]. 3. Kallikrates. 4. Prokritos. — 1. Ti-
Hom. l 320 auch Th. durchs Los zum Opfer io rmon]ike. 2. Demodike. Da einige Namen der
bestimmt (vgl. R. Wagner, Ep. Vat. S. 128 f.); bei Serr. überlieferten Reihe Beziehung zu at-
ursprünglich aber wurde er nicht in die Vier- tischen üemen haben, darf man mit Heyde-
zehnzahl mit eingerechnet (jBo^cäi/Z. 16, 2 f und mann. Anal. Thes. S. 29, annehmen, daß sie
die meisten älteren Quellen), wie dies später ge- einer Theseis {73) entlehnt sind; die Vasenmaler
Bchah {Hygin. astr. 2, 5). Die Erzählung des De- aber scheinen bei der Wahl ganz frei und
mon {Plut. Th. 28), daß sich auch unter den Mäd- willkürlich verfahren zu sein, wenn sich auch
chen zwei verkleidete Jünglinge befunden hätten, bei der Franvoisvase und bei der Leidener
ist zur Begründung des o. Bd. 1 Sp. 1075, 18 er- Anklänge an die epische Überlieferung finden
w&hntenOschophorienbrauchs erdichtet worden. (P. Friedländer, Herakles S. 175, 1),
18. Die Namen der Opfer waren offenbar so 19. Vor der Abfahrt am sechsten Munychion
in der eigentlichen Sage nicht festgestellt, da (gegen Ende des April) ging Th. mit den er-
ganz verschiedene Reihen überliefert werden. korenen Opfern in den Tempel des Apollon
a) Zunächst findet sich eine solche bei Serr. Delphinios, der als Schützer der Schiffahrt in'
zu Verg. Aen. 6, 21, vgl. Thilos Bemerkungen Athen, wie in Kreta, viel verehrt wurde {S.
z. d. St. u. Stephani, Th. u. Min. S. 38 ff.; Jahn, Wide, Lak. Kulte S. 87 f. Theseus u. d. Meerspr.
Arch. Beitr. S. 453; Bergk poet. lyr.^ S. 920 u. hei Bakchyl. in d. Festschr. f. O. Benndorf.
1231. Wenn man die vjerschiedenen Vermu- Wien 1898, S. 13 ff.) und gewiß auch zu der
tungen zusammenzieht, ergibt sich nach Thilo doppelten Siebenzahl der Opfer in engster Be-
folgende Reihe: 1. Hippophorbas Alypi oder ziehung stand {Röscher, Die Sieben- u. Neun-
Eurybii (Aethlii oder Elati, Stephani). 2. Id&s to zahl a. a. 0. S. 14f.;, um hier den mit der
Arcadis. 8. Antimachus (Antiochus? Jahn) Eu- Wollbinde umwundenen Olivenzweig als Zei-
andri. 4. Menestheus (Menesthes, Steph.) Suniua chen der Bitte um Rettung niederzulegen
(Suniates oder Sunieus, Siej^Ä. — Suniani, JoÄn). {Plut Th. 18), eine ätiologische Sage, durch
5. Amphidocus (Pidokos, Steph. — Dailochos, die er zum Stifter der Delphinien gemaclit
Jahn) Rhamnusius (Rhamnuntis, Jahn). 6. De- wurde {54).
moleon Cydonis (Cydantis oder Cydami, Steph.). Dann befahl ihm der delphische Gott, die
7. Porphyrion Celei. — 1. Periboea Alcathoi Aphrodite zur Führerin auf der Fahrt zu nehmen,
(besser: Eriboia nach Bakchyl. 17, 14, der.Kli- was zwar auf ihre Bedeutung als Schützerin
tia8-Fran9oi8va8e u. Hygin. p. astr. 2, 5. C. Bo- in Meeresgefahren (s. o. Bd. 1 Sp. 402, 30; S.
bert, Hermes S'S, 1898 S. 133. Gruppe, Gr. Myth. 50 Wide, De sacr. Troezen. S. 31 ff.) Bezug haben
216 S. 694). 2. Melanippe (Melippe, Steph.) kann, zunächst aber doch wohl nur sagen soll,
Pyrrhi (Perii, Pylii, Pyris, Steph. — Rari, Jahn). daß für Theseus der günstige Ausgang seines
3. Hesione Celei. 4. Andromache Eurymedontis. Unternehmens durch Erweckung der Liebe im
6. Eurymedusa Polyxeni. 6. Europe Laodici. Herzen der Ariadne herbeigeführt wird. Bei
7. Melite Tricorythi oder Tricoroni oder Trico- dem am Ufer dargebrachten Opfer sei die ge-
loni (Triagoni, Steph). schlachtete Ziege in einen Bock verwandelt
b) Eine andere Namenreihe bietet die Kli- worden {Plut. Th. 18), abermals eine ütiologi-
tia8-Fran9oisvase in Florenz {Wiener Vorlegebl. sehe Sage zur Erklärung des Beinamens ini-
1888 Tf. 3. Furtwängler u. Beichhold, Gr. Vasen- tgecyla, den Aphrodite vermutlich in Phaleron
maierei, Tf. 1—3 u. 11—13. S. Beinach, Bep. 60 führte (O. J. A. '6, 336; vgl. o. Bd. 1 Sp. 419.
d. V. p. 1 S. 134 f.; vgl. unten 5^) : 1. Phaidimos. Boehm im Arch. Jahrb. 4, 1889 S. 208 f. Bethe
2. Daidochos {d.h. JaSovxos, J. Boehlau, Butes ebenda 5, 1890 im Arch. Anz. S. 27 f.). Jessen
u. Koronis, in den' Bonn. Stud. S. 133, 33). bei Pauly-Wissowa unter Epitragia vermutet
3. . . . Qv&csveg (d. h. Eurysthenes). 4. Heuchsi- dagegen, daß Aphrodite auf dem Bocke reitend
Stratos (d. h. Euxistratos). 5. Antiochos. 6. Her- den Weg nach Kreta gezeigt haben sollte,
nipos. 7. [PJrokritos. — 1. Hipodameia. 2. Me- während Mommaen, Feste der Stadt Athen
nestho. 3. Koronis. 4. Damasistrate. 5. Asteria. S. 450 f., das Ziegenopfer auf den Artemisdienst
6. Lysidike. 7. [EJriboia. bezieht.
693 Theseus (Zug nach Kreta) Theseus (Zug nach Kreta 694
{liakchyl. 17, 14. Klitins- VranQoisvase, Hygin
p. astr. 2, 5, — Periboia, Paus. 1, 17, 3), der
Als Steuermann für die Fahrt nacli Kreta
diente Phereklos Amarsyadas (s. d. ur. '2, oder
NauwithooH (s. d, nr. 2), als Untersteuermann Tochter des megarischen Königs Alkathoos
l'haiax (a, d. nr. 2); letztere beiden zur Schilf- {Paus. 1, 42, 1), in Liebe zu bemächtigen, die
fahrt in Beziehung stehende Heroen liatten er später nach PliU. TU. 29 und nach Pherekyd.
Kapellen in Phaleron neben dem Heiligtum l*ei Athen. 13, 4, ööT selbst heiratete; hier wird
des altsalaminischen Heros Skiros (s. d.), einer sie von Istros Meliboia genannt, welche auch
Nebenlorm dos Skiron {Toepff'er, Att. (ienc.ul. Statins '.st/??. 3, 6, 4H) als Gattin des Theseus
S. 274), die von Theseus gegründet worden erwähnt (IVipff'er, Att. GeneaJ. S. 271). Bei dem
sein sollten (JVwY. Th. 17), so daß er als Stifter lO deshalb entbrennenden Streite holt Th. zum
der Kybernesia galt. Vgl. oben 4, 996 ff. Beweis seiner durch den Zeussohn Minos in
Die früher auf den Abschied des Theseus Zweifel gezogenen Abstammung von Poseidon
von Aigeus bezogenen Bildwerke (Heydemann, einen Siegelring vom (»runde des Meeres wie-
Anal. Th. S. 30 tf. M. Mayer, Arch. Zeit. 42, der herauf, den jener vom Bord des Schiffes
1884 S. 271 ff. Jieinach, Bep. de rel. 3, 22, 2) aus hinabge.schleudert hatte, wie ähnliches auch
sowie die von Stephani als Ab.s;chieds-ö3roi'«^rJ sonst von Meergottheiten berichtet wird {S.
aufgefaßten Vasenbilder (Compte- revdii d. l. Wide, Theseua ii. d. Meersprung hei Rakchyli-
comm. arch. St. Petersb. 1873 S. 130. 157. 171 ff'. des in der Festschrift f. O. Jienndorf, Wien
180. 185. 251. — 1877 S. 122 ff.) sind anders 1898, S. 13ff.). Sobald Th. ins Meer gesprungen
zu deuten; sein Versprechen hinsichtlich des 20 ist, wird er von seinem Halbbruder Triton (s. d.)
schwarzen Segels ist oben Bd. 1 Sp. 146, 20 ff'. (Euphroniosschale und, wahrscheinlich nach
und bei Hygin. fah. 41 behandelt. Mikons Vorgang (u. 22), der Krater zu Bologna)
Auf der Fahrt nach Kreta landete Th., wie oder von Delphinen {Bakchyl. 17, 97. Hygin.
nuch im Paian des Bakchylides (17) und in p. astr. 2, 5; vgl. K. Klement, Arion S. .31 f.
Piaions Phaidon (1) angedeutet wird, infolge 43 f.) zum Palaste seines Vaters getragen. Heim
eines Sturms auf Delos und gelobte dem Apol- Anblick der tanzenden Nereiden gerät er in
Ion O^Xiog und der Artemis OvXia, die hier Schrecken; er wird aber von Amphitrite freund-
als Gottheiten der Rettung verehrt wurden lieh begrüßt und empfängt von ihr einen pur-
{Prcller-Bobert, Gr. M. 1 S. 278, 1), nach Tötung purnen Mantel (vgl. Bohert, Th. u. Meleagr. hei
des Minotauros Darbringung von Ölzweigen 30 Bakchyl. im Hermes 33, 1898 S. 143) und einen
und ein Opfer (P7ier«%^. bei J/ac/o?>. »Sa^. 1,17, Rosenkranz, den sie einst als Hochzeitsgabe
21; vgl. 0. Bd. 1 Sp. 584, 20. Schol Aristoph. von Aphrodite erhalten hatte (^aJfccÄyZ. 17, 112 ff.
equit. 729. Paus, bei Eustath. II. 1283, 8ff.), d.h. Paus. 1, 17, 3). Auf den unt. § 22 besprochenen
die Sendung der jährlichen Theorie nach De- Vasenbildern hält Amphitrite den Kranz in der
los (s. unten 40), sowie die Stiftung der beiden Hand, auch auf der Euphroniosschale, wo er
Fruchtopfer des Pyanopsienfestes {Mommsen, zum großen Teil verschwunden ist {Pottier,
Feste d. Stadt Athen S. 282). Vases ant. du Louvre 2 G 104 S. 155). Ähn-
Der Sage nach benutzte erstere auf ihrer lieh lautet der Bericht bei Hy^n. p. astr. 2, 5,
Fahrt das immer wieder ausgebesserte Schiff vielleicht nach Hegesianax, wie Bohert a. a. 0.
des Theseus (Plat. Phaed. 1. Kallim. Del. 314. 40 S. 147 vermutet, nur wird nach der einen Über-
Plut. Th. 23; vgl. Philoch. b. Schol. Soph. Oed. lieferung daselbst der Kranz dem Th. von
Kol. 1047), so daß man sie Ende April an- Thetis (vgl. u. 46) übergeben; er selbst aber
setzen müßte; in Wirklichkeit scheint sie aber schenkt ihn dann der Ariadne, und Dionysos
weit früher abgesandt worden zu sein (C. Bo- versetzt ihn unter die Gestirne (o. Bd. 1 Sp. 542).
bert im Hermes 21, 1886 S. 161 ff. u. im Arch. Nach dem Verfasser der Kretika dagegen, der
JaÄr6. 5, 1890 S. 225, 11. Ä. Mommsen in Bur- nach Boberts Schätzung {Eratosth. cataster.
sians Jahresber. 1886 S. 338f. 1889 S. 257. Feste S. 243) nicht vor dem 5. Jahrh. v. Chr. anzu-
d. St. Athen S. 451). setzen ist, nach M. Mayer {Gig. u. Tit. S. 228,
^<9. Von vorstehender Darstellung abweichend 176) aber bis in die Zeit Alexanders herabzu-
berichtet Hellanikos fr. 73 bei Plut. Th. 17, 4 50 rücken wäre (vgl. E. Neustadt, De love Cretico
und wahrscheinlich nach ihm Istros bei Diod. S. 20. 40, der ihn für einen Alexandriner er-
4, 61 und Paus. I, 17, 3 {Wellmann, De Istro klärt), hatte diesen Kranz, ein Werk des He-
Call. S. 91 ff.; vgl. B. Wagner, Ep. Vat. S. 126), phaistos {Ovid. fast. 3, 513f. Serv. Verg. Georg.
darß Minos selbst die Kinder und besonders 1, 222), Dionysos der Ariadne, noch vor seiner
den Th. ausgewählt und mit sich fortgeführt Vermählung mit ihr, im Hause des Minos, ge-
habe, eine Sagenform, welche auch die Er- schenkt. Auf einer Vermischung dieser beiden
Zählung in dem um 470 v. Chr. entstandenen Darstellungen scheint es zu beruhen, wenn er-
Paian des Bakchylides (17)*) und das Gemälde zählt wird, Aphrodite und die Hören hätten
des Mikon im Theseustempel am Gymnasien ihn der Ariadne bei ihrer Hochzeit mit Dio-
des Ptolemaios, nicht weit vom Markte zu 60 nysos auf der Insel Dia gespendet {Eratosth.,
Athen, nach der Beschreibung des Pausanias Schol. Arat. a. d. a. 0. Hygin. p. astr. 2, 5, 3;
(1, 17, 3) zur Voraussetzung hat {22). Th. ver- vgl. o. Bd. 1 Sp. 542 u. Neustadt a. a. 0. S.'29'ff.)l
hinderte den Minos, sich unterwegs eines der Sie hält ihn bereits auf der Darstellung des
sieben weggeführten Mädchen, der Eriboia Kypseloskastens und auf zwei sehr alten Vasen-
«\ T^ -o • j T, 1 , ,j • X lu X • , ^ bildern in der Hand (Paus. 5. 19. 1: vel. Hitzia-
*) Der Paian des Bakchylides ist selbst ein solches ^.7 •• j ci . -, ,0 . i i ' ' * 6^- -"*•'"*' *i/
Preislied, das zu dem von Theseus gestifteten Festtanz ^J.^^!^^ ^^^"^ ?• ^^^- — ^H^' ^^ unt. § 37. —
(s. unten 40) von einem Knabenchor aus Keos vor dem Münchener Becher des Glaukytes U. Archikles,
Altar des ApoUon in Delos vorgetragen worden ist. 0. 18 c). Th. fand sich dann bei seinem Glänze
(59Ö Theseus (Zug nach Kreta)
wieder aus dem Labyrinthe heraus, so datJ er
geradezu deu Knäuel der landläufigen Sa;;e
vertritt (Epiinenid. bei Ps- EratoatJi. cntast.
reliq. 5 S. 66. Robert. Schol Arat. v. 71. ISchol
Germ. Arat. v. 71 S. 62. 111) f. Breysig). Wäh-
rend der Kranz nach der gewöhnliclien An-
nahme aus Gold- und Edelsteinen bestand,
war er nach Timach. bei AtJien. 16, 32 S. 684 F
aus der einer Apfelblüte ähnlichen Blume d-i]-
csiov gewunden, welche der Leukerea (s. d.) lo
oder Leukothea {E. Neustadt a. a. 0. S. 83 ff.)
heilig ist. Über den Ersatz des Kranzes durch
den Kaden vgl. 0. Keller in Fleckeisefis Jahrb.
136, 1887 S. 52.
21. Den von Minos ins Meer geworfenen
King geben nach Hygin. p. astr. 2, 5 die Ne-
reiden dem Theseus zurück; bei Bakchyl. wird
er nicht wieder erwähnt, und auch auf den
Vasenbildem ist er nicht dargestellt, falls nicht
etwa auf der Vase Tricase {22 Abb. 3) der 20
Gegenstand in der Hand des Th. mit C. Jatta
und E Petersen {Rom. Mitteil. 9, 1894 S. 229f.
Tf. 8) als Schachtel oder Muschel gedeutet
werden darf, in welcher der Ring verborgen
wäre.*) Der Knöchelring, den Th. auf zwei
Vasen strengen Stils trägt, ist dagegen ohne
Bedeutung, da er in einer gewissen Periode
der Vasenmalerei lediglich als Modestück vor-
kommt. Ebenso steht es mit dem Fingerring
des Th. auf einem Gemälde aus Herculaneum 30
{Rotix, Herc. u. Pomp. 2, 2, 2; vgl. Barre u.
Kaiser ebenda S. 4 f.); erscheint doch auf dem-
selben Bilde ein solcher auch an der Hand
eines der Mädchen. Sicherlich beweist das
Schweigen des Bakchyl. aber nicht, daß er das
Wiederbringen des Rings abgelehnt habe, wie
E. Schwarz, Zu Bakchyl, im Hermes 39, 1904
S. (»41, annimm*. Nach Paus. 1, 17,3 brachte ihn
Th. aus dem Meere wieder herauf, doch auch Mi-
kon hat ihn auf seinem Gemälde wahrscheinlich 40
nicht dargestellt {Robert, Hermes 33, 1898, 140).
Bei diesen Sagenformen tritt Poseidon selbst
in den Hintergrund. Anders bei der später
gewöhnlichen Auffassung, die zuerst bei Eurip.
Hipp. 887 ff 1315ff. vorzukommen scheint. Hier-
nach empfängt den Th. sein Vater persönlich
und verspricht ihm dabei die Gewährung dreier
Wünsche, infolge deren Th. später aus dem
Labyrinth und aus der Unterwelt gerettet wird
{Cic. de off. 1, 10, 32. 3, 25, 94; de nat. deor. 3, 50
31, 76. Schol. Eur. Hipp. 1349. Äshiep. Trag.
b. Schol. Hom. Od. 11, 321); den letzten ihm
frei stehenden Wunsch verwendet er zur Tötung
seines Sohns Hippolytos (o. Bd. 1 Sp. 2682).
22. Was di^ künstlerische Überlieferung
dieses Mythos betrifft, so sind uns vier**) Dar-
stellungen auf rotfigurigen Vasen erhalten***);
*) Vgl eine andere Erklärung bei Jacobsthal, Th auf
d. Meeretgr. S. 8.
**j Die Zeichnung der Portlandvase, die als „Thoseus ^^
auf dem Meeresgrund" gedeutet worden ist {Klein, Eu-
phron."^ S. l>^6 Anm. 1), wird besser auf Peleus u. Thetis
bezogen (Oeerbeck, Thcb. u. Troisch. Bäder kr. S. 204 nr. 49.
Ghirardini im Mut. Ital. 3, 1888 Sp. 85).
***) Ausführlich behandelt ron P. Jacobtthal, Th. auf
d. Meereigrund. Ein Beitrag zur Getch. der griech. Malerei.
Leipzig 1911. Vgl. auch H. Weil, Journ. d. Sav. 1898 S. .-«Sfif.
U. V. Wilamowitz-Möllendorf, Bakchyl. S. 26 ff. Revue d' äudet
gr. 11 8. 46.
Theseus (Zug nach Kreta) 696
und zwar fassen zwei von ihnen, ein Krater
aus Agrisrent {Mon. d. Inst. 1, ö2f. Wclcker,
A. D. 3 Tf. 26, o. Bd. 1 Sp. lG79ff., wo die
Darstellung auf (ilaukos bezogen wird) und die
Vase Tricase aus Ruvo {G. Jatta, Not. d. sc.
1893 S. 242ff. E. Petersen, Rom. Mitt. 9, 1894
8) Theseus bei Poseidon, anwesend: Amphitrite und^
Nereiden, Vase Tricase (nach Rom. Mitt. 9, 1894 Tf. 8).
S. 229 f. Tf. 8, 1; 8. Abb. 3; Ghirardini, Rendic.
d. R. Acc. d. Line. 1895 S. 86 ff.) die Szen§
noch in altertümlicher, der Aufnahme des He-
rakles in den Olymp nachgebildeter Art {Ja-
cohsthal a. a. 0, S. 7 f.) als einfache Begrüßung
auf: Th. reicht seinem Vater Poseidon die
Hand; Amphitrite hält den Kranz, mit dem
sie ihn schmücken will. Außerdem sind Ne-
reiden und auf der 'zweiten Vase vielleicht
Nereus zugegen. Zum Typus i.st die Achilleus-
vase o. Bd. 3, 249, 47 zu vergleichen. Die bei-
den andern Gefäße, die Schale des Euphronios
aus Gäre im Louvre (Schale c. — A.Smith, Journ.
ofheV.stud. 18, 1898 S. 276 ff. Tf. 14. Klein, Gr.
Vas. m. Meisters* S. 141. Baumeister, Denkm.
S. 1793 Fig. 1877. Pottier, Vases ant. du Louvre
2 G 104 Tf. 102. Winter, Kunst gesch. in Bildern
1, 89, 2. Für twängler- Reichhold Tf. 5; s. Abb. 4
4) Theseus mit Athene vor Amphitrite, anwesend Triton,
Schale des Euphronios (nach Winter, Kunttg. in Bildern 1,89,2).
und Vgl. Schreiber o. Bd. 1 Sp. 320 Anm.) und
der Krater von Bologna {Mon. d. Inst. Suppl.
Tf. 21. Mus. Ital. 3 Tf. 1. Reinach, Rep. 1
f)97 Theseus (Zug nach Kn'ta) Theseus (Zug nach Kreta) 698
S. 2S2 u. 527; h. die, Abb. beim Artikel 'Jriton) angef. ötollcn). Die Lieferung des Knäuels ist
stehen wahrscheinlich mit dem o. 2(f erwähnten der Grund, weshalb Daidalos selbst zuweilen
üemälde des Mikon im Theseion zu Athen in als Retter des Th. genamit wird {Verg. Aen. 6,
einer gewissen Beziehung {Moherf, Dir Nekyia 2üf. Serv. zu 6, 14. Myth. Vnt. 1, 43, 2, 124, u.
d. Polygnot, S. 40 f., u. HermcH 33, 1898 S. 134 ff. vgl. o. Bd. 2 Sp. 1781, 39). Ja nach dem Schol.
142. Klein, Euphron.'* S. IHotF. Petersen a.a.O. Lucun. Phars. 2, 612 im Voss. II gab Daidalos
S. 2.'50. K. Klement, Arion 8. 44).*) dem Th. Pillen aus Pech und Haaren zum
Da das Theseion erst um 474 v. Chr. neu Fräße für iMinotauros {li. Holland, Die Sage
aufgebaut wurde (4.9), des Kuphronios Tätig- v. Daidalos u. Ikaros S. 11, 3).
keit aber, wie die Ausgrabungen auf der Akro- lo Bildlich ist die Knäuelübergabe auf einem
polia gezeigt haben, mit Furtirängler (Perl. später Zeit angehörigen Relief zu Pest (Pei-
Phil. Wochenschr. 1894 Sp. 109) zwischen 510 nach, Itep. de rel. 2, 118, 1) und auf einem
u. 470 V. Chr., oder vielleicht mit W. Klein Tonmedaillon aus Vienne {Fröhner, les mus. de
{Gesch. d. gr. Kunst 1 S. 293 ff.) kurz vor 490 France S. 62, 14) dargestellt; hier übergibt
bis bald nach 470 anzusetzen ist, so bietet Ariadne sitzend dem vor ihr stehenden, nur mit
dessen Schale jedenfalls noch den alten im Mantel bekleideten und das pedum haltenden
Theseustempel des Peisistratos (unten 53) vor- Th. den Knäuel ; hinter ihr die Statue einer
gebildeten Typus, der Krater von Bologna aber Göttin, hinter Th. ein Hoplit. Auf ersterem
wird wohl von Mikons Wandgemälde abhängig stehen beide, und im Rücken des Th ist der
sein {H. Pulle, o. Bd. 3 Sp. 2880. P. Sauer, 20 Eingang des Labyrinths sichtbar. Auf einem
JV. JaÄW>. 15, 1912 S. 482; dagegen spricht /a- Wandgemälde zu Pompeji {Heibig, M'andg.
cobsthal a. a. 0. S. 8 ff.). Am schärfsten tritt nr. 1211) hält Th. eine Harpe (vgl. Jahn, Ar eh.
die künstlerische Neuerung hier in der Gruppe Peitr. S. 256; o. Bd 2 Sp. 1545) in der Linken,
des Th. und Triton hervor, in der die alter- hinter ihm das Tor des Labyrinths, auf einem
tümliche Steifheit völlig geschwunden ist {Ro- andern {ebenda nr. 1212) legt er sich Schwert
bert im Arch. Anz. 4, 1889 S. 141. Furtwängler und Gewand um, während Ariadne den Knäuel
ebenda S. 51). Die Motive beider Gefäße ver- hält, die ihm auch ersteres geliefert haben soll
einigt in sich der Triton (s. d.) vom Westgiebel {Palaeph. 2).
des Persephonetempels in Lokroi {Ant. Denkm. 24. Endli<;h findet sich die Knäuelübergabe
1 Tf. 52 u. danach Collignon, Gesch. d. gr. Plast. 30 auf einem Felde des Salzburger Mosaiks {Jahn.,
2 S. 167). Endlich erscheint Th. vor Minos auf Arch. Beitr. S. 256. Arndt, Arch. Anal. Tf. 5a.
einem etruskischen Spiegel, wo ihm irrtümlich Engelmann, Pilderatl. zu Orid Tf. 14, 92 a) und
Hercle beigeschrieben ist {G. Körte in den auf einem solchen zu Horkstow {Th. Morgan,
Strena Helbigiana nr. 29 S. 164 ff.), sowie an Pom.-brit. mosaic-pavem. S. 136), so wie sie
einem Sarkophag, den C. Robert {A. collect, of einst unter den die Theseussage behandelnden
roman sarcoph. at Cliveden im Journ. of hell. Gemälden zu Gaza dargestellt war {Chorik Gaz.
f-tiid. 20, 1900 S. 81 ff. Tf. 8) in die erste Hälfte ekphr. eik. S. 157 f. ed. Poiss.). Dagegen wohnt
des 3. Jahrh. setzte. Yg\. M. Mayer, Arch. Zeit. Ariadne mit dem Knäuel in der Hand der
1884 S. 271.**) Erlegung des Minotauros bereits auf den älte-
23. Nach der Ankunft des Th. auf Kreta wird 40 sten Bildwerken bei (s. u. 25 ; vgl Darewberg "u.
Ariadne wohl durch die Macht der Aphrodite, Saglio 2 S. 6. R. Holhmd, Die Sage v. Daidalos
die er auf Apollons Geheiß zur Führerin ge- u. Ikaros S. 27). — Über den Eintritt des Th.
wählt hatte (s. 0. 19), besonders aber wegen in das Labyrinth auf einem sf. Gefäße von der
seiner außerordentlichen Schönheit von Liebe Akropolis s 56. Als Waffe benutzt Th. nach
für ihn ergriffen [Pherekyd. b. Schol. Hom. Od. älterer Anschauung das Schwert {25 f. u. d.
11, 320 F.H. G. 1, 97, 106. Hygin. f. 43. 270. Abb. o. Bd. 2 Sp. 3006 f.), nach späterer die
Catull. 64, 175f. Diodor 4, 61. Seneca Hipp. Keule {Ovid. heroid. 4, 115. 10, 77. 101. Nonn.
646 ff. Dio Chrys. or. 29 S. 328, 30 Dind. Plut. Dion. 47, 436; vgl. 27. 31 f. 35); zuletzt über-
Th. 19, 1; vgl. 30 u. Paus. 1, 19, 1. Philostr. windet er den Gegner durch die Kunst des
im. 1, 15. Lactant. narr. fab. 8, 2. Serv. z. Verg. 50 Pankrations {Schol. Pind. Nem. 3, 27. 5, 89.
Aen.Q, 14. Myth. Vat.l, 43. 2, 124), daher sie Apollod. epit. 1, 9; vgl. Catull. 54, 110 f. R.
ihm denn auf der Klitias-Fran9oisvase {Furt- Wagner., Epit. Vat. S. llOf ; vgl. 27 f. 30. 33 f.
wängler-Reichold Tf. 13. Wiener Vorl. 1888, 3) u. d. Abb. 0. Bd. 2 Sp. 3009), weshalb dann er-
einen Apfel als Liebeszeichen überreicht. Sie zählt wurde, daß die Opfer entwaffnet nach
übergibt ihm dann nach späterer Sage den auf Kreta kommen mußten {Hellnn. F. H. G.\, 54,
ihre Bitten von Daidalos gelieferten Knäuel (o. 73. Apollod. bibl. 3, 15, 8). Nach Pherekydes
Bd.l Sp.540 M. Catull. Q,4c,ll^. Hyg. f. 4:2. Propert. {Schol. Hom. Od. 11, 320) gab ihm Ariadne den
3, 14, 7 f. Ovid. fast. 3, 462. heroid. 4, 59 f. 10. Rat, wenn er im innersten Teil des Labyrinths
12. 105. met.S,n2t Seneca Hipp. 661, \g\. 650. den Minotaures schlafend anträfe, zunächst
Lukian. Herrn. 47. Nonn. Dion. 47, 368 ff. 385. 60 seine Stirnhaare abzuschneiden und ihn dem
435 ff. 48, 549, sowie die o. Bd. 2 Sp. 1781, 41 ff. Poseidon als Opfer zu schlachten, dann aber
den am Eingang befestigten Faden wieder auf-
*) Eine in wesentlichen Zügen abweichende, aber wickelnd zurückzukehren. Als Schützcrin^im
nicht überzeugende Deutung bietet Svoronos, Mvijfi. tou Kampf stand ihm Athene zur Seite {Dio Chrys.
''^^•'**; ^XV'^'^u!^'-^: T\ ■. ^. . r ^ ,. or. so S. 291, 25 Dind.).
-) Mit Unrecht 18t der Trxtonkampf auf dem alten ^ MinotaurOS und den Kampf Selbst
Pmax von Praisos hierher gezogen worden (Elderktn im . , ; «^ «v^^ i.^^ul* ^^, ^ ... j^ y ,
Amer. journ. of Arch. 14, 1910 S. 190 ff. Athen. Mitt. 31, 1906 Ist SChon 0. Bd. 2 Sp. 3005 ff., ubcr das Laby-
S. 391 Fig. 2). rinth Sp. 1778 ff', gehandelt. Im Anschluß an
699 Theseus (u. Afliootauros) Theseus (u. Minotaiiros) 700
A. J. Evans berichtet A'. Tittel {llherg u. gra {Bauet, Gaz arch. 9, 1884 Tf. 1. Wulff
Gerihs N. J. 1903 S. 403 ff.) von einer Wand- a. a. O. S. 6). Immer packt hier Th. den vor
maierei in einem Korridore an der Ostseite ihm stehenden Min. mit <]. L. am Hern und
des Palastes zu Knosos, die in voller Form als führt mit d. R. einen Schwertstoß nach dessen
L'rbild der Labyrinthdarstellnngen auf späte- Brust; hinter ihm hält Ariadne den Knäuel
ren Münzen von Knosos (o. Bd. 2 Sp. 8008) in d. R., durch die erhobene L. läßt sie wahr-
betrachtet werden kann. Eine Abbildung der schein lieh überall (sicher auf B) den abge-
Palastanlage ist sie nicht, eher ein Erklärungs- vj^ickelten Faden laufen. Auf C und D er-
Tersach für die Erfahrung, daß aus dem Toten- innert die Stellung des Min. bereits an das
reich niemand 4en Rückweg ins Leben findet, lo Laufschema, das auf den sf. und den älteren
P. Perdrieet (Die Hauptergehn. der Ausgr. in rf. Vasen für ihn bezeichnend ist. Aus ihr
Delphi, ebenda 1908 S. 24) deutet das Laby- ist diejenige der altertümlichen chalkidischen
rinth als den Palast der kretischen Doppelaxt Hydria {E) im Louvre {Man. d. Inst. V> Tf. 15;
{XdßQvg), deren Kult nach Delphi übertragen vgl. Dümmler im Arch. Jahrb. 2, 1887 S. 21, 9)
worden ist, wie die Ausgrabung erwiesen hat.*) hervorgegangen, wo der als Tavgos Mivaios
In dessen entlegenstem Teile traf Th. mit bezeichnete Minotauros nach rechts laufend
Minotauros zusammen (o. Bd. 2 Sp. 1781, 36). seinen Gegner mit d. R. umfaßt, zugleich aber
Der Kampf selbst gehört zu den seit frühester von diesem umschlungen und mit dem Schwert
Zeit in typischer Art dargestellten Szenen. Die durchbohrt wird. Die Zugehörigkeit der übri-
älteste, vielleicht durch das orientalische Schema 20 gen von 0. Wulff' S. 18 n. auf diesen Typus
des ein aufgerichtetes Ungeheuer bekämpfen- bezogenen Vasenbilder erscheint zweifelhaft,
den Helden (o. Bd. 2 Sp. 786 u. 791) beein- jedenfalls stürmt auf der altertümlichen atti-
flußte Form, die auch auf altgriechischen Re- sehen Hydria F bei Gerhard (A. V. 311.
liefs vorkommt (Spartanische Stele bei Milch- Reinach, rep. 2 S. 153) Minotauros mit Steinen
höfer, Anf. d. Kunst in Griech. S 187 ff.; vgl. in den Händen im Laufschema dem Th. ent-
Yase aus Syrakus bei Dümmler im Arch. Jahrb. gegen (vgl Pottier, Va^es ant. du Louvre 2 F
2, 1887 S. 21), tritt uns in vierundeinhalb er- 62 PL 68 auf dem Rande eines Kraters oder
haltenen Exemplaren zum Benähen von Ge- Dinos), während er in den ältesten Darstel-
wändern bestimmter gepreßter oder getriebener hingen entschieden Steine nicht als Waffen
Goldplättchen aus Korinth (A) entgegen, deren 30 benutzt. Bereits fliehend, aber noch von vom
eines o. Bd. 2 Sp. 3007 nach Furtwängler, Arch. erscheint Minotauros, und zwar am ganzen
Zeit. 42, 1884 Tf. 8 S. 106 ff., abgebildet wor- Leibe behaart, auf der Schale des Archikles
den ist. Hinter Th. steht Ariadne mit dem und Glaukytes in München {G — Gerhard A.
am Original in Berlin sichtbaren Knäuel in V. B. 236. Wiener Vorl. 1889 Tf. 2. Reinach 2
der Rechten ( Furtwängler a. a. 0. Sp. 107. S. 119); er greift in das ihn bedrohende Schwert
O. Wulff, Z. Theseussage S. 6f.). Goldplättchen seines Gegners, der »ein linkes Hörn gefaßt
gleicher Art mit anderen mythischen Darstel- hat. Auf dem korinthisch-attischen Gefäß in
lungen sind durch das Alphabet gelegentlicher Leiden {H — Roulez, Cfioix de vases peints du
Beißchriften als argivisch erkannt und dem musee d'antiquites de Leyde Tf. 10 S. 38. Hol-
7. Jahrh. v. Chr. mit Sicherheit zugewiesen 40 werda, Jahrb. d. Inst. 5, 1890 S. 245) und auf
worden. Sie haben auf den Bildschmuck der der vielleicht chalkidischen Amphora in Cagliari
Kypsele, de.s amykläischen Throns, sowie auf (J — Bull. Nap. nouv. ser. 4 Tf 13) aber packt
die korinthische und attische Vasenmalerei Th. den völlig abgewandt im Lauf nieder-
des 6. Jahrh. stark eingewirkt {Klein, Gesch. sinkenden Minotauros am linken Arm.
d. gr. Kunst 1 S. 77. 79), wie ja auch der Mi- An Nebenfiguren treten auf diesen ältesten
notauroskampf am amykläischen Thron dar- Darstellungen außer Ariadne Minos (E, F^H),
gestellt wurde {Paus. 3, 18, 16; vgl. 0. 12). Athene {F , H u. mit Lyra G), Hermes und
Demnach vertreten sie die vorathenische Ent- verschiedene, von den Opfern {H) auf.
Wicklungsperiode der Theseusbildung {F. 27. Die den Minotauroskampf enthaltenden
Dümmler, Arch. Jahrh. 2, 1887 S. 21 f; vgL 50 schwarzfigurigen Vasen hat zuerst 1842 L.
Conze, 38. Berl. Wincfcelmanmpr. 1878 S. 8), Stephani a. a. 0. S. 66 ff. zusammengestellt,
die Dümmler nach Chalkis verlegt, eine Frage, wesentlich vervollständigt haben seine Auf-
die unten § 77 f. weiter erörtert wird. zühlungO.Jahn, Arch. Beitr.S.2bSf. W.Müller,
26. Dem Typus A stehen nahe ein Stempel- Die Theseusmetopen v. Tfieseion S. 6 ff. und L.
relief (B) auf einem Tonbecken zu Corneto A. Milani im Mus. Ital. 3, 1 ff. 209 ff. Nahezu
(Zeichnung bei Furtwängler a. a. 0. Sp. 107), erschöpfend aber ist die Behandlung derselben,
das mehrfarbige Bild einer Hydria (C) in Lon- die O. Wulff', Zur Theseussage 1892 S. 27 ff.,
don {Micali, mx)n. ined. 1844, 4, 1 S. 37. Jahn, geboten hat. Die Ergebnisse seiner Unter-
Arch. Beitr. S. 264, 25. Cecil Smith, Journ. of suchungen sind etwa folgende: Bekannt sind
hell. stud. 14, 1894 Tf. 7, 1 S. 208 f., der das Ge- 60 40 Amphoren, 2 Psyktere, 10 Hydrien, 2 Kannen,
faß um 600 v.Chr. ansetzt; vgl. E. Falzer, Hy- 12 Lekythen, 11 Schalen, 2 Näpfe und 16 Ge-
dHa 68. Prinz, Funde aus Naufcratis 60. fäße anderer oder unbestimmter Form. Als
LöschcJce, Arch. Jahrb. 6, 1891 Anz. S. 18) und Maler werden Exekias, Taleides, Timagoras
ein schwarzfig. Napf (D), angeblich aus Tana- und Nikosthenes genannt, die man in die Zeit
,, ^ ^. ,, , ^ . X. „. „ ^ , 550—520 V. Chr. setzen darf. Zu der Wulff-
*) Oegen diese Deutung wenden sich Ed. Meyer, Gesch. , o , ., u-\7^j r>*i.
d. Alt. pI, 637, u. E. Bethe, Rh. Mus. n. F. BdTes. 1910 JJ^«" Sammlung Sind noch Vasen des Brit.
s.226f. B^mr tritt ein J.sch.7fer, De ioveapudCare,cuito. Mus. nach Walters, Catol. 2 nachzutragen:
s. S77f. B 174 Amphora. 593 Pyxis. 596 Gefäßdeckel.
Ol
Theseub (u. Minotauro>
These US (u, Miuotauros)
i02
600, 47 Bruchstück; Kerner ein«' altkorintliiscbe
Schale (Furticänijler, Samud. Somzee, JS'achtr.
104 Tf. 43); eine attische Hydria aus Huvo
-ipäteren st". Stils , seit 188U im Mus. of tine
arts in Boston (.4rc7j. Anz. 1890 S. 52, 2), eine
Amphora desselben Stils ebenda seit 1899
{Ärch. Anz. 1901 S. 1G6); eine attische Amphora,
seit 189G in Dresden (Arcli. Anz. 1S98 S. 133,
15); eine Lekythos aus Marathon {Bull, de corr.
hell. 15, 1891, 649); das Innenbild einer Schale
im Louvre {Inv. Campana 636, bei Fottier,
Vases ant. du Louvre 2 F. 83 PI. 69); eine
Lekythos (ebenda F. 18H PI 77); eine flache
Schüssel (ebenda 2 G. 67 PI. 96); eine Amphora,
auf deren Rückseite Herakles den Löwen er-
würgt (Samml. Arndt im Antiqu. zu München,
Schrank B 3); attische Amphoren in Madrid
(Leroux, Vases grccs et italo-gr. du musee arch.
de Madrid nr. 52 u. 54); endlich eine Lekythos
aus Vari im Nationalmus. zu Athen (CoUignon-
Couve, p. 283 nr. 878. Wolters, Sitzb. d. Münchn.
Akad. 1907 Tf. 2); vgl. auch Graef, U. ant.
Fa.s-. V. d. Akropol. 3 nr. 1431.
Th. faßt den Gegner mit der Linken am
Hörn, Backen, Hals, JN'acken oder Arm und be-
droht oder verwundet ihn mit dem Schwert;
Minotauros ist im Laufschema meist nach
links niedergesunken, zu beiden Seiten stehen
Nebenfiguren, die oft Verwunderung oder
Freude bezeugen. Min . ist mehrfach behaart
und mit Nackenmähne, aber erst im spä-
teren Stil häufig mit Stierschwanz versehen,
vereinzelt jedoch bereits auf einer attischen
Amphora ion.-korinth. Stils bei Pottier, Vases
ant. du Louvre 2 E 850 PL 59. Th. trägt einen
Chiton und darüber meistens ein Fell, zuweilen
auch einen Brustpanzer; bärtig erscheint er
nur auf den älteren Gefäßen. Sein Haar hängt
hinten lang herab (vgl. z. B. o. Bd. 2 Sp. 3006)
oder ist zum Krobylos aufgebunden, zuweilen
auch mit dem Kranz der Ariadne geschmückt
(Pottier, Vases ant. du Louvre 2 G 67 PL 96).
• Min. hält gewöhnlich Steine in den Händen,
oft auch nur in einer Hand, selten faßt er ans
Schwert oder an den Arm des Theseus. Ein-
mal flieht er, sich nach Th. umschauend, der
ihn noch nicht gepackt hat, sondern mit ge-
zücktem Schwert verfolgt (Berlin nr. 1744.
Stephani Tf. 9, 1). Von den Nebenfiguren, die
meist als die attischen Opfer zu betrachten
sind, ist nur Ariadne durch Beischrift einmal
gekennzeichnet: sie überreicht dem Th. als
Liebeszeichen einen Apfel (o. 23 u. Bd. 2 Sp. 3006).
Einmal durchbohrt Th. den Min. mit dem
Speer, während er das Schwert in d. L. hält
(München nr, 74), einmal führt er die Keule
(Mus. Campana 2, 250); der Ringkampf findet
sich sicher auf einer 1896 aus Italien nach
Dresden gelangten attischen Amphora (Arch.
Anz. 1898 S. 133, 15), vielleicht auch auf einer
Amphora in München (nr. 569) und auf einer
Lekythos aus Thespiä in Athen (nr. 2740).
28. Die rf. Vasen sind von W. Müller a.
a. 0. S. 17 ff., Milani S. 235f., Wulff S. 45 ff.,
E. Sarnow, Die cykl. Darst. a. d. TJieseussage,
Leipzig 1894 S. 3 ff. zusammengestellt worden.
Die Bezeichnung ist hier dieselbe wie bei
Milani und Wulff. Ihre Listen sind nur durch
zwei Gefäße zu ergänzen: eine Amphora mit
Goldschmuck (Ghirardini, Not. d. scavi 1893
Ottobre. Reg. 8, 3. Capanorri., Tomba etr. sc. n.
p. dt Bientina S. 403 tf.) und eine Schale schönen
Stils, die aus der Sammlung Branteghem in
das Ashmolean Museum zu Oxford übergegan-
gen ist (Arch. Anz. 1897, 2 S. 74). Auf den
Bildern strengen Stils, dessen Blüte noch vor
die Perserkriege fällt, werden die alten Formen
10 mit geringen Veränderungen weitergeführt; so
auf Schalen des Epiktetos (Brit. Mus. H28,
jetzt E 37), Duris (d: Brit. Mus. 824, jetzt E 48.
Wiener Vorlegebl. 6, 3. Murray, Des. fr. gv. V.
Tf. 8, 29; s. o. Bd. 4 Sp. 929 f. Abb.) und einer
Schale aus Vulci (m: Brit. Mus. 825, jetzt E
36; abgeb. Smith, Catal. 3 Tf. 2), wo fh. den
fliehenden Gegner am Handgelenk packt und
mit dem Schwert bedroht. Auf einer Schale
zu Bologna (n: Mus. ital. 3 S. 260 S. Reinagh,
20 Itep. S. 531) und auf der o. Bd. 2 Sp. 3007 ab-
gebildeten zu Florenz (h) ist Min. vor Theseus
niedergesunken, eine Umformung, welche die
Verwendung als Innenbild veranlaßt haÄ. Ähn-
lich ist die Münchner Schale 372 (o: Gerhard
A. V. 3, 232. Beinach 2 S. 117-, nur etwas seit-
wärts verschoben, so daß sie sich der Schale
des Duris (d) anschließt.
Eigenartig ist dagegen die Auffassung des
Kachrylion auf einer Schale in Florenz (a: Mus.
30 ital. 3 Tf. 2. Reinach 1 S. 528 ; s. unt. § 59 Abb. 15).
Hier ist Min. im Gegensatz zu allen übrigen
Darstellungen rücklings nach rechts nieder-
gesunken und hält mit d. R. des Th. I. Hand-
gelenk umklammert, während ihn dieser mit
d. R. im Nacken packt, ohne eine Waffe gegen
ihn zu führen, wie dies in Werken späterer
Zeit (z. B. Unterital. Gefäß in Berlin 3630 und
die Gruppe o. Bd. 2 Sp. 3009 Fig. 6) öfter der
Fall ist.
40 29. Ganz neu tritt jetzt die Bildung einer
späteren Szene des Kampfs auf drei Schalen
auf (20 : des Aison in Madrid, abgeb. Ant. Denkm.
d. arch. Inst. 2, 1892, 1 Tf 1. Leroux, Vases
grecs et italo-gr. nr. 196 Tf 25—28; t: Schale
Basseggio aus Vulci im Brit. Mus. 824*, jetzt
I
6) Theseus" Heldentaten, Schale Basseggio aus Vulci im
Brit. Mu3. (nach Kn;jeJmann , Bildern th zu Ovid Tf. 13, .S4).
703 Theseus (u. Minotauros) Theseus (ii. Minotaiuos 704
E 84, abgeb. J. ofheÜ. stud. 2, 1881 Tf. 10; 8. 31. An die ältere Darstellungsart schließen
Abb. 6, und u: zu Harrow-on-the-Hill im Schul- sich eine archaisch«^ Kleinbronze von der Akro-
muaeumCatal.S. 18,62. Wolters, Sitzh. Münchn. polis {Wolters, Äth. Mut *20, 18ÜÖ, 482; Am
Akad. 1907 Tf. 1; vgl. Welcher bei Müller, Journ. arch. 11, 18Uö, 358 Fig. 6) sowie das
Handh. ^ S. 688d. Hartwig, Meistersch. S. bSb statuarische Vorbild von Silbermünzen aus
Anm. Elderkin, Meatider or Labyrintti, im Knosos an, die der Zeit von 500 — 431 v. Chr.
Amer. Journ. of Arch. 14, 1910 S. lf<öff.): Th*. angehöaen {W. Wroth, Catal. of the yrcvk coins
scblepptdenMin. aus dem Labyrinth heraus, den of Crete a. the Aegran Islands S 18 Tf. 4,
er schon mit dem Schwerte verwandet oder ge- 7 — 9). Bieten sie auch nur die Minotauros-
tötet hat; auf der Schale des Aison steht Athena 10 gestalt, so ist diese doch entschieden einer
hinter ihm. nach dem alten Typus gebildeten Gruppe ent-
in der rotfigurigen Malerei ist Th. regel- nommen, worauf auch der Stein, den sie ein-
mäftig jugendlich bartlos und nackt oder mit mal in der Hand hält {Verctj Gardner, Types
einem fein gefdJtelten Chiton, wie er in der Tf. 8, 18), deutet. Das Didrachnion aus Knosos,
Plastik um 600 v.Chr. gebildet wurde, bekleidet; oben Bd. 2 Sp. 3008, zeigt genau dasselbe Bild
zuweilen trägt er einen Petasos im Nacken. in entgegengesetzter Richtung; eine ähnliche
Hie und da tritt er auf das zurückgesetzte Bein Auffassung zeigen attische Müu/en, auf denen
seines Gegners, bei dem regelmüßig der Stier- Th. an Stelle des Schwertes die Keule erhalten
sChwanz sichtbar ist. Unter den Nebenfiguren hat (Head, Cat. of gr. c. Attica, Megaris, Aegina
sind jetzt Ariadne und Minos deutlich gekenn- 20 S. 105 f. Tf. 18, 10. Imhoof-Gardner Tf. DD
zeichnet. Insoweit der Minotauroskampf auf 3 — 6; vgl. die Münze aus Troizen bei Stephani,
rf. Schalen in Verbindung mit anderen Theseus- Th. u. Min. S. 80). Als Vorbild wird für sie.
taten vorkommt, wird auch für ihn ebenso wie die Gruppe auf der Akropolis {Paus. 1, 24, 1)
für diese ein Gemälde als Vorbild anzunehmen in Anspruch genommen {Michaelis, Arch. Zeit.
sein {57f.)y das sich freilich hier selbst offenbar 25, 18G7 S. 31) und von dieser auch diejenige
dem altüberlieferten Typus angeschlossen hat. in der Villa Albani zu Rom {Clarac 4 Tf. 811 A
30. Von Werken der Plastik kommt außer n. 2071 B. Reinach, Eep. d. I. stat. 1, 484) ab-
deno;25 bereits besprochenen Darstellungen zu- geleitet {Welcker, A.D. 2 S. 302. Jahn, Arch.
nächst die Metope vom Schatzhaus der Athener Beitr. S. 266. Arndt u. Ainclung, Phot. FAnzel-
»u Delphi (s. o. 16') in Betracht. Theseus (ohne so aufn. 3 S. 23, 704. Helbiy , Führer d. d. ö. S.
Kopf) in fest anliegendem, feingefälteltem, d. kl. A. i. JRom^ 2, 862 S. 60). Die abweichende
kurzem Gewände faßt den ihm zugewandten, ungeschickte Haltung des r. Arms mit der
aber nicht energisch angreifenden Minotauros Keule auf der Münze kann durch Raummangel
mit der L. um dessen Nacken herum am 1. veranlaßt sein, so daß das albanische Werk
Hörn, in der erhobenen R. zückte er das Schwert. das Ursprüngliche bewahrt haben dürfte. Da-
Minotauros griff wahrscheinlich mit der R. da- gegen entsprach die Armhaltung beim Mino-
nach, um den Stoß abzuwehren; sein Kopf ist tauros, die sich noch fast unverändert auf einem
nach vom und unten geduckt. Mit d. L. packt Salzburger Mosaik in Wien vorfindet {Arndt,
er des Theseus 1. Arm, um ihn von seinem Arch. Anal. Tf. 5. Engelmann, Bilderati. zu
Hörne wegzureißen. Beide schreiten kräftig 40 Omd Tf. 14,92b), entschieden dem Münzbild,
gegeneinander aus {Homolle, Fouilles de Delphes 32. Hiermit stimmt die Minotaurosgruppe
4 Tf. 39; ifeumcÄ, iep. de reZic/s 1, 126, 1). An vom Fries des Heroons von Gjölbaschi-Trysa
der linken Seite des Th. ragt die Schwert- (s. unten 63. 67) überein. In der ausholenden
scheide steif nach rückwärts, wie auf dem sf. R. schwang Th. jedenfalls die Keule, da er das
Bruchstück eines Gefäßes von der Akropolis Schwert nie anders als zum Stoße benutzt.
{Graef, D. ant. Vas. v. d. Akr. zu Athen 2 Tf. 76, Hinter ihm flüchten ein Jüngling und ein
1314). Mädchen als Vertreter der Opfer (Benndorf u.
In engem Zusammenhang mit der Me- Niemann, Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa,
tope stehen eine streng rotfig. Pelike des Va- S. 173 f. Tf. 19, 10; Reinach, Rep. de reliefs 1,
tikan {Gerhard A. V. B. 2, 161. Reinach, Rep. so 459). Dem gleichen Typus schließen sich fol-
2 S. 83, 1) und die Bruchstücke einer Schale gende Werke an: 1. Die Gravierung des ApoUas
im. Louvie {J. Harrison, Journ. of hell. stud. 10, auf dem spätgriechischen Spiegel aus der
1889 Tf. 1 S. 234ff. Wulff S. 63), nur faßt hier Sammlung Muret, dessen Echtheit sicher steht
Th den Min. nicht am Honi, sondern am {Dumont et Chaplain, Les ceram. de la Grece
Maule, und dieser hebt das rechte Bein, ein propre, 2 S. 170 u. 200. Gerhard, Etr. Spieg.
Motiv, das aus dem Vorbild der Florentiner Tf 243 A 2. Arch. Zeit. 1862 S. 302 Tf 146, 2.
Schale (o. Bd. 2 Sp. 3007, 3) und ihrer Ver- De Witte, Arch. Anz. 1867 S. 96. Mylonas,
wandten {Mus. Ital. 3 S. 260, Beinach 1 S. 631) 'EXXriv. ytccTOTirQa n. 35); 2. die hellenistischen
entwickelt sein dürfte. Relief bruchstücke aus Rom und London {Th.
Im ganzen ähnlich ist auch die 0. Bd. 2 60 Schreiber, Die hell. Reliefbilder, Tf. 26); 3. ein
Sp. 3009 abgebildete, um 440 v. Chr. anzu- Sarkophag in Köln {C. Robert, Die ant. Sark.
setzende Metope des sog. Theseion (u. 65) -y 3 Tf 42 nr. 137 b); 4. eine Kalksteinplatte im
diese zeigt aber den Minotauros in wildem Museum zu Pest {Jul. Ziehen, A. A. M. a. Oe.
Angriff, wie dies auf der Hydria F (o. 26) der 13 S. 66 mit Abb., nach Sarnow a. a. 0. S. 12);
Fall ist. In Nachahmung einer Ringergruppe 5. eine Gemme {Mariette , Pierres gr. 1, 76.
umschlingt er den Gegner mit der Rechten, Reinach, Pierres gr. Tf 90), falls sie antik ist.
während seine L. nach dessen Kopf oder Haar Auf attischen Münzen {Head, Catal. Attika
greift. S. 105 Tf 18, 9. Imhoof - Blumer a. Gardner,
705 Theseus (u, Minotauros) Theseus (n. Minotauros) 706
Num. vomm. on Paus. S. 14(5) faßt der Jugend- anderes Bronzewerk des 5. Jahrh. v. Chr. zurück-
lich nackt tiargestellte Th. mit d. L. den ste- zuführen, da hier Minotauros den linken Arm
henden Minotauros am Hörn und bedroht ihn senkt. Der damit verbundene Jüngling gehörte
mit der Keule, oder er eilt dem fliehend nieder- nicht zu der (Jruppe. Vgl, v. Sybel, Katal. d.
sinkenden Gegner mit über dem Koi)f ge- Skulpt. zu Athen nr. 290 S. 53. Kine dritte
schwungener Koule, auf dem 1. Arm das Ijöwen- Form, die als (iriff eines Cistadeckels im Louvre
(e\\,na>Gh{Imhoof-Blamcr-(rar(hi('r 'H.D\)ii—(y. {Ä. de Longperier, notice des bronzes ant. du
Head a a. 0. S. 105, 7(53). Unter etruskischem Louvre, nr. 429, Heinach, repert. d. stat. 2, 510,
Einfluß steht ein llelief aus Volterra {Brunn, 3) und etwas abweichend auf einer Paste in
Urne etrusche 2, 31, 1. Jicinach, JRrp. de rel. lO Berlin (Furtwäufjler, Beschr. d. geschn. Steine
3, 467, 2): Th., nackt mit Chlamy.s über dem im Antiqu. 4228) erhalten ist, verrät sich als
1, Arm, packt mit d. L. das r. Hörn des ihm Umbildung des Ringkampfs zwischen Th. und
aus dem Labyrintheingang entgegentretenden Kerkyon. Eine weitere Stufe des Ringkampfs
Minotauros; dieser faßt mit d. R. den 1. Vorder- zeigen endlich vier von einem Gemälde helle-
arm des Gegners, in d. L. hält er einen Kno- nistischer Zeit abzuleitende pompejanische
<5hen, an dem er kaut. Zwischen den Kämpfern Mosaiken, von denen eines sich noch daselbst
kniet ein Knabe mit erhobenem Schild; hiffter in der casa del Laberinto, die übrigen in
Th. steht eine weibliche Flügelgestalt mit Neapel befinden (Jahn, Arch. Beitr. S. 2(59):
Schwert in d. R. Th. hat seinen Gegner nach rechts hin bereits
33. P]ndlich tritt auch das Ringkampfschema, 20 niedergeworfen, so daß sich dieser mit d. R.
das schon Kachrylion {o.38a) dargestellt hatte, auf den Boden stützt, mit d. L. faßt er die L.
in Gruppen auf. In erster Linie ist ein gegen des Th., der auf ihm kniet und ihn am 1. Hom
Ende des 4. Jahrh. v. Chr. geschaffenes Bronze- packt. Vgl. dazu ein in Sousse in Tunesien
relief aas Olympia {Ausgr. 4 Tf. 24, 4 S. 17. entdecktes Mosaik {Hannezo im Bull, de la
FurtwängJer, Olymp. 4, Bronzef. S. 101) zu societe nat. des antiquaires de France 6, 1892,
nennen. Th. faßt mit d. L. den Kopf des rück- 3 S. 177 f.).
lings auf einen Felsen niedergesunkenen Min., 35. Eine Szene, die sich an die oben 29
welcher mit d. R. d. L. des Theseus packt, um erwähnte anschließt, stellt Th. nach Be^iegung
sie abzuwehren. Dagegen hat Th. mit d. R. des tot zu seinen Füßen liegenden Ungeheuers
d. 1. Fuß seines Gegners emporgezogen, so daß 30 dar, umgeben von den für ihre Rettung dan-
dieser nur noch mit dem 1. Fuß und d. 1. Hand kenden Kindern. So erscheint er insbesondere
den Boden berührt. Sein Stierkopf ist, wie auf Wandgemälden in Pompeji {Heibig, Wand-
a.uf den jüngeren Vasenbildern, trotzdem nach gem. d. v. Vesuv versch. Städte Campaniens,
vorn gewandt. Bei dem jedenfalls der Groß- nr. 1213—15, u. Nachtrag S. 459. Bull. 1875
kunst angehörenden Vorbild dieses Reliefs S. 235. Heydemann, Arch. Zeit. 1872 Tf. 67
scheint das Ringkampfschema zum erstenmal S. 89 f.); er führt als Waffe eine lange Keule,
verwandt worden zu sein, da die ganze Grup- einmal aber Schwert und Speer. Vgl. ein
pierung lediglich eine Nachahmung der Skiron- Stuckrelief ebenda {Mau, Pompeji^ S. 416) so-
metope des Theseion \^i{Monum. d. Inst. 10 Tf. wie das Sarkophagbruchstück des Pal. Castel-
44, 3. Friederichs -Wolters, Die Gipsabg. ant. 4o lani {Matz-Duhn, Ant. Bildw. in Born 2, 2909.
Bildio.^ 351 S. 153). Vgl. das bei den neuen Sachs. Ber. 1878 Tf. 5, 3) und den Theseus-
Ausgrabungen in Ägina gefundene argivische Sarkophag in Rom {M. Mayer, Arch. Zeit. 12,
Bronzerelief derselben Gattung {Furtwängler, 1884 S. 274 mit Abb. Reinach, Rep. de rel.
Berl. philol. Wochenschr. 1901, 31/32 Sp. 1001). 3, 22, 2), auf welchen beiden Reliefs Th. über
34. Der Torso des Minotauros mit Kopf von dem erlegten Min. steht. Auf einem Pompe-
einer Gruppe ver\vandter Art, deren Stil auf janer Monochrom setzt er sitzend die Füße
ein älteres Original als die oben Bd. 2 Sp. 3009 auf den Körper des erschlagenen Gegners und
abgebildete Pergamener Gruppe aus dem oberen spricht mit der neben ihm stehenden Ariadne
Mäandertal (jetzt in Berlin: Conze,3S.Winckel- {Jahn, Arch. Beitr. S. 274). Th., mit starker
mannsprogr. Tf. 1) zurückweist, befindet sich 50 Keule in der R., vor dem im Eingang des La-
seit kurzem im Thermenmuseum zu Rom {L. byrinths liegenden Minotauros erscheint auch
Mariani, Monum. dei Lincei 7, Milano 1897 auf einem Sardonyx des Philemon in Wien {S.
S. 377 ff. Tf. 10 ff. Reinach, Rep. d. l stat. 2 Reinach, Pierres grav. S. 175 Tf. 136, 51 nach
S. 510) und eine Wiederholung des Kopfes im Stosch. Furtwängler, Arch. Jahrb. 3, 1888 S. 324
Vatikan {Amelung, Die Skulpt. d. Vat. Mus. 2, Tf. 10, 5), während er auf einem Amethyst
232 Tf. 44). Sie ist als Nachbildung eines den abgeschlagenen Kopf des Minotauros in
attischen Bronzeoriginals aus der zweiten Hälfte der R. hält und die Keule mit der L. aufstützt
des 5. Jahrh. V. Chr. {Heibig, Führer^ 1, 186 {Furtwängler, Geschn. Steine im Ant. Tf. 50
S. 106) anzusprechen. Theseus muß mit der nr. 6865). Ebenso wird die aus Athen stam-
rechten Hand das r. Hörn gepackt, mit der L. 60 mende Statuette eines mit der Chlamys be-
^den 1. Arm des Ungeheuers zur Seite und kleideten Jünglings, der einen Stierkopf in der
emporgerissen haben; der r. Arm des Mino- L. emporhält, als Th. zu deuten sein (Ä^ie.senY2'%,
tauroa war erhoben und die Hand an den r. Sculpt. ant. de V Ermitage S. 10. Reinach, Rep.
Arm des Theseus zu vergeblicher Abwehr ge- d. l. stat. 3 S. 145, 2). Etruskisch ist ein Relief
legt {Amelung a. a. 0.). Die Reste einer Gruppe zu Volterra {Brunn, Urne etrusche 2, 32, 4.
in Athen {Michaelis, Arch. Zeit. 25, 1867 S. 31 f. Reinach, Rep. de rel. 3, 468, 1): Th., bekleidet
S. Reinach, Rep. de la stat. 2, 604, 3. 693, 2. und mit gebogener Keule in der gesenkten L.,
Arch. Zeit. 1866 Tf. 208, 4. 5) sind auf ein setzt den 1. Fuß auf den abgeschlagenen Kopf
707 Tbeseus (Heimkehr nach Athen)
Theseus (Heimkehr nach Athen) 708
dei Min.; die R. erh»*bt er im Gespräch mit
der ihm gegenüber sitzenden Ariadne, hinter
der eine Dienerin steht. Anf beiden Seiten
bewaffnete.
Ohne den getöteten Minotauros, aber von
S6rettet«n Opfern umgeben, zeigt sich Th. in
mppen {Gerlach, Wörlitzer Ant. Tf. 5 S. 8f
Musee de Lamhise 4, 6. Toulouse, Phot. Clarac
361, 6R. Beinach, Rep. de la stat 2 S. 510).
Als Sieger wird er vor dem Labyrinth von
Athena in Gegenwart zweier geretteter Mädchen
auf einem sf. Becher aus dem Perserschutt
der Akropolis durch Handschlag begrüßt {(haef,
D. ant. Vas. v. d. Akrop. z. Athen 2 Tf. 73,
1280), und auch die ganz ähnliche Begrüßung
durch Athena zu Delphi {61) ist in diesem
Sinne aufzufassen. Auf den gleichen Sieg be-
ziehen sich endlich Münzen von Knosos {Head,
hist. num.^ S. 460 f.), auf denen sein Kopf im
Labyrinth, oder er selbst an dessen Eingang
sitzend, auf einen Stock gestützt und eine Nike
in der Hand haltend, dargestellt ist.
6. Heimkehr nach Athen.
36. Nach Besiegung und Tötung des Mino-
tauros führte Th. mit den geretteten Opfern
einen die Windungen des Labyrinths nach
ahmenden Reigen auf, den ihn Daidalos ge-
lehrt hatte {ScJiol Hotn. IL 18, 590. Eustath.
1156, 61). Daß dieser ebensowohl nach Kreta
wie nach Delos gehört, zeigt der von Daidalos
für Ariadne in Knosos geschaffene x^Q^S (Hom.
a. a. 0.; vgl Philoch. bei Plut. Th. 19), den
noch Pausaniafi (8, 16, 3. 9, 40, 3) im Original
oder einer Nachbildung auf einem Marmor-
relief ebenda sah. Ivvntis, Knossos Excav. 190:i
Brii. Seh. Ann. 9 S. 110, erkennt ihn in einem
Spielplatz zu Knosos, der von zwei Seiten mit
theaterartigen Stufenreihen eingeschlossen ist,
und eine ähnliche Anlage hat sich auch zu
Phaistos gefunden {G. Karo, Arch. f. Religionsw.
7 S. 139; vgl. 145 u. Fig. 26. — Bd. 8 S. 146).
Im auffälligen Gegensatz zu allen sonst bei
Homer erwähnten Reigen tanzen hier Jüng-
linge und Jungfrauen zusammen, nicht, wie die
Stelle gewöhnlich erklärt wird, ein Teil im
Rundtanz, ein anderer in Reihen, sondern bald
in künstlichen (labyrinthischeu) Spiralen, bald
wieder in Reihen gegeneinander, ganz so, wie
der ihm wesensgleiche delische ylgccvo? (s. u.
40 u. vgl. 0. Gruppe, Gr. Myth. 1 S. 254) ge-
schildert wird.
An dem wahrscheinlich im Anfang des
6. Jahrhunderts v. Chr. gefertigten (Hitzig-
Blümner zu Paus. 5, 17, 5 S. 398. Klein, Gesch.
d. gr. Kunst 1 S. 106) Kypseloskasten, wo Th.
neben der einen Kranz haltenden Ariadne die
Leier spielte {Paus. 5, 19, 1), war er bereits
dargestellt, vielleicht auch am amykläischen
Thron (o. Bd. 3 Sp. 2218: vgl. Klein, Gesch. d.
gr. Kunst 1 S. 20öj. Auf diesen offenbar dem
Ariadnekult eigentümlichen knosisch-delischen
Reigen bezieht sich ein Bildstreifen der zwi-
schen 570 u. 560 V, Chr. in Athen geschaffenen
Klitias-Fran^oisvase (o. 18b und Klein, Gesch.
d. gr. Kunst 1 S. 231): Das Schiff ist eben an-
gekommen; ein Jüngling schwimmt ans Ufer
^anders erklärt von Heydemann im 12. Hall.
Winckelmannspr. 1887 S. 64. Boehlau, Arch.
Am. 4, 1889 S. 148. Kenyon, Bakchyl. S. 167.
Wulff, Zur Theseussage S. 183 Anm. 138), und.
ein anderer ist im Begriff sich zu demselben
Zweck ins Wasser zu stürzen. Th. führt die
bereits gelandeten 14 Opfer im Reigentanz und
selbst die Leier spielend der ihn empfangen-
den Ariadne, die ihm die Siegerbinde und den
Knäuel reicht, entgegen {liobert bei Preller,
10 Gr. Myth.* 1 S. 683, 2. Klein, Gesch. d. gr.
Kumt 1 S. 226). Die vor Ariadne stehende
Amme (Korkyne. Plut. Th. 20) erhebt die Rechte
wie zur Abwehr. In ähnlicher Stellung und
ebenfalls von der Amme begleitet erscheint
Ariadne auf dem Vaseubild bei Gerhard A. V. J5.
285. Wien.Vorl. 1889, 2, 2b, währeiul Athene
so
30
r>) ThescuB uiid Axiailne. Iimenbild der Schale des
Kachrylion (nach Murray, De», fr. gr. tatet Tf. 7, Hn).
40
die Leier des Th. hält; vgl. SiepJiani, C. r. 1874
S. 1:^6, sowie Th. und Ariadne auf dem Innen-
bild der Schale des Kachrylion {Brit. Mus.
E 41, früher 827, abgeb. Murray, Des. fr. gr.
V. Tf. 7, 26. Wiener Vorl. D. Tf. 7. Mus. Ital.
3, 1890 Sp. 275f.; s. Abb. 6). Der entsprechende
delische Reigen ist unten 40 behandelt.
37. Nach dem Minotauroskampf segelt Th.
mit Ariadne (s. o. Bd. 1 Sp. 540) (unter Zu-
50 Stimmung des Minos, Apollon. Arg. 3, 1000)
und den geretteten Kindern aus Knosos um
Mitternacht ab {Pherekyd. fr. 106 in d. Schol.
Hom. Od. 11, 321). Daidalos folgt ihm nach
Athen {Var. lect. Hyg. fah. 40).
Nach Pherekydes ließ Th. vorher noch, um
eine Verfolgung unmöglich zu machen, an den
Schiffen der Kreter die Böden einschlagen
(Plut. Th. 19, wo sich auch mehrere euheme-
ristische Deutungen finden; v^l. Philoch. fr.
60 38 ff. bei Müller F. H. G. 1, 390 f. Joann,
Antioch. ebenda 4, 539, 16). Von einer Herr-
schaft des Th. über Kreta spricht Suid. s. v.
@TlGEvg und Alyatov TciXayog; vgl. Malal. 4
S. 87 ed. Bonn. Die Einschiffung der Ariadne
unter Hilfeleistung des Th. ist auf dem Salz-
burger Mosaik dargestellt {Arneth, Arch. Anal.
Tf. 5. Engelmann, Bilderati. z. Ovids met.
Tf. 14, 92 c), wahrscheinlich aber auch schon-
709 Theseus (Heimkehr nach Athen)
7) Theseas und Ariadne. Vaeoubild
ß I (nach Murray, Journ. »f fielt, ntud. 1889 Tf. 8).
auf einer attischen Vase des 7. Jahrh. v. Chr.,
die dem Dipyloustil noch sehr nahe steht. Wie
auf der Kypsele und der Schale des Kachry-
lion (o. 36' Abb. 6) hält Ariadne den rettenden
Kranz in der K.; Th. faßt sie am Knöchel der
L., um sie auf das Schiff hinauf zu führen
{Murray im Journ. of hell. stud. 1880 Tf. 8.
Pemice im Arch. Jahrb. 15, 1900 S. 92 tf. Klein,
Gesch. (l. gr. Kunst 1 S. 74; s. Abb. 7).
Er landete auf der Insel Dia (Hont. Od. 11,
:{26. Pherekyd. fr. 106 beim Schol. Hom. Od.
11, 321. llieokr. 2, 45 f. CatuU. 64, 121. Ovid.
met. 8, 174; ars am. 1, 527 f. Hygin. f. 43.
Euanthes bei Athen. 7, 47 S. 296 c. Phüostr. im.
1, 16, 1. Quint. Smyrn. Posthorn. 4, 389), unter
welcher ursprünglich die Knosos gegenüber-
liegende Insel zu verstehen sein wird {Schoh
Hom. Od. 11, 325), da die älteren Dichter nur
diesen Namen kennen und Dionysoskult in
dieser Gegend durch die nicht weit östlich da-
von liegenden Dionysiades {Diodor. 5, 75) er-
wiesen wird. Später setzt man sie freilich mit
Naxos, einer Hauptkultstätte des Dionysos
(s. 0. 13d. 1 Sp. 1083) und der Ariadne, gleich
{Kallim. fr. 163 iv z/iiy, tb yäg ^ffxf TtaXaixsQOv
ovvoiiK Nd^co beim Schal. Apoll. Bhod. 4, 425.
Diodor. 4, 61. 5, 51. Schal. Theokr. 2, 45; vgl.
Alciphr. epist. 2, 4, 10. Eustath. Hom. Od.
1688, 43. Volkmann, Anal. Thes. S. 6, 5).
Non7ios {Dion. 47, 260 ff. 375 f.) nennt nur
Naxos, auch scheinen die römischen Dichter
im Anschluß an die Alexandriner unter Dia
meist Naxos zu verstehen {Ovid met. 3, 636 f.
690. 8, 174), während es freilich zuweilen als
kleines ödes Eiland geschildert wird {Ovid. ars
am. 1, 528. Catull 64, 133. 152. 164ff. 184 ff.).
Hier trennte sich Th. von Ariadne; über das
Schicksal der Verlassenen sowie über den
Grund der Trennung gehen die Berichte weit
auseinander (s. o. Bd. 1 Sp. 540 und besonders
Volkmann, Anal. Thes. S. 3 ff.).
38. Dieses Schwanken ist offenbar durch
Vermischung einer älteren Sagenform, in wel-
cher Ariadne-Aphrodite*) mit Dionysos verbun-
den war (s. 0. Bd. 1 Sp. 542, 45 ff.; vgl. Sp.l065,
25. 1147, 4), mit der attischen Sage von der
Entführung durch Th., veranlaßt worden. —
Im Gegensatz hierzu sucht L. Pallat, De fa-
hula Ariadnaea, Berlin 1891, zu erweisen, daß
ursprünglich Th., der selbst zum Weinbau in
naher Beziehung stehe, mit der chthonischen
Göttin des Acker- und Weinbaus Ariadne zu-
sammengehört habe, später aber durch den
neuen Weingott Dionysos verdrängt worden sei.
In ähnlichem Sinne deutet Nilsson, Gr. Feste
*) 0. Wulf, Zur Theseussage S. 162, setzt Ariadne der-
jenigen Aphrodite gleich, der als ältester der Moiren (o.
Bd. 2 S. 3089) der Knäuel zugekommen sei, und deutet
■ie so als die Spinnerin von des Theseus Lebensfaden.
Theseus (Heimkehr nach Athen; 710
S. 382, die Vermählung der Ariadne mit Dio-
nysos als Aufsaugen ilires Kultes als Natur-
göttin durch denjenigen des neu eingedrun-
genen Gottes, — Nach den Cretica bei Hygin.
poet. (istr. 2, 5 kam Dionysos zu Minos und
schenkte Ariadne den oben 20 u. )i2 erwähn-
ten Kranz (vgl. Serv. V. Aen. 3, 125), wofür sie
sich ihm ergab. Diese Stelle beweist zugleich
die Tüchtigkeit der von Preller, Gr. Myth.* 1
10 S. 681 , aus anderen Gründen (vgl. o. Bd. 1
Sp. 618, 28) vorgeschlagenen und von Volkmann,
An. 'Thes. S. 6, weiter ausgeführten Deutung
der Worte .Jiovvöov [laQxvQiyGiv l)ei Hom. Od.
11, 325, nach welcher Ariadne wegen der ihrem
früheren göttlichen Geliebten gegenüber be-
gangenen Untr(!ue von Artemis getötet wird.
Vgl. Pherekyd. b. Schal. Hom. Od. 11, 320.
Gerhard, Etr. Spieg. 3 S. 38. O. Gruppe, Chiech.
Myth. 1, 244 f, 604. Deshalb erscheint sie auch
20 auf dem Unterweltsgemälde {Paus. 10, 29, 3:
\g\. Apoll. Phod. 3, 997).
Über die an die jüngere Sagenform an-
schließenden Darstellungen ist oben Bd. 1
Sp. 545 gehandelt worden, doch sind folgende
Bildwerke nachzutragen: 1. Ein von Polygnot
abhängiger attischer Krater, der zwischen 461
u. 451 V. Chr. nach Camarina gelangt ist, jetzt
in Syrakus: Th. wird in Gegenwart des Posei-
don von Atheua bekränzt, ehe er sein Schiff
30 zur Abfahrt besteigt {G. E. Rizzo, Vasi greci
della Sicilia 1. Cratere di Camarini, P. Acc. d.
Line, Man. ant. 14, 1905, 1, 8. P. Jacobsthal,
Th. auf dem Meeresgründe S. 10 ff. Tf. 4, 81 —
2. Th. die Ariadne verlassend, dabei Hypnos
und Athene, auf einem rf. Stamnos, der 1899
vom Mus. of f arts in Boston erworben ist
{Arch. Anz. 1901 S. 167, 25). — 3. Scherbe
eines rf. Kraters im Akad. Kunstmuseum zu
Bonn, äbgeb. von A. v. Salis, Arch. Jahrb. 25,
40 1910 S. 138: Links Eros, mitten die schlafende
Ariadne (nur der bekränzte Kopf ist erhalten),
rechts steigt Th. auf das Schiff. — 4. Wand-
gemälde bei Heibig, Wandg. d. v. Vesuv v. St.
Camp. nr. 1216 — 1221; vgl. Herrmann- Bruck-
mann, Denkm. d. Malerei d. kl. Altert. Tf. 16.
— 5. Sarkophage bei C. Bobert, A coli, of Bom.
sarc. at Clieveden im lourn. af Hell. stud. 20,
1900 S. 81 ff. Tf. 8, in Konstantinopel {derselbe,
Sarkoph. 3, 2, 44, 144. Beinach, Bep. de rel. 2,
50 173, 3) und zu Rom in Privatbesitz {M. Meyer,
Theseus-Sark. in d. Arch. Zeit. 4=2, 1884 Sp. 273 t.
Beinach 3, 22, 2). — 6. Die friesartige Deko-
ration eines Innenraums aus der Zeit Hadrians
{Amelung, Die Skiilpt. d. Vat. Mus. 2, 416 Tf. 61.
Heibig, Führer 1* nr. 220. Bobert, Die ant.
Sark. 3 S. 174. Beinach, Bep. de rel. 3, 362, 3).
- 7) Ein rohes Relief, Ephem. arch. 1896 Tf. 5.
Nach A. V. Salis a. a. 0. und Hauser, Furt-
imngler-Beichhold 3 S. 104 tf., geht dieser Ty-
60 pus auf ein um 400 v. Chr. entstandenes grie-
chisches Original zurück.
39. Eine andere Form des Abschieds er-
scheint auf einer rf. Vase {Jahn, Vas. z. München
nr. 329), auf der Th. der sich abwendenden
Ariadne eine Schale zur Abschiedspende reicht;
auf einer Vase aus Cometo {B. Kekule, Coppa
Cornetana col mito di Arianna, in d. Ann. d.
Inst. 52, 1880 S. 150tf., Man. 11 Tf. 20. Bei-
711 Theseus (Heimkehr nach Athen) ^ Theseus (Heimkehr nach Athen 712
noc/i, Rep. 1, 222) vermittelt dage^n Hermes Reihen yigavog genannten Reigen, der zu dem
die Trennung, wie dies auch Serv.Verg. Oeorg. o. 36 besprochenen kretischen Tanze in eng-
1, 222 andeutet, falls das Bild nicht besser auf aiet Beziehung steht. Er wurde um den aus
Peleus und Thetis (s. d.) bezogen wird. Das linken Hörnern von Opfertieren geschiehteten
Wandgemälde bei Helhig a a. O. nr. 1216 zeigt Altar KegccToav getanzt, der bei den Ausgra-
Th. sitzend, während ihm Ariadne 'ihr Los be- bungen neuerdings wieder aufgefunden worden
jammernd' zuspricht. Auch die Abschieds- ist (Wochcnschr. f. llass. rhu. IdOH, A'2 Sp. l\bl.
szene zweier einander gleicher Tonreliefs aus — Theophr. hei Athen. 10, 24 S. 424 f. Kallim.
der Zeit um Christi Gel.urt {Bull. nmn. 1877 Dd. 308 flf. Dikaiarch. bei JHut. Th. 21. Paus.
Tf. 8. Anh. Zeit. Sb, 1878 S. 181. Heibig, Führer lo 9, 40, 2, 4. Luk. sali. 34. Pollux on. 4, 101.
1« S. 420. — Mon. d. Inst. 1863 Tf. 83. Ann. Hesych s. v. Jrilov y.axbg ßiofiög; vgl. L. Pallat,
1863 S. 459 ff ) bezieht man auf Th. und Ariadne. De fah. Ariadn. S. 4). E. Neustadt, De looe Cre-
Anf einer Vase aus Vulci {Furticängler, Ber- tico S. 31 f., setzt den Tanz demjenigen um den
liner Vas. i. Ant. nr. 2179. Gerhard, JStr. u. Maibaum gleich, während Mannhardt, Myth.
camp. Vas. Tf. 6 f.) wird Th. von Athena ver- Forsch. S. 140, den deiischen Reigen als alten
trieben, während Dionysos sich bereits der Erntetanz deutete, der erst in der Zeit des
Ariadne bemächtigt. Kimou zu Th. in Beziehung gebracht worden
Endlich gab es eine euhemeristische Er- wäre; nach Gruppe, Gr. Myth. 1 S. 21, soll
Zählung, nach der Th. die Ariadne von Minos dies dagegen bereits durch Peisistratos ge-
als Gattin erhielt, weil er den Tauros*) im 20 schehen sein. C. Rohert im Arch. Jahrb 5,
Kampfspielüberwunden hatte (PÄttorÄ. bei 7'ZMt. 1890 S. 225, 11 u. Prellei- Robert, Gr. Myth. 1
Th. 19, 4. Hygin. p. astr. 2, 5; s. 0 Bd. 5 S. 348, 3 erklärt das gestiftete Fest unter Be-
Sp. 150 f. Tauros 9 unten, vgl. Wipprecht, Zur zugnahme auf Kallim. Del. 307—315 für die
EntwicH. d. rational. Mythendeutung 2 S. 32). in den Hekatombaion fallenden Aphrodisien,
Über die Söhne des Th. und der Ariadne s. o. und Nilsson, Gr. Feste S. 380 f., stimmt ihm
Bd. 1 Sp 542, sowie die Artikel Oinopion, Sta- bei. Daß der Tanz abends und unter Be-
phylos, Demophon, Akamas; vgl. Jahn, Arch nutzung von Zugseilen stattfand, beweist die
Beitr. S. 276. Nach TF. Kleins Deutung wer- Auffiihrung von Fackeln und gv^iol in Fest-
den Staphvlos und Oinopion auf einem rf. rechnungen des deiischen Hekatombaion (Bull.
Skyphos aus Orvieto in Wien {Wiener Vorl. E so de corr. hellen. 6, 1882, 23 Z. 189 der Rechnung
Tf. 12, 2. Arch. Am. 7, 1892 S. 173 nr. IM) des Jahres 180; ebenso im Jahre 24fj Z. 16 und
einer Nymphe zur Pflege übergeben, während im Jahre 201, ebenda 14, 1890, 494 A. 2, nach
Athena auf der anderen Seite dem fortziehen- Ntlsson a a. 0.). Aus diesen Tanzseilen könnte
den Theseus einen Zweig reicht (s. o. 6 u. 38). sich vielleicht der Faden der Ariadne ent-
Über des Th. Liebe zu Aigle, der Tochter wickelt haben.
des Panopeus, s. 0. Bd. 1 Sp. 153; 3, 1539. In Nach Bekämpfung des Asterion (s.d.), d.h.
Anlehnung an eine alexandrinische Vorlage des Minotauros, baute Th. auf dem Markt von
findet sich bei Catull. 64, 158 ff. u. bei Nonn. Troizen, wohin er also von Delos aus gelangt
Dion. 47, 373. 390 ff., 404 f. ein Klagelied der sein müßte, der Artemis ZöntEiQu einen Tempel
verlassenen Ariadne {E. Ma^ß im Hermes 24, 40 {Paus. 2, 31, 1; vgl. Kalkmann, Paus. d. Pe-
1889 S. 628). rieget S. 143), die mit einer Aphrodite ver-
40. Die Landung des Th. auf Cypern (s. 0. mischt zu sein scheint {S. Wide, Lak. Kulte
Bd. 1 Sp. 643. Nilsson, Gr. Feste, S. 369) so- S. 122). d. h. jedenfalls mit der auf den Inseln
wie die Nachricht, daß die mit ihm von Knosos des Ägäischen Meeres verehrten Aphrodite-
gekommenen Kreter die Stadt Brenteion (Brun- Ariadne, da nur diese dem Th. gegenüber als
dusium in Calabrien) gegründet hätten {Strabo Retterinin Betrachtkommenkann(s.o.ii^.^5.58).
6, 3, 6 S. 282. Lucan. Ph. 2, 61 Off. u. Schol.-, 41. Bei seiner Rückkehr nach Athen ver^
vgl. 5, 406 u. Schol. Myth. Vat. 2, 12')), ist anlaßt Th., weil er (oder seine heute, Diodor
offenbar zur Erklärung örtlicher Festbräuche 4, 61) die Segel zu wechseln vergessen hatte,
erfunden, und ähnlichen Ursprungs mag die 50 den Tod seines Vaters Aigeus (s. 0. Bd. 1 Sp. 146
oft erwähnte Erzählung von seinem Aufent- u. Hygin. f. 43. Aetna 578 f.; vgl. unten 78 u.
halte auf Delos sein; s. 0. 19. Hier opferte er über dessen Heroon: H. G. LoUing in d. Mitt.
dem Apollon und setzte Kampfspiele zu seinen d. arch. Instit. 1886, Athen. Abt. 11 S. 322 f.).
Ehren ein (Paus. 8, 48, 2, 3), auch errichtete Er landet im Phaleron (vgl. Pyo;}crL 3/20, 23 f.),
er der Aphrodite einen Tempel {Schol. Cällim. bringt daselbst das vor der Ausfahrt gelobte
in Del. 308) und stellte ihr ein von Ariadne Opfer dar, bestattet dann seinen Vater und
empfangenes hermenartiges Holzbild auf, wor- stiftet dem Apollon das am 7. Pyanopsion be-
aus wir auf die Verehrung eines alten Ariadne- gangene Erntefest der Pyanopsia (s. o. Bd. 1
Aphroditebildes in Delos schließen dürfen, wie Sp. 432. Mommsen, Feste d. St. Athen S. 2S2S.)
diese Göttin ja später Aphrodite ccyvri genannt 60 und das Weinlesefest Oschophoria (s. o. Bd. 1
wurde {Bull, de corresp. hell. 1882, 489 tf. 1883, Sp. 1075 u. Mommsen a. a. 0. Preller- Robert,
368); vgl. Hesych. advbv ayvov KQfjtsg. Dann Gr. Myth. 1 S. 207 f.) dem Dionysos und der
stiftete er derselben Göttin den im Hinblick Ariadne, wobei er den oben 8 erwähnten Phy-
auf den Flug der Kraniche in geschlossenen taliden die Besorgung eines ihm selbst ge-
„ _,. ^, . . , ^,. , ^ ^, weihten Ovf eis überträgt {Plut Th. 22 {. Etym.
*) Die Gleichsetzang von ^Iinotauros, Tauros, Talos -.^ ^ „, , o ^; , ^
uBd Asterios wird o. Bd. 5 8p. 8if. behandelt; die ratio- Magn. ^. v. ElgEüiaivri. Procl. exc. gramm. B. y.
naliitiachen Deutungen bespricht 0. Waser ausführlich OiaxO(pOQlcc), das am 8. Pyanopsion als sein
unter Tauros 9; a. o. Bd. 5 Sp. i.'sof. Hauptfest, die Orjosia, gefeiert wurde; s. u. 54.
713 Theseus (König von Athen)
43. Sowie Th. nach seines Vaters Tode die
Herrschaft als siebenter König in Attika über-
nommen hat {Hifffin. f. 4H), veranlaßt er (nach
der zur Zeit der Demokratie herrschenden Sage)
seine Untertanen, die seit Kckrops' (s. d.) An-
ordnung in zwölf einzelnen Ortschaften (noXsig)
gewohnt hatten {Theophr. char. 26, «. Vhlloch.
b. Strabo 9, 1, 20 S. 3ü7. Marm. Far.^ 1, 34.
Etym. m. s. v. 'Knccxgicc xoaQcc. Suid. s. v. 'Enax-
Theseus (König von Athen) 714
den Begründer des attischen Staatswesens
{Aeschin. or. 3, 13 Schal.) zurückgeführt, um
den späteren staatlichen, rechtlichen und re-
ligiösen Einrichtungen einen bestimmten Ur-
sprung zu geben. Die Stiftung der Synoikia
und Panathenaia und der damit zusammen-
hängenden Kultgebräuche wird unten § 5ö be-
handelt. Ebendahin gehört aber die Erzählung,
daß Th. zuerst Münzen, und zwar mit dem
TQia xcoQK. Charax b. Steph. Byz. s. v. k&fjvai), lo Bilde eines Ochsen geschlagen habe {Plut. Th.
seit Ions Ansiedlung aber in vier unter Phy
lobasileis stehenden Geschlechtsverbänden ver-
*^inigt waren {Aristot. Ath.pol. 41), zur Bildung
ines einheitlichen Staatswesens und zur An-
1 kennung von Athen als gemeinsamer Haupt-
stadt, die sich am Süd- und Südostfluß der
Akropolis als die später speziell a6tv genannte
Altstadt entwickelte {Aeschyl. Kum. G8i) f.,
welche Verse aber wahrscheinlich eingeschoben
ind. Thidyd. 2, 15. Isokr. Hei. 17, 35 S. 214.
Aristot. Atk. pol. frg. 2 u. bei Pliit Thes. 25;
vgl. 32. Ps.-Demosth. Neaer. 76. Philoch. bei
Strabo 9, 1, 20 S. 397; vgl. Flut. TÄ. 2u. 24f.;
Eom. u. Th. 4; de exil. 17 S. 607. Cic. de leg.
•J, 2; vgl. Flin. n. h. 7, 56, 200. D/odor. 4, 61.
Bio Chrysost. or. 45, S. 123, 7 Bind. Faus. 1,
22, 3. 26, 6. 8, 2, 1. Schol. Aristoph. Flut. 627.
G. Synk. Chron. p. 172 C. S. 325 Bind.).
In Wirklichkeit bildete sich die älteste An-
25. FoUux 11,60. Schol. Aristoph. av. 1160 und
o. Bd. 5 Sp. 151). Aus diesem Grunde war die
Münze zu Athen wahrscheinlich mit einer Ka-
pelle des Theseus in Verbindung gesetzt, der hier
in Rücksicht auf den von Amphitrite erhaltenen
Kranz {20) i](j(og <ST£q)avriq)6Qog (s. d.) genannt
wurde, wie aus der im Gegensatz zu dem äginä-
ischen Gelde gebrauchten Bezeichnung der atti-
schen Drachmen als ürscpccvricpÖQOv dgccxuai her-
vorzugehen scheint {Boeckh, C. I. Gr. 123 § 4.
Staatsh. 2, 324 f. C. I. A. 2, 46(5 ff. 476. Curtius,
Bie Stadtgesch. v. Athen S. 165). Die Nachricht
wird jedoch als wertlos abgelehnt von Ilead,
h. w.* S. 366. Ferner soll Th. den Gerichtshot'
im Delphinion eingesetzt {Faus. 1, 28, 10. Fol-
liix 8, 10, 119; Tgl. Etym. inar/n. 'EtiI JsXtpi-
vicp S. 359, 4. Flut. Th. 18) und den kunst-
mäßigen Ringkampf {Faus. 1, 39, 3) oder we-
nigstens einige Teile desselben {Schol. Fiat. leg.
edlung jedenfalls im Südosten der Akropolis 30 7, 16, 22 Bekk), insbesondere das Pankration
im Ilissos; dort lagen daher der Königshof des
Aigeus und um ihn herum die alten Heilig-
tümer des Olympieion, Pythion, Delphinion,
sowie der Stadtbrunnen Kallirrhoe. Die Akro-
polis war damals vielleicht nur Fluchtburg in
Zeiten der Gefahr. Theseus (d. h. die späteren
Könige) hat sie zur Herrenburg umgewandelt
und die Adelsgeschlechter von ganz Attika
;Tezwungen, sich ihm zu unterwerfen und in
unter Anleitung der Athene {Schol. Find. Nem.
3, 27. 5, 89) erfunden haben. Als Herakles die
olympischen Spiele einrichtete, rang Theseus
mit ihm, ohne daß einer von beiden besiegt
wurde {Ptolem. bei Fhot. bibl. 151a, 34. Aristipp.
b. Schol. Find. Ol. 11, 83), Über die Stiftung
der nol£ai6x7]Qia {Schol. Aristoph. nub. 28) s.
unten § 54.
Auch die Ausdehnung der Herrschaft des
einem Machtbereich ihre Wintersitze zu bauen 40 ionischen Stammes gilt als Werk des Theseus;
(vgl. C. Wachsmuth, Bie Stadt Athen im Altert.
1 Ö. 393 ff. C. Schuchardt, Hof, Burg u. Stadt
bei Germanen u. Griechen, in der Zeitschr. f.
d. Gymnasidlw. 62, 1908 S. 153. Ilberg-Gerths
Jahrb. 11, 1908 S. 318; s. aber unt. § 78). Dem-
entsprechend war sein eigener Hain und sein
Heiligtum in dem jetzt erst neu besiedelten
nördlichen Teil der Stadt gelegen (s. § 53). Die
Anzahl der noXsig stimmt mit derjenigen der
so erscheint er sogar als Gründer Smyrnas und
anderer ionischer Kolonien in der Gegend des
Sipylos {Tacit. ann. 4, 56. Aristid. or. 20 S. 425,
vgl. 22 S. 440 u. unt. § 76). Besonders aber er-
obert er Megara bis zum Isthmus (s. o. Bd. 4
Sp. 1005 f.). Über ein ohne sicheren Grund von
Heydemann auf die Siegesfeier hierbei bezo-
genes Vasenbild s. Arch. Zeit. 26, 1868, S. 12 f.;
vgl. S. 102 f., abgebildet 23, 1865, Tf. 199. 3:
ionischen Zwölfstädte in Kleinasien deshalb 50 vgl, Heydemann, Gr. Vasenb. S. 11, 18). Bei
überein, weil die ionische Kolonisation nach
dieser (athen.) Auffassung eben von Attika aus-
ging {I. Lezius, Gent. u. lok. Fhylen in Attika,
Fhilol. 66, 3 S. 321 ff ; vgl. Busolt, Gr. Gesch. 1
S. 379 ff.). An die 12 Phratrien denkt Schömann,
op. ac. 1 S. 175, Gr. Altert.'' 1 S. 331. In der
Zeit der Demokratie gestaltete man den Natio-
jialhelden zum Ideal eines demokratischen
Volkskönigs um {Eurip. Suppl. 349 ff. 403 ff.
der Feier der Isthmischen Spiele, bei welcher
die Athener später die Ehre der Proedrie ge-
nossen, sollte er neben oder an Stelle des alt-
korinthischen Kultus des Melikertes (s.d.) den-
jenigen seines Vaters, des ionischen Poseidon,
eingesetzt haben, und zwar, wie man nun
dichtete, zur Sühne für die von ihm erschla-
genen mit ihm verwandten poseidonischen
Heroen Skiron (s. d.) und Sinis (o. Bd. 4, 927,
429 ff.; vgl. aber avcc^ 113. 164. Aristot Ath. 60 57 ff.); er selbst aber trat ebenso wie in Olym-
_?oZ. 41. Isokr. Fanath. 128f.), von dem Aristo-
■phanes {ran. 143) mit Anspielung auf die Ver-
doppelung des Theorikon behauptet, er habe
den Charonobolos verdoppelt. Diese Auffassung
des Th. verherrlichende Gemälde sind unten
§ 68 besprochen.
43. Nach Ausbildung des Hauptzugs der
Sage werden eine Reihe von Einzelheiten auf
RoscHKK, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V.
pia unter den ersten Kämpfern auf {Marm.
Far. 1, 35 f, Hygin. f. 273 S. 147, 12 Schm.
Flin. n. h. 7, 56, 57, 205. Flut. Th. 25. Faus.
1, 37, 3, 4. Schol. Find. arg. ad Isthm. S. 515.
Schol. iSficandr. Alex. 605), Als Sieger im
Waffenkampf bei diesen Spielen bezeichnet ihn
Anon. Corinth., s. Bio Chrys. ed. Bind. 2 S.297,3.
Vgl. Wagner, Epit. Vat. S. 121. Auch in Delphi
24
715 Theseus (Amazonenkampf) Theseus (Amazonenkampf) 716
gab es einen BriöBla genannten OTi(Plut TÄ.ö). Diodor. 4, 28. Ära. Eurip. Hipp. Z. 2. Eustath.
In Rücksicht auf diese Bejjründung des atti- z. Ih 8, 189; vgl. R. Wagner, Eh. Mus. 46,
sehen Staatswesens durch Theseus werden die 1891 S. 398. Klügmann, Die Amazonen S. 62),
Athener später ebenso wie Ksxgoniöai oder oder an ihrer Stelle Glauke und Melanippe
'Eiffx^stScct auch Sriastdai genannt {Soph. Oed. {Apollod. epit. 1, 16 u. 6, 2; vgl. R. Wagner,
Col. 1066 u. Schol. Said. s. v. lyxotov. Habron Apollod. epit. 19, 2 u. dazu S. 138 f.). Über die
bei Steph. Byz. s.v. k9^vai. C. 1. A. 1 S. 862 Verbindung der Antiope mit Th. und ihren
nr. 147; vgl. öijcrijtarfijs in der Weihinschrift Tod s. o. Bd. 1 Sp. 383 u. 269; Bd. 3 Sp. 2220,
C i. G. 6280). Zum ganzen Abschnitt vgl. besonders aber iL /M(;7«a«n a. a. 0. S. 18 tf. Über
&5Ä<3>wawn, Gr. -4i/er<.* 1,827 f. 332. WacÄsmutA, 10 die dem Th. zugeschriebene Gründung von
D. Stadt Athen i. Altert. 1 S. 453 fif. Curtius, Pythopolis {Mentkr. b. Plut. TT». 26) s. Soloeis.
Die Stadtgesch. v. Athen S. 39 ff. Busolt, Gr. Auf seiner Gattin Hippolyte Veranlassung
Gesch. 1, 886 ff. Hermann- Thumser, Chr. Stcutts- unternimmt er einen Zug gegen Theben, auf
altert. S. 805. Gilhert, Hdb. d. gr. Staatsaltert.* dem diese ihn nicht begleitet, weil sie schwan-
1 S. 112 f. V. Wilamotcüz-Moellendorff, Philol. ger ist {ßtat. Theb. 12, 636 ff.). Ihr oder der
untersuch. 1, 8, 101. — C. A. Fickler, de Theseo Antiope Sohn ist Hippolytos (s. d.). Das mit
popul. Athen, imp. quem dicunt auctore, Donau- dem Theseusfeste in Verbindung stehende
eschingen, Schulprogr. 1838. I. D. H. Meyer, Amazonenopfer behandelt Mommsen, Feste d.
de Theseo Athen, condit., Osnabrück 1846. Stadt Athen S. 290.
Th. Kausei, de Thesei synoecismo, Frogr. Dil- 20 Zur Sagenentwicklung vgl. E. Prigge, De
lenburg 1882. ' Thesei rebus gestis quaestionum cap. duo, Mar-
burger Diss. 1891 S. 6 ff. A. Deloraine Corey,
7. Amazonenkämpfe nnd ünterweltsfalipl. i>e Amazonum antiquiss.ffig., Berliner Diss.
44. Als Begleiter des Herakles auf seinem 1891 S. 46 ff. R. Wagner, Epitoma Vat. ex
Zuge gegen die Amazonen {Hegias Troez. bei Apollodori Bibl. S, 137 ff. P. Friedländer, He-
Paus. 1, 2, 1. Philoch. b. Plut. Thes. 26, 1. rakles S. 137 f. 169 f.
Apollod. Epit. Z, 1. Pheidins b. Paus. 6, 11, 4. 45. Auf Vasenbildern wird in späterer Zeit
Eurip. Heraclid. 217. Schol. Pind. Nem. 3, 64. dieser Kampf häufig geschildert, während von
Etym. m. s. v. "Ecpsöog) gelangt Th. mit H. nach hierher gehörigen sf. Vasen nur eine durch In-
Themiskyra am Thermodon.*) Trotz der Be- so Schriften gesichert ist {Jahn, Vas. d. K. Ludw.
lagerung können die Helden die Stadt nicht 7 S. 4); vgl. aber Gerhard, A. V. 3, 43; 2, 65
eher nehmen, als bis sie die Amazone Antiope u. 68. Stephani, C. R. 1866 S. 167 ff. Studniczka
aus Liebe zu Th. überliefert (vgl. Achills Liebe im Arch. Jahrb. 2, 1887 S. 140. Die Denk-
zn Penthesileia), welche dieser nach anderen mäler, auf denen Theseus in Verbindung mit
Angaben als Eampfpreis von Herakles erhält Peirithoos oder Phorbas auftritt, sind 0. Bd. 3
(o. Bd. 1 Sp. 383 u. Hygin. f. 30). Nach der Sp. 1782 ff. u. 2428 f. angeführt. Nachzutragen
verbreiteteren Darstellung unternahm Th. diesen ist ein Krater in Madrid {Leroux, Vases grecs
Zug gegen die Amazonen nach dem des He- ßt italo-gr. nr. 170 Tf. 22). Die von Theseus
rakles {Herodor. b. Apollod. bibl. 2, 6, 3, 6) bekämpften Amazonen werden inschriftlich bald
zusammen mit Peirithoos (0. Bd. 3 Sp. 1769 u. 40 Hippolyte (0. Bd. 1 Sp. 2680 u. eine Lekythos
1766) auf einer eignen Flotte, wobei er die feinen Stils im Mus. of fine arts zu Boston
Antiope zur Gefangenen machte {Pherekyd., nr. 44), bald Andromache (0. Bd. 1 Sp. 345),
Hellan., Herodor. b. Plut. Th. 26, 2. Stat. Melusa oder Melosa (0. Bd. 2 Sp. 2649 u. 2652
Theb. 12, 519 ff. Schol. Hom. II. 3, 189 Dind. u. ein rf. Stamnos schönen Stils im Ashmolean
Bd. 3. Tzetz. Lyk. 1332 ; vgl. Diodor. 4, 28). Mus. zu Oxford mit den Namen Theseus, Rhoi-
Oder die Amazonen sandten ihm bei seiner kos, Melou8a,^rc/t.^?i2^. 1897, 2 S. 74) oder Anti-
Landung durch Antiope Geschenke, und er aneira (0. Bd. 1 Sp. 370 und unt, § 63) genannt,
entführte sie (o. Bd. 1 Sp. 383); nach Isokrat. Vgl. auch unsere Abb. 21 unt. Sp. 758.
Panath. 193 u. Menekr. b. Plut. Th. 26 scheint Theseus ist meist nur mit Helm, Schild und
sie sich ihm jedoch freiwillig angeschlossen 50 Lanze oder Schwert bewaffnet, sonst aber nackt,
zu haben, oder er nahm sie in Attika selbst ohne Panzer und Beinschienen; einmal kämpft
gefangen (o. Bd. 1 Sp. 383 ; vgl. Pind. b. Paus. auch er zu Pferde. Bei der Entführung um-
1, 2, 1). Dagegen gilt die Gefangennahme ge- faßt er entweder die Antiope, um sie fortzu-
wöhnlich erst als Grund für den Einfall der tragen (z. B. 0. Bd. 3 Sp. 1777), oder er hat
Amazonen in Attika {Isokr. Panath. 193. Dio- sie bereits auf seinen Wagen gehoben, wo sie
dor. 4, 28; vgl. 0. Bd. 1 Sp. 269), während zuweilen von Peirithoos und Phorbas festge-
iyil'opÄron(^Zea;. 1331 f. u.J<g;ctzes dazu) Theseus halten wird {Gerhard, A. V. 3, 44, 52).
selbst den Gürtel der Amazonenkönigin rauben Auch die Sagenform, nach der Antiope dem
und die Orthosia entführen läßt. Unter die- Theseus freiwillig folgt, findet sich auf einem
sem Beinamen der Artemis ist hier jedenfalls 60 Vasenbild {Gerhard, A. V. 3 Tf. 168. Welcker,
Antiope zu verstehen, obwohl ihn die jüngeren A. D. 3 Tf. 22, 2. Reinach, Rep. 2, 86, 2);
Schollen z. d. St. auf Hippolyte beziehen. vgl. Gerhard, Etr. Spiegel 3 S. 40 Tf. 306. Auf
Freilich wird auch diese als die von Theseus das friedliche Zusammentreffen des Th. mit
entführte Amazone genannt (0. Bd. 1 Sp. 2680 f. Antiope, die an der Quelle Kallirrhoe ihre
und Simonides bei Apollod. epit. 1, 16 u. 5, 2. Pferde tränken will, bezieht Svoronos 'Eg^. r.
(ivrifi. xov 'EXev6. (ivöT. v,vyiXov S. 469 ff., einen
*) Eine eigentümUche Deutung die.ee Abeateners ebenda Fig. 20 abgebildeten Sardonyx des
bietet TT. Leon/iard, Hettiter u. Amazonen s. i8ff. Pariser Münzkabinetts {Chobouillet, Cat. d. cam.
717 Theseus (raubt Anaxo etc.)
et pierres grav., Paris 1858, S. 18 nr. 106. Ba-
belon, Guide au Cah. d. med., Paris 1900, S. 109
Fig. 62 nr. 148). Auf der einen 8eite des
Brunnens steht der fast nackte Heros, das
Scliöpfseil haltend, auf der andern kauert die
Amazone, im Begriff aus dem emporgezogenen
Kruge zu trinken; im Hintergrund eine bärtige
Herme. Da nichts der Art überliefert ist, bleibt
die Deutung zweifelhaft; doch vgl. Svoronos
a. a. 0. S. 396. lO
Mit dem Aufschwung der Theseusverehrung
zu Ausgang des (5. Jahrh. v. Chr. tritt ebenso
wie in der Vasenmalerei in der Großkunst sein
Amazonenkampf an die erste Stelle. Dies zei-
gen sowohl die Werke der Plastik (u. 61 f.) als
die Wandgemälde des Polygnot und seiner Ge-
nossen (u. 63), und auch für die ganze Folge-
zeit bleibt in der Kunst der attische Amazo-
nenkampf maßgebend, obwohl die Gestalt des
Theseus oft nicht kenntlich gemacht ist, wie 20
besonders niemals auf den Sarkophagen {Bohert,
Ant. Sark.-Kel 2 S. 76). Über Tb. im Kampf
mit der Amazone an dem sog. Stackelberg-
schen Throne vgl. Michaelis im Journ. of hell,
stud. 1884 Tf. 48, 5 S. 146 ff. Auch ist zu den
o. Bd. 1 Sp. 277 f. angeführten Bildwerken eine
im Museum zu Chalkis befindliche Gruppe nach-
zutragen, die vom Westgiebel des ApoUontem-
pels zu Eretria stammt. Nach FurtwänglerB
{Äegina 1 S. 321 ff.) Deutung trägt hier Theseus 30
die Antiope hoch emporgehoben fort, um mit
ihr den Wagen zu besteigen, doch ist von dem
Helden nur Oberkörper und Kopf erhalten.
46. Nach Antiope soll Theseus eine Troi-
zenierin Anaxo (o. Bd 1 Sp. 336) geraubt haben ;
auch wird er noch mit Jope (s. 0. Bd. 2 Sp. 293
u. Hippe Bd. 1 Sp. 2666) in Verbindung gebracht.
Über seine Beziehungen zu den Töchtern des
Kerkyon und des Sinis s. d. Art. Sinis 0. Bd. 4
Sp. 927. Auf falscher Lesart beruht wohl der 40
ihm zugeschriebene Raub des Chrysippos (JTy^m.
/'. 271), auf Verschreibung seitens des Vasen-
malers die Liebesverfolgung der Thetis auf
einem Lekanedeckel (Stephani, C. R. 1877
Tf. 5, 6 S. 257 f. ; Graef im Jahrb. d. arch. Inst.
1886 S. 204; s. 0. 20), sowie vielleicht der Raub
der Korone (s. d. u. hier 46 am Ende).
Euripides {Hipp. 34 ff.) läßt den Theseus
wegen der Tötung der ihm blutsverwandten
Pallantiden (s. d.) zur Sühne des jxiaGfKx mit 50
seiner Gattin Phaidra auf ein .Jahr nach Troi-
zen in die Verbannung gehen.
Die Vermählung mit Phaidra, die ihm den
Akamas und Demophon gebar, ihre Liebe zu
ihrem Stiefsohn Hippolytos und ihr Tod sind
bereits ausführlich unter diesen Namen be-
handelt.
Ebenso steht es mit der Verbindung des
Theseus und Peirithoos, dem Raub der Helena,
als deren Tochter von Theseus Iphigeneia ge- 60
nannt wird; ferner mit dem Gang in die Un-
terwelt und der Befreiung aus dieser durch
Herakles, sowie endlich mit dem Kentauren-
kampf während der Hochzeit des Peirithoos
(s. 0. Peirithoos und Helena).
Nachzutragen ist folgendes: Raub der He-
lena durch Th. auf einem Tonbecher (C. Ro-
bert, Hom. Becher im 50. Winkelmannpro gr.,
w
Theseus (ünterweltsfahrt)
718
Berlin 1890, nr. k). In der o. Bd. 1 Sp. 1934
Z. 4 angeführten Stelle Schot. Lyk. 513 ist statt
Ömgoig mit v. Wilamowitz- Moellendorff' Jovgig
zu lesen, der also berichtet hat, Helena sei
erst nach der Geburt der Iphigeneia von Th.
zurückgegeben worden (JB. Holland, Heroen-
vögel in d. gr. Myth. S. 8).
Vor Aphidnai kämpfte anf seiten der Dios-
kuren der Heros eponymos der megarischen
Ortschaft Alykos, der Sohn des Skiron, und
wurde von Theseus getötet {Hereas bei Plut.
Thes. 32), während nach anderer Überlieferung
Timalkos, der Sohn des Megareus, dort durch
seine Hand fiel {Paus. 1, 41, 4. 42, 4).
Auf die Fesselung des Theseus und Peiri-
thoos in der Unterwelt ist außer den o. Bd. 3
Sp. 1787 ff. aufgeführten Bildwerken ein durch
R. von Schneider im Arch. Jahrb. 18, 1908
Tf. 7, 2 veröffentlichtes Berliner Marmorrelief
8) Herakles, reirithoos und Theseus iu der Unterwelt.
Marmorrelief in Berlin (nach Arch. Jahrb. 18, 1903, Tf. 7, 2).
des 5. Jahrh. v. Chr. zu beziehen, das dieser
ebenda S. 92 zweifelnd als Hochzeitsmahl der
Leukippiden deutet (Abb. 8). Studniczka, Fries-
platten vom ionischen Tempel am Ilissos, Win-
ckclmannsf., Leipzig 1910, denkt an die Über-
raschung der Athener durch die Pelasger,
Herodot 6, 137; Reinach, Rep. de rel. 2, 426, be-
zeichnet es als unerklärt. Die beiden Freunde
sind auf ihrem Felsensitz festgewachsen und
betrauern ihr Geschick; zu den Füßen des
Theseus liegt der Reisesack und sein Schild,
unter Peirithoos sein pilosähnlicher Helm.
Herakles betrachtet sie, auf seine einst durch
Bemalung angedeutete Keule gestützt (vgl. o.
Bd. 1 Sp. 2500), noch zweifelnd, ob er ihre Be-
freiung versuchen soll. Die zugehörige, ebenda
Tf. 6 abgebildete Reliefplatte ist jedenfalls als
Raub der Helena zu erklären, da die Kompo-
sition dem 0. Bd. 1 Sp. 1933 f. vorgeführten
Vasenbild sehr ähnlich ist. Die Reihenfolge
der Gestalten ist umgekehrt: Th. hat Korone
emporgehoben, Helena wird von Peirithoos ver-
folgt, falls nicht, wie oben Bd. 1 Sp. 1956 ver-
mutet wird, die Namen vertauscht sind (vgl. o.
Bd. 2 Sp. 1385); eine Dienerin ist auf dem
Relief hinzugefügt. Die dritte Platte {ebenda
Tf. 7, 1) ist demnach ebenso auf die beiden
Freunde zu beziehen; vielleicht stehen sie sin-
nend vor dem Eingang in den Palast des Hades
wie auf der Ruveser Vase in Karlsruhe (ob. 1,
1809. 3, 1786); Pilos, Schild und Reisepack
liegen auf einem zugehörigen Plattenbruchstück
neben ihnen, das noch den 1. Fuß einer dritten
24*
719 Theseus (Verbannung, Tod etc.)
Gestalt zeigt. Die Ton Studniczka beigefügte
Wiener Platte {Reinach a. a. 0. 5) nimmt viel-
leicht auf den Schutz Bezug, d^^n Theseus dem
sterbenden Oidipus und seinen Töchtern gegen
den Angriff des Kreon gewährt. Links sucht
sich Kreon des auf dem Felsen sitzenden Oidi-
pus zu bemächtigen; Antigone bittet den The-
seus, der ihre jüngste Schwester lokaste (ob.
Bd. 3, 728) bereits auf den Arm genommen
hat, kniefällig um Hilfe. Ismene umklammert lO
schutzflehend einen säulenartigen Altar, von
dem sie ein bewaffneter Thebaner hin wegreißt;
vgl. unten § 53. *)
8. Verbannan^, Tod and Bestattung.
47. Über den Tod des Th. gab es verschie-
dene Sagen {Paus. 1, 17, 4); nach der einen
blieb auch er ewig in der Unterwelt {Od. 11,
631. Verg. Ae^\. 6, 61 7 f.; vgl. Hygin bei Gell,
n. a. 10, 16 ff. Propert. 2, 1, 37. Polygnots ün- 20
terweltsbild bei Paus. 10, 29, 9 vielleicht nach
der Minyas). Val. Flacc. Arg. 2, 192 ff. schil-
dert seine Folterung durch Tisiphone, die ihm
abscheuliche Speise und Trank reicht und ihn
mit schwarzen Nattern umschlingt. Vgl. 0. Bd. 3
Sp. 1782 ff. Abb. 10 u. 14. Herodor, der um
420 V. Chr. ein Werk über Herakles schrieb,
berichtete nichts von der Befreiung des Theseus
durch diesen {fr. 34 bei Müller F.H. G. 2 S. 37).
-Nach der gewöhnlichen Überlieferung hatte 30
dagegen Menestheus während seiner Abwesen-
heit das Volk von Athen gegen Th. aufge-
wiegelt> und da er die Dioskuren bei der
Rückforderung der Helena unterstützte, wurde
er von ihnen als König eingesetzt (o. Bd. 2
Sp. 2792), Demophon und Akamas aber mußten
zu Elephenor, dem König der Abanten auf
Euboia, fliehen (o. Bd. 1 Sp. 1240). Bei seiner
Rückkehr aus der Unterwelt zog Th. zunächst
mit einem Heere dem Herakles gegen den in 40
Theben herrschenden Lykos (s. d. nr. 5) zu
Hilfe {Eurip., Herc. für. 1163 ff.), oder er sandte
den Athener Thrius, den Eponymos des Demos
Thria, zu seiner Unterstützung {Steph. Byz. s. v.
SQiovg)\ dann brachte er den in Wahnsinn
verfallenen Freund zur Reinigung von seiner
Blutschuld mit nach Athen und weihte ihn in
die eleusinischen Mysterien ein {Plut. Th. 30.
33). Auf dem Bruchstück einer rf. Vase aus
Pantikapäum (0. R. de St. Petersb. 1869 S. 181, 50
AÜ. Tf. 4, 2. Reinach, Rep. 1 S. 31, 17; s.
Abb. 9) steht er in eifrigem Ge&präch vor dem
sitzenden Herakles (-xItj?). Da beide mit l>or-
beer bekränzt sind, dürfte das Bild auf diese
Reinigung zu beziehen sein. Die Mysterien-
weihe sieht auf dem Reliefrichmuk einer Mar-
*) Erit w&hrend der Dracklegnng wird mir eine Deu-
tang dieser Friesreliefs bekannt, die A. Brückner in den
Wiener Jahrethe/ten 13, 1910, 8. 50 ff. gegeben hat. Sie stimmt
in der Hauptsache mit der hier gebotenen überein, nur 60
betrachtet er die Gestalten der ersten Platte als Toten-
richter, trotzdem sich die zweite von ihnen auf eine Keule
stützt. Die Gruppe der Wiener Platte erklärt er als die
Flucht des Tyndareos aus Sparta, der Helena auf dem
Arme trägt, am sie dem (nicht dargestellten) Theseus zu
übergeben. Auch verweist er noch auf zwei etr. Spiegel
{Gerhard, Etr. Sp. 2, 131. 4, 359), auf denen Hermes, bzw.
eine Lasa, den beiden festgewachsenen Freunden den
Sprach des Totengerichts verkündet.
Theseus (Verbannung, Tod etc.) 720
9) Herakles und Theseus. Vasenbrachstüok aus Pantikapäum
(nach C. R. de St. Peterib. 1869 All. Tf. 4, 2).
morume, die o. Bd. 2 S. 1358 Fig. 8 abgebildet
ist, E. Caetani Cont. Lovatelli im Bull. d. comm.
arch.com. 7, 1879 S. 6ff., Th. aber ist dabei
nicht dargestellt; vgl, Svoronos, 'Eqiv. t. /ti/rj/i.
rot) 'EXsva. fiuar. tivyiXov S. 476 f. — Schließlich
übergab er die für ihn selbst in den einzelnen
Demen ausgeschiedenen Krongüter mit Aus-
nahme von vieren dem Herakles aus Dankbar-
keit für seine Rückführung aus dem Hades
{Eurip., Herc. für. 1322 ff. 1421. Philoch b. Plut.
Th. 35. Ael. v. h. 4, 5. Aristid. or. 5 S. 58f,or.
38 S. 723 ed. Bind.), ein Sagenzug, durch den
man offenbar später die Tatsache der weit
ausgebreiteteren Verehrung des Herakles als
eine Folge der Dankbarkeit des attischen
Nationalhelden zu erklären suchte {H. Dettmer,
De Hercule Attico. Bonn 1869. v. Wilamowitz-
Moellendorff, Eurip. Herakl. 2 S. 275). Eine
andere Deutung bei Göttling, B. d. sächs. G. d.
W. 6, 1854 S. 15. Nach Eurip., Herc. für.
1386 f. begleitete Th. dann noch den Herakles
auf seine Bitte nach Argos, als er den Ker-
beros zu Eurystheus brachte. Auch schützte
er {Isokr. Hei. 31. Diodor. 4, 57, 6. Paus. 1,
32, 5. Val. Max. 5, 3, 3) oder Demophon seine
Kinder gegen dessen Verfolgung (o. Bd. 1
Sp. 1432).
4S. Das von Menestheus aufgewiegelte Volk
wollte jetzt dem Theseus nicht mehr wie früher
gehorchen, und als er Gewalt brauchte, unter-
lag er. So sandte er seine Kinder zu Elephe-
nor, sprach zu Gargettos an der Stelle, wo
später das Araterion gezeigt wurde (ätiologische
Sage), einen Fluch über Athen aus und ging
als Verbannter ( Val. Max. 5, 3, 8) nach Skyro^,
wo er von seinem Vater oder von seinem Groß-
vater Skyrios (o. Bd. 1 Sp. 145) ererbte Land-
güter besaß {Philoch. b. Plut. Th. 35 und im
Etym. Magn. s. v. &qccti]qiov. Diodor. 4, 62.
Plut., De exil. 17 S. 607). Nach Paus. 1, 17, 6
beabsichtigte er eigentlich nach Kreta zu Deu-
kalion (den er freilich nach anderer Über-
lieferung getötet haben sollte, o. Bd. 1 Sp. 997)
zu gehen, wurde aber durch den Sturm nach
Skyros verschlagen. Die spätere demokratische
Auffassung ließ ihn die Strafe des Ostrakismos,
die er selbst eingeführt haben sollte, erleiden
{Theophr. char. 26, 6 u. bei Said. s. v. Scqxt]
ZüvQia, sowie bei Eustath. Hom. II. 782, 55.
Suid. s. V. ©r]asloLOiv. Euseh. Chron. in d. Ecl.
hist. bei Gramer, anecd. gr. Paris. 2 S. 196,
21 f. G. Synkell. Chron. p. 172 C S. 325 Dind.),
und zwar auf Betreiben seines Oheims Lykos
(0. Bd. 2 Sp. 2187 f.), der einst von Aigeus sei-
721 Theseus (Tod, Bestattung) Theseus (Argonaut, kalyd. Jüger) 722
nes Besitzes beraubt worden war (Bd. 1 Sp. 145. Nach späterer Auffassung wurde Theseus
Bd 2 Sp. 2186. Schol. Aristoph. Plut. 627; vgl. gleich anderen Heroen unter die Gestirne er-
Eudoc. b. Villoison, anecd. 1 S. 227), oder aus hoben, und zwar sah man ihn entweder in dem
Furcht wegen des Raubes der Helena {Tzetz. z. Engonasin genannten Sternbild, indem man an
Lykophr. 1324; vgl. Diodor. 4, 63), oder weil das mühsame Aufheben des Steins, unter dem
er durch seinen Fluch den Tod des Hippoljtos Schwert und Schuhe seines Vaters verborgen
veranlaßt hatte (Phüostr. heroic. 19, 8 S. 731; waren, dachte (Hegesianax bei Hygin. Astron.
vgl. Athen. 13, 10 S. 560 c). In Athen sollte 2, 6; vgl. 5), oder man bezog den Ophiuchos
er dreißig Jahre geherrscht haben (Euseb. ex- {Theon z. Arat. 75) auf ihn, welche Sternbilder
cerpt. chron. bei Gramer, anecd. gr. Paris. 2 lo aber auch dem Herakles gleichgesetzt wur-
S. 138, 13. Ed. hist. ebenda S. 11)6, 20). den. Die in der Nähe des Engonasin sicht-
49. Als Theseus vom König Lykomedes seinen bare Lyra wurde für diejenige des Theseus er-
Besitz zurückforderte, führte ihn dieser aus klärt {Anakreon b. Hygin, Astr. 6). Ebenso
Furcht für seine Herrschaft {Aristot. Ath. pol. betrachtete man das Sternbild der Krone als
frg. 4) auf einen Felsen, angeblich um ihm den Kranz, den er von Amphitrite oder Thetis
seine Güter zu zeigen, stieß ihn aber plötzlich erhalten hatte (o. 20). Bei Lukian {hint. ver.
hinab, so daß er starb {Hcraclid. Lemb. 1, 2 2, 19. 22 f.) erscheint Th. auf der Insel der
bei Müller F. U. G. 2, 208. Paus. 1, 17, 6. Seligen, wo er neben Achilleus an der Spitze
Schol. zu Aristoph. Plut. 627). Nach andern der Heroen gegen die Bösewichter kämpft,
kam er in ähnlicher Weise infolge eines zu- 20
fälligen Fehltritts um (Plut. Th. 35; vgl. Cim. 9. Einreihung in fremde Sagen.
8. Lycophr. Alex. 1324 ff. u. Tzetz. dazu), oder 50. Das Bestreben, den attischen National-
er sollte der Gattin des Lykomedes nachge- heros nicht durch den Ruhm des dorischen He-
stellt haben {Lykophr. bei Eustath. Hom. 11. rakles überstrahlen zu lassen, hat bewirkt, daß
S. 782, 54. Suid. s. v. clqx^ H-kvqlcc). Usener, in späterer Zeit Theseus auch zu einigen alten
Göttern. S. 200 f. erklärt die Tötung des The- Mythen in Beziehung gebracht wurde, denen
seus durch Lykomedes als Gegenstück zu der er ursprünglich durchaus fremd war. Die
Vertreibung des Lykos, der letzterem nahe stehe, Sprichworte ovx avev ys Gria^cog {Zenob. prov.
durch Aigeus (s. o. Lykos nr. 6 u. unten § 82). 5, 33. Plut. Th 29. Suid. s. v. Eustath. Hom. 11.
O. Wulff, Zur Theseussaqe S. 174, nimmt an, so 1129, 54) u. aXioff outo? 7/eo;x>L^S {Plut. Th. 29.
daß die Insel Skyros überhaupt nur infolge . Suid. s. v. Pausan. bei Eustath. Hom. 11. S. 589,
eines Ausspruchs des delphischen Orakels, nicht 42 ff. Gaisford, Paroem. gr. 1 S. 6. Cod. Bodl. 46.
aber wegen eines dort bestehenden Heroenkults Ptol. Heph. b. Phot. bibl. p. 151a 37) und die
als Begräbnisplatz des Theseus gegolten habe.*) Bezeichnung beider Heroen als kxalQoi {Me-
Nachdem man nämlich in der Schlacht bei nander de epideict. 625 b. Walz, Rh. gr. 9 S. 259)
Marathon Theseus aus der Erde aufsteigen und bringen die gleiche Absicht zum Ausdruck,
auf Seiten der Griechen kämpfen gesehen zu Über des Th. Verhältnis zum homerischen Hei-
haben glaubte {Plut. Th. 35. Paus. 1, 15, 3), denkreis ist noch unten § 7i zu handeln; jeden-
wurden nach einem im Jahre 476/75 v. Chr. falls aber wurde, er in die Sage der Argonauten,
eingeholten, delphischen Orakel {Aristot. b. 40 der kalydonischen Eberjagd und in den Zug
Schol. Vat. Eurip. Hipp. 11. Plut. Th. 36. He- der Sieben gegen Theben erst spät eingescho-
raclides Ponticus 1, 2 bei Müller F. H. G. ben (vgl. Plut. Th. 29).
2, 208; vgl. Paus. 3, 3, 7) seine Gebeine auf Als Teilnehmer am Argonauten zug tritt
der eben damals eroberten Insel Skyros er auf bei Apollod. bibl. 1, 9, 16, 8. Hygin. f. 14
{v. Wilumowitz-Moellendorff', Aristot. u. Athen S. 46 Schm. Stat. Theb. 5, 432. Achill. 1, 157;
1 S. 146. Robert, Marathonschi. S. 52. Ed. vgl. 0. Bd. 1 Sp. 533. Auf einem Mißverständ-
Meyer, Geschichte des Altertums 3 S. 493 f. . nis beruht wahrscheinlich die Angabe zweier
Busolt, Gr. Gesch. 3 S. 103 Anm. u. S. 106) Aristophanesscholiasten, daß Theseus den He-
aufgefunden und von Kimon {Com. Nep. rakles zur Teilnahme veranlaßt habe {Cod.
Cim. 2. Diodor. 4, 62, 4) kurz vor der Feier 50 Paris. Q bei Duebner S. 607 und Cod. Bodl.
der Dionysien mit großem Gepränge nach Athen BorviU. 10, 1. 3, 13; vgl. G. Türk, De Hyla,
übergeführt (nicht erst im Jahre 468 v. Chr., Breslauer* philol. Abh. 7, 4 S. 13 f.).
wie man fälschlich aus Plut. Cim. 8 geschlos- Unter den Jägern des kalydonischen
sen hat). Hier setzte man sie in dem umfang- Ebers wird Theseus angeführt bei Apollod. bibl.
reichen neben dem Gymnasien des Ptolemaios 1, 8, 2, 4. Ovid.met. 8, 302. 404, Hygin. f. HS.
{Plut. Th. 36) nahe der Burg {Aristot. Ath. pol. Paus. 8, 45, 6. Zenob. 5, 33 und ebenso bei
15) gelegenen alten Theseustemenos, in wel- Suid. Paroem. gr. ed. Gaisford 1 S. 88. C. Bodl.
chem inzwischen, vielleicht schon 474 v. Chr., 731. Die Darstellungen der Jagd, auf denen
der von den Persern zerstörte Tempel neu auf- Theseus erkennbar ist, sind o. Bd. 2 Sp. 2612 ff.
gebaut worden war, bei {53), wie man ja auch 60 behandelt; vgl. auch Hitzig u. Blümner z. Paus.
sonst den Heros ol'Kiazrjg auf dem Markte zu 8, 45, 6 Bd. 3 S. 286. Er wird dabei meist
begraben pflegte (0. Bd. 1 Sp. 2491).**) durch die Keule und das umgehängte Schwert
bezeichnet. Auch bei dem Tode des Meleagros
*) über den Zusammenhang von ayi^jo; oy.vQor, Skiron Jgt er zugegen (O. Bd. 2 Sp. 2620. Bd. 3 Sp. 759).
nnd Skyros mit dem Sprung vom „Weißen Felsen" han- o n \ r
delt Töpfer, Att. Geneal. S. 274 und 0. Gruppe, Arch. f.
Relig. 15, 1912 S. 367 ff., sowie Waser und Seeg o. Bd. 4 versucht die Überführung der Theseusreliquien ala Le-
Sp. 1008 u. 1015. gende zu erweisen. Er vermag aber die Angabe des
**) Fr. Pfister, Der ReliquienkuU im Altertum S. 198 ff. Aristoteles nicht zu entkräften.
723
Theseus (und Oidipus)
Theseus (Kult)
724
Neben Tydeus, Aktaion und
Kastor inschriftlich bezeug
erscheint Theseus mit pi-
leos, Chlamys und Lagobo-
lon bei einer Hasenjagd auf
einer rf. Vase {MiUin, Peint
d. vases ant 1 Tf. 11. Mül-
ler- Wieseler, Denkm.l Tf.46,
212); vgl. die Jagdszenen
bei TisMein, Coli, ofengr.
4, 60 bei Beinach, Rep. 2
6. 383, 8, sowie Xenoph.
Kyneg. 1,2. 10 u. Klein,
Gesch. d. ar. K. 1 S. 63. Auf
der Rückkehr von der Eber-
jagd nach Athen kehrte The-
seus beim Flußgott Ache-
loos ein {Ovid. tnet. 8, 546 ff.
726).
51. Durch die attischen
Tragiker, zuerst durch Äe-
schylos in seinen Phoenis-
Sfn, wird Theseus mit der
thebanischen Sage in
Verbindung gebracht. Als
König von Attika gewährt
er dem aus Theben versto-
ßenen Oidipus (o. Bd. 3 Sp.
734 f.) eine Ruhestatt im
Eolonos Hippiosund schützt
ihn und seine Töchter gegen
Kreon, der ihn gewaltsam
zurückführen will (Welcker,
Äesch. TriUS. 367. 371 ; vgl.
das Wiener Relief o. § 46). Er schaut allein
das wunderbare Ende des Oidipus, läßt ihn be-
statten (vgl. DIon. Hai. 6, 17) und seine nach
dem Tode des Vaters schutzlosen Töchter Anti-
gone und Ismene nach Theben geleiten {Sophokl.
Oed. Kol. 631 ff. 898 ff.).
Nach dem unglücklichen Ausgang des Zugs
der Sieben gegen Theben verhalf Theseus dem
Adrastos durch Besiegung und Tötung des
Kreon zur Bestattung seiner Genossen (o. Bd. 1
Sp. 80; Bd. 2 Sp. 1416 u. Isohr. Helen. 15, 31;
vgl. Paneg. 16, 55. Ovid. heroid. 2, 71. Dion.
Hai. ant. 6, 17 S. 885. Val. Max. 5, 33. Stat.
Theb. 12, 546 ff.). Auf diesem Kriegszug führte
Phorbas seine Reiterei {Eurip. Suppl. 680)
10) Theseus, von Sosippos angebetet. Attisches Relief in Paris
(nach Clarac Tf. 260 A).
II. TheseusTerehriing und deren räumliche
Verbreitung.
52. Die Behauptung, daß die Athener dem
Th. göttergleiche Ehren erwiesen {ti^cüs ^<>o-
d-eoLg hiiLr\Gccv Diodor. 4, 62 ; vgl. Schol. Äristoph.
40 Plut. 627. Tertull. ad nat. 2, 14), will offen-
bar nur seine hohe Verehrung als Heros zum
Ausdruck bringen; da er jedoch sowohl einen
eignen Priester ().bqbv(s ©riaecag C. 2. A. 2, 1-205.
3, 295), als auch besondere hgonoiol C. I. A. 2,
741 frg. c und d. 1180) hatte und die ihm ge-
schlachteten Tiere größtenteils gegessen wur-
den, so opferte man ihm jedenfalls wirklich
ebenso wie dem Herakles 03g d-em (Stengel bei
I. V. Müller, Handb. 5, 3 S. 98) , ' obwohl sich
Nach Aeschyl. u. Philoch. bei Plut. Th. 29 ver- 50 freilich auch sonst nicht selten Beispiele für
anlaßte Th. dagegen die Bestattung der Ge-
fallenen durch Abschluß eines Vertrags.
Auch den vertriebener Admetos uiid dessen
Familie nahm Theseus in Athen auf (0. Bd. 1
Sp. 69; vgl. aber die abweichende Lesart im
frg. 9 des Phanodemos bei Müller F. H. G. 1
S. 367).
Auf einem die Bildung des Theseus als
den Brauch finden, daß man das Fleisch von
Heroenopfern genoß (0. Bd. 1 Sp. 2506; vgl.
A. Thomsen im Arch. f. Religionsw. 12, 1909
S. 483 f.). Ein dem Th. v(A seinem Priester
ApoUonides errichteter kleiner runder Altar,
der auf der Akropolis ausgegraben worden ist
{C. I. A. 2, 1250), hat hierfür keine Beweiskraft;
die niedrige iG^äga der einzigen sicher auf
seinen Kult bezüglichen Darstellung (0. Bd. 1
attischer Ephebe verspottenden Witze des Ko- 60 Sp. 2499 f. u. hier Abb. 10) kennzeichnet ihn
mikers Lynkeus von Samos beruht dessen ero-
tische Beziehung zu Tlepolemos {Athen. 7, 44
S. 295 a, b). Der unzuverlässige Ptol. Hephaestio
bei Phot. bibl. S. 147 b 21 berichtet endlich
noch, Theseus habe den Liebling des Herakles
-Abderos getötet, als er ihm den Tod des Hel-
den meldete, was sich als Nachahmung der
Lichassage kennzeichnet.
aber entschieden als Heros. Er stützte sich
auf seine Keule, die in Bemalung angegeben
war.
Vielleicht darf man auch das attische, dem
6. Jahrh. v. Chr. entstammende Heroenopfer-
relief in der Marciana zu Venedig ( FaZewfiweZ/i,
Marmi scolp. d. Marc. Tf 40. lieinach, Bep.
de rel. 3, 430, 2. Dütschke, Ant. Bildw. in
725 Theseus (Kult) Theseus (Kult) 726
Oherit. 5, 264) mit Conze, Arch. Zeit. 30, 1872 426 und 421 v. Chr. seitens des Staates eine
S. 88, Friederichs -Wolters, Die Gipsabg. ant. Geldsumme entliehen wurde (C /. yl. 1, 273 e 11).
Bildiv. nr. 1134, u. Rouse, Greek votive offerings Außerdem j?ab es noch drei andere Theseua-
S. 32, 7, wej^en der dem Heros im Nacken heiligtümer {Philoch. bei Plut. Th. 35; vgl.
hängenden Mütze (vgl. Abb. 10), der zudem Eurip. Herc. für. 1326), die außerhalb der
statt der Löwenhaut eine Chlamys trägt, eher eigentlichen Stadt gelegen haben müssen, da
für Th. als für Herakles in Anspruch nehmen. Thuk. 6, 61 dasjenige in der Stadt {iv ©Tjaeico
Er steht vor einem von Bäumen umgebenen rw iv nöXsL) ausdrücklich den übrigen gegen-
dorischen Tempelchen, die Linke auf eine ülDerstellt. Der Schal, zu Aeschin. 3, 13 unter-
Keule gestützt, und faßt mit der 11 das Hörn 10 scheidet dagegen nur zwei Theseia, eines in
des Opferstiers, den drei kleiner gebildete Men- und eines außerhalb der Stadt. Zwei befan-
schen anbetend heranführen. den sich zwischen den langen Mauern, da in
Falls in dem Jüngling (ohne Kopf) auf den einer Inschrift römischer Zeit über Herstellung
beiden neuattischen Reliefs am Hyposkenion von Heiligtümern, Plätzen u. dgl. (Eq)ri^ &qx-
des Dionysostheaters zu Athen {Brunn-Bruck- 1884 S. 169 f. Z. 48) Tra^a rcc ^ictyiQcc tIxt] kd-riväs
mann, Denkm. Tf. 15; Reinach, Rep. de reite fs noliäSogxiyLBvog kyud^fn Tv^ri?- Tsutvr] f).riai(og
1,45) mit Freuner (o. Bd. 1 Sp. 2650) wirklich tb^svo? . . . aufgeführt werden. Das eine von
Th. zu erkennen ist, dürfte er nur als Ver- ihnen, das wahrscheinlich weiter nach der Stadt
treter von Athen zu betrachten sein, trotzdem zu lag, diente den innerhalb der langen Mauern
er zwischen zwei Göttinnen (Eirene? u. Hestia?) 20 Wohnenden als militärischer Sammelplatz,
steht. Dieselbe Bedeutung hat er auf einem während die Bewohner des Peiraieus auf dem
angeblich ebenda gefundenen Bruchstück Hippodamischen Markt zusammen kamen {An-
(Schöne, Gr. Ret Tf. 27, 113), auf dem er nackt dokid. 1, 45), das andere gehörte zum Peiraieus
mit der Keule in der L., sonst aber in ahn- und war mit vielen Bäumen bestanden (0.7. Gr.
lieber Art wie auf der Athenametope des 1, 103 = C. I. A. 2, 1059, 2). Das letztere ist
Athenerschatzhauses zu Delphi (unten § 61) ge- sicherlich mit Recht von Milchhöfer in dem
bildet, der Athena die Hand reicht. neuerdings aufgefundenen, o. Bd. 1 Sp. 2493
53. Das vor der Überführung der Gebeine beschriebenen Heroentemenos wiedererkannt
des Th. nach Athen neu errichtete Haupthei- worden (vgl. Curtius, Die Stadtgesch. v. Athen
ligtum (o. 49) erhob sich sicherlich auf den 30 S. 190. Milchhöfer, Karten v. Attika 1, 37 ff.
Trümmern der durch die Perser zerstörten 2, 12), nur werden dort die beiden rsfiivri nicht
Theseuskapelle, die bereits zur Zeit des Peisi- voneinander getrennt.
Stratos von einem umfangreichen rinsvog um- Das vierte Theseusheiligtum lag am Ko-
geben war, so daß der Raum als Musterungs- lonos Hippios, nahe einem Altar des Poseidon
platz verwandt werden konnte (Aristot. Ath. Hippios, an der Stelle, wo nach attischer Lo-
pol. 15; vgl. Thukyd. 6, 61, 2. C. I. A. 2, 446, kaisage Th. und Peirithoos in die Unterwelt
13 ff.). Es lag auf der Südostseite des Kera- hinabgestiegen sein sollten; beide wurden hier
meikos bei dem Gymnasion des Ptolemaios zusammen und neben ihnen, vielleicht im glei-
{Plut. Th. 36. Kim. 8. Paus. 1, 17, 2), dem chen Heroon, auch noch Oidipus und Adrastos
Asco-KÖQiov gegenüber {Heges. bei Strabo 9, 1, 40 verehrt (Paus. 1, 30, 4; vgl. Soph. Oed. Col.bT.
16 f. S. 396), in der Nähe des Heiligtums des 1599 u. Schol. Schol. z. Aristoph. equit. 785, o.
i]Qa)g iargog (Demosth. 18, 129. 19, 249. Apollon. Bd. 3 Sp.736. 1769). Die o. § 46 besprochenen die
de Aeschin. orat. S. 401, 21 = S. 13 R; vgl. Hauptabenteuer des Th. und Peirithoos schil-
C. I. A. 2, 403 f. Milchhöfer, Athen, bei Bau- dernden Reliefs aus parischem Marmor, Ori-
meister, Denkm. 1 S. 169 f. Weizsäcker hei Fleck- ginalwerke des 5. Jahrh. v. Chr., die zu einem
eisen, N. Jahrb. 135, 1887 S. 612. Rekonstruk- Fries gehört haben (R. v. Schneider, Arch. Jahrb.
tion der Agora von Athen nach W. Judeich in 18, 1903 S. 91 if.), können bei ihrer Höhe von
Hitzig u. Blümners Paus. 1, 1 Tf. 5). Auch 0,46 m sehr wohl einem kleinen ionischen
Ratssitzungen wurden in diesem Theseion Tempel von der Größe des Niketempels am
abgehalten (C. I. A. 2, 481, 4) und Verwal- 50 Burgaufgang entstammen, und es dürfte die
tungsämter durch die Thesmotheten verlost Vermutung gestattet sein, daß sie aus den
(Aristot. Ath. pol. 62. Aeschin. 3, 4, 13 und Trümmern dieses Heroons nach Venedig ent-
Schol); regelmäßig aber diente es, jedenfalls führt worden sind. Vgl. dagegen Studniczka
in Rücksicht auf den von Th. den Hilfsbedürf- o. % 46, der dieses Tempelchen an den Ilissos
tigen gewährten Schutz, als Asyl für Verfolgte verlegt; dann würde das Theseusheiligtum zwi-
{Diodor. 4, 62. Philoch. im Etym. magn. s. v. sehen den langen Mauern in Betracht kommen.
OriaBiov, vgl. Aristoph. ebenda s.v. Sr]6Ei6xQiip Wahrscheinlicli hatte Th. auch noch unter
und equit. 1312), später besonders für Leute dem Namen ^iVfqporvrjqpöpos ^'p&jg (o. § 43) neben
niederen Standes und Sklaven (Plut. Th. 35 f.; der städtischen Münze ein Heroon (Antiph. bei
vgl. Schol. Aristoph. Plut. 627, wo aber die 60 Harpokr. u. Suid. s. v. Hesych. s. v. etscpccvo-
Zeiten vermischt sind. Hesych. u. Phot. s. v. cpoQiovtoc. Bekker, Anekdot. gr. 1, 311, 18), das
©r]astov. Bekker, Anekd. gr. 1, 264, 21), und eben wegen dieser Bezeichnung später nicht
zwar scheinen letztere daselbst so lange Schutz unter seine Krongüter (§ 47) gerechnet wurde.
gefunden zu haben, bis sie an einen anderen Über das sog. Theseion wird unten § 64 ge-
Herm verkauft waren (Aristoph. bei Pollux. 7, sprechen.
13). Hier wurde der in Inschriften (C. 1. A. 1, 54. Alle auf Th. bezüglichen Kulthandlun-
203, 3. 210, 11. 215, 7. 273 e 11) erwähnte gen sind als dem Stammheros (Dio Chrys. or.
Schatz des Th. aufbewahrt, aus dem zwischen 69 S. 234, 21 Dind) erwiesene Ehrungen und
727 Theseus (Feste) Theseus (Feste) 728
Totenopfer aufzufassen, doch brachte man ihn, des Balchylides dürfte für diesen Zweck ge-
wie oben § 19 u. 40 (. bereits erwähnt worden ist, schaffen worden sein, und vielleicht ist die Be-
später mit verschiedenen Festen und Bräuchen arbeitung eines solchen auch bei Ovid, inet. 7,
in der Art in Zusammenhang, daß man sie 481 ff. erhalten.
durch ihn bei seinena Kretazug einsetzen ließ. 55. Da Th. als Begründer des athenischen
So wurde er zum Stifter der Delphinien, Ky- Gesamtstaats galt, hat man ihm die Stiftung
bemesien, Aphrodisien, Pyanopsien und Oscho- der hierauf bezüglichen Feste, der Synoikia
pborien. und Panathenaia, zugeschrieben.
Mit dem Erntefeste der Pyanopsien waren Die Ewoiy-ioc {Thuk.2, 16. Charax Per g. hei
jedenfalls seit alter Zeit die Epitaphien, eine lo Steph. Byz. s. v. jid^i]vai\ avvoixiaiUy v. 1. 6vv-
Totenfeier, verknüpft, die später in Inschriften oixsicc Schol Aristoph. pax 1019 f. = 1017 f ;
neben den Theseen erscheinen {Dittenberger, ^«roi'xta Plut. Thes 24) wurden am 16. Heka-
Syü 847. Mommsen, Feste der Stadt Athen tombaion der Athene {Thuk. 2, 16) mit Opfern,
S. 278 ff.). Seit der Überführung der Gebeine unter denen auch ein ursprünglich unblutige?
des Th. nach Athen wurden sie bei dessen der Eirene {Schol. Arist. a. a. 0.; vgl. Momm-
Grabmal und Tempel am 8. Pyanopsien, dem sen, Fested. St. Athen ^.^^^. Busolt, Gr. Gesch.
Tage seiner Rückkehr ans Kreta {Plut. Th. 36), 1 S. 886 f.) genannt wird, gefeiert, eine beson-
begangen, und ihm selbst brachte man dabei dere Verehrung des Theseus scheint aber da-
Totenspenden und Kränze dar {Schol. Aristoph. bei nicht stattgehabt zu haben. Später wird
Ach. 961. Suid. u. Phot. lex. s. v. Ttegucysigofisvot; 20 der Eirene eine Menge Vieh geschlachtet (C. /. A.
Tgl. Suid. s. V. 6x6gvyoi), nachdem bereits am 2, 2 S. 102 f. nr. 741 a— d). Wohl nur infolge
7. sein Lehrer im Ringkampf Konnidas, sein einer Verwechselung mit den Metoikia hat man
Vater Aigeus und die Amazonen Totenopfer angenommen, Theseus habe auch die Meta-
erhalten hatten. Das Thesen sf est feierte man geitnia eingesetzt {Schümann, Gr. Altert. 2 S. 432.
mit einem Festzug, Opfern, einem Fackeliauf Mommsen, Feste S. 36. Preller-Robert, Gr. M.
sowie mit gymnischen und hippischen Agonen, 1 S. 211, 2).
wobei ursprünglich alle Kosten aus Staatsmit- Das ursprünglich jedenfalls nur von der
teln, später von einzelnen reichen durchs Volk Phyle Athenais der Athene am drittletzten He-
gewählten Agonotheten bestritten wurden katombaion begangene Erntedankfest wurde
(C. /. A, 2, 444 ff. 4 Sppl. 2, 446 b). An das 30 vielleicht bereits bei Bildung des Gesamtstaats,
Theseusopfer schloß sich als sein icsQiSsiTCvov wahrscheinlich aber erst kurz vor der Herr-
der große Festschmaus an, bei welchem man schaft des Peisistratos (566 v. Chr.), zum ge-
das ganze Volk bewirtete. Den Wettkämpfen meinsamen Hauptfest, den Panathenäen, er-
gingen Paraden voraus, die mit Fackelrennen hoben, doch hat man auch diese Änderung dem
zu Fuß und zu Roß am Abend endigten. Der Nationalhelden Th. zugeschrieben (Plut. Thes.
gymnische Agon selbst zerfiel in Dolichos, Sta- 24. Paus. 8, 2, 1; vgl. Preller- RobeH, Gr. Myth.
dion, Diaulos, Pale, Pygme, Pankration, Hopli- 1* S. 211, 2. E. Meyer, G. d. A. 2, 222 S. 331).
tes und die Hoplomachie mit kleinem Rund- E. Pfuhl., De Atheniensium pompis sacris S. 29).
Schild und Speer oder mit großem Langschild Aus Mißverständnis redete man dann von einer
und Schwert, der sich endlich der Speerwurf 40 doppelten Stiftung (jScäo/. P/ai. Parmen. S. 127 A
zu Fuß anschloß. Daran beteiligten sich be- und danach Suid. u. Phot. a. v. navad"^vaLa.
sonders Knaben verschiedener Altersklassen und Apostol. 14, 6). Jedenfalls hatte Theseus bei
Jünglinge, es werden aber auch Männer unter deren Feier keine hervorragende Bedeutung. —
den Siegern genannt. Da Euripides als Knabe Auf eine Beziehung desselben zu den Eleusi-
bei solchem Agon gesiegt hat {Gell. n. a. 16, nischen Reinigungen und Weihungen schließt
20, 3), dürfte er gleich bei Einführung des aus der o, § 47 behandelten Weihung des He-
Theseusfestes mit eingesetzt worden sein. Nach- rakles durch ihn Svoronos, Mvrni. xov 'EXbvc.
träglich hinzugefügt ist dagegen vielleicht der ^vtfr. xv-kXov S. 476 f.; vgl. S. 386. 395. End-
Reiterwettkampf des 11. Pyanopsien, da bei ihm lieh war dem Th. wie seinem Vater Poseidon
keine feste Ordnung hervortritt, obwohl man 50 der achte Tag jedes Monats als dySoatov ge-
in Rücksicht auf ihn Th. Stifter der noXB(iiaTriQia weiht (Plut. Thes. 36. Schol. Aristoph: Plut. 1127,
nannte (Schol. Aristoph. nub. 28. Hesych. s. v. vgl. 627 f. Hesych. s. v. 'Oyöööiov, was von
innoSgoiila). Erwähnt werden Wettkämpfe mit Röscher im Arch. f. Religionsw. 6, 1903, 1 S. 62 ff.
Rennpferden, Offiziersreiten und Wettritte ge- richtig gestellt worden ist), womit seine An-
meiner Soldaten, einmal ein Wagenrennen, wie kunft in Athen am 8. Hekatombaion und seine
ja Th. auch als Erfinder des Kriegswagens galt Rückkehr aus Kreta am 8. Pyanopsion zusam-
{Schol. Aristoph. nub. 28). Den Schluß bildete menhängt (Plut. Th. 12. 36).
ein Wurfspießschleudem vom Pferde (nach In Rücksicht auf wirkliche Theseusverehrung
Mommsen, Feste d Stadt Athen im Altert.S.2HS f., außerhalb Attikas erfahren wir nur, daß man
wo alle Nachweise aufgeführt sind; vgl. E. so ihm in dem Poseidontempel auf dem Vorge-
Pfuhl, De Atheniensium pompis sacris S. 52 ff.). birge Rhion in Atollen am Korinthischen Meer-
in späterer Zeit fanden an den Theseen busen mit seinem göttlichen Vater zusammen
außerdem rednerische und dichterische Wett- für Seesiege geopfert hat (Paus. 10, 11, 6),
kämpfe (iy-Km^Lov und noiri{uc) statt, bei denen doch ist das jedenfalls nur als eine Ehrung
jedenfalls Lobreden und Lobgedichte auf Th. ihres Nationalhelden durch Athener aufzufassen.
vorgetragen wurden (C. I. A. 3, 1, 62. 1147. Über die Gründung von Brundusium ist oben
I. G. S. 1, 2727; vgl. Xenoph. conviv. 8, 31. § 40 und über des Th. Beziehung zu Smyma
Maaß, Orpheus S. 122); das zweite Theseuslied unten § 76 gehandelt. G. Kirchner, Attica et
729 Theseus (Entwicklung d. Typus)
Peloponnesiaca, Grcifsw. 1890, S. 60 ff. und S.
Wide, Lok. Kulte, Leipzig 1893, S. 88, suchen
Theseusverehrung auch in Lakouien nach/.u-
weisen. Zuzugeben ist ein Zusammenhang des
spartanischen Heros Aigeus, des Sohnes des
Oiolykos (o. Bd. 1 Sp. 14(5 f. 3 Sp. 802), mit dem
Vater des Theseus, da ebenso wie bei diesem
von Kinderlosigkeit der Nachkommen des
Oiolykos berichtet wird {Herodot. 4, 149); auf
Theseus (Entwicklung d. Typus) 730
Akrop. zu Athen 2 Tf. 73, 1280) zeigt auf der
Vorderseite den siegreichen Th. vor dem La-
byrinth von Athena begrüßt (35); auf der Rück-
seite erscheint die Bestrafung von Skiron (s. d.)
im 1. Typus und diejenige des Sinis (o. Bd. 4,
931) ganz wie auf den älteren rf Schalen {59).
Auf zwei ähnlichen Bruchstücken (ebenda 2
Tf 76, 1314a, b) steht Th. vor dem Labyrinth
im Begriif hineinzugehen; hinter ihm sind die
Theseuskult in Sparta ist daraus aber nicht lo Reste zweier Frauengestalten sichtbar. Sehr
zu schließen. Ebensowenig ergibt sich solcher
für Tegea aus den beim Raube der Helena er-
wähnten Nebenumständen, wie Kirchner S. 62 tf.
annimmt, obwohl Th. dort in der üiebelgruppe
des Athenatempels als Vorkämpfer bei der Ka-
lydonischen Eberjagd erschien {Paus. 8, 45, 6).
Dagegen wurden Theseusstatuen, weil er
als Erfinder der Ringkunst galt {3), neben sol-
chen des Hermes und Herakles in manchen
zweifelhaft ist die Deutung auf das Skiron-
abenteuer bei dem Innenbild eines Tellers aus
Athen {Walters, Cat. des Brit. Mus. B 80); wohl
aber muß die rohe Zeichnung eines Gefäßes in
Petersburg (nr. 116. Stephani, C. li. 1866 S. 155.
Beinach, rep. 1, 55, (>) mit Klein, Kuphr.* S. 198
als Prokrustes erklärt werden (o. Bd. 4, 1011).
Auf einer Lekythos aus Vari sieht Heyde-
mann {Gr. Vasenb. S. 8 Anm. 3 h) neben dem
Gymnasien aufgestellt, wie dies insbesondere 20 Minotauroskampf Thes. u. Periphetes (?) oder
für Messene bezeugt ist {Paus. 4, 32, 1).
III. Entwicklung der Theseusdarstellung.
56. Da bereits im ersten, alle Überlieferung
zusammenfassenden Teile zur Ergänzung der
literarischen Quellen die den Theseusmythos
behandelnden Kunstwerke aufgeführt sind, wird
hier nur eine Übersicht über die Entwicklung
der Theseusdarstellungen bis zur Ausbildung
feststehender Typen geboten.
Ganz unbestimmbar ist das Alter der Ein-
zelstatue, die Pausanias (4, 32, 1) neben ähn-
lichen Bildern des Hermes und Herakles im
Gymnasion von Messene sah und als ägyptisch
bezeichnet. Während hierbei Stephani {Th. u.
Min. S. 41) an ein hocharchaisches Holzbild
dachte, erklären es Hitzig u. Blümner z. d. St.
als Werk eines alexandrinischen Künstlers. Da-
gegen erscheint die Beziehung auf Th. sehr
nochmals Minotauros, doch dürfte auch hier
eher an Prokrustes zu denken sein. Vgl. Ker-
kyon? bei Gerhard, A. V. 3 S. 37 Anm. 28, u.'
Periphetes? bei Urlichs, Verz. d. a. S. d. Univ.
Würzburg 3, 81. Endlich erscheint auf einer
Amphora zu Madrid {Leroux, Vases grecs et
italu-gr. nr. 77) als Gegenstück zu dem Kampf
des bärtigen Herakles mit dem erymanth. Eber
der Kampf eines unbärtigen nackten Jünglings
30 mit einem Wildschwein. Da aber Köcher und
Keule daneben sichtbar sind, bleibt die Deu-
tung auf Theseus unsicher.
Diese wenigen Ausnahmen beweisen nicht
das Auftreten der isthmischen Kämpfe des Th.
bereits in der Zeit des schwarzfigurigen Vasen-
stils, sondern nur, daß dieser hie und da auch
in späterer Zeit vereinzelt benutzt worden ist
(vgl. W. Klein, Gesch. d. griech. Kunst 1 S. 289).
In diesem Stil hat sich eine eigentlich typische
zweifelhaft bei einer hochaltertümlichen, jeden- 40 Darstellung des Th. noch nicht entwickelt;
falls als Stütze eines Dreifußhenkels, vielleicht weder im Körperbau, noch in Tracht und Be-
mit einem Minotauros zusammen, verwandten waffnung unterscheidet er sich von andern
Kleinbronze aus Olympia (C. Purgold in den Heroen (0. § 27).
Ann. d. Inst. 57, 1885 S. 167 ff. Tf B). Die 57. Mit dem Aufblühen der rotfigurigen
scheinbar zugehörige Minotaurosfigur stammt Vasenmalerei, das in die Zeit des Peieistratos
aus Kreta und befindet sich jetzt im Louvre
{Longperier, Bronzes a. d. L. 430. Catal. Cam-
pana 2, 4, 2 Tf B 1).
Dem 7. Jahrh. v. Chr. gehören die ältesten
Darstellungen des Minotauroskampfs voratheni- 50
scher Entwicklung (o. § 25) sowie das vielleicht
auf die Einschiffung der Ariadne bezügliche
attische Vasenbild (o. §57) an, dem 6. der Rei-
gen am Kypseloskasten und auf der attischen
Klitias-Fran9oi8vase (o. § 36), an der er auch im
Kentaurenkampf erscheint (0. Bd. 3 Sp. 1772).
Am amykläischen Thron war außer dem Mi-
notauroskampf die Entführung der Helena durch
Th. und Peirithoos {Paus. 3, 18, 15), vielleicht
auch Th. mit dem Chor der geretteten Mino- 60
taurosopfer (0. § 36) abgebildet.
Auf sf Vasen begegnet der Minotauros-
kampf sehr häufig (0. § 27), selten der Stier-
kampf (0. § 13) und einmal der Raub der An-
tiope (0. Bd. 1 Sp. 383. München nr. 7).
Ein im Perserschutt gefundener sf. Skyphos,
dessen Stil aber der streng rf Malerei durch-
aus gleichzeitig ist {Graef, Die ant. Vas. v. d.
11) Heldentaten des Theseus, Schale des Euphronios
(nach Wiener Vorlegebl. 5, 1).
731 These US (Entwicklung d. Typus)
nnd seiner Söhne (Studniczka im Arch. Jahrb.
2, 1887 S. 166. Michaelis, Die arch. Entdeck,
d. neunzehnten Jahrh. S. 278) zu setzen ist,
treten plötzlich kyklische Darstellungen von
acht Theseuskämpfen auf, und erst im Anschluß
an diese werden dann auch Einzelbilder glei-
cher Art nachweisbar. Die meisten der in
Betracht kommenden Schalen sind bereits im
vorhergehenden angeführt*): 1. Schale des
Kachrylion {28 a) mit Sinis, Minot., Prokrustes, lO
Skiron, EerKjon, Stier. Innen: Eros; s. 59,
Abb. 13.
2. Des Euphronios aus Caere im Louvre (22 c)
mit Skiron, Prokrustes, Kerk., Stier; s. Abb. 11.
Innen : Th. auf d. Meeresgrunde, s. o. 22, Abb. 4.
3. Des Duris (28 d) mit Skiron, Kerkyon,
San, Sinis. Innen: Minot.; s.o. Bd. 4, 929 Abb.
4. Aus Volci {14 u. 28m) mit Prokr., Kerk.,
*) Aafsfthlang nach E. Samow, D. cykl. Dartt. a. d.
ThuevMagt S. 9 ff., die Beieiohniiog nach Milani, Mut. Ital.
Z 8. S85f. — Vgl. o. Skiron, Bd. 4 Sp. 1011 f.
Theseus (Entwicklung d. Typus) 732
12 a) Theseus und Kerkyon, Innenbild von 12 b.
12b) Theseus mit Minotouros, Stier, Sinis, Skiron, Prokrustes, San; anwesend Athena. Schale in der Pariser
Nationalbibliothek (nach Journ. of hell. $tud. 10, 1889, Tf. If.)-
I
733 Theseus (Entwicklung d. Typus) Theseus (Entwicklung d. Typus) 734
Min. Stier, Sau (obwohl irrtümlich ein Eber metopen vom Theseion zu Athen in ihrem Ver-
gezeichnet ist); 8. 0. Abb. 2. Innen: Jüngling. hältnis zur Vcisenmalrei, Göttingen 1888, sind
5. Zu Florenz (38 h. Mus. Jtnl. '.i Tt". 3 ß. sie vollständig verzeichnet.
Reinach, Rep. 2, 529) mit Sini«, Skiron, Prokr., Abgesehen von diesen kyklischen Bildern
Stier. Innen: Minotauros. erscheint Th. auf rf. Vasen im Amazonenkampf
6. Früher bei 7>MC de Z/Mt/we«, jetzt in der Pari- {Klügmann, Amazonen S. 46 ff.), als Jäger mit
8erNationalbibl.(J!5i) mit Min., Stier, Sini8,Skir., umgegürtetem Schwert, in der R. die Keule,
Prokr., Sau. Innen: Kerkyön; s. Abb. 12a u. b. bei' der Kalydonischen Jagd (Berlin nr. 2r)38.
7. Aus Chiusi in Bologna (28n) m. Kerk., Gerhard A.V. 321 f. \ sowie im Kentaurenkampf
Prokr,, Stier, Skiron. Innen: Min. Von I. D. lO (Bruchstücke in Berlin nr. 2403. J^J. Curtius,
Beazley im Journ. of Hell. stud. 30, 1910 S. 44 Arch. Zeit. 41, 1883, S. 349 Tf. 17, 1. Sarnow
u. 63 werden die Schalen nr. 6 u. 7 sowie un- S. 15, 1), worüber unten § 63 gehandelt wird,
ten nr. 17 u. 20 dem Kleophrades, einem Schüler 58. Das plötzliche Auftreten der übrigen
des Euthymides, zugeschrieben. Kämpfe hat man vor Kenntnis des wahren
8. In München (<26^o) mit Min., Prokr., Skir., Alters der kyklischen Schalen durch Nach-
Periphetes, Innen: Bakchantin. ahmung eines Bilderfrieses im städtischen um
9. Des Aison {39w) mit Skiron, Sau, Sinis, 474 v.Chr. erbauten (49) Heiligtum des Theseus
Stier, Prokr., Kerk. Innen: Minot. (W. Gurlitt, D. Alter d. Bildw. u. d. Bauzeit
10. Schale Basseggio im Brit. Mus. {29 1, d. sog. Theseion in Athen, S. 55) oder durch
Abb. 6) mit Sinis, Stier, Skiron. Prokr., Kerk., 20 Anlehnung an die Metopen des erst nach dem
Sau. Innen Mitte: Minot., ringsum: Skir., Stier, Parthenon errichteten sog. Theseion {W. Klein,
Sinis, Sau, Kerk., Prokr. Euphronios^ S. 199 u. 209) zu erklären versucht.
11. Aus Nola {29u) mit Prokr., Sau, Sinis, W. Müller a. a. 0. S. 61 beschränkt die Ab-
Skiron. Innen Mitte: Minot, ringsum: Skiron, hängigkeit von den Metopen auf einzelne von
Stier, Prokr., Kerk., Sau, Sinis. den jüngsten Vasen, die er nach 430 v. Chr.
12. Einst in der Sammlung Canino, jetzt ansetzt. Luigi A. Milaniim Mus. J^aZ. 3, 1890,
verschollen {p. — De Witte, Not. d'une coli. d. S. 277 ff. vermutet die Quelle der Vasenbilder
V. p. Paris 1845, 23 S. 75) mit Stier, Prokr., in älteren Werken der Großkunst; Kachrylion
Sau, Sinis. Innen: Th. und weibliche Gestalt; scheine zuerst gegen die Mitte des 5. Jahrh.
Gerhard A.V. 3 S. 33, 9 vermutet Th. u. An- 30 die jüngeren Theseustaten auf Vasen behandelt,
tiope oder Phaidra, doch ist eher wie beim seine Vorbilder aber besonders der Plastik ent-
Innenbildder Schale des Kachrylion {36, Abb. 6) lehnt zu haben, während die folgenden Vaseu-
an Ariadne zu denken. maier sich an die neu aufblühende Malerei
Je zwei Bilder dieser Reihe zeigen: anschlössen. Dadurch erkläre sich der große
13. Im Brit. Mus. E 74, früher 826 (s), mit Unterschied zwischen der noch der schwarz-
Sinis und Sau. figurigen Manier nahestehenden Art des Kach-
14. In München nr. 301, abgeb. 0. Jahn, rylion und der des Euphronios, der sich Po-
Arch. Zeit. 23, 1865, S. 23ff. Tf. 195, mit Sinis lygnot und Mikon zum Vorbild nehme (S. 282).
u. Skiron; s. unten Abb. 14. Einen Abschluß erreichte in diesen Unter-
15. Im Mus. civico zu Verona, M. Lehnerdt, 40 suchungen 0. Wulff, Zur Theseussage. Dorpat
Arch. Zeit. 43, 1885, S. 115 ff. Tf. 7, 1 {z) mit 1892. Er weist S. 123 ff. klar nach, daß die
Stier u. Sau. Zeichnungen der Vasenmaler strengen Stils
16. Pelike in Florenz, Mus. Ital. 3 Tf. 4. durch einen älteren malerischen Zyklus ange-
Beinach, Rep. 1, 530 (j) mit Skiron u. Minot. regt worden sind, wenn man sie auch gewiß
17. Pelike, im röm. Kunsthandel gezeichnet, nicht vor dem Original, sondern aus dem Ge-
Gerhard A.V. 3 S. 34 f. Tf. 159, mit Prokrust. dächtnis in der Werkstatt nachgezeichnet hat.
u. Sinis. So erklären sich die Abweichungen der Bilder
^ 18. Krater aus Chiusi, Noel des Vergers, untereinander sowie einzelne Mißverständnisse.
VEtrurie Tf. 14, mit Prokrust. u. Sau. Den Kampf mit Periphetes, der sich nur auf
19. Stamnos im Brit. Mus. E 442, früher 50 der Münchener Schale (oben nr. 8) findet (s. u.
784, mit Stier u. Prokrust. 59)., kannte der strenge Stil und sein Vorbild
20. Desgl. ebenda E 441, mit Minot. u. Pro- jedenfalls noch nicht (s. o. Bd. 3 Sp. 1975 f.).
krust.; abgeb. Journ. of Hell. stud. 30, 1910 Wenn Wulff S. 135 f. und 190, 144 dieses Vor-
Tf. 1 f. und ebenda S. 57 f. von /. B. Beazley bild aber in dem von Kimon neu errichteten
dem Kleophrades zugesprochen. Theseion sucht, so hat ihn die Ausgrabung des
21. Schale im Louvre {salle G, no. 71) mit Perserschutts auf der Akropolis widerlegt (s.
Minot. u. Prokrust., dazwischen der Kampf des o. 56) ; denn nach Graef, Die Zeit der Kodros-
Herakles mit dem nem. Löwen; abgeb. bei E. schale, im Arch. Jahrh. 13, 1898 S. 67, war der
Pottier, Pourquoi Th. fut Vami d'HercuJe in strenge Stil mit dem Jahre 480 v. Chr. abge-
dcT Rev. de Vart ant. et mod. 9, 1901, S. 9 Fig. 4. 60 schlössen; vgl. Studniczka, Die Zeitbestimmung
Die einzeln auf Vasenbildern vorkommenden der Vasenmalerei mit roten Fig., im Arch. Jahrb.
Abenteuer sind meistens unter den Sonder- 2, 1887 S. 167. Die Ausführungen W. Klein»
2kriiVehx2ingeiü\ixt*);heiW. Müller, Die Theseus- {Gesch. d. gr. Kunst 1 S. 308 ff.), der ihn weiter
herabzurücken sucht, überzeugen nicht, da er
• *>/.*;^^^-*'^*8«^^/«*= '^^- "^^ f j'^«^ auf einem Krater ^^^^^^ g 3^^ trotzdem zugibt, daß die Haupt-
m Madrid (ieroMX, ^ases grecs et italo-gr. nr. 215. Ossorio, ,..,. ^ •, i ••• j. j o i^'
Vasos griegos Tf. 31); das Bild ist aber eher als Th. und tatigkeit SOgar des jüngsten der großen attl-
Sinis zu deuten - Vgl. auch Th. u. Prokruttes im Arch. schcn Schalenmaler, des Brygos, noch vor 480
Jahrb. 29, 1914, 32 ff. V. Chr. fällt. Wir müssen jetzt also annehmen.
735 Theseus (Entwicklung d. Typus)
dafi sich jener Zyklus von sieben Theseustaten*)
der älteren Schalen bereits in einem zur Zeit
des Peisistratos (Arütot. Ath. pol. 15) oder
Hippias ausgemalten Theseion fand (vgl. W.
Mahhberg, Die Metopen d. altgr. "Tempel, und
die Selbstanzeige in d. Berl. Phil. Wochenschr.
1893, 26 Sp. 820f.), das außerdem als achtes
Bild die Vorlage des Mittelstücks der Eupbro-
niosschale ^Th. auf dem Meeresgründe' {o. 22c)
enthalten haben mag. Den Wechsel der Bil-
dungen auf den Schalen schönen Stils wird
dann der neue Bilderzyklus des Ton Kimon
nach der Zerstörung durch die Perser wieder
aufgebauten Theseions (o. § 49. 53) veranlaßt
haben, da nun die Vasenmaler ihre alten
Musterbücher durch die neuen Bilder erwei-
terten und beide Gattungen durcheinander
mischten.
59. Auf den älteren Schalen 1—7 ist der
Ringkampf des Kerkyon und der Sturz des
IS) HeldeDtaten des Theseus, Schale des Kachrylion 57a
(nach Mui. Ital. di ant. eleu». 8, 1890 Tf. 2).
Skiron einander gleich (o. Bd. 4, 1011 f.; vgl.
die Einzeldarstellung des Skironsturzes auf der
Schale des Duris in Berlin, Furtwängler, Vctsens.
im Antiq. 2288), wennschon einigemal im Ge-
gensinn, die Bestrafung des Prokrustes, der auf
den übrigen Schalen in gleicher Stellung auf
einem Steinsitz liegt, und diejenige des Sinis
einander durchaus ähnlich behandelt, so daß
hier die Schale des Kachrylion (a, s. Abb. 13)
uns eine Vorstellung von den Vorbildern dieser
Szenen im alten Theseion bieten kann. Im
Minotauros- und Stierkampf weichen dieselben
Schalen jedenfalls deshalb voneinander ab,
*) Diesen sieben Taten entspricht einerseits die Sage
▼on den sieben Knaben und sieben Mädchen, die Ton Th.
nach Kreta geftlhrt werden, anderseits die Hebdomaden-
lehre Solons (Jrgm. 27 Bergk) und die delische inrtttjQig
{Arist. n. noX. t. li&}jv. 54, 7), sowie die sieben Mädchen
der Delphinienfeier {Plut. The». 18. 0. Müller, Bor. 1, 328,
2. A. Momriuen, Fette der St. Athen S. 450 ; vgl. auch die
swei mal sieben Oerarai: ib. S. 399f.). [Boscher.]
Theseus (Entwicklung d. Typus) 736
weil diese beiden Kilmpfe damals bereits in
verschiedener Auffassung alter Besitz des Kunst-
handwerks waren (13 f. 2ti). Der Kampf mit
der Sau tindet sich nur auf d und m, und zwar
in ganz verschiedener Form.
Die erstere (o. Bd. 4 Sp. 929 Abb.) ist wahr-
scheinlich der kalydonischen Eberjagd nach-
gebildet, wie ein Vergleich mit dem Bilde einer
Wiener Amphora {Laborde, coli. d. v. gr. de M.
10 l. comte de Latnberg, 1 Tf. i)2. Beinach, lUp.
2, 210) zeigt; auf m (o. Abb. 2) ist ein ge-
fesselter Eber in ganz naturalistischer Art
dargestellt. Ein Schluß ist aus diesen Bildern
nicht zu ziehen.
Die Schale nr. 8 schließt sich an die erste
Gattung insofern an, als der Minotauroskampf
nach einer alten Form, die drei übrigen Kämpfe
aber sämtlich nach dem Muster der IVokrustes-
bestrafung gebildet sind; nur schwingt Th.
20 wechselnd den Hammer, das Fußbecken oder
die Keule in der Rechten. Eine selbständige
Periphetesdarstellung ist also hier nicht zu
sehen.
Auf ein anderes jedenfalls späteres Vorbild
gehen die jüngeren Schalen 9 — 11 zurück (s. 29,
Abb. 6). Vielleicht schließen sie sich also an
den Bilderschmuck des Kimonischen Theseions
an, dem sie nach ihrer Entstehungszeit nahe
stehen, obwohl die isthmischen Kämpfe für
30 dieses nicht bezeugt werden (vgl. unten 63).
Es sind immer die sieben Szenen: Minot.^
Skiron, Sau, Sinis, Stier, Prokrustes, Kerkyon.
Von den nur zwei Szenen enthaltenden Ge-
fäßen folgen nr. 16, 17 u. 19 der älteren, nr. 13
u. 15 der jüngeren Gattung; nr. 14, 18 u. 20
weichen von beiden ab. Der Proknisteskampf
auf nr. 20 ist aber dem auf Fig. 12 b abgebil-
deten verwandt, wie ja auch beide Schalen
dem Kleophrades zugeschrieben werden {Beazley
40 im Journ. of Hell. stud. 30, 1910 S. 44 u. 57).
Sonderbildungen treten vor allem in den
Kämpfen mit Sinis, Skiron und der Sau her-
vor; der letzte ist schon oben bei m erwähnt
und abgebildet. Skiron uijd Sinis erscheinen
auf der nebenstehenden Schale in München
(o. Bd. 4 Sp. 930. Beinach, Bep. 1, 396 ; s. Abb. 14).
Zwei andere Sinisdarstellungen bieten die Vase
bei Miliin, Feint, de vases ant. 1 Tf. 34, und
14) Theseus mit Skiron und mit Sini«, Schale in Mtlncben
(nach Arch. Zeit. 23, 18(35 Tf. 195).
737 Theseus (Kntwickluut^ d, Typus)
der Napf in Berlin {FurticängJer, B. d. Vasens.
im Antiq. 2580. Stephani, Th u Min. Tf. 0, 2).
Auch hier mögen Gemälde, die sich vielleicht
in dem einen oder andern der Nebenheilig-
tümer dc8 Th. (o. 53) befanden, die Anregung
gegeben haben. Für die SinisdarHtellung der
Münchener Schale wird dies durch den Um-
stand bewiesen, daß sie mit derjenigen des
Frieses von Gjölbaschi zusammentrifft; vgl. o.
Bd. 4 Sp. 930. Der Skironkampf der Münche- lo
ner Schale deckt sich dagegen mit demjenigen
eines Vasenbruchatücks im Louvre (Wernicke,
Arch. Jahrb. 7, 1895 S. 209 Abb.) und ist sehr
ähnlich dem einer Kotyle der Sammlung
Dzialinsky in Paris {Mon. d. Inst. 3, 47 B.
Heinach, Rep. 1, 119).
60. Die Darstellung der Theseustaten auf
den Vasen stimmt nun, wie zuerst E. Sarnow
{Die zyklischen Darstellungen aus der Theseus-
sage in der antikefi Kunst und ihre Uterarische 20
Quelle, Leipzig 1894) ausführlich nachgewiesen
hat, vollkommen mit der literarischen Über-
lieferung überein. In beiden tritt kluge Ge-
wandtheit und Unerschrockenheit in Gegensatz
zu wilder Kraft und roher Grausamkeit, wo-
rauf der gebildete Athener im Vergleich mit
dem Barbarentum stolz war. Den maßgeben-
den Künstlern hat also bereits dieselbe Sagen-
form für diese Kämpfe vorgelegen, wie wir sie
noch jetzt in unseren Quellen, und zwar schon 30
seit etwa 470 v. Chr. durch Bakchylides, der
Min., Sinis, Sau, Skiron, Kerkyon und Polype-
mon-Prokoptas erwähnt, bezeugt finden. Daß
diese nur auf einem Theseuslied beruhen kann,
ist selbstverständlich (s. u. 7,9). Trotzdem gibt
Sarnoiü (S. 77) auch die Möglichkeit zu, daß
die Schalen insgesamt in letzter Linie auf eine
bildliche Vorlage zurückgehen, und daß man
in diesem Sinne von einer Urquelle in Gestalt
eines Bilderfrieses sprechen darf. Beide An- 40
nahmen dürften so miteinander zu vereinigen
sein, daß ein solcher Fries zunächst im An-
schluß ah eine Theseis oder Atthis in dem
alten bereits für die Zeit des Peisistratos be-
zeugten (Aristot. r. p. Ath. 15) Theseusheilig-
tum geschafi'en worden ist, von dem dann die
bildliche Überlieferung ihren Ausgang genom-
men hat (0. 53).
61. Die für uns erreichbare nächste Stufe
derselben bilden die Metopen des Schatzhauses 50
der Athener in Delphi (s. 0. 14 n. 30)] vgl.
Pomtow im Arch. Anz. 17, 1902 S. 85; abge-
bildet bei Homolle, Fouilles de Delphes, 4 Tf. 38 f.
43. 46—48, und danach bei Reinach, Rep. de
reliefs 1 Tf. 121 ff.), das vielleicht schon zur
Zeit der Peisistratiden, sicher aber vor 490 v. Chr.
erbaut worden ist {Hitzig u. Blünuier zu Paus.
10, 11, 5 S. 699, welche die Literatur über
diese Frage anführen).
Während wir den Schmalseiten die Gery- 60
oneia und Amazonenkämpfe, sowie eine Gi-
gantomachie zusprechen müssen, boten die
Langseiten je sechs Kämpfe des Herakles und
des Theseus. In letzteren glaubt der Leiter
der Ausgrabungen Homolle den Minotauros-
kampf, Theseus vor Athena, Kerkyon, Peri-
phetes, Skiron und Sinis zu erkennen, auch
weist er auf deren Verwandtschaft mit den
Theseus (Entwicklung d. Typu«) 738
15) Theseus und Kerkyon, Metope des Schatzhauses
der Athener zu Delphi
(nach Homolle, fouilles de Delphes 4 Tf. 46—47, 2).
jüngsten sf. und den strengrotfig. Vasen hin
{Pomtow im Arch. Anz. 10, 1895 S. 11, 1.
Studniczka, Jahrb. 11, 1896 S. 265. Klein, G.
d. gr. Kunst 1 S. 319; vgl. 0. Bd. 3, 1978, 49
u. bes. die oben 29, Fig. 5 abgeb. Schale). Da
sich von Periphetes aber höchstens eine Dar-
stellung {Gerhard A. V. 232 f.) findet, ist die 0.
Bd. 4 Sp. 1009 Fig. 1 als Skiron aufgefaßte
Gestalt jedenfalls als Prokrustes zu bezeichnen,
der für die Periphetesbildung als Muster ge-
dient hat (0. .59). Die R. erhebt er zur Abwehr
gegen den Hammerschlag des Th. wie auf den
Scüalen o. 29 Abb. 5 u. 57 Abb. 12 b. Dagegen
ist die von Homolle, fouilles de Delphes Tf. 46 '47,
5 abgebildete und von Reinach, rep. de rel. 1,
124, 4 zweifelnd Prokrusteskampf benannte
Gruppe auf Skiron zu beziehen. Th., in leichtem
Gewand, setzt den r. Fuß weit vor und holt
mit gerade aufgerichtetem Körper, jedenfalls
das Waschbecken in beiden Händen schwin-
gend, zum Schlag auf den vor ihm linkshin
niedergesunkenen nackten Gegner aus. Dieser
stützt sich nach vorn gewandt mit der R. auf
den Boden und erhob, wohl um Gnade bittend,
die L. gegen Theseus; vgl. die Schale o. 29
Abb. 5. Den Kerkyon {ebenda Tf. 46/47, 2;
Reinach 1, 123, 2; s. Abb. 15) umschlingt The-
seus stehend, fast von hinten, mit beiden Hän-
den, um ihn auszuheben. Kerkyons R. hängt
bereits erschlafft über den Nacken seines Geg-
ners herab, und sein Kopf senkt sich nieder.
Die Gesichtsbildung ist bei ihm wie bei Pro-
krustes fast tierisch.
Auf der Sinismetope {ebenda Tf. 48, 2;
Reinach 1, 121, 2) beugen sich beide Kämpfer
im Gegensatz zu den übrigen Darstellungen
nach links, so daß sie gleichzeitig die Fichte
niedergezogen haben müssen. Sie tragen leich-
tes Gewand, und bei Sinis hängen Haarsträhne
auf die Schultern herab; der hinter ihm ste-
hende Theseus ist etwas kleiner gebildet.
Die Athenametope {Arch. Anz. 10, 1895
739 Theseus (Entwicklung d. Typus) Theseus (Entwicklung d. Typus) 740
8. 99, HomoUe, fouilles de Delphes, 4 Tf. 38, u. S. 678 ff. Über die Theseusgestalt ist nichts
Gaz. d. beaux arts 1896 nr. 453; Beinach, 1, bekannt.
126, 2) zeigt uns die durch Ägis und Schild 63. Von größtem Einfluß für die Weiter-
gekennzeichnete Göttin, wie sie ihrem Schutz- bildung der Darstellungen aus dem Theseus-
ling, der als nalg ngca^ßog (Bakchyl. 17, 65 f.) Sagenkreis war die Ausschmückung des etwa
gebildet ist, nach Besiegung des Minotauros 474 v. Chr. (o. 49) auf Kimons Veranlassung
^5) jedenfalls einen Zweig oder Kranz als erneuerten Theseions durch Polygnot und Mikon
Siegeszeichen überreicht, was sie auch auf (Ärtemon bei Harpokr.*) Suid. Phot a. v. TloXv-
dem Becher aus Orvieto in Wien {Wiener Vor- yvtoToe. Patis. 1, 17, 2 f.). Auf der einen Wand
legebl E Tf. 12, 2; s. o. 5 u. 39), sowie auf lo war zum Hinweis auf die Vernichtung des
einem attischen Mischkrug {38) tut. Die Metope Perserheeres die Besiegung der Amazonen durch
mit Th. und der Amazone {HomoUe, F. d. D. 4 Theseus und die Athener, auf der zweiten in
Tf. 40; Beinach 1, 126, 1) ist jüngeren Stils gleichem Sinne der Kampf des Theseus und
als die übrigen, also wohl später einmal an der Lapithen gegen die Kentauren gemalt. Auf
Stelle einer älteren Platte eingesetzt worden. der dritten hatte, wie Paus, hier hervorhebt,
Th. erhob wahrscheinlich in d. R. das Schwert Mikon den Theseus bei Amphitrite dargestellt.
xum Stoß; mit d. L. erfaßt er das Nackenhaar Daß diese Szene in einfacherer Form bereits
der bereits unterliegenden Gegnerin. im älteren Theseion vorhanden gewesen sein
Der vorpersischen Zeit gehört femer ein mag, ist oben 22 erörtert worden. Sie dürfte
jedenfalls auf der Akropolis gefundener Jung- 20 neben den sieben Taten der älteren Schalen
lingstorso des Akropolismuseums von vorzüg- gestanden haben, wie sie Euphronios neben
lieber Ausführung an {Kastriotis, Kat. S. 21 diesen als Innenbild benutzt hat. Bei Erneue-
nr. 145. jS^udntczA'f^^i/*. itftW. 11, 1886 S. 193, 3. rung des Baues mußten dann die isthmischen
DeWn'ick, ebenda 26, 1900 S. 386 ff., abgebildet Kämpfe den zur Verherrlichung des Siegs über
hei Brunn- Bruchnann, Denkm. Tf. 646 rechts), die Barbaren bestimmten Bildern weichen;
welcher von H. Schrader, Arch. Marmorsk. im doch wurden sie wohl nur auf die Außenseite
Akr.-Mus., Wien 1909, S. 62—66, als 'Theseus derselben Cellawand verlegt, weil man sie
im Kampf mit einem der Unholde (Prokrustes?)' schon aus Pietät schwerlich ganz weggelassen
erklärt wird. Th. zwingt seinen Gegner mit haben würde. Zur Zeit des Pausanias mögen
d. L. nieder und bedroht ihn mit der Waffe so sie aber bereits zerstöi-J; gewesen sein, da ja
in der R. Schrader verbindet den Torso mit sogar das eine Innenbild durch das Alter ge-
andem im Museum vorhandenen Bruchstücken litten hatte (Pau^. 1, 17, 3). Wie die isthmi-
zn einer Gruppe, die er in den Abbildungen sehen Kämpfe und die Amphitriteszene auf die
64 u. 66 wiederherzustellen versucht. Auf die Vasenmalerei (o. 22 u. 59), so hat der Ken-
linke Schulter des Jünglings greift von hinten taurenkampf auf die nachfolgende Plastik ein-
tmd unten her eine schmale rechte Hand mit gewirkt (s. o. Bd. 3 Sp. 1772 ff.). An die Ama-
dünnen langen Fingern; der Riese Prokrustes zonenschlacht schließt sich vielleicht das Bild
streckt dagegen die Hände dem Sieger stets einer rf. Vase schönen Stils zu Neapel {Heyde-
um Gnade flehend oder abwehrend entgegen, mann, Racc. Cum. 239. Fiorelli, Vasi rinv. a
ohne ihn zu berühren. 40 Cuma Tf. 8. Beinach, rep. 1, 482, 2. Baumeister
Näher liegt also die Beziehung auf Theseus Fig. 2151; s. Abb. 16 u. vgl. o. Bd. 2 Sp. 1429.
im Kampf mit der Amazone, besonders wenn 3 Sp. 2242) an, das in Polygnots oder Mikons
man die delphische Metope betrachtet, die den {Klein, Gesch. d. griech. Kunst 1 S. 420ff.)Kom-
Hero8 in ganz gleicher Stellung zeigt.*) positionsart zwei Reihen von kämpfenden
62. Über die Terrakottagruppe 'Sturz des Griechen und Amazonen übereinander zeigt.
Skiron ins Meer', die Pausanias (1, 3, 1) auf Th. {0T}6vg), mit Helm, rundem Schild und
dem Dach der Königshalle zu Athen sah, vgl. Wehrgehänge, sonst aber nackt, zückt das
o. Bd. 4 Sp. 1009. Schwert gegen eine mit Schwert und Bogen
Aus dem Zehnten der marathonischen Beute bewaffnete Amazone [Av]tiav6[iQcc]'.i seine Ge-
soll Pheidias als sein erstes größeres Werk 50 nossen Phylakos, Phaleros, Munichos, Teithras
eine Erzgruppe von dreizehn Figuren zur sind Eponymen attischer Demen, die in der
Weihung nach Delphi gefertigt haben, unter Theseussage auch sonst eine Rolle spielen (78),
welchen sich Th., der Mitkämpfer bei Marathon, Astyochos aber bezeichnet hier jedenfalls den
befand {Paus. 10, 10, 1). Die Aufstellung könnte Stadtbewohner, d. h. den eigentlichen Athener.
dann erst zwischen 465 und 460 v. Chr. {Col- Ein stärkerer Einfluß ist von dem Amazonen-
lignon, Gesch. d. gr. Plastik, deutsche Ausg. 1, bilde ausgegangen, das Mikon bald nach 459
550) erfolgt sein, woran freilich E. Thrämer v. Chr. in der Stoa poikile zu Athen malte (Paus.
zu CoUignon a. a. 0. und andere zweifeln. H. 1, 15, 2, vgl. Bobert, Marathonschi. S. 7 ff.), bei
Pomtow, Stud. z. d. Weihgesch. u. d. Topogr. v. welchem hervorgehoben wird, daß er die Ama-
Belphi 2, 91 ff. nimmt an, daß das Denkmal 60 zonen als Reiterinnen kämpfen ließ (Aristoph.
488 87 V. Chr. errichtet und vielleicht dem Lysistr. 678 f. u. Schal. Arrian. An. 7, 13, 5).
Hegias zuzuschreiben sei, dessen Namen Pau- So findet sich auf jüngeren rf. Vasen öfter der
sanias mit dem des Pheidias verwechselt Zweikampf einer berittenen Amazone mit einem
habe; vgl. Hitzig u. Blümner zu Paus. a. a. 0. *x x^. » ^ , - ^ - . - * < * ^ . .
"^ ^ *) Die Änderung iv ta> 0t]ai(u; ifoo> ist trotz Curhua
*) Eine zu Eretria auf Euboia aufgefundene Giebel- Einspruch {Arch. Am. 4, 1889 S. 153), dem Klein {Getch. d.
irruppe, die gegen den Ausgang des 6. Jahrh. t. Chr. ge- griech. Kumt 1 S. 421) beistimmt, zu billigen. Dagegen
schaffen worden ist, erkannte Furtwängler {Ägina 1, 323) ist vielleicht die Ausschmückung des Theseions mit Klein
als den Raub der Antiope durch Theseus. »• a. O. dem Mikon allein zuzuschreiben.
741 T
Kntwicklnn«^ <1. TypuH) 742
16) Theseus im A h.h. . .ii. n l ■, m; pi imufsimd von 1. u. r.: Laodoke, Tli i-, inm-u i, .^i, .,,,,.■ ]i,.i;..
Phalakros, Aatyochos, Ariatomaclie, Munichos, Okyale, Teithraa. Vaae zu Neapel (nach Baumeister l'ig. :il51;.
zuweilen als Theseiis inschriftlich bezeichneten 20
Griechen, wie z. B. Gerhard A. V. 3 Tf. 163 f.
{Klügmann, Die Amaz. S. 47. Helhig, Führer^ 2
* ur. 1237. Reinach, Bep. 2, 83; siehe o. Bd. 3
Sp. 1783f.). Auch das 0. Bd. 3 Sp. 1779 wieder-
gegebene Vaseubild gilt als Nachahmung eines
Wandgemäldes, In derselben Halle malte Mi-
kon {Ael.n.a.lj 38. Arrian.an.l, 13, 5. Harpokr.
V. Mix(ov. Sopatr. 1, 8 8. 120 Walz) oder wahr-
scheinlicher Panainos {Paus. 5, 11, 6. Plin. n, h.
35, 8, 57; vgl. Brunn, Gesch. d. gr. K. 2 S. 19, 30
u. Klein, Gesch. d. gr. K. 1 S. 424 f.), jedenfalls
unter Leitung Polygnots {Plut. CimA), den The-
seus, wie er in der Schlacht bei Marathon aus
der Erde emporstieg {Paus.l, 15, 3), um seinen
Landsleuten beizustehen. Über die Abhängig-
keit der Reliefs an der Westwand des Heroons
von Gjölbaschi von diesen Gemälden vgl. Benn-
dorf, Heroon v. Gjölh.-Trysa S. 139 ff. Robert
im Herrn. 25, 1890, 41 6 ff". Hit zig -Blümner zu
Paus. 1, 15, 3. Heydemann, 8. Hall. Winckel- 40
mannspr. S. 9. Collignon-Baumg arten, Gesch.
d. gr. PI. 2 S. 228. Klein, Gesch. d. griech.
Kunst 1 S. 439 f. Endlich stellte Poljgnot
noch in der Lesche der Knidier zu Delphi den
Theseus in der Unterwelt dar {Paus. 10, 29, 9;
vgl. R. Schoene, Zu Polygnots Delphischen Bil-
dern, Arch. Jahrb. 8, 1893 S. 209 f. u. Robert
bei Preller, Gr. Myth.^ 1 S. 831 ff.), worüber
oben Bd. 3 Sp. 1788 ff. ausführlich gehandelt
worden ist. Ebenda bespricht Weizsäcker die 50
übrigen Werke der bildenden Kunst, in denen
Th. mit Peirithoos verbunden erscheint.
^4. In der fälschlich dem Alkamenes zuge-
schriebenen, bald nach 456 v, Chr. ausgeführ-
ten Kentaurenkampfgruppe, welche den West-
giebel des olympischen Zeustempels schmückte,
stand nach der zweiten jetzt allgemein ge-
billigten Ergänzung und Anordnung von Treu
{Olywpia, 3, 76 f. u. 134f.) Th. auf der linken
Seite Apollons. Der Kopf (abgeb. Die Funde 60
von Olympia, Ausg. in eijiem Bande Tf. 14 a) ist
vollkommen erhalten, zeigt aber noch alter-
tümliche Ausdruckslosigkeit, trotzdem Th. mit
beiden Händen weit ausholend das Beil gegen
seinen Gegner schwingt. Das Gewand ist auf
den vorgesetzten linken Schenkel hinabgeglitten.
Die Giebelgruppen sind trotz der Untersuchung
der Standspuren durch Br. Sauer unbekannt.
An den Querriegeln des Thrones seines
olympischen Zeus stellte um 448 v. Chr. Phei-
dias den Theseus als Begleiter des Herakles
im Amazonenkampfe, und zwar wahrscheinlich
in Rundbildern, dagegen in Relief und als
Sieger über die in Attika eingefallenen Ama-
zonen am Fußschemel dar {Paus. 5, 11, 4. 7.
1, 17, 2. Overbeck, Gr. Plast.'' 1 S. 359 f.). Über
Th. und Peirithoos auf dem Gemälde des Pa-
nainos an den Thronschranken s. 0. Bd. 3
Sp. 1785, 4.
Am Schilde seiner 438 v. Chr. vollendeten
Athena Parthenos bildete Pheidias abermala
den attischen Amazonenkampf, auf den San-
dalen der Göttin die Kentaurenschlacht {Paus.
1, 17, 2. Plin. n. h. 36, 18); ob hier aber Th.
mehr als an den Metopen des Parthenon kennt-
lich gemacht war, ist nicht überliefert. We-
nige Jahre jünger als die Skulpturen des letz-
teren sind die von ihnen zum Teil abhängigen
Bildwerke des sogenannten „Theseion", das jetzt
entweder als Hephaisteion (nach Pervanoglu^
Lolling, Sauer u. Dörpfeld *), als Herakleion in
Melite (nach Bursian, Wachsmuth, Curtius)
oder als Tempel des Apollon Patroos (nach
Milchhöfer u. Malmberg) oder Delphinios (nach
E. Maaß, De Lenaeo et Delphinio, Lektionskat
Greifswald 1891 f.) bezeichnet wird. Da die
erhaltenen Bildwerke lediglich Taten des He-
rakles und Theseus zeigen, die Metopen der
nach Osten gerichteten Hauptfront aber ersteren
angehen, so dürfte der Bau wohl mit bestem
Rechte dem in Athen seit alter Zeit als Gott
verehrten Herakles v-cclXivi-nog und aZs|txay.o?
zuzusprechen sein. Die übrigen Bildwerke neh-
men jedenfalls deshalb Bezug auf Theseus, weil
zur Zeit der Erbauung des Tempels die Sage
ging, daß dieser mehrere seiner Heiligtümer
zum Dank für seine Befreiung aus der Unter-
welt an seinen Retter abgetreten habe (o. 47).
Auch der Umstand, daß der Tempel später
dem Hagios Georgios geweiht worden ist,
spricht für ursprüngliche Heraklesverehrung.
*) Der eigentliche Hephaistoßtempel wurde nach lite-
rarischen und inschriftlichen Zeugnissen gegen 417 v. Chr.
vollendet; er ist aber schwerlich mit dem sog. Theseion
gleichzusetzen {Dragendorff , Gott. gel. Anz. 1874, 17 ff., To~
pogr. von Athen 318, 3. Pfuhl, De pompis lacr. p. 62. L. Mal-
ten bei Pauly- Wistowa 8, 1, Sp. 312).
T4r> Theseus (Entwicklung d. Typus)
Die Metopen sind illter als die Friese und etwa
um 440 V. Chr. von einem aus der Schule des
Kritios stammenden Künstler (etwa Amphion
von Knosos?) geschaffen {Furticängler, Meifitenc.
S. 72. W. Anielung, N. Jahrb. f. d. kl. Altert.
3, 1900 S. 10 ff. Br. Sauer, Das sog. Theseion
1« sein plast. Schmuck, u. C. Robert darüber
im Lit. Zenir. 1899, 49 Sp. I7l8f.).
65. Die acht Metopen der Seitenfronten piit
Theseostaten enthalten: Minot., Stier, Sinis,
Prokrust.; Periphetes, Kerkyon, Skiron, Sau
{Mon. d. Inst 10 Tf. 43 f., 68 f. Brunn- Arndt-
Bruckmann, Denkm. 162 f. bietet nur Sau, Stier,
Kerkyon, Skiron; vgl. die Einzelartikel sowie
W. Müller, Die Tl^eusmetopen vom Theseion
zu Athen. Göttingen 1888. 0. Wul/f, Zur The-
seussage. Dorpat 1892. E. Sarnow, Die cykl.
Darst.a.d. Theseussage. Leipzig 1894. Br. Sauer
a. a. 0. und danach Reinach, Rep. de reliefs 1,
61 f.). Sie schließen sich im allgemeinen an
den aus der älteren Schalengruppe bekannten
Typus an, bilden ihn aber selbständig weiter,
indem entweder ein früherer oder ein späterer
Augenblick der Handlung vorgeführt wird, als
überliefert war. Ersteres ist bei Minot. der
Fall, der noch wuchtig angreift, während er
auf den Schalen bereits nahezu überwunden
ist; ähnlich steht es mit dem Stierkampf (o. 15)
und mit Skiron (s. d. Abb. o. Bd. 4, 1010). Da-
gegen ist die Sau bereits an ihrem Gegner
emporgespmnge^ was eine wirkliche Sau frei-
lich nicht tut, und Kerkyon ist ausgehoben,
80 daß er den Boden nicht mehr berührt.
Prokrustes liegt auf seinem Lager und streckt
die Hände dem Th. flehend oder abwehrend
entgegen; Sinis (s. d.) steht noch aufrecht und
klammert sich an den Baumstamm an, wäh-
rend er auf den Schalen meistens bereits nieder-
gesunken ist. Über Periphetes ist o. Bd. 3
Sp. 1978 ausführlich gehandelt.
In der teilweise den Parthenonskulpturen
nachgebildeten Kentaurenschlacht des West-
frieses {Brunn- Arndt- Bruckmann, Denkm. Tf.
408; Reinach, Rep. de reliefs 1, 49 f.) ist Th.
durch kein sicheres Merkmal gekennzeichnet
(8. o. Bd. 3 Sp. 1775). Der Ostfries stellt einen
zusammenhängenden Kampf dar; in der Haupt-
gruppe tritt ein ungerüsteter, die übrigen an
Kraft und Größe überragender Jüngling vier
Steinblöcke schleudernden nackten Feinden
kühn entgegen {Brunn- Arndt - Bruckmann,
Denkm. Tf. 406f.). Daß dies Theseus im Kampf
gegen die als „Schwinger, Schleuderer" auf-
gefaßten Pallantiden ist, erscheint einleuch-
tender als alle anderen Vermutungen (s. o.
Bd. 3 Sp. 1334). WelcheWaffeTh. geschwungen
hat, ist nicht mehr ersichtlich, doch war es
wahrscheinlich ein Schwert; W. Amelung {N.
Jahrb. f. d kl. Alt. 3, 1900 S. 9 f.) denkt an
eine Lanze, obwohl diese ganz selten bei The-
seus nachweisbar ist.
66. Fast gleichzeitig, aber ein wenig jünger
(etwa 435 v. Chr.) sind die Bildwerke des Po-
seidontißmpels auf Sunion (früher als Athena-
tempel bezeichnet, Athen. Mittheil. 9, 1884
Tf. 17 ff.; Reinach, Rep de reliefs 1, 416 f.),
die auch dem Stile nach den Theseionskulp-
turen sehr nahe stehen. Trotz großer Ver-
Theseus (Entwicklung d. Typus) 744
stümmelung sind, abgesehen von einer Gigan-
tomachie, ein Kentaurenkampf und die Jugend-
taten des Theseus kenntlich; am besten ist der
Stierkampf erhalten.
Die Deutung des Vorkämpfers im Amazonen-
fries des von Iktinos kurz nach 430 v. Chr. zu
Bassai bei Phigalia in Arkadien erbauten
ApoUontompels als Theseus {Overheck, PL* 1
Fig. 182 Süd 22. S. 553), die von Friederidis-
10 Wolters, D. Gipsnbg. ant. Bildw. nr. 903 S. 303,
Collignon-Baumgarten, Gesch. d. gr. PI. 2 S. 170,
Kekule v. Stradonitz, D. gr. Skulptur* S. 112,
Klein, Gesch. d. griech. Kunst 2 S. 193 und
andern gebilligt wird, hat wegen der Löwen-
haut, der Keule und des Bo<jens Klügmann,
Amaz. S. öl Anm. 98 angezweifelt. Der Bogen
als Waffe des Theseus ist freilich nicht nach-
weisbar, er ist aber auch in dessen Hand nicht
' erhalten und, da das Köcherband fehlt, trotz
20 Furtwänglers Annahme (o. Bd. 1 Sp. 2226) nicht
notwendig zu ergänzen. Vielleicht schwang
er in der R. das Schwert und hielt in der L.
die Scheide. Daß aber, wie Robert, Die ant.
Sark.-Rel. 2 S. 76, erklärt, der attische Ama-
zonenk#mpf hier überhaupt nicht gemeint sei,
erscheint deshalb unwahrscheinlich, weil in
dem anschließenden Kentaurenkampf die Frauen
und Knaben sicher auf die attische Sage deuten.
Hier ist der Angreifer auf der 12. Platte der
30 Nordseite (o. Bd. 3 Sp. 1769 f.) durch das gleiche
neben ihm an einem Baume hängende Löwen-
fell gekennzeichnet. Er schützt, wie in der
Giebelgruppe zu Olympia, eine Frau; in der
Rechten, die er bis hinter den Kopf erhoben
hat, schwang er die Keule oder ein Beil. Zu-
zugeben ist aber, daß hier Theseus im Herakles-
typus gebildet ist. Eine andere Deutung bietet
Weizsäcker o. Bd. 3 Sp. 1776.
67. Gegen Ende des 5. Jahrh. v. Chr. er-
40 scheinen Theseustaten noch einmal auf dem
Friesrelief der Ostwand des Heroons von Gjöl-
baschi-Trysa im südlichen Lykien. Trotz starker
Zerstörung ist an der Innenseite der Ostwand
die Auffindung der Gnorismata {Benndorf u.
Niemann, D. Her. v. Gj.-Tr. Tf. 19, 11; Rei-
nach, Rep. de reliefs 1, 459) nach der gewöhn-
lichen Auffassung (o. Bd. 1 Sp. 201), aber im
Gegensinn und ohne alle Nebenpersonen er-
kennbar. Die Minotaurosplatte ist bereits oben
50 32, das Sinisabenteuer o. 59 behandelt. Der
Skironkampf (Tf. 19, 2; s. Abb. 17) zeigt die
Art der älteren rf. Schalen; am ähnlichsten ist
er derjenigen von Florenz (o. 57, 5 h).
Im Amazonenkampf der Westwand ist Th.
nicht sicher bezeichnet, vielleicht aber mit
dem Griechen gemeint, der eine Amazone am
60
17) Theseus u. Skiron. Belief (nach Benndorf u.
Niemann, D. Neroon v. Gjölbatchi-Trysa Tf. 19, 2).
745 Theseus (Kutwicklun^r des Typus) Theseus (Eutwicklun*,' des lypus) 746
Arm packt und zugleich mit dem Schild be- Kümtl.^ S. 67. 127). Auf diesem Bilde des
echützt (Innenseite 4 Tf. 14 B 14. lieinach, Euphranor in der Freiheitahalle auf der West-
lUp. de ri'liefs 1, 452, 2); vp^l. aber Jt Koepp eeitc des Kerameikoa zu Athen, das später auf
im Arch. Jahrb. 22, li)07 S. 75, der diese Dar- das römische Kapitol gebracht wurde, übergab
Stellung auf den Kampf des Bellerophon be- der Stammheros jedenfalls die Demokratia als
rjiieht und die attische Amazonenschlacht auf Braut dem Demos von Athen, eine Allegorie,
rder Südfront zu erkennen glaubt. In der Ken- durch die man ihn als Stifter des Freistaats
taurenschlacht mit Frauenraub auf der west- feierte {Plin. 35, 11, 40. S. 129. Paus. 1, 3, 2).
liehen Hälfte der Außenseite an der Südmauer Als Schützer seines Heimatlandes gegen den
(Tf. 23 B 2; Beinach 1, 462, 7) schwingt The- lo Angriff der Perser stellte ihn kurz vor 338
seus ebenso wie in Olympia mit beiden Händen v. Chr. Aristolaos, der Sohn des Pausias, neben
das Beil gegen einen Kentauren, der eine nieder- der Media und Arete, sowie wieder mit dem
gesunkene Frau umschlingt. Demos von Athen verbunden dar {Plin. h. n.
OS. In der Zeit der 2. Blüte der attischen 35, 11, 40 S. 137. Klein a. a. 0. 2 S. 315).
Kunst stellte Skopas um 380 v. Chr. im Ost- Den Minotauroskampf auf einem dem Askle-
giebel des Tempels der Athena Alea zu Tegea pios geweihten Schilde erwähnt eine zwischen
den Th. als Teilnehmer an der kalydonischen 320 und 317 v. Chr. verfaßte attische Inschrift
Eberjagd, und zwar wahrscheinlich so dar, daß (C. /. A. 2, 2, 835 Z. 68). Ob das Gemälde im
er mit Meleagros das anstürmende Tier ab- Dionysostempel zu Athen, auf dem des Theseus
wehrte (o. Bd. 2 Sp. 1616 f. (7oZ%now-^awm- 20 Abfahrt von Naxos und das Erscheinen des
garten, Gesch. d. gr. PI. 2 S. 251 tf.); er oder Dionysos dargestellt war {Paus. 1, 20, 3 und
einer seiner Mitarbeiter bildete ihn um 348 Hitzig- Blümner z. d. St.), dieser oder einer frü-
V. Chr. auf einem Innenrelief des Mausoleums heran Periode angehörte, ist nicht zu ent-
7.U Halikarnassos, wie er den Skiron (s. d.) auf scheiden.
einen Felsen niedergeworfen hat (Overbeck, PL* 70. Da die Werke späterer Zeit eine selb-
2 S. 106). Auch der Porträtkünstler Silanion ständige Bedeutung für die Sagengeschichte
schuf einen Theseus {Plut. Th. 4), über dessen nicht besitzen, werden sie hier nicht weiter
Auffassung nichts bekannt ist, wennschon verfolgt, sie sind aber oben in der Gesamt-
Furtwängler {Über Statuenkopien im Altert. 1, Übersicht angeführt.
559 Tf. 2 f.) eine Statue in Ince Blundell Hall 30 Die Auffassung der Theseusgestalt selbst
{Springer- Michaelis , Handb.^ S. 304 Fig. 541) stehi seit Ausbildung des rotfigurigen Vasen-
auf ihn zurückgeführt hat. stils völlig fest; er wird ausschließlich als
Dasselbe gilt von der Statue, die neben jugendlich schöner, schlanker und durch gym-
solchen des Herakles und des Apollon am nastische Übung gleichmäßig gekräftigter bart-
Arestempel zu Athen aufgestellt war {Paus. loser Heros, dessen edle Bildung zu der ro-
1, 8, 4; vgl. Weizsäcker bei Fleckeisen, N. J. husten Derbheit des Herakles in absichtlichem
135 S..591). Vielleicht ist diese jedoch in Gegensatz steht, von den Künstlern dargestellt,
einem der attischen Münztypen wieder zu er- während eine besondere Haartracht kaum her-
kennen. In Betracht kommen Bronzemünzen, vortritt (o. 27. 29). Bekleidung und Bewaffnung
auf denen Th. stehend, nackt und mit aus- 40 ist dieselbe wie in früherer Zeit, doch kommt
gestreckter rechter Hand erscheint, während nunmehr im Anschluß an sein Eingreifen in
er die L. auf die Keule stützt oder diese im den Kentaurenkampf das Beil und der dem
1. Arm trägt {Imhoof - Blumer a. P. Gardner, Prokrustes abgenommene Hammer bei ihm
num. comm. on Paus. Tf. DD 1 S; 145 f.); oder vor. Nur eine, wie es scheint, jetzt erst auf-
er hält in der herabhängenden R. eine Strigilis tretende oder nachweisbare Einzelbildung ist
und die Keule in der erhobenen L. geschultert noch hervorzuheben, bei welcher der nackte
{Cat. of gr. coins, Attica S. 105 n. 759 Tf. 18, Heros den rechten Fuß vorwärts setzt und die
7). Ganz ähnlich ist mit Vertauschung der Keule in der gesenkten Hechten nach unten
Seiten (was auch sonst bei Münzen vorkommt) hält: Fragmente einer Statuette mit der In-
die auf ein Original der attischen Blütezeit 50 schrift @r\6i(og auf dem Untersatz {v. Sybel,
zurückgehende Herme der Villa Ludovisi, jetzt Katal. d. Skulpt. zu Athen, nr. 2925 S. 2u8);
im Mus. delle Terme zu Rom {Heibig, Führer^ Gemme des Hyllos, des Sohns des Dioskurides
2, 906. Mon. d. Inst. 10, 57, 2; Brunn-Bruck- {Furtwängler, Arch. Jahrb. 3, 1888, S. 129 f.
mann Tf. 329 a; vgl. o. Bd. 1 Sp. 2159). Furt- Tf. 3 nr. 10. Geschn. Steine im Antig. nr. 6866).
wängler, Meisterw. S. 430, erklärt die Herme
freilich als Herakles. IV. Überlieferung der Theseussage.
69. Auch die Malerei hatte inzwischen die 71. Die älteste Erwähnung des Th., und
Theseusgestalt von neuem behandelt; so hatte zwar als Teilnehmer am Kentaurenkampf und
Parrhasios im Auftrage der Stadt Athen den als Sohn des Aigeus, findet sich bei Homer,
Theseus, vielleicht ebenso in Verbindung mit 60 11. 1, 265, welche Stelle auch Paus. 10, 29, 10
dem Demos, gemalt {Plut. Th. 4; de glor. Ath. (vgl. dazu Hitzig u. Blümner S. 7 90 f.) anführt.
2 S. 346 a; vgl. Klein, Gesch. d. gr. Kunst 2 Da der Vers aber in guten Handschriften wie
S. 175), wie dies später Euphranor tat, der in dem F«ewe^. A fehlt und von den Scholiasten
behauptete, sein Theseus habe sich mit Fleisch, übergangen wird, dagegen bei Hesiod, sc. 182,
der des Parrhasios aber von Rosen genährt. wiederkehrt, hat man ihn als daher entlehnt
Während ihn jener also als zarten Jüngling angesehen; ja E. Meyer, Hom. Parerga im
aufgefaßt hatte, hob letzterer die Kraft des Hermes 27, 1892 S. 374 ff., verdächtigt ihn als
Ringers an ihm hervor {Brunn, Gesch. d. gr. attisches Einschiebsel bei beiden Dichtem.
Boschs«. Lexikon der gr. a. xön. Mythol. V. 25
747 Theseus (ältere Überlieferung) Theseus (altere Überlieferung) 748
Dagegen suchen ihn C. Robert im Hermes a. Paus. 9, 29, 1 (o. Bd. 3 Sp. 1759\ ohne das
». O. S. 376 Anm. 1, von Wilammvitz- Mollen- Buch selbst noch zur Hand gehabt zu haben.
dorff, Hom. Unters. S. 260, 23, Toepfl'er, Aus Proklos bei Phot. bibl. 319, 36 nennt einen Sa-
d. Anomia S. 81, 0. Wulff, Zur Theseussage laminier dieses Namens als Verfasser von Ky-
S. 142, P. Friedländer, Herakl. S. 167 f., und prien, welche Athen. 682 D dem Heqvsias bei-
Weizsäcker o. Bd. 3 Sp. 1761, sicherlich mit legt, daher Berak, Gr. Lü.-Gesch. 2, 72 Anm.
Recht, hauptsächlich deshalb als ursprünglich 16, beide einander gleichgesetzt hat. Da aber
homerisch zu erweisen, weil Th. im Kentauren- in der von Pausanias aus jener Atthis ange-
kampf bereits auf der zwischen 670 u. 560 führten Stelle die Gründung von Askre behan-
V. Chr. gefertigten Klitias-Fran9oisva8e in- lo delt wird, so ist sie jedenfalls aus der Schule
schriftlich bezeugt ist. Durchaus in Überein- //^•.«ftodÄ hervorgegangen. Was sie über Theseus
Stimmung mit der späteren Sage erscheint berichtet hat, ist nicht bekannt; schwerlich
Aithra, des Pittheus Tochter, //. 3, 144 unter kommt sie jedoch als Hauptquelle der attischen
den Dienerinnen der Helena; Th. und Peiri- Theseussage in Betracht.
thoos aber werden Od. 11, 631 als Göttersöhne 73. Dies ist vielmehr eine bereits oben {60)
bezeichnet. Ganz unzweifelhaft echt ist die aus der Übereinstimmung der Denkmäler unter-
Erzählung von der Entführung und dem Tod einander und mit der literarischen Überliefe-
der Ariadne {Od. 11, 321 flf.), da sie eine später rung erschlossene, wahrscheinlich in der zweiten
völlig verschollene Sagenform voraussetzt (o. 38) Hälfte des 6. Jahrh. v. Chr. entstandene The-
und die älteste wahrscheinlich hierauf bezüg- 20 seis, die Aristoteles poet. 8 neben einer Hera-
liche Darstellung dem 7. Jahrh. v. Chr. ange- kleis anführt, ohne ihren Dichter zu nennen;
hört (0. 37). Die zum Teil schon im Altertum vgl. Plut. Th. 28. 32. Schal. Pind. Ol. (3, 52)
{Schol. n. 8, 144. Plut. Th. 34) gegen die Echt- 3, 60b ed. Drachmann; vgl. Epic. Graec. fr. ed.
heit dieser Stellen erhobenen Einwände können Kinkel 1 S. 217. Wdcker, Ep. Cycl.^ 1, 300t!".
also nicht als stichhaltig gelten, besonders Klügmann, Die Amazonen S. 18 f. B. Wagner,
wenn man außerdem bedenkt, daß die ältesten Epit. Vat. ex Apollod. hibl. S. 139. Bh. Mus.
Kykliker die Theseussage, abgesehen von den N. F. 46, 1891 S. 19. Ilberg, o. B. .S Sp. 2220.
isthmischen Abenteuern, als allgemein bekannt Zu scheiden ist dieses Werk von der Theseis
behandelt haben. So wird die Verbindung des des Atheners Pythostratos, der nicht vor Epa-
Th. mit Ariadne in den Kyprien {Prokl. bei 30 meinondas lebte {Diog. Laert. 2, 59. Jahn,
Kinkel, Ep. Gr. fr. S. 18; bei Didot S. 5»2a; Arch. Beitr. S. 272, 41), sowie von der in Prosa
vgl. von Wilamowitz-MöUendorff, Hom. Unters. verfaßten des Zopyros, welche die Sage sehr
149) und sein Aufenthalt in der Unterwelt in ausführlich behandelt haben muß, da sie erst
der Minyas {Paus. 10, 28, 2; vgl. Hitzig u. im 3. Buch die Medeageschichte erzählte {Stob.
Blümner z. d. St. S. 778) erwähnt; Hesiod aber flor. 64, 38. Suid. s. '^i^vgiörov). Eine lateini-
kennt seine Liebe zu Jope und Aigle (0. Bd. 2 sehe Theseis des Cremutius Cordus aus der
Sp. 293). Bei Arktinos {Prokl. bei Kinkel S. 50. Zeit des Domitian erwähnt luvenal. 1, 2. Da-
Sdiol. Eurip. Troad. 31) und LescJies {Paus. 10, gegen gehören die einer Theseis des Diphilos
26, 7 f.) findet sich die Befreiung der Aithra {Schol. Pind. Ol. 10, 83 p. 253 Boeckh) zuge-
durch Demophon, und Akamas, bei Hegias aus 40 schriebenen choliambischen Trimeter wahr-
Troizen, den Kalkmann, Paus. S. 141 ff., freilich scheinlich dem Theseus des Komikers Diphilos
von dem Nostendichter getrennt und für nach- aus Sinope an {Christ, Gr. Lit.-Gesch. S. 80, 4).
alexandrinisch erklärt hat, die Liebe der An- 74. Im 5. Jahrh. wirkten die Tragiker auf
tiope zu Theseus {Patis. 1, 2, 1), die auch Pin- die Ausgestaltung der Theseussage ein. So
dar behandelte {Paus. 1, 2, 1. Plut. Th. 28), behandelt die Aufnahme des Oidipus durch
der Raub der Helena aber bei den Kyklikern Th. Aeschylus in den Phoin. und ähnlich So-
und Alkman {Schol. II. 3, 242. Paus. 1, 41, 4). phokles im Oed. Col; die Bestattung der Freunde
72. Um 600 v. Chr. erwähnte Sappho die 14 des Adrast Aeschyl. in d. Eleusin. u. Eurip.
Begleiter des Theseus {Serv. Verg. Aen. 6, 21), in d. Suppl; den Tod des Hippolytos Eurip.
unter denen notweVidig die Minotaurosopfer zu 50 im gleichnamigen Stück (o. Bd. 3 Sp. 2221 f.),
verstehen sind {Stephani, Thes. u. Min. S. 20. die Rückführung aus der Unterwelt durch
36. Volkmann, Anal. Thes. ,S. 20), und min- Herakles und die demselben gewährte Hilfe im
destens auf dieselbe Zeit gehen die ältesten Herc. für.., in welchem Theseus mit Anspielung
Darstellungen des Minotauroakampfes zurück auf die Ereignisse nach der Schlacht bei Delion
(o. <25), wie auch die dem Hesiod zugeschrie- die Leichen der Argiver von den gottlosen
bene Dichtung, welche die Unterweltsfahrt des Thebanern zurückfordert {Dieterich im Bh. Mus.
Theseus und Peirithoos behandelte {Paus. 9, 31, 91 S. 42). Im Theseus {Cic. 2usc. 3, 14, 29. Plut.
b), dieser Periode angehören wird {Christ, Gr. Consol. ad Apoll. S. 112. Dind. fragm. S. 93)
Lit. S. 77. Kinkel, frg. ep. 1, 215 ff. E. Bohde, schilderte Euripides den Streit mit Minos, das
Psyche S. 278, 2). Ausführlich erzählte den 60 Hinabtauchen auf den Meeresgrund und den
Amazonenkampf und den Kretazug Simonides Kampf mit Minotauros {Straho 10, 4, 8 S. 477.
{Apollod. frg. Sabb. im Bh. Mus. 46, 1891 S. 184, Tzetz. Chil. 11, 555. Schol. Aristoph. Vesp. 313
12; vgL B. Wagner ebenda S. 393. Plut. Th. 17. ed. Dübner). Über den verlorenen Aigeus des
Schol. Soph. Ai. 727) und später Bakchylides Euripides ist Wagner, Ep. Vatic. S. 124 ff., über
{o. 20), doch schon für die Zeit der Peisistra- feinen Hippolytos AnakalyptomenosWelcker, Gr.
tiden beweisen die Denkmäler die ausgebreitete Tr. 2, 729 ff. und Bergk, Gr. Literaturg. 3 S. 528 f.,
Kenntnis der ganzen Sage. Eine alte Atthis, sowie über beide von Wilamowitz- Möllendorf
die er dem Hegesinos zuschieibt, erwähnt im Herrn. 15, 1880, S. 483 zu vergleichen.
749 Theseus (in der Komödie etc.) Theseus (Heimat und Wesen) 750
Auch Sophokles hatte bereits einen Theseus, delt hat. Nach seiner Erörterung folgte Apol-
einen Äigeus und eine Vhaidra geschriehcn, lodor in den kretischen Abenteuern einem
doch ist deren Inhalt nicht zu ermitteln (JV^/McA:, mythographischcn Handbuch und dem Vhilo-
trag. ar. fr.* S. 184 SophoJd. fr. 225 nach Phot. s/epÄawo.s, wahrscheinlich auch dem ^sA/e/j/ac^cs;
Lex. S. 342, 11 u. Suidus öfiTtviov v^cpog). Eine in der Hadesfahrt ist der Einfluß des Panyasis
um 41i) V. Chr. aufgeführte Tragödie Theseus durch die Vermittelung des ]*herekydes be-
eines unbekannten Verfassers nennt eine In- merVh&r (Wagvcr, J'Jp. Fai. S. 137. 147. 15Gff.).
Schrift (C. /. A. 2, 2, 972 2 Z. 8). Dasselbe Handl.uch hat auch JJiodor 4, 59—64
Komödien mit dem Titel Theseus werden bei seiner Aufzählung der Theseustaten aus-
angefübrt von Aristonymos, einem Zeitgenossen lo geschrieben {Bethe, Quaest. Biod. 62),
des Aristophanes, und von dem wenig jüngeren
Theopompos {Meinekc, fr. com. Gr. 1 S. 196 V. Heimat und Wesen des Theseus.
u. 240; vgl. Athen. 3, 33 S. 87 a u. 3, 23 S. 82 c), 76. Während Theseus früher unbestritten als
von den Dichtern der mittleren Komödie Athener aufgefaßt wurde, hat man in neuerer
Anaxandrides und Atiaxilas {Meineke 1, 368. Zeit versucht, den eigentlichen Ursprungsort
371 u. 407) und von Diphilos,dem Zeitgenossen seiner Sage außerhalb Attikas nachzuweisen,
des Menander {Meineke 1, 455; ygh Athen. 6, G. Kirchner, Attica et Peloponnesiaca, Grji)hisw.
80 S. 2G2a. 10, 74 S. 451b. c). Sicher spielte 1890 S. 60 f., und gleichzeitig besonders /.
Th. auch in vielen andern Komödien eine Töpffer, Theseus u. Pcirithoos {Aus der Anomia,
Rolle, wie die seiner Sage entlehnten Titel 20 Arch. Beitr. C. Robert dargehr., Berlin 1890
andeuten (z. B. Skiron des Alexis bei Athen. 15, S. 30 — 46), sowie im Anschluß an diese (). Wulff,
23 S. 678 e), wir kennen jedoch von keiner Zur Theseussage, Dorpat 1892 S. 142 IF., gehen
den Inhalt. Endlich wurden Teile der Sage, von der Tatsache aus, daß das älteste Zeugnis,
und zwar besonders die Jugendabenteuer zu welches wir über Th. besitzen (iforn. iZ. 1, 265),
Pantomimen benutzt {Liban. or. pro pant. Bd. 3 ihn in Thessalien als Genossen der Lapithen-
S. 374, 9 ed. lieiske). Über Lobgesänge auf fürsten im Kentaurenkampfe auftreten läßt.
Th. vgl. 0. 54. Sie betrachten deshalb Thessalien als Heimat
75. In seinen larogiaL oder ysvsccXoyicci be- der Theseus- und Peirithoossage (0. Bd. 3
handelte um die Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Sp. 1761) und meinen, sie sei von da mit dem
die Theseussage zusammenhängend Pherekydes 30 Stamme der Dryoper über Phokis nach der
aus Athen {frg. 39. 106—109 bei Müller F. U. attischen Tetrapolis, später nach der Gegend
G. 1 S. 82. 97 f.) und vielleicht ähnlich Andron von Troizen in Argolis und dann von beiden
aus Halikarnassos {frg. 13 ebenda 2 S. 351). Seiten aus nach Athen gelangt (vgl. Pallat,
Ihnen folgen die Verfasser von prosaischen De fabula Ariadnaea S. 16, doch auch die Be-
Atthiden: Zu Anfang des Peloponn. Kriegs denken, welche Gurlitt, Götting. gel. Anz. 1892
{Biisolt, Gr. G. 1 S. 21, 3) Hellanikos von My- S. 519, gegen Töpffer erhoben hat). Dabei
tilene {frg. 73—76, Müller F. IL G. 1 S. 54 f.) stützen sie sich auf das Zeugnis des Ps.-Hero-
und im 4. Jahrh. Kleitodemos oder Kleidemos dot, vita Hoin. 2, der einen angesehenen Thes-
{frg. 4 — 6, ebenda 1 S. 359 f.), welche die Sagen- saler Th., Nachkommen des PJumelos (s. d. 1),
Überlieferung zum Teil rationalistisch umdeuten 40 als Gründer von Smyrna nennt, während frei-
{F. Wipprecht, Zur Entwickl. d. rational. Mythen- lieh Tacitus, ann. 4, 56, und Aristides (20 S. 425.
deutung2 S. 26f.), dann Phanodemos {frg. 9 bei 21 S. 431. 436. 22 S. 440. 41 S. 763 Dindorß
Midier 1 S. 367), Androtion {frg. 31, ebenda unter diesem offenbar den allbekannten Athener
S. 374), Demon {frg. 3 f., ebenda S. 378) und be- verstehen. Noch zweifelhafter sind die Angaben
sonders der später hauptsächlich benutzte Phi- des J. Malalas (4 S. 87 ed. Bonn.)und des Georg,
lochoros {frg. 36—41. 45—49. 51 bei Müller 1 Kedrenos {C. Script. Byz. 1 S. 215), die Aigeus
S. 390 ff.), der sich vielfach an Androtion an- und Th. zu Königen von Thessalien machen,
schloß {Busolt, Gr. G. 1 S. 366, 1). Istros faßte da gar nicht ersichtlich ist, aus welcher Quelle
endlich zwischen 248 u. 224 v. Chr. in seinen sie diese Nachricht geschöpft haben könnten
kTTixä {frg. 13f. 23, bei Müller 1 S. 420f.) die 50 (s. o. 43). — 0. Gruppe, Gr. Myth. S. 582 f.,
Angaben der früheren , Atthidographen, ins- betrachtet Th., weil er mit zwei kretischen
besondere des Pherekydes u. Hellanikos, zu- Heroinen verbunden wird, selbst als ursprüng-
sammen, so daß er für die erhaltene Vulgata lieh kretisch, und E. Neustadt, de love Cretico,
in Plutarchs Theseus die Hauptquelle bildete, Berlin 1906 S. 35 f, stimmt ihm hierin bei,
wenn dieser daneben auch den Philochoros und während P. Friedländer, Herakles, Berlin 1907
jfiTZeiYoc/emos noch unmittelbar eingesehen haben S. 171 ff., die Erfindung des Minotauros- und
mag {W. Gilbert im Philol. 33, 1874, S. 46— 66. anderer Theseusabenteuer in die kleinasiatische
Wellmann, De Istro Callim., Greifsw. Diss. 1886. Aiolis, besonders nach Smyrna, verlegen möchte.
Busolt, Gr. G. 1 S. 369. F. Wipprecht, Zur Ent- 77. Bedenken wir aber, daß der Ursprung
wickl. d. rational. Mythendeutung 2 S. 25 ff.). 60 eines Kultes da zu suchen ist, wo er am stärk-
Von der Übersicht über die Theseustaten, sten auftritt und wo Ausstrahlungen in der
welche die Pseudo- Apollodorische Bibliothek im Nachbarschaft nachweisbar sind, so spricht
16. Kap. gab, ist nur der Anfang erhalten; da- alles dafür, daß Attika doch die Heimat des
gegen sind von großer Bedeutung sowohl die Th. ist; denn alle Örtlichkeiten, die für seine
Epitoma Vaticana als die Sabbaitischen Frag- Sage Bedeutung haben, liegen in und rings
mente aus Apollodor, die R. Wagner {Ep. Vat. um Attika herum, oder sie stehen zu dieser
ex Apollod. bibl. Leipzig 1891 u. Rhein. Mus. Landschaft sonst nachweislich seit alter Zeit
46, 1891 S. 181 ff. 380—419) eingehend behau- in naher Beziehung. So Euboia mit Chalkis,
25*
751 Theseus (Heimat und Wesen) Theseus (Heimat und Weseu) 752
Eretria und Aigai, Skyros, das opnntiscbe Lokria, zum euböiscben Sunde in Beziehung zu stehen
Ostboiotien, Me^ra, der Isthmos und die Nord- {S. Wide, Th. u. d. Meerspr. b. Bakchtfl, 17,
küste von Argolis mit Troizen, sowie die Inseln S. 20, Separatabdr. aus d. FestscJir. f. 0. lienn-
bis nach Delos und Naxoi hin, d. h. die Gegend, dorf). Westlich grenzen Pallene, das Reich
welche jetzt als Ursitz der lonier angesehen des Pallas, Sphettos und Gargettos an, wo Th.
(E. H. Meyer, o. Bd. 3 Sp. 2844) und durch die die Pallantiden überwand.
Verbreitung des geometrischen Vasenstils für In Marathon schließt Th. den Freundschafts-
das 9. Jahrb. v. Chr. zu einem einheitlichen bund mit Peirithoos, der als Eponymos des
Kulturgebiet zusammengeschlossen wird. Be- attischen Demos Perithoidai (o. Bd. 3 Sp. 1761)
merkenswert erscheint, daß dieser Stil außer- lo ebenso wie Pitheus- Pittheus (s. d.) als Ahnherr
dem nach Lakonien, Thera, Melos, Cypern und des Töpferdemos nach Attika gehört; denn erst
Kreta gelangt ist {Klein, Gesch. d. gr. Kunst 1 mit Th. zusammen dürfte der Großvater nach
S. 47), wohin auch die Theseussage ihren Weg Troizen gelangt sein. Die Erzählung von einer
genommen hat. In Attika selbst darf freilich Einwanderungjener Geschlechter aus Thessalien
Athen keinen Anspruch darauf erheben, als und die Wanderung des Th. über den Isthmos
deren Heimat zu gelten, da Th. hier als Ein- nach Athen hat man aber wohl nur erfunden,
dringling angesehen wurde {Plut. Th. 13). um einen Ausgleich der später an den ver-
Auch hatte sein Vater Aigeus den echten Pan- schiedenen Orten festgelegten Sagen unterein-
dioniden Lykos vertrieben, er selbst aber mußte ander zu schaffen. Auch Aithra erscheint auf
dem Erechtheiden Menestheus nach kurzer 20 Vasenbildern neben Aigeus, Theseus, Medeia
Herrschaft wieder weichen. Dagegen weist ihm und Phorbas in Athen (10), nachdem die Heimat
die Sage die ionische Tetrapolis im Osten ihres Sohnes aus Aphidnai dahin verlegt ist.
Attikas mit Marathon, wo er während der Aus der Küstengegend im Osten Attikas
Perserschlacht als ijgme imxmQiog aus dem stammt also wahrscheinlich das in der Sage
Boden emporstieg, und besonders die ebendort durch Aigeus und Th. vertretene seekundige
gelegene Burg Aphidnai als seinen Stammsitz Geschlecht, das durch das Ilissostal allmählich
zu; denn hier lebt seine Mutter, und die ge- nach Athen vordrang (vgl. Wachsmuth, Die
raubte Helena birgt er hinter ihren Mauern. Stadt Athen im Altert. 1 S. 398 f. 441»), dort
Diese selbst, die nach der gewöhnlichen Sage zur Herrschaft gelangte und dieses schließlich
aus dem fernen Sparta entführt wird, dürfte 30 zur Hauptstadt der ganzen Landschaft machte,
wohl sicher eigentlich die Tochter der im be- indem es die Bewohner der einzelnen offenen
nachbarten Rhamnus heimischen Nemesis sein Ortschaften zum Schutze vor brandschatzenden
(o. Bd. 1 * Sp. 1929 ff.), wie Toepffer (a. a. 0. kretischen Seeräubern in seine Mauern aufnahm
S. 36 ff.) und S. Wide {Athen. Mttteil 21, 1896, und durch Bildung von Schiff baugenossen-
S. 886 f.) dargelegt haben. schaften {rav-ngagiai) zur Abwehr befähigte
78. Auch Ariadne wurde nicht nur auf {Helhig, Les vases du Dipylon et Jes Naucraries,
Naxos und Kreta, sondern ebenso in dem nahe Mem. de l'Acad. des inscr. et helles leilres, 36,
gelegenen opuntischen Lokris verehrt, wo man 1898, 1 S. 387 ff. Klein, Gesch. d. gr. Kunst 1
ihr in Oinoe ein Trauerfest mit Totenopfern S. 5lff.).
und Klagen feierte (Cert. Hom. et Hes. 225 ff. 40 79. Als Vorgängerin von Athen auf dem
S. 246 Rzach^', vgl. Nilsson, Gr. Feste S. 383). Gebiete der Kulturentwicklung wird Aphidnai,
Weitere Sagenzusammenhänge mögen nur an- von aller Sage unabhängig, für diese Zeit durch
gedeutet werden: Zwischen Marathon und den Fund von Gefäßen in den Gräbern eines
Aphidnai lag der attische Demos Oinoe mit Hügels erwiesen, deren geometrische Dekoration
dem Hauptdionysostempel der Tetrapoliten sich durch die Technik der Mattmalerei als
{Seeck bei Pauly-Wissowa 2 S. 2203), wo An- Vorstufe der athenischen Dipylonvasen kennt-
drogeos ermordet wurde (0. Bd. 1 Sp. 343, 25; lieh macht. Der geometrische Stil ist aber,
vgl. Toepffer im Herrn. 23 S. 326); Oinopion wie es scheint, eine aus vormykenischer Zeit
aber ist ein Sohn der Ariadne und des Th. — stammende Dekorationsart, die sich bei der
Wie mit Ariadne verbindet sich dieser mit 50 jonischen Bevölkerung Mittelgriechenlands als
Aigle und raubt Korone (o. Bd. 1 Sp. 1934 u. ßauernstil erhielt und nach dem Zusammen-
hier 46); Aigle-Koronis steht ihrerseits in dem bruch der mykenischen Kultur im Dipylonstil
gleichen Verhältnis zu Apollon und Ischys, Athens während des 9. Jahrb. v. Chr. seine
dem Sohne des Stammheros von Elateia in Vollendung und Verbreitung fand (Ä"Zem, GescÄ.
Phokis (o. Bd. 2 Sp. 1388 ff.), wie Ariadne zu d. gr. Kunst 1 S. 46. 52), ein Vorgang, der also
Dionysos und dem starken Theseus. Ein Ort mit der Urentwicklung der Theseussage in der
namens Koroneia liegt auch im Süden des Art gleichläuft, daß Th. die altionische, Schitf-
Paraliabezirks Aigeis, der Heimat des Aigeus, fahrt treibende und den Meergott verehrende
der sich unmittelbar an die Ebene von Mara- Bevölkerung vertritt. Wenn trotzdem seine
thon, d. h. an das Gebiet des Th., anschließt. 60 ältesten bildlichen Darstellungen nicht aus
Dieses Koroneia erhebt sich vor der Bucht von Athen, sondern aus Korinth oder Arges, aus
Prasiai, von der ursprünglich die delische Chalkis und Tanagra stammen, so beweist das
Theorie, wenn nicht etwa von Marathon selbst, nicht, wie Dümmler (o. J25) und andere an-
ausging {Deniosth. 4, 34. Paus. 1, 31, 2). Dort nehmen, die frühere Bekanntschaft mit der
an der Ostküste stürzte sich also Aigeus bei voll ausgebildeten Sage in diesen Gegenden;
der Rückkehr des Th. von Delos in das nach denn diese war nach Aufnahme der Buchstaben-
ihm benannte Meer (o. Bd. 1 Sp. 146), und auch schrift im 8. Jahrh. {Klein, G. d. gr. K. 1 S. 56.
der Meersprang des Th. scheint ursprünglich 60) durch das Epos im Laufe des 7. Jahrh.
753 Theseus (Heimat und WeHen)
V. Chr. jedenfalls bereits in ganz Giiechenland
verbreitet worden. Der Grund ist vielmehr die
frühere Entwicklung der bildenden Kunst an
diesen Orten, besonders in Argos und Chalkis
(Klein a. a. 0. 1 S. 67 ff. 223). Sobald aber die
attische Gefiißmalerei sich zur selbständigen
Mythendarstellung erhob, behandelte sie auch
die Theseussage, und zwar zunächst die Ent-
führung der Ariadne, vielleicht ebenfalls noch
im 7. Jahrh. auf einer dem Dipylonstil nahe- lo
stehenden Vase (o. 37, Abb. 7), und sicher auf
der Klitias-Francoisvase (o. 36) zwischen 070
und 660 V. Chr., bis dann in der Zeit des Peisi-
stratos die Erhebung des Th. zum attischen
Natioualhelden und zum Vertreter des geeinten
Athen einsetzte. Damals erkannte man, daß
die Macht und Größe Attikas auf der Einigung
der Landschaft unter einem Herrscher und auf
der Erhebung Athens zur Hauptstadt beruhe.
In dem mythischen Stifter des owoimoiiog, 20
der in Wirklichkeit vielleicht um 1)00 v. Chr.
anzusetzen ist {Klein, G. d. gr. K. 1 S. 52; vgl.
Seeck bei Vanly -Wissowa 2 S. 2217), feierte
man also zugleich den Peisistratos, der Ähn-
liches in der Gegenwart erreicht hatte. Später
aber machte man Th. beim Emporblühen der
Demokratie aus der gleichen Veranlassung zum
Begründer der Volksherrschaft (s. o. 42).
80. In Rücksicht auf das für die weitere
Ausbreitung der Theseussage hervormgend 30
bedeutende Naxos hat E. Maaß, de Lenaeo et
Delphinio, Greifsw. prooem. 18i)l S. 8, den Zu-
sammenbang des dortigen Ariadnedienstes mit
der athenischen Dionysosverehrung nachge-
wiesen; die Übereinstimmung zwischen der
Kultvermählung der Gattin des Basileus mit
Dionysos (o. Bd. 1 Sp. 1073) und der Vermäh-
lung dieses Gottes mit der vom attischen
Königsohn Th. getrennten Ariadne läßt sich
nicht durch Zufall erklären. Dabei wurde die 40
Basilissa von 14 Ehrenfrauen {VsquqccI) be-
gleitet, wie Ariadne von den 14 durch Th.
geretteten Opfern (s. oben 58 Anm. ; vgl. Rosclier,
Die 7- und 9-Zahl ün Kultus und Mythus der
Griechen S. 24).
Im Kretazug des Th. vermutete L. Stephani
{Der Kampf des Th. u. Min. S. 11 f. u. S. 28)
einen historischen Kern, indem er die Bildung
der Sage durch einen wirklichen Menschen-
tribut, der nach Kreta infolge einer Kultver- 60
bindung für den Baal-Moloch-Kronosdienst ge-
liefert worden sei, erklärte (vgl. o. Bd. 1 Sp. 1228.
2, 3108); von Wilamoivitz-Moellendorff {Eurip.
Herakl.^ S. 302) aber denkt an eine tatsäch-
liche Eroberung Athens, wie o. 78 Einfälle von
Seeräubern als Veranlassung des 6vvoiv,ia^6<s
betrachtet worden sind. Vgl. Bethe im Bh. M.
65, 1910 S. 2(iOff. — Auf etwas anderem Wege
gewinnt 0. Wulff a. a. 0. S. 154 ff. den Zu-
sammenhang zwischen Th. und Minotauros, 60
indem er diesen mit dem chthonischen Stier-
dionysos Kgrioiog von Argos (o. Bd. 1 Sp. 1056 f.),
in dessen Tempelbezirk das Grab der Ariadne
gezeigt wurde {Paus. 2, 23, 7 f. Nonn. Dion.
47, 665 ff.), gleichsetzt, wie Helbig, o. Bd. 2
Sp. 3011, im Anschluß an H. D. Müller den
altargivischen stiergestaltigen Gott, der auch
zu Zeus wird (und nach Bethes Ansicht aus
Theseus (Heimat und Wesen) 754
Kreta stammt), zur Vermittelung herbeizieht.
Diese Annahme wird durch altertümliche Fest-
bräuche in den nahe gelegenen Städten Korinth
und Sekyon gestützt. Dort beging man näm-
lich alljährlich während der Heraia, einer
TtivQ-nLog ioQxr] (o. Bd. 1 Sp. 2078), an den
Gräbern von je sieben einstmals geopferten
Knaben und Mädchen ein Sühnfest, und sieben
Knaben und sieben Mädchen nächtigten dabei
im Tempelbezirk der Hera &v.()aia (o. Bd. %
Sp. 2493 f.), die hier an die Stelle der Insel-
Ariadne getreten sein muß. In ähnlichem Sinne
wurden durch sieben Knaben und sieben Mäd-
chen Sühnungen vorgenommen, die man später
mißverständlich mit der Abwehr einer Pest
und mit der Tötung des Python durch Apollon
in Zusammenhang brachte {Paus. 2, 7, 7 f.).
Schon 0. Müller, Dor. 1 S. 328, hat dieses
Sühnfest aber mit der Feier des Apollon Del-
phinios in Athen verglichen, der zu Th. in
naher Beziehung steht {W. Aly, Der kretische
Apollonkult S. 30 ff. S. Wide, Th. u. d. Meerspr.
hei Bakchyl. 17 S. 18 f. in der Festschrift für
O. Benndorf) und dem er den marathonischen
Stier opfert.
81. So waren die Elemente des Theseischen
Stier- und Minotauroskampfes, die dann in der
18) Minotauros auf einer Gemme aus Knosos
(nach A. J. Evans, The Palace of Knosso» and
its dependencies S. 19, in den Neuen Jahrh. Yon
Ilherg und Gerth 1903 S. 403, 1).
athenischen Darstellung vereinigt wurden, an
den älteren Sitzen der Sage in Marathon unft
an der Nordküste von Argolis, in Einzelzügen
vorgebildet. Die Mi-
notaurosgestalt an
sich gehört dagegen
entschieden nach
Kreta. Finden sich
doch dort auf sehr
alten Gemmen, die
teils inKnosos selbst,
in größerer Anzahl
aber bei Kato Zakro
im Osten Kretas zum
Vorschein gekom-
men sind, Mischbil-
dungen von der Art '
des Minotauros in allen erdenklichen Ver-
bindungen, männlich und weiblich, mit und
ohne Flügel, mit Stier-, Bock-, Esels- und
19) Geflügelter weiblicher Mi-
notauros ? {Ebenda S. 403, 8.)
755 Theseus (Heimat und Wesen)
Theseus (Heimat und Wesen) 756
Adlerköpfen {K. Tutel, Der Palast in Knosos
in d. N. J. V. Ilberg u. Gerth 1903 S. 403,
Abb.l und 8; vgl. G. Karo, Altkret. KtHtstätUn
im Arch, f. Reiigionsw. 7, 1904 S. 133, s. Abb.
18 und 19) oder auch mit tierischem Ober-
körper und Stierschwanz, aber mit mensch-
lichen Beinen (Abb. 20)
aus Knosos nach A. J.
Evans, Annual of Brit.
School at Athens 7 S. 18 lo
Fig. 7a; vgl. J, E. Har-
rison, ProUg. to the study
of gr. rel S. 483).
Beim Zusammentref-
en der kretischen mit
der ionisch - attischen
Kultur, das nach Aus-
weis der Vasenfunde im
Anfang des neunten"
Jahrh. v. Chr. erfolgt sein 20
mag {Klein, G. d. gr. K 1
S. 62), hatman nun jeden-
falls den altargivisch-
korinthischen und wohl
allgemein altionischen
Stiergott, der auch als
marathonischer Stier er-
20) Gemme »U8 KnoK>8 (nach scheint, im Minotauros
HarrUon, Proleg. 8. *88). wieder ZU erkennen ge-
glaubt und sie einander 30
gleichgesetzt. Wie aber andere mythische Aben-
teuer mit der Ausbreitung des geographischen
Horizonts in die Ferne rückten, so wurde in
Verbindung mit dieser Gleichsetzung auch der
Stierkampf des nunmehr bereits zum attischen
Helden gewordenen Theseus in die neu erschlos-
sene Inselwelt, wo noch Raum fnr Wunderbares
war, hinausgeschoben; daher denn der Kretazug
lediglich von Athen ohne Rücksicht auf die
älteren Sitze der Theseussage ausgeht. Der 40
einfache Stierkampf von Marathon erhält bei
dieser Verlegung infolge des Strebens, gewisse
Kultgebräuche des eben damals aufgenomme-
nen Dionysosdienstes (o. Bd. 1 Sp. 107u) zu
erklären, eine durch Nebenzüge stark erwei-
terte Gestalt. Der Gegensatz des bekämpften
Stiergottes zu Th. setzt sich im Verhältnis des
gleichfalls in Stiergestalt auftretenden Dionysos
zu diesem fort, nur erscheint der neue Gott
im Wettstreit um Ariadne, obwohl sie selbst 50
bereits dem altionischen Kulturkreis angehört,
dem Heros gegenüber schließlich als Sieger.
82. Damit kommen wir zur Frage nach dem
Wesensgrund des Th., die ebensowenig wie. die
nach seinem Ursitz bisher sicher gelöst ist.
Euhemeristische Deutungen finden sich bei
Tzetzes, Chil. 1, 473f. hist. 19 und 2, 741 ff.
hist. 51 sowie bei Palaephat., de incredib. 2.
— L. Stephani a. a. 0. S. 8 ff. betrachtet Th.
als Stammheros des ionisch-attischen Staats 60
und als Gegenbild zu dem dorischen Herakles.
— L. Preller, Gr. Myth."" 2 S. 285, faßt ihn als
ionischen Nationalheros, Curtius, Gr. Gesch.^ 1
S. 55 f., als Verkörperung des griechischen Volks
und seiner Schicksale in ältester Zeit auf;
letzterer setzt ihn aber außerdem mit dem
tyrischen Stadtgott Melqart und durch diesen
mit Herakles gleich. — Chr. Petersen {Gr.
Myth. S. 118 f. im Artikel ,,Griechenland'' bei
Ersch u. Gruber) erkennt in ihm einen som-
merlichen Heros, dessen Taten den Sieg des
Sommers über Sturm und Überschwemmung
des Winters bedeuten, und E. Neustadt {De
love Cretico S. 30 ff.) stellt Th. in seiner Ver-
bindung mit der Fruchtbarkeitsgöttin Ariadne
dem nordischen Maikönig an die Seite. Vgl.
die ähnliche Deutung von D. G. Roberts, Th.
and the robber Sciron im Juurn. of Hell. Stud.
32, 1912 S. 105 ff. — Bestimmt als solarisches
Wesen sucht ihn L. Stacke {Fleckeisens Jahrb.
78, 1866 S. 780 ff.) zu erweisen, und auch J.
Mähly {Die Sontxenheldcn der Mythologie, Gym-
nasialpr. Basel 1889) hält ihn für einen Sonnen-
heros*). — Als ursprünglich wesensgleich mit
Herakles, ja als seinen Doppelgänger von Haus
aus und damit als Gottheit des Naturkreislaufs
wie Apollon und Dionysos betrachtet ihn E.
Meyer, Gesch. d. Altert. 2, 167 S. 258. Seine
Fesselung in der Unterwelt ebenso wie sein Zug
nach der Insel Kreta ist nach ihm im selben
Sinne wie die Dienstbarkeit des Apollon bei
Admetos oder diejenige des Herakles bei Eury-
stheus als mythische Erklärung für die Untätig-
keit der Gottheit während der Winterzeit zu
deuten {ebenda 2, 67 S. 102). — Dagegen sehen
Wernicke {Kerkyaneus im Arch. Jahrb. 7, 1892
S. 216), Robert {Preller, Griech. Myth.* 1 S. 677),
Usener {Rh. Mus. 53, 1898 S. 356) und Gruppe
{Griech. Myth. S. 683) in Th. eine Hypostase
des Poseidon (vgl. o. 1—3). Usener (a. a. 0.
S. 373) setzt dabei Aigeus dem Poseidon gleich
und deutet ihn als Wintergott, während sein
Gegner Lykos, der Lichte, Vertreter der Som-
merzeit sei. Von seinem Bruder vertrieben,
gehe er nach dem Lichtlande Lykien (o. Bd. 2
Sp. 2187), an Th. aber vollziehe sich die Wieder-
vergeltung, indem er durch Lykomedes getötet
wird. — 0. Wulff {Zur Theseussage, Dorpat
1892 S. 1420".) hält Th. für einen thessalischen
Lapithen, diese selbst aber ebenso wie ihre
Gegner, die Kentauren, für Sturmdämonen.
Wie Boreas ccld'Q7\YSvirr\q heiße, so habe Th.
die Aithra zur Mutter (vgl. E. H. Meyer, o.
Bd. 3 Sp. 2807); die mit ihm verbundenen
Amazonen seien gleich den nordischen Wal-
küren im Luftraum zu Hause, der Stierkampf
scheine dagegen eines mythischen Keimes zu
entbehren.
83. Niemand wird bezweifeln, daß Th. in der
Zeit der jüngeren Weiterbildung und Ausbrei-
tung seiner Sage, der insbesondere seine isth-
mischen Abenteuer angehören, lediglich das
ionisch-attische Heldenideal verkörpert, welches
während der Peisistratidenherrschaft geschaffen
wurde. Gleich Herakles und im Anschluß an
sein Vorbild säubert er die Welt von bösartigen
Riesen und Ungeheuern, mit deren Grundwesen
er selbst nichts zu tun hat, wenn ihnen auch
ursprünglich eine Naturbeziehung anhaftet, wie
z. B. Skiron mit Rücksicht auf die Darstellung
am Turm der Winde zu Athen (s. o. Skiron 2)
als der von den Skironischen Klippen herfegende
•) Nur der Vollständigkeit wegen erwähne ich die
yon A. Dühring, Gr. Heroen u. Abendgeister S. 37ff. , vorge-
brachte Deutang des Tb. als Morgen- and Abendstem.
757 Theseus (Heimat und Wesen)
Theseus (Heimat und Wesen)
758
20 5
Orkan gedeutet worden ist {K. Maaß, Der
Kampf um Temcsa, Arch. Jahrb. 22, l'.)07
S. 40, 43). Keinesfalls aber hat Tii. von An-
fang an des eigentlich mythischen Kerns
völlig entbehrt, da sonst seine frische Le- ,
benskraft, die Kponymen und dgl. an sich ^
nicht eigen ist, unerklärlich wilre. Zweifel- ]
los richtig ist seine Zugehörigkeit zu Posei- \
don erkannt worden; in diesem selbst sieht I
E. H. Meyer (o. Bd. 3, Sp. 2789; vgl. 2792. j^j
2797. 2802) den die Gesamtwasserwelt be- |
herrschenden Windgeist, den Urheber des |
Wintersturms (vgl. Preller- Bobert, Gr. Myth. I
1 S. 582), und auch den Aigeus erklärt er |
mit Usener als heroisierten Wintersturm- !
geist (0. Bd. 3,2797. 2848). Von allen my- 1
thischen Beziehungen abgesehen ist Th. -
ebenso Stammheros der lonier, wie Posei- I
don (YSviaLos) ihr Stammgott ist (3, 2826, i
2832 tf.); beiden ist der achte Monatstag
geweiht, beiden werden ritterliche Spiele
gefeiert (3, 2833 u. o. 54), und ihre Tempel
besitzen Asylrecht (3, 2833 u. 53). Aber
auch die Möglichkeit, daß Theseus die
Grundbedeutung als Sturmgeist mit sei-
nen Vätern teile, ist nicht bestimmt ab-
zulehnen, denn in diese Richtung weisen
nicht nur die von Wulff o. 80 angeführten
Vorstellungen, sondern ebenso seine Auf-
fassung als Frauenräuber (Ariadne, Antiope,
Anaxo, Helena; vgl. Gruppe, Gr. Myth.
S. 589) und Stierbezwinger (Marathonischer
Stier, Minotauros). Zu dem Raube der in
Attika seit Urzeiten mit ihm verbundenen
Amazone bietet die Entführung der Orei-
thyia durch Boreas ein vollwichtiges Gegen-
stück. In dem Stierbezwinger wird da-
gegen einst vielleicht der Sieg des Sturm-
geistes über den brüllenden Gewitter-
wolkendämon, der später zum Gewitter-
gott wurde, angeschaut worden sein, weil
der Wind die Wolken vertreibt. Die Steine,
die Minotauros zwar nicht auf den äl-
testen Bildern {26), dann aber regelmäßig
in den Händen führt, wären demnach mög-
licherweise als Donnerkeile aufzufassen,
wenn auch der dem Minos nahestehende
Zeus Labrandeus auf höherer Kulturstufe
als Blitzsymbol die Doppelaxt trägt (vgl.
Bd. 4, Sp. 49. 53). Hält Minotauros doch
auf der alten Gemme aus Knosos (81,
Abb. 18) den flammenden Blitz tatsächlich
in der linken Hand.
84. Bei dieser Annahme könnte auf-
fallen, daß im Kultus des Theseus Toten-
bräuche die erste Stelle einnehmen (o. 54).
In der Hauptsache mag sich dies aus sei-
ner Verehrung als verstorbener Held, d. h.
als Heros, ergeben; indessen sind auch
Beziehungen von Dämonen der winterlichen eo
Stürme zur Unterwelt nachweisbar (o. Bd. 3,
Sp. 2793 ff.), und Poseidon selbst ist als
X^ovios, 6U6ixd'(ov u. dgl. unterirdischer
Gott und hütet die Pforten des Tartaros
(0. Bd. 3, Sp. 2798. 2813. 2822). Ja die
ihm gefeierten isthmischen Spiele stellen
sich als ursprünglicher iTtitdcpios aymv
dar, der später auf irgendeinen Heros
50 &,
759 Theseus (Heimat und Wesen) Thesmophoros 760
(Melikertes, Sinis, Skiron) bezogen worden ist minyisch-mykenisch oder als kleinasiatisch-
(o. Bd. 3, Sp. 2846 u. hier 43), karisch angesprochen werden. [Steuding.]
Das Hinabsteigen des Th. in die Unterwelt The8imene8(?) (W^jötft^vijf?); vgl. Hygin. f. 71
und seine Fesselung daselbst soll ihn zunächst p. 78, 14: Thesitnenes, Parthenopaei ßius ex
wohl nur als den gleich Herakles vor keiner Clymene nympha Nysius. Nach E. Maaß, De
Gefahr zurückschreckenden Helden kenntlich Lenaeo et Delphinio 15, 4 (vgl. K. Klanenty
machen, der zeitweilig dennoch der Macht des Arion 46) bedeutet der Name ' og ^ivog zld-s-
Todes erliegt; es könnte aber natürlich auch rai, vim adhibens* und ist Vollname zu The-
aas seiner Grundbedeutung als x^ovtog erklärt seus; vgl. Dibbelt, Quaest. Coae myth. (Diss.
werden. Ebenso hat man seinen Zug nach lo Greifswald 1891) p. 33. Doch kann der Name
dem fernen Kreta und das Eindringen in das dies kaum bedeuten und für Thesimenes ist
Labyrinth als Gang in das Totenreich aufgefaßt mit Jacobi, Handwörterbuch d. griech. u. röm.
iß. TluZ/f a. a. 0. S. 161 ff.; vgl. E. Meyer o. 82\ Mythologie 859. E. Bethe, Theban. Heldenlieder
und das Kinderopfer für Minotauros samt dem- 111 Anm. 6. Gruppe in Bursians Jahresber. 85
jenigen in Korinth ließe sich hiermit verbinden. (1895), 289. Gr. Myth. 538,4. Robert^ Hermes
Wie diese Züge aber tatsächlich im einzelnen 53 (1918), 224 (der außerdem statt: Nysius:
untereinander zusammenhängen, entzieht sich Mysius schreibt) nach Fau^ 3, 12, 9 TXriainivrjg
sicherer Erkenntnis. Nicht besser steht es mit zu schreiben. [Höfer.]
der Annahme, daß die Urform des Theseus- Theskelos {&ia>isXog)j Genosse des Phineus,
mythos, gleich dem minyisch-äolischen Po- 20 im Kampfe mit Perseus durch das Medusen-
seidonkultus (o. Bd. 3 Sp. 2834), in Thessalien haupt versteinert, Ov. Met. 6, 182. Lact. Plac.
entstanden sei (76), denn das ist eine Frage, zu Ov. a. a. 0. (p. 654,10 ed. Magnus [Berlin
die nicht ohne Entscheidung über die Aus- 1914]). An einer anderen Stelle (p. 654, 2) hat
bildung der spezifisch ionischen Stammesgenos- Lact. Plac. statt Thescelus: Thessalus. | Höfer.]
senschaft und ihren allerursprünglichsten Sitz Theskera (©fffx^pa), eine der Ammen des
gelöst werden kann. Dionysos. Theognost. bei Cram. Anecd. Oxon.
85. Zweifelhaft bleibt endlich auch die 2, 106, 31. [Höfer.]
Deutung des Namens Griasvg. Helladios, bei Thesniia (Gsafiicc), Beiname der Demeter, nn-
Phot. bibl. 219 S. 533a 21 Bekker, führt drei ter welchem sie 15 Stadien nordöstlich von Phe-
verschiedene Ableitungen an: 1. von Q^-qg Lohn- 30 neos in Arkadien ein Heiligtum, eine Stiftung
arbeiter, 2. von ^ffvai im Sinne von „mit den des Triaules und des Damithales, besaß. Paus.
Händen arbeiten", so daß Th. als dpacrrtxcö- 8,16,4. Immerwahr, Kulte u. Mythen Arkadiens
xatog ijQcag bezeichnet würde, 3. hält er Ein- 97 ff. The8mia = Thesmophoros (s. d.); vgl. PreZ-
tritt des S für ursprüngliches T für möglich, ler, Demeter u. Persephone 334, 1. [Höfer.]
ohne jedoch eine weitere Vermutung auszu- Thesmodoteira {@8Cfiod6reiQa), zusammen
sprechen. Im Altertum dachte man sonst an mit niang und Ji-nri als Göttin angerufen; sie
einen Zusammenhang mit d^iaig in Rücksicht führt das Beiwort Sc^vfiav. Orph. hymn. prooim.
auf das Niederlegen der Erkennungszeichen 25. [Höfer.]
unter dem Felsen oder gar mit d-aßig im Sinne Thesmophoros {@E6(io(p6Qog). 1) Beiname
von Adoption wegen der Anerkennung durch 40 der Demeter. Neuere Literatur darüber:
Aigeus {Plut. Th. 4); meist aber wurde Th. als Preller, Demeter und Persephone. Hamb. 1837,
„Gründer, Stifter" (von riO-tVat, ^rjGco Schol. S. 335 ff. Welcker, Griech. Götterl. Gott. 1860,
Aeschin. 3, 13. Et. Magn. s. v. Bekker anecd. II, S. 495 ff. Preller- Robert, Gr. Mythol.V. Berl.
847,29) aufgefaßt, wie dies auch noch Stephani' 1894, S. 777 ff. Bloch oben Bd. 2, Sp. 1328 ff.
{Th. u. Min. S. 15) und andere tun (Baunack, A. Mommsen, Feste der Stadt Athen^. Leipzig
Studien 1 S. 291. R. Hirzel, Themis, Dike u. 1898. S. 308 ff. bes. 316, 8. M. Nilsson, Griech.
Verw. S. 333; bekämpft von W. Kroll bei Fes^e. Leipzig 1906, S. 313 ff. bes. 323 ff. A. 4 ff.
Ilberg-Gerth, N. J. 11, 1908 S. 581). 0. Gruppe, Griech. Mythol. u. Religionsgesch. II.
Abzulehnen ist ferner die Vermutung von München 1906, S. 1175f
JE. Maaß {De Lenaeo et Delphinio, Greifsw. 50 Der Beiname hängt natürlich eng zusammen
prooem. 1891 S. 16), der Th. als Kurzform zu mit dem Namen des verbreitetsten und ältesten
SriGi^evrig (s. d.) betrachtet, da dieser Name aller griechischen Feste, der ©saiiocpoQLa,
sonst nicht bezeugt ist und bei Hygin. f. 71 das wir fast überall, d. h. bei fast allen grie-
nur auf falscher Lesart statt Tlesimenes beruht. chischen Stämmen, nachweisen können. Siehe
0. Wulff, a. a. 0. S. 170, hat im Anschluß außer oben Bd. 2, Sp. 1329 die Übersichten bei
an die oben unter 2 angeführte Ableitung und Preller a. a. 0. S. 337 f, Preller-Robert 1, 777 ff.
im Gegensatz zu Pittheus, den er „Rater" über- Welcker 2, 507 ff. Gruppe S. 1175, 5. Nilsson
setzt, den Namen Theseus als „Täter" zu er- S. 313f; vgl. auch den Monat QsGiiocpÖQiog zu
klären versucht, während Gruppe, Gr. Myth. Latus (Kreta) und auf Rhodos (Preller S. 337).
S. 584 ihn als Kurznamen für Griencnog (Diog. 60 — Das Fest war ursprünglich überall an
Laert. 5, 2, 14, 57) auffaßt. Mit Bezugnahme die Aussaat des Wintergetreides geknüpft;
auf Hippothoon, den Sohn der Alope, deutet über die wenigen, die ursprüngliche Regel be-
er ihn als „der von einer Stute Gesäugte", ob- stätigenden Ausnahmen s. Pfeiler a. a. 0. S. 337
wohl bei Th. nichts der Art überliefert ist. und Nilsson a. a. 0. S. 316. — Am besten sind
Wenn also der Name Theseus unübersetz- wir natürlich über die Feier zu Athen unter-
bar bleibt, so teilt er dieses Schicksal mit den richtet; vgl. darüber Preller a. a, 0. S. 339 ff.
Namen der Hauptgottheiten Griechenlands, die Welcker a. a. 0. 601 ff. Bloch ob. Bd. 2, Sp. 1331 f.
deshalb neuerdings als vorgriechisch-pelasgisch, Preller-Robert 1, 778f A. Mommsen a.a.O.
761 Thesmophoros Thesmophoros 762
S. 308 ff. Stengel, Die griech. Kultusaltenümer* {Didymos'i) geschöpfte Notiz bei Clem. Alex-
S 203 f. Hier wurden die Thesmophorien in protr. 2, 17 p. 14 Pott. {Rohcle a. a. 0. S. 360.)
den Tagen vom 9. bis zum 13. Pyanopsion ge- Am letzten Tage des Festes, dem 13., der KccX.
feiert (Schol Arist. Thesm. 80), und zwar aus- UyivHu hieß (Älciphr. 3, 39. Schol. Ar. Thesm.
schließlich von unbescholtenen liiirgersfrauen HO), wurden laszive Tänze und Spiele aufge-
(Arist. Thesm. 330) , nachdem sie sich durch führt (PoW. 4, 100. Sm't/. s. v. ;^a;ixtd(xüv dt'wy^a)
neuntägige Enthaltung vom ehelichen Umgang und geschmaust (Isae. 3, 80 u. 8, 19). — Fragen
vorbereitet hatten (Oo. Met. 10, 434. IHin. n. h. wir jetzt nach der Bedeutung des Namen»
24, 59). An dem ersten Zxrivia. genannten Tage ^iß^LocpÖQog., so stehen sich zur Zeit zwei ver-
(Schol. Arist. Thesm. 834) begaben sich die lo schiedene Erklärungen gegenüber. Nach iV^t7,s5on
Frauen nach dem Demos Halimus, wo am 10. a. a. 0. S. 324 zeigt die sprachliche Analogie
eine mit allerlei ausgelassenen Scherzen und der ähnlichen Festnamen wie' E()(7rjqpdpta, 'O<y;to-
Neckereien gewürzte Mysterien feier {Flut. Sol. qpdpta, 'AQQr^xotpdQia, fPaXXocpÖQia usw. deutlich,
8. Clem. Alex. Protr. 29 F.: ^vöTijgicc) sta,itfand. daß die d'sGfiol etwas bei dem Feste Getra-
Am 11. kehrten die Frauen nach Athen zurück genes sind. Der Lukianscholiast sagt geradezu,
(Schol. Arist. Thesm. 80) und stiegen zum hoch- daß die Thesmophoriftn auch ScggTitixpogia ge-
gelegenen Thesmophorion*) empor {Hesych. nannt wurden, also müssen die aogrira in den
avoöog). Der 12. war ein Fasttag {vriörsicc: ^liyaga der Demeter, d. i. die mit Grips (cxipa)
Schol, Arist. Tliesm.^Ovi. 31^. Aristoph.Av. Ihm. vermischten Ferkelreste {A. Mommsen, Feste
Flut. Is. u. Os. 69). Jetzt wurde wohl das merk- 20 S. 314), die von den &vrX'qTQLat heraufgeholt und
würdige Sühnopfer dargebracht, das uns das mit dem Saatkorn zusammen als Fruchtbar-
von Bohde {Kl. Sehr. 2, S. 356 f.) entdeckte, keitszauber ausgestreut wurden, die d-sa^oL
wohl auf Didymos beruhende Scholion zu Lu- sein {\g\. Frazer, Encycl. Brit.^ 23^'2^J6). Gegen
kian Dial. m er. 2, 14r kennen lehrt, wo es heißt: diese sonst recht plausible Erklärung scheint
&86^o(poQia [sie!] ^oQxr] 'EXXt]v(ov ^vatt]Qia allerdings der Umstand zu sprechen, daß bis-
TtfQiixovöcc, rä Sh avrcc xal axLQQocpOQLcc xccXalrcci.. her dsG^iog in dieser Bedeutung noch nicht
ijysto Ö8 xccrä rbv iivd-(oöt6TSQov Xoyov, ort, nachgewiesen worden ist.*) — Viel älter und
<^orsy ccvd'oXoyovöci rjQTtd^sro r] Kogri "^^o rov verbreiteter dagegen ist eine andere Deutung,
nXovravog., tote -kcct' innvov rov ronov Evßov- wonach d-t6y,6g hier, wie auch sonst, soviel
Xsvg {s.d.) Tig övßoarrig ^v£j.Lsv vg Kai övynatSTfö- SO wie vo^og im sakralen Sinne, also &86^ocp6-
^7]6civ rw jjaöfiart t^ Kogrj. sig ovv tl^tjv rov gog die Gesetzgeberin {legifera) ist. Für diese
EvßovXeag gL7[:(^Tyet6^ai rovg xoigovg dg xa Auffassung sprechen verschiedene Umstände:
%a.G^(xxa [= \iiycig<x\ xf\g ^rj^rixgog ycccl xfjg Ko- 1. daß statt ^ea^iocpogog als Beiname Demeter»
^rjg. xcc dh<^iir}'^'} caTt^vxa xüv i^ißXrid'^vxcov slg auch Q-eciiod-exig und Qsaiioöoxstgcc {Orph. hy,
xä iiiyccga yiccxuvarpigovGLv avxXijrgLca ytccXov- 1, 25), sowie ©föfim (zu Pheneos: Paws. 8, 25, 4)
lisvccL ywatneg -nad-ccgsvaacaL xgiwv ijiLsgav ccl vorkommt; vgl. Cornut.de nat.deor. p. 169 Os.-.
yLccxcißccivovGLv Big xu advxcc [= ^iyaga] xal ägxrjybv 'Asyov vo^icav xat d'EGiicbv X7]v Ar\-
ccvsvsyyiaöai ircLxi^saaLV i-Jtl xcbv ßafi&v. atv ^rixgav . . . .ivxsvQ'Ev xat d'sa^od'sxLV avxj]v
voiii^ovöL xov Xa^ißdvovxcc yial xm önögrp Gvyyia- TtgoßriyogsvGav., olov vo^tod'BXLV ov6av, ovk
raßdXXovxcc Bvcpogiav e^SL^vy. XiyovGi da y.al 40 ogO'aig xivcav d'sG^ov vnoXcxßovxcov slgfjod'ca xov
ögdxovxixg y.dx(o slvcct nagl xcc xda^ccxa^ ovg xcc '/.ccgnbv anb rov avxbv ciTtoxldsad-ca yiccl -ö-rj-
"KoXXa xcbv ßXri^EvxcDv 'naxsGd-isiv. dib xat xgo- Gavgi^E6%-ai. — 2. So entspricht die Demeter
xov yivsad-ocL oxccv dvxl(b6Lv ccl yvvcclyiEg., xai %^B6^ocp6gog genau der durchaus auf griechi-
oxav ccTtoxi^oivxcci TtdXiv xä nXdc^axa iv.Elvcc scher Vorstellung beruhenden Ceres legifera
Iva dvaxo^griöoiGLv ol dgdxovxsg., ovg voui^<^ovy6L der Römer (s. ob. Bd. 1, Sp. 864. Preller- Robert
cpgovgovg xäv ddvxav. xcc öh avxcc yial dggr]- 1, S. 782,4. Gruppe 1176,4).*) Vgl. über die
xocpogia xaXEtxai, xal dysxai, xbv avxbv Xöyov leges Cereris die von Freller a. a. 0. S. 352,56
^Xovxa ^Egl xfig xmv xagnav ysviöscog v.ai xi]g und 353, 3*8 gesammelten Stellen, besonders
r&v dvd-goiTtcov 67iog&g. dvacpsgovxai ds yidv- Flut. Conjug. praec. 1: Msxd xbv ndxgiov
tavd^a dg grjxa Isgd ix 6xsaxog xov aixov Tiax- 60 &sa^6v ., bv v^itv 17 xfjg JrJnr]xgog Ugsia
BüxEvac^Eva fitjxrj^atra dgaxovxav xal dvSgcöv 6vvsigyvv{iivoLg i(pi]g^oosv. Denn was lag näher,
Gxri^dxcov. XaiißdvovGL dh xmvov Q-aXXovg dicc als Demeter, die Stifterin des Ackerbaus, mit
t6 TtoXvyovov xov cpvxov. i^ßdXXovxai dh xal sig allen seinen göttlichen und wirtschaftlichen
tä iisyaga ovxag xaXov^sva ddvxa ixelvd xs Segnungen auch für die Urheberin aller Satzun-
xal xotgo<^Ly, mg ijdr] ^cpa^sv, xal avxol did xb gen zu lialten, welche das menschliche, beson-
noXvxoxov, slg övvd'rnia rf/? ysväaecog xal xcöv ders aber das weibliche und eheliche Leben
Scv&gmTiGJv, ag x<>^Qi'(>'^'nQicc xf} zlrj^rixgi, iTtsidr] betrafen (vgl. Welcker a. a. 0. 2, S. 496, der
xbv dr]ji7]xgL0v xagnbv nagixovaa inoiriGsv i]pi8- ebenso wie Gruppe [S. 1176] sogar den ^EG^bg
Qov xb xav dvd'göiTiav yivog. b [iev ovv dvco XixxgoLO TcaXaiov [Od. W 296] auf die uralten
x^g Eogxfjg Xoyog 6 ^ivd-ixog- 6 öh TtgoxEiiLEvog 60 Satzungen der Demeter beziehen möchte. Vgl.
cpvGixög' d'EG^ocpogla xaXslxai xad'oxi &£6^o-
(fdgog 7] JriH'^xrjg xaxovo^d^ExaL, Xid-Stöa v6- *) Wenn misson a. a. O S. 323 gegen die Deutung der
^LOV ijxOL ^86 liov, xad'' ovg xrjV XgO(pi]V 710- Demeter -dsajuocpöoog = legifera geltend macht, daß ^fo-
gi^EüO-ai xe xal xaxsgyd^EG^ai ccvd-göiTtovg diov. ^"^''^ (p((jtiv (im Sinne von voiuo&steiv, r6,uov tt-d^fvat.
Vgl. dazu auch die aus der gleichen Quelle /?«'/'"'') 'l^ein Griechisch sei', so zeigen wenigstens die
° Synonyma &Baiuo&ftiz, -^sa/LioöorBiQa, &€ajina (= Deme-
ter) nnd die lateinische Übersetzung Ceres legifera (s. o.)
*) Über seine Lage s. Preller- Robert 1, 778 A. 2. Cur- deutlich, daß die Alten selbst an die Möglichkeit jener
Hut, Stadt Athen 29. Bedeutung gedacht haben.
763 Thesmos Thespiadgs 764
auch PreVer a. a. 0. S. 352, 66 f. u. 353,68. iiavrsioisth ^sani^Hv. Yg\. Maaß, Arch. Jahrb.
Preller-Bobert* 1, S. 782, 4). — Ob man freilich 21 (1906), 104. Auch KoHnna scheint von der
so weit gehen darf, an den Thesmophorien die Asopostochter Thespia und ihrem Raube durch
ümtragung geschriebener ^BOfioL anzuneh» Apollon erzählt zu haben, v. Wilamowitz, Berl.
men ißchol. Theoer. 4,26; vgl. Preller a. a. 0. Klassikertexte 6, 2, 31 (Vers 28), 60. [Höfer.]
S. 861 A. 66) und eine SchriftroUe, die Demeter Thespiadal (0tö«mdai), Bezeichnung der
(Ceres) in einigen Bildwerken hält {Bröndsted, Enkel des Thespios (s. d.), der Söhne der fts-
Beisen 2, S. 240, 9. Welcher a. a. 0. 2, S. 496, 3) aniäösg, Diod. 4, 29. 6, 16. {Arist,) Mir. ausc.
darauf zu beziehen, ist etwas zweifelhaft. 100 (104). Eust. und Schol. Dionys Per. 468
2) Beiname der Köre oder Persephone; vgl. lo (Geogr. Gr. min 2, 304. 449). Hygin. f. 162
Aristoph. Thesm. 296 f.: »^xtc^i xatv Bsö^iocpo- (Thespiades). Vgl. den Art. Thestiadai a. E.
potv, d. i. Demeter und Persephone, und Pind. [Höfer.]
fr^m. hymn. 8 dg nBQas<p6v7iv : IIOTvia ö-eöjLio- Thespiadös (6)fö7tta<Jrjs), 1) Nach Steph. Byz.
(fogs. 8. v. Siansia = Eust. ad Hom. II. 266, G ist
8) Beiname des Dionysos: Orph. hymn. Thespiai Wvia^oc ©BOTtidSov, xara d^ rivag
42, 1 : SsafiotpoQov nccXi» vagd-rinotpögov Ji6vv- Osoxiov* Derselbe Name kehrt, wie es scheint,
cov X. T. X. rRoscher.l im Schol Theokr. 13, 9 (p. 259, 17 ed. Wendel)
4) Nach aem Schol. Luc. Tim. 17 (p. 112, 6 wieder: nuiSev^tivai xov 'HgccxUa . . . tiveg . . .
Babe) würde auch Hisstia den Beinamen Thes- -öjri Xslgcovog xal Oeamddov {Gsartccdog cod.
mophoros führen: tfj Gs6no(p6Q(p : r$ 'EgtIoc ao Ambras. 886, ©eöTiddovg Apogr. Barb., ©sati-
inccQ^BVBvovto yuQ cd iignat. ai)ri^g navxaxo^. ddov Hemsterhuys) [cpaalv]. Klügmann, Arch.
Nun würde an und für sich die Epiklesis Zeitschr. 34 (1876), 199 wußte mit dem Thestia-
Ssc^o(f)6Qog in der vulgären Bedeutung (= rt- den als Erzieher des Herakles nichts anzu-
9it6a, voyMvg r)toi 9sa[Lovg., Schol. Luc. Dial. fangen. Auf dem richtigen Wege war Wendel,
meretr. 2, 1 p. 276, 26 f) für Hestia durchaus am der ©saniov schreibt, aber die näher liegende
Platze sein. Aber abgesehen davon, daß die und durch obige Zeugnisse verbürgte Form
angeführte Stelle der einzige Beleg für das Geaniddov hätte einsetzen sollen. Eine m. W.
Hestia- Epitheton Thesmophoros wäre, scheint noch nicht herangezogene Stelle bei Suidas b.
sich aus Schol. Luc. Dial. meretr. 7, 4 p. 279, v. drjl^'tfSTat (p. 1239,4 Bernh.): xal irjXriaig rj
21 ff. {rfjg Ssapio(p6QOV at iigsLai inagd'EvsvovTo so ßXdßr]. ^ArjGTalinsXd^dvTccginldriXi^asLtoovßocäp
diu ßlov 'A9"^vriaiv, mg xal iv 'Pmiij] al ti)g ©sanidSov^ gibt, verglichen mit Apollod. 2, 66,
^EoTiag) zu ergeben, daß eine Verwechslung wo erzählt wird, daß der achtzehnjährige He-
der Hestia mit Demeter vorliegt, veranlaßt rakles den Kithaironischen Löwen, der ^(pd-figa
durch die Betonung der Jungfräulichkeit der ßoccg . . . ©senlov, getötet habe, den Beweis, daß
Priesterinnen beider Göttinnen. Übrigens scheint Thespios und Thespiades identisch sind, wenn-
der Ausdruck ^ inagO'svsvovto diu ßiov'' doch gleich bei Apollodor von dem Löwen, bei Sui-
eine längere Enthaltsamkeit der Priesterin der das von Räubern, die die Herden des Th. heim-
Demeter Th. vorauszusetzen, als Mommsen a. suchten, die Rede ist. Ist aber Herakles bei
a. 0. 317, 5 (vgl. Preller, Demeter u. Persephone Thespiades = Thespios aufgezogen worden, so
343. Petersen, Mythol. 258) annimmt: 'Die Jung- 40 ergibt sich natürlich und ungezwungen daraus
fräulichkeit der The smophor OS- Priesterin .. . die Motivierung für seinen Verkehr mit den
kam ohne Zweifel auf Enthaltung während der Töchtern des Thespios : wir haben diese Er-
Amtsdauer hinaus; eine Ehefrau oder Witwe, Zählung wohl als eine Parallele zu dem My-
die z. B. mit 60^ Jahren Priesterin wurde und thos von dem Aufenthalte des Achilleus bei
bis zum 70. am Leben und im Amte blieb, den Töchtern des Lykomedes auf Skyros zu
hatte sich die beiden letzten Dezennien hin- betrachten. — 2) Bezeichnung a) des Argos,
durch so zu führen, wie eine Ttag&evog^ das des Erbauers der Argo, Val. Flacc. Argon. 1,
genügte.' [Höfer.] 124. — b) des Tiphys (s. d.), des Steuermannes
Thesmos (Öfff/Ao?). Personifikation des gött- des Argo, Val. Flacc. a. a. 0. 2, 368. 5, 44. Vgl.
liehen Gesetzes auf einer Orakelinschrift aus 50 den Art. Thestiadai a. E. [Höfer.]
Konia (Ikonien) 'Egusiriv ds 'Agyufpovxriv Qsa- Thespiades {©samadsg), 1) Bezeichnung der
(i6v TS rlovTsg, av vfisiv xgsLcb ii,ByaXoiyi,icc (?) in Thespiai (vgl. Gruppe, Gr. Myth. 76, 2) ver-
ccydXaaza. xsv^ccl oxfiaal xs &(iq)' "Ageoag ixarfp- ehrten Musen, Varro de lingua Lat. 7, 70 (so!,
d-sv dsLXT^Xtp^ Heberdey- Wilhelm, Beisen in Ki- nicht 6, 2, wie Maximilian Mayer, Athen. Mitt.
likien (= Denkschr. d. Kais. Akad. d. Wissensch. 17 [1892], 263 und Bie, Boschers Myth. Lex. 2,
44 [1896], VI) 161 nr. 267. Vgl Nomos. 3248,7 angeben, auch bei Pape-Benseler s. v.
[Höfer.] Gsoniai ist das Zitat [7, 2] irrig). Fulgentius,
Thesmothetis (öeff/xo^tTig), Bezeichnung des Mythol. p. 605 St. = 1, 11 p. 7, 5 Helm. Thespia-
Demeter, Comut. de nat. deor. 28. Lobeck, Aglao- des deae heißen sie bei Ov. Met. 5,310. Als 'The-
IJÄaw. 198f. not. b. Thesmothetis ist wohl Voll- 60 spiades' werden Statuen einiger griechfscher
form zur Kurzform Thetis (s. d.). [Höfer.] Künstler bezeichnet, für welche die Deutung
Thesp(e)ia {9iö7ts{L)a), Tochter des Asopos, auf die Musen näher liegt als auf die Töchter
Eponyme von Thespiai, Paus. 9, 26, 6. Diod. des Thespios (s. d.). Plinius, n. h. 36, 39 und
4, 72 (ihre Mutter ist Metope). Nach Schol. Ct'cero m Ferr. II, 4, 2, 4 (vgl. auch P/m. 34, 69;
Arat. 223 {Comment. in Arat. reliquiae ed. Maaß bei Max. Mayer a. a. 0. und Bie a. a. 0. 3428,
378, 1) hatte ihr Apollon drei Geschenke ver- 26 ff. sind beide Zitate aus Plinius falsch!) er-
liehen: iTCmvviiov a'bxfig noXiv inl yfjg, iv ov- wähnen ^Thespiades .. . ad sedem Felicitatis^.
guvSi xi]v TLagO'ivov (das Sternbild) iv xolg Man hat, ohne genügenden Grund, diese The-
765 Thespiadös Thespiad^s 766
8piade8 für ein Werk des Praxiteles erklärt; attrilmtloscn, teils musizierenden oder lesenden
so z. B. II. Brunn, Gesch. der griech. Künstler Cic'wandKjifuren, stehende wie sitzende oder
1,341 (240*). M. Mayer a. a. 0. 261 fiF. Bie a. selbst in leichter Tanzbewej^ung, den Eindruck
a. 0. 3428 f.; s. daj^egen die Ausführungen von des Genrehaften erwecken, in römischen Kreisen
Klein, Praxiteles 227. Ferner gab es ^Thespia- ganz gewiß, wo man sie vielleicht gar hie und
des' des Kleomenes, Plin. 36,33. Mayer 262. da mit den Thestiaden verwechselte (Hercules
Brunn 1,545 (381*) und wohl auch trotz des Musarura, Reliefs usw., vgl. Ath. Mitt. u. oben
sich auf die handschriftliche Überlieferung bei Bd. 2,2, Sp. 3264). Ks macht keinen Unter-
Plin. 34,66 stützenden Zweifels von Brunn schied, von wessen Hand die Mantinea-Reliefs
1,409 (286'f.; 'Thespiades' des Euthykrates, lo stammen, die jetzt dem jüngeren Praxiteles zu-
Klein a. a. 0. 228,1. Derselbe, Arch. Jahrb. 9 geschrieben werden {Vollyraß', Bull, de corr.
(1894), 165 f. — 2) Bezeichnung der Töchter hell. ld08,2SiJ', vg\.Sieveking u. Buschor, Münch.
des Thespios (s, d.), I)iod. 4,29. Sen. Hera. Oet. Jahrb. 1912, 2, 125), zumal sich die Tanagraie-
369; \g\. Suid. (9f ffrtadaj (so 1 p. 1173,7 JBerw/i.). rinnen noch immer nicht datieren lassen. Zur
— 3) Vgl. Thestiadai a. E. [Höfer.J Zeit des großen Praxiteles jedenfalls hatte diese
Individualisierung noch kaum begonnen; das
Bie Thespiaden in der Kunst. Chigi-Relief scheint ja die Musenverhältnisse
A. Es tritt hier der eigentümliche Fall ein, des 4. Jahrh. für Attika noch einigermaßen ge-
daß die mythologische und dichterische Be- treu widerzuspiegeln.
Zeichnung nicht der Kunst vorangeht, sondern 20 Benndorf, de epigr. anthol. 67, welcher die
— sowie uns die Nachrichten vorliegen — Bezeichnung Th. für Musen nicht kannte, so-
eigentlich der Vorgang sich umgekehrt gestal- gar leugnete, dachte an rasende Bakchantin-
tete. Als Farro und Ovid M. 6,310 (der Ath. M. nen*). Wenn diese dann noch ihre Übungen
1892, 263 zitierte Kommentator ist Harduin, in unbekleidetem Zustande ausführen sollen
nicht Varro) die Thespiaden als die Musen von {L. Urlichs, Griech. Statuen im Bep. Born 14,
Thespiai erklärten, waren solche Gruppen, eine Würzburg 1880, 13. M'agner-Progr.), so ist das
mindestens, bereits als Beute nach Rom ge- mehr, als einer römischen Tempelfa^ade, selbst
langt und dort, z. T. gewiß auch durch Nach- der Felicitas (s. unten), zugemutet werden kann,
bildungen, populär geworden. Speziell die eine wenn man nicht geradezu an jenes pompejani-
aus Thespiai, die durch Mummius entführte, 30 sehe Vergnügungslokal mit der Aufschrift 'hie
so zu benennen, bedurfte es für die römische habitat Felicitas^ erinnert werden soll. Mitbe-
Kunstwelt kaum des dortigen Musenkultus oder stimmend war für solche Auffassung offenbar
literarischer Vermittelung; zu den profanae eine Bemerkung 0. Jahns (an der unten zitier-
rechnet sie Cicero (unten). Zunächst ist also ten Stelle), als ob die Verliebtheit eines Rö-
jedenfalls an Musen zu denken, obwohl Brunn, mers einer jener Statuen gegenüber nicht auch
Jahn und die meisten späteren Archäologen eine harmlosere Deutung gestattete und nicht
sich diese von philologischer Seite {Harduin auch einer bekleideten Schönen gelten konnte
zu Plin.) gegebene Erklärung entgehen ließen. (vgl. Athen. Mitt. Söl, 2). Die Preise, welche für
Einmal eingeführt wurde die Bezeichnung, wie die Tanagraier Terrakotten gezahlt werden,
wir bei Plinius sehen , auch auf die in Rom 40 gelten auch nicht dem deshabille. — Nach Ana-
befindliche, vielleicht dort entstandene Gruppe logie von Th. hat man in Rom den Namen
des Kleomenes, eines hellenistischen oder hell.- Appiades (oben Bd. 1, 1, Sp. 468) gebildet, na-
römischen Künstlers (vgl. die übrigen Werke türlich ohne daß jene darum Nymphen zu sein
in derselben Sammlung Plin. 36,33) übertra- brauchten.
gen, aber auch — bei Plinius wenigstens — B. Die Überlieferung von derjenigen Th.-
auf die des Euthykrates unbekannten Ortes. Gruppe in Rom, die ich dem Praxiteles zu-
Das konnte am ehesten in Rom selbst ge- schreibe, wird in den obigen Bemerkungen
schehen, sei es durch Verse oder Künstler und Höfers nur gestreift, bedarf aber heute drin-
Kunstliebhaber, bzw. Kunstschriftsteller. Aber gend erneuter Klärung. ^Musen des Praxiteles'
daß in diesen etwas geziert klingenden Ausdruck 50 gibt es in der Tat erst seit jenem Aufsatz in
doch noch etwas anderes hereinspielt, haben den Ath. Mitt. 1892, woran sich die ausgiebige
die Reliefs von Mantinea (Bd. 2, 2, Sp. 3251) Literatur mit und ohne Quellenangabe, am
gelehrt — wo, gerade wie auf den Vasenbil- übersichtlichsten bei Svoronos, Das Athen. Ka-
dern^ die einzelnen Musen zum Teil attributlos tionalmuseum , Text I p. 180, anschließt. Der
sind — , in Verbindung mit ihren allernächsten Beifall, den Mayers ^sorgfältige Arbeit' und
Verwandten, den tanagraiischen Terrakotten, Hretfen des Urteil' {Klein, Jahrb. d. ^Arch. Inst.
auf deren frappierende Art- und Stilverwandt- 1894, 9, 165) fand, z. T. sogar mit Übernahme
Schaft nach dem Unterzeichneten am nach- der Druckfehler, hat seither merklich nach-
drücklichsten Furtwängler {Meisterwerke 682) gelassen. Es ist aber nicht bloß von archäo-
hingewiesen (übrigens mit ungenauem Zitat, 60 logischem Interesse, die 'haltlose Konjektur'
da in Bädekers Griechenland, 2. Aufl., die Man- {Heibig, Führer^ 1 p. 172) nachzuprüfen. Cic.
tinea-Reliefs noch kaum bekannt sein konnten Verr. II 4, 2, 4 : Mummius, cum Thespiadas, quae
und die 3. erst 1894 erschien); vgl. Bevue arch. ad aedem Felicitatis sunt, ceteraque profana ex
1893 (21), 72 {S. Beinach). Als man gewohnt war, illo oppido signa tolleret etc. Vgl. II 4, 57, 126.
die einzelnen Musen bestimmter individualisiert Die von Plin. 36, 39 mit gleichen Namen er-
zu sehen, eine Charakteristik, die aber noch in
frühhellenistischer Zeit nicht zum Abschluß *) ^j^ deren auch Praxiteles gemacht {PUn. 36, 23,
gekommen war, mußten jene graziösen, teils abersehen Athen. Mitt. 262, worauf hier nichts ankommt).
767 Thespiadgs Thespiadgs 768
"w&hnte Grnppe stand dort bis zum Brande des der Autor 84, 69 dem Praxiteles und seinen
Tempels unter Claudius; das gleiche berichtet Werken anweist, zwischen zwei für sich be-
Plin. 84» 69, beidemal mit dem Ausdruck fuere, stehenden Künstlerreihen, und für die man ra-
▼on gewissen Praxitelischen Figuren, signa (un- tionelle Erklärungen vergeblich gesucht hat,
ten). Der Identifikation beider Werke durch ergab sich höchst wahrscheinlich aus gewissen
^rMtin widersprach 0. Jahn, Hhein. Mus. 1864, Schwierigkeiten, die ihm seine Exzerpte hier
818 A., weil Buch 84 von den Marmorwerken, bereiteten, ungelösten Widersprüchen, denen
86 von den Bronzen handele; — wiewohl auch er aus dem Weg zu gehen trachtete. Und an
Ärwnn dies schon genügend erwogen hatte. Auf einer ebenso brüchigen Stelle, ja einer viel
dieses Argument, das einzige nennenswerte in lo schlimmeren, stehen in B. «6 die Thespiaden,
Jahns Anmerkung, Btützt sich JS. Seilers, Pliny*s und zwar unter Umständen, welche deutlich
chapters on the hist. of art, p. 211, Klein, Prax. erkennen lassen, daß die beiden Partien ihrem
und wer sonst bei dem Widerspruch beharrt, Ursprung nach zusammengehören. Hier 34, 68:
mag er die erstgenannte Gruppe als Musen Abschluß der ersten Reihe der Bronzekünstler
anerkennen (Seilers) oder nicht. Über die Art mit Quellenangale: artifices qni compositis vo-
der Aufstellung ante oder ad aedem ist zwar luminibus condidere haec, mit kurzem Nachtrag
direkt nichts Genaueres überliefert. Wenn aber aus den Perserkriegen; dann plötzlicher, ge-
gesagt wird, um das GebÄude herum {in the waltsamer Übergang: Praxiteles quoque{\) mar-
orectrirt, ÄeWers p. 56, 13) sei eine ganze Anzahl more etc., ein Satz, der ursprünglich seine
PraxitelischerWerke vereinigt gewesen*), so gibt 20 Stelle anderswo gehabt haben muß (vgl. Oeh-
uns dazu weder der Plinius-Te^i (unten) ein michen, Plin. Studien 181); nun folgen die Erz-
Recht, noch entspricht das den engen Verhält- werke oder als solche von PI. zusammenge-
nissen des Tempelareals (vgl. Hülsen, Böm. stellte, wahrscheinlich in alphabetisch gedach-
Mitt. 189S, 8,86. Kiepert-Hülsen, Formae urhis ter Ordnung: Kora, Katagusa, Liber Pater*),
B. *1II Dg, »IV Dg). Die bronzene Venus, die Methe, Periboetos f^et signa qiiae ante F. aedem
wahrscheinlich im Innern stand, verbrannte; fuere, Veneremque quae ipsa aedis incendio cre-
die andern signa, von denen dies nicht gesagt mata est Claudii principatu, marmoreae Uli —
wird und nicht zu beweisen ist, figurieren als parem], stephanu^am, pseliumenen, oporam, [ty-
eine Nummer unter den Werken des Meisters rannicidas'J ; Sauroktonos, Phryne mit literari-
und bildeten eben eine Reihe in der kleinen 30 seh em Pendant, [awngra mit Kalamis-Geschichte].
Vorhalle oder zwischen den Säulen. Der Bau, Die kritischen Vermerke im Text sind längst
über dessen Kleinheit Augustinus an der oben bekannt: der Wagenlenker und die Tyrannen-
Bd. 1, 2, Sp. 1478 zitierten Stelle spricht (vgl. mörder sind durch Verwechselung mit halb-
Paiily-Wissowa R. E. 6, 2165), wahrscheinlich archaischen Künstlern, zum Teil mit dem älte-
ein Podiumtempel und keinesfalls mit Posti- ren Praxiteles, hereingekommen; der Satz mit
cum, rückwärtiger Prostasis, ausgestattet, den signa aber wird aus den verschiedensten
konnte bei einer Arealbreite von vielleicht Gründen (Bobert, Arch. Märchen 60. Oehmichen
10 m^ da er auch keine aussichtsfreien Längs- 134. 121, Münzer, Herrn. 18Ü5 [30], 520) von
Seiten hatte, um ganze Reihen kostbarer Ori- dem ursprünglichen, quellenmäßigen Bestände
ginalskulpturen aufzunehmen, nur an der von 40 ausgeschieden ; et wurde ofienbar eingefügt, als
der Straße her sichtbaren Frontseite dergleichen Plin. seine römisch-museographischen oder pe-
Schmuckstücke aufweisen. Diese ^Figuren' riegetischen Notizen verarbeitete, die haupt-
waren, mit oder ohne Künstlernamen, bekannt sächlich im Buch der Marmorworke zur Ver-
genug, um selbst bei minder flüchtiger Schreib- wendung kamen; immer neben den kunstge-
weise Pls* Ausdruck zu rechtfertigen, der nicht schichtlichen Exzerpten. Auch hier (86, 39) er-
wohl einem bloßen Bruchteile der dort sieht- leben wir nun, daß die (oder eine) fragliche
baren Statuen gelten kann und für eine zweite Gruppe von Frauengestalten an den Schluß zu
Gruppe eigentlich kaum Platz läßt. An Brunns stehen kommt (was Klein, Prax. 228 unkritisch
ästhetisches Bedenken gegen die Vereinigung für eine 'untergeordnete Stelle' ansah), genau
einer Bronze- und einer Marmorgruppe sei 50 wie in 34 die Praxitelesbronzen; auch hier bildet
unter diesen Umständen nur kurz erinnert. Nun den Abschluß die Quellenangabe, Varro mit
die Materialfrage selbst. darin zitierten Griechen Xenokrates u. a., nur
Die ganze Scheidung der Kunstwerke nacb daß sie diesmal zu den Römern bzw. den in
naturwissenschaftlichem Gesichtspunkte, nach Rom und Italien überhaupt arbeitenden Künst-
dem Material, wobei Terrakotta- und Gipswerke lern überleitet, insofern der hier plötzlich auf-
in das Malerbuch kamen, rührt bekanntlich tretende Pasiteles zugleich Künstler und Kunst-
von Pliniu^ selber her; und es war dabei un- Schriftsteller war. Sitae fuere et Thespiades ad
vermeidlich für ihn, an Punkte zu geraten, wo aedem Fei., quarum unani amavit eques Bomanus
seine Notizen versagten. Gewisse Werke bringt I. P., ut tradit Varro admirator (so cod. B) et
er einmal als Marmor-, einmal als Elfenbein- 60 Pasitelis, qui et quinque volumitia scripsit nobi-
arbeiten (36, 43 und 7, 85: s. Kalkmann, Die lium operum etc. Folgt Pasiteles und Arkesilaos
Quellen der K.-G. des Plin. p. 34, 2). In den nebst einigen römischen Marmoranekdoten (da-
teiden uns interessierenden Partien nun gehen zwischen, § 41, invenio et Canachum laudatum
Marmor- und Bronzewerke völlig durcheinan- inter statuarios, d. h. Erzbildner, fecisse mar-
der. Schon die ganz isolierte Stellung, die morea). Hier ist, wie man sieht, die Kompila-
") Ähnlich L. Urlicht a. a. O. Auch Klein, Prax. a. a. O' *) Die Namen Dionysns , Bacchns gebraucht Plinlus
spricht Tön einer ganzen Sammlimg. nie, auch wenn er sie in seinen Quellen yorfinden mochte.
769 Thespieus Thespios 770
tionsarbeit völlig in die Brüche gegangen, das nischen Könige oder der zehnte in der Reihe
eigentliche Bindeglied verloren. Was hat die der lebenslänglichen Archonten, Kuseh. Chron.
Gruppe mit den römischen Künstlern zu tun? 1, 187. 188. 2, 72 ff. ed. Schmie. SynktUos p. 308,
Soviele Möglichkeiten man mit Furtwängler 1 if . cd. lionn. [Höfer.]
(Plin. u. s. Quellen ISll, 1^.40 i'. in Jahrb. f. Jd. Thespios (oianLog), Gründer und Epony-
Fhil. 9, Suppl.-Bd.) durchgehen mag, um die mos (vgl. E. Maaß, Farnga Attica 7 Anm. 2)
Ungereimtheit der Stelle ins Licht zu setzen, von Thespiai in Boiotien, das er aus Athen
i'^.s eigner Vorschlag, den ich hier aufgenommen eingewandert und aus dem Geschlechte des
(ebenso Mayhoff), statt udmiratur et Pasitelcs, Erechtheus (oder direkt Sohn des Erechtheus,
hilft, wenigstens in dieser Form, auch nicht lo Diod. 4, 29) entstammend {ytyovivai Öh Sctco
viel weiter. F.a Hauptgrund, der Zusammen- 'Egsx&tojs ccvtöv) erbaut haben soll, Paus. 9,
hang mit Arcesilaum quoque, analog 35, 155 26, 6. Als sein Vater wird Teuthras, der Sohn
(M. Varro tradit — magnificat Arcesilaum — des Pandion genannt, Kust. ad. Ilom. II. 2(}Q,6
laudat et Pasitelen), käme bei der Lesung ad- = Steph. Byz. 8. v. Oianhia = Herodian ed.
miratur et Pasitelen {Kalkmann 34, 1) sogar Lentz 1,280, 19 genannt, doch ist der Vaters-
noch ungezwungener zu seinem Rechte. Ein name statt Teuthras Tei&Qag (s. d. und die dort
halbwegs vernünftiger Sinn läßt sich aber dem angeführte Literatur) zu schreiben. Dies weist
ganzen Satzgefüge weder so noch so abge- auf alte Verwandtschaftsbeziehung zwischen
winnen, auch nicht einmal durch Annahme Attika und Thespiai hin, Bursian, Geographie
einer kleinen Lücke nach Varro admirator. 20 v. Griechenland 1, 237 f. Über Kepheus als
Man kann höchstens zu erklären versuchen, Vater des Thespios {O^ansiav . . . Scnb Otantiov
•wie der Schaden entstand. Da der gewaltsame [^o!] xov Kr]cpe(og, w [dem Thespios] &vyavtQBg
Übergang von der Periegese zu Pasiteles mit 7j6civ v', Schol. B. L. Hom. 11.2, ^9H) s. Tümpel
dessen doppeltem Charakter zusammenhängt, in diesem Lexikon Bd. 2, Sp. 1113,34ff. Grw/jpe,
so kommt man über den Verdacht nicht hin- Gr. Myth. 1346, 1. Im Mythos spielt Thespios
weg, daß Plinius, als er dies schrieb, durch abgesehen davon, daß er den Herakles von
seine Notizen verwirrt, die Gruppe dem Pasi- dem Morde entsühnt, den dieser im Wahnsinne
teles selber zuteilte (etwa: admirator Pasitelis, an seinen Söhnen von der Megara und den zwei
ohne et) oder doch die Möglichkeit offen hielt; Söhnen des Iphikles begangen hatte {Apollod.
zumal er von mehreren Künstlern Thespiadeu 30 2, 4, 12), nur eine Rolle als Vater der fünfzig
erwähnt fand. Die aus B. 35 angeführte Par- Töchter, der sogenannten GsortidSeg, mit denen
allelstelle, wonach Arkesilaos das unvollendete Herakles das bekannte Liebesabenteuer hatte;
Tempelbild der Felicitas schuf, also in dessen vgl. Schol. Soph. Track. 460. Als Gattin des Th.
Person (für unsere Stelle) eine wirkliche Ver- und Mutter der fünfzig Töchter wird von J.^oZ/o<i.
bindung mit dem Vorangehenden gegeben wäre, 2, 4, 9 Megamede, Tochter des Arneos {kgratogy
ist nicht geeignet, diesen Verdacht zu min- Heyne; er hat wohl als Eponymos des boioti-
dern; wie viel natürlicher wäre es gewesen, sehen Arne zu gelten) genannt. Nach Diod.
mit Arkesilaos, gleichwie in 35, zu beginnen, a. a. 0. hatte Th. die fünfzig Töchter ix. nXsio-
statt mit dem störenden Pasiteles. Die Ver- vav yvvccLx&v, vgl. Suidas s. v. ©soriädsg., wo
wechselung mit Praxiteles wäre somit nicht 40 (vgl. Bernhardy z. d. St. p. 1173) zu schreiben ist:
erst den Schreibern unserer Codices, sondern Qsaxiov (©sönlov) ix TtolXöbv yvvaixmv r^auv
schon dem Autor selber passiert, und zwar in (^v' y^^vyaxBQBg., alg 'Hgccxliig iiiLyrj. Während
umgekehrter Reihenfolge, nämlich bei den die Überlieferung in der AngalDe von fünfzig
Thespiaden; sei es, daß er seine äußerst klein Töchtern des Tb. vollständig übereinstimmt,
{minutissime) geschriebenen Exzerpte (vgl. A. finden sich manche Schwankungen hinsicht-
Klotz, Philol 1907 [42], 328) hier nicht lesen lieh der Zeit, während der Herakles den Thes-
konnte oder den Vorleser mißverstanden hatte piostöchtern beiwohnte, und hinsichtlich der
(vgl. Mayer, Apulien 338). In seiner Jugend- Zahl der von diesen geborenen Söhne (— über
zeit, wo jene Figuren an ihrem Orte zu sehen ihre Namen und die Namen ihrer Mütter vgl.
waren, wie viele tausend andere in Rom, fiel 50 Heyne, Ad Apollod. Bihl. not. 2, 7, 8 p. 486ff.;
es ihm nicht ein, sich um dergleichen zu küm- nicht genannt ist in der Aufzählung bei Apol-
mern. Kurz, von welcher Seite man sich dem lodor der in anderen Quellen IHellanikos] als
.Problem nähern mag, immer ergibt sich, daß Sohn des Herakles und einer der Töchter des
die beiden Stellen in B. 34 und 36 einander Thestios [1.: Thespios] bezeichnete Stephane-
ergänzen, und daß die Gruppe, gleichviel von phoros [s. d.], Phot. Lex. s. v. ZtsqiccvriCpoQog
welchem Material, jedenfalls Praxitelisch war. p. 537, 25 Porson, Harpokration s. v. [p. 278, 15
Solche halb verlorene Spuren der Praxiteles- Bind.], Suid. s. v. [p. 895,3 Bernh.\ Kullmer,
Verehrung wie in B. 36 geben uns auch erst Jahrb. f. klass. Phil Suppl. 27, bObl) — sowie hin-
das Recht, die Isoleirung des Meisters in B. 34 sichtlich des weiteren Schicksales dieser Söhne
aus seiner überragenden Stellung zu verstehen 60 vgl. W. H. Boscher, Die Sieben- und Neunzahl
{yg\. Seilers ip.XXUT), einem Verhältnis, das jetzt im Kultus und Mythus der Griechen {Abhandl.
mehrfach verdunkelt ist, zum Teil durch Kol- d. philol. - hist. Klasse der Sachs. Gesellschaft
lisiou mit der Lysippos-Partei. [M. Mayer.] d. Wiss. 24, I) S. 42 f. W. H. Boscher, Die Zahl
Thespieus {@B67ti8vg), 1) Vater der Hyle, der 50 in Mythus, Kultus, Epos und Taktik der
Eponymos der gleichnamigen Stadt in Boiotien, Hellenen {Abhandl. usw. 33, V) S. 54 ff. Nach
Steph. Byz. s. v. "TArj p. 647, 15. Eust. ad Hom. Apollod. 2,4, 10, 1 kommt Herakles im Alter
//. 267,8. — 2) Sohn des Ariphron, Vater des von achtzehn Jahren zu Thespios, um den
Agamestor, der siebenundzwanzigste der athe- Kithaironischen Löwen, der die Herden des
771 Thespios Thespios 772
Amphitryon und des Thespios heimsuchte, zu gleichen laßt (vgl. Röscher, Sieben- u. Neunzahl
erlegen. Thespios bewirtet (vgl. auch Tzetz. 42 Anm. 103). Auch die Angabe bei Apollodor
Chiliad. 2, 221) den Helden fünf2ig Tage und 2, 7, 8, 1, daß die iUteste Thespiade Zwillinge
führt ihm jede Nacht von dem Wunsche er- geboren habe, kann unter dem Einflüsse dieser
füllt, daß seine Töchter von einem solchen Version stehen, da sie offenbar bestrebt ist,
Helden Kinder gebären, eine seiner Töchter zu, die Zahl von 60, die ja am natürlichsten und
denen Herakles beiwohnt im Glauben, daß es selbstverständlichsten erscheint, voU/Aimachen,
immer ein und dieselbe Jungfrau sei. Damit wie denn auch Apollodor an einer anderen
stimmt der Bericht bei Diod. a. a. 0. überein, Stelle (2, 7, 6, 1) von 60 (7 -f- 8 -f- 40) Söhnen
nur daß bei diesem das Motiv von dem Kithai- lo der Thespiostöchter spricht, eine Zahl, die auch
ronischen Löwen fehlt; dafür heißt es, Th. Diodor (4, 29) ausdrücklich bezeugt. Nach der
habe aus dem gleichen Wunsche heraus, den oben (Sp. 771, 22 f.) angeführten Stelle des Pawsa-
»och Apollodor angibt, den Herakles zu einem nias würden 52 Söhne anzunehmen seien. Nach
Opferschmause eingeladen. 'S&ch Berodor (frgtn. einer Vermutung von Röscher, Siebenzahl 43
7 F. E.G. 2, 80) bei Athen. 13, 66ßE fand die Anm. 104 wÄre die Angabe bei Hygin. fab.
Schwängerung der fiinfzig Thespiostöchter in 162: duodecim Thespiadae, quos ex Thespit re-
sieben Tagen (Nächten) statt, nach Ephoros gis filiabus procreavit (Hercules) hierauf v^rück-
(frgm. 8 F. H. G. 1, 235) bei Theon Soph. Pro- zuführen, indem bei Mygin irrtümlich XII statt
gymnas. in Rhet. Gr. 1,161 Walz = 2, 67 Spengel LH in den Text gekommen sei (vgl. aber auch
(«fpl x&v Ttsvn^xovra Gsaniov d-vyarigoiVy 20 unten).
als ccTtdoatg itagd^dvoig o^aatg afia tprialv fit- Nach v. Wilamowitz, Euripides Herakles^ 29
yfivai Tov ^HQuuXiu) und nach Paus. 9, 27, 7 Anm. 66 gibt die boiotische Sage, daß Herakles
(^xovtfa ^\v xai &lXov Xoyov^ mg diä nuaibv 6 in einer Nacht den fünfzig Töchtern des Thes-
'HgaxXfig täv SsOTciov TtaQ&sfxov diB^iXd-oi ty pios zu Söhnen verhilft, in naiver Weise die
a^f) wxtl, xal mg agaevag natdag avrw tiaoai Verschmelzung der alten Bevölkerung mit den
xixoiBv, dtiv^ovg öh ij rs vacoraTTj xai i] ngsa- neuen Zuwanderern wieder..
ßwarri = Schol. Wech. Anth. Pal. 16, 92 p. 617 Nach 0. Gruppe, Archiv für Religionswissen-
ed. Dübner) sogar in einer einzigen Nacht (vgl. schaß lö (1812), 376 f. knüpfte die Sage von der
auch Stat. Sihh 3, 1, 43). Dieser letzten Version ungewöhnlichen Leistungsfähigkeit des Hera-
folgen auch die christlichen Apologeten und so kies bei den Thespiaden wahrscheinlich an den
Kirchenväter, so Clem. Alex. Protrept. 2, 33, 4 weißen Stein {agyog Xi^og, Paus. 9, 27, 1) in
p. 24, 20 Stählin (= p. 28 Potter = Migne, Pa- Thespiai an, den man Eros nannte, der die Be-
trol. Ser. Gr. 8, 108). Arnob. adv. nat. 4, 26 deutung einer üppig erzeugerischen Naturkraft
(jß.lBS^lZS. Reifferscheid). Tatian.or. ad Grae- hatte und an dem vermutlich auch ein Zauber
cos 21 (p. 23, 13 Schwartz = p. 92 Otto). Gregor. zur Wiederherstellung oder Erhöhung der Man-
Naz. or. IV contra lul. I ed. Maurian. = Migne neskraft geübt wurde. Die Sage hat die über-
S. Gr. 35, 6rtl (xal tatg nsvrijxovTa Gsaniov natürliche sexuelle Potenz auf Herakles über-
d'VYccrgdaiv iva^Xev(ov 'HgaxXi^g iv fiia vvxrl tragen und den Zauber, durch den sie verlieben
— xai Tgiaxaidixarov ad'Xov TovTov innsXiaccg-^ wurde, gestrichen. In der Ortslegende stand
vgl. zu den letzten Worten den Vers aus dem 40 ursprünglich ein anderer Name, der des Jphi-
li^Xov 'IlgayiXeovg [Arg. Soph. Trach.]: ©satlsca kies: dieser, nicht Herakles, ist der ursprüng-
&vyargä>v rgigxaLöixarog n^Xsv a&Xog. Anth. liehe Held des Tbespiadenabenteuers, wie denn
Pal. 16,92, 13; tb xgiGxcciSixaxov, zotov Xvygbv auch unter Führung des lolaos, des Sohnes des
%6xsv asQ^Xov: (lovvovvxl Ttsvf^xovra ^vvsX^^aro Iphikles, die Thespiadai ausziehen; es scheint
xovgatg; vgl. 0. Weinreich, Triskaidekadische daher, daß lolaos selbst als Thespiade ange-
Studien [Religionsgesch. Versuche u. Vorarbeiten sehen werden muß. Auch Friedländer, Herakles
XVI, 1] S. 82 f. und Anm. 2). Nonn. Abb. bei {Philol. Untersuch. 19) S. 57 (vgl. 52 Anm. 4)
Migne 36, 1008 = Westermann, Mythogr. Gr. nimmt an, daß Herakles in der thespischen
370 nr. 28 , 4 Cosmas ad Carm. Gregor. Naz. Sage einen, uns freilich mit Namen nicht be-
3, 501 bei Migne 38, 405. 623. Basil. Minim. 50 kannten, Vorgänger ersetzt habe. Kaibel, Gott.
Schol. in Gregor. Naz. or. 1 contra lul. in No- Gel. Nachr. 1901, 507 nimmt mit Paus. 9, 27, 8
tices et extraits des manuscrits XI, 2, 87 = an, daß nicht der Zeussohn Herakles, sondern
Migne 36, 1109. Nonn. Abb. b>. &.O. Vgl. auch der gleichnamige idäische Daktyl, der dem
Sen. Herc. f. '119: pecorumque ritu virginum op- Eros {&gy6g Xid-og) in Thespiai und in Parion,
pressi greges. Außer der oben (Sp. 770) schon d. h. dem Priapos nahe verwandt sei, das Lie-
erwähnten Version gibt Pausanias (9, 27, 6) besabenteuer bestanden habe, als dessen Frucht
noch eine zweite, von ihm selbst als unwahr- 52 Söhne hervorgegangen seien, die natürlich
scheinlich bezeichnete wieder, nach welcher wie ihr Vater selbst wieder Daktylen gewesen
sich eine der Thespiostöchter der Umar- seien, so daß es kaum ein Zufall sei, wenn
mung durch Herakles widersetzt habe und 60 Pherekydes im. Schol. Apoll. Rhod. 1 , 1129 die
daher von ihm bestimmt worden sei, Zeit ihres Zahl der Daktylen auf 52 angebe.
Lebens als jungfräuliche Priesterin in seinem Eine gesicherte Darstellung des Abenteuers
Tempel zu Thespiai zu walten, vgl. C. Fries, des Herakles mit den Thespiaden ist noch
Klio Beiträge zur alten Geschichte 4 (1904), 229. nicht nachgewiesen. Nach S. Trivier, Hercule
Darnach wären 49 Thespiosenkel anzunehmen, et une des Thespiades in Gaz. arch. 4 (1878),
womit sich der oben angeführte Bericht des 14 f. ist zwar eine a. a. 0. Taf. 4 abgebildete
Herodor, daß Herakles die 60 Jungfrauen in Terrakotta, eine erotische Gruppe, auf Herakles
sieben Nächten geschwängert habe (7 X 7) ver- und eine der Thespiaden zu beziehen; doch
773 Thespios Thespios 774
hat schon F. Lenormant , Gaz. arch. a. a. 0. An die auf Sardinien gestorbenen und be-
211 f. darauf hingewiesen, daß die erwähnte grabenen (/^ömä. 9, 23, 1) Thespiaden knüpft
Terrakotta nicht aus Tanagra stammt, sondern eine merkwürdige Sage an, über die handelt
wahrscheinlich zu den angeblichen Terrakotten K. liohde, Bhein. Mus. 36(1880), 167 ff. (vgl. 37
aus Ephesos, unter denen sich sehr viele un- [1882], 406) = Kleine Schriften 2, I97tf. (ygl.
echte befänden, gehört und daß überdies die 204). JoJin Koch, Die Siebenschläferlegende, ihr
Darstellung sich vielmehr auf Herakles und Ursprung und ihre Verbreitung 24 ff. P. Michael
Omphalo beziehe. Ebensowenig sicher ist die Huber, Die Wanderlegende von den Sieben-
Annahme eines Herakles Phallophoros mit Be- schläfern 384 tf. Zu Aristoteles, Phys. ausc. 4,
Ziehung auf die Töchter des Thespios, den lO 11 p. 218b, 21 flF.: orccv firidhv avrol (istaßdX-
A. Colson, Hercule Fhallophore dieu de la ge- Xaiitv rr]v diccvoiav ?) Xdifa^ev fisraßccXXovrsg,
neration (Separatabdruck aus den Annales du ov doxst ijfiLv y%yoviv(xi x{i6vog^ v.a.^än8Q oiöh
Musee Guimet 4) und in der Gaz. arch. 3 (1877), rotg iv Uagdol ^vQ-oXoyov^^voig yiadsvöeiv nagcc
168 flF. mit Taf. 26 in einer Statuette der Samm- rolg tJqcoglv orccv iytQ^ö)aiv öwäTtrovai yDCQ^
lung Pourtalös (jugendlich nackte Figur mit t6 tcqqxsqov vvv xai vöxfQov vvv xal tV noi-
einem Löwenfell über dem linken Arm, die in ovölv , i^aiQovvrsg dia xj]v Scvcciad-rialav xb fis-
der linken Hand ein Füllhorn voll von Phalloi, xcc^v bemerkt Simplicius, Commentar. in Ari-
in der rechten das Ende der abgebrochenen stoteJem Gr. im Auftrage der Berliner Akademie
Keule- trägt) zu erblicken glaubte; vgl. Movat, herausg. von Diels Bd. 9 p. 707, 31flr. — der
Gaz arch. 4 (1878), 176 f. 20 Kommentar des Joh. Fhiloponus, Comm. in Arist.
Über das fernere Schicksal der Thespios- Gr. u. s. w. ed. Vitelli Bd. 17 p. 715, 16 tf., der
enkel berichtet Diodor (4, 29) weiter, über die von einem zweitägigen Tempelschlaf spricht,
Quelle, auf welche Diodors Bericht zurückgeht, kommt hier nicht in Betracht, da er, wie Ari-
sind die Meinungen geteilt: 0. Sieroka, Die stoteles selbst, die Namen der Heroen ver-
mythographischen Quellen für Diodors drittes schweigt — : ivvia yccg xCav 'HguTiXst ysy8v6-
und viertes Buch {Gymnasialprogr. Lyck 1878) xibv naidoav ix xüv ©eaxiov — über die häu-
24 und Joh. Geffcken, Timaios' Geographie des fige Verwechselung von Oicniog und Oioxiog
Westens {Philol. Untersuch. 13) 66 ff. suchen gegen vgl. Heytie ad Apollod. Bibl. not. ad 2, 4, 1 p. 331 .
Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde 465 ff. und ad 2, 7, 6 p. 467. ad 2, 7, 8 p. 486 — rov
Er. Bcthe, Quaestiones Diodoreae Mythographae so ©saTtuag ^vyccxiQwv iv Zagdol rsXsvrrißdvxcov,
{Diss. Göttingen 1887) 34. 39. 69 zu erweisen, Üsyov eag 'AqiöxqxeXov g, xdxa ds xai 'AXs-
daß Timaios die Quelle sei: der größte Teil h,ä.vSQov xov i^rjyrirov xmv 'AQioxoxiXovg aarjTt-
von ihnen sei auf Geheiß des Herakles unter xd xs xccl oXoxXtiqcc dLoc^LivBiv xa Gm^iaxa^ %al
Führung des lolaos (s. d.) als Kolonisten nach cpccvrccciciv v.cc%'Bvd6vx(ov nccgsxo^Bvcc. xccl ol ^ihv
Sardinien ausgewandert, zwei (so!) seien in iv üagdot rJQcosg ovxot. nccQd xovxoig öh ovsl-
Theben zurückgeblieben und deren Nachkom- gav sve-asv ?) aXXrig xivbg XQBiccg, sUbg riv 6v^-
men genössen auch jetzt noch große Ehren, ßoXfncog (?) xivag iiaxgoxiQovg yKxd-svdsLv vnvovg.
sieben aber seien in Thespiai verblieben: diese Darnach hat also der gelehrte Peripatetiker
letzten habe man 8r\\iovxoi genannt, und ihre Alexandros von Aphrodisias berichtet, daß die
Nachkommen hätten, wie man behauptete, bis 40 Söhne der Thespiaden nach ihrem Tode un-
in die jüngsten Zeiten die Regierung in Thes- verwest und unversehrt, Schlummernden gleich,
piai geführt (vgl. über diese sogenannten drj- in Sardinien (vermutlich in einer heiligen Höhle)
ILovxoi Tittmann, Darstellung der griech. Staats- liegen, und daß die zu ihnen Herabsteigenden
Verfassung 381. Schömann - Lipsius , Griech. in einen traumlosen Schlaf verfallen. Merk-
Staatsaltertümer 1, 148. v. Wilamowitz a. a. 0. würdig ist es, daß die Zahl der Thespiosenkel
Szanto bei Fauly -Wissowa 5, 202). Darnach mit neun angegeben wird. Wie oben (Sp. 773)
wären also 41 Thespiaden nach Sardinien aus- bemerkt, berichtet die gewöhnliche Sage von
gewandert, mit ihrer Zustimmung, fährt Dio- 41 bzw. 40, vielleicht auch von allen 50 Thes-
dor 4, 30 (vgl. 5, 16) fort, habe lolaos, der von piaden, die nach Sardinien gekommen sein
den Thespiaden wie ein Vater geehrt worden 50 sollen. Bohde, Kl. Sehr. a. a. 0. 199 hält es für
sei, die einheimische Bevölkerung 'UXaoi ge- möglich, aus der oben (Sp. 773 a. E.) angeführ-
nannt. Der Bericht des Apollodor (2, 7,6, 1) ten Stelle (^loXccog dycov xäv Ttcciöcov xivug xov
läßt 40 Söhne der Thespiaden nach Sardinien HguuXiovg) zu schließen, daß nach einer sonst
auswandern, 7 in Thespiai zurückbleiben und nicht bezeugten Version der Sage überhaupt
3 nach Theben geschickt werden. Das Orakel, nur 9 Thespiaden nach Sardinien ausgewan-
auf Grund dessen Herakles die ihm von den dert seien oder daß von der bei Hygin (oben Sp.
Töchtern des Thespios geborenen Söhne nach 772, 19) angeführten Zwölfzahl der Thespiaden
Sardinien entsendet, hatte geboten «Tcomav die drei nach ^.poZ/otfor (ob. Sp. 773, 62) in The-
eig Zcgdoü ni^ipccL xal xovg iy, xüv ©Eöniddcov ben zurückgebliebenen abzuziehen seien, woraus
avxm ysvo^ivovg vlovg (also wohl alle 60: vgl. 60 sich gleichfalls die Neunzahl ergeben könnte.
Bescher, Die Zahl 50 S. 66 Anm. 95) 7]y£^övag Aber offenbar ist die Zahlenangabe bei Hygin
Tcoifj6ccL xavxTjg. Von der Auswanderung der verderbt, da von einer Zwölfzahl sonst nirgends
Thespiaden nach Sardinien im allgemeinen, berichtet wird. Auch die dritte von Bohde
ohne eine bestimmte Zahl anzugeben, berich- in Betracht gezogene Möglichkeit erweist sich
ten (Aristoteles) Mir. ausc. 100 (104:). Eust. und als nicht stichhaltig. Diodor (6, 16) sagt er,
Schol. z\iDionys.Per.4:öS. Strabo 5,225 {'loXaog 'läßt die Thestiaden (1.: Thespiaden) von Sar-
äyav xmv naidav xivdg xov 'HgccxXiovg); vgl. dinien nach Kyme weiterziehen (vgl. Festus s.
auch Paus. 7, 2, 2. 9, 23, 1. 10, 17, 6. Romam p. 266 Müller = p. 362, 27 ff. Ponor) . . .
77Ö Thesprotos Thessalos 776
Hat die Sage nur neun Thestiaden von dem seien; und da aus iferod. 2, 56 hervorgeht, daß
Zage nach Kyme zurückbleiben lassen?* Aber mit dem Thesproterjjfebiet die Gegend um Do-
Diodor sagt: *l6Xaog fihv . . . ixav^i^fv slg T»jr dona gemeint ist, können wir den Thesproter
''EiXdda. oi dh OeöicidSai rijg vi]Cov Tigof^ano- Thessalos bei Vell. Pat. a. a. 0. einerseita iden-
Ttg inl noXlag y^vsäg xb TsXevralov i^i^ts- tifizieren mit dem von Hygin (f. 226: qui pH-
aov slg tipf 'ItaXiccv xal xofTcoxrjtfa» iv rotg xaxcc nii templa deorum constituerunt) genannten
Xvftfji' Tojrotff. Die Bemerkung, daß die Thes-, Thessalos: * Thessalus templum [quod est in
piaden erst nach vielen MenBchenaltern aus Sar- Mncedonia, von Schmidt wohl mit Recht ein-
dinien ausgewandert seien, beweist, daß es sich geklammert] Jovis Dodonaei in terra Molos-
nicht um die Thespiaden im eigentlichen Sinne, 10 8orum', andererseits mit a) Thessalos, dem
um die wirklichen Thespiosenkel, sondern nur Sohne desGraikos, dem man seltsamerweise
um ihre späten Nachkommen handeln kann. die Gründung von Thessalonike zuschrieb, Isi-
So bleibt die Neunzahl bis auf weiteres uner- dor. Etym. 15, 1, 48. Sohn des Graikos heißt
klärt. Bohde, Kl Sehr. 204 möchte die Sage Thessalos auch bei Steph. Jiyz. s. v. rgatnog
(und damit wohl auch die Neunzahl) auf phoi- (p. 212, 16) und bei Synkell. 238, 6 = Euseh.
nikischen Ursprung zurückzuführen. Koch a.a.O. ed. Schoene 2, 16. Anonymos bei Cramer, Atiecd.
26 erklärt die sardinischen Neunschläfer für 6rr. Pam. 2, 176, 1. Weitere genealogische Ver-
die neun Kabeiren bzw. Korybanten (über die bindungen sind folgende:
Neunzahl der Korybanten vgl. Röscher, Die b) Sohn des Herakles und der Chalkiope,
Siebenzahl etc. 60 t u.Anm. 113). Übrigens sollen 20 der Tochter des Eurypylos, Vater des Antiphos
die Nachkommen der Thespiaden nicht nur (s. d.) und des Pheidippos (s. d. )iZbwi. /Z. 2, 677.
nach Kyme, sondern nach einer vielleicht aber (vgl. H. H. Roer, De nominihus heroum pro-
auf Versehen {Geffcken a. a. 0. 81 und Anm. 4). priis quae in Iliade inveniuntur ab ethnicis de-
beruhenden Angabe {Sil. ItcU. 11, 18) auch nach rivatis 44). Auf Irrtum oder Versehen der Ab-
Kroton gekommen sein. [Höfer.l Schreiber beruht die Notiz bei Hygin f. 97
ThesprotOH {GsOTcgaTog)., 1) Eponymos der (p. 92,2 Schmidt, der allerdings korrigiert hat)»
Thesproter, Söhn des Lykaon, Vater des Am- daß Antiphus der Sohn des Thessalos und der
brax, ApoUod. 3,8,1 (3,96 W.) Steph. Byz. %. Chalkiope gewesen sei: Chalkiope ist sonst
V. 'Aiißgaxia und *E(f)VQa. Eust zu Dionys. Per. Mutter, nicht Gattin des Thessalos. Aus Flut.
492 Schol. Dionys. Per. 493. Tzetz. zu Lykophr. so Quaest. Gr. 58 p. 304 de, wo von dem Kampf
481 (p. 173, 22 Scheer). Eudocia 48 (p. 82, 11 des Herakles mit Antagoras und den Meropem
Flä(^). Fligier, Zur praehistorischen Ethnologie auf Kos erzählt wird, von seiner Flucht TCQog
der Balkanhalbinsel iQ. Ed. Meyer, Forschungen yvvaHa Ggärtav, bei der er sich in Weiber-
zur alten Geschichte 1,55 Anm. 1. Überdie Rolle tracht verbirgt, von seinem schließlichen Siege
des Thesprotos in der Thyestes-Pelopiasage bei über die Meroper und seiner Hochzeit mit der
Hygin. f. 88 s. d. Art. Pelopeia; ferner Eugen Tochter des Alkiopos erschließt E. Maaß, Her-
Petersen, De Athreo et Thyeste {Progr. Dorpat mes 26(1891), 189 eine 'Thrassa (also Personen-
1877) S. 9 ff. Derselbe, Die attische Tragödie als name!), Tochter des Alkiopos, Mutter des Thes-
Bild- und Bühnenkunst 619 ff. Auch bei Ac- salos = Chalkiope', F. Back, De Graec. cacrim.
cius (Welcker, Die griechischen Tragödien 370. 40 20 will bei Plut. tr]v 'AXxionov mit C. Robert
(). Ribbeck, Die römische Tragödie im, Zeitalter in XccXxionriv ändern ; vgl. Tümpel bei Pauly-
der Republik 458 f.) in den Pelopida£ erscheint Wissowa 1, 1547 s. v. Alkiopos. Auf keinen
der Name des Thesprotos in zwei Fragmenten : Fall aber ist mit Maaß eine Identität der yvvT]
Tragicorum Roman, frgm. ed. Ribbeck 1 , 292 Ggarxcc mit Chalkiope anzunehmen. Vgl. über
frgm. 65 (= Charisius p. 254 P. = Grammat Herakles — Chalkiope — Thessalos Eust. ad Hom.
Lat. ed. Keil 1, 286) und 293 frgm. 66 (= Cha- II. 318, 20. Pherekydes im Schal. Ven. AB Hom.
risius p. 247 P. == p. 276 Keil). — 2) Beiname des II. 14, 255. Schol. Toivnl. Hom. II. 14, 250 (ed.
Zeus = Dodonaios (vgl Eur. Phoen. 982), Aesch. Maaß Bd. 2 S. 539). Schol. Ven. B Hom. II. 2, 677.
Prom. 829 (»31). [Höfer.] ApoUod. 2, 7, 89 (2, 166 W; vgl. dazu C. Luetke,
Thessalos (GsoaaXög)^ Eponymos der grie- 50 Pherecydea 59, 4). Epit. 3, 13. 6, 15. Vell. Pat.
chischen Landschaft Thessalia, Eust. a,d Dionys. 1, 3, 2. Tzetz. zu Lyk. 911 (= ApoUod. Epit. 5,
Per. 427 {&n6 OsaaaXov tivog). Plin. nat. hist. 15b). Diod. 5, 54, 1. Strabo 9, 5, 23 (p. 444).
4, 28 {Haemonia — HeUas, eadem Thessalia et Schol. Apoll. Rhod. 3, 1090. Schol. Pind. Nem.
Dryopia, semper a regibus cognominata; vgl. 4,40. Tabula Farnesiana, C. IG. ödSi. O.Jahn-
Ed. Meyer, Forschungen zur alt. Gesch. 1, 105 Ad. Michaelis, Griech. Bilderchroniken S. 70
Anm. 1). Isidor. EtymoJ. 14, 4, 12 (TJiessalia a Z. 235 ff. Taf. 5. Buttmann, Mijthologus 2, 256f.
Thessalo rege cognominata). Etwas Näheres, 0. Müller, Dorierl^., 4:2b. v.Wilamotvitz, Isyllos
wenn auch nicht über seine Abkunft, so doch von Epidauros {Phil. Untersuch. 9) S. 53. Der-
über seine Stammeszugehörigkeit berichtet FeZ/. selbe, Euripides Herakles'* 27 und Anm. 53.
Pat. 1, 3, 2: acer belli iuvenis, nomine Thes- 60 P. Friedländer, Herakles {Phil. Untersuch. 19)
Salus, natione Thesprotius, . .. eamregionem S. 94 ff. Herrn. Dibbelt, Quaest. Coae mythologae
armis occupavit, quae nunc ab eius nomine {Diss. Greifswald IS^Jl) S. '60 S. 'i^ ach Schol. Ar.
Thessalia appellatur. Damit stimmt die Er- Vesp. 163 ist der Herdkiessohn Thes.salos Va-
zählung (vgl. Hiller von Ga^rtringen, Das König- ter des Penestas {Hsviatag), nach dem die den
tum bei den Thessalern in Aus der Anomia 2 thessalischen Eroberern hörige Bauernschaft
Anm. 3) bei Herod. 7, 176 überein, nach der Jlsviöxcct hieß.
die Thessaler aus dem Thesprotenlande nach c) Sohn des Haimon — Haimonia war ein
dem von ihnen besetzten Gebiete gekommen alter Name Thessaliens — , Rhianos im Schol.
777 Thestiadai Thestiadai 778
Apoll. Rhod. 3, 1090 und bei Steph. liyz. s. v. bei Anton. Lib. 2,2. 3. 4. Diod. 4,34. Apollod.
M^ovia (p. 49, 7); vgl. Mrineke, Analecta Ale- 1, 8, 1 (1, 64V 1, 8, 2^ (1, 68). 1, 8, 2^ (1, 71). 1, 8.
xandr. 187. Straho 9, 6, 23 p. 443 {ixuXf-lro \&£G- 3, ft". (l , 72 ff.). Zenoh. 5 , 33 (p. 133, 27. 134, 1),
GccXia] . . . At^ovia . . . anb Ai^ovog^ ©STtaXioc Eudocia 287 (]). 472, 17 Flach). Kust. ad 11. 774,
<Jt aito 0iTraXov rov Ai^iovos), Strabo 9, 6, 23 27. Als ihre Einzelnamen werden folgende an-
l). 444 (usvoivo^iccGd'ccL äh rr]v ^ihv 'EXldöcc Scnb gegeben:
''EXXrivo? xov JsvxccXicovos, rr]v fis OstraXiav Aphares und Iphiklos, JSa/iCÄy/td. 6,128f.
&7tb rov vlov yli^iovog):, vgl. Ed. Meyer, Forsch. Während Iphiklos (h. d. und 0. Jessen, Pro-
zur alten Gesch. 109 und Anm. 2. Einen um- legonunaincatalogum Argonautarum[I)iss.Ber-
gekehrten Stammbaum, Thessalos, der erste lo Zm 1889] p, 49: Sentcntiae controversae nr. VIJ
König Thessaliens, V.ater des Haimon (yl^(i(ov auch sonst bezeugt ist, soll Aphares als Name
statt Ai{L(ov die Handschriften) findet man im eines Thestiaden sonst nicht vorkommen. Blaß
Schol. Ven. B Hom. //. 2, 681, während Ewst. zn Bakchyl. {ed. III. Leipzig 1904)5, 129. C.Mo-
ad Hom. II. 321,25 zwischen Thessalos und bert, Hermes 33 (1898;, 155. Doch sucht E.
Haimon noch einen Al'ycov einschiebt, so daß Seh wartz, Hermes 3[i (1904:), QH2 im Schol. A DL
Haimon der Enkel des Thessalos ist. Der Thes- Hom. IL 9,567 : 'ScdsXq}ol dh 'AXd-aiag "IcpixXog,
salos-Sohn Al'ycov wird wohl als Eponymos der noXvcpdvTj^g (noXvq)6vrris, Dindorf), <^dvrig^
Stadt der Malier ./4^yobvrj oder AlytovEicc (Heka- EvgvnvXog, IlXrih.ni'jtog'' den Namen 'A(pä-
taios und Rhianos bei Stcph. Byz. AlyonvEia. (>^?s aus dem überlieferten ^ävr]g zu gewinnen.
Lykophr. 903 und Schol.) anzusehen sein. 20 Doch ist diese Vermutung, so ansprechend sie
d) Sohn des Aiatos, des Sohnes des Phei- ist, wohl nicht sicher genug; «Z'ai^rjs kann über-
dippos, und seiner Schwester Polykleia, Polyaen. dies auch eine aus dem vorausgehenden HoXv-
8, 44. 1, 12. Charax {frgm. 8 F. H. G. 3, 638) (pdvtr]g entstandene Dittographie sein; vgl.
bei Steph. Byz. s. v. Jmgiov (p. 254, 14), wo 0. Höfer, Berl. Phil. Wochenschrift 1919, 42.
<7. Müller, F. H. G. a. a. 0. statt Aldxov Ata- Allen aber ist die Stelle bei Lactant. Placid.
-Kov lesen wollte; vgl. Buttmann a. a. 0. 25 f. ad Stat. Theb. 1,402 entgangen, wo es, wenn
Der Name des Vaters des Thessalos birgt sich auch nicht von Meleagros, so doch von Tydeus
wohl auch in dem 'Agarog des Pausanias bei heißt: ^occiderat avunculum suum Thoantem,
Eust. ad Hom. IL 331, 21 (= Aelii Dionysii et AUhaeae matris fratrem, vel, ut quidam volunt,
PausaniaeAtticistarum f rag menta ed. E.Schwabe so Apharen. Manifestius tarnen est, quod Mena-
frgm. 204 p. 172) und in dem ylgdviog bei Said. lippum (vgl. Hygin. f. 69) fratrem suum, dum
9. V. QhxxaXcbv aocpioiia (p. 1175, 2 Bernh.), bei venatur, occidit.^ Es kann keinem Zweifel un-
Phot. Lex. p. 88, 17 Porson, und Append. Pro- terliegen, daß wenigstens mittelbar diese Notiz,
verb. 3, 20 {Paroemiogr. Gr. 1, 420) und ist wohl die den Thestiaden Aphareus nennt, auf Bak-
auch bei Zenob. 4, 29 {Paroemiogr. 1, 92) ein- chylides zurückgeht. Ganz irrig ist die Ansicht
zusetzen [Aldjxoy ©sxxccXo). Aiatos , der Vater von Kenyon , The poems of Bacchylides S. 52
des Thessalos, ist wohl der Eponymos der thes- Anm. 128, Jebb, Bacchylides the poems and fra-
salischen Stadt Aia; vgl. Steph. Byz. s. v. Ala: gments zu 5, 129 und von Jurenka, Hie neu-
iaxL dh xai ©sxxaXiag dXXr], 7]g ^i\Lvr\x(x.i Uo- gefundenen Lieder des Bakchylides 38 f. zu 5,
cpoxXiig {frgm. 829) . . ^ariv xig Ala @s66(xXä)v 40 62: 'kcpdgrixcc, sonst nicht Sohn des Thestios,
'jtccyyiXriQiu. . sondern des messenischen Königs Perio(so!)res.
e) Sohn des lason und der Medeia, der, Seine Söhne sind Idas und Lynkeus ... . Diese
dem Mord von der Hand seiner Mutter ent- führt Oo. Met. 8, 304 als Söhne des Aphareus
gangen, in Korinth aufwuchs, später nach lol- und Teilnehmer an der Jagd an. Er nennt sie
kos, der Heimat seines Vaters zurückkehrte, aber gleichzeitig Thestiadae (Enkel des The-
wo gerade Akastos, der Sohn des Pelias ge- stios), faßte also den Aphareus auch als Sohn
storben war, dessen Herrschaft er antrat und des Thestios auf.* Oaid nennt unter den Teil-
Eponymos der Thessaler wurde, Diod. 4, 54, 6. nehmern an der Jagd: ^Theseus \ Et duo The-
55, 2 (= 7, 7 ed. Vogel 2, 136). 0. Müller, Or- stiadae prolesque Aphareia, Lynceus | Et velox
chomenos 256f. ; vgl. Strabo 11, 14, 14 p. 531: 50 Idas.^ Es ist an und für sich schon klar, daß
xotg ©sttccXolg . . . xotg dnb 'Idaovog yial Mri- ^Thestiadae' und ^proles Aphareia' nicht als
Ssiccg. ein Begriff aufzufassen ist = ^die Thestios-
f) vgl. Thissaios. Theskelos. [Höfer.] enkel und zugleich Söhne des Aphareus', son-
Thestalos?(0f(>raXog?), Sohn des Herakles und dern daß es zwei getrennte Gruppen sind (vgl.
derE pikaste, der Tochter des Augeias, Apollod. Apollod. 1, 8, 23 ff., wo unter den kalydonischen
2, 7, 8, 9 (2, 166 Wagner). Der Name scheint Jägern genannt werden: "läag yiccl Avyyisvg kcpa-
verderbt zu sein; OsxxccXog als Heraklessohu gscog in Msaorjvrig . . . Oriösvg Aiy hoag ... ^sxcc.
wird unmittelbar vorher genannt; vgl. P. jPned- xovxoiv xarl ol ©bgxLov natdsg). Zum Überfluß
länder, Herakles {Philol. Untersuch. 19) S. 133 nennt aber Ovid selbst (v. 434) noch einmal
Anm. 3. Buttmann, Mythologus 2, 263 Anm. 60 die 'Thestiadae' und fügt (v. 440 f.) ihre Na-
Gruppe, Gr. Myth. 473, 1. [Höfer.] men hinzu, Plexippos und Toxeus; vgl.
Thestiadai {©saxiddca), Bezeichnung der Myth. Lat. 1,204 (^.64:, \3 Bode) (mit kleiner
Söhne des Thestios, besonders der an der Kaly- Variante heißen sie im SchoL Ov. Ibis 601 To-
donischen Jagd beteiligten und dabei von Me- xippos et Plexippos). Zu diesen beiden tritt
leagros getöteten, Strabo 10,466. Ov. Met. 8, noch als dritter Thestiade hinzu, der gleich-
304. 434. Eust. Sid Hom. IL 774:, 23. Eudocia falls von Meleagros getötet wird, Agenor,
222 (p. 356, 2 Flach) = Gsaxiov nccldsg, Eur. Lactant. Plac. Narrat. fab. Ovid. 8, 4 (p. 676, 18
frgm. 530q {N.^} hei Macrob. 6,18,7. Nikandros Magnus). Plexippos und Agenor nennen
BoscHBB, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V 26
779 Thestiades Thestios 780
Lact. Plae. zo Stat Theh. 2, 481. 4, 103 imd als Sohn des Agenor (s. d. nr. 6), des Sohnes
Myth. Lat. 2, 144 (p. 125, 7. 10). des Plenron, Areios (ein Dichter dieses Namens
Bei Hygin.f. 178(28, 18): * Hexippus, Heus, ist sonst unbekannt; nur im C. 1. G. 4748 wird
Lynceus, Thestii fiUi, fraires AUhaeae* und f. ein "Agsiogf 'Outiqixo^^ noiriri]<s i-K Movasiov ge-
nA{2d,l): ^Idett6,Plexippus,Lynceu8,Althaeae nannt; daher wohl Btatt Areios: Asios) bei
fratres^ liegt ein durch Versehen des Abschrei- Paus. 3, 13, 8 oder als Sohn des Ares und der
bers veranlaßter Irrtum vor, der die Namen Demonike, der Tochter des Agenor, die dem
Ideus und Lynceus, die in f. 173 (p. 28, 16) Gotte außer dem Thestios noch den Buenos,
kurz vorausgehen, irrtümlich noch einmal setzte, Molos und Pjlos göbar, ApoUod. 1, 7, 7, (1,
0. BunU und Schmidt z. d. St., die Tlexippus lo 69 TT.); vgl. t? Wilamowitz, Ikrliner Klassiker-
et Toxeus' oder 'Plexippus et Agenor* oder tca:«c 6,1 S. 24/26 Anm. 3. Im Schal. Apoll. RJiod.
'Plexippus, Toxeus et Agenor' vorschlagen.^ 1, 146 lautet der Name seiner Mutter statt
Im Schol. Townl,Hom,ll. 9,b61 werden als ^Tjftovtxrj: Jr^iodlxT}. Vielleicht ist für beide
die von Meleagros getöteten Thestiaden Kly- Namen (vgl. Stoll in diesem Lex. s. v. Demo-
tios und Prokaon genannt. Mit Klytios ist doke. Dümmler bei Pauly-Wissowa 1,774,16
Klytia, die Tochter des Thestios (s. d. unt. d), s. v. Agenor) der Name der Jti^oSökt] einzu-
zu vergleichen, und vielleicht ist mit ihm iden- setzen, der schönen von vielen umfreiten Toch-
tisch der auf der Münchner Vase beim Ring- ter des Agenor, Hesiod fr gm. 3S Hz ach hei SchoL
kämpf der Atalante und des Peleus, zwischen Ven.BHom.ll. 14,200. Schol. Amhr. Hom.Od.
denen der Eberkopf liegt, dargestellte Klytios, 20 1, 98. Seine Gemahlin ist Deidameia, die Toch-
O. Jahn, Münchtier Vasenkat 126. Gerhard, Xer des Feneres, Schol. Apoll Rhod. 1,201. liQ,
Auserl. Gr. Vasenbilder 3 S. 168 Taf. 237. Bei- oder Laophonte, die Tochter des Pleuron (die
nach, Bepertoire des vases peints 2,120; auf nach Apollod. a. a. 0. die Schwester seines
einer anderen Vase in München {Jahn 333. Großvaters Agenor ist), Pherekydes im Schol.
Gerhard a a. 0. 235/236) mit der Darstellung Apoll. Bhod. 1, 146, oder Leukippe (s. d. nr. 4),
der Kalydonischen Jagd ist der nur undeutlich Hygin. f. 14 (p. 47, 10). Nach 0. Jessen, Prole-
erhaltene Name KINO vielleicht auch Klytios gomena in catalogum Argonautarum {Diss. Ber-
zu lesen. — Prothoos und Kometes nennt lin 1SS9) 20 soll Hyginus {^ Jphiclus alter Thestii
Patisanias (8, 45, 6) als Söhne des Thestios und filius matre Leucippe AUhaeae frater') auf Schol.
Teilnehmer an der Kalydonischen Jagd, dar- 30 Apoll. Bhod. 1,201 {'kXd-aia -nal "icpiytXog ScdeX-
gestellt am Tempelgiebel der Athena Alea zu <pol ix Ji^iSapLeiag ri)g Jlfptrjpovs') zurückgehen,
Tegea; vgl. oben Bd. 2, Sp. 2616f. und da ein Sohn des Perieres Leukippos (s.d.
Bei Diod. 4, 48, 5 werden unter den Argo- nr. 1) heißt, im Schol. Apoll. Bhod. a. a. 0. . . .
Hauten genannt *AtaXccvTri xai ol Geaniadat, ix ^riidcc^Eiccg (Jf] AsvxiTtnrigy rfig TlBQiriQOvg
XQOsccyoQsvoiisvoi (vgl. ebenda 4, 41, 2 : 'AraXavtri zu schreiben sein. Doch ist dies eine m. E. will-
hi dk oi Osaniov naWsg). Anonym, hei Cramer, kürliche Vermutung. Bei Apollod. 1,7, lOj (1,
Anecd. Gr. Paris. 2, 195, 22 ol esajceaiov nccidsg, 62 W.): Osoticp . . . i^ Evgvd-enLÖog tfjg KXso-
wo 0. Jessen, Prolegomeiia in catalog. Argonaut. ßoiccg iyivovto Q^vyariQsg x. r. A., nach dem also
26 wohl m. R. ©f<yjtioü vorschlägt. Jessen meint die Gemahlin des Thestios Eurythemis, die
weiter (S. 26. 33. 48), daß nach thespischer Sage 40 Tochter der Kleoboia wäre, will Heyne, da
die Argo von den Thespiaden (vgl. den Art. man die Angabe des Vaternamens vermißt,
Thespiades) Tiphys und Argos erbaut worden lesen: EvQvQ-iiiidog xfig KXsoäaiov oder Evg.
sei, und versteht darum unter den Sseniddat, r\ KXsoßoiag. Als Gemahlin des Thestios nennt
des Diodor 'Thespii filii'. Von solchen aber Eumelos im Schol. Apoll. Bhod. 1,146 die be-
weiß die Überlieferung nichts (man könnte reits von dem Sisyphiden Glaukos geschwän-
höchstens an seine Enkel denken), so daß wohl gerte Panteidyia, die ihm die Leda (s. unten)
an obigen Stellen eine der häufigen Verwech- gebar, so daß diese yövco ii\v FkavTiov, X6ya>
seiungen zwischen Sianiog und Oiatiog anzu- 8s ©saziov war.
nehmen ist; des letzteren Sohn Iphiklos (s. Nach Pseudo-Plut. de fluv. 22, 1 ist Thestios
oben) ist Argonaut; vgl. Jul. Stender, De Ar- 50 Sohn des Ares und der Peisidike, der nach
gonautarum ad Colchos usque expeditione fabu- langer Abwesenheit in Sikyon nach Aitolien
lae historia critica (Kiel 1874) p. 9. [Höfer.] zurückgekehrt seinen Sohn Kalydon mit seiner
Thestiades (©affrta^Tjs), 1) Sohn des Thestios Mutter in einer Lage fand, die ihn zur An-
=^ Iphiklos, Apoll. Bhod. 1, 201. — 2) Enkel nähme eines Ehebruches veranlaßte und ihn
des Thestios = Meleagros, Ov. Fast. 6, 305. zum Mörder machte. Voll Reue stürzte er sich
[Höfer.] in den nach ihm Thestios S^enannten Fluß, dem
Thestias (Oeatidg), Tochter des Thestios: späteren Acheloos. Sonst hat Thestios nur ge-
1) Althaia, Aesch. Choeph. 605. Ov. Met. 8,452. nealogische Bedeutung; über die Namen seiner
473. Trist. 1, 7, 18. — 2) Leda, Eur. Iph. Aul. Söhne s. d. A. Thestiadai. Als seine Töchter
49. Hei. 133. Theokr. 22,5» [Höfer.] 60 (in der folgenden Aufstellung sind diejenigen
Thestios (Sißtiog)., 1) Herrscher von Pleuron Zeugnisse, in denen Althaia und Leda zu-
in Aitolien, Strabo 10, 461. 466. Ov. Met 4,487. sammengenannt werden, mit einem * versehen)
Eust. ad Hom. 11. 774, 39. Eudocia 287 (p. 473, sind überliefert:
11 Flach). Schol. AD Hom. II. 9,629. H. D. a) Althaia, Bakchylid. 5, 137. *Eur. frgm.
Müller, Mythol. der griech. Stämme 1, 210 f., 515 {Nauck^ bei Arist. Bhet. 3,9 p. 1409b, 10.
nach welchem wohl die im östlichen Teil der * Pherekydes im Schol. Apoll. Bhod. 1,1^^. Strabo
auf der Nordseite der Tgixojvig Xl^vt] wohnen- 10, 466. Nikandros bei Anton. Lib. 2, 1. Paus.
den GsGtihlg {Polyb. 6, 7) benannt sind. Er gilt 8, 45, 6. Satyros bei Theophil, ad Autolycum 2,7
781 Thestios Thestor 782
(p. 64 Otto = F. H. G. 3,1G5 frgm. 21). Apollod. G. 1, 283 = Si/nkell p. 261. 499 od. Bindorf.).
*l,7,10j (1, 62). 1,8,1 (1,64). JDiod. 4,34. Zenoh. Porphyr. Tyr.frgm. 1 {F. H. G. 3,690). Biodor.
r),3.S. So}iol. ADL Hom. 11. 9, 567. Eust. ad 7, 17 (ed. Vogel 2 p. 146). Hei Satyros a. a. 0.
Jlom. imi,Hif. Fudocia '2S7 {\}. ^7^ Fl.). Hy- folgt auf Kibsos fKeisos) Maron, auf diesen
gim. /•. 14 (47, 8). 157(14,9). 129(112,8). 171 Thestios, auf diesen JixooV (?). fHöfer.]
(27, 19). 173 (28, 18). 174 (29, 7). Auch bei Hy- Thestor {Q^arcog), 1) Sohn des ApoUon und
gin. f. 14 (47, 4): ' Ancaeus . . . Neptuni fdiiis, der Laothoö {l'herekyd. FHG I p. 88 frg. 70
matre Atta Cathesti filia^ hat Heinsius wohl bei nchol. Apoll. Bhod. Arg. 1, 139) oder der
mit Recht: ^ Althaea Thestii filia^ korrigiert; Aglaia {Tzetz. Lycophr. 427), einer der Argo-
vgl. Friedlaender, Herakles (Philol. Untersuch, lo nauten {Apoll. Bhod. Arg. a. a. 0. und aXXoi im
a. a. 0. Anm. Schol. Apoll. Rhod. 1, 201. Myth. schol. zu dieser Stelle), Vater des Kalchas (Hom.
Lat. 1, 204, p. 64, 13 Bode). Vgl. Thestias nr. 1. B. 1, 69. Pherekyd. a a. 0. Omd. met. 12, 19; 27.
In Alexandreia gab es u. a. eine Phyle kXd-r}ig Statins, Achill. 1,497; 516. Hygin.fah. 97; 128;
... 6cnb . . . &vyaTQ6g Gsariov und eine Phyle 190. Qu Smyrn. 6,67; 68. Tzetz. z. Lycophr on
0saTlg anb &B6tiov tov 'AXd-aiag nccrgog, Sa- 427; 980; 1047; 978: ZtQig, ^vd^cx xLg KäXxocg,
tyros a. a 0.; ebenso findet sich eine Phyle 011;^ 6 Otatogog, &XX* ö^ww^og avtSy (idvrig
f)söTi(xSca auf Tenos, C. I. G. 2, 2338-g, gg ff. vnb 'HQaxXsog &vrjQid-r}; vgl. dazu Immisch,
F. Maaß, Gott. Gel. Anz. 1890, 357 Anm. 1. Klaros, Jahrb. f. ' Philol. Suppl. 17, 158), der
b) Leda s. außer den oben (unt. a) angeführ- Leukippe und Theonoe {Hygin. fah. 190), auch
ten Stelleu: Asios bei Paus. '6, 13,8. Strato 10, 20 des Theoklymenos {Hygin. fah. 128), ein Seher
461. ^po//orf. 3,10, 5^ (3,125). Bufinus, Becogni- {Hygin. fah. 190). Zu diesem seinem Berufe
tiones 10,21 {Migne Ser. Gr. 1, 1433 = Firmi- paßt sein Name vortrefflich. In ©eotcog steckt
cus Maternus ed. Bursian "p. b4:,2'2). Schol. Eur. wie in 0e6Tiog, ©saTtiog die Wurzel d^sa- zu
Gr. 457. Endocia 276 (454, 16 Fl). Myth. Lat. -Ö-tWo^at bitten, beten {G.Curtius, Griech.Etym.
2,132 (p. 119,42 5.). Lactant. Plac. narr. fah. 1^ 1879, 520 Anmerk. Bechtel-Fick, Griech.
Ovid. 6, 1 (p. 661,2 Magnus). Sero, ad Verg. Aen. Personennamen* 423. H. Boer, De nominibus
8, 1;S0, wo statt Thyestae fiUas Ledam et Hyper- Heroum propriis quae in Biade inveniuntur ab
mnestram: Ihestii zu schreiben ist. Vgl. unten ethnicis derivatis, Diss. Münster 1914, 53,2.
nr. d. Thestias nr. 2 und Clemens Bomanus Ho- Vgl. Preller- Pleiv, Griech. Myth. 2, 480).
mil. 5, 13 {Migne 2, 184): NsuiösL rfj tov 0s- 30 Thestor wurde auch mit Idmon, dem Sohne
6riov rfj ticcl At^da vo^iiöd^siarj {övo^iccöd'siörjy des Apollon und der Asteria oder Kyrene,
Valckenaer, Diatrihe in Eurip. reliqu. p. 68 ed. gleichgesetzt: Chamaileon hei schol. Apoll. Bhod.
Lips.); über die Gleichsetzung der Nemesis mit Arg. 1, 139: X qprjct tov 0£6toQcc "Id^ovcc tcccqcc
Leda vgl. Bd. 2, Sp. 1924, 31. Bd. 3, Sp. 129, 9ff. rotg &Q%(xioig -aaXsiöd-aL diä zb ^intsigov thcct
128, 20. (vgl. Seeliger oben 2, 105. Gruppe, Griech. Myth.
c) Hypermnestra, Apollod. 1, 7, 10^ (1, 62). 1, 553, 8; 563, 4).
Schol. Eur. Phoen. 173. L>iod. 4, 68 (wo die in Von den romantischen Erlebnissen des Th.
den Hss. oft vorkommende Verwechslung von und seiner Töchter berichtet Hygin. fah. 190
0867tiog und 086TLog Bernhard in d. Lex. Bd. 1, (vielleicht nach einem Drama? vgl. Gruppe
Sp. 2844 s. V. Hypermnestra 2 u. 3 veranlaßt 40 a. a. 0. 641,2): Theonoe wird beim Spiel von
hat, eine Tochter des Thestios und eine solche Seeräubern geraubt, nach Karien verschleppt
des Thes^pios anzunehmen). Serv. ad Verg. Aen. und an König Ikaros verkauft, der sie zu seiner
a. a. 0. Unter den auf der Basis des amyklai- Geliebten erhebt. Der Vater erleidet auf der
ischen Apollon dargestellten ©saziov d'VYccr^gsg Suche nach seiner Tochter Schiffbruch und
(Paws. 3, 19, 5) sind nach G. Bathgeher, Gott- kommt als Sklave ebenfalls nach Karien zu
heilen der Aetoler 587 b Althaia, Hypermnestra Ikaros. Leukippe fragt Apollon in Delphi um
und Leda zu verstehen. Rat, der ihr gebietet: Pro meo sacerdote per
d) Nach loann. Antioch. frgm. 20 {F. H. G. terras vade et eos reperies. Sie schneidet sich
4,549) = Cedrenus 1,212,1 ed. Bonn. = Mala- das Haar ab, durchwandert als Jüngling die
las 82, 6 ff. ed. Bonn, ist Thestios König in La- 50 Lande und gelangt nach Karien. Hier verliebt
konien, Gründer und Eponymos der Stadt The- sich Theonoe in den angeblichen Jüngling und
stia am Eurotas und Vater der Leda, der Kly- will ihn, da er ihr nicht zu Willen ist, töten
tia und der Melanippe. Klytia findet ihr Seiten- lassen. Der Sklave Th. wird gerufen. Qui cum
stück in Klytios, dem Bruder der Althaia; mit intrasset et gladium teneret, Thestorem se voci-
Melanippe ist die gleichnamige Tochter des tari dixit, duahus filiis Leucippe et Theonoe
Oineus und der Althaia {Nikand. bei Ant. Lih. amissis: ad hoc exitium venisse, ut sihi scelus
2,1) und Melanippos, der Sohn des Oineus imperaretur. Quod ille in se cum convertisset
{Hygin. f. 69. Lact. Plac. ad Stat Theb.1, A02) et vellet ipsum se interficere, Leucippe audito
zu vergleichen. patris nomine, gladium ei extorsit. Quae ad re-
e) Clytaemnestra, Thestii filia, Hygin. f. 240 60 ginam interficiendam ut veniret, patrem Thesto-
beruht wohl auf Irrtum. rem in adiutorio vocavit. Theonoe patris no-
2) In der mythisch chronologischen Liste mine audito indicat se ßiam esse eins. Icarus
der makedonischen Könige (vgl. A. v. Gutschmid, autem rex agnitione facta, cum muneribus cum
Hie Makedonische Anagraphe in Symbola Philol. in patriam remisit.
Bonnens.in honorem Fr. Bitschelii 104ff. 126ff.) 2) Th. Vater des Alkmaon, der von Sarpe-
Herakleide: Herakles-Hyllos-KIeodaios (Kleo- don vor Troja getötet wird, Hom. B. 12, 394.
demos) — Aristomachos — Temenos — Kissos — Schol. Ven. A sagt zu dieser Stelle: on ov KäX-
Thestios— Merops, Theopompos frgm. 30 {F. H. xavtog ccdsXcpbg liXxndoov, aXX' u(io3VV[jLog, insl
26*
783 Thestorides Thethis 784
XQoaidiixsv &v Ti «/? dtdyvoaaiv. Ahnlich schol. unbekannter Herkunft befindet sich jetzt in
Touml.x £^f]ilov, tl KdXxavxöis iexiv &.diXtpöq. Paris im antiken Münzkabinett und ist ver-
il 9h ^v, xSv duad(priasv & jrotrjTtjV ötfentlicht von De Witte, Catah Durfoid i229q.
Gruppe a a. 0. 1, 640 f. bemerkt, daß der nr. 1975, von Gerhard, Über die Mctdllspiegel
NamediesesTheatoriden Alkmaon an Alkmaion pl. III und Etr. Spiegel 3, 217, Taf. CCXXXI
aus dem Amjthaonidengeschlecht anklinj^t, mit und von Fabretti, C. I. I. nr. 2625. Der sechste,
dem der Thestoride Kalchas in Verwandtschaft- der im Besitz des Grafen Bucciosanti in Or-
lichen Beziehungen steht. Argivische Kolonisten vieto ist, ist herausgegeben von Gamiirrini,
brachten die Sagen von Kalchas und seint»m Append. nr. 651, und der siebente endlich, der
Geschlecht nach Rhodos und der Südküste lO in Rom in d6r Sammlung Alessandro Castellani
Kleinasiens (vgl. auch Hygin. fah. 190). 'Daß sich befindet, von Gamurrini, Append. nr. 902.
jener Thestoride Alkmaon von der Hand des Nicht enthalten ist der Name unserer (iöttin
ebenfalls im Süden Kleinasiens lokalisierten auf dem Spiegel {Fabr. nr. 106) des Florenti-
Sarpedon fällt, scheint demnach eine politische, ner Museums, wo statt -O-e-ö^is vielmehr e-O-is
den Gegensatz zwischen rhodischen und joni- (s. d.) zu lesen ist, der Name einer anderen
sehen Ansiedlem in Lykien betonende Sage.' Göttin. Den Spiegel Fabr. nr. 109 {orig. ine. 1)
8) Th., der Sohn des Enops, ein Trojaner, habe ich s. v. pele beschrieben: Peleus (pele)
Wagenlenker des Pronoos, von Patroklos er- trägt die Thetis (ß-ed-is) unter dem Schreckens-'
schlagen, Hom. II. 16, 401 (vgl. schol. Ven. ß schrei der tarsura (s. d.) davon. Auch der
und Townl. zu dieser Stelle). Roer a. a. 0. 20 Spiegel Fabr. nr. 1068 (Perugia) zeigt den
möchte den Namen dieses Trojaners von der pele und die -ö-e^is und ist gleichfalls von mir
thrakischen Stadt SiattoQog (vgl. Steph. Byz.) s. v. pele beschrieben. Die beiden Spiegel
ableiten. Garn. nr. 651 und 952 enthalten den Peleus
4) Th., ein Trojaner, der von Aias getötet gleichfalls. Die dargestellte Szene ist die, daß
wird, Qu. Smym. 3, 229. [Bubbe.] -ö-e^is, in deren Begleitung sich eine dienende
6) Gefährte des Odysseus bei dem Kirke- Frau, calaina genannt, befindet, sich das Haar
abentener, dargestellt mit einem Schweinekopf ordnet, wobei pele sie erblickt und von ihrer
und inschriftlich als GEZTß? bezeichnet auf Schönheit hingenommen ist. Auch auf dem
einem sogenannten Homerischen Becher aus dem Spiegelbruchstück GaM. nr. 952 überrascht der
phthiotischen Theben, Arbanitopullos , 'E(pr\a. 30 mit der Chlamys bekleidete Peleus (peleis) die
äqi. in, 1910, 83 Pinax 2 Fig. 1. M^ochenschr. mit einem schön gesäumten Peplos angetane
f. klass. Phil. 1911, 131. Franz Müller, Die an- Thetis (^ei^is), die vor ihm flieht; von beiden
tiken Odyssee-Hlustrationen 64 f. [Höfer.] Figuren ist nur der untere Teil erhalten. Aus
Thestor ides (SsaTogiSrig), Beiname 1) des diesen Spiegeln folgt die Identität der d^ed-is
Kalchas, des Sohnes des Thestor (s. d.), Hom. 11. mit der griech. Thetis. Die übrigen Spiegel
1,69; Stat. Achill. 1,A^1 u.bl6; Christod. ecphr. stellen andere Szenen dar, an denen Peleus
2, 61; Oo. Met. 12, 19 u. 27; eine Glosse ©. nicht beteiligt ist. Der Spiegel von Tosca-
bei Hesych ist verdächtig und ohne Bedeutung. nella enthält fünf Personen: in der Mitte sitzt
— 2) Des von Sarpedon getöteten Alkmaon, Odysseus (uO-ste), zu seiner Linken Achilleus
Hom. IL 12, 394. Schol. A bemerkt dazu, daß 40 (a;fle), der sich auf seinen Speer stützt; hinter
dieser Thestoride nicht Bruder des Kalchas sein Odysseus steht Thetis (t^e^is), welche die He-
könne, da dies sonst gesagt wäre. S. Gruppe, lena (elinei) ansieht; Menelaus (menle) endlich
Gr. M. 641,. Vgl. Thestor 2. [Ruhl.] sitzt zur Rechten, die Hände auf die Knie
Thethis (-O-ed-is) ist die etruskische Wieder- gestützt. Auf dem Spiegel Fabr. nr. 2;U6 bis
gäbe des Namens der griechischen Göttin b Cerveteri, den ich s. y. qpul^sna genauer be-
Thetis {Deecke in Bezzenbergers Beiträgen 2, schrieben habe, hatten wir sechs Personen:
164 nr. 13). Der Name befindet sich auf zehn Polyxena (qpulqpsna), Aias (aivas), Venus (tu-
Bronzespiegeln, von denen einer aus Perugia, ran), Menelaos (menle), Thetis (-O-e-^-is) und
einer aus Toscanella, einer aus Cerveteri stammt, 'Herkules (hercle). Den Spiegel l^afer. nr. 2477
während die übrigen unbekannter Herkunft 50 (orig. ine. 2) habe ich s. v. -ö-esan beschrieben.
sind. Um diese Spiegel auseinander zu halten, Er enthielt die vier Personen tinia, '9-e8an und
bezeichne ich sie im folgenden mit ihren -ö-eO-is, die beide dem ersteren eine Meinungs-
JPo6rettt-Nummern. Die Literatur des Spiegels Verschiedenheit vortragen, und menrva. Den
von Perugia {Fabr. nr. 1068) habe ich s. v. Spiegel Fabr. nr. 2506 {orig. ine. 3) habe ich
pele angegeben. Der Spiegel von Toscanella s. v. tin^un genauer beschrieben. Die Darstel-
lst verönentlicht von Fabretti, C. 1. 1. suppl. 2 lung enthielt vier Personen : tinO-u und evan
nr. 106. Die Literatur des Spiegels von Cer- in zärtlicher Umarmung, d-ed'is und tvami (V)
veteri {Fabr. nr. 2346 Ws ^) habe ich s. v. qpul- als Zuschauer. Auch der Spiegel Fabr. nr.
qpsna, die des ersten Spiegels unbekannter Her- 2514ter {orig. ine. 4) ist s. v. priumne von mir
kauft {Fabr. nr. 109), der jetzt im Florentiner 60 schon beschrieben. Er enthält vierPersonen : pri-
Museum ist, habe ich gleichfalls s. v. pele ge- umne, 'O-eO-is, ziumi^e (Diomedes) und eine
geben, die des zweiten {Fabr. nr. 2477), der vierte mit der unleserlichen Beischrift cl ... -O-e.
sich jetzt im Vatikan befindet, s. v. -ö-esan. Der Spiegel Fabr. nr. 2525 {orig. ine. 5) hat
die des dritten {Fabr. nr. 2506), der jetzt im vier Figuren: in der Mitte die Thetis (-ö-ei^is),
Berliner Museum ist, s. v. tin^n, die des vier- geflügelt, mit reichem Schmuck und herabge-
ten {Fabr. nr. 2514 ter)^ der früher zu Rom in glittenem Gewand; sie hat die Rechte auf die
der Sammlung Campana, jetzt im Petersburger Schulter des Achilles (a;^le) gelegt, von dem
Museum ist, s. v. priumne. Der fünfte Spiegel sie Abschied nimmt; rechts vom Achill steht
785 Thetis (Genealogie) Thetis (und Peleus) 786
sein noch knabenhafter Sohn Neoptolcmos (ne- 18 p. 58, 24 f. Kuripidcs (frgm. 488 N.* vgl.
vtlane); ganz links sitzt eine im Schmuck der Pseudo-Eratosth. Cutast. 18. Schol. German.
^e&is sehr ähnliche, jedoch ungetl (igelte Frau Caes. Arat. p. 79 , 3. 141,6 ed. lireysig. Com-
ohne Beischrift. Daran, daß die -ö-e-ö-is die mentar. in Aratuinreliquiae ed. J^. Maaßp. 21^)
griechische Thetis sei, ist kein Zweifel mög- autem in Melanippa Hippen {Melanippenliunte),
lieh. [C. Pauli.] CJiironis Centauri fdiam, Thetin antea apjjella-
Thetis (0£Ttg*); Ennius bei Varro, De ling. tum dicit; vgl. v. Wilamowitz , Antigonos von
Lat. 7,87 hat für Thetis die Form 'Thelis'). Karystos {Fhilol. Unters. IV) S. 134. Jn diesem
Genealogie: Nach der Überlieferung eine der Zusammenhang ist auch die euhemeristische
Nereiden {ocXlcci, Hom. IL 18, 432. 139), Tochter lo Erzählung des Staphylos von Naukratis {frgm. 2
des Nereus (s. d.) — , der aber bei Homer nie F H. G. 4, 505 f.) im Schol. Apoll. Bhod. 4, 81G.
mit diesem Namen genannt wird, sondern als JEudocia 226 (p. 364 Flach) zu erwähnen, nach
aXtog y£Q(ov {IL 1, 538. 556. 20, 107. 24, 562. der Cheiron im Bestreben, den Peleus berühmt
Od. 24,58; vgl. Paus. 3,21,9) oder mit Bezie- zu machen, Philomela, die Tochter des Aktor,
hung auf Thetis als TtavijQ yigcov {IL 1,358. zu sich entboten, und das Gerücht ausgesprengt
18, 36) erscheint — , Hes. Theog. 240. 244. 1003. habe, Peleus wolle auf Be.schluß des Zeus die
1006. Apollod. 1, 2, 7 (1, 11 W.). Pind. Pyth. 3, Thetis heiraten, und zu dieser Hochzeit würden
92 (163). Eur. Iph. Aid. 949. Tzetz. Älleg.Hom. die Götter unter Sturm und Regen erscheinen.
IL 1, 120. Ihre Mutter ist Doris, Hes. a. a. 0. Dann habe er die Zeit eines Gewitters abge-
241. Apollod. a. a. 0. Tzetz. Exeges. in Honi. 20 wartet und die Philomela dem Peleus vermählt,
Jl. p. 60,2 ed. G. Hermann. Daher heißt sie und so habe sich das Gerücht behauptet, Peleus
Nr]Qtt'g, Nrigritg, JVrjptrr], Bruchmann, Epitheta habe die Thetis geheiratet; vgl. oben Sp. 785,
deorum p. 159 f. Luc. Dial. deor. 1, 2. Dial. 63. Erzogen wurde Thetis von Hera, Hom. IL
w?ar. 11,2 u.ö. Unter ihren Schwestern, den 50**) 24,60. ApoUod. 3,l'6,b^ (3, 169W.), eine Form
Nereiden, nimmt sie die hervorragendste Stelle der Sage, die auch den Kyprien schon bekannt
ein: Nr]Qr]id(ov ScQLGTa., Alkaios im Papyr. Oxyr. war, die erzählten, daß Thetis ^'Hgcc x^oi^^o-
nr. 1233, Bd. 10, S. 55, Col. ü, 11. zltonoLva iiivr]^ den Liebesbund mit Zeus zurückgewiesen
(bzw. TiQsaßsiQcc) nsvxr\v.ovxu Nrigritdoav y.oq&v, habe; ähnliches berichtete auch Jlesiod (frgm.
Aesch. {frgm. 174 N.^ im Schol. Arist. Ach. 883. 80, Leipzig 1902), Volum. HercuL colL alt. 8, 105
NriQr'idcov Ttgatta, Eur. Iph. Aul. 1078. jtQSGßiGrri 30 und dazu Beitzenstein, Ind. lect. ncad. Bostoch.
9vYarT]Q alioio y^govrog, Orph. Argon. 12eQ. 1891/92, S. In. JTermes 35 (1900), 73 flf. Es scheint
Über die Frage, ob Thetis von Haus aus eine diese Erzählung von der Erziehung der Thetis
Nereide gewesen ist, s. unten Sp. 793f. Neben durch Hera eine Parallele zu der Erziehung
der gewöhnlichen Überlieferung, die der Thetis der Hera durch Tethys (s, d.).
den Nereus zum Vater gibt, findet sich eine Thetis und Peleus (s.d.). Über dieGewin-
andere spätere, die an Stelle des Nereus den nung der Thetis durch Peleus hat Bloch Bd. 3,
Cheiron nennt, der ja in der Thetis -Peleus- Sp. 1833 ff. hauptsächlich im Anschluß an Grä/",
Achilleussage eine große Rolle spielt; vgl.: Arch. Jahrb. 1 [1886], 196 ff. und Beitzenstein,
^LUTTScpavijyiccaL de rivsg xal negl rfjg 'AxiXXtcog Hermes 35, 73 ff. gehandelt. Inzwischen ist die
fir]r()d?, y.a9-dnBQ Avai^Lay^og {F. H. G. 3, 338 40 treffliche (vgl. auch >S?'^^W2^s&er. d.p/^^7o.'J.-p/^^7oZ.
frgm. 11) 6 'Al^h^avdQBvg iv ta ösvTegqj r&v N6- u. hist. Klasse der K. Bayr. Akad. d. Wiss. zu
6t(ov xara Xi^iv Xsycov Zovidag {F. H. G. 2, 465 München 1915, lü S. 17, Anm. 2) Dissertation
frgm. 6; das Fragment gehört in die Gsößcc- \on J. Kaiser, Peleus und Thetis {Mimchen ldl2)
XtTcd, B. Graef, Arch. Jahrb. 1 [1886], 199 erschienen. Ihre Verwandlungsgabe erwähnt zu-
Anm. 4) yag xal 'AgiaroreXrig 6 Ttsgl Evßoiccg erst Pindar, Nem. 4, 64 ff. (101 ff.); vgl. Para-
nsTtgccyxatsvuEvog v-ccl 6 rovg ^gvyiovg Xoyovg doxogr. Vatican. 33 in Berum natur. scriptor.
ygccipag v.ccl Jcct^axog (vgl. F. H. G. 2,442 frgm. 8) ed. Keller 1,110 (vgl. v. Wilamoiüitz, Euripides
Ttal zliovvOLog 0 XaX-Kidivg {F. H. G. 4, 394 Herakles 1, 272, 1» = 23^, 45): nag' V^rjgcp
frgm. 6) ov rrjv nsgl 'A%LXXhog ÖLB67iagaivr\v ngcorsvg stg Tcdvra fiftf ftopqpO'ÖTO , yiccd^ä Ging
dcffi-nav 7]iitv ini x<^9(^S ^ö^ccv ocXXd xovvccvxiov 50 (so Bohde für y.ad'ä xig der Hdschr.) -nocgd TLiv-
ol ^hv ix Osxidog avxbv voni^ovat ysyov^vai daga; \gl. Eust. a.d Hom. 0(^.1685,64. Tzetz.
Tf]g Xaigcovog, Jat^axog {F. H. G. 2, 4:4:2 frgm. S) Chiliad. 4,519. Daß bei Pind. a. a. 0. nvg öh
Sh ix ^iXo^iriXag tfjg "A-nxogog (vgl. unten Sp. 786, Ttccyngaxsg Q^gaGv^ccxcivoov xs Xsovxcav Qvv%(xg
14 f.). Cheiron als den Vater der Thetis nennen ö^vxdxovg d%[Ldv xorl dsLvoxdxcov axdoaig odov-
ferner Tzetz. Prooim. in Hom. Alleg. IL 426. xo3v ^yccasv v^^id-govcov ^iav Nrigstdcov eine Ver-
443. 451. Alleg. Hom. 11.1,180. 18,134. Schol. Wandlung der Thetis, wie das eine Scholion
zu Tzetz. Alleg. Hom. IL bei Cramer, Anecd. meint, al'g xs nvg y.a.1 sig Xiovxa yial slg dia-
Oxon. 3, 377, 28 ff. Tzetz. Antehom. 180 und (pogovg Idiccg zu verstehen ist, ist wahrschein-
Chiliad. 6, 996. Bictys 1, 14. 6, 7. Malalasb, 41 lieber als die Interpretation des anderen Scho-
p. 97, 14 ff. edi.Bonn.'y vgl. Hygin. Astronom. 2, 60 lions, das nur eine Verwandlung in Feuer an-
nimmt (ro öl Xbovxcov -ugaxovv nvg, co dnsixcc-
*) Bisweilen auch &e^t;, z. B. auf den Vasen bei ^sv iccvXTjV 7] Oexig) Ygl. QMCh Schol. Pind. Nem. i
Overbeck, GatLher.Bildw. T&t.7,6. Mon. ined. Ylll, Ib, auf 3,60: nSXeßccXXs xdg ^ogq)CCg 6x£ ^8V slg nvg^
dem Spiegel Annali d. /. 4,10,7, so fast regelmäßig auf ^^^ ^^ ^^^ q. ' Yon einer Verwandlung der
den etrusk. Spiegeln: Tgl. Klügmann-Körte, Etr. Spiegel Y mu^j.- ? «n ' ps^j • t-4. „ „u X/' .„ •
rr«f Q7 c 10Q /M * \ o An ■4- 1 Ihetis iig öiacpogovg iöiag spncht auch Eurt-
Taf. 97, S. 123 (We5^<c); Röscher, De asptrahoiie vulg. ap. ., ,/. ' .,/?r.o tit^x • otit? i, ^-c
Graecos S. 21f. (vgl. Art. Thethls von Pauli). P^^^^ (A'fi'»«- 1^93 N.") im Schol. Lykophr. 1/5
**) Vgl. Röscher, Die Zahl 50 in Mythus, Kultus, Epos u. (P- ^ö, 4). SophokUs {frgm. 561) im Schol. Pind.
Taktik der Hellenen etc. S. 16 ff. Nem. 3,60 nennt Thetis nccvx6[Logrpog und er-
787
Thetis (und Peleus)
Thetis (und Peleus)
788
1) Th«tit ringt mil Peleus, anwisend:
(oftoh Otrkard, AmmrL Vom, III, 8^7 :
l'hciron und Nert'ido, \':no in .MUmhcn
Baumeitter, J)«iikm. S. 1799 Fig. 1882).
wähnt ihre Verwandlung in Xioav Sgcixcav rs, 20 daß er dort
TTvp, vd(OQ^ frgm. 164 bei Schol. Find Nem. 3, Mädchengewandung
60; vgl ApoUod. S, IS, A^ (13,170): nvg, vdoop,
^-ngiov. Bei Oo. Met. 11, 243 ff. verwandelt sie
sich bald in einen Vogel, bald in einen Baum
oder in eine Tigerkatze. Von einer Verwand-
lang in einen Tintenfisch (ffrjTrta) berichtet
Schol. Apoll. Rhod. 1, 682. Schal Eur. Ändr. 1265.
Etym. M. 711, 21. Schol. Lykophr. 176 (p. 85,5).
Tümpel, Bemerkungen zu einigen Fragen der
naxuG'KivdGcci. Touro) dh roi do-
Qccxi xal TlqXtvi iv rcclg ^äxocig
rigiatsvas xal /tfra raöra kxil-
Xfvg. ii iatOQia nccgä tm ra Kv-
ngia Ttoii^aavTL (vgl. Äoollod.
bibl. 3, 170 IT.). Eine großartige
bildliche Darstellung des Hoch-
zeitszuges der Götter auf dem Pe-
lion, um dem vor dem Gsridstov
(in dem die sich entschleiernde
i»ir30 sitzt) stehenden Peleus
ihre Hochzeitsgaben darzubrin-
gen, verdanken wir der FrauQois-
vase (s. Fig. 3).
Als Achilleus (s. d.) neun Jahr
alt war und Kalchas verkündet
hatte, daß ohne ihn Troja
nicht bezwungen werden konnte,
brachte Th. ihn, da sie wußte,
seinen Tod finden werde, in
zum König Lykomedea
(s. d.) nach Skyros (s. d.), Äpollod. 3,13,8 (3,
17 IW.). Schol Harn. JM , 4 1 7 . Schol Townl Hom.
11 19,326. Eust. ad Hom. II 11«7, 15. Tzetz.
Chiliad. 4, 998 ff. 8,79811'. Hygin. f. 96. Als er
trotzdem am Kriege teilnimmt, gibt sie ihm in
mütterlicher Fürsorge eine Truhe mit Röcken,
Mänteln und Decken mit, Hom. II 16, 222 ff.,
schickt ihm als Begleiter den von ihr und Pe-
griech. Bdigionsgesch. {Progr. Neustetti'n 1887) so leus aufgenommenen Epeigeus (s. d.) mit, warnt
S. 11. Nach den letzteren Stellen hätte Peleus
die Thetis in dieser Gestalt überwältigt und
sich ehelich mit ihr verbunden: xar^tyj^ev airrip
iv or\niag (togcpjj "kccI iulyr] airy (vgl. Schol in
JDosith. ara p. 347 in Schol. in Theocrit. ed. Wen-
del), o^sv nal Zr]nLccg %(ogiov Mccyvriöiag ©sr-
raUxiis. Damit vergleiche man Schol Lyk. 178
(p. 89, 16 ff.): 6 de EvgntiSrig una^ qpTjffl niyfjvcct
Ihilia x^ GixiSi iv riß Ztirnddi. xai Sxbqoi, gvv
ihn zuerst vom Schiffe ans Land zu steigen,
da der erste fallen müsse (s. d. Art. Protesi-
laos), Äpollod. Epit. 3, 29 ; ebenso hatte sie ihn
gewarnt, den Tenes (s. d.) zu töten, da er sonst
von der Hand des ApoUon, als dessen Sohn
nach einer Überlieferung Tenes galt, fallen
werde, Äpollod. Epit. 3, 26. Wagner, Curae my-
thogr. 196. Gruppe, Gr. Myth. 670 Anm. 2. Nach
Späteren hatte sie ihm einen Sklaven (o^xErrj?,
aitm. Scheer zu Schol Lyk. 178 verweist auf 40 Plut. Quaest. Gr. 28) oder einen ^Mahner' {{Lvr^
Eur. Ändr. 1265, doch findet sich dort
nur die Erwähnung des Vorgebirges Se-
pias, nichts aber von einer ehelichen Ge-
meinschaft. Nauck hat daher die Stelle
unter die Fragmente aufgenommen (frgm.
1093). Von einer Verwandlung in eine
Robbe (qpcbxij) berichtet Ptolem. Heph.
hei Photius, Bibl ed. Bekker 149b, 1 ff.,
freilich nicht gelegentlich des Ringkamp-
fes mit Peleus, sondern er erzählt, daß
Thetis, dneixuöd-staa (pa>y,Tj, die Helena
bei der Abfahrt der Griechen von Troia
getötet habe. Sonst ist die Verwandlung
in eine (ptoxr] (so! nicht qpvxrj [cpvxr} = ein
unbekannter Fisch], wie z. B. Tümpel
a. a. 0. 12*** noch schreibt) der Psamathe
(8. d.), der Schwester der Thetis, eigen,
Äpollod. 3, 12, 69 (3, 158 TT.).
Es folgt jetzt die in den Kyprien und
in Vasenbildem (s. unten) gefeierte Hoch-
zeit des Peleus und der Thetis (vgl. Epic.
graec. frgm. ed. Kinkel I p. 22 fr- 2 =
Schol. Ven. Ä etc. ad II. U 140: xara yag
xbv HriUcog xal GixiSog ydnov oi d'sol
avvax^ivtsg elg x6 U'qhov in* sioaxia
i*6lU^0V HriUl d&ga, XdgoiV Sl flsUap j, p^^^^, ^^^^^ ^it ^^,i^ einen Löwen und Schlange verwandelten
St^alfj xeiltov Slg ÖOgv nagiöXB. (paal ÖS ThetU, Innenbild einer r.-f. Vulcenter Schale in Berlin (nach Gerhard,
Ad-rivav ^ihv ^iöai aino, H(patÖCOV dh Trinkichalen, Tat. IX, l = Baumeister, Denkm. 9. 1191 Fig. IS8I).
789 Thetis (Achilleus etc.)
Thetis (u. Neoptol., Zeus, Hera etc.) 790
3) Die Hochzeit des Peleus und der Thetis: Ton links nach r.: Hera, Zeus, Urania, Kalliope, Hören, Dionysos,
Chariklo, Hestia, Demeter, Iris, Cheiron, Peleus, Thetis (nach Baumeitter, Denkm., Taf. LXXIV).
ficav) mitgegeben, der ihn an die Weissagung
erinnern sollte, Schol. Lykophr. 232 (p. 106,27
Scheer). 241 (p. 108, 25); vgl. J^Just. ad Hum. Od.
1697, 57. V. Holzinger, Lykophrons Alexandra
8, 206. Sie hat ihm sein Doppellos, kurzes Le-
ben, aber dauernden Nachruhm auf der einen,
langes ruhmloses Leben auf der anderen Seite
vorgelegt, Hom. II. 9, 410ff., nachdem Zeus ihr 20
es verkündet hatte, Schol. Hom. 2Z. 1, 417. Über
die Warnung an ihn, den Hektor zu töten,
8. unten Z. 29 ff. Sie hört die verzweifelten Aus-
brüche des Schmerzes ihres Sohnes um den
toten Patroklos und eilt mit dem gesamten
Gefolge der Nereiden aus der Tiefe des Meeres
zu ihm {Hom. IL 18, 35ff.), und als Achilleus
ihr seinen festen Entschluß, den Hektor zu
töten, mitteilt, eröffnet sie ihm, daß nach Hek-
tor auch er bald fallen müßte (v. 94 f. Flaio, 30
Apol.^. 2Sc), verspricht ihm aber, ihm neue
Waffen von Hephaistos zu beschaffen (v. 135 ff.).
Am folgenden Morgen überbringt sie dem Sohne
die neuen Waffen {Hom. II. 19, Iff. Hygin. f.
106. Ov. Met. 13,288; vgl. Apollod. Epit. 4,7)
und kehrt, nachdem sie den Leichnam des Pa-
troklos durch Ambrosia und Nektar vor Ver-
wesung geschützt hat*), ins Meer zurück (19,
soff.). Im Anschluß daran erzählt Phylarchos
ifrgm. 82 F. H. G. 1, 357) im Schol. Find. Nem. 40
4,81 und Schol. Lykoi.hr. 175 (p. 84, 32ff.), daß
Hephaistos die fertigen Waffen nur unter der
Bedingung habe geben wollen, daß ihm Thetis
ihre Liebe schenke (vgl. die ähnliche Sage von
Athena und Hephaistos, Apollod. 3, 14, 6,). Diese
habe es ihm zugesagt, habe aber erklärt, sie
wolle die Waffen erst anlegen, um zu sehen,
ob sie dem Achilleus, dem sie an Gestalt ähn-
lich sei, auch passen würden. Hephaistos sei
auf ihren Wunsch eingegangen, sie habe die 50
Waffen angelegt und sei entflohen. Da Hephai-
stos (wegen seiner Lahmheit) sie nicht habe
einholen können, habe er nach der Fliehenden
seinen Hammer geworfen und sie schwer am
Knöchel verletzt. Sie habe Heilung gefunden
iv Ttt> ccn avtfjg tiXtiQ-evtl ©stlösIco (vgl. Sp. 792).
Auch auf ihren Enkel Neoptolemos (s. d.)
erstreckt sich ihre Fürsorge: um ihn dem Ver-
derben, das den heimkehrenden Griechen in-
folge des Zornes der Athena droht, zu ent- 60
ziehen, rät sie ihm_, während die anderen von
Tenedos abfahren, zwei Tage auf der Insel zu
bleiben und zu opfern, Apollod. Epit. 6,5. In
den NoGxoi p. 53 Ki. und bei Apollod. Epit. 6,12
(vgl. Schol. Lykophr. 902 p. 291, 29 Seh.) heißt
es, daß Neoptolemos Geridog vrcod-snivris ns^y
*) Vgl. Röscher, Nektar und Ambrosia S. 58 f.
TCoiEiTcn rrjv Tcogsiccv. Da eine Fußwanderung
von Tenedos nicht möglich ist, muß man an-
nehmen, daß diese Wanderung erst später be-
gonnen hat: Neptolemos entgeht durch seinen
Aufenthalt auf Tenedos dem Sturm, fährt dann
ab, landet in Thessalien und beginnt hier,
nachdem er av^ßovXfj Oiridog seine Schiffe ver-
brannt hat, seine V\ anderung, Schol. Hom. Od.
3, 188. Eust. ad Hom. Od. 1463, 35. F. Stiehle,
Fhilologus 8 (1853), 68 f. Wagner, Curae my-
thogr. 270 ff. Gruppe, Gr. Myth. 698,4. Nach-
dem er in Delphoi auf Anstiften des Orestes
erschlagen worden ist und sein Leichnam von
seinen Dienern nach Phthia gebracht worden
war, erscheint sie dem greisen Peleus und gibt
ihm den Auftrag, den Leichnam des Enkels in
Delphoi zu bestatten, Eur. Andr. 1239 ff. 1263 ff.
Allein unter allen Göttern half sie, von ihrem
Vater Nereus auf die dem Zeus drohende Ge-
fahr hingewiesen {Schol. Hom. II. 1, 399), dem
letzteren, als Hera, Poseidon und Athena (oder
Apollon; vgl. A. Ludwich, Textkritische Unters,
über die mythol. Schölten zu Homers Ilias II
[Ind. Schol Königsberg 1901/1902] S. 7) ihn
fesseln wollten, indem sie den Aigaion-Briareos
nach dem Olympos rief, Hom. II. 1, 396 ff.
Schol. Hom. a. a. 0. 399. 424. 430. Fhihdem.
tceqI f-ufff /5. 90 p, 41 Gomperz, Schol. Lykophr.
397. 399 (vgl. 34 p. 28, 32 Seh.). Serv. zu Verg.
Aen. 6, 287 Lucian. Dial. deor. 21, 2. lupp.
Trag. 40; vgl. Schol. Eur. Hec. 21. lulian. ep.
24 p. 393 b = p. 510 Hertlein, JS'ägelsbach, An-
merkungen zur Ilias^ S. 87. E. Maaß, Orpheus
191 f. JDietr. Mülder, Die Ilias und ihre Quellen
137 ff.
Den von seiner Mutter Hera (über ihr Ver-
hältnis zu dieser s. u. Sp. 793, 6 ff.) wegen seiner
Lahmheit vom Himmel herabgeschleuderten
Hephaistos nahm sie bei seinem Sturz ins
Meer im Verein mit Eurynome auf, Hom. II.
18,398. 405. Hymn. in Apollod. Fyth. 140. Nach
Apollod. 1, 3, 5 (1, 19 TT.) rettet Thetis den von
Zeus auf die Insel Lemnos geworfenen Hephai-
stos {Hom. II. 1, 590 ff.); vgL Bd. 1, Sp. 2049,
Z. 61 ff. Gruppe, Gr. Myth. 1315, 6. Über ihre
Begegnung mit dem liebestollen Hephaistos s.
Sp. 789, 42 ff.
Den vor dem Wüten des Lykur^^os flüchten-
den Dionysos nimmt sie im Schöße des Mee-
res auf, Hom. II. 6, 135 ff. Apollod. 3, 5, 1, (3,
34 W.). Tzetz. zu Lykophr. 273. Nonn. t)ionys.
20,354. 21, 139. Serv. zu Verg. Aen. 3, 14. Quint.
Smyrn. 2, 437 ff. Agatharchid. de mari Erythr.
bei Fhot. Bibl. 444 a, 28 = Geogr. Gr. min. ed.
C. Müller 1, 116, 20. Zum Danke dafür {Schal.
ABB Townl. Hom. II. 23, 92 mit der Subskrip-
791 Thetis (u. Theseus, Aias etc.) Thetis (Kultstatten) 792
tion larogtl I^rriaixoQog [frgm. 72 Bergk, P. L. Aias auf Delos, das unter öqtv^ nregov^t^vri zu
G. 8*, 228j) schenkte ihr Dionysos die goldene verstehen ist, sondern von einem Grabe, das
Urne, in der die Asche des Achilleus beige- nicht fern (yeirco»') von Delos sich befindet, und
setzt wurde, Hom. Od. 24, 74 flf. Tzetz. Lykophr. damit ist eben Mykonos gemeint, wie das ScJiol.
«73. E. Maaß, Hermes 23 (1888), 72 Anm. 2. 401 p. 160,11 {yntoav ob rf/g ^riXov iaüv rj
Die 60 Argonauten, unter denen sich ihr Mi'xwr, h'&a 6 Al'ces xi^unrui) richtig erkannt
Gemahl Pelens findet, geleitet sie auf Veranlas- hat. Auch das Epigramm des (Aristoteles), Pc-
suDg der Hera sicher durch die Gefahren, die plos 16 bei Bergk, Poei. Xyr. 2*, 347 nennt My-
ihnen Ton der Skylla, der Charybdis und den konos als Grabstätte des Aias. Gegen Delos
Flankten drohen, Apoll Bhod, Arg. 4, 780—841 lo spricht auch das von den Athenern Ol. 88, 3
(Gruppe, Gr. Myth. 671, 8). Apollod. 1, 9, 26 (1, erlassene Verbot, auf dieser Insel jemanden zu
136 W). Schol Lykophr. 175 (p. 82, 22 Scheer). begraben (Thuk. 3, 104); vgl. K. Wagner, Curac
Orph. Argon. 1260 ff. Boscfier, Die Zdhl 50 etc, mythographae 261. Mein. Mus. N. F. 46 (1891),
S. 14. Der von Akrisios ausgesetzten Danae 410. 7i'. Dittrich a. a. 0. 184.
und deren Sohn Perseus bringt sie im Verein Den von Herakles ins Meer geschleuderten
mit Doris Rettung, indem sie die Kiste, in Lichas (s. d.) verwandelt sie beim Vorgebirge
der jene eingeschlossen waren, seriphischen Kenaion in eine Felsklippe, Lact. Flac.I^arrat.
Fischern ins Netz treibt, Luc. dial. mar. 12. fab. Ovid. 9, 2 (p. 080, 18 Magnus).
Dem Thesen 8 (s. d.) schenkt sie, als er beim Wenn sie schließlich die Helena, die An-
Streit mit Minos ins Meer springt, um dessen 20 stifterin des Trojanischen Krieges, tötet (s. Sp.
Ring zu holen, den Kranz, den sie einst von 787), erfüllt sie eine Pflicht der vergeltenden
Aphrodite als Hochzeitsgeschenk erhalten hatte, Gerechtigkeit.
Eygin. Astronom. 2, b. Quelle für Hyginus ist Kultus. Im Anschluß an die Erwähnung
wahrscheinlich ^e^Tfstanaa;; yg\. C. Bobert, Era- der im isthmischen Poseidontempel dargestell-
tosih. Caiast. Beliquiae 221. M. Wellmann, De ten Nereiden sagt Paus. 2,1,8: ravtaig (den
Istro Callimach. 94. Andere nennen an Stelle Nereiden) xai ir^Qcad't 'EXidöos ß(oiiovg ol8u
der Thetis die Amphitrite, J5aÄ:c%/id6S 17, 112. övtag, rovg de xal xBiiivr] Gcpioiv äva^ivrag
Paus. 1,17,8. Hygin. a. a. 0.; vgl. C. Bobert, f noi^aiviöiv (Verbesserungsvorschläge s. bei
Arch. Anzeig. 4 (1889), 142. Hermes 33 (1898), Hitzig -Bluemner zu Paus. a. a. 0. 385; vgl. 488
132 ff. 146 f. Boscher, Myth. Lex. 6, 694 s. v. so und außerdem 4J. Maaß, Griechen u. Semiten
Theseus. Über die Darstellung der Liebesver- auf d. Isthmus v. Korinth 86, 1, der yionLavi\LL-
folgung der Thetis durch Theseus, dessen Name civ = 'den Windstillenden' vorschlägt), hO-a
wahrscheinlich durch eine Verschreibung des xai kxdXsi xiilccI. Die enge Verbindung des
Vasenmalers hierher gekommen ist, s. d. Art. Kultus des Achilleus und der Nereiden weist
Theseus Sp. 717, Z. 42 tf. Den Wolf, der die darauf hin, daß mit den letzteren in erster
Herden des Peleus heimsuchte, versteinerte sie Linie Thetis gemeint ist; vgl. unten Sp. 793,
an dem neSiov Avxoeiöig (vgl. Hesych. s. v.) wo sie in Verbindung mit ihrem Enkel Neopto-
oder Ttsölov Avxov (Avxoato^iov) oder Av-nsiov lemos genannt wird.
(Etym. Gud. 374, 59. Etym. M. 571, 34. Choiro- Heimat desThetiskultus ist Thessalien, wenn-
boskos, Orthogr. bei Cramer, Anecd. Gr. Oxon. 40 gleich es nicht ausgeschlossen scheint, daß er
287, 24) genannten Orte Thessaliens, Schol. Ly- von Ostboeotien aus gegründet oder wenigstens
kophr. 175 (p. 86, 14). 901, wo auch eine andere beeinflußt worden ist {Gruppe, Gr. Myth. 110).
Version der Sage erwähnt wird, nämlich daß Wenn die thessalischen Theorien, die auf Be-
Psamathe aus Zorn wegen der Ermordung ihres fehl des Dodonäischen Orakels dem Achilleus
Sohnes Phokos (s. d,) den Wolf geschickt habe, alljährlich am Sigeion opferten, angesichts der
ihn aber schließlich auf Bitten ihrer Schwester troischen Küste angelangt waren, sangen sie,
Thetis versteinert hätte (vgl. Ov. Met. 11, 366 ff. bevor sie landeten, einen Hymnos auf Thetis,
380 f. 398 ff. Eudocia 762 p. 563 F7.). E. Maaß, Philostr. Heroic. p. 741 (= 207 f. K.). Bergk,
Gott. Gel. Anz. 1890, 343. Poet. Lyr. 3\ 687. Badermacher, Hermes 71
Den Leichnam des von den Wogen ans 50 (1916), 151 ff.
Land gespulten Lokrers Aias bestattet sie Thetideion, nördlich von Pharsalos, ur-
voll Mitleid auf der Insel Mykonos, Apollod. sprünglich wohl nur ein Heiligtum der Thetis
^pit. 6, 6. Damit scheint, was die örtlichkeit (t6 Osvidstov Ibqov, Schal. Pind. Nem. 4, 81 ; rö
betrifft, ein Widerspruch vorzuliegen mit der Uqov xfig ©ixidog, Hypothes. Eur. Androm.);
Erzählung im Schol. A Hom. II. 13,66: ixQL- vgl. Stepji. Byz. s. v. GsaxlSeiov, noXig Gsaoa-
(pivxcc 8b avxov y.axä JfiXov vb-kqov Sixig iXB- Xtxr?' *EXXdvi7cog (frgm. 100) dh dixoc xov a qprjölr
i^aaöcc &cc7frBt .... 17 laxogia nagU KaXXi^dx<p ccnb Qixidog. Etym. M. Florent. ed. M. E. Mil-
(frgm 13 d Sehn. = frgm. 23. E. Dittrich, CaU ler, Melanges de litt. Grecque 157: QbxLbiu ■nö-
limachi Aetiorum Über I in Jahrb. f. klass. Phil. Zt? nBxa^v ^agauXlas . . . ^Bv6xdxvog @BxiBir}g^
Suppl. 23, 210) und mit Tzetzes zu Lykophr. 387 60 (vgl. A. Meineke, Hermes 3 [1869], 453). Nach
p. 146, 14 (vgl. 401 p. 160, 13. 20. 1141p. 335,9): Eur. Andr. 16 ff. Pherekydes im Schal. Pind.
ixQupivxa vnb xmv ^v^dxcov 17 Ghig ^dipsi nBgl Nem. 4, 81 (= Schal. Lykophr. 175 p. 84, 31 Seh.)
xbv TgiiLOvxa. Dieser Ort Tremon (vgl. Eust. wohnten Peleus und Thetis nach ihrer Vermäh-
zu Dionys. Per. 525) ist von Tzetzes aus den lung Iv ^ccgGdXay yial Iv ©BXLÖiico, 0 v.aXBtxaL
Versen des Lykophron 401 f.; xv^ßag Sh vBitcav &nb xi)g Ohidog i] -nöXig-, vgl. Kullmer, Jahrb.
ÖQxvyog TCXBQoviiivr^g xgi^v (pvXd^Bi qox^ov f. klass. Phil. Suppl. 27, 553 f. E. Maaß, Her-
Alyaiag dXog frei erfunden. Und Lykophron mes 23 (1888), 72. Vgl. ferner Strabo 9, 431.
spricht auch gar nicht von einem Grabe des Suid.s.v. Gixig (jß. 1176,16 Bernh). Schol. Eur.
793 Thetis (Kultstätton) Thetis (in der Kunst) 794
Andr.n. Ein ayaX^icc f)hidog nennt Eur. Andr. ii\mx\iter\ 'Ovo ^ad-h ig oder No^o&^ng 'Na-
246; d-täg ßQhag^ ebenda 311; (iof^ibg &^Tidog, meugeberin ' (iib. ! kann No^o^^tig 'Namen-
ebenda TiGö. j^eberin' bedeuten?) oder Ilvgid-trig 'die ina
Sepias, der südöstlichste Teil der Halbinsel Feuer legt'. Am meisten hat die Annahme
Magnesia, war der Thetis und den Nereiden für sich, daß Thetis Kurzform zu Rtcuo^iri^
geweiht. Die Perser opferten nach den schwe- (i. d.), die Göttin also identi.sch mit Demeter
ren Verlusten, die sie durch den Sturm an der ist, E Maaß, DeLenaeoet Ddphinio \h Anm. 4,
magnesischen Küste erlitten hatten,. Tfo kvi^ico Derselbe, Orpheus p,. a. 0. Gruppe, J)e Cadmi
. . . xal rf] Qbxi xa/ x%ct Nr]Qrjiai, Herod. 7, 191; fabula (Frogr. des Askanischen Gynrn. zu Berlin
vgl. F. Stert gel, Opferbräuche der Griechen 151. lo 1891) S. 25f Derselbe, Gr. Myth. 110. 116. 41 r>
Erythrai: Priestertum 'AxdXtiog, &iri8og, Anm. 6. (518 Anm 1. 1140. 1177. [Höfer.]
NriQHdoav, H. Gaehler, Erythrae {Diss. Berlin Thetis in der großen Kunst. Faus. 5^
1892) S. 79. Dittenberger, Sylloge* 6Ö0^.j.7„ 22,2 erwähnt ein Weihgeschenk, welches die
(p. 367f.). CoUitz 56923. j7 (S. 723 f.). H. Her- Bewohner von Apollonia in lonien wegen der
brecht. De sacerdotii apud Graecos emptione Eroberung von Thronion in Epirus in Olympia
venditione (Diss. phil. Arg entor. 10 [ISSl]) ^S^^. aufgestellt hatten. DieBasis des Werkes (des Ly-
49^^. kios) bildete einen Halbkreis, und auf der Mitte
Sparta: i8Qov tfig ©indog . . . tb ^Iv di] ^6a- derselben standen Thetis und Hemera, welche
vov Tfig ©ixiöog iv anoQgrjta) (pvXaGGovöi, Faus. Zeus um Beistand für ihre Söhne anflehen. An
3, 14, 4. Wide, Lakon. Kulte 222 if. 20 den beiden Enden waren Achilleus und Memnon
Migonion: MsvElaog . . . "IXlov kXcov xccl . . . zum Kampfe bereit einander gegenüberge-
otxcids ccvaöad^ilg ayal^icc Sixidog xal %'B&g stellt usw. (s. Brunn, Künstler gesch. I, 258). —
üga^iSUag iÖQvGaxo iyyvg xfjg Miyvcorixiöog, Auch Skopas hatte eine berühmte Gruppe ge-
Faus. 3,22,2. Doch lesen Schubart, Wide, De schaffen, die Poseidon, Thetis und Achilleus
sacris Trotzen. 37 (vgl. Lakonische Kulte 183 sowie die Schar der übrigen Nereiden auf Del-
Anm. 3. 22), Hitzig - Bluemner statt Oexiöog, phinen, cete und Hippokampen sitzend, ferner
das aber Spiro beibehält, ©i^ii^og:, vgl. d. Art. Tritonen und den Chor des Phorkys, Seetiere
Themis Sp. 597, Z. 18 ff. (pistrices ac multa alia marina) darstellte (P/in»
Kardamyle-Leuktra: Zwischen beiden Orten 36,26; vgl. JBrwwn a. a. 0. I, 322). Dieses Werk
ov TCÖQQoa xov aiyLCiXov ri^svog Isgbv rmv Nr}- 30 befand sich später in dem Tempel des Cn. Do-
gicog ^vyax^gcov an der Stelle, von der aus mitius im Zirkus Flaminius und stellte wohl
einst die Nereustöchter den Achilleussohn Neo- die Überbringung der von Hephaistos für Achil-
ptolemos, den Enkel der Thetis, auf seiner leus gefertigten Waffen dar (vgl. Welcker, Ant.
JBrautfahrt nach Sparta zur Ehe mit Hermione Denkm. I S. 204 ff. u. Brunn a. a. 0.). 'Die Kom-
von weitem begrüßt hätten, Faus. 3, 26, 7. position gliedert sich sehr schön in eine Mittel-
Kroton: Thetis weiht der Hera einen Gar- gruppe: Poseidon, Achilleus und Thetis, und
ten (oder schenkt ihr den Tempel auf dem zwei Flügel: die Nereiden auf dem einen, die
Lakinion, Serv. zu Verg. Aen. 3,552), wo die Tritonen und Gefolge auf dem andern.'
einheimischen Frauen beständig um den toten Th. in- Vasenbildern, Spiegeln und
Achilleus klagen. Schal, zu Lykophr. 857. v.Wi- 40 Wandgemäl den (vgl. im allgemeinen: Over-
lamowitz. De Lycophronis Alexandra {Ind. Sem. beck, Galerie her. Bildw. S. 171 ff. u. Taf. VIII,
Hib. Greifsuald 1883/84). /. Geffcken, Timaios' Iff. Baumeister, Denkmäler S. 1796 ff. S. Bei-
Geographie des Westens {Fhilol. Untersuch. XIII) nach, Bepert. d. vases peints II, 418 unter Thetis).
S. 17. Wir unterscheiden folgende Szenen:
Etymologie. @sxig gehört zu O-grij?, Q^ixig a) Die Verfolgung (bzw. Überraschung) der
(ri^Q-hai), es fragt sich nur in welchem Sinne. Thetis durch Peleus ist dargestellt auf folgen-
(Über die unwahrscheinliche Ableitung von Q'ico den Monumenten: 1) Monum. Ined. I pl. VI =
'laufe' s. Bd. 1, S. 64, 60. 61, 50 f.) Fott, Zeit- Beinach, Bepert. d. vases l-p.Qi {V&seimLouvie:
sehr. f. vergl. Sprachforsch. 8 (1859), 174 ff. war Felee surprenant Thetis au milieu de ses seurs,-
auf dem richtigen Wege, als er ©ex ig mit ©e- 50 ä g. le vieux pere Neree, mit weiteren Litera-
liig verglich und den Namen mit ^Ordnerin' turangaben). — 2) Monum. I pl. XXXVII =
übersetzte, nur daß er dann sie und ihren Ge- Beinach a. a. 0. I p. 78 (Neapel : Felee saisis-
mahl Peleus auf naturphilosophischem Wege sant Th.; alentourNereides, Chiron, Neree, Zeus) ^
erklären wollte : 'Der Thetis (als . . . Schöpferin — 3) Monum. XI pl. XX = Beinach I p. 222
und Ordnerin), seit ... mit dem sterblichen Pe- (Corneto: Peleus, s. Sandalen in d. Hand hal-
leus (das Fott von nriXog = Urschlamm ablei- tend, nähert sich der schlummernden Th. ; vgl.
tet), d. h. dem vergänglichen Stoffe, ehelich Ov. Met. 11,221-, links Hermes; rechts Eros). —
verbunden, lag . . . das Geschäft ob, den rohen, 4) Gerhard, Auserl. Vasenb. Taf. 182 (Würzburg:
an sich toten Stoff wirklich umzubilden und A) Peleus- Th. verfolgend, anwesend fliehende
ordnungsvoll zu gestalten oder gar zu beleben.' 60 Nereide. B) Nereus sitzend und Doris, denen
Mannhardt, Ant. Wald- u. Feldkulte S. 207, der eine Nereide die Nachricht von der Entführung
in der Thetissage einen 'Elfenmythus' und eine der Th. überbringt ; vgl. Overbeck a. a. O. S. 1 74 f.).
Parallele zu dem vielfach verbreiteten Motiv — 5) Klügmann- Körte, Etrusk. Spiegel V, Taf.
erblickt, 'wie ein Held die Wassermuhme raubte 96, S. 123: Th., eben dem Bade entstiegen,
(a. a. 0. S. 60 ff.), hält &ixig für verwandt mit ordnet ihr Haar mit Hilfe eines Spiegels; r. von
rri^lg = Muhme, Tante etc. Laistner, Das ihr Calaina = FccXrivr]? Im Kücken der Th.
Bätsei der Sphinx 1 , 140 sieht in ©ixcg die schleicht sich (P)ele unbemerkt heran und will
Koseform zu dem Vollnamen Ilcadod-itig ' Adop- sie ergreifen. Er ist völlig nackt. Nahe ver-^
795
Thetis (in der Kunst)
Thetis (in der Kunst)
796
Die Amazonenvase
von Ruvo. Leipzig
1861 = Meinach II,
277: B 4. Reihe: Pc-
le'e saisissant Thetis;
sur son do.s se deroule
un serpent; ä g. et ä
dr., 4 Nereides s'en-
fuient. — Ä dr., le
Centaure Cfiiron; a
g., une Nereide vient
annoncer la nouveüe
ä Neree. — 10) Ger-
hard, Etrusk. Spiegel
Taf.CCXXV,TextllI,
S. 213 = Overbeck,
Gal S. 205: Peleua
trägt Th. davon,
deren Verwandlung
durch eine Schlange
angedeutet ist. —
ll)Klügmann-Körte,
Etrusk. Spiegel V,
Taf.97(TextS.123f.):
4) Wfcgen der xf^ut, Vasenbild dei Heraogs Ton Luynes (nach Overbeck, O. h. B. 22, 9). ?®\®^^ !^^^!),. ^^* ^A®
fliehende Ih. ereilt
wandt die schöne Vase aus Kameiros {Salz- und umfaßt sie mit den Armen ; ein an P. heran-
mannf Necrop. de Cam. Taf. 58). — 6) Gerhard, springender Löwe oder Panther deutet die Ver-
Etr. Spiegel IV Taf. CCCLXXXVI : Thethis, lang- Wandlung an. — 12) ebenda Taf. CCCLXXXVII,
bekleidet und mit Schulterflügeln ausge- 30 2: (vgl. Text IV S. 36): P. hat die vor ihm ste-
stattet, blickt sich fliehend nach ihrem Ver-
folger Peleus um. Sie erscheint auch sonst an
Schultern oder Schläfen beflügelt nach Ger-
hard a. a. 0. S. 35 A. 90. — 7) Ähnlich Taf.
CCCLXXXVIL — 8) Taf. CCCLXXXVII, 1; vgl.
Text IV, 5 S. 35. — 9) Taf CCXXVI (s. Text
III S. 213: Thethis von Pele davongetragen,
anwesend eine Frau, Tarsura. — Vgl. auch oben
Art. Feie Sp. 1822 f., Thethis u. überhaupt Over-
beck, Gal. S. 174 f.
b) Der Liebeskampf (vgl. oben Art. Peleus
Sp. 1834 f. u. Overbeck a. a. 0. S. 177 f.): 1) Mo-
num. I pl. XXXVIII (Vulci jetzt Würzburg) =
Beinach a. a. 0. p. 78: in der Mitte Ging und
nriJi{svs] zwischen KvfiaO'OTi u. Nccda; 1. Mf/Ltr?],
£n£(i}^ rTiavxri; r. 3'afta'9"rj, KvnaroXi]yTi und
Nereus. — 2) Monum. XII pl. XV (Ruvo) =
Beinach I p. 231: Ringkampf zwischen Th. u.
Peleus in Anwesenheit mehrerer Nereiden. —
hende Göttin umschlungen. — Die älteste nach-
weisbare Darstellung dieses Motivs fand sich auf
der Kypseloslade nach Patts. 5, 18, 5: nsTtoirirai,
öh xal ©ins nccgd'ivog ., Xcc^ßdvsrcci dh avrfig
TlriXsvg, xal Scnb tqg ;tftpös tt)^ Sinöog ötpig
ini tbv nr\Xia ißrlv oq^Cöv.
c) Die Hochzeit (vgl. Overbeck a. a. 0. S. 197 f.).
Die schönste und älteste Darstellung des Hoch-
zeitszuges verdanken wir der Fran9oisvase (s.
40 Fig. 3 auf Sp. 789 f.). Außerdem kommt noch in
Betracht ein schwarzfig. Stamnos von Clusium
bei Overbeck a. a. 0. Taf. VIII Fig. 6: 0ETI^
folgt als schüchterne Braut dem PELEVS, der sie
an der Hand fübrt, zum Cheiron KIPON, wel-
cher aus seiner Grotte, dem Orte des ersten Bei-
lagers, dem jungen Paar bewillkommnend ent-
gegentritt. — Hierher gehört auch das Sarko-
phagrelief in Villa Albani = Zoega, Bassir. II
Taf. 52 und Overbeck a. a. 0. Taf. VIII nr. 8
Bull. Nap. n. s. V. pl. 10 = Beinach I p. 487, 50 (s. auch S. 201 f.): Zu dem nebeneinander sitzen-
12: (Neapel): Pelee embrassant Thetis; a g. un
homme et une femme. — 4) Gerhard, Äuserl. V.
Taf. 178 (Vulci, Brit. Mus.) = Beinach II, 89:
Peleus packt Thetis; I. zwei fliehende Nereiden
und ein Hippokamp; r. Nereiden, von denen eine
einen Thunfisch in der Hand hält. — 5) Ger-
hard Tvä. 180 = Beinach II, 90: Ringkampf des
P. und der Th.; anwesend mehrere erschreckte
Nereiden. — 6) Gerhard Taf. 227 = Beinach
den Paar treten hier Hephaistos und Athene,
beide Waffen als Geschenke bringend. Es fol-
gen die vier Hören, sodann ein Knabe mit ge-
senkter Fackel (Hesperos?) einem Fackel und
Amphora tragenden Jüngling (Hjmenaios?) vor-
leuchtend; den Schluß bilden Aphrodite und
Eros. — Vgl. Art. Peleus Sp. 1837 f.
d) Auf die Eintauchung des neugeborenen
Achilles in das Styxwasser bezieht Conze, Arch.-
II, 115 (München): TL^XB^^vyg, attaque par 2 60 epigr. Mitteil. I (1877), S, 73—76 mehrere von
pantheres, a saisi Ging, qui se tourne-vers Xi-
eov; ä dr. fuit novt(^oy\iiSa. Vgl. Overbeck
a. a. 0. S. 180, Taf. VII, 5. — 7) Sammlung
Luynes {Bibl. Not.) nr. 33 = Beinach II, 261. —
8) Boulez, Choix de vases peints pl. 12 = Bei-
nach H, 272,7 (Museum in Leiden): Pelee lut-
tant avec Th., qui se transforme en hon, entre
le Centaure Chiron et une Nereide. — 9) Schulz,
ihm aufgeführte und besprochene Bildwerke.
e) Thetis in der Werkstatt des Hephaistos,
um die Waffen Achills in Empfang zu nehmen
(vgl. Overbeck a. a. 0. S. 433). Älteste Darstel-
lung auf dem Kypseloskasten: Paus. 5,19,8:
'£|^S xal inntav awoigiSsg xal yvvcctxsg iitl x&v
awagiStov siolv iat&acci' msgä ds xolg innoig
XQVßä ißti xal ScvriQ didtoaiv onXa /ita xmv
797
Thetis (in der Kunst)
Thetis (in der Kunst)
798
yvvaiyiuiv. tavtcc is tijv Uargo-Kkov TsX8vrr}v
ix^f'V xsv-iicciQOvxca' NrigeiÖag te yuQ inl twv
Gvvoagidaiv elvai nal (9i^tiv xcc onXa Xa^ijidvsLv
■nccQcc 'HcpaiöTOv. xal di] %al akXmg ö xa önXcc
dtäovg oi>x£ xovg nodag iaxlv igga^^vogy xccl
iiniöd'sv oiyiixri? t'nsxcci oi nvQäygav ^x^^- —
Damit vergleiche man das Volcenter Vasenbild
(in Berlin) bei Overbeck S. 433 (Taf. XVIII Fig. 6) :
Heph. sitzend vor der stehenden Thetis, der er
den Helm überreicht, sowie das Relief im Louvre lo
bei Overbeck Taf. XVIII, 5 und andere S. 434f.
angeführte Bildwerke, sowie die Wandgemälde
bei P. Herrmann-Bruckmann Taf. 140 (vgl. Text
S. li)2) und Taf. 141 -= HeJbig nr. 1318c (vgl.
ebenda nr. 1316— 1318c).
f) Thetis ihren Sohn tröstend (?). Vgl. das
Wandgemälde bei Heibig nr. 216: Thetis, den
trauernden Achill verlassend (?).
g) Thetis ist ferner anwesend bei der Psy-
chostasie: 1) von Hektor und Achill: Monum. 2o
d. I. II Taf. X B (Vase aus Corneto) = Reinach
a. a. 0. 1 p. 89 : Fsychostasie d'Hector et d'Achille,
peses par Hermes en presence de Zeus et de
Thetis. Anders Ocerbeck a. a. 0. S. 527, der hier
statt des Hektor Memnon annimmt.
2) von Achill und Memnon: Monum. VI —
VII pl. Va: Beinach I, 144: Hermes pesant les
eidola d'Achille et de Memnon (s. d.) en pre-
sence de Thetis et d'Eos.
h) Thetis bringt ihrem Sohn die neuen 30
Waffen (vgl. Ocerbeck a. a. 0. S. 435 ff. u. Taf.
XVII nr. 1 ff.). — Zu den von Overbeck a. a. 0.
verzeichneten Monumenten kommen jetzt na-
mentlich mehrere schöne Wandgemälde bei
Herrmann-Bruckmann Taf. 138 (Text S. 189 f.)
u. Taf. 139 (Text S. 190f.): Thetis bringt die
Waffen Achill, auf dem Rücken eines jugend-
lichen Seekentauren sitzend (vgl, Heibig a. a.
0. nr. 1319—1321).
i) Thetis übergibt die Waffen ihrem Sohn: 40
Vase von Kameiros : Monum. XI Taf. VIII (Brit.
Mus.) = Beinach a. a. 0. I p. 219 f.: Der traa-
ernde Achill sitzend, getröstet von seiner ihm
5) ÄXJE und EFAS, d. h. Achill und der Eos Sohn, von
Mercur gewogen, AVJV [Apollon] als Zuschauer. Etius-
kischer Spiegel (nach Miliin, Peint. d. vases I Taf. LXXII, 1).
799 Thetlumr Thipurenai 800
mit anderen Nereiden die Waffen überbringen- achaft oder eines Flurbezirkes (Pagus), in der
den Mutter und Athene. Vgl. das Wandge- römischen Provinz Africa Proconsularis, ge-
m&lde bei Heibig nr. 1322 und nr. 1328 (Achill nannt von einer großen Steininschrift, welche
sich in Gegenwart von Th. waffnend) und den herstammt von einem kleinen Berg einige Kilo-
etruskischen Spiegel bei Gerhard 111 Taf. meter westlich der alten Trümmerstätte Hen-
CCXXVIU (Text S. 216). schir Metkides {CIL 8 Tab. II Fg) und jetzt
k) Thetis anwesend beim Kampfe zwischen in Paris verwahrt wird, CIL 8 {Suppl. 1
Achill und Memnon: 1) Vase in Würzburg: p. 1698) nr. 16749 = Dessau, Inscr. Lut. sei.
Arch.Zeitg.iSblTt^,n=IieinachlS.Zli.— 4493: Diis Magifae Augg. {= Augustis) Q.
2) Gerhard, Auserl. Fcwenb. Taf. 167 = ÄeinocÄ lo T(....ius) Pohticus simulacra deorum n(umero)
11,84. — 8) Gerhard Taf. 180 = Heinach II, 69. V, Masidenis et Thililvae et Sugganis et les-
— 4) Gerhard Taf. 204 = Beinach II, 103. — danis et Masiddice, et templum a fundamentis
6) Gerhard Taf. 206 =- Beinach II, 106. — ex stia pecunia fecit usw. (die vier übrigen
6) Gerhard Taf. 211 «= Beinach II, 107. — Götternamen sind in diesem Lexikon nachzu-
7) Sammlung Luynes «= Beinach II, 254. — tragen). [Keune.J
Mehr bei Overheck a. a. 0. S. 617 f., der auch Thimrae (-Ö-imrac) ist der etruskische Zu-
auf die Darstellung des Eypseloskastens bei name einer lasa (s. Deecke, Lex. s.v.). Sie ist
Patis. 5, 19 verweist: uix^J^Xst xai Mdy.vovt ^ux- einmal belegt, und zwar auf demselben Spie-
voiuvoig 7eocQB6xi^xaaiv ai (iritiQss. Weiteres s. gel unbekannter Herkunft, der auch die lasa
in den Artikeln Memnon Sp. 2673f. und £"08 20 racuneta(8. Art. racuneta) enthält. Die Literatur
Sp. 1270 f. und Beschreibung desselben ist ebendort s. v.
y 1) Thetis bei der Bergung der Leiche Achills racuneta angegeben. Die Lasa ^imrae ist der
durch Aias: s. dazu Overheck a. a. 0. S. 649 f. lasa racuneta ganz ähnlich, nackt, geflügelt
m) Th. bei Achills Totenklage ist bisher und mit Salbentopf und Scheitelstift versehen,
von Overheck S. 665 mit Sicherheit nur auf der nur ruht sie nicht auf einen Blumenkelch,
Tabula Iliaca nachgewiesen, wo 0ETII und eine sondern steht, da sie der Hauptgruppe ange-
MOYZA an Achills Mnema (AXIAAEION) stehen. hört, aufrecht neben einem Baum; auch hat sie
n) Ganz singulär scheint auch die Darstel- anderen, zwei Schmetterlingsfühlhörnern ähn-
lung eines etruskischen Spiegels bei Gerhard liehen, Kopfschmuck (ebenso die mean), als
IV Taf. CCCXCVIII (Text S. 47) zu sein : Mene- so die lasa racuneta, die ein Diadem trägt. Für
laos (Menle) will Helena, die das Palladion um- die Deutung des Namens ^imrae fehlt es bis
klammert, töten, wird aber von der hinter ihm jetzt an einem Anhalt. [C. Pauli.]
stehenden Thethis gehindert. Anwesend: Tu- Thincsiis (oder Thingsus?), ein mit Mars
ran, Aifas (= Aias), Phulphsna (s. d.) = Po- identifizierter Kriegsgott auf einer Inschr. aus
lyxena. [Röscher.] Housesteads, s. Bd. 2, Sp. 2399. Er scheint auch
Thetlumr. Auf dem etruskischen Placentiner auf dem zugleich gefundenen Kelief als Mars
Templum in Reg. 13^ findet sich eine Laut- dargestellt zu sein. W. Scherer bei Hühner,
gruppe, die Bogqi {Bronzo piacentino 17 nr. 31) Altgerm, aus Engl, in der Westdeutschen Ztschr.
als ^etvml^ gelesen hatte, während Deecke 3, 2, 120fF. (u. 8, 137) bringt Th. mit dem nieder-
{Etr. Fo. 4, 42) vielmehr -^etlvmr liest. Letz- 40 deutschen thing, ahd. ding, Volksversammlung
teres halte auch ich für das Richtige. Die in Zusammenhang. Der Name der Tuihanti,
Lautgruppe enthält keinen einheitlichen Namen, denen er wohl zugehören würde, hat sich nach
wie Poggx und Deecke geglaubt hatten, son- demselben in dem der Landschaft Twenthe,
dem zerlegt sich in <9^etl und vmr. Ersteres dem südwestl. Teil von Over-Yssel, erhalten,
ist der abgekürzte Genetiv *'ö^etual, von dem Vgl. Haug, Ber. üb. röm. Epigr. in Bursians
Namen der Schicksalsgöttin te-^u oder -^etu, Jahresh. ISSi, AO, IQS. W. Plegie, Mars Thingsus,
das vmr hingegen ist der abgekürzte Name Amsterdam 1884 u. d. Rez. im Korrespondenzbl.
des Gottes umr[u]. Näheres über die te-^u s. d. Westd. Ztschr. 11, S. 255 — 259. [Steuding.]
in meinem Artikel s. v. teihum, über den umr[uj Thipurenai (-O^ipurenai) findet sich auf einem
8. T. umr, um. [C. Pauli.] 50 tönernen etruskischen Becher von Cerveteri,
Thettale (GsTrocXri)^ Mainade s. Kosko. Die der veröffentlicht ist von Lepsius, Ann. delV
Inschrift s. jetzt bei 0. Kern, Die Inschriften Inst. 1836, 199 und Über die Tyrrhen. 40, von
von Magnesia a. M.21bVk 32 ^.1^0 (ygl.E.Maaß, Orioli Album 22, 195, im Mus. etr. Vatic. 2,
JBrcr?wcs26 [1891], 183); vgl. üsener, Bhein. Mus. tav. XCIX nr. 7, von Mommsen, Unterit. Dial.
1903, 11. [Höfer.] 17, von Franz., Eiern, epigr. graecae not. 1 und
Theuth 8. Thoth. von Fäbretti, C. I. I. nr. 2404, tab. XLIIL
Thia s. Theia. Die Inschrift ist ohne Worttrennung geschrieben,
Thiasos (Giaeog), Führer der Satyrn im Zuge und wir sind daher nicht sicher, ob die obige
des Dionysos nach Indien: Nonn. Dion. 14, Lautgruppe wirklich ein einheitliches Wort
105 f.: -xal Zuxvqov? yisgoEvrag ixoaiisov rj^s- 60 sei. Doch ist es immerhin nicht unwahrschein-
fiot^Bg II Hoiiiiviog Qiacö? xs xai 'T^ixsQcog xal lieh, und die Abtrennung wird so von ver-
'OQBGxrjg 7L.X.L — Vgl. Arch. Ztg. 41,186. schiedenen Gelehrten vorgenommen. Was nun
[Röscher.] die Deutung betrifft, so hat Cuno (im Fleckei-
Thiba (Öt^a), Amazone, Eponyme einer Ort- sens Jahrb. 1873, 658) ^ipurena als weiblichen
Schaft am Pontus. Arrian bei Eustath. ad Dion. Vornamen = lat. Tiburina gedeutet, auch
Perieg. 828. Steph. Byz. v. ©ißat'g. [Klügmann.] Deecke (Etr. Fo. 3, 167) sieht darin einen mit
Thililva, einheimischer Name einer der fünf -^-epri verwandten Namen. Bugge hingegen
Gottheiten von' Magifa, vermutlich einer Ort- (in Deeckes Etr. Fo. und Stu. 4, 39) möchte
801 Thisadie Thoas (Etymologie) 802
in der J^autgruppe eeraisi der Tnschrift den Hom. N 222. 228 vgl. Herodian 2, G58, 26 u. ö.,
Namen der llora und in mlisiai -d'ipurenai sowie das Kyzik. Epüjr. Anth. Pal. 3, 10, 1. —
Beinamen derselben finden, und /war in o^ipu- Ableitungen: Hodvtsiog Herodian 1,137, 1 u. ö.,
renai ein lat. Tiburna, weil Inno speziell in wozu rö Gouvtslov Strab. 14, 655 und Plolem.
Tibur verehrt wurde. Da die Deutung des geogr. b,2,3S, ferner Thoantea (/.^mwa) Val.
eeraisi schwerlicli richtig ist, so hängt auch FL Arg. 8, 208 vgl. Ovid Ibis 382, Sil. Ital.
die des -d'ipurenai in der Luft. [C. Pauli. | 4,771 und 14,2<)0. — (^oai/rtas Apoll, lihod.
Thisadie (?) rf. Phisadie und C. Robert, Ho- l.^VM. 712 und Omd Jfer.6, 103; dafür Thoan-
merische Becher {fiO Berliner Winckelmanns- tis Stat. Theb. 6, 650 und (Thoantida) 700, wo-
progr.) 47 f. Studien zur Ilias 449. Vgl. auch lo hingegen vielmehr auf Öoatrf^;?, piur. <9oavTcrff,
Pd. 3 Sp. 1760, 23 tf. [Höfer.] der korrupt (wie die andern) als Qoccvxi? über-
Thisbe s. Pyramos. lieferte Demenname von Alexandria führt, bei
Tliissaios (?) {&iü6oclo9'i). Sehr verdachtig Satyr, fr. 21, FUG 3, HJö', vgl. Kenyon, Archiv
ist bei Buftn. Recognit. 10, 21: ^luppiter vitiat f. Papyr. 2,74. — Guccvriocvog in Pisidien CIG
. . . Chrysogenian Penei, ex qua nascitur This- 3,4380 e— h, neben einem 06ag).
saeus\ der letzte Name. Steckt in dem auf Der Name hat, wie Al'ccg Occviiag Geiag KäX-
den griechischen Text der Homilien des Clemens %ccg neben entsprechenden Verben auf -afo
Romanus zurückgehenden Namen Riaaalog viel- stehen, ebenso neben sich &od^a); vgl, d-oog (zu
leicht f)866c(k6g? (Vgl. Thessalos f). [Höfer.] d-e<o, Bechtel, Lexilogus 166), weswegen er auch
Tliliithii (^luO-u) erscheint auf der einen 20 als Flußname verwendet war; der Acheloos
etruskischen Bleitafel von Volterra (Fabretti, hieß früher so, nach Strab. 10, 400 und Steph.
C. I. I. nr. 315) in der Lautgruppe O-luO-u-pit Byz.\. 'AxsXmog. Vgl. auch das verwandte Thoe,
und wird von JDeecke (Etr.Fo.'i:, 60) für einen Name einer Rennstute Siat. Theb. 6,462, was
Clötternamen gehalten. Weiteres darüber s. v. allerdings wie Qori als Name eines Meermäd-
tlusco. [C. Pauli.] chens neben @6(ov., f)6coacc, Oocorrig auch za
Thinesio (Ofisoio)), ^die Hebamme', Name &o6g Xaii^ngog gehören könnte (vgl. Bechtel a.
einer dem Kreise der ägyptischen Volksgötter a. 0. und Fick- Bechtel, Die griech. Personen-
ungehöngenGehurtsgöttm, W. Spiegelberg, Jigyp- namen^ 392). Daneben gab es nun noch ein
tische u. griech. Eigennamen (= Demotische Stu- drittes Wort d-oog im Sinn von ^scharf '/zackig',
dien I) S. 14* ff., nr. 88. [Höfer.] 30 das bei den ^^001 d-oal Hom. o 299 (= 'O^slat
Time (O-ne) wird in der zweiten Zeile der Strab. S, 350 und 10, 458; Hesych. v. 0OAI)
Reg. 1 des Placentiner Templums gelesen, vorliegt, worauf auch für @6ag die oben er-
dessen Literatur ich in dem besonderen Ar- wähnte Bezeichnung @oävtf-iov von ccxrcci auf
tikel über das Templum angegeben habe. Dies Rhodos und Karpathos hinführen könnte, so-
'^•ne wird mit Recht von Poggi {Bronzo Piac. wie der Umstand, daß der Name von Tyana ==
7) und von Deecke (Etr. Fo. 4, 24) von dem Ooccva, der die Kappadokisch-Kilikischen Fels-
aui (= lanus) der ersten Zeile abgetrennt und passe beherrschenden Stadt, mit dem Taurier-
für einen besonderen Götternamen erklärt, könig 06ccg in Verbindung gebracht wird {Ar-
Einen solchen, der mit '9'n anfinge, kennen wir rian peripl. pont. Eux. 7 und bei Steph. Byz. v.
nun allerdings bisher nicht, und deshalb ist 40 Tvocva). Indessen haben wenigstens die Alten
man gezwungen, sich auf Vermutungen zu be- selber bei ©occg wirklich Anschluß an Q-oog
schränken. Poggi vermutet, daß eine -O-ana = ^schnell' empfunden: 0oa?, og myivv nodcc xi-
Diana oder die -ö-anr (cf. s. v.) dahinter stecken Q'slg i'aov ntsgolg slg xovvo^l riX%-8 rods Tto-
könne. Das verwirft Deecke (1. c. 27) mit Recht. Sayisiug %ci.qiv sagt Iphigenie bei Eurip. 32,
Er selbst ist geneigt, statt d-ne vielmehr sne und parodierend behandelt Aristophanes die
zu lesen, dies in snena-O" (cf. s. v.) zu vervoll- Tragiker -Etymologie nach dem Schema lucus
ständigen und dies auf Grund von Martian als a non- lucendo: @6ag, ßgcnövraxog cav iv av-
Göttin Salus zu deuten. Das alles ist ganz un- d-gconoig dgcciistv (Lemniei'innen, fr. 361 hei Kock
sicher und scheitert schon daran, daß die Le- 1, 486). Vgl. auch -d^oog als zweiten Namens-
sung 'O-ne ganz sicher ist und von sne nicht 50 bestandteil in Namen wie kXvidd'oog, kgritd-oos
die Rede sein kann. Nur darin wird Deecke u.a. bei Fick-BechieP 147. Vermutlich war in-
recht haben, daß 4n -^-ne eine Göttin stecke, dessenbeiderursprünglichenNamengebung,
die mit ani = lanus ein Götterpaar bilde'. worauf die nähere Zugehörigkeit zu dem mit
Wie aber diese Göttin geheißen habe, wie also d'oog zusammengehörenden d-od^co hinführt, bei
das -ö-ne zu vervollständigen sei, das wissen der schnellen Bewegung mehr als an Laufen
wir zurzeit nicht und müssen warten, bis etwa an dionysisches Schwärmen gedacht; vgl. Mat-
ein Zufall uns die Lösung dieser Frage ermög- vccg d-od^sL, Eurip. Troad. 307 u. 349; T^mXog
licht. [C. Pauli.] yiaXbv AvSolai ^oao^a hymn. Orph. 49, 6 ; »or\-
Thoantea \ gog- rsragccy ^svog Hesych. u. ü,. Diese von TFe/-
Ttioaatias | s. Thoas zu Anfang. 60 cker {die äschyl. Trilogie Prometheus 593) nahe-
Thoantis I gelegte Auffassung (vgl. auch die Namen &6-
Thoas (Nom. @6ag, äol. Qoocig Herodian 1, a^o?, Thoactes) empfiehlt sich vor der von ihm
239, 2 JLeni^ u. ö.; Gen. ©occvxog., daneben @6cc schließlich bevorzugten Anknüpfung an den
Herodian 2, 649, 30 und Inschr. in Rhodos, Wettlauf von Lemnos (welcher Agon übrigens
Collitz SGDI 4215, in Delphi ebd. 1730 u. ö.; als inixdcpiog für Thoas erscheint, also doch
Akk. Ooccvxa, daneben 06ccv Hesiod Ehöen (?) schwerlich dessen Namen veranlassen konnte),
fr. IIS Rz.^',Yok. @6ccg Eur. Iph. T. 14:H6. 14:14: weil wenigstens der lemnische Thoas, wie
vgl. Herodian 2, 659, 9 u. ö., daneben ©oav wir noch sehen werden, ausgesprochen diony-
803 Thoas (Allgemeinea) Thoas (I von Lemnos) 804
• ische Züge an sich trägt, und dies ist sagen- Hypsipyle sich der caeUstis origo rühmt; vgl.'
ffeschichtlich der älteste Träger des Namens. ebd. 6/266ff. 658f. 676 und Ovid Her. 6,114).
Zugleich würde sich dann erklären, daß, wie Dagegen wäre er nach Ps.-Acro zu Hor.carm.
schon bemerkt, wiederholt meer- und wind- 1,17,28 (1, 79, 11 A'fWer') vielmehr Enkel des
umrauschte Kaps Boavxtiu heißen; denn diese Dionysos: Thyoneus Liberi filius, qui in Chio
Bezeichnung setzt doch schon den Namen irtsula regnavit, pater Thoantis Lenwi rcgis,
S6ae^ vielleicht sogar die Kultstätte eines Ooag, cuius filia fuit Hypsipyle: vgl. Myth. Vat. 1, 199
voraus, so daß die oben erwähnte Verknüpfung (dieser J^etoneus seu Thioneus; das ganze
mit 9o6g' ö^vf minder einleuchtet; wohl aber übrigens vielleicht falsche Statiusü.us\eg\ir\g;
bleibt der T^&log als xaXbv Avdotoi ^(Jatf/ia lo vgl. /wsen, JB.E 9, 440, 62 flF.). Eine Unbestimmt-
in der angenommenen Vorstellungssphäre. 'An heit ist in das genealogische Verhältnis wie
sich ist ITioas der stürmende, tosende, also ein bei Oinopion und anderen meist schon durch
Ausdruck für den winterlichen Dionysos' sagt den Namen als solche kenntlichen Dionysos-
Usener, Sintflutaagen 106, und schon das my- söhnen (vgl. besonders Bd. 3, Sp. 791 ff.) wohl
thol. Wörterbuch des alten Hederich nimmt dadurch gekommen, daß bei Ion von Chios
Thoas Nr. la für eine Hypostase des Dionysos einige derselben (Oinopion und Staphylo«) Söhne
(2366), wie denn auch die Reihe der Dionysos- nicht der Ariadne und des Dionysos, sondern-
söhne, in der er steht, z. T. schon durch ihre vielmehr, in durchsichtiger Tendenz zur Zeit
Namen (Oinopion, Staphylos, Euanthes u. a.) des attischen Reiches, Söhne der Ariadne und
auch für den Namen Thoas die gleiche Auf- 20 des attischen Theseus waren, wodurch dann
fasiung nahe legt. andere aus der Reihe der ursprünglich brüder-
Zu besonders reicher sagengeschichtlicher liehen Gestalten zu Söhnen des Oinopion, also
Entfaltung ist der Name Thoas nicht gelangt, vielmehr zu Enkeln des Dionysos wurden,
weswegen er hier und da auch als Füllname Müller zu Ion fr. 13 FHG 2, 60 setzt in der
für ganz schattenhafte Gelegenheitsfiguren der lat. Übersetzung ergänzend auch Thoas in die
Sagendichtung verwendet wurde, die wir später Reihe dieser Oinopionsöhne. Die Unsicherheit
aufzählen. Immerhin tragen ihn einige alte und kommt besonders bei Diodor 5, 79 zum Aus-
sagenechte Gestalten, zwei davon scheinen auch druck, wo der Ariadnesohn Oinopion (ov ivioi
noch in historischer Zeit in der Personennamen- ^ivQ'oXoyovGL JiovvGov yBv6iLivov)vox\ Rhadaman-
gebung weiter zu wirken, wenigstens die eine so thys Chios erhält. Von den zugehörigen Sagen-
auch ausgesprochen i'n ihrem zugehörigen Orts- gestalten aber heißt es sehr unbestimmt: rwv
bereich. Denn schwerlich zufällig heißt wie o äXXcov xäv nsgl wbxbv (d. h. wohl thqX Olvo-
der homerische Aitolierfürst (unten Nr. 2) auch nioavcc) ijysiiovoiv knacxco vfjaov t) TtoXiv öoa-
der aitolische Strateg, der aus delphischen In- Q-^accßd^ccL Xiyovai xov 'Paddfiav&vv, ©öccvxi nlv
Schriften {SGDI 1730—2126 öfter) sowie aus Afj^vov v.xX., während z. B. bei Slat. Theb. 5,
Polybios (21, 14 u. ö.) und anderen Schriftstel- 487 für den lemnischen Thoas Chios fraterna
lern bekannt ist. Sonst begegnet der Name, heißt. Abgesehen von diesem durch Ion, wie
abgesehen von dem Parteigänger des Philipp es scheint, verursachten Schwanken ist sonst
in Oreos {Demosth. 9 ^ bd) und gelegentlicher die Abstammung des Thoas von Ariadne fest-
Verwendung in der Spätzeit {Syjies. ep. 08 u. 40 stehend; vgl. ApoUod. epit. Sabb. 9 (wo Dionys
79), wie es scheint nur in der Levante: in Alt- die Ariadne nach Lemnos bringt und dort, also
Milet (Plut. act. Graec. 32), in Magnesia {Ar- in Thoas' zukünftiger Heimat, nicht nur diesen
rian, Anab. 6, 23 u. ö.), bei zwei Zeitgenossen selbst, sondern auch Staphylos, Oinopion und
im 4. Jahrh. v. Chr. in lasos (SGDI 5515), noch Peparethos erzeugt). In der 6. Heroide Ovids
später in Knidos (ebd. 3510) und in Lindos 114 nennt sich Hypsipyle Minoo nata Thoante,
(ebd. 4215), und aus derselben Gegend wird der natürlich wegen der Minostochter Ariadne. —
Kapitän Thoas aus der Zeit des Perseus stam- Lemnos, die olvocfÖQos (vgL Hom. H ^67f^.
men {Polyb. 30, 8). Da wir in Rhodos und Kar- 0 230 ff.), ist die Heimat des Dionysossohnes
pathos auch die Godvxsia fanden, so wäre im- Thoas: cpiXoivoL sind die Lemnier mg &7t6yovoL
merhin möglich, daß auch bei diesen Namen- 50 ©oavxog xov Jiovvaov: Scholl, (besonders T,
gebungen lokale mythologische Reminiszenzen doch auch A Genev.) zu Hom. !S 230; 231. Be-
im Spiel sind. Vielleicht war die Sagenbedeu- reits in dieser Iliasstelle ist Lemnos, wo Hera
tung von Thoas Nr. la doch ausgebreiteter den Hypnos trifft, die 7t6Xig 9-sioio ©oavroff,
und nachhaltiger, als die unmittelbare Über- und dieser Thoas ist es, der ^ 743 ff. im Han-
lieferung uns erkennen läßt. Thoas dürfte eine delsverkehr mit sidonischen Händlern erscheint
sich wiederholende Figur nicht nur, wie wir (vgl. Schol. Genev. zu 745). Auch Herodot 6, 138
■eben werden, in Lemnos, Sikinos, Chios, son- kennt den Thoas von Lemnos. A'qfivog, 7]v 6
dem überhaupt in Inselsagen gewesen sein. Jiovvöov oUl^ei @öag, sagt Skymnos 644; vgl.
Diese Gestalten flössen dann in der berühm- femer Ovid Metam. 13,399, Ar]aviüav ßccötXsvg
testen, der von Lemnos, zusammen; vgl. Jessen, 60 Schol. Pind. Ol. 4, 32 c (1, 136 Drachm.), Ps.-
Thoassagen, RE 9, 440 ff. Acro a. a. 0. Insonderheit gehört er nach der
la) Thoas von Lemnos, der ältere, Stadt Myr in e:\4poW. jRAod. 1,634 ff. (vgl. ÄdioZ.
Sohn de3 Dionysos nach JpoW- iJÄod. 4, 424ff. T zu ^231). Die eponyme Heroine erscheint
(vgl. Scholl, zu 3,997), Skymnos 644, Apollod. als seine Gemahlin {Schol. zu Apoll. Ehod. 1,
epit. Sabb. 9 {Mythogr.gr. 1,116,10 Wagner), 601 und M. M. v. MvqIvt], nicht 'Tochter',
Satyros n. dri^av 'AXs^av^QScov fr. 21 FHG wie Twwi^JcZ versehentlich angibt Bd. 2, Sp. 3310,
3,165, Sclwl. T zu Ä 231, Luct. Plac. zu Stat. 68). Mit ihr erzeugt er Hypsipyle {Apollod.
Theb. 4, 768 S. 252, 9 Jahnke (wo seine Tochter 1, 9, 17 = I 114 Wagner). Und zwar heißt bei
805 Thoas (I von Lemnos) Thoas (I von Lemnos) 806
Apoll. Bhod. die 0oavTiccg (1, 637. 712; vgl. sammenhang nur eben zu nennen. Sein hojies
798. 829. 890 f.) einmal (1, 718) des toten Thoas Alter, das Erbarmen steigernd, hebt schon die
XTikvyitri ysyavia^ was auf Geschwister hinzu- euripideische Ilypsipyle hervor: noXibv ort na-
deuten scheint. Tatsächlich kennt Stat. Theb. rigos ov-k hf^iov xäga fr. LXIV Kol. 2, 17. Zu
5, 226; 4G7 eine Schwester X^casfe, und Hypsi- alberner Motivierung erscheint es verwendet
pyle selbst ztlhlt ebd. 219 ff. als zur propria im Schal, zu Apoll. Jihod. 1,620: äiä rrjv r)Xi-
stirps gehörig noch einige männliche Namen xtav ov-k altios oiÖh ovvfgyog tfjg &atXybLccg
auf: Cydon, Crenaeus, üydimus^ offenbar Ba- (die die vor Eifersucht Rasenden ihren Män-
Btarde des Thoas (vgl. Luct. IHac. zu 222 S. 274, nern vorwarfen). Die Rettung selbst wird sehr
7 Jahnke). Ursprünglich war indessen Hypsi- lo verschieden erzählt, teils ganz kurz {rapui de
pyle gewiß die selbständige Gestalt einer Toten- clade Thoanta, Ovid Her. 6,lSb; vgl. Hyyin
göttin, die 'Herrin der hohen Pforte'. So v. 254 [140, 11 Schm.] und Luct. Plac. zu Stat.
Wilamoivitz,IHelUasundHo7nerSQ^{\g\.bS), Theb. 'i, 7 21 [2 Ad, 12 Jahnke \), teils mit viel
der wohl mit Recht annimmt, daß vor der Er- Einzelheiten. Wir stellen Valerius Flacc. Ary.
Weiterung des geographischen Horizontes auch 2, 242 ff. voran, weil er am ausführlichsten ist
die Fahrt nach dem goldenen Vließ überhaupt und weil kein Zweifel daran bestehen kann,
nur zu ihr und nach ihrer noch mythischen daß er, der gerade hier sehr weit sich von sei-
Insel gegangen ist (vgl. auch schon Maaß, Or- nem Vorbild Apollonios entfernt, vielfach, auch
pheiis 149 und Jessen BE 9, 436 ff.). Sie dürfte wo sich die Einzelheiten nicht festlegen lassen,
also erst sekundär mit Thoas genealogisch ver- 20 auf ältere Sagendichtung zurückgreift, die nicht
knüpft worden sein, der dann freilich als ihr notwendig durchweg jünger als Apollonios sein
Vater oft bezeugt wird; vgl. außer den schon muß und die dem gelehrten Dichter sicher
genannten Stellen u. a. Eur. Hyps. fr. IV 2 nicht lediglich durch Apollonioskommentare
S. 54 V. J^rmm; Aristoph.fr.%blKock\ die iexo- vermittelt war (zu beachten ist auch 410, wo
qicc von Nemea Schol. zu Clemens Frotr. 1, 306, Hypsipyle dem Jason zum Abschied ein Ge-
25 ff. Stählin; schol. Vind. Ol. 4,32c (1, 136 webe schenkt, auf dem sie die Rettung des
Drachm.); Stat. Theb. 5, 34 ff.; 239; 700; 720 Vaters bildlich dargestellt hatte, wie auch das
(vgl. 675); Hyg. 254 (140, 11 Schm.). Durch Schwert und notum insigne Thoantis, 418,
Hypsipyle wird Thoas' Gestalt auch mit hinein- 'Hq)aL6t6t8vxtcc und Geschenke des Gottes selbst,
gezogen in die wichtigen Sagen über die Arniviu 30 sehr verständlich in Lemnos). Die Rettung voll-
xaxa, die Argonautensage, die Stiftung der ne- zog sich so , daß Hypsipyle dem Vater das
meiscben Spiele, was sich z. T. schon im Hin- Schwert gibt, mit dem sie ihn hätte töten sollen
tergrund des homerischen Epos bemerklich (252), dann bringt sie den verhüllten Thoas
macht. Vgl. außer Klügmanns, Artikel Bd. 1, ad conscia Bacchi templa (254), also in den
Sp. 2853 ff. jetzt besonders Jessen a. a. 0. und Schutz des Ahnherrn des Geschlechtes. Sie ver-
Bobert, Die Jasonsage in der Ilypsipyle des birgt ihn sub pedihus dextraque dei, so daß das
Euripides, Hermes 44, 1909, 376 ff". heilige Gewand des Kultbildes ihn verhüllt.
Einmütig ist die im übrigen sehr stark va- Am nächsten Morgen führt sie ihn, als Diony-
riierende Überlieferung über den Mord der lern- sos selbst verkleidet (265), auf einem Wagen
nischen Männer durch die Lemnierinnen darin, 40 in dionysischem Zuge mitten durch die Stadt
daß Thoas (soweit die Erzähler seiner über- davon, angeblich um das durch den Männer-
haupt oder doch eingehender gedenken) als der mord befleckte Kultbild am Meere zu lustrieren
einzige Mann gerettet wird von seiner Tochter (275. Es ist sehr merkwürdig, hier eine Um-
Hypsipyle (versehentlich ^öcoffg xov sccvtfjg av- biegung des aus der euripideischen Iphigenien-
dga ©öccvtcc Apost. 10, 65. Paroem. gr. 2,503). Thoas-Dichtung bekannten Motivs wiederzufin-
Wenn Herodot 6,138 sagt: al yvvatxsg rovg den). Draußen vor der Stadt angelangt, ver-
ttfia OoccvTi avdgccg 6cpst£govg anoy.tiivaüoit birgt sie den senex (280), wagt sich aber
(ähnlich Bidymos im Schol. zu Eurip. Hek. 887 nicht ein zweites Mal öffentlich hinaus, ^on-
[1, 70, llff. (ScÄiü.] rovg 6vv @6avxi ndvxccg &7t- dem läßt ihn heimlich die Flucht ausführen,
B-Kxeivav) , so muß das keine Abweichung be- 50 übers Meer, auf einem alten Fahrzeug, das sich
deuten. Vielmehr liegt hier in gekürzter Fas- der Thetis und dem Glaukos geweiht am Strande
sung die Variante vor, wonach der zunächst vorfand und das ihn nach Taurien trägt de-
gerettete Thoas später (d. h. nach der auch lubraque saeva Bianae (301; vgl. Thoantea
Herodot 4,145 wohlbekannten Argonautenepi- Biana 8,208). Hic illum tristi, dea, praefici»
sode) den Lemnierinnen doch noch zum Opfer arae ense dato. Valerius schließt 803 mit einer
fällt. YgLinod-. zu Pindars Nem. S. 4:24: Boeckh Hindeutung, daß es dieser Dianae in kurzem
und Apollod. S, Q, 4: cclad'o^svixL yag ccl A'q^vLccL bestimmt sei, nach einem Egeria-Hain, nach
varsgov Qoccvxcc oseaaasvov ixslvov ^ihv ^xxsivav., Alba und Aricia zu gelangen (vgl. unten Sp. 817,
Tr]v Ss 'TipLTtvXriv anriuTtolriaav, zusammengehal- 47 ff.). Zu Thoas in Taurien stimmt Hygin 120
ten mit 1,9,17: [lovt] 8' iacoösv 'Txpinylr] xov 60 (103, 14 Äc/im.), wo Orest das Orakel erhält, ut
kocvxfig nuxigu ngvipaöa Goavxoc, eine Überlie- in terram Tauricam ad regem Thoantem pa-
ferung, die ihre Bedenken hat, wie Bobert a. trem Hypsipyles iret, sowie 15 über die Lem-
a. 0. 398 zeigt, g,ber sie ist nun einmal vor- niaden {b0,8 Schm.) über Hypsipyle: patrem
banden. Im übrigen begnügen sich manche Be- suum Thoantem dam in navem imposuit, quem
richte über das sprichwörtliche ATq^LViov v.av.6v tempestas in insulam Tauricam abstulit. — Ein
(die paroemiographische und sonstige Tradi- alter Mann ist Thoas auch bei Apull. Bhod.
tion sorgfältig zusammengestellt von Jessen a. l,62üff. Von der Rettung erwähnt er nur die
a. 0. 437, 40ff.), Thoas' Namen in diesem Zu- Seefahrt, die aber nicht in einem Boote ge-
807 Thoas (I von Lemnos) Thoas (H, S. d. Jason) 808
schiebt, Xagvccxt 8* iv xoiXri ftir twrfpO"* aXbi Schon die j^enannten Berichte zeigen die Ver-
fi%i (figta^ai*), ein Motiv, das Ustner im Ab- flechtuug der Schicksale des Thoas nicht nur
schnitt der Sintflutsagen ^das Götterkndblein in in die Ar^ivia xaxa, sondern auch in die mit
der Truhe* 105 ff. Anlaß gab, die Gestalt des diesen verknüpfte lemnischeArgonautonepisode.
Thoas in eine längere Reihe verwandter Ge- Diese ist ein altes Zetema (6'tra6. 1,45), worüber
stalten einzugliedern. Der Zug kehrt wieder jetzt außer Robert a. a. 0. und Jessen RK 2,
in der vnö^iaig zu Pindars Nemeoniken (S. 424 755 f. sowie 9, 436 f. auch Malten zu vergleichen
Boeckh): ivtig^ccaa %iß<oT^ itpvXartsv. Hier, wie ist, Kyrene {philol. Unters. 20, 1911) 153, bei
bei ApoUodor, mißlingt die Rettung: die Lern- denen weitere Literatur nachgewiesen wird,
nierinnen avri» iihv xarfnovraöav iveig^aoat lo Der von Hypsipyle (oder den Leinnierinnen
tfi mßcoxa. Bei Apollonios dagegen glückt die überhaupt) veranstaltete Agon, an dem die Ar-
Flucht, doch gelangt Thoas nicht nach Tau- gonauten teilnehmen, galt als inirdcptog ccyt'ov
rien, sondern, von Fischern {iitaxx^Qes) gerettet, des Thoas (dann wohl im Zusammenhang mit
nach der Insel Olvolri (623 f., also wieder ein der bei Statius erwähnten Scheinbestattung)
Weinland!), später Sikinos genannt, nach einem oder der erschlagenen Lemnier überhaupt: Pin-
Sohne des Thoas und der vriiäg Olvolri vvfKpri. dar Ol. 4, 31 ff. (mit Schol. zu 31c und 32 a
Das sehr gelehrte Scholion gibt u. a. an, auch [1, 136 Drachm.]) und — hier nicht wie sonst
Xenagoras {nsgl vriacav fr. 12 FEG 4, 528) meist bei der Hinfahrt, sondern bei der Heim-
habe diesen Sohn des Thoas und der Oinoie fahrt der Argonauten — Pyth. 4, 449 ff. (mit
gekannt, und zeigt im übrigen zwei Ansichten 20 Schol. zu 461 [2, 160 Drachm.]). Nach der Pin-
über die Quelle des Apollonios. Nach der einen darexegese kam der Agon schon bei Simonides
folgte er dem Theolytos (in dessen Banxixä vor {fr. 205 J5e.*), später bei Kallimachos (fr.
Ijtij? ^t/i. 7, 296a), nach dem Nachweis des 197); vgl. auch PAt7os«r. Gt/mn. 3 (2, 263, 3 ivay-
Aaklepiades von Myrlea dagegen dem Kleon ser). Ferner erneuert sich des Thoas Name bei
von Kurion (in dessen .^pyovavrixa? Scholl, zu den Söhnen der Hypsipyle von Jason. Hierbei
1, 687). Vgl. Susemihl, Gesch. d. griech. Lit. in weiß freilich der ältere Zweig der Überliefe-
ifer Alexandriner zeit 1 , 382 und zu der Sage rung, entsprechend dem homerischen Epos, nur
von Sikinos Höfer Bd. 4, Sp. 821,63ff., sowie von dem einen 'IriöoviSrjg 'Evrivog, der offen-
üsener, Sintflutsagen 149. — Für sich steht die bar zur Zeit der Troica des alten Thoas Nach-
Darstellung des Stat. Theb. 6, 240 ff.; vgl. Luct. so folger im Regiment von Lemnos ist: H 468,
Plac. zu 5, 29 (268, 22 ff. Jahnke) und Myth. Vat. $ 41, «F 747 (vgl. Quint. Smyrn. 4, 383 ff.). Er
1, 133 und 199. Hypsipyle holt den Vater vom ist auch wohl der Wirt der Griechen gewesen
Lager fort und eilt mit ihm durch die Mond- bei dem Gelage von Lemnos 0 230 ff.; vgl.
nacht davon, worauf Thoas' göttlicher Vater v. Wilamoioitz, Homer u. d. Ilias 53 und über
Thyoneus erscheint und dem Sohne Hilfe bringt die Sagenbedeutung der Gestalt auch Töpff'er,
(265 ff. Die Vergilnachahmung bemerkt schon attische Genealogie 185 f. Ihn allein nennen
Luct. Plac. zu 260, von den Neueren zuletzt Asklepiades im Schol. AD zu H 468, sowie Ni-
Robert a. a. 0. 400). Er heißt Hypsipyle mit kolaos Dam. fr. 18 {FHG 3,368); vgl. Bd. 1,
Thoas dahin eilen, gemini qua bracchia muri Sp. 1404, 11 ff. Dagegen erscheint sonst in der
litus eunt (279), und: tu lato patrem commi<<6 40 jüngeren Überlieferung ganz überwiegend ein
profundo. succedam curis. So läßt sie ihn curvo Brüderpaar, aus begreiflichen Gründen öfter
robore clausuni (287) davonfahren; m. E. ist als Zwillinge bezeichnet {Oüid Her. 6, 121;
das ein absichtlich unbestimmter Ausdruck, Stat. Theb. 5,464. 713; 6,433 und besonders
der die Traditionen von der Truhe und vom 343: geminis eadem omnia: vultus, currus, equi,
Kahn auszugleichen bezweckt (obwohl Luct. vestes, par et concordia votis), doch immer so,
Plac. fluviali navigio erklärt). Hypsipyle er- daß nur der epische Euenos in der Überliefe-
richtet dann zuhaus (314ff.) zum Schein einen rung wirklich feststeht (auf der Neapler Arche-
Scheiterhaufen {sceptrum super armaque patris morosvase ist nur der eine der beiden, E{)VBGig,
...et notas regum velamina vestes), neben dem namentlich bezeichnet; vgl. Baumeister, Denk m.
sie mit blutigem Schwert steht. Hierauf folgt 50 1, 114). Der zweite Name variiert: Nebropho-
die Argonautenepisode. Erst darnach erreicht nos {Apollod. 1, 9, 17 = 1, 115 Wagner), Deipy-
die Stadt das für Hypsipyles spätere Schick- los (so Muncker mit Recht satt Deiphilus bei
sale verhängnisvolle Gerücht (486): vectum Hygin Ib, während M. Schmidt bO, 14: Dexiphi-
trans alta Thoantem fraterna regnare Chio. Also lus wollte; vgl. aber Deipylus Hygin 273 [147, 8
Rettung des Thoas nach Chios, auf die wein- Schm.'\), überwiegend indessen ist die Wieder-
berfihmte Insel seines Bruders Oinopion, doch aufnähme des Großvaternamens. Dies führt auf
wohl auch hier wiederum Ba-uxlov [irixavalg, b) Thoas von Lemnos, den jüngeren,
wie es schon bei Euripides heißt, wo freilich Sohn des Jason und der Hypsipyle (vgl.
Hypsipyle erst, als sie schon selbst geflüchtet Schluß von nr. la, Sp. 808, 24 ff.). Ob und inwie-
ist vor der Rache der Lemnierinnen und in 60 fem Aischylos* Hypsipyle {Nauck^ S. 79) diesen
Nemea weilt, erfährt, daß Thoas öiacoarat und Thoas berücksichtigte, ist nicht festzustellen,
in die alte Heimat zurückgelangt ist (fr. LXIV Dasselbe gilt von dem Stück Nemea (ebd. 49)
Kol. 2, 47 ff. Näheres unten Sp. 812, 60 ff.). — und Sophokles' Lemniai (ebd. 215, wo überdies
fr. 354: iv Armviatg TtQot^gaLg). Über andere
« TT , j •„»!.* #a>v V • 1. j TT Dramen Töpff'er a. a. 0. 202 Anm. 1. Dagegen
*) Vgl. daa Tielleicht auf Thoas zu beziehende Vasen- • i. -m • -j » rr • 7 ^u •« 1^- :„
biid in Berlin bei lUinack, Repert. d. .ose, I p. 275 = An- '^^ Eunpidcs HypsipyU nunmehr Wieder in
naii 1847 pi. M. = Furtwängier 2300: ' Homme barbu (le roi großem Umfange kennthch geworden (außer
Thoa*7) »ortant d'un cofre en boU.' fr .752—770 JV.* im Oxyrh. Pap. 6 nr. 852. Vgl.
809 Thoas (11, Sohn d. Jason) Thoas (II, Sohn d. Jason) . 810
Eurip. Hypsip. fragm. ed. van Herwerden, Traj. 'TipinvXr}, &vccYvcoQti;6fievoL r^ firiTQL xai tj]v
ad Bh. VJOd; Tragicor. (jraec. fragm. papyr.rec. xqvgtiv ^Eixvvvreg aiinsXov, orceg tjV avtolg tov
Hunt, Oxon. 1912; Suppl. Euripidetim von v. ytvovg oviißoXov (dies trifft einleuchtend zu-
Arnim, Bonn 1913 in Lietznianns Kl. Texten Hammen mit Thoas' oder Euneos' Worten bei
nr. 112, 46 ff., wonach ich zitiere. V^l. ferner Euripides fr. LXIV Kol. 2,54, von denen der
Menozzi, slud Ital. di fdol. dass. 18 (1910), 1 ff. Versschluß olvianbv ßoxgvv kenntlich ist; vgl.
u. Petersen, i«;/t.il/. 68(1913), 584 ff. i^o&ert a. a. Robert 397 f.; sowie mit Schol zu Äristoph.
0. (Sp. 805, 36) setzt das Stück ins Jahr 409, die Ran. 1320 naga t6 i^ 'Tipinvlri? EvQinidov
taurische Iphigcnie in die Jahre vorher. Nach ^olvävd-u tgifpsi xhv legöv ßoTQvv*, fr. 765 N.*)^
V. WUamowitz (bei v. Herwerden 13) wären Eu- lo xocl qv6(isvos cchrriv ttJj 6iä tov 'Ag^epLÖgov
neos und Thoas, auf der Suche nach der Mutter, ^dvarov nag' KvgvdUrig tLpLoyglag. Freilich
schon zu Beginn des in Neraea spielenden Stückes bleibt auch hier der Zweifel, ob und wie dies
aufgetreten, und dem Thoas gibt v. Herwerden gvsad-cci mit dem für Euripides sicher stehen-
(vgl. Robert 376. 390 ff.) die schon aus fr. 752 den Eingreifen des Amphiaraos zu vereinba-
N.^ bekannten Eingangsworte des Ganzen Jio- ren ist. Als Mittler scheint dieser anwesend
vvaog, og ^vgöoiöi -aal vsßgcov Sogalg %rX., pas- (neben Parthenopaios und Kapaneus) auf der
send für den den Prolog sprechenden Abkömm- Archemorosvase, die Hypsipyle zeigt, wie
ling des Gottes (andere ließen Hypsipyle, Wel- sie sich vor Eurydike verantwortet in Gegen-
cker, Gr. 'Trag. 2, 556 , den Gott selber reden). wart der beiden Jünglinge, über denen Diony-
Sicher spricht Hypsipyle fr. l Kol. 1, 4tf. mit 20 sos erscheint. Ziemlich unbestimmt auch in
den beiden Jünglingen, und Thoas führt hier d'esem Punkte die vjtod-tßig zu Findars Ne-
nach der erhaltenen Personenbezeichnung das meoniken (S. 424 Boeckh), wonach Amphiaraos
Wort, um Obdach bittend. In dem Stücke wurde dem Thoas und Euneos "die zum Tode bestimmte
Hypsipyle durch Amphiaraos' Dazwischentre- und von Eurydike eingeschlossene Hypsipyle
ten vor dem Schicksal bewahrt, das ihr als ^gezeigt' hat. Es ist, wie gesagt, durch das
Wärterin des verunglückten Opheltes von dessen Verflochtensein der Aktion der Brüder mit der
Mutter Eurydike zugedacht war: fr. LX Kol. 1, des Amphiaraos nicht zur Klarheit über den
22ff. Undeutlich bleibt, wie es dann weiter Gang der Dinge bei Euripides zu kommen,
zum Wiederauftreten der Hypsipylesöhne {fr. Was den avayvoigL6\i6g selbst angeht, so zeigt
LXII? vgl. V. Herwerden 40) kam und zum so das an die Beschreibung des kyzikenischen
avciyvfOQia^ög sowie zur entscheidenden Ret- Reliefs anschließende Epigramm cpatvs, 06av,
tung der Mutter (vor Opheltes' Vater Lykur- Bdxxoio cpvtbv xods xtL, daß die Hauptrolle
gos? Lycus bei Hygin 74 [79, 15 aScäw.], wo hierbei dem Thoas zufiel. Doch scheint das
aber nur Ädrastus et ceteri pro Hypsipyle de- Schlußdistichon, dessen Hexameterausgang ver-
precati sunt). Vgl. Töpffer 203 ff., v. Herwerden derbt ist, auch Euneos bedacht zu haben, wor-
10 f., Robert 393 ff Ob Statius, insonderheit auf yial vor ov hinweist: ötsixs Ss -nccl av Xl-
Theb. 5, 710ff., wie Welcher annahm (2, 560), Ttojv 'Aöanidog f vsuv xovqccv \\ ysiva^ivriv a^cav
heranzuziehen ist, scheint sehr unsicher. Nach Afnivov ig 7]yad'ir\v. Unter den Verbesserungen
ihm war es Dionysos selber, der die Zwillinge, leuchten am meisten die von Jacobs ein, die
seine Urenkel, von Lemnos zu der gefährdeten 40 den durch jenes xat geforderten zweiten Na-
Mutter nach Nemea sandte. Eine Steigerung men einführen: Evvo' agovguv od%v Evvos y,gd-
bestand in des Statius Vorlage darin, daß die vav. Freilich wäre dann anzunehmen, daß die
Jünglinge Tor dem dvccyvcogLß^og für Lykurg im vorausgehenden Prosatext gebrauchte Form
und gegen Hypsipyle Partei nahmen (719. Har- Evvoog nicht hsr. Verderbnis, sondern beab-
tung, Eurip. rest. 2, ASl wollte in der Stelle sichtigt wäre, was aber bei dem sonstigen
des Aristot. Poet. 14, 1454a, 8 6 vlbg X7]v ^r}- Schwanken des Namens nichts Auffälliges hat
tsgcc iTidiSovca ^iXX(ov &vsyvcoQL68v den über- {Evvr\og, Evvi(og — Euneos auch Stat. Theb.
lieferten Dramentitel iv tfj "EXXy in 'TipntvXrj 6,342. 433. 464 — Evvsvg; vgl. Töpffer 185 und
ändern, was aber schon, wie v. Herwerden li Jessen i?j5; 9, 439). Nur macht diese von Euri-
bemerkt, an dem singularischen 6 vlog schei- 50 pides abweichende Namensform das Band wie-
tert). Die Erkennung bei Statius erfolgt da- der locker, welches die kyzikenische Darstel-
durch, daß die Jünglinge die Worte ^Lemnos' lung mit dem euripideischen Drama verknüpft,
und 'Thoas' sprechen hören (7 19 ff.; vgl. 658). und das gleiche ergäbe sich auch sachlich, da
Die noch zweifelnde Mutter überzeugt schließ- alles dafür spricht, daß bei Euripides gerade
lieh vultus et signa Argoa relictis ensibus atque dem Euneus es nicht bestimmt war, die Mutter
umeris amborum intextus lason (dunkle Worte, nach Lemnos heimzuführen. Halten wir uns
zu denen die antike Erklärung versagt) und in dieser Unsicherheit an die sicheren Reste
zuletzt noch sichtbare und hörbare Kundgebun- des Stückes selbst, so ist vor allem aufschluß-
gen des Bacchus (729). Mit besserem Recht reich der Kommos fr. LXIV, der nach geschehe-
(wenn auch nicht vorbehaltlos, wie sich zeigen 60 nem ävayv(ogiöii6g zwischen Hypsipyle und den
wird) als diese Darstellung des Statius darf zu Söhnen stattfindet. Sie spricht von ihren eige-
Euripides in Beziehung gesetzt werden das nen Schicksalen, und auf ihre Frage berichtet
Relief im Tempel der Pergamenischen Apol- Euneos (25 ff.), daß die Argo ihn und den
lonis zu Kyzikos nach der Anth. Fal. 3, 10 er- Bruder mitgenommen habe ig KoXxav nöXiv
haltenen Beschreibung nebst Begleitepigramm : (35). Dies ist schwer mit der sonstigen Über-
iv 8s Tc5 •Adxa 8v6iv nXsvga ionv iv ccgxji tov I lieferung zu vereinbaren. Man müßte anneh-
Ttlvccxog Evvoog (so auch der Lemmatist, Evvsag men, daß Euripides die Argonauten, die sonst
Welcher) ysyXv^^iEvog xal ©dorj, ovg iyivvriösv im allgemeinen vor Hypsipyles Niederkunft
RoscHBB, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 27
811 • Thoas (II, Sohn d. Jason) Thoas (II, Sohn d. Jason) 812
wieder abfahren, so lange Zeit auf Lemnos Präsens (fQovgil beweise, daß Hypsipyle noch
Tcrweilen läßt, daß in diese Zeit nicht nur die nichts vom Ausgang des Abenteuers wisse, und
Geburt der Jasoniden fällt, sondern auch (da andererseits erwidere sie auf den Vers 'Agym
sich Hypsipyle von der Argofahrt der Söhne (la xal rovd* i']yccy* flg RoX^tov nöUv die Worte
nnterrichtetzeig^) die nachtrilgliche Entdeckung (86) &xoyaGTlöi6v y' i^atv atigvbiv, woraus zu
von Hypsipyles Rettung des alten Thoas und schließen sei, daß Jason auf der Hinfahrt nach
ihre seltsamerweise trotz ihrem Beschützer Ja- Kolchis ihr die Kinder weg- und sie mitge-
Bon erfolgte Vertreibung aus Lemnos durch die nommen habe. Dus erste Argument besagt
Lemnierinnen. Allerdings spricht Oyid /fer. 6, nichts. Ganz abgesehen davon, daß das vom
67 von einem zweijährigen Aufenthalt der Ar- lo Chor vorausgesetzte Lied der Hypsipyle in leb-
gonauten, doch ist seine Hypsipyle beim Ab- hafter Vergegenwärtigung der Ereignisse das
schied zwar aravida (61), hat aber noch nicht Praesens historicum haben konnte (sie selbst
geboren. Selbst bei Stat. Theb. 6, 459 f., wo sagt ja später rdös hol räöe &vßög IStiv Titat
der Aufenthalt ein Jahr dauert und Jason, was Kol. 3, 14), so ist auch bei der Annahme d<
sn beachten ist, als nicht gütig gegen Hypsi- Heimkehrbesuchs auf Lemnos sehr wohl die
pyle geschildert wird, auch die Geburt der Anordnung der Dinge bei Statvis denkbar,
Zwillinge wirklich noch in seiner Anwesenheit wonach Hypsipyle damals bereits flüchtig oder
erfolgt (463 thalami monimenta coacti enitor vertrieben war und Jason die Kinder aus der
geminos duroque ftub hospite mater nomen avi Obhut der Schwester empfing. Und was &no-
renovo, i. e. Thoantis\ gestaltet sich doch der 20 tiaötiSiov angeht, so heißt dies alsdann Tem
weitere Verlauf so, daß es erst (486 flf.) nach von meiner Mutterbrust (wie du damals mit
Jasons Abfahrt zur Entdeckung und Bestra- deinem Bruder es warst)', nicht 'von meiner
fang der Rettungstat und damit auch zur Tren- Mutterbrust hinweg*, eine Interpretation, die
nung der Mutter von den Kindern kommt, die Robert 386 zwar ablehnt, aber nicht widerlegt
sie vor ihrer Flucht der Obhut ihrer Schwester hat. Er selbst vermag sich den großen Schwie-
Lykaste ^n%ertraut (467 ; vgl. 226). Da demnach rigkeiten, in die das Festhalten an tig KöXxiov
keine Möglichkeit scheint, die Stelle bei Euri- nöXiv führt, nur durch die Annahme zu entr
pides mit den sonstigen Berichten auszuglei- ziehen, Euripides denke sieb die Arnivia xaxa
chen, schlug Mahaff'y vor, v. 35 statt slg KoX- überhaupt erst nach der Argonautenepisode
X€üp zu schreiben *AQym fis xal rovö* riyocy* ig SO eingetreten und vorher Jason und Hypsipyle
7(bZx6v %öXiv^ was t). Herwerden gebilligt hat. in legitimer Ehe vereint während der Anwe-
Nach Jolkos soll Hypsipyle, so verlangt es Ja- senheit des alten Thoas in Lemnos (was, wie
Bon bei Apoll. IthoJ. 1,904 flf., wenn sie einen Robert selbst 399 sieht, den Sinn der alten
Sohn gebiert, diesen senden, falls Jason nicht Sage verdirbt, die die Argonauten doch als
selbst wiederkehre. Daß aber mit einem zwei- Ersatz für die gemordeten Ehemänner ein-
ten Besuch in Lemnos auf der Heimfahrt ge- geführt hatte). Die Söhne nahm dann Jason
rechnet werden kann, bei dem dann Jason die nach Kolchis mit. Aber um das völlige Schwei-
Kinder nach Jolkos mitnehmen konnte, wäh- gen verständlich zu machen, das im euripidei-
rend die inzwischen vertriebene Hypsipyle nichts sehen Kommos der angeblich mit nach Kolchis
davon wußte, zeigt weniger Pindar Pyth. 4, 40 gelangte Euneos über alles bewahrt, was dort
251 flf., wo dieser Besuch auf der Heimfahrt vor sich ging und die lebhafteste Teilnahm
der erste überhaupt ist, als die merkwürdige der Hypsipyle finden mußte — er fährt un
Tradition des Myrsüos, wonach die dvacadia mittelbar (v. 37) fort: inü ö' 'Idotov ^d^ccv' it^og,
der lemnischen Frauen, ein Zug, der sonst in yfjTSQy nccxriQ — , so nimmt nun Robert an.
die Geschichte von den Ari^viu xaxa verwebt Euripides ioV^Q einer ganz absonderlichen Ver-
ist, vielmehr durch die Eifersucht der mit Ja- sion der Argonautensage , in der u. a. Medea
ßon gekommenen Medea mit Zaubermitteln über ganz ausgeschaltet war, Jason aber in Kolchis
die Lemnierinnen gebracht wird (i^HG^ 4, 458,7 umkam, verschlungen vom Drachen des Vlieses
= Schol. zu Apoll. Rhod. 1, 615. Phot. Suid. v. (Zeugnis das Bild einer attischen Kylix bei
A^^vta xaxa. Auch Aniigonos Karystios 118 50 Robert 388). Hieran schlössen sich die weiter-
[Westermarms Paradoxogr. 89] gehört hierher, ' hin folgenden Angaben im Kommos, wo Euneos
da 117 die sehr ähnliche Geschichte zur Auf- sagt (40): 'ÖQcpBvg fis xal xovd' riyccy' slg @qu-
klärung des Namens der Ozolier aus Myrsilos xtjs xotcov (nämlich Orpheus als Argonaut, von
genommen ist). Freilich ist nun sehr befremd- Kolchis auf dem Landweg, nach Thrakien, der
lieh, daß Medea es ruhig mit angesehen hätte, eigenen Heimat des Orpheus), und auf Hypsi-
wie Jason seine Bastarde mit nach Jolkos nimmt. pyles Frage, wie sie von dort nach LemnoB
Aber in der Nachricht des Myrsilos sind der gekommen seien — oflfenbar weiß sie, daß die
zweite Besuch und Medeas Wirksamkeit dabei Söhne von dort sie zu suchen ausgezogen sind
getrennte Dinge, und es 'ist, wie Robert aus- — antwortet er (47): Söccg ytoy.i^8i cbg natriQ
führt, sehr gut möglich, daß Euripides seine 60 fSvolv xiv.voiv {ßv ovxs reo v. Arnim), wodurch,
eigene Medeadichtung in dem Hypsipylestück was beiläufig bemerkt werden mag, Hypsipyle
vollkommen ignorierte (379. 387). Indessen ge- die erste Nachricht von der Rettung des Va-
rade Robert hat die hier vertretene und auf ters erhält, so daß also nach Euripides das Vor-
Mahaffys Emendation gegründete Ansicht aus- gehen der Lemnierinnen gegen Hypsipyle nur
führlich bekämpft. Er stützt sich u. a. auf die auf die Entdeckung des Rettungsversuches sich
Worte des Chors /r. I -fiToZ. 2 (S. 60, 9 ?;. -4r«*m), gründete, nicht auf die Tatsache seines Ge-
Hypsipyle singe beständig von der Argo und lingens. Gegen die Inanspruchnahme jener im
dem Vlies, 0 öftfia dga-Kovrog (pQovgsl. Dies übrigen verschollenen Version der Jasonsage
813 Thoas (II, Sohn d. Jason) Thoas (der Taurierkönig) 814
für Euripides spricht indessen die Ausdrucks- kann hier vielleicht noch weitergehen, im An-
weise des Sohnes inel ö' 'Idaav ^^av' ipiog^ Schluß an das, was Marx in Ilbergs Jahrbb.
^fjxSQ, Ttati]Q^ was kein Zuhörer anders als vom 13 (1904), 673 tF., bes. 6H4 f. über den lemni-
natürlichen Tod des Jason verstehen konnte. sehen Philoktet-Hephaistos ermittelt hat. Es
Auch versteht man nicht, watum diese Hypsi- ist auffällig, wie viel Zöge der Hephaistos-
pyle, wenn sie es mit einem durus Jason zu sage in der Thoassage wiederkehren. Hephai-
tun hatte und das Kno^LaöxiÜiov in dem Vers stos wird verstoßen, Hera verbirgt und entfernt
über die mitgenommenen Kinder im gleichen ihn, eine meerumrauschte Höhle ist zeitweilig
Sinne der Anklage zu fassen wäre, in ihren sein Aufenthalt. Dionysos' Eingreifen bewirkt
Liedern bei der Fahrt des Grausamen weilte, 10 die Rückführung. Diese Motive der lemnischen
und warum sie bei der Nachricht von seinem Göttersage kehren gewiß nicht zufällig in der
Tode nun in einen Wehruf ausbricht (37 if.). lemnischen Heroensage wieder. Ein Neben-
ich glaube demnach, die J?o&erische Auffas- einander stieß auf Schwierigkeiten. Die dich-
sung ist aufzugeben. Dann ist aber auch das terische Ausgestaltung der einen Reihe mußte
überlieferte ti? Koi-xav noXiv tatsächlich un- die andere ignorieren. — Ein Motiv in der
haltbar, und wir nehmen mit Mahaff'y an, Ja- Sage von den beiden Jasoniden fällt übrigens
8on hat, auf der Rückfahrt Lemnos wieder auf- noch in den Aufenthalt von Nemea, ihre Teil-
suchend, die durch Hypsipyles inzwischen er- nähme am Stiftungsagon. V^l. die viiöQ-Bais
folgte Entfernung verwaisten Söhne nach Jolkos zu Find. Nem. S. 424 Boeckh, Hygin 273 (147, 8
mitgenommen, wo sie bis zu seinem Tode ver- 20 Schm.) und vor allem Stat. Theb. 6, 340 ft". und
weilten. Dann nahm sich Orpheus ihrer an. 464 if, sowie 476, wo Thoas zum Sturz kommt
Wir hören (43), daß dieser, in Thrakien, den (seltsamerweise wie bei ^ttm^w« sein aitolischer
Euneos zum Musiker ausbildete, den Thoas zum Namensvetter Nr. 2; vgl. unten Sp. 811), 45).
Krieger. Von dort hat sie der alte Thoas heim- c) Thoas der Taurierkönig. Wir schlie-
geholt, den hier die Rettung Bccv-xiov iir]%cc- ßen ihn, obwohl sagengeschichtlich Thoas
val? (49) offenbar nicht nur glücklich von Nr. 2 den Vorrang hat, hier an, weil ein Teil
Lemnos fort, sondern auch glücklich in sein der Tradition den Taurier mit Thoas Nr. la
altes Reich zurückgeführt hatte. Unsicher bleibt, gleichsetzt; vgl. oben Sp. 806, 52. Die Gleich-
was in dem Stücke Dionysos am Schlüsse als setzung spottet freilich jeder Sagenchronologie,
deus ex machina getan hat, ob er zunächst 30 Der lemnische Thoas ist schon zur Zeit der
einen neuen Zwist verhütete, der zwischen den Argonautenepisode ein Greis. Zu Beginn der
Jasoniden und Lykurg ausbrach, wie Bobert Thebaica mag er noch leben, wie Euripides
annimmt (396 ff.), oder ob er sich, was die allge- u. a. voraussetzen; daß er die Troica erlebt
meinere Ansicht ist, damit begnügte, den Euneos und sogar überlebt und schließlich noch der
nach Athen zu senden, wo das yivog ^ovöiaov tatkräftige Gegenspieler Orests gewesen sein
der Evv8idai an ihn anknüpft, das als gentiles soll, ist ungeheuerlich und steht denn auch
Priestertum den Kult des Dionysos ^sXnö^svog im schroffen Widerspruch mit der Tatsache,
pflegte (weshalb der über den Jasoniden auf daß für die Ilias der Fürst von Lemnos viel-
der Archemorosvase erscheinende Gott die Leier mehr sein Enkel Euenos ist. Es handelt sich
führt; vgl. Toepffer 181 ff., bes. 185ff.). Zu den 40 also um stark willkürliche Mythopoiie irgend-
attischen Gentilsagen gehört dann wohl auch, eines Dichters, die Usener {Sintflutsagen 106)
daß Menekrates, der Verfasser einer Lokalge- religionsgeschichtlich zu ernst nimmt. Aber
schichte des bithynischen Nikaia, Euneos und diese Mythopoiie ist verhältnismäßig alt, sie
Thoas als jugendliche ovöTQazsvovtss des The- reicht zurück in die attische Tragödie, bis zum
seus im Amazonenzug und weiterhin als ixi- Chryses des Sophokles {fr. 658 — 662 iV.^), den
6vdrai und voaod-ETai der bithynischen Theseus- der Chryses des Pacuvius nachbildete {trag.
gründung Pythopolis kennt, allerdings unter Born, fragm.^ dS — 103 i??'ö/),), welches Stück bei
Beigabe eines dritten Bruders Soloeis {Blut. den zusammengehörigen Berichten Hygins 120
Jhes. 26 i^'i^G^ 2, 345, 8 ; vgl. Weil, Bevue des {Iphigenia Taurica 103, 12 ff. Schm.) und 121
etudes gr. 22,96 und Toepffer 201). Inwieweit 50 {Chryses 104, 8 ff. Schm.) zugrunde liegt; vgl.
Euripides durch diesen Ausblick in die atti- Naeke opusc. 1,91; Bibbeck, die röm. Tragödie
sehe Sagenwelt den nächsten Gang der Dinge 248 ff. {röm. Dichtung 1^ 171), sowie Tümpel,
selbst beeinflußt gedacht hat, bleibt unsicher. BE 3, 249 f., freilich auch die sehr abweichen-
Die Heimführung der Mutter war doch eine den Ansichten anderer, besonders Boberts, über
Hauptangelegenheit. Sollte etwa Thoas allein die Höfer Bd. 3, Sp. 998, 6 ff. berichtet. Hygin,
sie ausführen? Das kyzikenische Epigramm 120 bezieht sich auf die Vorfabel. Orest und
wendet sich mit der Aufforderung gerade hier/cu, Pylades haben mit Iphigenie dem (von Lemnos
wie es scheint, vielmehr an Eunqos. Es blieb nach Taurien gelangten) Thoas das Kultbild
auch zu berücksichtigen, daß es Euneos ist, entführt und sind auf der Flucht gelangt ad
den das Epos zur Zeit der Troica als Herrscher 60 insulam Zminthen ad Chrysen sacerdotem Apol-
von Lemnos nenut. Immerhifi ist anderer- Unis. Zunächst fügt über diesen Chryses Hygin
seits auch in Betracht zu ziehen, was Jessen 121 das Nötige hinzu, das immer noch der
richtig bemerkt hat BE 9,436, daß die in der Vorfabel angehörte. Wir erfahren, daß des
Tragödie so beliebte Philoktetsage, welche nach Priesters Tochter, die bekannte Chryseis, nach
ihrer besonderen Ausgestaltung durch die Tra- ihrer Rückkehr von Agamemnon einen Sohn
giker ein einsames Lemnos voraussetzt, die desselben gebar, den jüngeren Chryses, diesen
Weiterentwicklung der jüngeren lemnischen aber für ein von Apollo empfangenes Kind aus-
Sagengestalten beeinträchtigen mochte. Man gab. Dieser, inzwischen herangewachsen, weiß
27*
815 Thoas (der Taurierkönig) Thoas (der Taurierkönig) 816
also nicht, daß der eingetroff'ene Orest sein geschichtliche Bestimmtheit geht dieser rein
Halbbruder ist. Mit dem Erscheinen des Ver- dichterisch gesehenen Figur ganz ab. Die
folgers Thoas setzt die eigentliche Handlung Frage, ob Euripides für den Taurierfürsten
ein (hierher paßt das anonyme Tragiker fragm. den Namen Thoas schon vorfand, ist nicht
LXXIH Ribb.* 295: tela famuli, tela propere sicher zu beantworten. Die Kypna wußten
(^fertefy sequitur mf Toas; vgl. liibbeck röm. von Iphigeniens Versetzung slg Tccvqovs (S. 19
Trag. 262). Er fordert die Flüchtigen zurück. Kinkel) , und ebenso geht aus Herodot 4,103
Der junge Chryses will sie ausliefern (hier kam hervor, daß die Gleichsetzung der Agamemnons-
es zu dem berühmten Edelmutswettstreit, bei tochter mit der Parthenos der Taurier sehr
dem Pylades sich als Orest dem Thoas aus- lo früh erfolgt sein muß. Oflfenbar ist der Kult-
liefem lassen wollte, eine Haaptszene, die auch name TavQonöXog die Hauptveranlassung ge-
Oüid vor Augen hat: narratur Pyladen ipse wesen. Aber eines Königs der Taurier bedurfte
probasse Thoas, Trist. 1,8,28). Da bewirkt der die Sage erst, als man anfing von Iphigeniens
alte Chryses den icvayvaQia^og. Der junge Rückführung und dem liaub des göavov zu
Chryses tritt nun für die Halbgeschwister ein, erzilhlen, wobei die Motive der Überlistung
worauf er cum Oreste fratre Thoantem inter- und der Verfolgung von selbst den üegen-
fecit et inde Mycenas cum signo Dtanae in- spieler erforderten. Wann aber und von wem
columes pervencrunt. Bei Pacuvius war das so- die Entführungssage aufgebracht wurde, ist
phokleische Vorbild sicherlich sehr stark mit Gegenstand bloßer Vermutungen. Die meist
Einflüssen euripideischer und nacheuripidei- so angenommene Zuweisung an Euripides (vgl.
scher Dichtung durchsetzt (Einzelheiten bei Leo, Bd. 3, Sp. 994 fiF.) ist wegen der nicht aufzuklä-
GescÄ.d. röm. ü<. 1, 229), und in der Vorfabel- renden zeitlichen Verhältnisse zwischen der
erzählung Hygins spürt man die taurische Iphi- taurischen Jphigenie und dem sophokleischen
genie so deutlich, daß die Zweifel an der so- Chryses zu keiner Sicherheit zu bringen. Zie-
phokleischen Vorlage überhaupt verständlich linskis gei-^treiche Konstruktion einer delphi-
sind. Indessen der Kern der Handlung ist wohl sehen Orestie vermag gleichfalls nichts zu ent-
nnberührt geblieben und dazu gehört die Thoas- scheiden {Ilbergs Jahrbb. 3, 1899, 165). Bobert
gestalt, deren freilich verwegene Gleichsetzung hält jetzt (a a. 0. 40uf.) für gut möglich, daß
mit dem Lemnier dem Sophokles nicht zuzu- die Entrückung des lemnischen Thoas statt
schreiben ich keinen genügenden Grund sehe. 30 nach Chios oder Sikinos nach 'den nordischen
Leider ist aber das zeitliche Verhältnis zwi- Inseln der Seligen' alte Sagenvariante war, und
sehen dem Chryses und der taurischen Iphi- kombiniert damit die Angabe in Euripides*
genie nicht zu ermitteln; die Annahme bei Hypsip^yle, daß Thoas in Thrakien erscheint,
Christ -Schmid, Gesch. der griech. Lit. 1®, 367, bei Orpheus, um von dort seine Enkel nach
Sophokles habe sich an das (kurz vor 412) auf- Lemnos zurückzubringen. Einfacher ist wohl
geführte euripideische Drama angeschlossen, die alte Annahme, die von der Tatsache aus-
ist unerweislich und hängt mit Hypothesen geht, daß die Tauropolossage der attischen
über die Erfindung von Orests Taurierfahrt Ostküste u. a. auch die räuberischen Tyrrhe-
durch Euripides zusammen; vgl. jetzt auch nier von Lemnos kennt {Herodot 0,138), die
Ose. Klotz, Unters, zu Eurip. Ion, Diss. Friburg. 40 auch das ^oavov von Brauron entführt haben
1917, S. 59 ff. Bei diesem steht der Taurier {Plutarch, mul. virt. 2i^7E). Wurde damit Lem-
Thoas merkwürdigerweise außer aller Genea- nos eine Provinz des Tauropoloskultes, so ist
logie (ebenso einfach ngbg 06ocvtcc tbv ßa- der Ausgangspunkt gut kenntlich, von dem
aiXia^ Apollodor epit. Vat. Sabb. 6, 27 \Myth. aus gerade der Lemnier Thoas zum unrecht-
er. 1, 225 Wagner]. Leider versagt die iaroglcc mäßigen Besitzer des ^occvov werden konnte
in den neuen Scholien zu Kallimachos, Ämherst (vgl, Thoantea dea bei Ovid Ib. 382, Thoantea
Pap. 2, 18 nr. 20). Thoas ist für Euripides Diana bei Silius It. 4,771 vgl. 14, 260 und
ein bloßer Name für die anziehend erdachte Val. Flaccus 8, 208). Das verflicht sich dann
und gezeichnete Figur des zwar hellenischer mit der alten Gleichsetzung der taurischen
Klugheit nicht gewachsenen, aber nicht unedel 50 Parthenos; vgl. Otfr. Müller OrcÄ.* 305 und
empfindenden und gesitteten Barbarenkönigs Köchly iü F. G. Schönes Iph. Taur.^ l'SS. Wäh-
(31; vgl. Steiger, Euripides [Erbe der Alten 5] rend indessen Sophokles unbedenklich, wie es
26). Bezeichnende Züge: Iphigenie traut auf scheint, mit dem lemnischen Thoas operierte,
das TCBi&nv 742. 1049. Sie möchte die Gast- hat Euripides wenigstens in der Iphigenie, wohl
Verpflichtung gegen ihn wahren 1021 ff. Als wegen der erwähnten sagenchronologischen Be-
er auftritt (1153 ff.), erweist er sich als gut- denken, nur den Namen Thoas beibehalten,
herzig, religiös (ov qptlco rappT]©-' oq&v 1198), ihn aber von aller genealogischen Bestimmt-
erregt sich über den Muttermord CAnoXXov, heit losgelöst, und aus der Gestalt die allge-
ovä' iv ßugßccQoig hXr] rig av 1174), bewundert meine Verkörperung des Barbarenfürsten ge-
Iphigeniens Klugheit (1180. 1202. 1212 ff.). Nur 60 schaffen, die als solche stark nachwirkte (z. B.
leicht regt sich das Mißtrauen (1184), er läßt in dem Inderkönig im hellenistischen, der tau-
sich folgsam (1203 ff.) täuschen (1213 ff.), und rischen Iphigenie parodistisch nachgebildeten
obwohl er nach erhaltener Aufklärung (1307 ff.) Mimodrama Charition, jetzt bei Crusius, Heron-
zur rächenden Verfolgung (1422 ff.) unter Dro- dae mimiambi^ 101 ff.). Sogar das Lokal läßt
hungen an den Chor (1431) sich anschickt, so j&wrtpirfes im Gegensatz zu der tatsächlich genau
läßt er sich doch von Athena schließlich willig fixierten Kultstätte der taurischen Parthenos
begütigen (1475 ff). -Man sieht leicht, irgend- (vgl. zuletzt v. Stern, Hermes 52, 1917, 14ff.)
welche sagengeschichtliche oder gar religions- in der Unbestimmtheit eines allgemeinen pon-
I
i
817 Thoas (der Taurierkönig) Thoas (der Aitolier) 818
tisch-nordischen Barbarentums. Auch das wirkt Hier dürfte ein Thoas ursprünglich sein (vgl.
in der späteren Mythopoiie nach. Die 'l'aurier ohen Sp. 802, ;^3 ff ,), das Taurosgebirge hat dann
gehen ganz in dem weiten Begriff' des Skythen- vermutlich den Taurier daraus gemacht und
tums auf. Thoas Macoticle clarus in ora, Onid den fliehenden Orest herbeigezogen. Vielleicht
ex Ponfo 3, 2, 4;{ff. , in einer fingierten Einge- stehen im Zusammenhang damit die anderen
borenenerzählung, die den ^skythischen' Ort Überlieferungen, die Orest mit kappadokischen
in die Nähe von Tomis verlegt; ebenso Trist. Orten und mit dem Amanos in Verbindung
4, 4, 63 flf. Skythen auch bei Lukian Toxaris 1 ff. bringen (Bd 3, Sp. 991), 13 ff. u. 6(5 ff. ; 1000, 5 ff.).
(die Taurier eine pLotQu 2Jyivd^ibv auch Scliol. zu 2) Thoas der Aitolier. Hier handelt ea
Lykophr. 1'61-i [2, 379 ^V/^.J), wo in einer mit lo sich um eine nicht unbedeutende und voll-
der ovidischen Erfindung vergleichbaren Weise kommen sagenechte Gestalt, die schon früh im
die Rede ist von einer 'skythischen' Aufzeich- Epos zu fester Geltung gelangt sein muß; vgl.
nung nebst Bildern in einem Oresteion (5; vgl. Robert, Oedipus 1, 139 (die Zurückführung auf
hierüber und über die erhaltenen Bildwerke Samos, die Friedländer, Heraklen[philoL Unters.
zum Orestes-Iphigenia-Mythus überhaupt i/ö/er 19, 1907] 86. 89. 87 vertritt, auch für den lem-
Bd. 3, Sp. 997, 37 ff. und Sp. 1001, 24 ff.: daselbst nischen Thoas, scheint mir ganz hypothetischer
auch abgebildet 1002 Thoas auf einem Mün- Art zu sein). — In der Ilias führt ihn der Ka-
chener Sarkophag, 1007 auf einem kampani- talog ein B638ff. : AixoiXibv d' rjyttTo 06ag kv-
schen Wandbilde, das JUhlnck röm. Trag. 225 f. Ügaliiovos viog (vgl. ApoUod. epit. Salb. 3, 12
wohl mit Recht auf das sophokleisch-paciivia- 20 [Mythogr. gr. 1, 191, löTTw^w. : kvdgainovog y.al
nische Drama bezieht). Was sonst die spätere rÖQyi]?]; IHktys 1, 17 vgl. 1, 13; Bares 14; Hy-
Sagendichtung angeht, so steht bei Änt. Lib. gin 97 [91, 18 äc/jw. : Andrnemonis et Gorges
27, mit dem Lemma iöTOp«riV/xo:»'deo? fTfpotov- filius']). Die Herrscherstellung in Aitolien (TJyf-
fiivcüv ö', eine Geschichte von der Helena- und iicov AlxtoXiag auch Hesych. v. 0OAZ) hat er
Theseustochter Iijhigenie, die von Klytaimestra durch seinen Vater erlangt, ohne von Haus
als eigen ausgegeben und aufgezogen beim aus dorthin zu gehören: ov yag h' Olvfiog
aulischen Opfer (wobei aber Artemis sie durch nByaXr/rogog vltsg rißav., ovo' ag' h' ccvrog Uriv.,
einen ^oay^og er5:etzt) Tcaga. 66avra xhv Bogv- ^dvs öh ^avd'bg MsXtaygog (JB 641). Näheres
adevovg versetzt wird und in Erinnerung an darüber Jpo/Zoc?or 1, 8, 6 (= 1,78 TFa^w.): vgte-
das Opfer das pontische Volk Tavgoi, sich so gov ös Jio^riörig ^^ Agyovg nagaysvönsvog
selbst T'ciVQOTToXog nennt. Also Ablehnung der rrjv ßaGiXsiav., iTtsidrj yrigccibg rjv 6 Oivhvg^ kv-
attisch-lemnischen Sage, und wenn diese Iphi- dgccinovi reo rrjv d^vyaxigcc xov Olvicog yi]fiavrL
genie, von deren Heimführung nicht die Rede dtdcoyis., xbv öh Olvia dg IlsXoTiovvrioov iqyhv
ist, zuletzt nach Leuke zu Achill kommt als (vgl. Eustath. zu O 285). Andraimon und die
cid'ävaxog dai^iov und 'Icpiyivsicx. 'Og6iXo%icc, so Oineustochter Gorge auch sonst öfter als El-
klingt, obwohl da schon die Hirschkuh be- tern genannt, Gorge wohl schon bei Hesiod fr.
gegnete, die Erzählung der Kyprien nach {stg 118 Bz.^: r] ds ©oav xb-äs viov (leider nur we-
Tavgovg ^sra-noiii^si kccI cc^dvccxov nout S. 19 gen der Akkusativform zitiert). Vgl. außer
Ki.). Andere kontaminierten die sophokleische Apollodor und Eustath an dein genannten Stel-
und die euripideische Darstellung insofern, als 40 len Lykophron 1013 {y.(xgxsgov Fögyrig xokov
Orest schon bei der Entführung der Schwester mit Schol., auch zu 1012 [2, 314 5'cA.]), und den
den Thoas tötet, der in diesem Fall, wohl schon ps.-oristot. Feplos im Epigramm auf Thoas' Grab
von Sophokles ab, mehr der grausame als der 23 {Böse ed. min. 400). Andraimon ist eigent-
gesittete Barbar ist: so Lukian Toxaris 2. 3. 5 lieh Lokrer von Amphissa; vgl. Oertel Bd. 1,
{xi^Qjgriaa^tvovg xov ßaöiXta xfig vßgsag) und Sp. 342 und Toepffer B. E. \., 2133. Dort sind
Servius zu Aen. 2, 116 {Hygin 261 [144, 21 auch Andraimon und Gorge begraben, und der
Schw.\ Myth.Vat. 1,20). Hierbei ist zu beach- ;dortige Athenatempel (über Beziehungen zwi-
ten die Verknüpfung dieser Sagenform mit der 'sehen Gorge und Athena Bobert, Oedipus a. a. 0.)
Aetio^ogie der nach Rhegion und Aricia füh- enthielt ein Kultbild, das ihr Sohn Thoas als
renden Artemis ^av.sXtrig (vgl. Bd. 3, Sp. 2234, 50 troische Beute mitgebracht hatte, der dann
58 ff.). Denn die gleichfalls damit und anderer- also ursprünglich auch als Lokrer zu gelten
seits mit dem lemnischen Thoas rechnende Ver- hat (Paus. 10,38,4). Sein gleichsam sekundäres
sion des Vahrius Flaccus (oben Sp, 806, 14 ff.) Aitoliertum hebt ja auch der Schitfskatalog
führt darauf, daß irgendeine eindrucksvolle deutlich hervor. Den nach unserer Auffassung
Dichtung im Hinj;ergrunde stehen muß. Das dionysischen Namen hat er wohl erst durch
dürfte der Chryses des Pacuvius sein, der in Angliederung an das Oineusreich und seine
seinem sicherlich stark kontaminierten Stück z. T. dionysischen Gestalten empfangen: Deia-
die Gelegenheit ergriffen haben mag, etwa neira, seine Mutterschwester, sollte Althaia
durch einen deus ex machina, mit einer sol- von Dionysos empfangen haben, und seine Mut-
chen mehr nationalen Wendung zu schließen. 60 ter Gorge selbst wird von Oineus, der, wenn
Vgl. die Ansichten von Preller und Bobert Bd. 3, die genealogischeVariante begründet ist, schwer-
Sp. 997, 46ff. — Ganz abseits steht dieAnknüp- lieh von Haus aus ihr Vater war, Mutter des
tung des kappadokischen Tyana (©occva) an Tydeus {Peisandros, nach ApoUod. 1, 8, 5 =
Thoas: ItcI ©öccvxl ßcxGiXst Tavgcov, og xovg l^lo Wagn.). So erscheinen auch im System
dftqci 'Ogtßxriv v.al TLvXädriv 8icav.(x>v a^Qt- xfjgde der alexandrinischen Demennamen (6'a^i/ros oben
Tfj5 x^^Q^S iXd^tiv qriui^txcci v.ccl ivxav^cc v6c(p Sp. 802, 10 ff.) in der gleichen dionysischen Phyle
iino^ccvHv, Arrian peripl. pcnt. Eux. 6 {Steph. neben den auf den lemnischen Thoas zurück-
Byz. V. Tvarcc, Htrodian 1, 338, 10 : 2, 595, 3i.). gehenden ©occvritg u. a. auch 'AWri^ig und Jriicc-
819 Thoas ider Aitolier) Thoas (der Korinthier) 820
vitQtts. Eine entfernte andere Möglichkeit, den gelangt er nach Temesa im Bruttierland :
Namen Thoas bei dem Aitoler-Lokrer zu er- Tinxl^av d' ol vvv yiaXovaiv, Avootav xTiö/xa,
klären, böte vielleicht die Überlieferung, welche v6Tfgov 61 xal j^lrtoX&v twv ^itTo. ©oarrog, ovg
den ominösen Beinamen der ozolischen Lokrer ^^c/JaAov ßp^rrioi, Strabon 6, 265. Hier tritt er-
tn erklären sucht: nuncupantur a foetore dra- neut die Verbindung mit Odysseus hervor; denn
conis, quem Apollo inieremit, seu quod uxoies Aristoteles in der 'Waxriaiav TioXirela {fr. 607
eorum Veneris iro viris suis fuerint foedüate Böse min., aus Flut. qu. Graec. 14) berichtet,
Uuiri odori< invisae (Servius ampl. zu Aen. 8, nach dem Freiermord habe sich Odysseus einem
899). Also Übertragung eines bekannten Motivs Schiedsspruch des Neoptolemos unterzojren,
der Sage von den J-^uvia xaxa, und damit lo durch welchen er verbannt wurde. Avtos ^hv
auch die Möglichkeit der Übertragung lemni- ovv slg *ItaXiav ^ct^öttj xri., was ergänzt wird
scher Namen. Allerdings ist zu beachten, daß durch Apollodor epit. Salb. 7, 40 {Mythogr. gr.
Qoag in Aitolien auch als Flußname begegnet, 1,237, ISTI'apw.), wo gleichfalls diese Verban-
fur den späteren Acheloos, nach Strabon 10, nung erzählt und dann mit einer Verderbnis
450; Steph. Byz. v. *AxiXioos. — Der Aitolier- des Ländernamens berichtet wird : 'üdvaaia ös
führer Thoas erscheint im Epos außer in B in slg AlxoiXiav ngiig Göccvrcc (cod. ^öevrcc) xov
den Eampfszenen ^ 527 ff. (vgl. Hygin 1 14 ^AvSgcciyiOvog Tcagccyivo^itvov rijv tovtov ^vya-
[101,4 (ScÄwi.]). In seiner Gestalt begegnet Po- riga yfi^iat. xal xocraXinovra Ttaidoc Atovrotpogov
seidon dem Idomeneus iV'^216ff, Im Kriegsrat ^x ravtrig yrigaiov xBXsvTi)öai,. Die von }\agrnr
O 281 ff. wird der AItohX&v Sx* &Qictog gelobt, 20 Bhein. Jtfws. 46, 1891, 415 nicht herangezogene
als Kämpfer wie auch als Redner {onnöre xov- AristotelessteWe läßt es zwingend erscheinen,
(0( igicüktav nsgl ^iv^av). Er ist unter denen, daß AhcoXiav in irgendeiner Instanz aus Ver-
die die Briseis und Agamemnons Geschenke sehen für '/TaX/av gesetzt worden ist (was Bd. 8,
abholen, T 239. Wie ihn schon Jf 168 mit Sp. 628, 4üb ersehen ist), um so mehr, als noch
Odysseus zusammenstellt (unter den Helden, eine weitere Spur des Aufenthalts des Odysseus
die bereit sind zu einem Kampf mit Hektor), in Temesa kenntlich ist. Unweit der Stadt hat
so tritt auch sonst im Epos öfter, wenn auch Polites, für Odysseus der xriöiarog hägcav xfd-
nicht durchgehend, eine Paarung zwischen den vozarog rs (x 225), seinen Namen für die klas-
zwei nordwestgriechischen Helden hervor. Bei sische Heroisierung einer lokalen Spukgestalt
Homer selbst in der Lügenerzählung des Odys- so hergeben müssen, des rjgag iv Tt^^ajj., vgl.
seus I 499 (über deren Alter vgl. Bobert, Stu- Strabon a. a. 0. und Paus. 6, 6, 7, wo es aller-
dien zu Utas 80). In den Antehomerica ist dings heißt, Odysseus sei nach Temesa ge-
Thoas natürlich unter den Helenafreiern und kommen nXavm^istog ^srä aXcoaiv rriv 'IXiov
wird als solcher bei Hygin 81 {S2, IS Schm.) (vgl. Boh de, Psyche ISO). Eine Bestätigung bie-
unmittelbar neben Ulysses aufgezählt, mit dem tet auch die Tatsache, daß in den Scholien zu
zusammen er auch Mitglied der Friedensge- iyÄJopÄr. 1011 flP. mehrfach der Versuch hervor-
sandtschafb war, nach Diktys 5, 10. Weiterhin tritt, die dort genannten epeirotischen Namen
ist er es, durch dessen Schläge sich Odysseus für den Aufenthalt des Thoas in italische um-
so entstellen läßt, wie es für den Spionengang zudeuten: 1017; 1021 {aXXoag) und zu 1014 so-
nach Troja erforderlich ist : acfgaylg ^Livst ©öav- 40 gar: Ttgoxegov yccg nsgl Aißvriv a(i(p(a, vörtgov
zog iv nXsvgalg hi, Lykophr. 780 (daß es 6 'Av- 6' riXd^ov xal xarcoxTjffav eig 'iraXlccv. Die epi-
dgaifwvog ist, f^agt das Scholion dazu, 2,246 zephyrischen Lokrer, die später (nach Äirafton)
Seh.). In der Odyssee tut es Odysseus selbst Temesa besetzten, werden den ursprünglich
(ö 243), aber Lykophron gibt die Version der lokrischen Thoas, den Gefährten des Odysseus,
kleinen Ilias wieder (fr. 8 Ki.). Bei Quintus dahin versetzt haben. Sehr wohl möglich, daß
Smyrn. erscheint Thoas im Wagenwettkampf auch das Thoasgrab des ps. -aristotelisch efi Pe-
4,603. 623, wobei er (wie Thoas der jüngere plos (oben Sp. 818,42) dort zu denken ist.
aus Lemnos, siehe oben Sp. 814,21) einen ün- 3) Thoas der Korinthier ist nach Paus.
fall erleidet, dessen Schilderung hinter 624 2, 4, 3 mit einem Bruder Phokos Sohn des Sisy-
ausgefallen ist, aber durch die Heilung des 50 phossohnes Ornytion. Während Phokos nach
Podaleirios 638 vorausgesetzt wird. In der dem phokischen Tithorea übersiedelt (Archeget
Schlacht erscheint er 6,640 (wobei er den Paris von Phokis; vgl. Paus. 2, 29,3 und 9, 17, 6),
verwundet 587. Sein iraigog heißt Jri'Co7iiTr,g bleibt Thoas in Korinth, und sein Geschlecht
680) und 11,90. Desgleichen gehört er zu den setzt dort die Herrschaft der Sisyphiden noch
Insassen des von Odysseus ersonnenen hölzer- drei Generationen fort, von Thoas' Sohn Da-
nen Bosses (12,318; Vergil. Aen. 2,262; Hygin mophon an, bis zur Ankunft der Dorier. Die
108 [98,2 Schm.]\ vgl. auch og xccl totg*Argioig spezifisch delphische Version im /Sc/ioZ. zu iwrep.
naiGlv ocgxr)v evyxadstXs tr]v ngid^iov Paus. Or. 1094 {1, 205, 6ß. Schw.; vgl. Schol. BT zu
5, 3, 6 nebst 10, 38, 4). Die JVos^ewdichtung Homer B 517, wo aber Thoas nicht genannt ist)
scheint ihm teils in Epeiros ein Heim ange- 60 sagt "OgvvTog statt 'Ogvvriav und läßt schon
wiesen zu haben {Lykophr. 10, Ulf., wo der diesen (aus Aonien kommend) durch Waffen-
xagrsgog Pogyrig toxoj, der ötgartiXccTrig avg, hilfe, die er den Hyampoliten gegen die opun-
zusammen mit Nireus zunächst nach Libyen tischen Lokrer leistet, zum Herrn des phoki-
und von da nach Epeiros kommt und dort ein sehen Landes werden: iysvovto dh avrät Tcatdeg
unstetes und armseliges Leben führen muß, ^&xog -aal @6ag. &XX' 6 fihv ©oag &^cc rm na-
bis die dortigen Kolchier beide aufnehmen, xgl elg Kogivd'ov cctv^Xuos, ^ütiog dh äiaSt^d-
also eine mittelbare Beziehung auch dieses (isvog rrjv dgxrjv xov naxgbg ^(oxiag ccvxovg
Thoasnamens mit dem Argonautenkreise!), teils d)v6(iaGsv. Da die Einsetzung des Sisyphos ins
821 Thoas (Sohn d. Ikarios u. 8. w.) Thoasa? 822
Herrscheramt von Korinth durch Medea schon gliedert war. Es scheint dabei bedeutsam, daß
Eumelos bezeugte {fr. S Ki.), so kann die an nach Apollod. 'A, 10, ti (=-- S, l'iöWagn.) Ikarios,
erster Stelle genannte Überlieferung als die der Vater des Penelopebruders Thoas, ans La-
korinthische gelten. Jedenfalls sitzt der Name kedairaon vertrieben, gerade zu Thestios sich
Thoas in der Folge der korinthischen Sisy- begibt, worauf er nach der überwiegenden
phiden fest. Sage scheint er nicht entwickelt Tradition in Akarnanien festwurzelt; vgl. iJd. 2,
zu haben. Vielleicht bedeutet er nur eine Ver- Sp. 113, 12 ff. Hiernach ist nicht ausgeschlossen,
legenheitsauskunft der alten korinthischen Vers- daß der eben erwähnte Penelopefreier Thoas
chronik und eine dem wichtigeren Stammheros ohne Verwechslung des Inselnamens aus einer
der Phokier zu Liebe geschehene Übertragung lo Vermischung mit dem auf die angedeutete
nicht der Gestalt, wohl aber des Namens Thoas Weise vielleicht landschaftlich ihm nahestehen-
aus dem Phokis benachbarten lokrischen Am- den Penelopebruder Thoas entstanden ist. —
phissa (dann also eine Dublette zu Thoas Nr. 2). Zum Schluß einige gänzlich schattenhafte Ge-
4) Thoas, einer der Brüder der Penelope, stalten, für die der Name Thoas ohne irgend-
Sohn des Ikarios und einer Nymphe Peri- einen erkennbaren Anlaß willkürlich gewählt
boia, bei Apollodor 3,10,6 (= 3,126 Wagn.). erscheint:
Es sind verschiedene Erklärungen möglich. 5) Thoas, ein Troer, von Menelaos erlegt,
Entweder liegt bei diesem Peloponnesier eine Ilias 71 311 (mit StTiXi] ngög zr]v u(icovv(iiav
derThoasgestalten aus den Inselsagen zugrunde. seil, des Trojaners mit einem Griechen). Viel-
Ikarios wäre dann mit Ikaros verwechselt, der 20 leicht veranlaßte die Tatsache, daß Homer den
nach der gleichnamigen Insel gehört, dem Ge- Namen hüben und drüben verwandte, auch
burtslande des Dionysos (vgl. Preller -Robert, die Namenwahl sowohl Vergils, bei
6/r. ilfi/^/toZ. 1,1*, 677), mit der Weinstadt Oinoe 6) Thoas, dem Aeneasgefährten, von
(wie auch der attisch -dionysische Ikarios ge- Halaesus getötet, Aen, 10,415, wie auch des
legentlich als Ikaros erscheint: oben Bd. 2, Statins, der in der Figur
Sp. 116, 66. Usener, Sintflutsagen 106 scheint 7) Thoas des Thebaners den Namen
sogar zu glauben, daß dieser Thoas zu dem gleichfalls bei der Gegenpartei verwendet, wie
Attiker gehöre). Es gab dort einen besonderen Homer. Dieser Thoas ist ein Opfer des Tydeua
blühenden Kult der Tauropolos (mit welchem (8,696), weshalb möglicherweise auch eine Ver-
Kult sich der Name des lemnischen Thoas ver- so wechslung mit diesem Thoas bei dem oben
knüpft hatte); vgl. die Belege bei Köchly in Sp. 821,60 erwähnten vorliegt.
Schönes Iph. Tanr.^ 16 f. Dazu kommt folgen- 8) Thoas von Dulichion, Penelope-
des: eine Ikariostochter und Schwester der Pe- freier; vgl. oben Sp. 821,56.
nelope, Gemahlin des Eumelos von Pherai, wird 9) Thoas, Bruder der Althaea; vgl. oben
Odyssee d 71i7 so eingeführt: 'IcpQ-iiirj ytovgrj Sp. 821,60 und zu Nr. 7.
ßsyaXi^TOQO? 'Ixagioio. Aristarch zweifelte, ob 10) Thoas, älterer Name des Acheloos;
'[cpQiyLY] Name oder adjektivisches Epitheton vgl. oben Sp. 802, 20 und 819,12.
sei, infolgedessen ward die mythographische 11) Fanyassis (fr. 25 Ki.) soll nach den
Tradition nach den Namen der Penelopege- Hsr. des Apollodor 3, 14, 4 (= 3, 183 Wagn.)
schwister durchforscht (vgl. Jessen, RE 9, 443, 40 den Adonis genannt haben 06ccvTog ßccödsmg
64 ff.). Dabei erscheint in den Schölten u. a. kaGvgiojv. Aus der Parallelüberlieferung ist
auch — im Schol. Ms. Barn, belegt aus An- längst festgestellt, daß Gsiavtos zu verbessern
c?ron (dem Halikarnassier, Müller FHG 2, 3b0, ist; vgl. Heyne, Obss. 327 und Koch in der
7) — als Name dieser Ikariostochter der be- Ausg. des Ant. Lib. 277. [Immisch.]
rühmte lemnische Name Hypsipyle (verderbt Thoas (©OAM), Name eines geflügelten
zu örinvXriv, aber Schol. M richtig ttvsg ds Rosses, das mit einem andern (wahrscheinlich
'Ti\)Lnvl7\v XeyovöL und ebenso HPQ, wo nur Dias benannten) zusammen vor einen Wagen
Q oipiTtvXr] hat). Unter den Brüdern aber zäh- gespannt ist, der wahrscheinlich den Amphiaraos
len die Scholien auch Gocov auf, ersichtlich und die Eriphyle trug, auf einer frühkorinthi-
ein Versehen für 06ag. Ferner kommt in Be- 50 sehen Vase aus Aigina. Die Deutung ergibt
tracht, daß die Insel Ikaros früher JoXtxr] hieß sich aus der bei Antimachos {Kinkel, Frgm.
(oben Bd. 2, Sp. 115, 3 ff.). Der unsichere Thoas Kpic. 1, S. 285 = Schol. Rind. Ol. 6, 21) er-
von dort könnte also durch Verwechslung mit haltenen Notiz, daß die beiden Rosse des Am-
Dulichion und unter Verdrehung seines Ver- phiaraos Thoas und Dias hießen. Vgl. Stud-
hältnisses zu Penelope vielleicht identisch sein niczka, Mitteil. d. athen. Inst. 1899 (24) S. 368.
mit dem Thoas, welcher bei Apollod. epit. Sabb. [Röscher.]
7, 27 {Mythogr. gr. 1, 234, 1 Wagn.) unter der Thoasa? (0oa(>a?), nach Pott in Kuhns Zeit-
Zahl der Freier der Penelope erscheint. -^ sehr. f. vergl. Sprachforschung 7, 262 die Femi-
Doch bietet sich auch noch eine andere Mög- nalform zu 0öag, Tochter des Teukros, Mutter
lichkeit. Nach Luct. Plac. zu Stat. Theb. 1, 4U2 60 des Priamos, Stamis {Stamon? Skamon, Din-
(48, 5 ff. Jahnke) nannten manche den Verwand- dorf, Schol. in Hom. II. 1 p. 154, Anm. 20) im
ten, dessen Tötung Tydeus aus der Heimat Schol. D Hom. II. 3, 250 p. 109 b, 3 Bekker ^
forttrieb, Thoantem Althaeae malris fratrem. F. ^. (7. 4, 491, 6. Der Codex Parisin. 27 6Q bei
Das wäre also ein aitolischer Thestiossohn Cramer, Anecd. Gr. Paris. 3, 2S2, 16 und der
Thoas aus Pleuren, natürlich nur eine Namens- Codex Mureti hat nach einer an E. Maaß, Her-
dublette des berühmten aitolisch- lokrischen mes 24 (1889), 644 Ton iS'cÄim&er^f erfolgten Mit-
Thoas Nr. 2, der durch seine Mutter, die AI- teilung statt ©ooröa : Oöaaa. Nach iH/aa^ a. a. 0.
thaiatochter Gorge, der gleichen Sippe ange- ist diese Mutter des Priamos identisch mit der
823 Thot* Thorybos 824
gleichnamigen Tochter des Phorkys, die von zitierten Stelle: Staims iv tw jrfpl Aiaßov im
Poseidon Mutter des Polyphemos ist, JHom. Od. Schol. D zu Ilom. 11. 3, 250 Bekker G6ct6a\
1,71. ÄpoUod.Efnt. 7,4. Porphyr. Antr. vtjmph. dieselbe Form ist wiederholt bei Stmnis oder
86. Nonn. Dionys. 89, 29.H. Hesych. s. v. Socaccc. Sktwwn oder Stamon F. H. Hr. 4, 491, 6. IHn-
Ttetz Argum. et AUeg. Hmn. U. 1, 118 (P. Ma- dorf zitiert dieses Scholion mit der Form flofoau
tranga» Anecd. Gr. 1,288). Schol. Theokr. 11,07 in den Scholia Graeca zu der angef. Stelle nur
p. 247 Wendel; Tgl. v. Wilamoicitz' Homer. Un- in einer Anm. mit Hinweis auf F. H. Gr. a.
teri>uchungen\%. E-Hohde, ühein. Mus. SQ{ISS1)^ a. 0. Da sich aber die Schreibung mit w dort
896 Anm. 1 = Kleine Schriften 117 Anm. 1. nicht findet, so liegt offenbar ein Versehen Tor.
Maaß erklart Goioöu für die Nymphe vom lo [Ruhl.]
AthoB {*S6(og: ^A^otog fÄ229] = Pharai : Apha- Thootcs (Öomrrjs), 'der Schnelle', Herold des
reu8 = Paisos: Apaisos); vgl. oben Sp. 1688 Menestheus, Hom. II. 12, 342 ff. |Ruhl.]
Anm. Auch der Name der Poseidontochter Thoraios (©opafoff), Beiname des ApoUon,
Thoosa, die von ApoUon den Linos gebiert Lykophr.A1ex.Sbl. Nach dem S^c/ioZ. z. d. St. =
(Cerfam. Hom. et Hes. cod. Laurent, p. 486, 42 ffTtfpftoyovoe xal yevrrjT/xog. 6 avxog ydg iatt
ed. maior Rzach) ist nach E. Maaß, Orpheus töj ^Uoo- nävxa dh 6 tjXios ysvvcc x«i TQ^(pBi xal
163 f. nicht anzutasten und nicht, wie z. B. u^^st,. Das Epitheton bezeichnet also wohl den
Greve, Boschers Myth. Lex. 2, 2056, 62 ff. und Apollon als Gott der Zeugung, Gruppe, Gr.
Rzach tun, um Übereinstimmung mit Charax Myth.SbZ^S. Konr. ZacKer, De nominibus Grae-
(fr. 20) bei Suid. s. v. "Oiirigog (F. H. G. 8, 641) 20 eis in -aiog, -uia, -atov (Diss. phil. Hall. 3)
f.u erzielen, in Ai9ovgcc zu ändern: 'gerade für S. 197. S.Wide, Lakonische Kulte 'dO. Nach letz-
die Tochter des Meergottes eignet sich die Be- terem ist der Apollon Thoraios identisch mit
Zeichnung Thoosa (von ^wf, wie Xrjrcb von x^- @oQdxr\g 'AnoXlav naga Aäx(06iv (Hesych.) und
vog); diese Meernymphe ist mit der Odyssee, mit dem A^oWonOogräxiog {Hesych. a.v.Oogva^;
wo Phorkys ihr Vater ist, in der Chalkidike vgl. Paus. 3,10,8. Herod. 1,69. Xenoph. Hell.
zu Hause.' Thoosa, nicht Aithusa, schreiben 6,6,27). [Höfer.J
auch Loesner in seiner Ausgabe des Hesiod, Thorates {Oogatrig), Beiname des Apollon
Loheck , Aglaopham. 823. 0. Gruppe, Boschers in Lakedaimon nach Hesych. s. v. ftogärrig'
Myth. Lex. 8, 1076, 33 ff. f Höfer.J kicdXXav Tcagä Ad-ncoaiv und M. Schmidt z. d. St.
Thoe {S6ri), 1) Tochter des Okeanos und der so Gruppe, Gr. Myth. etc. 853, A. 8. S. Wide, La-
Tethys: Hes. Theog. 364. — 2) Eine der Ne- kon. Kulte 90. Preller- Bohert P S. 269,4. 730,
reiden (s. d.). 11. 18, 40. [Röscher.] 2 und den Art. Thoraios. [Röscher.]
Tho^rls 8. Toeris. Thorax {&6Qai), 1) Teilnehmer an der kaly-
Thon {Smv, auch S6(ov ^ (9<»r), König von donischen Eberjagd auf der Fran^oisvase (ßo-
Ägypten, Gemahl der Polydamna (s. d.), welche gctxg)., Furtwängler und Beichold, Griech. Vasen-
der Helena ein Kummer und Groll bannendes maierei 1, 60, Taf. 13. — 2) Ein König, p]rfin-
vpäguttxov schenkte: Odyss. 4, 219 ff. Vgl. die der des nach ihm benannten Panzers (-S-cop«^),
Schol. u. Eustath. z. d. Stelle, sowie Herod. 2, Serv. ad Verg Aen. 9, 506; vgl. Mart Kremmcr,
113, der einen Smvig als Wächter der kano- De catalogis heurematum (Diss. Leipzig 1890)
pischen Nilmündung, und Strah. 17 p. 800, der 40 p. 7, 1. — 3) Gott des gleichnamigen Berges
eine Stadt Öwrig daselbst erwähnt. [Röscher.] (Z)tod. 14, 36) auf einer Münze des L.Veras
Thoon (S6(ov), 1) einer der Giganten (s.d.): von Magnesia (Mionnet 3, 149,647; abg. Bayet
^poZ/od.6t6Z. 1, 6,2. — 2) König von Ägypten: et Thomas, Milet 121,26), Imhoof- Blumer,
Luc. Alex. 5 (s. Thon). — 3) Begleiter des Kleinas. Münzen 1, 80, Anm. zu nr. '29.
Bakchos in Indien: Nonn. Dion. 28, 112. — [Höfer.]
4) Troer, a) Sohn des Phainops: 11. 6, 152. — Thoreke (Gagrixri), Amazone, Gefährtin Pen-
b) einer, der Odysseus erlegt: II. 11, 422. — thesileas, Tzetz. Posth. 181. [Klügmann.]
c) einer, den Antiochos tötet: II. 13, 645. — Thorlkos ((9optxd?), Heros eponymos eines
6) Ein Phaiake: Od. 8, 113. — Vgl. Schol. II. Demos der Akamantischen Phyle nach Hesych.
N 643 : G6(üV£g ßägpagot, rgsig, 6 filv vnb Jlo- 60 s. v. Gogmög (vgl. M. Schmidt z. d. St.).
^ijdovg, 6 Sh vnb 'OSvöa^ag^ ö öh vnb kwi- [Röscher.]
Xoxov ccvaigov^BvoL. [Röscher.] Thornakips (Gogvccmog), Beiname des Apol-
ThooSA (Öötötfa), 1) Tochter des Phorkys, Ion in Lakonien: Hesych. Gogva^- vnonodiov
von Poseidon Mutter des Polyphem, Hom. Od. ^ hgbv knoXXcovog iv ry A(xv.(ov Ly.fi. Send te
1, 71 ; Porphyr, antr. nymph. 35 ; Apollod. epit. Gogvccnog ©oQvd'niog 'AnöXXav. Von dem Kulte
7, 4 W; Nonn. Dionys. 39, 293 (Hesych.). Sie des Apollon Pythaeus auf dem Thornax han-
ist die Personifikation der stürmischen Meeres- dein Herod. 1, 69. Paus. 3, 10, 8. Vgl. Preller-
flut, die 'schnell Dahinschießende', Preller- Bobert* 1, 267, 2. 274, 3. Gruppe, Myth. u. Bel-
Robert, Gr. Myth. 1*, 561 u. 623. — 2) Die Gesch. S.S6S,S. [Röscher.]
personifizierte Schnelligkeit bei Empedokles fr. 60 Thornax (Qogvai)^ 1) = Apollon; s. Thor-
122 in Diels, Fragm. der Vors.* p. 209^. — 3) nakios. — 2) Tochter des Japetos, Mutter des
Von Apollo Mutter des Linos? Statt Aithusa Buphagos: Paits. 8, 27, 17: dvai de 'lansrov rt
ist nämlich im Certamen Hes. p. 28647, I^^^ich -noctdalt. Eovcpocyov^ xai 06gva-)iog' tavtrjv xal
ed. min.* im Laurentianus ffodoörig überliefert. iv rfi Aa-ncavixfj Oögvayicc ovo^a^ovOL. [Röscher.]
— 4) Pauly, B. E. 4, 42, Pape- Benseier, Gr. Thorybos (^dpr^og), der personifizierte Lärm,
Eigenn. 1' 1252 Z 20 und Gruppe, Gr. M. Be- Sohn der Adikia; das Gegenteil ist Hesychia,
gisterl9,(ih Z 10 geben als Gemahlin des Lao- die Tochter der Dike, Schol. Bind. Pyth. 8, 1.
medon eine Thoosa an. Doch steht in der [Höfer.]
825 Thoth (griech. Nameneformen) Thoth (ägypt. Namensformen) 826
Thoth^ ägyptischer Gott. ohne Zusatz lautlicher Zeichen. Später kommen
. .jg. die phonetischen Zeichen für den Auslaut tj
^^ ' hinzu. Über die Hinzufügung der Zeichen für
1. Griechische Formen. Der Name hat t-t bei der ältesten Henennungsform für das
in griechischer Wiedergabe sehr verschiedene Thothfest vgl. unter B. 4. Wie der Name ur-
Formen. f)iv%- in der ältesten Erwähnung bei sprünglich lautete, ist daher nicht genau zu
Plato {Phileh. 18b. Phaedr. 134); man hat ver- sagen. Lautlich mit allen seinen Konsonanten
mutet, aus einem besonderen ägyptischen Dia- ausgeschrieben begegnet er uns überhaupt ziem-
lekte (Rec. de trav. 23,200). Gav^^ spät be- lieh selten. Zuerst kommt er so im Mittleren
zeugte Form {Pap. gr. Lugd. Bat. ed. Leemans lo Reiche vor, und zwar an einer der Hauptkult-
2,103. Dieterich, Ahraxas 189. Reitzenstein, statten des Thoth, in Gräbern und auf Sarko-
Poimandres 22). ©ovd" (Inschr. von Rosette^ phagen von Der el-Bersche in der Schreibung
griech. Text, Zeile 49. Clem. Alex, ström. 15, Dhivt und in den theophoren Personennamen,
131. Euseb. praep. ev. 1^9); wovon auch die aus in denen der Gottesname den ersten Bestand-
Govd^lKoais entstandenen Formen der Königs- teil bildet, Dhutj und Bhtj, in hebräischen
namen Gov^i^coGig, &(imaLg, ©^ov^oieig (im Buchstaben also etwa "^nns und Tn::. Für das
dbVTntni&Q^xen J^kisehiiis Thmötiwsis \\nCi Thmösis) Hieroglyphenzeichen, das gewöhnlich hierbei
abzuleiten sind, wie auch der zweite Bestand- den anlautenden Konsonanten wiedergibt, aber
teil von MioqiQCiyiLov^ioGig {Sethe, Untersuch. auch für den ganzen Namen, treten in dieser
zur Gesch. u. Altertumsk. Ägyptens 1,73). Gmvd; 20 Zeit und später bisweilen Zeichen ein, die ein
auch als Monatsname und in Namen von Ägyp- Brot vorstellen (Maspero, Inscr. des pyramides
tern wie Xivad-av^. ©cavt Personenname; vgl. üb Anm. 1, Mem. p. p. les membres miss. arch.
Xead'covTTjs y kgd'covrrig (Petri, Pap. 3). 0ood' fr. au Caire 1, 157, Anm 1. 162 Z. 408. An-
nach Pseudo-Sanchuniathon die den Alexandri- nales du Service 2, 213. 217. 219. 221. 3, 277 f.
nern geläufige Benennung für diesen Gott, auch Lacau, Cat. sarcoph. anter. au nouv. emp. 2, 89.
Monatsname; ferner in Personennamen wie Jüa- 140. [Nach Mitteilung von <Sie«>irfor/f auch:] <S'ar-
vfO-cb-ö" (Var. XcivhQ^öiQ-7]g, Xccv-sad-md-rig) ^ Ziv- Icophag des Thothhotp, Leipzig). Man hat dahinter
Q-totig^ riccd'wtrig. Qovx in ©ovxsvg. ©d-O-, Mo- einen besonderen Namen des Gottes Thoth ge-
natsname. 0dr, z. B. in den Personennamen 0o- sucht, der etwa Ta gelautet und Brot bedeutet
revg {Hihbeh Pap. 1, nr. 68; vgl. Spiegelberg in 30 habe {Brugsch, Bei. u. Myth. 442. Turaeo 41).
der Zeitschr. f. äg. Sprache 1908, 101); eine un- Es handelt sich aber schwerlich um mehr als um
veröffentlichte Bilinguis ergibt die Gleichung eine Schreiberkünstelei, der allerhöchstens eine
des ]s &mer):^ Dhwtj-rh = ©otoqxv?, der also etwa etwas veränderte Aussprache des Anfangskon-
Thot-erche gesprochen wurde (nach G. Möller). sonanten zugrunde liegen mag. In demselben
Auch in Zsvd-OTsvTov = Mes Sohns des Tho- Zeiträume zeigt sich nämlich, dem Lautwandel^
teus' {Spiegelberg, äg.-griech. Eigennamen aus der damals vor sich ging, entsprechend, wie
Mumienetiketten 39, nr. 271), ©orovg {Zeitschr. ganz vereinzelt auch später die Schreibung
f. äg. Spr. 1884, 50. 54 f.), @otoQtaLog, Fem. Dhictj, genauer Thwtj = ^r:nD {Lepsius, Alt.
©OTopTocts = 'Thot ist's, der ihn, d. h. den Sohn, Texte des Totenbuchs 46, Anm.; vgl. Zeitschr.
beim Fem , der sie, d. h. die Tocl^ter, gibt' 40 f. äg. Spr. 11, 141. Lacau a. a. 0. 1, 80; vgL
{Rec.de trav.SZ, 127. 128. 138 Anm. 3. Zeitschr. ebd. 2, 204) wohl Tehoutej oder Tehoutej zu
f. äg. Sprache 1905, 85. H. Ranke, Keilinschr. sprechen. Für die Zeit des Neuen Reichs führt
Material zur altäg. Vokalisation = Abhandl. der die keilinschriftliche Wiedergabe Tihut (vgl.
Ak. d. Wiss. Berlin, phil.-hist. Kl. 1910, Anh., Ranke a. a. 0.) wie später die aramäische r'nr^
Abt. 2, 41), ©oTo^ovg. Tovd' und Tt-d- in den auf den regelrechten Abfall der Endung j und
Königsnamen Tov&iicoaig, Tid-iiooGig. Enthalten auf die Aussprache Tehüt oder Tehout. Nach
ist der Name auch in Mavs&dog = 'Geliebt von Ausfall des h entstanden dann die koptischen
Thoth'. tber kd-w&rig und Tat vgl. unten. Zu Formen GOOTT (sahidisch; Zeitschr. f. äg. Spr.
dem auslautenden ^ dieser Formen haben Boris 21 , 94 f. ; vgl. ebd. 38, 88. Melanges d'epigr. eg.
T^iraev{BogTot,J.e.VZ-l^^^= 50 ^g^^ ^93^ {Zeitschr. 1883, 105) und
fakulteta tmp. S. Peterburgsk. umv., T. 46, 13) ' ^' , \o -- • ■, . -r. 1 x-
und Sethe {Zeitschr. f. äg. Spr. 19.06, 145) die OlüOTT, auch eAT_(fajjumisch). Der kopti-
Wiedergabe des ägyptischen t-Lauts in 'ÄQ-ql- sehe Ortsname WIUANe«JOTT {Zoega, Catal.
ßig, Movd; Neid', I^7]d- verglichen. Spiegelberg 18), in dem viele diesen Gottesnamen wieder-
in Rec. trav. egypt. assyr. 23 (1901), 199—200 finden wollen, wird allerdings nichts anderes
w^eist die Form 0OOYT dem sahidischen,0COOYT gewesen sein als Plural von dem koptischen
dem bohairischen Dialekt, 0OY0 dem achmi- Worte für 'Sammelplatz' (z.B. für Handwerker;
mischen und 0AT dem fajjumischen Dialekt der vgl. Quatremere, Mem. geogr. hist. sur VEg. 1»
spätägyptischen Sprache zu. Aus dem Griechi- 50), 'Viehhof, ^iiavXig. An unbetonter Stelle
sehen übernommen sind die Formen Thoyth 60 wurden verkürzte Formen gebraucht. Dies spie-
und Thoth, die Cicero {nat. deor. 3, 22) und gelt sich namentlich ab in der Verwendung
Lactantius {inst, divin. 1, 6) brauchen. der oben angeführten griechischen Wiedergaben
2. Ägyptische Form. Ägyptisch wird der mit knappster Vokalisierung Gor- usw. in Zu-
Name des Thoth in ältester Zeit nur mit der sammensetzungen. Selbst das auslautende t der
Abbildung der ihn vorstellenden Ibisfigur auf durch allmählichen Lautschwund schon reich-
''^v lieh zusammengeschrumpften Grundform geht
einer Prozessionsstandarte _/^ geschrieben, bisweilen verloren; so in ©vGvring, @v6vtoit
(neben Gorav&rig, QoxövdaLg) = Thot-sötem
827 Thoth (Deutung) Thoth (Kultus, alt. Zeit) 828
(Zeüschr. f. äg. Spr. 22, 54. 49, 90. Bec. de trav. daraus in relij^iösen spilthieratischen Texten
«8, 199 f. 24, 84— UO. 26,66. i^piegdberg, Äg. u. geradezu ein Doppelgänger des Thoth: 'Heil
griech. Eigenn. 3Uf., nr. 90. Vgl. unter B. 1. d). n rn
8. Deutung. Eine ganz sichere etymolo- dir, ... Thoth ! Preis dir H^* (Text bei Turacv
frische Deutung hat sich für den Gottesnamen ... . , ^„v ... ,. tt- i
l)ehowtiJ nicht gewinnen lassen. Dualistischen ^tV*/"S^"? >' ^ ^* Auch in die Hierogly-
Sinn, wie man vielfach annahm, hat das Wort "^^t,?'^ 7^'^^'^ verirrte sich eine daraus ab-
iedeifalls nicht. Die Endung ist nicht das 1j f}^'^^^. Zeichengruppe {Brugsch, Wth o 29.
des femininen Duals, sondern nur das adjek- »^)5 ^°^ ^« ««^^°°* ^^« Thoth vorstellende
tivische j. Am ansprechendsten ist die Auf- lo Zeichen ^ denselben Lautwert wie \\ {Bmgsch,
fassung von-F. LI. Grifßth {Ä collection of hiero- xl i
glyphs [= Archaeol Survey of Eg., Mem. 6] 21 ; »^'«o- 6. ^ö- y^eitschr. f. äg. Spr. 13, 53), den die
dagegen Fiehl in Sphinx 3,61), Dhiitj bedeute Neueren mit a, jetzt mit t wiedergeben. Der
'der Dehutische*; wie Osiris nach Andet, dem Gott Ä oder J, von dem neuere Mj^thologen
9. unterkgyptischen Gaue Ande^, 'der Ande- (Brugsch, Bei u. Mythot. 441) als 'Bezeichnung
tische' heiße, so sei Thoth nach Dhwt, dem des Gottes' Thoth sprechen, entspringt also
Namen des 16. unterägyptischen Gaues (vgl. nur aus der Fortpflanzung eines Lesefehlers.
B. 1. b), benannt worden. Dehoictij würde dem- Vgl. Schäfer in der Zeitschr. f. äg. Spr. 40, 121.
nach auch ein Gegenstück zu Nubti (Roschers
Lexikon Bd. 4, Sp. 729), dem nach dem Orte 20 B- Kiütus.
Nubt benannten Gotte sein. Nur steht nicht 1. Kultusstätten, a) Älteste Zeit. Die
fest, wie der Name des 15. unterägyptischen ältesten Denkmäler bieten so gut wie gar keine
Gaues lautete, ob wirklich Dhwt. Wohl des- deutlichen Angaben über die örtlichkeiten, an
halb läßt G. Steindorff {Die ägypt. Gaue = Abh. denen in diesen Zeiten Thoth angebetet wurde.
d. phil.'hist. Kl. d. Sachs. Ges. d. Wissensch. 27, In einer Aufzählung wird einmal {Pyr. 1271;
873 f.) die Wahl, ob man in diesem Falle den dazu Turaev 24) eine Reihe von Gottheiten je
Namen des Gaues von dem des Hauptgottes, einem Orte zugewiesen, darunter Thoth einer
der in dem Gau verehrt wurde, oder den Na- Stadt, deren Namen sonst nicht vorkommt und
men des Gottes wie den der Göttin von Bu- etwas wie 'Thron' oder 'Sitz des Thoth' be-
bastis von dem der Kultusstätte ableiten wolle, so deuten mag. Auch wird einmal Thoth ange-
Andere Deutungsversache: Reinisch, Mira- rufen als 'der in Hetepw-Neteriü\ was vielleicht
mar 116. Zeitschr. f. äg. Spr. 10^ 2i; dagegen eine Ortschaft, aber eher" wohl Name eines
Turaev a. a. 0. 13. Pietschmann, Hermes Tris- Heiligtums oder Terapelraumes ge^^^esen sein
megistos 2 — 4. Zeitschr. f. ägypt. Sprache 15, 28. mag. Jedenfalls weist nichts in diesen Angaben
Brugsch, Relig. u. Myth. 439 f. Maspero, Hist. auf eine uns bekannte Gegend. Ferner gehören
anc. des peuples de V Orient 1, 145 Anm. 3. Rec. nach einem an Re-Atum gerichteten Spruche
de «rat?. 20, 156 f. Ancient Egypt 4,117. Eine {Pyr. 153—159; vgl. Boeder, Urkunden 189 f.
ganz gekünstelte Schreibung fiir den Namen Breasted, Development of religion and thought in
des Thoth, die spät und vereinzelt in der Weih- Anc. Egypt, Lond. 1912, 119 f.) zu Seth und
inschrift des Tempels von Dendür in Nubien 40 Ncphthys die Gottheiten des Südens, zu Osiris
auftaucht {Brugsch, Geogr. Inschr. 1,78 u. nr. und Isis die des Nordens, zu Thoth die des
•580; Dict. geogr. 335), hat man Täud oder Westens, zu Horus die des Ostens. Brugsch
Taaud lesen wollen. Aber selbst, wenn das {Rel. u. Mythol. 450 f.) hat diese Verteilung im
zuträfe, hat man hierin weder, wie Reinisch Sinne des von ihm ersonnenen Religionssystems
{^Miramar 116; dagegen Turaev a. a. 0. 14) astronomisch zu deuten versucht, aber schwer-
wollte, die Grundform des Namens Thoth noch lieh richtig (vgl. Turaev a. a. 0. 26 Anm. 3).
das lautliche Vorbild für Tdccvrog oder Tav- Dazu würden Zweck und Wortlaut dieses Spruchs
-ö-og, den Namen, den angeblich {Euseb. praep. nicht stimmen. Der Tod des eben verstorbenen
€V. 1, 9) Thoth bei den Phöniziern geführt hat. Königs wird dem obersten Gotte und den ihm
_-. „. , , '^ . i. • TT. i^. 1 50 nachgeordneten Mächten des Jenseits angekün-
Die Hieroglyphe ^ ist im Hieratischen, ^^^^ Maßgebend für die Bezeichnung ihres
und zwar in der kursiven Buchschrift des Mitt- Machtbereichs würde also lediglich sein, was
leren Reiches so stark vereinfacht worden, daß ^^^^ ^^m Ebenbilde der wirklichen Welt rein
später, als die hieratischen Schriftzüge zu einer geographisch betrachtet im Gesichtskreise von
deutlicheren Form zurückgekehrt waren, sie Hehopolis als ihr eigentliches Hoheitsgebiet
von ägyptischen Schriftgelehrten häufig ver- sich darstellte. Danach wird in dieser frühesten
kannt und mit dem Zeichen für die Hiero- ^eit Thoth im westlichen Delta, also etwa in
f\ der spätem Hermopolis parva seine vornehmste
glyphe [1 verwechselt wurde. Dieses Zeichen Kultusstätte besessen haben. Auch ist aus der
, y 1 T i.u-ij r- j XT j 60 Botschaft an die Gottheiten des Westens, die
Thnl' h r AU fli a' ^"^ ^r'^^I f ' Thoth hierbei aufgetragen wird, ersichtlich, daß
Thoth behandelt und tritt demgemäß mit den ^^^ ^^^ eigentliche Plychopoipos hier nicht
entsprechenden Deutebildem für Gottesnamen ^^^ ^^^^^^^ ^^^ Schakalgott der 'Westhöhe'
I oder ^ versehen auf (Stellen bei Pietsch- S^^\ daß also Thoth nicht etwa wegen der
I \ll Macht, die er nach damaligem Glauben be-
mann, Hermes Trism. 8 Anm. 3. Turaev 84, 5. reits im Amenthes ausgeübt haben wird , bei
G. Möller, Über die in einem späthierat. Papyrus dieser Göttergruppierung zum Vertreter des
enthaltenen Pyramidentexte 16 f.). Zuletzt wurde Westens geworden ist. Auch nach der Reihen-
829 Thoth (Kultus, illt. Zeit) Thoth (Kultus, alt. Zeit) 830
folge in einer anderen Aufzählung der Götter Fünf führt. (Vgl. Lepsius, Götter der 4 Bie-
der vier Himmelsgegenden (Pyr. 1612 — 1614. me7ite [= Abh. d. Akad. d.Wiss., phil.-hist. Kl.^
Maspero, Inscr.des pyr. 267 f. 376. Mein, mein- Berlin 1856. Zeitschr. f. äg. Spr. 1871, 8'J— 95.
hres mixs. arch.Caire 1,147), die ebenfalls von Dümichen, Gesch. Ägyptens 185 f. 210 — 220.
Heliopolis ausgeht, hat Thoth den Westen inne Brugsch, liel. u^ Myth. 123 — 160; Ägyptologie
(Turaev 27). Während die späteren Inschriften 25 f. Maspero, Ktudcs de myth. et d'arch. 2, 2:^3
bis zur Eintönigkeit bei Erwähnung von Gott- — 260. 367. 381 — 385; Hist. anc. des peuplcs de
heiten auch die Stätte nennen, wo Hie haupt- Z'oneMi cZass. 1,145 — 148. 2'Mraey a.a. U. 16— 20.
sächlich weilen, fehlt jeder solche Hinweis an Sethe, Von Zahlen u. Zahlwörtern 33) Als 'Herr
den Stellen, wo in den Grabin.schriften der lO der Acht'- Stadt wird Thoth unendlich oft be-
Pyramidenzeit das Amt eines Priesters des zeichnet. Nicht selten heißt er 'der in Chmunu*
Thoth vorkommt. ^ (z. B. imj Hmunu. Grifßh, Siut (t Der Eife
b) Hermopolis. 'Es hat wohl politische 17,26), 'Thoth in Chmunu' im J^munu. Pap.
und reichsgeschichtliche Gründe gehabt, daß Sallier 4, 15, 7), der 'Herrliche in Chmunu
schon im Alten Reiche unter den Orten, an weilende' {ChampoUion , Notices dencr. 1,749.
denen Thoth verehrt wird, eine Stadt Mittel- Brugsch, Bei. u. Myth. 441), der 'Herrliche in
ägyptens am meisten hervorzutreten beginnt, Chmunu' {Lepsius, Denkm. 3, 191), der 'Herr-
die Hauptstadt des 15. oberägyptischen Gaues, liehe der Herr von Chmunu' {ebd. 3, 188 f.), der
des Gaues Unu oder Unut {Wnw , Wnwt. 'Herrliche, der verlangt nach Chmunu', auch
Brugsch a. a 0. 146 f. Steindorff a. a. 0. 871), 20 der 'herrliche Ibis, der verlangt nach Chmunu'
die bei den Alten Hermopolis magna, bei Pli- {Brugsch, Dict. geogr. 781. Pap. Anast. 5,9),
nius (w. h. 5,9) oppidum Mercurii (die Stellen 'Thoth im Achthause' {Brugsch, Dict. geogr.
im Bec. de trav. 24, 5 u. 7) heißt. Ihr altägypti- 1056); und nach ihm wurde die Stadt das 'Haus
scher Name war Chmunu {Hmnw), koptisch des Thoth des Herrn von Chmunu' {Pap. Har-
Schmün {'Eöiiow, vgl. Wessely, Studien 10, nr. ris 1,61) genannt. An Ort und Stelle ist bei
190), jetzt Aschmunen. Chmunu, von dem Zahl- Aschmunen wenig mehr über den Kultus des
Worte 8, das noch koptisch srmm lautet, be- Thoth zu ermitteln gewesen. Der große Porti-
deutet die Stadt der 'Acht', nämlich einer kus des Tempels, den noch J)e>2on gezeichnet hat
Gruppe von acht Göttern, die hier als eine {vgl. d&zu Thom. Legh, Narrative of a journey
Einheit angebetet wurde und hier, wenigstens 30 in Egyp f'^LondASn,S8 — 90. Wilkinson,M.SC.
zur Zeit des Äthiopen Pianchi, also im 8. Jahrh. 3*, 165. ChampoUion, Lettres 85), ist erst 1822 zer-
V. Chr., ein Heiligtum für sich, getrennt von stört worden. Übersicht des Geländes: Descrip-
dem des Thoth besaß. Was die 'Acht' ur- tion de V E yypte, Ant. 4=^50; dansich hei Maspero,
sprünglich vorstellten, beibt ungewiß. Nach Hist. anc. des peuples de l'or. cl. 1, 144:. Annales
späten Darstellungen und Texten gelten sie in du service 8, 213. Zu der 'Achtstadt' gehörte,
der ägyptischen Theologie als ürwesen, deren v^ie es scheint, Hesort (geschrieben Hsrt, auch
Dasein dem ersten Erscheinen des Lichts voran- Hsrj. Lepsius, Denkm. 2, 119. Naville, Saft
ging, das nach einem Mythos von einer 'An- el-Henneh 6,3 u. S. 9. Totenbuch, K. 146 Nav.
höhe in Chmunu' aus erfolgt war. Und zwar Brugsch, Geogr. Inschr. 1, 216. 232. nr. 998;
faßte man sie als vier Paare auf, die aus ]e io Dict. geogr. 535 f. 749 — 752. Turaev 16 f. 119);
einer männlichen und einer weiblichen ihrer es wird eine Benennung für den Tempelbezirk
Benennung und Bedeutung nach einander zu des Thoth und der Acht sein. Ferner lag im
einer begrifflichen Einheit ergänzenden Gott- Gau von Unu die 'Flammeninsel' oder 'Insel
heit bestanden. Die vier männlichen Urwesen der beiden Flammen', 'Insel der Doppelflamme'
findet man als Frösche oder mit Froschköpfen, {Iic-nsrsr{-'). Brugsch, Dict. geogr. 359. 1362.
die vier weiblichen als Schlangen oder schlan- Ders. Bei. u. Myth. 472. Zeitschr. f. äg. Spr. 33,
genköpfig gedacht und dargestellt; wohl weil 122.. Turaev 119 f. Vgl. Pyr. 397c: Iw-n-sjsj)
Frösche und Schlangen als Ausgeburt eines ur- zu der Thoth in Beziehung stand; sie wird
anfänglichen noch von keinem Sonnenstrahl er- unter anderem erwähnt als der Ort, wo sich
hellten Weltzuständes betrachtet wurden. Doch 50 die heiligen Bäume des Gaues befanden, und
sind bisweilen auch an die Stelle dieser Ge- wird der Name der Nekropole von Unu sein.
bilde, wohl jenes Mythos vom ersten Sonnen- Als Stätte, an der Thoth weilt, wird häufig
aufgange wegen, wennschon nachträglich, als das 'Vogelfallenhaus' {iTt jbtj) genannt, und
gleichwertig andere 'Acht' getreten, die Gruppe zwar bereits in einem der Pyramidentempel,
von Pavianen, der nach einer wohl viel mehr wo dahinter 'Herr der Acht' gestanden zu
volkstümlichen Anschauung die Begrüßung und haben scheint {Sethe bei Borchardt, Tempel des
Anbetung des lichtbringenden Gestirns eine Art Sahure 2, 99, Taf. 21. ChampoUion, Notices descr.
angeborener Pflicht war. Jene als Frosch und 2, 42; Monum. 3, 287. Mariette, Karnak 42.
Schlange auftretenden Wesen sind im Grunde Brugsch, Dict. geogr. 18. Turaev 121); ob er
nur vier Mächte, die, um eine Achtheit heraus- 60 dabei nur als ein Genosse des Königs bei dem
zubekommen, ganz abstrakt in je eine mann- Vogelfange gelten soll, der in den Tempeln
liehe und eine weibliche Erscheinungsform zer- mehrfach dargestellt wird und dort offenbar
legt worden sind; und auf diese Vierzahl, ver- nicht als Sportbild aufzufassen ist, oder ob
mutet man, wird es sich beziehen, daß der auch eine bestimmte, Thoth geweihte Baulich-
Oberpriester des Thoth (z. B. Brit. Mus. nr. 1324; keit diesen Namen führte und ob sie zu Hermo-
Hierogl. Texts 1, Taf. 4,8. Stele Leiden 5, 46), polis magna gehörte, ist nicht mit Bestimmt-
wie es scheint, nach einem Beinamen des Got- heit zu sagen,
tes, dem er diente, den Titel des 'Großen von c) Unterägypten. Wohl nicht minder alt,
831 Thoth (Kultus, alt. Zeit) Thoth (Kultus, alt. Zeit) 832
wenn nicht um vieles alter als in dem ober- den Vorrang gehabt haben. In dieser Gegend
üg^-ptischen war die Verehrung des Thoth in wird auch eine der drei Herraesstädte unter-
dem unterilgyptischen Unugaue {Brugach, Dict. zubringen sein, die Strabon (17, 18. 19. 22) im
geogr. 148 f. Kaville, Goäien 6 M 6), dessen Delta erwähnt. Die zweite bezeichnet er als
Hauptstadt vielleicht schon in einem Spruche nsgl tr}v Bovtov iv vi^am xsiiiivi] ; die dritte,
der ryramidenmschriflen (190a und 191 a; /^ei7- die er zusammen mit Lykopolis und Mendes
sehr. /■ äg. Spr.44t,6. 7. 11) gemeint ist, in dem nennt, mag nach Tanäh gehören. Vielleicht
ein 'nördliches' von einem 'sildlichen' Unu nur eine besondere JBenennung für Herniopolis
unterschieden wird. Nach der Nomenliste von minor oder einen heiligen Bezirk in ihr mag,
Kdfu {Brugsch, Dict. geogr. 188. 136G) lührt die lo wie Turaev (149) vermutet, Chetrans {Iltrns)
Hauptstadt dieses, des 15. unterügyptischen, sein, das auf der Inschrift eines Altars in Tu-
Gaues die Bezeichnung: 'Haus des Thoth-wep- rin {Transact Soc. Bill. ^rch. 3.422. Brugsch,
rehwi*, d. i. 'Tempel des die beiden richten- Die*. p«o^r. 1058. 1321) als unteragyptische Kul-
den Thoth*. Ein anderer Name dieses *nörd- tusstatte des Thoth, und zwar als Gegenstück
liehen ünu war Ba'h (B'h) == ' Überschwem- zu dem oberftgyptischen 'Achthause' vorkommt.
mung', 'Kanal'. Überreste von dieser Stadt Aus den Ruinen von Athribis stammt ein Denk-
sucht Naville {Ahnas el-medine 21 — 26) in dem mal, auf dem Thoth 'der große Gott Herr von
jetzigen B8klije(J5a«dcArcr,-4^y|9/cn* 160. Anna- Schetot' genannt wird {Brugsch ebd. 797 und
Us du Service des antiqu 2, 74), einem im nord- Geogr. Jnschr. 3, 38, nr. 68).
östlichen Abschnitte des Deltalandes gelegenen 2o d) An verschiedenen Orten als Mit-
Orte, und als die Statte dieses 'Thothhauses' bewohner. Als Inhaber eines Heiligtums oder
betrachtet er den Hügel von Tanäh, östlich Mitbewohner eines Tempels läßt sich Thoth
von Mansüra, nördlich von dem ehemaligen in Ägypten noch vielfach nachweisen, wenn
Mendes. Weiter nimmt Naville an, daß nicht auch zumeist nur nach späten Zeugnissen. Zu
bloß das jetzige Ascfamunen, sondern auch erwähnen sind: Tanis {R^. de trav. 15,150 f.)
Ba'h den Namen Chmunu geführt habe. Das und eine örtlichkeit 'Mächtig an Kraft', die
wesentlichste, was er dafür anführt, ist, in vielleicht in oder bei Tanis lag {Brugsch, Dict.
Bubastis {Naville, Festival Hall, Taf. 8, S. 21) geogr. 744. Pap. Bologna 2; dazu Chabas mel.
werde Thoth als 'der in Chmunu' eigens unter eg. 3,1,245 und Turaev 148), Bubastis, wo in
den Göttern Unterägyptens aufgeführt. Daß ein so Herodots (2, 138; dazu Wiedemann 498; Naville,
Thoth mit diesem gangbaren Beiworte in Osor- Bubastis 60 — 62) Zeit von dem Heiligtume der
kons II. Zeit zu den Göttern des Delta zählte, Stadtgöttin aus ostwärts eine gepflasterte, von
ist damit allerdings erwiesen. Aber für Na- 'himmelhohen' Bäumen eingefaßte Straße ig
villes Annahme, daß hierbei eben Ba'h gemeint 'Egii^o) Isgov führte, ferner Saia und andere
sei, spricht nicht gerade, daß auf einer Statue Ortschaften im Delta {Turaev 149 unter 10 u.
aus saitischer Zeit im Louvre (A 94. Pierret, 11), und Memphis, von dem es in einem Pa-
Jnscr. Louvre 2, 51 f. Piehl, Jnscr. hier. 1, 16. pyrus {Turaev 150; Anhang nr. 15) emphatisch
Tuiaev 128 Anm. 3) ein und dieselbe Bitte in heißt: 'bist du nicht das Haus des Thoth dei-
paralleler Ausfertigung an Thoth den Herrn nes Gottes'. In Oberägypten sind haupisäch-
von Chmunu und an Thoth den HeiTn von Ba'h 40 lieh zu nennen: Ro-sontj und Schopstim Möris-
als an «wei besondere Wesen gerichtet wird. See-Gebiete {Brugsch, Dict. geogr. 730. 780 f.
Daß jedoch in Unterägypten der Ortsname Lanzone, Pap. du lac Moeris V); Pawedwojt
Chmunu — es fragt sich nur, seit wann — {Pap. Harris 1,61. Brugsch, Dict. geogr. 175 u.
sogar ziemlich häußg vertreten gewesen sein 963), vielleicht das koptische Phuöit, vermut-
muß, das lehren die koptischen und arabischen lieh südlich von Surarije gelegen, Herakleopo-
Ortsbezeichnungen : Eschmün- Tanäh (Synaxar lis, Speos Artemidos (? Boeser, Beschreibung,
zum 10. Mesore); Schmün erman (= 'Gianat- jV. R., Abt. 3, 1), Abydos, Tentyra, Theben, wo
apfel-Schmun'. Champollion, Eg. sous les pha- er auf der Westseite des Nils als Thoth-sötem
raons 2, 122. Quatremere, mem. geogr. hist. 1, (? = 'Thoth erhört'; vgl. oben Ovair^ig usw.)
495 — 498. Peyron, Lex. copt. 294 Amelineau, 5ö einen Tempel bei Medinet Habu hatte (Cham-
Geogr. 170 f) jetzt Aschmün er-Rummän {Rec. polUon, Not.descr. 1, 600. Baedeker si. a. 0. 311),
de trav. 20,16b. Baedekern a. 0. 161. Annales Hermonthis (C7jawij3oif/?ow a. a.0. 1,860. Lepsius,
du Service des ant. 2, 70 f.) nordöstlich von Man- Denkm. 3, 237 b), ferner Latopolis {Brugsch,
süra in der Bichtung auf Menzale zu; Aschmün Geogr. Jnschr. 1,283, nr. 1477), Apollinopolis
im südwestlichen Delta nordwestlich von Kairo magna {Wilkinson, manners dt cust. 3*, Taf. 62),
in der Richtung auf Menüf {Baedeker 27). Semnut und Philae {Champollion, Mon. 91 ter 3.
Eine andere, Thoth wohl schon seit uralter Lepsius, Denkm. 3,175 c. Brugsch, Thesaurus
Zeit geweihte Ortschaft, die Hermopolis parva 760,33. Turaev 130. 146 f.).
oder minor der Alten (Stellen im Rec. de trav. e) Nubien. Mit der Herrschaft der Ägypter
24, 3) ist im nordwestlichen Delta zu suchen. 60 hat sich auch die Anbetung des Thoth nach
Sie wird bei dem jetzigen Damanhür gelegen Nubien hinein ausgedehnt (vgl. Turaev 129 f.).
haben {Quatrimere 1,362—364. Brugsch, Dict. Er gehört zu den Göttern, unter deren Schutz
geogr. b21.V2ß9— 1211. Baedeker 2b\ wenn üuch dies Gebiet vorzugsweise gestellt wurde, Be-
der arabische Ortsname, koptipch Timinhör, sonders sind ihm Untertan das nach dem
'Ortschaft des Horus', dem nicht entspricht. Nubsbaume (vgl. B. 6) benannte Pnubs (vgl.
In einer benachbarten Örtlichkeit, meint Tu- Brugsch, Dict. geogr. 334 f. Zeitschr. f. äg.Spr.
raev (a. a. 0. 149, unter Verweisung auf Rec. 10, 88) und Pselchis. Seiner Verehrung begegnet
de trav. 11,80) möge die Verehrung des Thoth man unter anderem in Deböt {Roeder, Temples
833 Thoth (Kult auf d. Sinai) Tlioth (Kult d. mittl. Reichs) 834
immerges "2, 9. 39. Taf. 2, 13. 38a), Talmis (z. B. nisse. Nur Thothnacht = 'Thoth ist stark' ist
Bec. de trav. 20, 197. Gauthier, Teniplrs immer- aln Personenname schon im Alten Reiche bis
ges, passim), Dendür (Champo/lion, Not. descr. jetzt nachzuweisen [Lepsius, Denkm. 2, 112e.
1,123. lirugsch, Thcs. 761,39. Froc. Soc. Bibl. 113bc. Margaret A. Murray, Index of names
Ärch. 32,35), Bo^'jj^a {Boeder a, a. 0. 112), Ma- and titles of the Old Kingdom 16), vielleicht
harraka, Derr, Abu Simbel. auch schon Thothmose {Zeitnchr. f. äg. Spr.
f) Sinai. Viel früher noch als in Nubien 13,70).
ist im Wädi Maghära auf der Sinaihalbinsel b) Mittleres Reich. Die Inschriften und
eine Ausbreitung der Verehrung des Thoth Sarkophage des Mittleren Reiches aus der Ge-
nachzuweisen {Turaev 37 f. 114 Anm, 8. Baim. lo gend von El-Bersche, wo gegenüber von Her-
WeillyBec.desinscr.cg.duSinaibi^.lQ^knm.^. mopolis auf dem Ostufer des Nils die dama-
nr. 7. 9. 20. 21. 37). Auf einer Felswand wird ligen Gaufürsten des oberägyptischen Unu sich
hier schon Cheops abgebildet, wie er vor Thoth bestatten ließen, zeigen, daß die.se Feudalherren
steht und mit dem Streitkolben ausholt, um neben ihren weltlichen Ämtern im Dienste des
einem Vertreter der überwundenen Bewohner Thoth, der hier deutlich vor allen anderen
dieser Gegend den Schädel zu zerschmettern Gottheiten den Vorrang hat, die vornehmsten
(Lepsius, Denkm. 2, 2. Maspero, Hist. anc. des priesterlichen Würden innehaben, wie sie auch
peuph's de Vorient class. 1, 365). p]s wird auf zum Teil seinen Namen in ihren Namen (Thot-
eine viel ältere Überlieferung zurückgehen, nacht; Thothhotp) führen {Lepsius, Denkm. 2,
daß in diesem Gebiete Thoth in dieser Form 20 135. Hierogl. Texts Brit. Mus. 5, 7 u. 8. Egypt
gehuldigt wird, die zu allem, was ihm sonst Explor. Fund Memoir 3—4: El Bersheh 1—2.
eigen ist, gar nicht paßt. In derselben Hand- Turaev 45 f. 113). Soweit dabei Streiflichter
lung wird dort auch ein Herrscher aus der auf den Kultus fallen, verrät sich, wie das bei
5. Dynastie, Neweserenre', dargestellt, aber der großen Gleichförmigkeit, die auch sonst
nicht vor Thoth; doch ist daneben über dem in den ägyptischen Kultusgebräuchen hervor-
Bilde eines großen Libationskruges , auf dem tritt, nicht anders zu erwarten ist, nichts die
des Königs Name steht, zu lesen: ^Thoth der Praxis von Hermopolis sonderlich Unterschei-
Herr der Fremdvölker gibt kühles Wasser' deudes {Turaev 113 — 116). Zeugnis von beson-
{Lepsius, Denkm. 2, 152 a. Brugsch, Wanderung derer Verehrung des Thoth im Mittleren Reiche
zu den Türkisminen 83. Sethe, Urkunden 1, 54. 30 legt auch die Tatsache ab, daß in diesem Zeit-
W. M.Fl. Petrie,Besear dies in Sinai ^6, nr.bS). abschnitte wohl in Oberägypten ein König
Im ganzen gehört Thoth nicht zu den Göttern, Dhowtj vorkommt, der vielleicht der 11. Dy-
deren Namen am Sinai am häufigsten vor- nastie zugehörte {Berlin Mus. nr. 1175. Aus-
kommen. Als 'Vorsteher von[Ma]fek', der Nie- führl. Verzeichn. 1894, 61 f. Äg. Inschr. Museum
derlassung im Wädi Maghära bezeichnet ihn 1, 253—255. Zeitschr. f. äg. Spr. 30, 45—47.
ausdrücklich eine Anrufung auf einer Statue Turaev 46, Anm. 5; 133, Anm. 1. Quibell, Na-
im Vatikan, die ein Gehäuse mit einem Pa- gada 43). Auch einzelne Privatpersonen frth-
vian darin vor sich hält (nr. 96. Turaev, An- ren im Mittleren Reiche bereits den Namen
hang nr. 1. Zeitschr. f. äg. Spr. 46,75). Eine Thoth mit und ohne Zusatz (13. Dyn. : Brit.
Aufzählung von Kultusstätteü des Thoth gibt 40 Mus. 64 ■» = Hierogl. Texts 2, Taf. 40. Andere
Brugsch, Dict. geogr. 962, und vor allem Tu- Beispiele bei Turaev a. a. 0. u. Zeitschr. f. äg.
raev, Bog Tot 145—150, eine Übersichtskarte Spr. 4<), 121—123). Eine Stele eines Priesters
Petrie in Ancient Egypt 4, 115. des 'Hauses des Thoth' aus der Zeit der 12. Dy-
2. Geschichtlicher Überblick, a) AI- nastie hat das Britische Museum (583; Hierogl.
tes Reich. Alles weist daraufhin, daß schon Texts 2, Taf. 27).
in ganz frühen Zeiten Thoth zu den allgemein c) Neues Reich. Sichtlich ein Aufschwung
anerkannten Gottheiten Ägyptens gehörte. Als in der Verehrung des Thoth tritt mit dem
Vorsteher seiner Heiligtümer wie der anderer Neuen Reiche ein. Das veranschaulichen nicht
Kultusstätten von besonders hervorragender bloß die vier Thutmosis in der Reihe der Herr-
Bedeutung finden wir unter der 4. Dynastie 50 scher der 18. Dynastie, sondern auch die vielen
Prinzen von Geblüt {Ed. Meyer, Gesch. des Personen, die fortan den Namen des Thoth in
Altertums^ 1, 2, § 247). Priesterin des Thoth ist ihrem oder als ihren Namen führen. Als Gegen-
auch Merisonch, die Gemahlin des Chephren stück zu den Amememhet('Amon an der Spitze')
{De Bouge, Mon. 5 premieres dynasties 277. der 12. Dynastie begegnet uns nun, allerdings
Lepsius, Denkm. 2,14:. Mariette, Mastabas ISS). nicht als Königsname, Thowtemhet ^ 'Thoth
Doch spricht manches dafür, daß Thoth zu an der Spitze' {Egypt Expl. Fund, Mem, 11,
solcher Geltung lange vorher gekommen und Taf. 7 u. 10). Hatschepsowt hat in Der el-bahri
einmal zeitweilig noch viel mehr hervor- darstellen lassen, wie sie von Thoth bei ihrer
getreten sein mag, nur nicht an einer der Geburt geliebkost wird, Thowtj hieß ein
Stätten, an denen der Volksglauben zuerst in 60 hoher Beamter unter Thutmosis I., der sich
theologische Systeme gebracht wurde. Unter bei Köm el-ahmar, ebenso ein anderer aus der
den Königsnamen des Alten Reiches sind Be- Zeit der Hatschepsowt und Thutmosis' III., der
Ziehungen auf Thoth nicht erkennbar und sich auf der Westseite von Theben ein Grab
Zusammensetzungen mit diesem Götternamen hat herrichten lassen {Bec. de trav. 22, 115 —
nicht vertreten. Die Übersetzung ''EQ[ioyivr\g, 125). Von einem hohen Beamten des Ameno-
die Eratosthenes in seiner Königsliste für 'Ad-m- phis III. namens Cheriuf (Hrjwf ) stammt die
-9-7]?, den Namen des 2. und 3. Königs der hübsche Statue im Berliner Museum (nr. 2293.
1. Dynastie gab, beruht auf einem Mißverstand- Ausführt Verzeichn."^ 140. Turaev a. a. 0. 49,
835 Thoth (Kult d. neuen Reichs) Thoth (Priesterschaft) 836
Anm. 2. 69. 72. 134. Zeitschr. f. äg. Spr. 33, 123 als 'der Erste von' Sais, ein Beiname, den er
— 125. Äg. Inschr. Museen 2, 39—42. Bäder, schon viel früher geführt haben mag. Die Er-
ürkunden 13f.) mit Inschriften, in denen Thoth Zeugnisse eines bei Memphis gelegenen Garten-
aufe höchste gepriesen wird. Nicht minder in grundstückes werden auf einem Steine aus
seinen vielseitigen Eigenschaften verherrlicht Apries' Zeit im Berliner Museum ihm über-
wird er in einer täglich zu wiederholenden wiesen. Neben anderen Göttern kommt Thoth
Anrufung, die auf einem als Schreibtafel her- auf einer granitnen Kapelle aus Amasis' Zeit
gerichteten Brette im Britischen Museum steht, in Leiden vor {Boeser, Denkm. Satt. Zeit 1,
das ungefähr aus derselben Zeit herrührt {Zeit- Taf. 6). Bevorzugt wird er unter den Gotthei-
9chr. f, äg. Spr. 33, 120—123. Turaev 72. 120. lo ten, für die Nektanebos so großen Eifer kund-
188). Wie sich die religiösen Neuerungsbestre- gibt, der in Turra Steine für einen neuen Tem-
l^ungen Amenophis' IV., der sich ja im ober- pel des Thoth brechen ließ, von dem vielleicht
ägyptischen Unugau etwas südlich von Herme- zwei dem 'Thoth in Bhwf geweihte Löwen im
polis magna seine neue Hauptstadt gründete, Vatikan (i?ec. </c<rav. 6, 118. Wiedemann, Ägpt.
EU dem Kultus des obersten Gottes von Chmunu Gesch. 718) und zwei Obelisken aus schwarzem
stellten, ist nicht ersichtlich. Die Verfolgung, Stein im Britischen Museum (nr. 623. 624.
die über verschiedene Götter verhangt wurde, Guide Eg. Galleries^ Sculpture 247) stammen,
scheint sich nicht auf Thoth erstreckt zu haben. Überbleibsel eines unter Philippus Arrhidaeus
Jedenfalls finden wir unter der 19. Dynastie errichteten Tempels und eines Tempels aus der
und in der nachfolgenden Zeit eher eine Stei- 20 Ptolemäerzeit, sind bei Aschmunen erhalten.
gerung in der Bedeutung, die Thoth als Vor- Unter dem Äthiopen Ergamenes wurde der
bild und Schutzgott der schriftgelehrten Be- Tempel des Thoth in Pselchis begonnen; unter
amtenschaft erworben hatte, wie das besonders Euergetes II. und Kleopatra vollendet. Aus der
die Anrufungen lehren, die in den Schulpapyri Zeit des Euergetes IL stammt auch ein kleiner
im Britischen Museum vertreten sind {Chabas, Tempel des Thoth bei Medinet Habu, der un-
Mel. eg. 1862, 119. Maspero, Du genre epistol. vollendet blieb.
26 f. ; Hymne au Nil 8 f. Erman, Ägypten 443 f. 3 . P r i e s t e r s c h a f t. Im 1 6. oberägyptischen
Turaev a a. 0. 132). Aber auch die Herrscher Gaue geben die Listen dem Oberpriester des
halten diesen Gott besonders in Ehren. Die Nomos die Amtsbezeichnung der 'Große von
eifrige Bautätigkeit, die unter Ramses II. ent- so fünf (vgl. oben B. 1. b), Gewaltige der beiden
wickelt wird, kommt auch Thoth zugute, z. B. Throne (d. i. höchster Verwaltungsbeamte im
durch Errichtung eines ihm hauptsächlich ge- Nomos)'; im unterägyptischen hieß er der 'die
widmeten kleinen Tempels bei El-Käh {Zeit- beiden Richtende Kahlhäuptige'; beide mit
sehr. f. äg. Spr. 13, 66. Baedeker^ 317). Von dem Zusätze 'der die Bräuche für seinen Geist
einem stattlichen Tempelbau, den Amenephthes (Aa) vollzieht'. Bruchstücke von dem Sarko-
(Merenptah) errichten ließ, sind bei Aschmunen phage eines Priesters, der unter anderen Titeln
noch ansehnliche Überreste vorhanden {Annales auch den freilich auch sonst vorkommenden eines
dMScrrtcc8,212— 220), wo auch Ramses II. etwas 'Kahlhäuptigen' führte, sind bei Baklije (vgl.
gebaut hat. Aus der Aufzählung, die Ramses III. oben B. 1. c) gefunden {Navillc, Ahnas el-me-
im 'Großen Harris-Papyrus' von dem gibt, was 40 dine 22—26). Die Oberpriesterin war im ober-
er für die Götter getan hat, geht hervor, daß ägyptischen Unu-Nomos die 'Geliebte', in dem
seine Fürsorge zwar sich in erster Linie auf die anderen die 'Richtende' (?), beide mit dem Zu-
Gottheiten von Theben, Heliopolis und Memphis satze 'die vor seinem (oder, wenn die höchste
erstreckte, dann aber zunächst auf Schow und Göttin des Nomos gemeint sein sollte, vor ihrem)
auf Thoth. Dem Heiligtum, das er zu seiner Antlitze das Sistrum schüttelt'. Noch weniger
eigenen Verherrlichung 'im Hause des Herrn von besagen die zum Teil nur unvollständig über-
Chmunu' baut, überweist er allein 89 Hörige, lieferten Namen der Standartenträger und an-
und in 'Hesorj' erneuert er 'seinem Vater Thoth deren Priester {Brugsch, Biet, geogr. 1361. 1368 ;
dem in Chmunu' dessen Gotteshaus. Für ihn baut Ägyptologie 281. 283. Turaev 113. 116). Eine
er auch in Pawedwojt (oben B. 1. d). Ganz be- 50 'Große des Frauenhauses des Thoth', die außer-
sondere Frömmigkeit für Thoth legt Ramses IV. dem 'Sängerin des Amon' ist, kommt in einer
an den Tag. Als Osorkon nach Hermopolis m. Inschrift bei Drah Abul-Negga auf der West-
kam, da 'tat er, was sein Herr der Herr von seite von Theben vor {v. Bergmann, Hierogl.
Chmunu lobt' {Zeitschr. f. äg. Spr. ^b, '6)^ und Inschr. bl). Eine Stele von einem 'Gefolgs-
als Pianchi auf seinem Siegeszuge die Stadt mann im Hause des Thoth' hat das Museum
einnahm, brachte er Stiere, Kälber und Ge- in Turin (nr. 1563). In diesem Museum ver-
flügel zum Opfer dar 'seinem Vater dem Herrn treten sind auch (nr. 3454) ein Tempelbeamter
von Chmunu' und im Tempel der 'Acht'. Thoth des Thoth und durch Aufschriften auf Töpfen
ist auch vertreten auf den Denkmälern schlich- von rotgebranntem Ton (nr. 112 — 117) und an-
ter Gläubigkeit, die auf Votivsteinen aus der 60 dere kleine Denkmäler (z. B. nr. 104) verschie-
Gräberstadt von Theben zu uns spricht {Bec. dene 'Sängerinnen' {hrijt) dieses Gottes, einer
d€<rar. 2,159 fiF. 3, 103tF. Turaev 1^'di. Sitzungs- Kategorie, von der es auch in anderen Samm-
ler. Ak. d. Wiss. Berlin 1911, 1102—1104). Hier lungen, an kleinen Denkmälern, die wohl durch-
befand sich ein dem Thothsoteni (vgl. oben weg aus der Gräberwelt von Theben stammen,
A. 2) geweihter Tempel. nicht fehlt {Bec. de trav. 5, 71. Ausf. Verzeichn.
d) Späte Zeit. In der Spätzeit ägyptischer Berlin* 240, nr. 2578. Turaev 145).
Geschichte taucht Thoth auch auf Denkmälern 4. Feste, Tempelausstattung und
der Deltagegenden auf, z.B. als 'der vor', d.i. Bräuche, a) Feste. Über die Feste, die Thoth
837 Thoth (Feste u. Bräuche) Thoth (heil. Tiere; Ibis) 838
gefeiert w\irden, ist weni«^' bekannt. Das wich- 13ß2. 1367) werden die Heiligtümer des Thoth
tigste 'Thothtest', das in ganz Ägypten einen im wesentliclien anderen GottoHhiiusern ge-
Festtag bildete, fiel auf den 19. Tag des erston', glichen haben und ebenso in den Bräuchen,
nach alter Ordnung (vgl. Eduard Meyer, Nach- die dort ausgeübt wurden {Turaev 114). Auf-
träge zur ägypt. Chronologie [Abhändl. d. Preuß. tUUig ist wohl , daß nach der Liste von Den-
Akad.d. >F.*1907j, 14 -17) des zweiten Monats dera {lirugsch, Diel, geogr. 1376) im Ifv ober-
des ägyptischen Jahres, de^p 7. August jnl. ägyptischen (iaue die Standarten der obersten
(Brugfich, Dict. gcogr. 1363. 1371; Geach. Ag. Priester nicht wie im 15. unterägyptischen
607; liel. u. Myili. 464 f.; Thesaurus 365. Du- {lirugsch ehd. 1379) den Ibis des Thoth, son-
michen, Kalend.-Inschr., Taf. 13. Ed. Meyer, lo dern die Hieroglyphe der Göttin Seschat {Ro-
Chronologie 35, Anm. 1. Bec. de trav. 15,184. schers Lexikon Bd. 4, Sp. 714) als Abzeichen
Turaev 138 — 140) Nach Pluiarch {Is. u. Os. 68), führten. In der Ausstattung wohl fast aller Göt-
der diesen Festtag erwähnt, aßen an ihm die tertempel Ägyptens war librigens der Ibis-
Ägypter Honig und Feigen und sagten dazu Thoth auf der Standarte, wie ihn die älteste
'süß ist die Wahrheit'. Es ist zweifellos das- Schreibung des Namens (oben A. 1) zeigt, schon
selbe 'Thothische Fest', Dhwtijt (vgl. Erman 'seit Urzeiten das Gegenstück zum Falken-
in der Zeitschr. f. äg. Spr. 19, 51. Brugsch, Bei. Horus' (v. Bissing, Sonnenheiligtum des Bathures
u. Myth. 465), oder, wie nach Turaev (37, Anm. 2) [= Sitzungsber. hayer. Ak. d. Wiss. 1919, pliil.-
die alte Schreibung Dhivtt zu erklären sein hist. Kl., Abh. 9J, 7). Schon auf einem der
würde, der 'Festtag der Thothe', der in Grab- 20 Schminksteine aus der Zeit vor der 1. Dynastie
inschriften schon von der Pyramidenieit an Manethos sieht man fünf solche Standarten,
(vgl. z. B. Fyr. 2118. Mariette, Mastabas 108. zwei mit den beiden Schakalgöttern, dann den
115. 116. 130 usw.) unter den Feiertagen auf- Ibis -Thoth, dann den Horus -Falken und das
gezählt wird, an denen dem Verstorbenen alle Abzeichen des Minw von Koptos {Bulletin de
die Dinge, die ihm gespendet und gewünscht Correspond. hellen. 16, 312., Taf. 1. Aegyptiaca f.
werden, zugute kommen sollen; und wohl nach Ebers 129. Ed. Meyer, Gesch. d. Altert.^ § 201).
diesem Feste führt der Monat, in dem es ge- Eine Ibis- und eine Falkenstandarte aus ver-
feiert wurde, mindestens seit den Tagen des goldetem Holz besaß angeblich als Geschenk
Neuen Reichs {Zeitschr. f. äg. Spr. Sd, 128 i'.) den des Cheops ein kleines Heiligtum der Isis im
Namen des Thoth (vgl. oben A. 1), koptisch- 30 Osten der großen Pyramide von Gize {Maspero-
arabisch noch jetzt Tut. Nach der Monats- Quibell, Guide to the Cairo Museum 44. E. de
Übersicht auf der Rückseite des Papyrus Ebers Bouge, Bech. s. les monum. 5 prem. dynasties
(0,2) und späteren Verzeichnissen {Brugsch, 265. Mariette, Monum. divers 53). Eine Ab-
Thes. 472. Dümichen, Erste Angabe über die bildung auf einem Relief im Sethostempel von
Begierungszeit, Leipzig 1874, Eduard Meyer, Abydos {Mariette, Abydos 1,82,23. Capart,
Nachträge zur ägypt. Chronologie 8) würde aller- Abydos, Temple de Seti I, T. 28) zeigt uns einen
dings die Schutzgottheit des ersten Monats kleinen tragbaren Naos, aus dem sich ein sol-
Tech {Tli) heißen. Es ist möglich, -daß erst ches Gestell mit dem schreitenden Ibis darauf
nachträglich oder zunächst nur im Volksmunde erhebt. Klemens von Älexandrien {ström. b,l
der. Monat nach dem Gotte des Festes, das 40 Migne 2,69) erwähnt, daß die Ägypter in ihren
als das Hauptfest des Monats erschien, umge- sogenannten ^(ouaüiaLg ^d^s&v xQvcä öcyccX^ata'
nannt wurde, ähnlich, wie sicher das bei einem einhertrugen : dvo ^ihv xvvas, eVa öh Ugayccc,
anderen der Monatsnamen geschehen ist. Ein yial Ißiv ^lav; sie nannten diese vier Bildwerke
zweites nicht so allgemein gefeiertes Fest dieses tEcaagcc ygäfi^ara. Darstellungen von solchen
Gottes fiel auf den 29. Thoth, an dem man Prozessionen: Naville, Eestival Hall of Osorkon,
nach der Anweisung für gute und böse Tage, T. 9. v. Bissing , Kultur des alten Ägyptens,
die der Papyrus Sallier IV gibt, gut tut, 'keine T. 21. Ein Bildwerk aus Holz, das wohl einmal
Feuerflamme mit der Hand anzuzünden, bei auf einer solchen Stange gesteckt hat, der
Nacht nicht hinauszugehen', was Turaev (140) wagerechte Bestandteil, auf dem der Ibis, ein
mit dem nicht ganz klaren Verbote des 'Hin- 50 weißgefiederter, steht, befindet sich im Berliner
ausgehen bei (?) seinem Schauen' (d. i. vielleicht Museum (nr. 10671).
bei Mondschein), das nach den Angaben der c) Wassersprengen. Eine religiöse Ge-
Listen von Edfu {Brugsch, Dict. geogr. 1363) wohnheit des täglichen Lebens war, daß Schrei-
für den 15. oberägyptischen Gau bestand, ver- her aus dem Wasseinapfe, aus dem sie ihre
glichen hat. Am 5. Tybi als am Tage der Farben anfeuchten, Thoth eine Spende dar-
Söchmet {Boscher, Lexikon Bd. 4, Sp. 580 ff.) bringen, was auch zugunsten des Geistes des
erhalten Schow, Ptah und Thoth Opferbrot, Imhotp von 'jedem Schreiber' in Inschriften
Re' und dessen Gefolge, Ptah, Thoth, Hu und gefordert wird, die auf Imhotpfiguren späterer
Sa Weihrauch. Andere aber, kärgliche Angaben Zeit zu stehen pflegen {Turaev 70, Anm. 2.
über Feste des Thoth und Tagewählerei, bei 60 Zeitschr. f. äg. Spr. 36, 147 f.).
der er in Betracht kam, enthalten die Inschrif- 5. Heilige Tiere, a) Ibis. Wie bei an-
ten von el-Bersche (vgl. oben B. 2. b), der Kaien- deren ägyptischen Gottheiten war bei Thoth
der von Esne und der erwähnte Sallier- Papy- dessen Verehrung mit der Heilighaltung von
rus 4 {Brugsch, Materiaux p. s. ä la reconstruct. Tieren in Zusammenhang gebracht. Als Thoth
du calendrier Taf. 10. Turaev 140 — 142). zugehörig wurde vor allem und zwar in ganz
b) Barken und Standarten. In ihrer in- Ägypten, der Ibis betrachtet (die Stellen der
neren und äußeren Ausstattung z. B. mit Bar- klassischen Schriftsteller bei Wiedemann, He-
ken (deren Namen bei Brugsch, Dict. geogr. rodots 2. Buch 293). Apion (bei Aelian. nat. an.
839 Thoth (heU. Tiere; .Ibi«) Thoth (heil. Tiere; Ibis) 840
10, 29) erzählte, ihm sei in HermopoHs von den el medineh 22). Andere Fundstiitten liep^en bei
Priestern ein Ibis gezeigt worden, den sie für Sakkära {Wiedemann, Herodots 2. Buch 293.
unsterblich ausgaben. Dort wurde demnach Reiniscfi, Miramar i)8), bei Tüua in den (yrüf-
wohl damals (1. Jahrh. n. Chr.) ein Exemplar ten der Nekropole von Aschmunen-Hermopolis
aU unmittelbare Verkörperung der Gottheit in {Pnssalacqtia, Catalogue 20. Äusführl. Verzeichn.
besonderer Obhut gehalten ( Vriet/emawn a. a. 0.). ^er/m' 316. Aunah-s du scrv. l.lA^i), auch bei
Vielleicht handelte es sich aber auch nur um Hagg Kandil, Ijei der Schünet ez-zebib bei
eine Prahlerei eines der Angestellten einer Abydos (Maspero, Guide du visiteur Boulaq
Pflegeanstalt für Ibisse, einer Ißioiv Tpoqpr?'. 1883, 141; Guide to the Cairo Mtiseum* 451.
Über diese Anstalten, die in einem Erlasse lo 'iVoor^s', Carrc 2. 4. 1913), bei Drah abul-Negga
des Ptolemaeus Euergetes II. vom Jahre 118 im W.Yon Theben (Äusführl. Verzeichn. &. ü..O.)^
V. Chr. zu dem verschiedenen Zubehör der grö- bei Köm Ombo. Die Mumien sind oft kunst-
fieren Kultusstätten, den iXdaaoaiv iegots, ge- voll umwickelt, so daß die verschiedenfarbigen
rechnet werden, geben neuerdings die Ostraka- Binden außen Muster bilden. Häufig liegen sie
und Papjrusfunde Auskunft {Preisigke u. Spie- zu mehreren zusammengebündelt in grob ge-
gelberg, Prinz- Joachim- Ostraka [== Schriften d. arbeiteten Tonkrügen, die mit einem flachen
W'»ss«wcÄa/*e/.Cres^ttscÄ.5^ray86. Heft 10]. Straß- Deckel aus gleicher Masse geschlossen sind,
bürg 1914, 24—25 u. pass.). Die Pfleger hießen Mitunter haben die Deckel der Ibismumien-
ißtoßoaxoi. Die Ortsnamen Ibiu {Geogr. Ant.) behälter die Gestalt eines Falkenkopfes ähn-
und Ibion (Geogr. Mav. 'Ißtcov Oxyrhynch. Pap. 20 lieh der einen Art von Kanopen. Gelegentlich
9, 114), die mit altägyptischem Hebenu (£ruy«c/», enthalten die Krüge nur allerlei Überreste von
Dict. geogr. 1191. 1252; vgl. Pauhi -Wissowa, mehreren Exemplaren, wie das in anderen Tier-
lUal-Encycl. 9, 807) nichts zu tun haben, son- mumienumhüllungen auch vorkommt, oder nur
dem von dem altägyptischen Worte für Ibis Eier, auch deren nur eins. Nicht selten sind sie
(h'b; koptisch hiboi und hip) abzuleiten sind, bloß Attrappen. Über einen Ibissarg im Berliner
weisen darauf hin, wie weit verbreitet diese Museum nr. 6938 s. Pietschmann, Hermes Tris-
Ibisgehege waren. Der ^bis' begegnet uns als megistos 9. Turaev, Beilage X. Üljereinstimmend
Ägyptischer Personenname (z. B. gen. IßoLxog: mit der Beschreibung, die von dem heilig ge-
Spiegelberg,Äg.u.gri€ch. Eigennamen 51*, nr.^l. haltenen Vogel die Alten gaben, ist unter die-
^ißiog: Parthey, Äg. Personennamen. Phib noch 30 sen Mumien nur die Spezies Ibis aethiopica
als Name eines koptischen Mönchs : Zoegra,(7a<aZ. Lath. , zoobgisch früher /. religiosa benannt,
367). Auch das weist auf die religiöse Bewer- vertreten. Kopf und Hals sind unbefiedert; das
tung des Ibis hin, während die alexandrini- Gefieder des Körpers ist weiß; Flügelspitzen
sehen Griechen 4bis' wegen der wenig wähle- und Schwanz sind bläulich-schwarz. Nach An-
rischen Nahrungssuche, die sie an diesem Vogel gäbe der meisten Ornithologen kommt in Ägyp-
aussetzten, eher als einen Verunglimpfungs- ten dieser Vogel gegenwärtig so gut wie gar
namen, etwa wie 'Schmutzfink', verwendet zu nicht vor, sondern erst viel weiter südlich bei
haben scheinen. Die ganze Gattung stand in Chartum, während in Strabos Zeit die Straßen
Herodots (2,65; vgl. Diod. 1,83) Zeit so sehr Alexandriens von ihm wimmelten. Selbst im
unter dem Schutze des Aberglaubens, daß, wer 40 Sommer soll er selten nördlich bis 22° nördl. Br.
auch nur unabsichtlich einen Ibis tötete, sein gehen. Doch hat ihn noch Savigny am Menzale-
Leben verwirkt hatte. Gestorbene Ibisse brachte see, also unter 32*^ nördl. Br. erlegt. Literatur:
man, berichtet er (2, 67), zur Bestattung nach /. Bruce j Travels to discover the source of the
Hermopolis. In einer Urkunde finden wir (139 Nile^ 7 [Edinburgh 1805], 270 — 275; Reisen
v.Chr.) einen y^fvO-corrjg ('Thotessohn') als einen deutsch v. J. J. Volkmann [Leipzig 1791], 175 —
x&v ix Ilccd^vgscog lßLox<x(f(ov (Pap. Grenfell 2, 181 ; dazu Blumenbach ebd. 291 u. Taf. 35. Allg.
15. 2,7). Mit einem der drei Hermaia, die ein Literat- Zeitung, Halle u. Leipzig 1805, 3 Titel-
Tebtynis-Papyi-us (1, 88) um 115 v. Chr. aufführt, kupfer. Description de VEg., oiseaux, Taf. 7, 1 ;
war ein IßtoracpfTov verbunden. Die Ibisse und vgl. Maspero, Eist. anc. des peuples de Vorient
Falken der Heiligtümer von Ombos (Preisigke 50 class. 1, 35. /. C. Savigny, Hist. nat. et mythol.
u. Spiegelberg a. a. 0. 24. 28—37) wurden nach de Vibis [Paris 1805], Brehms Tierleben* Vögel
ihrem Tode offenbar zusammen mit in Freiheit 1,191 — 194. B. Hartmann, Naturgesch.-medizin.
gestorbenen, di^hin abgelieferten Tieren beider Skizze der Nilländer 198. Proceedings Zoolog.
Gattungen von den Angestellten zur Bestattung Soc. London 1877, 485 — 487. Wiedemann a. a.
hergerichtet und vnirden von Zeit zu Zeit zu 0. 320 f.; Ders., Der Tierkult der alten Ägypter
Hunderten, ja zu Tausenden an Zahl von selten [= Der alte Orient 14, Heft 1 (Leipzig 1912)].
der dazu bestehenden Thiasitenvereinigung un- G. E. Shelley, Handb. of the birds of Egypt
ter Anwesenheit der höchsten Bezirksbehörden 261 f. v. Heuglin, System. Übersicht über die
beigesetzt. Einzelheiten aus dem Betriebe einer Vögel Nordostafrikas [= Sitzungsber. d. k. k.
ähnlichen Werkstatt in Memphis würde nach 60 Ak. d. Wiss. Wien, math.-naturw. Kl. 1856] 61.
Bevillouts Angaben (Rev. egyptol. 2, 76 f.) ein Comptes rendus de l'Acad. des sciences 133, 854
demotischer Papyrus in der Nationalbibliothek — 857. Annales du Service des ant. 3, 19—21.
in Paris bieten. Man hat in Ägypten ganze Archives du Museed'hist. nai.de Lyon 1^0S,S— 10
Friedhöfe entdeckt, auf denen Ibisse stellen- [LjonldOdj.Lortet-Daressy, La faunemomißSe
weise neben Falken oder Katzen oder Pavianen de Vantique Eg. im Catalogue gener. des antiquites
bestattet worden sind. Einzelne Ibisse in Kap- du Musee du Caire [25], 59 — 61. 109 — 114. 148—
sein aus einer Art Zement hat man bei Bakllje 152. Taf. 28. 45 f. 67 f. B.A.L.d; V.G.L. Van So-
(vgL oben B. 1. c) gefunden (Naville, AJinas meren, Studiesofbirdli fein Uganda {Lond. 1911).
841 Thoth Thoth 842
Eine zweite Art Ibis iila Vogel Ägyptens Schatten seines Strauches (?)'; und noch in der
wird von Jlcrodot (2, 76j erwähnt. Kr sei 'ge- Ptolemilerzeit führt die ihm geweihte heilige
waltig schwarz über und über' und schützte Barke des 15. unterägyptischen Gaues den
Ägypten vor den geflügelten Schlangen, die Namen 'Thoth der in seinem Strauche (?) in
im Frühjahre von Arabien her in Scharen ein- der Thothstadt das gesamte Land aufteilend'
zufallen versuchten. Nach Savigny (a. a. 0. 43) {Brugscit, Dict. g<'ogr. 1362. Turaev 129). Wie
würde Liunes T(uUnltis faicinellus {Faleinellus andere Götter, z. IJ. Ptah und Osiris, erhielt
igneus Gray; vgl. Procecd. Zool. Hoc. a.a.O. auch Thoth als Beinamen C/try-Wt-/" Mer unter
503 — 505; Ehreuhcig, Über den Cg nocejyhalus seinem Ölbaume' {Mariette, Abydos l,3öc.
356 f. Plegadis faicinellus) gemeint sein, der lo Sphinx 5,2). In einer der Anrufungen aus den
auch neuerdings in einzelnen Exemplaren ein- Gelehrtenschulen wird Thoth gefeiert: ''0 großer
balsamiert nachgewiesen ist {Ärmales du serv. Palmljaum (mvi) von CO Ellen, an dem Nüsse
des mit. 3, 18. 21). sind, und zwar Kerne in den Nüssen und Flüs-
b) Tech-Vogel. Außer dem weißen Ibis sigkeit in den Kernen' (i Sallier 8. Goodwin
ist schon vor der Zeit des Neuen Reiches ein in Chahas' Mel. 2, 240). Lefebure (Sphinx 5, 15)
anderer Vogel, der Tech oder Technj (th, thnj), meint, Thoth sei hier mit dem ihm gewidme-
als Tier des Thoth betrachtet worden {Pierret, ten Baume identifiziert, dem Palmbaume, auf
Essai s. la mythologie eg. 2ü. Brugsch, Bei. u. dem nach Aelian {nat. anim. 10,29) der Ibis
Myth. 440. 465. Turaev 85). In ptolemäischer niste. Als geweihte Bäume 'im i)fs<- Hause'
Zeit tritt das Wort Tech, Techen {th, ihn) oft 20 des 15. unterägyptischen Gaues werden in den
als Name oder Beiname des Gottes auf; so Listen von Edfu {Brugsch, Dict. gcogr. 1370)
heißt er 'der hehre Tech von Tentyra' {Dil- nur Arten aufgeführt, die auch anderen Gott-
michen, Bauurkunde von Dendera 2%. Pietsch- heiten, nicht bloß Thoth, zugeteilt waren.
mann, Herrn. 2'risni.2). Zu vergleich'rtn ist viel- 7. Verbotenes, Das religiöse Verbot, das
leicht der Vogelname ^///«^ e^m, den die' koptisch- im 15 oberägyptischen Gaue bestand, wurde
arabischen Wörterbücher (Pe2/?*on, Iv^p7. 45. 257. schon oben (13.4) erwähnt. Beim 15. unter-
Annales du serv. des ant. 1, 62) mit Jcurkij, dem ägyptischen heißt es (jB7'i«^sc/i, D/c^. ^eo^rr. 1372):
arabischen Worte für Kranich, Gr^s cinerea 'Sein Abscheu ist der Na'rfisch, der ist verhaßt
{Zeitschr. f. äg. Spr. 3, 48. 6, 55) erkläijen. in seiner (des Gaues) Stadt'; derselbe Fisch,
c) Pavian. Während der Ibis, s.icher wohl so der im Märchen von den zwei Brüdern den
wenigstens der Aveiße, mit keiner anderen Gott- ins Wasser geworfenen Phallus verschluckt und
heit zusammengebracht wurde als mit Thoth, offenbar in dem alten Mythos, der dem Mär-
teilt sich Thoth mit anderen Gottheiten (vgl. chen zugrunde liegt, sich ähnlich an einem
oben unter B. 1. b) in den Hundskopfaffen, den Gotte versündigte wie nach Plutarch {Is. u. Os.
Kynokephalos {Plutarch Is. u. Os. 73). Nach 18) der Lepidotos, Phagros und Oxyrhynchos an
Strabo (17,40) verehren diesen Affen die Her- Osiris. Als Pianchi Ägypten eroberte, durfte
mopoliten. Es ist der Pavian, Cynocephalus ha- von den Dynasten des Landes, die ihm hul-
niadryas Desm., bei dem Zoologen sogar eine digten, nur einer, und zwar der von Hermopolis
besondere Varietät C. Thoth Ogilby haben un- magna, den Palast der bigotten Äthiopen be-
terscheiden wollen. Der Kynokephalos w^ürde 40 treten, 'denn er war rein und aß keine Fische'
nach Ehrenberg (339) auch von luvenal (15, 4) {Pianchi- Inschr. 152). Vgl. auch Horapollo 1, 14.
gemeint sein, der nur der Quantität wegen in [Pietschmann.J
dem Verse Effigies sacri nitet aurea cercopi-
theci dafür den Cercopithecus eingesetzt habe. ^' Kosmische Beziehungen. *)
Mumifizierte Affen oder Überreste von ihnen 1. Verhältnis zur Sonne, a) Ein-
sind an verschiedenen Orten beigesetzt gefun- setzung des T. Das uralte 'Buch von der
den worden, so unmittelbar neben Ibismumien Himmelskuh', auch als 'Vernichtung des Men-
bestattet, bei Tüna (s. oben unter 2. !)_, also in schengeschlechtes' (Destruction des hommes)
deutlichem Zusammenhange mit der Anbetung bekannt (Übersetzung bei Boeder, Urk. zur Bei.
des Thoth von Hermopolis magna, ferner in 50 des alten Äg. 1915, 142 mit Literatur), erzählt
sehr erheblicher Anzahl in dem 'Atfenfriedhofe', in dem Mythus von den Schicksalen des Sonnen-
Gabbänet el-kirüd, bei Theben. gottes, daß dieser sich nach der Empörung der
Literatur : Ehrenberg, Über den Cynocephalus Menschen grollend auf den Rücken der den
der Ägyptier nebst einigen Betrachtungen über Himmel bildenden Kuh zurückzog. Er sagte
die ägypt. Mythe des Thot und Sphinx [= Ab- zu Thoth angesichts der übrigen Götter: 'Setzt
handlungen d. Ak. der Wiss. Berlin, phys. Kl. (ihn) hierher in den Himmel an meine Stelle,
1833], 337 — 367. Bob. Hartmann in der Zeit- denn ich werde meinen Glanz leuchten lassen
sehr. f. äg. Spr. 2, 9. Ders., Natur gesch.-mediz. in der Unterwelt; du sollst dort Schreiber sein
Skizze der Nilländer 185. Gaillard et Daressy,
Faune momifiee de Fant. Eg. im Catalogue ge- 6O *) Die folgenden Abschnitte sind nur eine kurze
neral des antiquites eg. du Musee du Caire [25], Darstellung, deren Knappheit dadurch veranlaßt ist, daß
85 — 91. 124 — 126. Taf. 50 — 52. MasperO, Guide Herr Geheimrat Pietschmann verhindert war, den 2. Teil
du visiteur au Musee du Caire 1902,371. Ders. äea Artikels Thoth selbst zu schreiben; er stellte mir seine
U. Quibell, Guide tO the CairO Museum^ 483. handschriftliche Übersetzung des Buches Boris Turaev,
Annales du Service des antiquites 1, 75. f.'i^^' ^^T'^' l^^- ^6; Petersburg 1898) und seine samt-
,, TT •!• TD" o i: -1 "M. L liehen umfangreichen Zettelsammlungen zur freien Ver-
b. Heilige Baume. Schon m den ältesten ^^^^^^. ^^^, «.^^^^ ^^.^^^ ^^^,^^.^, ^„^^t ^^.^^ ^u-
iexten {Pyr. 1377. MasperO, InSCriptlOnS des sammenfassung, die er als der beste Kenner hoffentlich
2)yr. 325) wird Thoth herbeigerufen 'aus dem bald durch eine erschöpfende Untersuchung ersetzen wird.
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 28
843 Thoth Thoth 844
und sollst die dort Wohnenden beaufsichtigen! sitzenden Sonnengott stehen; hier ist er als
Du sollst an meiner der dem Weltenherrscher Bericht erstattende
Stelle sein, du Stellvertreter; man soll dich Wesir gedacht (vgl. D. 4. a).
'Thoth, Stellvertreter des Re* nennen. Ich werde Eine Bilderreihe im Tempel von Edfu {Cham-
dich aber (Boten) aussenden (h'b) lassen, die pollion, Monum. 123—130; Not descr. 1,89;
größer als du sind — so entstand der Ibis- Lamone, Dizion. mitol. egiz. 181 — 186) stellt
vo^el fh'b) des Thoth. Ich werde dich aber 16 SonnenschiflFe dar, die zu 16 Stunden aus
deine fiand erheben lassen gegen die ürgötter, dem täglichen Lauf der Sonne gehören. In fast
die mächtiger sind als du, und es wird mir allen Tagesstunden steht Thoth zwischen der
gut gehen, wenn du (hn) — so entstand lo Bemannung des Schiffes, und zwar meist in der
der Technivogel (thnj) des Thoth. Ich werde Nahe des Re. Einige Schiffe, die ansclieinend
dich aber die beiden Himmel mit deiner Herr- die Zeit des Sonnenuntergangs darstellen, ent-
lichkeit und mit deinem Licht umgeben (jnli) halten die untergehende Sonnenscheibo und
lassen — so entstand der Mond (j'h) des Thoth. die Mondscheibe, und in beiden Fällen auch T.
Ich werde dich aber die Hanebu (h*-nbw, In- In den Bildern, die dem nächtlichen unter-
sein des Mittelmeeres) umkreisen lassen — so irdischen Lauf der Sonne angehören, fehlt T.,
entstand der Pavian ('n'n) des Thoth. Du sollst weil er zu dieser Zeit ja als 'Stellvertreter des
[hier ist ein Satz mit einem Verbum t' Re' in Gestalt des Mondes über der Erde fest-
o. ä. ausgefallen] .... — so wurde er zum Wesir gehalten ist.
(t*tj). Du sollst aber mein Vertreter sein. Das 20 d) Als Helfer des Sonnengottes. Eine
Antlitz aller, die dich schauen, soll durch dich Reihe von Bildern und Texten im Tempel von
geöffnet werden (d. h. die Menschen sollen bei Edfu schildert Kämpfe zwischen dem könig-
Nacht durch dich sehen können), und alle Men- liehen Sonnengott mit seinem heldenhaften
sehen sollen für dich Gott anbeten (d. h. dir Kämpfer Horus von Edfu und dessen Helfern
danken)!' auf der einen Seite und dem bösen Set und
Die in der Bestimmung des Re umrissene seinen Genossen, Krokodilen und Nilpferden
Persönlichkeit des Thoth zeigt schon die in Ruf der anderen Seite (übersetzt mit Literatur
der späteren Zeit ausgebildete Vielseitigkeit: hei Boeder, Urk. Bei. Äg. 191b, 120). T. beteiligt
er ist zunächst der Mondgott, dem Ibis und sich gelegentlich an dem Kampfe auf der Seite
Pavian geweiht sind, dann der Schreiber, d. h. 30 der Sonne, und die Beischrift in einem Bilde,
Beamte, und der oberste von ihnen, der im auf dem er vier Genossen des Set gefesselt
Namen des königlichen Sonnengottes regierende hält, nennt ihn: '^T., der zweimal große, Herr
Wesir (vgl. unten D. 4. a). von Schmun, der die Feinde samt ihren Wun-
b) Beiwort 'Stellvertreter des Re'. den berechnet'. Die wesentliche Tätigkeit des
Diese Bezeichnung, die wir eben Re dem T. T. besteht jedoch im Verleihen der Namen
hatten geben sehen, ist zu einem ständigen (vgL unten D. 2. b).
Beiwort des T. geworden, das er in Texten In mehreren Museen finden sich Statuen
aller Art und verschiedener Zeit erhält, z. B. von aufgerichteten Pavianen mit erhobenen
auf Särgen (Berlin 33) und Denksteinen : Louvre Händen, also in der Haltung eines betenden
C 64. Gelegentlich heißt T. auch 'Sohn des Re' 40 Menschen, z. B. Berlin 9941, «942 (ed. Turaev,
(Lepsius, I)enkm. 3, 281 c). Der zuweilen vor- Tot, Anhang XII mit einem Opfergehet an Thoth
kommende männliche Personenname Thoth-Re von Schmun), Kairo 548 (Maspero- Boeder, Füh-
spricht für eine enge Verbindung der beiden rer 1912, 64 mit Tafel 34). Aus Reliefs wissen
Gottheiten. wir, daß diese Paviane die Sonne anbeten; sie
c) T, im Sonnenschiff. Der Vorstelluugs- folgen dabei dem Gotte, dem sie zugehören,
kreis, der den Sonnengott in einem Schiff über dem T. Ein Naos in Kairo 536 {ebd. S. 52) aus
den Himmelsozean faliren läßt, bringt auch dem Tempel von Abu Simbel, in dessen Kultus
stets T. in dieser Barke unter; im einzelnen die Sonne eine hervorragende Rolle gespielt
allerdings in verschiedener Weise Ein in das hat, enthält die Statue eines Pavians mit Mond
Totenbuch eingegliederter Sonnenhymnus sagt so und eines Skarabäus mit Sonne auf dem Kopfe:
bei der Beschreibung des Sonnenschiffs: 'Thoth daneben beten zwei nach Osten gewendete Pa-
und Maat stehen in ihm' [Ani 1, 17 ed. Budge). viane die aufgehende und zwei nach Westen
Ein anderer: 'T. bleibt vorn in deinem Schiff, gewendete die untergehende Sonne an. Aus
um alle deine Feinde zu vernichten' {Tbch. 15, allen diesen Stücken ist die enge Verbindung
5 ed. Lepsius). Eine aus dem Neuen Reich des T. mit der Sonne und die Mitwirkung der
stammende Gebrauchsanweisung für den Spruch heiligen Paviane klar; übrigens scheinen die
des Totenbuchs 'Buch der Verherrlichung des Paviane stets nur der Tagessonne zu dienen,
Verklärten und des Einsteigens in die Barke während Schakale die Aufgabe haben, die Sonne
des Re mit seinem Gefolge' sichert dem Zau- auf ihrem nächtlichen Wege durch die ünter-
berer bei richtiger Verwendung des Textes zu: 60 weit zu ziehen.
'Er soll in die Barke des Re steigen an jedem Gelegentlich ist T. freilich in Verwirrung
einzelnen Tage. Thoth soll ihn zählen (als Fahr- des" eigentlichen Sachverhaltes auch auf dem
gast), wenn er hinausgeht und hereinsteigt in Schiff der Nachtsonne abgebildet, und er ist
richtiger Weise in die Barke des Re (als) ein dem Sonnengotte auch sonst in der Unterwelt
herrlicher Verklärter' (Tbch. 100 Nachschrift behilflich. Z. B. führt T. den Verstorbenen in
ed. Naville\ ebenso: 'Thoth soll ihn zählen' das Totengericht und zu allerhand Dämonen
<ddi. Lepsius). In Bildern sieht man T. als Schrei- ein, und dann auch vor den Thron des Re
her vor dem in seinem Schiffe auf einem Thron (Sarg in Leiden ed. Leemans, Monum. 24—27;
845
Thotli
Thoth
846
Sarg in Peter8bui<r Ermitage 775 ed. Goleni-
scheft', luv. lOH).
e) Bei der Nachtsonne. Die Darstel-
lungen der nächtlichen Fahrt der Sonne durch
die Unterwelt im Grabe des Königs Seti I. (ed.
Lefebure in Mem. Mission Frau <^. Caire'2, 1886)
lassen oftmals im Vorrücken der Stunden aucii
den T. und seine Tiere Ibis und Pavian auf-
treten, bald im Sonnenschiife, bald am Ufer
neben ihm. Einmal (1, ;iO, 31) heißt er 'Thoth
auf seiner Treppe'. An anderer Stelle (1, 24)
wird diese Treppe dargestellt, auf der ein Gott
•Emporheber' dem höchsten Gott sein linkes
Auge, d. h. den Mond, darbrachte. In der 6. Stunde
der Fahrt stehen die Tiere des T. vorn im
.Sonnenschiff mit der Beischrift 'Thoth, der
Vorderste, der Herr der Unterwelt' (4, 39).
T. ist dem Sonnengott in der Unterwelt
wertvoll wegen seiner Kenntnis der Zauber-
formeln. Saß das SchiflF auf einer Sandbank
fest oder bedrohten die Dämonen aus dem Ge-
folge des Set, des Herrn der Finsternis, den
Sonnengott, so half T. durch seine Beschwö-
rungen; seine Formeln wirkten noch, wo alle
anderen Kräfte versagten. Deshalb sagt ein
Sonnenhymnus, der den Weg der Sonne in der
Unterwelt schildert: 'Der Zauber des Re ist
hinter dir, die BeschwöruDgen des T. sind hin-
ter dir' (Florenz 1603 nach Schiaparelli, Catal
337). So kommt T. zu dem Beiwort 'Führer
der Götter in der Unterwelt' {Pap. Luynes in
Ttec. trav. ('gypt. assyr. 1,90); ähnlich im Lied
des Haremheb: 'Führer der Duat, der die Be-
fehle im Westen im Gefolge des Re ausführt'
{Meyer in Z. ägypt. Spr. 15, 1887, 149).
2. Mond, a) Gestirn. Durch den Befehl
des Götterkönigs im 'Buch von der Himmels-
kuh' (vgl. oben l.a) war T. auch als Mond
eingesetzt, und zwar für die Nacht, wenn der
Sonnengott sich in der Unterwelt befand. Die
ägyptische Bezeichnung des Gestirnes ist j'h,
und dieses Wort j'h 'Mond' kommt häufig als
Beiwort des Gottes T. vor (z. B. Turin Pap.
XXIV 1 C), ebenso das Beiwort 'Mond, der am
Himmel' ist (Berlin 2293). Auch die Beiworte
'Stier unter den Gestirnen (? oder: unter den
Göttern?)' (Berlin 2293) und 'Stier des Him-
mels' {Brugsch, Thes. 1,37. 27) weisen wohl
ebenfalls auf T. als Mond hin. Ein ausführ-
licher Anruf an diese Gestalt des Gottes steckt
in dem großen Hymnus Ramses' IV. an T. : 'Du
bist der Mond am Himmel, verjüngst dich
nach Wunsch, alterst nach deinem Belieben
und gehst hervor, um die Finsternis zu ver-
treiben', womit oifenbar auf die Zu- und Ab-
nahme des Gestirnes hingedeutet ist.
Die innige Verbindung des T. mit dem
Monde ist in den Pyramidentexten des Alten
Reichs überall schon vorausgesetzt und geht
so weit, daß auch anderen mythologischen Be-
ziehungen des T. die Idee der Mondgottheit
zugrunde gelegt wird, zweifellos oft in nach-
träglicher Entstellung der ursprünglichen My-
then. In vielen Fällen bildet T. das Gegenstück
zum Sonnengott, z. B. in Spruch 128 {Pyrami-
dentexte ed. Sethe): 'Der Tote umflutet den Him-
mel wie Re, er umwandelt den Himmel wie
Thoth'. Auch sonst wird T. mit Gottheiten des
Lichtes und des Himmels zusammengestellt, an
welchem er eine hervorragende Rolle spielt.
In Spruch 709 ist er in Beziehung zur Barke
des Re getreten, in der wir ihn schon früher
(oben 1. c) gefunden haben.
Plutarch dein. 12 weiß nur noch eine äußere
Beziehung des T. zum Mond: Hermes soll mit
Selene Brett gespielt und ihr ein Siebzigstel
Jedes Tages abgewonnen haben, worin wohl ein
10 Hinweis auf die Bildung der Schalttage steckt.
Die Vorstellung von T. als Gott des Mondes,
der auf der Erde die dunkle Nacht erhellt, hat
die Rolle des T. als Begleiter des Sonnengottes
in der finsteren Unterwelt veranlaßt (vgl. oben
C. 1. e). So haben wir es zu verstehen, wenn
T. als Begleiter der Toten im dunklen Reich
der Unterwelt auftritt, ohne daß seiner Eigen-
schaft als Mondgott dabei gedacht wird.
b) Zusammenstellung mit anderen
20 Mondgöttern. Der aus dem j'h 'Mond' ge-
bildete Mondgott Ja' h {Lanzone, Diz. mitöl. egiz.
84 ff.) hat sich im Neuen Reich völlig mit T.
verbunden, und Anrufungen an Ja' h-Thoth sind
häufig {Tur. 79 mit Anhang nr. 7, dazu Maspero
in Bec. trav. 4 [1883], 143, XIV und Erman in
Sitzungsher. Äkad. Wiss. Berlin 1911, 1102).
Der in Theben heimische Sohn des Amon
und der Mut namens Chons ist u. a. auch Mond-
gott und als Heilgott ein Helfer der Menschen,
30 so daß er Beiworte wie Nofer-hotep 'Schön an
Güte' und 'Ratgeber' und 'Gnädiger' erhielt.
Er steht in dieser Hinsicht also dem T. nahe.
Beide Götter werden im Neuen Reich (Berlin
6910 G 3) und später gern vereinigt genannt,
z. B. im ptolemäischen Thoth-Tempel zu Theben
« trägt Chons die Benennung: 'Chons, Herr der
Freude, Thoth in Schmun, der Mond, der am
Himmel strahlt' {ChampoUion, Monum. 600). In
einem Ptolemäerrelief in Karnak sind die bei-
40 den Götter verbunden zu dem ibisköpfigen:
'Chons -Thoth, zweimal Großer, Herr von
Schmun', dem die Nehem-awit, die Gattin des
Thoth, zugewiesen ist {Lepsius, DenJcm. 4, 14 b).
T. hat mit Schow, dem Sohne des Re, nur
in einigen nebensächlichen Punkten Berührun-
gen, und die Zusammenstellung der beiden
Götter wird erst dadurch verständlich, daß
Chons und Schow länger und inniger mitein-
ander verbunden gewesen sind. T. und Schow
50 werden schon im Neuen Reich zusammenge-
bracht {Lanzone, Diz. tav. 37, 1 mit Bec. trav. 2,
168, IV), öfter in der Spätzeit (z. B. Sarg des
Achnes-ran-nefer-senb ed. Budge 188. 262), und
stark ausgeprägt im Kalender des Tempels von
Esne {Brugsch, Materiaux C. XII, II), ^Y0 Schow
Tätigkeiten des T. übernimmt. Auch im Tempel
von Dakke in Nubien (vgl. unten F. 3. c); dort
auch sonst in Verbindung mit dem Mythus von
Hathor in Nubien (vgl. unten E. 8).
60 Bei dem Bestreben, die Götter in Beziehung
zu den Naturkräften zu bringen, ist Osiris,
dessen finsteres Reich die unterirdische Welt
der Toten war, zum Mondgott geworden. In
der älteren Zeit hat man davon noch nichts
gewußt, aber der späteren ist sie geläufig, vgl.
Plutarch, De Is. 41. Osiris als Mondgott Ja'h
spielt zusammen mit T. eine Rolle im 'Gebiet
des Mondes' auf der Nordseite des späten Tem-
28*
847 Thoth Thoth 848
pels von Dendera. Von dem Moudgott 'Osiris Einzelheit knüpfen zahlreiche Stellen in den
— Ja'h—Thoth' besitzen viele Museen Bronze- religiösen Texten und Bildern an, in denen das
figuren, die ihn als Mumie oder als Jungen Horusauge ein beliebtes Thema ist. Die Vignette
mit dem Kinderzopf oder als Mann darstellen, zu Totenbuch ed. Lepsius 149 Abschnitt 5 zeigt
meist mit dem Monde auf dem Kopfe. einen ibisköptigen Mann mit dem Horusaui
Ein dem T. nahestehender Mondgott in rein rüzat-Auge') in der Hand (ähnlich Bild
menschlicher Gestalt namen.«« Schepsi (sp^j Kap. 17); Figuren eines Pavians mit dem Aujj»
'Herrlicher, Ehrwürdiger") wird von Ramses H. sind häufig. T. wird 'ßringer des Auges' ge-
im Tempel von Wadie8-Sebu'a(Xcp5ius,i)«>iA:m. nannt {Bergmann, Hierogl. Iiischr. 52, l)b).
S, 182) dargestellt und ist auch sonst bekannt, lo Ferner ist T. als Arzt vorgestellt, der die
3. Kampf zwischen Horus und Set. Wunden im Kampfe zwischen Horus und Set
a) Thoth als Schiedsrichter oder Hei- heilt {Totenbuch ed. Naoüle 17,30). T. heilt
fer. Nach einer schon in den Pyramidentexten die Verletzung des Horus durch Bespeien,
vorhandenen Vorstellungsgruppe gehört T. in Diese Vorstellungen werden dadurch kosmisch
den Kreis der Götter um Osiris, und er ist umgedeutet, daß man im Horusauge den Mond
einer der großen Götter Ägyptens, wenn er sieht. Nun heißt T. 'Füller des Auges' {Pierret,
auch nicht in die Große Neunheit von Helio- J^tiides 1,59; Pap. Louvre 311). Zahllos sind
polis aufgenommen ist. Nach W 240 ist T. in späten Texten die Anspielungen darauf, daß
neben Horus und Set ein Kind der Nut, und T. den Mond, das eine Auge des Ke, wieder
zu den 'Kindern der Nut' gehört er auch im 20 auffüllt, nachdem es klein geworden war. Die
Totenbuch Kap. 1; T. heißt 'Bruder des Set Verbindung des Mondes mit dem Horusauge,
und Osiris' W. 236. allerdings ohne Hinzufügung des T. , ist Plu-
In den Kampf zwischen Horus und Set, eines tarch, De Is. 65 bekannt.
der hervorragendsten Ereignisse im Osiriskreise, Eine zweite kosmische Umdeutung knüpft
hat T. eingegriffen, wie wir aus den Pyrami- an die Sonnenfinsternis an, mit der die Ver-
dentexten und dem Totenbuch (Kap. 17. 95. 96) letzung des Horusauges gemeint sein soll
wissen. In vielen Fällen wird die Gegnerschaft {Brugsch, Bei. 452 ff.). T. soll auch die beschä-
der beiden Götter als ein Kampf mit Waffen digte Sonne wiederhergestellt haben. Die Deu-
aufgefaßt, z. B. in den Mythen von Edfu {Na- tung ist aber aus ägyptischen Texten nicht zu
ville, Mythe d' Horus 1870); dort hilft der zau- so belegen, und sie wird von kritischen Forschern
berkundige T. dem Horus, den in ein Nilpferd wie Turaev (S. 59) völlig abgelehnt.
verwandelten Set zu erstechen. In Philä ver- c) Set durch T. ersetzt. Horus und Set
leiht T. seinen Schutz der Isis mit dem Horus- treten in einer umfangreichen Gruppe von Texten
kinde {Champollion , Monum. 1, 79); oder er und Bildern als Königs- und Landesgötter zu-
stellt seinen Zauber einem Falken im Sumpf- sammen auf; vgl. Art. Set Sp. 742 ff. Nachdem
dickicht zur Verfügung {Lepsius, Denkm. 4, 36 b). Set als Osirismörder durch das Überwiegen der
Die Mettern ich stele (Streifen 3) zeigt, daß dieser Osirisreligion aus den Tempeln und Gräbern
Schutz gegen Set ausgeübt wird, dessen Bundes- verdrängt war, trat T. für ihn ein , und zwar
genossen Krokodil und Schlange T. niedertritt. seit Dyn. 18. Die Hss. von Dyn. 18 ab setzen
In anderen Fällen ist der Kampf zwischen 40 in Totenbuch ed. Naville 17, 41 statt Set den
Horus und Set als ein Rechtsstreit vorgestellt, T. ein. Im Tempel von Amada übergießen T.
und zwar ist dieser Mythus schon in den Pyra- (statt Set) und Horus den König Amenhotep III.
midentexten vorhanden und auch im Totenbiich mit den Lebenszeichen {Lepsius, Denkm. 3, 65 d ;
(Kap. 83. 84; schon im Grab des Harhotep vgl. ebenda 4:, 2 c). In Ahjdos {Mariette l,Sl&)
Z. 411 — 25 nach Maspero in Mem. Mission binden T. (statt Set) und Horus die Wappen-
Frang. Caire 1, 162) überliefert. Bei diesem pflanzen der beiden Landeshälften am Königs-
Kampfe war 'T. zwischen ihnen', spielte also thron zusammen. Die Ersetzung ist zuerst fest-
die Rolle eines Schiedsrichters, und zwar 'an gestellt von Lepsius, Über den 1. ägypt. Götter-
dem Tage, als er erstrahlte als dieser ehrwür- kreis (1851) 27.
dige Gott' (spsj, vgl. den Gott Schepsi inC. 2. b, 50 4. Sonstige kosmische Beziehungen,
spsj ist ein ständiges Beiwort des Mondgottes). Eine Reihe von allerdings nicht einheitlichen
sp
Nt
ach Z. 24 des berühmten Osirishymnus {Bibl. und nicht durchgehends klaren Stellen weist T.
Nat. 20 ed. Ledrain, Monum. egypt. pl. 21) hat eine bestimmte Stelle im Weltbild zu. Nach
T. in dem Prozeß zwischen Horus und Set das einem Bilde zu Totenbuch Kap. 161, das im
Urteil des Re aufgezeichnet. Bei Plutarch, De Neuen Reich ständig am Ende des Sargkastens
Is. cap. 19 hat Hermes dem Horus dazu ver- angebracht wird, ist T. einer der Götter, die
helfen, daß Typhon, der ihn wegen unehelicher das Himmelsgewölbe an den vier Ecken unter-
Geburt bei den Göttern verklagte, abgewiesen stützen; er hat dann eine Stange mit einem
wurde. Aus seiner Tätigkeit hat T. schon in Querstück oben in der Hand, in der wir eine
alter Zeit das Beiwort 'der die beiden Kamp- 60 Himmelsstütze zu sehen haben. Im Libro dei
fer richtete' erhalten. funerali (ed. Schiaparelli 23) ist T. einer der
b) Thoth heilt das verletzte Horus- Schützer der vier Weltgegenden, und zwar
ange. Pyr. 58 b ist ein Mythus vorausgesetzt, scheint es schon in den Pyra midentexten {W b
nach welchem T. mit dem Horusauge erscheint und 350; N 221) die westliche zu sein. Auch
und es dem Horus gibt, der dadurch erfreut sonst sorgt T. für die westliche Gruppe der
wird; die Szene gehört offenbar in den Kampf Götter (IT 225), und er wird mit den westlichen
zwischen Horus und Set, bei dem Set dem Göttern zusammen genannt {Pyr. 157; Birch,
Horus sein Auge ausgerissen hat. An diese Amamu 19, 10).
849 Thoth Thoth 850
D. Gott der Weisheit. e) Schützer der Schreiber. Begreif-
1. iSchrilt und Schrauben, a) Erfinder Hcherweise ist T. als Schntzgott der Schreiber
der Schritt. Aus der Verbindung vorschie- verehrt worden. Schreiber sprengen aus dem
dener Stellen der Pyramidentexte lilßt »ich er- Napf, in dem sie ihre Tinte bereiten wollen,
' liließcn, daß sie bereits T. und Seschat (s. d.) ^in paar 'liopfen Wasser und rufen dabei T.
Is Schützer der Schrift und der Bücher und an {l'ierret, Kivdis egyjitol. 2,9ü; Schäfer in
inn wohl auch als Ertinder der Schrift ken- ^eitschr. ä(,ypt. SjjV. 36 [1H98|, U7; Gaidiner,
•u (ed. Sethe 954. 1465b. 1146 u. a). Deutlich chcnda 40 [1902-3], 3). Auf diesem Wasser-
vorausgesetzt ist diese Vorstellung im Anfang '»apfe (Louvre) und der Palette (Berlin 8042)
Ics Pap. Ebers 1,8 für *T., der Wort und lo ''""S<^ "lan gern Tiebete an T. an. Schüler
Schrift schenkt, der die Bücher schallt'. Klar müssen Lieder an T. abschreiben {Ihip. Anastasi
Musgesproclien wird es in der griechischen Über- '^I- ^Oi ""d in der Bibliothek des Tempels von
liofcrung, z. B. schreibt Plato, Philebus Kap. 1, ^^dfu ist ein Hymnus auf T. angebracht {Bera-
isB dem ©svd- nach ägyptischen Berichten mami , Hierogl. Inschr. 66). Diese Bibliothek,
die Erfindung der Buchstaben, die Unterschei- das 'Bücherhaus' oder 'Lebenshaus', ist dem
dnng zwischen Vokalen, Konsonanten und Halb- T. in vielen seiner Beiworte anvertraut, z.B.
vokalen sowie die Begründung der Grammatik 'Erster des Bücherhauses' (passim). DenWasser-
zu (wobei die letzteren Punkte unägyptisch und "^^P^ ^pd das Schreibzeug des T. erbittet der
offenbar griechischer Zusatz sind). Auch bei '^^^^ sicli auch noch für das Jenseits {Töten-
dem phönizischeu Sanchuniathon hat Taaut 20 ^^^'* .^ap. 94). Auf Statuen, die ein Schreib-
die heiligen Schriftzeichen erfunden. kundiger sich in sein Grab mitnimmt, läßt er
b) Schreiber der Götter. InderzuC. l.a ^i^h von einem Pavian, dem heiligen Tiere des
wiedergegebenen Stelle des Kuhbuchs war T. T., begleiten, der ihm dann auf den Knien
als Schreiber der Götter eingesetzt, und zwar '^i*^* {Schiaparelli in Giornale della Societä
vom Götterkönig, dem als dem Sonnengott er Asiatica 7, 317) oder über den Kopf blickt
insbesondere zugewiesen ist. In einem Sonnen- (Berlin 2284; Kairo: Legrain, Statues 2 pl. 26).
hymnus des Totenbuchs {Am ed. Btidge 1,10) 2. Rede und Sprechen, a) Gebieter
heißt es doshalb: 'T. schreibt täglich die der Gottesworte. Mit der Schrift zusammen
Wahrheit auf. Beiworte des T. {Turaev 167 IT.) hat T. nach Pap. Ebers! , 8 die Rede eingesetzt,
nennen ihn: 'Schreiber der Neunheit', 'Schrei- 30 Er heißt in einem häufigen Beiwort 'Herr der
ber der Wahrheit',- 'Schreiber der Wahrheit Gottesworte' (passim) und tritt überall auf, wo
der Neunheit', 'Schreiber der Wahrheit der es eine Ansprache zu halten oder eine feier-
großen Neunheit' usw. T. hat außer den Schrift- liehe Verkündigung zu machen gibt. Man bildet
zeichen auch die heiligen Symbole für die Göt- T. gern mit erhobener Hand, d. h. als reden-
ter gezeichnet, z. B. im Auftrage des Re-Ha- den Mann ab. Er brachte den Menschen zu-
rachte die geflügelte Sonnenscheibe über den erst geordnete Vorstellungen von den Göttern
Tempeltoren {NavilJe, Mythe d'Horus 19, 1—2). und verfügt über jede gelehrte Kenntnis. Nach
c) Für den König. Wo die Götter dem Porphyiius (ÄlüUer, P)agm. B, 270, o) zeichnete
König etwas Gutes verleihen, pflegt T. es ihm sich 'Taaut, den die Ägypter Thoth benennen,
aufzuschreiben. Er schreibt ihm auf die Blätter 4o durch Weisheit bei den Phöniziern aus und
des heiligen Baumes von Heliopolis, daß er brachte zuerst das, was sich auf die Gottes-
langes Leben und unendlich viele Regierungs- Verehrung bezieht, aus ungebildeter Masse in
jähre haben solle; er ritzt ihm die Jahre in wissenschaftliche Kenntnis'; von der Gottes-
die Palmrippe und überreicht ihm die Sym- lehre des Taautos, von der Vergötterung des
hole der Regierungsjubiläen , des glücklichen Drachens und der Sehlange und von den heili-
Fortbestehens und des ewigen Lebens. So bei gen Schriften des Taaut ist auch weiterhin
Thutmosis HL {Lepsius, Denkm. 3,15. 55. 59), die Rede. Wenn man Paulus Hermes nannte,
bei Haremheb {ebenda 119), bei Seti L {ebenda weil er das Wort führte {Apostelgesch. 12,14),
151a), bei RamsesH. (e&£wc?a 188; Champollion, so steckt darin vielleicht auch eine Erinne-
Monum. 43) und bei den späteren Königen bis 50 rung an den ägyptischen T.
zu den Ptolemäern {Pochemonteix, Edfou 291; b) Verleiher von Namen. Die Tätigkeit
Bergmann, Hierogl Inschr. 54). des T. als Redner hat ihn dazu geführt, für
d) Verfasser von Büchern. Nach Toten- Ordnung, Gesetz und Namengebung zu sorgen:
buch ed. Naville 68, 10 begibt sich Hathor nach 'seine Worte haben die beiden Länder einge-
Heliopolis 'mit den Schriften der Gottesworte richtet'. Er ist der 'Festsetzer der Grenzen
und dem Buche des T.'. Beiworte des T. nen- aller Länder' (Hymnus des Haremheb), 'der
nen ihn 'Herrscher der Bücher', 'Oberhaupt die Dinge an ihre Stelle setzt' {Pop. Luynes),
des Buches, der mitten unter den Büchern der 'Einrichter (stnnw) der beiden Länder'
sitzt' u. ä. {Turaev 171). In den Kämpfen bei {Totenbuch 125). Im Mythus von der Geflügel-
Edfu beauftragt Re den T., das 'Buch vom 6o ten Sonne verleiht T. ingesamt 24 mal an einen
Schutze des Osiris' zu verfassen {Naville, Mythe Gott, Ort oder Tag einen Namen, der mit dem
d'Horus). In der griechischen und phönizischeu Ereignis zusammenhängt, an dem jeder betei-
Überlieferung wird T. mehrfach als Verfasser Hgt ist {Naville, Mythe d'Horus). Die Namen-
heiliger Schriften genannt, und dieser Zug ist gebung spielt auch sonst eine große Rolle,
echt ägyptisch und seit alter Zeit belegt; 'alles c) Schöpfer durch das Wort. Maspero
Seiende ist durch die Schrift des T. zusammen- hat in einem Aufsatz über die Neunheit {Revue
gefaßt', heißt es in der Litanie von Liilsor de Vhist. des relig. 25, Iff.; Bibl. Egtjptol. 2,
{Bec. trav. egyt. assyr. 32, 68). 1893, 382) und über die Allmacht des Wortes
851 Thotb Thotli 852
(Bec. tniv. egypt. assyr. 24, 1902, 168) seine Auf- Au anderen Stelleu heißt T. allein »ler 'Zähler
faasung von dem Hergang der Schöpfung nach der Zeiten, Monate, Jahre' (Bergmann, Hierogl.
dem Dogma von Hermopolia dargestellt T. hat Inschr. 54) oder erhält Beiworte (Spiegclherg in
durch die Macht des Wortes geschaffen; seine Zeitschr. ägypt. Spr. 50, 1912, 48) wie 'Herr der
Stimme genügte, um Wesen entstehen zu lassen, Zeit', 'der die Zeit zählt\ und sonst heißt er:
zusammenzuführen und neue hervorzubringen. 'Herrscher der Jahre*, 'der die Jahre berech-
Neben T. spielt eine Achtheit dabei eine Holle; net* (Turaev 109).
entweder sind es acht Paviane, oder vier Paare, b) Abwiegen von Waren. Die besondere
von denen die Männer Froächkopf, die Frauen Begabung des T. für zahlenmäßij?e Feststel-
Schlangenkopf haben ; vgl. krt. Sonne Sp. 1194. lo lungen veranlaßt seine Tilti<?keit bei dem Ab-
Aus diesen Vorstellungen hat sich eine beson- wiegen. In dem Totengericht steht er neben
dere Kosmogonie von Hermopolis herausgebildet der Wage, auf der das Herz gej^en die Wahr-
mit umfangreichen Schöpfuugssagen; die Acht- heit aufgewogen wird {Totenbmh Kap. 125).
götter sind die 'Väter und Mütter', T. ist ihr Über die Ergebnisse der Expedition der Köni-
Führer und schafft durch die 'Gottesworte', gin Hatschepsut nach Punt wird schriftlich
die ygaiifutTa iBQa des Dekretes von Kanopus. Rechnung gelegt vor T. und Seschat, die von
T. mit den ürgöttern ist in den von Hermo- ihnen schriftlich festgelegt und nach Zahlen
polis beeinflußten Bildern des Tempels von berechnet werden {Urk. 4, 336); den Pavian,
Ei-Charge dargestellt {Hoskins, Great Oasis sein beiliges Tier, hat T. an die Wage gesetzt.
pl. 6), und ein Lied der ürgötter ist dort an- 20 Auch für Ramses HI. hat T. das Gold abge-
gebracht (Brugsdi, Reise nach der gr. Oase). wogen (Tempel von Medinet Habu). In seiner
Die Ürgötter sind aus dem Schlamm entstan- Eigenschaft als Gott des Messens erhält T.
den, und T. heißt der 'alleinige Gott' in Her- häufig das Beiwort th oder thn, das einen Ibin
mopolis. Andere Beiworte nennen T. den zu bezeichnen scheint, aber im Wortspiel mit
'guten Gott der Urzeit', 'der zuerst entstand', dem Zeiger th an der Wage gebraucht wird.
'der von selbst entstand', 'der sich selbst er- c) Vermessen des Landes. Ein Tempel
zeugte', 'der nicht geboren wurde' {Turaeo 175). des Gottes üpuat in Siut ist im Mittleren Reiche
T. ist es, 'auf dessen Rede hin Himmel und 'erbaut von den Händen des Ptah, gegründet
Erde festgestellt wurde' (Lepwu5,Z)enÄ;m. 4,89 a). von T.' {Lepsius, Denkm. 2,152d). Damit ist
Die Rolle des T. als Urgott und Schöpfer so gemeint, daß T. das Land vermessen und den
hat ihm in Hermopolis die weitere eines Göt- Grundriß des Gebäudes festgelegt hat, wie wir
terkönigs und Weltherrschers von selbst zuteil es oft in späteren Tempelreliefs sehen. Ram-
werden lassen. In einem 'Täglichen Gebet an ses IL hat einen Thebaaischen Tempel errichtet
T.* werden die Götter im Himmel und auf Er- 'nach den Aufzeichnungen des T.' {ebd. 3, 17ö).
den angerufen, T. zu schauen, wie er mit dem In Edfu hat der Gott des Vermessens selbst
Uräus geschmückt ist und die Kronen aufge- die Aufsicht bei der Gründung geführt {Berg-
setzt hat; jeder Gott und jede Göttin verehrt mann, Hierogl. Inschr. 45). Im Totenbuch Ka]).
T., der der oberste aller Götter und Göttinnen 183 wird aus diesem Grunde darauf ange-
iet (Zeitschr. ägypt. fijpr. 33, 1896, 121). Der spielt, daß T. 'die Tempel begründet auf ihrer
Turiner Königspapyrus verzeichnet T. als einen 40 Stätte'. Auch anderweitige Hinweise, daß T.
der göttlichen Herrscher der Urzeit. Beiworte 'die Kapellen eingerichtet' habe, so daß jeder
in Inschriften nennen ihn: 'Lebender Herrscher Gott und jede Göttin ihn verehrt {Londoner
der Götter', 'Oberhaupt aller Götter und Göt- Hymnus ed. Turaev), oder daß T. 'die Tempel
tinnen','Oberhaupt der großen Neunheit', 'Fürst eingerichtet hat' (Berlin 2293), sind in diesem
der Götter', 'König der Götter' (Turaev 172, Sinne zu verstehen, wenn auch hinzukommt,
101; 176). daß T. die Gottesverehrung und die Opfer-
Die Angabe bei Plutarch, De Is. 12, daß darbringung geordnet hat. Auf diese letztere
Isis, die Tochter der Rhea, von Hermes ab- Tätigkeit zielen wieder andere Beiworte und
stamme, ist nur verständlich, wenn man in Erwähnungen hin.
Hermes-Thot einen der ältesten großen Götter 50 Außer der Wage hat T. auch die Elle er-
sieht, der in einer Reihe mit dem Sonnengott funden, und viele Meßellen aus Stein tragen
(Helios-Re) und dem Erdgott (Kronos-Geb) steht. Anrufungen an T. (Pietschmann, Hermes Tris-
S. Zahl, Maß und Zeit, a) Berechnen meg. 13). Die 'Elle des T.' (Geogr. Pap. Tanis
der Zeit. T., der durch die Schrift eine klare 14,56) ist in seiner Hand, und Re läßt T. den
Erfassung und Bewertung in die Welt gebracht Nil vermessen 'mit seinem Stamme' (Pap. Sallier
hat, wacht auch über alle anderen Dinge, die 4, 9, 9). Aus dieser Tätigkeit erhält T. die Bei-
mit Zählen, Rechnen und Messen zu tun haben. worte: 'der das Land berechnet und seinen In
Er schreibt dem König die Zahl der Jahre halt zählt', 'der den Himmel berechnet und
seines Lebens auf (Lepsius, Denkm. 3, 151a) seine Sterne zählt', 'der Gott, der dieses Land
und gibt ihm die Zeichen des Lebens (Ma- m vermessen hat', 'der die Grenzen der Felder
riette, Abydos 1, 22). Auch sonst wird die Le- kennen lehrte', 'der jedes Handwerk und seine
benszeit des Menschen, die Summe ihrer Jahre Angelegenheit kennen lehrt', 'der die Dinge
von T. abgezählt (Pap. Rhind ed. Brugsch kennt' (TMraer 169 — 171). Aus der Kenntnis der
bzw. Möller; Brugsch, Thes. 898). Sowohl T. zahlenmäßigen Verhältnisse der Gegenstände
wie Chons werden als Götter der Zeit ange- hat sich also ein allgemeines Wissen um das
sehen, und deshalb erhält die Vereinigung innere Geschehen der Welt entwickelt; der
Chons-Thot im Thot-Tempel zu Theben (Cham- Schritt zum allwissenden Gott (vgl unten G. 2)
pollion, Monum. 600) entsprechende Bei worte. ist nicht mehr weit.
853 Thoth Thoth 854
Gerade in den hier hervorgehobenen Tätig- Heim mit liinderkopf aufgesetzt, als Horua ihr
keiten wird T. gern zusammengestellt mit dem die Krone abgeschlagen hatte (PliUarch, J)e Is.
Gotte jsdn oder jsds, vielleicht 'Oardvi}? bei 19), wobei seine Zauberkunst ihm wohl auch
Philon von Jhjblos. Nach seinen Vorschriften zustatten kam. T. hat die Beiworte 'Gebieter
sind Statuen angelertigt(Dendera), nach «einem des Gerichts', 'Einrichter des Gerichts', 'Ab-
Plane ist der Tempel errichtet (Edfu). wäger der Wahrheit'; ferner 'Richter der Neun-
4. Wesir, Beamter und Richter. a)We- heit', 'Herrscher des Richtens', der die Worte
sir und Vertreter des Götterkönigs. Der entscheidet', 'der das Recht entscheidet', 'der
Sonnengott und Götterkönig hat T. als seineu das Böse aburteilt', 'Herr (oder Fürst, Herr-
Vertreter eingesetzt (vgl. oben C. l.a) und ihn u» scher) des Rechts'; andere Boiworte verbinden
dabei seinen Wesir (t'tj) genannt, den höchsten T, mit Ma'at, der Göttin des Rechts (Turaev
Beamten des Reiches nach ägyptischer Vor- 172).
Stellung Deshalb stehen T. und Ma'at im 5. Arzt und Zauberer. a)BeidenGöt-
SonnenschiS {Totenbnch desÄni 1, 17 ed.Budge), tern. T. hat im Götterkreise durch seine Weis-
und Bilder des thronenden Götterkönigs zeigen heit Taten vollbracht, in denen er als Arzt
T. vor ihm, oft die Papyrusrolle zur Bericht- wirkt; freilich oft bei übernatürlichen Heilun-
erstattung in der Hand haltend. Man sieht T. gen, zu denen er Beschwörungen braucht. Diese
in dem großen Schiff, 'wie er Friede und Recht Beschwörungen bilden eine besondere Kenntnis
vor ihn setzt' (Berlin 229.-J). Dem T. als Wesir des T., mit denen er stets in vorbildlicher
sind die Pflanzen und Tiere unterstellt, Erde 20 Weise zu arbeiten weiß, so daß Zauberer ihn
und Wasser haben ihm ihre P^rtriignisse zu anrufen. Die Belege aus der Göttergeschichte
überbringen; aus anderen Befähigungen des T. für diese Tätigkeit sind zahlreich. T heilt das
ergibt sich, daß er Tempel aufführt, Gaue und Horuskind, das von Skorpionen oder Schlangen
Städte benennt usw. Schließlich wird er ein gebissen wird, und zwar kommt er 'versehen mit
Leiter aller Ordnung im Himmel und auf Er- iieinem7jfiubei'' {Metternichstek ed. Golenischeß').
den, der die Kultur in jeder Weise gehoben Als Set der Isis den Kopf abgeschnitten hatte,
und den Staat gesichert hat. Die Beamten bildete T. seine Gestalt neu durch Zauber (P«p.
sehen in ihm ihr Vorbild, das sie anrufen um Ballier 4, 3, 5). Der Sonnengott braucht auf
Schutz und Hilfe. seiner nächtlichen Fahrt durch die Unterwelt
Nach später Überlieferung soll Hermes unter so den T. wegen seiner Kenntnis der Zauberfor-
König Sesostris wohltätig gewirkt und Gesetze mein; mit ihnen macht T. das SchiflF wieder
gegeben haben {Cedremis 1 p. 36, 15; Chron. flott, wenn es auf Sandbänke geraten ist {Buch
Pasch. 1 p. 85ff'.; Aelian. V. H. ed. Herch. 12, Ämduat). Deshalb heißt T. 'Führer der Götter
4. 14,34). in der Unterwelt' {Pap. Luynes in Rec. trat.
b) Richter und Kenner des Rechts. egypt. assyr. \,20). Der Sonnengott hat 'den
Zum Amte des Wesirs gehört im irdischen wie Zauber des Re und die Beschwörungen des T.'
im himmlischen Reich die Rechtspflege. Eine bei sich. {Totenhiich 15 nach Florenz 1603).
Anrufung an T. als Wesir nennt ihn deshalb Durch seine 'Beschwörungen' hilft T. dem Ho-
sogleich: 'der das Recht entscheidet und die rus auch im Kampfe des Sonnengottes gegen
Wahrheit berechnet, der die Wahrheit liebt 40 seine Feinde {Narüle, Mythe d'Horus).
und dem Recht gibt, der Recht tut' (Berlin b) Für die Menschen. T. übt seine Tätig-
6910 G 3) oder feiert ihn als 'König des Rechts' keit ebenso für Menschen aus. Der Anfang des
(Berlin 2293). Der Tote wendet sich mit seinem medizinischen Papyrus Ebers nennt sogleich
Gebete um gerechtes Urteil im Totengerichte T., der 'Treffliches sendet durch Gelehrte und
an T.( Tofcn&wc/? Kap. 18), durch dessen Zauber- Ärzte, seine Nachfolger, um den Gottgeliebten
formein allerdings das gerechte Urteil über die zu befreien, den er lebendig macht'. In einem
Taten beeinflußt werden kann, so daß das sitt- Rezept gegen Nasenkrankheiten heißt es: 'Diene
liehe Moment im Totengericht durch T. stark Re, bete zu T.' {Ebers 90). Der Setna Romav
untergraben wird {Turaev, Tot 52— 53 ; Breasted, schildert die zauberkräftige Wirkung der Schrif-
JJevelopment of reUgion and thought in ancient 50 ten des T. In den Zauberformeln wird T., ohne
Egypt, 1912, 307). Der Betende hat Ver- den sie nicht gelingen können, angerufen
trauen, wenn T. 'im Gerichte des Osiris ist' (Metternichstele). Medizinische und magische
{Lacau, Sarcophages 1,217,27), und in der Tat Papyri lassen T. mitwirken durch seine Zau-
steht T. ja neben der Wage, auf der die berei bei der Heilung von Schlangenbiß oder
Gerechtigkeit des Herzens festgestellt wird bei Mitteln gegen andere Gifte.
{Totenbuch Kap. 125). Der 'Lebensmüde' (ed. c) Für die Toten. Nachdem das Toten-
Erman, Akad, Berlin 1896) verlangt: 'mich 6 «c7i Zauberformeln in sich aufgenommen hatte,
richte Thot, der die Götter befriedigt'. Der die dem Toten im Jenseits bei Not und Ge-
Beamte möchte 'fehlerlos in der Rechtschaffen- fahr helfen sollten, drangen auch Anweisungen
heit wie T.' sein, da der Gott einst im Götter- 60 für den Gebrauch ein, die ebenso geformt sind
gericht den Horus als rechtmäßigen Nachfolger wie für Lebende. Sogleich im Anfang des 1. Ka-
des Osiris anerkannt und durchgesetzt hat. So pitels (ed. Naville 1, 3) tritt T., der König der
ist T. auch der beste Kenner der Rechtmäßig- Ewigkeit, auf und kämpft für den Toten. T.
keit des irdischen Königs und verkündet schon ist der Urheber der Formeln, die nur mit Zan-
der Mutter seine bevorstehende Geburt (Tempel berkraft wirksam werden. Der Spruch für die
der 18. Dynastie) und ruft später wieder seine Herzskarabäen Kap. 30 ist unter den Füßen
Thronbesteigung vor aller Welt aus {Lepsius, des T. in Schmun gefunden worden. Zahlreiche
DcüÄ'wi. 3, 261 f.). Hermes hat der Isis auch einen weitere Anspielungen im Totenbuch und in
855
Thoth
Thoth
856
Grabinschriften lassen T. als einen wichtigen
Helfer des Toten erscheinen, der ihm durch
seine vielfachen Kenntnisse wertvoll wird.
Wir hatten T. als Prüfer des Rechts im
Totengericht gesehen {Totenhuch Kap. 126); er
führt dann den gerecht Befundenen zu Osiris,
und durch T. geschieht in mannigfacher Weise
die Zulassung bu den Gerichten (Kap. 18). T.
ruckt hierdurch dem Osiriskreis nahe und ge-
winnt enge Beziehungen zu den Angehörigen
des Osiris, mit denen sich auch anderweitige
Verbindungen herausgebildet hatten. Der Tote
braucht Sprüche für das Zusammensein mit T.
(Kap. 96—96) und einen anderen für die Be-
kanntschaft mit den Geistern von Schmun
(Kap 116). In dem späten Ritual für die Ein-
balsamierung (ed. Maspero 1883) liest T. den
Toten das 'Buch vom Atmen' und gibt ihm
dadurch die Fähigkeit zum Atmen wieder;
bei dem Einwickeln der Leiche macht T. durch
seine Formeln die Glieder gesund, und die 'Binde
des T.' wird an die Ohren gelegt usw. Im
'Buch vom Atmen' (ed. Brugsch 15) heißt es:
'T., der zweimal Große, Herr von Hermopolis,
schreibt für dich das Buch vom Atmen mit
seinen eigenen Fingern, damit deine Seele
atme bis m Ewigkeit'.
Ein Teil dieser Vorstellungen ist aber alt.
Schon in den Pyramidentexten des Alten Reichs
hilft T. dem Horus bei seinem Kampfe gegen
seine Feinde und bei der Fürsorge für die
Leiche des Osiris. Wie T. den Set und seine
Genossen zurückgeschlagen hat, so hilft er auch
dem Toten bei der Vertreibung seiner Gegner
und wendet Gefahren von ihm ab. An vielen
Stellen der Pyr. erscheint T. als 'der Starke
der Götter' oder hilft dem Toten durch seine
Rede oder verschafft ihm Verpflegung oder
salbt seine Füße, reinigt oder pflegt irgendwie
seinen Körper, trägt ihn auf den Spitzen
seiner Flügel usw. Auf diese Fürsorge be-
zieht es sich, wenn der Tote auf seinem Sarge
in der Folgezeit gern 'angesehen bei T.' ge-
nannt wird.
d) Der dreimal Größte TgiGiieyiotog.
Die einzigartige Macht, die T. durch seine
Zauberkraft, abgesehen von seinen sonstigen
Fähigkeiten, hatte, hat seine Bedeutung in der
(jötterwelt und sein Ansehen bei den Menschen
immer weiter gesteigert. Auch von hier aus
hat die Entwicklung zu einem allumfassenden
Gott geführt (vgl. unten G. 2). In griechischer
Zeit tritt unter seinen Beiworten auf: 'der
zweimal Große' oder 'der zweimal sehr Große'
und 'der dreimal Große' oder 'dreimal sehr
Große'. Die letztere Form ist als Trismegistos
bei den griechisch Sprechenden verbreitet ge-
wesen, und man scheint eine Beziehung dieses
Namens zu der dreifachen Bündelkrone ge-
sucht zu haben, die T. gelegentlich auf dem
Kopfe trägt. Die Bewohner von Hermopolis
sprechen unter Kaiser Gallienus von ihrem väter-
lichen Gott, dem dreimal größten Hermes {Wes-
sely in Denkschr. Wien. Äkad. 42).
Die Weisheit des T. mit Betonung der Zau-
berkraft wird häufig in der späten griechisch-
orientalischen Zauberliteratur gerühmt. Hermes
heißt &V7JQ (poßsghg iv cotpiu {Malala, Chronogr.
ed. Bonn. p. 26 f.). Näheres bei Pietschmann,
Hermes Trismegistos 1876.
E. Familie des Thotli.
1. Ma'at. Die häufige Zusammoustellung
von T. und Ma'at scheint nur auf ihrer inneren
Ähnlichkeit zu beru-
hen: beide sind Wahr-
heitsgotthoiten. Die
10 Heimat der Ma'at ist
nicht bekannt. Später
ist die Verbindung bei-
der innig geworden,
wie das Beiwort 'Stier
der Ma'at' von T. zeigt.
T. und Ma*at werden
oft zusammen darge-
stellt, z. B. im Sonnen-
schiflF; ein in Bronze-
20 und Fayencefiguren
häufiger Typus stellt
einen hockenden Ibis
mit ein er kleinen Ma' at
oder auch nur ihrer
Straußenfeder vor sich
dar (Abb. 2).
2. Seschat (s. d)
1) Felsrelief im Sinai
{Leptiiu, Dcnkm. II, 2 c).
Ihre eigentliche Heimat
ist unbekannt, die Zusammenstellung mit T.
und ihre Ansiedlung in Hermopolis scheint
30 wiederum nur auf innerer Verwandtschaft zu
beruhen. Die häufige Begleiterin des T. ist
vielleicht aus einem ganz anderen Götterkreise
hervorgegangen. In jedem ihrer Züge: Schrei-
berin, Vermesserin und Verkünderin, steht sie
T. nahe.
3. Meh-wert. Wenn die Götterliste
{Brugsch, Biet, geogr. 1391) und die Gauliste
{Brugsch- Dümichen, Rec. monum. egypt. 6,88)
im späten Tempel von Dendera die kuhgestal-
40 tige Göttin Meh-wert (vgl. Art. Sonne Sp. 1193)
als Gattin des T. und Herrin von Hermopolis
auftreten läßt, so liegt offenbar nur ein ver-
einzelter später Zug vor. Er ist veranlaßt durch
die starke Betonung der Rolle des T. als Ur-
gott und Schöpfer, bei der ihm die Kuh des Ur-
meeres eine angemessene Begleiterin war. Bil-
der zu Totenbuch Kap. 17, 36 ed. Naville zeigen
allerdings schon den ibisköpfigen T. mit dem
Uzat-Auge vor der Meh-wert-Kuh.
50 4. Hathor. Wo T. als Herr des Sinai auf-
tritt (vgl. oben B. 1. f), wird er gelegentlich
von Hathor begleitet. Diese ist die eigentliche
und allgemeine Herrin jenes Gebietes, so daß
die Zusammenfügung der beiden Gottheiten
gerade an jener Stelle nur örtliche Gründe
haben kann.
5. Wepset. In dem Tempel der griechi-
schen Zeit von Pselchis, heute Dakke in Nord-
nubien, erscheint die Göttin Wepset (wps-t)
60 bei T. {Lepsius, Denkm. 5, 17; Boeder, Dakke).
Sie ist vermutlich eine nubische Sonnen- und
Feuergöttin, und der in jener Gegend ange-
siedelte T. (vgl. oben B. 1. e) hat sich der
Ortsgöttin zugesellt.
6. Nehem-awit, Schließlich bleibt nur
eine einzige Begleiterin des T. übrig, die ihm
nicht nur gelegentlich aus irgendeiner inneren
oder örtlichen Beziehung heraus zugesellt ist,
857
Thoth
Thoth
85S
sondern die keinen anderen Cliarakter hat als
seine Gattin zu sein, und die in Hermopolis
ihre eif^entliche Heimat hat: das ist Neheni-
iiwit (nlnn-'wj • t, Aussprache und Bedeutunj^
unsicher). Wir kennen sie nicht in illterer Zeit,
und vielleicht ist ihre Uestalt erst nachtrü.«^-
licli erfunden oder doch getbrrat worden. Jeden-
falls scheint sie ihre Heimat in Hermopolis zu
haben, von wo sie als Gattin des T. auch in
andere Tempel der griechischen Zeit gewan- lo
dert ißt. Sie trägt das Sistrum als Kopfschmuck
und wird in den Beiworten als Weltherrin,
Himmels- und Götterkönigin bezeichnet.
7. Eitern und Kinder. Die ägyptische
Mythologie hat keine allgemeingültige Genea-
logie des T. aufgestellt. Wohl hören wir schon
in den Pyranndentcxten des Alten Keichs und
später, daß gewisse Gottheiten als Vater oder
Mutter oder als Geschwister des T. genannt
werden. Aber die Angaben sind nicht überein- 20
stimmend und gehören offenbar ganz verschie-
denen Vorstellungskreisen an und sind immer
nur lokale Überlieferungen geblieben. Die Be-
tonung der Eigenschaft des T. als Urgott und
Schöpfer macht es nach ägyptischer Vorstel-
lung unmöglich, von seinen Eltern zu sjjrechen :
er ist aus sich sell)st entstanden. Wie die äl-
tere Zeit darauf verzichtet hat, ihm eine Gattin
zu geben und diese in seine Taten und Schick-
sale hineinzuweben, so ist ihm in seinem Sagen- 30
kreis auch kein Sohn zuteil geworden. Er ist
eben immer eine einzigartige Persönlichkeit
unter den Göttern geblieben, und die Verallge-
meinerung seiner Züge und die Schematisie-
rung der Göttergestalten in späterer Zeit hat
ihm keine Familienangehörigen verschafft.
8. Mythus von Hat hör in Nubien. In
der Erzählung vom Auszug des Hathor-Tefnut
nach Nubien {Junl:er in Abh. Akad. Wiss. Berlin
1911) wird T, ausgesandt, um die wilde Göttin 40
zu besänftigen; er löst seine Aufgabe durch
seine Beschwörungen und hat dabei z. T. die
Gestalt eines Pavians. SetJie {Zur altägypt. Sage
rom Sonnenauge, das in der Fremde icar, in:
Unters. Gesch. Altertumsk. Äg. V 3, 1912) hat
dem Mythus einen anderen Sinn gegeben.
Junker, Die Omirislegende {Denkschr , Wien.
Akad., phil.-hist. Kl 59, 1917), legte ein erwei-
tertes Material vor, und Spiegelberg, Der ägyp-
tische Mythus vom Sonnenauge (StrsbQhuig 1917) 50
bereicherte es durch einen demotischen Papy-
rus. In allen diesen Untersuchungen steckt auch
für T. ein reiches Material mit vielen eigen-
artigen Zügen.
F. Darstellung im Bilde.
1. Männergestalt. Die rein menschliche
Gestalt kommt bei T. verhältnismäßig selten
vor: meist hat er auf menschlichem Körper den
Kopf eines der unter 2. genannten Tiere. Ruht 60
auf dem Männerkopfe der Mond, so heißt T.
in der Beischrift gewöhnlich noch Osiris-Mond
(ja'h), in Sebu'a in Nubien unter Ramses II.
auch Schepsi {Lepsius, Denkm. 3, 182). In seiner
Angliederung an Schow in Nubien trägt T.
auf dem Männerkopfe die Federn jenes Gottes.
Das gewöhnliche Kleid des Mannes ist der
enge Knieschurz. In den südnubischen Pyra-
miden von Baikal und Begerauije wird er durch
das lange Kleid der Xubier ersetzt {chnida 5,
19 ff.), zuweilen auch durch das Löwenfell [ebd.
ö, 38). Bilder auf Särgen mit Szenen aus der
Unterwelt geben dem T. häufig den Leib einer
Mumie, meist mit Ibiskopf (auch im 'Totenbuch
und auf Grabsteinen). Zahlreiche verschiedene
Darstellungen finden sich im Tempel von El-
(Jharge (Hoskins, (ireat Oasis; Brugsch, Heise
nach der gr. Oase), auf dem Naos von Saft el-
Henne {lioeder, Naos, Catal. Gener. Mv^ee d\t
Cairc, 1914) und sonst.
Auf gemalten Bildern des T. ist seine Haut-
farbe meist rotbraun, seltener dunkelgrün (auf
gelben Holzsärgen) oder himmelblau (auf Papp-
hüllen von Mumien der 22. Dyn.). Leichentücher
griechischer Zeit zeigen ihn gelb oder echwrarz
(Berlin 13277, 12441—2). Einige Bilder von
Särgen und aus späten Tempeln Laben einen
grünen Körper (ChampoUion, Fantheon eg. 82;
Monum. 91 ter, 3), worauf auch eine Malanwei-
sung [Vleyte, FAudes 130) hinweist.
2. Tiergestalt, a) Ibis. Figuren dieses
meist hockenden Vogels, die als 'Thot' in-
schriftlich beglaubigt sind , finden sich häufig
sowohl als Rundplastik in Bronze, Fayence
oder Holz, wie in Relief oder Zeichnung.
Doch wird die Verkörpe-
rung des Gottes in rein
tierischer Gestalt eigent-
lich nur als Symbol oder
Andeutung verwendet,
ganz selten in unmittel-
barer Verbindung mit
anderen Göttergestalten.
Der hockende Ibis erhält
gern eine Straußenfeder,
die Hieroglyphe für
'Recht', als Attribut mit Hinweis auf den
Kenner des Rechts (Abb. 2). In später Zeit
setzt man dem Ibis auch den Mond oder eine
Krone als Kopfschmuck auf.
Wo der Gott als handelnde Person auftritt,
gibt man ihm den Körper eines Mannes mit
Ibiskopf; die Verbindung ist zuerst belegt in
dem Felsenbilde aus dem Sinai unter König
Cheops {Lepsius, Denkm. II, 2 c = Abb. 1). Diese
Gestalt des T. ist die weitaus häufigste bis zum
Ende der ägyptischen Religion, neben der alle
übrigen Formen zurücktreten. Auf dem Ibis-
kopf sitzt häufig, aber nicht immer, als Kopf-
schmuck der Mond oder meist eine Krone (i?oec?er^
Dakke 2, 1913, Taf. 85. 90. 93. 110. 129).
b) Pavian. Der stets auf den Hinterbeinen
hockende und den Körper aufrichtende Pavian
ist ein häufiges Symbol des T. In einigen Fäl-
len steht er in deutlicher Verbindung mit dem
Monde; z. B. neben dem Skarabäus als Sonnen-
tier (Naos in Kairo). Bronzefiguren des hocken-
den Pavians zeigen ihn gern mit dem Monde
auf dem Kopfe (Abb. 3). In anderen Fällen er-
heben die Paviane, die dann meist zu mehreren
auftreten, betend die Hände; sie sind hier als
die die Sonne anbetenden Tiere gemeint, tragen
aber trotzdem, ein an Thoth gerichtetes Opfer-
gebet ( Berlin 9941—2). In Plastiken und Reliefs
hockt der Pavian gern auf einer Treppe, in der
wohl eine Anspielung auf die inschriftlich oft
2) Amulett: Ibis mit
Feder (Fayence).
859
Thoth
Thoth
860
3) Bronzotigur : Parian mit
Mond (Hildeaheim 18S0).
erwähnte 'Treppe von
Hermopolis ' steckt.
Wo T. als ibisköpfiger
Mann an der Wuge
steht, hockt gelegent-
lich der Pavian dane-
l>en, z. B. bei dem
Abwiegen der Ergeb-
nisse der Expedition
nach Punt (Üyu. 18)
und im Totengericht
{rotenbuch Kap. 125).
hie 7ai Weisung des
Pavians zu T. ist ge-
wiß uralt, wenn auch
Belege aus der Zeit
vor dem Neuen Reich
nicht vorzuliegen
scheinen; sie betrifft
gelegentlich vorzugs-
weise den Gott der
Schrift. Selten sind
Darstellungen, in de-
nen der Pavian an
Stelle des Gottes und
wie er selbst ange-
betet wird; auf zwei guten Beispielen {Turaeo
Taf. II: Denkstein aus Theben, und Hildesheim
1883) trägt der hockende Pavian den Mond auf
dem Kopfe.
Die Gestalt des pavianköpfigen Mannes für
T. ist recht selten Sie kommt im Buch von
der Unterwelt {Ämduat ed. Lefebure in Mem.
Mission Frani' Caire 1, 39, 2. Streifen) vor bei
einem thronenden T., der als solcher durch die
Beigabe eines Ibis auf der Hand gesichert ist.
Ferner unter den Bildern des Osiris-Thoth aus
einer mittelägyptischen Kapelle Ptolem'äus' I.
in Hildesheim {Boeder, Denkm. des Pelizaeus-
Museums nr. 1883).
3. Kopfschmuck, a) Mond. Seiner Eigen-
schaft als Mondgott verdankt T. den Kopf-
schmuck eines Mondes; dieser wird stets in
der üblichen Weise dargestellt als schmale gelbe
Sichel, über der die rotbraune Scheibe des
dunklen Teiles des Mondes steht. Der Mond
wird sowohl auf den Männer- wie Ibis- und
Paviankopf gesetzt; er kann beliebig zugesetzt
werden oder fehlen, wenn er natürlich auch in
Fällen bevorzugt wird, in denen T. als Mond-
gott auftritt. Eine Unterscheidung der Dar-
stellung des Mondgottes als Mann, Ibis oder
Pavian läßt sich nicht erkennen.
b) Krone. Häufig erhält T. die 'Atef-Krone',
d. h. die auf wagerechte Widderhörner gestellt«
oberägjptische oder Bündelkrone. Sie erscheint
besonders auf dem Ibiskopf (s. d), da dieser
ja der häufigste ist, aber auch auf dem Männer-
kopfe. Sie ist bis in die römische Zeit zu be-
legen, z. B. in den südnubischen Pyramiden
{Lepsius, Denkm. 5, 20. 31). In den späten Tem-
peln trägt T. gelegentlich eine dreifache Atef-
krone, vielleicht mit Hinweis auf seinen Titel
•"der dreimal Große'.
c) Federn. Die Augleichung des T. an
Schow in Nubien hat ihm die Federn als Kopf-
schmuck verschafft, die dieser von Onuris
( jn-hr • t Anhor) erhalten hat. Beide Götter er-
scheinen z. B. in Dakke mit den vier glatten
Federn auf dem Kopfe {Boeder, Dakke 2, 1913,
Taf. 73. 102. 1«7. 134. 142), ebenso T. in den
südnubischen Pyramiden römischer Zeit {LI)
V, 19 b. 31. 33. 88).
4. Gegenstände in der Hand, a) Pa-
pyrusrolle. Oft hält T. in der Hand einen
kurzen dicken Gegenstand, den man für ein
Stockende ansehen könnte, wenn es nicht ge
10 legentlich deutlich eine Papyrusrolle wäre.
Diese ist dem Gotte der Schrift angemessen,
und er hat sie oft bei sich, wo er in die Lage
kommen kann, aus ihr vorlesen zu sollen. Ge-
legentlich hat er sie aufgerollt und hält sie
lesend vor sich; z. B. in Bildern, in denen er
als Wesir vor seinem göttlichen König steht.
Oder auch, wo er als 'Herr der Gottesworte"
etwas verkündigt. Zuweilen ist e.s offenbar ein
Zauberbuch, das der Gott hält, gerade wenn
20 von ihm Beschwörungen oder wundertätige
Formeln erwartet werden.
b) Schreibzeug. Wenn T. in seiner Tätig
keit als Schreiber der Götter abgebildet wird,
hält er die Palette mit der Tinte und den Bin-
sen wie ein irdischer Schreiber. Dieser Gegen-
stand wird ständiges Attribut des Gottes, auch
wo er in anderen Funktionen erscheint. Er
begegnet vorwiegend bei der Aufzeichnung der
Regierung des Königs, im Totengericht und
30 bei dem Wesir.
c) Auge. Das heilige Uzat- Auge findet sich
oft bei T. Der Mann oder Pavian hält es auf
der Hand, am Sockel wird es eingegraben, es
begleitet den Ibis oder steht in sonst einer
Verbindung mit dem Gotte. In der Zusammen-
stellung steckt ein Hinweis auf das Horusauge,
das T. geheilt hat; es wird als Mond gedeutet,
der das eine Auge des Himmelsgottes ist, oder
man sieht in ihm mystische Beziehungen zu
40 Zauberwirkungen und zur Beschützung des
Menschen gegen Gefahren.
G. Geschichtliclie Entwicklung.
1. Ältere Zeit. Wir haben uns zu denken,
daß in uralter Zeit in der Gegend von Hermo-
polis unabhängig voneinander eine Reihe von
Gottesvorstellungen vorhanden gewesen sind.
Zunächst ein Gott des Mondes; dann ein weiser
Mann, der Wesir, Richter, Redner, Schreiber,
50 Vermesser und Urheber aller staatlichen Ord-
nung war; ferner ein Ibis, der durch sein Ge-
baren den Eindruck rätselhafter Klugheit er-
weckte. Diese Vorstellungen sind zusammen-
geschmolzen und haben sich an eine einzige
Gottespersönlichkeit geheftet, die in Hermo-
polis Hauptgott wurde. Von selbst fiel ihr nach
ägyptischer Sitte die Rolle eines Götterkönigs,
Weltenherrschers und Schöpfers zu, als der
jeder große Gott an seinem Heimatsitze an-
60 genommen wurde, freilich blieb dieser Zug
vorläufig noch im Hintergrunde und drang
jedenfalls nicht mit den übrigen Zügen über ,
die Grenzen des heimatlichen Gaues hinaus. |
Im Alten Reich ist die Verschmelzung voll- j
zogen: T. ist zu der festumrissenen Gestalt ge- «
worden, die für alle Zeiten bleibt. Die bildende ^
Kunst schafft den Typus des ibisköpfigen Man- ^
nes, der festgelegt wird und an dem Gotte für |
I
861 Thotli Thüth S&^
immer haftet Die religiöse Literatur, die in uiyntische Zuspitzung oder eine gedankliehe
den Pyramidinte.vteu vorliegt, hat T. aus Her- Umbiegung, die ihnen früher fern gelegen hat.
mopolis in den Kreis der großen Götter de« In bezug auf die Tatsachen, die diesen Speku-
Landes übernommen und ihn und seine Mythen- lationen zugrunde liegen, erhalten wir aus der
kreise auch au anderen Orten in das Leben und griechisclien Zeit unschätzbare Mitteilungen.
Wirken der Götterwelt hineingearbeitet Als Beispiele für die griechische Überliele-
Im Neuen Reich und in der Spätzeit hält rung sei genannt, daß Piaton {Phaidros 210.'
Hermopolis und mit ihm viele Orte Mittel- [134]) von Oevd- als einem der alten Götter bei
ägyptens bis zur Großen Oase El -Charge an Naukratis erzählt, dem der Vogel heilig iat,
der Überlieferung von dem Heimatgotte fest; lo der Ibis genannt ist, er habe die Ziffern, Arith-
alle seine Züge werden bewahrt, ausgesponnen metik, Geometrie, Astronomie, Buchstaben, das
und in gegenseitige Beziehung gebracht. All- Schriftwesen, das Würfel- und Brettspiel er-
mählich erhält das Wesen des T. aber eine funden; dann folgt ein legendarischer Bericht
Fülle von Einzelzügen, so daß er schwer über- über eine Reise zu König Thanus von Theben,
sehbar wird und nicht mehr -einheitlich bleibt; der unägyptisch ist. Im Philehus ^Kap. 8, 18 B)
Einzelheiten widersprechen sich, werden aber ist ©tvQ- ein Mittelding zwischen einem Gott
nicht ausgeglichen, sondern leben ohne Rück- und einem göttlichen Menschen, dem nach
sieht auf Unstimmigkeiten fort. Die Sammlung ägyptischen Berichten ähnliche Erfindungen zu-
des Totenbnches und die große Zahl der typi- geschrieben werden. Manetho kennt Hermes in
sehen Tempelreliefs legt vieles in kanonischer 20 drei verschiedenen Formen: Thoth, den Vater
Weise fest. Gute und irrtümliche Überliefe- des Agathodaimon und Tat; der erste schrieb
rungeu werden dadurch über das ganze Land hieroglyphische Königslisten auf Stein, der
hin bis in die neu angelegten Tempel in den zweite umschrieb sie in hieratische Buchschrift
syrischen und nubischen Kolonien verbreitet. auf Papyrus. Tat (verkürzte Namensform, wie
Der Pavian, dessen Verbindung mit T. gewiß sie in Zusammensetzungen vorliegt, vgl. Sp. 826)
viel älter ist, nimmt seit dem Neuen Reich ist bei Stobaeus der Sohn und Nachfolger des
einen großen Raum als sein Begleiter ein. Die zum Himmel emporgehobenen Thoth. Cicero de
in der Spätzeit vollzogene Durchsetzung der nat. deor. 3, 22, 56 nennt fünf verschiedene For-
ägyptischen Religion mit den Osirismythen hat men des Hermes-Thoth. Lactantius ed. Fritsche
auch T. stärker als vorher in diese hineinge- 30 1, 13 weiß, daß Hermopolis von ihm gegründet
zogen; freilich ist er fest mit den Sonnensagen ist, und Clemens ITom. b^2S spricht von seinem
verbunden, die ein Gegengewicht gegen jene Grabmale,
bilden. In der hermetischen Literatur und bei den
2. Spätere Umgestaltung. Große reli- Kirchenvätern strömen ägyptische, hellenisti-
giöse Texte des Neuen Reichs wie das Kuh- sehe, gnostische und christliche Quellen zu-
buch (vgl. oben C. 1. a) oder der Hymnus Ram- sammen zu einem in allen Farben schillernden
ses' IV, oder Lieder an T. (Zeitschr. Ägypt. Spr. Bach, dessen Wässer ihren Ursprung nicht mehr
33, 1895, 121) nennen nebeneinander eine An- immer erkennen lassen. Hier ist der Trisme-
zahl von Zügen des T., die keine innere Ver- gistos zu einem mystischen Allgott geworden,
bindung haben. Gleichzeitig werden an anderen 40 der ähnlich wie Isis eine umfassende Univer-
Stellen die Einzelheiten selbständig ausgestaltet. salität erlangt hatte (vgl. oben D. 3. c, 5. d) :
Insbesondere ist die Neigung vorhanden, T. zu Hermes omnia solus et ter unus {Martial 5,
einem allwissenden und allvermögenden Gott Epigr. 24), Er hat Wunder getan und philo-
zu entwickeln, der die Macht vieler anderer sophische Bücher verfaßt. Mit dem hundsköp-
Gottheiten in sich vereinigt. Im Neuen Reich figen Anubis wächst er zusammen zu einem
war Amenhotep III, schon ein König genannt, Hermanubis (schon Plut. , De Is. 61); ebenso
■"der den Leib prüft, der kennt, was sich im berührt er sich mit Imhotep, dem Erfinder der
Herzen befindet, ein Wissender wie T.' {Lep- Medizin (schon bei Eratosthenes). Kyrülos voti
sius, Denkm.S,'!3c). Ramses III, nennt T, einen Alexandria (1 adv. lulian. p. 30) beruft sich
Gott, vor dem nicht nur die Dinge, sondern 50 auf Hermes, der an die heilige Dreieinigkeit
auch die Gedanken abgewogen werden {Du- geglaubt habe. Clemens von Alexandria {Strom,
michen, Hist. Insclir. 1,246,2; Champollion, 6, 4) zählt die heiligen Bücher der alten Ägypter
Monum. 1,17). Später heißt es in Edfu, daß auf, die er verfaßt habe. Aus ihnen soll die
Tiberius *■ dem Weltall Gesetze gab wie T., pythagoreische Lehre und die platonische Philo-
der Schöpfer des Rechts' {Brugsch, Thes. inscr. sophie sich entwickelt haben {ebd. 1, 15, 131
aeg. 4, 628), und T. wird in Dendera genannt: p. 356; lambl. myst. 1, 2, 5; Tertull.de anima 2
'"Schöpfer des Glücks, Herz des Re, Zunge des p. 538 [Oehler]; Theoph. Antioch. ad Autol. 3,
Atum, Kehle des Amon, Gebieter der Zeiten, 82). Bei den christlichen Ägyptern lebt T, in
König der Jahre' {ebenda 759). der Benennung des 1. Monats des koptischen
In der griechischen Überlieferung tritt be- 60 Kalenders fort (s. oben A. 1 am Ende),
greif licherweise die dem Fremden ferner lie- Die Übereinstimmungen, die Pierret, Me-
gende Bindung des T. an die örtlichen Ver- langes d'archeol. eg. et assyr. 1873, 112 — 7 zwi-
hältnisse von Hermopolis zurück, und ihr Thot- sehen altägyptischen und hermetischen Texten
Hermes ist eine im wesentlichen durch seine anführt, sind nicht gesichert. Neuere Literatur :
Stellung im Pantheon interessante Persönlich- R. Beitzenstein, Poimandres 1904:-, P. Wendland,
keit. Seine Mythen und Taten werden von phi- Die hellenistisch-röm. Kultur 2 — 3, 1912; Zie-
losophisch geschulten Köpfen umgedeutet, und linski, Hermes und die Hermetik im Archiv für
die ägyptischen Vorstellungen erhalten eine Bel.-Wiss. 8, 1905: Beit zen stein , Die hellenist.
863 ThözopithC Tbrasios 864
Mysterieltreligionen* 1920, 14. 102; Franz Cu- nes, Dardanos (s. unter Xiphos), Damigeron,
mofU, Astrology and Beligion among the GreeJc Nectabis und Berenike. [Preiaendanz]
and i?oma»w 1 »12, 76— 7; Kroll, Hermes Tris- Thrake (©^«xrj), Eponyme des gleichnamigen
megistosy i^mZ-J^tizyAZ. 8, 1, 792 -828. Landes bzw. ferdteiles, Tochter des Okeanos
3. Ausland. Aus der Verbreitung des T. und der Parthenope, Schwester der Europa,
über seine Ägyptische Heimat hinaus in Nach- Andron. im SchoL Aesch. Pers. 186 = l'zetz. zu
barländer, die sich für Syrien (besonders in der Lykophr. 894 (p. 289, 24 Scheer). 1284 (p. 862,
Literatur der heidnisch gebliebenen Sabier), Ära- 28). Als Titanin, wohl infolge ihrer genealogi-
bien, Nubien und Libyen belegen und weit in die sehen Anknüpfung an Okeanos und infol<re ihres
grieohisch-römische Kulturwelt verfolgen läßt, lo Verhältnisses zu Kronos (s. unten) wird Tlirake
ist am interessantesten das Auftreten in der bezeichnet bei Steph. Byz. s, v. Bi^wia und
phönizischen Literatur. In der Eosmogonie des O^axi], zugleich gilt sie als Mutter mehrerer
Sanchuviathon bei Philon von By blas (Müller, EponymenthrakischerVolksstömme: vonKronos
l^m^w. /<i«/.^racc. 3,560 fF.) ist Misor, die Personi- ist sie Mutter des Dolonkos, Steph. Byz. s. v.
tikation des ägyptischen Landes, der Vater des Bi9vvia und (9p«x»]. Tzetz. zu J.ykophr. 533
Taaut, den die Ägypter OcaoO-, die Alexan- 'p. 191, 13); vgl.' Steph. Byz. s. v. JoXoyxoi.
driner Gad- (nach anderen Öovö*) und die Grie- Philodem. tcsqI evatß. p. 25 (52b) und dazu
eben Hermes nennen; in eine im wesentlichen 0. HÖfcr, Mythologisch- Epi graphisches (Progr.
mit der griechischen Mythologie spielende Er- Wettin Gymnas. Dresden 1910) S. 14, von Zeus
Zählung ist dann eingestreut, daß Taaut den 20 Mutter des Bithynos, Steph. Byz. s. v. Bi^vvia
Himmel gestaltet und die heiligen Schrift- (vgl. s. v. ^oilo'/xot). Jpjjm«. ilftW. 1, vonObria-
zeichen erfunden habe. Hermes der Trismegi- reos Mutter des Trieros, des Eponymos der
stos war bei Kronos und half diesem durch TQtfiQis oder Tqtiqs?., Arrian. bei Steph. Byz.
Erfindungen und Zauberworte. Nach Poiphy- s. v. Tgiijoes (vgl. Max. Mayer Bd. 2, Sp. 1480,
rill« {ebd. 270,5) zeichnete sich Taaut, den die 52 fF. unter Kronos, Haines 21 [1892], 495 tf.).
Ägypter Thoth benennen , durch Weisheit bei Von Arrian. bei Eiist zu Dionys. Per. 322 wird
den Phöniziern aus und ordnete zuerst die Thrake als eine zauberkundige Nymphe, eine
Gottesverehrung. Eiisebius {ebd. 572) läßt Taaut der Medeia, Agamede oder Kirke ähnliche Ge ■
den Phöniziern und Ägyptern das Beispiel für stalt bezeichnet. Eine Darstellung der Lokal-
die Vergötterung von Tieren geben, die er auch 30 Personifikation von Thrake haben wir vielleicht
in seinen heiligen Schriften festgestellt habe. auf einem pompejanischen Wandgemälde zu
Das gesamte Material hierzu ist kritisch ge- erblicken, das den OPct)EYC als Kitharoden mit
sichtet bei Pietschmann , Hermes Trismegistos Herakles (HPA .. HZ) unter den Musen 6YT6PTTH,
1876; dort ist S. 33 eine ägyptisch-phönizische 0AAHA, OYPNIE, TEPVIXOP, MEAnOMENe
Statuette des Harpokrates aus dem Nildelta zeigt; neben einer anderen vollständig zerstör-
in Madrid erwähnt, die in einer Genealogie den ten Figur, von der nur Reste eines weißen Ge-
Personennamen :;:: enthält. Eine phönizische wandes erhalten sind, steht .. .KH {W. Heibig,
Gemme (Maspero, Hist. anc.2,blS nach de Wandgemälde Cam2Janiens nT.SdH]). HS f. ^ Tsif.
Vogiie, Mel. d'archeol. Orient, pl. 1, 1, p. 106—8) 10), welches von Schoene, Bullettino 39 (1867),
zeigt den Mond über dem ibisköfigen T. und 40 49, E. Maaß, Orpheus 149,40 zu [EvQvdL]KH,
andere Symbole. [Roeder.] von Dilthey, Bullettino 41 (1869), 152. Knapp,
Thözopithe {'&(o^0Tii9ri)y nicht, wie bei Bruno Über Orpheusdarstellungen {Gymnas. Progr. Tü-
Müller, Miyas ^Bog {Diss. phil. Hai. 21, 3) hingen 1895) 14 zu 13,2 (vgl. W. Heibig, ünter-
385, als Namen einer Gottheit {^a^OTtid^T} &qxte suchungen über die campan. Wandmalerei 293)
&^sä nsyiöTTi) zu verstehen, sondern als Anfang zu [0(»r/]KH ergänzt wird. — Auf römischen
eines bekannten magischen 'Logos' (vgl. meine Kaisermünzen erscheint die inschriftlich be-
'31iszeUen zu den Zauberpapyri* Wiener Stud. zeugte Thracia in kurzem Gewände mit Schale,
41 [1919], 8 — 13), der ganz ausgeschrieben im Kranz und Palme, Cohen 2, 112 Adrien 77. —
Großen Par. Zauperpap. Z. 1283 — 1290 steht, 2, 350 .4n<onm 816. M. Jatta, Le rappresentanze
mit dem Anfangsstichwort Z. 1301, vor dem 50 figurate delle provincie Roiyiane 2S Thracia 1. 2,
Gebet: Zigxts ^sä ... zu sagen, 1308 nach Tav. 4, 1. 2. Bei Bändigung der Rosse des Dio-
Schluß nochmals C&to^oTti^ri* Xoyog Pap.). Im medes durch Herakles personifiziert eine weib-
Buch des Jeil heißt eine der zwölf Emanatio- liehe Figur das von ersterem beherrschte Thra-
nen: Sa^a^a^ai, ein Aeon: ©a^coat; \ gl. kop- kien (Schale in Villa Albani bei Zoe</a, J5amn7.
tisch -gnost. Schriften von C. Schmidt 1 (1905), LXH. LXIIL), Platner, Beschreibung Borns 3,2,
282, 322, 23. [Preisendanz.] ' S. 504. Ferd. Piper, Mythol der christlichen
Thphe (0g)»J), als zauberkundiger Hierogram- Kunst 1,2, S 575. [Höfer.]
mateus genannt im zweiten Leidener Zauber- Tbrakia(0ßr(:xia), Beiname derAphrodite. Vgl.
papyrus W. Seine Schrift oder sein Brief an Hesych. s. v. ^gaL-nici- 'AcpQoSitri. [Röscher.]
den König Ochos wird erwähnt: tv xfi ngog m Thrapf»iarimorirok {0Qccii)LaQi^oQiQon), in
'Sl^ov. Darin habe er den 'heiligen Namen' der '^ Mithrasliturgie* des Großen Par. Zauber-
in bestimmter Weise geschrieben; col. 22,9 — papyrus Z. 652 f. Name eines Tages- und Stun-
16 (mit dem Namen). Vgl. A. Dieterich, Kl. denregenten (6 rfig gthlbqov rj^iegag %ccl mgag
Sehr. 8. 10; Abraxas, Index. Wessely, Ephesia wgovo^iog), der zum Weissagen erscheinen soll.
Grammata, S. 4, denkt an die Möglichkeit, ihn [Preisendanz.]
„mit dem aus Tertullian und den Papyri be- Thrasios (Öpafftoff), 1) Päonier, von Achilleus
kannten Typhon" zu identifizieren. Tertullian, getötet, Hom. II. 21, 210. — 2) S. Thrasios'
de anima 57, stellt diesen Typhon neben Osta- nr. 1, Bd. 3, 2453. [Ruhl.]
865 Thraso Thria- 86(5
Thraso ((')qcc6i'>j), 1) Beiname der Athene, Vater des Sillos und (»roßvater des Alkmaion
8. d. Tharso. — 2) Amazone auf einer r.-f. Vase ist, werden an ihn die Ahnherrn der Alkmai-
iu Arezzo. Literatur s. unter Teisijjyle. [Höfer. | oniden angeknüpft, Paus. 2, 18, 8; Impffer,
Thrassa {Oqucöu), 1) Tochter des Ares und Attische Gmeal. 225; 228; 232. Sein Grab lag
der Tereine, Gemahlin des Hip])onus, Mutter der in der Nähe von Pylos, l*aus. 4, 36, 2. Mit
rolyphonie, Jioios ht'i A)ifoti. Liber. 21. — 2) Das Nestor und Antilochos war er auf dem Bilde
Et. M. 477, 1 nennt eine Thrassa von Ares Mut- des Omphalion im Tempel der Messene dar-
ter des Ismaros, des Eponyms der thrakischen j^^estellt, Paus. 4, 31, 11. — 2) Freier der Pene-
Stadt Maroneia. Vgl. Fr eller- Robert, Gr. M. V lope, Apollod. cpit 7, 27 W. — 3) Ein rhodi-
787, Anm. 3: Toepffer.Att.Geneal AS Anm. 1. In lo scher Eponym, /. Gr. 12, 1, 1144. [Ruhl.]
beiden Verbindungen des Ares mit cinerTh. liegt Thrasymelos(0(>aövf(rjAoj), v.l. f.Thrasydemos
ein Hinweis auf seine Natur als thrak. Gott, od. Thrasybulos (s. d.), Wagenlenker Sarpedons:
Gruppe, Gr. M. 1375 mit Anm 3. [Ruhl] Kiistath.'z. II. 1(5, 463, p. 1071, 10. |Roscher.J
Thrasybule (6)paöy/5ovX7j), Gattin des Iphitos, Tlirax (©pu^), alter König und Eponymos
Mutter des Schedios und des Epistrophos, Tzetz. der Thraker, Constant. Vorphyrog. De them. 2
Proleg. AUeg. Hom. II. 541. I3ei Hygin. f. 97 p. 46 (ed. Bonn.) und daraus wohl auch mit
(p. 91 , 8 Schm.) wird als Gattin des Iphitos Berkel (vgl. Mcinele z. d. St.) bei Steph. Byz.
Hippolyte genannt. [Höfer.] s. v. &Qu-Ar\ einzusetzen. [Höfer. |
Tlirasybulos {&QaGvßovXog) = Thrasyde- Threpsippas (?) s. Threpsippos.
raos('?) (s. d.). 20 Threpsippos {f)QbipLn7tog), so Faber für ©qs-
Thrasydemos {f)QccavS7]itog)y Wagenlenker ipinnccg Apollodor 2, 161 W, den Sohn des
und %'8QCiTcoiv des Sarpedon, von Patroklos ge- Herakles und der Thespiade Panope. Vgl.
tötet: II. 16, 463 f. — Nach den Schol. z. d. St. Loheck zu Soph. Ai. 604. [Ruhl.]
lasen andere hier 0QacvßovXov. Vgl. Thrasy- Thriagoiios {(dQLdyovog). Unter den von The-
melos. [Röscher.] seus aus dem Labyrinth befreiten Jungfrauen
Thrasymedes {@Q0(.6v^7]driq), 1) Nestors Sohn nennt Serv. zu Verg. Aen. 6, 21 : Milita Triaconi,
von Anaxibia, Apollod. 1, 94 W-, Dict. Cret. 1, wofür mit Stephani, Theseus u. Minotauros und
13, oder von Eurydike, Hygin. fab. 97 p. 90, 0. Jahn, Archäol. Beiträge 453 (Nachtrag zu
17 Schm. Er und Antilochos sind die hervor- S. 275) zu lesen ist: Melite Thriagoni (mit Be-
rageudsten Söhne Nestors, Paus. 4, 31, 11. 30 ziehung auf den attischen Demos Thria); vgl.
Nach der gen. Hyginstelle zog er mit 15 Schif- Bd. 4, Sp. 691, 5^ f. [Höfer.]
fen nach Troja. In der Ilias treten besonders Thriai {&qJccl, Etym. M. QqIccl) hießen drei
charakteristische Züge nicht hervor, und auch Nymphen (Philochoros bei Zenob. 5, 75; =
die den folgenden Stellen beigefügten Epitheta F.H.G. 1, 416 n. 196. Hesych. s. v. Etym. M.
sind die für die Helden allgemein üblichen. 455, 34. Schol. Callim. Ap. 45. Hymn. Hom.
Er kämpft an der Seite seines Bruders Anti- Merc. 554), Töchter des Zeus (Pherehjdes b.
lochos und tötet den Maris, der jenen bedroht. Gramer, an. Par. 4, 183, 21 = FHG. 4, 637,
16, 321 ff. {avrid-sog); vgl. Gruppe, Gr. Myth. Archiloch. fr. 168 bei Bergk P.L. GrMl, 432.
647. Auch 17, 378 ff. sind beide zusammen Gramer, an. Oxon. 4^, SS7, 26 hei Bergk a. 0. lU,
genannt; 17, 705 (dlog) wird er den Pyliern 40 689 f.), Schwestern (^ZZ«/^?*. .ffom. ülferc. 552), die
zu Hilfe geschickt; 9, 81 zieht er mit 7 an- am Parnassos hausten (Hymn. Hom. Merc. 555.
deren Führern auf Wache vor Troja. 10, 255 Philoch. a. 0.), Erzieherinnen des Apollon
{^svBnToXsiLog) gibt er dem Diomedes sein (PhilocJi. a. 0.). Ihr Name wird von der Drei-
Schwert. 14, lO {litTioöccfiog) nimmt Nestor des zahl abgeleitet (Etym. M. a. 0. Gramer, an.
Thr. Schild. Zu diesen beiden Stellen bemerkt Pa?'. a. 0.). Sie gehörten dem Apollon zu (jF/yww.
Gruppe a. a. 0. 647,,, Th. scheine nach einem H. Merc. 564. Callim. h. Ap. 45; vgl. Etym.
alten Aresnamen genannt; es sei kaum ein Zu- M. a. 0.), waren die Erfinderinnen der Wahr-
fall, daß Diomedes und Nestor seine Waffen sagung durch Steinchen, i/^r^qpot (Etym. M. a. 0.
anlegten, und alte Lieder hätten wohl seine Schol. Callim. Ap. 45), die nach ihnen selber
Rüstung besungen. Bei Hygin. fab. 114 p. 101, 5 50 d-QLai genannt wurden (Philoch. a. 0.; vgl. Schol.
Schm. wird er unter den Helden erwähnt, die Callim. Ap. 45), und galten überhaupt als die
2 Feinde getötet haben. Nach Quint. Smyrn. ersten Weissagerinnen, fidvTSig (Hesych. d-giai).
2, 342 versucht er vergeblich, den Memnon — „(Thrien) gibt es'\ so sagt im (homerischen)
von der Leiche des getöteten Antilochos weg- Hymnos auf Hermes (552 ff.) Apollon zu Her-
zudrängen; ebd. 12, 319 steigt er mit in das mes, „als Schwestern geboren, Jungfrauen, mit
hölzerne Pferd; vgl. noch 6, 540. Die Teil- schnellen Fittichen prunkend, drei. Auf dem
nähme am Zug nach Troja erwähnen außer- Haupte sind sie mit weißem Mehle bestreut und
dem Paus. 4, 31, 11; das Fragment einer Ta- haben ihre Behausungen unter der Schlucht des
bida Iliaca C. I. Gr. 6126 B, wo er den Ni- Parnassos (-uTrö Ttrvx'i- nagvriaoto), fernab der
kainetos tötet (vgl. 0. Jahn, Bilderchronik p. 67 60 Wahrsagung Lehrerinnen, der ich bei den Rin-
Tafel 3 D^); Tryphiod. 169; Tzetz. Posthorn. 645. dern,alsich noch ein Kind war, mich befleißigte:
Dagegen leugnet Philostr. Her. 3, 2 p. 166, mein Vater kümmerte sich nicht darum. Von dort
24 K, daß Thr. oder ein anderer Sohn Nestors alsdann eine nach der andern ausfliegend, holen
vor Troja gewesen sei. Daß er glücklich zu- sie ihre Speise aus Honigwaben und bringen
rückgekehrt ist, ergibt sich aus dem 3. Buch alles zum Ziele (%qo!.ivov6lv Byiaarcc; vgl. Od.
der Odyssee] v. 39 nimmt Telemach zwischen 19, 567 von den wahren Traumbildern oi
ihm und Nestor Platz, 442 ff. schlachtet erden ^' hviicc v,qccivov6L. Eur. Ion 4=67). Wenn diese
Opferstier; vgl. Athen. 14, 660 b. c. Indem er berauscht sind, nachdem sie Honig gegessen.
867 Thriai Thriai 868
BO wollen sie willig die Wahrheit verkünden. ob. Bd. 1, Sp. 1541 fiF. Wissowa, Rel. u. Kult. d.
Wenn ihnen aber die süße Speise der Götter Böm. 210. Losung aus Weidenzweigen bei den
vorenthalten wird, alsdann versuchen sie seit- Skythen Herod. 4, 67, aus der in Stäbchen zer-
ab vom Wege zu führen (nsigobvrai, d'^arftra schnittenen Rute eines fruchtbringenden Bau-
nagk^ ödbv rjyeiiovsvsiv: so die Hss., der Laur. mes überhaupt Tacit. G. 10 Caes. B. G. 1, 68;
am Rande yg. tpivSovtai $*ijx£na Si aU^Xonv fraxineae tabellae: Venantius Fortunat. 7, 18,
dfvioi'öai, Baumeister Soviovaai). Diese drei 19. Ammian. 29, 1, 29. 31, 2, 24. Vgl. Kluge,
Schwestern bietet ApoUon dem Hermes zum Etym.Wört^rb. Mutcr ^B\ic}i\ Homcyer, Monats-
Geschenk an. Daß in den wiedergesehenen ber. d. Berl. Akad. 1853, 2, 768 ff. Aehnliches
Versen des H^mnos von den Thrien die Kede lo bei den Kelten: Schrader, Beallexik. d. indog.
ist, hat im Hinblick auf die oben angeführten Altert unter 'Los'. Auch in Delphi war
Zeugnisse, zu denen die Erzählung von Hermes diese Art der Weissagung einmal üblich ge-
Rinderdieb bei Apollodor (8, 10, 2) kommt, G. wesen. Auf (ilrund derselben entstand und
Hermann erkannt und daher v. 662 geschrieben erhielt sich für alle Zeiten der Ausdruck
^Qial yoLQ rivis elai, während in den Hss. ävaigstv für die Orakelgebung der Pythia;
MolQtti^ im Moscoviensis I^iLvcci gelesen wird. zunächst vom Aufnehmen der Lose gebraucht,
Vgl. Schneidetcin, I%ilolog. 8, 697 f. Maaß, Or- wie legere (sortilegus inschriftlich Orelli 2303
j^eus 221 f., 8«). JRosc/wT, Philol. 60, 1901, in Praeneste, surculos tollere bei Tacitus G. 10)
^IZ. .Wenigem; Ztschr.Sokratesb {1^11) S. 808 f. „lesen", d. i. auflesen, dann übertragen vom
— Nach Steph. B. s. v. Sgta und Philochoros 80 Lesen der Buchstaben, bei den Deutschen bis
b. Zenob. 6, 75 war es Athena, welche die heute {Kluge a. 0. u. 'Lesen'). Wahrscheinlich
Weissagung durch Lose erfand. Zeus aber erklärt sich aus dieser Form der Orakelgebung
nahm, weil es ihn verdroß, daß die delphischen in Delphi auch der Gebrauch des Dreifußes,
Sprüche Apollons dadurch beeinträchtigt wur- dessen oXfiog ursprünglich das zweckmäßigste
den, der Thrienmantik den (Glauben. Als nun Gefäß für die Lose gebildet hat. Dies bekun-
die Menschen sich wieder dem delphischen det die spätere Angabe, daß beim Orakelgeben
Orakel zuwandten, sagte der Gott durch den die Lose im Kessel sich regten und empor-
Mund der Pythia : „Viele sind Loswerfer, aber sprangen : Suidas Uvd-io • — Isgbv tov '^TröUrn-
wenige sind weissagende Männer", was dann vog, o eyiccXslto UvO-m- iv co ;ta;ixoüff rginovs
zum Sprichworte geworden ist. Etwas ab- so iSqvto, yial vnsQ&sv qp/a^rj, tj tag fiavrfnag elx^
weichend berichtet Etym. M. a. 0., die Thrien \br\(fovg' ainvsg igo^Lsvcav t&v iiavt £vofLBV(07>
seien es gewesen, welche die mantischen rjXXovTo, yial rj IJvd'ia iy.q}OQov(jsvr} fixoi ivd-ov-
Steinchen erfanden und sie der Athena über- oicböce, heysv cc i^^cpsgsv 6 AitoXXiüv. Eudociu
gaben. Diese aber, um dem Vorwurfe zu ent- viol. 265 p. 109 — TTv^cb- iv r} ißtaxo 6 rgi-
gehen, fremdes Eigentum, nämlich des ApoUon, jtovg 6 x'^^'^ovg, i^ ov xccX-kov xQiTcoöog i] ficcv-
sich angeeignet zu haben, warf sie in jene rsicc i^erpigETO' indvca yocg tov TgiTtodog rjv xLg
Ebene, welche davon den Namen der thriasi- qpiaX?j, iv tj al i/j^qpot ort uavtiyial ijXXovro xai
sehen erhielt. Vgl. Steph. B. Ggta. ini^Sav, T]vl-na ^JjtöXXav tr}v iiavTsiav i^icpsgs.
Die Thrien sind ihrem Wesen nach nomen- {Wieseler, d. delph. Dreifuß, Abh. Gott. Ges.
artige Gestalten, ähnlich den Moiren, aber 40 d. W. 1871, 15, 16. 47). Man versteht danach
nicht, wie diese, in tieferer Symbolik eine von auch den technischen Ausdruck ixTtinTti XQ^~
unvordenklichen Zeiten her durch höhere 6^6g (Beispiele Xenoph. Conv. 5, 10. Diog. L.
Macht gefügte Verteilung des Schicksals be- 1, 32. Aelian. b. Suid. s. v. "Ayiog. Suid. s. v.
deutend (vgl. TFei>säcAer, ob. Bd. 2, Sp. 3084 f. u. Kd^uynia Xvsig. Lucian. Alex. 43. FoUux 1,
Moira), sondern, in volkstümlicher Auffassung 19). Das durch den Losgebrauch eingewöhnte
die jedesmalige Entscheidung durch die zu- und geheiligte Gefäß wurde in Delphi sodann
fallende Lage von Loswürfeln bezeichnend. auch als geeigneter Sitz der Pythia über den
Vertreterinnen einer Art Kleinorakel von Hirten Erdspalt gestellt. (Vgl. Reisch b. Pauly-Wisso-
und Bauern (vgl. Hymn. H. in Merc. 556 in) ra 5, 2, 1679 u. 'Dreifuß'.) Die ältere Art der
ßovcC). Daß diese Art der Wahrsagung sehr 50 Orakelgebung durch eingeritzte Lose aus Holz
alt war, läßt sich aus verschiedenen ümstän- aber hängt offenbar mit dem Baumdienst und
den schließen. Man bediente sich bei den durch diesen mit der Weissagung aus den
Griechen sehr früh schon der Stäbe oder Tiefen der Erde zusammen; vgl. m. Ausführungen
Täfelchen von Holz, dann auch wohl kleiner in d. Abh. Der heil. Ölbaum in Olympia, Progr.
Scherben oder Würfel von Tierknochen, in die Weimar 1895, 19 f Olymp. Forschgn. 3 {Dienst
man Zeichen einritzte und sie dann durch- d. Muftergöitin) Kliol.llbi. @td)v iv yovvaGL
einanderwarf und danach aus ihnen das Los in Sokrates 2, 1 (1914) S. 14 ff. Anwendung von
zog oder herausspringen ließ. Über diesen y,X^goL noch im späteren delphischen Dienst
Brauch im älteren Gottesdienste vgl. Jambli- ist von Plutarch de ei ap. Delph. 16 p. 391
chos de myst. 3, 17 p. 141 Parthey. ÄcÄoZ. 60 bezeugt; vgl. auch de /ra^erwo awiore 21 p. 492.
Aristoph. PL 39. Schol. Pind. Pyth. 4, 337. Weiteres bei Kaibel, Heimes 10, 193 ff. 23,
Losorakel in Dodona bezeugt Cicero de div. 1, 532 ff. und Heinevetter, Würfel u. Buchstaben-
76; in Olympia Hesych. cpgvxrbg dsXcplg. — Es orakel in Gr. u. Kleinasien, Breslau 1912,
ist bekannt, daß der nämliche Brauch auch S. 33 ff. — Hierher gehört nun das von den
bei andern Völkern bestand, über die sortes Thrien Berichtete. &gla (von Q-glov) bedeutet
aus Eichenholz mit altertümlichen Schrift- Blätter, namentlich Feigenblätter oder Wein-
zeichen im Dienste der Fortuna Primigenia zu blätter {Etym. M. a. a. 0. Gramer, an. Par. 4,
Praeneste s. C*cero df rf/r. 2, 85. 1 , 34. \g\. Peter, 184, 1), ^giai die accvxi%al rhfjcpoi. (Hesych
869
Thriai
Thriai
870
9'Qicci. Steph. B. ffqla. Schal. Callini. Ap. 45.
EUjm. M. a. 0). Daher wird %Qia.tHv bei He-
sifchios unter IJcrufuiifT^ auf Kiiripidvs und So-
pholies süwolil durch rpvXloXoytfv, wie durcli
ivQ^ovai&v, ^vi)ovaia.i;fiv, erklärt. Vielleicht ist
es nicht olane Bedeutung, daß Themif? auf dem
DreifuÜe der Volcenter Schale ein Lorbeer-
zweiglein mit 7 BUlttern in der Hand hillt.
Vgl. den Artikel Thcmis ob. Sp. 679 Abb. 2.
Die als „Thricn" bezeichneten Steinchen wa- lo
ren drei an Zahl und wurden (wie in Bura
vier Astragalen Pann. 7 , '26, 6) gleich Wür-
feln hingeworfen. Dies lehrt der Ausdruck
^Qio^öXog (vgl. die von Loheck Agl. 814 bei-
gebrachte Stelle eines handschriftlichen Glossars
bei Du Cange s. v. Wr^rpcig p. 1781: &Qtoß6lot
anb ipf](pov noiVT8is) und das Sprichwort FloXXol
^QioßoXoi., TtccvQoi di TS ficcvTLEs ccvÖQes bei Steph.
B. s. V. ©QLCi, welches in hergebrachter (in sa-
kralem Gebrauche bekanntlich auch anders ge- 20
faßter, Loheck Agl. 813) Form auf die Tatsache
hinweist, daß die bequeme Art dieser Mantik
durch Lose zwar vielen zugänglich ist, daß aber
zwischen solchen Wahrsagern und von göttlicher
Weisheit erfüllten Propheten ein großer Unter-
schied besteht. Thriobolie verlangt keine beson-
dere Kunst; daherließen die in Delphi maßgeben-
den Kreise jene ursprüngliche Art die Zukunft
zu erkunden fallen und setzten die andere an
die Stelle, während die alte mit der Zähig- so
keit, die gottesdienstlichen Bräuchen eignet,
sich in dürftiger Gestalt als untergeordnete
Wahrsagung erhalten hat. Das will es be-
deuten, wenn der angeführte Spruch der Py-
thia in den Mund gelegt ist, und wenn es
heißt, daß Zeus der Steinchenmantik den
Glauben nahm dem ApoUon zuliebe (ähnlich
Eurip. Iph. T. 1264), der bekanntlich als des
Zeus TtQocprixri? {Aesch. Enm. 19) seine Orakel
erteilte. Die Thrienmantik scheint zunächst 40
an Delphi geknüpft; das bedeutet das Wohnen
der Schwestern unter der Schlucht des Par-
nasses (nicht „unterirdisch", wie Härtung, Gr.
M. 4, 51) meint. Denn das pythische Heilig-
tum liegt wirklich unter einer Schlucht; es ist
die zwischen den Bergwänden der Phaidriaden
Phlembukos und Rhodini befindliche {Ulrichs,
R. u. F. 1 , 47. 118 f. Baedeker, Gr. ^ 14 f.),
und die yvaXa IIcxQvricoto, ^oißov, d'sov werden
oft erwähnt, z. B. Hesiod th. 499. Hymn. in 50
Ap. 393. Eurip. Phoen. 237. Jon 245. — Was
dann weiter in dem (Homerischen) Hymnos
von den drei Schwestern erzählt wird, daß
ihr Haupt mit Mehl bestreut war, kennzeich-
net sie nach der gewöhnlichen Meinung als
Greisinnen; vgl. Hesych. ciX(fix6xQfüg' Xsvy.-^-
noXid, cbg äXcpixcc. (In dem Orakel bei Diodor
excerpt Vat. 22, 20 p. 47 Mai. Aristid. or.
i^acr. 4, 524 Dincl. sind unter den Xevv.cc\ xogccL
aber weder die Thrien zu verstehen, wie Bau- 60
meister S. 246 seiner größern Ausgabe der
Hymnen andeutet, noch die Moiren, wie A.
Mommsen, Delphika 181 annimmt, sondern
Schneejungfrauen, den '^Titanen' des Onoma-
kritos {Paus. 8, 37, 5) verwandt, s. Weniger,
feralis exercitus, Arch. f. Bei. - Wissensch. 10,
243 if.). Das ist vielleicht richtig; die Pythia
war ja auch eine alte Frau; auf der Ruveser
-/-SJJJiliktJJiLTM
Thrie(?) nach Arcfi. Zly.
186», 111.
Amphora (bei O. Jahn, Vasenb. 1) mit der Dar-
stellung des Orest am Omphalos hat ßie weißes
Haar. Die Darstellung legt aber auch den Ver-
gleich mit Bienen nahe, deren Köpfe von weiß-
lichem Blütenstäube bedeckt sind. An Bienen
erinnern ferner ihre Fittiche, sowie das Aus-
fliegen einer nach der andern und das Honig-
essen.Vgl. Welcker, Gr. Götterl. 3, S. 120 ff. Daß die
auf der beifolgenden Figur nach Arch. /Jg. 1869,
S. 111 wiedergegebene
Darstellung eines gc-
stanztenGoldplättchens,
das man neben vielen
andern zu Kameiros in
einem Grab aufgefun-
den hat, eine der Thrien
bedeute, ist nicht ge-
rade wahrscheinlich:
immerhin ist die Über-
einstimmung mit der
Schilderung des Hymnos
auffallend. (Weiteres bei
Pouls€n,Der Orient und diefrühgriechischeKunst,
S. 141f. Arch.Anz. 1904, S. 41.) Der Bienenleib
der geflügelten Jungfrau dient zum Ersätze dessen,
was sich nicht wiedergeben ließ, Blütenstaub
und Honiggenuß (vgl. E. Curtius Arch. Z. a. 0.
u. 1870, S. 10 f.). Über die Biene als manti-
sches Tier, die Bezeichnung von Nymphen und
Priesterinnen als .Bienen und diese Vorstel-
lung besonders auch in Delphi s. ob. Bd. 2, 2,
Sp. 2640 unter Melissa 8. Die Pythia heißt Biene.
Wenn die Ortslegende erzählt, daß der erste
Tempel in Delphi eine Lorbeerhütte, der zweite
aber ein Gebilde von Wachs und Federn ge-
wesen sei, ein Werk der Bienen und der Vögel
{Paus. 10, 5, 5. Philostr. V. Ap. 6, 239. 247),
so deutet dies vielleicht auf einst in Delphi
gepflegte Mantik der Thrien sowohl, als der
Vogelschau (vgl. 0. Müller, Dor.^ 1, 344, 4.
Welliger, Symholik der Biene, Progr. Breslau
1871; ob. Bd. 2, Sp. 2640 unter Melissa u. Bd. S, 1,
Sp. 16S9 u. Parnassos). Verbindung von Losung
und Vogelschau begegnet auch sonst; vgl. Pind.
Pyth. 4, 190. Eur. Phoen. 838 ff. Durch den
Honiggenuß werden die Thrien begeistert.
Honig hat berauschende Kraft; Kronos ist
trunken von Honig {Orph. fr. 114. 115 Abel).
Aus Honig und Wasser wird der Met bereitet.
Saga, die Prophetin, wohnt nach der nordischen
Mythe mit Odin im Bache der Versenkung und
trinkt' mit ihm Met {Welcker, Gr. G. 3, 121.
Boscher, Nektar u. A. 35. Eehn, Kulturpflanzen
n. H.^ 1347). Es scheint nicht ohne Bedeu-
tung, daß die drei Thrien von Philochoros
bei Zenöb. 5, 75 als xQocpol ^TtoXXcovog be-
zeichnet werden. Der Hymnos nennt den
Honig Speise der Götter; auch der junge
Zeus wird von Bienen mit Honig genährt
{Boscher a. 0. 30; s. ob. Bd. 2, 2, Sp. 2638). Von
den Thrien lernt Apollon die Weissagung.
Daß der Gott später seine alten Lehrerinnen
gerade an Hermes abtritt, erklärt sich daraus,
daß diesem Gotte Glückslose und Würfel heilig
waren {Bosch er, Hermes 83 f. und ob. Bd. 1,
Sp. 2380). — Merkwürdig ist die Überlieferung,
weiche auch der Athena die Erfindung der
Thriobolie zuschreibt, eine Ortssage, die durch
871 Thriai Thriai 872
den Nameu der Thriasischen Ebene und dos u^voj, "Joru^o^.*) — Hesyclt. d^Qia^ßsvöac d'o-
Demos Thiia bei Eleusis, um den die Ebene Qvßi)aai. ßofjaai.. — d'Qicc^ißsvaa^;- :Toii7Ttv6as. —
lag, veranlaßt scheint. Das Erfinden und Weg- Suid. Ggicc^ßag. inidsiiig *'ix/;c, ;TOfi«j), xal tö
werfen der Lose durch die Göttin erinnert an asuvvvsad'ai [ebenso Et. M. s. v.J . . toro/taff-O-rj
das gleiche Verfahren mit der Flöte (s. Fo- Sh ^:rü tü>v inäiv twv Trptorojr sig Jiovvooi
«rÄ^r ob. Bd. l,Sp. 680). Auf Wahrsagung durch ytyQcctififvcov i^ 'IvSiccg im cig^cctos riyQtoi
Würfel im Dienste der Athena Skiras deutet iTtavsgxö^srov. Xiyovoi yaQ d-giaatv ['^ ^gidocct
Photios Lex.: EhIqov rÖTtog 'Adi^vnciv itp ov Q'gi&ad'ai? Bemh.] riiv x&v noirittbr ^laviai
Ol navTH9 i^ccd'i^ovxo^ zusammengehalten mit ri &n6 toö d-gta, tcc q)vXXa ti)g avufj^ avccnsi-
Pollux 9, 96 udliara *Ad^i]vriaiv ixvßEvov inl lO ^ivris rw Jiovvaoi.*) xul OTt ngdtrov, nglv ini-
I^xigo) iv rtö ti)? Gx^gccdog *A97iv&g *»«w. Theo- vorid'i)vcci, xcc ngoooansXcc, avHi)s cpvXXois ixccXv-
pomp bei Harpokration: ünigdtpia iXsyov rcc ntov Ttdvreg xa iccvxöiv TTgocmna cpvXXoig Gv%i]g
xvßivxr^gia^ iTtsidi^ öiixgißov iv Zxig<p ol xv- iv xca axdtnxEiv xaXvnxovT^s axdi^^iaxa &L~
ßevovxBg, ag SsoTto^Ttog iv rw v' VTioaripLuivBi . xovg >a(ißsvovxag ^Xsyov [ährlicli Et. M. s. \
Weiteres bei Heeg oben in den Artikeln Skiras und Lyd. de mens. 1,2: d^giaußov Covö^a^ov oi
und Skiros. (Vgl. Nilsson, d. Würfelorakel inl Jiovvaov d^sgccTtovxeg xi\v 7co^^i]v ano rCbv %^vq-
^xipo>, Ardi. f. Beligionsgesch. 16, 1. *2, S. 316.) acov xal xäv Idfißtov oiovd xiov axcoiiiidrioi' .
Literatur: Lobeck, de thriis Delphicis oiovsl d^vgaia^ßov, ?) änb xov &goHv [Q-ogatr
1820. — Lobeck, Aglaophamu^ p. 814 ff. — Et. M. u. Suid nriSrixLxog ydg] xaxä lIXovTccg-
K. O. Müller, Darier* 1, 344. — K. F. Her- 20 x^^\ ^^^ diese Zeugnisse in Betracht zieht,
maun, Gottesd. Altert.* § 39,16. 16. — Welcker, wird es wohl mit mir nicht unwahrscheinlich
Gr. Gött^rl. 3, 120. — Bergk, Gr. Literatur- finden, daß tatsächlich d-gia^ßag mit i'apißog
gesch. 1, 334, 54. — Bouche- Leder cq, Hist. de (von Idnxto = Wurf, Wurfvers, Spottvers,
la diviuatimi 1, 192 ff. 2, 204. 8, 44. 82. — cxwft.aa; vgl. Cwr^ti^s, Grundz. d. gr. Etym.^ 6bS)
Preller- Robert Gr. M. 1, 283, 1. 399. — Schoe- zusammenhängt und ähnlich wie der Beiname
manu-Lipsius^ Gr. Mtert. 2*, 302 f. 337 f. — JiQ'vga^Lßog ursprünglich einen zu Ehren der
Gruppe, Gr. Myih. 910. 1234, 2. 925, 1. 1252. Götter unter rhythmischen Tanzbewegungen
— Weniger, Ssibv iv yovvaff*, in der Zeitschr. gesungenen Hymnus bedeutete. So versteht man
Sokrates 2, 1914, S. 1 ff. Losorakel hei Gr. u. auch leicht die Gleichsetzung von d-glaußog und
Eöm. ebd. 5 (1917^ S. 308. [L. Weniger.] 30 triumphus (triumpus), denn auch bei den römi-
Thriambos {Sgucnßog), Beiname des Diony- sehen Triumphzügen handelte es sich um ozdoii-
808, zuerst bezeugt in Verbindung mit der ^ara der im rhythmischen Drei schritt (vgl. di'
ähnlich gebildeten inavv^la JL&vgaußog von tripudia der salischen Priester nach Liv. 1
Pratinas in einem bei Athenaeus p. 617 über- 20,4 etc. und den dreifachen Refrain triunip'
lieferten Hyporchem, wo es zum Schlüsse heißt: triumpe, triumpe im Liede der Arvalen) einher
^gtafißodLd-vgaußs xiGGOxaix* ava|, axovs ziehenden Soldaten gegen den Triumphatoi.
xav i^ucv Jdigtov xogilav. In hellenistischer Demnach ist es wahrscheinlich, daß auch in
Zeit, namentlich seit Alexanders d. Gr. Zug dem ersten Bestandteil von d-gi-cc^ßag nichts
nach Indien, wurde d-gicc^ßog gewöhnlich auf anderes als die Zahl 3 steckt, so daß der grie-
dessen mythisches Prototyp, den Sieges- und 40 chische Ausdruck auch in dieser BeziehuDg
Triumphzug des aus Indien heimkehrenden seine Gleichsetzung mit lat. triumphus recht-
Dionysos, bezogen, und zugleich mit dem römi- fertigen würde. Über die Aspiration vor einem
sehen triumphus {triumpus) gleichgesetzt oder g vgl. Curtius, Grundz.^ S. 501, der an d-givcc^
in Verbindung gebracht. Vgl, z. B. Diod. Sic. = xglvcc^ = Dreizack, an d-gova = xgövu etc.
4,5: Ggiaußov 8' aijxbv [r. Jlov.] övoiiccod-rivai erinnert (vgl. auch Art. Thriai z. Anf. u. Tgi-
(paaiv dnu xov Tigcäxov rwv ^vri^ovsvoiievmv vaxiri = 0gLvcc'/.ir]).**) — Andere aus dem Alter-
xaxayaysiv anb xi]g atgatslccg d-giafißov tig tum stammende Ableitungen von Q-giov = Fei-
xriv Ttaxgida, xi]v i^ 'Ivdibv 7toir]odiisvov indv- genblatt (s. ob.) oder von d-riglov i= d-jjglapLßog)
oöov fisxä ytoXXcjv Xacpvgcov. Arr. an. 6,28,2: bei Suid. und im Et. M. {dioxi iitl ^r\gCiiv =
xcd xavxcc ngbg ^ilfiriGiv xfjg ^lovvgov Bccx^^^^S 50 irtl Xsovxcov ßeßrixsv 6 Jlov.) oder von d^ogstv
icTCSLxdGdTi kXs^dvdgco., ort xal vntg ixsLvov (s. ob.) erwähne ich nur als Kuriositäten. —
Xöyog iXiysxo xcctaGxgarpd^LSvov 'Ivöovg Jlo- Vgl. auch PraZ/er-JSo&er^* 1, 674, 3. 703, 5. 736, 4.
vvGov ovx(o xr]v TtoXXrjv xijg kciag ineXQ'tiv [Röscher.]
xal Ogltx^ßov xs uvxbv iTtixXrid-rjvaL xov Jlov. H. Güniert, Von der Sprache der Götter und
xal inl xalg vixaig xatg ix TCoXi^iov noyLTiug Geister (1921) 64 will Th. auf einen Ausruf wie
i^l xa uvxa xovxat d-gidußovg. S. auch Plut. lai., aiai zurückführen und bringt es zusammen
Marcell. 22 u. Athen. 1,30b, wo Ogiaußog und mit Id^co, idXs^og, aid^o) u. a., wozu la^ißog ge-
Jid'vgaußog als gleichwertige oder vergleich- hört und Sid'vgaiißogj td-viißog^ Eva^ßtvg u. a.
bare Beinamen des Gottes angeführt werden. Vgl. schon Alhr. Dieter ich, Arch f. hel.-Wiss.
Fragen wir nach der ursprünglichen Bedeutung 60 11 (1908), 165. [Fehrle.]
des Namens Oglaiißog, so kommen vor allem
folgende Zeugnisse in Betracht: Hesych. &giafi- Macrob. Sat. i, 19, i. Lact.i.div. 1,10. Tertuii. de cor. mii.
ßog' noanri. iniÖBi^ig vixrig. n JiovvGiaxbg 7, 12 (Liber = auctor triumphi). [Höfer.]
*) Mehr b. P.-Wiss. u. 'Feige' S. 2145 f.; vgl. 2148, 53.
**) Anders A. Döhring in Mitra, Monatsschr. f. vergleich.
*) Com. de nat. deor. p. 183 Os.: 'O dt »giä/uftog icno Mythenforachg. 1914, Nr. 2, Sp. 45f. im Artikel JiS^üga/itflo;-
ToO ■9QOfiv xal ia^ifii^fiv T/jv y./.fjatv eXa/tv ü&ev xal iv Fortlauf, der \'aufio; als Rhythmus des 'Gehens' im Gegen-
tolg xaxä z&v noXtiiiojv ^giafA(ioi: nokkoii itvartaiatoi; satz zu tgo/aiox 'Lauftakt' und ^^iafi^iag als 'Erntetanz'
axtbntovttg /^öirra/. Vgl. auch Plin. n. h. 7, 191 u. 16, 144. von dtguttv = ^qi^tiv (! ?) fassen möchte.
S73 Thriasios Thrinakie 874
Thriasios ( Wymffto?), auf einer in der thria- eckspfsstalt Siziliens bekannt war, zum Zweck
sischen Ebene zwischen Eieusis und dem See der Identifizierung. Man setzte die Form Tri-
Rheitoi gefundenen Inschrift steht ein dem nakria als das Ursprüngliche und erklärte Thr.
Harmodios und Aristogeiton von einem Heros als euphonische Ummodelung: Strab. 6, 266
Thriasios erteilter Orakelspruch Sgiaeioi ijQcp ^ati &' ij 2^i,xhXia TQiyovog tw airniuxi, xaX dicc
irtl ßanol? igä xce^iovreg Öqxov TtLatcoöaad'e -n.t.X. rovro TgivccyiQia ^ihv JtQÖTeQOV^ Sqivcckicc d'
'Id-'qvaiov 8, 151. KaHtorches a.a.O., vgl. 613 f., vartgov 7tQOGriyoQiv%"ri nETovoiiaad-tToa sicptovo-
\ ermutet, daß der Kultus dieses Heros ein sehr xbqov. Schol. llom. Od. 11, 107 (= Eustath.)
junger und daß der Orakelspruch von den . . . ^df * yilv Tgira-Kgiav XiysaQ-aL^ Öia dl xb
Priestern gefälscht worden sei, welche dadurch lO EvrpoavoxsQov ovxtoq oiv6iLaaxaL. JHod. 5 , 2 , 1 .
«las Ansehen ihres orakels?ebenden Heros heben Steph. Byz. s. v. TQtvaxQia. Plin. nat. bist. 3,
wollten; über die Heroen als Orakelgötter 86 u. a.; das glaubt sogar noch Nissen, Jtal.
Bd. 1, Sp. 2485, Z. 12 ff. [Höfer.J Landeskunde 1 (1883), 4, Anm. 1. Neben Trina-
Thriasos {@Qicc6o?\ Freier der Penelope aus kria tritt öfters als Zwischenstufe die Form
Same, Apollod. Epit. 7, 28. [Höfer.] Trinakia auf (das Material bei Ereeman- Lupus
Tliriuakie {(^Qivuxlr}) 1) heißt die Insel, auf a. a. 0.). Ein spätes Kunstprodukt ist die Form
der die Herden des Helios weiden, gehütet von Tgicc-ngia bei Tzetzes zu Lykoplir. 966 u. Eustath.
seinen Töchtern Lampetie und Phaetbusa, Hom. zu Od. 11, 106. Daß tatsächlich der Dichter mit
Od. 11, 107 ff. 12, 127ff ; 260ff. Über die Sage Thr. nicht Sizilien gemeint haben kann, weil
vgl. Eapp, oben Bd. 1, Sp. 2018 f. Jessen, Paulys 20 die nur von den Herden und ihren beiden Hir-
Eealencyclop. 8, S3 f. Alle späteren Erwähnungen tinnen bevölkerte Heliosinsel nach der ganzen
fußen auf der homerischen Erzählung (Apoll. Darstellung ein kleines, verlassenes Eiland ist,
Hhod. 4, 965. Nonn. Dion. 38, 169 @QLvcc%vrig zudem die Dreiecksgestalt Siziliens — abge-
/.Bniava = Ap. Mhod. a. a. 0.; 15, 274. 27, 195; sehen von der sprachlichen Unmöglichkeit der
andere Stellen s. u.). Das ganze Altertum setzte Etymologie Thr. '^ Trinakria und von dem un-
Thr. mit Trinakria gleich, das seit Thul'. 6, erklärt bleibenden v — dem Dichter keines-
1*, 2 Gelehrten und Dichtern (besonders den wegs bekannt sein konnte, ist in neuerer Zeit
römischen) als alter Name Siziliens geläufig, öfters gezeigt worden (Völcker, Über homeri-
niemals aber wirklich im lebendigen Gebrauch sehe Geographie und WeJtkmidB, Hannover 1830,
gewesen ist (das Material breit vorgelegt bei 30 119. K. E. v. Baer, Die homerischen Lokalitäten
Ereeman -Lupus, Geschichte Siziliens 1 [1895], in der Odyssee 1878, 15 ff. B. Heisterbergk, Era-
403 — 413). Da man andererseits auch Skylla-, gen der ältesten Geschichte Siziliens, 1889, =
Gharybdis, Kyklopen und Laistrygonen in Si- Berliner Studien f. cla^s. Philol. u. Archäol. 9,
Zilien lokalisiert hatte (schon T/jwÄ;. 6, 2, 1), also 3, 1 ff. Ereeman - Lupus a. a. 0. 1,90^ u. a.).
bei näherer Überlegung nicht wohl die ganze Aber das Altertum hatte auch die richtige und
große Insel mit dem einsamen, nur von den einzig mögliche Etymologie schon gesehen, nur
Herden des Helios bevölkerten Th. identifizieren daß sie gegenüber dem Axiom der Gleichsetzung
konnte, so hat man später die schmale Land- von Thr. mit Sizilien nicht aufkommen konnte :
zunge von Mylai und speziell das kleine Stadt- Steph. Byz. s. v. TgivayiQla . . . ixX'qd-ri 8' ovttog
chen Artemision (dessen genauere Lage uns un- 40 . . . ^ ort Q-givoiy.i iaxLv oyboicc. Eustath. zu Dio-
bekannt ist) zum Schauplatz dieser Erzählung nys.perieg. 467 {Geogr. Gr. 2, 131. 306, 1 Müller)
gemacht: ^ppmn. 6fZL c«i?. 5, 116, 484 Mvlrnv aXXoi 8i rpaeiv, ort OgLvaxla Xsysxai diä xb
xal kgxsy,i6iov, itoXixvr^g ßga%vxdx7\g, iv fj cpccGi ioi-asvai %^givav.i- onsg ccitudsi xy x&v nccXaiäv
xag 'HXiov ßov? ysysad-aL tiocl xbv vnvov '08v6- 86^r}. ov yccg öonst xoiovxov ax'^ficcxog slvcct 7)
ctü. Schol. Ap. Bhod. 4, 965 MvXccg 8s xsgao- HiTcsXla. Das hat v. Wilamowitz, Homer, ünter-
rriaov Zi-AEXiag., iv y cxl xov "HXiov ßosg ivt- suchungen lGSi\ aufgenommen und sieht in dem
ßovxo. Plin. 7iat. hist. 2 ., 220 Oirca Messanam ^gabelförmigen Land' unter Bezugnahme auf
et Mylas flmo similia exspuuntur tn litus pur- Hom. hymn. 1, 411 l^ov %al x&Qov xsgipiiißgoxov
gamenta, undc fabula est Solis boves ibi stabu- 'HsXioLo., Talvagov^ ^v&cc xs ft^Xa ßad'vxgixcc ßoa-
lari. Nach Philosteph. im Schol. Od. 12, 301 war 50 xerat ccisl 'HsXloio ävaxxog die Peloponnes: der
in Mylai ein Heroon des Phalakros, der seit erste Gestalter des Gedichtes von den Helios-
Panyasis als Wächter der Heliosherden galt herden sei sich der Bedeutung des Namens
(oben Bd. 3, Sp. 2237, 22 ff.). Nach Holm, Ge- bewußt gewesen, und erst bei de^ späteren
schichte Siciliens im Altertum 1 (1870), 54 wird Einarbeitung der Geschichte in den größeren
unter dem Kastell von Milazzo noch heute eine Zusammenhang der Odysseusirrfahrten seien
geräumige Höhle gezeigt, die beim Volke die die Züge hineingekommen, die zu der Glei-
Höhle des Ulyss heißt. Aber das wird wohl chung Thr. — Peloponnes nicht passen. Diese
vielmehr moderne Ciceronenweisheit sein. Offen- Erklärung (mißverstanden von Ereeman- Lupus
bar kam das Altertum zu diesem Ansatz auf a. a. 0. 413) hat sicherlich viel mehr Wahr-
Grund der Angabe l?omers, daß Odysseus awin' 60 scheinlichkeit für sich als Gruppes (Griech.
^TCBixa nach dem Sky Ilaabenteuer nach Thr. Mythol. u. Beligionsgesch. 639) Zurückführung
gekommen sei (Od. 12, 260), und erklärte, daß des Namens Thr. auf den rhodischen Heliaden
Odysseus die schmale, weit ins Meer vorsprin- Thrinax und die daran geknüpfte Kombination,
gende Landzunge wohl für eine Insel habe die Thr.-Sage stamme aus Rhodos, und durch
halten können. Das Übliche war aber die Glei- Vermittlung der rhodischen Kolonien in Sizi-
chung Thr. — Trinakria— Sizilien. Deutlich ist lien sei wohl auch die alte Sikelerstadt Trina-
Trinakria volksetymologische Umformung von kia zu ihrem Namen gelangt. Nun ist aber
Thr., vorgenommen zu einer Zeit, der die Drei- diese (einzig und allein bei Diod. 12, 29. 2 er-
KoscHER, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 29
875 Thrinakie Thrinax 876
wähnte) Stadt Trinakia selbst schon sehr pro- Untergang jener Stadt bewußt miterlebt haben
blematisch (s. u.), noch unwahrscheinlicher, daß muß. So bricht die Hypothese Heisteibergka
die als aJite Hochburg des Sikelertums geschil- völlig zusammen, und die Annahme, daß my-
derte Stadt im Innern (Siziliens ihren Namen thengeographische Spekulation im Hinblick auf
von einem Gott oder Heros der später an der die inzwischen bekannt gewordene Dreiecks-
Küste angesiedelten rhodischen Kolonisten emp- gestalt Siziliens diese Inpel mit der etymolo-
fangen haben sollte — es gibt sonst keine alte gisch zurechtgerenkten Thr. Homers gleich-
Sikelerstadt mit griechischem Namen — , und gesetzt und so den künstlichen Namen Trina-
drittens zeigt doch der Umstand, daß dieser k(r)ia geschaffen hat, bleibt die natürlichste
Thrinax in keiner der älteren Heliadenlisten, lo und wahrscheinlichste. [Ziegler.]
sondern einzig bei Nonn. Dionys. 14,44 be- 2) Verschieden überlieferter und gedeuteter
gegnet (a. Drexler, oben Bd. 1, Sp. 1982. Mal- Beiname der Hekate-Selene: in den zweimal
ten, Patdys JBeaZencycZ. 8, 2849), daß er späte ähnlich redigierten Fassungen eines Hymnus
Erdichtung, ätiologische Rückbildung aus dem auf die Göttin im Großen Par. Zauberpapyrus
Namen der H^'liosinsel ist, ein Zwillingsbruder wird sie Z. 2822 angerufen als ^Qivaxia. Dieser
des Heros T[h] r i nak os oder Tri n akros (s. d.). Form steht die der zweiten Überlieferung Z. 2626
den das Sibyllenorakel bei ÄifpÄ.-By^r. s.v. Tpiva- entgegen: rpit'o;^/^ (ta aus «»j geündert). Mei-
ngla und Eustaih. zu Dionys. perieg. A6T^ sowie nekes Erklärungen, Herrn. 4 [18701, 66 'Sike-
PhilosUph. bei Serv. Atn. 1, 196 {FHG. 3, 31) lische(?)' und HripVci cuspide (dxi's) armata^Y
als utian^e ▼on Trinakria und vlbg TtovrofiiSoio 20 wird man beide ablehnen: die erste aus stili-
JIoffftdaoDvos afaxro? präsentieren. Ebenso ab- stischem Grund; denn das Epitheton steht in -
zulehnen ist die Annahme Heisterbergka (a. a. mitten einer Keihe von Beiwörtern, die alle
0. ö), die griechischen Kolonisten Siziliens so sehr auf die Dreiheit der Attribute und Eigeü-
hätten den Namen der alten sikelischen Haupt- schaften der Göttin hinzielen — rQixrvns, xqL-
stadt Tiinakia zunächst auf die ganze Insel tpQ^oyys^ XQixäQocvs., rgingdacans nrX. — , daß die
übertragen und sie alsbald wegen des Gleich- Form ©pivaxm den Zusammenhang völlig spren-
klanges der Namens mit der homerischen He- gen müßte. In Meineke^ zweiter Auffassung
Hosinsel identifiziert, hierauf sei nach dem Un- vermißt man die Erklärung des v. B. Wuensch,
tergang der Stadt Trinakia (440) diese selbst Kleine Texte 84,11 meinte: (^gwaxia sei eine
und mit ihr die Herkunft des Inselnamens ver- 30 Nebenform von TQivaxgla {Etym. M. 456, 8 Gq.
Hessen worden und daher die Etymologie und crmaivBLTr}v IJiyihXiav) und deutete 'dreispitzige'
er um das q bereicherte Name Trinakria auf- Hekate, wegen ihrer drei Häupter. Abgeaehen
gekommen. Alles an dieser Hypothese ist halt- von der Unwahrscheinlichkeit, die eine solche
los. Erstens widerspricht es aller Wahrschein- recht kompliziert-gelehrte Entstehung des Bei-
lichkeit, daß die übers Meer kommenden Kolo- namens in einem magischen Hymnus an sich
nisten die Insel nach einer Binnenstadt hätten enthielte — die zweite Überlieferung bliebe
benennen sollen, die zunächst und für lange ungeklärt. Ohne Erklärung des Wortes schrieb
gar nicht in ihren Gesichtskreis trat. Zwei- Usener, Dreiheit, Bh. M. 58 [1903J, 166, Tgiva-
tens ist der Name TgivuyiLa bei Diod. 12, 29, 2 x/a. Boscher, Selene u. Verw. 123, ö25, rgivaxla.
sicherlich verderbt, denn es ist immöglith, 40 Eine Interpretation des Epithetons als rpt-iax/a,
daß eine Stadt, die Diod. &tl tb ngatov 'die mit drei Fellen bekleidete' Dreigestalt der
i6xri%via xav ZtxsXix&v noXicov nennt, deren Selene- Artemis (Artemis in der Nebris, s. oben
Eroberung im J. 440 den Schlußstein der Nie- Bd. 1, Sp. 567. 603) verbietet das Metrum: xqi-
derwerfung der Sikeler bildet, niemals vorher müßte lang sein. Somit bliebe nur die Ablei-
und niemals nachher genannt worden sein sollte; tung von ^glvcch,: 'die Göttin mit dreizackiger
auch steht, worauf Vogel z. St. hinweist, in der Worfscbaufel', wie Selene wohl heißen kann
dem 12. Buch voraufgehenden Kapitelübersicht als 'Schützerin der Tenne', aXu>og (pvXaxd
statt des zu erwartenden (Zvgaxöeiot axgaxsv- (Z. 2746 f. des Par. Zauber/ ap.), und als eine
öavxsg inl) Tgivaxiove das (leider ebenfalls auch der Demeter in stoischen Kreisen gleich-
verstümmeite) Tlixrivovg (oder üixivovg oder 50 gesetzte Göttin (Belege beii2o.«c/jer a.a 0. 124 f.).
xivovg). Und drittens ist es ganz unglaubhaft. So sieht auch Badermacher, Wien. Stud. 39, 73 f.
daß, wenn wirklich die Stadt Trinakia der in d-givaxia die Urform (die er wohl ebenfalls
ganzen Insel ihren Namen gegeben hätte, dies von d-giva^ herleitet), aus der tgivaxia der
hätte völlig in Vergessenheit geraten und nach- zweiten Fassung 'in ganz normaler Umbildung
träglich die besprochene Etymologie hätte auf- mit Wechsel der Aspiration' (wie %ixmv r^ xi-
kommen sollen. Als Thukydides die Insel be- ^mv, Kccgi%oclog rv. Xccgixaiog) entstanden ist.
suchte und danach seine sizilische ägxccioXoyla [ Pi eisen d an z.]
schrieb, war noch kein Menschenalter seit der Thrinnkos {Qgivaxog), König von Sikelien,
Zerstörung der angeblichen Sikelerstadt Tri- von dem die, Insel den Namen Thrinakia (Tri-
nakia verflossen, und schon nennt er als den 60 nakria) empfangen haben soll, schol. Apoll.
alten Namen der Insel Tgivaxgla, den sie ge- Bhod. 4, 965; bei Steph. Byz. p. 635 und Evst.
führt habe, bevor in grauer Vorzeit die iberi- a^ Dionys. Perieg. 467, p. 189, 17 heißt er
sehen Sikaner einwanderten: kein Wort von Trinakos (Tgivaxog) und wird ßovxoXog und
der doch erst durch die später gekommenen i'jgcog genannt. [Höfer.]
Sikeler gegründeten Stadt Trinakia. Und was Thrinax {Ggiva^), Sohn des Helios, Bruder
für Thuk. gilt, das gilt erst recht für die Ute- des A^yrig und Maxocgsvg., die zusammen die
rarische Quelle, der er die sizilische Urgeschichte Teichinen (s. d) vertreiben {Nonn. D. 14, 44 f.).
entnahm , und deren Verfasser Bestehen und Name und Mythus hängen wohl mit Thrinakia
I
877 Thriphis Thuöris 878
«= Sizilien (vgl. Suid. s. v. Ggcvoe^ = Sizilien) gefunden wurde und eine ihrer Priesterinnen
zusammen. Vgl. Thrinakie 1. [Koscher.] nuBnie, CIL 12 (Add.p 806) nr 5724 mit Nach-
Thri]ihis s. 'iriphis. trag p. 862 (nach Bevue archeol. 3'"" serie, 10,
Thrius (0(»/oi)?), 8. Theseue § 47; von Steph. Ubl, 2, S. 277—281, wo S. 280 eine Abbildung
Byz. 8. V. wird er als Heros epon. einer Stadt gegeben ist): ...ija C. f. Carina [flajminica
bei Paträ in Achaia bezeichnet. [Steuding. | 8acer(do8) [fdejae IhvcoHs [testjanievto /(ieri)
Throiiia, Throuie {&Qoviu, (•^govir})^ eine i(ussü). Früher war infolge der Lesung saccr-
Nyuiphe, P]ponjme der Stadt Throuion im Ge- [dojs Atthucolis als Name der Göttin Aethu-
biete der Epiknemidischen Lokrer, Schul. JJ colis verhtanden worden. Die Göttin hält Mo-
Hom. 11. 2, 5^3 (p 83b, 7 Bekler). Thronia be- lo wat, Bull, de la Soc. des Antiq. de France 188ß
gegnet in zwei Genealogien: einmal ist sie von S. 171 für dieselbe wie die in der Beischrilt
Poseidon Mutter des Abderos, des Heros Epo- einer eLd. S. 107 von H. de Geymiiller erwähn-
nymos von Abdera: [A'oi'<J]os ©goviag 'kßdr^QE ten Zeichnung eines antiken Tempels ohne
XaXv.o%wQoc^\IIo6\tiöäv6(sxd Ttcct^Bindar. 1 aean. Orteangabe IHacolis genannte Gottheit. Diese
2, 1 in Oxyrhynthus Bapyr. 6 p. 27 = Bindari Zeichnung rührt her von Ducerceau, doch ist
carm. ed. O. hchroeder [11)08] p. 274; vgl. H. nicht angepeben, welcher von den gleichnami-
V. Artiim, Wiener Eranos, Zvr 50. Ver&amm- gen Architekten und Zeichnern Androvet Du
lung deutscher BhüoJogen in Graz p. 9. v. Wi- Cerceau aus der Zeit vom 16. bis ins 18. Jahrh.
lamouitz, Snppho und Simonides 254 (vgl. 246 (vgl. Vollmer im Allgemeinen Lexikon der bil-
Anm. 3). Wie bei Bivdar Abderos Sohn der 20 denden Künstler hng. von Thiime 10, 1914,
1 hronia heißt, so wird er auf der JatwZaJFarwe'S. S. 29 — 33) gemeint sei. [Keune.]
Sohn des Thronikos (s. d.) genannt, und da er TLuerls (ägyjtt. Toeris), Name einer ägjpti-
nach Apollod. 2, 6, 8., (2, \)1 W.) und Btolem. sehen Göttin in Nilpferdgestalt, die anfangs
i/e/)Ä. 6 (p. 192, 24f. Westermann = l'hot. Bibl. nur volkstümlich bekannt ist und erpt später
ed. Bikker 160b, 32) ein Lokier aus Opus war, in das offizielle Pantheon aufgenommen wird.
80 darf man seine ÄJutter Thronia mit der Sie ist einerseits eine gute Göttin, die Leben-
oben erwähnten Eponyme von Thronion identi- den und Toten ihren Schutz verleiht, insle^on-
fizieren; vgl. Jurenka, BhiloJogus (1912), 177. dere als Geburtshelferin und Säuglingswärterin.
Ferner ist ©govir} Tochter des Belos und Andererseits ist sie die Genossin des bösen
von 'Eg^icccov Mutter des Aratos, Hesiod (frgm. so Gottes Setech (Seth- Typhon).
23 Bzach) und Stesichoros {/r(,m. 64 Bergk, B,
L. Gr. 3*, 226) bei Straho 1,42. Nach Movers, Übersicht: A.Literatur. B Namensformen.
Bhönizier II 3, 1, 287 soll Thronie 'die thro- C. Zeitliche Entwicklung. D. Lokalkulte. E. Kul-
nende Himmelskönigin Urania', Belos 'Baal', tus und Piiester. F. Verwandtschaft: 1. Eltern,
Hermaon ein ungenannter phöniziscber Gott 2. Genossen, 3. Genossinnen, 4. Kinder. G. Bei-
sein. Tümpel, Jahii. f. klass. Bhil. Sujpl 16, worte: 1. Himmelsherrin, 2. Auge des Re.
179 hat Hermaon richtig als Hermes aufgefaßt; h. Schützerin der Menschen. I. Böse Göttin,
zweifelhaft aber ist seine Erklärung der Ogoviri K. Geburlshelferin und Säuglingswärterin: Go-
als Eponyme des kyprischen ©govoi {Stralo burt des Königs bzw. eines Gottes; Schützerin der
14, 6.S3. I'iolem. 5, 12). Tümpel selbst hat sj ä- 40 Frauen. L. Totengöttin. M. Sternbild. N. Mo-
ter {Boscher, Myth. Lex. 2, 989, 2 ff. Bauly- natsschützerin. O.Identifikationen. P. Darstel-
Wissoua s. v. Arabos) Thionie mit dem lokri- lung.
sehen Thronion (s. oben) in Zusummenhang ge-
bracht, ebenso Gruppe, Gr. Myth. 93, 17. 185. ^' Literatur.
1346,1. [Höfer.] (Sämtlich kurz und unvollständig.) /S^irG^arrf-
Tbronikos {Pgovixogjy Vater des Abderos ner Wilkimon, Manners and customs of the an-
(8. d.) nach der albanischen Relieftafel, C. L G. cient Egyptians, 2. Series (1841), 1, 428. 2, 181.
5984 0 14. Jahn- Michaelis, G riech. Bilderchro- Suppl. pl. 40, 1 — 10. Baul Bitrret, Bantheon
niken S. 72 Z. 288. Wenn lümpel bei Bauly- Egyptien (1881), 37. Der s., Biet, d' archeol. ('gpt.
Wisi-owa s.v. Abderos, sagt: 'nach der Tabula 50 (1885), 547. Wi€demann,Eerodots 2. Buch {18'i)0),
Farnesiana . . . war er (Abderos) ein fgovi^og 306 — 10. Heinr. Brugsch, Bei. u. Mythol. der
d. h. aus dem (opuntischen) Ihronion gebürtig', alten Äg. (1891), 462. Hopfner, Tierkult der
also ©govi'Kog als Ethnikon faßt, so erledigt alten Äg. {Denkschr. Akad. Wiss. Wien, phil.-
sich diese Auflassung schon durch den Wort- hist. 57, 2: 1913) 63—67. Alfred E. Knight,
laut "Aß^Ttgcc (oder Aßdrigccv) .. . 'HgccKXf]g a{i)- Amentet (London 1915), 124—25.
xt6E rov ©govixov vlov inmvviiov ^A^iö-^gov.
Vgl. auch K. F. Hermann, Gesammelte Ab- B- Namen sformen.
handl. u. Beiträge 94 Anm. 15. [Höfer.] 1. Allgemeines. Daß wir die nilpferd-
Thronios {OgovLog), 1) Sohn des Menelaos gestaltige Göttin meistens Toeris benennen, ist
und der Helena, Schol. Theokr. 18,51 (p. 333, 2 60 nur Gewohnheit und geht darauf zurück, daß
ed. Windel) — 2) Ein von Deriades Getöteter, die Göttin uns unter diesem Namen schon seit
Nonn. Bionys. 32, 188. [Höfer.] den Untersuchungen der ägyptischen Götterwelt
Thucolis, von Holder, Altcelt. Sprachschatz an der Hand der griechisch-römischen Über-
2, ^p. 1825 als keltisch aufgeführter Name lieferung bekannt ist. Wollten wir uns mit
einer Göttin, bezeugt durch die Inschrift einer ihrer Benennung nach den ägyptischen Denk-
Steintafel, welche im Jahr 1883 in einem Bach malern richten, so würden die Bezeichnungen
bei Antibes-Antipolis {CIL 12, Tab. I Nk und Apet oder Reret ebenso oder noch mehr be-
Om), an einer 'Le Prugnon' genannten Stelle, rechtigt sein , da sie hieroglyphisch nicht sel-
29*
S79 Thuöris Thut-ris 880
tener als Toeris sind. Es läßt sich zunächst 12.89; Gvi^Qig Uihch 1,36,3; Svr\Qi Wilckeny
überhaupt nicht erkennen, ob hinter diesen ChresVom. bl\ Ofovrigtg BGU ö&l,l\).
verschiedenen Namen auch verschiedene Göt- Auf Denksteinen des späten Neuen Reichs,
tinnen stecken. Man sieht auch nicht, daß e i n besonders von einfachen Leuten , kommt ^e-
Name die eigentliche Bezeichnung der Göttin legentlich ein Frauenname vor, in dem man
sei, die anderen aber nur nebensächliche und schon seit längerer Zeit einen Göttinnennamen
gelegentliche Beinamen. Vielmehr hat man den erkannt hatte; er ist vvrnr geschrieben und mag
Eindruck, daß alle diese Namen in gleicher werel, vielleicht auch nur wel gesprochen wor-
Weise für eine einzige Göttin angewendet wer- den sein. Dieser Göttinnenname ist, wie Ennan
den, ohne irgendeine besondere Gestalt oder lo in ZettecÄr. Jlgr. Äpr. 44 (1907), 108 nachgewiesen
Seite von ihr zu treffen. Deshalb vereinigt hat, identisch mit t'-wrt =» Toeris nach einer
dieser Artikel alle Erwähnungen und Darstel- Variante auf dem Denkstein Berlin 72i)l. Ist
lungen der nilpferdgestaltigen Göttin, gleich- dieses wrnr nur eine andere Schreibung von
viel ob diese ToSris, Apet, Reret oder anders- wr«t und haben beide gleich oder ähnlicb ge-
wie genannt ist oder ob sie überhaupt keine lautet? Das Wort wr 'Groß' hat im Kopti-
Beischrift trägt, so daß wir nicht wissen, wel- sehen sein r erhalten und wird nicht mit 1 ge-
chen Namen der Ägypter ihr gerade an jener schrieben; sollen wir nun annehmen, daß der
Stelle beigelegt haben würde. Name der Nilpferdgöttin schon im Altägypti-
2. Toßris. Die Namensform beruht auf sehen, wenn auch vielleicht nur in einzelnen
SovflQirß^ Plutnrch, Dels.Vd^ und dieser Nameso Provinzen oder Dialekten, mit 1 gesprochen
ist nach Entzifferung der Hieroglyphen erkannt wurde und Twele lautete?
als eine Wiedergabe des ägyptischen Namens 3. Apet. Der Name der Nilpferdgöttin
der Nilpferdgöttin t'-wr^t 'Die Große', der seit lautet hieroglyphisch jp-t oder 'p-t, und seine
dem Neuen Reich bekannt ist. Der ägyptische Vokalisierung ist unbekannt; die in der ägypto-
Name besteht aus dem Artikel t' ' Die' und logischen Literatur auftretenden Namensformen
dem Femininum wrt 'Große'; da der Artikel Apet und Opet sind willkürlich zurechtgemacht.
im xigyptischen erst im Mittleren Reich auf- Der Name Apet ist seit dem Neuen Reich be-
kommt und im Neuen Reich allgemein ver- legt, und er kommt insbesondere der Göttin zu,
wendet wird, ist der Göttinnenname offenbar die bei Karnak neben dem Chonstempel ihr
erst nach 2000 v. Chr. geformt worden, wäh- so Heiligtum hat. Er ist auch in den Tempeln
rend die ägyptischen Götternamen im allge- der griechisch-römischen Zeit die übliche Be-
meinen doch ein altertümliches Gepräge tragen. Zeichnung für die Göttin, die mit Isis-Hathor
Wohl kennt die religiöse Poesie und Prosa identifiziert wird, und scheint dort häufiger
auch eine Göttin wr-t 'Große', aber diese ist als Toöris zu sein. Ein sicherer Fall, in dem
nicht unser Nilpferd, sondern unter ihr ver- Apet als Bezeichnung einer Göttin verwendet
bergen sich mehrere Götinnen , z. B. die Him- worden wäre, deren reine Nilpferdgestalt durch
melsgöttin Nut, die Personifikation einer Götter- Aufsetzen eines Frauen- oder Löwinnenkopfes
and Königskrone und andere. Diese Göttin wr • t verändert wäre, ist mir nicht bekannt. Die
'Große' kommt schon in den Pyramidentexten häufige Zusammensetzung Apet wrt 'Große'
des Alten Reichs (3. Jahrtausend v. Chr.) vor, 40 hat man sich doch wohl so zu erklären, daß
und das Wort wrt 'Große' wird im Mittleren mit dem Beiwort eigentlich der Name t'-wrt
und Neuen Reich häufig als Beiwort der Mut, = Toeris gemeint ist, der seit dem Neuen Reich
Hathor, von Toteugöttinnen usw. verwendet. als selbständige Bezeichnung unserer Göttin
Aber alles dieses hat mit unserer Nilpferd- auftritt,
göttin Toöris nichts zu tun. 4. Api-homs. Man hat mit der Nilpferd-
AUerdings wird auch ToSris unter dem göttin Apet auch eine Göttin jpj-hms zusam-
Namen wr.t 'Große' angerufen; z. B. steht menbringen wollen, von der wir aus der 26. Dy-
dieser Name neben rr-t (Reret, Nilpferd) in nastie die Bronzefigur Kairo 38865 besitzen
einer Anrufung auf der großen Kairiner Statue {Daressy, Statues de divinites \Cat. Gen. du Mu-
(vgl. D. 5). Dort ist der Name wrt nichts an- 50 see du Gaire 1906] mit Phot. Tafel 44). Die
deres als der sonstige t'-wrt ■= ToSris ; wenn Bronzefigur stellt eine thronende Frau dar, auf
der volkstümliche Artikel hier weggelassen ist, deren Kopf eine Krone gesessen hat. Die Bei-
80 hat man das nur getan, um in dem feier- schrift lautet: 'jpj-hms, erste des Horizonts,
liehen Text auch eine gehobene Form des Na- die das schöne Jahr eröffnet.' Sie ist Monats-
mens der Göttin zu verwenden. göttin, vgl. N. 2. e.
Der Name t'-wrt 'Die Große' ist also, wie 5. Reret. Das Wort rrt 'weibliches Nil-
die Verwendung des Artikels zeigt, ein volks- pferd' ist das Femininum zu dem männlichen
tümlicher, und er hat ein sprachliches Gegen- Wort rrj 'Schwein'; es bezeichnet also ursprüng-
stück nur in der Namensform p'-r' 'Der Re, lieh vermutlich die Sau und ist auf das ihr
der Sonnengott' für den in älterer Zeit nur 60 ähnliche weibliche Nilpferd übertragen. Reret
r' 'Re' genannten Sonnengott. Die Aussprache ist einer der häufigsten Namen der Nilpferd-
von t*-wr-t würden wir uns für die spätere göttin und seit dem späten Neuen Reich zu
Zeit twere denken, und das paßt vorzüglich belegen; in den griechisch-römischen Tempeln
zu der bei Plutarch überlieferten Form. Die ist er neben Apet die übliche Bezeichnung der
in den griechischen Papyros übliche Form ist Nilpferdgöttin. Reret ist als stehendes Nil-
SoriQig {Pap. Oxyrhynchos passim, jedoch &ov- pferd der üblichen Form dargestellt {Lepsius,
Qidog 12,1453 nach Schubart); vier Frauen- Dcnkm. lY S6 c).
namen lauten nach Möller: GoT\oig Tebt. 121. Auf Elfenbeintafeln des Mittleren Reichs
881 Thuüris Thufiris 882
kommt ein stehendes Nilpferd mit der liei- :>. Nf^ucHKeich. In dieser /fit finden wir
gcbrift jr vor; wenn dieser Name, den wir Honst die Nilpferdgöttin besonderH unter dem Namen
nicht als Bezeichnung des Nilpferdes kennen, Toeris, aber auch Keret und Apet von Ange-
etwa in rr(t) zu verbessern ist, wäre das der hörigen der niederen Volksschichten in Theben
älteste Beleg für diese Bezeichnung der Nil- verehrt; ihr Nam<> 'J'oi'ris iHt vielleicht auch
pferdgöttin (Legge in Proc. Soc. Bibl. Arch. 27 zum Frauennamen geworden (B. 2); auch an an-
(rJOö), pl. III zu j). ;{Ü1). deren Orten und unter besonderen lokalen For-
6. Schepet. Der Name spt für die Nil- mcn ist Toöris im Neuen Reich bekannt ge-
pferdgöttin ist nur aitis der griechisch-römischen wor<len. Aber sie gehört im allgemeinen nur
Zeit zu belegen, wo er nicht häufig, aber doch lo dem einfachen Volke an und wird erst ganz
völlig gesichert neben den anderen Namen er- allmählich in die Tempel aufgenommen. Dort
scheint, z. B. in dem Geburtshaus von Dendera begegnet sie uns als eine der Geburtshelfe-
{Lepsius, Denkm.WSöh.c mit Text 2 [1904], rinnen in den Darstellungen der Geburt des
247). Schepet wird als stehendes Nilpferd der Königs. Als schutzverleihende Göttin und als
üblichen Form mit einer Krone dargestellt Spenderin von Speisen an die Toten wird sie
(Lanzone, Diz. mitol. egiz. tav. 394, 3). gern auf Grabsteinen einfacher Leute ange-
7. Mesechnet. Der Name mshnt bedeutet rufen, besonders in Theben. Auch wickelt man
'Geburtsgöttin' und ist eine der vielen ßezeich- in die Mumienbinden ein kleines Amulett der
nungen, die der Nilpferd göttin beigelegt wer- Nilpferdgöttin aus Fayence ein oder trägt ihr
den. Es ist richtig, daß sie gelegentlich im 20 Bild als Amulett an der Halskette.
Gegensatz zu anderen Göttinnen Frauengestalt 4. Spätzeit. Alle die für das Neue Reich
erhält {Chassinat, Mammisi d'Edfou p. 44 zu angegebenen Züge der Volksreligion verstärken
pl. 18). Aber es ist doch zweifelhaft, ob die sich in der Spätzeit; jede mit Zauberei und
von Daressy in Rec. trav. 34 (1912). 193 auf- Beschwörung verbundene Tätigkeit der Nil-
gestellte Ansicht richtig ist, daß Mesechnet pferdgöttin tritt uns jetzt häufiger entgegen,
immer als stehendes Nilpferd mit Frauenkopf Figuren der Nilpf erdgöttin werden in der Spät-
dargestellt wird, und daß jede derartige Figur zeit häufiger als früher, in größeren Abmes-'
Mesechnet zu benennen sei, auch wenn sie sungen und aus wertvollerem Material ange-
keine Namensbeischrift trägt. fertigt; wir besitzen eine große Zahl nicht nur
8. Dut. An einigen wenigen Stellen wird so von billigen Fayencefigürchen, sondern auch
die Nilpferdgöttin in später Zeit auch dw-t von gutgearbeiteten und verhältnismäßig kost-
genannt oder auch nur d-t. Der Name sieht baren Statuen. Die im Neuen Reich schon ge-
dem Wort dt 'Hand' ähnlich, seine Bedeu- pflegte Darstellung des stehenden Nilpferdes
tung ist unklar. Der Name ist der Nilpferd- wird schon durch Aufsetzen eines Frauen- oder
göttin in Dendera beigelegt, wo sie zusammen Löwinnenkopfes weiter verändert.
mit Bes den kleinen Harpokrates schützt (LejJ- 5, Griechisch-römische Zeit. Die Auf-
sius, De«7i?w. IV 85 b , Zeit des Hadrian). In nähme der Nilpferdgöttin in das offizielle Pan-
der Darstellung von der Geburt des Götter- theon ist vollzogen. In Theben hat sie unter
kindes heißt eine der beiden Hebammen: 'Ne- dem Namen Apet einen eigenen Tempel er-
buut, dw-t, Fürstin der Nilpferdgöttinnen' 40 halten, in welchem sie zur Mutter des Osiris
(Lepsiiis, Benkm. IV 82 b, Zeit des Trajan). -— erklärt worden ist. Gleichzeitig hat sich aller-
Zu den Stellen vgL unten K. 3 c (zweimal). dings der böse Ruf an sie geheftet, daß sie
^ r, • T T- -n -11 ^i® Genossin des Setech (Seth) sei. Die Nil-
C. Zeitliche Entwicklung. pferdgöttin tritt in allen Tempeln der griechisch-
1. Frühzeit. Figur aus weiß-roter Breccia: römischen Zeit auf, und zwar besonders in den
London, British Museum 35700 {Budge, History sogenannten Geburtshäusern, selbständigen Ge-
ofJEgypt [1902], 5 mit Abb.) — ist Fälschung! bänden, in denen die Darstellung von der Ge-
Eine Elfenbeinfigur der Toeris aus der Früh- burt des Götterkindes den Hauptgegenstand
zeit eiwäiintv. Bissing, Kunstgeschichte (IdOS), 7. der Abbildungen ausmacht. Bei dem in die-
^ach Alfred E. Knight, Ameutet (London 1916), bo sem Geburtshause vollzogenen Ritual ist die
125 ist ein frauenköpfiges Nilpferd aus AI a- Nilpferd göttin als Geburtshelferin und als Wär-
baster in einem Grabe der 4. Dynastie 1914 terin des neugeborenen Gottes aufgetreten,
gefunden worden. Beide Stücke sind mir nicht
bekannt; sie stellen die ältesten Belege der ^' Lokalkiilte.
Nilpferdgöttin dar. 1. Allgemeines. Herodot 2,71 berichtet,
2. Mittleres Reich. In den Grabungen daß Flußpferde in dem Gau Papremites heilig
bei Der el-Bersche soll in einem Grabe des sind, bei den übrigen Ägyptern jedoch nicht.
Mittleren Reichs eine Toerisfigur aus Holz von Wir wissen auch aus ägyptischen Quellen, daß
9 cm Höhe gefunden sein: Ann. Serv. Aniiqu. das Nilpferd, das doch zu den schädlichen
Egypt 3 (1902), 281. Ferner ist das stehende 60 Tieren gehört, in einzelnen Gegenden nicht
Nilpferd zuweilen mit einem Messer in der verfolgt werden durfte. Z. B. sagen die Gau-
Vordertatze auf den Zauberstäben des Mittleren listen von Edfu , daß im 10. oberägyptischen
Reichs dargestellt, nach denen Jequier in Bec. Gau es verboten sei, in seiner Stadt das Nil-
trav. 30 (1908), 40 die Schützerrolle des Nil- pferd zu töten (/. de Bonge in Bevue archeolo-
pferdes festgestellt hat und die vollständig gique N. S. 15 [1867], 341). Auch im 9. und
gesammelt sind von Legge in Proc. Soc. Bibl. 10. unterägyptischen Gau wird das Nilpferd
Arch. 27 (1905), 130—52. 297—303; 28 (1906), verehrt; Gaumünzen von Alexandria zeigen ein
159—70, sämtlich mit Tafeln. Nilpferd. Die Beispiele könnten vermehrt wer-
883 ThutTis Thuffris 884
den, zeigen aber nur, daß es mit dem Nilpferd =» Toßris zugehört {ChampoUion, Not. descript
ebenso steht wie mit dem Krokodil: es wird 2,72,4. 2,64; LepsiuSt Denkm, IH 221g: Säu-
in einigen Gegenden verfolgt, in anderen vet- len des großen Öypoätyls von Seti I. in Kar-
ehrt. Über die Heimat unserer Nilpferdgöttin nak). Dasselbe Beiwort: 'Nut, die die Götter
ist daraus aber nichts zu schließen. gebar, die den Oairis gebar in Theben' erhält
2. Mittelägypten. Für die altägyptische die Ortsgöttin Opet in Karnak unter Ptol. VI.
Zeit können wir keinen Beleg dafür anfuhren, Philometor I. {ChampoUion, Not. descr. 2,27 —
daß das Nilpferd in Mittelä^ypten verehrt wor- 28). Die vereinigte Göttin Opet-Apet trägt das
den sei, oder daß die Nilpterdgöttin dort eine Schriftzeichen opet (jp-t, Kapelle) als Kopf-
besondere Rolle gespielt habe. Aber in der lo schmuck. — Zur Identifikation der beiden Göt-
griechischen Zeit sehen wir Toöris plötzlich tinnen vgl. unten 0. 1.
eine besondere Bolle spielen in den Papyrus, 4. Karnak. Heiligtum ptol.-röm. Zeit na-
die aus Oryrhynchos kommen (Pap. Oxy/ÄyncÄos mens 'Tempel der großen Apet an der Weat-
ed. Orenfell and Hunt), in ihnen wird To^ris seite des Tempels des Ghous'; dabei kann
oft erwähnt, und zwar sowohl als eine dort man sich unter der Benennung 'Große' den
mit Isis und Sarapis verehrte Göttin {Oxjf. 1, Namen 'Toöris' unserer Göttin denken (vgl.
46. 47) oder zusammen mit Isis und Sarapis oben B. 2), und für den Namen Nilpferdgöttiu
and Osiris. Es gibt einen Tempel der Toöris, Apet ist mit der obenerwähnten Schnftspielcrei
in den jemand zum Kultmahl des Serapis ein- (vgl. D. 3) der Name der Ortsgöttin Opet ge-
geladen wird (0x^.12,1481). Verschiedene 20 schrieben. Die Anlage ist seit der Preußischen
Arten von Priestern der Toöris kommen vor Expedition gut bekannt: Lepsius, Denkm. IV
(vgl. unten E. 3). Der Tempel der Toöris heißt 30—37 mit Text 6 (1913), 71—73; sie ist von
Oon^efov (Oxi/. 9, 1188 V.Jahre 13 n.Chr.), und Rochemonteix sorgfältig untersucht und a-is-
in ihm wira ein vergöttertes Tier namens führlich veröffentlicht worden: Unvollständig
Osorphnas gehalten, das wahrscheinlich ein Nil- in Bic. trau, ejypt. asut/r. 3(1882, 72—86. 6
pferd ist. Ein Stadtquartier wird nach Toöris (1884), 21—35; vollständig in Bibl. egyptol. 3
genannt: ijt" &u(p6^ov Sq6iiov Goi^qlSo; {Oxy. (1894), 169—818.
3, 478. 479. 7, 1029. 12, 1419. 1616. 1550^. Aus Im Allerheiligsten ist die Göttin 'Apet, die
den Papyrus von Oxyrhynchos ist die Gleich- Große' in verschiedenen Geitalten dargestellt
Stellung von ToSris und Athena belegt (vgl. so {Lepsius, Denkm. IV 30 e). Das Heiligtum ist
unten 0. 3). (Vorstehendes und die späteren An- zunächst der Nilpferdgöttin geweiht, die hier
gaben aus Oxyrhynchos nach Mitteilung von besonders stark als Göttermutter auftritt und
W. Schubart.) als solche auch mit Nut identifiziert wird, die
Der Frauenname Sofjgig ist auch in Papy- in diesem Tempel den Osiris geboren haben
rus anderer Herkunft als Oxyrhynchos zu be- soll. Darauf deatet die Darstellung {Lepsius,
legen; vgl. oben B. 2. Denkm. IV 29 b) mit der erklärenden Böischrift
3. Theben. Aus Denksteinen und Papyrus, unter dem Ruhebett, auf dem der zu neuem
die aus Theben kommen, wissen wir, daß Toöris Leben wiedererwachende, also 'neugeborene'
am Ende des Neuen Reiches von einfachen Leichnam des Osiris liegt. Nach der Auffassung
Leuten dort verehrt worden ist. Die Kultstätte 40 von Rochemonteix ist der Tempel der Ort des
der ToSris scheint auf dem Westufer gelegen zu Sterbens des Osiris, der wiederersteht; Osiris
haben. Ein derartiger Denkstein, geweiht von ist hier erzeugt worden {Bibl. egyptol. 3, 317).
einem Beamten der Totenstadt auf der West- Der wesentlichste und häufigste Name für
«eite, zeigt nebeneinander die schlangenköpfige die Nilpferdgöttin ist Apet; daneben wird sie
Göttin Mersegert und 'Toöris, Herrin des Him- mit anderen Göttinnen identifiziert. Ihre Bei-
mels' als stehendes Nilpferd der üblichen Ge- werte sind nicht sehr z-ihlreich und auch ziem-
stalt (Lanx^one, Dizion. di mitol. egiz tav. 126, 1). lieh farblos, so daß wir uns von ihrem eigent-
Ein anderer Denkstein, der in der Nähe des liehen Wesen keine genaue Vorstellung bilden
Naos mit der Statue (vgl. unten D. 6) gefunden können. Bei dem Beiwort: 'Die die Götter
ist, enthält zwei Formen der Toeris, die links 5o gebar' denkt man daran, daß sie in diesem
aisstehendes Nilpferd 'Toeris, Gewaltige, die die Tempel den Osiris geboren haben soll, aber
Neunheit geboren hat, Herrin des Himmels, da-? Beiwort hat sehr häufig diese allgemeine
Herrscherin von Ober- und ünterägypten', rechts Form und nur gelegentlich einen bestimmten
als thronende Frau 'Toeris, Mut in (Orts- Hinweis auf Osiris. Eines der Bilder der Apet
name), Herrin des Himmels' dargestellt ist im Allerheiligsten enthält das Beiwort 'Heilige
{Mariette, Monum. divers pl. 93 [1872] mit in Theben' {Lepsius, Djwtw. IV 30e), das wir
p. 28 (1889)). sonst nicht für sie kennen.
Eine Schriftspielerei erschwert uns die Er- 5. Naos mit Statue aus Karnak. Im
mittlungen über die Nilpferdgöttin in Theben. Museum von Kairo (Nr. 70027): Mariette, Mo-
In ihrem Heiligtum bei Karnak (vgl. unten D. 4) 60 num. divers, pl. 91—92 (1872) mit p. 28 (1889).
führt sie meistens den Namen Apet (jp-t), und Zuletzt veröffentlicht in Roeder, Naos {CataJ.
da dieser die gleichen Konsonanten enthält Gener. MiA,seeCaire, Leipzig 1914:) 106 — 109 mit
wie der Name Opet (jp-t), der Ortsgöttin der Taf. 37. An der Vorderseite unten zwei Bilder
Oatseite von Theben, zu welcher die Tempel des vorToöris opfernden Stifters, an der linken
Karnak und Luksor gehören, wirft man die Außenwand die sieben Formen der Hathor.
beiden Namen zusammen. Die Ortsgöttin Opet D irch ein Fenster war bei der ursprünglichen
erhält das Beiwort 'Große, die die Götter ge- Aufstellung der Kopf der in dem Naos stehen-
bar', das eigentlich der Nilpferdgöttin Apet den Statue der Nilpferdgöttin sichtbar. Der
SS;)
Thuöris
Thuöris
886
Name cier Nilpfer{l<:röttin ist an keiner tStelle in
'U\n hieroglyphischen Beiöchriften erhalten; die
fiinzugefügten Beiworte sind unverständlich
und kommen in dieser Form sonst nicht vor.
Die Statue der Nilpferdgöttin (unsere Abb. 1)
ist mit metallischer Schilrie in hartem grünem
Stein gearbeitet und 9G cm hoch : Darrssy, Statnes
de dioinites {Catul. Gener. Musee Caire, 1906)
284 mit pl. 55; Borchardt, Kunstioerke aus dem
Museum zu Kairo (1008) Tat'. 16; Maspero-
Roeder, Führer durch das Ägy}^. Muf^eum zu
Kairo (Kairo-Berlin 1912) 55, Nr. 1016. Über die
archäologischen Einzelheiten vgl. unter F. 1. a.
30
1) Statue der Toeria aus Karnalc
{Mtiseum von Kairo).
\n den Inschriften der Statue sind die Hiero-
glyphen zwar peinlich genau gearbeitet, aber
der Text scheint nicht zuverlässig zu sein. Am 50
Rückenpfeiler steht ein kleiner Hymnus an die
Nilpferdgöttin, in dem die Benennung ^Große'
(wr-t) wieder auf Toeris hinweist (vgl. oben
B. 2): '0 Große (wr-t)! 0 Reret ! Heil dir,
Große (wT-t), Gewaltige C'-t), Fürstin des
Horizontes, die ihren Herrn schützt, die für
ihre Habe kämpft!'
6. Der el-Bahri. Naville, Tlie temple of
Beir el-Bahari 5 (1906), pl. 149—150. Zwei
Wände der Kapelle von Ptolemaios IX. Euer- 60
getes II. enthalten: 1. Neit-Ament. 2. Eine
stehende Nilpferdgöttin, die Vorderpfote auf
das Schutzzeichen stützend, namens: 'Lebende,
die das Seiende auffrist, die mit ihrer Flamme
verzehrt, Herrin der Speisen, Hen-in des Seien-
den, , Herrin des Schutzes (hw), Ge-
liebte des Ptah, dessen Pläne den Sohn erret-
teten, der aus Atum hervorging.' Man hat für
diese Darstellung also diejenige Form der Göttin
gewählt, die den 11. Monat schützt (vgl. unten
N. 2. f). Sie sagt: Mch speise dein Haus und
belebe deine Gattin.' 3. Ein nackter Knabe, wohl
als Sohn der Nilpferdgöttin. 4. VAne stehende
Nilpferdgöttin mit Geierkopf und großer Krone
namens: 'Heknct (hkn t) am Kopfe ihres Herni,
Tochter des Re, die ihren Vater schützt, ,
groß an Zauber auf dem Haupte des Allherrn';
hier ist eine Verkörperung der feuerspeienden
Schlange an der Stirn des Sonnengottes ge-
meint, als die wir die Nilpferdgöttin sonst
nicht kennen. Sie sagt: 'Ich belebe dir alh;
Leute durch den Schweiß, der au« meinen
Gliedern dringt.'
Auf der anderen Wand (pl. 160): 1. Ptah von
Memphis. 2. Stehende Nilpferdgöttin 'Apet,
Große in den beiden Himmeln, Gottesmutter'
usw. 3. Horus Heknu (liknw) als nackter Knabe.
4, In einer Kapelle eine stehende Nilpferdgöttin
mit Löwinnenkopf: 'Auge des Atum, die ihren
Vater liebt, Seele der Seelen, prächtig an Schön-
heit, die Speisen und Nahrung gibt, Herrin der
Gesichter, reich an Ohren'; vor ihr noch: 'die
die Feinde niederwirft unter den Toten und
Lebenden.'
Man sieht, in den Benennungen der Nil-
pferdgöttinnen sind verschiedene Vorstellungen
zusammengeflossen; es handelt sich nicht um
einheitliche Gottespersönlichkeiten, sondern
um eine Vermischung aus allerhand Zügen,
die hier in den meisten Fällen äußerlich, in
einigen allerdings mit innerer Beziehung auf
die Göttin vereinigt werden. Der Grund dafür,
daß sie überhaupt in dieser Kapelle an so
hervorragender Stelle und in so starker Beto-
nung erscheint, wird sein, daß die Nilpferdgöttin
eben in der Gegend von Der el-Bahri seit langer
Zeit verehrt wurde (vgl. oben D. 4). Den Bil-
dern der vergöttlichten Weisen Amenhotep und
Imhotep ist sie beigegeben, weil sie als Götter-
mutter und Schützerin der Geburt der Götter-
kinder in der Lage war, die göttliche Abstam-
mung der beiden HallDgötter zuverlässig zu
bekräftigen.
7. Oberägypten. Neben der Verehrung
der Nilpferdgöttin in Theben treten andere
Orte stark zurück. In Silsilis betet in der
Kapelle Ramses^ II. die Königin Nofret-ari
mit zwei Sistren vor einem menschenköpfigen
Nilpferd 'Toeris, die auf dem reinen Wasser
wohnt, die im Ozean ist (war?), Fürstin der
Götter'. Hinter der Toeris stehen Thot von
Schmun-Hermopolis und Nut, die beide eben-
falls 'wohnend auf dem reinen Wasser' heißen,
also ebenfalls in Silsilis, der Stätte des 'reinen
Wassers', angesiedelt sind: Lepsius, DenJcm.Ul
75 c = Champollion , Monum. (1845), pl. 103,1
= Rosellini, Monum. del culto (1844), pl. 31, 1.
Ähnlich ist die Darstellung auf einer Felsen-
stele, die von dem Wesir Panehsi (p'-nhsj)
unter Merenptah errichtet ist: Lepsius, Denkm.
in 200 c = Champollion, Monum. 103, 3. Der
Stifter spricht auf ihr ein Opfergebet an 'Toeris,
die auf dem reinen Wasser wohnt, und an
Sobk und Silsilis (hnw), sie mögen Gnade vor
dem König geben!' Toeris hat die gleiche
eigentümliche Gestalt, die sonst nicht zu be-
887
Thut?ris
Thueris
888
3) Toeris mit PrÄuen-
kopf (A'i«fi/«, RamMts IL).
legen ist, mit dem Fraueukopf und der Hathor-
krone auf dem Nilpferdkörper (Abb. 2; vgl.
unten P. 8).
Im 1. Katarakt haben sich zwei Felsinschrif-
ten gefunden, die eine besondere Verehrung
der Nilpferdgöttin vermu-
ten lassen. Die eine sitzt
bei Assuan und zeigt einen
Mann betend vor einem
stehenden Nilpferd mit der lo
Beiscbrift: 'Anbetung der
Toeris, Auge des Re, woh-
nend in gb ': CatcU.
des monum. et inscript. de
VEgypte ed. de Morgan u. a.
1 1 (1908), 204, 84. Von der
anderen, etwas weiter nörd-
lich bei Eubbanije, ist nur
die Inschrift ohne Darstel-
lung veröffentlicht : 'Anbe- »o
tung derToeris, Tochter des
Re , wohnend auf dem gb-
Wasser, Herrin des Neger-
landes (t'-nhäj) — gib ein
schönes Leben mit Gesund-
heit!*: Bec. trav. egypt.
assyr. 16 (1894), 174.
8. Späte Tempel. In
den Tempeln der griechi-
schen Zeit findet sich, gleich- so
viel an welchem Orte sie
stehen und welcher großen
Gottheit sie geweiht sind, neben dem eigent-
lichen Tempelgebäude eine kleine Anlage, die in
älteren Beschreibungen und Veröffentlichungen
das 'Typhonium' genannt wird, in neuerer Zeit
von den Franzosen 'Mammisi', eine dem Kopti-
schen entlehnte Bezeichnung für 'Geburtshaus'.
Dieser kleine Nebentempel ist die Stätte, an
welcher die Geburt der Gottheiten stattgefun- 40
den hat. In einigen Fällen scheint es sich um
die Geburt der Hauptgottheit zu handeln, in
anderen bringt die Hauptgottheit, wenn sie
eine Göttin ist, ihr Kind dort zur Welt; end-
lich glaubt man in den Geburtshäusern auch
Anspielimgen auf die Geburt ortsfremder Gott-
heiten, besonders des Osiris, zu finden.
ß. Kultus und Priester.
1. Tempel. Einen besonderen Kultus der 50
Toöris können wir bei dem speziellen Charakter
der Göttin kaum in vielen Fällen annehmen.
Immerhin wird ein 'Tempel der Toeris', in
welchem die Statne eines Mannes aufgestellt
ist, schon im Neuen Reich erwähnt (Turin 172,
Holzstatue des Ramose aus Theben). Bezeich-
nungen wie 'Apet im Tempel der Apet' Brugsch,
Biet. Geograph. 1159 (1879) sind zu unbestimmt,
um uns auch nur für die späte Zeit weiter zu
heJfen. so
2. Kultbild. Die große Steinfigur der Toe-
ris als stehendes Nilpferd in Kairo (vgl. D. 6)
ist gewiß ein Kultbild gewesen, vor welchem
geopfert wurde. Von einem ähnlichen Stück
ans Gold hören wir in den Papyrus aus Oxy-
rynchos: inifuXriTüav ;ußvffov goävov k^r^väq
xfis xal Soi]QLdos] d'sag usylarrig (^» IH"^); i^
derselben Urkunde heißt es auch: riöv triv
OoijQiv noitiadvTOiVy wo es sich um das Kult-
bild handelt.
8. Priester der To^ris kennen wir nur in
den Papyrus als Oxyhrynchos. Dort werden sie
allerdings in einer ganzen Anzahl und mit ver-
schiedenartigen Titeln erwähnt, so daß wir
auch an anderen Orten eine ähnlich gegliederte
Priesterschaft anzunehmen haben, von der wir
hier einmal durch Zufall Kenntnis erhalten.
Oxyr. 1, 46 wird ein hgsvg Gor'jQidog xal Ei'ai-
äog xccl ^^agcinig (sie) xal ttav avvvdcav ^sdiv
fieyiat(üv xal yiOO%oG(pQCiy icxo^ erwähnt; ganz
ähnlich Oxyr. 1,47. 2,242. 4,806. Ferner gibt
es einen aqxmuaxocpOQog &oiiQi6og xat:' "Hoiäog
xai I^aJQdmdog xal *Slai[Qiog] 2, 241 und einen
naatoqtOQog der To^ris: Oxyr. .'J, 491 (Heiligtum
im Dorf Muchinor) 10,1268. Stolisten sind er-
wähnt Oxyr. 2, 242, ein Isqot^xxodv: Oxyr. 3,
679. 12, 1550.
4. Fest. Ein 'Fest der Toöris' wird im
späten Neuen Reich bei Lieferungen erwähnt
(Liverpool Ostrakon M 18, 025 nach Gardiner).
Im Neuen Reich hat es auch ein 'Fest der
Opet' gegeben, das nach der Kapelle Opet
Cpt) in Theben genannt war. Später ist der
Name des Festes scheinbar übertragen worden
auf die Nilpferdgöttin, deren Name Apet ('p-t)
mit denselben Konsonanten geschrieben wurde.
Auf dieses Fest geht die Bezeichnung des Mo-
nats zurück, in welchem es gefeiert wird, kop-
tisch Epepe oder Epiphi. Das Fest der Göttin
'pt wird häufig erwähnt. Aber in vielen Fäl-
len weiß man nicht, welche Göttin eigentlich
gemeint ist. Wenn zu dem Monat, in welchen
das Fest fällt, als Schutzgöttin eine stehende
Frau mit Falkenkopf gehört, dann ist gewiß
nicht unsere Nilpferdgöttin gemeint (Lanzone,
Diz. mitol. egiz. tav. VII; Brugsch, Monum. de
VEgypte 1857, pl. X, 11 zu p. 16). In einem
Festkalender von Edfu ist aber zweifellos von
einem 'Fest der Apet', und zwar der nilpferd-
gestaltigen Göttin die Rede {Bochew. 1, 328).
Auch in dem aus der 17. Dynastie stammen-
den Kalender des Papyrus Ebers 1 Rs. 13 wird
für den 2. Sommermonat als Fest und Monats-
name der Name einer Göttin Apet verwendet,
der mit dem Tierfell geschrieben ist, also offen-
bar die Nilpferdgöttin meint.
F. Verwandtschaft.
Da die Nilpferdgöttin keine von den alten
Gottheiten ist, enthalten die Texte keine feste
Tradition über Gottheiten, mit denen sie in
enger verwandtschaftlicher Beziehung steht.
Die Zusammenstellungen schwanken meist so
stark, daß sie kein bestimmtes Bild ergeben.
1. Eltern der Göttin. Toeris wird 'Toch-
ter des Re' genannt (Bec. trav. 16, 1894, 174;
ebenso Naville, Deir el-Bahari 5, 1906, pl. 150
in ptolem. Zeit). Vgl. 'Auge des Re' in G. II.
2. Genossen der Göttin, a) Verschie-
dene Gottheiten. Das Beiwort 'Geliebte des
Ptah', das die Nilpferdgöttin in den Reliefs
Ptolemaios' IX. in dem Tempel von Der el-Bahri
führt (ed. Naville 5, pl. 149), ist vereinzelt. In
Theben folgt sie gelegentlich dem Amon. Zu
Amon tritt sie auch in Silsilis als Gegenstück
auf (Lepsius, DenJcm. III 200 c); weshalb sie
S89 Thuöris Thuiins 090
dort auch mit Thoth und Nut zuHammengestellt der iNut". In dem Fries an der Fassade de»
wird {chd. 17öc; Champollion, Moniiw. 1845, Tempels von Erment von Ptolemaios XVI. steht
pl. 103, 1. 313; liosellini, Moniivienti del culte in einer oft wiederholten Gruppe die Nilpferd-
1844, pl. 31, 1), vermag man nicht /u erkennen. göttin einem Gott gegenüber; als Gott wechselt
Ebensowenig ist eine feste Verbindung in der ein Kes ab mit einem Mann mit P]selkopf, und
Bronzegruppe saitischer Zeit in Leiden zusehen, der letztere muß eine Form des Setech-Typhon
die Toöris und Anubis zeigt, oder in der Zu- sein (Lepsius, Denkm. IV tJöa). Dieser Fries
saramenstellung von Toörin mit dem hockenden muß eine beliebte Dekoration gewesen sein, denn
Löwen Mahes {Chassinat, Miunmisi d'Kdfou er ist auch im Tempel von Dendera (vgl. unten
[Mem. 3Iisf<. Fravr. Caire 16, 1910] pl. 32 link.s. lo K. 3. c) und von Ombos verwendet gewesen
p. 133 und pl. 37 links, p. 140). In den Papyrus (ed. de Morgan 2, 332, nr. 984). — Vgl. unten I.
von Oxyrhynchos wird Toöris mehrfach mit Isis, 3. Genossinnen der Göttin. Der Denk-
Sarapis und Osiris zusammen genannt; eine stein eines Nekropolenbeamten aus Theben,
innere Verbindung älterer Herkunft liegt na- der noch dem späteren Neueren Reich ange-
türlich auch darin nicht (Ox?/r. 1, 40. 47. 2, •J42. hört, stellt die nilpferdgestaltige Toi'ris dar,
4, 806). Aus einer Einladung geht hervor, daß neben ihr die Mer-segert als Frau mit Schlan-
das Kultmahl des Sarapis in dem Heiligtum der genkopf (Turin 90: Lanzone, Dizion. mitol. egiz.
Toöris statttinden konnte (Oxyr. 12, 1484). Viel- tav. 126, 1); hier sind zwei volk.stüm liehe Göt-
leicht spielt hier noch die Verbindung mit, in tinnen vereinigt, die auf der Westseite von
die Toeris zu Osiris in den Geburtshäusern ge- 20 Theben verehrt wurden. Ebenso äußerlich ist
kommen war (vgl. D. 8). die Zusammenstellung der Toeris mit den sie-
b) Bes. Die häufige Zusammenstellung der ben Hathoren aus der Spätzeit, die sich auf
Nilpferdgöttin mit Bes beruht auf den ähnlichen dem Naos in Kairo (vgl. D. 5) und wieder auf
Aufgaben der beiden Gottheiten. Sie kommt dem von Trajan ausgeschmückten Geburtshaus
schon im Mittleren Reich bei den Zeichnungen in Dendera findet {Lepsius, Denkm. Text 2
auf Zauberstäben aus Elfenbein vor {Rylands [1904], 42; Brugsch, Thes. 1368).
in Proc. S. B. A. 10 [1888], 570). In der Dar- 4. Die Göttin als Mutter, a) Allge-'
Stellung der Geburt des Königs Amenhotep III. mein. Die Beiworte ''die die Götter gebar'
in Luksor stehen Bes und Toeris zusammen {Lepsius, Denkm. lY 'SO e und eonst)^ und" Toih'iBy
unter dem Ruhebett der gebärenden Königin so die alle Götter gebar' {Lanzone, Dizion. mitol.
{Lepsius, Denkm. III 74 c, Text 3 [1900], 86). egiz. tav. 394,2) bezeichnen die Nilpferdgöttin
Auch in zahlreichen Darstellungen ptolemäischer als Göttermutter in der Urzeit. In Wirklich-
Zeit stehen Bes und die Nilpferdgöttin zusam- keit ist es vielleicht nichts als eine Auaspin-
men bei der gebärenden Frau oder bei dem nung des Gedankens, daß sie ihrer Natur nach
neugeborenen Kinde, z. B. bei der Geburt eben eine Helferin der Geburt ist.
des Sohnes des Hathor in dem Typhonium von b) Ihr Sohn. Es ist fraglich, ob die ägyp-
Dendera: I^epsius, Denkm. IV 82 b. 85 b. c. e, tische Mythologie einen wirklichen Sohn der
dazu Text 2 (1904), 247. Ebenso steht in einer Toeris kennt. Brugsch {Diction. Geograph. 1879,
Gruppe am Fries der Fassade des Tempels von 306. 930 nach Herod. 2, 63. 64) und Budge {Gods
Erment, die auf den im Delta aufwachsenden 40 o/" <Äe Egyptians 2, 1904, 359) haben es als
Horusknaben anspielt, die Nilpferdgöttin einem sicher hingestellt, daß Toeris in Ombos schwan-
Bes-artigen Gott gegenüber (Lepsius, Denkm. ger wurde und dort ein Kind gebar, das ent'-
IV 65 a, Zeit Ftolemaios' XVL). Endlich sind auf weder Osiris oder der Sonnengott war. Die
der Metternichstele (ed. Golenischeff 1877, Ta- Texte geben für beides keinen sicheren Anhalt,
fei 1, Reihe 4) in den Darstellungen Bes und Auf dem Denkstein der Spätzeit, der zu
die Nilpferdgöttin zusammen abgebildet; auch dem Kairiner Naos gehört (Mariette, Monum.
sagt ein Zauberspruch des Isis, daß diese bei- divers [1872—89] p. 28 zu pl. 93), ist ein kleiner
den Gottheiten (rr^t und jhtj) seine Glieder Osiris so zwischen zwei großen Formen der Toeris
schützen (Zeile 79). dargestellt, daß man ihn für ihren Sohn halten
c) Seth. Nach einer berühmt gewordenen 50 könnte. Nut, die Mutter des Osiris, trägt
Stelle bei Flutarch {De Is. cap. 19 b) war Thue- in Edfu den Beinamen: ^Nut, Große, die die
ris das Kebsweib des Typhon, und sie ging Götter gebar, die den Osiris gebar im Hause
von ihm weg zu der Partei des Horos. In fast der großen Apet' {Bochemonteix, Edfou 1,311,
allen älteren und manchen neueren Darstel- Ptol. IV.), so ist die Mutterschaft des Osiris
lungen ist hieraus die Folgerung gezogen, daß wohl von ihr auf Apet übertragen.
die Nilpferdgöttin die Genossin des Seth und In vereinzelten Stellen wird der Sohn der
wie er böse von Charakter sei. Nun finden sich Nilpferdgöttin mit Namen genannt. In ptole-
aber fast keine Verbindungen der beiden Gott- mäischer Zeit heißt sie im Chonstempel von
heiten aus älterer Zeit, wohl aber treten Nil- Karnak: "^Apet, Große, die die Götter gebar,
pferde auch sonst als Helfer des Seth auf. Auf 60 Mutter des Kamutef (k'-mwtf ^ Stier seiner
einem Denkstein der 20. Dynastie in Turin Mutter') {Brugsch, Monum. pl. 59, 2), Die In-
(nr. 65; bei Maspero in Rec. trav. 4 [1883], 151 schrift einer aus dem Serapeum von Sakkara
unter nr, 298), den ein Nekropolenbeamter in stammenden Statuette der Nilpferdgöttin nennt
Theben geweiht hat, sind als verehrte Gott- sie 'Große Apet im Leibe der Himmelsgöttin'
heiten dargestellt: ein Widder ""Amon-Re, Herr und sagt: 'Ihr Sohn ist der Stier (?), der (seine?)
von Karnak', ein stehendes weibliches Nilpferd Mutter liebt, der sie umarmt' (Kairo 39147:
'Toeris, Herrin des Himmels' und zwei schrei- Daressy , Statues de divinites [Catal. Gener.
tende Nilpferde 'Setech der Schöne' und 'Sohn Caire 1905—1906] 285).
891
Thuöris
Thußris
892
c) I h r e T 0 c h t ü r. In einer Kalenderinschrift
an der Außenwand des Isistempels von Den-
der» heißt es: 'Der festliche Tag, an detu Isis
in Dendera geboren wurde von der großen Apet
(Nilpferd) im Apethause' (Brugsch, Thes. 1378
4- 102 — DüniicJten, Kalender inschr. 64). Wir
dürfen keine weiteren mythologischen Kombina-
tionen an diese Stelle knüpfen, in der Apet
die Rolle einer Urgöttin äbernommen hat.
Q. Beiworte.
1. Himmelsherrin. Beliebte und vielge-
nannte Gottheiten erhalten gern verschieJen-
artige Bei werte, die ihr Ansehen oder ihre
Macht kennzeichnen. Einfache Leute aus dem
Ende des Neuen Reichs begnügen sich mit der
Anrufung der 'ehrwürdigen To&ris' (Opfer-
schale, Turin). Aber auf ähnlichen Denkmälern
treten schon hochtönendere Benennungen auf
wie : 'Toeris, Herrin des Himmels, Fürstin aller
Götter' (Leiden D. 19; Brit. Mus. 284; Turin
112). Auf den Felseureliefs Ramses' II. bei Sil-
«ilis betet die Königin vor To'eris, der 'Fürstin
der Götter* (Lepsius, Denkm. lll 175 c = Cham-
pollion, Monum. 103, 1. 3 => Rosellini, Monum.
del culto pl. 31,1). 'Herrin des Himmels' ist
gerade auf volkstümlichen Denkmälern aus
Theben ein nicht ungewöhnliches Beiwort der
Todris, z. B. auf Denksteinen zusammen mit
anderen tiergestalti>fen Volksgottheiten {Mas-
pero in Ree. trav. 4 [1888], 151, nr. 298; Lan-
Zone, Dizion. mitol. egiz. tav. 126, 1) und auf
dem zu dem Kairiner Naos gehörigen Denk-
stein {Mariette, Monum. divers [1872—1889]
pl. 93 mit p. 28).
Nachdem die Nilpferdgöttin in die Götter-
schaft der Tempel aufgenommen war, ver-
wandte man die hochtönenden Bei werte ständig
in den Inschriften. 'Herrin des Elimmeli, Für-
stin der Götter' begegnen uns häufig im Tem-
pel der Apet in Theben (z. B. Lepsius, Denkm.
IV 30 c). Auch in Dendera heißt die Reret
'Herrin des Himmels' [ebd. Text 2 [1904], 242;
Brugsch, Thes. 1368). In den Papyrus von Oxy-
rhynchos ist von der Nilpferdgöttin als Sovgi-
do[s] d-s&s ^[y/Jffc»3ff die Rede (12, 145S).
Aus diesen Bei werten, die der Nilpferd-
göttin die Rolle einer Himmelsherrin und Götter-
königin zuschreiben, haben sich andere erge-
ben, die sie zur irdischen Herrscherin machen.
So ist es zu verstehen, wenn ToSris 'Herrsche-
rin von Ober- und ünterägypten' genannt wird
(Mariette, Monum. div. pl. 90) oder Apet 'Für-
stin beider Länder' heißt {Lepsiu^s, Denkm.
IV 30 c).
2. Auge des Re. Als die Nilpferdgöttin
Ansehen erlangt hatte und dadurch auch die
Beiworte anderer hochverehrter Göttinnen auf
sie übertragen werden kennten, ist sie 'Auge
des Re' genannt werden, vereinz-^lt schon im
Neuen Reich in einer Felsinschrift bei Assuan
{de Morgan, Catal. des inonum. 1, 1 [1903], 204,
34), später mehrfach im Thebanischen Tempel
der Apet (Rochemonteix in Biblioth. Egyptol. 3
[1894], 307). Die Übertragung ist wohl nur
eine Spielerei, eine mythologische Beziehung
liegt ihr nicht zugrunde. Sollte sie mit dem
Beiwort 'Tochter des Re' zusammenhängen,
das ebenfalls aus einer Felsinschrift bei Assuan
belegt ist (vgl. eben F. 1)?
H. Sohützerin der Menschen.
1. Auf Amuletten und Schmuck. Alle
größeren ägyptischen Sammlungen enthalten
derartige Stücke, die entweder von Lebenden
an der Halskette getragen oder bei Toten in
die Binden eingenäht werden sind. Ein in
10 Luksor gekaufter KIfenbeinkaram der Frühzeii
zeigt zwei aufrechtstehende, mit dem Rücken
gegeneinander gelehnte Nilpferde; ist das Stück
echt, so ist es durch sein Alter wie durch den
Typus bemerkenswert {Seligmann in Äncient
Egijpt 8 [1916], 63).
2. Mit Schutzsymbel. In einer Zeichnung
zum Toteubuch (ed. Naville cap. 137 B nach
Hs. Aa) erscheint eine Göttin 'Api, Herrin de«
Zauberschutzes (s*)', mit der wohl unsere Nil-
20 pferdgöttin Apet gemeint ist. Die Hieroglyphe
s' fitr den Zauberschutz bildet ein häufige»
Attribut der Göttin, mit dem
sie oft dargestellt wird. Viele
der in H. 1 genannten Amu-
lette und Schmuckstücke zei-
gen ein stehendes schwange-
res Nilpferd, das die beiden
herabhängenden Hände oder
eine von ihnen auf das Schutz-
30 Symbol stützt. Sodas Payence-
figürchen 1208 in Leiden {Lee-
mans, Aegypt. Monum. van
het Nederland. Museum van
Oudheden, I. Gi)dsdienst[iS^2
—45] pl. 16 zu p. 13) und
Käfersteine und Plättchen
ebenda (Pleyte, Religion des
Pre-Israäites 1862, pl. 7,3—
9 zu p. 251). Ferner ähnliche
40 Figuren aus Fayence in Berlin
(nr. 7784) und im Britischen
Museum (Ärundale and Bo-
nomi, Gallery of antiqu. 1844,
pl. 21, fig. 71). Endlich Ska-
rabäen in Turin {Lanzone,
Dizion. mitol. egiz. 23) und
viele andere Stücke. In Re-
lief ist die Darstellung schon
auf den elfenbeinernen Zauberstäben des Mitt-
50 leren Reichs vorhanden {Rylands in Proceed.
SBA 10, 1888, 570) und bleibt auch in späte-
rer Zeit beliebt, z. B. auf dem Denkstein, der
zum Kairiner Naos gehört (Mariette, Monum.
divers 1872—89, pl. 91—92 = Abb. 3).
3. Mit Messer. Man hat gelegentlich an-
genommen, daß die Nilpferdgöttin mit dem
Messer in der meist mehr oder weniger mensch-
lich gebildeten Hand stets ein böses Wesen
sei, das dem Menschen schaden welle. Ein
60 Blick auf die elfenbeinernen Zauberstäbe des
Mittleren Reichs zeigt, daß die Annahme falsch
ist. Denn auf ihnen hält die Göttin fast immer
das Messer in der Hand, wo sie doch im all-
gemeinen dem Menschen helfen soll; vgl. die
Bilder in der C. 2 genannten Literatur, übri-
gens hält die Göttin das Messer auch in der
oben in H. 2 erwähnten Darstellung, in der
das Schutzsymbol vor ihr steht. Auch in den
S) Toeris mit Sohatz-
symbol (Denkstein in
Kairo).
893
Thuöris
ThuOris
894
Bildern der Mcttornichstole (od. (iolenischeff
1877) hält das Nilpferd ein Messer in der Hand
(Tafel V, Reihe XXV), wo Götter darjj^estellt
sind, die i^To^e Schlanj^en erstechen. An einer
anderen Stelle, an der sie einem Manne hilft,
der ein Krokodil bezwin<i;t, hält sie das Messer,
während vor ihm das Schutzsymbol
steht (Faf. 3, lleihe 4). In allen
diesen Fällen ist die Nilpferdgöttin
ein den Menschen freundlichem We- lo
sen, das sie gegen reißende Tiere
schützt. Deshalb wird sie auch in
4) Toüris mit einem Zauberspruch gegen solche,
Messer und besonders gegen Löwen, angerufen:
^.hutzsymboi. ^Verschlossen ist der Mund der le-
benden Toeris' (Pap. Harris mag., Rs. B ü). —
Toeris mit Messer: Abb. 4 nach Lepsius, Denkm.
IV 82 b.
4. Volkstümlich als gute Göttin. Der
Schutz, den man in dem Lande der Krokodile 20
uhd Schlangen von der guten Nilpferdgöttin
erhofft, ist offenbar der Grand für ihre Beliebt-
heit gewesen. Im La ife der Zeit übernahm
Toeris dann wohl auch den Schutz des Men-
schen gegen anderweitige ihm täglich drohende
Gefahren. Jedenfalls wurde sie eine der dem
Mittelstande und den kleinen Leuten am mei-
sten vertrauten Göttinnen, und sie erscheint
häufig auf den von ihnen stammenden Denk-
mälern in den Gebeten unter den Gottheiten, 30
die um ihren Schutz angerufen werden. Auch
in den Zaubersprüchen, die wir auf Papyrus
besitzen, spielt si-i eine Rolle. Gelegentlich
identifiziert sich der Zauberer mit dem weib-
lichen Nilpferd als einem Wesen, durch das
er Einfluß ausüben kann. Ein Zauberspruch
beginnt: 'Ich bin die Reret-Sau die ihren Herrn
•schützt und wegen derer der Greis wieder ge-
sund wird' {Leiden J. 346, 3, 9 nach Gardiner).,
und ebenso fängt ein anderer an, der in einer 40
recht unorthographischen Abschrift erhalten
ist: 'Ich bin die Sau, die ' {Maximes
d'Anii, R^.). In einem religiösen Lied, das als
Zauberspruch verwendet ist, heißt es: 'Apet
(Nilpferd) die Große schützt dich mit Leben,
Dauer und Glück' (Turiner Ostrakon bei Pleyte-
Rossi, Pap. de Tarin 148 nach Gardiner).
Das Ausüben des Schutzes bleibt die Auf-
gabe unserer Göttin, auch nachdem sie aus
der Verborgenheit volkstümlichen Lebens bei so
einfachen Gläubigen hinein in das glän-
zende Licht priesterlicher Anerkennung in den
Tempeln und in dem Dogma der Kirche ge-
treten ist. Als Schützerin wirkt sie z. B. zu-
sammen mit Bes bei dem Horuskinde in der
oft wiederholten Gruppe, die auch im Pries
von Tempelwänden griechischer Zeit verwendet
ist, so in Dendera im Geburtshause {Lepsius,
Denkm. IV 85 b. c mit Text 2, 1904, 247) und
in Edfa im Geburtshause, wo sie ausdrücklich 60
sa.?t: 'Ich schütze den Harsomtus, das Kind,
den Sohn der Hathor' {Chassinat, Mammisi
d'Edfou [Mem. Inst. Frang. 16, 1910], p. 133 =
140). Als freundliche Göttin ist sie sogar noch
bei den nubischen Königen in den meroitischen
Pyramiden von Barkai bekannt, wo das stehende
Nilpferd im Frauengewand bei dem Totenge-
richt neben den dienstbaren Geistern steht
{Lepsius, Denkm. V 20). In einer anderen Py-
ramide steht sie bei gabenbringenden Gott-
heiten {ebd. 21), endlich ist sie dort merkwür-
digerweise mit anderen Gottheiten zusammen
in die SonnonlonW«' üiifjronommen (ehd 24a. b.
53 b).
I. Böse Göttin.
In d(^r Mitte des 19. Jahrh. war man meist
der Auffassung, daß Tociris eine böse Göttin
und deshalb die Genossin des Seth (vgl. F. 2. c)
sei. Lepsius schrieb eine besondere Abhand-
lung über die Frage 'Weshalb ist Toöris eine
typhonische Gottheit?' (Äbhandl. Akad. Wiss.
Berlin 1851.) Dabei bewertete man die Göttin
ebenso wie das Nilpferd, das in Ägypten an
manchen Orten als heilig verehrt, an anderen
verabscheut und verfolgt wird. Nach Plutarck
hat das Nilpferd seinen schlechten Ruf erhal-
ten 'wegen seiner Grausamkeit' {De Is. cap. 50)
oder 'wegen seiner Gewalttätigkeit und Un-
verschämtheit, denn es tötet seinen Vater und
vergewaltigt seine Mutter' {ebd. 32).
Es ist selbstverständlich, daß man in Ägyp-
ten ein Tier, das, wenn es aus dem Nil auf-
steigt und die Felder zerstört, erbittert verfolgt
haben wird, wo nicht religiöse Bedenken den
natürlichen Selbstschutz des Bauern verhinder-
ten. Und das Nilpferd ist nach den Darstel-
lungen in den Gräbern vornehmer Herren auch
ein beliebtes Jagdtier gewesen, an das sich
gern wagte, wer den Mut dazu hatte. Der bös-
artige Charakter des Nilpferdes wird auch zu
allen Zeiten im Bewußtsein des Volkes und
ebenso in den religiösen Anschauungen zur
Geltung gekommen sein. Gelegentlich treten
denn auch wirklich in den religiösen Texten
Nilpferdgöttinnen von gefährlicher Art auf, vor
denen man sich in acht zu nehmen hat. Dazu
gehört scheinbar auch die Toeris als Monats-
gottheit nr. 11, die dem 3. Sommermonat vor-
steht; sie heißt: 'Die Lebende, die frißt das
Seiende (?), die mit ihrer Flamme verzehrt'
(Belege in N. 2).
K. Geb urtshelferin und Säuglings wärterin.
1. Allgemein. Alle älteren Monographien
geben übereinstimmend an, daß die Nilpferd-
göttin, unter welchem Namen sie auch auf-
treten mag, in erster Linie als Helferin gebä-
render Frauen und als Wärterin neugeborener
Kinder erscheint. In der Tat ist dieses die
Rolle, in der sie uns am häufigsten entgegen-
tritt, und auf sie mag auch das Beiwort 'Erste
des Betchauses' zurückgehen, das sie als spt
{Lanzone, Dizion. mitol. egiz. tav. 394,3) und
zu anderen Namen trägt. Mit diesem Gebäude
ist das 'Geburtshaus' gemeint, das den Ort
darstellt, an dem die Göttin des Tempels ihr
Kind geboren hat (vgl. oben D. 8). In diesem
'Geburtshause' ist die Nilpferdgöttin Herrin,
und sie hat die Fürsorge für alles, was dort
geschieht.
2. Geburt des Königs. Darstellung der
Geburt der Königin Hatschepsut in dem von ihr
errichtetm Tempel von Der el-Bahri (j^. Weind-
ler, Geburts- u. Wochenbettdarstellungen auf alt-
ägyptischen Tempelreliefs 1915, Abb. 7; Ed. Na-
895 Thut^ris Thuöris 896
viüe, The temph of I)eir el-Bahari pl. 47). krokodilköpfige Männer {Lepsius, Denkm. IV
Eine zweite bilderfolge, ebenfalls aus der 63 c mit Text 4, 1901, 6). Auch hier stehen
18. Dynastie, im Tempel von Laksor stellt die die beiden Nilpferdgöttinnen dem Kinde nahe,
Geburt des Königs Amenhotep III. dar; auch nicht bei der Geburt, sondern spilter als Er-
hier steht das Nilpferd zusammen mit Bes zieherin.
unter dem Ruhebett, das den Untersatz für c) Dendera. Das Geburtshaus des Tem-
die Gruppe der gebärenden Königin und ihrer pels von Dendera, der der Göttin Hathor ge-
Umgebung bildet {Lepsius, Denkm. III 74 c mit weiht ist, enthält aus der Kaiserzeit die Bilder-
Text 3, 1900, 86; Gayet, Temple de Louxor reihe mit der Geburt ihres Sohnes Abi. In dem
[Metn. Mission Fran['. Caire 15, 1894] pl. 66). lo Bilde der Entbindung (Lepsius, Denkm. IV 82 b
In einem Relief in Silsilis wird König Ha- mit Text 2, 1904, 244) steht zwischen den
remheb (Dyn. 19) gesäugt von einer Göttin in Schutzgottheiten, die unter dem Stuhle der Mut-
Franengestalt mit der Krone der Isis -Hathor ter sitzen, auch ein weibliches Nilpferd namens
(Rinderhömer mit Sonnenscheibe) auf einem 'Reret' (Abb. 4). Eine der beiden Hebammen
mit Schlangen besetzten Untersatze; der König heißt 'Dut (dw-t), Fürstin der Nilpferdgöttin-
heißt dabei 'geliebt von der Göttin t*-wrt' nen' (zum Namen vgl. oben B. 8). In einem
(LepsitiS, Denkm. III 120 c). Ist damit To^ris Bilde weiter links wird das neugeborene Kind
gemeint oder soll man 'Die Große' übersetzen von der Amme gesäugt; das Ruhebett der
und darin ein Beiwort der Isis sehen? ganzen Szene wird getragen von der sieben
S. Geburt eines Gottes, a) Edfu. Die 20 Mal wiederholten Gruppe zweier sich gegen-
Tempcl der späten Zeit kennen die Bilder- über stehender weiblicher Nilpferde mit dem
folge von der Geburt des Königs nicht mehr. Schutzzeichen.
Statt ihrer haben sie in den Geburtshäusern Zur Zeit des Hadrian ist im Tempel von
eine Reihe von Darstellungen eingeführt, in Dendera die oben unter b) für Erment be-
denen geschildert wird, wie die Herrin des sprochene Gruppe angebracht worden : das Kind
Tempels Mutter wird; die Erziehung eines Göt- sitzt auf der Lotosblüte, vor ihm steht betend
terkindes spielt auch sonst eine Rolle in den Bes, hinter ihm erhebt die Nilpferd göttin
späten Tempelbildem. Allerdings enthalten diese schützend den Straußenfederwedel; sie heißt
Bilder gelegentlich noch einenäinweis auf den 'Det (d-t). Erste des Ammenhauses' (zum Na-
jnngen König, der neben den Götterkindern 30 men vgl. oben B. 8). In einer benachbarten
erscheint wie ihresgleichen. Darstellung heißt die Nilpferd göttin 'Reret,
Im Geburtshause von Edfu wird der König Große, Erste des hauses' {Lepsius, Denkm.
Ptolemaios IX. als Kind neben den Götterkin- IV 85 b. c mit Text 2, 1904, 247). Mit dem
dem Ahi und Harsomtus gewartet von einer 'Ammenhause' ist das 'Geburtshaus' (vgl. oben
Reihe von Göttinnen, die nach ihrem Kopf- K. 1 und D. 8) gemeint, wie schon Brugsch
schmuck zwei verschiedenen Arten der gött- {Diction. Geograph. 1879, 1173) richtig ei-
lichen Wärterinnen angehören. Daneben stehen kannt hat.
zwei weibliche Nilpferde, die nicht die Namen 4. Schützerin der Frauen. Drei Figür-
tragen, die bei Toeris und den ihr verwandten eben im Berliner Museum, die Jfö77er in ZeiYscÄr.
Göttinnen üblich sind, sondern wie Monats- 40 ö^fj/pt /S/)r. 54 (1918), 138 — 39 veröffentlicht hat,
göttinnen nr. 8 und 9 heißen (vgl. unten N. 2. e). lassen die Nilpferdgöttin als ein dem Volke ver-
Die eine: 'Bewohnerin des Himmels, Leiterin trautes Wesen erkennen, an das die Frauen
der Götter', die andere: 'Api-homs, Erste des sich mit ihren Sorgen wandten. Figur 20599
Horizontes' {Lepsius, Denkm. IV 33 e mit Text aus Lapislazuli mit einer goldenen Doppel-
4, 1901, 69). federkrone und Holzfigur 19650 haben einen
b) Erment und Ombos. In Erment trägt Hohlraum für eine Weihgabe. Die Fayence-
die südliche Außenwand der Cella einen Fries figur 19791 (H. 6,5 cm) aus Abusir {Borchardt,
von Ptolemaios XVI. und Kleopatra {Lepsius, Das Grabdenkmal des Königs Sahure 1, 1910,
Denkm. IV 65a mit Text 4, 1901, 5), in wel- 130, Abb. 177) läßt das Nilpferd die rechte
eben zwei Gruppen abwechseln mit dem Horus- 60 Vordertatze wie eine menschliche Hand an
kinde, das gewartet wird. Die Nilpferdgöttin die linke Brust legen; füllt man den Hohl-
hat entweder einen Pavianskopf und heißt räum im Inneren mit Milch, da läuft diese
dann: 'Reret' oder 'Knemet, die ihren Sohn zur linken Brust und tropft aus ihr heraus,
schützt', oder sie hat einen Löwenkopf und Das Stück ist wohl von einer Frau gestiftet,
heißt: 'Hetmet in ihrer östlichen Gestalt' oder die ihr Kind nähren wollte. In diesem Zusam-
'Ripet-Löwin, die seinen Leib verjüngt', oder menhang wird es wahrscheinlich, daß die Nil-
'Löwin, die ihren Sohn schützt Tag und Nacht', pferdgöttin auch mit der Göttin Api (jpj) in
oder 'Hetmet, die den großen Re schützt'. den Pyramidentexten (ed. Sethe 381) gemeint
Eine ähnliche Darstellung ist auch aus dem ist, die dreimal zum Heile des Toten ange-
Tempel von Ombos erhalten, vermutlich aus 60 rufen wird: '0 Mutter des N. N., reiche ihm
der Zeit von Ptolemaios XIII. Neos Dionysos diese deine Brust, damit N. N. sie sich auf
{Ombos cd. de Morgan u. a. 2, 1909, 332, nr. 984). seinen Mund lege und er diese Milch sauge,
An der äußeren Nordwand der Cella von die weiß und . . . süß ist.'
Erment opfert Kleopatra vor sieben verschie- In der Rolle der Frauen schützerin ist Toeris
denen kindlichen Göttern in Knabengestalt. Hin- bis in die griechische Zeit hinein volkstümlich
t€r ihnen steht eine schützende Göttin mit aus- geblieben, wie der Brief eines Mannes an seine
gebreiteten geflügelten Armen, ein weibliches Frau in den Papyrus von Oxyrhynchos (4,528)
Nilpferd, ein Nilpferd mit Frauenkopf und zwei lehrt. Er schreibt an sie: nccgcc xfj as cpiiovcr)
l
897 Thueris Thuöris 898
©oriQi. Sollte sie damals gerade schwanger Ende des Neuen Reichs stellt Mer-segert als
gewesen sein oder ihr Kind genährt haben? Frau mit Schlangenkopf und 'Totalis, Herrindes
Zur Zeit Ptolemaios' IX. finden wir die Frauen- Himmels' als aufrecht stehendes weibliches Nil-
schiitzerin schon in den Tempel aufgenommen, pferd dar {Lanzone, Dizion. mitol. egiz. tav. 126,
vgl. unten h. 3 am Ende für die Kapelle von 1), also die beiden auf der Westseite von Theben
Der el-Bahri. So hat sich der Volksglaube den verehrtenVolksgottheiten, denen man den Schutz
Zutritt zu den Mauern der heiligen Hallon er- über Lebende und Tote anvertraute. Eine Göttin
zwungen. Ta-wert (t'-wrt 'die Große') in Gestalt einer
liegenden Kuh wird als Göttin in der Unter-
L. Totengöttin. lo weit genannt, die dem 'Gabenfelde' (slit-htp)
1. Totenbuch. Vier Hss. aus der 18. und vorsteht und dem Toten Speisen gibt (Statue
ly. Dynastie zu Kapitel des Totenbnchs (ed. saitischer (V) Zeit, Brit. Mus. 957). Sie ist ge-
Naville, 188G) haben ein Bild der Kuli, die wiß mit der Kuh 'Große' (wr-t) identisch, die
im Papyrusdickicht aus dem Berge heraustritt; auch sonst belegt ist, ohne daß man Sicheres
es ist Hathor, die Totengöttin der Westseite über sie ermitteln kann — aber hängen beide
von Theben, an die der Tote sich betend wendet. mit unserer Nilpferdgöttin zusammen? Völlig
Vor der Kuh steht aufrecht ein Nilpferd, teil- ausgeschlossen ist ein Zusammenhang nicht
weise mit einer Krone auf dem Kopf, in einer angesichts einiger Stellen, nach denen auch
Hand das Götterszepter, das Lebenszeichen oder diese Speisen verteilt. Auf der Schieferstatue
eine Ähre(?) haltend. Dieses Nilpferd ist un- 20 Kairo 39147 {Daressy, Statues de divinites 1905
sere Göttin, und wenn sie auch nicht eine — 1906, 285 zu pl. LV) aus dem Serapeum von
wirkliche Totengöttin sein mag, so übt sie Sakkara trägt die Nilpferdgöttin unter dem
hier doch unzweifelhaft den Schutz des Toten Namen 'Apet, Große' die Beiworte: 'Herrin
aus. Aus dem Totenbuch ist das Bild auf der Speisen, reich an Nahrung, Herrin der
Grabwände übertragen worden; sie findet sich Speisen, Herrin der Ohren' usw. In der Ka-
in dem Felsengrabe, das Pen-nut (Pn-nwt) pelle Ptolemaios' IX. Euergetes' IL in Der el-
sich unter ßamses V. (Dyn. 20) bei Anibe in Bahri betet Imhotep mit seiner Mutter und
Nordnubien angelegt hat (Lepsius, Benkm. III Gattin vor einem stehenden weiblichen Nil-
231b mit Text 5, 1913, 122). Das Nilpferd pferd, das die Namen der Monatsgöttin nr. 11
steht wieder vor der von dem Toten angebete- 30 (vgl. unten N. 2) trägt; dieses sagt: 'Ich speise
ten Hathorkuh und hält in der einen mensch- dein Haus und belebe deine Gattin' {Naville,
liehen Hand einen Skorpion. Die Darstellung The temple of Deir el-Bahari ö [1906], pl. 149).
kommt auch noch in den später zugefügten Der zweite Teil der Rede spielt auf die Rolle
Zusatzkapiteln zum Totenbuch vor; das Nil- der Göttin als Schützerin der Frauen an (vgl.
pferd „trägt Halskragen und Krone und hält oben K. 4). Auf einer anderen Wand ist hinter
eine Ähre(?) in der Hand {Pleyte, CJiapitres dem Weisen Amenhotep unter anderen Gott-
supplementaires du Livre des Morts 1881, 162 heiten ein aufrecht stehendes Nilpferd mit
Tat'.). Löwinnenkopf dargestellt, das dieselben Bei-
Das stehende weibliche Nilpferd kommt auch werte trägt wie die Apet auf der eben er-
iu dem 149. Kapitel von den sieben Stätten der 40 wähnten Kairiner Schieferstatue aus Sakkara,
Unterwelt vor (ed. Naville, 1886, Kap. 149 n); nämlich: 'die Speisen und Nahrung gibt, Her-
ebenso in saitischer Zeit (ed. Lepsius, 1842, rin der Gesichter und reich an Ohren' (Na-
Kap. 149 n, h, m). ville pl. 150).
2. Totengebet. In der Felsenstele, die der
Wesir Panehsi unter Merenptah (Dyn. 19) in Sil- M- Sternbild,
silis errichtete, ist im Opfergebet 'Toeris, (woh- 1. Identifikation. 'Na.ch. Eusebius, Prae-
nend auf ) dem reinen Wasser' neben Sobk Herrn par. evangel. 3, 12 ist das Nilpferd das Symbol
von Silsilis angerufen, und das Gegenstück des Westhimmels, der Gegend der Finsternis;
nennt Amon-Re, den Herrn von Theben {Lepsius, soll man hierin eine Anspielung auf den bösen
Denkm. III 200 c). Hier darf man in der Nil- 50 Charakter der Göttin sehen, den man ihr wie
pferdgöttin nur eine Schützerin der Lebenden, hei Flutarch in später Zeit zuschrieb (vgl. F. 2. c
aber keine Totengöttin sehen. Wenn auf einer als Genossin des Seth)? Aus älterer Zeit kennen
großen steinernen Schale des Neuen Reichs ein wir die Nilpferdgöttin nur als Sternbild. Als
Opfergebet an 'Toeris (auf) dem reinen Wasser' solches ist sie im Verzeichnis des Inhalts der
steht, die dem N. N. Leben geben soll (Brit. Welt aufgeführt: Reret (rr-t) 'die Sau' {Pap.
Mus. 28), so ist der Grund für ihre Anrufung Golenischeff 1, 5 = Hood 5). In den Thebani-
nicht zu erkennen. Auf einer anderen Altar- sehen Stundentafeln, den Listen der Sternauf-
schale (Turin 103) steht ein Opfergebet an die gänge in den Königsgräbern, kommt ebenfalls
Göttin 'Große' (wrt), mit der vielleicht unsere eine Reret vor mit den Teilen: Füße, Bein,
Nilpferdgöttin gemeint ist. Ganz Unverstand- 60 Mitte des Pflockes (mnj.t), Hinterteil, Scham,
lieh ist, was auf einer Stele der 20. Dynastie Brust, Zunge, die beiden Federn {Brugsch,
(Turin 1124 des Catalogue von Orcurti) steht: Thes. inscript. aegypt. 1, 1883, 128, nr. 2 und
'Opfergebet an allen schönen reinen Dingren usw. S. 188). Daraus geht hervor, daß das Nilpferd
für den Ka der Toeris, Herrin des Himmels, die Zunge herausstreckt, den Pflock hält und
Fürstin der Götter'; hier ist die Nilpferdgöttin eine Doppelfeder als Krone trägt. Brugsch
angerufen, als ob sie eine Tote sei. {Ägyptologie 1891, 343) verweist das Sternbild
3. Darstellungen. Der Denkstein eines an den Nordpol des Himmels und sieht in ihm
Beamten der Totenstadt von Theben aus dem unser Sternbild Drache. Es bildet eine Gruppe
899
ThufcTis
Thuöris
900
mit dem ägyptischen Sternbild Mesecbti (mshtj
'Yorderscbenkel des Stieres'), das es am Stnck
fefesselt hält. Der Mesechti ist der spätere
QXTog^ unser Großer Bär, nach Plvtarch de Js.
21 der Sitz der Seele des Typbon; deshalb bat
man den Sinn der Gruppe so gedeutet, daß Isis
als Kilpferd-To^ris den Typhon gefesselt hält.
2. Darstellungen, a) Deckenbilder.
Wir kennen das Sternbild des Nilpferdes aus
einigen Darstellungen des gestirnten Himmels
an den Decken von KOnigsgräbern und Tem-
peln, auch an Särgen. Dabei sind die Stern-
bilder, meist ohne Angabe irgendwelcher Einzel-
steme, als Figuren gezeichnet, auf deren Um-
riß oder besonderen Teilen man sich die Sterne
stehend zu denken hat, aus denen sich das
Bild zusammensetzt. £inige Figuren bilden
Gruppen, stellen also Sternbilder dar, die auch
am Himmel dicht neleneinander sieben; da-
durch wird die Identifizierung erleichtert.
Obersichtliche Zusammeubtellung der Quellen:
Brugsch, Thes. inscript. uegypt. 1 (1883), 124—27.
b) Königsgräber.
Die älteste Darstellung
sitzt an der Decke des
Sarkopbagsaales im
Grabe Seti 1. in den
Thebanischen Eönigs-
gräbem {Lepsius,
Denkm. III 137 mit
Text 3, 1900, 219). Das
weibliche Nilpferd
(Abb. 5) steht
aufrecht und
legt eine Vor-
dertatze auf den
Pflock, von dem
aus der Strick
zum Stierschen-
kel Mesechti
läuft; derPflock
ist das schon in
den Pyramiden-
texten als Me-
nat(mnj-t) vor-
kommende Sternbild. Auf dem Rücken des Nil-
pferds sitzt ein Ktokodil, das oben über seinen
Kopf hinwegschaut. An der berühmten astro-
nomischen Decke des Eamesseums (Tempel
Ramses' II. in Theben, Westseite) gehört das
Nilpferd zum 4. Sommermonat; der Pflock ist
hier wie ein Schwert gestaltet, das Krokodil
nur klein vor dem Nilpferd gezeichnet {Lep-
sius, Denkm. 111 170 mit Text 3, l'JOO, 135;
Brugsch, Mmium. egypt. pl. 6). In einem der
Thebanischen Königsgräber der 20. Dynastie
kommen zwei verschiedene Darstellungen der
Sternbilder vor. In der einen sitzt ein Krokodil
auf dem Rücken des Nilpferds wie im Grabe
Seti I., aber das Nilpferd hält ein kleines Kro-
kodil und den Pflock wie in der Decke im
Ramesseum. In der anderen Darstellung hält
das Nilpferd einen Krug vor sich, während im
übrigen alles wie in der ersten ist. In einem
anderen Königpgrabe, das eine Darstellung wie
die zuletzt genannte enthält, trägt das Nil-
pferd den unverständlichen Beinamen Hesamet
(Wm-t?). Das Grab Ramses' VI. Neb-ma't-Ke
6) ToSris als Sternbild
(Theben, Grab Seti /.).
gibt in der folgenden Beischrift zur astrono-
mischen Darstellung einen interessanten Hin-
weis auf die mythologische Deutung: Der Me-
sechti (mshtjw) ist der Schenkel des betech,
und er ist am nördlichen Himmel. Der Strick
der beiden Pflöcke (mnj-t) und das Messer be-
steht in einer Kette von Gold, 'Isis als Nil-
pferd hütet ihn.' {Brugsch, Thes. 121—22 nach
ChampolUon, Kot. descript. 2, 646.)
10 c) Tempel und Särge. In der astrono-
mischen Decke von PtolemaiosIX. Euergetes II
im Tempel von Philä hält das aufrecht stehende
Nilpferd den Strick, an welchem der Stier-
schenkel gefesselt ist, in der Vordertatze (Lep-
sius, Denkm. IV 86 b). Ähnlich ist die Darstel-
lung an der Decke der Vorhalle von Edfu
(ptolem. Zeit) und in Dendera (röm. Zeit). Auch
das Bild auf dem Sarge des Amonpriesters
Chetar (röm. Zeit) gehört hierher.
so
N. Monatsschützerin.
1. Im 11. Monat. Nach ägyptischer Vor-
stellung ist jeder Monat dem Schutze einer
besonderen Gottheit unterstellt, die Wahl der-
selben allerdings mag zu verschiedenen Zeiten
und an verschiedenen Orten gewechselt haben.
Eine gewisse Überlieferung wies dem 11. Monat
Epiphi (3. Wintermonat) die Nilpferdgottin
Apet zu {Brvgsch, Materiaux pour servir ä la
30 reconstruction du cdlendrier des anc. Egypt.
1864, 63), und so steht es auf den astronomi-
schen Deckenbildern verzeichnet {LanzonCy
Dizion. mitol. egiz. 18), z. B. im Ramesseum
(vgl. oben M. 2. b).
2. Für jedenMonat. a) Darstellungen.
Eine mit der eben genannten nicht zusammen-
hängende Vorstellung hat liir jeden Monat eine
besondere Form der Nilpferdgottin als Schütze-
rin ausgebildet. Die Schutzgottheiten der 12
40 Monate heißen To'eris und haben verschieden-
artige Ausgestaltung des Nilpferdkörpers, die
der fünf Schalttage heißen IVlesechnet (mahnt)
und haben Nilpferdgestalt mit Frauenkopf; so
wenigstens nach der Benennung von Daressy
in Becueil de tiavaux egypt. assyr. 34 (1912),
189—1)3, der zuerst das Material zusammen-
gestellt hat. Die Darstellungen sollen auch
auf einem unveröflentlichten Sarg des Pete-
Amenophis aus Kantara (Museum von Kairo)
50 stehen, im übrigen finden sie sich nur in den
Tempeln von Ombos, Dendera und Edfu. (Ge-
legentlich kommen die Namen einzelner Mo-
natsschützerinnen auch als Beiworte von Nil-
pferdgöttinnen vor, die an anderen Orten dar-
gestellt sind.
b) Ombos. Im kleinen Tempel von Ombos,
der als Geburtshaus in seinen Darstellungen
und Inschriften eine Fülle von Hinweisen und
Anspielungen auf die Nilpferdgottin als Ge- ■
60 burtsschützerin trägt, enthält eine Tür die 8
zwölf Nilpferdgöttinnen als Monatsgottheiten.
Die Pfosten der Tür ppinnen das Thema der
Geburt des Götterkindes aus Erhalten ist nur
der eine Pfosten. Seine Darstellungen sind von
de Morgan (Onilos 1, 46—48, zur bkizze p. 30)
unvollständig und in falscher Reihenfolge ver-
Öfi'entlicht, aber man kann sich aus der Zeich-
nung bei Lepsius (Denkm. IV 34 a mit Text 4,
901 Thul^ris Thuöris 902
1901, 116) eine Vorstellung von der Anordnung de divini168 1906, pl.44) besitzen wir sogar eine
auf dem Original bilden, von dem eine Photo- plastische Darstellung der Schutzgöltin des
gTKT^hia {nv.l ivü. Berlintr Wörterbuch der ä(]ypt. 1. Sommermonats (nr. 9 der Liste). Sie heißt
Sprache, Akademie der Wissenschaften) vorhan- 'Api-homs, Erste des Horizontes, die das schöne
den ist. Der Plosten enthält die Toiiris nr. 7 — Jahr erötfnet' und ist dargestellt als thronende
12 und Mesechnet nr. 1—2 (nach der Zählung Frau mit einem Uräus am Kopf und einer (ver-
Ton Baressy) in acht Reihen, die ein halbes lorenen) Krone auf dem Kopfe.
Jahr umfassen, nämlich Wintermonat 3 — 4, f) Namen. In den eben besprochenen Dar-
Sommermonat 1 — 4 und die Schalttage Ge- Stellungen findet sich eine im allgemeinen über-
burlstag des Osiris und des Horus. Die andere lO einstimmende Folge von Namen der Monats-
Hälfte des Jahres (Überschwemmungsmonat schützerinnen, bei der die einzelnen Namen
1 — 4, Wintermonat 1 — 2 und die Schalttage meist im wesentlichen den gleichen Charakter
'Geburtstag der Isis' bzw. 'der Nephthy') haben haben. In der Formulierung und in den Bei-
auf dem anderen verlorenen Pfosten, ebenfalls worten freilich weichen die Exemplare vonein-
in acht Reihen gestanden, und zwar mit Toeris ander ab, besonders durch ortsgeschichtliche
nr. 1 — 6 und Mesechnet nr 3—4. Der Schalt- Anspielungen, aber auch in anderer Hinsicht,
tag 'Geburt des Setech (Typhon)' hat aus reli- Man sieht also, daß eine ursprüngliche Liste
giösen Gründen gefehlt. im Laufe der Zeit Abänderungen erlitten hat.
Der Inhalt des Ganzen ist also offenbar
eine Verteilung der Göttergeburten auf das 20 ^' Identifikationen,
ganze Jahr. In jedem Monat ist ein bestimmtes 1. Mit Opet. Wie oben in D. 3 ausgeführt,
Götterkind geboren, und dieses hat seine be- veranlaßt der ähnliche Wortlaut es, daß schon
sondere Mutter, Schutzgottheit und Wärterin. in der 19. Dynastie eine Verwirrung in der
c) Dendera. Aus der Kapelle auf dem Dach Schreibung und in der Theologie zwischen der
des Tempels von Dendera sind 15 gleichartige Nilpferdgöttin Apet und der Thebanischen
Bilder veröffentlicht, in denen Toeris, von dem Stadtgöttin Opet entsteht. Diese dauert auch
König oder einer Gottheit gefolgt, vor Hathor, in ptolemäischer Zeit an.
die Herrin des Tempels, tritt {Mariette, Temple 2. Mit der Göttermutter. Die Nilpferd-
de Benderah 4, 1873, pl. 26—29). Die Bezeich- göttin hat die gebärenden Göttinnen geschützt,
nungen der Toeris sind im allgemeinen dieselben 30 sie ibt selbst die Gebärerin, die mit dieser
wie in anderen Tempeln, aber in einigen Fällen Tätigkeit besonders vertraut ist. Aus diesem
ist klar, daß eine nur in Dendera mögliche Gedankengang heraus ist man wohl dazu ge-
Formulierung gewählt ist. Z. B. bei dem 1. Som- kommen, die Nilplerdgöttin mit der Göttin
mermonat: 'Api-homs im Horizonte, die die zu identifizieren, die als Gebärerin eine große
Herrin von Dendera beschützt' (pl. 26c) oder Rolle in der Mythologie spielt. Das ist Nut,
bei dem 3. Überschwemmungsmonat: 'Leuch- die alte Himmelsgöttin, die Mutter des Osiris
tende am Himmel, die die Sonnengöttin (jtn-t, und seiner Geschwister und damit die Stamm-
Beiwort der Hathor von Dendera) verklärt' mutter des ganzen Göttergeschlechtes. Wir
(pl. 28 b) usw. kennen das Beiwort 'Große, die die Götter ge-
d) Edfu. Auf dem Sturz einer Tür im 40 bar' in Karnak bei Apet, allerdings in ihrer
kleinen Tempel (Geburtshaus) von Edfu sind Identifikation mit Opet (vgl. oben 1) schon
nebeneinander vier Schlangen und vier hockende unter Seti I. {Lepsius, Benkm. lll 221g; Cham-
Göttinnen dargestellt. Die Schlangen heißen Re- pollion, Not. descr. 2,64. 72,1). Der Denkstein
nent (rnn-t), die Göttinnen Mesechnet (mshn-t), aus Karnak, der zu dem Kairiner Naos gehört,
und nach den Beiworten sind die letzteren die nennt die eine Nilpferd göttin: 'Toeris, Ge-
Schutzgottheiten der Schalttage. Eine Bezie- waltige, die die Götterschaft geboren hat usw."
hung zur Nilpferdgöttin ist nicht angegeben, (Mariette, Monum. divers 1872—89, pl. 93 zu
auch aus den Schriftzeilen auf den Türpfosten p. 28; spätes Neues Reich). In ptolemäischer
ißt sie nicht zu entnehmen {Chassinat, Mam- Zeit lebt es in Edfu weiter in der Form: 'Nut,
misi d'Edfou p. 44, pl. 18, Zeit Ptolemaios' VI) 50 Große, die die Götter gebar, die den Osiris ge-
e) Vereinzelte Ewähnungen. Gelegent- bar im Haus der großen Apet' {Boche nionteix,
lieh wird eine oder die andere der Monats- Temple d'Edfou 1,311, Ptol. IV.). In Karnak
Bchützerinnen auch außerhalb der Listen in den heißt die wieder mit Opet identifizierte Apet:
Tempeln erwähnt. In einem Bilde des Geburts- 'Große, Heilige, die aus Theben kam, Nut, die
hauses von Edfu aus der Zeit Ptolemaios IX. die Götter gebar, die den Osiris gebar aus
wird ein Kind, das bald als der junge König, Theben' {Champollion, Not. descript. 2, 27—28,
bald als der junge Gott Ahi oder Harsomtus Ptol. VI). Ähnliche Zusammenstellungen der
(Horus, der Vereiniger beider Länder) bezeich- Nilpferde öttin mit Nut der Göttermutter sind
net wird, von Göttinnen gewartet, ähnlich wie häutig. Sie kommen z. B. oft vor in dem von
in der Bilderreihe der Geburt des Königs (vgl. 60 Ptolemaios IX. errichteten Tempel der Apet in
oben K. 2 und 3. a). Daneben stehen zwei weib- Karnak neben dem Chonstempel (vgl. oben D. 4).
liche Nilpferde, die wie die Monatsgöttinnen Toeris wird dadurch in manchen Verbindungen
nr. 8 und 9 der Liste in N. 2. f heißen, näm- geradezu die Mutter des Osiris.
lieh 'Bewohnerin des Himmels, Leiterin der 3. Vereinzelte Identifizierungen. Bei
Götter' und 'Api-homs im Horizonte' {Lepsius, v. Strauß, Göiterglaube 1,446 kann man lesen,
Benkm. IV 332 mit Text 4, 1901, 69). — Für Toeris sei vermischt worden mit Mut und üzat.
Der el-Bahri vgl. oben D. (5. 2. Bei der zweiten Identifikation kann nur eine
In der Statue Kairo 38865 {Baressy, Statuts ganz gelegentliche gemeint sein; in Mut haben
903 ThutJris Thueris 904
wir vielleicht eine vereinzelte Benennung der {Pleyte, Religion des Pre-Isrwiitcs 1862, pl. 7,
GOttermutter zu sehen (vgl. oben C. 8). Jeden- tij?. 3 — 9). Ebenso erscheint die Nilpferdgöttin
falls sind diese Beiworte ebenso belanglos für ohne Krone, wo sie als Geburtshelferin in den
die Mythologie, als wenn Toeris in einer Fels- Bildern von der Geburt des Königs auftritt,
inschrift aus dem Neuen Reich 'Auge des Re* zusammen mit Bes unter dem Ruhebette der
heißt und dadurch den großen Himmelsgöttin- gebärenden Königin stehend, und zwar in Der
nen nahetritt (de Morgan, Catal, des monum. el-Bahri und in Luksor (vgl. oben C. 2). Ferner
et inscript. 1, 1, 1903, 204, 84). wieder in Erment (Ptol. XVI.) als KinderwÄr-
Vereinzelt tritt ein© IdenÜfizierang mit Isis terin (vgl. Lepsius, Denkm. IV 63 c) und in
(Wiedemann, Herodots 2. Buch 1890, 306 ff.) lo Dendera (röm. Zeit) unter dem Ruhebett der
auf, z. B. in Dendera, wo ein Text unter den gebärenden Hathor, hier in einer siebenmal
verschiedenen Formen der Isis -Hathor auch wiederholten Gruppe von zwei sich gegenüber-
eine Apet auffuhrt {Brugsch, Dict. Geograph. stehenden Nilpferden {ebd. IV 82 b). In den
1879, 1169). Die in der kleinen ßronzefigur Bildern zum 186. Kapitel des Totenbuchs (ed.
eines Nilpferds dargestellte Göttin wird kurz- Naville, 1886) gibt die Hs. La gar keine Krone,
weg 'Neit' genannt (Kairo 39151 nach Daressy, Da nur einen kleinen Modius auf dem Kopf
Statues de divinites 287). Die in der Gruppe des Nilpferds; die letztere Form ist in das
des Frieses später Tempel miteinander wecn- Grab von Anibe übergegangen {Lepsius, Denkm.
selnden Formen der Nilpferdgöttin (vgl. oben III 231 b). Der genannte Modius ladet oben aus
K. 3. a— b) tragen verschiedene Namen, dabei 20 in der Art der ägyptischen Hohlkehle; ganz
den von Löwinnen, wo das Nilpferd einen Lö- gerade ist er bei der großen Kairiner Statue
winnenkopf hat. . aus Kamak (Abb. 1; vgl. oben K. 0) gebildet.
In den griechischen Papyrus aus Oiyrhyn- Einen besonderen Platz nimmt das Stern-
chos in Mittelägypten endlich ist Toeris der bild des Nilpferds ein. Das Tier wird in der-
Athena gleichgestellt. Ein Priester heißt isgo- selben Formung des Körpers wie sonst dar-
tixrmv kd^Tiv&s 0o-^[QiSog] (3, 679), ein anderer gestellt und trägt keine Krone, abgesehen von
na6TO(p6Qov kd-riväg [ri)g xal Soi]Qtöos\ (10, der Sonnenscheibe in Edfa; allerdings geben
1268). Über eine Urkunde, in der es sich um die Stundentafeln ausdrücklich die ^ Doppel-
ein Kultbild ^oavov handelt, vgl. oben E. 2. feder' als Teil des Bildes an. Auf der ältesten
30 Zeichnung der Sternbilder beugt sich ein Kro-
P, DarsteUimg. kodil, das auf dem Rücken des Nilpferds sitzt,
1. Nilpferd, aufrecht stehend. Diese vorn über dessen Kopf (Grab Seti L, vgl. oben
Gestalt ist die gewöhnliche der Nilpferdgöttin. M. 2. b); eine ähnliche (jruppe zeigt ein elfen-
Sie steht aufgerichtet auf den Hinterbeinen, beinerner Zauberstab des Mittleren Reichs im
so daß der tragende Leib stark vortritt; Brüste, Louvre, wo das Nilpferd einen Gefangenen
die denen einer Frau ähneln, jedenfalls aber auffrißt {Legge in Proceed. See. Bibl. Ärchaeol.
von den tierischen Zitzen völlig verschieden 27 [1905], pl. VI Vs.).
«ind, hängeQ schlaff herab. Durch diese Aus- b) Mit Federkrone. Nach den Angaben
gestaltung erhält der Nilpferdkörper einen An- der Stundentafeln der Sternaufgänge aus dem
klang an den einer schwangeren Frau, der 40 Neuen Reich hat das Sternbild des Nilpferds
zweifellos beabsichtigt erewesen ist. Wir kennen eine 'Doppelfeder' (Brugsch, Thes. 188 ff.), und
auch bei anderen Gottheiten eine solche Ver- so zeigt es auch die Darstellung der Nilpferd-
mischung nicht nur von mehreren tierischen göttin. Allerdings wird nur selten die Doppel-
Körpern miteinander, sondern auch von tieri- feder allein als Kopfschmuck gezeichnet (z. B.
sehen mit menschlichen Körpern. Fremde Ele- Naos Kairo in Mariette, Monum. div. 1872 — 89,
mente sind auch an anderen Teilen in den Nil- pl.91— 92). Meist erhält die Doppelfeder irgend-
pferdkörper hineingetragen; die Vorderbeine eine Zutat, auf der kleinen Lapislazulifigur
sehen, je länger desto mehr, menschlichen Ar- Berlin 20599 die wagerechten Widderhörner
men ähnlich und erhalten Hände statt der {Z. Ägypt. Spr. 54, 1918, 138); auf der Metter-
Tatzen ; der Rücken hat eine wunderliche 50 nichstele eine kleine Sonnenscheibe (ed. Goleni-
Form, für die noch keine feste Deutung ge- schejf 1877, Taf. 1) und ebenso an der Bronze-
funden ist. Am Nilpferdkopf sitzt fast immer figur Kairo 39162 {Daressy, Statues de div. 288)
das lange dreisträhnige Frauenhaar, am Halse und noch in den Pyramiden von Meroe {Lepsius,
ein mehr oder weniger deutlich ausgeführter Denkm. V 20. 21. 26).
Perlenkragen. Die Holzfigur Kairo 39172 {Da- c) Mit Sonne. Eine ebenfalls ältere Dar-
ressy, Statues de div. y\. 66) zeigt einen ver- Stellung gibt der Nilpferdgöttin als Kopfschmuck
hältnismäßig schlanken Leib, bei dem Bauch die Sonnenscheibe zwischen Rinderhörnern. So
und Oberschenkel mehr denen einer Frau als das Bild in einer Felsinschrift bei Assuan {de
eines Nilpferds ähneln. Morgan, Catal. monum. inscript. 1, 1, 1903, 204,
a) Ohne Krone. In einer beschränkten An- 60 34), ein Denkstein aus Theben {Lanzone, Dizion.
zahl von Fällen trägt das aufrecht stehende mitol.egiz. tav. 126, 1) und der zu dem Kairiner
Nilpferd keine Krone auf dem Kopfe. Durch- Naos gehörige Denkstein aus Kamak {Mariette,
gehend sehen wir es so auf den elfenbeinernen Monum. div. pl. 93). Dann die Holzfigur Berlin
Zauberstäbendes Mittleren Reichs (vgl. oben C. 2, 19650 {Z. Ägypt. Spr. 54 [1918], 138), und ferner
H. 2. 3); und meist auch auf den Bildern der Ska- Zeichnungen zum Totenbuch des Neuen Reichs
rabäen, die als Amulette in Fingerringen oder (ed. Naville cap. 186 nach Ap; Lb setzt einen
an Halsketten getragen wurden, z. B. in Turin kleinen üräus an die Sonnenscheibe), und der
{Lanzone, Dizion. mitol. egiz. 23) und Leiden Spätzeit {Pleyte, Chap. supplem. 1881, 162 Taf.
:)05
'i'liiu'
Tim.
900
t!) Toeris mit rusatn-
mengesetzter Krone
{^Üendera).
nach Pap. Leiden 5). Endlich auch kleiuo
Fayeuc(3Hguren, z. H. in Leiden 1210 (Leemans,
Aegypt. Monum. 1, Godsdienst 1842 — 45, pl. 15
/u p 13). In einem einzelnen Falle trügt da«
Nilpferd als Sternbild auch nur eine kleine
Sonnenscheibc ohne Rinderhörner (Edfu, astro-
jiom. Decke).
d) Mit zusammengesetzter Krone. In
der Spätzeit kommt die Sitte auf, die beiden
eben erwähnten Kronen mit-
einder zu verbinden. Das ge-
^ schiebt meist in der Weise,
daß sie auf einen gemein-
samen Untersatz gestellt
und ineinander gesteckt
werden. So in einigen pla-
stischen Bildern in Kairo
(Baressy, Statues de div.
1905 — 1906, p. 284 — 296
mit pl. IV, nr. 39145—203),
wie einer Schieferstatue aus
Sakkara (39145), einerBron-
zefigur (39148) u. a. Ebenso
in ptolemäischen Tempel-
reliefs in Der el-Bahri {Na-
villeyl. 149 — 150) und in rö-
mischen inDendera(j[/epsms,
Denkm. IV 85 b = Abb. 6).
Auf der Metternichstele (ed.
Golenischeff' 1877, Taf. III,
Reihe 4) ist jedoch die
Doppelfeder oben auf die
.Sonnenscheibe gesetzt, die allein auf dem Un-
tersatz steht.
e) Vorderfüße bzw. Hände. Die bei dem
aufrecht stehenden Nilpferd fast immer herab-
hängenden Vorderbeine haben niemals die Form,
die das Tier in Wirklichkeit zeigt. Die Beine
selbst werden stets zu lang gezeichnet und
haben nahezu die Form menschlicher Arme.
Die an ihnen sitzenden Tatzen sehen, wenn sie
nichts halten, in älterer Zeit wohl tierisch
aus, aber sind nicht naturalistisch als Nilpferd-
tatzen ausgeführt. Die freie Gestaltung trifft
auch für die Hinterbeine zu, wenn auch in
viel geringerem Maße, und man hat die Glie-
der des Nilpferds als ^Menschenarme und Lö-
wenfüße' bezeichnet {Borcliardt, Grabdenkmal
des Königs Sahure 1, 1910, 130). Eine unver-
kennbare Anlehnung an tierische Tatzen liegt
aber jedenfalls in allen älteren Darstellungen
vor, in denen die Vorderbeine frei herabhängen,
z. B. in plastischen Figuren in Berlin (Z. Ägypt.
Spr. 54, 1918, 138), in der Bilderfolge der Ge-
burt des Königs (Der el-Bahri und Luksor, vgl.
oben K.) und im Totenbuch {Naville cap. 186).
Die tierische Gestalt der Tatze ist auch
dann noch beibehalten, wenn sie lose auf das
Schut-'.zeichen (s') aufgelegt ist wie in der
großen Kairiner Statue (Abb. 1) und vielen
anderen Fällen (vgl. oben 2); ebenso bei der
auf den Pflock gelegten Tatze im Sternbild im
Grabe Seti I. {Lepsius, Denkm. III 137), und
noch in den ptolemäischen Reliefs in Der el-
Bahri {Naville pl. 149—150).
Die Form der Tatze mit kurzen Zehen wird
aber schlechterdings unmöglich, wenn sie einen
Gegenstand umfassen soll. So ergibt sich ganz
RoscHKR, Lexikon der gr. u. röm. Mythol "V
von selbst die Form der menschlichen Hand
mit vorstehendem Daumen schon in den Zeich-
nungen auf den elfenbeinernen Zauberstäbeu
des Mittleren Reichs, in denen das Nilpferd
ein Messer in der 'Hand' hält (vgl. oben 3).
Bilder des Nilpferds mit einem oder zwei Mes-
sern zeigen auch später eine menschliche Hand,
z. B. unter Ptolemaios XVI. in Erment {Lepsius.
Denkm. IV 63c). Eine Hand ist es auch, die
10 bei der Wiedergabe des Sternbildes den Pflock
faßt {ebd. III 1707, Ramesseum), oder den Strick
packt {ebd. IV 35b, Philä). Zwei menschliche
Hände hat sogar die Nilpferdgöttin mit dem
Skorpion in dem Felsengrab in Anibe {ebd. III
231b), und menschliche Hände haben auch
deutlich die Nilpferde in den meroitischen Py-
ramiden der römischen ^eit: ebd. V 20. 21. 26
(frei aufgelegt!). 53 b (desgl.). In den Felsen-
bildern bei Silsilis aus der Zeit Ramses' II.
20 freilich ist die Form der tierischen Tatze bei-
behalten, obwohl sie das Lebenszeichen hält
(Ijepsius, Denkm. III 175 c).
f) Rücken und Schwanz. In einigen Bil-
dern des aufrecht stehenden Nilpferds ist sein
Rücken glatt wie der des Tieres gezeichnet,
und auch der Schwanz ist nur klein und kurz.
So in der Darstellungs folge von der Geburt
des Königs in Der el-Bahri und Luksor (vgl.
oben K. 2) und in der ähnlichen von der Ge-
30 burt des Götterkindes in Dendera (oben K. 3. c).
Ebenso in dem allerdings undeutlichen Bilde
zur Felsinschrift bei Assuan aus dem Neuen
Reich {de Morgan, Catal. monum. inscript. 1, 1,
1903, 204,34). In ptolemäischer Zeit in der
astronomischen Decke in Philä {Lepsius, Denkm.
IV 35 b) und auch sonst {ebd. IV 63 c in Er-
ment).
Diese naturalistische Darstellungs weise ist
aber nicht die übliche. Meist hat der Rücken
40 in seiner ganzen Länge einen schmalen Ansatz,
der so aussieht, als ob ein Fremdkörper an
ihn angefügt sei. Auf den Zauberstäben des
Mittleren Reichs (oben C. 2) ist der Ansatz
ziemlich kurz und reicht nicht so weit hinab,
wie der Nilpferdschwanz tun würde. Er ist ge-
legentlich quergestreift {Legge in Proceed. Soc.
Bibl. Archaeol. 27 [1905], pl. III zu p. 301), wie
auch später oft (Abb. 1 : Kairiner Statue) , wo
er zuweilen wie geschuppt erscheint {Toten-
50 buch ed. Naville cap. 186 und ed. Pleyte, Chap.
supplem. 162). Im Neuen Reich ist der Ansatz
manchmal recht breit {Lepsius, Denkm. III 23 1 b)
und hat eine dekorativ geschwungene Rand-
linie {ebd. 111 170). Bei der gleichen Zeichnung ist
er einmal geflochten wie ein Zopf {ebd. III 137}.
In später Zeit wird der Ansatz mit dem daran
sitzenden Ende, das wie der Schwanz bis auf
den Boden reicht, wieder etwas schmaler {ebd.
IV 85 b) und ist in den ptolemäischen Reliefs
60 in Der el-Bahri sogar auffallend klein {Naville
pl. 149 — 150). Auch in den meroitischen Pyra-
miden hat er eine mäßige Größe lebd. V 26),
er fehlt dort vollständig, wo das Nilpferd ein-
mal ein langes Kleid wie eine Frau trägt {ebd.
V 20).
Für den auffallenden Ansatz weiß ich keine
einleuchtende Erklärung zu geben. Leemans
sagt schon 1842 in seiner Erläuterung der Denk-
30
907
Thut-ris
Thulithicla
908
mäler von Leiden: Der Rücken des ^«ilpferds
ist mit einem Krokodilschwans bedeckt. Man
kann diese Deutung häufig hören, sie ist auch
neuerdings wiederholt worden {Borchardt, Grab-
detikmal des Königs Sahure 1, 1910, 130). Nach
einer genaueren Betrachtung des Rückens und
einer Vergleichung der vielfachen Formen des-
selben kann diese Deutung aber nicht richtig
sein. Sie beruht vielleicht darauf, daß einige
Darstellungen des Sternbildes auf dem Rücken
des Nilpferds ein vollständiges Krokodil sitzend
zeigen (vgl. oben M. 2. b). Diese Gruppe kommt
auch plastisch in kleinen Fayencefiguren vor
(Berlin 7786 mit Krokodil auf dem Kopfe,
14191 mit Krokodil auf dem Rücken).
8. Nilpferd, hockend. Einzigartig ist
die Holzfigur eines hockenden Nilpferds im
Britischen Museum {Arundale atid Bonomi,
Gallery of aiUiquities 1844, pl. 24, tig. 87). Die
Haltung ist eine, die das Tier in Wirklichkeit
niemals einnimmt; deshalb sind die Vorder-
und Hinterbeine umgestaltet zu menschlichen,
die 'Hände' liegen auf den 'Knien'. Von dem
Nilpferd körper ist also nicht viel mehr übrig
geblieben als der massige Körper und der Kopf
mit dem geöfiiieten Rachen.
8. Nilpferd mit Frauenkopf. Das auf-
recht stehende Nilpferd erhält schon im Neuen
Reich gelegentlich einen Frauenkopf. Zunächst
in den Felsenbildem aus der Zeit Ramses' II.
in Silsilis {Lepsius, Denkm. III 175 c [= Abb. 2;
vgl. oben D. 7 für die lokale Form]). Dort sitzt
an dem Frauenkopf ein Uräus, auf ihm die
übliche Krone: Rinderhömer mit Sonne (vgl.
oben P. 1. c). Das Nilpferd trägt ein langes
Kleid, auf das ungewöhnlich langes Haar in
abgetreppten Stufen fällt. Das Bild zur 8. Stätte
der Unterwelt im Totenbuch der Spätzeit (ed.
Lepsiiis cap. 149 h) zeigt ein aufrecht stehendes
Nilpferd mit einem Frauenkopf, auf dem drei
Schlangen sitzen. Der gleichen Zeit gehören
Fayencefiguren eines Nilpferds mit Frauenkopf
an, z. B. Kairo 39197 {Daressy, Statues de div.
295, aus Sakkara) mit Uräus an der Stirn und
eine andere im Britischen Museum {Arundale
and Bonomi, Gallery of antiquities pl. 21, fig. 72).
Aus ptolemäischer Zeit stammt das Tempel-
relief in Erment {Lepsius, Denkm. IV 63 c) und
im Apettempel in Kamak {ebd. IV 30 c).
Eine phantastische Ausgestaltung des Typus
enthält die Metternichstele. Dort sitzen auf
dem Nilpferdkörper zwei mit dem Hinterkopf
aneinandergesetzte Frauenköpfe, auf denen eine
gemeinsame Krone ruht (Golenischeff Taf. V,
Reihe XXIII und XXV); in einem anderen Falle
ist ein Frauenkörper mit dem einer Kuh(?)
zusammengefugt {ebd. Taf. IE).
4. Nilpferd mit Löwenkopf. In einigen
wenigen Fällen erhält der Nilpferdkörper den
Kopf einer Löwin. Der Typus ist plastisch be-
legt durch eine Fayencefigur in Kairo {Daressy,
Statues de div. nr. 39198), bei der auf dem Lö-
winnenkopf ein frei aufgerichteter Uräus steht,
und eine Steatitfigur im Britischen Museum
{Arundale and Bonomi, Gallery of antiquities
pl. 21, fig. 71). Der Fries in Erment mit ver-
schiedenen Gestalten der Nilpferdgöttin als
Schützerin des Götterkindes (vgl. oben K. 3. b)
7) Toeris mit Lö-
winnenkopf {Friet
in Ennenl).
gibt ihr in mehreren Fällen
einen Löwinnenkopf (Z/t:jostu8,
Denkm. IV 65 a = Abb. 7),
und auch die Benennungen
in den Beischriiten spielen
auf die Löwin an.
5. HermemitNilpferd-
kopf. Nur ein einziges Mal
ist eine Herme mit aufsitzen-
lu dem Nilpferdkopf mit Hals-
kragen und Frauenhaar be-
legt, und zwar im Allerhei-
ligsten des Apettempels in
Karnak (Lepsius, Denkm. IV
30e, Ptol.IX = Abb. 8). Die
Krone hat die zusammenge-
setzte Form, bei der die
Doppelfeder vereinigt ist mit
der Sonne zwischen Rinder-
20 hörnern.
6. Frau. Einige nicht zahlreiche, aber doch
gesicherte Reliefs stellen die Nilpferdgöttin in
völlig menschlicher Gestalt dar. Und zwar ist
Toöris den Ägyptern schon im Neuen Reich so
vertraut geworden, daß sie sie sich als Frau
vorgestellt haben. Ein Bild in Silsilis zeigt
eineToöris (t'-wrt 'Die Große') genannte Göt-
tin, die den König säugt {Lepsius, Denkm. III
120 c); es wäre allerdings möglich, daß sie eine
30 Isis-Hathor mit dem Beinamen 'Die Große' dar-
stellt. Sie trägt langes Haar mit einer schweren
Flechte wie Hathor, daran hinten eine große
Schlange ; auch der Untersatz des Kopfschmucks
(Sonne zwischen Rinderhörnern) wird von ver-
schiedenen Schlangen gebildet, z. T. mit Königs-
kronen. Von den beiden Formen der Toeris,
die auf dem zum Kairinor Naos gehörigen
Denkstein stehen, ist die eine ein
stehendes Nilpferd, die andere eine
40 thronende Frau mit Uräus am Haar
und als Kopfschmuck der Sonne
zwischen Rinderhörnern (Mariette,
Monum. div. 1872—1889, pl. 93).
Von zwei Frauengestalten mit der
gleichen Krone heißt die eine
Toeris (Lanzone, Dizion. mitol.
egiz. tav. 394,2, mit Uräus am
Haar), die andere Apet {ebenda
Taf. IX links, mit Geierhaube).
50 Auch in dem Tempel der Apet
in Karnak wird die Göttin als
stehende Frau dargestellt, am
Kopfe die Geierhaube, darauf
die Sonne mit Uräus zwischen
Rinderhörnern {Lepsius, Denkm.
IV 30 d). Im gleichen Tempel
kommt neben der Herme mit
Nilpferdkopf (oben P. 5) eine ein-
zigartige Form der Apet vor,
60 die sich an ihre Frauengestalt
anchließt: eine Stange mit
Hathorkopf (Frauengesicht
mit Kuhohren und langem
Haar) und Sonnen scheibe
{ebd. IV 30 c). [Roeder.]
Thiiflthicla (^ufl^icla) er-
scheint in der Benennung gj ToörU als Herme
einer etruskischen Göttin auf {Apet-TempeiinKarnak.)
909 Thuf(u)ltha Thupltha, Thuf(u)ltba 910
(lerJ^asis einer kleinen -weiblichen liron/.estatue taT. XL nr. 1, von Javascn, Mus. Lvgd.-Batav.
unbekannter Herkunft. Sie ist verötientlicht inscript. etc. 24^ tab.lll nr. 36, von Sticlel., Das
von Brunn in den Ann. dclV Inst. 1861, 412, Ktiubkische etcldO, Taf. IT nr. 8, von Fahretti,
!tav. agg. T. nr. 2, von Conesfabih in den Mein. C. J. I. nr. 1054, tab. XXXV und von Pat«/t,
de la Soc. imper. des antiq. de France 27, und C. J. E. nr. 445. Die Inschrift der Statue von
von lahrdti, C. 1. J. nr. 2ü()3l>i8. Ihr Text Cortona ist verötientlicht von J'assert, Meni.
lautot : tite : alpnas | turce : aise | ra» : -öufl-öic | della soc. Colowlaria tav. I nr. 1, Ton ColtclUm,
la : trutvecie ^Tite gab (dies) zum (jlescbcnk Biie ragionamenti etc. 23, tab. II, von Lanzi 2,
der Aisera Thutlthicla. . ..' Was das letzte 533 = 455, tav. XV nr. 6, von Mic(dt, Storia
Wort, trutvecie, heißt, wissen wir bis jetzt lo etc. tav. XLIII, von Inghirami, Stör, della To.sc.
nicht. Vielleicht gibt es noch einen zweiten tav. LXXXI nr. 2. Müller, benhin. der alten
Ik'leg unserer Form, nämlich auf einer kleinen Kunst 1, Taf. LVIII nr. 291, von Janssen,
Bronzestatue männlichen Geschlechts von un- Mus. Lugd.-Bat. inscript. etc. 23, tab. III nr. 33,
bekannter Herkunft, die ehedem beim Senator von Bertani, Essai etc. 30, von Fahretti, C. 1. 1.
Bonarrota in Florenz war. Sie ist herausge- nr. 1055, tab. XXXV und von l'auli., C. I. E.
«j:elen von l?or?arro/a bei Z)ewj3S/<'r 1, tab. XXIV, nr. 446. Die Statuette von Cetona haben ver-
aus ihm von Fasseri, Lett. Bonc. 10, 324 und öfientlicht Sozzi im Bull. delV Inst. 1842, 21,
Faralip. 63, von Lanzi 2, 537 = 459 nr. 38, Anonym. Le iscr. del museo De Minicis in
von Gori, Mus. etr. 1, tab. C, von Fahretti, iermo 36, nr. 330, Fahretti, C. I. I. nr. 804,
C. I. 1. nr. 274, von FauU, C. I. E. nr. 2341. 20 tab. XXXII und Fauli, C. I. E. nr. 2340. Die
Bonarrota überliefert: eiceras -öufi-Si (rechtes Literatur des Placentiner Templums habe ich
Bein) cvei • a (linkes Bein). In dieser Form ist in dem Artikel s. v. Templum von Piacenza
die Inschrift keinesfalls richtig, und da nur angegeben. DielnschriftderLampe lautet: a-vels
Bonarrota sie gesehen hat, so haben wir ein • cus • <9upl'9aö • alpan • [ turce 'Aule Velsu, der
gewisses Recht zur Emendation. Deeclce {Etr. Cusithi (Sohn), gab (dies) der Thupltha zum
Fo. 4, o2) schlägt eiseras -O-ufl'O'i | clsi vor. Geschenk', wobei die Namen des Gebers ab-
Ob er mit dem cla für cvei • a das Richtige gekürzt zu sein scheinen. Auf der Statuette
triö't, ist mir zweifelhaft, aber das eiseras von Cortona steht: velias • fanacnal • -^ufl'&as j
-öuf l-^i ist sicherlich richtig, und dies wird alpan • mena;te • den • ce;^a • tu-ö^ines • tlena;feis
dann aus eiseras '9ufl'9i[cla] abgekürzt sein, 30 und die vier ersten Worte heißen: 'der Velia
wie auch Deecle selbst an einer späteren Stelle Fanacni Geschenk andieThufltha'. Dielnschrift
(Etr. Fo. u. Stu. 2, 53) annimmt. Die Form der Statuette von Cetona weicht in den verschie-
aiseras oder eiseras (beide Schreibungen wech- denen "Überlieferungen etwas voneinander ab.
sein auch auf der Agramer Mumienbinde) ist Am wahrscheinlichsten ist mir, daß sie lautet:
der Genetiv von aisera 'dea' {Deecke 1. c. 52), lautni : '9uful'9^as | a/joan : turce : '[Name] fami-
und -^ufl-öicla ist eine nähere Bestimmung dazu, liaris gab (dies) der Thufultha zum Geschenk',
die selbstverständlich von dem Namen der Auf dem Templum steht in Reg. 16' -^ufl-öas,
Göttin 'Oufl'&a (siehe s. V. 'Oupl'&a) algeleitet ist. in Reg. 16 und 1' abgekürzt -^uf = -Oufl-^as.
Die sprachliche Erklärung dieser Form -^^ufi- Alle diese Formen sind Genetive, und zwar
-T^icla ist bis jetzt nicht gefunden. Vgl. im 40 die des Templums in südetruskischer Schrei-
übrigen die Artikel s. vv. aisera (in den Nach- bung mit s ($) am Ende, die anderen gemein-
trägen) und '9'upl'9a. [C. Pauli.] etruskisch mit s (N ). Der Nominativ heißt
lhuf(i])ltha (-Öufi-Oa, -Ouful-Öa), Name einer -Öupl-Öa, resp. '&uf(u)l'9a. Was nun das Wesen
etiuskischen Göttin; vgl. s. v. -öupl-öa. der Göttin anbetrifft, so hat Corssen (Spr. d.
[C. Pauli.] Etr. 1, 639), einer indogermanischen Etymo-
Thulutyr ('O^ulutyr) wird als Unterschrift logie von tubh 'stoßen' zu Liebe, aus ihr eine
einer der etruskischen Terrakottagruppen von peinigende und quälende Unterwelts- und
Bolsena (Fahretti, C. 1. 1. nr. 2095b) gelesen. Todesgöttin machen wollen, und den gleichen
Deecke (Etr. Fo. 4, 59) will darin den Plural Charakter legt ihr auch Bugge (Etr. io. und
(oder Dual) eines Götternamens finden, wäh- 50 Stu. 4, 217) bei, indem er die -^ufl-Öa mit
rend Bugge (in Bezzenhergers Beitrogen 11, 9) der aisera (cf. s. v. -öufl-O^icla) identifiziert, die
in <&u — luter zerlegt und in du das Zahlwort ihm eine Todesgöttin ist. Allein Deecke (Etr.
für 'zwei' findet. Weiteres darüber s. v. tluscv. Fo. 4, 32) hat bereits mit Recht darauf hin-
[Daniehson liest ^. C. I. E. biso QulüteT -and gewiesen, daß für eine solche Auffassung in
fügt bei: ^Lectio induhia est, interpretatione den Denkmälern nicht der geringste Anlaß
nihil incertius.^] [C. Pauli.] vorliege, daß die Göttin vielmehr eine Heil-
Tbupltba, Thuf(ii)ltba (-S-upl-Oa, #uf[u]l'9-a) und Segensgöttin zu sein scheine, die er mit
ist der Name einer etruskischen Göttin. Sie ist der ups zu identifizieren geneigt ist. Möglich,
belegt auf einer Bronzelampe und einer Knaben- aber auch nicht sicher. Auf etymologische
Statuette von Cortona, auf dem Fragment einer 60 Spielereien einzugehen, wie die von Deecke
kleinen Bronzestatue aus Cetona bei Chiusi (Etr. Fo. u. Stu. 2, 53, not. 203), daß '9-ufl'&a
und dreimal auf dem Bronzetemplum von Pia- = lana sein könne, indem -öuplu- = lat.
cenza. Die Inschrift der Lampe ist veröfifent- duplo- sei, verlohnt der Mühe nicht. Ebenso
licht von Posseri in den Mem. della soc. Co- ht Lattes' (I giudizi etc. 20 sq.) Gleichsetzung
lombaria 1, 39 sq., tav. I nr. 3, im Marucell. -Oufl-O^icla = lat. *duplitticula glatt abzulehnen.
A. bl, 2, von Coltellini, Due ragionanunti etc. Das Verhältnis der oben belegten drei Formen
18, tav. I, von Lanzi 2, 484 = 411 und 495= zueinander ist dieses, daß -Oupl-Sa die älteste
421, nr. XI tav. XIV nr. 2, von Micali, Storia etc. Form ist, zu der -öufl'&a sich verhält wie pu-
30*
911 Thuras Thyestes 91 1^
fluna: pupluua (= Populouium). In ^iifuld^a Suidas s. v. (vgl. Bernhardy zu der Stelle) ein
endlich haben wir zwischen f und 1 einen Beiname der Ares: Stellen bei Bruchmann,
Hilfsvokal, der die Klangfarbe des vorher- Epitheta deorutn . . . Suppl. zu lioschers M. Jj
gehenden Vokals zeigt, wie auch sonst oft. p. 39. Daher könnte man auch oben in nr. 1
Die Endung -^ ist eine weibliche, die sich an Ares als den Gegner des Herakles nach der
auch in dem Namen der Göttin tali^a (cf. s. v.) Tötung des Kyknos denken; vgl. Hitziq-Bliiiu
und in dem Appellativum lautniO'a 'familiaris, ner Komm, zu Paus. 3, 18, 11. [Ruhl.J
liberta' findet, dessen Maskulinum lautni heißt. Thuro (Govgm), von ApoUon die Mutter des
[Thtdin, Rdigionsgesch. Vers. u. Vorarb. 8, Chairon, des Gründers von Chaironeia, Plul
1906, 36 faßt aiseras «"ufiO-icla als Plural und lo Sulla 17. Siehe Art. 'Thero'. [lluhl.J
erklSj-t scharfsinnig, aber überkiihn den Na- Thiiros (©oOpos), ein namentlich in der Hin
men duflO-icla nach Torps Auslegung -O-u == häufiges, den stürmischen Kriegsgott charak
'eins* {Etr. Beitr. 1, 64) als Consentes et Com- terisierendes Beiwort des Ares. Vgl. außer de».
plices 'die Einträchtigen, Einigen*, vgl. Ärnob. bei Bruchmann, Epitheta deorum . . . Suppl. zu
a. n. 3,40: Hos Consentes et Complices Etrusci Roschers M. L. p. 39 gesammelten Stellen nocli
aiunt et nominant., quod una oriantur et oc- C.I. Gr. 178; ebd. add. 2109, 5. S. auch Thur-
eidant una.] [C. Pauli.] ras. [Ruhl.]
Thuras s. Thurras. Thurras {BovQqa?) oder Thuras (©oupas, /"
Thurens (öovpev^), Heerführer des Inder- J.ne. /r. f), ö. 6, 1), auch Thuros (s. d.). Qovqqoc^.
königä Deriades (s. d. u. vgl. Gruppe S. 1518,2) 20 nach Ninos König der Assyrer, ovtivcc fisrcopö-
bei Nonms Dion. 21,822. 22,66. 139. 165. 23, ^vaasv 6 TtccvriQ Za/trjff 6 tri? Piag &SsX(p6g "Agsa
116. 24, 144 etc. [Röscher.] stg övoiicc tov jtlai/rjrog äar^gog, ist kriegerisch.
Thuria {Oaugia)^ Quelle von Thurioi, von kämpft mit dem yiYccvroYSvijg Kavxaaog, einem
Strabo und Steph. Byz. erwähnt, erscheint als aus dem Geschlechte des laphet, des Sohnes
Nymphe personifiziert auf Münzen von Thurioi. des Noa, nimmt sein Land in Besitz, kommt
Vgl. Imhoof-Blumer, Nymplien u. Chariten auf nach Thrakien, wo er stirbt; ihm nQmtcp ävh-
griech. Münzen. Athen 1908, S. 17: '0OYPIA GxriGuv Gt^Xriy ot kaavQiot xal 63g dsbv Ttgog-
r. Kopf der Th. mit Ohrgehäng und Schilf- txvvovv und nennen ihn BauX d'iov, o inn
kränz linkshin.' Taf. I nr. 30. [Roscher.J ^Ed^SQiirivsvoiisvöv "Agrig, noXi{L(ov d'sog rovrov
Thurides (Oouptde;). Bezeichnung der Musen so (ivriaopsvei, 17 nQotfritLyir} YQccq)r} tov JavirjX y.ai
als Nymphen bei den Makedoniern nach jffe5yc/f. t&p rgtiöv naidcov, oti, nQOGrivuyxoi^ovxo ccvzdo
B.y. SovQtdBs vvu(pcci Movöaif Mayiedovsg. Vgl. TtgoGyivvslv. (Chronicon Paschale ed. Bonn. 1,
PreUer Robert I* S. 720 A. 2, Gruppe S. 829,3 68, 1 ff.). [Höfer.]
und über die nahe Verwandtschaft zwischen Thyami« {Qvaiug), Sohn des Tarberos, mit
Musen und Nymphen ob. Bd. III, Sp. 619, 2 ff. Holkasos zusammen Führer der KvgatoL, der
[Röscher.] Bundesgenossen des Deriades im Kampfe mit
Thuriäl {OovQti]l) wird als Erster in der Dionysos: Nonn. Dion. 26, 181; von Deriades
Engelreihe genannt, die ein Zauberrezept des getötet: 32, 186. [Röscher.]
Dardanos, das ^i<pog (s. u. Xiphos), für einen Thya«; (0yas), Sohn des Brises, Bruder der
Liebeszwang auf ein goldenes Blättchen zu 40 Hippodameia- Briseis (deren Gatte hier Menetes
schreiben verordnet, Großer Par. Zauberpap. [s. d. Art. Mynes] heißt), samt seinem Bruder
1814 f.: dg Sovqli^I, Mi,xcci]l, Faßgi^ly OvqlijI., Andros von Achilleus getötet, Jo. Matal. 5
3fi<7a?jX, ^Iggai^ly 'larga^l. [Preisendanz.] p. 126 = p. 101, 5 ed. Bonn. [Höfer.]
Thurimaehos (9ougiiiaxog% Sohn des Aigy- ThyeUe {0vülri\ Windsbraut, Mutter des
ros (Aigydros), Vater des Leukippos (s. d. nr. 3), Deimos und Phobos nach Äntimachos {frgm. 46
siebenter König von Sikyon, Paus. 2, 5, 5. Kinkel) bei Schol. Yen. A zu Hom. II. J 439:
Etisebios, Chron. ed. Schoene 1, 173 f. 178. 2, 15 nXavrid'sig dh jivtiybccxog L7t7Coiv"AQS(og övo^ara
{Synkell.ld6j6). Eusebius, Chron. Appendix p. 7. anoSeäcoytsv' dsl^bgr' ijSs ^oßog, TCoSccg uIvstm,
86. 216. Bei Augustin. C. D. 18, 3 heißt er Tu- vif Qüil^g. Vgl. dazu Preller- Robert P S. 338,
riacus. Vgl. Pott, Zeitschr. f. vergl. Sprachfor- 50 4, der au ein Mißverständnis des Ant. glaubt;
schung 6 (1857), 408. [Höfer.] Gruppe S. 1084,1. 1378,7. [Röscher]
Thurios (Govgiog), ein — wie es scheint — Thyene (©yijv/j), nach gewissen Überliefe
willkürlich erfundener Name, der ohne tiefere rungen eine der Hyaden (vgl. oben Bd. 1 , 2,
mythologische Bedeutung die stürmische Kraft Sp. 2752 ff.; 2?ea?ewc. 8, 2, 2615ff.), dodonische
seines Trägers ausdrückt, Suidas, Hesych s. v.; Nymphe; vgl. Oo. Fast. 6, 711 (Dodoni Thyene:
Preüer- Robert, Gr. Myth. 1* 71. So heißt 1) von Riese mit UsenerB Beifall, Götternamen 46,
bei Pau<i. 3, 18, 11 der Gigant, dessen Kampf 69, 'endlich richtig' Thyone geschrieben). Hy
mit Herakles am amyklaiischen Thron darge- gin, astr. 2,21, nennt sie als letzte in der von
stellt war. Da aber ein Gigant dieses Namens Pherekydes überlieferten Hyadenreihe (Thiene,
sonst nicht bekannt ist nnd die Darstellung 90 cod. Ambr. 12 ed. Chat.). Änderungen zu Thyone
des Herakles allein mit einem einzelnen Gi- oder Dione (s. oben Bd. 1, Sp. 2754. Realenc. 8,
ganten merkwürdig erscheint, so nimmt Furt- 2, 2621) scheinen unangebracht. Vgl. Thyone 2.
wängler — s. 0. Bd. 1, 2211 — an, daß Th. [Preisendanz.]
kein Gigant, sondern ein sonst unbekannter Thyestes {Oviatrig), Sohn des Pelops, Bruder
Gegner der Herakles gewesen sei. Robert bei des Atreus, Vater des Aigisthos (s. diese Ar-
Pavly-Wissowa R.-E. 3, 130 s. v. 'Bathykles' tikel).
hält ihn für einen Hippokoontiden. Vgl. M. Nach JTower B 106 ff. hinterließ Atreus ster-
Mayer, Giganten u. Titanen 266. — 2) Nach bend das Szepter des Pelops dem herdenreichen
913 Thyestes Thyia 914
{noXvaQvi) Th., dieser dasselbe dem Agaiuem- Krniordung des Atieus durch Aij^isthoB, so hat
non, offenbar in friedlicher Erbfolge. hier die den eing(!wanderten Doriern zugeschrie-
Laut peloponnesisch er Sage, die Hella- bene Absicht, das untergegangene Herrscher-
uikos (iSchol. z. d. St., fr. 4'2 M.) berichtete, tö- geschlecht in den Augen der Nachwelt herab-
tete 'Jh. mit Atreus in Pisa den Stiefbruder zusetzen {Bobert, Bild und Lied S. 188;, noch
Chrysippos (s. d.) aus Eifersucht auf Anstiften weitere Spuren gelassen. — Der wirkungsvolle
der Hippodanieia. Vom Vater verflucht und Stoff gehörte zu den meistbchandelten: außer
vortrieben, wohnen die Brudermörder in Tri- dem Svioxri^ iv 2Yxrwrt und dem fJvtarrig
phylien (Schul. Faiv. Or. 4). Nach anderer Über- ÖFvrfQO'^ des Sophokles, sowie dem Wv^örTjt,- ^les
liefcrung übergibt ihnen Sthenelos das argi- lo Eunpidcs führten den Titel, soviel wir wissen,
vische Midea (^po//o</. 2, 4, 6), sie kommen UrAgödi^n yon Agathon, Apollodoros, Karhinos,
schließlich nach Mykenai (ß^rafe. 8, 377; Apol- Ohairewon, Kleophon, Diogenes von Shiope;
lod. Epit. '1,\0W.). bei den Römern genoß nach dem Drama des
Weitere Greuel knüpfen sich an den Streit Enniüs, das in seinem Todesjahre aufgeführt
um die Herrschaft zwischen dem älteren Atreus wurde, besondere Berühmtheit das des Varius,
und Th. (dieser der ältere nach Schol. Eur. Or. aufgeführt zur Feier des Sieges bei Actium
12) und an den Raub des goldwolligen Lam- i. J. 29 v.Chr.; vgl. darüber Garrod, The Class.
mes oder Widders durch Th., dessen Besitz Quarterly 10 (11)16), S. 206 ft". und Homman
das Vorrecht sicherte. Um dieses Wahrzeichen ebd. 11 (1917), S. 42ff. Erhalten ist allein der
der Macht zu gewinnen, bediente sich Th. der 20 'Thyestes' des Seneca.
Hilfe von Atreus' Gattin Aerope (s. d.), die er Das Grab des Th. mit einem steinernen
verfiihrt hatte, mußte jedoch, nachdem Zeus Widder zeigte man zwischen Mykenai und
den Lauf der Gestirne gewendet und dadurch Argos, Paus. 2,18,2.
den Frevel kundgetan, aus dem Lande flüchten. Etymologie. Der Tyrann Dionysios er-
In zahlreichen Tragödien wurde der Stofi" klärte den Namen als 'Mörserkeule', mit Hin-
Äufs gräßli( hste ausgesponnen. Aus der Ver- blick auf -S^usm, Mörser (Hellad. bei Phot. Bibl.
bannung sendet Th., um sich an Atreus zu 532 b, 32); Neuere im Gegensatz zu dem 'un-
rächen, dessen Sohn Pleisthenes (s. d.), den er beweglichen' Atreus mit unmittelbarer Ablei-
als den seinigen aufgezogen, gegen den Vater, tung von %vco als 'Wüterich', ''Stürmer' (s.
der ihn umbringt {Hyg. fab. 86, Quelle un- so Gerhard, Griecli. Myth. 2, 180; Apul. Vasenb.
sicher). Langjähriges Fernsein des Th. ist die S. 29), oder als den 'Opfernden' (s. Max. Mayer,
gewöhnliche Voraussetzung der tragischen Dich- De Eurip. mythop., Berl. 1883, S. 31f.), so zu-
t<n-. Er kehrt nach der Auffassung bei Aischylos letzt Fick-Bechtel, Die griech. Personennamen'^
Agam. 1587) freiwillig als Hilfeflehender zu- S. 427: 'vielleicht als Qvs6-^i-tr,is zu denken;
rück, so auch im '^Thyestes^ des Ennius und vgl. iits^ov %^vog Aesch. Agam. 1409'. Auf die-
im ^ Atreus^ des Accius {s. Bibbeck, Die röm. selbe Ableitung weist der Name des beim Opfer
Tragödie S. 199, 448 f.); bei Hygin {fab. 88) des Kadmos tätigen Thyestes Nonn. Dionys.
und im 'Thyestes' des Seneca (296 ff.) dagegen 5,13. S. auch Gruppe, Griech. Myth. u. Beli-
durch Versprechungen des Bruders herbeige- gionsgesch. l^böd f. [J. Ilberg.]
lockt. Sein bettelhaftes Auftreten bei Euripi- 40 Thyia (©um, 1^, ion. ©vlri, außerdem tu ©via.
des, die ©vioxEia gäy-ri., riefen den Spott des Über Ableitung und Bedetitung der Namen s. u.;
Äristophanes {Ach. 433) hervor. Über das furcht- über die Zweisilbigkeit des Wortes ©vta und den
barste Motiv, die sprichwörtliche Bewirtung Zirkumüex a^uch im fem. s. Herodian. ed. Lentz
mit dem Fleische der Söhne {tä inwwiia dsiTtva 1,271, wogegen Usener, Götternamen S. 43, im
('^vs6T0v Eur. Or. 1008; Thyestea mensa Ovid, fem. ©via liest): 1) i] ©vice, nom. appell., die
Ep. ex Ponto 4, 6,47) s. das Nähere Bd. 1, Sp. Bakchantin oder Mainade; meist im plur.
714, Z. 26 ff. Von den Flüchen des entsetzten ©vIcxl: Soph. Ant. 1151; Strab. 10,468; also
Vaters, der Thyestea exsecratio {Cic. in Pis. 43), synon. v. ©viäg, nach Curtius, Etymol. S. 258 f.:
den Thyesteae preces {Hör. Epod. 5, 86) hallte die Stürmende, Brausende, abzuleiten von Q-v -
die tragische Szene wider; seine Verzweiflung 50 biv, vgl. Q^vsllcc, Windsbraut; zugrunde liegt
erinnert an die des Oidipus, weshalb Aristo- der Begriff heftiger Bewegung = ÖQfx&v.
teles {Poet. c. 13 p. 1453,11. 20) beide zusam- Schol. Apoll. Bhod. 1, 636; Schol. Pind. Pyth.
menstellt. Wir hören die Verfluchung (vgl. 3,177; Suid. s. ©vmvri; nach Prellwitz, Gott.
Aischyl. Agam. l^Qli.) noch \)Q\ Ennius in einer Gel. Anz. 1886, S. 764, fem. zu ^mg, Schakal:
berühmten Stelle aus dessen 'T/i^/esfes', wo dem die Läuferin, was, obwohl sprachlich zweifel-
Atreus entsetzliches Ende durch Schiffbruch haft, zum'h.l Q-öog commune ist, wenigstens zu
gewünscht wird {fr. 14 v. 362— 365 Fa7?Z.-); s. demselben Stamm und der gleichen Bedeutung
auch den Schluß von Senecas ^Thyestes'. zurückführt. — 2) i^ ©vta, angeblich die epo-
Die Rache des wiederum vertriebenen Tby- nyme Nymphe einer (gleichnamigen) Kultstätte
estes wurde in anderen Tragödien vorgeführt, 60 in oder bei Delphi, eine Tochter des pho-
von Sophokles im ©vsatrig iv Ziv.vcbvL, von Ac- kisch-boiotischen Flußgottes Kephisos iHero-
c*MS vielleicht in den 'Ptlopidac' {Bibbcck, Die dot. 7, 178) oder des Kastalios, eines ur-
röm. Tragödie S. 457 ff.; vgl 628 f.) S. darüber eingesessenen Bewohners von Delphi {Paus. 10,
Bd.l,Sp. 151,Z.15f. (^e>s^//os); Sp.714,Z.54ff. 6,4). Für einen Sohn von Apollon und
(^i?-ews); Bd.3, Sp.l862,Z.34ff.(Pe7opm). Wenn Thyia gilt Delphos, der Stammheros von
somit auf das Pelopidenhaus immer neue Un- Delphi, über dessen Herkunft jedoch auch an-
taten gehäuft wurden: bewußte oder unbewußte dere Zeugnisse vorliegen (s.d. nr. 1, Bd. 1,
^vyaxQoai^ia des Th., Selbstmord der Pelopia, Sp. 985). Th. opferte zuerst dem Diony-
915 Thyia Thyias 916
808 in Delphi und feierte ihm zu Ehren Or- die sich auch in einem Kultbild von Praxiteles'
ffien, weshalb nach ihr die Mainaden auch Meisterhand verkörperte (Patts. 6, 26, 1). Der
Th jiaden (s. d.) genannt werden {Paus, a. a Festmonat von nicht genau bekannter Jahres-
0.); in Wahrheit verhält es sich umgekehrt: zeit hieß Svtog, au! einem Proxeniedekret
Th. ist selbst eine Thyiade (öor« = öüta?, s.o.), etwa aus der Zeit nach Alexander d. Gr. auch
die ihr mythologisches Dasein lediglich einem für Olympia bezeugt {Arch. Zeitg. 1876, S. 183;
etymologischen Spiel verdankt, durch welches Dittenberger u. Purgold, Imchr. v. Olympia nr.
denThyiaden eine eponyme Vertreterin, gleich- .^9, S. 76 £: ©ui'co sc. fttjvo?), vielleicht identisch
sam eine Ahnfrau geschaffen werden sollte. — mit dem von Kallimach. fr. 563 (2, 688 f. Sehn.)
Thyia war mit dargestellt auf dem berühmten lo erwähnten Wintermonat JfiöffO-üo?; vgl. Bischoff',
ünterweltsgemälde des Polygnotos in Fast. Or.antiquior., Leipz.Stud. 7, MS; Usener,
derdelphi8chenLeschederKnidier(PaMS. 10, 29, Göttern. &. a,. 0. Ein geheimes Priesterinuen-
5 f.): angelehnt an Thyias Knie sah man die kollegium von sechzehn Frauen rief betend den
in der homerischen Nekyia {X 281) erwähnte Gott, den man sich stiergestaltig (ravpo/zopqpof)
Chloris (s. d. nr. 4, Bd. 1, Sp. 896 f.); während oder 'mit dem Stierfuße tobend' (reo (io^m nodi
Thyia bei Homer nicht genannt ist, wird sie d"u(ov) vorstellte, in Versen herbei, die erhal-
bei Pausanias, dessen Text freilich hier gerade ten sind bei Plut. Is. et Os. 35 u. Qnaest. Gr.
eine Lücke hat, unter Hinweis auf eine andere 36; vgl. auch Bergk, Lyr. 3*, 666 f.: Garm. po-
Überlieferun^ (elnov dh xal aXXov ig cciTcts X6- pul. 6. Seltsame alljährliche Erscheinungen,
yov) als Geliebte des Poseidon (s. d. Bd. 3, 20 namentlich ein wunderartiger Vorgang, bei dem
Sp. 2806), Chloris als die Gattin von Poseidons drei Kessel in einer Kapelle hinter versiegelten
Sohne Neleus (s. d.) bezeichnet. — Gerade diese Türen leer aufgestellt, aber am andern Mor-
Beziehung Thyias zu Poseidon verbindet sie mit gen mit Wein angefüllt gefunden wurden {Theo-
einem andern Zeugnis, nach welchem sie die pomp. fr. 296, Müller 1, 328; Paus. 6, 26, 1),
Tochter des Deukalion und von Zeus unterstützten den frommen Trug, über den sicli
Mutter des Magnes und des Makedon ist: die von orgiastischer Festlust ergriffene Menge
Hesiod. fr. 26 Rz. bei Konst. Porph. de them. leicht hinwegsetzen mochte. Über die Diony-
p. 22 ed. Paris.; Steph. Byz. s. MocyLEdovla \ sosfeier in Elis s. auch Platarch. Mal. virt. 15
EusUUh. Dion, Per. 427; vgl. auch Schol. II. u. Ps.-Aristot. Mirab. 123, sowie Weniger, Das
S 226, wo für Ald^Qias mit Lobeck, Aglaoph. 30 Kollegium der Sechzehn trauen u. der Diony-
326 SvtMs gelesen wird. Daß diese Th. sich sosdienst in Elis, Progr. Gymn. Weimar 1883 t
von der angeblichen Nymphe in Delphi nicht Nilsson, Griech. Feste S. 291 f.; Schömann u.
trennen läßt, lehrt eine Betrachtung des dor» Lipsius, Griech. Altertümer 2, 522.
Ügen Mythenkreises ; vgl. darüber W^entper, Das [Johannes Schmidt.]
Kollegium der Thyiaden von Delphi, Progr. Thyiades s. Thyias.
Gymn. Eisenacfi 1876, S. 20f. und den Art. Me- Thyias, seltener Thyas (Gvids, ©odg), oft
laina nr. 1, Bd. 2, Sp. 2664f. Wie Th., so wird im plur.: Thyiades, ThyB,des{©vi,uS6g, @occ-
nämlich auch Melaina Mutter des Delphos ga- Ssg); über die prosodische Bedeutung des t.
nannt und erweist sich, ebenso wie Melanis, vgl. Bentley zu Hör. C. 2,19,9; zunächst eine
Melantheia, Melantho, Kelaino (s. die betr. Art.), 40 der zahlreichen Bezeichnungen für Bake he,
von denen jede gleifchfalls Delphos' Mutter Bakchantin, also im plur. die Cgöttlichen)
heißt, als identisch mit Thyia, mag nun Apol- Begleiterinnen des Dionysos oder die mytho-
lon oder Po.seidon (s. 0.) für den Vater des logischen Mainaden (s. d); dann, gleichfalls
Delphos gelten oder letzterer von einem dritten meist im plur., die Frauen des historischen
Erzeuger abgeleitet werden. — Über Zeus' und Dionysoskultus, die (menschlichen) Priesterinnen
Thyias Sohn Makedon und seine Gattin Orei- des Gottes. Das Wort -ö-y^t)«^»» ursprünglich
thyia s. den Art. nr. 3, Bd. 3, Sp. 954. — Weil adj., bedeutet stürmend, brausend; vgl. -S-ugilia,
Th. zusammen mit Chloris auf Polygnots Ne- die Windsbraut; an der ältesten Belegstelle
kyia dargestellt war (s. o.), glaubte Welcher Aesch. Suppl. 546 Kirchhoff wird die von der
auf dem pompejanischen Wandgemälde mit der 50 Bremse der Hera verfolgte, rasend dahinstür-
Hochzeit von Zephyros und Chloris {Heibig, mende lo (locLvoiiivcc d-vidg genannt; das zu-
Kampan. Wandgem. nr.Qli:; Ooerbeck, Pompeji gründe liegende verb. &vslv erklären richtig
S. 66S. 698. 602*) Th. in der auf einem Felsen mit ogfiav schon Schol. Apoll. Rhod. 1, 6.i6,
sitzenden Frau zu erkennen; noch zweifelhafter Schol. Pind. Pyth. 3,177, Suid. s. ©ywr/j; s.
sind andere Vermutungen; s. Heibig nr. 214. — Curtius, Etymol. S. 258f., wonach Grundbedeu-
8) i] SvUt, die schon unter 2) erwännte, nach tung die heftige Bewegung ist. Diese
der einheimischen Nymphe Th. benannte Kult- kommt mannigfach zu Ausdruck und Betäti-
stätte in Delphi, an der beim Anrücken des gung in dem ausgelassenen Treiben der Bak-
Xerxes und seines Perserheeres die geängstetcn chen, die im Gefolge ihres Gottes, unter lau-
Bewohner auf den Rat ihres Gottes den Win-60 tem Geschrei oder Gesang, rauschendem Lärm
den einen Altar errichteten {Herodot 7, 178; musikalischer Instrumente und dem Schwingen
vgl. ein ähnliches Orakel und den daraufhin von Thyrsosstäben und Fackeln, aufgeregt,
dem Boreas, dem Räuber der Oreithyia, von weil angetrunken, auf die Höhen sagenberühm-
den Athenern errichteten Altar: c. 189). — ter Gebirge rennen, sich dort in lockeren Tän-
4) xa Svlcc, ein in der Nähe der Stadt Elis zen tummeln und zu gewissen heiligen Zeiten
gefeiertes Fest des Dionysos. Er genoß hier, das Land zum Schauplatz ekstatischer Orgien
wo man sich, wie anderwärts, seiner Geburt machen. Oft wird von Dichtern eine rasende,
rühmte {Hom. hymn. 34, 3 f), hohe Verehrung, aufgeregte Person, Weib oder Mann, mit einer
917 Thyias Thjias 918
Thyiado vort^liclien : Acsch. Sept. 481 A'. oder auf attischem Boden sonst nichts; 'der
(Hipporaedon, einer der angriifalustigcn Sieben Beruf der attischen Thyiaden scheint in der
vor Theben); v, 818 nennt sich der schmerz- Festfahrt nach Delphi aufj^egan^^eii zu sein'
lieh bewegte Chor selbst ho; Lyk. AI. 149. 505 (Rapj), Rhein. Muf<. 27, 6). Nach J)elphi also
(Helena); römische Dichter wenden diesen Ver- gingen die attischen Weiber zu einer hoch-
gleich liäuHg an: Verg. Ä. ^, S02 (die eifer- heiligen Dionysosfeier: Paus. 10, 4, 2; sie bil:
süchtige Dido); Hör. C. 3,15, 10 (die übermü- deten eine Festgesandtschaft {^toanla); lei-
tige Pholoe); Stat Tit. 5, 92 (die erbitterte Po- der führt hier Hesych. irre mit der Glosse-
lyxo, s. d. nr. 7), vgl. 9,794; und Thyiades d'tojQlöss' ai -ttbqI thv Jiowaov Bdxxcci — denn
(oder Thyiai, s.d.] bedeutet bei Dichtern lo bei der weiblichen Festabordnung kommen eben
ganz dasselbe wie Bakchen: Soph. Ant. nicht mythologische Bakchen, sondern allein
1151; Apoll. Jihod. 1,G'^Q; Norm 17,259; 34, priesterliche Thyiaden in Frage. Auf einer
194; 43,42 u. ö.; Anth. Pal. 7,485; 9,77,4; schon durch Apollons einstigen Vorgang ge-
Catull. 04, 392; Hör. C. 2, 19, 9; Ov. Fast. 6, weihten und daher vorgeschriebenen Straße
514; Stat. Tb. 12, 792; vgl. dazu Paus. 10, 19, 4 (Ephor. fr. 70, Müller 1, 255, bei Strab. 9, 422)
(Dionysos und die Thyiaden als westliche Gie- über den Kithairon und Theben zogen also
belgruppe am Apollontempel zu Delphi), sowie die Athenerinnen nach Delphi. Obgleich, zu-
die Glosse bei Hsych.: Ovidg' ßax;^?}. ol Sk mal bei der weiten Entfernung dieses Ziels
Maivccg. (20 Meilen), die Wanderung über Berg und
Von den Bakchantinnen der Dichtung ist 20 Tal mühsam war, ließ es doch die Prozession
das Wort übergegangen auf die Dionysos- unterwegs an der Verrichtung von Zeremonien
priesterinnen. Glichen sie doch bei der Aus- (Chorgesängen, Reigentänzen) nicht fehlen; der
Übung ihres Berufs, wenn nicht Verrichtungen, Empfang an einzelnen Stationen bot dazu Ge-
wie Opfer und Gebete, bisweilen eine ernstere legenhnit; ausdrücklich werden solche Auffüh-
Haltung erheischten, in lärmendem Gebaren rungen in dem phokischen Städtchen Panopeus
und lustiger Stimmung oft jenen Übermensch- bezeugt {Paus. 10,4,3). Bleibt bei der Wall-
lichen Gebilden religiöser und poetischer Phan- fahrt der attischen Thyiaden manches dunkel,
tasie; die bildende Kunst vollends machte zwi- so sind wir etwas genauer über die korporativ
sehen diesen Kultpersonen und jenen Schwärm- organisierten Priesterinnen an dem Festort Un-
geistern kaum einen Unterschied. Zwar hat 30 terrichtet, denen sich jene zugesellten; vgl.
dann gewiß auch das Verhalten der Prieste- Weniger, Über das Collegium der Thyiaden
rinnen, ihr strenger Opferdienst sogut wie ihr von Delphi, Progr. Gymn. Eisenach 1876. Frei-
orgiastisches Treiben, die Darstellung der Thyia- lieh die Anzahl der Mitglieder kennen wir so
den (Bakchantinnen) in Literatur und Kunst wenig wie die der Athenerinnen; denn ob man
beeinflußt; aber ursprünglich sind die Thyiaden für letztere die vierzehn attischen Gerairai oder
übermenschliche Dienerinnen und Begleiterin- Matronen (Schömann u. Lipsins, Gr. Altert. 2,
nen des Weingottes, und jener Name ist dann 51^) halten darf, steht dahin. In beiden Grup-
erst auf die Priesterinnen übertragen worden pen mochten die Frauen überwiegen; doch
(s. dagegen den reichhaltigen Art. Mainaden waren Mädchen nicht ausgeschlossen
von Rapp, Bd. 2, Sp. 2243, der, unter Hinweis 40 {Diodor 4,3; vgl. Weniger S. 5 f.). Männer, be-
auf seinen gediegenen Aufsatz im Rhein. 3Ius. sonders die sogenannten ''Offtoi, wirkten bei ge-
1872, S. If. u. 562 f. über denselben Gegen- wissen heiligen Akten an Ort und Stelle, nicht
stand , die BegriiFsentwicklung umkehrt , als aber bei der Hauptfeier, den nächtlichen Orgien
hätten die Dionysospriesterinnen , namentlich auf dem Parnaß (s. u.), mit. Jahrhundertelang
die delphischen Frauen (s. u.), zuerst bei Pro- erhielten sich die frommen Bräuche, so daß
saikern 0vta^fs oder Qvlai, die Stürmenden, Plutarch (s. u.) und Paiisanias (10,4,3; 6,4:
geheißen, was sodann von den Dichtern auch 32,7) von den pythischen Dionysosfesten noch
auf die mythologischen Mainaden angewendet als Zeitgenossen berichten. Das Hauptfest, zu
worden wäre: dem widersprechen die eben dem sich die neuangekommenen attischen Frauen
zitierten ältesten und wichtigsten Belegstellen 50 mit den delphischen Kolleginnen vereinigten,
aus griechischen Dichtern und ihren römischen hieß Trieteris oder Trieterika (Paus. 10,
Nachahmern, wo die Thyiaden eben Mainaden, 4, 3; lAtcan. 5, 74; vgl. Ov. Fast. 1, 393f.; Sen.
Bakchantinnen, nicht Priesterinnen sind). Herc. Oet. 592 f.); es wurde im Winter tzuq'
Jedenfalls kommt der Ausdruck, anfangs hos oder crag' iviavtöv, Jahr um Jahr oder
eine Benennung göttlicher oder halbgöttlicher ein Jahr um das andere begangen, also daß
Wesen, nachmals menschlichen Frauen im auf ein Festjahr allemal ein festloses folgte;
Dienste des Bakchos zu. In Attika, wo doch hat sich bei der Schwierigkeit, das an-
der Dionysoskult im kunstmäßigen Drama zur tike Mondjahr mit unserem Sonnenjahr in Ein-
fruchtbarsten und edelsten Entfaltung gelangte, klang zu bringen, der Kyklos oder die Epoche
scheinen die dem Gotte zugewandten Weiber 60 dieser Trieteris bis jetzt nicht nachweisen las-
zuerst Thyiaden genannt worden zu sein; sen. Ausdrücklich sei bemerkt, daß ein Diony-
sagt doch Pawsawm.s (10, 4, 3): iSiddxd'riv {ühei sosfest in gleichen Zwischenräumen an vielen
ein Dionysosfest, s. u.) vTtb tätv nccg' kd'i]- Orten der griechischen Welt gefeiert wurde
vccioig yiccXovfiEvcov GvidSoiv. ccl ds 0viä- (s. d. Art. Dionysos, Bd. 1, Sp. 1039; Gruppe,
fisg yvvaiy.sg ^iv slaiv krt ly.ccl, (poLt&Gcci Mythol. S. 956, 2; Weniger S. 3).
dB ig tbv IIccQvccoov tcccqcc irog avxcci t£ y.al Nach Delphi, an die nachmalige klassi-
al yvvccixsg JsXcp&v ayovoiv OQyia JiovvGco. sehe Orakelstätte des Apollon, der hier erst
Doch hören wir von den Thyiaden in Athen durch Erlegung des Drachens Python heimisch
919 Thyias Thyias 920
geworden war, hatte schon vor jenem sein omate und frohe Erlebnisse ihres Gottes, gleich-
albbruder Dionysos mit dem Beinamen Za- sam ein unvollkommenes Drama, wie sich ja
grens (s. d.) seinen Weg gefanden. Nach einem daraus auf attischem Boden allmählich das
ergreifenden Mythos war das Bakchosknäblein, kunstmäßige Drama entwickelte, ]i/.w., wenn
ein Sinnbild des hinsterbenden, aber neuer- man an Plutarchs und Pausanias' Zeit denkt,
weckten Naturlebens, von den Titanen, die längst entwickelt hatte. Während sich die
Hera entsendet hatte, auf dem Parnaß in Stücke Einzelheiten der 'mimetisch' dargestellten Hand-
zerrissen und in Delphi, wo man noch später hing unserer Kenntnis entziehen, lassen sich
im Allerheiligsten des Apollontempels sein Grab docn einige Hauptzüge ermitteln {Weniaer
zeigte, bestattet worden {Philoch.fr. 22, Müller lO S. 10 f.). Nach einem von jubelnder Festlust be-
1,387; Tzetz, Lykophr. 20S; Kallimach. fr. S7^ gleiteten Fackelreigen führten die Thyiadeii
Sdtn.; Euphorion. fr. 15, Mein. AncU. Alex. 49; den Überfall des im Walde spielenden Bakchos-
Plut. Is. et Os. 36; Etym. Magn. 266, 14; Cleni. kindes durch die Titanen*) vor, die es zerfleisch-
Äkx. Protrept.*^'iylS p. Ib Pott). Dskü Apollon ten und seine Glieder teils roh verspeisten,
und Dionysos an derselben Kultstätte verehrt teils in einem Kessel zum Mahle kochten. Diese
wurden und au Delphi denselben Anteil hat- grelle, grausige Szene, welche Dichtkunst und
ten jPlut. de El ap. Delph. 9), verdankten sie Malerei, wenn auch unter veränderten Verhält-
der Ähnlichkeit ihres beiderseitigen Charakters. nissen, vielfach beschäftigt hat, konnte durch
Zitiert doch Macrohius {Saturn. 1, 18, 6) aus das Zerreißen von Tieren, etwa Zicklein oder
Aischylos (fr. Sil Nck.*) für Apollon den sonst 20 Rehkälbern, nur symbolisch angedeutet wer-
dem Dionysos beigelegten Namen o Kiaasvs den; doch schreckte man in dem orgiastischen
sowie den weiteren 6 Banx^vs und bezeugt, Taumel vor der afiocpayicc nicht zurück ; andere
es verschmelze Euripides im Likymnios {fr. Stücke \mrden über dem Feuer gesotten. Mitten
ill Nck.*) beide Götter zu einer Einheit. Von in dem wüsten Jubel, in den sich schon Re-
den Milesiem wurde Apollon Thyios (s. d.) gungen der Trauer um das gemordete Wesen
zubenannt (ffe«t/cÄ. 8. v.); für ihn, den Erwecker mischen, erscheint Zeus, verstößt die Un-
musikalischer Begeisterung, die an die orgia- holde mit seinen Blitzen in den Tartaros und
stische Festfreude erinnert, war das Epitheton rettet die Überbleibsel des Kindes, dem im
durchaus zutreffend, ähnlich wie Timotheos delphischen Tempel eine Grabstätte bereitet
(fr. 1; Bergk, Lyr. 3*, 620) Apollons Schwester so wird {dem. Alex. Protr. 2, 18 p. 15 Pott; Tzctz.
Artemis MaivdSa ^vitkda nennt, weil sie wie Lyk. 208; Etym. Magn. 256, 10). Hier findet die
eine Bakchantin über die waldigen Gebirgs- nächtliche Bergfeier, deren schreckliche Einzel-
höhen dahinstürmt {Gruppe S. 840, 5; 1284). züge schwer realisierbar sind, eine friedlichere,
Im Wesen der beiden Gölter Apollon und Dio- wennschon von Schmerz und Jammer beglei-
nysos, aber auch in dem ihnen gewidmeten tete Fortsetzung. Aber nochmals erfolgt ein
Dienst stimmt manches überein; namentlich Umschwung der Stimmung mit der Wieder-
konnte das Rasen derThyiaden mitdemEn^u- belebung des Gottes. Unter Zeus' Beistand
siasmos der ApoUonpriester leicht zusammen- erwecken ihn als Neugeborenen die Thyiaden;
gestellt werden {ebenda S. 1246). Wie wenig weil sie ihn in einer Wanne {XUvov) wiegen,
beide in ihrer Verehrung an gemeinsamer Stätte 40 heißt er ÄL^vitrig^ das Wiegenkind {Hesych.
einander beeinträchtigten, bekräftigte überdies s. v.; Himer. or. 9,560; vgl. Loheck, Aglaoph.
die bildende Kunst, indem das westliche Gie- 572 f.; Weniger S. 13 f.).
belfeld am dortigen Apollontempel Dionysos Ein anderes Fest, bei dem die Thyiaden in
und die Thyiaden, Statuen von der Hand Delphi amtlich mitzuwirken hatten, fand im
des Atheners Androsthenes, schmückten {Paus. Spätsommer aller acht Jahre statt und hieß
10,19,4 mit der Anm. von Hitzig u. Blümner daher Ennaeterides {Plut. Quaest. Gr. 12);
S. 736 f.). es galt mehr noch der Verherrlichung des Apol-
Die priesterlichen Thyiaden nun, die delphi- Ion als der seines Halbbruders Dionysos, zeigte
sehen vereint mit den attischen, feierten ober- übrigens beide wieder treu vereint. Der erste
halb des Kultortes auf den stürmischen Höhen 50 Teil, asntriQLov (nach Poscher, Fleckeis. Jahrb.
des Parnaß bei und in der Korykischen 1879, S. 734 f. (yTfTrxr^^'piof), veranschaulichte Apol-
Grotte ein rauschendes nächtliches Dionysos- Ions siegreichen Drachenkampf. Eine Beteili-
fest. Der mehrstündige Aufstieg in den kürze- gung der Thyiaden käme dabei nur dann in
sten und kältesten Tagen des Winters war Betracht, träfe an der Belegstelle Plut. defect.
manchmal mit nicht geringen Gefahren ver- orac. 16 p. 418 a statt des sinnlosen fii] aloXcc
bunden (Pliit. de prim. frig. 18); brennende Sb die von Weniger '^.11 vorgeschlagene Text-
Fackeln, die den ganzen Kult kennzeichneten Verbesserung: ^ ui d-vadsg tov 6cyicpi%^aXr) %o-
und dem Festmonat den Namen Dadopho- qov ruifi^vaig Öaolv a.yov6iv das Richtige, wo-
rios (= November — Dezember) gaben, konnten nach also die Th. dem Knaben, der die Rolle
nicht verhüten, daß sich die Frauen im Nebel 60 des Apollon spielte, mit brennenden Fackeln
einst gänzlich verirrten (rfe wwZ.rtW. 13 p. 249 e). das Geleit geben und das Drachenzelt anzün-
War man glücklich am Ziel, auf der unwirt- deten; freilich sind andere Vorschläge {0. Mül-
lichen Höhe, angelangt, so begann die Feier ler: y al 'Olfiai oder AloXidui) überzeugender;
der dpyta. Die rituellen Festbräuche brachten vgl. Schreiber, Apollon Pythoktonos S. 15, 29,
ein Stück Kultuslegende, einen Teil des Diony- ^^^^ ^^ ._ ^^ ^^^^ ^^^ ^.^^^^^ ^^ Titaniunen
sosmythos zur Darstellung In phantastischem , ^^^^^^ ^^ -. ^_ ^.^^^^ ,.^ ^-^^^„, ^. ^^^^^^ ,^. Griechen,
Schmuck und nut noch phantastischerem Ge- Leipzig 1904{, S. 36 f. u. Hebdomadenlekren iL grUch. Philo-
baren veranschaulichten die verzückten Weiber Mpken u. Ärzte, Leipzig i906, s. 32 f.
t
im Thyias Thyllophoros 922
sowie Moscher a. ii. O. Dagej^en ist die Hetei- ^^ar nicht den mythologischen Thyiaden oder
ligung der Thyiaden sicher beglaubigt für den Bakchantinnen (natürlich erst recht nicht den
/weiten Teil, der iiQioic; hieß und eine Heroi- priesteilichen Tb."! beigezählt werden darf (g.
sierung oder Vergötterung Semeies darstellte. d. Art. Thyone).
Hei ihrer Heraufführung aus dem Hades in Zur Deutung des Wesens kann als maß-
den Olymj) (s. d. Art Semele, Bd. 4, Sp. 664 f.) gebend gelten, was in dem Art. Mainaden über
gaben ihr und ihrem iSohne im Mythos die die verwandten oder sogar identischen Nym-
i göttlichen) Häkchen, dagegen an diesem Feste, phen und 'Vegetationsgeister' erörtert ist (Bd. 2,
(las eine 'Miuiesis' des Mythos darbot, die Sp, 2244f.). Nur eins sei hinzugefügt: wenn
imesterlichen Thyiaden das Geleit: während lo beim Anrücken der Perser die Oelphior ge-
sie bei den Trieterides dem Dionysos zur Auf- rade in Thyia den Winden einen Altar
erstehung verhalfen (s. o.), bereiteten sie hier errichteten (Herodof 7, 178; s.o.), so ist dies
seiner Mutter eine weihevolle Wiedererweckung. wohl Rest und Nachklang einer Anschauung,
Der dritte Teil des Festes, nach einem armen nach welcher die Thyiaden, die -Krausenden',
Waisenmädchen (yharila (s. d.) benannt (P^f^. ursprünglich brausende Winde, rasende
\)naest. (ir. 12), zeigte namentlich die Führern Stürme gewesen sind; vgl. auch Baumeister,
AQXnyf^?) 'les Thyiadenkollegiums bei der Ar- Denlm. 2, 846; Gruppe, Mythol. S. 841,3;
beit; das Kind sollte bei einer Hungersnot zur h\ Bruhn, Eur.' Bakchcn S. 2 f.
Sühne geopfert werden; doch war bei der sym- Die bildende Kunst bietet ims nichts
bolischen Darstellung des tiefsinnigen Natur- 20 mehr, was zur Vergegenwärtigung der Thyia-
mythos für das Menschenopfer längst eine Puppe den dient. Polygnots Unterweltsgemälde mit
eingetreten, die man in einer Bergschlucht un- dem Bild der thyia (Paus. 10, 29, 5) und die
ter mancherlei Zeremonien begrub. So entfal- Thyiaden des Androsthenes im westlichen Gie-
teten im Kult des Dionysos die Thyiaden von belfelde des delphischen Apollontempel (10,
Delphi eine vielseitige, freilich wohl mehr grell- 19,4) sind für uns verloren, wozu leider noch
phantastische als innigreligiöse Wirksamkeit: kommt, daß weder die etwaige Beschreibung
immerhin wurde ihnen das Verdienst nachge- der Tempelskulpturen in Eur. Ion 190 — 218
rühmt, zuerst dort dem Dionysos Orgia, rau- noch die an Ort und Stelle ausgegrabenen
sehende Feste, gefeiert zu haben: Paus. 10,6,4; Reste der Giebelfiguren die Angabe des Pausa-
denn die angebliche Nymphe Thyia (s. d.), von 30 nias bestätigen, sondern vielmehr aufHerakles-
der dies hier erzählt wird, ist nichts anderes arbeiten und eine Gigantomachie hinweisen;
als selbst eine der Thyiaden oder ihre älteste vgl. die schon zitierte Anm. von Hitzig und
Vertreterin, der man erst nachträglich das Blümner S. 736f. Auf Vasenbildern sind Bak-
selbständige Leben einer Halbgöttin beilegte, chantinnen nirgends als Thyiaden bezei( hnet.
und ihr Name, der ja schon an sich Thyiade Charlotte Fränkel, Sntyr- u. Bakchmtawen,
bedeutet {Soph. Ant. 1151; Strah. 10,468), nur 1912, führt im Index die häutige Beischrift
ein eponymer oder etymologischer Notbehelf. 'Mainas' an, nicht aber 'Thyia' und '^Thyias'.
Minder wichtig und eindrucksvoll ist, was [Johannes Schmidt.]
von dem schwärmerischen Treiben der Thyia- Thyios {@viog, oder Sviog\ üsener, Götter-
den in Elis überliefert wird. Über das von 4o nainenA^. Maaß, Orpheus 186,25, 1) in Milet
ihnen gefeierte Fest s. d. Art. Thyia nr. 4 {xa ein Beiname Apollons {Hes. ji-n. iv Md-^rco).
f)vla)\ über ihre Korporation: Weniger, Das Gruppe, Gr. Myth. 1246, stellt das Rasen fler
Kollegium der Sechzehn Frauen u. der Diony- dionysischen Thyiaden zusammen mit dem
sosdienst in Elis; Progr. Gymn. Weimar 1883. Enthusiasmus der apollinischen Priester. 'Apol-
Der über die ganze griechische Welt verbrei- Ion ist zum Vertreter des orphischen Dionysos
tete Kultus des Weingottes kommt hier nur geworden', ohne daß 'eine Vermischung der
insoweit in Frage, als sich ihm Priesterinnen Gottheiten vorliegt', E. Maaß a.a.O. üsener,
unter dem Namen Thyiaden widmeten. Götter namen [1895] 43, vermutet (nach Fest
Diese Bezeichnung beschränkte sich aber, so- Thyia und Festmonat Thyios), daß in Elis
viel wir wissen, auf Attika, Delphi und Elis 00 auch Dionysos 'Thyios' oder 'Thyos' hieß,
und bildete sicher nur ein äußerliches Merkmal Nach Usener a. a. 0. 43 'ergibt sich aus dem
und Kennzeichen der dortigen Dionysosdiene- dorischen Monatsnamen Diosthyos', daß auch
rinnen, die ihrem eigentlichen Beruf nach von Zeus, als '©-vo?', als 'Zeus Stürmer', verehrt
den übrigen Kultgenossinnen nicht wesentlich wurde; vgl. den thessalischen Monatsnamen
verschieden, höchstens straffer organisiert waren. Thyos (Listen bei Bischoff, De fastis Graec. anti-
Eür die Erklärung des Namens trifft quior., Leipz.Stud.l [1884], 412ff.). — 2) Über
bereits dessen antike Ableitung von d^vsiv den heiligen Elischen Festmonat Th. s. u. Thyia
= oQ^iäv das Richtige (s. 0.). — @vidg und (Fest). Literatur: E. Bischoff a. a. 0. 344. 347
Svlu sind gewiß stammverwandt mit &vä}V7\\ —349. Dort auch über den Thyos S. 323f. 337.
nun leitet eine gleichfalls schon antike Etymo- 60 340 (Lamia). [Preisendanz.]
logie dieses Wort von Q-vstv, opfern, her und Thyllophoros {QvXlocp6QO<s), Beiname des
erklärt es aus den Opfern, die man der Semele, Dionysos auf einer Inschrift aus Kos, Patou
mit der Thyone (s. d.) gleichgesetzt wird, nach und Hicks Inscriptions of Kos nr. 27. Ditten-
ihrer Vergottung und Einführung in den Olymp berger Sylloge 2% 598. Ziehen. Leges Graecoruni
dsbY^ehiSbcht halbe {Diodor. o, 62, 9 ; Schol. Pind. sacrae 133 p. 332 ff. Collitz, Dialektinschriften
Pyth. 3,177; Schol. Opp. Kyn. 1,27). Ist diese 3627. Der Beiname erklärt sich, wie Paton
Erklärung schon an sich zweifelhaft, so hat richtig gesehen hat, aus Hesych.: Q^vXXa yiXd-
sie mit Qvidg noch weniger zu tun, da Thyone öov>g 1) cfvXXa, wozu Müllensiefen bei Collitz
923 Thjmantria Thyme 924
ft. a. 0. p. 348 Docb bemerkt, daß ^vXlov ver- War Laokoon Priester Thymbraei ApoUinis (vgl.
mntlicb au ahd. tola (racemus), toldo gehört. den Namen Thymbraios des Laokoonsohnes,
Zu vergleichen ist der gleichfalls auf Kos hei- unten nr. 3), und so findet denn auch der Tod
mische Dionysos Skyllitas (s. d.). [Höfer.] der Söhne bzw. des einen Sohnes des Laokoon
Thymantria (^ftayrpi«), Beiname der Se- durch die Schl&n^en ivr^rov Ov^ißgalov kxöX-
lene-Hekate im Großen Par. Zauherpapyrus löii>off vao5 statt, Sc/^oZ. Z/yA;o|)/tr.347 (p. 135, 14f.).
Z. 2267, wo sie <paoyuv(ov 9. genannt wird. Besonders häutig aber wird der Tempel des
'Schwertermutigende* deutete Wünsch; ich ApoUon Th. als die Stätte genannt, an der
möchte 9. zu ^tucivsiv stellen wie arifidvxQia Achilleus durch Meuchelmord fällt: Tzets. zu
KU arifiaivBiv u. ä. Bildungen in dieser Lite- lo Lykophr. 269 (p. 110,0) 323 p. 128,30; vgl. zu
ratur, etwa 'der ihr Sinn nach Schwertern 807 (p. 126, 18). Eudocia 85 p. 144, 14 Fl. Tzetz.
steht \ [Preisendanz.] Posthorn. 409 (vgl. 891 . 405). Philostr. Her. p. 737
Thymbra (öwft^pa), vielleicht die Eponyme = p. 204 .äT. (der aber irrtümlich den Homer
des vorstädtischen Kultorts von Pergamos,Thym- zitiert, s. //. 22, 360: ivl llxaifjoi nvlrjoiv).
bra. Aber die Erklärung des Et. M. zu 9va- Eust. zu Hom. II. 10. 430 p. 810, 11. Steph.'jiyz.
ßga: xa9* higovs dh &ko Ov^ißgrig kann sich (^v^ißga. Dictysi, 10. 11. DaresSi. Schoi Eur.
auch auf die dort wachsende Satureia, d-v^ißga, Troad. 16. Hec. 41. Anonymos bei Gramer,
beziehen. Die Möglichkeit der Annahme einer Anecd. Gr. Paris. 2,205, 16. Malalas ed. Bonv.
thymbra- Nymphe ist gegeben; vgl. Boscfier, p. 130, 8 ff. Bei römischen Dichtern wird daH
Philol. 63 [1894], 875, Anm. 52 f. 20 Epitheton Th., wie manche andere, oft ohne
[Preisendanz.] bestimmte Beziehung oder Bedeutung und Ab-
Thymbralos {GviißQccios — Nebenformen: sieht angewendet {Noack^ Hermes 27 [1892],
a) Ovußgiosy Steph. Byz. s.v. Ov^ißga Eust. ad 442 Anm. 1): die Anrufung des Thymbraios
Hom II. 10,430 p. 816, 14. Anonym. Laut, in durch Aineas auf Delos {Verg. Aen. 3,84) kann
Anecd. var. Gr. et Lat. ed. Schoell und Stude- durch Erinnerung an die heimische Kultstätte
mund 1 p. 267, II 18. loann. Malalas 5 p. 130, 8 erklärt werden. Ohne solche iieziehungen sind
ed. Bonn, b) Zv^ißgccTog, Steph. Byz. a. a. 0. aber Stellen von Stat. Theh. 1, 643. 699. 3,513
Eust. a. a. 0. p. 810, 11. c) Jv^ißgios und Jv^i- 638. 4, 515. Siii: 1, 4, 117. — Nach Macroh. 1,
ßguvgy HeUanikos bei Eust. und Steph. Byz. 17, 49 bedeutet der Name Thymbraios '6 xovs
aa. aa. 00. Kullmer, Jahrb. f. klass. Phil. Suppl. so öiißgove d-sig'. — 2) Sohn des Laokoon, Bru-
27, 580 und Anm. 1 fF.). 1) Beiname des Apollon der des Antiphates (Antiphas), Hygin. fab. 135 ;
von der an der Mündung des Thymbrios (Thym- vgl. Bd. 2,2 Sp 1833. — 3) Ein von Diomedes
bros, Thymbris) in den Skamandros gelegenen erlegter Troer, Hom. II. 11, 320. Kroll, Neue
Ortschaft Thymbra mit einem Heiligtum des Jahrb. f. da^ klass. Altert. Jahrg. 16 (1912). 179.
Gottes, Strabo 13, 598. Eur. Bhes. 224 (vgl. 508) Herrn. Heinr. Beer, De nominibus heroum pro-
Steph. Byz. a. a. 0. Eust. a. a. 0. und ad Hom. priis quae in Iliade inveniuntur ab ethnicis
Od. 1697,59. Hesych. Av>ialov yial Sviißgalov derivatis {Diss. 1914) p. 15. [Höfer.]
Tov Hv^iov xal xov iv Xgvor], Schol. Eur. Hec. Thymbris {Ov^ißgig), Nymphe des gleichna-
41. Bhes. 608 (th rov kitoXloavog alaog xov migen Flusses in Troas, von Zeus Mutter des
Ovußgalov). Dort verbleiben Helenos und Kas- 40 Pan, Apöllod. 1, 22 TT nach der Verbess. von
Sandra (bzw. nur Helenos), von ihren Eltern Aegius; Hypothesis Pind. Pyth. p. 297 Boeckh.
bei der Feier ihrer Geburt absichtlich oder Gegen die bei Schol. (Tz.) Lykophr. 722 und
versehentlich zurückgelassen, eine Nacht, in Apollod. a. a. 0. von der Epitome Vat. u. a.
der zwei Schlangen ihnen die Ohren ausleck- überlieferte Lesart "Tßgig — s. o. Bd 1, 2707 —
ten, ein Zeichen der ihnen verliehenen Seher- hatte sich schon Creuzer, Symb. u. Myth. 4, 203,
gäbe, Schol. Townl. A. B. L.V. zu Hom. II. 7, Anm. 1 (jewendet, da die aus den Wassern
44. Eust. zu Hom. IL 663, 40 ff. Tzetz. zu Ly- geschöpfte Gabe des Gesangs und der Weis-
kophr. Alex, yiv og Avxocpgovog p. 5, 17 ff, sagung und das Orakel des thj^mbraii sehen
Scheer. Apollon entscheidend für eine Mutter Th. des
Im Tempel des Apollon Th. tötet Achilleus 50 Pan sprächen. Trotzdem ist diese Lesart H.
den Troilos (s. d.), Apollod. Epit. 3, 32. Tzetz. zu merkwürdig, weil nach Theaitetos Schol. Theoer.
Lykophr. 307 (p. 125, 10 f.), und ähnlich hatte id. 1, 118 ein sizilischer Fluß Thymbris auf
Sophokles im Troilos {Schol. T zu Hom. II. 24, syrakusisch ccno tfjg vßgsag heißen sollte. Vgl.
257) gedichtet, daß Achilleus den Troilos in- Gruppe, Gr. Myth. 1390g. [Ruhl]
novg yvfivu^ovxa (vgl. Dio Chrysost. or. 11 p. Thymbros {('^tnißgog), Freund des Dardanos.
338 B. = 1, 189, 25 Bind.) nccgä x6 ©vfißgatov Letzterer nannte eine von ihm gegründete Stadt
beschlichen und erschlagen habe; vgl. B.Wag- dem Thymbros zu Ehren Thymbra, Steph. Byz.
ner, Bhein. Mus. N. F. 46 (1891), 401. Im Haine s. v. Gvtißga. Eust. ad Hom. II. 816, 12. Etym.
des thymbrischen Gottes opfern die Griechen M. s. v. Svaßgu. H. Kullmer, Jahrb. f. klass.
und Troer bei einem nach dem Tode des Troi- 60 Phil. Suppl. 'il, 580 und Anm. 2. Vgl. Thymbra.
los geschlossenen Waffenstillstand, und bei [Höfer.]
dieser Gelegenheit sieht Achilleus die Polyxena Thyme (©v/ajj), Personifikation des Bauch-
und wird von Liebe zu ihr ergriffen, Dictys opfers. P. Hartwig hat, Strena Heibig. 111— lli,
2, 52. 3, 1. Cedrenus ed. Bonn. 1, 227, 12 ff. Ma- die Darstellung emer attischen Weinkanne (um
lalas 130, 8 ff. Nach Euphorion (Euphorionis 440) aus seinem Besitz nach der Inschrift ge-
Fragmenta ed. Fei. Scheidweiler [Diss. Bonn deutet als sitzende Mainade Kraipale, Personi-
1908] frgm. 80 p. 58f.) bei Serv. ad Verg. Aen. fikation des Katzenjammers, der eine hinter
2, 201. Myth. Lat. 2,207 (vgl. Hygin. fab. 135) ihr stehende weibliche Figur einen Becher mit
925
Thymedeia
Thyone
926
dampfendem Inhalt boiträf^t. Über ihr der Name
©TMII, den Hartwig unwahrscheinlich, Wänxch
(B. ph. W. 20 |lüOOj, 912) zu Oo^LriSsia ergänzt,
unter Zustimmung von Gruppe, Gr. Myth. 1070, ö.
Tatsächlich bedarf es nach der Abbildunji^, Str.
Hdb. Taf. III, gar keiner Ergänzung. S. Eurem,
OpferrUus und Voropfer, 1915, 227 f., faßt mit
Recht die Thyme als Personifikation oder eher
als 'Exponent des Rauchopfers, der ■O-ü/iara'
auf. Kraipale, die auf dem Vasenbild durchaus
nicht den Eindruck einer Trunkenen macht, er-
hält keinen heißen ''Linderungstrank' {Hartwig)
gegen den Katzenjammer, sondern gießt Diony-
sos eine Spende, wozu Thyme räuchert. Ihr
Gefäß enthält wohl Weihrauch: Hus et merum
gehören zusammen'; vgl. Eurem 228, der zur
Sache noch Fr. Poulsen, Nordisk Tidsshrift for
Phil. 13,3, 73 ff. zitiert. Wenn man Kraipale
mit Methe identifizieren dürfte, wäre Paus. 6,
24, 8 Text zum Bild. [Preisendanz.]
Tiiyinedeia s. Thyme.
Thymeuphrl (Gv^svcpQi), 'Engel' der neunten
Stunde, um dessen Sendung die 'ägyptische'
Selene und Aphrodite Urania im 'Seleniakon
des Klaudianos', Griech. Zauberpap. Brit. Mus.
CXXI 905 (meiner Zählung) gebeten wird; vgl.
Reitzenstein , Poimandres 257, 2. Die übrigen
Engel heißen Menebain, Neboun, Lemnei, Mor-
moth, Nouphier, Chorborbath, Orbeeth, Pan-
möth, (Thym.,) Sarnochoibal, Bathyabel, Abra-
thiabri. Ein ähnliches Zauberwort in einem
Logos des griech. Zauberpap. Brit. Mus. XL VI
354 (360 Wess.): Thimamenphre, hier ohne Be-
ziehung zu den Stundengöttern. Gundel, Hess.
Bl.f. Volksk. 12 [1913J, 126 erinnert an die äg.
Menphri. [Preisendanz.]
Thymoites {©viioitris), 1) Sohn des Laome-
don, Bruder des Priamus, JDiod. 3, 67, 5; Dict.
Cret. 4, 22. In der Ilias 3, 146 erscheint er
mit anderen Brüdern in der Begleitung des
Priamus, ohne aber als Br. bezeichnet zu sein.
Derselbe ist wohl gemeint bei Charit, erot. 5,
5, 9 p, 95 Hercher, wo er wie an der Iliasstelle
als Bewunderer Helenas auftritt. Verg. Äen. 2,
32 mahnt er als erster, das h. Pferd in die
Stadt zu ziehen, aus Rache, wie Servius zu der
Stelle bemerkt (vgl, Script, rer. myth. lat. tres
Bode 1, 212), da Priamus des Th. Gattin (Kylla)
und Sohn (Munippos) hatte töten lassen. Es
war nämlich von dem an einem bestimmten
Tag geborenen Sohn Unheil für die Stadt
prophezeit worden, und als die Gattinnen des
Th. und Pr. zu gleicher Zeit Mütter wurden,
bezog Pr, jene Weissagung auf den Sohn des
Th. Vielleicht brachte ihn, den Griechenfreund,
der attische Demos Thymaitadai mit seinem
Ahnherrn in Verbindung: Gruppe, Gr. Myth.
22io . — 2) Enkel des Laomedon, Zeitgenosse
des Orpheus, der auf seinen Wanderungen von
Libyen nach Westen bis an den Okeanos kam.
Auch Nysa soll er besucht und dort die Ge-
schichte des Dionysos erfahren haben v,a.\ cvv-
xä^ciod'cci tj]v ^Qvyiav ovo^cc^oubvriv 7Coir]6LV,
ccQXcÜKols rrj xs diaXiy.t(o xat rol? yga^iLccGi
XQTiGdusvos, Diod. 3, 67, 5 {Lobeck, Aglaoph. 1,
369). — 3) Ein alter Troer, ohne erkennbare
Beziehungen zu den obigen, Quint. Smyrn. 2,
9 ; Christod. eipthr. 2, 247. — 4) Sohn des Oxyn-
tes, der letzte Theside, König von Athen, Paus.
2, 18, 9; Georg. Synkellos p. 178 yl; Euseb.chron.
Schöne 1 p. 186; Suidas s.v.; Toepff er. Attische
Geneal 225. Er kam auf den Thron, nachdem
er seinen älteren Bruder (er selbst wird &ÖtX(p6?
v6d-os föv genannt) durch Hinterlist getötet
hatte, Demon bei Athen. 3 p. 96 d = Fr. H.
Gr. 1, 378, 1 ; Nikol. Dam. Fr. H. Gr. 3, 386, 60.
Als in einem Krieg zwischen Athenern und
10 Böotern der Böoter Xanthos den Th. zum Zwei-
kampf herausforderte, weigerte sich dieser,
darauf einzugehen. Darauf übernahm Melan- ^
thos (s. d.) den Kampf, siegte und war an Th.
Stelle König, Paus. a. a. ()., Jo. Antioch. F. H.
G. 4, 539, 19; Apostat. 3, 31; Et. M. 119, 6
s. V. ylTtarovQicc; ebd. 633, 44 s. v. KovQeutTig.
Er ist der Eponym der Thymoitadai, Toepffer,
Attische Geneal. 169; Gruppe, Gr. Myth. 47.
Der Name bedeutet nach Ribbeck, Anf. des
20 Dionysosk. 12 'der Leidenschaftliche' — s. o.
Bd. 3, 1238 8. V. Oxyntes das über die Namen
der letzten Thesiden Gesagte — , während ihn
V. Wilamowitz, Aristoteles u. Athen 2, 129 von
&v(iov, Thymian, herleitet. — 5) Th. = Dimoi-
tes bei Parthen. erot. 31? S. o. Bd. 1, 1020.
Schon Lobeck, Pathol. serm. gr. proleg. 384 be»
tonte nämlich, daß Dimoites kein griechischer
Name sei. Daher schlägt Maas im Gott. Gel.
Anz. 1889 nr, 20 p. 826 vor, Thymoites an jener
30 Stelle zu lesen, und zwar den Namen des unter
nr, 4 genannten Thesiden, so daß dann wie Th.
auch Troizen den Oxyntes zum Vater gehabt
hätte. — 6) Ein Troer aus der Begleitung des
Aeneas, Verg. Aen. 12, 364. [Ruhl.]
Thymos (©vftog), dichterische Personifikation
des Q'viio? durch Kleanthes in einem dialogi-
sierten Gedicht, Wechselrede zwischen Th. und
Logismos; Stoicor. vett. frg. ed.v. Arnim 1, 570.
[Preisendanz.]
40 Thynias (@vvi,dg\ Beiname (bi-)thynischer
Nymphen, Apollon. Rh. 2, 485 {GvvLccäos vv^-
(pr}g); Prop. 1, 20, 34 (nymphis Thyniasin).
[Ruhl.]
Thynnaros {Ovwagos), Name eines Gottes
oder Heros auf Münzen von Synnada, wo es
nach einer Inschr. {Rev. archeol. 1888, II S. 220)
ein religiöses Kollegium der Owragidai gab.
S. Imhoof-Blumer, Griech. Münzen. Münchener
Akad. 1890, S. 224 (748), N, 742 b. [Röscher.]
50 Thyiios {©wog)., Sohn des Phineus von seiner
zweiten Frau Idaia oder einer skythischen
Nebenfrau, Bruder des Mariandynos, Schol.
Apollon. Rh. 2, 140; 181 (nach cod. Paris, soll
dieser Bericht auf Hesiod zurückgehen: vgl.
fr. 53 (79) Rzach, wo aber im cod. Laur, cpaoi
statt (pr]6L steht). Indem Th. als Sohn aus
zweiter Ehe bezeichnet wird, kann er auch nicht
zu den geblendeten Phiniden gehören, Arrian
bei Eusihat. Dionys. Perieg. 809 nennt ihn nnd
60 den Mysos Söhne der Nymphe Arganthone;
ebd. 793 sind Th, und Bithynos die Söhne des
Phineus, Th, ist der Stammheros der Thynoi
und Eponymos von Thynia, S, außer den gen.
Stellen noch Steph. Byz. s. v. ©vvicc. [Ruhl.]
Thyone {©vmvri, dor. ©vmva), Göttin oder
Heroine aus dem dionysischen Mythenkreise,
meist völlig identisch mit Semele (s. d.,
Bd. 4, Sp. 663 f. mit den für die Gleichsetzung
927 Thyone Ihyone 928
dort angeführten, hier nicht wiederholten Be- bei dem Schwanken der Berichte und ihrer
legstellen, unter denen namentlich Beachtung handschriftlichen Lesarten weitere Klarheit über
verdient der delphische Paian des Philadamos, Thyones Ammen würde schwer erbringen. Denn
Buil, de corr.Ml 1895; 19,400 1 6: ov Öij/Ja«s auch Pherekydes {fr. 46, Müller 1, h4) nennt
%OT* iv wicttg Zrivl ytivocxo xaXXinatg Gvmva. zwar nach Hygin. Astr. 2, 21 unter den Dodo-
Ttdvtsg d' ScoxigBs Scyxogtvaav^ xdvtss ^^ /Jporol nischen Ammen des Liber, wie es scheint, aus-
xägriaav öaig, Bdxx^»* yiwaig. Vgl. dazu Viels, drücklich Thyone, führt aber nach ScJioL IL
Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1896, S. 467). Wie 2^486, wo er als diese Ammen die Hyaden be-
Semele gilt also Th. für die Mutter des Dio- zeichnet, bei deren Aufzählung nicht Thyone,
nysos (s. d. Bd. 1, Sp. 1044f.). Daher hieß er lO sondern Dione an; es ist mißlich, den Text
beiden Khodiem BvonviSug {Uesych. s.v.); von des Hygiv dem Homerscholion harmonistisch
Opp. Kyneg. 1,27; 4,286 wird er Qvmvatos^ anzugleichen (gegen Luetke, Pherecydea 1893,
von Bor. C. 1, 17, 28; Or. Met. 4, 13; Stat. Theb. S. 31) oder andrerseits in diesem mit Valcke-
5,266; Poet. tat. min. ed. Baehrens 8,304, Laus naer Ovmvi] zu schreiben, zumal es auch bei
Liberi v. 3: Thyoneus, von Auson. Idyll. 13 Ov. Fast. 6,711 (s. Peter zu d. Stelle im krit.
praef.: Thyonianus genannt; das letztere Epi- Anhang) ungewiß bleibt, ob hier als Vertreterin
theton gibt Cat%dl. 27, 8 dem Wein. Übrigens der Hyaden (s. o.) die Dodonische Thyone oder
wird, nur um des äußerlichen buchstäblichen Dione angerufen wird. Letztere ist auch sonst
Gleichklangs willen, von Hesych. &v(ovidas auch ^in mehrere nicht sicher zu sondernde Wesen
als acc. plur. fem. von ^vmvig überliefert und 20 gespalten' {Gruppe, Mythol. S. 1737); gibt doch
dies mit tovg cvxivovg (oder axvtivovg) q>dlri- Euripides {Antig. fr. 177 Nck.^)^ einem ihm ge-
raff erklärt, was an die dem Dionysoskult eigen- läufigen etymologischen Spiel zuliebe, dem
tümlichen Phallosproze8sionen,z.B. in^m/ojoA. Dionysos zur Mutter die Dione und weist da-
Ach.ibd f. eriüneTt; \g\. Auch Gruppe, Gr. Kulte mit, wenn auch nur stillschweigend, der Th.
I». Myth. 1, 648 f.; Mythol. S. 854, 2. — Th. ist gleichfalls eine niedrigere Stellung an, wäh-
Mntter des Dionysos entweder von Zeus (so rend umgekehrt Nisus (oder Nysos) bei Cicero
nach der vorherrschenden Überlieferung) oder, oder seinem Gewährsmann die Rolle des Vaters
wie man in Nisa am Kithairon erzählte, von eingetauscht hat gegen die des Erziehers (s.o.).
Nisos {Cic. nat. deor. 3,58: Dionysos muUos Ist durch die letzten Zeugnisse die Bedeu-
habemus quintum Niso natum et 'Thyone. so tung Thyones etwas geschmälert, so darf sie
Vgl. Ampel. 9 u. Lyd. de mens. 4,51 Wünsch); andrerseits nicht zur einfachen Bake han-
dieser scheint mit Dionysos' Erzieher {Hygin. tin erniedrigt werden. Gewiß ist der Name,
fab. 167. 179, vgl. 131), der wohl auch Nysos wie Thyia, Thyias, von %"vsiv^ brausen, stür-
genannt wird, zusammenzufallen (s. die betr. men, rasen, abzuleiten, mit dem ja auch ^vq-
Art.). — Es kann hier nicht entschieden wer- öo?, d^iaaog stammverwandt sind (Curtius, Ety-
den, ob die Mutter des Dionysos als eine Göt- mol. S. 258. 717). Aber der Annahme Heyde-
tin der Erde, der Erdtiefe zu fassen ist manns {Satyr- u. Bakchennamen, Hall. Winckel-
(s. d. Art. Semele Sp. 664 f.; aber auch die mannsprogr. 1S80,S. 6; \g\. auch Preller-Bobert,
Zweifel und Einwände im Art. Dionysos Bd. 1, Gr. Mythol. 1*, 661, u. d. Art. Semele Sp. 664),
Sp. 1047, und bei Gruppe, Mythol. S. 1415 f.); 40 als wäre Th. bisweilen nur Bakchenname, wider-
jedenfalls werden Zeus und Ge seine Eltern sprechen die Bildwerke. Von den durch Na-
Bchon von Apollod. fr. 29 bei Lyd. de mens. a. mensbeischriften bezeichneten Bildern Thyones
a. 0. u. Diodor. 3,62,9 genannt, wonach Se- zeigt das Gemälde einer schwarzfig. Hydria in
mele und Th. nur zwei verschiedene Bezeich- Berlin (nr. 1904; abgeb. bei Gerhard, Etrusk.
nungen der Erdgöttin wären, letztere angeb- u. kampan. Vasenb., Taf. 4 — 5; vgl. auch C. I.
lieh hergenommen von den ihr dargebrachten (xr. 7446) ihre Heraufführung aus der Un-
Opfergaben {Diodor: Send x&v ^voiiivcav avr fj t er weit durch den Sohn, also ihre Erhebung
9'vaimv tial d'vriXäiv). Andere Zeugnisse un- zur Gottheit. Ebensowenig läßt Th. die höhere
terscheiden zwischen Semele und Th. nach Würde auf den übrigen Bildern vermissen.
der Lebenszeit: die Mutter des Dionysos so Bei der Hochzeit von Peleus und Thetis
heißt anfangs Semele und ist als Tochter des ist sie mit Dionysos, dem phorminxspielenden
Kadmos eine Sterbliche; erst als ihr der Sohn ApoUon, Herakles und Athene, Ares und Aphro-
die Unsterblichkeit verschafft und sie aus der dite, Poseidon und Amphitrite, also lauter an-
Unterwelt in den Himmel führt, nimmt er ihre gesehenen Göttern , zugegen- auf dem Bilde
Umnennung vor {Apollodor. Bibl. d^ '3S : Scva- einer schwarzfig. Hydria im Museo etrusco zu
yayav i^ "Aidov xr^v yL7]xiQa xal nqogayoQSvGag Florenz {Heydemann, Antikensammlungen i'H
Svmvriv (i€x* avr^g slg o'bgavov ScvijXd'sv. Dio- Ober- u. Mittelitalien S. 88, nr. 26; G. Körte,
dor. 4,2b: Jl6vv6ov fivd'oXoyovöiv äva- Annali d. I. 1877, S. 179; Amelung, Antiken
yaysiv xr]v firix^ga Us[i.iXvv i^ Ziiäov nal {isxa- in Florenz nr. 224). — Auf einem Ruveser
dovxa x^g dd-avaaiag 0v(ovr}v pisxovoiidaaL. 60 Krater {Heydemann, Satyr- u. Bakchennamen
Charax b. Anonym, de Incred. 16, Westerm. 1880, mit Tafel; vgl. Charlotte Fränkel, Satyr -
Mythogr. 325 : Zefiüriv »siag iwigag Xaxslv u. Bakchennamen 1912 : ß; Abbildung in diesem
urq^riaav xai ©vcövtjv oivoiiaöav). — Wesent- Lexikon Bd. 3, Sp. 2118; s. auch C. I. Gr. 8380)
lieh tiefer und schärfer wird zwischen Semele erscheint Th. dicht neben dem bequem gela-
und Th. bei Panyaais fr. 6 Kinkel im Schol. gerten Dionysos anmutig thronend und ge-
Pind.Pyth. 3,177 unterschieden; danach sind schmückt mit Diadem, gesticktem Gewand und
sie zwei verschiedene Personen, und zwar Th. Thyrsos, wogegen die übrigen Personen des
die Amme des Dionysos. Freilich läßt sich Thiasos an Würde oder Haltung z.T. erheb-
929 Thyoneus Tiauranceaicus 930
lieh zurückstehen. — Ähnlich ist es bei einem lamowitz , lierl. Klassikertexte 5,1,24 aus fPr\-
iindern rotfig. Vasenbilde: hier sitzen auf Fei- ps?'»? verschrieben. [Höfer.)
sen allein Dionysos und Thyone; ihr Name Tliyrla (©upia), Tochter des Amphinomos,
lautet hier durch einen Schreibfehler Ithyone von Apollon Mutter des Kyknos (s. d.), Nikan-
(s. d. Art., Bd. 2, Sp. 567; vgl. auch Gruppe, drns u. Arcus 6 Adcxcov iv uafiaTi Kvyivro bei
MythoJ. S. 1415,6). Rinufsumher stehen zwei Anton. Liher. 12, 1; auf die Kunde vom Tode
ausdrücklich mit 'Mainas' bezeichnete Bakchan- ihres Sohnes stürzte auch sie sich in die Km-
tinnen und zwei Satyrn {Heydemann a. a. 0. vi'onii Xi\Lvri, ""^^ beide wurden durch den Hat-
S. 2i); Ch. Frünkel: n; 6\ /. 6rr. 8383). — End- schluÜ des Apollon in Schwäne verwandelt,
lieh sehen wir auf einem arg verstümmelten lo a. a. 0. 12, 8. In der Darstellung bei Ovid Met.
Bilde einer Volcenter Vase {Welcher, A. D. 3, 7, 371 flF. (380) heißt sie Hyrie. [Ruhl.J
136 f. mit Tat*. 13; 0. I. Gr. 8413), das angeb- Thyrxeus {QvQldvg), Bfiname des Apollon zu
lieh die Einführung Thyonea in den Olymp Kyaneä, Paus. 7, 21, 13. Die Bedeutung ist
darstellte?), diese im Gespräch mit dem rück- unsicher. Lauer, System der Mythologie 276
wärtsgewendeten Dionysos; ihnen gehen Dione faßt ihn im Sinne von ^vQatog: 'Th. am Ein-
und Simos, gleichfalls sich unterredend, voran. gang des Bosporus auf den Symplegaden'. Das
Als einfache Mainade gibt sich aber Th., zu- Orakel lag aber in Lykien! Nach Welcher, Gr.
mal mit ihrer feierlichen Handbewegung, hier Götterl. 2, 330 (wo die Form 0ü(?|is steht) be-
ebensowenig kund wie auf den vorgenannten deutet er den ^jugendlich Schlanken', und nach
Vasengemälden. [Johannes Schmidt.] 20 Pape- Benseier, G^WecÄ. J5^i^e«w. 1^ 523 vielleicht
Thyoneus, 1) Beimime des Dionysos, Ov. Met. ''Sprosser, d. h. aufsprossen machend, vgl. lat.
4, 13; Hör. carm. 1, 17, 2H; Stat. Tkeb. 5, 265; turgeo u. &vQao?\ [Ruhl.]
Poet. Lat. Min. 3 p. 304 Inc. Laus Liberi y. 3; Tliyrxis s. u. Thyrxeus; vgl. auch Farnell,
von seiner Mutter Thyone als 'der verklärten Cults 4, 230.
göttlichen Mänade', Preller- Robert, Gr. Myth. Thysta s. u. Thyia (Pest).
1-^ 685. S. 0. Bd. 1, 1048. Vgl. die ähnlichen Tliy^tas s. u. Thyias.
Bezeichnungen ©vcovaio?^ OvcovlSccg. — 2) Sohn Tiaiiiat s. am Schluß des Bandes,
des Dionysos und König auf Chios, Vater des Tianil (tiami) liest Fabretti den Namen eines
Lemnerkönigs Thoas (s, d.), Schol. Pseudacron. Götter Jünglings auf einem Bronzespiegel.
Hör. c. 1, 17,23 (= Script, rer. myth. lat. trcs 1 30 Näheres darüber cf. s. v. tin^O-un. [C. Pauli.]
p. 199 Bode). [Ruhl.] Tiamii s. Men.
Thyonidas(0vcart<yas), Beiname des Dionysos Tiana, eine Inschrift aus Topusko in Kroa-
bei den Rhodiern, Hesych s. v. Nach derselben tien ist Vidaso et Tianae gewidmet, archäol.
Glosse bezeichnet &. aber auch tovg övxlvovg epigr. Mitt. aus Österreich 13 (1890), 16, nr. 2.
{Herwerden i. Mnemosyne N. S. 29 [1901] 218 Kalinha- Swoboda a. a. 0. 17 vermuten, daß
Gxvrivovg, doch ohne Grund) qpaXrjra?, worin diese Göttin Tiana mit Diana vielleicht iden-
eine Erinnerung an die Phallosprozessionen im tisch sei, wenigstens sei nicht ausgeschlossen,
Dionysosdienste liegt, Gruppe, Gr. Myth. 8542 . daß der Anklang an Diana beabsichtigt und
Ebd. 141 6^ hält es Gr. für wahrscheinlich, daß auf eine volksetymologische Umgestaltung des
wir es in diesem Namen statt der Bezeichnung 40 barbarischen Namens zurückzuführen sei; in
einfach der Abstammung von Thyone mit einem Vidasus (Stamm vid, keltische Endung asus)
Hinweis auf die Natur des D. als Feuergottes habe man vielleicht einen Sonnengott, den
zu tun haben. Vielleicht bedeute d-vavidag Gemahl oder den Bruder der Göttin zu sehen,
das bei der Feuererzeugung gebräuchliche, obere Darnach ist auch in der gleichfalls aus To-
Reibeholz, das aus Feigenholz hergestellt war pusko stammenden Inschrift C L L. 3, 3941
und als Phallos betrachtet wurde, oder auch Vidasolithanae sacrum etc. die Trennung des
den durch die Reibung erzeugten Funken, ^vmvri Namens in zwei, Vidasus und Tiana, vorzu-
aber das untere Reibeholz. Beide W"orte gingen nehmen. Kalinha-Swoboda a. a. 0. [Höfer.]
möglicherweise auf eine ältere verschollene ße- Tiasa {Tia6a), Tochter des Flußgottes Euro-
deutung von "O-ro) 'brennen' zurück. [Ruhl.] 5o tas , ein Quell oder Flüßchen in Lakedaimon
Thyos, vielleicht Beiname des Zeus: s. ob. (jetzt wahrscheinlich die Magula), an dem nach
unter Thyios 1. [Preisendanz.] Älkman fr. 105 {Bergk, Lyr. 3*, 67) den beiden
Thyraios {Qvgcctog oder ©vQaiatag'?) , Epo- Chariten Phaenna und Kleta — die Spartaner
nymos und Gründer von SvQcctov im südlichen kennen nur zwei — ein Heiligtum erbaut ist
Arkadien oder von Thyrea in Argolis, Sohn des {Paus. 3, 18, 6. 10; vgl. 9, 35, 1), wohl identisch
Lykaon, Paws'. 8, 35, 7 : Avy.dovog Sh slvcci @v- mit Tiassa {Hesych. s. v.) oder Tiassos
Qcclov t£ xccl ^T^ovvTcc TtQosS^Xcoasv ijiilv ü lo- {Athen. 4,139 b); s. auch Curtius, Peloponne.-i
ybg. Vgl. damit 8,3,3: vnb ös 'Txpovvtog xat 2,244; Wide, Lakon. Culte 124 f.; 214.
<^ Övgaiov ?} MsXaLV8ai ts i-ariöd-riGccv xccl 'T^ovg, [Job. Schmidt.]
hl &E &vQat6v ts -A.(xl Al^oviai- So^rj ds tfj 60 Tiasii (tiasii) liest Bugge die Beischrift zu
kg-KÜdiov xccl 7] Gvgioc iv rfj jiQyolidi yfi xcxl der Figur eines göttlichen Jünglings auf einem
o QvQsdTrig xccXov^svog y.6X7fog &7t6 xov Sv- Bronzespiegel und deutet dies als *^d'Lm6i,og=
Q OL lata xovtov xcc ovo^uxa ia%riytaGi. Vgl. Bur- ^d-imxrig = Achill. Näheres darüber cf. s. v.
sian, Geogr. v. Griechenl. II, 231. Steph. Byz. tin^un. [C. Pauli.]
s. V. Ougatov^ TtoXig 'Agv-ddcov, v.xlöaa 'T^povv- Tiauranceaicus, Genius — , Schutzgeist einer
xog. TtKLÖbg Avzdovog. [Röscher.] sonst nicht bekannten Örtlichkeit in der hispa-
Thyreus {©vQSvg)^ Sohn des Oineus und der nischen Landschaft Callaecia, dem von einer
Althaia, Apollod. 1, 8, 1 (1, 64 TF.), nach v. Wi- Frau aus der auch von Schriftstellern bezeug-
931 Tiauranceaicus Tiberinns 932
ten lusitanischen Stadt Talabriga (Holdfr, AH- a. 0. 2, Sp. 1887), Cari . . heflac(ae, Nymphae?)
celt Sprachschatz 2, Sp. 1706/7) eine Steinin- CIL 2,2681 (o. Bd. 1, Sp. 861), deus Menti-
8chrift geweiht war, gefunden zu Estoraos bei viacu8{'i) CIL 2,5649 (= 2628, o. Bd. 2, Sp.
Ponte de Lima {CIL 2, Suppl. Tab. I Ebc), jetzt 2801), Eonctenaihuacus {^) CIL 2, 241U, Navia
in Lisboa-Lißsabon , Dessau, Jnscr. Lot. sei. S, Sesmacai?) Cü 2, 2602 (o. Bd. 4. Sp. 724), La-
p.CXyC)iU^Bi.9297 Jx&chArcheologoPortugues res Tarmucenbaci {7) Ceceueci CIL 2,2472 (o.
12, 1907, S. 38: Camala Arqui f(üia) Talabri- Bd.5, Sp. 111), £a«dwea€/o6ri<7UÄ(?)Cii 2,2616,
gensis Genio Tiauranceaico (oder Tiaurauceaico) Tameobiigus CIL 2,2377, deus Lurhedicus CIL
v(otum) s(olvü) l(ibens) m(eritoj. Sowohl Ca- 2,6563, dtus EndovelUcus oder bloß Endovel-
tnalos, Camala als auch Arquius u. ä. sind in lo licus (häufig: CJL 2, Svppl. Index p. 1127, o.
Hispanien heimische, wohl iberische Namen; Bd. 1, Sp. 1244 — \1iQ>\ luppiter Ladicus ClL^i^
vgl. CIL 2, Suppl. Index p. 1080 und 1078. 2525 (o. Bd. 2, Sp. 1785), 3/awirftca C7i 2, 6669
Holder a. a. 0. 1, Sp. 707 f. und 220 (doch ebd. (o. Bd. 2, Sp. 2307), Laris Pindeneticii'f) CIL
3, Sp. 689 gestrichen, weil nicht keltisch). Die 2,2471 (o. Bd. 8, Sp. 2610), Laves Turolic(i) CIL
Namenbildungen auf -aicuSf aigus, •aecus, 2,431. Vgl. zu diesen iberischen Namen JE/ ü5ner,
-aegus (auch -egus, -ecus geschrieben) sind dem Mon.ling.Jler.^. CHI f. CXf. CXXi. CXXXVIIf.
keltiberischen Sprachgebiet in Hispanien eigen- — Die örtliche Schutzgottheit wird entweder
tümlich und ursprünglich Adjektiva, wie die allgemein als Genius loci (seltener weiblich:
Matres Gallaicae CJL 2,2776 (s. o. Bd. 1, Sp. Tuiela loci), auch Gtnius jTuUla) huius loci
1592) und der hier besprochene Genius T. leh- 20 verehrt, oder es wird die ürtlichkeit genauer
ren (vgl. Genius Arvernus CIL 13, 1462 = bezeichnet: Genius coloniae, curiae, theatri,
Dessau 7087). Es sind vorwiegend Namen von thermarum, horreorum, fontis usw., was manch-
Ciottheiten, die vielfach recht fremdartig klingen mal durch Nennung des Namens geschieht,
und deren Lesung daher nicht selten zweilel- wie Genius Carthaginis (ebenso wohl auch
haft ist. Beispiele für Personennamen : ^ratca in Nordafrika: Genius Sesase, Genius Va-
Arai f(ilia) CIL 2,2952, Amhaicus{'i) CIL 2, nisnest), Genius Baetis, Genius lllyrici und
2985, Calhucus CJL 2,114. 858 und Gallaeca Baciarum. Statt dessen tritt aber häufig der
ebd. 556 (übereinstimmend mit dem Yolksna- Name der Örtlicbkeit als Gottheit auf mit oder
men der iberischen CaJlaici, der Bewohner der ohne Beifügung von deus, dea und öfters als
Landschaft Callaecia, Gallaecia) mit der latei- 30 Beiname einer römischen Götterbezeichnung
nischen Ableitung Gallaecianus CJL 2,4200, hinzugesetzt, so in Hispanien in den ölen auf-
Melgaecus CIL 2, 2486 (vgl. 2426). Beispiele geführten Belegen Ton (wohl iberischen) Na-
für Göttemamen: Abiafelaesurraecus (?) CJL 2, men, welche teilweise in diesem Lexikon nach-
2524, Aegiamunniaegus CJL 2, 2523 (0. Bd. 1, zutragen sind, so auch im keltischen Sprach-
Sp. 85), Banderaeicus (?) CJL 2, 2387 (0. Bd. 1, gebiet z. B. Aramo, Arausio, Aventia, Aximus,
Sp.749), Bandiaeapolosegus CJL 2, 740 (0. Bd. 1, Bedaius, Bergimus, Bihracte, Bolvinnus, Celeia,
Sp. 749), Bandiarbariaicus CJL 2, 454 (0. Bd. 1, Cemenelus, Letinno^ Luxovius, JSemausus, Va-
Sp. 749), Bcantunaecus {^) oder Cantunaecus (^) sio, Vienna, Vintius; Allobrox, Noreia ; Abnoba,
CIL 2, 861 (0. Bd. 1, Sp. 764 und 861), Bmer- Arduinna, Vosegus; Jcauna, Matrona, Stquana
vasecusi^?) oder b(enej mer(itusj Vasecus(?) CIL 40 usw. Einigemal finden sieb, entsprechend dem
2, 868 (0. Bd. 1, Sp. 788), Mars Cariociecus CIL Genius Jovis, Genius Martis u. a. {Birt o. Bd 1,
2,6612, Castaeci oder Castaecae (Nymphae^) Sp. 1619. Otto in der Neubearbtg. von Paulys
CIL 2, 2404 (0. Bd. 1, Sp. 866), dii Ceceaigi BeaUncyclopädie 7, S. 1164 f.), Bezeichnungen
CIL 2,2597 (0. Bd. 1, Sp. 868; vgl. unten Ce- von örtlichen Gottheiten, wie Genius Apolhnis
ceaeei)^ Lares Cerenaeci CIL 2,2384 (0. Bd. 1, Atepomari, Genius Mercurii Alauni; vgl. CJL
Sp. 859), deus domenus Cubuneneoecus CIL 2, 7,165: Genio Averni. Vereinzelt ist der oben
5662 (= 2375, vgl. 0. Bd. 1, Sp. 1196: Dom-), angeführte Genius Arvernus (sonst Genius Leu-
Diaecus CIL 2, 4977 und zu 5276 (0. Bd. 1, coruni, Genius Noricorum u. ä.). Während die
Sp. 1002), Eaecus CJL 2, 741. 742. 763 (0. Bd. 1, Weihung CJL 12, 6783 einfach lautet: Accoro,
Sp. 1209), Beuveanabaraecus{7) CIL 2, 686 (o. 50 lautet sie ebd. 6798: [GJinio Acoro, und der
Bd. 4, Sp. 76/77), Vagodannaegus CIL 2, 2636, öfiers als Mars, einmal auch als Silvanus he-
Virroreviiiaefcjus CJL 2, 2575. Auch Namen- zeichnete britannische Cocidius heißt CJL 7,
bildungen auf -agfUÄ, -acws, -i^fMS, -iCMS gehören 644: Genius pr[ae]sidi(i) und ebd. 886: Ge-
alle oder teilweise hierher, wie die Personen- nius vallfij. [Kenne.]
namen . .uUbagus CJL 2,5712, Turaga CJL Tiberinus, der Gott des Flusses Tiberis
2, 6336a, Assaracus{?) CJL 2, 6108, Ammica {Varro de IL 6,71 a fontihus et fluminibus ac
CJL 2,3198, Antubellicus CIL 2,5202 (vgl. ceteris aquis dei, ut Ttberinus ab Tiberi), wie
766), Apilicus CIL 2, 6660, Assalica CIL 2, Numicius der des Flusses Numicus (vgl. W.
4365. 4356, Caricus CIL 2,899. 2928, Caricus Schulze, Zur Gesch. lat. Eigennamen S. 481).
Cari f(ilius) ebd. 2954, Crovesica CIL 2, 6740, 60 Mit der Unterscheidung des Serv. Aen. 8, 31
usw. (manche dieser Namen sind nicht als vom in sacris Tiberinus, in coenolexia Tiberis, in
Namen des Vaters abgeleitete Bildungen, son- poemate Tihris vocatur stimmt der Sprachge-
dem vielleicht als Herkunftsbezeichnungen nach brauch im allgemeinen überein, insofern die
Örtlichkeiten zu deuten, z. B. Paesica Arga- adjektivische Form Tiberinus (näml. deus) in
monica CIL 2, 2856, Argilicus ebd. 5616, Ave- der Regel von dem Gotte oder der Personifika-
licu^, Avellicus ebd. 5350. 5876), femer die Na- tion des Flusses gebraucht wird, doch sind in
men von Gottheiten Tongoenabiagus Lessau der Dichtung und der gehobenen Prosa die
4608 (iberisch , nicht keltisch , trotz Holder a. Stellen nicht selten, wo Tiberinus (unter Weg-
933 Tiberinus Tiberinus 934
lassung von amnis) nur den Fluß ohne den Ge- = Dessau 7260) in Trastevere abgehaltenen ludi
danken an rersonitikation oder Vergöttlichung piscatorit {Fest p. -210. 23H. Ovid. fast. 6,2'd7 ü.)
bezeichnet (z. B. Ovid. fast. 4, 2U1 qua se Ttbe- zum Kulte des Flußgotten standen. Zeugnisse
rimis in altum dividit; 0, 105 adiacet antiquus der Verehrung des Tiberinus besitzen wir außer
Tiberino lucus Helenii. Flor. 1,4,2 interflnen- aus Koni (vgl. aucii C77> 6, 773 Dessau Q2a
fem urhi l'iberinum povte commistt, vgl. Schulze Impieratoresj Diocletianus et Maximianus Au-
a. a. 0. S. 537); über den erst von Vergil aus g(usti) prrpurgatis fontium rivis et üineribus
der Sibyllinenpoesie in die lateinische Dichter- ecriim ad peremiem usum refectis Tiberino pulri
spräche einj^eführteu Namen Thybris vgl. K. aquarum omnium et rejurtoribus admirabilium
Meister, Lateinisch- griechische Eigtimamni 1 lo fabricartim priscis vtris honori dederunt curavte
M*J16) S. ö3iF. Den Kult des Tiberinus sollte (iquas Ij. Aelio Dlijon/y/sio c. v.) von mehre-
Komulus eingeführt haben iMinuc. Fei. 25,7. ren Punkten des Flußlaufes; in Ostia gab es
August, de civ. Dei 4, 23. ü, 10), doch kennt die einen Tempel des Tiberinus pater (CiL 14,
alte Festtafel zwar ein Fest des Flusses (s. Art. 376 Z. 17), Weihinschrilten liegen aus Horta
\'olturnus), aber nicht den Namen Tiberinus; {CIL 11,3067 = Des.-au 2152 Sex. Atusius
denn wenn im Kalender des Fhilocalus die Sexfti) fil(ius) Fabia Koma Friscus evoc(atus)
Portunalia (17. August) als 7Vt<?rmaZm bezeich- Aug(usti) primus omnium aram Tiberino po-
iiet sind, so ist das keine alte Überlieferung, suit, quam caligatus voverat) und der Gegend
sondern eine willkürliche, auf Grund der Orts- von Tuder {CIL 11,4644 = Dessau 3902)
angäbe in portu Tiberino {Varro de l. l. 6, li)) 20 vor. In der Dichtung und der bildenden Kunst
gemachte Abänderung, durch die sich Mowm- hat man den Tiberinus ganz nach Art der
sen (CIL 1' p. 325) zu seiner mit Recht all- griechischen Flußgötter dargestellt, so in den
•jjemein abgewiesenen (oben Bd. 3 Sp. 2787) Schilderungen bei Verg. Aen. 8, 31fiF. und Clau-
Gleichsetzung von Portunus und Tiberinus hat dian. paneg. Prob, et Olybr. cons. 209 ff. (der ihm
verführen lassen. In den Gebetsformeln der sogar taurina cornua gibt, v. 220f., und ihn
römischen Priester wurde nicht nur der Fluß zum Sohne des Oceanus, v. 215, und Vater der
unter verschiedenen, seine besonderen Eigen- Njmphen, v. 263, macht) und in den Statuen
Schäften hervorhebenden Bezeichnungen {Serv. im Louvre {Fröhner, Notice de la fculpture an-
^4en. 8, 63 in sacris etiam Serra dicebatur ; 8,95 iique du musee national du Louvre nr. 449,
Tiberim libri augurum colubrum loquuntur tam- 30 Gegenstück des Nil im Belvedere des Vatikans,
quam flexuosuni) angerufen, sondern auch der Hellig, Führer durch die Samml. klass. Alter-
Name Tiberinus fand sich sowohl in den Ge- tümer in Rom^ nr. 34) und auf dem Capitols-
beten der Auguren {Cic. de nat. deor. 3, 52 in platze {Heibig a. a. 0. 1 S. 412), sowie auf Re-
augurum precatione Tiberinum, Spinonem, AI- liefs, in denen die Gestalt des gelagerten Fluß-
monem [so ürsinus, überlief, anemonem], No- gottes das Bild abschließt (Basis Casali, Heibig
dinuni, alia propinquorum fluminum nomina a a. 0. nr. 54, Altar aus Ostia, Heibig nr. 1463,
videmus; über Beziehungen zwischen der Ver- vgl. auch das esquilinische Gemälde ebenda
ehrung des Flusses und der Auspicienlehre nr. 1454).
s. Serv. Aen. 1,13) wie in denen der Pontifices Eine junge Tradition, als deren Vertreter
{Serv. Aen. 8,330 von Tiberinus: nam et a 40 uns ausdrücklich ^Zeara^zder Polyhistor gensrnnt
pontificibus indigitari solet)^ aus denen wohl wird {Serv. Aen. 8, 330 , vgl, Mommsen, Rom.
die von Ennius ann. 54 Vahl.^ {Macr. sat. 6, 1, Chronol.^ S. 256. Niese, Rom. Geschichte^ S. 94
12) teque, pater Tiberine, tuo cum flumine sancto A. 2), hat den Namen Tiberinus einem der Mit-
und weiterhin von Vergil Aen. 8, 72 tuque, o glieder der albanischen Königsreihe (s. über
Thybri, tuo, genitor, cum flumine sancto nach- diese C. Trieber, Hermes 29, 1894 S. 124 ff.
gebildete Anrufung adesto, Tiberine, cum tuis Ed Schwartz, Die Königslisten des Eratosthenes
undis {Serv. Aen. 8, 72) stammt. Den Kultbei- und Kastor, Abhdl. d. Göttin g. Gesellsch. d. Wiss.
namen pater {CIL 14,376 Z. 17 cellam patri 40, 1894 S. 3 ff. Pais , Storia critica di Roma 1 , 1
Tiberino)^ der außer an den eben angeführten S. 263 ff.) gegeben und erzählt, dieser sei im
Stellen (vgl. auch Verg. Georg. 4, 369) auch in 50 Kampfe in den Fluß gestürzt und darin er-
dem Gebete des Horatius Codes bei Liv. 2, 10, trunken, worauf der bisherige Name Albula in
11 Tiberine pater, te sancte precor, haec arma Tiberis verwandelt worden sei {Varro de l. l.
et hunc militem propitio flumine accipias be- 5, 30. Paul. p. 4. 366. Corp. gloss. lat. 4, 184, 22.
gegnet, teilt Tiberinus mit anderen Flußgöttern 5, 486, 19. Liv. 1, 3, 8. Dion. Hai. 1, 71, 2. Dio-
{Wissoiva, Relig. u. Kultus d. Römer'^ S. 224), dor. 7, 5, 10. Steph. Byz. s. v. l4X§cc. Ovid. fast.
seine Deutung als pater aquarum omnium 2, 389f. 4, 47 f.; we^. 14, 614ff. ; Ib. b\2. Serv.
{CIL 6,773 = Dessau 626, Inschrift des Dio- ^m. 8,330. Ps.-Aur.Vict. origo 18,1. Lact. inst.
cletian und Maximian) war erst zu einer Zeit div. 1,11,59), während andre den Namen des
möglich, als Rom die Hauptstadt der V/elt ge- Flusses von einem Veienterkönige Thebris her-
worden war. Wann das auf der Tiberinsel ge- 60 leiteten ( Varro u. Serv. a. a. 0., vgl. K. Meister
legene Heiligtum des Gottes, dessen Stiftungs- a. a. 0. S. 70), eine Tradition, die auch Verg.
tag auf den 8. Dezember fiel {Tiberino in in- Aen. 8, 330S. vor Augen zu haben scheint. Ab-
sula, fast. Amit. CIL 1^ p. 336), gegründet seits davon liegt eine andere Überlieferung,
war, wissen wir nicht (vgl. M. Besnier, Vile die den Flußgott zum Sohne des lanus und
Tiberine dans l'antiquite S. 304 ff.), ebensowenig der Camasena machte; wenn nach Serv. a. a. 0.
in welcher Beziehung die am 7. Juni von der auch dieser im Flusse umgekommen sein soll
römischen Fischerinnung (corpus piscatorum et {ibi in bello periisse tradunt) , so beruht das
urinatorum totius alvei Tiberis CIL 6, 1872 wohl auf Kontamination mit der Erzählung
935 Tiberis Tierdilmonen 1)36
vom Albauerkönige Tiberinui. Über die Erzäb- CIL 14,3040. — Ferner findet sich T. als Hei-
lung des Ennius von der Vermählung des name des Hercules in dem Bruchstück einer
Flußgottes mit llia s. oben Bd. 2 Sp. 118. Inschrift CIL 6,342 = 30742: HJerculi Tibur-
[Wissowa.] Uno e[t . . . usw., welches nicht aus Tibur-Ti-
Tiberis s. Tiberinus. voli verschleppt ist, wie CIL 14,3662 an<]fp-
Tibios {Tlßiog), ein (mythischer?) Phryger, uommen wird, sondern in Rom beim Forum
Eponymos (und Gründer?) von Tißiov in Phry- ('sub Tabulario') gefunden wurde, vermutlicli
gfien. Steph. Byz. s. v. Tißiov^ rön^og ^gvyiccsy herrührend von einer Weihung in den statio-
&n6 Tißiov Tivog, ix rovrov xtxl Tißiovg tovg nes municipionim am Forum Romanum {Plin.
dovlovg xcdoi^i. Vgl. Pape- Benseier, Wörterb. lo n. h. 16,286), und zwar in der statio (dieses
d.gr. Eigennamen^ 11, 1521 uTLteTTißia('»'Fhry- Wort ist auf dem Bruchstück noch erhalten)
gien), Tißioi, Tißiog. [Röscher.] der municipes Tiburtini, welche also auch hier
TiburuMS, eponymer Gründer von Tibui-, von ihrem göttlichen Schutzherrn huldigten; vgl.
Vergil Aen.l.^ll und 11,519 und von Sex- HueUen, CIL 6, 4, 2 p. 3013 zu nr. 30742. Der
*»!«(?) bei Solin. 2, 8 Tiburtus genannt; die von einer Genossenschaft von Tanzpriestern
Namensform Tibur bei Serv. Aen. 7, 670 {Tibwr (Saht) bediente Kult des Hercules Tibortinus
vel Tiburnus) beruht auf falscher Nominativ- stand in enger Beziehung zum Kult des luppiter
bildang zum Kasus Tiburti {Dessau CIL 14 Praestes zu Tibur {CIL 14, 3555. Wissoiva, Ke-
p. 366 nr. 8); Tibumi arx heißt Tibur in dem ligion u. Kultus der Bömer* S. 124. 272—273.
inschriftlichen Gedicht aus Burdigala CIL so 5ö5, 2).
18,581 =» Buecheler, Carm.epigr.Sll,b. Wenn Diana wird gleichfalls Tiburtina genannt
der von Horaz carin. 1, 7, 13 erwähnte Tibumi von Martial. 7, 28, 1: sie Tiburtinae crescat tibi
lucus (danach Sueton. rita Horat. p. 7, 20 Vollm. silva Dianae et properet caesum saepe redire
domusque ostenditur circa Tibumi luculum ; siuch nemus. In einer erhaltenen Weihinschrift von
Stai,8Uv. 1,8,74 Ula recubat liburnus in umbra Tibur, CIL 14, 3536 heißt die Göttin Diana
geht a,Jif Horaz zurück) ein heiliger Hain war, OacZesits, in einer anderen, handschriftlich über-
80 war Tiburnus eine alte Lokalgottheit. Cato lieferten Inschri^ CIL l^,HbS7: Diana opifer(a)
{orig. frg. bQ Peter = Solin. 2, S) \iQ.tte bXb Grün- Nemorensis; Mittelpunkt der Verehrung der
der von Tibur Catillus. den Befehlshaber der Diana Nemorensis war aber Aricia in Latium,
Schiffe des Arkaders Euander, genannt, die ge- so vgl. o. Bd. 1, Sp. 1004. CIL 14 p. 204. Wissowa
wohnliche Tradition machte die drei Stadt- in Neubearbtg. von Paiilys Beal-Encyclopädie
gründer Tiburnus, Coras und Catillus zu Söhnen Bd. 5, Sp. 328 ff. und Religion u. Kultus der
des Amphiaraus {Serv. Aen. 7,670. Plin. n. h. Römer* S. 247 ff. Daß Tibur an diesem Kult
16,237). Doch hat Catillus immer einen Vor- beteiligt gewesen, lehrt Cato orig.frgm.bS Peter
rang unter den drei Brüdern behauptet {Horaz {Hist. Rom. frgm. p. 62), erhalten bei Priscian.,
carm. 1,18,2 solum Tiburis et moenia Catili, vgl. auch Appian. bell. civ. 6,24. [Kenne.]
vgl. 2, 6, 5 Tibur Argeo positum colono. Sil. Tiburtus s. Tiburnus.
Ital. 4, 225. 8, 364. Stat. silv. 1, 3. 100), und dem Tichnondaes (TtxvovSaT]s\ mystischer Name
hat die Erzählung eines unbekannten Sextius oder magisches Begrüßungswort für die sechste
bei Solin. 2, 8 Rechnung getragen, die Catillus 40 der sieben 'Schicksalsgöttinnen des Himmels',
allein nach dem Tode seines Vaters Amphia- ovquvov Tvxocl, in der sog. Mithrasliturgie des
raus als Führer eines ver sacrum (vgl. Verg. Großen Par. Zauberpap. Z. 672 a. Sie kommen,
J.cn. 7, 672 Argiva iuventits) nach Italien kom- entsprechend den sieben Polherrschern, durch
men und erst dort drei Söhne Tiburtus, Coras Tore aus der Tiefe, in Bjssosgewändern, mit
und Catillus zeugen ließ, welche die Sicaner Schlangengesichtern, goldenen Zeptern. Ihre
aus der Stadt vertrieben und diese nach dem Epitheta: hehre und gütige Jungfrauen, hei-
ältesten der Brüder Tibur genannt hätten. Vgl. lige, hochheilige Wächterinnen der vier Säulen
R. Ritter, De Varrone Vergilii in narrandis ur- {asiivai^ ccyad-al Tcagd'^voi, isgccl, biioSiaitoi xov
bium populorumque Italiae originibus auctore Mivt/xjtp poqpop, ccyioaTurca cpvXooiLGGai tmv tsa-
{Dissert. philol. Halenses 14, 1901) S. 329 ff. 50 accgcov 6TvXi6iitov). Ihre Namen oder ßegrüßungs-
[ Wissowa.] I werte: Chrepsenthaes, Meneschees, Mechran,
Tibnrtinns heißt Hercules Victor in der Ararmaches, Echommie, Tichnondaes, Erourom-
Weihinschrift von Tibur-Tivoli in Latium CIL bries. (Im letzten Namen könnte aQOvgcc und
14, 3564 {Dessau Inscr. Lat. sei. 3416), dessen eine Form von o/tl^pstr stecken, 'Flurberegnende'
Verehrung in Tibur durch zahlreiche Zeugnisse Daß sonst wohl nur Wortspielereien wie meist,
von Schriftstellen und Inschriften beglaubigt leichter oder schwieriger erkennbar, in den voces
ist, 8. Dessau im CIL 14 p. 367—368. Die ge- liegen, zeigt wohl der Name des mit den Sie-
nannte Inschrift ist Herculi Tiburt(ino) Victforij ben lebenden Geistes.) Dieterich, Mithraslit. 70,
et ceteris dis praet(oriisy Tiburt(inis) geweiht meint, diese Tychen müßten Sterne, nicht Pla-
von einem hohen Staatsbeamten, Konsul des 60 neten, repräsentieren, und vergleicht sie, mit
J. 106 n. Chr., L. Minicius Natalis {Prosopogra- Annahme einer Vermischung gnostischer und
phia Imp. Rom. 2, S. 379 nr. 440), der in Tibur ägyptischer Vorstellungen, den schlangenköpfi-
dem Asklepios Tempel und Altar mit griechi- gen Weibgestalten der Ogdoas, der großen acht
scher Inschrift geweiht, anderswo anderen Gott- Weltgötter. [Preisendanz.]
heiten durch Inschriften gehuldigt hat und dem Tierdämonen. Das Wort Dämon hat ver-
die Tiburtini die Ehrendenkmäler C/i^ 14, 3699 schiedene Bedeutungen {Waser, Pauly-Wisso-
und 3600 gesetzt haben. Praetoria ist auch ivas Realencycl. Bd. 4, Sp. 2010; Andres, ebd.
Fortuna benannt in der Inschrift von Tibur Suppl. 3, 267 ff); in dieser Zusammensetzung
937
Tierdämonen
Tierdämonen
938
bezeichnet es da« gottllhn liehe, dem Menschen
überlegene Wesen {H. Usener, Götternamen 24H,
292 ff.), und zwar ein Wesen, das vollständig
oder teilweise Tiergeatalt besitzt.
Die Vorstellung, daß es dämonische Tiere
gibt, findet sich bei vielen Völkern; sie ist
eine unter den vielen unvollkommenen An-
schauungen, aus denen sich das Weltbild
primitiver Stämme zusammensetzt. LFm sie zu
schaffen, haben richtige und unrichtige Heob- lo
achtungen und Schlüsse zusammengewirkt.
Daß manche Tiere stark ausgeprägte Eigen-
schaften besitzen, die sie dem Menschen über-
legen machen, ist richtig beobachtet: die Stärke
des Löwen, die Schnelligkeit des Hirsches, die
List des Fuchses ist mehr als menschlich.
Richtig ist auch der Schluß, daß diese Kräfte
abhängig sind von der Tierseele, und durch
sie in Bewegung gesetzt werden. Aber un-
richtig ist es, wenn diese Seele ganz nach 20
Analogie der menschlichen gedacht wird, etwa
erfüllt von der bewußten Absicht, einem Men-
schen nützen oder schaden zu wollen, oder
begabt mit dem Verständnis für des Menschen
Worte und alle seine Handlungen.
Durch solche Denkweise kann sich die Vor-
stellung von Tieren entwickeln, die dem Men-
schen gleichartig und dabei doch überlegen
sind. Diese Überlegenheit erscheint in zwei
verschiedenen Graden. Entweder ist sie eine 30
partielle, und der Mensch kann sich unter be-
stimmten Voraussetzungen doch zum Herrn
des Tieres machen, sich seinen Nutzen sichern,
seine Schädigung fernhalten. Das geschieht
meist durch bestimmte Worte und Handlungen,
denen Zauberkraft zugeschrieben wird: es ist
ein wesentlicher Zug für die Tierdämonen,
daß der Mensch durch den Zauber über sie eine
gewisse Gewalt hat. — Oder die Überlegenheit
des Tieres ist eine so vollständige, daß es stets 40
den freien Willen behält, ob es dem Menschen
nützen oder schaden will. Auch dann naht
man ihm mit bestimmten Worten und Hand-
lungen, die aber dann Gebet und Opfer heißen:
derartige Wesen sind tiergestaltige Götter.
Ihren Kult pflegt man zur Religion zu rechnen,
während man die Anschauungen von Tier-
dämonen einer Unterschicht religiösen Denkens,
dem Volksglauben oder Aberglauben zuweist.
Als eigentliche Tierdämonen sind daher 50
solche animalische Wesen zu fassen, die zwi-
schen gewöhnlichen Tieren und tiergestaltigen
Göttern in der Mitte stehen, Wesen, denen in
abergläubischer Weise der Wirklichkeit ent-
gegen außerordentliche Kräfte zugeschrieben
werden, auf die man mit Zauber zu wirken
sucht, ohne ihnen einen eigentlich göttlichen
Kultus zu gewähren. Doch sind die Grenzen
dieses so umschriebenen Gebietes unsicher, so-
wohl nach den gewöhnlichen wie nach den 60
göttlichen Tieren hin. Wenn die Mäuse durch
eine Zauberformel beschworen werden, den
Acker zu verlassen {Geop. 13, 5, 4), so werden
sie wie Dämonen behandelt, während man
sonst von dämonischen Eigenschaften dieses
Tieres nur wenig hört. Andererseits gab es
in Rom die divae Corniscae, dämonische
Krähen (/. VürÜieim, Mnemos.^7, 1909, 822 f.):
Röscher. Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V
aber sie hatten ihren heiligen Hain {Fest. p.
66 L) wie sonst die Götter. Die Steigerung
des Tieres zum Dämon und von da zum Gott
geschieht sehr unmerklich; deshalb können
auch im folgenden diese drei Kategorien nicht
scharf auseinandergehalten werden.
Die letzten beiden Beispiele zeigen, daß
Griechen und Römern der Glaube an dämo-
nische Tiere nicht fremd gewesen ist. Sonst
ist aus dem Altertum namentlich die Ver-
ehrung bekannt, die man der Fauna in Ägypten
erwies (s. Th. Hopfner, Der TierkuU der alten
Ägypter, Denksr.hr. Wien. Akad., phü.-hist. Kl.
57, 1913, 2. Abh.j. Noch in der Gegenwart
ist der Tierglaube bei primitiven Völkern sehr
verbreitet, so unter den Indianern Nordamerikas
(Belege bei /. G. Frazer, Totemism and exn-
gamy, 4 Bde., London 1910). Die Frage, in
welchem Verhältnis diese oft sehr ähnlichen
Anschauungen der verschiedensten Völker zu-
einander stehen, darf man nicht einheitlich von
einem einzigen Gesichtspunkt aus entscheiden
wollen. Daß parallele Entwicklung derselben
Ideen ohne Übertragung von einem Volk zum
andern möglich ist, zeigt das Beispiel der
Ägypter und Indianer. Die Anschauungen der
Griechen und Römer werden sich zu einem
guten Teil in der indogermanischen Urzeit ent-
wickelt haben; das darf man wohl aus der
Verbreitung schließen, welche z. B. die Werwolf-
sage besitzt {Gruppe, Griech. Myth. u. Bel.-
Gesch. 806, 9 ; W. Mannhardt, Wald- u. Feld-
kulte 2, 322). Solcher Glaube hat lange fort-
bestanden: noch in nachchristlicher Zeit erzählt
Petron seine Werwolfgeschichte {Sat. c. 62) und
berichtet Philostrat von dem Pestdämon in
Hundegestalt {Apoll. Tyan. 4, 10); man darf
annehmen, daß noch damals die dem Tier-
dämonismus zugrunde liegenden Denkweisen
bei Griechen und Römern lebendig und fähig
waren, neue Triebe spontan aus sich heraus
zu erzeugen. Daneben aber ist die Möglich-
keit der Beeinflussung durch fremde Völker
nicht abzuleugnen; eine Abhängigkeit dieser
Art ist sicher vorhanden bei der jüngeren Auf-
fassung der Sphinx (Bd. 4 Sp. 1338) oder in
der Sage vom Vogel Phönix {Gruppe a. a. 0.
795). Aber nur selten kann man mit Sicherheit
sagen, welche der verschiedenen Möglichkeiten
(Ursprung in der idg. Urzeit, in der Zeit der
Sonderentwicklung, Übernahme von fremden
Völkern) eine bestimmte Vorstellung der Grie-
chen oder Römer geschaffen hat.
Die Zeugnisse für den antiken Tierdämo-
nismus sind lückenhaft. Einmal nennen sie
uns nicht alle Tiere, mit denen irgendwelcher
Volksglaube verbunden war. So kommt es,
daß wir in Rom verhältnismäßig wenig von
dieser Erscheinung hören, obwohl sie dort ja
sicher vorhanden war. Auch muß man es eine
Lücke nennen, daß wir nicht erfahren, inwie-
weit dasselbe Tier, das einigen dämonisch er-
schien, von andern entweder als Gott oder als
gewöhnliches Tier aufgefaßt wurde, und wie
weit man ihm entweder eine oder mehrere
dämonische Eigenschaften zugeschrieben hat.
Denn alle diese Vorstellungen sind in derselben
Zeit für verschiedene Angehörige desselben
31
939 Tierdämonen Tierdämonen 940
Volkes, sogar für denselben Menschen zn ver- für den Wolf R. de Block, Le loup davs les
schiedenen Zeiten möglich. In Ägypten aßen mythologies de 1a Gr^ce et de Vltalie anciennes,
ohne Scheu die Kjnopoliten den Oxyrhynchos, luv. de Vinstntction publique en Belgique 20
die Oxyrhynchiten den Hund, während das (1877), 145 ff.; für das Pferd: Malten , Arcfi.
Tier den feindlichen Nachbani als göttlich Jahrb. 29 (1914), 179 ff. Anderes wird später
galt (Plut. de Is. 72, p. 880 B). So können wir zu erwähnen sein,
aus unserem Material nur das Vorhandensein Die Objekte des antiken Tierdämon ismus
bestimmter Vorstellungen erschließen, nicht zerfallen nach ihrem Äußeren in verschiedene
aber ihre Verbreitung, weder örtlich noch zeit- Kategorien. Es sind entweder wirklich vor-
lich. Mitunter mögen sogar ausgebildetere lo handene Tiere oder Geschöpfe der Phantasie,
Vorstellungen zeitweise erloschen und dann deren Erscheinung mehr oder weniger tier-
dnrch ein unheimliches Vorkommnis spontan gestaltig gedacht wird. Mit realen Hunden
aus den zugrundeliegenden Denkformen neu und Wölfen verbindet man im Altertum ebenso
erzeugt worden sein. abergläubische Vorstellungen wie mit phanta-
Trotz seiner Lückenhaftigkeit ist das Ma- stischen Drachen oder mit den stymphalischen
terial des antiken Tierdämonismus gewaltig Vögeln. Femer macht es einen Unterschied,
groß. Von den Monumenten und vereinzelten ob der Glaube sich an die ganze Gattung heftet,
Bemerkungen der Autoren abgesehen, könnte so daß z. B. jede Schwalbe Unglück bringt
man allein aus P/initi«' Naturgeschichte und {Diog. La. 8, 11 ö(ioQO(piovg x^^i^övag ^li] ^x^iv),
AeiianB Tiergeschichten ein ganzes Lexikon 20 oder ob ein einzelnes Tier Gegenstand beson-
hierozoicum zusammenstellen. Das zu tun, derer Scheu ist, wie etwa der nemeische Löwe
kann natürlich nicht Aufgabe dieses Artikels allein von allen Löwen unverwundbar ist
sein. Er beschränkt sich darauf, die wich- {ApoJlod. 2, 7ft Wagner).
tigsten Formen zu schildern, in denen uns Bei einzelnen dieser Anschauungen läßt
der Glaube an dämonische Tiere entgegentritt, sich die Entstehung noch mit einiger Wahr-
und für jede Form einige wenige Beispiele scheinlichkeit erklären. Oft mag ein einzelnes
anzuführen. Für das übrige sei eine Auswahl Raubtier bestimmte Gegenden als Bauernschreck
der wichtigsten Literatur gegeben. W. Wundt, unsicher gemacht und sich lange den Nachstel-
Völkerpsychologie, zuerst 2. Bd. Mythus u.Relig., lunpen der Menschen entzogen haben. Diese
S.Teil (Leipz. 1906), S. 238 ff.; ^.<yc (rtift^rwatw, so haben dann ihren Mißerfolg durch besondere
Die Tiere in der indogermanischen Mythologie, Stärke des Tieres erklärt oder mit den Augen
aus dem Englischen übersetzt von M. Hart- der Furcht in ihm überhaupt ein Fabelwesen
mann, Leipz. 1874; Victor Hehn, Kulturpflanzen gesehen. Aus der Erinnerung an solche Dinge
und Haustiere, 7. Aufl. von 0. Schrader und sind die Mythen von einzelnen dämonischen
A. Engler, Berlin 1902; 0. Kellei; Thiere des Tieren, wie vom kalydonischen Eber (s. Bd. 2
elctssiwhen Altertums, Innsbruck 1887, und Die Sp. 2691) oder von der krommyonischen Sau
ant. Tierwelt 1. 2, Leipzig 1909. 13; P. Schwarz, {Apollod. epit. 1, 1 W.) entstanden. Andererseits
Menschen u. Tiere im Aberglauben d. Griechen übertrug sich, was man an einem Tiere Un-
und Römer, Celle 1888; 31. W. de Visser, Die heimliches bemerkt hatte, leicht auf die ganze
nicht menschengestaltigen Götter der Griechen, 40 Gattung. War einmal ein Mensch gestorben,
Leiden 1903, S. 167 ff.; Eug. Kagarow, Eeti- nachdem sich das Käuzchen hatte hören lassen,
sehismu8,Pflanzenkult und Tierverehrung im alten so galt jedes Käuzchen, das man hörte, als
Griechenland, St. Petersburg 1913 (russisch); Todesprophet {Plin. nat. hist. 10, 34). — Kom-
Witold Klingt r, Das Tier im antiken und mo- plizierter und aus verschiedenen Anlässen ent-
demen Aboglauben Kiew 1911 (russisch; die standen sind die Vorstellungen von Phantasie-
beiden russischen Werke sind von mir nicht wesen. Daß Furcht die treibende Kraft sein
benutzt); 0. Gruppe, Griechische Mythologie kann, wurde bereits gesagt: mitunter mag die
und Rd.-Gesch., München lti06, S. 79*2 ff., Re- ungenaue Beobachtung einer furchtbaren Er-
gister S. 1897 ff.; in Pauly- Wissouas Realency- scheinung hinzugetreten sein. Damit rechnet
elopädie s. den Artikel Aberglauben von Rieß 50 bereits Palaiphatos, wenn er Kap. 1 die Ken-
1, S. 68 ff., und die verschiedenen Einzelartikel tauren als Reiter erklärt, die man nicht genau
{Aal, Adler, Bremse, Eisvogel, Elefant usw.). gesehen habe. Odermit der theriomorphen Vor-
Wichtigere Monographien sind: für den Bären Stellung des dämonischen Wesens trat die an-
J. J, Bachofen, Der Bär in den Religionen des thropomorphe in Konkurrenz: dann entstand
Altertums, Basel 1863; für die Biene Gu. aus diesem Nebeneinander eine Kontamination,
Robert-Tornou,De apiummellisque apud veteres eine Gestalt mit Menschen und Tiergliedern.
significatione et i-ymbolica et mythologica, Berlin So der Minotauros (Bd. 2 Sp. 3004). Dieser
18y3, und Joh. Ph. Glock, Die Symbolik der Prozeß läßt sich bei vielen griechischen Göttern
Bienen und ihrer Produkte, Heidelberg 1891; wahrnehmen; meist vollzieht er sich auf dem
für den Hahn E. Bäthgen, De vi ac significa- 60 Wege einer allmählichen Anthropomorphisie-
tione gaUi in religionibu^ et artibus Graecorum rung. Die Flußgötter sind zuerst Stiere, er-
et Romanorum, Diss. Göttingen 1887; für die halten zunächst einen Menschenkopf mit Hör-
Sch lange Mähly, Die Schlange im Mythus u. nem, dann auch einen Menschenleib, bis zuletzt
Kult der klass. Völker 1867 (mir nicht zugäng- nur die Homer an den ursprünglichen Tiergott
lieh) und Er. Küster, Die Schlange in der grie- oder Tierdämon erinnern (Bd. 1 Sp. 1488 ff.),
chischen Kunst und Religion, Religionsg. Vers. Daß sich hierbei bestimmte theriomorphe Teile
Vorarh. 13,2; über Schlangengötter mit Men- besonders zäh erhielten, kam z. T. daher, daß
schenkopf ITeinreicÄ, ^. e/oÄrft. 47 (1921), 142ff.; man mit ihnen besondere Vorstellungen ver-
941 Tierdämonen Tierdämonen 942
l)and; so wird man beim Stierleib an die wilde, Bakchylidesb, 104 ff. als Bild unwiderstehlicher
vorwärtsHtürmende Kraft jjedacht haben. Deut- Kraft geschildert; der Hund des Kephalos war
lieh ist das bei den der Vogelwelt entlehnten so schnell, daß er jedes Tier einholte {Suidas
Flügeln {H. Usener, Kl. Sehr. 4, 491); sie cha- u. Tevuriaia). Beispiele für ganze Gattungen gibt
riikterisieren die schnelle Bewegung im Luft- es un/ilhlige. Der Adler stößt aus großer Hohe
räum etwa bei Eros, ötj cpoiru vTisQTCovriog {Soph. auf seine Beute, er muß also tatsächlich einen
int. 785) oder bei den im Luftraum schweben- scharfen Blick haben. Aber übertreibend er-
It'n Totenseclen (Bd. 8 Sp. ;{'227 u. Artikel Sei- zählt man, sein Auge sei so stark, daß er in
renen). Von dämonischen Tieren sind so mit die Sonne sehen könne ohne zu blinzeln, und
Klügeln gedacht die Drachen, welche den Wa- lo daß er seine Jungen an dieser Eigenschaft er-
uen der Medea und des Triptolemos ziehen kenne {l*lin. nut. hist. 10, 10). Mitunter haben
TTTjroi ÖQÜ-novreg Apollod. 1, 32. 146). Solche solche gesteigerten Kräfte einer Tiergattung
l'eile von Tieren könnten mitunter auch der im Mythos eine weitere Ausbildung erfahren,
mythologische Ausdruck für elementare Er- Die Bremsen vermögen durch ihren Stich das
seheinungen sein. Nahe Hegt es z. B., in der Rindvieh rasend zu machen und zum Darch-
feuerspeienden Chimaira (Bd. 1 Sp. 893f.) eine geben zu bringen {(Jd. 22, 300). So wird die
Krinnerung an einen Vulkan zu sehen. Aber kuhgestaltige lo von einer dämonischen Bremse
I »(^weisen läßt sich so etwas nicht, und Gruppe durch Länder und Meere getrieben {Apollod.
:i. a. 0. S. 793 ff.) betont m. E. zu stark die ur- 2, 7 W.)^ und die dämonische Kraft des olatgog
-prüngliche Feuernatur vieler Tierdämonen. 20 der Bremse entwickelt sich zu einem selbstän-
Wie der geflügelte Drache, dem man die digen Dämon üistros (Bd. 3 Sp. 803).
Kraft des Fliegens zutraut, das Organ, das Sitz Die Anschauungsweise des ]jrimitiven Men-
dieser Kraft ist, von einem anderen Tiere sehen ist meist anthropozentrisch. Jene un-
adoptiert, so kann auch die gesteigerte Kraft heimlichen Tiere interessieren ihn vor allem,
des dämonischen Tieres dadurch zum Ausdruck soweit er selbst mit ihnen in Berührung kommt
kommen, daß man ein geeignetes Organ des und soweit sie ihm bei dieser Berührung nützen
Tieres selbst multipliziert. Kerberos, der ge- oder schaden. Diesen beiden Äußerungen frem-
waltige Höllenhund und Fresser der Tiefe, er- der Kräfte gegenüber fühlt sich der Mensch
hält zur Bezeichnung seiner Gefräßigkeit drei durch den Selbsterhaltungstrieb zur Stellung-
Mäuler und damit drei Köpfe (Usener, Dreiheit, 30 nähme getrieben: er versucht den Schaden von
Rhein. Mus. 58, 1903, 169). sich abzuwenden und den Nutzen sich zu
Mannigfach sind die Typen phantastischer sichern. An und für sich hat jeder Dämon die
Tierdämonen, die durch diese verschiedenen Macht, sowohl zu nützen wie zu schaden. Der
Vorstellungen entstehen. Entweder werden sie Bär ist als Raubtier gefürchtet, als nahrung-
aus wirklich vorhandenen und deutlich er- spendende Jagdbeute beliebt. Aber naturgemäß
kennbaren Tierteilen komponiert, wie Chimaira überwiegt bei vielen Tieren die eine Eigen-
über deren Bildung Robert, Sitz.-Ber. Äkad. schaft über die andere. Namentlich die schä-
München 1916, Abh. H 9 ff.) und Kerberos. digende; mit ihrer Zuneigung zur Wölfin stehen
t )der diese Teile haben zwar reale Existenz, die Römer ziemlich allein, sonst ist der Wolf
aber die Phantasie hat sie derart umgestaltet, 40 fast immer ein böser Dämon. Tiere, die nur
daß ihre ursprüngliche Form kaum noch er- nützlich sind, werden vielfach domestiziert,
kennbar ist. So beim Greifen (Bd. 1, Sp. 1742 ff.), und viele von ihnen verlieren durch die fort-
der aus Teilen des Löwen und Adlers zusam- währende Nähe für den Menschen sehr bald
mengefaßt ist. Endlich aber können solche das Dämonische. Nur sobald Abnormitäten
Tiere auch Glieder erhalten, denen eine Wirk- sich zeigen, wird auch hier die Dämonenfurcht
lichkeit nicht zukommt; so haben die stympha- wieder wach: wenn ein Rind mit zwei Köpfen
lischen Vögel eisernes Gefieder (Schol. Apoll. geboren wird {lul. Obsequ. ed. 0. Boßbach c.
i?/?06?. 2, 1031. 1055), die Stiere des Aietes eherne 31. 32), oder ein Ochse redet wie ein Mensch
Füße {Apollod. 1, 128 W.). Diese Stiere sind ein {ebenda c. 26. 27), äußert sich diese Furcht in
Geschenk des Heph aistos, dem auch sonst der 50 religiösen Sühnungen {L. M^ülker, Die gesch.
Mythos die Erschaffung dämonischer Tiere zu- Entwicklung d. Prodi gienwesens bei d. Bömern,
spricht, so der goldenen und silbernen Hunde Diss. Leipz. 1903, S. 39 ff.). Aber diese Bege-
des Alkinoos {Od. 7, 91). hungen der Religion sind bereits eine ent-
Geradeso verschieden wie das äußere ist wickeitere Form der Übelabwehr. Ursprünglich
auch das innere Wesen der Tierdämonen. Zum vollzieht sie sich im Zauber. Dem Tierdämon,
Teil werden ihnen Eigenschaften und Kräfte dessen Angriff droht, tritt man mit einer pro-
zugeschrieben, die gänzlich übernatürlich sind. phylakti.schen Magie entgegen. Ist ein Mensch
Die Sphinx der Thebaner redet und versteht in solcher Gefiihr, so schützt er seinen Leib
die Sprache der Menschen {Apollod. 3, 52 W.)-, durch Einnehmen oder Einreiben wirksamer
die Drachen vermögen zu fliegen, obwohl das 60 Antidota, oder er trägt sie als Amulette. Wer
ihrer Schlangennatur entgegen ist; die Chi- die Leber einer Viper gegessen hat, wird nie-
maira schnaubt Feuer. Die Hunde des Alkinoos mals von einer Schlange gebissen {PHn. nat.
altern und sterben nicht: dafür sind sie das hist. 19, 71). Als Jason die feuerschnaubenden
Werk eines Gottes. Aber meist besitzen diese Stiere des Aietes bändigen soll, feit er sich
Tierdämonen sehr reale Qualitäten, nur ins durch eine Salbe, die für einen Tag unver-
Fabelhafte gesteigert. Das ist der Fall bei wundbar macht {0. Berthold, Die Unverwund^
einzelnen Tieren ebenso gut wie bei ganzen barkeit in Sage und Aberglaube der Griechen,
Gattungen. Der kalydonische Eber wird von Beligionsg. Vers. Vorarh. 11, 1 S. 48 ff.). Die
31*
943 Tierdämonen Tierdäraonen 944
Schilderons: eines Armbandes, das ge^ren tolle aus dem Mißverständnis bei P/»n. Uf«/. /u»^. 7, 17;
Uuode schützt, gibt PUnius a. a. 0. 28, 82. 0. Jahn, Über dsn Aberglauben des bösen Blicken
Ein Ort kann gleichfalls durch ein Amulett bei den Alten, Ber. Sichs. Ges. der Wiss. phil.
geschützt werden: wo ein Eichenpfahl steckt, hist. Cl. 1856, 86). Der nccg^iivog oder Cancer
dahin kommt keine Schlange (Varro r r. 1, hat seinen Namen von der Ähnlichkeit, di«^
88, 3). Oder man zieht um den Ort einen das Aussehen des Tumor malignus mit det:
magischen Kreis, den kein Tierdlmon durch- Krebs besitzt {Isid. Orig. 4, 8, 14; M. Hüflci ,
brechen kann: darum laufen die 'Wolfsab- Deutsches Krankheitsnamenbuch, München IS'J^
wehrer', die Lupercl, im Kreise um den Fuß S. 827). Bekannt waren Hund und Wolf als
des Palatin (L. Deubner, Lupercalia, Arch. für lo Krankheitsdämonen, s. W. H. Koscher, Das von
Bei- Wiss. 13, 1910, 488). Unterstützt werden der Kynantiiropie handelnde Fragment des Mar-
die Zauberhandlungen durch die Zauberlieder, cellus von Side, Abh. phil.-hist. Glosse Sachs.
die man mitunter, um ihnen dauernde Wirkung Ges. der Wiss. 17, 3, 1896, 18 ti'.: es gab eine
zu verleihen, aufiichreibt. Aus dem 4. Jahr- Art melancholischen Wahnsinns, in dem die
hundert v. Chr. ist eine Bleitafel aus Kreta Menschen sich so vom xuüjv*) oder Xvxos be-
erhalten (Ä. Wunsch, Neue Fluchtafeln, Bhein. se^jsen glaubten, daß sie sich wie Hunde oder
Mus. 65, 1900, 75; Zar Oeisterbannung im Wölfe gebärdeten. Auch der Alptraum wird
Altertum, Festschr. d Schhs. Ges. f. Volkskunde Dämonen zugeschrieben, die in den Gestalten
1011, S. 17ff.), welche Übel vertreibt, V. 6f. : der verschiedenen Tiere erscheinen {W. 11.
'Exatpog "Enraqpog "Exarpog qpföy', ccucc qisvys 20 Boscher, Ephialtes, Abh. phil. -hist. Classe Sachs.
XvKaiva, I qp«u)'f %va)v aaa ffy, xal ÜQoyiXonog, Ges. der Wiss. 20, 3, 1900 S. 128 unter 'Alp').
atB avvomog. Epaphos und Proklopos sind Ein Beispiel für den Tiernamen einer Krank-
dämonische Wesen: da wird man Wölfin und heit gibt ferner Serenus Sammonicus in seinem
Hund als Tierdämonen auffassen müssen. Liber medicinalis {Bährens ?L)S. ^, WZ) w. 12'^-.
Deutlich tritt uns diese Vorstellung vom Hund est elephans morbus. Aber zu seiner Zeit wer-
noch entgegen in einer apotropäi sehen Inschrift, den die meisten das nur als ein Gleichnis,
welche die unheimliche Meute der Diana fern- nicht mehr als Identität mit einem Dämon
halten soll; die wahrscheinliche Lesung des empfunden haben. Fraglich bleibt, ob der
Textes {B. Wünsdt, Antikes Zaubergerät aus Krankheitsname anas etymologisch dasselbe
Pergamon, Arch. Jb. Erg.-Heft ü, 4H) lautet: so Wort ist, das sonst 'Ente' bedeutet {Thes. ling.
Domna Artemix, kave ne audea^s solvere kate- lat. 2, 19).
nas tuas en canes tuos agrestes silvaticos . . . in Ehe es eine rationolle Medizin gab, ist man
Corte nostra 7ion intren, pecora nostra non tan- solchen Krankheitsdämonen mit Exorzismen
gant. Die Hunde aus dem Gefolge der Arte- zu Leibe gegangen, um sie aus Menschen und
mis galten deshalb für besonders furchtbar, Vieh zu vertreiben; s. derartige Bannsprüche
weil Artemis mit Hekate wesensgleich ist, bei B. Heim, Incantamenta magica graeca la-
Hekate aber in ihrer wilden Jagd Totenseelen tina, Jb. für Phil. Suppl. Bd. 19, 476 ff. Und
in Hundeleibern mit sich führt {B. Wünsch, zwar glaubte man sie leichter los werden zu
Zu Sophron, Jb. f. Philol. Suppl. Bd. 27, 116); können, wenn man ihnen statt des Wesens,
8. G Wol/f, Porphyrii de philos. ex ora>c. haur. 40 das sie befallen hatte, ein anderes zum Ersatz
p. 151: in einem Orakel der Hekate stand der anwies, meist Tiere, die draußen in der Ein-
Vera yaicc d' i^imv 6xvXd)i(ov dvocpsgov yivog öde, fern von den Menschen, hausten {B.
7}vioxsvst, und dazu hatte Porphyrios bemerkt: Schmidt, Alte Verwünschungsformeln, J b. f. Phil.
axvXayisg . . . oi TtovriQol dai^ovsg. Vielleicht ist 143, 1891, 568 ff.; B. Wünsch, Festschr. Schles.
unter den xvvsg v.ccl yLvvr\yitai der attischen FoZA:sÄ:. a.a.O. 28ff.). Dadurch, daß diese Tiere
Opfervorschrift {Leges Graecorum sacrae 2, 1 von den Dämonen heimgesucht werden, er-
nr. 18 Ziehen) diese wilde Jagd gemeint. halten sie selbst etwas Dämonisches. Haupt-
in den angeführten Fällen fürchtet man sächlich gilt das von den Ziegen {Oxyrrh. Pap.
von den dämonischen Tieren hauptsäcuiicn d n 7 p, 25 v. 12, aus KaUimachos' Aitia: alXs Öh
Schaden, den sie als Kaubtieio ami'hteten 50 vovaog \ alyag ig ayQidöccg ri]v ccTtOTtepinoiisd'a)
(pecora nostra non tangant). Aber von solchen und Uaben {ig nogaxag^ Dion. et Paus. frg.
Wesen ging noch eine viel dämonischere Wir- coli. E. Schwabe S, 164).
kung aus, wenn sie unsichtbar in Menschen Daß man Tieren, die einen Schaden verur-
und Tiere eingingen und sie mit Krankheit, sacht hatten, den Prozeß machte, erklärt sich
mit Besessenheit quälten. Daß die Krank- aus der volkstümlichen Anschauung, die zwi-
heiten durch Dämonen erregt werden, ist ein sehen menschlichem und animalischem Denken
Völkergedanke (s. z. B. M. Höfler, Krankheits- und Handeln kaum einen Unterschied macht.
dämonen, Arch. für Bei.- Wiss. 2, 18y9, 86 ff.). Was dem Menschen recht ist, ist dem Tier
Viele dieser Dämonen werden tiergestaltig ge- billig. Dem Eber, der das Saatfeld verheerte,
dacht: irgendeine Äußerlichkeit im Bilde der 60 schlug man die Zähne aus {Od. 18, 28); der
Krankheit hat man auch am Wesen oder in Euclio des Plautus verklagt den räuberischen
der Tätigkeit eines Tieres beobachtet, und so Geier beim Prätor {Aulul. 316); s. {H. Usener,
schließt man in primitiver Denkweise, daß Lit. Centr.-Blatt lSQ4c, 516 f.
dieses Tier nun in dem Menschen sitze und Groß wie der Schaden ist auch der Nutzen,
auf ihn sein Wesen übertrage oder durch ihn den man von dämonischen Tieren erwartet,
seine Tätigkeit ausübe. Eine Krankheit, in der ,j ^g, ^^^^ ^^^^^^^^3 ^„f.^tz im Rh. Mu,. /. pmioi.
das menscnllL-he Auge fortwährend zittert wie i^. f. 53 S. Ifi9 fif. ' nie Hundekrankheit {y.6m) der Pandareos-
ein nervöses Pferd, hieß Znnog (zu erschließen töchter u. andere mythische Krankheiten.
945 Tierdämonen Tierdämonen 946
Seine Gewinnung nimmt gleichfalls veischie- die Aupurn der Römer (Wissona, lieal-Enc.
dcne Formen an. Kinigo Tiere sind besonders 2, '2313 0'.). Über deren Kunst s. A. Bauche-
fruchtbar; sie hält man für Spender der Frucht- Lechrtq, Histoire de la divination dans l'anti-
harkeit und des Reichtums überhaupt und ver- quiU', namentlich 1, 127; über die einzelnen
t'hrt sie deshalb als Rringer von Segen aller Formen, in denen sich das höhere Wissen der
Art. So wurde die fruchtbare chthonische Tiere oöenbavt — besonders weisen sie oft den
Schlange als Hausbewohnerin gern gesehen Weg bei Koloniegründungen — s. L. Hopf,
und als dyo&og öai^Kov verehrt {E. liohde, Tierarakel und (Jraheliiere in alter und neuer
r.^yche l^ 254 f.; an 31. P. ^'ilsson, Aih. Mut. Zeit, Stuttgart 18i-8
33,279 erinnert mich Jv. i>t'wZ)w<r; Gantuhinietz, lo Durch die Vorbedeutung, welche die Tiere
rauhj-Wissoua, Sujppl. III 48 ft"). Für die für den Ausgang eines künftigen Ereignisses
Schlange, die dem Asklepios heilig war (ii. haben, wird- auch ihr Erscheinen im Traum
llfrzofi, Arch. f. h'cI.-Wiss. 10, 1907,227), be- bedeutungsreich. ArttwidorH (hieirokrüika sind
engt P/m?ws Fruchtbarkeit u. Hausgewöhnung, voll davon; s. S. 112, 6H.: atröv iötiv (iil TiixQct
Hat. hist. 29, 72: vulgo paycüur in domibus, %ad-t^6y.svov t] ^nl d^vÖQot vi/^rjJ.OTaTö), aya^bv
nc nisi incendiis snnina exurerentur, non esset rolg inl ngä^iv 6g(i(baiv^cpoßcv^Bvoig dsnovriQov.
fccnnditati eorum resistere. Aber man begnügt sich nicht mit dem, was
Besonderen Nutzen stiften diejenigen Tiere, die Tiere geben, Reichtum und Offenbarung,
welche die dämonische Gabe der Weissagung man sucht sich auch anzueignen, was sie be-
besitzen. Durch ihre feineren Organe wittern 20 sitzen: ihre übernatürlichen Kräfte. Das ge-
die Tiere den Feind eher, als der Mensch das schiebt vielfach durch Essen. Nach primitiver
vermöchte, und geben das durch Warnurgs- Anschauung verleibt man sich, wenn man den
ruie ihren Mittieren zu erkennen. Daraus hat Bären ißt, zugleich die Kraft des Bären ein
man generalisierend die Anschauung abgeleitet, {Dieterich, Miihrash'turgie* 100); daher die na-
daß die Tiere überhaupt wissend sind: daß mentlich im Dionysosdienst bezeugte w/uoqpaym
sie nicht nur die Annäherung des Jägers, son- von Tieren (Bd. 1 Sp. 1037), die man verzehrte,
dern alle Dinge sehen, auch wenn sie für den um ihrer dämonischen göttlichen Kräfte hab-
Menschen jenseits der Schianken liegen, die halt zu werden. Auf diese Weise entstehen
ihm Raum und Zeit setzen. Solche Kenntnis Kommunionsriten, deren ehemaliges Vorhanden-
ofl'enbareu die Tiere gleichfalls mit bestimmten 30 sein man auch sonst in der giiechischen Religion
(lebärden, und besonders begnadete Menschen nachzuweisen versucht hat {S. Beinach, Cultes,
sind imstande, diese Zeichen zu verstehen und Myihes et Beligions 2, 85 ff., 3, 24ff. 55 ff.; Die-
richtig zu deuten. Zeichen dieser Art bieten terich a. a. 0.); so entsteht eine primitive Heil-
sich entweder von selbst, oder sie werden kunst, die durch ,das Einnehmen zauberkräf-
künstlich eingeholt. Von den auguria ohJa- tiger Stoffe das Übel der Krankheit besiegt.
tiva sind am bekanntesten die des Angargs: Daher aß man Viperleber gegen Schlangenbiß
wer auf ein Unternehmen auszieht, dem künden (oben Sp. 942"). Den Segen dieser Tieikräfte
beg< gnende Tiere, ob die Reise glücklich oder kam man sich aber auch zunutze machen,
unglücklich sein wird. Jedes Tier hat dabei indem man den Teil, in dem man sie lokali-
seine bestimmte günstige oder ungünstige Be- 40 siert denkt, mit dem Leib des Menschen äußer-
deutung; hier wird der Glaube hineinspielen, lieb in Berührung bringt. Auch dafür hat die
daß die Tierdämonen den Menschen freundlich Medicina popularis tausend Rezepte, die Sal-
oder feindlich gesinnt sind: es bringt Glück, ben mit animalischen Stoffen oder Umhängen
wenn ein freundlicher, Unglück, wenn ein von Tierteilen für Mensch und Vieh vorschrei-
feindlicher Dämon um den Weg ist. Theo- ben, rm Übel zu vertreiben oder fernzuhalten.
phrast. Char. 16 gibt dafür zwei Beispiele: Der kleinere Teil dieser Rezepte beruht auf
wenn dem Deisidaimon ein Wiesel über den richtiger Beobachtung bestimmter therapeu-
Weg läuft, so wartet er, bis ein anderer die tischer Eigenschaften; der größere Teil ist
Stelle überschritten oder er drei Steine dar- durch unrichtige Schlüsse zu einer abergläu-
üler geworfen, d. h. bis der Dämon einen Er- 50 bischen Verwendung gekommen. Welcher Art
satz erhalten hat oder der Bann gebrochen ist. Denkprozesse dabei am Werke waren, zeigt
Hört er die Käuzlein schreien, so ruft er: z. B. Lukian Bhihps. 7: gegen Podagra nähte
'idr,Tä -ngeirrcüv, d. h. er stellt sich in den man den Zahn einer Spitzmaus in ein Löwen-
Schutz einer Göttin, die mächtiger ist als der feil und band es um die Schenkel. Andere
unheildrohende Dämon. Mehr Beispiele s. bei aber zogen das Fell einer Hirschkuh vor, weil
P. Schwarz a. a. 0. (oben Sp. 939). dies Tier besonders schnell und fußkiäftig sei.
Zukunftj-künder sind namentlich die Vögel; Die Kraft der Füße haftet also der Haut auch
Iliasl2, 200ff. wird der Adler von der Schlange, nach dem Tode der Tiägerin an und überträgt
die er geraubt hat, in die Brust gestochen; ein sich auf das Menschenbein, dem sie umge-
Seher ist zur Stelle, der das auf den ungün- 60 bunden wird. Dies war ein Beispiel für das
stigen Ausgang des Kampfes deutet. Die ent- TCfgidytrsiv, ein Beispiel für Salben gibt Bli-
wickeltere Kunst solcher Deutung begnügt sich nius nat. hiU. 29, 123: weil der Adler beson-
nicht mehr mit den zufällig sich einstellenden ders sehkräftig ist (s. 0. Sp. 942), salbt man
Zeichen, sondern führt ihre Erscheinung herbei. kranke Augen mit seiner Galle. Ebenso hält
Romulus und Remus beobachten so lange, bis man. von Tieren und Orten das Unheil fein,
ihnen ein Vogelzeichen die Herrschalt ver- Eine Spitzmaus, lebendig in ein Tongehäuse
kündet {Enn. Ann. v. 79 ff. Vahl.^). Dieser gesteckt, hängt man dem Vieh um, damit es
Deutung liegen die oiaviarcci der Griechen ob, nicht gebissen wird {Cohim. 6, 17, 6). In einem
947
Tierdämonen
Tierdämoneu
948
Acker vergräbt man all Apotropaioii einen
AdlerHugel {Geopan, 1, 14, 2).
Den begehrten Schntz vermag das dtVmo-
nische Tier auch durch sein Bild zu verleihen.
Ursprängliches Denken unterscheidet nicht
zwischen Original und Abbild : trage ich das
Bild eines Tierdämons bei mir, so habe ich
den Dämon selbst an mir, dessen Kraft ebenso
auf den Träger übergeht wie die Beweglich-
keit der Hindin aaf den kranken Fuß (oben lo
Sp. 946). Daher werden Bilder von Tierdä-
monen seit ältester Zeit als Amulette getragen.
Diesem Zweck haben die sog. Inselsteine ge-
dient: geschnittene Steine mykenischer Zeit,
die hauptsächlich auf den Inseln des Ägäischen
Meeres gefunden worden sind. Auf sie hat
Ad. MücMtöfer aufmerksam gemacht. Die An-
fänge der Kunst in Griechenland, Leipz. 1883;
S. 41: 'sie sind fast sämtlich durchbohrt und
wurden somit amulettartig oder reihenweise 20
getragen.' Doch ist 'reiheoweise' kein Gegen
satz zu 'amulettartig*: vielfach hat man, um
Kräfte zu kumulieren, mehrere Amulette zu-
sammengefugt; eine Amulettreihe ist abgebildet
bei O. Jahn a. a. 0. Taf. 5 Abb. 2. Seit Milch-
höfer hat sich das Material namentlich durch
kretische Ausgrabungen, deren Funde einer
noch älteren Zeit angehören {0. Roßbach,
Gemmen, Fauly-Wissoivas Bealenc. 7, 1058),
sehr vermehrt. So durch die Steine von Zakro so
(Z>. G, Hogarth, Journ. Hell. Stud. 22, 1902,
S. 76 ff, 333 ff. Taf 6—10); G. Maraghiannis,
Antiquites Cretoises 1, Taf. 31; s. auch A. J.
Eoans, Scripta Minoa 1, Oxford 1909, S. 8 ff.).
Diese kretischen Steine fanden auch als Ring-
steine Verwendung {Babelon, Gemmae, Darem-
berg-Saglio, Dict. des ant. 2, 1470): da war die
Kraft des Bildes durch die prophylaktische
Kraft verdoppelt, die der Ring als Zauberkreis
besitzt. Wenn man sie zum Siegeln benutzt, 40
und daher auch Petschafte mit solchen Dar-
stellungen bekannt sind {O. Roßbach a. a. 0.
Sp. 1057), so liegt hier wohl eine Kreuzung mit
der rein praktischen Absicht vor, einen Gegen-
stand durch ein solches Bild äußerlich kennt-
lich zu machen.
Auf den kretischen Gemmen und den Insel-
steinen erscheinen vielfach Tiere oder Teile
von Tieren (Evans a. a. 0. S. 206 ff.), ohne daß
man ihnen überall dämonische Bedeutung zu- 50
schreiben mußte (so findet sich nichts spezifisch
Tierdämonisches auf den von Xanthudidis ver-
öffentlichten Gemmen, '£qp. &qx. 1907, 1, 141 ff.
Taf. 6). Da aber haben wir Dämonisches an-
zunehmen, wo Misch-
gestaltenauftreten. So
ist bei Evans S. 34
Fig.l5a(s. Abb. l)der
Kopf eines Ziegen-
bocks mit Flügeln und 60
Menschenbeinen kom-
biniert. Häufig er-
scheinen diese Misch-
wesen in Aktionen, die
nur Dämonen vor-
nehmen können. So
schleppt z. B. ein Tier
mit Pferdekopf und
^L-^^
1) Nach Eeant a. a. O. S. 34,
Fig. 15 a.
Vogelleib zwei getötete Löwen auf einer Stang««
über der Schulter weg (Abb. 2), bei Milchhö/a
S. 66 b; ein ähnliches Motiv kommt noch auf
vier andern, ebendort abgebil-
deten Inselsteinen vor. Mildi-
lu'ifer knüpfte daran die Aus-
deutung auf einen Dämon der
in schwarzen Wolken auftre-
tenden Wanderheuschrecke;
die Wolke werde durch den
Pferdekopf dargestellt (S. 64) „, ^^ ». ^n uk,^
Dem wird man nicht folgen, '^''^o 1 J^f "
1 , . « » • 1 . o . ' a. a. u. B. öo D.
zumal hier möglicherweise ein
orientalischer Typus eingewirkt hat {Roßbach
a. a. 0. 1060), wie überhaupt mancher Zug
dieser Art asiatischen oder ägyptischen Ur-
sprungs ist (Babelon a. a. 0. 1471).
Das Motiv der Mischgestalt zum Ausdruck
des Dämonischen findet sich häutig auf den
griechischen Gemmen auch der historischen
Zeit. Eine Zusammenstellung solcher Typen
geben Imhoof- Blumer und Otto Keller, Tier-
und Pßanzenbilder auf Münzen und Gemmen
des klass. Altertums, Leipzig 1881), Taf 2.'). 2G
(auf Münzen Taf. 11—18). Reichhaltiger ist
Ä. Furtwängler , Die antiken Gemmen. Dort
begegnen uns Darstellungen auch solcher Tier-
dämonen, deren Namen wir nicht kennen und
die uns so zeigen, daß der Glaube an solchr
Wesen über den Kreis der offiziellen Mythologie
hinausgritf. 19, 71 erscheint ein
Wesen mit drei Pferdeköpfen, 64, 7
(Abb. 3) kämpft ein Dämon, der
einen Tierkopf trägt, mit einem
Panther. Viel zahlreicher sind die
üblichen Mischgestalten, meist mit ^J,,i^*°^f^o'
der Menschenform, bei Wesen, "'"'*'''
welche der griechische Mythos auch sonst kennt
(Acheloos 6, 39 und öfter; SUene 5, 53 und öfter:
Giganten mit Schlangenbeinen 37, 32): für sie
muß auf die einschlägigen Artikel dieses Lexi-
kons verwiesen werden. Auch zeigt sich die
Neigung, bekannte Erscheinungen des Mythos
umzugestalten, indem man ihrem Leibe gegen
die übliche Auffassung Teile von Tieren beilegt.
Silen erhält einen Pantherleib mit Flügeln (10,
52), Pan den Leib einer Heuschrecke (25,41),
Eros einen Hundekörper (66, 3). Hinter solchen
Dingen wird nicht mehr überall wirklicher
Glaube, sondern eher der künstlerische Spiel-
trieb stehen, der sich gelegentlich ganz offen-
kundig an der schwierigen Aufgabe freut, he-
terogene Elemente zu einem harmonischen
Gebilde zu fügen. So bietet 25, 42 eine Kom-
bination aus Teilen von Mensch, Vogel, Raub-
tier und Hornvieh; 45, 42 zeigt einen Raben
mit Pferdekopf, der von einer Ameise am
Flügel gelenkt wird; das könnte für einen Myr-
mex geschnitten sein, der ein Pferd Korax
(Paus. G, 10, 7) besaß. 45, 47 ist ein Pferde-
kopf mit Flügeln, 46, 31 ein Hahn mit Esels-
kopf, 64, 10 ein reitender Flügel. Ganz phan-
tastische Schöpfungen der Künstlerlaune
scheinen 8, 25; 25, 42, 61, 45 zu sein. Aber
der Tierdämonismus war keineswegs erstorben,
auch wenn er lange Zeit scheinbar nur den
Gemmenschneidern die Zierformen lieferte. In
den unteren Schichten der Bevölkerunsr lebte
949
TierdUmonen
Tierdämonen
950
4) Nach Babelon
a. a. O.
er fort, und in der Zeit des späten Synkretis-
mus findet er auf den geschnittenen Steinen
der Amulette von neuem einen
ernsthaften Ausdruck. Eine solche
'gnostische' Gemme gibt Abb. 4
wieder (nach Babelon a. a. 0.
S. 1481): der Dämon hat Hahuen-
kopf, Menschenleib, Sclilangen-
füße. S. auch die löwenköplige
Knuphisschlange, Bd. 2 Sp. 1250. lo
Nicht nur den Menschen, son-
dern auch den Orten zum Schutz
haben Bilder der Tierdäraonen
gedient. Am Burgtor von Mykene sind zwei Lö-
wen angebracht, die früher nach außen blickend
das der Burg nahende Unheil verjagt haben.
Bekannt sind aus späterer Zeit die Darstellungen
des Malocchio (s. d. Mosaik vom Caelius, P.
Bienkowski, Eranos Vindohoncnsis S. 285 f.), wo
das böse Auge von einer Reihe von Tieren an- 20
gegriffen wird: von Schlange, Hirsch, Löwin,
Kind, Skorpion, Bär, Ziegenbock, Krähe, Rabe
— das ist eine Musterkarte schützender Tier-
dämonen. Die letzten Ausläufer eines ähnlichen
Tierbildzaubers sind die bis ins Mittelalter zu
verfolgenden Telesmata (0. Weinreich, Antike
Heilungswunder, Beligionsgesch. Vers. Vorarb. 8,
1, lG2tf.), die z. T. dem ApoUonios von Tyana
zugeschrieben wurden: etwa ein ehernes Skor-
pionenbild, das, in einer Stadt vergraben, alle ao
Skorpionen von ihr fernhält. Die Landplage
weicht wohl deshalb, weil sie sieht, daß der
Ort bereits von ihrem dämonischen Ebenbild
besetzt ist (s. Usener, Kl Sehr. 4, 492).
Nutzen und Schaden, wie sie der Mensch
durch das Tier erfährt, können so gewaltig
sein, daß das Tier durch die Religion zum
Gott erhoben wird. Die Überbleibsel des alten
Tierkultes berühren sich mit dem Tierdämo-
nismus so eng, daß auch über sie einiges 40
gesagt werden muß. Als Reste solch alten
theriomorphen Kultes sind bestimmte, dem
Tierdämonismus nahestehende Verwendungen
von Hülle und Namen eines Tieres zu deuten.
Wenn der Gott ein Tier ist, so kennzeichnen
sich die Gläubigen als die Seinen, indem sie
sich in das Fell des heiligen Tieres kleiden
und so am Gottesdienst teilnehmen. Auf einem
Fresko von Mykenä sind drei Männer mit
Eselsköpfen abgebildet, die hintereinander- so
schreitend zusammen eine lange Stange tragen,
wohl Diener eines Eselgottes bei einer Pro-
zession (Ä. B. Cook, Animal Worship in the
Mycenaean Äge, Joiirn. Hell. Stud. 14, 1894,
S. 81). Auf späteren Gemmen erscheinen Män-
ner mit einem Hirsch- oder Eselskopf (Fiirt-
wmgler 18, 43. 44). Die letzten Ausläufer
dieser sakralen Begehungen sind später Feste,
an denen Menschen in Tiergestalt auftreten
{Fr. Marx, Aktaion und Prometheus, Ber. d. 60
Sachs. Ges. d. Wiss. 1906, 101 ff.; K. Kuruniotis,
Tb iv AvY.ooovQu Msyccgov T?)g ^867toivr]s,
Ecpriii. ägx- 1912, 156 ff.); dazu gehören wenig-
stens zum Teil wahrscheinlich die Tierchöre,
die in der attischen Komödie begegnen (J.
Poppelreuter, De comoediae Atticae primordiis,
Diss. Berol. 1893, 5 ff.; A. Dieterich, Pulcinella,
Leipzig 1897, S. 32). Daher stammen auch die
Tiernamen bestimmter l^riesterkoUegien (Äpxrot,
^tUaacci, TavQoi, Gruppe a. a. 0. 1598, 3) und
die Grade der Mithrasniysterien {Dieterich,
Mithraslitiirgie 150 f.). Auch die Tracht der
Krieger ist häufig ein Tierfell, und dieses ist
mitunter wohl als Hülle des Tiergottes zu be-
trachten, in dessen Namen sie fechten ( Verg.
Aen. .7, 688: fulvosque lupi de pelle galeros).
In dieselbe Richtung mögen z. T. auch die
Schildzeichen wei.sen; Kodros führt im Schild
die Schlange, die Schlange ist Schutzgeist des
Heiligsten auf der Akropolia {Baumeister,
Denkmäler 3 Abb. 2149).
Nur in solchen Resten hat sich der Tier-
kult erhalten. Die nonnale Gestalt der Götter
in der späteren Zeit ist die menschliche. Sie
setzt sich nicht nur in der Weise durch, daß
sich die Tiergestalt allmählich vermenschlicht
(s. 0. Sp. 940), sondern es kann auch neben
dem menschengestaltigen Gott sein ursprüng-
liches Wesen als sein heiliges .Tier treten
Zeus hat den Adler, Apollo den Raben, Athena
die Eule {E. Pottier, La chouette d'Athene,
Bull. corr. hell. 32, 1908, 529 ff.). Diese heiligen
Tiere haben ans der Zeit, da sie noch Götter
waren, etwas Dämonisches zurückbehalten. Sie
besitzen die Gabe des menschlichen Handelns
(der Adler des Zeus raubt für seinen Herrn
den Ganymedes, Apollod. 3, 141) und der
menschlichen Rede (der Rabe des Apollo meldet
seinem Herrn die Untreue der Koronis, Apollod.
3, 119), und ihre Gegenwart bringt nach wie
vor den Menschen Segen. Diesen versucht man
wiederum sich durch ihr Bild zu sichern, nur
blaßt dieses Bild immer mehr ab zum schüt-
zenden Zeichen und schließlich zum Zeichen
schlechthin. Wie im Orient seit alter Zeit,
ist bei den Griechen seit Alexander, bei den
Römern seit Augustus der Adler das Wappen
der Monarchen {Oder bei Pauly -Wissowa 1
Sp. 375): die zeusentsprossenen Könige unter-
stehen dem Schutz des Zeusvogels und be-
zeichnen durch ihn ihre Würde. So erscheinen
heilige Tiere vielfach auf Münzen als Abzeichen
der Staaten {Imhoof- Blumer u. Keller a. a. 0
Taf. Iff.): Akragas, das den Zeus Atabyrios
verehrt {Polyb. 9, 27, 7), führt den Adler (Taf.
4, 28); Delphi hat den Raben des Apollo
{ebenda 33); Athen die Eule der Pallas {ebenda
5, 17 ff.). Noch in der römischen Kaiserzeit
verleihen die heiligen Tiere den Kriegern
Schutz. So möchte man sich den Adler der
Perser {F. Sarre, Klio 3, 346 ff.; L. Deubner
weist mich darauf hin) und der römischen
Legionen erklären, und vielleicht den Eber
der zwanzigsten und der ersten Legion {^von
Domaszewski, Abhandlungen zur römischen Me-
ligion S. 12), der oft auch auf Münzen erscheint
(Taf. 4, 10 ff.). Damit wird nicht bestritten,
daß andere Tiergestalten der Signa ursprüng-
lich Zodiakalzeichen sind {Domaszewski a. a.
0. Iff.).
Auch im Mythos leben die alten Tiergötter
und heiligen Tiere fort, namentlich in den
Verwandlungssagen. Der Glaube, daß Götter
Tiergestalt annehmen können, mußte sich schon
aus dem Nebeneinander beider Offenbarungs-
formen in der Religion entwickeln. Hekate,
951 Tierd&moDen Tierdämonen 952
die Göttin des wechselnden Moude» jutißovGa So berichtet Omd {Fast. 2, 24;} ff.), Phöbus habe
Jb. des arch. Jnst. Erg.- Heß 6, 24) macht vor einst den Raben mit einem Krug y.wm Wasser-
allen von dieser Gabe Gebrauch; bei Lukian holen geschickt, der Vogel habe seine verspä-
Philops. 14 erscheint sie zuerst als Weib, Hxa. tete Rückkehr damit entschuldigt, daß er von
ß)Vff iyivtxo «dyxoioff, tlra 0xvla| itpaivsro. einer Wasserschlange aufgehalten worden sei,
iese Fähigkeit teilt sie mit den verwandten v. 266 antiqui monumenta perennia facti anguis
Gespenstern des Hades, Empusa wird Aristoph. avis crater sidera iuncta micattt.
Ran, 290 (vielleicht ist das die Vorlage für Die letzten Beispiele zeigen, daß eine un-
Lukian gewesen) x6ts (i^v ys ßovg^ vvvi d* dgtvg^ disziplinierte Ätiologie die Erzeugerin solcher
TÖre S' av yvvi^^ und endlich zum Hund. Hunde- lo Mythen sein kann. Das gilt auch für die Vor-
gestalt nimmt der Pestdämon bei Philostratos stufe der künstlerischen Metamorphose, für die
an (oben Sp. 988). Auch Heroen verwandeln volkstümliche. Vom Adler erzilhlte man sich,
sich, sie haben dann diese Gabe von den Göt- er sterbe vor Hunger, weil im Alter sein Schna-
tem als Geschenk erhalten. Hes. Katal. fr. 31 bei sich so krümme, daß er keine Nahrung
{Kinkel, Epic. graec. fr. S. 98): dem Perikly- mehr zu sich nehmen könne. Dazu bemerkt
menos hatte Poseidon gewilhrt, daß er zum Äristoteh.^ H ist. an. 9, '62 -p. 619 & IS: iTriXiyixai
Adler, zur Ameise, zur Biene und zur Schlange öh xai ftv^og, wj xovxo Ttdaxsi^ öioxi üv&Qionog
werden konnte: das erinnert sehr an Proteus, nox* atv rfdinriae ^ivov.
Od. 4, 467 f. In solchen Tieren, die ehemals Menschen
Ihrer Verwandlungsgabe bedienen sich die 20 waren, mußte volkstümliches Denken dämoni-
Götter namentlich in erotischen Mythen. Luk. sehe Wesen sehen. Ganz besonders gilt das
Deor. dial. 2 wirft Zeus dem Eros vor: oMv von Schlange, Vogel und W^olf. Der Aber-
iexiv 6 fit] nfxoirtxdg fis . . . xavgov . . . xv-nvov, gläubische des llieophrast (Char. 16) errichtet
&it6v. Eine Version erzählte also, daß Zeus da, wo er im Hause eine Schlange gesehen
selbst der Adler gewesen sei, der den Gany- hat, ein jjQtaov: er hält sie also für eine Toten-
medes raubte; als Schwan betört er Leda, als seele {liohde, Psyche 1*, 244). Das lag nahe,
Stier entführt er Europa. In solchen Mythen denn sie kommt oft scheinbar aus der Erde,
wandeln sich auch Heroinen zu Tieren: lo zur dem Aufenthalt der Unterirdischen. Über Vögel
Kuh (Bd. 2 Sp. 264), Kallisto zur Bärin (Bd. 2 als Träger der Totenseele s. Georg Weicker,
Sp. 931). Nun werden Europa und Leda, lo 30 Der Seelenvogel in d. alt. Literatur u. Kunst,
und Kallisto als Mütter von Göttern und He- Teubner 1902: dort wird auch gezeigt, wie aus
roen genannt, und einige sind durch ihre Söhne solchen Vorstellungen die mythische Figur der
Stammütter von Völkern : lo durch Epaphos Sirene (s. d.) entstehen konnte. Als Rabe iBiegt
und Danaos der Danaer (Bd. 1 Sp. 953), Kai- die Seele des Aristeas (Plin. nat. hist. 7, 174),
listo durch Arkas der Arkader (Bd. 1 Sp. 652): als Geier die des Peregrinus aus dem Leib
das hier sich einstellende Problem, inwieweit (Xt*c. de morte Per. 39). Auch Bienen und
solche Sagen unverstandene Reste totemisti- Schmetterlinge werden als Seelen der Toten
scher Religionen sind, die in dem heiligen betrachtet (Weicker S. 30. Güntert, Kalypso
Tier zugleich den Stammvater oder die Stamm- 215 ff.). Diese Vorstellungen hängen mit dem
mutter des Geschlechts verehrten, ist noch nicht 40 alten Glauben zusammen, daß die Seele mit
spruchreif. dem letzten Hauch in die Luft entweicht und
Eine künstlerische Ausbildung haben die dort weiterlebt {Rohde, Psyche 1*, 249; vgl.
Sagen von Heroen, die in Tiere verwandelt dazu auch Röscher, D. hippokrat. Schrift vov
wurden, durch die Literatur der Metamorpho- der Siebenzahl u. ihr Verhältnis z. Ältpythago-
sen erfahren, so durch Nicanders 'Extgov- reismus 1919, S. 81).
oviLsvUy von denen uns Ovids Metamorphosen Im Wolf dagegen steckt die Seele eines
ein Spiegelbild geben, s. Georges Lafaye, lebenden Menschen. Weit verbreitet ist der
Les wetamorphoses d'Ovide et leur modeles Glaube, daß es Leute gibt, die ihre eigentliche
grecques (Paris 1904); chap. I Les origines du Gestalt aufgeben, zum Wolfe werden und sich
sujet dans la litterature grecqtie. S. 245 f. gibt 50 wie Wölfe gebärden können (s. 0. Sp. 938).
Lafaye einen ausführlichen Index der Tiere, Um diese Meinung zu erzeugen, scheinen Vor-
in deren Gestalt die Menschen bei Ovid ver- Stellungen mancherlei Art zuf^ammengewirkt
wandelt werden, s. auch W. Buhbe, De meta- zu haben. Caroline Stewart {Die Entstehung
morphosibus Graecorum (Diss. phil. Hai. 24, 1) des Werwolfglaubens, Ztschr. d. V. für Vnlksk.
3 ff. Eine Abart dieser Literatur sind die Ka- 19, 1909 S. 30ff.) denkt sich als Veranlassung
tasterismen, wie sie Eratosthenes gesammelt Fälle, bei denen Menschen sich zu irgendeinem
hatte {Knaack hei Pauly-Wissowa 6 Sp. 377 ff.). Zweck tatsächlich mit einem Wolfsfell beklei-
Unter den Konstellationen, in denen das Volk deten; Röscher {Kynanthropie S. 22) daran,
bestimmte irdische Dinge erkannte, schlössen daß Lykanthropen nach Genesung von ihrer
sich einzelne auch zum Bild eines Tieres zu- 60 Krankheit erzählt haben, sie seien wirklich
sammen. Die Frage, wie das Tier an den Wölfe gewesen.
Himmel gekommen sei, beantwortete man mit Wie im Mythos so treten die Tiere mit
einem Mythos. So wird der Große Bär als die übernatürlichen, mehr oder minder dämonischen
verstirnte Kallisto erklärt (Bd. 2, Sp. 932f ): da Fähigkeiten begabt, auch in verwandten Weisen
wird also an einen bereits vorhandenen Mythos des Erzählens und des Denkens auf. Im Mär-
angeknüpft. Oder es wird ein neuer Mythos er- chen erscheinen sie dem Menschen durchaus
fanden: ein solcher verrät sich meist durch gleichartig, mit menschlichen Empfindungen
das Farblose und Gesuchte seiner Erzählung. begabt; s. Aug. Marx, Griech. Märchen von
953 Titatina Tifatina 954
ddnkharen 2'ieren,SiuiigaTtlS>^\). Erinneroiigen der Göttin, an der Stelle der heutigen, ver-
an die Zeit ör^ (pcovi'jevra r^v xü ^coa [Xen. Mem. lassenen Benediktinerabtei S. Angelo in Formis
2, 7, 13) bietet die namentlich in Griechenland \CIJj 10, 2, Tab. III Hab, auch HI. Kiejiert,
sehr verbreitete Tierfabel (Hnusrafh bei Form. Orb. Ant.XX]. — Den Bcmamen T., &\ih-
Pauly-Wissoiva Q Sp. 17()4tf.), in der die Tiere geschrieben oder abgekürzt (T?/«^, yV/'.) nennen
handelnd und redend, z. T. mit bestimmten, acht Inschriften (s. u., Zeugnisse 6. 7. 9. 14. 15.
ihrer Eigenart entsprechenden Kigennanien (der 17. 22. 23;, davon eine ^9) mit beigefügtem
schlaue Fuchs heißt Ktgöth^ Luc. Heimat. 84) zweiten Beinamen Trivia, vgl. hicola Ti/utae
eingeführt werden. Eine andere Art von Er- in einem spätzeitlichen, inschriftlichen Weih-
zählungcn geht nicht auf Worte und Taten, lo gedieht (10); auch findet eich der Beiname
sondern auf merkwürdige Sitten und Gebräuche bloß durch den Anfangsbuchstaben T ange-
einzelner Tiergattungen aus, die ins Fabelhafte deutet (7. 8. 21 V). In den übrigen InBchrilten Ul
gesteigert und moralisch ausgedeutet werden. — 1.']. 16. 18—20) heißt die Göttin lediglich
Die ordentlichen Bienen sind so reinlich, daß Diana., ebenso bei Velleius (1), vgl. Süius (2)
sie Menschen angreifen, wenn diese vom Liebes- und Tah.Peut. (5), bei Griechen (3. 4) Artemis.
genuß kommen (Colum. 9, 14, 3, Olck bei l'auly- Nach Tansanias (3), der das Heiligtum selbst
Wissoiva 3 Sp. 440). Hier liegen die Wurzeln besucht hat, war dieses höchstens etwa 30 Sta-
der iu3 Mittelalter so beliebten Physiologus- dien (= 3 röm. Meilen, weniger als A:^/^ km)
Literatur. von Capua entfernt. Es lag im Gemeindejjebiet
Derartige bestimmte Eigenschaften der Tiere 20 von Capua, weshalb Athenaios (4), der gleich-
waren im Altertum so bekannt, daß ein kurzer falls das Heiligtum besucht hat, kurz iv Kanvr]
Satz genügte, um daran zu erinnern. So ist sagt, vgl. die Inschrift (20) CIL 10, 8071, 5.
das Tier in Sentenzen, Gleichnissen, Sprich- Eine nach der Göttin via Dianae, iter Dianae
Wörtern ein beliebtes Element; auch hier hiiu- genannte (Prozespions-) Straße führte von dem
tig mit Qualitäten, die man eher dämonisch nach dem Fluß Yolturnus benannten Stadttor
als animalisch nennen kann. S. C. S. Köhler, von Capua zur Tempelstätte hinaus (11. 12).
Das Tierliben im bpriclmort der Griechen und Als Capua von den Römern im J. 543 der Stadt
Eömer, Leipz. 1881 S. 26, 11 The^aurum draco, Born =- 211 v. Chr. eiobert war und wegen
S. 149, 15 habet equum Seiani: da liegt die seines Anschlusses an Hannibal durch Auf-
Vorstellung von schätzehütendeu Drachen und 30 lösung seines Gemeinwesens bestraft wurde,
dämonischen unglückbringenden Tieren zu- zerfiel sein Gebiet in Landbezirke, Pagi, mit
gründe. Das Sprichwort lupus in fabida {A. sakralem Mittelpunkt, unter welchen der Pagus
Otto, Die Sprichwerter der Mömcr, Leipz. 1890, Dianae Tifatinae der bedeutendste gewesen
199, s. auch das Verzeichnis S. 384 ff.) ist der sein muß. Diese Paoi waren alljährlich aus der
letzte Nachklang des alten Glaubens, daß die Bauernschaft neugewählten Beamten unterstellt,
Nennung des Namens genüge, um den Wolfs- welche die Amtsbezeichnung magistri führten,
dämon herbeizubeschwören. Nach Mommsen {CIL 10 p. 366/367 u. 367 Col. I,
Diese Kedewendungen bieten die abgeblaßte auch Hülsen a. a. 0.) waren die meisten der
Form des antiken Glaubens an Tierdämonen. inschriftlich bezeugten Magistri, Freie und Fi ei-
Dieser Glaube hat sich in seinen meisten Er- 40 gelassene, Bezirksvorsteher des Pagus der Diana
Scheinungsarten, nur wenig durch das Mittel- Tifatina, insbesondere aber CIL 10, 3775—3781
alter verändert, erhalten bis in die Neuzeit, aus den Jahren 644— 655 der Stadt = 110— 99
wie jeder Blick in die Sammlungen zur neu- v. Chr. (3781: s. u., Zeugnisse, nr. 13), nebst
griechischen und italienischen Volkskunde lehren Ephem. epigr. 8 p. 120, nr. 460 u. p. 122, nr. 473
kann. Noch heute hält man in Griechenland aus den Jahren 646 und 670 d. St. = 108 und
die Schlange für einen schützenden Hausgeist 84 v. Chr. Diese Amtswürde blieb auch noch
und redet von schätzehütenden Drachen {B. späterhin bestehen: ihre Inhaber, welche die
Wünsch, Was sich das griechische Volk erzählt, gottesdienstlichen Obliegenheiten zu besorgen
Hess. Blätter für Volksk. 5, 1906, 112), noch und das Tempelgut zu verwalten hatten, sind
heute verwendet man in Italien dieselben Teile 50 uns durch zwei Grabschriften (15. 16) als ma-
von Tieren als zauherkräftige Amulette wie g (ist ri) fani Dianae (Ti f.) hezeugt. Eine andere
vor 2000 Jahren {Gitis. BeVucci, II feticismo Grabschrift (17) nennt einen pr(aefectus) i(ure)
primitivo in Italia, Perugia 1907, 33 u. ö.). d(icundo) montis Dianae Tif., also einen Ober-
[R. Wünsch.] richter für das Tempelgebiet der Diana an
Tifatina, Beiname der Diana, abgeleitet vom und auf dem Mons Tifata.
Namen der im Altertum bewaldeten, heute Innerhalb des Pagus hatte das Heiligtum
kahlen Berggruppe Tifata, welche öfters in der der Diana T. eigenen Grundbesitz, welchen,
Geschichtschreibung genannt ist (bes. mit Be- nach dem Zeugnis des wahrscheinlich aus Capua
zug auf das Dauerlager des Hannibal, J. 215 gebürtigen oder hier wohnhaften Velleius (1),
V. Chr.: in Tifatis, J. 211: in valle occulta po^t 60 L. Cornelius Sulla zum Dank für seinen im
Tifata montem imminentem Capuae; Tifata ist J. 671 der Stadt Eom = 83 v. Chr. am Mons
Neutr. Plur.; die Berggruppe heißt heute nach Tifata über den Konsul Norbanus erfochtenen
einer an ihrem südwestlichen Ende gelegenen Sieg erheblich vergrößerte durch Angliederung
Stadt: Monti diMaddaloni, iV^i55en,7<aLirfAiv7e. eines Heilbades mit vielem Ackerland. Diesen
2, 2, ,S. 709. Mommsen, CIL 10 p. 366, Col. II). von Sulla geschenkten Landbesitz, der offenbar
Am westlichen Fuß dieser Berggruppe (nicht durch habgierige Umwohner verkümmert wor-
auf der Höhe), nördlich von Capua (S. Maria den war, haben Augustus und Vespasianus
Capua vetere), lag das altitalische Heiligtum wiederhergestellt, wie die Inschriften von Grenz-
955 Tifatina Tifatina 95(>
sieinea (6. 7) bezeugen, welche Vespasiauus im A. Literarische Belej^e: 1. Wlleius 2,
J. T7 n. Chr. hat setzen lassen. Die Tempelstätte 26, 4 (J. 88 v. Chr.): t>ost victoriam Sulla (ilescen-
der Diana T. bezeugt als Eigentümerin ein dens montem Tifata) gratis Dianae, cuius nit-
Siegelstempel (14) mit dem Namen der Göttin, mini regio illa sacrata est^ solvit: aqwis salu-
und erhaltene Inschriften nennen einen (unfreien) britate medendisque corporibus nobiles agrosque
Qatsvenralter, Vilicus (18), und eine Freigelas- oinnis addixit deae» huius gratae religionis me-
sene (19) Mer Diana'. Bei der Tempelstätte moriam et inscriptio templi adßxa posti hodie-
war ein Vicus erwachsen, den eine Inschrift que et tabula testatur aerea intra aedem (Hb.:
(12) nennt und der in der einzig erhaltenen a^rea inteie oder interea). Vgl. Frü/dich in
Reisekarte, Tab. Peut. (6), vermerkt ist unter lO Pauly-Wissowa, Beil-Encylop. der claas. AUer-
der üblichen, vom Insigne ('Aushängeschild') tumswiss. 4, 1, Sp. 1646. — Über die kampaui-
der ursprünglich hier Destehenden Herberge sehe Heimat des Velleius (vermutlich Capua) s.
überkommeneu Bezeichnung Ad Dianam. Mommsen, CIL 10 p. 367, 1. Tm/fel, Gesch. d.
Als Weihegaben im Tempel nennen Pausa- röm. Lit. § 278, 1 (»2 S. 194).
«üu (3) einen Elefanteuschädel (wohl eine Jagd- 2. Siliiis Ital. 13,116fif. : HirHchkuh, von
beute, vgl. Zeugnis 10) und Athenaios (4) einen Capys, dem sagenhaften Gründer von Capua
altertümlichen silbernen Becher mit Worten aus aufgezogen, (124 f.) numen erat iam cenia loci
Homer in Goldschrift. Aus der Stips Dianae, famulamque Dianae credebant, ac tura deum
d. h. aus den frommen Geldspenden, waren Bau- de more dabantur (also Tierkult, 'Totemismus';.
lichkeiten mit einer Abschlußmauer errichtet 20 (Vgl. Vergil. Aen. 7, 483if.)
auf Privatgrundstücken, die gleichfalls aus den 3. Pausanias 6, 12, 3 behauptet (wie luba,
Opfern käuflich erworben waren, auch die vgl. M. Wellmann in Pauly - Wissowa , Meal-
Kosten von Marmorbildwerken waren daraus Encyclop. ö, 2, Sp. 2261), daß die Stoßzähne des
bestritten, alles nach dem Zeugnis einer In- p]lefanten in Wirklichkeit Hörner seien: tovto
Schrift vom J. 99 v. Chr. (13). Weihinschriften ovx ccxorjv ygacpa^ d-saadiisvo^^ öl ilicpccvcog iv
der Diana T. sind Yiicht bloß an der Tempel- yij x\i Kccintaviov -Kgaviov iv 'AgttfLidos ibqoj-
statte. S. Angelo in Formis, gefunden (8 — 10), araälovs ök ojg tQtdaovtcc ccnixbi ndhotu Ka-
sondern auch anderwärts festgestellt (21, in «urjs t6 Isqov^ aur/j dh tj firitgonoXis ianv i)
Pompeji, ist fraglich), so in Gallia Narbonensis Kanvr] rav Kafntaväiv.
im Lande der Vocoutii (22 = 27) und an der so 4. Athen. 11, 466e: roiovrov d'6o(iev itoxri-
Donau in Pannonia inferior (23); an letzterer giov ygafiiiaTiyibv dvayisiusvov iv Kanvr] tfn
Stelle war ihr ein Tempel errichtet, wie die Ka\ntavicc? xfi 'AgviuidL ägyvgovv, ^x reo v 'Oft 73-
erhaltene Bau- und Weihinschrift aus der Zeit gixmv inöäv ncctscyifvuGiiivov xccl ivTsrvTtcauiva
um 200 n. Chr. besagt. (Hs. A: -ov) ^x^"" "^^ ^^'H xgvaoig ygd^iiccGLv,
Die Vorstellung von der Diana T., welche wg tb Niarogog öv. 489 b: onotov n xal vvv
wenigstens in späterer Zeit Geltung hatte, war ^ativ Idslv iv Kccnvj] nöXat Tfjg Kccanav Ca.^
die von den Griechen übernommene der Arte- dvaxBi^Bvov zfi 'Agts^idL Ttozr'igLov, önsg liyov-
mis, Diana als Schutzherrin der Jagd. So war eiv i-ABlvoi Niaxogog ysyovivoci- toxi dh ägyv-
sie, abgesehen von einigen Zutaten, dargestellt peov, xgvaolg ygdu^ußiv ivtsxvTcco^sva f';^oi; xcc
auf dem Wandgemälde (26) einer Kapelle im 40 'Oarjptxa ^nri. — Vgl. W. Heibig, Das homer.
Bereich ihres Tempelgutsbezirkes, und auch Epos aus den Denkm. erl. S. 272 ff. (0. Bd. 3,1
auf dem Weihdenkmal der Narbonensis (27) Sp. 29lf.).
ist sie als Jägerin vor Augen geführt. Daher Zu 3 — 4: Über derartige Sehenswürdigkeiten
hat ihr, der Jagdgöttin, ein vornehmer Mann iuTempe]nB. Friedländer, Sittengeschichte Boms*^
im 4. Jahrh. n. Chr. seine seltene Jagdbeute 2 S. 173 ff., »1 S. 445 ff. (bes. S. 447 und 451),
geopfert (10). Auf Münzen von Capua (24) ist 5. Tab. Peut. (6, 3/4 ed. Miller): Ad Dia-
sie durch einen Köcher gekennzeichnet, auf na(m) ^ ßeischrift zu einem Tempelhäuschen,
Stirnziegeln mit eigenartiger, altertümlicher Miller, Itin. Bjm. Sp. 365, vgl. S. XLIV, 4.
Darstellung (25) durch Köcher und Bogen; von Die Entfernuugszahl /// an der Straße Capuae
Silius (2) wird die Hirschkuh (cerva) ihre Die- 50 — Sijllas bezieht sich wohl auf jenen Rastort
nerin genannt (vgl. die Wandmalerei [26] und am Dianatempel; außerdem ist an dieser Straße
C/Z 9, 6314, Weihdenkmal der Diana von luva- die Zahl VI vermerkt, welche vielleicht die
num im Gebiet der Frentani in Mittelitalien, Entfernung von Capua oder Ad Dianam bis Syl-
wo auf den Seitenflächen der Inschrift Hirsch las angibt (anders Miller, Itin. Rom. Sp. 365 f.).
und Hirschkuh oder Rehgeiß dargestellt sind). Das den Rastort Sijllas darstellende Bildchen
Die ursprüngliche Auffassung von der Diana ähnelt den Bildchen, welche die Badeorte kenn-
T. wird jedoch wohl die allgemein altitalische zeichnen {Miller S. XLV, 5); vermutlich ist das
gewesen sein, welche in Diana eine Frauen- von Sulla dem Heiligtum geschenkte Bad (s.o.
und Geburtsgöttin verehrte (Wissoica). Auf nr. 1) gemeint. Auf eine Reisekarte geht auch
dem Wandgemälde (26) umgibt ihr Haupt ein 60 zurück Geogr. Rav. 4, 33 (p. 276, 6 F.): Sila.
dreifacher Kranz, und in einer Hand hält sie B. Inschriften: 6. CIL 10,3828 (Dessau,
eine Fackel; die Göttin ist also hier als lud- Inscr. lat. sei. 3828), zu C^pua: Imp(erator)
fera, als Mondgöttin gekennzeichnet. Durch Caesar Vespasianus Aug(ustus) co(n)s(ul) VIII
den ihr in einer Weihinschrift (9) gegebenen [J. 77 (oder 78) n. Chr.] fities agrorum dicatorum
Beinamen Trivia ist sie der Hekate gleichge- Dianae Tifat(inae) a Cornelio Sulla ex forma
stellt (vgL die Art. Triformis und Trivia). Divi Aug(usti) restituit. — Forma ist eine
Zeugnisse. (Die Ziffern entsprechenden Karte, ein Katasterplan (Darem&er^-Äa^Zio, 7)ic-
obigen Verweisungen.) tionn. des antiq. 2, 2 p. 1252).
957 Tifatina Tifatina 958
7. Notizie degli scnvi 1893, p. 105 {Dessau ibi fecerunt opera supra scripta. Die Inschrift
3240), ifefiindon bei der Kirche S. Anc^elo in For- war in die peaannte Mauer, die Einfriedigung
mis: Jmp. Caesar Vespasianus Aug. cos. VflJ der angegebenen Baulichkeiten, eingelassen;
fines locor(um) dicntornm Dianae fif'at. a Cor- vgl. CIL 10, 3774—3780.
nelio Sulla ex forma Divi Aug. restituU. Oben 14. CIL 10, 805i), 1 {Dessau 3241), Siegel-
auf dem Cippus steht: P • D | T, von lanelli ge- Stempel (Signaculum), gefunden bei S. Angelo
deutet: V(raedia) l)(ianae) T(ifatinne). — lo- bei Capua, jetzt zu Neapel: Diane Tifatine
cor. (niclit agrorum, wie nr. G) stand auch in (Genitiv -e statt -ae, wie oft). — Der Fundort
der gleichlautenden Inschrift des (verschollenen) ist gewiß bei der Kirche S. Angelo in Formis,
Grenzsteines, welchen Meteüus im 16, Jahrh. lo nicht bei einer anderen Kirche S. Angelo, wie
zu Capua abgeschrieben hat. CIL 10 p. 1219 angenommen zu sein scheint.
8. Ephcm. epigr. H p. 122, nr. 472, inepixtylio 15. CIL 10, ;{924 {Dessau <j30.'>), gefunden
marmoreo rep. S. Angelo in Formis: [...IJJia- bei der Kirche S. Angelo in Formis, jetzt zu
nae T(ifatinae) d(ono) d(at) [oder d(at) d(e- Neapel: C. Velleio C. f. PaKatina trihu) Urbano,
dicat)]. mng(istro) fan{i) Dian(ne) Tif(atinae), honorato
\). CIL 10, 371)5 {Dessau 3270), vor der Kirche equo publ(ico) ab Imp(eratore) Antonino Au-
S. Angelo (nach Holstenius), auf den vier Sei- g(usto) cum ageret attatis an(num) V, von Sei-
ten einer Basis (von einem VVeihebild), Beginn nen Eltern gesetzte Grabschrift,
unbestimmt: Bianac \ Tifatinae \ Triviae \ sa- 1(5. CIL 10,3918 [Dessau 6304), zu Capua,
crum. — Außerdem ist eine Weihinschrift der 20 Grabschrift Mitteris optimae aetatis': Q Peticio
Diana (ohne Beinamen) durch Gewährsmänner M. f. Fal(erna tribu) mag(istro) fani Dianae
des 17. Jahrh. überliefert: CIL 10, 3794 mit usw. Auch das Fehlen eines Cognomen weist
Ortsangabe 'Capuae'. auf frühe Zeit.
10. CIL 10, S19G {Buechelercarm.epigr.2:A'i. 17. CIL 10, 4564 {Dessau 6306), Hn agro
Dessau 3261), gef. bei der Kirche S. Angelo in Pontelntone agri Caiatini (circ. 12 md. pnss. a
Formis, jetzt zu Neapel: incola Tifatae, i)ena- Capua/ , jetzt zu Capua: D(is) M(anibus) s(a-,
tibus incluta virgo, j haec, Latona (so statt La- crum), C. Terentio C. fd(io) Pal. Charino pr(ae-
tonia, Latoa = Diana oder Verwechslung der fecto) i(ure) d(icuij,do) montis Dianae Tiffati-
Mutter mit der Tochter), tuis statult miracula nae) C. l'erentiu^ Hypercompwi ßlio bono contra
te nplis I cunctis notus homo, silcarum cultor et 30 votum. Vgl, CIL 10, 3J33, gefunden S. Angelo
ipse, I landibus inmensis vitae qui seroat liono- in Formis: praefecft . . .]. Über praetor oder
rem, \ Dilmatius signo, prisco de nomine Lae- praefectus i. d. vgl. Mommsen, CIL 10 p. 367/
tus. I credo quidem donam nullis hoc antea na~ 368 und B'jm. Staatsrecht 3, 1, 8. 799, 2. — Lage
tum I colhbus aut silois: tantum Caput explicat des Fundortes Pontelatone s. C/L 10 Tab. III Gl.
■umbris \ .... Der spätzeitliche Jä;^ersmaan und 18. CIL 10, Add. 8217 {Dessau 3523), ge-
Dichter hat willkürlich Tifata als Femininum funden bei S. Angelo in Formis: Siloano sa-
Singularis gebraucht (statt Neutr. Plur.). — c[r(um)] Ursu^us vilficus) DianfaeJ et candi-
Zur Weihung vgl. CIL 11, 5262 {Buecheler carm. dati (folgen acht Namen, davon 6 —7 griechisch,
epigr. 1800), auch CIL 2, 2660 {Buecheler 1526). 1 — 2 lateinisch) ex viso. — Candidati sind die
11. C/L 10,3792, gefunden zu Capua im 40 dem Sklaven Ursulus als Vilicus untergeord-
Amphitheater, jetzt zu Neapel, ^Feriale domCi)- neten Sklaven wohl genannt, weil sie als seine
norum' (d. h. Verzeichnis der gottesdienstlichen Nachfolger in Betracht kamen {Mommsen).
Feiern zu Ehren des Kaiserhauses), vom J. 387 19. CiL 1,1242 (1^,2,1 p. 638, nr. 1597) = 6'/X
n Chr., 8t: VIII kalfenda^) Aug(ustas)lustratio 10,4263, aus Campania (genauere Herkunft
ad flumen ad iter Dianae. Der Fluß ist der nicht bekannt), jetzt zu Neapel: M. Orfio M.
Volturnus. /'. Falferna tribuj Bufa Dianaes Uibertaj sibi
12. CIL 10, 3913 {Dessau 5380), gefunden et coiiuci suuo (= coniugi suo) fecit. — Dia-
zu Capua im Amphitheater: G. Lart Ga- naes ist griechische Genitivbildung (Belege :
hinio P. f. Pal(atina tribu) Fortuito dictatori Dessau 3 p. 842).
Lanfuvii, vgl. CIL 14 p. 191^ II vlr(o) Capuoie, 50 20. CIL 10, 8)71, 5, eingeschrieben unter
quod viam Dian(ae) a porta Volturn(ensi) ad einem silbernen Gefäß in Gestalt einer Muschel
ricum usi(ue) su% pec(unia) silice straver(unt), (Gewicht: 298,30 gr), -gefunden zu Herculaneum,
ob muniß'j(entiam) eius d. d. Die in nr. 11 jetzt zu Neapel: Flavi B'iji; scriptum Capuae
und 12 genannte Straße von Capua zum Heilig- at Deanam (= ad Dianam), supervaqua (= su-
tum der Diana ist teilweise noch erhalten {Novi, pervacua) curiose(?) notabis ....
Iscrizioni monumenti e vico scoperti ... 1861, 21. CIL 10,801, Pompeii, im Apollotempel
p. 27). (P. Wolters, Archäolog. Bemerkungen 2 = Sitz.-
13. CIL 1, 569 (l^ 2,1 p. 520, nr. 680) = CIL Ber. d. Münchener Äkad. d. Wiss. 1915, 3. Ab-
10,3781 {Dessau 5561) vom J. 655 d. Stadt == hdlg., S. 44 f.), Anfang einer Weihinschrift des
99 v. Chr., aus einer alten Mauer bei der Kirche 60 M. Fabius Secundus permissu aedil(ium) usw.:
S. Angelo in Formis, jetzt zu Neapel: . . . heisce T • D • V • S. Wolters (a. a, 0. S. 52) zieht der von
mag(istreis = altlateinisch für hi magistri) mu- Tarallo vorgeschlagenen Ergänzung T(riviae)
rum ab gradu ad c(h)alcidic(um) et calcidicum Dfeae) r(utum) s(olvit) Deutung des T =^ Tfi-
et portic(um) ante culin(am) long. p(edes . . . , fatinae) vor, also: Tifatinae Dianae v. s.
Zahl ist nicht eingetragen^ et signa marmor(eaj 22, CIL 12, 1705 (Z>essat* 3242), Fundort: Le
Cast(oris) et Pol(lucis) etloc(a) privat(a) destipe Pegue [CIL 12, Tab. II Be, vgX.ebd. p. 974],
Dian(ae) emendum [et f/aciendum coeraverfej noidöstlich von Y sihesLs [Andree, Handatlas ^"^^
(^= cnraverunt), d.h. emerunt loca privata et 93/94 DElj im Departement Vaucluse, im
969 Tifatina Tigres 960
eiDstmaligen Gebiet der Vocontii (Hauptort: o.B(K 1,1, Sp. 1003/1004 (unzulSrglich, auch mit
Yasio, jetzt Yai»-on) in der Naibonensis; ver- irrigen Verweisen). Hülsen in J'aubj-Wi.'soua,
sturomeltes Steinbild in Relief (s. nr. 27) mit Heal-Emcycl. 8,2 (181)9), Art. Caj)ua\ Sp. 1567 f.
Inbchrift, jetzt zu Avignon: Diar-ae [Tijjatinae Mau-v. Menkhn, Kntal. d. Bihl. des K. Deutsch.
Jf. Jccius Mun-tnius. Vor Eirschfeld Archäol Jtist. in Born 1, 1 (1913), S. 329. [Keune.]
war der Beiname der Göttin falsch gelesen: Tifaltnus, Beiname des luppiter nach der
Latinae. Berggruppe Tifata (s. d. Art. Tifatina), wo er
23. Mahler in Archaeologiai Eriesitö 1909, ein Heiligtum hatte, nur bezeugt durch Tab.
S. 245 (daher: Berve archeol * 1 6, 1910, 2, p. 448 Beut. (C, 4 ed. Miller) : Jovis Ti/atinus, Beischrift
nr. 140), Fundort: Duna-Pentele an der Donau lo bei einem Tempelbildchen, rechts über einem
(Andree*'^, i9/80 E 5) =» Intercipa in Panno- kleinen Gebirge; \g\. Milhr, Bin. Bow. Sp. ;^()5
nia inferior (Kiepert, CJL S, Suppl. Tab. VII [70«««= 7om ist altertümliche und volkemUßige
Ep und FOA XVJl Cf): [Nvwjim Diavae T[i- Benennung statt luppiter (= Joris pater)]. Der
flativae [pro sjalvte Jwpp. Sep(tiniii) Ären et Tempel lag sicher auf der Höhe, was auch in
[M. Aur(elii) AJni(oninf) Avgg. («= Avgusto- der Tab. Bevt. zur Anschauung gebracht zu
i«m) agente Baeßjio Caecilliavo . . . tri- sein scheint. Nach diesem Tempel war vielleicht
h(M'no) coh(orti8) usw. tevtplum [a sojlo exstru- ein Stadttor von Capua Borta Jovis {Liv. 26,
xeru/fitj. 14, 6, J. 211 v. Chr.) benannt. — Monimsen, CIL
jDie Ausgrabungen von Nori (s. o. zu nr. 12) 10 p. 59 (§ IX) und p. 860 Col. II. Ibissen, Bai.
haben an oder auf den Tifata auch Inschriften 20 Ldslde. 2,2, S. 710/711. [Keune.l
zutage gefördert; darunter sind bei dem Tempel Tiirnsos {Tlyacog), Sohn des Herakles von
gefunden CIL 10,3874.4036.4070.4290, außer- der Thespiade Phyleis, Apöllod. 2, 7, 8, 4 (2,
dem 3811. 3946. 3983. 4018. 4(i57. 4317, meist 163 Tf".). [Höfer.]
Grabschriften, teilweise von großen Grabdenk- Tigorimis, pagus s. Ende des Buchst. T.
malern. — Vgl. CIL 10, 3904. 4080 u. a.] Tigres (TiyQr,? und Tiygig). 1) Eponymer
C. Bildliche Darstellungen: 24. Mün- Gott des asiatischen Stromes, Bruder des Eu-
zen von Capua mit Kopf der Diana und Köcher phrates und der Mesopotamia, Kinder einer
daneben (Münzkatalog" Berlin 3,1,84). Vgl. Aphroditepriesterin, Janibl. dram. H. Auf der
B'riedlävdtr, Oskische Münzen S. 10, nr. 7. von den Strömen Euphrat und Tigris gebil-
26. Stirnziegel (Antefiia) von Capua: Diana, 30 deten Insel, wo die Priesterin lebte, stirbt
mit Köcher und Bogen, auf einem galoppieren- T. als Kind, von einer Kantharide (0, Keller,
den Pierd, unter welchem f ine Gans, i«'. ier>or- Ant. Tierwelt 2,414) gestochen. Die Mutter
mant, Gaz. arch. 7, S. 82 ff. mit PI. 14 (auch glaubte an die Heroisierung des Sohnes, rbv
Darfwberg-Sagho, Dict. des üntiq. 2, 1, p. 166 vibv ivuaytvcctcu (c. 9). Als später der ihm
fig. 2396). sehr ähnliche Rhodanes erscheint, ist die Mutter
26. Wandstuckmalerei (3. Jahrh.) einer Ka- überzeugt, daß der Tote wieder zum Leben ge-
pelle, ausgegraben bei S. Angelo in Formis, kommen sei und daß Köre ihm folge. Mit
G. Mintrtini, Comm. di Caserta 1877. p. 41 und Euphrat und anderen großen Strömen als Sohn
Comwent. in honor. Mommsen. p. 660 ff. Janelli- des Okeanos und der Thetis, nach Kekonstruk-
Fiorellif Notiz, d. scari 1877, p. 117. 1880, 40 tion aus Hes. Th. 337 ff., genannt bei Bygin
p.460ff. 3/oiwwJser», CiL 10, p. 366 367 adnot. 2: fab. praef. Als Flußgott personifizieren ihn
Die Göttin, mit Kimlus, Strahlenkrone und Münzen aus Seleukia {ZtUvv.itav xihv ngog t«
Kranz, sonst in ihrer bekannten Jagdkleidung, TiyQSi) bei Imlwof-Bhmer, Monn. gr. 451, nr.
hält Bogen und Köcher in der linken Hand, 65 mit Tyche, 'd ses pieds le ligre nageanf;
eine große Fackel in der Rechten, trägt auch nr. 68 Tyche und le Tigre cornu nageant^;
ein Tierfell über dem linken Arm und ist be- offenbar aus der Zeit Phraates' IV. Zusammen
gleitet von der Hirschkuh. mit Euphrates zeigt ihn eine Traiantmünze
27. Steinbild von Le Pegue (s. o. nr. 22), (Jahr 116; ^ Armenia et Mesopotamia in potesta-
CIL 12,1705, abgebildet \on Esperand ieu, Be- iem p. B. redactae^): Genant un roseou et ap-
cueil gcneral des bas-reliefs de la Gaule rom. 1 50 puye svr une urne"*; Cohen, Descr. hist. des tnon-
(1907), p. 232, nr. 311 : Diana jagend, mit dem naies, Bar. 1882, 21, nr. 39; bei Sabatier, Jcono-
Bogen in der Linken, mit der Rechten im Be- graphie 1847, 82, nr. 439, 1. Baumeistir, DenJc-
griff, einen Pfeil aus dem Köcher hervorzuholen, mäler 2, 1298 r. spricht von Münzen mit Meso-
hat den linken Fuß auf einen knienden Hirsch potamia zwischen den Flußgöttern Euphrat
gesetzt, den rechten Fuß vielleicht auf einen und Tigris; vgl. ob. Bd. 2, Sp. 2843 34 ff. Nach
Felsblock. A. v. Doviaszewkie Deutung enthält auch das
Neuere Literatur: /. Beloch, Campanien achte Relief des Hadriansbogens in Benevent
(1879), S. 361— 367. Nissen, Bai Landeskunde rechts unten den T. mit erholener Rechten,
2,2 (1902), S. 709f. Mommsen, CIL 10 (1883), huldigend zum Kaiser emporblickend; vgl. JaÄ-
p. 366—368, auch Index p. 1132. 1152. 1219. M refh. d. est. arch. Inst. 2 (1899), 185. Zur Ent-
1228. Lenoimant, Gazette archeol. 7 (1881/82), stehung des Namens überliefert Blutarch nsgl
p. 82—85. B. Baris in Daremberg-Saglio, Biet. norau&v (24) zwei Erzählungen, in denen der
des antiq. 2, 1 (1892), p. 155. "B issoua in der Tiger namengebende Rolle spielt Üler T. und
Neubearbeitung von Bauhjs Beal-Encyclopädie Euphrat als Sternbilder der Babylonier vgl.
der dass. Altertumswissenschaft Bd 6, 1 (1103), F. Boll, Sphära 137 f. Mit Pheifcon, Geon und
Art. Dia wa, Sp. 326— 328 |die ausführlichste Euphrates einer der vier Paradiesflüsse (J. Jl/os.
Besprechung]; ders., Beligicn u. Kultus der Bö- 2, 10; vgl. Bhil. leg. alleg. 1 , 19, 21, 27), deren
«ler* (1912), S. 247 und 261. Vgl. auch Steuding ayioi ayyeXot in einer spätem griech. Beschwö-
961
Tilenus
Timandros
962
Tmiff augerufen werden, bei Pradel, Ret. Vers,
u. Vorarb. 3, 3, 287 (3ö) f. mit weiteren Hele<^en
S. 312 (00); bei Mombritius Sanctuarium 2, 259,
31, rassio S. Mathci, vt'rl'ü|jft er als Paradieses-
fluß über alle mötjlicben Fischgattiingen. —
2) P]iner der fünfzig Hunde Aktilons; Hygin.
fah. 181, Ov. met. 3,217. Vgl. Röscher, Die
Zahl 50 in Mi/thus, Kultus, Epos u. Taktik,
S. 81 f. — {{) Peloponnesischor Fluß (Harpys);
8. Nikothoe, Bd. 3, 1, Sp, 3133. [Preisendanz. ] lo
TileuiiS; Beiname des Mars auf einer In-
schrift aus Hispania Tarraconensis: Marti Ti-
leno, Kphem. Epigr. 9 (1913), 293 p. 114. Der
Beiname ist nacli Dias Jimenez z. d. St. abzu-
leiten von dem we.stlich der Fundstätte gele-
genen Berge, der noch heute ^ElTeleno' heißt;
vgl. auch M. Mncias, Eiugraßa Romana de la
ciudad di Astorga (1903) p. 27 f. [Höfer.J
Tiliiitia (tilimia) liest man auf einem etrus-
kischen Bleispiegel, der YonConrstabile, 3Ionum. 20
di Perugia 4 nr. 70.> = MXXXIII, tav. LXXI
= XCViI und von Fabretti, C. I. /. nr. 19 16 bis
veröffentlicht ist. Die Darstellung zeigt den
geflügelten Zeus im Augenblick, wo er der
Semele erscheint, deren Körper schon vom
Blitz zerschmettert ist. Daraufhin hat Bugge
{Etr. Fo. u. Stud. 4, 50 und in Bezzenbergers
Beitr. 10, 15) das tilimia aus *timilia ableiten
und dies einem lat. Stimula = griech. Semele
gleichsetzen wollen. Abgesehen von der Frage 30
der Echtheit des obigen Spiegels (etruskische
Bleigegenstände sind oft Fälschungen) muß
obige Deutung aus sprachlichen Gründen völlig
abgelehnt werden. Es steht nicht einmal fest,
ob tilimia überhaupt ein Name sei.
[C. Pauli.]
Tilphossa, Tilphosaia s. u. Telphusia Sp. 350.
Tilphossios (Beiname Apolls) s. u. Telphu-
sios Sp. 351.
Tiltliazes (TiXO-a^rj?), Name eines thrakischen 40
Gottes, den G. J. Kazaroiv, Monuments ant. de
Balgarie {Bull. sog. arch. Bulgare 2 [1911], 177.
190)demSilvanus
gleichsetzt. Be-
legt 1 : auf einem
Marmorrelief un-
bekannten Fund-
orts im Atheni-
schen National-
museum, mit In- 50
Schrift: TiXd-d^si
und nü)[log?]N sL-
yicavog sv'^riv (?),
Bild bei Kaza-
rowllGxixidArch.
Jahrb. 27 [1912].
Änz. 567, nr. 8
C£.F//ow;).2:auf
ähnlichem Relief
aus Komare (Bez. 60
Bela-slatina), bei
Kazarow 111 .Dqt
Gott erscheint als
un b ä rtiger j unger
Mann mit star-
kem Haarwuchs, unbekleidet, in der Rechten
Keule, in der Linken Hirten (krumm) stab; hinter
ihm springender Hund. Ohne Inschiift, Keule
.zesrelief im Athen. Natio-
nalmuseum.
und Hund auf dem weniger gut erhaltenen
Relief aus Koinare. [Preisendanz.]
Tliiialkos (iVftaXxos), der ältere Sohn von
Megareus (s. d., Bd. 2, Sp. 2546 f. nr. 1), dem
eponymen Gründer von Megara in Griechen-
land {Paus. 1, 41, 3). Als Helena von Theseus
und Peirithoos geraubt und zu Aphidnai in
Attika verborgen gehalten wird, ziehen die
Diüskuren aus, um die Schwester zu suchen.
IJber Korinth, das sie erobern {Plut. Thes. 32),
und durch Megara, wo sich ihnen der Kötiigs-
sohn T. anschließt, gelangen sie nach Athen;
aber in den Kämpfen um die Burg Aphidnai
flndet (nach megarischer Überlieferung) T. von
Theseus' Hand den Tod {Paus. l,41,4f., wo
freilich, nach Alkman fr. 13 bei Bergk, Lyr.
3\ 18, Zweifel über die Anwesenheit gerade
des Theseus erörtert werden; doch ist dieser
zugegen und tötet dort auch den Alykos nach
Hereas fr. 3, Müller 4, 427, bei Plut. a. a. 0.).
T.' Grabgebäude in Megara dient später als
Rathaus {Paus. 1,42,4). Vgl. auch die Art.
Dioskuren, Bd. 1, Sp. 1161; Helena, Sp. 1934,
und Thexeus, Bd. 5, Sp. 718. [.Joh. Schmidt.]
Timandra {Ti^ocvSqcc), 1) Tochter des Tyn-
dareos und der Leda, Gemahlin des Echemos,.
Apollod. 3, 126 W; Paus. 8, 5, 1; Schol. Pind.
Ol. 11 (10), 80; Hesiod frg.dO (114) Rzach. Von
Echemos war sie Mutter des Euander, Serv.
in Verg. Aen. 8, 130. Später bewirkte der Zorn
der beim Opfer vernachlässigten Aphrodite,
daß sie ihren Gatten verließ und dem Götter-
liebling Phyleus folgte, der sie n ich Dulichion
führte, Stesich-iros im Schol. Eurip. Or. 249
(^ Stes. fr. 26 P. L. Gr.^ Bergk)-, Hesiod fr.
93, 3 f. (117) Rz.; Eustath. Hom. 305, 17;
C. Robert, Bild u. L'ed 180. — T. ist abge-
bildet auf einer Berliner Schale des Hieron
(wiederholt veröffentlicht, s.z. B. Gerhard, Trink-
schalen u. Gefäße, Tfl. 11, 12; Arch. Ztg. \%^%
If. ; Reinach, Rep. des vases 1, 437, Ooerbeck,
Her. Gall. 13, 3, Wiener Vorlegebl. Ser. A Tß. 6,
Furtwängler V.-S. 2291; vgl. C. I. Gr. 8220.)
bei der Darstellung der Entführung der Helena,
wo sie einen vergeblichen Abwehrversuch macht,
als Paris die H. fortführen will. C. Robert
a. a. 0. 53 f. Wegen der dort vorkommenden
Form Tt^ccdgcc s. Kretschmer, Die gr. Vasen-
inschr. ihrer Sprache nach unters, p. 161 nr. 142.
— 2) Die Geliebte des Aigypios, Mutter des
Neophron, die von Zeus in eine Meise yalyid'ccl-
Xog) verwandelt wurde, Boios bei Anton. Lib. 5.
Vgl. den Mythus u. seine Deutung o. Bd. 1,
154. [Ruhl.]
TituandreiiS {TLuavSgsvg) , Vater der Kotto
(Kottyto) und Eurythemis, die von den Hera-
kliden verehrt wurden, weil sie von ihnen auf
dem Zug nach dem Peloponnes unterstützt wor-
den waren, oi TtsgV iTtTtoötgatov im Schol. Theoer.
id. 6, 40. Lobeck, Agiaoph. 2, 1038 verweist
noch auf Schol. Pind. Ol. 13, 56; die dort ge-
nannte Kotyto ist aber eine Tochter des letzten
vordorischen Königs von Korinth Timandros,
s. 0. Bd. 1, 2031 s. V. 'Hellotis' und 2, 1403.
[Ruhl.]
Timandros {TLy,ccvSgog), vornehmer Mysier,
den Kaikos tötete; Plut. de fluv. 21, 1; vgl. ob.
Bd. 2, 1, Sp. 894, 27 ff. [Preisendanz.]
963 Timavus Timo 9(34
TinaTOSf Fluß bei Aquileia (Ibisse» , Ital. außer Betracht. Vgl. ButcheUr, Jihtin. Mus.
Landeskunde 2, 1, S. 288 f. Holdei', AltceltSpraeh- 63 (1 Ü08), S. 82 1 ff. Heisch, Jahreshefte d. Österr.
sehatz 2, Sp. 1850 f. Kiepert, Foimae Orbis An- Archäol. Institutes in H'tcnll(1908), S.27G — 297.
Uqui XXIll Ek), 'welcher die Einbiltlungskralt CIL 1,2, l, ed. altera (1918), nr. 652, p 513—
der Alten viel beschäftigt bat* und der als 514 (zur Inschrift des Tuditaniis) und nr. 2196,
Gottheit verehrt wurde, gleich zahlreichen Flüs- p. 692 (zur Weihinschrift von Montereale). Das
sen (vgl. o. Bd. 1, Sp. 1487 ff. und die allerdings Heiligtum des Timavus bei Aquileia (ro TL-
nicht vollständige Liste in der Neuhearhtg. von fiauov) ist bezeugt durch 6^<ra6. 5, 1,8 f. (Cp. 214 f.),
Faulys lieulencyclopädie Bd. 6, Sp. 2791 ff., in nach welchem hier die Veneter oder Eneter,
welcher Timavus und außerdem z. B. Icauna, lo Heneter {pi 'Evtroi) dt n Heroä Diomedes ver-
Sequana, Ura, Adsalluta, Savi*8 nachzutragen ehrten; vgl. o. Bd. 1, 1, Sp. 1027 und Keubear-
sind). Der Namq des Flusses Timavos ist wohl beitung von Pault/s Beal-Encyclopüdie 6, 1,
keltisch (vgl. Beider a.a.O. und 1, Sp. 816 Sp. 82». Über den Kult handelt »SYico«» a. a. 0.
mit Nachtr. 8, Sp. 777—778: -avo). Als Gott S. 1089— 1050. Der VollBtändigkeit halber sei
war er genannt in einem in Satumischen Ver- noch verwiesen auf Schulze, Zur Geschichte der
sen abgefaßten Gedicht eines Denkmals, wel- latein. Kigtnnamen {Abk. der Ges. d. Wiss. Göt-
ches der Konsul des Jahres der Stadt 625 = tingen N. F. V 2) 1904, S. 587; vgl. dazu Maver,
V. Chr. 129, P. Sempronius Tuditauus, nach Be- Einfluß der vorchristl. Kulte auf die Tofono-
siegUDg der Japuden (Japoden) im selben Jahr mastik Frankreichs {Sitz.-Ber. Akad. der Wiss.
zu Aquileia errichtet hatte, von wo er ohne so Wien Bd. 175, 2. Abhdlg., 1914), S. 36. Hofer,
Zweifel zu jenem Feldzug aufgebrochen war. s. Bd. 5 Sp. 351, Art. Temavus. [Kenne.]
Vgl. über diesen Feldzug Fischer, Hörn. Zeit- Timeas {Ti^iag)^ ein Epigone, Sohn des Po-
tafeln S. 148, Mommsen, Köm. Gesch. 2'", S. 169, lyneikes, Paus. 2, 20, 5; Schol Find. Ol. 2, 76
V. Premenlein, Oesterr. Jahresh. 10, S. 264 ff. nennt ihn Ti^Lag. [Ruhl.]
Bruchstückejenes inschriftlichen Gedichtes sind Timeles (Ti/i^Ärjg). Auf einer Erzmünze aus
zu zwei weit auseinanderliegenden Zeiten, im Aphrodisias, Karien, eine Personifikation : sitzen-
J. 1788 und 1906, in der Nähe von Aquileia der Flußgott mit Rosenkranz in der Rechten,
gefunden, Dessau 8885 (3, p. IX — X). Der den Füllhorn in der Linken, zur Seite umgekehrte
T. nennende Vers lautet mit Ergänzungen: Urne, mit Inschrift TIM6AHC. Mionnet, Descr.
(Tuditanus) Komaje egit triumpufm .], de- so de medailles ant. 3, 324, nr. 125.
dit Timavo (erg. aedem oder dona), es handelt [Preisendanz.]
sich also um ein Weihgeschenk, das der Kon- Timo[Tifia»] a) Name eines der Mädchen, die
8ul beim Aufbruch in den Krieg dem Timavus als Begleiterinnen des Theseus und als Mino-
gelobt hatte, als er offenbar an diesem Fluß taurosopfer nach Kreta fuhren: auf einem
sein Lager aufgeschlagen hatte (wie ja auch Becher aus Vulci ClGr 4 nr. 8139; Literatur
in einem früheren Feldzug des Jahres 576 der s. ob. Sp. 692 c (Theseus). Die Inschrift TIMO
Stadt = 178 V. Chr. gegen die Histrier der da- wurde seit -firZem« Interpretation falsch bezogen,
malige Konsul das erste Lager nach dem Auf- seit Beinach mit einer angeblichen Lücke ver-
bruch von Aquileia bezogen hatte ad lacum sehen, während die Abbildung bei Gerhard
Timavi, d, h. an einem Quellsee des T. , vgl. 40 und die Beschreibung bei Jahn vollkommen den
Liv. 41,1 — 2). In der folgenden Zeile des Ge- richtigen Tatbestand geben. /. Sieveking hatte
dichtes ....ria ei restitufit ....Jreis tradit war die (jüte, das zu bestätigen: 'Auf die Amme
von einer Herstellung (des Tempels des Fluß- folgen rechts ein Mann (AYKIOC), eine Frau (€Y-
gottes?) die Rede. Demselben heiligen Fluß NIK€), ein Mann (lOAON), eine Frau (TIMO),
scheint die Weihung eines kleinen Altars zu ein Mann ohne Namen, denn der Rest der In-
gelten mit einer Inschrift in altertümlicher schrift hinter ihm scheint seiner Richtung wegen
Schrift und Sprache des 7. Jahrb. der Stadt, schon zur Sphinx zu gehören. Klein hat eine
Pais, Corporis Inscr. Lat. Suppl. Ital. 1 nr. 380 der sinnlosen oberen Inschriften (6YTIA) dar-
(p. 48) = Dessau 3900, gefunden in Montereale untergemengt. Der Name TIMO gehört ein-
am Fluß Celina, wo dieser, aus dem Gebirge so wandfiei zur letzten Frau, von einer Lücke ist
hervorbrechend, die Ebene betritt, in der Ge- keine Rede'. — b) Die aus Herod. 6, 134 f. he-
gend der Stadt Maniago, also 70 km nordwest- kannte parische ünterpriesterin der chthoni-
lich von Aquileia {CIL 5, Tab. I): Tt(berius) nischen Göiter {vjto^d-nogog r&v x^oviav d^tav),
Poppax(us) Ti(beri) f(iliu8) Temavo d(ono) d(e- die Miltiades unglücklichen Rat zur Eroberung
du) l(ibens) m(erito). Zwar nimmt Sticotti, von Faros erteilte. Von den Pariem des Ver-
MisceVan. in onore di Attilio Hortis, Triest. rats angeklagt, wurde sie durch eine Entschei-
1910, S. 1044 an, daß hier ein anderer Tima- düng der Pythia freigesprochen, weil sie Mil-
vus gemeint sei, aber treffend hat Mommsen tiades ins Verderben gebracht habe. Zur Na-
vermutet, daß wohl ein Händler jene Altar- mensfoim s. Bechtel-Fick, gr. Personennamen
inschrift in der Ferne geweiht habe eingedenk 60 266,411. Vgl. auch CIGr 12,6. 2 nr. 1234. Der
Beiner Handelsreisen im Bereich von Aquileia Name bestand auch sonst auf der Insel: CJGr
(oder weil er in Aquileia ansässig war). — Die 12,5.2 nr. 228. 1447, eine Timaro nr. 37211;
Ergänzung der erstgenannten Inschrift durch viermal eine Tiniarete (186, 12.17.18. 19), wo-
V. Premerstein a. a. O. S. 271 (vgl. S 273. 275 f. zu Timo Kurzform sein dürfte — c) Sakrale
280 f.), welche einen anderen Sinn, keine Wei- Teilnehmerin an den Pythiaden (Jahr 106/5),
hung ergibt: fcoloneis Aquileiensibus agros sog. nvgcpogog 'die in den heiligen Dreifuß
captosj dedit Ttmavo [tenus usw.J, ist nicht reines Feuer aus Delphi holte': Tivgcpogog 17 iy
glaubhaft, läßt auch die metrische Fassung JsXcpmv' Tifiä. Liste bei Dittenberger, Syll.'^
96") Timomachos Tina 966
2,711 D' mit Anm. 9; L. Ziehen, Jahresber. üb. d. meiner neuen Ausg.) beschworen xara tfjg ni-
kl. Alt. Wüa. 172 [1915], 3, 120. [i^reifiendanz.] XQ&g jiväyurig xai xara xibv TmonQiwv xerocyii^-
Tinioinachos (7Y/io/ta;^oi.), Führer der theba- i/wv, wo Wuensch schreiben wollte Y.arä x(bv
nischen Aipreiden, der die Spartaner in ihrem (inl rö)vy ri^ioaQiibv r., wohl nach l'ajj. Leid.
Kampfe ^egen Amyklai unterstützte und sich W (I :SUÖ) 4,20; 11,6: iru^ag ccirbv inl iCtv xi-
jjrroße Verdienste um die Ausbildung des spar- uwqiüv (vgl. Dieterich Abr. 34); aber auch hier
anischen Kriegswesens erwarb; bei der l^est- kann man TnioiQiöiv dämonisiei-t verstehen,
feier der Hyakinthien wurde sein eherner Pan- Dazu berechtigt der gleiche I'apyrus Kol.
zer (von den Thebanern Önlov genannt) öflent- 7, 28, wo 6 X(;(s)iöro? {%{iriaxog edd.; angerufen
lieh ^MS^e^icWi, Aristoteles \m schol. IHnd. Jsthm. lo wird als uriaag xr}v kvdynriv %ul TinioQiav xal
7, IS = f'rgni. 489 Hose. [Höfer.J xiiv Bä6<xvov^ und wo man schwerlich mit iJie-
Tinioiiike (7'«[f£orJ(xf), eine der Personen, in terich Abr. 190,211". nur Abstrakta sehen darf,
deren Gegenwart auf einer Vase Theseus den Deutlich geht dagegen die abstrakte Auffas-
Minotauros erlegt. Nach Boulez, choix devases sung hervor aus dem Schluß des Großen Par.
peintcs de Leyde pL 10 bei Beinach, Repertoire Zauberpapyrus , der Typhon auffordert: dbg
des vases 2, 271. [Ruhl.] amy xr]v -aivrioiv r^g Q-ccXäco7\g^ [n^avDcygvnviccv
Timor: Clandian 3,34 {In Bufinum 1, 34): xov Mivdfixvg (fehlt ob. Bd. 2, Sp. 2770 ff.) xat
im Erebus hausen Discordia, Fames, Senectus, xccg xmcogiag (fehlt der Genetiv). Hier ist der
Luctus, Timor, Audacia u. andere. [Höfer.] Daimon timoros vorhanden: TyphoE, der über
Tiiiioria s. u. 'Timoros. 20 die genannten Strafen verfügt; vgl. auch Z. 2606,
Timorios {Ti^oiQiög): vgl. Bhein. Mus. 55 2670 axl^ov m-Kgatg xi^togiaig . . . ; hier soll
(1900), 248. 257. [Hüfer.J Selene-Hekate die Rolle des Strafenden über-
Tiuioros (Ti^agog), zunächst Beiname für nehmen. Nicht in diese Sphäre von Strafdämo-
(lottheiten, denen das Vollziehen einer Strafe nen gehört der T/ficopog dor/^wv im ^ersten, ganz
zukommt. So verehren die Kyprier einen Zeus grostischen Stücke des hermetischen Poiman-
Timoros, dem. Alex.protr. 2, 39, 2 (29, 6 Stähl], dres' {Dieterich Abr. 35). Denn er {Herrn. Tris-
{Bernays' Kon^. öivcciicogog VLnzulsLSsig), der wohl meg. ed. Barth. 1,23) ist dem guten Geist der
identisch ist mit dem Zsvg Z^xrig auf Kypros, S^ele entgegengesetzt, wie er in den Frommen
der die Schuldigen aufspürt; vgl. Gruppe, Gr. und Reinen lebt (1,22), und haust als verderb-
Myth. 1116,9. (Zu vergleichen wäre etwa die 30 liches Element in den Schlechten, Verkomme-
jüdisch-griech. Imprecatio des Qbbg ö viptarog nen, Neidischen, Gewinnsüchtigen und Mör-
aus Khtnea, Ditt. SyU. S^, llSl , Schluß: i'va dem, um das Feuer ihres Verbrechergeistes
i'>idLX7]Grjg xb alficc zb ccvcxixiov ^r\xri6SLg xat immer mehr zu entfachen und zu schüren,
xi]v xaxißxriv. Wenn ihn Euripides Siippl. 511 damit sie von Vergehen zu Vergehen steigen.
'Z. 6 xi^cogov^svog^ nennt, deckt sich das wohl Dieterich a. a. 0. hat ihn schwerlich an rich-
mit Timoros, wie er nach L. Farneil, The Cults tiger Stelle eingereiht. Identifiziert werden die
of the greek States 1 [1896], 67 nur durch Clem. Timoroi mit den Timoriai im Herrn. Trism.
AI. Überliefelt ist. Auf dem Kapitol wurde 13, 7. Nach Hermes' Lehre stecken im JMen-
(20 V. Chr.) ein Tempel des Ares Timoros er- sehen ^furchtbare und viele' ccXoyoi xfig vXr\g
richtet (ob. Bd. 2, Sp. 2392, 43); vgl. Dio 54,8. 40 xi(icogoi., unter denen zwölf TuKügiai besonders
Des Zeus Beisitzerin Dike erhält die gleiche hervorragen (ayrom, yLv^r?], axpaöta usw.); doch
Bezeichnung als Timoros des göttlichen Ge- ihnen untergeordnet bestehen noch nltiovEg
setzes {Aristot. de mundo 7, 5 nach Plat. leg. aXXccL. Von ihnen muß man sich zu reinigen
716a), Orph. ^.62,4; x. x'Jbv xaxorpd^rcov bei suchen. Beitzenstein , Poim. 200, Anm., faßt
Theod. Prodr. Bhod. et Dos. 5, 207. Unpersön- diese xi^agiai '"persönlich' und setzt sie den
lieh gefaßt ist sie in der Dira aus Phlius, bei MoTgaL xov d'avdxov des Zosimos {Alchim. gr.
Ditt Syll. 3^, 1176. 'ültrix' ist Ceres auf einer Berth. 244, bei Beitzenstein 214, 1) gleich, wie
Bleitafel, Wuensch, Tab.dev.Att.24:; Nemesis: mir scheint, mit Recht, obwohl sie schon hart
ßaeiXiKav öcci^iovav xiiicogog Inschr.Dittenb. Or. an der Grenze zwischen Personifikation und
gr. inscr. sel.^H'S.llQ. Die Erinyen als Timoroi: 50 Abstrakt stehen. Bei Audollent, Tab. defix. 242,
Orph. H. 69, 7, 70,5 {x&v ccölxcov x.). Neben 6. 7 erscheint 6 d'sbg 6 inl xibv xmagiüv nccv-
ihnen bestehen aber die xiiiagol d'eol als be- xog ivipvxlov . .^gana^uricp (1. Uaxgccnsgv.fi'qcp).
sondere Dämonenklasse; Plutarch, Def. or. 13 ' [Preisendanz.J
(417 b) erwähnt den Glauben {äcciiiovag) xmv Timothea {Tiiio^icc) s. Anchuros und B. H.
vnsgricpdvav xai usydXmv xni&govg ccölthcov Klausen, Aeneas u. d. Penaten 111 Anm. 287.
nfginoXstv; vgl. Jambl. vit. Pyth. 222, 155 [Höfer.]
Nauclc: xdg 'Egivvag ins-uccXioaxo yal xovg x. Timiiclios {Tt}iovxog), Beiname der Aphro-
d-eovg. Sie heißen Jambl. de myst. 2,1 (84,1 dite auf einer Inschrift aus Paros (iöw 2/, ^J'cA.
Parih.) xä el'dri x&v xiiicogi&v ificpcchovxeg. Epigr. Mitt. aus Österr. 11, 186 nr. 3) nach der
Auch Synesius kennt dai^ovag xiuaigovg. Zu 60 Ergänzung von 0. Bubensohn, Athen. Mitt. 25
ihnen gehört wohl auch die Timoria selbst, (IvOO), 362: 'Arp[go8ix7i T^lilovxw, Inscr. Insul.
die man sich als weibliches Strafdämonenwesen Mar. Aeg. 5, 222. [Höfer.]
vorzustellen hat, wie die römische Ultio, der Tin (tiu), Name des etruskischen luppiter,
20 n. Chr. von Caecina Severus ein Altar be- der für gewöhnlich tinia heißt, siehe s. v. tinia.
antragt wurde, Tac. ann 3, 18 {aram Ultioni), [C. Pauli.]
und die eines der Kinder von Nyx-Erebos ist Tina (tina), Name des etruskischen luppiter,
nach Hygin fab. praef. Im Lond. Zauberpap. der für gewöhnlich tinia heißt, siehe s. v. tinia.
Br. Mus. CXXl wird einmal (311 f. Wess., 302 f. [C. Pauli.]
967 Tinge Tinia 986
Tlnge (Tt'yy»?,', die G&ttin des Antaios (8. d.). wo weder pinas noch tinas, äomlem titia«
Nach Überwältigung dieses Riesen im fernen die richtige Lesung ist (cf. Lex. 1, c. Pauli,
Westen gesellt sich Herakles ihr zu und zeugt Etr. Fo. m. Stu. 1, ö, ur. 20 und C. I. K
mit ihr den Sophax (s. d., Bd. 4, Sp. 1212); nr. 1413). Da -eri eine etruskische Kasusenduu«;
dieser wird König von Mauretanien, begründet ist (cf. meö-lumeri, "ö-ezeri, sacnicleri), so kann
das dortige Herrschergeschlecht und benennt von tina auch die Form tineri auf dem Pilaster
nach seiner Mutter die von ihm erbaute Stadt eines Grabes von Coraeto herkommen (Fabr.
Tingis (jetzt Tanger): P/u*. Ä«rtor. 9 nach /«46a nr. 2279, wo auch die weitere Literatur an
fr. 19 bei Maller 3,471. — Nach Pherekyd. fr. gegeben ist). Endlich haben wir eine Anzahl
83 e bei Müller 1,80 heißt Antaios' Weib Iphinoe lo Belege, die eine Form tins, in füdetniskischer
(s. d. nr. 8), Herakles* Sohn Palaimon (s. d. Schreibung tins, nebst den Varianten tinsi und
nr. 2, Bd. 3, Sp. 1256 f.) oder Polaimon (? s. d., tinSin enthalten. Auch diese Formen scheinen
8p. 2606 f.). [Joh. Schmidt] sich sämtlich auf unseren Gott zu beziehen.
Tiuia (tinia) ist der etruskische Name aes Sicher ist dies zunächst für das Placentiner
Zeus. In dieser Form erscheint er zunächst Templum. Hier findet sich der Name viermal,
auf 12 etruskischen Bronzespiegeln. Ich werde nämlich als tins (Reg. 1'), tin (Reg. 15. Iti) und
auch hier die einzelnen Spiegel, der besseren ti [tins?] (Reg. 16'). Da auf der Bronze alle
Unterscheidung halber, mit ihren Fabretti- Götternamen im Genetiv stehen, so ist auch
Nummern anführen. Einer derselben {Fabr. tins ein solcher (tin und ti sind Abkürzungen)
nr. 2139) aus Vulci, ein zweiter {Gerhard tab. so und der Nominativ lautet tin. Dieselbe Form
CCCXLVI) aus Orvieto, ein dritter (Fa6r. C /. /. tins begegnet einmal auch auf der Bleiplatte
suppl. 1, nr. 396) aus Corneto, ein vierter {Fabr. von MagUano (s. Lex. 2, 628), au deren Echt-
suppl. 3, nr. 394) aus Palestrina, die übrigen heit ich jetzt wegen der Parallelismen zwischen
{Fabr. nr. 2470. 2471. 2 471 bis. 2477. 2478. 250 J, ihr und der Mumienbinde (cf. Krall, Agramer
Gerhard tab. CCLKKXII, Garn. App. nr. 832) Miim>enbinde 61) nicht mehr zweifele. Diese
sind unbekannter Herkunft. Die Literatur der- Form tins zeigt, wie schon gesagt, die süd-
selben habe ich bei den meisten schon in an- etruskische Schreibung und lautet gemein-
deren Artikeln angegeben, und zwar Fahr. i>r. etruskisch tins. In dieser Gestalt findet sich
2178 8. T. preale, Fabr. nr. 2139. 2470—2500, der Name in einer Stelle der Agramer Mu-
sappl. 1 nr. 395, s. v. O-alna, Fabr. suppl. S ZQ mienbinde (5, 19 sq.). Sie lautet: nunx^en
nr. 394 s. v. öttnr, Fabr. nr. 2477 s. v. -O-esan. -ö-esan • tins • iJ-esan | eiseras • seus: Da -S-esan
Es erübrigt also nur noch, die Literatur der und eisera (cf. s. vv.) zweifellose mythologische
noch übrigen Spiegel aufzuführen. Es sind Namen sind, so kann es kaum zweifelhaft sein,
deren noch vier, der von Orvieto und drei daß aach in tins ein solcher vorliege. Auch
originis incertae. Der Spiegel von Orvieto ist diese Form ist Genetiv, wie die nach dem
herausgegeben von Gerhard, Etruskische Spiegel zweiten '»•esan stehende sichere Genetivform
4,91, tab. CCCXLVI. Bei Fabretti fehlt er. eiseras • seus beweist. Eine ältere Form des
Sein orvietanischec Ursprung wird wahrschein- Sufdxes -s ist -si (cf. Pauli, Etr. Fo. u. Stu. 3,
lieh durch das Wort suO-ina auf seiner Spie- 47 sq. 46). Sie liegt vor in dem tin.si, wie es
gelfläche, welches meist auf Gegenständen 40 in einer Reihe weiterer Stellen der Mumien-
sich findet, die aus Orvieto stammen. Von binde (2, 6; 3, 21; 4, 2; 5, 4; 8, 15. y 0; 9, 3.
den drei Spiegeln originis incertae ist der erste 10) enthalten ist, in denen teils vollständig,
veröffentlicht von Dzinpster 1, tab. III und aus teils mit Sicherheit herzustellen, die Wendung
ihm von Lanzi 2^ 202 sq. = ICO, tav. X, nr. 5, eö^rse • tinsi tiurim • avils • %is sich findet. Die
von Gori, Mus. etr. 1, 13 und 2, 3, im Mus. letzten vier Worte sind sicher zu übersetzen.
Kircher. 1,SQ, tab. XXII, yon Inghirami, Storia Sie heißen: ^in des Zeus Monat des Jahres II
ddla Toscana tav. XXXIII, nr. 2, von Gerhard, oder IV)' (cf. das Nähere s. v. tiv). Auch hier
Über die Gotth. d. Etr. Taf. 1, nr. 2 und Etr. ist also die Form tinsi ein Genetiv. Endlich
Spiegel 3, 76, Taf. LXXIV und von Fabretti, haben wir noch auf der Mumienbinde (6, 14)
C. i. i. nr. 2471. Der zweite derselben ist 50 in dunklem Zusammenhang eine Form tinsin,
herausgegeben von Gerhard, Etr. Spiegel 4, 10, in der auch der Name unseres Gottes enthalten
Taf. CCLXXXII. Bei Fabretti fehlt er. Der sein wird. Der Genetiv tins ist ohne Zweifel
dritte endlich ist herausgegeben von Gamur- auch enthalten in der FÄta tinscvil, die fünf-
Ww», Append. nr. 832. Außer auf diesen Spie- mal belegt ist. Sie findet sich auf dem Erzbilde
geln ist die Form tinia belegt auf einer steiner- einer Chimära von Arezzo {C. L E. nr. 377),
nen Säule, die in Orvieto in einer Zisterne auf- auf dem Erzbilde eines Greifen {C. I. E. nr. 400),
gefunden worden ist {Gamurrini, Bull. delV auf dem Erzbilde eines Hundes {C. I. E. nr. 472),
Inst. 1880, 134 = C. L E. nr. 4919). Außer der auf einem ehernen Handgriff {C. L E. nr. 471)
Form tinia findet sich auch die Form tina. und auf einer ehernen Leuchterplatte (C. /. E.
Diese liegt zunächst sicher vor auf einem Spie- 60 nr. 443), letztere vier aus Cortona. Die Lite-
gel von Arezzo {Fabr. nr. 459), dessen Lite- ratur dieser Inschriften ist unter den ange-
ratur ich s. v. seO-lans angegeben habe. Zwei- gebenen Nummern des C. I. E. aufgeführt.
mal scheint sich auch der Genetiv dazu in der Dieselbe Form in der südetruskischen Schrei-
südetruskischen Schreibung tinas mit s (>) bung tinscvil mit s (>) statt s (/V\) begegnet auch
statt s (Vi) zu finden, nämlich in den beiden C. L E. 4919. 4920 (Orvieto) und 5168. 5169
Inschriften Fabr. nr. 2610 und suppl. 3, nr. 356 (Bolsena). Dies tinscvil ist zweifellos die Bezeich-
(cf. Lex 2, 6-J6). Hingegen ist derselbe nicht nung eines Weihgeschenkes, denn -cvil, -;uvil
vorhanden in der Inschrift Fabr. suppl. 3, nr. 85, heißt 'Geschenk' {De.ecke, Etr. Fo. 4, 29: Pauli,
J
969 Tinia Tinos 970
Ktr. Stud. 3, 114 und Altit. Stud. H, 49). Daß und die Keule in der Rechten haltende Her-
os ursprünglich 'Geschenk an den Tin' hieß, kules (hercle); alle drei schauen auf die vierte
zeigt der Stein von Orvieto, wo die Inschrift Figur, die zur Hechten sitzt und die Beischrift
tinia | tinscvil lautet. Später wurde das Wort aile haben soll. Man will in ihr den lolaus
dann, wie das tinscvil | mi : unia | 1 • | curtun sehen, aber das ist sprachlich unmöglich, denn
Mies ... der Inno von Cortona' des Bronzehand- lolaos würde etruskisch *ulae oder *ule heißen
i,M-iffs dartut, auch in allgemeinerem Sinne für müssen. Ich möchte eher glauben, daß statt
Weihgeschenke an andere (Jottheiten gebraucht. aile vielmehr a;^le zu lesen und die Figur so-
Schließlich haben wir auf einem Travertinblock mit den Achilles darstelle. Er scheint eine
von Arezzo {Gamurrini, Append. nr. 88 tav. IV lO Streitsache gegen den Herkules vorzutragen.
^ G.I.K. nr. 371) die Inschrift tins | lut. Wie Auf dem vierten Spiegel endlich {Gerhard
(hon Gamurrini selbst gesehen hat, vergleicht Taf. CCLXXXII) haben wir drei Personen:
>ich diese Inschrift dem tinscvil, und es ist links den luppiter (tinia), Strahlen ums Haupt,
mir darum nicht unwahrscheinlich, daß auch den Donnerkeil zu seiner Rechten; mit der
sie eine einzige zusammengesetzte Form tinslut Linken umfaßt er liebend die luno (uni),
enthalte, nicht zwei getrennte Wörter. Damit hinter der eine dritte Person, eine Dienerin
sind die Belege von dem Namen unseres Gottes mit Scheitelstift und Salbenbüchschen steht,
erschöpft, und es ergibt sich, daß dieser Name die die Inno bräutlich geschmückt hat. Denn
die drei Formen tinia, tina und tin hatte. Der- die herabsinkenden Gewänder der beiden Haupt-
artige Suffixunterschiede begegnen in den 20 persouen und zwei Sterne am Himmel lassen
etruskischen Götternamen auch sonst, wie in keinen Zweifel daran, daß wir die Darstellung
alpan und alpanu, zipna und zipanu, vel;^ans der Brautnacht von luppiter und luno vor uns
und vel;^anu. Die Darstellungen der Spiegel haben. Die Figur des tinia erscheint mit ver-
habe ich zumeist schon in anderen Artikeln schiedenen Attributen und in verschiedener
gegeben. Sie zerfallen in vier Gruppen: die Darstellung, bald bärtig und majestätisch, bald
(T<^burt der Minerva {Fabr. nr. 459. 2471^18 bartlos und jugendlich, aber dennoch kann
•2478, suppl.^l, nr. 395, suppl. 3, nr. 394, we- kein Zweifel sein, daß es überall der luppiter
i,n^n deren lö. auf die Artikel s. vv. se-O^lans, ist. Wegen des weiteren verweise ich in betreff
pr.eale, -ö-alna und o^^anr verweise); die Geburt dieses Punktes, so wie der übrigen in Betracht
des epeur {Fahr. nr. 2470 und 'iöOO; cf. s. v. 30 kommenden Fragen auf die klaren Darlegungen
i^alua); luppiter als Schiedsrichter, und zwar im. Le.x. 2, 627 sqq., deren sachlichem Inhalt ich
/wischen -O-alna und turms {Fabr. nr. 2139; allewege zustimme. Hiergegen halte ich die
f. s. V. 'd'alna), zwischen turms und apulu dort aus anderen Quellen angeführten Etymolo-
yFabr. nr. 2471), zwischen -O-esan und ite^is gien des Namens tinia sämtlich für falsch. Die
(i<''a7>r. nr. 2477 ; cf. s. v. -ö-eö-is), und ebensowohl Figur des tinia hat sich im heutigen italieni-
auch zwischen lasa und maris {Garn. nr. 832) sehen Volksglauben erhalten. Noch jetzt heißt er
und a;^le uvjl-, hercle {Gerhard Taf. CCCXLVI) ; Tinia oder Tignia und ist ein ^folletto (d. i.
endlich ein* Liebesszene zwischen tinia und spirito) grande, ma cattivo\ Er ist der ^spirit
uni {Gerhar(i Tsit CCLXXXII). Es erübrigt also of the thunder and lightning and hau; should
nur, noch die Spiegel zu beschreiben, die in 40 any peasent ever curse him, then when a tempo-
anderen Artikeln noch nicht behandelt sind. rale comes, he appears in the lightning, and
Es sind deren noch vier. Auf dem ersten der- bruccia tutta la raccolta^ {Leland, Etrusc. Rom.
selben {Fat<.nr. 2471) haben wir drei Figuren: Remains&.'il). [Vgl.jetztauch T/jwZm, J2eZi^ton5-
in der Mitte steht luppiter (tinia) nackt, einen gesch. Vers. u. Vorarb. 3, 24. 31 ff.] [C. Pauli.]
Efeukranz ums Haupt und mit einem Hals- Tiniae s. Ende des Buchst. T.
schmuck, in der rechten Hand einen Stab, in Tinos (Dativ: Tinü) oder Tina (Dativ: Tina),
der linken den Donnerkeil, sein Blick ist dem zweifelhafter keltischer Name oder Beiname
Apollo (apulu) zugewandt, der links vor ihm einer Gottheit in einer halb lateinischen, halb
sitzt, mit herabgeglittenem Gewände, auch er fremdartigen Inschrift von Voltino, in der Nähe
mit einem Halsbande und einem Lorbeer- 50 des westlichen Ufers des Gardasees (Lacus Be-
kränze geschmückt; rechts hinter luppiter steht nacus), südsüdwestlich von Limone {CIL 5,2,
Hermes (turms), das Gewand zurückgeschlagen, Tab. I). Die Inschrift (jetzt im Museum zu
den Flügelhut auf dem Haupte und einen Stab Brescia) hat in den ersten vier Zeilen lateini-
in der Rechten, während er die Linke auf sehe Buchstaben (mit Ausnahme von zwei Schrift-
luppiters Schulter legt. Die Szene macht den zeichen), der Rest ist 'möglicherweise etruskisch,
Eindruck, als ob die beiden Götter luppiters in dem von Pauli so genannten Sondrio-Alpha-
Entscheidung angerufen hätten. Auf dem bete geschrieben' {Skutsch in Pauly-Wissowa,
zweiten Spiegel {Garn. nr. 832) haben wir Beal-Encyclop. 6, 1, Sp. 781). Die anfänglich
gleichfalls drei Personen: tinia, maris und sichere, dann fragliche Lesung ist: Tetumus
lasa. Da, soweit ich es feststellen kann, eine 60 Sexti Diigiava Sasadis (Sassaris) tome decavi
Abbildung dieses Spiegels nicht vorhanden ist, Obuldinu (obuldunu) Tinu oder (V) tomezedai
-0 kann ich keine näheren Angaben machen. Obalzana {?)Tina. Die die Weihung einleiten-
Der dritte {Gerhard Taf. CCCXLVI) enthält den Namen nennen einen Mann Tetumus Sexti
vier Personen: in der Mitte sitzt luppiter (tina) (filius) und eine Frau JJugiava Sassaris (ßliaj,
mit herabgesunkenem Gewände, Strahlen ums wohl einEhepaar,mitkeltischenNamen. Ebenso
Haupt, in der Linken einen Stab und den hebt auch z. B. eine keltische Weihinschrift
Donnerkeil zu Füßen; links von ihm steht des Ucuetis zu Alesia an mit dem allerdings
luno (uni), noch weiter links der unbekleidete stärker latinisierten Namen 3fartialis J)anno-
EoscHBR, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 32
971 TinthuD Tios 972
tali (erg. fiUus). — TA. JUcmmsen, Die pord- (Leianil, Etrw^can Bcwan Knuains 122). Le-
Orwikischtn Alphabete auf Inschriften urd Mün- lands Gewahrfmöniier versicherten, er sei lo
een = Mitteilungen der Antiquar. Gestlhch. in spirito del foU;ore. Wenn es hagelt, so solle
Zürich 7 (185S), S. 210 mit Taf. 2, 17, nach man den Gewittergott, Tituno oder Tignia^
einer Zeichnung von Odorici (auch bei Odorici, anrufen (I.e. 215). Ist diese Bemerkurg richtige
Storie Bretciane 1, ISbi^p.bl). CiX 6, 4888— so iet sie von Wichtigkeit. Denn da Tignia da»
Hiibner, Exemj^ scripturae epigr. Lat. nr. 19. etr. tinia (b. d.> ist, Tithonos aber etr. tin^u(n)
Stokes, CeUic Veclension p. 66. Fauli, Corpus heißt, so ergäbe sich ein Zusammenhang zwi-
Inscr. Etrusc. nr. SO. Bolder, Altcelt. Sprach- sehen beiden Gottheiten und ihren Namen.
schätz 2, Sp. 1864, Tgl. auch 1, Sp. ia66. 2, lO Die Form tin^u(n) wftre &ho echter und älter
Sp. 824. 1373. 1636. 1802.— Über Tinia{Tina\ als das griech. Ti&covos und würde im Grie-
den etruskischen Zeus-Iuppiter, s. Aust oben chisthen *Tivd^6iv lauten müssen. Der Nasai
Bd. 2,1, Sp. 627 ff. und Pauli, Art. Tinia. hätte sich in der Longe des griechischen t er-
(Keune.) halten. Da Ti^avog keine genügende indo-
TiuscYÜ 8. Tinia. geimanische Etymologie hat, ist der Gott ohne-
Tintbnn (tin^un) ist der etruskische Name hin vorgriech.-etruskischer Herkunft verdächtig'
eines Heros, der sich auf zwei Spiegeln findet. ftin^un neben Ti^cotog erklären Bugge, Eir
In ebendieser Form tin^un begegnet er nur Fo. u. Stu. 4,84 und W. Schvhe, Z. G. L. E.
einmal, auf einem Spiegel unbekannter Her- 209. 243 wie Tintinius nebtn Titinius rein laut-
kunft, der veröffentlicht ist von Gerhard, Eir. 20 lieh durch Yci ausrahme des Nasals.]
Spiegel 4, 22, Taf. CCXC, nachdem derselbe [C. Pauli.]
ihn schon im Archäol. Anzeiger 14, 1857, 71 er- Tios {Tiog), ein milesischer Priester, nach
wÄhnt hatte, und von Fabretti, C. J.l. nr.2613»'i». dem die gleichnamige Kolonie der Milesier an
Da der Spiegel nach Gerhard sich imVescovato der Südküste des Pontos Euxeinos benannt ist:
von ChiuBi befindet, so wird er wohl auch im Steph. Byz. s. Tiog; Pomp. Md. 1,19. DieGiün-
ager Clusinus gefunden sein. Weiter haben düng der Stadt sowie die Benennung ihres
wir den Namen in der Form tin-Sn (eigentlich Schutzgottes Zhvg Tiog wird einem Eroberer
I tin^n I, doch hält man die beiden Striche für Pataros (s. d.), dem nachmaligen eponymen
bedeutungslos) auf einem zweiten Spiegel un- Heros der als Kultort des Apollon bekannten
bekannter Herkunft, herausgegeben von Ger- %Q Stadt Fataia in Lykien, zugefchrieben: Steph.
hard, Etr. Spiegel 2, 8. 3, 217, Taf. CC XXXII Byz. a. a. 0. nach Bemosthenes h Bid-vviaxoig.
und von Falreiti, C. I. I. nr. 2506. Fried(richs, Er soll mit Thrakern aus Europa gekomaen
der den Spiegel gleichfalls herausgegeben hat sein und, bevor er seine Raubzüge in Klein-
{Klein, Kunst und Industrie 60, nr. 70), liest asien südwärts bis nach Lykien ausdehnte, sieb
tin^u, und zwar nach Autopsie. Die Darstel- nach Veitreibung der Kimmerier in Bithynien
lung des ersten dieser Spiegel habe ich s. v.. niedergelassen haben: Arrian bei Eustath. ad
desan gegeben. Sie enthielt die vier Personen Dior?j/s.Pcn>p. 322. Griechische Eitelkeit nannte
tin-^n, <&e8an, memrun und la#ai-, von denen übrigens den Dionysos Gründer der Stadt und
tin^on und -d-esan in der Mitte als Liebespaar prägte dies auf ihre Münzen (s. u.). Die Stadt
standen. Sehr ähnlich ist die Darstellung des 40 wird meist zu Bithynien, von Steph. Byz. und
zweiten Spiegels (Fabr. nr. 2506), doch tragen Pomp. Mel. a. a. 0. aber zu Paphlagonien ge-
bier die Personen zum Teil andere Namen. rechnet, da sie nahe an der Grenze beider
Auch hier haben wir vier Personen: in der Landschaften liegt und diese sich geändert
Mitte stehen als Liebespaar tint^u (rechts) und haben mag. Ist die Ableitung des Namens der
evan (links), er bis auf die Fußbekleidung ganz Stadt, oder richtiger des Beinamens ihres Gottes
nackt, sie mit nacktem Oberkörper, zwei Hals- (s. o.), von r/fiav (tUiv) bei Steph. Byz. zutref-
bändem und Armspangen; links hinter ihr fend, so würde sich jener auf dessen Verehrung,
sitzt die -Ö^e-O^is, in Kleidung und Schmuck ganz seinen Kult, beziehen. — Die Namensform der
ähnlich, nur daß sie auch noch eine Stirnlinde Stadt unterliegt manchen Schwankungen. Über-
trägt; ganz rechts ist ein zweiter Jüngling, 50 wiegend heißt sie i^ T/o?, wie sie jedoch <S<ra6.
nur mit Schuhen und einem um die Schultern 12,544 nur ausnahmsweise nennt; ri Ttog (Tnog)
geschlungenen Mantel bekleidet. Seine Bei- ist der Name bei Memnon. fr. 7. 16. 27. 52,
Schrift liest Gerhard tfami (d.i. tvami) oder Müller H.bZl f. und Aelian.h. anim. 15, b; Tiov
tsami, Fabretti tiami, während Friederichs die bei Ptol. 5, 1, 7; endlich Tisiov meist bei Stra-
Schriftzüge ganz unleserlich nennt. Bugge bon: 12, 542f. 565 und Ps.-Skyl. 90; dagegen
(in Deeckes Etr. Fo. u. Siu. 4, 34 sq.) denkt beruht Tr\iov bei Eustath. 11. p. 362, 40 u. Od.
daran, tiasii zu lesen, und dies auf Grund von p. 1472, 41 wohl nur auf Textverderbnis. Tiiog
Gerhards Deutung der Figur als Achill, = ist die übliche Namensform auf Münzen, wo
•^^lebffioff = <P^£o}T»]5 zu erklären, allein das demgemäß die Einwohner Ttiavoi, aber auch
ist sachlich wie sprachlich gleich unsicher und 60 Tiavoi genannt werden; in der Literatur heißt
schwerlich annehmbar. Daran, daß tin-ö^un der ein Bewohner Tiavog: Schol. Apoll. Bhod. 2,
griech. Tithonos sei (vgl. Deecke in Bezzenbergers 789; Strab. 13, 623; Lukian. Alex. 43, oder Tioc-
Beiträgen 2, 170, nr. 97\ wird nicht zu zwei- vBvgx Steph. Byz., eine Bewohnerin Tiotvri', drei
fein sein, obwohl im einzelnen manches dunkel werden aufgezählt bei Phleg. Trall. fr. 29,
bleibt, worauf ich schon s. v. -^-esan hinge- Müller 3, 609. Lateinische Namen der Stadt
wiesen habe. Wie die -O^esan, so hat sich auch Tios: Pomp. Mel. 1, 19, und Tium: Plin. N. IT.
der tin^n im italienischen Volksglauben er- 6,1,1,4. Hauptschutzgott der Stadt ist Zeus,
halten , und zwar unter dem Namen Tituno entweder Tios (Steph. Byz. ; s. o.) oder, wie sich
973 Tipanu Tiphys 1 974
aus Münzen ergibt, Surgasteuß (s. d., Bd. 4, spraehlich, auch nur der geringste Anhalt da-
Sp. 1607) zubenannt. Auf andern Münzen er- für vor, daß die tig^anati die Venus sei.
scheint Jiuvvaoi^ At/öttj?: Kcklui, 1). N. Weder ihre Gestalt, noch ihr An/ug entspricht
2,438; Head , H. N. 618"; (ireek Coins in dem. Der bloße Name ntunis reicht dafür nicht
the Brit. Mus., Bithynia p. 203; s. auch den aus, denn hebr.-phön. ädön ist doch nur ein
Art KtisteSf Bd. 2, 8p. Iö8(); wieder andere Appellativuni, welches Moniinus, deus' bedeutet,
zeigen den 'Acv-Xrimog 2J(ori'jQ; s. den Art. und der auf unserem Spiegel dargestellte atunis
t^oter Bd. 4, JSp. 1253. Endlich wird auch der ist gar nicht der Adonis der Venus — inso-
Gott Mi] V Tide ILO V {s. d. Art. Men) \on Koscher fern hat Friederichs recht — sondern ein be-
{Ber. d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1891, S. 126, 6ö) lo liebiger anderer Götterknabe, welcher, das
mit Tion in Verbindung gebracht; \i^\. Gruppe, wissen wir nicht. Es handelt sich in unserer
Myth. S. 15.'{5. [.loh. Schmidt.] Szene, wie ich glaube, um einen uns im übrigen
Tipauii (tipanu) erscheint einmal als Name unbekannten semitischen Mythus, denn auch
einer dienenden etruskischen Gottheit auf einem die Form ti^anati macht einen durchaus bp-
Spiegel unbekannter Herkunft, der sich jetzt mitischen Eindruck. Es wird ein semit. Femi-
im lierliner Museum befindet. Er ist ver- ninum darunter verborgen sein. Das ist ja
öffentlicht in der Archaol. Zfitung 10, 159, freilich auch nur eine Vermutung, aber ich
von Boulez in den Ann delV Jvst. 1803, 186, glaube nicht, daß sich zurzeit etwas Positives
von Gerhard, Etr. Spiegel 4, 61, Taf. CCCXXIV fiber die tiqpanati aussagen lasse,
und von Fabretti, C. I. I. ur. 2505ter. Die 20 [Körte bestätigt auf erneute Anfrage die
Darstellung zeigt vier weibliche Personen: in Lesung turan ati 'Venus als Mutter', b. Herbig,
der Mittelgruppe die beiden auch sonst be- Süz.-Ber. d Mütich. AJc. d. Wiss. Philos.-philol-
Kannten Göttinnen alpanu und a;^uvitr, die hist. Kl 1914,2,26. Steht turan i== xvQavvog)
sich umarmen, links und rechts je eine Neben- 'Herrin' {Htrhig, ebenda2S), zu atunis = semit.
figur, links die tipanu, die einen Spiegel hält, ädön 'dominus' auch dem Namen nach in Be-
rechts die -^anr, die einen Vogel auf der Hand ziehung ?] [C. Pauli.]
hat. 'Ein genaueres Verständnis dieser Gott- Tiphys I (Ttcpvg, lat. Tiphys; über den Na-
heiten zu ermitteln, reichen deren Namensin- men s. u.), der Steuermann der Argonauten
Schriften nicht aus', sagt Gerhard mit Recht. während des ersten Teils der Fahrt nach Kolchis.
Der Name tipanu ist übrigens wahrscheinlich 30 Über seine Abstammung und Heimat
verlesen, statt zipanu, eine Möglichkeit, von schwanken die Berichte. Sein Vater heißt bei
der in dem Artikel zipna gehandelt werden Apollodor 1, 111 Hagnias (s. d.) oder Hagnios
wird. [C. Pauli.] (dies richtige Lesart für Agnias oder Agnios
Tiphaiiati (tiqpanati) findet sich auf einem im Schol. Lykophr. 890); er selbst wird daher
etruskischen Bronzespiegel unbekannter Her- 'Ayviddrig (Hagniades) genannt: Apoll. ]\hod. 1,
kunft als Beischrift zu einer weiblichen Ge- 105. 560. 1296; 2,557. 854; Orph. Argon. 123.
stalt. Der Spiegel ist veröffentlicht von Engel, 544. 693; Valer. Flacc. 1, 482; 2, 48. Dagegen
Kypros 2, 639 sq., von Gerhard, Ftr. Spiegel ^, sind seine Eltern Phorbas (s. d. Art. Sp. 2425
117, Taf. CXVI, von Fabretti, C. I. I. nr. 2512 u. 2428) und Hymane (s. d.) oder richtiger Hyr-
und von Friederichs, Berlins antike Bildwerke 40 mine (s. d.) bni Hygi)i. fab. 14 u. 18; vgl. auch
2, 55, nr. 53. Die Darstellung zeigt zwei Fi- 0. Müller, Orchovienos S. 259*. Diese zweite
guren: links einen nackten, geflügelten, noch widersprechende Angabe beruht jedoch nicht
knabenhaften Jüngling mit derBeischrift atunis, auf selbständiger Überlieferung, sondern ist
rechts, auf einem reichen Stuhle sitzend, die verschuldet durch den Wirrwarr im Texte des
völlig bekleidete tiqpanati; beide haben die Hygin. Eine geistvolle, wennschon kühne Ver-
rechte Hand erhoben und spielen mit einem mutung C. Boberts {Nachr. d. Göttin g. Gesellsch.
Vogel. Man hat geglaubt, wo ein Adonis sei, d. W., phil.-hist. Kl., 1918 S. 470; 475 f.;
müsse auch eine \enus sein, und so hat man 492 f.; 496 f.) kann hier nur angedeutet wer-
denn flugs aus der tiqpanati eine Venus gemacht. den. Der Argonautenkatalog in fab. 14 geht
Das ist geschehen von Jahn und JDe Witte in 50 zurück auf die Schol. zu Apoll. Bhod. Nun ist
den Ann. delV Inst. 1845, 358. 394, von Ger- nach Schol. 1,172 vielmehr Augeias Sohn (des
hard (1. c), von Friederichs (1. c. und schon Helios oder) des Phorbas von der Hyrmine.
früher in der Archäol. Zeitschr. 17, 112). Letz- Mit Benutzung dieser Scholiennotiz hatte Uy-
terer will das nach der Zeichnung bei Gerhard gin offenbar geschrieben: Augeas Solls et Äau-
völlig sichere tiqpanati sogar als turanati ge- sidawes Amphidamantis fdiae fdius; [aliiPhor-
lesen wissen (Eir. Spiegil 5, 35 wird ihm zuge- bantis et Hyrmines filium dicuntj. Die einge-
stimmt mit den Worten : 'turanati, Aphrodite, klammerten Worte sind ausgefallen und am
so, nicht tiqpanati, ist unzweifelhaft zu lesen, Rande nachgetragen worden, dann aber meh-
und ebenso von Bugge in Btzzenbtrgers Bei- rere Zeilen weiter oben an die falsche Stelle
trägen 11, 17, der das turanati als die 'Tyri- 60 hinter Tiphys geraten, wo sie die richtige Ge-
sche' deutet) und meint, der geflügelte Adonis nealogic: Hagniae filius verdrängt haben. Daß
'sei eigentlich Amor und nur etruskisch um- die Textverderbnis alt ist, ergibt sich aus
getauft'. Gerhard hingegen (Gotth. d. Etr. 38, fab. 18: denn auch dort hat sie der Inter-
not. 88) zieht als Stütze die Venus Tifernatium polator eingesetzt. — Als seine Heimat gilt
[Gori Irn^r. pag. 341) heran. Da« alles sind gewöhnlich Siphai oder Sipha (Schol. Apoll.
'wunderliche und willkürliche Annahmen', wie Bhod. \. 10b; davon die Bewohner Zicpai^Tg:
Friederichs mit Recht die Aufstellungen Ger- Orph. Arg. 125). Der dfj(iog Zicpccsvg liegt
hards nennt. Es liegt, weder sachlich noch im Gebiete von Thespiai in Boiotien (Apoll.
32*
^75 Tiphys I Tiphys I 076
Bhofi. 1, 105; daher heißt Tiphys Thespiadee: ters Throne alles ringsum dem Gott zu Dien-
Valer. FUtcc. 2, H68; ö, 44; dagegen ist 1,124 sten ist (1,689 f.). Bei Gefahr und Verzagtheit
Argus, der gleichfalls aus Thespiai stammende der Mannen ermutigt er sie und leukt das
Erbauer des Schiffes Argo, gemeint; vgl. 1, 98). Schiff mit festem Maß, bis sich der Sturm ge-
Da Sipha (ü'qp»]) die ionische Form für dori- brocheu (2, 47 f. 390 f.). Daß die Argo, vom
flches Titfu (Pausan, 9, 32, 4) ist, so wäre Ti- Winde gedreht, in den bereits verlassenen Ha-
pbys nach diesem boiotischen Hafen benannt fen von Kyzikos zurückkehrt, wo grausige
{Fick^-Bechtel, Gr. Personefinamen S. 867), der Kämpfe die Helden erwarten, ist nicht seine
bald (neben Pagasai, lolkos, Aphetai in Thes- Schuld, sondern Kybele hat ihn arglistig ein-
salien) fttr die Abfahrtstelle der Argonauten lo geschläfert (3, 89 f.; OrjoÄ. ^r^. 530f. 537. 544f.).
(so bei Steph. Byz. s. *A(f>6Qiiiov) , bald wieder Um so mehr drängt er später beim Aufenthalt
für deren Landun^platz bei ihrer Heimkehr an dem mysischen Flusse Kios zur Weiter-
{Paman. a. a. 0.) gilt. Nur nach Pherekydes fr. fahrt; freilich versäumt dabei Herakles, auf der
62 {Müller, fr. hist. Gr. 1 . 87), allerdings dem Suche nach seinem von den Nymphen geraub-
altesten bekannten Zeugnis für Tiphys, stammt ten Liebling Hylas, das Einsteigen {Apoll.
er aus Potuiai in Boiotien und heißt deshalb Rliod. 1, 1272f.; Valer. Flacc. 3, Gl3f.; Orph.
riorvtsvs. Arg. 654 f.). Über den Verlust jenes besten Ge-
Die Angaben über Zahl und Namen der fährten heftig erzürnt, bedroht Telamon den
Argonauten*) weichen erheblich voneinander Tiphys als Urheber der verfrühten Abreise tät-
ab; unter den achtundzwanzig Helden aber, die 20 lieh {Apoll. Bhod. 1, 1289f. 1296 f.; vgl. Valer
übereinstimmend als Teilnehmer am Zuge l'Zacc. 3, 637 f.), so daß die Boreassöhne nur mit
bezeichnet werden, befindet sich auch Tiphys Mühe Frieden stiften. Nachdem die Argonau-
{%. Seeliger im. Krt, Argoiiautensage ^^.bQ^.hlQ. ten am Eingang zum Bosporos durch die
683; Jessen., Proleg. in catalogum Argonauta- Kunst des tüchtigen Steuermanns (2, 174 f.:
tum, Berl. Diss. 1889, u. Art. Paiily*- Wissowa 2, ic^Xolo xvßsgvrirfiQoe — Ticfvog — 8uT}(ioGvvTjai)
743 f.; Apoll. Bhod. 1, 105 f. mit Schal.; 2, 175 f. vor schwerer Gefahr behütet worden sind, lei-
u. ö.; Apoüodor 1, 111; Hygin. fab. 14 u. 18; tet er bei der Fahrt durch die Kyan eischen
Valer. Flacc. 1, 419f. u. ö.; Orph. Argon. 123f.). Felsen oder Symplegaden, während Euphe-
Athene selbst ermutigt ihn, der Schar der Hei- mos (s. d.) eine Taube vorausfliegeu läßt, das
den, die nach dem goldenen Vlies ausziehen, so Ruderwerk durch Lehre und Beispiel so sach-
sich anzuschließen {Apoll. Bhod. 1, 109 f.); er gemäß, daß er dem bedrohten Fahrzeug zur
gehört neben lason, Herakles, dessen Freund Rettung verhilft {Apoll. Bhod. 2, 657 f. 573 f.
Ankaios, Theseus, dem Schiffsbaumeister Argos 584 f. 6 10 f.; Valer. Flacc. 4, 679 f. 694 f.). Immer-
(s. c), dem Sänger Orpheus, den Dioskuren hin überkommt selbst ihn, den Mutigen, hier
und den beiden Aiakossöhnen zu den geach- ein Zagen, so daß er mit sinkender Hand die
tetsten Reisegenossen. Vermöge seines reiferen Zügel schießen (d, h. das Steuer fahren) läßt
Alt«rs und höheren Ansehens trifft er bei der {Senec. Med. 346 f. : pcUluii audax Tiphys et
Abfahrt mancherlei Anordnungen; so gibt er omnes latente manu misit habenas). — Doch
den jüngeren Geführten mit lauter Stimme das das Ziel der Reise soll er selbst nicht errei-
Zeichen zum Einsteigen; auf sein Geheiß stoßen 40 chen. Während die Argonauten bei Lykos, dem
sie das Fahrzeug vom Lande {ApoU. Bhod. 1, König der Mariandyner im östlichen Bithynien,
381f.; vgl. 519f. mit Schol. 515; Orph. Argon. gastliche Aufnahme genießen, kommt der Seher
276. 622 f. 704 f.). Während Herakles und An- Idmon (s. d.) auf der Eberjagd ums Leben, und
kaios besondere Ehrenplätze erhaltet! und Ja- mitten in der Totenklage um ihn rafft, zum
son, da Herakles ablehnt, mit dem Oberbefehl tiefen Schmerz der Genossen, eine kurze Krank-
betraut wird, übertragen die Genossen dem heit den Tiphys hinweg {Apoll. Bhod. 2, 815 f.;
Tiphys das Amt des Steuermanns {Apoll. 854f.; OrpÄ. ^r(jr. 720 f. 725 f.; Apollodor 1 , 126 ;
Bhod. 1, 401f.; vgl. Orph. Argon. 360f. 373f. Schol. Lykophr. 890; Hygin. fab. 14 u. 18; Stat.
444f.; Valer. Flacc. 1, 418 f.). Dazu befähigt Theb.S,2i2 u. Bibbeek, R.D. 3,211; bei Valer.
ihn seine genaue Kenntnis von Wind und Wet- 50 Flacc. 6, 2. 15 erliegen beide einer Seuche).
ter, von Jahreszeiten und Gestirnen; ebenso ist Da der Argonautenzug^ die erste Seefahrt der
er mit Land und Meer wohlvertraut, auch, nach Heroenzeit, für ein waghalsiges Unternehmen
den Begriffen der Heroenzeit, der Gegend kun- gilt, so erscheint Tiphys' vorzeitiger Tod als
dig {Apoll. Bhod. 1, 106f. mit Schol. \ Valer. eine Strafe, die das herausgeforderte Meer über
.FYocc. 1,481 f.; 3, 37 f.; 5, 44 f.). Dafür beschränkt ihn verhängt {Senec. J^I ed. 616 f.). Nach Nym-
sich freilich seine Tätigkeit auf die Leitung phis fr. 8 {Müller S, 13) ist die bithynische
der eigentlichen Seefahrt; von einer Mitwirkung Mariandynerstadt Herakleia am Pontos, wohl
bei Kämpfen ist keine Rede. So verlassen die Lykos' Hauptstadt, der Sterbeort des Tiphys.
Argonauten unter Tiphys' kluger und beson- Aus den dichterischen Darstellungen geht deut-
nener Führung (v. 660 f.: cpQad^oovviß y^riti. tr« 60 lieh hervor, daß sein Tod auf der Hinfahrt
dattpQOvog 'AyviaScco Tlcpvog) den heimatlichen erfolgt. Daß demnach Tiphys das Ziel der
Hafen. Unermüdlich schaut er nach Himmel Fahrt nicht sieht, ist ein sinniger Zug der
und Sternen aus {Valer. Flacc. l,481f.; vgl. 2, Sage, der sich bei Palinurus (s. d.) wiederholt
367 f.; 3, 37 f.); schweigend sind die Ruder- {Preller, Gr. Myth. 2', 332 f.; vgl. Verg. Aen. 6,
knechte seines Winks gewärtig, wie an lupi- 835 f.; 6, 337 f.). Nur der alte Logograph He-
•) Vgl. darüber jetzt Ro.cl.er, D. Zahl 50 in Mythu,, ^^doros {fr. 58; MülUr 2 41) läßt ihn auf der
Kuitu,,Epo, U.Taktik d. Hellene» u. anderer Völker. Leipzig Heimreise an jenem Orte sterben; aus Ly-
1916, s. Uff. kophr. 890 braucht man dies jedoch nicht zu
977 Tiphys I Tiphys I 978
schliefen {Gruppe, Afythol. 'S. öl-J/d). Das Amt kniipluu«,' mit xitpvov (und icfvov) lieber
des Steuermanns üliernimmt als sein Nach- beiseite lassen. Freilich die Getreideart rttpi]
folper Ankaios {Simonidcis v. Keos, Geneal. (Aristot. h. a.S,2i) scheint, selbst wenn sprach-
fr. 1, Müller 2, V2; Apolhdor 1,126; Apoll. \\c\i\i^xvfB.x\(\t{(ira8h('ryer,Gr.()rt8namtnS.'lbb)y
Bhod. 2, H64f.; 4, '209 f. 1260; Orph. Arg. 729; sachlich mit Tiphys erst recht nichts gemein
Schol. Lyk. a. a. 0.; Hyyin. fah. 14). Andere zu haben {Gruppe S. 549, 4). Wohl aber liegt
Bewerber müssen diesem weichen, unter ihnen xlcpog, Sumpf, feuchter Ort, Siilzlache, dem
Poseidons Solin Krg^inos (vi joo//. /Mor/. 2, 8'.»4f.), Namen des als Tiphys' Geburtsort erwähnten
der jedoch nach Hcrodoros fr. 59 {Müller 2, 41) boiotischen Seestädtchens I^(pai oder Tlcpat
u. Valer. Flacc. ö, Üo; 8,177, vgl. 1,419, wirk- lo (s. o.) zugrunde; von ihm hätte somit sein
lieh diese Ehre erlangt, während hier Ankaios berühmter Sohn den Namen erhalten {Fick*-
zurücktreten muß. Wer auch immer Tiphys' Bechtel &.&.O. 367; v. Wilamowitz, Hermes 21,
Rolle übernimmt, seiner Erfahrung gegenüber 111 A. 3); in der Endung des Wortes müßte
erscheint jeder als magister indoctus (Senec. man eine nicht genau bestimmbare Verstüm-
Med. 618). Unter den Argonauten bleibt Ti- melung erkennen und dieses selbst als Kose-
phys' Andenken lebendig ( Fa/n'. i*7ac<'. 5, 42 f, ; wort auffassen. Solche verkürzte Namensfor-
102 f.); auf der Rückfahrt, bei den Symplega- men finden sich nicht selten auf attischen Va-
deu, erinnert sich sein Nachfolger anerkennend sen, z. B. Tv^vg = Tvötvs {Gruppe S. 527,8),
der von ihm geleisteten Dienste (8, 181 f.). Ob- Nj)Qvg = Ntiqsvs, Olvvg = Olv8vg, S^övg =
wohl eine Nebenperson, behauptet er in den 20 f)ri6evg {Kretschmer, Gr. Vaseninschr. S. 193f.),
Heldensagen doch ein gewisses Ansehen als aber auch sonst, z. B. Nlxvg == Nixevg {C. I.
Typus des Steuermanns {Verg. Ed. 4, 34; Gr. 2, 3440), ""Hqv? {DiUenh. SyU. 452, 10 u. ö.),
Ov. Her. 6, 48 ; A.A. 1,6. 8 ; Trist. 4, 3, 77 ; Fp. ex sowie endlich "'InTtvg. Demnach erklärt Koscher,
Font. 1, 4, 37 ; 3Ianü. Astron. 5, 45 ; Setiec. Med. Abhandig. d. Sachs. Gesellsch. d.Wissensch. Bd. 20
3. 317; bes. 617: Tiphys imprimis domitor pro- (1900), S. 54 f., den Namen des Steuermanns
fundi; Stat. Theb. 5, 4i3. 477; vgl. 8,212, s.o.; Ttipvg gleichfalls für eine Verkürzung aus Ti-
Clatidian. bell. Get. 4 f.; 11 f.; ein unbekannter q)Svg. Nun ist zwar diese Form nicht ohne wei-
Dichter bei C/<ormM.s p. 272, 13 Keil, nennt ihn teres identisch mit TKpaisvg, womit bei Fati-
aurigam celeris carinae; Ammian. Marcell. 22, sanias (9,32,4) der Bewohner von Tiphai in
8, 22) sowie als Ahnherr der nautischen 30 Boiotien bezeichnet wird (s. o.); immerhin geht
Kunst {Apost. 3,60c bei v. Leutsch, Paroem 'Tiphys' nach dieser Auffassung auf den Na-
2 p. 301: ccQxnvos rfig vccvzLyifjg. Philostr. men des Städtchens Tiphai zurück; und so
/wa</. 2, 15: Tlcpvg TivßsQvcc- — X^ysrai ovroöl verrufen antike Etymologien auch sind, so
ngoatog ccvd'QdaTtcov ccnLOtov^evriv d-ccQgfjöai braucht doch nicht auch diese deshalb talsch
rr]v xixvriv). zu sein, weil sie aus dem Altertum stammt,
Daß der Steuermann der Argonauten von sondern beansprucht jedenfalls volle Beachtung
Aischylos (Argo fr. 21 Nck.^) ^Icpvg genannt {Boscher &. a. 0. S.54 Anm. 158; vgl v.Wilamo-
wird, ist beachtenswert, wenn es auch die Sage witz, Hermes 21, 111 Anm. 3). — Zu einer
nicht bereichert. Vielleicht liegt nur Textver- ganz andern Erklärung gelangt freilich Usener
derbnis {Mor. Schmidt, Zeitschr. f. d. Altert. 1856, 40 {Sintflutsagen S. 258). Nicht mit dem angeb-
S. 363) oder Verwechselung mit einem andern liehen boiotischen Geburtsort des Tiphys bringt
Argonauten, Iphis (s. d. Art. nr. 2), vor. Inter- er dessen Namen in Zusammenhang, vielmehr
essant würde es freilich sein, wenn — die Rieh- mit dem in Bithynien, Phrygien und Paphla-
tigkeit der Lesart vorausgesetzt — Tiq)vg und gonien heimischen und dann mit seinen Trä-
'Jqpvg gleichbedeutend und nur dialektisch ver- gern nach Griechenland gekommenen Sklaven-
schieden wären und der Name des Heros zu- namen rlßiog {Strab. 7,304; 12,553; Theophr.
sammenhinge mit dem der narzissenartigen CJiar. 9; Lukian. Fhilops. 30; d. saltat. 29;
Pflanze xitfvov oder tcpvov {Theophr. h. pl. 6,6, Galen. Bd. 10, S. 4 ^.; Steph. Byz. 622, 12;
11; 7,13.7; c. pl. 1,10,5). Das würde zugleich v. Leutsch, Faroem. 1,431,18), dessen Stamm
eine Verbindung herstellen mit der, wie Ti- 50 riß- nach thrakisch - phrygischem Lautgesetz
phys, in Thespiai heimischen Sage von Nar- mit rtqp- identisch ist (t/sewer a. a. 0.). Danach
kissos und dem ihm verwandten Hyakinthos wäre also Name und Gestalt des Tiphys viel-
((rrwppe S. 549, 4). Alle drei haben ja allerdings mehr in der Gegend aufgekommen, wo die
eine gewisse Beziehung zum Regen {Gruppe Sage ihn sterben läßt. Wenn freilich Usener
S. 833), Tiphys insofern, als er nach ihm sich annimmt, Tiphys sei ursprünglich allgemein
richtet und Ausschau hält {Valer. Flacc. 2, 51 f.; der geisterhafte Fährmann gewesen und dieser
367 f.). Die Entwicklung der sprachlichen Form einerseits der Steuermann der Argo, anderer-
fände eine Stütze in der Gleichung: seits der Führer des Totenschiffs geworden, den
notaMv : noasvd&v : Hoomv = dann erst wieder der griechische Volksglaube
TV/«,»^ • yr«.,,^ . ^r«,..« rr 1 60 zum Urheber des Alpdrückens (s. u. den Aih.
\gl. Curtius, EtymolS. 24:6^; Busolt, Gr. Gesch. volle Verknüpfung oder sogar Identifizierung
1*, 518, 3; Solmsen, JRhein. Mus. 1903, S. 619f. ganz verschiedenartiger Personen kaum über-
Wem jedoch, bei der ohnehin unsicheren zeugen: Tiphys als Totenfährmann läßt sich
Etymologie des Namens Toseidon*, die daran nicht erweisen, nach dem Wegfall dieses Mittel-
anknüpfende Ableitung von ' Tiphys ' nach gliedes aber auch die Gleichsetzung des Argo-
ifar^^ linguistischen Form und physikalischen nauten mit dem Alpdämon nicht aufrechter-
Beziehung zu kühn erscheint, wird die Ver- halten; die Gleichnamigkeit allein beweist
979 Tiphys I Tiphys U 980
nichtd; denn selbst der den beiden Wesen ge- bestreitet sogar, daß es Tiphys sei. Da aber,
meinsame buchstäblich gleiche Name hat höchst wie sich jetzt erweisen läßt, die treif liehe Gra-
wahrscheinlich einen ganz verschiedenen ür- vierung auf ein Gem&lde des Polytinot zuruck-
eprung {Jioteher a. a. 0, S. 64 Anm. 168). geht {Robert, lUupersiß S. 34; FurtwängUr,
Die bildende Kunst ist für die Kenntnis Meisterwerke S. 152), auf dem die Personen,
des Tiphys nicht ergiebig. Ob die bildnerischen wie auf dem Bilde des Mikon (s.o.), durch
Darstellangen der Argonautensage, von denen Namensbeischriften bezeichnet waren {Paus.
die alten Schriftoteller berichten (s.d. Art. Bd. 1, 8,11,3, vgl. 1,18,1; i^noA. 4,28, Paroem. 1,
Sp. 626f.)t Auch den Tiphys veranschaulicht 91), so ist allerdings für den Mann am
haben, läßt sich nicht entscheiden; ebensowenig lo Steuerbord des Schiffes kein Name wahrschein-
bestimmt ist er auf erhaltenen Bildwerken zu lieber als Tiphys.
erkennen. Doch wird hier sein Vorkommen Tiphys II {Tltpus), der Dämon des Alp'-
mehrfach vermutet. Während nach der alten drückens, ein unheimlicher vielnamiger Traum-
AwMSonis des Possig {Athen. l,2dQd; Müller, geist.
fr. hitt. Gr. 4, 488) Glaukos sowohl Erbauer als Von ihm handelt TT. H. Boschers (am Ende
auch Steuermann der Argo ist, berichtet von «jes Art. Tiphys I zitierte) pathologisch-mytho-
einer Teilnahme des Tiphys am Schiffsbau die logische Sonderschrift ' Ephialtes' {Äbhandlg.
literarische Überlieferung nichts. Wohl aber ^ Sächs. Gesellsch. d. W. Bd. 20, 1900); denn
deutet man auf einigen Terrakotten als Tiphys dies ist seine Hauptbenennung; s. auch den
den bärtigen Mann, der, während Argos am 20 Art. EphiaUes nr. 3 in diesem Lexikon, Bd. 1,
Schiffe selbst zimmert, unter Athenes Leitung Sp. 1281, sowie bei Pauly^-Wissowa Bd. 5, Sp
das Segel am Mastbaum befestigt, gewiß eine 2847 f. u. Bd. 6, Sp. 21. Wesen und Erschei-
für den künftigen Steuermann ganz passende nungsformen des bösen nächtlichen Würgegei-
'l'ätigkeit; 8. die Abb. des Terrakottareliefs im stes nach Rascher nochmals eingehend zu be-
Brit. Museum zum Art. Argo Bd. 1, Sp. 602, sprechen ist dieses Ortes nicht, zumal Tiphys
und Bauttieister, Denkmäler 1, 122, Abb. 127; gar nicht sein wichtigster oder auch nur häu-
femer 0. Jahn, Berichte d. Sächs. Gesellsch. d. finster Name ist; wohl aber verdient letzterer
W. 1861, S. 332f.; über ein weiteres Tonrelief selbst nach Vorkommen und Bedeutung hier
in der Villa Albani: Reibig, Sammlungen Roms erörtert zu werden. Überzeugend leitet Röscher
2", 61 (die 3. Aufl. übergeht das Bildwerk), vgl. 30 s. 53f. Ticpvs von tvtpog, Qualm, Rauch, ab.
v.Bohden, Terrakottareliefs der Kaiserzeit, T&f. Ein älteres, nicht nachweisbares Töq>vs hat
82 u. Textbd. S. 12 f. u. 254 f., wo alle einschlä- nämlich durch Dis.similation dieselbe Abwand-
gigen Eiemplare oder Bruchstücke verzeichnet Jung erfahren, vermöge deren q>vTvg zu cptrvg,
sind; über ein Bronzetäfelchen aus dem Museo rpvrvo} zu (pirva geworden ist {Curtius, Etym.
Borgia in Velletri, jetzt in Neapel: Winckel- 717*). Mit tvq)og, deutsch Typhus, wird nun
mann-Fea, Storia 2,51, u. Millin^ Gal. Myth. zunächst eine mit Delirien oder dumpfer Be-
pL 130, 147. — Sodann ist auf dem prachtvollen täubungr verbundene Krankheit des Körpers be-
att. Bjrater aus Orvieto {Mon. d. f. XI Taf. 38) zeichnet; ihre Symptome sind nämlich dem
nach dei kuüsksänug Roberts {Annali d. I. 1882, Zustand derer ähnlich, die bei längerem Ver-
S 281f.) als Tiphys der bärtige Mann im Hut 40 weilen in Qualm und Rauch Erstickungszufälle
zu erkennen, der rechts einen Abhang herun- erleiden. Auf das Geistige übertragen, bedeutet
tersteigt und die Argonauten zum Aufbruch sodann tvtpos mit den verwandten verbalen
(von Pagasai oder Aphetai; mahnt; y gl Apoll. Ausdrücken Torheit, Wahnsinn, Unzurechnungs-
Bhod. l,381f. 622f.; Orph. Arg. 281; s. 0. Ro- fähigkeit; s. Hesych. s. tvcpog- ScXa^ovsla, xsvo-
bert, der (nach brieflicher Mitteilung) anderen ^o|m; ».tstvcpojTai- KnoXalsv — iußsßgovTriTcci',
Vermutungen gegenüber an jener Annahme s. Tf^rvcpibGd-ai- ne^rivevai, \i. Harpokrat. p. 171:
jetzt noch festhält, fuhrt das Bild auf ein Ge- Tsrvcpcouocf ivißsßQOvrriuai, ^^m Töav cpgsväv yi-
mälde des Mikon {Paus. 1,18,1) zurück. — yovcc. Über den tvcpog vgl. auch Hippokr. II
Ebenso erkennt Robert auf der Pariser Amykos- p. 496 f. K., über die rvcpm&Big nvQSToi Erotian.
vase {Gerhard, Au^erl. Vasenb. 163. 154) den 50 expos. voc. Hippocr. p 356 Franzius, über die
Tiphys in dem bäi-tigen Manne, der mit einer tvq>o^ccviri Hippokr. III p. 617 K. u. Galen. e.vp.
Lanze (oder einem Ruder) ganz rechts neben ^qc, Hippocr. p. 682 Franzius, sowie Galen.
dem Hinterteil der Argo steht; Gerhard (Textbd. yd, 19 S. 416, 7 K.
S 16 u. 18) deutet ihn freilich als Jason. - j^^^ ^^^ ;. j^ ^-^^^^ bildlichen Sinne
kt aut den angeführten Bildern Tiphys durch j^^ gleitete und persönlich gefaßte Tüpvg be-
den Bart als älterer Mann gekennzeichnet, zeichnet also einen vampyrartigen Dämon der
80 erscheint es zweifelhaft ob mit Wteseler nächtlichen Betäubung und Herzbeklemmung.
(Phtlologus o, 599f.) auf der Ftcoromschen C^ta ^.^^ ^-^^^ ^^^^ nirgends ausdrücklich gesagt,
ein bartbser jugendlicher Argonaut der, .^^^ ^^^^ ^^^^ ^^^ ^^^ erklärenden Zusammen-
behaghch auf dem Schiffshinterdeck sitzend, 60 gtluung von Tt>vs mit gleich bedeutenden Eigen-
nach dem Schauplatz des an Amykos voll- namen wie
zogenen Strafgerichts hinblickt, als der be- '
rühmte Steuermann gedeutet werden darf (s. 'EniäXrrig bei Moiris p. 372 u. Phot. Lex. s.
auch den Art. Argonauten Bd. 1, Sp. 526 f.). Tlcpvg^
O.Jahn {Die Ficor. Cista, 1862) warnt vor zu- 'E(fidXtr]g bei Moiris ebenda u. Hesych. s.
weitgehender Benennung der einzelnen Figuren, Tf qpvj,
und auch Hdbig a. a. 0. 2^ 305 läßt den Mann 'HniaXog oder *HnidXrig bei Didymos im
unbenannt; Behn, Die Ficor. Cista (1907) S. 39, Schol. Ar. Wesp. 1038,
5)81 Tiphyse Tiiyns 982
£vo«a?(?) oder E^aTtav ebenda; vgl. Roacher thia, die besonders allem, was zu Herakles in
S. 5G. 67 u. Rohde, Psyche 2*, 85. irgendeiner Beziehung steht, vielfach beigelegt
Die riltselhafto Glosse bei Hesych. s. Tiq)vg' werden.
«'fc'ailüS ist offenbar verdorbt; Rohde, Rhein. Mus. a) Tirynthiua (TY^wv^to,«^: Herakles. So
87,4(57, 1, schlilj^t dafür J) ijticclr]g. Röscher genannt nach dem Herrensitze seines Vaters
8. ^)0 A. 139 j)7nälT]g oder i]nia\og vor. Außer Amphitryon, obwohl er selbst nach der ver-
diesen Benennungen gibt es noch zahlreiche breitetsten Version der Sage (z. B. /festV)<Z.*//<j«/y
Synonyma, die jedoch, weil nirgends zu Tiphys ApoUod. 2, 57 ff, Paus. 9, 11, Anton. Liberal.,
in Beziehung gesetzt, füglich hier auüiir Be- Metam. 29, 33, 3, Plautus, Amphitruo Prolog.
tracht bleiben können. Den griechischen Na lo v. 97) in Theben erzeugt und geboren ist.
men gesellen sich mehrere lateinische (fnuus, Doch wird auch T. als Geburts- und Aufent-
Ificubus, Faitnus ficariax , Pilosus) zu; vgl. haltsort des Herakles genannt. So flieht Am-
7v*osc/ter S. ö9f. Aber sie alle bezeichnen einen phitryon nach Diodor 4, 10 («. u.) erst nach
beiln<»stigenden Spukgeist, nämlich den Dämon der Geburt des Herakles aus Tiryns nach The-
des Alpdrückens, des Fiebertraums, des nacht- ben, so bewirtet Herakles den Iphitos in Tiryns
liehen Würgen s und Erstickens, des Asthmas, und stürzt ihn von den Mauern von Tiryns
der Epilepsie {Röscher S. 48f.; 53f.; 76f.). Daß herab {ApoUod. 2, 129; vgl. auch Paus. 5, 2,2),
die buchstäbliche Gleichnamigkeit dieses We- während er bei Statius, Theo. 4, 148 geradezu
«ens mit dem Steuermann der Argo {Hesych. der immanis alumnus von Tiryns heißt {Lact.
s. Ticpvg) nicht zu einer künstlichen Identifi- 20 Placidwi ad Theb. 4, 147 ed. Jahnke: Juppiter
zierung beider mythologischer Gestalten ver- mutatiis in Amphitryonem concubuisse cum Alc-
führen darf (gegen Usener, Sintfli\tsfigen S. 258), mena Electryonis ßlia dicitur in urbe Tirynthia,
ist im Art Tiphys I erörtert worden; vgl. Ro- und", natus est Hercules, unde et Tirynthius
scher S. 54 A. 158. [.Johannes Schmidt.] dicitur. Vgl. auch Theb. 11, 45 alumni dei
Tiphyse?(7^(qpyo'/j , Tochter des Thespios, von [voraus geht pubes Tirynthia] und Theb. i:,
Herakles Mutter der Lynkaios, Aoollod. 2, 7, 157, wo die Tirynthier einen Herculeum paeana
8, 5 (2, 1G4 W.). Wagner z. d. St. vermutet singen Servius ad Aen. 7, 662: Tirynthius a
Td-ipovGrig statt TicpvGris. [Höfer.] Tirynthe cioitate Argis vicina, in qua nutritus
Tirieiisis, r«ie/a—, Schutzgöttin (Tutela loci) est Hircules. Ebenso ad 8, 228.). Schon Pin-
-einer sonst nicht bakannten Örtlichkeit Tiria 33 dir fO'. 10, 33) nennt das Heer des Herakles
oder Tiriuin in Hispania Tarraconensis. Ihr war TiQvvd't.og argcctoi, und bei Ephippos nennt sich
«in bei Pinhäo {(JIL 2 Siippl., Tab. I Fd, am Herakles selbst einen Tigvvd'iov 'Agysiov, wäh-
Douro) in eine Kirchenwand eingemauerter AI- rend die Ttoo^ocvcig SsvoaXsiu in Delphi (nach
tar von drei Brüdern geweiht, Ephem. epigr. 8 Paus. 10, 13, 8) den Herakles im Gegensatz
p. 400, nr. lila: Tutelae Tiriensi Pompei(i) zum ägyptischen Herakles, dem Kccvcoßsvg, als
Clitus Corinthu(s) Calvinus ex voto. [Keune.] 'Hga-alirig Ttovvd'tog be/,eichnet. Der substan-
Tiröel u. Tirse s. Ende des Buchst. T. tivische Gebrauch des Wortes Tigird-iog findet
Tiryii'i {TiQüvg^vvd'og). Über die Form vgl. sich bereits bei KaUim%chos {Dian. 14'3) und
Fiaeh zu Hesiod Scut. 81, wo verwiesen wird begegnet noch bei Erykios {Anthol. Pal. 9, 237).
auf Lobeck, Phrynicho^ p. 116 u. Par dipomena 40 In der römischen Poesie wird dann die Be-
Gramm. Grmc. (Leipzig 1837) l p. 94 u. 167. Zeichnung des Herakles ah Tirynthius sehr
Flach liest Scut. 81 TiqwQ'ov und erklärt TL- beliebt. Die Stellen siehe bei Carter, Epitheta
<>uvg, vi^a-oj für eine Erfindung des Dichters des deorum, quae apud poetas Latinos leguntur
Verses bei Hephasst. Enchir. 1, 3 (= Hephaest. (Suppl. dieses Lexikons), wo nur Val. Flacc.
ed. Gonsbruch lOOlj p. 2, 8) TiQvvg, ovSe ri rslxog 1, lOJ zu ergänzen, Avian 31, 5 in 32, 5, Stat.
^Tti^QK8a8, TiQvg als eine Grammatikererfindung. Theb. 6, 468 in 467 (== 489 ed. Klotz) zu än-
Das Wort scheint ungriechischen oder vielmehr dern und zu bemerken ist, daß sich die letzte
■^ vorgriechischen' {Kretschmer, Gesih. d. griech. Stelle nicht auf Herakles, sondern auf seinen
Spr. S. 40S) Ursprungs zu sein, wie alle mit -vd- SohnChromis (s.u.) bezieht. Eine besondere Vor-
gebildeten Ortsnamen (vgl. X'r^iscJ'iwigr S. 402 ff.). 50 liebe für die Bezeichnung Tirynthius haben
1) Nach Pau>^. 2, 25, 8: Sohn des Argos, Statins und Valerius Flaccus; auch bei Ooid.
Heros der Stadt Tiryns. findet sie sich wiederholt. Die älteste Erwäh-
"i) Nach Steph. Byz. s. v. Tiqvvg: Tochter nuag a if dem Gebiete der lat. Poesie dürfte
des Alos, des Vaters des Amphitryon, also bei Verqil, Aen. 7, 662 u. 8, 228 sein. Die
Schwester des Amphitryon. Doch ist zu Verbindungen, in denen der Name auftritt,
beachten, daß der Vater des Amphitryon sonst siehe bei Carter. Am häufigsten ist Tiryn-
Alkaios heißt. Aus diesem Grunde und weil thiu-? h^ros.
Tiryns kein weiblicher Name sei, hält denn b) Tirynthia: Alkmene, die Mutter des
auch Meineke {Steph. Byz. ed. Meineke. Berol. Herakles (bei Eur. Alk. 838 adj. mit 'Al-Awrivri
1849) die S'iepVa/^os- Stelle für korrupt. Auf 60 verbunden, — dazu das Scholion: 17 yap'/^ix/Ltrjv»]
einem Mißverständnis der /S^ep/ianos- Stelle aito Tigvvd'ög iatLv — bei Ooid Metam. 6,
scheint Eustathios zu II. B 55'J zu beruhen, 112 Substantiv, gebraucht). Auch bei ihr gilt
der, sonst mit Stephanos übereinstimmend, das oben Bemerkte: Ihr Vater Elektryon ist
Tiryns als Bruder des Amphitryon bezeichnet. König von Mideia {Paus. 2, 25, 9 daher MiSs-
— Wichtiger als diese spät bezeugten Heroen äng Theokrit 13, 2 u. 24, 1) oder Mykene
oder Heroinen sind die vom Namen der Stadt {Apollodor 2, 54); sie selbst floh nach der
Tiryns gebildeten, zum Teil als nomina propria verbreitetsten Version der Sage (s. u. Amphi-
verselbständigten Epitheta Tirynthius, Tiryn- tryon) scho 1 vor der Geburt des Herakles mit
.983 Tiryns Tisamehbs 984
Amphitryon aus Tiryns. Nur Diodor 4, 10 be- (6, 627 — 36), daß Hercules auf der Heimkehr
richtet: iitxcc di ravva (d. h. nach der Tötung mit den Rindern des Geryones am Ufer des
der beiden Schlangen) 6 (ihv 'A^tpiTQvmv qn^ycc- Tiber vorbeigekommen sei und dort mit der
dsvütls ix TiQvv^os fitvamriöfv big S^ßccg. Tochter des 'Arcadius' (d. h. des Euandrus)
Hinter dieser Notiz scheint sich eine von der einen Sohn, Fabius, erzeugt habe, den Stamm-
üblichen Darstellung abweichende Sagenversion vater des Geschlechtes der Fabier (vgl. Ovid^
zu verbergen, während selbstverständlich die Fast. 2, 285 ff.: Heracleae gentis; Ex l'onto 3,
oben zitiwien Scholien zu Kuripides u. Slatitts 8, 99 f. Nach Geffcken a. a. 0. S. 80 schöpfen
erst aus der Bezeichnung Tirynthia herausge- sowohl Silius wie auch Ovid an diesen Stellen
spönnen und darum wertlos sind. Jedoch ge- lO aus Varro. Vgl. auch Juvenal 8, 14). Nach
nügt zur Krklärung auch vollkommen die An- Flutarch, Vit. Fab. Max. cap. 1 war nach einer
nähme der Übertragung des Beinamens vom Überlieferung eine vvfxqprj, nach einer anderen
Sohne auf die Mutter: Die Mutter des Tiryn- eine yvvr) inix^ogicc Mutter des ersten Fabius.
thiers ist eben die Tirynthierin. Worauf diese Beziehung der Fabier zu Her-
c") Tirynthiusheros: Chromis, derSohn cules beruht, ist nicht sicher festzustellen.
des Herakles: Stat Theb. 6. Er besaß nach Münzer (bei Fauly-Wissowa 6, 2 Sp. 1739 f.)
Lact. Placid.ud Theb. 6, 846 (824) u. 486 (414) nimmt an, daß Verrius J'laccuk, auf den wahr-
die Hesse des Diomedes. Vgl. über ihn Stat. scheinlich die merkwürdige Etymologie des
Theb. 6, 846, 480, 464 {Chromin Herculeum), Namens Fabius bei Festus (p. 87 M: Sie hätten
479, 486. In Apoüodors großer Aufzählung der 20 früher Fovii geheißen, quod princeps gentis eiua
»atÖBS 'HgaxXiovi fehlt Cbromis. Suidas s. v. ex ea nattis sit, cum qua Hercules in fovea
gibt nur Xgcbfug- ovotuc -kvqiov. Statius kennt concubuit) zurückgeht, auch überhaupt Erfinder
noch vier Thebaner dieses Namens: 1) 2'heb. jener Zurückführung des Geschlechtes auf Her-
2, 618; 8, 18; 4, 597, 2) Theb. 7, 714, 8) Theb. cules sei. Auf einige frühere Berührun«(en von
8, 476, 4) Theb. 9, 252. Der Name begegnet Fabiern mit Hercules weist gleichfalls Münzer
auch bei Longus (8, 15, 1 u. 4; 4, 38, 2) als hin. [Ostern.]
Sohn des Philetas. Ti8aiiien08 (Ttcra^ero?), Name zweier mythi-
d) Tirynthia culmina und Tirynthia scher Heroen, auch mehrerer Personen aus hi-
tecta nennt Sil. Italic. 1, 661 u. 2, 800 die storischer Zeit, wo er, namentlich auf Inschrif-
Stadt Sagunt, die nach ihm (vgl. 1, 505; 2, so ten (C. I. Gr. 1,202 nr. 142,2; Kaibel, EpUjr.
507; 2, 654 f) von Hercules gegründet ist, nr. 874, 2), auch in der Form Tugu^bvö? er-
während sie ihren Namen von dem Begleiter scheint. Über den Akzent des Eigennamens
des Hercules Zacynthus, dem Sohne des Dar- zum Unterschied von der Partizipialform riffa-
danus, erhalten habensoll, der nach dem Aben- ^svog vgl. Kühner- Blass l^ § 40, S. 330; über
teuer mit Geryones auf dem Rückwege nach die Bedeutung des Namens s. u.
Theben in der Mittagshitze von einer giftigen 1) Sohn des Orestes (s. d.Bd. 3, Sp. 1012 f.)
Schlange gebissen, dort begraben wurde (1, und der Hermione (Bd. 1, Sp. 2433), der einzigen
283 ff.). (Vgl. auch Dion Halic. 1, 50; Paus. Tochter von Menelaos und Helena: Sophokles^
8, 24, 3; Steph. Byz. s. v. Zä.y.vvd'og. Nach Hermione {Nauck, fr. trag. Gr. p. 176*j bei
Strabo 3, 4, 6 fp. 216 M] ist Sagunt ein xzicfia 40 Eustath. Od. p. 1479, 10 f.; Schol. Od. S 4.\ Schol.
Zaxvv^itov [vgl. auch Liv. 21, 7J. Vgl. auch Eur. Or. 1654; Apollod. hibl. 2,171. 176; epit.
dieses Lexikon s. v. Hercules Bd. 1, Sp. 3010.) 6,28; Polyh. 2, 41, 4 f.; 4,1,5; Strab. 8,383;
e) Quondam Tirynthia castra wird bei Paus. 3,1,6; Tzetz. Lyk. 1374; Euseb. Chron.
SU. Ital. 3, 357 das Gebiet der Cerretani 1,180. 1^1 Schoene; Hygin. fab. 124; Vell. Pat.
{in Hisp. Tarracon.) genannt, vielleicht weil 1.^1 ?^.Yj.; Ov. Ib. ZiQ {fisamenipatri= Orestae).
Hercules auf seinem Zuge nach den Rindern Von Menelaos erbt Orestes die Herrschaft über
des Geryones auch durch ihr Gebiet gekommen Sparta, die dann auf seinen Sohn Tisamenos
sein soll und dort lagerte. Hübner (bei Pauly- übergeht. Während dessen leiblicher Bruder,
Wissoica s. V. Cerretani) nimmt an, daß irgend- wie der Vater Orestes geheißen (s. d. Bd. 3,
ein Grammatiker wie Asklepiades von Myrlea 50 Sp. 1014), auswandert und König der Molosser
die Beziehung auf Tiryns (d. h. Hercules) er- wird, die nach ihm auch 'Ogiarai genannt wer-
funden habe. den {Steph. Byz. s. v. ; vgl. Solin. 9, 4 f.) , führt
f) Tirynthia aula {Stat. Silv. 2, 2, 109): Tisamenos mit seinem unehelichen Halbbruder
Wahrscheinlich eine Villa des Pollius Felix bei Penthilos (s. d. nr. 1), den sein Vater mit Eri-
Herculaneum im Gegensatz zur villa Sur- gone, der Tochter des Aigisthos, gezeugt hat^
rentina desselben Besitzers {T. ora Baehrens, daheim drei Jahre lang die Regierung gemein-
T. arva Nohl. T aula ed. princ. u. apograph. schaftlich : Vell. Pat. 1,1,4. Doch geschieht
libri Sangallensis). Über Herculaneum als Grün- dieser Doppelregierung sonst keine Erwähnung,
düng des Herakles vgl. Dionys. 1, 44. (Nach sondern T. erscheint als alleiniger König: Paus.
Geffcken, Timaios' Geographie des Westens S. 143 60 2, 18, 6, wo Penthilos zwar genannt, aber nicht
auf Vano bzw. Timaios zurückgehend.) als Mitregent bezeichnet ist; Hygin. fab. 124.
g) Tirynthius heros {Punica 8, 217) und Aus der Herrschaft vertreibt den T. die Ein-
Tirynthia proles (Punica2,3) ist bei Silius Wanderung der Herakleiden in den Peloponnes:
Jtalicus die Bezeichnung für Fabius Maxi- Polyb. 2,41,4; Apollod. bibl. 2, 171 f.; Strab. 8,
..pius Cunctator, wie bei ihm auch die 300 383; Paws. 2,38, 1; 3,1,5; 7,1,7; Euseb. chron.
^Fabier, die den Heldentod an der Cremera a. a. 0.; Vell. Pat. a. a. 0.: Im Kampfe mit
atarben, Tirynthia gens (Punic. 7, 35) ge- ihnen findet T. den Tod: Apollod. 1,176. Nach
nannt werden. Bei Silius wird auch erzählt einer andern Erzählung wird T. zwar aus seinem
985
Tisamenos
Tisamenos
986
Königreich Sparta und Argos vertriebfn, aber
nicht getötet; viehnohr wird ihm vertragsmäßig
zugestanden, mit seinen Untertanen abzuziehen,
und 80 wendet er sich nach der Nordküste des
Peloponues und bittet die dort wohnenden,
übrigens stammverwandten loner um Aufnahme
für sich und seine Mitflüchtigen in ihre Land-
schaft. Jene lehnen aber das Gesucli ab, weil
sie fürchten, T. werde vermöge s e i n e r T ü c h -
tigkeit und edlen Herkunft auch über sie
zum König gewühlt werden. Da erobern die
Ankömmlinge das Lantl mit Gewalt, wobei je-
doch T. in der Schlacht fällt. Seine siegreichen
Achäer belagern die loner in ihrer Hauptstadt
Helike und lassen sie schließlich nach Attika
abziehen. Ihres Königs T. Leiche bestatten die
Achäer zuniichst in Helike, bringen sie aber
dann nach Sparta; noch zu Pausanias' Zeit
zeigte man dort das Heroon an der Stelle, wo
die Lakadaimonier einst ihre gemeinsamen
Mahlzeiten, die sogenannten (feidivia, hielten:
Paus. 7, 1 , 7 f. Seine Söhne befestigen in der
von den lonern geräumten Landschaft Achaia
ihr neues Königreich. Nicht weniger als fünf
Söhne werden genannt: Paus. 7, 6, 2. Zunächst
ist der älteste, Kometes, des Vaters Nachfolger
in der Herrschaft : Dämon fr. 20 (Müller 1 . 382 f.)
im Schal. Eur. Blies. 251; Euseb. a. a. 0.; er
wandert aber nach Asien aus: Paus. a. a. 0.
Ob die vier anderen, Daimenes, Sparton, Tellis
und Leontomenes, nacheinander oder, was
ebensowenig wahrscheinlich ist, gemeinschaft-
lich und etwa sogar mit ihrem Vetter Dama-
sios, dem Sohne des Penthilos (s. o,\ regieren,
steht dahin. In unbekannter Zeit schließt mit
Ogjgos (s. d. nr. 2) die Reihe der Könige von
Achaia ab, worauf die Volksherrschaft beginnt :
Polyh. 2, 41, 5; 4, 1, 5; Strab. 8, 384.
2) Oidipus
Amphiaraos -f- Eriphyle Poiyneikes Eteokles
Amphilochos Demouassa -f- Thersandros Laodamas
Tisamenos
Autesion
Theras Argeia -j- x\ristodemo8
Prokies Eurysthenes
T. ist ein König von Theben; seine Eltern
sind Poiyneikes' Sohn Thersandros (s. d. nr. 3)
und Demonassa (s. d.), die Tochter von Amphia-
raos und Eriphyle: P«ms. 9, 5,15. Als Eteokles
und Poiyneikes im Bruderkampfe vor Theben
gefallen sind, führt zunächst Kreon die Herr-
schaft über die Stadt, entweder als selbstän-
diger König {Soph. Antig.) oder als Vormund
für Eteokles' Sohn Laodamas (Paus. 1,39,2;
9,5,13. 10,3), der dann selbst König wird,
aber bei der Verteidigung Thebens gegen die
Epigonen, zu denen Poiyneikes' Sohn Ther-
sandros gehört, durch Alkmaion den Tod findet.
Diese erheben nunmehr Thersandros zum Herr-
scher von Theben. Er zieht mit den Griechen
gegen Troja, fällt aber tapfer kämpfend in
Mysien von der Hand des Telephos (s. d., Bd. 5,
Sp. 282). Bei dem zweiten Zuge der Griechen,
der wirklich bis vor Ilion gelangt, ist Thersan-
dros' Sohn T. noch zu jung, um Führer der
Boioter sein zu können (Paw«. 9, 5, 15). Dies
ist vielmehr der Thebaner Peneleos (//. ß 494),
den jedoch vor Troja Telephos' Sohn Eurypylos
erschlägt {Paus. a. a. 0.; Qiiinf. Smyrn. 7, 104 f.;
Dict. Cret. 4, 17). Nun wählen die Thebaner
daheim den Tisamenos zum König {Paus.
a. a. 0.). Während er von dem Geschlechtsfluch,
10 der seit den Zeiten des Laios und Oidipus
über Thebens Herrscherhaus waltet, unbehelligt
bleibt, verfolgt die Kache der Erinyen seinen
Sohn Autesion. Dieser wandert deshalb auf ein
Orakel hin zu den Herakleiden in den Pelo-
])0nne8 aus {Pau^. a. a. 0.); seine Tochter Ar-
geia wird als Gattin des Aristodemos die Mut-
ter von Prokies und Eurysthenes und somit
die Ahnfrau des lakedaimonischen Königshauses
{Hcrodot. 6,62); sein Sohn Theras (s. d.) besie-
20 delt die Insel Kailiste, die angeblich von ihm
den Namen Thera erhält (4, 147; Pau^. 3. 15, 6 f ;
Schol Apoll. Bhod. 4, 1764, wo der ganze Stamm-
baum zurückverfolgt wird: Theras — Autesion
— Tisamenos — Thersandros — Poiyneikes —
Oidipus).
Der Name TiGccyLevög ist nichts anderes
als das Part, xieäiisvog mit verändertem Akzent
(s. 0.) und bedeutet also ^Rächer'; vgl. Etym.
Magn. p. 760, 1 mit der Ableitung von r/fiw-
30 QfjGai. Orestes, der Rächer von klassischem
Gepriige, führt selbst diesen Beinamen nach
Gramer, Anecd. Oxon. 2, S21,S. Wenn Orests
Sohn und ebenso der Enkel des Poiyneikes so
heißen, von denen der eine selbst bei den
Feinden Achtung genießt {Paus. 7,1,7: xara
TS ävögaya^icxv v.cil yivovg do^av), der andere
inmitten der Kriegsstürme seiner Zeit und der
Greuel des Labdakidengeschlechts fast allein
friedlich regiert, so hat jener Name in beiden
40 Fällen nicht die Bedeutung, die für ihre Trä-
ger bezeichnend ist, sondern schreibt sich von
dem Brauche her, nach welchem manche Per-
sonen der griechischen Heldensage, wie Astya-
nax, Eurysakes, Megapenthes, Neoptolemos,
Odysseus, Telemachos (s. d. Art. Odysseus Bd. 3,
Sp. 649), nach Taten, Schicksalen oder Kenn-
zeichen ihrer Angehörigen, namentlich ihrer
Väter, benannt sind; vgl. BeJcker, Anecd. Gr.
868,27: 'Ogeerris, iTt^iSi] rrjv Klvtcci}L'q6XQav
50 irißccxo ., Tiöauevov xov naldcc ccvxov ^yiäXfOs,
und wie Orest an der Mutter den Vater rächt
und danach den Sohn benennt, so übt auch
der Epigone Thersandros Rache für den ge-
fallenen Vater Poiyneikes und gibt seinem
Sohne jenen Namen aus dem gleichen Grunde,
s. auch Grote, Gr. Gesch. Bd. 1, Kap. 18; 0. Mül-
ler, Borier 1, 63, 6; Prolegomena S. 275; Eume-
niden S. 174; v. Wilamowitz , Orestie 2,25,1.
Die Erklärung bei Eustath. Od. p. 1749, 16 f.:
60 Tiacciisvbv cpsQcovv^cog ovxco xXrid'ivxci Ttagä xr]v
lisxä nsvovs rtötv, ircsl 6 naxrjQ 'Ogiexrig ixi-
öccxo xovg q)0V8ccg xov kya^s^vovog trifft nur in
dem begründenden Zusatz das Richtige, wäh-
rend sich freilich die Herleitung von xiaig und
HEvog als hinfällig erweist. — Beachtung ver-
dient endlich die Annahme von Studniczka,
Kyrene 69 (vgl. Gruppe, Myth. 506. 646, 3,
1380, 2), Poiyneikes, Thersandros und Tisame-
987 Tisandros Titanen 988
DOS seien Aresheroen, benannt nach einer boio- tler Gegensatz der Kronoskinder zu ihrem Vater
tischen Kultbezeiehnune des Kriegsgottes. Falls darauf deutet, daß sie diesem erst durch genea-
Orestes mit Recht für eine Hypostase des Apol- logische Spekulation zugewiesen sind. — Dio
loa gilt (Ztelinski, die Orestessage und die Recht- Chrysüst. HO p. ööüR 300M: tov ribv Titdvoav
fertigungsidee , J Ib.- Jahrb. 1899, S.'88f.; Hü/er at^xroi ia^fv i^iter,* aitairfs* oi ccvd'Q(a:foi; vgl.
im Art. Orestes tid. 8, Sp. 97öf. 995), so kann S3 am Anfang: ä^myo^ii ix'x^ i'iQvtui xal j^u(-
auch für seinen Sohn T. ein göttlicher ür- ^«ov», a&XXov de Tita vag; anders 30, 556 R.
Sprung in Frage kommen, zumal die j ihrhun- 304 M. Anstatt des lapetos steht neben Kroiios
dertelange Erhaltung des Grabes in Sparta Atlas als Stammvater der Menschen bei D/oJor:
(Paus. 7, 1, 7) einen dortigen Kult des T. sicher lo Mayer a. a. 0. S. 57. — Wenn Homer den
vermuten läßt; vgl. auch Wide, Lakon. Kulte Okeanos, ebenfalls einen Titanen, als Urquell
S. 354. [Johannes Schmidt.] aller Wesen (14. 246) und insbesondere der Götter
Tisandros (Tiffavdpo,^), der dritte und jüngste {ih. 201 und 302 'Slyitavöv te, &eibif yevsaiv, x«l
Sohn des lason und der Medeia, Dioti. 4, 54, 1. ^rictgcc Trid-vv) nennt, so denkt er sich wohl
[Ruhl.J zunächst IJranos und Gaia als dessen Kinder
Tisianes. * Tisianes et Bucures Mauri et ooo- {Schümann a a. 0. p. 35 f.). — Der Wohnsitz
rum progenies dii Syrii\- Arnob. adv. nat. 1, 37 der Titanen vor ihrem Sturze ist der Himmel
(p. 24, 1 Reiff er scheid); vgl. Hildebrand, Excurs {Hesiod. tlieog. 820) oder der Olymp: Hesiod Op.
IV zu Äpul. Metam. [Höfer.J et D. 110 f., Apoll. Rhod. 2, 1232, vgl. Aesch.
Tisiphone s. Teisiphone. 20 Prom. 9.'>6 und Horat. carm. 12, 8 domus Sa-
Titiiia {Tivaia) =« Ge als Mutter der Titanen iurni ==* sedes deorwn; über Kronos als Herr-
(8. d.). die von ihr den Namen haben sollen, scher auf Erden im goldenen Zeitalter s. den
nach Diod. 3,57: OvQavov Ss iLvd-okoyovai ye- Artikel Krooos Sp. 1458.
vicd-ai :tatdag ix xlsiovav yüvccixSiP nivre Jtgög Gemeinsam ist den eigentlichen Titanen
Toig TttraQäxovza, xal roinatv ojtrwxaidfxa Xe- als Erdsöhnen der Charakter des Uralt -Ehr-
yooaiv vxdgxsiv ix Tircciag . . . xoLvfj Sh ndcv- würdigen, der bisweilen ins Riesenhaft- Un-
ras &no n)i urirgog ovouuj^oaivovg Tit&vocg. heimliche hinübarspielt. {Hsych. s. v. äygLoi
Tfjv dh Tltcctav athcpQova ovaav xal noXXaiv d'sol' Titävsg; Tirävag ßo&v = Gespenster ru-
&ytt^<bv airiav ysvoaivriv rotg laoig cc Tod-ead-fj- fen; vgl. .\rt. Kronos lid. 2 Sp. 1490 Mitte; tixa-
pai fif ra vrjv r«Xevri)v v;r6 rcbv sv Ttad'ovcoav^ .so vcbdsi (Hinsiv Lic. Tim. 54, vgl. Icaromen. 23,
F^ V pifxovoiiccad'sioav. Vgl. auch 5, 66, wonach Said. s. v. rLtavmSeg und s. v. ad'sov) Im Mythus
die Titanen in kretischen Sagen als Söhne eine« treten sie z. T. als Empörer und frevelnde Un-
der Kureten und der Titaia aufgefaßt werden. holde auf. M. May.r sagt mit Recht: „Das
Vgl. Preller- Robert* 1,45 Anm. 3, wo der Name Volk hat zwischen Riesen und Titanen eigent-
T. = r^ als spätere Fiktion aufgefaßt wird. lieh nie unterschieden'' (Art. Kronos Bd. 2
Vgl auch Sp. 1002. [Röscher.] Sp. 1454, 5, Gig. u. Titanen S. 12>ff.). Plat.
Titanen {Tnävsg) heißt eine Gruppe von Legg. 3 p. 701 C stellt tqv IsyopL^vqv nuXcciccv
Gottheiten, die den olympischen Göttern gegen- TiravLxqv rfvöiv in Parallele mit oqxcov xal
über als älter {Hesiod. theog.'i2i Ttr^öt fisrä Tclureav xal t6 nocgäitav d'sä>v fi^ (pgovtl^siv.
ngotegoiöi dsoia v, Antimach. fr. 42 Kink. yq- 40 Während Zeus als Begründer und Hort einer
yeviag n d-eovg ngotegriysvsvg Ttr^va?) gelten sittlichen Weltordnung und die ihn umgebea-
und zum Teil in feindlichem Gegensatz zu den (Jötter als ethische Potense 1 wirken, er-
Zeus und den Seinigen stehen. Der Name, ur- .scheinen die Titanen als Verkörperungen ge-
sprünglich wohl nur wenigen Gestalten zu- waltiger Naturkräfte, der Mächte des Himmels
kommend, fand im Laufe der Zeit immer wei- (Hyperion, Phoibe, Kronos? Koios?), der Erde
tere Ausdehnung, so daß endlich die Grenz- i^Themis, lapetos?) und des Meeres (Okeanos
linien gegen andere Gruppen, wie namentlich ünl Tethys). Als Vertreter dieser drei Reiche
die Giganten, unsicher wurden. scheinen Kronos, lapetos, Okeanos an der
Im Mittelpunkt dieses Götterkreises steht Spitze des ganzen Titanengeschlechts zu stehen
als sein Oberhaupt Kronos. Daher werden die .50 (vgl. Piaton, Cratyl. 3D7CD). Der von späteren
Titanen Hom. Iliad. 15, 225 und 14, 274, He- Mythographen als König der Titanen genannte
siod. theog. 851 als Kgovov ancplg iovtsg und, Ogygos ist nach Buttmann (Mythol. 1, 205 ff.)
da Kronos Sohn des üranos ist, Iliad. 5, 898 identisch mit Ogen, Okeanos.
als OüQccvLcovsg bezeichnet. Er und mit ihm Den Namen Titanen soll nach Hißstod. iÄeo^.
eng verbunden lapetos erscheinen Iliad. 8, 47'J v. 207 Uranos seinen Kindern im Zorn gegeben
Clcixstog t£ Kgovog ts) als Vertreter der im haben: cpdaxs äh xixaivovtccg dxccad'ccXiri iiiyoc
Tartaros eingeschlossenen Titanenschaft. Kro- gi^ai, ^gyov, xoto d' ^nsixoc xLölv asxoTti.od'ev
nos ist als Vater des Zeus und seiner Ge- lasad'aL. Das Verbum xLxalvo}, die episch ge-
schwister der Ahnherr der olympischen Götter; dehnte Form für xsivco, bedeutet spannen, an-
neben ihm stand lapetos als Ahn der von a spannen, ausstrecken {xBlgccg>, ohne Objekt wie
seinem Sohn Prometheus und Enkel Deuka- contendere sich strecken, streben, eilen (Iliad.
lion ausgegangenen Menschheit; vgl. Hymn. 23, 403 xixaivsxov laufet!). Man kann an un-
in Apoll. 335 (157) Tixfjv^g zs d-eol, xmv i^ av- serer Stelle x^^Q^S ergänzen oder intransitiv
dgsg TS d-soi x£ und dazu den Art. lapetos verstehen: sich streckend, aufreckend; verbindet
uns. Lexikons, Mayer, Gig. u. Tit. S. 57 und man damit dzacd-aXlrj, so erhält man den Be-
Schömann opusc. 2 p. 270. — Procl. ad Hes. Op. griff des frevelhaften Strebens, der Empörung
et Dies 48 gibt dem lapetos 29 Kinder; seine (Schömann: sechste contendentes), der auf die
Nachkommen heißen wieder Titanen, während Tat des Kronos paßt. Das tlaiv des folgenden
989 Titanen Titanen 990
Verses scheint auch wortspielend zur Erklä- Mörder des Zagreus sich mit eiueui Kalk- oder
rung des Titanennamens dienen zu sollen, aber Gipsüberzug unkenntlich gemacht haben sollen
jedenfalls kann TfratVoi/Ta»*, obwohl es nur hier {Harpocr. s. v. &noiiäxT(ov), so beruht diese
wie in Tixdv ein langes i hat, im Munde des Erfindung nach A Dieter ich, Rh. Mus. 1893
scheltenden Uranos nicht die 'Rächenden' oder S, 280 eben auf dem Anklang von Titan au
'Strafenden' bedeuten, wie allerdings die Or- tiravog, und Miß Harrison durfte also die
phiker den Namen verstanden {ProcL in Plat. Autoritilt dieses Gelehrten nicht für sich in
Tim. 1 p. 57; vgl. Hcsych. s. v. rirai/fff* Ttiiagol Anspruch nehmen. Noch weniger wird man
«iffo tov xixaivaiv). Diese Deutung ist erat aus an hebr. tit (= Lehm, Kot) denken dürfen, etwa
dem Mythus gefolgert. lo im Hinblick auf die Lehmgebilde des Frome-
Will man die 7\räi;fi^ mit dem Stamm von n'w, theus. Auch die von M. Mayer, Tit. u. Gig.
dessen Quantität schwankend ist, in Zuj*ammen- S. 74 if,, angenommene DitFerenzierung eines
hang bringen, so muß man an die Bedeutung ursprünglichen Tdv zu Zfiv u. Tixä» entbehrt
'ehren' anknüpfen. Dann ergibt sich in der jeder Wahrscheinlichkeit. Die lon einigen
Tat eine plausible Erklärung des offenbar siihr versuchte Zusammenstellung der Titanen mit
alten (iSc'/iöma/m a. a, 0. p. 117 ff.) Götternamens. Tlxvö?, xlxvqos und weiter mit Tirlg, tttus ist
Mit Heranziehung von Hesych. xixrivt] • ßaßiXlg veranlaßt durch die späte Auffassung der Ti-
und xixa^- ivxi^og ?) Svvocötrig, ol dh ßaOLXsvg tanen als noianiodtis ^foi {Nicand. A>;toL fr. 4,
deuten iVe/ier-ßoÖPrf 'die Ehrwürdigen, ayaxraff, Hesych. 8 v. xixäv naiösQaaxrig), die sicherlich
mythische Könige der Urzeit' (vgl. Schol. Iliad. 20 von den Komikern durch obszöne Deutung des
14, 274 Ttxccv Ttagcc xb xix6g)\ ähnlich Gruppe, xixcclveiv aufgebracht worden ist. Während
Gr. Myth. 1, 421 Anm. 3. Bei Htsiod heißen Kaibel in dem Aufsatz Jcc-hxvIol 'lÖccloi, Nachr.
die Titaneu ayaüoi wie die Könige (theog. 632). d. Ges. d. Wiss. zu Göttingen lÜOl S. 488 ff. u.
Der Name Kreios bezeichnet den Herrschenden, Wilamoivitz, Eurip. Herakles 1* S. 81 Anm.
wie vielleicht auch Kronos (xpatvov?), wenn hier eine ernsthafte Möglichkeit sehen, erblickt
dies überhaupt ein griechisches Wort ist. Als Bücheier, Ärch. für Lexikographie 2 S. ö08 mit
der 'Ehrwürdige', der 'Herr' konnte auch Recht in dieser respektlosen Auslegung des
Helios Tlxccv heißen, ebenso wie Hyperion, Titanennamens nur ein Spiel des Witzes. Tl-
mit dem er ja im Grunde identisch ist. Daß xvog und xixvgog sind wohl richtiger zu xv
der Name ursprünglich diesem Gott allein ge- 30 'schwellen, groß sein' zu stellen {Gurt. Etym.
hört habe, ist schon deshalb nicht glaublich, S. 212); doch vgl. auch Preller-B. S. 234, wo
weil Helios nicht im Kult und überhaupt nicht an raus* ^i^yccg, noXvg {Hesych) erinnert wird,
vor der Kaiserzeit so genannt wird: Preller- und Gruppe, Gr. Myth. 2 S. 1018 Anm. 1
Bobert S. 48; Gruppe, Gr. Myth. 2, 1285 Anm. Kaibel stützt seine Auffassung der Titanen
8, wo 'Titan' bei Helios als 'Herrscher'' erklärt als phallischer Dämonen nicht nur auf ety-
und die Folgerung ilf. ilfayers, daß die ältesten mologische Gründe, aber die anSeren sind
Titanen Sonnengötter gewesen seien, abgewiesen ebensowenig stichhaltig; verfehlt ist schon der
wird (vgl. 1, 421 Anm. 3). Daß nicht selten Ausgangspunkt: die irrtümliche Beziehung der
ursprüngliche Gruppennamen später zur Be- Glosse des Etym. M. auf den Dämonen Kovi-
zeichnung Einzelner gebraucht wurden, zeigt 40 ffaXo? anstatt auf //laöJ 3, 13 ycovioaXog mqvvx'
an einer Reihe von Beispielen Wilamoivitz, öcaXlrjg. Phallische Züge treten bei den Titanen
Götting. Nachr. 1895 S. 231. Wenn ein Tixäv erst in der späteren Literatur auf und erklären
neben Kronos {Sibyll. 3, 110 u. a. Stellen bei sich teils aus der herabziehenden Tendenz der
Mayer, Gig. u. Tit. S. 72 Anm.) oder neben Komödie, teils aus der Verwechselung mit an-
Helios {Pausaß. 2, 11, 5) als deren Bruder er- deren Naturdämonen {Gruppe, Gr. Myth. 1
scheint, so ist diese Gestalt doch wohl aus dem S. 128.3 Anm. 5, S. 13D0 Anm. 2). Kaibel geht
Beinamen erwachsen. Ein wirklich alter Haupt- von den idäischen Daktylen aus, deren einer,
gott dieses Namens müßte mehr Spuren hinter- Tixiag, seinen Namen von titus (griech. rixog
lassen haben. Vgl. noch den Artikel Kronos ist nur erschlossen aus einer unsicheren Lesart
Bd. 2 Sp. 1469 nr. 11 und 1480 oben. — Ttr« 50 bei Hesych) = (puXlog haben mag. Mit diesen
(Eos, Hemera) ist wie Ttxavlg (Artemis) wohl haben aber die Titanen, und auch nur ein Teil
nachträglich erst als Feminmform aus dem derselben, die lapetiden, höchstens die Berg-
männlichen Namen gebildet worden. Von dem natur gemein (die Daktylen als Bergschmiede,
Titanennamen erst abgeleitet sind ferner Tl- mit den lemnischen Kabiren verwandt: Kaibel
Tccta (Schömann p. 118, Freller- Bobert 1 p. 44, 3), a. a. 0. S. 502). Der sonst so verdiente Gelehrte
Ti.xdviog Heros in Marathon, ein Gigant Tl- wandelt hier auf den Bahnen des antiken Syn-
rriviog, das Fest Tuccvlu, Tixavlg yfi = Attika; kretismus, dem Daktylen, Satyrn, Kureten usw.
TixccvlSsg kennt Hesiod noch nicht, sie sind in ein unterschiedsloses Chaos zusammenfallen,
zuerst aus J.Ä;wsi7rtOS bezeugt (ilf. Mayer S. 229); und treibt diese gefährliche Art der Mythen-
über 'kgxsiitg TLxrjvlg s. Gruppe, Gr. Myth. 2, 60 behandlung auf die Spitze (s. bes. S. 513!).
1286 Anm. 1 und 1276 Anm. 9; xixccviG^og bei Gegen die neuerdings auch sonst beliebte tJber-
Strabo {Pr.-Bob. S. 78 Anm. 5) = nccLaviöiiog treibung der phallischen Deutungen haben sich
mit Bezug auf Titan, Helios, ApoUon. — Die im allgemeinen Furtwängler und W. Wundt
von Miß Harrison, Proleg. to the study of Greek {Völkerpsych. Bd. 2 S. 405) mit Entschiedenheit
Belig. S. 494 versuchte Herleitung des Titanen- ausgesprochen , insbesondere gegen Kaibels
namens von xixavog, wonach er 'Erdgeborene' Erklärung der Titanen A. Bieterich (brieflich
{clayborn, earthborn like Adam) bedeuten soll, dem ünterz. gegenüber, doch ohne nähere Be-
ist schwerlich richtig. Wenn die Titanen als gründung.)
991 * Titanen Titanen 992
Bei der Frage nach dem Wesen der Ti- halten: HtsKui. theog. 163. ('hthonisch ist un-
tanen darf vor allen Dingen nicht außer acht zweifelhaft der nach den Titanen im Kampf
gelassen werden, daß diese keine homogene gegen Zens auftretende Typhon oder Typhoeus»
Gestaltenreihe sind. Eine Anzahl Götterwesen dessen Bedeutung für die kretische ur böotisch-
▼on verschiedener Art und Herkunft, die aller- euböische Sage Gruppe, Gr. Mifth. 2 S. 812
dings gewisse Züge, wie namentlich das Däm- betont; vgl. auch den Artikel Kronos Bd. 2
mergrau eines hohen Alters, gemeinsam haben, Sp.l466 unten. Die Erdnatur derlapetiden
finden wir von der systematisierenden Theo- glaubt Referent im Art. Prometheus uns. Lex,
logie der hesiodischen Dichtung in eine Gruppe erwiesen zu haben, lapetos, Gemahl der Erd-
znsam mengefaßt. Die Zwölfzahl ist eine will- lo göttin Themis, ist der Stammvater des Erden-
kilrliche Beschränkung nach dem Muster des volkes. Menoitios erinnert an den Unterwelts-
olympischen Götterkauons. Jedem der sechs hirten Menoites: 3/ Mayer, Gig. u. Tit. S. 97.
männlichen Titanen ist eine Gattin zugeordnet: Über den chthonischen Kronos handelt aus-
Okeanos und Tethys, Koios und Phoibe, Krios fiihrlich M. Mayer im betr. Art. d. Lex. Kap.
und Eurybie, Hyperion und Theia, lapetos und 14ff. 23. 27. 42. 66. 58a; vgl. Gruppe, Griech.
Themis, Kronos und Rheia. In der Aufzählung Myth. 1, 148 (Zeus x^^vt.og neben Kronos) und
Theog. v. 183—130 wird allerdings Eurybie 2, 1104. 1107, Auch Okeanos hat seine chtho-
nicht genannt (erst v. 375), dagegen Mnemosyne. nische Seite, wie der erdbebenerregende Po-
Bei Homer kommen nur vor: Okeanos und seidon: Gruppe a. a. 0. 2, 811 Anm. 5; 814.
Tethys, Kronos und Rhea, lapetos (neben Kro- 20 Es geht nicht an, das Chthonieche hier überall
nos lliad. 8, 477 — 488 als Vornehmste der im einer vorgefaßten Sonnentheorie zuliebe für
Tartaros Eingekerkerten) und Themis, letztere sekundär zu erklären. M. Mayer stützt seine
Göttin überall {Jiiad. 20,4; 15, 87; Od 2,68) Ansicht, daß Kronos im Kern Sonnen- oder
nur als Ordnerin, Heroldin der olympischen Himmelsgott sei, hauptsächlich auf das nach-
Götter. Es sind dies gewiß nicht zufällig ge- barliche Verhältnis mit Herakles und die or-
rade diejenigen, die auch sonst als die be- phische Gleichsetzung mit Kronos, p^esteht aber,
deutendsten erscheinen, so daß die andern weit daß die winterliche Natur desselben Kronos
fegen sie zurücktreten. Von diesen Geringeren {Theopomp, bei Plut. de Is. et üs. 65) sich da-
nden sich noch in den sog. homerischen Hymnen mit schwer vereinigen lasse (Art. Kronos Bd. 1
genannt: Koios in Apoll. 62, Hyperion (bei so Sp. 1498V Das Verschlingen des ^airvio? oder
Homer als Name oder Beiname des Helios) als Meteorsteins {ib. Kap. 44. 47) kommt mehr der
Titan (Vater des Helios) *n Ccrer. 26, vgl. Äynm. Erde als dem Himmel zu; das Ausspeien ist
31 (32), 4; Mnemosyne in Merc. 429. Von den nebensächlich. Wenn der phrygische Kronos
Kindern der Titanen erwähnt Homer einzelne, oder Akrisios {ih. Sp. 1530) vom Sonnendiskos
aber ohne» ihrer titanischen Abkunft zu ge- getroffen wird, so kann er ebendeshalb schwer-
denken; so auch den lapetiden Atlas {Schö- lieh Sonnengott sein. Daß manche Züge des
mann op. 2 p. 46V Er nennt die Titanen vno- Kronos auf Sonne oder Himmel hinweisen, läßt
ra^äQioi {lliad. 14, 279 O-fov? . . . tovg vno- sich nicht leugnen, doch scheint hier Ver-
raQTagiovg ol TirfjvEg xaX^ovrcci; vgl. Paußan. quickuug mit einer asiatischen Gottheit vor-
8, 37, 3) und ivBQXfQoi {ib. 15, 225), auch oi 40 zuliegen. Als cölestisch können außer üranos
JIvsq9£ b'sot Kqovov a/tqplg iovxtg (ib. 14, 274) und Aither, die noch über den Titanen stehen,
und deutet mit kurzen Worten auf den Kampf nur die geringeren Titanen Koios (verwandt
des Zeus gegen sie hin {ib. 15, 221 bis 225). mit xolXov, coelum?), Hyperion und Theia,
Hypnos verlangt sie für Heras Eid bei der Phoibe, aus dem weiteren Kreise Pallas, Perses,
Styx als Schwurzeugen {ib. 14, 271 ff.). Ob Astraios bezeichnet werden {M. Mayer, Gig.
unter OiiQaviavtg lliad. 5, 898 mit Welcher die n. Tit. S. 68). Soweit diese als im Tartaros
Titanen oder mit NägeUbach die olympischen befindlich gedacht werden, sind sie als ge-
Götter zu verstehen sind, bleibt fraglich; vgl. stürzte Zeupgegner dort, während für jene
Nägelsbach, Hom. Theol* S. 78. Gegen Wel- andern die Erdtiefe der eigentliche Wohnsitz
ckers Ansicht, die Verbannung in den Tartaros 50 gewesen sein muß, woraus eben die Sage von
sei nur eine Konsequenz des zur Erklärung einer Verbannung in oder unter die Erde leicht
der Wandlung in den Gottesvorstellungen er- entstehen konnte. Wir haben demnach
fandenen Mythus von älteren Göttern {Götter- in jenen chthonischen Gewalten die
lehre 1 S. 267), bemerkt M. Mayer S. 103 mit eigentlichen Titanen, die Urtitanen zu
Recht, dieser Aufenthalt im Tartaros sei viel- erkennen, worauf uns schon andere Erwä-
mehr das Wesentliche an dem ganzen home- gungen ebenfalls hinwiesen. Bestätigt wird
rischen Titanenmythus. dies auch durch eine Betrachtung der Namen.
Angesichts der Wichtigkeit gerade dieses Kronos, lapetos, Okeanos sind undurchsichtige
Zuges liegt die Frage nahe, ob die im Tar- Wörter, deren griechischer Form vielleicht vor-
taros wohnhaft gedachten Titanen nicht ur- 60 griechische Wurzeln zugrunde liegen; dagegen
sprünglich chthonische Wesen seien. Als sind Hyperion als Beiname des Sonnengottes,
Tix^vccg x^oviovg bezeichnet sie Hesiod. theog. Phoibe und Theia (Mondgöttin? Schömann,
697 schon vor der Erzählung ihres Sturzes. opusc. 2 p. 115), Eurybie, Mnemosyne durch-
In der Umgebung von Demeter und Köre er- sichtige Bildungen, auch Koios und Krios nicht
scheinen sie Apoll. JRhod. 4, 988 ; Pausan. 8, ohne Wahrscheinlichkeit aus griechischen Wur-
37, 3. Sie sind yriysvtlg {Antimach. fr. 42K) zeln herzuleiten {Preller - Robert 1 S. 46). Im
wie die Giganten. Fairig 4v xfv^^wvt werden Kult sind alle diese letzteren mit Ausnahme
die Kinder des üranos vom Vater zuruckge- der zu Eleutherai verehrten Mnemosyne gar
993 Titanen Titanen 994
nicht oder nur iti seltenen Spuren nachzuweisen: Zu der Gestalt des Krouos sind offenbar
M. Mayer, Giif. u. Tit. S. 6;{ff. Dagegen ist mehrere Götterwesen verwandter Art, aber ver-
für Kronoa Kult vielfach bezeugt (s. den betr. schiedener Herkunft zusammengellosaen, und
Art. und Schümann, opusc. 2 p. 116), ebenso so erklärt es sich auch, daß bald die chtho-
für Rheia (s. d.) und Themis (s. d.) und wenn nische, bald die solare Seite, die M. Mayer
nicht für deren Gatt<Mi lapetos, so doch reich- zu stark betont hat, mehr hervortritt. Den
lieh genug für dessen Sohn Prometheus (s. d.); semiti8ch-i)höniki8chen Einschlag unterschätzt
Okeanos und Tethys aber sind hochangesehene, dieser Forscher; hat doch sogar die etymolo-
allgemein anerkannte Gottheiten. gische Deutung als Baal Karnaim manches für
Sonach ist es wahrscheinlich, daß zu den lo sich {Assmann, Fhüologus 57, 1908 S. 161 ff.),
sechs 'großen' Titanen (Kronos, lapetos, Vgl. über den phönik. Kronos auch Gruppe,
Okeanos mit ihren Gattinnen) die andern (Koios Griech. Myth. 1 S. 253 und 4til Anm. 3 und 2
und Krios sowie Hyperion, Theia, Phoibe, Eu- S. 777/8; 1107 Anm. 1. Preller - liohert 1, 53.
rybie, Mnemosyne und Dione) erst später zur Aber gewiß ist Kronos nicht rein oder auch
Vervollständigung des Systems auf die Zahl nur vorwiegend semitisch. Die eigentliche
der olympischen (lötter hinzugefügt worden Stätte des Kronosdienstes und der Kronos-
sind (Vermutungen über die dabei mitspielen- mythen ist Kreta {Griq}pe 1 S. 247, 411. 2,
den spekulativen Ideen bei Schümann, opusc. "1 1106 Anm. 2). Hier war der geeignete Boden
p. 164). Von diesen Titanen zweiter Ord- für die Entstehung einer solchen Mischgestalt,
nu n g mag gelten, was (rrwppt, (7r. ilfi/^/j.l S. 421 20 Die Eteokreten waren nach Fick, Vorgriech.
Anm. 3 nicht von allen hätte sagen sollen, Or^swawe/^ (Göttingen 1Ü05) ein vorhellenisches,
daß ihre Namen aus veralteten Kultbezeich- mit den Pelasgern verwandtes Volk. Den Zeus
nungen der Götter gewonnen seien. Sie haben brachten diesen nach E. Fritzsche, Die Anfänge
deutlich etwas Abstraktes, keine plastische des HeUenentums die Südachäer, und so mag
Wesenheit, keine Mythen, keinen oder seltenen sich in dem Zusammentreffen auf Kreta die
Kult. Die stoische Doktrin bei Plutarch de Gegnerschaft des Kronos und Zeus ausgebildet
placit. philos. 1, ß 'Haio^og ßovXo^svog Toli ysv- haben. {Vgl Gruppe, Griech. Myth. 1, 411 ff.
vrirotg d'sotg nategag avGTi]öca sl6r]yays roiov- 2, 1105ff. ; Spuren einer kretischen Theogonie
xovg avTÖg y^wr^togag Kotov re Kgstov d-' mit 6 Titanen und 5 Titaniden [Theia fehlt]
TTtsgLovcc r' 'iciTfSTOv ts enthält, insofern sie 30 bei Diodor. 5, 65.) Diese Insel stand, wie
nicht die Titanengestalten selbst oder ihre Gruppe nachgewiesen hat, mit Ostböotien und
Namen als Erfindungen des Hesiod, sondern Euböa religionsgeschichtlich in lebhaftem Aus-
nur ihre genealogische Verknüpfung mit den tausch. Altböotisch waren die lapetiden:
olympischen Göttern als Dichtung hinstellen Gruppe, Gr. Myth. 1 S. 97, Art. Prometheus
will, immerhin eine Ahnung des Richtigen. Bd. 3 Sp. 3048. In Theben finden wir den
Bei Kronos und lapetos, die im Homer eng Prometheus in Verbindung mit den ebenfalls
verbunden auftreten, ist nun aber noch die chthonischen u. altböotischen {Gruppe 2, 1170,
Frage zu erörtern, ob sie nicht etwa fremden Anm. 1), vielleicht pelasgischen Kabiren, die
Ursprungs und somit der eigentliche Stamm auf einer Inschrift aus Imbros zugleich mit
des Titanengeschlechts ein ungriechisches Ge- 40 den Titanen angerufen werden: Osol usydXoi
wachs ist. Beide Namen lassen sich schwer . . . nal Kaouslls ava^ . . . Kolog Kgstog 'Ttis-
aus griechischen Wurzeln überzeugend erklären, gicov ElccTtstog Kgovog. In Theben feierte man
wenigstens hat noch keiner der Deutungsver- ein Fest Kgovtcc: Art. Kronos § 24; Kronos,
suche allgemeinere Zustimmung gefunden. Vater des lemnischen Hephaistos: ebenda Sp.
lapetos erinnert im Namen sowie in seiner 1463 f. Von böotischen Einflüssen auf Imbros
Rolle als Stammvater und in seiner Beziehung und Lemnos spricht Gruppe S. 225. Der Ti-
zur Flutsage sofort an den biblischen Japhet. tanenname Koios erinnert an Korjg oder Koirig,
Da er aber in der Völkertafel an der Spitze die Bezeichnung des Kabirenpriesters; vgl.
der westlichen Stämme, u. a. auch der lonier Tivg-z-oog {Schümann, opusc. 2 p. 106). Über
(lavan) steht, so ist jedenfalls die Annahme, 50 Prometheus und andere Titanen in Böotien
daß die Semiten einen ihnen von Griechenland handelt ausführlich Gruppe, Gr Myth. 1 S. 415
her bekannt gewordenen Namen umformten, Anm. 2 und S. 414 ff.; vgl. S. 58 ff., wo die Be-
weit wahrscheinlicher als die umgekehrte (vgl. Ziehungen zu Kreta erörtert werden; S. 411:
den Artikel lapetos und Gruppe, Gr. Myth. 1 „Die .Sage von der Geburt des Zeus und
S. 96), zumal das Wort sich auch aus dem der Überwindung der Titanen, die Namen
Semitischen bisher nicht befriedigend hat er- der letzteren, sofern sie nicht bloße Abstrak-
klären lassen {Schümann, opusc. 2 p. 270 not. 8). tionen sind, gehören zu den ältesten Schichten
Die vom Unterz. im Artikel Prometheus vor- der religiösen Vorstellungen bei den Griechen,
gelegten Untersuchungen weisen den lapetos den kretischen und den mittelgriechischen."
uud sein Geschlecht den Pelasgern zu, also 60 Kretisch sind Okeanos, Kronos und Zeus, Leto
einer, wie jetzt wohl allgemein zugestanden und Asteria, Perseus, Perseis u. Perses (S. 252),
wird, vorhellenischen Bevölkerung Griechen- wohl auch sein Bruder Pallas und sein Vater
lands und der Inseln. Von einem pelasgischen Kreios. S. 412: „Erst in den von Kreta aus
Kronos handelt der betr. Artikel Sp. 1535—38. beeinflußten mittelgriechischen Koloniestaaten
Einer Griechenland und Kleinasien gemein- ist aus den dort erweiterten u. umgestalteten
samen vorgriechischen Bevölkerung teilt auch altkretischen Kultlegenden der Kern der spä-
Kretschmer, Einl. in d. griech. Sprache S. 496 teren (theogonischen) Göttersage geschaffen
<iie Titanen zu. worden.'' Hier erzählte man von Perseus, von
995 Titanen Titanen 996
Pallas' (Pallene auf EubCa) Gemahlin Styx nur vereinzelt lokalisiert, und zwar handelt
und von Kreios, Aigaion, Phorkys, 1 hemis, es sich um autochthoue Heroen, Urväter der
Elektra und Atlas, wohl auch von den in Stumme, die als erdgeborcne, riesige, halb-
Messenien und Kos bezeugten Titanen Hype- göttliche Wesen, mithin als Titanen im wei-
rion und Koio». „Atlas und sein Mythenkreis teren Sinne angesehen wurden. So in Phliu»
waren bei Tanagra lokalisiert. Auch Asope, (3f. 3/ay^r S. 72 Anm. u. S. IUI), Argos {Apoll.
die Gemahlin des lapetos, Mutter des Atlas 2, 8, 68; PreUer-F. 1 S. 46) und Arkadien (3/.
und Prometheus, weist wahrscheinlich auf die Mayer S. 84). Ob die Titanen Koios, Eleklra
boiotische Asoposlandschaft, mit der auch Pro- und Krios, die uns als Eponymen peloponne-
metheus(Itha8) mannigfach verknüpft erscheint" lo sischer Flüsse entgegentreten {inixmgioi ijQtofg:
(Gruppe a. a. 0. 1 8. 416 Anm. 2 und 419; Pausan. 4, 33, 6; ein Kq^Tov ögog in Argoa;
1107 Anm. 1 ; über den kabirischen Prometheus s. den Art. Koios), dort ihre Heimat haben
1 S. 417 mit Anm 2 und 2 S. 13U8, wozu Art. und erst von da aus zu allgemeinerer Geltung
Prometheus Bd. 3 Sp. 3040 zu vergleichen). gelangt sind oder vielmehr weit bekannte Na-
Mnemosyne wurde in Eleutherai an der attisch- men alter Katurgötter jenen Flüssen beigelegt
boiotischen Grenze verehrt (Hes. theog. 54; Kult worden sind, wird sich nicht mehr entscheiden,
derselben in Attika: Schol Oed. Coh 100). Die lassen; M. Mayer S. 69 f. sieht in diesen Ge-
ostböotischen Heiligtümer hatten ihre Filialen stalten vordoribche, altachäische Gottheiten,
in Wcstboiotien, Lokris und Phokis. In Lokris oder Heroen. Autochthone Heroen sind Any-
finden wir Atlas und Menoitios wieder, Pro- 20 tos in Lykosura {Pavsan. 8. 73, 3), Buphagos,^
metheus und sein Sohn Deukalion gehören der Sohn des lapetos, in Arkadien (ih. 27, 17), der
lokriscb-phokischen Sage an, Hesione ist viel- 'Titan', Bruder des Helios, ein Berggott und
leicht die Stadtgöttin von Opus {Gruppe, Gr. Schützer des Wachstums zu Tirdvcc zwischen
Mylh. 1 S. 96; Prtihr-Pobtrt 1 S. 46; Artikel Sikyon und Korinth: Paus. 2, 11, 6. Über Ti-
lapetos Bd. 3 Sp. 67; der doppelte Stamm- tanen in Sizilien s. den Artikel Kronos § 25.
bäum des opuntisch-lokrischen Herrscherhauses Bloße Ortsheroen sind ofiFenbar auch die klein-
bei Pifidar, Ol. 9, 56 ff.). Sind die einzelnen asiatischen Titanen, welche außer Kronos und
Gestalten dieses Kreises meist ursprünglich Rheia gelegentlich penannt werden: /SVfjoÄ. 5^^r
euböisch-böotisch, bo geschah die genealogische s.v. "Aöava- ^oxt di 6 'kdai/os Fi^g xal O^gcc-
und epische Zusammenfassung auf opuntisch- 30 vov Tra/'g, xai "Oarccnos {Mayer küra-nog, Bergk
Büdthessalischem Gebiet (lolkos, Phthia). Die "OetaGog) xal Zävdr,g xal Kgovog xal 'Pia xal
Gottheiten der von den Anwohnern des Mali- 'la-nttog xal "OXv^ßgog {Salmas. OXv^L-nog)', da-
schen Meerbusens zurückgedrängten Euböer zu Xanthos und i3alio8: Biador < p. Eustath.
und Böoter wurden zu Gegnern der siegreichen ad Iliad. 19 p. 1190, A.skos mit seinem Sohn
olympischen Götter {Gruppe a. a. 0. 1 S. 417). Damaskos: Eudocia p. 396. Über Titanen in.
Die Titanomachie verdankt ihre Ausbildung Bithynien: Mayer S. 40 und 6*2. Soweit sonst
offenbar Thessalien. Hier verbanden sich Er- Titanenkult in Kleinasien vorkommt, wird er
innerungen an alte Erdrevolutionen (s. über auf synkretistischem Zusammenhang mit dem
das Pelorienfest PreUer-Rob. 1 S. 53, Mayer, Kult der großen Mutter Rheia beruhen.
Tit. u. Gig. S. 131f.; über (ie Bedeutung der 40 Über die Titanomachie oder den Krieg
Erdbeben für die mythenbildende Phantasie der Titanen gegen Zeus (von Homer nur ganz
Gruppe, Gr. Myth. 2, 814) mit den von Böotien kurz angedeutet, IJiad. 15, 224) haben wir den;
her aufgenommenen Riesensagen. Feuergöttern ausführlichsten und wichtigsten Bericht in der
und Berggöttern, die dem von Dodona einge- hesiodischen Theogonie. Schon v. 113 u. 392
wandelten Zeus den '! hron einräumen mußten. wird auf diesen Kampf hingedeutet. Die an
(Über die pelasgische Urbevölkerung Thessa- v. 531 anschließende Erzählung (eingeschaltet
liens, die Einwanderung von Epirus, Bezie- ist die Prometheusepisode v. 532— Gl(i) zerfällt
bungen zu Kreta vgl. O. Kein, Neue Jahrb. 7 in zwei Teile.- die Befreiung der Hekaton-
1904 S. 13 ff.) Die Titanen kämpfen vom cheiren v. 617—663 und die Entscheidungs-
Othrys aus gegen die den Olymp verteidigen- .5o schlacht v. 664—719. Ein Anhang, v. 729 bis
den Götter: Hes. theog. 632f. Das Nähete über 735, berichtet über die Bestellung derHundert-
die Sage vom Titanenkriege s. unten. — Der händigen zu Wächtern des Tartarus. — Gaia
delphische Titanenkult (Artikel Kronos Bd. 2 gebar dem Uranos zuerst 6 Söhne u. 6 Töchter.
Sp. 1523) dürfte mit kretischen Einflüssen zu- Die Namen der einzelnen werden v. 133 ff. ge-
sammenhängen. — In Attika finden wir kul- nannt, der Gesamtname Titanen erst später
tische Verehrung des Kronos und des Prome- (v. 207) angegeben und aus ihren Taten erklärt,
theus. Wie der letztere im betr. Art. unseres Nach ihnen erzeugte Uranos mit der Gaia noch
Lesikons den Pelasgem zugewiesen wird, so die Kyklopen und Hekatoncheiren. Der Vater
vermutet M. Mayer in dem attischen Kronos verbarg aber alle Kinder, die er von Gaia hatte
ebenfalls eine pelasgische Gottheit (Art. Kronos 60 (oder nach Schömanns Lesart in v. 156 \tov-
Bd. 1 Sp. 1535 nr. 58a: das Kronosfest ein Fest tcov filv für xal xatv puv] nur die schreeklieh-
der unterworfenen Urbewohner wie die thes- sten, d. h. die Hekatoncheiren), sobald eins
salischen HsZcbpfa; vgl. Sp. 1537 oben und geboren war, wieder im Schoß der Mutter und
Gruppe 1 S, 32). Der Kult des Kronos und ließ sie nicht ans Licht herauf. Die dadurch
der Rheia neben Zeus Chthonios zu Olympia bedrängte Erde forderte nun ihre Kinder auf,
weist auf altkretische Ansiedelungen: Gruppe die ihr angetane Schmach am Vater zu rächen,
1 S. 142, 148; Preller- Bob. 1, 51, 55 Anm. 2. und Kronos entmannte ihn mit der Sichel.
Im übrigen Griechenland finden sich Titanen (Nach ApoUodor 1, 1 griffen alle Titanen außer
997 Titanen Titanen 998
Okeanos den Uranos an.) Wie Kronos frei- Furgat. 12, 26 IF.) als GegDer der olympischen
kam und ob die andern EingeschlosRenen durch Götter auftritt. Daß jene Stellung die ur-
ihn befreit wurden, sagt llesiod nicht Nach sprüngliche ist, hat Referent in der Abhandl.
Apollodor sind nur die Kyklopen und Heka- Promethais (Progr. d. (lymn. zu Oldenburg \S*J&
toncheiren (nur diese auch in der orphischtv S. 29 Anm. u. S. 86 Anm. 12, 13) gezeigt, in-
llicogonie: ISchimariv, opusc. 2 p. 18) Ton dem er in den Hundorthändigen die Wasser-
Uranos gefesselt und in den Tartaros gewor- diimonen der Brandung und natürlichen Gegner
fen worden; dann wurden sie von Kronos, der der titanischen Erdgewalten nachwies,*) Vgl.
mit den andern Titanen erst nach jenen er- ScÄöw/awn a a.O, p, 96 (über den Namen y//yaicov)
/engt war, erlöst, aber von diesem nochmals lo sowie Prellcr-li. 1 S. 4'J, M. Mayer, Tit. uvd
eingekerkert, bis Zeus sie wieder in Freiheit Gig. S. 123 u. 128 und Art. Prometheus Bd. 3
setzte. Daß Kronos die von ihm Befreiten so- Sp. 3040 Z. 44 ff.
gleich wieder eins]»tTrt, ist sonderbar. Mayer Somit beging J/estod keineswegs eine ,,8inn-
S. 230 fetzt diese „Ungeschicklichkeit" auf die widrige Verschiebung der Parteien", wie M.
Heclinung des unbekannten Redaktors, dem Mayer ihm vorwirft, der freilich den Titanen-
Apollddor folgt. Wenn Friederühs, Die Be- begriff auch auf die Kyklopen und Hekaton-
(leuiuvg der TiUtiiowachie für die Theogotiic cheiren ausdehnen möchte {Gig. u. Tit. S. 134)
Hisitdx, Progr. des Gymv. zu liostock 1907, — Was die übrigen Teilnehmer am Kampfe
meint, Hesiod habe genau derselben Auffassung betrifft, so wird auf der Seite der olympischen
Ausdruck geben wollen, so geht er von der 20 Götter nur Zeus genannt, und dieser hält sich
Annahme au.s, daß in v. 617 unter TTccrr'iQ Kro- merkwürdig zurück. Friederichs a. a. 0. S. 8f.
nos zu verstehen sei. Diese Ansicht billigt und ähnlich schon Schömavn, Die hesiodische
sein Rezensent Fw. Bruhn {Monatsschr. f. höh. Theog. S. 225 erklären dies ansprechend aus
Schulen 7, 5 S. 245), wä,hrend Seh ömann 2i.&.0. einer Scheu des frommen Dichters, den Zeus
p. 99 not. 13 sich für Uranos erklärt. Bei der selbst am eigenen Vater die Strafe vollziehen
Unklarheit der hesiodeischen Darstellung, die zu lassen; ebendeshalb seien die Hundert-
aus verschiedenen Überlieferungen kombiniert händer so in den Vordergrund gerückt. Des
scheint, ist hier keine sichere Entscheidung Zeus Eingreifen, so großartig es geschildert
zu treffen, doch scheint wenigstens Apollodor ist, hat nur die Wirkung, daß die Titanen
unter -jTccttjQ v. 502 den Kronos verstanden und 30 durch die Blitze geblendet und verwirrt wer-
deehalb eine erneute Fesselung der Uraniden den, worauf die Hekatoncheiren leicht die
durch diesen angenommen zu haben. Hesiod Oberhand gewinnen. (Dagegen zerschmettert
redet hier nur von den Kyklopen, wie die folgen- Batrachcm. 282 Zeus die Titanen mit dem
den Verse zeigen ; wahrscheinlich sind aber die Blitz.) Diese Auffassung des Zeus als des
Hekatoncheiren mitzuverstehen, da ja auch diese reinen Vertreters der Idee des Guten und der
von Zeus erlöst werden. In der ursprünglichen heiligen Ordnung entspricht der auch sonst in
Sage wird, wie Schömann mit Grund vermutet, der Theogonie herrschenden nud zeugt somit
die Tat des Kronos nicht die Befreiung der dafür, daß die Titanomachie dem ursprüng-
Erdsöhne zur Absicht gehabt haben, sondern liehen Plan des Gedichts angehört und nicht,
nur die Hinderung weiterer Zeugungen des 40 wie der größte Teil der Piometheusepisode,
Uranos. Waren also von diesem auch die Ti- spättr eingeschoben ist. — Die Zahl der gegen
tanen eingekerkert, so wurden diese mit Kronos Zeus kämpfenden Titanen nennt Hesiod eben-
frei, die Kyklopen und Hekatoncheiren aber sowenig wie ihre Kamen. Wenn v. 676 (vgl.
erst durch Zeus. — Auch der Bericht über die 667) von cpälayyi? die Rede ist, so ist wohl
Titanomachie ist nicht ohne Widersprüche und an Scharen untergeordneter Götterwesen zu
Lücken. Die Dauer des Krieges wird v. 635 f. denken, die als Xccol den Vorkämpfern folgen,
auf 10 Jahre*) angegeben (so auch Apollodor Von den Titanen können Themis und Mnemo-
1, 2, 1), wobei indes wohl die Erinnerung an syne als Gattinnen des Zeus, Rheia als Feindin
den Trojanischen Krieg maßgebend war; die df s Kronos nicht an der Empörung teilgenom-
teilweise Wiederholung von v. 629 in 685 macht 50 men haben. Okeanos und Tethys wohnen bei
die ganze Angabe der Interpolation verdächtig. Homer auf der Erde, nicht mit den bestraften
Vom Anlaß und Beginn des Kampfes wird Empörern im Tartarus, und ihre Tochter Styx
nichts gesagt; erst viel später erfahren wir steht nach v. 398 (cpiXov dicc ^rjdfo; Ttatgog) auf
(v. 882), daß ti^qI n^äcov gestritten worden sei. der Seite des Zeus. Okeanos ist überdies als
Die Erzählung beginnt mit der Befreiung der Meergott, wie Poseidon und die Hekatoncheiren,
Hekatoncheiren, die von Zeus wie die Kyklopen ein natürlicher Gegner der Titanen (s. oben
als Helfer gewonnen werden. Auffällig ht die Sp. 998, 2—12). Alle diese Gottheiten konnten
große Rolle, die bei Hesiod den 3 Hundert- auch unter dem Regiment des Zeus noch Amt
händigen zugewiesen ist. Homer kennt nur
einen solchen Riesen, den Briareos, und auch 60 *) i^ meiner Monographie „Die Zahi .50 in Mythus,
er ist Helfer des Zeus {Iliad. A 402 ff.), während Kultus, Epos und Taktik der Hellenen und anderer Völker,
er in der KykUschen Titanomachie (und heiVergil besonders der Semiten'', Leipzig 1916, s. 27 ff., habe ich Yer-
Aen. 10, 565 ff. — vgl. 6.287 — Ovid. FaSt.^., 8Ö5, sucht zu beweisen, daß die Vorstellang von öOköpfigen
Clandian de raptU Proserp. 3, 188 Briareia ^^»^ 100 armigen Meeresriesen (Hekatoncheiren) ein-
turba, Stat. Theb. 2, 565ft. und danach Danie ^^^ /"\'^r ^''' t^^''f^ ^^"" (Aigaion!) beherrschen-
' den furchtbaren Fünfzigrudern, die als gewaltige
*) Vgl. Röscher, Die enneadischen und hebdomadi sehen Meerungeheuer aufgefaßt und mit „Augen", einem als
Fristen u. Wochen d. alt. Griechen S. 9 und Preller - Robert Tierkopf gebildeten Rammsporn usw. ausgestattet
Gr. Myih. 1, 57, die hier 10 Ennaeteriden annehmen. wurden, erwachsen ist. [Röscher.]
999 Titanen Titanen 1000
und Bedeatung haben, während Koios, Phoibe, handelte sicli darum, ob Kronos den Tliron be-
Hyperion, Theia verdrängt werden mußten halten oder Zeus an seiner Stelle herrschen
durch die jüngeren HimmeUpotenzen (Helios, solle. Themis und ihr Sohn Prometheus halten
Selene) und Kreios vielleicht durch Poseidon. zum Zeus, und der Titan, welcher seine Hrüder
Dietie letzteren sowie lapetos und die Seinigen vergeblich vom Kampf abzumahnen gesucht,
sind neben Kronos die eigentlichen Gegner rühmt sich (v. 219): ifiaig 6s ßovXatg Tagragov
des Zeus {J*reller-E. 1 S. 47 unten). Von dem fisXafißad'ijs xsvd'^utv tiaXvnrsi rov ncclaiysv^
lapetiden Mem>itio8 {Hesiod. theog. 6 14 f.) be- Kqovov ccvtoCai av^ifiocxolai. Im Befreiten Pro-
zeugt die Teilnahme am Titanenkampfe Apol- metheus bilden die Titanen den Chor. Sie sind
hdor 1, 2, 2; dies muß auch für die andern lo aus dem Tartaros entlassen und kommen, die
lapetiden außer Prometheus gelten; M. Mayer Leiden des Feuerbringers anzuschauen. —
S. 231. Das Schol. Venet. 24, 274 nennt aus- Äpollodor folgt im wesentlichen dem Hesiod
drücklich Coeus, Crius, Hyperion, Saturn us, {M. Mayer, 2 it. u. Giy. 229 ff. und Art. Gaia
lapetus als Gegner des Zeus. Vgl. noch Serv. Bd. 2 Sp. 1668: oben Sp. 997). Er nennt außer
ad Aen.6, 580: untis de Titanibus, Hyperionüi dessen 12 Titaneu aber nach orphischem Vor-
fiUu8f contra lovetn non fecit, unde et coelum gang noch die Dione. Die Dauer des Krieges
meruit (Art. Helios Bd. 2 Sp. 2016; Mythogr. gibt auch er auf 1(> .lahre an, erzählt aber
Vat. 1, 11). Hesiifd gibt auch, wo er die Be- nichts Näheres. — Hygin. fah. 150 und Schol.
strafung der Titanen erzählt, keine Namen: Iliad. 15, 229 lassen den Titanenkampf erst
ob das Los des Atlas als Strafe gedacht ist äo beginnen, als Zeus schon länger im Besitz der
(v. 746 ff.), bleibt unklar, doch bemerkt M. Herrschaft gewesen; es handelt sich also um
Mayer f Gig u. Tit. S. 97 Anm. 112: „Es fehlt eine Empörung. V^ielleicht liegt hier eine Ver-
nicht an Versionen, die sogar den weisen Atlas wechslung mit den Giganten vor. ITber Hygins
an dem Kampf teilnehmen lassen", und S. 90: Verhältnis zu Hesiod vgl. Art. Kronos Bd. 2
„Atlas trägt anscheinend bei Aeschylus (v. 351. Sp. 1469, 12. Bei Hygin. fah. 150 reizt Hera
427), wahrscheinlich schon bei Emnelos, der die Titanen gegen Zeus. Die Vermischung
den Hesperidenbaum in der Titanomachie er- von Titanen- und Gigantenkampf findet sich
wähnt, seine Last zur Strafe für den Titanen- auch bei Ovid, Fast. 3, 796 ff. {Mayer, Gig. u.
kämpf, in dem er nach Hyg fah. 140 u. Myth. lit. S, 233).
Vat. 2, 53 sogar der Anführer gewesen sein so Während die Sage vom Kampf der Titanen
soll. Auch Pmdar P. 4, 288 versteht die Last mit den olympischen Göttern bereits bei Homer
als Strafe; verschieden deutbar ist Quint. als bekannt vorausgesetzt wird, gehen unsere
Smyni. 11, 419." Zeugnisse für die Gigantomachie kaum über
Eine dem Thamyris zugeschriebene Titano- das sechste Jahrhundert zurück {M. Mayer,
machie zitiert Plutarch de musica c. 3 aus Gig. u. Tit. S. 161). Die Theogonie hat keine
Herachdes Ponttcus; eine TiravoYQoccpioc (wohl Gigantenschlacht, und auch in den Resten der
irrtümlich statt . . . ficcxioc) des Musaios Schol. andern hesiodischen Gedichte ist keine Spur
Apoll. Rhod. 3, 1179; derselbe Dichter soll in davon nachzuweisen. 0. Müller hielt diesen
der Theogonie., deren 3. Buch vielleicht mit jener Mythus für attischen Ursprungs und das attische
Titanengeschichte identisch ist {Gruppe, Gr. 40 Pallene für den Anknüpfungspunkt (vgl. Robert
Myth. 1 S. 429, Robert, Eratosth. p. 240 f.), von zu Preller 1 S. 75 f). Die hervorragende ße-
Zeus' Vermählung mit den Titaniden Asteria teiligung des Herakles weist jedenfalls auf
und Mnemosyne erzählt haben {Schol. Apoll. 3, 1 eine relativ junge Entstehungszeit. Wenn also
und 1039, 3, 467). Aus Musaios stammen wohl eine der beiden Götterschlachten Nachahmung
auch die Züge: Rheia von den Titanen be- der andern sein sollte, so ist die Wahrschein-
drängt: Erat. Katast. p. 102,3 {Robert), Schol. lichkeit entschieden für die Priorität des Ti-
Hom. 0. 229 {Mayer S. 1.50); Titanenkampf tanenkampfes. Die Möglichkeit, daß die Gigan-
auf Kreta: Eratosth. a. a. 0. — In den orphi- tomachie nur eine Nachbildung der Titano-
schen Theogonien scheint der Titanenkampf machie gewesen sei, gibt auch 31. Mayer a.
nicht vorgekommen zu sein {Schömann, opusc. 50 a. 0. zu. Demnach erscheint der Kampf gegen
2 p. 19). Ob der Methymnäer TeUsis eine Ti- die olympischen Götter als ein wesentlicher
tanomachie oder eine Gigantomachie geschrie- Bestandteil der Titanen-, nicht der Giganten-
ben, läßt das verstümmelte Zitat der Tabula sage (bei der gerade dieser Zug in den ältesten
Borghese Schömann a. a. O. p. 22) nicht er- Überlieferungen zurücktritt: Gruppe, Griech.
kennen. Das Wenige, was wir über die Ky- Myth. 1 S. 434), und ebenso der damit durch
klische Titanomachie des Arktinos oder Eumelos den Mythus in ursächliche Verbindung gesetzte
wissen oder vermuten können, hat Welcher im Aufenthalt im Tartarus. Kommt dieser VVohn-
Epischen Kyklos zusammengestellt. (Jenannt sitz, wie Mayer versichert, außer den Giganten
waren hier Helios, Uranos (als Sohn des Äthers), nur den im Erdinnern waltenden Naturkräften
Aigaion (auf der Seite der Titanen, s. oben), 60 zu, so ist ebendaraus schon zu schließen, daß
vielleicht Cheiron und Prometheus (als IthasV solche Mächte wenigstens in einigen der Ti-
S. den Art. Prom. Bd. 3 Sp. 3034) nebst seiner tanen verkörpert sind. Wie die Giganten
Gemahlin Hesione. Vgl. den Art. Kronos Bd. 2 deutlich in Beziehung zu vulkanischen Aus-
Sp. 1455 oben. — Diesem Kyklischen Dichter brüchen und Erderschütterungen stehen (s. den
folgte in allen Hauptumständen des Titanen- Art. Giganten Bd. 1 Sp. 1652), so sind auch
'ka.m])fes,vrie Welcker darlegt., Aeschyl US. Den diese aufrührerischen Titanen Unterweltsdä-
Anlaß des Streits finden wir im Prom. vinct. monen {H. D. Müller, Ares S. 64). Als ein
201 ff. genauer als bei Hesiod angegeben. Es ähnliches Wesen wird auch Typhoeus in der
1001
Titanen
Titanen
1002
'J'hnt'ioHie 822 aus dem Tartarus ^ehornii und
bei Pindar in den Tartarus hinabgestürzt
{Mayer a. a. 0. S. 10;}). Die Strafe der Titanen
ist im Grunde keine andere und ebenso zu
erklären wie die der Giji^anten und anderer
Dämonen des Erdfeuers und Erdbebens, welche
unter Vulkane und sonstige Berge geworfen
werden. Wie Enkelados, l3riareos, Typhoeus
unter dem Ätna, so liegt lapetos unter Inarime:
(huppt', Gr. Myth. 1 S. 434 Anm. 2. llimmels-
und Sonnengötter konnten gewiß nicht ur-
sprünglich als Empörer u. Unterweltsbewohner
gedacht werden; vielmehr erst, nachdem sie
aus andern Gründen (als entthronte „Herrscher'')
iin die echten Titanen angeschlossen waren,
wurden sie Mitschuldige und Mitgefangene.
Der chthonische Kronos und die lapetiden sind
Erdgewalteu, und die Titanomachie trägt deut-
lich die Züge einer (vulkanischen) Erdbeben-
katastrophe. Gerade in vulkanischen Gegenden
wurde viel von Titanen erzählt {M. Mayer, Gig.
und Tit. S. 108 118. 131 f.). Der Name Mie
Ehrwürdigen' konnte auch uralte Götter wesen
wie Okeanos und Tethys, die bei Homer noch
für sich stehen {Preller- Robert 1* S. 32 Z. 9 f.), ja
selbst vor dem Glanz der Olympischen ver-
blaßte Himmelsmächte unter sich befassen.
Immer aber hat sich mit dem Titauennaraen
die Vorstellung alter Götter {Gruppe, Griech.
Myth. 1 S. 435 mit Anm. 7) und des himmels-
teindlichen Trotzes verbunden erhalten, offen-
bar a potiori, ausgehend von dem Gedanken
an jene unbändigen Gewalten des Erdinnern.
(Vgl. Preller -Robert S. 47 unten u. 48 oben
mit Anm. 1.) Die Kyklopen und die Hekatonchei-
ren (letztere offenbar poseidonische Wesen), in
denen M. Mayer (a. a. 0. S. 104) die eigent-
lichen Titanen erblickt, sind nie, der Sonnengott
erst spät so genannt worden. Eine Erklärung
der Titauen, welche ohne Zwang der Tradition
möglichst nahe bleibt, wird einer solchen, wenn
auch noch so geistvollen, Neudichtung des
Mythus gegenüber den Vorzug verdienen. Sie
muß es entschieden ablehnen, daß „alles, was
an dem homerischen Titanenmythus alt, echt
und greifbar erscheine, auf Riesen- oder Gi-
gantengeschlechter hinauslaufe" {Mayer a.
a. 0. S. 132). Sind auch jene alten Götter, die
Titanen, „als Gesamtheit nirgends zu fassen",
80 sind doch ein guter Teil von ihnen greif-
bare, sogar im Kult nachweisbare Gestalten
mit verwandteu Zügen und von den Giganten,
mit denen sie später viel verwechselt werden,
ursprünglich deutlich unterschieden. (Die Bei-
spiele dieser Verwechslung stellt M. Mayer
S. 145 Anm. 211 zusammen.) — Ebensowenig
wie der Auffassung Mayers vermag der Unter-
zeichnete, wie aus den obigen Darlegungen
schon zur Genüge hervorgeht, der Theorie
Welckers {Götterl. 1, 272) beizupflichten, dem
die Titanen als „ausgesonnene Potenzen" gelten,
oder der bei Preller -Robert 1 S. 43 a. E. aus-
gesprochenen Ansicht, daß Uranos und Kronos
erst aus Zeus abstrahiert seien. Wenn auch
Nägelsbach, Hom. Theol. 2 S. 77 u. Nachhom.
Theol. S. 101 glaubt, die systematisierende
Theologie erst habe „eine ältere, die Olympier
erklärende Götterwelt von diesen rückwärts"
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V.
geschaff'^n (allerdings, gibt N. zu, nicht ohne
Hinzunahme vorhandener Namen und uralter
Kulte!), 80 ist diese Annahme jedenfalls auf
das oben Festgestellte einzuschränken.
Spätere Weiterbi Idiingen des Tita-
nenmythus. „Von Hesiod an bis ins dritte
Jahrhundert hört man wenig von den Titanen"
(Art. Kronos). ,,Ein Sprung über viele Jahr-
hunderte führt zu künstlichen Nach- u. Weiter-
10 bildungen" {Mayer S. 14*.)). Diese beruhen teils
auf der Verquickung mit orphischen Vorstel-
lungen, teils auf synkretistischer Verwechslung
der Titanen mit andern mythischen Wesen.
Mit den Satyrn werden die Titanen, insofern
sie auch ungebändigte Naturkräfte sind, zu-
sammengeworfen, wenn sie, wohl infolge von
Erfindungen der Komödie {Kratinos? vgl. Mayer
S. 239 Anm. 201) als Ttgiccnoi^BL? gelten und
Priapos als einer der Ihrigen bezeichnet wird:
20 Luc. de Salt. 21 und 79; vgl. Plut. Num. 15.
Auch der Kult der Kybele und ihre Gleich-
setzung mit Hheia war hier von Einfluß {Gruppe
2, 1285 Anm. 8). In dem allgemeinen Gewirr
von Satyrn, Kureten, Korybanten, Kabiren,
Teichinen, Daktylen usw. erscheinen die Ti-
tanen außer mit Panen und Paliken (Artikel
Kronos Bd. 2 Sp. 1479/80, 1487/^8; Gruppe,
Griech. Myth. 2, 1390 Anm. 2) und den ihnen
allerdings wesensverwandten Kabiren (Artikel
30 Kronos Bd. 2 Sp. 1463 f. ; Preller- Robert 1 S. 858
Anm. 4, S. 859 mit Anm. 8) auch mit den Ku-
reten vereinigt. Nach Diodor zeugte ein Kuret
mit Titaia (s. d.) zusammen die Titanen {Gruppe,
Gr. Myth. l, 58 f.) „Die Kreter", sagt Diodor,
„behaupten, daß die Titanen zur Zeit der
Kureten geboren wurden und sich in der Ge-
gend von Knossos ansiedelten, wo noch ein
Haus der Rhea gezeigt werde." Statt der
Kureten werden auch die Titanen als Mörder
40 des Epaphos genannt: Mayer S. 150. Die
orphischen Titanen werden von Diodor 3, 62
als yr]y£v8tg, von Varro {Serv.ad Georg. 1, 166)
und Späteren {Lob. Ägl. 710. 132) als Giganten
bezeichnet. Sie sollen in Patrai dem Dion^ysos-
kind nachgestellt haben {Paus. 7, 18, 3). Über
die Zerreißung des Zagreus durch die Titanen
bemerkt Wüamowitz, Eur. Her. 1^ S. 60: „Es
ist eine orphische Dichtung, die man sich hüten
muß über das pisistratische Zeitalter hinauf
50 zu datieren, und in den Kultus hat sie nicht
einmal zu Eleusis zu irgendwie berücksichti-
genswerter Zeit Eingang gefunden." Vgl.
Pausan. 8, 37, 5, wonach Onomakritos die Ti-
tanen zu den eigentlichen Tätern bei den Leiden
des Dionysos machte (In der Legende von
Thessaloaike erschlagen zwei Kabiren den
dritten, Dionysos: Kaibel, Nachr. d. Gott. Ges.
d. Wiss. 1901 S. 513.) Alt ist nur der Kern:
die ''Tötung des Vegetationsgottes und sein
60 Wiederlebendigwerden. Diesen Mythus behan-
delt lichtvoll L. V. Schröder, Die Vollendung d.
arischen Mysteriums in Bayreuth, S. 60 ff., bes.
Anm. 71. In die pisistratische Zeit setzt auch
Gruppe {Gr. Myth. 1 S. 430 Anm. 2) die jün-
gere orphische Theogonie. Nach dieser zeugt
auf Kreta Zeus mit Persephone den Dionysos
(Zagreus). „Er empfängt von Zeus die Welt-
herrschaft, wird aber trotz der Bewachung
33
1003 Titanen Titanen 1004
durch Apollon und dieKuretcn noch als kleines Altert." 1916, Bd. 37, S. 649— 694 die Abhand-
Kind von den 7 Titanen (die nach Damasc. 1, lunjir „Kronos und die Titanen" von Max Poh-
286j R. von Zeus erzeugt sind) zerrissen und letus. P. hält es, wie ich, für wahrscheinlich,,
gekocht ifragm. 192 ff. Ahel\ ebenso in der daß Kronos schon der vorgriechischen Bevöl-
Hauptsache Nonnos Dionys. 6, 156 ff. der die kerung angehörte. Die oben im Anschluß an
Sage von der großen Flut und Deukulion 0. Gruppe vertretene Meinung, der Kronoskult
anschließt). Zeus, der dies durch Hekate er- sei von Kreta ausgegangen, wird durch die
f&hrt, blitzt wahrbcheinlich die Titanen nieder Ausführungen von P. in Fruge gestellt. Er
{Clem. Alex-, fr. 200 Ab.); aus ihrer Asche ent- sieht in Kronos einen Höhen- und Wettergott^
stehen die ersten Menschen einer neuen Welt- lo den Spender des Erntesegens. Ein Berg- und
Ordnung, die, weil die Titanen vom Leib des Erntegott konnte aber sehr wohl auch eine
Dionysos gekostet, auch Teil an diesem haben." chthonische Seite .haben, ebenso wie etwa De-
Vgl. M. Mayer, Gig. u. Tit. S. 237-38 u. außer meter, und ohne eine solche sind die düsteren
der bei Gruppe a. a. 0. angegebenen Literatur Züge des Kronosdienstes nicht zu erklilren.
besonders die geistvollen Ausführungen der Sehr beachtenswert ist Tf'iiawiO/tJi^' Vermutung,
Miß Uarrison, Proleg. to the study of Greek Kronos sei in Olympia einmal der schlafende
Beligion p. 490 f. — M. Mayer S. 241 will in Berggeist gewesen (Med.u. FoWr.' 204, Pohlenz
diesen Titanen ,,die feindlichen Autochthonen, S. 694). In den Titanen erkennt auch P. die
mit denen Bakchos überall zu kämpfen hat", alten, von den Olympiern verdrängten Götter.
erkennen. Auch die Deutung auf chthonische 20 Ihre Zwölfzahl läßt er zutreffend aus hetero-
Gewalten, Winterdämonen, denen der Vegeta- genen Elementen und nach dem Vorbild des
tionsgott zum Opfer fällt, böte sich dar. Aber olympischen Götterkreises entstanden sein. Die
es handelt sich vielmehr offenbar um eine Ableitung von rirö; „ehrwürdig^ erscheint auch
Theophagie (vgl. darüber im allg. 5a/. J?e»wacÄ> ihm sachlich passend, doch vermutet er un-
'jLa niwrt d*0rph4e\ Bevue archeol. 1902, 2 p. 242 griechischen Ursprung des Namens. Auf die
— 279, und *Hippolyte\ Arch. für BeHgions- einzelnen Titanen außer Kronos geht er nicht
wiss. 10 p. 47 — 60), so daß also diese Titanen ein, sondern verweist nur auf M. Mayer. Den
im Grunde die Verehrer des Bakchos sind, Artikel Prometheus uns. Lexikons kennt er nicht,
denen das Verzehren des Gottes Anteil an daher unterschätzt er die bedeutsamen Be-
seinem Wesen verschafft. Der Gedanke an 30 Ziehungen der Titanen zu Boeotien und den
das Keltern des Weines liegt jedenfalls der Kabiren. Der Wert von i'.s Abhandlung liegt
Zagreuslegende nicht zugrunde, sondern ist hauptsächlich in der ausführlichen und gründ-
erst nachträglich, wohl von den Stoikern, zu liehen Widerlegung Kaihels. Dagegen vermag
ihrer Deutung herangezogen worden {Gruppe, er Ed. Meyers Ansicht (im Genethliakon für
Gr Myth. 2 S. 1437 Anm. 1). Robert S 171 f.) nicht zu entkräften, der in
In bildlicher Darstellung erscheinen den Titanen segenspendende Geister der Erd-
die Titanen mit Ausnahme des Prometheus tiefe erkennt. Denn der Umstand, daß der ver-
sehr selten. Man vgl. darüber die Einzelartikel. breitetste und älteste Kult des Kronos ein
Hier sei nur erwähnt, daß C. Robert, Über d. Höhenkult war, ist damit keineswegs unver-
pergamenischen GigantenfriesiHermes Idll Bd.46 io einb&T, und für Schömanns Yervautving, daß
Heft 2) die ganze Südseite des Frieses den Kronos in der ursprünglichen Erzählung nur
Titanen und Titanenkindern zugewiesen hat. einen einzigen Sohn verschlinge oder vielmehr
Im einzelnen findet er dargestellt: Okeanos nur zu verschlingen suche (wodurch Natursym-
und Hy|ierion, Rheia, Tethys, Theia, Themis bolik ausgeschlossen sein soll), hat P. nichts
und Phoibe, dazu 8 Titanenkinder: die Ge- Beweiskräftiges beigebracht. Ed. Meyers An-
schwisterdreiheiten Helios, Selene, Eos und sieht steht mit der von mir begründeten Auf-
Astraios, Pallas, Perses, das Geschwisterpaar fassung des Prometheus im Einklang, dürfte
Asteria und Leto, endlich die Titanenenkelin aber auf die im obigen Artikel als „Urtitanen''
Hekate. bezeichneten Wesen einzuschränken sein.
Zum Abschluß seien noch in alphabetischer 50 Im übrigen sei aus der Zahl der im Text
Folge diejenigen mythologischen Personen zu- wiederholt herangezogenen Schriften noch ein-
sammengestellt, die entweder von antiken mal besonders auf das gruudlegende Werk
Autoren ausdrücklich als Titanen bezeichnet Maximilian Mayers 'Giganten und Titanen'
werden (mit Ausschluß der oben schon auf- (1887) hingewiesen. Das darin verarbeitete um-
geführten kleinasiatischen Ortsheroen) oder fassende Material verpflichtet jeden Nachfolger
durch genealogische Anknüpfung bzw. Wesens- zu aufrichtigem Dank, auch wenn er, wie Re-
verwandtschaft in diesen Kreis gehören: Aither, ferent, die von Mayer gewonnenen Ergebnisse
Aloeus, Anytos, Asteria. Astraios, Atlas, Bu- mehrfach anzufechten sich genötigt sieht,
phagos, Dias, Dione, Dryas, Eos, Euboia,- Eu- [K. Bapp.]
rybie, Eurynome. Hekate, Helios, Hesione, 60 Titanen (2). 1. Vorweg sei eine kurze Aus-
Hyperion, lapetos, Koios, Kreios, Kronos, Le- einandersetzung mit vorstehendem Artikel ge-
lantos, Leto, Menoitios, Mnemosyne, Ogygos, stattet, sowie eine knappe Präzisierung meines
Okeanos, Pallas, Peiras, Phaethon, Phoibe, Standpunktes überhaupt. Schon darin, daß
Phorkys, Polos, Priapos, Prometheus, Rheia, Bapp für die Idee von dem chthonischen Cha-
Selene, Sykeus, Tethys, Theia, Themis, Thrake. rakter der Tit. in den Einzelnamen eine Be-
[K. Bapp.] stätigung zu finden glaubt, zeigt sich, wie weit
Nachtrag: Nach Fertigstellung dieses Ar- wir auseinandergehen. Die Vergleichung von
tikels erschien in den „Neuen Jahrb. f. d. klasif. 'TTisgiojv scheint jener These nicht gerade gün-
1005 Titanen Titantin 1006
stig, ebensowenig Empedokles (J^rellcr- Robert Daremherg - Saglio , Biet. s. v. Tit.) hätte man
I 48). Gruppe sagt II 1286,8: 'Mayer, der er- von B. ein Wort darüber erwartet, worin die
kannt hat, daß Titan — ein uralter Name des große Unwahrscheinlichkeit der vorgeschlage-
Sonnengottes ist', indem er einen neuen grie- nen Etymologie liegen solle. In dieser Hinsicht
chischen Heleg beibringt. Wie hätte auch ein hilft uns auch ii.s Betonung von J;l^o^/^ot Hes.
solcher Begriff erst unter den Römern der Kai- Theog. 097 nicht weiter, ein Moment, das in
serzeit aufkomratni können (vgl. jetzt Fohlenz, seinem Sinne so wenig beweist, wie das ver-
JV. /. 37, 582, 2). Bei der Vermutung, der Tit- vereinzelte OvQavicoiBg i/bw. E 898 für das
Name könne ursprünglich einer Mehrheit ge- Gegenteil beweisen würde. Gegenüber dem,
hört haben, stützt sich li. auf eine seltsame lo was Ji. gegen Kronos' vorwiegend solaren Cha-
ßehauptung von WUammoitz, der mit (Tnst- rakter bemerkt, eine solche Persönlichkeit könne
hafter Miene erklärt: Mrjr^peg, A'e/Lt^fffts, 'Aqzb- nicht von einem Sonnendiskus getroffen werden,
^iidsg sei das Ursprüngliche, nicht die Einzahl. ließen sich Dutzende von Fällen beibringen,
Bei Silenos und Erinys ist solches Verhältnis wo wesensverwandte Personen des Mythus in
gar nicht zu beweisen. Mindestens müßte doch Gegensatz geraten, wie z. B. Poseidon und
hervorgehoben werden, wieviel häufiger das Briareos (Konon, F. H. G. 4, 3G8, 3). — In an-
Umgekehrte, die Vervielfältigung eintritt {Gig. derer Richtung als der Kreis der Tit.-Götter
M. Tit. 79), die sich dem Griechen (eu 'Hgä- lie«j;t der Kampfmythus, bei dem es sich stets
xXsigl Äristoph. Kccl. 16<i8) im Handumdrehen um Riesen handelt. Die Bergtürmung, die Sa-
ergab. — B. findet die Zeugnisse nicht genü- 20 gen von den Kyklopen und von vielarmigen
gend ''für eine wirklich alte Hauptgottheit'. Meeresriesen sind in dieser Hinsicht gleich-
Darin liegt schon eine Umbiegung meines Grund- wertige Elemente. Die Nähe des Olymps, viel-
gedankens; denn z. B. Rhea oder die verwandte leicht nicht unbedingte Voraussetzung, konnte in
Göttin Kleinasiens war doch in ihrer Art auch dem Maße, wie dieser zum Göttersitz wurde,
eine Hauptgottheit. Die Alten selbst haben, mitwirken, um regional begrenzte Vorgänge und
scheint es, darüber gegrübelt, wieso unter den Sagen zu einem mythischen Weltkampf zu er-
Olympiern gerade der bei den Barbaren so hoch- weitern. Die thessalische Wasserkatastrophe
geehrte {Ar. Fax 406) Helios fehle, und erfan- mit ihrem Nachhall (IlBXmQia) wie von dem
den einen Mythus wie den von Rhodos und liingen ungeheurer Naturgewalten, der umge-
seiner Ausnahmestellung. Sie ahnten nicht, 30 kehrte Vorgang am Rhyndakos [Gig. 126 f.),
wie früh das Agens sich von seinem Objekt enthält solche Ansätze. Gleichwie also die An-
löste und an wie vielen Stätten solche Kulte lasse verschieden sein konnten und nicht im-
tatsächlich geherrscht hatten, deren Nieder-' mer vulkanischer Natur, so auch die Personen
schlag wir eben in der Titanensage erkennen. selber. In jedem Fall konnten sie nicht anders
Eins der hervorstechenden Momente ist die gedacht werden denn als Feinde und Störer
uralte Vermengung von Himmel und Sonne. der Weltordnung des Zeus, nachdem die Idee
In Korinth-Sikyon , dem einstigen Vorort Ar- von den Olympiern einmal feste Wurzeln ge-
kadiens, tritt noch die eigentümliche Vermi- schlagen. So wenig etwa Typhoeus in deren
ßchung von Donner- und Sonnengott hinzu. In Regionen Fuß fassen könnte, so wenig passen
jenen Gegenden muß sich der Begriff Titan 40 dorthin die Hesiodischen Ungeheuer, die der
herausgebildet haben. Um diesen gruppierten entsetzte Erzeuger selber in die Erdtiefen zu-
sich dann verwandte Kultreste und Erinnerungen, rückgestoßen. Wenn die Götter diese zu Hilfe
die das gemein hatten, verblaßten, veralteten rufen, so ist das bereits ein Schritt, wo die
Wesen zu gelten. Der Etymologie müssen wir Dichtung, etwa durch Homer A 404 angeregt,
diesmal größeres Gewicht beilegen. Da, wo die das natürliche Verhältnis überspringt. Flectere
Eigenschaften des Titan so nahe mit denen des si nequeunt super os Acher ontamovebunt: Feinde
Zeus kollidierten, wie gerade in Korinth-Sikyon, der Oberwelt bleiben jene darum doch. Hesiod
dem Zusammenkunftsort der Parteien, wo der selber vermag sich der volkstümlichen Grund-
festeste Punkt des Kronosdienstes liegt (Elis), anschauung so wenig zu entziehen, daß er von
dort, im Umkreis der Zävtg, müssen wir für 50 riroüvovtss ^iya EQyov qs^ccl spricht, wo nie-
die Tirävfg Aufschluß suchen; am besten durch mand an den heimtückischen Streich des Ej:o-
Vermittlung der in Kreta erhaltenen Form nos denken kann, sondern lediglich an drohend
Ttjjv, Tdv, die dort in ganz besonders bedeut- emporgereckte, vergeblich anstürmende Erd-
samer Verbindung auftritt (unten Sp. 1013, 54). riesen. Diesen Begriff vermengt Hesioda Ety-
Über das lange l in tiTccv s. Gig. 81. Also nicht mologie mit demjenigen von den Tit.-Göttern,
eine koordinierte Nebenform des Zeusnamens auf die sie nicht paßt. Die schiefe Parteistel-
würde vorliegen, sondern eine irrationale, rein lung (richtiger Eumelos) kann so wenig maß-
mythologische Neubildung. Als der Zeusname geblich sein wie andere Konstruktionen in dem
zuerst in jenen Gegenden vernommen wurde, komplizierten Jff.schen System. — Auch Bapp
herrschten dort noch solare Kulte, oft neben 60 erwartet von den volkstümlichen Titanensagen
denen einer weiblichen Gottheit. Während nun Riesen. Aber welche nun eigentlich? Er über-
der Zeuskult die älteren absorbierte, erfuhr er sieht, daß Hesiod, vielfach sogar für eine und
gleichzeitig in solchen Kreisen, denen die Form dieselbe Sache, verschiedene Sagenformen hat,
Tdv, Triv nicht geläufig war, eine mythologische die sich nicht in einem System unterbringen
Absplitterung nnd wurde in die überall stagnie- ließen {Gig. 20. 25. 88. 106; vgl. Boscher in
renden Niederschläge vorzeitlicher Zustände Philol. 53, p. 372 A. 45). Die oben angeführten
hineingezogen. Nach den wenigen bisher laut Riesen, auf die das xixaivBiv 11. L g. eigentlich
gewordenen Stimmen (Gilbert. Gr. Götters. 184. gemünzt war. konnten alle Titanen in diesem
33*
1007 Titanen Titanen 1008
Sinne heißen; ihretwegen z. B. Euboia Titanen- prinzipiell von seinen Leidensgefilhrten. Jene
land (nicht wegen Kreta, Gruppe 58), der Vater zuerst von E. Bohde, Kl Sehr. 2,285; Psyche*
der Aloaden *Titan% Sehol. Lucan 6,410 u. 1,63 bekämpfte Auffassung, die auf Schuld
dergl.; nur daß eben die Dichtung andere und Sühne hinaus will, scheitert schon an dem
Wege einschlug und nicht alle Ansitze znr Beispiel des völlig schuldlosen Sisyphos (auch
Entwicklung gelangten. an Pirithous). Nicht aus irgend einer Ver-
Die Philosophen deuteten solche unförm- schuldung folgen jene Strafen ; sondern die de-
uche Fabelwesen als mißratene Versuche der possedierten Heroen, meist hypostasierte Kult-
kaum dem Chaos entstiegenen Natur {Empe- gestalten, müssen irgendwie mit den Göttern
dokles, Plato; vgl. Apulien 396; Gruppe, Kulte lo der herrschenden Geschlechter in Konflikt ge-
u. M. 688). Eingehendere Betrachtung führt raten sein. Aus alter Sage und uniinfechtbaren
auf etwas anderes, das auf derjenigen Stufe Zeugnissen läßt sich zudem von Tan talos- Atlas,
des Volks- oder Dichterbewußtseins, wo jene Sisyphos, Ixion dartun {Gig.%%), daß ihre Stra-
in Aktion treten, nicht mehr empfunden wurde. fen nur ihre ursprüngliche Funktion am Him-
Bekannt ist Poseidon — Aigaion — Briareos, mel ausdrücken: vgl. Dümmler, B. Phü.Woch.
A>. 1638. (ri^r. 121. 128. Mit besonderer Deut- 1890 [10), 87. Kretschmer, Einl. 204. Max
lichkeit vollzieht sich die Wandlung älterer MüUer, Wiss. Myth. 2 , 9 A. 1 , deutsche Ausg.
Götterformen in titanische Gestalten bei den üsigid^oog, der Läufer (vgl. Talos = 6 rjUos),
Kjklopen. Nur daß die Verbannung in die Erd- der um nichts in der Unterwelt schmachtet,
tiefen von der nachhesiodischen Sage konse- 20 Pha^hon, der die Qualitäten zum Titanen mit-
quenter herausgearbeitet wird als in der Theo- bringt, auch gelegentlich so bezeichnet wird,
gonie, die aber mit den Blitz- und Donner- die minder tragisch entwickelten Figuren des
schmieden ihrem eigentlichen Charakter durch- Epopeus, Endymion {Maaß, Herrn. 1891, 186),
aus gerecht wird. Daß diese einstmals Götter der wegen seiner Begehr zur Hera in die Un-
waren, bezeugt Hellanikos, der es aus den terwelt hinabgestoßen wird (Eöen, Hes. fr.
Kyklopensagen schlechterdings nicht erraten 158 M.): sie alle gehören in diese Kategorie.
oder erschließen konnte, im Einklang mit ge- 3. In bezng auf Kronos hat sich bereits
wissen arkadischen Kulten: Gig. 107. Als Ein- (trotz Malten, Ärch. Jahrb. 1913 [13], 38, 7j
heit war solche stirn- oder dreiäugige Gottheit manches geklärt. Aus dem Art. Kronos ergab
in dem uralten Holzbild von Argos anzu- 30 sich (vgl. Pohlenz), daß der Moloch ausscheidet
schauen (s. unter Triopas). Waren solche Da- und die Verknüpfung mit Phönikisch-Kartha-
monen in der Odyssee bereits zu Unholden gischem erst nachträglich eintrat. Ferner: wäh-
geworden, so hatten sie in den Eöen ihre rend der semitische Name Melech in dieser
Unsterblichkeit überhaupt eingebüßt. Leider Form nicht bei den Griechen erscheint, wohl
erfährt man von all diesen wichtigen Um- schon weil Kronos v.at' i^oxvv als ßaaiXBvg ge-
ständen (s. Frazer zu Paus. 2, 24, 3; Röscher feiert wurde, scheint aus jenem der Kultname
Bd. 2, 1, Sp. 1676; Kuhnert, Gott. Anz. 1888, Meilichios hervorgegangen zu sein, der grie-
414) aus Grappes Lehrbuch so gut wie nichts, chisch gedacht auf seinen Träger höchstens in
liest dafür aber zwei- bis dreimal Kv>cl(07tsg euphemistischem Sinne paßte (vgl. ob. Bd. 2, 2,
«= KsgxoiTies., einen vielleicht mit lat. circus, 40 Sp. 2.360, (>6). Daran sei hier erinnert, weil
auch wohl der alten Verschreibung arXccg aus Bapp Berücksichtigung der Orienteinflüsse bei
oilos, zusammenhängenden Nonsens des Etym. mir vermißt (vgl. auch PW, Suppl. 3, 1107).
M , von wo nur noch ein Schritt zu den an Die Person des griechischen Kr. hat Usener,
Bäumen hängenden großen Gorillas ist, die Göttern. (1896), einem Gedanken Welchen
jemand für Urbilder der kyklopischen 'Rund- nachgehend, in attributive Begriffe aufzu-
augen' ausgab. lösen gesucht, ohne jedoch dem wirklichen
2. Die Kunst der Hellenen, sehr verschie- Kult- und Sagenbestand Rechnung zu tragen,
den von der indischen, hat nicht die mensch- Auszugehen ist auch hier vom Peloponnes.
liehen Ungeheuer mit den vielen »Gliedmaßen Immer klarer erkennt man, wie in Elis Kro-
aufgenommen. Sie kannte überhaupt nur die 50 nos, des Helios Altargenosse (vgl. auch Eiihe-
Gigantomachie, die chalkidische Nachahmung meros, Kr. 1508 u. 1468) durch Zeus verdrängt
der Titanenepen {Gig. 159; vgl. El. Meyer ob. wurde, ohne daß uns Pindar mit seiner Mei-
3,2,2832; Gruppe "HO, b). Im Unterschiede von nung, der Hügel von Olympia führe den Kr.-
den Tit.-Göttern wie von den titanischen Rie- Namen noch gar nicht so lange, darin irre zu
sen sind die Gigantenvölker bis auf die Führer machen braucht. Pohlenz vermutet, der fromme
namenlose Scharen. Zwischen beide Klassen, Dichter habe sich in seinem Glauben an das
doch näher an die Tit., tritt eine Anzahl von Elysion und Kr.s Fortleben daselbst durch jenen
Heroen als Frevler und Büßer, die zuerst in Bergsitz gestört gefühlt. Doch wenn die junge
der Göttemähe lebten, gleich den Giganten der Tradition von Herakles bei Pindar den Vorzug
Odyssee, r; 205, und dem Menschengeschlecht 60 erhält, so läßt schon dies darauf schließen,
des Prometheus. Vergebeng würde man ihrer daß hier weniger Tendenz als Unkenntnis im
einen wie Ixion herausgreifen und zu einer Spiele sei: der Hügel führte auch noch (s. un-
fiktiven Gestalt moralisierender Dichtung zu ten) einen anderen Namen, der mythologisch
stempeln suchen {Wilamowitz, Hom. Unt. 203; überall mit dem des Kronos alterniert, und
folkloristisch gewendet bei Gruppe 1019). We- wovon Pindar nichts wußte. Zuvor sei noch-
der besaß man in Zeiten der 'Blutrache' einen mals betont, eine wie große Rolle der Name
Motor, um ein feuriges Rad in ständiger Dre- 'König' bei Kr. spielt, von dessen Burg die
hung zu halten, noch unterscheidet sich Ixion Burg des Zeus (Pind.) eine Nachahmung sein
1009 Titanen Titanen 1010
wird. Mit allen anderen Rechten ging der Titel bei dem bctreflfenden Feste, den UtlioQia^ einer
an den Nachfolger über. Aber was bei Zeus alten, wohl pelasgischen Gottheit substituierte,
nur leere Titulatur war, hatte bei Kr. als Lo- 4. rohlenz entwickelt den Gedanken (vgl.
kalgottheit noch den Vollklatig eines wirklichen Kr. Sp. 1508, 63), daß Kr. im Grunde nur etwas
Götteruamens, ähnlich wie bei der Basile {Kr. wie ein illterer Zeus gewesen sei. Kr läßt Kr.
1608), einer Königin ohne Hofstaat, bald Mut- im Gewölk auf den Berggipleln thronen, gibt
tergottheit bald Jungfrau. Eben mit diesem ihm Donner und Blitz und dazu den Ernte-
Beinamen hing ja die Lehre von dem Fort- segen, gegen welches letzte gewiß am wenig-
leben des Kr. und seiner Entrückung in die sten einzuwenden wäre. Die sizilischen Münzen
Heroengetilde zusammen, sowie die Hesiodi- lo reichen aber nicht aus, das übrige zu begrün-
schem Pessimismus oder verwandtem Geiste ent- den, wo es die heiligen Stätten selber nicht
keimte Idee von dem goldenen Zeitalter unter tun. Weder die Kr.-Höhen in Sizilien noch die
diesem Urkönige, soweit sie sich nicht aus Hügel im Mutterlande sind wolkenbedeckte
dem ehemaligen naclibarlichen Beisammenleben hohe Berge. Die vorhomerische Götterwelt zeigt
von Göttern und Menschen ergab; eine Vor- eben ein anderes Aussehen als die der Olym-
stellung, die aber hier ein Herabsteigen des pier und hat in dem Namen Tizccv einen un-
Götterkönigs, nicht wie bei den Olympiern eine verächtlichen Exponenten. Der Sinn dieses
Erhöhung der Menschen zur Folge hatte. Schon Höhenkultes muß also in anderer Richtung
die Furcht vor dem Nachfolger in der Herr- liegen. Atlas, die ogiarsQaL Plejaden, der Son-
schaft ist ein Motiv der Heroensage, das man 20 nenstein des Sisyphos und des Tantalos-Atlas
dem Zeus nicht angedichtet haben würde. lassen den Vergleich des Himmelsgewölbes mit
Unter solchen Umständen möchten wir an dem einer Bergkuppe deutlich genug durchblicken.
Gedanken festhalten, daß die mit dem Kronos- Der frühhellenistische Autor Derkyllos F.H. G.
kult in Olympia betrauten ßo;(>i;iat oder Eaödaf? 4,388,10 erzählt von dem Kronoshügel am
die Gottheit hypostasierten wie die arkadischen Alpheios, wo ein gewisser Stein, yivXivÖqo? ge-
Priesterinnen {Kr. 1489 § 28). Wenn ihre Be- nannt, wenn es blitzte und donnerte, den Ab-
fugnisse sich in dem Priesterstaat allmählich hang herabrollte. Ich habe die Stelle früher
erweiterten (s. d. Inschr. Pohlenz 559), so steht {ApuUenldS) gänzlich mißverstanden; Weniger
das ebensowenig im Wege wie wahrscheinlich 168 hat den Mythus noch nicht durchschaut,
des Aristoteles (PoZ. 1322 b, 26; Weniger, Klio io Ohne uns bei dem Steinnamen aufzuhalten,
6, 22) allgemein gehaltene Angabe von den wo mancher an phallos-ähnliche Bätylien er-
Titeln der Opferpriester, die Olympia nicht innern wird, konstatieren wir den neuen Na-
nennt und sich auf andere Orte mitbeziehen men, den wir hier für den Kr.-Hügel lesen:
könnte (z. B. Kos, mit Rheakult). Mit Olympia i-arovQog wurde von Hercher, Flut, de fluv. 19,4
müssen, ob von Anfang an oder nicht, die im Hinblick auf den Bärenberg bei Kyzikos
Kr.-Kulte von Athen, von Theben mit seinen treffend zu ccqxtovqos (sonst = Bärenhüter) er-
Agonen, von Lebadeia irgendwie zusammen- gänzt. Damit gelangen wir an einen Wende-
hängen. Vom letzten Orte führt die Verbindung punkt, wo die 'neueren Arbeiten versagen, weil
mit Hera Henioche und Zeus auf den Bereich sie das im A'^j-.-Artikel Dargebotene vernach-
des elischen Kr. -Hügels mit seiner Hippoda- 40 lässigten. {Pohlenz 555 vermißt Wesentliches,
meia und dem Altar des Kr. -Sohnes Pelops das Kr. 1530 zu lesen war; [richtige Verwer-
{Kqovlos Find. Ol. 3, 23). Dem im Z^r. -Artikel tung des Artikels vermißt man auch 560, vgl.
Bemerkten füge ich noch dies hinzu: in Attika Kr. 1477 u. 2,1, 1605, IC); auch 567 zu Kr.
erscheint statt der wagenlenkenden Göttin jene, 1505 f. u. ö.]). Allerdings kann man heute auf
die als Basile von Echelos entführt oder als dem vorgezeichneten Wege noch ein gut Stück
Basileia von Zeuxippos geheiratet wird. Der weiter kommen.
erstere ist von Echelaos, dem lesbischen Pen- Vom Peloponnes aus und speziell von Olym-
thiliden, also indirekt Pelopiden, nicht zu pia -weist uns die Zeusgeburt und anderes nach
trennen; und der zweite, der nicht = Hades Kreta. Es stellte sich dort heraus {Kr. 1531
{Kern, PW v. Bas.) sein muß (vgl. denselben 50 u. Et. M. 144, 32), daß eine der beiden heiligen
Relieftypus Svoronos, Mus. Athens Tf. 82), steht Grotten und zwar die Idäische, eigentlich kg-
in einer attischen Genealogie mit lauter nord- ■ndaiov oder 'Aq-keglov olvxqov hieß, und daß
peloponnesischen Namen {Gig. 64. Wilamowitz, dieser für die alten Grammatiker nicht ver-
Aus Kydathen 147. f Kyklops wohl verderbt ständliche Name sich weiter über die Inseln
wie Schol. Ap. Rh. 4, 269, in unserem Falle nach Kleinasien verfolgen läßt,
wohl aus *Pelops). — Jedoch kann Kr. nicht ganz Auf kleinasiatischer Seite kann der Kauka-
ursprünglich von Süden gekommen sein. Und sus (als Zufluchtsort) hier füglich außer Betracht
es wäre ebenso ungünstig wie unnötig, (mit Poh- bleiben. Was wir aber an der Propontis von
Zcw0) Delphi und seinen Stein, also einen wich- Kronos' Spuren finden (Ä>. 1480), das sind
tigen Knotenpunkt, besonders für nördliche Ver- 60 Ausstrahlungen von der Südseite her, wo Bi-
bindungen, auszuschalten. In Thessalien ist thynien Kronia hieß {Plin. N. H. 5, 134), und
zwar der Kr.-Kult unter diesem Namen nicht vor allem von der »Bären -'Insel' Kyzikos, mit
bezeugt, aber wohl annehmbar {Weniger 7, ihren zwei Bergen, dem Didymos der Kybele
181, 2) wegen der ganz gleichartigen attischen und dem Bärenberge, wo die Stadt lag {Steph.
Kronia {•worühei Malten a.a.O. willkürlich). Byz. Kv^.; Plin. 6,4.0; Strah. 12,bTbC] Mar-
Nur müßte dieser thessalische Kr., der am Pe- quardt, Cyzicus 11. Topographie: Mau-Merck-
lion Roßgestalt annimmt, dem Poseidon ebenso lin, Kat. d. Köm. Inst. 1, 1, 208). Nikander Alex.
nahe gestanden haben wie dem Zeus, den man 6 vermengt nur scheinbar beide Anhöhen: 'fl
1011 Titanen Titanen 1012
Aqktov in' 6nq>ocX6saoav ivdaeao, //x* ^* 'PEtVjff
Hesych 8. v. und PhoHus (= Stiid.) unterrichtet
__^ . , . .„ .- werden (vgl. Parofmto^r. 1 p. 427). Es war eine
Aoßgivris 9'ceidiun re «al 6pyatfTt|piov "/frTfcö. bewaldete örtlichkeit am Hymettos, mit Quelle
Agathokles F. H. G. 4, 290 {Schal. Hes. Theog. und einem Heiligtum der Aphrodite (jeden-
486) verlegt die Sage von Kronoa und Rhea auf falls l4<pp. KvXia d. i. KvXXicc\ falsche La. KctXia)\
die nahe Sisel Prokonneaos. Kybele selber hat wovon Kratin fr. 102 K. und Aristoph. fr. 273 K.
mit den Bären nichts zu schatten; und erst in allerhand Pikantes anzudeuten wußten. Uns
der hellenischen Ausprägung als Rhea oder kommt es nur darauf an, ob nicht Kyllos, der
Yermischung mit dieser wäre sie stark genug nach Ausscheiden des attischen KephaloH näher
gewesen, die Kronossage an sich zu ziehen. lO an den ßärensohn Arkeisios heranrückt, in
Eine Idee wie die von den zwei Brüsten der Rhea Attika ebenso fremd war wie dieser. Man er-
far eben jene Berge (Philostephanos, Schol. Ap. innert sich nun, daß sowohl die Laertest'amilie
Rh. 1, 986) entwickelte sich durch griech. öi- wie (dies nach der attischen Version) Kephalos
dviMv leicht aus dem Dindymon; die Bären- von Hermes abstammen; dieser mütterlicher-
sage aber nicht. Hier spielt noch ein beson- seits, jener durch Antikleias Vater Autolykos.
dere» Moment hinein, welches nicht aus dem — Kyllos aber ist dasjenige sprachliche Ele-
"Wesen der Rhea zu entnehmen war (vier Er- ment, welches dem Bergnamen Kyllene zugrunde
klärungsversuche Schol. Ap. Rh. I 9H6). Wenn lie^t. Es war der Kenntnis der Griechen so
uns nun gesagt wird, daß ytxpitf^a? der Name weit entrückt, daß manche einen Eponymen
des Kronos bei den Phrygern sei (Kr. 1630), 20 Kyll^n für den Berg annehmen zu müssen
80 ist das so gut als stände da kgxaioiog: eine glaubten. Besser klingt schon die Glosse bei
Gleichung, von deren Richtigkeit wir uns bald Steph. Byz KvXXiog = 'Ep^^?, nur daß dies
genug überzeugen werden, um weiteren Su- nicht auf dem Umwege über KvXXriviog zu ge-
chens nach des Kronos Spuren überhoben zu winnen war (vgl. X06. Pa<Ä. 1, 354). Es verbleibt
sein; nur daß daraus noch nicht (wie ich im nur noch ein über See verschlagener Homo-
JTr.-Art. meinte, danach Gilbert) auf phrygi- nym (s. unten § 10). Gleichwie Arkeisios muß
sehen Ursprung zu schließen, sondern ein an- Kyllos einer sehr alten, vielleicht nicht einmal
derer Weg offen zu halten ist, (den die Sprach- reingriechischen Sprachschicht angehören. In
forschung allein, s. Usener, Rh. Mus. 23, 1868, Thessalien ist in historischen Zeiten Kyllos
334, vielleicht nicht finden würde), da die ganze so Personenname {Arch. Ephim. 1917, p. 34 u. 131;
Gruppe Arkas (Arkadia), Arkeisios usw. mytho- Anth. Pal. 9. IG), KvlXagos ist ein Dioskuren-
logisch durchaus nach dereuropäischen und zwar roß, auch ein junger Kentaur, KlXccqios, d.i.
nordgriechischen Seite gravitiert (§ 6). Wiesich KiXXÜQLog, urspr. wohl KvXXdgiog = 6 rjXiog
die Anrechte der beiden Hauptpersonen, Kronos Hes. Weiteres unten. Es wird gestattet sein
und Rhea, verteilen, können wir hier noch nicht zu tragen . welche Bedeutung der Trrj'pa , d. i.
darlegen (s. unten) und konstatieren nur, daß Tasche oder Sack, in dem Ortsnamen zu-
in Olympia Kronos das Übergewicht hat oder komme. Nur aus dem Perseusmythus kennen
erlangt, an der Propontis, vielleicht auch in wir etwas Ähnliches, die nißiaig., ein so wesent-
Kreta die weibliche Göttin vorherrscht, bei der liches Attribut, daß es den Helden selbst da
aber das Ark- und ßärenmotiv nicht so her- 40 begleitet, wo er von dem darin steckenden
vortritt wie im Kreise der Artemis. Gorgohaupt keinen Gebrauch mracht; also in
5. Wir hören von einem Arkeisios in Attika, der ältesten Darstellung der Andromedasage,
der nach Aristoteles (oben Bd. 1, 1, Sp. 55t, 20) wo er das Unsreheuer nur mit Steinwürfen be-
von einer nachher in ein Weib verwandelten kämpft (ob Bd. 3, 2, Sp. 2047). Diese Tasche
Bärin geboren wurde; wie man sieht, ein kraß aber, und zwar nur dieses von seinen Attri-
ur wüchsiger Mythus. Die Genealogie selbst hält buten, gehört dem Hermes; so laut dem älte-
nun aber nicht Stich und ist nur als Rück- sten, ohne Recht angezweifelten Zeugnis des
Wirkung jenes Stammbaumes zu betrachten, Pherekydes (3,2, 1988). Nicht als ob nun etwa
den man seit der Übertragung des Kephalos hinter Kyllos -Pers aus sich Hermes selber ver-
von Attika nach den westionischen Inseln kon- 50 berge; die argivischen Herrscher entlehnen nun
struiert hatte (vice versa wurde Arkeisios' Ge- einmal von diesem die Zeichen ihrer Macht,
burt nach Attika gezogen). Dort hat der alte das goldene Lamm, selbst das königliche Zepter.
Laertes den Arkeisios zum Vater und wird Nur auf den nahen Zusammenhang mit dem
nach oben hin mit dem nunmehr kephalleni- nördlichen Peloponnes kommt es uns an. —
sehen Heros als Urenkel verbunden. Dazwi- Dieselbe altkorinthische Vase, Berlin F. 1652,
sehen steht aber noch als Vater des Arkeisios ist auch wegen der Rückseite von Wichtig-
ein KiXsvg Schol. Ven. Hom. £173 Bekk., bei keit: ein galoppierender ithyphallischer Esel,
Eust. ß 631 Kr\Xsvg geschrieben. Toepffer, Att auf dem ein Mann seitlich aufsitzt. Es scheint
Gen. 85, der auf die Laa. nicht eingeht, hat sich hier niemand der Ode Pindars P. 10, 50 ff.
mit dieser unbekannten Figur nichts anzufangen 60 erinnert zu haben, wo Perseus zum Apollofest
gewußt. Röscher s. v. vermutet wenigstens Kor- der 'Hyperboreer' und dessen Eselshekatomben
ruptel aus KdXsvg; die Verschreibung mit ein- kommt. Der Zusammenhang dieser Szenen in
fachem X begegnet auch bei dem lesbischen Bild oder Wort ist nicht zu umgehen, da an-
Killos: Schol. Eur. Or. 990. Bei Hesych. s. v. dere Perseusfahrten als die zur Gorgo und Andro-
KiXXsia macht sich Korruptel in anderer Be- meda archaisch nicht populär waren. Man hat
Ziehung bemerkbar; aber die Glosse leitet uns sich etwa vorzustellen, daß die Tiere vor der
auf den richtigen Weg. Sie spricht von KvXXov Schlachtung herumgehetzt wurden, um das zähe
arjQcc in Attika, wovon wir durch denselben Fleisch mürber zu machen; darum der Hund,
I
1013 Titanen Titanen 1014
darum der festliche Kopfschmuck und das kurze [Bei Steph. Byz. v. Kvvvu iat des Koios Bruder
ärmellose, zum Schlachtfest bequeme Gewand. JCvvvog; bei Dion. Hai. A. U. 1,27, in einem
Natürlich ist in den hyperboreischen Eselsopfern, Stammbaum mit durch we«? griechischen Namen,
wie dies schon von anderen au8gesi)rochon wurde, ein -fTvXXo? /jj/ivr/s Vater der l^iLia, die Kotys
nur eine Spiegelung griechischer Feste zu er- heiratet. Ob nicht beidemal AV'Uo? zu lesen sein
keimen; für Delphi ist diese Art Opfer (Inschrift- mag? Zu Kotys =? Kottos vgl. Gyges = Gyes.
lieh) bezeugt, wahrscheinlich ist sie auch für Die Glosse wäre bei *S'<ep/<. falsch eingereiht,] Zu
Nordgriechenland, die Heimat des Akrisios. beachten noch Atlas = Kyllene, Preller- Hoher t
Nun zurück zu Kyllos. Die Lexika lehren uns 2, 1, 285. — Wenn es sich nunmehr aufklärt,
ein Wort x/^Zog = Esel kennen; Killa in der lo warum Kyllos so nah mit Arkeisios, dem Bären-
Troas und auf Lesbos fällt in den apollinischen söhn, verbunden ist, der anderwärts seinen Na-
Kreis, der sich freilich in der Person des Killos men mit Kronos teilt, so ist dem Schlüsse nicht
(s. liobert, Bild u. Lied 187), mit einem anderen auszuweichen, der das einzige Merkmal des grie-
berührt; weiteres bei Kretschmei', J'Jinl. HQ^. In chischen Kronos, ay-nvlog, angeht; denn: xvX-
Lampaakos (der Name ist thessali.sch) galten Xog = -kolXo^^ xannvXog. Die Wendung eines
<lie Eselsopfer dem Priapos. — So dunkel diese nicht mehr verständlichen Beiwortes nach der
Verhältnisse sein mögen, ist doch -nvXXog nicht geistigen Seite hin, zu &'yycvXoai]tLg, ergab sich
ohne weiteres mit Esel zu übersetzen, wie man bei einem menschlichen oder göttlichen Wnsen
dies versucht hat {Gruppe 1312). Höchstens von selbst; vgl. Sisyphos, den ciloXoufjrig und
kann wegen des Anklangs eine Verwechselung 20 seinen Berg (oben). Für die Gesamtheit der
hier und da stattgefunden haben. Aus ytvXXog hier schwebenden Fragen ist der Umstand ge-
= y.nfji7tvXog (Lex.) den Begriff Esel herleiten wiß nicht gleichgültig, daß, wie an die kre-
zu wollen, ist gezwungen und um so unberech- tische Arkeisiongrotte ein Zeuskult oder doch
tigter, wenn wir schon ytiXXog = övog, also einen die Sage der Zeusgeburt sich ansetzte, so an
zureichenden Grund dafür haben. Mit den ycvX- den Kyllosberg daselbst der Zeuskult unter
>Ldb -Glossen hat es nun eine besondere Be- jenem uralten Namen Ttr'jv, der in Kreta {Gil-
wandtnis. x. = f x^^^S-, yiciiLTivXog heißt es da. bert 4r)9) und im Peloponnes noch mit solaren
Die klassischen Schriftsteller (s. /S'^ep/i. Thesaur. Kulten zusammentraf.
s. V.) zeigen das Wort in Beziehung auf die (i. In eine andere Sagensphäre führt uns
verschiedensten Körperteile, Ohr, Hand, Fuß, 30 Akrisias- Kronos. Es ist schwer, ihn von dem
als: krumm, aber deutlich mit der Grund bedeu- auf den Pelasgerburgen angetroffenen Akri-
tung, die in der •" hohlen Hand' Aristophan. sios zu trennen. Aus diesem einen einfachen
.E^M. 1082 am meisten hervortritt und '"krüppel- 'AycQalog zu machen, haben wir kein Recht;
haft' als die abgeleitete erscheinen läßt. An denn die mancherlei Gottheiten, die solch un-
xcf/iTtvXo? ist also kein Anstoß zu nehmen. Aber terscheidendes Beiwort führten, hatten eben
krumm, konkav ist noch nicht = lahm; nament- auch andere Namen, Akrisios aber nicht. Jene
lieh wenn man damit das mythologisch gewor- Gleichsetzung mit Kronos läßt sich aus den
dene XvUog verbindet. Solcher Deutung wider- Verhältnissen von Olympia, Kreta, Kyzikos und
streben alle obigen Götter- und Tiernamen, ihren Ark-Bildungen ohne weiteres verstehen ;
wie auch v.vXXcc und v.vlXov = junger Hund 40 während 'AxQiog, Zi-KQig, 'A-ngcclog niemals hätten
(Elis) und KvXXw, einer von Aktaions Jagd- auf Kronos hinführen können. Zn der klein-
hunden. Mit anderen Worten: in %a)>L6g steckt asiat. Endung lag vgl. § 10.
ein Fehler und zwar m. E. eine Verschreibung Mit Akrisios geraten wir abermals in den
von yiOLlog. Schon Loi^cA*, Pai/i. 1, 354 statuierte Perseusmythos , übrigens (im Flug nach dem
'/.vXXog = xodog] (neuerdings will man den Gorgohaupt) einen der echtesten Naturmythen.
Namen des ganzen Kyllenegebirges von einer Gleich dem Kronos um seine Herrschaft be-
Höhle ableiten). — Hiermit ist nun mancherlei sorgt, sucht der alte König die Nachkommen-
gewonnen. Das wird deutlich, wenn wir noch schaft im Keime zu ersticken. Er sperrt die
die mit ax- anlautenden Nebenformen hinzu- zukünftige Mutter ein, etwa in einen hohen
nehmen, also öy.vXXog mit den Beinamen der 50 Turm? Nein, in ein unterirdisches Gemach,
Artemis-Hekate (nichts von Seehunden, Maaß, das zwar nach mykenischer Weise mit Bronze-
Herm. 1891, 178) und des Dionysos (oben Sk- platten belegt ist, doch aber die Grundidee
1023, 1071, 1075), andererseits den kretischen ziemlich deutlich erkennen läßt. Daß es sich
Berg Skyllion mit seinem Kult des Trr}v ZxvX- nicht um die Gattin, sondern um die eigene
Itoc, oben 1024, 1072. Unzertrennlich davon Tochter handelt, macht keinen Unterschied,
ist G-KoXiog '^ krumm, gerundet' und der arka- da des Herrschers eigene Gattin in keiner
dische Berg Skolion mit seinem Pan Skoleitas, Weise hervortritt. Den eigentlichen Namen der
Paus. 8,6, wo der Bergname so klar als das in der Kammer hausenden Göttin erfahren wir
Ursprüngliche bezeugt ist, daß Usener, Rh. nicht; nur den ihres Stammes, von dem ein
Mus. 4'.i, 469 und Gruppe 745, 898 in dem 60 Bruchteil früh nach Rhodos übersiedelte, oder
analogen Fall von Kreta das Verhältnis nicht bei der Kriegswanderung der Danuna (ägypt.)
hätten umkehren dürfen. dort verblieb. Um so bestimmter weiß man.
So gelangen wir über einen uralten Berg- daß der Name der kleinasiatischen Göttin (Art.
namen und seine leichten Brechungen zum Kyhele 1639) Grotte, Kammer bedeutete, was
freien Ausblick auf die Gruppe xoia = acpatga, wiederum mit dem Kult des Berges zusam-
Ksxola in ^Ibodos {Gig. 62 A.), Koiag in Klein- menhängt. Die eigentliche Heimat des übri-
asien {Kretschmer, Einl. 368), Koios-Polus und gens auch in Pylai {Strab. 9, 420) bekannten
Coelus, denen sich nun Kyllos ameihen würde. Akrisios ist Thessalien (Flucht nach Larissa,
1015 Titanen Titanen 1016
Grab dort), wo ja auch die Hyperboreer der mehr fallen die vielen phrygischen Namen ins
Persenssage zu suchen sind {Gruppe 107). Das Gewicht, die wie AivSinoqi? mit -tcoqi? zu-
Ende der Heroine Larissa, die ins Wasser sammengesetzt sind (Kretschmer 184), einem
stürzt, erinnert an Danae; und ihre Vergewal- Element, das jedem griechischen Ohr wie 'Kuh*
tigung durch den eigenen Vater (oben Bd. 2, klingen mußte. Wenn also bei den Pherephattia
Sp. 1901) bietet vielleicht ein Korrektiv für die die Kyzikener eine schwarze Kuh opferten, so
lose Nebeneinanderstellung von Akrisios und hat sich die Wahl dieses bei Persephone ganz
der Muttergottheit 'AxQiaimvri {Hom. S 819). ungewöhnlichen Opfertieres einheimischen Ver-
7. um von der weiblichen Gottheit ('Rhea') hältnissen angepaßt (vgl. auch Steph. Byz. Mä-
das Nötigste zu sagen, müssen wir den Blick lo axavQOi). Weit leichter ergab sich die Anpas-
noch einmal übers Meer richten, den vielen sung bei Dionysos, der hier in der bekannten
Fäden folgend, die nach der südlichen Pro- Stiergestalt verehrt wurde (^</*. 11, 476 a), ohne
pontis, bes. Kyzikos hinführen. Die einzelnen alle sonstige Vermischung der Kulte, da hier
Schichten lassen sich hier, ungeachtet der Kybele den Attis neben sich hat {Nikander).
Meinungsverschiedenheiten im einzelnen [Lit. Auch in Prokonnesos drilugte sich die Perse-
b. Bobert, Gr. Heldens. 831, 41, hinreichend son- phonevage neben dem Kybelekult (in die Rhea-
dem, um zwischen Kybele und Rhea (mit Krouos) Kronossage) ein. Soweit ging das Bestreben, sich
ein weiteres Element zu entdecken. Auf phrygi- die Tradition der Einheimischen anzueignen,
Bchem, z. T. auch mysischem Terrain hatten sich daß nun die ins Schwarze Meer segelnden
Pelasger*) niedergelassen, die dann, von Tyr- 20 Argonauten zu Stiftern des uralten Kybele-
rhenern (wahrscheinlicher Aiolern) verdrängt, auf dienstes selber wurden. Dabei wird behauptet
dem Plakianeplateau noch zu iTcrocfofs Zeit eine (Apoll. Bh. 1, 1120, Orphica 6öQ f. Abel) , das
Sprachinsel bildeten. Zugleich beobachtet man Holzbild sei , aus dem Knorren einer Reben-
jene ständige Verschiebung von süd-kleinasiati- wurzel geschnitzt, auf der Bergspitze aufge-
sehen Küstenelementen nach Norden hin, welche stellt worden. Eine Unwahrscheinlichkeit über
sich bei Homer bis zu der Vorstellung von einem die andere. Auf den Bergspitzen im Freien
zweiten, nördlichen Lykien verdrehtet, und wurden doch wohl nur Steine in mehr oder
die der Verbreitung des karischen Kults von weniger roher Gestalt aufgestellt. Ohne eine
Labraunda früh den Weg ebnete. Die Griechen Grotte mag man sich den Kybelekult über-
fanden den Gott mit der Doppelaxt dort meist 80 haupt nicht denken. Ferner: die ältesten Holz-
Bchon vor (daher Zeus Ztgärios, Tenedos usw.; xoana näherten sich meist menschlichen Grö-
vgl. J. Schäfer, Diss. Hol. 1912, p. 371if.). Ent- ßenverhältnissen, um nicht von ungeübten Augen
scheidend für die weitere Gestaltung der Dinge für Kinder angesehen zu werden, was bei den
waren die Milesier, die eine starke Kolonie 'vom Himmel gefallenen' Palladien nicht zu
aus Kyzikos machten. Sehr bezeichnend führt befürchten war. Da Kybele stets nur matronal
nun die dortige Kybele dreierlei Beinamen, sitzend gedacht wurde, wäre selbst für eine
einen phrygischen, Dindymene, einen pelasgi- Figur in y, Lebensgröße ein Holzblock von
sehen, Plakiane, und einen dritten noch uner- mindestens 60 — lo ccm erforderlich gewesen.
klärten(obenSp. 1011,3. Ci(T 3668. J/ar^warJ^, Statt also nach der entfernten Möglichkeit
Cyzicus 95. Lolling, Athen. Mitt. 1882 [7], 151). 40 eines solchen Monstrums von Weinbaum zu
Mit ihr rivalisiert der Kult der Persephone, forschen, wollen wir lieber (gegenüber Kyb.
die sich hier attisch -ionisch ^sQtKfäxta und 1640,33) feststellen, daß die Alten von den
EmxnQo. nennt (die dazwischen eingeschobene Reben im Dienst der Kybele absolut nichts
Adxasteia kommt für uns weniger in Betracht). Sicheres wußten (Schal. Ap. Bh. 1, 1117), und
Mythologisch wird nun die Ideenwelt der Pro- wollen sogleich fragen, ob nicht eine falsche
pontis beherrscht von einem einzigen Leit- Etymologie oder sonst ein Mißverständnis zu-
motiv, dem von der übers Wasser schwimmenden gründe liegt. Gleich die allernächste Nachbar-
Kuh, einem Mythus, der bei verschiedenen An- schaft, Skylake, die pelasgische Schwesterstadt
lassen bis in die Römerzeit sich wiederholt, von Plakia, würde hier eine Handhabe bieten
wobei die Lokalsage einmal (Arr. fr. 35 F.H. G. ßo wegen der verwandten Worte, die Weinrebe be-
3, 593) betont, daß dies nicht die lo- Kuh gewesen, deuteten (oben Sk- 1075; zu X und XX ebenda
sondern eine andere: ein Wink, den wir nicht 1072); eine Deutung, der sich die Dionysos-
ungenützt lassen werden. Man findet Votiv- diener am Orte (z. B. Phyle Oinopes) nicht
kühe aufgestellt in Byzanz, Chalkedon, Da- widersetzt haben werden. Spielte diese Ver-
malis, in Ephesos, wo Kroisos goldene Kühe tauschung der Begriffe wirklich von jeher eine
ins Artemision weihte; eine Bobg xoitri ^^^ Rolle, so sehr, um zum Rebenholz greifen zu
Ortsname, Plin. N. JB. 5, 143, in einer Gegend, lassen, so ließ sich aus solchem Material höch-
wo die lo-Kuh nicht hinkam. Bo'iskos ist Per- stens ein Kopf herstellen, d. h. ein mensch-
sonenname in Kyzikos (wie übrigens auch sonst). lieber, wenn es kein Tierkopf war. Dazu, d. h.
Von dem ztir Stadtgründung leitenden Rind, 60 zu einem Pfahl mit Kopf würde die von der
das ja auch in Boiotien ein beliebtes Motiv, Stiftungslegende betonte dichte Umhüllung mit
rede ich gar nicht: es kommt in der Troas Eichenlaub immer noch besser passen als zu
{Lykophr. 1206) vor, im pelasgischen Heimats- einem kleinen Sitzbild, dergleichen vor dem
lande zu Pella (Et. M. 659, 38) und dem un- 7. — 8. Jahrh. ohnehin nicht gut denkbar.
fernen Aineia (Hegesipp b. Konon 48). um so Über den dritten Kultnamen Aoßgivri weiß
•) D« Bind die homerischen Bundesgenos.en der ^^^^ f^^l«^' f ^- .^^; «i«^' ^'l'^'t^'lU^^- S'
Troer. Auf ihre thessalische Herkunft deutet vielleicht Btancht m Stud. itol. dl fll. 1904 [12], 326) nichts
J qvont:;, strab ii,h%6. Vgl. auch d. Art. rrü>pa». Rcchtes. Gesetzt auch, der Stadtberg hätte wirk-
1017 Titanen Titanen 1018
lieh einst diesen Namen geführt, gleichviel ob keinen rechten Anhalt findet. Die eigentüm-
er zuerst oder die Göttin : nichts gewöhnlicher liehen Sprach- und Stammesverhältnisse ge-
in diesem Dialektgebiet als die Verdunkelung statten wohl die Frage, ob dieser Bereich nicht
des a-Lautes zu o: Tqo-ko- slub Tagyio-, ßovo-n- b.ub italischen Spracheleraenten zugänglicher war
böot. (iava, nogig aus ndgig {Kretschmer, Juni. als andere. Schon ^öjg^ der nordthessalische
184. 233. 3G2. 397); umgekehrt wird Agdos = Keiname der Demeter, besagte dem Lateiner
(ix^og vermutet. Weiteres derartige aus Klein- mehr als anderen und bot für die an der Pro-
aeien a. a. 0. 210; vgl. auch AanTo-, Aotxxcc- pontis mehrfach angetroffene Meinung von der
Lancloronsky, l^amph.W^-p. \^. Ganz von selbst Mitgift (an die Tochter) eine bessere Hand-
leitet ferner nach Analogie von Bpi'ycg = 4^(>vyf(j lo habe als die schwache Anspielung auf den
die barbarische Aussprache (qp = /3) auf ein v Namen Prokonnesos. Vollends die eigentüm-
statt des i. In der Tat würde das rätselhafte liehe, zwischen Kind und Rebe pendelnde Kult-
Wort durch XdßQvg und A(xßQvrd-i.og am ehesten form oder Sage konnte der echt mythologischen
sich dem Verständnis erschließen, auch ohne Begritfsvertauschung von ij?7««/ws und i;j7js kaum
die Tatsache der bis hierher reichenden Verbrei- entgehen, wenn sie sich nicht geradezu mit
tung des labraundischen Kults. Die Folgerung, dem Skylakemotiv begegnete und die helleni-
daß dieser Berg einst der männlichen Gottheit stisch bezeugte Stiftungslegende beförderte,
gehört habe, wagen wir nicht zu ziehen. Jeden- Im Griechischen würde das auf ttvXog {Hesych)
falls ergibt sich auch von dieser Seite her, daß führen, Itylos, den in zartem Alter hingemor-
die Kuh frühzeitig in diesem Kybelekult eine 20 deten Gegenstand kleinasiatischer Aödonklage.
Rolle gespielt haben muß, mag nun in der [Wiewohl der Kult der Aoßgivri nicht aut
Folgezeit eine Votivkuh dabei gestanden haben dem Wege eindrang, den die Hera-Io-Fabel
oder nicht. des Epos nahm, die von der Lokalsage der
8. Wir können hier der verderbten Prop^^r^f- Propontis abgelehnt wurde, schalte ich hier
stelle 4 (3), 22, 1 — 7 nicht aus dem Wege gehen doch ein, daß im Lande der argivischen Hera
— die übrigens in der ganzen Anlage recht der karisch-kretische Kult nicht unbekannt ge-
sehr der Anrede Nikanders an den befreun- blieben war. Zu den Fundobjekten mykeni-
deten Arzt (oben Sp. 1010 f.) ähnlich sieht: scher Stätten, die längst darauf hinwiesen, ge-
Frigida tarn multos placuit tibi Cyziciis annos | seilt sieh das Zeugnis Lykophrons 1092 , der
Tülle, Propontiaca qua fluit (fremit, Boehrens) so von Agamemnon sagt: Manche bringen für die
Isthmus aqua, \ Dindymus et sacroe fdbricata glücklichejleimkehr vergeblich Dankopfer (dem)
finvenxa Cybellae, \ raptorisque tulit qua via KsqSvXg) AaßQw&ico (Jii). Die Herausgeber
Ditis equos. Man sieht leicht, daß das frag- schreiben durchweg AccQvv^icp, obwohl meh-
liche Wort ohne Änderung eines Buchstabens rere Kodizes deutlich ß und q haben; b. Brach-
auch iuvenca gelesen werden kann (so Voss zu mann z. St.]
Catull, Broukhusius, Burmann, Lachmann, 10. So schließt sich also, mit einer über-
Hertzherg, H. Keil, Paley), wenngleich die Ver- raschenden Wendung allerdings, der Kreis der
treter dieser Lesart sie archäologisch nur ganz Kybele an der Propontis und läßt keinen Platz
ungenügend zu begründen wußten, durch Hin- frei für die Bärensage von Kronos und Rhea,
weis auf Isis, auf Mithras-Taurobolien oder 40 die aus anderen Kreisen hier eindrang. Dafür
den damit doch nicht identischen Persephone- entschädigt uns aber in gewissem Sinne Milet
Dienst; so daß die Opponenten leichtes Spiel und seine Kolonisation der Nordküste. Sie fand
hatten. Jetzt übersehen wir die Dinge etwas dort eine Gottheit Titias vor (Schol. Ap. Rh. 1,
besser und können auf prosaische Notbehelfe 1126), die dem milesischen Kult der Rhea als
(mehr wollte auch M. Haupt nicht geben; vgl. zweiter TiägsSgog beigesellt wurde. Das war ein
Baehrens) wie e vite, oder in dente, aus Bein Kompromiß mit der eignen Kultform, wo eigent-
(Enck, comment. Prop., Barton u. Bobinson, lieh Kyllenos diese Stelle einnahm. EinBaitylos-
Class. Eev. 1893, 7, 153, Hosius), oder in caute, förmiges Kultmal vielleicht eben dieser Per-
auf dem Berge {Housman, Journ. of Phil. 1892, sönlichkeit*) konnten wir (oben Bd. 2, 1, Sp.
21,122) verzichten. So verlockend nun die öü 1335, vgl. 1619) im nördlichen Peloponnes
Fosssche Konjektur aussehen mag, es verblei- nachweisen. Es liegt überaus nahe, mit Rhea
ben doch mancherlei Bedenken, die sofort hin- und Titias den Kult der euböischen Alera
wegfallen, wenn wir statt der Kuh, die den (s. PW v. Elara**) und ihres Sohnes Tityos
Tullus so lange gefesselt haben soll, lieber die in Parallele zu setzen. Diese Höhlengöttin ist
Kultgrotte einsetzen, deren Säuberung und zwar so gut wie die einzige alte auf grie-
Schmückung den -9- o:;ia^rj7roAoi (ikfar^wardM 00; chischem Boden; aber auch sie unterliegt,
oben Bd. 2, 1, Sp. 1656) oblag. Jedenfalls würde gleich Danae, dem Verdacht kleinasiatisehen
dabei auch das schon von Phillimore, Index Einflusses. Denn 1. was Titias betrifi't, so er-
verh. Prop. angekreuzte fahricata sich ändern folgt der Umlaut von i, in v auf griechischem
müssen und die "^heilige Kybele' einen antike- 60 Sprachgebiet leichter als der umgekehrte (viel-
ren Anstrich erhalten; also leicht schon in dem pisidischen Tityas.sos,
anstatt fa hricaxa\ \venxa Kaibel, Gott N. 1901, 505). 2. Die Freundschaft
Dindymus et sacrata ubrofa caverna Cybellae, zwischen Tityos und Rhadamanthys konnte
indem m übergeschrieben in das nächste Wort sich schon von Kleinasien (Diod. 5, 79 u. 84.
geriet. Zu umbrofa vgl. Ap. Eh. 1,1121. 1142. Pau^. 7, 3, 7) herschreiben. 3. 'AUgiov, das
Jjucrez 2, 628.
J). Mit all dem wird man jedoch die Kuh aus *) „Daktyios«; s. d. Schlußanmerkung,
diesem Kreise nicht los; wohingegen die Rebe ♦*) Ein Druckfehler ist dort y.ünfjov 2235,41.
L
1019 Titania Titaresios 1020
mütterliche Grottenheiligtam , ist nur durch werden tTirä Tiraviösg J) kgri^iäsg (s. Gruppe,
den Rhotazismus verschieden von *AXioiov, Gr. Myth. 1286, 1); 8elene als Tochter Helios'
kXscicciov, 'AXfoiaiy '^l»iff«ov, peloponnesiachen oder Hyperions, oder als T. des Zeus und der
Ortschaften, von denen die eine, bei Mantinea, Leto {Boscher, Selene 97 f.), Titania, Titenia,
einen Rheakult aufweist, die andere, südlich Titenias: 4pollod. 4,6,4, Nonn. 1,219, Stat.
von Sparta, deutlich als lelegisch gekennzeichnet Theb. 1,337; Tothys als Tochter der Titaea
wird {Paus. 3,20,1; vgl. Gig. 45., oben Bd. 2, 2, und eines Kureten, Titanenschwester, Titanis:
Sp. 3806). Es verbleibt also von Grottenheilig- Apoll. 1,18, Kallim. 4, 17, Oi^. fant. 5,81: Kirke
tümem dieser Göttin außer Olympia mit dem als Schwester des Helios -Titan, des Titaneu
Ausblick auf Kreta, nur Thaumasion mit an- lo Aietes, Tochter von Helios und Perse, die Se-
scheinend junger Sage und einem Kult, der lene gleich ist {Boscher, Selene 9S f.): Oü. Met.
vielleicht schon unter dem Einfluß Olympias 14,382. 488, Val. Fl. 7,347, Titanis: Ov. Mit.
und dessen, was man dort „Khea" nannte, 13, 968; 14, 14, 376, Fa^. i'7. 7, 212; vgl. itfayer,
zustande kam. Trifft die wohl allgemein an- Giganten 79, ob. Bd. 2, 1, Sp. 1196. Als Enkelin
genommene Erklärung 'i¥a = <Jp£ia das Rechte, des Titanen lapetos heißt Pyrrha T. bei Ov.
80 muß damit, wie dies auch dem ft. Jahrh. Met. 1,395, der die Bezeichnung Titania, Ti-
wieder zum Bewußtsein kam (oben Bd. 2, 1, tanis besonders liebt. [ Preisendan z]
Sp 1662)*), von Hause aus die kleinasiatische Titania (ra Tirävia), griechisches Fest, er-
ISaia fi^r7)p gemeint sein; denn Olympia, The- wähnt im Schol. Guelf. Eur. Gr. 89 {Dind. 2,
ben, Lebadeia, Platäa, Athen sind keine Berg- 20 57), Theodos. gramm. ed. (roettl. 09,19. Über
länder; und alle übrigen zeigen die Göttin in seine Art* oder seinen Verlauf sind wir durch
Beziehung zum Wasser (s. Immerwdhr, Ark. diese Überlieferungen nicht unterrichtet, die
Kultt 91), wollen also auf qfiv hinaus; eine nur aufs Grammatische ausgeben: alphabeti-
Deutung, die an sich wertlos (ÄV. 1473), doch, sehe Aufzählung von Festnainen dia xov -icc bei
insofern sie überhaupt den Namen nur wie Theodosius, ähnlich beim Schol iasten, der we-
eine Hülle betrachtet, geeignet erscheint, einer nigstens erklärt: Kq6viu rj sogti] xov Kqovov,
besseren Etymologie den Weg zu bahnen. Und xal Jiäaia f] tov Jiog, Kai Tirdvia rj tav 7V
zwar gilt die Bezeichnung wirklich den Bergen, xävcov. Die Möglichkeit der Identität des Festes
in deren Innern die kleinasiatische Göttin mit den Peloria, seiner (unwahrscheinlichen)
wohnt, ohne daß etwa der Vergleich mit dem 30 Zugehörigkeit zu den üiasia und Kronia hat
Himmelsgewölbe Platz griffe, wie bei den mann- Max. Mayer aufgestellt, Giganten und Titanen
lieben Hiftimelsgöttem Denn sie hat keinen 1887, S. 132, 185 und oben Bd. 2, 1, Sp. 1519.
Gatten. Erst nachträglich wurde sie mit dieser Vorkommen eines Monats Gigantios in Delphi,
oder jener Göttin ausgeglichen und Hhea selbst d.h. Amphissa und Tritaea, auf das Mayer
zur Himmelskönigin, mit den Sternbildern der 132, 186 hinweist, — vgl. die Tabellen bei
Bären als ihren Händen: Porphyr, vit. Pyth. 41, E. Bischoff, Leipz. Stud. 7 (1884), 361 f. — hilft
dies wegen der Daktylen.**) Bei Rhea ist das ehe- auch nicht weiter. [Preisendanz.]
liehe Verhältnis wahrscheinlich von vornherein T(e)itanias [T{s)iTccviog], Beiname des Askle-
gegeben. Die Ausprägung dieser Gestalt, die pios auf einer Inschrift aus dem sikyonischen
kretische Zeusgeburt und die Verbindung mit 40 Titane {Corr. hellen. 3, 19a), wo nach Paus. 2,
Kronos sind Momente, von denen keines ohne 11, 6. 27, 1 sich ein bedeutendes Heiligtum
das andere zustande kommen konnte. Darum (zur Lage desselben s. iwZes ilfar^/ia, C/on. /teZ/en.
ist es so schwer, die beiden Hauptgottheiten a. a. 0.) des Gottes befand, vgl. Bd. 1, S. 624,
gesondert zu behandeln, von denen jede die Z. 49 fr. und den Artikel Alexanor. [Höfer.]
andere in Kult oder Sage nach sich zog. Titanokrator (Ttravoxparwp), "^der Titanen-
f Mayer.] bezwinger', Beiname des Zeus, Luc. Tim. 4.
Titania {Tixavia\ wie Tivocvig, Beiname ver- Philopatr 4. Anonymus Ambras, in Anecd. var.
schiedener weiblicher Gottheiten, die ihrer Her- Gr. et Lat. ed. SchoeH-Stitdeinund 1,26;), 99.
kunft nach sich mit den Titanen berühren. So Anonymus Laurent, ebenda 267, 91. [Höfer.]
ist Leto Titania als Tochter des Titanen Koios 50 Titanos {Tixavog), so schreibt Gaisford im
und der Titanin Phoibe (s.o. Bd. 2,2, Sp. 1959): Et. ilf. 760, 38 'wohl minder genau' (Max.
vgL Ov. Met. 6, 346 (185 f. Titanis); Artemis Mayer, Giganten u. Titanen 70) statt des sonst
als Tochter von Zeus und Leto auch in ihrer genannten Titanios, Titenios oder Titinios —
Gleichsetzung mit Selene: Stellen bei den La- s. d. — für den Titanen, nach dem Attika Tt-
teinern J5^«nius 317 (262) (Titanis Trivia), Varro xav\g yfi heißen soll, und der allein nicht am
1. 1. 7, 16, Sil. It. 9, 169. 10, 538, Oc. Met. 3, 173; Kampf gegen die Götter teilnahm. [Ruhl.]
vgl. Euseb. pr. ev. 1, 10, 18 H., wo gleichgesetzt Titaresios (TixaQ'^atog), Gott des gleichna-
*v r., T> ., .u ,. • ^, j » ,. , ,. migen Flusses, neben dem Flußgott Peneios dar-
•) Die Parallelkalte in Olympia und Athen (oben "^ „, ,. • ^_ ni, -j i i « * i i,
Bd. 2' 1. 8p. 1660) beweisen nichts dagegen. E. war leich- g^^^l* ^""^ ^J^^^^^T^" Phllostr . Jmag . 2 14 bc-
ter, solche einzufahren, als die einmal bestehenden zu 60 schriebenen Gemälde; Vgl. A. Friedenchs, Die
beseitigen, was nicht ohne Änderung des Festkalenders, PhilostratlSChen Bddev HSl . Heinr. Brunn, Jahrb.
ohne Einbuße der Priesterschaften an Areal, Opfergaben f. klasS. Phil. Suppl. 4, 283. 286. [Höfer.]
usw. geschehen konnte. TitaresioS (TirapjjfftOff), Beiname des Mop SO 8,
••) Letztere wie die Korybanten ursprüngl. ein einziger jj^g g^,. 181 ; Apoll. Bkod. 1, 65; entweder nach
Kultgenosse (1 + ^ Scf.oi. Jp. Rh^ 1, 1129; oben Bd. 2, 1, ^^^ ^^^^^ g^^^t Titaron, wohl in der Nähe des
'^.'Zi:Z^^Z,^ZT^aZ':^'^^^ r.tÄ: Titarosberges {Strabo 7, 329, 4) am oberen Lauf
Koryb.aus xoqvip,], Daktyios wahrscheini. aus Dikte; vgl des Titaresios, oder nach s. Großvater Titaron
digitus U.A. - 80 genannt, Schol. Apoll. Bh. 1, 65 Vgl. Tzetzes
10-il Titaron Tithonos 1022
zu Lykophron 881/96 u. Holzinger im Kam- rler jrenannt wird und bei Apollod. a. a. 0.
mentar zu dsr. St. p. 291). (Ruhl.j Podarkos (s. d. nr. 1) heißt. Gewiß ist bei Ov.
TItanni {TiräQwv), Vater des Arapykos (s. d.), Fast. 4, 943 niit Assaraci frater Tith. gemeint;
Schol. Apoll. Hhoil. l, 65. Suid. s. v, Titccqojvos. doch bezeichnet hier frater nur den Verwand-
Er ist Eponymos der thessalischen Stadt Ti- ten; s Peter z. d. St.
taron {Steph. Ihjz.). Vgl. Titaresios und den Von ab weichenden Genealogien macht
Artikel Lapithen (nr. 60). [Höfer.] die eine den Tith. zum Bruder des Laome-
Titax {Tira^), ein 'mythischer Kurzname' für don: Eustath. IJion. Per. 248; Serv. Ge. 1, 447;
Titakos, den Eponymos der attischen Titakidai, 3, 48; Aen. 1, 489; 4, 585; Vict Cret. 4, 22; Myth.
K Maass im Hermes 23 (1888) 618; Toep/fer, lO Vat. 1, 139; 2, 194; die andere zum Sohne von
Att. Geneal. 290: M. Mayer, Giganten u. Ti- Kephalos und Eos und zum Vater des
tanen 76 leitet ihn von raöaca ab und nennt Phaethon: Apollod. H, IUI (s. die Art. Eos u.
ihn p. 143 ein Synonymon von ccvcc^. Dem Phaethon); ho wird Tith. der Ahnherr des Ki-
«ntspricht die Hesychglosse s. v. xitcch,- Urztuag nyras (s. d. nr. 1), was nach Pobert, Hermes
^ dvväavi]?- Ol dh ßccaiXsvg. S. noch Gruppe, 18, 441, erst von einem Atthidographen erfun-
Gr. M. 42 13. [Huhl,] den worden ist, um den Athener Kephalos mit
Tith«>es (Tid-ori?). Auf einer zwischen Koptos Kinyras, dem ersten König von Kypros, in Ver-
uud Apollonospolis Parva gefundenen Inschrift bindung zu bringen und so Athens Macht-
wird ein ocQx'^Q^^S \Ti]d'oriovg yial 'Ä^^iOivog ansprüche auf diese Insel historisch zu be-
^iöav und <lie Statue xov ^vqlov Tid'or^ov er- 20 gründen.
wähnt, Sayce, Rev. des etude.<^ gr. 7 (1894), 299 Drei troische Prinzen, Anchises, Ganymedes
nr. 11. Caynat, Jnscr. Gr. ad res Rom. perti- und Tith., finden den Beifall von Göttern we-
nentes 1, 1185 p. 405. Damit vgl. man Mnnetho gen ihrer .Jugendschönheit; für Tith. wird
bei Synkell. 33, 17 (ed. Bonn.), wo in der ägyp- sie mehrfach bezeugt; Hom.hymn. 4,218; Schol.
tischen Königsliste nach dem 'ATtoXXatv r]^ld'sog Toivnl. 11. Ä 1; Tyrt..fr. 12,5 Bgk.*\ No?in. 16,
folgt '//fiucüv rjui^sog und auf diesen Tt-d-orig 278; 48,665; Lucian deor. conc. S; Hygln. fab.
7]^id-sog. ( Höfer.] 270. Sie ist der Anlaß zu seiner Entführung
Tithonos (Ti-ö-ojvö?). Andere griech. Namens- durch Eos: Hom. hymn. a.a.O.; Eur. Troad.
formen sind nicht sicher beglaubigt; denn weder 847 f; Apollod. 3,147; Schol. Ven. A 11. F 151.
wird die erste Silbe TslQ-. {C. 1. Gr. 3, 4740, 3) 30 ^ 5; Schol Pind. Ol. 2, 148; Schol. Apoll. Rhod.
von Kaibel, Epigr. nr. 1002,3 bestätigt, noch 3,158; Dion. Hal.techn.rhet. 6; Hör. C. 1,28,8,
lautet die letzte Silbe auf der Inschrift einer wo rewiof ms m awras entweder bedeutet: durch
Nolaner Amphora -r]?, wie sie Kretschmer, Gr. die Lüfte entrückt, oder: in den Himmel, den
Vaseninschr. S. 204 ansetzt, sondern nach der Olymp. Über das sonst erwähnte irdische Ziel
•deutlichen Abbildung des Gemäldes bei Ste- der Entführung (Syrien, Assyrien, Arabien,
phani , CR. 1872, Taf. 5, 3 auch hier -o?; lat. Ägypten, Äthiopien) s. u.
Tithonus; etrusk. tin-O^n bzw. tin^un (s. d.). So wird er der Gatte der Eos (Aurora):
Er ist eine Naturgottheit des griechisch- II. A \i. mit Schol.; Od. s 1 mit Schol; Res.
orientalischen Mythenkreises, als Glied der TÄ. 984; Ibyk. fr. SO Bgk.'^; Eur. Troad. 854:;
Königsfamilie von Ilion zugleich verbunden 40 Ant^patr. Anth. Pal. 5,3; Quint. Smyrn. 6,1 f.;
mit der Sage vom Trojanischen Kriege. iVonn. 48, 666, vgl. 15, 278; Kaibel, Epigr. 992,1.
Eos (s. d., sowie Preller- Robert, Gr. Myth. 1002,3; Apollod. bibl 3, 147; epit. 5,3; Diodor.
1*, 4J0f.), die Göttin der Morgenröte, liebt alles 4, 75; Aelian. nat. anim. 5, 1; Athen. 12, 548 f.;
Schöne und Jugendliche und sucht es zu ge- Phüostr. Her. 19 (2,197 Kayser); Schol. Pind.
winnen. So raubt sie den Orion, den Kleitos, a.a.O.: Her aclit. Incred. 2S {Westerm. Mythogr.
den Kephalos (s. d. betr. Art.), so auch den Tith. 318); Verg. Ge. 1, 447; A. 4, 585. 8, 384. 9, 460;
Sein Vater ist nach vorherrschender Über- Ov. Her. 18,111; Amor. 1,13,35. 2,5,35; Met.
lieferung Laomedon, der Sohn des Ilos und 9,421; Fasi. 1,461. 3,403. 6,473: SV7. Ji^. 1,576;
dessen Nachfolger als König von Troja: 11 T Val Fl 1,311. 3,1; Stat. Silv. 1,2,45. 218. 4,
^37; Schol. Ven. A IlFlbl u. A; Schol. Pind. 2, 50 6, 16. 5, 1, 34 u. 4, 9; Theb. 2, 134. 334; Auson.
148; Apollod. 3, -liQ; Dtodor. A, 15; Tzetz. Lyk. Per. 11 11; Od. 5. 17; Eleg. in Maecen. 119
IS; C. I. Gr. 3, 5984 C = Jahn- Mich., Bilder- (Baehrens, Poet. lat. min. 1, 132); Hygin. f 270 ;
chron. S. 73 f.; Hygin. fab. 270; Myth. Vat. 1, Myth. Vat. 1, 139. 2, 194. Aurora heißt daher
204; seine Mutter Skamandros' Tochter Strymo Titho7iia coniunx: Verg. A. 8,384; Ov. Fast. 3,
(s. d.): Apollod. a. a. 0.; Schol. Ven. A H.'a 5; 403; Sil. It. 5,25; Tithonia: Ov. Fast. 4,943;
Schol Ven. u. Townl T 237 ; Tzetz. Proleg. Alleg. Val. Fl a. a. 0. ; Stat. Silv 1, 2, 45 ; 4, 6, 16 ; 5, 4,9 ;
II 173; Etidok. Viol. p.Q05 Fl; oder ßhoio: Tithonis: Stat. Silv. 5,1,34. — Hemera (s. d.)
Apollod. u. Tzetz. Lyk. a. a. 0.; oder Otreus' ist, in gleicher Bedeutung wie Eos, Tith.' Gattin
(Atreus'?) Tochter Plakia: Apollod. a. a. 0.; nach Hellan. fr. 142 {Müller 1, 64) u. Schol. Ar.
oder endlich Leukippe(?): s. d. nr. 3 u. Tzetz. 60 Ran. ed. Duebner. p 531; vgl. Tzetz. Lyk. 18.
Pioleg. Alleg. 172. Tith. und Eos haben zwei Söhne: Emathion
Zahlreich sind Tith. 'Geschwister: II T und Memnon: Hes. Th. 984 u. Schol. Apollod.
237 f., vgl. r 147; Biodor. 3, 67, 5; 4, 75, 4; 3, 147; Schol Ven. A II. A 5; Schol Pind. 2, 148.
Apollod. 3, 146; unter ihnen ist für Tith. allein Das Schol. Eur. Troad. 850 ergänzen Dindorf
Priamos von Bedeutung, der überwiegend u. Schwartz wohl mit Uecht: rsxvcc ^x^iv ['H^a-
sein Bruder {Schol. Ven. A II I 151; Schol d-icovcc xal] Msuvova.
Lyk. 18; Tzetz. Proleg. Alleg. II 172; Myth. Vat. Emathion (s. d., Bd. 1, Sp. 1242, nr. 1, so-
1,204), nur von Tzetz. Lyk. IS sein Ha'lbbru- wie bei Paidy--Wissona die Art. Emathion,
1023 Tithonos Tithonos 1024
6, 2480 f., u. Herakles, 3. Supplbd. S. 964. 984. Teutamos sein Hilfegesuch richtet, sendet dieser
986) wird als König von Äthiopien von He- ein gewaltiges Heer von Äthiopen und Susia-
rakles auf dessen Zuge nach den Äpfeln der nern unter Memnon ab {Ktesius bei Biodor
Hesperiden im Kampfe getötet: Fherekyd. fr. 2,22), der auch bei Pausati. 10,31,7 aus Susa
3Zg {Müüer 1,80); C. I. Gr 8, 6i»84C; Apöllod. herbeikommt. Nach Strab. 15,680b ist Susa
8,147; nach 2,119 wohnt er in Arabien. sogar Tt-O- ovo u xriG/ia, und hiermit stimmt
Nach Pherekyd. a. a 0. (vgl. lustin. 7, 1) ist er wohl Isidor. Orig. 16, 1: Susis oppidum Persi-
ursprunglich in Makedonien heimisch und dae aiunt Memtionis patrem (so im cod. Goth.;
der Eponym für dessen alten Namen *H\i(x9-iu. aonat fratrem) constituisse. l^&ch Suid.s. Zovaioi
Gruppe {Mythol. S. 302) schließt daraus auch lo wird Tith. hei diesen als Gott verehrt; vgl.
für Tith. auf eine makedonische Herkunft und Jacobs, Verm. Sehr. 4, 4. 18o.
leitet seinen Namen von der Landzunge Sitho- Gewiß haben die dem Memnon gewidmeten
nia, den seiner Mutter Strymo vom dortigen Dichtungen oder Dichte rstelleu auch seinen Va-
Flnsse Strymon ab (s. u.). ter Tith. berücksichtigt: Hesiod. Katal. fr. 46
Weit bekannter ist Memnon (s. d. Art. von {Kinkel p. 104); vgl. ApoUod. epit. 5, 3; der Di-
ifoKawd, Bd. 2, Sp. 2663 f.). Er tritt zuerst in thyrambos Memnon des Simonides von Keos
^rittmo*' ^itAiopi« auf, die ja von seinen Äthio- (Bergk, Xyr. 3*, 398f.); •Aischylos' Tragödien
pen den Namen hat; die Erwähnungen in der Wv%oGxccaici und Memnon; Sophokles' Memnon
Od. S 187 f. u. i 622 sowie Hes. Th. 984 f. sind zi= Al&ionsg; die Memnon betitelten Stücke des
jüngeren Ursprungs. Daß er aus Äthiopien so Theodektes (V vgl. Welcker, Trag. 3, 1078) und
{Apollod. 8, 147) oder dem Nilland {Diodor 4, des Timesiiheos [ßuid.). Ein Grabepigramm auf
27, 3) dem Priamos nach Troja zu Hilfe kommt, den in Syrien bestatteten Memnon, Pseud-
wird durch seine Verwandtschaft mit dem Herr- aristot. Pepl. nr. 55 (Bergk, Lyr. 2*, 353), ge-
scherhause von Ilion vermittelt. Manche poe- denkt auch seiner Eltern; und unter den zahl-
tische Motive wiederholen sich hier. Dem reichen noch heute lesbaren Inschriften der
Raube des Ganymedes ist die Entführung des beiden sogenannten Memnonkolosse in Ober-
Tith. frei nachgebildet und derselben Göttin ägypten tun zwei gleichfalls der Eos und des
zur Last gelegt, die als Räuberin schöner Jung- Tith. Erwähnung: Kaibel, JEpigr. Gr. nr. 992, 1.
linge schon vielberufen ist. Der doppelte An- 1002, 3. Das zweite deutet sinnig das an dem
klang von Ttrcb, einem Synonymon fÜT'HfieQcc so nördlichen Koloß einst beobachtete akustische
« *Hms (Lykophr. 941 mit Schol. u. Tzetz. ; Kai- Naturwunder; auch sonst beschäftigt das Rätsel
limach. fr. 206 Sehn., vgl. M. Mayer, Giganten die andächtigen Besucher der heiligen Stätte,
u. Titanen S. 78 f.), an Ti^cavög sowie dieses wobei Tith. miterwähnt wird: Philostr. Her. 19
Namens an Tirdv (Schol II. A 1), womit ja (2, 197 Kayser); Kallistr. Ekphr. 9 (2,432 K.)-,
der Sonnengott bezeichnet wird, mag eine Ver- Avien. Descript. orb. terr. 3, 367 f.
bindung beider Lichtgottheiten zu einem Paare Während dem ^^emnon die Sage einen ruhm-
herbeigefuhrt haben, das wahrscheinlich zuerst vollen Tod im Kampfe mit dem besten Grie-
bei Arktinos im fernen Osten wohnt. Dorthin chen gönnt und die Mutter für den Gefallenen
richtet Priaroos, durch den langen Krieg be- von Zeus die Unsterblichkeit erbittet (Arktin.
drängt, an den Bruder sein Hilfsgesuch, dem 40 Aith. nach Proklos bei Kinkel p. 33), ist dem
dieser durch Entsendung seines Sohnes Memnon Tith. ein seltsames und klägliches Schicksal
und eines Äthiopenheeres willfahrt: Apollod. beschieden. Auch ihm erwirkt ja Eos bei
epit. b,S; Athen. lb,6S0h; Quint. Smyrn.2,494; Zeus die Unsterblichkeit, versäumt es
Mythogr. Fat. 1, 139. 2, 194. Durch das Auftre- aber, zugleich um seine ewige Jugend
ten der phantastischen Söhne des Orients ge- zu bitten. Im Hom. hymn. 4, 218 f. wird ge-
winnt die Dichtung neues Leben; vgl. Hesych. schildert, wie sie sich zuerst am Okeanos des
8. Tid^tavoxo^ov' fd-vos pi^Xccv t6 oXov acbiia, jungen Liebesglücks mit Tith. freut, dann aber
Xivxbv 6^ Ttt? -KOiiccg, sowie Laevius bei Gell. beim Ergrauen und Ausgehen seines Haares
17,7,6; Verg.A. 1,489; Senec. Ag. 212. Andere sich der ehelichen Gemeinschaft enthält, doch
Motive sind freilich bereits verbraucht; so be- 60 ihn mit Speise und Ambrosia sowie mit schö-
tritt Memnon, wie Achill (II. ZT)^ in gott- nen Kleidern versorgt. Als er bei zunehmen-
entstammter Rüstung den Kampfplatz; und dem Alter und wachsender Entkräftung sich
wie Telephon' Weib Astyoche ibren Sohn Eury- nicht mehr rühren kann, hält sie ihn hinter
pylos aus Mysien nach Troja schickt, erst verschlossenen Türen im Schlafgemach zurück,
nachdem sie durch einen goldenen Wein- aus dem nur sein kraftloses Stimmchen noch
stock bestochen ist (Schol. Od. X 519; Schol. hervortönt. Die Anspielungen auf diesen My-
/ut?cn. 6, 655), so muß das gleiche Geschenk thos sind häufig; oft ist Tith. sprichwört-
den Tith. erst gefügig* machen, damit er den lieber Typus des Greises: Mimner m. fr.
Memnon hergibt (Äerr.^^n. 1,489). Kaum besser 4 Bgk.*; Ar. Ach. 688 mit Schol.; Antip. Anth.
als solche Wiederholungen ist es , wenn Tith., 60 Pal. 5, 3 ; Kaibel, Epigr. nr. 992, 1 ; Schol. IL F
statt entführt zu werden, nach euhemeristi- Ibl u. A 1. b; Eustath. zu AI; Lucian. Hermot.
scher Auffassung von Troja aus einen Feld- 50; dial. mort. 7; deor. conc. 8; Klearch. fr. 21
zug nach Äthiopien unternimmt und dort (Müller 2, 310) bei Athen. 1, 6c, vgl. 12,548;
mit Eos, die er nun erst kennen lernt, den Zenob. 6,18; Biogen. 8,37; Gregor. Cypr. (cod.
Memnon erzeugt (Biodor. 4,75; Heraclit. In- Leid.) 3,13; Apost. 16, bl; Append. Paroem. 4,
cred. 28). Noch phantastischer nimmt sich Tith. 68; Ps.-Plut. Proverb, centur. 1, 68; Suid. s. Ti-
als assyrischer Statthalter der Landschaft d-carov yfigag u. v,uxayr\Qa.6cag\ Nicet. Choniat.
Penis aus; als Priamos an den Assyrierkönig de Andron. Comnen.lib. 1 (Corp. Byz. IS, 361, ^)i
1025 Tithonos Tithonos 1026
TlgiriTCov Kgovov ts xal TiQ-avoi) noXvETi6t8QOv\ (erst bei alexandriiiischen Dichtern nachweis-
Hor. C. 2, 16, 30; Ov. Her. 4,96; Amor. 1, 13, 1 f. barer, vielleicht aber schon illterer) Name Tirm
3, 7, 42; Met. i), 421; Propert. 3, 10 (18), 7. 15. (s. d.) noch mehr dazu, beide als ein zusammen-
3,20(26), 10; Friap. 57,4 u. 77,4; Senec. Ag. gehöriges Paar aufzufassen. Ihm wird als Hei-
827 f.; Stat. Silv. 2,2,108. 4,3,151: Titlionia mat naturgemäß der Osten, woher alles Licht
senectiis; Myth. Vat. 1, 131). 2, 194. Verloren ist kommt, oder der heiße Süden zugewiesen: bald
die Schrift des Peripatetikers Ariston von Neos: Assyrien (Susa), wo Tith. von der Höhe gött-
Tid-iovbg nsQl yVQ^^S, die Cicero im Cato Maior licherWürde((SiMtd. s.i^ovöiot) durch Vermensch-
benutzt hat, vgl. 1,3; wohl nach ihm verfaßte lichung zum Statthalter von Persis herabsinkt
M. Terentius Varro eine Menippeische Satire lo (7>iodor 2, 22; vgl. «SVra/v. 16, 680b); bald Sj-
über denselben Stoff ; s. No7'den, Fleckeis. Jahrh. rien, das nach anderer Genealogie sogar Tith.'
Supplhd. 18, S.S2S; Schanz, Gesch. d. Eöm. Lit. Geburtsland ist {ApoUod. S, IS l); bald Ara-
1*, 2, 365. hien (Apollod. 2, lld); bald das Wunderland
Nach Tzetz. Lyk. IS macht Eos selbst den Aiaie {Od. /i 3f. , vgl. Rohde, Psyche 1,75);
Gatten unsterblich, vergißt aber ihn ewig jung bald Äthiopien, wohin er entweder von Eos
zu machen. Auch mit dem greisen Tith. teilt entrückt wird (s. o.) oder als Eroberer zu Felde
Eos noch das Lager bei Propert. 3, 10(18), 17 f. zieht {Diodor ^, 75), und von wo er seinen Sohn
Einen phantastischen Zuwachs der Sage er- auf den trojani.schen Kriegsschauplatz sendet
örtert am ausführlichsten Tzetz. Lyk. 18: Tith. {Arktin. Aith.). Nach homerischer Geographie
wird so alt, daß er zusammenschrumpft und 20 gibt es Äthiopen im Osten und Westen {Od.
wie ein kleines Kind in einem Korbe oder in a 22 f.). Da es sich 11. ^ 1 u. Od. s 1 um Sonnen-
einer Wiege schläft; da verwandelt ihn Eos aufgang und Erscheinen der Morgenröte han-
in eine Zikade; nach Suid. a. a. 0. und den delt, so kommen hier als Tith.' Landsleute die
Paroemiograplien (s. 0) geschieht es auf seinen östlichen Äthiopen in Betracht; die volks-
Wunsch. So ist er ein titxL^'. Hellan. fr- tümliche Auffassung fixierte seinen Wohnsitz
142 il/. beim Schol. F Ibl, fiovaiTKoTccvog tüv im Nilland (Dwdor 2, 22. 4, 27). Die Novelle
nrrivuiv; Schol. Townl. Alu. Eustath.; Serv. freilich von Tith.' Liebesleben mit Eos sowie
Ge. 3,328; ^en. 4, 585; Schol. Stat. Theh.'\lb\\ seinem Alter und Zusammenschrumpfen spielt
Myth. Vat. \,\Z*d. 2,194. Der Annahme J^opps sich am Okeanos,, an den Enden der Erde,
(s. d. Art. Eos. Sp. 1263), das Märchen schriebe 3o ab {Hom. hymn. 4, 227), und auf die Insel Kerne
sich her aus der mißverstandenen Deutung von im Okeanos verlegt den Aufenthalt Lykophr.
Hom. hymn. 4, 237: tov 6' ijtoL cptovr] Q8l ccöitE- 18 u. 1084, vgl. Tzetz. u. Schol; das Meer heißt
rag., ovd^ xl xlxvg ^avi stehen mehrere Gründe bei Aüien. 2, 1025 schlechthin: profundum Ti-
entgegen: die starke Negation, die verschiedene thoneum. Bezeichnet nun Tith. das Tagesge-
Quantität der ersten Silben (hijcv? — cicada), stirn und entspricht sein Abnehmen und Hin-
vor allem die Bedeutung von -ntyivg (Spann- schwinden dem Sonnenuntergang (s. u.), so ist
kraft). Die Worte ßel aonstog bleiben unklar die Stätte seines kümmerlichen Alters i m
nach der üblichen Übersetzung: "^seine Stimme Westen anzusetzen.
tönt noch unaufhörlich' (s. JBa«*>we/s^e>' z. d. St.), Von den modernen Lokalisierungen
aber auch nach G. Hermanns Verbesserungs- 40 verlegt die Gruppes {Mythol. S. 313 f.) den
Vorschlag: tqbI äßTceTov {vox immense tremulat). Wohnsitz des Tith. nach Milet, der Heimat des
— Für die Herleitung der Szene aus II. ri51f. Arktinos; doch liegt die ältere troische Sage
( Welcker, Gr. G. 1 , 686) scheint zu sprechen, zeitlich der Aithiopis gewiß voraus (s. o.), der
daß der Schol. Tith.' Verwandlung gerade z. d. also Tith. nicht erst sein Dasein verdankt. An
St. erzählt; er tut dies aber nur, weil die dort anderer Stelle bringt Gruppe (S. 302) den Tith.,
genannten troischen Greise Verwandte des Tith. seine Mutter Strymo und seinen Sohn Ema-
sind; die von Homer belobte anmutige Sprech- thion, nach einem Zeugnis für letzteren {Schol.
weise der würdigen Alten hat mit dem klag- Hes. Th.\)Sö), mit drei makedonischen Na-
lichen Gewimmer des zum Kinde gewordenen men in Verbindung und zeigt so für die Er-
Tith. nichts gemein. 50 klärung des Tith. den Weg ins griechische
Wesen und Herkunft des Tith. Wäh- Mutterland. Mag aber Tith. nach Sithonia,
rend Memnon erst der Aithiopis des Arktinos der mittleren Landzunge der Halbinsel Chalki-
sein Dasein verdankt (s. d. Art., Bd. 2, Sp. 2653 f. dike, benannt sein oder nicht, er kann sehr
2680 f.), ist seinem Vater wohl eine frühere wohl in Nord- oder Mittelgriechenland seinen
Entstehung zuzuschreiben. Nach dem Epos Ursitz haben. Dies erörtert sinnreich Escher
ist Tith. in Troja beheimatet und wie .\n- im Art. J^os hei Pauly^-Wissoua 5, 2658 f.: dem
chises, Ganymedes und namentlich Priamos mit eingeborenen Griechen erscheint das lichte
der älteren Sage von Ilion verbunden; obwohl Morgenrot jenseits des Meeres (iL 'P227); an
bereits Gatte der Eos, wird er bei Ov. Fast. der kleinasiatischen Küste, vielleicht in der
6,473 Phryx angeredet. Sein Name, der an 60 Troas, lernt er zuerst das Morgenland kennen
Tixdv anklingt {Schol. 11. Alu. Eustath.; und verbindet, zumal wenn ihm dichterische
Schol. Bern. Verg. Ge. 3, 28), gewährt dem Ärkti- Phantasie innewohnt, den im Osten emporstei-
nos eine Handhabe, die gleichsam neuaufge- genden Sonnenhelden, dem seine Gattin Eos
legte Erzählung von einem Raube der Eos voranleuchtet, mit dem dortigen Herrscherge-
daranzuknüpfen. War Tith. durch die Gleich- schlecht. So wird Tith. unter die Priamiden
Stellung mit Titan zum Sonnengott geworden, eingereiht, büßt aber gerade dadurch seine
der sich mit der Morgenröte, einer andern göttliche Würde ein; denn dort gibt es schon
Lichtgottheit, wohl verträgt, so verlockte deren einen Sonnengott; dem Helios (mit dem er ur-
1027
Tithonos
Tithonos
102»
der sie mit Recht verwirft, wird
freilich mit der eij^jeneü Deutung
(von ^äaiv, säujjen, vjijl. rid-i^vri)
kaum überzeugen; denn auch wenn
der greise Tith. wie ein Kind ge-
füttert wird, 80 ist er doch darum
kein 'Säugling'. — Die von Sonne
{Zeitachr. f. vergl. Sprach f. 10, 178)
vorgeschlagene, auch von Max
Müller {Essays 2', 77) befürwortete
Etymologie Ti^mvö« = 'Ti^tavo
= skr. didhyana, der Leuchtende
{(Jurtius, Etym. S. 236*) hat, selbst
wenn sie nicht zutritFt, wenigstens
das für sich, daß sie ^u dem
Wesen des Tith. paßt.
Es herrscht nämlich nicht nur
bei den alten FCrklärern, welche
Tith. mit Titan vermengen (s. o.),
sondern auch neuerdings die An-
.«. - ,_^ ^ mi.i. L^ i ^1 v,< V V 1 .- A X j Behauung vor, daß er eine Lieh t-
1) Kot r«/folgt den Tith.; rechts sein fftlsohlieh so bezeichneter Jasdffenosse i.t.-i, '*. • o u
^ gottneit, ein öonnenneros.
(nach einer rotfig. Vase in Petersbarg).
spningiich identisch war) muß er nun den Platz
räumen und auf die Stufe des schlichten Heros
herabsteigen, der an Eos' Seite allmählich nur
ein Scheindasein fristet. — Nicht im eigent-
lichen Griechenland, sondern im Orient sucht
Tith.' Heimat Bugge (und mit ihm Torp, Fe»-
haUnis d. Etriisk. zu d. Indogerm. u d. vor-
^ech. Bevölkerung S. 229 f.): der Name Tith.
ist darnach 'anatolisch', vorgriechisch
und aus dem Griechischen kaum zu erklären;
die Etrusker hätten ihn aus ihren kleinasiati-
schen ürsitzen ziemlich unverändert mit nach
dem Westen gebracht. Allerdings ist er auf
etruskischen Spiegelinschriften in der Fassung
tin^hAn (s.d.) bzw. tin9-n bezeugt (Gerhard, Etrusk.
Sp. 4, 22, Taf. 290; 3, 217, Taf. 232; Deecke,
Bezz.Beitr. 2, 170; iv. Schulze, Lat. Eigennamen 40
S. 209. 243). Diese Form mit n in der ersten
Silbe hält Bugge für die ursprüngliche und
bringt sie in ^sammenhang mit dem Namen
der Stadt Tintunia auf der kappadokischen
Ejubinschrift (Chantre, Mission en Cappadocie
p. 46). Im Etruskischen habe sich, meint er,
die alte 'anatolische' Namensform erhalten;
Tith. (eig. *Tinthonos) gehöre einem orientali-
schen Mythenkreise an, der sich dann west-
wärts über die Griechenwelt bis in das Gebiet 50
der Etrusker erweiterte. Denn auch Emathion,
sonst für einen Makedonen angesehen (s. o.),
gilt manchem eher für einen Orientalen, mag
ihn nun Tümpel {Fleckeis. Jahrb. Supplbd. 16,
S. 189 f) zu Amathus, dem kyprischen Kultort
der Aphrodite, oder Deecke (bei ColUtz, Dia-
lektinschr. 1, 12) zu der syrischen Chetiterstadt
Hamat in Beziehung setzen.
Leider bleibt bei diesen geographischen Er-
örterungen der Name Tithonos dunkel, zu eo
dessen Klärung weder Sithonia in Makedo-
nien, noch Tintunia in Kappadokien, noch
vollends das etrusk. tind'un wesentlich beiträgt.
Die Ableitung im Etym. Magn. 758,28: Tt^.
r) rjiL^Qcc, nagcc rb rid-aaös (zahm) t6 örj^ca-
vov To rj(i,SQog ist, zumal mit der Verquickung
der gar nicht stammverwandten Wörter rjiiegog
und iiniga, wertlos. Gruppe {Mythol. S. 954, 5),
das Tagesgestiru ist; nur über
Zeitpunkt und Dauer seiner Erscheinung sind
die Ansichten .verschieden, je nachdem das
Hinschwinden und Zusammenschrumpfen blo&
den raschen und kurzen Verlauf des Tages-
anbruchs (TTe/cÄrer, Gr. G. 1, 685) oder den mü-
den abendlichen Schluß eines ganzen Tages
30 {Preller- Robert, Gr. Myth. 1*, 442) oder sogar
das winterliche Ende eines vollen Jahres
{Max Müller a. a. 0.) bedeuten soll.
Die bildende Kunst veranschaulicht den
Tith. selten; oft ist die Beziehung zu ihm un-
sicher. So zeigen die auf Tith.' Entführung
durch Eos gedeuteten Vasenbilder, wenn die
Namensbeischrift fehlt, wohl eher den Raub
des Atheners Kephalos (s. d.), was sich aus
2) Tithonos (Tin.9^un) mit Eos zwischen Jlfemnon und
La(s)a (nach Gerhard, Etrusk. Äptepel ,yraf. 890).
1029
Tithoroa
Titias
1030
dem attiscbcn Ursprung der Gefilße oder
ihrer Gemälde erklärt. Mehrere solcher
\)mUmgen{heiStephnni, C. U. 1872,S. 177f.)
werden dalier von Furtwänglfr, Arch.Zeitg.
1882, S. .H50, abgelehnt; vgl. auch Knapp,
P/»7o/. 1894, S. ööif. Nun zeigt aber eine
rotHg. Nolaner Amphora, jetzt in der Pe-
tersb. Ermitage nr. H)S:{, abgeb. bei Stephani
a. a. 0. Taf. 5, :s, den Namen Tith., freilich
nicht bei dem von Koh Verfolgten, sondern
fälschlich bei einem hinter ihr herlaufenden
/.weiten Jüngling, wohl seinem Jagdgefährten,
;ius dessen Gesellschaft Eos den Tith. raubt;
s Abb. 1. — Von etrusk. Spiegeln tragen zwei
tue Inschriften Tia^n bzw. TinQ-un. Auf dem
ersten {Gerhard, Ktrusk. Sp. 3,217, Taf. 282)
sieht man Evau {== Eos) und Tin%-n (d. i. Tith.)
eingerahmt von -ö-ed-is (Thetis) und einem Jüng-
ling (Achill?); die Szene ist nicht klar; s. auch
!. Art. Evan; auf dem zweiten (Gerhard 4,22,
Taf. 21)0) stehen nebeneinander:
La(8)a,Tin'9'un. '9'esan(Eo8), Memrun(Memnon) ;
< d. Art. Lasa, Themn u. Mcmrun. Es ist ein
Gruppenbild des Memnon und seiner Eltern
mit einer dienenden Jungfrau; s. Abb. 2. —
Auf einem Ruveser Krater in Neapel {Heyde-
mann, Vasensamnil. nr. 3256; Beinach, Vases
peints p. 100) sieht man zwei Viergespanne
mit gettiigeiten Rossen: auf dem einen Helios,
darüberschwebend Eros, auf dem andern, das
jenem voranfährt, Eos angeblich mit Tith.,
der, geschmückt mit dem Strahlenkranz, die
Zügel und das Kentron hä,lt, darüber Nike;
ihnen voraus Selen e zu Pferde. — Den alten
Tith. gegenüber der jungen Eos zeigt eine an-
dere rotfig. Nolaner Amphora, jetzt im Ashmo-
lean Museum zu Oxford; vgl. Percy Gardner,
Journ. of Hell. Sind. 18i)2/93, S. 137; s. Abb. 3.
— Die Pflege, die Eos dem kleinen,
seh wächlichenTith. widmet, der gekrümmt
auf einemi muldenförmigen Lager ruht, ist dar-
gestellt auf dem Relief eines etrusk. gepreßten
Gold Schmucks; vgl. Gerhard, Ges. Ahhandl. Taf.
8, 4; 9. Abb. 4. [Johannes Schmidt.]
Titliorea (TfO-opsa), eine Nymphe, nach der
die gleichnamige Stadt in Böotien benannt war,
Paus. 10, 32, 9; Steph. Byz. s. v. Ti%'OQia.
[Ruhl.J
Tithras s. Teithras ob. Bd. 5, 210 f.
Tithrone {Tid-giovij^ Tid-gcarri), Beinamen der
Athena, unter dem sie im attischen Demos
Phlya einen Kultus hatte, Paus. 1, 31, 4. Nach
Bergk, Kleine Schriften 2,665,51 und Usener,
Götternamen 11 bangt der Name mit Tgitm,
20
3) Nolaner Amphora: Eos und Tithonos (Journ. of Hell.
Stud. 1892/93, S. 137).
4) Etrusk. Groldschmuck : Tithonos gepflegt von Eof
{Gerhard, des . Abh. Taf. 8,4).
Tgiravicc, Tguiovig zusammen; s. dagegen
Gruppe, Gr. Myth. 1143, 1 a. E. [Höfer.]
Titias (Titiag), ein idäischer Daktyle. Nach
Kallistratos ttsqI 'HgayiXsias im Schol. Apollon.
Bh. 1, 1126 (vgl. F. H G. 4, 354, 2) ist er
Sohn des Zeus oder der ä,lteste der Söhne des
Mariandynos; ebenso Schol. Apollon. Bh. 2,780
30 p 429, 32 f. Die Mutter war Anchiale, Ap. Bh.
1, 1130; der Bericht über die Wunderzeugung
der id. Daktylen aus dem Staube (vgl. Schol.
Ap. Bh. 1, 1125 u. PJt. M. 465, 30) ist nach
dem Wortlaut bei Ap. Bh 1, 11 30 f. auch auf
Titias anzuwenden: Kaibel, Nachr. d. Gatt. Ges.
d. Wiss.phil.-hist.KI.WOl, 489. Eustath. Dionys.
Perieg. 787 nennt ihn Vater des Mariandynos,
und Kallistratos im Schol. Aesch. Pers. 917 (statt
des überlieferten Titvov hat Welcher, Kl. Sehr.
40 1, 11, 5 Tirlov verbessert) V. des Priolaos, Ma-
riandynos und Bormos. Nach Schol. Apollon.
Bh. 2, 780 p. 429, 30 ist er auch Vater des
Lykos; ebd. p. 430, 3 nach Nymphis und Kal-
listratos V. des Priolaos oder Bormos (so we-
gen Athen. 14, 619; der Laurentianus schreibt
Barynos); vgl. noch F. H. G. 4, 353, 1. Für
Naucks Versuch, auch die bei Pollux 4, 54
überlieferte Genealogie für Titias als den V.
des Bormos herzustellen, s. o. Bd. 3, 2992 nr. 4.
50 Die Schollen schwanken zwischen den Formen
Titias und Titios. Neben der Kybele rufen die
Argonauten Apollon. Bh. 1, 1126 ff. den Kyl-
lenos und Titias an, ol ^iovvol itoXicov ^oigce-
yitai r\8\ rcägEdgüi \ Mr]r4gog *Iöair]s xfxiijarai,
06Ö0L ^ccGLv I ^dxTvXoi 'IdcclOL KgritaUsq . . .
Nach dem Scholion geht diese Charakterisierung
auf Maiandrios zurück, der auch berichtet, daß
sie in Milet vor der Göttermutter Opfer er-
hielten. Vgl. auch Menekl. F.H.G. 4, 448, 9.
60 Für die Bedeutung der \ioigayh(xi bekennt
Kaibel a. a. 0. 497 Anm. 1 keine Erklärung
geben zu können. Die Schollen lassen im Stich.
Was er gegen die Vermutung 'Stadtschutz-
götter' — statt noXiav wäre dann noXscov zu
lesen — vorbringt, würde sich auch gegen Tüm-
pels 'Schicksalslenker ihrer Städte' richten.
S. dessen Artikel ^Anchiale' in Pauly-Wissowa
1, 2104. In demselben Schol. 1, 1126 nennt
1031 Tititititititi Titos 1032
Kallistratos den T. einen ijQoyg ^/x^upto; der koristisch erklärt: 7'ira) .. .ouro Atyf rat /; i^u^pa-
Mariandynen, dem das Volk die Förderung nagcc yag t6 rndv, Ttrövo»:, yiveruL Tixavii.
seines Wohlstandes verdanke, und von dem xai ixetd'sv vTtoxoQiöTixov Tixm, ag 'Tipinvlr] •
er daher göttliche Ehren empfing {&ns9sm&ri). *3><u, Eldo^ia- Eidco. Danach auch I^eller-
C. Hock, Kreta 1, 292 f. vermutet, daß diese ito6eH* 148,8: 'T. hypoküristischfür'i'tToycWta
Hegünstigung der Bergbau treibenden Marian- (vgl. 7piTa>- TpiToy^vaa)'. Dagegen hillt 3/ayer,
dynen (s. ApnUon. Bh. 2, 141) in der Einfiih- Giganten 78 f. Tito lediglich für die Feininin-
rung der 'Metallurgie' bestanden habe. Schließ- form vom Maskulinum Tittov, die vorkommt
lieh erzählt noch ApoUofi. Hh. 2, 780 ff. mit bei Lykophr. 1403 (?; inocxTtog etogd-vy^ Titto-
Scbolien, daß Herakles Hut seinem Zug zu den lo vog), im italischen Fluß Titon, im Herg Tito-
Amazonen unterwegs den von den Bebrykern nios (Steph.Byz.). Titon wäre dann (nach A/flt/er)
bedrängten Mariandynen beigestanden und eine frühe dialektische Nebenform für das sehr
die B. besiegt habe. Bei den Leichenspielen, alte 'Titan* (Helios), entstanden vor der Zeit.
die zu Khren des im Kampf gefallenen Prio- die in den Titanen (>ötterfeinde und Giganten
laos gtattfanden, besiegte H. im Faustkampf sah. In keinem Fall ist Tito eine erst alexan-
den Titias (786: xagxfQOv^ hg Tcdvreaoi /teW- drinische Bildung: als Frauenname begegnet
TTQfirsv ijid'ioiaiv | sliog z* rjSk ßiriv) und schlug das Wort schon auf einer Stele des 4. Jahrb.,
ihm die Zähne aus. Im Schol. Apnllon. B)i. 2, 'zum deutlichen Zeichen, daß es als Göttername
780 ist T. als Eponym der Stadt Tition er- bereits außer Gebrauch gekommen war' {Mayer
wähnt. Es lassen sich demnach deutlich 2 so 78). Nach F. Solmsen, Ind. Fijn^ch. 30 (1912),
Genealogien und Lokaltraditionen aus den Nach- 87 Anm. 'werden wir nicht zu bezweifeln ha-
richtcn der Scholien feststellen. Titias, der ben', daß Tito ein altes Feminin zu 'iVrös bildet:
Sohn des Zeus, der idäische Daktyle und Be- 'geehrt', 'gescheut' (Partiz. zu t/w), woher
gleitet der Göttermutter, gehört nach Milet, auch Tixäv zu deuten ist. Bei dieser Erklä-
Gruppe, Chr. Mytii. 967,, und die Milesier wer- rung weiü Solmsen aber nicht zu sagen, 'warum
den die Sage nach Norden verpflanzt haben, die Alexandriner Tito gerade jene Funktion
Loheck, Aglaophamos 2, 1165; M. Mayer, Gi- [den TagheraufzuführenJ zuerteilt haben'. Vgl.
ganten u. Titatien 77; 0. Kämmet, Heracleotica Tithonos Sp. 1023. [Preisendauz.J
31, ; Gruppe a. a. 0. 320. In der 2. Genealogie Titoplo {TixönXoi) nennt Epicharm witzhaft
ist er durchaus mariandynisch als riQcog iyxm- zq in der Travestie ' Hebes Hochzeit' eine der
Qtog^ Vater oder Sohn des Mariandynos. Für sieben Musen, Töchter von Pieros und Pim-
den Namen vermutete JTämmc/ a. a. 0. 31 phry- pleis: Nsdovv, TQirmvr]v^ 'Aaajnovv, ^EnxccTto-
gischen Ursprung. Nach Kaibel a. a. 0. 490, griv, kxsJLcaiSa, TlxotcIovv xai 'Podiav, so nach
wo die Belege beigebracht sind, hat der Stamm Tzetzes zu Hesiod Op. 6; vgl. Cramers Anecd.
ithyphallische Bedeutung. Wegen Titias als Ox. 4,424; Kaibel, Com. gr. fragm. 1,1 [l899j,
der ursprünglichen Form auch des Namens des 98 (Epich. nr. 41), will Tixdnkovv in Tixtovovv
Krdriesen Tityas oder Titios, der wie T. Sohn ändern wegen Philostephanos schol. Lycophr.
des Zeus ist, und dessen Verbindung mit Ge. 1276, wo aber lediglich vom italischen Fluß
im Verhältnis des Titias zur Kybele ihr Ana- Titon und den Etymologien dieses Namens dit^
logon zu haben scheint, vgl. M.Mayer a.a.O. 77. 40 Rede ist. Hermann, Opusc. 2, 290, vermutete
Näheres über das in diesem Verhältnis ange- eine Verderbnis aus naytraXovv, Flach, Eudo-
deutete Zusammenwirken eines männlichen zeu- cia 294 (484, 26), schreibt nach der Überliefe-
genden und weiblichen empfangenden Ele- rung der Stelle im Violar. TinonXovv. Das
ments bei Kaibel a. a. 0. 410 ff. und A. Biete- Fragment de Musis in Iriartes Cat. bibl. Matr.
rieh, Mutter Erde 93. Vgl. ob. Sp. 1018. [Ruhl.J p. 32i> gibt TltotiXovv, woran auch festzuhalten
Ti tl ti ti ti ti ti {xl xl xtX.), Nachahmung ist: Bildung aus dem Namen des illvrischen
der Stimme des Sperbers, der den großen Flusses Titos und ni{(ox)oj. Literatur s. oben
Schöpfungsgott der Leid. Kosmogonie im Pap. Bd. 3, Sp. 87, Z. 32 ff. {Stoll zu Neilo), dazu
Z/««d. W 11, 27. 14,2 'in seiner eigenen Sprache noch Gruppe, Gr. Myth. 829,3, der die Rich-
begrußt und dazu schreit, iva Xocßr; rgoq)r,v 50 tigkeit der Überlieferung anzweifelt.
XL' XI' x*-' X^' X*-' X'-' %''' '^''' ^''^^- Jeweils sieben [Preisendanz.]
Silben. In der Parallele col. 4, 29 wird rt durch Titos, Name des Mercurius auf faliskischen
xtn- ersetzt; an zwei weiteren (sich parallelen) Inschriften, die C. T/iulin, Mitt. d. Arch. Inst.
Stellen wird die Anrufung :;tt (7 mal), rtqp (7- und 22 (1907), 296—303 veröffentlicht und bespro-
3mal) als isgaxLCxi bezeichnet, col. 14, 2. 2,41. chen hat. Man erhält aus den drei Abfassungs-
, [Preisendanz.] formen dieser Inschriften auf Schalen- und
Titios 8. Titias. Tellerbruchstücken aus dem Merkurtempel zu
Titnaios (Tirvatog), Flußgott, Pottier, Rei- Sassi Caduti nur den Dativ: Titoi Mercui und
nach, Veyries, La necropole de Myrina 35. Tito Mercui, als dessen Nominativ Titos Mer-
[Höfer.] 60 cus gelten muß. Im Gottesnamen Titus findet
Tito {Ttxm) sagt Lykophron für r}^4ga (rb ThuUn erst die 'plausible Erklärung des Na-
Tixovg (pdog 294), Kallimachos für 'Hojg ifrg. mens der altrömischen Priesterschaft Sodales
206; Tixio' i\iüg r\ a^giov Hes. j] i\^iga Suid.). Titii: es sind die Priester oder Kultgenossen
Meichenberger, Entwicklung des metonym. Ge- des Gottes Titus' Thulin sieht auch auf einer
brauches van Götternamen S. 104, hält das Wort Münze der Gens Titia mit einem spitzbärtigen,
für eine alexandrinische Bildung nach 'Titan' an den Schläfen beflügelten Kopf den alten fa-
wie Enyo nach Enyalios (dagegen Gruppe, Gr. liskischen Hermes; Literatur a. a. 0. 301 *~^.
Myth. 1286, 2). Im Et. M. wird die Form hypo- Wissowa, Religion u Kultus der Römer^ 564*
1033 Tityas Tityos 1034
steht Thulins Deutanj? von Titos anscheinend Oött. gel. Nachr. 1901, 490, vjsfl. Gruppe, Gr. M.
skeptisch gegenüber, hält sie wenigstens nicht 1018,2, und auf dasselbe lüuft hinaus Wila-
für gesichert. F. Solmsen liat dem Namen moivitz' Erklärung als Aaificov dQ&dvvrig, Eur.
ritos eine einleuchtende Erklärung gegeben, Her. 1', 81A., wo auch Tizvnog, Tit&vag und
Indog. Forsch. 30 (1912), 10, wo er den Gott lat. Titus herangezogen sind. Oder Titjos be-
r. Mercus als italischen Gegenstück oder als deutet der 'Riese', vgl. rav-g- (liyag^ noXvg^
italische Nachbildung des griechischen ithy- xotvvag' iiByocXvvag Hesych , davon Tdv-ysto-v
phänischen Hermes (Herod. 2, 27, Paus. 6, das Gebirge, Curtius a.a.O. Prell er- Robert, Gr.
26, ö) anspricht und vermutet, Titos könnte 3f. 1, 234, 2.
für "tt-tu-s latt. Tizvg) eingetreten oder aus lo II, Genealogisches. In der Regel wird
*ti-tii-os (gr. Tixvög) entstanden sein, oder Tityos schlechthin als Sohn der Erde bezeich-
uber auch Kurzform eines *Tituo8 Tituros oder net, und letzten Endes dürfte damit durchaus
(Igl. sein, über die phallische Bedeutung der das Richtige getroffen sein, insofern als Elara
mit tit- gebildeten Wörter vgl. Kaibel, Nachr. oder Alera (s. o. Bd. 1, Sp. 1231, 22 ff. Tümpel
d. Ges. d. Wiss. Goctt. 1901, 490 und unten bei Pauly -Wissowa 5, 2234 f., 63 ff.), die als
Art. Tityros. [Preisendanz.] Mutter des Tityos genannte boiotische Heroine,
Tityas s. Tityos. bloß eine besondere Erscheinungsform der Ge
Tityoktouos [Tixuoy.T6vog) heißt 1) ohne ist. Aus Hesiods Ellagidrig Tirvög, frg. 63
jeden Zusatz Artemis, Antipater in Anth. Pal. Rzach, aus den Katalogen im Et. M. p. 60, 40
it, 7U0; Kallim. hymn. Dian. 110 und Schol. — 20 (= Herodian. frg. 708 ed. Lentz 2, ;^87. 505) ist
"1) Apollo, Orph. hymn. 34, 1. [Höfer.J die Form EUdga zu erschließen, wogegen Pmri.
Tityou 3. Tityos frg. 294 Bergk aus Et. M. 60, 37 ff. die (nach
Tityos (TiTvog, -oö, ep. -oto, Apoll. Bhotl. 1, Max. Mayer, Gig. 29 richtigere) Form kliqu
181. Nonn. D. 20,77, Tirvog Menandr. rhet. n. bietet, wird man doch kXigag o^ov {viov Syl-
imS. 17 p. 441, 13 Spengel). bürg, o^ov mit Hemsterhuys Bergk) ohne wei-
I. Sprachliches. Die griechischen For- teres als Tityos erklären. Als 'EXaga kennt sie
men Tityos und Tityon (Akk.) haben auch die Simonides frg. 234 C^iccgccg y^vsä., vgl. auch
Römer beibehalten, und zwar 'ist die Bevor- Herodian. a. a. 0.). Strab. 9 p. 423, vgl. auch
/ugung der griechischen Endung aus dem Be- Schol. Od. 7, 324 u. Eustath. z. St. p. 1581, 55 ff.,
.streben zu erklären, die Lautverbindung -yu 30 als 'Eidgr} Pherekydes F. H. G. 1,71, 5 h^i Schol.
y.w dissimilieren', Norden, Aen.B. VP412, wo Ap. Eh. 1,7G1. Apoll. Rh. 1,762. Apollod. 1,
A. 1 der Hinweis auf vier Breslauer Disserta- 23 W. Nach Pherekydes hat Zeus die von ihm
tioneu "De vocum Graecar. ap. poet. Lat. usu\ schwangere Elare, des Orchomenos Tochter,
deren Ergebnis ist, daß Tityos und Tityon in aus Furcht vor der Eifersucht der Hera in die
der römischen Poesie bis zum 5. Jahrh. mit Erde verstoßen (wie ähnlich nach des Aischylos
einziger Ausnahme von Val. Fl. 3, 226 (Satur- Alxvalai Zeus zam Schutz gegen die Gattin
niim Tityiimque) die regelmäßig gebrauchten auch des Hephaistos Tochter Thaleia in die
Formen sind (L. Sniehotta 1903, S. 43. 47. C. Erde verborgen habe, wo sie dann die Paliken
A. Z wiener Vi (i'd, S. 132. 142. P. Neumann 191i, gebar, Aisch frg. 5/11 Nauck); als aber Elare
S. 43. C. -E/'.sieW 1913, S. 49). Tt-rv-d-? ist wohl 40 gestorben, habe die Erde den Tityos empor-
als volkstümlich reduplizierte Nominalbildung wachsen lassen {&v£dcoy,s), weshalb er yrjysv^?
zu bezeichnen wie Täg-tccg-o-g, s. d. Bd. 5, Sp. gena,nntweTde.Z\iPherekydes frg. 6 vgl. Apollod.
1-26, 32 ff., ebenso Tdvtcäog = *TdX-TaX-o-g, und 1, 23 W. Ap. Rh. 1, 761 f. {Ttvvbv \iiyav, ov g'
•die Reduplikation ist dieselbe wie bei ri-ry-öH-(ö, hsycev ys | dt' 'Eldgrj, d-gsil^sv ds ycccl axp iXo-
wogegen bei aiol. T'-wgog {Ti-Q-avog) wie bei isvaaro Fccloc); vgl. Preller -Robert, Gr. M. 1,
•aiol. Zi-6v(pog der Annahme von Reduplikation 81,2. 182, 2. Gruppe, Gr. M. 811,2. Und wäh-
die Dehnung des t im Wege steht Cti- scheint rend bei dem Tavbg yairjiog viog Od. 7, 324
Intensivreduplikation', Prellwitz, Et. Wb.^ 463 nach der Erklärung von Schol. u. Eustath. z.
zu ti'rvgog). Es handelt sich also um die re- St. (p. 1582, 6 f.) noch nicht direkt an die Ge
-duplizierte W tu, tu- ^schwellen', vgl. rv-Xo-g, 50 als Mutter des Tityos gedacht ist {yfjg vlog
Tv-Xri Schwellung usw., skr. tü-tu-mä-s, lat. olcc i-Kstd-su dvadod-klg)^ nennt ihn dann die
tü"b-er, tü-meo usw., G. Curtius, Grdz.^ 226; 'orphisclie Interpolation' derNekyia (und diese
auch Brugmanii, Grundriß 2, 1 (1892), 93 stellte erst) geradezu Fairig igLKvdiog viov. Od. 11,576,
Tityos zj ai. tü-tu-ma-s 'kräftig'. Neben Tt- wozu aber Schol. V immer noch die Elara aus-
Tüdg kommen noch folgende Namensformen vor: spielt als Mutter des Tityos. Auch von einem
TITVO^ == Tirj''Mi^ (falls nicht der letzte Buch- 'Eldgiov xi öTtijXaiov dito xf\g Tixvov ^rjxgbg
Stabe als liegendes Sigma aufzufassen ist) auf 'Eldgocg berichtet Strab. 9, 423, das auf Euboia
der sf. Amphora aus Caere im Louvre, unten gezeigt werde nebst einem rjgaov xov Tixvov.
Kunstdeokm. nr. 8, TITVA> auf der rf. Am- Neben Orchomenos aber kommt auch Minyas
phora derselben Herkunft ebenda K.-D. 15, end- 60 in Betracht als Vater der Elara, vgl. Schol. Od.
lieh TITV> auf der rf. Pelike aus Corneto zu 7,324: 'KXdgcc] xfj 'Ogxoiisvov, xLvhg 6s MivvoVf
Berlin K.-D. IG. 'Tixvg, Ttxvag, Tixvav, Tl- was gestützt wird durch J^wsta^Ä. z. St. p. 1581,
xvog sind verschiedene reduplizierte Bildungen 55, wo allerdings Mivoiog überliefert ist statt
von der Wurzel tu- , schwellen', bezeichnen also Mivvov, vgl. auch Gruppe, Gr. M. 1245 A. Im
wohl den von Übermut und Geilheit Schwel- Sinne des ApoUonios nennt auch Vergil den
lenden', P. Kretschm-r, Gr. Vaseninschr. 204. Tityos nur 'Pflegling', 'Zögling' der Erde: ' Ti-
An rtrot, xuig (= xb ywai-nstov aldolov, Phot.), tyon Terrae omnipotentis alumnum'', Aen. 6, 595
wovon auch Tixdv komme, erinnert G. Kaibel, (alumnus = d-Qs:xt6g), vgl. auch Serv. z. St.,
RoscHBR, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V 34
1035 Tityos Titjos 1086
wogegen Tityos sonst allgemein direkt als daß er sie zu scheuchen vermag mit seinen
Sohn der Erde erscheint (z. B. Quint Smyrn. Hunden. Denn (hier nur wird auch der Grund
3,897), als yfjy*r»}ff Luk. Neeyow. 14. Nonn. der Strafe knapp angedeutet, bei Tantalos und
Dion. 20, 77, ^gaavg viög ScQOvffrig Nonn. 4, 881, bei Sisyphos dagegen als bekannt vorausgesetzt)
'terrigena* Stat. 3A«fc. 1,710, * Terrae filitts' Leto hatte er gewaltsam fortgezogen, d. h. miß-
Hyg. f.bb p.b9,lB Seh. Myth. vat. 2, lOA p. 110, handelt, des Zeus hehre Lagergenossin {dib^
7 Bode, *unu8 Gigantuni* Mvth. vat. 1, 13 p. 4, xv^qt) naQccxoirig heißt auch Here selbst //.
28 JH., und wie es scheint als der Giganten einer 18, 184, anderseits wird auch Leto direkt unter
wird Tityos noch besonders herausgehoben Hör. des Zeus Gemahlinnen gerechnet, Jl. 21, 498 f.) ;
od. 8,4,77, vgl. auch Seneca Herc. f. 977 (T. lo an Leto hatte er sich vergriffen, als sie aul
»wischen den *Gigantes pestiferi* und dem Gi- dem Weg nach Pytho war durch Panopeus,
ganten Mimans aufgeführt); Thyest. 806 (T. zwi- den Ort mit den schönen Tanzplätzen. An-
sehen Giganten und Typhoeus). Lucan. Phars. klänge an diese Verse der 'Nekyia' bieten im
4,696 (T. /w^ischen Gig., Typhon — Briareos, besonderen Menandr. rhet. n. iniö. 17 p. 441,
Antaios). Claudian. de JII. cons. Hon. 159 ff. 13 f. Spengel. Quint. Smyrn. 8, 31>2ff.; auf des
(T. zwischen Typhoeus und Enkelados); Gig. Tityos Attentat auf Leto {Tixvov intßovXr'j un-
26 f. — Des Tityos Tochter ist Europe, die einst ter den Stoffen der Pantomime Luk. de salt. 38)
dem Poseidon an des (boiotischen) Kephisos spieltiV^onwos verschiedentlich an, 7>ion. 2. 307 f.
ufern den Euphemos geboren, der dann am 4, 831 ff". 48, 396 f. 418. Des weiteren erfahren
Tainaron heimisch, wo ja auch sein Vater ein 20 wir, daß, weil Leto mit Zeus das Lager geteilt
berühmtes Heiligtum besaß (s. 0. Bd. 4, Sp. 8, (worauf sie Apoll und Artemis geboren , Hes.
52 ff.), Pind. P. 4, 44 ff. (Eigmitcc Titvov ^vyd- theog. 918/20), Hera den Riesen aufgeboten,
Tijp). Ap. Rh. 1,179 ff. {E-bgoanri Tixvolo {isycx- daß er Leto Gewalt antue; darauf sei Tityos
ö^fviog xovQTi). Schol. Ap. Rh. 1,181. 4,1562. von Zeus mit dem Blitze erschlagen worden;
Hyg. f. 14 p. 47, 2 f. Seh. (wozu C. Robert, D. so Hyg. f. 56 p. 69, 16 ff. Seh., wo auch der Zu-
Argonautenkat. in Hygins Fabelbuch, Gott. gel. satz, daß Tityos nun in der Unterwelt über
Nachr. 1918, 494. 500). Tzetz. Chil. 2, 613 f. cf. neun Morgen ausgestreckt liege und daß eine
Ei>(pi^lioLO EiQmxr]iädao Maximus n. %axaQX&v Schlange (ebenso oqpetg Schol. rec. Pind. 0. 1, 97
412 f. p. 82, 13/15 Abel) ihm beigesellt sei, seine Leber
III. Sagenüberlieferung. Nach Od. 7, 30 abzufressen, die mit dem Mond wieder nach-
323 f. führten die Phaiakenschiffe den blonden wachse. Für gewöhnlich indes sind es Apoll
Rhadamanthys nach Euboia zum Besuch bei und Artemis, die die Mutter am Schänder ihrer
Tityos, der also auf Euboia hauste, wo er dann Ehre rächen; es ist ihre gemeinsame Tat, oder
auch nach Strab. 9,423 als Heros verehrt ward. sie treten einzeln auf als Tirvo-atövog^ Gruppe,
Strabon zitiert Od. 7,32; und fährt fort, daß Gr. M. 106, 1/3. Der Artemis reißend schnelles
auf der Insel nebst der Elarischen Höhle (s. o.) Geschoß hat den Tityos erlegt nach Pind. P.
auch ein Heroon des Tityos gezeigt werde, mit 4, 90 ff., sie wird TttvoxTÖve angerufen, Kallim.
Ehren verbunden. Rhadamanthys gehört nach h. 3 {üg''AQt.), 110. Anih. Pal, 9,790,5, und
Kreta, und wenn schon nicht klar gesagt ist, nach Euphorion frg. 145 {Meineke, Anal. Alex.
daß die Phaiaken den Rhadamanthys auch zu- 40 150) aus Schol. Ap. Rh. 1, 179 war es Artemis,
rückfuhren, spricht doch die Stelle für die An- die Tityos anzutasten gewagt, weshalb er nun
nähme von E. Drerup, Hotner* 13S f., daß die büße. Dagegen ist Apoll der Rächer nach
Phaiaken (wenigstens nach der älteren Dich- Ephoros F.H.G. 1,255,70 (bei Strab. 9,422).
tung) auf Kreta gedacht wurden, vgL auch Apoll. Rh. l^lb^^. Orph. h. M,l {Titvo-ktovs).
G.Finsler, Homer* 1,2^. Ludolf Malten, Arch. Plut. Pelop. 16. Menandr. rhet. n. iniS. 17 p.
Jahrb. 28 (1913). 39 A. Herrn. Muchau, Jahres- 441, 13 f. Spengel. Quint. Smyrn. 3, 394 f. Schol.
ber üb. d. Fortschr. d. kl. A. Bd. 182 (1920), u. Eust. z. Od. 7, 324 (p. 1581 , 57). Hör. od. 4,
307 f. Dagegen vermutet Max. Mayer, Apulien 6, 2. Myth. vat. 2, 104 usf. Oder aber: die Leto
377, Rhadamanthys habe, wie in anderer Sage ruft ihre Kinder herbei, und diese schießen
Minos, seine Schiffe im Sturm verloren und sei 50 den Tityos nieder mit ihren Pfeilen {xataro-
deshalb von den Phaiaken heimgefahren wor- ^svovaLv)^ Apollod. 1,23 TT.; das war zu sehen
den (zunächst nach Euboia), wie es auch von am Thron des Apoll zu Amyklai, im Knidier-
den Rhodiern heiße Strab. 14, 654, daß sie lange anathem zu Delphi, im Reliefschmuck des Tem-
vor der Olympiadenära weite Fahrten zur Ret- pels der Apollonis zu Kyzikos, Paus. 3, 18, 15.
tnng Schiffbrüchiger unternahmen. — Ander- 10,11,1. Anth. P. 3,14, unt. K.-D. 2/4; diese
seit» erscheint Tityos in der Nekyia der Odys- Auffassung vertrat Pherekydes F. H. G. 1, 71, 5
see als erster der drei großen Büßer, Od. 11, aus Schol. Pind. P. 4, 160, womit Philodem. n.
576/81, in der nach Wilamowitz im 6. Jahrh. s'bffsß. 34^,3/5 {Gomperz, Herkul. Stud. 2, 7) in
zu Athen entstandenen 'orphischen Interpola- Verbindung gebracht wird von Th. Gomperz
tion', Wilamowitz, Hom. Unters. 199 ff. (f. Ti- 60 a. a. 0. 157 u. C.Lütke, Pherecydea, Diss. Gott.
tyos S. 200f.); Die Utas und Homer 111, dazu 1893, p. 6, wogegen G. Schmidt, Philodemea,
auch Preller -Robert, Gr. M. 1 , 820 ff. Rohde, Progr. Petersb. 1885, p. 2 die Stelle auf Hyakin-
Psyche* 1,61 ff. Finsler, Homer* 1,303. Über thos bezog (im Sinne von Apollod. 1,17. 3,
neun Plethren hin liegt der Erde Sohn am Bo- 116 W.)*); ferner vgl. noch Myth. vat. 1, 13.
den ausgestreckt (sieben Plethren bedeckte Ares ^^^ ^^^^^^ ^^^ ^^^^ ^^^
in seinem Fall, 7Z. 21, 407), und zwei Geier ^^,^ '^^ Beziehung der Stelle auf Thyos, wie-z. B. auch
sitzen ihm links und rechts und weiden ihm iVonn. /J. 2, 306. 20, 83. 48, 398. 419 Orion in einem Atemzug
unter die Haut dringend die Leber ab, ohne mit Tityos zusammen genannt wird.
J
1037 Tityos Tityos 1038
Apost. 16, 76. Arsen. 49,80 (2,680, 10 if. Leiitsch; ferner Culex 2:^8. Hör. od. 3, 4, 78 f. Ov. Ib. 182.
ungefähr dasselbe App. narr. 1 '6 bei Wester- Sen. Herc. f.löiji Phuedral2^'6; Ay. IS\ {Thyest.
mann, Mv^oyg. p. 386, 14 ff. Sutd. s. 'Arvog), 12). Oc^avta 634. luv. 13,51. Claudian. in Rufin.
wo die Strafe im Hades so verstanden ist, Ti- 2,511; r. Pros. 2, 3.H9tF.; Gig. 26. Paulin. Nol.
tyos leide, ein anderer Sebastian, den Körper carw. 31, 479. Boeth. de consol. philos. 3, 12, :i8f.
gespickt mit den Pfeilen der Arterais und des (p. 253). Myth. vat. 2, 104 p. 110, 10 f, J5. ; für
Apoll. — Bei Panopeus in Phokis fielen Pau- 'Tityi vultur' {Petron. frg. 25 Buch, aus Vulg.
sanias die auf Tityos bezüglichen Verse Ho- myth. 2, 6. Anth. hat. 2, 87 nr. 636,21 Riese,
mers ein, wo dieser der Panopeer Stadt yiaXXl- Lact. Firm. div. inst. 7, 21) s. unt. V, Doch gibt
XOQOs nennt, und dies bringt er in Zusammen- lo es (was hervorzuheben ist gegenüber L. Rader-
hang mit dem Reigen der Thyiaden zu Pano- machcr, Rh. M. 1908, 553) vereinzelt auch ab-
peus. Paus. 10, 4, 2 f. Zu Panopeus ''bei der weichende Versionen, nämlich, daß eine oder
Schlucht' 6ndet sich nach Paus, auch des Ti- mehrere Schlangen die Quälgeister sind {Hyg.
tyos Grabmal (Tirvov itvfjucc). Allein der Um- /. 55. Schol. rec. Pind. 0. 1,97) oder daß das
fang dieses Erdaufwurfes beträgt bloß etwa das Leiden rationalistisch zurückgeführt wird auf
Drittel eines Stadions (200'), und das stimmt die in der Leber des Riesen steckenden Ge-
schlecht zu Homers Angabe von den neun Ple- schösse der beiden Götter {Apost. 16, 76. Arsen.
thren (= 900': tcHQ^qov iaxl t6 ?y,xov ^legos xov 49,80. App. narr. 73 bei Westermann, MvQ-oyQ.
arccdiov., Schol. Od. ^1,511). Statt nun etwa das p. 386, 17 f. Suid. s. Ttrvdg). Ist auch 'schon
Tityosgrab als apokryph zu bezeichnen (es ist 20 die kurze Andeutung von Tityos' Strafe in der
ja auch nicht einzusehen, daß des Tityos Kör- Odyssee nur dann verständlich, wenn die Leber
per gleichzeitig im Hades und im Phokerland als immer nachwachsend vorgestellt wird'
liegen kann), hilft sich Pausanias recht plump (Gruppe, Myth. Lit. 1898/1905, S. 626), erst Ver-
aus dem Dilemma mit der rationalistischen gil Aen. 6, 598 ff. spricht ausdrücklich und zu-
Deutung, Od. 11,577 beziehe sich nicht auf gleich ausführlich von der steten Erneuerung
die Größe des Tityos, sondern sei eine Lokal- der Leber, ihrer 'Unsterblichkeit', just, wie
bezeichnung im Hades, der Platz, auf den Ti- hinsichtlich des Prometheus schon jffes. <Ä. 524 f.,
tyos verbracht wurde, führe den Namen HX^-^-pcc wobei Vcrgil Homer {X 576 ff.) und Lucrez (3,
ivvia. Gleichwohl beruft ersieh, um die Glaub- 984 ff.) zu überbieten sucht, vielleicht auch des
Würdigkeit der Größe des Tityos zu bekräf- 30 Accius Prometheus {Norden, Aen. V^ 284):
tigen, auf das Zeugnis eines Kleon von Magne- Hmmortale iecur tondens^ ist, was zuerst Heyne
sia am Hermos, der bei Gadeira die von des gesehen, kontaminiert aus Hes. th. 523 f. 7]7tciQ
Gottes Blitz angebrannte, ans Land gespülte ä^dvccxov und Od. 11,578 rinuQ ^xeigov; diese
Leiche eines ca. fünf Plethren großen ccvtjq &a- Eingeweide heißen fruchtbar (fecunda) zu stets
XccööLog gesehen habe, Paus. 10, 4, 5 f.. dazu wiederholter Strafe (zu Aen. 6,598 vgl, Sen.
Robert, Paus, als Schriftst. 37 f.* Walter Bacher, Ag. 18 ^uhi tondet ales avida fecundum ie-
De Paus. stud. Hom. {Diss. Halle 1919) p. 77. cur'), und der Geier durchwühlt sie zum
Wie eine Begründung dafür, daß Tityos zu Schmaus, hausend in der Tiefe der Bimst (vgl.
Panopeus begraben liege, mutet an des JEpho- Lucr. 3, 985 ''sub magno scrutentur pectore'\
ros (ganz in seinem Sinn gleichfalls rationa- 40 und keinerlei Erholung wird gegönnt den nach-
listisch gefärbte) Notiz, Tityos sei ein gewalt- gewachsenen Fasern. Daß diese Verse Vergih
tätiger und ungerechter Mann gewesen, der den besonderer Beliebtheit sich erfreuten, zeigt ihre
Ort beherrschte und, als Apollon zu den Pano- starke Auswirkung, die Fülle von Reminiszen-
peern kam, von diesem erschlagen wurde, Eph. zen an diese Fertigstelle bei den späteren rö-
F. HG. 1, 255, 70 (Strab. 9, 422. Theon. prog. mischen Autoren, wofür vgl. Ant. Zingerle, De
4 p. 95, 23 ff. Spengel). Hitzig-Blümner, Paus. scriptor. lat. locis qui ad poenar. ap. inf. de-
;-', 635. M.Mayer, Gig. 19. Tixvov rcöliq heißt scriptionem spectant, Kl. philol. Äbh. 3, 69 ff.
Panopeus Nonn. D. 4, 331. Interesse hat auch Der hier u. a. gebotenen Konfrontierung von
in diesem Zusammenhang, daß die Panopeer Stellen, da immer wieder fast mit denselben
selbst sich nicht als Phoker bekannten, viel- 50 Worten die ungeheuerliche Ausdehnung des
mehr verbunden sich fühlten mit dem boioti- Tityos über neun 'iugera' ausgesprochen wird
sehen Orchomenos, Paus. 10,4, 1, wie auch des {Lucr. 3, 988 f. Verg. Aen. 6, 596 f. Aetna 80.
Tityos Mutter Elara hinweist nach dem minyi- lib. 1, 3, 75. Prop. 4, 4, 44. Ov. met. 4, 457 f.;
sehen Orchomenos, s. 0., und wie man auch zu Ib. 181. Phaedr. fab. app. 5, 13. Claudian. r.
Tegyra, wenig östlich von Orchomenos am Pros. 2, 338 f. Hyg. f. 55 p. 59, 18f. ÄcÄ., vgl.
Nordrand der Kopa'is, mit der Geburt des Apol- Ov. am. 3, 12, 25. Stat. Th. 1, 710. 11, 12 f. Luk.
Ion die Tityosgeschichte in Verbindung brachte, Nekyom. 14. Quint. Smyrn. 3, 396), sei eine Zi-
Plut. Pelop. 16. — Statt von zwei bzw. meh- tatenlese zur Seite gestellt für die ewige Dauer
reren Geiern {Od. 11, 578 f. Apollod. 1, 23 TF. der Strafe: Lucr. 3, 986. 990 f. Verg. Aen. 6,
Luh. d. mort. 30, 1. Anth. P. 3, 14, 4. 9, 377, 3. 60 598 ff. Hör. od. 3,4, 77 ff. Ov. ex P. 1,2,4:1 f.
Ivwcr. 3, 984 ff. Tiö. 1, 3, 76. Prop. 3, 13, 31. Ov. (zu Hnconsumptum semperque renascens iecur'
met. 10,43; Ib. 194. Sen. Thyest. 10; Herc. Oet. vgl. Ov. Ib. 194 ^hic inconsumpto viscere pascet
947 [effodiat avidus hinc et hinc vultur fibras]. aves'). Phaedr. f. app. 5, 14. Sen. epist. mor. 3,
1071-, Stat. r/iefe. 4, 538. 6,754. 11, 13 ff. Myth. 3 (24), 18 {'viscera et renasci posse cotidie et
vat. 1,13 p. 4, 30f. B.) ist bei römischen Dich- carpi'); Herc.f.lbQ {^aeternas dapes')', Phaedra
tern vielfach bloß von einem Vogel die Rede, 1234; Ag. 18 {^fecundum iecur'); Thyest. 11 f.
wofür bestimmend sein mochte der eine Adler Claudian. r. Pros. 341; Gig. 26. Hyg. f. 55 p. 59 ,
des Prometheus, so zunächst Verg. J.en. 6,597ff., 20 Seh. Myth. vat. 1, 13. 2, 104 p. 4. 31 f. 110.
34*
1039 Tityos Tityos 1040
10 f. B. Sehol rec. Find. 0. 1,97; 'assiduae' Ix., nicht Tit.), sodann Hör. od. S.U. 21 iS. (Ix.,
beißen des Tityos Vögel, Tib. 1,8,70. Oo. Ib. Tit., Dan.), ins weinerlich Seutimentale über-
182, usw. Bei Tityos heben die Epitheta her- setzt Ov. met. 10, 41 ff. (Tant.. Ix., Tit.. Dan.,
vor seine Kraft und Größe (jisyaa&Bvris Ap. Sis.). Sen. Herc. Oet. lOölff. (Ix., Tit., Charon,
Bh. 1, 181. (äyccg ebd. 761. 'ifpaxXetff offOff Luk. Tant). Boeth. de consol. phil 3, 12, .<4tf. p. 258
Nekyom. 14. quantus Stat. Th. 6, 768. 11, 12. (nach Kerberos und Eumen. Ix., Tant., Tit.),
i%SQ<pittXos Quint.Smyrn. 3,892. novXvniXsd'Qog vgl. auch Sil. It. 11, 472 ff. (wo indes wieder die
ebd. 396) oder beziehen sieh aaf seine Lüstern- Wirkung beschränkt ist auf Acheron und Sis.),
heit und sein Vergehen gegenüber der Leto Zingerle a. a. 0. ()8 f. ; ähnlich setzen die Strafen
(ita^/e %al &q>goavvi] fi^Bfit^vatUvB Änth. P. 3, 14. lO der ewigen Büßer aus bei der geraubten Per-
^QUövs vl6s &QovQTig Nonn. D. 4, 881. jrofrd- sephone Ankunft im Hades, die festlich gefeiert
ßXr\xo9 ebd. 20, 77. iganucvlg öfiua tnaivtov ebd, wird, Claud. r. Pros. 2, 336 ff. (Ix., Tant., Tit.),
48,896. UncorUinens* Hör. od. 8,4,77. ^foedus^ yTOzvL Bihbeck, R. D 3,359. Oder wie Ooid in
Aetna 80); er ist die verkörperte ^nequitid* der Ibis seinem Widersacher all die überlie-
Hor. od. 3. 4, 78, heißt Waptor^ Hör od. 4,6. 2, ferte Höllenpein (^veterum tormenta reorum^) in
'Apollineae Umerator matris' Stat. Th 11,12; Aussicht stellt (173 ff. Sis., Ix., Dan., Tant., Tit. ;
für Y^YBPrjs^ *terrigena\ ' Terrae alumnus' usw. 189 ff. Sis, Ix., Tant, Tit.; vgl. dazu die Nach-
t. 0. ii; vgl. Carter, Epith. deor. {ap. poet. lat.) bildung bei Claud. in Ruf. 2,. 506 ff. sowie die
p. 98. ^Tantalos, Sisypbos, Tityos gehören seit Übertragung der Strafe des Tityos, richtiger
Homer zum festesten Bestände der Hadesschil- 20 des Prometheus auf die Verräterin Tarpeia,
derungen, auch bei den Römern; Fcr(jFt7 erwähnt Sil. It. 13, 839 ff.), so erachten sich bei Seneca
(von den dreien) nur den Tityos* {Rader niacher, Phaidra und Deianeira all dieser unter welts-
Bie Büßer Vergils, Rh. M. 1908, 5)0). Aber quälen für würdig, PA. 1229 ff. (angespielt wird
wie bei Homer Tityos, Tantalos und Sisyphos, auf Sis., Tant., Tit, Ix.); Herc. 0«;^. 942 ff. (Sis.,
so erscheinen Fiat. Gorg. 81 p. 625 E Tantalos, Tant., Ix., Tit., Dan.), vgl. auch Octavia 633 ff.
Sisyphos und Tityos. Desgleichen sind diese (Tant., Sis., Tit., Ix.). Endlich vgl. noch für
typischen Höllenqualen im ps. plat. Axiochos solch stereotype, gemeinplatzartig wieder
13 p. 37lE summarisch angedeutet mit Tavrd- kehrende Gruppierung: Aetna SO IS. (Tit., Tant.,
Xov dl^os^ TiTvofü öitXdyxva und SiGvcpov TcitQog Ix.). Hör. od. 2, 14, 8 ff. (Geryones u. Tit., Dan.
ffviJwTo?, ihnen vorangestellt aber JavaUcov 30 u. Sis.). Tib. 1,3, 73 ff. (Ix., Tit., Tant., Dan).
vdQBtai &vsXBtg (dies unser erstes literarisches Prop. 3, 13, 30 f. (Tit., Sis.). Oo. met. 4, 467 ff.
Zeugnis für die Übertragung der Strafe der (Tit., Tant., Sis., Ix., Dan.). Phaedr. f. app. 5
Afivritoi auf die Danaostöchter als aycrjAot, (Ix., Sis., Tant., Dan., Tit.). Sen. ep. mar. ü^S,
vgl. Waser, Arch. f. Ret 2 [18991, 56 ff.^. Und, (24), 18 (Ix., Sis., Tit.); Herc. f. 760 ff. (Ix., Sis.
wie es scheint, erst in alexandrinischer Zeit Tant., Tit , Dan.); ^^. 15 ff. (Ix., Sis., Tit., Tant.);
gesellt sich der alten Dreiheit auch Ixion, für Thyest. l ff . (Tant., Sis., Ix., Tit.). Stat. Theb.
dessen Lokalisierung im Hades immerhin nicht, 4, 537 ff. (Sis., Tant., Tit., Ix). luv. 13, 51 f (Ix.,
wie noch Wilamowitz, Hom. Unters. 203,4 an- Sis., Tit.). PawZm. iVoZ. c. 31, 479 ff. (Tit., Tant.,
genommen, Diod. 4,69, sondern Apoll. Rh. 3, Ix., Sis., Dan.). Wie 2'Äeofcr. td. 22, 94 Amykos
61 f als erster Gewährsmann zu gelten hat: 40 dem Tityos verglichen wird {Tixvöa bvaXlyxtog
'man darf behaupten, daß Ixion und die Da- auch Anth. Pal. 11,107,3), so erscheint Luk.
na'iden eigentlich erst zum römischen Hades rhet. praec. 13 Tityos zusammen mit Otos und
gehören' {Rtdermacher a. a. 0. 533). Das schließt Ephialtes als Typus des Riesen (auch Nonn.
nicht aus, daß Ixion einer der drei Büßer ist, 20, 81 f. werden Otos und Ephialtes mit T. zu-
mit denen zusammen Tantalo3 der vierte, Pmd. sammen genannt), und wie der Pygmaie das
OZ. 1,62(97): {TdvxaXog ^xsi) ^sru tgiäv tsrag- Zwerghafte, so repräsentieren Tityos und der
tovn6vov{fisTccIJLövq)ov,TLrvov^'I^iovog Scholl., Kyklope das Riesenmäßige, Diog. Laert. 1, l
vgl. auch Welcher, Rh. M. 10, 1856,249. Rader- n. 36 (dass. Suid. s. vovg); Tixvoi sind Riesen
tn»cher a.a.O. 562, 1); denn wenn auch Pind.P. und Frevler wie Tityos, Strab. 9, 423. Plut. de
2, 21 ff. den Ixion noch nicht im Hades leiden io facie in orbe lunae 30, 9. Hesych. s. 'iXdccov,
läßt, so kennt er ihn doch als Typus des ün- vgl. auch oi Ttsgl Tixvov Schol. Dem. 24, 104;
dankbaren, dessen Strafe allen Sterblichen ein direkt sprichwörtlich aber sagte man Ttxvov
warnend Beispiel gab. Die volle Vierzahl rückt 6s jtegifiivsi xal 'I^iovog xoXaaxi]gicc , Apostol.
z. B. auf Luk. Nek'iom. 14 (Ix., Sis., Tant., Tit.); cent. 16, 76. Arsen. 49, 80 (C. paroem. Gr. ed.
vgl. noch Schol. Demosth. 24, 104 p. 771, 24 ff. Leutsch 2,680, 10 ff.). Vgl. Pauhj-Wissowa 10,
Dind. (Tant., Tit., Ix.). Anth. P. 9, 143, 3 f. (Ix., 1377 f., 62 ff.
Tit.), und häufig genug bilden nebst Kerberos, IV. Bildliche Darstellung. Vgl. beson-
Charon und den Erinyen die vier Büßergestal- ders /. Millingen, Ap. et Tit., Ann. d I. 2 (1830),
ten samt den Dana'iden (wofür ^Belides' Ov. 225/31 z. ilfow. 1, 23. t. d'agg. H. L. Preller, Ap.
met. 4, 463. 10. 44; Ib. 177; Ars am. 1, 74 = 60 e Tizio, Mon. Ann. e Bull 1856, 40/44 T. 10 f.
Trist. 3, l,6i. Sen. Herc. Oet. 964) die unter- Gh. Lenormant-J. de Witte, Elite des mon. cera-
weltliche Staffage; gelegentlich auch erscheint mogr. 2, 162/84 T. 55/60. G. Loeschcke, Arch.
in der alten Dreiheit Tityos durch Ixion ver- Jahrb. 2 (1887), 277/79. Overbeck, Gr. Kunst-
drängt, Radermacher a.a.O. 533. Ein mannig- myth., 5. Apollon S. 39 f 63. 382/91 T. 19, 8.
fach variiertes Motiv ist, wie solche Höllenpein 23 , 2/8. Müller- Wieseler - Graef, Ant. Denkm.
und fiaxaiOTtovia durch des Orpheus Gesang S. 268. 317 ff. T. 26, 4 f. 7. S. Reinach, Rep. des
Unterbrechung erfährt, an^etönt Vera. Georg. vases 1,70,1. 94.2. 244,3/6. 245. 24'J, 3. öu5, 2.
4, 481 ff. (wo indes nur Eumenidcs, Cerberus, 2,26,4.232,3. Furtwängler- Reichhold, Griech.
1041
Tityos
Tityos
1042
Vasenmalerei l,276tt. T. 55.
C. Robert, Ar eh. Herrn. 64.
138.
A. Literarische Über-
lieferung. Literarisch be-
zeugt sind die folgenden fünf
Darstellungen : 1 ) Auf des
lason purpurnem Mantel, der
Athen a Werk, war u. a. Apol-
lon zu schauen, ein kräftiger
Junge, doch noch nicht voll-
reif, den gewaltigen Tityos
(wie David den Riesen Go-
liath) mit dem Pfeil erlegend,
ihn, der dreist die Leto am
Kopftuch zerrt, ApoJl. Bh. 1,
769 ff. — 2) Am Thion des
Apollon zu Amyklai, dem
Werk des Bathykles von Ma-
gnesia vom Ende des 0. Jahrh.
V. Chr., stellte unter den 14
Innenreliefs das 6. Apollon
(lar und Artemis, Titjos mit
dem Bogen erschießend, Paus.
3. 18, 15. Hitzig- Blümner z. St. 1, 825 f., zuletzt
E. Fiechfer, Arch. Jb. 33 (1918), 167; am ehesten
ist für diesen vorwiegend ionischen Bau die
Darstellung der Szene heranzuziehen, wie sie
auf altionischen Denkmälern erscheint, auf den
1) Tityos, die Leto entführend, 1. Apoll, r. Artemis, rf. Amphora im Loarre
(nach Overbeck, Kunttmyth. T. 23, 4).
Nek. d. Polygnot {16. Hall. Winckelm.-Progr.,
1892) S. 10. 22 f. 26. 28. 30. 35. 46 f. 63. 74. 77.
83. Marathon Schlacht in d. Poikile 'u. Weit. üb.
Polygnot {18. Hall. W-P., 1895) S. 96. 118 f.
Paul WeizsäcJcer, P.s Gemälde zu Delphi S. 39.
beiden Goldringen zu Paris (im Louvre und im so 49 f. 63 f. Hitzig- Blümner 3, 787 f. Franz Mül-
Cab. des med.) und auf den beiden kleinen Am-
phort'n zu Paris und zu Brüssel, unt. nr. 9/12.
— 3) In einer von den Knidiern zu Delphi ge-
stifteten Gruppe w^aren (außer Triopas, dem
Ktisten von Knidos, neben seinem Pferd) Apoll
und Artemis dargestellt, im Beisein der Leto
ihre Pfeile abschießend auf Tityos, der an ver-
schiedenen Stellen seines Körpers bereits auch
verwundet war, Paus. 10, 11, 1. Den Haupt-
ler, B. ant. Od.-lUustrationen 112 usf. Daß bei
einer so figurenreichen Komposition der Maler
verzichtet hätte auf die für rasches Erkennen,
klares Verständnis nötigen Merkmale, wie das
beim Tityos die die Strafe vollziehenden Geier
sind, ist kaum denkbar: 6 %oXa^6iievog hi, von
Weizsäcker zu Ehren gezogen, müßte konjiziert
werden, wenn es nicht überliefert wäre. Das
ä^v&QOv dürfte als Farbbezeichnung zu ver-
stein der Basis dieses Knidieranathems hat 40 stehen sein : des Tityos Hautfarbe war wie das
H. Pomtow ermittelt in dem 120 Zentner schwe-
ren Block, dem riesigsten zu Delphi, mit der
Weihinschrift: Kvidtoi x&i knoXXcovi | ccTto röjx
TCoXsiiicov ds'ndrccv und mit den Einlaßspuren
von der Kolossalfigur des Triopas; nach der
Inschrift rückt Pomtoic das Denkmal hinunter
in die Jahre 386/79 v. Chr., die paar Jahre, da
Knidos autonom war, Pomtoic, Delphica 2, 14
{Berl phil. Wschr. 1909, 187). Hitzig-Blümner ,
Pau^. 3, 691 f. Vgl. unt. nr. 7. — 4) Unter den 5o
GxvloTCLv äy.ia (Säulen- Relief bildern), die den
Tempel der ApoUonis, der Mutter Eumenes' II.
und Attalos' IL, zu Kyzikos schmückten, stellte
das 14. Tityos dar, wie er von Apoll und Ar-
temis beschossen wird, nachdem er der Leto
Gewalt anzutun sich erdreistet; das darauf be-
zügliche Epigramm weist bereits auch auf die
Strafe in der Unterwelt hin, Epigr. Cyzic, Anth.
P. 3,14. Klein, Gesch. d. gr. K. 3, 137 ff. (139).
Aussehen der Fische im Acheron {Paus. 10,
28, 1) äyLvÖQÖ?, wahrscheinlich grau {Bobert,
Nek. 28. 63. Hitzig-Blümner a. a. 0.), und das
ovds 6X6%XriQov legt in der Tat den Gedanken
nahe an unvollständige Darstellung, daß näm-
lich Polygnot hier sein beliebtes Mittel ange-
wendet habe, einen Teil der Figur durch eine
Terrainwelle zu verdecken, Bobert, Nek. 63.
Marath. 96. Vgl. unt. nr. 23.
B. Erhaltene Kunstdenkmäler. Drei
verschiedene Szenen führen uns die Denkmäler
vor, vereinzelt des Tityos Attentat auf Leto,
in zahlreichen Beispielen seine Bestrafung durch
die Letoiden, vereinzelt wieder den Büßer in
der Unterwelt.
a) ""Die Untat des Tityos selbst stellt bis
jetzt nur eine Vase dar' {Furiw.), nämlich
(>) die rf. Amphora aus Vulci, aus S. Beugnot
im Louvre, in der Art des Euthymides, De
5) In Polygnots Nekyia in der Lesche der 60 Witte, Cat. Beugnot nr. 4; Ann. d.i. 17 (1845),
Knidier zu Delphi war auch Tityos gemalt,
der noch gestraft wiid (6 xoXa^onsvog hi nach
dem Leidensis La, ov xoXcc^ousvog hi ^der nicht
mehr gestraft wird' nach den übrigen Hand-
schr.), aber zufolge der Ewigkeit der Strafe
schon ganz abgezehrt ist, ein nebelhaft undeut-
liches und nicht einmal vollständiges Schatten-
bild, Paus. 10, 29, 3, wozu besonders C. Bobert,
401. 3. Gerhard, Auserl. Vasenb. T. 22. 0. Jahn,
Arch. Aufs. 130: Einl. z. "Beschr. d. Vasens. K.
Ludwigs' S. CXVII A. 850. Elite 2, 166/68 T. 56.
Overbeck, Ap. S. 63, 16. 386 f., 4 T. 23,4 (dar-
nach unsere Abb. 1). CIG 7421. Klein, Mei-
stersig. 191 ; Lieblingsinschr.^l22t. Kretschmer,
Vaseninschr. 197 f. Beinach 2, 26, 4. Furtw.-
Beichh. 277. Dargestellt ist des Tityos Angriff
1043
Tityos
Tityos
S) Zwitohen Leto (?) und Hennet Tityot, von Apoll and Artemii rerfolgt, vor Tityos Qe,
tf. Amphon im LoaTre (nftoh Oeerbeck a. a. O. T. S3. S).
1044
Darstellung voa Ti-
tyos' Tod im Fries
der einen Schmal-
seite des Siphnier-
Schat/.haüses zu
Delphi, nach Ver-
mutung Ri((l. He-
berdeys, Ath. Mitt.
34 (1009), 159 ff.
T.6.3f.,vgl.2iom7-
les de Delphis 4, pl.
7/8 (f. die vom Wa-
gen steigende Uöt-
tin). 27, 1 (f. d.
Tityoskopf). Zu-
nächst wird die
vom Wagen stei-
auf Leto, der ihre Kinder zu Hilfe eilen, gende Göttin erklärt als Artemis, im Begriff,
und zwar ist 'Tityos' Frevel regelrecht nach nach r. den Pfeil vom Bogen zu schnellen
dem Schema des Liebesraubes oder der Lie- 20 (T. 5,3, S. 169 f.). Dazu der Kopf eines wilden
bes Werbung gebildet: Tityos umfaßt Leto und
trägt sie davon, Apoll kommt und will ihn
hindern' {Furiw), vgl. dazu Theseus mit Ko-
rone, Gerhard, Äuserks. Fow. T. 168. Reinach
2,84,11, auch Peleus-Thetis- Darstellungen 0.
Bd. 6, Sp. 787 f. In der Mitte der Komposition
hält der nackte, bekränzte, bärtige Tityos (er
allein ohne Beischrift) die vom Boden gehobene
Leto {Ahzovg) um die Hüften geschlungen, um
Ungeheuers (T. 5,4, S. 160 f.) mit struppig an
Stirn und Schläfen sich sträubendem, in lan-
gen Strähnen in den Nacken fallendem Haar,
starkem Backen- und Schnurrbart, wulstigen
Lippen und großen, runden Augen; ein Pfeil
ist von 1. dem Unhold tief in die Schläfe ge-
drungen; der zähnefletschende Mund, die unter
hochgezogenen Brauen vorquellenden Augen und
die krankhaft gerunzelte Stirn malen in reali-
sie rechtshin davonzutragen. Die Göttin, voll- 30 stischer Anschaulichkeit seinen Todeskampf.
bekleidet, hat die R. zur Stirn erhoben mit
Gewandstück (offenbar eine Gebärde der Scham-
haftigkeit), mit der L. sucht sie sich freizu-
machen. Von 1. packt Apoll {AnoXXov)^ nackt
bis auf den Mantel über dem 1. Oberarm (l.
oben hinter ihm raumfüllend Köcher und Bo-
gen), mit der R. den Räuber {'raptor'' Hör. od.
4, 6, 2) am r. Ellbogen, mit der L. faßt er Leto
am erhobenen r. Unterarm; Artemis dagegen
Apoll dürfte mit einem zweiten Viergespann
den Anfang der Darstellung eingenommen haben ;
dann kommt Leto (deren Kopf Heberdey mit
allem Vorbehalt vermutet in dem Fragment
S. 162 Abb. 2, s. Z. von Conze veröffentlicht
Ann. 33, 1861, 65 t. d'agg. E 2, dann auch von
Homolle herangezogen) an den gebührenden
Platz 1. neben dem den Abschluß bildenden
(rechtshin zusammenbrechenden) Tityos, wo sie
naht von r., vollbekleidet, mit Bogen und Pfeil 40 gut den Raum über dessen lang hingestrecktem
in der L., die R. erhoben mit Gestus der Über-
raschung. Das beigeschriebene Aidog wollte
Jahn ergänzen zu k[Qxfii\idog\ dem steht ent-
gegen De Wittes Versicherung, die Inschrift sei
zweifellos und vollständig, und so scheint denn
Artemis 'hier als AlSöag bezeichnet, wohl nicht
ohne Rücksicht auf die Gewalttat, die sie, die
Schützerin von Zucht und Ehre, verhindert',
Kretschmer a. a. 0., der u. a. hinweist auf Eur
Unterkörper füllt, ihren Kindern zustrebend,
vielleicht noch vom r. Arm ihres Räubers um-
schlungen, während dessen L. am Boden Stütze
sucht; zwischen ihr und Artemis ein lokal-
andeutender Palmbaum. Selbst dem auf dem
aufgebogenen Deichselende sitzenden Vogel
schreibt Heberdey Bedeutung zu, etwa als Par-
allelerscheinung zum Raben der Koronislegende
(0. Bd. 2, Sp. 1388, 12 ff.) : durch einen Vogel vom
Hippol. 78, wo Aidos als Dienerin der Artemis so Anschlag auf die Mutter verständigt, ist das
deren feuchte Wiesen pflegt (dazu auch Robert
Arch. Herrn. 228 f.), aus der Inschrift aber er-
schließt, 'daß Aidos ursprünglich nur eine Eigen-
schaft der Göttin Artemis selbst bezeichnete
und sich erst sekundär zu einer gesonderten
Persönlichkeit herausbildete'. Dafür, daß die
eine Namensform im Nom. {AnolXov), die an-
dere im Gen. (Astovs), lassen sich weitere Bei-
spiele beibringen (vgl. Overbeck a. a. 0. 386 A. e).
Geschwisterpaar zu Hilfe geeilt; noch vom Wa-
gen herab hat Apoll den rächenden Pfeil dem
Räuber in die Schläfe gesandt, die Schwester
schickt sich eben an, seinem Beispiel zu folgen,
ohne sich nur Zeit zu nehmen, vollends vom
Wagen abzusteigen. 'Dem Mythos in Delphi
zu begegnen kann um so weniger befremden,
als er in der Nähe von altersher lokalisiert war
(X 576 ff. , s. 0.) und im Heiligtum selbst noch
gleichwohl wage ich die Vermutung, es sei zu 60 ein zweites Mal in dem bekannten Knidier-
verbinden aldojg Arjzovg, was besagen sollte,
es gehe hier um die 'Ehre der Leto'; zu ver-
gleichen wäre dann etwa das jr^ötofia bei dem
vor Athena niedergesunkenen Giganten auf der
ef. Amphora in München nr. 473, vgl. Kretschmer
a. a. 0. 83, 1 (wo noch ähnliche Beispiele). 122.
b) Beschießung des Tityos. Im An-
schluß an nr. 3 stelle ich hier voran 7) die
Anathem {Paus. 10, 11, 1, o. nr. 3) vertreten ist'
(S. 161). In dem bisherigen Aufbau des Knidier-
Schatzhauses glaubt Heberdey (S. 164 f.) den
Skulpturenschmuck dreier Bauwerke vereinigt;
an zweiter Stelle aber konstatiert er ein dem
ersten stilistisch wie auch wohl zeitlich nahe-
stehendes Gebäude, in dem mit Zuversicht der
Thesauros der Siphnier zu erkennen ist, mit^
1045
Fries, von dessen
Darstellungen die jo
einer Lang- und einer
Schmalseite auf Leu-
kippidenraub un(i
Tityos' Tod zu deu-
ten, die der beiden
anderen unklar «ind.
— Im weiteren bilde
derNamensbeiscbrif-
ten wegen den Aus-
gangspunkt 8) die sf.
Amphora aus Caere,
Tityos
Tityos
1046
:i) Vert'olguug des Tityo» ^uubst Mutter) durch Apuilou, Hf. Amphora in dür Bibl. uat.
zu Paris (nach Luyne», Deicr. 6).
aus S. Campana im Louvre , mittleren Stils,
also etwa dem 2. Drittel des 6. Jahrh.s zu-
gehörig, Prelhr a. a. 0. 40. 43 T. 10, 1. Hey-
dcmann, Ath. Mut. 8 (1883), 286 f. Loeschcke
a. a. 0. 2771". Dumont- Chaplain- Pottier, Les
ceram. de la Grt'ce pr. 1,325 f. 400 f. Overbeck
zipfel hält, — 10) Altionische sf. Vase aus
Caere, aus S. Ravestein im Museum zu Brüssel,
Cat. du Musee de Ravestein n. 223 (wo Tityos
und Ge als Inder erklärt sind). Furtwängler
a. a. 0. Der fliehende Tityos und die Ge sind
analog gegeben wie auf der Pariser Amphora,
,39 C. 384 f. ,2 T. 23 , 2 (darnach uns. Abb. 2). 20 ebenso Apoll im kurzen Chiton und bogen-
Holwerda, Ärch. Jb. 5 (1890), 249, 61. Kretsch-
mer, Vaseninschr. 204. lieinach 1, 244, 3 f. Pot-
tier, Vases ant. du Louvre 2, 80, E 864. Müller-
Wies.-Graef S. 317 T. 26,4. Zwischen Leto(?)
1. und Hermes r. (""den Beschauer an die Jlo?
ßovXrj mahnend, die sich auch hier vollzieht')
Artemis und Apoll im Knielaufschema mit ge-
spanntem Bogen den Tityos verfolgend; zwi-
schen den Verfolgern und Tityos dessen Mutter
schießend; aber nicht zu Wagen, und ihm folgt
noch Artemis in weißer Haube und kurzem
bis zu den Knieen reichendem Chiton, gleich-
falls schießend, nicht fehlt zwischen Apoll und
Tityos der Hund, der gegen den Riesen an-
springt; Dekoration und Stil sind dieselben
wie beim Pariser Ex. (nr. 9). — 11) Altioni-
scher Goldring aus Etrurien (daher auch als
"^etrusk. Goldring archaischen Stils' bezeichnet),
Ge, alle außer Leto durch Namensbeischrift 30 ein Prachtstück der früheren S. Campana (Bild -
bezeichnet. Tityos, bärtig und nackt, ein am
ganzen Leib zottiger Mann, ist gleichfalls im
Knielaufschema gegeben nach r. fliehend; Mut-
ter und Sohn erheben gnadeheischend die R.
Wahrscheinlich ist TITVO^ zu lesen, nicht
TITV/ON, vgl. Kretschmer a. a. 0. 101,83 über
die Stellung des Sigma, mit der es die Vasen-
maler weniger genau nahmen als die Stein-
metzen. — Sodann vier altionische Denkmäler,
fläche 3 cm lang), jetzt im Louvre, E. Braun,
Ann. 14 (1842), 222 ff. t d'agg. ü. Ooerbeck 40
A. c (l). Müller -Wies. -Graef S. 318 T. 26, 5.
Furtwängler a. a. 0. F. 57. Die Darstellung ent-
spricht im wesentlichen wieder der von nr. 9,
vor allem aber fehlt der Greif hinter Apoll,
der hier nackt erscheint; ferner hat er dem
Tityos bereits zwei Pfeile in den Rücken
gejagt, von denen dieser den oberen mit der
zwei kleine Amphoren und zwei Goldringe, 4o L. faßt, wogegen er die R. wie abwehrend dem
nämlich 9) kleine sf. Amphora aus Etrurien,
aus S. Luynes in der Bibl. Nat. zu Paris (Cab.
des med.), Panofka, Ann. 1835, 85. Mon. 2, 18.
Duc de Luynes, Descr. de quelques vases gr.
pl. 6 (darnach unsere Abb. 3). Elite 2, 173 ff.
T. 59. F. Bummler, Rom. Mitt. 2 (1887), 174
n. 9. Dumont- Chaplain- Pottier sl. a. 0. 1,270.
Ooerbeck 40 0. A. b. Reinach 1, 94, 2. 2, 252, 3.
Furtwängler, Ant. Gemmen 3, 84 f. F. 59. Dar-
neuen Pfeil entgegenstreckt, Oberkörper und
Kopf nach dem Gespann zurückwendend; wei-
ter 1. wieder in ähnlicher eiliger Bewegung
die Mutter, bei der Tityos Schutz gesucht, in
kurzem Chiton, hier von des Tityos r. Knie
und Ellbogen überschnitten, so daß ihre L.
verdeckt ist. — Und 12) der altionische Gold-
ring aus S. Durand im Gab. des med. zu Paris,
Chabouillet, Cat. des camees n. 214. Overbeck 40
gestellt ist die Verfolgung des Tityos (nebst 50 A. c (2). Furtwängler F. 58 (in Vergrößerung),
Mutter) durch ApoUon, der jugendlich un-
härtig auf einem von zwei galoppierenden
Flügelrossen linkshin gezogenen Wagen steht,
vorgebeugt, im Begriff, von dem von seiner
L. gehaltenen gespannten Bogen mit der R.
«inen Pfeil abzuschießen; hinter dem Gott
hockt sein Greif, unter den Pferden läuft
linkshin ein Hund. L. von den Pferden flieht
in großer Gestalt (wie schon der Raum mit
eine kleinere Replik von nr. 11, die indes den
fliehenden Tityos (wie es scheint, einen Stein
erhebend) allein zeigt, ohne die Mutter, ander-
seits hinter Apoll einen Jüngling mit Schwert
und Lanze beigefügt. — Weiter Bruchstücke
sf. Vasen von der athenischen Akropolis: 13) sf.
Vasenscherbe von der Akropolis im Akropolis-
mus. zu Athen, {Mylonas) Eph. arch. 1883, 53 ff.
7t. 3. Heydemann, Ath. Mitt. 8, 1883, 286 f.
sich brachte) ein nackter bärtiger Mann mit 60 Loeschcke a. a. 0. 278 f. Dumont-Chaplain-Pot-
langem Haar, im Rücken bereits von einem
Pfeil getroffen, den er mit der L. herauszuziehen
sucht; den Kopf wendet er zurück nach dem
Verfolger, die R. hält er vorgestreckt. Vor
ihm eilt gleichfalls nach 1. eine bekleidete
weibliche Gestalt, die gleichfalls den (mit
Haube bedeckten) Kopf zurückwendet, die R.
erhebt, wogegen sie mit der L. einen Gewand-
tier 1,322 A. 2. Overbeck 39 B. 383,1 T. 19,8
(darnach unsere Abb. 4). Reinach 1, 505, 2.
Hitzig -Blümner, Paus. 1, 826. Die richtige
Deutung hat zuerst Heydemann gegeben, nur
ist neben Tityos nicht Leto, sondern Ge zu
erkennen und die Vase nicht erst um 500
V. Chr. zu datieren, sondern erheblich früher
(die Stickereien am Gewand der Ge z. B.
1047
Tityos
Tityos
1048
haben ihre Analogien an der Fran9oi8va8e).
Apoll, etwa zur Hälfte erhalten, behelmt und
wie 68 scheint gepanzert, den Köcher voll
Pfeile an der Seite, verfolgt von 1. den Tityos
4) Apoll und Artemi« verfolgen Tltyo« und Ge,
tf. Scherbe von der Akropolis im Akropolismna
(nach Ottrbeck ». a. O. T. 19, 8).
mit gespanntem' Bogen; ihn begleitet, gleich- 30
falls bogenschießend, Artemis, von der jedoch
(im Vordergrund) bloß noch der eine Arm mit
dem vorgestreckten Bogen und ein Stück des
pfeilstrotzenden Köchers zu sehen ist (durch
aufgetragenes Weiß sind die beiden weiblichen
von den männlichen Gestalten unterschieden).
Fast vollständig erhalten ist die Gruppe des
Tityos und der zweiten Frauenfigur in dem
stickereigeschmuckten Gewand, die den nackten
Tityos zum größeren Teil verdeckt und gegen 40
die herandringenden Götter wie abwehrend die
R. erhebt, während am vorgestreckten 1. Arm
Tityos sie hält. Namentlich nach Maßgabe der
sf. Amphora nr. 8 (wo ja die Namenabeischrift
AE nicht etwa Ari[rc6 zu ergänzen, sondern Fi)
zu lesen) ist diese weibliche Gestalt mit Sicher-
heit als Ge zu deuten, des Tityos Mutter, zu
der dieser gefluchtet ist, hinter der er sich zu
bergen trachtet: Tityos sucht Hilfe und Kraft
bei der Mutter Erde, und gewiß ist dies ein
alter volkstumlicher Sagenzug, daß die Söhne
der Erde durch Erfassen der Mutter und Fest-
halten an ihr die Lebenskraft sich erneuen;
auch von anderen Erdriesen her kennen wir
dies Motiv, zumal von Alkyoneus, von dem es
übertragen ward auf Antaios (s. z. B, Lucan.
Phars. 4, 598/600), vgl. Waser 'Gig.' bei Pauly-
Wissowa Suppl. 3, 659, 12 ff. — Und 14) sf.
Vasenfragment von der Akropolis, BotJio Graef,
Akrop.-Vasen H. 1 (1909), 76 T. 39 nr. 631b.
Es sind drei Teilstücke von der Schulter eines
sf. Gefäßes, von denen a) vermutlich Nike und
Zeus in der Gigantomachie, b) vermutlich den
vom Pfeil des Apollon getroffenen Tityos zeigt
mit Ge, c) technisch durchaus zugehörig, in-
haltlich aber schwer mit a) und b) zu verbin-
den ist. Tityos ist bärtig, nackt (dabei die
Schamhaare weit hinaufreichend, die Behaarung
an den Hoden durch gravierte Punkte ange-
deutet), nach r. fliehend (im Kuielauf8chema\
linkshin zurückblickend; die Arme sind ent-
sprechend bewegt, die L. ist erhoben, die K.
greift zurück und faßt den im Rücken stecken-
den Pfeil ; r. Ge bekleidet, die R. auf des Soh-
nes r. Schulter legend, die L. vorstreckend. —
Auf Grund dieser sf. Vasenbilder wird man
sich vorstellen können, wie derselbe Gegien-
10 stand am amyklaiischen Thron (o. nr. 2) ver-
anschaulicht war; eher aber hat man sich hie-
für an die altionischen als an die altattischen
Darstellungen zu halten. — Ferner sechs rf.
Vasen, nämlich 15) die rf. Amphora aus Caere»
aus S. Campana im Louvre, Preller a.a.O. 40
T. 10, 2. Arch. Ztg. 17 (1859), 104*. Overbeck 63,
18. 390 f., 9 T. 23, 5 (darnach unsere Abb. 6).
Kretschmer, Vaseninschr. 'J04. Reinach 1, 244,
5 f. 0. Bd. 2, Sp. 2649, 19 ff. Apoll {AnoXXov),
20 jugendlich unbärtig im kurzen Chiton mit
Mantel über dem 1. Unterarm, mit hohen
Stiefeln, mit Lorbeerkranz im langen Haar,
mit Bogen in der vorgehaltenen L. und mit
Schwert in der gesenkten R., dringt ein auf
den nackten bärtigen Riesen TU VAS, den
er bereits mit einem Pfeil im Rücken getroffen,
der, aufs 1. Knie niedergesunken, mit der R.
über die Schulter zurückgreift, um den Pfeil
herauszuziehen, die L. gnadeheischend gegen
Apoll vorgestreckt hält; hinter Apoll folgt eine
königliche Frauengestalt rechtshin, mit der L.
das Gewand lüftend, die R. erhebend mit be-
dauernder Gebärde, MsXoaa (= MiXovaa)^ nach
Preller und Overbeck die 'Hochgeehrte', Leto
nach gewöhnlicher Annahme, vielleicht aber
auch dies die Ge (von ihr abgedrängt fällt
Tityos). Das Schwert schwingt Apollon wie in
der Gigantomachie, so nicht selten gegen Ti-
tyos (zu dieser nr. 15 vgl. nr. 16. 18 f.; in der
Scheide trägt er es K.-D. 8. 17), vielleicht eben
als derXQvöäoQog (z. B. //. 5, 509. 15, 256) oder
XgvaäojQ 'der mit dem goldenen Schwert', was
seit alters ein besonderes Epithet des Gottes,
8. 0. Bd. 1, Sp. 900, 44 ff. Overbeck a. a. 0. 388.
Preller-Boberij Gr. M. 1,290,5. Pauly-Wissowa
3, 2484, 67 ff'. Gruppe, Gr. M. 1239, 7. 1253, 1 . —
16) rf. Pelike (Stilstufe des Duris) aus Cometo
im Berliner Antiquarium {Inv. 8189), h. 0,33 m.
5) Apoll uud Tityos, 1. Melosa (= Ge ?), rf. Amphora
im Louvre (nach Overbeck a. a. O. T. 23, 5).
1049
Tityos
Tityos
1050
(Figurenhöhe 0,205 m),
FurUränfjh'v, Arcfi. Anz.
18U2, lOÖf. Kretschmir,
Vaseninschr. 204: Tityos
(TITVS), von vier Pfeilen ^
beschossen, ist ins r. Knie
gesunken und ist entsetzt über
den mit weiten Schritten heran-
stiirmenden Apoll, der mit ge-
schwungenem einschneidigem
Schlachtmesser auf ihn losgeht;
Tityos hat ein geflecktes Fell um-
geknüpft, Apoll trügt kurzen Chi-
ton und Stiefel bis an die Knie,
in der L. den Bogen. — 17) Die
prächtige Amphora streng rf. Stils
aus Vulci im Brit. Museum, h.
0,497 m. {Cat 3,206, K278), hi-
(jhirami, Vasi fitt. 45, MÜlingen 6) Apollon, Tityos and Ge, rf. Krater im Louvre (nach Overbeck a a. O. T. 28,6).
a. a. 0. 228/30 z. Mon. 1, 23.
T. 23,3. Müller -Wies.- Graef S. 319 f. T. 26,7.
Elite 2,162/66 T. 55. Overbeck 63,19. 387 f., 5
Reinach 1, 70, 1. Furtic an gier -B eichhold 1, 277.
Auf der Vorderseite Apoll nach r. schreitend,
bloß mit Chlamys über Schultern und 1. Unter-
arm, mit Schwert an der 1. Hüfte, mit Bogen
sind, mit struppigem Bart, ist im Entweichen
begriffen nach r. auf eine Palme zu und streckt
die R. wie abwehrend oder um Schonung bit-
tend gegen Apollon aus, während er mit der
L. die gleichfalls nach r. fliehende Frauen-
gestalt bei der l. Hüfte umfaßt, wiederum Schutz
in der vorgestreckten L., im Begriff, mit den 30 und neue Kraft suchend bei seiner Mutter. Diese
zierlich gespreizten Fingern der H. dem Köcher
einen Pfeil zu entnehmen, um ihn auf Tityos
abzuschießen; auf der Rückseite die Gruppe
des Tityos mit seiner Mutter. Bereits von zwei
Pfeilen getroffen, ist Tityos aufs 1. Knie ge-
sunken, nackt bis auf den vom Hals in den
Rücken fallenden Mantel und unbewehrt; sein
Haar wird durch eine Binde gehalten und ist
hinten wie das des Apoll in einen y.Q(o§vXos
im langen Gewand wendet den Kopf dem Apol-
lon zu, hält auch die R. (wie Tityos) linkshin
ausgestreckt, mit der L. hebt sie einen Ge-
wandzipfel empor; drei Pfeile stecken in einer
auf ihrer r. Schulter befestigten Platte: soll
diese darauf hindeuten, daß die Göttin unver-
wundbar? — 19) Die großartige rf. Schale aus
Vulci, aus S. Canino zu München, im Fresko-
stil der Mtinchner Penthesileiaschale (Furt-
zusammengefaßt; mit matter Gebärde versucht 40 wängler-Bcichhold T. 6), Gerhard, Trivksch. T.
er die R. gegen Apoll zu erheben, während
seine L. am Körj^er einer hinter ihm stehenden
Frauengestalt aufliegt dicht unter der r. Brust;
diese, in eiliger Bewegung nach r., blickt auf
Apoll zurück, mit der R. ihr schleppendes Ge-
wand, mit der erhobenen L. den Schleier he-
bend. Die Deutung dieser Figur ist kontrovers :
wurde sie früher allgemein als Leto bezeichnet,
die dem Tityos, der sie bereits an der Brust
gepackt, zu entfliehen sucht, hat der Umstand,
daß gelegentlich (s. nr. 8) die Ge bei Tityos
inschriftlich beglaubigt ist, Overbeck veranlaßt.
C 1/3. Jahn, Münch. Vasens 134 f., 402. Overbeck
63,21. 389,7 T. 23, 8. Furtwängler-H eichhold
1,276/78 T. 55 (darnach unsere Abb. 7. Von
1. stürmt Apoll heran, ein herrlicher Götter-
jüngling, in der R. das Schwert, in der L.
Bogen und Pfeile; vor ihm ist Tityos in
die Knie gesunken, und beide Arme erhebt er
flehend zu dem zürnenden Gott, vor dem auch
des Erdriesen Mutter flieht^ die gewaltige Ge,
die, nach Apollon umblickend, mit der L, das
Gewand hebt, mit der R. das Kopituch empor-
zieht. — Endlich 20) die rf. Vase schönen
auch hier an Ge zu denken, und mit Recht 50 Stils aus Agrigent, s. Z. bei Sam. Rogers in
hat ihm gegen Graef, der an der früheren
Deutung festhalten wollte, Furtwängler bei-
gestimmt. — 18) Der vorzügliche rip. Krater
aus Caere, aus S. Campana im Louvre, Preller
a. a. 0. 44 T. 11. Overbeck 63, 17. .^88 f., 6
T. 23, 6 (darnach unsere Abbildung 6). Beinach
1,245. Mmer-Wies.-GraefS.26S. Furtwängler-
Beichhold 1,277. Apoll {AitoXlov), jugendlich
unbärtig mit Kranz im Haar (der Kopftypus
London, jetzt verschollen, Millingen a. a. 0.
230 f. t.d'agg. H. Elite2,lQS/10T.bl. Overbeck
63, 20. 389 f., 8 T. 23, 7. Beinach 1, 249, 3. Furt-
wängler-Beichhold 1,277,3. Apoll, jugendlich
unbärtig, nackt mit über den ausgestreckten
\. Arm niederhangendem Mantel, hält in der
vorgestreckten L. den Bogen, im Begriff, mit
der R. den Pfeil zu entsenden; hinter ihm Ar-
temis gelassen dastehend im langen Gewand,
ist etwa der des Harmodios, mit stark ent- 60 mit Bogen in der vorgehaltenen L., die R. in
wickeltem Kinn), bekleidet mit kurzem gefäl-
teltem Chiton, den Rundköcher am Rücken,
die L. vorgestreckt mit dem Bogen, mit der
R. das Schwert schwingend, dringt rechtshin,
nachdem er seine Pfeile aus der Ferne ent-
sandt, nun mit dem Schwert auf den Gegner
ein. Tityos, nackt bis auf das Fell im Rücken,
dessen Vorderpfoten unter dem Kinn geknüpft
die Hüfte gestützt. R. ist Tityos vor einem
Lorbeerbäumchen hingesunken zu Füßen seiner
Mutter, die der Artemis entsprechend im lan-
gen Gewand ruhig linkshin steht, mit der vor-
gehaltenen R. auf das Zepter gestützt; Tityos
aber, nur unterwärts in ein weites Himation
gehüllt, mit der L. auf den Boden sich auf-
stützend, hat die R. erhoben mit Abwehrgebärde.
1051
Tityos
Tityos
1052
— Weiter zwei Skarabaien: 21) Karoeol-Skara-
baios aus Orvieto zu Berlin, Furhcängler, Arch.
Ztg. 1886, 162; Beschr. d. geschn. Steine im Ant.
S. 16 (T. 4 nr. 137); Ant. Gemmen 2,38. 3, 100
T. 8,18. Overbeck 386,3 F. 21. Tityos, ins r.
Knie gesunken, mit langem Haar und Bart,
dicker Nase, Band (oder Kranz) um die Brust,
Tersucht den Pfeil herauszuziehen, der ihm in
der r. Hüfte steckt. Dieser pfeilgetroffene Ti-
abhän^ig von Homer, allenfalls auch darin, daß
die Geier nicht auf beide Flanken verteilt sind.
— Zweifelhaft ist die Deutung auf Tityos bei
zwei älteren Denkmälern, einem 'Inselstein'
und dem Fragment eines Toureliefs; also 24)
Graugrünlicher Steatit im Brit. Mus. (Cat. nr. 8 1).
Rev. arch. 36 (1878), pl. 20, 2. 1903, 1, 1(56.
Milchhöf'er, Anf. d. Kunst S. 80 F. 57. Wiener
Vorl. Ser. D 9, 6. Furtirängler, Arch. Ztg. 1885,
tyos ist als Einzelfigur entlehnt der größeren lo 226. Staduiczka, Ath. Mitt. 11 (1886), 89 f. 92.
Szene der Goldringe nr. 11 f., also wohl auch
altionische Arbeit; ähnlich erscheint er (22)
auf einem Skarabaios aus Cometo, von 0. Boß-
back als Silen verkannt, vgl. Roßbach, Ann.
1886, 218 t. GH 34. FuHwänaler a. a. 0.
c) Tityos als Büßer in der Unterwelt.
Zu der Darstellung in Polygnots Nekyia o. nr. 6
kommt 28) der
Tityos im zweiten
Unterweltsbild
anter den Odys-
seelandschaften
vom Esquilin in
der Vatikan. Bi-
bliothek, Woer-
mann, D. ant.
Odysseelandsch. v.
esquilin. Hügel
T. 7 (darnach o.
Bd.3. Sp. 1023f.).
Bart. Nogara, Le
nozze Aldobr., i
paes. con scene
ddV Od. ecc.p. 49
1. 12. 26 f. Heibig,
Führer^ 1, 265,
414. Franz Mül-
ler, D.ant.Od.-lll.
114, R. unter dem
schräg vorsprin-
genden Felsen
(auf dessen Pla-
teau man Orion
jagen und Sisy-
phos den Stein
wälzen sieht ,
während im Vor-
dergrund fünf
Danaiden zu erkennen sind) liegt auf dem
7) Apollon, Tityos und Ge, rf. Schale zu München (nach Furtwängler-
Rcichhold, Gr. lutenm. T. 55).
Hub. Schmidt, Obsero. arch. in carm. Hesiodea,
Diss. Hai 12, 126. Preller - Robert , Gr. M. 1,
822,1. Furttcängler, Ant. Gemmen 2,24. 8,73
T. 6,34: ein nackter Mann liegt ausgestreckt
und wird von einem Geier zerfleischt. 'Es ist
im Kreise dieser Gemmen wahrscheinlicher, daß
die Figur der Sage als daß ein beliebiger <len
Raubvögeln hin-
geworfener Leich-
nam gemeint ist'
(Furtwängler). —
Und 25) Relief-
fragment aus Ton
(wohl Bruchstück
eines großen Ge-
fäßes) , herrüh-
rend aus TenoB,
1883 der Samm-
lung der Archäol.
Gesellschaft zu
Athen geschenkt,
br.0,23m,h.0,165,
Studniczka a. a.
0. 87/92: ein
nackter, bärtiger
Mann,de8senLeib
vier wie es scheint
durch Eindrücke
mit dem Finger-
nagel bezeichnete
Wunden trägt,
liegt leblos auf
dem Boden und
wird durch einen
großen Raubvo-
gel, der sieb, wie
wohl der leicht
gehobene Flügel
andeuten soll, . eben auf seine Beine nieder-
grünen Plan über dem Unterweltsstrora die m gelassen hat, in den Weichen angehackt. Wie
augenfälligste Figur in diesem Gemälde, die
riesige Gestalt des struppig bärtigen Tityos,
nackt, von ziegelroter Hautfarbe; der Name ist
an des Riesen r. Seite auf dem Grasboden in
weißer Schrift beigeschrieben; zwei Geier, mit
den Krallen an des Riesen 1. Seite festgehakt,
schlagen ihre Schnäbel in sein Fleisch. Man
sieht den gewaltigen Körper in Verkürzung mit
den Beinen nach dem r. Bildrand hin ausge-
streckt, die Beine gespreizt mit Riemen am eo
Boden befestigt; dies ist wohl auch für die
Arme anzunehmen: gebunden muß sein der r.
Arm, der steil aufwärts gestreckt ist, dessen
Lage also unnatürlich, der 1. aber ist offenbar
auch nicht damit beschäftigt, die Geier abzu-
wehren, sonst sähe man ihn nicht an der 1. Seite
anliegend, sondern mehr erhoben: bloß in dieser
geringfügigen Einzelheit erscheint der Malerun-
der Stil durchaus gleichartig ist mit dem der
Dipylonvasen und der diesen nahestehenden
Metall- und Tonreliefs, reiht sich nach Stud-
niczka auch die Darstellung den durchaus (V)
nichtmythologischen Bildern des Dipylonstils
an, und dieses 'Genrebild (?) gewinnt dadurch
an Interesse, daß der erschlagene Krieger,
den man oloivolGi Öoclxcc im Felde liegen läßt,
auch dem Epos eine geläufige Vorstellung ist'.
— Des weiteren dürfte bei dem bekannten
Innenbild der ' kyrenäischen ' Schale in der
Vatikan. Vasensammlung bei Helbig'^ 534 der
Deutung auf Tantalos (oder Sisyphos) und Ti-
tyos doch vorzuziehen sein die auf die beiden
büßenden Titanen Atlas und Prometheus, vgl.
ob. Bd. 1, Sp. 709, 18 ff. Bd. 3, Sp. 3088 f., 35 ff.
Bd. 4, Sp. 965 Abb. 2. 972, 9 ff. — Desgleichen
scheiden für Titvos besser aus drei rf. Vasen:
1053 Tityos ' Tityos 1054
die rf. Kanne zu München bei Jahn nr. 1107, men und den Unhold erschießen; daß er nach
wo an Herakles und Antaios zu denken ist, dem Tode büßt, ist eine späte (jedenfalls spä-
keinesfalls an Apoll und Tityos, wie Gerhard tere) Mmdichtunt?' {WilamowUz, Hom. Unters.
meinte, Äuserl. Vas. ü9f., 4 (darnach lieimieh 201). Daß im besonderen die Leber (nnaQ, ie-
2,48,8); ferner die rf. Amphora aus Nola, A7i7<^ 2, cur) der leidende Teil ist, erklärt sich daraus,
170/73 T. 58, wo der Gegner der Letoiden, die- daß den Alten dies Or<,'an vorzüj?lich als Sitz
ser ins 1. Knie gesunkene Jünj^ling mit Keule des Beji^ehrens, der sinnlichen Bej;fierden und
in der R., mit Fell und pilosartii^er Pelzmütze, Leidenschaften jralt {Poll. 2, -227. Serv. Aen. 6,
eher als der Jäger Orion zu bezeichnen ist denn 5U5. Myth. vat. 2, 105. 3,6,5 p. 110, 25 f. 176,
als Tityos; endlich die rf. Amphora freien Stils lo 43 ff. B.), und wie überhaupt die Strafen in der
aus S. Campana im Louvre, für deren Bild Unterwelt, Hißt sich die Bestrafung des Tityos
0. Eoßbach, N. Jahrb. f.d. kl. Ä. 7 {1901], SSiJ f. unter dem Gesichtspunkt der 'Talion', der
eine nicht just überzeugende Deutung gefunden Wiedervergeltung betrachten, als diesem Prinzip
(■"Die Abwesenheit des Apollon haben Misse- angepaßt: Tityos wird an der Leber gestraft,
täter, kräftige Gestalten, wie der gleichfalls d. h. dem Teile, mit dem er gefrevelt, vgl.
ihm feindliche Sohn der Ge, Tityos, benützt, Ä. Dieterich, Nekyia 20ijü\ llud.Hirzel, I). Ta-
um seinen Tempel zu überfallen; schon ist eine Hon, Phüol. Siippl. 11,474; doch, meint Hirzel,
Säule niedergeworfen und soll unter schimjjf- ""müssen wir uns hüten, zu rasch für Talion zu
liebem Spott zertrümmert werden; doch das halten, was einer späteren Zeit so scheinen
Verbrechen ist nicht unentdeckt geblieben • Leto 20 mochte, worin aber eine ältere Zeit nur die
oder Artemis oder vielleicht auch eine Prieste- ungeheure Qual sah, die die Götter deshalb
rin ist herbeigeeilt, und bald wird der Gott auch über Prometheus verhängten und damit
selbst erscheinen und blutige Rache nehmen'). für Verbrechen, zu denen sie nicht mehr im
— Dagegen sei noch daran erinnert, daß 26) der strengen Talionsverhältnis stand'. Bekannt ist
Leto Gegner am Pergamener Fries, der im all- die epikureische Auffassung (was Seneca ^Epi-
gemeinen menschlich gestaltet ist, doch aus- cuream cantilenam^ schilt, ejnst. mor. 3,3,18),
gestattet mit krallenartigen Zehen und mit die ihren Niederschlag gefunden bei Lucrez
Vogelkrallen statt der Hände, mit Flügeln am 8, 984/94, wozu Serv. Aen. 6, 595. Myth. vat. 2,
Rücken, aus dem überdies an Stelle eines 105. 3, 6, 5 p. 110, 22fF. 176,40fiF. 5., vgl. G^rwjjpe,
Schwanzes eine dünne Schlange heraus wächst, 30 Gr. M. 1018, 2. Ein Tityos (heißt es Lucr. 3,
daß dieser "^Vogelgiganf von 0. Puchstein Ti- 992 ff.) ist für uns hier (im Leben) derjenige,
tyos benannt worden ist, s. o. B. 2, Sp. 1980, den in den Fesseln der Liebe (Hn amore ia-
49 ff. Waser hei Pauly-Wissowa Suppl. 3,711, centein^ v. 992 nimmt wieder auf das ^ Ache-
-50 ff. 759, 8 ff. runte iacenteml v. 984) die Geier zerfleischen,
V. Lokalisierung, Kult, Deutung. Lo- d. h. bange Herzensbeklemmnis oder andere
kalisiert wurde Tityos beidseitig des Euripos, Kümmernisse der begehrlichen Liebe: "^ Tityos
sowohl auf Euboia, wo 'EXccqlov xv onr^Xaiov ist an wem die Liebe nagt . . . , kurz, es erfüllt
(^nach des Tityos Mutter Elara'), ferner ein sich schon hier acherusisches Leben den Toren'
iiQGiOv xov T. xccl XLiiDci xLvsg, Strab. 9,423, wie {Lucr. 3,1023)', Ribbeck, Rom. D. 1,282; ötatt
auch in Boiotien, und ^ihre ältesten griechi- 40 wie den Tityos in der Unterwelt zwei, verzeh-
schen Kulte und Mythen empfingen die mytho- ren uns im Leben ihrer vier Geier, Anth. P.
logisch nicht zu trennenden Länder auf beiden 11, 377, 3 f. In diesem Sinn dürfte auch Perron.
Seitendes Euripos von Kreta aus '(von wo Rhada- frg. 25 Buch, aus Fulg. myth. 2,6(80) auf den
manthys den Tityos auf Euboia besucht, Od. Geier des Tityos sich beziehen, nicht auf des
7, 323f., s. o.), vgl. Gruppe, Gr. M. 58. 60. Mit Prometheus Adler, wie das schon Salmasius
dem minyischen Orchomenos ist Tityos ver- erkannt, s. o. Bapp Bd. 3, Sp. 3075, 54 ff.; mit
knüpft durch seine Mutter Elara, und auch im Douza wird statt handschr. 'tepidi' zu schrei-
nahen Tegyra erzählte man von Tityos, Plut. ben sein "^Tityi', d. h. '^voltur . . . \ non est quem
Pelop. 16. Gruppe 74,13; die Namensform Ti- Tityi vocant poetae, \ sed cordis (^malay, livor
tyas aber erinnert an die anderen boiotischen 50 atque luxus\ wozu Vomanii de interno livore
Bildungen Marsyas, Minyas, Phlegyas, Gruppe 21 ff. {'est ales Tityique vultur intus'), Anth.
S. 279, und wenn nach Od. 11,581 Phokis, im ZaL 2, 87, 636 i?eese. Lact. Firm 7,21, vgl. Zin-
besonderen Panopeus der Schauplatz ist, auf gerle a.a.O. 63 f. — Vom Standpunkt der Mär-
dem Tityos frevelte, Panopeus, als dessen Herr chenforschung aus schließt sich die Tityosfabel
Tityos auftritt bei Ephoros FHG 1 , 255 , 70 der Kategorie der Traummärchen an, insofern
{Strab. 9, p. 422. Theon. prog. 4, p. 95, 23 ff. als Qualen und Foltern wie die, zu denen Ti-
Spengel) und wo des Tityos ungeheures Grab tyos und Ixion verurteilt wurden, ursprünglich
(Tlzvov (ivf]}icc, Paus. 10,4,5), so ist bezeich- auch auf Martern der Träume zurückgehen
nend, daß die Bewohner von Panopeus {Tlxvov mochten, v. d. Leyen, D. Märchen { Wiss. u. Bil-
-jcoXig, Nonn. D. 4, 331) selbst sich nicht als 60 düng nr. 96) S. 38 (96) Bieterich, Nek. 76 f.
Phoker, sondern als Phlegyer ausgaben, die Radermacher, Rh. M. 1908, 535. Wenn aber
aus dem Orchomenischen ins Phokerland ge- auch das Bild des den Geiern preisgegebenen
flüchtet seien, Paus. 10, 4, 1. Göttliche Ver- Tityos seine Wurzel gehabt haben kann in alt-
ehrung aber genoß Tityos auf Euboia, Strab. persischem Brauch, Tote und Verbrecher von
9, 423 ; vgl. Fr. Pßsfer, Reliquienkult im Altert. Raubvögeln zerfleischen zu lassen (wie dies für
(jR. V. V. 5) 364. 640. 'Die einfache altertüm- Prometheus angenommen wurde, s. o. Bd. 3, Sp.
liehe Sage (wie sie Gegenstand der Vasenbil- 3042, 61 ff), ist dochÄ i^emacÄs rationalistische
der) läßt der Leto ihre Kinder zu Hilfe kom- Deutung und Zurückführung auf ein mißver-
1055 Tityroi Tiv 1056
standened GemiÜde (Bev. arch. 1008, 1 , 166 ff.) Ebenso hat Kaibel, Nachr. d. Ges. d Wiss. Goett.
abtulehnen, vgl Gruppt, Myth. IM. 1898/1906, 1901, 490 Ttros, 'Vogel*, als Synonym lür den
626. Badermacher a. a O. »34 f. — Endlich Phallos erklärt (Schal Pers. 1 , 20 'a memiri
dürfte bezeichnend sein, daß im Falle des Pro- ririlis mapnitudine dicU titi*) und meint, die
metheus der Adler des Zeus der Vollstrecker Tityroi hießen 8o 'nicht gerade wegen ihrer
der Strafe ist, bei Tityos hingegen der Oeier, Hocksohren (J^esyc/»)', Bondern wegen ihrer Phal-
wie denn Apollon selbst gelegentlich als Geier len, und spricht ihnen sprachliche Verwandt-
erscheint, vgl. den kn. Fvnaitvg auf dem Berg schaft mit «len Satyrn ab, wilhrend sie Mcm
Lyssos bei Ephesos, Kon. 36. Ulr. Uoefer, Ko- Wesen nach kaum von ihnen zu unterscheiden
non 1^. 101. Grttppe, Gr. M. 1231,2: vgl. über lO sind* (498). Dieser Auffassung hat Wemicke
die Beziehungen dea Geiers zum Totenreich a. a. 0. widersprochen, der lediglich die Be-
1^. H. Roschtr, Kynanthropie (Abh. d. Sachs. deutung 'Bock' aus Tityros und Satyr liest
Ges. d. Wiss. 89,8) 68 ff. 82 ff. [Waser.l und — mit unzureichenden Einwänden — das
Tityroi (TtTvpo») nennt S^rafco 10, 470 unter ithyphallische Moment bestreitet; vgl. auch
den TTpöxoXot, ;i;opet;Tat und d^sQaTt&vrai des Kuhnert oben Bd. 4, Sp. 518—521. Solmsen a.
Dionysos: Il&vhs xal £dxvQoi xal T. , ähnlich a. 0. 32 ist der ganzen Frage eindringlich nach-
p. 468: Jiovvöov ZftXrivol te xai Zütvqoi xal gegangen Kr weist nach, daß das Wort nicht
T. nal Bcnixai' xri., ebenso p. 466. Er scheint vor-, sondern westgriechisch ist; der Name
demnach Satyroi und Tityroi voneinander zu Tityros begegnet im Sizilischen: Ziegenhirt bei
trennen, doch stellt er auch p. 468 Bakchai, so Theokr. 3,2, Sänger e//d. 7,72; Epicharms Va-
Lenai,Thyiai nebeneinander, die doch im Grunde ter bei Suid.\ nach Ath. 4, 182d hieß bei den
das gleiche bedeuten. So widerspräche der Be- italischen Doriern die Satyrflöte: ccvXog xitvqi-
richt Strabo^ nicht der Möglichkeit, daß, wie vos\ dann auf Westkrota (Vorgebirge); in La-
die Bakchennamen, auch die der Satyrn »»ich risa {Titvgtia yvvälG. 9,2,(538); in Tanagra
nur lokal und dialektisch unterschieden (vgl. {IG. 7, 1444); aus Atolien wird neben Tityros
WernickCy Heim. 32 [1897J, 2i)5f.). Wie die bei P/to*. 149, 26 Bekk. ein Tityrmos belegt,.
Dionysosdienerinnen in Elis 0viai hießen, so IG. 2, 3401. Das Wort selbst läßt den alten
in Delphi und Athen ffviäifg. War Satyroi der Stamm tu '"schwellen, strotzen' erkennen, eine
üblichere Name für die Begleiter des (iottes, Intensivreduplikation ii, die späterhin durch
80 nannte man sie dorisch, bes. im Lakonischen so 'metrischen Zwang' gelängt wird 'Solmsen 36
Tityroi: ^Laconum Hngua tityrus dicitur aries Anm.), das r- Suffix, das sich auch in rv-po?
maior, qui gregem anteire constievit^ Serv. Verg. findet. So wäre nach Solmsen Tityros ein We-
ed. prooem. (vgl. Eust. IL 1157,:^8 2^495: dco- sen, dem das Schwellende, Strotzende und —
Qix&g Preüer- Robert , Schol. Theokr. 7,72; Gr. aufs Sexuelle übertragen — Geile eigen ist,.
Myth. 1,726. 2). Nach dem Tier hießen die eine Eigenschaft, die auf den Bock wohl paßt,.
'Festleiernden, die das Tier des Gottes nach- während Satyros als ein Kompositum ange-
ahmten, wie um diesen sich ganz eigen zu sprochen werden kann, bestehend aus dem
machen, und suchten sich dem Tier vermutlich oben erklärten -rvgog und der Silbe aa: sie
auch durch eine Bockshaut und andere Mittel begegnet in einer Reihe von Wörtern, die
ähnlich zu machen. Sie hießen daher auch rl- 40 'Schwanz, Penis' bedeuten: 'cui membrum tur-
TVQOi, Böcke, wovon vielleicht goctvqol nur dia- gef ist der Satyr {Solmsen 43). Vgl. Tityos. —
lektisch verschieden war, nicht nach einer Wur- Zur Interpretation des T. als einer Affenart^
zel bestimmter Bedeutung, sondern, wie manche schol. llieokr. 3,2 (nach Theophr. Oh. 5); vgL
Wörter, nur nach andeutendem Klang, daher Wemicke a. a. 0. 296 Anm. [Preisendanz.]
häufig auch ^fjQsg, (pfjQtg\ Welcker, Gr. Götter- Tityros {Tirvgog) oder Tityron. a) Vorge-
lehre 3, 146. — Daß beide Worte sich inhalt- birge im nordwestlichen Kreta, Kydonia, ragt
lieh decken, darüber sind sich die alten Er- 'wie ein riesiger Damm ins Meer hinaus', Aß-
klärer wohl einig, wie Schol. Theokr. 3, 2 rovg mann, der im Phüol. 67 (1908), 197 Zusammen-
xQÜyovg xixvQovg Xsyovat, vvv dh Övond iaxiv hang des Wortes mit dem babylonischen Orts-
ainölov (vgl. Phot. xixvQidhg %<xl T. xgayov fldog), 50 namen oder der assyrischen Bezeichnung für
und: xov TixvQov oi iihv xvQLovy ol öh Zäxvgov 'Brücke': Titurru vermutet; vgl. dagegen die
ilvui qpaffi oder Ael. V. U. 3, 40 : ol evyxoQiv- Erklärung Solmsena für xixvQog unt. Tityroi^
xöil ^lovvaov ZdxvQoi ryffav, ol vn' ivitov T. die auch für den Bergnamen zu Recht be-
dvona^öiLivoi. Kurz Hesych: Tixvgog- üdxvQog. stehen kann. Auf dem Berge stand nach Strab.
Die Hei leitung des Wortes ist noch nicht klar- 10,479 ein Diktynnaheiligtum Diktynnaion;
gestellt U. V. Wilamowitz, der, Griech. Trag. :i s. weitere Belege bei Preller- Robert, Gr. Myth.
(1906), 6*, Satyros und T. für vorgriechische 1,317,2. Die Göttin war von Minos verfolgt
Wörter ausgibt, trennte früher, Einl. in die worden. Maaß, Griechefi u. Semiten ii'S, Gruppe^
Gr. Trag. 82*', die Stämme von Satyros und Gr. Myth. 1388, 7 machen aus ihm willkürlich
Tityros, da beide Wörter dorisch seien, und 60 den 'Bergesherrn' und 'lüsternen Geist' Tity-
hält sie für 'gleiche hypokoristische Bildungen'. ros, um den Bergnamen zu erklären. — b) Aito-
An der üblichen Deutung von T. als 'Bock' zwei- Her, dessen Tochter Helena mit Achilleus
feit er, pflichtet dagegen Buecheler, Woelffl. kämpfte und ihn verwundete, Phot. bibl. 149,
Arch. 2, 116 ff. 508 bei, der die phallische Be- 26 Bekk. [Preisendanz.]
deutung anderer mit xi- gebildeten Wörter auf- Tiv (tiv) ist die etruskische Bezeichnung des-
gezeigt hat: 'es sind alles ÖQ^-dwai' (b. die Mondes und zweifellos auch die der Mond-
Einschränkungen bei Solmsen, Indog. Forsch. göttin. Das Wort findet sich zunächst auf der
30 [1912], 36 f. Anm., Tixdv und Herleitungen). Placentiner Bronze (cf. s. v. Templum von Pi-
1057 Tlepolemos Tlepolemos 1058
acenza), wo die untere Seite durch zwei Linien Diodor. 4, 30. Doch wird «ie auch eine Tochter
in zwei Teile geteilt ist, deren einer der Sonne des II. ß 613 erwähnten Aktor (s. d. nr. 4) ge-
(usils), der andere dem Monde (tivs) zuge- nannt: Schol. Pind. OL 1, ^2. Ebenda heißt sie
schrieben ist. Beide Formen sind Genetive n&ch Pherekyd. fr. 31 a. {Müller 1,S2) Ast jge-
(cf. s. V. usil), und es heißt der Nominativ so- neia, oder, nach d«m Zeugnis einiger (th'cV)
mit tiv (so auch Deecke, FAr. Fo. 4, H). Einen Antigene. Endlich ist nach Find. Ol. 7, 42
zweiten Beleg ebendieses Namens wollte mit SchoL v. 36. 40. 42 u. Hesiod. fr. 101) Jiz.^
Poggi {Bronzo Piac. 11), nr. 42) in der Form ihr Name Astydameia, sie selbst eine Toch-
tivis auf der Bronze finden, allein Deecke ter des Doloperkönigs Amyntor (s. d, nr. 1) in
(FJtr. Fo. 4, 28) hat dargetan, daß vielmehr lo Thessalien. Es überwiegt also die Überlieferung,
tins zu lesen sei (cf. s. v. tinia). Dagegen nach der Tl.' Mutter As ty och e heißt und aus
haben wir eine sichere Ableitung von tiv in Ephyra ist. Ihre Heimat ist nach den meisten
der Form tivrs in der Altersangabe eines Ver- Zeugnissen die Hauptstadt der Thesproter
storbenen auf einem Sarkophage aus dem am Flusse Selleeis in Epeiros: //. B 659; Ar-
Grabc der vipinana von Foscaudla {Fabr. nr. gum. Soph. Track.; Äpollod. bibl. 2, 149; Ktym.
2119). Dies tivrs wurde früher auf Grund indo- Magn. s. EsXXoi:, Hesych. s. ZblXriug. Da der
germanischerEtymologien als 'dierum' gedeutet, Selleeis in Sikyon nicht in Frage kommt, Ho-
allein Deecke (in Jiezzenbergers Beitr. 1, 272) vier aber v. 659 Astyoches Heimatstadt an einen
hat au.s sachlichen Gründen nachgewiesen, daß Fluß dieses Namens verlegt, so ist doch wohl
es vielmehr ""meusium' bedeute, ein Ergebnis 20 nur an Thesprotien zu denken, wodurch die Be-
von unbezweifelbarer Sicherheit. Es scheint, hauptung von S^raö. 7,328; 8, 338 f., es sei Ephyra
als ob in einer Anzahl von Stellen (2, 6; 3, in Elis, die Stadt des frommen Giftmischers
21/22; 4, 2; 5, 4; 8, 15; 9, 3/4. 10/11) der Ilos (s. d.. Od. cc 259; /K^28), gemeint, sich er-
Agramer Mumienbinde gleichfalls eine Form ledigt; vgl. auch 0. Müller , Dorier 1, 422.
von tivr "^Monaf vorkomme. Die Wendung Nach Herakles' Tod und Vergottung siedeln
lautet: eO-rse • tinsi • tiurim ■ avils • jjis und da seine Kinder aus Argolis zuerst nach Trachis
avil ""Jahr' bedeutet {Pauli, Etr. F'o. u. Stu. in Thessalien zu König Keyx über; ihr Ver-
2, 122), so ist es sehr wahrscheinlich, wie auch folger PJurystheus fordert aber ibre Ausweisung,
Krall {Mumienbvmle 56, s. v.) annimmt, daß worauf sie in Athen Aufnahme finden und in
tiurim zu tivr gehöre. Das u statt v hindert 30 dem attischen Demos Trikorynthos ihre Woh-
das nicht, denn im späteren Etruskisch geht nung aufschlagen. Von dort kehren Tl. und
nicht selten von Konsonanten ein v in u über, sein Großoheim Likymnios (s. u.) mit seinen
wie z. B. in avile, avle, aule = lat. Aulus, in Kindern, während die-übrigen Herakleiden der
onevna, cneuna = lat. [GJnaevius u. a. Die Heimat noch fern bleiben müssen, nach Argos
letzten vier Worte des obigen Passus bedeuten zurück {Diodor. 4, 57, 2. 4; 58, 4 f.). Zum Jüng-
sodann: 'in des Zeus Monate des Jahres H ling herangewachsen, erschlägt Tl. in Ti-
(oder IV)'. Über tinsi 'lovis' cf. s. v. tinia, ryns den Likymnios (s. d.), Alkmeues grei-
der tinsi tiur wäre dann der lat. lulius = *Io- sen Halbbruder. Homer {B G61f. , vgl. Strab.
vilius. Das ;^is (== eis) ist ein Zahlwort und 14,653; Paw5. 2, 22, 8) erwähnt nur den Vorfall
bedeutet "^zwei' oder '"vier' [Pauli, Etr. Fo. 40 als Grund seiner Auswanderung. Näheres be-
u. Stu. 3, 140), wahrscheinlich ^zwei' {Skutsch, richtet Pind. Ol. 7, 27 f.: im aufwallenden
Indog. Forschungen 5, 265). Ob etwa das tiu Zorn, der auch den Weisen betört, habe er
der Bleiplatte von Magliano aus tiv entstanden mit einem harten Olivenstab Alkmenes Bruder
sei und das evitiuras ebendort mit tivr, tiur getötet, als dieser aus Mideas Gemächern kam ;
zusammenhänge, läßt sich bei dem unklaren schon der /Sc/z-oZ. v. 52 a schwankt, obmitMidea
Inhalt der Stellen nicht ausmachen. Als Göttin (s. d. nr. 2) Likymnios' Mutter oder der Ort
ist die tiv bisher nicht nachzuweisen, da -aber Midea gemeint sei, von dem nach Pind. OL
usil (cf. s. V.) sowohl '^Sonne' als '^Sonnengott' 10,66 Likymnios' Sohn Oionos (s.d.) zum Wett-
bedeutet, so kann es kaum zweifelhaft sein, kämpf in Olympia auszieht, um aus ihm als
daß auch die tiv eine Göttin war. 50 erster Olympionike hervorzugehen. Tl. erschlägt
[C. Pauli.] den Verwandten infolgeeinesStreites nach
Tlepolemos {TlriTtoUiios;, bei Pind. Ol. 7, 20. Diodor. 4, 58, 7 {igiGocvta Ttsgi nvcov) und Schol.
77 dor. TXccTtoXsaog): über die Bedeutung des Pind. Ol. 7, 46. 49 a; ob hier in den Worten
Namens s. u. — 1) ein Sohn des Herakles (daher nsgi tvvtov xtiicbv eine Dittographie vorliegt,
^Hga^Xsldrig: Il.BQ63-E62^; Ps.-Aristot. epigr. sodaß in diesem Falle das Schol. mit Diodor
18 A u. B, Bergk, Lyr. 2\ 347 f. , vgl. Tzetz. übereinstimmen würde, steht dahin. Dagegen
Som. 91: vlbv cpilov 'HQccyiXfjog, II. Lat. 528: tötet er den Alten aus Verseheu (axovfftcog,
satus Hercule) und einer Königstochter, welche ov^ gxobv), und seine Tat ist cpovog ccxovöiog
dieser bei der Eroberung der Stadt Ephyra nach anderen Zeugnissen: Deinius fr. ^ {Müller
erbeutet und zu seiner Gattin macht, über 60 3, 25) und Derkylos' Argol. fr. 2 {M. 4, 387) im
ihren Vater, ihre Heimat und ihren eigenen Schol. Pind. Ol 7,49. 50; vgl. Diodor. 5,59,6.
Namen verlautet Verschiedenes. Sie heißt näm- Tl. will nämlich mit dem Stabe entweder ein
lieh nach den meisten Berichten Astyocheia Rind {Schol. Pind. Ol. 7, 36. 46) oder einen Skla-
oder Astyoche (s.d. nr. 1): II. B658: Argum. ven treffen {Apollodor 2,170, der den greisen
Soph. Trach.; Apollod. bibl. 2, 149. 166; epit. Likymnios unachtsam führt {Schol. II. B 662;
3,13; Steph. Byz. s. 'EcpvQoc; Hygin. fab. 97. 162 ; Eustath. IL p. 316, 1). Auf die Tat im allge-
ihr Vater ist der Thesproterkönig Phylas oder meinen bezieht sich wohl auch das Fragment
Phyleus von Ephyra: Apollod. bibl. a. a. 0.; aus dem Likymnios des Tragikers Xenokles
1059 Tlepolemos Tlepolemos 1060
iNauek, Fr. trag. Gr. p. 770*) in Arpttophanes' 1, 14. 17. Schon bei den Ereignissen, die denen
Wolken 126* f.; nach dem Schol. BV ist es eine der Utas vorausliegen, also im Kreise der Ky-
E^age Alkmenes über ihres Bruders Tod. Die pria, wird Tl. genannt. Vor dem Angriff aut
Fragmente von Euripides' Likymnios {Nauck Ilion landen die (üriechen in Mysien; sie
p. 607*) gewähren keine Ausbeute. wollen Trojas mächtigen Grenznachbar Tele-
Von den Angehörigen des Getöteten wird phos (s. d. Bd. 6, Sp. '282) verhindern, den
Tl. genötigt, das Vaterland Argos zu meiden: Troern zu Hilfe zu kommen. Da wird dieser
er baut Scniffe, wandert mit viel Volk aus und vor dem drohenden Einfall gewarnt: sein Halb-
gelangt auf beschwerlichen Irrfahrten nach bruder Tlepolemos, wie jener ein natürlicher
hodos: Jl. B «62 f. mit Schol; Apolhdor. 2, lo Sohn des Herakles, sendet einen Boten und
170; Strab. 14, 663 f.; Diodor. 4, 68, 7 ; nach ö, verrät die feindliche Absicht der Griechen so-
59,6 zieht er freiwillig und ohne bedroht zu wie ihre gewaltige Streitmacht {Philostr. Her.
werden in die Fremde. Seine Gattin Polyxo 2, 14; 2, 167 K.] Dict. Cret. 2,5); vgl. über die
(b. d. nr. 6), eine Argiverin, teilt die Verbau- Rückwirkung späterer guter Beziehungen und
nung: Paus. 3,19,10; sonst heißt sie Philoxo Verbindungen zwischen Rhodos und Mysien
oder Philozö^ (s. d.) : Polyaen. 1, IS; Tzetz. Lyk. oder Pergamon in der Attalidenzeit auf jene
911 (8. u.). Auf der fruchtbaren Insel gründet Sage: Brückner, Berl. philol. Wochenschr. 1905,
er dieStadt« Lindos, lalysos und Kameiros, nach S. 267 f, und Gruppe, Burs. Jahresher. Bd. 137,
denen sich die neue Bewohnerschaft auf drei S. 626f. Als in den darauf beginnenden Kämpfen
Bezirke verteilt; hier waltet er als glücklicher 20 zwischen Mysern und Griechen Telephos durch
König, auf den Zeus reichen Segen herab- Achills Lanze schwer verwundet worden ist,
schüttet: //. ß6ö6f.; 668 f.; vgl. Apöllod., Dio- tritt vorläufige Waffenruhe ein; mehrere grie-
dor. und Paus. a. a. 0.; Ael. Arist. or. 43,546. chische Führer, unter ihnen Tl., kommen den
Rhodos heißt yata TXriTtoU^ov hei Nonn. 14,41. Kranken zu trösten {Biet. Cret. 2, 5 f.). Wich-
Die argivische Abkunft der Rhodier bestätigt tiger ist sein Erscheinen vor Troja selbst. Kin-
Thuk. 7,57: 'Podiot kgyttoi yivog; vgl. Pind. geführt wird er auf dem dortigen Kriegsschau-
01. 7, 18 f. Freilich bestreitet Strab. 14, 653, platz im SchiflFskatalog : B 653 f. als "HgctxXsi-
daß Tl. Gründer der dorischen Tripolis auf drjg rjvg rs fi^yag zs (= E 628), sowie als 6ov-
RhodoB sei, da er zur Zeit des Trojanischen gixXvrds. Ps.-Aristot. eprigr. 18 A nennt ihn:
Krieges, also vor der Herakleidenwanderung 30 gri^i^voga 9viioX^ovTcc, 18B: sv't]voga, Tzetz.
gelebt habe; er meint daher, die Leute des Hom.92: jjvogir) xo^öcovra. Unter anderen grie-
TI. seien Aiolier gewesen. Doch kennt auch chischen Helden wird er erwähnt bei Plut.
sonst schon die Heldensage den Zusammenhang Quaest. Gr. 37. Im Gespräch mit Nestor er-
zwischen Rhodos und Argos: das edle rhodiscbe neuert er das Andenken seines Vaters Hercules,
Geschlecht der Eratiden {Pind. Ol. 7, 172) hat so daß jener Versäumtes nachholt und nungleich-
zum mythischen Ahnherrn den König Eratos falls den einstigen Kriegskameraden feiert, aber
von Argos {Paus. 2, 36, 4), und die Diagoriden zugleich auch dessen pietätvollen Sohn belobt
von lalysos führen ihren Stammbaum auf Tle- {Ov. Met. 12, 531 f.; vgl. Schol. IL E 635). Auf
polemos zurück; vgl. Boeckh, Explic. Pind. Ol. 7 seine Ausdauer im Kriege deutet schon sein
p. 166, und Busolt, Gr. Gesch. 1*, 3.06, 2. 40 Name hin, vgl. Etym. Magn. s. TX. ix zov
TL gehört zu den zahlreichen Freiern der rXco, tX'^gco- xXriaLnoXeiiog. Doch der 'Speerbe-
Helena: Hygin. fah. 81; nicht genannt ist er rühmte' {B 657) findet schließlich indem lanzen-
bei Apollod. bibl. 3, 129f., auch nicht nachweis- kundigen Lykier Sarpedon (s. d.) einen eben-
bar in Hesiod. Katal. fr. 94 f. Bzuch^ {Berl. hurtigen Gegner; sein Zusammentreffen im
Klassikertexte V 1,28 f.); doch kann mancher Zweikampf mit ihm bedeutet zugleich für Tl.
Name hier verloren gegangen sein. Odysseus das Ende (E 628 f.). Ein Zeussohn und ein Zeus-
(s. d. Art., Bd. 3, Sp. 614), selbst einer der enkel stehen einander gegenüber. Höhnend zieht
Freier, schlägt Helenas Vater Tyndareos (s. d.) letzterer die Abstammung Sarpedons von Zeus
vor, er solle alle Freier eidlich zum Schutze in Zweifel und rühmt stolz den Löwenmut Bei-
des schließlich Erwählten verpflichten. Ein- 50 nes eigenen zeusentsprossenen Vaters Herakles.
Bchlägige Komödien: 'EXivi^g fivriöT'^gsg des Sarpedons etwas kleinlaute Antwort gipfelt in
Alexis {Kock, Com. 2, 320); s. auch den Art. schwerer Androhung des nahen Verhängnisses,
Helena, Bd. 1, Sp. 1935 f. Tl., der gleichfalls dem Tl. auch wirklich, allerdings nach ernster
mitgeschworen hat, muß also nach dem Raube VerwundungdesGegners, erliegt (v. 655 f. 668 f.);
der Helena am Zuge gegen Ilion teilnehmen. vgl. Hygin. fah. 113; Tzetz. Hom.dli.; Diodor.
Seine Gattin Polyxo (s. o.) bleibt als Regentin 5, 59, 6. Seine nahe Verwandtschaft mit dem
der Insel mit ihrem unmündigen Sohne zurück: Feinde kann ihn nicht retten: Schal. 11. Z 234.
Paus. 3,19,10; ob dieser Dei'pylos (s. d. nr. 4) Zwei fälschlich dem Aristoteles zugeschriebene
heißt und auf ihn sich Ps.-Aristot. epigr. 40, Grabepigramme {Bergk, Lyr. 2^347f. s. o.)
Bergk, Lyr. 2*, 351, bezieht, steht nicht ganz 60 gelten der Ruhestätte des Tl.; 18 A versetzt
fest. Nach iZ. JB 653 f., ^jooZ/od. c/M^. 3, 13 und seine Asche nach Rhodos; nach 18B ist er
Hygin. fah. 97 zieht er mit seinen Rhodiem auf fern von der Heimat in der Ebene von Troja
neun*) Schiffen aus; der Zusatz Mycenis (statt bestattet. — Seine Witwe, die Reichsverweserin
etwa Rhodo) bei Hygin beruht wohl auf einer und Vormünderin des Söhnchens (s. o.), beweist
Verwirrung des Textes; vgl. auch Dict. Cret. ihre Liebe zu dem Gefallenen durch die Art,
wie sie sein Andenken zu ehren oder seinen
•) über die 9-Z»hl in diesem Falle vgl. Rotcher, Tod zu rächen SUCht. Bei TzetZ.Lyk. 911 (nach
Ennead. Studien s. 2it. Pindar), WO sie Philo zoe heißt, veranstaltet
1061 Tlesenor Tluscv 1062
sie Leichenspiele, bei denen Knaben um Weiß- Stcmphriger, Studien zu den 'E&viyid des Ste-
pappelkränze kämpfen. Bei Pohjnen. 1, l.'{ will phanos von Byzanz {Pro<fr. des Maximilians-
Bich Philoxo an Menelaos und Helena, die Gyvinas. München 1902) S. 31 ff. avlh Hekaiaios
auf der Heimreise von Ägypten in Rhodos geschöpft hat, in der Inschrift bei iyewnf/or/"t*>/«'i
landen, blutig rächen; doch entgehen die bei- Niemann, Beisen in Lykien und Karien S. 77,
den durch List dem Mordanschlag, dem nur nr. 51A. X\x{ Bolycharmos %e\it nvich Stemplimier
eine von Menelaos als Helena verkleidete schöne a. a. 0. 32 auch Steph. Jiyz. s. v. Tkcbt; zurück.
Dienerin zum Opfer fällt. Bei Paus. 3, 19, i)f. Mit Cheleidon, der Eponyme der im lykischen
endlich flieht Helena nach Menelaos' Tode aus Meere gelegenen Chelidonischen Inseln {Strabo
Sparta vor ihren Stiefsöhnen Nikostratos und lo p. 620. 651. 663.666.677.682. Plin. n.h. 6, ISl),
Megapenthes zu ihrer argivischen Landsmännin zeugt Tlos den Sidymos, Polycharmos bei Benn-
Polyxo (s. d., Bd. 3, Sp. 2746 f.); statt aber dorf-Niemann a. a. 0, 77, nr. 51 C. Vgl. Treu-
jene in Rhodos aufzunehmen, läßt P. die An- her, Geschichte der l.ylier 20. Nach Thrämer
stifterin alles Unheils im Bade ergreifen und bei Pauly-Wissowa 4, 2177, 34 ff. (s. v. JJarda-
durch ihre in Erinyen verkleideten Dienerinnen no.s) ist Tkoog mit Tgmg verwandt oder iden-
aufhängen. — Nach Tzetz. Lyk. 911 landen tisch. Andere Etymologie des Namens s. Bd. 4,
auf der Heimfahrt Tl.' Leute {ol rov TXrinoXf- Sp. 619, Z. 54 s. v. Theoi Agreis. [Höfer.]
\iov) in Kreta, werden aber dann von Winden Tluscv (tluscv) erscheint als etr. Göttername
westwärts verschlagen und siedeln sich ueqI auf dem Templum von Piacenza, dessen Lite-
xag 'IßrjQLxc^g vqGov? an. — Sein Heldentod vor 20 ratur ich in dem besonderen Artikel s. v.
Troja wird übersehen in Ps.-Aristot Mirah. Templum angegeben habe. Er findet sich
^MSC. 107: am unteritalischen Sybarisflusse findet dort dreimal, männlich als tluscv in Reg. 10,
ein Kampf zwischen den P^inwohnern und den als tlnsc in Reg. 10' und 14'. Da auf dem
auf Irrfahrten hierher gelangten Rhodiern unter Templum alle Namen im Genetiv stehen, so ist
ihrem Anführer Tl. statt; Philoktet, der, gleich- der Name unter allen Umständen verkürzt,
falls dorthin verschlagen, diesen zu Hilfe kommt da weder tluscv, noch tlusc ein Genetiv sein
{ßor]d"^6as ' Podiotg roig ^iftä TXriiToXsfiov), fällt kann. Da der Name sonst nirgend vorkommt,
in der Schlacht; vgl. Lykophr. 921 f. mit Tzetz. so können wir nicht wissen, was fehlt, und
— Damit auch der Humor nicht ganz fehlt, wieviel fehlt. Es ist daher auch keineswegs
führt uns der Komiker Lynkeus von Samos bei 30 sicher, ob Deecke {Etr. Fo. 4, 69) recht hat,
Athen. 7, 295 b den Tl. zusammen mit The- wenn er tluscu liest. Es kann sein, da v auf
seus (s.d., Bd. 5, Sp. 723) beim Fischessen vor. dem Templum auch sonst mehrfach = u ist,
Die erotische Szene artet dahin aus, daß der aber das v kann auch, ebenso gut ein echtes v
schöne Theseus für einen Fisch dem Tl. sich sein und der Name z. B. tluscv[il] oder ähnlich
hingibt. — Die bildende Kunst wies ein lauten. Das können wir einfach nicht wissen.
Gemälde von Apelles' Zeitgenossen Protogen es Damit werden auch Deeckes weitere Kombina-
auf, das den Tl. darstellte {Plin. N. H. 35, 106). tionen hinfällig oder mindestens ganz unsicher.
Derselbe Künstler wmrde auch berufen, für die Diese gingen dabin, daß möglicherweise mit
Rhodier einen andern Stadtheros, den lalysos, unserem Namen das -ö-ulutyr auf einer Terra-
zu malen, was er in mehrjähriger hingebender 40 kottagruppe von Bologna und das -^-luO-u-pit
Arbeit besorgte (PZm^. 7>?«<?ir 22; J.eZmn. F. if. auf einer Bleiplatte von Volterra zusammen-
12,41; Fronto ad M. Caes. 2,2 p. 31 ed. Mai.; gehöre. Erstere ist veröffentlicht von Brunn
Brunn, Künstlergesch. 2, 23S). — 2) Nach II. in den Ann. delV Inst. 1862, 275 sqq. und
11416 f. ein Lykier, Sohn des Damastor, Ge- Monum. ined. Q/7, tsiv.LXXU und \on Fabretti,
nosse Sarpedons, von Patroklos in der Schlacht C /. /. nr. 2095 b, tab. XXXIX; letztere im
getötet. [Johannes Schmidt.] Cod. Marucell. t. 247/248, von Lanzi 2, 464
Tlesenor (T^Tjffrji^cop), Sohn des Aipytos (s.d. 3), = 393, nr. 469, tav. XIII, nr. 16, von Orioli, Album
Bruder des Peirithoos, Hesiod bei Apollon. Lex. XIX, 124, von Fabretti, C. I. I. nr. 315, tab.
Homer, s.v. Alnvnov xbv xov Alnvxov = frgm. XXV und von Pauli, C. I. F. nr. 52 b. Deecke
113 (188) Bzach. [Höfer.] .50 nimmt an, daß tluscv für tlut-scv stehe, und
Tlesimenes {TkrjGiiitvrig), Sohn oder Bruder daß dies tlut- mit dem ■9'ulut- und d-lnd'- der
des Parthenopaios, Vater des Arkadiers Aulon, anderen Formen identisch sei. In der Form
Paus. 3, 12, 9. Vielleicht war seine Mutter die ■O'ulutur will Deeeke einen Plural sehen und
Nymphe Klymene: Hygin. fab. 71 p. 78, 14 erklärt dann auf Grund von ilfarimnws Ca^e/Za,
Schm., wo schon Jacobi, Handwörterb. der gr. der in Reg. 10 den Neptunus und Consus (=
u. röm. Myth. p. 859 das überlieferte Thesi- noaBidcbv ivoßlx^oiv nach Dionysios Halic. 2,
menes in Tlesimenes verbessert hat. S. a. 31) nennt, diesen Plural sachlich durch Nep-
Gruppe, Gr. M. 5384. [Ruhl.] tunus und Consus, und einer von beiden sei
Tlete {xXr]xi])., Epitheton der Selene-Hekate dann als -O'lu'&'u oder tlusco bezeichnet worden.
im Großen Par. Zauberpap. Z. 2285, 'Dulderin'. 60 Diese Kombination beruht darauf, daß man
[Preisendanz.] früher eine Pluralendung -(a)r annahm, die
Tlnscvil, etruskisch, siehe s. v. tinia. Deecke eben auch in -O-ulutvr fand. Ich weiß
[C. Pauli.] nicht, ob, außer etwa in Mailand, heutzutage
TI00S5 Tl^* {TX&og, TXmg), Sohn des Tre- noch jemand an diese Pluralendung glaubt,
miles und der Praxidike, Bruder des Kragos, Poggi {Bronzo Piacentino 12, nr. 16) wollte
Pinalos (Pinaros) und Xanthos, Eponymos der das tluscv and die Wurzel lue feuchten' und
lykischen Stadt Tlos, Panyassis bei Steph. Byz. die Götternamen Lucetius, Lucina usw. an-
s. V. TQ8(iiXri u. TX&g. Polycharmos, der nach schließen, aber das geht natürlich ebenso-
1063 Traolia Toga 1064
wenig. Zu irgendwelcher positiven Deutung ribut* (167), *sacer Tni.* (163 f.), 'sanctiis Mons^
fehlt jeder sprachliche und sachliche Anhalt. (172). — b) Er ist wahrscheinlich identisch
• . . [C. Pauli.] mit dem lydischen König Tmolos, der seiner
Tmolia (Tfimlia) ist die Artemis, die die Gemahlin Omphale nach seinem Tod die He-
Jungfrauen am Halys verehren daqpvotfxiov xofT* gierung hinterließ {Apollod. 2 , Q , S) , und der
&X60S: Diogenea trag, in der * Semek* hei Athen. mit der Berekynthischen Nymphe Pluto den
14,636; vgl. Famell, Colts 2, 687"^ Gruppe, Tantalos zeugte; Literatur s. o. Bd. 4, Sp. 75
Crr. Myth. 2S\. [Preisendanz.J (Tantalos), Z. 43— 45, ^rriippc a. a. 0. 656, 3;
Tmolos (Tfiäilog), a) Berg in Lydien, heute Nicol. Dam. fr. 17 {FHGr. 3,367): Tdvralog &
Bou» Dagh. Auch Tymolos (Tv/x<oiLoff), die ur- lo TfimXov, dqp' ov rö ögog iu AoSia xaisfrat. —
sprQngliche, von Dichtern noch gewahrte und c) Sohn des Proteus, der sich w'e^en der Ge-
anffewandte Namensform, für die im Lat. Ti- walttaten seiner Söhne — für Tmolos tritt bei
molus eintritt. Vgl. Steph. Byz. unter Tv^mXog, Apollod. 2,5,9,14 Polygonos ein, der andere
Plin. N. H. 5, 110. 'Der Stolz Asiens, der hoch- hieß Telegonos — von Poseidon aus Thrakien
heilige Thron des Zeus-Dionysos-Sabazioa und in seine Heimat Ägypten zurückversetzen ließ:
der vielnamigen Göttermutter, welcher Name vgl. ob. Bd. 3.2, Sp. 3173 ff. (Proteus) mit Lite-
ITymolos] zum Vergleich mit tumulus und tvft- raturangaben. Herakles tötet beide Söhne in
pog einladt* Buresch, Aus Lydien 194. Hier Torone; y gl. Hafer, Konon (1S90) 57, der (hand-
8oll Zeus ffeboren sein: in* ocxgtoQsiag . . . x6- sehr.) den Verweis hinterließ auf Westermanns
xog iariv, og ^dXat. ^hv Fovccl Jibg Teriov, 20 Mythogr. 383 = Nonn. narr, ad Gregor, or. 1
v&f dh . . . ^9V6iov nQoaayoQsvetai (Eunielos contra lul. (Migne P. Gr. 36,988): 'nur steht
hei) Lyd. de mens. Wue. 123, n f. (yg\. Creuzer, hier Miblog statt TfiäXog, und fast wörtlich
Symb.* 8, 1842, 141. 2), dann wohl auch Dio- Gosmas ad Greg. Naz. Carm. 45 (Migne P. Gr.
nysos (vgl. die Belege bei Gruppe, Gr. Myth. 38,451): UgviXBvg sIxb . . . M6aXov'KCilTTiXiyovov\
1438,1), wenigstens hielt er sich hier mit Hippa, — d) Sohn des Ares und der Theogone, Lydi-
seiuer Amme, auf {Orph. H. 47,4,48; vgl. ob. scher König, dessen Geschiöhte bei Ps.-Plut
Bd. 1, 1, Sp. 1086, Z. 50, Gruppe 284, 11). Die de Fluv. 7,5 erzählt wird: er liebte und ver-
Münzen der Stadt Tmolos betonen die Bezie- gewaltigte Arripe, nccQQ-ivov x^ 'AQxiaidi övv-
hungen der Gegend zu Bakcho^, ebenso die avccaxgucpoiisvriv, im Heiligtum der Göttin, die
puteolanische Basis {Jahn, Ber. d. sächs. Ges. so ihn durch einen wütenden Stier töten ließ.
d. Wiss. 3, 1851, 153, Gruppe 284, 11). Hier Sein Sohn Theoklymenos beo^rub ihn und nannte
wurde Artemis in orientalischen Kultformen den Berg nach ihm, der vorher Karmanorion
von ihren Dienerinnen verehrt als Tmolia (s. &7tb KccQiidvoQog xov Jlovvoov geheißen hatte,
ob.). Darum heißt der Berg hgog (Aesch. Pers. — e) Nach Cicero, De nat. deor. 3, 21, 53 wer-
49, Eur. Bacch. Qb\ i]yd^Bog 0. H. 41,4, xaXov den als Dioskuren in dritter Reihe genannt
^vdor<Fi -ö-daff^a nennt ihn 0. -ff. 48, 6. Er wurde Atrei filii: Alco, Melampus und ein dritter
als reich an Wasser, Wein, Gold gerühmt; Stadt verstümmelter Name: euiolus, ouiolus, meulolus
auf seinem Gipfel: vnal vnpÖBvxi TviioaXat IL die Hss., vrora,\is Davisius^ et Tmolus^ herstellte,
20,385 (Buresch ld4: 'Tmolos-Aureliopolis' ; s. ^ et Eucolus^ Piasberg — beides nur Konjekturen.
Denkschr. Ak. Wien 54, 1911, 9). Auf Münzen 4o [Preisendanz.]
Personifikation des Berges (in Verbindung mit Tnebiiatos (Tvsßovarog), a. Art. Sitapnebaan.
Dionysos): Head, (htal. of the gr. coins of Ly- Die Inschrift steht auch Journ. of hell. stud.
dia (1901) 323, nr. 1, aus Tm. Aureopolis: ' Tmo- 21 (1901), 280 nr. IV. [Höfer.]
lus, naked, Standing r., bearded and crowned tvith ? To Ein mit To.... oder mit 0...
mne, resting with r. an knotted staff; his left beginnender Beiname des Mars wird von Häb-
arm, outstretched and covered with nebris, sup- ner CIL 7, Index p. 331 vermutet in dem in
ports infant Dionysofi; the hoofs of the fawn-skin England gefundenen Bruchstück einer Inschrift
are knotted round the neck of Tmolos' (Taf. nr. 79: MARTO, vgl. Holder 2, Sp. 1864, der
23, 1). Recto: Faustina junior. Aus Sardes, aber Sp. 1896 die nämliche Inschrift aafführt
ebenda 247 nr. 77: Recto: ^TiicoXog. Bearded 50 nnter Toutatis (s. Touta.s). Die Angabe des
head of Mt. Tmolus r., tcearing wr^ath of vine- Fundortes des Bruchstückes "^Chasterton' ist
leaves and grapes: border of dots.' Verso: nicht bestimmt; es scheint gemeint Great Ca-
Jnnger Dionysos. Ähnlich Head 249 nr. 93 aus sterton bei Stamford oder Chesterton Lordship,
Sardes: 'Bearded naked figure (Tmolos?) seated südlich von Castor in Huntingdonshire, in der
r. on rock; with his r. he holds a vine-tree, Gegend der alten Ortschaft Durobrivae.
which is growing before htm, and he rests his l. [Kenne.]
upon ihe rock: horder of dots.' Recto: Göttin Toeris s. Thueris.
Roma; Zeit: Caracalla-Gordian. Vgl. auch Toga, pro vinzialer, iberischer oder keltischer
Mionnet, Descr. de med. ant. 4 nr. 1019 f. 659. Name einer örtlichen Göttin, verehrt durch eine
Dieser eponyme Berggeist ist bekannt durch 60 Weihinschrift im ehemaligen Gebiet von Cau-
sein Schiedsrichteramt im musischen Agon des rium (Coria) in Lusitania, und zwar einstmals
Apollon und Pan, bei dem auch Midas zugegen vorhanden in La Torre de la Mata bei San
war (vgl. ob. Bd. 2,2, Sp. 2957): Oo. Met. 11, Martin de Trebejo [CIL 2 Suppl., Tab. I Je]
156 — 194 Er wird hier bezeichnet als 'senior (bei Hoyos, 9 leguas von Ciudad Rodrigo), CIL
iudex' (vgl. die Erzmünze aus Tmolos: 'tete 2,801 (Dessau, Inscr. lat. sei. 4512a) nach Do-
barbue de vieillard' Mionn. und Gruppe, Gr. campo 16. Jahrh : Togae Veienta Tusca pro
Myth. 1051», 2 mit Hinweis auf den Typ des victoria, Garici Fuscini vfotumj s(oloitj l(ibens)
bärtigen Berggottes), der \tures liberat arbo- a(nimo). Der Geschlechtsname der Frau, welche
1065 Togotes Tolma 1066
*für den Sieg' eines Mannes ihr Gelübde voll- 13, 2G: Deo Baacei-andosno. [)«'r Dativ auf -e
zogen hat, lautete richtig wohl: Veienia. Von (Tole) für mrsnnliche Namen ist allerdings be-
2\ ist abgeleitet der Name des Gottes Togotea legt durch nicht wenige Weihinachriften pyre-
(8. d.), gleichfalls in Lusitania. — Hübner, nitischer Götter, wie CIL 13, 70; Deo Artahe
Mon. limj. Iher. p. 253. Holder, AHcelt. Sj^ach- und 71: Artelie deo, 182tt'. : Erge deo (auch deo
schätz 2, Sp. 18()t). [Keune] Erge). (JO: Garre deo (neben dfco] (iarri: 49;,
Togotos, wohl iberischer Name eines ort- vgl. 68. 06. 86. 174 und Hübner, Mon. ling.
liehen Gottes in Spanien, /foW(!/•,vlZt6•e/^iS'prac/t- i6er. p. CXII/XIII. Auch führen einheimische
A'c7ia<2; 2, S. 1870.. Diesem Gott war geweiht eine Gottheiten Doppelnanfen , wie CIL 13,6315:
Inschrift von Caesarobriga^Talavera de laReina) lo Apollini (iranno Mogouno und, nach der all-
au der Ostgrenze der römischen Provinz Lusi- gemeinen Annahme, CIL 13, 78. 79: Bocco
tania, CIL 2, 893: Togoti L. Vibius Priscus ex Harousoni (Harausoni) , wilhrend CIL 13, 31
voto. Wahrscheinlich ist derselbe Gott gemeint (= Esperandieu Recueil 2 nr. 845) gewöhn-
in der Weihinschrift der benachbarten Gegend lieh (auch o. Bd. 1, 1, S. 058; Astoilnnno deo
zu Avela (Avila) an der Westjjjrenze von Hispa- gelesen wird, Dessau 4529 a dagegen trennt:
nia Tarraconensis, (J'/L 2, 5801: Deo To. votum Asto Ilunno mit Rücksicht auf die Weihin-
€t ara. Val(erius) Maternus . . . ; die Zufügung schriften, welche einen pyrenäischen Gott i/wn-
von deus zum Namen kennzeichnet den Gott nus (oder Ilunnis mit einem auch für andere
als einen einheimischen, provinzialen {Robert, Götter derselben Gegend nachweisbaren Wech-
Epigraphie de la Moselle 1 8.07/08. Iliese,Westd. 20 sei) nennen. Auch der Name Andossus ist be-
Zeitschr. 17, 1898, S. 15 ff.). Vgl. den Namen legt, mit Sicherheit allerdings nur für Männer,
einer Gottheit Toga in einer lusitanischen CIL 13, 124. 188. 264- (vgl. 26: Andoxus,
Weihinschrift CIL 2, 801 := Dessau Inscr. Lat. 203 : Andossius u. a.), vielleicht aber auch als
sei 4512a (Fundort: CIL 2, Suppl. Tab. I Je; Beiname des Hercules CIL 13, 220: \'?H]er-
Fundorte von CIL 2, 893 = Dessaw 4512 und cufli) deo Andos(so) In der Weihinschrift
CIL 2, 5801: 8. CIL 2, Suppl. Tab. I Ji und CIL 12,4310 indessen istAnrfo.se nicht als Bei-
Hi). [Keune.] name des Hercules zu fassen, sondern mit der
Toiblas {TotßXdg), böser Geist der 12. Mitt- Weihung an Hercules ist hier verbunden die
wochstunde; ihm entspricht als »uter Xccqcc- Ehrung eines keltischen Götterpaares Ilunnus
xtrJX. Hygroni. Salom cmgr 70, Cat. cod. astr. so (et) Andosa; vgl. Korrbl. Westd. Zeitschr. 15,
5ir. 8, 2, 152. [Freisendanz.J 1890, S. 58, 21. Unsicher ist CIL 13, 197:
Toleandossus (so haben Sacaze und Hirsch- Ergean deo (wo Dumege interpoliert hat: An-
feld die ältere, gewöhnliche Lesung Tolian- dosso) und 188: Deo Erge \ Andosion Andossi
dossus berichtigt) ist der wohl iberische Name Vitalis usw. Schließlich sei noch bemerkt, daß
einer der zahlreichen örtlichen Gottheiten im Holder den Bestandteil des Namens der Gott-
eigentlichen Aquitanien in und an den Pjre- heit Tole in dem Ortsnamen Theux (Fundort
näen, gleichgesetzt dem Hercules und daher des Weihdenkmals: 8aint-Elix-Theux) wieder-
diesem als Beiname gegeben in der Weihin- erkennen will; solche Anklänge der örtlichen
o^n
Schrift eines Altärchens, welches 1832 im ehe- Namen von Gottheiten an heutige Ortsnamen
maligen Gebiet der Ausci (um Auch) zu Saint- 40 sind ja öfters unverkennbar, vgl. CIL 13, 00.
Elix (Departement Gers, Arrondissement Mi- 11.86 = Esperandieu, Recueil {2) nr.SS6. Marer,
rande) an der kleinen Baise gefunden wurde Einfluß der vorchristl. Kulte auf die Topono-
und im Museum zu Toulouse verwahrt wird, mastik Frankreichs (Sitz.-Ber. der Wietier Akad ,
CIL 13, 434: Herculi Toleandosso invicto Phüos.-hist. Kl. 175. Bd., 2. Abhandl.) 1914,
Primigenius Sembi fil(ius) v(otum) s(olvit) l(i- S. 7 ff.
bens) m(erito). Die Verwendung einheimischer Literatur: Holder, Altcelt. Sprachsch. 2,
Namen von Orts- oder Landesgottheiten als S. 1871 und 1, S. 149f. (doch in den Nachträ-
Zunamen römischer Gottheiten, welchen jene gen 3, S. 019 getilgt, weil nicht keltisch, son-
gleichgesetzt wurden, ist besonders in galli- dem iberisch). Ihm in Paiclys R. E. Neubear-
schen Gegenden häufig, vgl. Mars Lelhunnus, 5o beitung 1, S. 2130. Haug ebenda 8, S. 012.
Leherennus Mars, Lenus Mars, Mercurius Cis- R. Peter o. Bd. 1,2, Sp. 3021 f. Dessau Inscr.
■sonius, Mercurius Visucius, Apollo Borvo usw. LMt. sei. 4535 (= CIL 13,454), vgl. 4521 und
Den Beinamen Invictus führt Hercules vornehm- 4530 (= CIL 13, 20 und 12, 4310). CIL 13, 434
lieh in stadtrömischen und militärischen Inschrif- = Rachou, Catalogiie des Gollections de Sculp-
ten {Preller- Jordan, Rom. Mythol^ 2,290,2', vgl. ture et d'Epigraphie du Musee de Toulouse
auch R. Peter o. Bd. 1, 2, S. 2901 ff. und Boehm (1912) p. 120 nr. 289.
in Paulys R. E. Neubearbeitg. 8, S. 500ff.). Der Zu Andossus und ähnlichen Namen vgl. auch
Stifter unserer Inschrift war ein Einheimischer, Hübner, Mon. ling. Iber. p. XCV unten,
wie seine Namengebung verrät, wenngleich er [Keune.]
«elbst im Gegensatz zu seinem noch iberisch 60 Toletor {ToXsxoo) , Dämon des Zeus(stern.s):
benannten Vater Seinbus (vgl. CIL 13, 50. 6 Zsvg %x£i ccyyüovs ß\ 2JsQ7rsQ8r]l xai 'Paqparji,
100) unter dem Einfluß der Romanisierung Sccluovag tgetg' IIovtriQ, T., xal 'OqvUX. Cod.
bereits einen lateinischen Namen, Primigenius, Par. gr. 2419; Cat. cod. astr. gr. 8, 2, 173.
führte (vgl. Lothr. Jahrb 1897, 9, S. 182. 1903, [Preisendanz.]
15, S. 433). Der Name des Gottes T. setzt sich Tolma {T6l[ia), die personifizierte Kühnheit,
zusammen aus den beiden Bestandteilen Tole Antiphilos in Anth. Pal. 9, 29; als Gottheit
und Andossus, und man hat ihn auch in zwei genannt von Cosmas Hierosolym. ad Gregor.
Namen zerlegen wollen, ebenso wie in CIL Naz. carm. 52 bei Mai, Spicileg. Roman. 2
BoscHEB, Lexikon der gr. u. röm. Mytliol. V. 35
1067 Tolumnius Tongoenabiagus 1068
(nb.: nach S. 240 begisnt neue Faf^iDieivng) tolinm weihte (im J. 22 v.Chr.); vgl. Wisfoua,
p. 180 (— = Migne, Patrol Ser. Gr. 38, 462. FeUgicn u. Kult d. Fimer* S. 122 mit Anm. 6.
Vor dem Angriff auf de« HaEdrubal Lager Huehen im Kenn nclaior lopogi 02 hicus 7.\i Kie-
brachte Scipio nach Jjiptaf?. Pkw. 21 der Tolma p(rt-Evehin, Fcrniae Uibis Bon:ae Atdiquae
und dem Phobos ein nöchtliches Opfer dar, S. 83. Gardlhausen, Avguslus utid seine Zeit
dem PhoboB, damit das Heer kein panipcher 1, S. 686 u. S. 970f., mit Belegstellen 2, S. 378,
Schrecken befalle, der Tolma, damit sie den 88 und S. 686,56. Münzen des Augußtus vom
Mnt verleihe, der den Sieg verlörgt, X. Leuh- J. 22 v. Chr. bei Cohev, Dtscr. hist. d(s nictin.
ner, Athen. Miii. 27 (1902), 264. Die Notii fiappe(8 scus VEmpire r(m.* 1 p. 88f., nr. 178
im Schol Aefch. Prcm. 12, daß Tolma in Athen 10 —180. 184—186. Mon. Aticyr. c. 19 ■= 4, 6.
einen heiligen Pezirk gehabt habe, hat Tolma Süden. Avg. 29, 1. Ftsilahndir CIL 9, 4192,
för Hybris eingesetzt, v. WilamouHz, Herakles Sept. 1: Jovi Tonanti in Capiloh'o. |Keune]
2«, 129, 1. Beniner a. a. 0. 264 Anm. 2. Bei Tonans heißt Pluto (D?5) eiimal bei Siat.
Flut. Js. et Osir. 76 a. E. wiid die Monas Apol- Theb. 11, 209: infervo tononii, s. Carter a. a. 0.
Ion (vgl. Pivt. de tl apvd Le1j.h. 20. Lohetk, S. 83. Gemeint ist wohl der von luppiter los-
Aglaoph. 716), die Djae "Egig und T6?na ge- gelöste Gott des nöchtlichcn Himmels und der
nannt; vgl. Grünhaum, Zeitschr. dtr Deutschen nächtlichen Gewitter und Blitze, Sutnrnanvs,
worgenlär.d. GffWZscÄ. 81,811 ; dasselbe belichtet der spfiter dem Gott der Unteiwelt {Bis poter)
von Apollon und Tolma Nikcrnach. Geras, bei gleichgestellt wurde (Wissoua, lielig. u. Kult.
Fhot. Bihl. 148a, 33. 89. [Höfer.] 20 d. Bcmr^ S. 122 und bes. S. 136; vgl. B. Peter
Tolumnius 1) Bundeegenosfe des Turnus, o. Bd. 4, Sp. 1600 f.), ebenso wie Saturnus {B.
Veig. Aen. 11, 429. W. Kroll, Jahrb. f. klass. Peter 0. Bd. 1, 1, Sp. 1181 ff. Wissowa^ S. 2C4/
Phil Suppl 27, 144. — 2) Augur im Heere der 206 und 310), der von Mariial. 5, 16, 6 als fal-
Rutuler, Vtrg.Aen.l2,2öS. ti ach Bich. Hein ze, cifer tonans (ohne h'amennennung) gekenn-
Vergils epise^e Technik 229' Anm. 1 ist er mit zeichnet wird. Allerdings wird an letztgenannter
nr. 1 identisch. [Höfer.] Stelle {nam si falciferi defendere tewpla To-
Tolypiane {ToXvTtiavri), auf einer Inschrift wow/ts .. rdm ...) Tcwaw^/s für verderbte Über-
aus Kjzikos (Marmorplatte mit der Darstellung lieferung erklärt und ist durch verschiedene
einer Göttin) befindet sich die Widmung /ir^rpl Änderungsvorschläge ersetzt worden, g. Fritd-
ToXvniavy = Kybele, Athen. Mitt. 10,204, nr.29, 30 ländir, Ausgabe des Martialis mit erkl. Anmer-
vgl. ebenda 12, 266. [Höfer.] kungcn I (1886), S. 394 f. [Kenne.]
Tomön {Ton&v), einer der 10 Namen, bei Tongoenabfagns ist (wohl iberischer) Name
denen der Stern des Krcnos beschworen wird, eines örtlichen Gottes (Genius loci) in der In-
cod. Par.gr. 2419; Cat. cod. astr. gr. 8,2,173. schrift eines Felsendenkmals bei einer Quelle
Die anderen Namen: 'OeqpÄr, 'OxTTTJ, T.,OvXi6ß, in einem Privatgarten ('quintal do Idolo') zu
BiQiitj Ovygdvy Zagofi^ 'OSi^X, Zisr., Zaräd. Braga in Portugal == Bracara Augusta in der
[Preisendanz.] hispanischen Landschaft Callaecia, Hübner,
Tomos (Tdfioff), der als Heros verehrte Grün- CIL 2, 2419, verbessert Ephem. epigr. 8 p. 401,
der von Tomoi, erscheiiit gewöhnlich lorbeer- nr. 115 mit Erläuterungen p. 402 f. (daher Dfs-
bekränzt, seltener mit dem Diadem geschmückt 40 sau, Inscr. lat. sei. 4608 und Holdtr, Altcelt.
auf Münzen von Tomoi, kenntlich durch die Sprachschatz 2, Sp. 1887). Das Bildwerk des
Umschrift l'ofiog oder Topio? Ktiötrig oder Denkmals ist grobe Arbeit, besser ist die Schrift,
Tonov f^gaog: Eckhel d. n. 2, 18. [Höfer.] welche auf die frühe Kaiserzeit weist. Das Bild
Tönalionos {TavaXtavog), einer der Kamen, des mit der römischen Toga bekleideten, bär-
bei denen Helios beschworen wird, im cod. Par. tigen Gottes, der, stehend, in der rechten Hand
gr. 2419, Cat cod. astr. gr. 8, 2, 174. einen Gegenstand, wahrscheinlich ein Füllhorn
[Preisendanz.] trägt, ist eingefaßt von der Weihinschrift:
Tonans heißt luppiter in zahlreichen Dichter- [Cejlicus Fronio Arcohrigensis Ambimogidus
stellen, s. Carter Epitheta deorum apud poet. fecit Tongoenabiago, und zyvaieo, 6a.Q der "^ame
Lat. {= Suppl. zu diesem Lexikon, 1902) S. 56 f., 50 des Gottes allein (in zwei Zeilen) auf der rech-
ebenso auch in Weihinschrilten, CJL 12, 601 ten Seite steht. Rechts von diesem Namen ist
(Dessau Inscr. Lat. sei. S0A4:): lovi Tonanti, \g]. noch eine Basis mit Giebeldach ('Ära fasti-
CiX 9,2162. C/L 1 1, 37 73 (Dm-öw a.a.O. 3047): giata') eingehauen, welche außer einer Büste
sacr(umj Jovi Tonanti Fulminanti. Vgl. noch (des Gottes?) und anderem Bildwerk die In-
die mangelhaft überlieferte Inschrift CIL 11, schrift trägt: Celicus fecit Front [0 ... .
3778 (iovt Tonanti et Herculi Musino usw.) Der Name des Gottes beginnt sicher mit
vom Jahr 148 n. Chr. und CIL 11, 4172: Jovi T— , wie sorgfältige Prüfung von Leite de Vas-
FuJmini Fulguri Tonanti [L.J Bustius L. f. concellos ergeben hat, der vorher P — gelesen
[CJaepio pont(ifex) ex s(enatus) c(onsulto) de- hatte. Er setzt sich aus drei Bestandteilen zu-
dicavit. Vgl. auch /. Grimm, Beutsche Mytho- 60 sammen, von welchen der erste auch in ande-
logie*^ 1, S. 140. ren Namen in Callaecia sich findet, wie Ton-
Abgekürzt durch T ist der Beiname in CIL gius, Tongetamus, Tongobriga; der zweite Be-
3 Suppl. 10418 {Bessau a. a. 0. 7126). — Vgl. standteil -nali- bedeutet wohl Wasser, vgl. die
auch CIL 6, 432 {Bessau a. a. 0. 3046): lot'i iberischen Flußnamen in Hispanien iV^afcm (Na-
sancto Brontonti, sowie unten Art. Tonitrator. via) oder Nabios und Nebis (Belege bei Hol-
Kult des luppiter Tonans besteht erst seit der, Altcelt. Sprachschatz 2, Sp. 694. 695); zur
Augustus, der, dem Tod durch Blitzschlag ent- iberischen Endung -agus s. den Art. Tiauran-
ronnen, dem Gott ein Heiligtum auf dem Capi- ceaicus. — Die Namengebung des C(a)elicu8
f
1069 Tonitrator Torrhebos 1070
Fronto ist unrömisch und entspricht Namen- deutet als 'Herr des G^'ierbergs'. Seine anderen
gebungen, wie wir sie häutig in Hispanien an- Namen: '/ato laiislov JaißaQai JavßeXaxh BfXX
treffen {Kphem. epigr. 8 p. 402). Derselbe ('aeli- Bai Icai^k l'biXovTftXov , o ^iyag debi; 'laza-
cus Fronto ist genannt in der Inschrift CIL ßamd- T. Vielleicht darf man aber nur eine
2,2420, nach welcher ein Enkel und dessen Vox magica in dem Wort sehen als Teil eines
zwei Söhne die zum Felsendenkmal gehörige Logos, wie er ähnlich im Großen Par. Zauber-
heilige Quelle gegen Ende des 1. Jahrh. n. Ch. pap. Z. 1629 steht (ebenfalls Liebeszauber):
'erneuert' haben {Ilübner). Der Ahn C{a)elicus . . . BaX . . . laßad- 'Aßum^, /.aßuwd-, kStoval,
Fronto stammte aus Arcohriga; in der antiken (i ^toi 6 niyag 'ÜQasvorpgri opyearrj?. Nach
Literatur sind mehrere gleichnamige Städte lo Tf'. /S^Äw^a/^s gütiger Nachprüfung ist die Form
genannt (Holder, Altcelt. Sprachschatz 1, Sp.lS^ Togytärr]g gesichert. [Preisendanz.]
und 3, Sp. 661 f.), nach Hübner (a. a. 0. p. 402) ToronaioH {Togavalog). Die fragmentierte
ist die Heimatstadt des Stifters dieselbe wie Inschrift ({Papadopoulos- Kerameus, ö Iv Kiav-
in CIL 2, 765 (Coria = Caurium in Lusitania). gxuvxlvovjcoXsl kXXriviv.bg cpiXoXoy. GvXXoyog 1886,
Ambimogidus ist wohl die keltische Benennung p. 83, 9): ['A7t]6XXa>vL Toqco .... \B'b%]r]v ergänzt
des Angehörigen einer Völkerschaft in Callae- Dumont, Müanges d'archeol. ei d'epigraphie
cia {Hübner, Ephem. epigr. 8 p. 402. Holder 397 nr. 74 z. ii (vgl, Index p. 509 s. v. Apollon
a. a. 0. 1, Sp. 121 und 3, Sp. 589). Das Fels- zu 'AnoXXcovi Toq(ü[vai(p). [Höfer.]
denkmal ist abgebildet vor A. Bellino, Tnscr. Torone (Toqwvti): erwähnthei Lykophr. Alex,
rom. de Braga (1895). [Keune.J 20 115 f. (s. Philarg. zu Verg. Georg. 4, 391) als
Tonitrator heißtluppiter in der Weihinschrift Gattin des Proteus (s. Bosch. Lex. 3, 2, 3177.
CIL 3, Suppl. 8374, vgl. p. 2256 {Dessau Inscr. 30): 6vXXhv.TQOio ^Xhyqaiag noatg | ßrvyvbg To~
Lat. sei. 3045): I(ovi) O(ptimo) M(aximo) To- gcovrig; Heimat in Phlegra in Thrakien. Als
nitratori usw. Dieser sonst nicht belegte Bei- ihr Vater wird Proteus genannt im schol. zu
name ist abgeleitet vom Substantivum iomYrMS, Nonn. Bion. 21, 287; vgl. Steph. Byz. s. v.
tonitru, tonitruum oder tonitrum, ebenso wie Topobvrj 629, 10. Sie wird auch erwähnt als
Tonitrualis bei Apuhius, de mundo 37, wo Tochter Poseidons und der Phoinike, s. Steph.
unter den Benennungen des Juppiter aufgeführt Byz.; Bosch. Lex. 3,2, 2399. 47. Proteus'
werden: Fulgurator et Tonitrualis et Fulmi- Söhne von ihr sind Tmolos u. Telegonos nach
nator. [Kenne.] so dem obengen. schol. zu Lyk.; vgl. Tzetz. Lyk.
Tophaticl {Tocpanril), der gute Engel der 124 [(I/pfotfr?) iXQ^oiv i^ yliyvntov Toqmvriv
9. Freitagstunde; ihm entspricht der böse Da- yocy.Bl.,i^7]g avtat'naidsgTuaiXog v.ccl TriXiyovog^.,
mon Eliasem. Hygrom.Salom. cvigrlO, Cat.cod. Eustath. p. 686, 24; Welcker, Aesch. Tril. 10,
astr. gr. 8, 2, 153. [Preisendanz.j ' 11. 612, 22. — Eine Tochter des Proteus,
Torchobolis deus, nordafrikanische örtliche Eurip. Hei. 11, Kon. 8 heißt Eido = Theonoe,
Gottheit, genannt in der verstümmelten Weih- daher vielleicht die Verwechslung Torone?
inschrift eines (oder mehrerer) Soldaten von [Preisendanz.]
Ain Zui {CILS Tab. II Ff), einer Ortschaft, die Torquatiana, Beiname der Fortuna, herge-
mit altem Namen Vazaivi, statio Vazaivitana leitet vom Personennamen Torquatus, in der
(nicht: Vazanis) hieß, CIL 8, Suppl. 2, p. 1671, 40 stadtrömischen Weihinschrift CIjL 6, 204 : For-
nr. 17621 = Dessau 4483: Diis conscrvatoribus, tunae Torquatianae Q. Caecilius Narcissus d. d.
I(ovi) O(ptimo) M(aximo) , Mercurio, Genio (auf den Seitenflächen, wie häufig, Henkelkrug
exercitus, Torchoboflji deo Da der Stein und Opferschale). Vgl. die zu TulUana {For-
unten abgebrochen ist, ist von dem von Dessau tuna) angeführten Belege. [Kenne.]
wohl richtig ergänzten L nur I erhalten (vgl. Torrhebos {ToQQrißog, Togrißog), ein lydischer
auch Ephem. epigr. 7, p. 234, n. 728), und der König, der eine Sohn des Atys oder Attis (s. d.):
Rest der Inschrift mit der Angabe des Stifters Xanth. fr. 1 {Müller 1, 36) bei Dion. Hai. Ant.
fehlt. [Keune.] iJom. 1,28; Nicol. Damasc.fr. 22 (Müller d.SlO)
Torcle(ii)sis, Beiname des Weingottes Li- bei Steph. Byz. s. v. Die Herrschaft über das
ber in einer Weihinschrift der zur Provinz Dal- 50 alte Reich Maionien vererbt sich auf die bei-
matia gehörigen Insel Brattia, jetzt Brazza ge- den Nachkommen des Atys. Wie nach Lydos
nannt, (77X3,3093 (mit /Sw^^^M p. 1646 nr. 10100) die Bewohner des einen Teils Lyder genannt
= Dessau, Inscr. Lat. sei. 4058, auf einem AI- werden (Herodot 1,7; 7,74), so nach T. eine
tar, gefunden bei Skrip im Innern der genann- Völkerschaft an der Südgrenze ToQgrißoL (Dion.
ten Insel [CIL 3 Suppl. (2) Tab. VI Ji], jetzt im Hai. a. a. 0.) oder Toggrjßioi (Steph. Byz. a. a. 0.).
Museum zu Spalato: Veselia Felicetas Libero Herodot 1,94 nennt diesen andern Sohn statt
m(agno) patri Torclesi ex voto. Wie Mommsen T. vielmehr Tyrrhenos, der als eponymer Ahn-
zu CIL 3,3098 bemerkt, ist Torclesis = Tor- herr der Tyrrhener die Herleitung der angeb-
clensis zwar gebildet wie ein Ethnikon, scheint lieh mit diesen identischen Etrusker aus Ly-
aber doch abgeleitet vom lateinischen Wort 60 dien verschuldet hat; vgl. Tzetz. Lyk. 1351.
für „Kelter'^ und zwar von torc(u)lum =^ tor- Während Mommsen, B. G. l^ 121, Toggrißoi
cj<?ar oder torcMZarmm; zum Ausfall des n vor s, für dasselbe zu halten scheint wie Tvggr\voi,
insbesondere in der Endung -ensis, s. zahlreiche glaubt Eduard Meyer, Gesch. d. Altert. 2 § 320,
Belege bei Dessau a. a. 0. Bd. 3 p. 826. [Keune.] schon Herodot habe mit den Torrhebern, von
Torgiates (Togyiatrig) heißt in einem Liebes- denen er schweigt, die Tyrrhener verwechselt.
Zauber bei Plaumann, Amtl. Ber. aus d. Kgl. — Eine Stadt in Lydien heißt nach dem König
Kunstsamml. 35 (1913/14), S. 207, der zum Bei- T., ganz wie dieser selbst, Toggrißog, das fem.
stand angerufene Daimon , von Plaumann ge- Toggrißlg bezeichnet anscheinend eine Bewoh-
35*
1071
Torrhebos
Totenbuch
1072
nerin dieser Stadt, ebenso aber nach T. auch
eine Landschaft des benachbarten Karien {Steph.
Bye. a. a. 0.) mit einem Berge namens Kariös
und einem Heiligtum des Kario» (s. d. nr. 1).
Dieser ist ein Sohn des Zeus und der Torrhe-
bia. Steph. Byz. erzählt sodann mit relativi-
scher Anknüpfung (5?): er(?) hörte, an einem
See lastwandelnd, der nach ihm {&n cettxo^)
lilivTi Toggrißia genannt wurde, den Gesang
der Nymphen, welche die Ljder auch Musen lO
nennen, und wurde von ihnen in der Musik
unterrichtet; er selbst wieder unterrichtete die
Lyder, und seine Sangesweisen wurden deshalb
{8uc xovto) Torrhebische {(iBlri Toggrißta) ge-
nannt. So maß man es bei Steph. Byz. ver^
stehen, und so wird es auch in dem Art. Ka-
riös (■. 0.) aufgefaßt; aber die Beziehung auf
Kariös ist unrichtig; vielmehr wird Torrhe-
bos von den Nymphen für die Musik begei-
stert (Gruppe, Mythol. 829, 3); dta rovro hat 20
nur dann einen Sinn, wenn T. der Erfinder
der lydischen Weisen ist, die deshalb
nach ihm benannt werden, wie er ja auch nach
Piutarch. de mtts. lö ^zuerst die Harmonie an-
gewendet hat*; und ebenso hat der Ort seiner
mspiration von ihm den Namen Torrhebischer
See. Über die dortigen Nymphen s. auch
Preller- Robert, Gr. Mythol. 1*, 488. Dagegen
ist jene Gattin des Zeus, Torrhebia, nach der
Landschaft genannt, in der sie als Göttin oder so
Heroine verehrt wird, ebenso wie Kariös, der
wohl nur eine Hypostase des Zeus Kariös ist,
seinen Namen von Karien hat. — Von der
Landschaft Torrhebis ist die Stadt Torrhe-
bos zu unterscheiden ; man vermutete sie früher
bei Mylasa im südlichen Karien, einer Kult-
Btätte des Karischen Zeus (s. 0.); vgl. Menke,
Lydiaca (Berlin 1843) S. 25. Erst Drexler
(Fleckeis. Jahrb. 1892, S. 842 f.) hat aus einem
Münztypus von Hierapolis in Phrygien (jetzt 40
einer hochinteressanten, vom Sinter heißer
Quellen gleichsam vergletscherten Ruinenstätte,
vgl. Humann, Cichorius, Judeich, Winter, Alter-
tümer V. Hierapolis 1898), geschlossen, daß T.
in oder bei Hierapolis zu suchen ist. Die
Münze (vgl. Greek
Coins in the Brit.
Mus., Phrygia p. 232 ;
pl. 29, 9 ; 8. die Abb.)
zeigt nämlich die in- 50
schriftlich bezeich-
neten beiden Stadt-
heroen Mopsos (s. d.
nr.7;Bd.2,Öp.3209f.)
und T.. die nackt,
aber mit langherab-
„ ^ hängenden Mänteln
MOnse von Torrheboä: Mopsos „• „ j«« „ .-^v.^»
u. T. iGr. Coin, in tke BrU. Mus., Tu ^^J^^ ItV.
Phrygia, pl. 29, 9). ^^^hen ; MopSOS hält
in der Rechten einen 60
Lorbeerzweig und stützt sich mit der Linken
auf einen Bogen (beide Attribute deuten auf den
apollinischen Charakter des Halbgottes hin);
T. hält in der ausgestreckten rechten Hand die
Statuette einer Göttin mit einer Mauerkrone
(wohl der kleinasiatischen Artemis), den linken
Arm stützt er auf eine Lyra, die hinter ihm auf
einem Sockel eteht. Diese« Instrument kenn-
zeichnet ihn als Erfinder der lydischen Ton-
weisen (8. o.) [Johannes Schmidt]
Totais 8. Onoskelis.
ToUs (Totates) = Toutas (Toutates), s. Teu-
taies Zu York = Eburacum in Britannia sind
zwei silberne Pingerringe gefunden, welche
Weihegaben waren. Det eine trägt die Weih-
inschrift: IJeo Sucelo (s. Sucellus o. Bd. 4, Sp.
1679 f.), der andere die Inschrift: Tot, welche
zu Tot(ati Marti) ergänzt worden ist. Ephem.
epigr. 3, p 813, nr. 181. Holder, Ältcelt. Sprach-
schatz 2, Sp. 1895 {Totatis).' [Kenne.]
Totates = Teutates s. d.
Toteubiich. Totenbuch, das ägyptische:
Sammlung von religiösen Texten, auf Papyru»
geschrieben und dem Toten in das Grab mit-
gegeben. — Textausgaben: R. Lepsius, Das
Totenbuch der Ägypter nach dem hieroglyphi-
schen Papyrus in Turin, Leipzig 1842. Edouard
Naville, Das ägyptische Totenbuch der XVIII.
bis XX. Dynastie, Berlin 1886. W. Pletjte, Cha-
pitres supplementaires du Livre des Morts
(Leide 1881). E. Ä. Wallis Budge, The chapters
of Coming Forth by day 1—3 {Books on Egypt
and Chaldaea 28—30, London 1910). — Voll-
ständige Übersetzungen: The life-wgrk of Sir
Peter Lepage lienouf (Bibliothrque Egyptologi-
que, Serie Etrangere 1, l^aris 1907) ; enthält Ka-
pitel 1—139 von Renoufxxndi Kapitel 140—184
von Naville übersetzt, als Abdruck aus: Pro-
ceedings of the Society of Biblical Archaeology
14(1892)— 19 (1897) und 24 (1902) —26 (1904).
— Femer: E. A. Wallis Budge, The book of the
dead, An english translation 1 — 3 (Books on
Egypt and Chaldaea, 6—8 London 1901). —
Teilweise übersetzt: Boeder, Urkunden zur Re-
ligion des alten Ägypten (Jena 1915) 224—96.
A. Geschichte des Totenbuches.
Die älteste Sammlung religiöser Texte aus
Ägypten liegt in den sog. Tyramidentexten'
vor, die hieroglyphisch an die Wände der
Innenräume von Pyramiden der 5. und 6. Dy-
nastie eingemeißelt sind. In diesen Inschriften
liegen Sprüche, meist in direkter Rede vor, die
ohne Überschriften, Einleitungen oder sonstige
erläuternde Verbindungen nebeneinanderge-
stellt sind. Der Redende ist hier zu denken
als ein betender Mensch, nämlich der verstor-
bene Pharao; dort als ein göttliches Wesen
irgendwelcher Art, das sich seiner Macht rühmt
und seine Erlebnisse schildert; dann als der
tote Pharao, der als Götterkönig zum Sonnen-
gott in den Himmel hinaufsteigt; endlich fin-
den sich Gebete für den Schutz der Leiche,
gesprochen zu denken im Totenritual. Die Zu-
sammensetzung ist also ein buntes Mosaik ohne
Einheitlichkeit in Muster und Ton.
Im Mittleren Reich (Dyn. 12) finden wir die
schon vorher begonnene Sitte ausgebreitet, die
Totentexte mit der Schreibbinse in Tinte auf
die Wände des Sarges zu schreiben, und zwar
in der abgekürzten Form der Hieroglyphen,
die diese beim Schreiben anzunehmen pflegen
und die die Grundlage für die 'hieratische'
Buch- und Briefschrift abgegeben hat. Die
sog. 'Sargtexte' bilden eine unmittelbare Foi-t-
setzung der Pyramidentexte, nur in Übertra-
1073 Totenbuch Totonbuch 1Ö74
gung vom König auf den Privatmann. Der Be- Das Verhältnis des T.s zu den Sargtexten
stand der Texte ist ähnliüh. Ein Teil der ist ähnlich wie das der Sargtexte zu den Pyra-
Sprüche der Pyramidentexte ist verschwunden, midentexten. Im T. sind noch viele Sprüche
ein anderer durch neue ersetzt; wieder andere mit ihren Überschriften vorhanden, die in den
sind gekürzt oder erweitert, gelegentlich auch Sargtexien stehen; aber nur ganz wenige
in mehrere selbständige Teile zerlegt. Völlig Sprüche, meist nur einzelne Sätze oder Rede-
neu sind die Überschriften, die man inzwischen Wendungen haben sich aus den Pyramiden-
über die Sprüche gesetzt hat und die den texten bis in das T. erhalten (z. B. Kap. 178).
Zweck angeben, dem der Spruch im Munde des Auch die altertümliche Gedankenwelt der Pyra-
Toten dienen soll. Vereinzelt treten Nachschrif- lo midenlexte spiegelt sich in dem T. nur in einer
ten auf, in denen eine Anweisung gegeben wesentlich veränderten Form wieder, während
wird, in welcher Weise und mit welchen ri- die Ideenkreise von Sargtexten und T. sich
tuellen Handlungen der Spruch zu rezitieren recht nahe stehen. Die in den Sargtexten
ist, damit er seine Wirkung ausübt. geschaffene äußere Form: zuerst eine Über-
Seit dem Anfang des Neuen Reichs (Dyn. 18) schrift, dann der Wortlaut des Textes, zuletzt
wird es üblich, eine Papyrusrolle mit Toten- gelegentlich noch eine Nachschrift, ist im T.
texten neben die Leiche in den Sarg zu legen; beibehalten worden. Im einzelnen bat die Tä-
die auf sie geschriebene Sammlung pflegen wir tigkeit der priesteflichen Bearbeiter viel an
'Totenbuch' zu nennen. Die angewendete den Texten geändert. Im allgemeinen hat man
Schrift hat im wesentlichen noch den gleichen 20 es zwar nicht gewagt, den Wortlaut eines der
Charakter wie in den Sargtexten, wiederum in aus- heiligen Sprüche absichtlich umzustoßen. Aber
geprägtem Gegensatz zu den weltliclien Hand- man fand ja oft genug mehrere verschiedene
Schriften der gleichen Zeit. Der Text des Toten- Überlieferungen für die Schreibung der Wör-
buches ist in fortlaufenden, meist senkrechten ter und damit auch für den Sinn der Sätze
Zeilen geschrieben. Die einzelnen Sprüche folgen vor, so daß sich von selbst die Notwendigkeit
innerhalb der Zeilen unmittelbar aufeinander, der Redaktion ergab; dieser ist man freilich
und vor ihnen selbst, die mit schwarzer Tinte ge- gern durch das ISebeneinanderstellen der ver-
schrieben sind, steht in Rot die Überschrift des schiedenen Überlieferungen aus dem Wege ge-
Spruches (meist 'Kapitel' genannt). Zwischen gangen. Femer gaben gelehrte Priester einen
einzelne Gruppen von Texten sind Bilder ein- 30 theologischen Kommentar zu besonders wich-
geschaltet, die gelegentlich auch jedes einzelne tigen Texten oder zu einzelnen dunklen Stellen ;
Kapitel begleiten. Einige Kapitel sind uns auch . dieser ist uns stets innerhalb des fortlaufen-
hieroglyphisch an Grabwänden, Särgen undGrab- den Textes überliefert und wird nicht immer
steinen erhalten, aber die Textfassung ist dort durch die Frage 'Was ist das?' eingeleitet
nicht zuverlässiger als in den flüchtig geschriebe- (z. B. ed. Naville 113, 14).
nen Papyrus. Überhaupt ist nicht zu beobachten. Die quellenkritische Durcharbeitung des T.
daß die sorgfältige Ausführung der Schrift ein An- kann nicht durch Veröffentlichung einzelner
zeichen für das Vorhandensein einer sorgsam ge- Texte geleistet werden, sondern nur durch
prüftenTextredaktion sei — oft ganz im Gegenteil! Nebeneinanderstellung der verschiedenen Le-
Das T. des Neuen Reiches hat durch die 40 sungen in den einzelnen Handschriften. Die-
ganze Spätzeit weitergelebt, sein Umfang ist sen Weg hat Naville vorbereitet für die Has.
bedeutend gewachsen, Texte und Bilder sind -der 18. — 20. Dynastie. In zahlreichen Versuchen
ausgestaltet. Die Schrift erstarrte in Dyn. 20 hat man die Quellenkritik praktisch durchge-
bis 21 zu einer 'hieratischen', bis schließlich führt bei der Übersetzung des T., jedoch ohne
diese gelehrte Form in Vergessenheit geriet und zulängliche Vorarbeiten. Die erste methodische
in Dyn. 26 mit archaisierender Tendenz durch Untersuchung der neueren Zeit hat, wenn man
die abgekürzten Hieroglyphen, unter den Ptole- von einigen älteren Aufsätzen absieht, Grapow
mäern dann durch die gleichzeitige weltliche für das 17. Kapitel {Biss. Berlin 1912; fortge-
'demotische' Schrift ersetzt wurde. Das aus setzt in den hieroglyphischen Textausgaben der
ptolemäischer Zeit (nach Mitteilung vou Spie- 50 'Urkunden') geleistet, der nach bestimmten
gelberg) stammende umfangreiche T. des Ef-onch Gesichtspunkten Lesungen auswählte und einen
(jwf-'nh) ist von Lepsius (s. o.) in Faksimile verständlichen Text herstellte, um dessen äl-
herausgegeben. Die Handschrift ist in glän- teste Foi-m zu suchen. Die zukünftige Aufgabe
zender Weise ausgeführt, nachdem die Kodi- für die Quellenkritik wird es sein, diesen Weg
fikation des T.s stattgefunden hatte, bei der für die einzelnen Kapitel weiter zu gehen, und
die späten Kapitel 183—186 hinzugefügt wor- zwar unter Heranziehung aller vorhandenen
den sind. Aus ptolemäischer Zeit sind sehr Überlieferungen; er ist für einzelne Kapitel er-
viele T. vorhanden, aber noch nicht zusam- folgreich beschritten von Sethe in Z. Ägypt.
menfassend durchgearbeitet; sie enthalten Spr. 54 (1918) und 56 (1922).
nachträglich überarbeitete Textfassungen, so 60 _ ^,. , „ , -..
daß sie für die Quellenkritik von Verhältnis- ^' Gliederung des Totenbuehs.
mäßig geringem Werte sind. Wie allerdings L Zahl und Zählung der Kapitel
in ihnen die hieratische Schrift oft durch die Lepsius gab den Kapiteln, die in der Turiner
altertümlichen Hieroglyphen ersetzt wird, so Handschrift der saitischen Zeit vorkamen, nach-
hat man auch für die Redaktion alte Vorlagen einander die Nummern 1 — 165. Er richtete sich
herangezogen, die im einzelnen zweifellos oft nach den Überschriften der Kapitel, die ge-
eine gute Überlieferung enthalten. Franz Lexa, wohnlich durch das Wort 'Spruch' (r) oder
Das demotische Totenbuch, Leipzig i910. 'Buch' (s'-t) bezeichnet werden. Gelegentlich
1075 Totenbuch Totenbuch 1076
erscheint eine Überschrift wie 'Anfang der in der Unterwelt usw. usw.' Es ist ein uralter
Sprüche von . . .* oder besondere Bezeichnungen, Text, der im Mittleren Reich einen Kommon-
die sich auf Gruppen von Kapiteln beziehen; tar erhalten hat und sehr häufig verwendet
diese Gruppen kommen aber bei unserer Ein- wird. Der Text hat mythologischen Inhalt (vgl.
teilung in Kapitel nicht zum Ausdruck. C VI) und ist ohne weitere Umgestaltung in
Navüle hat sich der Einteilung und Zäh- die Sammlung aufgenommen worden. — Kap. 21
lung von Lepgius vollständig angeschlossen, ob- bis 30: Einheitliche Gruppe, die schon im Neuen
wohl er vom Standpunkt des Neuen Reichs aus Reich fast immer vereinigt in derselben Reihen-
eigentlich hätte anders zählen müssen; er folge wie später erscheint. Texte und t^ber-
wahrte aber aus praktischen Gründen die Ein- lo Schriften stcnen in engem Zusammenhang und
heit der Zählung und fügte die Nummern beziehen sich auf Handlungen aus dem Ritual ;
Kap. 166—186 hinzu. Vorher waren allerdings sie gehören zu den wenigen Texten des T.,
von Pleyte die Nummern 166 — 174 für andere die man sich ohne weiteres im Zeremoniell der
Texte vergeben worden, die als spätere Zu- Bestattung denken kann. Nach ihrem Inhalt
Sätze in den Handschriften auftraten. Außer wird die Leiche hergerichtet: der Mund wird
diesen gibt es in den erhaltenen Handschrif- gegeben und dann geöffnet (Kap. 21 — 23), der
ten noch weitere Kapitel, die teils vorbände- Zauber wird gebracht (Kap. 24), der Tote er-
neu Texten verwandt, teils völlig selbständig hält die Fähigkeit, sich an seinen Namen zu
sind; sie haben noch keine festen Nummern erinnern (Kap. 25), sein Herz wird ihm gegeben
erhalten, da sich noch kein Bearbeiter für dieses so und gegen Raub geschützt (Kap. 2G— 3u). Alle
Gebiet gefunden hat. diese Vorgänge vollziehen sich scheinbar im
Die Anordnung der Sprüche in den Hss. Jenseits, sind aber natürlich ein Abbild des
des Neuen Reiches ist nicht die der Saitischen irdischen Rituals. — Kap. 31 — 63: Folge von
Zeit, nach welcher Lepsius gezählt hat. Son- Texten ganz verschiedener Art ohne einheit-
dem die T. des Neuen Reichs enthalten stets liehe Zusammenfassung; sie sollen feindliche
nur eine Auswahl von Texten, höchstens 90, Tiere vom Toten abwehren oder ihn gegen
meist nur eine beschränkte Anzahl wichtiger andere Schäden schützen, wie Abschneiden des
Texte, oft auch nur einzelne. Erst die Spät- Kopfes, nochmaliges Sterben, Faulen der Leiche
zeit hat die feste Folge der Kapitel hergestellt. usw. Die zum Leben notwendigen oder wün-
n. Gruppen von Kapiteln. Der Inhalt so sehenswerten Dinge werden dem Toten ver-
der Überschriften, die im Mittleren und vor schafft; sein Leben wird gegen Zerstörung ge-
dem Neuen Reich den Sprüchen vorgesetzt schützt, sein Thronsessel darf nicht weggenom-
worden sind, lehrt uns, daß gewisse Kapitel men werden, die Knochen seines Kopfes sind
eine innere Einheit bilden, zu einer Gruppe richtig zusammengesetzt, er hat Luft zum Atmen
zusammengefaßt werden können und auch im und bekommt Speise und Trank. — Kap. 64
Altertum in der Tat zusammengefaßt worden trägt wieder die Überschrift 'Spruch für den
sind. Wir ersehen es aus dem Auftreten von Ausgang bei Tage aus der Unterwelt' und ist
Gruppenüberschriften, die allerdings auch wie- eins der wichtigsten und häufigsten Kapitel,
der als Überschriften einzelner Sprüche er- das schon in Dyn. 11 belegt ist: Paul Guieysfißy
scheinen, z. B. 'Hinausgehen am Tage' (Kap. 15 40 Rituel funeraire egi/ptien, chapitre 64, Paris
B III. 17. 64) oder 'Spruch der Vervollkomm- 1876. Der Text enthält einen mythologischen
nung des Verklärten' (Kap. 141 — 143. 148). Die. Monolog und eine Anrufung. Angegliedert sind
Überschriften zu den einzelnen Sprüchen sind Kap. 65 — 75. — Kap. 76 — 88: Geschlossene
später als diese selbst verfaßt und haben meist Gruppe von Kapiteln, die sämtlich überschrie-
keinen inneren Zusammenhang mit dem Wort- ben sind 'Spruch für die Verwandlung in . . .',
laut des Textes selbst; in anderen Fällen wie- und zwar soll sich der Tote verwandeln kön-
der sind solche inneren Verbindungen deutlich nen in einen Falken, eine Lotosblüte, einen
vorhanden und bestätigen uns, daß die Ver- Phönixvogel, einen Reiher, eine Seele (Vogel
fasser der Überschriften mit ihnen den Sinn mit menschlichen Händen und Menschenkopf),
des Textes richtig getroffen haben. 50 eine Schwalbe, eine Schlange, ein Krokodil
Aus dem T. seien folgende Gruppen von oder in bestimmte Götter, oder endlich 'in alle
Kapiteln bzw. besonders wichtige Texte her- Gestalten, die er wünscht'. — Kap. 89—107:
ausgehoben: Zusammenhanglose Gruppe von Texten, die
Kap. 1 — 16: Jüngere Gruppe von Texten, dem Toten Annehmlichkeiten in der Unterwelt
eingeleitet durch die Gruppenüberschrift 'An- verschaffen sollen, z. T. von ähnlicher Art wie
fang der Sprüche von dem Hinausgehen am frühere KapiteL Er soll im Jenseits über den
Tage der Anrufungen und Verklärungen und Strom gesetzt werden und die nötigen Opfer
von dem Hinausgehen aus der Unterwelt und erhalten. Besonders beliebt ist Kap. 99 aus
der Rückkehr in sie — zu sprechen am Tage einer Gruppe von Texten, zu der auch Kap. 130
der Einsargung'. Hierin ist Kap. 6 bestimmt 6o bis 186 gehört, und die sich mit der Fahrt in
für die Beschäftigung der Totenfiguren als Ar- dem Sonnenschiff beschäftigen; dort will und
heiter, und der Text wird deshalb auf Toten- soll der Tote Platz nehmen neben dem Sonnen-
figuren geschrieben. Kap. 15, zu welchem 16 gott und zusammen mit den übrigen großen
die Bilder gibt, enthält in mehreren Fassungen Göttern. — Kap. 108—109 und 111 — 116 (die
Lieder an den Sonnengott. — Kap. 17, an das Gruppe ist unterbrochen durch Einsprengung
18—20 angehängt sind, beginnt mit einer neuen von Kap. 110, woraus die ün sorgfältigkeit der
Gruppenüberschrift 'Anfang der Anrufungen Kodifikation erhellt; ähnlich ist Kap. 79 in die
und Verklärungen für Ausgang und Rückkehr 'Verwandlungen' eingesprengt): Sprüche für
1077 Totenbuch Totenbuch 1078
Keaiitnis der Seelea verschiedoaer Sblldte, Ge- Muad gelebt. Oft sind es ausführliche Lob-
gentien uad Hiai-nöl9richtun;?eQ; gemeint sind preiaungen, die in dieser Fassung eigentlich
DämDnen, die wir als Gehilfen der Götter ken- nicht in das T. gehören und wolil auch aus
nen. — Kap. 110: Hiufiger und wichtiger Text dem Tempelkult oder wenignteni aus Hss. hier-
von den Elysischen Gafildan, in die der Tote her übernommen sind, die aus dem Kreis des
eingeht, wenn er das Gericht (Kap. 125) be- Tempildienstes stammen. Unter den angerufe-
standen hat. Es hat eine Gruppenüberschrift: nen Göttern nehmen die beiden den Saupt-
' Anfang der S,)rüche des Gabenfeldes (oder platz ein, um die sich das Leben und die
Feld Jaru, die sog. Elysischen Gelilde) und der Wünsche der Toten drehen. Zunächst der Son-
Sprüohe vom Hinausgdhen am Tage usw.' Der lo nengott, den man am Morgen bei Aufgang und
mythologische Tett (vgl. C. VI) hat seinen Schau- am Abend bei Untergang verehrt, um seines
platz im Gabenfeldö. — Kap. 117 — 124; Wei- erwärmendes Lichtes teilhaftig zu werden, so-
tere Texte für das Verhalten in der Unterwelt wohl bei Tage über der Erde wie bei Nacht,
und die Ankunft an dem Eingang zum Jen- wenn er seinen unterirdischen Weg von Westen
seits, deshalb vielleicht als Vorbereitung auf nich Osten durch das Totenreich macht (Kap. 15
das Totengericht gemeint — Kap. 125: Der bis 16). Ferner Osiris, der Herrscher der Un-
berühmteste und häufigste Teil des T. mit Tex- terwelt, an den sich viele einzelne Stellen des
ten u;id Bildern zum Totengericht, bei dem T. wenden, gelegentlich auch längere Hymnen
das Herz gigan das Rocht aufgewogen wird. und Gebete (Kap. 18 nach Äni ed. Budge)., im
Der Text wird in der Üöerschrift oft 'Buch 20 Sinne dieser Lieder sind auch die zahlreichen
(ebenso die ang-^gliederten Kap. 127 — 129) vom selbständigen Anrufungen gehalten, die auf
Eintritt in die Halle der dopp3lten Gerechtig- Grabsteinen oder an Grabwänden überliefert
eit' genannt. — K^-p. 141— 154: Sprüche für sind. Im Totengaricht (Kap. 125 Einleitung)
die Kenntnis des Jenseits, besonders in topo- wird Osiris natürlich als oberster Totenrichter
graphischer Hinsicht. Der Tote wird befähigt, und 'Herr der doppelten Gerechtigkeit' ge*-
durch Kenntnis der Namen der Orte und Da- feiert. Neben den beiden Hauptgöttern werden •
monen die Tore im Jenseits zu durchschreiten die anderen großen Götter sämtlich mehr oder
und sich in den Festungen zurechtzufinden. weniger ausfübrlich und häufig angerufen. Z. B
Kap. 151 stellt die GrabkammBr mit ihrer gan- wird Thot, der schreib- und rechtskundige Ge
zen Einrichtung dar. — Kap. 155 —171: Sprüche 33 lehrte, gebeten, den Toten in den zehn (jre-
für die Anbringung der Amulette und die son- richtshöfen zu rechtfertigen, wie er es mit
stige Ausstattung der Mumie und des Grabes. Osiris getan habe (Kap. 18 ed. Nav.) oder ihm
— Kap. 174— 186: Zusammenhanglose Gruppe das Schreibzeug zu gaben, das in geheimnis-
von Testen, teils mythologischen Inhalts, teils voller Beziehung zu Osiris selbst steht (Kap. 94).
für den Schutz des Leichnam? und aaderwei- KI. Erlebnisse des Toten. Viele Texte
tige Hilfe im Jenseits. wählen die Form, daß der Tote seine Erleb-
_, _ - ,^ , _, .. , nisse in der Unterwelt schildert. Er beschreibt
C. lahalt der Spraohe. ^ei^g^ ^^^^ .j^^^ ^^.^„3 i^ ^^^ ^^^^ ^-^^
I. Gebete für den Toten. Die häufigste und öffne alle Wege, die im Himmel, auf der
Form der Texte des T. ist, daß für ihn eine Hilfe 40 Erde und auf der Duat sind' (Kap. 9, 2 — 4 ed.
erbeten wird; von ihm ist also in dritter Per- Nao.). Er erzählt: "^IVIir wird mein Mund ge-
son die Rede. Vereinzelt ist einmal als redende geben, damit ich mit ihm rede vor den Göt-
Person der AnmutefiPriester angegeben (Kap. 18 tern der Duat' (Kap. 22,. -J ed. Nav). ^Mein
nach Ani ed. Badge). Herz gehört mir, damit es in mir bleibe' (26, 2)
n. Gebete des Toten. Häufig sprechen oder ""Mein Herz ist bei mir und wird mir nicht
die Texte des T. in der ersten Person, und weggenommen' (29 A, 2). ^Die vier Knochen
auch wenn sie nicht durch den Satz: '^NN' sa^t' meines Hinterkopfes sind verbunden' von Göt-
eingeleitet werden, müssen wir uns den Toten tern, die einsein genannt werden (50,2). So
als redend denken. In Kap. 17 sind au den ist er in ordnungsmäßiger Verfassung und kann
Monolog des Urgottes Gebete angehängt, in 50 bei Tage die Unterwelt verlassen, um wie ein
denen der Sprecher die Totenrichter um Be- Lebender einherzugehen: 'Die Tore des Him-
freiung von Sünde anruft; ähnlich spricht der mels sind mir autgetan, die Tore der Erde
Tote im Totengericht (Kap. 125), wo er Schutz sind mir aufgetan . . . und ich gehe am Tage
vor dem ^Henker und anderen bösen Geistern hinaus an den Ort, den mein Herz wünscht'
erfleht. Über das ganze T. hinweg sind Anru- (68, 2). Glücklich genießt er das jenseitige Le-
fungen an einzelne Götter verstreut, z. B.: '0 ben: 'Ich gehe gerechtfertigt gegen meine
Atum, gib mir süße Luft!' (Kap. 56, 3 ed. iVay.) Feinde (aus dem Gericht) hervor. Ich durch-
oder die Anrufung vieler Götter in Kap. 79, ziehe den Himmel, ich dringe in den Horizont
wo der Tote sich als neuer Götterkönig an- ein, ich eile über die Erde mit meinen Schrit-
kündigt, der nun den Thron besteigen wird. 60 ten . . . Ich esse mit meinem Munde usw.'
In dem Totengericht (Kap. 125) nimmt die Rede (Kap. 10 u. 48).
des Toten die Form der Beichte an, in der er Mit derartigen Schilderungen ist gemeint,
bekennt, die und die Sünde nicht begangen zu daß der Tote sich durch das Hersagen bzw.
haben. Selten stellt der Tote sich als Priester das Mitnehmen der Sprüche das in ihnen ge-
vor, der den Gottesdienst vollzieht (Kap. 1 B, schilderte glückliche^ Leben sichert. Gewiß
19 ed. Nav.). würde der Sinn der Übersetzung im einzelnen
Anbetungen von Göttern in kürzerer oder anders, wenn man statt des Indikativs den Op-
längerer Form sind dem Toten häufig in den tativ annähme, also statt 'ich gehe': 'möchte
1Ö79 Tötenbuch Totenbucb 1080
ich gehen' usw. Gelegentlich vertilgt es sich lichung geraten, in der der Tote auftritt als
auch gut mit dem allgemeinen Sinn dea Tex- Ösirie, der durch Horiis befreit ist, der von Nut
tes, den Wunsch einzusetzen. Aber alle Texte geboren wurde und als Orion über den Him-
kOnnen nicht so zu übertragen sein. Die Er- mel zieht usw (69, 1 — 5 ed. Nav.). Als Spruch
Zählung in der I.Person entspricht der ö,gyp- für die Verwandlung in eine Seele erscheint
tischen Auffassung ebenso wie die Monologe eine Identifikation mit der Sonne, die sich Re
in' Kap. 6, in denen der Tote sich als der und und Chepra nennt, die Finsternis vertreibt usw.
der Gott vorstellt. (86,2-10 ed. Nav.).
IV. Wechsel reden des Toten. Gelegent- Diese Texte sind nicht so zu verstehen, daft
lieh erscheinen im T. Unterhaltungen des To- lo der Tote sich in eine lose Beziehunj? zu den
ten mit anderen Personen in direkter Rede, Gottheiten setzt, oder daß er ihre Gestalt wie
und zwar tritt der Dialog als typische Form ein Gewand annimmt, um zu tiiuschen, oder
auf, wenn der Tote ein Tor zu durchschreiten daß er sich nur nebenbei mit göttlichen Eigen-
bat. Dann wendet er sich an den Türhüter: schaften versieht. Sondern es entspricht ganz,
'(iffne mir!* 'Wer bist du?* 'Ich bin einer der ägyptischen Auffassung, daß der Tote vor-
von euch!* 'Wer ist mit dir?* 'Die beiden gibt, sich vollständig und dauernd in den be-
mrtj-Göttinnen sind es* (Kap. 58 ed. Lepsius). treffenden Gott verwandelt /u hab(>n. Er hat
In den Sprüchen von den Toren, den Wohnun- alle seine Eigenschaften angenommen, erlebt
gen und den Festungen im Jenseits (Kap. 144 seine Schicksale und erfreut sich der dem
bis 147) spielen diese Dialoge mit dem Tür- 80 Gotte erwiesenen Ehrungen. Der Sinn der
hüter, dem Wächter und dem Herolde, der in Sprüche ist es, daß der Tote den Traum der
dem Tore anmeldt, eine große Rolle. Im To- göttlichen Persönlichkeit und Macht ganz und
tengericht erscheint eine Wechselrede von gar auskosten soll.
knappen Fragen und Antworten an den Stel- VI. Mythologische Erzählungen. Viele
len, an denen der Tote sich den Weg dadurch Andeutungen von mythologischen Einzelheiten
erzwingt, daß er Kenntnis der Gegend«und der sind in das T. eingestreut, besonders bei den
vorzunehmenden Zauberhandlungen zeigt. Dann eben (C V) behandelten Identifikationen mit
nennt er auf Befragen die Namen der einzel- Göttern und bei den Anrufungen von Gotthei-
nen Teile des Tores (Pfosten, Schwelle, Riegel, ten (C II). Aber gelegentlich haben sogar zu-
Schloß usw.) sowie den Namen des Pförtners, so sammenhängende Texte mythologischen Inhalts
und endlich antwortet er dem Thot auf die durch irgendwelche Zutalligkeiten Aufnahme
Fragen nach seinem Begehr und nach seiner in das T. gefunden. Das berühmte 17. Kap.
Reinheit (Kap. 125 Schluß, 21 ff.). beginnt mit einem Monolog des höchsten Got-
V. Der Tote als Vertreter von Göt- tes im Dogma von Heliopolis, der sich Urgott,.
tern. Hänfig führt der Tote sich selbst in Schöpfer, Göttervater, Sonnengott, Himmels-
direkter Rede als ein mythischer oder magi- könig und Weltenherrscher nennt. Die Lieder
scher Gegenstand ein, um sich dadurch erhöh- an den Sonnengott, Kap. 15, preisen seine Wir-
tes Ansehen zu geben. 'Ich bin die reine Lo- kung als Gestirn, schildern seine Kämpfe gegen
tosblüte, die im Horizont emporgesprossen ist' die Mächte der Finsternis, lassen ihn vom
und an der der Sonnengott riecht (Kap. 80). 40 Himmel aus über Götter und Menschen herr-
Die Sprüche 76 — 88 sollen ihm gerade die sehen und nachts den Toten Licht bringen.
Fähigkeit geben, nach Wunsch andere Gestal- Verschiedene Mythen von Heliopolis sind in
ten anzunehmen (vgl. B II). Er schreibt sich widerspruchsvoller Weise in dem Kap. 115 ver-
zuweilen in einem Atem die Gestalt verschie- einigt, das die Geister von Heliopolis kennen
dener Götter zu: 'Ich weiß, daß ich empfangen lernen soll. In die vorangehenden Sprüche,.
bin von Sachmet und geboren bin von Neit; die sich mit den Geistern anderer Städte be-
ich bin Horus, der mit dem Horusauge hervor- schäftigen , sind einige Erzählungen aus dem
kam; ich bin Uto, die als Horus hervorkam' Kranz von Mythen geraten, der um Horus ent-
usw. (66, 1). An anderer Stelle nennt er sich standen war. In Kap. 110 stehen zwischen Re-
zugleich Atum und Doppellöwe und Chepra 50 den eingesprengt Bruchstücke einer Schilderung
(^8 A, 2—9 ed. Nav.), oder er bezeichnet sich des Kampfes zwischen Horus und Set. Kap. 11^
als Thot und großer Gott in dem Sonnenschiff enthält in lebendiger Form die bekannte Ver-
und Totenrichter und anderweitiger Gehilfe des wundung des Horus durch Set, der sich in ein
Osiris und Horus (1 B, 3 — 18 ed. iVaw.) Ein schwarzes Schwein verwandelt hat. In Kap. 113^
merkwürdiger Spruch, der mit Ehnas (Hera- fischt Sobk den Horus aus dem Wasser.
kleopolis"» zusammenhängt, läßt den Toten seine .^^ -„ „ ^ -, •,
Körperteile als Götter bezeichnen: 'Mein Haar ^' Ursprung und Verv^endung der
ist Nun, mein Gesicht ist Re, meine Augen Sprucüe.
sind Hathor' usw., bis zu den inneren Organen ; In einer Anzahl von Stellen schon in dert
'Es gibt kein Glied an mir, das von einem 60 Sargtexten des Mittleren Reichs, dann in großem
Gotte frei wäre' (42,5 — 11 ed. Nav.). Umfange in dem T. des Neuen Reiches haben
Besonders eindrucksvoll ist ein Monolog, die Sprüche Nachschriften erhalten, in denea
wenn er in einheitlicher Rede die Identifika- sachliche Angaben verschiedener Art enthalten
tion mit einem der großen Götter durchführt sind. Den Nachschriften sind die folgenden
und dabei der Einzelheiten aus der Persönlich- Zusammenstellungen fast ausnahmslos ent-
keit und Mythologie der betreffenden Gottheit nommen.
gedenkt. In eines der Kapitel vom 'Hinaus- I. Zeit und Ort des Ursprungs. Wie
gehen bei Tage* ist z. B. eine Selbstverherr- alle geheiligten Schriften, so soll auch das T.
1081 Totenbuch Totenbuch 1082
von Thot, dem gelehrten Schreiber der Götter, eint; Abendbarke westlich und eine Morgen-
verfaßt sein. Das T. ist eines der berühmten barke östlich von ihm aufgezeichnet werden
^hermetischen Bücher' {Clemens Alexnndrtnus). led. Nav.). Ähnlich Kap. 133, wo ein grünes
Dadurch wird die Entstehung des T. in die Schiff unter einem Himmel mit Sternen stehen
glückselige Zeit der Götter der Urzeit zurück- soll, während Kaj). 134 über einen gekrönten
verlegt. In Wirklichkeit gehen zwar viele ein- Falken zu rezitieren ist, der mit dem Sonnen-
zelne Vorstellungen des T. in die vorgeschicht- schiff in gelber Farbe auf eine neue Binde ge-
liche Zeit zurück, aber die Form, in der sie zeichnet wird. Alle diese Texte sind dazu be-
uns überliefert sind, ihre Zusammenfassung stimmt, den Toten mit dem Sonnengott zusam-
und Umgestaltung gehört in den Anfang des lo men in seinem Schiffe fahren zu lassen.
Neuen Reichs und ist auf der Grundlage der I^ei anderen Sprüchen ist angegeben, daß
Totentexte des Mittleren Reichs ('Sargtexte') sie in bestimmter Weise über der Leiche an-
und weiterhin der des Alten Reichs ('Pyramiden- zuwenden sind. Für Kap. 13 soll ein Kranz von
texte') ausgeführt. Blumen am Tage der Bestattung auf das rechte
Eines der Zusatzkapitel zum T. (ed. Pleytc, Ohr des Verstorbenen gelegt werden, und Kap. 19
Kap. 166) gibt an, im Totenreich am Halse des ist zu rezitieren am frühen Morgen über dem
Königs Ramses II. gefunden zu sein. In den göttlichen Kranz, der über das Antlitz des Man-
Nachschriften anderer Kapitel wird einzelnen nes gelegt ist. Für Kap. 100 ist es notwendig,
Sprüchen ein viel höheres Alter zugeschrieben; ein Bild auf ein reines Blatt mit frischer Zeich-
allerdings sind die Angaben darüber nicht über- 20 nertusche, vermischt mit Myrrhenwasser zu
einstimmend. Unter König Usaphais (Dyn. 1) malen und es dem Verstorbenen an den Nacken
soll Kap. 64 (ed. iVav.) von einem Maurermeister zu legen, ohne daß es seine Glieder berührt,
in einer Tempelmauer gefunden sein, der Text d. h. zwischen die Binden. Ähnlich bei Kap. 101,
von Kap. 130 (ed. Lepslus) in einer Halle. Zur das am Tage der Bestattung an seinen Hals
Zeit des Königs Mykerinos (Dyn. 4) lebte der gelegt werden soll. Kap. 121 ist am Tage der
uns auch sonst als Weiser bekannte Prinz Hör- Einsargung über zwei bestimmten Fruchtker-
dadaf; diesem wurde der Spruch Kap. 64 (ed. nen zu sprechen, die in das rechte Ohr des
Lepsius 32) gegeben, als er eine Tempelrevi- Verstorbenen gelegt sind, und über zwei ande-
sion vornahm. Ähnlich wurde vonihmKap.30 B ren, die in eine Binde von feinem Leinen ge-
(ed. Nav.) in Hermopolis (Schmun) unter den 30 lej^t sind, auf welche sein Name gesetzt ist.
Füßen des Gottes Thot auf einem Fayence- Die für das Herz des Toten bestimmten Sprüche
ziegel geschrieben gefunden. Ebenso lautet die sind zu rezitieren, nachdem ein grüner Stein
Nachschrift zu Kap. 148 (&d. Nav. 16), während in Käfergestalt, in Gold gefaßt, an die Stelle
Prinz Hordadaf Kap. 37 a (ed. iV^aiJ. 23) in einem des Herzens in die Leiche gelegt worden ist
geheimen Kasten in einem Tempel von Schmun (Kap. 30 B. ed. Nav. und 64, 33 ed. Leps.).
fand. Alle diese Angaben finden sich nur in Kap. 155 — 162 sind für Amulette bestimmt, die
thebanischen Totenbüchern. in genau vorgeschriebener Weise bei dem
Als Ort der Herkunft war eben schon bei Toten anzubringen sind; die Anweisung nimmt
einzelnen Sprüchen Hermopolis-Schmun ange- überall darauf Bezug. Für Kä,p. 164 hat man
gegeben (bei Kap. 30 B, 64, 137 B und 148). In 40 die Figur eines Geiers mit drei verschiedenen
einem vereinzelten Falle geht aus den ange- Köpfen (Geier, Schlange und Mensch) zu zeich-
rufenen Göttern hervor, daß der Spruch aus nen, wie sie uns auch erhalten ist. Kap. 165
Theben stammt (Kap. 171 ed. Nav., Text S. 29). soll gesprochen werden über gewissen Götter-
Vielleicht ist Memphis die Heimat von Kap. 172 figuren, die auf eine einzige Binde so zu zeich-
(s. ebd.). Der Mittelpunkt der ganzen religiösen nen sind, daß die eine Figur gerade auf dem
Lehre des T. ist offenbar Heliopolis, das an Herzen der Leiche liegt, die beiden anderen
vielen verstreuten Stellen genannt wird und auf den Brustwarzen. Einige Nachschriften
gemäß dessen Theologie viele Sprüche abge- enthalten Angaben über den Zustand des Man-
faßt sind; man denke nur an den Monolog des nes, der den Text rezitieren bzw. den Zauber
Götterkönigs in Kap. 17 und an die hervor- 50 ausüben soll. Kap. 148,24 ed. Nav.: 'Dieser
ragende Rolle, die Heliopolis in Kap. 16 als Ge- Spruch soll verlesen werden von einem Reinen
richtsort und als Schauplatz des Kampfes spielt. und Gesäuberten , der kein Ziegenfleisch oder
Auch der oft erwähnte Vogel Phönix (bnw) ist Fische gegessen hat'. Die Sprüche vom Toten -
in Heliopolis zu Hause, ebenso die 'Geister von gericht (Kap. 125 Nachschrift 1 ed. Nav.) sollen
Heliopolis' und andere Dämonen, so daß diese von einem Manne gesprochen werden, der rein
Stadt der Schauplatz zahlreicher Mythen ist. und gesäubert ist, der in ein neues Gewand ge-
Natürlich wird Heliopolis im T. auch deshalb kleidet ist, der weiße Sandalen an den Sohlen
häufig erwähnt, weil seine Göttern eunheit die trägt, der geschminckt ist mit schwarzer
maßgebende geworden war. Schminke, der gesalbt ist mit bestem Myrrhenöl,
II. Gebrauchsanweisungen. Zahlreiche 60 nachdem er einen jungen Stier geopfert hat,
Nachriften geben an, in welcher Weise ein sowie Gänse, Brot, Bier und Gemüse. Kap. 64,
Spruch zu rezitieren ist. Meistens handelt es 33 (ed. Leps.) soll in großer Verborgenheit
sich um seine Verwendung als Zauber, bei der durch einen Mann rezitiert werden, der gerei-
Ort und Zeit gewöhnlich belanglos sind und nigt und gesäubert ist und der sich nicht den
dem Zauberer nur der Gebrauch bestimmter Frauen genaht hat und der kein Ziegenfleisch
Gegenstände vorgeschrieben wird. Kap. 130 ist oder Fische gegessen hat.
zu sprechen über einer gelbgezeichneten Son- III. Verheißungen. Zahlreiche Nachschrif-
nenbarke; neben eine Statue des Toten soll ten enthalten Versprechungen darüber, daß der
1083 Totenbuch Totoes 1084
Text, in richtiger Weise rezitiert, bestimmte Die beste Ausführung lilßt Text und Bilder
Wirkungen haben würde. Meist sind die Ver- Hand in Hand gehen, und der Nane des Ver-
heißungen allgemeiner. Art: Der Verstchrbene storbenen wird an den nötigen Stellen beim
würde, nachiiem er bestattet ist, wieder hin- Schreiben eingesetzt. Für billigere Herstellung
ausgehen kOnnen bei Tage und Gestalten an- werden die Bilder zuerst gezeichnet, uod die
nehmen, wie sein Herz sie ihm eingibt (18, 36, Sprüche werden dann eingesetzt, soweit der
auch 64,3 ed. Nav.; ähnlich 20, 7 ed. Lep8.\ gegebene Raum reicht; oft stimmen Bilder und
ferner soll der Verstorbene über seine Feinde Text begreiflicherweise überhaupt nicht zu-
triumphieren im Tode und im Leben (19, 16 einander. Viele Papyri dieser Art sind auf
«d. Lep8.)\ seine Seele soll Macht gewinnen lo Vorrat angefertigt worden unter Freilassung
über ihre Feinde und im Gefolge der unver- eines Raumes für den Namen; der Käufer ließ
gänglichen Sterne sein, seine Seele soll leben seinen Namen nachtrllglich einssbzen, der sich
in Ewigkeit, und er soll nicht noch einmal oft genug in anderer Handschrift heraushebt.
sterben in der Unterwelt, und er soll nicht zu- In den Hss. des Neuen Reich« kann man
gründe gehen ewiglich (137 A, 18 ed. Nav.). Er für die besseren annehm in, daß die Schreiber
eoll auf der Erde unter den Lebenden wandeln, den Inhalt der Texte verstanden. Wenigstens,
■ohne daß er zugrunde geht in Ewigkeit (81 ed. soweit er In ihren Vorlagen überhaupt noch
Leps.). Andere Verheißungen schildern mehr verständlich war. Ein sinnloses Abschreiben
oder weniger ausführlich, daß der Verstorbene durch unwissende Fabrikschreiber setzt in grö-
uicht am Tore der Unterwelt zurückgehalten 20 ßerem Umfange erst in der 20. Dynastie ein.
werden soll (91), daß er in dem gepriesenen Ein häuftger Fehler der Abschreiber ist da-
Oefilde seinen Acker bestellen darf (99), daß durch entstanden, daß sie sogen, rückläufige
•er in das Sonnenschiff steigen (100. 136) oder Texte vorfanden, bei denen die senkrechten
Als Stern über den Himmel ziehen dürfe und Zellen in umgekehrter Folge (also entgegen der
ein Gott sei, während sein Schatten als Gott Schriftrichtung) zu lesen sind. Wenn sie einen
bei den Menschen weilt (10 1). Das Zusammen- solchen Text in der scheinbaren Folge der Zel-
«ein mit dem Sonnengott wird ausgemalt (134); len (also in Wirklichkeit rückwärts) abschrie-
weilt er dort, so fallen die Menschen und die ben und dabei neue Zeilenumbrüche vornah-
Toten nieder auf ihre Gesichter, wenn sie ihn men, wie es der ihnen zur Verfügung stehende
sehen, als ob er der Sonnengott selbst sei. 30 Kaum ergab, so entstand ein fürchterliches
Gelegentlich ist der Verheißung auch eine Durcheinander, in das wir nur Ordnung bringen
Warnung angehängt: 'Wer diesen Spruch weiß, können, wenn wir einen guten Paralleltext be-
tritt (wieder) hinein, nachdem er hinausgegan- sitzen.
gen ist aus dem Westen. Wer diesen Spruch Die Bilder zu den einzelnen Sprüchen sind
nicht weiß, tritt nicht (wieder) hinein, nach- sicher jünger als diese, und wir kennen sie erst
■dem er hinausgegangen ist aus dem Westen; aus dem Neuen Reich. In unseren Hss. sind
und er weiß nicht hinauszugehen am Tage' sie oft von anderer Hand als der Text herge-
(86 ed. Leps.). stellt, und ihre Zahl pflegt zuzunehmen, je jüa-
Im allgemeinen beziehen die Verheißungen ger der Papyrus ist. Oft erläutert das Bild den
sich auf das Leben im Jenseits und schildern 40 Text in erwünschter Weise, gibt gelegentlich
Ausführlich die Freuden, die den Verklärten auch eine Zeichnung des Gegenstandes, der
dort erwarten (72. 136). Da ausdrücklich an- nach der Gebrauchanweisung für die Rezitie-
gegeben ist, daß der Leichnam nicht zugrunde rung des Spruches benötigt wird. Zu Kap. 1
gehen und die Seele sich nicht vom Leichnam gehören gelegentlich Bilder der Bestattung,
entfernen solle, ist an dieser Absicht nicht zu auf denen wir die Leichenprozession zum Grabe
zweifeln. In vereinzelten Fällen jedoch sind sehen. Dabei wird nach dem Grabritual die
die Sprüche auch für Lebende bestimmt; sonst 'Öffnung des Mundes' vollzogen; von dieser
hätte es keinen Sinn, Verheißungen für die Le- und anderen Zeremonien ist jedoch fast nichts
benszeit auf Erden auszusprechen (so schon in das T. aufgenommen worden. Berühmt sind
•oben in 19,15). 'Wem das Buch vom Toten- 50 die Bilder zu Kap. 12.5; sie zeigen ausführlich
^ericht vollzogen wird, der soll gedeihen und alle Vorgänge beim Totengericht, die Einfüh-
■dessen Kinder sollen gedeihen, er soll ein Lieb- rung des Verstorbenen vor Osirls, das Abwie-
ling des Königs und seiner Hofleute sein; ihm gen seines Herzeus gegen das Recht und da-
80II Brot, ein Krug, Kuchen und ein großes neben den Höllenhund, der auf die Verdamm-
Stück Fleisch vom Altare des großen Gottes ten wartet. [Roeder.]
gegeben werden' (125 Nachschrift 6 ed. iVa?.'.). Totis (Tort?), von den Thrakern verehrte
Wer den Spruch vom Sonnenschiff auf Erden weibliche Gottheit: vgl. ob. Bd. 4, Sp. 611/612.
w^eiß, soll sein wie Thot; er wird von den ("Preisendanz.]
Menschen verehrt und fällt nicht dem Zorne Totoös {Tororig), thrakische Gottheit in einer
des Königs anheim und der Flamme der Bastet, 60 Inschrift aus Amphipolis: Tordrjrt OsodalfiovL
sondern er ist gesund bis zu einem hohen "Titvoi, über die Höfer oben Bd. 4, Sp. 611f.
«chönen Alter (135 ed. Leps.). {Theodaimon) gehandelt hat (s. Abb. nach Cou-
TP-,. ^,.,„ ,„ ^^. sinery, Bull. Corr. hell. 22 [1908], 353); vgl.
E. Die technische HersteUung und die g,^,/^,^ Jahresber. Ält.-Wiss.m (1907), Suppl.
^ üiiaer. ß27. Totoes ist vielleicht identisch mit dem
Aus der Art, in welcher uns die Texte in phrygischen Götterjüngling Tottes, 'der als Hel-
■den einzelnen Hss. erhalten sind, geht die fer in großer Not nächtlicher Weile nach Milet
fabrikmäßige Herstellung der Papyrus hervor. gekommen' ist und mit Onnes zusammen den
1085
Tourenus
Toxaris
1086
Kabirenkult gegründet hat: Nicol. Dam. fr. 64
bei Kaibel, Nachr. Ges. Wiss. Gott. l'JOl, 513,
der Tottes auch mit Totol^s zusammenbringt.
Preisendanz.]
Totoesrelief aus Amphipolis.
Vgl. ob. Sp. 611, 17.
Tourenus lautete vielleicht der örtliche, kel-
tische Beiname des Mercurius in der römischen
Inschrift eines auf der ^Hohenburg' bei Rup-
pertsberg (am Hardt- Gebirge bei Deidesheim)
in der bayr. Rheinpfalz gefundenen Altärchens,
jetzt im Museum zu Speyer, CIL 13, 6122
{Hildenbrand, Der röm. Steinsaal des Histor.
Museums der Pfalz zu Speyer 1911, S. 55 nr. 178
mit Abb. S. 54), allein die Lesung der mangel-
haft erhaltenen Schrift ist recht unsicher, und
von dem Beinamen zu Mercurio, TOVRENO,
sind nur vier Buchstaben zweifellos bestimmt,
denn der erste Buchstabe des Namens kann
auch I gelesen werden, der vierte Buchstabe
ist T oder R, der sechste vielleicht N. Stifter
des Weihdenkmals war jedenfalls ein Einhei-
mischer, wenngleich auch seine Namen nicht
mit Sicherheit gelesen werden können. Holder,
Altcelt. Sprachschatz 2, S. 1896 bringt nach
Glück den Namen T. zusammen mit tour, irisch
tuar = lat. omen, doch ist seine Folgerung,
daß Mercurius durch den Beinamen T. als Gott
des Erwerbes, des Gewinns {Caes. b. G. 6, 17, 1)
gekennzeichnet werde, willkürlich. In Gallien
und den von gallisch-keltischer Kultur beein-
flußten Landschaften, insbesondere Obergerma-
nien, führt der als Gott der Götter hier be-
sonders häufig verehrte ''Mercurius^ oft kelti-
sche Beinamen, die entweder örtlich beschränkt
oder weiter verbreitet sind, und durch welche
der Gott eben als einheimischer Orts- oder
Landesgott bezeichnet wird; doch die Bedeu-
tung dieser Beinamen genauer zu ergründen
ist uns meist versagt. [Kenne.]
Toutas (oder Toutates, Dativ: Toutati), CIL
7, 84. 3, 11721 = 5320. 6,31182. Holder, Altcelt.
Sprachschatz 2, Sp. 1896 f., ist ursprünglichere
Schreibung des Namens des gallischen Gottes,
der bei Luc. 1, 445 in gräcisierter Schreibung
Teutates lautet; vgl. Loucetios — Leucetius, Tou-
toni {CIL 13 , 6610) — Teuto7ii , auch Holder 2,
Sp. 890f.: QU und Sp. 193. 291. 1896 — 1900
(wohl mit Unrecht erklärt Holder 1, Sp. 1482 f.
u. ö. eu für die ältere und ou für jungfere Schrei-
bung). Für Toutati scheint eine britannische
Inschrift Tutati zu bieten und eine andere viel-
leicht Tot(ati), 8. die Artikel Tutas, Totas,
auch oben Art. To .... Vgl. Teutates und Ta-
ranis. Zu CJL 6,31182 8. /. Carcopino, Revue
des etudes anc. 9 (1907) p. 266—267 mit Abb.
10 Taf. 16. [Kenne.]
Toutates = Teutates s. d. u. Toutas.
Toutiorix, keltischer Beiname des Heilgottes
Apollo in einer von einem Soldaten, Centurio
der Legio VII Gemina, unter der Regierung
des Kaisera Severus Alexander (211 — 217 n. Chr.;
geweihten Inschrift im Heilbad Wiesbaden
(Aquae Mattiacorum), CIL 13,7564: In h(ono-
rem) d(omus) d(ivinac) Apollini Toutioriyi L.
Marinius Marin ianus 9 (= centurio) leg(ioni8)
20 VII Gem(inae) Alexandrianae voti compos.
Durch den Beinamen T. ist der dem griechisch-
römischen Apollo gleichgesetzte Gott als ein
einheimisch-keltischer Heilspender gekennzeich-
net. Der Name setzt sich zusammen aus den
keltischen Bestandteilen toutio, d. h. Volksan-
gehöriger, und rix, d. h. König (Holder, Alt-
celt. Sprachschatz 2, Sp. 1897). Ob es die Be-
zeichnung der Heilung spendenden, göttlich
verehrten Quelle in Wiesbaden war, welche der
30 Centurio als Kurgast benützt hatte (seine Le-
gion stand meist in Hispanien), oder ob ein
göttliches Wesen seiner Heimat T. hieß und
ob er also einen fremden, ihm vertrauten Na-
men auf den Heilgott des von ihm aufgesuch-
ten Bades übertragen hat, wissen wir nicht.
Von sonstigen keltischen Beinamen des Heil-
gottes Apollo (vgl. Caes. b. G. 6, 17, 2) sind be-
kannt: Anext lomarus {Holder a. a. 0. 3, S. 622),
Belenus {Holder 1, S. 370flF. 3, S. 827 f.), Borvo
40 {CIL 13, 5911. Holder 3, S. 914), Cobledulitavus
{CIL 13,939), Grannus {Holder 1, S. 2037 ff.),
Grannus Mogounus {CIL 13, 5315), Livicis?
{CIL 13, 8006), Maponiis {Holder 2, S. 414),
Moritasgus {CIL 13 Add., 11240 und 11241),
Vindonnus {CIL 13, 5G44, vgl. 5645. Holder 3,
S. 349), Virotutis {CIL 13, 2525, vgl. 3185. Hol-
der 3, S. 396). Von diesen finden sich Belenus
und Borvo häufiger oder gewöhnlich als selb-
ständiger Name der Gottheit verwendet, und
50 auch Maponus, Moritasgus, sowie Vindonnus
sind in dieser Verwendung, also unter Weg-
lassung des Namens Apollo, nachweisbar. Über
Mie keltischen Epitheta des Apollo' handelt
auch E. Windisch, Das keltische Brittannien
bis zu Kaiser Arthur {Abhandlungen der Kgl.
Sachs. Ges. d. Wiss., Philol.-hist. Kl 29, 6) 1912,
S. 92—95. [Kenne.]
Toxamis {Toxocc^Lg) und Kim(m)erio8 (s. d.,
Bd. 2, Sp. 1188), zwei skythische Bogenschützen,
60 abgebildet auf dem obersten Bilderstreifen der
Fran9oisvase in Florenz, Teilnehmer an der
Kalydonischen Jagd; C. I. Gr. 4, 8185a; vgl.
Baumeister, Denkmäler S. 1801 und Tafel 74;
Pottier, Vases antiques du Louvre tom. 1 pl. 48 ;
Furtivängler-Beichhold, Gr. Vasenmalerei, Tafel
13; Kretschmer, Gr. Vaseninschr. 75,8; 85.
[Johannes Schmidt.]
Toxaris (To|api?), nur bei Lukian im Skythes.
L
1087 Toxeus Toxitis 1088
An einem umgestürzten Grabotein vor dem klürunjf), oder sein Bruder Tydeus (s. d.; Schol.
Dipylon su Athen haftend will L. den Kultus Stat. Theb. 1 , 282). — 8) Sohn des Thestios,
eines fieberleidenden Heros unter der Epiklese Bruder der Althaia (s. o.) und des Plexippos.
des ^ivog iaxQÖs gefunden haben; der Legende In den Kämpfen, die sich an die Kalydonische
zufolge sei der Kult nach der großen Pest im Jagd anschließen, werden er und Plexippos von
Peloponnesischen Kriege gestiftet worden, zum ihrem Neffen Meleagros, dem Sohne des Oineus
Dank für das die Seuche stillende Mittel, wel- und der Althaia (s. o.), getötet: Ov. Met. S,4S9 f.;
ches er, aus seinem Grabe hervorgetreten, an- nach ihrem Vater heißen sie v. 304. 484 The-
gegeben habe; aus dem Relief bild des Grab- stiadae, deren Eigennamen freilich »onst sehr
Steines und der halbverlöschten Schrift sei er lo verschieden lauten (s. d.Art. Thestiailai, Bd 5^
als ein Skythe namens Toxaris erkannt wor- Sp. 777f.); Toxeus und Plexippus nur noch
den; er sei schon vor Anacharsis nach Athen Mythogr. Lat. 1, 204 (Bode, Script, rer. myth.
gekommen gewesen und habe diesen bei Sokm S. 64, 14). — Toxeus' Schwester ist Gorge
eingeführt. Letzteres ist jedenfalls LukianB {Apollod. 1,64. 75; Epit. 8,12), wohl identisch
Fiktion; inwieweit auch das übrige, steht da- mit Gorgo (s. d., Bd. 1, Sp. 1694 f); sie kilmpft
hin. Vgl. Hermes 20, 41 (s. jedoch Gruppe, vor Kalydon mit gegen ihren Bruder Meleagros
oben Bd. 3, Sp. 1138, 46 ff.), [v. Sybel.] (Bd. 2, Sp. 2606f.), wobei sie drohend ihres an-
Toxeus (Toifvff), 1) einer der Söhne des Eu- deren Bruders Toxeus Schild schüttelt {Norm.
rytos (8. d., Bd. 1, Sp. 1486 f. nr. 2), des berühm- 86, 86). VgL Toxos. [Johannes Schmidt.]
ten Bogenschützen und Königs von Oichalia, 20 Toxeutes {To^evtrjg) und Toxotes {To^otrig}
und der Antiope (s. d., Sp. 383 nr. 6 ; bei Hesiod. sind die griechischen Bezeichnungen für das
fr. 110 Fzach^ im Schol Laur. Soph. Trach. 266 Sternbild des Schützen, in dem die Sonne
heißt sie Antioche). Herakles zerstört die Stadt. im Dezember steht. Die erstgenannte Wortform
Über die verschieden berichtete Veranlassung gebraucht Ärat 306. Die zweite, häufigere bie-
hierzu, namentlich Herakles* Rache an Eurytos ten die Aratscholien zu 300 u. ö. Die Kömer
wegen der ihm verweigerten Königstochter lole nannten das Sternbild sagittarius (s. z. B. die
(loleia), sodann über die Schicksale des Eurytos unten angeführten Stellen). Die antiken Astro-
selbst, der entweder bei Einnahme der Stadt nomen zählten in ihm 16 (bzw. 22) Sterne
entflieht oder von Herakles getötet wird oder (Hygin Astron. 3, 26; vgl. den Artikel Stern-
als Nebenbuhler im Bogenschießen dem Pfeile 30 bilder). Die spätere, landläufige Sage {Hygin
des erzürnten Apollon erliegt, s. die Art. Eu- Astron. 2,2 und Fab. 224) wußte zu erzählen,
rutos Bd. 1, Sp. 1435f und bei Pauly*-Wissowa daß Krotos der Sohn des Pan und der Nymphe
VI 11. Halbbd S. 1359 f Wie ferner der Herr- Eupheme (vgl. diese Artikel; über eine Ne-
echersitz Oichalia bald an der arkadischen benüberlieferung, nach der die Mutter Eusche-
Grenze von Messenien, bald auf Euboia, bald mo hieß, s. Artikel Krotos nr. 1, wo unnötig
an zwei Stellen Thessaliens oder endlich in zwei mythologische Gestalten dieses Namens
Aitolien lokalisiert wird {II. B 596. 790; Od. geschieden werden), der Pflegemutter der Mu-
9 14f ; Strab. 9,438; 10,448; Paus. 4,2,2. 3; sen, den Musen als Gespiele auf dem Heli-
8,10), so schwanken auch Zahl und Namen kon so lieb geworden sei, daß ihn Zeus auf
der bei seiner Eroberung von Herakles getöte- 40 ihre Bitten unter die Gestirne versetzte. In
ten Königssöhne. Toxeus wird mit den Brü- dem Zuge des Dionysos begegnet Krotos in
dem Deion (? nach Rzach Didaion, s. u.), Kly- Silengestalt (mit Pferdefüßen und einem Satyr-
tios und Iphitos (und der Schwester loleia) er- schwänz) schon früh auf Vasenbildern (s. d.
wlhnt von Hesiod a. a. 0. ; dieselben Namen, Artikel Krotos nr. 2). Wann die Erzählung von
wennschon in etwas veränderter, z. T. alter- dem Tcar aar sq lg ^6g des Krotos aufgekommen
tümlicher Form, finden sich auf dem Gemälde ist, läßt sich annäherungsweise bestimmen.
eines altkorinthischen Kraters im Louvre zu Im Anfang des dritten vorchristlichen Jahr-
Paris, gefunden in Caere {Mon. d. I. 6, 33; hunderts hat der Tragiker Sositheos, höchst-
Welcker, A. D. 5, 261 f., Tafel 15): Herakles wahrscheinlich in einem Satyrdrama {Hygin
beim Gelage als Gast des Eurytios (so!) mit 50 Astron. 2 27 und Schol. zu Cic. Arat., s. den
dessen vier Söhnen fitpirog, JidaLFtov, KXv- Artikel Krotos), über dessen Inhalt und Titel
xiog und To^og (so !) und der Tochter fiöXcc. nichts Näheres zu ermitteln ist, den Stoff zum
Drei Söhne, den T. mit den beiden Brüdern Vorwurf gewählt. [Orinsky.]
Klytios und Deion, nennt Aristokrates fr. 6 Toxia (To^ia), Bezeichnung der Artemis in
{Müller 4, 333) im Schol. Soph. Trach. 266; dem Rechte Yon Goitjn, Bücheier u. Zitelmann^
dieselbe Zahl, jedoch mit einem andern Per- Das Recht von Gortyn (= Bhein. Mus. N. F.
sonennamen, bei Diodor. 4, 87 : Toxeus, Molion 40) 21 und Anm. 8. Comparetti, Monumenti,
und Klytios werden von Herakles getötet, lole antichi: Beate acad. d. Lincei 3 (1893), Col. 3
gefangen hinweggefahrt. Vgl. auch die betr. Zeile 9 p. 107 (vgl. 174). Usener, Bhein. Mus.
Artikel. Toxeus' Auftreten in der wenig be- 60 68 (1903), 196 Anm. 2. Vgl. Toxitis. [Höfer.]
kannten Tragödie EvgvriSai des Ion {Nauck, Toxlkrate (To^ixparr]), eine der Töchter des
fr. trag. Gr. p. 734*; Welcker, Trag. 3, 964) Thespios, mit der Herakles den Lykurgos zeugte;
läßt sich höchstens vermuten. — 2) Sohn des Apoll. 2787. [Preisendanz.]
Königs Oineus von Kalydon und der Althaia, Toxis (Tobt's), Amazone auf einer rotfig.Vase
einer Tochter des Thestios: Apollodor. Bibl. 1, in Arezzo Monum. 8, 6. [Klügmann.]
64; Nikandr. fr. 51 Sehn, bei Anton. Lib. 2. Toxitis (To^ltig), Beiname der Artemis, in-
Ihn tötet der eigene Vater Oineus {Apollodor: schriftlich bezeugt aus Kos. Ich verjianke das
vnsQTi7i8ri6avra X7]v tdcpgov, ohne nähere Er- Testimonium der Gute B. Herzogs: „In der Jo_
A
1089 Toxoanassa Tragia 1090
hanniterfestung der Stadt Koh sind zwei In- Kallipolis, 7v'^/i7;. cj3. (/r. 1034 (s. /fer///. 19 [1884J,
Schriften verbaut, beide aus hellenistischer Zeit, 'JOl Anm.); Bur(;sch,Klaro8 H2, HG \ Mordtmann,
aber dem Material nach nicht genaue Gegen- Ath. M//^. 6 (1881), 2öl f., V. 31 (vgl. dazu Wein-
stücke. Hestimmung: (irenzsteine der heiligen reich, Ath. M. SH [V.ilS], G4f.). Beiname der
Bezirke in einem größeren Heiligtum. 1. Block Artemis: Jl 20, 3 'J. 71; 21,483; Kpigramm aus
von weißem Marmor, links abgearbeitet: Megaris, CIGr \, öbSt v. 7; Simon, ep. 107,4
A| (iot(ia xara [XTJJyft ligrcifLi [rftjoff To^iri Jigk {Kaib. ep. gr. 461, i), Aristoph. Thf'sm. 910;
[Ö\os. 2. Platte von Travertin: B fiotgoc 'AnoX \ Anth. app. ndd. 2, 198b 10; Cougny, Meliteniotes
Xoivog KccqIvslov."- Danach hat i/er^^o,^ in einer 1783 {Notices et Extr. 19, 2, 88); des Kros:
andern Inschrift aus Kos 3. Jhdt. v.Chr.! im ^rc/<. lO iV^onw. 1, 363; Anth. app. 4^61. 1 Cougnij; to^o-
f. Rel. 10 1907), 401, 16 (68') wohl sicher ergänzt: cpoQcbv bei Asklep. A. Pal. 12, 162, 1; aber to^o-
ig xb IsQÖv Täs 'Agrccl^iöog rag To^iziSog]. poXog heißt Kros vor dem 6. B. der A. Pal. (ed.
„Ebenso ergänze ich in einer Ehreninschrift Stadtm. y>. SO) nach yl. P. 9, 179, 1 ; nicht ro^o-
für C. Stertinius Xenophon, den Leibarzt des qpöpoj, wie Bind, im Thes. gr. ling. 7, 2299 B
Claudius [Ditt. Syll.'* 2, 804f.!, ebenfalls in der angibt. [Preisendanz.]
Stadtfestung, in einer langen Liste von Priester- Toxos (7o|og), sonst Toxeus (Dtod. 4, 37;
ämtern, z. T. ganz alter Kulte, die er aufge- Hes. schol. Soph. Track. 266), Sohn des Eury-
funden hat: hgi] xatä y^[vog ' Pjtag xccl AnoX- tos, Bruder des Iphitos. So überliefert, nach
Xiüvog KccQvdov nal 'A[QThiLi8og Toi,ixLÖog\ xal Welcker, A. 1). 5, 263 nur fehleriiaft, auf einer
Jibg TloXieoig xaJ "jh-ccvccg no[XiäSog] xrA." 20 Caeretaner Amphora aus Korinth (6. Jahrh.) mit
Identisch mit dieser Artemis Toxitis wird sein der Szene {S. Reinach, Ec'pert. des Vase.s 1, 151):
die in Amyklaion, Kreta, bezeugte Artemis Herakles' Gastmahl bei Eurytos, in dessen Na-
Toxia, bei der eine Frau schwört in einer men wohl ein to|o- steckt: Eury(toxo)8, wie
nach F. Blaß Wollig dunklen Eidesformel': auch Iphi(toxo)s; vgl. E. Muaß zu Studniczkas
xav "Aqxsiiiv tcccq* 'A^ivTcXalov nag xav Tov.6iav:, Kyrene, Gott. Gel. Anz. 1890, 1. 344 Anm. Vgl',
vgl. Collitz-B ecktet, Griech. Dial.-Inschr. 3, 2 Toxeus. [Preisendanz.]
Kreta nr. 4991 Kol. 3, 9f.; vgl. Usener, Eh. M., Toxotes s. Toxeutes.
N. F. 58 [1903], 196, 2. Daß die Epiklesis Toxia Trabaxian {Tgaßa^iav) als 'omnipotens dae-
vielleicht der Todesgöttin Artemis gehöre, wird mon' angerufen auf der griech. -lateinischen kar-
vermutet i?gaZ-^MC. 2,1348,54f. , s. ebda 1401. 30 thagischen Bleitafel bei Audollent, Deßxionum
Möglicherweise heißt das Wort aber auch xo- tabellae 230 A 3. . [Preisendanz.] •
xtta und deckt sich in der Bedeutung mit Xo- Tragasos (Tgccyaoog), Eponym von Tragasai
jffia. [Preisendanz.] in der Troas. ''Ihm zuliebe ließ Poseidon das
Toxoanassa {To^oävaö6cc), Amazone, Gefähr- Meerwasser gerinnen (ccXbg Ttfi'^iv inoiriotv) —
tin Penthesileas, Tzetz. Fosth. 177. [Klügmann.] daher die Salinen von Tragasai. Hellanikos im
Toxokleitos (To^oyiXEitog) , einer der Söhne 1. Buch der Lesbiaca.'' So Stejyh. Byz., ähnlich
des Herakles und der Megara (s. d., Bd. 2, Pollux 6.,^^ {aXsg Tgayaoaloi). Nach Etym M.
Sp. 2543). Im Schol. Find. Isthm. 4, 104, wo ist Tr. Vater der Philonomia; s. o. Bd. 3, 2,
deren Zahl nach mehreren Gewährsmännern Sp. 2351, 43 — 59, und unt. Tewe.s (Sp 363, 48ff.),
ganz verschieden angegeben wird, verzeichnet 40 wo Literatur. Grund zur Annahme von zwei
Baton fr. 5 {Müller 4,350) die meisten, näm- Heroen dieses Namens (Fape, Gr Eigennamen
lieh sieben, und unter ihnen den T. Nach 1545) liegt nicht vor. [Preisendanz.]
der herrschenden Sagenfassung, vertreten durch Tragia {TgayLa), Beiname der Aphrodite, be-
die Kypria (Kinkel fr. 18), Fanyasis fr. 22 zeugt in dem von R. Schöll-Studemund, Anec-
(ehenda S. 263), Stesichoros fr. 58 (Bergk, Lyr. dota var. gr. et lat. 1, veröffentlichten Anonym.
3*, 225), Pherekydes fr. 30 (Müller 1, 78), Euri- Laurentiantts Dort heißt es ohne nähere An-
pides (H. F. 922 1\) und Apollodor (Bibl. 2,12), gaben, 1,269 unter den ^nidsrcc kcpQoäixrig
bringt der von Hera in Wahnsinn versetzte nr. 18 nur: xQayiag. Als Tragia wird sie in
Held die eigenen Kinder um, was auch einige der neuen Literatur durchweg mit der Epitra-
Vasenbilder (s. Bd. 2, Sp. 2544) veranschaulichen, so gia identifiziert (über sie vgl. Eisele, ob. Bd. 3,
In einer jüngeren Darstellung, die ihn offen- 1, 1509f.; Jessen, Real-Encykl. 6, l,222f.), eine
bar von jener Blutschuld entlasten will (Gruppe, Gleichsetzung, die nur für den gilt, der in der
Mythol. 485, 9), fallen sie entweder Fremden 'EiiixQccyicc nicht die 'Bocksreiterin' sieht, son-
(Lysimach. fr. 1, Müller 3, 337) oder der Tücke dern die 'Bocksgöttin', zu deren Tieren der
des Augeias (Sokrates v. Argos fr. 12, M. 4, 499) Bock gehört. Ein Beweis dafür, daß man sich
oder (einige) dem Mord des Lykos (Eur. H. F. die Epitragia nur auf dem Bock reitend vor-
37 f.; vgl. Schol. Stat. Theb. 4,570) zum Opfer. stellte, wie die Pandemos dargestellt wurde,
Wem T. mit seinen sechs Brüdern erliegt, er- fehlt m. W. bisher. Wie Hermes u. Apollon,
wähnt das Schol. Find. a. a. 0. nicht. ohne auf dem Vieh zu reiten, ini^riXiog heißen,
[Johannes Schmidt.] 60 kann auch Aphrodite als Epitragia Schützerin
Toxoph[i?]le (ToxGotpXe) , Amazone, Pottier, des Bockes sein. Als solche scheint sie mir dar-
Vases ant. du Louvre 2 ur.^lb, p. 82; Dumont gestellt in dem Terrakottarelief aus Gela,
et Chaplaiv, Ceramique 1, 311 ff. [Höfer. J Ashmolean Mus. Oxford, das F. Gardner, Me-
Toxophone (To^o(p6vr]), Amazone, Gefährtin langes Ferrot 121 — 124 beschrieben u. T. 2 ab-
Penthesileas, Tzetz. Fosth. 177. [Klügmann.] gebildet hat, ohne den Namen xgayia dabei zu
Toxophoros (To^ocpögog) heißt Apollon bei nennen. Nach ihm kommt diese Aphrodite-
Pmd.O?. 6,100; iVonw.Dion. 37, 72 und in einem Darstellung aus dem Orient; auf andere ähn-
Steinepigramm aus Thrakien, dem Orakel von liehe Funde verweist Gardner 122, 1. Für die
1091
Tragios
Tragodia
1092
AnffassQDg, die in dieser Göttin mit dem Bock
Artemis sehen wollte, liegen keine haltbaren
Gründe vor. Der Bock ist heiliges Tier der
Aphrodite mit Bock. TerrakotU aus Gels
(Oxford, Ashm.Mus.) [Jtel. Perrot}.
Aphrodite; vgl. L. Schröder, Griech. Götter V
48 ff. Mit ihm als dem Symbol der Fruchtbar-
keit dargestellt und verehrt war sie 'Tragia'.
[Preisendanz.]
Tragios {Tgdytog), Beiname des Apollo auf
Naxos in der Stadt Trageai, Steph. Byz. Tgccyla,
vgl. Szanto, Arch. Epigr. Mitt. aus Osterr. 13,
179, 5. Sauer, Athen. Mitt. 17 (1892), 76. Andere,
wie Robcrt-Preüer 269, 4, sehen in Tragios eine
Beziehung auf Apollo als Gott der Herden und
der Weiden f Höfer.]
Tragodia (Tpayoidta, lat. Tragoedia), die
Personifikation der ernsten dramatischen Kunst
oder des ernsten Dramas; s. d. Art. Personifika-
tionen, Bd. 3, Sp. 2068 f., bes. Sp. 2108. 2115 f.
2124. Selten erscheint sie in der Dichtung,
so bei Ovid. Amor. 3,1, wo sich Elege'ia und
Tragoedia um den Dichter streiten und zugleich
charakterisiert werden, vgl. Bibbeck, Böm. Dich-
tung 2, 236 f. 238 f. Äußere Attribute der Tra-
gödie sind hier der Kothurn (v. 14. 30. 45. 63),
das Schleppgewand (12), die Perücke (32), das
Königszepter (13. 63); auffälligerweise geschieht
der Maske keine Erwähnung. Ihr Sehritt ist
würdevoll, großartig (11 : ingens). Ein finsterer
Stolz ^48) und eine düstere Stirn (12) kenn-
zeichnen ihr Antlitz, gewichtige Rede (35) und
erhabene Dichtersprache (39) ihre Ausdrucks-
weise. Ihr Wesen ist leidenschaftlich (11. 35),
nicht in den Bewegungen, die im Gegenteil ge-
messen sind, wohl aber in Gedankenfluß und
Gesinnung. — Überwiegend ist sie ein Typus
der bildenden Kunst, so auf einem Ge-
mälde des Aetion, eines Zeitgenossen Alexan-
ders d. Gr., bezeugt von Plin. N. H. 35, 78:
auf nobiles picturae waren Liber pater, Tragoe-
dia und Comoedia veranschaulicht; vgl. Brunn,
Künstlerg. 2,245. — Erhalten sind folgende
Darstellungen: 1) Rotfig. Gemälde auf einer
Nolaner Vase: Gerhard, Auserl. Vasenb., Tafel
66,2; Baumeister, Denkm. S. 1301, Fig. 1443;
abgeb. auch in diesem Lexikon Bd. 3, Sp. 2116 f.
Die Namen sind beigeschrieben; vgl, CIGr.
4, 7460. Dionysos gibt dem Satyrknaben Komos
aus einem Kantharos zu trinken, den Ariadne
aus einer Kanne wieder iüUen will; hinter
dem thronenden Gotte steht die Tragoidia, in
Haltung und Antlitz ohne ' tragischen ' Aus-
druck, mit Thyrsos in der Rechten, einen sitzen-
den Hasen, das Zeichen der Liebeslust, auf der
10 Linken, die ^reine Personifikation bakchischer
Festlust und bakchischen Festgesanges' [Baur-
meister)\ s. auch Heydemann, Satyr- u. Bakchen-
namen, 5. Hall Winckelniannsprogr. 1880, S. 1 5 if .
— 2) Bild einer Oinochoe des 6. Jahrh. im
Aahmolean Museum in Oxford; s. auch Arch.
Anz. 1901, S. 165 a; vgl. Charlotte Fränkel, Satyr-
u. Bakchennamen (1912) S. 62: Die Tragodia
schlaft entblößt; der Silen steht vor ihr in
frecher Begierde; die Situation ist also gar nicht
20 'tragisch'. — 3) Stark verstümmeltes Bild einer
griech. Vase aus Emporion in Spanien, jetzt in
Barcelona; s. Ch. Fränkel a. a. 0. S. 62f. : in
Gegenwart von Dionysos und Apollon, von Bak-
chen und Silenen schmücken drei 'Niken' einen
mächtigen Dreifuß als Zeichen eines dithyram-
bischen Sieges; Komodia, als solche bezeichnet,
und Tragodia, nur an derMaske kenntlich, sind
auch anwesend, aber nicht viel mehr als Stati-
stinnen. — 4) Die sog. Apotheose Homers,
30 Relief des Archelaos, etwa 100 v. Chr. in Perga-
mon entstanden, jetzt im Brit. Museum, abg. in
diesem Lexikon Bd. 2, Sp. 3265 f., vgl. Bd. 3,
Sp. 2124. Unter zahlreichen allegorischen Figu-
ren auf dem untersten Bilderstreifen huldigen
dem Homer auch Tragödie und Komödie, jene
eine höhere heroische Gestalt mit Kothurn und
Onkos ; vgl. bes. Friederichs- Wolters, Gipsabgüsse
ant. Bildw. nr. 1629. — 5) Marmorne Herme
aus dem Theater von Hadrians Villa in Tivoli,
40 wohl aus der damaligen Kaiserzeit, gefunden
zusammen mit einer anderen, welche die Ko-
mödie darstellt, beide jetzt im Vatikan. Das
Gesicht der Tr. ist ernst, die hohe Frisur und
die Bekränzung mit Weiulaub erwecken aber
den Eindruck des Künstlichen und Kleinlichen;
vgl. Friederichs -Wolters nr. 1446.
Auf dem unter 4) genannten Relief des Arche-
laos sind oben in der Nähe des Zeus die Musen
dargestellt, unter ihnen die (freilich nicht ein-
50 wandfrei erkennbare) Melpomene, unten noch
besonders die Tragödie — Beweis genug, daß
beide unterschieden werden müssen; auch die
Tr. mit dem Thyrsos und dem Häschen (s. o.)
wird niemand mit der Muse des ernsten Dra-
mas identifizieren wollen. Diese hat vielmehr
auf mehreren Bildwerken zu Attributen das
Schwert oder die Keule (s. Bd. 2, Sp. 3270. 3290),
also Truizwafi'en, die auf schwere Kämpfe hin-
deuten, wie sie sich seelisch oder sinnlich in der
60 Tragödie vollziehen. Melpomene verkörpert dem-
nach den höheren geistigen Gehalt des Trauer-
spiels, die Tr, dagegen erscheint nur als äuße-
rer Bestandteil des Dionysoskults und,
wie in der Herme (s. o.), als Gegenstück zur
Komodia. Genießen allegorische Gestalten,
besonders seit Lessing (vgl. Laokoon Kap. X, XI),
nur eine bescheidene ästhetische Schätzung, so
ist speziell den Verkörperungen der Tr. erst
1095 Tralla Trambelos 1094
recht ein mäßiger, nebeneächlicher Wert bei- mit »Item Namen Vinovia) —■ Dessau Jnscr.
ziimeFsen, zumal da pich keine der vorhandenen Lat. fei. 4786, Altar: J(ovi) O(ptimo) M(aximo}
zu echt iünstleriEchcm AuFdiuck erhebt. et Matrihvs Ollototis sive iranswarinis Fom-
fJohannes Schmidt.] ponius Donuius h(enc)f(iciarius) co(n)s(ularis}
Tralla {TgäXXcc), Amazone, Eponyme einer pro saJute sua et snorum v(otuwJ s(olvitJ Ifibens)
Ortschaft Bithyniens, JjWa« bei kv st. ad Dum. a(nivw); derselbe keltische Beiname Ollot. ist
Perieg. 828, |Kl\igmann.] auch, wie es .»-chaint, herzustellen in den Weih-
Traiiiariiiflf oder, traiisniariiiae, d.h. 'über- inschriften von Binchester- Ftwofm CIL 7, 424
seeische', heißen mit treffendem Beinamen die und 425, s. Jhm o. Bd. 3, S. 833 f., wo mehr
Muttergöttinnen Matres oder dcae Mali es (vgl. lo Literatur angeführt ist. — Auch die Inschrift
Ihm 0. Bd. 2, Sp. 24G4ff.) in fünf Weihinschrif- auf dem Bruchstück eines Altares vom Fundort
ten, (wohl alle) heirührcnd von rcmischen Sei- Walton-House-Station, Ephim. epigr. 7, S. 331,
datcn oder Truppenabteilungen ('Fähnlein'), nr. 1081: MATRI | BVSTP | MAP ist wohl zu
welche auf der britanniBchen Insel standen und lesen: Matrihvs Tramarinis ; dagegen bezwei-
deren Heimat das Festland war, weshalb die feit Haverfield ebd. S. 312, nr. 980 die Richtig-
'Mütter' in einer Inschrift als iraniarirtae pa- keit der Lesung von Hooppdl: Matr. \ Travior.
iriae bezeichnet sind; vgl. llini, Bcnn. Jahrb. einer im J. 187i) zu Binchester gefundenen In-
sa S. 61/62 und "JO. In einer der fünf Weih- echrift. [Kenne.]
inechrilten heißen die Göttinnen Matres 01h- Trambelos {l^gd^ißrilog). Der Alexander-
totac sive tron^maririae, es werden also hier 20 historiker Aristobulos, der ja wahrscheinlich
beide Beinamen (durch sive) als gleichwertig als letzter der als Historiker hervortretenden
gekennzeichnet, und daher hat Th. v. Grien- Zeitgenossen des Königs und Teilnehmer des-
berger, Korrespondeuzblatt d. We^id. ZtscJir. 10 Feldzugs dessen Geschichte geschrieben hat
(181)1) § 73 mit Zustimmung von J}:m, Botm. und alles Erreichbare zusammenfaßte, berichtet,
Jahrb. i)2 S. 256ft". in dem keltischen Beinamen wohl anläßlich der Schilderung der Eroberung*
Ollototae {Holder, Altcelt. Sprachnhatz 2, Sp. Milets (bei Athen. 2,^3 1), frg. 3 p.'Jl 31ülhr),
847 f.) den dem germanischen Alavianni ent- in Milet gebe es eine y/;^i'Ü*ro? nQr]V7i. Hier
sprechenden Namen eines sonst nicht bezeug- habe sich Achilleus. nachdem er den Trambe-
ten festländischen, gallischen Volksstammes los, den König der Leleger — (über Leleger in
der OUotoiäi, Ollototi (Gesamtleute, Allmänner) 30 Milet s. Strabo 13, Gll; Aelian, v. Ä. 8, 5) — ge-
erkennen wollen, während 2<^arer/?e/d (Ä^orr&Z. tötet hatte, gereinigt. Auf dieselbe Quelle'
M'^d. Ztsehr. 10 § ÖO) als eine sich mit trans- geht auch Ji\ist. IL p 343, 4 sqq. zurück, der,
marinae deckende Bedeutung des W^ortes OUo- ohne den Aristobulos zu nennen, noch hinzu-
totae den Vorschlag von Siokes = 'zu einem fügt, auch Lykophron (v. 467f.) erwähne den
anderen Land gehörig' empfiehlt und Mcwat Trambelos. Die Achilleusquelle wird sonst
(ebenso auch 6Ye&0'Mr</, JBot^t^. JöTÄrft. 105, S. 98) nicht mehr genannt; dagegen finden wir in
die M. 0. sive Tr. mit den Matres omnium der Nähe Milets einen Ort Achiileion bei Xen.
gentium {CIL 7, 887) zusammengestellt hat; Hell. 3,2,17 und 4.8,17, den Steph. Byz. s. v.
vgl. Ihm 0. Bd. 2, Sp. 2477 und Bd. a, Sp. 833 — fälschlich mlr,6iov U^vQvrig ansetzt. Lyhophron
834. Belege: C/X 7, 303 (Lowther an der 40 a. a. 0. gibt die Genealogie: Trambelos, Sohn
Grenze von Westmoreland und Cumberland) = des Telamon, Bruder des Teukros. Die Scho-
llm, Bonn. Jahrb. 83, S. 158 nr. 351 : Deabus lien z. d. St. führen dies weiter aus. Danach
Matribus tromari(nis) vex(illaiio) Germa[norum hat Telamon nach der Einnahme Troias die
. . .] pro Salute ... v. s. l. wj. — CIL 7, 319 Theaneira (s. d.) als Beute erhalten. Von Te-
(Plumptonwall) = Ihm a. a. 0. r.r. 352: Deab(us) lamon schwanger flieht sie vom Schiff und ge-
Matnbus tramarinis et n(uviim) Imp(€ratoris) langt schwimmend nach Milet. Arion, König
Alexandri Avg(usti) (t lul(iae) Mammeae ma- von Milet, findet sie im Wald, nimmt sie aut^
tr(is) Avg(usti) n(ostri) et castroinm toti\que'\ und erzieht ihr Kind Trambelos als eigenen
domni divinae [....? vexill]atio . . — CIL Sohn. Soweit der Scholiast nach Istros {FHG
7, 499 (Newcastle am Tyne, mit altem Namen 50 1,421; vgl. Wellmann, De Istro p. 8). Was da&
Fovs Aelius) = Ihm a. a. 0. S. 159 nr. 358 mit Scholion weiter über den Tod des Trambelos
Abbildung S. 42 Fig. 6 = Dessau Imcr. Lat. ' gibt, gehört zu einem Bericht aus der Schrift
5e7. 4784, unterhalb der Darstellung der drei thqI Milr]xov de^ Aristokritos {FHG ^,33b)\)ei
sitzenden Göttinnen: Dea\bus'] Matribus tra- Parthen. Erct. 26, die sich gegenseitig ergän-
marinis patri(i)s Aurdius luvenalis', der Stifter zen. Durch das Schollen werden die Lokalisie-
ist hier, wie anderswo, nicht ausdrücklich als rung, durch Parthenios die näheren Umstände
Soldat bezeichnet. — CIL 7, 994 (Risingham, des Todes gegeben. Danach trat Trambelos-
mit altem Namen Habitancium) = Ihm a. a. 0. dem Achilleus, als dieser von seinem Beute-
S. 160 nr. 375, Altar mit einem Pinienzapfen zug aus Lesbos zurückkehrte, feindlich ent-
iind zwei Opferschalen als Verzierung: Matri- 60 gegen und ward von ihm erschlagen. Achilleus
bus tramarinis lul(ius) Victor v(otum) s(olvit) bewunderte seine Tapferkeit, erfuhr, wer er
l(ibens) m(erito)', Stifter des Altars war wohl wäre, und als er ihn als Sohn des Telamon
derselbe Offizier {tribunvs), welcher am selben erkannte, beweinte er ihn und begrub ihn
Orte den Altar CIL 7, 980 geweiht hat und feierlich. Der Grabhügel werde noch jetzt
welcher auch in der Weihung eines Fähnleins Heroon des Trambelos genannt. Dies Grab be-
(veocillatio), CIL 7, 988b, als dessen Befehls- länd sich also, wie der Vergleich des Aristo-
haber genannt ist. — F. Haverfield in Ephem. bulos mit dem Scholiasten lehrt, bei Milet,
epigr. 9, 4 (1913) S. 570f. nr. 1133 (Binchester, nicht, wie es nach Parthenios scheinen könnte,
1095 Tranquillitas Trapezeus 1096
in Lesbos. Parthenios gibt in der ersten Hälfte den Münzen des An ton in us Pius (s. Cohen* zu
seiner Erz&hlung nach Kuphorion noch eine nr. 826; J. 140/148 und 162 n.Chr.) hat sie ein
Episode aus dem Leben des Trambelos, die in Steuerruder und Ähren [vgl. die Darstellung
Lesbos spielt. Trambelos liebte in Lesbos die der Anuona auf Geldstücken des Hadrianus
Apriate, ohne Erwiderung zu finden. Schließ- (Cohen* 2 p. 118 nr. 166 f), vgl. Wissoica o. Bd.
lieh wandte er Gewalt an und als sie sich 1, 1, Sp. 361]; auf den Münzen des Philipp us
heftig wehrte, stürzte er sie ins Meer; nach {».Cohen* zu nr. 223) und Taci tu s (s. Co/wn* zu
anderer Version habe sie sich selbst ertrankt. nr. 146) hält sie einen Delphin und ein Zepter
Cber das Motiv der sich ertränkenden Jung- [Eckhel, Doctr. num. vet. 7 p. 329 u. 497 nennt
frauen s. m. ReliquienkuU 1,860 f.; ebenda auch lO das Tier einen Drachen, ebenso Cohen* 6 p. 116
über Quellen, in denen Heroen von Blutschuld zu nr. 228 (Mragon bip^de*)]. Nach Cohen*,
sich reinigten. Über einen mutmaßlichen Zu- Antoninus Pitts nr. 829 (J. 140/143 n. Chr.) trägt
sammenhang des Trambelos mit Apollon Tram- die Frau dieses Münzbildes eine Turmkrone.
bios s. Höfer o. Bd. 5, 646. S. weiter noch Joh. Die angeführten Münzbilder und ihre Bei-
iScAmtd^ Bd. 5,223; Tiifmp«/ Bd. 1,2864; 2,1954. Schriften berechtigen noch nicht, in Tranquil-
[Ptister.] litas eine Gottheit zu sehen {Wissowa, Relig.
TranquillitaS) Personifikation 1) der Ruhe u. Kultus der Hörn.* S. 887, 1), wie in der ver-
auf dem Meere und 2) der öffentlichen, staat- wandten Securitas {Wissowa^ S. 278,3. J. II-
lichen Sicherheit. berg o. Bd. 4, Sp. 596 — 697). Jedenfalls ist eine
1) Auf drei in Porto d'Anzo (Antium, an so solche Annahme ausgeschlossen für die Bei-
der Küste von Latium) gefundenen, im Museo Schriften Beata Tranquillitas auf Geldstücken
Capitolino zu Rom verwahrten marmornen Rund- aus dem ersten Drittel des 4. Jahrh. n.Chr.,
altären von gleicher Gestalt und Größe, deren nämlich des Constantinus I {Cohen* 7 p. 231 f
Schauseiten mit teilweise gleichem, teilweise nr. 15—30) mit seinen Söhnen Crispus und
aber verschiedenem Bildwerk geschmückt sind, Constantinus iunior {Cohen* 7 p. 340 f. nr. 3—26
CIL 10, 6642—6644 (= Dessau, Inscr. lat. sei. und p. 366—368 nr. 3—29), sowie des Licinius
8277—3279), stehen auf Vorder- wie auf Kehr- Sohn {Cohen* 7 p. 213 nr. 1), Beischriften , für
Seite die Inschriften : [6642] am Neptuni, [6643] welche nicht einmal Personifikation offensicht-
ara Tranquillitatis (auf Rückseite abgekürzt: lieh ist. Die genannte Beischrifb {Beata ist
Tratiquillita.) und [6644] ara Ventorum. Hier 30 öfters abgekürzt Beat., auch Bea; die in Lon-
ist also T. die Sicherheit gegen Stürme auf don geschlagenen Geldstücke des Kaisers Kon-
dem Meere, und der Altar stellt daher auch stantin und seiner Söhne schreiben: Beat. Tran-
auf der Vorderseite, unter dem den drei AI- qlitas) steht auf der Rückseite der Münzen
täreu gemeinsamen Bild eines Schiffsschnabels, über dem bekannten Bild eines Altares mit
ein segelndes Schiff mit Schiffer dar (Abb. bei Weltkugel und Sternen darüber; die Aufschrift
Stuart Jones a. a. O. Plate 80 = Lafaye a. a. ü. auf allen diesen Altarbildern lautet: Votis XX
p. 40i Fig. 7038). Vgl. Appian. bell. civ. 5,98 {= vicennalibus) , d.h. die Münzen sind geprägt
und den Art. Venti. Wissowa, Relig. u. KuUus zum Andenken an das 20. Regierungsjubiläum
der Römer S. 252 u. ' S. 22S. H. Stuart Jones, des Kaisers Constantinus im J. 325 n. Chr. oder
A Catalogue of the sculptures of ihe Mu- 40 in Erwartung dieses Jubiläums in der Zeit
seo Capitolino (Oxford 1912) p. 330 nr. 26 a mit 3*20/324 n. Chr. /. Maurice, Numismatique Con-
Plate 80 (hier sind auch die beiden anderen stantinienne 2 p. CXXXIII mit Belegen 1 (1908)
Altäre abgebildet, mit Text p. 327 f. nr. 23 a p. 428— 434 und PL XXIII, 1 [Münzstätte Trier] ;
und p. 331 nr. 27a). G. Lafaye in Daremberg- 2 (1911) p. 55-59 und PI. II 13—17 [Münz-
Saglio, Dictionn. des antiq., fasc. 48, Halbbd. 9 statte London], p. 111 — llö und PI. IV 6—9
p. 401/402. — Für 'Meeresstille' ist tranquil- [Münzstätte Lyon].
Utas die regelrechte Bezeichnung: Cic. Acad. Daß der Kaiser eine Verkörperung der Ruhe
prior. 2 § 100 und ad Attic. 6,8,4. Caes. bell. und des Friedens ist, spricht sich in der An-
(70/^3,15,3. X.Jt7. 26, 11,3. rede an die Kaiser der spätröraischen Zeit
2) Auf Geldstücken des Hadrianus {Cohen, 50 Iranquillitas tua aus (Eutrop., Cod. Theodos.,
Descript. hist. des monn. frapp. sous l Empire Cod. lustin., Uilarius).
rom.* 2 p. 225 f nr. 1437—1443), des Antoninus G. Lafaye a. a. 0. p. 402. Cohen a. a. 0.'
Pius {ebd. -2 p. 351 nr. 825— 829), des Philippus 8 p. 437 u. 365. Vgl. L. iJeubner, Personifika-
Vater {ebd.* 5 p. 116 nr 223-224), des Tacitus tionen, 0. Bd. 3, 2, Sp. 2082. 2162. Die o. Bd. 4,
{ebd.* 6 p. 23/» nr. 146) hat das Münzbild der Sp. 596/597 angeführte Abhandlung von W.
Rückseite dieümschnft: Tranquillita,sAug(usti) Koehler, Personifikationen abstrakter Begriffe
oder, auf den Münzen des Philippus : Tranquil- auf Hirn. Münzen ist mir nicht zugänglich, auch
litas Auga. (= AuguMorum) [abweichend An- nicht die ältere von R. Engelhard, De perso-
toninus Pius nr. 825 nur: Tranq.]. Die Personi- mj^ca^io/n'^MS usw. (1881). [Keune.J
fikation der dem Kaiser verdankten Staatsruhe 60 Transiiiariuae (Matres) s. Tramarinae.
und öffentlichen Sicherheit ist dargestellt als Trapedöel {TganriSaril), guter (ieist der 14.
stehende Frau; auf den Münzen des Hadria- Montagstunde, entgegengesetzt dem bösen ^ai-
nus (a. Cohen* zu nr. 1437) stützt sie sich auf fuov Nvyirtdäiv, Hygrom. Saloni. cmgr 70, Cat.
eine Säule und hält ein Zepter in der Hand cod. astr. gr. 8, 2, 150. [Preisendanz.]
[dasselbe Bild der Securitas auf späteren Geld- Trapezeus {Tgane^svg), ein Sohn des Könige
stücken, z. B. des Gallienus {Cohen* 5 p. 435 Lykaon (s. d.) von Arkadien, der Gründer der
nr. 966), der Salonina {ebd. p. 507 nr. 108); vgl. dortigen Stadt Tganstovg {Paus. 8,3,3). Gleich-
J. llberg. o. Bd. 4, Sp. 596 (Liefg. 62)]; auf namig sind die Stadt und ihr Erbauer nach
1097 Traumgott Trechos 1098
Steph. Byz. s. TgaTistovg. Eine andere Sago bei s(olvit). Zur Schreibung sei bemerkt, daß beide
Apollodor. bibl. 3,981". leitet den Namen des Denkmäler in ihren wenig guten Inschriften
Ortes von dem Tisch (rQCiTtt^a) ab, den Zeus etwa des 2. .Jhdts. n. Chr C und G nicht von-
ini Zorn umstürzt, als er von Lykaon und seinen einander unterscheiden; der Dativ des Namens
Söhnen, deren Gottlosigkeit er unerkannt er- der Göttin auf -e (stat -ae) entspricht zahl-
proben will, mit Menschentleisch bewirtet wird, reichen Dativbihiungen provinzialer weiblicher
worauf er die Missetäter mit dem Blitze er- Götterniimen. Der Soldat war lusiianisch-hia-
schlägt. Auch bei Hygin. fab. 176 u. Astrofi. panischer Herkunft, wie sein Name Tonyius
2,4, Ps.-Fratosth. Kataster, ü u. Tzetz. Ly/c. ASl Tongdami fdius beweist (vgl. Hübner, CIL 2
wirft Zeus im Zorn den Tisch um, weil man lo Suppl p. 1093 und Man. ling. Tber. p. 2«)1, auch
ihm Menschentleisch vorsetzt; doch tun dies Holder, Altcelt. Sprachschatz 2, Sp. Iö86. 1887,
hier Lykaon oder seine Söhne zu dem Zweck, wo die beiden Namen als keltische aufgeführt
ihrerseits zu erproben, ob der Gast ein Gott sind). Auf dem der Victoria (geschrieben:
ei; den Namen gibt der Stadt nach Hygin. Viqtorin, a. a Ö. nr. 14) geweihten Altar nennt
a. a. 0. später Arkas, den Zeus mit Lykaons er sicli genauer sicnif'er (so statt signifer)
Tochter Kallisto (s. d. nr. 1) erzeugt hat. Auf coh(ortis) II Lus(itanoruvi) , er diente also in
die Stadt nimmt die Sage von Lykaon, z. B. einer Hilfstruppe, die sich ursprünglich aus
bei Ov. Met. 1,104 f. 211 f., im übrigen keinen Lusitaniern zusammensetzte (vgl. über die ver-
Bezug. Die bei Herodot 6, 127, sonst selten er- schiedenen Cohortes Lusitanorum : (Jichorius in
wähnte Stadt gab (wohl nach ihrer Zerstörung) 2» der Neubearbeitung von Paiilys Real- Kncyclo-
ihrc Kunstwerke an Megalopolis ab: Faus. 8, pädie der class. Alti/rtumswissenschafi i, Sp. 311
31,5. Nur dem Gleichklang der Namen zuliebe —314). In der der T. geweihten Inschrift gibt
herichtet er 8,27,6, arkadische Auswanderer er dafür seine Heimat an, denn er nennt sich
on dort hätten die gleichnamige berühmte Igaeditanns (geschrieben: Icaedit.), stammte
^^tadt am Pontos Euxeinos (im Kolcher- also aus der Volksgemeinde der Igaeditani um'
lande) erbaut, deren Gründung sonst vielmehr die heutige Idanha a Velha (Kiepert CIL 2,
niilesischen Griechen aus Sinöpe zuge- Suppl. Tab. I Te. Kenne in der Neubearbtg.
schrieben wird: Xen. Anab. 4,8,2i; 5,5,10; von Faulys Real -Ency dop. Suppl. 3). Der in
PioZ. 1, 15, 1); Z)i;o<if;r 14, 30. [Joh. Schmidt.] Ephem. epigr. b^. a. 0. (wohl nach Leite) ge-
Traiiniafott s. Oneiros u. vgl. Ephialtes. 30 äußerten Annahme, daß die beiden Altäre aus "
Traviiiis, vermutlicher Name einer mit dem Idanha verschleppt seien, scheint schon die
keltijicheu deus Taranucnus (o.Bd. 5, Liefg. Heimatangabe des Stifters zu widersprechen,
71, Sp. 91. Holder, Altcelt. Sprachsch. 2, Sp. da innerhalb des Gemeiudegebietes Heimat-
1 728 T 729) verbundenen Göttin in einer VVeih- angaben nicht gewöhnlich sind [Ausnahmen
Inschrift, C7L 13, 6094, aus Godramsteia bei in Hispanien: C/L 2, 2016— 2020]; dazu liegt
Landau (nordwestl.), im Museum zu Mannheim Fundäo von Idanha a Velha in Luftlinie 34 km
• Haug, Rom. Denksteine des Ghz. Antiquariums entfernt und ist durch einen Gebirgsrücken ge-
n- Mannheim Nr. 18) aus der Zeit nach 150 trennt. Ob die Deutung des Namens Treba-
■1. Chr.: In h(onorem) d(omus) d(icinae) deo -runa (= Trebo-runa) Mes Hauses Geheimnis'
Taranucno j Travini quibus ex collata stipe usw. 40 (Holder, Altcelt. Sprachschatz 2, Sp. 1906) rich-
Zwar ist der Anfangsbuchstabe T des Namens tig ist, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls
nicht ganz sicher, aber jedenfalls ist die Ver- ist die von Leite angenommene, von Holder
rautung von Th. Mommsen, daß vielleicht et wiederholte Gleichstellung Trebaruna = Vic-
Ravini zu lesen sei, nicht gerechtfertigt, da toria nicht gerechtfertigt, wenn auch Victoria
Zusammenstellung von Götterpaaren ohne et in Lusitanien nachweislich von Bürgerlichen
auch sonst nachweisbar ist, vgl. die Weihin- verehrt ward (CIL 2, 457. 402) und die Schrei-
schfift des Metzer Museums aus Saarburg i. L. bung Viqtoria von der iberischen Sprache be-
0/1^13,4542: Deo Sucello Nantosuelte und dazu einflußt scheint {Hübner, Mon. ling. Iber. p.
Kenne Korrbl. d. Wd. Ztschr. 15 (1.S96), Sp. 58. LXXIV^, vgl. p. LH; sonst findet sich die Schrei-
Die Annahme von Haug a. a. 0., daß Travini die 50 bung Q statt C hauptsächlich vor V) Ablei-
Ortsbewohner oder eine Familie bezeichne, ist tung aus der keltischen Sprache ist allerdings
irrig. Auch Holder, Altcelt. Sprachschatz 2, nicht unmöglich, denn keltisch ist ire&-= Wohn-
Sp. 1087 und 1905 irrt, wenn er Ravinus oder statte, Siedelung, Dorf (vgl. Holder 2, Sp. 1908/
Travinus als Mannesnamen aufführt. [Kenne.] 1909: trebo-, auch Ad. Schulten, Numantia I,
Trebaruna, wohl iberischer Name einer Die Keltiherer usw. 1914,- S. 137), stamm- und
wahrscheinlich örtlichen Göttin in Lusitanien, sinnverwandt mit dem Italischen (umbrisch-
bezeugt durch die Inschrift eines Altars, welchen lateinisch trefo, trifu-tribus = Flur, Gmu; vgl.
ein Soldat ihr geweiht hat zugleich, mit einem italische Ortsnamen Treha, Trebula, Trebium,
anderen Altar, welcher der Victoria geweiht ist. Trebiae)., und ebenso ist keltisch (mit dem Ger-
Diese beiden Altäre, Epthem. epigraph. 8 (1899), 60 manischen, auch Slavischen gleichlautendes)
S. 360 nr. 14. 15 (nach Leite de Vasconcellos im runa, belegt durch die Namen Runa, Runas
Archeologo Portugues 1, 1895, S. 226) = Dessau (Gtv. Runatis), sowie in Vindruna (Holder 2,
J^iscr.ial se^ 4510, befanden sich früher in Fun- Sp. 1246—1247 und 3, Sp. 350; dagegen nicht
däo (Stiehlers Hand-Atlas^ nr. 32 D 3) und wer- in Sacr-una, Vir-una, vgl. Holder 3, Sp. 2i):
denjetzt in Lisboa-Lissabon verwahrt. Die Weih- -nna und 2, Sp. 1282 f. 3, Sp. 399). [Kenne.]
inschrift der T. lautet (a. a. 0. nr. 15): ara(m) Trechos (T()7);^o?), ein aitolischer Speerkämp-
pos(uit) Toncius Toncetami f(ilius) Icuedit(anus) fer, den Hektor vor Troja tötet: II. E 706
milis\=miles)Trebarunel(ibens)m(erito)ii(otum) Tzetz. Hom. 99. [Johannes Schmidt.]
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 36
1099 Tremilos Triauchen UOO
Treihilos oder vielmehr Tremiles Tgtuuog^ nach Aigina übersetzten und es besetzten; der
'l\fi-^ilr,g, Mcifieke, AmiU. p. Ji68), nach welchem Name überliefert im Schot. Pind. Ol. 8,30: '/p.
Lykieu früher TQtfiih] (7pt^tlta, Hesych. s. v.) ttg ^gy^iog. Vgl. 0. Müller, Aeyin. 43, Dorm
und die Lykier 7>«|tiAt<V (vgl. Ant. Lih. 35) ge- 1, «8; H. U. Müller, Myih d. gr. Stämme 1. 74, i
nauut waren. Die ogygische Nymphe Praxidike denkt an Herleitung des Wortes „von der (Je
(yi>fig>Y] 'Slyvyir^y ri¥ nga^idiy.r^v 'naXioiyat: ilyv- stall der ganzen Insel, welche die Form eines
'/iri die lykische, da die Lykier 'üyV'ytot hießen. Dreiecks hat'*, oder nimmt Bezugnahme an .,aut
SUph. B. V. 'iiyryia, oder Tochter des Ogygis, die Gegend der Insel, welche l\)invQyic- hieLV'
Suid. V. riga^idi-Kfj) gebar ihm am Flusse Sibros Vgl. auch Hirschfeld, Meal-Enzykl. 1, 1)66. (Das
vier verderbliche {6kooi) Söhne, schliiume Räu- lo Wort fehlt in den Leiica.") [Preisendanz. |
her: Tloos (od. Tloa), Xanthos. Pinuros und Triaiicheu {Tgiaviriv) ^ mit drei Hälsen; sc
Kragos. Steph. B. v. Tpfjictiljj mit den Versen heißt Hekate (s. d.) bei Lykophr. 118G; es ist
des Panyasis {fr. 17 JJübn. Tgchimer Panya». einer der vielen Beinamen, die sich, im (legen
fragin. fHresl. 1842) p. öl f.). Die Namen der satz zu ^lovoTtQoaoiTiog {Artemidor. 2, 37), xbxqu-
Sühne bezeichnen örtlichkeiten in Lykien, ngoßfonog {Uymn. mag. 6 v. 22 bei Abel, Or-
Steph. B. V. Kgdyogy Sav^og^ nivagay 'Il,oltg. pÄic« p. 293), auf ihre Dreigestalt beziehen.
Strab. 14 p. 666 f. Panya^ wird in seiner He- vom Schol. wird er erklärt mit Tgi-Kicpalo^
raklea erzählt haben, daß Herakles diese ün- (s. u., sowie den Art. Trikephalos, wo die Drei-
holde getötet habe. [Stoll ] gestaltigkeit des Hermes, des (leryonens, des
Tre— B (tre£:n ist der Name eines Gehilfen <u Kerberos und anderer Wesen behandelt ist
des Vulcau (deO-lans). Vgl. über ihn s. v. seO-- Da H. von Dichtern und Mythologen oft mit
lans. [C. Pauli.] verwandten (iöttinuen identifiziert wird (s. d.
TreTerae, Matres — . heißen die Mutter- Art. Hekate, Bd. 1, Sp. 1896f.), so gelten deren
göttinnen (vgl. Jhm o. Bd. 2, Sp. 2464 ff.) in Epitheta, insoweit sie durch eine solche Ver-
einer Weihinschrift des Bonner Museums, wel- mengung erst bedingt sind, dann auch ihr.
che von Birten am Niederrhein = {Castrd) Dies ist häufig gerade auch bei den W^örtern
Vctera stammt und zum Urheber hatte einen der Fall, die jene Dreiheit ihrer Köpfe oder
Soldaten, dessen Heimat offenbar das Trierer Leiber kennzeichnen. Ein(^ ganze Anzahl sol-
Land, die römische Volksgemeinde der Tre- eher Beiwörter ist der H. unter dem Namen
verer {Civitas Trererorum) war, CIL 13, 8634 so Mene (s. d., sowie d. Art. Mondgöttin) gewid-
(= Brambach CIBhcn. 149. Jhm, Bonn. Jahrb. met in der Beschwörungsformel eines Pariser
88, S. 155 nr. 334. Dessau, Insa'. Lat. sei. Zauherpapyrus (bei Wessely, Denkschr. d. M^ic-
4792): Matribus Treveris T. Paternius Perpe- ner Akad. d. Wissensch., phil.-hist. Kl. Bd. 3(.,
tuu8 cornicular(iu8) leg(ati) leg(ionis) XXX Z. 2524 f. u. Z. 2824; s. auch IJsener, lihetK
ü(lpiae) V(ictrici8) l(ibms) ni(erito); vgl. Ihm, Mus. 1903, 58, 166 f.):
B. Jb. S. 18.61. Die Legion {leg. XXX V. F.), rgixrvnszgicpd'oyyetgLytccgavi-tgtmvvntMrivr,.
welcher der Stifter der Inschrift angehörte, ist TgivayilriTgiTigoGcoTts Tgiccvxsvs xctlxQLOÖiTi.
die nämliche, in welcher auch die anderen — — — — — — — — — — — — — —
nachweisbaren Legionare aus dem Trierer Lande (pgiy.tbv Scvccvöi^cccaa dsä t g t. 6 6 o i g oto^ütsögi.
gedient haben, CIL 13, 1883 und 2614 (Grab- 40 Ganz dieselbe ausführliche Anrede in «lern
schiiften von Veteranen, die in Lugudunum- Hymn. mag. ö v. 24 f. bei Abel, Orphica
Lyon und Cavillonum-Chalon-sur-Saöne, wo p. 293; der Anruf rgixdgccvs ebenda p. 289,
sie nach ihrer Entlassung aus dem Heeres- v. 8 u. p. 290, v. 25, sowie YlsgChtpöva zgi-
dienst ansässig waren, gestorben sind), vgl. yidgavs:, Par. Pap. Z. 2747, und endlich xgi-
CIL 13, 1, 2 p. 583 Col. 2. — CIL 13,8634 = %dgavs vvxicc ■naoQ'ivs v.XsidovxB UsgGbtpccGn a:
hehner. Die antiken Steindenkmäler des Provin- ebenda 7j. 1401 f. Unter dem Namen ßrimo
2Ü»?tnu*ct*»ns -ju iJonn (1918) nr. 345. Vgl, auch (s.d.) erhält sie bei Lykophr. lilii das £pi-
0. Schilling, De legionibus liomanoritm I Mi- theton xgi^ogcpog. Auch beim Komiker
nervia et XXX Ulpia (Dtss. Lips. 1893), S. 45. Charikleides {fr. 1, Kock 3, 394) wird sie ange-
[ Ke u ne. I 50 rufen : ötonoLv 'E%dx7} r giiiogcpe xgi-
Trex {Tgit)., Name eines Winddämons auf ngoöcons, das letztere Beiwort, das schon aus
der von R. Wmisch, Bh. M. N. F. 56 (1900), 80 den beiden Hymnen angeführt wurde (s. o.),
behandelten kretischen ßleifluchtafel : aal d' erscheint auch in dem großen Pariser Zauher-
ovvoiuc Tgs^, dvEfioj Jibg dyi.xr\. [Preisendanz.] papyrus Z. 2878 sowie bei Artemidor 2,37, und
Tri» Fata s. oben Bd. 1, Sp. 1449 f. 1452 für die mit H. identifizierte Artemis bei
(Peter), dazu Jhm, Botin. Jahrb. 83, 68; 98 ff. Kleomedes {de meteor. 2,5,111) u. Kornut. 34.
Wissowa, Bei- 264 f., Otto, P. W. 6, 2050 f. Daher heißt es im Hinblick auf ein Artemis-
Während man meist in diesen drei Schicksals- bild bei Diphilos {fr. 124, Kock 2,577): -iih(pcc-
gottheiten, die auf Reliefs als drei Frauen ge- Xdg i%ovxsg xgtlg coansg ^gxstilaiov. Ferner wird
bildet werden und ja auch Fatae heißen, die 60 die der H. (und der Athene) gleichgesetzte
drei Moiren in lateinischem Gewand erkennt Selen e xginXoov sl^og 'ixovaa genannt: Nonn.
{Peter, Wissowa, Otto), betrachtet Usener, Rh. 5, 72 f. (Art. Mondgöttin Sp. 3188), und bald
3ft*s. 58,12 einen Dreiverein von Schicksals- darauf 6, 236: xgKpvrig. H. heißt t^ ifftro na -
^ott)ie^\teii {tria Fata, tres Fortimae, tres Parcae, gr\vog: Orph. Arg. 91d, xQLy,i(pccXog: Schol.
oder i^atacj als etwas bodenständig Italisches. LyÄ;. 1186 (s. o.), und dementsprechend triceps:
[Weinreich.] Serv. ^. 4, 511 u. Oo. Met. 7, 194; Diana (= H»
Triakou (Tptaxcav), Führer der Epidaurisclien cate) triplex: Fa^t. 1,387; sodann triformi ^
Dorier, die nach Herod. 8,46; Paus. 2,29,5 3/c*. 7, 94. 177; Äor. C. 1,27, 23; 3,22,4; Semr.
Hol
Triauehen
Triballor
H02
Med. 7, Phaedr. 412; Val Flacc. 7, 395; tri-
iiiort'a: Scliol. Hör. C. 3, 28, 12, s. Heraeus,
Ixliein.Mus. 11)03, 58, 464 f. ; vgl. tgiaogcpog (s. o.) ;
endlich tergomina: Vcrg.A. 4,511 u. Äuson.
griph. 18. Außer diesen Beiwörtern vgl. auch
Ov. Fast. 1, 141: ora vides Hccates in tres ver-
(jcntia partes. Claudian. Bapt. Pros. 1, 15: ter-
nas Ilecate varlata fiyuras. Apul. Met. 11, 2:
Proserpina triformi facie larvales impetus com-
primens. Minne. Fei. Oct. 21, 14: Trivia trinis
ivpitihus et multis manibus horrifica. Trivia
SU.) ist nämlich die Übersetzung \on tqlo-
()iTig (s. 0.); so heißt sie bei Chari/deides a. a. 0.;
Orph. hymn. 2, 1 ; Plut. de fac. orh. lim. 24; Steph.
Hyz. 8. xQioSog\ Kornut. 34; Pap. Par. Z. 2525.
2728. 2810; auf Thera wird eine "Agr^iLig tQio-
SiTLg verehrt: Hill er v. Gaertringen, Klio 2, 901,
224.
Selbst wenn nun H. 'ursprünglich nichts an-
deres als eine Wegegöttin ist' (s. d. Art. bei
Pauly^-Wissowa 7, 2775), so kann man doch
in Zweifel sein, ob sie, wie jene beiden übri-
ijfcns späten Beinamen rgLodlrig und Trivia, so
auch die drei Köpfe den Dreiwegen verdankt,
oder nicht vielmehr zur Kennzeichnungihres
.^gespenstischen Wesens erhalten hat. Es
ist wohl letzteres der Fall. Straßenkreuzungen,
namentlich außerhalb der Ortschaften, sind
nämlich im Altertum die gewöhnlichen Stätten
für Hinrichtungen, aber auch, bei der Nähe
von Gräbern, häußg Schauplatz von Toten-
beschwörungeu, nächtlichem Zauberunwesen,
allerhand Geisterspuk. Kein Wunder, wenn die
lebhafte Phantasie des Volks und der geschäf-
tige Geist von Dichtern und Künstlern Hekate,
die an solchen unheimlichen Orten, noch dazu
bei Nacht, verehrt. wird, teils mit entsprechen-
den Attributen, Fackel, Schwert, Dolch, Schlüs-
sel, Strick, Geißel, Schlaugen, ausstattet, teils
auch ihre eigene Gestalt ins Groteske
steigert und erweitert. Ursprünglich ist
H. eingestaltig (Ar temidor 2, S7 : ^ovo-itQoa-
(oitog, 8. Eoschers Art. Sp. 1889 u. 1900 f.; Preller-
Robert, Gr. Mytli. 1^ 324) und bleibt es in ver-
einzelten Darstellungen jederzeit. Während sich
ferner ein Hermes Dikephalos nachweisen läßt,
der also etwa an einen lanus erinnert (s. d.
Art., Bd 1, Sp. 2415 f.), kann man strengge-
nommen von einer zweiköpfigen Hekate
nicht reden, da diese zwar manchmal doppelt
erscheint, aber dann über zwei selbständige
Jjeiber verfügt und somit zwei Einzelwesen
darstellt. So haben diese im Tempel zu Argos
zwei ErzkünsMer, der jüngere Polykleitos und
sein Bruder Naukydes, in Bronzebildern ver-
anschaulicht, denen dann Skopas ein drittes
marmornes Hekatebild zugesellte {Paus. 2, 22, 7 ;
Usener a. a. 0. S. 208, 332). Daneben wird sie,
und zwar mit der Zeit überwiegend, dreige-
staltig dargestellt. Werden ihr auch fast aus-
schließlich drei normale, oft künstlerisch schön
stilisierte Menschenköpfe verliehen, so erkennt
man doch aus anderen Erwähnungen, daß es
dabei gleichwohl auf einen phantastischen Reiz,
ja unheimlichen Eindruck abgesehen ist: wie
bei Bildern oder Schilderungen des Chronos
und der Skylla (s. d. Art. Trikephalos), so sehen
wir in vereinzelten Beschreibungen der H. ein
menschliches Haupt von Köpfen eine«
Hundes und einer Kuh (oder einer Ziege)
tiankiort (Pap. Par. Z. 21 19 f. u. 2878). Auch
die vier köpf ige H., die einige Male (tr wähnt
wird, dient zwar einem allegorischen Zweck
{Cramer, Anecd. Paris. 1, 321, 31), läßt aber doch,
namentlich in dem zweiten Falle {Hymn. mag.
5,22 bei Abel, (Jrphica p. 293), das Streben
nach dem Ausdruck des Abenteuerlichen
10 erkennen. So ist denn auch die oft genannte
oder dargestellte dreiköpfige H. kaum (^twas
anderes als eine Spukgestalt, deren gespen-
stischen Charakter erst die Kunst gemildert
und veredelt hat.
Über die drei gestaltete H. in der bil-
denden Kunst vgl. bes . F. Petersen , Arch -
epigr. Mitth. aus Osterr. 4, 140 f.; 5,1 f. 193 f.,
sowie Roschers Art. a. a. 0. Danach hat sie
entweder drei Köpfe auf drei Leibern
20 (Sp. 1904 f.), oder es sitzen drei Köpfe auf
einem Leibe (Sp. 1908 f.). Nach Paus. 2, 30, 2
war der erste (namhafte) Künstler, der sie drei-
gestaltig darstellte, AJkamenes\ seine 'Ex. i-xi-
TtvQYiSia, auf der Akropolis von Athen, scheint
jenem ersten Typus anzugehören und ihr d'w
auf dem Relief von Aigina veranschaulichte IL
(jetzt in Königswart in Böhmen) am nächsten
zu kommen, namentlich im Stil weit mehr zu
entsprechen als die schon ziemlich barocke
30 kapitolinische Bronzestatuette
(beide abgebildet bei Rascher a.
a. 0.). Den zweiten Typus
vertritt am eindrucksvollsten die
H. in der Gigantomachie des per-
gamenischen Altarfrieses; hier
hat sie einen einzigen Leib, aber
drei Armpaare und drei Köpfe. Münze von Ly-
Über Gemmen mit diesem Typus ^'^^ ^^ Phrygien :
8. Roschers Art. Sp. 1908 f.; über «ekate (r.v. Coi«,
40 Münzen, z. B. von Lysias m Phry- phrygia, pi. 3S ? ).
gien, s. Head, H. N. 680 2; Greek
Coins in the Brit. Mus., Phrygia p. 331, pl. 38
n. 7 (s. d. Abb.). [Johannes Schmidt.]
TribaUos {TgißcclXog oder Tgi^aXog), 1) nacli
einer thrakischen Sage Vater des Hipponoos
(s. d. nr. 6), der mit Thrassa die Polyphonte
zeugt; über diese Verächterin der Aphrodite
und ihre sonderbaren Schicksale s. Anton. Lib
21 (angeblich nach Boios Ornithog. 2) u. d. Art.,
50 Bd. 3, Sp. 2713 f. -- 2) einer der Kerkopen (s. d.),
der Erzschelme und Wegelagerer, die in ver-
schiedenen Gegenden Griechenland. s (Thermo-
pylen, Boiotien, Athen) und Kleinasiens (Ephe-
sos?) lokalisiert werden, in Affen (TriO-Tjxoi) ver-
wandelt den Pithekusen an der kampanischen
Küste den Namen geben und, einst von Hera-
kles verfolgt und gezüchtigt, in dessen Ge-
schichte eine tragikomische Rolle spielen. Sel-
tener als andere Kerkopennamen erscheinen
60 Sillos (s.d., Bd. 4, Sp. 823) und Tribal(l)os:
Schol. Vindob. LuJcian. Alex. 4 (p. 181 Babe -,
ßachmann , Anecd. 2,340; sie stammen aus
Oichalia (auf Euboia'?), daher OlxccXifjsg, trei-
ben aber ihr Räuberhandwerk in Boiotien und
sind verrufen als iTtLogxoi und ccgyot. In Athen,
wo nach den Kerkopen der Spitzbubenmarkt
{Ksgy.oiTtcov ayoga) in der Nähe der HUaia
benannt ist {Steph. Byz. s. v. ; Judeich, Topogr.
36*
1103 ?Tribas oder Tribans [?T]ricoria 1104
V. Athen 314. 320) und als Sammelpunkt schlim- (vgl. CIL 13, 4 p. 87) ^anz anders: \T(n)] h(o-
men Gesindels in üblem sprichwörtlichen Rufe norem) d(omus) , d(%oiuae) Marti Bivi\is\ Q.
steht (Schol. Lukian a. a. 0.; Art. Kerkopen Varius Iu(v)enis [v(otum)] s(oloit) {l(ibens)\.
Sp. 11 6U f.), haben sie durch die ältere attische Die Kinleitungsformel weist die Inschriit in
Komödie auch literarisches Bürgerrecht erlangt; die Zeit nach J. 150 n. Chr. Zur Inschrift wer-
wie aus Orameutiteln oder Fragmenten hervor- den mit dem Uild des Gottes die Darstell unj^tn
geht, traten Kerkopen als Haupt- oder Neben- des in CIL 13, 302(> c (Esperandieu Recueil
personen in mehreren Stücken auf (s. d. Art. tics bas-reliefs . . de la Gaule rom. 4 nr. 3133)
Sp. 1172). Sillos und Tr. sind bezeugt für Kra- [C]em\tnnos genannten gehörnten Gottes {Ihm
tinos' k^x^Xoxoi {Mein. fr. 14; 2, 24 f.; Kock, lO in der Neubearbtg. von Paulys Real-IJncyclop.
fr. 12; l,löf.), freilich ohne wörtliches Zitat; 3, Sp 11)Ö4; vgl. Eaperandteu a. a. 0. 5 nr 3663)
denn der im Schol. Lukian. gleich darauf an- verglichen. — Zu CIL 13,0061 vgl jetzt auch
geführte, etwa so lautende Hexameter: Esperandieu Recueil 7 (1918), nr. 5;")»6, ohne
imXoi xt TgtßaXos xs äva ßagvSaifiovsg ävögsg Abbildung; Esperandieu erklärt hier das Mild
gehört wohl nur dem hier als Quelle genann- als Darstellung des behelmten Mars, mit Lanze
ien Diotimos (nicht auch der Komödie des in der Rechten. [Kenne]
Kratinos) an. Jedoch ist Sillos' und Tr.' Vor- Trlcops heißt 1) der dreiköpfige Höllenhund
kommen gerade auch bei Diotimos zweifelhaft; Kerberos, Cerberus bei Cic. Tusc. 1, 10: triceps
die aus desi^en Epos ^HQaxXdovg ad^loi (oder apud inferos Cerberus und bei Seneca (Vater)
'Hgcixitta) bei Sutd, s. Evgvßccxog u. Apostol. 20 Oedip. ö81: triceps catenas Cerberus morit (jra-
8,12 {Faroemiogr 2,247) zitierten Verse, die ves. Vgl Tricerberus {TgixiQßfQog) bei Mytho-
gleichfalls von zwei verhängnisvollen boioti- graphen {Forcellini - De Vit , Totius Latimtatis
sehen Räubern aus Oichalia, z. T. mit den Lexicon 6, p 173). — 2) der dreileibige Geryo-
nämlichen Worten, reden, weisen nämlich zwei nes bei Fronto ad M. Caes. 4,3. — H) Hekate
ganz andere Kerkopennamen auf, so daß bei Ovid.met 7,li)4: tuque triceps Hecate nsyr.
die Vermutung Meinekes (Com. 2, 24 f., s.o.), — Das Beiwort entspricht dem griechischen rpt
letztere seien im Schol. Lulian. a. a. 0. von xapavo?, tQiv.uQr]vo?. Vgl. Triformis
Sillos und Tr. verdrängt worden, viel für sich fKeune.j
hat. Beschränkt sich also, nach dem etwaigen \l TJricoria oder vielmehr Ricoria (s Ihm
Wegfall der Belegstelle aus Diotimos, die ohne- so o. Bd. 4, Sp. 127/128), Name einer einheimi-
hin schmale literarische Existenz jener beiden sehen Göttin auf einem kleinen Altar von 58 cm
vielleicht auf Ä'radnos' /ip;UiAo;f Ol (s. 0 ), so fällt Höhe, 23 cm Breite und 21 cm Dicke, ausge-
doch auf den Kerkopen Tr. von anderer Seite graben zu Beziers, d. i. in der alten Stadt Bae-
einiges Licht. Es sind nämlich nach Hesych. terrae (CIL 12, Tab. III Dh Kiepert , Formae
TQißcc':loi' 6vxo<pccvxcci. Schlimmer ist, daß Orbis Antiqui XXV Li, in der Gallia Narbo-
in Athen auch junge Taugenichtse und Päd- nensis, Hirschfeld, CIL 12, 4225. Esperandieu
erasten TQißaXXoi hießen: Demosth. 54, 39; Recueil general des bas-reliefs de la Gaule rom.
Schol. Aeschin 1, 52; Etym. Magn. s. v.; Mtller, 1 nr. 539 p. 348. Holder, Altcelt. Sprachschatz 2,
Melanges S. 285. Gewiß haben sie alle, jener Sp. 19ö0 und Sp. 1183. Der Name der Göt-
Kerkopenschelm wie diese athenischen Lust- 40 tin steht auf der Gesimsleiste der Vorderseite
linge, den Namen von der thrakischen Völ- über ihrem Bild, während die Fort-et/.ung
kerschaft der Triballer, die, ursprünglich der Weihinschrift mit dem Namen des Stif-
tapfer und streitbar und noch von Philipp und ters und der Weiheformel auf der linken Sei-
Alexander dem Großen bekämpft (Tämä. 2,96; teufläche Platz gefunden hat; auf der recli-
4,101; Strab. 7, 301 f.; Flut Alex. 11; Arrian. ten SHitenfläche sind, wie häufig, Schale und
Ana'». 1, 1 f.), doch schon früher in rohe Sitten- Henkelkrug als Opfergefäße abgebildet. Die
losigkeit versunken war, sodaß bereits in Lesung der Vorderseite lautet (nach früheren
^mtopÄawes' FöV/eZn (1529. 1533. 16 15 f. 1677 f.) Gewährsmännern: RICORIA) nach Hirschfeld:
ihr Vertreter als genußsüchtiger Gauner und | RICO RIA/, also Ricoriale] oder, falls der Raum
zugleich mit seinem Kauderwelsch als Typus 50 reiche, \T]ricoria[e], doch scheint nach Espe-
des barbarischen Tölpels erscheint. Vgl. auch randieu der Raum für letztere Lesung nicht
Lobeck, Aglaopham. 1037. 12'j7; Kock zu Ar.' auszureichen. Man muß also der Versuchung
Vögeln 1529; v. Wilamowitz, Antiy. v. Karyst. widerstehen, in dem Denkmal eine Ehrung der
44, 3. [Johannes Schmidt.] Landesgottheit der Tricörii (Tricores: Plin, n. h.)
? Tribas oder Tribaus, zweifelhafter Name in Gallia Narbonensis, Holder, Altcelt. Sprach-
einer gallischen Gottheit in der Inschrift einer schätz 2, Sp. 1950, erkennen zu wollen, deren
zu Langensulzbach im Tal der Sauer im Unter- Gebiet übrigens weit abseits von Baeterrae,
Elsaß (Kreis Weißenburg) gefundenen und da- auf der Westseite der Alpen lag (Kiepert FOA
selbst noch vorhandenen Steintafel mit der XXIII Fb und XXV Km^. Daß unter dem Na-
bildhchen Darstellung eines stehenden bärtigen 60 men der Göttin nicht ein Mann dargestellt ist,
Gottes, der einen Kranz mit drei Spitzen oder wie (allerdings mit Fragezeichen) im CIL 12
drei Hörnern trägt und in der Rechten einen angegeben wird, sondern eine Frau und zwar
Herrscherstab hält. C/L 13, 6061 (daher i/oZ- die Göttin, ergibt sich nicht bloß aus dem
der, Altcelt. SpracJischatz 2, Sp. 194:1): \I]nh(o- weiblichen Namen, sondern auch aus Abbil-
norem) d(omus) d(ivina£) d(eo) lribani(foit2L6ae: düng und Erläuterung von Esperandieu; die
Triban[ti\) Quartus Iu{v)enis (filius) s(olvit) göttliche Frau hält in der Rechten eine Opfer-
[l(ibefis) m(erito)]. Doch lautet die Lesung von schäle, in der Linken einen unbestimmten
Esperandieu Rev. epigr. n. s. 1 (1913) p. 408 Gegenstand. Hübner, Mon. ling. Iber. p. CXII
1105 Tricorpus Triesperos 1106
und p. 254 hat den Namen Tricoria den ibe- sich die Komödie des willkommenen Stoffes
rischen Götternamen zugesellt. [ Kenne. J von der langen Nacht bemächtigt: die JVi>^
Tricorpus {tricurpor), entsprechend dem grie- jüaxpa des MaUm {Kock, Com. 1,024) hatte näm-
ehisclien xQicui^io? {Gloss. Gr. Lat.) , lieißt der lieh gewiß das gleiche Motiv, Der wohl auf
(ireileibige Geryones bei Sil. Ital. 3, 4*22 (von den 'A^KpitQVüJv des Komikers Arcinppos (Kock
Herakles): Geryonae peteret cum longa tricor- 1,67*.)) zurückgehende Am/>hüruo des Flautus
jtoris arva und 13,201: mortstrum Geryones {Rihbeck, Böm. Dichtung 1,125) nimmt aller-
immane iricorporis irae. Auch T'm/. .4fw. (>, 289: dings auf die verlängerte Nncht Bezug (v. 113.
forma iricorporis umhrae ist Geryones gemeint. 272 f. 548); doch ist es Herakles' Geburtsnacht;
Vgl. Triformis. [Kenne.] lo dagegen gelten der Nacht, in welcher der
Tridynamos {Tgidvva^iog), Dreimalgewalti- Heros gezeugt wird, der Hochzeitsnacht
ger: wichtige mystische Macht in den kopti^ch- seiner Eltern, alle übrigen Erwähnungen,
gnostischen Schritten, wo sie einzeln und in Diese verteilen sich äußerlich nach der ver-
Mehrheit, auch als Tridynam(e)i8 häufig auf- schiedenen Dauer der verlängerten
tritt. Einer der dreiraalgewaltigen Götter der Nacht, wobei es, da mythologische Maß- und
Gnosis ist I'^xxvraxovvxcavxovx^toX', dermitAres Zahlangaben oft schwanken, manchmal dunkel
verbunden wird {Fist. S. 234, .'}5). ein anderer, bleibt, ob die zwischen den Nächten liegen-
Xccivx(o(üoox (vgl. den Lichtgeist der Zaubcvfja- den Tage mitgezählt oder ausgelassen werden.
pyri Baivxcooocox), der an Hermes gebunden Bisweilen wird der Mythos nur angedeutet:
wird zur Lenkung von Welt und Aeonen. Vgl. 20 Meleagr. Anlh. Fol. 5, 171; Flut fort. Rom. 8;
den Index von C. Schmidts Jcoptisch-gnostischen Ov. Her. 9, 9 f.; Scnec. H. 0 1501; H. F. 24.
Schriften 1, 381. Nach Hippol. nf. omn. haer. 1158f.; Stat. Th. 7, 189. 9,424; I>racoti<. 2, 26 f.
105, 3 ff. 269,12 Wcndl. gebrauchten die Pera- — Eine Gruppe von Stellen bei römischen An-
ten eine dvacpri^ia gegen Christus, nach der toren, wo deutlich von zwei Nächten oder
sie ihn verkleinerten: xQicpvijg rt? yiccl tQi6w\t.cc- von der Verdoppelung der Nacht die Rede*
tag Y.al xQidvva^og av^^Qüinog ytcxXovfisvog Xql- ist, läßt es gleichwohl ungewiß, wie lang man
üTOg, ccnb tcbv rgicav ^x^^ ^^^ ^oGfiov ^isqcov iv deren Dauer zu bemessen hat. Fropert. 3,15
lavToJ Ttdvra rä GvynQi^ccTu ■accl tag dWu^isig. (22), 25: lupiter Alcmenae geminas requieverat
[Preisendanz.J Arctos; Ov.Am. l,'13,45f.: Deum genitor — Com-
Trieros {Tgifigog), Eponymos des Thraker- zo misit noctes — duas; Trist. 2,402: noctes cui
Stamms Tr(i)ere8, Sohn des 0(m)briareos und coiere duae; Sen. H. 0. 147 : de geminis nocti-
der Thrake; Steph. Byz. (nach Arrians Bithy- bus; 1865: noctes duas Jios contulit; Ag. 814 f :
niaka) u. TgifjQsg. (Preisendanz] geminavit lupiter noctis horas; dial. 10,16,5:
Triesperos [Tgi^Ttsgog) , Beiname des He- visus est lup. duplicasse noctem ; Hygin. fah. 2d :
rakles (s. d. Art. Herakles bei Fauly'- Kroll, lup. tarn libens cum ea concuhuit, ut unum diem
3. Supplbd., S. 1004. 1016, 1105, wo sich aber usurparet (Muncker: exstirparet) , duas noctes
die Fundstellen ansehnlich vermehren lassen), congeminaret ; Mythogr. Vat. 1 , öO : geminuta est
meist bezogen auf die Verlängerung der Hoch- nox; Mart. Cap. 2, 157: in ortu Herculis gemi-
zeitsnacht seiner Eltern Zeus und Alkmene; natae noctis obsequium. Ist bei dieser doppel-
vgl. Winter, Alkmene u. Amphitryon , Frogr. 40 ten Nacht, wie es hie und da scheint, der da-
Magdal. Gyrnn. Breslau 1876 S. 34 f. Dem Vor- zwischenliegende Tag mitgerechnet und wegen
gang mag iZ. 2^239f., wo Hera den Helios des von lupiter angeordneten Ausbleibens der
wider seinen Willen vor der Zeit zu des Okea- Sonne etwa gleichfalls als Nacht aufzufassen,
nos Fluten hinabsendet, um den ermüdeten so ergäbe sich schon für die ebengenannten
Achäern Ruhe zu verschaffen, oder vielleicht Belege eine dreifache Nacht, die dann aus-
eher Od. ip 243f. 345f. mit der verlängerten drücklich an den meisten andern Fund-
Nacht für das wiedervereinigte Paar Odysseus stellen des Mythos bezeugt wird,
und Penelope zum Vorbild gedient haben. Da sich an diese der I3einame xgiienBgog
Hesiod. Scut. Herc. schweigt über den Mythos. knüpft, kommt es auf sie hier vornehmlich an.
Ihn erzählte wahrscheinlich zuerst Fherekydes, 50 Doch soll, ehe sie zu prüfen sind, vorweg er-
zwar nicht in fr. 27, Müller 1, 17 {Schol. Od. wähnt werden, daß bei Apollod. 2,61 von einer
l 266), wohl aber nach Schol. ABB 7Z. S'324, Verfünffachung der Nacht {xr]v ^iuv vvv.xu
wo es am Schlüsse heißt: i] icxoglcc nccgä ^sgs- TtsvxccTcXccGtdaccg), bei Lucian. deor. dial. 10 von
v.vd8i. Diese Notiz beruht nach TF^^^/er S. 35,1, einer siebenfachen Länge (Helios scheint
Luetke, Pherecydea 1893 p. lof. 50f. und dem drei Tage nicht; vgl. Aristid. or. 40, 2 Keil;
Art. Alkmene bei Fauhß-Wissowa l.lbl'l auf Achill. Tat. 2,^1, A\ Orph. Arg.\\\i^.),hQ.\ eini-
Irrtum, wird jedoch in den Nachträgen bei gen Kirchenvätern, die der fromme Ärger über
Müller 4, 638 sowie von Freller-Bobert, Gr. die Wollust des heidnischen Gottes zu Über-
Myth. 2*, 613 A. 5, als richtig anerkannt. Bei treibungen verleitet, sogar von einer neun-
Ov. Trist 2,402 erscheint als eine Quelle jenes 60 fachen Dauer (.4r«o&. 4,26: illum in Alcmena
Mythos die attische Tragödie, wenn auch das novem noctibus pervigilasse continuis; Clem.
Sophokles beigelegte fr. 1026 Nek.* einem an- Alex. Protr. 2,33 [1 ^. 3a Bind.]; Cyrill. Alex.
dern Dichter gehört. Die kßcpixgvcov betitel- contra Julian, lib. 6) die Rede ist.
ten Stücke des Soph. und des Aischylos von Ganzüberwiegend wird aber von drei Näch-
Alexandrien {Nauck'^^.lbQn.^24\ Welcker, Gr. ten oder einer verdreifachten Nacht be-
Trag. 1, 371 f. 3,1268) sowie Accius' Amphitruo richtet und mit ihr Herakles' Epitheton xgiia-
(iiJ«66ecA;,Äöm. IVo^r. S. 553 f.) gewähren mit ihren nsgog in Zusammenhang gebracht: Fherekyd.
dürftigen Resten keinerlei Ausbeute. Früh hat im Schol. ABB II. S 324 {Müller 4, 638); Ly-
1107 Triesperos Triesperos llO'^
kophr. an {TQiBöTtBQov ABovTOf = Hcrakles) mit stantinopel hatte nach der liesohroibung des
Schal, u. Tz etz.; Dosiad. Anthol. Pallb, 26, 11; Niketas (a. o.) eiu andres Aussehen und wies
Sehol. Dosiad. 9/12 bei Wendel, Schoi Theoer. die Hesperidenilpfel nicht auf; immerhin ist es
M9: Apollod,2,61:Ti]v iiiavvvxxa — xccvd rtvag sehr wohl denkbar, daß sich zuerst an eine
rQi7tXce6tä6ttg{B.o.); Lueian. Sotnn. 11 , yg\. Gall Heraklesstatue mit den Äpfeln der drei He-
1-»; ^tt/>Är. 3, 38; Lijd. twen«. 4, 67 S. 120f. speriden das Epitheton ^'cheftet hat. Geriet
yViinach; Append. narr. h. Westerm. Myth. 310; nun durch Verstümmelung des Bildwerks der
S<hol. Clem. Alex. 2,83 ^. S0& Staehlin ; Nikeph. betreffende Arm in Verlust, so wurde die lU
l^rogymn. 1 n. Geora. Prog. 1 (Walz, Bhet. I, 472 ziehung auf die Hesperidenäpfel Unverstand
u. 666»; J^do^. 446 b p. 884 1^7. ; lustin. Martyr. lo lieh; die dichtende Phantasie suchte für den
or. ad Gentil. CS (2,10 Otto); Gregor. Ncuianz. Beinamen nach einem anderen Grunde und
or. 4 c. 77,122; Kosmos v,Jerus. ad carm. Greg. glaubte ihn zu finden in dem Mythos von AlK
8, 601 (Migne PG 37,406); Niket. Chron. de si^. menes verlängerter Hochzeitsnacht, mit der da
Constantinopol. 6 (Corp. Bye. 18,859, wo eine Wort ursprünglich gar nichts zu tun hatte. Der
von den Barbaren zerstörte Bronzestatue des Kinwand, es werde der Zusammenhang des Bei-
Herakl. Triesp. im Hippodrom von Byzanz er- namens mit der Verschiebung der 'J'ageszeiten
wähnt wird). bei Herakles' Entstehung durch das ISynonymon
Denselben Vorgang bezeichnet das Synony- rgiaürivog bestätigt, erledigt sich, wenn man
mon tgiöilrivo?: iSTonn. 7, 126; 26,243: An- erwogt, daß letzteres doch erst von der späte-
thol. Pal. 9,441: 16,102. 20 ren Dichtung, namentlich Nmmos, anjrewendet
Ohne Erwähnung dieser Epitheta wird die wurde, als jene (vermutlich unrichtige) Auffas-
Begebenheit von der dreifachen Nacht auch sung von xQieaTtsQo? bereits Eingang gefunden
sensit erzahlt: Diodor 4, 9, 2 ; Argum. ^ Hesiod. hatte. Gruppea Erklärung kennzeichnet also
Scut. Herc.; Interp. Serv. Ed. 8,75; Aen. 8,108; den H. Triesp. als Besieger der drei Hesperiden
iMCan. Catachth.h.Schol. Stat. lh.9,A2i; Stat. und als Eroberer ihrer Zauberüpfel. Machte
Th. 6, 267 f. mit Schol.; 12, 301 f. mit SchoL; dieses ernsthafte Motiv, das dem kärapfereichen
Auson. Griph. 28; Myihogr. Vat. 2,148. Lebenslauf des Helden angehört, wahrschein-
Trotz der zahlreichen Zeugnisse regen sich lieh den ursprünglichen Inhalt des Beinamens
doch Zweifel, ob die Beziehung des Wortes auf Tr. aus, so hat es doch, sei es dem komischen
Alkmenes Brautnacht richtig ist; vgl. Gruppea so Mißverständnis eine^ Mythographen, sei es dem
Art. ^eraA;/« a. a. 0. S. 1016, 39 f. Gibt es doch burlesken Einfall eines dramatischen Dichters
schon antike Deutungen, die den Beinamen an- frühe schon weichen müssen. [Joh. Schmidt.]
ders erklären. Nach Cramer, Anecd. Par. 2, 380 Triforiniß, dem griechischen rQi^ioQtpos ent-
= loann. Ant. fr. 6 bei JfüWer 4, 543 lehrte He- sprechendes Beiwort (Glcss. Gr. Lat), ist ins-
rakles in den Westlündem [iv totg ^ansQioig besondere von Dichtern Gottheiten und anderen
(liQSöiv i]Toi Totg Svtmolg) die Philosophie, wie Gebilden der Mythe beigelegt, welche in der
er ja auch sonst als Verbreiter geistiger Kul- Vorstellung des Volksglaubens drei Leiber oder
tur gepriesen wird (s. Gruppea Art. S. 1010 f, drei Köpfe hatten Gleichwertig sind die Bei-
bes. 1011, 31 f.), and erglänzte dann nach seiner Wörter triplex, tergeminus, tricorpus oder -oj\
Vergottung als Gestirn am HimmeL — Phan- 40 triceps, rQLV.äQriVog oder tgi-nägavog , tqi7cq6o(o-
tastisch-allegorisch ist die andere Deutung bei nos, xQi<pd-oyyog. Die lateinischen Dichterstellen
Tzetz. Lyk. 33. wonach Herakles, wie es in dem hat (nicht vollzählig) zusammengestellt Carter.
biblischen Buche Jmias (2, 1) von diesem Pro- Epitheta deoruin quae ap. j)oet. Lat. leguniur.
pheten erzählt wird, drei Tage im Bauche eines 1902, griechische (rgifLogcpo?) Bruchmann, Epiih
Walfisches zugebracht habe, die Lykophro)i deor. quae ap. poet. Graec. leguntur, lS2d (beide
deshalb als Abende {ianigccg) bezeichne, weil Verzeichnisse sind Supplemente zu diesem Le-
ps in dem Leibe des Ungeheuers dunkel sei(!). xikon).
Einige Züge dieser sonderbaren Sagenfassung 1) Die dreigestaltige Hekate (s. o. Bd. 1,2.
folgen noch bei Tzetz. zu v. 34; es handelt sich Sp. 1903 ff.) und die ihr gleichgestellte Diana
dabei um das Ungetüm, vor welchem Herakles 50 (s. o. Artemis, Bd. 1, 1, Sp. 572). Seneca (Vater)
die Hesione schützt; vgl. Apollod. 2,104. Med. 7 (Anrede): Hecate triformis und ders.
Mehr Klarheit schafft eine moderne Den- Pha€dr.A:Vl (Anrede): Hecate triformis, en ades
tung. Mit viel Wahrscheinlichkeit bringt coeptis favens. Ohne Nennung eines Namens
Gruppe a. a. 0. 1004, 22f. 1016, 39, unter Hin- fforat. carm. 3, 22, 4: diva triformis. Ovid. met.
weis auf Lyd. mens. 4,67 S. 120 Wünsch, den 7,94: triformis deae und 177: diva triformis.
Beinamen in Verbindung mit dem Mythos von Sil. Ital. 1, 119 f.: tum nigra triformi hostia mac
den drei Hesperiden ^s. Seeligers Ait Hespe- tf^tur divae. CIL 2, 2G60(b) mit Suppl. p. 91i'
riden, Bd.l Sp.2596. 2600. 2602; Preller- Roberi, = Dessau 3259 (Buecheler, Carm. Lat. epigr. '2
Gr. Myth. 1*, 564). Bildwerke, bei denen Hera- P- 723 nr. 1526); Delia virgo triformis. — Vgl.
kies diese Zauberäpfel in der Hand hält, sind 60 Bruchmann a. a. 0. S. 96: dienoiv 'Exdrri xgio-
mehrfach bezeugt oder sogar noch vorhanden ^»ti, xQLfioQq)s, xg'.TtQOßaTts und ebd. S. 98 (Ly-
(s (rrM2)pe8 Art. S. 1075, 34 f., sowie Fwr^wän^i- kophron 1175 f.): Tcagd-tvog Bgi^io xgiuogcpog.
lers Art. Herakles in diesem Lexikon 1,2179); Vgl. nr. 2, sowie Triceps, Triplex, auch Tri-
auch an der vergoldeten Kolossalstatue aus dem ^^« "»d Trioditis {xgioÖlxi?).
Theater des Pompejus, jetzt im Vatikan, sind 2) Libera = Proserpina. CIL 3, 1095
sie gewiß richtig ergänzt (Heibig, Sammlwigen (Karlsburg in Siebenbürgen = Apulum in der
Borns l^ 194 nr. 293); freilich, gerade die Bild- danach bwiannten Dacia Apulensis) = Dessau
Säule des H. Triesp. im Hippodrom zu Kon- 3268 b: Trif(ormi) Liberae M. Aurfelius) Co-
1 1 09 Trigaranus Trikareuos 1110
inaKu.v Super antistes; s. o. Bd. 2,2, 8p. 2030 nauum Hekiites {Athen. 7, ;^25a). Nach' der
es ist die in spaterer Zeit mit JAber häufig Ansicht einiger antiker Gelehrter, die am mei-
/usammen verehrte Hekate gemeint', vgl. ebd. fiten tiir sich hat, wenn sie auch nicht unhe-
>p. 202H: 6VL G, 60U, 504. 507. 510. 11,671). stritten blieb, bedeutete TglyXrivog soviel wie
Apul. mef. 11,2: ... l'rosei'pina tri formt facie Tix'xopoi.-, 'mit drei Aiigen ( Photion Lex. s. v.
hirvah's hnpetus comprimens . . . . TQiyXiiva; andere Deutungen bei Kv^tath. zu
ft) Der dreiköpfige Höllenhund Kerberos, Homer a 184). Antike GelehrtenweiBheit, die
('erberus (s. o. lid. 2, ;L, Sp. 11-J6). Seiieca (Vater) sich nicht beweisen läßt, ist die Annahme, daß
Herr. ()et. 1202: non me triformis sole conspecto die Gleichheit der Namen den Anlaß dazu ge-
ranis ad Styga rerexit. Stat. Theb. 2, 5St'. : iani- lo boten habe, der Hekate die xQiyXa beizugeben
tor triformi.s, beidemal ohne Nennung des Na- (darüber Athen. a.a.O.). Vgl. auch don Artik»«!
tuens. Vgl. Tricep,s. TriglmUhine. (Orinsky. |
4) Die drei gestaltige Chimaira (s. o. Bd. Trigoueia s. TriUtgeneia.
1,1, Sp. 89:>f. Hom. Jl. 6, 181: ngöod^s Ucav, TrljfonoH (TQiyovog). Heiname des Dionysos:
iim^ev dt dgccHcav, ptoat] Sh xi^iaiga). Horat. Orph. Ift/nnf. 30,2. T. kann auf die dreifache
rrwi. 1, 27, 23 f.: vix illigatum te triformi Pe- Entstehung des Dionysos gehen. Über den
ii'isus expediet Chimaera. Vgl. Triphx. dritten Dionysos sagt JJiod. 04, 3 rgitov di yi-
5"» Der dreileibige Geryones, Geryoneus vbg^cci zJiÖvvgöv cpaoiv iv Orj^aig rate Botxa-
s. o. ßd. 1,2, Sp. 1030 ff.). Seneca (Vater) Aga- rlcxig ^x ^log %al 2Ji:^^lr]g rfjg Kdfi^ov. Orph.
memn. S41: Geryonae spoUum triformis. Vgl. 20 H. bi^b heißt er xQi(pv7]g. Vgl. oben unter Dio-
Tricorpus, Triplex, auch Triceps. nysos Sp. 1045, 59tf'. TQiyovog kann auch yrr/-
6) Die dreigestaltige Sphinx (s.o. Bd. 4, (jio?, echt bedeuten (i:res?/c/? s. v.;. Darüber und
Sp. 1357 tf.), Ausov. [Idyll.] 20, 2, 401*. ed. über xQLyovia s. unten bei Tritogeneia.
SchenM (Mon. Germ. hist. Auct. antiq. 5, 2 [Eugen Fchrle.]
p. 13u): terruit Aoniam 1^^ Boeotiam), volucris, Trikarenos {TQiv.(xQ7ivog) ^ dreiköpfig, heißt
leo, virgo, triformis Sphinx, volucris pinnis, bei Hedod. Th. 287 Geryoneus (s. d.); doch
pedihus fera, fronte piiella. ist tQLTidQr,vov erst eingesetzt für das metrisch
7 i Außerdem heißt es bei Ovid. met. In, unmögliche xQiv.icpaXqv der Handschriften, das
söU: mundi regna triformis, denn das Weltall freilich für diese Stelle auch im Schol. Ar. Eq.
ist dreigestaltig, weil es sich zusammensetzt 30 414 und bei Suid. s. KvvoyiscpaXog bezeugt wird.
uis Himmel, Erde und Hölle (Unterwelt). Vgl. Die dreiköpfige Gestalt des Riesen ist noch
friplex. [Kenne.] durch andere Epitheta, sonstige Beschreibungen
Trig:araiiiis s. d. Art. Tarvos Trigaranus von und bildliche Darstellungen iDewiesen (s. auch
Höfer o. Bd. 5, Sp. 128 — 132 (Lief. 71, 1916). d. Art. Trikephalos), womit die rationalistische
r/L 1;^, 3026 mit Add. 4 p. 36. Esperandieu, Erklärung, er sei nach einer Stadt Tgi-uccgr^via
Jiecueil des bas-reliefs de la Gaule rom. (Tome 4) am Pontos Euxeinos benannt, bei der er seine
nr. 3134. [Kenne.] berühmte Herde geweidet habe {Palaephat. In-
Tri^lauthiue (TQLyXavd-lvri, nicht TgiyXav- cred. 25), hinfällig wird. Diese Deutung wird
ö'ivri, wie o, Bd. 1,2, Sp. 189U) war einer der ebenda c. 40 auf den Kerberos ausgedehnt,
Beinamen Hekates. Er geht offenbar auf ihre 40 dessen Dreiköptigkeit erst recht fest>teht, so daß
Dreigestaltigkeit. In Athen stand auf einem es auch bei ihm der Beziehung auf jene wohl
Platze, der selbst TglyXcx. hieß, ein Weihgeschenk erst erfundene Stadt nicht bedarf. Mit Tgt-^ä-
an Hekate Triglanthine {Athen. 7, 325 d und grivog wird manchmal geradezu der Kerberos
Eustath. zu Homer 5, 73, wo die Form des Bei- bezeichnet: Luktan. Philopatr.l; Pseudolog.2d;
namens allerdings verderbt ist). Mit diesem Fugit.ii2; vgl. auch ^eZ. .4 m^. or. 14, 211, AI-
Beinamen hängt, wenn auch für uns nicht mehr ciphr. 3, 72, 3; Apostol. 17, 34 (Paroem. 2, 695);
durchsichtig, die Anrufung Hekates als xqIb stammverwandt und gleichbedeutend ist sein
yXat-g- ■KsXsvonevr] zusammen (Athen, und Beiwort xQiy.gccvog: Soph. Trach. 1098; Eur.
Eustath. a. a. ().). Die xgtyXac (die Scholle H. F. 611. 1277; so heißt aber auf einer (aller-
oder ein ihr verwandter Fisch) war der Arte- 50 dings ergänzten) Inschrift aus Galatien (C. /.
mis-Hekate (über das Verhältnis beider zuein- (rr. 3 nr. 4121, 5) auch die Megale Meter(?). —
ander s. o. iid. 1, Sp. 571 f.) heilig. Ein Epi- Das Ptoongebirge mit seiner alten Orakelstätte
gramm des Apollonides auf Artemis für gu- nennt P/>?rfar bei ^S^raö. 9, 414 rpr/apf/i^oj;, was
ten Fang (A. P. 7, 105) beginnt mit dem Disti- hier mit xgiv.ogvcpov erklärt wird; vgl. auch den
chon: TgtyXav an' dvd-gtxicLfig xcci (pvxidcc 6oi, Orakelspruch mit der Ewähnung des Xid^og
XifisvlxL I "Agxs^L, öcogsvticcL Mfjvig 6 dfnxoßoXog. xgi-n. im Schol. Soph. O. C. 57. — Die bekannte
Über den Grund der Beziehung der Scholle Schlangensäule unter dem delphischen Dreifuß
auf die Artemis herrschte im Altertum Unklar- (Thuk. 1, 132; Paus. 10, 13, 9) erscheint hei He-
heit. Daher verfiel man auf wertlose etymolo- rodot 9, 81 als eine Schlange mit drei Köpfen
• gische Spielereien (Athen. 7, 325a). Die xgtyXcc 60 (öqp^e xgLyidcgrjvog), während sie in Wahrheit aus
besaß große kultische Bedeutung (Athen. 7, drei ineinandergeschlungenen Schlangenleibern
324 c ff.) und spielte in den eleusinischen My- besteht. An dem Denkmal auf dem Atmeidan
sterien (Aelian H. A. 9, 51) wie im Herakult in in Konstantinopel fehlen jetzt gerade die Schlan-
Argos (ehd. 9, 65) eine Rolle. Auch medizinisch genköpfe. — Einen spöttischen Vergleich mit
wurde sie mannigfach verwendet (Plin. N. H. dem dreiköpfigen Hadeshund enthält endlich
28, 82. 32, 44). V^l. auch den Artikel Triglenos. der Titel TgL-aägavog einer Schmähschrift des
[Orinsky.] Historikers Theopompos über Griechenlands
Trigleuos (TgiyXrivog) war einer der Bei- drei Hauptstädte Athen, Sparta und Theben
Uli Trikephalos Trikephalos 1112
(Euseb. Praep. evang. 10,491; Müller, fr. h. Gr. (or. 26, SS8; Bind. 1, 517) im Traum als ein
1 p. LXXIV), sowie einer MeDippeischen Satire Wesen mit drei Köpfen; vpl. Artemidar 1, 35.
des M. Terentins Varro auf die drei Macht- 6) Geryoneus; s. d., Bd. 1, Sp. iG80f. u.
haber des ersten Triumvirats {Appian.b.c 2,9; bei Pauly^-Wissowa 7, 1286 f.; s. auch d. Art.
Bücheier, Ausg. d. Petron. S. 222*). Triharenoa^ denn rpixc^prjvov ist bei Hesiod.
[Jobannes Schmidt] Th. 287 wohl zu lesen statt des metrisch un-
Trikephaloft (tpixiqpaioff) , dreiköpfig; Pei- möglichen, aber gleichbedeutenden xQtxi^aXov.
wort mehrerer Gottheiten und sonstiger Wesen Dieses Epitheton findet sich auch sonst: Lu-
der griechischen Mythologie. kian. Toxar. 62, Pedianim. 25 u. Schol. Ar. Ach.
1) llekate: Schol. Ly kophr. IISO; dement- lo 1082. Daher heißt G. bei Frow/o (arf ilf.ra^s. 4, 3^
sprechend tri cops: (Serr. ^cn. 4, 611; Ov. Met. triceps. Andere Belegstellen kennzeichnen
7, 194; im übrigen s. d. Art. Triauchen, sowie mehr die Dreileibigkeit: Stesich. fr. 6 {Bergl,
Ustner, liheiii. Mus. 1903,^68, 168 f. 3*. 208) schildert ihn geflügelt, mit sechs Hän-
2) Hermes ist bisweilen auf Gemmen zwei- den und zehn Füßen, was aber auch auf drei
köpf ig, also janusartig dargestellt (s. d Art., Köpfe schließen läßt. Bei Aisch. Ag. i^Si Kinhh.,
Bd. 1, Sp. 2415 f.); auch der vermeintliche la- Eur. H. F. 432, Diodor. 4,8,4, Lijd. de mens.
nu8 pater, den Kaiser Augustus aus Ägypten 1,10, Schol. Ar. Ach. 1082 heißt er rgiGcoiia-
mitbrachte, angeblich ein Werk des Skopas rog; Tzetz Lyk. 662: rpix^qra/lo? v.al rgiao)-
oder des Praxiteles {Plin. 36,28), wird so auf- fiog. Vgl. ferner Lucret. 5,28: tripectora terge-
gefaßt {Urlichs, Skopas S. 57 f.; Overbeck, Pia- 20 mini vis Geryonai; Verg. A. 8, 202: ter gemini
stik 2* y 22 \i. Schriftquellen S.i2S). Femer stand nece Geryonae; Ov. Trist. ^,1, IG: tergeminum
ein vierköpfiger H. (Eqil. xBTQcxxiq}aXog) auf virum ; Verg. A. 6,289: forma tricorporis um-
dem Kerameikos in Athen, ein Bildwerk von hrae; Sil It. 3, 422: tricorporis G., vgl. 13,
Aristophanes' Zeitgenossen Telesarchides {Phot 201; Hör. C. 2, 14,7: ter amplum G.; Ov. Her.
8. *£pti. «Tpax.; Eustath. II. p. ISbSyS). öfter 9, 91 und Auson. griph. 82: triplex; Senec.
jedoch wird der dreiköpfige (Tp/x^qpaiog) H. Ag. 835 u. H. F. 231: triformis, vgl. 487;
erwähnt: Aristoph. Triphai. fr. bbS^ Kock 1,532, Hygin. fdb. 30. 151 u. Serv. A. 7,662: trimem-
bei Hesych. s. v.; Philochor. fr. 69, Müller 1, 6m. Nach ApoUod.bibl. 2, 106 hat er den zu-
395, bei Harpokr. s. rpix. 'Epft. Ein solcher sammengewachsenen Leib dreier Männer, der
war nach Isaios bei Harpokr. a. a. 0. unter so sich von den Weichen an in drei Oberkörper
den Peisistratiden an einem Wege aufgestellt; zerteilt, nach Plut. praec. reip. ger. 26 viele
vgl. auch Etym. Magn. 776,24 u. Suid. s tqi%^- Schenkel, Hände und Augen. — G. wird nicht
q>aXos. Dahin gehören vielleicht auch die zahl- bei jeder literarischen Erwähnung auch ge-
reichen Hermen, die auf den Straßenkreuzungen schildert; die Bildwerke aber stellen ihn
Athens standen (Thuk. 6,27); freilich ist für sämtlich mehrköpfig dar, was also gleichsam
die durch den Hermokopidenfrevel verstüm- zu seinem Wesen gehört. Der Typus mit zwei
melten Bildsäulen zwar ein vierkantiger pfeiler- Leibern ist ganz vereinzelt (Vase in Berlin
artiger Sockel {xstgäycovos iQyccoia: Thuk. a. nr. 3258, Gerhard, ApuJ. Vus. 8/10); ein vier-
a. 0.; vgl. tsTQayoivov Gx^tici: Paus. 4, 33, 4; köpfiger darf nicht erschlossen werden aus Ar.
8,39,6), aber nicht eine drei- oder viergestal- 40 Ach. 1081 f.: Dikaiopolis schmückt sich hier, um
tige Kopfbildung bezeugt. — Sodann wurde den Lamachos zu schrecken, mit vier Feder-
ein dreiköpfiger H. an der Ruinenstätte von huschen und fühlt sich nun, selbst gleichsam
Nonakri 8 in Arkadien verehrt, in dessen Nähe ein xeTQOcTixdog oder xsxgayiicpaXog Frigvorr}?,
Megalopolis erbaut war: X2/^•0Jp/Jr. 680 mit Ti^e^^;.; jenem Gegner überlegen, der mit seinen drei
vgl. Paus. 8, 17, 6; 27,4. Zweifelhaft ist, ob Federbüschen (Schal.) doch nur ein xQi'/.tcpaXos
man das Epitheton sroilvyios, dasH. in Troizen F. ist. Aus dieser scherzhaften poetischen Fik-
führt {Paus. 2, 31, 10), mit Usener a. a. 0. S. 167 f. tion ist aber keineswegs auf einen vierköpfigen
als nolvyviog deuten und auf ein sechsarmiges G. zu schließen, zumal sich ein solcher sonst
und dreiköpfiges Kultbild beziehen darf; vgl. nicht nachweisen läßt. Seine bildlichen Dar-
Preller- Robert, Gr. Myth 1*, 415 A. 2, und d. 50 Stellungen, die bereits mit den Keliets der
Art. Bd. 1, Sp. 2346. Doch hat Usener a. a. 0. Kypseloslade (Pans. 6,19,1: xQsig avägsg Fr^
gewiß recht mit der Behauptung, daß nicht gvovrig sfalv &XXriXoig TtQOGtx^^ifvoi) und des
erst durch die Auf^tellung der Bilder des Her- Amyklaiischen Thrones ^3, 18, 13) beginnen und
mes (und der Hekate) an Eingängen und sich in vielen erhaltenen fortsetzen, sind auf-
Wegen, besonders Kreuzwegen (rp/o^oi), und gezählt Bd. 1, Sp. 1632 f. u. bei PaMZy'-TTVssow;«
durch das beiden Gottheiten zustehende Wach- 7, 1290 f., wo auch die antiken (meist allegori-
teramt, das ja einen Blick nach verschiede- sehen oder philosophischen) und modernen (über-
nen Seiten erheischt, ihre Vielköpfigkeit be- wieorend meteorologischen oder astronomisch-
dingt sei {Preller - Robert S. 324 f.; Gruppe, physikalischen) Deutungen verzeichnet sind; sie
Myth. 1322, 6; 1334, 8), sondern vermutlich co alle gehen aus von der Dreiheit seiner Leiber
schon in älteren Vorstellungen des Kultus oder seiner Köpfe.
ihren Grund habe. 6) Orth(r)os, Geryoneus' Hund, ist drei-
3) Chronos ist in der Orphischen Theo- köpfig nur auf einem archaischen Flachrelief
gonie {fr. 36 Abel) als dreiköpfiger Drache be- von Kypros dargestellt {Cesnola- Stern, Oypr.,
schrieben, der zwischen den Köpfen eines Stie- Tafel 24; abgebildet in diesem Lexikon Bd. 1,
res und eines Löwen das Haupt eines Gottes Sp. 1635); ihn erlegt hier, während er die Herde
habe; vgl. Usener S. 168; Gruppe 1697. seines Herrn bewacht, Herakles mit einem Pfeile.
4) Asklepios erscheint dem^t7. Aristeides Sonst erscheint er in Literatur und Kunst ein-
1113 Trikephalos Trikephalos 1114
und zweiköplig (s. d. Art., Hd. 3, Sp. 1217 f.). Für (pvxvtaL löica^ ein &T]Qiov Ttoiv-ilov y.ul noXv-
seincn Bruder gilt der Hadeshund {Hes. Th. xBcpcxXov auch
309 f.; Schol. Apoll. Iih()d.i,i:vJ9\ Pollux 5,46): \)) Skylla (s. d. nr. 1). AnaxUafi {fr. 22, 4,
7) Kerberos Bei Heu. Th. 311 ist ar nevTT]- Kock 2,270) nennt sie rp/'/pavo? ttovxiu xrmr.
xoi'Taxa()r]»'Oi,'(v. 771 hat er freilich nur zweiOhren, während Mün/.en, besonders von Kyme. sie als
also einen Kopf), bei Pindar. fr. 249 ßfjJc* sogar Weib darstellen, dessen Haupt von zwei Hunds-
Ixarorraxf'qpaAos (Schol. II. 0 308; Schol. Soph. köpfen flankiert wird. Ist hier die Dreizahl der
Trach. 10\)S ; \ g\. J'zeiz. Lyk (ji)8), womit überein- Köpfe gewahrt, so wird diese durch llin/ufü-
stimmt /Tor. C. 2,13,14: bclua centiceps; an einer J?ung verschiedener 'J'ierhilupter (Hund, Löwe,
unechten Stelle 3, 11, IC f. hat er jedoch nnr lo Bär. Wolf) Howie von Schlangenleibern oder
ein Haupt mit einem OS ^r///><^Me, das allerdings Fischschwänzen phantastisch überboten. Bei
hundert Schlangen mähnenartig umgeben; vgl. Ausonius igriuh 83) setzt sich die Scylla tri-
dazu Ronclier, Die Zahl 50 in Mythus, Kultus, plex aus Hund, Jungfrau und Fisch zusammen.
J^J})üs und Taktik (Leipzig 1816) S. 72f. Ein- Vgl, auch Wa.sern reichhaltigen Art. Skylla,
köpf ig ist er auch auf einigen Denkmälern, so Bd. 4, Sp. 1035 f.
auf einem altkorinth. Napf (Arch. Zeltung 1859, 10) Triton (». d.) ist mehrfach im Kampfe mit
Tf 125), wo allerdings neben dem einen Haupte Herakles veranschaulicht (s. d. Art. Herakles,
noch sechs Schlangenleiber sich em])orranken Bd. 1, Sp 2192 f 2230). Den Seedämon bezeichnet
(s. Furtaänglcr in dem Art. Herakles, Bd. 1, Sp. der Fischleib; der Oberkörper ist menschlich ge-
2205; abgebildet zum Art Kerberos Sp. 1121 f.), 20 staltet und fast immer einköpfig {Dreßler, Tri-
wohl auch auf der bekannten, freilich arg be- ton u. Tritonen, Frogr. v. Würzen 1892, S. 29 f.).
schädigten Metope vom Zeustempel in Olympia Aber eine etru'sk. Bronze in Paris {Bahelon et
{A. Bötticher, Olympia S.295f.); zweiköpfig Blanchet, Bronzes ant. de Ja Bihl. nat. nr. 65
auf einigen schwarzfig. att. Vasen (Art Herakles p 31) zeigt ihn mit drei Köpfen bärtiger und
a. a. 0 und Kerheros Sp. 1126). Erst der ioni- kahlköpfiger Meergreise; über eine ähnliche'
sehen Kunst verdankt er seinen dreiköpfigen Gruppe s. A. de Longperier, Bronzes ant. du
Typus (Furtivängler, Man. d. I. 6,36), der seit Louvre p. 91, nr. 437.
der attischen Tragödie stehend ist. Daher heißt 11) Ein Drache, dessen drei Köpfe sich
er TQL-üQccvog: Soph. Trach. 1098 u. Kur. H. F. aus einem Halse emporwinden, schmückt Aga-
611. 1277 {ebenda v. 24: tgiGmiLarog)', rQi-uccQrj- 30 memuons silbernen Scbildhalter: 11. A 38 f.
vog: Ltikian. Philopatr. 1] Pseudolog.2d; Fugit. 12) Typhon (s. d) wird bei Hesiod, Pin-
32; Palaephat. Incred. 40; tQiy.i(p(xXo<s: Euseb. dar, Aischylos und Aristophanes durchgängig
Praep. evang. 3, 11; Heraclit. Incred. 33; Ap- als 7ioXvv.Eq)aXog geschildert, vgl. auch Philostr.
pend. narrat. 38 in Wcsterm. Mythogr. S. 375 vit. Apoll. 5, 13 u. Boscher a. a. 0. S. 771'., der
(nach Nonnos). Auch bei ApoHod. hibl. 2,122 die 50 Köpfe des Typhon bei Pindar mit ver-
u. Pedias. 30 hat er drei Hundsköpfe, endigt schiedenen Analogien zu erklären sucht. In
aber in einen Drachen, und von seinem Rücken Eur. H. F.V271 nennt aber Herakles unter
gehen allerlei Schlangenhäupter aus. Nach Hei'- den Wesen, die er bekämpft habe, rQiacouätovg
mesianax fr. 2,11 Bach ist K. rQi6xoi%oig xfqpa- Tvcpmvag, dreileibige Ungetüme wie T. Durch
Zafg ausgestattet. Weitere Zeugnisse: Cic. Tusc. 40 das Zitat dieser Stelle bei Plutarch. fort. Alex.
1,5,10: C.triceps; Proprf. 4, 4,44: tribus faiici- 2,10 wird die Lesart TücpCovag gegenüber i/Vms-
bus; Verg. Georg. ^^4:SS: tria ora; Aen. %,ill: ley, der FiqQvovag vorschlug, gesichert; vgl.
latratu trifauci; Ov. Her. 9, 93 f. Met. 4,414: v. Wilamoivitz, Eur. Herald. S 467-. Von der
ternis latratibus ; Trist. 4,7,16: tergeminum ca- Annahme freilich, eine aus dem Perserschutt
neni; Sil. It. 2,552: ore trifauci; Stat. Silv. 2, der athen. Akropolis wieder emporgestiegene
1,184: terno ore; 3,3,27: tergeminus ciistos; archaische Gruppe grellbemalter Porosskulptu-
Theb. 2 .,b^: tri formisianitor '., T, 783: tergeminos ren stelle den Herakles im Kampf mit dem
custodis hiatus; Avien. Arat. 3,960: canis tri- dreileibigen T. dar, ist man zurückgekommen,
formis; Auson. griph. 9: triplex. Vgl außer- seitdem Furtivängler mit Recht bestritten hat,
dem Sen. H. 1^.'803; Stat. Stlv. 5, 3, 59. 279; 50 daß die drei gutmütigen Gesichter mit den
Theh. 2,27; 4.487. — Zur Kennzeichnung des vollen Backen und schmatzenden Lippen einem
dreiköpfigen Hadeshundes ist überdies der Aus- kämpfenden Scheusal angehören können {Ber.
druck Tricerberus geprägt: Serr. A. 1,133; d. Bayr. Akad. d. Wiss. 1905, phil.-hist. Kl.
Mythogr.Vat. 1,92. lOS; 2,11. 164: {Bode, Script. S. 433"f.). Er erkennt in ihnen vielmehr die
rer. myfh. 1, 31. 34. 35. 77. 128); Fulgent.myth. Bilder wohltätiger attischer Wind- und Ahnen-
1,5; Fulgent. contin. Virg. p. 156 Muncker. geister, der Tritopatores oder Tritopatreis (s. d.),
Vgl. auch d. Art. Trikerberos. die mit Behagen dem (wesentlich anders auf-
8) Chimaira. Nach J^es. T/i. 321 f hat sie gefaßten) Kampfe des Herakles zusehen. Sobald
drei Köpfe, nämlich eines Löwen, einerZiege und sich nun erweisen läßt, daß sich hier die Kör-
emes Drachen, nach II. Z 181 sogar drei Leiber 60 per jener drei, übrigens sonst wenig bekannten,
dieser Tiere; auch nach £'i«r. low. 204 ist sie Tpt- einzelnen Gottheiten darstellen, ist zugleich
GmiLaxog; nach Hör. C. 1,27,23 triformis; nach die Frage nach einem dreiköpfigen Einzelwesen
Theodor. Hyrtac.Ep 2 ein &riQiov tgicpveg ra xccl für die bedeutsame Porosgruppe erledigt.
TQL^OQcpov. Das Erzbild von Arezzo in Florenz Auf italischem Boden sind, natürlich von
und andere Darstellungen (s. die Art. Chimaira der Chimaira abgesehen, die doch dem grie-
u. Bellerophontes) stimmen damit überein. chischen Mythos angehört, die Spuren von
Nach Plat. Republ. 9, 588c ist, ganz wie Vorstellungen dreiköpfiger Wesen gering oder
Kerberos, Chimaira und zahlreiche andere övurre- sogar zweifelhaft; immerhin verdient Beach-
1115 Trikerberos Trinx 1116
tang die Annahme Useners a. a. O. S. 176, der wogegen Kalkmanu, Pausanias S. 133; e. auch
Beiname Tricipitinus, der bis 388 v. Chr. den Art. Aisifmnetes, Bd. 1, Sp. 197 f.
in der römischen gens Lucretia nachweisbar (Johannes Schmidt.]
ist, schreibe sich her von dem einer dreiköpfigen Trlkoloiios (Tp^xö/Lcovoc), 1) Sohn des Königs
Schntzgottheit gewidmeten Familienkiiltus. Lykaon von Arkadien, (.iründer der dortif^en
Die Vorstellungen von dreiköpfigen Wesen Stadt TQtxöXavoi (7*aMS. C, 21, 10; 8,3,4; Ste]>h.
in der Göttorlehre und Sagenwelt anderer als Byz. s. v.), Vater von Zoiteua und Paroreus,
der beiden klassischen Völker zu erörtern, liegt welche die arkadischen Städte Zoitia und Par-
anßcrhalb der hier gestellten Aufgabe. Vgl. oria erbauen {Paus. H, 35, 6). — 2) (Tloichnami-
aber l'sener S. 177 f., sowie G. Wilke, über lo fs^er Abkömmling von 1, einer der Freier der
Di- u Trikephalie in d. Mythologie u. Kunst Hippodameia, den deren Vater Öinomaos im
(l. indoeurop. Völker, Mitteilungen d. Wiener Wettlauf besiegt und wie die übrigen Werber
Anthropol Gesellsch. 1912, Bd. 42, S. 28— 41. (bis auf Pelops) umbringt {Paus. 6.21,10); er
[Johannes Schmidt] heißt im Schol. Pind. Ol. l, 114: Tginogavog.
Trikerberos {TgixigßsQos) hieß der Hund des [Johannes Schmidt.]
Molosserkönigs Hades 'wegen seiner Größe', Trikorythos {Tqixoqvü'os), nach Hesych 6e-
Suid. u. KoQTi. Er zerfleischte den Peirithoos Zeichnung eines ocrdg^o? ijgcog, nach dem „drei-
und seine Geliebte, die Tochter des Hades, als fach bebuschten Helm'*. J)ie überli-iferte Form
sie miteinander zu fliehen versuchten: Jos. Ma- bei Hes. * Tgi-nögLvd-og* ist in Tgiy.ögvd'og oder
lalas, Chron. ed. Dind. 62, 16 ff., vgl. L Dindorf 20 Tgi-nogvvd-og zu ändern: s. die Erklärer zur Stelle
im Thes. gr. l. 7, 24H6 A. [Preisendanz.] in Albertis Ausg. 2, 1416, 20. Titi-KÖgvd-ig sind
Trikka (Tetxxa), Tochter des Flußgottes Pe- die Korybanten bei Eur. Bacch. 123; vgl. ob.
neios (s.d.), Eponyme der gleichnamigen Stadt Bd. 2, 1, 1608, 32; 1612, .08; Aias ist xgi%o-
in Thessalien, Steph. Byz. s. v. Tpixxrj. Nach gvg, Eur. Or. 14:S0. Wenn oben Bd. 4, 691,35
East. ad Hom. 11. 3.S0, 26, der sie gleichfalls Tricorythus als Vater eines der mit Tbeseus
eine Tochter des Peoeios nennt, war sie Ge- nach Kreta ziehenden Opfer, Melite (die ob.
raahlin des Hypseu.*? (s. d), der nach der Über- Bd. 2, 2643 f. fehlt), genannt wird, so ist die-
lieferung gleichfalls ein Peneiossproß, also ihr ser Name nicht überliefert bei Serv. zu Äert.
Bmder ist; \f^\. Lud. Malten, Kyrene{= Philol. 6,21, sondern nur durclf Vermutung rekon-
Untersuch. 20) S. 74 Anm. 1. Auf Münzen ist so struiert; vgl. Seraii commcntarii ed. Thilo 2,9
eine durch Beischrift als TgUxcc bezeichnete adn. [Preisendanz.]
weibliche Gestalt im Chiton und Himation dar- Trimoridios (TpfinoßtJioj), Beiname des Apol-
gestellt, r. schreitend, mit dei* R. ein Kästchen, Ion auf einer Inschrift aus Eretria: knol-lcovog
das sie in der L. hält. Öffnend, Head, Hist.num. Tgi^og[i.di]ov, Arirovg, 'Agv^uidog., Stauropulos,
310». K. Regltng, Die griech. Münzen d. Samm- *E(fri^. Siqx. 1895, 166 nr. 6. 7. G. 12, 9 nr. 267.
luna Warren 118 nr. 729, Taf. 17. [Höfer.J W/de bei Stauropulos a. a. 0. vergleicht die
Tr. erscheint auf schönen alten Münzen von Artemis Tgi^Xagia, deren Heiligtum drei Städten
Trikka (abgebildet bei Iinhoof- Blumer, Nym- gemeinsam gehörte; in betreff der Endung des
phen u Chariten auf griech. Münzen. Athen Beinamen verweist Stauropulos auf den eretri-
1908, S. 76. Taf. V nr. 39—41) bald auf einem 40 sehen Namen 'AXiStog {I. G. a. a. 0. 245 B, 10
Stuhl mit Rücklehne sitzend, in der R. eine p. 57. 249 B, 85 p. 65). [Höfer]
Schale, in der L, einen Spiegel vor das Gesicht TQifiOQtfoq s. Triformis
haltend, bald stehend, entweder mit der R. Trinakros (T^iWxpo?), Eponymer Heros und
auf einen Ball schlagend, oder die R. auf eine Ktistes von Trinakria (vgl. Thrinakie und Tliri-
Säule lehnend, die L. über einen vor ihr stehen- nakos), Sohn des Poseidon (Steph. Byz. u. Tgivcc-
den Storch oder Reiher erhoben, oder in der xp/a, Sibyllenorakel). Nach Babelon, Descr. des
L. ein Kästchen haltend, dessen Üeckel sie mit monn. de la rep. vom. 1 il885), 137 f. ist er auf
der R. lüftet. [Röscher.] einer Münze der gens Alliena v. J. 47 v. Chr. ab-
Trikkaios (Tptxxatop), Beiname des Askle- gebildet: 'nu, debout, inclinö ä gauche, posant
pios von seiner Kultstätte in Thessalien, unter 50 le pied droit sur une proue de vaisseau, le
welchem er einen Filialkultus in Gerenia hatte: bras ^rauche envelopp^ d'un raanteau, et tenant
ftsixvvTUL S' iv x]i Fagrivia Tgi%xcciov isgov la triquetra de la main droite'. A. Allienus
'AoxXri^tLov, öc(pidgvua Tov iv vtj GsTTaXiy.f) TgU- war Prokonsul von Sizilien; \ gl. Babelon 2
xiy, Strabo S,ZBO. Ziehen, Leg es Graecoru in sa- (1886), 13 zu nr. 14; nähere Gründe, die zur
crae 2, 1 p. 116 zu nr. 40. (Höfer.] Gleichsetzung der Figur mit Tr. führen, gibt
TrikltLria {TgixXagia), Beiname der Arte- Babelon nicht, doch liegen sie nahe. Cohen,
mis: Paus. 7,19,1. 4. 6. 8; 22,11. In ihrem Da^cr. gen des monn. de la rep. ro7n. 1S!j1 redet
Heiligtum zu Patrai in Achaia diejit als Prie- S. 15 mit Eckhel, nur von einem 'homme nu'.
Sterin die schöne, jugendliche Komaitho (s d. stellt aber S. 16 fest, daß die Haltung der Figur
nr 2), die wegen ihrer Liebe zu dem Jüngling 60 'exactement celle de Neptune' auf einer Pom-
Melanippos (s. d. nr. 5) mit diesem auf Geheiß peiusmünze sei, denkt dann aber wegen ihrer
des delphischen Orakels der Artemis geopfert Bartlosigkeit eher an 'Siculus, fils de Neptune',
wird; das seitdem dort ständig gewordene und als an Neptun selbst. [Preisendanz.]
alljährlich vollzogene Menschenopfer findet erst Triux {Tgiy^), Geliebter des Herakles, Schol.
ein Ende, nachdem von Eurypylos (s. d. nr. 3) Apoll. Bhod. 1, 1207, wo mit Merkel, (Apoll.
der Kult des Dionysos Aisymnetes in Patrai Bhod. p. 530) für das überlieferte ^gi^ mit
eingeführt worden ist. Zur Deutung der Sage Bezug auf Strabo 17, 825 Tgiy^ zu lesen ist.
vgl. A. Schultz, Fleckeis. Jahrb. 1881, S. 305 f.. [Höfer.J
1117 Trioditis Triopas 1118
Trinychos ('r()nn';fo?) steht absolut für Hera- qcotcu <)' ö xvxÄoj. tvtsvd^fv ijöii xcct TQiodhLg
kies {xal NeuEci TQivvxrn NfusCtrca fjöf aiXivu. ^TrcH^i/O-rj 'accI xdiv XQioficov tJtonTrjf tvofilod'ri
[d'^To]) Annotat. ad Anth. FaL 9 ed. Duebner Siä t6 titi-^üig (UtaßdlXsiv oötvovcKx diu t&v
vol. 2 p. 250. Man vgl. den Herakles zQiianf- ^focov. Weitere physikaliscln; Krklärunj^'en geben
Qog oder rQi6iXi]vog. | Höfer.] Flut, de facie in orh. lun. 937 F: (Selene) xqiu-
Trloditis, Beiname der Hekate, die an Drei- Slrig icnv, a^ia ^yy.og inl tov fcodtaxfif» xal
wegen haust und da durch Opfer verehrt wird nXärog hnicp£QO\iivri xat ßäOog, Laur. Jjydua,
{Petersen, Arcli. F^pigr. Mut. 6, 16 ff. Gruppe, de mens. 3,10 p. 44 Wünsch: rgiutv yäg tlvcci
Gr. Mi/thol. l2Sd, 2. 12U1,1. Ilecicenbach, F. W. Xtyo(iivcov tüjv rfjs aeXi'ivr]g dgofioiv, o^i(og (it-
7,2775. Fnrncll, Culfs 2^ i)dS. 601. Mac Culloch, u) aov v.a) dciLtivov, dt' ovg -/.ai l'QioÖtrtv xi]v
Gross- Jioads in Hasiings Kncyd. of Religions a. ' Ev.äxriv — olovbI xiiv lii:Xi]vr\v — m noirixai %u-
Ethics 4,333), Olympiod. in Fiat. Fhaed.p. 233, Xovöl., xgtalv iogxalg xov ^Lf/va diiXccßb. xql^ioq-
14 Norvin: inl xqioöov %'vovoi xf/ TgiodlxtSi q)og yag i) 2JsXrivTi und die unter Art. Trivia
EyiccTtj. Steph. Byz. s. v. xgloöog: xonog xgsTg genannten Autoren. Der Deutung harrt noch
<)Sovg ^X^^ ' ■ ' ^^' '^'"'^ov . . .xgtoöixig. ovxoi yäg die y.ögr] Tgi odtxi g im Fap. Faris. 2961:
rj'EHCCxri' ccvxt} yiul ivoÖia iaXi]d-r} . . . xgiodixLg it,ogy.i^(o ce xara x^g v.ogrig TgiodixiÖog 7/r'
dl 6x1 iv xcclg xgtödoLg xETi^r\xcci. Zu der bei ioxiv ccXrjQ'r]? i] iirJTrig x<^o)v > xovg ^iXsig. So
Götterbeinamen häufigen Denominativform s. liest Freisendanz 'die Mutter der (N. N.) Dii-
Fadermacher, Fh. Mus. 63,461. Ältester Beleg monen (schreib hin) die du willst'. Körte, Arch.
die nicht genau zu datierende Komödie vliv ctg 20 /". FeJ.-Wiss. 18, 125 A. 3 denkt an Artemis,
des Charikhides Mein. 4, 656 = Kock 3, 394, 1, was demnach ausgeschlossen wilre. Die sonst
auch ßergk PL 3,6 79 (aus Athen. l,^2hD, ver- übliclie Konjektur ^rixrig IIXovxov ist verkehrt
mittelt durch Pamphilus, Kaibel, F. W. 3,2139): Da jetzt durch Oxyrh. Fap. 11, 1380 v. 90 f. be-
dtCTfoiv' 'Endxr] xgiodtxi,., XQi^ogq)E, xgLTtgoöant, zeugt ist, daß man Isis iv xy ÄGsicc xgiodstxiv^
xgiyXccig yiriXsvii^va, wohl aus einem magischen nannte (vgl. 113 Isis = Hekate, 84 xgicpv^vj
y.ccxädsGiLog (s. Kock a. a. 0., Abt, RGVV ^,2, "Agxs^siv)^ so erweitert sich die Erklärungs-
97). Athen. 1,326 A'. (Bekate) xgiodixig yäg y.ccl möglichkeit Tcogri — ^i'^trig Tg. — Der Name
xglyXrivog, xai xcctg xgiatidöi d' ccvvfj xa dslnva Tgiodoxog ist wohl ' theophor zu Tgiodlxig,
(fsgovai (aus Apollodor, Usener, Kl. Sehr 4, Sittig, De Graec. nomin. theoph. (Diss. Fhil.
224*)). Orph. Hymn. 1,1: Etvodiriv'EKdxriv %Xfi- 30 Hai. 20, 1) 67. — Vgl. auch den Art, Trivia.
t(o, xgiodlxLv, vgl. frg. 309 Abel. Hymnus bei [Weinreich.]
Hippolytos, refut. 4,35,5 (p. 62 Wendland): vsg- Triopas (r^Jtojrag), eigentlich Triops, wie ihn
^sglri, x9'ovir\ xs ycccl ovgccviri ^loXh Boiißm, slvo- Hcllanikos bei Steph. Byz. s. v. TgioTCLOv und
dir^, xgiodixL, dazu Ganschinietz, Texte u. Un- Apollod. Bibl. 1,7,4,2 nennt; altthessalischer
ters. 39,2 p. 65. Zauberhymnus bei Abel, Orph. Heros, der landläufigen Überlieferung zufolge
Y>.2Sd \. 10: devg' 'Ey.dxr],xQiodlxL = Fap. Paris. am Dotischen Gefilde heimisch, am bekannte-
2727 Wessely; vgl. ebd. 2785. Ob die Inschrift sten vom kleinasiati.schen Koloniallande her,
aus Thera IG 12, 3 Suppl, 1325 {Hiller v. Gaer- von der dorischen Hexapolis, wo das knidische
tringen,^ Thera 3,163): [Tg]Lodt[xLg] aus einem Vorgebirge seinen Namen trug und er selbst
Isgög olxog der Hekate stammt oder der Arte- 40 als IStadtgründer galt. Sohn des Aiolos und der
mis- Hekate gilt, ist ungewiß. Denn auch die Kanake ist er IJiod. 5,61, oder des Poseidon
mit Hekate geglichene Artemis heißt t^., vgl. und der gleichen Mutter Apollod., Kallim. h.
ebd. 1329 {Hiller v. Gaertringen a. a. 0.): [TlYog 6, 99 (101)' Phorbas ist bald sein Vater: Paus
'AyX(0(pdvB{og @£oxXfLdccg xuv xgi]od£lxiv \^'Agxa]- 2, 16, 1 ; 4, 1, 1 ; 4,3,9; 26,8. Clem. Alex. Strom. 1
fut' Bv ^•givY.lK) SL6CCX0 jtQoods &vg&v]. Der drei- p. 138 Sylb., bald sein Sohn: Hoin. hyinn. Apoll.
gestaltigen Hekate-Artemis-Selene gilt der in 211; Paus. 7,26, 12: Folyzelos b. Hyg. Astr. 2,
doppelter Fassang im PaiJ.Par^■s. 2522 £F. 2818 ff. 14; Schol. Theokr. 17, 68—69 rec. Wendel (zur
erhaltene Hymnos {Abel p. 293, Wünsch, Aus Lesart ygl. Foscher Bd. 3,2, Sp. 2424). Diese
einem grieeh. Zauberpapyrus, [Kl. Texte 84] Verbindung wurde speziell in Argos gepflegt,
p. 10), den ich nach der mir von Freisendanz, 50 wo Tr. nun auch die Messene zur" Tochter er-
dem neuen Editor der Zauberpapyri, mitgeteil- hielt: Paus. 4, 1, 1 u. unten. Unsicher ist Diod.
ten Fassung, doch ohne den krit. Apparat, yor- 5,61,3, wo Tr. von dem Apollosohn Lapithas
lege): ^ibg xiv.og, lo%ia.igct., "Agxsyn, Tlsgöncpovr], und der Peneiostochter Stilbe herstammen soll;
sXcccprißoXe , vvv.xocpdvna, xgUxvTts, xgicp&oyyE, wahrscheinlich wegen Diod. 4,58,7 u, 61 ist
xgiy.dgccvs, [xgimvvyiE, Mrivr\,'\ Q-givccv.icc, xgingoö- der Name Phorbas ausgefallen und Lapithas
öJTtf , xgiavx^vs xal xgiodixi, 7) xgiccolg xccXd- eine Generation höher zu rücken {Bethe, Herrn.
QOiGiv '^x^ig cpXoyag, dad^axov nvg, v.ccl xgiodov 24, 1891, S. 441). A^on Söhnen des Tr. nennt
iiiO'BTtBig xgiGGcüv dsyiddoiv x£ dvdGaeig xcci xqlöI Fausanias periegetische Quelle 2, 22, 1 nur den
iiogcpcä6i[v\ v.al cpXhyiiaGi -accI 6v.vXd%s66i dsi- Pelasgos, die genealogische 2,16.1 nur lasos
VTjv i^ drovcüv Tciimsig o^Blav loi\T^\v cpgfarbv 60 und Agenor (vgl. Kalkmann, Paus. 266), alle
dvavdriüuGcc dsd xoia6olg aro^dts66i. Zur Glei- drei Hellanikos b. Schol. Hom. F Ib (für welche
chung Hekate-Selene-Artemis {Boscher, Selene drei Eastath. als Vater Phoroneus angibt). In
123; Nachtrag dazu 60; Farnell 2, 598 f.) s. den /Sc/?oZ. £'<*?/>. Or. 932 sind es Pelasgos und
Cornutus 34: ovx higcc d' ovca avxijg (sc. kg- lasos, [außerdem?] den vccotsgoL 7.ufo\ge Agenor
xs^idog) Tj 'Ey.dxr^ xgi^oQq)og ttöfjzxccL did xb und Xanthos, den auch Diod. 6, Sl hat: man
xgicc Gxr\yi,ara y^viv-mTccra dnoxBXHv xi]v GsXtjvriv, würde eher diesen allein der älteren, mutterländi-
Urivosidij yLvo^svrjv v.al ticcvgeXtivov tcccI xgixov sehen Gruppe gegenübergestellt erwarten. lasos
XL aXXo Gx^na dvaXaußdvovGccv, ^ad-' ö nsnXi]- auch bei Augustin G. T>. 18.8, der den Tr. als
1119 Triopas Triopas 1120
7. K«nig von Arj?08 auffuhrt. In den OrestschoUen kennen wir, map es auscjesprochen werden oder
ist der Name fZcüffi? von Tr.s Gattin äugen- nicht, den Kontlikt mit den Pelasgeru, den
scheinlich verderbt (aus ^wriffV vgl. ..4tA. 7, 296c Eignern und Hütern des Dotischen Geiildes
a. Apollod. B'bl. 3,6,6,3-, von den elterlichen Bei Diod. ö, 61 ist die beliebte, stets unwahr-
Namen Phorbas und Evßoia der zweite nicht scheinliche Form der Rückwanderung gewählt,
vertrauenerweckend (= ßo/fJrj/f?). um vorausgehende Geschehnisse später anzu-
Ganz wesentlich ist sein brüderliches Ver- knüpfen; hier entschuldbar durch die über-
h<nis zu Erysichthon, mit dem ihn Neuere lieferung (7>i>Mc/«V/as b. y1//*. 6.202 e), daß nach
geradezu identifizieren (Prellei-Iiobeit i, 166). Tr.s Tode Zwist unter den Kolonisten entstand
An dessen Frevel gegen Demeter« Dotisches lo und einige in die Heimat zurückkehrten; wo-
Heiligtum erscheint er, wenn nicht beteiligt, so bei jedoch zu beachten, daß Tr. dort die Pe-
doch insofern mitschuldig, als er lebhaft Partei lasger vertreibt, als ob er nun, in der Fremde,
für den Bruder nimmt: Kallim.h. Cer. Bei Diod. die Macht erworben, seine Feinde zu züchtigen.
6,61, Hygin. Astr. 2,14, /GS/ 1389 wird die Wäre ihm das früher gelungen, so hätte er
Tat ihm geradezu selber zugeschrieben. Vater nicht zu entweichen brauchen; der Zorn der
des KrysichthonisterbeiÄte;)^ Byz.% Tgioniov Göttin hätte ihn ohne geeignete Interpreten
u. Schol. Lyk. 1393: "Epvff. h xotl At&mv xaXov- {Diod. 4,68) vielleicht nicht vertrieben. Es ist
{livoi vlbg Tgiorrct i^^TB(i€ xtX. Auch hier ist in jedem Falle ein pelasgisches Milieu, aus
von einer Mißbilligung keine Rede Eine wich- dem sich Tr. und sein Bruder loslösen. Hat
tage, nur in fataler Weise entstellte Genealogie 20 nun die griechische Sage für Konflikte über-
bietet Suidas oder dessen lexikalische Quelle haupt ein schlechtes Gedächtnis, schon infolge
(o. Bd. 1, 1, Sp. 137Ö Crusius) s. v. &7cb Al'd^oavos der unvermeidlichen Völkermischungen und der
*HXiov ftivog. Hält mau diese nämlich neben Anpassungsfähigkeit der Griechen an fremde
die rhodischen Stammbäume (unten), wo unter Kulte, so erscheint Tr. im weiteren Verlaufe,
den Heliossöhnen kein Erysichthon, stets aber also bei der Verschiebung nach Süden ganz
Tr. figuriert, so gelangt man mit Crtisius zu eng mit dem Pelasgernamen verbunden; sein
der Vermutung, in der Glosse müsse irgendwie Sohn stiftet sogar den Kult der Demeter Ut-
der Name des Tr. ausgefallen sein. Nur daß Xuayiu: P^/ms. 2, 22. Gab es doch auch eine
eben dort für einen Bruder kein Platz ist, pon- Demeter kSöricpayia trotz des gebrandniarkten
demnurfiir eine Zwischengeneration (vgl. Sc//o/. 30 Frevlers und Fressers. Diesen ganzen völker-
Lyk,). Der Name verbirgt sich m. E. jedenfalls geschichtlichen Hintergnind vermißt man bei
in trtvos (als TPINOCTPIOTTOC), welches seinen Zielinski, Phil N. F. 4.. 1891, 137 IT , welcher
Platz vor 'HXiov gehabt hätte. Unsicherheit in der Erysichthon- (und Tr.-) Geschichte auch
entstand vielleicht auch durch Kollision mit nach CrMsü/s' evidenter Erläuterung einen Streit
dem -ffcstodischen Ai^onog, welches die Le- zweier Götter, der Demeter und des Poseidon,
zika vergleichend zu Atd-(ovo? stellten: Schol um den Landstrich sieht. Poseidon ist den
Lyk. 1396, wogegen Eust. z. Hom. A 547 Ackerbauern nicht so feindlich (vgl. Preller-
p. 862 Einspruch erhebt. In keinem Falle läßt Eobert 103; 586); und wer sagt uns, ob hinter
sich die Abstammung des einen oder anderen dem Götterstreit, wie ihn z. ß. in Athen die
von Helios etwa aus Rhodos herleiten; sie 40 Eigenliebe der Nation herausbildete, sich nicht
mußte, darauf deutet schon Konon 47, bereits Rivalitäten von Stämmen verbergen aus Zeiten
in Thessalien gegeben sein (ähnlich Gruppe her, denen es weniger um Prestige als um
119); wohingegen die rhodischen Sagen die Existenz und Landbesitz zu tun war?
des Mutterlandes vielmehr vorauszusetzen schei- Es will uns übrigens scheinen, als ob die
nen. — Besser als die rhodischen Fabeleien ganze Sago von dem Baumfrevel frühzeitig miß-
versteht man es, daß Tr. König von Kos heißt, verstanden worden sei. Die Bäume sind dem
Schol Theokr.n,6S, und Vater des dortigen Landmann hinderlich und stets in Gefahr, seiner
Merops {Gig. u. Tit. 43). Bezeugt wird die thes- Erutegier zum Opfer zu fallen. Es handelt sich
salische Einwanderung daselbst durch die be- hier nicht um sonnig und zerstreut stehende
kannte Bezeichnung der Koerinnen als ©saad- 50 Fruchtbäame, etwa wie die attischen iiogiai
iat, welche Hesych &ub Philetas anführt, also (an die mit dem entsprechenden Frevel ZiWiwsÄi
von einem, der es wissen konnte; ebenso durch a.a.O. ganz passend erinnert), nicht solche, die
das Grab des Peleus auf derselben Insel, o. man allenfalls der Demeter zuweisen konnte;
Bd. 3, 2, Sp. 1843 f., vielleicht auch durch sondern um einen alten Hain mit starkem, echt
das Fest der Demeter Aloäs {Theokr. 7, 155). thessalischem Baum wuchs, der Baumaterial
Diese der dorischen vorausgehende thessali- lieferte (0. Bd. 1, 1, Sp. 1376). Dort, im unge-
sche Kolonisation gilt für den ganzen Be- störten Leben und Weben der Natur, haben die
reich der Hexapolis, und mit Unrecht wird Nymphen ihr Element, selbst in dem einzelnen
Tr. seit Otfr. Müller als ein dorischer Heros Baum. Diese Wesen also, die auch im Kult des
bezeichnet. 60 Triopion in erster Linie stehen, hätten sich
So schattenhaft dieser Tr. als Persönlichkeit zu beklagen, nicht Demeter. (Für die kühne
bleibt gegenüber der wüsten, aber scharf aus- Behauptung, daß beide im Kult unzertrennlich
geprägten Fabelgestalt seines Bruders Vielfraß, seien, müssen wir die Verantwortung dem
für die griechische Kolonisationsgeschichte be- Schol. Pind. P. 4, 106 überlassen.) Jene Frevler
deutet er gerade genug; auch ohne die übri- waren vielmehr enragierte Ackerbauern vom
gens recht ansprechende Einfügung der Trio- Schlage wie Aloeus, wie die attischen Pelasger,
piden in die Lücke Kallim. h. Cer. 99 {Bethe zu deren Kulturresten jüngere Völker voll 2seid
a. a. 0. 442). Als Motiv der Auswanderung er- und Bewunderung auf blickten. Auch ihre Sipp-
1121 Triopas Triopas 1122
achaft erscheint als ein Geschlecht von Riesen sich weiter zurückverfolgen. Fs.-l'lut. de fluv.
(Kallim. h. Cer. 35). 19, 1 kennt eine Elische Sajtfe, wonach Kerka-
Aufs engste zusammen gehört Tr. mit der phos sich in den Fluß stürzte, der von da an
Aloeusfamilie. Apollodor a. a O. nennt als Kin- den Namen Nyktimos angenommen habe. Wie
der von Poi5eidon und Kanake: Hopleus, Ni- man solches Zeugnis auch einschätzen möge,
reus, Epopeus, Aloous, Triops. Tr.s Tochter der zweite Name würde auf die Aiolidenlamilie
Iphimode ist von Poseidon als wirklichem, Thessaliens (vgl. Preller-liohert 2, 1, Söö) hin-
von Aloeus als nominellem Vater, Mutter der deuten. Dcmelrios v. Skepsis bei Strab. 9, 438
beiden Kiesenjünglinge. Ihr und der Söhne nennt am Boibeischen See, an den (irenzen des
Grab zeigte man in Anthedon an der Küste, lo alten Perrhübergebietes, Kerkaphos als Sohn
Bekannter ist der Tod der beiden auf Naxos des Urmenos; so wird das überlieferte fUer-
und die mütterliche Kultstütte in Mylasa, also phios gewiß richtig gelegen (lioscher o. Bd. 3,
dem Tr.schen Kolonialbereich. Auf dem Wege, 2, Öp, 2425). Von dem älteren Bruder Ochimos
den die Auswanderer nach Karien hin nahmen, steht bei Flut. qu. (jraec. 27 eine ätiologische
muß Naxos eine wichtige Station gewesen sein. Lokalgeschicbte, wonach er eine erwachsene.
Dort erscheint auch Iphimede und zwar in den von Kerkaphos geliebte Tochter hatte, das
Dionysischen Kreis hineingezogen; s, besonders Altersverhältnis sich also etwas verschiebt, ohne
Andriskos bei Parthen. 19; P. W. 9, 2022 f., vgl. daß von anderen Brüdern die Rede wäre; hotfent-
o. Bd. 2, 1, Sp. 308 f.; sie wird durch die dor- lieh ist der sonderbare Name nicht durch loka-
tigen Thraker (das sind zugleich die Träger 20 les Kauderwelsch aus Ormenos oder Or.simenos
des Dionysosdienstes) aus Thessalien entführt. entstanden. Etwas wirklich Bezeichnendes be-
Von Naxos aus, welches man nicht ohne über- sagen Diodorfi (.Quellen nur von dem einen
treibung als Heimat der Aloidensage in An- Bruder Triopas: er entfloh nach dem Festlande
s^Tuch genomme.n {Wilamowitz, HojH. Unt. löO), und wurde durch den König Melisseus des,
übte die Sage ihre Ausstrahlungen nach Kreta. Mordes entsühnt. Das ließe sich in kleinasia-
Eine Kolonie Naxia gab es in Karieu. tischem Bereich nur an die Troas und den dor-
Auf Rhodos soll Helios mit der eponymen tigen gleichnamigen König (s. o. Bd. 2,2, Sp.
Lande^heroine 7 herrliche, weise Söhne {Find., 2642, 46 f.j anknüpfen, weist aber ins Mutter-
bei Späteren: Dioc?. Astronomen) erzeugt haben, land zurück, wo die Melissensagen stets De-
Figuren, die aber da, wo Namen genannt wer- cu meter angehen (vgl. bes. Schol. Find. F. 4,
den, sich als solche von sehr ungleichem Wert 106, den Stellen oben Bd. 2, 2, Sp. 2640 ist
und Charakter herausstellen. Ochimos, Kerka- Find. fr. 158 hinzuzufügen), (iierade weil diese
phos, Aktis (Helios kjirdyirLg bei Froklos zu Beziehung hier latent bleibt und gewisser-
Flat. Tim. 1 p: 34 Biehl, vgl. außerdem F. W. 1, maßen unbewußt zum Ausdruck kommt, ist
1216), Kandalos, Makar, Triopas, Tenages heißen das Zeugnis von einigem Werte,
sie in wechselnder Reihenfolge bei X>?;o6?. 6, 56 Vergebens hat man nämlich versucht, die
und den Schol. Find. Ol. 7, 131, hier mit meh- Persönlichkeit des Tr. als eine koloniale Er-
reren Versionen, nebst Schol. BV Hom. ß 544 findung, als einen ad hoc geschaiFenen Epo-
(korrigiert von Wilamoivitz, Herrn. 18, 429); wo- • nymen des Triopions hinzustellen: F. W. 7, 2849,
bei mit Tenages öfter Phaethon alterniert, der 40 lediglich wegen der Lesart Tqlotcov (statt Tqlo-
als jüngster nach rhodischer „Sage" gilt, wäh- nog) -Kolwvav Theokr. 17, 68, die einen Drei-
rend Tenages, der schönste unter den sieben, löcher- oder Drei-Gesichter-Hügel bedeuten solle,
der deswegen von den neidischen Brüdern um- Gesetzt auch, es wäre von solcher Eigentäm-
gebracht wird, mehrmals seinen natürlichen lichkeit der Lokalitat etwas bekannt: näher
Platz an 7. Stelle eingebüßt hat. An 1. Stelle Hegt es doch anzunehmen, daß die den Ab-
gerückt ist er offenbar nur versehentlich in Schreibern wenig geläufige Form Tqlo^j) statt
einer Vers Ion der Pmc/ar-Sc/ioZZ., die ebendarum, TgLOTtccs der Entstellung ausgesetzt war. Und
auch als die einzige, die einen Chrysipp ein- wie sollte man gerade in einer Epoche, wo
fügt (vielleicht Verwechselung mit Kydippe?) dieser Heros mehr Fleisch und Blut gewonnen
wenigerVertrauen erweckt (anders JfaZfenP. PF". 50 als je zuvor, diese Gestalt sich plötzlich zu
7, 2849). Für die etwas buntscheckige Reihe Nichts verflüchtigen lassen, zumal ja den Epo-
ist der in den Find ar- Scholl, genannte Hella- nymen doch jeder kannte und heraushörte.
nikos nicht verantwortlich (s. Preller- Kohert 2, Die Familie der thessalischen Äoliden bei Apol-
lo 3S'd A. 2). Tr. i.st hier jedenfalls in eine nicht lodor (oben) mit Tr. darin ist frei von jedem
durchaus ebenbürtige Gesellschaft geraten; er Verdacht rhodischer oder knidischer ßeein-
würde an letzter Stelle angefügt sein und nicht, flussung. Tr. läßt sich weder von Erysichthon
wie gewöhnlich, vorTenagt^s stehen, wenn dieser trennen, der in der Heimat zugrunde ging, noch
Vorzugsplatz nicht dem Jüngsten zukäme. In andererseits von PHorbas, dessen Spuren von
der recht dürftigen Erzählung gehen die Brü- der Argolis nach Thessalien zurückführen wür-
der außer Landes, oder verbleiben am Orte, je 60 den (oben Bd. 3, 2, Sp. 2426, 28; 2425,8), auch
nachdem sie an dem Mord beteiligt waren oder wenn wir ihn nicht ausdrücklich als Sohn einer
nicht. Makar gehört nämlich nach Lesbos, Te- Myrmidonin bezeichnet fänden (ebd., vgl. auch
nages nach der Troas, Kandalos ist der Epo- Hellanikos o. Bd. 1, 1, Sp. 1373). Die nahe Insel
nym eines Vorgebirges Skandalon auf Kos (vgl. Syme ergänzt diese Überlieferung in einigen
Bethe a. a. 0.431,21), mußte also schon des- Punkten. Die Ortsheroine heißt Tochter der
halb fort. Besser steht es mit Kerkaphos, der Jarlg: Mnaseas bei Ath. 7, 296c, und neben
seinen Namen mit einem Berg an der Küste Tr. selbst erscheint als Kolonieführer Chtho-
zwischen Klaros und Kolophon teilt; er läßt nios, ein Sohn Poseidons, Diod.6,5d; sollte da
1123 Triopas Triopas 1124
eine Spur von Erysichthon erhalten sein? vgl. 'Zeus* fanden die Derer laut dem Orakel auf
die Bildung Chthonia. Tochter des Krichthonios- der Burg von Argos vor, eben jenen, dessen
GrechtheuB. uraltes Holzbild sich dort erhalten hatte (s. ob.
Der triopische Kult erfuhr frühzeitig eine 1007, zu den lit. Quellen WHamoicitz, Born. u.
Übertragung nach Sizilien (b. Boeckh zu Schol. i/. 382, 2); vgl. A.Becker, De Ehod. jn-imoidiis
Pind. F. 27; Explic. 145. 0. Müller, Prol. 161. Leipzig 1882, 109, der übrigens aus Thessalien
f^eller-Bobert 1, 267, l^i und dann jedenfalls einen solchen Zeus so wenig nachweisen kann
auch in die gleichnamige süditalische Kolonie wie Ptmofka (ygl. Preller-Mobert l^lbbjiigendvfo
(der Knidier nach Pais, Sic. c. M. Gr. 1,291): seinen Zeus Triopas. Jetzt allerdings gewinnt
J|m/*en 867 f. ; zu neuen Ehren gelangte er durch 10 der Gedanke an Wahrscheinlichkeit, daß es
Ptolemaeus Philadelphus (ScAo/. TÄeoÄT. 17, 69) dergleichen schon in Thessalien gab, zumal
und schließlich durch das Triopeion des Hero- der Name der argivischen Larisa von der Toch-
dCB Attikus (P. TT. H. 988. /^öiw. 3/i«. 1894, 142), ter des Tr. -Sohnes hergeleitet wird: Paus. 2,
in dessen Inschriftversen {Inscr. (fr. Sic. et Jt. 24,1. Zu jenen Resten barbarischer Kultformen,
1889, II 36) mancherlei Hellenistisches nach- wie sie o. Bd. 2, 1, Sp. 1489 und Arch. Jahrb.
klingen mag. — S. a. Preller - Bobert I 257, 1 1892, 201 erörtert sind, gehört auch der argi-
u. Head, Bist, nxtm.* 682 (über Apollo Triopios). vische Götze. Pausanias 2,24 oder seinGewährs-
Ein seltsamer Bericht der Hom ei'-Kommen- mann bezog eine allem Hellenischen so ferne
tatoren zu J 88, Schol. u. Eustath. p. 448, 8 hat Mißbildung auf des Zeus Herrschaft über die
uns mehr zu sagen als man beim ersten Blick 20 Reiche der Ober-, der Unterwelt und des Mee-
denken sollte. Karkabos oder Karnabas von res; ebenso Panofka, auch 0. Müller, Handb.'^
Zeleia hatte seinen Vater Tr., einen grausa- 513; in unseren Tagen noch Farnell, Cults 1,
men PerrhÄberkönig, erschlagen und floh nach 104: als ob Hades und Meer von jeher dem
Brinthe in der Troas, wo König Tros ihn ent- Himmel koordiniert gewesen, gewissermaßen
sühnte. Es machen sich hier bereits Klänge unter drei olympischen Brüdern mit einem
auB illyrischer Zone hörbar, bei denen wir nicht primus interpares. Die Frage, woran man solche
verweilen. Brinthe (vgl. Aptdien 20; 316), auf dreifache Herrschaft ohne alle Attribute er-
Lesbos Issa {Diod. 1,81, dazu nachträglich, da kannt habe, beantwortet Farnell nicht und
Issa auch sonst Stadtname, der Eponym Issos; bildet statt dessen eine römische Jupiterstatue
vgl. Maaß, Herrn. 24, 1889, 545), ferner SW so mit dreierlei Attributen ab, also eine lUustra-
von Mylasa der Ort Bargylia (vgl. illyrisch Bar- tion des Antoninischen Schriftstellers, die lür
duli, Apulien 349; 333 Pig. 74; in phrygischer jene graue Vorzeit nicht mehr beweist als eine
Sprache wechselt dann rf u. 7), und gewiß noch römische Gemme für den Sinn eines Inselsteins.
manches andere gehört dahin: Übertragungen, üsener, Bh. M. 58, 183 wies zwar jene 'euhe-
die den aus Thessalien mitgewanderien, nicht meristische' Deutung ab, geriet aber ins Folklo-
zahlreichen Pelasgem (iTowo/i 47) verdankt wer- ristische, indem er sogar dreibeinige Motive
den (daher auf Lesbos * Larisa, vulgo -fLasia, herbeizog; er ließ sich zugleich durch ein an-
Plin. N. H. 6,1S9). Was Zeleia selbst betrifft, tikes Mißverständnis beirren: auf Grund der
80 gehört dies zu den bekannten Erscheinungen, verdunkelten Kunde von dem Dreiäugigen zu
welche die süd-nördliche Völkerströmung an der 40 Argos hatte Pherekydes dem Argos Fanoptes
kleinasiatischen Küste mit sich brachte (z. B, statt des zweiten Gesichts und der vielen Augen
Merops von Perkote stammt aus Kos und der am Körper ein drittes Auge am Nacken zuer-
Nachbarschaft). Es sollte unter diesen Umstän- teilt; einer Stelle, die keinerlei organische Ver-
den nicht Wunder nehmen, auch den Perrhä- bedingungen dazu bot. Den Kern der ganzen
her Karkabos dort unten anzutreffen. Auch Vorstellung bildete eben das Stirnauge, die
darauf müssen wir gefaßt sein, daß Karkabos beiden natfirlichen Augenhöhlen ließen sich
sich als eine nordgriechische Form von Ker- nicht ignorieren. Wie jene monströse Erschei-
kaphos herausstelle. Die Rolle, welche in die- nung überhaupt mit dem Kyklopentypus zu-
sem thessalischen Sagenbruchstück die Troas sammenhängt, ist früher erklärt worden (Lite-
spielt, die angeblich troische Herkunft des drei- 50 ratur s. ob. 1007). Die dreiäugige oder stirn-
ängigen Zeusbildes (unten), das Sthenelos mit- äugige Bildung zu der argivischen Athena
gebracht haben sollte, das Grab dieses Heros 6lvdsQyir\g in Beziehung zu setzen {Gruppe
am Kerkaphosberge : das sind jedenfalls Mo- 1101. 1199. 1217), wäre Willkür, zumal das
mente, die sich gegenseitig werden erklären seltsame Xoanon gar nicht in deren Tempel,
müssen. Andererseits ist schon heute soviel sondern in einem anderen gezeigt wurde. (Mit
klar: Konnte man sich sonst bei Hygin f. 225, gleichem Rechte ungefähr ließe sich die alt-
wonach Tr's Sohn den Zeuskult einführte heidnische Holzfigur des dreiköpfigen Triglaff,
(den ersten Zeusterapel stiftete), nichts Rechtes die sich einst auf dem Marienberge zu Bran-
denken, so wird das nun anders, wenn wir Tr. denburg a. H. befand, zu der Marienkirche in
als Fürst bei den Perrhäbeni finden , 01 nsgl 60 Beziehung setzen, wo man sie aufbewahrte.) Mit
Joadmvriv dvöxBiiiEQOv ol'd' '^9svto, Hom. B 741), solcher Wendung verliert das von Gruppe 1217
also bei den ältesten Stätten des pelasgischen dennoch herangezogene Orakel jede Pointe.
Zeus, gleichviel ob der Thesprotischen selbst Was wir aus all diesem lernen ist dies:
oder einer thessalischen Filiale. die Umgestaltung der uralten Gottheit und
Deutung, Dieser ^Dreiäugige' hat kaum ihrer homogenen Gruppe (vgl. oben 1007) zu
seines Gleichen unter den griechischen Heroen, riesigen Unholden oder auch Baumeistern hatte
auch unter denjenigen, die sich als ehemalige noch nicht Platz gegriffen, als der Tr.-Name
Gottheiten erkennen lassen. Einen dreiäugigen nach Karien gelangte. Als die Kyklopensage
1125 Triopeis • Tnphylos 1126
nach L^kieu dran"^, war der Zusammenhang Poseidon, Apollou: oi TQtf^ xij xov arpuyfvrog
Ulniist zerrissen und an dem triopischen Kult ^ooi,' ßvQarj ivovfjjiaav , woraus Orion entstand
nichts mehr zu ändern. Waren ja Jiuch die iy. riöv ovqü)p rh^^eiiäl, daher Ti)i7caTQog. —
Aloaden zur Zeit jener thessalisehen Wände- Die Form rQinuTQtig hei Ilcsych. ist Kurzform
mng übers Meer hin noch nicht als himmel- aus 'VQixondxoQtg. [l'reisendanz J
stürmende Riesen Lekannt. Wohl aher wurde Tripliacl (7"(,Hfpo;r]i), Name des sechsten der
Tr. nachträglich (bei Kallim.) mit beinern po- 24 TiQtaßvrtQoi. in einem Zauhergehet des cod.
seidonischen Hruderzum Übeltäter und Haupt gr. Far. '231Ü (426 v), in denen lieitzenstein,
einer Sippschaft von Kiesen. Das Fehlen des l'oim. 301, a Stundenengel vermutet. Der vier-
Zeus im triopischen Kulte läßt verschiedene lO zehnte heißt TgicpariX. [Preisendanz.J
Auffassungen zu; vielleicht erschien der ein- Triphis {TQiq)is). Äjzyptische Göttin Er))ä-t,
stige Nachbar des bildlosen Dodonäischen Zeut- in Panospolis zusammen mit Pan verehrt: TqI-
kultus von diesem (Jotte gar zu verschieden (piÖog yiai llccvos ^tCbv fn-yiarojv {CJG H.ill^);
und mehr dem Helios ähnlich (vgl. bei den- allein C/6r 8,4711: Sgitfiöi ^tä ^tyioxij. Vgl.
selben Perrhäbern Ixion mit dem Sounenrad) Br. Müller, Mtyag -öeo's, JJiss. phil. Hui. 21,
und wurde erst von späteren, peloponnesischen 350. (245 f.) ihr Charakter unbekannt; vgl. Er-
Geschlechteru zu dem dort inzwischen empor- man, Äg. Bei. 223. Abgebildet auf einer Kupfer-
gekommenen Olympier in eine gewisse Bezie- kanne (aus Scarabantia) mit Jahrespalme; s.
hung gesetzt. Dieser Zwiespalt leuchtet nament- Brexler, Myth. Beitr. 2H,2,4, [Preisendanz.J
lieh aus Konon AI hervor. Vgl. auch ran G^eZ- 20 Tripliyle (T(>tqpu)lrj), Eponyme der Landschaft
(lern, Gesch. d. a. Rhodier bli. (nicht ohne man- Triphylien, Mutter des Klytios; s. Hteph. Byz.
cherlei Versehen). Jedenfalls am Triopion war u. TQirpvXia. Pei Apollod. 3, 7, 5 stammt Kly-
Tr. einfacher Heros; unerdenklich ist es, wie tios von Arsinoe, einer Tochter des Phegeus.
erst von dort aus sein Name hätte nach Argos — Pleisthenes, der sich zu Makistos in Triphy-
gelangen und so fabelhafte Rückwirkungen lien niederließ, heiratete nach Schol. Eur. Or. 4
äußern können, wie Gruppe 264 für möglich (einzige Quelle) Eriphyle; vgl. ob. Bd.3, 2, 2562, 5 f.
hält. Ansprechend vermutet P. Friedländer, Argo-
Von Kunstdarstellungen ist bis jetzt /ica (Diss. ßerl. 1905) 52, 29 eine Verderbnis des
nur die des neben seinem Rosse stehenden Tr. Namens 'EQicpvXri aus TQicpvXr}. [Preisendanz.]
zu erwähnen, eine Gruppe, welche die Knidier 30 Triphylios (Tgicfvliog) heißt 1. nach Eueuie-
nach Delphi weihten: ixo^iGav, Paus. 10, 11, ros bei Diod. 5,44,6. 7 der Olymp auf der
also kein Teil eines Baufrieses. (Bei Hitzig- Fabelinsel Panchaia bei Indien: ölu xb xovg
Blümner z. d. St. ist irrig Tr. als Zeussohn be- tcaxoiv.ovvxag v7ia.Q%Biv 1% xgicov id-voav. ür-
zeichnet.) Die Inschriftbasis mit Einlaß- und sprünglicher Name des Berges war Ovgavov
Fußspuren, welche man auf dieses Werk bezog dtcpgog aus der Zeit, als Uranos noch auf der
{Fomtoiv, B. Phil. Woch. 1909, 187; Bourguet Insel lebte und herrschte; vgl. ob. Bd. 3, 1,848,
in Fouilles de Delphes 3, S. 84. 152) gehört 35 fF. -r- 2. Hier soll auch Zeus sich einen Tem-
nicht dazu: Dinsmoore, Bull, de corr. hell. 1912 pel gebaut haben, der bei D/orf. 5, 42, 6 IF.,
(36), 447. 458. Doch konnte diese Gruppe auch 46, 4 — 7 beschrieben wird. In ihm stand eine
kein Pendant zu der knidischen Tityosgruppe 40 goldene Säule, auf der Hermes in Hieroglyphen
abgeben, die vier Figuren hatte und übrigens die Taten von Zeus, Apollon und Artemis ver-
einen nur oder speziell archaischer Kunst eigenen zeichnet hatte. Nach Lactant. div. inst. 1,11, SS
Gegenstand darstellte. Ob der Tr. also aus dem ,42,6 Brdt) war Zeus selbst der Verfasser ^ut
6. Jahrh. stammte, oder aus der Zeit der kni- monumentmn posteris esset rerum suarum\ Den
dischen' Autonomie (4. Jahrb., I.Hälfte; vgl. Namen des Zeus TgLcpvXiog nennt Diod. schon
Pomtow), bleibt abzuwarten. Im ersten Falle 5,42,5, die Überlieferung bei Lact, heißt ihn
wäre der archaische Gruppenrest von der Akro- Jupiter Triphylius, der sich wohl mit dem Zeus
polis DicJcins Cat.Acr.l nr. 571 zu vergleichen, Panchaios deckt; s. ob. Bd. 3, 1, 1497, 47 if.
im anderen das wie einem Rundwerk entnom- "lyiexai, tov Jiog xov Tgicpvliov heißen die P^in-
mene Stück aus Smyrna, Berliner Skulpturen 50 wohner der Stadt Panara auf Panchaia. Vgl,
809, Eekule, Gr. Skulpt.^ S. 197. [Mayer.] K. Hoeck, ^refa 3 (1829), 327; CalUmachea, ed.
Triopeis wird Mestra (s. d.), die Tochter des (9. /Sc/meÄr 2 (1873), 252; l^r.Pfister, Reliquie n-
Erysichthon, Enkelin des Triopas (s. d.) von kult {Rel. Vers. Vorarb.) 6, 1(1909), SSI i.
üvid, met. 8, 872 genannt. [Pfister.] [Preisendanz.]
Triopides, Nachkommen des Triopas, Kai- Tripliylos {Tgi(pvlog)^ Sohn des arkadischen
Um.hymn.in Cer. Sl. Bei Ovid, met. 8,751 wird Stammheros Arkas und der Laodameia, Polyb.
Erysichthon Triopeius genannt. [Pfister.] 4,77,8; Pat<Ä. 10, 9, 5 (der betont, nicht Erato
Triopios s. Triopas. sei die Mutter des Tr.; s. dazu Pomtow, Mitt.
Triops s. Triopas. Arch. Inst. 14 (1889), 28), Eponymos von Tri-
Tripator {Tginäxcog) heißt Athene im erstell 60 phylien; vgl. Eust. Dion. Per. 409. Erasos sein
Bomos-Technopaignion der A. P. 15,25,26; vgl. Sohn, Paus. a. a 0. Die Tegeaten weihten u. a.
das beigeschriebene SchoUon: 6oi^ ä) 'Ad'r]vä- Heroen nach 369 auch seine Statue nach Delphi,
qprjöl öt 'Ad-riväv iv, xgi&v cpvyai naxigiov, sv- deren Künstler Samolas war. Sie wurde wie-
•0-fv Tgixoyivsiccv y.aXüad-ai. Ähnlich heiQt xgi- der aufgefunden; erhalten ist freilich nur ein
Ttaxgog Orion (oder Ares) bei Lyk. AI. 328 : xql- Standbein. Vermutungen über ihre Komposi-
näxgco cpaßydvcp Äccvödovog. Schol. und Para- tion s. bei Pomtoio- Bulle, Studien zu Delphi,
phrase erklären: Kandaon ist Orion bei den Mitt. arch. Inst. Sl {190Q),4.S9{. 49 1; „Tr. setzt
Boiotern, oder Ares; seine Väter sind Zeus, vielleicht den Fuß auf ein erlegtes Tier . , ,
1127
Triplasios
Triptolemos
1128
1) J«'aurk «i«« iripu, bcUwariing. \ aüuuüiiil (uaoü Gerhard,
VoitHh. I Taf. 44^.
Anspielung auf das bergige Laml der Jäger
und Hirten''. In8chrift: 7p[i'(j?Juios vgl. Bull.
Cwr. Bell. 21 (1897), 282. Auf dem zur Heroen-
gruppe gehörigen ApoUonstein ein Epigramm
mit einem auf Tr. bezüglichen Distichon (Pom-
totv a. a. 0. 463 und Beiträge zur Top. v. Delos
64f.): Aaod d IIS la S' ^zixrf Tgicfvlov, Ttatg k\(iv-
%lavTog]y royyvXov ix novQCcg d' fiv kiukovg
'EQoclcog]. Auf diesen Versen beruht die Kennt-
nis des Pausanins, und auch Polybios hat „nur 40
durch seine Herkunft aus Mcgalopolis von die-
ser dort in Umlauf gesetzten Lokaltradition
erfahren. Noch Strabo weiß kein Wort von
der ehemaligen Existenz eines Triphylos, 8,
337", PonUow, MdL arch Jnst. 14,24,1. der
vermutet, es bandle sich hier um eine für be-
stimmte Zwecke zurechtgemachte genealogi-
sche Erfindung. [Preisendanz.]
Triplasios (TgiTtkaaiog) , Beiname des Mi-
thras, nach Alb. Dieterich, Bonner Jahrbücher 50
1902, 33 f.: 'die aufgehende, leuchtende und
niedergehende Sonne'. [Höfer.]
Triplex im selben Sinne wie triformis (s. d.)
ist gebraucht von 1) Diana. Ocid. Heroid. 12,
79: per triplicis vultus arcanaquc sacra Dianue
und Fast. 1,387: (cervaj tnplici pro virgine
caesa Dianae. ('IL 6,511 == Buecheler, Carm.
Lat. epigr. (2 p. 727) nr. 1529 B: irtjjhcis cultor
venerande Dianae; auch Petron. fragm. 20
P. 112 B. (bei Terent. Maur. gramm., dt metris 6o
2862 f.: triplici vidcs ut ortii Triviae rotetur
ignis): Tricia triplex. Dracont. 10,398: regina
polorum triplex. — 2) Cerberus. Ovid.met. 9,
184/185: nee me pastoris Iberi (d. h. des Geryo-
nes) I forma triplex nee forma triplex iua, Cer-
here, movit. Vgl Claudian. liapt. Proserp. 1, 85
{Mon. Germ. hitt. Auct. aidi.i. 10 p. 353): latra-
tum triplicem. — '•*>) Geryones. Ovid. met. 9,
iuacri. tjr
184 f., s. nr. 2. Claudian. In Bufi-
num 1, 294 {Mon. Germ hist. Auct.
ant. 10 p. 29): Geryon triplex. Auson.
26 (Griphus), 82 = Mon Germ. hist.
Auct. antiq. 5, 2 p. 131 : Geryones tn-
phces, triplex conpago Chimaerae. —
4) Chimaera s. nr 3. — 5) Scylla
(s. oben Bd. 4, Sp. 1024, Skylla I),
Auson. 26 (Griphux) , «3 = Mon.
Germ. a. a. 0. : Scylla triplex, com-
missn tiibus, cane virgine pisce. —
Außerdem heißt auch Ö) das Weltall,
wie triformis (s. d. nr. 7), so auch
triplex bei Ooid. met. 12,40: triplicis
con/inia mundi; vgl. 5, 368: triplicis
regni. [Keune.J
Tript<»lemos (Tpt«roXa^off). Die
älteste literarische Erwähnung des
T. gibt zu Anfang des 6 Jahrhun-
derts der homerische Demetorhymnus
(v. 153. 474). T. ist dort einer der
eleusinischen Könige, bei denen
Demeter in ihrer Not um die ver-
lorene Tochter liebevolle Aufnahme
gefunden hat und denen sie die
Mysterien offenbart: dt/^e . . . Sgriß-
(ioavvriv d"' hgäv., xal inetpgaösv
ögyia Tt&ßiv OB^iva. . . .
Einige Jahrzehnte später geben
sf. Vasenbilder einen Begrilf, wie
attischer Volksglaube sich T. vorstellte (Über-
sicht bei Pringsheim, Archüolog. Beiträge zur
Geschichte des eleusin. Kults S. 95 ff.): er ist ein
bärtiger Mann von würdigem Aussehen, mit dem
Szepter als Abzeichen seiner Würde, fährt auf
einem Sessel, der mit Rädern aungestattet ist
(Furtirängler, Antike Gemmen III S. 208, 1), und
trägt Ähren in der Hand. Das GetUhrt geht bis-
weilen durch die Luft; so Abb. 1. Ob die Per-
sonen, die in feierlicher Haltung dabeistehen,
Götter oder Menschen sein sollen, wird sich
schwer entscheiden lassen. Die Fahrt durch die
Luft und das merkwürdige Fuhrwerk zeigen an,
daß es sich um die wunderbare Fahrt eines
göttlichen Wesens handelt. Die
Dar .Stellungen auf sf. Vasen
sind einander in der Haupt-
sache gleich. Wir dürfen sie
demnach zurückführen auf eine
bekannte kultische Handlung
oder auf ein Kultzwecken die-
nendes Bild. Einsam, wie nach
diesen Vasenbildern, fährt T.
auf einem Skarabäus aus Cor-
neto auf dem mit Flügeln ver-
sehenen Thron wagen durch die
Luft (Abb. 2).
Diese Bilder haben ein Gegenstück in Dio-
nysosdarstellungen auf sf. Vasen, wonach der
Gott mit der Rebe in der Hand auf einem Wagen
f'iihrt' Gerhard, Auserl. Vas.l. Taf XL). Hier kön-
nen wir die Darstellungen zurückführen auf das
Umherführen von Dionysosbildern zu kultischen
Zwecken. Beim Umfahren soll der Gott Segen
über das Land verbreiten (Nilsson, Gr. Feste
280 ff.; Frickenhaus, Der Schiffskarren des Dio-
nysos, Jahrb. des arch. Inst. 1912, 7 2 ff.; Fisler,
Schiffsumzüge und Seeräuberspiel im altgriech.
2) T. durch die Luft
fahrend {nachA'Mr^
wängler, (rcinmen HI
S. 20^ Fig. 133).
1129
Triptolomos
Triptolemos
1130
DionysosluU, Baye-
rische Hefte für VoIIh-
kiuule I 1914, 214 ff.;
K. Helm, AUgerwa-
nisclte Helitjionsgesch
I 180 tf.). Wie hier
'i\ , ist vielfach De-
meter, die iv ^riQoi-
ÜIV ixTQtCpSl ßQOTOVg,
<lem Dionysos ent-
j^egengestellt , der
ßoTQVog vyQov -nibii*
rJ)QS xsi6r]VBY>iccro
Kurip. Bakch. 277.
•J7y).
Die Entsendung
des Ikarios mit dem
iiebzweig dürfen wir
als Nachahmung der
Fahrten des Tripto-
lemos und Dionysos
ansehen (s. ob. Ika-
rios 1 und Nilsson,
Eranofi 15 (1916), 188).
T. fassen wir nach den bildlichen Darstel-
lungen auf als eine göttliche Person, sei es als
Gott oder Heros, der mit der Ähre durchs Land
fährt, um Getreidesegen zu verbreiten, oder der
eben ausfährt, um den Menschen das Getreide
zum Pflanzen zu bringen. Bei Gerhard I Taf. XLI
ist er auf seiner Fahrt von Hermes begleitet.
Auf einem andern sf. Vasehbild {Gerhard I
Taf. XLIII) steht vor T., der mit einer Ähre in
der Hand auf dem Wagen sitzt, ein Mann in
bittflehender Haltung, der mit der einen Hand
den Fuß des T. zu berühren scheint. Mög-
licherweise will er sich dadurch etwas von dem
göttlichen Segen sichern (vgl. Weinreich, An-
tike Heilungswunder hl ^. 67lf.V
3) T.
it dem Ptlug neben Demeter und Persephone, böotiecber Skyphos des Berliner
Museums (nach Athen. Mitt. 24, 1899, Taf. 7).
Boll, Sphaera 354 f. Über T. unter den Stern-
bildern 8. Boll, Sphaera 111. 123,1; ferner unten
im Suppl. Sternbilder; Furtwängler, Gemmen 2
S. 255). Von den an den Haloen verwendeten
anaQ%ai^ die als Steuer in Eleusis eingingen,
erhält T. sein Opfer d. G. I suppl. 27b, 36 ff.;
oben bei Thea Sp. 536 f.). Nach einer Inschrift
aus dem Anfang des 5. Jahrh. bekommt er
neben anderen Gottheiten ein Opfer (7. G. 1 1,5;
vgl. V. Prott, Äth. Mitt. 24 (1899), 252 ff). Paus.
1,38,6 berichtet von einem Tempel des T.:
'EXevßLvloigt dh ^an ^ihv TQinxoli^ov vaos. Un-
ter seinen Trümmern ist das bekannte eleusi-
nische Relief gefunden worden, das oben unter
Kora Sp. 1347 besprochen ist. Eine Übersicht
Bei den Fahrten des T. wird es sich handeln 40 über die eleusinischen Bauten geben Lenormant
um ein kultisches nsQiä.yBoQ'cci oder TtsQicpi-
QsQ'ai oder um die Epiphanie des Gottes bzw.
Heros. Demnach wäre T. in Eleusis ein Lokal-
gott oder -heros, der den Fluren Segen bringt,
besonders Getreide spendet. Seine göttliche
Natur bestätigen die literarischen Nachrichten :
Paus. 1, 38, 6 Tb ös nsdiov rö 'Pdgiov öjcccgi^vai
TtQ&rov XiyovGi 'kccI tcqcötov ccv^f]öaL xaQTtovg
xcci Siä zovxo ovXalg i^ ccvxov %Qfi6d'ai oq)iöt
und Pottier im Dict. von Daremberg-Saglio unter
Eleusinia S. 558 tf.
über Athen erzählt Paus. 1, 14,1: vccol öh
vnsQ xriv 'AQr\vr\v (sc. ' Evvedv.Qovvov) u ^hv ^ij-
^riXQog Ttsitoirixai xat K6()7]5, iv ds xm Tqitixo-
Xe(iov -nsi^svov iaxLv ayaX^icc (vgl. Judeich, Topo-
graphie von Athen 355). Eine Nachbildung
dieser Bildsäule will v. Brauchitsch, Die pan-
athenäischen Preisamphoren 112, vielleicht mit
■acci 7foi£L6d-ai nsniiaxcc ig xag Q-vaiag 'A.ccd'hxr]- 50 Recht, in den kleinen Triptolemosdarstellungen
^sv. ivxavQ-cc aXoag ^iccXovaivr} TQLTtxoXiiiov ncci
ßcoiibg SsUvvxcci. Eine Inschrift aus Eleusis
vom Jahre 329/8 erwähnt xijv aXco xr]v Isqccv
{Eph. arch. 1883 S. 122, 20). Danach steht T.
n>it dem Wachstum des Getreides in Verbin-
dung {Nilsson, Studia de Bionysiis Atticis 9 6 ff.;
Buhensohn, Die Mysterienheiligtümer von Eleusis
itnd SamofhrakeQ4: u. 115 ff.; Pringsheim sl. a. 0 .
109 ff.; Jacohy, Das Marmor Parium S. 65 ff".;
s. ob. bei Kora Sp. 13 25 f.). Auf der rarischen
Ebene waren uralte heilige Pflügungen zu Ehren
des T. Daher wird er als Erfinder des Pfluges
und erster Pflüger genannt. Vgl. Kern in der
Beal-Enz. unter 'Pagiov und Bubensohn, Ath.
JfiY^. 24(1899),59ff. und Abb. 3 hier. Wenn
der Pflüger T. neben Osiris gestellt wird, so
ist das eine für den T.-Mythos wertlose spä-
tere Kombination (ßervius zu Verg. Ge. 1, 19; vgl.
KoscHEK, Lexikon der er. u. röm. Mythol. V.
auf den Säulen der panathen. Preisamphoren
(s. unten Sp. 1135) und in Münzzeichen sehen.
Diese kleinen Darstellungen gehen auch in an-
deren Fällen auf statuarische Werke zurück.
In einem Scholion zu. Aristoph. Ach. 47 wird
ein IsQsvg JiJiiriXQog yial TQLnxoXiiiov erwähnt,
ebenso in einer Inschrift (/. G. III 704) ein
IsQsvg TqltixoXe^ov. Die Begründung für den
Kult des T. ist durch das ganze Altertum im
wesentlichen dieselbe geblieben. Vgl. Arrian,
Epict. Diss. 1,4, 30: TQinxoXiyLCo . . . Ugä ycal
ß(ü{iovg Ttdvxsg ävd'QCOTtoi uvsaxdiiaGLv, oxi tag
r]^SQOvg xQocpäg rjiilv ^dca-nEv.
Neben T. kannte man in Eleusis andere gött-
liche Wesen desselben Ranges, die miteinander
verbunden wurden. Griechischer Anschauung
entsprechend redete man von einer alten Königs-
familie. Im homer. Hymnus auf Demeter sind,
37
1131
Triptolemos
Triptolemos
1132
ohne daß auf Verwandtschaft eingegangen
wird, nebeneinander als Könige genanut^v. 474 f.)
TgiTiTolEucp Ti dioxXst vt jtlri^ixTiat^ £ü/id/l;rov
f« ßifj Kslsä O'* i]yi]tOQi Xadtif. Nach später
umgehender Anschauung herrschte ein^c in
Kleusis Keleos mit seiner Gemahlin Metaneira
(B. oben bei Keleos und Metaneira, dazu Mar-
mor Par. Abs. 12 f. und Jacobyä Bemerkungen
Ö. 62 ff.). Ihre Söhne waren Triptolemos und
keine yduri ableiteten, deren ßeteiligang an den
eleusimscheu Mysterien gewiß wtlre. Oenn
die Be^ieüung der Krokoniden und Koironiden,
die auf T. zurdckgeführt werden, zu den My-
sterien ist dunkel (oben bei Kiokou und Koi-
ron, ferner Töp/fer, AU. Genealogie 136 tf.).
Unter den Lokalgöttern dea ö. Jahrb. war,
wie die V^asenbilder wabrscheiulich machen,
T. der erste. Doch wuide er bald in Ab-
Demophon. Die (oben unter Demophon und lo hängigkeit gebracht von einer göttlichen Maciit
Kora Sp. 1316 ff) behandelte Feuerläuterung ^ « - ....
des Demophon {Hom. Hymn, auf Dem. 28» ff.;
wird nach Ooid, Fast. 4, 64Uff. u. Seroius zu
y^rg. G. 1, la u. 163 auch au T. vollzogen. Vgl.
Wemreich, Ant. Ueüungswunder 68 ff.; Bert-
hold, Die UnverwunJbarkeit in Sage u. Aber-
glauben der Griechen U ff. ; 0. Ci-usius, Beitr.
"f griech. Myth. u. Relgesch., Prgr. Lpe. 2üf.;
ii. Maaß, Ant. Seelenfeste, Intern. Monatsschr. f
der längst an vielen Orten Griechenlands da»
Wachstum des Getreides unterstellt war, von
Demeter (oben bei Kora).
Die literarischen Berichte lassen uns zunächst
wieder ziemlich im Stich. Dagegen ist T. auf
rf. Vasenbildern sehr häuBg dargestellt (Abb
oben bei Kora Sp. 13691.). Aber er fahrt jetzt
nicht mehr, wie auf den sf. Vasen selbständige
sondern im Dienste der Demeter. Sie sendet
^^»sensch., Kunst u. Technik 19 IS, Heft 6, 670 f. 20 ihn aus, oder Demeter und Kora sind wenig-
Als Bruder des Keleos wird Dysaules ge-
nannt (oben bei Dysaules, dazu Malten, Arch.
f. Bei. Wiss. 12 (1909), 428 ff.; A. Dieterich, Kl.
Schriften 126ff ). Im orphisch beeinflußten My-
thos sind T. und Eubuleus die Söhne des Dy-
saules und der Baubo (über die Verwechslung
der beiden vgl. Kern, Ath. Mitt. 16 (1891), 1 ff.;
Bhilios, ebenda 20 (1895), 261 ff.; Collignon, Ge-
schichte der griedi. Plastik, deutsch von Baum-
garten 2, 322 f. ; Gruppe, Gr. Mythol. u. Relgesch. 30
67), oder T. steht neben Dysaules, dessen Züge
als Urmensch bisweilen auf ihn übertragen
sind {Malten a. a. 0. 428 ff.).
Die Eltern des T. werden je nach mytholo-
gischer Spekulation und lokaler Sagengestal-
tung verschieden angegeben: außer den schon
genannten Vätern Dysaules und Keleos werden
angeführt: Eleusis bzw. Eleusinos (oben s. v.),
Ikariüs (oben s. v.), Trochilos (unt. Sp. 1136, 57),
Uranos und Ge (Paus. 1, 14, 2; Apollod. 1, 4, 6), 40 Gemme, „in statuarischem Motiv . . . mit poly
steu.s anwesend bei seiner Ablahrt und reichen
ihm eine Schale zur Spende. Als Übergang in
der Autfassung darf wohl das sf. Vasen bild bei
Ooerbeck, K. M. Taf. XV 6 angesehen werden^
auf dem T. noch bärtig ist, Demeter und Kora
dabei stehen, als er ausfährt. Eme Abhängig-
keit des Heros ist aber nirgends angedeutet.
Er scheint noch selbständig neben den Göt-
tinnen zu stehen.
Noch eine Veränderung ist mit dem Heros
vorgegangen: während er früher als reifer Mann
bärtig dargestellt war, ist er jetzt unbärtig,
ein zarter, schöner, oft weicblicher Jüngling
oder Knabe, ein rechtes Muttersöhnchen mit
langen Locken und schönen Kleidern (vgl. den
Wandel in der Gestalt des Theseus, der seit
Ausbildung des rf. Vasenstils ebenfalls jugend-
lich schön dargestellt wird [oben bei l'ueseus
Sp. 729tf.j). Als Jüngling erscheint T. auf einer
was wohl auf orphischer Überlieferung beruht,
die vielleicht wieder auf die Volksreligion zu-
rückgeht, welche Ackerbauheroen gern mit Ge
verbindet. Wenn als Mutter Polymnia genannt
ist, 80 soll T. dadurch wohl dem Kreise des
Musaios nahegebracht werden {Gruppe, Gr.
Mythol. u. Relgesch. 56). Vgl. Jacoby, Das Mar-
mor Par. S. 64 f.
Die verschiedensten Einflüsse gehen wirr
kletisierenden Formen", die Linke hält den
Griff eines Pfluges, die Rechte Ähren und Mohn
{Furtwängler , Gemmen Taf. 44, »). In einem
Jüngling, der aus dem Bausche seiner Chlamys
Samen streut, vermutet Furtwängler, Taf. 31,34
allerdings mit einem Fragezeichen, den T. Man
wird ihn aber ebensowenig mit Bestimmtheit
auf T. deuten können wie den bärtigen und
den unbärtigen Mann (Taf. 21, 62 u. 63), vor
durcheinander (vgl. noch oben Diocles. 2 Eumol- 50 denen eine weibliche Gestalt aus der Erde
pos und lakchos, der bes. in der bildl. Dar
Stellung bisweilen mit T. verwechselt worden
ist; dazu Kern in Pauly-Wiss., Real-Enc. s. v.;
Foucart, Les mysteres d' Eleusis 110 f. u. Svo-
ronos, Eph. arch. 2d[VJ 11], '69 S.). Bald wird
mehr von Mitgliedern einer mythischen Königs-
familie gesprochen, dann wieder scheint es
sich um Heroen zu handeln, die früher ziem-
lich oder ganz selbständig nebeneinander stan
kommt, in der Furtwängler Ge oder Köre sieht;
sie hält eine Ähre in der Hand, nach der die
männliche Gestalt greift. Die Darstellung ent-
spricht allerdings der Auffassung des T. auf
Münzen von Eleusis und in größeren Bildern,
die in griechisch-römischer Zeit weit verbreitet
waren: Athen. Mitt. 20,245tf.; Overbeck K.M.
III Text 581; Robert, Die antiken SarkophagA
reliefs 3 S. öODti'.; Pagenstecher, Galen. Reite f-i
den, mit der Zeit aber zueinander in Verbin- 60 keramik Taf. 19, 187 b. 22, 187 a.
düng gesetzt wurden, wobei der eine in Ab-
hängigkeit vom anderen kam. Gegen die An-
sicht, daß es sich bei den im homerischen
Demeterhymnus 474 f. genannten nur um Ver-
treter alter Adelsgeschlechter handle, deren
Vorrecht ehemals die Mysterien waren, spricht
die von Rohde, Psyche 1, 280 ff. festgestellte
Tatsache, daß sich von T., Diokles und Keleos
Die Veränderung seines Aussehens ist be-.
dingt durch seine Abhängigkeit von Demeterjj
Das Verhältnis zu ihr nahm das eines Kinde
zur Mutter an. Dadurch war zugleich einer
tiefen religiösen Bedürfnis Rechnung getragen:]
man wollte Demeter als Mutter kennzeichnen,]
indem man ihr ein Kind gab (vgl. Hari'ison,^
Proleg,^ 562 f.;
1133 Triptolemos Triptolemos 1134
In T. war damit zufjfloich ein Mittler ge- seile läßt). Die Orphiker haben zur Zeit des
Bchaffen zwischen der j^roßen (löttin und den Peisistratos in Athen «^Moße l'ropaj^anda ge-
Menschen. Demeter, Köre und T. bildeten fortan macht, Ihre liChren konnten um so leichter
eine eng verbundene üreiheit (Ptt.v7?<rt/t, Atene gerade damals Kingang finden, weil die Ver-
e Borna 9,7'.)). H. Seh ni der aYeiBuch {Die Aus- einigung von Athen und Eleusis am Abschluß
Sendung des T., Statuenyruppe aus der ersten war und dabei so wie so manche Tradition
Hälfte des 5. Jahrb., Stadel- Jahrbuch, Frank- geändert wurde. Für die eleusinischen Myste-
/wr^a. 3f. 1 [1921],23-tt'.\*einestatuari8cheGruppe rien hat die orphisehe Lehre allerdings wohl
dieser Dreiheit herzustellen, auf welche das be- nur in Äußerlichkeiten umgestaltend gewirkt
kannte eleusinische Relief zurückgehen soW, lo (Foucnrt, Les mysth-cs d' Eleusis 2il ff ; 0. Kern,
hat mich nicht überzeugt. Orpheus, eine religionsgcsch. Untersuchung ?>i).
Wenn spätantike Schriftsteller berichten, T. Der Raub der Köre ward jetzt in Eleusis
habe die Thesmophorien gestiftet (6rrM/)jje a.a.O. lokalisiert: T. und Eubuleus haben Demeter
1173,6), so ist das eine wertlose Kombination, die Stätte des Raubes gezeigt. Zum Lohn da-
die aus seinem nahen Verhältnis zu Demeter für erhielten die Eleusinier die Gabe der Feld-
erschlossen ist. fruchte. Ursprünglich war es wohl nur T. ge-
Diese Umwandlungen des T. entsprachen wcsen, der Demeter vom Raub Kunde gab,
einem Bedürfnis der griechischen Religions- .ImfiV/^s jEJ/e»is, 4 (7^e// II 28f.) nennt ihn allein
entwicklung des 6. zum 5. Jahrh,, das durch neben Keleos und Metaneira (fairster, Rauh u.
die Erstarküng des mehr persönlich geBtalte- 20 Bückkehr der Persephone i6,l) Nach Ckiudian,
ten Demeterkults bedingt w^ar, de raptu Pros. 3, 48 war T. allein von der Göt-
Die Athener hatten früher eine andere Mut- tin belohnt, also ist vorausgesetzt, daß nur er
tergottheit, die für die Saaten wie für das ihr den Weg gewiesen habe. Malten weist
Wohl der ganzen Stadt sorgte, Athene {Fehr.le, [&. a. 0. 440, b) darauf hin, daß bei der Aufzäh-.
Die kult. Keuschheit im Altertum IGDif.; Ka- lung der Ureinwohner von Eleusis Bavßoi aui
linka, Neue Jahrbücher 1920, 412 f.). Mit dem JvoavXri? y.ccl TgLTcröXsiiog zunächst nebenein-
Wandel Athens zur Handels- und Industrie- ander genannt sind und Ev^^oXtios tu xal Ev-
stadt, zur Kriegsmacht und zur Zentrale der ßovlsvg mit hi dt angefügt werden, so daß also
Wissenschaft und Kunst änderte entsprechend auch danach T. nach älterer Auffassung allein
auch die Göttin ihr Wesen. Bei der Vereini- so Sohn des Dysaules und der Baubo war.
gung von Eleusis mit Athen gab sie ihre land- In einer auf einem Papyrus entdeckten, in
wirtschaftlichen Funktionen an die Kornmutter den Berliner Klassikertextun b,l S.TflF. verötfent-
Demeterab und wurde zur „jungfräulichen Herrin lichten orphischen Er/ählung vom Koreraub
der geistig hochstrebenden Stadt". Die heili- wird zum Schluß auf T. hingewiesen,
gen Pflügungen unter der Burg wurden jetzt Dysaules, der erste Mensch, tröstet nach orph.
der Demeter unterstellt {Töpffer, Att. Geneal. Überlieferung die Göttin. Sein Sohn T, tritt
136 ff.). auf als schlichter, frommer .Tüngling.
Mit Demeter zog auch ihr Liebling T. in Die orphische Glaubenslehre vom jugend-
Athen ein und wurde neben den eleusinischen liehen T. wird kaum zufallig mit der gleich-
Göttinnen am Fuße des Burgfelsens verehrt 40 laufenden attisch-eleusinischen Entwicklung
{Pau>i. 1, 14, 1). zusammentreffen.
An Stelle des alten Heros des Pflügens Bu- Der jugendliche T. sollte nun hinausfahren
zyges trat jetzt T. (oben bei Buzyges). Beide in die Welt und als Sohn der Demeter und als
werden in später Überlieferung einander gleich- diccxavog ihrer Gaben {Plat. legg. 7 S2B) den
geaetzt {Auson.Ep. ad Paul. 22 e(i.P(p. 275,47 f., Ruhm Athens verkünden, das mit dem Acker-
Serv. z. Virg. Ge. 1, 19). bau die einst rohe Menschheit zu höherer Ge-
Athenes alter Kultgenosse und späterer ju- sittung geführt habe und in den Weihen von
gendlicher Liebling, der Ackerbauheros Erech- Eleusis die höchste Seligkeit verkündet
theus bzw.Erichthonios, der Sohn der auch durch Er befreit die Menschen a fero victu {Hygin,
Demeter verdrängten Ge, mußte ebenfalls dem .50 Astr. 2, 14i und bringt ihnen die alimenta niitia
T. weichen (Fehrle, Kult. Keuschheit 150f. 185 ff. ; iOind. Met. 5,G42ff.), tov TJ^iennv yLccQTCov (Pauf.
Küster, Die Schlange in der griech. Kunst u. 7,18,3. 8,4,1) und damit mildere Sitten. In
Beligion 98 t; Petersen, Burgtempel '^1; Bobert, gewissen, wohl asketisch-orphisch beeinflußten
Die griech. Heldensage 1,140; v. Wilamoicitz- kreisen wurde er nach dem Philosophen Xeno-
MöUendorff, Aus Kydathen 132, wo die Ent- krates (Porphyr, de dbst. 4,22; Hier, ad lov. 2
Wicklung anders gegeben ist), p. 344 B = Bickel, Diatribe in Senecae frgm. 1,
Bei diesen Umwandlungen wurde T. mitver- 417) gefeiert als alter Gesetzgeber Athens, von
verändert. Der plötzliche Wechsel der Gestalt dessen Vorschriften in Eleusis noch die drei
bleibt dabei immerhin auffällig, besonders wenn bestehen: die Eltern ehren, den Göttern Früchte
man die sonst schrittweise, nicht sprunghaft 60 opfern, keine Tiere töten (vgl, A. Dieterich, Ne-
fortschreitende Entwicklungsart der griechi- kyia 165; Hirzel, Themis, Dike u. Virwandtes
sehen Kultur bedenkt. Man wird deshalb ge- 331, 4 und 343, 3),
neigt sein, äußere Einflüsse zu vermuten. Verschiedentlich veranlaßt T. Städtegrün-
Der von lokalem Glauben verlangten Um- düngen (i^■öan. 11, 44; Malalas 2 S. 29. Corp.
Wandlung kam die Lehre der Orphiker zugute scr. hist. Byz.; Paus. 7, 18, 3; Strdbon 14,5,12.
und beschleunigte sie {Malten a. a. 0. 428 ff., 16, 1, 25). Nach Xenophon, Hell. 6, 3, 6 iDeruft
der m. E. die Entwicklung, soweit sie nicht sich i. J. 371 v.Chr. der attische Unterhändler
auf orphische Lehre zurückgeht, zu sehr bei- Kallias bei Friedensverhandlungen zwischen
37*
1135
Triptolemos
Triptolemos
1136
Athen und Sparta auf die Kulturtat des T. ro{)
Ji^liriTQOs Sh xapjrot) f/ff nQmvr]v rr}v UeXonöv-
vriaov ffittgaa ötoQi^auod^ai. x&g ovv dixoiiov »}
vH&Sy :fCiQ wv iidßsTS öxig^iatay rhv rovrcav
Ttorl nagiTOV iX^sI» djjmoovtag^ J^M-^^S tf, oig
^dmxafi£v^ firj ovx^ ßovlBöd^cci cbj nXtiarr]v TotJ-
Toig ictp^oviav tQO(pi)s ysvia^ai; Wenn wir auch
hier die starke rhetorische Aufmachuoj? in Be-
tracht ziehen müssen, so zeigt die Stelle doch,
daß T. als alter Kulturbringer bekannt war. lo
Seine Kulturtaten schließen sich immer an die
Verbreitung der Landwirtschaft an {Preller^
Demeter und Persephone 2U4f.).
Ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie die
Athener bestrebt waren, den Kulturheros von
Eleusis als den ihrigen zu betonen, zeigen
einige panathenäische Preisamphoren aus den
6) T. mit Schlan-
gen {n&chfiiihoo/-
BUnner und 0.
Keller, Tier- und
Pßanxenhilder auf
Mümen und Gmt-
inen, Taf. 12, 30) .
Mü. V. Kyzlkoa.
4 u. 5) T. mit Ahren, Brit Museum B. 604 (nr. 86) (nach
den Abb. der M<muinenti).
Jahren 367 imd 336 v. Chr. Die Preisampho-
ren, die über 100 Jahre nicht mehr gegeben
worden waren, wurden wohl im Zusammenhang
mit der Gründung des attischen Seebundes i. J. 40
378 V. Chr. wieder eingeführt {v. Brauchitsch,
Die panathen. Preisamph. 81). Der Wohlstand
Athens war wieder gewachsen. Auf den Säulen
neben der Athene wurde jetzt T. angebracht.
Vgl. Abb. 4 u. 5 hier und bei Brauchitsch die
nr.84. 85. 86 v. J. 367 und 95. 96. 97. 98 v. J. 336.
Auf den Vasen 95. 96. 97 ist ein lehrreicl^är
Unterschied zu älteren Amphoren: währe od die
Säulen früher dorisch waren, haben wir jetzt
ionische Säulen. Da, wie sonst nachweisbar, von 5o
staatlicher Seite genaue Vorschriften über die
Ausstattung der Amphoren (Anbringung der
Archontennamen) gegeben waren, werden auch
die ionischen Säulen einem gehobenen Patrio-
tismus entsprechen, wie der auf denselben Vasen
dargestellte T., der an Stelle des früher üblichen
Hahnes trat, welcher zugleich mit dem Beginn
der nach den Archonten bezeichneten Vasen
verschwindet. Die so einheitlich geschmückten
Vasen sind nicht aus derselben Werkstatt. Des- 60
halb können wir um so mehr annehmen, daß
hier eine amtliche Verordnung maßgebend war
(v. Brauchitsch 104. 110 f.). Auf athenischen
Münzen ist T. öfters dargestellt {Head, Hist.
num.^ 384 386).
Mit den Fahrten des T. bringt Boscher, Der
Omphalosgedanke bei verschiedenen Völkern, Ber.
über die Verh. d. sächs. Ges. d. Wiss. 70(1918),
S. V, S. 69. 73. 76 den eleusinisch- attischen Om-
phalos zusammen, der Eleusis, d. li Athen, kenn-
zeichuen soll als ö^qpaloi,« y»)g u. iLrirgonohi rwv
xagnäiv {Xenoph. de vect. 1,6. Aristid. 1 p. 168
Dind.) und nicht von Delphi entlehnt zu sein
braucht.
So waren die Fahrten des Heros umgedeutet.
Er fuhr jetzt in alle W«lt hinaus (vgl. Gruppe»
Zusammenstellung, a. a. O. 1173, 6). In Achaia
machte er den eingeborenen Herrscher Eume-
los mit dem Getreidebau und der Städtegrün-
dung bekannt und veranlaßte so die Erbauung
der Städte Aroa {P fister, der Beliquienkult im
Ältertutn 68) und Antheia (Paus. 7, 18, 3).
Der Sohn der Kallisto, Arkas, hatte in Ar-
kadien den Getreidebau eingeführt, den er von
T. gelernt hatte {Paus. 8, 4, 1).
Auf korinthischen Münzen
fährt T. in einem geflügelten
Wagen, der von Schlangen ge-
zogen wird (Journ. of hell. stud.
0 [18851, 76).
T. kam mit Demeter nach
Sizilien {Firm. Math. err. prof.
rel. 7, 4). Vor dem Demeter-
tempel in Henna stand sein
Bild neben dem der Göttin {Cic.
Fcrr. 2. 4, 49, 110 t*.). Auch auf
Münzen von Henna kommt er
vor [Read* 137) Zu BoßbachB
Ausführungen über Castrogio-
vanni {Das alte Henna in Sizi-
lien) vgl. B. ph. Wo. 1914, 433. 575. Die Stadt
Kyzikos hat ihn auf ihren Münzen (At>b. 6).
In Kilikien soll er mit den von Inachos zur
Nachforschung nach seiner Tochter ausireschick-
ten Argeiern gewesen sein und Tarsos gegrün-
det haben {Strab. 14, 5, 12 ; vgl, 16, 2, 5 ; Knaack,
Quaest.Phaeth.b9f^.,Mobert,Gr.Heldens.i,2bHW.,
bes 263 f.). Auf Münzen von Tarsos ist er mit
dem Schlangen wagen Read a. a. 0.* 733. Hill,
Catalogue of the greek coins of Lycaonia, Isau-
ria and Cilicia [1900] 195. 196).
In Sardes, Alexandreia (Head^ 862) und
anderen Städten ist er auf Münzen bes. der
griech.-röm. Zeit häufig {Ooerbeck, K. M. 3,
Text S 580 flf.; Gruppe 56,9'. Auf einer apul.
Prachtamphora in Petersburg ist die Entsen-
dung des T. an den Nil verlegt {Overbeck, K.
M. Taf. XVI, 13 u. Text 3 S. 554. 563; Prings-
heim, Arch. Beiträge 13 A;. Dies hängt zusam-
men mit dem Bestreben, die eleus, Mysterien
nach Ägypten zu übertragen. Vgl. den Artikel
Eleusis in der Meal-Enc.
Auch nach Syrien kommt er, in Verbindung
mit der losage (oben bei lo), nach der er ein
Argiver wird. Als solcher ist er Sohn des Tro-
chilos, des ältesten argivischen Fuhrmanns und
zugleich des ersten Hierophanten {Bobtrt, Gr
Heldens. 1, 254, 3;. Nach einpr späteren Nach-
richt {Malalas 2, 29) ist dort lo in Verbindung
gebracht mit einem jährlich wiederkehrenden
Seelenfest der Bewohner von Antiochia.
Sein Sohn Gordys geht nach Armenien und
wird dort Eponym von Gordyaia {Strab. 14,673;
16, 750; daraus Steph. Byz. s. rogövccia; Joh.
Antioch. 6, 14 = FHG 4, 545).
Große Gefahren hat er bei den Skythen zu
1137 Triptolemos Triptolemos 1138
besteheD, deren Könijf Lynkos ihm nachstellt, kam, könnte man Bchließen aus Gregor v. Naz
aber zur Strafe dafür von Demeter in einen or. :}4, 4: ovdh Köqt} tLg initv ügnaj^srai xai
Luchs verwandelt wird oben bei Lynkos . JfiuTjxriQ TcXav&tai. ^al KsXeovs tivag ineiadysc
Der Getenköni«^ Cliarnabon tütet dem T. eine xal TginroX^^ovs %al «^eaxofrat; xal ra ^kv
seiner Schlangen, Demeter ersetzt sie durch noist^ tu (is Tcäcxti. Doch zwingend ist der
eine neue und bestraft den König [Hygin, Astr. Schluß nicht. In Eleusis wird wohl der Schlan-
1', 14). genwa<ifen zur Zeit des Peisistratos eingeführt
Auf den sf. älteren Vu sei bildern fährt T. auf sein; denn so weit etwa gehen die sf. Vasen
einem Sessel, der mit Hadern versehen ist, die ohne Schlangen. Dabei mögen die Schlangen
rf. Bilder zeigen ihn dagegen häufig auf einem lo in Verbindung mit Ercchtheus und Athene,
Wagen, an dessen Achse Flügel und zu dessen deren Erbe T. teilweise übernahm, nicht ohne
Seite Schlangen sind; auf anderen Bildern zie- Bedeutung gewesen sein, ebenso der Einfluß
hen die Schlangen den Wagen. Sie sind in des mit orphischen Elementen stark durchsetz-
der verschiedensten Form mit dem Gefährt des ten Demeterkultes Unteritaliens und Siziliens
Heros verbunden. Die Flügel, die bisweilen am (Kuhnert, Arch. Jahrb. 181)3, 104 ff.)
Wagen sind, werden auch den Schlangen ge- Als Ackerbauheros wird T. verschiedentlich
geben. Diese haben z. B. auf einer Münze von zur Landwirtschaft in Beziehung gesetzt. Wir
Kyzikos große Flügel, das Gefährt ist dabei trafen ihn als ersten Pflüger und Erlinder des
kaum sichtbar (Abb. 6). Deshalb wohl hatte Pfluges (oben Sp. 1129), er ist Hirt {Clem. AI.
Head in der ersten Ausgabe der H. n. 45'2 (s. 20 Vrutr. 2,20, S. 15 f. Stähl.), nach Kallimachos,
die zweite ö25) angenommen, T. reite auf den Dcineterhymnos 21 lernt er bei Demeter das
Schlangen (vgl. v. Fritze, Ä'omisma, Unters, auf Ernten. Er ist vereint mit den verschiedensten
demGebiet der antiken Münzhmde 1 [1912],12 f.). Gottheiten, die irgendwelche Beziehungen zum
Vgl. Demeter mit einem ähnlichen Schlangen- Ackerbau haben (JRobcrt, Die ant. SaikophagreV.
wagen auf einer Münze von Kyzikos {Imhoof- 3, 511 ff).
Blumer und Keller^ Tier- und Pflanzenbilder Piaton führt in der Apologie 41 A T. bei
Taf. XII 31). den Unterweltsrichtern an: Mivag rs xal 'Pa-
Die Schlange ist bei den Griechen nicht nur öä^ccv&vg -/tori Aiccabg -/al TQmxöXtiiog -Aal aXXot
den chthonischen Mächten beigegeben, sondern oaoL tmv rnii^ioiv div.ccLoi iyivovro iv reo iav-
auch allen Gottheiten und Heroen, die vor- so tmv ßico. Ihm schließt sich Cicero 7'msc. 1, 41,
übergehend oder dauernd agrarische Funktio- 98 an. Im Gorgias 'ö23f. dagegen nennt er nur
i\en hohen {Küster, Die Schlange S6, bes. 137 ff.), Minos, Rhadamanthys und Aiako.s. Diese drei
Der athenische Ackerbauheros Erecbtheus bzw. bilden das RichterkoJlegium auch nuch Demosth.
Erichthouios ist zum Teil in Schlangengestalt 18, 127; Ps.-^lut. cons. ad Apoll. 36; Sen. Ilerc.
dargestellt (Küster 98 f). Zu Demeter hat die für. 733, ebenso nach den Darstellungen unter-
Schlange vielfach Beziehungen {Küster 140 ff"). italischer Vasen. An die Stelle des Mino» ist
Attische Münzen zeigen sie auf dem Schlangen- T. getreten. Überblicken wir die Gesamtheit
wagen {Overbeck, K. M. 580). Schon im 6. Jahrb. der literarischen und bildlichen Belege {Gruppe,
erscheint Köre oder Demeter auf einem lokri- Gr. M. u. Belgcsch. 862, 2; Rohde, Psyche 1,
sehen Relief mit dem Schlangenwagen, wie sie 40 311, 1; Harrison, Prolcg.'^ 60\)t; Kuhnert, Arch.
nachher auf Reliefs und Münzen mehrfach dar- Jahrb. 1893, 104 ff.), so erkennen wir den Drei-
gestellt ist, meist auf der Verfolgung des Räu- verein Minos, Rhadamanthys und Aiakos als
bers ihrer Tochter {Ausonia 3 [1908], 192; Pa- das ältere Kollegium. Attischer Glaube fügte
genstecher., Eros u. Psyche n ; Daremberg-Saglio, den T. als einen der gerechtesten der ersten
Dict. Art. Ceres S. 1053f). Auf sizilischen Mün- Menschen hinzu. Der Landesfeind der Athener,
zen sind Schlangen vor den Pflug gespannt Minos, wurde in der attischen Überlieferung
{Preller,Demeteru.Pers. Sil). Ovid fastA.bi'Jff. getilgt; somit war wieder ein Dreiverein her-
sagt von Ceres, die soeben den jungen T. durch gestellt. Alle diejenigen, welche durch die
Feuer unsterblich machen wollte; JDixit et egre- Mysterien in Eleusis ein gutes Leben im Jenseits
diens nubem trahit inque dracones transit et ali- 50 erhofften, wie es schon im hom. Bemeterhymnus
fero tollitur axe Ceres. v. 483f verheißen war, mochten es begrüßen.
Es ist leicht verständlich, daß der Schlangen- einen ihrer Heroen dort als Richter zutreffen,
wagen der Demeter auf den Ackerbauheros T. Die Verbindung des T. mit der Unterwelt
übertragen wurde, sobald dieser seine Selbstän- war auch von anderen Gesichtspunkten aus
digkeit verlor und in Abhängigkeit von der leicht herzustellen: als Ackerbauheros hat er
Göttin kam. immer mit chthonischen Mächten zu tun. Per-
Nach einer Bemerkung im Et. M. p. 395, 13 sephone und Demeter, seine Schützerinnen, ha-
hat Sophokles im Tript. die Worte: dgä-nows ben vielfache Beziehungen zur Unterwelt (oben
d'aiQov ä^cpiTtXl^ stXricpOTB {vgl. Nauck. Tr. gr. bei Kora Sp. 1333 ff.; Dietcrich, Mutter Erde
fr."^ 539). Demnach hat er bei seiner Erstauf- 60 70. 85 ff.; Bohde, Ps. 1,211).
führung i. J. 468 den Heros auf dem Schlangen- Malten will (a. a. 0. 446 zu S. 441, 3) den T.
wagen dargestellt. Ob die Darstellung des So- als Totenrichter auf die orphische Jenseits-
phokles aus dem Kultspiel von Eleusis stammt lehre zurückführen. Diese mag mitgewirkt haben^
oder Erfindung des Dichters in Anlehnung an wird aber kaum ausschlaggebend gewesen sein,
bildliche Darstellungen aus attischem Mythos In der äußeren Erscheinung des T. ist jetzt
oder orphisch-unteritalischer Demeterverehrung vielfach wieder ein Wandel zu bemerken: er
war, wird kaum zu entscheiden sein. Daß der ist bisweilen wie früher als würdiger bärtiger
Schlangenwagen im Kultspiel von Eleusis vor- Mann dargestellt (Abb, 7). Ebenso erscheint
1139
Triptolemos
Trismegistos
1140
7) Die Untanreltsriohter Aiakos (Unk ior Mitte) und
Rhftdamanthys (rechts) (nach Furtwän^ /, Oriech. Vasen
HuUerei, T»f. 10).
er, wenn Hauser% Deutung des Sarkopbages von
Torre Nova richtig ist, auf Weihreliefs, die
auf ein Vorbild des 4. Jabrh. zurückgehen {Rizzo
und Haiiser, Böm, Mut. 25 [1910], '287 ff. und 91 ;
8. femer die Zusammenstellung der verschiede- 30
nen gleichartigen Darstellungen von Svoronos,
Eftiem. arch. 29 [1911], 39ff, und die Abb. oben
bei Kora Sp. 1358). Rizzo und Hauser sind
darin einig, daß es sich um die Einweihung
des Herakles handle, aber in der Deutung ein-
zelner Personen sind sie verschiedener Meinung.
Im Gegensatz zu Rizzo erklärt Häuser im An-
schluß an Xenophon {Hell. 6, 3, 6) als den älte-
sten Zeugen dafür, daß Herakles durch T. ein-
(den Speer, der im Boden steckt) nsXi-
^i^sv igvaaeGd'ai nsveaivcov kann TffXipit^tv
bedeuten: er schüttelte. In der Odyssee
(p 125 findet sich der Vers wieder. Hier
kann nsXiiii^sv, das vom Spannen des Ho-
j^ens gebraucht ist, nicht heißen : er schüt-
telte, sondern: er strengte sich an. n6Xt-
itog ist demnach die Anstrengung, dann
der Krieg, wie növog auch Kampfesmühe
heißt. In dieser Bedeutung ist das Wort
noch erhalten im Neugriechischen und in
griechischen Kolonien Unteiitaliens. T. ist
also der, welcher sich dreimal abmüht.
Ist nun Tpi- wörtlich zu nehmen oder als
Steigerung, als pluralische Zahl? Im erste-
ren Falle wäre an die rginoXog r«io?, das
dreimal gepflügte Feld, oder an die Drei-
zahl der isQol ägotoi zu denken. Im zweiten
Fall an das vielfache Umpflügen des
Ackers als Sinnbild harter Arbeit. ^ So
mag auch der erste Pflüger und Sämann
als der vielfach sich Mühende, schwer Ar-
beitende, TtoXvnovog oder noXvyLuv^og be-
nannt worden sein.' Was meine Betrach-
tung der kultischen Bedeutung des Heros
ergeben hat, bestätigt nach Kretschmer der
Name, der 'nicht vom Kampf und Krieg, son-
dern von der Arbeit und Plage des Acker-
manns' kommt. [Eugen Fehrle.]
l Tris (....) ist nach der Metzer Weihin-
schrift CIL 13, 4304 aufgeführt bei Holder,
Altcelt. Sprachschatz 2, Sp. 1957. Diese Inschrift
lautet: Bis M. Senonum (oder Senuonum) TRIS
et domin(o) Mer(curio) Cosumi ; ex ius(su) Mer-
cur(ii) und ist eingehend besprochen von Kenne
im Jahrh. d. Ges. f. lothr. Gesch. 8 (1890), 1,
S. 64 ff. (vgl. Tafelabbildung IV und S. 254,
wo zu verbessern: Senuonutii), der ergänzt: Bis
M(atris) Senonum {Senuonum) tris und tris
geweiht worden sei, den bärtigen Priester, der ^q deutet = tribus (S. 74—76) oder auch = Tri
die Weihung vornimmt, für T
Den Namen des T. habe ich bisher außer
acht gelassen. Er scheint zwar sehr durch-
sichtig zu sein; aber gerade die vorliegenden
Deutungen als „Dreimalkrieger" (v. Wilamowitz,
Aus Kydathen 132; 0. Kern, Krieg und Kult
hei den Hellenen 6; Malten a. a. 0. 441, 3 u. a.)
einerseits und als Gott der dreifachen oder der
dritten Pflügung andererseits {Usener, Götter-
vi(i)s (S. 76—77). Über der Inschrift war in
einer Nische das landläufige Bild des Mercu-
rius angebracht. [Kenne.]
Trisavae, Matres — , ist abweichende, wohl
irrige Lesung der durch handschriftliche Quel-
len der ersten Hälfte des 17. Jhdts. überliefer-
ten Weihinschrift CIL 13,8633: Matrihus Fri-
savis paternis, vgl. Bramhach , CIRhen. 1970.
Ihm, Bonn. Jahrh. 83, S. 154 nr. 329. Siehourg
fiamen 141; Gruppe a. a. 0. 49, 17 u.a.) warnen 50 ebda. 105, S. 96, auch Steuding 0. Bd. 1, Sp.
^ur Vorsicht. Denn sie zeigen, daß die Namens
deutung doch schließlich ausgeht von der my-
thologischen Gesamtauffassung des einzelnen
Forschers. Somit kann der Name höchstens
angeführt werden als Bestätigung dessen, was
4ie Erforschung des Mythos und Kultus er-
geben hat.
Einen zuverlässigeren Boden für die Erklä-
rung des Namens T. als die bisherigen Deu-
tungsversuche bietet ein Aufsatz von P. Kretsch- 60
mer {Glotta H [1922], 51 ff.), der erst nach
Drucklegung meines Artikels T. erschienen ist.
Kretschmer betont richtig : ' Das Problem des
Namens T. liegt in dem Widerspruch, der zwi-
schen seinem zweiten Bestandteil TcroXf^o? und
dem Charakter seines Trägers zu bestehen
scheint.' Das Wort -xöXuLog knüpft er an an
mXi^i^uv. In der Rias ^176: vgl? ^iv fiLv
1558 (wo matres statt matronae zu ändern ist)
und Ihm in dei'-Neubearbtg. von Faulys Real-
Encyclop. des class. Alttrtumswiss. 7, Sp. 105.
Helm, Altgermanische Religionsgeschichte l (1913)
S. 397. ■ [Keune.]
Trismegistos (tQiötiiyiaToc), Dreimalgröß-
ter; vgl. ob. Bd. 2,2, Sp. 2549ff. 'Megistos'.
1) Beiname des Gottes Thoth- Herrn es; vgl.
Bd. 6, Sp. 855 d ^Thoth'; W. Kroll, Real-Encycl.
8, 1, 792—823; Wetzer -Weite, Kirchenlexikon
12, 92 f.; R. Pietschmanns Monographie ^ Hermes^
Trismegistos^ 1875; Gruppe, Griech. Myth. 2,
1239,4; 1484,2; 1604,6. Häufig begegnet dasj
einfache ^Megistos' bzw. ^Megistö' als Epithe-j
ton zahlreicher Gottheiten in den Inschriften;
Ägyptens wie fast für die meisten Götter und]
Göttinnen (s. ob, Bd. 2, Sp. 2550; Br. Müller A
Msyag &£6g, Diss.philol. Hol. 21,3. 1913) sei
1141 Trismegistos Trismegistos 1142
auch für Hermes: Letrotine, Recveil des in- zur Zeit des Sesostris, habe drei ntylotug vno-
scriptionn . . . de V Kgypie 1, 1842, 206. Br. Mül- ataofig gelehrt, ^ikv dl dB6rriTa, ebenso Cedr.
ler nr. 227— 2;{3; Pop. lirit. Mus. 40, 420, wo CSHByz. 1, 36 f. [Loheck, Aijluoph. 737 f.
Wessely, Denkschr. Wien. Ah. 36, 18H8, öf. ver- Pidschmann a. a. O. 36 f.], ähnlich Hpätcr M<-
bindet v.oGiiov ^r^Q^ul^ib ^ibyiaxt., danach auch liteniotes 1607 ff. Ein Kpigramw bei Jioissoti-
A. Dietfridi, Abra.ras r.4. Dagegen kommt die n ade Anecd. 2, Ulf. erklärt, Hermes heiße Tris-
Bezeichnung 'Dreimal^rößter' fast nur Hermes megistos ftxorwp: ^ivriuovsvoag iv (Uro tqitov
zu. Wird sein ilgyptischer Name ää, ää ur- yfi'cV^or/ und weil er (Toqpo? TorravTax/g gewesen
tipriinglich durch ^Fya? ^tyag (CfGr i691) oder sei; vgl. CyrilL c. lulinn. 5, 176 H: 'E(>fiot) tov
u^yag ■xal ^tycxg, ^^ie im griechischen Text der lO tgUov ty Alyvnt(o inidri^Yjaccvros. Frei von der
Rosettatia wiederfjegeben {Or. Gr. iriscr. ed. Sucht solcher Deuteleien hat sich der heidni-
Ditt. 90, 19; zur Verdoppelung des ^syug ebd. sehe Alchimist Zosimus {Phot. hihi. cod. 170)
176 Anm. 3 juit Literatur, Wen dl and , Urchr. gehalten; er nennt neben dem 'dreimalgroßen'
/>/7<';vj^«r/on;/<'7< 1912*- ^ 407. 20), so heißt Her- Piaton in natürlicher Steigerung Hermes uv-
nies späterhin positivistisch Trismegas, im Pa^J. Qio^tyag, Text bei Tteitz. Poim. 104,2 nach
Ijond. 121, 560 Wess. (ob. Hd. 2, Sp. 2051 f.) und Berthelot, Alchimistes grrcs. Weitere nichtgrie-
Pap. Greco-Kgizii ed. VitcUi 1 [1905], 50 kol. chische Deutungen s. efcrf. 174 f, zu den orienta-
1,97: ein Xi^oazQarog (i(i6iiog^EQ(iov d'fov tqiö- lischen Erklärungen vgl. auch A. G. Hoff'wann,
utyälov in Hermui)olis, 268 n. Chr., mit super- Ersch-Gruhers Allg. Encycl. 2, fi, 3:^8 f. Auf Zu-
lativischer Betonung seiner Größe xaro: irävxa: 20 sammenhang des Namens mit der dreifachen
Trismegistos. Eingehend behandelt ie^rowwe, Bündelkrone des Thoth weist Boeder hin, vgl.
Recueil 1, 283—285 den Namen, wo er die Bo- '"Thoth', Sp. 855 d. So wurde auch das Epitheton
setta}ia bespricht. Hier fehlt, Z. 19, die sakrale des Attis als tQino^-rixog 'Ä8(ovig (Hippol ref.
dreinialitre Steigerung; nur das ^^yag v.al ^uyag o. haer. 5,9,8 [99, 14 Wendl.]) nicht als Ver- .
tindet sich für Hermes. Schon Champollion, Stärkung des einfachen Wortes. hingenommen,
Gramm, c'fiypt. S. 332 hat beobachtet, wie drei- sondern man schob dieser *■ Kultbezeichnung'
faches Wiederholen eines positiven Adjektivs besondere Beziehungen im Reich der drei Göt-
im Ägyptischen den Superlativ ausdrückt, so tinnen Aphrodite, Persephonc, Selene unter;
daß dreifaches fiiyccg einem ^Eyiorog «rleich- vgl. Beitzen stein, Poim. 85 (Anm. 4). Man könnte
käme. Danach wies Letronne auf die lediglich 30 auch, ohne Rücksicht .auf die Superlative Be-
superlative Bedeutung von Adjektiven wie T(»/(>- deutung des Wortes, hinweisen auf die be-
yf'pcoj/, XQiGdvGxr^vog, xQLTCod-rjxos, 1er felix u. a. kannte Dreiköpfigkeit des Hermes TQLy.f(fccXog.,
hin; vgl. das beliebte Anhäufen solcher Kom- Aristoph. Triphal^s, Mein. Com. 2, 11^%, Hesych.
Positionen bei späteren Autoren, so Theo Smyrn. s. v. 'Eqii. xqix. , Lykophr. Alex. 680 (u. a. bei
exp. rer. Plat. 100, 13flP. Hill. Constant. Man. üsener, Breiheit, Bh. Mus. N. F. 58, 1903, 167),
Chron. rec. J. Bekker 1837, 298 f. Ind. gramm.; dem dann für jede seiner Gestalten der Bei-
vgl. Usener, Dreiheit, Bh. Mus. N. P\ 58, 1903, name ^dyiaxog zukäme. Über den Charakter
357. Kretschmer, Glotta 12, 1922, 52. Davon des trikephalen H. s. 6rn*j9pe, 6r>. 3/i/^Ä. 2, 1322,
trennt Letronne den andern Superlativ, der 5; B. Schweitzer, Herakles 1922, 66 84 ff.;
durch dreifaches Wiederholen eines an sich 40 vgl. auch die dem Hermes verwandte Ge-
superlativen Adjektivs entsteht: Hei que rgiö- stalt des Seelenführers Cbnuphis in den Kyra-
asyiöxog trois fois trois fois (neuf fois)' , For- niden (ed. Mely 177,7). Den frühesten Hinweis
men, wie sie auch das Griechische nicht häufig der Literatur auf Hermes Trismegistos sieht
bildete, vgl. xgia^x^^f^'^og, xQiG^Lcc^ccQLövog. Wäh- Kroll a. a. 0. 793, 35 in der Stelle Mart. PJp.
rend Jahlonsky, Panth. Aeg. 3, 10,18 und Cham- 5,24,15: ^Hermes omnia solus et ter unus' ;
polHon, Panth. eg. 15. 30, den 'zweimalgroßen'. Beitzenstein, Göttin Psyche, Sitzungsber. d. Hei-
'dreimalgroßen', 'dreimalgrößten' Hermes als delb. Ak. 1917, 10, 50\ w-ollte sogar das Be-
zwei oder gar drei Götter auseinanderhielten stehen einer römischen Hermesgemeinde zu
(s. Pietschmann a. a. 0. 30), sah Letronne nur Martiah Zeit aus dem Epigramm ableiten (für
den Einen in ihnen {Bec. 1, 284). Er glaubt 50 '5,56' 1. '5,24'), ebenso Hellenist. Mysterien-
aber, daß das Wort Trismegistos zur Zeit der relig.^ 1920, 14 f., eine Annahme, die er jetzt
Abfassung der Bosettana noch nicht bekannt (briefl.) Y.nrücknimmt. Beitzenstein (Helleti.Wun-
war, sonst hätten es die Priester von Memphis dererzähl. 127) schließt sich auch Paul Vallette,
dem viel schwächeren ^iyag -Aal ^eyag sicher V Apologie d' Apulee, Paris 1908, 318, an, um zu
vorgezogen. Er hält auch so gesteigerte Super- zeigen, daß auch Apuleius den Hermes Trism.
lative nicht für ägyptisch- sakral und ihre hiero- tijekannt habe. So wahrscheinlich das an sich
glyphische Darstellung für unmöglich. Das ist, mir scheint die Anspielung auf den Her-
wahrscheinlichste ist für ihn : zur Zeit des Epi- mes Ter Maximus gerade bei Martial zu feh-
phanes gab es noch keinen Hermes mit dem len: denn aus der Formel Her unus' kann nicht
Namen Trismegistos. Vgl. auch CIG 3, 3:^9; 60 wohl xglg- iisyioxog herausgelesen werden (vgl.
Pietschmann a. a. 0. 35 f. Andere Worterklä- Usener, Dreiheit, Bh. Mus. N. F. 58, 1903, 36),
rungen mit theologisch- mystischen Mitteln, die sondern nur xglg-dg, nach Letronne?. Auffas-
schon /. H. Ursinus, De Zoroastre, Hermete sung, Becueil 1, 283, eine Superlative Steige-
Trismegisto , Sanchun. [1661] 164 als frigida rnng Yon unus (vgl. unissime, ipsissimus), nicht.,
commenta ablehnte, entstanden später; so die wie ihm Pietschmann a. a. 0. 36 in falschem
bei Suidas s. v. 'Eg^f]g: etncov iv Tgiädi iiiav Zitat entstellend unterschob: Her maximus'.
dviXL -O-aorrjra; vgl. Malalas Chron. 2,5,10 [ed. Letronne^ Annahme {Becueil 1, 284) das Wort
Dind. CSHByz. 8, 26]: H. Tr., weiser Ägypter begegne als solches schon 68 n. Chr. in einem
1143 Trismegistos Trismegistos 1144
griechischen Erlaß aus Ägypten, beruhte auf Almv Pap. Leid. W. 23, 17, ^iya^ &iog iityiaroi^
falscher Lesung der Inschrift {Journal des Sa- ebd. 12,40; einfaches ^/t'yorf und fi^ytöro^' häufige
vans 1822, 674, 4. 5) bei Dittmb. Or. gr. inscr. Auch die koptiscli-gnostischen Schriften
sei. 2, nr. 669,6; die erste Erwähnung würde Pistis Sophia und Jeu, denen Zusamniensctzun-
»ber schon in die Zeit Ptolemaios' IV. (221 — gen mit tqi- vertraut sind, kennen Trismegistos
205) fallen, wenn U. Wückens Ergänzung in nicht; vgl. Ausg. von C Schtnidty Index U)'if.
einem Münchener Papyrus (Ardi. f. Pap. 1, An Gleiclisetzung des Isamena aaa loaxo für
1900, 480f.) nicht nur Vermutung dieser 'Vor- den 'Unsterblichen' (S. 81) mit dem des 'Drei-
stufe'des TptfffiiyiffTog wäre: vxo Toi) iiByiaTov malgrößten' (analog dem ägypt. hä) ist aus
*al ft(s/»tfrov xai fisyioxov 'Epfiov], eine von 10 verschiedensten Gründen nicht zu «lenken. Eben-
Br. Mueller a. a. 0. nr. 236 ohne Vorbehalt an- sowenig wird man Wiederholun<jen des a wie
genommene Lesung. Pap. Brit. Mtis. 47,45 «aa* aaa aa« und so
Inschriftenbelege stammen, nach i2eite«n- viele andere ähnliche in den Zauberpapp, für
stein, Poim. 2, 4, nur zufällig aus späterer Zeit. Hinweise auf rpt? ^^ytffroj halten, da nicht die
AutTallend erscheint dabei aber, daß auch die geringste Gewähr für ihre Herkunft aus ägypt.
Literatur so spät den Namen überliefert, wo üa vorliegt; vgl. zur Buchstabenniystik i*'.i)orn-
sie den Hermes selbst kennt. (So führt 6raien, *seift\ Das AlpJmbet in Mystik u. Magie, Lp?.. i\i22
TIbqI anX. (pagii, 6 prooem. [9, 798 iC.] 'Egiii^v In der Literatur jfebrauchen den Namen
xov Alyvnrtov an, wo er gut hätte schreiben zuerst TertuUian adv. Val. 15 {Bibl. patr. eccL:
können x6v Tgicii^ytatov; auch bei Apuleius, 20 ^ Mercurius ille Trismegistus , magister omniuvi
de magia, fällt trotz bester Gelegenheit die physicorum^), und Athenagoras, hei i\ein es hoiQt
Bezeichnung 7W«9n«ytstu« nicht.) Das erste Zeug- {Texten. Unters. 4,2; 37, -24 Schwartz)^ Hennes
nis für den Namen kommt aus Gordians III. ö Tq. iTtixalorfievog habe sein Geschlecht von
Zeit (288—244) mit der Weihung eines Solda- den Göttern abgeleitet: H. Tr. gilt nicht mehr
ten auf der Basis einer verlorenen Bildsäule als Gott, sondern nur als hervorragender Ver-
des Hermes Tr. : Ssbv fiiyar 'Ep^^r Tgiö^iyi- fasser einer theologisch -mystischen Literatur
6X0V rdtos *IovXio9 £sovi)Qog . . . ccvid'rixsv; vgl. mit göttlicher Begabung. So stand in einem
Or.^r. twscr.««/. ed. Dt<t. 2, 1905, nr. 710. IGRl 'angesehenen' Religionsbuch der Peraten von
nr. 1147 {Cagnat, Inscr. gr. ad res Moni, pertin.), verschiedenen Arten der dämonischen ^wd^Bts:
Arch. f. Pap. 2, 664 nr. 114. Br. Mueller a. a. so 'Die Dynamis zur Rechten hat Macht über die
0. nr. 236. Aus Gallienus' Zeit stammt ein Früchte. Sie hieß bei der Agnosia Men, nach
Papyrus von Hermupolis, wo H. Tr. Stadtgott dessen Abbild entstanden Bumegas, Ostanes,
war (vgl. Kroll a. a. 0. 799, 55), mit dem Testi- Hermes Trismegistos, Kurites' usw.; vgl. Hippol.
monium: tov \71ccxQmov] rjiiiv ^eov rgiG^sylatov ref. omn. haer. ed. Wendl. 110, 1. Hier steht er
'E(»|iM)i>; vgl. Wessely, Denkschr. Ak. Wien 42, in einer Reihe mit 'anderen großen Theologen'
1893, 9; Br. Müller nr. 237. Die Stelle CIG {Reitzenst. Poim. 2). Euseb , Praep. ev. l,3Gd
8,4767,1. 2: nagd tc5 tivgico rEg^iy d'sa tgia- (1,81 Gaisf.) behandelt ihn als aviißovXog mal
fteytffrco] beruht nur auf Konjektur. I^ori^-ög des Kronos, als seinen ygoc^nLaxsvg und
In den Zauberpapyri begegnet der Name Zaubermeister (vgl. lieitzenstein 16l', 1), Lactan-
auffallenderweise nur einmal, nicht ^saepius\ 40 tius, d.i. 1, Q,'6Brdt führt ihn als ägyptischen
wie Br. Müller a. a. 0. 348 will, und zwar im Thoyth an: er sei zwar Mensch, doch er habe
Großen Zuub.-Pap. von Paris Z. 886, wo in einer sehr früh gelebt und habe über omne geniis
Anrufung des Osiris von den Namen dieses doctrinae verfügt, weshalb er Trismegistus heiße
Gottes die Rede ist, die 6 xgie^ByLaxog 'Egurig {vgl. inst. epit. 679,11). Xac^aw^ gebraucht mit-
in Heliopolis geschrieben habe {IsQoyXvcpiKoig unter auch nur das Epitheton Tr. ohne den
ygdiii/iaöt). Hier dürfte es sich um den magie- (iottesnamen (so d. i. 4, 9, 3; 4, 27, 20), auch die
kundigen Menschen Hermes handeln (s. unt.), lateinische Form Mercurius Termaximus {d. i.
weniger um den Gott. Identisch aber mit dem 1,7,2; vgl. Isid. Et 8,11,49: Trismegistus id
Gott H. Trismegistos wird der im Pap. Mus. est Termaximus ['recteV Brdt zu Lact, de ira
Brit. 121, 560 Wess. zur Erscheinung angeru- .w 11, 12]). Augustinus de c. d. 18,39 (ed.' Domb.
fene iieycclocpgav d'sog., xgiay.8yag '£pfi^? sein, [1918] 2, 315. 22, 29) setzt den Mercurius Tris-
wo freilich das fteyaloqppwv auch gleichzeitig megistus als ^ nepos Mercurii viaioris' in die
auf eine Kontamination mit Hermes -Paytnu- Zeit nach Abraham und Moses, vor die grie-
phis (s. oben Höfer unter Paytn.) hinzuweisen chischen Philosophen und Weisen; er betrachtet
scheint. Auf die Bekanntschaft der Verfasser ihn nirgends als Gott, nur als Menschen, nennt
der zahlreichen Hermesgebete in den Zauber- ihn auch mitunter bloß UIW oder ^iste Aegyp-
papp. mit einem Kult des H. Trismegistos tius' {de civ. dei 8, 23, 26) und ^ Herrn. Aeg.* [H,
deutet nichts hin; Gelegenheit, seinen Namen 23,357,1 Domb.), scheidet ihn streng von Her-
zu nennen, wäre oft genug geboten gewesen. mes maior, quem dicit (H. Trism.) avum suum
Es müßte denn sein, daß die Bezeichnung eo fuisse, und der in Hermupolis gewesen sei, wo-
' Dreimalgrößter' als Geheimname des Kultus bei sich Augu^stinus immer an Apul. Asclep.
galt. 'Barbarische' Namen des H. finden sich hält. Die Vorstellungen vom göttlichen und
dagegen in Menge, wie im Lond. Pap. 122, menschlichen Charakter des H. Tr. ^^ehen allent-
und andererseits waren die Verfasser der Zau- halben unkhir durcheinander. Die Tübinger
bergebete mit den Epitheta ßiyag, iieyLOxog, Theosophie bei K. Buresch, Klaros (ls8'.ij be-
dig-uiyag für ihre Götter wohl vertraut (6 (it- trachtet ihn cap. 31 als Menschen (Zeit Zenos
yag fiiyag TvcpCbv Groß. Par. Pap. 3270, (liyag 474—491, Neumann bei Buresch 90; Hermes
uiyag Edgctnig Pap. Lond. 4t6, 12, 6 udy. ^iy. 15 [1880], 605). Schriften unter seinem Na-
1
1145 Tritaia Tritogeneia 1146
raen haben die Tendenz, seine Göttlichkeit. verprangen habe. Bisweilen lilßt dies auf alten
zu betonen, bo die Kyraniden, deren Sehen- Kultbrauch schließen (Fchrle, Kult. Keuschh.
ker an die Menschheit 'Eg^uig 6 xQiapi,. ^to^^ 198 f.). Von T. wissen wir zu wenig, um Schliiss«*
ist; 8. Les lapidaires de iuntiquitr « d. Mely ziehen zu können. Über Geliebte des Ares v<rl,
•J [1808], 8, ß (vgl. Einleitung 11), im Text Gruppe, Gr. Myth. u. Ucl.-Gesch. 1-J04, 1. Zur
<r 16 ist er der ftaxaprorrob^ i^fwv, wie 'Tris- Namenbedeutung der T. siehe unten hei Tritn-
uiakar' in einer Inschr. aus Pselcis, Letronne geneia u. Triton i 4. [Eugen Fehrle.]
i»6'C. 1, 20i>, 2, C7G 3; 5083, 3 und im Pap. 5r/i. ' Tritenma {Tgltsv^a). Eine fragmentierte
i)fw6-. 46, 414 aaxar(), und näarig aocpiag xcc&riyri- Inschrift eines Altars mit verstümmelten Rc-
Tr}s . . .xal SiöT^QOJv 6 ^aviiaarÖTaros (li), w'Jih 10 liefdarstellungen aus Limnobria (Phrygien;
lond er in der Madrider IIs. J wie oft auch lautet . . . na^fi^Qcoafv toj TgLtivucctt, Ramsay,
Honst nur als 6 Alyv-jrxiog bezeichnet wird. Ein (Hties and bishoprics of Phrygia 1, 337 nr. 171.
'^^ftoraro? 'Epfify? ^«f)< (Hermes der Ibis) o Tgiaii. unter dem sonst nicht bezeugten Tgirtviiu ist
begegnet Catal. cod. astrol. gr. 1, 167, 5; vgl. wohl mit Jiamsay a. a. 0. 337, 2 eine Gruppe
Ueitzenütein , Poim. 118, 3, Kroll a. a. 0. 799 von drei Gottheiten, wahrscheinlich Leto,
nr. IS. Wo es sich um die Lehre und Schriften ApoUon und Artemis zu verstehen. [Höfer.J
des H. Tr. handelt, ist er nicht immer mit sei- Trito, Tqitw: Bezeichnung der Athene. Anth.
uem Epitheton benannt, sondern sehr häufig Pal. 6, 194: -Tw^f, d'sa TqltoI, xd xfd-EVTu <^Tf^
nur als Hermes. Über die ihm zugeschriebenen xov x* ccvaO'Bvxa. T. ist jedenfalls eine Kurz-
Traktate theologischen, astrologischen, alchi- 20 form aus Tritogeneia (s. d.). Die Alten wollen
mistischen, magischen u. a. Inhaltes vgl. Kroll es allerdings anders herleiten, nämlich aus
a. a. 0. 804 IV. xgiTca, das in verschiedenen Mundarten Haupt
2) Trismegistos heißt auch der Agathos bedeute und darauf hinweise, daß Athene aus
Daimon, den Osiris so anredet bei Cyrill. c. dem Haupte des Zeus entsprungen sei. Hesycli
lulinn. 2; vgl. den Text bei Reitzenstein, Poim. unter xgixoj- NUavögog 6 ÄoXocpioviög (priai xrjv
126, 1. Bei den Arabern findet sich ^sogar eine yc8(paXi]v y.ctXstv 'AQ-cc^avag. Auch das Et. M.
Schwester des Hermes mit dem barbari- (u. Tgixoyivsia) und Photios (u. rgitoyiv^g) er-
sehen Namen Trismegistos Theoslios erwähnt', wähnen das Wort als athamanisch. Nach Sui-
Pietschmann a. a. 0. 46, wo als Quelle genannt das (u. xgixoysvrig) und Cornutus (Kap. 2, S. 10
wird Ancimt alphabets and hieroglyjihic charac- ^0 Os.) ist es athenisch; ein Schol. zu Aristoph.
ters by Ahmad ibn AbubeJ& . . . etiglish by lo- Wolken 989 schreibt es den Aiolern zu, Eusta
f^eph Hammer, Lond. 1806, 100. thios 504,27 den Kretern, ein ^'chol. zu Tzetz.
8) Sonstiges Epitheton; vgl. die Ttaicovicc Lyk. 519 bringt unter 'den verschiedenen Be-
xgLGiLiyictri in einem spätgriechischen Zauber- gründungen des Namens Tritogeneia, ort ix
gehet aus cod. Marc, gr.app. 2, 163 bei F. Pra- x-qg xgixovg, rjyovv xt]g TtscpaXfig rov zJiög, iyfv-
del, Belgesch. Vers.u. Vorarb. 4^,2 (1907), 29, 26. v^d'r]- xgixoi yag ßoicotL-nAg j] xfqpaA?^. Boiaxi-
Die Lesung rgica. x&v vvv Kccigür fvScuuovicc xw? ist von dem Herausgeber M. Ch. G. Müller
{Journal des Savans 1822, G74) hat sich als in ßo/cöTixot? geändert. Danach wäre anzuneh-
falsch erwiesen; s. CJ6r 3, 4957, 4. 5; Bitten- men, daß das Wort auch in der böotischen
berger, Or. gr. inscr. 2 nr. 669, 5. [Preisendanz.] 40 Mundart vorkam. Die Änderung ist nicht nötig
Tritaia vgl. Triteia. Das Sätzchen kann heißen: in der gewöhnlichen
Triteia {Tgixsia). Paits. berichtet 7,22,8.9 Volkssprache (d. h. mundartlich) heißt xgitm
vom Ursprung der Stadt Triteia (oder Tritaia, Haupt. [Eugen Fehrle.]
wie sie bei anderen Schriftstellern auch heißt) Tritogeneia (TgixoyBvtia), Beiname der
TgLxsiag oUi6rr}v ol ^Iv Ktlßldccv ysvta&cii Athene, der von Homer ab durch das ganze
iByovGiv ... Ol ds oog Agrig cvyyevoiro TgixELcc Altertum verbreitet ist. Meist kommt er bei
^vyaxgl TgLxcovog , Isg&ad^ca dh rrjg 'A&riväg Dichtern vor, sei es, daß er dichterische Er-
xijV Tiag&Evov, MsXdvLnnov ös rcaiöcc "Agscog xccl findung ist. oder daß die Dichter einen alten,
Tgirsiug oiy.iöai xs mg 7]v^T]d'r] ri]v tcoXiv %cil in der täglichen Umgangssprache weniger ge-
^ia^^ai x6 övo^a cctco xf]g [irixgog. An Heilig- 50 bräuchlichen Namen bevorzugten. Bald steht
tümern werden genannt ein Isgbv yiccXov^svov T. allein für sich, bald in Verbindung mit
Msylercav ds&v . . . xcct 'A^riväg vaog, xb 6s Athene oder einer Bezeichnung für diese, oder
ayccXiLcc Xl&ov xb cccp' Tjfxcbv. xb 6h agialov ig der Beiname ist aus dem Zusammenhang klar
'PwLiriv^ Ticc^cc ol Tgixautg liyov6Li\ iy-o^lGd-T]. wie bei Homer II. @ 39 u. Xl83, wo Zeus
d^vBLv 6e ivTccvd'a xocl "Agsi v-al xrj Tgixsia ro- Athene anredet: d^dgöSi xgiToyevsia, cplXov xt-
^i^ovöLv. Geht der letzte Satz auf zuverlässige %og oder II. z/ 515 und Od. y 378: ^ibg &vyä-
Nachricht zurück, so haben wir ein altes Götter- xrig, ycvöioxri xgixoyivsia und Hes. J/i. 895f.:
paar: Ares und Triteia. Die heimische Göttin yiovgriv yXav/.conlda TgixoyEvsiav iGov txovaccv
T. wurde otfenbar in späterer Entwicklung Tiargl ^tvog xal inicfgovci ßovX'^v oder T/i. 924:
verdrängt durch Athene, die sich mehrfach zu 60 avxbg 6' i% xcqpaKy? yXavAüjTiiöa Tgixoyivsiccv
Ares gesellt (Fehrle, Die liult. Keuschheit im . . . ysiVaro oder Sc. 197: zitbg %-vydxrig dysXsiri
Altertum 189). Die Erinnerung an die verdrängte TgLxoyivstci.
Gottheit lebt entweder in einem Beinamen der Neben T. steht die Fonii Tgixoysv7]g, von
größeren Nachfolgerin weiter oder in einem den i/ow?mschen Hymnen an (28, 4) bis in die
Mythos, nach dem die frühere Göttin Priesterin späteste Zeit gebraucht. Stellen bei Bruchmann,
ihrer Nachfolgerin ist. Gerade bei Athene findet Epitheta und in der unten angeführten Literatur,
sich auch sonst die Erzählung, daß eine ihrer In der Antike wurde das Wort verschieden
jungfräulichen Priesterinnen sich geschlechtlich gedeutet, und a\ich heute herrscht keine Klar-
1147 Tritogeneia Tritogeueiu 1148
heit. Im folgenden *:^ebe ich eine Übersicht yccQ yfviödui xöts i, k&riva. Iötqos ^i- xor/
über die verschiedenen Deutungsversuche. TptToye'vatar avxi^v qpijffi 6iu rouro Xfyfßd-ai.
1. Mehrfach wurde T. von den Alten in Schol. II. 8, 39 Tgnoytvhta . . . on TQirij (pd-ivov-
Verbindun;? gebracht mit rpitco = Kopf und tog izix^ri. Man verlej^te demnach die (»eburt
als Kopfgeborene erklflrt. Siehe bei Tpiro» und der Göttin auf den dritten Tag des bejifinnen
Th. Bergk, Kl philol. Sdmftm 2, 6H6 f. den oder des ablaufenden Monats Wilhelm
2. Bisweilen wird der Name zusammenge- Schmidt, Geburtstaij im AlUrtum 91), der wci-
bracht mit Tpffv = qpo^»rv. T. wird dann erklärt tere Literatur nnfiihrt, weist darauf hin, daß
als gjo/Jfpa* xaTawIijxTix»} (SuiWos 8. TptToy^vem der Haupttag des Panathenäenfestes der 28.
und TQtxoyhvrn, Kt. M. s. TpiroysVfia). Im grie- lo Hekatombaion, d. h. die rQixi] y O-norroj des
chischcnVülksbewußtsein war diese Anschauung Monats, gewesen sei. Vgl. dazu JJppoJd, Athen.
jedenfalls nicht lebendig; sie ist zurückzufüh- Mitt. 36, 107 f. Schon 21i. Bergk betont (A7.
ren auf Grammatiker, die die Kriegsgöttin Athene phü. Sehr. 2, 637 f.), daß die Benennung Athenes
als die schreckenerregeude deuten wollten. nach dem Mond in der Antike weni^' Anklang
3. Antike und neue Erklärer sehen in dem gefunden habe. Über Athene« Beziehungen zum
ersten Bestandteil des Wortes das Zahlwort Mond vgl. Jioschcr, Über Sclenc u. Vcnntndtcs
drei. Daraus haben sich verschiedene Erklä- 123 f.; Gruppe, Gr. Myth.u. Bel.-Cesch.Vll^.w
rungsversuche ergeben (s. o. Tripator): f) P. Kretschmer stellt (wie schon frühere
a) Suidaa s. xgixoyBvrjs' 17 k^rivä, i]xoi oxl Mythologen) iti der (rlotta 10 (1920), 38 ft". uaeli
^x Tt)s VTj^voff xai xf]g HJjXQug xccl xyg K£q>aX'i]g 20 Lippold {Atheti. Mitt. 36 [1911], 105 ff.) T. aiil
ToO Jtbg i^^X&fv (vgl. Et. M. s. xgixoy^vsta). eine Linie mit Tritopatores (s. d.). Die Trito
b) T. = Drittgeborene, d.h. das dritte Kind patores {TQLxondxogsg oder TQixonaxgstg S. 41
des Zeus nach Artemis und ApoUon: Et. M. s. bei Kretschmer) sind die dritten Väter, d. h.
T. 3x1 xQixti nixa rr\v "ÄQXiyi^iv xal knoXXcava die Väter in der dritten Generation rückwärtn
iyivixo {Suidiis s. xQixoysvrjg). gerechnet, die Urgroßväter. TgLxondxoiQ ent-
c) Der Amerikaner Frank Cole Bahbitt er- spricht also TtgöxcanTtog. Da der Grieche über
klärt im Anschluß an Seymour xgtxoyev^g =^ den Urgroßvater hinaus keine Bezeichnung für
Drittgeborener, d. i. Zeus nach 1. Uranos und die Ahnen älterer Stufen hat, bekommt tgizo
2. Kronos, und T. = Tochter des Drittgeborenen ndxtog zugleich die Bedeutung: Ahnherr d('.>
(Berl. phiL Wo. 34 [1914], 1055). so Geschlechtes. Dazu mag gekommen sein, daß
d) Saglio sucht in Daremberg-Saglios Die- die ^steigernde Funktion der Dreizahl' die Be-
tionnairc Bd 1, S. 635 die Erklärung von xgi- deutung Ahnherr zu Urvater, Erzvater verall-
yovog^ das in den Orphischen Hymnen 30,2 gemeiuert hat. Kretschmer \ er weint neben rgia-
für Dionysos gebraucht ist, in anderen Gedan- /laxapt-s auf xgiyigcov uralt, rgldovXog Erzsklave,
kenkreisen, indem er auf die Dreiheit antiker zginogvog Erzhure. Die Bildungen mit xgi- wur-
G ottgestalten, die sich aus einer Einheit ent- den nun nach dem Grundsatz der Konträrbil-
wickelt haben, wie den Dionysos TpKpvTjg(0rp7i. düngen [F.Sommer, KontrürbiJdungen , Fest-
ifymn. 52, 5) hinweist und auf die dreifache Ge- schrift für Windisch, Leipzig 1914, 12.->ft.) auf
burt des Dionysos (s. bei Trigonos). Vgl. Hesych die absteigende Linie übertragen, wenn sie auch,
xgiyovof xgixriv ysvedv iniöxovxsg' 7} ol xgetg. 40 logisch genommen, dort sinnlos waren. Wir
In solchen Entwicklungen werden Deutungsver- bilden nach dem Worte Urgroßvater auch Ur-
suche benutzt, wie einer von Demokrit bezeugt enkel, obwohl ur- nur für das erste Wort Sinn
ist. Eustathius zur 11. 0 39: Tgixoyivua. 6k dX- hat, ebenso Großneffe nach Großonkel; der La-
Xriyogiiicag 7; (pgovricig, intl xaxu /JrnL6v.gixov xgicc teiner sagt pronepos nach proavus. So bildet
ylvsxai Tttvra i^ avxfjg- xb £v Xoyl^töd^ai., xb Xi- der Grieche xgixoytvr\g und xgixoyivf-ia nach
ytiv xaXcög xb vorid'ev, -Kai xb ögO^iag ngdxxeiv xgixoTcdxcog. Die Übertragung wäre dann aller-
avx6. Et. Oiion.ip. 153,5: Tgixoyivtiu q 'i^rtvä dings ausgegangen von der Bedeutung Stamm-
xaxä ^i}u6xgixov (pgovrjGtg voal^sxai. yivsxai dh vater für rgixoTcdtcog. Tgixoysvrjg wäre dem-
i% xov cpgovslv xgia toröra' ßovXsvsGd^ai xa>lwj, nach der Stammsohn, xgixoyivBia die Stamm-
Xiynv dvunagxrixcag v.ul ngdxxsiv d Ott. Vgl. 50 tochter. Jetzt glaubt Kretschmer sich klar zu
Diels,Vorsokr.'2,i>.b6,2. Im Zusammenhang hier- sein über Hesychs Erklärung von xgixoxovgri als
mit steht wohl Suidasxguoyiv£ia ... OXL xgia yi- yvrjaicc Ttagd-svog, das er als stammhaft, recht-
vtxcci i^ avxf]g^ d ndvxa xd dvd-göiTfsicc avvixst. bürtig erklärt. Vgl. die bei Suidas s. xgixoyt-
Mystische Spekulation, die Gottheiten ins Univer- vbioc überlieferte nccgoifiicc ncclg ^oi xgixoysviis
sale zu dehnen suchte, ging in spätantiker Reli- sl't], y.r] xgixoyivsicc. Eine andere Erklärung von
gionsentwicklung neben dem Bestreben her, raeh- xgixoxovgi] hei Beryk, KL, phü. Sehr. 2, 659 f.
rere Gottheiten in einer Gestalt zu vereinigen. 4. In alter und neuer Zeit wird T. erklärt
Ob wir die Notiz des Suidas in solche Entwick- als die am Tritonbach <ieborene, vereinzelt als
lungen einreihen und für die xgi-yivvrixog Q-td die im Triton Badende (Suidas s. xgixoyEvr\g
(Z.yA:opÄr. 519) verwenden dürfen, bleibt fraglich. 60 ... ort dntXovaaxo iv x'o TgixavL xü AißvTji:
e) Die Dreizahl wird mit den drei Gestal- itoxa^Lwi). Et. M. s. xgixoytveia. Schol. Apoll. Bh.
ten des Mondes in Verbindung gebracht: Et. 1,109; 4, 1808tf. 7> /oc/or erzählt 3, 70, Athene
M. 767, 45 von Athene inti8r\ xgixocia yiyoviv., sei vom Köni«^ Ammon, der mit Amaltheia einen
oiovBL ri (patvofisvri xgixaia. y.cu ydg xr]v avxrjv Sohn gezeugt hatte, ihn aber vor Rhea in einer
alvcci Tfl cbXtivxi xal xi]v xgixriv xov \Lrivbg xgi- Höhle verborgen hielt, als Hüterin des Kindes
rofirividcc ixdXovv. doKsi ydg ysytviic^-oci xoxs vor die Höhle gestellt worden, und sagt dabei
17 k^riva. Harpokration {F. H. G. 1,422,26) y.Lxgbv ngb xovxcov xa>v xQOvcov yriysvf] (pavtt-
xriv xgixriv xov firivbg xgixo\ir\vida i-ndXovv, doxet oav (sc. xriv 'A%'r]v&v) int xov Tgixoivog nora-
114y Tritogeoeia Triton 1150
(jov, öt* UV TQiTMvidix nQooriYOQfvad^ai. Zum 3 f. Lcntz) setzt einen Dämon Trito« vorau«.
Alter dieser Überlioferunjr v<,'l. Gruppe 1212,2. Dies Wort soll etymoloj^isch zu tsiQuv, jitgav,
Aber nicht* nur der libysche Tritonfluß oder terere gehören. Tritos wäre demnach der Zer-
(hir tritonische See dort werden /u Athene in reiber oder Durchbohrer der Wolken, deren
Beziehung f,'ebracht, sondern auch der Mach Wasser er herauspreßt, d. h. ein Re^'engott.
Triton bei Alalkomenai in Hoiotien {Pdus. 9, Neben Tglrog hätten wir Tgitav und TqixÖ)
'.3, 7), ein Bach dieses Namens in Thessalien wie neben TIÄovro? JJXovtojv und Ulovrco. Der
Schol. Apoll. Uhod. 1, 109), in Kreta (l)iodor. Name T. wurde dann 'auf die bekannte Natur
.,70. 72); im arkadischen Aliphera ist eine göttin der üwäischcn Kultur, die auf Berges-
Juelle Tritonis, an der Athene ^(iboren sein lo häuptern thront', Athene, von Griechen Über-
soll, und ein Bach Triton (Paus. 8, 26, 6). Vgl. tragen. So bekam die fremde Göttin einen
lierqk, Kl. philol. Sehr. 2, 6ü4 f. griechischen Namen
Das Wort TpiTwv ist vielleicht eine prähist.Be- Th. Bergk {Kl. Sehr. 2, 053 ff.) legt den Na-
■/Anchmmii: für Wassci {vgl Boisacq, Dict. (it. de la men Trito^enes und T. die Form Tgitm zu-
/««(;?<(' ^>t'C(7t<c s.v.), die in dieser Bedeutung ver- gründe und faßt diese als den älteren Namen
loren ging, sich aber noch in Eigennamen erhal- der Quelle, aus welcher der namensverwandte
ten hat, ähnlich wie bei uns ahe = aqua früher Fluß entspringt. Die Göttin wird als Schutz-
ullgemein VVasser bezeichnete, aber aus der all- geist der Quelle TQnm genannt. V^l, Hesych
täglichenSprache verschwand und sich in Eigen- tQiTm' gsvaa. — Über Athenes Beziehungen zu
Tiamen noch findet. Von der allgemeinen Be- ^^ Triton s. unten bei Triton § 23.
deutung tqItcov =^ Wasser ging man aus. Meh- Wenn der Stamm tql- allgemein auf Wasser
rere Mythologen {K. O. Müller, Preller, Welcher, weist und wir einen mythischen Fluß Tritos
5er(jf/i, ÄoscÄ er) dachten an das Himmels wasser; und eine mythische Quelle Trito voraussetzen
im einzelneu waren die Begründungen ganz dürfen, dann könnte die Lösung dieser Frage
verschieden. L. v. Schröder, Mysterium und Mi- vielleicht im Sinne Bergka gesucht werden, der
mu.s im Kigveda 135 f. 138 nimmt diese Den- a. a. 0. 649 sMgt: 'Nicht die Erde ist der Schau-
tungen ohne nähere Begründung wieder auf. platz der göttlichenGeschichte, sondern jenesGe-
Ausführlich ist . in neuerer Zeit Farnell, biet, welches dem menschlichen Blicke entzogen
J'he cults of the greek states 1,266 ff. von der ist: nur im geheiligten unsichtbaren Reiche der
Bedeutung wassergeboren ausgegangen, sucht ^o Götter selbst ist der Strom Triton zu suchen.'
sie aber anders begreiflich zu machen als seine Vgl. Poscher, D. Gorgonen u. Vencandtes 30, 56.
Vorgänger. Er nimmt an, T. sei ein Kultname, Von den vielen Deutungen des Namens T.
der sich von Thessalien oder Boiotien aus ver- ist keine so überzeugend , daß sie zur Aner-
breitet habe. Wenn auch schon für Aischylos kennung zwänge. Möglichkeiten sind aneinan-
wie später für Pansanias Triton eigentlich den dergereiht, viele Wahrscheinlichkeiten sind ge-
libyscheu Fluß bedeutet habe, so sei doch nicht geben, besonders bei Kretschmers Herleitung
einzusehen, daß Homer die Göttin nach einem und der Verbindnnor der T. mit einem Ge-
libyschen Flusse T. genannt habe. Athene heißt wässer, die jedenfalls im Volksbewußtsein le-
bei Homer auch 'AlaX-no^i:vr]Lg. Das ist vom bendig war. Eingehender Forschung wird es
boiotischen Alalkomenai, wo ein Tritonbach 40 vorbehalten sein, hier Klarheit zu schaffen,
war, nicht zu trennen. Demnach würde die ho- wenn sie nicht jetzt schon ein non liquet vor-
merische T. und damit die älteste überhaupt zieht. [Eugen Fehrle]
nach dem boiotischen Tritonfluß benannt sein, Triton [Tgltav), Meer- und Flußgott, und die
und die Kolonisten aus dem griechischen Mutter- Tritonen. Vgl. /. Escher, Triton und seine Be-
land würden die T. in ihre neue Heimat in Li- kämpfung durch Herakles (rec. v. Kuhnert, Gott.
byen gebracht haben, sei es, daß sie dort be- gel. Anz. ISdl, AS ^.; Wernickc, H. Litt. -Zt. ISOl,
sondere Anknüpfung durch Ähnlichkeit des Na- 206 f.; Kretschmer, Wochschr. /'. klass. Phil. 1891,
mens, Kultus oder Mythos einer libyschen Göttin 338 ff.); P. Dreßler, Triton u. d. Tritonen i. d.
mit der heimischen T. fanden oder daß sie aus Litt. u. Kirnst d. Griechen u. Römer 1. H., Progr.
besonderer Anhänglichkeit in der neuen Heimat 50 d. Gymn. z. Würzen 1892/93 (rec. von Steuding,
ihre alte Göttin behielten und nach ihr liby- Wochenschr. f. klass. Philol. 1892, 1196ff.; 1893,
sehe Gewässer Triton bzw. Tritonis benannten. 1306 f.: Boscher, Berl phil. Wochschr. 1893, 22 f.;
xAuf die Verbindung mit dem Wasser geht Lit. Centralbl. 1893, 1054 f.; Gruppe, Bursians
die Namensdeutung des Serben Milan Budi- Jahresher. 85 (1895), 293); K. Kuruniotis, He-
mir zurück: Atena Tritogenija i' aticki Trito- rakles mit Halios qeron u. Triton auf Werken
patreiji, Glasnik zern. Museja 32 (1920), 295 — d. älteren griech. Kunst, Diss. München 1893.
328. Mir lag die serbisch geschriebene Arbeit, . ™, .. j t m -i. • 1 t •* *
deren Hauptgedanken in emer Übersicht zum * Triton und die Tritonen in der Literatur.
Schluß lateinisch zusammengefaßt sind, nicht § 1. Triton und Halios Geron. Ist Tri-
vor; ich kenne sie nur aus Badermachers, Be- 60 ton ein ursprünglich griechischerGott?
rieht in der Philol. Wo. 42 (1922), Sp. 198 ff. Es ist wahrscheinlich, daß die Griechen, vor-
Budimir stellt T. neben die Tritopatreis , die nehmlicli die Bewohner der Meeresküste {E.
er (gegen Kretschmer a. a. 0. 41) von Trito- Curtius, Ber. d. Berl. Ak. 43 (1890), 1148) schon
patores sondert. jRa6ierm«c/ier billigt diese Tren- in sehr alter Zeit, ehe noch Poseidon als ober-
nung (Sp. 203). Beide Namen, T. und Trito- ster Herrscher über das Meer allgemein aner-
patreis, gehören mit Triton, Tritonis, Amphi- kannt war, eine Meergottheit unter der Be-
trite zusammen (vgl. i>\T/7^• a. a. 0. 657 ff'.). Der Zeichnung '''Ahog figcov verehrt haben (siehe
mythische Flußname TqZzo? {Herodian. 2,578. denselben Bd. 1, Sp. 1629. 1821). Man hat nun
L
1151 Triton, TritoDen Triton, Tritonen 1152
anfi^enommen, aus diesem Halios Geron hätten {gewirkt, die Vorstellunji^ von der halbtieriscben
sich durch örtliche Differenzierung die Meer- Natur Tritons zu erhalten und in der Kunst
^Otter Nereus, Proteus, Phorkj'S, Triton und zu konsequentem Ausdruck zu bilngen. We-
Glaukos entwickelt {Milchhöfei; Anfänge der sentlich anders wird Triton aufgefaßt von
Kunst in Griechenl. 84. Dreßer a. a. 0. 1,1). Gruppe {Gr. Myth. 1, 45. 250. 2, 1226), der
Dem gegenüber erscheinen die Ausführungen meint, Triton sei vom Apollon Helphinios Mif-
von Kxtruniotis (a. a. 0. 6ff.) über den Halios ferenziert* worden; dieser sei 'identisch oder
Geron und die anderen genannten Meergötter doch weni<?8tena ausgeglichen' gewesen mit dem
beachtenswert. Nach diesen ist anzunehmen^ fischgestalteten Daimon, der unter dem Namen
daß es in der griechischen Götterwelt nur eine lo Triton ursprünglich Paredros der Amphitriti
Gottheit gegeben hat, der der Name "AXio^ Fi- und Athene gewesen sei. Apollon Delphinid.
Qcav als Kigenname zukommt, daß dieser Ha- wie Triton entsprüchen dem gazilischen Dagon
lios Geron bei Homer, der den Nereus noch §2. Der Name Triton. Es erscheint zwei
gar nicht kennt, der Vater der Nereiden ist, fellos, daß dem Flußnamen TqItcov wie dem
und daß man diesen, als die Herrlichkeit des Namen der Meergöttin ^acpiTglrri der vStamm
einst angesehenen Halios Geron verblaßte, ver- xquo zu gründe liegt {Fick, Griech. Personev-
anlaßt durch die patronjmische Form des Na- namen 215. KreUchwer, Wochenschr. /'. klass.
mens der Nereiden, in dem Nereus einen Vater Philol. 1891, 338f.), also eine Hedeutung haben
gegeben hat; dieser vermochte den alten muß, die für beide Namen paßt. Diese scheint
Halios Geron nicht völlig zu verdrängen, er- 20 der Begriff Strömen zu sein: der Fluß ist d»
hielt aber (wie auch Pborkys und Proteus) Strömende, die Göttin des Meeies, deren Nam*
dessen Namen als Beinamen. Vgl. Bloch in bisweilen metonymisch für Meer gebrnucht
diesem Lex. Bd. 3, Sp. l, 242. Auffällig ist, daß wird, ist die alles Land Umströmende (vgl.
Triton nie mit diesem Beinamen bezeichnet Schümann, Opusc. 2, 168. Er übersetzt k^icpi-
wird, während er doch ganz offenbar beim tqItt} durch Circumtiua und leitet es sowie
Kampfe des Herakles mit dem Halios Geron Tgirav von einem veralteten tqio) 'fließen' ab,
an dessen Stelle getreten ist, siehe unten § 17. indem er auch auf die Erklärung von rgirm
Der Umstand, daß Triton zuerst bei Hesiod durch QsvpLu bei JFTest/c/^io.s hinweist). Folglich
erwähnt wird, könnte dazu veranlassen, ihn ist der Meergott Triton, dessen Name dem
(mit Dreßlei', Triton 1, 2 und Kuruniatis a. a. 0. so des Flusses Triton gleich ist, eine Verkörpe-
14) für eine jüngere Schöpfung der Mythen- rung der heran- und fortströmenden oder -wo-
bildung zu halten. Steudinr/ {&.Ü..0. 1892, 1197) gendcn Meerflut; in der Sage und namentlich
erklärt dies vielleicht richtiger aus seiner lo- in der Kunst der Alten ist die Tritonengestalt
kalen, zur älteren ionischen Literatur in keiner ein Sinnbild für die mehr oder weniger be-
Beeiehung stehenden Bedeutung, Im Anschluß wegte Welle des Meeres. Der Stamm tqlto
an die Meinung Furtwängler% {Ahh. d. Berl. geht wohl zurück auf die Wurzel tar, die auch
Äk. 1879, 97), daß 'die Vorstellung des fisch- den Begriff des Durchdringens oder Vorwärts-
Bchwänzigen, Wahrheit verkündenden Greises', dringens enthält {G. Curtius, Grundz. d griech.
also die Idee des Halios Geron, 'nicht Ursprung- Etym.^ 222 nr. 238). Stall (in diesem Lex. Bd. 1,
lieh griechisch, sondern semitisch-orientalisch' 40 Sp. 318) will Amphitrite und Triton von einem
sei, ist vermutet worden, auch Triton sei eine in Tgi^co, rgv^co enthaltenen Stamme ableiten,
auf orientalischem Einfluß beruhende Gestal- aber diese Verba haben guttural auslautenden
tung (Dreßler a. a. 0. 1,15 ff. Kurmiiotis a. a. Stamm; über andere Etymologien vgl. Dreßler,
0. 16). Steuding (a. a. 0 1892, 1198) gibt nur Triton 1, 2 ff. lioscher (Berlin, philol. Wochen -
zu, daß der Kunsttypus der fischschwänzig ge- sehr. 1893, 21) vergleicht das irische triath.
bildeten Meerdaimonen auf orientalische Vor- Gen. trethan, das nach E. Windisch 'Meer' be-
bilder zurückgehe, schwerlich sei auch die Idee deute und dem ein vorhistorisches trita, Gen.
selbst entlehnt; er weist hin auf 'die Analogie <r?7awa entspreche; Gruppe {Bursians Jahresher.
der gleichfalls in der Kunst nach fremdem 85 [1895], 293) hält den Sinn des Namens Triton
Vorbild gestalteten, ihrem Wesen nach aber 50 für zweifelhaft und verwirft {Gr. Myth. 2, 1148
trotzdem echt griechischen Kentauren und der Anm. 1) alle vorgeschlagenen Etymologien.
alpartigen Würgerin Sphinx, die ihre Gestalt §3. Bedeutung Tritons als Gottheit,
dem ägyptisch-babylonischen Sinnbild vonMacht Von Hesiod (Theog. 931s; vgl. Orph. Arg. 341)
und Schnelligkeit entlehnt hat'. Steuding hält wird Triton ein ^sLvög &s6g und tvgvßlrig ge-
also den Tiiton, den sich das Volk nie anders nannt, bei Euripides {Cycl. 263) heißt er ftt'yag;
als fischähnlich vorstellte, für echt griechisch. aber er ist doch nur ein Meergott niederen
Man hat vielleicht anzunehmen, daß die Grie- Ranges, der auf eine Stufe mit Nereus, Pro-
chen in alter Zeit Vorstellungen von Meerdai- teus, Phorkys, Glaukos, Palaimon und Aigaion
monen in nicht ganz menschlicher Gestalt gestellt wird (£"2«^ C//c^ 263; Ovid, Met. 2,8s. ;
hatten, wie die vom Halios Geron und vom 60 13, 917 ss.; Orph. Arg. Sil). Er vermag, mit dem
Triton (vgl. Dreßler a. a. 0. l,15f.), daß aber Dreizack Felsen aus dem Meere emporzuheben
beim Halios Geron allmählich die vollkommen {Accius bei Cicero de nat. d. 2, 35, 89) und In-
menschliche Gestalt durchdrang, während Tri- sein emporsteigen zu lassen (Anthol. Pal. 7,
ton nio anders als halbtierisch gedacht und 699,3 s.); er besitzt wie andere Seegötter, Ne-
dargestellt worden ist. Die feste Form des reus, Proteus, Glaukos (vgl. Gaedechens, Glau-
orientalischen Kunsttypus, die der Grieche an- kos 76) die Gabe der Weissagung (siehe unten
nahm, weil sie seinen Anschauungen entsprach § 9. Steuding, Wochenschr. f. klass. Philol. 1892,
(vgl. Kuhnert a. a. 0. 53), hat gewiß dazu mit- 1197: 'Der Halios Geron, der wie die Meer-
1153
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1154
götter der Babylonier [Ea] und der Germanen
[Mimir] unergründliche Weisheit besitzt'); er
wird zusammen mit anderen Meergöttern als
Zeuge von Eiden angerufen {Eur. Cycl 26:5 s.;
Orph. Arg. Sil). — Wenn in dem von Polybios
(7, 9) überlieferten Eide des Hannibal auch
Triton und Poseidon angerufen werden, so hat
man nach Furtiväntjhr {Die ant. Gemmen 3,
113) unter diesen vermutlich von den Griechen
mit Triton und Poseidon identifizierte pboini-
kische Meergottheiten zu verstehen. Dieselben
sind auf sardiuischen Gemmen dargestellt in
''Typen, welche die Karthager von der griechi-
schen Kunst erborgt haben'. Diese Gemmen
sind, soweit sie sich auf Triton beziehen, un-
ten § 13 besprochen). Man scheint es für er-
wünscht gehalten zu haben, bei einer Seefahrt
dem Triton zu begegnen {Aelian. de nat. an. 13,
21); es wird ihm auch in der Argonautensage
ein Heiligtum in Libyen zugeschrieben {Herodot
4, 179). Vielleicht ist jedoch dieses hgov von
einem libyschen Gotte herübergenommen, mit
dem die Griechen ihren Triton gleichsetzten.
Der Triton, dem bei Herodot (4,188) die Li-
byer am Tritonissee opfern, ist natürlich ein
libyscher Gott, in dem die Griechen ihren Tri-
ton wiederzufinden glaubten. Es wird dem Tri-
ton ein Altar errichtet {Apoll. Bh. 4, 1620ss.),
aber von einem förmlichen Kultus des Triton
ist doch eigentlich nicht die Rede. Daß ein
solcher einst in Tanagra bestanden habe, hat
man aus einer Lokalsage dieses Ortes geschlos-
sen (siehe unten § 10). Spuren weisen darauf
hin, daß Triton in Attika und Boiotien in be-
sonderem Ansehen stand. Wir finden seinen
Namen bei dem Athener Euripides {Eur. Cycl.
263 s.) und sehen ihn im Kampfe mit Herakles
auf sehr zahlreichen attischen Denkmälern dar-
gestellt (vgl. unten § 17). Athenische Bleimün-
zen zeigen das Bild eines
Triton {Ann. d. I. 1866,
353 nr. 265. 1868, 269 s.
278 nr. 190). Wir begeg-
nen Triton i-n Lokalsagen
des boiotischen Tanagra
(vgl. unten § 10) und auf
Münzen dieser StB,dt{Arch.
Zeit. 1883, 255. 1885, 263.
Imhoof-Gardner,Numism.
comm on Paus. 114, s. uns.
Abb. 1); er wird bei dem
boiotischen Dichter He-
siod {Theog. 931 ss.) mit
Ehrfurcht erwähnt, und
der Thebaner Pindar
[Pyth. 4, 19 SS.) meint (we-
nigstens nach der Auffassung der Alten) ihn mit
dem Gotte, der den Argonauten die Erdscholle
darbietet (vgl. unten § 9). Daß die Argonauten-
sage den Triton mit Libyen und dem halb my-
thischen Tritonissee in Verbindung bringt, läßt
vermuten, daß dieser Gott bei den Griechen in
Kyrene bekannt und angeäehen war. Die bei
Dreßler, Triton 1, 6 auf Grund dieser Spuren aus-
gesprochene Vermutung, daß Triton besonders
bei den loniern und Aiolern in Ansehen ge-
standen habe, wird von Gruppe {Bursians Jah-
resber. 85 [1895], 293) zurückgewiesen, der nur
'^ ;
1) Tauagralische Bronze-
niüaze des Anton. Pius
im Brit. Mua. mit dem
Triton als Nebenfigur
unter Dionysos (nach
Imlioof-Gardncr, Numisin.
commcnt. on Paus. 114, 3
pl. X 7).
tür Kyrene und Tanagra Triton als 'sicher be-
zeugt' gelten läßt, aber doch Akragas, Thera,
Lindos und Teumessos als Kultstätten des ''ne-
ben Athena stehenden ' Triton in Anspruch
nimmt. Unhaltbar sind die Annahmen Eschera
{Triton 36—57), die auf der unerwiesenen (vgl.
Dreßler, Triton 1, 9 A. 12) Voraussetzung be-
ruhen, daß Triton als Vater der Athena gegol-
ten habe. Er meint (S. 45), 'wo die Geburt
10 der Athena lokalisiert sei' (wo also der mit
dem Athenakult in Verbindung stehende Triton-
fluß oder -see angesetzt wurde), da 'habe auch
Triton einst Verehrung genossen'. — Als Sohn
des Poseidon und der Amphitrite (siehe unten
4j 4) wohnt Triton bei seinen Eltern auf dem
Grunde des Meeres in goldenem Hause {Hesiod.
Theog. 931 ss.); wenn er das Meer durchschweift,
sind Schwämme sein Lager in der Tiefe {Paul.
Silent. in Anth. Pal. 6, 65, 7 s. Suidas s. v. Tql-
20 rcovog); das Meer ist überhaupt das Tqixoaviov
olö^icc {Orph. Hymn. 24 [23], 6), das Ungestüm
desselben wird mit ylavAoio Tglroavos a-jtsiXoci
{Anth. Pal. 7, 550, 1), die hohe See einfach mit
TqItcov {Antiphilos in Anth. Pal. 10,17,3) be-
zeichnet. Da also TqItcov geradezu für Meer
gesetzt wurde, so ist es erklärlich, daß das
■ni'jros, das Poseidon zur Bestrafung des Lao-
medon sendet, Tgircovog yivcov genannt und
Tgiroii-, wie es scheint, in der Bedeutung Po-
30 seidon gebraucht wird (von Lykophron AI. 32 ss. ;
vgl. Tzetzes ad Lyc. 34.' So »auch Suidas s. v.
TgiTcavog- UoGsidcbvog, d-ccXccaarig). Triton er-
scheint auch, jedoch nur selten und erst in
späterer Zeit, als Gottheit des sagenhaften,
vielfach nach Libyen verlegten Tritonflusses.
Bei ihm ist Athena aufgezogen worden, und
Pallas wird als seine Tochter genannt {Schol.
Ilias 8,39 [Dind. vol. 3 Cod.Ven. B]. Apollod.
Bibl. 3, 12, 3, 6). Diese Sagen verdanken wahr-
40 scheinlich ihren Ursprung dem der Athena oft
beigelegten Namen Tqitoybvsicc (vgl. unten § 23),
da ja die Pallas bei Apollodor offenbar eben-
falls Athena ist. Darum soll auch ein simula-
crum Tritons bekränzt Palladia harandine einen
Triumphwagen der Verteidigung Libyens ver-
herrlichen (Claudian. 28,374ss.), obwohl der
Gott hier nicht ausschließlich als Flußgott ge-
dacht ist (v. 379). In der Argonautensage (vgl.
unten § 9) scheint er auch zu dem gleichfalls
50 in Libyen gesuchten Tritonissee in engere Be-
jriehung gesetzt zu werden {Apoll. Bh. 4, 1588 ss.),
der in anderem Zusammenhange als von ihm
geliebt bezeichnet wird {Luc. Phars.9,ii4:7 sa.);
mit den ßvO-Loi Tgltcovog Q-älaiioi bei Constan-
tinus Manasse 2, 88 {Hercher) scheint eher der
Tritonissee als das Meer gemeint zu sein. Falsch
wäre es jedoch zu behaupten, der Triton der Ar-
gonauten sei nicht Meergott, sondern Gottheit
dieses Sees oder des Flusses Triton. Wie er bei
60 Apollonios Bhodios sich in seiner wahren Ge-
stalt zeigt, erscheint er in der aus menschlichem
Oberkörper und doppeltem Fischschwanz zusam-
mengesetzten Mischbildung (v. 1610 SS.), die den
Flußgöttern niemals gegeben wird (mit Aus-
nahme allerdings des Acheloos; vgl. jedoch Gae-
dechens, Glaukos 16). Die Bezeichnungen, die
Lykophron (886. 892) dem Triton der Argonauten-
sage beilegt, passen doch nur für einen Meergott.
1155 Triton, Tritonen Triton, Tritonen \1M\
§ 4. Triton in der Genealogie der Sohne Poseidons wurde, machte mau ihn zum
Götter. Die Selbständigkeit, die Iriton in Diener seines Vaters und daun auch der Aphio-
alter Zeit besaß, mußte verloren gehen, als er dite (als MeergOttin). Noch mehr aber mußt(
in die Genealogie der Götter eingefügt und er an Bedeutung verlieren, als die Künstler
zum Sohne Poseidons gemacht wurde, von die- und Dichter ihm ein ganzes Oeschlccht gleich
sem erzeugt mit des Nereus Tochter Amphi- artiger Wesen zur Seite stellten, wie dies beim
trite {Hesiod. T?i€og. 930s. ApoUod. Bihh 1,4, Pan und Seilenos geschehen Avar. Das Meer
6. Uygin. Fab. p. 12, 1 [Schmidt]. Tzetzes ad wurde mit den Gestalten der Tritonen belebt,
Lyc. 34. 886), ebenso wie seine Schwestern die den Satyrn, Seilenen, Panen und Keutau-
P6dTi und Bttd'satuviiri (ApoUod. Bibl. 1,4,6. lo ren des testen Landes entsprechen als 'leben-
8, 16, 4, 2). Als Enkel des Nereus heißt er dessen dige Bilder der rauschenden, tönenden, gleiteu-
yöyoff, was hier als 'Nachkomme* zu fassen ist den und wandelbaren Meorflut' (Fnller-Plcu .
(yg\. EscJier, Triton 32); Tzetees (ad Lyc. 886) Grtcc/i. il/y</<.» 1,492). Dies hindert jedoch nicht.
versteht allerdings dieses yovog als vto?. Wenn daß Triton als Einzelwesen neben ihnen weitei
derselbe ebenda sagt, AUsandros nenne Eury- vorkommt (iVbn»*. D/ow. 6,270. 294. 43,114. 149
pylos und Triton Söhne des Poseidon und der 205). In der antiken Literatur finden wir Tri-
Kelaino, so kann dies auf einem Mißverständnis tonen als Gestalten der Poesie (nicht aln Kunst-
von Schol. Find. PyHi. 4,67 beruhen, nach dem werke) erst bei Vergil {Acn. ö, 824); vorher ist
Akesandros sagt, Eurypylos sei ein Sohn des stets nur von dem Triton als Einzelwesen die
Poseidon und der Kelaino und ein Bruder des 20 Rede. Als Werke der Kunst werden Tritonen
Triton ; denn daraus fo'gt nicht mit Notwendig- zuerst in der großen Statuengruppe des Skopas
keit, daß Akesandros sich den Triton als von von PUnius (Nat. hist. 36 [c. 5J, 26) genannt;
Poseidon mit der Kelaino erzeugt dachte (wie denn die angeblichen Tgiroavss am amyklaii-
allerding^ Gruppe, Gr. Myth. 1,256 meint). sehen Throne des Bathykles (P«Msan. 3, 18, 10)
Wird 'Triton, deus maximus,' als Sohn des sind wohl noch nicht als solche aufzufassen
Neptunus und der Salacia bezeichnet (Servius (vgl. unten § 11). Aber die Vermutung, daß
ad Verg. Aefi. 1,144), so sind nur die entspre- Skopas »feuerst Tritonen gebildet habe {Dreßler,
ebenden römischen Gottheiten an die Stelle Triton 1, 10), wird, wie es scheint, durch die
des Poseidon und der Amphitrite gesetzt (vgl. in Lokroi Epizephyrioi ausgegrabenen Reste
Prdler-Jordan, Pöm. Myth.^2, 121 A. 1). Offen- so zweier Giebelgruppen widerlegt, die nicht weit
bar als Flußgott gefaßt wird Triton Sohn des über die Mitte des 5. Jahrhunderts herabzu-
Okeanos und der Tethys genannt (iS^a^ahs Co^»es, setzen sind (vgl. unten § 24,4). Da jede dieser
Mythol. 8, 3 p. 819 der Ausg. von 1620] nach Gruppen einen Triton enthielt, so ist vielleicht
^Numenius in libro de piscationibus\ — Es ist anzunehmen, daß schon vor Skopas Tritonen
nicht nötig, dies mit Escher [Triton 34 f. 57] dem Triton zur Seite gestellt worden sind.
auf den mit dem Namen des Triton bezeich- Aus der Kunst nehmen die Schriftsteller diese
neten Nil [Apoll. Hh. 4, 269 und Schol. dazu Gestalten in ihre Werke auf; vielleicht ist der
(Hermippos). Plin. Nat. hist. 5 (c. 9), 54] zu be- Name Tritonen für derartige Wesen erst auf
ziehen. Wenn Triton zusammen mit Nereus diesem Wege in die Volkssage eingedrungen
uns in der Gigantenliste des Joh. Tzetzes {Abh. 40 (Pat^sa«. 8, 2, 7. 9,21,1. Plin. Nat. hist. 32 [c. 11 \y
d. Berl. Äk. 1840, 147 ff. v. 92) begegnet, so ist 144; vgl. Tacit. Ann. 2, 24).
mit Mctx. Mayer {Giganten u. Titanen 260) zu § 6. Die Gestalt Tritons und der Tri-
sagen: 'Nereus undTriton sind für uns Nonsens.' tonen. In der Schilderung derselben schließen
Außer der oben erwähnten Tochter des als sich die Schriftsteller natürlich an die durch
Flußgott gefaßten Triton, Pallas, wird als Toch- die Kunst ausgebildeten Typen an (vgl. unten
ter Tritons Tritaia genannt {Paus. 7,22,8s.), § 12—15). Nie dachte man sich Triton in voller
die Priesterin der Athena gewesen sei und Menschengestalt, immer geht er von den Hüf-
später selbst göttliche Ehren genossen habe ten ab in einen oder zwei Fischschwänze über.
{Gruppe, Gr. Myth. 2,1204 Anm. 1, nennt sie Wenn Ovid {Her. 7,498.) den Triton mit Ros-
'Hypostase der Athene'). Allerdings scheinen 50 sen fahren läßt, so ist dies eine sicher auf
Pallas und Tritaia Gestalten zu sein, die sich Vermischung Tritons mit einem anderen Meer-
von Athena gleichsam losgelöst haben, und gotte beruhende Ausnahme (vgl. Gaedcchens,
daß sie Töchter des Triton genannt werden. Glaukos 19 f.). Darum wird er ein x?)ros ge-
geht vielleicht auf den Beinamen Tritogeneia nannt {SchoU. Apoll. Rh. 4,1619), vypov tigag
der Athena zurück. Aber die dann vorauszu- {Aelian. de nat. an. 13,21), dL^OQq>os (Lyc. AI.
setzende Auslegung desselben 'von Triton ge- 892), semifer {Claudian. 10, 145; Apoll. Sid.
zeugt' kann eine spätere, vielleicht auch lo- Carm. 11,38), ScvSgocpvrjg ccTÜsarog an i^vog
kale, mißverständliche Auffassung sein. Man ^yx^oog ix&vg {Nonn. Dio7t. 36 , 94:) , ccTt' t^vog
darf aus diesem Beinamen nicht mit Escher axgi yMgi^vov ijiiLtEX^g {Nonn. Dion. 43,207 8.),
{Triton 27 ff.) schließen wollen, daß Triton in 60 seine Gestalt — ßgotoei8r]g ScXXo(pvr}g x^odovca
einer weit zurückliegenden Zeit als Vater der {Nonn. Dion. 43, 206 s.), sein pcctu8 semiferum
Athena gegolten habe, da keine Spur der Über- (alvus desinit in pristim Verg. Aen. 10,
lieferung dies bestätigt. Triton soll ferner mit 2118.), die fiopyat derTritonen -ö-r^porvTrot (Or/>»//.
der Hekate die Krataiis gezeugt haben {Schol. Hymn. 24 [23], 48.), sie selbst pistrigeri {Apoll.
Odyss. 12, 124), auch erscheint er als Vater der Sid. Epist. 4, 8, 5 — Triton hier kollektiv). Der
Skylla {Eustath. ad Odyss. 12, 86). doppelschwänzige Tritonentypus wird von
§5. Sinken der Bedeutung Tritons, Schriftstellern mehrfach ihren Schilderungen
Auftreten der Tritonen. Als Triton zum des Triton wie der Tritonen zu gründe gelegt
llöT Triton, Tritonen Triton, Tritonen 1158
Apoll. Bh. -i, 1613ss. II. Schol. (la/-u. (Vci.y ./; ^...>.;; Uarum heißt er seibat canorus (Ooid
Hut. (l. 1, 28, 78. Noiui. Diou. 6, 270«. [36, 1)38. Met. 2,8), iinvta (laut tönend — Aelian. de nat.
(la<,^e«,'en ist Triton eiuHcliwänzig]. 43,114.20688. an. 13,21). Ja er ertrankt aus Eifersucht den
Apoll. Sid. Carm. W.d^s.); auch die Gcstaltunj^ Misenus, der es ^ewa^'t hat, gleich ihm das
eines Seekeutauren (vijl. unten § 13) wird dem Meer von de« Tönen einer hohlen Muschel
Triton zugesprochen (Tzetzcs (id. Lyc. 34. 886; widerhallen zu lassen (Verg. Am. «, 171 ss.).
Claudian |1(), 144hsJ scheint ihn als Seeken- Mit ihren KUlugen setzt er das Meer in Schrecken
tauren mit Stiertußen zu denken; vgl. Jioschar (Fmy. Jen. 10, 201) s.), ihr gewaltiger Ton dient
in diesem Lex. Bd. 2, 8p. 1)2, Z. 51 ff.). Der Für- ihm gleichsam als Waffe; denn er soll eine
bung seines Elementes gemäß wird Triton cae- lo Muschel ausgehöhlt und mit ihrem noch nicht
ruleus genannt {Ovid. Met. 1,3.-I3. 2.8), seine gehörten Klange die gegen Zeus kämpfenden
i^vg (Weiche) — x^ot^r] grünlich (Noun. Dimi. «liganten in die Flucht gejagt haben (Ilygin.
6, 2i)3), ebenso die vSchwänzc {ölntvxo^ ovqtj) Astr. '2,2S). Rascher bemerkt Berl. philol.Wo-
der Tritonen — ^yxXoog (Nohh. Dion. ij, 210 a.). chenschr. 1893, 21 f., 'daß diese Erzählung bei
Sein Haar ist bald über der Stirn emporge- Hygin nur eine Variante des astronomischen
sträubt (Verg. Aen. 10, 210s. Lucian. Timov Mythus vom Aigokeros (Aigipan) ist' (über
64 [D/xr/.]), bald lang herabhängend und schwer diesen Mythus vgl. Röscher, Fleckeisens Jahrb.
vom W'dssev {Claudian. 10,145), auch mit einem 1895, 333 ff.), 'wonach Pan beim Kampfe gegen
Schilf kränze geschmückt (Claudian. 28, 378); die , Titanen' die Muscheltvompete erfindet
wegen seines starken Bartes heißt er svgvys- 2ü und durch deren gewaltigen Schall die Götter-
vsiog {Nonn. JJion. 0,294. 36,93. 43,205; vgl. feinde in (panischen) Schrecken jagt. Die Va-
Ooid. Met. 1 , 339). Weiter wird er squameus riante bei Hygin 2, 23 hat man sich einfach
genannt (Apoll. Std. Carm. 11,34); die Rauheit aus der Auffassung des Aigokeros (Capricornus)
seiner Erscheinung wird noch erhöht, wenn als Triton (statt als lischschwänziger Bock oder
sein Rücken oder seine Schultern mit Muscheln Pan) zu erklären, eine Verwechselung, die umso'
bedeckt sind {Ooid. Met. 1,332. Claudian. 10, leichter ^eintreten konnte, je häufiger der pa-
136ss. 144s. 150); Pollux (4,142) nennt unter neske (gehörnte) Typus der Tritonen vorkommt',
den ngÖGcüTCCi rgayi-aä auch Tgitcov. Über die Hörner von Tritonen vgl. unten § 15.
Eine Schilderung (Pausan. 9, 21, 1), die den — Anderseits erschrickt Triton voj dem Getön
Tritonen der Sumpfpflanze ßargdxiov ähnliche 3o der Tuben einer Seeschlacht, das mit dem
Kopfhaare, durchgängige Bedeckung des Kör- Klange seiner Muschel wetteifert {Sil. It. 14,
pers mit dünnen Schuppen, Fischkiemen unter- 371 ss.). Mit dem cantus derselben geleitet er
halb der Ohren, breiten Mund und tierische nach der Schlacht bei Actium den siegreichen
Zähne zuschreibt, knüpft an die Beschreibung Augustus über das Meer, einstimmend in den
von Fischmumien an (vgl. unten § 10) und ent- Beifall der Meeresgöttinnen (Fropert. 4, 6,61s.
spricht nicht sowohl den Schöpfungen der [Hertzberg]).
Kunst als den Schiffersagen. § 8. Triton und die Tritonen als Die-
Sehr begreiflich ist es, daß Triton vygbg ner des Poseidon, der Aphrodite und
o^LTTig genannt {Nonn. Bion. 6, 294) und die der Nereiden; Triton und Skylla. Vgl.
Tritonen gerühmt werden wegen ihrer Fähig- 40 unten § 18. 20 — 22. 25 f. 28. Triton erweist sich
keit zu schwimmen und Lasten zu tragen (Jni/<. dem Poseidon dienstbar namentlich mit der
Pal. 11,494,5s. = Lucian. epigr. 28). Zwar wur- Muscheltrompete. Durch ihren gewaltigen Klang
den sie unter die beluae des Meeres gerechnet ruft er auf das Gebot Poseidons bei der Deu-
(Plin. Nat. hist. 32 [c. 11], 144), aber doch re- kaiionischen Flut die Wogen des Meeres und
deten sie, wie die Sage erzählte, mit mensch- die Gewässer des Landes in ihre Grenzen zu-
licher Stimme und bliesen auf durchbohrten rück {Ovid. Met. 1 , S?jO ss.) , durch ihn unter-
Muscheln (Pawsan. 8, 2, 7). Freilich fehlte es- in stützt er Poseidon im Kampfe mit anderen
späterer Zeit auch nicht an Stimmen, die Ge- Göttern (iVonw. D/ow. 36, 93. 43,205). Als dieser
stalten dieser Art für nicht existierend erklär- mit anderen Gottheiten des Meeres den Zeus
ten {Etym. Gud. s. v. ndaXov; vgl. luven. Sat. 50 bei der Entführung der Europe geleitete, blies
14, 283, auch Aelian. de hat. an. 13, 21). Cicero Triton letzterem das Hochzeitslied {Nonn. Bion.
{ad Att. 2,9, 1) nennt im Scherz die Liebhaber l,61ss.). Als Diener Poseidons erscheint Tri-
von Fischteichen piscinarum Iritones. ton ferner, wenn er mit diesem Schiffe des
§ 7. Attribute Tritons und der Tri- Aeneas von Klippen löst (Verg. Aen. 1,144s.),
tonen. Vgl. unten § 16. Viel häufiger als der wenn er den Gott auf die Schönheit der Amy-
Dreizack {Accius bei Cicero de nat. d. 2, 35, 89) moue aufmerksam macht und dann die Jung-
wird dem Triton, wie bisweilen auch anderen frau rauben hilft; er hat die Rosse an den
Meergöttern (Nereus, Phorkys, selbst der Skylla, Wagen Poseidons anzuschirren und über die
vgl. Jahn, Sachs. Per. lS6i, no A. 39. Gaede- Delphine als Träger des Gottes zu gebieten
chens, Glaukos 21), von den Schriftstellern die 60 {Lucian. Bial. mar. Q. — Vgl. Martial. Lib.
gewundene, unten durchbohrte Trompetenmu- Spectac. 28,5s. [Friedl.], wo an ein Standbild
schelals Attribut beigelegt (jLwc.P/iars. 9, 347 SS. [vgl. unten § 31] des Triton zu denken ist). In
Plin. Nat. hist. 9 [c. 5J, 9. Claudian. 10, 129 ss.). demselben Verhältnis stehen natürlich auch die
Indem er ihr bald furchtbare, bald liebliche Tritonen zu Poseidon; ihnen befiehlt er, die
Klänge entlockt, erscheint er als Sinnbild der Leto durch das Meer nach Delos zu tragen
bald machtvoll tosenden, bald leise rauschen- {Lucian. Bial. mar. 10,2), im Kampfe mit Dio-
den Meerflut. Sie ist ihm, wie den Tritonen nysos die Bakchantinnen zu fesseln {Nonn.
gewohnt und vertraut {f]d-d? — Nonn. Bion. 6, Bion. 43, 149); sie mischen sich unter sein aus
1159 Triton, Tritonen Triton, Tritonen 1160
niederen Gottheiten des Meeres und Seeunge- Schon Pindar (Pyth. 4,1988.) erwähnt, daß im
heuern bestehendes Gefolge, wenn er auf sei- Ausflüsse des Tritonissees der Argonaut Euphe-
nem Wagen über die Fluten dahinfährt {Ver^. mos eine Erdscholle als Gastgeschenk erhalten
Äen. 6, 81788 ; bei Statins [ÄchiU. 1.548.] hei- habe von dem Gotte (nämlich Triton, wie ho-
ßen sie armigeri als Diener und Begleiter Nep- zeugt wird Schol. Pind. Pyth. 4, 49. Schol Eur
tuns, an Waffen in ihren Händen ist hier schwer- Orest. a64. Schol. Apoll. Rh. 4, 1552. Tzetzes ad
lieh zu denken). Das taten sie, als er seinem Lyc. 754), der einem Manne gleichend kIcIi
Bruder bei der Entführung der Europe voran- Eurypjlos, Sohn des Poseidon, genannt habe.
zog {Lucian. Dial. mar. 16,8. — Jahn [Sachs. Studniczka {Kyrene 105 f.) zeigt allerdings in
Ber. 1864, 185] bemerkt, daß derartige Schil- lo sehr beachtenswerter Weise, daß bei Pmdar
dernngen sicherlich unter dem Eindrucke von unter dem in der Gestalt des Eurypylos den
Kunstwerken gemacht sind), sie bliesen bei die- Argonauten erscheinenden Gotte, den schon die
sem Liebesabenteuer als Diener des Meerbeherr- Alten, als Triton aufgefaßt haben, Aristaios
Sehers das Hochzeitslied {Mosch. Id. 2,11788.). ein iTauptgott von Kyrene, zu verstehen sei
Ebenso wie dem ernsten Beherrscher des dieser sei später verkannt, durch Triton er
Meeres dienen Triton und die Tritonen der setzt und von diesem auch in der Pindarexe-
lieblichen Aphrodite, in der bisweilen die gese verdrängt worden.
heitere Anmut des Meeres zum Ausdruck Sodann berichtet -öerotioi (4, 179): Jason sei
kommt. Ti-iton tr> die Göttin auf seinem durch den Nordsturm in die untiefen des Tri-
Fischleibe, wenn sie über die Wogen dahin- 20 tonissees getrieben worden. Als er hier den
zieht {Nonn. Dion. 1,59. Claudian. 10, 127 8s. Ausweg nicht finden konnte, sei ihm Triton
ApoU. Sid. Carm. ll,348s.). Oder Tritonen um- erschienen und habe ihm gegen das Verspre-
schwärmen sie dabei in Scharen zugleich mit chen, ihn aus seiner Not retten zu wollen, einen
niederen Gottheiten des Meeres; sie geleiten Dreifuß abgefordert. Dann habe er sein Ver-
die Göttin auf ihrem Zuge zum Okeanos mit sprechen erfüllt und den Dreifuß in sein Hei-
den Klängen der Muscheltrompete {Apul. Mei. ligtum (vgl. Sp, 1153) gesetzt: auf dem Dreifuße
4 p. 308s. [Hild.]'. zwei ziehen ihren Wagen, sitzend habe er geweissagt, wenn ein Nach-
einer beschattet sie mit dem Sonnenschirm, ein komme der Argonauten diesen in seine Ge-
vierter hält ihr einen Spiegel vor). Bei der Ent- walt bekäme, so würden nach der Bestimmung
führung der Europe werden unter dem ge- so des Schicksals 100 hellenische Städte um den
staltenreicheu Geleite des Zuges auch zwei Tri- Tritonissee her gegründet werden. Deshalb
tonen genannt, die Aphrodite auf einer Mu- hätten die libyschen Bewohner des Landes den
schel tragen {Lucian. Dial. mar. 15, 3), eine Dreifuß verborgen
Dienstleistung, die auch sonst erwähnt wird Während der Gott Pindara eigentlich nur
{ApoU. Sid. Epist. 4, 8, 5 — Triton kollektiv ge- von seinen Erklärern Triton genannt wird und
braucht). der Bericht Herodota mehr auf einen mit dem
Triton (Oi?kJ. 3fei. 2, 5 SS.), wie Tritonen (Fcr^r. Namen Triton bezeichneten Gott der Libyer
Aen. 5, 8178S. Lucian. Dial. mar. 15,3. Apul. paßt, bezieht sich die Erzählung des Apollo-
Met, i: p. SOS 8. [Hild.]. Dracont. Carm. prof.l., nios Rhodios geradezu auf den griechischen
14588. — Tritonis alumni = Tritonen) erschei- 40 Triton. Er berichtet (4, 1537 8s.): Den Argo-
nen besonders bei den mehrfach erwähnten nauten, die den Ausweg aus dem Tritonissc«'
Seezügen in Gesellschaft der Nereiden und nicht finden können und deshalb den Lande.s-
treten mit diesen 'Huldinnen' des Meeres in göttern einen Dreifuß am Ufer aufgestellt ha
nähere, namentlich erotische Beziehung. So ben, erscheint Triton in Gestalt eines jungcii
hören wir den Triton der Iphianassa und Do- Mannes, bietet den Helden eine Erdscholle als
ris von Perseus erzählen [Lucian. Dial. mar. Gastgeschenk dar und nennt sich Eurvpylos,
14), wir sehen, wie er bei der Deukalionischen in Libyen geboren, Beherrscher des Küsten-
Flut Thetis trägt {Nonn. Dion. 6, 293s.), wie landes {Schol. Pind. Pyth. ■i, 49: Triton erschien
er die Kymothoe mit seiner Liebe verfolgt in der herrlichen Gestalt des Eurypylos, des
{Claudian. 10, 136 ss.; vgl. unten § 28; Kymo- 50 Königs von Kyrene) und nach dem Willen sei-
thoe und Triton verbunden auch bei Verg. Aen. nes Vaters Poseidon kundig jener Gegend des
1, 1448.). Hingebender zeigt sich ihm Galateia Meeres. Dann zeigt er ihnen den Aufgang in
{ApoU. Sid. Carm. 11, Sl SS.). Ebenso lassen sich das Meer und scheint mit dem Dreifüße in
diese Töchter des Nereus gern von den Trito- dem See zu verschwinden. Als darauf Jason
nen tragen {Orph. Hymn. 24[23], Iss), die als ein geopfertes Schaf in das Wasser wirft und
ihre Liebhaber gelten {Claudian. 19,67 8.; vgl. den unbekannten, hilfreichen Gott anmft,
Dracont. Carm. prof. 2, 33 8.). taucht Triton in seiner wahren Gestalt mit
Eine späte Sage (ProÖMS m Ferp. .Bttc. 6, 74) dem Oberkörper eines Gottes, der von den
erzählt, daß Triton Liebhaber der Scylla, der Weichen ab in einen zweiteiligen Fischschwanz
Tochter des Phorcus und der Crataeis gewesen 60 übergebt, aus dem Wasser auf und zieht das
sei. Als aber diese den Neptunus an seine Schiff in das Meer hinaus. Ihm und dem Po-
Stelle gesetzt habe, da habe er mit einem Zau- seidon errichten die Argonauten Altäre da, wo
bermittel, das ihm Circe gegeben, die Stelle sie in das Meer gelangt sind. Die Scholle
des Meeres vergiftet, durch die Scylla zum wird infolge eines Traumes, in dem sie sich
Neptunus zu gehen pflegte. So sei diese zu in eine Jungfrau verwandelt und Triton und
ihrem Delphinschwanz und den ihre Hüften Libye als ihre Eltern nennt, von Euphemos ins
umgebenden Hunden gekommen. Meer geworfen; es entsteht aus ihr die Insel
§ 9. Triton in der Argonautensage. Kailiste, das spätere Thera.
1161
Triton, Triton en
Triton, Tritoneu
1162
Bei Lykophron (886 ss.), der m« n an //«-
rodot au/uschließen scheint, schenkt Medeia
dem Triton einen goUlenen Mischkessel , weil
er den Arpfonauten den Wetif für ihr Schitt"
<lurch en^^e Klippen <^ezeitft hat. Der Gott
wiederum weissagt, die Griechen würden die
llerrschalt über das Land Libyen erlangen,
wenn jener Mischkessel in die Hände von (irie-
chen käme; deshalb würden die Asbystai ihn
verbergen.
In euhemeristischer Weise gestaltet die Sage
IHodor (4,56,6): Die Argonauten seien in die
Sjrten verschlagen worden (nach Schol. Apoll.
Eh. 4 arg. scheint es, als trügen die Argonau-
ten auf den Rat Tritons ihr Schiff aus der li-
byschen Syrte in den Tritonissee) und hätten
vom Triton, dem König von Libyen, die eigen-
tümliche Beschaffenheit des Meeres erfahren.
Der Gefahr entronnen, hätten sie ihn mit einem
Dreifuße beschenkt, der sich bis auf die neue-
ren Zeiten bei den Euesperitae erhalten habe.
Verwandte Züge der Sage sind es, wenn
der Halios Geron der Byzantier (vgl. dieses
Lex. Bd. 1, Sp. 1821) als Führer des Jason und
der Seinen durch den Bosporos genannt wird
{Dionys. Byz. de Bosp. nav. ed. Wescher p. '20),
und wenn Glaukos in Tritonengestalt den Ar-
gonauten weissagend erscheint (vgl. Gaedechens,
Glaukos 7 8 f.).
§ 10. Triton in den Sagen von Tana-
i^-ra. Triton erscheint auch in den Lokalsagen
der boiotischen Stadt Tanagra {Pausan. 9, 20, 4 ;
vgl. die Sp. 1153 angeführten tanagraiischen
Münzen, die unter dem Standbilde des Diony-
sos einen fischschwänzigen Meergott zeigen).
Man erzählte, die Frauen der Tanagraier seien
vor dem Feste des Dionysos (und zwar des
Jiovvoog nsXccyiog, wie Maaß [Hermes 23, 70 ff.]
gezeigt hat; derselbe weist auch auf die Par-
allele hin, welche die Sage vom Meergott
Glaukos bietet, der sich auf Naxos in Ariadne
verliebt und von diesem See-Dionysos bezwun-
gen und gefesselt wird) an das Meer hinab-
gestiegen, um die heiligen Waschungen vorzu-
nehmen. Als sie schwammen, habe Triton sie
angefallen, Dionysos aber habe ihr Gebet um
Hilfe erhört und Triton im Kampfe überwun-
den. Wernicke (Jahrb. d. Ärch. I. 1887, 116 f.)
sieht in dieser Erzählung eine Andeutung von
der Verdrängung eines älteren Kultus des Meer-
gottes (^des Poseidon oder seiner Hypostase
Triton') durch den jüngeren Kultus des Diony-
sos; vgl. auch Gaedechens, Glaukos 148 und
E. Curtius, Ber. d. Berl. Ak. 43 (1890), 1149.
Nach dem Berichte des Demostratos (bei
Aelian. de nat. an. 13, 21) und des Pausanias
(9, 20, 4) zeigte man im Tempel des Dionysos zu
Tanagra als merkw^ürdiges Schaustück (d-av^icc,
vgl. Wolters, Arch. Zeit. 1885, 265 f. Wernicke
a. a. 0. 114. Preuner, Bursians Jahresher. 25,
248) die kopflose Mumie eines Triton (einen
anderen Triton — wohl auch eine Fischmumie
— hatte Pausanias [9, 21, 1] in Rom gesehen).
Dieses Q^av^a hatten die tanagraiischen Dio-
nysospriester vermutlich aus einem dazu ge-
eigneten Fische {Plinius, Nat. hist. 32 [c. 11],
149. 151 erwähnt einen FischHriton' aus dem
Geschlecht der pelamides), dem sie den Kopf
RoacHBR. Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V.
iib^tiiiiiiifii, liergestellt, um die erwäluite Suge
zu veranschaulichen (TF<"mic/.y' a. a. 0. 117). Da-
durch entstand vielleicht die rationalistische
Umbildung der Sage, die J'ausanias ebenfalls
mitteilt (9,20,5): Triton habe zum Meere ge-
triebenes Vieh geraubt und auch leichte Fahr-
zeuge angegriffen, bis ihm die Tanagraier einen
Mischkrug mit Wein hinstellten. Von dem Dufte
augezogen, sei er sogleich herbeigekommen,
10 habe getrunken und sich schlafend auf das
Ufer hingestreckt. Ein tanagraiischer Mann
habe ihm mit dem f^eile den Hals durchge-
hauen, deshalb habe er keinen Kopf. Weil
jener ihn, diese Trunkenheit benutzend, erlegte,
glaubte man, er sei von Dionysos getötet wor-
den. — Daß man sich die Tritonen (wie die
Kentauren) als Liebhaber des Weins dachte,
zeigt Philostr. Im. 1, 25. Eine Parallele aus
der steiermärkischen Sage ist in diesem, Lex.
to Bd. 1, Sp. 1067 angeführt.
In der tanagraiischen Sage erscheint hier-
nach Triton als ein Schaden bringendes Wesen,
während er in der Argonautensage und sonst
(vgl. Sj). 1153) sich hilfreich zeigt. Daß man
den Gedanken des Frauenraubes schon in alter
Zeit mit derartigen Meerwesen verknüpfte, zei-
gen zwei flschschwänzige Daimonen an einem
archaischen Bronzehenkel im Louvre (abge-
führt von Furtwängler, Goldfund 26 A. 3), die
:jü je eine Frau geraubt haben — Tritonen sind
sie wohl noch nicht zu nennen (vgl. unten § 11).
Daß aber auch in späterer Zeit dem Triton
oder den Tritonen erotische Gewalttätigkeit
zugetraut wurde, beweist die unten § 28 be-
sprochene Marmorgruppe im Vatikan (Helbig,
Klass. AUerthümer in Bom^ 105 nr. 184).
n. Triton und die Tritonen in der Knnst.
§ 11. Ursprung des fischschwänzigen
40 Typus der Meerdaimonen. Daß dieser
Typus der semitisch - orientalischen Kunst
entstammt, läßt sich kaum bezweifeln. In
Gaza und an anderen Orten des philistäi-
schen Landes wurde der Gott Dagon in einer
Gestalt verehrt, die als Rumpf einen Fisch-
körper , aber Kopf und Hände eines Men-
schen hatte {Stark,
Gaza2ASS.v.Bau-
dissin. Zur sem.Be-
50 ligionsgesch .2,177).
Diesen Gott glaubt
man auch inRelief-
daratellungen ge-
funden zu haben,
die den Resten des
Palastes des assy-
rischen Königs Sar-
gon angehören und
eine oben mensch-
60 liehe, von den Hüf-
ten alD flschschwän-
zige Gestalt zeigen
{Botta-Flandin, Mo^i. de Ninive 1 pl. 32. 34, s.
uns. Abb. 2). Ebenso wurde auch die dem Da-
gon verwandte, an der philistäischen Küste ver-
ehrte Derketo als Weib dargestellt, dessen untere
Hälfte ein Fischschwanz bildete {Lucian. de Syr.
dea 14). Mehrfach zeigen babylonische undassy-
38
2) Flschschwänzige Gottheit (Da-
gon?) aus einem Bas-relief dea
Palastes des Sargen (nach Botta-
Flandin, Monum. de Ninice 1 pl.32).
1163
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
116-4
S) Drei „Tritonen" (f) auf einer gr Am- jq
phoim «na Ccrretrl In Rom, Con»< : nach
Rom. Mitt, 2 [1887), 178, :: 1^;. . , J,.
rieche Siegel solche aus Mensch und Fisch zu-
sammengesetzte Gestalten (vgl. Furttcängler,
Abh. d. Berl. Ak. 1879, 98; weitere Nachweise
bei Dreßler, Triton 1, 16 A. 8. 11). — Dagegen
muß der Triton der persischen Münze bei Mioii-
net, Suppl. 8,428,40 wegen der beiden Beine
vorn am Körper wohl als eine Nachbildung des
Seekentaurentypus angesehen werden. Ein See- 20
kentaur findet sich auch auf einem orientali-
schen Siegelst«in aus der Zeit der Sassaniden
{ChabouüUt, Camees et Pierres gr. de la Bibl. Jmp.
nr. 11 37). Der Typus solcher fischschwänziger
Gestalten scheint nicht nur durch die Phoini-
ker, sondern auch von Kleinasien aus den Grie-
chen überliefert worden zu sein, und zwar wahr-
scheinlich durch die lonier etwa im 8. Jahrhun-
dert (nach Ftiriicän^fkr, Goldfund 2b; in diesem
Lex. Bd. 1, Sp. 2193). Beachtenswert für den so
Übergang desselben in die griechische Kunst
sind zunächst zwei Gefäße einer Klasse sicher
sehr alter griechischerVasen (vgl. Dümmler, Rom.
Mitth. 2 [1887], 171 ff.). Der fischschwänzige
Mann auf dem einen (bei Dümmler nr. 17 S. 176.
185) wird den fischschwänzigen Wesen auf den
orientalischen Siegelsteinen nachgebildet sein,
die drei Männer auf dem anderen (a. a. 0. nr. 2
S. 172. 186 Taf. 8, 2 — s. uns. Abb. 3), an deren
vollständig menschlich gebildeten Leib in der ^0
Gegend des Gesäßes ganz unorganisch ein Fisch-
schwanz angehängt ist, haben ihr Vorbild in
assyrischen Gestalten, die eine übergestülpte
Fischhaut wie einen Mantel tragen oder we-
nigstens einen Fischschwanz neben den mensch-
lichen Beinen zeigen (vgl. Dreßler, Triton 1,
16 A. 8). Eine archaische Gemme von der Insel
Melos {Athen. Mitth. 11 [1886], 172 [10]. 174 —
s. uns. Abb. 4) läßt in der Beflügelung des fisch-
schwänzigen Meergreises phoinikischen Einfluß ^o
erkennen ; für diese hatten die Phoiniker über-
mäßige Vorliebe. Zahlreiche Münzen der von
einem Phoiniker erbauten Stadt Itanos auf
Kreta {Steph. Byz. s. v.; vgl. Dreßler, Triton 1,
17 A. 12) zeigen den Fischdaimon als Haupt-
figur (siehe unten § 31). Auf ein hochaltertüm-
liches Terrakottaidol {Heuzey, Fig. ant. de terre
cuite pl. 17, 1 — s. uns.
Abb. 5 ; vgl. Dreßler a.
a. 0. A. 13) aus einem 60
Cy^ ' tanagraiischen Grabe
y sind wahrscheinlich
nach einer importier-
, ten Vorlage zwei Fisch-
4) Geflügelter Meergreis auf ^aimonen aufgemalt,
einer archaischen tremme ans , . , P •,
der ältesten griech. Nekropoie Symmetrisch einander
auf Melos (nach Athen. Mitt. zugewendet. Wie auf
11 [1886] Taf. 6 nr. 10). einem der oben an-
\
geführten Siegel steine (Lajard, CulU de Mithra
pl. 62, 2'»). Ähnlich aufzufassen sind wohl die
Tgiroivsg {Pausan. n . IS , 10) an dem Throne
des Apollon in .\niyklai, einem Werke de
Hathykles aus Magnesia in Kleinasien; an
eine Verdoppelung des Triton ist in der Ent
stehungszeit dieses Denkmals (nach Orerheci
Plastik'^ 1,74 vielleicht die Mitte des 6. Jahr
hunderts) kaum zu denken, noch weniger
natürlich bei dem Idol von Tanagra. Wie die
Daimonen dieses Idols wird man auch die bei-
den fischschwänzigen Gestalten unterhalb der
Henkel einer schwarzfigurigen Amphora {Ger-
hard, Vasenb. Taf. 317 f.) zu beurteilen haben,
da in der schwarzfigurigen Vasenmalerei Triton
noch durchaus als Einzelwesen erscheint, und
wohl auch die zu je zwei an drei Bronzehen-
keln der archaischen Kunst erscheinenden Fisch
daimonen (angeführt von Furtwängler, Gold
fund 20 A. 3). An einem derselben i^im Bril
Mus.; Journ. of hell. Stud. 6, 284 pl. D — ^
uns. Abb. 6 ; wahrscheinlich Replik davon .
Gerhard, Neapels ant. Bildw. 1, 235) sind diese
mit einem bis gegen den Nabel reichenden Gf'-
wande bekleidet, ähnlich wie auf einer schwär/.
Hgurigen attischen Schale älteren Stils {Furi
wängler, Antiqiiarium nr. 1755) Triton mit kur
zem, engen Chiton dargestellt ist. Man könnt«
bei diesen Bronzehenkeln auch daran denken,
der Künstler habe um der Symmetrie willen
die Gestalt des Triton wiederholt. Ähnlich
verwendet ist wenigstens der Fischdaimon an
einer sehr alten Schüssel (^Furtwängler, Anti-
quarium nr. 1639), er komnat dort als Bestand-
teil einer mehrfach wiederholten Gruppe von
sechs Figuren mehrfach vor (vgl. Dreßler, 'Triton
1,10 A. 6).
§ 12. Verwendung des fischschwän-
zigen Typus in der Kunst. Er wurde für
die Darstellung mehrerer Seegötter niederen
Ranges verwendet. Der Halios Geron ist in
alter Zeit so gebildet worden (vgl. Furticängler.
Abh. d. Berl. ^^^ 1879, 97;
unten § 17), doch scheint bei
ihm die ganz menschliche
Gestaltung durchgedrungen
zu sein; bei Nereus war sie
die Regel, wenn auch bei
ihm die halbtierische Bildung
in einigen Fällen nicht zu
bezweifeln ist (die Nachweise
hierzu bei Dreßler, Triton 1,
15 f. 18). Daß die letztere
auch dem Glaukos zukam,
ist wohl bezeugt (siehe dieses
Lex. Bd. 1, Sp.l685). In den
meisten Fällen aber scheint
man in den fischschwänzigen
Gestalten der Kunst den Tri-
ton oder Tritonen sehen zu
müssen (über das Auftreten
der letzteren in der Kunst
siehe Sp. 1156), wenn auch mit
Ausnahme der der ältesten ^^^^ Terrakottaidol
Zeit angehörenden Denkmä- im Louvre aus einem
1er (7 R des RprlinPr Piriax tanagraiischen Grabe
ler {z. ß. aes berliner rmax, .^ Eeuzey, Fi,
der nach Wiltsch [Progr. v. ^„^^ ^e terre cuite >i
G. Zittau 1901, 10 : vgl. Jahrb. louvre pi. 17, i).
5) Hochaltertümli-
1165
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1166
(/. Arch. I. 1897, 27] aus den
JSruchstücken Inventar nr. 82
und Furtwängler, Aniiqua-
rium nr. 654 u. 781 besteht,
des Pinax ebd. nr. 485, des
Aryballos ehd. nr. 1079, die
sämtlich korinthisch sind und
'den äl teste Q Gattungen' an-
gehören, endlich des dem
archaischen korinthischen
Stil angehörenden Alabastron
Bull. d. I. 1870, 70). Darauf
führen außer den oben (Sp.
1156) angeführten Zeugnissen
von Schriftstellern auch sie- e) Bronzehenkel mit zwei Tritonen im Brit. Mus. (nacli Journ. of hell. Stud. 6, 284 pl. D).
ben Monumente, auf denen
ein fischschwJlnziger Meerdaimon durch Bei- zahl der Denkmäler den Fischkörper die mensch-
schrift des Namens als Triton bezeichnet liehen Teile überwiegen (z. B. Furtwängler y
wird: a) drei schwarzfigurige attische Vasen: Antiquarium nr. 1079. 1639. 1676; Goldfund
1. Furtwängler, Antiquarium nr. 1906; 2. Brönd- 20 12. 43 f.; vgl. die attischen Vasen mit dem
sted, Descr. of the vas. of Campanari nr. 7 Kampf des Herakles und Triton unten § 17).
(nach Stephani , Compte-Bendu 1867, 21 A. 5);
3. De Witte, Descr. d'une coli, de vases {Catal.
etr.) nr. 84. — b) zwei rotfigurige Vasen:
1. Journ. of Phüol. 7, 2158s.; 2. Klein, Euphro-
nios 182 ff. — c) Vasenfragment: Jahrb. d.
Arch. I. 1887, 116 A. 3 (vgl. unten § 22). -
d") Mosaik von St. Bustice aus dem 3. oder
4! Jahrhundert n. Chr. Bull. d. 1. 1834, 157 ss.
Allerdings muß man in der orientalischen Kunst
schon früh dazu fortgeschritten sein, daß man
den Menschenkörper mehr zur Geltung kom-
men und bis in die Hüftgegend reichen ließ. '
Auch für diese Bildung finden sich Beispiele
In der archaischen griechischen Kunst, «o
Gerhard, Vasenb. Taf. 317 f. Furtwängler, An-
tiquarium nr. 485. 1755; aucb aus einer Ver-
Es enthält vier durch Beischrift als Triton, so gleichung der Triton- Gestalten in den unten
Glaukos, Borios und Nynphogenes (sie) be-
zeichnete fischschwänzige Meerdaimonen. Hat
der späte Künstler die beiden letzten Namen
willkürlich erfunden, oder hatten die Alten
noch mehr derartige Wesen geschaffen, als wir
durch die literarische Überlieferung kennen?
Ein ganz menschlich gebildeter Triton ist in
der Kunst nicht nachzuweisen (in betreff der
Literatur vgl. Sp. 1156). Daher hat man sich
§17 erwähnten Giebelgruppen aus Porös geht
hervor, daß in der archaischen Kunst der höhere
wie der tiefere Ansatz des Fischleibes vorge-
kommen ist (vgl. Wiegand, Die archaische Foros-
Architektur der Älcropolis zu Athen 82 f;.
Das Bestreben, den menschlichen Leib des
Triton und der Tritonen immer mehr hervor-
treten zu lassen, führte dazu, den menschlichen
Unterleib mit den Ansätzen der Beine hinzu-
gewöhnt, alle fischschwänzigen Gestalten in 40 zufügen und diese in zwei Fischschwänze über-
Kunstwerken, die nicht aus bestimmten Grün-
den anders zu bezeichnen sind, Tritonen zu
nennen, obwohl in ihnen manchmal auch an-
dere Meergötter niederen Ranges verborgen
sein mögen. Für eine größere Anzahl von Denk-
mälern hat man allerdings sehr wahrschein-
lich gemacht, daß auf ihnen Glaukos zu er-
kennen sei (siehe Gaedechens, Glaukos 102 —
136; vgl. dazu Dreßler, Triton 1, 19 A. 10 und
gehen zu lassen; so entstand der Typus der
doppelschwänzigen Tritonen. Vorbilder bo-
ten der Typhoeus (s. d.) und der Kekrops mit
zwei Schlangenschwänzen. Ein dritter Typus
entstand dadurch, daß man bei den einschwän-
zigen Tritonen den menschlichen Leib an den
Hüften in den entsprechenden Teil eines Hip-
pokampen (siehe dieses Lex. Bd. 1, Sp. 2673 ff.)
mit Pferdebeinen übergehen ließ, so daß nun
die Nachträge dazu vor Teil 2). Aber diese 50 an den Menschenkörper der Bug und die Vorder-
nur halb menschliche Gestalt konnte recht wohl
auch dem Aigaion*) gegeben werden, der ja
^aXccGGLov ^riQLOv genannt wird {Schol. Apoll.
Bh. 1, 1165), und möglicherweise auch dem
Proteus und Phorkys; ist doch dieser Typus
sogar tür den Flußgott Acheloos verwendet
worden (Klein, Vasen m. Meistersign.^ 97 nr. 28).
§ 13. Entwicklung der Tritonen -Typen.
Ausführliche Belege hierzu bei Dreßler, Triton
1, 20 ff. — Vgl. oben § 6. 'Wie in dem Bilde
des Gottes Dagon (siehe § 11) nur Kopf und
Arme menschlich gestaltet waren, so läßt in
der archaischen Kunst der Griechen die Mehr-
*) S. jetzt hinsichtlich des Aigaion und der anderen
Hekatoncheiren: Röscher, Die Zahl 50 in Mythus, Kultus usw.
der Hellenen S. 27 ff., wo die Entstehung des Hekatoncheiren -
typus ans dem Typ der Pentekontoren erwiesen wird.
[Koscher.]
beine eines Pferdes sich anschlössen, der Pferde-
leib aber gleich hinter diesen in einen Fisch-
schwanz überging; unzweifelhaft wirkte auch
die Gestaltung der Kentauren als Vorbild mit.
Angedeutet ist dies in der allerdings erst sehr
spät (bei Tzetzes ad Lyc. 34) vorkommenden
Bezeichnung eines so gebildeten Triton als
i^'^vo-iisvTccvgog (siehe Boscher in diesem Lex.
Bd. 2, Sp. 92 ff.). Die Alten nannten auch diese
jetzt meist als Seekentauren bezeichneten
Wesen Tritonen und stellten , in demselben
Kunstwerke Seekentauren mit anders gebilde-
ten Tritonen zusammen (z. B. Fröhner, Not. 1,
nr. 440. 31atz-Duhn 2, nr. 3198;.
Man darf wohl vermuten, daß die Weiter-
bildung des ursprünglichen Tritonen- Typus auf
Skopas zurückgeht, den Schöpfer der großen
Statuengruppe, die PJinius {Nat. hist. 36 [c. 5J,
38*
1167
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1168
26) ein 'voraöffliches Werk' nennt, wenn sm
auch die Arbeit eines «ganzen Lebens «jewesen
wäre'. In dieser Gruppe nämlich, die höchst
wahrscheinlich (die Literatur bei Heydemann,
Nereiden mit den Waffen des Achill, Abschn. 8)
die Überführung des Achilleus nach den Inseln
der Seligen und seine Aufnahme unter die
Götter darstellt, waren nach PlinitM enthalten
^Nereides supra delphinos et cete et hippocam-
pos sedentes, item Tritoties cftonisque Phorci et
oistrices tu; multa idia marina\ kurz eine ganze
Welt von Meerwetjeu, deren Gestaltenfülle, so
viel wir sehen, im wesentlichen der künstleri-
schen Phantasie des Skopas ihre Entstehung
verdankt (vgl. Jahn, Sachs. Ber. 1864, 176 Ov^-
beck, PlastS^ 2, 22). Von der Kunst des Skopas
in der durch diese verlorene Meerwesengruppe
vertretenen Richtung uns eine Vorstellung zu
geben, ist mehr als irgend ein anderes Werk
geeignet der herrliche Marmorfries der Glypto-
thek zu Mönchen, der den Hochzeitszug des
Poseidon und der Amphitrite darstellt {Brunn,
Glypte 149 tf. — Vgl. unten § 18, 4).
Bemerkenswert ist, daß die griechische
Kunst in bezug auf die Darstellung eines fisch-
leibigen Gottes wiederum auf die phoinikische
Kunst zurückgewirkt hat. Furtwängler (Die
ant. Gemmen 3, 108 ff.) zeigt, daß die phoini-
kische Glyptik im Verlaufe des 6. Jahrhunderts
so stark von der griechischen Kunst beeinflußt
worden ist, daß die ^heimischen phoinikischen
Vorstellungen nun in griechischer Umbildung
vorgetragen wurden'. Ob die Verfertiger zahl-
reicher auf Sardinien gefundener Skarabaien
{Ann. d. I. 1888, 102, 6 tav. H 78 — 82; bei
Furtwängler Taf. 15, 36 — 38, s. uns. Abb. 7)
Keller a. a. 0. Taf. 13, 32 = Numism. Chron.
n. s. IS, 125, letztere vielleicht aus Azotos). Der
Kranz, 'der sich auf Feste und Gelage bezieht',
begegnet uns auch in der Hand des echt grif
chischen Fischdaimons , der vielleicht Halios
Geron zu nennen ist, auf archaischen Kyzi- 1
kener Eleklronmünzen {Furtwängler führt a. '
a. 0. S. 118 an: Numism. chron. 3, 7, 1887,
pl. 1, 11. 12. Goldfund '26 A. 0: 2 Exemplare
10 in Berlin ; hierher gehört auch : Brit. Mus.,
Mysia 21 nr. 24, wohl == Imhoof-Keller a. a. 0.
Taf. 13, 28), das Trinkhorn halt derselbe auf
dem Fries von Assos (vgl. unten § 17); ein
xparccfiov, wahrscheinlich eine Art Becher,
hielt auch das im Schatzhause der Byzantier
zu Olympia befindliche Holzbild eines Triton,
nach Furtwängler^ Vermutung {Ähh. d. Berl.
Ak. 1879, 97) des zu Byzanz wahrscheinlich
unter dem Bilde eines in einen Fischschwanz
20 ausgehenden Mannes verehrten Halios Geron.
§ 14. Tritonenfrauen (Tritoniden) und
Tritonenkinder. An dem Bilde der phili-
stäischen Göttin Derketo (vgl. auch den Siegel-
stein bei Lajard, CuJte de Mithra p. 62, 1) ha-
ben wir oben (Sp, 1162) gesehen, daß die orien-
talische Kunst auch Frauengestalten aus mensch-
30
40
<) Fisohdaimon („Dagon") auf sardinischen Skarabaien
(TergrOftert nach Furtwängler, Die ant. Gemmen Taf. 15,86.
87. 88)
'mehr hellenisierte Karthager oder phoiniki-
sierte Hellenen' gewesen sind, wird sich nach
Furtwänglers Meinung (S. 109) niemals ent-
scheiden lassen — Tatsache ist, daß der Typus
des auf ihnen dargestellten, gewöhnlich Dagon
genannten fischleibigen Gottes genau dem grie-
chischen Triton entspricht {Furtwängler a. a. 0.
S. 112 ff.). Er hält, wie jener (siehe unten § 16),
Fische in den Händen {Furtwängler Taf. 15, 38;
ebenso auf den Münzen des phoinikischen Ara-
dos [?] bei Imhoof- Keller, Tier- u. Pflanzenb.
Taf. 13, 33. 34; vgl. auch die phoinikische
Münze: Mülingen, Sylloqe 81, 1). Auf dem sar-
dinischen Skarabaios Furtwängler a. a. 0, Taf.
16, 37 hält er den Becher und einen runden
Reif, auf einem nach Furtwängler 'stilistisch
sehr ähnlichen Skarabaios in Paris, cab. des
med.'' (wohl identisch mit dem Arch. Am. 1857,
45 erwähnten Skarabaios der zu Beirut gebil-
deten Sammlung Peretic) trägt der Fischdai-
mon den runden Reif oder Kranz und ein
Trinkhorn (den Kranz auch auf den phoiniki-
schen Münzen Mülingen, Syllage 81,2. Imhoof-
8) Tritonenfamili t r Ann tlisst-Gemme in Floren/,
(zweifache Vergrößerung von Furtwängler, Die ant. Gem-
men Taf. 41, 41).
liebem Oberkörper und Fischleib zusammen-
gesetzt hat. Auch diese Bildung ist in die
griechische Kunst aufgenommen worden, wie
auch die etruskische derartige Gestalten zeigt
50 {Micali, Storia tab. 110. Bull. d. 1. 1856, 36 nr. 1.
1882, 132 8.; vgl Dreßler, Triton 1,23 und un-
ten § 27). Wir finden in der griechischen
Kunst einsohwänzige und doppelschwänzige
Tritoninnen, auch weibliche Seekentauren
(Meerkentauriden) kommen vor {Bull. d. I. 1876,
28 nr. 22. Heibig, Kl. Altert, in Roni^ 1, 383 nr.
568; hiernach ist die Bemerkung bei Dreßler,
Triton 1, 23. 26 zu berichtigen), ja auf einei
Gemme bei Furtwängler, Die ant. Gemmen Tai
60 41, 41 (s. uns. Abb. 8) sehen wir einen doppeJ-
schwänzigen Triton mit seiner Gattin und zwei
Kindern, die alle ebenso gestaltet sind, wie ei
— ganz entsprechend den Weibern und Kin-
dern der Kentauren und Pane. Vgl. auch das
"^ Gefäß in Form einer Gruppe (Tritonenfamilie)'
Arch. Anz. 1910, 211, 14. Für die weiblichen
Tritonen hat Voss {Myth. Briefe^ 2 , 64 , 256)
den Namen Tritoniden vorgeschlagen, obwohl
1169
Triton, Triton en
Triton, Tritonen
1170
9) Tritonide und Triton von ninem unteritalischon rotfig. Skyphoa der Samml. AI. Cantellani (nach dem Vorkauf«-
kntalog [Rom] dieser Sammlung pag. 22 nr. 109).
die TgiztüvldEg vvy^cpca in Boiotien {Plutarch.
de Baed. Plat. 6 ffr. 9 , 6J) , die ihren Namen
von dem Tritonflusse Boiotiens haben, sicher
in voller Menscheii<jest{ilt zu denken sind. Der
einzige Ausdruck, mit dem im" Alter^ume aus-
schließlich fischschwänzige Frauen bezeichnet
werden, ist: TCccgQ-ivoi Tgircovog {Philostrat.
Imag. 2, 18). Diese können nicht Nereiden
sein (als solche hat man vielfach Tritonen-
Frauen erklärt, vgl. Weizsäcker in diesem Lex.
Bd. 3, 1, Sp. 235); denn diesen wird von den
Schrittstellern nirgends die volle Menschen-
gestalt abgesprochen. Aus Flinius {Nat. hist.
9 [c. 5J, 9) scheint nur hervorzugehen, daß das
Yolk zu des Plinius Zeit die fischschwänzigen
Meerfrauen durch ungenaue Bezeichnung mit
den Nereiden zusammengeworfen hat. Über
die in der heutigen griechischen Volkssage als
iischschwänzige Meerfrauen fortlebenden Fog-
yovsg vgl. Dreßler, Triton 1 , 24 , Anm. 8. Aus
den dort S. 24 f. angeführten Denkmälern seien
hier als charakteristische Beispiele von Trito-
niden hervorgehoben: Sarkophagrelief Gull.
Giust. 2 tav. 142. Mosaik Morgan, Mos.-Pav.
Abb. vor p. 249. Pompejanisches Wandgemälde
Heibig nr. 308. Rotfig. unteritalischer Skyphos
Call. Äl.Castellani nr. 109 (s. uns. Abb. 9). Korin-
thische Kaisermiinzen MüUer-Wi€seler,Denkm.-
2, Taf. 26, 287^ Imhoof- Keller, Tier- u. Pflan-
zenh. Taf. 13, 35. 36. Füge hinzu: Köpfe von
Tritoniden solchen von Tritonen gegenüberge-
stellt an den Henkeln eines bronzenen Kraters
in Berlin Mise. Inv. 8850, Arcli. Anz. 1900,
183 ff.
§ 15. Gestaltung Tritons, der Trito-
nen und Tritoniden im einzelnen, ihre
Bekleidung und ihr Schmuck. Die streng
archaische Bildung Tritons, die sich nament-
lich auf schwarzfigurigen Vasen findet, ist von
der späteren, mehrfach nach dem Vorbilde von
Gestalten des bakchischen Kreises entwickel-
ten Bildung der Tritonen zu trennen; natür-
lich war Triton, wenn er in späterer Zeit als
Einzelwesen dargestellt wurde (z, B. Beschreib.
d. pergani. Bildiv.^ 22), von den Tritonen nicht
verschieden. Zwischen der archaischen Bil-
dung Tritons und derjenigen der Tritonen
scheint eine jüngere Gestaltung des Meergottes
in der Mitte zu stehen, die auf rotfigurigen
Vasen, sowie auf Münzen erhalten ist; verjnut-
lich sind die ältesten Tritonen vom Triton in
dieser Bildung, so zusagen, abgezweigt worden.
Das Haupthaar fällt in der archaischen {Furt-
20 irüngler, Antiquarium nr. 1676) und in der
jüngeren ( Baumeister , Denkm. 3, Abb. 1877)
Bildung Tritons fast immer in langen Locken
herab. Das über der Stirne emporgesträubte
(Wood, Bise, at Ephesus 172; nach Fucian.
Timon 54 malte Zeuxis den Triton so) oder
struppige {Bütschke 3 nr. 85. 4 nr. 119) Haupt-
haar, das sich bei Tritonen findet, ist auf diese
von den Satyrn {Bütschke 5 .nr. 38. 149) über-
gegangen. Viel häufiger jedoch sind die Tri-
ao tonen mit lang- oder kurzlockigem Haar dar-
gestellt. In Wandgemälden findet sich das Haar
der Tritonen grün gefärbt {Hclbig nr. 1069.
1071 — hier ebenso der Bart); auf dem Haare
des Triton in einer Dresdener Marmorgruppe
(siehe unten § 20, 4) 'hat sich die rote Bema-
lung sehr frisch erhalten'. Aus den Köpfen
der Tritonen ragen nicht selten zwei Hörner
hervor, die meist wie Ziegenhörner (z. B. Bütschke
5 nr. 295) gebildet sind. Diese Ziegenhörner
40 erklärt Boscher {Fiter. Centralbl. 1893, 1054) aus
der Analogie mit Pan, insofern die Tritonen
auch als Panisken des Meeres aufgefaßt wor-
den seien; vgl. Wcrnicke in diesem Lex. Bd. 3,
Sp. 1407. 1417. Hörner konnten auf die Tri-
tonen auch von den Satyrn {Stephani, Compte
Bendu 1874, 71 ss.) und den Kentauren (Boscher
in diesem Lex. Bd. 2, Sp. 1034. 1080) übertra-
gen werden; zu vergleichen sind auch die Stier-
hörner der Flußgötter (siehe Fehnerdt in diesem
50 Lex.Bd.l,Sp.l490f.) An Stelle der Homer sehen
wir bei den Tritonen (wie bei anderen See-
wesen, vgl. Preller- Pleiv, Griech. Myth.^ 1, 490
mitunterKrebsscheren (Matz-Buhn 2m'. Sil 9.
3200); zwischen diesen findet sich ein Koral-
le na st {Fröhner., iVof. 1 nr. 439), auch r;igen
je 4 Korallenäste aus Tritonenköpfen hervor
(Bartoli, Pitt. ant. 2 tav. 7. 10); endlich sitzen
in den Haaren zwei kleine flossenartige Flügel
(an den Köpfen von Tritonen und Tritoniden
60 Arch. Anz. 1900, 183 f.). Der Meergott Triton
wurde in der älteren Kunst als Meergreis und
darum durchgängig bärtig dargestellt, die
Tritonen sind bald alt und bärtig, bald .jung
und bartlos {Fröhner, Not. 1 nr. 134. 438). Über
die flössen- oder blattähnlichen Gebilde,
in die Kopfhaar, Augenbrauen und Bart an
Köpfen von Meerwesen oft übergehen, vgl. unten
§ 32. Eine ähnliche Erscheinung sind die klei-
1171
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1172
10) Oberleib eines 1 r M . r t itue im Vatikan, Ga-
lerie der Statuen, U,ii,:-j, .^u,.^iui. klass. Altert, in Rovi^
1,110 nr. 191 (nach Photographie).
nen Flossenzacken, die wir zuweilen an Wan-
gen, Brust und Unterleib von Tritonen beob-
achten {Frohner, Not. 1 nr. 134. 438); an ihre
Statt treten an denselben Stellen, an den
Augenknochen und am Halse auch Algen
{Heibig, Klass. Altert, in Rom^ 1, 390), ''das Ge-
sicht ist von Meerpflanzen wie überwuchert'
(Arch. Anz. 1900, 184). Nicht selten wird in
Beschreibungen von Kunstwerken das saty-
reske Gesicht oder der Satyrkopf eines
Triton erwähnt {Dütschke 1 nu. 106. 111); wahr-
scheinlich von den Satyrn, vielleicht auch von
den Kentauren oder auch vom Pan (vgl. Wer-
nicke in diesem Lex. Bd. 3,' Sp. 1418), erhielten
die Tritonen auch die zuweilen bei ihnen sich
findenden Spitzohren (z. B. Benndorf- Schöne,
Lateran nr. 296. Heibig, Klass. Altert, in Rom^
1, llOf. nr. 191; die Ohren sind Vie zackige
Muscheln gestaltet' an den Köpfen von Tritonen
und Tritoniden Arch. Anz. 1900, 183 f.), sogar
das Satyrschwänzchen am Rücken eines
Triton kommt vor {Matz-Duhn 2 nr. 3164). Im
Gegensatz zu diesem satyresken Gesichtsaus-
druck zeigt eine andere Reihe von Tritonen
den der sehnsuchtsvollen Schwermut. Ty-
pisch für diese Bildung ist das nur im Ober-
teil erhaltene marmorne Rundbild eines jugend-
lichen Triton im Vatikan {Heibig, Klass. Altert.
in Bom^ 1, 110 f. nr. 191 — s. uns. Abb. 10), in
dem wir nach Heibig 'einen Typus zu erkennen
haben, den die hellenistische Kunst aus einer
Schöpfung des Skopas ableitete. Der großartige
Kopf zeigt den den Wassergottheiten eigentüm-
lichen melancholischen Ausdruck. Wir empfan-
gen den Eindruck, als ob dieser Dämon schmerz-
voll über die unendliche Meeresfläche dahin-
hlicke und sein geöffneter Mund einen Seufzer
ausstoße. Das Haar erscheint von Feuchtigkeit
<lurchdrungen, die Ohren entsprechen denen
der Satyrn, und die über der Brust zusammen-
geknüpfte Fischhaut erinnert an die Nebris'.
Diesem Triton ist ein ebenfalls nur im Ober-
teil erhaltenes marmornes Rundbild eines ju
gendlichen Triton in Berlin {Ant. Skulpt. Berlins
(1891J nr. 286) in Gesichtsbildung und Aus-
druck sehr ähnlich (vgl. auch die Köpfe von
Tritonen Arch. Anz. 1900, 184). Man hat ge-
sagt, der Charakter der Schwermut und Sehn-
sucht, den das Meer in der Poesie aller Völker
liabe, sei von der Kunst in den Wesen zum
Ausdruck gebracht worden, in denen jenes ver-
körpert sei {Brunn, Gesch. d. gr. Künstler 1, 331),
aber anderseits auch mit Recht hervorgehoben,
daß die spätgriechische Kunst die Neigung
zeige, derartige Gefühlsstimmungen selbst da
auszudrücken, wo der dargestellte Gegenstand
es gar nicht fordere (nach Conze, Gott. gel. Anz.
1866, 2, 1138 f.). An den Tritonen des Mün-
chener Frieses (vgl. Sp. 1187) wenigstens, den
man doch auch mit der Kunst des Skopas in
Verbindung bringt, ist (mit Ausnahme des die
Leier spielenden) nichts von Schwermut zu be-
merken, die freilich auch zu einem Hochz^üts-
zuge schlecht passen würde; ihre Gesichter
haben vielmehr einen frischen, kräftigen Aus-
druck (vgl. Jahn, Sachs. Ber. 1854, 192). An
den Rücken des Menschenleibes finden sich ein-
mal beim Triton, der in der späteren Bildung
als Seekentaur einem der Tritonen gleicht,
Flügel angesetzt, die aus Seegewächsen oder
Teilen von Seetieren gebildet zu sein scheinen
{Beschreib, der pergam. Bildio.^ 22; zu verglei-
chen ist der geflügelte Meergreis auf einer ar-
40 chaischen Gemme, siehe oben Sp. 1163. — Bei
Preller -Plew, Griech. Myth.^ 1, 491 ist Triton
mit Typhoeus verwechselt, vgl. Dreßler, Triton
2, 39, Anm. 10). Bei anderen Tritonen gleichen
die Flügel großen Hautlappen {Mac- Pherson,
Ant. of Kertch 50, 34), sind manchmal auch
nur kl^in (Boux-Kaiser, Hercul. u. Pomp. 1 Ser.
1 Taf. 12 ; 3 Ser. 3 Taf. 73). Vielleicht hat auch hier
das Vorbild geflügelter Satyrn {Beschreib. Borns
3, 2, 526, 9) oder von geflügelten Kentauren der
50 orientalischen Kunst (vgl. Sauer in diesem Lex.
Bd. 2, Sp. 1079) eingewirkt. Am Rücken des
Menschenleibes von Tritonen finden wir auch
Flossenansätze {Heibig, Wandgem. nr. 1321.
Dütschke 4 nr. 133 'emporstehende Ruderflossen').
Auf dem oben Sp. 1164 erwähnten, bei Wilisch,
Programm v. G. Zittau 1901 (10 f.) Fig. 32 ab-
gebildeten korinthischen Pinax ist ein Meer-
daimon mit geschupptem Oberkörper dar-
gestellt, der allerdings vielleicht noch nicht
60 Triton zu nennen ist Der Fischschwanz,
der in der jüngeren Bildung Tritons (vgl. z. B.
die Münzen von Itanos bei Svoronos, Numism.
de la Crete), wie es scheint, in der Regel, bei
den Tritonen ohne Ausnahme an den Hüften
beginnt, ist dem menschlichen Teile dieser See-
wesen gegenüber oft sehr groß, seine mächti-
gen Formen versinnbildlichen die gewaltige
Kraft der Meereswogen. Der Fischkörper wurde
117;1
Triton, Tritonen
Tritoü, Tritonen
1174
1) Triton trapt Theseus zu Amiihitritc und Poseidon, rotfig. Vasenbild von einem Krater im Museum zu Bologna
(nach Man. d. I. suppl. [1891] tav. 21).
in der archaischen Kunst ohne weiteres an den
Menschenkörper angesetzt, aber schon in der
Jüngeren Bildung des Triton auf rotfigurigen
Vasen suchte man das Unorganische dieser Ver-
bindung durch einen die Ansatzstelle des Fisch-
leibes verdeckenden Chiton zu mildern (z. B.
Journ. of Philol. 7 pl. A. Heidemann, Vasens. zu
Neapel 359 f. nr. 2638. Klein, Euphronios^ 186 f.
= 3Ion. d. I. suppl. [1891] tav. 21 — s. unsere
Abb. 11. — Ein Beispiel von Bekleidung schon
aus der sehvrarzfignrigen Vasenmalerei s. oben
Sp. 1164;' vgl. auch den dort erwähnten Bronze-
henkel im Brit. Mus.). Vielleicht geschah dies
auch bei den ältesten Tritonen (vgl. den Triton
der einen der oben Sp. 1156 und unten § 24,4
erwähnten Giebelgruppen aus Lokroi Epize-
phyrioi). Die für ein Meerwesen auffallende
Bekleidung ist wohl von den Typhoeusgestal-
ten der altkorinthischen Vasen entlehnt (vgl.
Mayer, Giganten und Titanen 275 f.), auch bei
den Kentauren findet sich eine entsprechende
Erscheinung (vgl. Heydemann, Griecli. Vasenb.
Taf. 7, 1). Die spätere Kunst erreichte bei den
Tritonen denselben Zweck durch einen Flos-
senschurz, in den man die Haut des Men-
schenleibes übergehen ließ, dessen Flossenzacken
man aber vermutlich mehr und mehr blattartig
gestaltete, ähnlich wde man die Haare an Köp-
fen von Seegöttern (vgl. unten § 32) in Flossen
oder Blätter übergehen ließ. Daher erscheint
dieser Schurz als ein aus Blättern bestehendes
Gebilde (so Matz-Bulin 2 nr. 3164. Ath. Mitth.
2 [1877], 339 nr. 75), es kommt aber auch vor_,
daß er wie ein Fell oder Gewandstoif aussieht
{Ann. d. L 1854, 87. Baumeister, Benhm. 2 Abb.
998 — s. uns. Abb, 12). Er umgibt bald den
ganzen Leib {v. Sybel, Skulpt. z. Athen nr. 309),
bald ist er nur auf der Vorderseite gebildet
{Muller-Wieseler, l)enkm.-2, Taf. 51, 643). Auch
wenn erst die beiden Oberschenkel in zwei
Fischschwänze übergehen, wird der Ansatz der-
30 selben durch Flossen verdeckt {Furtivängler,
Die ant. Gemmen Taf. 41, 41). Bei den See-
kentauren finden sich die Flossenansätze da,
wo der Bug des Pferdeleibes und der Rücken
des Menschenleibes in den Fischschwanz über-
gehen {Heibig, Wandgem. nr. 1071). Aber der
Flossen- oder Blätterschurz fehlt bei den Tri-
tonen aller Typen auch gänzlich {Coli. AI. Ca-
stellani nr. 109. 334), ja es kommt vor, daß der
menschliche Körper aus dem kelchartig sich öff-
40 nenden Fischschwanze herauszuwachsen scheint
{Athen. Mitth. 13 [1888], 377 fif., Taf. 4 — s. uns.
Abb. 13). Nicht selten haben die Tritonen,
bisweilen auch Triton in der jüngeren Bildung
[Svoronos, Numism. de la Grefe 1, 201 s., nr. 1—4),
etwa in der Hüftgegend zwei längere Ruder-
flossen, die bisweilen blattartig {Dütschke 1
nr. 106. 3 nr. 82), bisweilen flügelartig gebil-
det sind {Brunn, Glypt.^ nr. 115). Bei den See-
kentauren finden sich die Pferdebeine und -Hufe
50 nicht nur mit Flossen besetzt, sondern Hufe
■ oder Beine lösen sich sogar gleichsam in Flos-
sen auf {Heibig, Wandgem. nr. 308. Fröhner,
Not. 1, nr. 134. 438); auch in eine Art von
Schwimmhäuten {Roux-Kaiser, Hercul. u.Pomp.
3 Ser. 3, Taf. 73), in
^scheren artige Klauen'
{Arch. Zeit. 1860, 117),
endlich in Krallenfüße
{Brunn, Glypt. " nr. 115;
60 vgl. die Abb. in die-
sem Lex. 2, 93) sehen
wir die Pferdebeine von
Seekentauren ausgehen.
Li den Darstellungen
des fischschwänzifiren
^2) Triton mit Nereide aus
dem (jetzt ganz zerstörten)
TT T /^ / 1 j^ Mosaik in der "Vorhalle des
Hahos Geron (vgl. unten zeustempels zu Olympia
"17) ist der Fisch- (aa.ch Baumeister, Denkm. -2
chwanz nur mäßig.
Abb. 998).
11
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1176
%
V
^-^*W'i'lipi^illiJX>| liP^f
l'X) Tritonen an einer Grabstelc des Museums im Piräus
— durftber neben dem Bilde des Verstorbenen eine Sei-
rene (nach Athen. Mitt. 13 [1888], 877 ff. Taf 4).
kaum S-formig gekrümmt, und diese Gestaltung
scheint sich in der jüngeren Bildung des Triton
auf Münzen erhalten zu haben {Svoronos, Nu-
mism.de la Crete 1,20188., nr. 1—17. 20—23 —
siehe uns. Abb. 14). Beim archaischen Triton
in den schwarzfigurigen Vasenbildem mit dem
Herakleskampf (vgl. unten § 17) bildet der
schon stärker gewellte Schwanz regelmäßig einen
Wellenberg zwischen zwei Wellentälern. Diese
Art der Krümmung zeigt sich auch in der
jüngeren Bildung des Triton auf rotfigurigen
Vasen {Heydemann, Vasens. zu Neapel 359 f.,
nr. 2638i. Die fortschreitende Kunst aber stellte
bei den Tritonen die Bewegung der Schwänze
immer kraftvoller dar, so daß die Kühnheit ihrer
Windungen oft wahrhaft überrascht (Brunn,
Glypte nr. 115). Es ist sehr wahrscheinlich,
daß für die Bildung des Triton der Schwanz
des Delphins gleichsam als Vorlage gedient
hat, die freilich durch mannigfache Stilisierung
abgeändert wurde. Durch das gespaltene
Ende wird der Schwanz des Triton, wie der
Tritonen als Fischschwanz gekennzeichnet, aber
seine wellenförmige Bewegung und noch mehr
seine Windungen erinnern mehr an die Natur
der Schlangen als an die der Fische (vgl. Pe-
tersen, Ann. d. 1.1SS2, SO 8.). Auch die Schup-
pen des Schwanzes, die namentlich in der
schwarzfigurigen (vgl. unten § 17) und rotfigu-
rigen {Baumeister, Denkm.3, Abb. 1877) Vasen-
malerei mit der größten Sor^'^falt ausgeführt
sind, zeigen die größte Mannigfaltigkeit; in
der späteren Kunst ist die Sclnippung nicht
festgehalten, doch finden sich Bei spiele von ihr
{(■larac, Mus. pl. 745, 1809). Wenn «lie spätere
Kunst in Mosaiken und Wandgemälden die
Farbe (über die Färbung Tritons bei den
Schriftstellern vgl. oben Sp. 1157) des Schwan-
zes der Tritonen zum Ausdruck bringt, so er-
scheint er bläulieh {Morgan, Mos.-Fav. 234
(Abb. von Morton Farm, room nr. 12 1. M^ood,
Diso, at Ephesus 172) oder grünlich {Heilig,
Wandgem. nr. 308), auch bunt {Morgan, Mos-
Pav. Abb. vor S. 249). Bei dem Triton d«;r
größeren der unten § 17 erwähnten Giebel-
gruppen aus Porös wechselt die Farbe der
Schuppen streifenweise ab zwischen Rot und
Blau (welches letztere in ein dunkles Blau-
grün übergegangen ist), der menschliche Kör-
per ist blaßrot; bei dem Triton der kleineren
( Jiebelgruppe zeigte nach Studniczka^ Beobach-
tungen der Bauchstreif abwechselnd Grün und
Rot, und auch die Schuppen wechselten in der
Farbe (nach Wiegand, Die archaische Poros-
Architektur der Akropolis zu Athen 83. 196).
Ein bemerkenswerter, häufig vorkommender
Schmuck des Fischkörpers ist in der streng
archaischen {(ierhard, Vasenh. 2 Taf. 111. Ann.
<L I. 1882 tav. J. Mon. d. I. 11 tav. 41), wie
in der jüngeren {Mon. d. 1., suppl. [1891] tav. 21)
Bildung Tritons ein an der Brustseite bis zur
Kndtiosse hinlaufender Streifen, der uns, wenn
auch nicht häufig, auch noch bei Tritonen be-
gegnet (so Coli. AI. Castellani nr. 109. Baumeister,
Denkm. i', Abb. 998; bei Carapanos, iJodone^l.
61, 8 der Streifen oben, nicht am Bauche). Der
Fischschwanz des archaischen Triton zeigt kleine
Flo ssen an Sätze (z. B. Gerhard, Vasenb. 2
40 Taf. 111), die in der jüngeren Bildung des
Meeresgottes auch kämm artig gestaltet sind
(so Mon. d. 2., suppl. [18*.) l] tav. 21). Bei der
Bildung der Tritonen scheint allerdings das
Streben zu herrschen, die Fischschwänze glatt
und weich erscheinen zu lassen (vgl. Jahn,
Sachs. Ber. 1854, 191 f.), aber häufig sind auch
ihre Umrißlinien durch kleinere Flossen unter-
brochen (so Wood, Disc. at Ephesus 76); auch
kammartige Flossenansätze begegnen uns bei
50 ihnen (z. B. Baumeister, Denkm. 2, Abb. 998).
• Beim archaischen Triton der schwarzfigurigen
Vasen findet sich eine durch Querstreifen an-
gedeutete bis vierfache ümschnürung, die das
Ende des Schwanzes vor der End flösse zu-
r-
60
14) Triton mit Dreizack auf Silbermünzen von Itanos(uach
Wroth, Catal. of the Greek Coint in the Brit. Mu». Crctc etc.
51 nr. 4. 5 pl. 13, 1. 2 = Soorono», NumUin. de la Crete anc
1,204 nr. 21. 22).
1177
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
117H
sammen zufassen scheint (z.
B. Ann. (II. 1882 tav. J). In
der jüngeren Bildunjjf des
Triton wird mehrfach die
Kndflosse durch einen Hing
vom Schwänze «j^etronnt (so
;iuf den meisten Münzen bei
SDoronos, Numüm. dela ('rete
1,201 SS.); bei den Tritonen
kommt dies nur selten vor
yBaiiin eistet., Denkm. 2 Abb.
998) Die breite PJudHosse
ist beim archaischen 'JViton
ohne Zweifel der desDelphino
nachgebildet (vgl. Wiegand, Ute archaische Poros-
\rchitektur der Alropolts zu Athen 83) und mit
• iniger Stilisierung halbmondförmig {Ann. d. J.
1882 tav. .1) oder zangenformig {MiUingen, Feint.
dl' dir. coli. pi. 32) gestaltet worden ; zweiteilig ist
l.*)) Suekentaurenariigcs in einen Krobsschwanz endigendes Meerwesen, ein See-
pferd zrtRelnd auf einem potnpejaniBchen Wandgeuiülde (nach Mut. Horbonico 10
tav. 8; vgl. Helbi;/, Wandffein. nt. 1074).
nr. 191), am Halse {Benndorf-Schöne, Lateran
nr. 68) oder auf der Schulter {Matz-Duhv
nr. 3199) geknüpft, es hängt ihnen über eine
(wohl stets die linke) Schulter (Fröhner,
Not. 1 nr. 438) oder einen (in der Regel den
sie regelmäßig auch in der jüngeren Bildung 20 linken) Arm {Gall. Giust. 2 tav. 142) oder ist
des Triton {Svoronos a. a. 0.). Bei den Trito-
nen machte sich offenbar das Bestreben geltend,
die Endflosse in immer mehr Teile auslaufen
zu lassen (z. B. Visconti, Opere var. 1, tav. 17
(3 Teile). Clarac, Mus. pl. 209, 199), ja schließ-
lich hat man sie auch in Büschel von Flossen
aufgelöst {Ann. d. I. 18G0, 348 ss. Mon. d. I. 6
tav. 43 s.); über andere vereinzelte Ge.staltungen
des Schwanzendes vgl. Dreßler, Triton 2 , 42.
Wenn der Schwanz eines Seekentauren ganz
spitzig endet {Mus. Borh. 6 tav. 21), oder wenn
Tritonen '^ Drachenschwänze, Schlangenfüße,
Schlangenbeine' zugeschrieben werden (Matz-
Duhn 2 nr. 3169. 3191 ; 3 nr. 3993, ähnl. Dütschke 5
nr. 55), so beruht dies wohl auf mißbräuchlicher
Nachahmung der Bildung der in Schlangen-
leiber ausgehenden Giganten. Eine sehr eigen-
tümliche Gestaltung von Tritonen ist die, bei
der der menschliche Körper aus dem Vorder-
um einen Arm gewunden {Ileydemann, 3. Hall.
Winckelm.-Progr. 41 nr. 2G) — ganz so^ wie
wir es bei Satyrn und Kentauren sehen. Auf
einer Gemme {Fiirtivängler, Die ant. Gemmen
Taf. 66, 12 — 8. uns. Abb. 16) hat der Triton
das Fell eines gehörnten Tieres auf dem Kopfe.
Wo sich bei Tritonen Gewandstücke an Stelle
von Tierfellen finden, sind 'sie natürlich in
ähnlicher Weise angebracht wie diese (Bei-
spiele bei Dreßler, Triton 2, 43; das Gewand
umschlingt auch die Hüften: Brunn, Glypt.^
nr. 115). Auch bei Tritoniden finden sich Ge-
wänder (z. B. OverbeckyKunstmyth. 3, 302 f.; vgl.
Dreßler, Triton 1,26 nr. 5). Vereinzelt vorkom-
mende Bekleidungsstücke von Tritonen sind Gür-
tel, Hut oder Kappe {Arch. Anz. 1857, 12),
Schifferhut {Heibig, Wandgem. nr. 1076): eine
Tritonide trägt auf dem Kopfe den Kalathos
{Gargiulo, liacc. de Mon. piü interess. del Mus.
leibe eines Krebses (Krabbe) hervorragt (i<Vö7mer, 40 Borh. [Neapel 1825] tav. 31).
Not. 1 nr. 5. Heibig, Wandgem. nr. 1074—1076
— s. uns. Abb. 15).
Die Gestaltung der Tritoniden (s. oben
Sp. 1169) entspricht natürlich der der Tritonen;
im einzelnen vgl. die Nachweise bei Dreßler,
Triton 2, 42.
Da die Bekleidung des Triton schon oben
Sp. 1164 besprochen worden ist, so bleibt hier
nur die so häufige Ausstattung der Tritonen
Als Schmuck des Hauptes zeigt der ar-
chaische Triton nicht selten eine das Haar zu-
sammenhaltende Binde {Ann. d. I. 1882 tav. .1),
die wir auch in seiner jüngeren Bildung (Jour-
nal of Philol. 7, 215 SS. pl. A), bisweilen bei Tri-
tonen [Coli. AI. Castellani nr. 109), auch bei Tri-
toniden (ebenda) vorfinden. Häufiger noch, wie
es scheint, ist das Haupt des archaischen Tri-
ton mit einem Kranze geschmückt, von Myrte
mit Tierfellen oder Gewändern zu betrachten. 5o {Gerhard, Vasenb. 'i.^^o X.l'2,i), von Epheu (Jr^/m,
Tierfelle wurden den Tritonen verliehen wohl
nicht im Anschlüsse an die Bekleidung des
Triton mit dem Chiton, sondern nach dem Vor-
bilde der Satyrn und Kentauren; an die Stelle
des Tierfells mag später ein Gewand gesetzt
worden sein. Dieses Fell,
das nur selten als von einem
Fische {Heibig, Klass. Altert,
in Rom,^l,lib f. nr. 191) her
16) Triton mit Tierfell
auf dem Haupte (Chal-
cedon). der Sammlung
A. J. Evans (nach Furi-
wängler, Die ant. Gem-
men Taf. 66, 12).
Vasens. zu Münchenrw. 391), von Lorbeer {Arch.
Zeit. 1871, 13, 15; vgl. den Schilfkranz im Haar
Tritons bei Claudian 28, 378). Dem gleichen
Schmucke begegnen wir beim Triton in der
jüngeren Bildung (von Lorbeer: Klein, Euphro-
nios^ 186) und mitunter auch bei Tritonen (von
Schilf: Matz-Duhn 2 nr. 3204; von Meergras:
Bartoli-Bellori, Ant. lucerne 1 fig. 5). Vereinzelt
findet sich auch andrer Schmuck beim archai-
rührend erkennbar, auch 60 sehen Triton (Halsband: Furticängler, Anti-
einzeln blattartig behandelt quarium nr. 1676) wie bei Tritonen und Trito-
niden {Coli. AI. Castellani nr. 109: Triton und
Tritonide tragen eine Schnur von Perlen (?) um
den Hals und über der Brust sich kreuzende
Bänder, die Tritonide außerdem einen Ohr-
schmuck und einen Ring um jeden Arm).
§ 16. Attribute Tritons, der Tritonen
und Tritoniden. Vgl. ölen Sp. 1157.
ist {Heibig, Wandgem. nr.
1072; Heibig nennt bei nr.
1069 und 1076 die Beklei-
dung: *■ Flossengewand'),
tragen die Tritonen über
der Brust {Heibig, Klass.
Altert, in Bom.^ 1, 110 f.
1179
TritoDf Tritonen
Triton, Tritonen
1180
a) Attribute des archaischen Triton.
Da wir in der Hand des fischschwänzi^en Meer-
daimons (des Halios Geron) den Fisch als At-
tribut finden {Furtwängler , Antiquarium nr.
1079, vgl. Dreßler, TriUm 2, 44), so ist es sehr
erklärlich, daß er uns als Attribut des archai-
schen Triton begegnet {Furt ii an gier ^ Antiqua-
rium nr. 1766). Triton erscheint in Denkmälern
altt Hirt und Jäger der Fische und Delphine
(siehe unten § 30); dem entsprechend ist dem
archaischen Tnton auch der Delphin als At-
tribut in die Hand gegeben worden {Furtwäng-
ier, Antiquarium nr. 1676. Goldf. 7). Der fisch -
schwänzige Meerdaimon, der vielleicht Halios
Qeron zn nennen ist, findet sich mit Kranz und
Trinkhorn oder Becher ausgestattet (s. oben
Öp. 11 67 f.), Attributen, die ihn als dem diony-
sischen Kreise verwandt erscheinen lassen. Den
Kranz finden wir auch beim archaischen Triton
(Furtwängler , Antiqttarium nr. 1676; wohl ar-
chaischer Triton mit Zweig in der Rechten:
V. Sacken- Kenner , Wiener Münz- u. Ant.-Cab.
220 nr. 94); Triton gilt ja auch als Liebhaber
des Weins (vgl. oben Sp. 1162).
b) Attribute Tritons in der jüngeren
Bildung. Außer dem Fische {Furtwängler, An-
tiquarium nr. 2608) und dem Delphin {Joum.
of Philol. 7, 215 SS. pl. A) begegnen uns beim
Triton in der jüngeren Bildung das Skeptron
(ebenda), der Dreizack und wohl auch die Mu-
scheitrompete. Den Dreizack führt er, um mit
ihm Fische und Delphine zu erlegen (vgl. auch
oben Sp. 1157); vielfach ist er auf Münzen dar-
fBstellt dieses Jagdgerät in der Rechten, einen
isch oder Delphin in der Linken {Imhoof- Keller,
Tier- u. Pflanzenbilder Taf. 11, 22; weitere Be-
lege unten § 30). Auch die Muscheltrompste,
die beim archaischen Triton sich noch nicht
findet, kommt, wie es scheint, beim Triton in
der jünjieren Bildung auf Münzen vor {Brit.
Mus., Sicily 15 nr.89— 91. Imhoof- Keller, Tier-
u. Pßanzenb. Taf. 8, 26 [nicht Skylla!]. Svoronos,
Numism. de la Crite 1, 203 nr. 15— 17; vgl. Dreß-
ler, Triton 2, 44 A. 17. Gruppe, Gr. Myth. 1, 279
Anm. 4).
c) Attribute der Tritonen und des
Triton in späterer Bildung. Wenn in einem
Kunstwerke nur ein fisch^^chwänziges Wesen
dargestellt ist, so kann natürlich auch der letz-
tere gemeint sein.
V) Auf das Meer oderdas Wasser über-
haupt bezügliche Attribute. Nicht eben
häufig findet sich in der Hand der Tritonen
der Fisch {Inilioof- Keller , Tier- u. Pßanzenb.
Taf. 13, 37. 38) oder der Delphin {Benndorf-
Schöne, Lateran nr. 58. Athen. Mitth. 2 [1877 J,
405 nr. 234). Den Dreizack führen die Tritonen,
um Delphine zu erlegen [Engr. gems in the Brit.
Mus. nr. 633. Imhoof-Keller, Tier- u. Pßanzenb.
Taf. 25, 54) oder um Seetiere (vgl. unten § 25)
zu bekämpfen {Ant. Skulpt. Berlins [1891] nr.
934); häufig ist ein solcher Zweck nicht erkenn-
bar (vgl. die Sammlung von Beispielen bei Ste-
phani, Compte Bendu 1866, 92 A 1). Eine Har-
pune mit einem Widerhaken führt der Krebs-
triton (vgl. oben Sp. 1177) auf dem Wandge-
mälde bei Heibig nr. 1076; einer von Tritonen,
die im Verein mit Eroten dem Fischfange ob-
liegen, eine Art Sieb (?) mit Fischen in dem
Relief Bull. Mun. d. Borna 1 (1872), 33 ss. =
Beibig, Klass. Altert, in Boyn 1, 457 nr. 591.
Das Attribut, das wir am häutigsten bei den
Tritonen finden, ist die gewundene Trompeten-
muschel, die aber auch ohne Windungen {Arch.
Zeit. 1860, Taf. 143), sowie mitunter etwas ge-
bogen {Baumeister, Denkm. 2 Abb. 1216) er-
scheint. Sehr beliebt war bei den Künstlern
10 die Gegenüberstellung der Muscheltrompete in
der einen und des Ruders in der andern Hand
desselben Triton {Toelken, Geschn. St. Kl. 3 nr.
186. Fröhner, Not. 1 nr. 438; zuweilen als
Steuerruder bezeichnet: Beschreib. Borns 2, 2,
278). Bemerkenswert ist die mehrfach vorkom-
mende Erscheinung, daß Tritonen, welche die
Muscheltrompete blasen, die freie Hand an den
Hinterkopf legen {Arch. Zeit. 1860, 116. Heyde-
mann, 3, Hall. Winckelmann-Progr. 79 nr. 18
20 Dütschke 1 nr. 41). Nicht oft sehen wir an-
dere Muscheln in den Händen von Tritonen
(^Mu8che^ wenigstens in den Beschreibungen
bei Dütschke 1 nr. 106. Matz-Duhn 2 nr. 3175);
als Seewesen und als Wasserwesen überhaupt
halten sie auch Büschel von Seepflanzen (Ponce,
Bains de Titits pl. 24) und Zweige von Wasser-
gewächsen {Gerhard, Neapels a. Bildw. 1, 144
nr. 2 — ■ Schilfstengel).
Die Attribute, die von der Schiffahrt her-
30 genommen sind, scheint man den Tritonen als
den Verkörperungen der das Schiff tragenden
Wogen verliehen zu haben. Das bereits er-
wähnte Ruder ist nächst der Muscheltrompete
das am häufigsten vorkommende Attribut der
Tritonen. Viel weniger häufig finden wir bei
ihnen den Anker {Benndorf - Schöne , Lateran
nr. 537. Fröhner, Not. 1 nr. 438), noch seltener
kommt das Aplustre vor {Heibig, Wandgem.
nr. 1068. 1075), nur vereinzelt die Prora (ebd.
40 nr. 10G6).
2) Dem bakchischen Thiasos ent-
stammende Attribute. Am Triton wie an
den Tritonen finden wir Züge, durch die sie
den Satyrn (einschließlich des Seilenos und der
Seilene, vgl. Preller - Plew , Chr. Myth."" 1, 603.
Brückner, Athen. Mitth. 15 [1890], 101) und Ken-
tauren des bakchischen Thiasos verwandt sind.
Die Körperbildung (siehe oben Sp. 1171) und
Bekleidung (siehe oben Sp. 1177) der Tritonen
50 ist durch das Vorbild der Satyrn und Ken-
tauren beeinflußt. Triton wie die Tritonen
gelten als Liebhaber des Weins (s. ob. Sp. 1179),
beim Triton wie bei den Tritonen ist die ero-
tische Lüsternheit ein hervorstechender Zugi
(siehe oben Sp. 1161, unten § 25). Der See-
thiasos ist vielfach dem bakchischen nachge-
bildet, Bestandteile beider Thiasoi sind mit-
einander vermischt (siehe unten § 25 f. ; See-
kentaur, der den Seilenos trägt an einem Sar-
60 kophagfragment Matz-Duhn 2, 2395; Silene em-
pörte par un Centaure marin, Marmorgruppe
im Louvre Arch. Anz. 1900, 155) oder einander
gegenübergestellt (siehe unten §31). Aus alle-
dem ist erklärlich, daß eine große Zahl von
Attributen aus dem bakchischen Thiasos auf]
die Tritonen übergegangen ist.
Als Hirten der Seetiere (siehe unten § 25.
30; Vorbilder waren die Herden treibenden
1181
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
ll.Sl^
Satyrn und Pan, der Herden^ott) führen die
Tritonen häutig den oben gekrümmten Hirten-
stab, das Pedum {Helhig, Wandgem. nr. 1004.
1068. Jahrh. d. Arch. 1. 1890,219), gerade Stöcke
oder Stäbchen {Fr öhncr, Not Inr.l'd^a. Revue
arch. 10 [1864], 2 pl. 15. Helhig, Wandgsm. nr.
1078. Bull. d. I. 1877, 25 nr. 29), auch Peitschen,
die im bakchischen Thiasos wohl nicht vor-
kommen {Helhig, Wandgem. nr. 1092. v. Syhel,
Skulpt. zu Athen nr. 309). Die Lanze {Bull. d. I.
1877, 96 nr. 75) und 4en Bogen {Minervini,
Man. poss. da Barone 1, 69 s.), mit denen Tri-
tonen gegen Seetiere kämpfen (siehe unten
§ 29), haben sie wohl von den Kentauren ent-
lehnt. Es findet sich der Bogen, zugleich ein
mit Schuppen bedeckter Köcher: Benndorf-
Schöne, Lateran nr. bSl ; die Lanze, zugleich
das Parazonion : Matz-Duhn 2 nr. 3170; ein ge-
krümmtes Schwert oder Messer: Mus. Borh.
6 tav. 21; vgl. Dreßler, Triton 2, 46 A. 9. Weiter
gehen folgende Attribute auf Vorbilder im
bakchischen Thiasos zurück: Skyphos {Rohcrt,
A. Sark.-Reliefs 2 Taf. 3, 9 c), Kantharos {Jahrh.
d. Arch. I. 1890, 219), 'Trinkgefäß' {Friederichs,
Berlins ant. Bildw. 2 nr. 677*), Krater {v. Syhel,
Skulpt. zuAthennr.309\ 'Schale' {Helhig, Wand-
gem. nr. 309), Schale mit Früchten {Dütschke
1 nr. 70; an ihre Stelle sind Fische getreten:
Bull. d. I. 1841, 47 s.), Korb {Helhig, Wandgem.
nr. 1065), Korb mit Früchten {Jahn. Sachs. Ber.
1868, 183 nr. 36), Korb mit Blumen {Dütschke
1 nr. 106), 'Gefäß' {Overheck - Mau , Pompeji^
205), Füllhorn (nach den Abbildungen in Gall.
Giust. 2 tav. 148. Ponce, Bains de Titus pl. 24),
Kranz (?) {Dütschke 5 nr. 849), Zweig (Lorbeer:
Arch. Anz. 1857, 12), Thyrsos {Helhig, Wand-
gem. nr. 1067), Fackel {Bull. arch. du com. des
trav. hist. et scient. 1888, 163 ss.), Schlange (?)
{Minervini, Mon. poss. da Barone 1, 69), Leier
{Matz-Duhn 2 nr. 3165. 3170), Flöte (einfache:
Clarac, Mus. pl. 187, 102), Doppelüöte {Ocer-
heck, Kunstmyth. 3, 363) und Syrinx {Bull. d. I.
1834, 158); die bei Dreßler, Triton 2, 46 auf
Grund von Mon. d. I. 6 tav. 43 b 3 erwähnte
Maske ist wohl zu streichen. Petersen {Ann.
d. I. 1860, 402. 411) erklärt die in dem Sarko-
phagrelief Fröhner, Not. 1 nr. 438 und in einem
der Reliefs Ann. d. I. 1860, 348 ss. von Seeken-
tauren (mit Nereiden) getragenen Kästchen als
die bakchische Cista; die in der Relief darstel-
lung Matz-Duhn 3 nr. 3449 und auf der Paste
Hubo, Originalw. in d. arch. Abt. d. arch.-num.
Inst, zu Göttingen nr. 843 von Tritonen (mit
Nereiden) gehaltenen Kästchen wird man wohl
als Schmuck- oder Toilettenkästchen anzusehen
haben. Schließlich sei noch auf die Kinder
hingewiesen, die im bakchischen Thiasos häu-
fig von Satyrn getragen werden (z. B. Matz-
Duhn 2 nr. 2256. 2262. 2296). Vielleicht sind
die in Sarkophagreliefs von Seekentauren (ilfa^^-
Duhn 2 nr. 3174. 3199) und Nereiden (ebenda
nr. 3196) getragenen Kinder, soweit sie sich
nicht als Eroten erklären lassen, als Nachbil-
dungen der im bakchischen Thiasos vorkom-
menden Kinder zu betrachten.
d) Die Attribute der Tritoniden ent-
sprechen natürlich fast durchaus Attributen
von Tritonen. Zu nennen sind: Delphin {Coli.
AI. Castellani nr. 109, Conzc, Ant. Skulpt. Berlins
nr. 1068), Dreizack {Stephant, Vasens. d. Er-
mitage nr. 1800; 'Harpune' Toelken, Geschn. St.
Kl. 3 nr. 194), Muscheltrompete {Imhoof- Keller,
Tier- u. Pflanzcnh. Taf. 13, 35. 30), ' Ruder-
8tauge'(?) {Arch. Zeil. 1871, 58 f.), Stab {r,au-
mcister, Denkm. 2 Abb. 999), Schäferstab {Arch.
Zeit. 1903,95 — nicht Nereide!), Kanne und
Schale {Dumont-Chaplain , Ceram. de la Gria
10 pr. 1 pl. 30, 6. pl. 40, 2. Winnefeld, Vasens. zu
Karlsruhe nr. 342), Leier {Overheck, Kunstmyth.
3, 302 f. — Tritonide nicht Triton, vgl. Dreßler,
Triton 1, 26), Flöte {Cohen, Med. imp.' 1, 272
nr-. 12—16. 304 nr. 3718.), Alabastron {Coli. AI.
Castellani nr. 109). Vgl. auch die Seekentaurin,
auf der Poseidon sitzt, und dio auf der Schul-
ter ein Tropaion trägt {Bidl. d. I. 1876, 28
nr. 22), siehe unten § 18, 1.
§ 17. Der fischsch wänzige Halios
20 Geron, an dessen Stelle später Triton
tritt, wird von Herakles überwältigt.
Die Reihe der mythologischen Wesen, denen
die griechische Kunst den Triton oder Tritonen
beigesellt hat, ist mit Herakles (vgl. Furt-
toängler in diesem Lex. Bd. 1, Sp. 2192 f. 2230)
zu beginnen, weil die das Ringen dieses Heros
mit Triton darstellenden Denkmäler fast aus-
schließlich der älteren Kunst angehören (sie
sind bei Escher, Triton 116 — 139 eingehend be-
30 sprochen). Daß ein Held einen wahrsagenden
Meergreis überwältigt, um ihn zur Mitteilung
seiner Weisheit zu zwingen, ist ein mehrfach
vorkommender Zug der griechischen Sage. Me-
nelaos nötigt nach langem Ringen den Proteus,
ihm guten Rat in betreff seiner Heimfahrt zu
geben {Homer, Od. 4, 450 ss.), Herakles erfährt
von Nereus erst nach langem Widerstände, wo
er die goldenen Äpfel der Hesperiden zu suchen
habe {Apollod. Bibl 2, 5, 11, 4). Die ältere Va-
40 riante zu letzterer Sage bietet der Kampf des
Herakles mit dem fischschwänzigen Halios Geron
(Vgl. oben Sp. 1164), an dessen Stelle die At-
tiker den Triton gesetzt haben. Gruppe {Gr.
3Iyth. 1, 471 Anm. 1) bemerkt, die Beziehung
zum Hesperidenzug scheine früh verloren ge-
gangen zu sein; attische Künstler ließen Ke-
krops zusehen, hätten also wohl den Kampf in
Attika lokalisiert. Merkwürdigerweise ist die-
ser Kampf in den erhaltenen literarischen Denk-
50 malern nirgends erwähnt (vgl. Dreßler, Triton
1, 30 A. 0). Als Kampf des Herakles mit dem
Halios Geron ist wohl die Darstellung auf drei
sehr altertümlichen Denkmälern aufzufassen:
1) auf einem Inselstein des Britischen Museums
(Catal. of engr. gems nr. 82
— s. uns. Abb. 17), d. h. auf
einem geschnittenen Steine
'jener (nach Furtivängler,
Ahh. d. Bert Ak. 1879, 96)
60 ältest griechischen Gattung,
jener auf den Inseln des
Archipels gefundenen Kie-
sel', 2) auf einem 'hoch-
altertümlichen' Relief von Meerdaimon ringend
dem alten dorischen Tem- *"^ ^«°^ 8^«^^^- s*®^'^
pel in Assos {Friederichs- J"^ ?'\*;,f7- "/'
TTT- 1. /~i ■ \ . -r^ T lna,chMtlchfioefer,L>teAn
Wolters, Gipsahg. zn Berlin ß^ge der Kumt in Gric-
nr. 8 — 12 — S. uns. Abb. 18) chenland 185 rig. r)5)
17) Herakles mit dem
1183
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1184
18) HenüclM mn ....u. .t...,^^ u^ron rlnffend (links daroneilend6 Nereiden), Relief
von einem Tempel in Assot (im Louvre), Friedericht-Woller$, Oiptahg. in Berlin
nr. 8— IJ (nach haumeitter, Denkm. 1 Abb. :58ü).
— und 8) auf einem in Olympia gefundenen
vermutlich in Arges gefertigten Bronzerelief
wahrscheinlich aus dem G. Jahrhundert {ebenda
nr. 341 — s. uns. Abb. 19). Auf ihm ist nilm-
lich im ältesten argi vischen Alphabet der
Meerdaimon Halios Geron genannt {Furtwäng-
ler a. a. 0. 92). In der Schlange und der Flam-
Stil der attischen Vasen des
6. Jahrhunderts angehören
(die Literatur bei Dreßler,
Tritoyi 1,2«J). Ein Verzeichnis
derselben bei Gerhard, Va-
sevb. 2, 95 A. 12 (s. uns. Abb.
21) ist fortgesetzt von Pe-
tersen, Ann. d.i. 1882, 76 ss.
(Vase R bei ihm ist rotfigu-
rig), vervollständigt von Ku-
runiotis, Herakles mit Halios
geron u. 'Triton 18ff. ; hinzu-
zufügen sind noch der schwarzfigurige attische
Napf in Dresden Arch. Anz. 1898, 133 nr. IG
und die schwarzfigurige Hydria im Museum of
Fine Arts zu Boston {Arch. Anz. 1900, 219 nr.
20), wenn diese beiden Gefäße nicht etwa mit
früher angeführten identisch sind. Auf drei
on diesen (angeführt oben Sp. 11G5) ist dem
die mit dargestellt sind, erkennt F«rt- 20 Meerdaimon der Name Triton beigeschrieben
wüngler {Die Bronzen von Olympia 102, 2) eine
Andeutung von Verwandlungen des Seegreises,
wie sie in der Darstellung des Ringens zwi-
schen Herakles und dem ganz menschlich ge-
bildeten Nereus auf altischen Vasen sich findet.
'Die Sage, die in der attischen Kunst in zwei
Spaltungen vorliegt, die als Herakles- Triton
und als Herakles -Nereus erscheinen, ist hier
in der Fassung als Herakles-Geron noch. eins.'
Verwandlungen des Seedaimons, durch die er 30
der Umschlingung des Herakles zu entgehen
sucht, sind nach Pottier (der ihn ^Triton ou
Neree' nennt — Arch. Anz. 1899,94 C. A. 823)
auch auf einer schwarztigurigen Lekythos des
6. Jahrhunderts im Louvre dargestellt (ähnlich
wie bei dem Ringen des Peleus und derThetis),
indem aus dem Rücken des Seedaimons, dessen
Fiachleib (nach Pottier) in einen Skorpionen-
schwanz ausgeht, ein Schlangen- und ein Löwen-
kopf herausragt. 40
Denselben Kampf des Herakles mit einem
fischschwänzigen Daimon finden wir in einer
sehr zahlreichen Gruppe attischer Denkmäler
wieder. In Betracht kommen hier: 1) Die Poros-
fragmente der '"größerenTriton— Heraklesgruppe'
aus dem einen Giebel des alten Hekatompedon
auf der Akropolis zu Athen — s. uns. Abb. 20;
2) Die Porosfragmente der 'kleineren Triton-
Heraklesgruppe' aus einem Giebel eines Ge-
bäudes auf derselben Akropolis (über beide
Gruppen vgl. Wiegand, Die archaische Poios-
Ardiitektur der Akro-polis zu Athen 82 ff. 195 tf.
Furtwängler , Die Giehelgruppen des alten He-
katompedon auf der Akropolis zu Athen in den
Sitz.-Ber. der Bayer. Ak. d. W. [philos.-philol.
Kl] 1905, 433 tf.); S) eine sehr
große Anzahl schwarzfiguriger Va-
sen, die nach Furtwängler (in die-
sem Lex. Bd. 1, Sp. 2193) dem äl-
teren und besonders dem späteren
Kuruniotis (a. a. 0. 46) nimmt daher an, die
attischen Künstler hätten, als sie die Darstellung
des fischschwänzigen Halios Geron mit Herakles
für Giebelschmuck und Vasendekoration benutz-
ten, den Meerdaimon nicht Halios Geron ge-
..-r\.
19) Herakles mit dem Halios Geron ringend auf einem
Bronzerelief aus Olympia (nach Furtwängler, Die Bronzen
ton Olympia 102, 2 Taf. 39, 699 a).
nannt, weil sie diesen als einen ganzen Mann
kannten (vgl. oben Sp. 1164); sie hätten ihn
0 vielmehr als Triton bezeichnet, weil sie nur
diesen in der Gestalt des peloponnesischen (ar-
givischen) Halios Geron kannten (vgl. Triton
in den Sagen des Attika benachbarten Tana-
gra oben Sp. 1153). In allen erwähnten Denk-
mälern (bis auf zwei) ist dargestellt, wie Hera-
kles den Daimon von hinten her ereilt und in
' (er;iklpsgrujii)e ;iu-
im Akropolis-Museum (nach
dem einen
Wipffan'/
bei des alten Kekatonipedon auf der Akropolis zu Athen
Die arrjiaitche Pnroiarchitektur der Akropolit zu Athen Taf. -4).
1185
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1186
verschiedener Weise gepackt
hat. Daß das Kreignis wenig-
stens nacli der ursprünglichen
Auffassung sich im Meere voll-
zieht, wird auf dem Inselstein
und bisweilen auf den Vasen
durch bei gegebene Fische an
gedeutet {Petersen, Ann. d. I.
1882, 82), in dem Relief von
Assos, auch auf Vasen durch
Nenüden. In den Vaseubildern
ist die Anstrengung, mit der
Triton sich loszuringen sucht,
durch die Windungen des sehr
stark gekrümmten Fischleibes
ausgedrückt(vgl. ob. Sp.ll74f.),
während der Fischleib des
Meerdaimons auf dem Insel-
■^tein , den Reliefs von Assos
und Olympia, in den Porosfragmenten (vgl. 20 packt, schlägt. Der Held wendet hier nur mehr
Sp. 1183), wie auch in den meisten archai- Gewalt an, um Triton seinem Willen gefügig
21) Herakles mit Triton ringeud anl •
bei Gerhard, Aicserl. Vasenb. 2,95 A. 12 la,i.
Abb, 1961).
I hen schwarzlig. Hydria
nach BaumeiHtfr, JJenkm. 3
sehen Einzeldarstellungen desselben nur wenig,
kaum S-förmig, gebogen ist. Eine der schwarz-
tigurigen Vasen {Mülingen, Anc. uned. mon.
1, 11 — bei Kuruniotis nr. 63) zeigt eine ganz
andere Situation des Kampfes: Herakles, die
Keule in der Rechten, schleppt mit dem
linken nach hinten gewendeten Arme den
Triton fort, den er überwältigt und gefes-
zu machen. Die späteste Darstellung des Tri-
tonkampfes finden wir auf der wohl eher dem
3. als dem 4. Jahrh. entstammenden (Studniczka,.
Athen. Mitth. 11 [1886], 65 A. 1) Bronzeplatte
bei Carapanos, Dodone pl. 16, 4. Man erkennt
auf ihren Resten noch, daß Triton doppel-
schwänzig gebildet war; diese Bronzeplatte
dürfte das älteste erhaltene Denkmal sein, auf
<e\t hat. Die einzige rotfigurige Vase (s. uns. 30 dem Triton so dargestellt ist.
Abb, 22), die hierher gehört (bei Petersen a.
ii. 0. R, nach Furtivängler [in diesem Lex.
Bd. 1, Sp. 2193] streng rotfigurige Schale vom
Anfang des^ 5. Jahrhunderts) scheint eine Szene
nach der Überwindung Tritons darzustellen:
Herakles sitzt ruhig auf dessen Fischleibe, die
Keule in der herabhängenden Rechten. Dieses
Vasengemälde läßt deutlich den Zweck des
Ringkampfes erkennen. Herakles wollte Triton
tj 18. Triton, Trito-
nen und Tritoniden in
Verbindung mit Posei-
don, auch mit Amphi-
trite (vgl. oben Sp. 1158),
Wie die Tritonen in der
Literatur als Diener Posei-
dons erscheinen, so ist dies
auch in der Kunst der Fall.
kein Leid zufügen, er wollte nur den Ent- 4ol) Poseidon wird von
fliehenden festhalten und sich von ihm Au
kunft erzwingen. Wenn dieser ihm den Weg
sperrte, wie v. Wilamoivitz {Euripides Herakles
2, 129) meint, so wäre der Kampf sicher an-
ders dargestellt worden (vgl. Dreßler, Triton
1 , 33). Dieser Auffassung widerspricht auch
die allerdings originelle Darstellung des Kampfes
auf dem Karneol-Skarabaios (des strengen Stils)
im Britischen Museum {Furtivängler, Die ant.
23) Herakles bekämpft
Triton, Karneol-Skara-
baios des Erit. Mus.
(vergrößert nach Furl-
wängler, Die ant. Gem-
men Taf. 9, 2).
einer Tritonide getra-
gen indempompejanischen
Wandgemälde Bull. d. 1. 1876, 28 nr. 22 und auf
der Bronzescheibe mit Relief aus der römischen
Kaiserzeit Arch. Zeit. 1871, 58 f. 2) Ein Zwei-
gespann von Tritonen oder von Triton
und Tritonide zieht den Wagen des Got-
tes auf den drei korinthischen ßronzemünzen
des Domitianus: Cohen, Med. im}).^ 1, 527s.
Gemmen Taf. 9, 2 — s. uns. Abb. 23) nicht, in 50 nr, 691. Lnhoof- Gardner, Num. comm. an Paus.
der Herakles mit der Keule in der Rechten auf
den Triton, den er mit der Linken im Genick
22) Der überwundene Triton scheint mit Herakles zu spre-
chen, auf einer rotfig. Vase in Chiusi (nach Ann. d. I. 1882,
73. 85 tav. d'agg, K).
16 pl, D 57. Imhoof- Keller, Tier- u. Pflanzenh.
Taf. 13,36 — auf zwei dergleichen des Nero:
Brit. Mus., Corinth 68 nr. 554. Cohen, Med.
imp.^ 1,305 nr. 381 (auf dem Wägen Poseidon
oder Aphrodite). Mit der Muscheltrompete ver-
künden sie dabei das Nahen des Meerbeherr-
schers. Diese Gespanne vor dem Wagen des
Poseidon (und der Aphrodite, vgl. unten § 20)
haben ohne Zweifel ihr Vorbild in den aus
60 Kentauren oder aus Kentaur und Kentauride
bestehenden Gespannen am Wagen des Dio-
nysos (z. ß. Dütschice 1 nr. 12, 23, 114). Solchen
Darstellungen ist offenbar der Triumphzug des
Augustus über das Meer nach der Schlacht bei
Actium auf dem Wiener Onyxcameo bei Boß-
hach, Aus der Anomia 205 ff. nachgebildet; hier
wird der Wagen des Augustus von vier Tri-
tonen gezogen. 3) Poseidons Wagen wird
n^'
Triton, Tritonen
Triton, Tritouen
1188
24) Zwei doppelsc-hwaiizige Trltonen
und der Amphitrit«, »as dem Mai
(naeb Baumeister
von Tritonen begleitet in dem Sarkophag-
relief Denkschr. d.Wien. Akad. 19 (1870), öOflf.
Taf. 9a, dem Mosaik BuU. arch. du com. des
trav. hist. et scient. 1888, 163 ss. (das Gefolge
Poseidons ist hier in die zahlreichen Felder
verteilt), dem Mosaik Arch. Ans. 1903, 95 (nach
der Abbildung Seekentaur und Tritonide, nicht
Nereide), auf der Gemme im Brit. Mus. nr. 613
(von zweifelhafter Echtheit) und der antiken
Paste Furttcängler, Die ant. Gemmen Taf. 37, 3
Jahrb. d. Arch. 1. 1897, 19)
gehören, wenn es nicht we-
gen seines hohen Alters frag-
lich erschiene, ob der Fisch-
daimon bei Poseidon schon
Triton zu nennen ist (vgl.
oben Sp. 1164). Die rotfigu-
rige attische Schale des Eu-
phronios {Klein, Euphronios-
182 ff. Baumeister, JDenkm. 3
Abb. 1877), auf der allen
Personen die Namen beige-
schrieben sind, zeigt, wie
Theseus von seinem Stief-
bruder Triton zu Amphitrite
in die Tiefe des Meeres hin-
abgetragen wird (vgl. Preller-
Plew, Gr. Myth.^ 2, 287. 288
A. 1). Theseus steht dabei
20 auf dem Kopfe und den erhobenen Händen
Tritons; Poseidon ist hier nicht mit darge-
stellt. Dieselbe Handlung, aber in Anwesen-
heit des Poseidon finden wir in dem rotfiguri-
gen Vasenbilde von einem Krater zu Bologna
{Klein, Euphronios* 186 f. Mon. d. I. suppl.
[1891] tav. 21): Triton in langem Gewände
'erhebt Theseus in seinen Armen' (vgl. unsere
Abb. 11 oben Sp. 1173). Nach Furtwüngler
{Arch. Anz. 1889, 141 f.) ist diese Darstellung
w.Tgcn des Poseidon
firunn, Olypt.^ 149 ff.
Auf dem Sarkophagrelief bilden sie mit Ne- so als Nachbildung des Wandgemäldes von Mi-
reiden und Seetieren (siehe unten § 25) einen
Thiasos des Meeres, in dessen Mitte der Gott
einherzieht. 4) Tritonen ziehen und be-
gleiten den Hochzeitswagen des Posei-
don und der Amphitrite in dem Friesrelief
zu München Brunn, Glypth.^ nr. 115 — s. uns.
Abb. 24 — und dem Mosaik aus Pompeji Over-
heck, Kutistmythol. 3 , 'SG2 t (sicher von dem
Münchener Relief abhängig). In dem Relief
kon im Theseion zu Athen anzusehen {Pausan.
1,17,28.). In dem Relief des großen Frieses
vom Altarbau zu Pergamon {Beschreib, d. per-
gam. Bildtv.^ 22) ist Triton zwischen Amphi-
trite und Poseidon als Seekentaur mit Flügeln
aus Seegewächsen dargestellt; er schwang in
der Rechten eine Waffe im Kampfe gegen die
Giganten. Auf dem pompejanischen Wandge-
mälde Heibig nr. 1092, das nach Overbeck
ist das Gespann ans zwei doppelschwänzigen 40 {Kunstmythol. 3 , 355 f.) die Entführung der
Tritonen, in dem Mosaik aus Seekentaur und
Tritonide (vgl. Dreßler, Triton 1 , 26 nr. 5) ge-
bildet; in beiden Darstellungen begleiten die
Meerwesen mit dem Klange der Leier und der
Doppelflöte (vgl. Brunn a. a. 0. 150) den Hoch-
zeitszug ihres Herrn, in den sich auch noch
andere Tritonen gemischt haben. Ob auf dem
geschnittenen Steine Overbeck, Kunstmythol. 3,
365 f = Furtwüngler, Die ant. Gemmen Taf 46,
Amphitrite durch Poseidon darstellte, trägt
Triton in der Rechten eine Peitsche, mit der
Linken hält er die Zügel eines Rosses. Ein
Triton und eine Tritonide halten in dem Mo-
saik Morgan, Mos.-Pav. (Abb. vor p. 249?) 254 ss.
265 s. eine in Form einer Muschel ausgespannte
Draperie, in der Amphitrite sitzt; an sie hat
man zu denken, da Fische über ihrem Haupte
schwimmen. Das von einem Triton getragene
10 (dieselbe Szene zeigt die etruskische Aschen- so Weib mit Dreizack auf den geschnittenen Stei-
kiste Gori, Mus. Etr. 3 class. 3 tab. 3) Triton
oder Glaukos als Repräsentant des Meeres un-
t-er den Rossen am Wagen des Poseidon und
der Amphitrite sichtbar ist, erscheint zweifel-
haft (vgl. Gaedechens, Glaukos 161 f.). Auch in
der von Pausanias 2, 1, 7 s. geschilderten, einst
im Tempel des Poseidon auf dem Isthmos von
Korinth befindlichen Gruppe von Statuen aus
Gold und Elfenbein sah man neben den Rossen
nen Overbeck, Kunstmythol. 3, 368 und Mont-
faucon, Ant. expl., suppl. 1 pl. 25 (die Darstel-
lung wahrscheinlich nach einem geschnittenen
Steine) ist wohl Amphitrite. Bei v. Sacken-
Kenner, Wiener Münz- u. Ant.-Cab. 438 nr. 548
wird ein geschnittener Stein angeführt: 'Am-
phitrite auf einem Triton'. 6) Tritonen fin-
den sich auch anderweit in der Nähe
Poseidons. Beispiele sind der Torso eines
am Wagen des Poseidon und der Amphitrite 60 Triton (oder des Triton?) neben dem rechten
zwei Tritonen. 5; Triton sonst bei Posei-
don und Amphitrite, auch bei dieser
allein. Wie die Schriftsteller Triton Sohn des
Poseidon und der Amphitrite nennen, so brin-
gen ihn auch die Künstler mit diesen Gott-
heiten in Verbindung. Hierher würde der alte
korinthische Pinax Furtwüngler, Antiquarium
nr. 486 (abgeb. Ant. Denkm. 1 Taf 7, 11; vgl.
Beine der verschollenen Statue des Poseidon
Arch. Zeit. 1885, 283 ff., das halbzerstörte fisch-
leibige Seewesen und die Tritonide mit Drei-
zack auf den Fischtellern mit roten Figuren
des späteren Stils Stephani, Valens, d. Ermi-
tage nr. 1799f. (vgl. Overbeck, Kunstmythol. 3,
320). In einem Felde des Mosaiks von Portus
Magnus {Jahrb. d. Arch. I. 1890, 215 ff.; bringen
1189 Triton, Tritonen Triton, Tritonen 1190
Seekentauren in Gesellschaft von Nereiden und Leier Hpielt, eine Tritonide schwimmt daneben.
Seetieren den Meeresspiegel zum Ausdruck, Ebenso trägt ein Seekentaur ebenda nr. 311
unter den Poseidon, der die Leto verteidigt, ein Weib 'vermutlich Aphrodite'. In dem Arch.
die Insel Ortygia versenkt hat; ein Seokcntaur Anz. 1900, 77 besprochenen Mosaik aus Bone
deutet die Meerestiefe an, andere schmücken wird (nach Schultens Meinung) 'Anadyomene
Einfassungsstreiten des Mosaiks. Zu erwilhnen von zwei Tritonen aus dem Meer gehoben',
sind auch die Tritonen in dem oben Sp. 1106 f. 8) Tritonen und Tritoniden ziehen den
besprochenen Werke des Skopas, die vielleicht Wagen der Aphrodite. Auf zahlreichen
zum Gefolge des mit dargestellten Poseidon Münzen Korinths, wo nicht minder eifrig als
gehörten. Ganz natürlich ist es, daß endlich lo Poseidon Aphrodite verehrt wurde, ist diese
7) Tritonen an Tempeln des Poseidon wie jener auf einem Wagen dargestellt, der
als Schmuck dienen, teils in Giebelfeldern von Tritonen, noch häufiger von Triton und
{Fröhner, Not. 1 nr. 50. Robert 14. Hall. Win- Tritonide gezogen wird : Bronzemünze des Clau-
ckelm.-Vrogr. 11) Taf. 1. 3), teils als Akroter- dixis: Cohen, Med. imp.^ 1, 261 nr. 119 — der
figuren {Imhvof-Blumer, Monn. gr. löl, 23. 24). Agrippina: Ebenda 1,272 nr. 12—16. Imhoof-
Diese korinthischen Bronzemünzen des Lucius Keller, Tier- u. Pflanzenb. Taf. 13, 35. Miliin,
Verus und des Geta zeigen den Tempel des Myth. Gall.^ 29, 178 Taf. 43 (ob Bronze?) —
Gottes auf dem Isthmos von Korinth (vgl. Pai^san. des Nero: Müller- Wieseler, Dewytm. * 2 Taf. 26,
2, 1, 7). 287c. Cohen, Med. imp.* 1, 304 nr. 3718. 1, 305
§ 19- Tritonen in Verbindung mit 20 nr. 381 (Aphrodite oder Poseidon?). 38Ö. Im-
Okeanos. Ein Triton (oder vielleicht Triton ?), hoof- Gardner, Num. comm. an Paus. IS. 155
der auf einer Muschel bläst, 'eilt dem Okeanos pl. FF 8. Über die Vorbilder dieser Gespanne
voraus' in dem Sarkophagrelief Miliin, Myth. vgl. oben Sp. 1186. Fast überall sehen wir Mu-
Gall.^ Taf. 93 (383); letzterer wird von einem scheltrompete oder Flöte in den Händen dieser
Seeungeheuer getragen. Andere Sarkophag- Meerwesen. 4) Tritonen anderweit in der'
reliefs {Beschreib. jRoms 3, 3, 245 nr. 10. Matz- Nähe der Aphrodite. Eine Marmorgruppe
Duhn 2 nr. 3205. 3207) zeigen in der Mitte eine in Dresden {Arch. Anz. 1894, 29, 12) zeigt die
große Okeanosmaske , die Nereiden tragende Göttin mit einem Triton hinter ihren Füßen
Tritonen halten und umgeben. Tritonen in der und an ihrer linken Seite; er bezeichnet das
Umgebung einer Okeanosmaske zeigt auch das 30 Meer, dem sie entstiegen ist. Auf den Bronze-
Sarkophagrelief Bull. d. Roma 1 (1873), 192 ss. medaillen der Faustina Cohen, Med. imp.^ 3,
tav. 4^ das Stuccorelief Overbeck-Mau, Pompeji 159 nr. 272s. sind ein Eros und ein Triton als
•204 f. und das Mosaik von St. Rustice Bull. d.i. Nebenfiguren zu ihren Füßen angebracht (auf
1834, 157 SS. (vgl. oben Sp. 1165). Münzen von Bostra Cohen, Med. imp.^ 4,501
§20. Triton (?), Tritonen und Trito- nr. 119s. hat das Standbild der Astarte zu sei-
niden in Verbindung mit Aphrodite (vgl. nen Füßen zwei Tritonen). In dem Relief Tay-
oben Sp. 1159). 1) Sie wird von Tritonen lor Combe, Anc. marbl. 2 pl. 9 kämpft neben
in einer Muschel getragen. Von ihr, die Aphrodite, die auf einem Felsen sitzt, ein Tri-
als Göttin des heiteren Meeres und der glück- ton mit einem Seestiere. Das Marmorgefäß
liehen Fahrt verehrt wurde, erzählte man, sie 40 Beschreib. Roms 2, 2, 273 zeigt (wohl in Relief)
sei aus dem Schaume des Meeres geboren und eine 'nackte Venus oder Nymphe' auf einem
durch eine Muschel an den Strand der Insel Delphine zwischen zwei Tritonen. In demWand-
Kythera gebracht worden {Paul. Diac. p. 52). gemälde aus Herculanum Heibig nr. 309 hält
Die Kunst läßt diese Muschel von den in den ein Seekentaur die Zügel eines Seestiers, an
Tritonen personifizierten Meereswogen getragen dessen Fischschwanz ein Weib , vermutlich
werden. Dieses Motiv findet sich in dem Bruch- Aphrodite, angelehnt liegt. Das Wandgemälde
stück einer, plastischen Gruppe aus Kalkstein ebendaher Heibig 310 stellt vermutlich eben-
Arch.-epigr. Mitt. aus Österreich - Ungarn 16, falls diese Göttin auf einem Seepferde dar;
37fiF. , in den Sarkophagreliefs Matz -Duhn 2 ihr voraus schwimmt ein Seekentaur,
nr. 2893. Benndorf- Schöne, Lateran nr. 296 50 § 21. Triton und Tritonen in Verbin -
(= Gerhard, Ant. Bildw. 1. Cent. Taf. 100,1, düng mit Thetis (vgl oben Sp. 1159). Triton
siehe dieses Lex. Bd. 3, Sp. 238 Abb. 12); Froh- erscheint als Einzelwesen in Beziehung zu dem
ner, Not. 1 nr. 133 (wie es scheint, Ursprung- Raube der Thetis durch Peleus auf der rot-
lich auch in nr. 134), in dem Relief Beschreib. figurigen Kylix des frühen schönen Stils Journ.
Roms 3, 3, 255, dem silbernen Relief Arch. Anz. of Philol. 7, 215 ss. pl. A; Schwestern der Ge-
1857, 39 {1. Miscellansaal des Louvre)., in den raubten verkünden dem Nereus und Triton
bronzenen Reliefmedaillons Heibig, Klass. AI- (beide Namen sind beigeschrieben) das Ereignis.
tert. in Rom^ 383 nr. 568, endlich auf dem aller- Letzterer hält in der Linken einen Delphin, in
dings aus christlicher Zeit stammenden (vgl. der Rechten ein langes Skeptron und ist mit
Jahn, Sachs. Ber. 1853,17) silbernen Toiletten- eo einem faltigen Chiton bekleidet (vgl. oben Sp.
kästchen Visconti, Opere var. 1 tav. 17. In dem 1164). Somit ist auch auf der Lekythos mit
Wandgemälde aus Herculanum Heibig nr. 1067 schwarzen Figuren Arch. Anz. 1854, 450 und
scheinen zwei Seekentauren die Muschel für dem rotfigurigen Lekanedeckel Heydemann,
Aphrodite herbeizubringen. 2) Aphrodite Vasens. zu Neapel 359 f. nr. 2638 der fisch-
wird von Tritonen auf dem Rücken ihres schwänzige Meerdaimon, der bei der Mittei-
Fischleibes getragen. In dem pompejani- lung des Raubes an Nereus zugegen ist, Tri-
schen Wandgemälde Heibig nr. 308 ruht sie ton zu nennen. In dem Mosaik von St. Rustice
auf dem Rücken eines Seekentauren, der die Bull. d.i. 1834, 157 ss. trägt Triton die Thetis;
1191 Triton, Tritonen Triton, Tritonen 1192
die Namen sind beigeschrieben (vgl. Sp. 1166). leicht Galene, ausgestreckt auf der Meeres-
D&a Relief an einem Sarkophagdeckel Causseus, fläche treiben.
Mus. Born.* 2, lli stellt dar, wie vier von Tri- §23. Triton inVerbindung mit Athena.
tonen getragene Nereiden, unter ihnen wohl Den Namen Tritogeueia(8. d.), mit dem Atheua
Thetis, die von Hephaistos für Achilleus neu häufig bezeichnet wurde, betrachtet Steuding
geschmiedeten Waffen diesem überbringen. {Wochenschr. f. klaas. Fhilol. 1892, 1197 f.) als
Diese Handlung ist auch in den drei pompeja- Appellativnm und nimmt an, "daß man dadurch
nischen Wandgemälden EngeJnwnn, Bilderatlas Pallas Athene unmittelbar als die im wogen-
zu Homer, //ia« Taf. 16 nr. 87. Heibig wr.\%\9. den Wolkenmeer (oder im Reifeustrom?) (Je-
1821 ausgedrückt, in denen wahrscheinlich lo borene bezeichnet hat', was Gruppe in Bur-
Thetis von einem Seekentauren getragen wird; siansJahresber. 85(1895), 293 bezweifelt. Sicher
ebenso auf den vier einander sehr ähnlichen ge- ist dieser Name wenigstens später zu dem Flusse
schnittenen Steinen ilfa//«», öemtnc oni. 3 tav. 89. Triton in Beziehung gesetzt worden; denn wo
Gravelle, Pierres gr. 2 pl. 86. Causseus, Mus. die Tritogeneia verehrt wurde, wollte man viel-
Bom.^ 1, 1 tab. 48. Monaldini, Thesaur. Gemm. 2 fach auch einen Tritonfluß haben {Preller-Bo-
tab. 30: eine Nereide, vielleicht Thetis, die einen bert, Gr. Myth.* 1,1S6^.; vgl. Dreßler, Triton
Schild hält, wird von einem Triton getragen. 1,2 A. 11). i3ieser Name ist die Ursache davon,
Da man 'das Bild der die Waffen des Achil- daß Athena bisweilen zu einem Gott Triton,
leus über das Meer tragenden Nereiden in in dem man diesen Fluß personifizierte, in
erotischem Sinne zur Verzierung des Frauen- 20 nähere Beziehung gesetzt wurde (vgl. oben
Schmucks zu verwenden' pflegte {Stephani, Sp. 1164). Er konnte auch bewirken, daß man
Compte-Bendu 1865, 46 A. 2), so ist auf diesen einen, wenn auch mißverständlichen Zusammen-
Steinen das Erotische teils durch die Haltung hang zwischen Athena und dem Meergott Tri-
der Figuren, teils durch beigegebene Eroten ton annahm, zumal da dieser in der Argonau-
ausgedrückt. Die von einem Seekentauren ge- tensage mit dem Tritonissee (vgl. oben § 9)
tragene Nereide mit Schild auf dem geschnit- und somit auch mit dem in diesen mündenden
tenen Steine Eckhel , Pierres gr. pl. 15 dürfte Flusse Triton {Herodot. 4,178) in Verbindung
nicht Thetis zu nennen sein, weil ihre Ge- gebracht wurde. Hiervon finden sich in der
wänder den Körper gar nicht bedecken. Über Kunst einige allerdings nicht sehr sichere Spu-
einige andere vielleicht hierher gehörige ge- so ren. Die Marmorstatue der Athena Matz-Duhh
schnitt^ne Steine vgl. Dreßler, Triton 2, 9 A. 8. 1 nr. 621 hat ein 'fischgeschwänztes Meerwesen'
Vergleichen kann man auch den eine Nereide neben dem rechten Fuße, das Triton sein kann.
tragenden Triton an der etruskischen Aschen- Vielleicht soll Triton sein (oder Glaukos?) dio
nme DtUschke 2 nr. 514; unter seinem rechten Beifigur neben dem Kopfe der Athena auf der
Arme 'befindet sich eine Pelta dargestellt'. korinthischen Silbermünze Imhoof Keller, Tier-
Die Statue endlich bei Winckelmann, Werke u. Pßnnzenb. Taf. 13, 31, ebenso das Meerwesen
{Meyer u. Schulze) 6, 1,311 ff. 'hält die linke mit Muscheltrompete am Helm der Athena auf
Hand auf einem Ruder ruhend, welches auf zwei Lampen Passer i, Luc. fict. 1 tab. 53. 2
einem Triton steht'; Winckelmann vermutet in tab. 25 (vgl. Dreßler, Triton 1, 8). Ein Triton
ihr eine Thetis. 40 (Relief) mit der Muscheltrompete und Steuer-
§ 22. Triton, Tritonen und Tritoni- rüder am Helme der Athena wird erwähnt
den in Verbindung mit Galateia (vgl. Catal. of the Finger Bings in the Brit. Mus.
oben Sp. 1159) und Galene (?). Auf dem Vasen- nr. 1646, ein Triton 'auf der Plinthe', einer
fragment Jahrb d. Arch. I. 1887, 116 A. 3, das Athenastatue Heibig, Klass. Altert, in Botn^ 1,
zwar nicht griechischen Ursprungs zu sein 59 nr. 109. Dagegen ist die Zusammenstellung
scheint, dessen Darstellung jedoch auf griechi- eines Triton mit zwei Bildern der Athena an
scher Knnst beruht, schwimmt ein durch etrus- der attisch rotfigurigen Schale mit; Reliefs Furt-
kische Beischrift als Tritun (sie) bezeichneter wängler, Antiquar ium2S90 wohl rein dekorativ
sehr jugendlicher Meerdaimon die Muschel- aufzufassen, ebenso wie die mehrfach wieder-
trompete blasend der gleichfalls inschriftlich 50 holten Tritoniden zwischen Darstellungen der
bezeichneten Nereide 'Galatea' voran, die von Athena Promachos an den Reliefvasen Dumont-
einem Hippokampen getragen wird. Das Re- Chaplain, Ceram. 1 pl. 30, 6. Winnefeld, Vasens.
lief Jahn, Arch. Beitr. 417 zeigt Galateia auf zu Karlsruhe nr. 342.
einem Seekentauren dahinziehend, während Po- § 24. Triton und Tritonen zur Andeu-
lyphemos am Ufer sitzt; Jahn wagt allerdings tung oder Belebung des Meeres bei son-
kein bestimmtes Urteil. Sicherer dürfen wir in stigen mythologischen Personen. 1) He-
der von einem Delphin getragenen Nereide liosund Selen e. An der Lamipe Hey demami,
des pompejanischen Wandgemäldes Heibig nr. 3. Hall. Winckelm.-Progr. 79 nr. 18 versinnbild-
1042 Galateia erkennen, da hier offenbar Po- licht je ein Triton das Meer, aus dem Helios
lyphemos am Ufer steht; vor ihr her schwimmt 60 und Selene emporsteigen und in das sie hinab-
ein Seekentaur, In einem Gemälde bei Philo- sinken. Auf dem Spiegel Gerhard, Etr. Spiegel
Stratos {Imag. 2,18; vgl. oben Sp. 1168) wird 3,1,73 Taf. 72 zieht ein Triton (vielleicht der
der Wagen der Galateia von vier Delphinen Meergott) dem Sonnengotto voran zur Andeu-
gezogen, die von Tritoniden am Zügel ge- tung des Meeres, das dieser verlassen hat. In
führt werden. Auf der antiken Paste Toelken, dem Relief Gerhard, Ant. Bildw. Taf. 39 {Jahn,
Geschn. St. Kl. 3 nr. 190 sieht man neben einem Arch. Beitr. 60) ist der Weg der Selene über
Hippokampen, den sie umfaßt, und hinter das Meer durch einen Wassergott, vielleicht
dem ein Triton auftaucht, eine Nereide, viel- Triton, unter ihrem Wagen angedeutet. 2)Apol-
1193 Triton, Tritoneii Triton, Tritonen 1194
lon(?). Fraf^eweiBe Bericht Heydemann{1. 2. Hall. wohl Replik hiervon). Hierher gehören wohl
Winckelm -Pntgr. 31 f.) die Vermutung aus, daß auch die nicht ausreichend beschriebenen Sar-
an dem für etruskisch erklärten ReliefgefUß kopha^e: Hübner, A. JUldic. in Madrid 318.
Micali, Man. incd. rJSss (Furtwängler, Gold- v. Syhcl, Skulpt. zu Athen nr. 8369. Stark, Nach
fund 26 A. 3) durch den Triton (vielleicht den d. griech. Orient 352. Über einige Sarkophag-
Meergott) dag Meer angedeutet werde, über fragmente, die Tritonen enthalten, an denen
das Apollon auf seinem Wagen dahingejagt aber die dargestellte Handlung nicht mehr er-
sei. — 8) Hermes und Kalypso. Da der Spie- kennbar ist, s. Dreßler, Triton 2,23. In die-
gel Gerhard, Etr. Spiegel 4, ö, 63 Taf. 404 Her- seii Reliefs bilden die Tritonen meist Gruppen
mes bei Kaljpso zeigt, so ist anzunehmen, daß lo mit den fast immer dargestellten Nereiden oder
der Triton (vielleieht der Meergott), der die den häufig erscheinenden Seetieren, d. h. den
Mündung des Spiegelgriffs ausfüllt, das Meer meist dem poseidoniscben und bakchischen
andeuten soll, das die Insel Ogygia umspült. Kreise entnommenen Tieren (vgl. Jahn, Sachs.
4) Die Dioskuren. Die beiden Giebelgruppen Ber. 1854, 187f. Preller - View , Gr. Myth.^ 1,
von Lokroi Epizephjrioi stellten dar, wie die 466. 468. 481 f. 588 ff. 602), die man gleich den
Dioskuren über das Meer kamen, um den Lo- Tritonen etwa von der Mitte des Leibes an
krern im Kampfe gegen die Krotoniaten bei- in einen Fischschwanz übergehen ließ: Stier,
zustehen {lustin. 20,2,1088.). In der einen ist Pferd, Bock, Widder, Löwe, Panther, Hase,
ein Triton erhalten, der mit dem Kopfe, den Hirsch, Drache, Greif; vgl. Dreßler, Triton 2,
Händen und dem Pischschwanze das Pfei-d des 20 19. Daß die Figur des Ziegenfisches oder See-
einen Dioskuren trägt. Von der anderen Gruppe bocks aus der altorientalischen Kunst in die
sind entsprechende Spuren vorhanden; vgl. Pe- griechische übergegangen ist, zeigt Boscher,
tersen, Rom. Mitt. b [1890], 202 ff. Ant. Denkm. Fleckeisens Jahrb. 1895, 333 f. Die auf einem
1890 Taf. 52. — 5) Ino und Melikertes. Auf- orientalischen Zylinder bei Chabouillet, Camees
der korinthischen Bronzemünze Imhoof-Blumer , et Pierres gr. de la Bibl. Imp. nr, 705 darge-
Monn. gr. 160, 19 sehen wir Ino mit Melikertes stellte Ziege, deren Körper in einen Fisch aus-
sich in das Meer stürzen ; dieses ist ausgedrückt geht, ist nach Röschere Meinung. (Literar. Zen-
durch einen Triton oder den Meergott Triton tralblatt 1893, 1054) sicherlich ein Aigokeros;
(oder Glaukos? Vgl. Dreßler, Triton 2,12 A. 4). vgl. oben Sp. 1158, Anderweit vorkommende
6) Europe. Bei der Entführung der Europe 30 derartige Seetiere sind: Seekalb {Arch. Zeit.
durch Zeus beleben Tritonen das Meer (Bronze- 1884, 27), Seesteinbock (capricorno marino nach
münze von Kleonai Overbeck, Kunstmythol. Bull. d. I. 1867, 111; — an Aigokeros ist hier
2,4631) oder begleiten mit Nereiden, See- nicht zu denken, eher an eine Seeziege), und
tieren und Eroten den Hochzeitszug (Stephani, Seehund, d. h. Hund mit Fischkörper (Jahn,
Compte-Rendu 1880, 105 ff.: Fischteller; Matz- Sachs. Ber. 1S6S, 183 nr. 36, ganz unzweifelhaft
Duhn 3, nr. 4117: Mosaik). Über einige un- an den Henkeln des bronzenen Kraters aus
erklärte Darstellungen, in denen ein Triton Boscoreale in Berlin, Mise. Inv. 8850. Arch.
vorkommt, vgl. Dreßler, Triton 2,13. Die J.w^. 1900, 182 nr. 8; vgl. auch den Bronzehen-
dort angeführte Meinung Petersens {Rom. Mitt. kel Arch. Anz. 1900, 218 nr. 29); ja sogar See-
:{ [1888J, 303 ff.), zwei im neuen Museo Ca- 40 elephanten sind auf indischem Boden, wie es
pitolino befindliche Rundbilder von Tritonen scheint, nach dem Vorbilde dieser Seetiere ge-
gehörten mit einer Büste des als Hercules dar- schaffen worden (vgl. Arch. Zeit. NF. 8, 92 f.).
gestellten Commodus zusammen, wird von J?d- Röscher {Selene 153 f.) meint, bei der nahen
big, Klass. Altert, in Rom^ 1, 388 f. mit Recht Berührung des griechischen Hirten- und Fischer-
bezweifelt. Standes seien die Vorstellungen des Hirten-
§ 25. Tritonen in Reliefs an Sarko- lebens auch auf das Meer übertragen und z. B.
phagen, hauptsächlich in Verbindung die Meereswellen als Rosse oder Ziegen oder
mit Nereiden, Eroten und Seetieren. So Schafe des Meeres aufgefaßt worden. Den Ge-
erscheinen Tritonen (einmal auch Tritoniden stalten von Seerossen, Seestieren und Seewid-
Gall. Giustin. 2 tav. 102) außerordentlich häufig 50 dem seien bisweilen Tritonen von durchaus
an Vorderseiten von römischen Sarkophagen, paneskem Typus, z. B. mit Hörnern und Spitz-
Gall. Giustin. 2 tav. 142. 146, 148. Gori, Inscr. obren (vgl. oben Sp. 1171) zur Seite gesetzt wor-
Ftr. 3 tab. 13. 43. Monaldini, Latii ant. descr. den. Natürlich fehlen auf den Sarkophagen
2,2 tab. 5,2. Mon. Matth. 2 tab. 87,1. Mus. auch die wirklichen Seetiere nicht: wir sehen
Pie-Clem. [Milan 1818] 4 pl. 33. Gerhard, Nea- häufig Delphine, dann Fische, die Seeschlange,
peU ant. Bildw. 1, 141 nr. 5.*}6. Beschreib. Roms den Polyp.
2, 2, 32 nr. 10. 36 nr. 122. 3, 3, 245 nr. 10. 252 Meist zeigt die Darstellung vier Gruppen
nr. 13. Benndorf- Schöne , Lateran nr. 25. 296, von Nereiden mit Tritonen oder Seetieren,
520.537. Denkschr. d. Wiener Ak.l^ {l^H)),bl^. und zwar je zwei Gruppen zu beiden Seiten
Bull. Mun. d. Roma 1 (1873), 192 ss. 255 ss. 60 eines Mittelpunktes, so des Poseidon auf
Dütschke 1 nr. 45. 70. 98. 100. 111. 3 nr. 82. seinem Wagen (vgl. oben Sp. 1186). Gewöhnlich
85. 338. 4 nr. 119. 520. Fröhner, Not. 1 nr. 133. wird dieser Mittelpunkt von den Tritonen der
134. 438—442. Matz -Duhn 2 nr. 2893. 3164 beiden inneren Gruppen gehalten, so die Maske
{Dütschke 5 nr. 400 möglicherweise Replik hier- des Okeanos (vgl. oben Sp. 1189), Aphrodite
von, vgl. Dütschkes Nachtr. zu Bd. 5 nr. 400). in der Muschel (vgl. oben Sp. 1189). Oft hat
3165f. 3168—3182. 3184. 3191—3199 (vielleicht man an Stelle dieser Göttin das Brustbild einer
identisch mit Beschreib. Roms 3, 3, 307 nr. 15). Frau (s. uns. Abb. 25) in die Muschel gesetzt
3200—3205. 3207 (der 'gleichartige' Sarkophag (man verglich die Schönheit der Verstorbenen
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V 39 '
iai»5
Tritoji, Tritonen
Triton,^ Tritonen
11%
>5) Relief an der Yordereeite eines rOmisohen MannorMurkophags im Louvre; in der Mnsohel die Baste einer römi-
schen Dame des S. Jahrhxinderts (naoh Claretc, Mu*ie de $c. pl. 207, 196: vgl. Frökner, Notice 1,405 b. nr. 440).
mit der der Aphrodite, vgL Petersen {Stephani),
Hörn. MiWi. 3 [1888], 806 und Fröhner, Not. 1,
406), dann im weiteren Fortschritt das eines
Mannes (s. uns. Abb. 26) oder die Brustbilder
von Ehepaaren. Mehrfach tragen Tritonen an
Stelle der Muschel einen runden Schild (cli-
peus) oder ein Medaillon mit Brustbildern der-
selben Art (auch mit dem Gorgonenhaupt als
Apotropaion) oder auch eine Inschrifttafel. Be-
lege hierzu wie zu den folgenden Auseinander-
setzungen findet man bei Dreßler, Triton 2,
13 ff. In der Hauptsache aber erscheinen die
Tritonen als Träger der Nereiden, deren ent-
hüllte Schönheit zu dem halbtierischen Körper
jener in wirkungsvollen Gegensatz tritt. Das
Verhältnis zwischen Tritonen und Nereiden ist
im allgemeinen als erotisch zu bezeichnen; die
erotische Lüsternheit Tritons (vgl. oben Sp. 1159)
'befähigte' die Tritonen, 'die galanten Lieb-
haber des Meeres zu werden' {Brückner, Athen.
Mitih. 15 [1890], 101). Die heitere in diesen
Schwärmen herrschende Stimmung wird noch
durch Musik erhöht. Wir erblicken in den Hän-
den von Nereiden die Leier, auch das Tym-
panon; die Leier spielen bisweilen auch Tri-
tonen, sie blasen die Muscheltrompete, die wir
häufig in ihren Händen finden, die Flöte, die
Syrini. Andere Attribute übrigens, die hier
bei den Tritonen häufig vorkommen, sind Ru-
der und Anker. Muscheltrompete, Doppelflöte
und Leier handhaben auch die Eroten, diese
lustigen Gesellen, die als lebendiger Ausdruck
der erotischen Stimmung in Luft und Wasser
die Tritonen, Nereiden und Seetiere umgau-
keln und umspielen. Die Seetiere werden von
den Tritonen meist am Zügel geleitet, am Hörn
oder Halse gepackt, auch mit Stockschlägen
abgewehrt. Seit J5uonarro<«( vgl. C.L.VfiscontiJ
Bull. Mun. (l Roma 1 [1873], 1968.) hat man
fast allgemein (nach Petersen, Ann. d. I. 1860,
396s.) angenommen, man habe diese Seezüge
so häutig an Sarkophagen angebracht, um dar-
zustellen, wie durch sie die Seelen der Tugend-
haften nach den Inseln der Seligen übergeführt
20 würden, und hat ihr Vorbild in dem berühm-
ten Werke des Skopas gesucht, das höchst
wahrscheinlich darstellte, wie Thetis den aus
dem Leben geschiedenen Achilleus nach der
. Insel Leuke oder den Inseln der Seligen brachte
(vgl. ob Sp. 1166 f.). Dem gegenüber hat Petersen
(a. a. 0. p. 403) nachzuweisen gesucht, daß diese
Schwärme von Seewesen analog dem bakchi-
schen Thiesos (p. 383) Vereinigungen seliger
Wesen darstellen. Er betrachtet das fröhliche
so Umherschweifen auf dem Meere (p. 400) als die
Seligkeit, die der Mensch inmitten dieser We-
sen nach dem Tode genieße, und gibt die Idee
von der Reise nach den Inseln der Seligen
gänzlich auf. Allerdings ziehen die Gruppen
der Seewesen nie einheitlich nach einer Seite
hin, es ist vielmehr vielfach eine Bewegung
nach dem Mittelpunkte zu dargestellt, auch ist
vielfach eine Beziehung auf den Verstorbenen
nicht angedeutet. Das läßt sich vielleicht durch
40 die Annahme erklären, daß in jenen Szenen
noch nicht das Geleiten oder Überführen selbst,
sondern nur der Anfang oder die Vorbereitung
dazu wiedergegeben ist. Die Seewesen haben
sich eben versammelt und die Seele des Ab-
geschiedenen, die durch das Bildnis in Muschel
oder Clipeus ausgedrückt ist, in Empfang ge-
nommen, um sie nun in ihrer Mitte nach den
Inseln der Seligen zu bringen — oder es ist
dies noch nicht geschehen, sie warten noch
50 darauf; dann ist eine Andeutung der Seele
nicht gegeben. Boscher {Berl. philol. Wochen-
schr. 1893, 886 f. Lit. Centralbl. 1893, 1054 f
spricht die Vermutung aus, daß die Darstel
26) Relief an der Vorderseite eines römischen Marmorsarkophags im Lourre; in der Muschel das Brustbild eines
jungen Toten (nach Clarac, Mutee de sc. pl. 206, 194; vgl. Fröhner, Notice 1,404 8. nr. 439).
1197 Triton,. Tritoneri Triton, Tritonen 1198
hingen sich auH der Lehre der samolliriiliibrhen Diese Darstellung steht dem (jiiarakU'r der
Mysterien erklären. Er beruft sich dabei 'auf j^friechiscben Sarkopha«;e j^emäß nicht in Zu-
inehrere Mythen der tjrrhenischen Pelasger (der sammenhang mit denen der Vorderseite und
eigentlichen Begründer der samothrakischen der Nebenseiten (vgl. Matz ^ Arcli. Zeit. 1873.
Mysterien), denenzufolge Sterbliche in Meerdai- 15 A. 23 u. S. 18). Endlich finden wir dieselben
monen oder Meergeschöpfe verwandelt werden'. Gestalten wie an den Nebenseiten auch in He-
'Durch die Analogie dieser Mythen' gelangt liefs an Deckeln von Sarkophagen. Von den
er zu der Vermutung. Maß die samothrakischen bei Drcßlrr, Triton 2, 22 besprochenen Beispie-
Mysterien ihren Eingeweihten für den Fall einer len sind hervorzuheben das schon oben Sp. 1191
Verunglückung auf dem Meere die „Entrük- lo erwähnte Relief Causseus, Mus. Roman.^ 2, 114
kung" unter die Dairaonen des Meeres ver- und das Relief am Deckel des Aktaion-Sarko-
heißen haben, ein Gedanke, der auf den römi- phags Fröhner, Not. 1 nr, 103 p. 130 (Baumei-
schen Sarkophagen in der Darstellung seliger ster, Denkm. 2 Abb. 1216). Daß in dem hier
Tritonen- und Nereitlenschwärme plastischen dargestellten Seezuge eine der Nereiden einen
Ausdruck gefunden haben mag'. Dagegen wen- Köcher (so mit Heydemann, Nereiden mit den
det Steuding, Wochenschr. f. klass. Philöl. 1803, Waffen des Achill , Abschnitt 4 nach der Ab-
1307) ein, 'daß hier der Verstorbene nicht in bilduug bei Clarac, Mus. pl. 208, lOoj, eine an-
Person unter jenen Seewesen erscheint, wie dere einen Bogen trägt, erklärt sich wohl am
bei dieser Voraussetzung natürlich wäre, son- einfachsten, wenn man annimmt, daß der Künst-
dern daß immer nur sein Bild getragen wird'. 20 1er, der im Mythus von Aktaion als dje eine
Wie von Petersen- (a. a. 0. p. 397s. 4018.; Hauptperson Artemis darstellte, den Nereiden
vgl. auch Jahn, Sachs. Ber. 1854, 190 f.) aus- deren Waffen in die Hände gab, um in dem
führlich nachgewiesen worden ist, erscheinen Seezuge des Deckels die Hauptdarstellung gleich-
diese Schwärme von Nereiden und Tritonen sam nachklingen zu lassen,
vielfach als Nachbildungen des bakchischen Masken von Tritonen brachte man an den
Thiasos. Die Verwandtschaft der Tritonen über- Nebenseiten {Bouillon, Mu^.des Ant. 3 Bas-rel.
haupt mit den Satyrn und speziell der See- pl. 12,2), auch an Deckeln von Sarkophagen
kentauren mit den Kentauren des Landes ist an {Matz-JJuhn 2 nr. 3223. 3235). In Reliefs an
schon oben (Sp. 1170 f. 1177) besprochen wor- Vorderseiten finden wir Tritonen, die, ohne zu
den, hier sei noch mit Petersen darauf hinge- 30 der Darstellung in näherer Beziehung zu stehen,
wiesen, daß die von Tritonen getragenen Ne- eine Architektur schmücken. Diese dekorative
reiden zu vergleichen sind mit den von Ken- Verwendung hat doch wohl ihren tieferen Grund
tauren getragenen Mainaden, daß die Erregung, in der Verbindung, in der die Tritonen mit
in der Nereiden sogar Seetiere umarmen, der dem Leben der Seele nach dem Tode stehen,
im bakchischen Thiasos herrschenden Begei- Beispiele bieten Dütschke 1 nr. 41. 61. 150.
sterung entspricht, daß diese. Seethiasoi mit Matz-Duhn 2 nr. 2257. 2357. 2695. 2785 3101.
denen des Dionysos die Häufigkeit der Eroten 3104. Bemerkenswert ist, daß diese Tritonen
und das Ergötzen an der Musik gemeinsam alle die Muscheltrompete blasen, also wohl ein
haben, daß endlich in den Seethiasoi bisweilen Trauerlied erschallen lassen (vgl. Petersen, Böm.
Geräte des bakchischen Kultus (vgl. oben Sp. 40 Mitth. 3 [1888], 305 A. 2).
1180 und § 26) vorkommen. Man wird also die § 26. Tritonen allein oder mit Nerei-
im wesentlichen erotische Glückseligkeit der den, Eroten und Seetieren an anderen
Seethiasoi zum größten Teile auf das Vorbild Sepulkralmonumenten» Dieselben Gestal-
des bakchischen Thiasos zurückzuführen haben. ten von Meerwesen, die den Schmuck zahl-
0. Müller {Handh. d. Arch.^ § 1J5 hält es für reicher Sarkophage bilden, sind auch benutzt
'sehr wahrscheinlich, daß durch Skopas zuerst worden, um Grab- und Aschenurnen, Aschen-
der dem Bakchischen Kreise eigene Charakter kisten, Grabsteine, Grabmäler, Grabaltäre, Grab-
der Formen und Bewegungen auf die Darstel- kammern und Tempel von sepulkraler Bedeu-
lung der Wesen des Meeres übertragen wurde'. tung angemessen zu zieren. So halten an der-
Als einen individuellen Einfall des Kunst- 50 artigen Denkmälern Tritonen eine Tafel mit
lers haben wir es sicher mit Jahn {Ann. d. I. Inschriit {Matz-Duhn 3 nr. 3993: runde Aschen-
1859, 27 SS.) zu betrachten, wenn in dem Re- urne; Stephani, Ant. zu Pawlowsk nr. 4:9: Aschen-
lief der Vorderseite eines Sarkophags im Pa- kiste), einen leeren Clipeus {Jahrb. d. Arch. I.
lazzo Corsini zu Rom {Matz-Duhn 2 nr. 3164) 1888, lOff. : Grabmal der Julier in Saint-Remy;
Tritonen und Nereiden, mehrfach mit Attri- dieses Motiv ist an drei Seiten wiederholt, an
buten olympischer Gottheiten ausgestattet, die der vierten kämpfen drei Tritonen mit Ru-
Rolle dieser zu spielen scheinen, ähnlich wie dern gegen Seegreife), einen solchen mit dem
an einem Kindersarkophage (Matz-Duhn 2 nr. Brustbilde eines Jünglings (Stephani, Ant. zu
2796) Eroten 'als Götter mit Götterattributen' Pawlowsk nr. 58: Aschenkiste). Auch hier er-
dargestellt sind. 60 scheinen Tritonen als Träger von Nereiden in
Bei vielen der oben angeführten Sarkophage Begleitung von Eroten und als Bändiger von
sind auch die beiden Nebenseiten erhalten, in Seetieren {Janssen, Gr. en Born, grafreliefs nr.
deren Reliefs die der Vorderseiten gleichsam 2lTaf. 7: Relieffragment, vermutlich von einer
ausklingen. Darum begegnen wir in ihnen wie- 'doodkist'; Clarac, Mus. pl. 209,199; Jahn,
derum Tritonen, Nereiden, Eroten und See- »S'äc/is. .Ber. 1868, 209 nr. 144: Grabaltäre), auch
tieren. Auch die Rückseite eines griechischen als Liebhaber der Musik {Clarac, Mus. pl. 187,
Sarkophags {Bohert, A. Sark.-Beliefs 2 Taf. 3, 102: Viereckige Aschenurne, ein Seekentaur
9c) zeigt einen Seekentauren mit einer Nereide. bläst die Flöte, ein Eros auf seinem Fisch-
39*
1199 Triton, Tritonen Triton, Tritoneu 1200
Mchwanze spielt die Leier). Die Stuckreliels in aunehmeu dürfen? Es seheint j?eraten, die fisch -
»nnem Grabe an der Via Latina(vl«»i.rf. /. 1860, schwänzigen Daimonen an etru.skischen Grab
S4888.) zeigen die verhüllte Figur des auf einem denkmillern, soweit sie nicht aus der grieclii
fliegenden Greife sitzenden Toten umgeben von sehen Kunst direkt herübergenommen sind, f\ii
84 Medaillons ; sechs von diesen enthalten Sa- Todessymbole zu halten (vgl. Dreßler, Triton
tym mit Bakch antinnen, sechs Nereiden auf 2,26, auch 1,15).
Seekentauren, zwölf Nereiden auf Seetieren §28. Tritonen mit Nereiden in nicht
Hier sind dem Chore von Seewesen, die den sepulkralen Monumenten, auch mit Bei-
Abgeschiedenen auf der Reise nach den Inseln gäbe von Kröten, Seetieren und Delphinen.
der Seligen das Geleit zu geben scheinen, Ge- le Eine Aufzählung von hierher gehörijjen Denk-
stalten aus dem batchischen Thiasos zugesellt, millern bei Dreßler, Triton 2, 27. Die Darstel-
und dieser hat den Seethiasos so stark beein- lungen an denselben erinnern in ihren Bestand -
flußt, daß Nereiden wie Seekentauren bakchi- teilen, wie in deren Verwendung so an die oben
sehe Attribute führen (vgl. oben Sp. 1180. 1197). (Sp. 1193f.) besprochenen Sarkophagreliefs
Andere Beispiele dafür, daß man mit Dar- daß man sie in der Hauptsache als Nachuli
Stellungen von Tritonen Grabkammern aus- mungen von Mustern ansehen muß, die in jenen
schmückte, bieten Minervini, Mon. poss. da gegeben waren, wenn auch außerdem Werkt
Barone 1,71: Tritonen in Stuckrelief in einem wie die Statuengruppe des Skopas oder der
Grabe der Nekropole von Pozzuoli; Bartoli, Münchener Fries (vgl. Sp. 1166 f.) vorbildlich ge-
Pitt. ant. 2 tav. 7. 8. 10. 11: Wandgemälde in so wirkt haben mögen. Die langgestreckten Ge-
dem sepolcro de' Nasoni. Das Trauerlied bla- stalten der Tritonen (wie der Seetiere) eigne-
sende Tritonen finden wir paarweise oder ein- ten sich sehr dazu, einen streifenförmigen Raum
zeln an Grabsteinen angebracht {Ath. Mitth. 13 dekorativ zu schmücken; darum finden wir sie
[1888], 377 ff.; vgl. oben uns. Abb. 13. Dütschkc in Friesreliefs (/:/e?/rfemanH, Marm-Büdw. zu
3 nr. 312. 4 nr. 546. 565. 6 nr. 849; vgl. Arch. Athen nr. 250f., abgeb. in diesem Lex. Bd. 3,
Anz. 1901, 150). Ganz offenbar stimmen in die Sp. 231 f. 9a. 9b. Dütschke 5 nr. 492. 538; vgl.
Klage um den Toten die Paare von Tritoneu Furtivängler, Arch. Zeit. 1882, 366), in Zier
ein, die in halber Figur aus Grabumen her- streifen an Schiffen (Dw/scMe 5 nr. 296) und Gr
vortreten bei Minervini, Mon. poss. da Barone wändern {Matz-Duhn 3 nr. 4111. Berl. philol.
1,65 SS. 67. 3'j Wochenschr. 181)5, 949). Es mußte ferner nahe
§27. Fischseh wänzige Daimonen an liegen, diese Wasserwesen in Mosaiken an^u-
etruskischen Grabdenkmälern. Die aus bringen, mit denen man Fußböden in Bädern
Menschen- und Fischleib zusammengesetzten {Heibig, Klass. Altert, in Born^ 188 Mosaik aus
Wesen, denen wir in der Kunst der Etrusker, den Thermen von Otricoli) schmückte oder
und zwar vorzugsweise an sepulkralen Denk- solche in Atrien zierte {Bull. d. I. 1867, 111.
malern begegnen, sind zum Teil unmittelbar Arch. Anz. 1857, 10 ff.), die ja durch das Im-
aus der griechischen Kunst entlehnt. Beispiele pluvium dem Regenwasser offen standen und
hiervon bieten bereits besprochene Denkmäler: häufig einen Springbrunnen enthielten. In den
zwei Aschenkisten {Gori, Mus. Etr. 3 class. 3 meisten der hierher gehörigen Denkmäler er-
tab. 3. — Vgl. Sp. 1187. Dütschke 2 nr. 514. — 40 scheinen die Tritonen als Träger, nur in einigen
Vgl. Sp. 1191), ein Reliefgefäß {Micali , Mon. als Begleiter der Nereiden, die dann auf Set
ined.ldSss. — Vgl. Sp. 1193), ein Vasenfragment tieren sitzen. Besonders häufig finden wir dl
{Jahrb. d. Arch. I. 18H7, 116 A. 3. — Vgl. Sp. liebliche Gestalt einer Nereide auf einem Tri-
1191), zwei Spiegel ((rerAarrf, Ü^ir. (S/^te^fe/ 3, 1,73 ton zum Schmucke von Ringsteinen verwendet
Taf. 72. 4,5,63 Taf. 404. — Vgl. Sp. 1192. 1193). (z. B. Toelken, Geschn. St. Kl. 3 nr. 186 f. 192 f.
Die beiden einschwänzigen Daimonen an einer Kl. 7 nr. 195. Furtwängler, Die ant. Gemmen
dritten derartigen Aschenkiste {Ant. Skulpturen Taf. 65, 27 [nach Arch. Anz. 1900, 220 nr. 5 im
Berlins [1891] nr. 1241) sind wohl mit Trito- Museum of Fine Arts zu Boston beßndlich]
neu auf eine Stufe zu stellen, ebenso der dop- 66,12). Dafür war eine solche Darstellung wegen
pelschwänzige Meerdaimon auf einem dritten 50 des erotischen Verhältnisses zwischen Tritonen
derartigen Spiegel {Gerhard 5 Taf. 54). Dagegen und Nereiden sehr geeignet (vgl. Sp. 1159). Die-
zeigen fischschwänzige Daimonen an anderen ses wird manchmal durch beigegebene Liebes-
sepulkralen Denkmälern der Etrusker einen götter noch mehr hervorgehoben (z. B. in dem
wesentlich anderen Charakter als die Tritonen Terrakottarelief Campana, Operc inplast. tav. 9
der griechischen Kunst, wenn auch der Typus Auch das gemeinsame Ergötzen an Musik (vgl
der letzteren der Bildung dieser bald mann- Sp. 1195) finden wir hier wieder: auf einem ge-
liehen, bald weiblichen Wesen zu gründe liegt. schnitteuen Steine {Toelken Kl. 3 nr. 192) spielt
Während die Tritonen nur gegen Seetiere feind- die Nereide die Leier, während ihr Seekentaur
lieh auftreten, sehen wir diese Daimonen an die Doppelflöte bläst. Aber nicht immer sind
etruskischen Aschenkisten mit menschlichen 60 die Nereiden geneigt, den Tritonen ihre Liebe
Wesen kämpfen, überhaupt einen wilden, zer- zu schenken, wie eine herrliche Marmorgruppe
störenden Charakter äußern. Die männlichen im Vatikan {Helhig, Klass. Altert, in Bom^ 1,
will Gaedechens (Glaukos 137 f.) Glaukos, die 105 nr. 184 — s. uns. Abb. 27) beweist: ein See-
weiblichen, wie es scheint, Skylla genannt kentaur, den zwei Eroten begleiten, raubt ein
wissen. Sollte man aber an einem etruskischen sich heftig sträubendes Weib. Dieses ist mehr
Sarkophage {Ant. Skulpturen Berlins [1891] nr. fach (auch von Heibig, dem übrigens 'der an-
1263), an dem zwei derartige Daimonen dar- tike Ursprung der Gruppe nicht über allen
gestellt sind, eine Verdoppelung des Glaukos Zweifel erhaben erscheint') als Nymphe be-
1201
Triton, Tritonen
Triton, Tritonen
1202
27) Seekciuuui-
iiuc Nereide entfülirciid, Alarmorgruppe im Vatikan, Hclbiy, Samml. kla^ss. Alteii. in Rom'- 1 ur. Iö4
(nach Baumeister, Denkm. 3 Abb. 1964).
k
zeichnet worden. Jahn {Sachs. Ber. 1854, 178)
jedoch sieht mit Recht in ihm eine Nereide.
Eine Verbindung von Tritonen mit anderen
Nymphen als denen des Meeres ist nicht
nachzuweisen, während Jahns Auffassung ihre
Bestätigung in der oben (Sp. 1159) angeführ-
ten Stelle Claudians (10, 136 ss.) findet, in
der das heftige Widerstreben der Nereide
Cymothoe gegen die zudringliche Liebe Tri-
tons erzählt wird, eine Schilderung, die mög-
licherweise auf der Anschauung dieser Marmor-
gruppe beruht (nach mündlicher Mitteilung
Röscher s).
§ 29. Tritonen (auch Tritoniden) mit
Eroten und Seetieren in nicht sepul-
kralen Monumenten. Die hierher gehörigen
Denkmäler (eine Zusammenstellung bei Dreßler,
Triton 2, 28 f.), die keine Nereiden enthalten,
zeigen bald Tritonen mit Eroten und See-
tieren, bald Tritonen (auch Tritoniden) nur mit
Eroten, bald Tritonen (auch Tritoniden) nur
mit Seetieren. Sie stehen mit den § 25 be-
sprochenen SarkophagreHefs nicht in so naher
Verwandtschaft wie die in § 28 erwähnten
Denkmäler, zeigen jedoch vielfach Anklänge
an jene. Für eine Anzahl von ihnen gilt, was
Sp. 1200 über die dekorative Verwendung von
Tritonen und Seetieren in Friesen und Mo-
saiken gesagt ist (z. B. Jahn, Sachs. Ber, 1868,
183 nr. 36. Ant. Skulpt. Berlins [1891] nr. 934:
Friese. — Ärch. Zeit. 1860, 114 ff.: Mosaik aus
den römischen Bädern zu Vilbel). Eroten lassen
sich von Tritonen tragen (Heibig, Klass. Altert
in Mom^ 1. 412 nr. 614; von Tritoniden z. B.
Dumont-Chaplain, Ceram. 1 pl, 30,6. pl. 40,2)
und erfreuen sich gemeinsam mit ihnen an
Musik (vgl. Sp. 1195); der Eros spielt die Leier,
der Triton bläst die Doppelflöte oder die Mu-
scheltrompete {Coli. AI. Castellani nr. 667. 3Ius.
Chiaram. [Rom 1865] nr. 170). Die Seetiere
(vgl. Sp. 1194), die wir namentlich auf pompeja-
nischen und herkulanensischen Wandgemälden
mit Tritonen zusammengestellt finden, bilden
40 mit Delphinen oft die Umgebung jener und
spielen mit ihnen auf den Wellen, wobei die
Tritonen mit ihrer Muscheltrompete {Arch. Zeit.
1848, 99*. Heibig, Klass. Altert, in Roni^ 1, 1),
ihrem Hirtenstabe {Heibig, Wandgem. nr. 1064.
1068) oder einem keulenartigen Stocke (Ponce,
Bains de Titus pL 24) wie Hirten dieser See-
ungeheuer erscheinen. In vielen Wandgemälden
sehen wir Tritonen Seepferde (so Heibig nr.
1068. 1072—1074. 1076), auch Deliphine {HeJbig
50 nr. 1064. 1070) zügeln; mehrfach kämpfen sie
auch mit dem Dreizack {Ant. Skulpturen Ber-
lins [1891 1 nr. 934) oder mit der Lanze (Frie-
derichs,. Berlins ant. Bildw.^ nr. 677*. Bull. d. I.
1877, 96 nr. 75) oder mit Pfeil und Bogen (3Ji-
mrvini, Mon. poss. da Barone 1, 69 s.) gegen
Seetiere. Berliner philol. Wochcnschr. 1901, I32v>
wird ein (doch wohl bronzener) Eimer aus
Stolzenau erwähnt, an dem Jagdtiere in See-
ungeheuer, die Jäger in Tritonen verwandelt
GO sind. Sozusagen als Vorläufer dieser mit See-
tieren zusammengestellten Tritonen ist der See-
daimon in der Gravierung eines silbernen Dia-
dems, das in das 5. Jahrhundert gesetzt wird
(Furtivängler, Goldfund 27), zu betrachten, der
einem Seepferde gegenüber unter Delphinen
weilt. Zu vergleichen ist auch der Fischdaimon
einer sehr alten Schüssel aus Caere (Furt-
icörtgler, Antiquariiim nr. 1639), der in mehr-
1203 Triton, Tintonen Triton, Tritonen 1204
fach wietlerholter DÄrstellunj? ein Seepferd am teils von Schiffen die Figur eines Triton an-
Beine faßt, /.nhriniren (Helbi(],Wandgem.nT.i^l(i/11. (hhen,
§30. Triton als Hirt und Jaget- der J/e-'d. »////).- *J, 162 nr. l)6s 163 nr. ü72. 164 nr.
Delphine und Fische. Triton findet sich 682. 165 nr. 694. U)6 nr. 7058.), wie man auch
schon in archaischen Denkmälern (T^ur^wän^/cr, in anderer Weise Schiffe und IJarken mit (Jo-
Äntiquarium nr. H".76. Goldfuiid 5. 7. 19) von stalten von Tritonen schmückte (so Jahrb. <l.
Delphinen und Fischen umgeben, die er wie Arch. J. 1891, 149. Hi'cmskerck 1 ül. 53. Matz-
eiu Hirt der §ee zu hüten scheint. Anderseits Duhn 2 nr 2788). Wenn auch die Wogen des
wird Triton in der jüngeren Bildung (vgl. Sp. Meeres das eigentliche Element der Tritonen
1169) auf Münzen von Itanos i^iSpwofios, iVuiwfVfw». 10 sind, so betrachtete mau sie doch auch als
de la (Wete 1, 203 nr. 16 — 17. 204 nr. 228., die- Wasserwesen überhaupt und schmückte dahor
gelbe Idee lißgt zu gründe 201 nr. l(*?) 202 nr. Springbrunnen mit ihren Gestalten yBull
2 — 10. -JOS nr. 11—14) dargestellt, wie er mit d. I. 1867, 111; hierher gehört auch der ein»
dem Dreizack Fische erlegt. In späteren Denk- Nereide raubende Seekentaur im Vatikan, vgl.
malern sehen wir ihn (oder einen Triton?) mit Sp. 1200). Bei Heronv. Alex. {ed. Schmidt 1 c. 3))
dem Dreizack auch auf Delphine Jagd machen wird ein Badeofen beschrieben, an dem ein
{Todken, Gfschn. St. Kl. 2 nr. 93:jygl. Sp. 1179). Triton mit einer Trompete (jedenfalls Muschel-
Aus diesem freundlichen oder feindlichen Ver- trompete) angebracht ist. Der vordringende
fa<nisse Tritons zu den Delphinen erklärt es Dampf ruft durch eine mechanische Einrich-
sich, daß der Delphin zu einem Attribute Tri- 20 tung den Ton einer Trompete hervor, so daß
tons und der Tritonen wurde. der Triton zu blasen scheint. Die Gewohnheit,
§ 31. Tritonen und Tritoniden (auch Tritonen auf die Ecken von Dächern zu setzen,
Triton) allein in dekorativer Verwen- hat, wie es 'scheint, auch dazu geführt, vor-
dung. Die erhaltenen Rundbilder von Tri- springenden Teilen von architektonisch reicher
tonen (aus Marmor: Helhig, Klass. Altert, in gegliederten Wänden im Innern von Gebäu-
Rom* 1,110 f. nr. 191 — der S. 111 angeführte den durch Rundbilder von Tritonen einen ge-
Torso gehört wohl auch hierher — . 388ff. nr. fälligen Abschluß zu geben (z. B. Heibig, Wand-
674—576. Ant. Skulpt. Berlins [1891] nr. 286. gcvi. nr. 1065). Wie man Darstelhmgen von Tri-
— Tonögur: Arch. Anz. 1851, 29 [nr. 37]. — tonen mit Nereiden und Seetieren gern zur
Bronzen: Bull. d. I. 1834, 146[y]. Dütschke 4 30 Ausfüllung von streifenförmigen Flächen be-
nr. 301b. Arch. Anz. 1902, 131; vgl. 0. Müller, nutzte (vgl. Sp. 1200), so verwendete man Tri-
flan<ß).r/.^rcA.*§402, 2) und die Wandgemälde, tonen allein, um gegebenen leeren Raum
in denen Tritonen statuarisch erscheinen, ma- dekorativ zu füllen. Beispiele dafür bieten Re-
chen den Eindruck, als wären solche Rundbil- liefs in Stein {Bull. d. I. 1864, 54: Diskos zum
der hauptsächlich für dekorative Zwecke ge- Aufhängen mit einem Triton auf der einen
schaffen worden. Man verwendete Tritonen als Seite, die andere zeigt einen Satyr; Dütschke
Akroterfiguren. Wahrscheinlich zierte man 4 nr. 133. Matz-Diihn 3 nr. 3461. 3521. Heibig,
zunächst die Giebel an Tempeln des Poseidon Klass. Altert, in Rom- 1, 210 nr. 330 Tritoniden),
mit Tritonen (vgl. Sp. 1189); von da mag dieser getriebene Arbeiten in Gold {Furtwängler, Gold-
Schmuck auf andere Tempel {Macröb. Saturn. 40 fund 6. 7. 19) und Bronze {Arch. Zeit. 1858,
1,8,4) und sonstige Gebäude {Roux- Kaiser, 150 ff.), Wandmalereien {Heibig nr. 1069. 1071)
Hercul. u. Pomp. 1 Ser. 1 Taf. 3. 4 Ser. 5 Taf. 17) und Mosaiken {Gerhard, Neapels a. Bildw. 1,
übertragen worden sein. Tritonen gehörten auch 144,2. 3. Jahrb. d. Arch. I. 1890, 215 ff.). — In
(nach Furticängler, Arch. Zeit. 1882, 344) zu den letzterem Mosaik finden sich neben Streifen
Figuren, die zwischen den Stimziegeln aufge- mit Seekentauren solche mit Szenen aus dem
stellt das Dach der Stoa des großen pergame- bakchischen Thiasos (vgl. Sp. 1180), ja man
nischen Altars krönten. Auf dem sogenannten scheint Tritonen sogar in Gewänder als Ver-
Turm der Winde in Athen diente ein Triton zierung eingewebt oder eingestickt zu haben
als Windfahne {Overbeck, Plastik^ 2, 195; vgl. {Lanzi, Saggio di lingua Etr.2 tav. 4, 1: allei-
Viiruv. 1,6,4. Über Verwandtschaft zwischen • 0 dings etruskisch genannte Gemme; vgl. Sp. 1200).
Winden und Tritonen in der Kunst vgl. Stein- Weiter hat man Tritonen in Bronze gebildet,
metz, Jahrb. d. Arch. I. 1910, 35 A. 13). Sehr um sie als dekorative Teile von Geräten zu
nahe lag es, mit Statuen von Tritonen Hafen- verwenden {Clarac, Mus. pl. 74ö, 1809), nament-
anlagen {Heibig, Wandgem. nr. 1572 d. 1575), lieh, um sie als solche anzusetzen {Dütschke
Leuchttürme {Toelken, Geschn. St. Kl. 7 nr. 4ni'. 287. Heydemann, 3. Hall.Winckelm.-Progr.
110. 111 zeigen wahrscheinlich den Pharos von 41 nr. 26. 47 nr. 21). Man hat mit den Gestal-
Alexandria; er ist auch auf Münzen dieser Stadt ten des Meergottes Triton oder von Tritonen
mit Tritonen auf der obersten Brüstung aus- Gefäße geschmückt. Diese paßten besonders
gestattet, die nach Vermutung Adlers [Arch. an Gefäße, die für Wasser und Wein bestimmt
Anz. 1900, 203 f.] dazu dienten, den Seefahrern 60 waren; denn sie sind Wasserwesen, galten aber
akustische Signale zu geben) und N au machien auch als Liebhaber des Weins (vgl. Sp. 1162).
zu schmücken {Martial. Hb. Spectac. 28, 5s. Man malte sie auf die Gefäße auf (Triton:
[Friedl]; vgl. Sp. 1158; nach Sueton. Div. Clau- Fwtivängler, Antiquarium nr. 1676. 1755. 2608^
dius c. 21 wurde bei einer Naumachie ein Tri- oder ließ sie in Relief {Carapanos, Dodone 111
ton von Silber durch eine Maschinerie aus dem nr. 5. Dumont-Chaplain, (7eVaiw. pl. 33 nr. 5 ; vgl.
Wasser gehoben und feuerte auf seiner Mu- Sp. 1192) oder freistehend erscheinen (^rcÄ. Zeit
schel blasend zum Kampfe an; vgl. Haupt, 1852, 165; vgl. Sp. 1199). Auch auf Lampen
Opwsc. 2, 42s.) und auf der Spitze des Vorder- {Janssen, Monum. te Leyden nr. 504; Tonlampe
1205 Triton, Tritoneu Triton, Tritonen 12üG
im Albertinum zu Dresden) finden wir einen größerer Unjjfewißheit j^fepenüber den Denk-
Triton (wohl immer in Relief ) angebracht; end- miUern, die in der Hauptsache nur den Kopf
lieh begej;fnen wir einzehien Tritonen auf vielen eines Meerwesens zur Aiibchauun^ brinj^en;
geschnittenen Steinen (z.B. Todken Kl. 2 denn dieser kann auch als Haupt eines Meer-
nr. 93. Kl. 3 nr. 185. 197. v. Sachen- Kenner, Wie- gottes gedacht sein, der stets in voller Men-
//tr Münz- II. Anl.-Cah. 4;{9 nr. 553 f. 450 nr. schengestalt gebildet wurde, h^benso weiß man
i;i04) und Münzen. Es kommen hier in Be- nicht, ob man an den Meergott Triton, oder an
tracht: 1) Bronzemünzen von Tanagra (siehe einen Triton zu denken hat. Charakteristisch
Sp. 1153); 2) Silbermünze von Kor inthfym/ioo/'- für weitaus die meisten der hier in Betracht
Keller, Tier- u. Pßanzenh. Taf. 13,31 — siehe lo kommenden Köpfe sind <lie schon oben (8p.
Sp. 1192), Bronzemünze von Korinth {Imhoof- 1170) erwähnten oft blätterartigen Flossen-
Blumer, Mann. (jr. IGO, 19 — siehe Sp. 1193); zacken, in die die Haut des Gesichts und
3) zahlreiche Silbermünzen der Stadt Ttanos der Brust sich gleichsam auflöst. Wir finden
auf Kreta — Triton als Hauptfigur auf der sie 'an der Stirne, den Augenlidern, Wangen
Vorderseite mit Dreizack und Fisch oder Mu- und Kinnladen, vereinzelt auch auf der Nase;
schel, oder als Nebenfigur auf der Rückseite sie bedecken mitunter den oberen Teil der
mit Dreizack {Svoronos, Numism. de la Crete Brust bis zu den Schultern, an Wangen und
201 — 207. Brit. Mus., Crete 51s.; über andere Brust kommen sie sogar in mehreren Reihen
augebliche Münzen von Itanos vgl. Dreßler, vor. In ähnlicher Weise gehen oft die Haare
Triton 1,0 A.8); 4) Bronzemünze von Kary- 20 dieser Köpfe in blätterförmige Gebilde über,
stos auf Euboia — Triton Hauptfigur der Vor- die von den Erklärern bald als Blätter von
derseite mit Dreizack und Delphin (?) {Imhoof- Seepflanzen, bald als Flossen aufgefaßt werden
Keller, Tier- u. Pflanzenb. Taf. 11,22); 5) ar- {ygi. Taylor Combe, Änc. terrae, in the Brit. Mus.
chaische Elektroumünzen von Kyzikos — Tri- zu nr. 6); man kann dies bei dem Kopfhaar,
ton Hauptfigur der Vorderseite (Imhoof- Keller bei den Augenbrauen und beim Kinnbart be-
a. a. 0. Taf. 13, 28), auch mit Kranz in der obachten. Mehrfach sind solche Köpfe auch
Hand {Furtwängler, Goldfund 2& A. 6); Bronze- durch je zwei Krebsscheren oder Hörner
münze dieser Stadt — auf der Rückseite See- über der Stirne und durch Delphine im Barte
kentaur mit Steuerruder und Fisch (Imhoof- als Köpfe von Seewesen gekennzeichnet. Mit
Keller Taf. 13, 37; über andere angeblich ky- so Wahrscheinlichkeit können wir an Tritonen bei
zikenische Münzen vgl. Dreßler, Triton 1, 6 den Doppelhermen denken, in denen der
A. 13); 6) Bronzemünze von Nikomedeia in Kopf eines alten, bärtigen Seewesens mit dem
Bithynien — auf der Rückseite Seekentaur mit eines jungen, unbärtigen zusammengestellt ist
Steuerruder und Fisch (Imhoof- Keller Taf. 13, (Matz-Duhn 1 nr. 581. Friederichs -W alters ,
38;i; 7) Bronzemünzen von Akragas — auf der Gipsabg. in Berlin nr. 1545), oder das Haupt
Rückseite Triton mit Muscheltrompete (Brit. eines männlichen Wesens dieser Art mit dem
Mus., Sicily 15 nr. 89—91. Imhoof- Keller Taf. eines weiblichen (Ann. d. I. 1858, 84 nr. 6). In
8, 26 [nicht Skylla, sondern Triton, vgl. Herr- anderen Doppelhermen ist der Kopf eines See-
mann, Berl. philol. Wochenschr. 1891, 245f.]); wesens mit dem eines Wesens ganz anderer
8) Triton mit Ruder auf einer Münze von ^o Ait veTeinigt: Ant. Skulpt. Berlins (1S91) nr. IS
Skylletion im ager Bruttius (nach Escher, — 15: Kopf des libyschen Gottes Ammon mit
Triton 53 f. bei Garucci, Le monete delV Italia einem Kopfe, dessen Stierhörner an den Fluß-
ant. 2, 112, 23). Als der Meergott Triton ist der gott Triton denken lassen (vgl. dieses Lex. Bd. 1,
Fischdaimon sicher auf den Münzen von Ta- Sp. 1490f ). — Ebenda nr. 207: Kopf des Tri-
nagra zu betrachten, an Tritonen hat man viel- ton und der Libya. Diese Zusammenstellungen
leicht bei der Bronzemünze von Kyzikos und mit Ammon und Libya könnten ihren Grund
der von Nikomedeia zu denken, bei den Mün- in der Verbindung des Triton mit dem Flusse
zen von Korinth vielleicht an Glaukos. Mit den Triton und dem See Tritonis in Libyen haben
Fischdaimonen der archaischen Münzen von (vgl. Sp. 1153). — Ebenda nr. 287: Kopf eines
Kyzikos war vielleicht noch nicht Triton, son- so Triton und Kopf eines gewappneten Wesens,
dern Halios Geron gemeint (vgl. Sp. 1167). Nach vielleicht des Glaukos. Ob die Marmorherme
Itanos, einer Gründung der Phoiniker, ist der eines Meergottes im Museo Pio-jClementino
Typus derartiger Gestalten höchst wahrschein- (siehe dieses Lex. Bd. 1, Sp. 1686) dem Triton
lieh durch diese gebracht worden (vgl. Sp. 1163), zuzuweisen ist, erscheint sehr fraglich. Büsten
möglicherweise auch nach anderen der genann- und Köpfe von Seegöttern, möglicherweise von
ten Städte. Die fischschwänzigen Wesen auf Tritonen, sind in großer Anzahl erhalten (Zu-
Münzen anderer Städte sind wohl mit Recht sammenstellung bei Dreßler, Triton 2, 35 f.),
von Gaedechens als Glaukos bezeichnet worden teils als Rundbilder von Stein (so Matz-Duhn
(vgl. Gaedechens, Glaukos 114—129. Dreßler, 1 nr. 580. v. Sybel, Skulpt. zu Athen nr. 1580.
Triton 1, 8). 60 Heibig, Klass. Altert, in Bom^ 1, 61 nr. 105)
§32. Hermen, Büsten, Köpfe undMas- oder Bronze (d'Hancarville , Eecherches 1 pL
ken von Seegöttern, vielleicht vom Tri- 17B. Spec. of Ant. Sculpt. 1 pl. 55s.), teils in
ton oder von Tritonen. Wenn es schon in Reliefs (Matz-Duhn 3 nr. 4070. Taylor Combe,
bezug auf die in voller Gestalt ausgeführten Anc. terrae, in the Brit. Mus. nr. 5. Arch. Zeit.
Darstellungen fischschwänziger Meergötter oft 1884, 29 — hier als Schmuck einer Lampe),
ganz unmöglich ist zu bestimmen, welche Na- teils in Mosaiken (Beschreib. Borns 3,3, 253.
men man dem betreffenden Wesen beizulegen Morgan, Mos.-Fav. 267 [nach Gaedechetis, Glau-
hat (vgl. Sp. 1165), so befindet man sich in noch kos 181 f.: Okeanos]. Arch. Anz. 1901, 69f.), teils
1207 Tritone Tritopatores 1208
auf geschnittenen Steinen (i(f»^^tn, Myth.ijrall.^ Athene offenbar nicht, sonst fände sie sich
Taf. 76, .HOS*, nach Gaedechens in diesem Lex. öfters in Personenuamen (vgl. IG. 12, Uiö).
Bd. 1, Sp. 1682 f.: Glaukos. Engr. gerns in the Usener glaubt {(iütternamen 11 u. 36), daß
fii-t*. Mus.nT 6308.), endlich auf Mänzen (Elek- der Henennung Tritonia und T. eine alte Form
tronmünze von Kyzikos Brit. Mus., Mysia 21 Tritone zugrunde liege, die ein weibliches Ge-
nr. 22, eher Halios Geron, vgl. Sp. 1168; Silber- genbild zu Triton bezeichne. Wäre diese Ver-
münzen von Itanos Svoronos, Numism. de la mutung richtig, so würde sie mit der Tatsache,
Crete 1,208 nr. 18 s.). Die dekorative Bestim- daß eine Muse bei Epicharm. frg. il K. Tritone
mung (vgl. Sp. 1203), die wir für die eben be- heißt, für die ehemalige Selbständigkeit die-
sprochenen Denkmäler im allgemeinen anzu- lo ses Gottesbegriffes sprechen. Ob man abei
nehmen haben, ist besonders deutlich bei den die k&r}v& Tt^gtovri^ die Paus. 1, 31, 4 für
Masken von Tritonen. Außer an Sarkophagen den Demos Phlya bezeugt, der Tritone gleich-
(s. Sp. 1189. 1198) kommen sie auch anderweit setzen darf, bleibt fraglich. 'Die scheinbare
vor (z. B. l'VdÄwcr, AoM nr. 824. Campana, Opere Verschiedenheit dieses Wortes beschränkt sich
in plast tav. 7 s. Arch. Äne. 1900, 218 nr. 29). (nach Usener, Götternamen 11) auf die Laut-
Wie aus Properz (2, 82, lös.) hervorzugehen affektion des unsteten p.' Ül3er die anderen
»cheint, ließ man durch Masken von Tritonen Deutungs versuche s. bei Tritogeneia.
das Wasser von Brunnen oder Wasserleitungen [Eugen Fehrle.]
ausBießen (hierher gehören vielleicht die Mas- Tritopatores oder Tritopatreis {Tgitonä-
ken bei Jahn, Sachs. Ber. 1861, 146. 1864, 182. 20 rogsg, TQiroTtccTQSig, CIA 2, 1062. IJittenherger,
Heibig, Klass. Altert, in Born* l,^A lii. IS); vgl. .Sy/Z* 2, 443: ogog hgov TgLtoTcaTgitov Za-nvcc-
Sp. 1204. Eine Maske mit den Beinen und Sehe- <Jwv; vgl. U. Köhler, Mitth. d. ath. Inst. 4, 287 :
ren eines Seekrebses auf dem geschnittenen lopff'er, Att. Genealogie S. 313), ausschließlich
Steine bei Toelken Kl. 7 nr. 292 ist wohl auch in Attika verehrte Windgottheiten, zu denen
als Tritonmaske zu bezeichnen. Über andere man vor der Eheschließung behufs Kinder-
Masken von Seewesen vgl. Drc)8/cr, Tnton 2, 36 . erzeugung betete {Phanodem. bei Suid. und
Vgl. Iritun. [Dreßler.l Phot s. v., FHG 1, 367, 4; Demon ebenda 1.
Tritone (TptTawTj), Name einer Muse. Epi- 378, 2). Sie galten als Urahnen der Mensch-
chann. frgm. 41 K. Siehe Tritonis. heit, jedoch als Kinder der von der Erde und
[Eugen Fehrle.J so dem Sonnengott (oder dem Himmel, s. u.) er-
Tritonia (TgiToavicc), Beiname der Athene zu zeugten ersten Menschen (Philoch. ebenda l,
Pheneos in Arkadien. Paus. 8, 14, 4. Vgl. Im- 384, 2). Nach der Orph. Theog. waren sie da-
merucJtr, Die Kulte und Mythen Arkadiens 67 1 gegen Türhüter und Wächter der Winde und
So nennt die Göttin auch Verg. Aen. 2, 171 und (Ik?)
Ov. Met. 2,788. 5,260; 270. 6, 1. S. Tritonis. führten die Namen Amakleides (s. d.), Proto-
[Eugen Fehrle.] kies (s. d.) und Protokreon (Abel, Oiphika fr
Tritonis (Tgirtovig) ist seit der hellenisti- 240, S. 251 f. Orphiker bei Tzetz. zu Lykophr.
sehen Zeit häufig Beiname der Athene, den 738. Suid. und Phot. xgironäxogBg. Schol. Hom.
vor allem Dichter anführen, bald mit dem Na- Od. 10,2. Etym.magn.lGS.l. Lobeck, Agil 6S1X.),
men der Göttin oder sonst einer Bezeichnung 40 während sie Kleidemos (Hesych. s. v., FHG 1,
für sie (wie xogri Anth. Pal 6,159), bald für 363,19; vgl. auch Schol. Hes. Theog. 617) für
sich allein (die Dichterstellen bei Bruchmann, Söhne des Himmels und der Erde erklärt und
Epitheta deorum unter Athene). Apoll. Bhod. Kottos, Briareos und Gy[g]e8 nennt, so daß er
verwendet T. wie ein Adjektiv mit ^ed: 1, 721 sie also den Hekatoncheiren gleichsetzt (s. über
d-säg Tgitcavidog ^gyov; 1, 768 ^säg Tgitavidog diese jetzt Boscher, Die Zahl 50 in Mythus, Kul-
riBv k^rivrig\ 3,1183 ^bo. Tgiravig, freier: 1, tus, Epos u. Taktik d. Hellenen, etc. Leipzig 1917,
109 f. avrrj (itv Tgitavlg icgioxriav ig o^iiXov S. 29f.). Die Angaben der Lexikographen gehen
mgasv 'A9r,vairt. Der Name T. war längst vor- nach Wellmann, De Istro Callim. 30, 32 auf
her üblich für Quellen, Seen, Inseln (Literatur Istros zurück. Unabhängig von ihnen führt Cic.
bei Gruppe, Gr. Myth. u. Belgesch. 1143, 1). Be- 50 de nat. deor. 3, 21, 53 als athenische Anakes drei
sonders die Tgiravig Xi^vri ^^ Libyen war be- Söhne des Zeus ßaoiXsvg^ den er als rex anti-
rühmt und von den Alexandrinern in den Vor- quissimus bezeichnet, und der Persephone na-
dergrund gestellt (Paws. 1, 14; Diodor 3,63.70), mens Tritopatreus, Eubuleus und Dionysos an
als man eifersüchtig auf die T. in Boiotien {Schoemann liest Tritopatores und schiebt da-
oder auch in Thessalien (Schol. zu Apoll. Bhod. nach Zagreus in den überlieferten Text ein ;
1, 109) oder in dem arkadischen Aliphera (Paus. s. o. Eubuleus 3), was in diesen nur ganz all-
8, 26, 6) die libysche Göttin als älteste erweisen gemein schützende Gottheiten erkennen läßt,
wollte (vgl. Famell, The cults of the greek Die Zusammenstellung der drei Namen ist
States 1,266 ff.; Gruppe a. a. 0. 1212,2). Daher aber jedenfalls durch die Beziehung der Trito-
ist es wohl zu erklären, daß T. bei den Alexan- 60 patreis zu Dionysos Eubuleus als Führer des
drinern und den von ihnen abhängigen Römern Seelenheers (o. Bd. 1, 1034) hervorgerufen wor-
(z. B. Ov. Met. '6., 127 Tritonidis arma; 8,548 den. Ihre Doppelbedeutung als Windgötter
(Thesetis) . . . Tritonidis ibat ad aras) mehrfach {avspLoi: Demon b. Phot. Suid. s. v. tgitoTc.. öb-
genannt ist. Später führt sie besonders ^iwtus anozocL avi^tov: Phot. s. zgironätoig y Tzetz. z.
Smymaeus häufig an (1, 179; 5, 360. 461; 6, Lykophr. 738) und Ahnengeister läuft nämlich
146; 12,237; 13,435). Nonnos gibt 5,73 eine darauf hinaus, daß sie luftartig vorgestellte
Namenserklärung. Ahnenseelen sind, die im Winde ihren Sitz
Volkstümlich war die Bezeichnung T. für haben (Bohde, Psyche^ S. 22Q f.; vgl. Gruppe,
1209 Tritopatores Trittia 1210
Gr. Myth. 1, 442 f. A. 5; Röscher, Herrn, d. dersepfen angefleht? Die Erklärung i'Mr^ttöngf-
Windg. S. ö5 ff. und s. unter Windgötter). lera, wonach die als orphisch überlieferte Vor-
Sie heißen 'Urgroßväter' (Aristopk. v. Byz. Stellung, die vom Winde getragene Seele gehe
bei Voll, oriom. 3, 17), d. h. Viiter dritten Glie- in den Körper ein, auch attischer Volksglaube
des {Preller- liohert 1, 478, 4), was mit der oben gewesen sei, genügt Schweitzer nicht. Er weist
angeführten Erklärung des Namens Tgnond- zunächst hin auf die Hauchseele (nrvev^a), durch
rQ8ig durch Philochoros insoweit übereinstimmt, di(! Kraft und Fruchtbarkeit übertragen wer-
als dieser die Glieder vom Anfang an zählt, den kmui (Fehlte, Die kult. Keu.schh€it im Alter-
wäbrend wir vom Ende her zurückrechnen. tum 86 ff.). Diese Vorstellung verbindet sich
[Steuding.] lo mit dem Glauben, daß die Ahnen weiterleben
^&ch Furt Hängler in den Bor. d.Bayr.Akad. in ihren Enkeln, in welche die Ahnenseelen
d. Wiss. 1905, phil.-hist. Kl. S. 433 f. stellt die eingeben. Bis zur Zeit des Eingehens in einen
bei der Durchforschung des Perserschuttes am neuen Körper leben die Seelen in der Luft,
Fuße der Akropolis Athens gefundene hoch- im' nvsv^a. Den Namen T. will Schweitzer als
archaische Gruppe von drei schlangenleibigen 'rechte Vorfahren' auffassen, (Darüber s. oben
Daimonen nicht, wie man sonst angenommen bei Tritogeneia). Die T. sind demnach mehr
hatte, Typhoeus (s. d.), sondern die drei Trito- als Ahnen einzelner Geschlechter, sie sind die
patoren dar, eine Deutung, die manches für 'zeugenden Mächte der attischen Bevölkerung',
sich zu haben scheint. Weitere neueste Lite- Die Seelen, die in den Körper eingehen,
ratur s. bei Milan Budimir, Atena Tritogenija 20 und die aus dem Körper scheiden, werden vom
i Aticki Tritopatreji. Sarajevo 1920 (serbisch Winde hergetragen und fortgerafft. Die Schnel-
bis auf das S. 326 [32 f.] lateinische Summa- ligkeit des Windes wird in der religiösen Vor-
rium, wo erwähnt sind : P. Kretschmer, Glotta Stellung eines dahineilenden Rosses lebendig.
10 [1919], S. 38 ff. Lippold, Athen. Mitt. 36 Die Seelen werden selbst als Windrosse vor-,
[1911], S. 105 ff.), ^z^rfimir selbst will Tgironu- gestellt. Solche Rosse denkt sich der Glaube
XQ8V1S so erklären: ' TgiroTcargo? item ut tgiro- als 'zeugende Erhalter des Volkes'. Schweitzer
ysvqg tantum eum cuius pater Tgltog perhibetur neigt zur Annahme, daß auch die T. einst, ehe
significat. Qua de causa TQixoitaxQhvg non est sie halbmenschliche Gestalt bekamen, Wind-
pater ut Tgincctoag sive TQitOTtdrcoQ , sed filius rosse waren, wie ihr Doppelgänger Boreas und
TqIzov, qui secundum Ciceronem unus e tribus 30 die Kentauren. Das würde in ein friihes Ent-
terrae Atticae tutoribus antiquissimis fuit. Dis- wicklungsstadium zurückführen, in dem man
cernendus est igitur hie daemon omnino ab ho- totemistische Vorstellungen annehmen könnte,
ininibus, qui rgL-närogsg vel TQiTOTtdrogsg sunt.'' 'und zwar so, daß das Pferd, dessen leicht ins
Vgl. Cic. de nat. deor. 3, 53 Müller: Jioav.ovgoL Dämonische zu steigernder Charakter ihm gern
etiam apud Graios multis modis nominantur. das Ansehen einer höheren Macht gibt, in
Primi ties, qui appellantur Anaces, Athenis, ex seiner leibhaftigen Erscheinung und als Wind-
rege love antiquissimo et Proserpina nati, Trito- roß einmal Totemtier war.' [Eugen Fehrle.]
patreus, Eubuleus, Bionysus, secundilove tertio Tritopatreus s. Tritopatores am Ende des
(i. e. Cretensi) nati et Leda, Castor et Pollux, 2. Abschnittes.
ttrtii dicuntur a nonnullis Alco et Melampus 40 Trittia, vorrömischer Name einer örtlichen
et Tmolus, Atrei filii, qui Pelope natus fuit. Göttin in der römischen Provinz Gallia Narbo-
Prott, Leges Sacrae 1 n. 20 v. 32: Tgitonoc- nensis, bezeugt durch zwei Weihinschriften aus
xgsvGi olg^ UgmGvva k^dficcGiv — v. 52. dem heutigen Departement Var, CIL 12, 255
[Röscher.] von Carnoules (nordöstl. Toulon an der Eisen-
Anschließend an FurtwängJer sucnt B. bahn Toulon-Frejus): Trittiae L. lul(ius) Certi
Schweitzer, Herakles, Aufsätze zur griechischen f(ilius) Mafrjtinus v(otum) s(olvit) l(ibens) m(e-
Religions- und Sagengeschichte (Tühingen 1922)., ritoj, und 316 aus der Nähe von Pierrefeu
S. 72 ff., der Bedeutung der T. näher zu kom- (nordöstlich unweit Toulon), jetzt im Museum
men. Auch er erkennt in dem untrennbar zu- zu Toulon: Trittiae M. Vihius Longus v(oium)
sammengehörigen, dreileibigen dämonischen 50 s(olvit) l(ibens) m(erito). Lage der beiden Fund-
Wesen, das man früher als Typhon bezeich- orte: (7ii 12, Tab.IOg. Holder, Altcelt. Sprach-
nete, die T. Der Schlangenleib zeigt ihre Erd- schätz 2, S. 1960 f. schließt sich einer bereits
gebundenheit, die Beflügelung ihre luftige Na- früher geäußerten Annahme (vgl. Papon zu CIL
tur; so sind auch andere Winddämonen dar- 12, 316) an, daß T. die Ortsgottheit von Trets
gestellt. Für die Beurteilung wichtig sind die (Tretz) gewesen sei, einer alten Stadt (CIL 12,
Attribute des dreileibigen Wesens: Zwei Vögel Tab, I Nf und II Gg) in der Nachbarschaft, im
sitzen ihm auf den Händen; es sind Seelen- Departement Bouches du Rhone, südöstl. von
Vögel. Außerdem tragen zwei Hände einen Aix (Aquae Sextiae) und nordwestl. von Tou-
Gegenstand, der wohl richtig als Darstellung Ion, deren Name auf den Namen jener Göttin
des Wassers, 'des befruchtenden Regens oder eo zurückgehe. Auch bringt Holder (a. a. 0., vgl.
der Meereswogen' gedeutet w^ird. (Die Litera- 2, S. 1968) eine auf Charax zurückgehende An-
tur bei Schiveitzer 74, 5.) Die Attribute bestä- gäbe des Steph. Byz. über einen Ort Tgoi^rjv
tigen das Wesen der T.: Die Seelenvögel be- iv MccöGccXia xfig 'Ixaliag (so!) mit Trets in
zeichnen sie als 'Raffer und Bringer der See- Verbindung.' Allerdings lassen sich noch heute
len', das Wasser weist auf sie als Spender eine Reihe von Gottheiten in Gallien nach-
des Himmelswassers und Erreger der Meeres- weisen, die mit den alten Ortsnamen gleich-
stürme, namig sind (vgl. z. B. CIL 12, 3. 2558. 2561 f.
Wieso werden diese Winddämonen um Kin- 3070tf. und 3093 ff. 13, 60. 71. 85). Als iberisch
k
1211
TrituUus
Tri via
1212
ist der 2saiiie 1. aufgeführt von JluOhtr. V >
ling. Iber. p. CXII u. p. 264. \f;(l. noch Mur,r
Einfluß der rorchristl. Kulte auf die TopoHunm
8tik Fratikrcidis (Sitz.-Ber. Akad. d Wiss. Wien
Bd. 17Ö, 2. Abhdlg., 1914) S. 18, auch S. Sl,
der als Ortsnameo ansetzt: Trittium. [Keune.J
TritulluH, örtlicher gallischer Gott, gleich
zahlreichen gallischen (auch britannischen)
Schutz- und Ueilgöttern dem römfschen Mars
gleichgestellt, nur bezeugt durch die Inschrift
eines kleinen Altars oder Cippus Ton 48 cm
Höhe und 20 cm Breite, gefunden im J. 1802
in den Resten de? Schlosses von St.-Laurent-
de-Tr^ves, einer Gemeinde bei Florac [Ändree,
Handatlas^ U3 94 C 1], im Departement de la
Lozere, nahe der btraße von Nimes nach
Saint-Flour, jetzt im Museum zu Mende, CIL
13,1561: Ma(rti) Tritullo consacrani v(otum)
8(oh'ei'unt) l(ibentes) m(ei'ito}. — Der Fundort
liegt im Gebiet der einstmaligen Volksgemeinde
der Gabali oder Gabales, dem Gevaudan (= Ga-
bcditanum, Gacahtanum). Zur Gleichstellung
mit Mars vgl. Albiorix, Bolvinnu^, Cemenelus,
(Cocidius, Oohdatis oder vielmehr Condas), In-
tarabuSf Lenus, Loucetius, Mullo, (Ocelus), Bi-
gisamus, Segomo, Vintius [Belege bei Holder,
Altcelt. Sprachschatz]. Zur Abkürzung Ma. =
Marti vgl. z. B. CIL 9,1538 {Dessau, hiscr.
Lat. sei. 4185) M. De. Ma. = Matri Deae Ma-
ynae: auch CIL 12, 1185: Mo. Der Name T.
ist keltischen Ursprungs, s. Holder, Altcelt.
iyprachschatz 2, Sp. 1961, auch 3, Sp. 25: -ullo-.
Conscuirani sind die Kultgenossen, wie CIL 13,
147. 397 (= Dessau, Inscr. Lat. sei 4530. 4525).
7865, consacranius : CIL 3, 2109, confsajcranei
CIL 7, 1039; consecranei: CapitoUnus Vita Gor-
diani 14, 1. Tertull. Apol. 16, 71. Gloss. {con-
8(icraneus — av^uverrig) ^ a. Thes. Ling. Lat. 4,
p. 378. — Zur Inschrift vgl. noch Cayx, Mem.
Soc. Antiq. de France 8 (1829), p. 240 und Abb
Taf. 9, 6 (mit irriger Lesung), berichtigt in
Bevue epigraph. du Midi de la France Heft 11
(Oct.-Dec. 1880) p. 170 nr. 200. [Kenne.]
Tritiin (tritun;, ist die etniskische Wieder-
gabe des griechischen Triton (Deecke in Bezzen-
bergers Beitr. 2, 164, nr. 22), Der Name findet
sich einmal, und zwar auf dem Bruchstück
eines GefUßes, welches veröffentlicht ist von
Inghirami, Monum. etr. tom. V. (= vol. VII),
tav. LV, nr. 8 und von Fdbretti, C. 1. 1. nr. 2524,
gloss. 64. Die Darstellung zeigt links eine auf
einem Seepferdchen reitende Nereide mit der
Beischrift alaiva (so und nicht alacea, wie
Schiassi bei Inghirami las, scheint die richtige
Lesung zu sein), rechts den Muschel blasenden
Tritun. [C. Pauli.]
Triniiipns, römische Personifikation des Tri-
umphes, wie sie eine Münze des Triumvirn L.
Papius Celsus zeigt: lorbeerbe-
kränzter Kopf, bärtig, dahinter
Trophäe, Beischrift TRIVMPVS
vgl. oben Bd. 3, 2, Sp. 2162, 67;
PreUer- Jordan, Rom. Myth.^ 2,
250. Beschreibung und Bild bei
E. Babelon, Descr. hist. d. Monn.
d. la rep. vom. 2 [1886], 283 f.;;
Mouze des L. Pa- Triumpus bezieht sich nach Ca-
piu8 CeisuB. vedoni s. Babelon^ wahrscbein-
lii li auf viel Iriuuiphe Caesars, 46 v.Chr. Personi-
fikation desTr. zeigte auch eines der Bilder, die
.\agustu8 auf seinem Forum anbringen ließ:
'Belli facies* und 'Triumphus' nach riin. h n
35,4 10. Vielleicht ist auch im fünffachen liufe
des Arvalliedes 'triümpe' Dessau, inscr. Int. sei.
2. l. 276 und im Soldatenruf '<i>o triumphe'
Varro de LI 6,68 m'itSchölU Belegen, Ausg. 1910
Anruf des Triumphgottes zu sehen (?). — FAner
10 Isis t r i u m p h a l i 8 wird eine Basis geweiht in
der Inschrift bei Dessau 2, 4.^00. — Zur Etymo-
logie, die noch nicht feststeht, zahlreiche Lite-
ratur (ob entlehnt aus griech. d-giccfißof, tQicc^
qpOff,rp/ofX(poff? ob eigentlich italisches Sprachgut,
tripodare?): Sonny, Archiv, f. lat. Lex. 8 ( 1893 ,
132: Stolz, Hist. Gramm, der lat. Spr. 1 (1894 ,
263; Schulze, Gott. Gel. Anz. 158 ('1896j, 241;
Walde, Lat. etym. Wörterbuch 1906, 637 f;
Stolz -Schmalz, Lat. Gramm. 1910^ 115,9: F.
20 Scholl a. a. 0.; W. Boscher, ob. Sp. 872 zu Thri-
ambos. [ Preisendanz. ]
Trivia, bei den Kömern Bezeichnung der an
Kreuzwegen verehrten Hekate und der mit ihr
gleichgesetzten Diana (die auch dreigestaltig
gedacht wird, Usener, Bh. ilfw*. 58, 166) und
Luna. Literatur: Wissoiva, Bel.^ 2bl. Hecken-
bach, P. W. 7,2775. Wünsch, Cross-Boads in
Hastings Encycl. of Beligions and Ethics 3, 335.
Erklärungen des Wesens der Trivia: Varro 1. 1.
30 7, 16 (unten zu Ennius ausgeschrieben). Nigi-
dius Figulus frg. 73 Swoboda, Funaioli 42
[Gramm. Lat. 1 p. 177) bei Macrobius Sat. 1,
9, 5 : Dianae vero Triviae viarum omnium tri-
buerunt potestatem. Schol. Germ. Arat. p. 200,
3 ff. Breyft.: Diana autem luna dicta est quasi
Duana, eo quod die et nocte appareat, ipsa et
Lucina, eo quod luceat, et Trivia, eo quod tri-
bus fungatur figuris etc. '^ Isidor etim. 8, 11,
57. Vgl. zu Tqlo8Zxi? ob. Sp. 1117. Tgiiiogcpos
40 ij 'Exarrj Trivia, Corp. Gloss. 2, 459, 2.*^. Hekate-
Trivia ebd. 3,8,73. 168, 10. 291, 19. 492, 73. 516,
48. Trivia diana et luna 4, 292, 31. Tr. = Pro-
serpina 5,487,11. .581,23 (weil Hekate chtho-
nisch). In der Literatur, namentlich bei Dich-
tern, findet sich Tr. seit alters häufig. Ob schon
in der Ino des Livius Andronicus, ist fraglich,
denn Terent. Maurus 1931 bezeichnet zwar das
Chorlied als Hymnus auf Tr., Marius Victori-
nus aber als hymnus Dianae. Die im Wortlaut
50 zitierten Verse des Liv. Andron. enthalten den
Götternamen nicht, Bibb. TBF p. 5. Aber En-
nius hat ihn : ut tibi Titanis Trivia dederit stir-
pem liberum {Vahlen^ p. 138, Bibb. a. a. 0. p. 77),
dazu Varro 1. 1. 7, 16: Titanis Trivia Diana est,
ab eo dicta Trivia, quod in trivio ponitur fere
in oppidis Graecis vel quod luna dicitur esse,
quäe in caelo tribus viis movetur, in altitudi-
nem et latitudinem et longitudinem (zu dieser
physikalischen Erklärung s. Artikel Trioditis).
90 Lucrez 1,84 (von der aulischen Artemis). Catull
34, 13 ff. im Dianahymnus: tu Lucina dolenti-
bus luno dicta puerperis, tu potens (s. unten)
Trivia et notho es dicta lumina Luna, — und
66, 5 für Selene (^^ TgioÖtti? bei Kallimachos?).
Virgil Aen. 6, 13. 35. 69 (Hekate, s. Norden^
118). 7, 516. 774. 778 (Diana Aricina). 10,537
(Diana). 11, 566. 836 (Diana). Tibull 1, 6, 16
vota norem Triviäe nocte süenti dedi, im Zu-
1213 Triviae Troia 1214
sammenhaiipr der Zauberpraktiken eher auf taloj? IV S. 95, vgl. Kat. III S. 114. fWein-
Hekate zu beziehen (vorher velatus filo, man reich.]
denke an die Tgioöttig in Cliarikleides "'AXvGig, Trlvii dcus — , CIL 7, 163, nach Proceedings
ob. Sp. 1117, in magischem xara^iöfios) als auf of the Soc. of antiq. 2 (1849 — 1853), p. 193:
Diana, obwohl auch diese im Liebeszauber Mensa vel ara lapidea; Fundort: Tretire in
vorkommt, Fahz, EGVV 2,3,3^. Properz 2, Herefordshire fTretire liegt südlich von Here-
32,10 (von Diana Aricina, Dietrrich, Kl. Sehr. ford]: Dco Trivii Bellicus donavit aram. Ge-
347 f.). Ovid met. 2, 410 (Diana); fafiti 1, 389 meint ist Mercurius: s. LofÄr. JaÄr6. 8 (1896), 1
(Hekate- Diana); ea; Powto 3, 2, 71 (Diana). Se- S. 77. [Keune.J
wcca J^awi. 382 (Diana); 3/ed. 787 (metonymisch 10 Triziöel (7'piftöjrjl), guter Dämon der 24.
für luna, Gross, De metonymiis \J)iss. Phil. Dienstagstunde, entgegengesetzt dem daijiav
Hai. 19, 4] 323. 354). Octavia 978 (Diana). Pe- FriyucaQ, Ilygrom. Salom. cmgr 70, Cat. cod. astr.
tron. frg. 20. Val. Flacc. Argon. 3, 68. 321 (He- gr. 8, 2, 151. [Preisendanz 1
kate). 5, 103 (Diana). Sil. Ital. Fun. 13,786 trö (Tpra), mystischer Name, mit dem im
(Hekate). Statins Silv. 3, 1, 56. 68 (Diana Ari- Großen Par. Zauberpap. Z. 1536 die Zmyrna
cina); Theb. 6, 608. 9, 586. 818. 803. 10, 505 beschworen wird: ort ^^opxi'fw as, ZfivQva,yi(xtä
(Diana). Martial. spect. 1,3 (Artemis in Ephe- töav xquov ovo^drav 'Avoxw, 'Aßgaad^, Tgat.
sos). 5,1,2. 6,47,3. 9,64,3 (Diana Aricina). [Preisendanz.]
Tacitus annal. 3, 62 (Hekate in Stratonikeia). Trochilos (TQOxiXog), Sohn der lo, den sie
Apul. apol 31 manium potens Trivia (Zauber- 20 als argeische Herapriesterin zur Welt brachte
göttin Hekate). Minuc. Felix. Oct. 23 (22), 5 (Kallithyessa oder Kallithea: vgl. ob. B4. 2,1.
{Trivia trinis capitibus et multis manibus horri- 264, 15 tf., G. KnaacJc, Quaestiones Phaethonteae
fica). Ammian. Marcell. 22,8,29 Triviae lucus {Phil. Unters. 8,1886), 59**'; Gruppe, Gr. Myth.
(am Bosporus). Das anonyme 394/5 verfaßte \V6\ kTim.)\ ^. Schol. Arat.lQl: 01 8s iLv%-oX6yoL.
Gedicht contra joa^rawos nennt v. 71 Tr. (Hekate), xbv 'Hvio%ov Xiyovaiv dvcci al'dcoXov . .. Tgoxi-
Anth. Lat. 4, Baehrens PLM 3, 290, vgl. Bar- Xov rov KaXXid-i^ccg naidog ti~]g TfQoarrjg iv "Agyn
kowski, De Carmine adv. Flavianum {Diss. ysvofi^vTig Isgsiag (a. Res. s. v. 7« KccXXid'vsöOaj
Koni gsb. 1912) 62 f. Prudentius c. Sy mm. 1,369. ag^cc Ttgmtov ^sv^ocvrog. Pott, Jahrb. f. class.
2, 58 (chthonische Hekate). Claudian {ed. Koch) Phil. Suppl. 3 [1857— 60], 301 vermutet, man
10,236. 17,292. 29,141. 35, 27 (Diana). 28, 328 30 habe in Tr. ein Deminutiv gesehen und ihn
(Hekate). Dracontius Rom. 10, 188: Triviam te, ^als Sohn der den Mond vorstellenden lo, falls
Luna Diana., conßieor perstans, heres Proser- nicht als ein dem Sonnenwagen entsprechen-
pina mundi; nam tria regna tenes: tu caelo des Fuhrwerk' betrachtet oder als ^Kreislauf
Cynthia regnas, venatrix terrena micas, capis der Sonne' gedeutet. Tr. galt im argivischen
atria Ditis, tempora distribuens regnis et cursi- Heradienst als Erfinder des Wagens: Tertull.
bus apta. DracontiusnachahmeT ist der Verf. de spect. 9 : si vero Tr. Argivus [und nicht Erich-
der laudes solis {AL 398. PLM A, 436) 45: Tri- thonius] auctor est currus, primo Junoni id opus
viae, insunt cui numina mille {■= ^vgimvv^og?). suum dedicavit. Hyg. de astr. 2, 13: nonnulli
Vita S. Symphosiani bei Boese, Superstit. Are- etiam qui de sideribus scripserunt, hunc natione
latenses e Caesario coli. {Diss. Marburg 1909) 13. 40 Argeum Trochilum (verb. Knaack aus Orsilo-
Von den Epitheta der Tr. ist wichtig potens chum, cod.) nomine primum quadrigarum in-
{CatuU. 34:, 16. Val. Flacc. 3,321. Apul. apol. 31, ventorem esse dixerunt et pro inventione side-
vgl. Virg. Aen. 6,247 Hecaten . . potentem), es r<^eyum locum possedisse ; vgl. Hieron. zum Jahr
bezeichnet die ö^vvaut? der Zaubergöttin, s. Ellis 449 {Euseb. 2, 25 Seh.): primus quadrigam iun-
zu Catull, Norden zur Aeneis, Fdhz a. a. 0. 35, xisse fertur Trochilus; vgl. Preller- Robert, Gr.
Abt, RGW 4:, 2, 12ß f. T9^o^^r^s wird ja ge- Mythol. 1*, 168. Tr., argivischer Hierophant
rade in Zauberpapyri gefeiert (s. ob. Sp. 1117). {Gruppe, Myth. 1889 zweifelt an der Gleichheit
Inschriftliche Weihungen: Dianae Tifatinae beider Tr.), floh aus Feindschaft mit Agenor
Triviae sacrum aus Capua CIL 10, 3795, Des- aus Argos nach Attika und zeugte mit einer
saw3270; SbUsKom. {signum Trlbiae po-'iuit) CIL 60 "ElenBimenii den Eubuleus und Triptolemos;
6, 31053, Dessau 3272; aus Praeneste (^rmam so die Argeiersage bei Paus. 1,14,2. Vielleicht
inlunonario) CIL 14,2867, Dessau 3687a. In stand Tr., wie sich ""sein Name sonst auf die
der vielbehandelten pompejanischen Weihung Einführung von Wagenkämpfen bei argivischen
T. D. V. S. etc. wollte man auch T(riviae) D(ea)e Festen bezieht' {0. Müller, Kl. Sehr. 2, 251), auch
ergänzen (vgl. die Literatur bei Esperandieu, in Verbindung mit den Agonen, die an den
Rev. Epigr. 1,263), doch ist T(ifatinae) vorzu- großen Eleusinien gefeiert wurden, 'wie Tele-
ziehen, s. Wolters, Sitz.-Ber. Bayer. Akad. 1915, sidromos; s. Höfer ob. Bd. 4, 308, 65 f. Zu Tr.
3,52. [Weinreich.] als Stern: s. G. Knaack a.a.O. 60, der Herme-
Triviae s. oben Bd. 4 , Sp. 1 ff. Quadriviae sianax als Darsteller des Katasterismos von Tr.
(Biviae, Triviae) {Ihm). Neuere Zusammen- 60 annimmt; Boll, Sphaera 111; Rehm, Realenc.
Stellungen bzw. Einzelmaterial: Toutain, Cul- 8, l,28lf. [Preisendanz.]
tes paiens 1,327 f. Riese, Das Rhein. Ger- TroehU {Tgoxig). '^Sbch Schol. Lykophr. 14:71
manien i. d. antik. Inschriften 293 nr. 2672 ff. (p. 397,25 Scheer) Name des Boten, der dem
353 nr. 3477 ff'. 358 nr. 3537/8. Dessau 9270, Priamos die Weissagungen der Kassandra hinter-
vgl. Index s. v. Bildliche Darstellung der bringt; nach anderen ist tgoxtg = ayysXog zu
Wegegöttinnen mit Beischrift BIBIE TRIBIE verstehen. [Höfer.]
QVADRVBIE auf einer Schüssel aus Rhein- Troia. personifiziert als Mutter der homeri-
zabern: Ludovici, Römische Ziegelgräber Ka- sehen Gesänge, Riese, Anthol. nr. 725 v. 38.
ö
1215 Troüos TVöilos 1216
Poet. Lat. min. ed. Bctehretut S. 61 v. 88. 1 v\« iieu Weg meist gegen Sonnenuntergang an-
Knickenberg, Hermes 27 (1892), S. 147 v. 38 treten, so klingt JMos Angabe, daß Achill diese
i$. 160, V. 38 S. 149. [Höfer.] Abenteuer aus dem Hinterhalt gerne Nachts
Troilos {TqioIXos)j 1) Name eines halbmythi- unternahm (wie schon betreffs Lykaons ÄpoU.
sehen Begleiters Hesiods, Plut. Mor. p. 162 d. Epit. 3,31 nach den Kyprien berichtet), auf
I 897, 20 B. Certam. H. et H., Z. 235 lizach. das richtige Maß zurückgeführt, recht einleuch-
Die Leiche des beim Lokrischen Oinoö Krschla- tend. Bei der kurzen Dämmeiaing und rasch
genen, in den Fluß Daphnos geworfen, wurde hereinbrechenden Nacht des Südens konnte
von der Küstenbrandung an eine Klippe ge- Achill leichter den zu Hilfe eilenden Troern
spült, die, angeblich davon, den Tr.- Namen lo (s. unten) entkommen. Achill ist dabei stets zu
führte. Eine Üoertragung vom troischen Epos Fuß, um sich nicht durch das (Jeräusch des
nr. 2) hierher ist nicht anzunehmen, eher das Wagens zu verraten. Sein Beiwort der 'schnell-
mgekehrte. Auch Patroklos ist bei den Lo- füßige' hat man geradezu auf das Tr.-Aben-
krern (den opuntischen) zu Hause; auch an die teuer bezogen: WUamowitz , Herrn. 34 (1899),
Opferhandlungen der Lokrer nach llion zur 614. Er konnte also gar nicht daran denken,
Sühne für Kassandra ist zu erinnern. Einen sich des Leichnams zu bemächtigen, um erst
lokrischen Apollo des Namens Trös aus Tr. auf Vermittelung der Götter (so Klein, Luckenb.
herzuleiten {Gruppe 90), ist noch kein Anlaß, 607) davon abzustehen. Eigentlich hatte er
Doch der Name der Troer würde allerdings von es wohl darauf abgesehen, den regelmäßig
seiner primären Bedeutung verlieren. Mit Tlos 20 ausreitenden Königssohn zu fangen und mit-
bringt ihn WUamowitz, Ilicis u. Hom. 337 zu- samt den wertvollen Rossen (vgl. Hom. E 222)
sammeu, wohl wegen der lykischen Verwandt- davonzujagen. In der Wut des Mißlingen» haut
Schaft. Über die Nordwärtsbewegung von dort- er den Knaben in Stücke — den iicccxccXiOfioe
her 8. 1015,23. 1123,48. Nach Süden weisen kennt Soph. fr. ö66j\^*; s. Bohde, Psyche^ 1,
die Priamossöhne Mylios {Apd.bibl. 3, 12, 6) und 324 — und schleudert den Feinden, von denen
Gergithion ebd. {GergiOiieVy Strab. 589), sowie er sich plötzlich bedrängt sieht, das Haupt vor
Aineas' Bruder Lymos {ebd. 12, 2) mit der Wort- die Füße (Abb. 2). Dies eine Kraßheit, die, bei
bildung Lymessos, vgl. auch Strab. 667. 676. Hom. N 200 ohne ähnlich zwingende Motivie-
2) Jüngster S. des Priamos von der Hekabe, rung nachgebildet, die Existenz des Tr.-Aben-
Apd. bibl. 3,12,5,7 (151); wertlos Myth. Vat. 30 teuers im vorhomerischen Liede laut bezeugt:
1,204 mit veränderter Reihenfolge. Nach man- Bobert, Studien z. Ilias 110. 407. 444. Bei der
chen S. ApoUons Apd., Lykophr. 307 Scholl. Verfolgungsszene ergeben die Vasen bilder noch
Zwillingsbruder der Kassandra Schol. Hom. Z 49. nähere Umstände für das Epos. Niemals schwingt
In A 255 beklagt Priamos den Verlust seiner Achilleus den Speer*), um mit einem Wurfe, wie
tapfersten Söhne Mestor, Tr., Hektor. Das dor- er von der Bühne aus allenfalls sich ergab, die
tige Beiwort innio%äQyi.rig bezeichnet nach Äri- Flucht von Reiter und Rossen zu hemmen, zwei-
starch z. Stelle {L^irs^ 190) den streitbaren, zu mal setzt er ihn sogar vor dem Laufe ab : Bildw.
Wagen kämpfenden Mann, eine Vorstellung, A 2. Wenn er trotzdem den Flüchtling erreicht,
die nur von ganz späten Schriftstellern (unten) so dankt er dies nicht seiner Schnelligkeit oder
wieder aufgegriffen wird. Sonst herrscht all- 40 der geringen Distanz, sondern ein?:ig den deut-
gemein nach Vorgang der Kyprien [Prokl. u. lieh markierten Hemmnissen des Felsbodens
Epit. Apd. 3, 32) das Bild des Knaben oder (ob. Bd. 3, 2, Sp. 2731 Abb. 7, vgl. dort Abb. 2),
Epheben, der von Achill aus dem Hinterhalt wo das Reitpferd zu Falle kam (das zweite
überfallen und getötet wird, und zwar, darüber hat sich bei der Flucht losgerissen, oder wurde
belehren uns die jBildwerke, wie er, die Wasser losgelassen): dort wie in den Bildwerken be-
holende Polyxena begleitend, die Pferde zur dient sich Achilleus ausnahmslos des Schwertes ;
Tränke reitet; die Verfolgung des Fliehenden vgl. unten Bares, bei dem die einzelnen Um-
kennt Schol. Sl 257. Gleich der Gefangennahme stände in der Situation nicht mehr begründet
Lykaons, dem Raub der Rinder, die Aineas als sind. Viel enger als man meint, schloß sich
Hirt mit Lebensgefahr verteidigt, gehört das 50 Sophokles an das Epos an, von dem erotischen
Tr.- Abenteuer durchaus in eine der frühen Momente abgesehen. 'EvtevQ-Bv^ fahren die obi-
Phasen des Krieges mit seinen &xQoßolL6fioi gen Homerscholien zu Sl 257 fort, UoipoxXiis
(Plänkeleien) xal xXansiat^ wo die troische iv Tg. cpriölv wbxbv ^ 6%8vd-fivai vn k^iXUag
Bevölkerung sich noch hie und da heraus-, irniovg yv^vcc^ovtcc Ttaga xb Ov^ißgalov xai
das Griechenheer sich noch nicht recht an die &7to&ccv8lv. Nach Eustath. p. 1480 ov (paaiv
Veste heranwagt; so Bio Prus. XI 77, der trotz innov? yv(ivd^ovra Xoyxj} tcbobIv 'bn' 'Ai- schreibt
seiner abstrusen Tendenz hier einige gute Ein- Lehrs a. a. 0. XoYxsvd^fjvca. Die meisten lesen
zelheiten beisteuert.*) Schon darum waren in mit Welcker Xoxsvbfivai; dem Sprachgebrauch
späterer Literatur die Versuche, aus dem Aben- der Scholl, entspricht mehr Xoxri^f}vaL {Maaß,
teuer einen regelrechten Wagenkampf zu ma- 60 Klein). Sehr oft liest man, Soph. habe die Rolle
chen, verfehlt; sie wurden auch dem Märchen- der Polyxena beseitigt, obwohl längst aus fr.
Charakter der Episode, wo die Königstöchter 564 JV.- erkannt war (0. /a/in), daß beide dort
noch Wasser holen, nicht gerecht. Da die Frauen zum Brunnen gingen. Am wenigsten Recht zu
im warmen griech. Orient solchen oft recht jener Auffassung geben die rotfig. Vasen, die
schon damals chronologisch sich nicht dazu
. ,, . j , ..- ' i' 1 . j ' schickten: heute wissen wir, daß sie nah an
• *) Afan würde §77 tu dt Xomov erwarten und /povov ov/"xv^jx.;tii , u^uvu ttxo«v. ,
gern fQr einen Fehler (ans dem -vorangehenden tojtov)
halten. * LaJborde I 18, Reinach, Rep. II 179,3 zählt nicht.
1217 Troilos Troilos 1218
das 6. Jahrh. oder darüber hinaus reichen. Eine 4,1) übertreibend in prtrnis putritiae annia.
geringe Neuerung des Soph. (s. aber Hildw. B) Es trat aber einmal der Zeitpunkt ein, wo man
liegt in dem Rossetummeln; die Lokalität des diese Knabenabschlachtung und den ganzen
Thymbrüischen Apoll scheint mehr &nb %oivov Überfall unerträglich fand und eine Kampf-
gemeint und das kykl. Epos mit anzugehen, s/ene viel späterer Jahre erfand, auch um Aus-
wenn man der Apollod. Epit. Vat. irgend trauen gleich mit Homer il herzustellen. Das war
darf (s. unten). Die Va.senbilder für nich allein, mindestens noch vor Menander, dem Plautus
sf. wie rf., könnten irreführen, insofern sie ent- Bacchid. 954 folgt, und vor dem griech. Vor-
weder die Quelle oder das Heiligtum, niemals bild von Enniua' Andromeda {Kiessling, Ind.
beides bringen; wie leicht wäre es einem Bry- lo schol. Gryph. 1878, 16. liobert, B. m. L. 126).
gos (Abb. 3) gewesen, statt der dürren Bäume Es heißt jetzt, dem Orakel zufolge werde Troja
Palmen, statt eines der troischen Krieger einen nicht fallen, wenn Tr. das 20. Lebensjahr er-
Altar zu malen. Indessen die vielsagende Bolle reichte; zwei andere Bedingungen des Falle«
des Raben, der wie die Krähe oder der Rabe sind der Raub des Palladiums und die Zer-
im Koronismythus , dem Apollo sicher die Störung des Skäischen Tores (durch das höl-
Schandtat künden wird, dazu der Apoll zerne Pferd). Obzwar nicht jeder die Reihen-
neben dem Brunnenhaus auf der Klitiasvase folge, in der Plautus die drei Momente anführt,
können uns eines Besseren belehren. Natur- für unbedingt bindend erkennen mag — Serv.
lieh ist mit dieser örtlichkeit noch nicht ge- A. 2,13 stellt den Troilos voran — , so war
sagt, daß Achill auch dort — schon im Epos — 20 jedenfalls Tr.s Tod damit um 10 Jahre hinans-
seinen Tod finden mußte (s. Bobert, Bild u. gerückt, nach Hektors Tode, und eine acht-
Lied 126). Anders im Drama. — Zu warnen bare Motivierung gewonnen. Bobert a, a.O. ist
ist hier vor der Verwechselung der im Epos nicht abgeneigt, die Quelle in der Kl. Ilias
bezeugten Todesstätte, des Skäischen Tores, zu suchen, wo die 2. und 3. Begebenheit in
welches an der Nordseite der Stadt lag, mit der Tat vorkamen. Doch erheben sich große'
Thymbra weit im Süden der Ebene (s. unten); Bedenken gegen das seit 0. Jahn angeführte
s. B. Wagner, Bh. M. 46 (1891), 401. Bares 34 Vasenbild (unten D). Und gegenüber einer
in fano Ap. Th. quod est ante portam. — Wie so ernsthaften Überlieferung hätte der Tragi-
sich der Gang der Dinge bei Soph. gestaltete, ker, trotz der Kyprien, einen schweren Stand
ist der späten Fouldschen Vase (Abb. 4), und 30 gehabt. Die sonstige Literatur versagt hier bis
den etrusk. Urnenreliefs ungefähr zu entneh- weit über die klassischen Zeiten der Griechen
men; s. Deutsche Lit.-Ztg. 1920, nr. 33, S. 525fF. und Lateiner hinaus. Seneca Ag. 784 te — ni-
Konnte Soph. die Mitwirkung der Polyxena mium cito congresse Achilli, Troile, und noch
nicht entbehren, schon weil bei dieser Gelegen- viel deutlicher die vier Verse des Ausonius 78
beit und nur da Achill das Mädchen kennen XVIII ed. P. schließen sich durchaus an Vii'gil
lernte, das er dann lebend und tot für sich A. 1,469 ff. an, auf den hier alles ankommt
forderte, so war damit auch der weibliche Chor {Bh. M. 8, 137 ergibt nicht viel). An dem Tem-
der Wasserträgerinnen gegeben. Hör. C. 2, 9, 15 pel der Dido sind zwei Szenenpaare als Pen-
nec impubem parentes \ Troilon aut Phrygiae so- dants erkennbar: a) die troischen Frauen, die
rores \ flevere semper. Vgl. die Nebenseiten des 40 der Athena den Peplos bringen , b) Priamos
Mantuaner Sark. Bob. IT 13 a: a) Tr.s Tod, bei Achill ; eine supi^Z/ca^iO hier wie dort. Dann
b) die trauernden Schwestern, und Hekabe. a) Wegführung der Rhesosrosse, b) Troilos"
Auch der den Tr. begleitende Eunuch, fr. 563, Tod. Der Jüngling ist waffenlos, ganz wie in
einer von der Leibwache (fr. 577), der dem den uns geläufigen Bildern. Woher weiß der
jungen Herrn den schweren troischen Mantel Dichter, daß er Waffen gehabt (amisszs)? Pan-
(/r. 565) nachträgt, ist als Phryger charakte- zer und Beinschienen konnte er nicht verlieren:
risiert (Abb. 4), Das erastische Element, durch wo soll der Schild gelegen haben, vorn bei den
welches hier und da schon Achills Freundes- Pferden? Hinten am Wagen schleifte ja der
Verhältnis zu Patroklos getrübt wird (oben mit den Füßen festhängende Körper: eine Re-
Bd. 3, 2, Sp. 1692), ließ schon Phrynichos fr. 13 50 miniszenz an Hektor (483), in dieser Situation
^\*p. 723 anklingen; es scheint auch der Persi- undenkbar. Wie leicht hingegen konnte ein nur
flage der älteren Komödie nicht entgangen zu literarisch interessierter Beschauer bei einem
sein {Strattis; s. Nauck, Tr. fr.^ p. 266). Weiter Bilde von der Art der Euphroniosschale die
entwickelt hat es der Gewährsmann ly^/^'O^/irons zwei Pferde für ein Wagengespann halten;
307 m. Scholl. Achill sucht den Tr. vergeblich auch dort ließ sich mit geringer Modifikation
aus dem Heiligtum herauszulocken, vergewal- der Armbewegung sagen: lora tenens tarnen,
tigt ihn und schlägt ihm das Haupt ab. Oder huic cervix comaeque trahuntur, und sogar die
{Serv. Aen. 1,474) er lockt ihn durch das Ge- hübscheWendung von dem festgehaltenen Speer
schenk von Tauben an sich , quas cum vellet gebrauchen. Und sollte der Pelide etwa hinter-
tenere, captus ab Achille in eins amplexibus 60 dreinlaufen, um nach einem anscheinend toten
periit. Letzteres ein Motiv, das später, ziem- Körper zu stechen? oder lief er gegen die da-
lich plump, beim Tode Achills gegen diesen herstürmenden Pferde an? — Also keine Spur
selbst zur Anwendung gebracht wird: Schol. von einem wirklich neuen Bilde, von einer
jEJwr. ifeL 388, Diktys A, 10. Bezüglich der AI- wirklichen Kampfszene. Nichts als verwirrte
tersstufe des Tr. sagt der Sklave bei Soph. Notizen, Man kann zu den beiden Pendants
rbv ccvögonaidcc dsGitorriv arcmlsGa, /r. 563 JV., etwa noch bemerken, daß die betr. Troilos-
dazu Schol. Pind. P. 2, 121. Virgil A.l, Alb in- szene der Meisterschalen sich nach links be-
felix puer, Horaz C. 2, 9, 16 impubem. Diktys wegt, das in zwei Varianten erhaltene Bild
1219
Troüos
Troilos
1220
des Rhesosabenteuera (ob. Art. Rhesos Bd. 4, Sp.
104 f.) die ent^egenffesetzte Richtung aufweist.
Als Fallung diente nier das Zelt des Thrakers,
dort die Andeutung des Heiligtums.
Erst bei den späten Autoren der Posthome"
riea hören wir wieder etwas von einem Kampfe.
Ohne nilhere Umstände bei Qu. Smym. 4, 431
unter Aufzählung (155) der Opfer Achills : Tele-
phos, Kyknos, Polydor, T{}OiiXov d-ririrov, Aste-
ropaios, Ljkaon, Hektor, Peuthesilea, Memnon.
Die Waffen des gefallenen, sehr jugendlichen
Tr. gibt Thetis 4, 418 dem jüngeren Aias; nach
dem Vorgang einer Dichtung, wo sie Achills
Waffen als Preis der Tapferkeit aussetzt : Tzetz.
Lyk. 287; Schol Hom. Ä 251. Bei Diktys und
Dares ist Tr.'s Auftreten mit dem des Memnon
verknüpft, welches ja wie das der Amazone
im ep. Zyklus sich unmittelbar an die Ilias,
also Sl [B. oben), anschloß; nicht ohne bestän-
diges Anklingen alter Motive. Bei Diktys, Phi-
lostrats Zeitgenossen (Bethe, Herrn. 52 [1917],
618 ff.), tötet Achill den Hektor aus dem Hinter-
halt, 3, 16. Lykaon und Tr. werden von Achill
gefangen und auf dessen Befehl geschlachtet,
4,9, der selber einige Tage darauf durch Meu-
chelmord fällt. Bei Dares ist Tr. nach Hek-
toM Tod der heldenhafte Anführer, er ver-
wnndet den Achill; aber (33): equus vulneratus
corruit, Troilum implicitum excutit. Achill eilt
herbei und tötet ihn mit dem Schwerte; vgl.
Bildw. A 3, B, C. Große Trauer um Tr. und
Memnon, herrliche Grabmäler für jeden der
beiden; ähnlich Diktys. Vgl. auch Tzetz. u. Ma-
lalas, Scheer Lyk. 2 zu 807; dort ist Tr. jung,
aber yaXäyxQovg xal ßccd'vyivBiog.
Das Grabmal (Abb. 1) mit der Pfeilerauf-
ßchrift TPßlAO — nur die weibl. Figuren sind
stark ergänzt, s. Reinach, Peint. d. vas. p. 101
mit Lit. — stellt sich dem bekannten Oedipus-
grab, Robert, Oed. 2 ff., an die Seite und muß
seit Soph. in der Literatur vorgekommen sein.
Gleichwie dort han-
delt es sich gewiß
um freie Gestaltung
eines wirklich exi-
stierenden Heroen-
grabes , eine Tat-
sache , woran sich
nichts ändert, wenn
die Oedipusverse
auf andere Heroen
übertragen wurden,
oder ein Vasenbild
{MiUingen 18) dem
Phoinix, ein ande-
res dem Idas {Tisch-
hein 4, 7, 19, Inghi-
rami, Mon. Etr. 5,
31) ein ähnliches
Pfeilergrab zuer-
teilt. Man kennt das
ÄomerischeGrabmal
des Ilos nördl. von
der Stadt, das des
Laomedon am oder
im Skäischen Tor,
Abb. 1. Von einer Kaipia im Serv. A. 2, 13. Wa-
LouYTe;nachlft7Kn^«i,D.coK.l7. rum sollte nicht in
Thjmbra ein solches existiert haben. Auf die
Tumulusform des ßonfiög einer sf. Vase (Bildw.
A 3) ist gar kein Gewicht zu legen. Wenn
jedoch Lykophr. 307 sagt: xagaToy-ri^fsls tvn(iov
aifid^sig nccrgog (d. i. Apolls), so hilft uns des
Schol. bereitwillige Erklärung = ßw^ov nicht
über den Verdacht hinweg, Lyk. habe seine
Kenntnis von einem wirklichen Grabmal an-
deuten wollen.
10 In der Sage selbst müßte die enonne Ent-
fernung auffallen, die Thymbra (s. die Karte
b. Dörpfeld, Iroja-Il. Taf. I) von dem Griechen-
lager trennt, wenn dieses am Hellespont, bei
Kum Kal^, gesucht wird. Aber diese letzte An-
nahme hat sich nicht bewährt: s. Brückner,
Arch. Änz. 1912, 616. Von Achills Lager wenig-
stens ist es jetzt erwiesen, daß es ursprüng-
lich nicht am sog. Achilleion bei Kap Sigeion,
sondern viel weiter südlich anzusetzen ist, an
20 der Besikabay, mit Besika-Tepeh als echtem
Grabhügel des Achill (im Sinne der troischen
Sage). Von den dortigen Höhen aus (vgl. Hom.
T 189) konnte Achill das Ausreiten des Konigs-
sohnes leichter beobachten und Thymbra ra-
scher erreichen als von dem diametral ent-
gegengesetzten Nordkap. Sage und Kunst rücken
die Lokalitäten natürlich noch viel enger an-
einander und nehmen an, daß man von der
Burg aus die Untat gewahren konnte (ohne
80 damit übrigens die späte Tageszeit auszu-
schließen). — Wir haben die Thymbräische
örtlichkeit in der den Proklos ergänzenden
Epitome unangetastet gelassen und damit hof-
fentlich ein integrierendes Element des vor-
JiomeriBchen Liedes gerettet. Man kann mit
der Annahme von Interpolationen (z. B. aus
der Ilias) bei diesen Exzerpten nicht vorsichtig
genug sein. R. Wagner selber, dem verdienst-
vollen Entdecker der Epitome, der diese Mah-
40 nung für die Epit. ausspricht, Rh. M. 46, 402,
ist es begegnet, Ep. 301, in einer richtigen
Kyprienp&Ttie der praef. Borhonica § 8 p. 298,
den dortigen Troilos für den homerischen zu
nehmen.
Bildwerke.
A. Seh warzfigurige Vasen, l. Achill, dem
Tr. auflauernd. Mit sichtlichem Vergnügen
haben die archaischen Topfmaler dargestellt,
50 wie der gewappnete Held (meist rechterseits)
hinter dem Brunnen hockt, sprungbereit, und
von der anderen Seite her ahnungslos Polyxena
zum Wasserschöpfen sich anschickt, während
der Knabe heranreitet, mit einem zweiten Pferd
neben sich; dieser stets unbewehrt bis auf
kurzen oder langen Stab oder Speer (1—2;.
Dem Mangel eines wirklich deckenden Ver-
steckes, der fast drollig wirkt, suchen manche
durch einen Baum oder Busch nachzuhelfen.
60 Den Brunnen bildet ein schmales pfeilerartiges
Felsstück oder eine Säule mit Löwen- oder
Pantherkopf oder einfacherem Wasserspeier;
selten ein aufgemauerter Pfeiler. Das kleine
Quellhaus des 'kyrenischen' (spartan.) Deinos
ist eine Ausnahme (ob. Bd. 3, 2, Sp. 2726, Abb. 3).
Erhöhten Felsboden beim Felsenquell bietet
unter der kauernden Figur Brit. M. B 324 (ob.
Bd. 3, 2, Sp. 2726, Abb. 2, vgl. 7) nicht ohne
12^1 Troilos Troilos 1:^22
Nebenabsicht. Als einen weseiitlicin'ii lieblaiui- aiclith aui linnnicn /.n schatten haben; eine
teil darf man den Haben auf dem IJriinneii- Frau mit Gefäß ist ihm zugekehrt. Von drüben
pfeiler ansehen, welcher die Ankömmlinge leb- her (r.) marschieren, sehr unzeitig, troische
haft anzukrächzen scheint. Ganz selten sitzt Krieger auf: a) das obige Frgmt. Man. Piot
er von ihnen abgekehrt, lirit. M. B 324, oder XVI 119, b) Ä. ZUj. 18:^0, 228, c) Overbeck
wendet den Mals um, Karlsruhe 186 (undeut- Taf. XV 2. — Das eine wie das andere Zusätze,
lieh abg. Gerhard, Klr. u. C. V. E 9, besser die erst in der Verfolgungs- und Kampfszene
Weltery Baust, z. Arch. I, 1920, Taf. 6, 14). E^- einen Sinn haben und von da eingedrungen
füllt so vortrefflich die Stelle über dem Pfeiler, sind {Sehn. 120). Man wird tinden, daß die
der in voller Bildhöhe aufgeführt, das Ganze lo Götter stets von links, die Troer von rechts
entzweischneiden würde, daß man ihn, Ursache kommen, also so, wie es nicht dieser, sondern
und Wirkung verwechselnd, als rein dekorativ der nächsten Szene entspricht. Klein» (226)
betrachtet hat (6'o>J2^, J^wde/i?>rtc'7j 601): zuviel Idee von einer ausgedehnten Komposition be-
Luxus für eine mit wenig Mitteln viel sagende stätigt sich also nicht, wie auch nicht die
Stilgattung. Der offenbar warnende Wächter übertrieben hohe Meinung von dem Alter des
und Bote ApoUons deutet (vgl. ob. Sp. 1217) auf Timonidas (nach Brunn, Probl. ^1): vgl. den
die Nähe des Heiligtums und ist nicht bloß Pinax b. Buscfwr, Gr. F.-, Abb. 45. — Eine
aprioristisch (Welcher, A. Schneider) der alten originelle Wendung bietet die Wiener Hydria
Erzählung mit Wahrscheinlichkeit zuzuweisen ; {Klein e = p!), Anii. d. 1. 1866 li. Masner,
denn andere Zeugen sind nicht da, umdieSchän- 20 Ost. Mus. 221, mit einer nackten Jünglingsfigur,
düng des Temenos zu melden. Mit dem fliegen- die dem Tr. mit erhobener Hand entgegentritt
den Raubvogel (auf dem ""Kyr.' Deinos, A. Ztg. und in die Zügel fällt. Es ist {Luckenbach
1881, Taf. 12, dem alt-attischen Deinos- Frgmt. 602 kam dem schon nahe) kein anderer als
Mon. Piot XVI p. 119, der korinth. Schale in Apoll (vgl. Fran9oi8vase), welcher warnend er-
Würzburg Urlichs Beitr. z. K. Taf. 7) hat der scheint — ganz im Geiste des Epos — , wenn-"
Rabe, wie gegen Schneider 115 zu bemerken, gleich er den Frevel anderen Göttern gegen-
nichts zu schaffen. Niemand würde den Vogel über nicht hindern , sondern höchstens später
Apolls in solcher Füllfigur erkennen (München ahnden kann. Man hat sich viel mit den In-
89 ist wertlos). — Auffallend häufig ist statt der Schriften dieses Gefäßes beschäftigt, doch nicht
einfachen Stufe zum Aufstellen des Wasserkruges 30 bemerkt, daß der von r. kommende Troer nicht
ein breit ausladendes Becken gemalt, einwärts (Döaxog, sondern einfach (AEI)<t>OBO$ hieß; vgl.
gewölbt, mit höherem oder niederem Sockel, Bildw. D u. A 3. Am Brunnen hat dieser Ma-
oder ohne solchen: a) korinthisch: Timonidas- 1er einen metallisch konstruierten Untersatz
flasche (Athen; Collignon nr. 620), Athen. Mitt. kopiert, doch ohne das Becken: s. Gerhard, A.V
1895, T. VIII, ältere Abb. fehlerhaft, so auch B. I 185 (Louvre E 703), eine italisch-jon. Am-
ob. Bd. 3, 2, Sp. 2724, und ^) Kännchen, Mus. de phora, die, selber voller Mißverständnisse, Szene
VAlgerie VIII, 1 Taf. 23,3 — 4; y) attisch?: Over- 1 u. 2 verquickt. Manchmal sind einzelne Krie-
beck,HG.l2d.XV^\d)0verbeck'V?ii.^Y^.Ger- ger, die man früher sogar benannte, an der
hard, Et. u. C. V. E 12. Zugrunde liegt überall Ecke eingefügt, noch störender in der Mitte,
das, was man in unverkümmerter Form auf 40 so auch Brit. M. B 640, einer weißen Lekythos,
der Phineusschale findet: Furtwängler-B. 41, die übrigens schon auf dem Niveau der rotf.
Perrot-Ch. 9, p. 539, also mit der vertieften, in Malerei steht; dies auch bezügl. der Erscheinung
Sektion gezeichneten Fußplatte zum Aufneh- des Tr., der hier losen (?) Chiton trägt, sonst in
men der überlaufenden Flüssigkeit, wie sie für den sf. Stilen nackt ist, selten anliegenden kur-
die hohen korinthischen Kratere geschaffen zen Chiton (rot) trägt; eine Art Stephane auf
war. Offenbar ist die Heimat des ganzen Bild- der Xenoklesschale, Petasos im Nacken, Berlin
typus in eben jener Richtung zu suchen, wo 1966, in die Chlamys gehüllt auf später Schale,
die zwei Rosse in verschiedener Farbe sich Paris, Bibl. Nat. (Gab. d. med.) ed. De Bidder
ganz anders voneinander abhoben (vgl. die 330 = Sehn. 124, 1. — Einige Male ist die Szene
Würzburger und die Xenoklesschale, Szene 2) 50 unvollständig, ohne den Reiter, und ist dann
und besonders hübsch, wenn das zweite Pferd mit Tydeus und Ismene verwechselt worden:
sich zum Trinken vorstreckte. In letzterer Hin- Karlsruhe 186, ob.; Brit. M. 542; Athen, Col-
sicht gehört die lakonische Vase (oben) eng mit lignon 9684 (vgl. Petersburg 1588 rotfig.). Achill
der Hydria Overbeck XV 2 zusammen, die nur fehlt z. B. Brit. M. B 542.
die traditionelle Richtung der Szene umdreht. Der Timonidasvase ähnelte in der Kompo-
Anderseits kehrt von Overbeck 1 das Mädchen sition das einzige chalkidisc he Stück: Frgmt.
(nach links) mit Krug auf dem Kopf (vgl. Ti- in Reggio Cal. , Böm. Mitt. 9 (1894) , 290, Pe-
monidas) an dem korinthischen Kännchen, /S, tersen, vgl. Stiidniczka, A. Inst. 1^^Q.,2Q^ X.1V6,
wieder, und hat dort sogar den Brunnenpfeiler Heinemann, Landsch. Elemente 34; Phot.
verdrängt. Diese zweite Wasserträgerin gehört 60 in Loeschckcs Apparat Berl. ün. : Polyxena
wohl schon zu den Erweiterungen, die der sich umwendend, auch hier viel größer als der
Typus früh erfährt: seltener noch geschieht Bnider, der zu Fuß ist und die Pferde jedenfalls
es durch weitere Frauen; andererseits durch führte; zwei Pfeiler, Löwenkopf, Zweige. Man
Schutzgötter Achills, Thetis (s. Schneiders Ta- liest TPOCIUO und /HE^, das Zweite Rest von
belle S. 123), Hermes, einen älteren Gott, Over- POUV Ef^H mit verschriebenem |. Den Namen
beck Taf. XV 2. Diese Götter waren auch wohl des Mädchens kennt man sonst nur durch die
für die deplacierte Menschengruppe bei Timo- Fran9oisvase.
nidas maßgebend, Priamos und Gefährten, die 2. Tr von Achill verfolgt. Nach r. galop-
1223
Troilos
Troilos
1224
piert der jugendliche Reiter, öfter umblickend,
ohne Gejr^nwehr. Achill eilt in weiten Sprüngen
nach, mit allen Waffen, wenn er nicht Schild
und Speer links abgesetzt hat (Berlin 1895,
oben Bd. 3, 2, Sp. 2781, Abb. 8 und von gleicher
Werkstatt I^ipzig Univ. T 49). Polyxena, ent-
fliehend, hat ihre Stelle vor den Rossen, damit
nicht (so WeldKr,' Jahn) die Verfolgung ihr
SU gelten scheine; der Krug, der ihr entfallen
ist, liegt unter den Pferden, manchmal ge-
borsten, noch seltener mit ausströmendem Was-
ser. Auch hier in der Regel keine Beischriften.
'Achileus', Xenoklesschale, oben Bd. 8, "2, Sp.
2780, Abb. 6. Dieser Bildtjpus — nicht minder
scharf als der 1. geprägt — ist, so bemerkte
Loeschcke, A. Ztg. 1876, 118, einer der konstant
rechtsläufigen in der archaischen KunHt. Er
hätte hinzufügen können, daß ebenso bestimmt
die Brunnenszene nach der anderen Seite ge-
richtet war. Eine Divergenz, die man, wenn
sie bemerkt worden wäre, vielleicht für den
verschiedenen Ursprung der beiden Bilder
(Klein) geltend gemacht hätte. Auf engeren
Zusammenhang deutet vielmehr das Fehlen
der zum Verständnis nötigen Quelle in der
zweiten Szene. Beide werden noch durch
eine kleine Äußerlichkeit, wenigstens für At-
tika, zusammengehalten, d. i. die Form des
hochhenkligen Wasserkruges, die so schlank
in anderen Brunnenszenen der archaischen
Kunst nicht zu finden und der wirklichen Ke-
ramik von damals völlig fremd ist {Furtwänglers
Form 81 gibt es nicht). Eine dunkle Anmer-
kung bei Schreiber^ Ann. 1875, 189; nichts bei
Föher. Seltener hat der Krug in diesen Szenen
andere Form. — Der Verfolgungsszene wurde
mit der Zeit, aber selten, der Brunnen zugefügt,
nunmehr als seitlich gesehenes Prostylon eines
an den linken Bildrand angelehnten Quell-
hauses (anders die ital.-jon. Amphora, wohl
zwei Vorlagen vermischend). Ursprünglich
scheint diese Stelle einer Schutzgottheit zuzu-
kommen, wenn nicht mehreren: Thetis oder
Abb. 2. Sf. Hydria im Brit Mus., nach A. Zeitg. 1866, Taf. 91, 2
Athena und Hermes, Berlin 1685. 1728. 1792.
1896. Leipzig Univ. T 49. Alle drei Götter hat
die Fran^oisvase. Sie sind wohl zu scheiden
von nichtigen, öfter sogar störenden Zusätzen
als: zweitos Mädchen fliehend, 1 — 2 Phrjger,
z. B. Boston 384 Bobinson, oder andere Krieger
oder Jünglinge; Amazone München 357, ein
großer Hund(!): Berlin 1685, Louvre E 811,
pl. 57 (nicht chalkidisch: Zahn, Berl. phil. W.
10 li»02, 126^ Neapel H. 1806, nicht '1800' {Klein
nr. 23). Kvtf der Pariaer Amphora fehlt Poly-
xena; ebeu^ auf der Kahne München 857;
die nackte • Figur, Gerhard, FAr. u. C. V. E 7,
Reinach, liep. I 257 kann am Original nicht
intakt sein. Daß Tr. einmal, wie bei Timonidas,
einen Bart hat, Brit. M. B324, Gerhard, A. V.
B 2,92, wie es in diesem Malerkreise sogar bei
Leagros vorkommt {Langlotz, Z. Zeitbestimmung
der streng rf. Vasen-M., Leipzig 1920, S. 50. 54),
20 will um so weniger bedeuten, wenn der un-
bärtige ebd. 325 (Inschr. Leagros) von der-
selben Hand geüfalt wurde.
Klitias, der treffliche Maler der Ergotimos-
amphora (Fran9oi8va8e : Furtw.-R. 11 — 13, W.
Vorl.-Bl. 11 1 u. 1888, 2, Overbeck XV 1 ; ob. Bd. 3,
2, Sp. 2783, Abb. 9), rückt drei Momente zusam-
men: Verfolgung^Ärechts Trojas Tor und Mauer,
wo Priamos sit^(vgl, Hom. F 146), von An-
tenor auf das Schreckliche hingewiesen, und
so Krieger zum Schutz ausrücken; gegenüber er-
scheint zum ersten Male, und zum letzten für
100 Jahre, eine iftattliche Brunnenhau8fa9ade,
nicht ohne uns jjbn Rätsel aufzugeben: links
Apoll, die Szene allchließend, rechts die Schutz-
götter Achills, dazwischen aber das Mädchen
PoSia und ein Ep4ebe mit der Beischrift Tgamv,
Doubletten von TB'und Polyxena, anscheinend
harmlose wasseajÄlende Troer, Zeugen d-^r
Schreckensszene. ^Weon nur nicht Uhodios . ' i
40 Fluß im NO Trrjas wäre, also zur Rechten
des Skäischen Toi*'»,s, so daß jeder zunächst an
die Nymphe der ^tjVjj denkt. Robert, Arch.
Hermeneut. 148 ru>.chte Troon als einen (Per-
sonen-) Tturznamen fassen. Viele wer-
den imÄrer noch geneigt sein, Tgaxov
als an lalsche Stelle geraten zu be-
trachtend, h. (wie Ncc^icov^ 0. Jahn,
Einl. CXV 840) als Markierung der
Lokalität gegen die 1. anschließende
Götterszipfee, und selbst die Verbin-
dung Tq6. — -/.Qrivri — 'PoSia zu er-
wägen. — ^a.u den Nachwirkungen so
bedeuten(' Bildwerke mag es ge-
hören, wem. die Flucht auf einen
rechts sii nden Greis zugeht: Ger-
hard, Etr. w C. F. E 10, Overbeck XV 3.
Für die Örtlichkeit des Vorgangs hat
die Nähe Priamos' und des Tores so
wenig zu bedeuten wie wenn etwa in
mittelalterlicher Kunst Herodes thro-
nend dem Kindermord zuschaut.
3. Troilos' Tod. Den Versuch,
die Stadt und die dortige Wirkung
der Schreckensszene sichtbar zu ma-
chen, hat in origineller Weise der
Maler der Hydria München 65 un-
ternommen, Mon. d. I. 1,34, Inghi-
rami V. fitt. 346, Reinach, Rep. 1, 77.
1225
Troilos
Troilos
1226
indem er über dem Bilde auf die Gefäßschulter
die hinter den Zinnen sitzenden Troer in ihrem
verschiedenen Verhalten zeigt: der Bogenschütze
sendet rasch einen Pfeil herab. Das Hauptbild
selbst freilich (1) ist ein unklares Gemisch mit
Elementen der Iliupersis (die manchmal den Re- 50
vers zu Tr. bildet: Berlin 1685). Das bemerkt
teilweis schon Schneider 131 (vgl. 0. JaJw, Tel.
u. Tr. 70), der aber die kolossale Athenestatue
verkennt. Zugleich deutet der hohe Dreifuß,
woran Achill den Knabenkörper zerschmettern
will, auf Vorbilder, wo (vgl. z. B. unten B. 6)
neben dem Altar ein solches Merkmal des
apollinischen Heiligtums stand. Diese Hydria
will zusammen mit zwei anderen betrachtet
sein: (2) Overheck XV 11, A. Ztg. 1868, S. 86. 60
(3) Abb. 2, Brit. M. B 326. Wie dort links
Pferde anspringend erscheinen, so hier ruhig
stehendes Gespann, einfach oder doppelt, mit
deutlichem Brustgeschirr, einmal gegenüber,
bei den Troern, wiederholt. Gleichviel, wem
von beiden — man streitet darüber — dieses
Gespann gehören solle; ein Irrtum liegt immer
vor, da Achill zu Fuße kam (oben Sp. 1216) und
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V
Tr. niemals zu Wagen erscheint; es sind die
mißverstandenen Reitpferde des Troilos. Die
Gruppe des Achill vor dem aufgemauerten Al-
tar mit Prothysis oder noch höherer Stufe, wo-
hin der Tr.-Knabe sich geflüchtet, oder wo er
schon geschlachtet liegt, verglichen mit dem
Priamos auf dem Altar, Berlin 1685 (Rückseite
Tr.' Flucht), läßt die obige Verwechselung
leichter verstehen. Wichtig ist dabei, daß Achill
das abgeschlagene Haupt den Feinden zu-
schleudert. Dieser uralte Zug war ersichtlich
auch auf einer der "^Tvrrhenischen (att.) Am-
phoren', Thiersch Taf. I {Gerhard, A. V. B IH
225, Overheck XV 12) gemeint, obwohl er dem
Maler selbst nicht ganz klar war oder nicht
gelang und daher die unglaublichsten Deu-
tungen erfahren hat. Der Kopf sollte hier auf
der Speerspitze fortgeschleudert werden. Ver-
fehlt ist auch, daß der ßcoiiög, bei welchem
die Leiche liegt, die für Opferstücke ganz un-
geeignete Form eines Grabhügels (nicht ^Om-
phalos' Klein 235) erhielt, offenbar unter dem
Einfluß von Bildern gleicher Stilklasse mit der
Schlachtung der Polyxena, wie oben Bd. 3, 2,
40
1227
Troilos
Troilos
1228
Sp. 2738 f. Auf troischer Seite sind Aineas und Dei-
phobos namhaft gemacht. Wenn man übrigens hier
von einem 'Kampf um die Leiche' spricht, so ist
das mit den obigen Einschränkungen zu verstehen;
die troischen Lanzenschwinger wurden auch schon
in den vorangehenden Szenen losgelassen.
B. Rotflgurige Vasen. Mit bemerkenswerter Ein-
helligkeit haben die Maler dieser Technik von An-
fang an das Versteck und Auflauern ignoriert. Erst
10 späte Vasen, meist siiditalische, nehmen das Thema,
nun weniger kindlich gestaltet, wieder auf. Lange
Zeit kannte man auch für die Fluchtszene keine rf.
Vasen oder sehr wenige und liebte es, aus dem zu-
falligen Fehlen derPolyxeua literarhistorische Schlüsse
zu ziehen. Ganz im alten (jeleise halten sich zwei
Gefäße laxen Cbergangsstiles (vor 500): 1. Brit. M.
ohne Nr., Beazley, Journ. H. St. 32, 171 Tf. 2. Falzer,
H^dria T. X 23; Tr. in der Kleidung der Phintias-
zeit. — 2. Louvre, oben Bd. 3, 2, Sp. 2731, Abb. 7,
80 nicht ' verschollen ' {Fölzer 97, 24). Mon. d. I. X 22.
ReinacK Bep. I 203. Auf 1 war für Achill kein Platz
mehr. Bewegung und Interesse erlahmen nun immer
mehr. — 3. Kelchkrater Berlin Inv.-Nr. 4497, Hoppin
AU. rf. V. n 464. Le Musee I 1. Lehnert, Gesch. d.
Kunstgew. I zu S. 84. — 4. Stamnos, Mus Greij. II 27
(22); die Komposition schon ganz unter neuen Ein-
flüssen, Tr. mit Stiefeln, Chiton und thrakischer
Mütze, 'amazonenhaft', sagte man früher.
Inzwischen hatte mit den großen Schalenmeistern
30 längst eine neue Entwickelung eingesetzt. An die
Spitze tritt jetzt 5. (Abb. 3) die Brygosschale. Seit
samerweise hat der Herausgeber p. 125 gerade da
wichtige Quellhaus, trotz der Fran9oi8vase, verkannt
und die stattliche Fassade mit Löwenköpfen als Wasser-
speiern für das Stadttor von Troja angesehen. Links-
hin rennen die zwei Rosse, das eine von Tr. ge-
ritten (kurzer Mantel, zwei Speere), den Achill an den
Locken zurückreißt, während nach r. hin Polyxena
und eine Gefährtin entfliehen. Bei diesem künstle-
40 risch wohlberechneten Auseinanderstieben entsteht
der Eindruck, daß Achill neben dem Gebäude her-
vorgesprungen; dazu zwei dürre Bäume. Die Troer
eilen von 1. herbei, so daß also die Richtung des
Ganzen gegen die schwarzf. Bilder umgekehrt ist.
Ebenso in den folgenden Meisterschalen. — 6. Etwas
älter. Schale des Euphronios und 'Onesimos' in Peru-
gia, Klein^ 214. 220; Hoppin, Att. rf. Vas. I p. 416;
Hartwig, Meistersch. Taf. 58, S. 530 nach neuer Zeich-
nung von Loewy; vgl. Buschor, F.* 170, Beazley, V.
50 A. 83; Gerhard, A. V. B. III 224 ff.; W. Vorl.-Bl.Y6;
Overbeck XV 5. 6. Außen a) Altar, Dreifuß und Palmen
des Heiligtums (s. ob. Sp. 1217). Nach 1. zwei losgeris-
sene Pferde, dahinter Tr. zu Fuß, den Achill am
Haupthaar in der Richtung zum Altar zurückzerrt.
Die Pferde haben, wie gegen Klein zu bemerken,
weder Stränge oder sonstiges Wagengeschirr (z. B. an
der Brust), noch Wagenzügel, sondern am Reitzügel
eine Art zerrissener Longe, woran Tr. die Pferde etwa
in dem geschlossenen Bezirk herumjagte, b) Rüstende
60 (troische) Krieger, die Klein vergeblich im einzelnen
zu bestimmen sucht {Hartwig und P. J. Meier, A. Ztg.
18S3, 24, A. 4 f.). Innenbild: Tötung des Knaben am
Altar. — 7. Onesimosschale in Palermo, Hartwig S. 539.
A. Ztg. 1871, T. 48. a) Der jugendliche Reiter (nach 1.)
ist mit dem am Hals verwundeten Pferd gestürzt,
vgl. ob. Sp. 1219, und wird von Achill mit dem Schwert
erstochen, während r. ein Phryger entflieht; 1. ein
Baum, b) Allgemein gehaltene Kampfszene. — Den
1229 Troilos Troizen, Troizenos 1230
apollinischen Altar mit Lorbeerzweig (vgl. üa /.u sein pflegt. Umgekehrt stammt ÜeiphoboB
u. b) soll noch eine Schale darbieten, Welcher Sp. 1222 u. J^t/dw;. A 3, vielleicht aus einer nahen
nr. 23. Iliupersis. Jiomerkt man, was in weit sorgfäl-
C. Späteres. Die Brunnenszene auf späten tigeren Bildern möglich ist, wo Thetis dem Mene-
rf. Vasen (stets nur ^in Pferd): 1. liull. d. J. laos die Waffen bringt (Hydria, Leipzig ün.),
1853, 167. Tr. in 'Tunika' und Chlamys, mit Theseus statt der Helena die Korone entführt
Lanze und Peitsche, iJlßt das Pferd, worauf er {Hoppin, Euthymides T. III), anstatt des PeleuB
sitzt, aus einem fjaclien Becken am Boden <ler blinde Selier Mopsos mit Atalante ringt
trinken; dies nach alten Vorbildern, wie der (München, ÄtcveÄ:ü/</-//acA;Z 1 S. 68) und was dgl.
Löwenkopf als Quellandeutung; ihm nähert lo mehr: so wird man zur Vorsicht gemahnt und
sich von hinten Achill mit erhobenem Schild geneigt, weitere Belege für die neue Tr.-Ver-
und gezücktem Schwert. — 2. chd. 127. Arch. sion abzuwarten. — Die bekannte Euergides-
Anz. 1863, .27, nr. 72. In der Mitte das Quell- schale, Brit. M. E 10, sollte jetzt (s. Klein, &\"
haus, viersäulige Ädikula, darinnen Troilos 230) nicht mehr auf Tr. {Hoppin I 371) bezo-
gepanzert, mit phrygischer Mütze, das Pferd gen werden; ebensowenig der häufige Typus
die Stufen heraufführend; r. Achill hockend, des Rossebändigers. Ganz unsicher ist die Deu-
und Athene. Sitzende Frau und Genius, heran- tung der Scherben von Defenneh, Zahn, Ath.
sprengender Reiter. — 3 ebd. 167, Tr. nackt bis Mitt. 23 (18*J8), p. 46, sowie der zwei von Kla-
auf Stiefeln und Lanze, abgesessen, um das zomenä, ebd. Taf. VI; Frgmt. 2 (in Brüssel),
Pferd an der Ädikula zu tränken. Achill mit er- 20 von Zahn als Schleifung Rektors erkannt, kann
hobenem Schild, wie um sich zu verbergen, das zu Frgmt. 1 (in Athen) wegen der Verschieden-
Schwert ziehend. — 4. Brit. M. E 493 (alte nr. heit der Firnisbänder nicht die Oberzone ge-
1353), ^vielleicht attisch', ^nn. 1875,196; Ä^/em^ bildet haben; auf 1 ist eher die Begrüßung
224: dorische Säule mit kurzem Brunnenrohr, eines ankommenden Wagens zu erkennen. —
Achill kauernd; soweit nach archaischem Mu- Vgl. noch Heberdey, Att. Porös- Sk. 26. Zu-
ster. Tr. als kleiner Knabe ein Maultier heran- streichen ist oben Bd. 3, 2, Sp. 2728 nr. 18.
führend. — 5. Eine ganz aparte Stellung, der die Literatur: S. ob. Bd. ;■<, 2, Sp. 272.3. Jahn,
Früheren nicht gerecht werden, nimmt Abb. 4 Telephos u. Tr.; Telephos, Tr. und kein Ende.
ein: Stamnos in Paris, Sammlung Fould 1367; Overbeck, Gal. her. Bildw., dessen Text sich an
Chabouillet coli. F. 1861, Taf. 19. O.Jahn, Tele- 30 Welcker, A. D. V anschließt. Gruppe 1, 672.
phos, Tr. u. kein Ende 1859, Taf. 3; Welcker, Conze, Ann. d. I. 1866, 285. Schreiber, Sul mito
A. V. 3, 392; besprochen D. Lit.-Ztg. 1920, di Tr., ebenda 1875, 188. Puchstein, Arch. Ztg.
S. 525 ff. Ebenso wie dieses Bild erklären sich 1881, 244. L. Hamburg, Observ. herm. in urnas
aus dem Einfluß des Dramas die etrusk. Spie- etr. Berlin 1916, S. 41 ff. Mayer, J). Lit.-Ztg.
gel VllO und namentlich Ascheukisten-Reliefs 1920, S. 525 ff. [Mayer.]
(s. D Lit.-Ztg.), die übrigens bei dem Sturz Troios {TQwLog), Beiname des Zeus auf Mün-
mit dem Pferde {Brunn I 48 ff.) wiederum zu zen von Hierapolis in Phrygien, Ramsay, Cities
einem Vergleich mit älterem (Schale in Palermo) and bishoprics of Phrygia 1, 88. Head, Hist.
herausfordern. nwm. 565. Imhoof, Mon. Gr. AOL Kleinas. Mün-
In Etrurien waren die alten Tr.-Bildtypen 40 zen 1, 237, 12. Griech. 3Iünzen21'i, 693 Taf. 12,
früh bekannt: Wandgem. in Corneto, Brunnen- 22. Inv. Waddington nr. 6090 Taf. 16, 17. Pro-
szene ohne Polyxena, mit dekorativen Zutaten: kesch, Inedita 5, 291. Humann- Cichorius, Alter-
Ant. Denkm. II 41 (G. Körte)-, Petersen, Böm. M. tümer von Hierapolis 44. Cichorius a. a. 0. iden-
1902, 149; TFee^re T. 69; Ducati, Athene e Borna tifiziert den Zeus Troios mit dem Zeus Idaios
17,136. Gruppe des Flüchtenden, der von Achill und nimmt einen Zusammenhang des Kultus
am Haar gepackt wird: Pompejan. Wandgem., in Hierapolis mit dem des Zeus Idaios in Per-
Helbig S. 460; Sogliano nr. 548; A. Ztg. 1870, gamon an. [Höfer.J
T. 36; ähnlich auf dem Mantuaner Sarkophag, Troizen, Troizenos {TQoitnv , Tqol^ijvos).
Bohert II 63 a, hier mit Schild ebenso irrig aus- Im Schiffskatalog v. 846 f. wird als auf selten
gestattet wie dort mit Bogen und Köcher, wo 50 der Trojaner kämpfend Euphemos, der König
Achills Armhaltung auf Kopf abschneiden deutet, der thrakischen Kikonen, genannt, vVog Tgot-
vgl. 31. d. I. VI 31; M. d. L. 24 (1917), p. 38. trivoio diOTQ8cpBog Ksddao. Wie kommt Troi-
D. unsicher. Eine wichtige Rolle würde, zenos, der doch Eponymos der argivischen
wenn sie ernsthaft zu nehmen wäre, der rf. Stadt ist, nach Thrakien? Lassen sich sonst
Schale des Oltos (520—510 v. Chr., Langlotz) im noch historische oder mythologische Beziehun-
Louvre G 18 zufallen: Mon. d. 1. X 22; Jahn, gen zwischen Troizen und Thrakien aufweisen?
Telephos, Tr u. k. E., Taf. 2 ; vgl. Beazley, Attic Nach dem von mir an anderer Stelle begrün-
rf. vases in Am. M. p. 10,20; Klein, Liebl. 50, deten Gesetz der Bodenständigkeit, das ja vor
27. Ein unbärtiger Krieger '"Troilos' von einem allem auch den eingaben des Schiffskatalogs
anderen (xaXög) niedergeworfen, wird von Aineias 60 gegenüber gültig sein muß, dürfen wir erwar-
beschützt. Rev. Gespann. Der Bildtypus ist kein ten, daß auch der Käme Troizenos hier nicht
anderer als jener, der an der weit besseren leere Erfindung des Dichters ist, sondern auf
Onesimosschale den Revers zur Tr. -Szene 2 irgendwelche tieferen Beziehungen hinweist,
bildet (ähnlich Brit. M. B 325 zu Szene 1). Zunsichst ein weiteres Zeugms: Parthenios Erot.
Mit der Möglichkeit, daß jene Namen in ein 31 berichtet nach dem von ihm auch sonst be-
sonst namenloses Kampfschema herüberglitten, nützten Phylarchos {FHGl,'S61): Thymoites
ist um so mehr zu rechnen, als Aineias einer [so emendiert mit Recht E. Maaß, Gott. gel.
der ersten Helfer des bedrängten Troilosknaben Anz. 1889, 826 f. statt des überlieferten Jtuoi-
40*
1231- Troizen, Troizenos Trojanischer Krieg 1232
triSy und Martini in seiner Ausgab« de« Par- 186; Strabo 10,471) und wie neuerdings durch
thenios ist ihm gefolgt] heiratete Euopis, die sprachliche (vgl. Toinaschek, Sitz. -Her. d. Wien.
Tochter seines Bruders Troizen. Als er merkte, Ak. Bd. 128, 130, 131; Kretschmer, Einl. in die
daß sie in Liebe zu ihrem Binider entbrannt 6r^«c/*. </<;/• ^r/ccÄ. 6^/-. 171 ff.) und archäologische
war, meldete er dies dem Troizen. Euopis (vgl. ^. A'jrte, Ai/t 3f»<^ 20,19; 22,21ff. 24, Iff.;
tötete sich hierauf, nachdem sie ihren Gatten G. und A. Körte, Gordion Itf.) Forschung be-
verflucht hatte. Bald darauf fand Thymoites stätigt wurde. In der Nilhe der beiden atti-
eine vom Meere angespülte weibliche Leiche sehen Demen, die nach Tnnzens Söhnen be-
von großer Schönheit, die er mißbrauchte. Als nannt waren, lag der Ort Maroneia {Bursian,
sie in Verwesung überging, schüttete er ihr ein lo Gengr. 1, 35.S), dem wir die gleichnamige thra-
Grabmal auf und tötete sich selbst. Da weder kische Stadt zur Seite stellen können. Deren
der Vater der beiden Brüder genannt noch Eponymos, Maron, spielt wieder im Epos eine
ii^endeine Lokalisierung gegeben ist, scheint Rolle als Priester des Apollon (Off. 9, 197 ff.);
es zunächst schwer, irgendeine Beziehung auch hier sind wir wieder bei den Kikonen,
dieser Erzählung zu anderen Mythenkreisen als deren König Euphemos, Sohn des Troizenos
herzustellen. Troizen weist auf die gleich- galt. Was den Namen dieses Sohnes Euphe-
namige Stadt; ebenso auch der Name Euopis; mos betrifft, so ist noch folgendes zu bemer-
8. Höfer o. Bd. 8, 930. Aber auch der Name des ken: Nach Äntonin. Lib. 8 heißt der Mann, der
Thymoites fuhrt weiter. Zunächst wird IL 3, das Ungeheuer Sybaris tötet, Eurybatos, Sohn
146 ein Thymoites unter den trojanischen Ge- 2o des Euphemos. Die Namen dieser Erzählung
ronten genannt. Zwei Verse vorher befinden weisen aber wieder auf Troizen hin ; denn Sy-
wir uns wieder in troizenischer Sphäre. Da baris war troizenische Kolonie, und Alkyoneus,
wird als Dienerin der Helena Aithra, des Pit- der dem Ungeheuer vorgeworfen werden soll,
theus Tochter, genannt. Pittheus ist ein in hat ebenfalls Beziehungen zu Troizen ; Yg\. lieli-
Troizen bodenständiger Heros, der Bruder des quienkuU 1 , 68. Das Patronymikon Keadas
unten genannten Troizen, Aithra ist ebenfalls schließlich, das Troizenos führt, möchte ich
in Troizen zu Hause; vgl. m. ReliquienkuH 1, nicht mit dem Namen der Insel Keoe (vgl.
60ff. Femer haben wir in Attika den Demos Maaß, Gott. gel. Am. 1890,354,3) zusammen-
Thymoitadai mit dem Eponymos Thymoites; bringen, sondern eher an den Namen des spar-
Demon bei Athen. 3, 96D; FHG 1,378; Patis. so tanischen ßdga&Qov Keados denken und in
2,18,9; Suid. s. v. Dieser Demos bildete zu- diesem einen ursprünglichen Eingang zur Un-
sammen mit Peiraieus, Phaleron und Xypete terwelt erblicken. Einen solchen gab es auch
die Tetgaxayuiuy deren religiöser Mittelpunkt in Troizen auf dem Marktplatz, in dessen Nähe
das Heraklesheiligtum am Fuße des Korydallos tlas Grab des Pittheus, des Bruders des Troi-
war; vgl. Judeich, Topogr. von Athen 162. Xy- zen, lag; Paus. 2, 31, 2 f. Auch Euphemos, der
pete aber soll ursprünglich Troia geheißen ha- Sohn des Troizenos, weist ja auf die Unterwelt
ben, und hier stand auch das troianische Pal- hin; vgl. Maaß a. a. 0. So haben also die drei
ladion; vgl. m. ReliquienkuH 1 Anm. 1100. Auch Gestalten, in denen in der Überlieferung uns
der Name der Frau des troianischen Thymoi- Troizen, Troizenos entgegentritt, einen gemein-
tes ist beachtenswert, Killa. Ebenso heißt eine 40 samen Auscrangspunkt, und in der mit diesem
Stadt in der Troas, wo Apollon Killaios ver- Namen zusammenhängenden Traditionsmas'Se
ehrt wurde. Der Name wird in der Sage auf erkennen wir noch die Beziehungen zwischen
den Wagenlenker des Pelops, Killas, zurück- Troizen und Attika einerseits und Thrakien,
geführt. Die hier spielende Sage findet sich Troas und Phrygien andererseits, für die sich
nun auch in Troizen, wo der Wagenlenker noch weit mehr Material beibringen ließe.
Sphairos heißt; vgl. PoMS. 2,33, 1; Beliquien- [Pfister.j
kult 1 Anm 595. Troizenia {Tgoi^rivia) , Beiname der Aphro-
Die nächste Stelle, an der ein Troizen er- dite in Troizen, wo ihr Phaidra unter diesem
wähnt wird, ist Paus. 2, 30, 8 f. Im Zusammen- Namen einen Tempel stiftete, als sie von Lei-
hang mit der Urgeschichte Troizens und der 50 denschaffc zu Hippolytos ergriffen worden war,
troizenischen Königsliste, die in meinem Reli- Lykophr. 610 und Tzetz. z. d. St. (p. 206, 23 ff.
quienkult l^hO^. ausführlich besprochen ist, 5c/teer) und zu Z/i/JfcopÄr. 449 (p. 165, 25 ff.). An-
erzählt Pau^anias^ daß unter der Regierung onym. Laurent, in Anecdota varia Gr. et Lat. ed.
des Aetios des Pelops Söhne Troizen und Pit- Schoell und Studemund 1,269 nr. X, 19. Nicetas,
theus einwanderten und daß dann alle drei als Deoruin epitheta ebenda 277, VII. 282, V. Der
Könige regierten. Nach dem Tode des Troizen Tempel der Aphrodite Troizenia ist wohl mit
nannte Pittheus die Stadt nach seinem Bruder. dem der A. Kataskopia (s. d.) identisch, vgl.
Des Troizen Söhne Anaphlystos und Sphettos Bd. 1, Sp. 2682,57. Bd. 3, Sp. 2221, 17 f.
wanderten später nach Attika aus, wo sie Epo- [Höfer.]
nymoi der im südlichen Attika, Troizen gegen- 60 Trojanischer Krieg. Die Überlieferungen
überliegenden Demen wurden. So wird auch vom Trojanischen Krieg sind in weitestem Um-
im Schol. Yen. B zu II. 2, 661 und bei Steph. fange an die Namen von hervorragenden Hel-
Byz. s. V. Troizen, der Sohn des Pelops, als denfiguren angeschlossen und darum in diesem
Eponymos der Stadt genannt. Auch hier ist Lexikon unter den einzelnen Namen bereits in^
zunächst zu beachten, daß Troizen als Sohn großen Ausschnitten behandelt worden; insbe-'
des Phrygers Pelops gilt; denn Phryger und sondere sind hier zu nennen die Artikel Achil-
Thraker sind stammverwandt, wie man im leus (wo im wesentlichen auch der Inhalt un-|
Altertum schon wußte (vgl. Herod. 6, 46. 7, 73. serer Ilias wie der nachhomerischen Sage ei
1233 Trojanischer Krieg (Quellen) Trojanischer Krieg (Quellen) 1234
zählt worden ist), Agamemnon. Aias, Aineias, gegen Kyprün (Verfasser: Stasinos oder Hege-
Diomedes, Hektor, Helena, Menelaos, Paris, Pa- sinos)^ Aithiopin {Arktinos), Kleine Ilias {Lc-
troklos, Priamos, Sarpedou, Sinon, Telei)ho8, scha< oder Kinaithon u. a.), Jliu Persis {Arkti-
Teukros, wo auch für das bildliche Material nos), Nosten {Hatjiaa) und Telegonie {Kugdin-
die Einzelbeloge sich finden; ferner 8kamaudro8 (m)on) nur durch spätere Berichte uns kennt-
und die Erörterungen über das Palladion, das lieh sind. Unter diesen Berichten stehen voran
freilich in der eigentlich homerischen Sage die Exzerpte in der Chrestomathie des Neu-
keine Rolle spielt. Die Behandlung der zahl- platonikers (nach Immisch) Proklos, deren Zu-
reichen Helden ist aber nicht gleichmäßig, verlässigkeit aber schon von K. Otfr. Müller,
das mythologische Element zumal nur bei we- lo dann, auf Grund der neugefundenen ApoUodor-
uigen schärfer ins Auge gefaßt. Dieses im ein- exzerpte, besonders von E. Jiethe {Hermes 20
zelnen hier nachzuholen kann nicht der Gegen- [181)1], 6i)3— 633; Thebaniscli e Heldoilieder 1S91,
stand der nachfolgenden Untersuchung sein, 32 ft".) scharf angegriffen worden ist. Schon in
die sich vielmehr, vom Persönlichen nach Möj^- seiner . Göttinger Dissertation Quaestiones IHo-
lichkeit absehend, auf die sagengeschichtliche doreae mythographicae 1SH7 , SO ^. hatte letzterer
Tatsache des Trojanischen Krieges beschränken als Ausgangspunkt unserer gesamten mytho-
muß. Hierfür aber muß hinwiederum nach graphischen Überlieferung bei Diodor, Apollo-
kurzer methodologischer Zusammenfassung über dor, Hygin, Pauf<anias ein {großes zwischen 100
die in Betracht kommenden Quellen die Frage und 44 v. Chr. verfaßtes mythologisches Hand-
im weitesten Umfange gestellt werden, da nur 20 buch angenommen; auch Proklos, dessen Be-
eine vergleichende Untersuchung des Stoffes rieht mit der Erzählung ApoUodors häufig selbst
auf seine mythologischen, historischen und poeti- im Wortlaut übereinstimmt, wurde nun in die-
schen Elemente hin feststellen kann, was wir sen Kreis eingeordnet mit der Annahme, Pro-
darüber wirklich wissen oder wenigstens mit klos habe den aus dem "" Handbuche ' abge-'
einiger Wahrscheinlichkeit vermuten können, schriebenen angeblichen Auszügen der alten
Das Material ist gut zusammengebracht von Epen die Titel der einzelnen Gedichte "beige-
0. Gruppe, Griechische Mythologie und JReli- setzt, wo es ihm gerade zu passen schien,
gionsgeschichte I (1906) S. 655 — 705, dagegen Bethea Handbuchtheorie wurde indessen er-
bleibt die Ton ihm versuchte 'Sagengeschichte' schüttert durch M, Wagner, N. Jahrb. f. Philol.
(S, 612 — 655) sehr hypothetisch und in den mei- 30 145 [1892J, 241 — 256 und EU. Pomagnoli, Studi
sten Punkten unwahrscheinlich. Dafür mag hier italiani di filolog. class. 9 [1901], 35 — 123, der
noch auf meine Homerische Poetik 1 (1921), c. 6 aber den Fehler beging, einer Vergleichung des
und 7 verwiesen sein, wo auch diese Fragen Proklos mit der Tabula lliaca zu viel zu ver-
in weiterem Zusammenhange eingehend be- trauen und danach die Zuverlässigkeit der Ex-
handelt worden sind. zerpte selbst für den Umfang der einzelnen
Epen verfechten zu v^ollen (vgl. auch die hyper-
I. Quellen. konservativen Ausführungen von T. W. Allen, The
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Classical Quarterly 2 [1908], 64 — 74 u, 81 — 88).
für eine Untersuchung über die Ursprünge der Sicher bleibt hiernach, daß Proklos, der jene
griechischen Heldensage nur diejenigen Formen 40 alten Epen {trotz Allen) nicht mehr _ gelesen
der Überlieferung von Bedeutung sind, die noch hat, ihren Gesamtinhalt in eine chronologische
auf dem Grunde alter A'olkssage beruhen, wäh- Ordnung gebracht hatte, und zwar ohne Rück-
rend die bewußten Umbildungen späterer Dich- sieht auf die Begrenzung der Sage in den ein-
ter und Sagener/ähler, die als reine Phantasie- zelnen Gedichten: so z. B. war die oTtXcov xQiGig
Schöpfungen sich darstellen, aus der Betrach- und der Selbstmord des Aias sowohl in der
tung ausscheiden. Unzulässig ist es darum, wie Aithiopis wie in der Kleinen Ilias (vgl. Proklos
es einer früheren Generation von Mythologen p. 238, 10 mit 14 Westphal), die Zerstörung
geläufig war, von beliebigen späteren Formen Trojas sowohl in der Iliu Persis wie in der
der Sage ohne Rücksicht auf ihren Ursprung Kleinen Ilias {^= Proklos) behandelt. Wahr-
auf die Entstehung der Sage selbst zu schlie- 50 scheinlich auch bildeten Aithiopis und Iliu Per-
ßen und so mit einem Sprunge von spätesten sis ein zusammenhängendes Epos des gleichen
Überlieferungen zu einer mythologischen Deu- Verfassers, worin im Anschlüsse an die Ilias
tung des Sagengrundes zu gelangen. Einer Deu- der Gesamtverlauf der Kämpfe von Hektors
tung der Sage muß vielmehr der Versuch ihrer Bestattung TdIs zur Einnahme Trojas geschil-
Entwicklungsgeschichtevoraufgehen,worinnach dert war; andererseits gab die Kleine Ilias
Möglichkeit die originalen Sagenformen fest- über den von Proklos exzerpierten Teil hinaus
zustellen sind, wie es jüngst z, B. Albert Hart- eine im wesentlichen vollständige Fortsetzung
mann in seinen vortrefflichen Untersuchungen unserer Ilias bis zur Einnahme der Stadt, so
über die Sagen vom Tod des Odysseus (München daß hier zwei alte Parallelversionen nebenein-
1917) durchgeführt hat: dazu meine kritischen 60 ander lagen, zu denen dann verhältnismäßig
Bemerkungen Wochenschr. f. klass. Philol, 1919, frühzeitig noch als dritte die poetische Bear-
Sp. 169—179. beitung in der Iliu Persis des Stesichoros hin-
Für den troischen Sagenkreis sind unsere zugetreten ist. (Näheres neuerdings bei Max
ältesten erreichbaren Quellen, da von älteren Schmidt, Troika. Archäol. Beiträge z. den Epen
Einzelliedern keine direkte Kunde mehr zu uns des troischen Sagenkreises. Diss. Göttingen 1917.)
gekommen ist, die Epen des troischen Ky- Die aus diesen und jüngeren Dichtungen,
klos, von denen die Ilias, das älteste Epos, insbesondere Pindar und Aen Tragikern, abge-
und die etwas jüngere Odyssee erhalten, da- leitete mythographische Überlieferung
1235 Trojanischer Krieg (Quellen) Trojanischer Krieg (Quellen) 123(5
dieaber keineswegs in einem monströsen 'Hand- Volkssapo dichteriech verarbeitet haben, läßt
buche* zusammengefaßt war — eher dürfte man sich in Ermangelung aller älteren Stufen dieser
hier an die Systematisierung der Heldensage Dichtung im einzelnen nicht mehr erkennen.
schon durch die Logographen {Akusilaos, Phe- Sicherlich muß hier ein solcher Umwandlungs-
rekydes, Hellanikos) erinnern, die auch in der prozeß angenommen werden, der, je weiter wir
Freiheit der Sagengestaltung den jüngeren Dich- uns von den Ursprüngen der Sajjje entfernen,
tem ähnlich waren — , setzte sich ursprünglich um so mehr auch das alte Sa^engut in rein
vor allem aus literargeschichtlichen Paraphrasen dichterischem Sinne ausgestaltet hat. In der
und Hypotheseis von Dichtwerken zusammen, Kleinen iZi'os, deren Dichter nach der Über-
die aber von Anfang an nicht exakte Nach- lo lieferung um rund ein Jahrhundert jünger war
erzählung, sondern Angaben über den einer als der in die 1. oder 9. Olympiade gesetzte
Dichtung zugrunde liegenden Sagenstoft' in sei- Dichter der Äithiopis und der Iliu Fersis, glaubt
nen großen und charakteristischen Zügen ge- man bei einer Gegenüberstellung der einzelnen
weten sind {Carl Bobert, Bild und Lied 1881, Szenen 'doch bisweilen noch etwas zu spüren
242—248, Oedipusl 1915, 647 f.; B. Goedel, De von der Hand einer Dichterpersönlichkeit, die
poetarum Graecorum epicorum, lyncorum, tra- die alten, oft strengen und herben Sagenmotive
gx€orumapudmythographosmemoria,Di8S. Halle mit Bewußtsein und dichterischer Fähigkeit
1909; fl^arfman?» a.a.O. 17 ff.). Dabei muß man steigerte und verfeinerte, man möchte fast
noch mit der Möglichkeit mythographischer sagen, ihnen etwas von ionischer Anmut verlieh.
Interpolationen, vor allem durch die Einmischung 20 5<mc/ioros geht darin noch über ihn hinaus'
bekanntester Sagenformen, rechnen, wie z. B. {M. Schmidt S. 92). Ganz deutlich ist das schon
die Heimfahrt des Paris nach den J^ypncn ganz in den uns erhaltenen Epen Homers, deren
, anders bei Herodot H 117 erzählt ist als bei künstlerische Mache trotz aller angenommenen
ProkhSy der hier die Version unserer llias Widersprüche so sehr aus einem Gusse erscheint,
(Z 289 (f.), phantasievoll durch einen von Here daß hier unmöglich bloß ein Diaskeuast oder
veranlaßten Sturm und Einnahme Sidons um- Redaktor ältere Vorlagen geordnet haben kann,
gestaltet, herübergenommen hat. Hiervon ab- sondern ein wirklicher Dichter mit freier Be-
gesehen aber darf der aus solchen Quellen zu- nutzung älterer Überlieferung ein neues, kunst-
saramengeschriebene Traktat über den epischen volles Gebäude epischer Handlung aufgeführt
KjkloB, den Proklos in sein Lehrbuch aufge- so haben muß. (Näheres in meiner ^Homerischen
nommen hat, für diejenigen Stücke, die er auf Poetik' IL IH.) Damit ist freilich durchaus nicht
die einzelnen Epen des Kyklos zurückführt, im gesagt, daß nicht die Leistung dieses Dichters
wesentlichen als ein zuverlässiger Bericht an- in mancher Hinsicht nach Stoff und Technik,
gesehen werden: das haben neuerdings die in Charakteren und Stimmungen seiner Dichtungen
möglichster Unabhängigkeit von Proklos ge- durch ältere Vorstufen des Epos vorbereitet
führten archäologischen Untersuchungen Max war. Dem großen Epos war ja bei den Grie-
Schmidts (s. 0.) für die Äithiopis nebst Iliu eben offenbar eine vielhundertjährige Periode
Persis und die Kleine llias zur Evidenz ge- epischen Gesanges im Einzelliede vorausgegan-
bracht; auch die strenge Prüfung des Proklos- gen, der zum mindesten, wenn man auch von
berichtes über die Telegonie durch Hartmann 40 'festen' Einzelliedern im Sinne Lachmanns nicht
(S. 44 ff.), der die epischen Bestandteile darin mehr reden darf, gewisse epische Stoffe in ty-
aus der mythographischen Überlieferung erst pischer Ausprägung in Umlauf gebracht, ge-
nachzuweisen sucht, ist für ProÄ:?os überraschend wisse epische Persönlichkeiten in ihren wesent-
günstig ausgefallen (hier auch ausführliche Li- liebsten Charaktereigenschaften umrissen hatte
teraturangaben). Dagegen kann die Ilische Ta- {Homer. Poetik I c. 2). Nur sind die Mittel der
fei, neuerdings vortrefflich wiedergegeben und kritischen Analyse, mit denen man seit ly^ Jahr-
behandelt durch U.Mancuso^ La^ Tabula Iliaca' hundert die Entstehung der homerischen Epen
del Museo Capitolino, Memorie della B. Acca- aus einem Urkem oder aus Einzelliedern oder aus
demia dei Lincei 1911, 661 — 731, für die Iliu Kleinepen hat nachweisen wollen, für soweit-
Persis des Stesichoros heute nicht mehr in glei- 50 gehende Schlüsse durchaus unzulänglich, da
chem Maße als zuverlässige Quelle gelten, ob- die kritische Methode im allgemeinen auf un-
wohl ihr Mittelbild ausdrücklich auf diese Dich- beweisbaren, zumeist sogar ganz unwahrschein-
tung als Quelle hinweist. Der in der Zeit des liehen Petitiones principii beruht (Homer. Poetik
Augustus tätige Künstler, dessen Original jene I c. 8). 'Wir fühlen gerade, daß etwas Älteres
Tafel nachbildet, dürfte vielmehr, durch die unter dem Texte hindurchschimmert, aber mehr
politische Aktualität seines Stoffes veranlaßt, behauptenzu wollen, wäre vermessen' (JET. i^i^cM,
nur für die Auswanderung des Aineias nach Ergebnisse und Aussichten der Homeranalyse,
dem Westen auf das Zeugnis des Stesichoros Wien u. Leipzig: 1918, S. 73). Sehr bedenklich
sich berufen haben, der von der im Dienste ist darum das Verfahren, durch kritische A na-
der iulischen Familientradition arbeitenden anti- 60 lyse aus dem überlieferten Epos eine Urform)
quarischen Forschung als der älteste Vertreter der Sage zu erschließen, um von dieser dam
dieser Version festgestellt worden war; die zu einer mythologischen oder historischen Deu-
übrigen Szenen, die nur den Rahmen zu seiner tung zu gelangen; im günstigsten Falle hafcl
Hauptdarstellung bilden sollten, hat er mit eine derartige Konstruktion den Wert einer
freier Benutzung der ihm bekannten literari- Arbeitshypothese, um die Kluft zwischen dem
sehen und bildlichen Tradition beigefügt (Max angenommenen Ursprung der Sage und ihrer
Schmidt S. 91). überlieferten poetischen Form zu überbrücken.
Wie weit nun die kyklischen Epen alte Zu erwägen ist noch, ob nicht über dii
1237 Trojanischer Krieg (Inhalt d. Sage) Trojanischer Krieg (Inhalt d. Sage) 1238
epischen Vorstuten Homere, von denen uns sprochen hatte (ß 29, Kyprien: der Apfel der
durch unmittelbare llberlieforung nichts erhal- Eris kommt erst seit Beginn des 3. Jahrh. auf
ten ist und schon dem späteren Altertum nichts etruskischen Spiegeln vor, die volle Entklei-
mehr vorlag, wenigstens auf indirektem Wege düng der Göttinnen ist alexandrinische Erfin-
einiges erkannt werden kann. In der Tat zeigt düng, vgl. zuletzt L. Weniger, Das Urteil des
die bildliche Überlieferung der ältesten Pans, »S'o/rra^es 7 [1919 J, 1—18). Die Heimfahrt
schwarzfigurigen Vasenbilder für manche der des verbrecherischen Paares nach Troja erfolgt
hier dargestellten Szenen Varianten, die von nach der llias über die nicht lokalisierhare
den uns bekannten poetischen Darstellungen 'Insel Kranae' (T 445) und üb«^r Phoinikien
abweichen und darum als Erfindungen älterer, lo (Z 289 if.), nach den Kyprien dagegen ohne
uns nicht mehr bekannter Dichter angesprochen Aufenthalt in dreitägiger glatter Fahrt (i/ero</oi
werden können. Doch muß man hier anxlerer- II 117, vgl. ob. Sp. 1235). Der Bruder des be-
seits nicht nur n)it einer Kontamination von leidigten Königs, Agamemnon, der Herrscher
Szenen der kyklischen Epen durch die Vasen- von 'vielen Inseln und ganz Argos' (ß 108),
maier rechnen, sondern auch mit einer Über- schickt'nun Sendboten aus und beruft die Hel-
tragung von bildlichen Typen, die Ursprung- den von ganz Griechenland zum Rachezug.
lieh für eine andere Szene geschaffen waren. Den gefeiertsten Helden Achilleus, den jungen
in einen fremden Zusammenhang und mit ande- Fürsten der thessalischen Myrmidonen, laden
ren Willkürlichkeiten. Vgl. neuestens z. B. ilf «.-c die beiden Klügsten in dieser Heldenschar,
Schmidt S. 36ff. für Priamos' und Astyanax' 20 Nestor, der greise Herrscher von Pylos, und
Tod. Das ältere Material findet sich vor allem Odysseus, der verschlagene Fürst von Ithaka,
bei Arth. Schneider, Der troische Sagenkreis in welch letzteren Agamemnon und Menelaos sel-
ber ältesten griechischen Kunst, 1886, vgl. H. ber besucht und durch vieles Bitten — oder,
Heydemann, Iliu Pcrsis, Berlin 1866 und H. als er sich wahnsinnig stellte, durch gewalt--
Luclenhach, Verhältnis der griech. Vasenbilder same Entführung des Telemachos nach Proklos
zu den Gedichten des epischen Kyklos, Jahrb. f. — zur Teilnahme am Zuge bewogen hatten
klass. Philol Supplem. XI 1880, S. 491— 638. (^777 mit oj 116f.). Sammelplatz des Heeres
Jedenfalls ist es noch nicht gelungen, von hier ist Aulis an der Küste Boiotiens, wo ein Götter-
aus eine vorhomerische Stufe des epischen Ge- zeichen nach der Auslegung durch Kalchas
sanges entscheidend zu erhellen (vgl. Lucken- 30 zehnjährige Dauer des Krieges gegen Troja an-
bach S. 574). Dies dürfte um so weniger als kündigt {B 303 ff.), beim Auszug aber ein ßlitz-
aussichtsvoll erscheinen, als bereits vor der zeichen des Zeus günstigen Ausgang verheißt
Zeit Homers keineswegs bloß Dichtungen, wie (B 351 ff.). — Nach den Kyprien schiebt sich
man auch neuerdings noch (mit Hamann und hier ein erster erfolgloser Feldzug gegen König
/ier6?er) behauptet, Trägerinnen der alten Volks- Telephos von Teuthranien (Mysien) ein, wo
Überlieferungen gewesen sind, sondern 'hinter man versehentlich gelandet war; ein Sturm
dem Epos eine reich blähende und vielseitig zerstreut dann die Flotte der Griechen und
gegliederte Erzählungsliteratur gestanden haben treibt die einzelnen Schiffe nach Griechenland
muß, neben Sage und Märchen auch heilige zurück, wobei Achilleus nach Skyros (Deida-
Legende und Novelle bereits entwickelt waren' 40 meia) verschlagen wird. Bei der zweiten Fahrt,
{L. Badermacher, Die Erzählungen der Odyssee, die nach Proklos durch das Opfer der Iphige-
Sitzungsberichte d. Wiener Akad. 178,1 [1915], neia in Aulis eingeleitet wird, hat der beim
S. 3). Immerhin würden auch solclie Volks- ersten Unternehmen durch Achilleus verwun-
überlieferungen, wenn sie mit Sicherheit nach- dete und nun vom gleichen Achilleus auf einen
gewiesen werden könnten, für die Erkenntnis Orakelspruch hin in Argos geheilte Telephos
des Ursprungs einer Sage wertvolles Material die Führung; so gelangt man, nachdem man
liefern, das in dieser Hinsicht sogar die künst- den von einer Schlange gebissenen Philoktetes
lerisch geformte Überlieferung des Epos über- in Lemnos zurückgelassen hat, glücklich in die
treffen würde. — Versuchen wir hiernach zu- Troas. — Die Landung erfolgt hier an der
nächst den Inhalt der troischen Sage in den 50 Küste des Hellespont zwischen Sigeion und
Hauptzügen zu skizzieren, indem wir dabei in Rhoiteion, wo man nach erfolgreichem Kampfe
den Einzelheiten das persönliche Element mög- (Kyprien) die Schiffe ans Land zieht und ein
liehst ausschalten. geräumiges Schiffslager aufschlägt. Vor Beginn
der eigentlichen Feindseligkeiten wird noch ein
II. Inhalt der Sage. Ausgleichsversuch unternommen, indem Mene-
Vorgeschichte (nach JZtas und Kyprien): laos und Odysseus als Gesandte in Troja die
Das Unheil nimmt, nach dem Ratschlüsse des Rückgabe der Helena verlangen, die ihnen aber
Zeus und der Themis {Kyprien)^ seinen Anfang verweigert wird (T 205 ff., A 139 ff.).
(E 63) mit der Entführung der Königin von Die Kämpfe vor Troja: Die ersten neun
Sparta, Helena, durch einen troischen Prin/.en, 60 Jahre des Krieges vergehen unter wechselvollen
Paris = Alexandros, der die ihm vom Könige Kämpfen. Die große Zahl der troischen Bundes-
von Sparta, Menelaos, erwiesene Gastfreund- genossen, an ihrer Spitze die Lykier Sarpedon
Schaft schmählich vergilt, indem er ihm seine und Glaukos, deren Unterhalt und Entlohnung
Gattin und vieles Gut raubt (JV 626). Seine Hei- freilich die Stadt arm macht (P 225 f., E 290 ff. ;
ferin ist Aphrodite, der er einst bei dem von ein Katalog dieser Hilfstruppen nach Proklos
der Eris veranlaßten Schönheitswettstreit der am Schlüsse der Kyprien), schützt im Verein
Göttinnen auf dem Ida den Preis zuerkannt mit den tapferen, von Hektor geführten troi-
nnd die ihm dafür zum Lohne Liebeslust ver- sehen Kriegern die durch Mauern und Türme
1239 Trojanischer Krieg (Inhalt d. Sage) Trojanischer Krieg (Inhalt d. Sage) 1240
wohlverwahrte Stadt. Dreimal zwar (typische Spähergange des Diomedes und Odysseus wie-
Zahl!) versuchen die Griechen, die Mauer der der entbrennende Kampf bringt zunächst den
Stadt an einer schwachen Stelle zu ersteigen, Griechen neues Unglück, das zwar durch das
aber vergeblich (Z 436 ff.). Der Kampf erschöpft Eingreifen des Poseidon und die Täuschung
sich darum in den zwischen den beiden Heer- des Zeus durch Here für eine Weile in sieg-
lagem ausgefochtenen Feldschlachten, worin reichen Widerstand verwandelt wird, um dann
die Troer, als der schwächere Teil, sich auf die aber nach dem Erwachen des Zeus zur völligen
Verteidigungsanlagen der Stadt stützen; zu einer Niederlage der Griechen au ihren Schiffen zu
regelrechten Belagerung, die offenbar der Kamp- führen. Als die Not aufs höchste gestiegen ist,
fessitte der Heroenzeit widerspricht, kommt es lO bittet Patroklos den Achilleus um seine iiü-
nicht. Selbst Achilleus, vor dem die Troer und stung und um seine Myrmidonen, damit er mit
sogar Hektor sich kaum aus den Toren heraus- diesen sich den Troern entgegen werfe. Aber
wagen (/ 862 ff., N 106 f.), vermag nichts Ent- die Täuschung der Troer gelingt nur eine Zeit
scheidendes auszurichten — die Furcht des lang, und der im Übermute wider Achills Ver-
Achilleus vor Hektor (H 113) ist eine Augen- bot zum Sturme auf die Stadtmauer ansetzende
blickserfindnng, um den Menelaos vom Kampfe Patroklos wird von ApoUon zurückgeworfen,
zurückzuhalten — , so daß er seine Kraft in von Hektor erschlagen, worauf Hektor im
Streifzügen gegen kleinere Städte der Troas Kampfe um die Leiche sich der Waffen des
und Überfallen auf einzelne auf dem Lande Achilleus bemächtigt; der Leichnam selbst wird
weilende Feinde verzetteln muß (vgl. auch die 20 von den Griechen in erbittertem Hingen ge-
Kypriefif nach denen Achilleus noch durch The- rettet. Der Schmerz um den Verlust des ge-
tis und Aphrodite in wunderbarer Weise mit liebten Freundes führt nun den Achilleus, dem
Helena zusammengebracht wird und dieAchäer, auf die Bitte der Thetis Hephaistos neue Waffen
die nach der Heimkehr verlangen, zurückhält). geschmiedet hat, in einer Volksversammlung
Hier setzt die epische Handlung der Ilias zur Versöhnung mit Agamemnon, der zur Ein-
ein, die aber den Entscheidungskampf kaum sieht seiner Schuld gelangt ist und diese Er-
um ein erhebliches Stück weiterführt. In einer kenntnis durch reiche Sühnegaben bekräftigt.
Volksversammlung erhebt sich ein Streit der Sofort mit dem Wiedereintreten des Achilleus
Fürsten um den Kampfpreis des Achilleus, die in den Kampf wendet sich das Kriegsglück.
von ihm geliebte Briseis. Um nämlich vom 30 Das VVüten des Achilleus zieht sogar die Götter
Griechenheere die Pest abzuwenden, die Apollon gegen ihren Willen in den Kampf, und in einer
zur Strafe für einen seinem Priester Chryses Götterschlacht, die mit einem vollen Siege der
angetanen Schimpf gesandt hatte, soll Aga- Griechengötter endet, wird der Konflikt unter
memnon nach einem Seherspruche des Kalchas den Göttern, die von Anfang an in zwei Par-
die Chryseis ihrem Vater zurückgeben, wofür teien sich gegenüberstanden, zur entscheiden-
er aber zum Ersätze die Briseis fordert. Wider- den Lösung gebracht. Im Zweikampfe mit
standslos übergibt sie Achilleus, von Athene Achilleus fällt jetzt Hektor, an dessen Leiche
auf zukünftige Sühnung dieser Schmach hin- der Sieger seinen furchtbaren Grimm ausläßt.
gewiesen, dem Herolde, schwört jedoch einen Elegisch klingt das Epos aus, einerseits in der
heiligen Eid, er werde sich mit seinen Myrmi- 40 Bestattung des Patroklos und den sich anschlie-
donen vom Kampfe fernhalten, bis Agamemnon ßenden Leichenspielen, andererseits in Hektors
seine Schuld erkannt habe. Seine Mutter The- Lösung und Bestattung, womit das epische
tis bestärkt ihn in diesem Vorsatze und er- Motiv des Zornes, der zur Vernichtung des
bettelt vom Göttervater Zeus das Versprechen, liebsten Freundes und in der Rache dafür zur
ihren Sohn zu rächen. Weil nun Alexandres Vernichtung auch des größten Feindes geführt
in einem Zweikampfe mit Menelaos, der den hat, völlig zu Ende gebracht ist. Die Kriegs-
Krieg entscheiden soll, unterliegt, trotzdem aber läge indessen ist am Ende des Epos nur inso-
die durch den Sieji^ dem Menelaos wieder zu- fern geändert, als die Verteidigungskraft der
gefallene Helena nicht herausgibt, wodurch er Troer durch den Fall ihrer besten Helden,
den feierlichen Vertrag der Griechen und der 50 Hektor, Sarpedon u. a., erheblich geschwächt
Troer verletzt, weil femer ein verräterischer ist; aber auch das Griechenheer, das in den
Pfeilschuß des Pandaros auf Menelaos, den meisten Kämpfen im Nachteil sich befand, hat
Athene veranlaßt hat, auch die Troer zum Ver- schwere Verluste erlitten, vor allem durch den
tragsbmche reizt, beginnt der Kampf mit voller Fall des Patroklos. Eine Entscheidung des
Wucht von neuem. Nachdem auf Befehl des Krieges ist noch nicht abzusehen; doch wirft
Zeus die Götter der Griechen, die zunächst den die Ahnung von Achills Tod, den seine Hybris
Diomedes zum Siege geführt haben (Here, gegen die Leiche Hektors vorbereitet, und von
Athene), wie die der Troer (Apollon, Ares, Trojas Zerstörung ihre düsteren Schatten voraus.
Aphrodite) aus dem Kampfe sich zurückgezogen Die Weiterentwicklung der Kämpfe, worin
haben und ein Zweikampf zwischen Hektor 60 das Hybrismotiv bei Achilleus sich auswirkt,
und Aias unentschieden geblieben ist, erleiden brachte die Aithiopis, die an den letzten Vers
die Griechen eine schwere Niederlage, die den der Ilias sich anschloß, die uns vorliegende
Agamemnon zu einem Sühneversuche bei Achil- Form dieses Epos also voraussetzte , und in
leus veranlaßt; aber die von Nestor ausgewähl- Parallele damit, aber in stark verkürzter Dar-
ten Gesandten, Phoinix, Aias und Odysseus, Stellung, die Kleine Ilias. Hauptheld bleibt in
die nur Sühnegeschenke, nicht aber ein reuiges der Aithiopis Achilleus, der zunächst die zu-
Herz des Agamemnon anbieten können, werden gunsten der Troer in den Kampf eingreifende
von Achilleus zurückgewiesen. Der nach einem thrakische Amazonenkönigin Penthesileia, die
1241 Trojanischer Krieg (Inhalt d. Sage) Trojanischer Krieg einhält d. Sage) 1242
Tochter des Ares, tötet, danach, von Thersites ein Gesprilch troischer Mädchen über die Tap-
(vgl. ß 212 ff.) beschimpft, auch diesen erschlägt ferkeit des Aias und deH Odysseus {frmn. 2
und zur Kntsühnung von der Bhitschuld durch Kinkel), worin letzterem die Palme zuerkannt
Odysseus — ein Zeichen späterer Entstehung wird, und ihre Meldung entscheidet den Streit
— nach Lesbos fährt. Ein weiterer Akt läßt ("gemäß der Absicht der Athene' Proklos), wor-
als neuen Hundesgenossen der Troer den Aithio- auf der bei Aias ausbrechende; Wahnsinn ihn
penkönig Meninon, den Sohn der Eos und schön- zum Herdenmorde treibt (die Wahnsinnstaten
sten Mann auf troischer Seite {X 522), auftreten scheinen der Aithiopis noch nicht bekannt ge-
und, nachdem er Nestors Sohn Antilochos, den wesen zu sein: M. Schmidt S. 21); dem Selbst-
nach Patroklos liebsten Freund des Achilleus lo morde des Aias folgt seine Beisetzung in einem
\(a 78 tf.), getötet {8 188), von der Hand des Sarge, weil Agamemnon ihm die ehrenvollere
Achilleus fallen (Wiederholung des Patroklos- Verbrennung verwehrt.
motivs), worauf Eos ihm von Zeus die Unsterb- Durch die Aithiopis also ist der eigentliche
lichkeit erbittet: die Memnonepisode stand Kampf um Troja wiederum nicht vorangebracht,
jedenfalls auch in der Kleinen Jlias {v. Wila- im Gegenteil sind durch den Tod des Achilleus
mowitz- Moellendorf, Homerische Untersuchungen und des Aias die Troer in Vorteil gekommen,
1884,154). Dann wird Achilleus selbst bei einem so daß durch Waffengewalt kaum noch eine
Einbrüche in die Stadt durch den Pfeil des Entscheidung des Krieges erwartet werden kann.
Paris, dem ApoUon zur Seite steht, niederge- Zunächst allerdings weiß die Kleine Hins noch
streckt. (Wenn eine chalkidische Amphora des- 20 von dem Herbeiholen neuer Streitkräfte zu er-
6. Jahrh. die Version der Aithiopis koiTckt wie- zählen. Denn der von Odysseus gefangene-Hele-
dergibt, so war hier von einer Unverwundbar- nos hatte geweissagt, daß Troja nur erobert
keit des Achilleus bis auf die Ferse [vgl. ^j90??od. werden könne mit Hilfe der Pfeile des Hera-
JiptY. 20, 1] nicht die Rede, da hier zwar ein kies, die im Besitze des berühmtesten Pfeil-
Pfeil in seiner Ferse,, ein zweiter aber in schützen Philoktetes (-O- 219) waren, und des
seiner Seite zu sehen ist, vgl. Otto Berthold, jungen Achilleussohnes Neoptolemos. So wird
Die Unverwundbarkeit in Sage und Aberglauben Philoktetes jetzt durch Diomedes von Lemnos
der Griechen, Gießen 1911, 36: immerhin wäre herbeigeholt und durch Machaon geheilt, wor-
nicht ausgeschlossen, daß der Pfeil in der Seite auf er mit seinen Pfeilen den Alexandres er-
ein Autoschediasma des Vasenmalers ist.) Es 30 legt; so wird auch Neoptolemos von der Insel
folgt heftiger Kampf um die Leiche, worin Skyros, wo er erzogen worden war (vgl. l 506
besonders Aias und Odysseus {s 309 f.) sich aus- bis 522), durch Odysseus herbeigebracht und
zeichnen, dann Beerdigung des Antilochos und mit den Waffen seines Vaters ausgestattet, mit
Wehklage der Thetis mit ihren Nereiden und denen er den Eurypylos, den Sohn des Tele-
den Musen an der Leiche des Achilleus, prunk- phos und Schwestersohn des Priamos, erschlägt,
volles Leichenbegängnis mit Verbrennung des Selbständige Bedeutung aber kommt diesen
Toten und Bestattung seiner Asche zusammen beiden Episoden im Kampfe um Ilion nicht
mit der des Patroklos in einer goldenen Urne, zu: sie bilden nur den Auftakt zur
endlich Leichenspiele, deren Preise Thetis sei- Zerstörung Trojas, die in lliu Persis
ber herbeibringt (so nach dem ausführlichen 40 und Kleiner Mias im wesentlichen gleichmäßig
Bericht der Odyssee co 36 — 94 und nach Pro- und übereinstimmend mit den Andeutungen
Mos, der aber den Leichnam des Achilleus durch der Odyssee erzählt war. Nachdem Odysseus
Thetis den Flammen entrissen und nach der zuerst in Bettlergestalt sich als Späher in Troja
Insel Leuke entrückt werden läßt: Wieder- eingeschlichen hat, wo er von Helena entdeckt
holung des Sarpedonmotivs). — Die Aithiopis und gepflegt, aber nicht verraten worden ist
schloß mit dem Streit um die Waffen Achills {d 244 — 250, Kleine Ilias nach Proklos), ver-
zwischen Odysseus und dem Telamonier Aias schafft er sich ein zweites Mal mit Diomedes
(der aber nicht bei den Leichenspielen ent- zusammen Eingang in die Stadt und raubt das
brannte, wie man zu Unrecht aus X 546 ge- Palladion, das die Stadt schützte (nach der
schlössen hat; vgl. G. W. Nitzsch zur Stelle: 50 Z'Ze^wen J/ias; er raubt eine Nachbildung dessel-
3, 298 ff.). Thetis hatte die Waffen demjenigen ben nach Arktinos bei iJionys. Halic. A. B. 1,
bestimmt, der sich um die Rettung des Leich- 69, 2: das Motiv sieht nach Stesichoros aus,
nams mitsamt den Waffen die größten Ver- vgl. seine Version über den Raub der Helena
dienste erworben habe. Die Entscheidung zu- unten Sp. 1252; die Versuche, die Überlieferung
gunsten des Odysseus, die eine Abstimmung des Dionys mit unserer sonstigen Kenntnis
in der Volksversammlung traf, wurde nach der lliu Persis des Arktinos in Ausgleich zu
diesem Epos, wie die Vasenbilder lehren {Bo- bringen, wie sie z. B. Wörner in diesem Lexi-
bert, Bild und Lied 221, \g\. M.Schmidt SA2l), kon Bd. 3, Sp. 1301 f. nach F. Chavannes, De
durch das parteiische Eintreten des Agamemnon Palladii raptu, Diss. BeroL 1891, 27 ff", anstellt,
für ihn herbeigeführt. Im Groll über die Zu- 60 sind äußerst künstlich). Dann erfolgt die Er-
rücksetzung stürzte dann Aias in der folgenden oberung der Stadt durch die List des hölzernen
Nacht sich in sein Schwert, worauf wohl noch Pferdes, das Epeios mit Hilfe der Athene baut,
die Auffindung des Toten durch Odysseus und Odysseus mit bewaffneten Männern anfüllt und
Diomedes erzählt war (nach Vasenbildern : durch Trug in die Stadt hineinbringt (9- 492 95
Schneider S. 166 f.). Anders die Kleine Ilias, und 500 ff., X 523 ff.). Sein Werkzeug hierbei ist
wonach im Streite um die Waffen Achills auf Sinon, der, als die Griechen mit Hinterlassung
Nestors Rat Späher ausgesandt werden, um das des hölzernen Pferdes zum Scheine nach Tene-
Urteil der Feinde zu erkunden; sie erlauschen dos abgefahren sind, sich, an geblich als ein Opfer
1243 Trojanischer Krieg (Inhalt d. Sage) Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) 1244
des OdysseuB, von den Troern fangen läßt und
sie mit der Erzilblung täuscht, das hölzerne
Pferd sei zur Sühne für den Raub des Palla-
dions aufgestellt {Iliu Persis nach Proklos,
Kleine Ilias nach Aristoteles). Die im hölzernen
Pferde eingeschlossenen Griechen sind mit Aus-
nahme des Neoptolemos in großer Furcht (X 526
bis 532). Sie verraten sich aber auch nicht, als
Helena heimlich kommt und mit verstellter
Stimme alle bei ihrem Namen ruft: Odjsseus lo
hält sie zurück und drückt schließlich dem
Antikles den Mund zu, so daß auch Deiphobos,
Helenas dritter Gemahl — die Kleine Jlias- er-
zlÜilte nach Proklos die Heirat gleich nach dem
Falle des Alexandros — , der ihr nachgeschlichen
ist, nichts bemerkt {d 272—288). Als man nun,
wahrscheinlich auf den Rat des Sinon, das
hölzerne Pferd auf die Akropolis gezogen hat,
um es der Athena zu weihen, und der Apollon-
priester Laokoon dem Poseidon (dem Rosse- 20
gott) ein Opfer darbringt, erscheinen plötzlich
zwei gewaltige Schlangen, die den Laokoon
und den einen seiner Söhne erwürben. Durch
dies Götterzeichen erschreckt, verläßt sogleich
Aineias mit den Seinen die Stadt (nach der
JHu Persis; für die Kleine Utas fehlt ein di-
rektes Zeugnis über das Schicksal des Aineias,
doch darf man vielleicht die Darstellung der
Vivenziovase, die allein von den alten Quellen
den Auszug des Aineias während der Zer- so
Störung der Stadt zeigt, eher für die Kleine
Ilias als für Stesichoros in Anspruch nehmen:
M. Schmidt S. 43 ff.). Heimlich entsteigen nun
die Eingeschlossenen dem hölzernen Käfig, und
im Verein mit den zurückgekehrten Griechen,
denen vorher von Sinon ein Feuerzeichen ge-
geben ist, überfallen sie die Troer. Ein großes
lorden hebt an, wobei vor allem Neoptolemos
sich hervortut: den Priamos, der schutzflehend
zum Altar des Zeus Herkeios sich geflüchtet 40
hat, zerrt er vom Altare und stößt ihn vor den
Augen der Hekabe am Palasttore nieder; spä-
ter führt er Andromache mit ihrem kleinen
Astyanax als Siegespreis fort, reißt ihr aber
in plötzlicher Aufwallung das Kind vom Busen
und schleudert es vom Turme in die Tiefe
(nach der Kleitien Ilias; nach der älteren und
wilderen Iliu Persis wurde Priamos am Altare
erschlagen. Astyanax aber wurde nach einem
Beschlüsse der Griechen, den Odysseus durch- 50
gesetzt hatte, mit Vorbedacht der Mutter ge-
nommen und vom Turme herabgeschmettert:
M.Schmidt S. 30ff.). Menelaos, dem Odysseus
den Weg zum Hause des Deiphobos gewiesen
hat, tötet diesen und führt, durch Aphrodite
zur Milde gestimmt, Helena wieder mit sich
fort. Die Seherin Kassandra, deren Bräutigam
Koroibos von Diomedes getötet war {Kleine
Ilias fr gm. 15), flüchtet zum Götterbild der
Athene, wird hier aber von Aias, dem Sohne 60
des Oileus, mit Waffengewalt samt dem Kult-
bilde weggerissen und vergewaltigt (üif. Schmidt
S. 52 ff. Dafür leistet noch im 3. Jahrh. v. Chr.
die sogenannte lokrische Mädchenbuße Sühne,
deren Entstehung von A. Brückner bei Dnrpfeld,
Troja und Ilion S. 557 ff. u. a. gemäß der Überlie-
ferung des Altertums höchst unwahrscheinlich in
die Zeit von Trojas Fall hin auf datiert, dagegen
durch V. Wilamoiritz-Moellendorff, Sitzungsher.
d. Berliner Aknd. 1U05, 319 und Die lUas
und Homer, 1916, 383 ff. nach Jhmetrios ron
Skepsis (Strabon 13, 600) ins G. Jahrh. v. Chr.
gesetzt wird; nach der von Ad. Wilhelm, Jahres-
hefte d. Österreich, archäol. Instituts 14 [1911J,
163 - 256 veröffentlichten Inschrift aus der Mitte
des 3. Jahrh. v. Chr. mag immerhin der Brauch
'die Erinnerung an frühere Menschenopfer durch
eine Verfolgung festhalten, die den Opfermen-
schen eine Gelegenheit zu rechtmäßigem Ent-
weichen bietet' (S. 178); danach werden die lo-
krischen Mädchen als 'Sündenböcke' betrachtet
von tr. Schioenn, Die Menschenopfer bei den
Griechen und Römern, Gießen 1915, 47 ff.; 'der
Brauch wird vielleicht nie ganz verstanden wer-
den': E. Fehrle, Berliner philol. Woch. 1919,
157). Nachdem endlich die Stadt anj^ezündet
ist, wird noch des Priamos 'i'ochter Polyxena
am Grabe des Achilleus geopfert. — Die
Rückkehr der Helden war in den JVos^gw
erzählt (und in der Odyssee), auf deren Einzel-
heiten hier nicht mehr eingegangen werden
kann, weil sie kaum noch zur eigentlichen
Trojasage gehören, vielmehr wieder in die lo-
kalen Heldensagen und die darauf aufgebaute
epische Tradition des Mutterlandes zurückleiten.
Hier nur noch über das epische Motiv der
Nosten so viel, daß die Göttin Athene, ob des
der Kassandra und ihrem Bilde angetanen
Schimpfes ergrimmt (der bereits den Aias in
Gefahr der Steinigung durch die Griechen ge-
bracht hatte: Iliu Persis), den Griechen Ver-
derben sendet, als sie nach der Zerstörung
Trojas heimfahren. Opfer vermögen den Zorn
der Göttin nicht zu versöhnen. Darum erreicht
nur ein Teil der Helden nach kleineren oder
größeren Irrfahrten die Heimat wieder. Aias
wird von Poseidon aus einem gewaltigen Sturm
gerettet, aber auf seine Prahlereien hin ins
Meer hinabgerissen. Den Agamemnon ereilt
das Unheil in der Heimat.
III. Deutung der Sage.
Um den Ursprüngen dieser in den Einzel-
heiten äußerst komplizierten, im Kern aber
außerordentlich einfachen Sage nachzugehen,
müssen wir beginnen mit der
a) historischen Erklärung; denn die
authentischen Zeugen der griechischen Helden-
zeit, die seit einem halben Jahrhundert durch
die Arbeit der Archäologen wiedererstanden
sind, gestatten uns von hier aus die älteste
Geschichte dieser Heldensage wenigstens an
einem Zipfelchen wieder aufzurollen. Das ge-
samte Altertum hat an der Geschichtlichkeit
des Trojanischen Krieges keinen Zweifel gehegt,
mochte auch die Chronologie dieser Ereignisse
entsprechend ihrer Einordnung in die sagen-
hafte griechische Urgeschichte mancherlei
Schwankungen unterliegen (vgl. Erw. Bohde,
Bhein. Mus. 36 [1881], 380 ff. = Kl. Sehr. 2, 1
bis 100, B. Laqueur, Hermes 42 [1907], .513 bis
530). Man unterfing sich sogar, den Fall Trojas
bis auf den Monatstag genau zu berechnen,
den Hellanikos z. B. auf den 12. Thargelioi
(im 18. Jahre der Königsberrschaft des Agj
memnon, dem ersten der Königsherrschaft d(
1245 Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) 1246
Demophon in Athen), andere anders ansetzten märchenhafte Odysseussage ist trotz der Be-
{H. KuUnier, Die Historiai des Ilellanikos von mühungen DörpfeUh und anderer im wesent-
Lesbos 11)02, 584; F. Jacohy, Das Marmor Pa- liehen noch ohne die reale Grundlage archilo-
rium S. 144 tf. zu ep. 24). Auch mit der Topo- logischer Fundtateachen. (Zur Chronologie nach
graphie des Kampfplatzes hatte das Altertum Fiinmen 1901) auch /. lieloch, Griech. Gesch.
bereits sich einj^ehend beschäftigt, indem be- 1,2*, 1913, 120 — 131, dann Fimitien 1921.)
sonders Demetrios von Skepsis (vgl. Gäde, De- Nun hat nach Andeutungen des Geschichts-
metrii Scepsii quae supersurit, l^SO; Kd.Schcartz forschers Johannes v. Müller (1783) bereits
bei Pauly-Wissowa H. E. 4, 2808 tf.) der schon Jakob Grimm (1813) es ausgesprochen, daß zur
von der Alexandrinerin Hestiaia aufgeworfenen lo Entstehung des ' Volksepos ' eine historische
Frage nachging, wo das homerische Troja Tat notwendig sei, von der das Volk lebendig
eigentlich gelegen habe. Daß seine Entschei- erfüllt werde, so daß sich die Göttersage daran
düng für die xw/zr] 'ihicov, wonach man seit ansetzen könne. Diese Idee eines historischen
Choiseid Gouffier (1784) und Lechevalier (1787) Kernes, .die sich nicht nur in der germanischen
fast ein Jahrhundert lang die Burg des Pria- Sage {W. Grimm und Lachmann 1829, vgl.
mos auf dem Bali Dagh bei Bunarbaschi suchte, O. L. Jiriczek, Die deutsche Heldensage, 4. Aufl.,
falsch gewesen ist, wissen wir, nachdem Schlie- Berlin und Leipzig 1913), sondern auchimVolks-
mann (seit 1870) an der Stelle des von Lysi- gesange der byzantinischen Griechen, Serben,
machos gegründeten Neu-llion (Hissarlik) die Großrussen, malaiischen Atjeher, Kara-Kirgisen
alte prähistorische Burg Troja wiedergefunden, 20 bewahrheitet hat (vgl. meinen Homer^ S. 19 ff.
Dörpfeld 1893/94 mit der Entdeckung der mit 142 tf.), gehört heute zu den gesicherten
6. Stadt aus der mykenischen Epoche die Sie- Ergebnissen der vergleichenden Epenforschnng.
delungsgeschichte des sagenberühmten Hügels Nur der in einem traumhaften Zauberlande
in allen Epochen klar gelegt hat. Schliemann sich bewegende, rein märchenhafte Gesang der
hat aber auch die Herrensitze jener Frühzeit Finnen (und Esten) undTataren entbehrt, soweit
in Mykenai (seit 1874) und Tiryns (seit 1884) wenigstens wir nachzuweisen vermögen, einer
und das gewaltige Kuppeigrab von Orchomenos historischen Grundlage, kann also sehr wohl
(1880) aus dem Erdboden wiedererstehen lassen. aus ursprünglicher Märchendichtung hervor-
Durch ihn angeregt hat man ferner an zahl- gewachsen sein. Nicht minder sicher ist die
reichen anderen Orten Griechenlands mykeni- 30 Erkenntnis, daß in der epischen Erinnerung
sehe und vormykenische Siedelungen, z. T. wie- eines Volkes vor allem gewisse geschichtliche
derum große Herrenburgen, ans Licht gebracht, Persönlichkeiten fortleben, die vielfach aller-
80 in der Argolis und dem übrigen Peloponnes dings in ihrem Charakterbilde sich verändern
(Kuppelgrab von Waphiö beim Amyklaion in (z. B. der 'Königssohn Marko' der Serben,
Lakonien 1889, Argos seit 1902, Alt-Pylos 1907), Wladimir der Heilige der Großrussen), die auch
in Attika( Athen seit 1884), Boiotien (Orchomenos verschiedenartige Persönlichkeiten und weit
1903/5, Theben seit 1906), Thessalien (Dimini, auseinanderliegende Ereignisse gewissermaßen
Sesklo 1901/3) usw. Ja seit 1900 ist, nachdem in sich aufsaugen (z. B. 'Königssohn Marko'
1896/99 bereits die prähistorische Stadt bei und die Gebrüder t7'aZ:stc), die sogar von einer
Phylakopi auf Melos freigelegt worden war, 40 im Geschichtsverlaute recht nebensächlichen
auf Kreta (Knosos, Phaistos usw.) eine ganz Kolle in eine erste Stelle der Liedtradition ge-
neue Kulturwelt jener Frühzeit, die vor und setzt werden (z. B. Gundicarius = König Gun-
neben die 'mykenische' Epoche sich lagernde ther, Hruotlandus = Roland; vgl. auch hierfür
'minoische' Kultur, aus dem Schutt der Jahr- Homer^ a. a. 0.). Trotz allem aber sitzen hier
tausende wiedererstanden. (Näheres in meinem die Persönlichkeiten und mit ihnen auch der
Homer^ 1915, 58 ff. mit 155 ff.) Ort ihrer Wirksamkeit zweifellos fester als
Hierdurch ist eine grundlegende geschieht- historische Ereignisse, deren Überlieferung
liehe Erkenntnis immer klarer vor unsere Augen nicht bloß den gleichen Umgestaltungen unter-
getreten: es gibt kein bedeutendes Zentrum Hegt, sondern auch leichter ganz verblaßt (vgl.
griechischer Heldensage, das nicht an ein real 50 u. a. die aus der Völkerwanderungszeit gebo-
existierendes Zentrum prähistorischen Kultur- rene Nibelungensage): der durchaus persönliche
lebens, sei es der mykenischen sei es der vor- Charakter der epischen Volkssage bietet dafür
mykenischen Zeit sich angeschlossen hätte. die ungezwungene Erklärung.
Insbesondere die Argolis (mit Lakonien) und . Hiernach kann a priori mit der Wahrschein-
Boiotien, daneben auch Attika sind die Haupt- lichkeit gerechnet werden, daß auch in der
Zentren dieser Sage und dieser Kultur, die aber griechischen Volkssage echte historische Hel-
nicht als eine einheitliche, über ganz Griechen- den fortleben, und diese Wahrscheinlichkeit
land gleichzeitig sich erstreckende Entwicklung wird zur Gewißheit durch die eben erörterte
betrachtet werden darf. Während die Hoch- Tatsache, daß die sagengeschichtlichen Sitze
blute der festländischen mykenischen Kultur, 60 der griechischen Haupthelden durchaus auch
einer reinen Bronzezeit, unter dem Einflüsse Hauptsitze der prähistorischen Kultur Griechen-
Kretas schon im 16. Jahrh. v. Chr. anhebt, setzt lands gewesen sind: der Analogieschluß ist
sich in Thessalien die neolithische Kultur bis durch eine Grundtatsache der historischen Über-
zur dritten spätminoischen (= jünger mykeni- lieferung bestätigt. Wenn nun aber die grie-
schen) Periode fort, in der sich im Süden be- chische Volkssage und ihre Ausmünzung im
reits das Bronzezeitalter zu Ende neigt. Auch großen Epos hiernach auf einem geschicht-
im Nordwesten Griechenlands sind die Spuren liehen Grunde beruht, so ist damit noch nicht
dieser Kultur verhältnismäßig schwach: die gesagt, daß dieser geschichtliche Kern der
1247 Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) 1248
Sage mit unsem Mitteln auch im einzelnen (so vor allem Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. 2,
wirklich wiedergewonnen werden kann. Denn 20S1^.; Walter Lenf, Troy 1912, 2bSÜ. und Homer
wo auch immer wir bei den Voikssagen anderer and history 1916; F. Sartiaux, Troic, 1916:
Völker diese historische Grundlage feststellen /. L. Myres und A". T. Frost, Klio 14 [1915 1,
konnten, war dieses doch nur möglich durch 447 — 467). Denn auch wenn wir die dichteri-
die Vergleichung der Sage mit einer von ihr sehen Übertreibungen, insbesondere über dit-
unabhängigen, schriftlichen Geschichtstradition, Größe der Stadt Troja und die Zahl ihrer
die durch eine hypothetische Konstruktion auf Kämpfer in Abzug brint^en, bleiben doch in
Grund monumentaler, religiöser oder sprach- den politischen und geographischen Grundvor-
Ucher Tatsachen ebensowenig ersetzt werden lo aussetzungen des Trojazu^es so viele Anstößt\
kann, wie durch eine rationalistische Kritik daß dieser vor unserm kritischen Gewiseen al^
der Sagenüberlieferung selbst. Eine solche Tra- geschichtlich nicht mehr zu bestehen vermag
dition fehlt uns aber für die Griechen des Einerseits würde die Vereinigung aller griechi-
2. Jahrtausends v. Chr. vollständig. Mögen also sehen Helden unter dem Oberbefehl des Königs
auch einzelne Helden der griechischen Sage von Mykenai eine Ausdehnung seines tatsäch-
wie Affamemnon und Menelaos, Aias und Teu- liehen Herrschaftsbereiches über ganz Griechen
kros, Nestor und Diomedes, Menestheus und land (oder wenigstens 'weithin über den Pelo-
Idomeneus u. a. in ihrer vollen Menschlichkeit ponnes, ja über Teile Mittelgriechenlands':
durchaus das Gesiebt historischer Sagenhelden Ed. Meyer S. 188) voraussetzen, die weder in
haben, über die bloße Möglichkeit, sie als ge- 20 einer einheitlichen Vorstellung der griechischen
schicbtiiche Helden der Frühzeit anzusprechen, Volkssage — beim Zuge der Sieben gegen The-
kommen wir damit nicht hinaus. Agamemnon ben z. B. fuhrt nicht der König von Mykenai,.
z. B. kann durchaus ein alter König des gold- sondern der von Argos — noch in dem Befunde
reichen Mykenai gewesen sein, die literarischen unserer monumentalenÜberlieferungeine Grund-
Analogien bieten sogar eine gewisse Wahr- läge hat; im Gegenteil läßt die Existenz der
scheinlichkeit dafilr; aber ob er nun wirklich gewaltigen Burgen in Attika und Boiotien (vgl.
und wann er gelebt, wie weit sein Reich sich noch Alt-Pylos im Peloponnes) auf selbständige
erstreckte und welche Taten er vollbrachte, Herrschaftsgebiete schließen, von dem fernab
80 daß er zu einem Sagenhelden werden konnte, gelegenen Thessalien, der Heimat des Achilleus.
vermögen wir nicht zu sagen: Sage und Ge- so ganz zu schweigen. Andererseits ist keine ge-
schichte bleiben inkommensurable Dinge. schichtliche Veranlassung erweislich oder auch
Immerhin haftet der König an seiner Königs- nur wahrscheinlich zu machen, die eine ge-
burg, deren reale Existenz auch die Geschieht- samtgriechische Überseeunternehmung gegen
lichkeit ihres Königs bis zu einem gewissen ein hellespontischesFüi-stentum einem geschicht-
Grade verbürgt. In wesentlich geringerem Maße liehen Verständnis erschließen könnte. Denn
j^lt das für die Geschichtlichkeit bestimmter die hellespontische Handelsstraße hat in jener
Ereignisse, die sich an gewisse Örtlichkeiten Frühzeit, in der wir nur geringfügigen grie-
knüpfen, soweit hier die entscheidende persön- chischen oder kretischen Import in Troja selbst
liehe Relation fehlt. Letztere ist zweifellos nachzuweisen vermögen — die prähistorische
nicht vorhanden zwischen der kleinasiatischen 40 Kultur Trojas gehört zu dem großen, einbeit-
Königsburg Troja und der bunten Schar grie- liehen Kulturgebiet des nördlichen Balkans bia
chischer Könige, die nach der Sage zehn Jahre nach Ungarn hinein — , schwerlich auch nur
lang um ihre Eroberung sich bemühen. Die entfernt jene Bedeutung gehabt, die sie in der
Verbindung wird geschaffen durch den Heereszug klassischen Zeit zu einer Lebensader des öko-
der Ilccvaxcciol gegen Troja, der als solcher nomischen Lebens in Griechenland machte ; der
aber von den realen Stätten frühgriechischer 'Welthandel' der Mykenäer und ihrer Kultur-
Königsherrschaft abgelöst ist (Ausgangspunkt Vorgänger gravitierte überhaupt nach .dem
Aulis), der darum auch aus ihrer tatsächlichen Süden, hat jedenfalls die Nordküste des Ägäi-
Existenz irgendwelche Bestätigung nicht ab- sehen Meeres, Propontis und Pontus kaum er-
leiten kann. Die Frage nach der Geschieht- 50 reicht. Die tatsächliche Existenz der Burg Troja
lichkeit des Trojanischen Krieges ist schon in der neolithischen Zeit erklärt sieb
also trotz der geschichtlichen Wirklichkeit von demgegenüber leicht aus den großen Völker-
Mykenai, Troja usw. auf die bloße Sagenkritik Wanderungen jener Frühzeit, weil Troja den
zurückgeworfen, wodurch das Problem in sei- Übergang von Europa nach Kleinasien an der
nem Kern gar nicht gelöst werden kann: dies für die Küstenschiffahrt wichtigsten Stelle be-
müssen wir uns klar machen, um in dieser herrschte. Beachten wir ferner, daß die Samm-
Frage trotz aller Entdeckungen Schliemanne lung und Ausfahrt des Heeres vom boiotischen
den Boden der nüchternen Forschung nicht zu Hafen Aulis aus nur gezwungen aus den tat-
verlassen {Hom. Poetik 1, 268 ff.). sächlichen Verhältnissen, um so leichter dage-
Aber selbst wenn wir einmal der Sagen- 60 gen aus dichterischer Erfindung verständlich
kritik auf den Boden rationalistischer Konstruk- wird: die natürliche Sammelstelle wäre doch
tionen folgen, so müssen wir als unverkennbar ein Hafen der Argolis gewesen, von wo aus-
feststellen, daß die positiven Kriterien, mit fahrend man unterwegs die boiotischen und
denen man die Geschichtlichkeit jenes Krieges thessalischen Kontingente hätte aufnehmen kön-
hat beweisen wollen, für diesen Zweck in keiner nen ; weder zum thessalischen (Achilleus) noch
Weise ausreichen, daß man vielmehr in Wirk- zum peloponnesischen Sagenkreis (Agamemnon-
lichkeit nur nach gewissen Gefühlsmomenten Helena), die in der troischen Sage miteinander
zum Glauben an diese Theorie sich bekennt verbunden sind, hat Aulis unmittelbare Bezie-
1249 Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) 1250
hung, das auch nicht durch dialektologische nordöstlichen Balkans (Ende des 3. oder An-
Gründe (P. Cawer, GrMn(//rar5rcn £/('r//o;«erlT/7/A;' fang des 2. Jahrtausends) hinaufzurücken, bei
S. 641) als eine in der Sage festsitzende Ort- der wandernde Grieclienstämme von Thessalien
lichkeit erwiesen werden kann. Dagegen konnte aus zu Schiffe an der Meeresküste entlang nach
einem Dichter gerade für den Ausgleich der Kleinasien sich vorgefühlt haben mögen: die
beiden Sagenkreise miteinander das zwischen gleichfalls thessalisclie Argonautensage wäre
Thessalien und dem Peloponne-s etwa in der dann in ihrer frühesten historischen (Grundlage
Mitte gelegene Aulis, das im 2. Jahrtausend das Gegenstück dazu. Auch die Persönlichkeit
wahrscheinlich als Hafen Boiotiens eine Rolle des Achilleus, die im Gesamtkomplex der troi-
gespielt hat, als peeij^neter Mittelpunkt erschei- lo sehen Sage über eine episodische Holle nicht
neu. Nehmen wir noch hinzu, daß das roman- hinauskommt, braucht keineswegs der heroische
tische Hauptmotiv des Zuf^es, die Wiederge- Repräsentant solcher uralten (aiolischen?) Kor
winnung einer schönen Frau, das letzten Endes lonisationskämpfe zu sein, da er ebensowohl
vielleicht auf mythischem Urgründe ruht (vgl. als ein thessalischer Stammesheros erst nach-
unten), das andererseits aber auch in der trä<<lich durch Dichtererfindung in die troische
Volksepik nicht ungewöhnlich ist, in seiner Sage hineingezogen sein kann. Im Grunde ge-
besonderen Bedeutung für die Trojasage offen- nommen ist ja die Teilnahme des Achilleus an
sichtlich als eine Dichtererfindung sich dar- den Kämpfen um Troja für den endlichen Er-
stellt, so dürfte der Schluß unabweisbar sein: folg dieser Kämpfe bedeutungslos: Achilleus
der Trojanische Krieg, wie die Sage 20 taucht hier auf und verschwindet wie ein Me-
ihn darstellt, ist als geschichtliches teor (vgl. ob Sp. 1240 f.). Mit welchem Rechte
Ereignis nicht nur unerweislich, son- werden also solche für die troische Sage neben-
dern auch unwahrscheinlich. sächlichen Einzelzüge, wie die Eroberung von
Eine andere Frage ist es, ob nicht vorge- Lesbos und Tenedos u. a., auf eine uralte ver-
schichtliche Kämpfe irgendwelcher Art zwi- schüttete Mythistorie zurückgeführt, da doch
sehen einem griechischen Stamme und den auch hier, vor allem beim Raube der Briseis
Bewohnern Trojas die erste Anregung zur Ent- als Vorfabel des Streites der Könige (vgl. den
stehung einer Heldensage gegeben haben, die Raub der Chryseis), epische Erfindung anzu-
in ihrer Weiterentwicklung zu einem epischen nehmen gestattet ist? Ein Dichter also mag
Zentrum geworden ist und dadurch zur Aus- 30 es gewesen sein, der die im Liede berühmte
bildung der umfassenden Trojasage geführt hat. Sagengestalt des Achilleus überhaupt erst zur
Spiegeln sich etwa in der troischen Sage die Ausweitung des troischen Sagenkreises herbei-
Kämpfe bei der aiolischen Kolonisation der gezogen und ihr darin ob ihres Glanzes sogar
Troas wieder? Ist nicht gar Achilleus 'der für kurze Zeit eine führende Rolle zugewiesen
eigentliche aiolische Held, der Träger der aioli- hat. Kurz, der Möglichkeiten für die Entste-
schen Kolonisation, der Lesbos (Briseis) und hung der troischen Sage aus historischem Grunde
Tenedos (Kyknos) erobert und an der teuthran- sind so viele, daß wir in Ermangelung jeglicher
tischen Küste kämpft (Telephos)'? {Ed. Meyer unzweideutigen Kontrollinstanz zu irgendwel-
2, 400 nach Ernst Curtius, Griech. Gesch. 1**, eben positiven Aussagen über den geschichtli-
119 ff. u. a.). Aber die historischen Kolonisa- 40 chen Grehalt dieser Sage nicht berechtigt sind. —
tionskämpfe der Aioler in der Troas, die wir Weit unsicherer noch als die historische Aus-
etwa auf das 7. (oder 8.) Jahrhundert datieren deutung, die immerhin noch mit gewissen po-
können, liegen schon hinter der Zeit, in der sitiven Faktoren rechnen kann, ist die
die Sage entstanden sein muß, so daß man b) mythologische Erklärung, die über-
auch mit der Annahme einer Vordatierung haupt nur auf gewisse unbeweisbare Voraus-
jener Kämpfe nicht zum Ziele kommt; überdies Setzungen und Kombinationen ihre Schlüsse
hat gerade in dieser Zeit die Stadt Troja selbst aufbauen kann. Von Heynes Sermo mythicus,
eine erhebliche Bedeutung nicht mehr gehabt, Creuzers Symbolik ausgehend, hatte sich bei
wodurch der eigentliche Anlaß für eine solche einer früheren Generation von Mythologen die
Vordatierung fehlen würde. Für die mykenische 50 Grundanschauung festgesetzt, daß der Urgrund
Zeit andererseits, in welcher Troja als eine ge- aller epischen Poesie bei den arischen Völkern
waltige Königsburg uns bekannt ist, wissen im Göttermythos zu suchen sei; die alte my-
wir positiv von griechischen Kolonisations- thische Sprache sei das Lebensblut dieser
kämpfen um diese Burg gar nichts, so daß Poesie, wie Max Müller in seinen Essays es
wir uns hier in einen Circulus vitiOsus ver- in besonderer Schärfe zum Ausdruck brachte,
stricken; auch die große Völkerbewegung im Wenn aber die vergleichende Mythologie in
Bereiche des Ägäischen Meeres, die in der Balder = Siegfried = Achilleus den in der
ersten Hälfte des 13. Jahrh. schon Ägypten er- Blüte seiner Jugend vor dem Himmelsbollwerk
reichte, kann nur ganz hypothetisch und ohne (Troja) sterbenden Sonnengott (als Tagesgott
innere Wahrscheinlichkeit auf die Kämpfe um 60 oder Jahresgott), im Raube der Helena durch
Troja bezogen werden (mit E. Beizner, Homer Paris bzw. Theseus und ihrer Befreiung durch
u. d. vorhomerische Jahrtausend Griechenlands, Agamemnon und Menelaos bzw. durch die
Pro^r. ilftmcÄen 1913, 13 fi".). Es verbleibt sogar ''Himmelssöhne' die Mondgöttin im Wechsel
die durch den archäologischen Befund einiger- der Mondphasen oder aber den Raub der leuch-
maßen gestützte Möglichkeit, die geschieht- tenden Wolkenkühe durch die Nacht und ihre
liehen Kämpfe um Troja, deren Reflex in der Zurückführung durch den Sonnengott erkennen
troischen Sage uns entgegentreten soll, bis in wollte (vgl. als Parallele die Sage vom golde-
die Frühzeit der griechischen Besiedelung des neu Vlies)-, so mußte natürlich auch die Ge-
1251 Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) 1252
schichte vom Kampfe um Troja, von der Er- in eine bewußte Dichterertiudung hineingezogen
oberung und Zerstörung der Stadt, wofür die worden sein. Die AcbilleusKgur insbesondere
vergleichende Mythologie eine Namensgleichung führt in ihrem Ursprung jedenfalls in eine sehr
in der altindischen Mythologie entdeckte (s. frühe Schicht thessalischer Sage hinein, wo
unten Sp. 1263), eine mythische Bedeutung ge- 'die griechische Götter- und Heroensage das
winnen, um so mehr als man damals von der erste und grundlegende Stadium ihrer Entwick-
Existenz eines vorgeschichtlichen Trojas noch lung durchlebt hat' {Ed. Meyer 2, 197). Sie
nichts wußte, die Bedeutung von Dichtererfin- kann also mythischem Boden entsprungen
düngen in der Sage aber von der auf lösenden sein; doch steht nicht einmal die eigentliche
Homerkritik in den Hintergrund gedrängt wor- lo Natur dieses Gott-Helden fest, worin die mei-
den war. So fand man denn, wilhrend Forch- sten einen Lichtgott, andere Forscher vielmehi
hammer z. B. in der Utas eine Darstellung des einen Erdgeist (Heildaimon) oder einen Wasser-
'gießenden Winters* und seines Kampfes er- gott oder einen hilfreichen Windpeist erkennen
blickte, von einem anderen Gesichtspunkte aus wollen (vgl. Escher s. v. : Pauly-Wiasowa E. E.
im Falle Trojas jenen himmlischen Kampf sym- 1, 221 f., Gruppe, Gr. Myth. 616f. H45f.). Sicher-
bolisiert, 'den seit uralter Zeit unsere ver- lieh galt Achilleus später als thessalischer
wandten Völker sich immer neu ausgemalt Stammesheros, aber wiederum nur so, daß dieser
haben. Ein feindlicher Dämon raubt den nimm- von der epischen Poesie vertretene Anspruch
lischen Schatz, in der alten Zeit eine Rinder- durch bezeugte thessalische Kulte nicht unter-
berde, später einen goldenen Schatz, dann auch 20 stützt wird: im Volksglauben also war seine
die Himmelskönigin samt ihrem Schatze und Figur bereits völlig verblaßt. Wenn wir da-
birgt ihn im sicheren Versteck des Felsens; neben im Peloponnes und anderswo den Achil-
der Himmelsgott mit seinen Reisigen zieht aus, leus als Heros, ja als Gott verehrt sehen, so
sucht das Versteck und sprengt die Veste' dürfte das — bei Ach. dem Ephebenvorbilde
{H. Usenier, Der Stoff des griech. Epos, Wiener in Lakonien ist das besonders deutlich — im
Sitzungsber. 137 [1897J, 3, 8 = KL Sehr. 4, 201). allgemeinen durch sekundäre Übertragung aus
Der Ajisturm himmlischer Mächte gegen die dem Epos erklärt werden, wie auch die vom
finstere Wolkenburg, worin ein Dämon das Orakel in Dodona angeordnete jährliche Opfer-
Sonnengold oder die segenbringenden Himmels- gesandtschaft von Thessalien nach Kap Sigeion
Wasser eingeschlossen hat (vgl. auch das von so an das Grab des Helden offenbar aus dem Epos
Zeus geschenkte oder vom Himmel gefallene (« 36 f.) abgeleitet ist. Hieraus ergibt sich, daß
Palladion, den Stadthort, der in Troja ver- die thessalische Figur des Achilleus restlos in
wahrt und von den Griechen schließlich er- dergemeingriechischen Heldensage aufgegangen
beutet wird), wird im besonderen zu einem war, nachdem sie ihren ursprünglichen, viel-
Kampfe der 'Lykier' = der Geister des Lieh- leicht mythischen Charakter abgestreift hatte.
tes mit den 'Danaern' = den Wolkengeistern, Dabei bleibt auch noch die Möglichkeit oflfen,
wie man auch andere homerische Völkerschaf- daß in Thessalien bereits diese mythische Fi-
ten, Aithiopen, Phoiniker usw., gelegentlich gur mit einem geschichtlichen Helden sich ver-
selbst heut-e noch mythisch frisiert (so Beloch mischt hatte, der aber keineswegs ein Troja-
1, 1', 184 mit 1, 2*, 60 ff.). 40 kämpfer gewesen zu sein braucht (s. 0. Sp. 1250).
Natürlich hängt diese Deutung der troischen Für eine primäre Verbindung dieser Figur mit
Sage ganz und gar von der Art der Auffas- der troischen Sage fehlt jeder Anhalt und
sung der hieran beteiligten Helden ab: erst damit auch für eine mythische Bedeutung der
die Verbindung mit mythischen Persönlichkei- troischen Kämpfe selbst. — Nicht anders bei
ten, insbesondere mit dem mythisch gefaßten der Helenasage, die nach ihrer späteren Loka-
Achilleus- und Helenatypus, gibt den Anlaß, lisation zu schließen vor allem im Peloponnes
auch die Begebenheiten um Troja in einem zu Hause ist. Hier steht unmittelbar neben der
mythischen Lichte zu schauen, dessen Beleuch- gemeingriechischen, ursprünglich vielleicht ar-
tung aber wechselt, je nachdem man den einen ^ivischen Version, die Helena durch Paris ent-
oder den andern Mythos mehr in den Vorder- 50 führt sein läßt, gleichberechtigt die sicher
grund stellt. In den tatsächlichen Ereignissen auf dem Kypseloskasten, vielleicht schon in
jedenfalls, die in dieser Sage erzählt werden, den Kyprien dargestellte, doch wohl attischt^
fehlt jede greifbare Spur eines ursprünglich (5ei/«e s. v. : Pai^Zy-TFisso«;« J?. ^. 7, 2829) Sage,
mythischen Charakters. Nur eine phantasie- die den Theseus zum Entführer der Helena
volle, in einer bestimmten Richtung festgelegte stempelt und diese mit ihm nach Aphidnä in
Komlainationsgabe vermag also in dem allge- Attika gelangen läßt, von wo sie durch die
mein heroischen Kampfe um eine befestigte Dioskuren heimgeholt wird. Sekundär dagegen
Stadt, die schließlich durch eine List einge- ist, wie gegen Usener, Stoff' des Epos 12 f. ^
nommen wird, das Abbild eines mythischen Kl. Sehr. 4, 210 festgehalten werden muß, dir
Kampfes, ein Symbol elementarer Naturereig- 60 Version des Stesichoros-Euripide.s, die die wirk
nisse zu erblicken. liehe Helena auf Befehl des Zeus durch Her-
Aber auch wenn wir mythischen Ursprung mes nach Ägypten geborgen und an ihrer Stelle
von Hauptpersonen der Sage zugeben — darüber ein stScolov entführt werden läßt (vorbildlich
genauer zu handeln ist hier nicht der Ort — , E 449 ff.). Wenn nun schon bei den älteren
so ist damit doch für eine mythische Deutung Sagen das Ziel der Entführung in der über
auch des Trojakampfes nichts gesagt; denn lieferung schwankt, so ist es an sich nicht
mythische Typen können auch sekundär in wahrscheinlich, daß es anders als sekundär iu
eine ursprünglich historische Sage, ja selbst eine ursprünglich lokal unbestimmte Sage hin-
1253 Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) 1254
eingesetzt worden ist. Auch kann sich das '/;iatos) ebenso gut die Felseniiöhle des Drachen,
ferngelegene Troja einer sicher mutterländi- wie die Burg und Stadt des Priamos bezeich-
8chen Sage mindestens nicht früher angepaßt nen könne, so bestätige sich die schon aus
haben, als sich der Gesichtskreis der matter- dem Namen Doloneia (den Usener ohne wei-
ländischen Griechen nicht bis zu jener fernen teres als 'geheimnisvollen Weg' oder als ""ge-
Küste des Hellesponts erweitert hatte, d. h. heimen Spähergang' deutet) gewonnene Ver-
kaum vor der Blüte der mykenischen Kultur. mutung, Maß die geheimnisvolle Einäscherung
Diese aber muß auch schon den historischen des palastähnlichen Holzbaues eine gottes-
Untergrund der troischen Sage geliefert haben, dienstliche Nachahmung des Brandes von Pria-
wenn wir damit nicht etwa in noch höhere lo mos' Schloß, der THgyaucc Tpotr]?, sein müsse'
Zeit hinaufgehen wollen (s. oben Sp. 1249 f.). (S. 325 = 457). Für die mythologische Vorstel-
Der eigentliche mythische Untergrund der He- lung nun, die hierin stecke, sei schon nach der
lenasage würde also in einer noch viel früheren (hypothetischen!) Festzeit jeder Gedanke an
Zeit zu suchen sein. Um so weniger kann da- einen Kampf zwischen Sommer und Winter
mit über die mythische Natur der Trojakämpfe, ausgeschlossen; der Daimon, dessen Schloß
die an die Entführung der Helena nur sekun- durch Feuer vernichtet werde, könne vielmehr
däj angeschlossen sind, irgend etwas ausge- nur als der Räuber des himmlischen Wassers
sagt sein. gedacht sein, nach welchem Halm- und Baum-
Die mythische Erklärung der Trojasage, die fruchte im Sommer dürsten. In der griechischen
von den mythischen Repräsentanten dieser Sage 20 Sage aber sei bereits ein neues Bild an die
sich ablöst, bleibt sonach in der Luft hängen. Stelle des verborgenen himmlischen Schatzes
Allerdings hat H. Usener, der auch alle Haupt- getreten, da nun Helena und ihre Schätze,
beiden und selbst manche Nebenfiguren des d. h. die Himmelskönigin selbst, in der Feste
Epos als ursprünglich mythische Persönlich- des Räubers geborgen seien. Der ursprüngliche,
keiten betrachtet, unmittelbare Beziehungen Zweck der sakramentalen Handlung sei es da-
auch der Sagenhandlung zum Mythos zu ent- nach gewesen, den Bann zu brechen, det im
decken geglaubt, indem er den delphischen Hochsommer die segenbringenden Wasser des
Kultgebrauch des Stepterionfestes, das alle neun Himmels zurückhält.
Jahre gefeiert wurde, auf die Sagenüberliefe- Mit diesem luftigen Hypothesenbau, der
rung vom Falle Trojas bezog: Heilige Hand- 30 für die Methode der vergleichenden Mythologie
lung, Archiv f. Belig.-Wiss. 7 [1Ö04], 313 — 339 bezeichnend igt, ist nun aber nicht einmal die
= Kl. Sehr. 4:^4:4:7 — 467. Bei diesem Feste näm- Zerstörung Trojas als ein mythisches Symbol
lieh wurde ein palastähnliches hölzernes Ge- erwiesen, das in die griechische Volkssage
bände, eine ^Hütte' oder ein 'Zelt', durch die Eingang gefunden habe. Denn weder ist diese
Angehörigen eines delphischen Priesterge- Überlieferung an sich als mythisch dargetan,
schlechtes, die mit brennenden Fackeln, ver- noch auch sind die Beziehungen des delphi-
mutlich also zur Nachtzeit, einen den Apollon sehen Kultgebrauchs zum Falle Trojas mehr
darstellenden Knaben durch die sogenannte als ein Spiel mit ungewissen Möglichkeiten,
'Doloneia' zu jenem Gebäude hingeleiteten, an- das auf der ganz unbeweisbaren Petitio prin-
gezündet; dabei wurde ein 'Tisch', wahrschein- 40 cipii von der ausnahmslosen Umsetzung echter
lieh ein Altartisch vor der Hütte, umgestoßen, Göttersage in heilige Handlung aufgebaut ist.
worauf alle sogleich, ohne sich umzublicken, Als positive Ähnlichkeiten ergeben sich nur die
die Flacht durch die Tore des Heiligtums er- entfernte Parallele in der Verbrennung eines
griffen; Irrfahrten und Knechtsdienst des Kna- symbolischen Hüttchens (das also nicht erhal-
ben folgten, danach eine Entsühnung bei Tempe ten blieb und darum im Laufe der Jahrhun-
und schließlich Rückkehr im Festzuge auf vor- derte die sonderbarsten Wandlungen durch-
geschriebener Straße {Plutarch Aetia graeca machen konnte; schon die spätere Überliefe-
12 p. 293 C mit de defectu orac. 15 p. 417 Ff., rung schwankt zwischen 'Hütte' und 'Zelt')
Ephoros bei Strabon 9, 422, Aelian V. H. 3, 1). und der ebenso entfernte Namensanklang (mehr
Nach den delphischen Theologen sollte in die- 50 nicht!) der delphischen Doloneia und des del-
sem Gebrauch der sagenhafte Kampf des Apol- phischen Monats Ilaios an die homerische Do-
Ion wider den Drachen Python um den Be- lonie und den Namen von llios, deren Verbin-
sitz der Orakelstätte und seine Flucht nach düng mit dem Stepterionfest wiederum nur
Tempe versinnbildlicht sein, was aber schon durch ganz unsichere Kombinationen erschlos-
Plutarch 418 B als 'ganz lächerlich' erklärt sen wird. Alles übrige ist so gründlich ver-
bat (vgl. hierüber M. P. Nilsson, Griechische schieden (was hier im einzelnen nicht darge-
Feste 1906, 132 ff.). legt werden kann), daß die oberflächlichen
Nach Usener nun fiel jener Kultgebrauch Ähnlichkeiten dadurch völlig zugedeckt w^erden:
vermutlich (Beweis fehlt) in den letzten Monat ich erwähne nur, daß dem Kultträger des del-
des delphischen Jahres (vor der Sommersonnen- 60 phischen Gebrauchs, dem Stellvertreter Apol-
wende), den Ilaios, wonach das Fest wohl den Ions, in einem gelehrt-phantastischen Exkurse
Namen 'iXaia getragen habe (Hypothese duf ein heroischer Doppelgänger Pyrrhos unter-
Hypothese gebaut). Da aber 'IXog mit skr, vilu geschoben werden muß, womit aber immer
identisch sei, wie noch an mehreren Stellen noch nicht die Tatsache aus der Welt geschafft
des Bigveda die feste Burg des Daimon heiße, wird, daß der delphische (Apollon-)Darsteller
die von Indra gebrochen wird, da ferner im die angebliche Himmelsburg zerstört, während
Griechischen das davon abgeleitete "Ulos, "lliov in der troischen Sage gerade Apollon der Gön-
(daneben die adjektivische Paralielbildung ner und Verteidiger Trojas ist. Ja selbst wenn
1255 Trojanischer Krieg (Deutung d. Sage) Trojanischer Krieg ^Deutuny^ a. Sagei 1256
bei der troischen Sage und dem delphischen Händen zu greifen: man denke etwa an Aga-
Gebrauch die gleiche Grundvorstellung erweis- memnon« Traum, Rektors Abschied, die Bitt-
bar wäre, so würden wir damit noch nicht be- ffesandtschaft, Phamos vor Achill und andere
rechtigt sein, eine unmittelbare Verbindung Perlen höchster Poesie. Selbst die Monis als
der beiden Vorstellungskreise als ursprünglich Zentralmotiv der Utas ist kaum ein integrie-
anzunehmen, da auch eine sekundäre Übertra- render Teil, geschweige denn der Kern der
gung aus der troischen Sage in einen religio- Sage; denn Zorn und Streit der Helden, hier
sen Gebrauch, der ursprünglich nichts damit des Oberkönigs Agamemnon mit dem gewal-
zu tun hatte f nicht unmöglich wäre: die hei- tigsten liecken Achilleus, geliört zu den ge-
lige Handlung ist nicht ohne weiteres Bürg- lo läufigsten Motiven aller, auch der griechischen
Schaft für den mythischen Gehalt einer ihr ans Volksepik. In der Odyssee singt Demodokos
geglichenen Sage. Überhaupt rechnet die Me- nach •& 75 — 82 ein Lied vom Streite des Odysseus
thode Usenen, die aus der etymologischen und des Achilleus beim Mahle eines Götter-
Richtung Gottfried Hermanns und der verglei- festes, worüber Agamemnon auf Grund eines
chenden Mythologie AdalbeH Kuhns u. a. her- delphischen Orakels sich freut; im weiteren
vorgewachsen ist^ viel zu wenig einerseits mit Verlaufe der troischen Ereignisse bricht der
dem tatsächlichen historischen Gehalte echter Streit zwischen Aias und Odysseus um die
Volkssage, zum andern aber mit der freien Waffen des Achilleus aus, dessen Entscheidung
poetischen Erfindung wirklicher Dichtung, die zugunsten des Odysseus zum Selbstmorde des
auch in der griechischen Sajj^e außerordentlich 20 Aias führt; vgl. auch die Parallele im Meleager-
mächtig gewesen ist. Das führt uns zur stoffe 1 521) ff., woraus Finsler und Mülder gar
c) poetischen Erklärung der troischen eine Abhängigkeit des J/trtsdichters in der Er-
Sage. Bei aller Sagenkritik, insbesondere aber findung seines Hauptmotivs erschlossen haben.
bei einer Kritik der troischen Überlieferungen In der Ilias im besonderen keimt auch der
müssen wir uns stets bewußt bleiben, daß die Streit aus rein poetischen Motiven hervor und
griechische Volkssage, von den lokalen Über- wird gleichermaßen, ohne erheblichen Fort-
lieferungen abgesehen, uns in der Hauptsache schrittder eigentlichen Sagenhandlung, zu einer
durch Dichtungen, ja einen Kranz von dich- rein poetischen Lösung geführt, womit das
terischen Darstelluncren überkommen ist. Es Epos sein Ende erreicht (s. oben Sp. 1240). Doch
hat darum sogar nicht an Stimmen gefehlt, 30 ist damit natürlich ein ganz und gar poeti-
die bei der troischen Sage das gesamte Gewebe scher Charakter der gesamten troischen Sage
aus einem einzigen rein poetischen Grund motiv noch in keiner Weise bewiesen.
ableiten wollten, ohne überhaupt einen vor dem Immerhin ist hieraus schon, wenn wir die
Epos existierenden Sagenstolf anzuerkennen. früheren Erörterungen zur historischen und
So hat Bened. Niese^ Die Entwickelung der ho- mythologischen Erklärung der Sage in Rück-
memcA^n Poe.«f^c (1882 ^ indem er nach der Me- sieht ziehen, die sichere Erkenntnis zu ge-
thode Karl Ludwig Kaysers, Homerische Auf- winnen, daß der komplizierte Vorgang der
Sätze (gesammelt 1881) der angenommenen Ab- Sagenbildung, der sicherlich über einen Zeit-
hängigkeit einzelner Teile der Dichtunsr und räum von vielen Jahrhunderien sich erstreckte,
ganzer Epen voneinander nachging, die An- 40 nicht aprioristisch nach einem einzigen Er-
schauung zu erweisen gesucht, daß aus einer klärungsprinzip beurteilt werden darf, daß viel-
knrzen poetischen Erzählung nach rein dich- mehr für jedes selbständige P^lement der Sage
terischer Erfindung {y.fjvi?) durch fortgesetzte, die Frage nach seiner Entstehung und Ent-
immer wieder für bestimmte Situationen ge- wicklung gesondert gestellt und unter sorg-
dichtete Zusätze zunächst die Ilias sich ge- fältiger Abwägung aller Erklärungsmöglich-
bildet habe; daß daraus die gleichermaßen in keiten beantwortet werden muß. Diese Unter-
allmählicher Erweiterung zustande gekommene suchung im einzelnen zu führen würde weit
Odyssee ihre Anregung empfing, indem nach über den Rahmen dieses Artikels hinausführen.
der Urilias zunächst in originaler Dichtung (Ansätze dazu sind vorhanden, wenn sie auch
eine Urodyssee entstand, die Hia^ aber früher 50 zumeist das mythologische oder historische
als die Odyssee zum großen Epos entwickelt Element gegenüber dem poetischen einseitig
wurde; daß endlich auch der Stoff der kykli- in den Vordergrund stellen, vgl. B. J. Vürt-
schen Epen aus den Andeutungen der Ilias heim, De Aiacis origine, cultu, patria, Lugd.
und Odyssee nachträglich herausgesponnen sei. Bat. 1907; E. Beihe, Dtomedes bei Pauhj-Wis-
Niese hat neuerdings Nachfolge gefunden bei sowa R. E. 6.) Hier kommt es vielmehr letzten
Dietrich Mülder, Die Ilias und ihre Quellen Endes nur darauf an, den Kern der trojani-
(1910), der jede tatsächliche Grundlage der sehen Sage in seiner Wesenheit zu erfassen
troischen Sage dadurch auf die Seite schiebt, und in seiner Entwicklung klarzustellen.
daß er die die Ilias durchziehende universale Wenn man die Sage vom Trojanischen Kriege
Idee des Dichters (Angliederung vieler Helden- 60 in ihren Hauptlinien übersieht, so ist ihr Kern
figuren an den Heldenpreis des Achilleus: offensichtlich in der Recken Ausfahrt, um die
S. 18ff.) aus der thebanischen Sage geschöpft geraubte schöne Frau wiederzugewinnen, in
glaubt: da auch gegen Theben eine Vereini- ihrem Anstürmen gegen die feindliche Stadt
gung hervorragender Helden gezogen ist, so ist und deren Zerstörung nach jahrelangem Kampfe
Ilios für ihn ein 'infolge der universalen Idee beschlossen. Durch diese einfache Sagenhand-
ins Barbarenland verlegtes Theben' (S. 59). lung war freilich eine dramatische Verwick-
ln der Tat sind im troischen Epos poeti- lung ebenso wenig gegeben, wie eine Verzah-
sche Erfindungen vielfach geradezu mit den nung mit anderer Heldensage, so daß eine An-
1257 Trojanischer Krieg Trojanischer Krieg 1258
schwelhing des Sacreninhalte« von innen heraus Dioscs Motiv leitet nun in die Göttersaj^e zu-
durch den Stoff selbst nicht bedirijjft war. Auch rück, wie vor allem die Entführung der Europa
seine Ausweitung durch die märchenhafte Ge- durch Zeus (vgl. dessen Heziehunpfen zu lo) und
schichte vom hölzernen Pferde, wodurch die der Persephone durch Hades beweist; dazu
Eroberung der Stadt eine besondere Farbe ge- kommt der unmittelbare Parallelismus der The-
winnt, fügt sich der geradlinigen Entwicklung seus-Helenasage (s. ob. Sp. 126Ü). Wir werden
ein, kann also auch bis an den Anfang der darum das Entfiihrungsmotiv mit Wahrschein-
Sagenbildung hinaufreichen. Dennoch ist dieser lichkeit als eine ur8])rünglicli mythische Ke-
Sagenkern, wie wir bei analogen Motiven auf miniszenz betrachten dürfen, die auf einen
anderen Sangesgebieten beobachten können, lo alten Naturmythos (Mondmythos? Jahresmy-
zu einem epischen Zentrum geworden, dessen thosV) zurückgeht. Aber sicherlich ist diese
Anziehungskraft eine Fülle der verschieden- mythische Anschauung in der uns bekannten
artigsten Heldenfiguren und ihrer Geschicke Form der troischen Sage völlig verblaßt, indem
an sich gezogen hat, so daß schließlich ein das Motiv, zu rein poetischer Gestaltung frei
ungeheuer reiches Bild des griechischen Hei- geworden (vgl. Badermacher a. a. O. 33), hier
denzeitalters voll des buntesten, mannigfaltig- ausschließlich seiner romantischen Art entspre-
sten Lebens daraus geworden ist. Dies kann chend wirksam ist und durch den in der Ilias
nur, wie alle eigentliche Sagenbildung, das gezeichneten Charakter der Helena bestimmt
Werk dichtender Phantasie gewesen sein. Die wird. Selbst die Vorfabel der Entführung, der
entscheidende Erweiterung aber, die schon sehr 20 Schönheitswettstreit der Göttinnen, stammt
früh erfolgt sein kann, war hier die Herein- nicht, wie man natürlich auch gemeint hat,
Ziehung der Achilleusfigur, die für den Sagen- aus dem Mythos, sondern wurzelt in alter Volks-
kern oime wesentliche Bedeutung war, aber sitte (vgl. die ayibvEg xdXXovg für Frauen in
den an sich einförmigen Kämpfen vor der noch Arkadien, Tenedos und Lesbos: Nikias und
ungebrochenen Stadt dramatisches Leben ver- Theophrast bei Athenaios 13, 609 e f.; für Les-
lieh und damit zugleich die Richtung wies zu bos auch Schol. Hom. I 129: A), wobei auch
weiterer Ausgestaltung der Sage. Die Verbin- noch ein primitiver Märchenzug verwandt sein
düng dieses thessalischen Recken mit den mag (vgl. neuestens Weniger a.a.O. 13; schon
peloponnesischen Haupthelden nämlich hat den Usener, Kallone, Bhein. Mus. 1868, 362 = Ä^Z.
Weg frei gemacht für die Einführung vieler, 30 Sehr. 4, 73 verglich das deutsche Märchen vom
selbst landfremder Helden des griechischen Aschenbrödel). Sonach wird man behaupten
Sagenschatzes, z. B. auch der Amazone Pen- dürfen, daß zwar das Motiv als solches mythi-
thesileia und des Aithiopenfürsten Memnon, sehen Ursprungs, seine Verwendung in der
bis zu den frühgeschichtlichen Persönlichkeiten troischen Sage aber einer poetischen Erfindung
hin, für deren Bestimmung freilich keine siehe- gleich zu werten ist.
ren Anhaltspunkte vorliegen (Analoga im Nibe- Auch in die Kämpfe des Achilleus vor Troja
lungenlied sind hier die Markgrafen Gero f 965 können vielleicht von fern her mythische Mo-
und Eckewart f 1002 und Bischof Pilgerim von tive hereinklingen. Früher Tod eines unver-
Passau, der um 971— 991 angesetzt werden darf). wundbaren Heldenjünglings durch listigen An-
In seinen jüngsten Phasen, bei der Entstehung 40 schlag ist ja die besondere Signatur der Son-
der kyklischen Epen, ist dieser Prozeß noch nenhelden (vgl. Balder = Siegfried). Dies paßt
mit Sicherheit zu verfolgen, am deutlichsten bis ins einzelne auf Achilleus, wenn wir der
bei dem jüngsten Sprossen dieses Stammes, ansprechenden Vermutung von Beloch (1, 1*,
der Telegonie, womit um die Mitte des 6. Jahrh. 190) Raum geben, daß die nach späterer Über-
der ganze Sagenkreis die letzte Abrundung er- lieferung (zuerst bei Statins, AchiUcis 1, 269)
halten hat (vgl. Hartmann a. a. 0.). durch Thetis im Feuerbade undurchdringlich
Damit ist die erste Entstehung der Sage an gemachte Haut ein primäres Sagenelement dar-
das Motiv vom Raube und der Wiedergewin- stellt und bei Homer nur durch die undurch-
nung der Helena geknüpft, das in der Sage dringliche goldene Rüstung ersetzt worden ist,
das eigentliche Agens bildet. Wie ist nun die- 50 die der Feuergott auf Thetis' Bitte geschmiedet
ses Motiv in seiner Wesenheit einzuschätzen? hat. (Unbeweisbar und nicht gerade wahrschein-
Es ist für mich zweifellos, daß dieser Erzäh- lieh ist es, daß aus dem undurchdringlichen
lung keine irgendwie geartete geschichtliche Panzer des Achilleus erst nachträglich das ur-
Tatsache zugrunde liegt, obwohl das neuerdings alte Märchenmotiv der Unverwundbarkeit ab-
wieder von Leaf {Troy S. 328) als möglich be- geleitet sein soll, wie Berthold a. a. 0. 35—42
zeichnet worden ist; denn ^ der sichtbare Kriegs- annimmt.) Darüber hinaus aber mit Beloch
grund ist fast immer irgendein Ehrenpunkt, (S. 190) auch der Aussendung des Patroklos
die letzte Ursache liegt fast ohne Ausnahme und dem Waffentausch ein niythologisches Mo-
in wirtschaftlichen Verhältnissen'. Aber abge- tiv zu unterschieben, verkennt die weit über
sehen davon, daß diese Erwägung für die He- 60 ein gegebenes mythologisches Faktum hinaus-
roenzeit kaum zutrifft, ist auch das Entführungs- reichende Wirksamkeit poetischer Gestaltung:
motiv gerade in der griechischen Sage außer- die Goldrüstung Achills als Ersatz der ^hür-
ordentlich häufig: man denke an die vier von neuen Haut' ist mit dem Waffentausche und
Herodot am Anfange seines Werkes herange- dieser wiederum mit der Aussendung des Pa-
zogenen Beispiele (lo von Argos, Helena von troklos so eng verzahnt, daß sich nicht ent-
Lakedämon; Europa von Tyros, Medea von scheiden läßt, welches dieser Motive in der
Kolchis), mit denen er die alte Erbfeindschaft poetischen Idee das frühere gewesen ist und
zwischen Griechen und Barbaren verdeutlicht. die Umbildung eines älteren, einfacheren, dem
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 41
1259 Trojanischer Krieg Trojanischer Krieg 1260
Mythos vielleicht noch näher stehenden Stoifes gestalten im allgemeinen ab. Für Lesbos ins-
herrorgerufen hat. Jedenfalls ist die Annahme, besondere, wo Belach (1,1", 184) sich den My-
solche Dichtererfindungen seien nur zu dem thos vom Kriej?e um Ilion entstanden denkt,
Zwecke gemacht worden, um verschiedenartige ist das geknüpft an die Ableitung des mytile-
mythologische Motive zu einer dichterischen nilischen Königsgeschlechtes der Penthiliden
Einheit zu verknüpfen, im Widerstreit mit der von einem Sohne des Orestes (v^l. Pnusau. H,
Freiheit dichterischen Schaffens, die, schon dem 2. 1 mit 2, 18. 6), wodurch die Herübernahme
primitivsten Stadium epischen Volksgesanges peloponnesischer Sage sich erklären soll. Aber
eignend, Mythos und Heldensage geformt hat. diese Verbindung ist nur ein, dabei in der
Dementsprechend liegt auch eine primäre Ver- 10 Überlieferung umstrittenes Element der aioli-
bindung eines rein mythischen Achilleus und sehen Wandersage (vgl. Busolt, Griech. Gesch.
einer rein mythischen Helena, die an sich ohne 1*, 273/274), das mit der Ableitung der milesi-
alle Beziehungen zueinander sind, außerhalb sehen Neliden vom homerischen Nestor auf
der Wahrscheinlichkeit. Ihre Vereinigung dürfte der gleichen Stufe steht : offenbar sind hier die
nicht eher erfolgt sein, als nachdem beide Fi- Figuren der griechischen Heldensage primär,
garen aus dem mythologischen Nebel in die ihre Verknüpfung mit den kleinasiatischen
Sph&re der menschlich gestalteten Heldensage Königsfamilien nicht minder sekundär, wie die
herabgezogen waren; d. h. die Verbindung des Herüberziehung z.B. des argivischen Agamem-
Achilleus und der Helena in der troischen Sage non nach Sparta, des troischen Hektor nach
ist von vornherein als eine freie Erfindung dich- 20 Theben (vgl. 0. Crusius, Sagenrerschiehungen,
terißcher Phantasie anzusehen, die mit mensch- Sitzungsher. der hayer. Akad. 1905, 761 f gegen
liehen, von ihrem mythologischen Grunde ab- Dümmler, Bethe u. a.; natürlich muß auch
gelösten Heldenfiguren operiert. Beloch S. 186 f. das Umgekehrte behaupten).
Wann, wo und aus welchem Anlaß diese Von der Annahme einer ursprünglich thessa-
Verbindung sich vollzogen hat, läßt sich ver- lischen Achilleus- Agamemnonsage, die auf der
mutung^weise dahin beantworten, daß die thes- phantastischen Voraussetzung von 'Sagenver-
salische Achilleusfigur mit der Sage bereits Schiebungen' beruht, sehe ich hier ganz ab,
gewandert sein muß, bevor sie mit der Helena- ohne mich in eine Diskussion einzulassen (vgl.
sage, die besonders im Peloponnes feste Wur- Crusius a. a. 0.; Hom. Poetik 1, S. 289 ff.).
zebi geschlagen hatte, sich vereinigt hat. Für so Wenn wir also den Ursprung der eigent-
die Feststellung dieses Wanderzuges aber müs- liehen Trojasage , deren Grundmotiv (Helena)
Ben wir uns von der auf trügerische sprachliche durch eine ursprünglich mythische Anschau-
Kriterien gestützten Petitio principii losmachen, ung angeregt sein mag (mehr zu behaupten
altthessalische Achilleuslieder seien über das ist unzulässig!), mit Wahrscheinlichkeit im
Meer direkt in die Aiolis und von hier weiter Peloponnes, insbesondere in der Argolis, loka-
nach lonien gewandert, die Sagengestaltung lisieren und mindestens in die Zeit der myke-
müsse also im wesentlichen ein Werk klein- nischen Hochkultur hinaufrücken dürfen, so
asiatischer Sangespflege sein. Die Elemente der ist damit noch nicht die Frage beantwortet,
Sage selbst weisen uns in eine andere Rieh- wann die schon zum Heldentypus gewordene
tang: die troische Sage ist eine im wesent- 40 Achilleusfigur in diese Sage hineingezogen ist,
liehen peloponnesische , im besonderen argivi- die weder den poetischen noch den historischen
sehe Sage. Denn fast alle entscheidenden Trä- Kern der Sage unmittelbar berührt. Dies könnte
ger der Handlung auf griechischer Seite, mit an sich erst in Kleinasien geschehen sein; doch
Ausnahme natürlich des Achilleus und seiner liegt es nahe zu vermuten, daß auch diese Ver-
Leute, gehören dem Peloponnes und seiner bindung schon dem früheren, peloponnesischen
nächsten Umgebung an; im Peloponnes vor Stadium der Sage angehört, da Achilleus als
allem liegt der historische Untergrund der Sagenheld sicher in eine noch ältere Schicht
Sage, die an die historischen Fürstensitze der griechischer Kultur hinaufreicht und darum
mykenischen Zeit, insbesondere an das gold- jedenfalls auch den peloponnesischen Sängern
reiche Mykenai selbst, den Zentralsitz der my- 50 nicht unbekannt gewesen ist. Ja, wenn der
kenischen Kultur im Mutterlande, anknüpft; Sage vom Trojanischen Kriege überhaupt ein
hier wurzelt der Helenamythos, der in poeti- geschichtlicher Kern innewohnt, und zwar diese
scher Umgestaltung das romantische Haupt- Kämpfe von Anfang an um die (mythische) Per-
motiv der Sage geliefert hat. Demoregenüber son des Achilleus sich gruppiert haben, so würde
fehlen in Kleinasien alle realen Bedingungen, uns das für die entscheidende Erweiterung der
die wir für die Bildung der troischen Sage vor- Trojasage um so wahrscheinlicher in die pelo-
aussetzen müssen. Das Troja der mykenischen ponnesische Sagenzeit hineinführen; denn dann
Zeit, das außerhalb des Hauptstromes früh- würde wohl jene alte Liedüberlieferung über-
griechischer Kultur lag, vielleicht nicht einmal haupt der Anstoß gewesen sein, durch die He-
eine griechische Bevölkerung hatte, kommt 60 lenasage die Trojakämpfe mit den peloponne-
dafor nicht in Betracht, noch weniger die dorf- sischen Königen in Verbindung zu bringen und
ähnliche Niederlassung der nachmykenischen durch die poetische Fiktion des Trojazuges
Zeit hier, die sicher nicht mehr griechisch ge- unter argivischer Führung gewissermaßen ein
wesen ist. Die kleinasiatischen Kulturzentren Sammelbecken für den ganzen Schatz der grie- «
des griechischen Mittelalters andererseits sind chischen Heldensage zu schaffen. Wann und 9
für die erste Gestaltung der Sage schon zu jung, in welcher Weise dann dieses Sammelbecken ^
auch geht ihnen ein unmittelbares Interesse wirklich gefüllt worden ist, bis es selbst exo-
an den peloponnesischen Mythen und Heroen- tische Figuren wie die Amazonen und Aithio-
1261 Troklimerie Tropaios 1262
pen in sich aufgenommen hat, entzieht sich St. wohl richtig bemerkt. Im Et. M. IQÜ.bl
unserer Kenntnis. Jedenfalls ist auch das klein- wird der Beiname T. für Hera ebenso begrün-
asiatische lonien, wohin der peloponnesische det. Einen tieferen Grund als da« Bestreben,
Heldengesang durch die ionische Wanderung sie als Gemahlin des Zeus an dessen Ehren
gebracht werden mußte, beim Prozesse dieser teilnehmen zu lassen, darf man ihm nicht zu-
Sagenbildung nicht mehr unbeteiligt gewesen. schreiben. [Eugen Fehrle.J
Diesem jüngsten Stadium scheint z. B. der He- Tropaiophoros s. zu Tropaiuchos.
raklide Tlepolemos anzugehören, der nach dem Tropalo» (7 poTtato? altattisch, IgönccLog spä-
8chi ff sk atalog B 057 der Führer der dorischen ter) [K. Woelcke, Beitrüge zur Geschichte des
Khodier ist; vielleicht auch sein lykischer Geg- lo Tropaions, Bonner Jahrb. 120 [l'Jll], 129 f.)
ner, der Zeussohn Sarpedon, wenn Robert, Bild 1) Beiname des Zeus. Sophokles lilßt Deia-
iind Lied 118 den Kampf dieser beiden Helden neira beim Anblick Kriegsgefangener ausrufen:
mit Recht als eine in der Südwestecke Klein- m Zev TQonals, [ltj nox' tlalSoi^i ae \ TtQÖg roi)-
asiens beheimatete Lokalsage angesprochen hat: ftov ovxo} GniQiia xoiQV^ccvtcc noL. Ebenfalls auf
'Sarpedon als Sieger über den rhodischen He- Zeus als" Siegverleiher bezieht er den Beinamen
rakliden bedeutet eine Spiegelung der Span- in di^r Antigone 1A:\^.: ^Etctcc Xoxayol yug iq>'
uung und Kämpfe in der südwestasiatischen knrcc nvXaig \ xccx^ivtsg l'ooi itgog l'aovg iXmov \
Welt, wobei die lonier mit den Lykiern ver- Zrjvl xQOTtaioa ndy%aX-Koc xiXri. So auch Eurip.
eint sich als Gegner der dorischen Hexapolis Heraldeid. 936 f. : Bq^xu? Jiog xgoTtcclov y.aXXi-
empfinden' [Immisch in diesem Lexikon s. v. 20 viy.ov \ lgxccöcxv und 867, wo der Chor auf die
Sarpedon Sp. 403). Doch wird man der An- Siegesnachricht ausruft: 00 Ztv xQonate, vvv
nähme von Lokalsagen in der Ilias keineswegs i^ol öaLvov cpoßov | iXsvd'sgov nägsoxiv iniccg
jene weite Ausdehnung geben dürfen, wie es siöLdelv. In der El. 671 sagt Orest: o) Zsv tccc-
neuerdings vor allem durch Bethe auf willkür- xgibs xat xgonat' ix^g&v iy.cav. Nach Paus. 3,.
liehe Vermutungen liin geschehen ist. Sicher 12, 9 errichteten die Dorier xov . . . Tgonaiov
ist die Ilias, nicht anders als die kyklischen ^lög Isgöv, nachdem sie ihre Feinde geschla-
Epen, in erster Linie als eine geniale dichte- gen hatten {Woelcke 134 f.). Der Beiname T.
rische Schöpfung zu werten, in der die poeti- findet sich mehrfach auf Inschriften: IG 4,
sehen Elemente über die historischen Remi- 1295 {Epidauros, 3. Jahrh. v. Chr.) zJibg Tgo-
niszenzen, vom Mythischen ganz zu schweigen, 30 ticclov Ni . . . . Am Jahrestag der Schlacht bei
bei weitem überwiegen, in der vor allem die Salamis opferten die attischen Epheben dem
Nebenfiguren mit Bestimmtheit nur in ihrer Zeus T. 7(t 2, 467,27: IlgoocvccTcXsvGavxsg dh
»oetischen Funktion erfaßt werden können. xccl inl xgoTtaiov Sv6l itXoloLg I^Q-vgccv tw JlI
[Drerup.] t« TgoTtccicp. Vgl. IG^ 2, 469, 17 f. und 47i,'^8.
TroHimene, provinzialer, weiblicher Schutz- Dittenberge'r, Syll.^ 2, 717, 27 f. L. Grasberger,
geist, nur bekannt durch die griechische In- Attische Epheben-Inschriften, Verhandlungen der
Schrift eines Altars, der im J. 1872 in Sieben- philol. Gesellschaft in Würzbiirg hrg. v. Urlichs
bürgen (Transsilvanien) bei Maros -Porto [von (Würzburg 1862) 54fiF, Auf attische Verhält-
Karlsburg den Marosfluß abwärts, CIL 3 Suppl. nisse bezieht Svoronos, Journal internat. d'arch.
(2), Tab. V, Hn (Nebenkarte)] gefunden wurde, 40 numismat. 12 (1909/10), 121 ff. (Wochenschr. f.
jetzt zu Hermannstadt, CIL 3, 7766 (Suppl. 1 klass. Philol. 1910, 929) die Inschrift von Chal-
p. 1394): i^ iTtixayrjg ^rjxgbg Tgo-aXL^'^vrig. kis auf Euboea: z/tt] Tgonai^ai iv Kvvo[6dgysL.
Der Fundort liegt in der einstmaligen römi- Aus der späteren Königszeit Pergamons stammt
sehen Provinz Dacia Apulensis (nach Apulum die Weihung: Ju TgoTCccico xal xa> druLco {In-
= Karlsburg benannt). — Stifterin oder Stifter schrift v. Perg. 1, 237). Auf der pergamenischen
sind nicht genannt, vgl. CIL 13, 4304 und dazu Inschrift 247 n4 ist ein öffentlicher Festkalen-
Lothr. Jahrb. 8 (1896), 1 S. 68, 2. f| imxayfig der aus der jüngsten Königszeit oder schon der
entspricht der lateinischen Formel ex iussu. — ersten Römerzeit. Darin sind neben alten auch
M-^xrig ist eine Bezeichnung, welche außer an- Erinnerungsfeste an neuere Ereignisse und Per-
deren Gottheiten insbesondere auch der klein- 50 sonen verzeichnet, darunter ein Beschluß, nach
asiatischen Kybele gegeben war, s. 0. Bd. 2, 2, dem der 18. jedes Monats gefeiert werden soll:
Sp. 2848 ff. (wo auch unsere Weihinschrift an- diä xi]v ysvo^ivriv vTtb xov ^ibg xov Tgoncciov
geführt wird). Toutain, Les cultes pa'iens dans imcpdvsiav. Das angedeutete Ereignis kennen
r Empire rom. 1,2 p. 75 zählt mit anderen geo- wir nicht, dürfen aber annehmen, daß Zeus
graphischen Beinamen , welche das Beiwort einmal den Pergamenern im Kampf erschienen
Idaea der Magna Mater (Kybele) ersetzen, auch ist und zum Sieg verholfen hat. Zeus wird
TgoxXi^rivri auf. Vgl. Schwenn in der Neuen auch sonst als Helfer im Kampf und Siegver-
Bearbeitung von Paulys Beal - Encyclopädie d. leiher verehrt: Bei Apul. de mundo 37 werden
AU. Ba. 11, 2, Sp. 2289, 46. — Der griechischen unter seinen Eigenschaften aufgezählt: est mi-
Sprache begegnen wir öfter in inschriftlichen 60 litaris, est triumphator et propagator, trophaeo-
Denkmälern der Provinzen Daciae, was in der phorus. Aristid. or. 1 S. 11 D d f.: . . . iv dh ^ä-
dortigen starken Einwanderung aus dem Osten ;tat? xgonalog. Pollux On. 1, 24 (S. 6 Bethe) dsol
seine Erklärung findet (/. Jung, Die roman. vTtsgovgdvioi . . . ol ccvxol -aal . . . xgoncaovxoL,
Landschaften des röm. Reiches S. 381 f.; vgl. den Ix^öiot, xgonmoi, ccjtoxgonaiot^ Xveioi., xcc&dgaioi.
Art. Turmasgad, am Ende). [Kenne.] Kriegerische Eigenschaften kommen dem Zeus
Tropaia (Tpo:rata) heißt bei X^/Äo^J/^ro^ 1327 f. als König zu (vgL Gruppe, Gr. Myth. u. Relg.
Hera, nocg' oeov v.a.1 ccvxri ol vLK&vxsg, coö'xsg 1117). Ob der Beiname T. von Anfang an mit
TGJ z/ii, xgoTtcciov dvBxiOsaav^ wie Tzetzes z. d. der Sitte, xgonccta zu errichten, zusammenhing,
41*
1263 Tropaios Tropaios 1264
ist fraglich ( fToe/cA« 186 ff.). Die tpojcara sind liehe Bemerkung dea Tacitus {Germ. 4:ii), die
erst für nuchAomm«che Zeit 2U erweisen. U. v. jedem Soldaten, der im Nahkampf stand, klar
Wilammoitz (Aischylos Jtiterpretationen 107 f.) ist und den Griechen nicht fremd war {Gor-
bringt sie mit dem 'kriegerischen Komment' gicts, Encom. Hei. 6), gibt die Erklärung. Das
zasammen, den die dorische Sitte des 7. Jahrh. xgoxalov ist zunächst vergänglich, mehr als
aufbrachte. Da auch der Beiname T. erst von der Gott, der zum Sieg geholfen und im Ge-
Sophokles ab zu belegen ist und da dem Zeus dächtnis der Leute weiterlebt. Aus dem Augen-
am meisten tgonaicc geweiht waren, wird man blicksgott wird ein Sondergott, der im allge-
die Sitte der Siegeszeichen und der Beinamen meinen bei Kämpfen angerufen wird. Der Son-
nicht trennen: beide weisen auf die t^o^rij, d. lo dergott geht in dem König Zeus, dem das
h. die Flucht der Feinde, können von hier aus Staatswöhl und damit auch der Kampf für das
selbständig entstanden sein, waren aber in Vaterland untersteht, auf. Bevor die letzte Knt-
ihrer Geschichte eng verbunden. wicklung vor sich gegangen ist, muß T. schon
An sich könnte man daran denken, den eine ziemlich feststehende Vorstellung erweckt
Beinamen T. neben dXt^Uaxog^ aartJQiog, ß(o- haben, die über das rein Begriffliciie des Na-
xi^Q u. a. Namen zu stellen, die den Zeus als mens und die vergängliche Gestalt des alten
Abwehrer von Übeln und Helfer in aller Not Augenblicksgottes hinausging. Nur so war es
bezeichnen {Grupj)e 1118,2) T. hätte dann möglich, daß dieser Soudergott nur in einem
etwa denselben Sinn wie vielfach ccTtotgoztcclog. Gott aufging, während sonst 'der durchsichtige
An die inorgonaTot pflegte man sich zu wen- 20 Ausdruck des Begriffes' sich im allgemeinen
den, wenn einem etwas widerfahren war, was mehreren undurchsichtig gewordenen Gottes-
ein schlimmes Zeichen enthielt {Plut. Mor. namen anhängt, knorgonaiog z. B. heißt sowohl
149 D, B. 1,366). Der Beiname ist auch für Zeus wie ApoUon und Herakles, 'Anorgonocia
Zeus überliefert: Dittenberger, SyW.'' 3, 1014 b, Athene (C/sencr, Götternamen 312 ff.). Die Ent-
70(21). An solchen Zusammenhang dachte wohl wicklung des Sondergottes T. ist wohl bei den
der Verfasser der Aufzählung der d'sol vTtsQovgd- Doriern vor sich gegangen.
VMt bei PoU. a. a. 0., der rg63tcaoi. und ano- Nachdem die Tgonocla als dem Zeus eigen
rgorraioi neben ixieioi, Ivötoi, -Kccd-ägaioi nannte. empfunden waren, wurde er rgonaLO(f6gog {Apul.
Aber der Sinn der obengenannten Beispiele a. a. 0.) und TQonaiovj^og {Poll. a. a. 0.; Plut.
spricht gegen eine solche Erklärung. Auffallend so Parall. p. 306. Weitere Belege bei Woelcke 133ff.).
ist, daß nur dem Zeus die Eigenschaft des T. Den letzteren Titel haben in spätrömischer und
in der Schlacht zukommt und die tgonala über- byzantinischer Zeit sich Herrscher zugelegt
wiegend ihm dargebracht sind (von Sulla be- (Dittejiberger, Syll. Orient. Gr. inscr. sei. 2,7 2ii, 2.
richtet Plutarch p. 464 zolg rgoTtccioig iniygutpsv Vgl. Daremberg-Saglio, Dict. 5, 694).
"kgri xccl NUt]v ticcI k(pgodixr\v, solche Ausnah- 2) Beiname des Poseidon. Nach einer bei
men beweisen nichts gegen die Regel), wäh- Athena^us 8 p. 333 B {FHG 3,254,10) über-
rend auch andere Götter um Sieg angerufen lieferten Erzählung des Poseidonios errichtete
werden und Danksagungen für Beistand im Sarpedon dem Poseidon T. bei Ptolemais einen
Kampferhalten(f7sewer, Ä^Z. /ScÄr. 4, 212). Benn- Kult, nachdem seine Feinde bei einem Sturm
dorf will {Monument von AdamkUssi 130) diese 40 im Meere umgekommen und ihre Leichen zu-
Tatsache zurückführen 'auf eine Epoche des gleich mit einer Menge von Fischen ans Land
Ursprungs, in der die Religion des obersten geschwemmt worden waren. Das Eingreifen
Gottes strenger als später die anderen Kulte des Poseidon war hier so offensichtlich, daß
überwog. Dazu treten Überlieferungen, welche das Abweichen von der Regel, den Zeus T. zu
den dorischen Stamm als Träger der Sitte (Tro- verehren, verständlich ist. Denn die Vemich-
paia zu errichten) vermuten lassen'. Aber aus tung des Feindes geschah im Bereich des Po-
dem Wesen des Zeus allein und seiner Erha- seidon und durch seine Gewalten, Wasser und
benheit über andere läßt sich die Tatsache, Sturm. So scheint mir aus der ganzen Erzäh-
daß er fast ausschließlich T. genannt wird und lung der Name eher erklärlich, als wenn man
xgoncctcc erhäJt, nicht erklären. Wir müssen 60 ihn dem Poseidon als Verleiher der rgoTtalai,
dazu auch den Begriff des T. ins Auge fassen. d. h. der Seewinde zuschreibt ( Woelcke 218, 14),
Offenbar haben wir darunter zunächst einen Die Mantineer sahen im Kampf mit den Spar-
Augenblicksgott zu verstehen, der in jedem ge- tanern den Poseidon, der in der Nähe ein
gebenen Falle um Sieg angerufen und nach Heiligtum hatte, persönlich eingreifen und er-
einem siegreichen Kampf als Siegverleiher ge- richteten ihm deshalb ein tgoitociov {Paus. 8,
feiert wird und oft ein Siegeszeichen auf dem 10, 8). Für Numenios, den Feldherrn Antiochos
Schlachtfeld erhält. Das Wort tgoTcalog ist d. Gr., lag ebenfalls ein besonderer Grund vor,
immer aktiv gebraucht von dem, der eine rgoTtrj für seinen Doppelsieg dem Zeus und Poseidon
bewirken soll oder bewirkt hat. Fälschlich Tropaia zu errichten {Plin. N. H. 6, 152: Mira
nimmt Pape im Handucörterh. d. gr. Spr. s. v. eo res ibi traditur, Numenium . . . ibi vicisse eodem
auf Grund von Eur. El. 468 f. auch eine pas- die classe aestuque reverso Herum equitatu con-
sive Bedeutung an. Dort werden die Schild- tra Persas dimicantem et gemina tropaea eodem
zeichen des Achilleus aufgezählt und wird zu in loco lovi ac Neptuno statuisse). ^
ihnen bemerkt: "Exropog öfniaet rgonccloi (so 3) Athene './^TroT^OTrata wird in einem Ehren-
Barnes für das überlieferte tgoitocloig)^ d. h. die dekret für die neun Strategen in Erythrai aus
den Augen des Hektor die tgonri bewirken, dem Jahr 274 v. Chr. neben Zeus 'AnorgoTtccLog
daß er sich zur Flucht wende. Nam> primi in genannt: Dittenberger, Syll.^ 3, 1014 b, 70 (21)
Omnibus proeliis ocvii vincuntur. Diese treff- u.c. 115(3). BeiDionys.Byzant.fr.il {C. Mül-
1265 Tropaiuchos Trophonios 1266
ler, Geogr. gr. min. 2,24) ist eine Minerva die- Ampel. 9, 5; vgl. Corvil. bei Myth. Vat. 2, 41;
sipatoria angeführt. Schol. Stat. Theh. 4, 482), der ihn dem Hermes
4) In übertragenem Sinne ist der Heiname KaTa;g'0"df/off gleichsetzt (vgl. auch yln<o6. 4, 14),
XQonuiotfOQog iiir Aphrodite {Anth. Pal. ö, 293, scheinen ihn Bakchos-Iscbys (Valens) und Per-
24 axiymccxcc aol srieloj, Kvtiql tgoTtaiocpoga)) sephone-Koronis gezeugt zu haben;
und für Pan {Anth. Fal. 16,259,2: WrQrjg iv. b) nach einer von Schal. Aristoph. vEcp. 508
nccgirig ^e nöUv xorrä TlaXläöog a.v.Qr]v \ ötfjaav überlieferten Stammtafel sind oi tcbqI y/ya/xr?-
'Ad"rivatoL Flava xQOTtaiocpÖQOv) gebraucht Vgl. drjv, also -vermutlich auch Trophonios, Söhne
Tropaiuchos. [Eugen Fehrle.] des Apollon und der Epikaste. Apollon als
Tropaiuchos (Tgonaiovxog) , zunächst Bei- lo Vater nannten auch Philostr. ßiog knoXX. 8, 19
name des Zeus, eng verwandt mit dem xgo- und Paws. 9,37,4, uneheliches Kind Epikastes
naiog (s. o. Tropaios). Inschriftlich belegt in heiQt Ti. hei Charax (Schol. Aristoph. vscp. 60S);
Attaleia (Pamphylien) CJGr 3, add. 4340 fg c) nach anderer Überlieferung bei Schol.
(S. 1158 f.), wo ein Priester des Zeus Tr. er- Aristoph. a. a. 0. sind ol nfgl 'AyaiLri87\v Kin-
wähnt wird; vgl. v. Laricloromki, Städte Farn- der des Zeus und der lokaste;
phyliens u. PisidievsH,ibl nT.6; Le Bas-Wad- d) nach einer dritten Überlieferung ebd.
dington, Ante min. 13G2f.; Farnell, Cults 1,164, sind sie Kinder des Erginos (und der lokaste?).
12:i. Neben vielen andern Epitheta des /eus So schon i/om. v/iiv. 2,118. — Vürtheim, De Aiacis
nennt Arist. de mundo 12 {ed. Wech.) das des origine, cultu, patria 192 erklärt den Namen
Tr., das auch bei Fs. Flut. Farall. p. 306 B und 20 Erginos aus der Tätigkeit der Söhne als Bau-
Cornut. theol. gr. comp. {ed. Lang 9, IG) c. 9 be- meister;
gegnet. Neben Tgonaiovxog stellt iJion. Hai. e) nach einer vielleicht (s. aber u. § 6) ver-
Antiq. 2, 34, 4 6v.vXocp6gog und v-K^gcpigixrig als derbten Angabe bei Schol. Stat. Theh. 7, 345
gleichwertige Ausdrücke {ag a^iovai rtrfg) mit Tr. et Agamedes *Tauropolitae fratres fuerunt'
Entsprechen des lat. Feretrius (vgl. Wissowa, filii Aug(i?)ae famo.^issitni.
Kealenc. 6, 2, 2210), das im Mon. Anc. mit xgo- § 2. Es werden aüch
7iaLO(p6gog wiedergegeben wird {CIGr 3, 4040 Kinder
col. 1,8). Augustus hat dem Zeus Tropaio- ^^^ .j.^ erwähnt, denen vor dem Betreten der
phoros und Brontesios auf dem Kapitol lern- Orakelhöhle in Lebadeia geopfert wurde (Pai^.
^fi ^'^"oo V^ ^f:.o^oa^ ''n- ^' 20f. (Ausg. Diehl, 30 3 ^ ^ ^ ^ .^^ |. ^ Alkandros
^ ^- f • f^-t. ^- '' '• """ """"i '°f '''" (Charax bei Schol. Aristoph. vscp. 5(.8) und Her-
^n!o^ ^'^? TZ'- ^^^^^t^^^'*^*: ^rJT'' kyn(n)a (0. 1, 2300, 3o/). Die Tochter heißt
HO ^3,4; yglBoettrger, Kl. Sehr. 2, 178^Tro- J-^^^^ ^^^i^^l^^^ ^^^ ^^^^ ^ ^^^ ^^^ Ein-
paiophoros heißt sie hei J)wd. 18, 26. Follux ^^^. jjöhle des Tr. in Lebadeia fließende
faßt die Siegeszeichen erhaltenden und tragen^ Bach, in dem sich die Besucher des Heilig-
den Gottheiten zusammen in den Samme begriff ^^^^'^^ ^ ^^ ^^^^ ^.^ y,ccvr^cp6goi des Zeus
der^soc xgonaiovxo,, {Onom. 12iBethe).J ro- ^^^^^^', ^^IJ ^ ^ ^^ '^J^^^^
paiophoros: Kvpris, J.. P. 5, 298, 24 (^grafAtas), ^ ^ u j
Theod. Frodr. Bhod. 9, 202; Orac. graeca coli. Die Sage (§ 3—5)
Hendess 201,7; Pan in Athen, A. P/«n. 259 40 kennt Tr. als von Demeter- Europa gesäugt
{aöriXov). Späterhin heißen auch Kaiser so : Julian {Faus. 9,39,5), die auch ebenso wie Tropho-
ist iiiyiGxog vihtjt?)^ yial tgo-jcaiocpogog., Dessau, nios' T., die Stifterin ihres Kultus in Leba-
Inscr. lat. sei. 2,8808; ^iyiaxog...6 v£Ly.7]X7]g yLul deia {Schal. Lykophr. 153), und wie der eben
xgoTtsov%og Dittenherger, Syll.^'inr.^^O^h., auch genannte, beim dortigen Heiligtum vorbeiflie-
Feldherrn wie die xQonaiovxot bei Dittenb., ßende Bach, an dem Köre gespielt haben soll
Or. gr. inscr. 723, 2 (383 — 392 n. Chr.): ^quod {Faus. 9,39,2), den vielleicht vorgriechischen
epitheton item Byzantinorum aetate semper in Namen Herkyn(n)a {Lykophr. 153) führte. Mit
usu mansit' Dittenb. ebda nr. 722 Anm. 1 (vgl. Agamedes zusammen galt Tr. als geschickter
Constant. Man. Chron. im CSH Byz. 18, 3503). Xid-o^oog (Schol. Aristoph. vscp. 508) und Bau-
Von Zeus wird Tropaiuchos auf den christ- 50 meister. Beiden werden folgende Bauwerke
liehen Gott übertragen: cpoßsg^, vixTjxä, xgoTcai- zugeschrieben:
ov%h, axaöiccQxa Anecd. Boiss. 5,47 (Martyr. des a) Amphitryons Haus in Theben, Faus.
hl. Arethas), von den Peldherrn auf Märtyrer 9,11,1;
wie auf den hl. Georg, der Tropaiophoros heißt b) Apollons zweiter (Strab. 9,3,9, S. 421)
{Kraus, Beal-Enc. d. christl. Altert. 2,923) oder oder vierter (Faus. 10, 5, 13) Tempel (Find. fr.
auf den xgoTtaiocpoQwv Gregorios {Const. Man. 2 bei Flut, consol. ad Apoll. 14; Schal. Luk.
Chron. 6275). [Preisendanz.] V8v,g. didX. 10; Charax bei Schol. Aristoph. vsrp.
Troplieus s. Traphos. 508; Cic. Tusc. 1,47,114; äSvxov, Steph. Byz.
Trophonios (Tgocpcaviog, auf boiotischen In- JsXcpoi 22^,21) oder dü.s xs^svog (Fs -Fiat, k^iox-
Schriften meist Tp^qp., s. 76^.3055, 2; 3080; 3081; 60 6,367 c) oder der Xäivog oväog (Harn. v^v. 2,
3083; 3086; 3087; 3090; 4136, 1; Tgocpmviog 118) oder das Isgov (Kosm. ade. S. Gregor. 64.
ebd. 3077; 3098; 3426). 281 [in Mignes Fatr. Gr. 38,513]) in Delphoi.
§ 1. Über seine c) Auch das Heiligtum des Apollon in Pa-
gasai soll Tr. erbaut haben (Herakl. Font, bei
Abstammung Schol. Hesiod. 'Aon. 70, FHG 2, 198a).
gab es folgende Überlieferungen: d) Augeias' Schatzhaus in Elis (Charax
a) nach dem ^ Götterkatalog' (Michaelis, bei Schol. Aristoph. a. a. 0.; vgl. Suid. slg Tg.
Orig.ind. deor. 19, 21; Cic. nat. deor. 3, 22, 56; iis^dvtsvxai);
1267 Trophonios Trophonios 1268
e) Hyrieus' Schatzhaus, wahrscheinlich in Gercke, Neue Jahrb. 8, 1905, ^51 ist Tr. nicht
Hyria {Paus. 9,37,6); im Bereich seiner Orakelstätte zum Baumeister
f ) Poseidons Tempel in M antin eia(Pau«. geworden, sondern irj^endwo sonst, 'wo eine
8,6,6), um den sie einen wollenen Faden ziehen andere Seite der mythischen Gestalt die Phan-
{Paus. 8,10,3; vgl. über den ein Heiligtum tasie erregte, und zwar hier frei vom Zwange
umhegenden Faden Pley, De lancie in antiquor eines festen Kultus'. Das scheint mir unsicher,
ritib. usu. RV u. V 11,2, lUll, S. 86f.). aber im allgemeinen werden die Heroen, die
g) Außerdem baute Tr. für sich selbst eine nach dem Tode weissagen sollten, in der Tat
xaroiffvxi} oinrioig {Charax a. a. 0.) oder ein vielmehr zu Deutern der Zukunft gemacht, wie
inoysiov oinrifia {Schol. Aristoph. vtq>. 608), in lO dies vereinzelt auch bei Tr. geschehen ist
dem er geweissagt und den Tod erlitten haben {SchoL Aristoph. a. a. 0., Kosm. ad c. S. Greg.
soll, d. n. eben die spätere Orakelhöhle. Vürt- 64 in Mignes Patr. Graeci 38, öl2).
heim. De Aiacis or , cultu, patria 192 hält für Abgesehen von dem zweifelhaften Zeugnis
möglich, daß aus deren sonderbarer Form die der Telegonie sind die ältesten Gewährsmänner
Sage von den kunstreichen Baumeistern ent- für die Baumeister Tr. und Agamedea der
standen sei. Sänger des homerischen Hymnos auf den del-
§ 4. Mit dem Schatzhaus des Augeias {Cha- phischen ApoUon, der wahrscheinlich gegen
mx a. a. 0.; Suid. dg Tgotpönviov) oder des Ende des 7. Jahrh. gedichtet ist, und IHnd.
Hyrieus {Paus. 9, 87, 6 ff.) ist der bekannte No- a. a. 0., der die delphische Überlieferung von
vellenzug vom Meisterdieb verbunden, den He- 20 der Stiftung des Tempels wahrscheinlich einem
rod. 2, 121 vom Schatzhaus des Rhampsinit er- Gedicht des ü. Jahrh. entnahm. War Delpho
zählt. Weil in Elis wie in Boiotien Minyer der Ausgangspunkt der Vorstellung, so erklärt
gewohnt haben sollen, glaubte 0. Müller, Min.* sich deren rasche Verbreitung aus dem Einfluß
90 f., dem noch Studniczka, Kyr. 6 gefolgt ist, dieses Heiligtums.
daß das Märchen einer Sage dieses Stammes § 5. Sonst weiß die Sage nur noch von Tr.'
angehöre. Vürtheim, De Aiacis or., cultu, pa- Tod zu erzählen, der verschieden berichtet
tria 202 sucht diese Ansicht mit der Maßgabe wird. Nach Pind. fr. 2, Cic. Tusc. 1, 47, 114
zu halten, daß der kyrenaiische Dichter ein starben er und Agamedes plötzlich, nachdem
ägyptisches Märchen mit einer äußerlich ahn- sie den Gott um den besten Lohn für den
liehen, griechischen religiösen Überlieferung so Tempelbau in Delphoi gebeten hatten. Ob diese
verschmolzen habe. Allein der kyrenaiische Geschichte Vorbild oder Nachahmung der Sage
Ursprung der Telegonie ist vielleicht aus dem von Kleobis und Biton war, die, wie v. Wila-
in ihr vorkommenden Sohn des Odysseus er- mowitz, Arist. u. Ath. 1,268,18 vermutet, He-
schlossen, nach dem der Battiade wahrschein- rodot in Delphoi hörte, und die wahrscheinlich
lieh seinen Sohn genannt hat, weil er seinen dort auch gedichtet i^t, bleibt zweifelhaft, denn
Ursprung auf Odysseus zurückführte; und nach- wenn auch die Kleobissage vielleicht einen
dem G. Paris in der nach seinem Tode erschie- sehr alten Zug, die Zurückführung der Mond-
nenen Untersuchung {Bev. hist rel. 55, 1907', göttin durch die göttlichen Zwillinge, enthält
306 ff.) die außerordentlich weite Verbreitung {Eitrem, Christiania Vidensk. selsk. f'orh. 1905,
dieses Zuges erwiesen hat, kann nicht mehr 40 Itf.), so hat sie dann doch ursprünglich nicht
bezweifelt werden, was schon Buttmann, My- am Schluß den schmerzvollen Gedanken ent-
iÄoZo^u» 2, 228 aussprach, daß ein orientalisches halten, daß für den Menschen der Tod das
Märchen zugrunde liegt. Daß dies bereits in Beste sei. Eine zweite Überlieferung läßt den
einem epischen Gedicht (t>. Wilamowitz, Hom. Tr. (auf der Flucht vor Augeias, Apostol. 6, 82,
Unters. 184 und besonders Hartmann, Unters. wo Aigaios überliefert ist) wie Amphiaraos von
über die Sagen vom Tode des Odysseus 65 ff.) der sich spaltenden Erde verschlungen werden
auf Tr. übertragen war, scheint mir nicht sicher; {Suid. sig TQorp(oviov\ Ps.-Plut. nago^i. 'AI. 1,
die vermutlich im 6. Jahrh. entstandene Sage 61), und zwar bei der Grube, an der unter An-
von dem Tode der beiden frommen Baumeister rufung des Agam. ein Widder geopfert wurde
in Delphoi kennt noch nicht oder verschmäht 50 {Paus. 9, 37, 7). Eine entfernte Ähnlichkeit zeigt
wenigstens die Überlieferung von den beiden auch die von 0. Müller, Min. 91 verglichene
Dieben, von denen der eine den Tod in Elis Legende vom Lyssosberg bei Ephesos, s. u. § 7
findet, während der andere seinem Bruder pie- Von einer dritten, den ^Jüngeren' zugeschrie-
tätlos den Kopf abschneidet, um nicht selbst benen Todesart des Tr., nämlich von seiner
gefangen zu werden; und auch Herod. 2,121 Verhungerung, ist hei Schol. Aristoph. vscp. 508
hat schwerlich eine solche Überlieferung vor die Rede, ohne daß Genaueres mitgeteilt wird,
sich gehabt, da er sie sonst kaum unerwähnt Nach Luk. vskq. diccX. 3,2 (vgl. Seh.) war Tr.
lassen konnte. Die Geschichte tisqi Tq. xal in der Höhle bei Lebadeia auch begraben.
kyaiLTidriv xal Aiyiav^ die nach Proklos' Aus-
zug aus der Telegonie (bei Kinkel, Epic. Graec. 60 Ortliche Verbreitung.
fragm. S. 57) auf dem Becher von Augeias' Rninfip« (s. (^ i\
Enkel Polyxenos (0. 3, 2744, 19) dargestellt war, ßoioti en (^ö o. /;
braucht deshalb nicht notwendig auf das Mär- ist diejenige Landschaft, in der Tr. am feste-
chen zu gehen, weil Augeias noch in anderen sten wurzelt. Er ist S. der lokaste oder Epi-
Beziehungen zu Tr. stand (s. u. § 5). — Was die käste, die in einem andern Sagenkreis Gemah-
Übertragung des Sagenzuges auf Tr. und Aga- lin des am Laphystion begrabenen Laios
medes veranlaßte und warum diese als Bau- beißt, und nach diesem den Zeus verehrenden
meister bezeichnet werden, ist unbekannt; nach Heiligtum weist auch die Überlieferung, die
I
1269 Trophonios Trophonios 1270
den Tr. zum Sohn des Zeus und der lokaste yvga 611,8 nach Kallisthm.) oder als advxov
macht (Schol. Ariatoph. vecp. 508). In anderer Isgov rov Tqorpoiviov {Paus. 4,16,7) bezeichnet
Überlieferung ist sein Vater der orchome- wird, die Kode; vgl. z. B. »Straft. 16, 2, 39, S. 762;
nische König Erginos (PaM..s. 9, 37, 4). Nach P/m<. <ic/". or. 5; .4 Ws<?V/. 38, 21, S. 318, 10 Ä". =
Schol. Stat. Theb. 7, 345 waren Tr. und Aga- 1, S. 78 iJäf.; Greg. Naz. or. 39, 5; Bd. 36,
medes Tauropolitae fratres. Die Stelle ist mög- S. 340 in Mignes l'atr. Gr.; IG 7, 3056. Daß
licherweise verderbt und der Gewährsmann am Eingang ein Standbild des Tr. von Euthy-
überhaupt unzuverlässig; doch bietet er bis- krates sich befand, ist nicht m. R. aus Plin.
weilen richtige Angaben, die sonst nicht über- n. h. 34,66 gefolgert worden; s. O. Jahn, Hh.
liefert sind. Es ist daher die allerdings geringe lo Mus. 1), 1855, 318. Bei der Befragung des Ora-
Möglichkeit im Auge zu behalten, daß es g,m kels waren seltsame Gebräuche zu beobachten,
Westrande des Kopaissees ein sonst verschol- die z. T. aus ältester Zeit stammten, jedenfalls
lenes Heiligtum Tauropolion gab, das beide den Griechen schon des 5. und 4. Jahrh. so
Brüder für sich in Anspruch nahm; von dort auffielen, daß sie oft, namentlich in der Ko-
könnte Demeter Tauropolos {IG. 7,2793) nach mödie ef-wähnt werden; Alexis {Athen. 6, 41,
Kopai und Demeter Europa nach Lebadeia S. 242c; 10,11, S. 417ef), Kephisodoros {Suid.
übernommen sein, auch würde die Angabe, daß Krjqptffdd.; Athen. 12,78,653a; 15,5,667(1; 40,
Demeter P]uropa den Tr. säugte (o. § 3), sich 689 f.), Kratinos (ebd. 7, 127, 325 e; Harpokr.
in diesen Zusammenhang einordnen. — In inid^rovg iogrccg), Menander {Athen. 12, 12, 611 ;
Theben sollen Tr. und Agamedes das Haus 20 3, 56, 99 f.; 4, 9, 132e; Harpokr. ccbtoXriTivd-oL;
Amphitryons, für den Eponym von Hyria Stob. ccvd-oLd, 20) dichteten einGn'TQoq)mviog* ;
sollen sie eine Schatzkammer gebaut (§ 3) ha- Dikaiarch iv xolg "XbqI tf]g tl? Tgocpoaviov xccra-
ben. Die Stammtafeln und Sagenzüge sind ßcc6S(os zitiert Athen. IH, 6T, ö94: ei.; vgl. 14, 48,
zwar trotz ihres wahrscheinlich hohen Alters 641 e, Cic. ad Att. 6, 2, 3. Dagegen gibt es
nicht ursprünglich, aber sie setzen eine noch keine Kunstdarstellungen des Heiligtums; was
ältere voraus, nach der Tr. in der Legende dafür ausgegeben ist, wie das Vb. aus Aulis
eines namhaften boiotischen Heiligtums vorkam. {Duc de Luynes, Ann. deW inst. 1, 1829, 408
§ 7. Vermutlich war dies kein anderes als T. HJ) hat sich ebenso wie die angeblichen
das in geringer Entfernung vom Laphystion und Kunstdarstellungen des Tr. selbst {Overbeck,
von Orchomenos gelegene Lebadeia; (vgl. 30 Kunstmyth. 2, 1, S. 224ff.) als nicht in den Tr.-
K. Göttling, Narratio de lyraculo Trophonii, Kreis gehörig erwiesen. Jetzt ist die Haupt-
Jenaer Universitätsschr. 1843, und Gesammelte quelle Paus. 9, 39, 5 ff., dessen Angaben im ein-
46/i. 1, 157 ff. ; über die Ergebnisse der neueren zelnen oft durch andere Zeugnisse bestätigt
Ausgrabungen JTpaxTixa 1912, 88 ff.), wo bis in und ergänzt werden. Zunächst fand eine Vor-
die Kaiserzeit hinein das Orakel des Tropho- bereitung im Hause des guten Daimon und
nios geblüht hat. In christlicher Zeit scheint der guten Tyche statt. Schon während dieser
Christophoros an die Stelle des Tr. getreten zu Zeit war eine bestimmte ^reine' Lebensweise
sein {Schol. Luk. vsxQ. SlccX. 10,1, S. 255, 17 B.): vorgeschrieben; der Befrager badete z. B. in
auch das spricht dafür, daß das Tr.-Orakel der Herkynaquelle (Hercynnus, Plin. 31, 15),
bis zum Ende des Heidentums fortbestand. 40 die den Hain des Heiligtums von der Stadt
Sage und Geschichte melden von Befragung abschloß und den Namen nach Trophonios' T.
dieser der Sage nach durch Saon (o. 4,335, Herkyna (§ 2 vgl. o. 1, 2300), der Begründerin
9 ff.) entdeckten Orakelstätte, z. B. durch Xu- des Kultes der Demeter Europa, führen sollte.
thos {Eurip."lcov SOO u..ö.\ Odysseus {Max. Geopfert wurde in dieser Vorbereitungszeit
Ti/r. 14, 2, S. 251iJ. ; darauf bezieht Äüorowos, dem Tr. und seinen Kindern, dem Apollon,
Gaz. arch. 13, 1888, 273 die Abbildung eines Kronos, Z. BccöiXsvg, der Hera ^Kvi6%ri, der
geschnittenen Steines ; s. aber Fwrf7ie«w?, Mwewos. Demeter Europe, die als Tr.' Amme galt und
n. s. 29, 1901, 36), Aristomenes, der auf nach dessen Tochter den Beinamen Herkyna
Geheiß der Pythia hinabgestiegen sein und erhalten haben soll. Bei diesen Opfern wurde
seinen Schild in dem Heiligtum geweiht haben 50 durch Eingeweideschau festgestellt, ob die Be-
sollte {Paus. 4,16,7), Kroisos {Herod. 1,46), fragung zulässig sei, doch waren diese Vor-
Mys, den Gesandten des Mardonios, der einen zeichen nicht entscheidend, vielmehr mußte in
Eingeborenen veranlaßte, für ihn hinabzustei- der Nacht des Abstiegs ein unter Anrufung
gen (jfferod. 8, 134; Plut. kgior. Id), den Sokra- des Agamedes in eine Grube geopferter Wid-
tiker Timarchos {Plut. dai^t. Zio-kq. 21 ff.), der die Zulassung bestätigen (Pai*s. § 6). Drei-
Philipp von Makedonien {Ail. var. hist. 3, zehnjährige Knaben, Hermai genannt, wuschen
45; Val. Max. 1,8, ext. 9 nennt vielmehr den und salbten den Besucher vor dem Betreten
delphischen Apollon), Aemilius Paullus 167 der Höhle {Paus. § 7); eine besondere Tracht
V. Chr. {Liv. 45,27,8), durch Römer zur Zeit {Isgov cxfi^a, Schol. Aristoph. vscp. 508), öd-ovr]
Sullas (PZw^^^vH. 17), ApolloniosvonTyana 60 7Co8r\gr]g {Max. Tyr. 14,2; ioraX^tvog rcctg od-o-
{Philostr. B.'ÄTt. 4, 24; 8, 19) usw. Über die List vccLg ysXoicog, Luk. vsxg. didX. 3, 2; xirav Xivovg,
des Epameinondas vor der Schlacht bei Leuktra Paws. § 8; vgl. die von Philostr. ßlog 'AnoXX.
s. PoZ^/am. 2, 3, 8; Dtofi. 15, 53; vgl. auch Paws. 8,19 erwähnte weiße Gewandung und über
4, 32, 5; Cic. div. 1,34, 74. Auch sonst ist häufig den Gebrauch der Leinwand im Kultus Wäch-
von dieser Kultstätte, die als hgog 6r\v,6g, IG ter, Beinheitsvorschriften 82 ff) und eine cpoivi-
7,3077,2', Tgotpcüviov 6riv.oi {Eurip. "icov 300, ytlg {Max. Tyr. a. a. 0.; nach Pley, De lanae
vgl. Apostol. 15, 43a) oder d'uXdiiai {Eurip. a. in antiquorum ritibus usu, BV. u.V. 11, 2, 1911,
a. 0. 393) oder als Tgocpmviov {Steph. Byz. Ti- S.6 ebenso wie die von Paws. 9,39. 8 erwähnten
1271 Trophonios Trophonios 1272
Binden Ersatz für ein Fell) waren vorgeschrie- eine Tr. selbst sein sollte (s. u.). Die Befra-
ben. Ehe man hinabfuhr, trank man von der Run^^, die bisweilen auch nach Art der Traum-
Quelle der Lethe und Mnemosyne (Paus. § 8; orakel des Asklepios beschrieben wird (vgl.
Piin. n. h. 31, 16), wegen deren Göttling a. a. 0. vsmrsQOi bei Schol. AriBtoph. vstp. 608 iy-KutoL-
7 f. irrig das bei Petelia gefundene Goldplätt- i)öxav öccmoviöv ti rag iiavtslag iriXei; ebd.
chen (Comparetti , Laminette orfiche S. 81) auf am Schluß S(pis ^v d ^avrtvo/if rof) , dauerte
Lebadeia bezog, J. Harrison, Prolegom, to the meist längere Zeit; bisweilen zwar wurden die
Study of Gr. Relig. 680 ff. aber umgekehrt für Konsulenten am selben Tag wieder 'hinauf-
Lebadeia orphische Einflüsse vermutet, und geschickt*, aber es kam auch vor, daß sie
schaute das angeblich von Daidalos (Paus. 9, lo mehrere Tage unten blieben (Plut. datft. ^oixp.
40, 8) gefertigte Bild des Tr., das nur den Be- 21). Man kam an verschiedenen Stellen in
Suchern der Höhle gezeigt wurde (Pat4«. 9, 89, 8). nilherer oder weiterer Entfernung, ange)>li(h
Die Befragung erfolgte in einer unterirdiscoen selbst jenseits von Lokris und Phokis, wieder ans
Höhle (xdoiuc {>y(6poiiov, Strab. 9, 2, 38, S. 414; Tageslicht (Philostr. ßiog 'An. 8, 19); Apollonios
vgl. Paus. § 9), deren Eingang auf einer An- (ebd.) soll am siebenten Tage in Aulis wieder-
höhe oder an deren Abhang lag (Paus. a. a. 0.; erschienen sein. Der lange Aufenthalt in dem
Philostr. ^iOff kn. 8, 19; Schol. Luk. vsxq. S%dX. schauerlichen Raum, dessen Schrecken vermut-
10). Sie sollte dem Saon durch einen Bienen- lieh noch durch äußere Veranstaltungen er-
gehwarm gezeigt sein (Pat<«. 9,40,2; yg\. Schol. höht wurde, scheint oft auch die Seele der
^rwtopÄ. veqp. 508; ähnlich ist die Entdeckung 20 Besucher in Unordnung gebracht zu haben;
der Höhle am Lyssosberg bei Ephesos, Kon. 85; damit sie sich des Geschauten wieder erinner-
andere Parallelen bei Panzer, Beitr. z deutsch. ten, wurden sie auf den Thron der Mnemosyne
3fy<Ä. 2, 478; zur Erklärung s.u. § 18), war aber gesetzt (Paus. 9, 39, 13), sie waren also ver-
sp&ter künstlich ausgemauert (PauÄ. 9, 39, 9; mutlich gleich nach ihrer Rückkehr außerstande
nach Schol. Aristoph. vfcp. 508 erbaute Tr. ein einen geordneten Bericht über ihre Erlebnisse
ixoystov oÜTiriiuc). Das Heiligtum hieß daher abzustatten. Es hieß auch, daß wer das Tr.-
H-nch xaxaßdtnov (Schol. Aristoph. vsff.bOS; vgl. orakel besucht habe, fortan — nach Pau^.
Suid. TQoqxoviov x. y. «.; Apostol. 17,30; vgl. a. a. 0. wenigstens für einige Zeit — nicht
Xatffiaro? väovo^ov xardßaaLg^ Strab. 9, 2, 38, mehr lachen könne, worauf die von übermäßig
S. 414, femer xaraßäg iv TQOcpmviov, IG. 7, 30 ernsten Leuten gebrauchte Redewendung sli:
4186, 1 und den Titel der o. erwähnten Schrift TQOcpojvlov fisjuarrfvrat (Suid. s. v.; Schol. Ari-
des I)tA:atarcÄos) und galt wahrscheinlich schon stoph. vBtp. 508; Zenob. 3,61; Makar. 3,63;
in alter Zeit als Eingang zur Unterwelt (s. Ps.-Plut. nagoiy,. kX. 1,51; Apostol. Q^ S2) hin-
Art. ' Unter icelt^); durch die Trophoniosgrotte weist; vgl. die von Semos bei Athen. 14, 2,
steigt Menippos bei Luk. vstiq. SLdX.21 herauf. Dl4ab, FHG 4,493,8 erzählte Geschichte von
Der Eingang war so, otg tu dxgcc dvvua^cci Parmeniskos. Nach Schol. Aristoph. a a. 0.
yiovu xäiv nvSäiv xfOQfiGai (Apostol. a. a. 0.). entstand dieser Schrecken dicc rrjv rmv bcptav
Die Besucher sollen v-xb xivmv nvBv^Ldtcav un- ^xnXri^iv, da aber der Verlust des Lachens
ter die Erde gezogen sein (Schol. Aristoph. a. sonst auf das Erblicken von Geistern zurück-
a. 0 ; vgl. Philostr. ßiog 'An., 8, 19). Von einem 40 geführt wird, glaubten die Besucher der Höhle
Hineinkriechen durch den niedrigen Eingang vermutlich, in den Schlangen oder außer ihnen
spricht Luk. V8XQ. öidX. 3,2. An einer Stelle Abgesandte der Unterwelt zu erblicken, zu der
mußte eine Leiter zu Hilfe genommen werden die Höhle hinunterführen sollte. Eine ver-
(Paus. 9, 39, 10). Unten in der Höhle hausten wandte Vorstellung knüpfte sich, wie es scheint,
Schlangen, gegen die sich die Besucher durch an die eleusinische ccY^XaGzog nirga-, auch sie
mitgenommene Honigkuchen schützten (Schol. stand an einem Hadeseingang, und vermutlich
Aristoph. vstp. 608; Suid. Tgocpcovlov x. y. n.\ riefen die Mysten von ihr aus die Göttin der
fieXiTovrra; Apostol. 17,30; Etym. Magn. ßovg Erdtiefe herauf. Daß der Besucher des Orakels
204, 6; iiayidsg 573,2; j^ä^a, Luk. vsxg. öi,dX. durch das von Paus. a. a. 0. bezeugte Lachen
3, 2); doch sollte trotz dieser und anderer, beim so seine Rückkehr von dem religiösen Tod kund-
Abstieg drohender Gefahren niemand in der gab, bis dahin also als tot galt, nimmt Warde
Höhle verunglückt sein außer einem Soldaten Fowler, Relig.Exper. Korn. People 112 nT.21 m.E.
von der Leibwache des Demetrios, der in ge- nicht m. R. an. — So wichtig das Orakel für die
winnsüchtiger Absicht in das Adyton gestiegen Religionsgeschichte Boiotiens war, so erschöpfte
war, ohne die Vorschriften zu befolgen. Bis- sich doch die Bedeutung, die Tr. für Lebadeia
weilen sollte Gebrüll die Höhle erfüllen (Etym. hatte, mit ihm nicht. Unterhalb des Eingangs
Magn. ßovg 204, 9 f.), was wie an anderen Stel- zur Höhle erhob sich in einem &Xaog (Paus.
len des von Erdbeben so oft heimgesuchten 9, 39, 4 ; 9) der Tempel des Tr. (vgl. Philostr.
Griechenlands durch Verschiebungen im Innern ßiog kn. 8,19). In dem aXaog., wahrscheinlich
der Erde und die Akustik der Höhle verursacht 60 bei oder in dem Tempel stand das dem Praxi-
sein mag. Den Besuchern wurde vorgespiegelt, teles zugeschriebene dyaX^a (Paus. 9, 39, 4).
daß sie mit Tr. selbst zusammen kämen (Max Hier wurden vermutlich auch die TQO(pcov(e)ia
Tyr. 14,2) und ihn etwa sähen und hörten (Polyd. 6v. 1,37; IG 7,47; 49; 2,1318; Sch4)l.
(Kdsos bei Orig. c. Cels. 7, 35; vgl. 3, 34; Paus. Pind. 'OX. 7, 154 a) oder wenigstens einige ihrer
9, 39, 11; mehr bei Rohde, Psyche 1, 120, 2); Riten begangen; zum Gedächtnis der Schlacht
dieses kann auch ohne die Annahme besonderer bei Leuktra, in die das Orakel des Tr. ein-
Veranstaltungen aus den erwähnten Geräuschen, gegriffen haben sollte (s. o.) und die über-
jenes aus den Schlangen erklärt werden, deren haupt zu einer Hebung des Heiligtums von
1273 Trophonios Trophonios 1274
Lebadeia, u. a. auch zur Weihung der Statue der phthiotischen Stadt dieses Namens auch
dcH Praxiteles (s. o.; Overbeck, Kufiatwyth. 2, 1^ eine gleichnamige boiotische gab, und dies
S. 224f.) geführt zu haben scheint, wurden ist leicht möglich; doch erklärt sich Budeia
später in Lebadeia nicht von der Stadt, son- als Großmutter des Tr. auch aus dessen nach-
dem vom boiotischen Bunde {Dittenberger zu träglicher Aufnahme in die thessalischenStamm-
IG. 7, 3078; vgl. zu 301)1) die Basileia ge- bäume,
feiert, die vielleicht die Tropbon(e)ia ersetzten p ,
(vgl. u. § 14). Einer lebenslänglichen Triesterin feloponnes.
der Athena 'Ircavia xai rov xoivov ^ax^av § 10. Nicht bezeugt, aber aus dem Ver-
^Q-i'Ovs xai Tf^ff 'O^ovoia? xGiv 'EXXrjvaiv naQO. lo breitungsgebiet der Sage vielleicht zu erschlie-
Tc5 Tgocpcavia wird die (»rabschrift IG 7. 3426 ßen sind Tr. und besonders Agamedes für ein
gesetzt. — In der Sage wie im Kultus von Le- früh verschollenes, aber im 8. Jahrb. hochbe-
badeiii tritt Tr. stark vor seinem Bruder her- deutendes Heiligtum am oberen Asopos, das
vor. Jene läßt ihn erst nach dessen Tod in wahrscheinlich Ephyra {Strab. 8, 3, 5, S.
Boiotien einwandern, im Kult hat sich eine hieß und u. a. den Helios verehrte. Zwar ha-
Erinnerung au Agamedes nur darin erhalten, ben Sikyon und Korinth, die sich früh die Über-
daß er bei dem letzten, für die Zulassung zur lieferungen dieses Heiligtums anmaßten, keinen
Befragung allerdings entscheidenden Opfer von beiden in ihre Sagen eingeführt, aber Aga-
angerufen wird (s. o.). Die Weissagung selbst medes wurzelt fest in einer zweiten, von jenem
wird nur von Tr. erteilt, nach ihm heißen auch 20 alten Sonnendienst am Asopos abgezweigten
die Spiele Trophon(e)ia und die Trophoniadai Kultstätte, dem elischen Ephyra (§ 12), und daß
(oder Trophoniades?, vielleicht die Nymphen er nicht erst hier eingeführt wurde, ist daraus
der Herkyna, Lethe und Mnemosyne), die Flut zu schließen, daß die Sage sich nach Hyria
fac. in orbe Inn. 30 als dämonische Wesen in und Stymphalos von dem elischen Heiligtum
Lebadeia nennt. aus nicht so leicht verbreiten konnte als von
Phokis. Aevß. erschlossenen Ephyra südlich von Sikyon,
,,. , . ^ - „ , , , , • das Stymphalos nahe lag und frühe Beziehungen
§8. Die steinerne Schwelle des delplii- ^^ ,1^^ ostboiotischen Gemeinden und zwar,
sehen Apollotempels sollten nach einer bis ^^^ ^^^ Aiitiopesage beweist, gerade zu Hyria
ins ..Jahrb. hinauf zu verfolgenden Überliefe- 3^,^elt. Aus den sikyonischen Überlieferungen
rung Tr. und Agamedes errichtet haben (§ 3); ^^■^^:^^^ ^^^^ vielleicht das rätselhafte Beiwort
darauf bezieht sich vielleicht die Angabe, die '^yy^-^.og, daß Tr. in der Aufschrift über dem
den Ir. zu einem Ai^ofeooff macht (ÄcÄo?. ^n- ' thebanischen Haus Amphitryons führt. Die
stoph. v^cp. 508). Spatere lassen Tr. und Aga- wahrscheinlich vorgriechische Benennung ist zu
medes den Tempel errichten (s. o.). In Delphoi ^^^ attischen Berg Anchesmos und zu Anchises
sind beide vermutlich Sohne Apollons geworden, ^^ ^^^^^ ^^^^^^ ^^^^ ^^^ gij, .jZ. w 296)
doch ist nach der alteren delphischen über- ^^^ -^ ^i^ g j^^ benachbarten Nordost-
heferung ihr Vater vielmehr Ergmos (iTom. arkadiens und wie Ganymedes, Klytie, La(o)-
v/ii;. 2,118) und dieser ist nicht zu trennen ^^^^^ ^^^ Zeuxippe in die Troas gekommen
r^\'^^?^i?^'''^?lT^^'' Ürchomenier den em ^^ ^^^ ^^^ ^^^^^ ^^ ^^^^ ^ q 64 281 (in
thebanischer Dichter wahrscheinlich in der ^- p^^^ q^ 38,512^ Tr.' Bruder Gany-
ersten Hälfte des 6. Jahrb. durch Herakles be- ^^^^68 nennt, ist bloß Verwechselung; immer-
siegt werden ließ. Das weist darauf, daß Tr. ^^^ ^^ist der gleich gebildete Name vielleicht
aus dem Gebiet von Orchomenos, also mut- darauf hin, wo die Heimat des Agamedes zu
maßlich eben von Lebadeia her m die Sage suchen ist
von Delphoi kam, sei es daß beide Weissa- g ^^ j^j,ch Charax bei Schol Aristoph. vacp.
gungsstatten schon im 7. Jahrh. m treundlichem 5^8 (FHG 3, 637, 6) herrscht Agamedes über
Austauschverkehr standen, sei es daß der kris- stymphalos. Von dort aus gelangten er und
saiische Adel, der damals über pelphoi gebot, t^. •„ ^^^ Überlieferung von Mantineia, wo
sich die Überlieferung eines gefährlichen Ne- ^^ ^j^ ^^^ Poseidontempel gebaut haben sollten
benbuhlers aneignete. (s. 0. § 3). Über die von Svoronos, Gaz. arch.
§9 Vielleicht von Delphoi aus gelangte 13, 1888, 275 auf ein Tr.-Orakel bezogene Münze
ir. nach ;-,..-.,, ,. von MB.ntineiü, b. Vürtheim, De Aiacis or., cultu,
feudthessalien, ^^^^-^ ^y5^ _ Agamedes' Enkel Hippothoos
dessen Adel im Anfang des 6. Jahrh. an dem soll von Trapezus aus über Arkadien geboten
heiligen Krieg und der Neuordnung des del- haben (Paus. 8,5,4; vgl. o. 1, 2693, 8). Auch
phischen Heiligtums teilgenommen hatte und diese Überlieferung knüpft wahrscheinlich an
lange Zeit mit diesem im Gottesdienst eng eine in Stymphalos entstandene Sage, mittel-
verbunden blieb. Wie den delphischen Apollo- bar also mutmaßlich ebenfalls an die Legende
tempel sollten Tr. und Agamedes auch den 60 jenes südlich von Sikyon gelegenen Heilig-
pagasaiischen errichtet haben (s. o. § 3). tums an.
Tr. wird zum Sohne des Ischys (Valens) und § 12. Eine andere Nachbildung der Legende
der Koronis, also zum Halbbruder des thessa- von Ephyra bei Sikyon treffen wir an im eli-
lischen Asklepios gemacht (s. 0. § 1). In der sehen Ephyra, das ebenso wie das sikyonische
thessalischen Stadt Budeion erhielt vielleicht an einem Flusse Seileeis lag. Hier war nach
Tr.' Vater Erginos die Stadteponyme zur Mut- einer wahrscheinlich schon im Altertum richtig
ter (o. 1,832,19). Zwar haben schon die alten aufgestellten, durch 0. Müller, Orchom. 266 f.
Ausleger von II. 11 572 vermutet, daß es außer erneuerten Vermutung Augeias zu Haus, mit
1275 Trophonios Trophonios 1276
dem Tr. und Agamedes eng verknüpft sind. an die Überlieferung einer Hungersnot anknüp-
Sie bauen ihm das Schatzhaus (s. o. § 8). Epi- fende Zug, daß Tr. selbst verhungert sei, lassen
käste, ihre Mutter, heißt Augeias' Tochter darauf schließen, daß das Orakel in Lebadeia
(jipoWod. 2, 166), und es scheint Überlieferungen zuerst bei anhaltender Dürre befragt wurde.
gegeben zu haben, in denen sie selbst Söhne Hyrieus, dessen Schatzhaus Tr. und Agamedo»
des Augeias waren (s.o. § 1); Augeias' Tochter bauen, ist wahrscheinlich die für den Dialekt
Agamede ist von Agamedes nicht zu trennen. der boiotischen Oatküste gesetzmäßige Umtor
Vgl. über den Zusammenhang des Augeias- mung des llegengeistes (Taisvg). Seine 'Schatz-
geschlechtes mit Stymphalos Pauly-Wissowa- kammer' hielt Vürtheim, De Aiacis or., cultu,
Kroll, Realencycl. Ä'upjt)/. 8, 1024. Auch diese lO ^aYria 192 f. für einen Getreidespeicher; ist
Stammtafeln werden als von den Sagen des dies richtig, so wird an einen natürlichen oder
8ik3'onischen Ephyra abhängig dadurch ge- künstlich hergestellten unterirdischen Raum zu
kennzeichnet, daß Augeias Enkel des Nykteus denken sein, wie er auch sonst zur Aufbewah-
heißt, der von dem gleichnamigen in die ai- rung der Feldfrüchte benutzt wurde und eine
kyonische Sage verflochtenen Thebaner nicht gewisse Bedeutung sowohl im Kult wie im
zu trennen ist; s. o. 3, 498, 12 tt". Mythos hatte (vgl. z. B. Wardc Foicler, Journ.
Zweifelhaft ist Tr. für das epirotische Ar- Rom. Stud. 2, 1912, 25 tf.; A. Hooton, Rev.
gos; er beruht nur auf der Vermutung von d'ethnnl. et de soc. 4, 1913, 2451. — Ist der Kult
Düker tu Ampel. 8, 8 ibi lovis templum Tro- wie so viele Geburtstagsfeiern in der Höhle aus
phonii (überliefert hyphonis) unde est ad in- 20 einem alten Regenzauber entstanden, so begreift
feros descetisus ad tolletidas Sorten: in quo loco sich, daß der neben Demeter Europa stehende
dicuntur ii qui descenderunt, lovetn ipsum vi- Gott auch als Zeus 'Thiog {Paus. 9, 39, 4) ge-
dere. Hat Ampelitts das wirklich geschrieben deutet werden konnte. Alles dies würde vor-
und ist er einer guten Überlieferung gefolgt, treif lieh zusammen passen, aber wahrscheinlich
80 haben die Weissagungsstiitte wahrscheinlich ist vielmehr von der Form *zQ£(p(i)v (*Tp«qpa>v7j)
Korinther gestiftet, für deren nicht bezeugten, auszugehen, nicht allein weil die Form mit s
aber zu vermutenden Tr.-Dienat das Zeugnis im Namen des Heros auf den Inschriften häu-
wertvoll sein würde. figer überliefert ist als die mit 0, sondern auch
n 1.-I.XJ m 1 • ^^^^ ^^^ ^®™ ^ ^^^ folgenden Silbe s leichter
Zur Oreschichte der Trophoniossage. jo ^u 0 werden konnte als umgekehrt. Der Zu^
§ 13. Tr.' Name ist hergeleitet von einem sammenhang mit rg^cpco ist dann nur bei der
Substantiv Tgoqxov (rpegxar) oder xQotpmvT] {xqe- Annahme aufrecht zu erhalten, daß entweder
qpcovij). Tgotpatv könnte zu den zahlreichen neben rpoqpög einst ein verschollenes *TQS(pcc
Platznamen auf -dav gehören und 'Stätte der (gebildet wie Asvxod-^cc, kvdgoii^Sa usw.) stand,
Ammen' bedeuten; man würde an Ernährung oder daß überhaupt eine unregelmäßige Bil-
eines göttlichen Kindes denken und annehmen, düng vorliegt. Da es sich um einen Kult han-
daß dieses in der Höhle wie Zeus in der Ida- delt, der wenigstens seinem Typus nach in
grotte durch Honig ernährt sei. Dazu stimmt, die vorgriechische Zeit zurückgeht, ist auch
daß die Höhle in Lebadeia durch Bienen ent- die Möglichkeit ins Auge zu fassen, daß die
deckt sein soll. Es werden auch Tgocpcoviädsg io Griechen einen barbarischen Namen halbwegs
oder TgotpcovidSai. (s.o. Sp.l270) erwähnt; das ihrer Sprache angepaßt haben.
sind doch wohl göttliche oder halbgöttliche § 14. Den vorgriechiscben Gott, dessen Ge-
Gegenbilder der irdischen Frauen, die am Fest- burt in der Höhle und dessen Ernährung durch
tag das vermeintlich geborene Götterkind oder Honig gefeiert wurde, haben die Hellenen, die
sein Symbol ernähren. Als Amme des Tr. ist ihn übernahmen, in Kreta 'Himmel', Zsvg
Demeter Europa überliefert, deren Kult Her- genannt. Zeus heißt auch Trophonios (Strab.
kyna eingerichtet haben soll (0. § 3) und in 9, 2, 38, S. 414; Liv. 45, 27, 8; lul. Obsequ.
der die Göttin in der 'finsteren' Erdschlucht, prod. c. 110 = 60, S. 169,2 Roßb.; Phot. und
der Geburtsstätte des göttlichen Kindes, zu Hesych. Aeßädsioc-, IG. 7, 3077, 3; .;090; 3098),
vermuten ist. Vielleicht hat Europa wie in 50 daher hielten GöttUng, Narratio de Trophonii
Kreta die vorgriechische Hellotis, so hier die ornculo, Jena 1843, Preller in Paulys Real-
Herkyn(n)a (vgl. zur Endung Diktyna, Gorty- encyclop. u. a. den Tr. für einen Zeus v.axccx^6-
n[a]) ersetzt. Diese heißt wie ein Bach bei wog, und ähnlich urteilte noch in neuerer Zeit
Lebadeia; ihr Name wird auch der Demeter Rohde, Psyche 1,126 u. 207, der ihn für einen
beigelegt {Lykophr. 153), und wahrscheinlich alten Erdgott hielt. Andere glaubten wenig-
fOhrte ihn einst auch Tr.' Amme oder eine stens an eine nachträgliche Ausgleichung des
seiner Ammen. Auch Zeus wird in der arka- Zeus und Tr. Boeckh zu CIG 1, 704 setzt die
dischen Sage durch Quellnymphen auferzogen Basileia den Trophonia gleich, und in neuerer
(0. 3, 75, 6lflF.), von denen mindestens eine, Zeit wird von verschiedenen Gelehrten (z.B.
Hagno (o. 1, 1815), für den Regenzauber wich- GO von Nilsson, Griech. Feste 34) die Ansicht ver-
tig war; die Nymphen der Quellen, in denen fochten, daß Zeus BaovXtvg, dessen Kult Epa-
das Abbild des Gottes gebadet wurde, werden meinondas nach der Schlacht bei Leuktra ein-
als seine Pflegerinnen bezeichnet sein. Auch geführt habe, allmählich an die Stelle des Tr.
die Ernährung des Kindes durch Honig in der getreten und mit diesem verschmolzen sei. In-
Höhle paßt für einen Regenzauber; die Bienen dessen erscheinen beide nebeneinander in Frei-
sollen bei großer Dürre die Höhle gezeigt ha- lassungsurkunden {IG. 7, 3080 if.), und nie wir«
ben {PaiLS. 9, 40, 1). Dies wie vielleicht auch Zeus zugleich Tgocpmviog und Bccadsvg genanni
der freilich gnaz umgemodelte, aber doch wohl daher sind beide wahrscheinlich zu trennei
1277 Trophonios Trophos 1278
und die Gleicheetzung des Tr. und Zeus (T^Ttog? stellte nach Paus. 9, 39, 3 Tr, und Herkyna dar.
§ 13) erfolgte wegen der Ähnlichkeit des Kul- Das Krähen d(3r Hähne von Lebadeia vor der
tu8. Bei der verhältnismäßigen Seltenheit äl- Schlacht bei Leuktra (Cic. divin. 1,34,74)
terer Zeugnisse für das Orakel in Lebadeia kann wurde nach Göttling, Narratio de Troph. orac.
das lange vor Epameinondas geschehen sein. ö deshalb als ein für die Boioter günstiges
§ 15. Schon in vorgriechischer Zeit hatte Zeichen gefaßt, weil dieser dem Asklepios ge-
aber der Kult in Lebadeia wahrscheinlich eine weihte Vogel auch als dem Tr. heilig galt,
andere Umgestaltung durchgemacht, die zwar Wahrscheinlich als Heildaimon ist auch Aga-
diese Entwicklung nicht ausschloß, aber doch medes neben Tr. oder dieser neben jenen ge-
einem andern Ziele zustrebte. Auch die Orakel- lo treten. Zwar ist Agamedes' Gabe, in Krank-
höhle des Tr. hatte sich dem Eindringen chtho- heiten zu helfen, neben seiner Kunst als Bau-
nischer Vorstellungen nicht widersetzt, das in meister früh vergessen worden, aber er, der in
den letzten Jahrhunderten der ägäischen Kul- die Augeiassage und zwar in einer ihrer Fas-
tur für so viele Heiligtümer zu erschließen ist. sungen wahrscheinlich als Sohn des elischen
Die Höhle wurde als ein Eingang in die Unter- Königs verwoben ist, kann nicht von dessen
weit und der weissagende Geist als ein ver- Tochter, r) toöu (pccgiia-na jjäri, oaa rgicpsi S'ögtlcc
storbener Prophet (§ 4) gefaßt, der drunten ;g'9'o)v, und von der Zauberin Medeia, der Gat-
bei Bewußtsein geblieben sei, seine Gabe der tin des Heilers Jason, getrennt werden. — Daß
Zukunftskündigung bewahrt habe und durch auch philosophische Fragen an das Orakel ge-
Zauber oder Opfer gezwungen oder veranlaßt 20 richtet wurden, wie nach der Erfindung Plti-
werden könne, sein Wissen den ihn Befragen- tarchs Ecoy-q. dccL(i. 21 fF. von Timarchos, mag
den mitzuteilen. So kam der Seelenführer ausnahmsweise vorgekommen sein, aber die
Hermes in den Kultkreis von Lebadeia; später Annahme, daß sich das Heiligtum grundsätz-
ist der Heimes yicctax&oviog sogar geradezu lieh mit der Verbreitung solcher Lehren be- .
dem Tr. gleichgesetzt worden (s. o. § 1), ur- faßte, wie sie Plut. a. a. 0. ihm zuschreibt,
sprünglich wurde er vielleicht angerufen, um beruht auf der irrigen Beziehung des Gold-
den Geist des Sehers heraufzuführen. Er war plättchens von Petelia (s. o. § 7) auf das Tr.-
das mythische Spiegelbild der Priester, die in Orakel. [0. Gruppe.]
alter Zeit den Tr. beschworen und sich viel- Trophos {rQoq>ög) oder Tropheus (rpoqpsvg),
leicht Hermai nannten; in geschichtlicher Zeit 30 Nährer (Fem. Amme), häufiges Beiwort für Göt-
führen diesen Namen die beiden etwa drei- ter und Göttinnen und auch niedere Gottheiten,
zehnjährigen Knaben, welche die Besucher der die als fördernde und lebenspendende Kräfte
Höhle badeten und salbten (Paus. 9, 39, 7). — verehrt und angerufen werden. Neben dem
Bei der nahen Beziehung zwischen den boioti- fem. rgorpog begegnet auch rid-7]vri, ^'Q^msiga
sehen und samothrakischen Kulten ist der u. ä. Die hier gegebene Aufzählung der so ge-
Name des Saon , der die Höhle des Tr, ent- nannten Götter erschöpft ihre Liste bei weitem
deckt haben sollte (o. § 7), vielleicht neben nicht: Adonis, xqo^8v utävrcov OH 66,$. Adra-
den gleichnamigen Sohn des Hermes (o. 2,854, steia, xq. des Zeus Apoll. Bh. 3, 133; Orph. fr.
11; 4, 335, 28) zu stellen. 110^.5. Agathos Daimon, 6 ysvviöv tcccI rgi-
§ 16. Wie so viele alte Regenorakel, z. B. 40 cpmv yccci av^mv tä nävxcc Pap. Leid. J 384
das dodonaiische, wurde das von Lebadeia kol. 7, 33 o ysvv&v ayaO-ä xal xQocpcbv xr}v
allmählich auch sonst um die Zukunft befragt. oixovy^svriv, Pap. Leid. J 395 col. 17, 26. Aion,
Begreiflicherweise betreffen die meisten der ysgcov xgocpög Nonn. D. 38,90; Aldtvcc xQsqxov
überlieferten Weissagungen öffentliche Ange- Pap. Leid. / 384 col. 7, 35. Antolie, xL&rivq-
legenheiten, aber im ganzen werden sich auch xsiga Ttvgog Joh. Gaz. descr. 2,241. Aphrodite,
hier besonders Kranke an den Gott oder He- xLd"^vri der Eroten Colluth. 100, xi^rivrjxsigoc
ros gewendet haben. Das Bild einer Jungfrau avägoiisrig ysvtd-Xrig Nonn. D. 24, 324. Chro-
mit einer Gans, aus dem die Sage von einer nos, nävxa xgscpayv Moschion fr. 6, 18 JV*. De-
der Köre weggeflogenen nnd von ihr unter meter, d-gsnxBiga TtgoTidvxoav OH 4:0,7. Dy-
einem Stein hervorgeholten Gans entstand 50 sis, d-gsTtxsiga Ilsl-^vrig Nonn. 41, 284. Eris, xi-
{Paus. 9,39,2), wird wie der Knabe mit der Q-rivr] noUiLoio Nonn. D. 20,35. Ge, (piXxdxri
Gans eine Heilgottheit dargestellt haben; vgl. rgocpog Aisch. Cho. 16; vgl. 19, 128 f. {Dieterich,
Svoronos, Ath. Nationalmus. 1, 302, ''Eqp. jigx. Mutter Erde^ 39), ndvxav Eur. Phoen. 686;
1910, 59 ff. Zwar geht 0. Müller, Min.^ 196 zu (filr\ »ginxsiga Opp. Hai. 5,336; xg. -accI XLd-rjvr]
weit, wenn er meint, über die ursprüngliche xcbv smysioav Poimandr. 11,7. Götter, nccorig^
Gleichheit des Asklepios der Phlegyer und des yBvvrig xgocpoi Pap. Leid. /384, col. 7,15. He-
Tr. der Minyer könne nicht der leiseste Zweifel Hos, xgecpcov x^ovög cpvoiv Aesch. Ag. 611; xgo-
ob walten; aber eine gewisse Ausgleichung hat rpsvg rfig rjiisgccg Man. Phil. Vut. 33,5. Helio-
zwischen beiden in der Tat stattgefunden. Tr. tis, rjUtoxidog xgocpov Groß. Par. Zaub. Pap. 2263
wurde Halbbruder des thessalischen Asklepios, 60 Heosphoros, rgocpavg Phil, de plant. 134. He-
Sohn des Ischys und der Koronis, und eine phaistos, xgscpav ndvxcc Tzetz. all. Hom. A S6S.
Schlange galt wie in den Asklepioskultstätten Hera, avsnaiv xgoq)6g OH 16,4; Isgi] xtd'rivri
wahrscheinlich als Verkünderin der Heilung Xaglxcov Colluth. 88. Hermes, <6]> avvccy^coyv
{Schol. Aristoph. vs(p. Ö08). Dem Asklepios ahn- (Beitzenst. Poim. 20, -ayov P) xdg xgocpug xav
lieh hatte Praxiteles den Tr. gebildet (Paus. d's&v yiccl avd-Qdonoiv Pap. Brit. Mus. 122, 3
9, 39, 4), und die Gruppe in der Herkynahöhle, („Üblicher Preis des Thoth [s. d.]" Beitz.) dog ^oi
die man wegen der schlangenumwundenen xgocpriv ebda 4i. Hippa, Bdv,xov xg. 0H4i),l.
Stäbe für Asklepios und Hygieia halten konnte, Hören, ccs^ngocpoiaiv iv (ogccig OH 61,17. Isis
1279 Tros Tryphera 1280
als TQ0<p6s des Uoros, s. Boll, Offenbarung Jo- chthonios. Diod. Sic. 4, 76, 8 uennt wie Homer
Äa«nw(5<o»cÄ. 1, 1014), 109 f. Kureten, ^»6ff rpo- den Vater und die Söhne. Nach Apd. nennt
tpfts Strab. 472, 19; xQotpdsg xs xal avr* dXsrfj- Tros sein Land Troia, nach Diod. sein Volk
QfS OH SSylA. Leukothea, ^p^Ttretpa des Die- Troes. Yg\. &\ich Pausim.b,2i,b; (^uint.Smifrn.
nysos O-H'74, 2. Magna Mater, »vrirotai vqo- 2,142; Tzetz. Lyk. 1232; üvid. fast. 4,33.':U;
(fäg itaQ^iovea OH%7^6. Musen, »gintfigat Serv. Aen. 1,28. 3,108; 6,252; Serv. Georg. 8,
^vxöbv OÄ 76, 6. Nike, rgotpos des Siegers, 86; Script, rer. myüi. 1,136. 2,192.
u4. Pi. 6, 672, 389. Nymphen, Bdxxoto rpoqpot Anders D/on. iTa/iA-. 1, 62: ^Rqix^ovIov St
OH 61, 8; xoXv^qi^^ovhi aviixQÖtpoi xs 12. xorl KctlUQQ6ri<s t^^S Zv.cc\LdvSQOv yivfxut Tgchs,
Peitho, ti^vi^siga 'EQmxcav Nonn. D. 8, 112. lO a(p* ov xt}v iniovv[iicxv xb J^^vog 1%^. Tgabg 8^
Pbysis, Tidvrtop xq. ijäh xi&'qvj] OH 10, 18; aar- xal kxaXXaeidog x^g Evpi^dovg kaadganog ^r.
xQOcpos xovgrj 12; av^tXQOtpog 17. Rhea, Bqo- Dikt. Cret. 2,22: . . . Erichthonium , eins Tros,
niov XQ. Nonn. 9, 222. Sarapis, ^liyioxog^ rpo- dein ex eo llus Ganymedes et Cleomestra, ex
tfsvg Pap. Leid. J885, kol. 14,42. Silen, xQo<p6g^ Cleomestra Assaracus.
fiax^oto rt^Tjytf; 0/f 64,1. Thn&i, xgofpol kndX- Bateia Tochter des Tros (oder Teukros)
Xtovog^ Philoch. bei Zenobios 6,76; 8, ob. Sp. 870, Steph. Byz. unter ^dg^ccvog.
66. Thyone, xQ0<p6g des Bakchos Panyass.fr. 2) Sohn des Alastor, ein Trojaner, von
6 Kink. Tote: d%6 xav &no^av6vxfov al xgo- Achilleus erlegt Jl. 20,463. [Türk.]
tpal xal ai^i^ösig %ccl cxigpLoxa yiyvovxai Hip- Trösiel (TgtoaiiX), guter Dämon {ayysXog) der
pocr.deinsomn.p.lAKühn. Zahlreich sind die 20 vierten Mittwochstunde, entgegengesetzt dem
mit -xg6q)og gebildeten Komposita, die zur Be- daiftcov MiSajytrjx. Hygrom. Salom. cmgr 70, Cat
Zeichnung der besonderen Pfleggebiete gewis- cod. astr. gr. 8,2,161. [Preisendanz.J
ser Gottheiten als Epitheta verwendet werden, Truisie (truisie) ist der etruskische Name
wie die Zusammensetzungen : av^ixgocpog Physis, eines, wie ich glaube, göttlichen Jünglings auf
Ofi^lO, 17; Nymphen, OH bl, 12. ßiod-giTixsiga einem Spiegel von Vulci. Bezüglich der Lite-
Magna Mater, Olf 27, 13. ßo9gvoxg6q)()g Diony- ratur, der Darstellung und der Deutung ist
BOByOHS0,6. yrigoxgocpogElYiis, Pind.fr. 21iBgk. s.v. talitha nachzusehen. [C. Pauli.]
I^eioxgoqiog ijXiog., ApoUon Thymbraios von Köre Trygie {Tgvyirf) gehört zum asiatischen bak-
so genannt. Meliteniotes 1682; Notices et Eoctr. chischen Gefolge des Dionysos, das iVo»m. Bion.
1, 2, 80. Helios, 6 ^iyag yiyag rj. 6 s- Xv%vog so 14, 203 ff. namentlich aufzählt. Trygie vird als
Constant. Man.Chron.{CSHByz.\%)lQ^. d^r^go- letzte genannt, nvndtr] xsxögvaxo: sie ist alt,
xgotpog Tethys, Oif22, 6. xapTroTpöqpot Nephe- (piXomisidi^g, ysgaii^j oivoßagijg. Im Kampf ist
lai, 0Ä^21, 1; Ombroi, 0^21,7,82,7. xovgo- sie auch die letzte, Nonn. 29, 243 ff., als ßagv-
xgöfpog: s. ob. Bd. 2, 1,1628^33. natdoxgdtpog: yovog und furchtsam. Kein Silen bleibt ihr
8. ob. Bd. 8, 1, 1263. navxgotfog, Ge, OH 26,2; zur Seite; Maron, den sie um Hilfe bittet, läßt
Isis {dg riv y-uxtaxiöQ-ri Ttäv yivog dvögcbv) Top- sie im Stich (orrt x^Q^^S dvexonts . . . KoQvßdv-
ferorakel, Ende 2. Jhdt. v. Chr., s. Beitzenstein, xoav xal Zarvgav) und wünscht ihr den Tod
Poim. 188, 5. noXv^gi^^ovsg Nymphen, OH 61, in der Schlacht. Sprechender Name, xgvyir} —
12. 6xaxvoxg6(pog Demeter, OH 40, 3. (piXotgo- rgv^. [Preisendanz.J
tpog Prothyraia, 0H2,b. vaxiv^oTgocpog Arte- 4u Trygon (Tgvymv), Amme des Asklepios, im
mis (Knidos), Cöllitz Dial. Insehr. 3502 (Famell arkadischen Thelpusa begraben. Paus. 8, 25, 11 ;
Cults 2,660,13). ilyvxoTgocpoL Kureten, 01^38, vgl. Frazer, Paus. 4,293; Pfister, Beliquienkult
22 (8. ob. Bd. 2, 1,1622, 60). wgoxg6q>og Helios (ijl^r FF 5, 2), 455. 457 [wo für 'Heraia' Thel-
OH S. 10; Kureten 38,25. Auch sie lassen sich pusa, für 'Dionysos' Asklepios zu schreiben ist].
noch wesentlich vermehren. Umgekehrt heißt In der Sage war Tr. die Turteltaube (xgvycov),
dann später Trophos oder Tropheus auch der die Asklepios ernährte: „aus der Taube war
Wohltäter eines Heiligtums wie der Or. gr. inscr. ein Frauenzimmer namens Taube gemacht; d. h.
sei. ed. Dittenb. bSlyb genannte rgocpsvg [Sc]gvv- selbst der Kultus hatte sich dem plattesten
xptroff des Zeus Bonitenos(s. 7)t<tcw6er5rers Anm. Rationalismus ergeben", v. Wilamoivitz, Isyllos
6) 215 n. Chr., die Stadt Ephesos als rgotpog x'qg :>o von Epidauros (Philol. Unters. 9, 1886) 87. —
Idiag &sov xf^g 'E(p£aiag bei Dittenb. Syll.^ 2 Gruppe, Gr. Myth. 1446,6 läßt die Taube des
nr. 867, 43 Jahr 160 n. Chr.), die Stadt Milet als Asklepios aus der Legende von der Ernährung
xg. xov Jiövniov 'AnoXXoavog ebda 906 A 5 (Jahr des Zeus durch Tauben in den Asklepioskreis
361/3). Sonst Ehrentitel: xgocpsvg xov ßaciXiag herüberkommen (vgl. ob. Bd. 1,624) und wider-
Dt«. Or. ^. t. s. 148 Anm. 4; 256Anm.l. Städte spricht Fick, Bezz. Beitr. 26 [1901], 321, der
und Orte als Trophoi von Göttern, wie Kypros meinte, die Taube sei ursprünglich Nahrung
xg. von Aphrodite, OJFZ^ 55,24; Pallenia yrjye- der Asklepiosschlange gewesen und sei so aus
vöav (yLydvxcav) xg. Lyk. AI. I)i7 • Sardes rp. des der rpoqpTJ die rgocpog geworden. Jedenfalls
Bakchos A. P. 9, 646, 4; u.a.m. [Preisendanz.J war Trygon dem Pausanias als Name über-
Tros {Tgmg\ 1) Sohn des Erichthonios und 60 kommen; s. Thraemer, Bealenc. 2,1648. [Svo-
der Astyoche, der Tochter des Simoeis; Enkel ronos-Barth, Athener Nationalmuseum 1,311 f.
desDardanos. Von Kallirrhoe, der Tochter des habe ich nicht eingesehen] [Preisendanz.J
Skamandros, hat er eine Tochter Kleopatra Tryphe (Tgvcprf), Personifikation des Wohl-
und drei Söhne, Ilos, Assarakos, Ganymedes. lebens, Arist. Eccles. 974. Lu^. Bis accus. 23.
So Apd. 3,12,2; desgl. Konon 12 bis auf die Teles bei Stob. Flor. 91, 33 {Meinecke '6, 178.
Erwähnung der Astyoche. Bei Hom. B. 20, 230 16). v. Wilamowitz, Antigonos v. Karystos 293 f.
ist Erichthonios als Vater und die drei Söhne [Höfer.]
genannt; 2?. 20, 219 Dardanos Vater des Eri- Tryphera {Tgv(p£gd [tgvtpaiga Pap.]), Bei-
1281 Tsami Tummaestiae 1282
name der Göttin des Arktosge^tirns im Lond. Weihnnj^: Tullino. Der Fundort gehört zum
Zauherpap. 121,698 (764 Wcss.): 'lio ^loXm], qpv- Gebiet der Trumpilini oder Tiumplini, deren
>lax7j, nQÖOxojtB, XaQig, xq. Tcgöaxccxig %xX. Name fortlobt in der lieutigen Henennung des
[IVeifleodanz.] Alpentales des obersten Mella -Flusses 'Val
Tsami (tsami) las Gerhard die Beischrift zu Trompia' {Mommsen, ('IL 6, 1, S. 515). Holder,
der Person eines GötterjünglingH auf einem Altcelt. Sprachschatz '2, 8p. 1982 vermengt den
Rronzespiegel. Näheres darüber 8. unter tinO-nn. Namen des Gottes mit Töpfernamen, insbe-
[C. Pauli.] sondere mit dem Kunsttöpfer lullinus {CIL
Tiibantöni {xovßavxcovt) , mystischer Name, 13, ;{, 2 iir. lOOll, 216, vgl. 75', auch CIL 7,
der die Heihc von voces niagicae beschließt lo nr. 1H37, 60, nicht I'uUinus', vgl. außerdem CIL
auf einer Bleiplatte 'zur Unterwerfung' {v7to- 13,3,1 nr. 10010,1083). Der Name Tullinus
Taxrtxdv), Griech. Zaubvrpnpyrus lirit. Mus. ist wohl keltisch, vgl. die von i/oWcr a. a. 0. 2,
121, 935 (1003 Wess.): Tovß. ^dxtxs xi]v ogy-qv Sp. 1982 — 1984 aufgeführten Namen Tüll- und
xov Selvoc v.cc\ nccvrav t6v ^v^bv -nal rag yXötö- ebd. Sp. 47 : -ino- {-inus, -ina, -inum). [Keune.J
öag, iva \Lr] Svvri^watv XaXslv reo dstva. Zum TiilLoniuS; wohl keltischer Name eines ört-
^anmn vgl. Groß. Par. Zaiiberpap. 2Si^ ävd'oavu. liehen Gottes im nördlichen Hispanien, zwi-
[Preisendanz.] sehen Oberlauf des Ebro und Meerbusen von
Tuchiilcha i^tu;^ul;ga) ist der etruskische Name Biscaya, nach der 1799 gefundenen, nicht mehr
»iner Furie in einem Wandgemälde in der erhaltenen Weihinschrilt CIL 2, 2939: S(em-
Tomba delV Orco zu Corneto. Die Literatur 20 pronius) Sever(us) Tullonio v(otum) s(olvit)
und die Beschreibung der dargestellten tSzene l(ibens) m(erito). Wohl ist eine Ortschaft Tul-
habe ich unter 'd'ese gegeben. Die tu;fulj;a lonium für diese Gegend bezeugt durch Itin.
steht zwischen Theseus und Peirithoos, ist ge- Ant. Aug. 456, 1 an der römischen Straße,
flügelt und mit einem Vogelschnabel versehen; welche nach den westlichen Pyrenäen und über
sie hat gesträubtes Schlangcnhaar und hält diese nach Aquitania führte {CIL 2 p. 650),
mit der linken Hand auch eine Schlange über vgl. auch Ptolein. 2, 6, 65 {TovXXoviov im Ge-
das Haupt des Theseus. Für Erklärung des biet der Varduli) mit Anmkg. von C. Müller,
Namens fehlt es an jeglichem Anhalt. Ausg. I 1 p. 189, s. Kiepert, Form. Orb. Antiq.
[C. Pauli.J XXVII Bh, aber eine Heimatangabe liegt hier
Tnddeden (Tovddsd'^v), böser Dämon der 19. 30 ebensowenig vor, wie z. B. in CIL 13, 3490
Dienstagstunde, dem der gute Eng^l 'OnccdovriX (Altar): T. Messius Samarobriva, s. Hirschfeld
entspricht. Cat cod. astr. gr. 8, 2, 151. zur Inschrift. Vielmehr haben wir den gleich-
[Preisendanz ] lautenden Namen des Schutzgottes der Ort-
Tueraeus, lusitanischer Gott: Leo Tueraeo schaft festzustellen, vergleichbar den örtlichen
volenti Arcius Epeici Bracarus s(acrum) f(ecit), Schutzgeistern und Heilquellen Bedaius, Ce-
A. Beinach, Bev. epigr. N. S. 1, 1913, 393. menelus, Luxovius, Vintius, Nemausus, Axi-
[Höfer.] mus, Vasio, Arausio, Vienna usw., wohl auch
Tuhor, Dämonenname, s. u. Turamnei. Ivau(nu^) CIL 13, 1368, und haben die Ort-
Tiiid s. u. Tutimar. | Preisendanz.] schaft TuUonium in der Nähe des Fundortes
Tuldöraph {TovXdoagdcp) , einer der Namen, 40 der Inschrift, bei Alegria {CIL 2, SuppL, Tab.
bei denen Helios beschworen wird. Hygrom. II Cn mit Nebenkarte ebd. My) zu suchen,
Salom. cmgr 70, Cat. cod. astr. gr. 8, 2, 156, vgl. Hübner CIL 2 p, 397, unten, Col. II. Hüb-
[ Preisendanz.] ner, Mon. ling. Iber. p. CX und p. 253 rechnet
Tnlliana, Beiname der Fortuna der Gens den Namen TuUonius (ebenso TuUonium p. 242)
TuUia, die diesen Schutzgeist ihrer Familie in zu den iberischen, auch Holder, Altcelt. Sprach-
einem eigenen Tempel verehrte, nach CIL 6, schätz 2, Sp. 1984 ('iberisch?'), doch ist kel-
8706 {Dessau, Inscr. Lat. sei. 3717), unter dem tischer Ursprung wahrscheinlicher; vgl. die von
Bild eines opfernden jungen Mannes: Ti(berius) Holder a. a. 0. 2, Sp. 1982 ff. aufgeführten Na-
Claudius Aug(usti) l(ibertus) Docilis aeditu(u)s men, wie Tullion oder Tullum (heute Toul),
aedis Fortunae Tullianae. Sie ist zusammen- 50 und ebd. Sp. 855 — 857: -onio- {-onius, -onia,
zustellen mit Fortuna Crassian(a) , CIL 6, -onium). [Kenne.]
186 = Dessau 3714, Fortuna Flavia, CIL 6, Tulot, Name eines Dämons im demotischen
187, Fortuna luveniana Lampadiana, CIL 6, Zauberpapyrus von London-Leiden {The demot.
189 = Dessau 3715, Fortuna Pientiana, CIL magic. pap. of London and Leiden ed. Griffith-
6, 30874 = Dessau 3716, Fortuna Torquatiana, Thompson, 1 [1904], 27), wo es in einem Offen-
CIL 6, 204, und anderen von Familien- oder barungszauber col. 2,13 heißt: 'Denn ich bin
Personennamen hergeleiteten Beinamen der For- L[ot], M[oulo]t, Toulot (twlot). Tat, Peintat ist
tuna, vgl. o. Bd. I2, Sp. 1521 und Otto in der mein genauer Name. 0 großer Gott, dessen
Neubearbtg. von Paulys Beal-Encyclopädie 7, Name groß ist, erscheine diesem Knaben' . . .
Sp. 34, auch Wissowa, Beligion u. Kultus der 60 [Preisendanz,]
Bömer S. 212. ^S. 263; u., Sp. 1305. [Kenne.] Tummaestiae, Matronae — , ubisch-germa-
Tullinus, ein wohl örtlicher Gott, nach der nischer örtlicher Beiname der Muttergöttinnen
Inschrift eines zu Inzino, am Oberlauf des noch {Ihm 0. Bd. 2, Sp. 2464ff.) in einer zu Sinze-
heute mit seinem alten Namen Mella benann- nich im Kreis Euskirchen (Rgbz. Cöln) gefun-
ten Flusses, nördlich von Brescia (s. CIL 5, denen Weihinschrift des Bonner Provinzial-
Tab. I) gefundenen Altares des Museums zu museums, CIL 13,7902: Matronis Tummaestis
Brescia, CIL 5, 4914. Die Inschrift beschränkt C. Fab[r]onius Callican[us] (= Gallicanus)
sich auf die mitten auf dem Altar stehende v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito); vgl. Klein,
12^0
Tunle
Tu ran
121^4
Taran (turan) ist der etruskiscLe Name der
Venus. Er ist belegt auf 38 Bronzespiegeln^
deren Fundorte über das ganze etruskische
Sprachgebiet verstreut liegen. Veröffentlicht
sind die meisten bei Fabretti C. I. J., alle bei
Gerhard- Körte, Ftru.^kische Spiegel I— V. Es
folgt eine Konkordanz:
/2 V T
Bonn. Jhh. 101, S. 188—184 und Siehourg ebd.
106, S. 87. — Holder, AUceU. Sprachschatz 2, Sp.
1986, will die Benennung T. mit dem Namen
des Ortes Thum (im Kreise Düren) zusammen-
bringen, während Cramer, EJieinische Orts-
namen (1901) S. 69 letzteren Namen vom kel-
tischen Dunutn herleiten möchte. Das erste
M im Beinamen Tummaestis ist dritch Klein
und Siehourg beglaubigt; das l ist als I longa
geschrieben und wohl = ii zu verstehen. Der lo
Beiname ist nicht keltisch, trotz der bei Worms
gefundenen Grabschrift {Holder a. a. 0 : Tumtno),
die verderbt tiberliefert ist. — CIL 18, 7902
— Lehner, Die antiken Steindenkm. des Provin-
siaimus. eu Bonn (1918) nr. 346. Unwahrschein-
lich ist die Deutung der T. als der 'gewaltig
Verderblichen' durch Werle im Beiheft zur
Ztschr.für deutsche Wortforschung, Bd. 12, S. 67
(b. Schönfeld, Wörterbuch der altgemian. Per-
sonen- u. Völkemamen, S. 282). [Keune.] 20
Tnnle (tunle), Nebenform für tuntle = griech.
TyndareoB oder Tyndares, siehe den Artikel
8. V. tuntle. [C. Pauli.]
Tuntle (tuntle) ist der etruskische Name
für Tyndares, Tyndareos (Deecke in Bezzen-
bergera Beiträgen 2, 170, nr. 99). Der Name
findet sich in dieser Form auf einem Bronze-
spiegel aus Porano bei Orvieto, der veröflfent-
licht ist von FioreVi in den Notizie degli Scavi
1876, 63, von Kekule, Festschriß etc. des archäol. so
Instituts (Bonn 1879, 24—26) und von Fabretti,
C. L L suppl. 3, nr. 308, tav. V. Sodann findet
sich der Name in der Form tunle ein zweites
Mal auf einem Spiegel von Vulci, der heraus-
gegeben ist von Helbia, Bull. delV Inst. 1882,
224. Die Darstellung des Spiegels von Orvieto
enthält sechs Personen: ganz rechts die Leda
(latva; der Strich dahinter ist Interpunktion),
dann folgt Castor (castur), der dem Tyndares
(tuntle) links von ihm ein geöffnetes Ei dar- 40
reicht; links haben wir außerdem als Zu-
schauer den Polydeukes (pultuce; der Strich
dahinter ist Interpunktion), die Venus (turan)
und eine andere weibliche Gestalt ohne Bei-
schrift, die wohl als die Helena zu nehmen
ist. Auf denselben Mythus bezieht sich der
Spiegel von Vulci, doch haben wir hier nur
zwei Figuren; rechts sitzt Tyndares (tunle),
der in der Linken einen Stab, in der Rechten
das Ei hat; er schaut auf den Merkur (turms), 50 2476quater. Hergestellt ist der Name femer
GKIU Taf.L,2
r=
Fabr. 2476
„
. LVI.l
=
« 479
3
.. L1X,*J
=
„ 2474
.. rxi
=3
f, 2494
n
n CXIV
»
r, 2493
n
. cxv
s»
„ 2096
ff
r. CLV
=r
„ 2486
n CLVI
=
„ 2277
n
, CLXV
=
„ 2487
n
, CLXVI
==
480
r>
„ CLXVH
n
„ CLXXVI
=
„ 1065
n
„ CLXXXI
=
„ 2500
rf
„ CLXXXHI
=
„ 2033a
n
„ CXCVII
=
„ 1064
n
, CXCVIII
=
„ 2496
r>
„ ccxni
=
„ 2476
n
„ ccxv
=
„ 2497
n
S. 261
n
S. 329
GKIY
„ CCCXIX
=
„ 2496
n
„ cccxx
=
„ 2476 ter
V
„ CCCXXI,!
=
„ '2476 bis
n
„ cccxxn
=
„ 2494 bi«
yi
„ CCCLXXVIII
=
„ 2726 bii
n
„ CCCLXXIX
=
„ 2726
GKY
« 23
= Fubr.suppl.U nr.l30
n
. 24
=
r, I ;, 253
V
n 26
=
. 1 « 375
n
n 27
n
n 59
r>
„ 64c
n
„ 77
=
« Hl „ 808
n
„ 84,2
=
. 11 . 93
n
„ 98,2
= Gamurrini App.ll'i
v
„ 107
„ Nachtr. 17
Außerdem findet sich turan belegt auf einer
Gemme
unbekannter Herkunft, einem Skara-
bäus aus Onyx; sie ist herausgegeben von
Migliarini in den Nuove mem. delV Inst. 2, 56,
tav. IV,
nr. 1 und von
Fabretti, C. I. L nr.
der in seiner gewöhnlichen Ausrüstung vor
ihm steht, mit der Linken auf den Caduceus
eich stützt und die Rechte mit erhobenen
Zeigefinger gegen das Ei vorstreckt, auf das
er den Blick gerichtet hat. Eine griechische
Form Tyndares, Nebenform von Tyndareos,
würde nach etruskischer Lautlehre tun-öre oder
tuntre geben; aus dieser Form ist, mit Über-
gang des r zu 1, zunächst tuntle und hieraus
von Bugge (in Bezzenbergerd Beitr. 9, 16 sq.)
auf dem Spiegel unbekannter Herkunft Fabr.
nr. 2510, der von Gerhard, Etr. Spiegel 3, 89,
Taf. LXXXV veröffentlicht ist. Hier las man
früher it;frani oder it;graui, doch ist sicherlich
turan zu lesen. Hiergegen halte ich die Le-
sung turanati statt tiqpanati (cf. s. v.) auf dem
Spiegel Fabr. nr. 2512 nicht für richtig. Da
an der Person der turan als Venus kein Zwei-
sodann mit Ausstoßung des t, tunle entstanden. 60 fei waltet, so ist es unnötig, die detaillierte)
[C. Pauli.] Beschreibungen der einzelnen_Spiegel zu gebe:
Tnramnei (demot. twrm-ne), als Dämon be-
zeichnet im demotischen Zauberpapyrits von
London-Leiden (ed. Griffith- Thompson 1[1904],
27), wo der Zauberer col. 2, 10 sagt: 'Denn ich
bin Touramnei, Amnei, A-a, Mes, Mes, Omouorf
(viermaT), Pahorof ... ein kleiner (?) König, Tou-
hor {tw-hry. [Preisendanz.]
Es genügt, die allgemeine Beschreibung voi
Deecke (in Müllers Etr. 2*, 75, not. 130) an«;
zuführen: 'Sie erscheint oft auf Spiegeln al
eine schöne nackte Frau oder wenigstens ni
halb bekleidet, das Haar kunstvoll geordnet, ai
gebunden, geringelt oder gelockt, meist reic!j
geschmückt mit Stirnreif, Ohrgehängen, Hai
1285 Turan Turan 1286
band, Annspangen nsw. Als Symbole er- treffend. In dieser (jruppe haben wir als erste
scheinen bei ihr Schwan, Taube, Myrten- Unterabteilung drei Spiegel, die lediglich die
zweig, Granatapfel.' Hingegen wird es zweck- genannte Liebesgruppe zeigen. Es sind Fahr,
mäßig sein, die Spiegel nach dem Gegenstände nr. 2498. Fabr. suppl. 1 nr. 375 und Fabr.
ihrer Darstellung zusammenzuordnen und, so- nr. 2476. Auf letzterem ist nicht avun, son-
weit nötig, zu beschreiben. Wenn wir von dem atun zu lesen und turan ist nicht männ-
der Gemme absehen,, die nur die Venus selbst lieh, wie Deecke (in Alüllers Ktr. 2*, 75 not. 130)
enthält, so haben wir verschiedene Darstel- fragend annimmt, sondern weiblich, obwohl
hingen. Die erste derselben stellt das Liebes- von recht harten Formen. Auf mehreren Spie-
verhältnis zwischen turan und laran (Ares) dar. lo geln, die die zweite Unterabteilung der Adonis-
Dies liegt vor auf dem Spiegel Fabr. nr. 2474. gruppe bilden, sind Seitenfiguren zur Ausfül-
Hier haben wir rechts die genannten beiden lung. So haben wir auf Fabr. nr. 2510 zwei
Gottheiten, links von ihnen Minerva (menrva) und geflügelte jugendliche männliche (Jenien ohne
Apollo (aplu) im Gespräch. Die zweite Gruppe Namen, auf Fabr. nr. 2494 links den pul'9'i8qp,
von Spiegeln bezieht sich auf einen Mythus, rechts die snena-ö-, außerdem ist der Schwan
der uns aus griechischen Quellen nicht bekannt anwesend. Auf Fabr. nr. 2494^18 igt rechts
ist, auf ein Liebes- oder Eheverhältnis zwischen die zipna als Zuschauerin, links der Schwan
menrva und hercle, welches von turan be- (tusna), den Rand aber umgeben die dienenden
schützt oder angestiftet ist. Der erste der Genien der Venus, die alpan, der a;fvistr, die
hierhergehörigen Spiegel ist Fabr. nr. 2346 20 mun'ö-;^, die mean, der . . . u;^ und eine ohne
bis a, der in der Darstellung dem vorgenannten Namen, während unten am Griff der Knabe
sehr ähnlich i^t, doch heißt das Paar zur ha-S-na mit einem Kruge sich befindet. Ebenso
Hechten liier hercle und menrva, das zur Linken haben wir auf Fabr. suppl. 3 nr. 396 die muu&x
turan und aplu. Die Darstellung beider Spie- mit dem Schminkstift anwesend. Zu dieser
gel macht den Eindruck, als sei die Szene Gruppe als dritte Untergruppe gehören ohne
des ersten die Einleitung und Vorbereitung Zweifel auch zwei Spiegel, auf denen Adonis
zu der des zweiten. Ebenso haben wir turan fehlt. Auf dem ersten derselben, Fabr. nr. 2496,
als Beschützerin von hercle und menrva auf sitzt turan auf einem Sessel, links steht a;fvizr,
den Spiegeln Fabr. nr. 2486 und 2277, doch die hier weiblich ist, und hält ihr einen Spie-
fehlt hier Apollo. Dies Liebesverhältnis zwi- so gel vor, rechts ist eine andere dienende Frau
sehen hercle und menrva bleibt nicht ohne ohne Namen mit dem Schminkstift im Gesicht
Folgen, und so sehen wir denn auf mehreren der turan beschäftigt. Auf Fabr. nr. 2476 bis
Spiegeln dieser Gruppe das Götterpaar mit haben wir die turan allein, wie sie mit dem
seinen Kindern: auf dem Spiegel JFa6r. nr. 2487 Schwan sitzt, der sie vermutlich zum Adonis
ist es deren eines, welches menrva dem hercle trägt. Die vierte Unterabteilung bilden die
hinreicht; turan steht links als Zuschauerin, Spiegel, auf denen eine lasa anwesend ist. Es
ihre Kammerfrau mun-O-u, die das Schmink- sind deren drei. Ungemein interessant ist der
fläschchen in der Linken hat, setzt mit der erste derselben {Fabr. nr. 209G), den ich s. v.
Rechten dem Herkules einen Kranz auf. Eben sitmica beschrieben habe. Dies Interesse liegt
derselbe Knabe, hier epeur genannt, wird auf 40 in den Buchstaben, die außer dem Namen der
dem Spiegel Fabr. nr. 2500 von dem Vater drei Gottheiten auf dem Spiegel enthalten
hercle dem Großvater tinia vorgestellt; turan sind. So stehen hinter dem atunis die Buch-
und -O-alna sind Zuschauerinnen. Auf dem staben arm, unter seinem linken Arm a-O',
Spiegel Fabr. nr. 480 haben wir der Kinder be- zwischen ihm und der turan as, neben der
reits zwei. Rechts steht Herkules, dessen Bei- linken Hand der lasa sitmica ein c, neben der
Schrift [hercle] nicht mehr vorhanden ist, vor rechten ein a, zu ihren Füßen aber auf einem
ihm menrva, die das eine Kind, maris husrnana wolkenähnlichen Gebilde larns. Die lasa sit-
genannt, über einer Urne hält; als Zuschauer mica hat warnend die Rechte erhoben und
sind turan und ein dem Herkules ähnlicher redet eindringlich auf die turan ein. Darauf
Jüngling, lein^O" mit Namen, zugegen; letzterer 50 beziehen sich die Buchstaben larns, denn diese
hat das andere Kind, maris halna, auf dem sind Genetiv des Namens laran (Ares), und
Schoß. Drei Kinder sind es auf dem Spiegel dielasasagt ohne Zweifel [?]: Gedenke des laran.
Fabr. nr. 2094. Auch hier haben wir den Sehr ähnlich ist die Darstellung des zweiten
Herkules, und zwar unterhalb der Hauptgruppe {Fabr. suppl. 1 nr. 253), wo wir gleichfalls
auf dem Griff. Er trägt keine Beischrift, ist die Adonisgruppe und die lasa, hier ohne den
aber durch Keule und Löwenfeli genügend Zunamen sitmica, mit der erhobenen Hand
charakterisiert. Er schaut über einen Vorhang, wiederfinden. Auch auf dem dritten {Fabr.
offenbar um die Vorgänge der Hauj)tgruppe suppl. 2 nr. 130) haben wir die lasa anwesend,
zu beobachten. Hier oben in der Hauptgruppe außerdem aber als Zuschauer die menrva und
haben wir die menrva, die das eine Kind, den 60 den amuce (Amykos). Die fünfte Unterabtei-
maris husrnana, aus der Urne hebt; vor ihr lung der Adonisspiegel bildet Fabr. nr. 1065.
stehen turan und [l]aran; rechts die ama pu- Hier naht das Unheil, das die lasa vorher-
tunia mit dem maris halna auf dem Arm, gesagt hat: im Mittelpunkte der Darstellung
links Hermes (turms) mit dem maris ismin-^-ians nagelt Atropos (a-d-rpa) einen Eberkopf an die
auf dem Schoß. Auf diese ersten beiden unter Wand, damit das Schicksal der beiden Jüng-
sich zusammenhängenden Gruppen, die an das linge besiegelnd, die durch den Eber fallen
Liebesverhältnis Ares - Aphrodite anknüpfen, sollen, rechts des Meleager (meliacr), neben dem
folgt die dritte Gruppe, Adonis- Aphrodite be- die Atalanta (atlenta) sitzt, links des Adonis,
1287 Taran Turia 1288
dessen Beischrift erloschen ist und neben dem Sujet haben wir autMom Spiegel i'«6r.nr. 2033 a:
die tofran] steht. Die vierte Hauptgruppe bil- rechts sitzt die turan, links diemenrva; beide
den die Spiegel des trojanischen Sagenkreises. schauen aufmerksam einer zwischen ihnen
Der erste derselben {Fahr, 8um>l. 3 nr. 308) ent- stehenden dritten (aecpe oder i)eqpe oder wie
hält die Eierszene zwischen Tjndares (tuntle) sonst?) zu, die ein Taschenspielerkunststiick
und Leda (latva), die ich s. v. pultuce be- mit kleinen Kugeln auszuführen scheint. Wie
schrieben habe; turan ist als Zuscliauerin an- man sieht, sind die Darstellungen der turan
wesend. Der zweite {Fabr. nr. 479) zeigt Kai- sehr mannigfaltig und sehr interessant. Die
chas, der die Dioskuren umschlungen hält, Figur der turan hat sich im jetzigen italieni-
toran und Minerva als Seitenfiguren. Als lo sehen Volksglauben noch erhalten, wo sie
drittes Siget dieses Kreises haben wir die Wer- unter dem Namen Turan na als 'the spirit of
bung des Menelaos (menle) um die Helena lovers of peace and of love, and the goddess
(elina), von der turan unterstützt. Die Dar- of beauty' (Leland, Etruscan Jioman Bemains
Stellung des Spiegels {Fabr. nr. 1064) ist diese: 41) sich findet. Das Gebiet, welches verliebte
rechts sitzt Menelaos, im vollen griechischen Jünglinge in einem Walde an sie richten,
Watfenschmuck, und reicht der ihm gegenüber- lautet also: *Turanna! Turanna! | che di belta
sitzenden Helena, die ihm die Arme entgegen- sei la regina! | Del cielo e della terra, di fe-
breitet, ein Halsband: turan steht zwischen liciti e di buon cuore! || Turanna! Turanna!
beiden und redet auf die Helena ein. Als In questo folto bosco | Mi vengo a inginnoc-
viertes trojanisches Sujet finden wir (Garn. 20 chiare | Per chö tanto infelice | e stortunato
nr. 772) das Urteil des Paris: Dieser selbst sono: | Arno una donna e non sono corri-
(alax^ntre) sitzt unter einem Baum, und die sposto. || Turanna! Turanna! pA te mi vengo
drei Göttinnen (turan, uni und [mejnrva) reprä- a raccomandare ! | Le tue tre carte a völere
sentieren sich ihm. Als Kupplerin zwischen Scongiurare che quella | Giovane mi possa
Paris und Helena finden wir die turan auf amare. || Turanna! Turanna! | Falle per il bene
einer vierten Spiegelgruppe, die aus drei che ai sempre fatto, | Sei stata sempre tanto
Spiegeln besteht. Auf dem ersten (Fabr. nr. buona generosa, | Sei buona quanto e bella, (
2495) sitzen elsntre und elina einander gegen- Che di beltä sei la Stella!' Einmal erscheint
über, letztere mit einem Spiegel; zwischen (oben Fabr. 2141) auch ein männlicher maris
beiden steht turan und redet auf die Helena so turan. Es ist ein geflügelter Jüngling, mit Stirn-
ein. Auf dem zweiten {Fabr. suppl. 2, nr. 93) band und Chlamys angetan, der sich auf einen
sitzt ela^santre neben elinei, vor ihnen stehen Speer stützt. Deecke {Etr. Fo. 4, 36) deutet dies
turan und laran (Ares) in Umarmung, vielleicht, als ^Mara der Venus' oder später {Etr. Fo. u.
um die Helena zur Nachahmung zu reizen. Stu. 2, 21) als ^puer Veneria'. Das ist sicher
Auf dem dritten {Fabr. nr. 2726) haben wir falsch (s. Paulis Etr. Fo. u. Stud. 3, 15ö und
elina im Wochenbett, ihr Töchterchen ermania Sugge, ibid. 4, 12), denn turan kann kein Ge-
(Hermione) neben sich; zu Häupten sitzt ela;^- netiv sein. Dieser müßte turns heißen, so gut
santre, am Fußende steht turan und redet auf er von laran larns heißt {Pauli, Etudes ded. ä
Helena ein. Zwei weitere isolierte Sujets des C. Lemans 228), und ist überdies nachzu-
trojanischen Kreises haben wir auf den Spie- 40 weisen. In der Inschrft Garn. App. nr. 582 =
geln Fabr. nr. 2726^1», der von mir s. v. prisis. C. I. E. 4918 lesen wir: tite : ecnate : turns,
und Fabr. nr. 2346 i>i« b, der von mir s. v. d. i. 'Tite Ecnate, des Turan (Sohn)'. Und da
qpulqpsna beschrieben ist. Auf beiden ist die auch laran (Ares) männlich ist, so ist auch
turan gegenwärtig. Ob auch der Spiegel nicht abzusehen, warum nicht auch turan mit
Fabr. nr. 2141 zur trojanischen Gruppe gehöre, derselben Endung solle männlich sein können,
ist nicht sicher. In der Mitte haben wir ein [Über turan :r'y(>avvo5 8.unter Tiphanati, Schluß.]
Liebespaar, welches man gewöhnlich für Paris [C. Pauli.]
und Helena hält, aber eben dies ist nicht Turg. Die mangelhaft überlieferte Inschrift
sicher: weder die Sachdarstellung, noch die von Turgalium, CIL 2, 618, war Genio Tur-
Buchstabenreste der Beischriften gehen genü- 50 g(aliensium) oder Tur(galiensium) geweiht,
genden Anhalt; links steht als Zuschauerin die Turgalium (jetzt Trujillo) ist eine Stadt der
turan, rechts der maris turan, über den ich römischen Provinz Lusitania, s. KiepeH, CIL 2,
am Ende dieses Artikels sprechen werde. Die *S?*pp?., Tab. I,KLg und i'^onn.Orft.J^w^a'g'. XXVII,
fünfte Hauptgruppe bilden die Spiegel, auf Ed. Hübner, CIL 2 p. 74 ff., vgl. p. 696 und
denen turan eine andere Frau schmückt. Dies Suppl. p. 822 ff. [Kenne.]
ist auf zwei Spiegeln {Fabr. nr. 2475 u. 2497) Turgaliensis s. Turg.
der Fall mit der malavisj;: diese sitzt auf Turia (turia) ist die etruskische Wiedergabe
beiden Spiegeln, auf dem ersten steht mun- des griech. Tyro {Deecke in Bezzenbergen Bei-
^MX vor ihr und setzt ihr ein Diadem auf, trägen 2, 170, nr. 100), des Namens der Mutter
turan steht dahinter, außerdem sind hin-O-ial 60 des Pelias und Neleus. Der Name ist nur
mit einem Spiegel und zipn[a], die das Haar einmal und zwar auf einem perusinischen
der malavis;^ ordnet, zugegen; auf dem zweiten, Bronzespiegel, belegt. Bezüglich der Literatur-
der nur drei Figuren hat, setzt turan selber angäbe und der Beschreibung der dargestellten
der malavisx das Diadem auf, und hinter Szene verweise ich auf meinen Artikel pelias
letzterer steht die res;fualc. ähnlich ist ein (etr.). Was die etr. Endung -ia neben griech.
dritter Spiegel (Fabr. nr. 2476*«'), auf dem die -co betrifft, so haben wir ein Seitenstück dieses
sitzende turan der vor ihr stehenden -ö-alna Verhältnisses in etr. uni d. i. lunia neben lat.
einen Kranz aufsetzt. Ein sechstes und letztes Inno. [Vgl. auch C. i. ^. 8003-8008.] [C.Pauli.]
1289 Turiacus Turmasgad 1290
Turiaciis, Name eines einheimiBchen Gottes 1912, p. 196 (vgl. auch ebd. 1911, p. 200 u. 211).
auf einem Weihdeukmal in bester, großer Schrift — Unter den Verehrern ist eine Truppe, die
des 1. Jhdts. n. Chr., gefunden in Santo Thyrso, nach ihrem vornehmlichen Aushebungsbezirk
südwestlich von Braga = Bracara Augusta in in Syrien, Commagene, benannt war (H), außer-
der hispanischen Landschaft Callaecia, ('JL 2, dem noch zwei Soldaten (4. 5) und ein kaiser-
5561 {Suppl. p. 891) = Dessau, Jnscr. Lat. sei. lieber Freigelassener, dessen griechischer Name
4511: L. Valerius Silmnus, mücs h'g(innis) VI OrthiusCOpO-toc;) seine östliche Heimat verrät (1).
Vict(ricis), Turiaco \r(otum)\ s(olvü) Idbens} — Zwei VVeihinschriften sind mit Bildwerk ge-
m(erito). Wiihrend frühere Gewilhrsmänner ab- schmückt, welches im wesentlichen überein-
weichende Lesungen des Namens boten (Mo- lo stimmt (1. 2).
reira: IVRIACO, Andrade: NVRIACO; Cardoso, 1. C/L 6, 4, 2 (Additam), p 3036 nr. 30960 a
aufweichen CIL2,2iil4: zurückgeht, hat über- = Dessau, Inscr. Lat. sei. 4073, Altärchen aus
haupt keinen Namen des Gottes), ist die Lesung Marmor, gefunden zu Rom in der Via Nazio-
TVRIACO durch Sarmento und Photographie nale (Fortsetzung: Corso Vittorio Emanuele) in
gesichert (der Rest von (), den Sarmento vor der Gegend des Palazzo della Cancelleria (i?ae-
dem Namen zu erkennen glaubte als Über- deker, Mittel- Italien — Jiow, Plan 11 16/14), jetzt
bleibsel von deo, ist wohl kein Buchstabe): s. im Museo Capitolino {H.Stuart Jones, A Cata-
Hühner zur Inschrift. Fundort S. Thyrso s. logue of...the sculptures of thc Museo Capito-
Kiepert, CIL 2, Suppl, Tab. I, Fbc und Son- Uno 1912, p. 60 nr. 27 mit Tafelabbildung Plate
derkärtchen Sb. Den Namen T. führt ÄbZder, 20 11, 27): I(ovi) O(ptiino) M(axinio) [Bildwerk:
Altcelt. Spradischatz 2, Sp. 1997 nach A. Coelho 'aquila rostro caput cervinum (vel caprinum ?)
als keltisch auf, dagegen Hübner, Mon. ling. petens'] Turmasgade Orthius Aug(usti) lib(ertus)
Iber. p. CX und p. 253 als iberisch, wohl zu- tab(ularius) v(otum) s(olvit). •
treftend, denn hier liegt nicht die keltische, 2. C7L 3 Suppl. 1 p. 1422 nr. 8027 = Dessau
für Grundstückbezeichnungen beliebte Endung 4074, gefunden zu Kesca (nicht Recka) = Ro-
-acus vor, sondern das gleichfalls adjektivische mula [CIL 3 Suppl. (2) Tab. IV Eik u. V Khi]
iberische, neben -agus, -acgus, -egus, -accus, in der Dacia Malvensis, nahe dem die Grenze
-aicus u. ä. vorkommende Anhängsel, vgl. zum gegen Moesia inferior bildenden Fluß Alutus
Artikel Tiauranceaicus. Die Legio VI Victrix (Oltu, Alt) [Andree, Handatlas'' 136/137 D 5] in
lag bis zum Zeitalter des Vespasianus in His- 30 der kleinen Walachei, jetzt im Museum zu Bu-
panien und zwar, vornehmlich unter Augustus, karest: [Bildwerk: ^Cervus fugiens ab aquila
im nördlichen Teil der Halbinsel nach Besie- adprehensus^] Turmasgada Max. Maximinus et
gung der Cantabri, der sie den Beinamen lulianus Maximinus ex voto pos(uerunt).
Victrix verdankte. [Kenne.] 3. Dessau 9273 (Addenda, Vol. 3 p. CVIII),
Turibriga, Turobriga, Turubriga s. Turo- mit berichtigter Deutung aus Österreich. Jahres-
brigensis. heft. 6 (1902), Beiblatt Sp. 121 f. nr. 3 [= Bevue
Tnrmasgad oder Turmazgad, syrischer Bei- archeol* 1 (1903, 1) p. 331], zu Deva in Sieben-
name des luppiter, also einer der nach ihrer bürgen oder Transsilvanien [CIL 3 Suppl. (2),
Kultstätte in Syrien benannten Ba'alim, deren Tab. V Eef u. Jl. Andree'' 79/80 I 6]: [IJovt
Verehrung auch im Westen des Römerreiches 40 Turmazgadi [cjoh(ors) II Fl(avia) [Cojmma-
Fuß gefaßt hatte und von welchen besonders g(enorum) eq(uitata) s[ag(ittariorum),cui] pr(ae-
der Baal von Doliche , luppiter Dolichenus, est) M. Arrufntiujs AgrippinufsJ, v(otum) s(ol-
aber auch andere bekannt sind {Aust 0. Bd. 2, vit) l(ibens) m(erito). — Über die Cohors II
1, Sp. 752. Thulin in Pauly -Wissowa- Kroll, Fl. Commagenorum s. Cichorius in Pauly-Wis-
Meal-Eneyclopädie für cl. Altertumswissenschaft sowa, Beal-LJncyclopädie 4^, 1, Sp. 274. Diese
Bd. 10, 1, Sp. 1139 f. § 16 und Cumont, ebd. 2, 2, Kohorte hatte ihr Standlager in Micia = Veczel,
Sp. 2649f. Toutain,Les cultespaünsdans TEm- von Deva den Fluß Maros (Marisia) abwärts
pire rom. 1, 2, les cultes orientaux 1911, p. 38 ff.). [CIL 3 Suppl. (2), Tab. V Ee u. Jk], in Dacia
T. ist bis jetzt belegt durch fünf Inschrif- Apulensis. Das Steindenkmal war vielleicht
ten, von welchen drei (1 — 3) zweifellos, zwei 50 von seinem Fundort Veczel = Micia nach Deva
(4. 5) sehr wahrscheinlich diesen Namen nennen, verschleppt.
dreimal als Beinamen des luppiter (Optimus 4. CIL 3, 1338 (Dessau 4074a), zu Deva (s.
Maximus); drei der Weihungen (2 — 4) sind in nr. 3) in Privatbesitz, jetzt im Museum zu Deva
den Provinzen Daciae, eine zu Rom (1), eine [CIL 3, Suppl. 1 p. 1402]: G. T. Maz. Aure-
bei Trier (5) gefunden. Der syrische Name ist (lius) Dionisius cur(ator) pos(uit). — G. = Ge-
sowohl mit s (1. 2. 5) wie mit z (3. 4) geschrie- nio ? Dessau hat mit Recht im folgenden T.
ben, vgl. die Schreibungen Sabasius neben Sa- Maz. den Namen des Gottes T. erkannt. Dieser
bazios, -US, auch Zmyrna — Smyrna u. a. {Des- Name ist abgekürzt unter Zerteilung in seine
sau, Inscr. Lat. sei. vol. 3, p. 839). Der Dativ zwei Bestandteile ; vgl. z.B. pl(um)b(arius) CIL
ist entweder nach griechischer Weise auf -a 60 13,5330 a und Korr.- Bl.Westd. Ztschr. Ib, 1896,
(von einem Nominativ -as) gebildet (2) oder Sp. 61. Zur Abkürzung G = genius vgl. z. B.
auf -e (1) oder latinisiert -i (3, von einem No- CIL 12 p. 946. Zu Genius Turmasgades oder
minativ auf -es). Das Woi-t ist aramäisch (sy- Gtv. -is v^l. den Art. Tiauranceaicus. Momm-
risch) und setzt sich zusammen aus tour-\- sen hatte 6rCemoji(^MrwaeJ ilfa^r. vermutet [ebenso
masgad, d. h. Berg der Anbetung (Mont du wie in nr. 3 ergänzt worden war: tur(ma) Maz-
lieu d'adoration) [sgad== anbeten; von masgad gadi; vgl. auch Mommsen, Eph. epigr. 2, p. 320
leitet sich das Wort ^Moschee' her], s. Bruston nr. 449 zu o. nr. 2, gegen Hirschfelds richtige
an Toutain, Bull, de la Soc. des antiq. de Fr. Deutung]; Hübner dagegen hatte G(enio) t(ur-
BoscHSB, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 42
1291 Turmkrone Turms 1292
ria) mit folgendem Namen des Turmes ergän- zweiten von Vulci (Fabr. nr. 2144) auf terasia,
zen wollen. Diese Deutungen sind jetzt dank für den ersten unbekannter Herkunft (Fabr.
der durch Zusammenstellung aller hierher ge- nr. 2471) auf tinia). Der Spiegel von Belora
hörigen Weihinschriften gewonnenen Deutung ist veröffentlicht von Migliarini und Braun
überwunden. — Über die militärischen Curato- im Bull. delV Inst. 1837, 42 sq., von Gerhard,
res vgl. Komemann in Paüly-Wissotoa, Real- Etr. Spiegel 3, 126, Tat. CXXVII und von
Eneyclopädie A, 2, Sp. 1798 ff. u. a. — Wie nr. 3, Fabretti, C. I. I. nr. 2498. Der zweite Spiegel
so wird auch Inschrift nr. 4 von Micia-Veczel von Orvieto ist herausgegeben von Braun in
nach Deva verschleppt sein. den Ann. delV Inst. 1836, 179 sqq. tav. agg. E,
6^ C/L 13, 3646, ausgegraben im J. 1710 bei 10 von Gerhard, Etr. Spiegel 3, 145 sq., Taf.
Einebnung eines Schutthügels in der Nahe des CLVIII und von Fabretti, C. I. I. nr. 2486:
Klosters St. Matthias (südl Vorort von Trier), Den dritten Spiegel von Orvieto hat i^'atr. O. /. /.
verschenkt und verschollen, ist nur bekannt suppl. nr. 311 herausgegeben. Der dritte
durch die handschriftlichen Zusätze von Reiffen- Spiegel von Vulci ist veröffentlicht von Ger-
berg (1716) zu Brower-Masen^ Antiquitatum et hard, Etr. Spiegel 3, 123, Taf. CX XIV und von
annalium Treoirensium libri XXV: I(n) h(o- tabretti, C. J. I. nr. 2490, tab. XLIV. Endlich
norem) d(omus) d(ivinae) \ I(ovi) O(ptimo) M(a- der zweite Spiegel unbekannter Herkunft ist
ximo) I TVRMAS • 6IL • | EL • ^ • VICT | b(ene)f(i' veröffentlicht von Winckelmann, Mon. ined.
ciarius) leg(ionis) VIII Aug(ustae) \ v. 8. l. m. nr. 133 (tav. CXXXVI nr. 311 ed. Prati), von
Z. 3 und 4 sind vom Gewährsmann Reiffenberga 20 Lanzi 2, 224 = 178, tav. XU. nr. 4, Miliin,
mangelhaft abgeschrieben. Treffend hat ToMtotw, Peintures des vases antiques pl. LXXII, nr. 1,
Buü. Soc. Antiq. de Fr. 1911, p. 2ü0 hier Z. 3 von Gerhard, Etr. Spiegel 3, 218 sq., Taf
den Beinamen T., wie in nr. 3, vermutet, s. CCXXXV, nr. 1, in der Hernie archeol. 1, 297
auch CIL 13,4 p. 43; herzustellen ist wohl: und von Fabretti, C. I. I. nr. 2499. Die Dar-
Turmasg[adi]. Z. 4 enthält die Namen des Stellungen auf diesen Spiegeln zerfallen in fünf
Stifters: Flavius? Vict(or). Der Stifter, Bene- verschiedene Gruppen. Die erste derselben
ficiarius der damals zu Straßburg (Argentorate) erhält nur einen Spiegel {Fabr. nr. 2094) und
liegenden 8. Kaiserlegion, war zum Postdienst zeigt uns den turms, wie er in Gesellschaft
an die von Trier auf der rechten Moselseite anderer Gottheiten den Götterknaben mari»
nach Straßburg führende Heer- und Poststraße 30 isminO-ians in den Händen hält (die weitere
kommandiert {v. Domaazewski, Westd. Zeitschr. Beschreibung siehe s. v. putunia). Die zweite
21, 1902, S. 198). -— Wegen der Einleitungs- Gruppe, die Gorgo betreffend, zeigt uns auf
formel gehört die Weihinschrift in die Zeit dem ersten Spiegel {Fabr. nr. 296 ter a) den
nach 150 n. Chr. turms in Gesellschaft des die Gorgo bekämpfen-
Von den fünf Weihungen sind also drei im den Perseus (weiteres s. s.v. perse). Die zweit-
römischen Dakien festgestellt, wo überhaupt zeigt uns die Minerva (menrva) und den türm
die Verehrung orientalisch-syrischer Gottheiten (Il/Vll11<]0t d.i. M ITlOVt, bisher nicht er-
verbrcitet war {J. Jung, Die roman. Landschaf- kannt), wie sie das abgeschlagene Haupt der
ten des rom. Reiches S. 381. J. Toutam, Les Gorgo betrachten; am Boden sieht man ein
cuUes paiens 1, 2 p. 64). [Kenne.] 40 zweitesHaupt, vielleicht ein Spiegelbild des an-
Turmkrone (Mauerkrone) als Kopfschmuck deren (Fabretti nr. 2490). Die dritte Gruppe
der Kybele, sovrie der Stadtgöttinnen und des enthält fünf Spiegel, auf denen es sich um Ent-
Genius, 8. den Artikel Turrigera. Nach F. K. Scheidungen von Meinungsverschiedenheiten
Müller., Der Polos (1915), S. 46 ff. tragen außer oder ähnlichen Dingen handelt, an denen turms
Kybele und Tyche- Astarte auch andere grie- aktiv oder passiv beteiligt ist. Aktiv haben
chisch-orientalische Göttinnen die Mauerkrone wir ihn zunächst auf zwei Spiegeln. Die Dar-
ala Kopfzier. [Kenne.] Stellung des ersten (Fabr. nr. 2498) ist die fol-
Turms (turms) ist der etruskische Name des gende : Im Mittelpunkte finden wir den Hermes
Hermes. In dieser Form und Schreibung liegt (turms) mit Chlamys bekleidet, aber sonst
er zunächst vor auf sechs Bronzespiegeln, deren 50 nackt mit Flügelhut, in der Linken einen
einer aus Belora am Flusse Cecina, einer aus Or- Apfel oder einen ähnlichen Gegenstand; sein
betello, zwei aus Orvieto, einer aus Vulci her- Antlitz ist dem links von ihm stehenden ju-
stammen, während einer von unbekannter Her- gendlichen Herkules (hercle) zugewandt, der
kunft ist. Einmal, auf einem Spiegel aus völlig nackt ist, in der Linken die Keule, in
Vulci, hat der Name zum Schluß ein -s. Her- der Rechten anscheinend einen Stein hält;
zustellen ist die gleiche Form auf einem Spiegel, rechts steht lolaus (vilae), der die Rechte auf
der vermutlich aus Caere stammt. Ein anderes Hermes' Schulter gelegt hat, in der Linken aber
Mal, auf einem Spiegel aus Orvieto, lautet die eine strigilis (?) hält. Die Szene macht den
Form turmus, und endlich, auf einem Spie- Eindruck, wie auch Gerhard meint, als sei
gel unbekannter Herkunft, fehlt die Endung. 60 turms hier Kampfrichter. Der zweite Spiegel
Die Literatur dieser Spiegel, die ich nach ihren (Fabr. suppl. 3, nr. 311) zeigt uns den Mene-
i^a&retti-Nummem bezeichnen werde, habe ich laos (menle) und die Helene (vilenu), die an-
zum großen Teil schon früher gegeben und scheinend die Entscheidung des turms und des
verweise auf die entsprechenden Artikel : So aplu anrufen. Passiv hingegen scheint die Rolle
für den Spiegel von Orbetello (i^abr. nr. 296 t«ra) des turms auf den weiteren drei Spiegeln zu
auf perse, für den ersten Spiegel von Orvieto sein. Auf dem ersten derselben (Fabr. nr. \
(Fabr. nr. 2094) auf putunia, für den ersten 2485) haben wir drei Figuren: links die Mi- £
von Vulci (Fabr. nr. 2139) auf -ö^alna, für den nerva Tmenrva) in ihier gewöhnlichen Darstel-
1293 Turmuca Turnus 1294
lung, nur statt des Helmes ein Stirnband ums Studien 3, 28 sqq.). Es fragt «ich, wer diese
Haupt; vor ihr und ihr zugewandt haben wir turmuca war. Der von Fabretti (gloss 18t)6,
den stehenden Herkules (hercle), mit dem s. v. turmucas) gegebenen Deutung 'fi'dojXov
Löwenfell und einem Lendenschurz bekleidet, (spectrum) Mercurii (Plutoni«)' kann man we-
neben sich die Keule, in der Rechten einen der sprachlich noch sachlich zustimmen, sprach
Diskus (oder eine Schale?); rechts sitzt Her- lieh nicht, weil Mercuriu« auf etruskisch turms,
mes (turmus) mit Chlaniys, Flügelhut und aber nicht turmuca heißt, sachlich nicht, weil
Stab, die Rechte um die Hüfte des Herkules hin^ia(l) stets die Seele eines Abgeschiedenen
gelegt, als ob er ihn antriebe. Es scheint, als bezeichnet, nicht die Erscheinung eines Gottes,
ob Herkules der Minerva eine Bitte vortrage lo abgesehen davon, daß auch Mercurius und
und Hermes ihn darin unterstütze. Auf dem Pluto nicht dasselbe ist, und abgesehen weiter
zweiten Spiegel tragen -ö^alna und turms (Fabr. auch davon, daß die mit der Beischrift tur-
nr. 213i)) dem tinia eine Streitsache vor (nä- muca bezeichnete Gestalt eine weibliche ist.
heres darüber s. v. -ö^alna). Die Szene des Für die Deutung von turmuca sind zwei Mög-
dritten {Fahr. nr. 2471) ist sehr ähnlich, nur lichkeiten, ja nachdem der Name etruskisch
sind die Rechtenden hier turms und apulu oder aus dem Griechischen etruskisiert ist.
(vgl. 8. V. tinia). Das vierte Sujet, auf nur Im ersteren Fall würde wohl sicher eine Ab-
einem Spiegel {Fabr. nr. 24üi)) dargestellt, leitung von turms „'Epftf/s" vorliegen , und
zeigt uns den turmfs], mit Flügelhut und turmaca könnte, wie hinO-ial = „^v;^i7", die
Sandalen angetan, wie er in der Rechten die 20 Geliebte des Amor und Begleiterin der Göttin
Wage hält, auf der er das Schicksal des turan, eine Übersetzung aus dem Griechischen
Achilles (a;^le) und Aias (evas) gegeneinander sein und müßte es wohl sein, da doch
abwägt ; rechts von ihm sitzt Apollo (aplu), zweifellos ein griechischer Mythus vorliegt,
mit höchster Aufmerksamkeit die Wage be- Der griechische Name würde dann ein mit
obachtend. Die fünfte Darstellung endlich, 'Ep/x(o)- beginnender Frauenname gewesen sein,
auf nur einem Spiegel {Fabr. nr. 2144), zeigt In dieser Richtung bewegen sich die Darle-
uns den Odysseus unter des Hermes (turms) gungen Bunsens {Ann. delV Inst. 1836, 176)
Geleit in der Unterwelt, wo er mit dem Schatten und Corssene {Sj>. d. Etr. 1, 272) und die Über-
des Tiresias sich unterredet (näheres siehe s. v. setzung Deeckes {Etr. Fo. 4, 92) durch ""Mer-
teriasa). An der Deutung des turms als Her- so curialis'. Aber auch die Möglichkeit liegt vor,
mes ist kein Zweifel, denn in allen Darstel- daß turmuca nur lautliche Umformung eines
lungen wird die Identität durch Flügelhut und griechischen Namens sei. Bugge (in DeeckeB
Stab, obwohl dieser recht verschiedene Formen Etr. Fo. u. Stu. 4, 33) sagt: ''Da Fenthesiieia
zeigt, gewährleistet. Nur von dem Spiegel die Königin der Amazonen war, muß man in
Fabr. suppl. 3, 311 gibt es, soweit ich weiß, turmuca einen einer Amazone geeigneten Namen
keine Abbildung, und ich kann daher nicht suchen. Ich Yenniite*JoQindxri. Die Amazonen
behaupten, daß der Gott auch hier durch wurden ja von den Künstlern mit Speer dar-
Flügelhut und Stab bezeichnet sei. Das Ver- gestellt.' Das wird im wesentlichen richtig
hältnis der Formen des Namens zueinander ist sein, doch bleibt bei *z/opt-[od. zJ(OQi-](idxri ein
dies, daß turms oder turms die eigentliche 40 lautliches Bedenken. Griech. S wird im Etruski-
Form ist, turmus aber einen Hilfsvokal ange- sehen zu z oder d; und so hätten wir -turmuca
nommen hat, der, wie zumeist, die Klangfarbe zu erwarten. Etr. t hingegen entspricht griech. t
des vorhergehenden Vokals zeigt. Die Gestalt oder ^, und so möchte ich in turmuca eher ein
des turms hat sich im heutigen italienischen griech. ©ovptfia';^?] sehen (vgl. den Heroennamen
Volksglauben noch erhalten. Er trägt den OovQi^icc^og bei Fick., Personennamen^ 393).
Namen Teramo und ist der Gott der Diebe Dieses griech. Povgi^dxr] würde lautgesetzlich
und Kaufleute und außerdem ein spirito messa- etr. turmca geben und dann mit Hilfsvokal
giero {Leland, Etruscan Roman Remams 6, turmuca. So, und nicht durch Verdumpfung
25 sqq.), also genau dem Merkur entsprechend. des a {Bugge 1. c), ist das mittlere u der
[Die <Mrms-Nummern bei Gerhard-Körte, Etr. 50 etruskischen Form zu deuten. Es scheint sich
Spiegel, sind zusammengestellt von C. Thulin, um eine uns unbekannte Sage zu handeln.
Religionsg. Vers. u. Vorarbeiten 3, 1 (lv<06), 18 Die Forschungen zu ihrer Aufhellung würden
Anm. 3. Zu herma und mercu : Mercurius s. sich also in der Richtung eines weiblichen Na-
ebd. und Herbig, Glotta 5, 248.] [ C. Pauli.] mens 'Eq^{o)- oder einer OovQuidxri bewegen
Turmuca ist der etruskische Name einer müssen. [C. Pauli.)
Amazone {Deecke s. v. hinthial). Der Name Turnus {TovQvog Dio Cass. frg. 3, 6. Tvqqti-
ist nur einmal belegt, und zwar auf einem vög Dion. Hai. 1, 64, 2 f.), König der Kutuler
Krater von Vulci, der veröffentlicht ist von (s. Rutuli) in Ardea, war der Sohn des Daunus
Inghirami, Vasi fittili tav. CCCXCIX und Storia (s. d. Nr. 2) und Enkel des Pilumnus (s. o.
della Toscana tav. LXXIV nr. 2/3; von Raoul- 60 Bd. 3, Sp. 2508, 6. Bd. 2, Sp. 215, 51. Bd. 1,
Rochette in den Ann. delV Inst. 1834, 274 sq. Sp. 948, 37). Als seine Mutter galt Venilia
und den Monum. ined. 2, tab. IX; von See. {Verg. Aen. 10, 76 u. Serv.), die man als
Campanariin den Atti deir Accad.rom.d'archeol. Nymphe auffaßte oder mit Venus gleichsetzte
7, 11, tav. II; von Be Witte, Catal. Beugnot {Wissowa, Rel. u. Kult. d. Röm."^ S. 226; s. o.
54—56 und von Fabretti, C. I. I. nr. 2147. Bd. 2 Sp. 228ff.) oder auch unter Bezugnahme
Die Darstellung ist von mir s. v. pentasila be- auf den Namen Venulus {Verg. Aen. 8, 9 u.
schrieben worden. Dies hin^O-ia | turmu | cas Serv. 11, 242. 742) als Stammutter einer etrus-
bedeutet 'ihvxrj der Turmuca' (vgl. Paidi, Etr. kischen Gens Venilia erklärt {Cuno, Vorgesch.
42* ^
1295 Turnus Turobrigen(8is) 1296
Borns, S. 86); zu seiner Schwester machte man, erscheint Turnus als der nach verschiedenen
Tielleicht in Rücksicht auf die Ähnlichkeit des homerischen Mustern aus^^estaltete Hauptgej^ner
Namens und die gemeinsame Heimat Ardea- des Helden Aeneas.
Lavinium, die Quellgöttin Juturna (o. Bd. 2 Nach dem Vorbilde des Hektor bestürmt
8p. 763, 66). er das Lager der Trojaner, um ihre Schüfe zu
Die älteste uns erreichbare Form der Tur- verbrennen, während Aeneas bei Evander Un-
nussage bieten die bei Servius zu Verg. Aen. terstützung erbittet (9, 70 flf.) Er erschlägt
erhaltenen Bruchstücke aus den Origines des den Pandaros (s. d. nr. 3), Bitias (s. d.) und
Cato, dessen Darstellung wahrscheiulich auf andere (0, 760 if), muß aber schließlich von
Timaios beruht (Mommsen, B. G. l^ 466 f. lO der Übermacht umringt in den Tiber springen
F. Cauer, Jahrb. f. Philol. Suppl 16 S. 95 ff. und flüchten (9, 789 ff.). Nachdem Aeneas mit
E. Äust 0. Bd. 2, Sp. 1905 f.) Nach der Lan- Hilfstruppen herbeigekommen ist, wird der
düng des Aeneas an der Küste Ton Latium Kampf erneuert, und Turnus tötet den Sohn
und dessen Vermählung mit Lavinia, der Toch- des Evander Pallas (s. d. nr. 3). Dann begehrt
ter des Latinus, schließt dieser wegen der er mit Aeneas selbst zu kämpfen, Juno lockt
vertragswidrigen Plünderung seines Gebiets ihn aber bei der Verfolgung eines diesem glei-
darch die Trojaner ein Bündnis mit dem Ru- chenden Scheinbilds (vgl. Achilleus u. ApoUon-
tulerfürsten Turnus, beide werden aber in der Agenor, o. Bd. 1 Sp, 20) auf ein Schiff und
Schlacht bei Laurolavinium geschlagen und entführt ihn aus der Schlacht nach Ardea, um
Latinus wird getötet. Turnus flüchtet zu König lo ihn so vor dem drohenden Untergang zu be-
Mezentius von Caere, erhält von diesem gegen wahren (10, 621 ff).
dasVersprechen eines Weinzinses Hilfe (ilfacroft. Von Drances (s. d.), einem Gegenbild des
ScU. 3, ö, 10. Peter fr.h.M. S. 46, 12), fällt Thersites, angestachelt, entschließt sich Turnus
dann aber während einer in Verbindung mit nun wirklich dem Aeneas selbst entgegenzu-
ihm dem Aeneas gelieferten zweiten Schlacht, treten (11, 440 ff.); während er ihn jedoch in
vielleicht durch dessen Hand {Serv. V. Ae. 1, einem Hinterhalt erwartet, wird sein Heer
267. 4, 620. 9, 742. Peter, Eist Born. fr. S. 44f. nach dem Fall der Camilla (s. d.) geschlagen
9. 10; zu Serv. 6, 760; s. o. Bd. 2 Sp. 1907, 4 u. und er gezwungen, die bedrohte Stadt Lauren-
vgl. 2943 f.). tum zu schützen (11, 896 ff). Trotz der Bitten
Die weiter ausgebildete Sage hat Varro so des Latinus und der Amata stellt er sich am
zusammengefaßt, dessen Darstellung bei Dion. folgenden Tage dem Aeneas zum Zweikampf
Hai. erhalten ist {Cauer a. a. 0. S. 154 ff.). Bei (12, Iff.); zunächst freilich wird auf den Rat
der Ankunft des Aeneas war Latinus in einen der Juno von Juturna, welche die Gestalt des
Krieg mit den Rutulem verwickelt, brach diesen Fürsten Camers (s. d.) angenommen hat, durch
aber ab, um zunächst dem auswärtigen Feinde Vertragsbruch (vgl. den Pfeilschuß des Pan-
entgegenzutreten. Doch bald schlagen beide daros, o. Bd. 3, Sp. 1504) noch einmal ein all-
als Bundesgenossen vereinigt die Rutuler und gemeines Handgemenge veranlaßt (12, 134 ff.).
gründen Lavinium. Des Latinus Tochter La- Schließlich tritt Turnus aber doch, trotzdem
vinia wird die Gattin des Aeneas. Da sie aber ihn seine Schwester abermals durch List vor
auf Betreiben ihrer Mutter Amita {Dion. Hai. 40 dem Zusammentreffen mit Aeneas zu behüten
1, 64, 2; amita =« matertera Tante des Turnus; sucht, seinem übermächtigen Feinde gegenüber
vgl. JccBiQcc Schwägerin in der Kultsage von (12, 697 ff). Nachdem sein Schwert auf des
Eleusis) oder Amata (s. d. und Boßbach bei Aeneas Helm zersprungen ist, wird er von ihm
Pauly-Wissoica s. v.) bereits mit deren Neffen verfolgt (12, 728 ff.); aus der Hand der Juturna
Turnus verlobt gewesen war, geht dieser zu erhält er zwar ein neues Schwert, auf Juppiters
den Rutulem über und wird von ihnen zum Ratschluß aber nunmehr gelähmt, erliegt er
Führer gemacht. Er erhebt sich gegen die dem mächtigen Speerwurf des troischen Helden
Verbündeten und fällt im Zweikampf mit und wird von seinem Schwertstoß getötet. (12,
seinem Oheim (s. o. Bd. 2, Sp. 1907 f. 2945). 783 ff.; vgl. Hektors Tod).
Der Bericht des Livitis (1, 2, Iff.) verbindet so Eine Abbildung des Kampfes, auf welcher
die beiden älteren Darstellungen. Die Rutuler der Leichnam des Turnus zu des Aeneas Füßen
werden in dieser Schlacht zwar besiegt, Turnus Hegt, ist o. Bd. 2, Sp. 2948 geboten; die Dar-
aber flieht zu Mezentius, findet bei ihm Unter- Stellungen der pränestinischen Cista (o. Bd. 1
Stützung, und beide unterliegen dann den La- Sp. 186. Bd 2, Sp. 1915) sind wahrscheinlicli
tinem, doch wird der Tod des Turnus nicht gefälscht {Heydemann, Arch. Zeit. 29, 1872
erwähnt. S. 122. Boßbach bei Pauly -Wis^sowa Bd. 1.
Da Turnus bei Dion. Hai. Tv^Qrivog ge- S. 1018). [Steuding.]
nannt wird und nach Caio und üt'iMS mit dem Tiirobrigen(8i8), Turihrig(ensis) , Turubri-
Etruskerfürsten Mezentius (s. d.) verbündet ist, g(ensis), auch noch mehr abgekürzt: Turib.
darf er wohl als ein eponymer Vertreter der 60 und bloß T. geschrieben, ist der inschriftliche
einst in Mittelitalien mächtigen Etruskerkolo- Beiname einer örtlichen Schutzgöttin in Luai-
nien betrachtet werden (s. o. Bd. 2, Sp. 2952, 38), tanien (entsprechend den im hispanisch-aqui-
obwohl sich dies nicht sicher erweisen läßt tanischen Nachbargebiet als Tutela bezeich-
{Klau&en, Aen. u. d. Penat. S. 1212 ff. Wörner neten örtlichen Schutzgeistern), und zwar der
0. Bd. 2 Sp. 2952). Jedenfalls ist die griechische Göttin der durch Inschriften (CIL 2, 964, auch
Namensform eine auf solcher Vermutung be- wohl Eph. epigr. 9 p. 108 nr. 273, unwahrschein-
ruhende Umbildung. lieh CIL 2, 5033), außerdem aber nur durch
In Vergils Aeneis (s. o. Bd. 2, Sp. 1909 ff.) Plin. not. hist. 3, 14 bezeugten Stadt Turobriga
1297 Turobrigen(sis ) Turriger 1298
{Hühner zu C'/Z. 2, Suppl, p. Ufjö und »u betätig hat nach C/L 2, 9ö4. Dagegen ist
Ephem. epigr. D, p. 758. Holder, Altcelt. Sprach- die Ergänzung der Gemeindenamen in CIL 2,
schütz 2, ISp. 2005. Wechsel von 0, V, I ist 5083 {Add. p. G'.»7) : [termin]us Auijustalis
häulig, vgl. z. B. Dessau, Inscr. Lat. sei. 3, In- \inter . .\robrigenses [et . .]polibede7ises fraglich;
dicc*', Ö. 822. 828. 835— SHG). Diese (löttin hieß der Fundort Traguntia {(JIL2, Tab. I, Gf)
mit einheimischem Namen Ataecina (so zwei- spricht gegen eine Ergänzung | Tu]robrigen8es.
mal sicher be<,4aubigt; lür (JIL 2, 605 ist die Da Turobriga nach Plin. n. h. 3, 14 zu Baetu-
Lesung Adaegina überliefert, vgl. Abkürzung ria Celtica (vgl. Kiepert, Form. Orb. Antiq.
Ad. in CIL 2, 5298) und war der griechisch- XXVII Fbe) gehörte, so ist der Ortsname kel-
römischen Proserpina gleichgestellt und mit lo tischen Ursprungs, was bestätigt wird durch
deren Namen benannt; die häufige Abkürzung die Zusammensetzung mit dem keltischen briga
ihres Namens beweist Beliebtheit und weite == Hügel, Burg {Holder, Altcelt. SpracJischatz 1,
Verbreitung und Verehrung. Vgl. Steuding o. Sp. 533 und 3, Sp. 935 — 936. Hübner, Mon.
Bd. 1, 1, Sp. 663 und Carter o. Bd. 3, 2, Sp. Ztn</. 76cr..p. XCVIII): die Ortsnamen anf -briga
3148 f. Holder a. a. 0. 1, Sp. 37. 251 und 3, finden sich sehr häufij? nur in Hispanieu, wo
Sp. 502. Hübner, CIL2., Suppl., Index p. 1126 sie aber auf bestimmte Landstriche beschränkt
und zu Ephem. epigr. 9, 1 (1903), p. 26, nr. 42 sind (vgl. Kiepert, Lehrb. d. alt. Geogr. S. 483, 1
[Lidex zu Kphem. epigr. 9, p. 740]. F. liichter, und Schulten, Numantia I, Die Keltiberer usw.
De deor. barbar. interpretatione romana quaest. 1914, S. 23). [Kenne.]
sei. (1906) S. 24. Wissowa, Religion und Kultus 20 Turolici , örtliche Benennung der Lares
der Römer- S. 313. {Wissowa 0. 2, 2, Sp. 1868 ff., bes. Sp. 1879 ff.
In der Inschrift CIL 2, 462, einer Anru- 1885, auch Religion und Kultus der Römer''
fung und V^erwünscbung {impncatio) gegen § 26, S. 166 ff.) in Hispanien, bezeugt durch die
einen Diebstahl, heißt die Göttin dea Ataecina von einem Gewährsmann der 1. Hälfte des-
Turibrig. Proserpitia. Die übrigen Inschriften 18. Jhdts. überlieferte Inschrift (JIL 2, 431,
sind Weihungen, welche folgendermaßen lau- gefunden in Freixo de Nemäo (Numäo), im
ten. Ephem. epigr. 9, nr. 42: deae Ataecinae römischen Gerichtsbezirk von Braga, Conven-
Turobrigen. invictae-, CIL 2, 605 (nach Velas- tus Bracaraugustanus, am unteren Duero oder.
quez, Hs., J. 1752): dominae [T]uribri[g.] Adae- Douro {CIL 2, Suppl., Tab. I, FGc), geweiht
gina[e]; CIL 2, 5298 abgekürzt: d. s. T. Ad. 30 Larib(us) Turolic(is). Der auf -icus endigende
= d(eae) s(anctae) T{uribrigensi) Ad(aeginae), Name ist iberisch, vgl. Hübner, Mon. ling. Iber.
ferner abgekürzt CIL 2, 5299: d. s. A. T. und p. CX/CXl und p. 253, siehe den Artikel Tiau-
461: d. s. A. T. P(roserpinae) , sowie Ephem. ranceaicus, auch Hübner zu CIL 2, 804: diis
epigr. 9, p. 44/45, nr. 101: A. A(ugustae?); mit Laribus Gapeticorum gentilitatis. Nach Orts-
Weglassung ihres Sondernamens Ephem. epigr. namen benannte Lares sind in Hispanien öfters
9, p. 26/27, nr. 43: deae sanc(tae) Turib. und nachweisbar, so CJi/ 2, 2384: Laribus Cere-
CIL 2, 71: d(eae) s(anctae) Tiirubrig. {CIL 2, naecis, 2469: Laribus Cusic[e]lens[i]bus , 2470
101 bloß: deae sanctae); lediglich unter dem — 2472 (vgl. OiX 2, 6't*ppZ., Index p. 1128). Ad.
Namen Proserpina verehrt CIL 2, 143: Pro- Schulten, Numantia I, Die Keltiberer und ihre
serpinae, 144: Proserpinae sanctae, 1044: Pro- 40 Kriege mit Rom (1914), S. 236 — 237 bezeichnet
serpinae sanctae sa^rum, 145: Proserpinae ser- diese iberischen Schutzgeister als Laren einer
vatrici, Ephem. epigr. 8, p. 358, nr. 9: deae Pro- Sippe, eines Familienverbandes. [Kenne.]
serpinae und nr. 10: Proserp. Als Göttin der Turpenus pater, altitalischer Gott, bezeugt
Gesundheit erscheint sie in CIL 2,143: votum durch die vereinzelte Weihinschrift eines Al-
san(us7) l(ibens) p(osuit), 145: Proserpinae ser- tars aus der Zeit der römischen Republik im
vatrici .... coniuge sibi restituta v. s. . . ., vgl. alten Praeneste (Palestrina) in Latium , CIL
Hübner zu CIL 2, 1044 {sanitate). — CIL 2, 14, 2902 (= 1, nr. 1541, p. 562 = 1, 2, 1, ed.
5298 und 5299 stehen auf Täfelchen am Bild- altera [1918], nr. 1460, p. 621): Turpeno patr(i)
eben eines Bockes und einem ähnlichen aus C. Vatron(iu») L. Orcevfijus pr(aetores), also
Bronze. 60 gestiftet von den Gemeindevorstehern der da-
Die Fundorte der oben angeführten In- maligen Freistadt Praeneste (vor J. 82 v. Chr.
Schriften sind in und bei Merida - Emerita = 672 d. St.). Über den Zusatz von Pater zu
{Ephem. epigr. 42. 43. CIL 2, 461. 462), außer- den Namen italisch- römischer Götter {luppiter,
dem Medellin-Metellinum (07X2,605), bei Diespiter, Dis Pater, lanus Pater, Quirinus
Elvas {Ephem. epigr. 8, p, 358), ebenda oder bei Pater, Saturnus Pater, Tiberinus Pater usw.)
Villavi90sa (Clly 2, 143. 144), Cäceres-Norba \gl. Preller- Jordan, Rom. Mythol.^ 1,S. 66, doch.
{CIL 2, 5298. 5299), südlich von Trujillo-Tur- ist die ebd. Anm. 1 und 2, S. 138 geäußerte
galium (Ephem. epigr. 101), also ein begrenzter Ansicht, daß T. ein göttlich verehrter Fluß
Landstrich der römischen Provinz Lusitania, oder Bach gewesen sei, unsicher {Wissowa,
CIL 2, Suppl, Tab.I, MLKfged, innerhalb dessen 60 Religion u. Kultus d. Römer^ S. 224). Zur Na-
der Hauptort der Verehrung Turobriga zu su- menbildung vgl. Tolenus (Fluß im Sabinerland) ,
eben ist; etwas abseits in Lusitania ist ge- auch Alfenus und andere Personennamen,
funden CIL 2, 101 (wohl aus Quintos, CIL 2, [Keune.]
Suppl, Tab. I, Ocd) und in der anstoßenden Turriger heißt bei Sil Ital 14., 500 nicht
Baetica CIL 2, 1044 (Castilblanco a. a. 0. OPf ), der Kentaur Nessos {Carter im Supplement zu
in welcher Provinz ja ailch eine aus Turobriga diesem Lexikon S. 76), sondern ein mit diesem
gebürtige Priesterin zu Arucci (Aroche a. a. 0. Namen benanntes Schiff: et iam turrigerum de-
Oe) durch Schenkung eines Tempels u. a. sich merserut aequore Nessum. [Kenne.]
1299 Tumgera Tumgera 1300
Turriger« oder turrita ist eiu dichterisches 6, 613). 194. 460 (die bekannte Darstellung der
Beiwort der großen Göttermutter {Mater deum Stadt Antiochia am Orontes). 2, S. 269—273.
tnagna Idaea) Kybele oder Kybebe, vgl. Car- 798 3, S. 82f. (261). 4, S. 163— 164. 3-24 {kn-
ter, Epitheta deor. ap. poet. Lot. 1902 {= Suppi. tiochia). Vgl. noch CIL 6,606 mit Relief-
zu diesem Lexikon), S. 27. Dieses Eigenschafts- bild (o. Bd. 2,1, S. 1671) und Esperandicu,
wort, dessen sich lateinische Dichter und Prosa- Recueü general des has-reliefs, statues et bustes
Schriftsteller auch sonstwie bedienen (so in de la Gaule rom. 1, nr. 409 (dagegen nr. 62:
Prosa: elephanti turriti, turrigeros elephanto- Kalathos). 2, nr. 892, 2. 3, nr. 2488. 2601. 2669.
tum umero8)y war, gleich dem entsprechenden 4, nr. 3136. 3584. 6, nr. 3670. 3673—3676. 4480.
Beiwort nvgyofpoQog (s. o. Bd. 3, Sp. 3346) in lo Haug-Sixt, Die röm. Inschriften u. Bildwerke
griechischen Schrittwerken, von lateinischen Württembergs^ S. 120, nr. 56. Forrer, Das rö-
•ichtern im Zeitalter des Augustus der Kybele mische Zabern 1918 (= Mitteilungen der Ge-
als kennzeichnendes Beiwort, gewissermaßen Seilschaft f. Erhaltung d. geschichtl. Denkm. im
als Beiname gegeben, weil die^e Göttin mit Elsaß, 2. Folge, 26) *S. 39t. mit Taf. VI (daher:
einer Turmkrone (Mauerkrone) auf dem Haupte Esperandieu Recueil 7, p. 392, nr. 5889). Ed.
dargestellt wurde, vgl. o. Bd. 2, 1, Sp. 1647 mit Frhr. v. Sacken, Die antiken Bronzen des K. K.
Abbildung Sp. 1646/46. Daher wird Kybele von Münz- und Antiken-Cabinetes in Wien 1 (I87l),
Ovidius ohne weiteres als turrigera dea, turrita Taf. XIII, 3. XVI, 7 und dazu S. 89. Dechelette,
mater (vgl. Claudian.: genetrix turrita) bezeich- Les vases ceramiques ornes de la Gaule Ro-
net; femer wird jenes Eigenschaftswort von 20 maitie 2 (1904), p. 269, nr. 63 (Bild einer 'lu-
den Dichtem nicht bloß als Beiname der Göt- tela\ d. i. der Schutzgöttin einer südgallischen
tin, sondern mit Bezug auf diese auch in an- Stadt), vgl. p. 270, nr. 64. Jahrbuch des K. D.
ders lautendem Zusammenhang gebraucht. Arch. Inst., F>g.-Heft 1, Taf. VI mit S. 30 f.
Vergil J.et». 6, 784 f.: qualis Berecynthia {Kalenderbild der ConstantinopoUs, J.Sb4: n.Chr.);
mater | invehüur curru Phrygias turrita per ebenso Münzbilder von Stadtgöttinneii: Cohen,
urbe8\ vgl. lü, 262f.: alma parens Idaea Descr. hist. des monnaies frappees soiis VEm-
deum., cui Dindyma cordi \ turrigeraeque pire romain^, z. ß. 4, p. 95, nr. 930. 6, p. 484,
urbes biiugiqite ad frena leones. nr. 1469. 1471; vgl. auch 8, p. 43, nr. 1 und
lVop«r«. 4, 17(16), 35f.: vertice turrigero 2, weibliche Bilder (Personifikation der Stadt
iuxta dea magna Cybebe \ tundet ad Idaeos so Antiochia) mit den Umschriften Genio Antio-
cymbala rauca choros, und 5, 11, 51 f.: vel tu, cheni {A. ist griechisches Adjektiv) und Genio
qiiae tardam movisti fune Cy beben, \ Claudia, civitatis. Auch der männlich dargestellte Ge-
turritae rara ministra deae. nius, insbesondere als Schutzgeist von Städten
Ovid. met. 10 y 696 : turrita mater; fast. sowie der Truppenlager und Truppenteile, trägt
4,224: (AUis) turrigeram casto vinxit amore manchmal die Mauerkrone {Hettner, Steindenk-
deam; ebd. 6, 321: turrigera frontem Cy- mcUer S. 56f., vgl. auch v. Domaszewski, Die Re-
bele redimita coronU. Das nämliche Beiwort ligion des röm. Heeres, Westd. Zschr. 14, 1896,
gibt Ovidius der Ops, deren Name jedoch nur S. 96, sowie Taf. IV 3). Die Münzbilder stellen
lateinische ümnennung für die wesensverwandte den Genius {populi Roniani, Augusti oder im-
kleinasiatische Erdmutter Kybele ist (s. oben 40 peratoris, exercitus, coloniae, civitatis) männlich
Bd. 3,1, Sp. 936/937J, trist. 2,24: turrigerac dar, gewöhnlich mit einem Fruchtmaß (modius,
— Opi. — Oüid. fast. 4,219: turriferä Corona. ytdXa^os) als Kopfschmuck, daneben ansnahms-
Mit demselben Beiwort kennzeichnen die weise mit Mauerkrone und zwar erst seit der Zeit
Kybele die spätlateinischen Dichter Claudia- des Diocletianus und seiner Mitregenten Maxi-
nus und ApoUinaris Sidonius in Nachahmung mianus, Galerius und Constantius, vgl. Cohen
ihrer Vorläufer und Vorbilder. a. a. 0. 6, p. 426, nr. 108. p. 607, nr. 138 und
Claudian. de consul. Stilichon. 3 (= carm. 24), p. 61 1, nr. 189. 7, p. 67, nr. 104. p. 108, nr. 61 und
170 in Mon. Germ. Auct. antiquiss. 10, S. 226: p. 110, nr. 83. p. 134, nr. 36 und p. 136, nr. 42.
(huc transtulit) Phrygias genetrix turrita p. 147/148, nr. 66 und p. 149, nr. 92. p. 193/194,
leones; derselbe de raptu Proserpinae 1 (= carm. 50 nr. 61. p. 251, nr. 196 und p 253, nr. 217 (überall
33), 181, a. a. 0. S. 367: (ad Phrygios tendit... 'Genie tourelä' und stets mit Umschrift: Genio
Penates) turrigeramque petit Cybelen; ebd. popw/i.Komawi'); aus früherer Zeit nur Geldstücke
3 (= carm. 36), 271, a. a. 0. S. 387, und gleich- des Gegenkaisers Clodius Albinus (f 197 n. Chr.),
lautend Sidon. carm. 7, 31, in Mon. Genn. Auct. Cohen 3, p. 419, nr. 40 und Annuaire de la Soc.
antiquiss. 8, S. 204: turrita Cybebe. frang. de numism. 1883, p. 364. 1886, p. 353,21,
Das gleiche Beiwort hat aber Sidonius auch vom J. 196/197 n. Chr., mit der Umschiift: Ge-
der Roma beigelegt, carm. 6,14, a. a. 0. 8, n(io) Lugfuduni), entsprechende Darstelluni^en
S. 188: (bellat rix ... Roma) cristatum turrita des Schutzgeistes von Lyon auf Sigillata-Ge-
caput (vgl. carm. 2,392, a. a. 0. S. 183, und 0. fdßen, CIL 12,5687,46 und 13, 10013, 17—18.
Bd. 4, Sp 161 f.), als Kennzeichen einer Stadt- 60 Dechelette a. a. 0. 2, p. 270—272, nr. 66—67.
göttin; vgl. Lucan. 1, 188 (turrigero vertice) und Hirschfeld, CIL 13, 1, 1, p. 252, Col. 2 mit An-
Rutil. Namat. 1,.117 (turrigero cono). merkg. 8 und Kleine Schriften (1913), S. 421 ff.;
Antike Bilder von Göttinnen mit Turm- oder vgl. eine im Gemeindewald von Detzem (mittel-
Mauerkrone als Kopfzier, teilweise zweifellos alterlich: Decima = Ad decimum, sm der römi-
Kybele, teilweise sicher JPersonifikationen von sehen Poststraße Trier-Neumagen), Ldkr. Trier,
Städten (Stadtgöttinnen), sind zusammengestellt mit zahlreichen vergrabenen Bronzegegenstän-
von S. Reinach, Repertoire de la statuaire grecque den im J. 1916 entdeckte Bronzestatuette des
et romaine 1, S. 111. 143. 182f. 185 (= CIL Trierer Provinzialmuseums , Darstellung des
1301 Turrigera Tutator 1302
Schutzgeistea von Lyon odor von Trier (Genius Ärchäotoff. Instituts, Rom. Abteilung 7 (1892),
coloniaeAugustaeTreverorum), anoh einbronze- S. 24ß. 247. 252. 2ö7/2ö8. A. v. Domaszewski,
hildchen von Autun {Augnsto(lunum) bei S. Ah/iandlungen zur römischen Religion (1909),
iie»n"c/t a. a.O. 4, p. 1<)3, 8. Zur Bronzestatuotte mit Abbildungen, Ö. 30— 31. 48—49.60—51,
von DeUem vgl. Krüger, Trierer Jahresberichte vgl. S. 35-86 und 47 f. (Virtus legionum). Für
9 (erschienen 1920), S. 14 mit Abb. Tafel I, 4. die dem Bilderschmuck des genannten Bogens
S. noch CIL 13, 10024, 3 (Gemme). Die Angabe entsprechende Darstellung der friedlichen, nicht
bei Cohen {Gnllienus) 6 p. 433, nr. 946: ^Tete . . kriegerisch bewaffneten Roma vgl. v. Purgold,
tourelee' ist gewiß ungenau, vgl. ebd. nr. 945; Archüolog. Bemerkungen zu Claudian und Si-
ebenso p. 374 nr. 298, vgl. nr. 2x\) ff u. 299. — lo donius ö. 22. über männliche Idealbilder mit
Zu Cohen 2 p. 351 nr. 82h s. Tranquillitas Nr 2. Mauerkrone am Bogen zu Beneventum vgl.
Beide KopfV.ierden, Turmkrone wie Kalathos Petersen a. a. 0. S. 255. 2ö6 {ebda S. 243: die
(Modius) sind, morgenländischem Bilderkreis ent- Mauerkrone als militäritsches Ehrenzeichen an
leimt, wenn auch die Turm- oder Mauerkrone einer Lanze getragen; vgl. das Relief bei Arne-
als militärisches Ehrenzeichen {corona muralis) lung, Sculpt. des Vatican. Mus. 1, S. 635 nr. 348
bei deu Kömern eingebüigert war, Daremberg- mit Abb. Tafel 55).
Saglio, Uictionn. des antiquites 1, 2, p. 1536. Über die Mauerkrone als Kopfschmuck von
Fitbiger in der Neubearbeitung von Pauly^ Goiiheiierx h. 'a\iq,\\ V. K. Müller, Der Polos, die
Real- Encyclopädie 4,2, Sp. 1040/1641. Bildnis griechische Götterkrone, Diss. Berlin 1915, S. 46
des M. Agrippa auf Münzen: Babelon, Bescr. 20 —51. Übertragung der Turmkrone als Abzei-
hist et chron. des monnaies de la Republ. rom. eben auf die Gefährtin des Hammergottes (Su-
2, p. 477, nr. 12 = p. 79, nr. 237 = p. 558, nr. 6 cellus) scheint vorzuliegen in Esperandieu Re-
und 2, p. 557, nr. 4 = p. 79, nr. 236 = 1, p 430/ cueil 3, nr. 2347. [Kenne.]
431, nr. 80, vgl. Cohen a. a. 0. 1, p. 178, nr. 6. Turrifa s. Turriqera
Sieiner Die dona militaria (1905) = Bonn. Turrius s. Turrotesgis.
Jahrb. 114, 0. 32—34. , », . . „.^ , . . , t , .^
Zum orientalischen, westasiatischen Ursprung .? Turrotesgis. Die hispanische Inschrift
der Turmkrone als Kopfschmuck s. Furtwängler, ^Tu u^^^ Fundort : Los Villares m einem
Die Sammlung Sabouroff, Kunstdenkmäler aus ^-^^^^m 1"^^ Hernando am Tajo, ly spa-
Griechenland{lSSS-18Sl), 1, zu Tafel XXV, 30 ^'^'^f ^.f''^^)'^"^^«l 7" ?^^"^^
auch Collignon, Geschichte der griechischen Pia- S^PP^> }^^: " Gn), ^^\Fita im Boletin de la
stik, ins Deutsche übertragen von Baumgarten ^- ^^<^demm de la Historm2S (1896), 8^175
2 (Straßburg 1898), S. 525 f., und Steuding ob. f.^t, fl°t°^ ^^^f'«" Gewährsmann veröflFent-
Bd. 2, 2, Sp. 2092 f. Vgl. die Bilder der ^Artemis' ^'"^Ji^^^'^J^^'jf "^n 1 n?r?c?n?- ZTr>n^J; ^1^^
genannten Ephesischen Göttin, o. Bd. 1, 1, Sp. ?', \^ m^^w^\^u ' ^ ' l^F^ 'J ^A^^T^ ' AI
K88 (Abb.), auch z. B. Amelung] Die Sculpturen Unterteil des Alt.rs mit dem Rest der Inschrift
des Vaticanischen Museums 1, Text (1903^ S. 5 : ''^ "/^^\ gefunden). Es steckt der Name eines
Mosaik aus dem Sabinerland, sowie der Astarte, f''^\ unbekannten wohl iberischen Gottes in
o. Bd. 1, 1, Sp. 651. Über das von Pausanias '^f ^^^hnü Turr[t]us oder Turrf. ..) oder
und Malalas^U Tyche bezeichnete Idealbild 40 ^^^^ ^^^^^^'f^'^' '^, ^f*^"®° ^^"« ^«^ l''9^
der Stadt Antiocheia am Orontes, von Euty- ^^^^ ^%^^* ^^« Geschlechtsname mehrerer Män-
chides, und seine Wiederholungen oder Nach- l^^ ^^'^^^' ^^^ ^Z^"" ^^?«^ den keltischen
ahmungen vgl. Brunn, Geschichte der griechi- ^^^^^"^^^ ^^<^rcus hatte^ Ob jedoch auch der
sehen Künstler 1, S. 412 f. = 1«, S. 289. Col- ^r. o c ^""IZ ""1* f ^'^'''l Altcelt. Sprach-
lignon a. a. 0. S 523fF. Heibig- Amelung, Führer f^f «\2, Sp. 2019 a s keltisch anzusehen ist,
dlrch die Sammlungen klassischer Altertümer in ''* '^^" f''^^^}''} ^ keUiBcher Ursprung des Na-
Rom 1« (1912), S. 232 f., wo mehr Literatur an- °^^°% ^^^^ v^\^'°*^^'' ^"^^^^^^^ ^^^ ^P^'J^-
gegeben ist (nach diesem Führer rührt der '^'f'), verglichenen Namen Turiacus und Tu-
Kopf des Marmorbildes von einer anderen Sta- ^ohct {^. d.) nicht empfohlen. [Kenne.]
tuette her und ist die Tmmkrone nach den 50 ^"taniis s. Indtgüamenta.
syrischen Mün/.en ergänzt). Über die griechi- Tiilas (Tutates). Die Inschrift eines Altär-
sche Darstellung eines Heros mit Turmkrone ^hens im Britischen Museum, CIL 7, 335 (vgl.
s. Furtwängler, Meisterwerke der griechischen ^^^- P- ^07), welches in Old Carlisle gefunden
Plastik (1893), S. 489 f. Vgl. noch die von Steu- sein soll, ist von Hübner in Ephem. epigr. 3,
ding o. Bd. 2,2, Sp. 2097 und (Münzen) Sp. P- ^^8 nach Bruce Lapidarium septentrionale
2100 ff. angeführten Belege, Matz-Duhn, An- wiederholt: lOCMAT | VTATM | COCIDO i TOAEA |
tike Bildwerke in Rom (1881—1882) nr. 906. ^^"^ ^^d als verbesserte Lesung vermutet:
918—920. 3090. 3764 (^-06: Kybele). Babelon- D(e)o Mt,(rti) Tutati S Cocid^iobenemer(enti).
Blanchet, Catalogue des Bronzes antiques de la Holder, Altcelt. Sprachschatz 2, Sp. 2022 {Tu-
5iR -w«^. (1895), p. 2ö4tf. nr. 606— 615: weib- 60 ^«^^«)- Tutas (-atis) ist andere, latinisierte
lieh (teilweise Kybele, 607 f.: Antiochia) und Schreibung für Toutas {Toutatis), ebenso wie
nr. 623—624: männlich. Totns {-atis); vgL die Artikel Teutates und
In den bildlichen Schilderungen am Bogen Toutas. [Keune ]
des Traianus zu Beneventum aus dem J. 114 Tiitaites s. Teutates.
n. Chr. sind mehrfach Frauen durch eine Mauer- Tutator inaris heißt luppiter in der In-
oder Turmkrone als Städte (insbesondere Roma) schrilt von Beneventum CLL 9, 1649 = Dessau,
oder auch als andere Personifikationen gekenn- Inscr. Lat. sei. 3027 (Cippus): Lovi tutatori maris
zeichnet, E. Petersen^ Mitteilungen des K. D. (auf den beiden Seitenflächen Opferkrug und
1303 Tutatrix Tutela 1304
Opferschale); vgl. Wissowa, Religion u. Kultus und Parthenopaios (^parO-anapae) dar, bewacht
der Römer* S. 227f., Anm. 8, über Verbindung von Tydeus (tute) und Adrastos (atrs^ei. Di»
des luppiter mit Neptunus, auch r. 2)owja«jfct/;sAi, (»emme von Volci, sowie die beiden unbc
Abhandlungen z. röm. Religion 8. 23f. (Korrbl. kannten Fundortes enthalten nur die Figur d(
d. TFiwfai. Z*cAr. 17, 1898, § 63) uberTempestatea. Tydeus (^tute) allein, und /.war die von Volci
Allgemein defensor et tutator heißt luppiter mit Schwert und Schild bewaffnet, während
CIL 8,8024 (Romula in Dacia). — Auf Mün- der Helm am Boden ruht; die erste unbekannten
zen dea Diocletianos und seines Mitregenten Fundortes zeigt ihn kniend, die zweite, wir
MaximianoB lauten Umschriften: lovi Tutatori er mit dem Schabeisen sich vom Staube und
Augg. (=- Augustorum) , s. Cohen, Descr. hist. lo Schweiße des Kampfes reinigt. |C. Pauli.]
d. monn. fr. sous VEmpire rom* 6, p. 445, nr. Tutela. Ausgehend von der namenlosen An-
292 und p. 632, nr. 882. — {Tutator gentis Phry- rufungsformel sive deo sive deae, in cuius tutela
gicte wird Apollo genannt in der //ia«I/a^ 911, hie lucus locusve est, die uns im Ritual der
8. Carter, Epitheta deor. ap. poet. Lat, Supple- Arvalbrüder begegnet {Henzen , Acta fratr.
ment zu diesem Lexikon, S. 16.) — Tutatrix Arval. S. 146), hat sich der Begriff einer Tu-
huius loci scheint die dea Fortuna genannt zu tela loci als allgemeiner Ausdruck für das un-
sein auf einem Altar des Museums zu Mont- faßbare, an einer bestimmten örtlichkeit wirk-
pellier, CIL 12,4183. — Vgl. noch die stadt- same numen herausgebildet {Petron. 57, 2 itc
rOmiscben Weihinschriften CIL 6, 343 (vom Tutelam huius loci haheam propitiam^ vgl. CIJ.
J. 26 n. Chr.): [Hejrculi Tutaftori AJug. sa- 20 6,777 Tutele loci, 13, 440 Tutelae loci huiius),
cr(um) und 6,612 (Taurobolium vom J. 390 völlig parallel der Vorstellung vom ögwtw.s Zoct,
n. Chr.). [Keune.] mit welchem Tutela in Weihinschriften oft
Tutatrix s. Tutator. verbunden erscheint, so im römischen Praeto-
Tute (tute) ist die etruskische Umformung rianerlager C/L 6, 216 = 30718 = De^saw 2013
des griech. Tydeus {Deecke in Bezzenhergers Genio et Fortunae Tutelaeque huius loci cohor-
Beitr. 2, 170, nr. 101). Die Form ist fünfmal tium praetoriarum , in Carnuntum CIL 3,4445
belegt, und zwar auf einem Spiegel von Volci = Dessau 3653 Tutelae et Genio loci, in Bil-
und auf vier Gemmen. Die erste derselben, bilis CIL 2, 3021 deo Tutel(ae), Genio loci;
ein Skarabäus aus Karneol, stammt aus Perusia auch die Inschrift von Mentesa in der Hispa-
und befindet sich jetzt in Berlin; von den an- 30 nia Tarraconensis CIL 2, 3377 deo Tutel(aeJ,
deren dreien, gleichfalls Skarabäen aus Kar- Genio Mentes{inorum) ist ähnlich aufzufassen,
neol, stammt die eine aus Volci, die anderen und in der Mainzer Inschrift CIL 13,6665 =
beiden sind unbekannten Fundortes. Der Dessau 4796 deab(us) Aufan(is) et Tutelae loci
Spiegel ist veröffentlicht von Roulez in den pro salute et incolfujmitate sua suorumqfue/
Ann. deW Inst. 1843, 215, tav, agg. F., von omnium L. Maiorius Cogitatus b(ene)f(iciarius}
Grerhard, Etr. Spiegel 3, 171, Taf. CLXXVIII co(n)sularis usw. sind die einheimischen Ma-
und von Fabretti, C. I. I. nr. 2152; zu ver- tronae {Ihm, Bonner Jahrb. 83, 1887 S. 29 f.
gleichen ist auch Avellini im Bull. arch. napol. an die Stelle des römischen Genius loci ge-
3, 48. 52 sq. Die Literatur der Perusinischen treten. Dem entsprechend verbindet sich im
Gemme habe ich s. v. Parthanapae gegeben. 40 häuslichen Gottesdienste Tutela mit den Laren
Zur Gemme von Volci s. BuU. delV Inst. 1831, und dem Genius des Hauöherrn, so in der
106, nr. 27, Micali, Storia ad tav. CXVI, nr. 3, Weihung eines Sklavenpaares aus Tarraco CIL
Codes Cent. 1, nr. 27 und Fabretti, C. I. 1. 2, 4082 = Dessau 3605 Laribus et [Tujtdae,
nr. 2155, tab. XL. Von den beiden Gemmen Genio L(ucii) n(ostri) Telesphor(us) et Plate
unbekannten Fundortes ist die eine veröffent- donum dederunt; vgl. auch Eph. epigr. 9, 440
licht von Witickelmann, Monum. inedit. nr. 107 (Ostia) [invicto] deo Soli [omnip] otenti . . . . o
(tab. CXXII. nr. 285 ed. Prat), von Lanzi 2, caelesti nfujmfini pjraesenti Fofrjtufnaje La-
151 == 121, nr. 9, tav. VUI, nr. 8, von MilUn„ ribus Tutfelajequae [sa]c(rum) [ Venera,] ndus.
Gal. myth. 2, 55, pl. CXL, nr. 509, von Inghi- Ihre Verehrungsstätte war nahe der Tür des
rami, Storia deüa Toscana tav. LXXX, nr. 4 50 Hauses, wo sie von allen Eintretenden und
und von Fabretti., C. I. I. nr. 2544. Die an- Hinausgehenden begrüßt werden konnte: nul-
deren haben veröffentlicht Winchelmann, Mo- lusque f'uerit locus, qui non idololatriae sordi-
num. ined. nr. 106 (tab. CXXII nr. 284 ed. bus inquinatus sit, in tantuvi, ut post fores do-
Prat.) und Storia delV arte del disegno 1, 161, morum idola ponerent, quos domesticos appel-
Lanzi 2, 149 = 120, nr. 8, tav. VHI, nr. 9, lant Lares, et tarn jjublice quam privatim ani-
Millin, Gal. myth. 2, 55, pl. CXXXIX, nr. 508, marum suarum sanguinem funderent. hoc errore
Müller, Denkmäler der alten Kunst 1, Taf. et pessima consuetudine vetu^statis multarum
LXUI, nr. 320, Fabretti., CLL nr. 2545. Die provinciarum urbes laborant, ipsa Roma orbis
Spiegeldarstellung enthält drei Figuren: links domina in singulis insulis domibusque Tutelae
den sitzenden Adrastos (atrste), vor ihm stehend 60 simulacrum cereis venerans ac lucernis, quam
Tydeus (tute) mit dem Goldschmuck in der ad tuitionem aedium isto appellant nomine, ut
Hand, rechts der sitzende Amphiaraos (amqpi- tarn intrantes quam exeuntes domos suas inoUti
are) ; die Situation ist klärlich die, daß Tydeus semper commoneantu/r erroris heißt es bei Hieron.
den Adrastos zum Kriege zu bereden sucht, in Esai. 16,57,6 = Migne, Patrol. lat. 24,551. ^
während Amphiaraos abrät. Die Perusinische Das Bild dieser häuslichen Tutela zeigt ein 9
Gemme habe ich s. v. Parthanapae näher be- vatikanisches Relief {Amelung, Vatikan 2, 702 f.
schrieben: sie stellte die schlafenden Helden nr. 435a, abgebildet Annalid. Instit. 1866 tav.
Polynices (qpulnice), Amphiaraos (amqptiare) d'agg. K 4, danach oben Bd. 3, Sp. 2126, nr. 13)
1305 Tutela Tutela 1306
mit der Inschrift Tutele sancte Aurelius Urba- dem CIL 6, 2306 f. =- l'p. 280f., dtizuWissowa,
nus ex voto {CIL 6, 31054 = Dessau 3724): Apophoreton der Graeca Halensis 1903, S. 3ötf.)
die Göttin tni^t als kennzeichnendes Attribut und sonst in astrologischem Sinne (Jovis tutela
ein großes Füllhorn, wie der Genius. Wie die- Jlorat. carni. 2,17,23), aber auch weiter für
ser (s. oben lid. 1 , Sp. 1522 f.) tritt sie auch Schutzgottheiten von Städten und Ländern
sehr häufig in Verbindung mit Fortuna, außer {Macr. S. 3, 1), 5 si tutelae suae — der Römer -
in den bereits angeführten Inschriften CIL 6, nomen divulgantur. Claudian. de VI cons. Ho-
216 = 30718 = Dessau 2013 und Eph. epiyr. nur. 698 Romanae tutela togae. Horat. carm. 4,
9,440 auch CIL (5, 177 Fortfunae et] Tutelafe 14, 43 f. von Augustus: o tutela praesens Jtaliae
huius loci] P. Aelius L[ J P- P • • ' aedem lo doininaeque liomae, vgl. epist. 1, 1, 103 rerum
cufm porticu] a solo rfestituitj-, 6,178 = Dessau tutela mearum. Martial. b,l,l o rerum felix
3722 deae Fortunae Tutelae L. Bahurius lu- tutela saltisque). Die Unbestimmtheit des Be-
venis; 6, 179 = Dessau 3723 Fortunae adiutrici griffes begünstigte eine panthcistische Auffas-
et Tutelae Val(erius) Florentinu^ v. l. s.; Rom. sung: ein aus Rom stammendes Relief im Ber-
Mitteil. 19, 1904, 152 (= Engström, Carm. lat. liner Museum mit der Inschrift F'uscus Augfu-
epigr. nr. 282, aus Saturnia in Etrurien) [T]u- storum) nostrorum verna vilicus Tutelae votum
tela, Hercules, Fides, Fortuna hie. invide, qui reddidit {CIL ö, 774 = Dessau 3726) zeigt fol-
spectas, h(a)ec tibi poena manet; CIL 13, 7834 gende Darstellung: 'Eine Göttin ist in Vorder-
(Aachen) Fortfunae HercJulfiJ Tutele loci Can- ansieht auf dem linken Fuße stehend darge-
didinius Gaius, sevir AugufstalisJ usw. Wie 20 stellt, sie gleicht der Artemis durch die Stiefel,
Fortuna (vgl. Wissowa, Relig. u. Kultus d. Rom.* den kurzen Chiton und den Bogen in der Lin-
S. 263) diöerenziert sie sich durch Beinamen ken. Aber sonst ist sie pantheistisch ausge-
nach den, Familien und Häusern, die ihrem stattet. Auf der Brust trägt sie die Aegis der
Schutze unterstehen : CIL 6,716 = Dessau H127 Athena, in der rechten Hand, welche sie über
Tutel(a)e Candidian(a)e Constantius Aug(usto- das Steuerruder der Fortuna herabhängen läßt,
rum duorum) et Caes(aris) tabul(arius) s(ummi) hält sie anscheinend einen Apfel, der auf
c(horagi) una cum Sergiam Siricam coniugem Aphrodite hinweisen mag; vor dem Steuerruder
suam caelum cum columnis et velis et aram richtet sich die Schlange der Hygieia empor.
odoribus repletam erga suorum sanitatem d. d. Neben dem linken Fuße steht am Boden das
CIL 5, 3304 = Dessau 3728 (Verona) TuteflaeJ 30 Rad der Nemesis' {Königl. Museen in Berlin,
domfusj Rupilfianae/ M. HerefnniusJ Resti- Beschreib, d. antiken Skulpturen S. 253 nr. 683
tfutusj. Vereinzelt steht die Verbindung Nu- mit Abbild.); durch diese Darstellung erhält
minibus Aug(ustis), Tutelae optimae, prout la- die Weihinschrift aus Dertosa CIL 2, 4055 =
tum accip[e]re Q. Iul(ius) Optatus Sulp(icius) Dessau 3729 = 6925 Panfthjeo Tutelae usw.
Eutyches l. p. {CIL 6, 30984 = Dessau 3731), ihre Erklärung. Außerhalb Roms begegnet uns,
sowie die Inschrift eines Goldringes aus Lyon von einzelnen zerstreuten und unsicheren Zeug-
{CIL 13,10024*^) Veneri et Tutele votum. Zu- nissen (wie CIL 12,1837 [ViennaJ. 13, 8250 f.
weilen bringt man auch der schützenden Kraft [Köln]) abgesehen, nur ein großes in sich ge-
eines einzelnen, namentlich bezeichneten Gottes schlossenes Verbreitungsgebiet des Dienstes der
besondere Verehrung dar, so in der oberita- 40 Tutela, in der Tarraconensis und dem benach-
lienischen Inschrift (aus der Gegend von Brixia) harten Aquitanien, wo, wie die große Zahl der
CIL 5, 4243 = Dessau 3069 lovis Tutelae C. Inschriften (zwischen 30 und 40) zeigt, oflFenbar
Hostiliiis Aemilianus vet(eranus) Aug(ustorum) die römische Göttin mit einer einheimisch iberi-
n(ostrorum) v. s. l. m. , wie auch Verg. Georg. sehen {0. Hirschfeld, Kl. Schrift. S. 230) zusam-
4, 111 statt Priapus voller Tutela Priapi setzt, mengeflossen ist (vgl. Wissoiva, Archiv f. Reli-
während andererseits Pnop. 36, 7 Vulcan als ^«o«sw.ss. 19 [1918J,S. 33 f.). Die Göttin heißt hier
Tutela Lemni bezeichnet wird. Im letzteren häufig Tutela aug(usta), CIL 2, 3349. 4056. 13,
Sinne, schlechthin als Schutzgottheit, wobei 583. 584. 919 (= Dessau 3786. 3730. 3732 3733.
sowohl an bestimmte wie an unbestimmte gött- 3734). 955, eine Tutela Augusta Vesunnia {CIL
liehe Wesenheiten gedacht sein kann, begegnet 50 13, 956 = Dessau 3735, vgl. Tutelae Vesunnae
das Wort häufig, so besonders von den tutelae CIL 13, 949) ist die Stadtgöttin von Vesunna
navium (vgl. Ovid. Trist. 1,10,1 flavae tutela Petrocoriorum(Perigueux) und besitzt dort einen
Minervae navis), den Gallionbildern der Schiffe Tempel {CIL 13,939 = Dessau 4638, wonach
(weshalb die lateinisch-griechischen Glossare ein Priester des provinzialen Kaiserkultes an
tutela u. a. mit nagdormov und ay.Qoat6XLOv der Ära Augusti Lugudunensis <ewp?M?w cieae Tm-
wiedergeben, Corp. gloss. lat. 2,203,36 u. ö.): telae et thermafsj public(as) utraq(ue) olfimj
Lucan. 3, 5 10 f. non robore picto ornatas decuit vetustate collabfsaj sua pecunia restfituitj) und
fulgens tutela carinas (dazu Comm. Bern, tutela Porticus {CIL 13, 949), in gleicher Weise ist
deus, qui in puppi sedet). Seneca epist. 76, 13 die Tutela Tarrac(onensis) CIL 2, 4091. 6077
(navis,) cuius tutela ebore caelata est. Petron. eo zu verstehen; eine ministra Tutelae Augustae
105,4 ut tutela navis expiaretur (vgl. 108,13 nennt CJi 2,3349 = Dessaw 3786, der Ortsname
ramum oleae a tutela navigii raptum). Sil. Ital. Tutela (heut Tudela) begegnet u. a. am Ebro
14, 544 (in der Seeschlacht) tutelaeque deum zwischen Calagurris Nassica (Calahorra) und
fluitunt, vgl. Paul. p. 78 navem, quae lovis tu- Caesaraugusta (Saragossa) {Martial. 4, 55, 16;
telam, effigiem tauri, habuerit. Ebenso von den über den Ortsnamen TovT-qXag ßcofiög auf Cor-
Schutzgottheiten der Monate {Manil. 2, 434 sica bei Ptolem. 3,2,5 vgl. Nissen, Ital. Lan-
noscere tutelas adiectaque numina signis und desk. 1, 551, 3. Hübner, Monum. ling. Iber. p.
in den inschriftlich erhaltenen Bauernkaien- LXXXV n. 105). Die Vielseitigkeit dieser Gott-
1307 Tuthel Tvami 1308
heit ergibt sich aus den mannigfaltigen An- denen der Stern der Aphrodite beschworen
lassen, aus denen man sich nach dem Zeugnisse wird (Hgi^, yiaßccfi^ 2Jvccq, 2^aTT)e, Toviö, T.,
der Inschrilten mit Gelöbnissen und Darbrin- ' Peacpoöm^i ^ ^Ypcüqp, Kaxifi^ 2JtTtän). Hygrom.
gongen an sie wandte, z. B. ob hotwrem sevi- Salom. cmgr 7ü, Cat. cod. astr. gr. 8,2, löü.
ratus 8ui (CIL 8, 4066 - Dessau 3730), ob le- Tiitinus s Tutunus. { Preiseudanz.]
gationes in concilio p(rovinciae) H(ispaniae) Tutor, Beiname des Juppiter in der bei Ostia
c(iteriori8) aptU Änftonijnum Augfustum) pro- gefundenen Weihinschrift CIL 14, 25 = Dessau,
«per« ye8«o«(C/L 2, 4066 ^Dewat* 3729 = 6« 26), Inscr. Lat. sei. 601% und des J(uppiteri ()(pt%-
quod aeditieium duarum ofjficinarum aalvos rede mus) M(aximus) in einer unweit Nicaea in
peregit et aedem (Dessau 9265), pro saiute lO Bithjnia gefundenen Inschrift mit griechischer
Fusci fili sui (Caanat-Besnier, L'annee Spigt. Übersetzung cpQovT[iat^g], Dessau 9238 (Bd. 3,
1908 nr. 6) u. a. Die wiederholt vorkommende S. CII). — UercuU tutori domus Not^elliana
Weihung Deo Tutelae (CIL 2,3021. 3377. 4092 lautet die Inschrift von Capua CIL 10, 3799
i^- Dessau 6276J. 18, 246) möchte Toutain, Les = Dessau 3443 (mit auf Hercules bezüglichem
cuUes patens dans Vempire Romain 1 , S. 443, 6 Bildwerk). — Als tutor Bacchi wird Silenus
nicht mit .H«(6ner (zu C/L 2, 3021) und IFüs^ou-a bezeichnet von Petronius 133 und als tutor
{Rtlig. u. Kultus d. Rom.* S. 178) von deus tu- finium Silvanus von Borat, epod. 2, 22 (s. Carter
telae, sondern von deus Tutela herleiten ; aber im Supplement zu diesem Lexikon S. 92). — Zu
wenn man das allenfalls im Hinblicke auf die CIIj 10, 3799 s. R. Peter o. Bd. 1, 2, Sp. 2958.
Weihungen deae Tuttlae {CIL 13,159. 439)20 iKeune.]
für möglich (nicht für wahrscheinlich) halten Tutunia lesen etliche Autoren als Zunamen
könnte, so verbietet sich für CIL 2, 2991 ■== einer etruskischen Göttin, andere lesen putu-
Dessau 3667 Grenio tutelae horreorum die An- nia. Ich habe es unter dieser Losung be-
setzung des Nominativs Genius Tutela schon handelt und verweise auf den Artikel,
mit Rücksicht auf Ammian. Marc. 21, 14, 2 [C. Pauli.]
genius quidam tutelae scUutis appositus, und Tutunus. Das antike Material über Mutunus
ebensowenig wird man au einen Paiitheus Tu- Tutunus oben Bd. 2, Sp. 204 tf. (Pt^er). Zur Ety-
tela (CIL 2, ^06b Dessau 3729 = 6925) glau- mologie s. noch Marx zu Lucil. 78; Walde,
ben wollen. Sonstige Denkmäler der Tutela Etym. Wörterb.* 5UG; Bücheier, Arch. L. L. 2,
aus diesen Provinzen mit bedeutungslosen In- so 118; Sonny ebd. 10, 3S2i\; Wissotva, Rel.*2i3,l.
Schriften: CIL 2,2638. 3031. 3226. 5618. 6816. In beiden Namen steckt das membrum virile
6076 13, 57. 328. 411. 586. 917. 955. Es ist {mutto, titus), aber in beiden auch das yvvai-
kein Zufall, daß auf der römischen Reichsmünze xslov aiöotov, vgl. Hesych ^vtrog- xo yvvutxslov,
Tutela zuerst unter dem älteren Tetricus er- Photios xixig = yw. ald. . . . xal i} x^pxo?. So-
scheint [Cohen, Med. imper.* 6, 110 nr. 176 nach kann man mit Wissowa a.a.O. und 6res.
TVTELA, stehende Frau mit Opferschale und Abhdl. 325 in M. T. einen Doppelnamen finden,
Lanze), der als Statthalter von Aquitanien in der den Begriff einer über den Geschlechts-
Burdigala zum Kaiser ausgerufen wurde; nach- beziehungen waltenden Gottheit in polarer und
her findet sich ihr Bild nur noch einmal auf darum erschöpfender Fassung zum Ausdruck
Münzen des Carausius (Cohen a. a. 0. 7, 36 40 bringt. Die Funktion eines Hochzeitsgottes ist
nr. 353 — 363), als stehende Göttin mit den At- also durch den Namen ebenso wie durch die
tributen des Genius, Füllhorn und Opferschale. Bräuche {Peter a. a. 0.) angezeigt, s. auch
Wenn /. de Witte (Gazette archeol. 5 [1879J, S. 4) Usener, Göttern. 327; Otto, Arch. L. L. 15, 188;
und E. de Chanot (ebd. S. 211 f.) verschiedene Wissowa Hid, 6; 243. Zu den Bräuchen Nil-son,
Darstellungen einer mit der Mauerkrone ge- Griech.FesteSQ6t'.;Fehrle,BGVV6,4^2; Ada-
schmückten Göttin (a. a. 0. pL 2 und 29) als mantios AuoyQucpioc 3, 105. Wenn in dem bei
die Tutela Roms haben deuten wollen, so hat Festus p. 143 Linds. (oben Bd. 2, Sp. 206) be-
sieh der erstere den Weg zu dieser Erklärung zeugten Ritus Usener 327 die togae praetextutac
durch ein drolliges Mißverständnis der oben als Männerkleider versteht und Nilsson 372
angeführten Hieronymusstelle geschaffen, aus 50 dazu auf den in Hochzeitsbräuchen häufigen
der er eine Verehrung der Roma als Tutela Kleidertausch verweist, so liegt da ein Irrtum
auf den Inseln (!) und in den Provinzen des vor. Geraeint ist die toga pi'aetexta aU Trsbcht
Reiches herausliest. Der Aufsatz von Ch. Bo- der Mädchen bis zur Hochzeit (Blüniner, Böm.
bert, Le culte de Tutela, Mem. de la societe Privataltert. 350); in ihr also brachten, vor der
archeol. de Bordeaux 4, 1 — 8 war mir unzugäng- Hochzeit, die Mädchen das Opfer an M. T. dar,
lieh. Im allgemeinen vgl. JS. L. Axtell, Dei- s. Wissowa 243,4; Samter, Geburt, Hochzeit,
fication of abstract ideas in Roman literature Tod 92, 3. Wie schon Frühere (Literatur oben
and inscriptums (Chicago 1907) S. 40 ff. Bd. 2, Sp. 205) setzt Usener, Kl. Sehr. 4, 16
[Wissowa.] A. 29, Göttern, a. a. 0. Tutanus mit Tutunus
Tuthel (Tovd"qX), Name eines schützenden 60 gleich, wegen der schützenden Kraft des fasci-
Engels der Rindt-r und Schafe in einem grie- num. Docu wird man M. T. und Tutanus Ke-
chischen Gebet bei F. Pradel, Griechische u. diculus lieber trennen, s. oben Bd. 2, Sp. 218;
südital. Gebete (Bei. Vers. u. Vorarb. 4,2) 18,4 227 (Peter) und Wissowa 55. [Weinreich.]
u. 57. Pradel denkt an Zusammenhang mit Tvami (tvami) oder nach seiner Schreibung
tutela oder Tutela, erinnert aber auch an das tfami, las Gerhard die Beischrift zu der Person
hebr. ":X'r*r, Tuthi El. [Preisendanz.] eines göttlichen Jünglings auf einem Bronze-
Tutilina s. Indigitamenta. Spiegel. Näheres darüber s. unter tin-ö^un.
Tutimar (TovxnidQ)^ einer der Namen, bei [C. Pauli.]
130Ö Tyche Tycoe 1310
Tyclie {Tvxu), Hine Personifikation, deren und Schickml bei den attischen Rednern, Jahrb.
vielseitige lieiieutuug sich schwer in einer kur- f. kl. Phil. 139 (1889), 4ü8tf.; E. Rohde, Der
y,en Charakteristik zusammenlassen läßt. In griech. Roman'* 276 tl*. (die Zitate nach der
der älteren Zeit erscheint sie vornehmlich als 1. Aufl.); Preller - 1< ober t, Gr. Mythologie* 1,
Spenderin des Glücks und Wohlgeliiigcns über- 639 ti.; F. Rosiger, Die Bedeutung der T. bei
haupt. Allmählich aber nimmt das Wort rvxji den späteren griech. Historikern, bes. bei J)e-
«iuen umfassenderen Inhalt an. Ks ist bald metrios v. Phuleron, Konstanzer Gymn.-Progr-
blindes Ungefähr, Zufall, bald Schicksal, Lei- von 1880; R. von Scula, Die Studien des Po.
tung und Fügung im guten und bösen Sinne, lybius 1, lö'Jtf. ; Daremberg - Saglio, JJict. des
und auf die Tyche wird alles Geschehen, Glück lo ant , Artikel 'Fortuna' von J. A. llild 1204 ff.;
wie Unglück, zurückgeführt. Sie ist demnach Roschers Myth. L. Artikel 'Personifikationen*
43ine Art Schicksalsgottheit und wird von Pin- von L.Deubner,yg\.KegiattTSp.2HVJ; O.Gruppe,
dar geradezu als eine der Moiren bezeichnet; Griech. Rel.-G. u. Myth. bes. 2, 1086 Anm. 3.
in weit zahlreicheren Fällen ersclieint sie als Vgl. Kegisler.
Göttin eines wandelbaren Glücks, und in dem
launischen und unberechenbaren Wechsel ihrer ^- LiterarisclieZengnissefUrTychebis zuPindar.
iVfaolitäußerungen ist sie kaum etwas anderes als Homer kennt die T. noch nicht. Das be-
der blinde Zufall. Um so notwendiger empfan- zeugen bereits von den Alten Macroh. Sat. 5,
den fromme Gemüter das Bedürfnis, ihre gute 16, 8 {Fortunam H.nescire maluit et soli de-
Seite zu betonen und sie in der besonderen 20 crcto, quam ^ol(jav vocat, omnia regenda com-
Gestalt der kya&i] Tvxv ^^ verehren. Auf der mittit adeo, ut hoc vocabulum rvxri in nulla
anderen Seite wächst mit dem Schwinden des parte Homerici voluminis nominetur) und Lyd.
Glaubens an die Olympier namentlich seit der de mens. WA, 7; vgl. Schol. zu Ilias A 684.
Zeit Alexanders des Großen die Bedeutung Die erste Erwähnung findet Pausanius 4, 30, 4.
dieser Zufallsmacht, die sich — wie die römische imltom.^ Demeterhymnus 4:20, wo die Okeanide
Fortuna — allmählich zur 'Allgöttin' {H. Usener, T. unter den Gespielinnen der Köre aufgeführt
Götternamen 339) entwickelt. Von ihrem Ein- wird. Als Tochter des Okeanos und der Thetis
fluß auf die menschlichen Geschicke wissen ist T. mit vielen Schwestern in der hesiodei-
uns die Schriftsteller in immer neuen Wen- sehen Theogouie 360 genannt. Die Frage, ob
düngen zu erzählen. — Einen Mythus hat die 30 diese T. von der späteren Göttin zu sondern
T. nicht gehabt. Wo wir von einem Kult hören, sei (so F. Rohde, Gr. Rom.' 276, Anm. 2 und
galt er jener kyccd'r} Tvxr] oder der Glücks- A. Kalkmann, Pausanias der Perieget 218;
göttin überhaupt, sofern man ihren Segen im anders 0. Gruppe, Gr. Rel.-G. u. Myth. 1086
Leben des einzelnen oder ganzer Gemeinwesen Anm. 3), läßt sich mit Gewißheit nicht ent-
{Tvxr] Tcolsas) zu verspüren glaubte. scheiden. Jedenfalls deutet von dem Augen-
Die Ableitung des Namens von rvyx<^vco zu- blick an, wo T. in der späteren Literatur her-
teil werden, zufällig auf etwas stoßen (weiteres vorzutreten beginnt, außer dem Namen nichts
8. u.) begegnet keinen Schwierigkeiten. Bei auf einen Zusammenhang mit der Okeanide
Cornutus 13 heißt es: Tvxt} dh ccrcb rov tbv- hin. Daher kann man nicht vait Allegre, Etüde
XBiv riiiiv tag nsgiarocasis -nccl rmv öv^ninrovrcov 40 sur la deesse gr. T. 8 f. aus dieser Genealogie
TOI? ävQ-QÖinoig dr^uLovQybg dvai. H. Lewy, der Meerestochter das Wesen der T. als einer
Jahrb. f. kl. Phil. 145 (1892), 761 setzt T. in ländlichen Glücks- u. Seegöttin ableiten,
Beziehung zu Phoibe, der Strahlenden, der da in jener älteren Zeit Glück und Reichtum
früheren Herrin des delphischen Orakels, und hauptsächlich in dem von der Bewässerung ab-
der aus der Ferne treffenden Hekate; er faßt hsinoigenHodenertY&g{Sinch Welcker, Gr. Götterl.
T. in demselben Sinn als "^Trefferin', da tvy- 2, 799 sieht in der Erwähnung der Okeanide
Xccvoa bei Homer häufig vom Treffen der Ge- T. einen Hinweis auf den 'Reichtum vermittelst
schösse gesagt werde. Gegen diese Erklärung des Wassers') und dem durch Seefahrt erwor-
einer sonst nicht nachweisbaren aktiven Be- benen Handelsgewinn begründet gewesen seien,
deutung der T. hat sich bereits Giuppe, Gr. 5j Gegen s. Auflassung: 0. Gruppe a. a. 0.; A.
Rel. G. u. Myth. 1498 Anm. 7 (= S. 1499) aus- Pouche- Leder cq, Revue de Vhistoire des rel. 23
gesprochen. (1891) 281 u. 296; /. A. Hild in Daremberg-
Literatur: Am ausführlichsten bis jetzt Saglio 'Fortuna^ 1265. Den deutlich ausge-
F. Allegre, Etüde sur la detsse grecque Tyche, sprochenen Charakter einer Seegöttin hat T.
Paris 1889 und die Rezension von A. Bouche- niemals gehabt. Die Stelle Pindar Ol. 12, 3:
Leclercq, 'Tyche ou la Fortune\ Revue de 'Von dir werden auf dem Meer die schnellen
Vhistoire des religions 23 (1891), 273—307. Schiffe gelenkt' zählt diese Eigenschaft neben
Ferner Zoegas Abhdlgen. herausg. von F. G. anderen Machtäußerungen der Göttin auf, um
Welcker, 32—55; Ed. Gerhard, Griech. Mytho- so ihren Einfluß auf das menschliche Leben,
logie §§ 154, 597, 599; derselbe 'Über Agatho- 60 wo es immer sich abspiele, auszumalen. Eben-
dämon und Bona Dea' Ges. akad. Abh. u. kl. so läßt sich die Stelle bei Aesch. Agam. 664
Sehr. 2, 21 ff.; Chr. NägeUbach, Nachhomerische dahin erklären, daß die Gunst der T. als einer
Theologie 153 ff.; F.G. Welcker, Griech. Götter- wohlwollenden Macht überhaupt die Rettung
lehre 2, 799 ff.; K. Lehrs, Populäre Aufsätze^ aus Sturmesnot ermöglicht bat. Daß ihr Tempel
175 ff ; Leop. Schmidt, Ethik d. a. Griechen 1, und der der Dioskuren auf der Akropolis von
53 ff.; H. Meuss, Tyche bei den attischen Tra- Sikyon von Pausanias 2, 7, 5 nebeneinander
gikern, Hirschberger Gymnas.- Programm von erwähnt werden, beweist um so weniger, als
1899. Derselbe, Die Vorstellungen von Gottheit der Beiname ci-ngccicc dort gerade auf die Stadt-
1311 Tyche Tycho l':U2
göttin deutet. Die Ergänzung 7. Gr. 2,8,1206; gelegt habe, um hinfort bei den Römern seß-
wo Keil k<pQodixr) EvnXola T[r;f»}»»] dcvii^rixsv haft zu bleiben
lesen wollte, ist unsicher. Das Steuerruder Von der Allmacht der T. singt ferner Piv-
endlich ist vo^ den alten ErklÄrern (s. u.) nie dar im Anfang der 12. olymp. Ode: Aißöoiiai,
als Attribut der Seegöttin, sondern der das nat Zrivbg'EXev&tgiov, \' Ißigav s'bgva'&svB' a^-
menschliche Leben lenkenden (xvßfgv&v so oft) (ptnoXei, acarstQu Tvxa. \ xlv yag iv növxio xf-
Schicksalsmacht aufgefaßt worden. Das schließt ßtgvdvxui d-oai | v&fg, iv x^göm rs Xaiiprigoi
nicht aus, daß T. gelegentlich späterhin als n6Xsy,oi. | yi&yogal ßovXaq)6goi> . . Boeckh hat
Beschützerin der Seefahrt angesehen wurde in seinem Kommentar zu dieser Ode (p. 208)
So erscheint die Tv^tj xoXfiog auf Kaisermün- lo nachgewiesen, daß die Benennung der T. als
zen von Bjzanz mit Schiffsvorderteil {Pick, der Tochter des 'Befreiers' Zeus in lokalen
Numism. Zeitschr.il {lS9b\ 32 nr. 6), zwischen Verhältnissen begründet ist. Wichtig ist für
Schiffsvorderteilen auch auf einer Münze von uns das Gebet, die 'Erhalterin' (für diese He-
Alexandria (Cat of gr. c. Brit. Mus. Alex. 139 Zeichnung Jve/irs,P.^.' 178 und weiter mit. unter
np. 1172). Doch können diese Attribute ebenso Beinamen) T. möge Himera schützend umwan-
gut den Charakter der Handelsstadt be- dein, als Stadt«,'öttin natürlich. Ob diese Worte
zeichnen. einen Schluß auf Kult und Tempel in Himera
Jrchilochus frg. 16 Bergk P. L Gr.* nävxa. zulassen, steht dahin. Pindar hatte ihr weiter
Tvxri xal Mofpa, Tlsptxjlffff, icvdgl dldcoaiv; für den Namen ^eginoXig — vielleicht in einem an
die Schreibung T. und M. Lehrs, Pop. Auf- so sie gerichteten Hymnus — gegeben: Paus. 4,
Sätge* 181 und Lewy, Jahrb. f. kl. Phil. Üb 30, 6 tjOb öh yal vaxsgov Tl. &XXa xs igxrjv Tvxr]v,
(1892), 762. Hier ist sie neben der Moira die xal dij xal ^sg^noXiv &vtycaXi:ö£v ccix'qv. Dazu
Zuteilerin aller Gaben an den Menschen. AI- Plut. de fort. Rom. 10 (= Pind. frg. 39 Sehr.).
legre a. a. 0. 30 liest aus diesem Bruchstück Ebd. c. 4 heißt es: ov jttv yag &7tsid'T]g [Tvxr}]
heraus, daß T. die Urheberin des Guten, Moira xaxa Tl. oväh didv^ov argicpovau nriÖdXiov (=
aber die der Übel sei; das darf man ebenso- Pind. frg. 40 Sehr.). Das deutet auf ihre uner-
wenig, wie man mit Bouche - Leclercq a. a. 0. bittliche Strenge hin und scheinbar auf ihre
299 aus der Vorstellung des Namens der T. Launenhaftigkeit, was freilich zu dem sonst so
auf ihre weiter reichende Macht schließen kann. ernsten Bild wenig stimmen will. Pausanias
Das 62. Fragment des Alcman bei Bergk* so 7, 26, 8 (= Pind. frg. 41 Sehr.) hat uns noch ein
lautet: [Tvxcc] Evvofiiag xt xal nsLd-ovg &8eXq)oi Zeugnis für IHndars Auffassung vom Wesen
xal TTgotucdsiag d-vydxrig (E. Rohde, Roman' der T. erhalten: 'Eyco ^8v o-vv TTivödgov xd xe
276 Anm. 2 'Tochter des Prometheus'?). Vgl aXXa nsid'ofiav xfj diSy xal Moigibv xs tlvai fiiav
Plut. de foH. Rom. 4. Der Sinn ist der, daß rf/v Tv^tjv, xai vTisg xag ddsXcpdg xi lax^tiv. T.
vortreffliche Staatseinrichtungen und redekun- als eine der Moiren, an Stelle der Lachesis, mit
dige und klug vorausschauende Staatsmänner Wage und Füllhorn ist dargestellt auf einem
die glücklichen Erfolge eines Gemeinwesens Sarkophagrelief (s. o. Bd. 2, 2, 3099). Leicy
verbürgen (vgl. das oben Bd. 3, 1809 über Peitho a. a. 0. 763 folgert aus jener Stelle, daß Pindar
Gesagte). Allegre a. a. 0. 187 denkt hier bereits nur die 3 Moiren Klotho {Isthm. 5, 17), Lachesis
an eine Art der späteren Stadtgöttin, und es 40 {Olymp. 7, 64) und Tyche kenne, weil diese
mögen in der Tat solche Vorstellungen ihre Ent- 3 Namen allein bei ihm vorkommen. Dagegen
Wickelung begünstigt haben. Jedenfalls haben ist oben Bd. 2, 2, 3101 betont, daß mit der
wir es hier mit einer poetischen Personifikation Moira-Tyche bei Pindar nur Lachesis gemeint
zu tun, die aber schwerlich schon einen Kult sein könne, die sich ja mitT. insofern berühre,
besaß, wie S. Wide, Lak. KuUe 262 anzunehmen als sie das Zufällige innerhalb der Gesetz-
scheint, mäßigkeit des Schicksals zu bedeuten scheine.
Ein herrliches Loblied eines unbekannten Die Angaben Pindars lassen sich nicht zu
Melikers ist frg. adesp. 139 Bergk* . . . Tvxa, einem einheitlichen Bilde vereinigen (vgl. noch
fisgoTtcov I &gxd re xal xig^a- xv xal aocplag d-a- oben Bd. 2, 2, :5100). Daher hat A. Bouche-
nslg idgag, | xal xifiäv ßgoxsoLg inid'rixag ig- 50 Leclercq a. a. 0, 292 versucht, die verschiedenen
yoig' I xal xb xaXbv nXiov r} xaxbv ix ae&sv, a Anschauungen so zu erklären: T. gewinnt, was
re jjaptff I 5. Xd^rcsi, nsgl 6äv Ttxigvya xgvoiav.\ den Göttern abgeht; gläubige Gemüter wie
xal x6 xsa TcXdöxiyyi ^od-hv lucxagiaxoxaxov xs- Pindar merken das auch, und während sie
Xid-Ei. I TV d'diiaxaviag nogov dSeg iv dXysöiv \ ihm einmal noch die Tochter des Zeus ist und
xal Xafingbv <pdog ayaysg iv axoxa, 7cgo<pfgs- seinem Willen sich fügt, nimmt sie auf der
ffTaraÖ-fffly. Das sind Töne frommster Verehrung. anderen Seite einen Ehrenplatz unter den Par-
ünd der T. schreiben sie geradezu eine Art zen ein (hierzu I^ehrs, a. a, 0. 177), steht sie
Allmacht zu (v. 2), die sie zum Heil und Segen über Zeus und den Göttern, so daß also die
der Sterblichen verwendet. Indessen klingt Äußerungen Pindara eine gewisse Verlegenheit
doch aus v, 4 bereits das Geständnis heraus, 60 bekundeten. Wie wenig fest solche Anschau-
daß man in ihr auch die Quelle so manct^es ungen waren, zeigt Sophokles frg. 624 N^, wo
xoxdv zu erblicken habe. Interessant ist die sich Tyche wieder der Moira fügt.
Vorstellung, daß T. ihre Gaben zu wiegt. Die Wenn man diese älteren Zeugnisse über-
Flügel sind anderswoher nicht mehr bezeugt; schaut, so sieht man, daß die Züge der segen-
(vgl. indessen den Hymnus in den Berliner spendenden Macht überwiegen, wie man ja
Klass.-Texten b, 2 nr. 22, 2 v. l). P/w^arcÄ spielt auch mit dem Wort xvxt] ursprünglich die Be-
wohl auf diese Stelle de fort. Rom. 4 an, indem deutung 'Glück' vorzugsweise verband. Pindar-
er sagt, daß T. auf dem Kapitol ihre Flügel ab- Stellen in diesem Sinne bei Allegre 30 u. 31
1313 Tyche Tyche 1314
Anm. 2; Lewy a. a. 0 761 u. 7ü4; Meiiss, Tyche stellen wollen. Ganz anders klingt des Ödipua
bei den att. Trag. 16 mit Anm. 38; Curtius, iyco d^ i^iavxbv nuiöcc rfjg TvxVS vs^icov | ryg ev
Gr. FAym.'^ 219; vgl. SoJon frg. Hl bei Bergk* diSovaris . . . rfjg yccg ni(f>vv.u iirirgog O. T. lOHOf.
und Theognis v. 30: ^lovvov ö'&vöqI yivoixo Er bezeichnet sich direkt als Sohn der guten
xvx7\\ Bacchyl. 16, 132; 5, 53; 10, 116. Glücksgöttin, die wie eine Mutter über ihm
gewaltet hat, und die bewußt dem herrschen-
II. Literarische Übersicht über den umfassen- den Zufall der lokaste entgegengestellt wird.
deren Betriff der Tyche. Starke Hinneigung zur Personiftkation ist un-
H. Meiiss hat in seiner Abhandlung über verkennbar frg. 374 JV* ovx ^otl zutg ^7; dgöaai
<lie 'Tyche bei den attischen Tragikern {Hirsch- 10 avfi^axog Tvxr]\ frg. 841 ov xotg Scd'vfioLg i] xvxri
berger Gymn.-Progr. 1899) alle Stellen unter- ßvlXa^ßävsi. Noch ein bei Meuss nicht er-
sucht, an denen das Wort tv;^ 77 vorkommt, um wähntes frg. scheint wichtig: 624 oi) yccg ngo
festzustellen, wo es zur Bezeichnung der Gott- fioigccg 17 xvxri ßid^sxai, welches A. iJieterich,
heit diene. Für Äischylos kommen in Betracht Nekyia 88 .Anm. für T. als ' Todesgöttin', E.
Agam. 664 f.: Der Herold schildert den Sturm, Bohde, Boman^ 276, Anm. 2 für ihre Unter-
den Agamemnon bei der Heimkehr von Troja Ordnung unter die Moira heranzieht,
zu bestehen hatte: r]näg ys ^ihv drj vccvv x'ccyirj- Eine weit größere Bedeutung hat xvxr] als
^axov a-Kcccpovg \ l^vg xig i^^yiXsif^ev fj 'IrjyTj'ffa- Schicksalsmacht bei Euripides. Er läßt bereits
xo I %'s6? TLg, ovx ccvd'QvoTtog, oLWAog d'iymv. \ erkennen, welche Aufmerksamkeit man dieser
Tvxri ^^ ^(oxrjQ vavcxolovG icps^sxo. Meuss (p. G) 20 dunklen Gewalt schenkte. Die xvxr} ist das
sieht hier mit Hermann, Dindorf u. a. eine Werk der Götter oder eines Daimons (il/ew^s 11)
wirkliche Göttin {Bohde, Boman^ 276 Anm. 2 frg. 554 N^: TtoXXccg y 6 baifKov xov ßiov pLs-
""im Dienst eines Gottes'), nicht nur eine xaaxdasig \ ^dcotisv ij^tv iisxaßoXccg xs xrig xvxrig.
poetische Personifikation. Der Zusatz GtoxriQ Hipp. 818 m xvxcc, mg fiov ßccgsla xai doiioig,
scheint einmal darzutun, daß der Glücksbegriff iTtsöxdd-rig., -uriXlg äq)gacxog i^ dXaöxogcov xLvog.
in dem bloßen Wort xvxv nicht lebendig ge- Oder frg. 153 .. . vsvsi ßioxog, vsvsl äs xvxcc
uug ist, um einer ausdrücklichen Bezeichnung xccxä nvsv^' dvsfuov, also schon Wankelmut,
in diesem Sinne entbehren zu können, und Für seine Unverständlichkeit auch Ale. 785 f.:
dann, daß er statt des sonst für Götter ersten x6 xi]g xvxr}g yccg Sctpccveg ol ngoßriGsxca \ -udox*
Rangs gebräuchlichen GoaxsLgu hier eine Göttin 30 ov dida-uxbv ovo' ccXiöTtstocL tix^j]. Vgl. frg. 942.
untergeordneter Bedeutung kennzeichne. Die Zweifel werden laut, ob nicht statt der Götter
2. Stelle ist Suppl. 553, wo der König wünscht xvxri die menschlichen Geschicke lenke. So in
Ilsid'a) ä'sTtoLxo Ttal Tvxt] Txgccxx^giog. Dieses der Frage des Talthybios Hec. 488 f.: m Zfö,
letzte Attribut wäre dann wieder zurVerdeut- xl Xb^od; Ttotsgcc 6' ccvQ'gaTtovg ögäv; \ 7) do^av
lichung des Glücksbegriffs beigesetzt Dagegen aXXag xijvSs ytsytxfjGd-ai fidxriv \ [ipsvdi], öotiovv-
erklärt Mevss (6) Sept. 426 itvgyoig ö'cctcbiXeI xag dcauovcov i-lvcct yivog\ xvx7]v Sh ndvxcc xkv
xoTöS' , a fii] Tigalvoi xvxri {Hermann Tvxr^) das ßgoxolg iniöv.onsiv; oder wie es frg. 901 aus-
Wort als ^Geschick', 'Verlauf der Ereignisse'. drückt: 7CoXXdy.i yioi nganidcov d^?)X'ö•f cpgovxLg^
Diese Bemühungen zeigen, wie schwer es ist, slxb xvxcc sl'xs dai^cov xk ßgoxsia yigaivsL, \ nccgd
absolute Wahrheiten an solchen Stellen zu 4o x'iXTiiia ■aal itaga div.av \ xovg ^hv aTt' ol-hcov
geben. Sicher ist, daß sich die Hinneigung zur ivccnlnxovxag \ dxccg dsov, xovg ä' svxvxovvxag
Personifikation in der handelnden xvxri bei dysi. (Über das Metrum von v. 2 und den Vor-
Aischylos deutlich ausspricht. schlag, hinter xvxcc noch xig einzuschieben, der
Auch Sophokles räumt der personifizierten allerdings den Sinn Mas Schicksal' stören
xvxri nur einen bescheidenen Platz ein, obwohl würde, vgl. Meuss a. a. 0. 11 Anm. 28.) Noch
er sie gekannt und ihr sogar einen Hymnus eindringlicher ruft Odysseus Cycl. 606 f., nach-
geweiht hat: Menander in Bhetor. Gr. 9, 156 dem er die Götter um Rettung angefleht hat:
== Naucky T. Gr. Fr.^ Soph. 740 (ocnsg ticcl xriv Helft . . , 7) xriv xvxriv ^hv dcclfiov' riysted-ai
Tvxriv EoffoiiXfig v^vri6s öianog&v yivsi. O. T. ;fpfa)v, | xd dcct(i6vcov 6s xr^g xvxV? iXdöGova.
977 XL d'ccv cpoßotx ' dvO-ganog, w xd xfig xvxrig 50 Derartige Äußerungen legt E. seinen Personen
%gccxsi. Tcgovoia ö'iaxlv ovdsvbg Gcccp-qg; durch in den Mund, ohne sie zu widerlegen. Eine
diese Worte, die mit den sonstigen religiösen Konsequenz in der Darstellung des Verhalt-
Äußerungen bei S. nicht harmonieren, soll nach nisses der xvx'H ^^ ^^^ Göttern ist nicht vor-
Meuss der leichtfertige Charakter der lokaste banden. Neben Stellen, die sie als Werk der
betont werden. Schon vorher (946) hatte sie Götter hinstellen oder sie ihnen gar überlegen
über die Orakel gespottet, und nun verallge- sein lassen, finden sich solche, die ein Neben-
meinert sie ihren Unglauben zu jenem Satz: einanderwirken beider zeigen. Electra 890
Was soll der Mensch fürchten, in dessen Augen Q'sovg fisv '^yov Ttgaxov, 'HXstcxgcc, xvxrig | dgxv~
die Macht des Zufalls herrscht! Das unbe- ysxccg xfiads, slra xdfi' iTtccivsoov \ xov räv d-söav
stimmte Wesen jener Macht spricht sich in 60 xs xfig xvxrig vnrigixriv. Iph. T. 476f. . . .
der Wendung xd xf]g xvxrig aus. Ähnlich steht ndvxa ydg xd x&v d-s(bv \ stg dcpavsg sgnst,
es mit den Worten des Boten Antig. 1158 f. xovöhv olö' ovdslg yca-KOV \ ri ydg xvxri nccg^yay'
xvxn ydg ogd'ot v.al xvxri y.ccxccggsnsL xov svxv- slg trö Svö^ad^sg. Vgl. noch 909 f. und Meuss
Xovvxa xov xs Svgxvxovvx' dsi. Auch hier a. a. 0. 12 Anm. 30 gegen Bruhn. Femer
scheint es, als ob S. — diesmal in der Be- Phoen. 1202 -/.ccX&g xd xäg d-scöv v,al xd xfig
merkung einer untergeordneten Person, die xvxrig %ft. Iph. A. 1404 xb xfig xvxrig dk iial
einige Gemeinplätze vorbringt — den 'Zufalls- xb xfig d-sov voöst. Parallelen dazu bietet
kultus als vulgär und banausisch' habe hin- Aristophanes Fax 939 oa ccv d-sbg d-eXr} xv
1315 Tyche Tyche 1316
xvxri xaroQ&ol. Vgl. Aves 644. Daraus ergibt wilhrend wir oben z. B. bei Pindar aii<,'emerkt
sich dann freilich eine Verschwommenheit der hatten, daß dort die Bedeutung 'Glück' die
Vorstellungen von der Weltleitung. Man kann vorherrschende war, und daß ferner eine sichere
das ebenso bei den Rednern beobachten. Merk- Erwähnung der Glücksgöttin auf die wenigen
würdig klingt frg. 974 x&v ayctv yag unxExai,\ Stellen bei Aischylos und Sophokles beschränkt
♦f <Jff, xä utxpa d*tlg rvjjrjv &cps\g iä. Es scheint bleibt. Dafür ist Kuripides der Vertreter einer
fast ein Versuch, das Verhältnis beider Mächte wichtig<»n Übergangsperiode, indem er zeigt,
saeinander zu regeln. Wenn diese xvxri noch wie man neben o<ler auch über die Götter
nicht Gottheit ist, so konnte nach Meuss (18) eine neue Macht setzt, Tyche. Sie ist zunächst
der Grund dafür der sein, daß sich auf eine lo keine Gottheit, *eine bloße Potenz, auf die
unpersönliche Macht alles, was von Willkür man alles Geschehen zurückführt, überall wir-
und Unbeständigkeit in der das Weltenschick- kend , aber in diesen Wirkungen nie nach
sal bewegenden Gewalt zu erkennen war, viel irgendwelchen sittlichen oder intellektuellen
leichter zurückfuhren ließ als auf eine Gott- Gesetzen zu berechnen, kaum etwas anderes
heit, indem man es so vermied, mit dem noch als der blinde ZufalP {Meuss 17).
herrschenden geläuterten Gottesbegriflf in Kon- So ist sich Thukydides der Abhängigkeit
flikt zu kommen, xvxri im Sinne von 'Glück' des Menschen von äußeren Umständen, die nicht
scheint nur an der einen Stelle Phoen. 897 in seiner Gewalt stehen, wohl bewußt. Die
gebraucht zu sein. Hec. 786 sagt der Bote: sittlichen und geistigen Kräfte bestimmen zwar
qpti), g)«i>* tis ovxa dvöxvxrjg ^<pv yvvr;, worauf SO in erster Linie die Geschicke des eignen Le-
Hekabe erwidert: ovx ianvy sl fi^ xrjv xvxr\v bens wie der Staaten {Classen, Einltg} 60 ft'.),
aixi]v Xiyotg. Das erklärt Meuss (14) 'wie das aber sie sind nicht immer imstande, das Zu-
vorliegende, also mein Schicksal selbst' und sammentreffen ungünstiger Zufälle auszuglei-
meint, wir begegneten hier zum erstenmal chen. Da weist denn Th. auf die rvx'n hin
einer eigentümlichen Objektivierung des Ge- (Stellen bei Classen a. a. 0. 68 f.). Sie ist auch
Schicks eines Individuums, für die sonst der ihm kein irgendwie faßbares Wesen göttlicher
Ausdruck dalfioav gebraucht wird, einer keim- Art, sondern nur das, was unerwartet, unbe-
artig vorhandenen Personaltyche, die dem rechnet eintritt, 'ein mächtiges freilich, aber
bekannten Personaldämon entspricht {E. Rohde, keine Macht' (H. Meuss, Th. und die religiöi>>
Psyche* 2, 316 Anm. 1). Bei den jüngeren so Aufklärung, Jahrb. f. kl. Phil 145 [18ü2] 232)
Rednern begegnen wir dieser Erscheinung Thuc. 1, 140, 1: ivStx^xcci yccQ xag |ufiqpo(>a&
öfters, und die nachher bei Aischines zu be- xäv Ttgayiiccxiov ovx r\6Gov Scfiad'mg x^QV^^'- h
handelnde Stelle 3, 167 darf vielleicht zur Er- xal tag Siavoiag xov &vd^Qmnov ÖLonsg xai
läuterung von Iph. A. 1136 herangezogen wer- xrjv xvxr]v oaa uv nagä Xöyov ^viißy
den: <o 7rory^a fioiga xori tvxr] öccificov x' i^iSg. simd^ccfiev cclxiäG^ai. Insofern kann man
Die Anschauungen, die uns bis jetzt bekannt auch nicht mit Classen a. a. 0. von einer nach
geworden sind, werden ergänzt durch einige einer höheren Ordnung waltenden Macht reden
Fragmente. Die allumfassende Macht der {E. Rohde, Roman* 271 Anm. 2). Wie sehr
xvxri schildern Chaer. frg. 19 anavTcc vtxa xccl man der xvxri Rechnung tragen muß, indem
lifxaaxQeq)SL rvxri' frg. adesp. 506 tcccvxohv xv- 40 man nicht nach eignem Belieben den Lauf der
gavvog i^ xvxri ioxl xmv Q^Bcav, | xu S'äXX* ovo- Ereignisse bestimmen kann: 5, 78, 2; vor einer
ftcera xavxa ngocxiixcci ^luxriv \ ^ovri dioi-Ksl Unternehmung soll man alle nach menschlichoi
yovv uTtavd-' rj ßovXsvsxai. frg. adesp. 505 17 xcc Voraussicht nötigen Vorbereitungen treffen und
d-vrixibv xal xu %slcc nävx' im6xo7Covö' <^Scs)y nichts der xvxri anheimstellen: 6, 23, 3 (Nikia^-
xal vd^ovß' rj(i(bv kxd6xcp xriv xcct' Sc^iccv tvxri' vor der sizil. Expedition), vgl. 5, 16, 1. Durch
[atglda]. Da ist sie nicht nur an Stelle der die xvxri wird im Kampf um Pylos ein völliger
Götter als Weltherrscheriu bezeichnet, sondern Umschwung der Verhältnisse herbeigeführt : 4,
sogar als Herrin über die Götter selbst ge- 12, 3. Für eine Art der späteren Personal-
stellt wie die alte Moira. Bemerkenswert ist, tyche s. Classen zu 7, 68. Eine andere Be-
daß sie ihre Gaben nach Verdienst austeilt. 50 deutung hat die Erwähnung der xvxri in den
frg. 169 bietet Schwierigkeiten {Meuss 15). Die Verhandlungen der Athener und Melier, wenn
von Cha^r. frg. 2 geäußerte Ansicht xvxri xcc diese 5, 104, 1 sagen o^tog fis ntotsvoiisv xy
Q-vrixmv ngäyyMx\ oix svßovXia kehrt auch ^hv tvxrj ix xov ^slov ^r) iXa66a)6s6d'cay ort
z. B. bei den Rednern wieder: Demosth. 2, '22. öoioi ngog ov dixcciovg iötäus&a und 5, 112, 2
Ähnliche Stellen aus römischen Schriftstellern x'^äs ^^%et xovös aco^ovörj xvxri i'n tov d-slov^
bei Nauck* a. a. 0. Für die alles umkeh- ccvtiiv (nämlich xriv noXiv) moxsvovxsg Tt^igcc-
rende Laune der xvxv frg. adesp. 102: xb ßofiad^a öä^sad-ai. Im Munde der gläubigen
(isXXov ovdslg &6(paXä)s inicxaxaL \ ri yäg rvxri Melier, die man hier beim Überwiegen der
ßgaxslav iav Xdßr] gontiv, | xal xovg xansi- Stellen mit anderer Auffassung der xvxr, wohl
vovg(^?y, I xal xovg aqp' vijjovg slg ^ocpov xax- 60 nicht mit Allegre 66 ah Repräsentanten der
riyayBv. Derselbe Gedanke frg. adesp. 547, 13 Ansicht des Thukydides, sondern als Vertreter
und frg. adesp. 179. frommer Volkskreise ansehen muß, erscheint
Die Unsicherheit des von der xvxri ver- demnach die xvxri als ein Ausfluß der gött-
liehenen Besitzes betont noch Moschion frg. 9. liehen Vorsehung, die der gerechten Sache zum
In der Untersuchung von Meuss ist das Er- Sieg verhelfen wird
gebnis wichtig (S. 16), daß an der überwiegen- Außer der Angabe Harpokrationa, daß ein
den Mehrzahl der Tragikerstellen (etwa neun Tempel der kyad-ii Tvxri in Lykurgs Rede
Zehnteln) die vox media 'Geschick' vorliegt, ^sgl &i,0LX7]6Sfog erwähnt war (s. v. ayaO'fig
j
1317 Tyche Tyche 1318
t'6xris veiog' zovtov ^vr]^ovsvfi A. iv rw tcsqI Demosth. 8, 69, 18, 300; Deinarchos 1,32: ovrco
9. -Kai ttSQOi), haben wir bei den Rednern nir- yiariörQSTptv i] rvxr\ xavxcc, cutfr' ivavxia yfvi-
gends einen Hinweis auf einen Kult der T., od'atToteTtQoadoyKofiivoig. liei Demosth. 18,207
wohl aber zahlreiche Äußerungen über das wird rjficcQtrix^vaL entgegengesetzt r^ r^g xvx7\g
Walten der xvxr] genannten Schicksalsmacbt. &yv(o\ioGvv'rj xccöv^ißävtcinad-slv. Pneudodem.
Vgl. //. Mcuss, Die Vorstelhmqen von Gottheit ep. 2, 5 &yv<i)fiovog xvxr]g oijx mg di-Kaiov ijv,
und Schicksal bei den att. Hednern. Jahrb. f. ScXX' cog ißovXfxo^ yiQivdarig. Von der Wahl
kl. Phil. 131) (1889) 468if. Er zeigt, wie der durchs Los sagt Demosth. 21, 14 x6 aviißäv
Glaube an die waltende Macht xvxr} in der ^no xyg xvxr]g^ Dein. 3, 16 ... 17 tvxT] xal 6
2. Hälfte des 4. Jahrhunderts recht lebendig 10 y.Xf]Qog . . . inhxQiipav. — Von den weiterent-
wird, wofür Lysias, besonders aber die letzten wickelten Vorstellungen interessiert uns end-
Redner Aischines, Demosthenes und Deitiarchos lieh noch die xvxr] (und der Saißtov) einzelner
reiches Material bieten. Die xvxr] steht an der Personen und des ganzen Staates bei den
Seite der Götter (äccipicov; für diese Bedeu- Rednern. Aischin. 3, lö? mahnt, xov Saifiova
tung bei den Rednern ^m<o^. i^Äc^or. 1398 a 16. xori xr]v xvxr\v xijv TtagayioXovd-ovaav xSt &v-
Vgl. il/ei^s a. a. 0. 470; Chr. Nägelsbach, Nach- d-gatnco (pvXä^aßd-cxi. Demosth. 18, 256 f.' ver-
homcrische Iheologie 153; Leop. Schmidt, Ethik gleicht seine xvxr] mit der des Aischines
der a. Gr. 1, ^4: ^bewußte Leitung der mensch- und 258 heißt es dann: iym (isv di] xoLuvxrj
liehen Erlebnisse' wird durch diese Zusammen- ßv^ßsßlojiia xvxt}. 266 ... ayad-jj y\ ohx ogag;
Stellung ausgedrückt. Hierher gehören auch 20 xvx'^ Gv^ßsßtaj-Kojg xy? ^iifjg atg cpccvXr]g xaxr]yo~
Stellen wie Aristoph. Aves 544; Diagoras frg.^ gsig. An anderen Stellen mahnt Meitss a... a.. 0 .
Bergk*: xaroj Suiiiova -kccI xvxccv xcc Tcdvxcc ßgo- 474 zur Vorsicht. Zugrunde liegt die Bedeu-
xotöLv iv,xtX8Lxcii). So heißt es bei Lysias 13, 63 tung'Lage', auf die Dauer des ganzen Lebens
von der Rettung Unschuldiger: 17 Ss xvx^ '^^^ ausgedehnt. Wenn man weiter an einer Stelle.
6 dccificov 7C6giE7ioi7]68, bei Aischin. 3, 13 be- wie Demos^Ä. 18, 254 (vgl. 271) liest : to ^tr ro/vvv
wirken diese beiden Gewalten die Bestrafung itgosXia^-aixayiäXXiGxay.cclxbx&v olr\%-ivxoiv^EX-
Gottloser. Demosth. 4, 45 verbindet xb x&v X-^vcav, st ngöoivxo rj^iägy ^v svdai^ovLcc ölcc^slv,
d'sav sv(i£vsg yial xb xfjg xvxrig {ji^lv cvvaycovl- xovxtov avxobv afisivov Ttgdxxsiv xf]g dya^f]g
tsxai) und stellt 14, 36 xvxrj yiccl iScci^oviov dem tvxrig xfjg TtoXscos bIvdcl xi^rj^u (kurz nach-
Perserkönig als feindlich hin. Nach Lysias 12, 30 her . . . r?}? xcbv dXXoav ccvd'gmTtcov xvxrig . . .),
80 übergibt sie die Schuldigen den Richtern so wird mau unwillkürlich an die Tvxr] -JtoXscog
zur Bestrafung (. . , xjjg xvxr}g, f) xovxovg nag- erinnert. — Hier sei eingeschaltet, daß das
sdcoycs xy noXsL . . .); ähnliches Wirken der Wort rv;^r], das uns verschiedentlich in dem
Scyccd'r] xvxri bei Deinarchos 1, 29, wo sie den Sinn einer gerecht waltenden Vorsehung ent-
einen Frevler verbannt, den anderen zur Hin- gegengetreten war, auch bei anderen Schrift-
richtung ausliefert. Wenn Demosth. 4, 12 von stellern der göttlichen Vorsehung bisweilen so
der xvxri behauptet, daß sie immer besser für wenig entgegengesetzt ist, daß es geradezu
die Stadt sorge wie die Athener selbst (vgl. numen bedeutet: Pind. Nem. 6, 24 Q-sov zvia,
Aristoph. Nub. 587, Eccl. 474), und 1, 10 bei Pseudodem. igax. 14, 32; Pausanias, der die
der Wiederkehr eines ähnlichen Gedankens 40 Tyche die größte Göttin iv xolg ccvd-gconivoLg
statt der xvxr] die Götter nennt, so ersieht man ngay^aoi nennt (4, 30, 5), gebraucht auch H
daraus, wie wenig Unterschied zwischen ihr xov -ö^fov, iyi xcbv %-scav xvxcci 4, 7. 12; s.
und jenen im Bewußtsein gemacht wird. Die Nägelsbach N. Th. 154; Gruppe, Gr. B.-G. u.
besten Absichten und sorgfältigsten Vorberei- M. 1498 Anm. 7, Leop. Schmidt, Ethik 1, 55.
tungen können durch die Macht der xvxr] ver- Hierher gehört pLsyccXr] i] xvxv "^^^ ^scäv Zco-
eitelt werden Demosth. 18, 303. In derselben x'^gav (Askl. u. Hyg.) und ^eyciXr] 17 xvxr] xfjg
Rede 306 : man soll xr]v xvxr\v xccxi^siv xj]v Ns^isastog Le Blant, Mem. de VAcad. des inscr.
ovx(o xa TtgdyiLccxa %glva6av. Sie wird gerade- et de b. l. 36, 80 nr. 209 u. 210. Das bei
zu Herrin genannt Aischin 2, 118: 17 fihv xvxr] Welcker, Gr. Götterlehre 2, 806 aus lonic. antiqu.
■Kccl ^. ^6av xmv ^gytov ^vgioL. (Hier ist sie 50 1, 27 angeführte dyccO-j] xvxr] k-jtoXXcovog Jlöv-
übrigens wie Isokr. 20, 8 mit Menschen zu- piiajg läßt sich ebenso erklären,
ßammenwirkend gedacht.) Demosth. 18, 94: Bei Sophokles und besonders Euripides war
o^xB xf}g xvxrig y.vgiog TjVy dXX* i-Ksivr] xa>v ndv- bereits von xvxr] als dem Zufall die Rede.
TCöv, 8, 69: tvxr] 'nvgia. Ihr Werk — nicht Die hierfür in Betracht kommenden Stellen aus
das der Götter, wie man dort erwarten sollte den Frgm. d. Vorsokr. zusammengestellt im
— ist der Untergang der Phoker: Aischin. 2, Index des Diels^chen Werkes, 2. Aufl. Bemer-
131. Wohltätig waltet sie bei Jjysias 18, 22. kenswert z. B. Empedokles 1 p. 202 nr. 103:
Deinosth. 19, 55 heißt es sogar xcäv nagä xf]g xiiiäs ^isv ovv ioxrixi Tvxr]g TtB(pg6vr]%Bv anavxa-^
xvx'qg 8V8gyE6Ld)v; ccyccd"t] wird sie Dein. 1, 29 Demokritos 1 p. 407 nr. 118 Z. 14 nach Dio-
und 98 genannt, weil sie die Missetäter der 60 nysios: ndvxcc ysvhöQ'cci v.ax' avxrjv (xr]v x.),
Strafe überliefert. Daß man der xvxr] darum andrerseits x. ccßeßcciog p. 417 nr. 176 und ßaid
Dank spendet, wie sonst nur den Göttern, ist cpgovriGSi x. iidxsxca: p. 407 nr. 119. Nun hatte
dann eine natürliche Folge: Demosth. 1, 11 . . . Grieche für den Zufall noch das besondere der
fisydXr]v ^x^i xjj xvxrj ^aptr. Von solchen An- Wort avxoficcxov (nach Plut. Tim. 36 errichtete
schauungen bis zur völligen Personifizierung Timoleon in seinem Hause der Automatia ein
war nur noch ein kleiner Schritt. Auch das Heiligtum). Das Verhältnis dieses ccvx. zu x.
Merkmal des Unberechenbaren haftet der wird zuerst von Aristoteles in den Kapp. 4 — 6
xvxT] der Redner an. Man vergleiche noch des 2. Buches der Physik ausführlich untersucht.
1319 Tyche Tyohe 1320
A. ist der umfasaendere BegriflF, unter den und Wendland, Hellen. -römische Kultur 69 f.).
alles fallt, was geschieht, ohne beabsichtigt Seine alles übemigende Macht spiegelt sich
m sein, während von r. nur geredet werden am deutlichsten in der Neuen Komödie wider.
kann, wenn in irgendeiner Weise auf mensch- 'Immer wieder reden die Dichter von der Ge-
lich es Gelingen oder Mißlingen, Wohlsein oder walt der Tyche. der blinden, unseligen Herrin
Übelbefinden Besng genommen wird: Leop. der Welt, deren vernunftloae, nur am ruhelosen
Schmidt, Ethik 1, 66 f., Zeller, Oesch. d. Ph. d. Wechsel sich belustigende Willkür nicht nur
Or. 2, 2', 3aö Anm. 2. Man vergleiche noch über die Menschen, sondern selbst über die
Stob. ecl. phys, 1, 6, 18 {Aristoxenos) und 19 Götter herrscht' {Bohde a. a. 0. 279 f.) — Für
{EurysoSj dem das gefälschte Buch negl xvyris lO Philemon und Menander einiges bei P. Wend-
sngeschrieben wird). Dabei bekämpft A. fthn- ler, Mediae ac recentioris comovdiac atticae
lieh wie in der Metaphysik 1, 3 (984 b 14) die poetae quid de dis semerint 16, 30 f., 37 f. —
Ansicht der alten Atomisten, welche die Ent- Tyche ist Herrin der Welt: Men. frg. 482.
stehung des Weltganzen aus vielen einzelnen 483 Kock Flavauöd-s vovv ^x^vtsg- ovdhv yctQ
Teilchen durch den Zufall geschehen ließen, nXiov | ävd'Qmjtoig vovg ioriv äXXo Ti)g tv;^7js,
während sie ihm innerhalb des fertigen Welt- si'x' icri tovto nvEv^ia ^slov slts vovg. | tovx
ganzen keinen Kinfluß mehr auf das Werden iati, xb yivßsgvmv unavxa. xal axgicpov | 6. xal
nnd Vergehen der Dinge einräumten. Daß es a&^ov, i] ngovoia S'f] &vrixi] nanv6g | xai qp^Tj-
aber auch Philosophen gab, die entsprechend vatpog . . . | rcdv^' oaa voovfisv tj Xiyo^sv t)
der populären Auffassung den Gedanken des 20 ngdxxo^ev, \ xvxr\ *axiv^ ... -- xvxt] ■avßsQva
Schicksals mit dem göttlichen Wesen in nahen ndivxcc. ravrrjv xccl cpQivccg ötl xcd ngovoiav xriv
Zusammenhang brachten, deutet er mit den d-^bv xccXstv ^ovriv, \ ei firj xig &XXa}g 6v6(iccatv
Worten an (196 b 5): 'Es {^ibt einige, welche ;^aipfi xsvotg.
meinen, daß die r. eine Ursächlichkeit, aber Alle menschliche Vorsehung ist blind,
als etwas Göttliches und Dämonisches der alles ist der r. unterworfen: Nicostr. frg. 19
menschlichen Einsicht unerkennbar ist.' Wir Kock xv%r\ xä d^vr]X(bv 7tgdY(iad-\ ij ngovota dh
können hier gerade die Stelle aus Simplic. in xvcpXöv xe xccavvxccxxov iaxiv, ... Zu diesen
Phys. 2, 4. 5 (9, 333 Diels) anfügen: ioixs 8k beiden Stellen vergleiche man R. Helm, Lu-
i} (ihv mg nsgl dsiov xivbg xfig Tvxrig ovöa do^cc cian und Menipp 123 mit Anm. 2. Ihre Freude
Tuxl Ttgö xov kgiaxoxiXovg sIvccl nagä xolg ''EX- 30 am Wechsel bezeugte z. B. Menander frg. ö90
Zrjfft xal oiyx vnb ngmxtov vofii.ad'fjvcci Sxtoixäiv^ Kock. ^^ ^BxaßoXcclg ;^atpov(»a Tcavxoiaig xvx^-
mg xtveg otovxai. Dafür führt Simpl. Piaton Philem. frg. 111 X. anccvxcc vixä xal (isxaaxg^-
als Zeugen an: Leg. 4, 709 5 xvx^g d'slvai (pst xvxt]. Menander frg. 288 K. mg noixiXov
c%sSbv unavxa xä &v%'gmniva Tcgäyiiaxoc- . . . ngay^i' iötl xccl nXccvov tv^tj. Vgl. ebd. 94,
d^BÖg fiiv ndvxa xccl [lexd &eov Tvxt] xal Kai- Anaxandrides frg. 4, 2 K. Bei Philem. frg. 213,
Qog xa ivd-gäyTiLva diaxvßsgvmai ^viinavxa. 7 f. K. heißt es . . . xvxrig ds ^istaßoXäg ovx
(Vgl. für Piaton noch Leg. 4, 7, 57 E Q'tbv xal dyvoBlg, j ort xbv s^nogov xid-rjaL nxmxbv sig xi^v
dya&T]v xvxriv . . . iv svxatg inixaXovßivovg, wo a^giov. Sie ist blind Men. frg. 417b K. und
aber das Fehlen des Artikels zwingt, von einer Vernunft los Men. frg. 819 K.: ovdhv xaxcc
bestimmten Auffassung der d. x. abzusehen; 40 Xoyov yiyvsd"' mv notsl xvxr}; ebd. frg. 355 ov-
vielleicht noch Leg. 12, 946 E x^ dyad^j] (loigcc tmg ScavXXoyiaxov ij xvxr\ noisl, s. noch ebd. frg.
xal xvxf) inixgetljavxag. Im übrigen bietet eine 490, 812 und monost. 707. Ihre Heimtücke
Durchmusterung der bei Ast, Lex. Plat. 426 betont frg. adesp. 268 K. öiSoixa x&ym xdg
gesammelten Stellen keine Resultate für unsere vcpdXovg (nämlich nixgag) xdg xi)? xvxrig. Sie
Zwecke.) teilt zwar gelegentlich Gutes zu Philem. frg.
Wenn Aristoteles als erster diese Unter- 110 K. öxav nöx' dvd-gmnoLßiv 17 xvx'H y^M
suchung angestellt hat, so hängt das mit der ndvxav dcpog^i] xmv xaX&v svglexsxai, alJer
Bedeutung zusammen, die jene BegriflFe in- durchaus ungleichmäßig Alexid. frg. 116 K.
zwischen gewonnen hatten. mßnsg inl xmv ßiav dh xovg (lev ij xvxr] \ rjiimv
Seit Alexander hatte sich nämlich eine 50 fiBydXoig TCgoGEvsLfis xovg d' iXdxroaiv^ | sld-' ol
weitgehende Änderung der Lebensanschau- ahv 8V7Cogov(i£v, ol S'dXvoasv. Schwer lastet
ungen vollzogen. Denn *"al8 das gesamte hei- sie auf einem: Apollod. frg. 17 K, und jeder-
lenische Staatengebäude zusammenbrach, nach mann tadelt sie: monost. 621. Wie schön wäre
den ungeheuren Erfolgen des makedonischen das Leben ohne ihren Neid mowos^. 663 mg 7]8v
Eroberers die Lage der ganzen Welt wie über xb ^■^v, ^7) cp&ovovarig xfig xvxr}?- Ähnlich monost.
Nacht sich umgestaltete, dann weiter in den 666. Sie kommt unvermutet, und es ist schwer,
wilden Kämpfen der Diadochen und Epigonen gegen sie anzukämpfen Men. frg. 673 K rate
Sieg und Niederlage, Gewinn großer Reiche dxvxiaioi iiri'iiixccigB xmv niXag, \ Tcgbgxriv xvxriv
und tiefste Demütigung so plötzlich mitein- ydg ^vyoiiaxstv ov gdöiov. S. a. monost. 247. Sie
ander wechselten wie im Gewitter grelles Blitz- 60 leiht ihren Beistand' Gerechten {monost. 462)
leuchten mit unheimlicher Finsternis, als auch und Ungerechten {monost. 624). Dafür, daß
die Verhältnisse der einzelnen in ein unsicheres die Tyche überhaupt schenkt, Men. frg. 589 K.,
Schwanken gerieten, da meinte man in dem Circumtonsa 30. Sogar im Schlafe verteilt
wüsten Durcheinander nur noch da^ grausame sie ihre Gaben: Kaibel Ep. Gr. praef p. 23
und launische Spiel eines menschlicher Ver- nr. 117 b m [lt] Siömxsv i] xvxr] xoi^miiivm, j ^id-
nunft unteilhaftigen, gegen die Satzungen des ttjv SgufistxaL . . . Man kann eine Erzählung
Rechts gleichgültigen Dämons des willkürlichen bei Aelian V. H. 13, 43 geradezu als Illustra-
Zufalls zu erkennen' {Rohde, Roman* 278 tion zu diesem Vers heranziehen. Um den
1321 Tyche Tjche 1322
Feldherrn Timotheus zu vers])ott(Ti, hatten ihn TCQotpccaLv idirig ccßovXirig. ßccLcc yaq cpQovriati,
Maler schlafend dargestellt, währenddessen war tvxr\ ^iccxstki, tu ^h icXtlöxcc iv ßion t:vS,vveros
auf dem Hilde Tyche damit heHchüftigt, Städte o^vÖtg-nslri y.cctid'vvti.) — Wie sich alle diese
ins Netz zu ziehen, damit er hernach als Siejjjer AnHchauungen in der römischen Komödie wider-
gelteu könnte. Aber die tvx'H schenkt nur, um spiegeln, darüber lene man Lorenz in der Ein-
gleich wieder zu nehmen Men. fig. ti^.)S K. und leitung zur P.9«M</o/M.vau«(/a6e 'iOf., bes. 23, nach.
frg. adesp. 400 K. Jhr gibt man die Schuld, Eine allgemeine Charakteristik bei Leop.
wenn man ins LTnglück gerät Men. frg. 1083 A'. Schmidt, Ethik 1, 57. Vielleicht war Menander
orai' (Y^ Umui? nsQiTt^öi] v.kI jrpayfiaffn/, | f-v&vg wie der gleich zu nennende Demetrioa schon
Trpoöajrr«/ TjJ tj';^?/ xi]v aixiavy während man lo von J'hcophrast her beeinflußt, dessen Schüler
im (ilück nichts von ihr wissen will: ehd. orav ja beide waren. Für die Ansicht des Theophrant
TIS 7]iu7)v ccfiEQiiLvov \ ^XV ^^*' ß^ov, ovK ^Tt iv.Dclf:i- vou dcr xvx^ f'^9' ^*^ W imincY : ua-Konos rj t. xal
Ta^ xt]v xi'xriv ivSai^ovAv. Denselben Ge<lan- dsLvij nocQhXic^cci xa TtQOTteTtovrifiiva xccl fiexaQ-
ken behandeln in späterer Zeit 2 babrianische giipca xrjv ÖQycovaocv tvri^tQiav, ovd'tva xcciqov
Fabeln. In der 49. (Cntsins) ist ein Bauer am ^;fov(Ta totxtÖv. Jedenfalls müssen solche Ge-
Hande eines Brunnens eingeschlafen. Da danken oft genug ausgesprochen worden sein,
glaubt er die neben ihm stehende Tvxri zu wenn man sie von der Bühne herab als etwas
liören: ovxog, ovx iytg^riöi], \ [li] eov tiböovxos Naturliches vortragen ließ. Daher eiferte denn
cxixir] nocQ Dcvd'gmnoig \ iyto isya^at nal xaxTjv auch HJudemos {frg. 21 Spengel) gegen Dichter
lccß(o cp-^^n]v. I ifiol yccQ iyiiaXovai ndvxa avX- 20 und Philosophen, daß sie alles auf die Tyche
Irißi^riv^ I 06' ccv tcuq avxov dvGxvx^ xig i) Tcinxifj. schöben. Vgl. ü. v. Scala, Die Studien des Po-
In der 198. bekränzt ein Bauer die Erde, weil lyhius 1, 168 ff.
er Geld gefunden hat. Daher tadelt ihn Tyche, Die ungeheuren Schicksalveränderungen des
weil sie ihn doch den Fund habe machen makedonischen und persischen Reiches sind,
lassen. Freilich mit dem Tadel wäre er schnell in einem der erhaltenen Reste des Buches
bereit gewesen, wenn jetzt das Geld in andere tcsqI rvxr\? (geschr. etwa 317) des Demetrios
Hände gekommen wäre. — In der reichen Fülle von Phaleron als Beweis für die Macht der T.
der Aussprüche über das Wesen der xvxr] ist angeführt: Fr. H. Gr. 2, 3()8 = Polyb. 29, 21.
auch der Gedanke vertreten, daß mit jedem Wieviel sich über den Inhalt der demetriani-
Menschen zugleich seine rv%r] geboren wird, so sehen Schrift aus den bei Plut. consol. ad. Apoll.
die ihn das ganze Leben hindurch begleitet (Einzelschicksale) und Polybius (Staatenschick-
uod niemals durch eine andere ersetzt werden sale) im Auszug vorliegenden Stellen vermuten
kann, also bereits die deutliche Form der Per- läßt, hat It. v. Scala a a. 0. 1, 167 ff zu er-
sonaltyche. Bei Philem. frg. 10 K. hört man schließen versucht. Darnach ist Demetrios ein
nämlich Nvv Ö' cid' d-nQißüg xi]v tvxriv atg ov weiterer Vertreter der volkstümlichen tvxri-
fiicc, I ovä' hxi nQCTjv, älXä fiExcc x&v 6(oii,d- Ansichten, zu deren Veranschaulichung er sich
T(ov I r]a6av, oxav yiyvmiisd-', svO^vg XV '^'^X'^l \ bezeichnenderweise auch auf den Euripides
TtQOOyiyvsd'' rj^lv, Gvyyevijg rm aw^axi, \ v.ovv. beruft {Scala 168; vffl. Plut. consol. ad. Äp. 6).
^Gxiv hxsQOv nag' sxbgov Xccßstv tvxriv. Man Sammlungen historischer Beispiele für das
wird an den Daimon erinnert, der z. B. bei 40 Wirken der ti;;^?] bei ^eZ^an F. jEf. 4, 8; Pausan.
Plato Phaed. 107 D den Menschen erlost und 8, 33, 3. Einzelheiten können wir hier nicht
ihn durchs Leben führt. Vgl. noch Lysias 2, verfolgen. Nur sei hervorgehoben, daß die
78 und Men. frg. 550 K. Sind so auch alle ursprünglich nicht bezeugte Vorstellung vom
Bedingungen für eine persönliclie Auffassung Neid der t., der wir zuerst in der Neuen. Kö-
der xvxn in der N. Komödie gegeben, so fehlt mödie {monost. 663) begegneten, auch bei De-
es doch andrerseits nicht an Zeugnissen aus metrios betont wird. Auf ihn geht nämlich
derselben Komödie, die in der ti^tj kein per- die Stelle bei Plut. consol. ad. Ap. 6 zurück,
sönliches Wesen göttlicher Art erblicken wollen: wo König Philipp beim Empfang der bekannten
Philem. frg. 137 K. ov-a ^axiv ij^tv ovdsnia tvxri 3 Glücksnachrichten ausruft; oo d(xi[Lov, ^sxgiov
Q'sog, I ov-n ^öTiv, äXXd ravrofiaxov, o yiyvsxca \ 60 ti xovxoig dvrid'sg iXarxcoiia. Da fügt D. hin-
mg ixvx ^xaöroj, "xgoGa.yogsvixai xvxr]. Die t. zu: stdcog oxi xolg iisydXoig evtvxrj(ic(6L cpd"' vstv
ist hier der reine Zufall, oder sie ist die nsrpvaav i] xvxf]- Vgl. Polyb. 39, 19, 2. Über
Charakteranlage bei 3Ien. frg. bd'i K. dSv- den Einfluß, den möglicherweise die Abhand-
vaxov ag iöxiv ri öm^cc xfjg rv^rj?" | 6 ftr/ cpigcov lung des D. auf römische Krei>e gemacht hat:
8h yiccxd cpv6tv xd ngdyiiaxa \ xvxr]v Tigoariyo- Scala 176f. und Anm. 2, 185f. Er glaubt 'solche
gsv6£ xov ccvxov xgonov. Und dieser xvxri wird Spuren auch in dem bekannten Pacuviusfrag-
die TtgovoLcc {Men. frg. 483 K) oder die be- ment zu erkennen {Auct. ad. Her. 2, 23, 36 =
wußte Handlung und energievoll ausgeführte Eibb. Serien. Born. poet. frg. 1 p. 124): Fortu-
Tat des Menschen entgegengesetzt und ihrem naui insanam esse et caecam et brutam perhi-
Einfluß entrückt bei Philem frg. 150 K.: ogoc 60 bent philo^ophi, \ saxoque instare in globoso prae-
did rovg ngdxxovxccg avxovg yiyvBxai, \ ovdsvl dicant uolubilei et q. s. 9. unter diesen Philo-
7fg6a£6xiv ov8h ■aoivcovst xvxr], ja bei einträch- sophen (am Schluß sind die erwähnt, die die
tigem Zusammenwirken der Menschen wäre es Existenz der Fortuna leugnen) sei vielleicht
überhaupt mit der Rücksicht auf die xvxr] vor- eben Demetrios zu verstehen,
bei: Men. frg. 679 7f. (Dasselbe spricht aus Von i>(?mefrios war Po/2/&«w5 tief beeinflußt:
Anaximenes bei Stob. ecl. eth. 2, 7, 17, ähnlicli Scala 159 ff. Über seine eigentümliche Auf-
Demokrit bei Diels, Frg. d. Vorsokr.^ 1 p. 407 fassung von der t. ist schon wiederholt ge-
nr. 119: dvQ'goiTtot xvxr]g sidcoXov inXdoavxo schrieben worden (Zusammenstellung der Lite-
RoscHER, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 43
1323 Tyche Tyche 1324
ratar bei Scala 169 Anm. 1; dazu noch AlUgre zeigen die Worte 37, 9, 1—4. Diesen Zwiespalt
a. a. 0. 126ff. a. Warde FowUr, Claas. Bev. 17 der Auffassungen hat Scala 181—184 durch
[1903]). Es ist nämlich auffällig, daß r. bei eine spätere Überarbeitung des polybianischen
ihm einmal die Leiterin einer planvollen Welt- Werkes auf Grund stoischer Einwirkung in
regierang ist, die die geschichtliche Entwick- einleuchtender Weise zu erklären versucht.
long (liUimerherrschaft!) einem bestimmten V^l. noch a.a.O. 214 und Anm. 6. (Bald ein
Ziele zuführt, an anderen Stellen hingegen blindes Ungefähr, bald die gerechte Vorsehung
wird ihr Launenhaftigkeit und Unberechenbar- ist die rvxri auch bei IHodor, Scala 169 flF., L.
keit vorgeworfen, und zwar ganz in der Art, Schmidt, Ethik 1, 69 f. Die wenig charakte-
wie wir sie aus den bis jetzt beigebrachten lo ristischen Einzelheiten können wir übergehen.)
Beispielen anderer Autoren kennen gelernt Die Erwähnung der Einwirkung stoischer
haben. Sie spielt mit den Menschen wie mit Gedanken auf Polybios führt uns auf eine neue
Kindern Polyb. 15, 6, 8 . . . vrinioig naiol XQ(o- Gattung literarischer Zeugnisse für das Wesen
iUvri; sie hat ihre Freude an bitterer Ironie der Tyche. Wenn es gelegentlich heißt, die
87, 5, 2 iJJto» x^g rv^Tje» tb rotg avrc^v inivo- Stoiker hätten die xvxt^ als etwas Göttliches
v}fi«<T( %ul ifoyM^^rnucOiv i^ hitocxQO^)fig avxovg angesehen: Simplic. in Aristot. phys. 2, 4, 5
^nto^aXlnv xovg vcfioO-ertlffaytag; ungerechten (9, 3;J3 Diels) und Theodoret. cur. Graec. äff'.
Lohn verteilt sie z. B. 32, 19, 3 övst-dl^stv x^ 6, 15 S. 154 Raeder so ist dabei ihre wesent-
tvxj}^ Si6xi xb x&v «iyaO-Äv &vdQöiv aO'Xov si- liehe Identität mit der sifiagn^vr] vorausgesetzt.
^avaöiav xotg x**P*<^^ots ivioxs TCSQixld-qa^v. io S. Zeller, G.d.Ph.d. Gr. 3, l^^lbS Anm. 2; Arnim,
Vgl. 16, 20, 5; 16, 32, 5. Vor allem gefällt Stoic.fragm. nr.^ßS. Die weiteren Fragmente bei
sie sich in jähem Wechsel 1, 86, 1 f. (7), indem Arnim nr. 906—970 bezeichnen xijv rvxriv & ari-
der eben noch siegreiche Führer im nächsten Xov cclxiav avd-QoiTtivco Xoyie^im. Uns inter-
Augenblick das Schicksal erleidet, das er eben essieren jedoch weit mehr die Aussprüche, in
selbst erst den Feinden bereitet hatte. Die denen die Stoiker und andere Philosophen den
trügerische Unbeständigkeit zeigt 39, 5, 8 17 üblichen volkstümlichen Vorstellungen von der
x^g xvxTig iniaqxUXsiu. Neu sind die Redens- xvxr] entgegentraten und ihr keinen Einfluß
arten von der 'xvxri dgäiia* 23, 10, 12, von auf das Leben des Weisen gestatten wollten.
der ' X. Zwischenspiel ' 2, 3.'>, 5 (ra insicöSicc So betont die Unabhängigkeit des Weisen von
xtjg xvxrig) und 'Nachspiel* 3, 118, 6 iTtiiisxgov- 30 ihr EpiJcur bei Stob. ed. eth. 2, 7, 28 Bgccx^a
fSrig . . . xal awendyccvi^oiiivTig . . . xr)g x. Sie aocpa> xv%r} naQi-pLTtiTtxEi^ xcc Sh ^^yiöxcc xal hv-
zieht die Menschen auf die Bühne und die gnjaxaxa Xoyia^bg duoxrjos. (Für seine Anschau-
Theatermaschine z. B. 11, 6, 8 xi)g x. inl xt]v ung vgl. weiter die Stelle in dem Brief an
i^möxgav avaßtßaj^ovarig xr]v vfiexegav uyvoiccv. Menoikeus, Laert. Diog. 10, 133 f. und Usener,
In wieder anderen Wendungen heißt sie 'Kampf- Epicurea S. 65: xvxri '&ßeßcciog und kein -S-fop.
richterin' 1, 58, 1 ßgaßsvxrjg, sie verteilt Preise Dazu Lewy a. a. 0. 765. Ferner Diels, Doxogr.
3,63,3 {xvxr\v xix. ad'Xa. TtgoxsdsixivuL), Kränze 693, 15: xvxriv SioltisIv xä nävxa. und Bohde.
2, 2, 10. Für die eben geschilderte Theater- Roman^ 280 Anm., wo als epikureisch noch
spräche kommt wohl rhetorisch-stoischer (ky- zitiert wird Pkilodemos nsgl d-avdxov Wiener
nischer) Einfluß in Betracht: Scala 173. Vgl. 40 Denkschr. 110 (1886) p. 334 Mekler nach der
femer R.Helm, Lucian und Menipp 45. Tyche Ergänzung von Gomperz: x. 17 nccvxoiv övvdcxig
als noirixgia bei Teles Stob. flor. 5, 67 und &v%-Qwnoii'.) Ähnlich der Kyniker Diogenes bei
108, 82. Die überraschende Reichhaltigkeit Stob. ed. eth. 2, 7, 21 J. ^cpj] vofii^tLv bgäv Tr]v
der Tycheterminologie ist ein Beweis für die Tvxiiv ivugovovauv ocvriö nat Xiyovoav xovtov
ungewöhnliche Bedeutung dieser Macht, mit d' oi) dvva^at, ßccXhiv Y.vva XvG67\xj\gct. Ironisch
der man sich auf Schritt und Tritt auseinander- ist gemeint Stob. flor. 108, 71. Und nun solche
zusetzen hatte. Ganz anders lauten nun die Gedanken bei stoischen Autoren! Eine aus-
stellen, wo xvxv im Sinne einer gerecht wal- führliche Zusammenstellung gibt Rainfurt, Zur
tenden Vorsehung auftritt, wenn sie z. B. ge- Quellenkritik von Galens Protreptikos 190b, WS.
bührende Strafen verhängt (4, 81, 5 . . . xvxrig 50 Im 2. Kapitel dieser Schrift befindet sich näm-
xfiv ccgfio^ovöav imd'siGrig dixrjv), die Böoter lieh eine allegorische Schilderung der Tyche
für ihre liederliche Wirtschaft bestraft 20, 7, 2 und des Hermes. Von der T., der sich an-
usw. Und schließlich ergibt sich aus wieder zuvertrauen schimpflich ist, heißt es da rjg
anderen Aussprüchen die Beobachtung, daß rrjv fiox^rigicxv i^Kpaviöat, ßovXsvd'tvxsg ol Tca-
Polybios in einen Kampf mit dem Glauben an Xcciol ygäcpovx8g xai TcXdxxovvig ccvxr]v ov {lovov
diese dunkle Gewalt gerät. Die Ursächlichkeit iv sI'Ssl ywaiytög rigyisö&rioccv . . . aXXd xccl nr}-
alles menschlichen Geschehens war ihm ja in SuXlov Mooav iv x^Qoiv ^x^iv avxfj xai xoiv
eigner bitterer Erfahrung klar geworden, und noSotv vrcid'Eöav ßäoiv öcpccigLX'^v, icxigrißccv
wer in der Geisteskraft des einzelnen die Sh nal xolv öcp&ccX^otv, ivdsLv.vvu.Bvoi diä xov-
Gmndbedingung alles Wirkens sah (vgl. z. B. 60 ttov unävxoiv xb xfjg xvxrig uaxaxov. Sie wird
1, 36, 4), der konnte der xvxri nicht mehr die dann mit einem blinden Steuermann verglichen.
übliche volkstümliche Überschätzung zuteil Unwürdi;:en schenkt sie Reichtum, um ihn
werden lassen (Scala 178). So heißt es 1, 37, 3 bald darauf wieder zu nehmen, und einem
Tig xriv alxiccv ovx ovxoag slg xi]v x. mg sig xovg solchen Sai^av folgt eine große Menge törich-
riysyMvag inuvoiGxiov (Untergang der Flotte ter Menschen, obwohl er sie in beständiger
bei Kamarina). Vgl. 1, 63, 9 und die anderen Unruhe die gefährlichsten Bahnen führt, daß
bei Scala 178 Anm. 2 = 179 gesammelten Be- sie elend verderben. Sie allein bleibt äßXccßrig
lege. Die gänzliche Lossagung von der xvxri . . .liaxaysXäaa xtbv öXo(pvgo^iv(ov rt xccl iy-
1325 Tyche 'lyche 1326
yiccXovvtoiv avrfj St' oitiilv öcpf-Xos. Alle die fiati den Armen reich macht und den Fürsten
Eigenschaften, wie sie namentlich die Bruch- zum Bettler, wie sie mit den Geschicken des
stücke diGT Neuen Komödie aussprachen, kehren Menschen spielt {nai^uvl) und nichts in ihrem
hier als Merkmale der völlig ausgebildeten Wesen zuverlässig ist. — Die Frage nach der
Personifikation wieder. Ihre Parallelen in der Bedeutung der T., Heimarmene und der Moiren
stoischen Popularphilosophie hat Jiaivfurt a. läßt Jjukinn den Kyniskos an Zeus richten
a. 0. eingehend unter Heranziehung auch vieler {lup. conf. 3) 11 Eluagiihri xolvvv xai /} Tv^ri
Senecastellen verfolgt. Zu einem einheitlichen — noXvQ-QvXritoi yccQ ndw xal avtai — riveg
Bilde finden sich fast alle diese Züge vereinigt ttot* tlal nal xi dvvaxcti avxCbv (yiuxtga; nö-
in dem obengenannten Paeuviusfragment. Vgl. lo xhQov xk laa xcclg Motgaig i] xi -aal vtcsq ixsi-
noch Flinius, N. H. 2, 7, 22. Im 3. Kapitel rag; (also IHndarl) (Schovoj yäg ccndvxtov Xsyöv-
des Protreptikos folgt die Beschreibung des tav ycal ju-rj^^v slvcci Tv^i^? yiccl Ki(i. dwaroj-
Hermes; im 4. wird das Gefolge geschildert, xsgov. Worauf Zeus zunächst leider nur zu
das die T. begleitet; zu ihm gehören u. a. antworten weiß, K. brauche nicht alles zu
Kroisos und Polykrates von Samos, die beliebte wissen. Interessant ist noch Deor. concil. 13,
Figuren für solche Zwecke abgaben: liainfurt wo Momos die tl^iagpitvr} und xvxt} inhaltslose
17, Scala 170, E. Helm, Lucian u. Menipp 56. Namen nennt, die aber gleichwohl den Men-
Die Tyche bei Galen hat große Ähnlichkeit sehen so wichtig sind, daß niemand mehr den
mit der der Kebestafel. Die ins Leben treten- alten Göttern opfern will, weil man weiß, daß
den Menschen werden zur T. geführt (c. 7): 20 trotz aller Hekatomben o^ag xj]v xvxrjv ngü-
7} äh yw-q iv.üv7i^ xig ioxiv^ t) (oGitsg xvcpXi] nal ^ovaccv xcc ^s^oiga^tvu -/.al a i^ ciqxVS k^öcGxcp
^LCcivoiibV7\ xLg slvcci S0XOV6CC xal küxr]yivia ijtl insxXmad'Ji.
Xid-ov xLvbg GxgoyyvXov\ y.aXnxaL ^sv . . . Tvxrj, , Wir kommen zu den letzten Zeugnissen in
^6XL S' ov ^ovov xvcpXr'i, ccXXoc xal (laivoLLbVT] xat dieser Übersicht, den griechischen Roma-
xvcpXrj . . . TCsgiTtOQSvtxcct navxaxov . . . -aal Ttag' nen. Ausführlich Kohde, Roman ^ 280 tf. Mit
a)v ^sv agncc^bi xu vrcdgxovxa xccl txigoig dl- ihrem völlig irrationalen Wesen erschien näm-
Scoai. nccQcc öh xmv avxdiv itaXiv ccq)cag£txai lieh die T. den Romanschriftstellern als will-
Ttagccxgfili'Cx, a Ssdcoyct, xat ccXXoig dlöaüiv slxfi kommene Gehilfin bei dem Aufbau ihrer wun-
xal ccßbßcxUog. Dann folgt die sich daraus er- derbaren Geschichten, indem sie ihnen eine
gebende Erklärung der Kugel. Im 8. Kapitel so tiefere psj^chologische Erklärung der Handlung
nennen diejenigen, die von der T. beschenkt erleichterte, wenn nicht ganz ersparte. Vom
worden sind, sie 'Aya^'i] Tvx'Ht ^^^ ^^^ ^^^ Glück ins Elend, aus der Not ins Glück in
'Beraubten' sagen natürlich, sie sei Ka-ari T. stetem Wechsel jagt die 'neidische' T. die
Man erwartet von der guten Tyche rcXovxog, ihr rettungslos preisgegebenen Liebespaare, ein
öo^a, svysvbia, rp/tva, xvgavviSsg^ ßc^aiXstai x(xl grausames Spiel mit ihnen treibend (tcul^^xv)
xäXXa. oöa xovxotg 'jtccgu7tXt]0ia. Daß man ihr tcccIlv i] Tvx^l -1c/j27/. Tat. 4, 9, 7), fast wie zur
nicht trauen dürfe, wird noch einmal c. 30 Übung in einem yv^vdßiov {ebd. 5, 2, 3). Die
betont. ganze Theaterterminologie kehrt in den
Im engsten Zusammenhang mit diesen Bil- Romanen wieder, z. B. Heliod. Aethiop. 7, 6:
dern stehen zweÜitÄ;mwstellen. ilfen.s.iVeci/om. 40 roTf Sri ^^S s^rf tl dcciyboviov, sixs xvxr] xtg
c. 16 wird das Leben mit einer großen Tto^TMj tuvd'Qa)7tsici ßgccßsvovßa -naivbv ifisißoöiov int-
verglichen, deren x^Q^y^'? ^^^ Tyche ist. Dem Tgayaöti tolg ögco^ivoig, ojGTisg alg dvxayw-
einen Teilnehmer gibt sie ein königliches Ge- via^ dgdiiuxog dgitriv dXXov Ttageiatpigoveu
wand und setzt ihm eine Tiara aufs Haupt, \isw. Neue Beinamen (eine Fülle von Stellen
einen anderen steckt sie in das Gewand eines bei liohde) treten auf: ßdöxccvog bei Nikei.
Dieners usw. Oft wirft sie mitten während Eug. 1, 52, 306; dygiccivovßcc ehd. 5, 276:
der Bewegung des Zuges die Gestalten durch- nocXaiivala ehd. 1, 319; dXdGxcoQ 7, 205 f.;
einander und läßt sie nicht bis zum Schluß novrigd, (^vöLLsvrjg^ 7toiv7]Xdtig 6, 37;
im Besitz ihrer anfänglichen Ausstattung, son- d.ndvQ'gmTiog 8, 312; ihr Neid ausdrücklich
dem die (typische) Figur des Kroisos verwan- 50 bezeugt bei Eustath. am. Hysm. 8, 16, 1 : ccXXci
delt sie in einen Diener und Gefangenen, den 1] ^01 Tvxn tovxmv icpd-ovriasv. Ebenso Niket.
oUhrig Maiandrios dagegen erhebt sie an die Eug. 8, 65 und besonders Chariton. Für die
Stelle des Tyrannen Polykrates. Am Ende Zusammenstellung der einzelnen immer wieder-
fordert sie den einzelnen ihre Maskerade wie- kehrenden Züge vgl. man E. Rohde. Diese
der ab, und dabei schimpfen und schelten dann Tyche der Romanschriftsteller gleicht einem
manche aus Unverstand, weil sie ihres Eigen- neben den Göttern stehenden Wesen (Niket.
tums beraubt zu werden glauben. Der An- Eug. 7, 205 ff. ist ihr ausdrücklich i] dsov
sieht, daß die Güter den Menschen nur von ngovoia xov Gcoxriglov entgegengesetzt), welches
der T. geliehen seien, hatte bereits die Komö- häufig Scä^cov genannt wird: Achill. Tat. 3, 23,
die Ausdruck verliehen: Men. frg. 598k. Bion 60 3; Chariton 2, 8, 3 Tvxrigy Ttgbg tjv a6vr\v ov-
sagt bei Stoh. ftor. 105, 56 xa xQV!^^^''^^ ^otg ösv loxv^i XoyiG^bg ccvö'gmnov cpiXovsixog yug
•jiXovGioig 7] xvxri ov S£ddigi]xat, dXXd ösSdvatxEv. 7} dcclacov xal ovösv dviX-jfiGxov Ttug' ahxf\g.
Für die kynische Quelle dieser Lukianstelle An anderen Stellen wird sie neben den Sal-
und der folgenden vgl. man R. Helm a. a. 0. aorsg {Rohde 435) angeführt, oder beide Be-
44 f. Im Nigrinus 20 ist nämlich derselbe Ge- griffe scheinen identisch zu sein: liohde 436
danke in etwas anderer Form wiederholt. Man Anm. 2. Ihr schillernder Charakter ließ sich
soll die Güter der T. verachten, wenn man eben nicht in eine feste Form zwängen. — An
sieht, wie sie iv exrivfj xcu TioXvTcgoGconcp dgd- die üblichen Gemeinplätze erinnert Eustath.
43*
1327 Tyche Tyche 1328
aw. Hysm. 9, 12, 1 ov "Epcu^^ xai Tv^ %ai TIo- Anm. 2 uml Itesonders N. G. Polths, MsXhcci
ütid&v i^ fvTvxovvTog dvötvvi)^ öoviov i^ iXst^- negl rou ßiov x«} rm yAtbfförjff rov KXXi]vi,xov
^igov xai xgidovlov <i»ri %rntvxog q>e(iOvaiv. Xaov. IIccQaSöaang Bd. 1 (1904) ur. 919 S. 561f.):
Durchaus im Rahmen der Tychevoratellunjjen Eine Sage aus Lasta berichtet dort von einem
des Romans bewegen sich endlich die Äuße- bis zum Himmel ragenden Berg. „Auf ihm
rangen über das Spiel der graasamcn Fortuna sitzen die Moirai oder Tychai. Sobald ein Mensch
bei Apuleius in den Metamorphosen: z. B. 6, 9 geboren" wird, wird auch seine Tyche geboren
Meva et iniqua F.; 6, 28 F. durior, tarn saevire (man denke an Philem. frg. 10 k; s. ferner w. u.
desiste; besonders 7, 2, wo der Räuber erzählt: über Porsonaltyche), so daß jeder dort auf dem
8%tbiitque me non de nihilo veteris priscqeque lo Berg seine Tyche oder Moira hat, so wie er
doctrinae viro8 ßnxisse ae pronuntiasse caecam auf Erden seinen Schutzengel besitzt. Nur
et prorsus exoculatam esse fortunam, quae f:em- einem ist es geglückt, dorthin zu kommen und
per suas opes ad m<Mlo8 et indignos conferat nee zu sehen. Er bemerkte, daß die Armen die
tmquamiudiciofnortaliumquemquameligatxisy,'. reichsten Tychen hatten und die Reichen die
Oberhaupt hat man in der Ausmalung der ärmsten." (Bei Artcmidor oueirocr. 2, 37 [p. 143
Macht der Fortuna bei Schriftstellern der rö- Hercher] steht übrigens, daß eine reich geklei-
mischen Kaiser^eit den Einfluß der hellenisti- dete T. Armut bedeute, eine ärmlich aussehende
sehen T.- Vorstellungen zu erblicken: Vgl. außer dagegen Reichtum. Dazu eine originelle Be-
der oben Bd. 1, 2 Sp. 1529 mitgeteilten Plinius- gründung). Ebenso hat eine andere Erzählung
stelle JV. jff. 2, 7, 22 vor allem Pöhlmann, Die 20 aus Arachowa (N. G. Politis im zuletzt ge-
Wdtanschauung des Tacitus in den Münchener nannten Werk nr. 921 S. 563) getreulich antike
Sitzungsber., phil.-histor. Kl. 1910, l.Abh. l6fiF. Züge bewahrt: „Die T. ist häßlich, schwarz
Nur in einer Welt, die voll war des Redens über und sitzt oft allein auf dem Weg. Und von
sie, sind ferner Plutarchs Abhandlungen IleQL dort führt sie den Menschen gut oder schlecht.
rv;frjff, Usgl rije kXe^dvdQOv ri^x^g r) aQsrf)s, IIsqI Sie ist blind, oder sie hat ihre Augen mit
Ti)g* Ptoiucioav xvxrig rj ScQSTijg größeren Interesses einem Tuch verbunden und geht umher uGxoTta.
sicher gewesen, konnten ganze Deklamationen Oder sie schweift umher wie eine Irrsinnige
IIbqI xvxrig wie bei Dia Chrysostomus nr. 63 — 66 (avoTjTTj), und auf wen sie ^fällt', den macht
ihre außerordentliche Bedeutung ausmalen; und sie glücklich, und die Leute sagen von ihm:
esist bezeichnend, daß Pattsamtis an jener Stelle, so Hinter dem ist die blinde T. Jedermann hat
wo er die Okeanide des Demeterhymnus er- seine T., und den begleitet sie im ganzen Leben."
wähnt (4, 30, 6), seiner Verwunderung Aus-
druck gibt, daß der Dichter sonst mit gar HI. Besondere Züge im Wesen der Glücks-
keinem Wort der T. gedenke, co? i] dsog ianv ^^^ Schicksalsgöttin.
avTT] {isyitfxri ^feov iv xolg ccv^QcoTtivoLg Ttgccy- Wir betrachten zunächst die Tyche, deren
{laai xai iaxvv ncegexftcci nXsiatriv (vgl. 1, 29, 11 besondere gute Seite durch den Beinamen
x6 firiShv avsv Tt'xrig slvai). Für weitere Stel- kyad"^ im Gegensatz zur wandelbaren Glücks-
len aus der späteren Literatur, die immer aufs und Zufallsgöttin gekennzeichnet wurde. Ein
neue die bekannten Gedanken von Tyches alles Kult ist für sie in Athen z. B. in der 2. Hälfte
überragender Größe wiederholen, vgl. man E. 40 des 4. Jhdts. nachweisbar (s. u.). Über den
ÄoÄ<i€, jRoman* 280, Anm. 3 und 475 mit Anm. 2, Zeitpunkt der Fixierung dieser Gestalt sind
wo er interessante Beispiele für die Verwen- wir nicht näher unterrichtet. Leop. Schmidt,
düng der Tycheterminologie selbst bei christ- Ethik 1, 53 f. meint, „im Hinblick auf diese
liehen Schriftstellern (in den Briefen des Pro- Glücksgöttin sei auf jedes Beginnen und P]r-
copius von Gaza) beibringt. Ein nicht gerade eignis die bekannte Formel äyccQ-fj rvxrj an-
gewöhnliches Zeugnis hellenistischer Zeit muß gewendet worden", während H. Neuss {f. bei
hier noch eingeschaltet werden, das in den den att. Tr. 16), gestützt auf die Tatsache, daß
Berl. Klfiss. lexten 5, 2 nr. 22, 2 p. 142 ver- das Epitheton &. sich bei den Tragikern noch
öflFentlicht worden ist, ein Hymnus an T. Ver- nicht findet, den Schluß zieht, jene auf atti-
raten auch Sprache und Vers den ungebildeten 50 sehen Inschriften gebräuchliche Formel habe
Ägypter, so ist doch der Inhalt wertvoll genug neben der Analogie des kya&og jdccifiav mit-
ala Beweis für die Vertrautheit auch niederer gewirkt, um den Kultnamen der kyad-i] Tvxr\
Volkskreise mit den geläufigen Vorstellungen zu festigen. Ähnlich Allegre 31. Diese An-
vom Weaen jener bedeutsamen Macht: UoXv- schauung hat jedenfalls viel Wahrscheinlich-
X^igf 5totxi>LöfM)pqps ytxavo[- -] | ^raxotg avvo- keit für sich. — Über den Wortlaut und die
lUexif^ TtccyyigaxBg Tvxcc. | n&g X9^ xsäv iaxvv verschiedenartige Anwendung solcher Formeln
XB dsi^ai xal xsäv (p[v6iv]; \ xä fihv vipicpafj auf Denkmälern, Urkunden, Weihungen, im
xai GSfivä slg xbov o/t[fia--] | 5. vTf^gixccg noxl Sprachgebrauch des täglichen Lebens bei freu-
yäv vBq>og &u(pi&Tixafisv[a cxotlov], \ xä ds digen und traurigen Anlässen, auf Grabschrif-
(pavXa xai xansivä nolXäHig 7txogo[l]ö[i\? j 60 ten, sogar auf dem Bruchstück einer Verflu-
slg v'ipog i^dsigag^ w äai^ov ^syaXa. \ noxsgov chungstafel I. Gr. 3, 3 Defix. tab. Wue. nr. 158,
ff« xXri^GniBv Kiabat xfXociväv, j 10. r\ xäv xccxvv s. Boeckh in der Erläuterung zu C. I. Gr. 4;
&yYeXov "Igiv äd^avdxcov; \ itävxcov yäg ägxäv J. Franz, Elementa epigraph. Graec. 318 f.;
xai xüog äyiov ^x^Lg. K. Lehrs, P. A.^ 178 f. — In der Literatur be-
Für das Fortleben der Tyche bei den Neu- gegnet man dem Namen der 'A. T. nur selten,
griechen siehe B. Schmidt, Das Volksleben Aelian V.H. 9, 39 erzählt z. B., daß ein nqt-
der Neugriechen 1, 221 ; N. G. Politis, MsXixccL nehmer athenischer Jüngling in heftiger Liebe
inl xov ßiov xcbv vsaxigcov 'EXXrjvcov 1, 2, 207 zu dem Bild der *A. T. entbrannte, welches
1329 Tyche Tyche 1330
^TtQOi^ xm TtQVTccvsio)^ stand. Als iliiii seine sie auf Am\il<;tt»jn abgebildet ist. J^ewy
Bitte, ihm das Bild zu verkaufen, abgeschlagen a. a. 0. 7(5'2 vermutet auf einem im Bulletino
wurde, tötete er sich. Nach //m"/)oÄ:r«tton s. v. archeol. 1847, H9 beschriebenen Amulett, aut
Dcycc^fig y vsc'og hatte Lykurgos einen Tempel dem drei Moiren zu sehen sind und ein Knabe
der Göttin erwähnt. Wichtig ist Herond. mim. mit Füllhorn am iioden sitzt, in diesem Kna
7, 93 Ol; 601 äi(i(oai,v i] AyacQ-ij T. . . 1/;«ü(7«^ 7to- ben IMiitos und in der einen nur durch einen
8ia%(üv usw. wegen des Artikels. Auf Inschrif- Stab charakterisierton Moira Tyche. Unver-
ten ist der Name dafür um so häutiger ver- kennbar ist jedenfalls T. mit den Tagesgöttem
treten, wie wir noch sehen werden. Als lehr- auf einem syrischen Armband griechischer Arbeit
reiche Beispiele für Momente, in denen man lo dargestellt, das (aus De Witte, Gazette archeol.
der Gunst der T., und zwar der guten, wenn 3 (1877), «3 Tf. 8, t>) auch oben Bd. 2, Sp. 1666
auch dieser Beiname nicht überall erscheint, wiedergegeben ist. Man trug diese Schutzhei-
zu bedürfen glaubte, seien folgende angeführt: ligen als Amulette an sich: K. Maas,Tugesg()tter
Zuerst steht sie in Beziehung zu den Wett- 240. Eine • Inschrift C. I. Gr. 7304 auf einer
kämpfen. In der Altis von Olympia er- Gemme scheint gleichfalls in diesen Zusammen-
wähnt Pausanias 5, lö, i\ einen Altar der 'A. T. hang zu gehören: Tgocpiiiov. ZfXrjvr} Tvxri[v]
Wenn auf einer Gemme um das Bild des He- [y,]vßsQv\(b\ö(x. Das bedeutet wohl, daß der
rakles, der das cornucopiae trägt und seinen Mond T. in günstigem Sinne beeinflussen möge.
Fuß auf eine Kugel setzt, die Umschrift zu Über T. in ihrer besonderen Eigenschaft
lesen ist: MsydXi] Tv^t] tov ^vgtov C. l. Gr. 20 als Schicksalsmacht überhaupt hat die
7305, so ist hier Herakles nur an die Stelle literarische Übersicht schon das Wichtigste er-
der T. getreten, indem er mit ihren Attributen geben. Einiges Material fügen wir noch hin-
versehen ist. Wir haben damit ein Zeugnis für zu. Wenn sie mit diesem Charakter in der
Tyches Einfluß auf den Übungsplatz der Ath- früheren Periode häufig als eine neben d6n
leten. Bezeichnenderweise befinden sich um Göttern stehende Gewalt erschien, so ergab
ein Bild der T. auf einer Münze von Nikaea sich daraus eine eigentümliche Unklarheit des
Cat. of gr. c. Brit. Mus. Poiitus etc. 175 nr. 145 Glaubens von der Weltleitung. Zur Veran-
'agonistic ums containing palms'. Die' Ge- schaulichung dieses Verhältnisses einer neben
schichte von der Dedikation der Würfel des der Gottheit oder in ihrem Dienste wirkenden
Palamedes im Tempel zu Argos {Paus. 2, 20, 3) 30 Schicksalsidee verweist 7^\ Pohde, Poman* 276,
ist in ähnlichem Sinn aufzufassen. Als Gott- Anm. 2 auf die halb antiken Vorstellungen
heit des Wurfs ist sie erwähnt auf den von Dantes, Inferno 7, 70 — 96. Ihr Verhältnis zur
Heinevetter, Würfel- ii. Buchstabenorakel, Bres- Moira, an deren Stelle sie allmählich tritt,
lauer Diss. 1912 behandelten Inschriften p. 7 läßt sich nicht genau bestimmen. Bei Archi-
(T.EvSaiiKüv)., 11 u. 19 (T. sig aXaif Qoßißd^ovöcc). lochus frg. 16 teilte sie sich mit Moira in die
— In Delphi wurde T. bei Befragung des Ora- Zuwendung aller Gaben an die Sterblichen,
kels an erster Stelle angerufen: Simplic. in Pindar nannte sie eine der Moiren, und auf
Aristot.phys.2..,A,{9,^'d^Diels)ivJsXcpoig8s'Kal dem oben erwähnten Sarkophagrelief schien
TTQoyicctfiQxsv iv rcclg sQcotijasGLv ~ß Tv^ri kccI sie die Stelle der Lachesis zu vertreten. Bei
Ao^icc, xa> Ö£ xlvl ds^iötsveis; Leivy {Jahrb. f. 40 Soph. frg. 624 JV^ fügt sie sich nach E. Pohde,
kl. Phil. 145 [1892] 761 f.) erklärt zwar, T. sei Poman'^ 276 Anm. 2 der Moira. Eurip. Jph.
hier = Phoibe, der früheren Herrin des Ora- Aul. 1136 eo TioxvLa y,olQCi xccl xvxV ^o^tf*«»' t'
kels, die dasselbe an Apollo abgegeben habe iy.6g. Eine Weihung von der Insel Aegiale
{Aesch. Eumen. 4 ff.) und, wie auch anderwärts Z. Gr. 12, 7 lautet Tvx'US- Molq&v. M[rixQbg'\
dem Heros vor dem Gott geopfert wurde, nur ©E[ä)'v]. In dem Rest des orphischen De-
noch ehrenhalber an erster Stelle mitgenannt meterhymnus bei Diels, Fr. der Vors. 495
werde. Aber sollte sich die Stelle nicht ein- nr. 12 v. 4 sind Tychai u. Moira nebeneinan-
fach so verstehen lassen, daß man der T. ge- dergestellt. Eine Ähnlichkeit mit der Moira
rade auch bei solchen Orakelbefragungen eine liegt vor, wenn von ihr bei Antiphon 6, 15
günstige Einwirkung zutraute? C. I. G^r. 4379 o 50 gesagt wird: xfjg xvxrig, iJTtsQ oluat v.ccl dlXoig
1 f . (auf einem Stein aus Pisidien) heißt es ja noXXoig ccvd'Qoi-jtcov alxia iarlv ccTiod'avslv ^v
direkt ''ATtavxcc ngä^ig -Aa-KxsXsig nox' bvxvx^g, ovx' av iyco ovx' dXXog ovöslg ol6g x' av ti't}
BoTjd'bv £^ig ^vExu xfig Tvxr^g xbv TIvQ'iov. ccTtoxQbipai, ftrj ov ytviG^cci ijvxiva Sel ky.ä6x(p.
Fast ebenso G. I. Gr. 4310 aus Limyra in Ly- An der Stelle handelt es sich um unnatürlichen
kien = Kaibel, epigr. gr. 1039, 2. — Andere Tod durch Gift. Vom natürlichen Tode An-
Aussprüche verbinden wenigstens den Begriff docid. 1, 120: ?} nalg xvxV XQV^^i^^'^V ocjtiQ^ccvBv.
xvxT] mit dem Los: Eurip. frg. 989 iV- 6 xfjg Vgl. Lys. 10, 25 und noch einige Stellen bei
xvxTig nalg v.Xi]Qog. Das ist eigentlich auch Meuss, T. b. d. att. Tr. 10, Anm. 35 ; Nägelsbach,
schon Personifikation. Vgl. Plutarch, der diese Nachh. Th. 155. In dem oben zitierten So-
Stelle erhalten hat, quaest. conviv. 2, 10, 2 : 60 phoklesfragment 624 ov yuQ tiqo ^oiqag 7] xvxri
navoSfied-a xccg Moigag äxiad^ovxsg v.al xbv ßia^exaL faßt sie A. Dieterich, Nekyia 88 Anm.
xfig Tvxrjg italdcc KXf]Qov, cbg Ev. (prjßiv. Man als '^ Todesgöttin'. Und das ist sie wirklich
wollte damit die Abhängigkeit des Loses vom im Sinne des hinwegraffenden Schicksals ge-
glücklichen Zufall betonen. Hier sei noch an wesen. Denn gar oft erscheint sie auf Grab-
die bei den Rednern angeführte Wendung xb Schriften als die grausame Gewalt, die dem
üvußäv dnb xfig xvxr]g von der Wahl durchs Menschen neidisch den Genuß des Lebens ver-
Los und dem Ausdruck ij xvxr] -acu 6 -aXfjQog sagte. Eine Graburne aus Massilia, mit 2 Füll-
erinnert. Tyches Hilfe erhofft man endlich, wenn hörnern geschmückt. C. I. Gr. 6768 = I. Gr. 14,
1331 Tyche Tyche 1332
2437, 5 f., sagt, daß das Leid gebracht habe Xoyog des Hermes Trism. {Ps.-Apul. Ascl. s.
ri q>9ovfgä d' vfiäg nävx' ccdixoitacc Tv%r\. Dial. Herrn. Trism. c. 19 u. 3ü), der behaupte:
Für den Neid s. noch Kaihd, Ep. Gr. nr. 489, ai xaXov^fvat inra acpaTgai, Bxovaiv ciQx>ii' Trjv
4. C. I. Gr. 5172, 6 (— » Kaibel nr. 418) aus xaXovnivriv xvxr\v r\ H^aQHivr}v. Gleich darauf
Kyrene (Jahr 8 n. Chr.) beklagt sich darüber, derselbe Gedanke noch einmal xccrcc tu Säyfiara
daß ein gewisser Kapiton gerade in der Hoch- des Porphyrios. Infolge ihres vermeintlichen
zeitsnacht von der T. weggerafft worden sei. Einflusses auf die Geschicke der Menschen war
Sie 'teilt den Tod zu' 1 Gr. 2, 3, *J724, 6 (3. Jhdt. dann T. auch natürlich berufen, eine wichtige
n. Chr.) bI rb xaltbg iati &ccvBiv %&iiol tovt' Rolle bei der Konstruktion der astrologi-
dtnivfiiLf T. (vgl, Bergk, P. L. Gr.* 4r)7 =^ Si- lo sehen xXi)QOL zu spielen: Bauche- Leder cq a.
monides 100). Ihren &^ii{xd)xQOTta dioQoc kann a. 0. '43G f — Im Sternbild der Jungfrau
man nicht entfliehen: I. Gr. 12, 5, 302 aus glaubte man bald Demeter, bald Isis, bald
Faros, 1. od. 2. Jhdt. n. Chr. J56d. 303 (1. Jhdt. Atergatis oder Tyche zu erkennen: Eratosth.
n. Chr.) xavöauccTtiga T. genannt. Jianoavvt] catasterism . c. 9; Hygin. 2, tiö; Boll, Sphaera
heißt sie /rai6«Z 526, 2 aus Berrhoe, sie 'sehnte' 213 u. 258; Gg. Thiele, Antike Himmelshilder
sich nach dem Betreffenden, und die dccinovsg 66. Tvx'^l = den 7 Sternen des Großen Bären :
führten ihn daher aus dem Leben. T. und Dieterich, Eine Mithrasliturgie 73 Anm. 2 —
der dccipuov iloyiöTog lassen ein junges Mäd- Astrologische Anschauung ist es auch, wenn
eben nicht an das Ziel seiner Wünsche ge- man in einem Leidener Papyrus {Fleckeisen, Jhb.
langen C I. Gr. 3627, 10 (vgl. Kaibel nr. 334, 20 Suppl. 16, 808, 8, 7 = ^. Dieterich, Abraxas
10) von Ilium novum. Ähnlich Kaibel nr. 244, 196, 4) liest: ov ul äyuQ^ccl Scnoggoiai ('Ein-
4 aus Kyzikos: Kypris hat dem Mädchen zwar flüsse'; 'Emanationen' Reitzenstein, Poiman-
Schönheit verliehen, aber T. hat mit ihren dros 16 Anm. 4) tmv äorigav etaiv datjiiorfi;
'krummen Plänen' alle Hoffnungen vereitelt. xal Tvxcci xal Motgcci, i^ cov Siöoxca Tr^ovrot;,
Grabepigramme aus Theben (1. Jhdt. v. oder Bv-KEQueia, tvxsxviayXvxT], xQoq)T} (xacpi] lieitzen-
n. Chr.) Kaibel nr. 492, 2 und au.s Smyrna s<cm a. a. 0. 17 Anm. 1) dya^r/. D^zm Dieterich
Kaibel nr. 240, 6 reden von der Unsicherheit a. a. 0. 106 Anm. 4. Im pap. Par., Wessely,
des von der T. beherrschten Lebens, ja in dem Wiener Denkschrift. 36 (188«) v. 662 f., will der
letzten soll es der Stein sogar 'schreien' Theurg sehen tTcxa Ttag&svovs, die '7 Licht-
(v. 6/6), CDS AtdaXog \ &a(pccXkg ccvd'QmTtOLg ovO-hv 30 Jungfrauen', avxca xccXovvzui ovgavov Tvxai
ivstfis T. T. und Moira sind an dem Tod ■KQccxovöai ;gpv(>8a ßgaßsla. . . Hierüber (und
schuld in einem milesischen Epigramm Ab- überhaupt für die Bedeutung der T. bei den
Handlungen der Berl. Akad. 1908, Anhang 46, Mithrasverehrern, für die dieser Hymnus be-
V. 6 w 4«tvs, xavx* ingavs Motga xal T[vxri]. stimmt vf£kT) Dieferich, Eine Mithrasliturgie bl f.
Die Bedeutung der Moira abgeblaßt /. Gr. 2, u. 70 f. Zur Einleitung jenes Hymnus ^^op. Par.
5, 2459c (sehr spät, nach dem 4. Jhdt. n. Chr.) 475 stand der Anrnü "'IXa&i fioi IJqövoicc xal
aus Athen: nävta ii l;uofra slXev (lotgcc Tvxrig Tvxri. Dieterich a.a.O. 49 u. 51. — Über T. und
dvvd^n. die Planetengötter s. E. Maas, Tagesgötter 275 f
Ihrer Bedeutung als Schicksalsmacht ver-
dankt auch T. eine eigentümliche Stellung in 40 IV. Personallychen; T^xn ^oXtag.
der Astrologie. Nach Macrobius, Sat. 1, 19, Wenn sich der Glaube allmählich entwik-
17 ist es ägyptische Anschauung, daß bei der kelte, daß jedem Menschen von Geburt sein
Geburt des Menschen anwesend sind z/a/fiwv, Daimon mitgegeben sei, der ihn durchs Leben
Tvjrrj, "Egcag, *Ävdyx7\, und zwar bedeutet Dai- begleitet (Stellen für den Personaldämon bei
mon die Sonne, Tyche den Mond, quod Mohde, Psyche^ 2, S16 Anm. 1), so wurde dieser
8ol auctor spiritus, caloris ac luminis humanae auch auf die Tyche übertragen {Lehrs, P. A.^
vitae genitor et custos est, et ideo nascentis dai- 190). Bei den einzelnen der literarischen Zeug-
mon, id est deus^ creditur, luna xvxr\, quia cor- nisse war jedesmal auf die Ansätze zu dieser
porum praesul est, quae fortuitorum varietate Entwicklung hingedeutet, besonders vgl. P/it7ew.
iactantur usw. Tyche = Mond und Daimon so fr. 10 K. Eine eingehende Untersuchung über
-= Sonne auch bei Proclus, Comm. in Plat. rem. 'diese eigentümliche Objektivierung des Einzel-
p. 2 p. 299 Z. 26 {Kroll); der Mond xvxr] xal geschicks' haben wir hei Proclus, comm. in Plat.
XQovoicc genannt bei Lyd. de ost. (Wachsm.) rem. publ. 2 p. 266, 12 {Kroll); dort heißt es
c. 22, in£l xal fuiXXov iTtiß^ßrixsv (xvxr\ xm yivBi ynxa xov Ö<xi\iovog xul xvxriv txccöxog sl'Xrixsv
reo nccvxl xccl nävxu TtQoasx^g Sioixilxui Si* ßiog, ein Gedanke, der sich ja, wie wir sahen,
avxfig. Auch im Panaretos des Hermes Tris- bis zur heutigen Zeit im griechischen Volks-
megistos stand T. in Beziehung zum Mond, glauben erhalten hat. 2, 270, 30 f. : xul yuQ
Da werden nämlich die 7 Lose des Menschen ccqx^l (6 d.) x&v evdov SiucptQovxojg, oiGTieg r\
nach den 7 Planeten erklärt. T. ist das des tvxr] xätv ^^w y^uXXov (vgl. 2, 291, 16 f.). Das-
Mondes, Daimon das der Sonne usf. Vgl. Zoega, 60 selbe ausführlicher 2, 298, 9, wo dem d. mehr
Abhandlungen 40, A. Pouche Leclercq, L'Astro- das uQQsvajnov zugeteilt wird, der r. aber das
logie grecqvs 288 u. 289, wo er die Beziehungen %-riXvnQBitig und der Unterschied beider von
zum Mond erklärt 'aus ihrem Geschlecht, ihrer dem kyu&bg Jui^av und der 'A. T. dahin aus-
proteusartigen Natur und den beständig wech- gesprochen wird (299, 7) wg uqu ovxol ^ihv
selnden Launen'; 293 Anm. 1, 307. Hierher axgccxag slalv uyu^Av ^oprjyot, während 6 ö.
ist femer Lyd. de mens. 4, 7 {Wuensch) zu ovxog xul x. Ttgoeöxrjxuxov Scvd-ganivmv ßitov
ziehen ..xfig Tvxrig xul Eifiug^ivrig inl xfjg tviioigav ?} xul ivuvxicov usf. — Beispiele
yivEakojg TcgoßtßXrixui övouu nach dem xiXsiog solcher Einzelty eben sind: C. T. Gr. 2693 h; vgl.
1333 Tyche Tyche 1334
2691 c. Aus Mylasa in Karien Mitte des 4. Jhdts. Meinung' von der Schutzgottlieit des einzelnen
V. Chr.: ö d'fuLOi; Tvxj] ircKpavst ßaßiX^ws. C- I. Menschen wie der ganzen Stadt jener Einwir-
Gr. 3137, 1, 61 Schwur bei Zeus, Gaia, Helios kung durchaus nicht bcidurfte. (Über den Unter-
u. a. Göttern und der Tyche des Seleukos. schied von genius i>ublicus und Tyche: AlUgre
Düt. Syll'' 641, 33: Widderopfer an die 'A. T. 185 f. Welcher, Gr. Götterl. 808). Da nun T.
und den 'Aya^o? Jai^mv des Poseidonios und als eine im Kult verehrte Göttin verhältnis-
seiner ixyovoi- in Halikarnaß. C. I. Gr. 340« mäßig spät auf den Plan tritt, so war es nur
enthält eine Weihung an die 'A. T. der oi5v- natürlich, daß sie in Griechenland selbst neben
o6os ü^ivQvaf^LTiüv in Magnesia. C.I.Gr. 6178 den hoch verehrten älteren Lokalgottheiten
= 7. Gr. 14, 1033 T. oi'yiov TIoTtXicüv (römische lo sich ihren Platz als Stadtbeschirmerin erst
h'ortuna?). Hierher gehören weiter solche erkämpfen mußte. In Athen z. H. hatte man
Weihungen, die sich auf die Tyche römischer sie in dieser Eigenschaft neben der Polias
Kaiser und Kaiserinnen beziehen. In diesen anfangs so wenig nötig, daß man ihre Attri-
Fällen läßt sich freilich nicht nachweisen, wie bute einfach der Athene überwies, wie die bei
weit da römische Anschauungen mitgewirkt Beule, Monnaies d'Äth. 159 abgebildete Münze
haben. Ein isgevg Tvxrjg Heßaorfig erwähnt bezeugt (s. u.). Eine wirkliche Stadt tyche
in Troizen J. Gr. 4, 799 (2. Jhdt. n. Chr.); aus von Athen kennen wir durch die Inschrift Ditt.
Pergamon Inschr. v. F. 376 Weihung an die Syll.^ 397, 15, wo die 2. Gemahlin des Hero-
T. I7tr]xoos des Caracalla. Tvxr] t&v §aaiXi(ov des Atticus als ihre erste Priesterin genannt
(nach Fränkcl Marc Äurel und Luc. Verus) 20 wird. Ihr Kult ist demnach erst um die Mitte
/. Gr. 4, 948, 13 aus dem Peloponnes. Auf des 2. Jhdts. n. Chr. begründet worden. Weit-
M Unzen steht die Bezeichnung T. asßccexT] aus die Mehrzahl der Zeugnisse für die T. n.
oder 6£ß(x6tov öfters, z. B. Read, H. N. 719 stammt aus Klein-Asien, bes. aus Syrien. Das
aus Alexandria, Cat. of gr. c. Brit. Mus. Alex- hängt damit zusammen, daß man in der Aphro-
andria 37 nr. 297 {Domitian). Aus früherer dite- Astarte, die mit der Mauerkrone ge-
Zeit stammt ein schönes Vasenbild, auf dem schmückt war und als Beschützerin (axpata)
Berenike, die Gemahlin des Ptol. III. Euerg., der Städte galt, denselben Gedanken verkör-
als 'A. T. direkt dargestellt ist; die Inschrift pert fand: Furticängler, Sammlung Sabouroff,
daneben heißt BsgsvUrjg ßaGLlioörig 'Aya^fig Erl. zu Tfl. 25. Nach ihm stammt die Mauer-
Tvxrig: Journal des Sav. 1862, 163. Für diese 30 kröne von der Astarte, so daß man in Dar-
Gleichsetzung einer Herrscherpersönlichkeit Stellungen der T. mit Füllhorn und Mauer-
haben wir noch ein Beispiel aus Syrien. Der kröne griechische und orientalische Elemente
Dynast von Kommagene, Antiochus, nannte zu erkennen hat. Indem dann die Stadtgöttin
sein eigenes Bild, das er neben die anderen T. weiterhin solche Attribute erhielt, die die
seine Herrschaft fördernden Götter stellte, Umgebung und Lage der Stadt versinnbild-
Tyche von Kommagene. Vgl. Humann u. lichten (wie die Gestalt des Orontes unter der
Puchstein, Meisen in Klein-Asien und Nord- T. von Antiochia), wird sie wieder zur reinen
Syrien 338 f. Die betr. Inschrift steht S. 273, Personifikation, zum ^idealen Selbstporträt' der
IIa, 15; das Bild ist beschrieben S. 258 u. 319. Stadt, wie sie unzähligemal auf Münzen seit
S. 399 Anm. ist die Vermutung ausgesprochen, 40 der hellenistischen Zeit aus jenen Gegenden
daß der doüyLav ßccGilsoag bei den Persern die erscheint. Bisweilen trägt sie auch die Lokal-
griechische Vorstellung von der T. des Königs götter, welche Segen über die Stadt ausgießen,
könnte beeinflußt haben. Ihre Weiterverbrei- oder deren Attribute in der Hand. Bisweilen
tung in Asien hat er sicherlich begünstigt. erscheinen sogar auf solchen Münzen 2 Tychen :
S. n. Cumont, Mithra, übers, v. Gehrich p. 71. z. B. Cat. of gr. c. Brit. Mus. Phrygia 108 nr. 9.
Für die Schwurformel in Pontus bei der T. Hier sitzt eine Gestalt mit Mauerkrone auf
ßaaiUcog (und Mrjv) Strabo 12, 557 C. Vgl. einer Säule, vor ihr steht eine T. mit Füll-
ferner Lehrs, P. A.^ 179 Anm. und für römische hörn usw., hinter ihr der Kaiser, der die sitzende
Verhältnisse E. Maass, Tagesgötter 201. Figur krönt. Furtwängler führt a. a. 0. ein
Als eine besondere Art der Personaltyche 5o solches Beispiel von einer Münze aus Antiochia
ist die Tvxn noXscog aufzufassen. Das äl- an (nach Müller- Wieseler, Benkm. d. a. K. 1,
teste Zeugnis für die im Sinne der Stadtgöttin 220 f.) und erklärt die (Gestalt mit Füllhorn
angerufene T. haben wir in Pindars 12. olymp. für die römische Fortuna, die mit der Mauer-
Ode. Ob sie aber in Himera bereits einen Kult kröne für T., und meint, das sei ein Beweis
besaß, ist zweifelhaft und bei dem wenig hohen dafür, daß diese beiden Gottheiten nicht zu-
Alter der übrigen Kultnachrichten auch nicht samraengeworfen wurden. Weitere Einzelheiten
wahrscheinlich. Simpliciiis schreibt an der wie- gehören in den archäologischen Teil. Man ver-
derholt zitierten Stelle in Arist. phys. 2, 4, 5: gleiche noch P. Gardner, Countries and cities
.. zb ÖS yicxi tivsg rCav noXtiov Tvxccg ti^ävnal in ancient art im Journal of Hell. Stud. 1888,
vuovg oly.oSou.8lv, vßrsQov (vorher war von 60 48 ff., darunter die Personifikation durch T. 73 f.,
Plato und Aristoteles die Rede) ^oiyts voiiLod-fjvaL. wo er übrigens auch die rein griechische Auf-
Ov yccQ ^x^^isv TtccQix rotg rtaXccotg Tvx&v fassung der Stadttyche betont.
itoXsav isQoc lotOQOv^sva ri sogtag ava-
ysyga^Luhag. Wenn aber Lobeck, Aglaophamos V. Tyche in orphischer Lehre; ßeziehnngeii zu
595 meint, die Griechen hätten wohl die Ver- anderen Göttern.
ehrung der genii publici als Vorbild für den Daß T. in der orphischen Lehre eine
Kult der Stadttychen benutzt, so ist demgegen- Rolle spielte, bezeugt außer dem 72. Hymnus
über daran festzuhalten, daß die rein griechische der orphischen Liedersammlung Simplic. in
1335 Tycbe Tyche 1336
Ariatot. vhys. 2, 4, 6 (9, 338 Viele) %ccl nag nägBigoi des siegreich aufgehenden Sonnen-
*OQ<pii d\ ttvrjiiris rervrtjx« (i^ T.). Damit ist gottes*. Überhaupt bieten uns die in den be-
Tielleicht gerade der Hymnus gemeint. Er ist sprochenen Zeugnissen angedeuteten Beziehun-
als Gebet bei einem Räucheropfer (^r^i'a^a gen der T. zu orphischen Kreisen noch manches
Ußavov) gedacht und lautet: Jtifgo Tv^tj xa- Rätsel. Welche Rolle sie da gespielt haben
jja a\ Scycc^iiv xgdvTsiQccv in* e^X^^S \ (isiXixIt]v, könnte, erörtert A. Dieterich a.a.O. 87. Er
ivoSlxiVy in svoXßois xTsätsaaiv^ | jigTB^ttv i]yi- fragt, ob sie vielleicht als eine Verteilerin neuer
fiövYjv, fifyaiUbvü/xo«' Ev^ovXfiOig \ cci^xoi ixys- Lebenslose in der Unterwelt angesehen wurde,
ya&aaVy &ng6<niaxov slöog l;|rovffav, | 5. xvjißi- etwa wie die eine Moira (Lachesis) bei Plato
SiriVy noXvnXayyiroVy &oi$i^ov av&gmnoiaiv. \ iv lO Rep. 10, 617 Di T. mit dem Kade wäre nach
aol yag ßiorog d'vr}Tcbv naiinoixtXös iaxtv. \ oli D. sehr wohl als Lenkerin des xvx/lo? zu deu-
\ikv yag xsvx^ts xxsdvatv nXi)d'os noXvoißov, j olg ken; die Seelenwanderung wird als xgoxog xfjg
öh %axi]v nsviriv ^ftco xoXov ögnalvovaa \ ScXXm, ysviasmg bezeichnet orph. frg. 226, Verg. Aen. 6,
^id.XixoiiaiaB ijloXsIv ßim {v^iviovaav^ | 10. ÖX- 748 rota. Oder muß man sie wie die Moira
/}o(0t nXi^d^ovcavy in* siöXßmg xxsdxsaaiv. — In auf einem anderen Goldplättchen {Diels, Frg. d.
diesen Versen ist T. einmal die Glücksgöttin, Tors.* 2, 1 p. 480 nr. 18) für eine Art Totlesgöttin
von deren Gnade man ein mit Reichtümern halten? Schließlich macht D. a. a. 0. 90 noch
gesegnetes Leben ertieht; es ist merkwürdig, auf. die bekannte Pausaniasstelle vom Tropho-
daß sie selbst hier wieder daneben als Brin- niosorakel (9, 89, 5) aufmerksam, bei dem T.
gerin der xax^ nsvir} erscheint, xöXov hg^ccivovaci. 20 und Agathos Daimon ein Heiligtum hatten ; in
Aber auch eine Reihe anderer ihr sonst nicht der Höhe aber war eine Lethe- und Mnemo-
anhaftender Eigenschaften werden ihr beige- synequelle (diese auf dem Goldplättchen
legt. Sie teilt die Bezeichnungen ivoSixig^ I>ieZs a. a. 0. 480 nr. 17 v. 4), und endlich wer-
&ng6aiucxov slSog ix^vaa und xv^ißt-Siri mit der den noch Demeter und Köre zu Anfang des
Hekate {orph. hymn. 1 v. 1, 3, 6). Dann wird Kapitels erwähnt, so daß man auch hier an
sie geradezu als Artemis (= Hekate) ange- orph. Einwirkung in dieser Zusammenstellung
redet. Nach v. 3f entstammt sie dem Blute denken könnte (Agathos Daimou angerufen im
des Eubuleus. In seiner Ausgabe der Orphica orph. Hymn. 73). Doch setzt D. selbst hinzu,
hatte Hermann diese Stelle erläutert: Evßov- daß sich diese Vermutungen mit Sicherheit
i^a plerumque Plutonem esse index noster docet. so schwerlich würden entscheiden lassen.
Nempe de Diana Stygia, de Fortuna iv aSrj Die Verbindung mit Hekate scheint in der
latente^ de qua consuluntur manes, sermo est. bildenden Kunst nur selten zum Ausdruck ge-
Ed. Gerhard, Prodromus mythol. Kunsterkl. 53 kommen zu sein. Auf einer Gemme bei Mont-
Anm. 75 läßt T. 'den ersten Schöpfungen des faucon^ Antiqu. expl. 1, 310 Tfl. 197 nr. 5 steht
als Phanes gedachten Eubuleus' angehören, T. neben der dreigestaltigen H. Allegre 143
Messen Wiederverjüngungen sie als Wärterin glaubt den Ursprung ihrer Beziehungen bis
eines Plutos-Eubuleus beschirmt'. Klarer wird auf die hesiodeische Theogonie zurückführen
das Verhältnis der T. zu E. durch diese Er- zu können, wo Hekates Machtfülle 411 tF. ge-
klärung nicht. Am wahrscheinlichsten ist der schildert wird. Vgl. noch Lewy a. a. 0. 761.
Hinweis 0. Kerns, Athen. Mitt. 16 (1891), 9 40 Nicht überzeugende Versuche, T. in die Zahl
auf Zeus Eubuleus, dessen chthonischer Cha- eleusini seh er Gottheiten einzureihen auf der
rakter von Kern a. a. 11 geschildert wird. Er Tabelle bei Daremberff-Saglio 1, 1065 und bei
erhielt nämlich nach E. Rohde, Rhein. Mus. 25 Allegre 144, wo er in der Erwähnung der
(1870), 648 die für unterirdische Gottheiten be- ^occva der T., des Dionysos, der Hekate und
zeichnenden Schweinsopfer, und für T. sind Aphrodite und der Mr\xr]Q d-£ibv in Sikyon
dieselben Schweinsopfer im Verein mit Demeter, (Paus. 2, 11, 18) ein ""fast sicheres' Zeichen
Despoina, Pluton und Persephone in der In- eleusinischer Kultvorstellungen erblickt. Viel-
schrift C. I. Gr. 1464 aus Messoa in Lakonien leicht knüpft die Gleichsetzung mit Artemis
bezeugt. Vgl. femer den Artikel '£.' bei PauZy- an eine uns nicht näher bekannte Beziehung
WissowaQ Sp. 863. Die Verbindung Tyches mit 50 zu solchen Anschauungen an: Gruppe, Gr. R.
einem chthon. Zeus wird uns nachher noch ein- G. u. M. 1498 Anm. 7 gegen Ende. Die An-
mal beschättigen. In einem orphischen Demeter- rufung im orph. Hymnus weist auf Artemis-
hynmus auf einem Goldplättchen von Petelia: Hekate. Zoega a. a. 0. hatte gemeint Luna,
Diels., Fragm.d.Vorsokr* 2,1 T^.A^l nr. 21 heißt und man erwartet in der Tat, daß T. wegen
es ngcaxoyovoji F^i, ^laxgl ^cpri KvßeX-^La Köggcf \ ihrer eigentümlichen Stellung in der Astrologie
. . . ^r^LTixgog . . . navonxcc Zsv . . . | "'HXis Uvg (= Mond) mit der Mondgöttin in Verbindung
Sid Ttdvx* aaxri viasaCy oxs NUaig | rjdh Tvxcag trete. Ausgesprochen ist das jedoch nirgends.
icpdvrig (^-kuI ö^ov^ ncciifi^axogi MolgccL, . Frü- Im Asklepiosheiligtum zu Messene Paus. 4, 31,
her glaubte man hinter T. Phanes entziffern 10 wird das Bild der T. neben dem der A.
zu können (so noch A. Dieterich, Nekyia 86), 60 Phosphoros erwähnt. Es handelt sich da um
und auch jetzt ist die Lesung noch nicht ge- eine figurenreiche Gruppe des Damophon, in
nügend gesichert. An der Erwähnung der der aber auch noch andere Gottheiten wie
Nikai, Tychai (oder Tyche?) und Moira ist je- Apollo, die Musen und Herakles dargestellt
doch nicht zu zweifeln, wozu Diels, Festschrift waren, so daß man mit Schlußfolgerungen vor-
für GomperzlS bemerkt: 'Es befremdet, diese sichtig sein muß. Ebenso steht es mit einer
Abstraktionen theologischer Weisheit so früh Weihung aus dem Zeustempel zu Panamara
(4. Jhdt.) in dichtgedrängten Massen auftreten Bull. corr. hell. 12 (1888) 269, wo A. und T.
zu sehen. Alle diese Götter erscheinen als (nicht nebeneinander) unter einer Reihe anderer
1337 Tyche Tyche 1338
Götter mitj^enannt werden, und mit einer Auf- aber ist wiederum ein chthonischer Heildämon
Zählung verschiedener Priesterschaft^Mi aus (Schlange! vgl. Rohde a. a. 0. 1, 142 Anm. 3).
Amyklai Epliem. arch. 1892, 24 (vgl. die Kult- Man möchte demnach auch einen Zusammen-
übersicht). Da, wo beide Göttinnen sonst zu- hang /.wischen den zahlreichen Funden von
sammen vorkommen, z. B. auf Münzen, muß VVeihungen an Tyche oder einer solchen an
man annehmen, daß entweder Artemis als T. und Agathos Ü. aus dem Trümmerfeld des
Schutzgöttin des Staatswesens (vgl. Pauly- Asklepiosheiligtumes von Epidauros und diesem
Wissowa Art. Artemis Sp. 1360 f. und 1438 = Gotte vermuten (Die Inschriften s. u.). — Für
Artemis mit Mauerkrone!) geradezu den Na- die Bedeutung von ccya^bg Sai\i(ov auf Grab-
men Tyche erhält, oder daß sie als Hauptgöttin lo Schriften s. liohde a. a. 0. 1, 254, Anm. 2 gegen
der bet reifenden Stadt neben der personihzier- Ende; weitere Beispiele bei Franz, Klementa
ten Stadt und der T. nöXhfü? erscheint oder cpigr. gr. 319 (auch für die gleichzeitige Er-
gar von ihnen gehalten wird u. a. So fährt wähnung von &yci^ii ''^'^'XV)- I^iese Wendungen
A. auf einem Hir8chzweige8i)ann und hält die sind hier allerdings bereits formelhaft gewor-
Statue der T. in ihrer Hand auf einer Münze den. Ebenso bei Le Bas, Voyage archeol. ö,
von Akrasos bei Mionnet 4, 4, 20. Eine Münze 1061 u. 10G2; 6, 2402 u. 2403, wo Allegre 144
von Gerasa trägt die Umschrift 'AgTFfiig Tv%ri an eine ""Anrufung der T.' denkt. Weitere Zeug-
FsQuGüiv Head H. N. 665 (vgl. oben Bd. 1, nisse für die Verbindung von 'A. T. und 'A. A.
Sp. 1628). Artemis Osqilicx scheint in einer In- sind Inschr. v. Pergamon 341 = Ditt. Syll.^
Schrift als Msydlr] Tv^r] MvriXrivrig bezeichnet 20 756, 1; von Thera I. Gr. 12, 3, 436; ebd. suppl.
zu werden Bull. corr. hell. 4 (1880) 430 nr. 14. 323; von Epidauros I. Gr. 4:, 1160 (3. od. 4 Jhdt.
Dieselbe Inschrift steht auch /. Gr. 12, 2, 270, v. Chr.); von Cos C. I. Gr. 2510; aus Attika
wo Paton anmerkt: vel terminum credo esse vel I. Gr. 3, 691 (= C.I. Gr. 371 aus späterer Zeit).
aram in finibus Dianae Thermiae et Fortunae Eine Darstellung beider auf einem Relief:.
Myt. positam. (Die 'Äqxbill? Ilf^Qyaia wird von Schöne, Griech. Reliefs 109. Sonstige Deutun-
Tyche mit Mauerkrone gehalten auf einer Münze gen von Denkmälern auf beide Gottheiten sind
bei Imhoof- Blumer Monn. gr. 'SHS nr. 55. Eben- hier nicht zu erörtern. Die Verbindung scheint
so die ephesische A. z. B. Cat. of gr. c. Brit. parodiert in frg. adesp. 92 Nauck^: xaxog ae
Mus. lonia 86 nr. 272. Für eine andere Ver- dai^cov -nal xaxr) rv^r] Xdßoi. Vielleicht auch
bindung als die genannte einer bedeutenden so in Flut, consol. ad Apoll. 27 = Aristot. frg. 40,
Lokalgottheit mit der Tv^r] nölscog kann man wo der gefangene Silen zu Midas sagt: Jcci-
das aber nicht geltend machen.) ^ovog inmövov v.al Tvxri? %ccXBnf\? iq}'^usQov
T. tritt weiter in häufige Beziehung zum ajtig^cc. — Die Vermutung, daß sich in den
^ya'O'ogz/aiVco»^. Seine ursprüngliche Auffassung Beziehungen der 'AyaQ-i] T. und des 'A. A.
als eines Dämons des Ackersegens (wie ihn chthonischer Charakter ausspricht, wird zur
namentlich Allegre 10 u. 138 f. schildert) weist Gewißheit durch das von Furtwängler in den
Rohde, Psyche^ 1, 254 Anm. 2 zurück. Lite- Sitzgsber. der Bayr. Äk. d. W. 1897 1, 401 ff.
rarische Zeugnisse lassen uns hier im Stich. beschriebene sog. 'Totenmahlrelief '. Auf die
Wir sind daher auf die Würdigung solcher Namen der Weihenden folgt dort avhQ-söav Au
Zusammenhänge angewiesen, wie sie Rohde 40 ^E-nLttlsicp ^ilioj xat rij ^rirgl tov &sov ^iXia
a. a. 0. angedeutet hat. 'AyccQ^bg Acä^cov und ycccl Tv%ri jlyaQ'^ tov &sov yvvaiy.i. Das
'AyccQ^i] Tvxri hatten nämlich ein gemeinsames Relief ist eine Arbeit des 4. Jhdts. v. Chr.
Heiligtum (oixrj/ta) beim Trophoniosorakel in Das Füllhorn, das es dem Zeus Fhilios gibt,
Lebadeia in Böotien {Paus. 9, 39, 5), in dem hat dieser mit Pluton und dem Agathos D.
sich der, der das Orakel befragen wollte, eine (Schöne, Griech. Reliefs 108, Samml. Sabouroff
bestimmte Anzahl von Tagen unter Beobach- Tfl. 27; Athen. Mitt. 1891, 25) gemein, und es
tung vorgeschriebener Riten vorzubereiten hatte kennzeichnet ihn als Gott, der Fülle und Se-
{8iaLxm^sv6? TS ivrav&cc td ts dXXcc yKxd^ccgsvst., gen spendet. Der chthonische Charakter
xat XovtQ&v slgysTdi dsQiicov). Nach der Be- aber, der sich gleichfalls in diesem Attribut
fragung wurde man dann nochmals in dieses 50 offenbart, und sein damit wieder zusammen-
Heiligtum geführt. Nun hat Rohde auf die hängendes Wesen als Heilgott wird in noch
chthonische Bedeutung des 'A. A. an dieser helleres Licht gerückt durch die, Funde, die
Stelle aufmerksam gemacht. Er erscheint als sich auf den Kultus des Zeus Philios (am
Schlange wie alle x^övioi {Gerhard, Ges. akad. östlichen Ufer des Zeahafens gegen den Mu-
Abhdlgn. 2, 24); die Schlange war aber auch nichiahügel hin) beziehen. In dem dort lie-
dem Trophonios heilig {Rohde a. a. 0. 1, 120, genden As klepieion wurde nämlich eine Reihe
Anm. 2), weshalb man dessen Bild nach Paus. verwandter Götter mitverehrt, unter ihnen eben
9, 39, 3 wegen des Schlangenszepters z. B. mit Zeus Philios {I. Gr. 2, 3, 1572). Auf vielen
dem des Asklepios verwechseln konnte. Andere Platten war Zeus als Schlange abgebildet
chthonische Gottheiten, wie Demeter und Köre, 60 {Furtw. a. a, 0. 406), andere Schlangenreliefs
sind gleichfalls in jenem Kapitel erwähnt (vgl. waren in demselben Heiligtum dem Zeus Mei-
das vorher unter orph. Beziehungen Gesagte). lichios geweiht, woraus sich die Gleichartigkeit
Wenn demnach T. in solcher Umgebung er- dieser beiden (die Bezeichnungen sind Schmei-
scheint, muß sie auch einen inneren Anteil an chelnamen für die gefürchteten Unterirdischen)
dieser Gemeinschaft gehabt haben. Wir hören und damit abermals ein Beweis für Zeus Ph.
ferner durch Aristid. 1, 276 (p. 447 Bindorf), als chthonische Gottheit ergibt. Auch Zeus
daß T. und Agathos Daimon im Tempel des Meilichios trägt das Füllhorn, ^das echte At-
Asklepios zu Pergamon standen. Asklepios tribut der chthon. Segensgottheit' (Ephnn.
1339 Tyche Tyche 1340
arehaiol 1886. 49 = /. Gr. 2, 8, 1679 b) und Schicksalsurne (b. oben Bd. 3, Sp. 137) sind
des Agathos Daimon, dem Zeus mit den ge- dagegen für die griechische T. nicht sicher
nannten Beiwörtern völlig gleichartig ist. Ein genug bezeugt.
Votivrelief aus Tbespiae {At?ten. Jfitt. 1891, 26) In Aigeira stand neben dem Bild der T.
stellt den durch Inschrift als Agathos Daimon ein geflügelter Eros (Paw*.?, 26, 8). Pausanias
bezeichneten Gott ganz im Typus des Zeus meint dort, das solle bedeuten, daß die Men-
dar, die Linke hält das Füllhorn. Das Opfer- sehen, um in der Liebe Erfolge zu haben, mehr
tier aber ist ein Schwein! Für Zeus Philios des Glückes als der Schönheit bedürfen. Der
darf man dann wohl einen ähnlichen Kult an- Sinn liegt aber wohl tiefer. T. ist nämlich
nehmen. Wenn endlich die chthonischen Gott- lo mit Eroten in Beziehung zur menschlichen
heiten in der Regel als ein Paar von Gott und Geburt gesetzt in einem Epithalamium bei
Göttin verehrt werden {Furtwängler, Samml. Phot. hihi. 367 b 18 tt'.: iyia d\ arag nccg uvrbv
Sab. Satlpt. Einltg. 22), wie sich ja auch in die- rhv ^ccXonov Tvxj] xal "Egioai yfvi^d-Xiois ngoa-
sem Relief und seiner Inschrift zeigt, so müssen fr^o/tai, tois ^isv ro^evstv sig Tflog, t^ dh 8t-
wir Agathe Tyche, wo sie als Genossin des Sovai ßiov, roig ds iraidcov yvrioioav yivfaiv.
Agathos Daimon erscheint, mit ihm zusammen Man hat daher der T. auch eine kosmische
als ein gleiches chthonisches und segenspen- Bedeutung wie dem Eros unter Hinweis auf
dendes Götterpaar betrachten. * den Polos, den sie trägt, zugeschrieben:
Der Grund für die Verbindung der T. mit Allegre 147 f.; vgl. 158. Ed. Gerhard, Griech.
Nemesis lag wohl im Bestreben der Philo- 20 Mythol. § 429 mit Anm. 4, der T. eine 'Göttin
sophen, wie die anderen so auch die Schick- der Urwelt' und als solche der Köre Proto-
salsgottheiten in ein bestimmtes System zu- gone gleichgeltend nennt, und § 597 f., wo er
einander zu bringen. Man vergleiche die sie geradezu als 'Weltschöpferin' bezeichnet.
Gruppierung bei Comutus 13, wo Nemesis Ihren kosmischen Charakter betont auch Ä.
ihren Platz zwischen den Moiren und der T. Bouche-Leclerq, Revue de l'hist. des rel. 23
erhält. In der Stufenleiter des dem Hermes (1891) 296. Panofka hatte in der Archäol.
Trismegistos zugeschriebenen Panaretos nimmt Ztg. 2 (1844) 251 f. auf ein in Aquileja ent-
T. die unterste, Ananke die mittlere, Ne- decktes Relieffragment aufmerksam gemacht,
mesis die oberste Stelle ein: Zoega Ahh. 40. auf dem ein Jüngling zu sehen ist, der statt
Vielleicht liegt stoische Spekulation vor so des Leibes einen ungeheuren Phallus trägt und
(Po»natisky, Nemesis u. Adrasteia, Breslauer am Unterkörper mit 2 Flügeln versehen ist
philol. Ahhandl. 5, 2, 62) in der Stelle bei (die Abb. hei MüUer-Wieseler, Denkm. d. a. K.
Dio Chrysostomus or. 64 (p. 208 Dind.): ojvo- 2, nr. 936); hinter ihm steht mit einem Ruder
lucötai öh 7] Tvxri yicci TCoXXoig riav iv ccvd'gm- in der Rechten 'Tyche', so daß die Darstellung
noig ovopiaai,- t6 ^hv laov a-ÖT^j iV^fifffig, rö ds auf 'Tyche und Tychon' gedeutet worden ist.
adriXov EXnigy r6 Sh ccvayxcclov Moiga., xh ob Panofka meinte, daß die bei Photios ange-
SUociov Siyiig. Die Gleichsetzung spricht sich rufenen Zeugungseroten auf ähnliche Gestalten
auch aus in der Glosse des Hesych 'AyccQ-T] wie dieser Jüngling hinzielen und die Bemer-
Tvxri T} Ntiisaig xal 17 S^fiig. Die Inschrift C. kung des Hesych, daß Tychon ein Begleiter
/. Gr. 1326 Tvxccg [Nt(isGs]og, die ins vierte 40 der Aphrodite sei, in ein helleres Licht setzen.
(6.?) Jhdt. V. Chr. gesetzt wird, wäre demnach Es ist jedoch ein sehr unsicheres Unternehmen,
ein sehr altes Zeugnis für diese Auffassung. Tyche in eine mehr als etymologische Ver-
interessant ist die Zusammenstellung bei Plut. wandtschaft gerade zu Tychon bringen zu
Marius 23, 1, die nach Mülle^ihoff, Deutsche wollen. Wenn Allegre 139 ausführt (unter Hin-
Altertumsk. 2, 137 (vgl. Scala a. a. 0. 188) auf weis auf Gerhard, Gr. Myth. § 603), man habe
Posidonins zurückgeht: i] 8h ii7]8sv i&oa x&v wohl dem Agathos Daimon den Namen Tychon
ftfyalwv svrvxri^roiv av.Qccxov sig fjdovrjv -kccI gegeben, um die zeugende und fruchtbringende
nad'UQOv &XXcc fti'let xaxwv xat ccya^cbv noitiiX- Kraft der T. in ihrer Verbindung mit A. D.
Xovaoc xov &vQ'Qm7tivov ßiov 7) tvjjt] xig rj vi- klarer zum Ausdruck zu bringen, so ist das
ILsaig r\ ngccyiiaxcav ccvccyKccitov cpvaig. 50 in dieser Fassung unmöglich richtig. Denn
Otto Boßbach hält N. schon von Anfang an nicht nur hat T. diese speziellen Seiten der
für eine besondere Art (nicht etwa Nebenform) Vegetationsgöttin gar nicht gehabt, sondern
der Tyche mit Hervorhebung ihrer strafenden es ist auch T. eine Gestalt für sich gewesen,
Gewalt wegen der Ableitung des Namens: N. für den man aus den bei H. üsener, Der heil.
tritt aktiver auf als T., die den Menschen zu- Tychon 18 f. zusammengestellten antiken Zeug-
teil wird, während N. ihre Gaben selbst aus- nissen nichts für die angedeuteten Zwecke
teilt. Gott, Gel Anz. 1891, 223 u. Einleitung herauslesen kann. Vgl. noch Leivy, Jahrb. f.
zum Artikel N. siehe oben Bd. 3, 1, Sp. 117. kl. Phil. 145 (1892) 761. — T. und Erotes will
Die Annäherung kommt außer in Stellen, wie Gerhard, Philol. 1849, 383 bei Aristoph. Av
den genannten, deutlich zum Ausdruck bei 60 1315 f. lesen: Tv^ri y^övov Tcgoasiri' | xaxsxovai
Amm. Marceil. 14, 11, 25 (Wortlaut siehe oben S'^Egcoxeg i^&g nöXsojg. {Ttixt] ^L^ch Lehrs P. A.^
Bd. 3, 1, Sp. 137). Die dort geschilderten Eigen- 178). Als Äußerung eines Spiels mit poetischen
Schäften der unberechenbaren und den jähen Gedanken ist es dagegen aufzufassen, wenn
Wechsel liebenden Macht hat N. alle mit der Tyche einen Eros in der Hand haltend mit
Fortuna und Tyche gemein; N. und T. sind Aphrodite, Harmonia, Peitho und Hy-
neidisch (für Nem. s. oben Bd. 3 Sp. 135); ge- gieia auf einer attischen Vase abgebildet ist:
meinsam sind die Attribute des Rades (ilfcsow. Körte in der Archäol. Zeitg. 37 (1879) 95 f.
7f.) und des Steuerruders. Leiter und Auch auf einer sizilischen Vase C /. Gr. 8362
1341 Tyche Tyche 1342
äteheii die Nainon Aphrodite, Peitho, Tyche. Für Berührung mit syrischen Gottheiten
— In Verbindung tritt T. weiter mit Sosipo- vgl. /. //. Mordtmanv, Gad-Tyche in der Zett-
lis in Elis {Faun. G, '25, 4) wohl im Sinne der schrift der Deutschen Morgenland. Gesellschaft
Stadtgöttin neben dem Genius, der die Stadt 31 (1877) 99 1'. und Tyche- Gad-Meni ebd. 39
auf die bei Paus, geschilderte Weise gerettet (1885) 44— 4G.
hat. Spricht vielleicht auch eine chthonische (Die (jleHtalt der pantheistischen Tyche
Verwandtschaft mit herein: Sosipolis als gehört in den archäologischen Teil.)
Schlange? Nach ^//e^r« 144 steht T. auch in Beziehun-
Hora. C. I. Gr. 6190 (vom Monte Cassino). gen zu Hermes. Aber das betr. pompejanische
Auf der Vorderseite eine lateinische Inschrift, lo \yQ.nd^Qm'd\i\(^ {Müller- Wieseler, Derikrn.d.a. K.
iiuf der Rückseite 'Üpa xai Tvrr}. Ebenso aus 2, 315, vgl. 316), wo Hermes mit Heroldstab
Verona C. I. Gr.GliA. — Von Cos die Weih ung und vollem Beutel von 'Tyche' ausgeschickt
einer Sonnenuhr an Agathe Tyche, Agathos wird, ist eine Änderung römischer Gedanken:
Daimon und den Demos C. I. Gr. 2510 = Ditt. s. oben Bd. 1, 2, Sp. 2428. Wir führen das hier
Or. Dial. 1. 3, 369 nr. 3650. Das ist wohl ahn- nur an, weil AlUgre a. a. 0. unhaltbare Fol-
lich wie die obigen Dedikationen aufzufassen. gerungen für ein Verhältnis sogar chthonischer
Flu tos. Ihn trug sie in Theben auf dem Art daran knüpft. Durchaus zweifelhaft sind
Arm: Paus. 9, 16, 1 f., der den schönen Ge- weiter die bei Allegre 155 f. angenommenen
danken rühmt, daß der Künstler T. hier als Beziehungen zu Fan (nach Paus. 5, 15, 6 Altäre
iir'jr7]Q oder rgotpög des Plutos dargestellt habe. 20 des P. der Agathe T. und der Aphrodite in
Weitere Stellen siehe oben Bd. 3, Sp, 2581. der Altis zu Olympia, wo aber noch viele
Vgl. noch JE. Maas, Tagesgötter 243. andere Altäre genannt sind), zu Hygieia und
Zeus. Als Tochter des Z. feiert sie Pin- Athene Ergane (wegen Paus. 9, 26, 8 —
dar in der 12. olymp. Ode. In der Kosmo- Thespiae — , wo diese Bilder jedoch ausdrück- -
gonie aus der Kögri >to(>ftov bei Stob. ecl. phys. lieh als itegcod'i^ stehend bezeichnet sind), zu
1, 41, 44 heißt es, sie sei mit Elpis und Eirene Eirene und Hestia (weil nach Aelian V. H.
von Zeus zur Vermeidung ewigen Krieges unter 9, 39 das Bild der Agathe T. ^ngb? reo -jiQvxa-
der Menschheit gezeugt worden. Zu einer vüoi^ stand!) zu Leto {Paus. 5, 17, 3 und C.
wirklichen Genealogie haben aber solche Re- /. Gr. 2852, 3) und endlich zu Apollo Agyieus
flexionen nicht geführt. Die Erwähnung eines so als ivoSixig (so Allegre 156). Diese letzte Ver-
gemeinsamen Priesters aus Mylasa C. I. Gr. bindung erledigt sich ohne weiteres durch die
2693 e beweist dagegen für ein bestimmtes Ver- Erklärung von 'Ayad-^ '^^XV a-ls der üblichen
hältnis zu Zeus ebensowenig, wie es für eine Formel. Man vergleiche das Relief mit der
Verbindung mit Ares geltend gemacht werden Inschrift bei Müller- Wieseler a. a. 0. 2 nr. 130.
kann, wenn sie mit diesem eine gemeinsame
Priesterin in Selge (vgl. Kultübersicht) hat. VI. Attribute; Beinamen.
In der Bull. corr. hell. 25 (1901) 25 nr. 163 er- Die Attribute der T. zählt auf Dio Chry-
wähnten Weihung ['Ayci]%ij xvxri [(9«ä)] 'Ti|;t(7T« sost. or. 63 p. 205 Dind. (vgl. Kebestafel c. 7;
usw. scheint die übliche Formel vorzuliegen. Galens Protreptik. c 2, Artemid. oneir. 2, 37
Für Beziehungen zur Kybele, an die man 40 p. 143 Hercher): ol iisv yccg iTtl ^vgov icrriöav
bei der in den Attributen, bes. der Mauer- uvtrjv, ol Öh inl etpccigag., ol de itridäXiov
kröne und dem Füllhorn, sich aussprechenden ^dcoyiccv yigarelv, ol öh tcc -ngsitra} ygäcpovxsg
Ähnlichkeit denken könnte, fehlen literarische xb xfj? 'A^aXQ-Biccgßdooav -Aigccg TtXrjgs? xal
Zeugnisse. Als "^Tyche' wird eine Figur neben ßgvov xcclg mgaig. Über ihre Bedeutung heißt
der K. erklärt bei Montfaucon, Antiqu. expl. es dann gleich darauf: xb fihv ovv ^vgbv xb
1, Tfl. 2 nr. 8; Text S. 7. Vgl. Müller- Wieseler, ccnöxoiiov xfig svxvxi^ccg firivvsL., 17 Ss acpatga
Denkm. d. a. K. 2 nr. 809. ort sv-noXog i] ^sxccßoXi] avxfjg iaxiv. iv v.lvt^6si
Isis (und Serapis). Vgl. den Artikel For- yag xvy%äv8t ndvxoxs ov xb d'slov. xb dh nr}-
tuna you Peter in Poschers M. L. 1530 f.; 1549 öäliov driXol, 6xi'/.vßsgva xbv xiov ccvd-gmTtmv
und den Nachtrag zu diesem Artikel Isityche 50 ßiov 17 TvxJi- xb 81 xfig '4.. -Aigag ^r]vvsL xi]v
T^OTL W. Drexler; t'erner W. Dl exler, Der Kultus xcav äya^üv doßiv xs xccl evöcci^oviuv Vgl.
d.ägypt. Gottheiten in d. Donauländern {Mythol. Hense, Poetische Personifikationen 170. Für das
Beiträge 1), 10 Anm. 1 ( — S. 12). Artikel Isis Steuerruder s. noch Pindar frg. 40 Sehr.
von Drexler im M. L. Bd. 2 Sp. 482, 542, 545. Ein Epigramm aus Orchomenos (2. Jhdt. v. Chr.)
Eine strenge Scheidung zwischen Fortuna und bei Kaibel Ep. gr. 491, 5 sagt: ccvd-i- xvxrig
Tyche ist da nicht immer möglich. S. noch d'ot'orxt Ticiliunlccviog ßtöxoio sl'yiav. Auf die
Gruppe, Gr. Bei. G. u. M. 1096, Anm. 1 und ruhelose Bewegung und Unbeständigkeit weist
1574, Anm. 12. wo die Vermutung ausgesprochen auch das Rad, das di^r Tjch<d {Ammian. Mar-
ist, daß Isis zum Teil als Orakelgöttin der T. cell. 26, 8, 13 versa rota Fortunae; 31, 1, 1
sei gleichgesetzt worden, und daß aus diesem 60 Fortunae volueris rota) wie der Nemesis bei-
Orunde beide im Sternbild der Jungfrau ge- gegeben wurde: Mesom. v. 7 f. vgl. Posnansky,
sucht wurden. Apuleius Metamorph. 11, 15: Nemesis u. Adrasteia 53; Walz, de Nemesi
in tutelam iam es receptus Fortunae, sed vi- Graecorum 21. Für die griechische T. sind
dentis {= Isis), quae suae lucis splendore ceteros freilich die Beispiele des Rades nicht gerade
etiam deos illuminat. Interessant ist auch die häufig. Wo es gelegentlich auf Münzen neben
Stelle bei Lyd. de mens. 4, 46 {'[Vuensch): Ti]v ihr erscheint, wird sie als Panthea erklärt, die
Tvxriv ol~'EllT]VBg ygdcpovGi ßovngoöconov , hier u.a. ein Attribut der Nemesis erhalten
womit Isis gemeint ist, hat: Cat. ofgr.c. Brit. Mus. Phrygia {Laodicea)
1343 Tyche Tyche 1344
298 nr. 126; 318 nr. 233 f. Die unter den die Zeichen der segenspenden Lokalgottheit
Weihungen aus Epidauros zu nennenden In- der betreifenden Stadt. Der caduceus — z. B.
Schriften /. Or. 4 1046 und 1046 zeigen einen Cat. of gr. c. Brit Mus. Antiochia l.*i8 nr. 124
Kreis mit Comueopiae. In der Astrologie — deutet nach Sittl^ Archäologie der Kunst u.
wird der %Xi)QOs Tv%f\f durch das Rad (oder Numism. 834 auf Begünstigung des Handels.
das Zeichen der Zeit, die Schlange) dargestellt: — Das Hörn der Am alt heia und der Polos
A. Bouche-LecUrcq, L' Astrologie gr. 288 Anm. 1. waren zuerst von Bupalos nach Paus. 4, 30, 6
Aach sei an die bei den orphischen Beziehun- für das Eultbild der Smymiler gefertigt wor-
gen ausgesprochene Vermutung A. Dieterichs den. Der Polos bedeutet nach Zoeqa, Abh. 37,
über den xQoxbg xijs YSviaBoag erinnert. Ein lo 'den Umfang des Wohlseins desjenigen, der
spätes Zeugnis über die Bedeutung des Rades sich ihrem Schutz empfohlen hatte'. A.Dietnich,
der Tyche besitzen wir in den Exzerpten des Abraxas Ü4 Anm. 6 meinte, er kennzeichne die
Constantin Manassee 3, 1 f . (Uercher): ov yuQ Himmelskönigin. Eine Aphrodite zu Sikyon
xt ßi^aiov xolg ^vrjTofff, 6 Sh xQorbi xi)s Tvxris] {Paus. 2, 10, 4) und die Athene Polias {Paus.
cvxvdxtg nvlivSovusvog avto xal «arco ^ivcsi | 7, 6, 9) trugen gleichfalls den Polos, so daß es
0x?^/iara xal ßorlBv^ara xal xvxccg &vd'Q0i>7(ivug. schwer ist, eine für T. eigentümliche Begrün-
(Für das Fortleben des Schicksalsrades: E. düng dieses Kopfschmucks herauszutinden. Von
Maas^ Tagesgötter 200 u. '280 f., für das Glücks- der Mauerkrone war schon bei der T. 7c6Xsa>g
rad Grimm- Mey ei-, D. M.* p. 722f.) Beispiele die Rede.
für die Beständigkeit der T.: Stob. flor. 105, so Für die verschiedenen Beinamen der T.
60: Apelles antwortete auf die Frage, warum bei Dichtern vgl. C. F. H. Bru^kmann, Epi-
er dieT. sitzend dargestellt habe: ovx fffrrjxe theta deorutn, quae apud poctas Graecos Icgun-
yuQ. Artemidor onetrocr. 2, 37 p. 143 Hercher tur, Suppl. zu Röscher, M. L. '213. Dazu seien
&sl &h icyad'i} (tvjtj) t) ■Kad's^oiidvri T] xaraxfxXt- von Inschriften außer dem bekannten 'Ayad-t]
lidvri. — Für die Leiter haben wir eine Er- noch hier angeführt: acp&ttog I. Gr. 4, 1046;
Zählung bei Aelian, V. H. 2, 29: Pittacus habe SsGnoavvri Kaibel Ep. gr. 526, 2; inrixoog z. B.
in Mytilene 'in den Tempeln' Leitern aufstellen I. Gr. 12, 3, 448, vgl. unter 'Kult' nr. 22 u. 37,
(anbringen? xaraa-Ksväaeiv) lassen ig o-bös^iav ferner über oie Deutung Weinreich in den Ath.
Iihv aip^fftv iTfLxriSsiovg., ccvzb 6k rovxo ava-O'rj- Mitt. 37 (1912) 1 ff. u. 22; iTttxpavqg C. T. Gr.
lucxa slvcci^ aiviTtöasvog xv]v ix tfjg rvxrig avca 30 2693 b; y,syaXri C. I. Gr. 3953; TtavöccudtiLQcc
xal xarcD ftfra^rroxrif, xQOTtov xivä x&v ukv sv- 1. Gr. 12, 5, 303; aB^votccTri C. I. Gr. 4557;
xvxovvxoüv &vi6vxo)v., xaxiövttov dh x&v Svaxv- (pLXdvd'Qajnog I. Gr. 4, 778. Der Begriff der
XovpT(üv. Ist diese Weihung auch nicht aus- öodteiqu {Pind. 12. Ol.) kehrt in den Kultzeug-
drücklich als an die T. gerichtet bezeugt, so nissen 38 u. 55 wieder. Für diese Bezeichnung
steht doch ihre Beziehung auf sie außer allem lese man jetzt Wendlands Aufsatz Ztoxr'iQ nach :
Zweifel Vgl. noch Wieseler, de scalae symbölo Zeitschr. f. neutest. Wiss. 5 (1D04) 336 ff. Selt-
Ind. lect. Gott. 1863, 8 ff. Lewy, Jahrb. f. kl. sam die Beinamen im Zeugnis nr. 9. EvSoüikov
Phil. 145 (1892) 766 hält es für wahrscheinlich, s. o. unter Orakelgottheit. Wo sie ngaroyi-
daß in einer Stelle des Midrasch (er zitiert vhoc genannt wird, ist Fortuna primigenia ge-
z. B. Genesis rabba § 68), wo es heißt, Gott 40 meint {Itanos, Bull. corr. hell 24 (1900), 238;
mache seit dem Schöpfungstag Leitern: den vgl. S. 239. Delos, ebd. 6 (1882) 339. Kolossai,
einen erhebt er und den andern läßt er sin- Mem. de l'Acad. des inscr. ... 36, 11).
ken, auf griechisch-römische Anschauungen an-
gespielt sei. — Noch ein Symbol bleibt zu er- Kult,
wähnen, das der Wage. Auf dem schon früher Vom Kult der T. kann man sich im gan-
erwähnten Sarkophagdeckel erscheint die eine zen nur ein unzureichendes Bild machen, da-
als Tyche charakterisierte Moira mit der Wage für sind die Nachrichten über Einzelheiten zu
in der Hand {Müller-Wieseler, Denkm. a. d. K. dürftig. Es ist schon früher betont worden,
2, 868; vgl. oben Bd. 2, 2, Sp. 3099). Das dürfte daß sich aus Pindars Olymp. 12 kein sicherer
aber auch das einzige Denkmal mit diesem 50 Schluß auf wirkliche Verehrung im üblichen
Attribut sein. Dafür spricht sich die Vorstel- Sinne ziehen läßt. Die Erwähnung des Kult-
lung von der Schicksals wage in der Literatur bilds der Smyrnäer, das von Bupalos an-
um so häufiger aus; Bacchyl. 9, 47 rö iiiXXov gefertigt war. Paus. 4, 30, 6, ist das älteste
S'ScxQixoLg xUxsL xsXevxdg^ \ jtäL xvxu ßgiaei. Zeugnis, das wir für eine Statue geltend
Frg. adesp. 139 Bergk*: s. oben! Aesch. Pas. machen können. In die Mitte des 4. Jhdts. ge-
345 f. &XX' (oSs Scci^fov rig xcixiq)%^HQB ßxgccxdv, hört die T.-Darstellung auf der Phylarchos-
xdXccvxa ßglaccg ovx iaaggoTia) xvxji- ^gl- fry- inschrift von Tegea, vgl. dazu die Bemerkung
adesp. 102 Nauck^: tvxri ßgccxetocv i]v Xdßrj Hillers v. Ga^rtringen in den Athen. Mitt. 36
QOTtrjv ...; ebd. 179 avwfuxXov TtXdozLyysg doxa- (1911) 358 f. Für Athen reichen die Nach-
xov xvxr\g. Tyche selbst hat die Wage C. 1. Chr. 60 richten in die 2. Hälfte des 4. Jhdts. zurück,
911 = Kaibel Ep. gr. 847; oiSe TvxtiS o'iSd- so daß man in dieser Beziehung mit E. Bohde,
fiaaas ndXiv xXivavxa xdXuvxoc. Diese Stellen Roman^^^ 276 von einer 'jungen' Göttin spre-
lassen sich leicht vermehren. Wenn T. ge- chen kann. Vgl. noch H. Meuss, T. bei den
legentlich noch mit anderen Attributen er- aU. Tragikein 16 f. Heiligtümer besaß T.
scheint, wie z. B. in den bei E. Maas, Tages- in den verschiedenen Teilen des griechischen
götter 243 angeführten Beispielen der T. von Sprachgebiets. Aus fast allen diesen Gegen-
Myrina (apollinischer Lorbeerzweig) oder der den sind auch Weihungen bezeugt. Man hört
von Kyme (Poseidons Dreizack), so sind das von Priestern und Priesterinnen z. B. in
1345 Tyche Tyche 1346
Athen, Aere, Rhodos, der Umgebung von d 11t. (334/.'J33 v. Chr.): Opfer zwischen Ga-
Sparta, aus Selge in Pamphylien, Ter- melion und Elaphebolion tv. t»)? ^völag r^[i
messos. Eine Verkaufslistc von Priestortümern ^lycc-ö"]^ '^'HxfJ ^a(>c«:| lt(to7toL(bv hP/^. Es han-
aus Erythrae enthält ein solches Amt für delt sich hic^r um Jiechnun^snachweis über
die Tyche. Die erwähnten chthonischen Opfer- Gelder, die während der Zeit vi 34/33 Vjis 331/30
gaben und das orpliische Oebet bezogen sich aus den Fellen der Opfertiere eingingen. Das
auf ganz spezielle Seiten im Wesen der Göttin ist ein wichtiges Zeugnis für blutige Opfer an
und haben keine allgemeine Bedeutung ge- A. T. Freilich erscheint die Summe von IGO
wounen. Sonstige Opfer werden genannt aus Drachmen gering: Boeckh, Staatshaushalt der
Athen, Halikarnaß und Erythrae. Unter lo Athener, Beilagen 2, 119. Kult im Gau Kol-
den Kultbildern hat man den i,6civa. des lytos belegt durch I. Gr. 2, 1, r)«6 Z. 14. Eine
Tansanias Mißtrauen entgegengebracht und ge- andere Inschrift aus Attika I. Gr. 2, 3, 1636:
meint, daß sie ihr ursprünglich nicht alle eig- (Piktmtog 'laaiöi^pLov KoXoivfjd'sv ccvid^rixls] totg
iieten: H. Meuss a. a. 0. 17 Anm. 40; anders duadsKu ^soi'^ -kccI x^ 'Ayccd"^ '1"XJI- ^S^- ^^d.
Allegre 219f. Von Festen zu Ehren der T. 1560. Hier scheint sie als gleichberechtigtes
wird aus Lampsakos _ und Magnesia berichtet. Glied in die Reihe der anderen Götter einge-
In der folgenden Übersicht sind hinter den treten zu sein. — Auf der Westhöhe von dem
Ortsnamen jedesmal alle Zeugnisse zusammen- Stadion des Herodes Atticus hat man in den
gestellt, die sich auf die Verehrung der T. als Trümmern eines Gebäudes wahrscheinlich die
T. ohne besondere Charakterisierung, '/4ya'9'?) 20 Reste des von Herodes A. erbauten Tyche-
7%rj und Tvxr] itölioag beziehen. Es ist näm- tempels zu sehen {ludeich a. a, 0. 369), . von
lieh nicht immer festzustellen, welche Seite dem es bei Philostr. vit. soph. 2, 1, 5 heißt: ro
sich gerade hinter dem Namen T. verbirgt. öh inl ^drsga tov oraöiov vsoog iitixbi Tv^ris
Die vielen Tempel z. B., die Pausanias erwähnt, xai ayaX^a iXttpdvTLvov (og yiv(StQV(oörig ■jtdvxcc.-
haben z. T. sicherlich der Stadttyche gegolten. Daß es der Tempel der Stadttyche war, darf
Und auf Melos und in Magnesia ist die Stadt- man daraus schließen, daß die 2. Gemahlin
göttin noch einmal ausdrücklich als ':4.ya%-r] des Herodes Atticus Appia At. Regilla die
bezeichnet (s. auch unter Miletopolis und Nikäa). erste Priesterin der Tvx'f] '^oltoag war, deren
Unterschiede im Kult lassen sich — abgesehen Kult demnach um die Mitte des 2. nachchristl.
von den in Konstantinopel für die Stadttyche 30 Jhdts. begründet worden ist: Ditt. Syll.^ 397,
bezeugten Zeremonien — nicht nachweisen. 15 'Anniccv AtnXicc[v 'Prjjy/Hav Kl{av8iov)
Münzen sind herangezogen, soweit sie dem üb- 'Hgöodov tov ccQxtsgscog yvvccHcc i£Qa6a(i4vriv
rigen Material ergänzend zur Seite treten. Wo TtQwrriv rf]g Tv%rig Tf]g TtoXsmg S. a. Köhler in
auf Münzen nur eine Tychedarstellung er- den Athen. Mitt. 8 (1883), 288. — Münzen aus
scheint, kann man daraus allein nichts für der Periode 196—87 v. Chr. zeigen T. mit
einen Kult herleiten, da die T. meist nur als Szepter und Cornucopiae: Cat. of gr. c. Brit.
eine reine Personifikation der betreffenden Mus. Attica 51 nr. 393 oder mit Schale und
Stadt auftritt. Der Münzkatalog des Britischen Füllhorn ehd. 54 nr. 407. Sehr wertvoll ist eine
Museums bietet namentlich für Kleinasien eine bei Beule, Monnaies d'Athenes 159 abgebildete
überraschende Fülle solcher Darstellungen, 40 Münze, die auf der Vorderseite einen Athene-
Weiteres siehe im archäol. Teil. köpf, auf der Rückseite eine auf einem Steuer-
ruder sitzende Eule zeigt. Dieses Attribut
I. Griechenland. der T. berechtigt zu dem Schluß, daß man die
1. Athen. Ein berühmtes Standbild der stadtbeschützende T. ursprünglich dem Begriff
Agathe Tyche zeigte man nach AelianV. U. der Athene Polias einfach unterordnete. Vgl.
9, 39 TtQog xm TtQvxavsCay. Vgl. ludeich, Topo- noch Gruppe, Gr. B. G. u. M. 1060.
graphie von Athen 273. S. auch Gerhard, Phi- 2. Theben. Tempel und Statue, das Plu-
lologus 1849, 380, wo die Vermutung ausge- toskind tragend: Paus. 9, 16, If. In der Nähe
sprechen ist, daß die von Plinius N. H. 36, b, des Teiresiasheiligtums Tv^rig iaxlv Isgöv. rpi-
23 erwähnte Bona Fortuna (und der Bonus 50 qbl ^hv öi] TLXovxov -Jtccldcc, 6>g 8h OrißaloL Xi-
Eventus) des Praxiteles diese A. T. gewesen yovoi xBiQccg ^hv xov ccydXfiaxog y.ocl TtQÖoco'jtov
sei. ^Bei den langen Mauern' muß ein Heilig- ^svocpiöv eiQydauxo 'Ad'r]vaiog, KaXXiaxovL-nog 8h
tum der A. T. gelegen haben-. Ephem. arch. xd Xontu iitixcogiog- aocpbv fisv dr] ticcl xovxoig
1884, 169 f. Z. 44 xs^svog ^AyccQ-fig Tvxrjg. Zeile ro ßovXsviicc iad'stvai UXovxov ig xdg x^^^S ^^»
48 kehrt dieser xi^svog noch einmal wieder. ^rixql r\ xQOcpro xfj Tvxr}.
ludeich a. a. 0. 375. Genauer ist die Lage 3, Thespia e. "AyaX^ia T. mit dem des
nicht bestimmt. Vielleicht hatte A. T. auch Dionysos und der Hygieia genannt Paws. 9,26,8.
eine Kultstätte im Hafenbezirk zwischen Mu- 4. Lebadeia. Heiligtum beim Orakel des
nichia- und Zeahafen {ludeich 283), wo Zeus Trophonios. Paus. 9, 39, 5 instSav uv8qI ig
Philios verehrt wnirde. Dort ist nämlich das 60 xov TQO(pcoviov tiaxiivca ^ö|rj, itgöörov [ihv xb-
oben besprochene 'Totenmahlrelief ' mit Wid- xayiiivoav tj^sqüv diaixccv iv olY.ri^ccxL ^'%«t. xb
mung an Zeus Ph. und seine Gattin A. T. ge- 8h OLv.r\yicc Jai^Lovög xb äycc^ov v,ocl Tvxrjg Isgov
funden worden, eine Arbeit des 4. Jhdts. Für iöxiv dyccQ"rig. 39, 13 steht dann, daß der Be-
Opfer an A. T. vgl. I. Gr. 2, 1 (von der Burg) treffende nach der Rückkehr aus der Höhle
162c 19 f. (335/334 v. Chr.!) [TtorilGccad-aL 8s nochmals in das Heiligtum der A. T. und des
Tcal xi[j 'Ayad'ji Ti'xr} [iisxd xmv i7Ci\6xax{öv xov A. D. geführt wurde.
isgov xfig 'AyccQ^fjg Tvx{ri?]- Also auch imoxd- 5. Megara. Heiligtum mit dem Bild des
xcci\ Ferner I. Gr. 2, 2, 741 a 12f., vgl. b 6 f. Praxiteles. Paus. 1, 43, 6 TtXrialov 8h xov xfjg
1347 Tych. Tyche 1348
AtpQodirrig vccov Tv%i]is iaxir ihQov, ilQCc^irfXovg xai Tvxm (ßtlr t6 hgov. iv atoa 8t xov Isgov
xal avtri xixvi^- — Auf einer Münze von M. Ty che ^sy^d-ti fisya ayaXpta ccvcc%BLTai, ^öavov ini-
mit Mauerkrone und langem Chiton, eine pa- xqvcov nXi]v ngoaöaTiov xai jjtjpöv t« ccxq(ov
tera über einen flammenden Altar haltend xal noSöbv ravra Sh oi ion Xi^ov Xiv-nov. iv-
Cat. of gr. c. Brit. Mus. Attica 123 nr. 51 rav-fra ^;ufi rt^«? xal 6 ZcaGinoXig iv agiartgcc
(Severus), rfjs Tv^rj?, iv oUi^^ari, ov paydXfp . . . nah'
6. Eorinth. Tempel mit Bild. Paiis. 2, 2, fihv ^Xtx/af, äiinixu 6h xXayivSa TCoixiXriv vtto
8 ?<rrt dh «al T. vaos. ayaXua ögd'bv IJagiov Scörigiov, r^ X^'Q^ ^^ H^*- '^t ^''^^Qoc rb xigag tij^
Xl^ov. Eine Reihe von korinthischen Münzen 'AiiaX^siag.
mit verschiedenen Darstellungen der T. im Cat. lo 14. Epidauros. Verschiedene Weihungen
of gr. c. Brit. Mtis. Corinth etc. z. B. 86nr. 657; vom Trümmerfeld des Asklepieions. Altar J.
89 nr. 672f. Gr. 4, 1045; ebd. 1051, wo man die Überschrift
7. Sikyon. Heiligtum auf der Akropolis. Tvxrig ergänzt hat wegen des auf einer Seite
Paus. 2, 7, 5 iv Sh rf vüv Scn(f07c6lsi Tvxrig eingemeißelten Symbolons: Kreis mit Cornuco-
isQOv iariv 'Axgalag, it,Btä di ccirto Jioaxov- piae. Vgl. a. a. 0. S. 190. Kbd. 1327, 1328, 1046:
gtov. ^oavcc dh ovtoi vs xal xb ayaX^a r^g Tvxrjg TvXV ^«JP'ö'tTftJ ^AnoXXmvios Jcogu hgsvg 'AshXti-
iaxlv. Diese T. Akraia dargestellt auf Kaiser- niov (etwa 230 n. Chr.). Darunter das erwähnte
münzen (Domitian - Geta) : Head, H. N. 347. Symbol. Sehr viel älter (4/6. Jhdt. v. Chr.)
Ygl. Cat. of gr. e. Brit. Mus. Peloponn. 56 ni.2AA. c6rf. 1326: Tvxag [N8^ia]sog mit dem gen.
Büder (|oava) des Dionysos, der Hekate, Aphro- 20 Symbol. Das wäre ein sehr altes Zeugnis der
dite, der Mrjxrig d'B&v xal Tvxrjg wie jetzt ge- Verbindung mit N. — 'Ayad-odui^ovog *Ayad'6g
lesen wird (früher nahm man hier die merk- Tvxag ebd. 1160 (3. oder 4. Jhdt. v. Chr.).
würdige Gestalt einer Tvxrj &s(bv an: Welcher, 16. Unter einer Weihung aus dem Tempel
Gr. Götterlehre 2, 808, ÄlUgre 163 mit Anm. 2), des Apollon Maleatas vom Berge Kynortion
erwähnt Paus, gleichfalls aus Sikyon 2, 11, 8. in der Nähe von Epidauros steht Tvxrig. I.
8. Aigeira. Bild. Paus. 7, 26, 8 ol$a Gr. 4, 1536 (168 n.Chr.). Der auffällige Plu-
xal oixriiuc iv Aiysiga ^saadiisvog- ayaXfia rjv ral weist wohl auf römische Vorstellungen
iv xm o^xtffxart Tvrrig xb xigag (pegovaa Tijg (fata) hin. Vgl. die Bemerkungen zur Inschrift.
Aucddslag. nagä ös a{)xi]v "Egtog nxsgä ?;(;(öv 16. Hermione. Paus. 2, 35, 3 t6 dh hgov
iaxiv id'sXeL ds Grmaiveiv, ort ävd'gmnoig xal so xfjg Tvxrjg vsmtarov asv Xiyovaiv 'Egfiiovstg
xa flg fgoixa xvxr} ^XXov r\ vjib xdXXovg xax- xä>v nagd öcpiöiv slvai. Xid'ov äh TIagiov xoXoaaog
ogd'ovxai. Im Journ. of fiell. st. 7 (1886) 96 eGxrixev. Auf einer späten Münze von Hermione
werden zu 'Aigeira' 2 Münzen aus Berlin er- erscheint T. Cat. of gr. c. Brit. Mus. Peloponn.
wähnt, von denen die eine T., die andere T. 162 nr. 19.
gegenüber dem Eros zeigt. 17. Megalopolis. Tempel. Paus. 8,30,7
9. Amyklai. Ejphem. archaiol. 1892, 28 x&v dgxcciav dk öniöi^s vabg Tvxrig xal dyaX^a
nr. 6, 18 vgl. Z. 23 {S. Wide, Lakonische Kulte Xid-ov Tunoirixai jiodibv nsvxs ovx dnodeov.
262, 6 = jetzt /. ^.5, 1, 559) wird Tyche in 18. Messene. Bei Paus. 4, 31, 10 sind in
einem Götterkollegium (Poseidon Asphalios, einer figurenreichen Gruppe des Künstlers Da-
Athene Chalkioikos und Poliachos, Tyche Zw- 40 mophon im Tempel des Asklepios auch Tvxn
naxgog (Z. 18) und T. Toixccyixag (Z. 23) = xe xal "kgxs^ig ^(oaq}6gog erwähnt. Ob diese
Tvxccy.y Aphrodite Patriotis, Demeter, Köre, T. die göttliche Beschützerin Messenes gewesen
Aphrodite Urania usw.) mit gemeinsamem Prie- ist, wie Brunn, Geschichte der griech. Künstler
ster genannt. Also scheinbar zwei verschie- 1, 288 zweifelnd fragt, läßt sich bei dem Fehlen
dene Gestalten — vgl. Athene — mit unge- weiterer Nachrichten nicht sagen,
wohnlichen Beinamen. Auf die seltenen Attri- 19. Messoa in Lakonien. C. I. Gr. 1464
bute der anderen mitgenannten Gottheiten hatte enthält Opfervorschriften an T. im Verein mit
schon S. Wide a. a. 0. 370 hingewiesen. chthonischen Gottheiten. [J]d^axift [d-jvötL
10. Argos. Heiligtum. Paus. 2, 20, 3 [;^]oteidi[ov] — — I • • agasv, agxov diu oa-
nigav 8h xov Nsfisiov dibg Tvxrig iaxlv ix na- 50 dfiojv., ov a 7rai6'f — — | öanavcoGti., agörig 8s
XaLOxdxov vaos, «^ 8ti Jlaiafirj^?]? xvßovg svgoiv ov8sl[g] ■ . . \ Jtönoiva xoigov dgöeva^ dgxov
dvi^rixev ig xovxov xov vaöv. Man beachte 8ia \ aadfimv, IIXovxcovi ^orpov dgasva, ( agxov
die Einschränkung über das Alter des Tempels. ngoxccgia, \n]i:g6S(p6va xoigov | ägcsva, dgxov
Eine Münze aus Argos (Cat. of gr. c. Brit. Mus. [T\vx[cc] xoigov dgasva^ | dgxov. raDra a'i;[Tal?]
Peloponn. 144 nr. 109), die auf der Vorderseite 6XB(pavov[(i]svaL | .. . alghcocav x^Iq^^'S "^^VA
einen Pallaskopf mit Helm, auf der Rückseite 8£^idg . . . Vgl. jetzt I. Gr. 5, 1, 364, wo die
T. mit Füllhorn und Schale zeigt, stammt aus Inschrift mit unwesentlichen Änderungen wie-
der Zeit 350 — 228 v. Chr. Also ein Verhältnis- derholt ist. Jedenfalls liest man auch hier
mäßig altes Zeugnis. Tv;^or trotz des Zweifels bei Ziehen, Leges sacrae
11. Asopos. Eine Münze zeigt eine weib- 60 2, 1 nr. 57 p. 166.
liehe Gestalt mit Krone: Mionnet 2, 226, 78. 20 Olympia. Altar der A. T. in der Altis
Sonstige Attribute fehlen. Ebenso von Olympia. Paus. 5, 15, 6 ig 8h avxov xbv
12. Boiai. Mionnet 2, 226, 80. Vgl. Sam. It^ßoXov iasX^övxaiv Tvxrig iaxlv 'Ayad-fjs ßaiiog
Wide, Lok. K. 261, 3 u. 4. Für einen Kult (folgt xal JJavbg xal 'Aq)go8ixrig) 15, 10, nach-
kann man aus solchen Münzen allein nichts dem die Aufzählung der Altäre zu Ende ist,
erschließen. heißt es dann, daß auf allen genannten Al-
13. Elis. Heiligtum und Kultgemeinschaft tären monatlich einmal ein 'altertümliches'
mit Sosipolis. Paus. 6, 25, 4. Totg 81 'HXsioig Opfer dargebracht wurde (s. d.), also auch auf
1349 Tyche Tyche 1350
dem der Tyche. — Patis. ä, 17, 13 avdnsiTai, 26. Perinth. C. T. Gr. 2024 (TIqÖkXov tov
3h ivTOivd'cc (im Heraion) xal Ar\za) TvxV ^* t"^ '^o 7V';fatov -naraayiBväauvta) schien den Schluß
Jiovvaos. auf die Existenz eines Heiligtums zuzulassen.
21. Pharao. Tempel mit altem Bild. Paus. Nach Bev. archeol. S. IV t. 19 (11)12) 325 lautet
4, 30, 3 i'öTt dh xccl Tv^riv vabs ^aQuidraig aber die richtige Lesung ro tslxog statt to T.
xal ayaXiicc aQ^aiov.
22. Sparta. Altarweihung. S.Wide, Lakon. I". Sizilien, Italien, Gallien.
KuHe 261 = Le Bas-'Foucart, Peloponn. 2 nr. 163 26. Syrakus. Cic. Verr. 2, 4, 63, 119 tertia
= I. Gr. 5, 1, 242 vTthg zfjg rd)v [üeßaaribv]- est urbs (Syracusis), quae quod in ea parte For-
ocoTrigiag 'AQißro-nXfjg fiSTu ri)g yvvaixbg xal xiov lo tunae fanum anticum fuit, Tycha nominata est.
rexvcüv Tvxj] i7tr]x6a) rov ßco^ibv ccvitd-rixsv. Als Vgl. Steph. ßyz. s. v. T. rtoXig ÜLxeXiag nXr\Giov
Zeugnis für einen 'Kult' bei den Lak. fühit ZvQuxovaiöv. Eckhel D. N. 1, 246: Auf einer
C. O. Müller, Dorier 2, 381 Anm. 7 an Plut. Kupfermünze von Syrakus mulier capite turrito
Inst. Lac. p. 263 = p. 239 A nr. 29 (Berned.): Staus dextra gubernaculum, sinistra hastain.
"xuv x^lga Ttotiop^govvcc räv xviav xaXkiv\ S. noch Gruppe a. a. 0. 746 Anm. 8. — Über
22a. Tegea Weihungen: /. Gr. 6, 2, 98 Himera ist bei Pind. Olym. 12 gesprochen,
u. 99; Dedikation eines Bildes ebd. nr. 100 Im übrigen erscheint T. oft auf Münzen sizi-
(2. Jhdt. n. Chr.). lischer Städte, worüber man die Indices der
23. Troizene. Altar Tv ^ag ccya^'&g I. Gr. einschlägigen Werke vergleichen mag.
4, 765 (4. Jhdt. v. Chr.) ebd. 778. Mevavögog 20 27. Neapel. Altarweihung an die Tvxr]
svxrjv xfj [(p\LXav^gw7t(p TvxV- -^^^ einer Basis Nsag noXstog 1. Gr. 14, 720. Tychaion C. l. Gr.
ebd. 799 (2. Jhdt. n. Chr.) wird der Priester 5792. — Vgl. ferner die unter 'VerVnndiing mit
einer Tvxri Usßaßxi] genannt. T. auf einer Hora' genannten Weihungen an T. und H. vom
Münze von Tr. Cat. of gr. c. Brit. Mus. Pelo- Monte Cassino C. I. Gr. 6190 und aus Verona,
ponn. 167 nr. 21. — Tvxr] ßaaiXiiov I. Gr. 4, C. I. Gr. 6754; aus Rom die Tvxri ol'xov Uo-
948, 13 (nach Fränkel Mark Aurel und Lu- TiXicov C. I. Gr. 6178 = I. Gr. 14, 1033.
cius Verus). — Unbekannter Herkunft eine 28. Massilia. S. E. Maas, Tagesgötter 2A2.
Altarweihung an Agathe Tyche C. I. Gr. 1950. Von dort her mag griechische Anschauung
nach Norden gedrungen sein. Vgl. Maas in
II, Thrakien. 3q ^jg^ Jahresh. des österr. archäol. Instituts 10
24. Konstantinopel. Joh. Malalas, Chro- (1907), Heft 1, 85ff., 90ff., wo er die Darstel-
nogr. p. 322 {= Unger, Quellen zur byzantini- lung der der Tyche opfernden Athene auf der
scÄen iTMns^^escÄtc/i^e 6 7 f.) berichtet, Konstantin Mainzer Jupitersäule bespricht. Vgl. hierfür
habe sich eine Bildsäule fertigen lassen, die noch Körber vü-Aqv Mainzer Zeitschr.\{\'dO<c>),b%.
in der rechten Hand die vergoldete Tvxri tcö-
Xsag trug. Malalas nennt sie Anthusa. Diese ^^- Inseln,
wurde mit dem Bild des Kaisers beim Grün- 29. Amorgos. Marmor(platte?) aus ^t^mZe
dungsfest der Stadt in feierlichem Aufzug von I. Gr. 12, 7, 432 Tvxr^g- Moig&v. M[rixgbg\
Soldaten durch das Hippodrom getragen, und 0f[c5r]. Marmortafel aus Minoa I. Gr. 12, 7,
wenn sich der Zug gegenüber dem kaiserlichen 40 247. Darauf ein ayccX^ia Tvxrig erwähnt (unter
Sitz befand, sollte sich der jedesmalige Herr- Commodus); ebd. 257 Altarweihung: 'Ayccd-^
scher vor dem Bilde Konstantins und der Tyche Tvxj] 'A^Lcogyltov.
verneigen. Ein anderes Bild der T,, vom Son- 29 a. Imbros. I. Gr. 12, 8, 80: Tvxrj ^r]-
nengott gehalten, wurde nach Codin. 40 = ^oxgcctua. . . . knoXXoSagog . . . £vx^i[v] ansdayxsv.
Unger a. a. 0. 250 bei demselben Fest im Hip- 30. Kos. Weihung einer Sonnenuhr. C. I. Gr.
podrom bekränzt und dann bis zum nächsten 2510 {Ditt. Gr. Dial. I. 3, 369 nr. 3650) [Xa/L]-
Jahre im Senat aufgestellt. Weil sie am Kopf Xinog Avtocp\&i\v\x^og tb wgoXöyiov Tvxa dyccO-u
ein Kreuz trug, das Konstantin mit Rücksicht xal a.ya%'(p dai^ovi xal xw Sdcacp. — Auf einer
auf das Christentum hatte anbringen lassen, Münze von Kos ist die Büste der Stadttyche
so verscharrte sie Julian in einer Grube. Vgl. 50 von K. mit Mauerkrone abgebildet (50 v. Chr.
noch Unger 323. Wieder ein anderes Werk — Augustus) Cat. of gr. c. Brit. Mus. Islands
scheint die eherne Glücksgöttin mit dem Frucht- 216 nr. 217.
maß am östlichen Schwibbogen des Forums 31. Kypros. Weihung an die 'Ayad'ij Tvxri-
gewesen zu sein. Codin. 67 = Unger 159. Vgl. C. I. Gr. 2642. Auf einer Basis aus dem Hei-
femer Unger 153 und 163. Der Tempel der ligtum der Aphrodite in Paphos Gründer
T. wird erwähnt bei Libanius nsgl Isg&v eines Tychetempels und Priester der Göttin
c. 51 (Foerster); Unger 13. Ein von den Ein- genannt Bitt. Gr. Gr. I. s. 585, 6: 'Aq)[goö]i[x]r]
wohnern so genanntes Tychaion, das früher Ilacpia [t6] xoivbv Kvitgltov AnoXX(oviav Ka
den Dämonen gehörte, wurde von Theodosius xsgov xal xbv xavxrig avdga HaxgoxXia U. xovg
später dem hl. Ignatius geweiht. Unger 26. 60 xriGxag xov Tvxcciov xal ccgxisgtlg diä ßiov xfjg
Das Fest am Gründungstag der Stadt ist wahr- TvxVS '^VS ^rixgonöXsag TLcctpov . . . etc.
scheinlich von römischen Vorstellungen (Genius 32. Melos. /. Gr. 12, 3, 1098 'Ayad-i] Tvxri
publicus) beeinflußt gewesen. Auf eine For- Mr]Xov siXsag 'AXs^dvdga xxiaxrj shgmv iivGxätv.
tuna bezieht sich jL^/d. Lernens. 4,132 (TFwewscÄ). Dazu Wolters, Athen. Mitt. 15 (1890)' 246 ff.
— Kaisermünzen zeigen die Tvxri TtoXscog mit Auf einer Säulentrommel unter einem von io-
Schiffsvorderteil, Pick, Numism. Zeitschr. 27 nischen Säulen getragenen Rundbogen befindet
(1895) 32 nr. 5. Vgl. noch Gruppe, Gr. B. G. sich das Relief der T. von Melos mit dem
u. M. 1647 Anm. 4. Plutosknaben und die obige Inschrift, welche
1351 Tyche Tyche 1352
den Segen der Göttin auf jenen A. herabfleht. V. Klein- Asien.
Ihm zu Ehren waren dieses und noch ein an- sS. Didyma. Kult im Apolloheiligtum,
deres Relief mit dem Bild der Athene als Ge- a I. Gr. 2852 : Ein Verzeichnis von Geschenken
genstücke aufgestellt worden, sicher von der des Seleukos II. an die Milesier, die im Tem-
genannten Gesellschaft der Mysten. Sie wollten pel des didymiVischen Apollo Aufstellung fin-
den Alexandres dadurch in irgendeine Ver- den sollen. Aus dem dem Verzeichnis voraus-
bindung mit den beiden Hauptgottheiten der gehenden Brief ersieht man, daß die Geschenke
Insel bringen. (Beide Gottheiten kehren wieder ftir die ^sol aiorf^geg bestimmt sind. 231 heißt
auf späteren melischen Münzen: Bulletino arch. es dann (an erster Stelle) ^mirj x«()üa)r;jl4y«-
1866, »3.) Man darf vermuten, daß in dem lo j^fjg Tvxns /ai«. (Es folgen dann Themis, He-
Rehef die melische Kultstatue wiedergegeben feate, Leto, ApoUon, Artemis, Zeus Soter).
ist, die vielleicht — wie die von Antiochien — 39, Erythrae. In einer Verkaufsliste von
in einem tstqocxoviov gestanden hat. T. den Priestertümern aus der Mitte des .'i. Jhdts.
rechten Arm auf eine Säule stützend, auf dem y Chr. wird auch das der '.-iya^ii '^nn erwähnt
linken ein Kind tragend, auf einer Münze von {^Aycc^fn Tvxr\s H.) Ditt. 5t///.» 600, 88. Daß sie
Melos Head, H. N. 415. in K, auch Opfer empfing, ertjibt sich aus dem
38. Nisyros. J. Gr. 12, 3, 97. Anf einer 'Ausgabeetat' für Opfertiere Österr.Jahresh.U
Basis MsydXji ^ia Tvxj} ^l{dvios) EixpQuydgag (1910) Beiblatt Sp. 35 u. 40.
6 cxQatriyos. 40. Hai i kam aß. Widderopferan die Agathe
84. Faros. /. Gr. 12, 5, 250. Basis l-iya-O-^ 20 Tyche und den Agathos Daimon bestimmter
Tvxjj. Vgl. 249; ebd. 251 auf einer Basis . . . rg Personen Diu. Syll." 641, 33 ff. tfj ßhv 7i[q]iotij
Tvxj] Tlaghov . . . (sc. ij^igcc) d'vsiv Tvxr] 'Ayad"^ Ttccrgb? xal jutj-
35. Rhodos. /. Gr. 12, 1, 67 Ntnoxli) ^Q^S no6B[id(o]viov [x]pt6v huI zJcü^ovi 'Aya^a
l4QiaTo[yiUvs\ ... xal hgatsvauvTcc Tvxcc? | ... UoaBiöajvLov yiccl [ro]gyifio? -Agiöv usw. Dazu
xal Ugo^vtiiGavxa | . . . 'AnoXXoavog Uv^a^tag ^>- Rohde, Psyche*, 2, 317 (= Anm. 1 zu 3U>).
[6 ddra] NedcQlxov]. Unterschrift einer Statue. 41. Lampsakos. C. I. Gr. 3644 wird ein
Ebd. 28 add. ^AXica xal T[vxa] nach der Er- naidtov ayoiv tatv ufydXojv Tvxslav erwähnt.
gänzung O. Hir Sehfelds. (51 n.Chr.). 42. Magnesia (ad Sip.). Auf Münzen kommt
36. Thasos. Ditt. SullMS8, 1 (^ I. Gr. 12, ^^^ Tempel vor mit 4 Säulen in der Front,
9, 369) no6ie<hviog xa[l 2:]Tgccxnylg [T]vxv @d- 3» d*"» <iie Tychestatue. Vermutlich haben wir
60V Bvxriv. ' damit die Kopie des Heiligtums und des Kult-
37. Thera. Aus der Menge der Funde läßt bilds. Cat. ofgr. c. Brit. Mus. Lydia 140 nr. öO;
sich auf die Bedeutung des Kultes schließen. 1^3 nr. 91. — EineWeihung an die 'Aycc^i} Tvxn
Altarbruchstücke mit der Aufschrift xvxccg'. ^^^ ßvvoSog Ziivgvasixiov in M. enthält C. I.
I. Gr. 12, 3 suppl. 1376 u. 1376 ccya^äg xvxccg, (xr.3408. -Stadttyche vonM. adMae. Inschriften
ebd. 1377. Zwei Basissteine mit der Aufschrift ^on Magnesia nr. 50, 30 ff. Im Psephisma der
xvxcc 12, 3, 446 f. Altar mit Tvxri in^xoog ebd. Parier m M. heißt es nämlich: (xohg Scycövag)
448. T. oder A. T. ist vereinigt mit Agathos 6vyxa[xa]6yiBvd[(ov T]vxj] ovgljj Scyu^fi xf]g xt
Daimon in der Inschrift des Archinos aus dem n6X[etog xfjgt r]ii8xi]gcc]g xccl xfjg Mcxyvrirojv].
Tempel der Göttermutter ebd. 436 .. . Gs6g. '^^ ^^a. Miletopoiis. Epistilinschnft eines
AyaȊi Tvxcci. *Aycc&ov Jaifiovog. Ebd. suppl. Tempels: MsiX]rixonoXsix&v xr]v &Y<^d-r]v xfi[g
1323 Altar '^yor^ou Jaiuovog' 'Ayu&fig Tvxn?- "^^^^^"^^ 7%r]v xal xov vccbv cci}xfig xccxsöxsvoc-
Wie Haler v. Gäitringen, Die Götterkulte von ^H ^^ ^«»' ^^^"^' Eiiöxr^icov ^ogcpvgonioXr]?.
Thera, Beiträge zur alten Geschichte 1, 2 p. 222, ^gl- ^^^^- d« <^orr. hell. 33 (09) 338 u. Journ.
berichtet, sind mehrere dieser Altäre nahe bei- ^f hell.stud. 1907 p. 61 nr. 2.
sammen bei einem Hause gefunden worden, ^•^- ^^^^^^^ ,^- \- ^^- 2693 e . . . xov
welches unmittelbar südlich an die Agora an- A[n\oXX[ai]vtov isgtcog Jlog v[^^]i6xov xa\l] Tvxng
grenzt. In diesem Hause stand eine Statue ^7«^^?- — Aus Mylasa stammt auch die Weih-
der Glücksgöttin selbst, an einen Pfeiler ge- mschrift zu Ehren des Perserkönigs C. I. Gr.
lehnt und ein FuUhorn haltend, von leidlich 50 2693 b xy Tvxji inicpavEt ßaatUayg.
hellenistischer Arbeit. Wenn dies auch schwer- ^^- Myra. .Petersen und Luschan, Reisen
lieh ihr ursprünglicher Standort war, so liegt {^ Lyhen, Milyas . . .2, 29. Am Theater von
doch die Annahme nicht fem, daß ein Tempel ^yra befand sich ein Relief der T. mit Full-
der Göttin in dieser Gegend gelegen hat, dem ^^orn, Steuer und Kugel. Darüber Tvxn noXsiog
dann vielleicht auch die Altäre angehören. ««^ ,^"«0^ (oder vsixa) svjxvxüg. Es war ver-
Vom Wiederaufbau des Tempels durch Phla- muthch eine Kopie des Bildes der Tychopolis :
vios Kleitosthenes Klaudianos nach 149 n.Chr. vgl. a. a. 0. 114, 19 Bu. 118. C. I. Gr. 4303 b
handelt /. Gr. 12, 3, 326 Z. 10 u. 26f. ?x xs «^«- P- 1130: Tvxjj noXsag [x]al SLvsxa si[sxB-
xijg TCsgiXsLTtOfiivrig ^vXtxfjg v/LPtis xov dglvwa- Q'^^Si- t^. r>,. 1,. 1 ^ 1 1 n •
xxov xal ai>x6v xa[x]rigiii\ii]ivov xal [x6v xB]va6v «<> ^5. Nikäa. Die Stadttyche hatte den Bei-
rfjS Tvxvg . . . xaxaöxBvdaag . . . Vgl. ebd. 325, namen Aya^r] (vgl. Melos und Magnesia). Head
Z. 42, wo es heißt ötcoüov 6 xaigog iiot inLxg^rpn ^- ^- ^^^ ^^^ Cat of gr. c. Brtt. Mus. Pon-
xal ii Tuxn xfig noXBOig. Auf eine Statue *"« ^^^- ^^7, ^^„?^- , . , . ...„.«.
scheint I. Gr. 12, 3 suppl. 1338 hinzudeuten: 45a.01ba. Tempel: ^rcÄ^n^. 1909,3,439.
HBgyalog 'AgxBiiiSaygog ^cprivB Tvxr\v ^»/(Ttj^oM , ^^^ Panamara. Inschriften aus dem Tem-
xolg imyivoiUvoig Övo^l' &&dvaxov xaxaXslntov P^l des Zeus Panamaros in Karien Bull corr.
(3. Jhdt. V. Chr.). ^«^'- 1^ (1888) 269 nr. 54, Hieraus geht her-
vor, daß auch Privathäuser ihre besonderen
1353 Tyche Tyche 1354
(jötter hatten {ivotxlSioi &sol), und zwar sind pantheistische Tychen: S. 216 nr. 269; 228
in der betretfenden Inschrift (Stele) zuerst nr. 324.
neben der Tvx^ nargiötii; und Demeter die 52. 'I'ermessos. Lanclortmski a. a. O. 2,
^großen' Götter {jfenaiint, dann folfjen die 'Haus- 210 nr. 109 wird der Priester der Stadttyche
jifötter' Zeus Ktesios, Tyche und Asklepios. erwilhnt.
Aus römischer Zeit ebd. p. 271 nr. 57 (Tyche 58. Thyateira. P. Paris, Quntenua femifiae
<los Kaisers); 272 nr. 68: Tv^jj oiy ad- 1/ (Formel?)^ res publicas in Asia minore attigerint 72, 6:
Tvxj] 'Pw^Tj?, z/ii Ka\7tt]tioli(p^ l^'XJI ^tga- AvQriXiav ' KQfu'ovaaöav ri]v Öiä ßiov itgsiav r^i,-
T0i[i|xia9, Tvxv AvTioxticcg . . . hgevg ... 272 Tvxr}(; rfjg Ttolsrng usw. Die Inschrift wieder-
nr. 51) Jtl Kan^TcoXifo yiccl MoIqui? xocl Tvxf] xccl lo holt Derikschr. d. Wiener. Ak. phil.-hist. Kla^ae
XccQiGiv H«) Movaaig %al Mvri(io6vvr} isQf:vg iv 54 (1911) p. 2(1; ebd. p. 17 ist die Stadt;.jöttin
Ko^ivQioig i^ ^nayyhXiag Tiß. <PX. 'Idocov isgicc. von Th. noch zweimal erwähnt nr 25 u. 26.
47. Pergamon. ])itt. Syll.* IbG, 1 {= In- 54. Trapezopolis. C. I. Gr. 3953 d er-
schriften von Pergnmon 341) 'Aya^^ "l'^Hv "^^^ wähnt eine aQxiBQSicc ri)g ngb TiöXeoig pLsyäXrig
lyai)^(o ^cii{iovi r\]v ßäaiv ^iX'q^av "AvQ-ov dsäg Tvx7]g (die zahlreichen Er<^änzungsklara-
(i-AOVTXccQiog. Inschr. v. P. 2i>4 bezieht sich auf niern sind wef:fgelassen). Für pro poleos vgl.
die Fortuna Hona populi Homani. Ebd. 376 C. 1. Gr. 29G3 c u. oben Bd. 3, Sp. 3127 und für
Weihuug an die Tvxr] inr]y.oog des Kaisers diese Inschrift ebd. 8p. 3129.
(Caracalla) xat ttJs Xa^iJiQOTccTrjg Ttatgidog. 581 55. Unbekannter Herkunft ist C. 1. Gr.
ist zu sehr verstümmelt Athen. Mitt. 33(1908) 20 3971 3, wo ein ß(o\Log Tvxr\g acov^gccg genannt
403 nr. 30 'Aycc^y rvxV AvgT]Xiog ^tXi7f7Co\g] ist, an dem Priester und Priesterinnen jährlich
Tli^gyccurivog ßovXe[v]ti-ig TvxV i^ri^oro hvxccgi- Opfer bringen sollen. Die Inschrift bezieht
üti]QLov. — Der Stelle bei Aristidef^ 1, 276 sich auf einen von Augustus einer kleinasiatl-
(p. 447 Bind.), die die Aufstellung der Bilder sehen Stadt dedizierten Index rerum. —
der Agathe T. und des Agathos D. im Askle- , .
piostempel zu Pergamon bezeugt, war schon ^^- Syrien und Palästina,
in anderem Zusammenhang gedacht. (Auf 56. Aere. Von der Weihung des Heilig-
Münzen von P. erscheint T. wiederholt mit tu ms erzählt C. 1. Gr. 4554: vnhg ccon.gia?
Asklepios als der bedeutenden Lokalgottheit, xal vsiv.rig xov nvgiov avroKgcirogog \M. Ko^l
z. B. Cat. ofgr. c. Brit. Mus. Mysia 161 nr. 345; 30 'Jvtcovslvov] . . . 'lovXiog rsgiiuvbg x{'^t(^QX^?) • • •
155 nr. 320.) tov ffrjxöv ccnb r?)? iTtiygacprjg avvstiiiösv hccI
48. Selge. Lanckoronski, Städte Pamphy- xo Ti';faiov a\i(piBg(ii6bv. Ein gewisser Philo-
liens u. Pisidiens 2, 233. Inschr. nr. 247 a naios weihte seine P]nkelin Domna zur Prie-
S: isgsvc Tvxy\g tfig TCoXEcog 8ia ßiov. nr. 247b sterin der T. 4555 a — c: <^. Kvvdyov tov
8: legsLccv ri]g Tvxr\g 'Acd "Agscog diä ßiov. Moggov isgccGccg ^oiivav Q'vyaxBQu xov viov
*. 234 nr. 250 wird noch einmal (dieselbe?) ccvxov xfj Tvxjj xovg x^aaccgag Xaii7ta^riq)6govg
Priesterin der T. und des Ares sowie das Ty- iy, xmv Idicov ccv^d"rixsv. Diese Kandelaber sind
chaion erwähnt. der T. gleichfalls gestiftet worden. Eine ganze
49. Sillyon. Lanckoronski a. a. 0. 1, 175 Familie übernimmt es 4556, die Tychestatue
nr. 58 Z. 17/18 bezeugt Heiligtum und Bild 40 und ihren Standort zu schmücken: @i-6äoxog ...
der Tyche (ro xfjg Tvx^S isgov &yig6Xsq}dvvivov u^icc öv^lßim xocl xsKvoig xr]v Tvx^av ßvv xy
xat inlxgvöov). v.6vxTi xy naxgidi XQ^^^ ^yi66^r]6sv. Weihung
50 Smyrna. C. I. Gr. 3111: Basis aus der eines Priesters 4557: [Jaii]cco[yi]icov ... xy
Umgebung von Smyrna .ä/or^fy Tvxrj^Povcpstvog (7£[|xror]a[r]9y '^['"hV i[^Q]oc[Gdn.]svog Zriv6\ßiov
Idgvßaxo. Ditt. Syll.^ Ö2S, !S: bei einer Strecken- xov vtJoi'C?) dvsh-riKev. In den hier erwähnten
angäbe heißt es ano xov Ttvgyov xfjg kyocd-fig Weihungen eines Priesters und einer Priesterm
T. Dieser Turm hatte vielleicht seinen Namen will /. H. Mordtmann, Zeitschr. d. Deutschen
von einem in der Nahe stehenden Heiligtum Morgenl. Ges. 39 (1885) 46 eine Abschwächung
der T. Von dem Kultbild der Smyrnäer be- der Sitte früherer Menschenopfer an die T.
richtet Pat<samas 4, 30, 6 BovnaXog 8i., vaovg hQ sehen (vgl. nachher unter Laodicea).
Tf oiv.o8oiLri6cc6d-cx.i v.ai |a>a dvi]g ccyaQ-bg nXdöca 57. Antiochia. Von dem Ursprung des
Zavgvaioig ayccX^icc igya^oyisvog Tvxrig Ttgöbxog Kultes der Stadtgöttin berichtet loli. Malalas
i7toir]6sv, 03V l6\isv, itoXov xs ^';^oi'(?av inl xjj chronogr. p. 200 (Dind.). Als Seleukos Nikator
yis(paXii yiccl xy hegu x^tgl xb y.aXov^svov 'A^iaX- im Jahre 300 die Stadt A. gründete, wurde von
^Biccg -n^gccg. Für die hadrianische Zeit be- einem Priester ein Mädchen mit Namen Aimathe
zeugt einen Tempel C. I. Gr. 3148, 14/15. geopfert. Und Seleukos (Mal. 201) ör^occg dv-
J^ndgccydog Ttgvxavig vccbv Tvxrig yiccxccGxsvdasiv ägidvxog 6Ti]Xr]v x^^^^^iiv t?J? Gcpccyicco^siörtg xöpTjg
iv Tc5 ^uLVSL-ncbvt {vTCscx^xo). Münzen Head H. Tvx^iv xy ttoXsl vn^gdvco xov norauov., sid-sag
N. 510. Gut. of gr. c. Brit. Mus. lonia z. B. Ttoi'qaag avxy xy Tvxy d-veiav. Darauf wird
264 nr. 233 zeigt "^tetrastyle temple' mit Bild 60 die Zerstörung Antigonias erzählt, dessen Be-
der T. wohner in A. angesiedelt wurden, und es fol-
51. Tarsus. Besitzen wir auch kein in- gen fast dieselben Worte für die Tvxi] 'Avxi-
schriftliches Zeugnis über Tychekult in T., so yovioc, nur daß diese noch das Hörn der Amal-
läßt doch das häufige Vorkommen der T. auf theia trägt: v.ca iroirißag iv.tl xsrgav.i6vLV iv
Münzen gerade dieser Stadt auf das Ansehen vx\)Si 'iatri6sv ccvxr^v xi]v Tvxr\v. Knxa6xr]Gag
schließen, das sie genoß. Head, H. N. 618. ^iL%go6Q^Bv ccvTyg ßcoiibv vipViXov. Über das
Tvxri TdgGov. Weitere Beispiele im Cat. of gr. Schicksal dieses Bildes s. 0. 0. Müller, Antiq.
€. Brit. Mus. Lycaonia etc., darunter auch Antioch. 41 Anm. 10. Diese Berichte von der
BoscHBR, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V 44
1355 Tyche Tyche 1356
Opferung eines Mädchens, das dann zur Stadt- 61. Kabeb (Syrien). Ein Senator unter
tyche erhoben wurde, sind jedoch starken Diokletian baute auf eij^ne Kosten einen Tem-
Zweifeln begegnet: C. O. Müller a. a. 0. 27 pel: Waddhigtm a. a. 0. 2614.
Anm. 2. Sie sind wie auch andere (vgl. Ma- ' 62. Kommagene. Über die Landestyche
lalas p. 36, von Amandra p. 139, von Nyssa, von Kommagene ist unter 'Personaltychen*
wo auf der ariqlfi 'iagvOv* zu lesen war: Nimm* das Nötige gesagt.
die Hilfeflehenden — nämlich Iphigenie und 63. Laodicea ad Lib. Münzen aus der
Orest — auf, d-eä noa Nvattul Für «oa = nrAu vorkaiserlichen und Kaiserzeit zeigen die Tyclie
vgl. noch Malalas p. 638 Anmerkung zu dieser Eead H. N. 663. Vgl. ierner Cat. of gr. c. Jirit.
Stelle) wohl von christlichen Schriftstellern lo Mus. Galatia etc. z. B. 258 nr. 81, worauf Julia
erfunden, um den Tychekult verabscheuungs- Domna als Tyche v. L. in einem Tempelchen
würdig erscheinen zu lassen. Krumhacher, zu sehen ist, vielleicht dem Heiligtum der T.?
Byzant. Literaturgeschichte* p. 326 redet von Die Häufigkeit der Darstellungen läßt auf das
dem 'christlich-apologetischen Zweck' solcher Ansehen der T. schließen. Über die Annahme
Erfindungen. MakUas 276 berichtet nochmals früherer Menschenopfer an die Tyche- Atergati?
von einem Bild der Stadttyche mit den üb- in L. vgl. I. H. Mordtmann, Zeitschrift d. Deut
liehen Wendungen; es handelt sich dort um sehen Morgenl. Ges. 39 (1886) 46.
eine im Auftrag Trajans hergestellte Kopie. 64. Namara in der Batanaea. Kaibel, Ep.
Die Fragen, die sich an das Verhältnis der gr. 440. In v. 3 eines Grabepigramms sind die
verschiedenen Tychedarstellungen von Antiochia 20 Stifter des Tycheheiligtums genannt (2/3. Jhdt.
knüpfen (vgl. z. B. C. 0. Müller a. a. 0. 36 und n. Chr.).
38, All^gre 197, Anm. 2, E. Maas, Tagesgötter 65. Palmyra. Eine Inschrift bei Vogio ,
57), Bind hier nicht zu erörtern. Das Haupt- Insa'. Sem. nr. 3 (= C. L Gr. 4480) redet von
bild war jedenfalls das berühmte Werk des jährlichen Weihgeschenken an den Malachbel,.
Eutychides 'für die Syrer am Orontes', welches die Tyche ©a^Lstog und Atergatis. Das ist
nach Paus. 6, 2, 7 bei den Einwohnern in nach Mordtmann a. a. 0. 31 (1877) 100 die T.
hohem Ansehen stand. Malalas p. 201 nannte des Stammes der Thaimi; nach Fo^rwea. a. 0. 7
den Standort für die T. von A. xBXQccyiioviv dagegen vielleicht der semitische Name für T.,
{xsxQccnioviov), p. 276 stellte Trajan das Bild der so die Assimilation einer Lokalgottheit
auf iv aitm (dem Theater) vTiegäva zseadgoav so mit einer fremden zeigt.
xiövcaif iv lUam xov Nv^aiov xov ngoOKriviov. 66. Schakra, Zebire, Nimre: Ygl.Wad-
C. 0. Müller hielt diesen Ausdruck vitsgavta . ., dington a. a. ü. 2606, 2512, 2127: Erwähnung
für gleichbedeutend mit jenem xsxqcc-kioviov von Heiligtümern.
(p. 88 und 39), einem kleinen Heiligtum, be-
stehend aus 4 Säulen mit Dach und nach allen ^11- Ägypten.
Seiten offen. Dieser Tempel erscheint mit der 67. Alexandria. Eine Tempelanlage ist
Gruppe des Eutychides z. B. auf Münzen Cat. beschrieben hei Libanius p. 113 Reiske=^ Over-
of gr. c. Brü. Mus. Galatia etc. 225 nr. 623, beck, Schriftquellen 1987. Dort ist die Rede
vgl. 222 nr. 600, so daß wir darin das Heilig- von einem xsiisvog in der Mitte der Stadt,
tum der T. von A. zu erblicken haben — Über 40 avyxslfisvov iihv iyi tcUlövouv Q-i&v, Tvxi]? dl
ein Tychaion späterer Zeit vgl. C. 0. Müller anuv wvofiocaxaL. In der dann beschriebenen
a. a. 0. 40 Anm. 9. Für weitere Erwähnungen Anlage, die mit ihren halbrunden Nischen zur
der T. von A. vgl. die 3. unter 'Panamara' Aufnahme von Bildsäulen bestimmt war, be-
angeführte Inschrift und C. I. Gr. 7052. Hier fanden sich alle Götter. In der Mitte aber
betindet sich auf der einen Seite einer Gemme Tvxris ^exri-nsv ayccXiicc Gxscpdva) öriXovv 'AXs^civ-
scheinbar ein Mann, der einen Bären mit der 8qov xccg vlxag. xccl axttpsxai ^ikv vno Tv^ri?
Peitsche bändigt, auf der anderen Seite der ii Ff). axtcpsL de avxij xov viyt-^oavxa. Nitiocl Ss
Kopf der T: mit Mauerkrone und Füllhorn: xfjg Tv^rig kytaxigcod^sv avsoxri-Kccaiv, -nccXöbg xov
a) cc^^si Tvxri AvxLO%iaiv. b) E^xv^i MäQ-KEXXs. 8r\^LOVQyov xi]g Tv^rig är}XovvTog xijv övvaiiiv ...
Elgi^vT]. Das bezieht sich scheinbar auf die 50 Einige Zeilen weiter folgt, daß dort auch eherne
Bezwingung eines wilden Tieres, wofür dieser Säulen mit den Gesetzen der Stadt standen,
Marcellus geehrt werden sollte. S. a. Müller- Dieser Brauch herrschte noch in der Zeit des
Wieseler, Denkm. d. a. K. 2, 927. Theodosius: Cod. Theod. 14, 27 weist auf die
58. Balanea. Renan, Mission en Phenicie Sitte hin, daß die Gesetze im Eutycheum
p. 107, Weihinschrift des Tychetempels [Bcc- (= Tychaion) angeheftet worden seien. Eine
Xaviav Evgoav] avxovo^ov{iiv(üv x^ TvXV •^^" ^° Alexandria gefundene Stele mit der Inschrift-
xioxog xal ^sitpXog . . . xov vccov int xibv löitov NL-kcc t) Tvxr] Evro-niov f xal BtvExav f xai
ixxiGBv xai xa &ydXiLccxa &v^^rixsv. xov ygäipavxog gehörte vielleicht dem Tychaion
59. Bthene in der Batanaea. Erbauung an: Revue archeol. 1887, 203. Wie lange das
eines Tychaions auf Kosten der Gemeinde 60 Heiligtum stand, geht aus der Erzählung bei
(ix x6 = xov xijg xcb^rjff) Waddington, Inscr. de Theophyl. Simocotta Uist. 8, 13 hervor. Als
la Syrie 2127 (= Le Bas, Voyage archeol. 2^2). nämlich im Jahre 602 ein gewisser Kalligraphos
60. Gaza. In den Akten des hl. Por- vorüberging, schwankten die Statuen heftig
phyrius {A. S. vom 26. Febr. c, 2 ^ p. 643 in und kündigten dadurch eine Revolte in Kon-
dem comm. praev.) wird von 8 Tempeln in stantinopel an. Auf Münzen von A. sieht man
Gaza berichtet, darunter dem ^ Hierion seu sa- T. sehr oft auf einem zwischen Säulen aufge-
cerdotium et Fortunae civitatis quod dicebant stellten Ruhebett ausgestreckt. jyead,Jff.iV. 719.
Tycheon'. Cat. of gr. c. Brit. Mus. Alexandria vgl. Re-
1857 Tyche Tyche 1358
gister und Eifiltg. 56f., 90. Wahrscheinlich ist p. 28, pl. H 3. Bead, IL JV.* 412); tnn Xoanon
das die Kopie der Kultstatue; die Säulen deu- war der T. Bild in der Halle des Asklepieion
teten dann zwar nicht auf die oben besohrie- zu Titane, s.-w. von Sikyon, Pdus. 2, 11, S. —
bene Tempelanlage hin, in der die Tychegruppe Das Hörn der Amalthcia erwähnt Fausanias
ja auch otfensichtlich einem anderen Zwecke für T. wieder bei der zu Aigeira, 7, 20, 8,
diente, sondern sie stellten das besondere Hei- wobei er wie 4, 80, 4 tf. wieder auch der Macht
ligtum der Göttin dar. Auf den zahlreichen der T. gedenkt (vgl. auch 1, 21), 11, wozu i//(£:?y-
Münzbildern tritt sie in die bekannten Be- Blüimier, Fau.s. 1 , vi22) und auf Vindar hin-
ziehuugen zur Lokalgottheit, hier also der Isis. weist. Neben dieser T. zu Aigeira in ihrer Ka-
68. Oxyrhynchos. Bei Otto, iViV.s<<??* lo pelle ttand ein geflügelter Kros, und auf K'-
und Fricfiiirtümer im hellen. Ägypten 1, 164 münzen von Aigeira mit Plautilla erscheint
(Anm. 2) ist nach Oocyrrh. l*ap. 3, 507, 5 denn auch T. stehend mit Mauerkrone, mit
(2. Jhdt. n. Chr.) ein vBcoxögog Tv%r\? erwähnt. Zepter in der R,, Füllhorn in der L. nicht bloß
[L. Kühl.] für sich allein, sondern auch mit Eros zusam-
Tyche in bildlicher Darstf'lliin^. Fauna- men, die beiden sich den Kopf zuwendend,
nias allein schon erwiihnt Bildwerke der T. zwischen ihnen ein Altar, Jmhoof u. Gardner
an 16 Stätten der antiken Welt, zu Megara p 91, pl. S8f. ÄiY^/^-J^/wmwer 2, 842, Münztaf.
(1,43,6), Korinth (2,2,8), Sikyon (2,7,5), Ti- 5, 3. Und während es nach Faun. 2,20,3 zu
tane, landeinwärts von Sikyon (2,11,8), Argos Argos ^seit ältester Zeit' einen Tempel der
(2,20,3), Hermione (2,35,3), Pharai (4,30,3), 20 T. gab, 'wenn wirklich Palamedes in diesem
Messene (4,31,10), Olympia (5,17,3), Elis (6, Tempel die von ihm erfundenen Würfel ge-
25,4), Aigeira (7,26,8), Megalopolis (8,30,7), weiht hat' (wozu auch Eustath. z. 11. 2, 308,
Theben (9,16,2) und Thespiai (9,26,8), zu p. 188 u. z. Od. 1,107, p. 1337; T. auf K'-
Smyrua (4,30,6) und Antiocheia a. 0. (6,2,7). münzen von Argos: Imhoof u. Gardner p. 37;
Die älteste Darstellung der T., von der wir pl. K 29/31), war anderseits der Tempel der T.
hören, ist ofienbar das Tempelbild, das Bu- zu Hermione nach Aussage der Heimioneer
palos von Chios, des Archermos Sohn, Bruder das Neueste bei ihnen, in ibm der Göttin Stand-
des Athenis, tätig um Ol. 60 (= 540/37 v. Chr), bild, ein Koloß von parischem Marmor, Faus.
für Smyrna geschafien und dessen Faus. 4, 2,35,3. — Hätte Pmt/ar bei seinem Epitheton
30, 6 gedenkt im Zusammenhang mit dem Tem- 30 wirklich ein Attribut der T. vorgeschwebt mit
pel der T. zu Pharai in Messenien, der auch der Bezeichnung nolog, hätte er sie (ptqtTtolo?
ein altes Kultbild der T. enthielt. Bupalos zu- benennen müe&en, wie denn auch schon Ulrich
erst, soviel wir wissen, habe die T. wiederge- v. Hütten, der in seinem Dialog ^Fortuna"*
geben mit nöXog auf dem Haupt und mit dem (v. 1519) § 96 (IV 98 Ed. Böcking) die Fausa-
bei den Griechen sog. Hörn der Amaltheia in der niasi-telle (4, 30, 6) benutzt, cpsQ^noXov gemacht
einen Hand, um so auf der Göttin Wirken (ihre hat aus cpsgiTtoXiv, was sich deckt mit derKon-
i'pyo:) hinzuweisen. Ein ähnliches T. -Bild zeigen jektur des Gothaers Thomas Reinem us {IbSl —
Kupfermünzen von Smyrna mit Kybelekopf 16ti7), und gegenüber Val Kurt MüUer, Der
nach r. : T. mit Kalathos stehend nach I., mit Folos, die gricch. Götterkrone {Diss. Berl. 1915)
Schale in der R. und Füllhorn in der L., Im- 40 bestreitet C.Bohert, Ärch. Misz.{S.-B. d. Bayer.
hoof-Blumer, Gr. Münzen S. 126 (650), 350, T. 9, Ak. d. Wiss. 1916, 2) S. 14 ff. überhaupt die Be-
10. — So habe auch (sagt Fausanias a. a. 0.) rechtigung des Terminus Ttolog für eine be-
später F'indar u. a. die T. ^tgi-noli? genannt stimmte Form des Kopfschmuckes, den heute
{Find. frg. 38/41 0. Schröder). Allein cpegtiioXig so bezeichneten hohen zylindrischen Kopfputz,
bedeutet doch wohl die die TtoXig (Stadt oder sei doch auch an den beiden anderen Stellen,
Staat) Tragende, d. h. Schützende, Behütende, wo Fausanias das inl xfj xsqiaXrj (bzw. i. tfig
wie es auch Flut, de fort. Bom. 10, p. 322 c rieh- -Kicpalfig) tioXov aufweise (2, 10, 5 u, 7, 5, 9), für
tig verstanden hat, und mit der ^^ginoXig ver- die Aphrodite des Kanacbos zu Sikyon und
gleicht sich die oder der ZoGiTtoXig, s. o. Bd. 4, die dem Endoios zugeschriebene Athena Polias
Sp. 1221 ff., 5 ff . Usener, Götternamen 172 ff., 50 in Erjthrai, eher an die schmale, rosettenge-
z. B. der Sosipolis, der nach Faus. 6,25,4 in schmückte Stephane zu denken: die Rosetten
Elis zur L. der T. (in deren Tempel) in einer habe ein religionsgeschichtlicher Symboliker
kleinen Kapelle Verehrung genoß und daselbst für Sterne halten können, die Stephane daher
in einem Gemälde einem Traumgesicht gemäß für ein Abbild des Himmels; aus der archäo-
als Knabe dargestellt war in steinbesäter Chla- logischen Teiminologie müsse also die Bezeich-
mys, gleichfalls mit dem Hörn der Amaltheia nung Polos, so bequem sie gewesen, verschwin-
in der einen Hand, wogegen das Standbild der den. Klar ist auf jeden Fall der tiefere Sinn
T. zu Elis ein kolossales Xoanon war, vergol- der Attribute derT. des Bupalos: 'in der Hand
det bis auf Antlitz, Hände und Füße, die aus das Segen spendende Hörn der Amaltheia deu-
weißem Marmor bestanden, mit einem Wort 60 tet ihre Macht auf Erden, auf dem Haupt eine
ein Akrolith. Ein Xoanon war auch das Bild das Himmelsgewölbe symbolisieiende Krone
der Göttin im Tempel der T. k-ngaicx. (der die ihre Macht am Himmel an' {Bohcrt a.a.O. 16).
Burg beschiimenden T.) auf der Akropolis Nach Welcker, Gr. Götterl. 2, 801 bedeutet der
von Sikyon {Faus. 2,7, o; T. auf K'münzen Polos das Allumfassende, Allgemeine, das Hörn
von Sikyon mit lulia Domna, Plautilla und der Amaltheia dasselbe, was Pluto s auf der
Geta, stehend mit Mauerkrone, mit Schale in T. Arm in späteren Bildwerken. So stand nach
der vorgestreckten R. und Füllhorn zu ihrer Faus. 9,16,2 im Tempel der T. zu Theben
L., Imhoof u. Gardmr, Münzkcmm. zu Faus. die Göttin mit dem Plutosknaben auf dem
44*
1359 Tycbe Tyche 1360
Arm : Hände und Antlitz der Statue hatte nach vier Reliefplatten vom Dionyaostheater in Athen,
der Thebaner Aussage der Athener Xenophon die jetzt im Theater verbaut erscheinen an der
gefertigt, das übrige Kallistonikos, ein einhei- Vorderwami des spätrömischen Logeions, vgl.
mischer Meister, anscheinend bloß ein schlich- F. Matz, Ann d. I. 42 (1870), 102 tt'. z. Mon.
t^r Holzschnitzer, da die Statue oflfenbar wie 9, IG. Brunn- Bruckm. T. 15. Petersen, Athen
die T. zu Elis {Paus. 6,25,4) wieder ein Akro- S. 191, 86. Ad. Struck, Ath. u. AH. 107, 122.
lith gewesen: Köpfe und Extremitäten, der Marg. Bieber, De nkm z. Theater w. S. IS f., T. 6.
Gruppe hat Xenophon aus Marmor geschaffen, 7 b. R. von der mächtigen Gestalt eines ge-
das aus Holz gebildete Gewand Kallistonikos, duckt knieenden Silen scheint eine Versamm-
vgl. Hitsig-Blümner 3, 434. Pausanias rühmt lo hing von Gottheiten dargestellt vor Dionysos,
den Einfall, den Plutos der T. als Mutter oder der am meisten r. nach 1. thront, am Abhang
Amme in die Arme zu geben; nicht minder der Akropoli'«: im eigenen Theater ist dem
gut, meint er, war der Gedanke des Kephiso- Gott der reichgeschmückte Thron aufgestellt;
dotos, der den Athenern ein Bild der Eirene hinter ihm erschaut mau die Umrisse der Burg,
geschaffen, die den Plutos trägt' des älteren wie sie vom Theater aus sichtbar waren, über-
Kephisodot, dessen Zeitgenosse Xenophon ge- ragt von den Säulen des Parthenon; dem Dio-
weaen, dessen Mitarbeiter nämlich zu Mega- nyaos aber huldigen vorab die T. von Athen,
lopolis bei den Marmorbildern des thronen- im Typus der Eirene, und die Hestia (o«ler
den Zeus Soter und der diesem zur Seite stehen- Eirene?), und die bloß um die Leibesmitte be-
den Megalopolis und Artemis Soteira, Paiis. ao kleidete männliche Gestalt, etwas kleiner als
8, 30, 10; vielleicht war auch da im besonderen die beiden Frauen, etwas gedrungen, untersetzt,
die Stadtgrtttin des Xenophon Werk. Außer dürfte die Bildnistatue sein des dem Dionysos
dieser 'Megalopolis* aber im Tempel des Zeus in Kultgemeinschaft verbundenen Nero, ent-
Soter erwähnt Pausanias kurz zuvor (8, 30,7) sprechend hier dem völlig nackten Theseus ?)
hinter den &qxbIoc zu Megalopolis auch den zwischen zwei fast analogen Frauengeatalten
besonderen Tempel der T. mit deren marmor- auf der 3. Reliefplatte; zur Deutung vgl. Paus.
nem Bild von ca. 5' Höhe. — Der T. von The- 1, 3, 2 (wo Theseus zusammen mit Demokratia
ben entsprechend trägt auch die von Melos . und Demos) und l, 18, 3 (wo Eirene und Hestia,
das Plutoskind auf dem 1. Arm, wogegen sie wozu u. a. noch die kyad'r] T. kommt nach
mit einer gewissen feierlichen Art den r. Ell- so Ailian. v. h. 9, 39). — Doch noch mancher Ort
bogen auf einen Pfeiler aufstützt, so nach hatte sein Ti^rig Isgov (oder Tn^atov, s. o.) mit
Ausweis von K'münzen der Insel aus römi- Standbild der Göttin von der Hand eines nam-
Bcher Kaiserzeit und des Reliefs einer Säulen- haften Meisters, vorab Megara, in dessen T.-
trommel, die nebst einem Gegenstück 1861 auf Tempel eine T. des Praxiteles stand nach
Melod in der Nähe des Theaters gefunden wor- Paus. 1, 43, 6 (dazu auf megarischen K'mün-
den ist, vgl. Wolter^, Ath. Mut. 15 (1890), 246 51. zen mit Commodus, Sept. Severus, Domna und
FurtujingUr, Mei>iterw.62'i f. y wo F. in da^sBiid Geta T. stehend mit Mauerkrone, mit Schale
einer der drei Münzen dieses Typus zu Berlin in der R. und Füllhorn in der L., etwa vor
(mit Beischrift Tv'XH) darstellt, F. 125 das Re- oder neben ihr ein Altar, Lnhoof u. Gardyier
lief (auch Wolters a. a. 0. 248. Bosanquet, Journ. 40 p. 7 f., pl. A 14). Anderseits wird mit Praxiteles
o/*/kri/. «tud. 18 [189SJ, 60f., 1. S. Reinach, Rip. zusammengebracht die Statue der Münchener
d« rcZ. 2, 361, 4). Alle drei Berliner Exemplare Glyptothek nr. 227 {Brunn-Br. 123. Brunn,
dieses Münztypus zeigen deutlich die Säule als Beschr. d. Glypt.^ 146 f., 113. Furtioängler, Mei-
Stütze und das Kind, das die Arme nach r. steru?. 554 f.: Beschr. d.Glypt.220/2S, 227 ; Einh.
emporhebt; darnach sind die Angaben von Taf. ^i. Wolters, Glypt. Idi2, S. 30. 221, T. 31;
Imiioof, Gr. Münzen S. 23, 2 zu n. 66 (T. 2, 8) 1921, S. 26, 227. Klein, Prax. S. 313, 56), die
zu berichtigen (vgl. Head* 487). Die Identität Statue einer Artemis-T. oder Isis-T aus pari-
des Typus von Relief und Münzen hat schon schem Marmor, 1812 aus Pal. Braschi in Rom
Wolters erkannt; Furtwängler aber hat ja von erworben als Torso, dessen Ergänzung Thor-
der T. von Melos, in deren auf einem Pfeiler 50 valdsen besorgte: Kopf, Hände und Füllhorn
aufgestützten R. er den Apfel vermutete (rb in der L. sind ergänzt, letzteres richtig nach
ft^Xof, das Symbol der Insel wie die Rose das besser erhaltener Replik. ^Zugrunde liegt eine
von Rhodos), ebendies Motiv des auf den Komposition praxitelischer Art, welche die ju-
Pfeiler aufgesetzten Armes mit Apfel in der gendliche Artemis darstellte; diese ist im
Hand herangezogen für die Ergänzung der Altertum umgestaltet worden und zwar bald
'Aphrodite von Melos', im besonderen ihres zu einer Isis, bald zu einer T., doch ist dabei
erhobenen 1. Armes, und die Übertragung eines das Köcherband, das allerdings in besonders
Motivs von der Stadtgöttin, der T., auf die reizvoller Weise in die Gewandfalten auf der
Aphrodite auch begreiflich machen wollen Brust einschneidet, gegen seinen eigentlichen
durch den Hinweis auf die nahe ße/.iehung 60 Sinn beibehalten worden' (Wolters). Somit eine
der T. zur Aphrodite, 'die besonders im grie- T mit der Artemis entlehnten Zügen: ein spä-
chischen Osten zur hiillenistischen Zeit lebendig teres orphisches Zeugais (Orph. H. 72), das T.
war und die zu mancher Vermischung beider mit Artemis identifi-iiert, kann auf ältere Vor-
Anlaß gab'. — Im Typus der Eirene des Ke- stell mg zurückgehen Ft*ri^*Ai^?er). — Auch der
phisodot, somit wohl a ich der T. des Xeno- andere populärste Meister der Antike, Ape 11 es,
phon (und des Kallistonikos; für Theben (und hat T. zum Gegenstand eines seiner Werke ge-
der T. von Melos) dürfte des weiteren die T. macht: sitzend hat er sie gemalt, ein Novum
von Athen zu erkennen sein auf einer der offenbar, das er spöttisch damit begründete,
1361 Tyche Tyche 1362
daß das Glück doch nicht feststehe, Stob. flor. Beckei- 11, 98 f. s. Eutych. Bei Nennung des
105,60. J^iörtn. <7i7>/tr, 69 (4, 1(;69 7>'m/.e. H, 041f. Sikyoniers Eutychides, de» LysipposschühM-s,
Foerster). Ovcrbeck, S.Q. lH(jS f. In ÜJhereixiBtim- bemerkt Poit«. 6, '2, 7, dieser auch habe den
niung mit Apelles bat auch Eutychides seine Syrern am Orontes ein Bild der T. geschaffen,
T. von Antiocheia sitzend dargestellt; doch, da das bei den Einheimischen iu großen Ehren
bei dieser länger zu verweilen ist, sei vorerst stehe (dazu Hitzig- Blüninir '2, ö'iH). Wnd Plm.
hingowiesen auf die übrigen von Vausanins 34,51 der Erzbildner Eutychides an der Spitze
erwähnten T.-Darstellungen , zunächst auf die einer Keihe veeiterer Künstler in die 121. Ol.
T. des Üamophon von Messene, ein Marmor- gesetzt (= 296,93 v. Chr.), so stimmt dazu,
bild, Vaus. 4, 31, 10 zusammengenannt mit dem lo daß er eben damals die T. geschaffen der nach
der "Agr^uKs (^wöcpogog und andern im Askle- Kusebios Ol. 115,4 (= 317) unter dem Namen
pioHtempel zu Messene, das wohl neben der Antigoneia gegründeten, Ol. 119, 3 (== 302)
Personilikatiou der Stadt Theben eine solche durch Seleukos unter dem Namen Antiocheia
von Messene war, im besondern die T. von erneuerten Stadt. Und einer Vergleichung der
Messene meinte, Brunn, Künstler gei^ch.* 1, 202 beiden Stellen in des loh. Malalas Chronogrn-
(288); auf des Damophon T. geht möglicher- pjiia 8, S. 201, 1 f. u. 11, S 276, 4if. (ed. Bonn.)
weise zurück der Kopf mit Mauerkrone und läßt sich entnehmen, daß das Material beim
Schleier im Profil n. r. auf messenischen K'- Original des Eutychides Bronze war, vergol-
münzen mit Asklepiosstatue auf der Vs., Im- dete Bronze bei einem Sctfidgviia, der Kopie,
Jionf u. Gardner p. 60, pl.P2. Hitzig-Blümner 20 die Kaiser Trajan im Theater der Stadt auf-
2, 171, T. 17, 18. Bloß aus Pausanias ist uns gestellt habe, bzw. in einem zum Theater ge-
Damophon bekannt; daß aber der Pericget hörigen Nymphaion oder Tetrakionion (vgl.
seiner mit Vorliebe und Begeisterung gedenkt, z. B. die Münzbilder Brit. Mus. Cat. ofGalatia,
während auffallenderweise Plinius über ihn Capparf. anrf Äyr/a pl. 26, 4 f. 25, 12): T. sitzend'
sich ausschweigt, findet nach Bobert (bei Pauly- über dem Flußgott Orontes, bekränzt von den
Wissowa 4, 2079, 2 ff.) seine Erklärung darin, Königen Seleukos und Antiochos, vgl. Wolters,
daß Damophon erst ein etwas älterer Zeit- Arch. Ztg. 42 (1884), 162. Foerster a. a. 0. 146.
genösse des Pausanias gewesen, tätig in der Des Eutychides Bronzegruppe, für die man all-
Zeit Hadrians, wogegen man gemeinhin des gemein Kolossalgrüße annimmt, ist übergegan-
Damophon Tätigkeit zusammenfallen läßt mit so gen auf die Münzen von Antiocheia a. 0.,
dem Aufschwung Messenien.s und Arkadiens vgl. Head^ 779, F. 343. Head-Svoronos 2, 371,
zu Beginn des 2. Jahrh.s v. Chr., zur Zeit des T. 31, 11. I.-B , Gr. Mz. 2:^2 f., 768. 770, T. 14,
Achaiischen Bundes, Amelung in Thieme-BecJcers 1 f. Br. M. Cat. ofGalatia etc. T. 20, 10. 13. 24,
Künsilerlex. 8, 332, s. Damophon. Hingegen 11. 13. 25,1. 12. 26, 4f. o. Bd. 1, Sp. 1493, 32ff.
von der T. im Heraion zu Olympia weiß Patt- etc., auch auf der Rs. einer Silberprägung
sanias (5, 17,3) den Bildner nicht zu nennen, (Tetradrachme) des armenischen Königs Tigra-
bloß mitzuteilen, daß sie wie die in ihrer Um- nes (83 66 v. Chr. Beherrscher von Syrien), vgl.
gebung aufgestellten Bildwerke ihm sehr alt J.- JB., iltfonw. ^r. 437 f., 122 f. fi^eac^'* 772, F. 342.
zu sein schien, ausgeführt in chryselephantiner Kurt Begling, Die ant. Mz.* S. 44. In der Reihe
Technik. Zu Korinth wiederum war es im 40 der Repliken stand bis vor kurzem obenan die
Tempel der T. ein ayccl^a og&bv Tlagiov /iid'ov c. 1780 zu Rom vor Porta S. Giovanni gefun-
nach Paus. 2, 2, 8 und für T. -Bilder auf K'- dene Marmorstatuette in der Kandelabergalerie
münzen von Korinth vgl. Imhoof u. Gardner des Vatikan, Friederichs -Wolters , Bausteine
p. 20, pl. E 83/85. Hitzig- Blümner 1, 495. Für 504 f., 1396. Helbig^ S6'2. Brunn-Br. 1Ö4.. Ame-
Thespiai endlich ist der T. Bild neben dem lung, Führer d. d. Ant. in Florenz Abb. 49 (268/
des Dionysos bezeugt durch Paws. 9, 26, 8 an 69). Baumeister, Denkm.{\)b\^,b>oO. Collignon-
lückenhafter Stelle. Baumgarten, (xr. PZos^. 2, 523 ff, 253. Springer-
Wenn schon des Bupalos T. zu Smyrna Wolters^^ S.MI, ^9. Löwy, Gr. Plast* T. 13b,
wahrscheinlich als Stadtgöttin gedacht war 232 (S. 116). Baumgarten-Poland-Wagner, Hel-
(^infolge ihres abstrakten Wesens erhält ins- 50 lenist.-röm. Kultur S.SO, 4:b. 144, 72 (uns. Abb. 1
besondere T. allmählich eine Mittelstellung u. 2). Allein gegenüber der vatikanischen Sta-
zwischen einer Schutzgöttin und einer Personi- tuette, die eine etwas spätere Variante darstel-
fikation der Stadt selbst', Steuding o. Bd. 2, len dürfte, eine Um- oder Weiterbildung des Ori-
Sp 2092, 30ff.\ sicher war das des Eutychi- ginals, wie sie auch auf gewissen Münzen, in einer
des so erfolgreiches Werk, dessen T. von An- minderwertigen Marmorreplik im Museo Biscari
tiocheia a. 0., von der sich anhand von Münz- zu Catania {Petersen, Böm. Mitt. 12 [1897), 135,
bildern zahlreiche Repliken nachweisen lassen nr. 12) und in einer Silberstatuette im Brit.
in Form von Statuetten in Bronze und Mar- Museum {Gardner a. a. 0. pl. 5, 4) uns entgegen-
mor. Vgl. P. Gardner, J. H. S. 9 (1888), 75 ff., tritt, gibt offenbar das Urbild getreuer wieder
pl. 5. Bich. Foerster, Arch. Jb. 12 (1897), 113 f. 60 die Marmor Statuette, die (0,47 m hoch), c. 1905
145 ff. {Replikenverz. S. 148, 216). Klein, Gr. K. gleichfalls zu Rom gefunden, zunächst in die
3, 40 ff. Bobert bei Pauly -Wissowa 6, 1532 f., Sammlung Arndt in München, bald darauf ins
39 ff. s. Eutychides. TFaser eM 2790, 15ff. 2807, Museum für bild. Künste in Budapest über-
48 ff s. Flußgötter. He Bidder, Coli, de Clercq gegangen ist, vgl. Münchner Jb. d. bild. Künste
3, 228 ff*. P.Arndt, Text zu Brunn-Br. 610, wo 2(1907), 149. Primn-Sr. 610 (mit Text von 1909).
A. 1 die Bephkenverzeichnisse von Foerster und Leider fehlt der Kopf (Kopf und Hals, r. Un-
He Bidder berichtigt und ergänzt sind, Heibig, terarm und r. Fuß waren besonders angestückt
Führer^ 1,232 f., 362. Amelung bei Thieme- und mit Metallstiften angesetzt, ebenso der
1363
Tyche
Tyche
1364
1) Tyche von Antiooheia a. O., MarmorsUtuette (nach der
Bronzegruppe det Eutychidet) im Vatikan.
Nach Photographie.
Orontes), uud ein paar noch kleinere Bronze-
repliken treten in den Riß, uns eine Vorstel-
lung zu vermitteln von dem fehlenden Kopf,
überhaupt das Bild dieser T. von Antiocheia
zu ergänzen, namentlich zwei zu Florenz, Ame-
lung a. a. 0. nr. 261 f. Milani, II R. Museo arch.
dt Firenze (1912) p. 169, t. 138. Arndt a. a. 0.
Fig. 1/3, wo außerdem F. 4 das Exemplar der
Sammlung de Clercq zu Paris (auch Bulle, Der
schöne Mensch* Sp. 376 flF., Abb. 100) und F. 5
das eine der beiden Exemplare in der Bibl.
Nat. zu Paris (nr. 607). Das Sitzmotiv ist hier
wie dort dasselbe, abweichend die Gewand-
behandlung, hinsichtlich des Himations, das
komplizierter und feater um den Oberkörper
geschlagen war, als das vatikanische Exemplar
zeigt, wie auch hinsichtlich des Chitons, der
aus kreppartigem Stoff bestand, dessen Rippen
einmal auch auf einer Münze bei aller Klein-
heit deutlich wiedergegeben sind. Als charak-
teristisches Kennzeichen kehrt bei sämtlichen
vier Kleinbronzen der
Faltenzug vom r. Ell-
bogen zum 1. Oberschen-
kel wieder, der in der
nämlichen harten Aus-
führung auch am Pester
Marmor sich findet, wo-
gegen an der vatikani-
schen Statuette die Be-
handlung dieser Partien
des Obergewands ab-
v^ 4„ rn- ,^ m u weichend ist, und über-
KOnigs Tigranes mit Tyche , . ,'. , _%
von Antiocheia (nach einstimmend ist an Bron-
Gardner, Type» ofgreelc coins ^en und der Pester Sta-
T. 15). ' tuette auch die Anord-
i) Tetradrachme des armen.
nung und Detailausführung des fein gerippten
Chitons. Eutychides hat in Berücksichtigung
der Lage Antiochiens in der Ebene zwischen
dem Fluß Orontes und dem felsigen Berg
Silpios die über die Stadt waltende T. auf
einem Fels sitzend dargestellt, somit wohl als
auf dem Silpios thronend gedacht, und zu
ihren Füßien den jugendlichen Flußgott Orontes,
knabenhaft gebildet als fröhlicher Schwimmer
10 mit ausgebreiteten Armen, der unter der T.
aus dem Felsen auftaucht und vom Druck ihres
r. Fußes auf seine r. Schulter gebändigt er-
scheint, gleichwie der Fluß nach längerem
unterirdischen Lauf nahe dem die Stadt über-
ragenden Hügel aufs neue an die Oberfläche
tritt und bei dem Ungestüm seiner Fluten, bei
seiner Neigung zu Überschwemmung gar sehr
eines Dämpfers bedarf. In ebenso behaglicher
wie lässiger Haltung, die 'nicht übel das Ge-
so bundensein an den Ort, das breite, feste Haf-
ten an der Stelle ausspricht' {Bulle), thront
die Göttin, das r. Bein über das 1. geschlagen,
in dem Motiv der Ruhe, das in der antiken Kunst
nicht selten das der ewigen Ruhe ist (nicht
bloß beim Genius des Todes, o. Bd. 6, Sp. 622,
52 ff., sondern beispielsweise auch bei den gleich-
falls sitzenden 'trauernden Mägden', Brunn-
Br. 534, oder im Grabrelief vom llissos, Br.
469, oder bei tot hingestreckten Gestalten wie
so dem im Tode ausgestreckten Niobeknaben, er-
halten in den drei Exemplaren zu Florenz,
München, Br. 314, und Dresden). Den r. Ell-
bogen läßt die Göttin aufruhen auf dem r.
Oberschenkel (der r. Unterarm ist bei allen
Wiederholungen und auf den Münzen gesenkt
und über den Oberschenkel gelegt, die Ergän-
zung der vatikanischen Statuette somit irrig),
wogegen die L. hinterwärts auf dem Felsen
aufgestützt ist; in der R. hält sie ein Büschel
40 Ähren (und Trauben) als Hinweis auf die Frucht-
barkeit des Orontestales (so nach dem Zeugnis
der Bronzen, das den Vorzug verdient vor dem
der Münzen, wo gelegentlich auch ein Palm-
zweig erscheint). Der Kopf zeigt die sog. Me-
lonenfrisur, darüber die Turm- oder Mauer-
krone, die im besonderen die Stadtgöttin kenn-
zeichnet (s. u.), endlich den Hinterkopf vom
Himation bedeckt. Mit Wohlgefallen scheinen
der Göttin Blicke über die fruchtbaren Gefilde
50 zu schweifen, wo die Ernte reift. — Zahlreiche
ähnlich an Flüssen oder in der Nähe von Flüs-
sen gelegene Städte haben, wie man aus Mün-
zen ersieht, diesen Typus der Stadtgöttin nach-
geahmt oder einfach den Münztypus übernom-
men ; jedenfalls kommen für dasselbe Münzbild
noch folgende Prägeorte in Betracht: Laodi-
keia in Syrien, Head-Svoronos 2, 376, Damaskos
in Koilesyrien (mit Fluß Chrysorrhoas), H.-Sv.
2, 379 f. ; in Kommagene Samosata (mit Euphrat;,
60 H.-Sv. 2,365; in Mesopotamien Nisibis, Seleu-
keia (Tigris) und^ Singara (Mygdonios), H.-Sv.
2, 422 f. ; in Assyrien Atusa (Kapros), H.-Sv. 2,
423; ganz besonders kilikische Städte wie Mal-
los (mit Verdoppelung des Flußgottes, weil der
Pyramos bei Mallos in zwei Arme sich teilt),
Soloi Pompeiopolis und Tarsos (Kydnos), I.-B.,
Coin-types of some Küikian cities, J. H. S. 18
(1898), 163, 6a. 166, 15 (pl. 12, 14). 179 f., 54
1365 Tyche Tyche 1366-
{pl. 13, 21), für Mallos 8. auch LB., Zur Gr. gegen Jerichos Untergang eindrucksvoll ver-
u. Uöm. Münzk. 213, für Tarsos auch H.-So. anschaulicht wird durch das nun (weil die Stadt
2,312. Z.-ß., G>. 3/^. lüOf., 582/86 (hier T. auf zerstört) klagend am Boden sitzende Weib,
Sessel mit Löweufuß sitzend), ferner Adana das sein Füllhorn weggelegt (CrmrMCci t. 160, 2.
(Saros), H.-Sv. 2, 282, Anazarbos, Hieropolia Schnitze a. a. 0). Vgl. Waser, Votn Flußgott
Kastabala und Mopsuestia (Pyramos), I.-Ji., Jordan und andern Personißkationen , ^Fest-
Monn.gr. 350, 14. 3(32,41; Kleinas. Jf^r. 432,3f. gahe f. Ad. KaegV (1919) S. 214 f.
448,4, ferner Augusta, 7.- ß., Ä'Zemos. 3/^!. 483, Wie zu Antiochien, so stand die T., und
3, T. 16, 27, und Flaviopolis, H.-Sv. 2,313, fer- zwar augenscheinlich in noch höherem Grad,
ner Diokaisareia, Eirenopolis und Seleukeia lo zu Alexandreia in Ägypten in großen Ehren,
(Kalykadnos) , I.-B., Kleinas. Mz. 484 f., 14 was hervorgeht einmal aus der Bedeutung ihres
(T. 20,24). 15; Zur Gr. u. Rom. Münzk. 206. Tempels, des Tvxcciov, das von Libanios fx^p.
H.-Sü. 2,286; in Kappadokien Kaisareia (Me- 25 {4:,lll3f. Rei.ske. 8,529/31 Foerster == Rhet.
las?), I.-B., Monn. gr. 417, 182, und Tyana, Gr. ed. Walz 1,408 f.) beschrieben, auch von
If.-Äy. 2, 338 ; in Lykaonien Barata, I.-B., Klein- Theophylakios Simokattes 8, 13, 10 ed. Carl de
as. Mz. 416,1. H.-Sv. 2,277; in Pisidien An- Boor (z^Qoe ä' ovrog rfis kXs^avSQBicc? iniar]-
tiocheia (Anthios), I.-B., Kleinas. Mz. 362, 27, ^log) erwähnt wird (dazu Puchstein bei Pauly-
T. 12^23; in Pamphylien Aspendos (Euryme- Wissoiva 1,1383, 42 flF. s. Alexandreia), sodann
don?), ilf iowwe^ 3, 447, 8, Perge (Kestros ?), I.-B., aus der Häufigkeit ihres Vorkommens auf den
Kleinas. Mz. 332,31, und Side (Melas), H.-Sv. 20 Münzen dieser Stadt, die ja eine der wichtig-
2,263; vgl. auch die K'münze von Side mit sten Münzstätten des römischen Reiches ge-
Commodus, auf deren Rs. gleichfalls eine Ko- wesen, vgl. R. St. Poole, Cat. of the coins of
pie der T. des Eutychides, aber, da die Stadt Alex. etc. in the Brit. Mus. (1892), insbeson-
nicht eigentlich am Melas lag, statt des Fluß- dere Introd. p. LVf. XC. Ind. p. 384. pl. 1.1.
gottes eine Schiffsprora als Symbol der See- Dargestellt ist da die T. bald stehend oder
Stadt, I.-B., Ztschr. f. Num. 3 (1876), 331,8; sitzend, bald auch (was eine Besonderheit der
Kleinas. Mz. 338,18, T. 11,23; ferner Aphro- alexandrinischen Prägung) gelagert auf einer
disias in Karien (Morsynos oder Timeles), I.-B., Kline, femer mit Steuerruder in der R. und,
Zur Gr. u. Rom. Münzk. 82, 1 , Ankyra in Ga- abgesehen von den Fällen, wo sie gelagert er-
lation, Mionnet 4,378,22, Nikaia in Bithynien, 30 scheint, mit Füllhorn im 1. Arm, gewöhnlich
Mionnet 2, 460, 275, Hadrianopolis in Thrakien mit Modius auf dem Haupt, seltener mit dem
(Tonzos oder Hebros), Jf/onwei 1,386, 142; Suppl. Kopfschmuck der Isis. Die T. von Alexandreia
2, 332, 799 usw. — Welcher Beliebtheit des Euty- mit Modius, auf einer Kline gelagert nach 1.,
chides Schöpfung sich erfreute, wie sehr sie mit der R. das Steuerruder quer über den Leib
die Vorstellung von der Tvxri tfjg TtoXsag be- haltend, mit der L. den Kopf stützend, zeigt
stimmt hat, beweist indes nicht bloß das so auch ein rundes Silberrelief, das aus Ägypten
häufige Wiederkehren der Figur auf Münzen nach Schloß Goluchov gelangt ist, W. Fröhner,
hellenistischer und römischer Zeit, das zeigt Coli. Goluchov pl. 6, 24=. Reinach, Rep. de rel. 2,
auch ihre Auswirkung noch in frühchristlicher 126,2 (gleichfalls noch gelagert die T. von
Kunst, beispielsweise die Josuarolle in der Va- 40 Aphrodisias, Karien, auf einem aus den
tikansbibliothek, vgl. Raff'. Garrucci, Storia delV Thermen der Stadt stammenden Relief zu Kon-
arte crist. 3, 157/67, ferner in den "Codices e stantinopel, C.-R. de VAcad. des Inscr. 1904,
Vat. selecti^ {A. MuTioz) II rotulo di Giosue, pl. 4. Reinach a>. a, 0 . 1,1,3). Einmal, auf ale-
cod. vat.- pal. gr. 4:31 (Milano 1904): unter den xandrinischer K'münze mit Domitian, ist der
nicht weniger als 14 Personifikationen sind da stehenden T. mit Modius, Steuerruder und FüU-
ihrer sechs Stadtgöttinnen festzustellen , zwei- hörn TVXH C€BACT(oü) beigeschrieben, Br. M.
mal die Personifikation der Stadt Jericho (7t6- Cat. of Alex. 37 (pl. 11), 297. Head^ 862. Ge-
Xtg'lsQLxä)), Garruccit. 169,2 {= Wickhoff, Wie- legentlich auch, auf K'münzen mit Antoninus
ner Genesis T. C, *"die erste getreue Reproduk- Pius, erscheint T. innerhalb ihres Tempels,
tion in Originalgröße', und Oskar Wulff, Alt- 50 des Tychaion, angedeutet durch zwei Säulen
Christi. Kunst,m Bürgern Handh.^.219,2&h)viT\di l. und r., die einen Giebel tragen mit Diskos
t. 160,2 (= Victor Schnitze, Arch. d. altchristl. im Feld: in dieser Aedicula T. nach 1. gela-
JS^?*nsi S. 192, 59) gar dreimal die der Stadt A'i gert auf einer Kline, an deren zugekehrter
{tc. rat), Garrucci 1. 160, 2 (= Schultze a. a. 0.). Langseite drei Girlanden niederhangen, in Chi-
161,2. 163,2, und einmal die der Stadt Gibeon ton und Peplos, mit Modius, mit der R. das
(tt. Fa/Saai»'), (ran•wcc^ 1. 165, 2, stets eine sitzende Steuerruder haltend quer über den Leib, mit
Frauengestalt mit der Mauerkrone (wozu in der der L. den Kopf stützend, Br. M. Cat. of Alex.
Hälfte der Fälle noch der Nimbus kommt!), 143, 1198 f., pl. 28, 1198. Gleichfalls auf K'mün-
gewöhnlich mit Füllhorn als Attribut, mit dem zen mit Antoninus Pius diese T. stehend mit
gewichtigen Zepter die Stadtgöttin von Gibeon; 60 Kopf nach 1., mit Kornähren in der erhobenen
so recht eigentlich aber wiederholt den Typus R. , mit der L. das Steuerruder schulternd,
der T. von Antiocheia die Stadtgöttin, die vor zwischen zwei Schifi'sschnäbeln, unter denen zu
der Stadt Jericho sitzt, das 1. Bein übers r. der T. Füßen zwei kleinere Gestalten, 1. eine
geschlagen, eine Schale neben sich auf der weibliche am Boden sitzend, r. der Flußgott
Steinbank, in der Illustration von Jo5. 5, 13/15, Neilos, nach l. gelagert, mit Lotos bekränzt,
da dem Josua ein Engel erscheint vor Jericho, mit Ruder in der R., a. a. 0. 139, 1173 f., pl. 24,
laut Beisehrift der Erzengel Michael {Garrucci 1173. In anderen Fällen hält die T. (bzw. die
t. 159,2. Wickhoff a. a. 0. Wulff sl. a. 0.), wo- personifizierte Alexandreia) auf ihrem ausge-
1367
Tyche
Tyche
13G8
8) H«lleni8titches Belief bild mit „Alexandreia" zu Rom im Casino Boncompagni-LudoTiai (nach Th. Schreiber,
Hellenitt. Relief b. T. 87).
streckten 1. Arm eine Statuette der Isis (der
Isis Pharia mit Sitnla und Zepter), so stehend
von vorn, den mit Turmkrone geschmückten
Kopf nach r gewendet, mit der Ü. das Steuer-
ruder bei Fuß haltend, auf Billon- und K'mün-
zen mit Antoninus Pius und auf Billonmünzen
mit M. Aurel, a. a. 0. 116 (pl. 24), 1000. 139,
117*2. 148, 1232. Und direkt der Isis assimiliert
erscheint T., indem ihr statt des Jftodius der
Kopfschmuck der Isis verliehen ist, «o auf K'-
münzen mit Hadrian und Antoninus Pius, a. a 0.
86 (pl. 11), 742. 126, 1076 (wozu vgl. die Bronze-
4) Silbenchale mit Brustbild der StadtgOttin „Alexan-
dreia", aoB Boscoreale im Louvre (nach Mon. Piot V T. 1).
Statuette aus Herculaneum, Miiseo Borh. 3, 26.
Müller -Wieseler, Denkm. 2, 925. Baumeister,
Benkm. 1,671,606. Beinach, Stat 1,609,7; o.
Bd. 1, Sp. 1630); sodann äußert sich die An-
näherung auch darin, daß der Knoten, in den der
T. Peplos über der Brust geschlungen ist (z. B.
a. a. 0. 210, 1636/42, pl. 11, 1642), unter Philip-
pus I. deutlich zum Isisknoten geworden ist,
40 z. B. a. a. 0 255, 1972/78, pl. 11, 1974. Eine be-
sondere Isityche hat sich gebildet, CIL 14,
2867, vgl. Ann. d. I. 1865, 85. Gruppe, Gr.
Myih. 1095, 1. o. Bd. 1, Sp. 1533, 7 tt. 1.43 f.,
63 flF. Bd. 2, Sp 546, 20 ff.; reiches Belegmaterial
für diese Verschmelzung von T. und Fortuna
mit Isis 0. Bd. 1, Sp. 1630/33. 1549 65. Bd. 2,
Sp. 646 f. Auf dem Boden Alexandriens gibt
sich diese Verschmelzung lediglich als die Ver-
einigung zweier Arten der Stadtdarstellung,
50 und diesen gesellt sich als dritte die ^\le^an-
dreia' selbst, die eigentliche Personifikation
der Ptolemaierresidenz, wie sie nicht allein auf
Münzen uns entgegentritt (vgl. besonders a. a. 0.
pl. 24), sondern ebenso in einem 'hellenistischen
Belief bild' zu Rom im Casino Boncompagni-
Ludovisi, bei Schreiber, Hellenist. Belief b. T. 87.
Waser, Neue Jahrb. 1906 (Bd. 16), 121, T. 2, 1
(uns. Abb. 3), und als vergoldete Büste das
Emblem bildet der silbernen Prunkschale in
60 dem 1896 zu Boscoreale bei Pompei gemachten
Silberiund, jetzt im Louvre, Heion de Villefosse,
Mon. PiotY, pl 1. Beinach., Bep. d. rel. 1, 84, 1.
Baum garten etc., Hellenist. -röm. Kultur S. 167,
92 (uns. Abb 4).
Ihre Rolle spielte die T. auch in der neuen
Resi(jlenz Constantins d. Gr., und der 'T. von
Konstantin opel' hat Jof^ef Strzygowski eine
besondere Studie gewidmet in der ^ Analecta
1369 Tyche Tjche 1370
Graeciensia^ betitelten Fistschrift zur 42. Fht- der römischen Kaiserzeit, und bei der unge-
lolof/envers. in Wien (Graz 1893) S. 141/63; eines heuern Menjj;e antiker Städte, auf deren äpä-
Tychaion zu Konstantinopel gedenkt Hesychios teren Münzen die T. erscheint, kann es sich
Jllusfrios aus Milet, Orig. Const. 4, 15 {FHG im folgenden bloß noch um Keimzeichnung der
4,149,5. Thcüd. Freger, Script. orig.Cpolitanar. verschiedenen Münztypen und Heraushebung
p. 6); vgl. auch Hocratis Schal, bist, eccles. 3,11,3 der interesHanteren bandeln, wogegen für alles
(1,417 ed. Hob. Husscy) und Sozomcnihist. eccles. übrige verwiesen werden muß auf die Register
6,4,8 (2,447 Jlusscy)^ dazu Frust r. Lasaulx, in Münzpublikationen wie Imhoof - lHumers
Unterg. d. IlelUn Ismus tS. 46. Welcher, Gr. Gut- ilfon/j.^r. (p. 490»; Crr. iV/^. (S. 291); Lyd.Sladtm.
terl. 2,809 usf. Constantin hat 330 die Sta»lt lo (S. 203. 211); Kleifias. Mz. (S. öGO 675); Zur
nach antikem lirauch der T. geweiht und ihr Gr. u. Rom. Mihizk. (S. 320f.), in den betrelfen-
neben dem politischen Namen Kcovaravrivov- den Bänden des Münzkatalog.s des Brit. Mu-
rcoXig oder Nta 'Fuifir] den priesterlichen Ge- seums usf Im allgemeinen sind es stets wieder-
heiiiinamen (oi'0|[ia ttpaTfx6i')!4v'9'oi;()a verliehen, kehrend dieselben 'Jypen: T. in ganzer Figur
analog der Bezeichnung Alt-Roms, de^8en prie- stehend oder sitzend (liegend, d. h. auf Kline
sterlicher Name ^Flora' gewesen sei, vgl. zumal gelagert, bloß auf alexandrinischen Münzen,
lo. Lydus de mens. 4:,'2b. 50 f., p. 156, 7 f. 85, l-^tf. s o.), mit Kalathcs oder Turmkrone auf dem
86, 12f, Bkk. J. Burckhardt, Die Zeit Const. d. Haupt, gewölnlich mit Steuerruder und Füll-
Gr.' 414. Strzygouski a. a. 0. 143. Wissouahei hörn als Attributen der Hände, oder nur Büste
Fauly-Wissoua 1, 2393, 8 ff. Oberhummer ebd. 20 oder Kopf der T. im Profil, geschmückt mit
4, 964, 53 tf., wogegen }\issowa a. a. 0. 6, 2749, Mauerkrone und Schleier. Vereinzelt ist das
38 tf. 8. Flora die Ansicht vertritt, mit dieser Vorkommen der T. in halber Figur nach 1.,
späten Tradition sei nichts Rechtes anzufangen; mit Turmkrone, die R. am Zepter, im 1. Arm
ühlehnend auch V. Schultze, KonstaritinopelS. Sy das Füllhorn, so auf K'münzen phrygischer.
8. Mit der Weihe der Stadt steht wohl in di- Städte, von Bruzos (aus der Zeit des Sept.. Se-
rektem Zusammenhang die Frauengestalt, die verus oder des Caracalla), I.-JB., Monn. «^rr. 394,
auf einer Gruppe von Silbermedaillons mit Kopf 66, und von Sebaste, J.-B., Zur Gr. u. Hörn.
Constantins d. Gr. erscheint, vgl. /i^;iec//äwder, Miinzk. lQbf.,d, sowie auch auf solchen von
Ztsehr.f.Num. 3 (1876), 125/28. Strzygowski a. Herakleia Salbake in Karien, Br. M. Cat. of
a. 0. 145 flf. Schultze a. a. 0. Begling, Die ant. so Caria 118, 14, T. 20, 2. T. thronend nach l, das
Mz.^ S. 120: eine in langen Chiton und Mantel Steuerruder aufstützend auf eine Büste, auf
gekleidete weibliche Gestalt mit Mauerkrone Münzen von Amisos (Pontos), K'münze mit Ca-
sitzt nach r. auf einem mit Edelsteinen ge- racalla und Silbermünze mit Hadrian, I.-B.,
schmückten Thron, im 1. Arm ein mit Früchten Monn. gr. 226 f.. 3 f. Wie gelegentlich (vgl. Br.
gefülltes Hörn, auf das die zur Taille erhobene M. Cat. of Alex. 143, pl. 28, 1198) die T. von
R. hinzuweisen scheint; die Füße ruhen auf Alexandreia, so erscheint auch die T. pisidi-
einem aus dem Boden aufragenden Schiffs- öcher Städte auf deren Münzen in der Aedi-
vorderteil, just wie lo. Zonaras 14,4 (3. 263 cula, so auf K'münzen von Timbrias mit Cara-
Dind.) von einem Erzbild der T. rfy? Ttdilfcos calla (T. mit Kalathos, Steuerruder und Füll-
zu Konstantinopel aussagt, daß es gegeben war 40 hörn zwischen den zwei Säulen einer Tempel-
iv HÖki yvvccixos ^ccrtgov xüv tioömv ivtbg front nach 1. stehend), I.-B., Zur Gr. u. Rom.
vriog ixovßris '^Qo avxfjg IffTtoGr]?. Für diesen ilfitw0^\ S. 198, 2, auf solchen von Baris mit Ho-
Typus aber der sitzenden T., die den Fuß auf stilian, l.-B., Monn. gr. 336, 71, und wiederum
eine Schiffsprora setzt, sei erinnert an K'mün- auf solchen von Sagalassos mit Claudius IL;
zen von Side in Pamphylien mit Commodus, doch ist es hier eine Tempelfront mit vier Säu-
I.-B., Ztschr. f. Num. 3,331,8; Kleinns. Mz. len und einem Giebeldach, das mit Ziegeln be-
338,18, T. 11,23: auch hier liegt eine Ablei- deckt und bekrönt ist von einem Globus mit
tung aus der T. von Antiocheia vor, wobei, da Mondsichel darüber; die beiden dies Giebel-
Side nicht an einem Fluß gelegen, der Fluß- dach flankierenden nackten Jünglinge mit spitzer
gott ersetzt ist durch die Schiffsprora, das 50 Mütze (die R. vorgestreckt, die L. am Speer)
Symbol der Seestadt. Und hingewiesen sei noch dürften (auf Grund ihrer Kopfbedeckung und
auf Zosimihist. nova 2, 31, p. 89, 2; wo berichtet der Mondsichel über dem Giebel) als die Dios-
wird, Constantin habe am Ende einer der vier kuren anzusprechen sein , vgl. Br. M. Cat. of
den größten Platz von By/anz umschließenden Lykia etc. 251,55, pl. 38,15. I^utn. Ztschr. 32
Arkaden zwei Tempel erbaut und darin Sta- (1900), 166 (T. 9), 31. I.-B., Zur Gr. u. Rum.
tuen aufgestellt, im einen die der Göttermutter Münzk. 194 f., 10, T. 7, 17. Ähnlich T. nach 1.
Rhea, im andern die der T., vgl. Strzygowski sitzend im Durchgang eines Stadttors mit drei
a.a.O. 146. 150. J.Miller bei Pauly-Wissoiva bezinnten Türmen, unter deren naittlerem, mit
3, 1147, 3 ff. Für weitere T.-Bilder in Konstan- Kalathos, Füllhorn im 1. Arm, Ähren in der
tinopel vgl. Burckhardt a. a. 0. 359. 416. 421. 60 vorgestreckten R. und zu ihren Füßen eine
Strzygoivski 144 ff. Index b. Preger, Scr. orig. Schlange (?), T. auf K'münzen von Isaura, Kili-
Cpolitanar. p. 355 f. kien, mit Sept. Severus (vgl. Strah. 12, p. 568, der
Auf älteren Münzen kommt T. sozusagen Neu-lsaura svegw], die ''wohlbefestigte', nennt),
nicht vor (abgesehen etwa von der K'münze Br. M. Cat. of Lycaonia etc. T. 40, 2. I.-B.,
von Argos aus dem 3. Jahrb. v. Chr. mit stehen- Kleinas. Mz. 449, 2, T. 17, 12. — Die Beischrift
der T., die in der vorgestreckten R. eine Schale, Tvxri icöXscog ist nachweisbar auf Münzen von
im 1. Arm das Füllhorn hält, Imhoof u. Gard- Germe a. Kaikos, Mionnet 2, 553, 253. I.-B.,
ner p. 37, pl. K 29), um so häufiger auf Münzen Lyd. Stadtm. 68. Head^ 651, und von Attaia in
1371 Tyche Tyche 1372
Myaien (K'münzen aus der Zeit des M. Aurel münze von Kyzikos mit Gallienus die nach 1.
und des Commodus, auf deren Vs. das Brust- stehende pantheistische Göttin, geflügelt, be-
bild der T. mit Kalathos und Gewand nach r.), helmt, die R. auf ein Steuerruder stützend, zu
Mionnet 4. 239, 273. Suppl 7, 516, 174. l.-B., Füßen hinter ihr ein Rad, Mionnet 2, ö34, 140.
Kleinas. Mz. 16 1,2 f. flcad" 522, was etwa als J.-B., Monn. gr. 244,85. — Wie die T. von
Hinweis auf die Nachbarschaft der Städte At- Alexandreia etwa auf dem ausgestreckten 1.
taia und Germe a. Kaikos aufgefaßt werden Arm eine Statuette der Isis Pharia trägt, treffen
kann. — Femer auf K'münzen von Midaeion, wir nicht selten die T. (stets an Kalathos oder
Phrygien, mit Geta T. stehend nach 1. mit Ka- Turmkrone kenntlich) stehend oder sitzend mit
lathos, Steuernider und Füllhorn oder mit lO Kultbild auf Hand oder Arm. Gleichfalls die
Turmkrone auf einem Felsen sitzend nach 1., vorgehaltene L. ist es, auf der T., stehend nach
in der R. über einem Altar (?) Ähren haltend, r., das Götterbild trügt, und zwar die Herme
die L. auf den Sitz gestemmt, 1. und r. je ein des bitrtigen Dionysos, wogegen sie mit der R.
geflügelter Eros von vom, mit beiden Händen das Gewand faßt, bei K'münzen von Mytilene
eine gegen die Göttin gerichtete Fackel hal- auf Lesbos mit Brustbild der Domitia, I.-B.,
tend, dazu die Beischrift Tvxti Midaiav, LB., Gr. Mz. 110, 253, T. 8, 18. Ähnlich erscheint die
Kleinas. Mz. 279 , 4 f. (zu dieser T. zwischen Stadtgöttin von Mytilene stehend nach 1. mit
Eroten vgl. die T. mit Eros auf K'münze von Dionysosherme im 1. Arm, wie sie mit ihrer R.
Aigeira, Imhoof u. Gardner p. 91, pl. S. 8 f. dem vor ihr stehenden Kultbild der Artemis
Hitzig ' Blümner, Paus. 2, 842 z. Münzt. 5, 3); »o oder Hekate eine Schale hinstreckt, auf K'münze
ferner die T. TaQOov JVf7jT[po7rd>lfaig] nach 1. von Mytilene und Pergamon mit Commodus,
sitzend mit Turmkrone, Ähren in der R., die I.-B., Zur Gr. u. Rum. Münzk. 60 f., T. 4, 13.
L. am Felsensitz, darunter der nach 1. schwim- Sonst handelt es sich regelmäßig um die R.
mende Kydnos, auf Billonmünzen von Tarsos bzw. den r. Arm als Träger des Kultbildes.
(Kilikien) mit Macrinus, I.-B., Kleinod. Mz. So schon auf K'münze von Aphrodisias in Ka-
493, 2. Femer auf K'münze von Ephesos mit rien mit den einander zugekehrten Brustbildern
Macrinus die ^Pafialav Nsixti (eine geflügelte des Nero und der Agrippina die Stadtgöttin
Nike mit nacktem Oberkörper nach r. stehend, nach 1. sitzend , im 1. Arm schräg das Zepter,
den l. Fuß auf Kugel, mit der R. auf einen auf der vorgestreckten R. das Kultbild der
runden Schild schreibend, der an einer Palme so Aphrodite nach r., I.-B., Kleinas. Mz. 116,17,
befestigt ist) durch ßeischrift als Stadtgöttin, T. 4, 17. Gleichfalls nach 1. sitzend auf K'mün-
Tviri *E<p8fft(av, bezeichnet, I.-B. a. a. 0. 61, 70. zen von Perga in Pamphylien mit Elagabal
Head* 577. Weiteres Head^ 920. — Gelegent- oder den einander zugekehrten Brustbildern
lieh sehen wir Elemente bzw. Attribute der T., der Salonina und des Gallienus (oder mit Sa-
der Selene, der Hygieia, der Nemesis auf eine lonina allein) die Stadtgöttin mit Füllhorn im
Göttin vereinigt, die T. wird zur sog. T. Pan- 1. Arm, auf der R. das Artemisidol, Mionnet
theia, dazu o. Bd. 1, Sp. 1534/36. 1555/58, so Stippl. 7, 51, 114. I.-B., Zur Gr. u. Rom. Münzk.
auf K'münzen von Laodikeia und Hierapolis in 177 f., 2; Kleinas. Mz. 331, 26 f. Sodann die
Phrygien, Aphrodisias in Karien, Tarsos in Ki- stehende T. mit Kultbild auf der vorgestreck-
likien, Kyzikos in Mysien, nämlich: auf K'mün- 40 ten R. : 1) auf K'münzen von Hypaipa, Lydien,
zen von Laodikeia mit Caracalla die nach 1. mit Commodus und mit Sept. Severus (bzw.
stehende T. Pantheia, mit umgürtetem Chiton, Caracalla) T. mit Zepter in der L. und auf der
Kalathos und Strahlen am Haupt, Mondsichel vorgestreckten R. das Kultbild der Artemis
und Flügel an den Schultern, die R. am Steuer- Ana'itis, das eine Mal nach r. stehend vor dem
rüder, das sich nach 1. in einen Heroldstab ihr gegenübersitzenden nackten Apollon, das
verzweigt, im l. Arm das Füllhorn und vorn andere Mal nach 1. gegenüber dem nach r.
zu Füßen ein Rad, I.-B., Kleinas. Mz. 212t., stehenden Sept. Severus (zwischen beiden flam-
46 f.; ferner auf solchen mit Philippus Sohn mender Altar von konischer Form), I.-B, Lyd.
nach 1. stehende Göttin im Doppelchiton, mit Stadtm. 80 f., 12 f., T. 4, 8 f. — 2) auf solchen von
Kalathos, mit Mondsichel an den Schultern, 50 Thyateira, Lydien, mit Caracalla gegenüber
in der R. eine Schale, die sie einer Schlange dem Kaiser zu Pferd nach r. wieder T. nach
darbietet, von der ihr 1. Arm umwunden ist, 1. stehend, das schräg gehaltene Zepter in der
in der L. das Füllhorn, vor ihr zu ihren Füßen L., auf dem vorgestreckten r. Arm das Kult-
ein nach 1. sitzender Greif, I.-B., Monn. gr. bild des Apollon Tyrimnaios, Mionnet 4, 166,
409,136; ferner auf K'münze von Hierapolis, 954. Suppl.l, 401,619. I.-B., Lyd. Stadtm. 167^
Phrygien, mit Otacilia stehende T._ Pantheia, 24, T. 6, 14. — 3) auf solchen von Metropolis, lo-
geflügelt, mit Kalathos, in der R. Ähren und nien, mit Salonina T. stehend nach 1., auf der
Steuerruder, im 1. Arm Füllhorn, I.-B., Kleinas. R. das Bild des Are8(?), im l. Arm Füllhorn,
Mz. 243, 39; ferner auf K'münze von Aphrodi- Br. M. Cat. of lonia T. 20, 13. I.-B., Kleinas.
sias, Karien, mit Gordian III. nach 1. stehende 60 Mz. 85, 14. — Gelegentlich ist es ein Tempel
pantheistische Göttin, geflügelt, mit Kalathos oder Tempelmodell, was die Göttin mit der
und Strahlen am Haupt, Mondsichel an den Mauerkrone auf ihrer ausgestreckten R. trägt,
Schultern, Stab in der R., Füllhorn in der L., so auf K'münzen von Aigeai, Kilikien, mit Phi-
zu Füßen ein Rad mit Schlange (?) darüber, lippus {L-B., J. H.S. 1898, ICl, 2, pl. 12, 2) und
Mionnet Suppl. &, \%4, 14^. 7.-5. a.a. 0. 117,23, von Side, Pamphylien, mit Gallienus {I.-B.,
T. 4, 19; für einen ähnlichen Typus auf Mün- Kleinas. Mz. 344, 39, T. 12, 2), das eine Mal
zen von Tarsos mit Valerianus sen. s. Drexler sitzend nach 1., vor ihr zu ihren Füßen ein
o. Bd. 1, Sp. 1557, 51 ff.; endlich auf einer K'- gleichfalls nach 1. sitzender, doch zu ihr zurück-
I
1373 Tyche Tyche 1374
blickender Ziegenbock (auf den Namen der I.-B., Lyd. Stadtm. IdO f. ^35. — Ferner T. nach
Stadt hinweisend), das andere Mal stehend l. wtehend mit Kalathos, Steuerruder und Füll-
von vorn mit Kopf nach 1., auf der L. ein hörn gegenüber der nach r. stehenden Neme-
Schiflfshinterteil (?), r, ein Vexillum. — Forner sis, die ihre R. vor die Hrust erhoben hat,
T. vor einem Kultbild in Anbetung auf K'mün- auf K'münzen von Philadelpheia, Lydien, mit
zen von Taraos, Kil., mit Gordian (vorher schon Commodus, f.-B., Kleinas. Mz. 181,7a. — T.
Severus Alexander) und Decius und von Tyros, in Zwei zahl mit Turmkrone und Zepter zei-
Phoinikien, mit Salonina, im ersteren Fall (vgl. gen Homonoiamünzen der karischen Städte
I.-B., J. H. S. 1898, 17« f., 46 f., pl. 13, 18 f.) l. Attuda und Trapezopolis mit Antoninas Pius,
T. nach r. stehend mit Turmkrone, beide Hilnde lo Antiocheia a. Maiandros und Aphrodisias mit
erhoben zu dem auf hoher Silule stehenden Commodus, der phrygischen Stadt Hierapolis
Kultbild des Apoll, r. Perseus, zwischen beiden und des ionischen Smyrna mit Valerian, I.-h.
außer dem Kultbild Altar mit einer oder zwei a. a. 0. 126, 14. 112,21. 243,40, im ersten Fall
weiteren Figuren usw., im zweiten Fall (vgl. die Stadtgöttinnen beidseitig des Kultbildes der
I.-B., Ärch. Jb. 3 (1888), 286, n. 1, T. 9, 4) wie- von vorn stehenden Kybele, diesem zugewandt
der die Göttin mit Turmkrone vor Altar nach stehend, in den beiden anderen Fällen die
r. stehend auf den Fußspitzen und beide Arme Stadtgöttinnen einander zugekehrt stehend und
erhebend zu dem Meikarttempel , in dem eine sich die R. reichend. — Ferner T. vereinigt
große Keule aufgerichtet steht; eine andere mit der Ho monoia auf K'münzen von Ankyra,
tyrische K'münze mit Philippus stellt Astarte 20 Galatien, mit Sept. Severus und Garacalla, I.-B.,
dar und zu ihren Füßen vier turmgekrönte Zur Gr. u. Rom. Mümk. 227, 3 (T. 8, 14) u. 4,
Frauen, die der Göttin opfern und zu ihr be- beide Göttinnen mit Kalathos oder Turmkrone,
ten, ilfiO>me^5, 441, 692. Lajard, Becherches sur das eine Mal einander gegenübersitzend, T.
le culte de Venus p. 88, pl. 12, 5. — Häufig ist nach r., die R. am Sitz, mit der L. einen Anker
T. anderen Gottheiten gesellt, so der ihr nahe aufs Knie stützend, Homonoia nach l. mit Schale
verwandten Artemis, mit der sie etwa identi- in der R. und Füllhorn im l. Arm, zwischen
fiziert wird, vgl. für ihr Verhältnis zueinander den Göttinnen flammendes Thymiaterion, dar-
z. B. Paus. 4,31, 10 (T. ts v-al 'Äqt. ^aocpoQog über Kopf des Sept. Severus mit Lorbeer nach
im Asklepiosheiligtum zu Messene). Orph. H. r. , das andere Mal beide Göttinnen stehend
72, 2 f. (T. = 'Evoditiq, 'Äqx. 'HyB^6vr\, Preller- 30 nach l., T. mit der R. eine Schale über flam-
Robert, Gr. Myth. 1, 306, 1. 322, 5. Gruppe, mendem Altar haltend, mit Anker im 1. Arm,
Gr. Myth. 1065, 11. 1086, 3. 1499 A.), s. 0. So Homonoia hinter ihr mit Füllhorn im 1. Arm,
Büste der Artemis als T. der Stadt nach r., mit der R. die Stadtgöttin bekränzend. — Ferner
mitunter über Halbmond, mit der Aufschrift die T. TtöXsag zusammen mit weiteren Stadt-
^'igtsuLs Tv^ri Fsgaöcov auf K'münzen von Ge- göttinnen oder mit Personifikationen von Pro-
rasa im Ostjordanland von Hadrian ab, F. de vinzen: so auf K'münzen von Neokaisareia,
Saulcy, Num. de la Terre Sainte p. 384 f., pl. Pontos, mit (xeta die T. dieser Stadt sitzend
22, If. Head* 787; so T. zusammen mit der nach 1. mit Kalathos, im 1. Arm das Füllhorn,
^Artemis Persike' auf K'münzen von Hiero- umgeben von fünf mit Kalathos geschmückten
kaisareia, Lydien, mit Brustbild des Senats, und 40 Stadtgöttinnen, wovon drei r. vor ihr, zwei 1.
zwar die beiden Göttinnen in einem von zwei hinter ihr stehen, I.-B., Gr. Mz. 53 f., 55, T. 4,
Pferden gezogenen Wagen, die Stadtgöttin mit 16. Head^ 497, vgl. auch Mionnet 2, 353, 126
Turmkrone «nach 1. stehend, die Artemis im (mit Geta und der T. zwischen vier Figuren),
kurzen Chiton von vorn, den Kopf der Stadt- Haym, Thes. Brit. 2, T. 39, 2 (mit Sept. Severus
göttia zugewendet, Köcher über der Schulter und sechs stehenden Figuren); vermutlich stel-
und Bogen (?) in der L., vor dem Gespann Per- len die um die sitzende T. versammelten Frauen
seus (oder Hermes?), I.-B., Lyd. Stadtm. Id, 4:0-, die Städte des Koivbv IIovxov dar, deren ^rj-
ferner T. mit Artemis Ephesia auf K'münzen tgoTtoU? Neokaisareia war (vgl. Aufschriften der
von Akrasos, Lydien, mit Sept. Severus il.-B. Münzen, 7.-5. a. a. 0. 54). Ferner auf K'münzen
a. a. 0. 43, 4) und auf solchen von Neapolis a. 50 von Anazarbos, Kilikien, mit Etruscilla T. wie-
Harpasos, Karlen, mit Gordian {I.-B., Kleinas. der mit Turmkrone nach 1. sitzend, aber auf
3Iz. 148,4), beidemal 1. das Kultbild der Ar- einem Felsen, mit Ähren in der R., umgeben
temis Ephesia mit Tänien von vorn und r. die von drei gleichfalls mit Turtnkrone ausgestat-
nach 1. stehende T. mit Kalathos, das eine Mal teten Frauen, eine hinter ihr stehend nach 1.,
mit Schale in der R. und Füllhorn in der L., sie bekränzend, zwei vor ihr stehend, die erste
das andere Mal mit Steuerruder und Füllhorn, einen Kranz darbietend, die andere eine Spiel-
das eine Mal zwischen beiden flammender AI- urne; unter der Gruppe der Flußgott Pyramos,
tar, das andere Mal r. 0. neben dem Kultbild halben Leibes und von vorn gegeben im Schwim-
€in Stern. Dazu eine Allianzmünze von Thya- men, I.-B., Monn. gr. 350, 14, wozu p. 351 die
teira und Smyrna mit Brustbild des Senats 60 Bemerkung, daß es sich hier bloß um die skla-
(bzw. Gordian HL), auf deren Rs. ein flammen- vische Kopie eines der Typen handle, die Tar-
der Altar zwischen der nach r. stehenden Stadt- sos seit Sept. Severus angenommen. So ließ
göttin von Thyateira mit Turmkrone und mit sich Anazarbos gleicherweise darstellen als ilt\~
schräg gehaltenem Zepter in der L. und der tgoTtoXig röav tql&v iTtaQxCav (der Provinzen
nach 1. stehenden Amazone der Bundesstadt Karlen, Isaurien und Lykaonien), die in Per-
Smyrna, gleichfalls mit Turmkrone, doch in Bonifikation huldigend- die T. von Anazarbos
kurzem Chiton, mit Schale (?) in der R., Pelta umgeben, — Ferner auf K'münzen von Hera-
und Bipennis in der L. , Mionnef 4:, 174, 1005. kleia am Pontos (Bithynien) mit Büste des He-
1375 Tyche Tyche 1376
rakles als des Ktistes T. mit Kalathos thro- gabal, I.-B., Kleinas. Mz. 373,8, T. 13, 11 (mit
nend nach 1., mit Schale in der vorgestreckten Julia Maesa, Lübbecke, Ztschr. f. Num. 10, 79,
R. und Keule (Symbol des Stadtgottes) im 1. 36), und f. gleichfalls mit Kalathos und Füll-
Arm; zu ihren Füßen 1. der Pontos Kuxeinos hörn (im 1. Arm), aber die K. dem ihr gcgen-
nach r. am Buden sitzend, die L. am Anker, überstehenden Ares^?) reichend, der in Helm
r. ein Flußgott nach 1. am Boden sitzend, die und Panzer nach r. steht, die R. am Speer, an
R. an langem Zweig oder Zepter, den 1. Arm den ein Schild gelehnt i»t, zwischen beiden
über der Wasserurne, l.-B., Kleinas. Me. 8, 1; flammender Altar, auf K'münzen von Panenio-
an den Acberon dachte man bei dem Flußgott, teichos, Pisidien, mit Severus Alexander, l.-Ii.
weil es zu Herakleia a. P. einen acherusischen lo a. a. O. 887, 2. über T. zwischen Kröten auf
See und Eingang in die Unterwelt gab, ferner Münzen von Midaeion s. o. — Auf K'münzen
auch ein König Acheron hier angenommen von Magnesia a. Sipylos, Lydien, mit Tiberins
wurde; die Keule aber ist in diesem Fall das (den die Aufschrift als Krioxriv bezeichnet, weil
Attribut der T., wie die T. von Melos im be- er die Wiederherstellung der Stadt nach dem
sonderen ausgestattet ist mit dem Apfel, die großen Erdbeben vom J. 17 n. Chr. hervorragend
von Ankyra mit dem Anker, die von Mopsuestia gefördert) sieht man den in Panzer und Mantel
mit dem Kohlenbecken {Mot^ov ioriay foculus, stehenden Kaiser Tib» rius der vor ihm stehen-
ygi. Dareniberg'SagliOflHct. 2,1 ld(oy3V2^t. I.-b. den turmgekrönten Stadtgötfcin die R. reichen,
a. a. 0. 474, 8, T Ib, 14), oder wie der T. Büste ähnlich auf der Vs. der K'mün/e, die bei glei-
statt mit Turmkrone mit Bergkrone geschmückt 20 chem Anlaß in Sardeis geprägt ward, wie Ti-
ist, mit dem Bild des Berge» Argaios auf K'mün- berius, in der Toga nach 1. stehend, mit der
zen von Kaisareia, Kappadokien, mit Commo- R. die vor ihm knieende Stadtgöttin am euipor-
dus, Severus Alexander, üordian, Bev. num. gestreckten r. Arm faßt und aufrichtet, J.-B.,
189r>, 7«, 28, T. 3, 12. Dressel, ZUchr. f. Num. Lyd. Stadtm. 13«, 4, T. 5, 20; Zur Gr. u. Rom.
24,86, T. 4,4. I.-B., Zur Gr. u. Born. Münzk. Münzk. 122,2. Verwandt ist damit der Typus
280 f., 2. Br. M. Cat. of Capp. 92, 340, T. 13, 4. partliischer Silbermünzen mitBüstePhraates'lV.,
— Der Flußgötter zwei sind es, die zu Füßen wo der nach r. thronende König (mit Diadem,
der nach 1. siehenden T. (mit Kalathos, Ähren verzierter Kandys, weiten Beinkleidern) aus der
in der R., Füllhorn im 1. Arm) nach 1. und r. R. der ihm gegenüberstehenden T. (mit Kala-
auseinanderschwimmen, auf K'münyen von 30 thos, im 1. Arm das Füllhorn) einen Palmzweig
Mallos, Kilikien, mit Nero, 7.-B., Äieüio«. J^f^. empfängt, I. B., Zur Gr. u. Böm. Münzk.
472, 12, T. 18, 12; sie meinen die beiden Arme, 245 f., 1 f.
in die der Pyramos sich teilt, von Mallos zur In Vasenbildern kommt T. als solche
Mündung, s. o., wo bereits ein ähnlicher Ty- nicht vor. Wenn ihr Name gleicherweise wie
pus erwähnt ist mit sitzender T. Ebenso die der der Peitho, Hygieia, Harmonia einer Mäd-
nach 1. sitzende T. mit den zwei nackten chengestalt beigeschrieben ist auf einer eichel-
schwimmenden Flußgöttern zu ihren Füßen, 1. förmigen attischen Lekythos mit Goldschmuck,
vor ihr das Kultbild der Athena Magarsis (von s. Z. in athenischem Privatbestiz (vgl. Gust.
vom, die R, am Speer), hinter ihr r. der sie Körte, Arch. Ztg. 37 (1879), 95 f. 0. Bd. 1, Sp.
bekränzende Kaiser (?), stehend nach 1., unter 40 1832, 28 ff. Bd.3, Sp. 1804,28tf. Pauly- Wissowa
ihrem Sitz ein nach 1. laufender Eber, auf 7, 2380 f., 68 ff.), wohl als Beischrift zu ver-
schlecht erhaltener K'niünze vt»n Mallos mit stehen zu der in der Mitte sitzenden Haupt-
Valerian(?) im Museo civico zu Venedig, I.-B. figur (über der wegen des auf ihrer erhobenen
a. a. 0. 472, 15. — Femer T. mit Kalathos und Hand hockenden kleinen Eros kein Platz zum
im Doppelchiton stehend nach r., die R. am Anbringen einer Inschrift), so hat es zwar allen
Zepter, in der L. vielleicht eine Schale, vor Anschein, als sei hier T. an die Stelle der
dem nach 1. stehenden Zeus Laodikenos (mit Aphrodite gerückt, besser aber wird man hin-
Adler und Zepter), hinter dem Athena erscheint ter diesen Namen keinen tieferen Sinn suchen,
(von vorn mit Kopf nach 1., am l. Arm Schild in ihrer Verwendung weiter nichts sehen als
und Speer, in der gesenkten L. Ölzweig), wie 50 ein heiteres Spiel mit gewissen poetischen Ge-
auf K'münze von Laodikeia, Phrygien, mit danken und Bildern. — Dagegen trifft man
Hadrian und mit der jüngeren Faustina, so auf hellenistischen Reliefgefäßen aus
auf solchen von Apollonia Salbake, Karlen, Olbia (Sü.lrußland) die Büste der T. (deren
mit Caracalla, I-B., Gr. Mz. 145, 430 a. — Fer- Kopf auch auf Münzen von Olbia erscheint, s.
ner auf einer zu Ephesos unter Antoninus Pins z. B. Besclir. d. ant. Mz. in Berlin 1, 19, 37. 22,
geprägten Mun'C vor der durch TTOAIC bezeich- 62. 26,119/22) und zwar als Fabrikmarke in
neten sitzenden T. der Stadt mit Mauerkrone Medaillonform (münzartigem Rundbild) die
und Füllhorn Poseidon mit dem (nicht häufigen) Büste der T. mit Mauerkrone nach r , vor ihrer
Beinamen katpdcUog stehend, vomübergebeugt, Brust die erhobene Hand, die den Schleier faßt,
den 1. Fuß auf einen Fel?»en setzend, die R. «o und zu den Seiten die Signatur KIP-BEI (offen-
Skuf den Dreiy.&ck siixtzend, J. Friedländ^r, Arch. bar Genetiv des Meisternamens Kigßsis, wie
Ztg. 27 (1869), 103. — Ferner T. mit Kalathos, denn t^olche gräzisierte barbarische Namen auf
von vom stehend mit Kopf nach r., die R. am -sig mit Genetiv auf -sl charakteristisch sind
Steuerruder, im 1. Arm das Füllhorn, und r. für Südrußland), so besonders auf Gefäßen der
ihr gegenüberstehend nach 1. Hermes, nackt, ehem. Sammlung Vogell, vgl. Bob. Zahn, Arch.
mit Chlamys über der- 1. Schuh er, Beutel in 76. 23 (1908), 49 ff., nr. 13 f. 20 f. 28 f. Joh. Boeh-
der vorgestreckten R., Heroldstab in der L. lau, Gr. Altert, sütlruss. Fundorts aus d. Besitze
auf K'münzen von Isinda, Pisidien, mit Ela- d. Um A. Vogell, Karlsruhe {Auktionskat ,190S)
1377 Tyche Tyche 1378
S. 26 tf., nr. 249. 273/76. Im einzelnen handelt hingen beansprucht besonderes Interesse die
es sich una eine Amphora, j. in Berlin, Zahn des verschollenen attischen Reliefs von kfins-
S. 67 f., 28 = BochJan S. 26 f., 249, T. 7, 15, fer- ;ox/)7rot (Ambelokipii, mich Zeichnung des Hrit.
ner um sog. megarische Becher bzw. Schalen, Museums (in den Papieren von Gell vol. 12)
nämlich 1) Z. ö9, 13 (abgeb. S. 55) = 2^. 31, 276 wiedergegeben von P. Wolters im B. C. H 18
(abgeb. S 2H), j. in Berlin; 2) Z 60,14 (Abb. (1894), 48H f. Beinach, 7^{p de re/. 2, 335, dessen
14b auf S. 56) = B.. 30 f., 275 (abgeb. S. 28), j. Athenu Amelung herangezogen hat für die F]r-
in Bonn; 3) ;^. 62 f., 20 (Abb. 20b auf S. 60) = gllnzung des Torso der ])heidia8ischen 'Athena
B 30, 273, j. in Heidelberg; 4) Z. 64 f , 21 (Abb. Medici' {Br. 171), Oest. Jahresh. 1 1 (1908), 188 ff. ;
21b auf S. 61) = B. 30,274, j. in Göttingen, lo hier hat die Athena wohl bezeichnenderweise
Zu diesen Stücken aus S. Vogell kommen 5) die ihr Seitenstück in einer T. mit Mauerkrone,
1909 von B. Pharmakowsky in dtT Nt-kropole stehend von vorn, in langem bauschendem
von Olbia gefundene 'megarische' Schale, J.. ^. Chiton, mit der gesenkten L. das Steuerruder
1910,240, Abb. 34 (233 f.) und 6) das Bruch- aufstützend auf eine Kugel, in der ausgestreck-
stilck einer solchen mit Stempel Kigßti als Er- ten R. eine Schale haltend über einem nach 1.
Werbung aus Kertsch notiert von Pharmakowsky, sitzenden Greifen, der seine r. Vorderpranke
A. Ä. 1912, 347 f. über einen umgekehrten Stierkopf hält; dabei
Häufig erscheint T. in statuarischer Wie- ist daran zu erinnern, daß in Athen seit alters
dergabe, zumal in Kl ein bronzen, stehend die T. und im besondern die kya^r] T Kult
meist, seltener sitzend; doch in der Hauptsache 20 besaß, s. o. sowie Baumeister (1) 184 f. Wachs-
handelt es sich dabei um T. im Übergang in muth bei F.-W. Suppl. 1, l'.'l, 51 if , vgl. auch
die Fortuna, um statuarische Werke der Rö- das 1876 77 am S.-Fuß d^r Akropolis gefundene
merzeit, wo die Göttin gewöhnlich der Mauer- Relief mit weiblicher Gewandfigur, die mit bei-
krone entbehrt, in denen kaum etwas anderes den Händen ein großes Hörn ohne Inhalt vor
zu erkennen ist als die römische Fortuna (s. d.), sich hält, darüber AfAOH TYXH, v. Duhn, Arch.
die, in rein dekorativer Ausstattung gegeben, Ztg. 35 (1877), 163 f., 77. Ungefähr in gleicher
kein eigentliches Götterbild mehr ist, sondern Stellung mit r. Bein als Standbein und wie die
fast nur Allegorie, vgl. S. Beinach, Statuaire 1, T. des Reliefs von Ambelokipi mit Schale in
221/25. 2, 247tf. 257. 261/266. 3,77/81. Da diese der R., aber aus der Schale auf den neben
im einzelnen ein besonderes Interesse nicht so ihr stehenden Altar eine Spende gießend und
bieten, seien bloß noch einige wenige namhaft mit Füllhorn im l. Arm erscheint die T. -For-
gemacht, So die Statue der T., diademge- tuna r. auf dem zwischen 1620 und 1640 im
schmückt, mit Füllhorn, im Giardino Boboli Amphitheater von Capua gefundenen Votivrelief
zu Florenz, Amelung, Führer 145 f. ,201; es des Bauunternehmers (redemptor prosceni) Luc-
dürfte die Wiederholung eines Werkes sein aus ceius Peculiaris (h. im Museo Campano zu Ca-
der Zeit des Übergangs vom 5. zum 4. Jahrh. pua): in der Mirte luppiter thronend zwischen
V. Chr. Ferner die zu Ostia gefundene Statue Minerva und Diana; am meisten r. eine hoch-
im Braccio nuovo des Vatikan, Helhig^ 27. Arne- aufgerichtete bärtige Schlange, durch die Über-
lung, Vat.-Kat. 1, 101/03 (T. 13\ nr. 86 (Nachtr. schrift als 'genius theatri' bezeichnet, während
1, 9 14. 2, 743), Baumeister 1920 f., 2037. Beinach 40 1. die Aufrichtung einer Säule und Bearbeitung
1, 225, 3. Esther Boise Van Deman, Am. Journ. eines korinthischnn Kapitells veranschaulicht
of Arch. 12 (1908), 328 f., nr. 1, F. 4, T. Fortuna ist, vgl. Jahn, Barst, ant. Beliefs, die sich auf
mit Füllhorn im 1. Arm, mit der gesenkten R. Handwerk etc. beziehen, Ber. d. phil.-hist. GL d.
das Steuerruder auf eine Kugel aufstützend; »S^äeÄs. (7e5. (i. TT. 1861, 302/05, T. 9, 2. CIL 10,
der Kopf ist antik, doch nicht zugehörig, der 1,3821. Beinach sl. a. 0 3,13,3; daß die For-
Körper <lürfte zurückgehen auf eine Schöpfung tuna ihren Tempel hatte zu Capua, bezeugt
des 4. Jahrh. v. Chr., speziell aus dem Kreis Liv. 27,23,2. — Gleichfalls mit Füllhorn im 1.
des Praxiteles, Steuerruder und Weltkugel, im Arm und Schale in der vorgestreckten R., aber
besonderen römische Attribute, sind offenbar thronend, umgeben von drei männlichen und
erst Zutaten des Kopisten. T. -Darstellungen in 50 drei (adorieronden) weiblichen Figuren, er-
englischem Privatbesitz hat Ad. Michaelis no- scheint T.-Fortuna auf der Rückseite der Ära
tiert Arch. Ztg. Sit. (1S7 4: f.): 1) Statuette in des C Manlius im Lateranmuseum, Heibig,
Rokeby-Hall(Yorkshire), a. a. 0 1874, 26; 2) T. Führer^ Uli . Beinach S, 27 & 1,2. Im übrigen
in Holkham Hall (Norfolk), a. a. 0. 1875, 18. ist die Gestalt der T.-Fortuna in Keliefs die
Beinach 1,212, 8; 3) Sitzbild in Ince Blundell typische der statuarischen Darstellungen: sie
Hall (Lancashire), a. a. 0. 1875, 22. Beinach 1, hält mit der L. bzw. im L Arm das Füllhorn,
223,5; 4) T. in Lansdownehouse zu London mit der gesenkten R. das Steuerru<ler, nicht
mit kaum zugehörigem Kopf (Sabina oder Plo- selten über einer Kugel, der Weltkugel, so auf
tina?), a. a. 0. 1875, 36, 28. Beinach 1, 224,7. der l. Nebenseite eines vierseitigen A'tars im
Aus ägyptischem Kunsthandel erwähnt F. Zu- 60 Museo Chiaramonti des Vatikan, gesellt einer
eher, A. A. 1910, 255 als bemerkenswerte römi- weiteren Frauengestalt im Typus der Spes
sehe Marmorarbeit des 2. Jahrh. s n. Chr eine (zwischen beiden flammender Altar), Amelung,
T. in halber Lebensgröße mit tief hinabreichen- Vat.-Kat. 1, 741 (T. 79), 636a. Beinach a. a 0.
den Flügeln, zur Seite eines profilierten Pfei- 3, 394, 1, ferner auf einer der vier Seiten des
lers, auf dem ein Rad steht, an das sie mit 1877 gefundenen Altars zu Mainz mit Widmung
der L. faßt; auf dem Sockel die Inschrift iTro>l- der Vicani Mogontiacenses. In der Mehrzahl
luvov^idog. der Fälle aber fehlt die Kugel; so bei der
Unter den eigentlichen Reliefdarstel- sitzenden T.-Fortuna auf der Hauptseite eines
1379 Tyche Tyche 1380
ihr freweihten Alttirs der Kapitolin. Samm- die, in Komposition und Stil den Habulae ilia-
lungen, Eeituich 3,186,3; bei der wahrschein- cae' verwandt, eine Darstellung bot aus dem
lieh aus einer T.-Fortuna hervorgegangenen niva^ des Kebes, vgl. A'. K. Müller, Arch. Ztg.
Abundantia, die »wischen zwei Heraklesdarstel- 42 (1884), 116. Nach dem Wortlaut des Kebes
langen steht auf der einen Schmalseite des {ttIv. 7, 1 iarrixvia inl Xi9ov nvög aTgoyyvXov)
mit Heraklestaten im Museo Tor- ist T. (wie das gelegentlich auch von des Ly-
lonia zu nom, i^rtnac/i 8, 840, 2 ; bei der mit sippos A'cApö^ behauptet wird) auf einer Kugel
Minerva gruppierten T.-Fortuna in einem der stehend dargestellt; der obere Teil der T. ist
Sockelreliefa der Anfang 1906 aufgedeckten nicht mehr erhalten: 'ob und wie der Künstler
großen luppitersäule von Mainz, F. Koepp, Die lo die im Teite ihr beigelegten Eigenschaften
Römer in JJeutschland* S. 163f., 148 f. (S. 171). (?ffrt dh oi novov TV(pXi] xai ftaivojii^vt] , ScXXä
Reinach 1, 186 f., 1; Lamer, Rötn. Kultur* xal xcoqptj ed. Praechter p. 6) ausgedrückt hat,
T. 11, 16; bei der Darstellung eines kleinen ob sie mit den Händen ihre Gaben ausstreute
Altars zu Mainz, dessen vier Seiten Minerva und wie difse charakterisiert waren (was man
und Mercur, Fortuna und eine mächtige von der T. erwartete an (iaben, wird c. 8, 4
Vase zeigen, Reinach 2,72,6, desgleichen aufgezählt, vgl. auch c. 36, 1), darüber gibt uus
wohl bei dem Altar aus Steinheim bei Statt- die Zeichnung keine Auskunft.'
gart, auf dessen einer Seite man wieder Schließlich ein ergänzendes Wort zu o. Ab-
Mercur und Fortuna erkennt, Reinach 2, 87, schnitt VI über Attribute der T. T., zumal als
1 ; im Relief der Silberplatte von Neuwied 20 T. «dlftaff, erscheint in erster Linie ausgestattet
mit Mercur, Mars und Fortuna, Reinach 2, mit dem sog. 716X0$ oder yiäXad^og, modius, mo-
83,1. Undeutlich sind die Darstellungen der diolus, der Mauer- oder Tuimkrone. Zum nö-
T.- Fortuna an einem Altar zu Aschaffenburg Xog vgl. Val. Kurt Müller, Der F., die griech.
(Minerva, Fortuna, Mercur und Hercules), Rei- Götterkrone, Diss. Berlin 11)16, für T. S. 'J8f.;
nach 2, 10, 2, und an einem solchen zu Mann- gegen die Verwendung dieses Terminus für den
heim mit Widmung lOM (Fortuna, Vulcau, heute so bezeichneten zylindrischen Kopfaufsatz
Victoria), Reinach 2, 68, 4, und nur mit dem Robert, Arch. Misz. {S.-B. d. Bayer. Ak. d. W.
Füllhorn im 1. Arm (die R. mit Caduceus) er- 1916, 2), S. 14/20. In besonderer Untersuchung
scheint die Fortuna in einem der Reliefs an über die der T. als Stadtgöttin regelmäßig ge-
der Attika des Constantinsbogens zu Rom aus so gebene Mauer- oder Tui-mkrone ist Furtwüngler
der Zeit M. Aurels (im Hintergrund der Tempel (zu Sammlung Sabouroff T. 25) zu dem Resul-
der Fortuna Redux), vgl. Strong, Rom. sculpt. tat gelangt, sie sei orientalischen Ursprungs,
pl. 90, 3 (p. 290/91, cf. p. 892). Reinach 1, 2 A5 die darge&tellte Göttin eigentlich die staüt-
(hier Zeichnung ungenau; der Caduceus pas- beschützende Astarte, die den Griechen zur
send für die Fort. Redux, die zugegen ist bei Aphrodite ward, die aber bei den Stadtegi-ün-
des Kaisers Rückkehr nach Rom im J. 174). düngen der Diadochenzeit sich zurückverwau-
Femer das Brustbild der 'T.-Fortuna von The- delnd und der abstrakten T. gleichgestellt zu-
veste' (mit Mauerkrone) am Caracallabogen sammenschrumpfte in eine bloße Personifika-
(von 214) zu Theveste, h. Tebessa, im Innern tion der befestigten Stadt selbst; damit erst
Numidiens (h. 0. -Algerien) und zwar im Me- 40 wurde der hohe turmartige Kopfputz, der in
daillonrelief außen an der W. -Seite über der älterer Zeit bei den Griechen verschiedenen
Bogenmitte, vgl. Steph. Gsell, Les man. ant. de Göttinnen zukam, wie Hera, Demeter usw., zur
YAlgerie 1, 182, pl. 43. Baumgarten etc.. Die wirklichen Mauerkrone, die als Symbol dient,
hellenist.-röm. Kultur S. 600,357. — Eine der namentlich wohl hindeutet auf die Wehrhaltig-
T.-Fortuna entsprechende weibliche Gestalt, keit der Stadt; weiteres über das Symbol und
nach r, sitzend mit Füllhorn im 1. Arm, er- seine Entstehung Steuding o. Bd. 2, Sp. 2092,
scheint in einem römischen Votivrelief im 6 tf. Doch der zylindrische Kopfaufsatz erscheint
Gab. delle maschere des Vatikan inschriftlich ja nicht bloß in der Form der Mauerkrone,
als Tutela sancta bezeichnet, s. 0. Bd. 3, Sp. sondern auch als Fruchtmaß (modius) und kenn-
2126, F. 13. Amelung, Vat.-Kat. ü, 702 f. (T. 79), r,o zeichnet dergestalt wie das Füllhorn die Spen-
435a. Reinach 3, 394, 2; über Tutela s. Wis- derin materiellen Segens. Bei ihrem Übergang
sowa, Rel. u. Kultur d. Römer 156 f. — T.- aber in die Fortuna der Römer erhielt die T.
Fortuna kommt in Reliefdarstellung etwa auch auch die Attribute, die im besondern zu Sym-
auf römischen Tonlampen vor, so stehend, holen der Glücksgöttin geworden sind, neben
das Füllhorn im 1. Arm, mit der gesenkten R. dem Füllhorn das Steuerruder und die Kugel
das Steuerruder bei Fuß haltend, z. B. auf oder das Rad, das Steuerruder als kennzeich-
einem Tonlämpchen aus Pompei, Baumeister nend die Lenkerin der Geschicke, die Kugel
809, 886, ebenso zwischen Mercur 1. und Her- als Symbol ihres stets wandelbaren Wesens
cules r., vgl. S. Loeschcke, Lampen aus Vin- oder, wenn sie, wie z. B. auf Wandgemälden,
donissa S. 233 (T. 16), 716, femer Brustbild 60 deutlich die Weltkugel meint, zum Ausdruck
der T. mit Füllhorn nach 1., Loeschcke 177, ihrer weltbeherrschenden Macht (s. 0. Bd. 1,
65/68, T., 3, 66. 6, 65. Sp. 1504 ff., 64 ff.), ebenso das Rad; mit der
Die o. erwähnte T. der Kebes-Tafel ist Kugel läßt noch Dante sie auftreten Inf. 7,
wenigstens teiKeis noch zu sehen in der Zeich- 70/96 (v. 96: ^volre sua spera e beata si gode^),
nung eines durch Waagen in Italien erworbe- vgl. K. Rohde, Gr. Roman^ S. 297, 2. Auch Be-
nen Sammelbandes des Berliner Kupferstich- flügelung tritt etwa noch dazu, wofür Bei-
kabinetts, die ein verschollenes Relieffragment spiele o. , vgl. auch Hitzig -Blümntr, Raus. 2,
wiedergibt, das Bruchstück einer Relieftafel, 392. [Waser.]
1381 Tychios Tychon 1382
Tychios (Tvxiog^ so zu akzentuieren nach mag er auf dem Land in der ärmeren Bevöl-
Etym. M. p. 521, 10. Ärkadios 45, 12 Schmidt. kerung seinen Verehrerkreis gefunden haben,
Eust. 81)0. Lehrs, De Arist. stud. hotn.'* 260 f.), obwohl Diodor gleichmäßig verteilt: ^man ehrt
nach Homer 11. 7, 220 ff. (yxvroröfioov 6%' ccqi- ihn [PriapJ nicht nur in der Stadt, sondern
atog^ 'TXjj i^vt oixiu valojv, der den Schild des auch auf dem Land'. . . Ein Epigramm des
Aias gemacht hatte, llesych s. v. : üvojuo: tov Thebaners Verses, A. P. 9,334, ist gedichtet
xatccßyisväGavtog xi]v Ai'uvrog ccönlöa öxvro- (oder gedacht) für die Basis einer Tychon-
TOfiou, Suidas s. v. Ärkadios in it. p. 41, 19 Statuette: ^Auch wenn du mich, rbv iv c\x.i-
Schmidt. Als typisches Beispiel von Kunst- xpotg, öXiyov d-tbv '/.u rechter Zeit anrufst, wirst
fertigkeit der sutores Ovid. f. 3, 824 sit Tychio lo du Erfolg, Glück haben {xavij)), nur mach keine
doctior nie licet, Erfinder der sutrina bei Plin. großen Ansprüche!' (Schwerlich wird man Ei-
n. h. 7, 5t), 19G: Tychius (überl. tibui^) Bocotius. trem zustimmen, wenn er Philol. 65 [lüOGj, 268.
Das (boeotische) Hyle als Heimatsort bezeugt 31, den natg oXlyog des Hermeshymnos 7j. 245
{Apollodor bei) Strab. 9, 40^^, mit Berufung auf und die dllyoi avögsg, die winzigen flatternden
Homer und in Übereinstimmung mit der Mehr- Seelenbilder, die der Psychopompos auf alten
zahl der antiken i/om ererklärer (Stellen in Vasen vor sich her treibt, zur Erklärung dieser
Ludwicha Apparat zu II. 7, 220 und bei Bölte, Stelle beizieht. Hermes Tychon gehört nicht
PTF. 9, 117) und Nonnos 13, (56 f.: 'TArj»', ö-kvto- hierher.) ...'Slg üts drj ^oytQOiv dvvocxaL ^tbg
ro^ov Tvxioio ravvKv^fiida rid^rjvriv. Alte Va- ävdgl Tteviaxri öwQElßd-ai, xovxcov xvQiog d^ii
riante {Zenodot ?) aber "TSt] (vgl. Ludwichs Ap- 20 Tvxwv. Usener schrieb mit den Hss. {Anth.
parat), die auch Strab. a. a. 0. und 13, 626 Pal. und Plan.) dri^oyiQ(ov {vulgo driuoiigav),
kennt und verwirft: ov yag ö Ai'ccg ix Avdiccg aber ich denke, die Schreibung 8ri iioytQcov
x6 6dv.og iisxs7CEy.7texo, und 13, 626 bestreitet er paßt wohl auf den Verehrerkreis des Gottes,
gar (irrig) die Existenz eines "Tör] iv xoTg Av- Beiske hat hier Tvxtov zuerst entdeckt, di©
8olg. Das antike Volksbuch vom Leben Homers Hss. geben xvxojv, Plan, mit Korr. aus xvx&v.
(Ps.-Herodot) bringt den Sattlermeister des Der SchoUast der Anth. Pal. sah nicht, um-
Epos in biographische Verbindung mit Homer: welchen Gott es sich handelte; denn er schrieb
c. 9 (p. 7 ed. Wüamowitz , Vitae Homeri et He- bei: slg Uaxvgov 7) Ilccvbg ccyal^cc ^ -kccI Uqkx.-
siodi) wird erzählt, wie der Dichter im 6y.vxblov tcov, freilich als '"perversum lemma' kann das
des Tvxiog, der sich des blinden Sängers er- 30 nicht gerade bezeichnet werden {Stadtmueller,
barmt, freundlich aufgenommen einkehrt und Anth. Graeca 3,294); denn mit dem letzten
dort allerlei dichtet, vgl. TF«7aw?oi6"i<^^, iZms 422. Zusatz trifft es tatsächlich das Richtige, in-
Ludwich, Bhein. Mus. 71 (1916), 51 u. 78. Lo- sofern Priap mit Tychon gleichgestellt wird,
kalisiert ist T. da in der kymäischen Kolonie Die Lesung Beiske& anzunehmen, wird man
Neonteichos , eine Version , die auch Schol. T nicht zweifeln (obwohl auch xovxav . . . xvxcov
zu H 220 (neben der in Boiotien) kennt, und an sich einen Sinn ergäbe), zumal alle diese
zwar aus der Biographie, die hier ersichtlich Epigramme den Gott mit Namen nennen und
Ortsüberlieferung zugrunde legt {Wüamowitz, hier eine Anspielung von rs-y^ry auf Tvx(ov vor-
Ilias a. a. 0.). — Als aus dem Epos stammen- liegen dürfte. Man wird aber danach nicht
der Heroenname ist T. als Menschenname nach- 40 mit Papes Wörterb. der gr. Eigennamen 1572
weisbar seit dem 5. Jahrb., s. Bechtel, Histor. den ^Gott des Zufalls' in ihm sehen, sondern
Personeyinamen bll . [Weinreich.] den des Glückes, ohne daß man hier, im Ep.
Tychon {TvxGiv), priapeische Gottheit, die des Perses, an das ^ausschließlich besondere
nach Strabo 13,588 zu Orthanes, Konisalos u. xvxslv' des Namens Tychon denken müßte
a. ithyphallischen Dämonen gehört: ^oi-as (sc. (Welcker, Gr. Götterl. 3,207), nämlich an das
Priapus) xotg kxxixotg 'OgddvTj -kccI KoviaccXco '^aphrodisische' {Crusius, Beiträge zur griech.
xat Tvx(ovi xai xolg xolovxol?. Usener, der im Mythol. Progr. Leipzig 1885/86, S. 25, 5). Es
'Heil. Tychon^ {Sonderbare Heilige 1 [1907], kann sich in diesem Fall um beliebiges ^Er-
S. 18 ff.) die Zeugnisse für T. gesammelt und langen' handeln, wenn nur "^Kleines', nicht
besprochen hat, hält seinen Kult nicht für 50 ^Großes' erbeten wird, etwa um Fruchtbarkeit
zweifellos heimisch in Attika, sondern denkt des Gartens oder Weinbergs, in dem die Sta-
an seine Übertragung aus Kypros (s. u.). Auch tuette mit Inschrift stand. Mau hat sie sich
Dt'od. 4, 6, 4 berichtet von der Gleichsetzung gewiß priapeisch, phallisch vorzustellen, was
des Priap mit Ithyphallos oder Tychon (s. ob. auch zuträfe, wollte man den Tychon des Epi-
ßd. 3, 2, Sp. 2977): xivhg y,hv 'I&vqyCcXXov övoiid- gramms mit Hermes -asgöaüg., dem gewinn-
^ovöi, xi'vhg 6h Tvxtova. Nach Kaibel, Gott. bringenden Gott der tg^ccia, gleichsetzen {Cru-
Nachr. 1901, 495 hat diese Benennung ihren sius S. 25): dem widerspräche nicht das *^derbe
Grund im Streben zu suchen, "^mächtigen Göttern Symbol' des Priap; es bannt ja auch im spä-
freundlichere und schönere Namen zu geben' teren Aberglauben als Amulett allen Schaden
als die ihnen zukommenden. Die Namensform 60 und verbürgt gutes Glück,
entspricht ähnlichen wie ""Terpon', der Euphe- Hier müßte die von Panofka, Terrakotten
mismus für Phallos ist, s. ob. Bd. 5, Sp. 387 f., des königl. Mus. Berlin (1842, Taf. 49, 1, S. 139
oder "^Alkon'. So kommen Tychon auch die Text), abgebildete Gruppe aus Ruvo erwähnt
gleichen Funktionen zu wie Priap und seinen werden, Berl. Terr. Inv. 3572, Man hat sie
Genossen; vor allem ist er nach Useners viel- früher als Tyche und Tychon gedeutet ("^ beide
leicht zu starker Betonung der Gott der Wein- mit Namen' unrichtig Welcker a. a. 0. 2"7), und
gärten: dieses Amt fällt ihm aber nicht mehr noch F. Allegre, Etüde sur la deesse grecque
zu als dem Priap {Hiod. 4, 6, 4). Hauptsächlich Tyche {Bibl. de la Fac. d. lettres de Lyon 14,
1383
Tychon
Tychon
1384
1889) 229 f. schließt sich diesen Interpretationen
an mit Gleichsetzunji: des Tychon und Agütho-
dainion (Protest gegen diese Auffassung schon
bei Welcker 208) — das alles ist jetzt erledigt
durch die neue, zweifellos richtige Deutung
der angeblichen Tychonfigur (hockend, phal-
lisch) als Silen, wozu mir A. Kfister freund-
lichst den Hinweis gibt auf Milani, Studi e
materiali dt archeologia 1 (1899), 162, nr. 79,
oder Archäoh^. Anz. 1892, 118, nr. 146. 'Zu
unserer Figur ist noch zu vergleichen Gerhard,
Ges. Akcid. Abhandl. Taf. 60, wo mehrere Ähn-
liche Terrakotten abgebildet werden, ferner
Winter, Typenkatahg 1,217. Die weibliche Figur
als Tyche zu deuten liegt kein Grund vor.*
Ein anderes Denkmal, ein Marmorrelief
aus Aquileja, das einen geflügelten Pballos
neben Tyche zeigt, bezieht \Bd. Gerhard, Abh.
2, 52»», Taf. 61,3, unbedenklich auf Tychon,
ebenso Welcker, Gr Götterl 3, 207, Müller- Wte-
seler, Denkm. 2, 936, während neuere Beurteiler,
wie Preller- Robert, Gr. Myth. 1, 643, 3, sich ab-
lehnend oder zweifelnd verhalten, da das Re-
lief einer neuen Publikation bedarf. F. Ällegre
a. a. 0. 229 f. nimmt freilich auch diese Gruppe,
wohl unberechtigt, wie die oben erwähnte Terra-
kottafigur für Tychon in Anspruch.
Die Gleichsetzung des Tychon und Priapos
stimmt gut überein mit der Glosse bei Choirob.
dict. 77, 31 Gaisf., wo Tychon erklärt wird als
iai^ov »epl Ti]v k<f)Qoditriv\ vgl. ebenda 287, 25
(a— Gramm, gr. 4, 274, 7), Hesych: ^vioi rov Eq-
^ifjv (s. u.), aXXoi Sh vbv nsgl xriv kcpQO&ivriv.
Als Sohn der Aphrodite gilt er, wie Priap (s.
ob. 3, 2. 2968, 66 und Suid. s. v. Tlgiccnog, Nonyi.
Abb. ad S. Greg, contra lul. 2, 34; Migne, Ser.
Gr. 36, 1054 ; Mythogr. gr. ed. Westenn. 382, 1 4 ff.),
im Viol. der Eudocia 362, 1 Fl., wo die Über-
lieferung Tvfpatv i^ kcpQoSirrie von Hoefer, My-
thologisch-Epigraphisches {Progr. Weit. Gymn.
Dresden) 1910, 30, gebessert wurde: 'für das
götterfeindliche Ungetüm Typhon ist in der
Aufzählung der Zeuskinder kein Platz.' Über
die Zusammenstellung von Aphrodite und Pria-
pos in Bildwerken vgl. ob. Bd. 3,2, Sp. 2988.
Weitere aphrodisische Beziehung des Ty-
chon will ü setier, Heil. Tychon 23 f., im Frag-
ment der Kreter des Komikers Apollophanes
sehen: jicuXrixiog, Kvvvfiog^ 'AcpgoSiTOs, Tv^av
(Lex. Sabb. ed. Papad. 1892, 3, 19, Kock, Eh.
Mus 48 (1893), 5R6f., Demanczuk, Suppl. com.
1912, 9, Frg. 1), Usener a. a. 0. 18, nr. 3).
Es handelt sich hier um eine Liste von
^Bol Icvtxot in Athen und im Peiraieus {Hesych:
9aoi ^Bv.). Usener faßt die Namen zu zwei Paa-
ren zusammen und hält Asklepios Kynneios
und Aphroditos Tychon für je eine Gottheit.
Über die Richtigkeit dieser Auffassung will er
(24, 1) 'kein Wort verlieren'; er begnügt sich
vielmehr mit dem Hinweis auf Kvvvsios als in
Attika, Korinth,Temnos bezeugtes Beiwort Apol-
lons, womit die Hauptsache dieser Frage schwer-
lich bewiesen wird. Sollte aber Useners Kon-
struktion richtig sein, dann würde Aphroditos,
das bärtige, wohl auch phallische (bei Macrob.
sat. 3, 8, 3 ist natura virili nur Konjektur für
statura v.) Zwitterwesen Aphrodites, auf Ky-
pros führen (vgl. Hes. Ücfgodttos) und mit ihm
auch den Aphroditos Tychon. Über des Aphro-
ditos Gleichbedeutung mit Hermaphroditos und
dessen priapeische Natur vgl ob. Hd.l, Sp.2315f.
' Htrmaphroditos^ von P. Hernnann und 27/»»-
peU ' AphrodUos\ liealencticlo}». l,271>4f. Die
Tatsache, daß Priapos selbst auch als Herm-
aphroditos begegnet (ob. Bd. 1, Sp. 2340), könnte
leicht verleiten, Usener^ Verbindung von Aphro-
ditos und Tychon anzunehmen, doch gebietet
10 die Unsicherheit der Gesamtauftassung UsenerB
in dieser Frage entschieden Vorsicht. Askle-
pios, (ApoUon) Kynneios und Aphroditos sind
in Athen erst eingeführte Gottheiten, während
Strahon 13, 688 den Tychon und seine pria-
peischen Genossen als 'Attixol bezeichnet. U.se-
ner sucht diese Angabe als Irrtum zu erweisen
durch das Zusammenfassen von Aphroditos-
Tychon, dessen Herkunft aus Kypros ihm wuhr-
scheinlich ist. Aber auch bei der Hinfälligkeit
20 dieser Annahme wird Strabon Unrecht haben;
SO
Dreifaßstatue aus Magnesia (nach
0. Kern , Inschriften v. Ma'jnetia i»r. 203).
40 der viel frühere Apollophanes, Dichter der alten
Komödie, hat doch wohl nicht grundlos Tychon
unter die fremden Götter gesetzt. Woher er
kam, läßt sich mit unseren Mitteln kaum fest-
stellen. Denn auch das folgende Zeugnis für
Tychon aus Kleinasien kann nicht unmittelbar
diese Frage lösen.
Daß es einen Hermes Tychon gab, wußten
wir schon aus Hesych: ^vioi rov 'Egfifjv^ auch
aus Theognosts Glosse in Cramers Anecd. Ox.
50 2,33, 31: Tv;^cöv, -cavos- 6 ^EQtif]g. Und die
Überlieferung zu Clem. Alex. Protr. 10,102,1
(73, 17 Stähl.): xi yäg Tjynöd^s rov Tvtptbvoc {cod.
Par. 451) muß mit Meursius' Korrektur trotz
Milchhoefers Bedenken (bei Curtius, Stadtgesch.
XXXIII, 68) geändert werden in töv Tvxcovcc.
Außer diesen literarischen Zeugnissen hat sich
ein weiteres inschriftliches gefunden bei den
Ausgrabungen im Theater von Magnesia am
Maiandros. O. Kern hat zuerst in den Mitteil.
60 des arch. Instit. 19 (1894), 54—64, dann in den
^Inschriften von Magnesia^ Berl. 1900, 136, nr.
203 (an beiden Stellen mit Abb.), eine Drei-
fußstatue aus dem 3. vorchr. Jahrh. veröffent-
licht und beschrieben, auf der sich über die-
sem Distichon die Herme des Tychon erhebt:
'Egafjg d^ii Tvxcov, i% XccXiiiSog ovtog ixsivog- |
'AvtiKo%6g \i inoiriGs TtoXuccig TtäGi xogriyov.
Darüber 'eine jugendliche, oben völlig beklei-
1385 Tjchon Tychon 1386
dete Herme ohne Petasos und ohne Phallos, aonen (s. Kern, Inschr. v. Magn. 183) abgesehen
unten auf dem Schaft das Kerykeion, so sah von den zahlreichen mit Hermes gebildeten
der Hermes Tychon von Chalkis aus, also in Zusammensetzungen. Dann hätte wohl die aus-
keiner Weise unterschieden von dem bekann- drückliche Angabe des Künstlers Antilochos
ten jugendlichen Hermentypus' {Kern, Mitt. mehr Grund, als wenn sie sich nur auf das
5. 67). Dieser Hermes stammt demnach aus technisch belanglose Hermesbild bezöge. Für
Chalkis, und zwar nach Kerns Darlegungen diesen Antilochos liegen übrigens keine weite-
nicht aus dem euboeischen, sondern Vielleicht' ren Zeugnisse vor, s. C. Robert, Realencyclop.
aus der 'x">Q" XaX-nlg, die nach Strab. 14, 644 1, 2432. Über die eigentliche Bestimmung des
zu Teoa, nach Paus. 7, ^, 12 zu Erythrai ge- lo Werkes herrscht keine Einhelligkeit; vgl. oben
hörte; ygl. (r. Hirschfeld, Ärch. Zeitung ^3 (1S76\ die Ansicht von Maaß und Eitrem; Kern a.
26; H Gaehler, Erythrä, Diss. Letpz. 1892, 6' a. 0. 56 läßt die Frage offen; nach ihm konnte
{Inschriften v. Magn. S. 136). Kei-n stützt seine ein 'Dreifuß aus IJronze oder nur eine Bronze-
Lokalisierung durch das Fehlen eines für das platte auf ihm' liegen, 'ein eigentlicher cho-
■euboeische Chalkis bezeugten Hermeskultes, regischer Dreifuß war das Original natürlich
während in Teos, 'dem die %mQ(x XaXv.ig ein- nicht' {Kern hält die Arbeit ihrer mäßigen
mal gehörte, ein Fest '''EgiiaLa gefeiert wurde. Kunst wegen für Kopie). Daß aber in den bei
Eine künstliche Erklärung ist nicht von Nöten, Kern abgebildeten Standspuren der Platten-
wenn wir uns Hermes an diesem Feste als den Oberfläche eine menschliche Figur befestigt sein
Choregen der Bürger denken. In Athen führt 20 konnte, scheint mir sehr leicht möglich.
H. den Nymphenreigen [Preller - Bobert , Gr. Hält man an der Deutung Kerns fest und
Myth. 1*, 399, 4] . . . im chalkidischen Gebiet sieht man in dem Relief aus Magnesia den
bei Teos ist er der Chorege der ganzen Bürger- Hermes Tychon, dann hat man zu scheiden
gemeinde', und vielleicht wurde der Gott bei zwischen dem priapeischen , von Diodor und-
dieser Feier durch den 'schönsten Epheben des Strabon bezeugten Dämon Tychon und einer
Landes dargestellt' wie in Tanagra. So Kern, nicht-phallischen Erscheinungsform des Hermes
Mitt. a. a. 0. 63; Usener, Heil. Tych. 29 zu nr. als eines Glückbringers. Er wäre dann älter als
10 stimmt ihm bei. Die priapeische Vorstellung der phallische Tychon; 'denn dieser', sagt üse-
von Tychon {Diod. und Strab.) fiele also, wie ner, Götternamen 218, 'dem Priapos verwandte
Kern betont, beim Hermes Tychon fort; die 30 Gott der Weingärten, muß, nachdem wir einen
Herme des Am^?7oc/ios zeigt wenigstens keinerlei ionischen 'EQ^fjg Tvxav kennen gelernt haben,
Hinweis auf phallische Natur, und auch das dazu dienen , „die längst bekannte und immer
Amt des H. als eines '.Choregos' {Usener faßt neu bezeugte Tatsache zu konstatieren, daß
weiter: 'Segenbringer', Heil. Tych. 30) spräche Beiwörter als alleinige Bezeichnungen der Göt-
gegen solche Ausdeutung. Hier käme nur der ter auftreten" {Kern, Athen. Mitt. 19, 62).' Läßt
Gott 'des Glückes und des Zufalls' in Frage, man aber die Inschrift des Dreifußes als einem
der 'die Funktionen des Hermes und des Kai- Menschen Hermes geltend bei Seite, dann ist
ros, des Mercurius und der Fortuna in sich nur die Annahme eines einzigen Tychon nötig;
vereinigt' {Mitt. 61). denn die Erklärung der ^ ^vloi\ die ihn mit
So denkt auch ^. Maaß, Orp/iei*s 1895, 222^*^, 40 Hermes, dem Gott, gleichsetzen, kann auch zu
den Dreifuß als Orakeltisch, und Ä.J5J^>em,P/^^7oZ. Recht bestehen, wenn wir in ihm eine phal-
65 (1906), 258, hat wohl eine ähnliche Bestim- lische Gottheit sehen: auch Hermes trägt als
mung im Sinn, wenn er in diesem Zusammen- Förderer der Fruchtbarkeit den Phallos und
hang von Hermes als Zuwender der Lose spricht tritt durch seine bei Hyg. fab. 160 bezeugte
und an den 'Eqilov %XfiQog erinnert. Ich kann Vaterschaft zu Priap (s. Preller -Robert 1*, 737)
mich trotzdem nicht ganz des Zweifels an der mit diesem Kultkreis in enge Beziehung; s.
Richtigkeit der bisherigen Interpretationen er- oben Bd. 1, Sp. 2376 ff. , Bd. 3, Sp. 2978, nr. 3.
wehren. Daß in dem kleinen Halbinselstädt- Gruppe, Gr. Myth. 853 ^ glaubt ebenfalls den
chen Chalkis ein so berühmter {ovto? ixstvog) Kulttypus des Hermes ithyphallicus , den man
Hermes gewesen sei, von dem man sonst so gar 50 gern neben Aphrodite stellte, mit der Hesych-
nichts hört, der 'allen Bürgern ein Choregos' notiz vereinigen zu können. Vielleicht geht
war; daß die an sich ganz unbedeutende Re- aber Usener, Heil. Tych. 23, zu weit, wenn er
liefstatuette so viel Aufhebens verdient hätte, in der Inschrift der Kibyratis: Koivtog 'Ogd-cc-
wie in dem Distichon immerhin steckt, das yoQOv Tv%(ov reo Ttccrgi {Reisen im südicestl.
scheint verdächtig, ohne daß ich die Deutung Kleinasien 2, 192, nr. 265) eine 'unzweideutige
Kerns unmittelbar abzulehnen wage. Denkbar Verbindung' des phallischen Namens Ortha-
wäre vielleicht die Interpretation: "Eg^fi? f/ftt, goras mit dem Tychonkult in der Familie des
^v%div (d. i. cor) iv. X(xXv.i8og . • . , wobei Hermes Quintus Tychon (vgl. Göttern. 362 f.) sieht. Man
nicht als Gott, sondern als verdienter 'Choreg' wird schwerlich bei jedem Tychon Kult des
im wirklichen Sinn aufzufassen ist, ein Chal- 60 Tychon, bei jedem Orthagoras Beziehung zu
kidier des Namens Hennes, dessen verlorene einem phallischen Gott annehmen dürfen. Der
Statue auf der tripodischen Basis stehen konnte, Name Tychon hat für seinen Träger sprechen-
■während das Relief darunter selbst nur auf den Sinn mit dem Gedanken an das Glück,
das Doppelspiel der gleichen Namen hinwies, ans rvx^tv allgemein (vgl. unten zur Lanze des
ähnlich wie das bekannte Epigramm Martials Alexander), so sehr wie der gerade in Magnesia
6, 24 dem berühmten Kämpfer Hermes gilt und oft belegte Tychikos ; s. Kern, Inschriften von
gleichzeitig mit dem Gottesnamen spielt. Ge- Magnesia 192, Sp. 2.
rade in Magnesia begegnet der Name für Per- Einen Zeus Tychon möchte 0. Kern, Mitt.
Röscher, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 45
1387 Tychopolis Tydeus 1388
arch. Inst. 19 (1894), 60«, aus der Stelle des u. 64. — Bei Ps.-Aristot. Mirab. Atisc. 106 wer-
AmptUus, Lib. nttm. 8, 8, entnehmen, nachdem den unter homerischen Helden oder ihren Nach-
Bobon A. IHeterich, i>e hymn. Ürph. 47 (Kl. kommen, denen man in Tarent Opfer darbringt,
&Är. 106) au« der Überlieferung der einzigen auch TvästSat genannt; damit sind wohl Ab -
Saltnasiushß. (ed. Woelffl. praef. 6): ^ xbi lovis kömmlinge des in mehreren Stildten Unterita-
Umplum hyphonis unde est cul inferos descen- liens als Heros verehrten Diomedes gemeint,
gm' einen luppiter Typhon {Düker: 'Tropho- oder vielleicht dieser selbst; denn Kinder von
nii') konstruiert hat. Keiner dieser Versuche ihm, etwa aus seiner IChe mit Hermione {Schol.
kann befriedigen; ich sehe in hyphonis ein Ptnd. JV^ew». 10, 12), finden nirgends Erwähnung.
palftographisches Verderbnis aus templum, hyp- lo — Tydideus ensis {Epit. Iliad. 463) ist da»
noticia unde .... Schwert des Diomedes.
Als Gottheit verehrte Alexander von Pherai Das weibliche Patronymikon TvSril?
(S69— 36y) seine Lanze, mit der er seinen geg- {Triphiod. 160) bezeichnet Tydeus' Tochter Ko-
nerischen Onkel Polyphron erstochen hatte, maitho (s. d., Bd. 2, Sp. 1276, nr. 3).
weihte sie in einem Tempel mit Wollbinden [Johannes Schmidt.]
umwunden als 'Tychon', als 'Treffer'; Plut Tydeus (Tvtffvg, etruskisch Tute [s. d.]; über
Pehp.29. — Usener, Göttern. 286, bemerkt dazu, andere Formen des Namens und dessen Bedeu-
daß hier die Lanze, das 'sichtbare Ding, dem tung s. u.), ein berühmter Held der älteren
allein Verehrung zukam, tatsächlich zum Sinn- griechischen Sage.
bild (der Gottheit) herabgedrückt' wurde. Daß so Er ist ein Sohn des 0 inen s (s. d.), des Königs
Alexander 'mehr als eine Erinnerung' an den von Kalydon in Aitolien {Soph. Oed. Col. 1816.
priapeischen Gott gehabt haben sollte, nimmt Eur. Phoen. 134. 419. Quint. Smyrn. 1, 772 f.
auch üsener, Heil. Tych. 29, nicht als wahr- Apollodor 1, 75; 3, 63. Paus. 10,10,3. Hygin.
scheinlich an. Eher gehört in diesen Bezirk /afe. 69. 70. Äiat.T/ieb. 1,669 u.ö.). Als seine Mutter
der Sinn eines Komödientitels von Antiphanes wird überwiegend dessen zweite Gattin Peri-
{Kock, Fr.com. gr. 2,97): atgarimTrie v Tvvav, boia (s. d. nr. 11), die Tochter des Hipponoo*
der gewiß mit dem Dämon nichts zu tun nat, in Aitolien, bezeichnet. Einen Stammbaum, der
sondern lediglich auf den Begriff des tvxsiv, freilich sonst manchen Abwandlungen unter-
sei's dem Feind, sei's der Frau gegenüber, liegt, bietet Schol. Eur. Phoen. 133. Auch dar-
abzielt. [Preisendanz.] so über, wie Oineus und Periboia ein Paar wurden,
Tychopolis {TvxonoXig) hieß die Tyche der schwanken die Angaben erheblich. Oineus ist
lykischen Stadt Myra (vgl. den Art. Tyche nämlich bereits mit Althaia (s. d.), der Tochter
nnter 'Kult' nr. 44). Ihr hatte Opramoas für des Thestios, vermählt gßwesen, die ihm mehrere
10000 Denare ein vergoldetes Standbild errich- Kinder geboren hat (s. d. Art. Oineus Sp. 754);
ten lassen. Auch eine Feier bestimmte er ihr am bekanntesten ist unter ihnen Meleagros (s.d.).
zu Ehren Auf diese Verdienste ist in der Opra- Nach dem gemeinsamen tragischen Ende der
moasinschrift (XIX B) hingewiesen, wo es heißt: Gattin und dieses Sohnes heiratet Oineus die
icviörriGsv öh nal &y\cc]Xiia TvxonoXsog x£\xQv- Periboia: entweder wird sie bei der Erobe-
60HISV0V dvccXmaccg v7csQ^livQi,a, x^g\ [9'jeov 'Kai mng von Olenos seine Siegesbeute (so nach
xov fiByiöTov aiToxQcctoQogy av- vsati^aaTO öh-nal 40 der alten Thebais fr. 6 Kinkel bei Apollodor 1,
navijyvQiv. Wahrscheinlich ist eine Kopie der 74 ; daher wird sie bei Hygin. fab. 69 u. 70, ohne
Tychopolis in dem Tycherelief aus dem Thea- nähere Erläuterung, captiva genannt) ; oder ihr
ter von Myra (s. Petersen und von Luschan, Vater Hipponoos sendet sie, nach ihrer Ent-
Reisen in Lykien, Milyas und Kibyratis, Wien ehrung durch Hippostratos (s.d.), zu dem
1889, S. 29, Fig. 21 und den genannten Artikel) 'fern von Griechenland weilenden' (?) Oineus,
erhalten [Orinsky.] der sie töten soll, aber, weil Witwer, zur Frau
Tydeides {TvdsiSrig, lat. Tydides), das Patro- nimmt {Hesiod. fr. 97 Bz. bei Apollodor a. a. 0.,
nymikon zu Tydeus (s. d.), dessen einziger Sohn vgl. Schol. Pind OZ. 11,46); oder statt Hippostra-
Diomedes (s. d.) damit näher bezeichnet wird: tos ist Ares der Verführer {Schol. Stat.Theb.
II. E 16. 18 u. ö.; Z 146; 0 99 u. ö.; / 63 ; 50 1, 463), und Oineus, dem sie schwanger zur
K 109 n. ö.; ^ 312 u. ö.; Ä 29; T48; W 357 Aburteilung zugeführt wird, ist nicht auswärts
XL ö.; Od. y 181; d 280; Quint. Smyrn. 1, 265. (s. o.), sondern daheim. in Aitolien; sonst ver-
831; 4,89. 109. 262; 6,56. 78; 7,188. 443; 8, hält sich alles wie im vorgenannten Falle: er
9«; 9, 203; 10, 118; 13, 207; Triphiod. 474; läßt sie am Leben und heiratet sie {Biodor 4,
Tzetz.Hom. 64. 102. 107. 123. 188. 197; Posth. 36); oder endlich: Hipponoos merkt, daß sie
89. 206. 403. 604. 613. 668; Anthol. Pal. 12, von Oineus entehrt ist, und schickt sie ihm zu
204; 14, 44; {KaUistr.) Skol. 10 {Bergk, Lyr. 3\ {sial äs ol Xeyovrsg, gleichfalls hei Apollodoi').
647; hier ist, nach der Responsion der Strophe, Von Oineus ist Periboia auch nach Plutarch.
viersilbig Tvdudr^v zu lesen; die Dihäresis des Proverb 1, 6 schwanger, wird aber von ihrem
Diphthongs in diesem Worte ist bei Homer und 60 Vater nicht diesem überlassen, sondern zur Ob-
Quint. Smyrn. vhQT2iM zulässig, nicht aber bei hut Schweinehirten anvertraut, bei denen
Tzetz. Hom. 107; Posth. 206. 604. 613 durch- Tydeus dann Siu{wsichät {Antimachos fr. 12 Kin-
führbar); Pediasim. 8, 20 Wagner. — Vcrg. Aen. kel im Schol. Ven. II. J 400. Macar. 8, 63, Pa-
1,97; 2, 164. 197; 10,29; 11,404; 12,351; Hör. roemiogr. 2, 22S: Tvdsvg ix cvcpoQßiov). Die
C. 1,16,28; Ov. Met. 12,611; 13,68. 239.350 Angabe im Schol. Stat. Theb. 1,41: Tydeus
{Tydiden); 16, 769; Ep. ex Pont. 2, 2, 13; Clau- Oenei et Euriboeae filius beruht einmal nur auf
dian. 28, 470 {Tydiden); Myth. Vat. 1, 141 u. Verschreibung für Eriboeae und dann auf der
204 {Tydidem) in Bodes Script, rer. myth. p. 43 auch sonst, z. B. bei der Gattin des Telamon
1389 Tydeus Tydeus 1390
(b. d. Sp. 218), üblichen Vertauschung der Na- Manne erwachsen (Apollodor 1, 76: ScvijQ yf-
mensformen Erihoia und Periboia, sodaß hier voiisvog yBVvccios)^ tötet er entweder den
keine wesentliche Abweichung vorliegt. Dagegen eigenen Bruder Olenias {Pherekydes fr. Sd,
ist in der Notiz bei Sern. Aen. 6, 471) u. im Müller 1, 91, bei Apollodor a.a.O.; als Quelle
Schol. Stat. jl'heb. 1, 669: Tydeus Althaear et wird J'herehjdes auch im Scliol. Ven. S 120 zi-
Oenei fUius die erste Gattin des Oineus irrtüm- tiert, wo jedoch jener frt viog mv den — hier
lieh an Stelle der zweiten getreten. Mit My- nicht genannten — Bruder &yiovat(os umbringt,
thogr. Vat. 1, 80: Tydeus (Jenei filius et Cassio- und zwar bei der blutigen Rache an den Söhnen
peiae ist nichts anzulangen, des Agrios, seinen Vettern, die seinen alten
Seltsam klingt es, wenn vereinzelt Gorge, lo Vater Oineus vom Throne gestürzt haben, s.u.);
Oineus' eigene Tochter aus seiner ersten Ehe oder er tötet seinen Bruder Melanippos
mit Althaia, die Mutter des Tydeus genannt auf der Jagd (Jlyfiin. fab. 69; nach Schol. Stat.
wird: Apollodor 1, 75 nach Feisandros (den Theh. 2, 1V6: incaütus^ also gleichfalls durch
Welcker, Ep. Kykl. 1, 95 f., unter Zustimmung Unvorsichtigkeit, s. o., vgl. lUbheck, JJ. Tr. 309,
von Bobert, de Apollod. bibl. 61, für einen alex- 15 u. besonders 521 f. bei Besprechung von
andrinischen Dichter, dagegen Bethe, Theb. Accius' Tragödie Melanippus^ wo aber doch
Ä^ßZr/enZ. 4 f., für den Grammatiker hält; s. auch Tydeus den Bruder meuchlings aus dem
Malten b&\ Bauly^-Wissowa l,\hSi&), \ gl. Schol. Hinterhalt, nämlich im Waldgebirge von oben
S 120. Es habe, heißt es bei Apollodor, Oineus herab mit einem Felsblock erschlagen zu haben
nach dem Willen des Zeus die eigene Toch- 20 scheint; s. auch d. Art. Melanippos nr. 3; Bd. 2,
ter geliebt, die also, wie Hippodameia {Apol- Sp. 2580); oder er tötet seinen Bruder To-
lodor.Epit. 2,4. IJygin.fnb. 253. Lukian.Charid. xeus {Schol. Stat. Theb. 1, 282; vgl. Apollod. 1,
19. Tzetz. Lyk. Ibl), mit dem Vater Inzest übt, 64); oder endlich, wie schon erwähnt (s. o.),
vgl. Gruppe, Mythol. S. 657, 5; 1197, 2. Voigt, seinen Bruder Meleager {Mythogr. Vatic.lj
Leipz. Stud. 4, 258. 198). Auch bei Statins selbst ist er fraterni
An dem Argonautenzug nimmt Tydeus sanguinis conscius (1, 402) oder fraterno san-
nur teil bei Valerius Flaccus: 1, 387 erscheint guine pollutus (2, 113), ohne daß hier der Er-
er im Verzeichnis der Kriegsgefährten; 3, 107 f. mordete genannt würde. — Kaum schwerer als
erlegt er bei dem nächtlichen Kampfe in Ky- der (vielleicht nicht beabsichtigte) Brudermord
zikos einen dortigen Bewohner, dem der Speer 30 wiegt die sonst mehrfach berichtete Tötung
des Helden von Olenos in die Weichen dringt seiner Verwandten, die von ihm zwar mit
{subit ilia ciispis Olenii)\ denn nicht zu ilia ge- Vorbedacht, jedoch deshalb vollzogen wird, weil
hört Olenii, als wäre dies der Name eines Ky- sie seinen greisen Vater um die Herrschaft ge-
zikeners (so noch fälschlich im index nominum bracht haben. Auch hier schwanken die Zeug-
der Ausg. \. Bährens S. 169); sondern Tydeus nisse. Entweder werden die Thronräuber
heißt so als Aitoler nach der Stadt Olenos, bei als Söhne von Agrios, dem Bruder seines
deren Eroberung seine Mutter Periboia des Oi- Vaters Oineus, bezeichnet {Pherekydes fr. 83
neus Beute wird (s. 0.); ebenso Stat. Theb. 1, beim Schol. II. Ven. 5*120); sie, also seine Vet-
402: Olenius Tydeus; auch die vom Bruder ge- tern, tötet er und mit ihnen unabsichtlich
erbte Haut des kalydonischen Ebers, mit der 40 {Sc-novöiag) seinen (hier nicht genannten) Bru-
er bekleidet ist (s. u.), wird Olenii tegimen suis der (s. 0. ; nach Schol. Ven. A ist freilich auch
genannt (2, 541), Zugleich verdient Beachtung, dieser Getötete sein «it^EifJtdff, nur nach Schol.
daß auf der Argonautenfahrt Tydeus der Ge- Fen. B sein ddfXqpd?). Oder die acht sonst völlig
nosse seines Stiefbruders Meleagros ist, der, im obskuren, aber hier namentlich aufgezählten
Gegensatz zu Tydeus, regelmäßig {Seeliger im Männer, die Tydeus, weil sie seinen Vater nach
Art. Argonautensage Sp. 509) und daher auch Herrschaft und Leben trachten, umbringt, wer-
bei FaZer. i^Zacc. 1, 435; 6,719 an dem Zuge den die Söhne des Me las genannt (^/Ä;ma«oms
teilnimmt; in der gewöhnlichen Überlieferung fr. 4 Kinkel nach Apollodor 1, 76); seine Vet-
geht dieser berühmte Zug dem Leben des Ty- tern sind auch sie; denn nach II. S'll? gelten
deus zeitlich voraus (s. d, Art, MeJeagros Sp. 50 Agrios, Melas und Oineus für Brüder, nämlich
2591. 2593f.). Doch findet sich eine unchrono- als Söhne des Portheus (oder Porthaon: Apol-
logische Zusammenstellung beider Halbbrüder lodor 1, 63), Oder die von Tydeus getöteten
auch sonst, vgl. Ov. Heroid. 9, 155 f. (nichts be- Vettern {ccvsipioL) heißen bei Diodor 4, 65 (ohne
weist jedoch Eur. Hiket. 901 f. u, die Prophe- Nennung ihres Vaters) Alkathoos und Lyko-
zeiung eines deus ex machina in Eur. Meleagr. peus. Diese beiden sind nach Schol. Eur. Phoen.
fr. 537 Nck.^, s, d. Art. Oineus Sp. 755). Die den 417 Söhne des Agrios, jedoch nach Schol. Aesch.
Meleagermythus behandelnden Dramen bespricht Sept. 666 Kirchhoff (wo Butler Ljkopeus aus
Ribbeck, B.Tr. 606 f. Über das Bild einer Neapler Lykauges herstellt) Söhne des Melas; oflFenbar
Vase, auf welchem Tydeus tief betrübt den todes- werden nämlich die noch in der Ilias a.a.O.
matten , sterbenden Bruder stützt, s. u. Nach 60 deutlich unterschiedenen Brüder Agrios und
dem Mythogr. Vatic. 1, 198 wird dagegen Me- Melas (s. o.) später nicht mehr scharf getrennt
leager sogar von Tydeus erschlagen — (s. d. Art. Oineus Sp, 756). Besonders dunkel
eine der vielen Lesarten von dessen Verhängnis- oder verwickelt ist die Situation im Schol.
vollem Verwandtenmord. Townl. II. Ä 114 u. bei Eustath.^. 971, 7 f., wo
Diese Blutschuld treibt ihn nämlich in die er die beiden beim Mahle tötet und mit ihnen
Fremde, wo er schließlich im Kampfe fällt. In unabsichtlich {ccxcov) auch den Vatersbruder
die einander widersprechenden Berichte läßt Melas. Den Alkathoos allein ferner, der hier
sich schwer Ordnung bringen. Zum tüchtigen ein Bruder des Oineus, also sein Oheim ist,
45*
1391 Tydeus Tydeus 1392
tötet Tjdeua nach unbekanater Quelle (ats Ankömmlinj^e, sei es, weil sie wie wilde Tiere
niv tivs g liyovaiv) hei Apolloiior 1,76. Daß am den Raheplatz kilmpfen {Etir. Hik. HS.
endlich jene beiden Opfer seine eigenen Phoen. 421 mit Schol), sei es, weil Polyneikes
Sohne gewesen seien, wird im Schol. Ven. mit einem Löwenfell, Tydeua mit der ererbten
II. 3 120 nur beiläufig erwähnt und unter Hin- Haut des kalydonischen Ebers bekleidet ist
weis auf Fherekydes fr. 83 (s. o.)^ sofort berich- (SohoJ. Phoen. a. a. 0. Schol. II. J .{76. Ili/gin
t\^(il iXtid^Bariga iötogla avrri). Demnach /*a6. 69. Sto^ 1, 483f. u, ö.), sei es endlich, weil
kommen bald einzelne Brüder, bald mehrere jener als Abzeichen auf dem Schilde ein Li3wen-
Vettern auf einmal, bald ein Vetternpaar, bald haupt, dieser als Wappentier den Eber führt
ein Oheim, bald sogar zwei angebliche Söhne lO {Schol. Phoen. 409. Äpollodor 3, 59). Zwischen
des Tydeus von seiner Hand ums Leben, ohne den beiden Fremdlingen schafft er einen fried-
daß es festzustellen gelänge, wen er eigent- liehen Ausgleich (der übrigens bei Mnaseafi, wo
lieh, mit Absicht oder aus Versehen, sie zusammen ankommen, und bei Dtoior 4, 65
getötet hat. Vielleicht ist an der Unklarheit gar nicht nötig ist), entsühnt den mord-
eine Vermengung der Schicksale des befleckten Tydeus {P.'ierekyde.<i fr. 83) und
Tydeus mit denen seines Sohnes Dio- gibt ihm seine Tochter Deipyle (s. d.) zum
medes (s. d.) schuld; denn nach anderer Fas- VVeibe {Schol. IL J 316. Schol. Eur. Phoen. 135.
sung der Sage hat erst dieser, nicht schon Ty- 137. 409. Äpollodor 1, 76, vgl. 103-, 3,59. Dio-
deus den Sturz des Oineus gerächt, vgL bes. dor a. a. 0. Stat. 2, 202 f.; bei Hygin. fab. 69
Anton. Liher. 37 u. Ribbeck, R. Tr. 302, 1. Aus 20 heißt sie Deiphile, bei Serv. Aen. 1, 97: Dei-
der Zahl der einschlägigen Tragödien, in phyle\ während er Argeia, die ältere {Hygin.
deren Bruchstücken jedoch Tydeus' Schicksale fab. 69: maiorem), mit Polyneikes verheiratet;
höchstens gestreift werden, sind folgende her- vgl. auch Soph. Antig. 870. Die zwölftägige
\oiz\ihehQn: Earipides' Oinewi{Welcker,Gr.Tr. Doppelhochzeit trüben ungünstige Vorz^nchen
583 f) und PacuviM^ Periboea {Ribbeck 301 f), {Stat. 2, 249 f.). — Dem Tydeus (und wohl auch
die Msliaygos betitelten Dramen des Sophokles dem Polyneikes) gewährt Adrast, oflFenbar als
und namentlich des Eur ipides, dem sich J.cc»ms Mitgift, reichen Lebensunterhalt {IL S 119f.,
in seinem 3/ei«a<7cr eng angeschlossen hat (Ä<7)- vgl. OL r] 311 f. Stat. 4,80). Zugleich ver-
beck 606f.): ferner desselben Dichters Diomedes spricht er den beiden Schwiegersöhnen,
(S. 624f.); über seinen Melanippos endlich s.o. so sie in ihre Heimatländer zurückzufüh-
— Übrigens wird Tydeus' blutige Tat mehr- ren {Bakchylides 8, 20 Blass. Eur. Hik. 132;
fach nur allgemein angedeutet: Aesch. Sept. Phoen. ^^29. Äpollodor ?>, 69. Diodor &.si.O. Stat.
566. Soph. fr. incert. 7 Sl Nck.*. Eur. Hiket.liS 2, 199 f.). Auf den zunächst geplanten Zug
n. Oineus fr. bbSNck.*. Scliol.Il.JS16. Eustath. gegen Theben soll ein zweiter gegen Kalydon
p. 971, 7. Philostr. Epist. 28 (2, 240 Kayser). zur Wiedereinsetzung des Tydeus folgen {Apol-
Zenob. 1, 30 {Puroemiogr. 1, 10). lodor a. a. 0.). Die beiden geistesverwandten
Wegen seiner Blutschuld von den überleben- Schwäger treten einander rasch nahe, sodaß
den Verwandten verfolgt oder zur Rechenschaft ihre Freundschaft, wie die mancher an-
gezogen (^jpoWorior 1, 76: '^yp/ot^ dixag ^Trayov- derer Heroen, sprichwörtlich ist: Stat. 1.,
TOS aurw), meidet er das Vaterland und ge- 40 470 f.; 9, 68 f. mit Schol. Anthol. lat. 1, 664, 8.
langt nach einer Irrfahrt {IL S'120: TtXayx^Bi?) Ihre gleiche Lebenslage macht sie für den be-
zu Adrastos (s. d.), der entweder, aus der ginnenden Feldzug zu natürlichen Verbündeten.
Heimat verbannt, in Sikyon lebt {IL B 572. Merkwürdig, daß bei diesem Kriege der Sie-
Herodot 5,67. Paus. 2, 6, 6; vgl. Gruppe S. 17b, ben gegen Theben manche Quellenschrift-
16. 613. 527. Busolt, Gr. Gesch. 1*, 664f.) oder steller Polyneikes und Tydeus gar nicht mit-
seinen Herrschersitz bereits in Argos hat; rechnen, sondern an ihrer Statt Eteoklos, den
hierher verlegen die meisten Berichte Tydeus' Sohn des Iphis, und Mekisteus nennen {Apol-
Ankunft: IL S 119. Pherekydes fr. 83, Müller lodor 3,63: rirg? Tvdia Hat IIolvvsLxriv ov xar-
1, 92. Soph. fr. incert. 731,3. Eur. Phoen. 4:08t agid-iiovöL). Sonst erscheint er regelmäßig un-
mit Schol. Äpollodor 1, 76: 3,58. Diodor 4, 65. bo ter den Hauptführern des Unternehmens, deren
Zenob. 1,30. ^as^atÄ. p. 288, 24. 971,8. Oo.Pmt. Zahl sich hie und da auf zwölf erhöht {Gruppe
1,3, 7 9; vgl. Fast. 1, 491. Stat. Theb. 1, 671; S. .528). Die Listen der Kriegsgefährten wei-
2, 112 u. ö. Gleichzeitig erscheint dort, vom chen mehrfach von einander ab; hier kann nur
Bruder Eteokles aus der Vaterstadt Theben ver- Tydeus' Auftreten erwähnt werden: IL J 31S
trieben, Polyneikes (s. dX Im Hofe oder in mit Schol. Ven. S7 6, vgLE803f.; JC285f.; 3 lU.
der Vorhalle des Königsschlosses machen die bei- Antimach. fr. 6 f. u. 13 Kinkel. Pherekydes fr. 51,
den Flüchtlinge zur Nachtzeit einander Aufent- Maller 1, 85, im Schol. E 126. Aesch. Sept. 360 f.;
halt und Lagerstätte streitig: Eur. Hik. 142 f. 407 f. mit SchoL; 554 f. Soph. Oed. CoL 1315;
Phoen. 415 f. HypsipyL fr. in Oxyrhynchus Pa- Eur. Hik. 901f. Phoen. 1119f.; 1143f.; 1165 f.
pyri VI 44f. Äpollodor ^, 58. Bei Stat 1, 342 f. 60 mit SchoL Schol. Pind. Ol. 6, 23 a. Äpollodor
404 f.; 2, 153 f. ist die Situation durch die Schil- 3, 63. 68. Diodor 4, 65. Paus. 10, 10, 3. Hygin.
derung eines Gewittersturms romantisch aus- fab. 70. Verg. Aen. 6, 479 mit Serv. Stat. Theb.
geschmückt. Den Adrast hat auf die Gäste 1, 41 f.; 401 f.; 4, 94 f. u. ö.
ein Orakel vorbereitet, wonach er seine Töch- Während Amphiaraos (s. d.) nur durch Ver-
tex mit einem Löwen und einem Eber mittelung seines Weibes Eriphyle (s. d.) von
vermählen soll; den Wortlaut teilt Mnaseas Adrastos mit Mühe für den Krieg gewonnen
fr. 48, Müller 3, 157, im Schol. Eur. Phoen. 409, wird, sind Polyneikes' und Tydeus' leidenschaft-
mit. Adrast deutet den Seherspruch auf die lieber Rachedurst und kriegerischer Jugendmut
1393 Tydeus Tydeus 1394
geradezu die treibenden Kräfte; über Tydeus winnt mit Athenes Hilfe über jeden leicht den
8. bes. Aesch.Sept. 3G8f.; öööf. Apollodor 8,76. Sieg (J 389 f.; E 807). Bei l^tat. 2, 889 f. be-
iS^af. 2, 307f.; 364 f. Vergebens sucht Deipyle schränkt sich die Begegnung auf eineu erbit-
durch Bitten und Tränen den Gatten zurück- terten Wortstreit. Erzürnt legen dem verwe-
zuhalten {Stat. 2^ 311 1\); gewiß erscheint ihr genen Eindringling bei seinerßückkehr fünfzig
für den (künftigen oder schon geborenen?) Sohn Thebaner unter Maion (s, d.) nnd Polyphon-
Diom e des (8. d.) der Vater unentbehrlich (J^ol- tes einen Hinterhalt (über die Zahl 50 vgl.
lodor 1, 70. Hygin. fab. 69 ; vgl. Theokr. 1 7, 64). Röscher, Abhdl. d. Sachs. Gei^ellsch. d. W. XXXJII
Diomedes ist Tydeus' einziger Sohn, den die nr. 5 S. 34f.); Tydeus aber tötet alle bis auf
Sage kennt. Nur auf ihn kann sich daher der lo Maion, den Sohn des Haimon; ihn läßt er, auf
Hinweis auf ein Stück des Theodcktes bei Aristot. warnende Zeichen der Götter hin, als Unglücks-
Poet. c. 16 p. 1455 a 9 (Nauck, Trag. fr. p. 803*) boten allein entrinnen {J 391 f. Apollodor a. a. 0.
beziehen. Die vierte Art der avayvwgiöis wird Stat. 2, ö27f.; 693f ; vgl. 4, 596f.; 8, 664f.); wie
nämlich hier belegt mit dessen Tragödie Ty- ihm Maion "dies noch im Tode dankt, s. u.
deus, Sri, iXd-(üv svQrjGcov vlbv avrbg ccnoXXvxai, Am Ziele angelangt, schließt das Heer The-
Bei der Knappheit der Bemerkung bleibt de- ben ein ; die Führer nehmen mit ihren Scharen
ren mythologischer Inhalt leider rätselhaft den Aufgängen der siebentorigen Stadt gegen-
{Wekker, Trag. 3, 1075). — In dem Bestreben, über Aufstellung. Auch hier gefällt sich die
für den Feldzug alles in Bereitschaft zu setzen, Phantasie der einzelnen Dichter oder Erzähler
ziehen Adrasts beide Eidame vorerst zur Wer- 20 dem Wechsel zuliebe in Abweichungen. Bei
bung anderer Fürsten aus, holen sich aber in Aesch. Se)t. 358 f. wird (durch das Los) dem
Mykenai, wo Zeus durch ungünstige Vorzei- Tydeus das nordöstliche Proitidische Tor, in
eben den Krieg widerrät, einen abschlägigen dessen Nähe er später angeblich auch begraben
Bescheid {11 A 376f.; vgl. Stat. 4, 306f.; an- liegt {Paus. 9, 18, If., s. u.), bei Eur. Phoen.
ders Eur. Phoen. i30). Als man, nach der Ver- 1119f. das Homoloische Tor im Norden zur Be-.
Sammlung der aufgebotenen Führer und ihrer stürmung zugewi«'Ben. Y^ie in Aesch. Sept. a.&.O.
Mannen und dem allgemeinen Aufbruch, zum der Bote dem Eteokles des Tydeus Erscheinung
ersten Male in Nemea rastet und nach Wasser und Gebaren, und zwar gleich an erster Stelle,
sucht, zeigt ihnen Hypsipyle (s. d.) eine Quelle, schildert, so läßt sich ihn in Eur. Phoen. 133 f.
läßt aber dabei das ihr anvertraute Kind des 30 Antigene bei ihrer Mauerschau zeigen und be-
einheimischen Königs Lykurgos (s. d.) unbewacht, achtet seine auffällige aitolische Ausrüstung. —
das dem Biß einer Schlange zum Opfer fällt; Kampfesfroh und siegesgewiß mustert er seine
der unachtsamen Wärterin, die der erzürnte Scharen, die aus den Städten seiner Heimat zu
Vater des Kleinen deshalb umbringen will, ihm gestoßen sind (/S^at. 4, 93f.; lOlf.). — In-
nimmt sich Tydeus an und gerät so mit jenem wieweit, außer den zitierten Dramen der großen
in tätlichen Streit, der u. a. auf dem Throne attischen Dichter, andere Tragödien wie ^cÄaios'
von Amyklai dargestellt war (s. u.); denn bei 'kögaötog, luUus Caesar Strahos Adrastus {Rib-
Paus. 3, 18, 12 ist wohl, mit 0. Jahn, Arch. heck, P. Tr. 614 f.), ferner Accius' zweifelhafte
Aufs. 158, zu lesen: '!A8Qa6xo(s 8h -nccl 'Aficpid- Thebais und die Phoenissae (ebenda S, 474f.)
gaog Tvdsa v.al Avuovgyov rbv ngcova-iiros io diesen Teil der Tydeussage beeinflußt haben,
^dx'^^ts 'KaraTtccvovaiv , zumal auch bei Stat. 5, steht bei dem geringen Wert der Fragmente
661 f. Tydeus den Lykurgos angreilt, die bei- dahin; auch /S'e^ecas JP7«oe»mae gewähren keine
den Argiver aber den Kampf schlichten. Bei Ausbeute. — Während der Belagerung spielt
den zu Ehren des umgekommenen Königskindes eine tragische Liebeggeschichte. Nach ilftm-
yeranstalteten Leichenspielen siegt Tydeus im nermos fr. 21 in Salustios' Hypothesis zu Soph.
Faustkampf (JjpoZZo(/or 3,66) und überwindet Antig. {Bergk, Lyr. 2*, 32) beschleicht nämlich
den Agylleus im ausführlicb beschriebenen Tydeus auf Antrieb Athenes Ismen e (s. d.),
Ringkampf (/Stoit. 6, 788f.); auf diese mythi- die liebliche Schwester der beiden feindlichen
sehen Wettspiele wird der spätere Nemeische Brüder, bei ihrer Zusammenkunft mit Theokly-
Agon zurückgeführt {Philostr. Gymnast. c. 7; 2, 50 menos (richtiger Periklymenos, s. d. Art. Bd. 3,
263 JTai/ser: a.vci.v.iixai roTg Sc^icpl Tvdiu xolg Sp. 1967f); nach Pherekydes fr. AS im Schol.
tTtxd). Tragödien: Nemea des Aüchylos und Eur. Phoen. 53, Müller 1, 83 geschieht es an
de& Ennius{Pibbeck,B.Tr. 169 {.); Hypsipyle des einer Quelle außerhalb Thebens, die seitdem
Aischylos und des Euripides {Welcker, Gr. Tr. ihren Namen trägt. Der Geliebte entweicht,
l,50f.; 2, 554f.; Ribbeck S. 161f.) mit den neu- aber das Mädchen fleht den Feind vergeblich
gefundenen Fragmenten in Oxyrhynchus Papyri um Schonung und wird von ihm getötet, über
VI 19 f. (s. 0.), die leider für die Tydeussage bildliche Darstellungen, z. B. auf einer etrusk.
ohne wesentlichen Ertrag sind. — Auf dem Urne, wo die Liebesszene in ein Gemach ver-
Weitermarsch sendet das Heer vom boiotischen legt ist, s.u. — Wie hier erbarmungslos selbst
Flusse Asopos aus den Tydeus als Unter- 60 gegen ein Weib, so ist er auf dem Schlachtfeld
händler(ß:yy6Ai7]r) nach Theben (2Z. z/ 384 f.; erst recht ein Schrecken für die Feinde. Ob-
vgl. E 803 f.; K 285 f.: äyysXog; Tfiodor 4,65); wohl klein von Gestalt (s. u.), ist er doch, ver-
heiStatius 2, 369f. ist er zugleich Kundschafter. möge seines unerschrockenen Mutes {11. E 125),
Er trifft bei Eteokles, der sich auf keine Zuge- ein gewaltiger Streiter, der nicht nur ein lau-
ständnisse einläßt {Apollodor 3, 61), die The- tes, herausforderndes Kriegsgeschrei vernehmen
baner schmausend an und bleibt allein unter läßt (Aesch. Sept. 364. 375. Eur. Phoen. 1144 f.
80 vielen nicht nur unerschrocken, sondern for- Stat. 7, 611 f.; 8, 663 f.), sondern auch, der Be-
dert sie sogar zum Kampfe heraus, ja er ge- deutung seines Namens entsprechend (s. u.).
1395 Tydeus Tydeus 1396
mächtig dreinschlägt. Seine ScQiarsia, in der liegt und dem Tode verfällt, vgl. Bakchijlides
er unter den Thebanern schrecklich wütet (iStot. fr. ^l Bloss: ii Ud-rivä rm Tvdsi dmaovöcc xr]v
8, 669 f.; 688 f.), gewinnt an Wichtigkeit durch &^ava<siav . . . Liban. Pr'ogymn. 4, 1100 R (8, 40
ein feindliches Zusammentreffen mit Eteo- Förster). Stat. ^,713 f.; IM f. So groß ist ihr
kies, den aber die Seinen vor dem Ansturm Ekel, daß sie die himmlische Behausung erst
des bedrohlichen Gegners retten (v. 689 f.). Doch aufsucht, nachdem sie ihre entwoihten Augen
es soll fftr ihn selbst der letzte Kampf sein. mit fließendem Wasser gereinigt hat: v. 764 f.
wahrend nämlich nach den meisten Quellen Doch hat jener noch sterbend seine beleidigte
mit dem blutigen Ausgang des Brudeikampfes Schützerin gebeten, die ihm zugedachte Uu-
zwischen Eteokles und Polyneikes der Angriff lo Sterblichkeit auf seinen Sohn Diomedes (s.d.)
auf die belagerte Stadt scheitert, sodaß die zu übertragen: Schol. Pind. Nem 10,12; vgl.
übrigen Führer erst nach den Brüdern fallen, Liban. 4, 997 R (8,338 Förster). Wirklich heißt
setzt Statius den Untergang der letzteren, der es bei Pindar, Nem. 10, 7: Jiofn/jSecc d' afißgo-
Steigerung der Erzählung zuliebe, an das Ende rov ^avd-ä jtors Plocvx&xis ^O'/jx« ^eriv, was
(Buch 9), und jene sterben vorher den Helden- Welcher {Ep. Kykl. 2, 365) auf eine alte The-
tod. Dabei erfüllt sich unter grausigen Um- bais zurückfährt. Die Historiker schweigen
ständen auch Tydeus' Geschick. Ihm gegen- von Diomedes' Tode; auch wurde er in den
über hat Eteokles bei der Verteilung der the- unteritalischen Städten Metapontion, Thurioi
banischen Streitkräfte den tapferen Melanip- und Argyrippa als Gott verehrt {Polemon im
pos (g. d. nr. 2) aufgestellt {Äesch. Sept. 890— «o vorerwähnten Pmrfarsc/to//oM); andere Fabeleien
397 Jfir/rcÄ/io/f). Mit ihm gerät er jetzt im Kampfe über Diomedes' spätere Schicksale hei S trab.
aneinander und wird von ihm am Bauche ver- 6, 284. Schol Lyk. 610. Wie Tydeus von der
wundet {Äpollodor 3, 75f. Stat 8, 720f.). Der Hand des Melanippoa im Kriege gegen Theben
Vorgang erfährt wieder manche Abwandlungen, fällt, wird noch erwähnt: Herodot ö^ fil . Paus.
die sich nicht reinlich scheiden lassen; vgl. 9,18,1. Philostr. H>!r. A,l (2,168 Kayser). Hygin.
Bethe,Theb. HelderU. 62; Gruppe S. 634 f. Nach fab. 70. Serv. Äen. 6, 479.
der einen Fassung, die am vollständigsten Um die Leiche des Helden entspinnt sich
Äpollodor a. a. 0. bietet, erwidert Tydeus den bei Stat. 9, 1 f. ein erbitterter Kampt. Eteokles,
tödlichen Streich, sodaß der Gegner Melanip- der, wie sein Bruder, nach dieser Darstellung
pos ums Leben kommt. Während Tydeus selbst so den Tydeus und die anderen Führer des argi-
aber halb entseelt daliegt, will Athene diesem vischen Heeres überlebt, fordert die Seinen auf,
ihrem Schützling durch ein von Zeus erbetenes sich des Toten zu bemächtigen (9, 12 f.); um-
Heil- und Zaubermittel zur Unsterblichkeit ver- gekehrt ermahnt Polyneikes eindringlich zur
helfen. Doch aus Haß gegen Tydeus, weil Rettung des gefallenen Kameraden und trauert
dieser einst den Kriegszug gegen Theben her- mit dem Heere um ihn (v. 32 f.); besonders ist
beigeführt (s. o.) und damit soviel Blutvergießen Hippomedon bemüht, seinen Tod an den flie-
verschuldet hat, vereitelt jetzt Amphiaraos die henden Thebaaern zu rächen (v. 90 f.). Da die
Rettung, indem er ihn der göttlichen Gnade Bergung der Leiche nicht gelungen ist, wagen
unwert macht. Er bringt also wie eine Tro- sich in der folgenden Nacht zwei treue Ge-
phäe das abgeschlagene Haupt des Me- 40 seilen, ein Arkader und ein Ätoler, auf das
lanippos zu dem halbtoten Tydeus, der Schlachtfeld, um ihre Führer Tydeus und Par-
voU Rachgier wie ein wildes Tier darüber her- thenopaeus zu bestatten (10, 347 f.); sie erreichen
fällt und mit rohem Behagen das Gehirn zwar ihren frommen Zweck, fallen aber ihrer
ausschlürft. Nach anderer Darstellung, die Pietät zum Opfer (v. 38 4 f.); wegen ihres Hel-
jene Feindschaft zwischen den beiden Kampf- denmutes bei nächtlichem Abenteuer und ihrer
genossen nicht betont, tötet Amphiaraos den treuen Waffenbrüderschaft vergleicht sie Sta-
Melanippos {Pherekydes fr. 51, Müller 1, 85. titis (v. 445 f.) mit Nisus und Euryalus in Verg.
EustaÜi. p. bU, n f. Tzetz. Lyk. 1066) und ubei- Aen. 9, 176 f.; s. auch Ribbeck, R. D.S, 231 f.
gibt dem todwunden Tydeus auf dessen aus- Schon bei Homer {IL 13 114) birgt den Ty-
drücklichen Wunsch den Schädel des Gegners 50 deus ein Grab in thebanischerErde; die-
(Schol Pind. Nem. 10, 12). Nach Stat. 7, 789 f.; ses erwähnt auch Paus. 9, 18, 2: es liegt nahe
8, 718f. endlich ist Amphiaraos bereits gefallen, dem Proitidischen Tore, vor dem er, wenigstens
als Tydeus verwandet wird, und Kapaneus tritt nach Aesch. Sept. 360 f., bei der Belagerung sei-
insofern an jenes Stelle, als er dem mit dem nen Standort hat (s. o.); Maion, den er bei der
Tode ringenden Kriegsgefährten lydeus das siegreichen Abwehr des thebanischen Hinter-
noch zuckende Haupt des Melanippos reicht. halts allein hat entkommen lassen {J 391 f.,
Der grausigen Mahlzeit des Rachgierigen wird s. o.), soll ihn hier beerdigt haben. Doch auch
auch sonst mit Abscheu gedacht : Soph. fr. ine. hierüber besteht keine Einheit der Berichte.
731, 5. Für. Meleagr. fr. 537 Nck*. Lyk. AI. Da Athen den Ruhm genoß, sich bereits in der
1066 mit Schol. Dosiadas Anthol. Pal. 15, 26. 60 Heroenzeit schützend der Bedrängten und Hilfe-
Seoct. Empir. Hypotyp. Pyrrhon. 3, 207. Ov. suchenden angenommen zu haben, so bildete
Ibis 425 f. 513 f. {der ScJwl. nennt den Enthaup- sich die Sage, es hätten, um die unbestatteten
ieten M.e\B.mpp\i8; s.d.). Schol. Stat. Theb. 1,42] Leichen der vor Theben gefallenen Helden
3,544; 9,102. Dieser Akt schnöder Brutalität zu erlangen, deren trauernde Witwen sowie
bringt Tydeus um die schon für ihn er- Adrastos sich an Theseus, den Herrscher von
wirkte Unsterblichkeit. Bei dem schauer- Attika, gewendet, und dieser habe von dem
vollen Anblick wendet sich nämlich die Göttin neuen thebanischen König Kreon die Auslie-
von ihm ab, sodaß er seiner Verwundung er- ferung der Toten erreicht. In den (verlorenen)
1397 Tydeus Tydeus 1398
''EXsvölvtoi des Aischylos {Naiick, fr. trag. Gr. ist (s. o.) und das Heer seinen Verlust betrauert,
p. 18 f.*) geschah dies auf gütlichem Wege durch Ein Ares in Menschengestalt {Eur. Phoen.
einen Vertrag, den der Atthidograph Phüocho- 134. Stat. 1, 464; 2, 587. 727; 4, 111 ; 8,688. 707;
ros {fr. 51, Müller 1, 3Ü2) als das erste Abkom- 9, 72), der den Gegner blitzartig nioderschmet-
men über die Auslieferung von Leichen bezeich- tert (fulmineus: 4,94), und der tapferste
net (^riut. 2'Äcs. 29), in Kuripides* Hiketi<lt'.s unter seinen Zeitgenossen (PAen^rfes /r.
•dagegen durch Drohungen und eine blutige 83, Müller 1, 92), weshalb noch der byzautini-
Schlacht. Bei Apollodor 3, 79 erobern die Athe- sehe Sophist T heophylaktos Simokata {Hint.
ner zur Bergung der Toten sogar Theben und 2, 18) mit ihm einen kleinen, aber mutigen rö-
nehmen die Leichen mit in ihr Land. 'J'heseus lo mischen Krieger vergleicht {Suid. s. Zdntig),
erzwingt also hier die Übergabe der Helden- trägt er trotzdem kein wahres Heldentum,
leichen, und so findet Tydeus mit den mei- keine edle Vaterlandsliebe als Triebfedern sei-
lten seiner Kriegsgefährten die letzte Ruhe- nes streitbaren Mutes in der Brust, sondern
statte in dem geweihten Boden von Rachsucht und Rauflust aind seine Be-
Eleusis; vgl. auch iVms. 1, 30, 2. Vor der weggründe. Daher steigert sich sein rück-
hier stattfindenden Totenverbrennung widmet sichtsloser Haß gegen die Feinde bei der Tö-
Adrastos in Theseus' Gegenwart den fünf Ge- tung Ismenes zu unerbittlicher Härte (immodi-
fallenen Kapaneus, Eteoklos, Hippomedon, Par- cus irae: Stat 1,41; ferus: 3,59), und vollends
thenopaios und endlich Tydeus einen ehrenden die Zerfleischung des toten Melanippos ist eine
Nachruf; die kurze Leichenrede auf den letzt- 20 bestialisch rohe Handlung (s. o.), durch die er
genannten {Eur. Utk. 901—908) wird seinem sich, den Tod vor Augen, die Gunst seiner
Wesen vollaufgerecht. Ohne Mitwirkung des Beschützerin Athene (z/ 390;E 125f.; 800f.;
Adrast, der bei seinem Heimzug nach Argos Ä 285f. Stat. 8, 459. 499f. 713; 9,513), ja die
die Leichen unbestattet zurückläßt, geschieht Unsterblichkeit verscherzt. — Endlich sei noch,
die Beerdigung durch die Athener bei Diodor auf einen Zug hingewiesen, der aus der Chro-
4, 65. — Diomedes gesellt sich später den Epi- nologie der Heroenzeit ganz herausfällt und
gonen zu, um Mas Blut des Vaters zu rächen' den Tydeus während des Trojanischen Krieges (!)
{Eiir. fr. 559 Nck.^-, vgl. auch Bibbeck, B. Tr. in sehr greller Beleuchtung zeigt. Erbittert
525). über ihre Verwundung durch Diomedes (E330f.
Trotz der Widersprüche in den Quellenbe- 30 335 f.), betört Aphrodite dessen bis dahin be-
richten schließt sich der Charakter des Ty- sonders keusche Gattin Aigiale (s. d.), sodaß
deus zu einem ziemlich einheitlichen Bilde zu- sie sich mehreren Verführern hingibt; nach Ov.
sammen. Durch die äußere Erscheinung iZ>*s 347 f. nimmt, wie begreif lieh, ihr Schwie-
keineswegs unterstützt, sondern klein {II. E gervater Tydeus daran schweren Anstoß; da-
801. Äesch.Sept.^OS Kirchhoff mit Schol. Priap. gegen nach dem Schol. z. d. St. gehört er selbst
80, 5f. Stat. 1,417; 6,819. Dion.Hal. art.rhet. sogar zu den Buhlen seiner Schnur,
3,4. Qaintil. 3,7,12), sodaß die Alten als Auf eine Textverderbnis im fi'cÄo^ 5^fa*. T/ieft.
schlechte Etymologen glauben, er sei nuQa tb 3, 285 stützt sich Tydeus' vermeintliche Teil-
xvvd'ov benannt {Etym. Magn. 771, 33), ist er nähme an der Gründung Thebens; dort ist der
doch ein reisiger Kämpe von allenthalben über- 40 in den Codices überlieferte Name t(h)ibeus
legener Kraft und Gewandtheit des Körpers vielmehr zu lesen üdaeus, vgl. Aesch. fr. ine.
{Rossebändiger, innddafiog: A 370; i-XTiriXata.'. 376 Nck.^; Pherekyd. fr. 44 u. Uellanik. fr. 2
387;l7tÄdra: E 126; Ringer iS'iat 6, 788 f.; Paust- {Müller 1,83 u. 45); s. auch d. Art. Kadmos
kämpfen Apollodor S, 6Q) und vielseitiger Waf- Bd. 2, Sp. 828.
fentüchtigkeit (Speerwerfer: Ä124f.; Eur. Hik. Der Name Tydeus hat, nach der unhalt-
905, vgl. P/joew. 140; Ä^a*.7,634f.; 8,468f. 507 f.; baren antiken Deutung Ttagä to tvx^ov {Etym.
Schwertkämpfer: 689 f.). Durch wüstes, lärmen- Magn. 111, Z^-, s.o.), die richtige Erklärung
des Gebaren verbreitet er Schrecken um sich, erst durch die moderne Sprachvergleichung er-
und indem er wie rasend {Aesch. Sept. 363: fahren; darnach gehört er zusammen mit skt.
iiagymv, mit Schol. 364: fi8(iriv£v) laut schreit 50 tud (tudami), lat. tundere, got. stautan, deutsch
(v. 361. 375), den Schild schwingt {II. E 126: ""stoßen' und bedeutet also Stößer, Zuschläger,
^ccxEonccXog , ein homer. ajcah, sigruiirov), sodaß oder, wie das ältere lat. tudes {Fest. p. 352a,
die daran hängenden Schellen rasseln {Aesch. 30), Hammer; stammverwandt ist ihm Tvvdcc-
Sept. 368 f.), und den Helmbusch schüttelt (v. gscog (a. d.), sinnverwandt (Karl) Martell; vgl.
367), sucht er zu ersetzen, was der Eindruck Curtius, Etymol. 226 f. ^ Preller, Gr. Myth. 2^
seiner unscheinbaren Figur vermissen 'läßt. In 352. TJsener, Göttliche Synonyma, Bhein. Mus.
kurzer Rede die Krieger anzufeuern vermag er 1898, S 341. Gruppe, Mythol. (>18, 6. — Die
wohl {Eur. Phoen. 1144f. Stat. 7, 611f.; 8, 663f., seltenere Form TvSrig ist bezeugt für Antimach.
fl. 0.), aber zum Unterhändler, der bei den The- Theb. fr. 6. 7. {Kinkel p. 27s); vgl. "OpqpTjs neben
banern einen gütlichen Vorschlag (JZ. JC 288: 60 Oq^bv?. — T'ßd'vs auf att. Vasen bild^rn ist nach
lisdixiov (ivd'ov) ausrichten soll, eignet er sich Kretschmer, Gr. Vaseninschr. 194, eine Kose-
nicht; ist er doch kein Mann des Wortes, form; vgl. TCcpvg., Nrjgvg, Olvvg, '^iTCTtvg u. a.
sondern der Tat {Eur. Hik. d02. 201 f.). Am- Das Lateinische kennt, neben den grie-
phiaraos, unter seinen Kampfgenossen ihm ge- chischen Kasus: Tydeos, Tydea, Tydeu, auch
radezu feindlich gesinnt {Apollodor 3, 76, s. 0.), Formen, die von dem dreisilbigem Tyde—us
zeichnet ein abschreckendes Charakterbild von abgeleitet sind: Gen. Tydei, Dat. u. Abi. Tydeo
ihm {Aesch. Sept. 554 f.); kaum daß sein Schwa- und sogar den von Priscian 7,5, 17 bezeugten
ger Polyneikes ihm freundschaftlich zugetan oder wenigstens für möglich gehaltenen Voc.
1399
Tydeus
Tydeus
1400
1) TMenbild: Tydeua mit Deiandra am Sterbelager des
Meleagros (nach Arch. Zeitg. 1867, Taf. 320).
Tydee (wie Pentheef Ilionee)] vgl. Neue, Lat.
Formenl. 1% 496. 30
Das Etruskische endlich zeigt den Na-
men in der verstümmelten Form Tute (s. d.), vgl.
die Inschrift auf dem Kameolskarabäus bei
Baumeister, Denkmäler Abb. 1839 (s. u.), und
auf vier anderen Gemmen bei Overbeck, Gal.
Her. Bildw. S. 129 f. u. Furtwängler, Gemmen
XVI 27. 52. 63. 59; XVII 30; sowie auf einem
etrusk. Spiegel aus Volci (s. u.); s. auch den
Art. Tute.
Bedenken, weil die beiden hierfür angeführten
Stellen (Diodor 4, 35: 'Ixnovovv ngog rrjv ^v-
yarigcc ThgißoiaVy rpccaxovaavavrriv i^ jigeoff
vxoQxuv ^yxvovy Sitvix^ivzoe. Ä^^TJ^ai ravxriv
fig AlraXiav ngbg Olvia^ und Sc/iol. Stat.
2'heb. 11, 463: Oeneus (^patery Tydei, quamvis
plerique dicant eum Marte proci'eatum converso
in vultum Oenei, s. 0.) zu wenig Beweiskraft
besitzen, die oben zitierten {Eur. Fhoen. 134.
Stat Theb. 1, 464 u. a.) aber nur poetischen
Sinn und Wert haben.
Die bildende Kunst zeigt den Tydeus^
wenn man die Denkmäler nach der Zeitfolge
seiner Erlebnisse aufzählt, zunächst auf
dem Gemälde einer Amphora aus Armentum,
jetzt in Neapel, am Sterbelager seine»
Bruders Meleagros. Nach einer trüben
Quelle der Überlieferung {Mythogr. Vatic. 1,
198) hat er ihn erschlagen (s. 0.); statt dessen
ist er hier auf dem Vasenbilde mit seiner
Schwester Deianeira sorgsam bemüht, den to-
desmatten Bruder zu stützen; die Eltern und*
die ehemaligen Jagdgenossen des Sterbenden
sowie allegorische Figuren sind gleichfalls zu-
gegen; einige Namensinschriften erleichtern daa
Verständnis; vgl. Forchhammer, Arch. ZeiUj.
1867 S. 97f., Taf. 220. Kekule, Strenna festosa
ofterta a G. Henzen 1867. Eibbeck, M. Tr. 519.
Art. Meleagros Bd. 2, Sp. 2620; s. Abb. 1.
Tydeus zu Adrast kommend wird ver-
anschaulicht auf einem archaistischen Vasen-
gemälde in Kopenhagen {Ann. d. I. 1839 tav. P.
Heydemann, Arch. Zeitg. 1866, Taf. 206, 1. Engel-
mann, Homeratlas, Ilias nr. 27). Der König liegt
auf einem hohen Kuhebett. Die übrigen Fi-
guren erklärt Heydemann S. 130 folgender-
maßen: den allein eintretenden Gast empfängt
die Königin, der eine Dienerin folgt, und zeigt
auf eine der am Boden hockenden Töchter, wie
Tydeus ist der Sohn einer eisernen Zeit, in 40 um sie dem Fremdling als Gattin zu verheißen.
der das Griechentum noch deutliche Züge roher
Barbarei trägt. Sein Verwandtenmord, seine
Verbannung aus der Heimat, sein abenteuer-
licher Eintritt in Argos, sein handfestes Auf-
treten auf dem Zuge gegen Theben und sein
grausiges Ende auf dem Schlachtfelde zeigen
ihn als Vertreter jener Wanderperiode, die dem
Trojanischen Kriege vorangeht. Verglichen mit
Achill, Odysseus, Hektor erscheint er edlerer
Dieser Deutung ist wohl aber die frühere Abe-
kens {Ann. d. I. 1839 S. 256) vorzuziehen: Die
beiden neben der Säule auf dem Erdboden
sitzenden, fast ganz wie Adrast gekleideten
und dadurch als Männer gekennzeichneten Ge-
stalten sind die Schutzflehenden Tydeus — sein
Name steht in der Nähe — und Polyneikes;
demnach die drei andern Personen: die Köni-
gin und ihre Töchter, die für die Ankömmlinge
Gesittung bar; ist er doch überdies gebürtig 50 bestimmten Bräute; s. Abb. 2.
aus Aitolien, dessen Bewohner noch später für
zurückgebliebene Halbbarbaren galten {Thuk.
3,94. Folyb. 17,5). Wie so manche griechi-
sche Helden, gehört Tydeus dem genealogischen
Verband aitolischer Könige an und ist aus
aitolischen Stammtafeln in die Heldensage ge-
langt. Es erscheint kaum ratsam,
wegen vereinzelter Anklänge und
Spuren seines Namens, so der Er-
wähnung ^ines Ortes Tydeia oder
Tydea auf einer Inschrift vom nord-
cuboiischen Artemision {Athen. Mit-
teilungen 8, 20, 16. '29), sein Geschlecht
von dort herzuleiten {Gruppe S. 626,
3); aber auch, wie seinen Sohn Dio-
medes {Voigt, Leipz. Stud. 4, 268 f.),
so auch ihn selbst als Hypostase des
Ares zu betrachten, ist nicht ohne
Auf einem vielbesprochenen, von Winckel-
mann {Gesch. d. Kunst I, Kap. 3) sehr hoch ge-
schätzten, freilich auch verschieden erklärten
etrusk. Kameolskarabäus der Sammlung Stosch
{Millin, Gal. myth. pl. 143 nr. 607, vgl. auch
Justi, Winckelmann 2,251; 3,116) sieht man Ty-
2) Yasenbild: Tydeus and Polyneikes, zu Adrast kommend, von
dessen Frau und Töchtern begrüßt (nach Are/,. Zeitg. 1866, Taf. 206, 1).
1-401
Tydeus
Tydeus
1402
tleus (Tute) im WaffenHchmuck anwesend ent-
weder bei der Weissaffuufj^ des Amphia-
raos in Adrasts Hause mit diesen beiden He-
roen sowie Polyneikes und Parthenopaios {Over-
beck, Gal. Her. Bildw. S. 81, Taf. 3, 2, u. Art.
Adrastos u. Amphiaraos Bd. 1, Sp. 82 u. 294),
oder bei der Heratun^ über den Feldzug
{Baumeister, Denkmäler 3, 1759, Abb. 1839; Art.
3) Etrusk. KarDoolskarabäus: Tydeus, Adraatoa (stehend) ,
Polyneikes, Amphiaraos und Parthenopaios (sitzend) in
Beratung (nach Baumeister, DenkmUer 8, 1739, Abb. 1839).
Polyneikes Bd. 3, Sp. 1653 u. 2671), oder end-
lich in einer Szene, wo Polyneikes, Amphia-
raos und Parthenopaios unbedeckten Hauptes
anojeblich auf Feldstühlen schlafen, T. und
Ad rast aber in Waffen neben ihnen treue
Wacht halten (Art. Parthanapae Bd. 3, Sp.
1648); s. Abb. 3.
Ein etrusk. Spiegel {Gerhard 1 Taf. 78. Hey-
demann, Arch. Zeitg. 1866, Taf. 206) veranschau-
licht nach Overbeck (S. 84, Taf. 3, 3), wie Am-
phiaraos dem Adrast vom Kriege abrät, wäh-
rend Tydeus, das Halsband der Harmonia in
der Hand, für den Krieg spricht; vgl. Christo-
dor in der Anthol. Pal. 1, 2, 259f. Dübner.
Ein drittes etrusk. Bildwerk, nämlich ein
geschnittener Stein in Berlin {Overbeck a. a. 0.
Taf. 5, 7, S. 129 f.), wird wieder verschieden aus-
gelegt: Tydeus (tute) reinigt sich nach einem
Ringkampf, vermut-
lich in Nemea {Apol-
lodor^.QQ.Stat.T/ieb.
6, 788 f., s. u.), mit
dem Schabeisen die
Glieder, oder er zieht
sich aus einer Wunde
am Bein einen Speer-
splitter, was schon
hindeutet auf den
Krieg gegen The-
ben; vgl. Baumeister,
Denkm. 3, 1759 ; Justi
a.a.O. 2,251; 3,115.
Wie Tydeus in
Nemea für die Kin-
derwärterin H y p s i -
p y 1 e gegen ihren er-
zürnten Gebieter Ly-
kurgOS eintritt und 4^ Vasenbild: lamene von
mit diesem in erbit-
terten Kampi gerät, den erst Adrast und
Amphiaraos schlichten {Stat. Theb. 5, 661 f.),
war schon am Amyklaiiachen Throne darge-
stellt, da sich Pausanias (3, 18, 12) über die
Stellungnahme und Parteigruppierung der bei-
derseitigen Gegner zu irren scheint {Jahn, Arch.
Aufs. 158). Die Bilder auf vier (oder sechs)
Vulcenter Vasen im Brit. Museum und in Mün-
chen werden von Jahn, Ber. d. Sachs. Gellsch. d. W.
10 1858, S. 21 f. u. Taf. 3, auf den Zweikampf zwi-
schen Tydeus undLykurgos und dieOazwischen-
kunft anderer Helden des Thebanischen Krie-
ges gedeutet; vgl. auch den Art. Amphiaraos
Bd. 1, Sp. 296 f. Andre behalten, im Gegen-
satz zu Statius (s. 0.), den unveränderten Text
des Pausanias bei, wonach Amphiaraos und
Lykurgoa vom Kampfe durch Adrast und Ty-
deus zurückgehalten werden: s. die \rt. Adrastos
Bd. 1, Sp. 82 u. Lykurgos nr. 5, Bd. 2, Sp. 2204,
20 sowie Pauly^-Wissowa 1, 1892; jetzt auch Mo-
bert, Hermes 44, 399 f.
Die Tötung Ismenes durch Tydeus
bei ihrer Zusammenkunft mit Periklymenos fin-
det sich mehrfach dargestellt, so auf dem
Schwarzfigur. Bilde einiger Vasenscherben aus
dem Perserschutt der Akropolis {Bichards,
Journ. of Hell. Stud. XIK. 1892/93, S. 286, Taf.
11): ^Hismene' erhebt flehend die Hände; hin-
ten ist ein Arm mit Lanze sichtbar; der Ge-
30 liebte wird nur noch durch das Wortfragment
MEN angedeutet. — Sodann zeigt eine korin-
thische Vase aus Caere {Mon. d. I. VI, Taf. 14)
die Szene vollständiger; doch spielt sie nicht,
wie Welcker {A. D. 5, 253 f.) annimmt, im Freien,
also etwa an einer Quelle {Pherekyd. fr. 48,
Müller 1,83; s. 0.), sondern ""Hysmene' liegt halb-
nackt in einem Gemach auf einem Ruhebett,
und Tydeus dringt mit dem Schwert auf sie
ein, während ihr Liebhaber entflieht, ein Krie-
40 ger (Klytios) aber zu Pferde von außen herbei-
kommt; vgl. Bohert, Bild u. Lied S. 21 f.; s.
Abb. 4. — Ähnlich vergegenwärtigt den Vor-
gang ein etrusk. Sarkophagrelief {Körte, U. E.
II 8a u. S. 25): in einem Schlafgemach der the-
banischen Königsburg wird die fast nackte Is-
mene, der zwei erschreckte Dienerinnen nicht
helfen können, von Tydeus tödlich bedroht;
Tydeus bedroht; anwesend Periklymenos und ein Krieger
inach Mon, VI Taf. 14).
1403
Tvdens
Tylos
1404
5) Btrutk. ÄMhenamenrellef : lamene von Tydeas bedroht;
mitanwetend swei Migd«, Periklymenoi, ein Krieger
(nach Körte, ('. E. II 8 a).
Perikl3nneno8 entweicht; sein Begleiter liefift,
nach vorausgegangenem Kampfe, erschlagen so
am Boden; Tydeus' Geführte ist ganz links
flichtbar; s. Abb. 6. Mehrere Bildwerke, die
man einst auf Ismenes Ermordung bezog {Ger-
hard y Auserl Vasenbilder 2, Taf. 92. Winne-
feld, Vasensammlung in Karlsruhe nr. 186), wer-
den richtiger gedeutet auf Achills und Polyxe-
nas Begegnung am Brunnen; s. d. Art. Polyxena^
Bd. 3, Sp. 2724 f.
Das grausige Lebensende des Tydeus
hat die bildenden Künstler anscheinend nicht so
viel beschäftigt; wenigstens läßt sich kaum
ein Bildwerk sicher darauf beziehen. Ein my-
thologisch sonst wertloser Tonbecher aus Ta-
nogra mit Einzelszenen aus dem Thpbanischen
Kriege {Robert, 50. Berliner Winckelmannsprogr.
1890 S. 82 f.) verdient hier desiialb Beachtung,
weil einer Gruppe allein der Name CVEAVT
(in rückläufiger Schrift) beigefügt ist: die so
bezeichnete Kriegerfigur dringt auf einen nie-
dergesunkenen Verwundeten ein, während eine 40
Frau (lokaste?) dabeisitzt und zusieht. In dem
Hingestreckten erkennt Robert den Melanippos,
betont aber mit Recht die Abweichung von der
üblichen Sagenfassung, nach der ja Tydeus bei
seinem AngriflF auf den Gegner bereits von die-
sem selbst den tödlichen Streich empfangen
hat {Apolhdar 3, 75 f., s. o.), während er hier,
wie es scheint, unverwundet über Melanippos
herfällt. — Auch mehrere Gemmenbilder, auf-
gezählt im Art. Melanippos, Bd. 2, Sp. 2678 f., 50
vgl. Ooerbeck, Gal. Her. Bildtc. S 132 f., hat man
auf Tydeus' Rache an seinem Todfeind bezogen;
doch bringt keine der sehr verschiedenen Dar-
stellungen die Greuelszene zu zweifelsfreier An-
schauung; ebensowenig ein Vasenbild in Neapel,
vgl. Engelmann, Arch. Jahrb. 20, 186.
Parthenopaios, Hippomedon und Tydeus
sieht man tot auf einem Felsen liegen in einer
Darstellung von Amphiaraos' Untergang bei
Robert, Sarkophagreliefs 2, 195, Taf. 60 nr. 184. 60
Ob in der Szene des Bruderkampfes auf dem
Relief des Heroons von Gjölbaschi {Benndorf
t*. Niemann, Taf. 24 A 3) der zwischen Poly-
neikes und Eteokles liegende Tote als Tydeus
zu deuten ist (Textband S. 192), steht dahin.
Ein Gemälde, das die Bestattung der
Sieben veranschaulichte, erwähnt Fhilostr.
Imag. 29 (2, 383 Kayser).
Sowohl in Argos {Paus. 2, 20,6) als auch
in Delphi (10, 10, 3 f.) erhob sich eine Sta-
tuengruppe zur Verherrlichung der sieben
Helden, die gegen Theben zogen, unter ihnen
Tydeus^ der Sohn des Oineus. Die delphischen
Bildsäulen galten für Werke der Künstler Hy-
patodoros und Aristogeiton und waren
von den Argivern errichtet nach der für sie
siegreichen, sonst nicht überlieferten und da-
her chronologisch vielumstrittenen Schlacht bei
Oinoe in Argolis; vgl. Brunn, Künstler (feschichte
1, 294. Busolt, Gr. Gesch. 3, 1,323 A. 3. Beloch,
Gr. Gesch. 2", 1, 166. [Johannes Schmidt.!
Tyllos s. Tylos.
Tylos {TvXos) oder Tylon {TvXav), altlydi-
flcher Heros, nach der lydischen Überlieferung
bei Dion. Hai. ant. Rom. 1, 27, 1, wo Tyllos
geschrieben ist (nach v. Wilamowitz, Herrn. 34
(1899), 222 wegen der Ähnlichkeit mit Tullus),
wird als Sohn der Erde bezeichnet, TvXXog 6
yvysv^S. Eponymos des TvXojviov yivog Lydiens
{Nicol. Dam. frg. 49, 48); sein genealogischer
Zusammenhang mit Masnes, Kotys, Atys und
Choraios (s. Dion. Hai. a a. 0.) wird von A. J.
Reinach, Revue de Vhistoire des religions 61
(1910), 863,2 als Vermischung persischer, thra-
kischer, phrygischer und griechischer Elemente
in der lydischen Königsage erklärt. Davon,
auch von seinen Enkeln Halie, Asie und Atys
weiß Nonnos nichts, der eine Wunderszene
seines Lebens Dion. 26, 451 — 561 in weitläufiger
Beschreibung ihrer Darstellung auf dem Schild
des Dionysos gibt. Nach ihr wurde Tylos {Tv-
Xog Maiovirig vairrig Nonn.) am Mygdonischen
Hermos von einer Schlange getötet, docli von
seiner Schwester Morie (vgl. ob. Bd. 2, Sp. 3210 f.)
durch ein Zauberkraut wieder ins Leben ge-
rufen (s. die ähnliche Wiederbelebung des Glau-
kos ob. Bd. 1, Sp. 1687; Gruppe, Gr. Myth. 282,
4), nachdem der Riese Damasen seinen Tod
gerächt hatte (s ob. Bd. 1, Sp. 941). Da die Sage
nur durch Nonnos ausführlich berichtet wird
— Plin. n. h. 25, 14, gestützt auf eine Notiz
des lydischen Historikers Xanthos, erwähnt die
Geschichte des 'Thylon' nur kurz; s. ob. Bd 2,
Sp. 3211, Z. 17—20 — , läßt sich kaum fest-
stellen, wie weit er sich an die ursprüngliche
Überlieferung gehalten hat. Die Gestalt der
Morie scheint eine Verquickung zu sein mit
der gleichnamigen attischen Nymphe, die vom
sterbenden Typhon vernichtet wird ; s. ob. Bd. 2,
Sp. 3211, Z. 60 ff., und das von Xanthos- Plinius
Balis genannte Heilkraut erscheint bei Nonnos
unter dem Namen Jiog avd'og. Nach v. Wila-
moivitz a. a. 0. 223 beweisen die ""starken Va-
rianten in den Gedichten von Tylos und die
Schwankungen in seiner Namenform, "^daß sehr
viel mehr Griechen von ihnen gehandelt hatten
als der einzige Xanthos; leider werden wir die
Traditionen kaum zeitlich und persönlich indi-
vidualisieren können.' Keinesfalls geht es aber
an, mit Papes Wörterb. der gr. Kigenn. 1563
drei verschiedene Personen in der Überlieferung
Tyllos, Tylos, Tylon zu sehen. Das Fortleben
der Tylosgeschichte bezeugt auch eine Münze
des Severus Alexander aus Sardes, abgebildet
und beschrieben im Catalogue of the greek coins
of Lydia by Barclay Head, London 1901, Taf.
1405 Tymborychos Tyndareos 1406
27, 11, S. 266, fntrod. 111—113. Wenn hier Ty- ehrt wurde'. Doch das erklärt nicht das Wort
los (TvXos) von Maanes {Mccavrn'i) das Kraut Tv^ßcogvxos (tviißwgvxog Preller- Robert, Gruppe
entgej^^en nimmt — unter ihnen die tote Schlanj^e u. a.). Vielleicht hilft hier die Tatsache weiter,
— , 80 sieht i/earif darin eine Variante der Sage: daß Aphrodite hin und wieder mit Selene-He-
nicht Damason tötet das Untier, nicht Morie kate gleichgesetzt wird. Ausdrücklich wird Se-
belebt den Toten wieder, ihre Stelle hat Mas- lene als 'allzeugende und Liehe gebilrendeAphro-
nes übernommen oder vielmehr, sie sind beide dite', TtavYBvvrjttLgcc xal igcororoxsla ylqppo^irrj,
Erfindungen des Nonnos. Doch kann sich der angerufen in einem Hymnos des Großm Par.
Dichter wohl auch eine vorliegende Variante Zauberpap. Z. 2557 ; vgl. die Inschrift des Arztes
des Mythos zunutze gemacht haben. Von Heads lo Leukios aus Hierapolis Kastabala, IJenkschr. d.
Gedanken, die ganze Sage symbolisiere die Wien. Äkad. ^4: (iHdö), Heberäey-Wilhflm, Pei-
Rückkehr des Frühlings und habe zweifellos sen in Küikien, 2Q, ur. !)H: si'rs EtXrivuiriv, eHr'
einen Teil der sardischen Demeter- Kore-Myste- "Agts^Ltv silrs öf, datuov, . . . 'A'xarrjv sirs Kvngiv
rien (Cdrysanthina) gebildet, wird man lieber 0;j(ir]? ^aög -^t^ööt yepaipft. Erwähnung dieser
absehen, zumal der von ihm vorgebrachte Hin- Gleichsetzung ob. Bd. 1, Sp. 1898, Z. 45; Peal-
weis Xgvadvd-iva — z/iog ärd-os als Beweis- cncyd. 7, 2771, 53. Auch andere Beinamen, wie
mittel nicht gelten kann. Eine andere sardische Av-uccivcc und Ilsid'öi, teilen beide gleichgesetzte
Münze erwähnt in diesem Zusammenhang J3ead!,_ Göttinnen; vgl. Par. Pap. Z. 2550, Welcker,
Introd. 113, die den Triptolemos, Ge und Tylos Götterl. 2, 714 zu Orph. H. 54, 11 (mit sehr
zu verbinden scheint. Wenigstens beschreibt 20 zweifelhaftem Hinweis auf die Erinnerung des
ilfwwwe^, Z)6fscr. cie mec?. 4, 138, nr. 789 die Szene Namens Lykaina aus Lupanar); Par. Pap.
auf diesem der Otacilia zugehörigen Stück so, Z. 2542, Gruppe, Gr. Myth. 299*. Zieht man
daß Triptolemos auf einem Schlangenwagen diese Gleichsetzung in Betracht, so wird Aphro-
fahrend und unter ihm ein liegender Klußgott dite = Selene-Hekate -Tymborychos verstand-,
dargestellt wäre, '^duquel on lit: PH; dans le lieber; denn Selene-Hekate ist Leichenfresserin,
champ, TYAOC Head sieht hierin eine An- sie trinkt das Blut der Toten {Groß. Par. Zau-
spielung auf den yrjysvi^s Tvlloq., aber uner- berpap. Z. 2483. 2865), frißt ihr Fleisch {accgyco-
klärt bleibt die Darstellung des Tylos als Fluß- ßogcc ebd. Z. 2485, aagytoqxxyog 2865, Plut. mor.
gottes. Vielleicht hilft hier eine Andeutung 110^ äva. vs-agov? [loXovgoc avnscpvgyi,iva. i6f\l%^8g
Gruppes, Gr. Myth. 498, 1, weiter, der einen Zu- so (vgl. A. Dieterich, Nekyia 52 f., Wilh. Äbernetty,
aammenhang zwischen dem Erdsohn ^'TkXog bei I)e Plutarchi qui fertur de superstitione libello,
Paws. 1,35, 8 und dem Tyllos zu vermuten scheint. Diss. Königsb. 1911, 56 f., P. Wünsch in Lietz-
Ob er besteht, oder ob nur äußerliche Ähnlich- manns Kl. Texten 84,7. Hafer, o. Bd. 4, Sp. 386,
keit zwischen Namen und Mutter vorliegt, bleibe Z. 45— 60, Th. Hopfner, Griech.-äg. Offenba-
unerörtert, aber vielleicht gibt die Münze bei rungszauber 1922, § 218); sie hat in Gräbern
Mionnet nicht TvXXos, sondern ^'TXXog^^ Vgl. die ihre Nahrung nach dem Groß. Par. Zauberpap.
ob. Bd. 1, Sp. 2798 von Drexler erwähnten Hyl- Z. 2856: racpotg in dccZra ^lovaa (die Parallele
losmünzen. — An phallische Bedeutung des in Z. 2544 ist schlecht überliefert: deönoiriGa-
Namens denkt Ed. Gerhard, Ges. akad. Äbh. 2 gcoGig sni dsrov ^x^voa Pap. daaTtXf^n, 6ogotg
(1868), 52*'*' (nach Sestinis Vorgang, Ami. d. 40 im Soatvv i%. Badermacher, hat aber den glei-
Inst. 2, 158) und 611, Index, '^ Tylos lydisch eben Sinn), und so scheut sie sich nicht, in
vgl. mit Tallus = Pballos'. [Preisendanz.] Grabbügeln zu wühlen, um zu ihrer beliebten
Tymborychos (Tv^ßcogvxog), Beiname der Speise zu kommen (vgl. E. Maaß, Zeitschr. f.
Aphrodite in Argos: 'AcpQo8itr\v Tviißcogvxov vergl. Sprachf. 50 [1922], 228). Keine von allen
S'gjjöyisvövaiv 'Agysloi, dem. Alex. Protr. 2, 38, 5 Erscheinungsformen der Aphrodite läßt sich,
(33 P 28,28 Stähl, wo Schwartz v.al AdKcovsg so viel ich sehe, mit dem Epitheton Tymbo-
erg.). Welcker, Gr. Götterl. 2,715 meint, Öle- rycbos vereinigen außer der als Selene-Hekate
mens verstehe unter diesem Wort ^die Lust zu aufgefaßten, und sie wird man in Argos ver-
friscben Leichen, die den Aegyptischen Para- ehrt haben. Zur 4unaren' Aphrodite vgl. auch
schisten bekannt war {Herod. 2,89)', und hält so Ustner Kl. Sehr. 4 [1912], 92 {Kallone, Bh.
das Epitheton für einen ^uneigentlichen Namen Mus 23 [1868], 376). [Preisendanz.]
aus Abscheu an der Sache' (vgl. Gruppe, Gr. Tynibos {Tv^ißag), der Grabhügel, erscheint
Myth. 1358, 1, wo Enmana, Kypros 68, Wider- dämonisiert auf Verflucbungstafeln aus Curium
ßpruch erwähnt wird). Ohne den Namen zu er- auf Kjpros; 3. Jahrb. n. Chr. Vgl, AudoUent,
klären, bezeichnet Gerhard, Ges. akad. Abh. 1 Defix.tab. 22., 36: Tvvßs Ttuvdd-nQvts x« xd^ovioi
(1866), 269 die Tymborychos als Aphrodite des d'sol v.s 'E^dtr] x^ovia -nh 'Egfif) x^'^vis ....
Todes und denkt dabei wohl wie Welcker a. a. TfccgocXdßsts rccg cpavdg xov 'Aglötcovog . . . Ebenso
O. 716 und andere Mythologen an die Aphro- 26,24; 29,22; 30,27; 31,22; 33,27; 35, 21. Oft
dite 'EitLtvußlcc, der 'man in Delphi zu psycho- personifiziert in Grabepigrammen, wo der Tym-
mantischen Zwecken Spenden darbrachte' (vgl. 60 bos angeredet wird und spricht; vgl. z. B.
Farnell, Cults 2 [1896], 652) und bei der es Kaibel, Epigr. 26,19, i06, HO. Anth. Pal. 7, 624:
sich 'um alte Beziehungen zur Unterwelt {Kallim. 13), 679, u. a m. [Preisendanz.]
handelt', Jessen, Bealencycl. 6, 2253, 8 ff. Als Tyndareos {Twöägsag, lat. Tundareus, Tyn-
Aphrodite 'unaufgeklärter Bedeutung' ver- daraus oder Tyndarus, etrusk. tuntle [s. d.];
zeichnet sie kurz JDümmler, Bealencycl. 1,2739, über andere Namensformen s. u.), ein sagen-
15. Nach Preller- Bobert, Gr. Myth 1*, 364 weist hafter König von Sparta und Amyklai.
der Name auf die Todesgöttin hin, 'die auf Über seine Abstammung schwanken die
Gräbern und wie eine zweite Persephone ver- Angaben. Entweder ist er ein Sohn des Kö-
1407 Tyndareos Tyndareos 1408
nigs Oibalos von Sparta (s. d. nr. 1; HesiotL wird hier unterschieden von einem anderen
fr, 94, 88 Rzach*^ Berliner Kl(ts»ikertexte 6, (wohl künstlich eingelegten) Perieres, dem
1. Hillfte S. 30: Twiagiov — dattpgovog Olßcc- Sohne des Kynortas und Vater des Oibalos,
liSao'y Schol. IL B bSl XLad Eustath, p.i^H, 11; der wieder Vater des Tyndareos ist; vgl.
Schal Eur. Or. 467; Tzetz. Lyk. 1123; Hygin. Gruppe, Mythol 160, 6; 161, 2.
fab. 78) und der Najade Bateia (s. d.; Apol- Während die einzige Schwester Arene (s.
lodor 3, 123) ; oder des Oibalos und der Gor- d.) für seine Schicksale nicht weiter in Betracht
gophone (8. d.), der Tochter des Perseus von kommt, tritt zwischen den Brüdern ein
Argos (Pau«. 8 , 1 , 4) ; oder des Königs Pe- ernstes Zerwürfnis ein, das für Tyndareos
rieres von Mesgene (s.d.) und der vorgenann- lo bedeutsam wird. In einer älteren Darstel-
ien GoTgophone {Stesiehoros fr. 61 , Bergk, Lyr. lung bei Äpöllodor 3,124 und Strah. 10,401
8*, 226, bei Äpollodor^.in, vgl. 1, 87, w. Tzetz. (Gruppe S. 161, 3) vertreibt Hippokoon nach
Lyk. 511); oder des Kynortas (s. d.), der dem Tode des Vaters Uibalos seine Brüder
anderwärts der Vater des erwähnten Oibalos Ikarios und Tyndareos aus Lakedaimou;
genannt wird, und jener Gorgophone {Tzetz. sie fliehen zu Thestios (s. d.) nach Kalydon
Lyk. 1123 'nach anderen'). (oder Pleuron) und unterstützen ihn in einem
Die Stamml)äume der angeblichen drei Vä- Kriege gegenGrenznachbarn; Tyndareos hei-
ter und zwei Mütter sollen nicht aufs neue ratet dort Thestios' Tochter Leda. Nach-
erdrtert werden (s. die betr. Art.), wohl aber ^em aber, heißt es bei Apollodor weiter, He-
ist es unerläßlich, Tyndareos' Geschwister 20 rakles den Hippokoon und seine Söhne getötet
aufzuzählen, weil sich an sie seine weiteren hat, kehren jene beiden Brüder (nach Sparta)
Schicksale knüpfen. zurück (Codices: -KcixiQxovxui.^ s. u.), und T.
Als Kinder von Oibalos, dem Sohne des erlangt in Lakedaimon die Herrschaft. Über
Perieres, werden (ohne Nennung von dessen die Schicksale des Ikarios s. d. und den Art.
Gattin) Tyndareos, Ikarios, Arene und, als v6- Penelope Sp. 1904 f. Da T. bei Strab. 10, 461
&og von Nikostrate (s. d.) oder Stratonike, Hip- allein, ohne den mit ihm vertriebenen Bruder
pokoon bezeichnet im Schol. II. B 581, bei Ikarios, heimkehrt, hat Heyne auch bei Apol-
Eustath. y. 29S^ 11 und im Schol. Eur. Or. Ibl ; lodor 3,124 xar^p^srat schreiben wollen. Je-
fcrner Tyndareos sowie oi Xomol r&v Accxio- denfalls ist Tyndareos nunmehr König in
potv 3rpo^;uovT«s bei Tzetz. Lyk. 1123; Arene 30 seiner Heimat Sparta und Leda seine
ist Oibalos' Tochter auch bei Apollodor 3, 117. Gattin, von der er bereits im Elend Kinder
Als Kinder von Oibalos und Bateia: bekommen hat (s. u.).
Tyndareos, Hippokoon und Ikarios bei Apollo- Eine spätere Überlieferung erzählt den
dar 3, 123; Aphareus und Leukippos (s. u.) sind Vorgang insofern anders, als hiernach Hippö-
nach dieser Stelle Söhne des Perieres. koon und Ikarios gemeinsam denT. ver-
Als Kinder von Oibalos und Gorgo- treiben. Auch nach Schol. Eur. Or. 457 hei-
phone: Tyndareos, [Hippokoon und Ikarios] ratet er Leda, die Tochter des Aitolers The-
bei Paus. 3,1,4; außerdem Arene nach 4,2,3; stios, hält sich also offenbar zunächst gleich-
Aphareus ist dagegen nach 3, 1,4 der Sohn des falls in Aitolien auf (s. 0.); die Kinder des
Perieres und nur mütterlicherseits Tyndareos' 40 Paares sind hier Kastor, Polydeukes, Timandra,
Bruder. Klytaimestra und Helena (s. u.). Später tötet
Als Kinder des Perieres und der Gor- Herakles den Hippokoon und seine Söhne, führt
gophone: Tyndareos, Ikarios, Aphareus und den T. aus Phrixe (in Elis) und (oder?; Pellene
Leukippos n&ch Stesichoros bei Apollodor 3, 117 (in Lakonien) nach Sparta zurück und übergibt
und Tzetz. Lyk. bl\, sowie nach Apollod. 1,87. ihm den väterlichen Thron. Auch naöh Paus.
Als Kinder des Kynortas und der Gor- 3.1,4 wohnt der von beiden Brüdern aus der
gophone: Tyndareos und oi uvxov ädslcpoi Herrschaft verdrängte Tyndareos in Pellana
bei Tzetz. Lyk. 1123. (lakonische Sage), sowie bei seinem Halbbru-
Ikarios (s. d.) erscheint somit als des Tyn- der Aphareus (s. 0.) zu Thalamai in Messenien
dareos Bruder, mag nun dessen Vater Oibalos 50 (messenische Sage), wo er (mit Leda) Kinder
oder Perieres, mag seine Mutter Bateia oder zeugt; später wird er von Herakles in die hei-
Gorgophone heißen: im Schol. II. B 681 und matliche Herrschaft, aus der ihn übrigens Hippo-
bei Eustath. p. 293,11; im Schol. Eur. Or. 457; koon ■narcc Ttgsoßsiav, unter Berufung auf sein
hei Stesichor. fr. 61 BgL* nach Apollodor S^ 117, höheres Alter, vertrieben hat, wiedereingesetzt
vgl. 1,87 u. 3, 123, sowie nach l'zetz. Lyk. 611; und vererbt den Thron auf seine Angehörigen.
endlich bei Paus. 3, 1, 4. — Mit gänzlicher Übergehung des Ikarios er-
Hippokoon (s.d.) ist sein Bruder bei Dio- wähnen Tyndareos' Verbannung durch Hippo-
dor 4, 33, 5 sowie anscheinend bei Apollodor koon Diodor 4, 33y 5, Apollodor 2, 145 und noch
3, 123 und Paus. 3, 1, 4, sonst sein unehelicher zweimal Paus. 2, 18, 7 u. 3, 21, 2, an letzterer
Halbbruder: Schol. Eur. Or. 457. 60 Stelle auch seinen Aufenthalt in Pellana (s. o.).
Aphareus und Leukippos (s. die betr. DerVertreibungeowie der Zurückführung durch
Art.) sind seine Brüder nach Stesich., Apollod. Herakles gedenkt in der Kürze auch Isokrates
u. Tzetz. a. a. 0.; sein Halbbruder mütterlicher- 6, 18. Endlich bezeichnet den Herakles mit dem
seits ist Aphareus nach Paus. 3,1,4; dagegen Hippokoon tiden Eurytos als Gegenstand plasti-
sind die beiden nach Apollodor 3, 123 (einer scher Darstellung an dem berühmten Thron
Variante von 3, 116f., vgL d. Art. Oibalos Sp. von Amyklai Paus. 3,18,11.
696) mit Tyndareos gar nicht verwandt, son- Ungleich wichtiger für die Entwicklung
dem ihr Vater Perieres, der Sohn des Aiolos, der Götter- und Heldensage sind Tyndareos'
1409 Tyudareos Tyndareos 1410
Kinder, die l'yadaridai und die Tjrada - die drei Töchter des T. in ihrer ehelichen Treue
ridea (s. den betr. Art.). irremacht und zur böswilligen Verlassung ihrer
Selten werden Phoibe (s, d.) und Phylonoe Gatten verführt. Unsicher ist dabei freilich,
(s. d. Art. Philonoe) als Töchter des T, und der ob in der gemeinsamen Quelle des Paus, und
Leda erwähnt, Piioibe bei Eur. I. Ä. 50 zu- des Schol. Lyk. a. a. 0. wirklich von T. oder
flammen mit Klytaimestra und Helena, sowie nicht vielmehr von einem Gesetzgeber Namens
bei OiL Her. S,n mit den Zwillingsbrüdern, AayiaScclfnov die Rede wa.r. Letzteres angenom-
vvo außerdem zu beachten ist, daß die in die- men, käme für die phantastische Sage von der
-er Klegie redend eingeführte Hermione mit Fesselung des spartanischen Aphroditobildes T.
(iDiis (ganz wie v. 32) ihren eigenen Großvater lO ganz in Wegfall, da im Hinblick auf seine
T., mit soror und fratres dagegen Schwester ausschweifenden Töchter sein Name an Stelle
und Brüder der Helena meint. — Phylonoe des (erst wieder aus yfaxfö^aipicov vo/toO-^r?]? ver-
ist in der klassischen Literatur nur bei Apollo- derbten) Aay,edccifi6vios v. fälschlich eingeschal-
dor 3, 126 neben Timandra (s. u.) und Klytai- tet zu sein scheint.
mestra genannt, mit dem Zusatz, Artemis habe Weib bekannter als die bisher erwähnten
sie unsterblich getnacht; ihre göttliche Ver- drei Töchter Phoibe, Phylonoe und Timandra
ehrung in Lakonien bezeugt der christliche sind Tyndareos' und Ledas übrige Kinder Kly-
Apologet Athenagoras, Suppl. pro Christ. 1, vgl. taimeatra, Helena, Kastor und Polydeukes. Von
Gruppe S. 163, 2. Die Schreibung Phylonoe ihnen erscheint nur Klytaimestra, schon
wird übrigens auch durch die Vase des Xeno- 20 seit Hom^r {a 199), durchgängig als Tyn-
timos gestützt, selbst wenn auf einer schwarzfig. dareos' Tochter, allerdings mit Ausnahme
tyrrhenischen Amphora mit der Darstellung von Hijgin. fah. 240, wo sie (vielleicht durch
des T. und der Dioskuren ihr ^verstümmelter) ein Versehen) Thestii filia genannt wird (s. d.
Name $tioi;]d/] zu ergän^.en ist (s. u.). — Tim- betr. Art. Bd. 2, Sp. 1232). Bei den drei anderen,
andra ferner und ihre beiden berühmten Seh we- herrscht in den Berichten über ihre Abstam-
stern erwähnen schon Hesiod fr. 93 Hzach^ und mung gerade vom Vater keine Konsequenz; es
Stesichoros fr. 26 Bgk.^ als Töchter des T., die geht dies soweit, daß ein und derselbe Schrift-
Aphrodite deshalb in der ehelichen Treue irre- steller, manchmal ia kurzen Zwischenräumen,
leitet {Stesichoros: diyüiLovs rs -nal tgLydiiovs die genannten Personen bald von Z eus, bald
rid'riGi ■aai linBdävoQccg), weil dieser die Göttin 30 von T. herleitet. Doch ist hierfür nicht, wie
einst bei einem großen Opfer vergessen und so oft in der Götterlehre und Heldensage,
übergangen hat {Schol. Eur. Or. 249). Des spe- dichterische Freiheit oder willkürliches Spiel
ziell von Timandra im Stich gelassenen Gatten der Phantasie der Grund, sondern die.ser liegt
Echemos (ffesiori. /r. 93, 3) gedenken auch ApoZ- tiefer: Zeus und T. haben ursprünglich
7or/or 3,126; Pait.s. 8, 5, 1 ; Schol. Find. Ol. 10, eine Einheit gebildet, und die Autoren
79 und Äßry. J.6W. 8, 130; nach letzterem stammt stehen^ noch unter deren unbewußtem Ein-
von dem Paare der Arkader Euander ab. Nun fluß. Über die Deutung von Tyndareos' Namen
erzählt Paus. S, 16, 10 i'. von einem hölzernen und Wesen s. u. So heiQt es Hymn. Hom. 17 ., 2 -.
Kultbild der Aphrodite mit dem Beinamen Tw^ccgidag, ot Zrivog 'OlvfiTilov ^^eyivovto,
Morpho (s. d.) in Sparta, es trage einen Schleier 40 vgl. 33, If. ; ferner Eur. Or. 1689: cvv Tvvda-
und an den Füßen Fesseln; diese habe ihm T, gidaig rotg Jibg violg; sodann Theokr. 22,1:
angelegt und mit diesen Banden die Treue der Jiog vlco, gleichwohl v. 89: TwäccgiSrig =
Weiber gegen ihren Gatten versinnbildlicht Polydeukes; v. 136: Kastor; Verg. Cir. 3 98 f.:
{acpovboiovvToc ro:g dsßfiolg rb ig tovg avvoL-novv- cara lovis suboles — Tyndaridae:, Catal.
rag tcöv ywoci-nav ßißoaov)- zugleich weist Pait- 11,27: cycneo — edita Ty ndaris ovo (über
sanias die andre Erzählung, als habe T. mit Zeus in Schwanen gestalt s. u.); Ov. Her. 16,
der Fesselung die Göttin bestrafen wollen, in 292: Et lovis et Ledae fiUae, aber v. 306 die
der Meinung, von Aphrodite rühre die seinen Anrede: Tyndari, vgl. 17, 55. 118. 250; Hy-
Töchtern erwachsene Unehre her, bestimmt von gin. fah. IS) u. 92: Helenam Tyndarei et Le-
der Hand. Gleichwohl findet gerade diese zweite 50 ciae filiam, aber /a&. 80: ipsum (PoUucem) et
Deutung der Fußfesseln eine genauere, wenn- Helenam lovis esse fiUos, vgl. 77. 155; u. ö.
schon etwas andere Erläuterung im /Sc/ioL L?/ä:. Am auffälligsten, aber für die ursprüngliche
449: danach habe ein Aa-nsdaificov vo^od-itrig Einheit am beweiskräftigsten ist die unmittel-
(woraus Tzetzes fälschlich AayiBSai^Loviog voao- bare Nebeneinanderstellung bei Gorgias, Hei. 3,
S-£Trig macht) durch die Fesselung angedeutet wo sowohl Zeus als auch T. Vater der Heroine
{ccLVLiuuBvov), daß die Jungfrauen nicht aus- genannt wird: dfjXov yccg mg iiritgog iisv (Elevr]
schweifen dürfen, sonst werde es ihnen ebenso iörl) A^äag, nuxgbg 8s tov ysvoaevov ^sov,
ergehen wie der (gefesselten) Göttin {^i] u6sl- Xsyoasvov $h d-vritov, TvvSägsa -nai Jtog.
yaivELv rag Ttccgd-svovg rj 7CSi6sßd'ai ravrcc rrj Früh jedoch ist jene Identität vergessen, und
-ö-sa, nach v. Wilamowitz' Textverbesserung). 60 es schwanken daher die Angaben über den
Der Schol. fügt hinzu, nach anderen sei dies Vater jener drei Personen ohne jedesmal er-
Tyndareos gewesen, der nämlich den Fehltritt sichtlichen Grund. Daß in der Odyssee {X 298 f.)
Helenas der Verführung durch die Göttin zuge- Kastor und Polydeukes Tyndareos'
schrieben und sich dafür an dieser (durch die leibliche Söhne sind, liegt an dem Streben
Fesselung ihres Kultbilds) gerächt habe. Dies der homerischen Poesie nach Vermensch-
erinnert uns von neuem daran, daß nach He- lichung {Furtwängler, Art. Dioskuren Bd. 1,
siod und Stesichoros a. a. 0. (s. o.) Aphrodite Sp. 1154). Helena freilich erscheint bereits bei
zur Strafe für ihre Übergehung beim Opfern Homer (r426; d 184. 219. 227. 569) als Toch-
1411 Tyndareos Tyndareos 1412
ter des Zeus, obwohl ßie doch Kastor und Po- aber sie gerettet {Ktym. 3/ar/n. 328, 3 f.). — Die
lydeukes ihre leiblichen Brüder nennt (F 237 f.); Erzählung, nach der Zeus als Schwan {xvxvog)
diese aber, und zwar beide, gelten seit Hesiod die Leda berückt, wird allegorisch gedeutet
{fr, 93 Hz.*, nach Schol. Find. Nem. 10, 160) bis- bei Cedren. Ilist. 1, 212: hier ist der Verführer
weilen gleichfalls für Zeussöhne, also Jiogxov- ein acbäischer Königssohn Namens Kyknos,
got, sogar auch dann, wenn ihnen gleichzeitig der in Tyndareos' Abwesenheit {ins} T. /u) Tiag-
die patronymische Bezeichnung 'Tyndariden' av rjv) das Mädchen am Eurotas überwältigt;
beigelegt wird (s. o.). Nachdem die Erinne- vgl. auch Tzetz. Lyk. 88; Müller, fr. hist. Gr.
rang an die Einheit des Zeus und des T. 4, 549. — Wie diesem Liebesabenteuer des Zeus
geschwunden ist, tritt dieser als mensch- lo das Ei der Leda entsprießt, aus dem Helena
lieber Gatte Ledas bisweilen an die Stelle entweder allein oder mit den Dioskuren her-
des Gottes und wird hie und da der Vater vorgeht (s. d. Art. Helena Bd. 1, Sp. 1931 und
ihrer Kinder genannt: nach Schol. Eur. Or. Bethes Artikel bei Pauly*-Kroll 7,2826f.), so
457 erzeugt er Kastor, Polydeukes, Timandra, verknüpft eine andre Spielart der Sage den
Klytaimestra und Helena, nach Eur. I A. 49 f. Gott mit Nemesis (s. d.) und berichtet gleich-
imd iSero. uien. 8, ISO diese selben drei Töch- falls von einer Eigeburt Helenas, deren
ter, nach Eur. Or. 249 und Hygin. fab. 78 Kly- verschiedene Phasen jedoch hier nur insoweit
taimestra und Helena, nach /iTero^/ot 2, 112 und berührt werden können, als T. dabei in Be-
Theokr. 18, 5 Helena, nach Diodor 4, 33, 5 und tracht kommt. In der Tat ist dieser mit Leda
TzeU. Lyk. 511 (wie Od. X 298f , s. o.) die bei- 20 und seinen Söhnen auf bildlichen Darstellun-
den DiOdkuren. Über die bittre Lronie in Eur. gen zugegen, so auf dem Bilde eines etrus-
Or. 750: 6 xoci äffieras Q'vyatiQag anslgag ita- kischen Spiegels aus der Gegend von Orvieto,
Tijp vgl. Tryphon. d. trop. 19 {Mhet. Gr. 8, 758 wo Kastor (etrusk. Kastur, s. d. betr. Art. Bd. 2,
WcUz). Sp. 997 f.) das Ei hält und jene Personen,
Verläuft hierbei alles natürlich und im darunter Tyndareos (etrusk. tuntre oder tuiitle)
Sinne der erwähnten homerischen Vermensch- erstaunt dabeistehen (s.u.); oder attische Vasen-
lichung (s.o.), so wirkt um so phantastischer bilder zeigen das Ei auf einem Altar, der gleich-
die zuerst bei Euripides (Hei. 17 f.) nachweis- falls von der spartanischen Königsfamilie er-
bare Sage, Zeus habe in Gestalt eines Schwa- wartungsvoll umstanden wird (s. u ). Überall
nes der Leda beigewohnt und mit ihr Poly- so da, wo Zeus mit Leda oder mit Nemesis seinen
deukes und Helena, T. aber in derselben Nacht Liebesbund schließt und Helena und deren
Kastor [und Klytaimestra] gezeugt: Apollodor Brüder hinter dem Rücken des T. ins Dasein
8,126; Hygin. fab. 77. SO. Zeus spielt dabei ruft, ist dieser für die Kinder lediglich der
die wenig würdige Rolle von Tyndareos' ehe- Pflegevater. Es wird sich zeigen, daß er
brecherischem Nebenbuhler; offenbar hat der des Amtes treu waltet, also auch den Kindern
an sich gewiß sinnvolle Mythus von der dop- gegenüber, bei deren Erzeugung seine Ehe von
pelten Natur der Dioskuren und ihrem ab- Zeus geschändet worden ist; vgl. Apollodor 3,
wechselnden Leben auf der Ober- und in der 126f. 129f. 131 f.; Tzetz. Lyk. 89. — Wenn die
Unterwelt (s. d. betr. Art. Sp. 1154 f.) dazu ge- weitere Sagenvariante, nach der Zeus und Ne-
fuhrt, daß man dem sterblichen Kastor einen 40 mesis die Eltern Helenas sind {Stasinos' Kypria
menschlichen, dem Halbgott einen göttlichen fr. 6, Kinkel S. 24; Isokr. 10,59; Asklepiad. v,
Erzeuger zuweist {Pherekydes fr. 29, Müüer 1, Tragil. fr. 14, Müller, fr. h. Gr. 3, 304; Apol-
78, beim ScJiol. Apoll. Ehod. 1,146; vgl. ScÄo^. lodor ^,12,7 Wagner), Leda ihr aber nur die
Find. Nem. 10, 150; Tzetz. Lyk. 88; Schol. Stat. Brust gereicht hat {Paus. 1, 33, 7), dem Tynda-
Ach. 180). Mitunter stehen beide Abstam- reos ebenfalls jene bescheidene Würde einräumt,
mungssagen, die sich auffällig gut zu vertra- so erscheint diese noch außerdem skurril ver-
gen scheinen (s.o.), zueinander in bewußtem zerrt in Kratinos' Komödie Nemesis {fr. 108;
Gegensatz, wie wenn bei dem berüchtigten Zech- Kock 1,48): Tyndareos hält zwar fälschlich
gelage Alexanders zu Marakanda die Gäste, seine Gattin Leda für die Mutter des von ihr
voll Ärger ob ihres Königs Selbstvergötterung, 50 bebrüteten Eies, weiß sich jedoch über ihre
sich darüber aussprechen, wie (d. h. mit wel- vermeintliche Untreue echtkomisch zu trösten;
ehern Rechte) die Abkunft der Dioskuren auf vgl. den Art. Nemesis Bd. 3, Sp. 128. Vielleicht
Zeus zurückgeführt und dem T. aberkannt haben auch sonst jene abenteuerlichen Abstam-
werde (^rnaw. ^»ja6. 4, 8, 3). Und ähnlich ver- mungssacren Stotf und Gegenstand von Dra-
hält es sich mit Helena. Bei Euripides (s. o.), mengebildet, in denen gerade dem T. eine maß-
der ja die Götter sowenig wie Aristophanes gebende Rolle zukam; wenigstens scheinen
schont, bekennt sich diese erst als Tochter des einige Titel darauf hinzudeuten: Tragödien
T. {Hei. 17 = Ar. Thesm. 860), erzählt aber TvvdaQscog des Nikomachos {Suid. s. v., nach
gleich darauf höchst unbefangen die Sage (io- Meineke, Com. 1, 497, Teil einer Trilogie : Tvvd.
yog\ Zeus habe sich in Schwanen gestalt ihrer 60 kXyiy.ccia)v Ttvxgog) und Ariöa von Dionysios
Mutter Leda genähert und heimlich sie erzeugt dem Älteren {Nauck p. 794'); Komödie Tvv-
(v. 18f , vgL 568. 637. 1643f 1680); oder ein Sccgscog rj ATjda des Sophilos, vgl. Meineke 1,
andermal erfährt der greise T. die zwar ehren- 425; Kock, Com. 2, 444 f. Über die anderen
voll gemeinte, aber doch wenig schmeichelhafte Stoffen gewidmeten Dramen des Sophokles, Euri-
Anrede {Or. 476): Ztjio? ö^oXsurgov v-dga. — pides und Alexis, in denen T. auftritt, s. u.
Einer etymologischen Spielerei verdankt femer In Tyndareos' Haus greifen auch die Greuel
die sonderbare Sage ihre Entstehung, T. habe des Pelopidengeschlechts hinüber. Nach Atreus'
die Helena iv iXondsi xonm ausgesetzt, Leda Ermordung werden dessen Söhne Agamemnon
1413 Tyndareos Tjndareos 1414
und Menelaos von ihrer Amme vor ThyenteH' Audi aus KlytaimestraH Vcrmiililung er-
Nachstellunj^fen zu Polypheides (s. d. nr. 2), dem wachsen dem T. ernste Sorgen. Sie verheiratet
Herrscher von Sikyon, geflüchtet, der sie zu er mit Agamemnon; doch nimmt sie ihn nur
Oineus nach Aitolien sendet; von dort bringt wider Willen, da er ihren ersten Gatten Tan-
sie T. nach dem Peloponnes zurück, und sie talos, Thyestes' Sohn, erschlagen und ilir da»
werden später seine Schwiegersöhne {Tzetz. Kind von diesem entrissen hat; um die Schwe-
Chil. 1, 45G f.; vgl. ^/;o/Zodor. /t,/nY. 2, 15 f.). Vor ster ^u schützen, führen die Dioskuren Krieg
der doppelten Eheschließung begaben sich dort gegen Agamemnon, dem jedoch Tyndareos auf
noch andere Ereignisse. Mag Hehma Tynda- seine Bitte zu Hilfe kommt und die (offenbar
reos' Tochter oder nur seine Pflegetochter sein lo entflohene) Klytaimestra aufs neue zum Weibe
(s. o.), er behandelt sie wie sein eigenes Kind. gibt {Kur. 1. A. 1149f. Paus. 2, 18,2).
Schon früh lockt die Schönheit des Mädchens Als die Dioskuren unter die Götter versetzt
lüsterne Jünglinge an. Bereits als Helena noch werden, läßt T. den Menelaos nach Sparta
klein ist, sucht Hippokoons Sohn Enarop ho- kommen und übergibt ihm die Herrschaft
ros (s. d.) oder Enarsphoros sie mit Gewalt an (Apollodor. 2, 137; Epit. 2, 16; Paus. 3, 1, 5;
sich zu bringen; um sie sicherzustellen, über- nach Hycjin. fab. 78 tut er es erst bei seinem
gibt Tyndareos sie zu vorläufiger Bewachung Tode).
dem Thesen s {Plut. Thes. 31). Doch ist diese Weit bekannter als der von Theseus ver-
ICrzählung wohl nur eine mildernde Abände- übte Raub (s. o.) ist Helenas Entführung
rung des älteren Berichts vom Raube der 20 durch Paris. Im allgemeinen überwiegt
Helena durch Theseus und Peirithoos die Sagenfassung, nach der sie mit ihren
(s. d. betr. Art.). Während sie nämlich in einem Schätzen von dem Priamossohne heirtilich
Haine der Artemis opfert, wird sie von ihnen nach Troja gebracht wird; nach manchen Dar-
entführt und nach Attika gebracht. Die Dios- Stellungen jedoch erfolgen vorher Verhand-
kuren aber holen, während das Freundespaar lungen. Bei Aristoteles {Phet. 2,24= ip. lAOlh S6'^
auf Zeus' Befehl in die Unterwelt hinabgestie- vgl. Gramer. Anecd. Parisin. 1, 298) läßt T. der
gen ist, die Schwester zurück und bringen sie Tochter die Wahl zwischen Menelaos und Pa-
unversehrt als nccgd^ivog wieder heim {Hella- ris, dem sie dann folgt, und ebenso wird letz-
nikos fr. 74, Müller 1, 55; Schol. 11. ri44. 242; terer bei Dion. Girysost. or. 11, 48 f. 51 f. Arnim
Herodot. 9,73; Isokr. 10, 19; Plut. a. a. 0.; Apol- 30 nach einer förmlichen Werbung von dem Va-
lodor. hihi. 3, 128; Epit. 1, 23 f.; Diodor 4,63; ter und den Dioskuren jenem vorgezogen und
Athen. 13,557a; Ov. Her. 5, 127 f.; Metam. 15, erhält ihre Hand. Über eine bildliche Darstel-
233; Hygin. fab. 79; schon am Arayklaiischen lung der Entführung Helenas im Beisein de»
Throne war die Entführung dargestellt: Paus. T. {TvxccQ^og) s. u. Mit Recht beruft sich Me-
3, 18, 15, vgl. 1,41,4; Euripides oder Kritias nelaos jetzt auf die OQy.ovg TtcxXccLovg Twöagsoa
behandelte die Sage im IltiQi&ovg, vgl. Nauck, {PJur. I. A. 78; s. 0.) und verpflichtet, beim nun-
trag. Gr. fr. p. 546. 770). — Bald stellen sich mehrigen Eintritt des casus belli, die Fürsten
andre Liebhaber ein. Zahlreiche Freier um- Griechenlands zum Rachezug gegen Ilion.
werben die schöne Jungfrau. T. fürchtet, wenn Während des Trojanischen Krieges ver-
er einen bevorzugt, die Feindschaft der übrigen. 40 mahlt T. seine Enkelin Hermione, Menelaos'
Da rät Odysseus (s. d.), selbst einer der Freier, und Helenas Tochter, mit Orestes; von ihm be-
dem T., er solle sie alle eidlich verpflichten, reits schwanger, verheiratet sie ihr Vater (nach
dem von Helena Erkorenen gegen Feindselig- seiner Heimkehr) mit Neoptolemos, dem er sie
keiten der anderen beizustehen, und erbittet vor Troja versprochen hat {Od. 8 4f.); daraus
sich zum Danke, wenn Helena ihn nicht wähle, entsteht eine unheilvolle Verwicklung, welche
die Fürsprache des T. bei seinem Bruder Ika- 2'heognis{?) und der Tiagikev Philokles {Nauck^
rios (s. o.), um die Hand der Penelope (s. d.) trag. Gr. fr. p. 759*) nach Schol. Eur. Andr. 32,.
zu erlangen. Die Freier leisten den Schwur. ferner Sophokles in seiner Hermione {Nauck
Nachdem sich Helena für Menelaos entschie- p. 176 f.) nach Eustath. Od. p. 1479, 10 f. und
den hat, verhilft T. dem Odysseus zu seiner 50 Schol. Eur. Or. 1655, wohin wohl auch das ein-
Gattin Penelope. Dies war zuerst erzählt in zige Fragment unter dem Titel Tw^ägsag {fr.
Hesiods Katalogen fr. 94 Bzach^, s. Berliner 68S j). 271 Nck.^) gehört {so Eibbeck, R. Tr.26S,
Klassikertexte 5, 1. Hälfte S. 28f.; vgl. ferner 17, gegen Welcker, Gr. Tr. 1,216), endlich Li-
Stesichoros fr. 28 Bgk.*; Soph. Ai. Hilf, mit vius Andronicus und Pacuvius in den Her-
Schol; Philokt. 72 f. mit Schol.-, fr. 144 JVcÄ:.*; wnowa betitelten Tragödien (i2«6feecÄ; S, 31. 261 f.)
Eur. I.A. 51 f. 391; Accius' Arm. iud. (gedieh- behandelt haben; vgl. auch Ov. Her. 8, 31 f.
tet nach Aisch. "ÖTtlaiv yiglßig, s. Rihheck, B. Serv. Aen. 3, 330; besagte Stücke spielen in
Tr. 369 f.); Thuk. 1,9; Isokr. 10,40: Apollodor Delphi, wo Neoptolemos, begleitet von seiner
3, 129 f.; Hygin. fab. 1^. 81; Dion. Chrysost. or. Gattin Hermione und deren Vater und Groß-
61,10 Arnim; Ael. Arist. 2,592 Dind.\ Liban. 60 vater, den Apollon wegen ausbleibenden Kin-
4,925. 932. 943 Beiske; Tzetz, Lyk. 204] Anteh. dersegens um Rat fragt, aber von seinem Ne-
171. In Alexis' Komödie' EXivr]g nvriöTfjQsg, wohl benbuhler Orestes, den (mit Pylades) die Fu-
identisch mit dessen Stück Twöagstog {Kock, rien hierher getrieben haben, (oder von seinem
Com. 2, 320 f. 384), trat Tyndareos gewiß selbst Helfershelfer Machaireus) am Altar getötet wird;
als Hauptperson auf; vgl. Ulix. Com. in Fleckeis. vgl. Hygin. fab. 123. Der blutigen Schreckens-
Jahrb. Supplhd. 16, 399 f. — Am Taygetongebirge tat ging in den Dramen ein Redekampf voraus^
zeigte man den Ort, wo er vor dem Schwur der in dem Menelaos für Neoptolemos eintrat, der
Freier ein Pferd geopfert hatte: Paus. 3, 20, 9. greise T. dagegen die Sache seines Enkels Orest
1415 Tjndareos Tyndareos 1416
fahrte (Ribbeck S. 262. 264 f.). Bitterer Hohu Uiei enuntTte an T. der von ihm ge^rüu-
seiner beiden Gegner scheint dem Alten, der dete Tempel der Athene Chalkioikos, in
an euripideische Greise erinnern mochte, dabei dem der berühmte Feldherr Pausaniaa als Ver-
nicht erspart geblieben zu sein, wahrend viel- räter den Tod fand {Paus. 3,17,2. 7); auch
leicht wenigstens Hermione kindlich sich seiner ein fiv7}|ita Twiägsoi vor dem Tempel des
annahm {Ribbeck a. a. 0. 266 u. Rom. Dichtung Zsvg Koa^riräg wurde gezeigt (3, 17, 4); es war
1, 172). dies wohl sein Grabmal. Doch gehört T. nach
Ist T. hier Orests Vertreter und Fürspre- einer verbreiteten Sage zu denen, die von
eher, 80 gestaltet sich sein Verhältnis zum den Toten auferweckt worden sind; Askle-
Enkel nach anderen Berichten wesentlich un- lO pios soll ihn ins Leben zurückgerufen haben :
günstiger. T., heißt es, habe den Mutter- Panyasis fr. 19 Kinkel (nach Schal. Eur. Alk.
mörder angeklagt; doch hätten ihm die 1, Apollodor. 3, 121 u. Sext. Empir. adv. inaih.
Bewohner von Mykene um seines Vaters Aga- 1,261 Bekker); Schol. Pind. Pyth. 3, i>6; Philo-
memnon willen zur Flucht verhelfen, worauf dem. d. piet. 62 Gomperz; Aelian. fr. 234 Her-
er von den Furien verfolgt worden wäre {Hy- eher (bei Suid. s. ^cvaßiävai); lyucian. d. sali.
gin. fab. 119). Sogar auf dem athenischen 46; Zenob. 1,47 (Paroem. 1,18). Seine gött-
Areiopag erhebt T. seine Anklage gegen Orest liehe Verehrung durch die Lakedaimonier
nach Apollodor. Epit. 6,25 u. Tzetz. Lyk. 1374; bezeugt Varro fr. 22 c Agahd bet Serv. Aen. 8,
doch dem widerspricht Pau«. 8,34,4, da T. 276.
damals nicht mehr am Leben gewesen sei. — 20 Der Name Tyndareos ist wohl nicht zwei-
Nicht in Athen, sondern in Argos findet die felhaft (anders Gruppe, Myth. 618,6); er ist
Aburteilung statt nach Euripides' Orestes: hier von Tydeus (s. d.) nicht zu trennen {Preller,
tritt der greise T. selbst wieder als dramatische Gr. Myth. 2', 352) und bedeutet, da beide Wör-
Person auf; wegen der gräßlichen Ermordung ter mit skt. tud {tudämi), lat. tundere, got.
seiner Tochter Klytaimestra stachelt er mit stautan, deutsch ^stoßen' zusammenhängen,
Palamedes' Bruder Oiax die Argiver gegen sei- gleichfalls den Stößer oder Zuschläger {Curtius,
nen blutbefleckten Enkel auf; so demütig die- Grundzüge d. Etym. 226 f.*. Usener, Göttliche
ser auch dem alten Großvater begegnet, in Synonyma, Rhein. Mus. 1898, S. 341). Es liegt
dankbarer Erinnerung an die von ihm empfan- nahe, dabei an einen schlagfertigen Kämpfer
gene Erziehung und im Bewußtsein der eige- 30 und Kriegshelden wie (Karl) Martell zu denken,
nen schweren Schuld (v. 459 f. 544 f.), er muß zumal wenn man die zweite Silbe des Namens
sich doch von ihm mit bitteren Vorwürfen über- mif^prjg zusammenbringt {Etym. Magn. 175, 32,
schütten lassen, die in der Drohung gipfeln, \g\. Fick^-Bechtel, Gr. Personennamen 4^39). Er-
er werde das Volk zu seiner und Elektras wägtman jedoch, daß die drei wichtigsten Nach-
Steinigung aufrufen (v. 607f. 612f. 915) Zwar kommen Helena, Kastor und Polydeukes häufig
verurteilen die Bürger daraufhin beide zum als übermenschliche Wesen erscheinen, ja un-
Tode, überlassen es ihnen aber, sich selbst ter die Götter gerechnet werden und religiöse
ins Schwert zu stürzen (v. 946 f. 1040. 1062 f.). Verehrung genießen, so wird man geneigt sein,
Der getreue Pylades und schließlich Apollon als auch in ihrem Vater eine Gottheit zu suchen;
deus ex machina vermitteln zugunsten der be- 40 und so verrufen in der Mythologie naturge-
drängten Geschwister (v. 1014 f. 1069f. 1625 f.). — schichtliche, namentlich astronomisch-physika-
Als Residenz des T. wird wiederholt Sparta lische Erklärungen auch sind, so führen sie
ausdrücklich genannt: hier erscheinen die zahl- doch nicht selten mit überzeugender Beweis-
reichen Freier der Helena {Apollodor 3, 129, kraft zum Ziele. Daher erkennt Furtwängler
8. u.), und von hier entführt sie Paris {Hygin. in 'Tyndareos' eine Benennung des Him-
fab. 92); hierher läßt T. seinen Eidam Mene- melsgottes (s. d. Art. Dioskuren Bd. 1, Sp.
laos kommen {Apollodor 3, 137; Epit. 2, 16), 1154), wobei man ihn als Urheber der Blitz-
der gleichfalls hier Hof hält (Od. ^ 1. 10; 3,460). schlage und Gewitterstürme wird auffassen
Sonst hat es freilich oft den Anschein, als wäre müssen; für die Annahme seiner Identität
sein Herrschersitz Amyklai, weil dort seine 50 mit Zeus fällt aber besonders ins Gewicht,
Angehörigen und Nachkommen wohnen {Paus. daß Tyndareos' Kinder oft auch als die des
3, 16,2; vgl. Xen. Hell. 6, 5, 31); so ist sein Zeus bezeichnet werden (s. 0.); in der erwähn-
Brader Hippokoon hier zu Haus {Ov. Met. ten Stelle bei Gorgias, Hei. 3, wo die Abstam-
8,314); nach seiner Gattin heißt der Ort Le- mung der Heroine erörtert wird, sind beide
daeae Amyclae (jS^af. Theb. 7, 163); Helena wird Namen zu einer Einheit verbunden und bilden
von hier entführt {Eur. Troad. 986; Ov. A. A. in dieser Nebeneinanderstellung einen Beweis
2,6; Stat. Ach. 1,21); jTÄeoÄrr. 22, 122 nennt den für Zeus' und Tyndareos' urspüngliche
Polydeukes .^^vxWwv ßaöLXfja; beide Diosku- Wesenseinheit. Vielleicht kann dieser Iden-
ren heißen fratres Amyclaei (Äfat 5t7r. 4, 8, 29 ; tität die Nachbarschaft von dem Heiligtum
Tlieb. 7,413, vgl. Oo. Her. 8,71); bei JPindar 60 des Zeus und dem Grabmal des T., also die
{Pyth. 11,32) wohnt und stirbt auch Agamem- Gemeinsamkeit ihrer beiderseitigen
non hier und wird (zweifelhaft, ob mit Kassan- Kultstätten (s. 0.), als Stütze dienen, wobei
dra) hier begraben und verehrt {Paus. 3, 19, 6). die Frage offen bleiben darf, ob Tyndareos in
Sparta und Amyklai dürfen also in gleicher Lakedaimon uransässig und eine echt-
Weise für T.' Residenzen gelten; doch ist als spartanische Gottheit oder, wie seine Gattin
solche nur Sparta direkt bezeugt; vgl. auch Leda, seine Töchter Klytaimestra und Helena,
Gruppe, Mythol. 157 f.; Busolt, Gr. Gesch. l',207, sein Bruder Ikarios, sein Namensvetter Tydeus
8; Lucke^ibach, Fleckeis. Jahrb.Supplbd.il, 596. (s. 0.), erst aus Aitolien in den Pelopon-
Tyndareos
1417
nes einge-
wandert
und dann am
Eurotasufer
lokalisiert
worden ist;
vgl. Gruppe,
Mythol. KJüf.
482. 618. 629;
Bethe h. Pan-
ly-- Kroll 7,
2827.
Außer der
in der Litera-
tur allgemei-
nenForm7^vv-
ddgscog finden
sich auf In-
.schriften meh-
rere Ab arten
desNamens:
vgl, Kretsch-
iner, Gr. Vas.-
hischr. 205 f.
Ein Diosku-
renrelief von
der Insel Ky-
thera trägt
die Inschrift
T i V dccglffaig
{Athen. Mit-
teilungen 5,231; 8. d. Art. Dioskuren Bd. 1,
Sp. 1165). — TsvSccgeag lautet ferner der Name
auf der schon erwähnten Trinkschale des Malers
Xenotimos (Antike Denkmäler 1, Taf. 59; s. auch
d. Art. Bd. 4, Sp. 403 u. Philonoe Bd. 3, Sp. 2351).
— TvtccQ8og endlich findet er sich geschrieben
auf attischen Vasen, so auf der des Hieron
in Berlin mit dem Bilde der Entführung der
Tyndareos
1) XenotimosTase : Helenas Eigeburt; anwesend Tyndareos mit Leda und
Töchtern (nach Antike Denkmäler 1 [1891] Taf. 59).
1418
dige Form
Tyndarun, i
geschaffen ,
die auch der
Name des
einen der bei-
den Helden in
Flautus' Cap-
tivi ist , sich
bisweilen in
den Hand-
schriften, z. B.
des Eygin,
findet und bia
auf Lactan-
tius {Divin.
instit.l, 10,11:
Ämphitryonem
et Tyn darum
praeterire non
possum) erhal-
ten hat. Da-
neben erschei-
nen die dem.
Griechischen
entlehnten
Formen Tun-
dareus{Pacuv .
Hermion. fr.
ISheiPibbeck,
JR.jrr.265) und
Tyndareos (Ov. Her. 8, 31); davon das Adj.
Tyndareus als freie Nachahmung des griech.
TvvdcLQsvog: FaZ. 2^7. 1, 167. 571; Auson. Epigr.
56,4. Vgl. Neue, Lat. Formenl. 1^329; Kühner-
Holzweißig, Lat. Gramm, l^ 494.
Das Etruskische endlich zeigte den Na-
men in der stark zusammengeschrumpften Form
tuntle (s. d.) auf einem etrusk. Spiegel aus der
Helena(FMrhm>?5rZernr.2291;s. Bd. l,Sp. 1966). 40 Nähe von Orvieto {Gaz. archeol. 1877, S. 9f
— Denselben Mangel des v, das ja auch dem
stammverwandten Namen TvSsvg fehlt (s. o.),
zeigt die, freilich unsicher überlieferte, Glosse
bei Hesych. (4,184 Mor. Schmidt): Tvdäv xo-
X(ov&v' TvvöccQiö&v. Zugleich ist hier die ganze
zweite Silbe einer Namensverkürzung zum Opfer
gefallen. — Auch die Endsilbe erleidet mannig-
fachen Wechsel. Gegenüber der später über-
wiegenden attischen Form lautet schon seit
Taf. 3) oder in der Fassung tunle (s. d.) auf
einem etrusk. Spiegel von Volci {Bull. d. Inst.
1882, S. 224).
In der bildenden Kunst sind die Dar-
stellungen des Tyndareos ziemlich zahlreich;
einiger ist schon gedacht worden. Ordnet man
sie nach der Zeitfolge seiner Erlebnisse,
also biographisch, so sieht man ihn zunächst
anwesend bei Helenas Eigeburt (s.o.). Die-
Homer die epische Fassung Twödgiog, oder 50 sen phantastischen Vorgang, dessen Darstel-
diese liegt wenigstens dem entsprechenden cas
obl. TvvdaQsov {Od. ^ 298; cö 199; Eur. El. 117
989 ; I. A. 593 nach den Handschriften), Tvv-
SaQEOLO (Apoll Bhod. 1, 148. 3, 517; Mosch. Id.
3, 78; Tzetz. Anteh. 171), Tvvdagicp (Od. l 299)
zugrunde. — Die Namensform Tvv8dgr]g ist
zwar dem Helden der alten Sage noch fremd
und findet sich erst als Eigenname eines laked.
Geronten mit dem Gen. Tvvddgovg auf spartan.
Inschriften (C. I. Gr. 1, 1256. 1304) oder als 60
Name einer Dialogperson bei Plutarch. (Quaest.
conviv. 8, 1, 3. 2, 1) mit der Anrede co Tvvddgri
(8,2,2); sie besitzt aber eine gewisse Bedeu-
tung, weil von ihr die patronymischen Benen-
nungen der männlichen und weiblichen Nach-
kommen abgeleitet sind {Etym. Magn. 166, 14,
vgl. Kühner-Blass, Gr. Gramm. 2', 282 f.).
Das Lateinische hat sich die selbstän-
RoscHER, Lexikon der gft. u röm. Mythol. V,
lungen mehrfach falsch erklärt worden sind,
indem z. B. Stephani, Compte Bendu 1861, S.
134 f., die dabei anwesenden Dioskuren als
Orestes und Pylades deutete, hat zuerst er-
kannt KekuU, Ein griech. Vasengemälde im
Bonner akad. Kunstmuseum, Bonner Festschrift,
1879, u. Sitzungsler. d. Berl. Akad. 1908, 1, S.
691 f. Es kommen für Tyndareos zunächst fol-
gende Vasengemälde in Betracht:
1. Rotfigur. Trinkschale des Malers Xeno-
timos, früher in der Brüsseler Sammlung van
Branteghem, jetzt im Museum zu Boston; vgl,
Ant. Denkm. 1, 1891, Taf. 59. Die Personen
sind durch Namensinschriften bezeichnet. Auf
dem Altar liegt das Ei der Helena; daneben
sitzt der Adler des Zeus; links steht, bekränzt,
in langem Himation, das Zepter in der Linken,
T. (TBvddgscag, s. o.), hinter ihm Kly taimestra ;
46
1419
Tyndareos
Tviulareos
1420
S) Yasenbild: Heleuas Kigeburt; anwosoud: das Eltem]>aAr und die Dioskiiren
(nach Kekul^, Fetfsrhr. 1870, mit Tafel).
rechts vom Altar Leda; auf der zweiten Außen-
seite der Vase ist zwischen zwei weiblichen
Gestalten Phylonoe, die andre Tochter des Tyn-
dareos (8. o), sichtbar; s. bes. KekuU, Berl.
Sitzungsber. S. 691 f.; s. Abb. 1.
2. Krater im Museo civico zu Bologna; vgl. 30 Pferde; s. Abb. 4
könnte (s. c); links
Leda und, auf den
Stock gestützt, T.
8. Zweihenkeli-
ger Krater in derWie-
uer Antikensamm-
luug; Kekule, lierl.
Sitzungsber. S. 694
mit Taf. 7, 1. Rechts
vom Altar, der sich
aus großen Steinen
mit einer Deckplatte
/usanimeusetzt, ste-
hen mit Lanzen die
Dioskuren, links Le-
da, dahinter im Man-
tel, auf den Stab ge-
stützt, T.
9. Rottig. Hydria
im Berliner Museum^
nr. 4533 ; Kekule, Sit-
zungsber. S. 697 mit
Taf. 9. Auf dem Al-
tar das Ei, aus dein
die kleine Helena schon hervorkommt; sie
streckt die Armchen links nach Leda aus;
dieser gegenüber, rechts vom Altar, T. im Man-
tel und mit dem Zepter; hinter Vater und
Mutter steht je ein Dioskur neben seinem
Brizio in den Atti e memorie della deput. di
storia per la Rmnagna, Ser. III, vol. 6, fasc. 1
e 2; Kekule a. a. 0. S. 693 f. Von links nähern
sich dem Altar mit ihren Rossen die Diosku-
ren; rechts stehen Leda und T.
3. Krater im Wiener Münz- und Antiken-
kabinett; Laborde, Vases de Lamberg 1, 14;
Ann. d. I. XX tav. L; Kekule, Bonner Fest-
schrift S. llf.; Baumeister, Denkm. 1, 634 Abb.
10. Zweihenkeliges Gefäß aus Chiusi, jetzt
im Museum zu Palermo ; Ann. d. I. XX tav. K ;
Kekule, Festschrift S. 15f. An den Altar tritt
rechts Leda heran und erfaßt mit beiden Hän-
den das Ei; hinter ihr T.; links die Dioskuren;
zu beiden Seiten des Bildes noch je ein Jüng-
ling; der eine mit dem Kerykeion ist wohl
Hermes (s. o.); s. Abb. 5.
Sämtliche vorerwähnten Vasenbilder, die
706; Beinach, Bepertoire 1 S. 279. Rechts vom 40 hier aufgeführt sind, wie sie Kekule, Sitzungs-
Altar stehen die Dioskuren, links Leda, hinter
ihr mit langem Herrscherstab T.
4. Krater im Bonner akad. Kunstmuseum;
vgl. Kekule, Festschrift S. 19 f. mit beigegebe-
ner Abbildung. Die Anordnung der Personen
ist die nämliche; auch hier Tyndareos ganz
links; doch steht, als Besonderheit, dicht am
Altar vor den Dioskuren eine Säule mit einer
weißen Zeusstatuette; s. Abb. 2.
5. Scherben zweier rottigur. Vasen, jetzt
gleichfalls in Bonn: KekuU, Berl. Sitz.-
Ber. S. 695 f. Sie zeigen links Helenas
Brüder, rechts das Königspaar.
6. Vase, einst im Neapler Kuusthandel,
jetzt verschollen; Arch. Zeitg. 1853, Taf.
59; Kekule, Festschrift S. 14 f.; Beinach 1
S. 380. Statt des Altars ein aufgeschich-
teter Steinhaufen; rechts die Dioskuren;
links Leda; hinter ihr Hermes mit dem
Kerykeion ; dicht dahinter Tyndareos mit
nacktem Oberkörper und langem Herr-
scherstab; 8. Abb. 3.
7. Zweihenkeliges Gefäß in St. Peters-
burg; Katalog der Ermitage nr. 2188; Ke-
kule, Festschrift S. 13 f; Beinach 1 S. 8.
Rechts vom Altar mit dem Ei zwei Jüng-
linge (Dioskuren?), von denen der eine
mit dem Kerykeion auch Hermes sein
ber. S. 702 f., chronologisch angeordnet hat, wei-
sen untereinander eine gewisse Ähnlichkeit auf.
Nach der Vermutung Boberta {Arch. Anz. 1889,
S. 143) gehen sie auf ein Wandgemälde aus
der Schule Pohjgnots zurück. Bei allen erhebt
sich in der Mitte ein aufgemauerter (nur auf
dem Neapler und dem einen Wiener Vasenbild
aus rohen Steinen aufgehäufter) Altar, auf dem
3) Vasenbild: Helenas Eigebart; anwesend: Tyndareos, Hermes,
Leda, die Dioskuren (nach Arc/i. Zeitg. 1853 Taf. 59).
1421
Tyndareos
Tyndareos
1422
ein auffällit? großes Ei
lie<(t. Erwartuii<,'svoll
umsteht ihn die spar-
tanischeKönigsfamili«',
der sich auf dem Nea-
pler, dem Petersbur-
ger und dem Palerrair
tanor Bilde ein sehr
jugendlicher Hermes
mit dem Kerykeion zu-
gesellt. Nirgends frei-
lich sind die Familien-
glieder vollzählig ver-
sammelt; auf der Xe-
notimosvase sieht man
neben den Eltern noch
Klytaimestra und Phy-
lonoe, sonst auf acht
Gefäßen die Dioskuren
dargestellt; auf der
Petersburger endlich
nur einen der beiden
Brüder, falls nämlich der zweite Jüngling mit
dem Heroldsstab Hermes (oder nicht vielmehr
der andre Bruder) ist. Das Poltern paar ist
6) Etrusk. Spiegel: Helenas Eigeburt; anwesend: Tynda
reos, die Dioskuren, Aphrodite, Leda, Klytaimentra (nach
Gaeztte ardieolof/ique 1877 Taf. 3).
Überall zugegen; während aber Leda ent-
weder leidenschaftlich erregt die Hände erhebt
oder mit ihnen das Ei anfaßt (Palermitaner
Gefäß) oder dem Kinde aus den Eierschalen
heraushilft (Berliner Hydria),
bewahrt T. allenthalben eine
edle, ruhige Haltung und mit
Himation, mit Herrscherstab
und Blätterkranz im Haar,
eine echt königliche Würde.
Seine volle Aufmerksamkeit
gilt der Geburt des künftigen
Pflegekindes. — Denselben
Gegenstand veranschaulicht
ein etrusk. Spiegel aus der
Gegend von Orvieto {Notizie
(legli scavi 1876, Taf. 1; Gaz.
4) Vasenbild: Helenas Eigebiirt; anwesend: das Eltempaar and die Diuskuieu
(nach lierl. Sitzungsber, 1908, 1 Taf. 9).
archeol 1877, Taf. 3; s. auch die Art. Leda
Bd.2,Sp.l931u.7.a<?;aSp.l916). BemT. (tuntle,
8. 0.), der am linken Kande des Bildes mit
einem Stabe in der Hand sitzend dargestellt
ist, reicht Kastor (die zweite Gestalt von
rechts) ein geplatztes Ei dar; als erstaunte
Zuschauer sind anwesend turan (Aphrodite),
30 latva(Leda), eine weitere, unbezeichnete Frauen-
gestalt (Klytaimestra? s. d. Art. Bd. 2, Sp. 1244)
und pultuce; darüber das Viergespann des
Helios; s. Abb. 6. — Endlich zeigt ein Sarko-
phag aus Bordeaux, jetzt im Museum zu Aix
in der Provence {MilUn, Gal. myth. Taf. 144,
522; Bobert, Sarkophage 2, Taf. 2,2; s. auch
d. Art. Leda Sp. 1932), den T., die Amme und
zwei andere weibliche Personen in der Umge-
bung der als Wöchnerin auf einem Ruhebett
40 sitzenden Leda; am Boden liegt das aufgebro-
chene Ei, zwischen dessen Schalen Helena und
die Dioskuren sichtbar werden.
Früher pflegte man auch ein überaus an-
mutiges pompejanisches Wandgemälde, be-
kannt unter dem Namen 'das Erotennest', auf
Leda, T. und ihre soeben aus dem Ei gekro-
chenen Kinder zu beziehen (Heibig, Pomp.
. Wandgem. nr. 821), während zwei später auf-
gefundene Exemplare des Bildes (nr, 822. 823)
50 gelehrt haben, daß es sich um eine genrehafte
Szene ohne mythologische Bedeutung handelt
(vgl. Overbeck, Pompeji S. 288. 293. 581^).
Auf einem etrusk. Bronzespiegel in Perugia
{Conestabile, Bull. 1869, S. 47f.; Fabretti, Pr.
Spgl. 252) steht lamtun neben elinei (Helena),
5) Vasenbild: Helenas Eigeburt; anwesend: die Dioskuren, Leda, Tyndareos,
rechts Hermes und links ein Jüngling (nach Annali d. I. XX tav. K).
46*
1423 Tyndareos Tyndarides, Tyndaris 1424
eingerahmt von den Dioskuren pultuke und Deutungen des Reliefs, z. B. im Art. Helena
kastur. Ob mit lamtun Paris gemeint ist oder Bd. 1, Sp. 1976.
etwa 'Laomedon* und dieser Name auf Ver- Helenas Raub durch Paris erfolpt nach
wechselung mit T. beruht, ist fraglich. Obwohl den meisten Berichten lieimlich; doch sind
Heydemann , 3. Hallisches Winckelmannsprogr. auch schon die Quellenstelien erwilhnt worden
116,24, die letztere Auffassung vertritt und {Aristot. Mhet. 2,24; Gramer, Anecdl^ar.l, 2di< ,
also in den beiden Mittelfigaren Vater und Diofi. Chrys. or. 11, 48 f. 51 f.), die ein völliges
Tochter erkennen will, spricht doch <lie grö- Einverständnis des T. und der DioHknren mit
ßere Wahrscheinlichkeit für das Liebespaar; der Wegführung verraten (s. o.). Etwa die Mitto
s. auch d. Art. Lamtun Bd. 2, Sp. 1825. lo zwischen beiden Sagenfassungen hlllt das be-
Eine schwarztigur. tyrrhenische Amphora im kannte Bild auf einer Berliner Vase des Hieron,
Brit. Museum, nr. B 170, zeigt, wie Kastor und wo Tyndareos (Tvrapfos, s. o.) und sein Bruder
Polydeukes, beide zu Pferde, von Tynda- Ikarios bei der Szene als Warner zugegen sind
reOB Abschied nehmen; hinter ihnen steht {Furtuängler nr. 2291; (\ I. Gr. 4 nr. 8220;
ihre Schwester Philonoe (s. d.); vgl. C. I. Gr. Kekule, Arcli. Zeitg. 1882, S. If.; Beinach 1
4 nr. 7707b; Luckenhach, Jahrb. Supplbd. 11, S. 437; abgebildet ist das Gemiilde zum Art.
644f. Vielleicht rührt auch dieses I3ild, wie JETe/ena Bd. 1, Sp. 1960). Während ein bilrtiger
sicher das zunächst beschriebene, von dem Genosse des Paris, wohl Aineias, der auch aul
Maler Exekias her. dem Vasenbilde des Malron erscheint {Gaz.
Mit der Namensinschrift dieses Künstlers 20 archeol. 1880, Taf. 8; s. d. Art. Aineias Bd. 1,
ist nämlich die berühmte Amphora im vatika- Sp. 160. 184), Helenas Schwester Timandra (s. 0.)
nischen Museo Gregoriano bezeichnet, die auf beschwichtigt, tritt den beiden Greisen eine
der einen Seite unübertrefflich Aias und Achil- Euopis genannte Frauengestalt entgegen, in
leus beim Würfelspiel veranschaulicht. Auf der der Kekule S. 12 die sonst bei dem Vorgang
andern stellt sie höchst anmutig die Heim- anwesende Peitho erkennt. T. sieht man also
kehr der Dioskuren ins Elternhaus dar. auch hier um das gefährdete Geschick seiner
Während dem Polydeukes ein Hund entgegen- Pflegetochter treubesorgt.
springt, bewillkommnet die Mutter Leda den [Johannes Schmidt.]
Kastor; er führt sein Roß dem Vater Tynda- Tyndarides, Tyndaris {TvvSagiSris, Tvvda-
reos zu, der streichelnd die Rechte auf den 30 glg) gehören als Patronymika männlichen
Kopf des Tieres legt. Namensbeischriften der und weiblichen Geschlechts zu Tyndareos (s. d.;.
Hauptpersonen. Man. d. I. 2,22; Meinach, Be- Ihrer Erläuterung ist schon im Art. Tynda-
pertoire 1 S. 96; Heibig, Sammlungen Borns 1', reos vorgearbeitet worden. Nach Etym. Magn.
304 f.; abgebildet ist das Gemälde zum Art. 166,14 sind sie von Twödgrig abgeleitet, vgl.
Dioskuren Bd. 1, S 1173/74. Kühner- Blass, Gr. Gr. 2«, 282 f.; Curtius, Ety-
Nach der schon erwähnten Sage, die auch mol. S, 640f. 645 f.'
Nemesis zur Geliebten des Zeus und somit die- TvvSagidrig ist im Sing, wie Plur. über-
ses Götterpaar zu Eltern der Helena macht wiegend mit attischen Formen vertreten;
(s. o.X sind Tyndareos und Leda nur deren doch finden sich auch dorische Casus, so
Pflegeeltern. Als solche waren sie auf einem 40 Twöagidccg {Find. Nem. 10, 73; Isthm. 1, 31;
großen Gruppenrelief am Fußgestell der Neme- Theokr. Id. 22, 202), Voc. TvvSaQiScc (22, 136)
sisstatue in Rhamnus veranschaulicht. Bild- und Gen. Plur. TvvddQidäv (Pivid. Ol. 3 , 39 ;
Säule und Basis, von Paus. 1, 33, :i u. 7 f. dem Pyth. 1,66); und endlich auch ionische, näm-
Pheidias zugeschrieben, rührten vielmehr von lieh Gen. Plur. TwäagiSetov {Herod. 4,145. 5,
seinem Lieblingsschüler Agorakritos her 75) und Dat. Tvvdccgidrjötv {Herod. 9, 73; Kal-
(Ooerbeck, Schriftquellen S. 140. 148; v. Wilamo- lim. Epigr. 57; Simonid. fr. 174, Bergk, Lyr.
Witz, Antig. v. Kargst. S. 10 f.). Die Beschrei- 3*, 507).
bnng des Reliefs bei Pausanias a. a. 0. im Der Sing, bezeichnet ebenso Kastor wie
Verein mit den Funden und Ergebnissen der Polydeukes, von denen jeder demnach als
1890 von der Griech. Arch. Gesellschaft ver- 50 Tyndareos' Sohn gelten müßte. Im Art. Tyn-
anstalteten Ausgrabungen {B. Staes, *Ecprifi. &gx- dareos Sp. 1410 ist aber nachgewiesen worden,
1891, S. 63 f.) haben Rekonstruktionsversuche daß beide, einzeln im Sing, und zusammen im
von L. Pallat im Arch. Jahrb. 1894, Taf. If. Plur., auch dann Tyndariden heißen, wenn sie
sowie von H. Schulz in O. Boßbachs Art. Ne- nach dem Zusammenhang der Erzählung oder
mesis Bd. 3, Sp. 153f. ermöglicht: auf der Vor- nach ausdrücklicher Angabe von Zeus erzeugt
derseite führen von links Tyndareos und Leda sind. Der dort besprochene Grund hierfür liegt
ihre Pflegetochter Helena zu ihrer Mutter Ne- in der früh in Vergessenheit geratenen Wesens-
mesis, der sich von rechts Agamemnon mit einheit von Zeus und Tyndareos. Es ist also
seinem Bruder Menelaos nähert, während auf in Hymn. Hom. 17,2, Eur. Or. 1689 und ahn-
den Schmalseiten die Dioskuren, Achills Sohn 60 liehen Stellen nur scheinbar ein Widerspruch
Pyrrhos(?) und andre Heroen zugegen sind. enthalten. Auch in den Fällen, wo Kastor, als
Nemesis stiftet hier — bezeichnend genug — sterbliches Wesen, den Tyndareos, Polydeukes,
zwischen Menelaos und Helena den Verhängnis- als Gott oder Halbgott, den Zeus zum Vater
vollen Ehebund, zu dem ihre Angehörigen, aber hat, hält der Dichter oder Mythograph trotz-
auch manche andre z. T. schwer erklärbare dem für beide die gleiche patronymische Be-
Augenzeugen ahnungslos gleichsam ihren Segen nennung fest. Die Begriffe 'Dioskuren' und
geben ; vgl. auch Bobert,21.HaU.WinckelmannS' 'Tyndariden', die doch Verschiedenes besagen,
progr.lS^l, S. 30; zugleich erledigen sich andre fließen allmählich ganz zusammen.
1425 Tyndarides, Tyndaris Typhoeus, Typhon 1426
Twäagig ist das zugehörige Femininum, Spiltgriechisch an und erscheint, wie Tvvdaglg^
(las keinen dialektischen Abwandlungen unter- teils allein (Triphiod. 473; Koluth, Rapt. Hei.
liegt; es könnte als Benennung jeder der fünf 376; Cliristodnr. Khphr. 167; Tzetz. Posth. 781),
Töchter des Tyndareos: Vhoihe {Eur. I. A. bO^ teils attributiv verbunden mit hovqti {Tzetz.
Ov. Her. 8,11), Phylonoe, Thmindr& {ApoUodor Anteh. 124. 169) oder mit ' KUvt] (Posth. 600).
3,126), Klytaimestra und Helena dienen; doch Twöä^sLog endlich, das zugehörige Adj.
werden nur die beiden letzteren so genannt. dreier oder zweier Endungen, dient in Verbin-
Von diesen zwei Heroinen ist allein Klytai- düng mit nuis {Eur.J. A. 1532; Or, 1512; Ar.
mestra, und zwar ausschließlich, Tyndareos' Thesm. 1)19), ^vyäxriQ {Eur. I. T. 5; Or. 374),
hübliche Tochter (s. Sp. 1410); mit Helena lo ^gvog {Troad. 766), y.6qoi {Hei. 137) gleichfalls
verhält es sich wie mit den Dioskuren: sie zur Bezeichnung der Nachkommen des
trägt die patronymische Bezeichnung auch Helden. — Fast spricliwörtlicheii Sinn haben
dann, wenn sie nach dem jeweiligen Bericht Ausdrücke wie Twödguog oq-ao? (/. A. 391,
von Zeus entsprossen ist, und es besteht darin vgl. 78; Tzetz. Anteh. 171) und Twödgeiov roov
zwischen den beiden berühmten Schwestern (Plut. Quaest. conviv. 2,3,3, s. o. Sp. 14 12 f.).
(oder Halbschwestern) kein Unterschied. Na* Tyndareus 3., das lat. Adj., hat, dem
mentlich bei Euripides, der ja zuerst die seit- Hexameter zuliebe, die vorletzte Silbe verkürzt;
samo Sage von Zeus' Besuch in Schwanenge- vgl. Fai. i'Vncc. 1,167: Tyndareus puer; l,670f.:
stalt überliefert {Hei. 17 f.), hat den Beinamen fratrea — Tyndareos; s. Neue 1', 329.
Twöagig ganz ebenso Klytaimestra (//^^^ 1278; 20 [Johannes Schmidt.]
El. 13. 60. 480. 806; I. T. 806. 1319; Or. 826) Tyneos {TvvBÖg), in der Liste der Namen,
wie Helena (ife^. 269 ; i/eZ. 472. 614. 1179. 1546; bei denen Zeus beschworen wird in der Pros-
Andr. 898; Troad. 34; Or. 1154. 1423; /. A. euche xov Jiog der Hygrom. Haloni. cmgr 70,
Ol. 1335. 1418). Cat. cod. astr. gr. 8,2,155; die anderen Namen:
Beachtung verdient, daß sowohl Twöccgidris 'Avwcp, 'Ogaird, 'Atvo^, 'Oviysvi, 'At^ivibX, 'Avxa-
als auch Twöccgig bisweilen einen substan- vttsi, 7'., Fsviig, KaviTtr^d. [Preisendanz.]
tivischen Zusatz erhält, wie dies besonders Typhi (Tt)(jpt), als Aphrodites Name ange-
dem homerischen Stil entspricht (//. F 6; fuhrt im. Leid. Zauberpapyrus J 384, Kol. 12,21
Z 390); so steht neben TwÖagidcci: däsXcpoi {iym bI^i 'AcpQ. itQOGayoQivo^ivri Tvcpi).
{fr. lyr. adesp. 91, Bgk. Lyr. 3\719, vgl. Tyn- 30 [Preisendanz.]
daridae fratres: Cic. Tusc. 1 , 28; Ov. Trist. 1, Typhoeus, Typhon {Tvcpasvg, Tvcpmg, Tv-
10, 45), naidsg {Eur. Hei. 1497), paaiUlg {An- (pdmv, Tvcpmv); über diese und andere Namens-
thol. Gr. app. 1,130. Plut. Flamin. 12); neben formen s.u.; ein gewaltiges Ungeheuer der Ur-
Twöagig: yvvrj {Eur. Andr. 898: üelena), vviicpri zeit, ein sehr verschieden lokalisierter Dämon
{Anthol. Palat. 7, 218 : desgleichen), natg {Eur. des Sturmes, des Gewitters, der aus der Unter-
Hek. 1288: Klytaimestra; Hei. 411. 1179. 1546; weit herrührenden Erderschütterungen, somit
Or. 1154. 1423: Helena), -aogri {El. 13; I. T. die Personifikation verderblicher Naturkräfte,
1319: Klyt. ; I. A. 61. 1335: Hei.). namentlich des Vulkanismus; über diese und
Tvvdaglg heißt auch eine mit mehreren andere Deutungen des Wesens s. u.
Statuen im Museum zuPalermo vertretene Stadt 40 In die Poesie hat ihn, sei es nach orien-
an der östlichen Nord küste von Sizi- talischen Göttermythen, sei es auf Grund boioti-
lien, gegründet 396 V. Chr. von Messeniern, die scher Volkssagen, zuerst eingeführt
sie den von ihnen besonders heiliggehaltenen Hesiod: Theog. ^06 f. 820 f.; beide Stellen
Dioskuren zu Ehren benannten: Diodor 14,69. enthalten vielleicht interpolierte Verse; vgl.
78; Paws. 3, 26, 3; auch zeigen die Münzen des bes. Schoemann, Opusc. acad. 2, 340f. : De Ty-
Ortes vorzugsweise deren Bilder sowie das der phoeo, wo S. 368 (gegen Jacohi, Lenk. d. Myth.
Relena.; Y gl. Holm, Gesch. Sic. 2, 4SI; Art. L>ios- S. 878f., u. a.) mit Recht an der auch sonst
Ä;Mr6n Sp. 1166. Die Bewohner heißen bald Tvi»- angenommenen Identität von Tvcpdav (v.
6dgioL {Diodor 22,8), bald Twöaglrcci (22,24. 306) und TvcptoBvg (v. 821. 869) festgehalten
32) oder Tvvdagnxai {G. I. Gr. 3, 6616 d, Add.); 50 wird. Danach ist T. der jüngste Sohn des
lat. Tyndaritani {Cic. Verr. 4,84; 5,124). Tartaros und der Gaia, ein Ungetüm mit hun-
Tyndarides und Tyndaris lauten die dert Drachenhäuptern, blitzenden Augen, ge-
entsprechenden lateinischen Namen; ihre Be- waltigen Häfnden und Füßen und einer furcht-
deutung ist klar; ^gi. Hör. C. 4, 8,31: Tynda- baren Stimme von vielfältigem und wechseln-
ridae = Castor und Pollux; Fer^.J.. 2,601: Tyn- dem Schalle (v. 821f.), Als übermenschliches
daris Lacaena = Helena; Oü. A. A. 2,408 und Wesen heißt er d'iog und dva^ (v. 824. 859).
Trist. 2,396: Tyndaris = Clytaeraestra. Nach Zusammen mit Echidna, der Schlangenjungfrau
letzterer wird eine Gattenmorderin bei Hör. im Arimerlande (v. 304 f.), erzeugt er den Hund
>Sa*. 1,100: fortissima Tyndaridarura genannt, Orth(r)o8, den Kerberos und die Lernäische
d. h. das mutigste Weib von dem Tyndareos- 60 Hydra; auch stammen von ihm, der selbst ein
geschlecht; 'das Mask. Tyndaridae bezeichnet schrecklicher, gewalttätiger Wind ist (v. 307),
hier allgemein die Nachkommen des Tynda- andere verderbliche Winde ab (v. 869 f.). Nach
reos, nicht bloß die männlichen' {Breithaupt dem Sturze der Titanen durch Zeus streitet er
zu dieser Stelle), ähnlich wie mit Anthol. Plan. mit diesem um die Weltherrschaft (v. 820. 837 f.)
76: OL xgsTg Twöccgidau die Dioskuren und und wird von ihm nach heftigem Kampfe, bei
Helena gemeint sind. dem die ganze Natur samt der Unterwelt in
Tvvdagsiovri, unmittelbar abgeleitet von Schrecken und Aufruhr gerät (v. 839 f.), durch
der att. Form Tvvddgsoag, gehört dem epischen einen Blitzstrahl gebändigt und in den Tar-
1427 Tjphoeus, Tjphon Typhoeus, Typhon 1428
tarot» jfeworfen (▼. 852 f.\ macht sich aber auch rronutheu,^, Bd. 3, Sp. 3042. — Auf dem Schilde
hier durch Erderschütterungen und ausge- Hippomedoiis, eines der Sieben vor Th(»ben,
stoßene Flammenbäche fort und fort bemerk- sieht man das Hild des flammeuspeienden T. :
bar (v. 8Glf.). Aesch. Sept. 4 76 f. 404 (s. u).
Nach Homer IL B 782f , einer erst später fJndlich bietet eine zusaramonhilngende,
eingelegt^'n Stelle {Boheit, Studien zur Jlian wohl auf mehreren (alexaudrinischen) Gedich-
S. 221; Finsler Homei' 2*, 2y), hat er seinen ten beruhende Darstellung mit neuen phanta-
Wohnsitz oder sein Grab (svvdgy vgl. Schol B stischen Zügen ApoUodor. Bihh 1,39 f.: Aus
u. Nonn. Dion. 13, 320) siv 'Agi^ioig (s. u.): Groll gegen Zeus wegen des Stur/es der Ti-
hier liegt er unter der Erde, gepeitscht von lo tanen erzeugt die Ge mit dem Tartaros in Ki-
den Blitzen des Zeus, der ihm grollt; dabei likien ein Gemisch aus Mensch und Tier von
sacht er sich bisweilen zu erheben, sodaß die himmelhoher, geflügelter und behaarter Gestalt,
Erde dröhnt. mit einem die Stt?rue berührenden Menschen-
Sodann verkörpern sich bei den im griechi- köpf, außerdem hundert an den Armen sitzen-
schen Westen verkehrenden großen Dichtern in den, zischenden Schlangenhäuptern und feuer-
T. die vulkanischen Erscheinungen Siziliens sprühenden Augen, sowie mit gewaltigen, von
und Kampaniens; vgl. v. Meß, Der Typhon- den Schenkeln ausgehenden Natternwindungen
myihus bei Pindar und Äschylus, ühein. Mus. Talso Schlangenfüßen). Unter Flammenschnan-
lUOl, S. 167 f., mit einem Nachtrag Usenera ben und bald pfeifendem, bald donnerühnlichem
S. 174f. Beide Dichter leiten ihn aus Klein- 20 Gebrüll stürmt es drohend gegen den Himmel
asien her, wo er entweder urausässig oder an; voll Angst fliehen die Götter nach Ägypten
erst durch griechische Zuwanderer, vielleicht und verwandeln sich, auch dort liedroht, in
boiotische Landsleute Hesiods, installiert wor- Tiere. Zeus schleudert zwar Blitze auf T. und
den ist (s. u.), lassen ihn aber sein Ende auf verfolgt ihn bis Syrien. Als jedoch der Götter-
italischem (sizilischem) Boden finden. vater hier mit ihm handgemein wird, gerät er
Nach Pi»Miar(Pt/tÄ. 1,15 f.) liegt der hundert- in des Feindes (ilewalt, w^ird von ihm mit
köpfige (ixarovTaxdgavog) Typhos, der Götter- Stricken umwunden, seiner stählernen Sichel,
feind, den einst die vielberühmtc kilikische ja der Bein- und Armsehnen beraubt, nach
Grotte ernährte, von Zeus bezwungen im Kilikien geschleppt und dort in der Koryki-
schrecklichen Tartaros; die Meeresufer bei so sclien Grotte gefesselt niedergelegt. Hermes
Kyme sowie Sizilien mit dem Ätna beschweren und Pan entwenden aber der zur Wächterin
seine zottige Brust; vgl. Pyth.S,, 16 f.: der hun- bestellten Drachenjungfrau Delphyne die Seh-
dertköpfige (Ixaroyxpavoff) kilikische Typhos nen und setzen sie Zeus wieder ein, der, zur
entrann dem Zeus nicht; ferner heißt es Ol. früheren Kraft gelangt, auf einem mit ge-
4,6 f.: 0 Zeus, der du den Ätna beherrschest, flügelten Rossen iDespannten Wagen blitzschleu-
die sturmumbrauste Last des hundertköpfigen, dernd den T. von neuem angreift und unter
gewaltigen (Fxaroyxtqpailor d^ßgl^ov) Typhon; viel Blutvergießen (al^a) am Hämusgebirge in
und fr, 91 — 9B Bgk.^-Schr.: alle Götter ent- Thrakien seiner Herr wird. Bei seinem Flucht-
flohen, als sie von T. verfolgt wurden, in Tiere versuch durch das sizilische Meer wirft Zeus
verwandelt; du allein, Vater Zeus, vernichtetest 40 auf ihn den Ätna, aus welchem seitdem Feuer-
mit Gewalt den für Götter unnahbaren fünfzig- ströme hervorquellen.
köpfigen*) {G. Hermann und Böckh lesen nach Die weiteren Züge der Überlieferung sollen,
Julian. Ep. 23 p. 349 Hercher auch hier: hun- unter Verwertung der bisher bereits bespro-
dertköpfigen) Typhon im Arimerlande; — — ebenen Stellen und in Anlehnung an sie, gleich-
auf ihm liegt der Ätna als übergewaltige Fessel. sam biographisch aufgeführt werden.
Eng verwandt hiermit ist die Schilderung Typhoeus ist der jüngste Sohn derGaia
in Aischylos' Prometheus Sobf. Kirchh.: Vor- oder Ge und des Tartaros: Hesiod, Th.
mals in der kilikischen Grotte wohnhaft, liegt 821 f.; Schol. Ven. B II. B 783; Schol. Plat.
das hundertköpfige Ungeheuer (rfgag kyiatoyy(.d' Phaedr. 230 a; Apollod. Bihl. 1, 39; Hygin. fah.
Qccvov) nach vergeblichem Kampfe gegen die äo jjraef. u. 152; Schol. Lactant. Stat. TAe6. 2, 599.
Götter, bezwungen vom Blitze des Zeus, den — Ge ist als Mutter außerdem genannt: An-
er hat stürzen wollen, jetzt zur Strafe unter ton. Lib. 28; Julian. Or. 2 p. 56d; Siiid. s. Tv-
dem Ätna, aus dessen Gipfel Flammenbäche qpwff; Hesych. s. Tvquosvg ; Xann. Dion. 1,154.
und Lavaströme, die Ausflüsse von Typhos' 417; 2,561. 629; 13,482. 496; T^gte.Pos^Ä. 300f. ;
Groll, dereinst Sizilien überfluten werden. — Hör. C. 3,4,73; Manil. Astr. 2, 878; (Senec.)
Damit ist, in einem vaticinium post eventum, Octav. 239.
auf einen Ätnaausbruch zur Zeit des Dichters Manche Fassungen der Sage leiten Ty-
hingewiesen; ihn erwähnt auch das Marmor phons Ursprung von Kronos her. Die eine
Parium, Ep. 62, unter Ol. 75,2 = 479 v.Chr.; nennt T. und Nephthys (s. d.) dessen Kinder
vgl. Holm, Gesch. Sic. 1, 18 u. 336: Jacoby, 60 (Plut. Is. 12); sie verdankt ihre Entstehung
Marm. Par. S. 16. Über Prometheus und T. als 'dem Bestreben, Ägyptisches und Hellenisches
Urheber großer vulkanischer Erscheinungen der auszugleichen' (s. d. Art. Kronos, Bd. 2, Sp.
Vorzeit vgl. A. v. Humboldt, Kosmos Bd. 2 1465). Eine andere läßt T. wenigstens indirekt
(1847), S. 174. 419; Bd. 4 (1858), S. 304. 508 f. von Kronos abstammen {Schol. II. B 783): aus
525 f.; Bd. 5 (1862), S. 24 f. 68 f.; und d. Art. Groll wegen Tötung der Giganten verleumdete
Ge den Zeus bei Hera. Kronos, an den sich
♦) Vgl. Röscher, Die Zahl 50 in Mythu,, Kultus, Epos d^ese wendet, gibt ihr zwei mit seinem Samen
u Taktik d. Heuenen u. and. Völker. Leipzig 1916, s. 77 ff. gesalbte Eier; in die Erde vergraben, sollen
1429 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 1430
sie einen Dämon hervorbringen, der <leu Zeus Stolzes. Ein andermal scheint l'indar {fr. 92 f.
der Herrschaft beraubt. Aus dem unter das Bgk.^-Schr.) dem T. nur fünfzig Köpfe an-
Arimongebirge in Kilikien (s. u.) gelegten Ei zudichten, was Koscher (Dir Zahl 50, Abhandl.
wächst der Riese T. empor, den jedoch Zeus d. Sachs, den. d. Wias., phil.-hist. Kl. 33, 77 f.)
mit seinem Blit/«' niederschmettert und unter G. Hermann und liöckh gegenüber festhält,
dem Ätna lebendig begräbt. Jedenfalls ist er Ttolvv,i(pccXog {Philostr. vit.
Unsicher ist Typhons angebliche Herkunft Apoll. 6, 13). liei Nonnos gesellen sich zu dem
von Aiakos, einem Sohne des HerakleH(?), Menschenkopf (s. o.) die Häupter von aller-
nach einer Textänderung Meitzensteins {Zwei band wilden Tieren (1,156 f.; 2, 42 f. 253 f.
religionsfieschichtliche Fragen S. 9 A) in Flut. Is. lo 2S0t\ GIO f.). In Euripid. H. F. 1271 f. nennt
20; vgl. 6rr/</)/)e, Mythol. 1546, 6. Herakles unter den Wesen, die er bekämpft
Bestimmter lautet, aber um so seltsamer habe, auch Tp/ffcoftaTov^' 7 vqpw vag, dreileib ige
klingt die Erzählung, T. sei ein Sohn der Ungetüme wie T. Eine anschauliche Vorstel-
Hera; mit ihr entzweit, habe nämlich Zeus lung hiervon ist uns aus dem Perserschutt der
selbständig die Athene hervorgebracht, sodann Akropolis in der Porosgruppe des Typhon-
Hera, hierüber noch mehr erzürnt, gleichfalls giebels am älteren Hekatompedon erwachsen;
allein (ohne Zeus) zuerst den schwächlichen vgl. v. Wilamowitz, Herakl. S. 467^ Das grell-
Hephaistos (s. d.), darauf den gewaltigen T. bemalte Ungetüm hat drei Oberkörper mit lang-
geboren. Diesen im Homer, hymn. in Apoll. bärtigen Köpfen und einen dreifach verschlun-
Pyth. 2, 127 f. 159 f. überlieferten phantastischen 20 genen Schlangenleib. Die Beziehung des wich-
Bericht haben dort schon Heyne und G. Her- tigen archaischen Bildwerks auf T. ist freilich
maitn für ein unechtes Einschiebsel erklärt. durch eine andere Erklärung Furtirünglers
In ihm vermutet v. Meß {Rhein. Mus. 1901, sehr zweifelhaft geworden (s. u.). — Hundert
S. 167f., s. 0.) mit Zustimmung Iheners {ebenda Arme, mit denen sonst Gyges, Kottos und
S. 180 f.) den Rest einer kleinen Dichtung He- namentlich Briareos von den Dichtern ausge-
Mods, eines speziell dem T. gewidmeten Epyl- stattet werden (s. d. betr. Art.), hat T. nach
lions, auf welches einzelne von T. handelnde Ov. Met. 3, 303 und Claudian. 26, 63 f., sogar
Stücke aus Hesiods Theogonie (s. o.) sowie die zweihundert nach Nonn. 1,297. 2,621; all-
hiermit verwandten Stellen in Aesch. Prom. gemeiner sagt Nikandr. b. Anton Lib. 28: Kt-
und bei Pindar zurückzuführen seien, nament- 30 cpaXal nXEtötai y.al x^Q^?- Als Erdgeborener
lieh der anscheinend direkt nach Hesiod zi- ist er, wie die Giganten, denen er noch nicht
tierte (freilich in der Theogonie nicht vorkom- von Hesiod, wohl aber häufig später zuge-
mende) Hexameter Pyth. 1,16: xov ttots KiXi- rechnet wird (s. d. Art. Giganten, Bd. 1, Sp.
yiiov &Qi\psv TioXvMvviiov KvxQov, vgl. Schol. 1643f. 1670), schlangenfüßig {Nikandr. a.
Aesch. Prom. 355. Jener einseitigen Abstam- a. 0.; Manu. 4,583; Claudian. 26, 65 f.; Nonn.
mung Typhons von Hera gedenkt auch Stesi- 1, 415; vgl. auch M. Mayer, Giganten und
€horos fr. 60 Bgk.^. — Über sonstige Züge von Titanen S. 216. 274f.), und überdies geflü-
Wesensverwandtschaft zwischen Plephaistos und gelt {Nikandr. ; Apollod. ; Manil. a. a. 0. ; Nonn.
T. s. Gruppe, Mythol. 1305. 2,22: asgantorr^?, ein Epitheton, das wohl nach
Die Göttin Hera, heißt es in der Legende 40 Hes. Scut. Herc. 316 festzuhalten ist). Seine
weiter {Homer, hymn. 2, 175 f.), übergibt ihr riesige Gestalt mit zahlreichen grotesken Glied -
schreckliches Kind zur Pflege der delphischen maßen und Körperteilen wird unter Benutzung
Drachenmaid {dga-accira, v. 122; (s. Python, phantastischer Vergleiche geschildert bei AToww.
Bd. 0, Sp. 3401), die es erzieht, bis sie selbst l,184f.; 2, 371 f.: bei ihm sind gelegentlich Ty-
im Kampfe mit Apoll dessen Pfeil trifft; gegen phons Beiwörter: äyxivicpriis., atvog, rjXi ßatos,
die furchtbaren Schmerzen vermag der Python fisyag, ovgdvios., jteXag, 7ioXvnr\%vg, vipiXocpog,
weder ihr Zögling T. noch Chimaira zu helfen, vtpiTEvi^?. Schwarz ist er von Aussehen, zu-
sodaß sie der Verwundung erliegt (v. 189 f.). mal als Unterweltsdämon (s. u.); daher wird
Über andere Beziehungen zum Mythos von Py- ihm bei Ar. Ran. 847 ein schwarzes Lamm ge-
thon s. u. 50 opfert, vgl. Schol.; über seine rote Farbe und
T. wächst zum gewaltigen Ungeheuer heran, die ihm in Ägypten geopferten roten Opfertiere
das sehr verschieden geschildert wird. Der alle s. Diod. 1,88; Plut. Is. 30. Andere schrecken-
Berge überragende menschliche Oberkörper trägt erregende Kennzeichen seines Wesens, wie
einen mit dem Scheitel die Sterne berührenden das Flammenspeien der Drachenköpfe oder das
Menschenkopf {Apollod. 1,39), mit dem er Feuersprühen der Augen {Aesch. Prom. 360;
lacht und redet {Nonn. 1,425; 2, 256) ; meist wer- Sept. 476. 494: nvQTfvoog; Hes. Th. 826 f.), kom-
den ihm aber hundert Schlangenhäupter men erst im Kampfe mit den ihm feindlichen
zugeschrieben: Bes. Th. S26; Pind. Pyth. 1,16:, Gewalten zur Erscheinung (s. u.). Eigenartig
8, 16; Ol. 4, 6; Aesch. Prom. 357; Ar. Nub. 336 : ist auch die Stimme seiner zahlreichen Zungen,
£yicctoyyi8(fdXc(g; Oppian. Hai. 3,2S; Tzetz. Chil. QO die eine den Göttern verständliche
10, 41 f.; Hygin. fab. 152; Schol. Stat. Theb. 2, Sprache hervorbringen {Hes. TÄ. 829f.); denn
595. Beides vereinigt sich bei ^poWo(?. a. a. 0. : nicht auf die Stärke der Stimme, als ob sie
wie nämlich der Oberkörper einen Menschen- bis zu den Göttern reichte (so Fr. A. Wolf).,
köpf hat, so drohen von unten her hundert sondern auf die Bedeutung der gespro-
Schlangenhäupter. Eine rationalistische Erklä- ebenen Worte bezieht sich v. 831: (pd-eyYovd-'
rung der hundert Köpfe bietet T^ei^:. ii/Ä^^ 177: mözs d'sotOL awU^isv, wonach also Typhons
darnach ist Tvcpmg = rvcpog, Dünkel, und die Rede mit der Sprache der Götter übereinstimmt
hundert Köpfe die zahlreichen Regungen des (so Göttling und Flach zu d. St., sowie Schö-
1431 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 1432
moHH s. a. 0. 2,860, wo auch die Literatur Lyd. fr. i, Müller 1,86), Mysieu {Strab. 13*
über die Göttersprache angeführt ist). In 626), Lydien {Schol. Lyk. 1353), wo überall
der Hitze des Kampfes oder später, nachdem auch der Typhoeusmythos bezeugt ist; selbst
ihn das Strafgericht ereilt und unter der Ge- an Kappadokien mit dem hohen Vulkan
birgslast begraben hat, vernimmt man aus Argaios [partsch, Geologie und Mythologie in
seinen Schlünden und Hacben bald zischende Kleinasien, Philol. Abh. f. M. Hertz 1888, S.
Töne, bald Stiergebrüll, bald Löwengeheul oder 105 f.; Belocii, Gr. Gesch. 1*, 64), namentlich
Hundegebell, dann wieder schrilles Pfeilen, von aber an (das oft für einen Teil Syriens gehal-
dem das Gebirge weithin widerhallt {Hes. Th. tene) Kilikien: bei Pind. Pyth. 8, IH wird Ty-
822f.; Apollod. 1, 40: Nonn. 2, 368 f.). Über an- lo phos geradezu KlXii genannt (vgl, ^onn. 1, 165;
dere Züge seines Wesens in der bildenden 24,108) und 1,16 erzählt, es habe ihn die ki-
Kunst 8. u. likische Grotte aufgezogen, womit ü berein -
Die Bestimmung von Typhons Wohnsitz stimmt ^rscÄ. IVow. 355. Damit ist die Kory-
ist um so schwieriger, je enger sie mit der kische Höhle gemeint, wo T. auch die dem
Erkltlrung seines Ursprungs zusammenhängt; Zeus ausgeschnittenen Sehnen versteckt hält.
vorläufig müssen hierüber Andeutungen ge- bis Pan und Hermes sie zurückgewinnen {Apol-
nügen. Zwei Ansichten gibt es über Ty- /od. 1,42; iVonn. 1, 140. 510 f.). Obwohl sie
phons Herkunft; es kann über sie hier eigentlich dem Pan (und Hermes) heilig ist
nicht endgültig entschieden werden. {Oppian. Hai. S^ 15), wofür auch eine neuerlich
Die einen halten T. für hellenisch und 80 dort gefundene Weihinschrift spricht {Bent,
fürseine Heimat Griechenland, so nament- Joum. of Hell. Stud. 19. 1891, S. 206f., Hicks,
lieh V. Wilamowitz, Herakl. S. 472*. Das boio- ebenda S. 240; Partsch, Berl. Philol. Wochenschr.
tische Tv<paövtov, eine Feuerstätte zwischen 1897, 8.1074), nennen doch Pomp. Mela 1,13
dem Olymp und Theben {Hesiod. Scut. Herc. und Cwri. i^w/'. 3, 4, 10 sie geradezu Grotte
82), wohl identisch mit dem dortigen Berge des Typhon, vgl. auch Ampel. 2, 11. Bei
Tvtpiop (Hesych. s. v.), ist nach jener Auffassung Apollod. 1, 39 und im Schol. Plat. Phaedr. 230 a
Ausgangspunkt des ganzen Mythos und zugleich ist statt des handschriftlichen f'v Eixtlia viel-
auf griechischem Boden der letzte Rest des mehr zu lesen iv Kdi%ia. Es ist also Kilikien
Typhoeuskultus; vgl. auch Crusius in d. Art. sein Hauptwohnsitz, Sizilien der Schauplatz
Kadmos, Bd. 2, Sp. 848; denn in Krates* fr. 4 so seines Strafgerichts {Schol. Aesch. Prom. 355:
{Bergky X/yr. 2*, 365): iv Msyccgoig., od'i cpocal ol%r\aavxu yisv iv KiU-klcc, xolaad'evTcc ih iv
Tv(poaios ^uiisvai svväg ist nach C. Wachsmuth, UtyisUcc). Nun ist aber der Ort seiner Plage
De Timone S. 88, vielmehr /tgyapots und tv- nach anderer Überlieferung (s. u.) auch die
(poaiog zu lesen; und bei seinem Angriff auf vulkanische Küste Kampaniens mit der dor-
Delphi {Plut. de fac. in orbe lunae 30) han- tigen Inselwelt. Sonderbar, daß T., der sein
delt es sich wohl nur um eine Szene oder Geschick ursprünglich sip kgiaoig, also in sei-
Station des Kampfes, s. u. Übrigens wird ner Heimat Syrien oder Kleinasien, erduldet,
T. in Boiotien (s. o.) auch sonst angesetzt: später bei der Übertragung dieses Mythos nach
Schol. Pind. Ol. 4, 11 u. Pyth. 1, 31; Schol. Lyk. Unteritalien, dorthin jenen orientalischen Volks-
177; Diodor 5,71,3. Da Griechenland keinen 40 namen gleichsam mitgenommen und in der
feuerspeienden Berg hat, so kann nach jener lokativen Verbindung mit iv {slv) die unorga-
Annahme T. ursprünglich nicht ein Vertreter nische Neubildung In ar im e hervorgerufen hat,
des Vulkanismus gewesen sein; dazuhaben ihn die dann der dichterische Name tÜF Aenaria
erst diejenigen Griechen gemacht, die als Teil- oder Pithekusa, die jetzige Insel Ischia, ge-
nehmer der ionischen Wanderung Vulkane in worden ist
Kleinasien vorfanden, oder als Besiedler Sizi- Der Ansicht von Typhoeus' griechischer Her-
liens und Unteritaliens dort den Ätna und den kunft und späterer Wanderung nach Ost und
Epomeo kennen lernten und dem Unhold im West steht nun aber die andere Behauptung
Innern östlicher oder westlicher Brandberge gegenüber, der Mythos sei orientalischen
seinen Wohnsitz oder sein Gefängnis (bzw. sein 50 Ursprungs. Zuerst hat Movers {Phönicier 1^
Grab: Schol. B II. B 783) anwiesen. Hesiod und 622 f.) den Namen (s. u.) aus dem Phoinikischen
flbmer lokalisieren ihn slv 'AgiiioLg: Theog. abgeleitet und dann namentlich Grwjo/^e (P/u7o-
304; //. ß 783. Dieser Ausdruck bezeichnet Zo^fws 48, 486 f., vgl. Jfy^ÄoZ. 409) diese Annahme
meist ein Volk CAqi^oi^ Poseidonios bei Strab. ausführlich unterstützt. T. selbst wäre danach
16, 784 f.) und das von diesem bewohnte Land, etwa in Syrien uransässig, ja von Haus
sonst auch ein Gebirge {"Agifia oprj, Kalli- aus ein phoinikischer Gott gewesen (Phi-
sthenes bei Strab. 13,627; To^Agi^ov, Schol. Ven. Ion. Bybl. fr. 2, 21; Müller 3, 568) und hätte
B II. a. a. 0.). Das eine wie das andere wird dann im Handgemenge mit Zeus weite Länder
verschieden lokalisiert, überwiegend aber als durchmessen, bis an den fernen Kaukasus
eine Gegend Vorderasiens aufgefaßt, sei 60 {Apoll. Rhod. 2,1211), der allerdings seine Er-
es in Syrien am Orontes, der früher Typhon wähnung hier vielleicht einer Verwechselung
hieß (5^ra6. 13, 627; 16,750), sodaß man die mit dem syrischen Kasiongebirge verdankt;
jigipMi mit den dortigen Aramäern identi- vgl. die falsche Lesart in mehreren Handschrif-
fiziert (16,785), oder sei es in der Landschaft ten bei Apollod. 1,41. Von den geographisch
Sophene in Armenien (12,555); vgl. Pauly^- nicht ganz klaren Wohnsitzen der vorderasiati-
KroU 2, 825 und 1. Supplbd. Sp. 129. Doch sehen Arimer (s. o.) wäre T. mit Zeus kämp-
häufiger und richtiger denkt man an eine Land- fend über Kleinasien nach der Balkanhalbinsel
Schaft Kleinasiens: Phrygien {Xanth. und von da über das Meer nach dem groß-
1433 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 1434
«j^riechischen Westen getrieben, dort aber vom benutzend, gegen den Himmel anstürmt (Apol-
Verhängnis ereilt worden. Nicht genug damit! /orf. 1,40; //or. C 3, 4, 5ö; Claudian. 26,6'it'..,
Mag nun T. von Haus aus ein Vollhelleno oder Apoll. Sid. G. 15, li); Nonn. 1, 287 f.; 2, 267 f.
ein Syrer sein, die Fabel von ihm ist aus Vor- :i84t'.), Üiehon die Götter nach Ägypten (s. o.)
derasien sogar auch südwilrts vorgedrungen. und suchen sich durch Selbstverwandlung
Schon bei Pindar {fr. Dl Buk."- Sehr.) fliehen in Tiere dem Verfolger zu entziehen. Wäh-
<lie geiingsteten Götter vor T. nach Ägypten, rend es aus einer stark verderbten Stelle bei
wo er selbst später festen Fui3 faßt und mit Philodem. tibqI siaeßaiag p. 40 Goiupcrz {Diels,
dem dortigen Gott Set zu einer Einheit ver- Vorsokrdtiher 2"', 191; 31. Mayer, (iyj. u. Tit.
wächst; vgl. Ed. Meyer, Set-TypJion, Leipzig iü S. 136) nicht ganz sicher zu entnehmen ist,
1875, und den kvi. Set, Bd. 4, Sp. 7 25 f. (s.u.). ob bereits Äkusilaos und Epimenides Zeus'
Seine Gattin ist entweder Keto (s. d.), Flucht berichten, wird das Kntweichen der
eine Tochter des Pontos und der Gaia, nach Götter in Tiergestalt bestimmt bezeugt von
Euphorion fr. S6 Meineke; Kinder des T. von Pindar (fr. 91: nivdccQog Ttdvtfxg vov g ^sovg
ihr werden nicht genannt; — oder Echidna i7toir\6Ev, bnots vnb T. ^diüacovTo, ohy, Scvd-Q(o-
(8. d.), nach Hesiod. Theog. 304 f., ein über- noig onoKod'ivxag, &lXcc aXöyoig ^aoig).
menschliches Wesen im Arimerlande, vgl. auch Vgl. Wilcken, Archiv für Papyrüsforschung 2,
Tzetz. Lyk. 13ö'6 u. Schol. ; na,ch Paus. S, IS, 10 1903, S. 268, sowie Apolloäor 1,41: — slg
waren beide am Throne von Amyklai darge- ÄLyvjtTov (pvyciäsg icp^Qovto -kuI öicoxoiitvoL tag
stellt. Von diesem grausigen Paare nun stam- 20 löiccg ^ist^ßaXov slg ^ma. Nach Nikandr.
men zahlreiche Ungetüme ab (s. d. betr. Art.), bei Anton. Lib. 28 halten nur Zeus und Athene
nämlich Geryoneus' zweiköp6ger Hund Or- stand; ApoUon aber wird (in Ägypten) ein Ha-
th(r)os: Hes. 309; Apollod. Bibl.'l.lOQ; Schol. bicht, Hermes ein Ibis, Ares ein Fisch, Arte-
Plat. Tim. p. 427; der Kerberos: Hes. 311; mis eine Katze . Das entsprechende
Hyyin. fab. praef u. 151 ; vgl. 30; Quint. Smyrn. Schicksal ha\)en nach Hygin. Astr. 2, 28 Mercur
6,261; die Lernäische Hydra: iZe.s. 313f.; und Diana; dagegen wird Apollo ein Kranich;
Hygin. a. a. 0.; Gorgo, Skylla "und der Pan (s.d.) wirft sich in den Fluß (den Nil) und
Drache in Kolchis: Hygin. praef. 151; vgl. wird ein Wesen halb Fisch halb Bock; so ver-
125 (s. u.); die Chimaira: Hes. 319; Apollod. setzt ihnlupiter unter die Sterne; nach fab. 196
2,31; der Drache der Hesperiden: P/icre- 30 verwandeln sich die von T. bedrohten Götter
kyd. fr. 33, Müller 1, 78; Apollod. 2,113; Hy- in Ägypten in wilde Tiere, und zwar auf den
gin. praef. 30. 151; die Sphinx: Lasos v. Her- Rat des Pan, der zum Dank dafür unter die
mione fr. 4, Bergk, Xi/r. 3*, 377; Apollod. 3,52; Götter versetzt wird; zu einem Stern erhoben
Schol. Eur. Phoen. 1020; Hygin. praef. u. 151; wird jener auch nach Nigidius bei Schol. Ger-
vgl. 57; Prometheus' Adler: Pherekyd. fr. man. 87,11 Br. und Ampel. 2,11, nachdem er
21, Müller 1,74; Apollod. 2,119; Hygin. Astr. sich aus Furcht vor T. in eine Ziege verwan-
2,15; die Krommyonische Sau: Apollod. delt hat. Nach Ov. Met. b, Z'2,li. nimmt lu-
Epit. 1,1. Außerdem gilt er, ohne daß die piter selbst dieses Schutzmittel zu Hilfe und
Gattin genannt ist, für den Vater verderb- verwandelt sich in einen Widder, dessen
lieber Winde: fies. 869 f., ferner der (viel- 40 Hörner er nachmals als lupiter Ammon bei-
leicht damit identischen) Harpyien, die behält; Apoll wird ein Rabe (s. auch Mythogr.
daher Typho(n)ides heißen: Valer. Flacc. 4, 428. Vatic. 1, 86) — ; nach Fast. 2, 459 f. und Hygin.
6W', des Nemeischen Löwen: Apollod. Bibl. Astr. 2, 30 flieht Venus, vom kleinen Cupido
2,74; Pediasim. 2; der Laokoonschlangen: begleitet, vor T. an den Euphrat, in den sie
Quillt. Smyrn. 12, 449 f., vgl. den Art. Porkes, beim Nahen des Verfolgrers hineinspringt; doch
Bd. 3, Sp. 2765; nach Akusil. fr. 4=, Müller 1, retten sie hilfreiche Fische, die dafür unter
100, sind aus seinem Blute alle reißenden die Sterne versetzt werden. Auch nach Manil.
Tiere entsprossen; nach Schol. Apoll. Ehod. J.sir. 4, 580f. flieht Venus vor T. in Babylonias
2,1210 wenigstens der Drache in Kolchis undas und wird ein Fisch. Endlich wird all-
(s. 0.). 50 gemeiner die Selbstverwandlung der Götter
Vermöge seines schreckenerregenden Aus- in Ibisse, Hunde und Habichte bei der Ver-
sehens und angriffslustigen Wesens gerät er, fplgung durch T. erwähnt von Plut. Is. 72.
überdies gereizt von der Rachsucht seiner über Über die vorgenannten Stellen, besonders die
den Sturz der Titanen erzürnten Mutter Ge von Pan handeln, s. Röscher, Fleckeis. Jahrb.
{Hes. 820; Apollod. 1,39 f.), in offenen Kampf 1895, S. 339f.; vgl. auch M.Holland, Der Ty-
mit der Götterwelt {Nonn. 2, bll: d-priiidxog). phoeuskampf, Philologus 59, 344f.
Wie früher seine von Zeus besiegten Halbbrü- Doch Zeus ermannt sich und greift zu den
der macht er diesem nunmehr die Herrschaft Waffen: Hes. Th. 853; Oo. Fast. 2, 462. Aus
über Sterbliche und Unsterbliche streitig. Bei der Ferne schleudert er Blitze auf den Unhold
Hes/ od {Th. 820 f. 836 f., vgl. Hesych. s. Tvcp.) 60 und überschüttet ihn mit eisigem Hagelwetter
hat er es mit Zeus allein zu tun. Erst von {Nonn. 2, 540 f.); im Nahkampf dringt er mit
Pindar {Pyth. 1,15) wird er d-söäv TtoXs^Log stählerner Sichel auf ihn ein {Apollod. 1,41)
genannt; nach fr. 91 f. Bgk.^-Schr. bekämpft und verfolgt ihn von Ägypten bis Syrien. Bei
er sogar alle Götter, womit übereinstimmt Pherekyd. fr. 14, Müller 1,72, erstreckt sich die
Aesch. Prom. 358: 7täat,v ävxiöxi] Q-solg. Als wilde Jagd bis zum Kaukasus, wo die Tv-
er, feuerspeiend und unter lufterschütterndem (pcavslr] Ttitgr] {Apoll. Ehod. 2,1211 mit Schol;
Gebrüll, ausgerissene Bäume, abgebrochene i/iyw. ilfa^fw. 772, 39) noch an T. erinnert. An-
Felsblöcke, ja ganze Berge als Wurfgeschosse derwärts {Apollod. a. a. 0.) beruht die Erwäh-
1435 Typhoeus, Typhon Tyi)hoeus, Typhon 1436
nung des Kaukasus als Schauplatz des Kampfes liehen Aufruhr der Schöpfung; erst am Morgen
auf falscher Lesart und Verwechselung mit dem unterliegt T. (2, 205 f. 663 f.).
syrischen Kasiongebirge (Käöiov Sgog: Kein Wunder, daß des höchsten Gottes
2>f<m. P«*. 117. 880; (SYra6. 16, 742f.). IniHand- Feuerstrahl, der hie und da die Natur in
gemenge wird T. mit Tauen gefesselt, bemäch- Brand setzt, schließlich des Gegners Herr wird :
tigt sich aber der Sichel (s. o), durchschneidet He^. Th. 863 f ; IHnd. Pyth. 8, 16; Aesch. Prom.
dem Zeus die Arm- und Beinsehnen, trägt ihn 862 f.; Sept. 47(5 f. 600 Kirchfi.; Quint. Smyr^i.
auf den Schultern über das Meer nach Kili- 6, 485 f.; Nonn.2AlAf. 4, 394 f. 8, 270 f. 24,108;
kien und setzt ihn in der Korykischen Tzetz. Chil. 10, AI f.; Xikandr. ha\ Antoti. Lib.
Orotte am Tauros ab, wo er auch die aus- lo 28; Apollod. l,43f.; Strah. 16,750; Schol. II.
geschnittenen Sehnen unter einem Bärenfell B ISS; Schol. Apoll RJi od. 2, 1211; Apostol. 11,
verbirgt {Apollod. 1,42). 86, Paroem. 2, 2y6; Steph. Byz. s. '//pob: Suid.
Anders Find Ausgangspunkt und Verlauf s. Tvcpüvoq ■noXvnXoxmzsQov ; Etym. Magn. 772.
des Kampfes zwischen Zeus und T. in Nonnos' 43; Verg. Aen. 1,666 (tela Typhoe'a); Ov. Met.
Dionysiaka Buch 1 u.2; vgl. RKöhlei; Über die 3, 803; Hygin. fab. 162.
Dion. d. Nonnos, Halle 1858, 8. 2f. Das Ge- Mancher phantastische Einzelzug der mehr
dicht ist schwülstig und z. T. widerspruchsvoll ; oder weniger poetischen Schlachtberichte ver-
doch entspricht der aufgedonnerte Stil dem dient Beachtung: wie wenn der vom Blitz an-
Charakter der Erzählung von Typhoeus durch- gehrannte T. durch Untertauchen im Meere
aus; dieser ist '"so recht ein Held nach dem 20 die ihn umgebende Flammenhülle auslöscht
Herzen des wüsten Poeten' {Holland, Philo- {Nikandr. a. a. 0), oder wenn er sich vor
lo^us 69,346). Zeus hat ein Liebesverhältnis Angst in die Erde zu verkriechen sucht
mit Pluto (s. d.), die später von ihm Mutter und durch eingeschnittene Furchen das Bett
des Tantalos wird. Während er sich zu ihr für den syrischen Fluß herstellt, der nun nach
begibt, hat er seine Blitze in einer Höhle des ihm Typhon (erst später Orontes) genannt wird
Arimerlandes Kilikien niedergelegt (l,146f.). (Strab. a.a.O.); oder wenn ihn lupiter hoch
Typhoeus, dort ansässig, raubt sie und fühlt beim Schöpfe faßt {alte crine tenet), sodaß er,
sich durch ihren Besitz zu einem Angriff auf der Glutwind, aus der Höhe des Luftraums
den Olymp und den Himmel ermutigt, so- hemiederschaut (Vahr. Flacc. 3, 130 f.); wenn
daß die Götter in Vogelgestalt nach Ägypten 30 ferner die höhnenden Schimpfreden, mit
fliehen (1, 154f. s. u.; vgl. 2, 167. 220. 707). denen T. den Verfolger reizt, von Adrasteia
Obgleich also T. den Himmel stürmt, hat Zeus feierlich gebucht werden {Nonn. 1,481;
Neigung und Zeit noch zu einem andern Liebes- ähnlich wie dieselbe Schicksalf^göttin Nemesis
abenteuer: er raubt in Tiergestalt die Europa bei iVbnw. 37, 423 wrxüm Kalhm.hymn. in Cerer.
lind bringt sie vorläufig in Sicherheit nach 57 frevelhafte Scheltworte eines Übeltäters auf-
Kreta, um nun erst dem T. die erbeuteten schreibt); oder wenn endlich Zeus nach schwer-
Blitze abzunehmen (1, 362 f.V Als er jedoch zu erkämpftem Siege in triumphierendes Gelächter
ihm nach Kilikien kommt, ist dorthin gerade ausbricht {I\onn. 2, 563 f.) und den '^atmenden
KadmoB (s. d., Bd. 2, Sp. 846 f.) auf der Suche Toten' (v. 631 : ve-hw ^ybnvoov) durch eine Grab-
nach seiner Schwester Europa gelangt. Indem 40 schrift brandmarkt, bei deren lauter Verkün-
nun Zeus einen Feind sozusagen gegen den digung das Taurosgebirge widerhallt (v. 628 f.).
andern ausspielt, rüstet er mit Hilfe seiner Zwei packende Kampfszenen spielen sich auch
Begleiter Pan und Eros, die den Kadmos listig l>ei Claudianus ab: als T., um den Himmel zu
betören und mit Liebe erfüllen müssen, diesen stürmen, seine hundert Arme mit elbensovielen
als Hirten aus : er soll mit den Klängen seiner Bergen (als Wurfgeschossen) ausrüstet und seine
Schalmei den T. anlocken und einschläfern ausgereckten Zungen das Bärengestirn be-
(1,362 f.). Wirklich folgt der Unhold dem süßen lecken, gerät selbst lupiter in Furcht und er-
Schalle des Syrinxspiels (daher (piXdoiSog) und zittert (BelJ. Get. 26, 62 f.; vgl. Apollod. 1, 39
läßt inzwischen die erbeuteten Blitze in der u. Nonn. 1, 287 f.); ferner zeigt ein Helm der
Höhle zuKick (1,409 f.); auch die Sehnen des 50 Athene auf einem Bilde in getriebener Arbeit,
Zeus sind hier verborgen (1,610 f.); man er- wie T. nach seiner Besiegung oben und vorn
wartet (nach Apollod. 1,42, s.o.) hier noch bereits abstirbt, vermöge seiner ungeheuren
nicht von ihnen zu hören, da sie doch dem Ausdehnung aber an den unteren Körperteilen
Zeus von T. erst im Kampfe ausgeschnitten noch lebt, also tot und lebendig zugleich ist
werden; es ist ein barocker Zug, der von der {Papt. Proserp. 35, 2, 21 f.).
Einmischung ägyptischer Elemente herrührt, Auf den vielfachen Wechsel des Kr iegs-
vgl. M. Mayer, Gig. u. Tit. S. 228; s.u. Wäh- Schauplatzes ist schon hingewiesen worden
rend nun T. dem schönen Konzert des Kad- (s. o.). Der Kampf hat nach den verschiedenen
mos ahnungslos zuhört, kriecht Zeus in die Quellen nicht nur zahlreiche Etappen und Sta-
Höhle und bemächtigt sich seiner Geschosse 60 tionen, sondern manche unter ihnen erfahren
wieder (2, 1 f.). T. , der bei der Rückkehr die überdies voneinander ab,weichende Deutungen.
Wohnung leer findet, stürmt in blinder Wut Das Arimerland, das syrische Kasiongebirge,
aufs neue gegen den Olymp an (2, 21 f.). Die der Kaukasus, die Korykische Grotte in Kili-
übrigen Götter verstecken sich wieder am Nil; kien, das boiotische Typhaonion mußten be-
Zeus allein nimmt am Taurosgebirge den Ent- reits erwähnt werden. Das Gebirge Nysa, wo-
scheidungskampf auf (2, 167f.). Dieser ge- hin Zeus seinen Feind verfolgt {Apollod. 1,43),
staltet sich zu einem von gewaltigem Lärm ist die thrakische Heimat des Dionysos (3,
und dem Wüten der Elemente begleiteten nacht- 29); denn T. kommt auf seiner Flucht noch-
1437 Typhoeus. Typhon Typhoeus, Typhon 1438
luals nach Thrakien {av^ig slg ©pax/jv). Ätna, au.^h die Ff^lsenkiiste von Kyme nie-
Hier wird er von den Moiren (s. d.) getäuscht; derhält, sodaß sich das Gefilnf^nia von Kam-
daß er von ihren Früchten ißt, hesiej^elt sein panien bis nach Sizilien erstreckt. Sonst
Verderben. Von da erstreckt sich die wilde beschränkt sich der Aufenthalt des Strafgefan-
.lajrd an das Iläniusgebirj^e, das von seinem genen bisweilen auf den Golf von Neapel.
Ljewaltigen Blutverlust den Namen hat (1,44). Seine Lagerstätte bilden dort die Phlegräi-
Viellcicht spielt sich eine Kampfszene auch in sehen Felder nach Valer. Flacc. C, IßOf.; und
Delphi ab: Flut, de fac.inorbe luriaeZO iß.o). zwar kommt für T. , besonders wegen jener
Nach abermaliger Flucht über das Sizilische i'«>i6?arstelle, wohl nur die Fhlegräische Ebene
Meer ereilt ihn endlich das Verhängnis. Den lo Kampaniens in Frage, nicht Phlegra (oder
('borwundenen trifft niimlich die Strafe der Fallene) auf Chalkidike, wo allerdings gcwöhn-
Versenkung in den Tartaros: Ues. Th. lieh die Giganten mit den Göttern kämpfen
868; Vitid. Fyth. 1, lö. Dort sieht ihn unter (M. Mnycr S. 157f. 193), der Typhoeupkampf
<len Büßern Herkules bei seinem Gange in die aber nicht nachweisbar ist. Dagegen büßt er
Unterwelt (Fm/. Aen. 8,21)8; gegen Freller- unter Pitheku8a(i) \>ei Fiter ekyd. fr. lA, Mül-
Fohert, Gr. Myth. 1\ 65, 1, wonach H. an Zeus' ler 1, 72: so heißt nach Marticm. Cap. G, 644
Kampf gegen T. teilgenommen haben soll; vgl. Kopp bei den Griechen die Insel Inarime,
auch 31. Mayer a.a.O. S. 217f.). Wie bei Ho- die als Typhons Strafort bezeichnet wird von
mer das Arimerland (IL B ISS), so ist auch Verg. Aen. ^,116; Senec. Herc. Oet.llb^f.; Stat.
bei manchem andern Gewährsmann eine Gegend 20 Theb. 10,917; I.vcan. 5, lOl. (5,92 mit Schot-,
des Ostens Kampfplatz und Ort der Versen- SH.Itnl. H, fi40 (anders 34,196: der i\tna, s.o.);
\i\ing zugleich (Xanth. Lyd.fr. 4, Miilhrl^SG f.; Claudlan. 21, IS. 36,183f.; vgl. 7, 159 f. Die
vgl Diorfcr 5, 71, o; Schal. Jl.yk. 111 ; Nenn. 13, RCmer nannten sie nach einer Landung des
474f.). Schon früh gelten jedoch die vuikani- Aeneas auch A enaria (P/«V/. iV. Ä. 3, 6, 12). Es
sehen Gebiete des griechischen Westens für ist das heutige Ischia mit heißen Quellen und
Typhoeus' Verließ und die Stätte seines Straf- dem erloschenen Epomeo. Übrigens werden bei
gerichts. Dort ist der Ätna auf ihn gestürzt Liv. 8,22, Flin. a.a.O. u. Fomp. Mela 2,7,18
und Sizilien sein Verbannungsort. Schwer läßt Pithecusa und Aenaria, bei Ov. Met. 14, 89 f.
sich entscheiden, ob man dies schon he\ He- in einer Aufzählung Pithecusae und Inarime
siod{Th. 860) anzunehmen und dieser den Ätna, 30 voneinander unterschieden. Die Erklärung 'der
den er allerdings zuerst erwähnt {Strah.l,2S), Giganteninsel, die des wilden Typhon Rücken
auch als feuerspeienden Berg gekannt hat. Die und Leib zermalmte', schwankt bei Tzetz. u.
Verse 859. 860 für interpoliert zu halten, ver- im Schol. Lyk. 688 zwischen Sizilien (s. o.) und
bietet sich wegen der seltenen Glosse aiSvjjs; Pithekusai hin und her. Wenn Seri'. Aen. 9,112
aber noch bedenklicher ist es, diese in ktrvri? Inarime von aiv '^igif^ioig {11. B 782) ableitet,
{Aixvr\g) zu verwandeln (so u. a. Hülsen bei so werden in diesen beiden Namen vermittelst
Fauhj'-Wissoiva 1, Hilf. u. M.Mayer S. 215), einer unhaltbaren Etymologie gerade die ent-
was allerdings schon eine alte Konjektur ist gegengesetzten Endpunkte des Zweikampfes,
(Schol. Lyk. 6SS). Hält man also mit *ScÄöwam* Kilikien und Kampanien, ziemlich gewaltsam
a. a. 0. S. 360 fest am Text: ovgsog iv ß'r]66rj- 40 vereinigt (s. o.).
üiv a'iSvfjg sowie an seinem Sinn: "^in den Als Zweikampf zwischen Zeus und T. zei-
dunklen Tiefen des Gebirges', so bleibt es gen oder schildern nämlich das grausige Ringen
lür Hesiod unentschieden, wo und wie man manche Berichte, weil sie nur dessen letzten
sich die Versenkung in den Tartaros (v. 868) Akt vor der Besiegung des Unholds im Auge
zu denken hat. Dagegen sind Sizilien und der haben {Hes. Th. 820 f.; Apollod. 1, 39 f.; Hesych.
Ätna als Typhoeus" Gefängnis sonst oft aus- s. Tvtp ; Hygin. fab. 152), sodaß auch Zeus
drücklich bezeugt: Piwrf.PT/^/?. 1,19 f. mit äTjoZ.; dann allein als Sieger erscheint (Pmrf. Pw<7<.
Ol.4:,bi.',fr.9SBgk.''-Sthr.;A€sch.From.3^Sl. 8, 16f; /r. 91 Bgk.^-Schr.; Nonn. 2, oOS f.
mit Schol, \g\. Schol \. 36b', Schol. Enr. Fhcen. 563f. 631 f.). Anfangs ist T. der Feind aller
1020; Novn. 2,^23; 13,312f.; /S/raö. 13, 627; 50 G ötter, von denen jedoch die meisten, in
Apollod. 1,44; Anton. Lib 28; Fhilostr. vit. Tieie verwandelt, nach Ägypten entfliehen (s.o.);
Apoll ö,16 ; Imag. i:>. 421 (2,360 K.);litym. Magn. ja zu jenen gehört sogar lupiter selbst bei
255,34; Cic. p! Scaur. 2,29: Ov. Her. 16,11; Ov. Met. b, 326. In den früheren Stadien des
31et.b,346i'.;Fast. 1,573 f.; 4, 491 f.; Hp. ex Font. Kampfes leisten mehrere Götter dem T. Wider-
"2,10,23^.; Ibis b99 f.; Val Flacc. 2,24; Sü.Ital stand: nach Nikandr. &. a. 0. hhlt bei Zeus
14, 196; Schol Stat. Theb.2,b9b; 5,347; Apoll Athene aus, die auch in der Ciris v. 32 und
Sid. C. 6, 28; Hygin. fab. 152 ; Serv. Aen. 9, 715. zusammen mit Bacchus bei Valer. Flacc. 4, 236 f.
— Sein Wächter ist Heph aistos (s. d., Bd. 1, Typhons Gegnerin ist; in Gemeinschaft mit
Sp. 2072), der ihm sogar den Ambos auf den Giganten, denen er ja bisweilen zugerechnet
Hals eetzt {Anton. Lib. a. a. 0.; vgl. Find. Fyth. 60 wird (s. u.), bekämpft er sie bei Hör. C. 3,4,
1, 25 f. u. Aesch. From. 371). Besonders phan- 53f., wo außerdem Volcanus, Inno und Apollo
tastisch nimmt es sich aus, wenn Typhons rechte ihm und seinen Brüdern gegenüberstehen.
Hand unter dem Kap Pelorum, die linke unter Letzterer ist mit dem Typhoeusmythos über-
Pachynum, die Schenkel unter Lilybaeum liegen haupt mannigfach durch Gegnerschaft ver-
sollen {Ov. Met. 5, 346 f). — Noch gesteigert ist knüpft: nach Flut, de fac. in orbe lunae 30 ver-
dieser Eindruck durch die räumliche Er wei- wüstet T. Delphi (s. o.). Über Typhons Ab-
terung der Richtstätte bei Find. Fyth. 1, stammung von Hera und die von ihm der
18f mit Schol, wo den Büßer, außer dem Schlange Python, nach ihrer Verwundung durch
1439 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 1440
ApoUon, verffebens geleistete Hilfe (Hom. hymn. Olympiodor zu Plat. Phaed. p. 346 berichtet,
2, 127 f. 159?. 175f. 189f.) s.o.; über eine halb- Kadinos habe dem Zeus Ratschläge erteilt, wie
verschollene, weil in dieser Dichtung unvoll- er den T. besiegen könne. — Ferner gebührt
ständig erhaltene delphisch-delische Legende, den Moiren das Verdienst, im thrakischen
nach der T. den Zeus erst besiegt, dann aber Nysa durch Überlistung des Unholds dem Zeus
von Apollon besiegt wird, vgl. Gruppe, Gr. geholfen zu haben (Apollod. 1.43, s.o.; vgl.
Kulte u. Mythen 1, 580 f., u. Mythol. 11'24, 4; Holland, Fhilologus 69, 362 f.). — Wenn sich
1253. 1256f., sowie Th. Schreiber, Apollon Py- endlich Poseidon bei Valer. Flacc. ly'lXi. mit
thoktonos, Leipzig 1879, S. 65, 40. 100, 19; über dem flammenspeienden T. im wildesten Hand-
die delische Sage von der Tötung Typhons lo gemenge befindet und ihn an den Haaren durch
durch Apoll, dessen kreißende Mutter Leto das Sicanische Meer schleppt, so bezieht sich
(s. d.) er vorher verfolgt hat, vgl. Gruppe 102. dies wohl nicht auf eine özene der Giganto-
236. 1255,1. 1316; s. auch den Art. Pythios machie (Art. Giganten, Bd. 1, Sp. 1643, u. Art.
Bd. 8, Sp. 3398 mit dem Hinweis auf die Na- Poseidon, Bd. 3, Sp. 2816), sondern ist eine eben
mensähnlichkeit zwischen üvi^tov und Tvcpmv durch Poseidons Pangreifeu erweiterte Varia-
und ihr verwandtes Wesen, um deswillen Py- tion der schon geschilderten Flucht Typhons
thon an einen 'variierten Typhon' erinnert; (v. 25: pro/'w(/Mm) nach Westen (s. o.), wo Tri-
endlich über die ägyptische Sage, nach der nacria mit dem Ätna als Ort der Strafe den
Leto auf der schwimmenden Insel im Sumpf Missetäter erwartet; s. u. Abb. 6.
von Buto den kleinen Apollon von Isis zum sü Nicht als stünde T. der Gigantomajhie
Geschenk erhalten und gegen Typhons Ver- überhaupt fern. Allerdings nimmt er ursprüng-
folgung geschützt haben soll (Herodot 2,156), lieh am Ende der Titanomachie {Hes. Th.ü20f.)
8. u. — Hermes femer unterstützt den Zeus als Gegner der Götter eine selbständige Stel-
darch Wiedereroberung und Rückgabe der ihm lung ein, die er auch bei Pindar und Äischylos,
von T. entwendeten Sehnen: Apollod. 1,42; ja noch bei Apollodor behauptet (s.o.); aber
lionn. 1,510 f.; sonst wird er als Ibis unter schon Ovid {Ep ex Pont. 2,10,24; Ibis 599)
den in Tiergestalt fliehenden Göttern genannt: meint gerade ihn mit der Bezeichnung gigas;
Nikanclr. bei Anton. Lib. 28; Oo. Met. 5, 331; Hygin. fab. praef. zählt ihn unter den Gi-
Hygin. Astr. 2, 28. Umgekehrt erleidet T. das ganten auf (vgl. fab. 151) und nennt ihn Astr.
Schicksal, daß ihm selbst von Hermes die Seh- so 2, 28: acerrimum giganta et maxime deorum
nen ausgeschnitten werden, welche dieser zu hostem; ebenso ist er hei Julian, Ep. 2d -p. 34:i>
Saiten seiner Leier macht: Plut. Is. 55. — Ein Hercher: 6 ^eyLOTogyiyagu. Or. 2 p. 56 d: yiyäv-
hüfreicher Parteigänger des Zeus und der übri- roav 6 xpatrteJTo?; vgl. auch Schol. II. B 783 u.
gen Götter ist auch Pan, entweder indem er Schol. Eur. Phoen. 1154: slg tav yLydvtav, so-
letzteren zur Selbstverwandlung in Tiere rät wie Philostr. vit. Apoll. 5, 16; später heißt er
{Hygin. fab. 196) und sich selbst daran be- oft schlechthin yiyag: Nonn. 1,4:16. 621; 2, H2.
teiligt {Astr. 2,28), oder zugegen ist bei der 60. 141. 250. 256. 380. 439. 448. 521. 542. 710;
Wiedergewinnung der Sehnen {Apollod. 1, 4:2), 13,485. In die eigentliche Gigantoma-
oder endlich, zusammen mit Eros, bei der Be- chie wird er erst allmählich hineinge-
törung des T. vor seinem Kampfe mit Zeus 40 zogen, so bei Fer^. Gcor^. 1, 277 f.: ohne Nen-
mitwirkt (.A^onn. 1, 368 f.). Durch Pan findet nung seiner Gegner. Bei Hör. C. 3, 4, 53f. er-
T. ein gewaltsames Lebensende, dessen scheint er unter andern Giganten im Kampfe
Schilderung von dem Bericht seiner Einkerke- mit Pallas, Volcanus, luno und Apollo; nach
rung im Ätna wesentlich abweicht: Oppian. der Ciris v. 32 ist er in Gigantenkämpfen auf
Hai. 3, 9 f. nennt ihn Zeus' Retter und Typhons dem Peplos der Minerva als deren Gegner dar-
Vemichter (v. 17: Zrjvog ^«v QvxfiQu, Tccfun- ^a\stellt; bei Valer. Flacc. 4, 236 f. bekämpft er
viov ö' dUxijQa); er überlistet nämlich den T. Pallas und Bacchus, indem er zugleich die Ge-
mit einer aus Fischen bestehenden Lockspeise, stirne gefangen hinter sich herschleppt (s. o.) ;
sodaß er aus dem Meere ans Ufer kommt; bei Diodor 5, 71, 3 tötet Zeus in Phrygien rovg
dort treffen ihn Zeus' Blitzstrahlen; von ihnen 50 Ttsgi Tvcpcbva^ d. h. T. und die Giganten. In
in Brand gesetzt, stößt er seine hundert Köpfe Claudians lateinischer Gigantomachia (37, 1 f.)
an Felsen, wodurch er gänzlich zerschunden hetzt Mutter ßrde ihre Söhne, die Giganten,
wird; die Uferränder röten sich unter Typhons gegen die Götter auf und bestimmt dem Ty-
Angstgeschrei von seinem Blute; vgl. auch Po- phoeus im voraus Blitzstrahl und Szepter des
scher, Fleckeis. Jahrb. ISdö^.ii. 341. — Der Schol. Zeus als Siegespreis (v. 32), sodaß er wenig-
Soph. Ai. 695 u. Suid. s. alinXccyyixog erwähnen stens hier geradezu als ihr Führer gelten
nur, Pan habe den T. in Netzen gefangen. muß. In dem Bruchstück der griechischen Gi-
Einen Bundesgenossen hat Zeus sodann an gantomachie , die gleichfalls unter ClaudianuH'
Kadmos (s. d., Bd. 2. Sp. 846 f. 886). Dieser Namen geht (Ausg. v. Jeep 1, LXXVIin.), stürzt
verfolgt ihn anfangs als den Räuber und Ent- 60 sich T. auf Poseidon; der aber stößt ihm den
führer seiner Schwester Europa, tritt aber, Dreizack in die Brust, und Zeus trifft sein
von Pan (s. 0.) und Eros gewonnen, zu ihm Haupt mit dem Blitze (v. 55 f.). — Während
über und versenkt in angenommener Hirten- man Verg. Aen. 8, 298 f. nicht auf Herkules'
tracht mit seiner Schalmei den T. in süßen Beteiligung an der Gigantomachie, sondern auf
Schlummer, der es seinen verbündeten Gegnern seinen Besuch in der Unterwelt zu beziehen
ermöglicht, ihm die entwendeten Blitze wieder hat (s. 0.), zählt jener selbst den T. wirklich
abzunehmen {Nonn. 1,362 f. 409 f.; 2,1 f.). Auch unter seine Gegner bei Eur. H. F. 1271 f. (s. o.),
der Epiker Peisandros (von Kameiros?) bei Plut. de fort, aut virt. Alex. 2,10 (freies Zitat
1441 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 1442
nach Euripides) u. Apoll Sid. ü. 6,27; vgl. 15, ist ächon gedacht worden; kein Wunder, daß
19. Einige andere Stellen über Typhons Teil- man auch dort den Ursprung seines Namens
nähme am Kampfe der (Jiganten, denen er all- gesucht hat. PJeyte (Hec. irav. 3, 57 f.), Bohiou
mählich ganz zugerechnet wird, s. bei 3f . Mayer {La question den mythes 1,6 A. 5) u, a. halten
iS. '217f. — Seine Jienonnung als Titane beruht ihn iur einen Heinamen des Set: tebha, tbh;
lediglich auf Verwechselung, z. B. SchoL Kur. s auch den Art. Set, Bd. 4, Sp. 728. Dagegen
Fhoen. 1020; vgl. SchoL Hec. 468. 478, wonach stellt ihn Dümichen {Äg. Zeitschr. 1871, S. 110)
Titanen und (liganten oft vermengt werden, zusammen mit slg.ypt. tep, Nilpferd, das aller-
vgl. M. Mayer S. 145 f. 164. dings dem Set-T. heilig war {Flut. Is.bO); vgl.
Über den Urheber von Typhons gewaltsamem 10 aber Ebers, Durch Gosen zum Sinai (1872)
Knde schwanken also die Berichte: erliegt er S. 510, und Gruppe, Philol. 48, 488 A. 1.
auch nach vorherrschender Überlieferung dem Wer sich an die Vielgestaltigkeit von Na-
Blitzstrahl des Zeus, den bei der Exekution oder men wie Odysseus (s. o. Bd. 3, Sp. 645 f.) oder
Gefangensetzung des Unholds (oder schon vor- Tyndareos (Bd. 5, Sp. 1417f.) erinnert, wird sich
her in der Gigantomachie) Pallas, Hephaistos, nicht wundern, daß der Dämon bald Tvcpoisvg,
Hera, Hermes, Herakles, Kadmos, Poseidon oder bald Tvcpmg, bald Tvrpdtov oder Tvcpmv heißt,
die Moiren irgendwie unterstüt/.en, so wird er und darin keinen Anlaß zum Zweifel an der
nach andern trüben Quellen von Apollon oder Identität der Namen und ihrer Bedeutung er-
Pan umgebracht (s. o.); aber merkwürdig: wäh- blicken (s. o.). Entsprechend verschieden ist die
rend jeder dieser beiden ihn endgültig abtut, 20 Adjektivbildung: Tvq)d)Vios {Etym. Magn.
äußert er nach seiner Besiegung durch Zeus, 755,13); TvtpmvBiog {Apoll. Bhod. 1,1^10)', Tv-
als 7CVQ7CV00? {Aesch. Sept. 476. 494) oder v^yivg cpccoviog {Hes. Scut Herc. 32; Nonn. 1, 223 u. ö.);
^'j/n:voo? (iVo«ti. 2, 631) und wenigstens am Ober- Tvqpwvtxo? (Efym. Magn. a. a. 0.; Stiid. s. v. ;
körper getött-t {Claudian. 35, 2, 21 f.), durch Er- Apostelgeschichte 27, 14); Typhoeus {Verg. Aen.
regung von Erdbeben und vulkanischen Erup- 1,665); Typhoius oder Typhoei'us (Claudian.
tionen nach wie vor ein ungestümes, urgewal- 36, 183). Auch das substant. Adj. Tvcplov {Jle-
tiges Leben, dessen Anzeichen und Wirkungen sych. s. v.) gehört hierher (s. o.). Dazu kommen
seine mythologische Würde vornehmlich be- endlich die patronymischen Feminina Typhö-
dingen. (n)is {Ov. Her. 15, 11; Valer. J'^acc. 4, 428) und
Deutung von Namen und Wesen. End- 30 Tvcpäovlg {Nonn. 2,287).
gültige Ergebnisse darf man in so strittigen Teifun, die Bezeichnung des in den chi-
Fragen nicht erwarten. Der Name Tvtpo^svg nesischen und japanischen Meeren wütenden
oder Tvcpwv wird im Etym. Magn. 772, 30 Wirbelsturms, ist das englisch ausgesprochene
abgeleitet von xvfpsiv und dieses erklärt mit Typhon. Der Anklang an das gleichbedeutende
xai'giv, vgl auch Schal. Find Pyth.l.iil und chinesische Taifung ist rein zufällig: fung
Eur. Cycl. 659. Es ist sprachlich dasselbe wie heißt Wind, tai ist die Benennung der alten
mhd. dimpfen, nhd dampfen. Daher hat man Bewohner von Formosa für einen von Juni bis
''Jvfjpcoai'? übersetzt mit Dampfer, Raucher, Qual- September heftig wehenden Wind.
mer(!); vgl. darüber Gruppe, Mythol. 102. 1255, Die Erklärung des Wesens hat auszu-
1. 1305. G. Hermann {Opusc. 2,88) gibt den 40 gehen von Hesiod {Th.SOI), der den T. Ssivov
Namen mit Vaporinus wieder. Diese Etymo- &■' v^Qi6rr\v x' avs^ov nennt (wofür mehrere
logie wird befürwortet von Curtius, Grundzüge Codices fälschlich avoaov haben, vgl. v. Wila-
228^, und findet sich auch sonst noch ange- mowitz, Herakl. 471'). Er ist demnach ein ^e-
iiihrt {Preller- Robert, Gr. 3Iyth. 1\Q3). Sprach- waltiger, verderblicher Wind. Das ist die
liehverwandt damit ist die Ableitung in 0?i/mpto- erste Art und Form seines Wesens. Ohne
(lors Comment. zu Aristot. Meteor ol. Bd. 1, S. 135 weiteres begreift es sich, daß ihn, der vogel-
IdeJer: rvqpwv ycaXslTat öicc xb xvtixslv Sia xov gleich die Luft durcheilt, wie alle Windgötter
xäxovg xov Ttvsv^ccxog. Doch leidet schon jene die dichtende und bildende Kunst mit Flü-
erste, besonders bei der Erklärung der End- ge In begabt. Speziell antike Anschauung mißt
Silben des Eigennamens, an ernsten Schwierig- 50 ihm aber auch statt der Beine Schlangen-
keiten und gilt demnach nur für eine Volks- Windungen bei, weil man sich die Vorstel-
etymologie. Wer, wie v. Wilamowitz (s. o.), lung gebildet hat, die Winde brächen oder
Crusms (s. den Art. Kadmos, Bd. 2, Sp. 848 f. kröchen wie Reptilien, wie Drachen aus den
886 f.) u. a., den T. für hellenisch hält, wird Schluchten und Höhlen des Gebirges hervor,
geneigt sein, eine Herleitung aus dem Grie- Eine solche ist die Korykische Grotte Kilikiens,
chi sehen zu befürworten, die es jedoch mit die für einen Hauptsitz Typhons gilt. So haust
überzeugender BeAveiskraft nicht gibt. Um so auch dieser ursprünglich im Schöße der Erde
wärmer bekennt sich Gruppe {Philologus 48, und gehört, gleich den Giganten, Titanen,
486f.; Mythol. 102. 409. 812) zu der von Mo- Aloaden, zu den chthonischen Gotthei-
vers {Phönicier 1, 522f.) vorgeschlagenen, auch 60 ten, den Unterweltsdämoneu; vgl. darüber
von Lewy {Semit Fremdw. 189) empfohlenen Er- H. D. Müller, Ares (Braunschweig 1848) S. 63,
klärung aus dem Semitischen: Typhon = und bes. A. Dieterich {De hymn. Orph. 45), der
phön. Zephön (l's:?), Nordwind, oder = phön. nach Ampel. 8,3 sogar einen lupiter Typhon
Zäphön ("22), Norden, Finsternis (des Erd- (Z^v? Tvcpmv) annimmt, ihn dem Hades gleich-
innem). Dies stimmt sprachlich zum Namen setzt und auf ihn Orph. hymn. IS {slg Tvcpäivcc?)
und, wie sich ergeben wird (s. u.), auch sach- bezieht; vgl. aher Rohde, Psyche 1^,121. Kommt
lieh zum Wesen des T. — Der Verwandtschaft er hervor, so treibt er im freien Himmels-
Typhons mit Set, einem Gotte Ägyptens, räum sein tolles Spiel. Dann erscheint er als
1443 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 1444
Gewitterdrache; vgl. W. Schwartz, Progr. Erdfeuers umgeformt; vgl. v. Wilamowitz, He-
d. Friedrich -Werderscfien G^ymn. in Berlin ISbS, rakles S. 467*. Doch hat dio«e Umbildung das
S. 82, und JJer Ursprung der Mythologie, Ber- ursprüngliche Wesen keineswegs ganz ver-
lin 1860, S. 31. 36 f. 83 f. u. ö. Seine Locken drilngt. Noch bei Nonnos und Quintus Smyr-
Bind die Wolken {Ar. Xub.SS6); er heißt bei naeiis ist er Sturmgeist und Gewitterdrache.
Nonn. 1,390: vifptXfiyeQizTig^ wie Zeus hei Ho- überhaupt darf man ihn nicht einseitig
mer, sowie 1,386: virios. Aber auch die Wol- als Repräsentanten der Vulkane auf-
ken selbst, die eich beim Gewitter sammeln- fassen; er treibt sein Wesen in allen Natur-
den nubea mehtendae, werden bei Gell. lU, 1, 3 reichen der Ober- und Unterwelt. Immerhin
typhone$ genannt. T. ist also ein Sturmdä- lo verbreitet T. vorzugsweise als Bewohner feuer-
mon, und zwar ein avs^ios atpoögoraxos {Tzetz. speiender Berge durch Erregung von Erdbeben
Chil. 10, 41 f., vgl. Schal Lvk. 177), der sich und gleichzeitige Entfesselung von Lavaströ-
einmal offenbart als Wirbelwind: Aesch. Ag. men und Auswurf lingen weithin Schrecken und
6SA K.; Biktt. US; Soph. Ant. AIS mit Schol.; Verderben. Während die kalte Zugluft des
Eur. Fhoen. 1164 mit Schal.; Quint, Smym. 3, Nordens, in der T. unter dem Firmament sich
63 f. ; 2'zetz. Posth. 667 f. (Suid. s. TVqpcbv). tummelt, zu der nicht ganz sicheren Annahme
Wissenschaftlich, aber ohne Rücksicht auf die geführt hat, er sei ein Winterriese, dem die
Mythologie erläutert das Wesen der TV(pcbvsg Götter, wie die Zugvögel, südwärts ausweichen
Aristot. Meteorol. 1, 1, 2. 3, 1, 6; de mundo c. 2; {Wieseler^ Encyclop. v. Ersah u. Gruber Bd. 67,
vgl. über die Tvqxovixd oder Tvgjtovior Ttvsv- 20 S. 181; Schroeter^ De drac. Gr. fab., Breslau
lucra auch Boscher, Abh. d. Sachs. Gesellsch. d. 1866, S. 18 f.; Holland a. a. 0. S. 347; dagegen
W., phil.-hist. Kl. 20, 54. Sodann ist ein Wir- Gruppe, Mythol. 811, 13 u. Burs Jahresber. ia7,
beiwind mit Feuer vermischt unter dem 681), zeigt er sich nunmehr als «vi? cb^rj? ^ai-
Namen T. geschildert bei Valer. Flacc. 3, 130 f. .awr {Suid. s. Tvqpmvoj), und seine Feuernatur
Dagegen heißt er nach Apul. de mundo 16 u. wird geradezu mit d-sg^iorrig bezeichnet {Sali.
Lyd. de astent. 44 dann typhon, wenn er nicht tisqI ^sibv 4, S. 12 Or.)
feurig ist, während feurige Glutwinde dort So erweist sich T. als ein vielseitiger, aber
jpr«9tere« genannt werden. Wiederum bezeichnet in allen Phasen schrecklicher Naturdä-
Lttcrrt. 6, 423 f. mit letzterem Worte die Trom- mon, die Verkörperung feindlicher ele-
ben oder Wasserhosen; aber gerade sie so mentarer Mächte, wogegen die auch auf
nennt Plin. N. H. 2, 131 f. typhones und kenn- die Giganten ausgedehnte euhemeristische
zeichnet sie als praecipua navigantium pestis; Ansicht, er sei ein handfester, gewalttätiger
vgl. Lucian. ver. hist. 1, 9. So äußert T. als Unmensch oder Urmensch gewesen, auf sich
Wind und Gewitterdrache mannigfach eine ver- beruhen muß, s. d. Art. Giganten, Bd. 1, Sp.
derbliche Wirkung. Unter Vernichtung von 16bl, u. über T.hes. Philostrat. vit. Apoll, b^ IC.
Wäldern und Feldern, Tieren und Menschen, Sprichwörtlich ist der Ausdruck : Tvtpmvog
Häusern und Schiffen, deren Schutzgötter ent- noXvnXov,mTSQOv , vgl, Gregor. Cypr. 3,72
setzt fliehen, strebt er nach oben; als er aber {Paroem. 1, 373); Suid. s. v. und s. Zaganiaiv.
den Himmel (oder den Olymp, s. 0.) bedroht, Er rührt von Sokrates her, der in Plat. Phaedr.
wirft ihn der Göttervater mit Blitz, Donner 40 230a Selbstbetrachtungen darüber anstellt, ol>
und eisigem Hagel auf die Erde zurück (s. o.); er ein Tier, verschlungen und ungetüm-
wieder leuchtet und Hacht der unbewölkte lieber als T., oder ein zahmeres und ein-
Zeus', während der Himmelsstürmer seinen facheres Geschöpf sei, das an einem göttlichen
Frevel in der Unterwelt büßt. Damit wird die und von Ungetümlichem freien Wesen von Na-
zweite Art und Form von Typhoeus' rauher tur Anteil habe (falls sich noXvTtXoxmxBQOv,
Tätigkeit bezeichnet: er erscheint als Geist nach dem Schol. = TCoixiXmteQOv, nicht viel-
des Erdfeuers {Gruppe, Mythol. 434, 846), mehr auf die hinterlistige Verschlagenheit be-
als Personifikation des Vulkanismus, zieht). T. wird manchmal als Urbild des
Der Mythos verknüpft diese zweite Art mit Bösen hingestellt: Themist. or. 1,90a', die Ty-
der ersten, indem er jene als Strafe für letz- 50 rannei ist nach ihm benannt hei Dion.Chrysost,
tere hinstellt: für sein Aufbäumen gegen den or. 1, 67 Arnim: rj xvgccvvixi] {ßcc6iXsia) Tv-
höchsten Gott auf der Oberwelt w4rd der Un- cpöbvos inoavvy^og. Über das Weltregiment
hold in das unterirdische Gefängnis gestoßen äußern sich einmal fromme Leute vertrauens-
und rüttelt nun an seinen Kerkermauem. Durch voll bei Plut. Pelop. 21: ov yccg rovg Tvcfüvug
die poetische Fiktion von Schuld und Sühne iycslvovg ovdh rovg riyavrccg ccqxslv, ccXXä xov
wird also ein ursächlicher Zusammenhang zwi- ycdvtav tccct^qu d'scäv Hai &vd^Qom(ov. — Daß
sehen an sich selbständigen Variationen des bei Apoll. Bhod. 2, 38 der rohe Bebrykerkönig
Mythos hergestellt; übrigens sind die beiden Amykos bildlich öXoolo Tvcpaiog TciXag rixog
Erscheinungsformen gar nicht allzu verschieden ; heißt, soll ihn sicher als gewalttätigen Gesellen
vielmehr haben ^mlkanische Ausbrüche mit dem 60 bezeichnen. Außerdem heißt T. auch o{)X6-
Tosen der Elemente bei Unwettern eine ge- usvog: Quint. Smym. 12,452, u. oXooffgtov:
wisse Ähnlichkeit; vgl. Boscher, Die Gorgonen Tzetz. Posth. 301. — Nach Tzetz. Lyk. 177 ist
und Vencandtes S. 13. 36 f. A. 75 u. 76. Der Tv(pwg = Tvtpog, Dünkel; seine hundert Köpfe
vulkanische Charakter des T. ist am äugen- bedeuten die zahlreichen Arten und Regungen
fälligsten und eindrucksvollsten, gewiß weit des Hochmuts. — Nach Schol. Dem. 18,11:
mehr als sein noch so gewaltsames Wüten als rf rvqpco/xat • iiccLvonai,, &nb xov TvcpUbvog, ist er
Wasserhose und Wirbelwind, Daher wird er also der Urheber des Wahnsinns. — Gute»
schon von Pindar und Aischylos zum Gott des verlautet selten über ihn; so macht ihn zum
1445 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 1446
Astronomen: ScJiol. Apoll, lihod. 4, 2»>4: — 'Ares' mit Set etwa« gemein habe {Gruppe,
— ivioi (cpaGiv) vnb xov Tvcpiovog sc. ras ns- Mythnl. S. 504,5), lK!zw(üfelt Wiedemann , He-
iiiödovg y.al tovs ccQid'^iovs rj}s G£lr]vr]g f-vgs- rodoU 2. Buch S. 2(i4 f. ; ebenso unsicher ist
biivai. Ein Lob enthält allein I/yk. AI. 177: wohl eine Verwandtschaft des Vatermörders (V)
hier wird Achill [lelaayiTihs Tvcpmv ge- Set-Typhon mit Oidipu« {Gruppe ebenda). In
nannt, und zwar nach dem Schal. Öiu xb &v- andern Fällen wird von alten Autoren auf
dgstov rov i'jQcoog. — Nur beiläufig sei bemerkt, die Identität Sets und Typhons be-
daß Nonn. 4:8., n f. auch einen jüngeren T. stimmt hingewiesen. Von Kronos und Rhea
erwähnt, der mit den andern (liganten den stammen die fünf Kinder Osiris, Isis, Typhon,
Dionysos bekämpft. lO Horos (ApoUon) und Nephthys (Aphrodite) ab:
Mag T. ein Erzeugnis echthellenischer Phan- Diodor. 1, 13; Mut. c. 12; für T. bezeugt es
tasie und also in Griechenland beheimatet sein noch Synes. d. provid. 1, 2, 6. Osiris' Bruder
oder nicht, sein Bereich erstreckt sich auch nennt ihn auch Tzetz. Chü. 6, 22o. Nach dem in
auf die Götterlehre fremder Völker. Die Ägypten üblichen Brauch der Geschwisterehe
liömer nehmen ihn unverändert in ihre My- heiratet er seine Schwester Nephthys;
thologie herüber und verwerten häufig seine ihr aber wohnt in Liebe Osiris bei, da er sie
groteske Figur. Da jedoch der Mythos von ihm für seine Gattin Isis hält. Aus Furcht vor T.
vielleicht aus dem Orient stammt, so ist setzt Nephthys den von ihr geborenen Knaben
CS kein Wunder, daß Spuren davon dort zu Anubis aus, der später Isis' Leibwächter wird
linden sind. Gering sind diese in Phoinikien; 20 {Plut. a. a, 0.). — Ein Kultort des Set-T. ist
überdies haben antike mythologische Paralle- Avaris im Nildelta, nach ihm TvcpmvLog zu-
len, wie man aus Tacüiis' Germania weiß, stets benannt {loseph. c. Ap. 1, 16); und in der ägypti- '
etwas Mißliches. Die schon besprochene Gleich- sehen Stadt Tentyra heißen die neben dem
Setzung von T. mit lis:? könnte man noch Aphroditetempel errichteten Seitengebäude,
unterstützen mit einer versprengten Notiz des offenbar weil sie ihm geweiht sind, Tvcpwvia
Philon von Byblos [fr. 2, 21, Müllei' 3, 568), die {Strab. 17, 814). — Mit den guten Mächten Isis
T. als phoinikischen Gott in Peraia erwähnt; und Osiris gerät T., das Prinzip des Bösen,
von Kronos stammen nämlich ein jüngerer in offene Feindschaft. Während Osiris einen
Kronos, Zsvg BfjXog und Apollon ab; ihre Zeit- Kriegszug unternimmt, stiftet T. als sein Statt-
genossen sind {■natu tovrovg yiyvovrocv) JJovxog 30 halter eine große Verschwörung, an deren Spitze
xal Tv(p(ov ncci NriQsvgj 7taxr]Q{?) IIövxov. Viel- er den heimkehrenden 0. stürzt {Diodor. 1,21;
leicht muß es itcctSsg TIovxov heißen: das Plut. c. 14:). Nun wird er selbst König von
stimmt nach Hes. Th. 233 zu Nereus (s. d. Art., Ägypten {Herodot 2, 144; vgl. Wiedemann a.
Hd. 3, Sp. 240 f.); freilich ist nach Euphorion. a. 0. S. 513 f.); seine Regierung währt neun-
fr. 86 Mein. T. als Gatte der Keto, der Toch- undzwanzigJahre(JfaweiÄo/r.76, iIf4fZZer2, 613).
ter des Pontes, vielmehr dessen Schwiegersohn. Den in den Nil geworfenen, aber von Isis zu-
Wie ungenau und unklar aber die Übertragung rückgebrachten Leichnam des ermordeten 0.
semitischer Götternamen ist, lehrt auch die zerstückelt er (P/m^. c. 18; D«Wor 1, 85; <S<raZ/.
(hier abgekürzte) Erzählung des Eudoxos b. 17,804; vgl. auch Kallim. fr. 561, Schneider 2,
Athen. 9, 392 d, der tyrische Herakles (Mel- 40 693, wo mit M^. Drexler: a Setityphone zu lesen
kart), Sohn des Zeus und der Asterie (s. d.), ist). Da ersteht ein Rächer in Horos; vor ihm
sei auf dem Zuge nach Libyen von T. getötet flieht T. in ein Krokodil verwandelt {Plut.
worden; vgl. Stark, Per. d. Sachs. Ges.d. Wiss. c. 50; Aelian. nat. anim. 10,21). Doch kommt
1856, j9^27. -Ms^. -ffL 8, 32f. ; Gruppe , Gr. Kulte es zu mehrtägigen erbitterten Kämpfen, bei
u. Mythen 1, 380 f. u. Mythol. 499,1. 1278. — denen T. in Gefangenschaft gerät; nach einem
Viel gehaltvoller sind die von mehreren alten ergebnislosen Prozeßverfahren vor den Göttern
Autoren erörterten Beziehungen Typhons zu wird er in erneutem Kampfe besiegt und
Ägypten. von Isis und Horos getötet {Diodor a. a. 0.;
Dort ist er nämlich mit dem Gotte Set Plut. c.l9; Herodot sl. &. 0.); oder er wird von
identifiziert worden (^eroi^o^. 2, 144 u. 156; 3,5), 50 zahlreichen Göttern umgebracht, die sich auf
auch unter verschiedenen andern Namen: Bd- Pans Rat in Tiere verwandelt haben (s. 0.;
ßvg {Hellanic. fr. 150, Müller 1, 66) oder Be§(ov Nigidius b. Scliol. Germ. 87, 11 Br.). Damit ist
und Z^iv {Manetho fr. 76, Müller 2, 613, bei die Welt von einem schrecklichen Wüterich
Plut. Is. 49 , vgl. c. 41 u. 62). Sie bezeichnen befreit, der den Lauf der Natur erheblich ge-
sämtlich ein Hindernis {Plut. ebenda), offen- stört, durch Zerstückelung des Osiris (s. 0.) die
bar im Hinblick auf Set-Typhons unheilvolles Abnahme und Verfinsterung des Mondes ver-
wirken, und wie man Horos' Knochen mit dem schuldet, überdies die Lüfte und Gewässer ver-
Magnet vergleicht, so hält man für die Kno- pestet, endlich dem Horos das Auge verletzt
chen Typhons das Eisen. Über T. als Gott oder es sogar ausgerissen und verschluckt hat,
des Eisens {Plut. c. 62) vgl. Wiedemann, Pro- 60 was ebenfalls das Weltgetriebe schwer beein-
ceed. ofthe soc. ofhibl. arch. 13 (1890), 38, — Auch trächtigte {Plut. c. 44. 62). Dafür hat ihn jedoch
Set ist ein giftiger Glutwind, der Erdbeben, Horos der Zeugungsglieder beraubt: in der
Stürme und Gewitter erzeugt, zugleich ein Geist Stadt Koptos zeigt eine Statue den H. mit
der finsteren Erdtiefe, also gleichfalls eine viel- Typhons Schamteil in der Hand; und Hermes
seitig verderbliche Naturkraft {Diodor. 1, 21; entreißt ihm die Sehnen und benutzt sie als
Plut. c. 33. 39. 41. 45. 55. 64), im Gegensatz zu Saiten {Plut. c. 55; vgl. Apollod. 1, 42 u. Nonn.
den segenspendenden Göttern des Himmels und 1, 510 f., wo umgekehrt T. dem Zeus die Sehnen
der großen Gestirne (s. u.). Daß der ägyptische entwendet; s. 0. und M. Mayer a. a. 0. S. 228).
1447 Typhoeus, Typhon Typhoeus, Typhon 144S
— Wie nach griechischer Sage T., in den Tar- Kabeltier l'yphon {Plin. N. H. 2, 91); cometa
taros gestoßen, unter dem Ätna schmachtet, nennt ja mit demselben Vergleich der Knabe
80 ist er nach Ägyptischer Überlieferung in im Süden seinen harmlosen Papierdrachen,
den Serbonischen See (bei Pelusium) ver- Typhons Abbild; \f!:\. Scheffel, Gaudeamus: Gra-
senkt {Herodot 3,6; vgl. 2,6; Herodor. fr. 62, ziella. — Auch ein anderer Ausläufer des Ty-
3f «//er 2, 89) ; und wie in einer halbverschol- phoeusmythos reicht bis Äthiopien. Das Blut-
lenen Erzählung Apollon den Typhon (Python^i vergießen, das Apoflodor 1,4a in das angeb-
umbringt, so tötet HoroB den Set (s.o.; vgl. lieh darnach benannte thrakischeHämusjfebirge
Gruppe, Gr. Kulte u. Myiiitn 1,528 f.). Femer verlegt, geschieht nach Steph. liyz. s. 'Hqoh in
ist schon erw&hnt worden, wie nach ilgypti- lo dieser Stadt Äthiopiens, die von Typhons Tod
scher Sage Leto auf einer schwimmenden Insel durch Zeus' Hlitz und dem Blutverlust des Ge-
im See von Buto den ApoUon (Koros) erzieht troffenen den Namen A\[iog erhält.
und so vor Typhons Verfolgung behütet {Ue- Wahrscheinlich ist in dem oft abgebildeten
rodot 2,166; vgl. Hekat. fr. 284, Müller 1,20), spezifischen Tiere des Set das im Jahre 1900
wohl ein Seitenstück zu der heimlichen Geburt an den ostafrikanischen Seen lebend wieder-
von Apollon und Artemis auf der im Meere entdeckte Okapi zu erkennen, dessen Kopf
herumirrenden Insel Delos. Die Flucht der dem des Esels einigermaßen ähnlich sieht.
Götter an den Nil und ihre Selbstverwandlung Lange blieb die Zugehörigkeit zu diesem zwei-
in allerlei Getier ist ein weiterer Beleg früher felhaft und überhaupt ein Rätsel, bis Wiede-
Vermischung griechischer Sagen von T. (schon 20 mann die auf Denkmälern häufig wiederkeh-
bei Pindar fr. 91) und ägyptischer von dem rende Figur, statt dem Esel, vielmehr eben
Götterfeind Set. Aber auch dieser selbst nimmt jenem zebraartigen Säugetier zuwies (Oriental.
ja im Kampfe mit Horos Tiergestalt an und JAt. Zeitg. 1902, S. 220; Ed. Meyer, Gesch. d.
entflieht: die grausamste und häßlichste Bestie, Altert. 1', § 181). Freilich' ist, nachdem es aus
das Krokodil, ist dem T. als Schützling zu- Ägypten in die Urwälder Innerafrikas versch wun-
geteilt, weil es seiner Natur am meisten ent- den und am Nil in Vergessenheit geraten war,
spricht {Plut. c. 50); jetzt dient es ihm als an seiner Stelle, zwar nicht in den Abbildungen,
Schutzmittel und gleichsam als Versteck. Außer- aber doch in der Überlieferung wirklich der
dem ist ihm das Nilpferd (ägypt. tep, s. o.) Esel getreten, der daher auch bei den grie-
heilig, gleichfalls an brutaler Kraft und ge- so chischen Schriftstellern als Tier des Typhon
fährlicher Wut ihm verwandt {Flut. a. a. 0.; so oft Erwähnung findet (s. o.; vgl. Plut. Is. 30.
Euseb. praepar. evang. S, 12), sowie der Bär; 50. Conviv. sept. sap. 5, sowie d. Art. Set,
wird doch das Bärengestirn mit der Seele des Sp. 776 f.). Gern dichtete man diesem Gotte im
T. identifiziert {Plut. c. 21). Daher bezeichnet Orient einen Eselskopf an.
er sich selbst mit aQxtog Tvcpccovig {Nonn. 2, Deshalb wird auch das 1856 am Palatin
287, vgl. Claudian. 26, 66) und verbirgt Zeus' in Kom entdeckte, jetzt im Museo Kircheriano
Sehnen in seiner Höhle unter einem Bärenfell befindliche sogenannte Spottkruzifix aus
(Apoüod. 1,A2). Harmloser sind als seine Schutz- dem 2. oder 3. Jahrh. neuerlich auf Set-T. be-
befohlenen das Schwein und der Esel {Plut. zogen. Die frühere Erklärung hat mit ihm
c. 8, 30; Aelian. not. anim. 10, 28; Epiphan. 40 nichts zu tun; nach ihr ist in dem Graffito
adv. haer. vol. 2 p. 1092 ed. Petav.). Auf einem Christus am Kreuz in der Tunika und mit einem
Esel soll nämlich T. ein andermal aus der Eselskopf dargestellt; zu dem Gekreuzigten er-
Schlacht geflohen sein; aber auch das störrige, hebt ein jüngerer Mann, inschriftlich '4Xs^ä-
ungelehrige Wesen und überdies die Farbe /u-fvo? benannt, anbetend den linken Arm. Juden
des Grautieres bringt man mit den nämlichen wie Christen machte man ja bis ins 3. Jahrh.
Eigenschaften Set-Typhons in Zusammenhang den Vorwurf, sie verehrten einen Gott mit Esels-
(Plut. c. 31). Doch stellt man sich ihn noch köpf, und nannte sie wohl auch Asinarii: Ter-
lieber rot (oder rothaarig) vor und opfert da- tull. Apol. 1&; ad nat. 1,11; Minuc. Fei. Octav.
her meist rote Rinder, vielleicht um sie als 28; v^l. auch Tac. Hist.b.i, wo bei den Wor-
Typhons Geistesverwandte aus der Welt zu 50 ten effigiem animalis im Cod. Medic. die Inter-
schafi^en (Dtorfor 1, 88; Plut. c. ^0)\ oder da linearglosse orta^rn steht. Anders wird das Bild
man rothaarige Menschen für boshaft hält beurteilt, seitdem sich aus den von R. Wünsch
{Badermacher, Philologus hl, 224 f.), werden auch entzifferten römischen' VerfluchungstafeW (Leip-
sie dort geopfert und TvcpöavsioL genannt {Ma- zig 1898) ergeben hat, daß die gnosti sehe Sekte
neilw fr. 84, Müller 2,616, bei Plut. c. 73; Bio- der Sethianer den seltsamerweise mit Christus
dor a. a. 0.) Nach griechischem Ritus wird zu einer Gottheit verschmolzenen Set-T. an-
dagegen bei -4r. 2?aw. 847 dem T. selbst, ofl^en- betete, und zwar als einen ans Kreuz gehef-
bar als ünterweltsgottheit, ein schwarzes teten Mann mit Eselskopf; vgl. den Art. Sei
Lamm geschlachtet; vgl. das Schol.x iTCSiSi} 6 Sp. 774 u. Dieterich, Untergang d. antik. JRe-
T. \iiXug (s. 0.). — Mit einer weitschichtigen 60 ligion, Kl. Sehr. 484. Nach Heibig, Samm-
Allegorie nennen ägyptische Gelehrte das Meer lungen Borns 2^ 283, darf man jedoch jene erste
Typhon {Plut c. 32; vgl. Lyd. d. mens. 4, 32); Erklärung der Wandkritzelei für die richtigere
noch gelehrtere Leute in Ägypten stimmen dem halten; immerhin steht die überraschende Ver-
jedoch nicht bei, sondern betonen das Feurige Schmelzung des bösen griechischen Natur-
in seinem Wesen und seinen Gegensatz zu dämons T, nicht nur mit dem gleichwertigen
aller Feuchtigkeit {Plut. c.'6Z). — Ein Komet, ägyptischen Mischwesen Set, sondern auch mit
der einst den Völkern Ägyptens und Äthio- dem Christengott schon nach den Sethianischen
piens erschien, galt ihnen als das geschwänzte Bleitafeln außer Frage.
1449
Typhoeus, Typhon
Typhoeus, Typhon
1450
liegenden Erderschüttcrer gnädig
Ijeschützen warde.
D fi r t e 1 1 u n g e n T y p h o n h in
<ier biiden<leu Kunst sind nir-
gends durch Namensbeischriften di-
rekt bezeugt; nur J'aus. 3, 18, 10 be-
richtet, an dem Thron von Amy-
k 1 a i seien auch T. und E c h i d n ii
veranschaulicht gewesen.
Dieses Bild Typhons glaubt auf
mehreren korinthischen Vasen
Heydemann (1. Hall. Winckelmanns-
progr. 1876, S. 14), auf einer weiteren
Salzmann {Necrop. d. Camiros 31;
nachweisen zu können; vgl. Lenor-
mant et de Witte, Elite cer. 3, 31. 32;
Soweit die antiken Parallelen. Auch der Micali, Mon. ined. 43, 1; Gerhard, Ges. Ahh.
modernen vergleichenden Mythologie 46, 2; s, Abb. 1. Die phantastische Gestalt,
ist aus dem Typhoeusmythos reicher Stoff er- untermischt mit Vögeln und stilisierten Blu-
wachsen; doch urteilt v. Wüamowitz, Herakl. 20 men, überdeckt oft einen Hauptteil des Ge-
472* gewiß richtig, man könne die Bezwingung fäßes. — Gleichfalls allein, d. h. nicht im
1) Korinth. Vase: Typhon (nach Micali, Mon. incti. AZ, 1).
des Sturmgottes T. und des Scheusals Erd-
schlange mit den Kämpfen In d ras und Thors
wohl zusammenstellen; doch werde dadurch
kaum irgendwelcher Gewinn für das Verständ-
nis erzielt. So weist die Erzählung von der
babylonischen Gottheit Marduk (s. d. Art.
Bd. 2, S. 2342 f. u. bes. 2358 f.) eine überraschende
Verwandtschaft mit dem Typhoeusmythos bis
Handgemenge mit einer Gottheit, erscheint T.
auf dem Bilde einer reichbemalten Situla,
veröffentlicht von Flinders Petrie, Tanis \V\
S. 68, Taf. 25, 3 : er hockt geflügelt auf seinem
oben dicken, dann dünn ausgehenden Schlangen-
schwanz und greift mit der einen Menschenhand
nach vorn, mit der andern rückwärts ; s. Abb. 2.
T., der Dämon des aus Erdhöhlen hervor-
in Einzelheiten auf, womit jedoch noch keine 30 kriechenden Sturmes, ist in der Kunst von
gegenseitige Abhängigkeit der Mythenkreise
erhärtet wird. Ebenso lehnt zwar nicht die Ähn-
lichkeit, wohl aber den von Zacher (Zeitschr.
f. dtsch. Philol. 30, 289 f.) behaupteten Zusam-
menhang mit dem altgermanischen Gotte Loki
als zweifelhaft ab Gi'uppe, Mythol. 811, 13 u.
Burs. Jahresb. 137, 60. Zahlreiche Vergleiche
bringt u. a. Schivartz, Progr. d. Fried richs- Wer -
derschen Gymn. in Berlin 1858, bei: aus der
Anfang an schlangenfüßig {Wieseler a. a.
(). S. 162; OverbecJc, Kunstmyth. d. Zeus 378.
393 f.; M. Mayer S. 216), ja 'der Schlangen-
füßler v,ux' i^ox'n'^^ (Sudhaus, Ausg. d. Aetna
S.104). Zwar bei Hesiod gehen Typhons hun-
dert Schlangenhäupter von den Schultern, nicht
von den Füßen oder Hüften aus; über die Ge-
stalt der TTodf? a-adyLccxoL (v. 824) erfahren wir
nichts. Doch Pindar nennt den T. ignsrov, und
Odyssee (Kampf des Odysseus mit Polyphem); 40 für Aesch. Sept. 478 K. nimmt schon der Schol.
aus der deutschen Mythologie^ (Kampf des Got-
tes Thor mit der Midgardschlange; des Helden
Beowulf mit dem Ungeheuer Grendel; des Sieg-
fried mit Fafnir; Dietrichs von Bern mit dem
Drachen); aus serbischen Volksmärchen; aus
abergläubischen Bräuchen der Esthen; aus Er-
zählungen nordamerikanischer Indianer und der
Neger Afrikas ; aus Sagen des. Zendvolks (Kampf
zwischen Ormuzd und Ahriman); aus den
die Schlangenfüße an. Falls man Plat. Phaedr.
230 a mit Recht auf den verschlungenen Kör-
per, nicht auf den verschlagenen Sinn bezieht,
so ergibt sich auch hier Typhons leibliche
Ausmündung in die Schlangengestalt. Diese
Vorstellung hat sich erst recht bei späteren
Dichtern {Nilzandr. b. Anton. Lih. 28; Manil.
4, 583; Claudian. 26, 65 f.; Nonn. 1, 415) und
Mythographen {Apollod. 1 , 40) erhalten. Als
Veden der alten Inder (Kampf des Indra mit 50 eine Übertragung von Typhons hierin konstan-
Vritra); aus dem Volksglauben der Chinesen
und Tibetaner. Vgl. auch /. Grimm, D. M. 1^,
373. 833; Laistner, JSfebelsagen S. 256, sowie
Röscher, Gorgonen S. 16. 40. 116, u. Rapps Art.
Bellerophon, Bd. 1, Sp. 764. 766 f. — Handelt
es sich bei all diesen Beispielen um zufällige
Übereinstimmungen, so scheint hie und da der
altgriechische Typhoeusmythos direkt fortzu-
wirken; nach Em. Ciaceri, La festa di S. Agata,
Arch. stör, per la Sic. Orient. 1905, hat sich die 60
in Catania eingewanderte Isis früh mit der
alten Stadtgöttin Persephone ausgeglichen und
ist mit ihr übergegangen in die Stadtheilige
Agathe; wie Isis in Ägypten dem T. siegreich
begegnet (s. 0.), so erwartet man nun von ihrer
christlichen Nachfolgerin, daß sie mit ihrem
Schleier (dem einstigen Segel der Isis) Catania
vor dem in bedrohlicher Nähe unter dem Ätna
EoscHER, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. Y
ter Mischbildung leitet man seit Wieseler S. 164
sogar auch die Schlangenfüßigkeit der
Giganten ab (Jahn, Annali 1863, S. 244;
Overbeck, Kunstmyth. d. Zeus S. 393 f., vgl.
Plastik 2\ 265; Baumeister, Denkmäler 2, 1268;
M. Mayer S. 220) ; sie erscheint verhältnismäßig
2) Vasenbild: Typhon (nach Flinders Petrie, Tunis Hb
Taf. 25, 3).
47
1451
Typhoeus, Typbon
Typhoeus, Typhon
1452
epÄt, erst im hellenistischen Zeitalter
(8. Jahrh.); bis dahin treten die Giganten
in menschlicher Gestalt anf, die auch auf
dem Fries des Pergamenischen Altars noch
überwiegt. Zuerst nennt Naevius die Gi-
ganten bicorpores {bell. Poen. fr. 10, vgl.
Bibbeck, Seen. poes. 1», 176, v. 307); spä-
tere Dichter und Künstler stellen sie dann
h&ufig als 6(fi6nod»Sy angtiipedee dar; s.
auch die beiden Art. Giganten Sp. 1644.
1661 f. 1670, wo freilich Ktihnert im Gegen-
satz au Ilberg die schlangenfußigenG. früher
datiert. — Für T. ist femer ein regel-
mäßiges Attribut die Beflügelung. Ausge-
rüstet mit Flügeln und Schlangenbeinen, die
ihm ein phantastisches Aussehen verleihen, kann
er aber in der bildenden Kunst auf die von
Dichtem ihm tugeschriebenen hundert Köpfe
verzichten: sie ersetzt hier meist ein ziemlich
harmloser Menschen köpf.
Wenn nun Typhon nur schlangenfüßig
veranschaulicht wird, so ist damit nicht ge-
sagt, daß, selbst in der ältesten Kunst, nur T.
so vorgeführt würde. Die Notiz bei Paus. 5,
19,1, auf dem Kypseloskasten sei Boreas
beim Raube der Oreithyia mit Schlangenfüßen
sichtbar, braucht daher nicht mit Robert (bei
Hiller v. Gaertringen, De Graecorum fabulis ad
Thraces peHinentibus 1886, S. 8; vgl. Preller-
RobeH, Gr. Myth. 1 *, 472, u. Wernicke b. Pauly*-
Wissawa 3, 727) bezweifelt und diese Szene in
Typhons Ringkampf (?) mit Zeus umgedeutet
zu werden (dagegen Löschcke, Borpater Progr.
1886, S. 1 ; vgl. Röscher zu Iltergs Art. Giganten
Sp. 1644; Ra))p im Art. Boreas, Bd. 1, Sp. 805,
u. M. Mayer 8. 277).
Eine schwarzfig. chalkidische Hydria,
gef. in Vulci, jetzt in München {FtiHwängler-
Reichhold, Gr. Vasen, Taf. 32), zeigt vielleicht das
älteste erhaltene Bild des Typhoeuskampfes;
B. Gerhard, Auserl Vasenb. III Taf. 237, auch
abgeb. zu Kuhnerts archäol. Art. Giganten Sp.
1671/72. Mit einem Bein kniend, schleudert
Zeus (dessen Name dabei steht, vgl. C. 1. Gr.
nr. 7382) den geflügelten Blitz gegen ein sehr
breites, spitzohriges Scheusal mit Flügeln und
zwei verschieden gefärbten Schlangenleibem.
Der Behauptung KuhnertB, das Ungetüm sehe
wehrlos und für T. nicht schrecklich genug aus
und sein Griff nach der Brust verrate banges
Herzklopfen, widerspricht mit Recht M. Mayer
S. 276 f. : kein Gigant werde schrecklicher dar-
gestellt, und jene erschreckte Handbewegung
deute hin auf sein nahes Unterliegen. — Eine
andere schwarzf igur. Hydria, gleichfalls
aus Vulci, jetzt in London {Micali, Mon. ined.
37,2; Overbeck S. 395,8), veranschaulicht zwei
unbestimmte, mit Schild und Schwert bewaff-
nete Götter im Kampfe mit einem riesigen,
am ganzen Körper mit Flügeln und in zwei
Schlangenleiber mit je zwei Köpfen ausgehen-
den Unhold, der mit den Händen einen großen
Steinblock über dem Haupte zum Wurf erhebt.
Trotz der Bartlo.sigkeit der beiden Gegner kann
einer von ihnen Zeus sein und das Bild den
Kampf mit Typhoeus darstellen; s. Abb. 3. —
Ähnliche Gestalten wie der hier abgebildete T.
wiederholen sich in der etruskischen Kunst,
S) Yaatabild: Typhoeus mit awei Gegnern (nach Micali,
Mon. ined. 87, 2).
gewiß gleichfalls Darstellungen dieses Götter-
Feindes, vgl. Furtwängler, Ant. Gemmen III '203 f.,
u. M. Mayer S. 278. Übrigens hält i'MrtM'änt/ifcr
a. a. 0. Anm. 3 auch babylonischen Einfluß
auf die geflügelte und schlangenfüßige Gestalt
des T. für möglich.
20 Ein leider sehr verstümmeltes archaisches
Bronzerelief vom Ptoongebirge zeigt den
T. mit großem, struppigem Kopfe, sechs Flü-
geln und einer gegen den mit dem Blitze an-
dringenden Zeus wie bittend erhobenen Men-
schenhand; vgl. Holleaux, Bull. d. Corr. Hell.
1892, p. 352 pl. X; Gruppe, Burs. Jahresb. 85,
294; 8. Abb. 4.
Als bei der Durchforschung des Perser-
schuttes auf der Akropolis von Athen die be-
30 deutsamen Reste von Giebelgruppen der älte-
sten dortigen Tempel zutage kamen, schien
von den archaischen Porosskulpturen
auch auf Typhon neues Licht zu fallen. Er-
hielt doch Für. H. F. 1211, wo Herakles unter
den Ungeheuern, die er bezwungen, auch tql-
aa^idtovs Tvcpätvas nennt, durch die Auffin-
dung der drei schlangenleibigen Dämonen
gleichsam eine Bestätigung. Der monumentalen
Publikation Wiegands: 'JDie archaische Poros-
*o architektur der Akropolis zu Athen'', 1904, ging
bereits eine reiche Literatur voraus, wie eine
solche ihr gefolgt ist; vgl. Dickings, Cata-
logue of the Acropolis Museum, Bd. 1, S. 86 f.
Schwankten auch die Ansichten über die Ver-
teilung der grellbemalten Figuren auf die bei-
den Giebel, worauf hier einzugehen nicht der
Ort ist, so war man doch anfangs einig in der
Annahme, jener Unhold sei T. und befinde
sich im Kampfe mit Zeus, der ihm, den
50 Adler auf der Hand, mit dem Blitze sieghaft
begegnete. Erst Furtwängler in den Ber. d.
Bayr. Akad. d. Wissensch. 1905, phil.-hist. Kl.
S. 433 f. bestritt, daß die milden, gutmütigen
Gesichter mit den vollen Backen und schmatzen-
60
4) Zertrümmertes Bronzerelief vom Ptoongebirge:
Typhoeus von Zeus bedroht (nach Holleaux, Bull.
d. Corr. Meli. 1892, pl. X).
1453
Typhoeus, Typhon
Tyrann is
1454
den Lippen einem kämpfenden Scheusal ange-
hören könnten, und schrieb sie vielmehr den T r i -
topatores (s. d.), wohltätigen attischen Wind-
u. Ahnengeistern, zu. Falls diese Erklärung das
Richtige trifft, hat freilich die interessante Fi-
gurengruppe jegliche Beziehung zu T. verloren.
— Ob auf dem Kolossalrelief aus Bronze,
das Fabius Maximus i. J. 209 v. Chr. zu Tarent
sah, aber unberührt ließ (Xtv. 27, 16), unter
den kämpfenden Göttern eine Gigantomachie
zu verstehen ist und, wenn dies der Fall, sich
auch T. unter den Gegnern befunden hat, steht
dahin. M. Mayer S. 264 f. nimmt, zumal in der
dortigen unteritalischen Heimat des Naevius
(s. 0.), auch den kilikischen Götterverächter
und nachmaligen kampanisch-sizilischen Büßer
für das Bildwerk in Anspruch. — Wie der
Schild tlippomedons vor Theben ein Bild
des feuerschnaubenden T. trägt {Aesch. Sept.
476 f. 494), so ist er auf einem Erzschild der
Pallas in getriebener Arbeit vorn bereits tot,
hinten noch lebendig dargestellt {Claudian.
35,2, 21 f.; 8. 0.); vgl. M. Mayer S. 399 f.
Auf einer Kanne von roher Technik, gef.
inCanosa {Heydemann, I.Hall. Winckehti amis-
progr. 1876, S.5 f. mit Tafel; M. Mayer S. 392 f.
395, Fig. 1), sieht man Zeus blitzschleudernd
und Hermes wagenlenkend gegen einen schlan-
genfüßigen Unhold losfahren, der über das
Meer hinfliehend einen mächtigen Felsblock
gegen seinen Verfolger erhebt; überdies wird
der Götterwagen von einem Sturmdämon an-
geblasen, dessen kolossaler häßlicher Kopf über
T. sichtbar ist; s. Abb. 5. Diesen letzteren er-
kennt man in ganz ähnlicher Haltung, aber
verfolgt von Poseidon, der zu Pferde ihn
bereits einholt und fast überreitet, auf einer
modernen Berliner Glaspaste nach einem
antiken Steinschnitt {Overheck, Kunsimyih. d.
Pos., Gemment. 3, 1 ; Furtwängler, Berl. geschn.
Steine nr. 9452; M. Mayer S. 395, Fig. 3 und
S. 405); s. Abb. 6. Künstlerisch weit höher
steht der Neapler Sardonyx des
kth^nio^ {Furtwängler, Ant. Gemmen
I Taf. 57, 2; vgl. Justi , Winckelmann
<\) Berliner Olaapsete:
Typhon verfolgt von Potei-
don (nach Furtwängler,
Berl. tjetc/m. St. nr. 9462).
Der Altarfries von
2', 249). Die hier dargestellte Überwältigung
zweier Giganten durch den feurigen Viererzug
des Blitzschleuderers ist den eben besproche-
nen Szenen zwar ver-
wandt; ob man aber
mit Recht den T. in dem
einen G. erkennt, fragt
sich, weil er, auch in
derGigantomachie,8on8t
10 immer allein seine
Sache vertritt.
Leider erscheint Ty-
phons mehrfj^ch vermu-
tete Anwesenheit auch
auf der erhabensten
Darstellung des Gigan-
tenkampfes bestreitbar.
Pergamon zeigt unter den rohen Götterfein-
den einen schlangenbeinigen Giganten, der mit
20 seinem feisten ^'acken, seinen Ohren und Hör-
nern einem Buckelochsen ähnlich gebildet
ist, auch das Haupt bedrohlich zum Stoße senkt
und mit halbgeöffnetem Maule zu brüllen
scheint: vgl. Winnefeld, Altert, v. Perg. III 2,
S. 21 f., Abb. 2 u. Taf. 3. Diesen Stiergigan-
ten setzt 31. Mayer S. 375. 380 in einheitliche
Beziehung zum Taurosgebirge, in dessen
Nähe ja T. die Korykische Hohle bewohnt;
vgl. auch den Führer durch d. Perg. -Mus. 1902,
30 S. 15 u. d. Art. Tauros, Bd. 4, Sp. 152 f. Aber
obgleich T. überdies gelegentlich auch bei Hes.
Th. 832 u. Nonn. 2, 245. 368 stierartig brüllt,
so reicht dies alles doch nicht aus zu dem
Beweise, daß unter dem Buckelochsen wirk-
lich Typhon zu verstehen ist.
[Johannes Schmidt.]
Typhrestos {TvcpgriGxog), Sohn des o. Bd. 4,
Sp. 1292—94 behandelten Spercheios. König
und Eponymos der Stadt Tjphrestos iv xotg
40 iexo^toig Tf]g MaivccXiag Etym. M., während
Steph. Byz. u. d. W. viel wahrscheinlicher von
der Stadt T. in Trachis spricht; s. o. Bd. 4,
Sp. 1294, Z. 42 f. [Preisendanz.]
Tyrannis {Tvgawig), PersonifikationMer Ge-
•waltherrschaft ; vgl. Eur. Phoen. 506 {t'rjv dsöv
5) Kanne von Canosa: Zeua und Hermes im Kampfe mit Typhon und einem Windgott (nach ffeyder/iann,
1. Hall. Winckelmannsprogr. 1876).
47*
1455 TyraDDOS Tyrannos 1456
/ieyttffrjv «offt' f;^«»»' TogcevvidcCy Bruchmann, C/G 3439 : -iitl Matf qpaiar/jvw xal Mrji'l Ttajtou
Epitheta deorum 1893, 218; 5. Reichenberger, xal Afrjvl TvQUPvip. Literatur bei Drexler o.
Entwicklung des metonym. Gebrauches von Gdt- Bd. 2, Sp. 2702, nr. 13. — 2) Weihinschrift
tertKimen, Diss. lind. 1891, 88); Ärchelaos frg. aus Kula, Drexler 2704, nr. 19: Mrivl Tvgdvvoi
250 {^Tvgarvid'y ^ d'sebv dsotiga vofiitsrai); bei xal .Jii 'Oy^Tjroj xal rot? <ri»i» avrai O-eots. -
Dio Chrys. or. 1,76—83 Bade sucht sie sich, 8) Inschrift aus Gjoelde, ebd. nr. 21: M]rivti
<poßovu4vri xal ^yrnviätaa xai &7nffrovaa xal dg- Tx'ga\pvai. — 4) Altariuschrift mit Widmung'
y«>^i^vij» umf^^eben von Roheit, Übermut, Auf- an Men aus Alki auf Thasos: d-sn Mr]vl Tv-
stand, Gesetzlosigkeit und Schmeichelei, der gdcvvm^ wohl von einem Nicht-Thasier, J. Th.
Basileia zu verähnlichen, ohne doch freund- lo Be^ü\ Journ. of Hell. Stud 8 (1887), 441, nr. 6,
liehen Eindruck zu erzielen; vgl. Gruppe, Gr. Drexler 2730,42—51. — 5) Kopie einer Iij-
Myth. 1081, 5. schrift aus dem Botzanistal (Laurion), Ihill.
Das Bild einer trauernden Tjrannis wird be- Corr. Hell. 18 (18'.U), 532, nr. 2, Drexler 2732,
schrieben von Chorikios Gaz. im Jlatdoxrovoff, lif.: Tv]gdv\v(p Mr\vi, Ergänzung aber ganz
Oratf. ed. .Bo»59. 1846, 215: unter der Statue unsicher nach ' Pcrr/nrc^s Nachprüfung Bull.
oder dem Relief einer sitzenden weiblichen Ge- Corr. H. 20 (1896), 85 — 6) Xanthos aus Ly-
stalt mit aufgelöstem Haar steht das ihr in kien, Sklave des Römers C. Orbius, errichtete
den Mund gelegte Epigramm: ^ Ttdcvrav xga- dem Men T. eine Kapelle mit Inschriften
tiaiv id-flovaa Tvgocvvig^ ijö' iyio fj rX-ZJuaiv im Lauriongebiet; vg\. Leges graecor. sacrae
6Xo(pvgofivci ovvfxa xovgrjg^ ttj ixt noXX' ^ncc- 20 ed. L. Ziehen 2 (1906\ HS — 153, nr. 41); Dittenh.
9ov Tto^iowia xi [Lagvaydvri rf. Bei Aisch. 5i//i.' 3, nr. 1042; C/.A 3, 1, nr. 73. 74. 75, wo-
Choeph. iOb können die vsgrigatv rvgavviisg, nach (5,44) die Inschrift nicht älter ist als
die Krinyen, als abstrakter Personifikations- das 2. bis 3. Jahrh. v Chr.
begriflF oder auch als weibliche zvgawoi auf- Zeus führt den Namen Tyrannos auf einer
gefaßt werden. [Preisendanz.] Stele aus Kula (172 n.Chr.) mit Menrelief unod
Tyrannos (Tvparvoff), 1) einer der sechs oder Inschrift xat' iitiTayrjv xov -Avgiov Tvgdvv v
sieben Söhne des Pterelaos (s. o. Bd. 3, Sp. 3262, Jibs MaacpaXavrivov , CIG 3438, Literatur bei
Z. 26— 38), die Tzetzes, Schol. zu Lykophr. 932 Drexler, Men. o. Bd. 2, Sp. 2703, nr. 14; Per
{ed. Scheer 2,301,16) nach Apollod. 2,4,4,3, drizet, Bull. Corr. Hell. 20 (1896), 60, nr. 1.
übereinstimmend mit Hypoth. Hes. Scut. 4 auf- 30 Häufig wird Zeus als xvgavvog in der Litera-
zählt. Er ist wohl identisch mit dem Schol. 11. tur bezeichnet; s. Bruchmann, Epitheta 141.
2, 620 als Vater des Krisos (o. Bd. 2, Sp. 1447 f.) Auch andere Götter führen den Beinamen
von Asterodia {M. Mayer, .fferm. 27 [1892], 498) Tyrannos: Ares, Timoth. frg. 10 Byk., Men.
genannten Tyrannos, der ebenda aucn Vater des frg. 2,2.0 Kock, Orph. H. 88,5. — Attis ist
Daulieus von der Chrestone bzw. Krestone heißt. Menotyrannos; vgl. o. Bd. 2, Sp. 2753, Z.48ff.;
Nach Fick-Bechtel 422 'ist Tvggr]v6g der Tyr- H Dessau, Inscr. lat. 2 (1902), nr. 4146—4141»
rhener, Krestone war nach Herod. [1,67] ein (a. 317 — 383). — Eros: Bruchmann, Epitheta
Hauptsitz der Tyrrhener'; vgl. 06ßr7mwmer,J?ea/- 116. — Hades: loh. Gaz. Anacr. 6,43. —
encyd 11, 11 IS n. d.W. Kreston, Krestoner, yiro Isis: in der Aretalogie bei Dittenh. Syll.^ 3,
aber auf unsere Frage nicht eingegangen wird. 40 1267, 4: 17 x[vgavv'\og ndarig xmgccg nach der
Auch Höfer, o. Bd. 2, Sp. 1422, Z. 6f., vermutet Ergänzung von v. Wilamowitz; bei Herond.
die Identität von Tyrannos und Tyrrhenos, Mimiamh. 5,17 Cr.: o^, xr]v xvgavvov (andere
und M. Mayer a. a. 0. 506, tritt entschieden Lesungen abzulehnen); s. 0. Bd 2, Sp. 2753,
für die Auffassung Tv^awo? ein. — 2) Priester Z. 40 ff., vgl. Bruchmann, Epith. 162. — Po-
des Satumus in Alexandria, der nach Rußnos, seidon: xvgocvvog aXög Anth. Pal. G, 90, 7 {Phil.
Hist. eccl. 11,25 {Euseb. ed. Schwartz 2 [1908], Thess.). — Selene heißt Tyrannos im Groß.
1031, 10 ff.) durch betrügerische Orakel die Par. Zauberpap. Z. 2601: ah S' 'A-AXimcpi, xoi-
Frauen vornehmer Alexandriner in den Tempel guvs, ^ovri, xvgocvvSj yiQcctnvq, Tv^r] dsoäv xat
lockte, um sie als Gott Satumus sich zu ge- Saiiiovcov, wo die Parallelüberlieferung Z. 2664
winnen. Nach Entdeckung des Betrugs wird 50 \irivoTvgavv8 gibt, eine hier schon durch das
Tyrannos gefoltert, und das Volk zerstört Metrum unmöglich gemachte Form {ilovt] x.
Tempel und Götterbilder. S. darüber 0. Wein- auch Wuensch, Kleine Teocte von Lietzmann 84,
reich, Trug des Nektanebos 1911, 27 f. {Fort- 1911, Aus einem griech. Zauberpap. 20; anders
leben des Motivs S.7SS.). — 'i) Herr, EeTTBcher; aber Drexler, o. Bd. 2, Sp. 2754, Z 9 f., der
Beiname verschiedener Gottheiten. Das Wort u,r\voxvgavvs als 'natürliche' Lesung annimmt,
stammt offenbar aus Lydien, ohne daß man es Das Epitheton ^lovri wird sich wohl mit ^ovvo-
bisher sprachlich befriedigend zu deuten ver- ysv-qg., Beiwort der Hekate, decken; s. JBruch-
mochte; e. die Versuche 0. Bd 2, Sp. 2753 mann, Epitheta 97). Auch sonst kennen die
{Drexler); vgl. auch Costanzi, TYPPA, Klio 10 Zauberpapp, den Beinamen, für Zeus: xov öv-
(1910), 127 — 129. Mit der Interpretation des 6ü vccöxriv xiäv &scöv, vxliLßgsiiexa T^sv, Ztv xvgavvs,
Tyrannos als 'Herr', 'Herrscher' wird man aber köavai, xvgis '/awovrje, Pap. Lond. 46 (Anast.),
gewiß nicht fehlgehen; vgl. neben Badet, La 471, wo Dieterich, Ahraxas 69, im Versuch
Lydie 146 f. auch Fr. Cumont, Die Orient. Me- einer metrischen Rekonstruktion Zsv xvg. ver-
ligionen, deutsch von G. Gehrich, 1910, 74. bindet; denkbar wäre auch xvgavvs 'Aöcovcü.
Hauptsächlich ist Tyrannos Beiname des Im Leid. Pap. J 393 ('W Leem.), Kol. 14, 9
lydischen Gottes Men; vgl. über ihn Drexler wird der Weltallgott angerufen: BaaiXav ßccOL-
o. Bd. 2, Sp. 2687 — 2770, wo auch die Belege X4a)v, xvgavvs xvgdvvav xiX., und ApoUon im
mitgeteilt sind: 1) Stele in Kula, Lydien. Pap. Lond. 47 {Anast. ö), 3S: Aaxöi£ aiatod- Za-
1457 Tyrbas Tyro 145S
^Vo)^, ^sXiovxs, TVQavvSy nevxQr} ... In all die- mit der or Kleitos, Sthenelos, Chrysippoe zeugte;
sen Fällen dürfte rvQavvog durchweg als Be- Jpo//of/. 2, 1, ö, 6 (vgl. o. Bd. 1, Sp. lööf.). Porph,
/oiclinung für 'Herr', ohne besondere Bedeu- de ahnt. 4, lU zitiert ein Chorlied der Kuripi-
tung, gefaßt sein und sich inhaltlich decken deischen KQi}rss (Vuetarum scen. gr. fabiilae
mit dem auch in seiner Umgebung stehenden nx. Dind.'' iHüi), 324, nr. 475a), in dessen An-
xotparo?, 8vvdaTr}g, xvQtog, ßaaiXsvg. fang Minos (poivi-noytrovi; nalg Ti)s Tvgiag, xix-
Auch in den ghostischen Schriften vov E'hgwnrig kuI rov nsyälov Zrivdg heitit. Eg
spielt der Tyrannos eine wichtige Rolle. So ist unnötig, mit Jiothe, Jlercher (ed. 1H58, 82)
wird Pistis Sophia ed. Schmidt (1906), 15, 9 u. a. die Stelle n. tfjg Tvq. zu tilgen; zu strei-
. Vdamas der ""große Tyrann' genannt, der mit lo chen ist aber bei Pape, Wörterh. d. gr. Eigenn.
allen in allen Aeonen befindlichen Tyrannen' 1666 unter TvqLu Nr. 2, wo Tyria zur Mutter
umsonst beginnt wider das Licht zu kämpfen; des Minos gemacht wird. (Preisendanz.)
vgl. 23, 6 f., 89,8 u. oft., s. das Namen- und Tyriinuai {TvQifivag)^ Nationalgott der ly-
Sachregister bei Schmidt 383. Adamas heißt dischen Stadt Thyateira 6 nQOTidrcoQ ^tog Tv-
sonst auch der 'große Archon', also wird sich Ql^ivog C. I. G. 2, 3497. 3493. Pull, de corr.
<lie Bedeutung von Tyrannos und Archon hier hellni. 10 (1886), 420, nr. 29. 11 (1887), 476,
(lecken. Unter den Engeln der Aeonen stehen nr. 49; ein ri^itvog TvqI^lvov ebenda 478, nr. 57;
auch die Tyrannen neben den 'Archonten' und öfter tritt Tyrimnas als Beiname zu Apollo
(lewalten' usw. 14,16; die Tyrannen sehen in knöXlavi TvqI^vo) Bull, de corr. hell. 11, 453,
Adamas, dem König, ihren Herrscher, 188, 8. 20 nr. 14. 464, nr. 29. tov TtgondxoQog %-{-ov 'llXiov
>ie werden einst, ""wenn sie das Gereinigte Tiv^iov Ivgi^vaiov kTxöXXcovog Bull. a. a. 0.
ihres Lichtes nicht gegeben haben', vom Feuer p. 102. C. 1. G. 2, 3450. Boeckh zu C. I. G. 2,
gefressen, 'bis daß sie das letzte Gereinigte p. 830 sieht in Tyrimnas einen epirotisch-
ihres Lichtes geben' 49, 1 — 4. Vgl. Pegister makedoni&chen Heros (vgl. Parthen. 3 und den
404. [Preisendanz.] Artikel Euippe 4), dessen Kultus mit Seleukos
Tyrbas {Tvgßag), Name eines Satyrn; 'lär- nach Thyateira gekommen Bei; P'oucart in bull.
mender Tänzer' erklärt Prell er -Polert, Griech. de corr. hellen. 11, 104 hält ihn für einen ly-
Myth.^ 1,718; vgl. die Erklärung des Wortes dischen Sonnengott, der mit dem ihm nächst
TVQßaola bei Poll. 4, 104: t6 ÖQxrjy.a xb di^v- stehenden griechischen Apollo identifiziert wor-
gaußiKov, und Hes.: xoq&v dytoyri xig di^vga^- 30 den sei; ihm zu Ehren wurde eine Tvgi^vrjog
ßixfbv. Paus. 2,24,6 erwähnt ein Fest der Ar- nccvrjyvgig gefeiert Bull, de corr. hellen. 11,460.
geier für Dionysos, das Tvgßri hieß, s. Nilsson, C. I. G. 2, 3493. [Höfer.]
Gr. Feste 303, AI. Tresp, Fragmente der gr. Tyritas (7 v(>tTag), Beiname des Apollon; vgl.
KultschriftsteUer, Pelgesch. Vers. u. Vorarb. 15, 1 Journ. of hell. stud. 32 (1912), 386: In Kynouria
(1914), 124. Belegt ist der Name Tyrbas {Tvg- Phomaios has discovered a small sanctuary of
^a[g]) auf einer 'apulischen' Amphora aus Ruvo Apollo Tyritas {ngcx-uxL-ad 1911, 132 tf.). 1. G.
in Neapel, nr. 3235; GIG ii2: s. Heydtmann, 5,1,1517. i?6Z'. epy. 1 (1913), 89 {Esperaf>dieu).
Satyr- u. Baichennamen 19 T.; Beinach, Vases [Höfer.]
1,103; P. Kretschmer, Die Griech. Vaseninschr. Tyro {Tvgw), Tochter des Salmoneus (daher
1894, 220; Charl. Fränkel, Satyr- u. Bakchen- 40 svTiaxigsicc) und der Alkidike (s. 0. Bd. 1, Sp.
namen auf Vasenbildern, JDiss. Bonn 1912, 70 f. 236); zuerst Od. ß 120 erwähnt mit Alkmene
mit Literatur. — Aus dem Satyrn Tvgßccg we- und Mykene zusammen als Beispiel der klüg-
gen des Zusammenhanges mit xvgßag einen sten Achaierinnen alter Zeit, die aber von Pe-
Korybanten zu machen, davor hat schon Po- nelope an Verstand übertroffen werden. Wes-
scher 0. Bd. 2, Sp. 1608, Z. 22 f. gewarnt. halb gerade ihre Klugheit von Homer gerühmt
[Preisendanz.] wird, geht aus der Tyrosage nicht hervor, Ihre
Tyrbenos {Tvgßrivog) ist bei Besych ein Bei- Geschichte wird in der Nekyia, Od. 11, 235 bis
name des Apollon. Nach Wernicke, Bealenc. 2, 259, zuerst erzählt. Sie liebt den schönen Fluß-
70, 53 f. 'vielleicht verdorben aus Avgßriv6g\ gott Enipeus (s. 0. Bd. 1, Sp. 1249, 36 ff.) und
Doch wird a. a. 0. auch auf das Dionysosfest 50 hält sich oft in seiner Nähe auf. (Von den
Tyrbe (s. d.) hingewiesen. Auch A. Kannen- entwürdigenden Lächerlichkeiten ihres Verhal-
giesser, Klio 11 (1911), 46 zieht zur Erklärung tens berichtet mit einem aXXoi cpaoi Cosmas
Dionysos bei, der in Argolis an Stelle des Apol- Hier, ad carmina s. Greg, theol. ed. Migne, patr.
Ion getreten und 'anderswo mit Apollo identi- ^r. 38 [1862], 517 f.) In des Enipeus Gestalt
fiziert ist'. Z'a»me>?(jf«esser sucht im Namen Tyr- {vo^og, (iiiiriXbg 'Eviitivg Nonn. 1,124; 8,246)
benos einen alten Gott Tvgß- und weist die zeugte Poseidon (s. 0. Bd. 3, Sp. 2824; Nonn.
Worterklärungen aus d'ogvßog oder xvgßr] = 42, 120 f. identifiziert Enipeius und Poseidon)
avgßr] zurück. Er findet dagegen den Namen mit ihr zwei Söhne, Zwillinge, Pelias und Ne-
wieder in Tyrbasos (vgl. Tyrbas), Tyrbaios, und leus (v. 254). Homer beschreibt die Szene der
im Turpenus pater von Praeneste, Apoll, von 60 Vereinigung Poseidons und Tyros, dann läßt
dem er weiterhin Turpilius, Turpio herleitet. er den Gott die Prophezeiung aussprechen,
[Preisendanz.] Tyro werde Zwillinge zur Welt bringen, die
Tyrephllba {xvgri cpiXßa), Endteil des 'Pro- sie aufziehen müsse: 'doch jetzt geh ins Haus
prophenge-Logos' in der ^ Mithrasliturgie' des und sage nichts aus; ich bin Poseidon (248 bis
Großen Par. Zauberpapyrus Z. 566. Der Logos 252). Darauf 'tauchte er ins schäumende Meer'
dient zur Beschwichtigung der Polgötter. (253), Tyro gebar ihre Söhne, die gewaltige
[Preisendanz.] Diener des Zeus wurden, Pelias wohnte später
Tyria (Tvgia), eine der Frauen des Aigyptos, in Jolkos, Neleus in Pylos. Aber dem Kretheus
1459 Tyro Tyro 1460
schenkte Tyro, die 'Königin der Weiber\ den und zu zwei Tragödien 2't/ro a' und Tyro ^
Aison, Pheres und Amythaon ; v. 268 f. [So auch benutzt; die Fraormente bei Nauck, TGF* 27i fF.
Spätere, wie Äselep. Tragil. frg. 3, Fragm. Eist. In den Versen Hibeh Pap. 3 (280/240 v. Chr.) ver-
Gr. 8,302. Pausan. 4,3,6 nennt Neleas auch mutete Blaß Reste des So pJwkleischen Stückes;
Sohn des Kretheus, doch mit dem Zusatz: a. A. Koerte, Arch. Pap. b {VJIS), biSbf. Gegen
Iloaaid&vos di ininXriotp (vgl. Usener, OöUl. die Ansicht Welckera {Griech. Trag. 312 f.), die
Sffnonyme, Bh. Mus. 63 [1898], 368, der trotz zweite Fassung sei nur eine Wiederholung der
Fehlen 'unmittelbarer Beweise in Eretheus eine ersten, veränderten, haben sich die Ansichten
Anscbauungsform des Poseidon' sieht). Darin neuerer Forscher, Enqelmann, Robert, gewendet
liegt doch nur eine rationalistische Erklärung lo mit Versuchen des Nachweises, einen Teil der
der 'göttlichen* Geburt der Zwillinge, und Fol- Überlieferung in Literatur und Kunst auf Tyro a',
gerungen, wie sie H. D. Müller, Myth. d. gr. einen andern auf Tyro ß' zu beziehen. Bild
StäiHtne 1 (1867), 164 f. mit Vernachlässigung einer Wiederherstellung der Tragödie bei Ro-
dieses Zusatzes aus der Stelle zieht, eriibrigen bert, Herrn. 51, 274 flf., vorher bei Engelm'inn,
sich. Hygin, fab. 12, bezeichoet Pelias als Kre- Jahrb. arch. Inst. 6, 175 ff. Dabei läßt sich aber
theus' Sohn, fab. 157 als den Poseidons.] nicht feststellen, wieweit Sophokles sich bei
Das ist alles, was Homer von Tyro und ihrem seinen Behandlungen des Stoffes an die Über-
Schicksal zu berichten weiß. Von den Verwick- lieferung gehalten, wieviel und was er aus
lungen und Konflikten Tyros mit ihrer Familie dichterischer Phantasie zugegeben hat. Asty-
liegt hier noch nicht die geringste Spur vor; 20 damas d. J. und Karkinos schrieben eine Tyro;
die ganze Geschichte wird harmlos erzählt; s. Nauck a. a. 0. 603. 620; 'Tyro' war ferner
weder wird die Lokalität des Vorganges genau eine Tragödie des Dichters TL<^fioxl^gy , wie
bezeichnet: Poseidon naht Tyro als Flußgott v. Wilamowitz die Inschrift IG 2, 972 bei Ad.
am Ufer des Enipeus und taucht beim Abschied Wilhelm, Urkunden dramat. Aufführungen i)i
'ins Meer', obwohl der elische wie thessalische Athen {Sonderschr. öst. arch. Inst 6[iy06j, 52. 6-i)
Enipeus nicht ins Meer, sondern in andere ergänzt: Jahr 419/418. Und auf den gleichen
Flüsse münden (s. PA»/»/)pson, JBeaknc. 5, 2569 f.) ; Stoff bezog sich 'wohl ohne Zweifel auch die
noch wird Gewicht auf die Mitteilung gelegt, Tragödie (?) Nelei Carmen^ {Engelmann 177)
ob Tyro sich dem Gott vor oder schon in ihrer bei Ribbeck, Rom. Fragm. scen. rom. poet. 1, 233.
Ehe mit Kretheus hingegeben habe. Wenn so Im Zusammenhang, doch nicht völlig klar, hat
neuere Erklärer, wie Robert, Herrn. 51 (^1916) Apollodor. bibl. 1, 9, 8 die Sage berichtet, wie
TTyro'), 291, bestimmt zn erkennen glauben, sie die einfache Erzählung der Nekyia aus-
Tyro sei bei Homer in der Zeit ihres Poseidon- spinnt und fortführt. (Danach z. B. Tzetz.. zu
yerhältnisaes 'bereits mit Kretheus vermählt', Lykophr. ed. Scheer 2, 80, 26 ff.) Aber auch bei
woraus dann weitgehende Schlüsse auf den ihm läßt sich nicht feststellen, was er der my-
Schauplatz (ob Elis, ob Thessalien) gezogen thologischen Überlieferung dankt, da er nach
werden, so geht das aus den einleitenden Ver- Roberts Unterauchungen offenbar eine Kontami-
sen X 235 f. keineswegs hervor. Dieser Einging nation der Quellen: Od. X 235 ff., Hesioda Kata-
der Tyroepisode macht lediglich bekannt mit löge Buch 1, Sophokles' Salmoneus und Tyro ß'
den verwandtschaftlichen Verhältnissen Tyros : 40 bietet.
Tochter Salmoneus', Frau des Kretheus, ohne Nach ihm wuchs Tyro, Salmoneus' und
verbindlich zu sein für die Zeitverhältnisse der Alkidikes Tochter, bei Kretheus, Salmoneus'
folgenden Erzählung. Homer läßt alle Möglich- Bruder, auf {tgscpofiivri). [Deion, ihren zweiten
keiten offen. {Lukian hat wohl lediglich die Oheim, nennt Eustath. 1685, 13.] Sie liebte den
homerische Stelle zu seinem 13. dial. mar. ver- Flußgott Enipeus, hielt sich oft klagend am
arbeitet, der aus einer Auseinandersetzung zwi- Ufer auf, aber wurde von Poseidon, in Enipeus'
sehen Enipeus und Poseidon besteht. Im 2. Buch Gestalt ('vermutlich stierähnlich', ohne Grund
der &X. Igt. [106 f.] leistet sich Lukian den Ed. Gerhard, Gr. Myth. 1855, § 680), Mutter
Scherz, eine 'weiße Insel', die im Milchmeer von Zwillingen, die sie heimlich zur Welt
liegt und als rvQbg iiiyiatog erscheint, von 50 brachte und aussetzte. \^2i.c\i P.Wolters, Jahrb.
Tyro beherrscht werden zu lassen als Posei- arch. Inst. ^ (189 1\ 63, geschah die Aussetzung
dons Gabe nach ihrem irdischen Tod. Ernst im Wasser, wohl im Enipeus, in dem dann
hat das Märchen genommen W. Dindorf im Tyro den Vater ihrer Kinder gesehen hätte;
Komm, zu Aristid. 1 [1829], or. 3, 26.) Poseidon müßte sich erst später geoffenbart
Wie Hesiod in den Katalogen die Liebes- haben. Daß es eine solche Sagenform gab, er-
geschichte Tyros erzählte, läßt sich mit un- scheint möglich, läßt sich aber lediglich aus
seren Mitteln nicht erkennen; üofteri a. a.O. 293 der von TToZfers verö ffentlichten tanagräischen
(und sonst) glaubt einige Spuren dieser Über- Terrakotte (s. unt.) nicht erweisen.] Kin vor-
lieferung bei Apollod. 1,9, 7 ff. und Diod. 4,68 überziehender Roßhirt (bei Sophokles, Tyro ß\
entdeckt zu haben, ebenso (S. 297 f.) in einer 60 ein Ziegenhirt, iggrivoßooxog, frg. 589 Dind.
tanagräischen Terrakotta; s u. Eine in der 594 iVcÄ. nach Phot. 17,7: 'demgegenüber er-
Hauptsache gleiche, im Wortlaut aber ziemlich scheint die bei Apoll, erhaltene Version als
stark abweichende Parallelerzählung zu den die die ältere'; Poseidonsöhne werden unter Pfer-
Tyro betreffenden Versen der Oiyssce, dieerhal- den, nicht unter Ziegen ausgesetzt) nimmt die
ieniat Tebt. Pap. 271{2./S. Jahrh.), weist A. Koerte Kinder auf und gibt ihnen die Namen Pelias
'mitgroßer Wahrscheinlichkeit' den ÄmodtscÄen und Neleua; vgl. o. ßd. 3, Sp. 105, Trieber, Rh.
Katalogen zu, Arch. Pap. U'iss. 5 (1913), 533 f. ilfws. 43 (1888), 571, Anm. 2. Bei Sophokles war
Sophokles hat den Tyrostoff aufgenommen das Erkennungsmittel zwischen den herange-
1461 Tyro Tyro 1462
wachsenen Söhnen und ihrer Mutter die av.dtpr\^ UtXictv xovaSs xad's^o^iivovg. ' Mutter, zittere
eine muldenförmige Wiege {Darcmherg-Saglio, nicht! Mag Sidero dein Haar hinschätten dem
Dictionnaire 1,2, 1688 'Cunae'), wie Äristot. Vater Salmoneua, der hier unten abgebildet
poet. 16, 1454b, 26 überliefert; vgl. Schol. Ari- ist — er wird dich ja nicht weiter versklaven
stoph. Lys. 138. Wie sie aus dem Wasser aufs im Gehöft, wenn er in der Nähe «ieht [oder:
Land kam, wissen wir nicht; die Wiege kann wenn er nah im Gehege sieht] Neleus und
wohl vom Fluß angeschwemmt worden sein; Felias, die da sitzen.' Wenn ich iniaitBiQruLa
die Anschauung 7i*o/>eHH (280) und anderer, die richtig als 'Frisur', 'Haar' deute, gab das
Kinder seien auf einer 'Pferdeweide' ausgesetzt 9. Relief im Apollotempel zu Kyzikos die Szene
worden, entbehrt der Überlieferung {nccQiöv- lo wieder, in der Sidero das schöne Haupthaar
xcöv innocpoQßö}v^ Apoll.) und erschwert die Tyros abschneidet und vor Salmoneus wirft,
Herstellung der Zusammenhänge im Geschehen. während schon die Retter und Rächer erscheinen.
Nach liobert (294) hatte die öxaqprj bei Sopho- Anders liohert (284 f), der wie v. Wilamowitz
kies keine Bedeutung: 'er hat sie aus der alte- seine Lesung des ersten Distichons nicht mit-
ren Sagenform beibehalten' (?). Über ihre Ver- teilt, sich auf Stadtmüll era starke Interpola-
wendung in den Kunstdarstellungen von Tyro- tionen stützt (^rj Tvqcd tqvxol abv hi önsiQrifKx,
Szenen s. o.J. ApoUodor spricht nur von der 2id7]Qol^ HaX^avel . . . vnotaaooßtvccv, wieder
Erkennung, ohne sich um ihre Mittel zu küm- anders, teils ähnlich Jacobs, Anth. Graeca vol.
mern, und fährt weiter mit der Ermordung 13 [1814], 630; 3 [1817], 37 f.) und in an figruiu
der Stiefmutter Sidero durch die Söhne Tyros: 20 den Strick sieht, mit dem Tyro geschlagen
'denn als sie erfuhren, ihre Mutter sei von wird (vgl. PoW. 4, 141). Ich sehe in der Szene
ihr (Sidero) mißhandelt worden, stürmten sie eine Erinnerung an Sophokles' Behandlung die-
gegen sie; doch sie iioh in das Heiligtum He- ser Episode. Dargestellt ist eine solche Miß-
ras, woPelias sie auf dem Altar niedermachte'. handlungsszene nach v. Wilamowitz auf einem
Folgt Exkurs über die weiteren Schicksale der Belief vom Ehrengrab im milesischen Buleu-
Söhne; dann: 'Kretheus, der lolkos gegründet, terion: Wiegand, Milet 2, Tsif. IQ^ 2; liobert 2^1.
heiratet Tyro, die Salmoneustochter, von der Auch Diodor 4, 68 hat die Tyrosage be-
ihm die Söhne Aison, Amythaon und Pheres rührt: Salmoneus hatte von Alkidike Tyro zur
geboren wurden.' Tochter, yidXXsL diacpEQOvaav. Nach Alkidikes
Die Frage nach der Zugehörigkeit der 'Stief- 30 Tod heiratete er Sidero, die als Stiefmutter
mutter Sidero' zu Salmoneus oder zu Kretheus übel gegen Tyro gesinnt war. (Tod des Salmo-
bat schon viele Diskussionen hervorgerufen; neus.) Der Tyro vermählte sich, als sie noch
8. liobert 280 f. Sie gilt indessen allgemein als Mädchen war, Poseidon; er zeugte mit ihr Pe-
Salmoneus' zweite Frau (s. o. Bd. 4, Sp, 816 f.) lias und Neleus. Tyro gebar aber, als sie bei
uud kann auch bei ApoUodor so verstanden Kretheus wohnte, die drei bekannten Söhne,
werden. Denn Tyro kann nach Salmoneus' Tod JJiodors Bericht erscheint wesentlich einfacher
wohl bei ihrem Oheim Kretheus aufgewachsen als der Apollodors. Nach üoberta Ansicht hat
und zugleich von ihrer Stiefmutter gequält wor- Diodor zwar die gleichen Quellen gekannt und
den sein, deren Tod später die Verbindung benutzt wie ApoUodor, doch ging er darauf
Tyros und Kretheus' sogar ermöglicht haben 40 aus, die Widersprüche in ihrer Kombination
mag. Die Altersverhältnisse stehen dieser An- zu vertuschen. Ob aber tatsächlich diese Ab-
nahme kaum im Weg; über die Überlieferun- sieht der sorglosen Erzählung zugrunde liegt,
gen zu der Beziehung zwischen Kretheus und bleibe hier dahingestellt.
Sidero sind wir nicht unterrichtet. Die Gründe, Ganz anders die Tyroüberlieferung bei Hy-
die Sidero zum Haß gegen Tyro bewogen, ken- gin. fab. 60. Nach ihr vergewaltigt kein Gott
neu wir gleichfalls nicht — sie konnten der Tyro, sondern Sisyphos, des Salmoneus Bruder.
Eifersucht entstammen; aber schon das Wort Einem Apollonorakel nach konnte Sisyphos sei-
iirixQvid kann die Abneigung erklären; vgl. nen feindlichen Bruder töten: si ex compressu
Diod. 4,68: cbg av yir\xQvid. Im übrigen hat Tyronis ... proer easset liberos, fore ultores. Si-
das Untersuchen dieser Frage keinen Zweck. 50 syphos zeugte darauf mit Tyro zwei Söhne, die
Jedenfalls geht die Überlieferung darin einig, aber von Tyro, auf die Kunde vom Orakel hin,
daß Sidero ihre Stieftochter übel quälte; so getötet wurden; vgl. Byg. fab. 239 (Tyro als
das Lemma des Kyzikenischen Epigr. Anth. Pal. Kindsmörderin) und 254 (Tyro als vaterlieben-
3,9, nach dem Salmoneus Tyro did xtjv cpd'o- des Weib). Nach Hygin war auch diese Ver-
gdv in Fesseln legte, Sidero sie peinigte. Mo- sion Stoff für die Tragödie eines unbekannten
bert hat die Begründung des Lemmatisten ab- Autors, ein 'wilder Nebensproß' (Bobert 302).
gelehnt (283 f.), ohne triftige Einwände, Das Wenn Hygin fab. 10 den Neleus Sohn des
Epigramm selbst ergibt kaum etwas Neues zur Hippokoon nennt, so sieht üsener (Bh. Mus.
Erklärung der Sage, zumal die Interpreten 53, 353 f.) in dem Wort Hippokoon eine 'pas-
bisher unbedenklich den durch Konjekturen 60 sende Bezeichnung des Poseidon '"'/»Ttto?'. Weiz-
entstellten Text verwandten. Die Überlieferung säcker o. Bd. 3, 2, Sp. 104 sieht entweder einen
der Anth. Pal. gibt als Anfang: MHT€P/\TPH Irrtum in der üsener 'wertvoll' erscheinenden
XeiOICINeTTICTT€IPHMACIAHP()JI, was ich lese Überlieferung oder eine Entstellung des Epi-
als: a^rap, dxgsi' %fiot abv iTCiaTtsiQrnicc Zidr\- thetons '"'/TtTrtog, während /S^oZ/ o. Bd. 1, Sp. 2678,
qm I 2^al(ia)vsl ysvsxa xad' vnoxaaaoiisvo) [-fis- 5 für die Hygiiistelle einen besonderen Hippo-
vav edd.]' \ ov'Ktxi yccg dovXcoasL iv bq-ksoiv' iy- koon und einen besonderen Neleus Pylios an-
yvQ^L Xsvaacov [Xsvacov A. P. Xsvaaco Wilam.; s. nimmt; ebenso Zwicker, Bealenc. S, 2 {1776)^ 4:2.
Engelmann 50, Anm., Bob. 284,3 ] NriXia v.ai Die Heimat Tyros verlegt Strab. 8, 356
1463 Tyro Tyro 1464
ausdrücklich nach Elis, wo es einen Fluß Eni- i^ ov TvQog nöXiSy xai ^öxfv viovg 6' xori -^v-
peuB gibt. Ihn setzt Strabo dem homerischen yartQu fu'av, Käi^ov^ «I^oiiixa, 2^vqov xal Ki-
gleich. Mit dieser Lokalisierung deckt sich iixa x«l Kigoanriv (vgl. Matal, p. 30, Cidren,
auch die sonstige Feststellung, daß Salmoneus CSUByz. 1,38, Chron. Pasch. 1,76,18). Auch
durch die Stadt Salmone nach Elis zu ver- Sidon spielt herein: ßelos, Agenors Bruder, hat
weisen ist; vgl. darüber Trieber, lih. Mus. 43 Side zur Frau. Grup}>€ verlegt {Gr. Myth. lOü)
(1888), 671, Anm. 1. Höfer o. Bd. 4, Sp. 291, die ganze Sippe nach Kreta: Salmoneus heißt
Robert S. 290 f., der aber der Schauplatz der ihm so nach dem kretischen Salmone; Sidero
Aomm8C^«n Tyrosage ohne Bedenken nach Thes- scheint ihm dort im Kult vorgekommen /u
saJien verlegt, da der pompöse Vers auf den lo sein, und auch Kretheus ist aus Kreta bezeu«>^t
Enipeus als schönsten der Ströme der Welt {IJiod. 4, 60).
unmöglich auf den bescheidenen Nebenfluß des Über die Verwandtschaft der Tyrosage mit
Alpheios, sondern nur auf den stolzen Zustrom der Romulus-Remuslegende u. a. vgl. 'Irieber,
des Peneios bezogen werden könne. Man wird Bh. Mus. 48 (1888), 569. Petersen, Kilo 9 (1909),
aber schwerlich das homerische Lob auf den 46 f., J. Mesk^ Wien. Stud. 30 (1914), 7 tf . mit
Fluß Enipeus als geographischen Hinweis be- weiterer Literatur; über den Typ der Mutter-
trachten dürfen, dieser Ausdruck ist ebenso befreiung durch ihre Göttersöhne, Gruppe, Gr.
konventionell wie die Angabe, Poseidon sei im Myth. 560, 4.
Meer verschwunden, obwohl von Meeresnähe Die K u n s t ist am Tyromotiv nicht so acht-
weder beim einen noch beim andern Enipeus 20 los vorübergegangen, wie man nach P. Wol-
die Rede sein kann. Die Notiz bei Strabo wie ters, Arch. Jahrh 6 (1891), 61 meinen könnte.
auch die noch nicht beachtete Zusammensetzung Bei der Verarbeitung der Sage hat sie sich
Tyros mit Frauen aus der Peloponnes in der offenbar gern an die literarische Behandlung
Od. 2, 120 (T., Alkmene, Mykene) sprechen doch der Motive durch die Tragiker angelehnt. Ü.
sicher dafür, daß sich das Altertum die Gegend Engelmann, Arch. Jahrb. 5 (1890), 171—179,
der Sage in Elis vorstellte, obwohl Nonnos 42, P. Wolters a. a. 0. 61 f. und C. liobcrt, Hermes
117 Tyro eine Thessalierin nennt. H. D. Mül- 51 (1916), 273—302, haben sich um das Ver-
irr, Myih. d. gr. Stämme 1 (1857), 148. 2 verlegt ständnis der verschiedenen erhaltenen Tyro-
Tyros Herkunft auch ohne Bedenken nach p]lis. denkmäler besonders verdient gemacht, nach-
Die Überlieferung, die eine Tochter Tyros Pha- so dem J. de Witte, Gazette archeologique 7, 1881
lanna nennt, Eponyme der gleichnamigen Stadt und 1882, Taf. 1, 2, S. 6 — 14, eine Tyroszenc auf
in Perrhaibia (s. o. Bd. 3, Sp. 2237), stammt der etruskischen Bronze-Situla der Samm-
wohl aus einer Version, die die Tyrosgeschichte lung Czartoryski (Paris) veröffentlicht hatte.
nach Thessalien verlegt; vgl. Lycophr. Alex. Nach Roberto Erklärung (S. 273 f., Fig. 4; s, o.
rec. E. Scheer 2, 1908, Prol. 37. Schultz o. Bd. 1, Bd. 3, 105 f., Bild 3. Engelmann Fig. A) wollte
Sp. 1249, 85 ff. spricht wie schon Ch. G. Heyne, der Künstler diesen Moment wiedergehen : Mit-
Obs. in Apoll. 2 (1803), 60, Thessalien als Tyros telpunkt der Szenerie ist ein Brunnen, vor dem
Heimat an. Ebenso verlegt Weizsäcker o. Bd. 3, zwei Gestalten stehen, Pelias mit der öxaqp»],
Sp. 106 die ganze Tyrosippe nach Südthessa- der muldenförmigen Wiege, in der Tyro" die
lien und läßt Salmoneus später in Elis sich 40 Zwillinge ausgesetzt, auf der linken Schulter,
ansiedeln. ihm gegenüber Tyro, Wasser schöpfend. Hinter
Der Name Tyro fand verschiedene Aus- ihr Poseidon, der mit seiner Rechten die 1.
deutungen. Preller- Robert, Gr. Myth. 1, 588, 4 Schulter der irdischen Geliebten berührt. Die
denkt an Zusammenhang mit xvQog und er- beiden Figuren hinter Pelias deutet Robert als
klärt Tyro als das weiße '^Käsemädchen' (vgl. Salmoneus und Sidero; Arm- und Fußspange,
Schol. Od. 11,235; Diod. 6,65 Sia. xr]v Xbvv.6- Haar und Drapierung sprechen ihm eher für
TTjra xal xr]v xov amiiaxog ^a/laxorTjrot, Properz weibliche Gestalt als tür männliche, die Engel-
2,28,51 Candida Tyro, Erotian, Gloss. Hippocr. mann in ihr sehen wollte (Kretheus). Es mag
108, 8 Xivxbv ociixr]v wd' inaldsveBv ydXa, vgl. sich hier um die Erkennung zwischen Tyro
Engelmann S. 178; Robert S. 302) mit betontem 50 und Pelias gehandelt haben. Auch etruskische
Gegensatz zum 'Eisen weih' Sidero; anders Spiegel — über die Tyrosage in Etrurien vgl.
Solmsen, Indog. Forsch. 30 (1912), 34, wo Tyro Mesk, Wien. Stud. 36 (1914), 10 f. — halten die
als 'die schwellende, strotzende' erklärt wird: Erkennungsszene fest. Auf dem Exemplar bei
'ein alter Name der Krdgöttin'. Solmsen leitet Gerhard, Etrusk. Spiegel, Taf. 170 (Rob. Fig. 2,
das Wort von Tv-pog und awest. tüiri- ab, er- S.277; s. o. Bd.3, Sp. 106, Bild2; Engelm.Fig.C)
kennt den Stamm wieder in mehreren Kurz- sind die Personen durch Beischriften gesichert.
namen mit Tyr-, wie Tvq<ov^ TvqIvosi TvQlfivccg, Tyro als Magd wird beim Wasserholen von
und denkt an sexuell gedeuteten Sinn: 'geiP. ihren Söhnen getroffen. Pelias (nackt) hältwie-
Ed. Gerhard^ Gr. Myth. 1855 deutete Tyro als der die Wiege als Erkennungszeichen, Neleus
'Tyrierin' (§ 842, 1 ; 646 , 2 d), nach E. Wilisch, 60 (nackt) lehnt hinter Tyro auf den Speer ge-
Jahrb. f. class. Phil. 117 (1878), 740, bewahrt stützt. Die Namen lauten nach Herbig, Hermes
der Gegensatz zwischen Sidero — Tyro 'vielleicht 51, 465 {^Tyro und flere''): turia = Tyro, nele
eine Erinnerung an die alte Rivalität von Si- = Neleus, pelias. Links eine vierte Gestalt,
don und Tyros' (s. o. Bd. 4, Sp. 816); vgl. die von der man nur den Kopf sieht und den mit
Genealogie bei lo. Antioch. frg. 6, 15 {Frg. einem mantelartigen Gewände bekleideten Ober-
Hist. gr. 4, 544; s. o. Bd. 1, Sp. 1410, 29 f.), der körper, der Unterkörper verschwindet fast ganz
Europa als Tochter der Tyro nennt; Agenor, hinter einem Architekturstücke, auf dessen obe-
Sohn der Libye und Poseidons, heiratet sie: rem Rand das etruskische Wort flere: seine
1465 Tyro Tyros 146t>
Deutung hat bis jetzt viel Mühe gemacht und Frage gehört indessen der Dramaturgie, nicht
ist noch nicht befriedigend gegeben; vgl. 7>)6'ccÄ-6', der Mythologie an. Auf die Tyrosuge, bzw.
Etrusk. Forsch. 4 (1880), 67; G. Hering, Abk. Sophokles' 2. Tyro, hat schon O. Jahn, Arch.
Bayr. Ak. 2b {ldll),n9ü\', Die etruak. Leinwand- Aufs. 1845, 149 f. ein unteritalisches Va-
roUe des Aqramer ^atiomdmuseums 11)11, 81); senbild (bei llocheite, Mon. ined. Taf. 4, 1.
G. Sigwart, Glotta 8 (1917), 159 ff. Zeitschr. f. Welcker, Alte Denkm. 3 (1851), 140, T. 14) be-
vergl. Sprachforsch. 50 (1922), 27G tf., wo die ver- zogen. Ohne die Szene an sich genau und
schiedenen Kontrovernen und Interpretations- sicher feststellen zu können, hat auch liohert,
versuche zusammengestellt sind. Fig. 5, S. 297 die Darstellung (gegen Welckera
Ähnlich, wenn auch mit Abweichungen im lo u. a. Widerspruch) aufs neue für die Tyrosage
einzelnen, ist die Brunnenszene auf anderen beansprucht: Flucht Sideros in den Heratem-
Spiegeln dargestellt: vgl, o. Bd.ii, Sp. 105, Bild 1 ; pel; doch erscheint diese Interpretation im ein-
Gerhard, Ii^tr. Spiegel b, Tsbt'. ^'i); Engelmann B; zelnen zweifelhaft, solange der Inhalt der
Robert 27 7, Fig. 3. Weitere Exemplare bei Ger- 2. Tyro nicht völlig feststeht.
hard Taf. 351, 1 — 8, dazu Robert S. 278. 'Eine neue, höchst interessante Form der
P. Wolters hat, Arch. Jahrb. 6 (1891), 61 f. Tyrosage' will Robert erkennen auf einem rö-
(Taf. 2), eine farbige tanagräische Terra- mischen Grabstein aus Steinamanger (Sa-
kotte (18 cm hoch) aus dem Besitz der Griech. varia), dessen Relief er als Fig. 6, S. 299 ver-
archäol. Gef^ellschaft {Mogcpal itriXivai nr. 1698) öffentlicht. Danach wäre hier die Erkennung
veröffentlicht und auf Tyro mit ihren Zwillingen 20 so dargestellt, daß ein sitzender junger Mann
bezogen; vgl. Ä'bep^, J.^/i. Jfi'i^. 10, 173; K. Pe- der nebenstehenden ^schönen, nur wenig be-
tersen, Klio 9 (1909), 46. Im Gegensatz zu den kleideten Frau' einen Ring hinreicht, während
oben angeführten Kunstzeugnissen für Tyro, ein zweiter Mann 'offenbar niederen Standes
die zur Rekonstruktion von Sophokles' 2. Tyro in der Rechten ein kleines Kinderhalsband'
dienen können, steht sie im Kreis einer älteren hält (Pferdeknecht: hinter ihm Andeutung
Sagenversion, nach Robert 397 wohl der Hesio- zweier Rosse). Ring und Band sind Erkennungs-
dischen Ivataloge. Tyro auf einem hohen Felsen zeichen. Nach Robert wäre die sitzende Gestalt
sitzend (das erinnert an ihre Darstellung durch ""Vorniund oder Gatte' Tyros (Kretheus), der
Polygnot in der Delphischen Lesche; vgl. Paus. ein Verhör der 'schönen Sünderin' beginnen
10, 29, 7 : inl tiftqus ^ad^ri^^vri), im Mantel, der 30 wird. Ob Robert mit seiner Konstruktion : '1 yro,
die Brust freiläßt, eine einfache Haube auf dem von Poseidon verführt, ihrem Oheim vermählt,
Kopf, blickt 'traurig' auf die 'muldenförmige wird bald nach der Hochzeit entbunden, setzt
Wiege' zu ihren Füßen, in der die Zwillinge die Kinder aus usw., auf dem richtigen Wege
dicht eingewickelt liegen, bedeckt mit spitzer war, bleibe dahingestellt, ebenso die Richtigkeit
Kindermütze. Aus verschiedenen Gründen kann seiner Vermutung, das römische Relief illu-
Wolters folgern, daß die Gxaqprj nicht auf dem striere eine Szene der Tyro a des Sophokles;
Boden steht, sondern als im Wasser schwim- vgl. seine Entwicklungsganges. 300 — 302. Recht
mend gedacht war. (Über die sagengeschicht- hat er aber zweifellos mit dem Nachweis, daß
liehen Schlüsse, die Wolters aus seiner Inter- die zweite Tyrofassung des Sophokles 'für die
dretation gezogen hat, s. oben.) 40 Sagenanschauung der Folgezeit maßgebend ge-
Im kalabresischen Rosamo, der lokrischen blieben ist'.
Kolonie Medme, fand man Mitte des vorigen Schließlich bezieht Marg. Bieber, Bespre-
Jahrh. ein Tonrelief, das für die Tyrodar- chung von H. Blümner, ^ Aus der archäol. Samm-
stellung wichtig ist. Weitere Teile zur Vervoll- lung der Univ. Zürich^ (1916), Berl. philol.
ständigung ergaben sich bei neuen Ausgrabun- Wochenschr. 37 (1917), 176 f. das Bild einer
gen (1914) in der antiken Nekropole von Ro- Lukanischen Pelike aus Piedimonte d'Alife. {Tai.
sarno; vgl. P. Orsi, Notizie degli scavi 1913, 17 bei Blümner; S. Reiyiach, Repert. 1 (1899),
Suppl S. 60, Bild 68. C. Robert 273 f. (Fig. 1, 465. Literatur hei Bieber und o. Bd. 3, Sp. 2872,
S. 274) hat zuerst den Sinn des Reliefs erkannt. 53 ff.) gegen die bisherige Deutung (Poseidon
Er interpretiert die Szene als Illustration zu 5o und Amymone im Wogenthalamos) auf die ho-
einer Stelle der Sophoklei sehen 2. Tyro, Ort: merische Vereinigungsszene von Poseidon mit
Heraheiligtum (vgl. Apollod. 1,9,8,3); an der Tyro, deren Ring (1. Hand) vielleicht als spä-
Altarstufe 1. liegt die erschlagene Sidero, auf teres Erkennungszeichen angesprochen werden
dem Altar Pelias, der Rächer (unvollständig), könnte, [Preisendanz.]
und Tyro mit verschnittenem Haar {Soph. frg. Tyros {Tvqos), eine phoinikische Nymphe
598 xöfAT]? ds TcevQ-Qs layxdvco Ttmlov ^i'xrjv), (und wohl Eponyme von Tyros), Geliebte des
den Neleus vor ihr abhaltend, ihren Vater Sal- Herakles. Als einst dessen Hund eine Purpur-
moneus zu töten. In der linken Ecke noch eine Schnecke gefreseen hatte und mit rot gefärbten
Gestalt, wohl Sklave der Zwillinge, mit der Lefzen zu Tyros gekommen war, erklärte diese
Wiege und einem Ledersack, der nach Robert 60 dem Herakles, sie würde ihm ihre Liebe nicht
wohl die übrigen Erkennungszeichen enthält; weiter schenken, wenn er ihr nicht ein Gewand
Gründe bei Robert S. 283. Das Relief 'ist zwar brächte, das noch farbenprächtiger sei als die
unverkennbar von dem Bühnenbild beeinflußt, Lefzen des Hundes. Daraufhin suchte Herakles
kopiert dieses aber nicht genau, sondern er- Purpurschnecken und wurde so der Erfinder
gänzt die illustrierte Szene durch Figuren aus der Purpurfärberei, Pollux 1, 45 ff.
anderen Szenen' (Robert 275). Daß die Erken- . Stadtgöttin von Tyros s. d. Art. Sidon Sp,
nung erst nach Sideros Tod erfolgt sei, scheint 816, Z, 54 ff,; s. ferner die Münzen bei Cohen
trotz Robert, S, 276, nicht leicht glaublich; die 5,260, Trebon. Gall. 191: Tyros mit Mauerkrone
1467 Tyrrhena, Tyrrhenia Tyrrhus 1468
und betend erhobener Rechten steht vor einem 28, 2 Gewicht lej?t — Xanthos, der kenntnis-
Tempel mit der Keule des Herakles. [Höfer.] reiche lydische Hiatoriker, von T. überhaupt
Tyrrhena, Tyrrhenla s. Sp. 1572. nichts wiese, sondern als Söhne des Atys den
Tyrrhenos, Tyrsenos (Tvppt^vös, TvQ6riv6g\ Lydos und Torebos nenne). Als seine Mutter
Tyrrhenus, auch Turrenus {Festus de verb. gilt in diesem Fall Hiera (o. Bd. 1, Sp. 2655),
s tan. ed. Linda 1913,484,19). 1) Er galt a) nach als Bruder Tarchon (Bd. 5, Sp. 107); dazu s.
Überlieferung bei Dion. Hol. 1, 27, 1 (ot ^xa- Lvkophr. Ale.r. 1248 f. {Tdgxcov rs xai Tvgari-
vdorag /tV'O'oioyovvTftf) als mythischer Stamm- vos, ald'tovfig Xvxoiy rcbv 'HQaxXeioav ixysyiorss
vater der Tyrrhener, d, h. Etrusker. der sie aus cciiiaTtov), Tzetz. zu Lyk. 1239, ed. Scheer 2
Maionien hergeführt habe, und als Sohn des lo (1908), 356, 20 {Tvgarivov tov TriXscpov viov\
Atys und der Kallithea, Bruder des Lydos, Schol. Lyk. 12 16, p. 357, 13 (ol TriX^q>ov Tägxmv
der in der Heimat blieb und ihr den Namen rs xal TvQaT]v6g) [anders, nach Herod. 1, 94,
Lydien gab, wahrend Tyrrhenos einen großen Schol. Lyk. 1351, p. 377, 7 Tvqötivös xai Avdbg
Teil Italiens in Besitz nahm und Eponymos "Axvog . . .nutSBg], Tzetz. Schol. 1249 {Tr]Xi(pov
dieses Landteiles wurde. Die Auswanderung xai *IfQäg Tdgxcav xal Tvgarivog); Serv. Comm.
der Lyder führt die Erzählung Herodota 1, 94 Aen. 10, 198 (Tarcho Tyrrheni frater; im Schol.
auf Nahrungsmangel zurück; die Ausziehenden zu 8, 479 heißt T. Bruder des Lydos, Sohn des
leitet Tyrrhenos, auch bei Herodot Sohn des Telephos, Gründer von Agylla-Caere). Als Sohn
Atys, nach dem sie Tyrrhener umgenannt wur- des T. gilt dagegen Tarchon bei Cato frg. 45
den (danach auch Strdb. 6, 219. 2, der den Na- 20 ed. Pet. {Hist. Rom. rel. 1, 64), bei Serv. Comm.
men der Mutter nicht nennt, &n6 rov Tvqqti- Aen. 10,179 {Tarchonem, Tyrrheno oriundum);
vov "Arvog, so auch 221 [S. 303, 28 Mein.]; Atys vgl. 0. Bd. 5, Sp. 106 f. Müller- Deecke, Etr. 1,
ist flff x&v &7toy6v(ov 'HgaxXiovg xal '0^qpaX»jff; 82, 41. Sohn des Tyrrhenos heißt bei Paus. 2,
vgl. Schol. Lykophr. 1351; Eust Comm. Dion. 21, 3 Hegeleos (s. 0. Bd. 1, Sp. 1875, 46 ff); er
Perieg. 847; Serv. Comm. Aen. 8,479, wo aber hal^e die Dorier die Salpinx blasen gelehrt.
Tyrrh. als Sohn des Telephos genannt wird). Vielleicht ist auch im Et. M. s. v. ScXring (Me-
Die Nymphe Sangaritis wird von Dorotheos thodius) an der Stelle tr}v rov MaXsmrov roii
d. Korinther {^ in historiis^) hei Natal. Com. Myth. Tvggrivov Q^vyaxiga und Hes. s. v. ccicogcc- Moc~
9, o als Mutter des T. und Geliebte des Atys >Leov Tvggrivov {xvgdvvov cod.) Maleotes oder
angefühlt; s. JfM7/er-Z>cccJt€,J5^^n«sA:cr 1,83 Anm. 30 Maleos als Sohn des Tyrrhenos zu verstehen.
Von der Einwanderung der Tyrrhener aus Ly- wo man bisher Tvggrivog als 'Tyrrhener' auf-
dien und von Tyrrhenos selbst weiß Diodor faßt. Dieser Maleos wird in anderer überliefe-
6, 40 nichts zu erzählen. rung auch als Erfinder der Tuba genannt ;
b) Oft heißt Tyrrhenos Sohn des Herakles, s. 0. Bd. 2, Sp. 2303, 62 ff.
der nach Hvg. fab. 274 {Herculis filitis) als d) Wenn Schol. Fiat. Tim. 25 B (368 Herrn.)
erster die Tuba erfand, indem er ^concha per- den Tyrrhenos Sohn des Agron, diesen lydi-
tusa buccinavit . . . unde tuba Tyrrhenum melos sehen König wieder Sohn des Atys nennt (Tvg-
dicitur^; vgl. den ^ Tyrrhentis clangor"* bei Verg. grivLcc dno Tvggrivov rov "Aygavog tov 'kxvog
Aen. 8 , 6*26 , der nach Bursianä Feststellung, rov Av&ov), so liegt hier wohl, nach Ed. Meyer,
Jahrb. f. class. Phil. 93 (1866), 783 nirgends den 40 Realenc. 1, 903, Kontamination vor (vgl. z. B.
T. als Erfinder der Tuba bezeichnet; dagegen Schol. Tzetz. Exeg. Iliad. p. 134,3 Herrn. [Tyr-
schreibt ihre Erfindung den Etruskern zu Ser- senia] cctco Tvgorivov viov "Arrvog rov Avdov).
vius zur gen. Stelle der Aeneis. Hygins Angabe 2) T., Kämpfer im etruskisch-troischen Ge-
geht nach Bursian auf griechische Quelle zu- folge des Aenas, fällt im Zweikampf gleichzeitig
rück. Paus. 2,21,3 nennt Tyrsenos Erfinder mit dem Latiner Aconteus, Fer^. ^en. 11, 612 f.
der Salpinx. In diesen Zusammenhang gehört 8) Bei Val. Flacc. Arg. 4, 115 Kr. der be-
vielleicht Pap. Ojjyr/i. 10 (1914), S. 107, nr. 1241, herrschende Gott des Tyrrhenischen Meeres,
kol. 6, 10: o[dXnLyyag dk\ ngoaxovg <priat[v nara- wie Aegon der des Aegaeiscben; die gleiche
6xsvd]6cia9^aL Tvggriv\ohg . . . (10) Tvggrivov [ ] Personifikation bezeichnet 7, 83 Tyrrhenus . . .
kgdrjlov . . . Dion. Hai spricht 1, 28, 1 (Jacohy) 50 loniusque magister. [Preisendanz]
von einer Überlieferung, die ihn als Sohn des Tyrrhides s. u. Tyrrhus.
Herakles und der Omphale (s. 0. Bd. 3, Sp. Tyrrhus pater heißt der 'treue Aufseher der
879, 27 ff.) bezeichne. Er sei nach Italien ge- Herden und Weiden des Latinus, dessen idylli-
kommen und habe die Pelasger nigocv rov Ts- sches Leben im Walde Vergil schildert' [Aen.
ßtgtog im Norden verdrängt. (Den Namen Om- 7, 486, 508 ff.], Preller- Jordan , Ttöm. Myth. 2'
phales setzt 0. Müller auch in die Pausanias- [1883], 335. — Servius erzählt, Comm. in Verg.
stelle 2, 21, 3 ein, wo es heißt, T. sei (Xiyovai) Aen. 6, 760 {rec. Thilo 2, 1, 107), Lavinia sei zu
Sohn des Herakles xal yvvaixbg rfig Avöfig; ihm geflohen aus Furcht vor ihrem Stiefsohn
vgl. Etrusker 2*, 209, o. Bd. 3, Sp. 879, 49—51. Askanius und habe in seiner Hütte den Silvius
Spiro, Paus. 1 (1903), 180, 1 hält die Überliefe- 60 {'fugit ad Silvas') geboren; vgl. Serv. zu 7, 484
rung ) Als Herakles' und Joles Sohn, als Bru- (' Tyrrhus dictus est pastor, apud quem Lavinia
der des Atys gilt T. dem Sostratos {'scripsit in peperif). Asper, Schol. Veron. in Aen. 7, 485 {rec.
secundo historiae fabulosae') bei Nutal. Com. Thilo 3,2, 437) stellt fest: 'nomen Tyrrhi ah
Myth. 9, 5; s. Müller- Deecke, Etr. 1, 83 Anm. historicis traxit; (folgt die Lavinialegende) . . .
c) Nach wieder anderer Überlieferung bei hie Latini vilicus traditur fuisse\ [Daraus
Dion. war er Sohn des Herakliden Telephos scheint die unnötige Annahme zweier Tyrrhi
(s. 0. Bd. 5, Sp. 291, 39 ff.) und zog nach Troias entstanden zu sein bei B.Heinze, Vergils ep.
Fall nach Italien (während — worauf Dion. 1, Techn.^ 1915, 245: 'Der Oberhirt des Latinus
1469 Tyrrhytör Theogonien 1470
heißt T. nach dem Hirten, in dessen Hütte bei Prelhr-Bobert, Die griech. Mythologie 1,29^.'
die Tradition Silvius geboren sein ließ.'] und die ausführlichere Behandlunpr bei O.G^rwpp*^,
Die Söhne des T. heißen Tyrrhidae pueri Die griech. Kulten. Mythen 1,567 ff. und Griech.
{Verg. Äen. 7, 'iS^ a. Serv. Comm.); der illteste Mythologie und Religionsgeschichte 411 ff. be-
Almo, der im Kampf zwischen Troern und trachtet nur einige Seiten der Frage. Eine
Italern durch Pfeilschuß getötet wird; Aen. 7, völlige, ja selbst nur eine annilhernde Lösunaj
632 {^bene rustici nomen usurpavit a (luvio^ der Aufgabe, eine Geschichte der Theogonie
Serv.)y hlh {Almonem puerum, dazu 5ery. 7,531); bei den Griechen zu geben, ist unmöglich ge-
vgl. Thesaur. ling. tat. 1, 170;}, 5 — 9. Noch ein- macht durch die außerordentliche Kümraerlich-
mal werden die Tyrrhidae iuvenes genannt lo keit des uns zur Verfügung stehenden Materials.
Aen. 9, 28. Überall bei Vergil und Serv. Comm., Besitzen wir doch nur ein theogonisches Ge-
Schol. Ver. ist die Form Tyrrhus überliefert, dicht vollständig, und zwar, wie es scheint,
nirgends Tyrrheus (so Preller-Jordan a. a. 0.; eins der knappsten und zugleich eigenwillig-
ReaIenc.Q,2 [1852] 'Tyrreus'). JHon. Hai. 1, sten; von allen andern nur spärliche Bruch-
70, 2 {Jacoby) nennt ihn TvQQr\v6g xig (wo man stücke oder Notizen über sie. Die Zufälligkeit
schon Ti''e(>o? geändert hat; s. X. Z)mdor/', jT/ics. der Erhaltung dieses oder jenes Einzelzuges
gr. ling. 7, 2611 B) ovotpoQßioiv iTtiiisXrirvg ßaai- eines Werkes, der in ihm vielleicht ^anz neben-
^titcov, ..Accrivcp ybvo^levos iv rots ^vdcUöva ngoa- sächlich war, der Verlust des vielleicht gerade
7]yoQog. Auch hier die Erzählung von der Auf- Wesentlichsten und Bezeichnendsten, kann auf
nähme der schwangeren Lavinia. [Preisendanz.] 20 Schritt und Tritt zu Fehlurteilen verführen.
Tyrrhytör {Tvqqvtcoq), böser Dämon der 8. Trotzdem muß versucht werden, das nun ein-
Dienstagstunde, entgegengesetzt dem ayysXog mal Erhaltene zu gruppieren und in eine
UsQyccvL'^X. Hygrom. Salom. cmgr 70: Cat. cod. historische Linie zu bringen. Ein wenig mehr,
astr. gr. 8,2, 151. [Preisendanz.] als bisher erkannt worden ist, wird sich dabei
Tzanas {T^avdg) s. u. Tiniae. doch ergeben. Noch ein Wort zur Umgrenzung
Tzermaen {T^7\Q\Locriv\ einer der Namen, bei der Aufgabe. Unmöglich konnten hier alle
denen Hermes angerufen wird in einem Pia- versprengten Einzelnachrichten über spezielle
netengebet des cod. Par. ^r. 2419; Cai. C06^. as^r. Göttergenealogien aufgearbeitet werden, die
gr. 8, 2, 175. Die übrigen Namen: Tloßga^, irgendwo in einem Lokalkult gelehrt wurden
AsXiGcpd-K., rsloxayidx, Xaadov, 'Axsaov^X, Tsgcc- 30 oder der gelegentlichen theologischen Speku-
tovov, I!(psXr}yt6v, T^., BugvriSmv. [Preisendanz.] lation irorendeines Dichters entsprangen. Nur
Tzippat (T^LTtTtdr), böser Geist der 5. Don- diejenigen Werke sind herangezogfen, die ganz
nerstagstunde, entgegengesetzt dem guten ayys- oder zu einem Teil dem Thema Th. gewidmet
XogrXmaTus. Hygrom. Salom. cmgr 10, Cat. cod. sind, d. h. in denen der Versuch gemacht ist,
asfr. ^r. 8, 2, 152. [Preisendanz.] ein längeres Stück Göttergeschichte, einfach
erzählend oder theologisch ausdeutend, zu be-
Nachträge zum Buchstaben T. handeln, die in den Gesichtskreis des Verfas-
Thehanische Kriege s. S. 1554. sers getretenen verschiedenartigen mythischen
Theogonieu.*) Begrenzung derAufgabe. und kultischen Überlieferungen in ein System
Der Versuch, eine Geschichte der theogonischen 40 zu bringen, eine zusammenhängende Geschichte
Literatur der Griechen zu schreiben, ist bisher von Herkunft, Leben und Taten der Götter-
noch nicht gemacht worden. Denn die sorg- persönlichkeiten, ihrer Sippen und Dynastien
fältige und gründliche Abhandlung von G. F. zu geben. Die Entstehung dieser primitiven
Schoemann, De poesi theogonica Graecorum, Wissenschaft und der Literatur, die ihren
Greifswald 1849 {= Opusc. acad. 2, Iff.), ist Niederschlao^ bildet, ihre leitenden Gedanken,
naturgemäß veraltet, scheidet zudem einerseits ihre Entwicklung bis zum Ausmünden in Philo-
Hesiod, andererseits die mythographische Über- sophie und sammelnde, registrierende Mytho-
lieferung aus dem Kreise ihrer Betrachtung aus graphie ist, soweit möglich, zu untersuchen
und faßt das Problem, die Entstehung und Ent- und darzustellen. Außer diesen eigentlichen
Wicklung dieses Zweiges der griechischen Theo- 50 Theogonikern haben am Ausbau des theogoni-
logie zu untersuchen, nicht ernstlich ins Auge. sehen Systems fast alle älteren Dichter mit-
Wohl aber liefert sie wie einige andere der gearbeitet; sie haben jene benützt und ihr
im 2. Band der Opuscula vereinigten Arbeiten Werk da und dort fortgeführt. Denn zu einem
Schoemanns sehr nützliches Material. Nach festen Abschluß mit fester kanonischer Geltung
(ScÄoemawn ist eine Zusammenfassung nicht mehr ist die griechische Theologie niemals gelangt,
versucht worden. Allzu knapp ist die Skizze wenn auch über eine Reihe von Genealogien,
Paarungen usw. Übereinstimmung erzielt wurde ;
*) Während der Vorarbeiten zum vori^^^^^ vieles blieb im Fluß. Auf diese mehr peri-
hat mir Seehgera Artikel Weltschupf ung durch die Güte , n^., , ., . , , 4.1- u D-- i
des Verfassers einige Zeit im Manuskript zur Verfügung P^f ^^ Mitarbeiter Ist nur gelegentlich ßuck-
gestanden. Ich habe mich bemüht, meinerseits nur auf 6» sicht genommen. Desgleichen ist nur gelegent-
die von ihm nicht oder kurz behandelten Dinge einzu- Hch auf die Frage nach den Ursprüngen der
gehen. Wo meine Darlegungen mit den seinigen über- griechischen Göttersagen und auf das weit-
einstimmen, steht ihm die Priorität zu. Auch sonst war schichtige Material an Parallelen in denjenigen
für knappere oder breitere Behandlung einzelner Ab- Kulturen und Religionen hingedeutet, mit denen
schnitte die Rücksicht auf das schon an anderen Stelleu ^^^ Griechentum seit seinem Auftreten in der
in diesem seinem Abschluß sich nähernden Lexikon Ge- -itt- u i-iii- k l l • l
botene bestimmend. Diese stete Rücksichtnahme möge Weltgeschichte bis zum Ausgang stets in mehr
die mangelhafte Architektonik und das Fragmentarische oder weniger enger Beziehung gestanden hat.
des vorliegenden Artikels entschuldigen. Ausgangspunkt der Betrachtung muß, um
1471 Theogonien Theogonien 1 472
einigermaßen festen Boden unter den Füßen 'Zuallererst war das Chaos' usw. Wie die In-
zu haben und nicht von vornherein ins Hypo- baltsangabe zeigt, ist das Proöniium aus meh-
theÜsche zu geraten, wohl oder übel die ein- reren heterogenen Stücken roh zusammenge-
zige erhaltene Th., die Hesiodische sein, ob- 8choben(l— 85. 36— 67, abgeteilt bei 52. 08— 74.
wohl sie nicht nur keinen Anfang bezeichnet, 75— 103. 104— 115), ohne daß eine Verknüpfung
sondern auch in vieler Hinsicht minder alter- zur Einheit auch nur versucht ist. Demgemäß
tümlich ist als manches aus Bruchstücken uns war man seit Beginn der neuzeitlichen Kritik
noch Erkennbare. So sei eine Inhaltsangabe (vgl. jetzt besonders G. ElJger , De prooemio
und kritische Analyse der Th. Hesioda voran- iheogoniae Hesiodeae, Diss. Berlin 1871, und
gestellt. 10 Die Zusätze zu dem Proömium der hesiodischen
Die Hesiodische Theogonie. 77»., Progr. d. Sophien -Gymn., Berlin 1883;
Das Proömium (1—115) zeigt folgenden x\ Gimhorn, Bemerkungen zum Pr.d. lli., Progr.
Gedankengang: 'Von den Helikonischen Musen Sigmaringen 181)3; W.Aly, Bhein. Mus. G8,26ff.)
wollen wir zu singen beginnen. Sie bewohnen wohl allgemein der Ansicht, daß hier mehrere,
den Helikon und halten dort ihre Reigenttluze. nicht für einander berechnete Stücke — über
Einmal stiegen sie, das Geschlecht der un- deren Herkunft die Meinungen stark ausein-
sterblichen Götter besingend (also eine Th., andergingen — von einem mehr oder weniger
11 — 21), zum Fnße des Berges und lehrten späten Redaktor roh zusammengefügt worden
den Hesiodos, der dort seine Schafe weidete, seien, jedenfalls die Verse 1—116 nicht eine
schönen Gesang. Erst schalten sie mich wegen 20 einheitliche Komposition Hesiods darstellten.
meiner bisherigen Trägheit, dann gaben sie Das haben neuestens P. Friedländer, Hermes
mir einen Lorbeerast als Zepter, hauchten A9,lff. und v.Wilamowitz, Die Ilias und Homer,
mir Gesang ein, um Künftiges und Vergange- Berlin 1916, 463 ff. durch eine sehr künstliche
nes zu besingen, und befahlen mir das Ge- Interpretation erweisen wollen, der ich nicht
schlecht der Seligen, Ewiglebenden, und sie folgen kann. Doch ist ein Eingehen auf diese
selbst zuerst und später stets zu besingen. Frage hier nicht notwendig, da sie für die
Doch was rede ich davon?' (1—35). 'Von den Geschichte der theogonischen Dichtung im
Musen wollen wir beginnen, die auf dem Olym- ganzen nur ein Interesse zweiten Ranges hat,
pos ihrem Vater Zeus mit ihrem Gesang das Wohl aber müssen diejenigen Partien des Ge-
Herz erfreuen. Sie besingen das Geschlecht 30 samtproömiums, die auf die eigentliche Th.
der Götter seit ürbeginn (also eine Th., 44 — 52). direkten Bezug haben, hier näher betrachtet
In Pierien hat sie dem Zeus Mnemosyne, die werden. Solche Argumenta der (besser: einer)
Herrin von Eleuther, nach neunnächtigem Bei- Th. finden sich in den 115 Versen nicht we-
lager, fern von den Unsterblichen, geboren niger als drei — einer der schwersten Ein-
dicht unter dem Gipfel des Olympos. Dort wände gegen die Einheitlichkeit des Proömiums,
sind ihre Tanzplätze und Häuser; bei ihnen weshalb denn auch Wilamowitz 471 wenigstens
wohnen die Chariten und Himeros' (36—67). das erste athetiert — , nämlich 11 — 21, 44 — 50,
'Sie gingen damals singend zum Olympos zu 106 — 113. Das letzte ist die typische Musen-
ihrem Vater, der im Himmel herrscht nach anrufung zum Anlang eines Epos mit Bezeich-
seinem Siege über Kronos und alle Gewalten 40 nung des Themas, für dessen Behandlung ihre
an die unsterblichen wohl verteilt hat' (68 — 74). göttliche Hilfe erbeten wird: 'Besingt das Ge-
""Das also sangen die Olympischen Musen, die schlecht der Götter, die von Ge und Uranos
neun Töchter des Zeus, Kleio, Eutei-pe, Tha- entstammten, und von der dunklen Nyx, und
leia, Melpomene, Terpsichore, Erato, Polymnia, die der salzige Pontos aufzog. Sagt, wie zu-
Uranie und Kalliope. Sie ist die hervorragend- erst Götter und Erde wurden, Flüsse und Meer,
ste von allen, denn sie steht den Königen bei. die Sterne und der breite Himmel darüber,
Welchem König die Musen gnädig sind, dem sodann die Götter, die von jenen entstammten,
geben sie die Gabe der Rede, kraft deren er und wie sie Gut und Ehren teilten und den
allen Streit zu schlichten und recht zu richten Olympos besetzten.' Diese Übersicht verzeich-
versteht, so daß er wie ein Gott von seinem 50 net zwar manches, was in der Th. selbst gar
Volk verehrt wird. Das wirkt die Gabe der nicht oder nur andeutungsweise enthalten ist:
Musen. Denn von den Musen und Apollon so das Werden von Q-toi, yccia, növrog., ovga-
sind die Sänger und Kitharisten auf der Erde, rds, recht auffällig neben den eben zuvor ge-
von Zeus die Könige. Glücklich, wen die Musen nannten, diese Teile der Welt vertretenden,
lieben. Süß rinnt ihm der Gesang vom Munde. gleichnamigen Perisönlichkeiten (das Btfremd-
Wenn einer betrübt ist, und ein Sänger singt liehe daran richtig hervorgehoben von Fried-
von den Ruhmestaten der früheren Menschen Vhider a. a. 0. 13,1), die uoxqcc Xafinsro&vtcc,
und von den Olympischen Göttern, so vergißt die dann nur 381/2 ganz kurz erwähnt sind,
er alsbald sein Leid; schnell lenkt ihn die die Verteilung der Welt unter die Götter, die
Gabe der Musen davon ab' (75 — 103). 'Seid 60 an der in Betracht kommenden Stelle (885)
gnädig, Kinder des Zeus, und gebt wonnigen gerade fehlt, und die Besetzung des Olympos,
Gesang, singt von dem heiligen Geschlecht die 389 ff. und 633 zwar vorausgesetzt, aber
der Unsterblichen, Ewiglebenden, die von Ge nirgends eigentlich berichtet wird. Trotzdem
und üranos entstammten usw. (Resume einer hat diese Übersicht doch jedenfalls unsere Th.
Th., 106 — 113). Das singt mir, Olympische im Auge, deren Grundlinien durch die Namen
Musen, von Anbeginn und sagt, was davon Ge, Uranos, Nyx, Pontos und deren Geschlecht
zuerst war' (104 — 116). — Unmittelbar daran unverkennbar bezeichnet sind, wie ja auch die
schließt der eigentliche Anfang der Th., 116: Schlußverse des Absatzes unmittelbar zu "Hrot
1473 Theogonien Theogonieu 1474
^ihv TtQÖiXLGxcc Xdoq yivsr' überleiten. Auf un- vollstilndigung «1<'8 Stammbaums des Zeus, auf
sere Th. sclieiut auch das Stück 44—60 — daß dossen Verherrlichunpf die ganze Th., die in
es neben dem benachbarten Resnme 105 ff. 13flF. ski/zierte wie die tatsächlich erhaltene,
schwer erträglich ist, Hei hier außer acht ge- hinausliluft. ITbrigens singen die Musen dieHe
lassen — abji^estimmt: die Musen sinp^en im Th, ja gar nicht in einem Zeusheiligtum, son-
Hause des Zeus 'zuerst das Geschlecht der dern auf dem Wej^'e vom Zeusaltar auf dem
Götter, die Gaia und ürauos zeugten, und die Helikon zum Weideplatz H<?siod8. Aber an-
dann von diesen entstammten, zweitens Zeus, dere starke Gründe sprechen — um davon ab-
den Vater der Götter und Menschen, und seine zusehen, daß drei Inhaltsskizzen derTh, inner-
Allmacht, endlich das Geschlecht der Menschen lo halb eines Proömiums von 115 Versen doch
und der starken Giganten', Zuerst die Ura- wohl auch für die primitivste poetische Tech-
niden, dann Zeus und seine Taten, das ist nik etwas zuviel des Guten sind — gegen die
ganz das Thema unserer Th. Wenn Menschen Authentizität 'dieser Verse, d. h, f?egen die
und Giganten hinzugefügt werden, die in der Annahme, daß sie von dem Dichter der uns
Th. nur ganz beiläufigr erwähnt sind (185 und vorliegenden Th, für die Einleitung seines Epos
535 ff.), so braucht diese Differenz hier noch verfaßt seien. Zunächst befremdet das wirre
weniger zu befremden als das Plus in dem Durcheinander der in der Th, selbst und in
Resume 105 ff. Denn unsere Verse wollen ja den Resumes 44 ff. und 103 ff. sorgfältig ge-
nicht wie die letztgenannten eine Inhaltsangabe ordneten Götter -y«i/fai: 11/12 Zeus und Here,
des folgenden Epos sein, sondern sie sind eine 20 13/14 drei Kinder des Zeus (aber nicht der Here;,
Episode in dem diesem als Proömium voran- 15 Zeus' Bruder Poseidon, 16 die Titaniu
gesetzten Musenhymnus, Daß der Gesang der Themis und Aphrodite (als Uranostochter?;,
Musen im Hause des Zeus theogonischen In- 17 Hebe, die Tochter des Zeus und der Here,
halt hat und vor allem Zeus selbst feiert, das und Dione, 18 wieder drei Titanen, darunter
ist einerseits wohl der Situation angemessen — Leto, deren Kinder mit Zeus V, 14 genannt
wovon sollten die Musen sonst dort singen? — , waren, 19 die Deszendenz des Titanenpaares
andererseits aber natürlich vom Dichter auf Hyperion und Theia, 20 endlich die ürgewal-
die folgende Th. berechnet. (Das hätte Fried- ten Gaia, Okeanos, Nyx, Der Th. fremd ist
länder a. a. 0. S. 4 nicht leugnen sollen, zu- Here als kgysiri (314, 328. 454. 921. 927. 952
mal er es S. 12 zugibt.) Doch wäre es unter 30 ohne lokale Beiwörter genannt, die der Dichter
diesen Umständen pedantisch, zu verlangen, bei den großen Göttern überhaupt meidet, offen-
daß der Musengesang im Hause des Zeus bis bar um den punhellenischen Charakter seines
ins einzelne dem theogonischen Epos ent- Werkes nicht zu beeinträchtigen); IloösiSdav
sprechen sollte, dem der Musenhymnus vorauf- erscheint in dieser Form (die nur in den JErga
geschickt ist. Der Musengesang ist nicht eine 667 und in Fragmenten Hesiods auftritt) nie-
Inhaltsangabe der Th., sondern ein Präludium mals in der Th., die nur einmal 732 die jün-
zu ihr. Wie ohne Zweifel die Verse 105 ff., gere Form UoGBidf.cov hat (von Triclinius her-
so kann auch die Partie 44 ff", für die uns er- gestellt, die hsl. Überlieferung schwankt) und
haltene Th. gedichtet sein. Wenn diese beiden an den entscheidenden Stellen (441. 456. 818,
Partien also in den Grundlinien zur Th. stim- 40 930) den Gott, ohne den Namen Poseidon, nur
men, so gilt das nicht für den Musengesang, igiycrvTrog 'EwoGlyaiog nennt. Die Dione V. 17,
11 ff., den sie anstimmen, als sie vom Helikon mit der doch gewiß nur die Mutter der 16 ge-
zu Hesiodos hinuntersteigen. Da besiuoren sie nannten Aphrodite, nicht die obskure, 353 in
'^Zeus und die Here von Argos, Zeus' Tochter der Reihe ihrer Schwestern aufgeführte Okea-
Athene, Phoibos ApoUon und Artemis, Posei- nine gemeint sein kann, ist unserer Th. unbe-
don, Themis, Aphrodite, Hebe und die schöne kannt. Am auffälligsten aber ist die Nennung
Dione, Leto , lapetos und Kronos, Eos, Helios der Urgewalten Gaia, Okeanos und Nyx, wäh-
und Selene, Gaia, den großen Okeanos und die rend das Paar Uranos-Gaia, das in der Th.
schwarze Nyx und das Geschlecht der anderen selbst und ebenso in den beiden anderen Re-
Unsterblichen'. Wilamoivitz a. a. 0, S, 471 athe- 50 sumes als zentrales Urelternpaar erscheint, hier
tiert die Verse 13 — 21, denn es sei sinnlos, fehlt. Okeanos und Nyx stehen ja auch in
daß die Musen von den Urgewalten gesungen unserer Th, an nicht unwichtiger Stelle. Aber
hätten; Gaia, Okeanos und Nyx verdienten sie nennen und Uranos verschweigen konnte
keine Huldigung. 'Hier singen die Musen nur ein Proömiendichter, der eine Th. im Auge
keine Th. ; sie sind in einem Zeusheiligtum hatte, deren Thema nicht ol rfjg i^syevovro xccl
und werden sich demgemäß benehmen.' Die Ovgavov ccazsQosvrog lautete, sondern wo als
Gründe scheinen mir nicht ausreichend, um Urgewalten Okeanos und Nyx figurierten. Und
daraufhin die Verse 13—21 auszumerzen. Er- solche Th,n kennen wir, s, Sp. 1539. Auf eine
stens können und müssen die Musen ebenso- solche, nicht auf die Hesiodische Th., wie wir
wohl von den Urgewalten singen, wie der 60 sie haben, weisen die Verse 11 — 21 hin. Blicken
Dichter es alsbald tut, dem sie die Sanges- wir von diesem gesicherten Ergebnis (das G^rMjjpe,
künde einhauchen und befehlen v^vstv ^ayiä-
goJV yivog alhv SOvrcov: an den Anfan»- der zustimmen. Gaia ist, wie Robert, Melange* Nicole 484 ff.
Behandlung dieses yivog gehören eben dfe Ur- ^c'^ön zeigt, in der Hesiodisch&n Th. die eigentliche Füh-
gewalten. Ihre Erwähnung bedeutet noch keine ^«'^^^ ^^"^ Haupthandlung, und in Orphischen Th.n stan-
rr 1 T „ !••• • n i.2\ • j- j. tt den auch Okeanos und Nyx noch weit mehr im vorder-
Huldigung für sie selbst*), sie dient zur Ver- ^^^^.^ ^,^ ^ei m^iod, s.u. Und doch dienten alle diese
*) übrigens kann ich auch dem Satz, daß Gaia, Okea- Dichtungen am Ende der Verherrlichung des Zeus als
nös und Nyx keine Huldigung verdienten, keineswegs des höchsten Gottes.
1475 Theogonien Theogonien 1476
Die griech. Kulte u. Mythen 1,667 ff. verdankt Weiterungen einer straff konzentrierten Urtheo-
wird) auf daa Bäsum^ 44 ff., das das iv^ga- gonie erklären zu wollen, heißt das Wesen
nmp xe yivog nQaTsg&v r» Fiydvrwv erwähnt, einer solchen Dichtung verkennen, die, wenn
das in unserer Th. fehlt, in anderen hingegen sie eine systematische Zusammenfassung aller
zweifellos gestanden hat — z. B. in der *o- göttlichen Kräfte des Alls geben wollte, not-
Qoivlgy die auch die "Hqti kgyfiri behandelte, wendigerweise bei der Buntheit, Mannigfaltig-
8. u. Sp. 1632 — , 80 werden wir auch in dieser keit, Zwiespältigkeit, Unkonzentriertheit des
Abweichung nicht mehr eine erträgliche Lizenz Materials nur durch zahlreiche Exkurse und
des Dichters, sondern auch einen Hinweis auf Einschachtelungen der Fülle de8 Stoffes Herr
eine andere als unsere Periodische Th. zu er- lo werden konnte. Würdigt man diese Schwie-
blicken geneigt sein. So ergibt sich aus un- rigkeit in gebührendem Maße, erwägt man,
serer Betrachtung — um die sonstigen Eom- daJä es sich um ein Werk aus den Anfängen
positionsfragen hier beiseite zu setzen — , daß der griechischen Literatur handelt, wo man
von den drei im Proömium enthaltenen In- die Kunst des Disponierens nicht in der Rhe-
haltsükizzen nur eine, die letzte, im wesent- torenschule lernte, so ist eher das Geschick
liehen zu der uns erhaltenen Th. stimmt, die des Dichters anzuerkennen, mit dem er scliließ-
beiden anderen hingegen auf sehr wesentlich lieh doch alles in einen großen Rahmen zu-
verschiedene (11 ff.) oder doch in einem wich- sammenzwingt, als daß man .ihm Zerfahrenheit
tigen Zuge abweichende (60) Fassungen be- vorwerfen dürfte. Damit ist nicht gesagt, daß
rechnet sind, die Hesiodi^ch oder nicht- ^e- 20 die Th. nicht Interpolationen enthalte; aber
modisch zu nennen ein Streit um Worte ist. es geht nicht an, alles, was der Geradlinigkeit
Denn es geht nicht an, den Namen Hesiod und Widerspruchslosigkeit des Ganzen Eintrag
allein für die uns zufällig erhaltene Recensio tut, zu streichen oder durch Umstellung ein-
der Th. mit Beschlag zu belegen. 'Hesiod' zurenken. Wer so viel Verschiedenartiges zu-
war ein Sammelname für allerlei herrenloses sammenarbeiten mußte, konnte kein blankes,
theogonisches Gut, wie uns am deutlichsten fugenloses Meisterwerk zustande bringen. Einige
das unten (Sp. 1630) zu besprechende'Hesiod'-Fg. Stücke zwar, die mit dem Grundplan gar nicht
bei Chrysippos zeigt! Der Wert der behandel- vereinbar sind oder den Kontext allzu gröblich
ten Inhaltsskizzen liegt eben darin, daß sie zerreißen oder in allzu krassem Widerspruch
uns verlorene, von unserer jffestod-Th. verschie- 30 zu anderen, z. T. dicht benachbarten Partien
dene Th.n bezeugen. Das Gesamtproömium stehen — dahin rechne ich vor allem den He-
1 — 116 ist eine lockere Zusammenschiebung katehymnus, einiges in der Hadesschilderung
poetischer Materialien, die zu Proömien für und die Typhoeusepisode — können unmög-
theogonische Dichtungen geschaffen und ver- lieh als Glieder einer als Einheit gemeinten
wendbar waren, aus denen sich der Rhapsode Dichtung geduldet werden. Viele Inkonsequen-
das ihm für seinen Vortrag geeignet Schei- zen und Inkonzinnitäten der Gliederung hin-
nende aussuchen mochte. Wer einen Plan in gegen erweisen sich bei näherer Betrachtung
ihm finden will, muß ihn erst hineintragen. als Ergebnis eines künstlerischen Willens, den
Der Kern der Th. Hesiods (116 — 885), wir respektieren müssen. Nirgends übrigens
so wie sie uns vorliegt, ist eine nach gewis- 40 in der eigentlichen Th. — außer in der Hades-
sem Plan angelegte und im ganzen folgerich- Schilderung, in der die Stücke einfach unver-
tig durchgeführte, systematische Genealoo^ie arbeitet nebeneinandergesetzt sind — begegnet
aller griechischen Götter, die, soweit sie Götter ein so widerspruchsvoller Wirrwarr wie in dem
des Himmels und der Erde sind, auf das Ur- Proömium.
eitempaar üranos und Gaia, soweit sie Meer- Die Urgewalten (11€ — 125). 'Zu aller-
wesen sind, auf das Paar Pontes und Gaia erst war das Chaos, dann aber — ob das
zurückgeführt werden. Vorangestellt sind einige wötocq ^nuxa beiordnend oder zeitlich nach-
kosmische Urbegriffe, mit denen aber der des ordnend zu verstehen ist (so versteht es Plat.
spekulativ-philosophischen Sinnes ermangelnde Sympos. nS B qprjal iistcc t6 xdo<s dvo rovro
Dichter nicht viel anzufangen weiß und sie 50 y^vicd^cci Friv xs v.ccX "Egarcc), ist aus der Stelle
daher — bis auf Nyx, die zur Mutter aller selbst nicht zu entnehmen, vgl. Schoemann, Die
dunklen, menschenfeindlichen, halb-göttlichen Hesiodische Theogonie, Berlin 1868, z. St. —
Mächte gemacht wird — alsbald unausgenützt die breitbrüstige Gaia, der in Ewigkeit ge-
fallen läßt. Die Hauptlinie der Darstellung festigte Sitz aller [Unsterblichen, die das Haupt
führt von Uranos und Gaia zu ihren Kindern, des beschneiten Ölympos innehaben, und die
den Titanen, denen die Kyklopen und Heka- dunstigen Tartara in der Tiefe der weiträu-
toncheiren zur Seite treten, zur Entmannung migen Erde] und Eros, der der Schönste ist
des Uranos durch Kronos und zur Titanenherr- unter den unsterblichen Göttern, der Glieder-
schaft, dann zu deren Deszendenz, vor allem lösende; aller Götter und aller Menschen Sinn
der des Hauptpaares Kronos-Rbeia, dessen Sohn 60 und wägenden Verstand in der Brust bezwingt
Zeus die Titanenherrschaft stürzt und nach er.' Das Eingeklammerte (118/9) fehlt bei allen
Bezwingung des Typhoeus seine Herrschaft antiken Zeugen (von Plat. bis Stob., s. die Aus-
befestigt. Dieses Grundschema ist durch eine gaben) und ist zweifellos spätes Einschiebsel,
Reihe z. T. umfangreicher Einlagen und An- teils zur Erläuterung des allein stehenden Ttdv-
hängsel durchbrochen und erweitert. Diese, tav — aber eine sehr törichte und falsche Er-
d. h. alles, was nicht notwendig zu dem be- läuterung — , teils um den später (682. 721.
zeichneten Bauplan des Werkes im engeren 725. 736. 807. 822. 868) ohne weiteres einge-
Sinne gehört, herauslösen und für spätere Er- führten Tartaros (sie, nie Tartara wie hier)
1477 Theogonien Theogonien 1478
nach Analogie anderer Th.n (s. Sp. 1541 ff.) unter alsbald unausgenützt fallen gelassen, während
den Urgewalten unterzubringen.*) So bleiben sich mit UranoH und Pontos, die sie partheno-
als Urwesen, in ihrem genealogischen Verhält- frenetisch hervorgebracht hat, Gaia nunmehr
nis zueinander nicht bestimmt, also wohl als zum Zweck der Erzeugung aller göttlichen
koordiniert zu fassen, Chaos, Gaia und Eros. Gewalten des Himmels und des Meeres ver-
Aber nur Chaos und Gaia werden als schaf- bindet. Der Gedanke der Parthenogenese wird
fende Prinzipien verwendet; von Eros ist über- fortan fallen gelassen (nur 927 bei Hera noch
haupt nicht mehr die Rede, denn der 201 bei- einmal aufgenommen). Uranos und Pontos, ob-
läuüg neben Himeros als Begleiter Aphrodites schon als die Naturgrößen Himmel und Meer
genannte Eros hat nichts mit dem kosmischen lo angeschaut und geschildert, sind doch zugleich
Prinzip dieses Namens zu tun, und 910 steht schon mythologische Personen im Gegensatz*
^Qog appellativ. Welche Schlüsse hieraus zu zu den ganz im Stofflichen bleibenden, nicht
ziehen sind, darüber s. u. Sp. 1501. Sehen wir zu einer mytHologitchen Feinheit zusammen-
von Eros ab, so geht die Entwicklung im An- gefaßten Urea; wo diese der Dichter hernahm,
Schluß an die Urdyas Chaos -Gaia zunächst s, u. Sp. 1503.
dyadisch weiter. Zuerst (123 — 125) dieDeszen- Die zweite Trias der Gaia-Geburten:
donz des Chaos, Erebos und Nyx, von diesen die Uraniden (132—210). Aus der Verbin-
aus geschlechtlicher Vereinigung Aitlier und düng Gaias mit Uranos gehen drei, in sich
Hemere. Das heißt, aus dem Urschlund geht wieder triadisch aufgebaute Reihen von Ge-
zunächst das Urdunkel hervor, gespalten in 20 schöpfen hervor: die 4x3 Titauen, die 3 Ky-
den männlich gedachten Stoff des Dunkels, klopen und die 3 Hekatoncheiren. Die Titanen
Erebos, und seine uns gewohnte Erscheinungs- (der Name erscheint hier noch nicht) werden
form, die Nacht. Beide erzeugen vereinigt ihr in folgender Ordnung aufgeführt: Okeanos,
Widerspiel, das Licht, gleich den Eltern in Koios, Kreios, Hyperion, lapetos, dann Theia,
männlich und weiblich, Lichtstoff = Aither Rheia, Themis, Mnemosyne, Phoibe, Tethys;*
und Lichterscheinung = Hemere, zerlegt. Die zuletzt wird der verschlagene Kronos, der
sinnvolle Tiefe dieser kosmologischen Konzep- stärkste der Söhne, geboren, der den kraft-
tion leuchtet ein. Wenn jedoch auch hier der strotzenden Vater haßt. Die Fortführung dieser
Gedanke, kaum erfaßt, fallen gelassen wird, Erzählung, die mit 154 'öacot yuQ Falrig ts xal
die kosmischen Urprinzipien Erebos, Aither 30 Ovgavov i^sytvovro , ösivoxccxoi Ttaidcav, ccps-
und Hemere für das System der Theo- und T^gat d' ijx^ovro Toxfyt ytrX. scharf und genau
Kosmogonie nirgends mehr nutzbar gemacht an den Vers 138 &uX6Qbv d' ijx^riQS tohtj« an-
werden — daß 748 ff. von dem Wechsel zwi- schließt, ist von ihm durch die, jeder in sich
sehen Nyx und Hemere gesprochen wird und auch wieder selbständigen, Abschnitte 139— 146
Erebos (515. 669) als Verließ des Menoitios und (Geburt der Kyklopen Broutes, Steropes und
derTitanenerscheint, ist doch irrelevant — , ein- Arges, Beschreibung ihrer Tätigkeit und ihrer
zig Nyx noch eine bedeutendere theogonische Gestalt) und 147 — 153 (desgl. über die Heka-
Rolle zu spielen hat (211 ff.), so wiederholt sich toncheiren Kottos, Briareos und Gyes) getrennt,
offenbar in allerdings etwas abgeschwächtem Da beide Riesen-Triaden später in der Titano-
Maße , was wir eben bei Eros konstatierten : 40 machie gebraucht werden , mußten sie wohl
der Dichter führt Kräfte und Begriffe ein, mit oder übel schon hier im Anfang unter den
denen er nichts Rechtes anzufangen weiß, ist Uraniden eingefügt werden, und unser Dichter
also nicht ihr Finder. Diese Art kosmologi- wußte sie nicht besser unterzubringen, als in-
scher Spekulation liegt ihm nicht, sie ist aber dem er sie hinter der Titanenreihe einkeilte
bereits so kräftig vorhanden, daß eine Th. sie unter Zerreißung des Gedankenfadens, der von
in ihrem Anfang nicht entbehren darf. So hat 138 zu 154 hinüberführt. In den Th.n, auf
der Dichter unserer Th. ihr diese kosmologi- denen Apollod. und Hygin fußen, waren sie
sehen Elemente vorangesetzt, ohne eine orga- mit mehr Glück vor die Titanen gesetzt (s. u.
nische Verbindung mit dem Folgenden her- Sp. 1519 und 1525), vor die sie als die roheren,
stellen zu können. 50 naturhafteren, unpersönlicheren Gestalten ja
Die erste Trias der Gaia-Geburten auch innerlich gehören. In der Th. Hesiods
(126 — 132). Die Geburten der Gaia werden in wäre das durch Umgestaltung der V. 132/3 zu
Triaden vorgeführt. Sie gebiert zuerst den machen gewesen. Der Dichter zog die Ein-
gestirnten Uranos, gleich groß wie sie, so daß Schaltung nach 138 vor, wo keine Änderung des
er sie ganz bedeckt, bestimmt, der dauernde, Textes not tat. Jedenfalls ist klar, daß in der
feste Sitz der seligen Götter zu werden, ferner ursprünglichen Dichtung von der Entmannung
die hohen Berge als Sitze der Nymphen, end- des Uranos durch seine Kinder die Kyklopen
lieh Pontos, das wogende, unwirtliche Meer. und Hekatoncheiren noch keine Stätte hatten;
Die Berge, gleichgeordnet mit Himmel und sie haben ja auch nichts mit ihr zu schaffen.*)
Meer (denen in der geläufigen Zusammenstel- 60 *) Arthur Meyer, De composiUone theogoniae Hesiodeae 60
lung sonst die ganze Erde koordiniert zu wer- athetiert, auf Gruppe fußend, die Vv. 139— 153 als Inter-
den pflegt), sind wenig sinnvoll und wohl nur polation des von ihm angenommenen Ketraktators der
zur Füllung einer Trias eingefügt, die der fol- Th., dem er u. a. auch die ganze Titanomachle zuweist.
genden Trias (Titanen, Kyklopen, Hekaton- ich weiche von ihm ab, indem ich nicht nachträgliche
Cheiren) entsprechen soll; auch werden sie Erweiterung einer älteren, in sich geschlossenen ganzen
^ ^ ' Th. annehme, sondern in der uns überlieferten Th. eine
unvollkommene, nicht geglättete Zusammenfassung meh-
*) Die Echtheit von 118 f. neuerlich ohne überzeugende rerer älterer, ursprünglich selbständiger Einzelgedichte
Gründe verteidigt von Dietze, Rhein. Mus. 69, 532. theogonischen Charakters sehe.
1479 Theogonien Theogonien 1480
— Die Hauptmomente der Uranosgeschichte vor L ranos und den Uraniden (die schon eine
bei Hesiod sind folgende, üranos bannt alle Getieration jünger sind als die Nyx-Geschöpfe)
seine Kinder sogleich nach der Geburt in hätte stehen müssen (so bei J^i/^m, s.u. ^p. 1528).
Gaias Schoß.*) Sie leidet unter der Zurück- Der Grund der Verscliiebung könnte sein, daß
<lrängung der aufgetragenen Geburten in ihren der Dichter der Urgeschichte nicht durch Ein-
Leib — das heißt offenbar ?] d* ivrög aztvaxi- fügung der langatmigen Personifikationenreihe
^fto rata TtsXfogr] arstvouBvr} entgegen der ver- ihre großartige Knappheit nehmen wollte. Nyx
wässernden Deutung des 6Iß/«*fe)s im SeÄo/. z. St. gebiert parthenogenetisch — das gilt auch,
— und sinnt auf Abhilfe. Sie schafft den wenn man 213 tilgt — die Trias der Todes-
Stahl, bildet daraus eine Sichel und reizt ihre lO dämouen Moros, Ker, Thanatos, dann Hypnos
Kinder — nach dem Kontext ist wieder nur und das Volk der Träume, dann Momos, Oizys
an die Titanen gedacht — zur Hache an dem und die Hesperiden, die jenseits des Okeanos
Vater. Alle andern scheuen sich, nur Kronos die goldenen Äpfel hüten; ihre Namen sind
wftgt und vollbringt das Werk der Entmannung in unserer Fassung der Th. nicht genannt,
des Uranos mit Hilfe jener Sichel. Die Schil- doch hat das Altertum sie im Hesiod, also
derungistvon großartiger Anschaulichkeit; die doch offenbar in der Th. und an dieser Stelle
Worte (17b) TiXd-s öh vvxr* ixdytov lUyag Ovqu- gelesen, s. Hes. fg. 270 Rzach. Die V. 217—222,
v6gy &u(pl Sh Fairj iiisigtov qnXorriTog insapro xat die Moiren und Keren bringen, sind unverträg-
{f* iravvaOyi ndvxy erweisen deutlich den Oi)- lieh mit 213, wo eben die Ki]Q ^itXatva als
gavbg Scötsifoeis nicht als den Himmel schlecht- 20 Tochter der Nyx genannt ist, und 904 ff. , wo
hin, sondern als den stofflich gedachten Nacht- die Moiren als Töchter des Zeus und der The-
himmel, der, indem er sich über die Erde mis erscheinen. Es folgen 223 Nemesis, Apate,
deckt, sie vom Licht scheidet und die Nacht Philotes, Geras und Eris. Als Kinder der Eris
schafft. Von den auf sie niedergefallenen Bluts- werden 226 — 232 Ponos, Lethe, Limos, Algea,
tropfen der abgeschnittenen urjSsa befrachtet, Hysminai, Phonoi, Machai, Androktasiai, Nei-
gebiert Gaia die starken Erinyen, die großen, kea, falsche Logoi und Amphilogiai, Dysno-
speerbewehrten Giganten und die Nv^cpai Mb- mie, Ate und endlich Horkos aufgeführt, der
Xiai (also wieder eine Trias!), sämtlich ferner den Menschen großen Schaden tut, wenn sie
in der Th. nicht mehr benützt. Das Zeugungs- falsch schwören. Für Lethe und Horkos ist
glied selbst, das Kronos hinter sich geworfen 30 der allegorische Sinn ihrer Ableitung etwas
hat, fällt ins Meer. In seinem Schaum (d. h. gekünstelt, für die anderen ohne weiteres klar.
in dem Samen) entsteht Aphrodite, nähert sich Die Absicht der Partie ist, alle menschenfeind-
erst Kythera, dann Kypros, wo sie ans Land liehen Mächte als Geschöpfe der JVvl oior? dar-
ateigt: so erklären sich ihre Namen Aphrodite, zustellen. Einen Fremdkörper in der Reihe
Kythereia, Kyprogenes und cpiXonaridi^g. Ihre bilden nur die Hesperiden, deren Erscheinen
Begleiter sind Eros und Himeros (die nicht auch in der sonst vorzüglichen Behandlung
genealogisiert sind, kein Wort der Bezugnahme des Abschnitts bei A. Meyer a. a. 0. 3 — 11
Äuf den kosmogonischen Eros in V. 120), ihr nicht überzeugend erklärt ist.
Tätigkeitsbereich Liebe und Liebesgenuß. Der Die dritte Trias der Gaia-Geburten
Gedanke, die Liebesgöttin gleichsam als die 40 (233 — 336). Auch mit ihrem jüngeren Sohn
personiBzierte Quintessenz der schrankenlos Pontes zeugt Gaia eine Trias von Söhnen: den
zeugenden Urkraft zu erklären, darf wohl wahrhaften, gütigen und gerechten Meerj^reis
genial-urtümlich genannt werden. — Erst nach Nereus und die ihm wesensverwandten Thau-
diesem Frevel erhalten die Uraniden den Na- mas und Phorkys; dazu treten sekundär zwei
men Titanen: wegen ihres frevelhaften Trach- Töchter mit redenden Namen, Keto und Eu-
tens (tuaivovTag &xa6%-(xXirj) und im Hinblick rybie, die ein stählernes Herz in der Brust
auf die künftige Rache (xUig) gibt ihnen Ura- hat. Sie erscheint V. 375 mit dem Titanen
nos diesen Schimpfnamen. Daß er die Kyklo- Kreios gepaart. Die Deszendenz der anderen
pen und Hekatoncheiren nicht mit umfaßt, Pontoskinder wird sogleich angefügt, zunächst
beweist aufs neue, daß das Uranosgedicht in 50 die des Nereus mit der Okeanine Doris (350),
seiner Urform nichts von ihnen weiß. die angeblich 50, in Wahrheit (wie schon
Die Deszendenz der Nyx (211 — 232). Aristarch im Schol. z. St. bemerkt) 51 Nerei-
An die Behandlung der Deszendenz Gaias mit den, vgl. über sie Weizsäcker 0. Bd. 3, Sp. 207 ff.,
ihrem ältesten Sohne Uranos müßte folgerichtig dann die des (schattenhaften) Thaumas mit der
die Deszendenz Gaias mit dem jüngeren Sohne Okeanine Elektre (349), die Trias Iris und die
Pontes anschließen. Statt dessen bringt der beiden Harpyien A6II0 und Okypete, endlich
Dichter jetzt die Deszendenz der Nyx, die 270 — 336 das ausgebreitete Geschlecht des
richtiger schon nach 125, anschließend an ihre Phorkys und der Keto, von denen der Dichter
Kinder mit Erebos, Aither und Hemere, und fast alle mythischen Unholde ableitet. Er
60 nennt die zwei Graien Pemphredo und Enyo
*) Die neuerUch wieder von /. Dietze, Rhein. Mut. 69, Und die drei Gorgonen Sthenno , Euryale und
323 aufgenommene Interpretation der Stelle, daß nicht Medus?,, VOn denen die ersten beiden unstfirb-
die Titanen, sondern nur die Kyklopen und Hekaton- lieh, Medusa sterblich ist. Sie verbindet sich
cheiren von Uranos gefesselt würden, halte ich für ganz ^^t Poseidon (nur KvavOYCcnr}g genannt) und
abwegig, kann aber hier nicht darauf eingehen. Wenn gebiert bei ihrer Enthauptung durch Perseus
meine Interpretation der Besioduchen Tltanomachie nch- V» j i-^i j xr „i. >„ i
tig, somit die Verse 139-15S sekundäre Einfügung sind P?gf ^^ und Chrysaor, deren Namen etymolo-
(wie längst gesehen), so fallt Dietzen Deutung von selbst gisch erklart werden. Pegasos dient fortan
dahin. Zeus als Blitzträger, Chrysaor wird durch die
1481 Theogonien Theogonien 1482
Okeanine Kallirhoi^ (361) Vater des dreiköpfigen dispaiattn .>ii-^nMistoff nicht fordern. Jedenfalls
Geryoneus, den Herakles samt aeinem Hund ist das Motiv dieser Umstellung klar, während
Orthos und dem Hirten Eurytion tötet. Nach für die Folge Hyperion-Kreios-KoioH statt Koios-
diesem Ausblick auf den Perseus- und Hera- Kreios- Hyperion kein wirklich durchschlagen-
klesmythos nennt der Dichter, neu einzctzend der Grund zu finden ist.*} — Okoanos als äl-
(295), als weitere Geburt der Keto die Echidna, tester Titan schließt leicht an die voraufge-
die er näher beschreibt, um dann ihre Deszen- gangene Pontes-Deszendenz an; denn er ist
denz mit Typhaon (der nicht genealogisiert ihr wesensverwandt und wenig glücklich ge-
wird, auch in dieser Form sonst in der Th. nealogisch (als Sohn des Himmels und der
nicht erscheint: 820 ff. Typhoeus) aufzuzählen: lo Erde!) von ihr losgetrennt. Mit der Titanin
erst die Trias Orthos, Kerberos und die Hydre Tethys verbunden zeugt er die Flüsse und
von Lerna, die Here als Gegnerin für Herakles Quellen. Der 2^ Namen (ohne erkennbare Ord-
aufzieht, der sie aber erlegt, dann (mit neuem "ung) umfassende Flußkatalog (387 — 345) zeigt
j) ds . . . hiyirsv) die Chimaira, die Pegasos und einen über den Homerischen bedeutend erwei-
Bellerophontes töten. Bei dem folgenden ^ terten Gesichtskreis; für die Bestimmung der
fi' aga ^ix' öXoijv t^xs (326) ist nicht klar, ob Entstehungszeit der Th. wäre er nur dann
€8 auf Chimaira oder noch einmal auf Echidna brauchbar, wenn wir sicher sein könnten, daß
bezüglich ist. Wäre letzteres der Fall, so er keine Überarbeitung erfahren hat. Önter
würden die nunmehr (mit Orthos) erzeugten den 41 Okeanostöchtern oder Okeaninen (so
Kinder Phix und Löwe von Nemea mit der 20 364. 389. 507. 956), at ytatu ycclccv uv^gag xov-
Chimaira eine zweite Trias von Echidna-Ge- qi^ovol övv 'AnöXXiovi a.vuv.ti xal IIoTccuotg, xccv-
burten ergeben. Der Löwe und seine Erlegung trjv ös ^tbg ndga fiolgccv i^x^voiv, befinden sich
durch Herakles wird in einigen Versen ge- die schon 241. 266. 288 als Gattinnen des Ne-
schildert. Den Beschluß des Abschnitts bildet reus, Thanmas, Chrysaor genannten Doris,
das jüngste Kind des Phorkys und der Keto, Elektre, Kallirhoe, ferner Dione, Europe, Me-
die Schlange, die in den Tiefen der dunklen tis, Asie, Kalypso, als letzte Styx, die als ngo-
Erde die goldenen Äpfel hütet. Die Lokali- cpsgBßtätri ccnccöiav bezeichnet wird. Die ge-
sierung widerspricht der Darstellung 215 und nannten, heißt es 362, sind die ältesten Okea-
275, wo beide Male die Hesperiden ntgriv xXv- ninen ; im ganzen gibt es dreitausend (runde
tov'^ycBuvoio gesetzt werden. Durch den klei- 30 Zahl!) und ebensoviele Flüsse, deren Namen
nen Absatz wird dem Leser in Erinnerung ge- alle zu nennen kein Sterblicher imstande sei.
bracht, daß der ganze, durch zahlreiche sagen- — Hyperion und Theia, die die Trias Helios,
geschichtliche Abschweifungen variierte Ab- Selene, Eos zeugen, sind ganz kurz abgemacht
schnitt den Phorkiden gegolten hat. Erschließt (371 — 374). — Kreios und die (239 vorge-
336 xovxo (ihv ix Krirovg xa\ ^ögxvvog yivog stellte) Pontostochter Eurybie zeugen die Trias
iativ. Letzteres ist z. T. gleich mehrere Ge- Astraios, Pallas, Perses; Astraios (eine ätiolo-
nerationen abwärts verfolgt worden, während
der Dichter sonst bestrebt ist, jede Götter- *) ^.j/eyers Begründung (a.a.O. 21) ist hinfällig. Wenn
generation m ihrer ganzen Breite zu behau- „ach ihm Kreios deshalb vor Koios gestellt ist, damit der
dein: offenbar, um weiterhin die Darstellung 40 mit der Koiostochter Asterie (409) verbundene Kreiossohn
nicht durch Nachträge zu diesem minder wich- Perses dort nicht als ein Unbekannter erscheine, sondern
tigen Pontes- und Phorkys -Abschnitt unter- gemäß der Gepflogenheit der Th. schon vorher genealo-
brechen zu müssen.*) gisiert sei, so war dieses Ziel ebensogut dadurch erreich-
Die Titaniden (337 — 452). Nach Auf- bar, daß der Dichter Koios mit seinen Töchtern Leto und
Zählung aller unmittelbaren Gaia- Abkömmlinge tl'^:jZl\lTl'X^ir.t^J". m ''%''"^'^"» J"
, r r-w- 1 1 1 -li r^ ■• ..1 ° letzteren mit dem noch nicht vorgestellten Perses zu be-
kann der Dichter zur dritten Generation über- richten, diese vielmehr an das nun anschließende yho,
gehen, der Deszendenz der Titanen. Auffälliger- des Kreios anknüpfte, also so: 'Koios zeugt Leto und
weise bringt er sie nicht in der V. 133 ff ge- Asterie; Kreios zeugt Astraios, Pallas und Perses, welcher
gebenen Reihenfolge OkeanOS - Koios - Kreios- sich mit Asterie verbindet'. Wenn es statt dessen heißt:
Hyperion -lapetos-KronOS, sondern er ordnet 50 '^'■«^^^ zeugt Astraios, Pallas und Perses; Koios zeugt
Okeanos-Hyperion-Kreios-Koios-Kronos-Iapetos. ^^^^''^^^^ ^'*'r' ^' """^ ™" ^®^''' verbindet' so ist
T\^^ n ^A A^ 14-^ TT i-ii -1.11 das doch um kein Haar besser. Dasselbe gilt für die
Der Grund der letzten Umstellunsr ist klar: ^ . „ ^ « • t^ ■ j 1^ • x^u
j. -p, .. , , j „ 11^ i 1 ^ T .-r Voranstellung des Hyperion vor Koios und Kreios. Eher
die Erzählung der Freveltaten der lapetlden könnte man meinen, daß das Prinzip d.r Variation für
setzt voraus, daß Zeus schon im Regiment sitzt. die Umstellung bestimmend war. Denn wenn Koios vor
Dann müßte freilich noch besser die lapetiden- Kreios erschien ohne Anfügung der Paarung Asterie-
geschichte erst hinter der Titanomachie stehen, Perses, so war Koios mit wenigen Versen abgetan, wäh-
was deswegen wieder nicht tunlich ist, weil "^'^ ^®^ Behandlung des Kreios, die schon die ausführ-
nach der Titanomachie alle Feinde der Olym- ^^°^" Darstellung der Deszendenz des Astraios und Pal-
„„i, ^ • j^ rv -L V x j T-x las enthielt, auch noch die Perses-Deszendenz zuwuchs.
pier schon in den Tartaros verbannt gedacht j,^^,^ ^^,,1 ^^,^^ ^^^ ^^^.^^ ^^ ^^ ,, y^^^
werden und die Aufrichtung der Herrschaft 60 erhalten, während so die Massen einigermaßen gleich-
des Zeus nach Besiegung der Titanen offenbar mäßig verteilt sind, jedem Stemma ein erzählendes Stück
den Schluß der eigentlichen Th. bilden sollte. folgt, der Forderung der noty.dla somit besser genügt
Zu scharfe Folgerichtigkeit darf man bei dem ist- -A^^er freiUch, das dem Koios hiermit ersparte Schick-
sal ist Hyperion zuteil geworden, der sich mit vier Versen
*) Wegen der oben angedeuteten und noch einiger begnügen muß. Die Ehre, am Anfang der Beihe zu
weiterer Unstimmigkeiten und Anstöße im einzelnen hält stehen, war nicht anders zu erkaufen. Darum bleibt die
A. Meyer a. a. O. 18 ff. das Stück ?95 — 336 für eine Inter- Richtigkeit der eben vorgetragenen Erklärung zweifel-
polation des späteren Bearbeiters. Ich ziehe die oben haft, zumal wenn der Hekatehymnus 411 ff. spätere Ein-
Sp. 1478 Anm. gegebene Erklärung vor. läge ist.
BosoHi». Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 48
1483 Theogonien Theogonien 1484
gische Fiktion) mit Eos die Winde-Trias Ze- 'besiegt durch die Listen und die Gewalt sei-
phyros, Borees, Notoa, dann Heosphoros und nes Sohnes*, der offenbar von Gaia beraten
die Gestirne (für die er als Vater erfanden wird; Näheres ist nicht angegeben. Zuerst
igt). Die Verbindung des zweiten Sohnes Pal- speit Kronos den zuletzt verschlungenen Stein
las mit Styx gibt Anlaß zu einer die Titano- aus. Den richtet Zeus im heiligen Pytho auf,
machie vorbereitenden längeren Einlage. Styx ein Denkmal für die Zukunft, ein Wunder für
gebiert die Personifikationen Zelos, Nike, Kra- die Sterblichen. Ä Meyers (a. a. 0. 33) Athr
tos, Bie (deren Genealogie also, im Gegensatz tese der Vv. 492—500 (nach Guiet und F. .1
zu den 211 ff. behandelten, ohne allegorische Wolf) ist nicht zwingend,
ratio ist). Sie sind Zeus' unzertrennliche Tra- lo Die Befreiung der Kyklopen (501— öOt;
bant«n, seit auf seinen Aufruf zum Titanen- Bei unmittelbarer Fortführung der Zeuege-
kampf Styx sich mit ihren Kindern eingestellt schichte müßte hier sogleich die Titanomachie
hatte. Zum Lohn hat Zeus Styx selbst zum anschließen. Aber nur ein vorbereitendes Bruch-
OQxos der Götter und ihre Kinder zu seinen stück von ihr wird gegeben, indem die Ent-
ständigen fisxccvaiiroci gemacht. In der Titano- fesselung der von dem 'Vater' — worunter nach
machie (617 ff.) wird auf die Episode nicht mehr 154ff. nur üranos verstanden werden kann —
Bezug genommen, Styx als Sgxog der Götter gefesselten Kyklopen durch Zeus erzählt wird.
noch einmal innerhalb der Hadesschilderung Sie geben ihm zum Dank Donner und Blitz,
(775 ff.) ausfuhrlich, aber ohne Bezug auf un- die zuvor in der Erde verborgen waren. Im
sere Stelle, behandelt. — Ähnlich ist der 20 Besitz dieser Waffen herrscht Zeus über Sterb-
knappe Bericht über die Paarung Koios- liehe und Unsterbliche. S. u. S. 1488.
Phoibe, die Leto und Asterie zeujjen, durch Die lapetiden (507—616). Die Jugend-
eine umfUngliche Einlage erweitert, den Hym- geschichte des Zeus ist aus dem oben S. 1481
nus auf die von Asterie in der Ehe mit Perses genannten Grunde von der Titanomachie durch
geborene Hekate (411—452). Er fällt aufs die Behandlung der Deszendenz des letzten
augenfälligst« aus dem Kontext der Th. heraus. Titanen, des lapetos, getrennt, die am Ende
In ihm — der übrigens auch in 'sich deutlich auch im Triumph des Zeus über seine Feinde
herausspringende Unstimmigkeiten und Düblet- gipfelt und so eine Art Präludium zur Titano-
ten enthält, s. A. Meyer a. a. 0. 25 ff. — sind machie bildet, so daß von 453 ab Zeus fort-
die segensreichen Wirkungen der Hekate in so gesetzt im Zentrum der Handlung steht. Zu-
der ganzen Welt und auf allen Gebieten des erst wird summarisch berichtet: lapetos zeugt
menschlichen Lebens (Gericht und Versamm- mit der Okeanine Klymene den starkmutigen
lung, Krieg, Kampfspiel, Fischfang und Vieh- Atlas, den übermütigen Menoitios, den ver-
zucht [nicht Ackerbau!]) gepriesen und die Be- schlagenen Prometheus und den einfältigen
deutung und Verbreitung ihres Kultes hervor- Epimetheus, der über die Menschen das ün-
gehoben, ein Thema, das der Th. sonst fremd heil brachte, indem er von Zeus das künstlich
ist, auch nicht in sie als genealogische Zu- gebildete Weib annahm. Den Frevler Menoitios
sammenfassung aller Götter hineingehört. Die schleudert Zeus durch Blitzschlag in den Ere-
ausschließliche und ungebührliche Hervor- bos. Atlas trägt nach Zeus' Bestimmung den
hebung dieser Göttin vor allen anderen — nur 40 Himmel. Den Prometheus hat Zeus an eine
mit Zeus ist 411. 423 ff, 450 ff. ein Kompro- Säule gefesselt und den Adler gegen ihn ge-
miß versucht — kennzeichnet dieses Stück sandt, der ihm die täglich nachwachsende Le-
wenn irgendeines als tendenziöse Einarbeitung ber abfrißt. Diesen Adler hat Herakles erlegt
eines Anhängers einer ausgeprägten Hekate- und so Prometheus befreit. Das ist aber nicht
religion. , wider Willen des Zeus geschehen, der vielmehr
Die Kroniden (453—600). Mit dem Über- auf diese Weise seinem Sohn Ruhm verschaffen
gang zur Deszendenz des Kronos wird der 210 wollte und ihm zuliebe seinen alten Groll gegen
verlassene Hauptfaden der Erzählung wieder Prometheus fahren ließ. Dieser Gedanke, der
aufgenommen. Rheia gebiert dem Kronos je die überlegene Macht des Zeus noch einmal
eine männliche und eine weibliche Trias, die 50 hervorhebt, knüpft an das knappe Resum^ der
Histie, Demeter und Here, den Hades, Ennosi- lapetidengeschichte die ausführliche Prometheis.
gaios (der Name Poseidon hier nicht genannt) 535 ff. Als Götter und Menschen in Mekone
und Zeus. Kronos verschlingt jedes Kind so- sich auseinandersetzten, überlistete Prometheus
gleich nach der Geburt, weil er von Gaia und den Zeus, indem er aus dem geschlachteten
Uranos erfahren hat, daß ihm bestimmt ist, Stier zwei ungleiche Hälften bildete, Fleisch
von einem Sohne bezwungen zu werden. In und eßbare Eingeweide nebst Rindermagen
ihrem Schmerz bittet Rheia vor der Geburt und Fell auf der einen Seite, die Knochen in
des Zeus ihre Eltern Gaia und üranos, auf ein glänzendes Fett gehüllt auf der andern Seite.
Mittel zu sinnen, um Kronos die Geburt zu Zeus schilt die Ungleichwertigkeit der 'leile,
verheimlichen und ihn für den Frevel an sei- 60 der verschlagene Prometheus heißt ihn wählen,
nem Vater und seinen Kindern zu strafen. Zeus stürzt sich auf die ansehnlichere Fett-
Die Eltern schicken sie nach Lyktos auf Kreta. hälfte und ist aufs äußerste entrüstet, als er
Dort gebiert sie Zeus, und Gaia zieht ihn auf. in der Fetthülle die Knochen findet und sich
Kronos wird an Stelle des Kindes ein in Win- also betrogen eieht. Seitdem verbrennen die
dein gewickelter Stein gereicht, den er ver- Menschen den Göttern auf den Altären nur
schlingt. Zeus wächst kraftvoll auf, und nach die. Knochen. In diesen geschickt und mit ko-
einiger Zeit gibt Kronos, von Gaia überlistet, mischem Pathos vorgetragenen ätiologischen
die verschlungenen Kinder wieder von sich. Schwank hat ein eifriger Gläubiger, wohl unser
1485 Theogonien Theogonien 1486
Dichter, der die gewollte Satire nicht verstand pen, die übrigens nicht ausdrücklich zum Ti-
oder nicht billigte, die Worte 550 ft*. ein^^efügt: tanenkampf in BezieliungceBetzt ist. Die Schil-
Ztvs ö' &cpd-nc( ^ridta fiömg yviü q' oid' rjyvoirias derung des Kampfes selbst wir<l eingeleitet
ÖöXov Kcc-Kcc Ö' (iößtro d^v^ro ^vritotg avd^Qoa- durch den ausgeführten Bericht über die Be-
Ttoiai, xa xul ri-Xisödai ^fitXXfv, um Zeus nicht freiun^ der Hekatoncheircn (617—663). Ihre
als den Dummen erscheinen zu lassen; daß in 164 ff. summarisch (zusammen mit Kyklopen
der Originalgeschichte Zeus wirklich der Be- und Titanen) erwähnte Fesselung durch Uranos
trogene war, zeigen gleich die Verse 554 f.: wird hier ein wenig ausgemalt, übrigens ohne
X(haoTo 08 q)Qivccg äficpi, x^^^S ^^ ^^v otero daß der Name des 'Vaters', der sie fesselt,
^vii,6v^ tag i'ösv ööTtci Xi-vxa ßoog doXh] in) lO genannt wird; für den Leser der Th. kann es
rixvri. Zeus rächt sich, indem er den Menschen nach 154 if. nur Uranos sein (s. u. Sp. Ifilii).
das Feuer voi enthält, aber wieder überlistet Befreit werden ßie von Zeus und den anderen
ihn Prometheus, indem er es in einer hohlen Kroniden, weil diesen Gaia gesagt hat, daß
Narthexstaude entwendet und zu den Menschen ihnen mit Hilfe der Hekatoncheircn der Sieg
bringt. Bis hierher ist der Schwank antitheo- zu teil werden werde. Denn (621) ft.) seit zehn
logisch; jetzt mischt sich das Motiv des Spottes Jahren kämpften sie ohne Entscheidung mit
gegen das andere Geschlecht hinein. Um den den Titanen, diese vom Othrys, jene vom Olym-
Vorteil, den das Feuer für die Menschen be- pos aus. Das Abkommen der Olympier mit den
deutet, aufzuheben, bereitet Zeus ihnen ein Hekatoncheircn wird durch zwei feierliche
tjbel. Hephaistos muß aus Erde das Bild einer 20 Reden des Zeus und des Kottos bekräftigt
Jungfrau schaöen, Athene es schmücken (der (639—663; die kunstvolle Korresponsion der •
Name Pandora erscheint in der Th. nicht). Es Reden erläutei*t von A. Meyer 46 f.), dann wird
wird den Menschen übergeben (der 611 ge- der Kampf mit vereinten Kräften aufgenommen
nannte Epimetheus hier nicht mehr erwähnt) und das gewaltige Tosen des Streites kraftvoll
und wird ihnen zum Verhängnis; denn von geschildert ( — 6b6), wobei weder Namen von
ihm stammt das Geschlecht der Frauen, die Titanen noch von Olympiern genannt werden,
zum großen Unheil unter den Männern wohnen. Die Entscheidung zugunsten der Olymjiier fällt
Es folgt (51)3 — 612) die heftige Invektive gegen gemäß Gaias Weissagung durch die Kraft der
die Frauen, die dem Verfasser wohl aus dem Hekatoncheircn, die die Titanen durch einen
Herzen kommen mag, aber gewiß doch auch 30 Hagel von Steinen überwältigen, in den Tar-
absichtlich (wie das Vorangehende) komisch- taros schleudern und dort fesseln und bewachen
karikaturistisch gefärbt ist. Mit den v. 613 — (713 ff.). Vor diesem folgerichtigen Schluß steht
616: 'So läßt sich also Zeus nicht betrügen; ein Stück, das man als ^ibg Scgiorsia bezeich-
auch Prometheus ist seinem Groll nicht ent- net hat, 687 — 712: Zeus hält sich nicht länger
rönnen, sondern trotz seiner Verschlagenheit zurück, sondern geht mit seinen Waffen, den
hält ihn die starke Fessel' ist die Prometheis Blitzen, furchtbar gegen die Titanen an: Erde,
abgeschlossen und zu dem Ausgangspunkt 521 ff. Okeanos und Meer kochen, die Flamme schlägt
zurückgekehrt; wobei freilich zu bemerken ist, mit blendendem Glanz bis zum Äther, und es
daß, wenn man 616 das Präsens iQvytsi wie dröhnt, als ob Himmel und Erde zusammen-
billig festhält (^QVKsv Schoemann)^ der Sinn 40 stießen. Wenn mau aber erwartet, von dem
sich nicht mit der 526 ff. erzählten Befreiung Erfolg dieser gewaltigen Kampftätigkeit zu
des Prometheus durch Herakles verträgt, die hören, so heißt es nur (711/12): iyiXiv&ri dg
denn auch von einigen (Pqley, Francken, Lisco, V'öt.%ri' iiqIv d' äXXiqXoig iyiExovtEg iii^Bvtcog ind-
Quaestiones Hesiodeae, Gatt. Diss. 1903, S. 16, xovro dia v.Q(xtsQag vo^Uvag^ und die Entschei-
Friedländer, Heraides S. 33, 1) gestrichen wor- düng des Kampfes bringen sogleich danach
den ist. Auf diese und die sonstigen erheblichen eben doch die Hekatoncheircn. Daß hier in
Bedenken, die sich gegen die Prometheis im ein älteres, folgerichtiges Lied von der Be-
Rahmen der Th. erheben, kann hier nicht ein- zwingung der Titanen durch die Hekatonchei-
gegangen werden. Klar ist, daß sie nicht für ren die Jiog a.Qi6tsia nachträglich eingefügt
diesen Zusammenhang gedichtet, sondern aus 50 ist durch einen Dichter, mit dessen Anschau-
einem andern Zusammenhang entnommen und ung eine so starke Hervorhebung jener rohen
in das Gefüge der Tb. hineingesetzt ist: ob Urweltriesen sich nicht vertrug, hat Goettling
vom Verfasser der Th. selbst oder erst von zuerst erkannt, und ein solches Verfahren paßt
einem Bearbeiter, und wie die Prometheis der ja« auch aufs beste zu der Tendenz des Ver-
Th. sich zu der der Erga 47 ff. und des Aischy- fassers unserer Th., der sein ganzes Werk auf
/mchen Prometheus verhält, das ist die schwie- den Preis des Zeus als des Höchsten und Stärk-
rige Frage; vgl. A. Meyer 34 ft*. Lisco a. a. 0. sten angelegt hat. Daß die Jibg agiGtsia nicht
Raddatr , De Fromethei fabula Hesiodea et de etwa ein nachträgliches Einschiebsel eines Spä-
cowpositione Operum, I)iss. Greifswald 1909. teren in die fertige Th. darstellt, sondern vom
W. Aly, Rhein. Mus. 68, 545 ff. — Die Titanen- 60 Dichter unserer Th. selbst in die von ihm über-
genealogie ist hiermit vollständig bis auf The- nommene und seiner Th. einverleibte Hekaton-
mis und Mnemosyne, deren Deszendenz, da cheiris planmäßig hineingearbeitet worden ist,
sie sich mit Zeus verbinden, erst im Katalog das beweist auch die sorgfältige Vorbereitung
der Zeusgattinnen bebandelt wird. dieser Episode durch die Mitteilung der Ge-
Die Titanomachie (617 — 720). Einzelne nealogie der Kyklopen (und Hekatoncheircn)
Episoden der Titanomachie sind schon vorweg 139 ff., die dort in die üranidengeschichte als
gebracht worden : 390 ff, Zeus' Aufruf zum Ti- ein Fremdkörper eingekeilt ist (s. o. Sp. 1478),
tanenkampf, 501 ff. die Befreiung der Kyklo- sowie durch die Erzählung von ihrer Befreiung
48*
1487 Theogonien Theogonien 1488
and der Übergabe von Blitz und Donner an der Vollständigkeit seiner Dichtung halber,
Zeus 501 ff. Nicht besser konnte die ünein- teils weil sie der Tendenz des Ganzen mehr
heitlichkeit der Titanomachie erwiesen werden entgegenkam und die allzustarke Betonun^^ der
als durch die seltsamen Einfälle, zu denen Hekatoncheiren wenigstens in etwas abdilmpfte,
Friederichs, Die Bedeutung d«r Titanomachie hat Hesiod dann durch Einfilt^ung der Stücke
für die Theogonie Hesiods, Progr. Rostock 1907, 139—146, 601—506, 687—712 auch die Kyklo-
jjreift, um ihre Einheitlichkeit zu retten: He- penversion in sein Gedicht eingebaut, ohne
siod habe die Hekatoncheiren erfunden und aber auch nur den Versuch zu machen, beide
eingeführt, um durch ihre Tätigkeit Zeus (der Versionen irgendwie auszugleichen. Sie stehen
nach Friederichs S. 15 die Verkörperung der lo verbindungslos neben- oder vielmehr durchein-
Idee des Guten ist im Gegensatz zu dem ur- ander; keine nimmt auf die andere Bezug. Als
bösen Kronos!) von der herabziehenden Henker- einzige Spur einer Verknüpfung könnte 147
pflicht an den Titanen zu entbinden; die Kampf- der Ausdruck &XXoi S' av Fairig xb muI Ovqu-
handlung sei nicht zerbrochen, sondern Zeus vov iisyivovro rgfig natdeg (LSY<iXoi nrX. gelten,
blende die Titanen (698 f.) und ermögliche so durch den die zweite Rie^entrias (die Hekaton-
den Sieg der Hekatoncheiren! In Wahrheit hat cheiren) an die erste angeschlossen wird. Die
noch kein mythologischer Held sich zu edel notwendis? analogen Berichte von der Befreiung
gedünkt, den Feind zu erl»*gen, mag er immer der beiden Gruppen sind absichtlich räumlich
die Fesselung und Bewachung des Erlegten getrennt, um die gegenseitige Aufhebung der
seinen Schergen überlassen; und weshalb es 20 beiden Versionen nicht noch krasser auffallen
dem Hort des Guten nicht anstehen soll, den zu lassen, als dies durch die Einlegung der
Feind zu erleg-n, wohl aber ihm das Augen- Jibg ägiatsia in die Hekatoncheiris schon ge-
licht zu nehmen und so wehrlos zu machen, schiebt. Der Bericht über die Befreiung der
bleibt unerklärt. An Zeus als Bekämpfer des Kyklopen ist ganz kurz gehalten mit Rücksicht
eig-^nen Vaters einen sittlichen An.stoß zu neh- auf die später vororesehene ausführliche Er-
men, konnte keinem Zeitjrenossen Hesioda bei- Zählung der Hekatoncheirenbefreiung. Im er-
fallen, zumal Schicksalsbestimmung und die steren heißt es: 'Zeus befreite die gefesselten
Schuld des Kronos (die Entmannung des üra- Uraniden und empfing von ihnen zum Dank
nos und die Verschlingung der Kinder, 472f) Donner und Blitz.' Als 'Uraniden' werden ein-
ihn zu seinem Vorgehen berechtigten; selbst so fach die Kyklopen verstanden, ihr Name nicht
vom Standpunkt der höheren Zeusauffassung genannt; von den anderen Uraniden, den Hun-
der Erga aus — wenn man nämlich berech- derthändern, weiß diese Fassung offenbar gar
tigt wäre von ihr aus an die Kritik der Th. nichts, und der Dichter unserer Th. hat sich
heranzuofehen, was unbedingt abzulehnen ist — nicht die Mühe genommen, sie so umzuredi-
erscheint diese Rolle des Zeus durchaus ein- gieren, daß sie in den Grundbau seines Wer-
wandfrei. Die moralische Kätik der Götter- kes hineinpaßt, oder über das zeitliche und
kampfmythea hat unseres Wissens erst mit innere Verhältnis der beiden Befreiungsaktio-
XenophaneSt also wenig.stens 150 Jahre nach neu irgend etwas zu sagen. — Kurz hingewie-
Hesiod, einj^esetzt. Die Genesis der Titano- sen sei auf die m. E überscharfe Behandlung
machie ist also in kurzem folgende: Offenbar 40 der Titanomachie bei A. M yer 37 ff. und auf
war es alte Sagenüberlieferung, daß an den Lisco 13 ff., der gar die Hekatoncheiris, den
Kämpfen zwischen jüngeren und älteren Götter- Kern der Titanomachie in der Th. Hesiods,
generationen Urriesen. Vertreter der rohen Na- für den späteren Ersatz einer durch sie ver-
turgewalten, entscheidenden Anteil natimen drängten, älteren, echt ZTmodeischen Titano-
(vgl. auch Sp. 1524; übrigens rückt die Erzäh- machie hält, in der die Götter allein siegten.
lung damit in die weitverbreitete Klasse der — /. Dietze, der Rhein. Mm. 69, 525 f alles
Helfe rmärchen, auf deren Auftreten im griechi- bei Hes. in schönster Ordnung findet, verschließt
sehen Mythos neuerlich Meuli, Odyssee imd die Augen vor klar zutaore liegenden Härten.
Argonautika, Berlin 1921, 2 ff . hingewiesen Die Hadesschilderung (721—819). Die
hat; auch Herakles als Helfer der Götter im 50 Fesselung der Titanen im Tartaros gibt die
Gigantenkampf und die Erlegung der Gorgo Gelegenheit zur Schilderung dieser mythischen
durch Perseus gehört dahin). Für die Titano- örtlichkeit. Die ganze Partie ist aus verschie-
machie kannte der Dichter unserer Th. zwei denartigen, meist zusammenhanglosen, z. T.
einander ausschließende Versionen dieses Mo- einander aufhebenden Stücken roh zusammen-
tivs Nach der einen siegt Zeus mit Hilfe der geschoben. Zuerst wird die Höhe des Himmels
Dämonen des vulkanischen Erdfeuers, der Ky- und die Tiefe des Tartaros bestimmt: neun
klopen, die ihm zum Dank für ihre Befreiung Tage braucht ein eherner Amboß, um vom
aus dem Gefängnis im Innern der Erde die Himmel zur Erde zu fallen, und ebensolanore
ungeheure Kraft des Feuers in Gestalt von von der Erde zum Tartaros. Dieser wird 726 ff.
Donner und Blitz als Waffe zur Verfügung 60 als finsteres, ehern umhegtes, von Poseidon
stellen. Nach der andern siegt Zeus kraft des mit ehernen Türen verschlossenes Verließ der
Beistandes der hundert irmigen Wasserriesen, Titanen geschildert, die von den dort wohnen-
die für ilm, nachdem der bisherige, allein ge- den 'treuen Wächtern des Zeus', Gyes, Kottos
führte Kampf ^egen die Titanen zu keinem und Obriareos, bewacht werden. Über der Hals-
Erfolg für die Olympier geführt hat, den Sieg Öffnung {dsigt]) des somit als eine Art Faß ge-
erfechten. Letztere Version, die nichts von dachten Tartarosschlundes sind die Wurzeln
Kyklopen, Donner und Blitz weiß, bildet den von Erde und Meer. Diese Angabe (727 f.) wird
Grundstock der Titanomachie, 617—720. Teils dann in 736—739 (die 807—810 wörtlich wie-
1489 Theogonien Theogonien 1490
derholt sind) breiter, aber nicht klarer ausge- der Verjagung der Titanen vom Himmel durch
tührt; statt der ^/'.Cat steht l)ier -nriyal v-ul nti- Zeus gebiert Gaia in Liebesvereinigung mit
gata von Erde, Meer und Himmel. 740 f. va- Tartaros (der als Person bisher nicht erschie-
riiert übertreibend das 720 fF. j^egebene Motiv nen war) den Typhoeus. Über sein Verhältnis
von der Tiefe des Tartaros, auf dessen Grund zu dem 306 als (iatte der Echidna genannten
selbst in Jahresfrist nicht gelangt, was in ihn Typhaon wird nichts gesagt. 8eine Furchtlar-
hineingeriet, sondern von Stüimen unablässig keit wird 823—835 beschneien: die 100 feuer-
hin- und hergejagt wird. Selbst den Göttern speienden Schlangenköpfe, die ein vielstimmi-
ist das ein Grauen. Dort steht auch das wol- ges Gebrüll ausstoßen. Er hätte die Weltherr-
kenverhüllte Haus der Nacht. In diesen Vor- lo schaft an sich gerissen, wenn nicht Zeus den
Stellungskreis gehört noch der etwas spätere Kampf mit il m aufgenommen häite. Dieser
Abschnitt 758— 766: dort haben auch die ?Öhne Kampf wird 839ff. mit ähnlichen Farben ge-
der Nyx, Hypnos und Thanatos, ihre "Woh- schildert wie 6*J0ff. Zeus' Kampf gegen die
uungen; Helios sieht sie niemals, weder im Titanen, zu dem sich ül erhaupt die ganze
Auf- noch im Niedergang; Hypnos wiid als Episode als Dublette ausweist. Durch Zeus'
Freund der Menschen, Thanatos als unbarm- Blitze überwunden, stürzt Typhoeus niedet,
herzig und seilst den Göttern feind geschil- Flammen schlagen von ihm auf in den Berg-
dert. Beide waren schon 212 im Verzeichnis Schluchten, und die Erde schmilzt in seiner Glut
der Nyxgeburten genannt. — Im Gegensatz wie Zinn in der Gußpfanne oder Eisen in der
zur Vorstellung des 'lartaios als tiefer Schlund 20 Erdprube. Schon das Altertum hat dieStelle(^860)
unter der Erde führt die Partie 746—757 nach auf den Ätna bezogen (Fraloslh. bei Strab. 1,23.
dem äußersten Westen. Das tüv TTgoaQs, wo- 'fzetz. zu Lycojhr. 688). Schließlich schleudert
mit der Abschnitt eröffnet wird, ist unbezieh- ihn Zeus in den Tartaros. — Em Anhang (869
bar; er ist aus seinem Zusammenhang gerissen —880) bezeichnet die feucht weher.den Winde
und in die neue Umgebung nicht eingepaßt. mit Ausnahme des Notos, Borees und Zephyros
Er nennt (z. T. wörtlich übereinstimmend mit (das ist Bezugnahme auf 378 ff.) als Geschlecht
517 ff.) den lapetossohn als Himmelsträger. Es des Typhoeus. Die genannten Winde sind von
ist der Ort, wo Nyx und Hemere einander beim göttlicher Abkunft und den Sterblichen zu
Überschreiten der Schwelle begrüßen, die eine großem Segen; die anderen bringen Verderben
autsteigend, die andere heimkehrend, da sie 30 zur See und zu Lunde. — Daß die Typhoeus-
niemals zugleich zu Haus sind, sondern einan- episode eine nachträgliche Einlage in die Th.
der ablösen. Der Tag bringt den Menschen das darstellt, ist seit Geihard allgemeine Meinung,
Licht, die Nacht den Hypnos. Hieran knüpfen der nur Bobert, Melanges Nicole 486 ohne aus-
mit rein äußerlicher Überleitung die schon be- reichende Gründe widersprochen hat. Über die
sprochenen Verse 758— 766. Abermals mit ?r -Sa, schwierigen Fragen des inneren Baus der Epi-
wie 736 und 758, und auch wieder ohne klare sode und ihrfs Verhältnisses zur Titanomachie
Beziehung, ist eine kurze Schilderung des Hau- A. Meyer 74 ff. Lisco 79 ff. Über die mehrfache
ses des Hades und der Persephone (ihre Ge- epische Behandlung des Typhonmythus v. Meß
nealogieerst 913) sowie ihres furchtbaren Wach- und TJsener, Bhein. Mus. 56, 167 ff.; üseners
hundes angefügt, der die Eintretenden anwe- 40 Resultate sehr hypothetisch, s. u. Sp. 1531.
delt und die Heraustretenden verschlingt (767 Abschluß der eigentlichen Th. (881
—773). Der Name Kerl eres, der 311 steht, ist —885). Die auf die Typhoeusepisode folgenden
hier nicht genannt, auch vertragen sich die Verse wissen nichts von dieser, sondern be-
' beiden Ohren' in V. 771 nicht mit den 312 richten kurz, in deutlichem Anschluß etwa an
genannten 50 Köpfen. Sonst rechnet der Dich- 735, daß die Götter nach Besie^ung der Ti-
ter genau, vgl. die 50 Nereiden und die 300 tanen, zu denen den Typhoeus zu rechnen
Steine der drei Hundenhänder (715). — Der nichts uns berechtigt, auf Gaias Rat Zeus auf-
Absatz 775—806 bringt (wieder mit hdcc) eine forderten, über die Unsterblichen zu herrschen,
eingehende Behandlung der Styx als Schwur- ui d daß er die Ehren unter sie wohl verteilte,
zeugin der Götter, als welche sie schon 400 ff. 50 Eine genauere Darstellung dieser Verteilung,
im Rahmen der Kronidengeschichte eingeführt die man nun erwartet, enthält die Th. nicht
war. Doch sind die beiden Stellen ohne Rück- mehr, sondern es folgen nur noch eine Reihe
sieht aufeinander gedichtet. Hier bewohnt sie von Anhängen, von denen einige so fest mit
ein hochgewölbtes, von silbernen Säulen ge- dem Vorhergebenden verklammert sind, daß
stütztes Felsenhaus. Diese örtlichkeit sowie sie als Beifügungen des Dichters der Th. an-
das Schwurverfahren und die Bestrafung mein- gesprochen werden müssen, während andere
eidiger Götter ist lebendig ausgemalt. — 807 sich deutlich als spätere Zutaten charakteri-
— 810 = 736—739; 811 ff. mit anderen Worten sieren. — J. Meyer, der die Titanomachie für
eine Wiedei holung des 726— 735 Gesagten, nur einen Zusatz seines Retraktators zur älteren
daß 817—819 Briareos aus der Zahl der hun- 60 Th. hält, muß demselben natürlich auch diesen
dertarmigen Titanenhüter herausgehoben und kleinen Absatz zuweisen (69. 74).
zum Gatten von Poseidons (sonst nicht ge- Die Zeusdeszendenz und Verwandtes
nannter) Tochter Kymopoleia gemacht wird, (886 — 964). Auf den kurzen Bericht über die
was den marinen Charakter der Hekatonchei- Aufrichtung der Weltherrschaft des Zeus folgt
ren verrät.*) ein Katalog seiner Gattinnen und Kinder. Er
Die Typhoeusepisode (820—880). Nach ist einmal aus dem allgemeinen Grunde zuge-
*) Vgl. Röscher, Die Zahl 50 in Mythus, Kultus, Epos l^örig, weil eine kurze Übersicht der Deszen-
u. Taktik. Leipzig 1916. denz des höchsten Gottes und Weltherrschers
1491 Theogonien Theogonien 1492
doch wohl noch zum Thema gehörte, und zwei- meter gebiert rersephone, die Aidoneus (diese
tena, weil erst hier noch etwas über die Deszen- Form nur hier in der Th.) mit Zeus' Willen
deoz der Titaninnen Themis und Mnemosyne entführt. 916 — 917 Mnemosyne gebiert die neun
gesagt wird, die auffalUgerweise in der sonst Musen. Ihre Namen, die auch schwer in der
so sorgfältig durchgeführten Systematik der Verstrias unterzubringen gewesen wären, kön-
Titanendeszendenzen fehlen: eben weil der Dich- nen fehlen, weil sie schon im Proömium 77 11'.
ter den Bericht über sie (wie über die 406 ein- genannt sind. Dieser Teil des Proömiums und
geführte Leto u. a.) für diese Liste aufgehoben unsere Stelle stütTsen sich also gegenseitig.
hat. Die Liste führt glatt bis 929. Als erste 918—920 Leto gebiert ApoUon und Artemis.
Zeasgattin erscheint Metis (886—900); eine Ge- lO Die letzte (und siebente!) Gattin des Zeus ist
nealogie von ihr wird nicht angegeben, nur Here; sie gebiert ihm die Trias Hebe, Ares,
ydsiöTu 9s&v sldviav lih d'vrix&v ivd-gatTtcov Eileithyia. An die gemeinsamen Kinder sind
nennt sie der Dichter; doch mag ein aufmerk- in den letzten beiden Tristicha die besonderen
samer Leser sich erinnern, daß sie 368 als Gebarten beider Eltern angeknüpft, der Athene
Okeanostochter genannt war (unmittelbar ne- aus dem Haupte des Zeus und des Hephaistos
bfen der 907 als Zeusgattin erscheinenden Eury-, durch Here ohne Begattung. Daß der Bericht
nome). Als sie im Begriff stand, Athene zu ge- über die Geburt Athenes von der Metisgeschichte,
baren, beschwatzte und verschlang sie Zeus in der die Geburt prophezeit wird, losgetrennt
anf d<^n Rat von Gaia und Uranos, damit nicht und Metis gar nicht mehr erwähnt wird, so
ein anderer statt seiner die Weltherrschaft er- 20 daß, vor allem durch die Parallele mit Here-
halte; denn es war bestimmt, daß Metis zuerst Hephaistos, Athene in diesen drei Versen als
Athene gebären sollte, die dem Vater Zeus au (sit venia verbo) parthenogenetische Geburt des
Mut und Klugheit gleich sei, dann aber einen Zeus erscheint, ist natürlich höchst befremd-
hochgemuten Sohn, der König der Götter und lieh. Aber weder kann dieses Tristichon aus
Menschen werden sollte. Daher verschlang sie der festen kompositionellen und inhaltlichen
Zeus, damit sie, in ihm befindlich, ihm Gutes Verankerung an seiner Stelle herausgerissen
und Böses wiese. Chrysipp. frg. 908 Arn. zitiert und etwa (wie bei Chrysippos) an 900 ange-
Anfang und Schluß des in unseren Hesiod-Hss. schlössen werden, noch darf man annehmen,
enthaltenen Stückes (886—890 und 900, also daß es ohne Rücksicht auf Metis gedichtet
mit Weglassung der Begründung der Verschlin- 30 sei, da die Tristichenreihe, in der es steht, mit
gang durch Rat und Prophezeiung von Gaia Ssvrsgov riyccyero XiJtocgrjv Qs^iiv (901) beginnt
and üranos) und unmittelbar anschließend und also Metis als erste Zeusgattin voraussetzt.
924—926, dann sagt er: iv de tolg ^srä tuvtu Man muß sich dabei beruhigen, daß der Dich-
srXst'oi diBlriXvd'orog avrov xoiavvd iati roc Xs- ter die Verbindung des Zieus mit Metis an den
yofuva und zitiert 19 Verse, die aus einer von Anfang gestellt, ihre Frucht aber wegen des
der unsrigen vollkommen verschiedenen Dar- Kontrastverhältnisses zu Hephaistos erst an
stellang der Atheaageburt stammen. V, 1 — 3 späterer Stelle erwähnt und wegen der epi-
betrefifen die Geburt des Hephaistos durch grammatischen Kürze des Tristichons nicht
Hera, die folgenden erzählen ausführlich Zeus' noch einmal auf Metis verwiesen hat. Vermu-
Abenteuer mit Metis, Okeanos' und Tethys' 40 tungen über das Zustandekommen des kompo-
Tochter, mit der er sich also außerehelich, sitionell so verzwickten Absatzes bei Usener.
nach einem Streit mit seiner Gattin Here, ver- Rhein. Mus. 56, 176 flf.
bindet. Mehr hierüber u. Sp. 1530. — 901—906 Das Reststück des Abschnitts (930—964)
Die zweite Zeusgattin ist die Titanin Themis; hat folgenden Inhalt: 930 Poseidon ~ Amphi-
sie gebiert die Horentrias Eunomie, Dike, Eirene trite, Sohn Triton; 933 Ares »^ Aphrodite, Kin-
und die Moirentrias Klotho, Lachesis, Atropos. der Phobos, Deimos und Harmonia, die Kad-
Den beiden Töchtertriaden entsprechen zwei mos heiratet; 938 Zeus '-^ Maie, Sohn Hermes;
Verstriaden. Der dritten Zeusgattin Eurynome 940 Zeus ^j Semele, Sohn Dionysos; 943 Zeus
(368 vorgestellt), die die Charitentrias Aglaie, f^ Alkmene, Sohn Herakles; 945 Hephaistos f^
Euphrosyne, Thalie gebiert, sind fünf Verse 50 Aglaie; 947 Dionysos ^^ Ariadne; 950 Herakles
(907—911) gewidmet, die aber deutlich in die ^^ Hebe; 956 Helios f>o Perseis , Kinder Kirke
Verstrias 907 — 9o9, in denen die Hauptsache und Aietes; 958 Aietes »^ Idyia, Tochter Me-
gesagt ist, und die aufs leichteste ablösbaren deia. Daß dieses Stück ein willkürliches Ge-
Zusatzverse t&v xal &7t6 ßUcpagcov ^gog «"j^fro menge sei, ist Schein. Es enthält die illegi-
Ssgxoasvdav Xvatftf iTjg • xaXbv de &' vn öcpgvöL timen Verbindungen des Zeus mit Göttinnen
dsgyiLoavTai zerfallen, die Gruppe und Rzach niederen Ranges (Maie) oder sterblichen Frauen
mit Recht tilgten; denn daß der Dichter, der (Semele, Alkmene), aus denen Götter entsprossen
eben den Hören und Moiren zwei Triaden ge- sind, ferner die Ehen der Zeussöhne (mit Aus-
widmet hatte und alsbald sechs Tristicha (912 schluß von ApoUon und Hermes, die ja keine
— 929) folgen läßt, dem Charitentristichon diese 60 festen Verbindungen eingehen). Wenn von die-
zwei auch an sich bedenklichen Verse*) an- sen Ares vor Zeus' Paarungen mit Maie, Se-
orehängt und damit die sich sonst ergebende mele und Alkmene erscheint , so war dabei
Reihe von 9 = 3x3 Tristicha zerstört haben wohl die Rangrücksicht bestimmend, daß die
sollte, ist ja ganz unglaublich. 912 — 914 De- Ehe der großen Götter Ares und Aphrodite
^ .. , ,^,. , . , «,. • .. ™- j ,. , vor jenen illegitimen Verbindungen erscheinen
*) Inhaltlich ist ¥.911 eine matte Wiederholung von q\ -i, j j- -u ^ a i„*« u tr^
910 mit seinem schönen poetischen Bild, nnd ^o!g als ^^^}^^^ wahrend die obskure Aglaie mit He-
Appeiiatimm ist üna^ tlg^ufrov in der Th., kvo^fiBhi, phaistos hinter Sie, aber, schon aus mythen-
aut ▼. 121 «ibernommen, 8. Sp. 1476. chronologischer Erwägung, vor die Ehen des
1493 Theogonien Theogonien 1494
Dionysos und Herakles gerückt ist. Der ein- ccvSqccöiv evvriO'ttaai &9-dvaxai ytivccvto -O^tot?
/.ige Fremdkörper im Abschnitt 886—1)56, der inihUhXa rixvoc, eingeleitet durch einen beson-
ini übrigen allein Zeus und seine Deszendenz deren kurzen Musenanruf und damit deutlich
behandelt, ist 930 — 933, Poseidons Verbindung als Anhang gekennzeiclinet. Die Anordnung
mit Amphitrite. Bedenkt man aber, daß im scheint ungefähr chronologisch sein zu sollen,
Zusammenhang der Zeusehen aucli die Ver- indem die in den troischen Sagenkreis führen-
bindungen aller anderen Kroniden, soweit sie den Verbindungen dieser Art am Ende stehen
nicht unvermählt bleiben, registriert worden (1003 die Nereiden Psamathe und Thetis, Gat-
sind (Hades, Here, Demeter), daß also auch ten Aiakos und Peleus, Söhne Phokos und
Poseidon nicht fehlen durfte, so war schwer- lo Achilleus, 1008 Aphrodite -^^^ Anchises, Sohn
lieh ein passenderer Platz für ihn zu finden, Aineias, 1011 Kirke '-o Odysseus, Söhne Agrios
als den er einnimmt: hinter den legitimen Zeus- und Latinos, 10^7 Kaljpso «-»^ Odysseus, Söhne
eben. Ganz zum Schluß (95C — 962) ist Helios Nausithoos und Nausinoos), davor die aus dem
und sein Geschlecht angehängt; er wäre sonst Argonautenkreis (992 lason ^^-^ Medeia, die also
der einzige Titanensproß, dessen Deszendenz hier als unsterbliche Göttin gerechnet wird,
ungenannt bliebe. Die systematische Vollstän- Sohn Medeios). Vor diesem Paar stehen (984)
digkeit der Th., die die gesamte Göttergenea- die beiden Verbindungen der Eos, mit Titho-
logie bis zum vierten Geschlecht, von Uranos nos. Söhne Memnon und Emathion, und mit
an gerechnet, führen will (im Stammbaum des Kephalos, Sohn Phaethon, den Aphrodite ent-
Zeus noch eine Generation weiter), erforderte 20 führt und zu ihorem 'J'empelhüter macht. Vor
diesen Nachtrag. Damit ist diese Aufgabe aber Eos ist (979) noch einmal die schon 287 ge-
nun auch vollständig gelöst, und der Dichter brachte Verbindung der Okeanine Kallirhoe
konnte sein Werk mit dem typischen Schluß- mit Chrysaor und ihr von Herakles erlegter
vers^ der uns aus den /«owerischen Hymnen Sohn Geryoneus genannt mit z. T. wörtlicher
geläufig ist, abschließen (963): vfisig uhv vvv Übereinstimmung. In die früheste Heroenzeit
XcclQsr\ 'OlvfiTiLa dojpLccr' ^%ovxig. Boberta Ver- fällt die Ehe der Aphroditetochter Harmonie
such {Mel. Nicole 471), seine enge Verbindung mit Kadmos (975), Kinder Ino, Semele, Agaue
mit dem folgenden Vers: vfiöoi t rjjtsLQOL te und Autonoe, die von Aristaios den Polydoros
xal ccX^vQog ^vöod'i Ttovto? durch die Über- gebiert. Am Anfang der rjgojoyovia. endlich
Setzung zu rechtfertigen ^Heil euch, ihr Göt- 30 steht der Isgos yd^iog der Demeter mit dem
ter, die ihr jetzt regiert, und Heil dir, Welt, Heros lasios (969), aus dem Plutos entspringt,
wie du jetzt bist' (gestaltet in vfjGoi, i]nsiQoi der über Land und Meer geht und den, dem
und -novrog im Gegensatz zum Chaos im An- er in die Hände läuft, reich macht,
fang), ist schwerlich zu halten, nachdem in Wie an die eigentliche Th. die Heroogonie,
dem ganzen Gedicht nur und nur von den so hat man an die letztere, im Bestreben, das
Göttern, ihrer Genealogie, ihren Geschicken Werk zu einem poetischen Handbuch der ge-
und Taten im Wirken aufeinander, rein gar samten Mythologie auszubauen, auch noch den
gar nicht von der Ausgestaltung der Welt und sogenannten Frauenkatalog angehängt. Der
der Erde gesprochen worden ist; nicht nur die Übergang dazu ist noch als v. 1019^1022 in
Worte, auch die Begriffe vf]Oog und r^Trsipog 40 unseren Hss. erhalten, die aber bei dem neuen
erscheinen hier zum ersten Male.*) Auch lio- Musenanruf abbrechen. Dieser Abschluß gründet
bertä Gedanke (461 ff.), die ganze Th., eben sich nicht auf mechanischen Verlust, sondern
wegen v. 963, als ein einziges großes Proömium, auf den Willen eines Bearbeiters des Korpus
ähnlich den homerischen Hymnen, aufzufassen, der Hesiodea, der hier einen großen Abschnitt
dem nun erst die eigentlichen xXe'o: ccvöq&v ansetzte. Beweis dafür ist die Tatsache, daß
als Hauptthema folgten, ist — um von anderen auch im epischen Kyklos die Geschichte des
sich aufdrängenden gewichtigen Gründen zu Odysseus den Schluß bildete, s. u. Sp. 1516 ff.
schweigen — von Wilamoicitz, Die Ilias und Die Quellen der Ifesioc^ischen Th. und
Homer 465 mit dem Hinweis darauf widerlegt, ihre Verarbeitung. Wenn man das von
daß vielmehr der Musenhymnus im Anfang 50 ITesioda Th gebotene Material seiner Herkunft
mit seinem gleichen Abschluß (104) ein der- nach sichtet, so lassen sich unschwer vier
artiges Proömium zu unserer Th. bildet, die Klassen aufstellen. Einen Grundpfeiler des
mit ihrer Inhalts- und Gedankenfülle doch wohl Werkes bildet der Götterhimmel Homers. Ab-
selbst einen eigenen Vortrag, nicht nur die gesehen von der in der Jibg d-jtärri vorliegen-
Einleitung zu einem solchen darstellt. den, von Hesiod abweichenden Th. sind die
Die Anhänge (965 — 1022). Den Schluß Differenzen zwischen dem positiven Inhalt der
der Th., wie sie uns überliefert ist, bildet die I/o?wmschen Theologie und Hesiod nicht ein-
Liste der Göttinnen, oaaui ör, d-vriroloi nccg' schneidender Natur (vgl. Schoemann, Compara-
*) Wer den Vers nicht mit Hevne und R:ach streichen ^^^ theogoniae Hesiodeae Clim Homerica = OpUSC.
'Will, mag mit Aly eine Lücke vor ihm annehmen, die 60 «Caf/. 2, 25 ff.). HeSlod gibt nicht Viel, was dem
aUerdings nicht so auszufüllen wäre, wie Aly (durch Ro- Homerischen System widerspricht, wohl aber
herts Auffassung verführt) vorschlägt: rwv vno ya'ia ,us- sehr vieles, was ihm fremd ist. Dieses Plus
/.aiva y.ai ovoaru; svqu; eysyto. Denn daß Gaia und Ura- bei Hestod stammt ZUm srrößten Teil auS den
nos (Sache und Person fallen dem Griechen nicht aus- zahlreichen griechischen Lokalkulten, den wah
einander wie uns durch das törichte Groß- oder Klein- ^^^ Zentren der griechischen Religion, und der
schreiben), Inseln, Festlander und das Meer zwischen -i^ t i .V ,>, n«- ,i j p
ihnen (Pontos der Uranosbruder !) von den Olympischen ^^^ ^l^^en verknuplten Mythen ZU denen fernei
GöttAn geschaffen worden seien, hätte ein Herausgeber gememgriechische, mcht an bestimmte Kultf
der Th. nicht unterstellen sollen. gebundene Mythen und Volkssagen treten
1495 Theogonien Theogonien 1496
Aber anch nach Aussonderung des aus den be- nur gelegentlich bei günstij^em Stand der my-
zeichneten beiden Klassen stammenden Stoffes thologischen Schichtungs- und Überlieferungs-
bleibt ein Rest von Sagengut, der nach allem, Verhältnisse für dieses oder jenes Motiv, kaum
wir wissen, als ungriechisch seinem Wesen aber in weiterem Umfange zu beantworten
Dach angesprochen werden muß; wobei die möglich ist. Im allgemeinen scheint die An-
Frage, ob dieser Stoff aus direkter oder indi- nähme berechtigt, daß dem Unternehmen der
rekter Berührung mit orientalischer Mythologie Systematisierung des ganzen einem Dichter
Hesiod zugekommen ist (worauf doch viele er- überschaubaren Mythenstoffes wohl bescheide-
staunliche Berührungen deuten), oder zu einem nere, auf einen engeren Bezirk beschränkte
größeren oder geringeren Teil aus vorgriechi- lo Versuche dieser Art vorangegangen sind.
scher Zeit sich ins griechische Bewußtsein Im folgenden soll versucht werden, den
hinübergerettet hat, oft kaum entscheidbar ist. Hauptstoff der Th. auf die bezeichneten vier
Die aus diesen drei Quellen dem Dichter zu- Herkuuftskreise zu verteilen, ohne daß die Ar-
geflossenen, jede in sich schon Heterogenes beit in dem hier gesteckten en^en Rahmen
enthaltenen Stoffmassen standen naturgemäß bis ins einzelne geleistet werden kann,
sunächst in gar keinem Verhältnis zueinander. He si od und Homer (vj;rl.^cÄoe?nanw a.a.O.).
Vieles schloß sich gegenseitig aus, sehr vieles Von den Urgewalten Hesiods weiß Homer nichts.
war einander analog oder glich sich in der Gaia wird zwar im Schwur angerufen, aber
Sache völlig-, und die zahlreichen zusammen- nicht als göttliche Urmutter oder überhaupt als
gebrachten Götternamen und -persönlichkeiten 20 ausgeprägte Persönlichkeit, wie (lie Beifügung
wußten so wenig voneinander und gingen sich von Sonne und Flüssen (F 278) oder des wei-
80 wenig an wie die erstmalig versammelten ten Himmels und des niederfließenden Was-
Rekmten bei der Aushebung. Da mußte als sers der Styx (O 36. g 184) lehrt. Heras Anruf
vierter Faktor die ordnende und nach Bedürfnis im Hymnus auf den Pythischen Apollon 334:
neu erfindende, neuen Stoff schaffende Tätig- Fala xocl Ovgavbg svgvg vtcsq&sv Tiripig rs
keit des Dichters in ihr Recht treten. Es galt <9'foi, rol vTto x^ovl vaisrdovTEg TccQtuQov ccncpl
vor allem, die verwirrende Fülle der Gestalten ^iyccv, r&v ?| ävögsg ts d^soi rs setzt offenbar
in ein System zu bringen — nach dem Geiste das Hesiodische System (das heißt nicht die
der Zeit konnte es nur ein genealogisches sein Hesiodische Th.) bereits voraus. Nyx in der
— , sie zu Vätern, Söhnen, Geschwistern usw. so ^ibg andxr\ steht auf einem besonderen Blatte
zusammenzuordnen und auf einige Generationen (s. Sp. 1539). Auch Uranos, Poutos, Eros sind
zu verteilen. Da es der persönlichen Religion als Personen Hom. unbekannt, von Chaos, Ere-
des Dichters und somit seinem poetischen Plan bos, Aither, Hemere zu schweigen. Die Tita-
entsprach. Zeus und seinen nächsten Kreis als neu Hesiode fehlen bei Hom. nicht völlig; er
Hauptgötter und Weltherrscher hervorzuheben, nennt 0 479 und 5" 274 die Götter der Tiefe
so mußte die große Masse der nicht zu allere- um Kronos, die im Tartaros sitzen, weder von
meinerer Geltung gelangten Lokalgötter zurück- Sonne noch von Winden gelabt; E 898 heißen
gedrängt werden, wozu teils wurzelechte grie- sie Ovgavitovf-g. Aber außer Kronos (und Rheie
chische, teils importierte außergriechische Sa- S 203. O 187) erscheint mit Namen nur lapetos
gen von Götterkämpfen gute Handhaben boten. 40 (0 479). Okeanos und Tethys stehen bei ihm
Andere Sagen von bedeutendem symbolischen außerhalb dieses Kreises, Hyperion ist mit
Charakter, die der Dichter nicht missen mochte, Helios identisch und © 480 den Göttern der
die aber mit seiner Zeusreligion nicht harmo- Tiefe ausdrücklich entgegengesetzt, Themis ist
nierten, mußten sich starke Umbiegungen — an der einzigen Stelle, wo sie erscheint (O 87),
bis zu völliger Aufhebung ihrer Grundbedeu- Olympierin; Koios, Kreios, Theia. Mnemosyne
tung — gefallen lassen. Ein starker Zng pri- und Phoibe sind Homer fremd. Die Kyklopen
mitiv-philosophischen Geistes brachte Anfänge Homers haben mit den unterirdischen Feuer-
kosmogonischer Spekulation (doch immer in dämonen Hesiods nichts zu schaffen, wohin-
mythologisch-personifizierendem Gewände) und gegen A 401 ff. die Sage von dem Hekatonchei-
an einigen Stellen ganze Reihen allegorischer 50 ren Briareos- Aigaion erwähnt wird, der,.
Personifikationen abstrakter Begriffe mit an- von Thetis (der Meergöttin!) gerufen, Zeus gegen
gemessener genealogischer Verknüpfung in das den Anschlag der anderen Götter beschützt:
Werk hinein. Doch erscheinen auch kosmische eine Analogie zu der Hekatoncheirendichtung
Potenzen und Prinzipien so täppisch eingefugt bei Hesiod, keineswegs aber ihre Quelle. Ho-
und so wenig in ihrer wahren Bedeutung und werische Dämonen oder wenigstens Begriffe
Fruchtbarkeit erkannt und ausgenützt, daß es sind die zahlreichen, bei Hesiod als Kinder
nur zweifelhaft sein kann, ob man diese Stücke oder Enkel der Nyx genealogisierten Personi-
lieber als spätere Einarbeitungen betrachten fikationen von Abstrakten, nur Momos und die
oder annehmen wül, daß die kosmogonische Hesperiden, Dysnomie und die modernen yfdyot
Spekulation nicht die starke Seite des sonst 60 k^cpiXXoyiai te ausgenommen. J^o^nerisch sind
so gedankenreichen Dichters war. auch Nereus (wenngleich der Name selbst
Inwieweit die skizzierte individuelle Tätig- nicht, sondern nur die JVrjpTjtdf? vorkommen)
keit im Ordnen und Harmonisieren des chaoti- und Phorkys, nicht aber Thaumas, Keto und
sehen Stoffes und im Schaffen eines mytho- Eurybie noch die Genealogien Hesiods, und in
logischen Weltbildes erst vom Dichter un- dessen Nereidenliste stehen — wenn man wie
serer Th. geleistet worden ist, inwieweit er billig von der aus einer theogonischen Quelle
schon auf der Vorarbeit älterer theogonischer entnommenen Nereidenliste s 39 — 49 absieht
Dichter fußte, das ist eine Frage, die wohl — nur zwei aus Homer bekannte Gestalten:
1497 Theogonien Theogonien 1498
Amphitrite (aber bei i/bmcr y Dl. t 422. ft 60. weiß. Von den übrigen Gottheiten, die
97 nicht als Nereustochter bezeichnet, in der llesiod als Kinder des Zeus aufführt, ist keine
Liste 2^39 tf. fehlend) und Thetis. Neu ist auch Homtr unbekannt, aber mindestens von den
die Genealogie der in der llias vielgenannten Hören, Moiren, Chariten die Ableitung von Zeus
Iris und die Namen der Harpyien (77 150: ihm nicht geläufig. Amphitrite (f 422. //. 60. 97)
Podarge). Von Hesiods Phorkyaden kennt ist weder Gattin Poseidons noch Mutter des
Homer nur die Gorgo (doch nicht als Phorkys- {Homer fremden) Triton. Phobos und Deimos
tochter bezeichnet), den Höllenhund (0 368 stehen in der 7üm.s stets in engstem Zusammen-
ohne Nennung des Namens Kerberos und ohne hang mit Ares, und iV 299 ist Phobos des Ares
Genealogie) und die Chimaira (Z 179 ohne Ge- lo lieber Sohn genannt; aber Aphrodite gilt Ho-
nealogie). Hingegen iußt der Flußkatalog wer nicht uls seine Mutter, und Harmonie kennt
337 tf. zum guten Teil auf der i/owerischen er nicht. Das Verhältnis zwischen Ares und
Geographie, freilich mit höchst charakteristi- Aphrodite erscheint überhaupt erst in dem
sehen, den erweiterten Gesichtskreis verraten- jungen, frivolen Stück 0'2661f". Die Charis ist
den Zusätzen. Um so weniger hat die Liste schon i^ 382 Hephaistos' Gattin, aber noch nicht
der Okeaninen mit Hower gemein; nur Dione die spezielle Aglaie, wie auch die Dreizahl der
(wenn Hesiod da an die Mutter Aphrodites Chariten noch nicht feststeht. Dionysos und
E 37 Ott", dachte), Eurjnome (2-" 398), Kalypso sein Wesen ist Homer bekannt, von seinem
(die aber a 52 Tochter des Atlas, niemals Verhältnis zu Ariadne nur >l 321, und /war ab-
Okeanostochter ist) und Styx (auch diese bei 20 weichend von der bei Hes. vorliegenden Vul-
Homer nibht Okeanine) finden sich im Homer. gataversion, die Rede. Die Paarung Herakles.
Von Hesiods Titan i den sind nur Eos, die ^^^ Hebe kennt Homer nicht Die Verbindung
Winde Zephyros, Notos, Borees, der Stern Heos- des Helios mit Perseis, Kinder Kirke und Aietes,
phoros und Leto Homer bekannt, aber nicht stammt aus k 135 ff., wo freilich die Okeanine
mit der Hesiodischen Genealogisierung. Von Perse heißt; Idyia und Medeia fehlen dort. —
den sechs Kroniden Hesiods fehlt Histie im Von den in der Heroogonia gebrachten Ge-
Homer ganz, Demeter ist nirgends Tochter des nealogien konnten nur wenige aus Homer ge-
Kronos oder Schwester des Zeus, und das brü- nommen werden. Das Verhältnis Demeter ^^
derliche Verhältnis zwischen Zeus, Poseidon lasion ist s 125 erwähnt, doch nicht ihr allego-
und Hades sowie die Teilung der Welt unter so rischer Sohn Plutos. Von der Deszendenz des
sie wird nur einmal (O 187 fF.), die Geschwister- Kadmos erscheinen bei Homer nur Semele
Schaft von Zeus und Here nur in der Jibg (5*323, theogonische Einlage!) und Ino-Leuko-
ccnätj] erwähnt. Ebenda und 0 479 ist allein theä {s 333), letztere als Kadmostochter bezeich-
vom Sturz des Kronos und der Titanen durch net. Das JPaar Eos ^^ Tithonos ist Homer ge-
Zeus die Rede. Das Nähere, die Verschlingung läufig; ob aber Eos' Sohn Memnon Tithonos
der Kinder durch Kronos, seine Überlistung zum Vater hat oder etwa den auch von ihr
und dann die Titanomachie mit ihren Einzel- entführten Orion {s 121), erfährt man aus Ho-
heiten ist Homer unbekannt (gewiß nicht nur mer nicht. Aus der Hias stammen dann die
unerwähnt), ebenso die Entmannung des Ura- Paare Peleus ^^ Thetis und Anchises f^ Aphro-
nos, die ganze Prometheusgeschichte und der 40 dite mit ihren Söhnen; die Th. 1011 ff. ange-
Typhoeuskampf. Die Unterweltsschilde- gebenen Nachkommen des Odysseus mit Kirke
rungen ifmods sind mitden ^owmscben Ha- und Kalypso (das älteste literarische Zeugnis
desbildern nur hinsichtlich der allgemeinsten griechischer Kenntnis Italiens) sind JEfomer fremd.
Umrisse in Übereinstimmung; die vielen Einzel- Wenn so ein großes Plus an mythologischem
heiten und Besonderheiten fehlen im Homer. und vor allem genealogischem Stoff auf selten
Von d( n Th. 886 ff. registrierten Zeusgattin- Hesiods bleibt, so ist sehr ernstlich in Rech-
nen fehlen die Tersönlichkeiten der Metis und nung zu stellen, daß der Dichter der Th. nicht
Mnemosyne im jffomer ganz; Themis und Eury- nur wie wir llias und Odyssee, sondern die
nome kommen zwar vor, aber nicht in Verbin- ganze uns verlorene Masse des heroischen Epos
düng mit Zeus; Demeter, Leto, Semele, Alk- 5o vor Augen und als Reservoir mytholooisch-
mene sind als Geliebte des Zeus in der Ein- theogonischen Stoffes zur Verfügung hatte,
läge der Jio£ ccndtri (iS 317 — 327) genannt und Ohne Zweifel stammt ein erheblicher Teil der
auch anderwärts als solche erwähnt oder doch im Homer nicht zu findenden Mythen Hesiods
gedacht, Maie (in der Form Maiccg) als Mutter aus dieser Quelle, so vor allem die i]Q(ooyovia.,
des Zeussohnes Hermes | 435. Here ist na- vieles in der Liste der Zeusehen und auch
türlich beiden gemeinsam, aber die Deszendenz mancherlei in der eigentlichen Th. Wenn uns
des Götterpaares noch nicht wie bei Hesiod die Möglichkeit einer direkten Vergleichung
festgelegt. Nur Ares ist klar als beider Sproß- hier versagt ist, so bietet einen gewissen Er-
ling bezeichnet (E 892). Die Eileithyien heißen satz die spätere Dichtung und die mythogra-
A 270 f. nur Töchter der Here, nicht auch des 60 phische Überlieferung, die uns, soviel auch
Zeus. Von Hebes Abkunft wird nichts gesagt, im einzelnen problematisch bleibt, doch einen
obschon sie E 722 und 905 offenbar in naher gewissen Begriff gibt, wieviel Hesiod aus lite-
Beziehung zu Here steht. Sohn des Zeus und rarischen Quellen, d. h. aus poetischer Fixie-
der Here ist ferner A 577 ff. Hephaistos, den rung und Ausgestaltung echten alten Sagen-
Hesiod zum alleinigen Sohne Heres macht. stoffes, entnehmen konnte. Sicherlich hat diese
Hingegen stimmen beide zusammen in der Ab- Quelle ihm für seine Titanen-, Kyklopen- und
leitung Athenes von Zeus allein, nur daß Hekatoncheirenmythen mehr geboten, als wir
jSbwer nichts von ihrer Geburt aus Zeus' Haupte im Homer lesen; sicherlich stammen von den
1499 Theogonien Theogonieu 1500
Meergottheiten und -dämoneu Hesioda mehr, j^enden Erwähnungen bei Homer, sondern aus
als im Hütuer nachweisbar sind, aus älterer ihrer kultischen Bedeutung, 8. Mayer a. a. 0.
mg; gewiß ist die Genealogie der Kro- 71 if. o. Bd. 2, Sp. 1462 ff. Farnell, The cult^
, dio im Homer noch so schwankend und of the Greek Zitates 1, 1 tt'. Allerdings ist die
unvollständig ist, verglichen mit dem System theogonische Konstruktion, die Kronos zum
Hesiods^ nicht erst ganz von diesem entwickelt Herrscher des früheren Weltalters und Vater
worden, sondern man hat zwischen unseren seines Besiegers, des gegenwärtigen Weltherr-
beiden Zeugen Zwischenstufen anzusetzen, wie schers Zeus, machte, schon vor Homer <,'efun-
ja im Homer selbst eine Entwicklung zur den; richtiger: bevor die auf Kronos bezüp:-
Systematisierung wahrzunehmen ist, vgl. Fitis- lo liehen jffbmcrstellen gedichtet wurden. Denn
Jer, fiom^' 1,234 f. 27 8 f. und Sp. 1600. Auch die diese Theologie, deren Niederschlag die theo-
Hadesbilder Hesiods weisen deutlich auf lite- gonische Dichtung ist, hat ihre Entwicklung?
rarische Quellen, und überall liefen solche zwar, soviel wir sehen, später begonnen als
offenbar zugrunde, wo Hesiod auf gewisse My- das im ganzen um diese Dinge unbekümmerte
then nur kurz hindeutet, um sie in sein Sy- heroische Epos, dann aber doch lange gleich-
stem einzufügen, oder sie für seine Anschauung zeitig mit ihm gelebt und ebenso Elinfluß aut
zurecht modelt (Prometheis, Titanomachie, Ty- es geübt, wie sie ihm einen wesentlichen Teil
phonomachie). ihres Stoffes entnahm und Form und Technik
Kulte und Eultmythen als Quellen dazu: ist doch das theogonische Epos nichts
Hesiods. Neben dem bereits in poetischer 20 anderes als ein Seitentrieb vom großen Haupt-
Bearbeitung vorliegenden Mythenmaterial hat stamm des Epos, mit dem es gebend und neh-
Hestod in nicht geringem Maße mythisches mend in steter Verbindung bleibt, so daß die
Rohmaterial herangezogen und Göttergestalten Frage, ob ein Zug aus allgemein-epischer oder
in sein System eingefügt, die im Epos wohl speziell theogonischer Quelle stammt, in vielen
gar nicht existierten oder nur gelegenüich und Fällen unentscheidbar, weil schief gestellt ist:
nebensächlich vorkamen, ihm aber aus Lokal- denn die Grenzen sind fließend. — Mnemo-
kulten bekannt waren; wobei wir freilich nicht syne endlich nennt die Th. 64 selbst 'Herr-
kontrollieren können, inwieweit, da oder dort scherin der Hügel von Eleuther', s. o. B. 2,
lokale Mythenbildung und Spekulation dem Sp. 3077. Von den Th. 371 ff. behandelten Ti-
großen Systematiker vorgegriffen und schon 30 taniden ist Pallas ein alter arkadischer Gott
eine Verbindungslinie zu dem gemeinhelleni- (0. B. 3, Sp. 1337) und P e r s e s = Perseus sogar an
sehen Götterkreis gezogen, sowie, wieviel He- mehrerenOrtenverehrt(o. Bd. 3,Sp.2018. Ihener,
siod schon bei theogonisch-systematisierenden Götternamen 11 f.). Auch der Kult der Winde
Vorgängern vorgearbeitet fand. Unsere Betrach- ist alt (z. B. Wernicke in Pauly- Wissowas Real-
tung gilt hier nicht so sehr der speziellen Th. encyclop. 3, 721), und aus gleicher Quelle kamen
Hesioda als der theogonischen Dichtung über- Hekate (obschon erst später, s. Sp. 1483) und
haupt als sich entwickelnder literarischer Gat- Histie in die Th. hinein. lapetos und sein
tnng. — Der erste nicht dem Epos, sondern Geschlecht waren sowohl im griechischen Mut-
einem Kult entnommene Gott der Th. ist Eros, terlande wie in Kleinasien heimisch {Gundel
der alte, in einem Steinfetisch verehrte Natur- 40 in Pauly -Wissoicas Bealencyclop. 9, 722). Aus
gott von Thespiai {Paus. 9,27,1), wofern nur dem Katalog der Zeusgattinnen geht Themis
diese drei Verse (120 — 122) ursprünglich sind auf den Kult nahe bei Theben zurück, wo nach
(b. Sp. 1501). Eine ganze Anzahl Lokalgötter Pai«s. 9,25,4 ihr Heiligtum neben dem des
hat fies/od unter den Titanen (und ihrer Deszen- Zeus Agoraios und dem der Moiren stand, so
denz) untergebracht, vgl. Maximilian Mayer, daß die Th. 904 gegebene genealogische Ver-
Die Giganten und Titanen, Berlin 1887, 50 ff. knüpfung nahegelegt war. Die Chariten
Koios ist ein Fluß im nördlichen Messenien Hesiods sind nicht poetische Personifikationen,
und, wie der Zeuge Paus. 4,33,6 selbst be- sondern die Göttinnen des nahen Orchomenos,
merkt, wohl ein Lokalheros. Ebenfalls Paus. ihre Mutter Eurynome nicht einfach eine
7,27,11 bezeugt in Achaia bei Pellene den 50 Okeanine (wie bei Homer 2 ^^^ und in der
Fluß Krios: %x^lv Ss ocvtbv ro oVofca änb Tl- Th. 358), sondern die Kultgöttin von Phiga-
x&vos Kqiov- dieselbe Namensform für den lia (Paits. 8 , 41 , 4 ; derselbe 10,28,7 über den
Titanen, der in den Hss. Hesiods, den Scholieu leichenfressenden Todesdämon Eurynomos der
(die Ze^ion zitieren) und anderwärts Kgslog delphischen Theologie, welch letztere TÄ. 498 ff.
heißt, gibt Aristarch. im Et. M. 539, 22 ; über ausdrücklich berücksichtigt ist). Auch die Ho-
weitere Spuren eines mythischen Kreios in der ren, die Hebe und vor allem die Musen He-
Peloponnes s. 3/ai/cr 58 ff. T heia ist der Haupt- siods stützen sich auf Kulte, ob sie schon auch
kultname der großen Göttin von Aigina, die im Homer bereits vorkommen, und die mit
mit gemeingriechischem Namen Hekate ge- drei Kinriern gesegnete Ehe des Ares und der
nannt wurde {Pind. Isthm. 5,1. Paus. 2,30,2). 60 Aphrodite entnahm der Systematiker nicht
Im selben Aigina (Pind. Ol. 8,22), aber auch dem lasziven Schwank der Od. 0", sondern dem
an zahlreichen anderen Orten lebte der Kult Kult (vgl. Tümpel in Pauly -Wissowas Rcal-
der Themis, die gewiß eher daher als aus encyclop. 2,646), dessen Reflex natürlich auch
der kurzen Erwähnung bei Homer (O 87) in jenes Götterzötchen ist. Ähnliches gilt für die
die Reihe der Titanen gelangt ist. Das gleiche Kyklopen und Hekatoncheiren, für Gorgo, Chrj-
dürfte für den alten Gott Kronos gelten wie saor, Herakles und die anderen in der Th. er-
für seine Gattin Rheia. Ihre große Rolle in scheinenden Heroen. Diese Beispiele mögen
der Th. haben sie nicht aus den wenig besä- genügen, da hier nicht der Ort fär spezielle
1501 Theogonien Theogonien 1502
Aufarbeituno^ des gesamten mythologischen yovvccx', ^Q(p Ö' &Qa t^vfiov ^d-hXx^sv, dann
Stoffes der 27«. in diesem Sinne ist. V«l. noch t'poff Xva. bei Sappho frg. 40, nö^oi ^fJO- bei
Gruppe, Hdb. 412 ff. und Aly% Th.- Kommentar Archil. fry. 85 — , der aller Götter und aller
(Heidelberg 1913). Menschen Merz und Verstand bezwinge. Diene
Die selbständige Leistunj? des Theo- Beschreiljung, die zugleich mit der zweimaligen
gonikers. Je reichlicher aus Literatur und Erwiihnun«,' von Göttern und Menschen die
wirklicher Religion dem Dichter das Material stärkste, doch kaum noch zu ertragende der
zuströmte, um so größer waren die Anforde- Prolepsen Hmocis darstellt, paßt wahrlich nicht
runden, die an die eigene ordnende, kombinie- auf die kosmogonische Urgewalt, die hier ge-
rende, ergänzende, um- und neuschaffende Tä- la meint ist, sondern auf die normale Erschei-
tigkeit des Systematikers gestellt wurden. Auf nungsform des Eros, in der er 201 zusammen mit
Schritt und Tritt begegnet sie uns in der Dich- Hiraeros im Gefolge der Aphrodite auftritt, eine
tung, wobei wir freilich wieder eingedenk blei- Stelle übrigens, die offenbar ohne Bezug auf
ben mü.ssen, daß da gewiß vieles auf die Rech- unsere Stelle gedichtet und an ihren Platz ge-
nung von Vorgängern gesetzt werden muß, deren setzt ist. Das gilt aber für den ganzen hoch-
Werk der Verfasser unserer Th. übernahm und symbolischen Mythus von der Aphroditegeburt
fortführte. Wir können beim Stande unserer aus dem Samen des Uranos (s. Sp. 1479), der
Überlieferung in der Regel nicht den Personen eine unleidliche Dublette zu der Einführung
das Ihre geben, sondern nur einigermaßen die des Eros unter den Urgewalten darstellt, dessen
Tatsachen des Kultes und anderes durch feste 20 Funktion, wie sie 121 f. umschrieben ist, sich
Überlieferung Gegebene von der theologischen in keiner Weise von der Aphrodites 2('3— 206
Spekulation zu sondern versuchen, gleichgültig, unterscheidet. Die Worte: xavtriv d' it, ccQxfjg{\)
wie vielen Köpfen diese entsprungen ist, riiii]v ^%Bi rjds UXoyxsv hoIqccv iv av^QmnoLGi
Theologisch-philosophische Spekulation sind xai aQ-avätoLGi dsoleiv usw. schließen, ernst
unter den Urmächten Hesiods Chaos und Eros. genommen, aus, daß dieselbe {lotga schon zwei
Gaia, die Mutter Erde, ist ja eine uralte re- Generationen früher, in der ältesten Urzeit,
ligiöse Macht, aber daß sie in bestimmter Weise Eros geeignet haben sollte. Der Schöpfer dieses
zur Ahnin aller Götter, auch des Allgottes und Aphroditemythus meinte, daß die Zeugungs-
Allvaters Zeus gemacht wird, ist neu. Neu ist und Fortpflanzungskraft, deren Personifikation
auch die Einordnung des (übrigens alten) my- 30 ihm Aphrodite ist, in den Lenden des Uranos
thisch-geographischen Begriffs Tartaros (hier beschlossen war, bis sie durch den Schnitt des
in der Form Tartara) unter die Urgewalten; Kronos entbunden und zur überall wirkenden
aber das ist ja die Tat eines späteren Bear- Macht wurde. Damit ist der Eros als Urprinzip
beiters (s. Sp. 1476). Eros knüpft ganz gewiß und Bruder von Chaos und Gaia unvereinbar,
an den Fetischkult von Thespiai an, und es Wie konnte sodann rein sprachlich der Dich-
ist immer möglich, wenn auch nicht gerade ter, der den Zeugungstrieb unter den Elemen-
wahrscheinlich, daß er in diesem Kult von den ten seiner Schöpfungsgeschichte mit dem Na-
Wissenden schon als das große Werdeprinzip men Eros eingeführt hatte, diesen fortan gänz-
verstanden wurde, wie Wilamowitz, Aus Ky- lieh verleugnen — da v. 201 und 910 ausschei-
datlmi 131 meint, vgl. Furtwängler, o. Bd. 1, 40 den, s. Sp. 1491 — und Götter und Mächte
Sp. 1341. Auch dann war es eine neue speku- von der ältesten bis zur jüngsten Generation
lative Kühnheit, diesen mit seinem redenden sich stets durch qpt/LoTrjg, die ^otga Aphrodites.
Namen ganz vereinzelt dastehenden Naturgott, die 224 selbst personifiziert unter den Kindern
von dem das ionische Epos gar nichts wußte, der Nyx erscheint, nach homerischem Muster
als ältestes kosmisches Prinzip unter die an- vereinigen lassen? So erweisen sich diese drei
deren, rein stofflichen Urgewalten zu stellen; Erosverse, die schließlich auch noch, wie Sp.
eine Kühnheit freilich, die dem Verfasser un- 1477 gezeigt, die dyadische Kompositionsweise
serer Th. nicht gutzuschreiben ist. Denn es ist der ganzen Anfangspartie durchbrechen, als
nicht richtig, was Wilamoivitz a. a. 0. schreibt, eine anorganische Einlage, und man kann nur
daß die Th. Sesiods 'ganz in den Vorstellungen 50 zweifelhaft sein, ob man sie einem jüngeren,
des Eros von Thespiai fuße,' unter denen man mit orpMschen Th.n vertrauten Leser oder Be-
doch nur die kosmogonischen verstehen kann. arbeiter zuweisen soll, der es unerträglich fand.
Derjenige, der zuerst den fruchtbaren Gedanken daß Eros in dieser Th. fehlen sollte (vielleicht
faßte (oder übernahm), daß von Anbeginn zwi- weil sich alsbald 125 Erebos und Nyx, dann
sehen den materiellen Urmassen eine bewe- Uranos und Gaia begatten, ohne daß der Trieb
gende, zueinander treibende Macht bestanden dazu schon eingeführt ist), ihn einfügte, und
haben müsse, die diese Massen in Beziehung freilich nicht über die hinreichende poetische
zueinander setzte und seitdem unablässig in Kraft verfügte, um etwas anderes als ein paar
der Welt wirksam und Ursache alles Lebens /iomerische Floskeln zu seiner Charakterisierung
ist, der konnte sich nicht begnügen, nur das 60 anhängen oder gar den hineingetragenen Ge-
Wort Eros hinzusetzen und, statt einer Erläu- danken durch die ganze Dichtung durchführen
terung seines kosmogonischen Wesens und sei- oder auch nur an einigen markanten Stellen
ner Funktion, ihn als den schönsten unter den noch einmal anklingen lassen zu können; oder
unsterblichen Göttern zu bezeichnen, den glie- ob man diese Kümmerlichkeit dem Dichter der
derlöseoden — aus Homer, wo v 57. i/; 343 Th. selbst zutrauen soll (so Waser in Pauly-
vTtvog lvaL^£/.i]g steht [etymologisiert Xvcov ^e- Wissoivaa Bealencycl. 6, 486). Mir scheint die
Isd'^iiara d-v^ov], aber a 212 von den Freiern letztere Annahme nicht mit dem sonstigen We-
beim Eintritt Penelopes: t&v d' ccvtov Xvto sen dieses sorgfältigen und durchaus nicht ge-
1503 Theogonien Theogonien 1504
dankenlosen Mannes verträglich. Sind die Verse Dieses Motiv des Wechsels zwischen spontaner
nacbtrilgliche Einlage, so doch ziemlich früh, und geschlechtlicher Fortpflanzung liebt der
da PlcU. Swnpoa. 178 B sie als Jüesiodisch zi- Dichter; er wiederholt es dann bei Nyx 211 ff.
tiert. — Lrebos und Nyx sind Homeriache (die sich 126 mit Erebos verbunden hatte) und
Begriffe, die Personitizierung des Erebos jedoch, in der Ehe Zeug r^ Ht-ra, die beide neben den
die Genealogisierung und Paarung beider und gemeinsamen Kindern besondere zur Welt brin-
ihre Nachkommenschaft Aither und Hemere gen (der Mann freilich erst nach Verschlingunp
sind Spekulation. So auch Uranos als Person einer weiblichen Gottheit). Ganz selbstherrlich
(nirgends im Kult oder älterer Dichtung), seine ist der Dichter bei der Konstituierung seiner
Abstammung von Gaia und die Paarung mit lo Titanen - Dodekas verfahren. Nur wenige
ihr, die der Dichter freilich ältester, allgemein Namen waren ihm dafür überliefert, auch noch
verbreiteter Volksanschauung entnimmt, auf die nicht die Zwölfzahl dieser Kinder des Himmels
Person Uranos aber doch erst seinerseits über- (die ohne eine wie immer beschaffene liezie-
tr^gt. Daß Gaia die Berge gebiert, ist primi- hung zur bab^'lonischen Zwölfteilung des Him-
tive geologische Phantasie ohne uns kenntlichen mels zu denken mich niemand bereden wird).
Bückhalt im Mythus, aber wohl passend zu Aus welchen Gründen i/<,siod Koios, Kreios usw.
der von Robert, Md. Nicole 472 schön hervor- unter die Titanen, die anderen wie Helios,
gehobenen großartigen Naturauffassung unseres Pallas, Perses usw. in die nächste Generation
ichters. Nun fallen aber, wie oben Sp. 1477 gestellt hat, können wir nicht mehr erkennen.
gezeigt, die Berge aus dem Grundplan dieses 20 Jedenfalls ist diese Auswahl und Genealogi-
ersten Teiles heraus, da sie doch nicht in dem sierung in der Hauptsache seine poetische Tat.
Sinne wie Erebos, Nyx, Uranos und Pontes zu Er hätte ebensogut vieles anders machen kün-
den zeugenden Urgewalten gezählt werden kön- nen, wie die mancherlei lokalen Varianten
nen, und wieder läßt sich eine orphische Par- {Mayer a. a. 0. S. 57 ff.) und die Abweichungen
allele aufweisen, die Anlaß und Herkunft der anderer Th.n zeigen. Phoibe hat man wohl
Einfügung klärt. In der Kosmogonie bei Apoll. mit Mayer 54 als Konstruktion des Dichters
Biiod. 1,496 ff. (= frg. 3ö Abel) singt Orpheus, aus dem Namen ihres Enkels Phoibos anzu-
wie zunächst Erde, Himmel und Meer aus ihrer sehen. Neu und kühn, gewaltsam und nicht
anfänglichen Vereinigung durch das vsixog ge- eigentlich glücklich ist auch die Einordnung
löst werden, dann Gestirne, Mond und Sonne so des Paares Okeanos r>o Tethjs in diese Sippe,
im Äther ihre Wege erhalten, dann (501): das in anderen Th.n {llias !S und manchen
o^QBci &' mg ävitetXs, xort mg 7cor(x(jiol xsXddov- orphischen) als Urelternpaar statt Uranos .~
Tsg avxyßiv vviKprjci xal kgjihTcc nccvr' iyivovto. Gaia erscheint, ein gewiß älteres Svstem als
Das hat Sinn: nach der Stabilierung der großen das Hesiode. Denn die beiden Ableitungen der
Hauptmassen und der Erschaffung der Himmels- Welt aus dem Trockenen (Gaia ^^ Uranos) oder
körper kommt die besondere Ausgestaltung der Feuchten (Okeanos '^ Tethy«) als Urzustand
Erde, die Vertikalgliederung und die Bewässe- stehen offenbar gleichberechtigt und wohl gleich
mng. Was hier gut und folgerichtig ibt, wurde alt als primäre Spekulationen nebeneinander.
zur Störung im Kontext Hesiods^ in dem dieses Ein System, das das Urfeuchte aus dem Trok-
Emblem ebenso fremdartig bleibt wie der ein- 40 kenen, vertreten durch Gaia und Uranos, ab-
geschmuggelte kosmische Eros.*) — Alte Spe- leitet, welch letzterer das Feuchte schon unter
kulation ist femer der persönliche Pento s, anderer Benennung (Pontes) zum Bruder hat,
der Ahnherr aller Feuchtigkeit und Vater der ist notwendig sekundär und eine Kontamina-
drei Meergreise Nereus, Thaumas und Phorkys tion jener älteren Grund Systeme. Denn die Dif-
(letzterer Titan bei Plat. Tim. 40 E und den ferenzierung des Feuchten in Salzwasser und
Orphtkern), den Gaia gleich Uranos partheno- Süßwasser (Pontos und Okeanos) ist offenbar
genetisch hervorbringt, während sie sich dann sekundär und künstlich. — Ein lückenloses
zur Erzeugung der Titanen, Kyklopen und He- Zusammenstimmen seiner Titanenliste mit den
katoncheiren mit ihrem Sohne Uranos verbindet. notwendigen Voraussetzungen der Titanomachie
50 hat der Dichter nicht angestrebt. Als er Kheia,
.)Mmx beachte, daß auch die bei ^mod noch beson- ^^^ Zeusmutter, und Themis und Mnemosyue,
den befremdenden Bergnymphen, die man hier als Pro- j- ry j.x- n>-i. i. li.
lepse erträgt, die aber dann in der Th. gar nicht einge- ^16 Zeusgattiniien , ZU lltauinnen stempelte,
fuhrt und geneaiogisiert werden (wie die anderen Nym- hat er sich keine Kopfschmerzen darum ge-
phen), ihre Entsprechung bei Apoll, haben. Nach seinem macht, daß diese nicht Wohl als Kämpferinnen
Text haben ja «war, genau genommen, die Nymphen mit in der Titanomachie auftreten könnten, in der
den Bergen nichts zu tun; dafi aber in der orphischen im übrigen (bei dem zehnjährigen Kampfe!) 80-
Th.,Ton der hier ^po«. einen ganz kurzen Abriß gibt, .^jg g^ ^{^q ^iel größere Zahl VOn Kämpfern
den Bergen ebensowohl wie den Flüssen und QueUen ihre ^^f ^^j^^^ ggi^en gedacht werden müssen, als,
göttlichen BepräsenUnten beigegeben waren, ist an sich • j. • t'? xr *. • j
naheliegend und durch unsere Lnodstelie bestätigt. Die wenigstens in unserer Jh., Namen genannt Sind
natürlich gegebene Mutter dieser Berggottheiten war Gaia, 60 (676: TlxfjVSg ö kzEga^tV i^aQTyvaVTO (palay-
ihre Einordnung zwischen Uranos und Pontos aber denk- yag)- Darum ZU glauben, daß die Titanen der
bar unglücklich, obschon zugegeben werden muß, daß in Titanomachie andere seien als die der Genea-
der TÄ., wie sie uns vorliegt, kaum ein passenderer Platz logie 132 ff. (wie mehrfach geschehen), ist Schief;
»u finden ist. Wer übrigens von dem Schöpfer der Th. f,-^,. ^gn Dichter wie für jeden Leser unserer
selbst einen entsprechend niedrigen Begriff hat, der kann r^h. müssen sie notwendig identisch sein. Die
ihm diesen Lapsus ebenso zutrauen wie die oberflächliche ,, o n-ü i i- v x j* rn-i.
Einfügung des Eros. An dieser Grundauffassung hängt ^Ue Sage vom Gotterkampf bot die Titanen
das Urteil über alle Einzeißiie. - Übrigens spielt der als eme kompakte Masse von I? emden der
interpolator mit dem Gleichklang Ovqavög - oijQia.\ Olympier und nur wenige Namen ; wenn ein
1505 Tbeogonien Theogonien 1506
Dichter diese durch willkürliche Zufiigung et- unbekümmerte mytholojjfische Dichtung sie wie-
licher Götter, die irgendwie in das j^onealo^i- der hervorgeholt und zu Helfern der jüngeren
sehe System hineinmußten, vermehrte, war es Götterj^eneration gej^en die illtere gemacht,
unausbleiblich, daß deren Spezialmytholoj^ien Daß das mit den Hekatoncheiren schon vor
da und dort mit der Titanensage kollidierten. ffc;6i06i geschehen ist, beweist außer der Aigaion-
Eine durch<jfeführte Harmonisierung? darf man sasje der Ilias A auch die Komposition der
von einer Dichtung dieser Art nicht erwarten. Titanomachie Ilesiods, in der er, der Prophet
Endlich ist bei den Phalangen der Titanen na- einer Zeusreligion, sichtlich gestört durch die
türlich die namenlose Schar der Xaol ebenso ihm vorliegende Form der Sage, wonach die
hinzuzudenken wie in den Kämpfen der Utas, lo Hekatoncheiren die Ent:icheidung im Titanen-
wo die Zahl der benannten Helden auch nicht kämpf bringen, diese ihm unbequeme Tatsache
groß ist. wenigstens duroh die Einlegung der Jibg &Qt-
Ob den Personifikationen der wilden Natur- aTsicc zu verdunkeln sucht, in der er alle Mittel
kräfte, den Feuerdäraonen (Kyklopen) und Was- seiner besonderen Kunst, großartige Natur-
serriesen (Hekatoncheiren), die beide die Volks- geschehnisse zu schildern, spielen läßt Das
sage zur Verfügung stellte (z. T. auch der Kult), da verwandte Motiv der Kyklopenhilfe für Zeus
erst Hesiod die Dreizahl gegeben hat, oder hat er oifenbar auch nicht erfunden. Seine
ob diese Fixierung vor ihm liegt, können wir Tat ist vielmehr die (nicht geglückte) Ver-
nicht sagen. Jedenfalls zeigt die Th. eine starke Schmelzung der beiden Versionen, s. S. 1487.
Neigung zur Bildung solcher Dreivereine, die 20 Die Erzählungen von der Entmannung
uns wenigstens zum ersten Mal in ihr entgegen- des üranos und der Geburt Aphrodites, der
treten: drei Reihen üraniden, dreierlei Gebur- Verschlingung der Kroniden durch ihren Vatei:
ten aus dem Hodenblut des Uranos, drei Söhne und seiner Überlistung sind in der Formung
des Pontes, drei Thaumastöchter, drei Gorgo- wohl Hesiodeisoh ^ auch wohl in motivischen,
nen, die üngeheuers^rien Orthos- Kerberos- Einzelheiten, im Hauptinhalt aber nicht er-
Hydre und Chimaira-Phix-Löwe von Nemea; dichtet, sondern übernommen (s. u. S. 1508).
weiter Helios -Selene- Eos (die natürlich ge>gQ- Übernommen wird auch der allegorische Sinn
bene Zweiheit künstlich erweitert), Astraios- sein, daß die in der mythischen Urzeit sich
Pallas- Perses, Zephyros-Borees-Notos, drei Ho- ungezügelt und regellos betätigende Zeugungs-
ren, drei Moiren, drei Chariten, drei Kinder 30 kraft der Natur, die zur Vernichtung der im
des Zeus und der Here (die bei Homer in der Übermaß erzeugten Geschöpfe führte, durch
Mehrzahl auftretenden Eileithyiai wohl der Drei- einen gewaltsamen Eiaschnitt beseitigt wird
heit zuliebe bei Hes. auf eine reduziert), drei und einer geregelten Fortpflanzungsordnung,
des Ares und der Aphrodite, drei Köpfe des repräsentiert durch die aus dem Zeugungsglied
Geryoneus wie der Chimaira (diese schon Ho- des üranos hervorgegangene Aphrodite, Platz
wmsch); ferner bietet Hesiod als erster die macht. Spezifisch griechisch, auch wohl He-
3x3 Musen, die 2x3 Titanen und dito Ti- swieisch, sind dann aber die aus dem Hoden-
taninnen, die drei Söhne und drei Töchter des blut entsprungenen Geschöpfe (Erinyen, Gigan-
Kronos und der Rhea. Hierher gehört auch ten, iVu/xqpat MsUai), die spezielle Geburts-
ais formales Korrelat die mehrfach in der Th. 40 geschichte Aphrodites mit den (durch den Kult
auftretende Neigung zu tristichischer Kompo- gegebenen) Lokalen Kythera und Kypros, die
sition, die natürlich nicht anders gebauten Par- Etymologie des Namens Aphrodite und ihre
tien gewaltsam aufgezwängt werden darf, und Begleiter Eros und Himeros. Die Neigung zu
berechnete Absicht ist es, daß der dritten Ge- etymologischen Erklärungen , der sprach-
neration (üranos - Kronos - Zeus) die dauernde philosophische Trieb, im Namen das Wesen
Weltherrschaft zufällt. der Sache ausgedrückt zu finden, ist überhaupt
Die Mythologisierung der rohen Na- bei Hesiod sehr hervorstechend, vgl. die dop-
turkräfte in Kyklopen und Hekatoncheiren pelte Etymologie der Titanen T/j. 207ff. , des
ist, wie wir sahen, vorhesiodisch — die Kyklo- Pegasos und Chrysaor 282 f., der Hören 903 f.,
pen der Odyssee stellen ja bereits, getreu dem 50 des Zeus Erga 3 f. (dieses Proömium freilich
Geiste des ionischen Epos, die Herabdrückung erheblich jünger, s. Ziegler, Ärch. f. Bel.-Wiss.
der furchtbaren Naturgewalt zum dummen 14, 393 ff.), der Pandora 81 f. Aus diesem die
Teufel dar — , und vor/iesioc?isch ist auch schon, Sprache bewußt handhabenden Geiste heraus
wie die Aigaionsage der Ilias Ä zeigt, die Ver- sind auch die zahlreichen Namen erfunden,
Schiebung ihrer ursprünglichen kosmogonischen um die Hesiod — vorsichtiger gesagt: die theo-
Bedeutung. Ihre Rolle muß, gemäß ihrem We- gonische Dichtung — das griechische Pantheon
sen und nach Analogie zahlreicher anderer aufs glücklichste bereichert hat. Besonders
Mythologien, die sein, daß sie als Vertreter beim Erfinden redender Nereidennamen hat er
der ungezügelten Urkräfte von den Göttern, seiner von einem lebendigen Naturgefühl be-
den Exponenten der zur Kosmosbildung stre- 60 fruchteten Phantasie die Zügel schießen lassen,
benden Ordnungskräfte, besiegt werden. Das Gewiß sind weit mehr Namen, als wir heute
geschah in der Titanomachie des Eumelos oder erkennen können, von Kulten entlehnt, ebenso
ÄrJctinos (s. u. S. 1524), in der Aigaion als Bun- gewiß aber doch ein sehr erheblicher Teil erst
desgenosse der Titanen focht {Scholl. Apoll. vom Dichter geprägt. Ein gleiches gilt für die
Bhod. 1,1165); bei Hesiod ist es in der Ein- Namen der Kyklopen und Hekatoncheiren, der
Schließung der Urriesen in den Schoß der Erde Okeaninen, der Harpyien, vielleicht auch der
nur noch angedeutet, dann aber hat die frei- Graien und Gorgonen (außer Medusa), der Ho-
spielende, um die Grundbedeutung des Mythus ren und Moiren, der Chariten und Musen. Auch
1507 Theogonien Tbeogonien 1508
einige beirrifflich durchsichtige Einzelperson- tikation ist auch Mnemosyne, die Mutter der
lichkeiten dürften erst der Phantasie theogo- Musen. Da Zeus als ihr Vater feststand, wen
niscber Dichter ihre Existenz verdanken: so sollten ihre inocpfjrai^ die mit Dichterkraft be-
(aaßor Phoibe, s. o. Sp. 1604) jedenfalls Keto, gabten Rhapsoden, die wohl wußten, was noch
die Mutter der xijrrj (288) und Astraios, der zum Handwerk gehört, ihnen eher zur Mutter
Vater der iargcc (376). Epimetheus ist poeti- geben als die Gabe des guten Gedächtnisses?
sches Pendant zu Prometheus, doch älter als Das ist nicht Volksreligion, sondern theologi-
Hesiod. Sehr fruchtbar ist endlich die Phan- sehe Dichtung. Dieser Erwä^un^ jre^enüber
tasie unseres Dichters gewesen im Schallen von ist das yovrofffir ^Elevd'fjQog asö^ovacc {Th. 54)
Personifikationen von Abstrakten. Ge- lo kein durchschlagender Einwand, um so mehr,
wiß bedarf es in jeder primitiven Religion nur als dieses Eleuther, der angebliche Kultort der
eines Anstoßes« um das Agens eines jeden Vor- Mnemosyne, sonst nirgends nachweisbar ist.
ganges oder eine seelische Stimmung zum Möglich, daß der Dichter diesem Kinde seiner
' Aogenblicksgott ' werden zu lassen, und ins- Phantasie zu besserer Empfehlung gleich noch
besondere die Griechen sind ja zeit ihres Le- einen Herrschaftsbezirk eigener Erfindung n?it
bens unerschöpflich im Hervorbringen (und auch auf den Weg gab. Aber auch wenn der Kult
im künstlerischen Gestalten) von Personihka- wirklich alt ist, entstammt er der Spekulation.
tionen gewesen (8. l>fft(!>ner o. Bd. 3, Sp. 206H). Daß Aglaie als Gattin des Hephaistos be-
So hat Hesiod teils in der Dichtung, teils wohl wüßt erdachte Spezialisierung der älteren (eben-
auch schon im Kult eine Menge abstrakter Be- 20 falls poetisch-allegorischen) Paarung Hephaistos
griffe als Personen vorgefunden, aber er (oder: '^ Charis ist, wurde schon bemerkt. Auf die
die theogonische Dichtung) hat mit Willen und Umgestaltung der Prometheussage durch
Bewußtsein ihre Zahl vermehrt und sie in der unsern Dichter sei noch einmal hingewiesen
Form der Genealogie in eine Art philosophi- (s. o. Sp. 1484).
sches System gebracht: Tod, Schlaf und Trau- Zusammenfassend kann man sagen, daß der
me, Schmähsucht und Drangsal, Sühne, Trug, Dichter der Th. nichts getan hat, was nicht
Liebe, Alter und Streit als Kinder der verderb- im Zuge der religiös-mythologischen Entwick-
lichen Nacht sind ebenso sinnvoll ausgedacht lung lag, und was uicht teils in der epischen
wie die zahlreiche Nachkommenschaft der Kris: Dichtung, insbesondere ihrem sich herausbil-
Mühe, Vergessen, Hunger und Schmerzen, Waf- 30 Henden theogonischen Zweige, teils in der lo-
fenkampf und Wertstreit, Gesetzlosigkeit und kalen Kultlegendenbildung vielfältig geschehen
Verderben {dvavoiLir} und ^rrj: Evi/o^irj, JL-kt} war und dauernd weiter geschah, daß aber
und Eigijvri sind Hören, Töchter des Zeus und wohl von keinem anderen die spekulative und
der Themis) und der verhängnisvolle Eid. Die- systematisierende Tätigkeit in solchem Umfang
sen dunklen Gewalten reihen sich dann Zelos und mit solcher Energie betrieben worden ist
und Nike, Kratos und Bie an, Kinder der Styx wie von unserm Dichter, der mit seinem Werk
mit Pallas und Trabanten des Zeus, bei denen auf die gesamte spätere mythologische Dich-
die allegorische Ratio ihrer Genealogie aller- tung und Mythographie, gewiß auch, wenn
dings nicht klar ist (vgl. Schoemann zu 383 ff.). schon in minderem Maße, auf die wirkliche
Hierher gehört auch die Zeusgattin Metis, 40 Religion von stärkster Wirkung gewesen ist.
deren Verschlingurg durch Zeus wie dann das Man mag hieraus abnehmen, in welchem Grade
Hervorgehen ihrer ihr wesensgleichen Tochter das Wort Herodots (2, 63) richtig ist, wenn er
Athene aus seinem Haupte offenkundig Speku- von Hesiod und Homer sagt: ovxoi di siüi oi
lation, mythologischer Ausdruck des Gedankens noi7]6avtsg Q^Boyoviriv "EXXriGi yia\ rolai &sotoi
ist, daß Zeus den nicht mehr überbotenen, nicht ras incavvuiag Sovtsg xal tiiiccg xs nccl rixvccg
zu überbietenden Gipfel göttlicher Weisheit ÖLiXorzEg xal si'dea avTcbv eri^'^i avrsg
darstellt: den ihm überlegenen Sohn, den nach Außergriechisches in der Th. Hesiod s.
Gaias und üranos' Weissagung Meti« ihm ge- Es bleibt noch derjenigen Mythen zu geden-
bären sollte, nimmt er zusamt der Mutter als ken, die weder in der älteren griechischen Dich-
Keim in sich auf und erhöht so die eigene 50 tung noch im Kult einen Rückhalt haben, noch
Potenz, und die dem Vater an Geisteskraft ihrer Natur nach freier Erfindung des Dichters
gewachsene Tochter Athene bleibt weislich un- entsprungen sein können. Dahin rechne ich die
fruchtbare Jungfrau. Auch die Hören, Chari- erstmalig bei Hesiod auftretenden und ihm
ten und Musen, wie Hesiod sie differenziert dann vielfach nacherzählten Geschichten von
und benannt hat, zählen zu den Personifikatio- der Entmannung des Uranos, der Geburt Aphro-
nen, und wenn er dem Deimos und Phobos, dites aus seinem ins Meer gefallenen Samen
die schon in der Ilius Trabanten und Söhne (das ist natürlich der Xsvnbg acpQÖg ccji' ccd-a-
des Ares sind, Aphrodite zur Mutter gibt, so vdzov XQo^?)i Kronos^ Kinderfraß und seiner
darf man darin wohl den Weiberfeind der Pan- endlichen Überlistung. Da es feststeht, daß alle
dorageschichte wiedererkennen; freilich hat er 60 diese Motive im eigentlich hellenischen Kultur-
den beiden bösen Dämonen, denen die Liebes- kreise und Kult schlechthin unbelegbar sind,
göttin, vom Streitgott befruchtet, das Leben während sie bei benachbarten Völkern, deren
gibt, in Vervollständigung der obligaten Trias ältere und höher entwickelte Kultur auf die
die Harmonie hinzugefügt und damit ein noch in den Kinderschuhen steckende griechi-
auch in der Folgezeit fruchtbares Symbol in sehe Kultur aufs stärkste eingewirkt hat, viel-
seine Dichtung aufgenommen (vgl. Ps.-Plut. de fach und fest in religiösen Anschauungen und
vita et poesi Hom. 2,102. Heraclit. quaest. Hom. Kultgebräuchen verwurzelt auftreten: so ist es
69.). Aus Spekulation entsprungene . Personi- schwer begreiflich, wie immer wieder der Ver-
1509 Theogonien Theogonien 1510
such gemacht werden kann, die Herkunft sol- gewand (natürlich nicht im Sinne bloßer Über-
cher Züt?e aus fremden Mythologien und Kul- setzung) gegeben hat. Hervorgehoben sei noch
ten zu leugnen und ihre spontane Entwicklung einmal das VerschlingungHmotiv. Seine weite
auf hellenischem Boden und aus hellenischen Ausbreitung in der orphi^chen Th. und Kosmo-
Anschauungen zu konstruieren, wie dies neuer- gonie ist schwerlich als Fortbildung des bei
Weh Fohlenz^ Neue Jahrbücher V3\Q),h\'>i^.,he9. Hesiod gegebenen Keims verständlich. Viel-
564 tf. und 589 tf. (übrigens mit umfassender mehr liegt da eine, auf gewisse Kulttatsachen
Gelehrsamkeit und bohrendem Eindringen in gegründete, spekulativ- symbolische Anschau-
die Psychologie eines Grüblers der Frühzeit) ungswelt vor, in die Hesiod nur einige be-
unternommen hat. Wozu das Forschen nach lo scheidene und vorsichtige Griffe gewagt hat,
dem Grunde, weshalb Hesiod für die Beseiti- während die Orphiker sich an diesem mysti-
gung der Kroniden durch Kronos die wilde sehen Quell berauschten. Eine nähere Bestim-
und primitive Form des Verschlingens wählte, mung dieser Quellen scheint mit unseren heu-
die 80 gar nicht zu seiner sonstigen Geistesart tigen Mitteln nicht möglich. Genug, daß im
paßt, wenn es so außerordentlich nahe liegt, Gesichtskreis Hesiodv, eine kosmogonische Spe-
daß er von dem semitischen Kult, sei es des kulation jenes Stils existierte, der dann, teils
El mit Ed. Meyer o. Bd. 1, Sp. 1227, sei es des gleichzeitig teils später, den Schöpfungen der
Baalchammän mit Wissoiva o. Bd. 4, Sp. 441, Orphiker und ihrer Geistesverwandten (wie
mit seinen Kinderopfern Kunde hatte? Diesem Pherekydes und Epimenides) das Gepräge einer
Kult, über den die Griechen des 5. Jahrh. bei 20 durchgeführten Symbolik gab. Die Götter He-
Gelegenheit ihrer Zusammenstöße mit den Se- siod& sind nur stellenweise personifizierte Na-
miteu des Ostens und Westens sich so eifrig turpotenzen, seine Theogonie nur teilweise Kos-
entriisteten {Pohlenz a. a. 0. 566 f.)! Was plagt mogonie; die der Orphiker ist es ganz,
man sich, die barbarische Methode der Stür- Übersicht der theogonischen Dich-
zung des üranos, die den Griechen selbst so tung außer Hesiod. Für die fast kanonische
überaus widerwärtig war, als notwendiges Er- Bedeutung Hesiods als Theogoniker haben wir
ij^ebnis doch schon recht subtiler kosmogoni- neben der oben Sp. 1508 zitierten Äußerung
scher Spekulationen eines Mannes von der gel- Herodots ein ausdrückliches Zeugnis in dem
stigen Eigenart Hesiods abzuleiten, wenn wir hevühmten Fragment des Xenophanes (11 Dielsj:
wissen, daß die rituelle Kastration in der Attis- 30 ndvxa. Q'Bolg icvt^ri^ccv "'OtirjQog -9"' 'Haiodog t8, jl
Kybele-Religion eine so wichtige Rolle spielte? ogöcc ticcq' ccvd-Q(07toi6iv övi-iöscc v.al ipoyog ioriv
Auch das Motiv der spontanen Geburt einer xr/L. Bestätigt wird sie durch die Tatsache, daß
Gottheit aus dem verschütteten Samen eines die gesamte irgendwie auf mythologische Dinge
Gottes bietet die Kybelereligion in dem My- bezügliche Literatur der Folgezeit auf dem
thus von der Geburt der Agdistis. Ist es über- Fundament der Hesiod^iischen Systematik auf-
haupt denkbar, daß die kleinasiatischen Grie- baut oder, wo sie abweicht, sich mindestens
chen — und Hesiods, Vater war ja, wenn wir mit ihr auseinandersetzt, sodann dadurch, daß
die Identität der Verfasser von Th. und Erga seine Th. allein das Altertum überdauert hat.
annehüaer, von dem aiolischen Kyme in Askra Die so durch ihn verdränjjrte sonstige theogo-
eingewandert — keine Kenntnis von diesen 40 nische Literatur der Griechen ist nunmehr zu
urtümlich wilden Riten und Legenden des Hin- besprechen und, soweit dies bei der Dürftig-
terlandes hatten, die doch damals wie noch keit des Materials möglich, zu rekonstruieren,
heute jedem, der von ihnen einmal erfuhr, ein Sie läßt sich mit Bezugnahme auf Hesiod leicht
mit Abscheu gemischtes Interesse abnötigen in zwei Klassen gliedern: solche Th.n^ die im
mußten? Und die Tatsache der Verknüpfung wesentlichen den Charakter der Hesiodischen
dieser Widerwärtigkeiten (nach griechischen Th. zeigen, und solche mehr spekulativ- mysti-
ebenso wie na( h unseren Begriffen) mit wirk- sehen Charakters. In die erste Klasse o;ehören
lieber Religion mußte notwendigerweise schon die Th.n des Tzetzes, die kyklische, die sog.
sehr früh spekulative Köpfe zu symbolischer Titanomachie und diejenigen Thn., die dem
Deutung reizen, falls sie diese nicht schon 50 Handbuch des J.2JoZZo<?or und der genealogischen
mit ernpfingen. Bedenkt man, daß die Orphiker Liste, die an der Spitze des fabularum Über
ihre viel entwickelteren kosmogonischen Spe- des Hygimis steht, zugrunde liegen; endlich
kulationen dieser Art nicht aus den wenigen, die von Akusilaos im Anfang seiner rsvsaXo-
▼erhüllten Allegorien Hesiods herausgesponnen, yiai gegebene Th., die sich schon dem mytho-
sondern aus außergriechischen Quellen empfan- graphischen Charakter nähert. Die zweite Klasse
gen haben, daß ferner die aus Philon von Byblos wird von den sog. orphischen Th.n und den
von Euseb. praep. ev. 1, 10 berichtete ^otvixtxr] ihnen verwandten des Musaios, Epimenides,
^soloyia des Sanchuniathon — so wenig sie PhereJcydes von Syros, Linos gebildet. An sie
bei ihrer heillosen Vermengung heterogenster schließt die frühgriechische Philosophie an,
Dinge als religionsgeschichtliche Quelle benützt 60
werden darf — ihre weitgehenden Übereinstim- Die Theogonie des Johannes Tzetzes.
mungen mit Hesiod gewiß nicht nur diesem P. Matranga, Anecdota Graeca 2, Romae
selbst verdankt, sondern auch auf außergrie- 1850, S. 577 — 598 veröffentlichte aus einer Hs.
chische Quellen kosmogonischer Symbolik hin- der bibl. Angelica in Rom ein Gedicht in 618
weist: so wird die Wahrscheinlichkeit sehr akzentuierenden, katalektischen iambischen
groß, daß Hesiod die kosmogonischen Gedanken Tetrametern, betitelt: 'lomvvov ygoca^atL-Kov tov
zusamt ihrer barbarisch- mythologischen Fassung T^st^ov ■noiri^a ccvd^coQov xat Ttcivv cciisXettitov
empfangen und ihnen nur das griechische Sprach- Sia Gtixcov noXitLytmv, nsQLsxov näaccv d'soyo-
1511 Theogonien Theogonien l512
»luv iv ßQa%il imä nQoadijitrig xal xocraXoyov Titanen zunächst in derselben Ordnung wie
tcbv inl T»;v "Iliov ägicrmv ElXvivmv xe xai bei Hes. 133 tt". aufgeführt sind und dann, bei
TQmuiv. Dasselbe Gedicht hatte /. ^eÄAer schon der Behandlung ihrer Deaxendenz {Tz. 17« ff.),
in den Abhandi. Berl. Akad.l%i0^phil.-hi8t. Kl. diese anfängliche Reihenfolge in demselben
147—169 aus einer Hs. der biblioteca Casana- Sinne verlassen wird wie bei Hes. 337 ff.; daß
teae in Rom herausgegeben, sein Text ist aber zwischen das Geschlecht des Uranos und das
neben dem Matrangas (der ihn zwar Bd. 1,21 des Pontos die Geburten der Nyx eingekeilt
nennt, aber nicht zuzieht), neuerlich fast gar sind; daß das Geschlecht des Pontos gleich
nicht mehr beachtet worden, obwohl er sorg- bis in die fünfte Generation hinunter verfolgt
fältiger und auch vollständiger ist: er gibt lo wird (vgl. o. Sp. 1480 f.); die von 'Tz. gebolknen
161 Ven«e mehr als der unvermittelt abbre- Ungeheuer stimmen genau zu Hes., ebenso sind
chende Text Matranga%. Für die Th. kommt Nereiden- und Okeaninennamen, die er gibt,
diese Schlußpartie freilich nicht in Betracht. aus den Listen Hes.^ gezogen; Heosphoros und
Ein Stück (4i»— 107) auch bei Miller, Catal. Hekate erscheinen an gleicher Stelle bei bei-
de« mss. Grecs de la Bibl. de VEscurial, Paris den; die Darstellung des Titanenkampfes ist
1848, 8. SOflf. Näher angesehen hat die Th. bei Tz. ebenso wie bei Hes. durch die lape-
des Tz. bitiher nur M. Mayer, Die Giganten tidengesohichte zerrissen (doch s. u.); diese
u. Titanen 256 ff. Im folgenden ist nach Ma- zeigt den gleichen komplizierten Aufbau wie
traitga zitiert, aber auch Bekker und Miller bei Hes.; dasselbe gilt für die Titanomachie,
stets zugezogen. 20 die Hadesschilderung, deren Teile Tz. in der
In der adulatorischen Vorrede an die (nicht wirren Folge Hes.s durch Stichworte andeutet,
mit Namen genannte) asßaöroxgaTdgiaea sagt den Typhonkampf mit den anorganisch an-
Tz., da die Adressatin (21) d^Bäv ts xbv xara- schließenden, den letztgenannten Kampf igno-
Xoyov xccl yivog r&v i)Qm(ov verlangt habe, gebe rierenden Versen, und vor allem den Katalog
er diesen kurzen Abriß. Wünsche sie ausführ- der Zeusgattinnen, wo Tz. sich wieder durchaus,
liebere Belehrung, so rühmt er sich, diese besser an die charakteristische Folge Hs.s hält. Das
geben zu können als (28) ixarbv X)firiQOi xal sind die Hauptsachen; die zahlreichen Einzel-
Moveatoi., 'Ogtphg xal ^Halodoi, kvziiiaxoi xal heiten können übergangen werden, da schon
Alvoi., xal Tcdvxsg d' äkXoi nottital xai d-t-oyopo- nach dem Gesagten klar ist, daß die 17i. He-
YQoc(po^, ja selbst ald die Götter und Heroen 30 siods., und zwar wesentlich in der uns vorlie-
selber. Zum Schluß der Vorrede sagt er noch, genden Form, den Grundstock der Th. des Tz
er rede fiv^txoj?, nicht rjXlriYOQrmivag. Wenn bildet, der sieh mit Hes. ja bekanntlich ein-
man nach der Liste der dsoyovoyQcctpoi, — in gehend beschäftigt hat {H. Schultz, Die hsl.
der Anlimachos zu finden für uns von Inter- Überlieferung der Hesiod schölten == AhhandJgn.
esse ist — annehmen möchte, daß Tz. einen Gatt. Ges. Wiss. 12,4, 1910, bes. 81 ff.).
größeren Kreis erlesener theogonischer Autoren Nun bietet aber Tz. gegenüber Hes. fol-
als Quellen zur Verfügung gehabt und heran- gende Abweichungen. Die Behandlung der Ur
gezogen habe, so wird diese Erwartung bald gewalten steht nicht am Anfang, wie es na
enttäuscht. Tatsächlich ist die Tä. des I>. nichts türlich ist, sondern ist nach der Uranosent-
als ein Auszug aus der Th. des Hesiod mit 4o mannung, vor der Nyxdeszendenz, nachgetra-
einigen teils erheblicheren, teils geringfügige- gen und zwar abweichend von Hes. (111 — 114):
ren Abweichungen. Den Beweis hierfür liefert vor Ge war Chaos und Pontos (bei Hes. Sohn
nicht so sehr die Übereinstimmung des mytho- der Ge), Chaos gebiert Erebos, Nyx, Aither
logischen Stoffes (den beide zum großen Teil und Hemera; letztere Genealogie stimmt zu der
auch mit anderen Quellen gemein haben) als Hygins (s. u. Sp. 1525), die Ansetzung des Pon-
der genaue Anschluß des Byzantiners an Hes. tos vor Ge ist sonst unbelegt (s. Höfer 0. Bd. 3,
hinsichtlich der Aufeinanderfolge der Teile Sp. 2758, der unsere Stelle übersehen hat), die
(freilich auch wieder mit geringen Abweichun- des Chaos vor Ge (431 heißt es geradezu t6
gen). Es ist: Tz. 49—60 = Hes. 132—138; Tz. Xdog . . . rr}v Ffiv iyivvriGs) braucht nicht gegen
61—69 = Hes. 139—153; Tz. 70—110 = Hes. 50 Hes. zu verstoßen (s. o. S. 1476). Der Grund der
154—210; Tz. 111—114 = Hes. 116—132; Tz. Verrückung war wohl, daß Nyx (und Pontos)
115—123 = Hes. 211—232; Tz. 124—126 = nicht so weit wie bei Hes. von ihrer Genealo-
Hes. 233—239; Tz. 127—131 = Hes. 240—264; gie abgetrennt erscheinen sollte. Weshalb vom
Tz. 132—185 = hes. 265—269; Tz. 136—145 Hesiodischen Stammbaum der Urgewalten ab-
= Hes. 270—279; Tz. 146—164 = Hes. 280— gewichen ist, s. u. Sp. 1528. Der Anschluß an
312; Tz. 166 — 177 = Hes. 313—336; Tz. 178 die andere Quelle bewirkte zugleich den Aus-
— 182 = Hes. 337—370; l'z. 183 — 185 = Hes. fall des kosmogonischen Eros, wodurch auch
371—374; Tz. 186—191 = Hes. 375—403; Tz. die Kollision mit dem jüngeren Eros, dem Be-
192—195 = Hes. 404—452; Tz. 196—223= gleiter Aphrodites, vermieden wurde: eine wei-
Hes. 453—506 (s. u.); Tz. 224—260 = Hes. 507 60 tere Empfehlung in den Augen des Tz.l Wenn
—616; Tz. 261—279 = Hes. 617—735; Tz. 280 51 die Hekatoncheiren gegen Hes. vor die Ky-
— 283 = Hes. 736—819; Tz. 284—294 = Hes. klopen gesetzt werden, geschieht das wohl nur
820—880; Tz. 295—297 = Hes. 881—885; Tz. aus Verszwang, denn 61 ff. in der näheren Be-
298—339 = Hes. 886—939. Das Tz. und He- Schreibung ist die Ordnung die Hesiods. Die
sied in charakteristischer und einen engen Zu- nsvn^xovra yuatigsg der Hekatoncheiren (67)
sammenhang bezeugender Weise Gemeinsame ruhen wohl auf einer außerhesiodischen Quelle,
ist, daß unter den üraniden die Titanen vor s. Plut. mor. 95 e. Verg. Aen. 20, 565 ff. Mayer
Hekatoncheiren und Kyklopen stehen, daß die a. a. 0. 257. Sodann nennt Tz. 54 ff. 13 Ti-
1513 Theogonien Thcogonien 1514
tanen, indem er hinter Theia die Eurybia KerberoB als t'ünfzitrköpfig bezeiclinet. Das un-
einfügt, die bei Hes. 2v}9 Pontostochter, bei klare 17 ** uqcc ^^lyt' dXoijv tixe in Hes. 3'2<>
beiden dann (7,2;. 186*) = Hes. 375) Gattin des wird 16y (wie im Schol. z. St.) auf Chimaira
Kreios ist; dafür fehlt sie folgerichtig bei bezogen; OrthoB fehlt hier; Sphinx wird be-
Tz. 126 im y^vog dos Pontos. Der Grund der schrieben. Unter den Kindern Hyperiona steht
Einfügung kann nur sein — da ein bloßer 184 statt Eos Hemera, ebenso 188, wo ihre
Gedächtnisfehler des Tz. (vf^l. Krumbacher, Verbindung mit Astraios berichtet wird; in der
Gesch. d. byz. Litt.* 527) hier doch wohl kaum Liste ihrer Kinder fehlen die Sterne und die
vorliegt — , daß Tz. (oder seine Quelle), in Ab- Namen der Winde (vgl. u. zu 294). In der Zeus-
weichung von Hes. und im Anschluß an andere 10 geschichte sind die Kovgoi eingefügt (204) und
77/, n (s. u. Sp. 1520 u. 1528), eine Dreizehner- die bei Hes. zerstückelte Erzählung insofern
reihe von Titanen bilden wollte und, weil er ins Gleiche gebracht, als zusammen mit der
die in jenen anderen Th.n gewöhnlich erschei- Entfesselung der Kyklopen auch gleich die der
nende Dione nicht brauchen konnte, weil er Hekatoncheiren vermerkt wird (213 ff.; der jta-
fiir die Geburt Aphrodites die Hesiodiache Fas- tr}Q Hes. 502 als Kronos erläutert) und Zeus'
sung annahm, eine als solche schon feststehende Aufruf zum Titanenkampf und die Belohnung
Titanengattin selbst auch zur Titanin beför- der Styx, die Hes. schon 383 bei ihrer Genealo-
derte. Von den beiden zur Verfügung stehen- gie gebracht hatte, erst hier hereinkommt (221 ff.
den, Eurybie (G. des Kreios) und Klymene vgl. u. Sp. 1529 bei Hygin). In Wahrheit wird
(G. des lapetos), empfahl sich die erstere wohl 20 durch diese Zusammenfassung aller Vorberei-
durch den Namen; auch ist bei Hes. 376 nicht tungen zur Titanomachie die Lostrennunor die-
noch einmal ihre Genealogie angetreben, wäh- ser selbst durch Zwischenschiebung der lape-
rend Klymene sowohl 351 als 507 Okeanostoch- tidengeschichte noch fühlbarer. Die letztere ist
ter genannt ist. Kronos, der wie bei Hes. am um einige gelehrte Notizen bereichert: der
Ende der ganzen Reihe steht, ist bei Tz., der Name Pandora ist genannt, der in der Th. He-
alle durchzählt, als TQL6v.cad^v.(xxo? bezeichnet. siods fehlt, auch der Name der Gattin des Pro-
Den Be'-icht Hes.^ über die Geburten aus den metheus: Axiothea nebst der Variante: nach
Blutstropfen des abgeschnittenen Uranosgliedes Aischylos Hesione (so auch Tzetz. Lycophr. 1283);
erweitert Tz. erstens durch Angabe der Namen dazu der Kaukasos als Lokal der Fesselung
der Erinyen, der Giganten (34) und der Nv(i(pccL 30 des Prometheus (227 ff.). Für Mrixmvr} {Hes. 536)
MsXiai (12) — vgl. hierzu Mayer a. a. 0. ist Sikyon eingeset/.t*); Pandora wird von Her-
S. 258 f. — , zweitens durch Einfügung der Tel- mes zu Epimetheus gebracht. In der Titano-
chinen hinter den Erinyen nebst Namen (4) machie (Tz. 264—273) sind die Kyklopen mit
und der gelehrten Bemerkung, daß die Tel- den Hekatoncheiren als Helfer des Zeus ein-
chinen nach Bakchylides {frg. 52 Blaß) Söhne geführt und den Titanen die Giganten als Bun-
der Nemesis und des Tartaros, nach anderen desgenossen gegeben (271 tgonovrai -hol rovg
der Ge und des Pontos seien. In der Geburts- Fiyuvxccg, rgoTtovrcct tovg Tträvag). Der Wider-
geschichte Aphrodites fehlt Himeros, und be- spruch bei Hes. 734 f. und 815 ff. bezüglich
züglich des Eros heißt es, daß er nach Aphro- Briareos ist bei Tz. 277 ff. beseitigt, indem so-
dite aus dem Schaum — dessen Entstehen er- 40 gleich die zweite Version Hesiods angenommen
klärt wird: cccpgov ix rfjg xiv^ascog iomgevöccv wird. Briareos' Gattin Kymopoleia, die Hes.
ccQxovvta (seil, tu (ioqidc) — entstehe, 109: i^ 818 f. Poseidons Tochter nennt, 930 ff. bei Re-
OV7CSQ TtccXtv rov äcpQOv yiyovsv'AcpQoSLtr], agaia gistrierung seiner Verbindung mit Amphitrite
xal vsd^ovccc., xaröniv rccvtrjg "Egcog: also eine aber ignoriert, nennt Tz. beidemale (279 und
Klarstellung des bei Hes. im Dunkeln bleiben- 332 ff.) Tochter Poseidons und Amphitrites. He-
den Verhältnisses der beiden. In der Reihe siods Typhoeus nennt Tz. 286 Typhon im Aus-
der Nyxgeburten sind — neben einigen hier gleich mit dem 92 und 160 als Gigant und
zu übergehenden Varianten — die Moiren mit Echidna^atte eingeführten Typhon, dem dort
Namen genannt (sie fehlen dann 310 ff. unter schon 100 Köpfe nach JEZes. 824 f. gegeben waren,
den Kindern des Zeus und der Themis) und 50 Es soll also im Sinne des Tz. dieselbe Person
ebenso die Hesperiden, und zwar vier (ähnlich sein. Trotzdem ist ihm 285 die Hesiodische
Hygin); dann heißt es (119): xara ds rbv "Hoio- Typboeusgenealogie (Ge «^ Tartaros) gegeben
80V cd ^EöTisQLäsg ccvTcci, knati] xal ^iXörrig i^ Gegensatz zu 92 (Ge '^ Uranosblut). Die
TS ycal N^iisoLg xal "Egig: ein merkwürdiges vielen Tierköpfe, die dem Typhon 287 gegeben
Mißverständnis des iT^'s.-Textes, das übrigens werden, brauchen nicht auf eine andere Quelle
beweist, daß auch die Hes.-Hs. des Tz. die Na- zu weisen (so Mayer 2ö7, der Plat. Fhaedr.
men der Hesperiden nicht enthielt (vgl. oben 230 a. Nonn. Dion. 1,156 ff. 2,60 anzieht), son-
Sp. 1480). Dem Bericht über Graien und Gor- dem können aus Hes. 829 ff. genommen sein,
gonen wird eine Beschreibung beigefügt. Den Tartaros ist nicht genealogisiert. Noch stärkere
die goldenen Äpfel hütenden Sgci-xav, den Hes. 60 Flüchtigkeiten werden wir bei v. 332 ff. finden.
333 als letzte Geburt der Keto anführt, bringt Die Beschreibung des Typhon ergänzt Tz. durch
Tz. 159 gleich hinter der Echidna: damit die ein Aischyloszitsit {Prom. 355 f.). Bei der Nen-
beiden SQccxovteg beieinander sind. Der bei nung der nicht von Typhon, sondern gott-
fies. 306 ohne Stammbaum genannte Typhaon entstammten Winde (Tz. 294 = Hes. 870 f.) ist
ist von Tz. 160 als Gigant bezeichnet; er stand Notos wohl nur dem Vers zuliebe weggelassen;
auch in der Liste V. 92. Hydre wird 165 gleich
*) 244 nsQi ttjv 2txu(')va einzusetzen (mit Bekker) für
*) Koiü) Matranga, KqiÖ) richtig Bekker. Matrangaa „avy.työvtjv, Cod. aiyty . • ."•
R08CHBB, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 49
1515 Theogonien Theogonien 1516
189 fehlten die Namen der Kürze halber gan«. die Söhne des Priamos, 431 einen Stammbaum
Daß im Kataloj? der Zeu8jfattinnen Tz. dem des Priamos vom Chaos au bis auf Romulus
Hes. folgt, wurde oben gesagt. Doch erweitert hinunter, endlich 57Uff. Griccheustammbiiume.
er die Metisffeschichte durch einen näheren Ähnlich wie bei Res. ist also auch bei Tz. an
Bericht (304 ff) über die bekannte Rolle des die ei>,'entlichp ^soyovicc die 7]{faioyovia ange-
Hephaistos bei der Geburt Athenas und be- hängt (das Wort gebraucht Tz. 60«)),
zeichnet dabei Hephaistos als von Zeus mit In der Kinlage 340 -35',i wird der gegebe-
Hera vor ihrer Ehe, heimlich vor den Eitern, nen Darstelluno:, wonach auf Uiauos ^^ Ge als
erzeugt (wiederholt 351 = Schol. AD zu A 609; Weltherrscher Kronos r^ Uhea folgten, die Ver-
Eustath. 987); folgerichtig fehlt dann Hepbai- lo sion entgegen^jrestellt, mit der Quellenangabe
stos bei der Behandlung der Deszendenz des xara di röv AvH6(pQova xtxi rM^a? nov kz^goov,
Zeus und der Hera, wie auch Athena, so daß daß nach dem Sturz des Uranos zunächst Ophion
die an dieser Stelle bei Bes. auftretende Un- und Euiynome herrschten, die dann Kronos
stimmigkeit (s. o. Sp. 1492 f.) beseitigt erscheint. in den Taitaros stürzte, so daß Zeus der vierte
Von Zeus und Tbemis werden nur die Hören Wellherrscher sei. Die Deszend. nz des Paares
abgeleitet, nicht auch die Moiren (Konkordanz Zeus «^ Hera wird noch einmal wie 304 ff. und
mit 116, 8. 0. Sp. 1613). 322 ff. sind die Namen 827 f. angegiben, aber die EiXti&viai vergessen.
der Musen eingefügt, die bei Hes. 917 mit Für die Ophionversion wird wohl, wie er selbst
Rücksicht auf dus Proömium 77 ff. fehlen. Als angibt, Lycophr. Alex. 1192 und das, was er
Kinder des Zeus und der Hera nennt Tz. 32880 in seinen Kommentaren dazu fand, Quelle für
(neben Hebe nnd Ares) rag EiXsid^viag (so na- Tz. gewesen sein, vgl. Tzetz. Lycophr. 1192.
türlich zu emendieren aus dem slleniivag der Pherekydes von byros (den er 453 in der Form
Hs. MatrangaB ., richtig Bekker) mit Rückkehr 6 2.vQog $. als Quelle für die Genealogie des
zum i/oi/ierischen Plural. Daran knüpft er, von Priamos zitiert, also mit dem Genealogen Phe-
Heniofh Folge abweichend, Maia- Hermes mit rekydes von Athen verwechselt) kommt offenbar
der ausdrücklichen Bemerkung: rag rjQmdag hier nicht als Quelle in Betracht.
tf' ftnotfitv onÖTS Siov Xiysiv und umschreibt Aus dem Gesagten ergibt sich das Verfah-
noch Ues. 9H0 — 937, wobei er im Widerspruch ren des Tz. Hesiod gegenüber und die Ent-
zu 13 1 Amphitrite eine Tochter des Okeanos stehung der neuen Th. : er beseitigt die Wider-
und statt Triton xov Evgvßiriv {Behker: rrjv £.) 30 sprüehe durch Ausgleichung, ergänzt nur An-
nennt, offenbar eine aus Flüchtigkeit hervor- gedeutetes durch genauere Angaben und er-
gegangene Entstellung des /iesioc/ischen Tgi- läutei t Unklarheiten durch eine bestimmte Inter-
xcov svQvßiris in Reminiszenz an die Titanin pietation. Offenbar dient ihm als Vorlage für
Eurybie. Denn andere Quellen als Hes. hat Tz. sein Gedicht eine Hes/odausgabe mit mytho-
hier nicht: Amphitrite als Tochter des Okeanos logischem Kommentar, auü dem er eben die
ist doch wohl bloßer Gedäclitni»«fehler trotz Ergänzungen, Interpretationen, gelegentlichen
Apd. 1,2,2 und 1,4,6 (s. u. Sp. 1521), Kymo- Richtigstellungen und Parallelverhionen ent-
poleia behufs der Konkordanz aus Hes. 819 nimmt. Diesen Kommentar und seine Quellen
hergezogen und die Bezeichnung des 'Eurybies' zu rekonstruieren dürfte eine lohnende Aufgabe
als xlrjoot'jjog r^g -O-a/LatTÄ?]« doch nichts als 40 sein. Die mylhographische Quelle des Kommen-
eine Umschreibung des /fmorfischen ög ts d^a- tars stimmt mehrfach auffallend mit der Th.
Xdaörig nv^iiiv* l/ov tcoqu ^rjrpl cpiXr] xal na- Hygins überein, s. u. Sp. 1629.
xqI ava%xi vaUi xQvoscc dw, ÖHvbg d-sog. Man »v . , i. i mi
wird also gut tun, den selbständigen Meergott D'e kyklisdie Theogonie und Apollodor.
Eurjbies — Waser in Fauly-Wssouas Jieal- Die einzige Nachricht über eine Th. des
cncyci. 6, 1321 nach Mayer 253.257, der den iTCt-nbg xvtiXog steht in der xQ'^^^ofiddsia des
Tz. absichtlich slub Hes. b TyixcDv svgvßirig einen Proklos bei Phot hibl. 'J39 p. 319 a 20 Btkker:
Eigvßirig machen läßt, weil Tz. Tritonen nur diaXanßccvf^i dh (seil. UgöyiXog) ytal TtBgl rov Xs-
in der Mehrzahl als Gattungsnamen kenne! yoiiivov inixov xvxXov, og ccg^f-xoci fihv i-n xfjg
— zu streichen, da das bloße Epitheton Tri- 5o Ovguvov xal rrjg ^vitoXoyovnivrig fii^smg, i^ rjg
tons bei Hes. (aus dem es dann Apoll. Ehod. wbiol -kuI xgtig nccidag IxaxöyxBigag xai rgetg
4, 1552 [auch Versanfang!] und Orph. Argonaut. ysvviööi KvxXanag. dia-nogtvixca öh xd xs aXXag
339 [1-*61 auf Peleus übertragen] haben) doch nsgl &B(bv xoig "EXXriai fiV&oXoyov^tsvcc., xal bv
keine genügende Stütze für seine Existenz bietet. nov xl v.ai Ttgbg laxogiav i^aXrid-i^txai' xccl .
An dieser Stelle ist das 7toir]iia des Tz. wirk- TtBgccxovxnt, 6 irci-nbg xvxXo?, ix diatpogatv Ttoiri-
lich avd'iogbv xai ndvv dpLBXixrixov. — Die bei xibv avunXrfgov^tvog, fiBXQi xijg ocTioßdönog Odva-
Hes. legitime Verbindung Ares «^^ Aphrodite c^tog xfjg Big 'id^d-nr^v, iv j/ xccl vnb xov ncciöbg
macht Tz. im Anschluß an die seit Od. -O* vor- TriXf-yövov dyvoovvxog xxsivsxca. XiyBi ös oig
herrschend gewordene Tradition durch Ein- xov inixov xvxXov xa Ttoir\yiaxa dLaacc^Bxccixccl
führung des Hephaistos als legitimen Gatten 60 cnovdd^Bxai xoig noXXoig ovx ovxco öid xrjv dgi-
zum adulterium, behält aber die drei Kinder xrjv mg bia xtjv &-noXov^iav xibv iv avxm nguy-
Hesioda bei. iidxojv. Demgemäß hat, wenn wir Proklos (ilau-
Der Rest des Gedichtes des Tz. ist nicht ben schenken, in dem theogimischen (iedicht,
mehr Th. im engeren Sinne und hat auch das den epischen Kyklos eröffnete, nichts von
nichts mehr mit Hesiod zu tun. Nach einer den physikalischen, kosmogonischen Urgewal-
(noch zu besprechenden) Einlage gibt 35.Sff. ten gestanden, die bei Hesind knajjp und un-
einen Katalog der Zwölfgötter und Verwandtes, entwickelt, bei den Späteren in immer vollerer
378 ff. verschiedene Tgatixd^ insbesondere 395 und vertiefterer Ausgestaltung den eigentlichen
1517 Theogonien Theogonien 1518
Göttergeschichten und -genealogien vorauf- muß also aus einer Untersuchung der tbeo-
gehen. Durch das Fehlen dieses spekulativen, gonischen Angaben Apollodors gewonnen wer-
Irühwissenschaltlichen Elemente (oder durch den. Ihre starke Übereinstimmung mit liesiod
den Verzicht auf da.-selbo) würde diese kykli- spiingt in die Augen. Doch zeigen sich auch
sehe Th. auf eine frühere Entwicklun«stufe eine lieihe charakteristischer Abweichungen,
als die i/<'6'/odische rücken (ohne daß deswegen Es fehlen \ntiApd.: zunächst die bei Hes. 116
die tatsächliche Entstehung dieses Gedichts — Vlb genannten Urgewalten; wenn gleich im
vor Hesiod zu liegen brauchte). Die Annahme, Anfang Tartaros fftnannt wird, so lehrt der
daß die kyklische Th. doch eine kurze kosmo- Zusatz: xönoq dh ovrog ^gfßwSi^g iaxlv iv^AiSov^
gonische Urgeschichte vor der eigentlichen Th. lo toßovrov &7ib yfn i^aiv diaötrifia ooov &n ovqu-
euthalten haben könnte, daß dieselbe aber von vov y^, daß er nicljt als Urprinzip gedacht ist,
Proklos in seinem knappen Auszug oder «chon wie in dem (übrigens später eingearbeiteten,
in seiner C^uelle weggelassen woiden sei, ist s. Sp. 147G) i/morfvers IIU, sondern einfach als
durchaus unvereinbar mit dem Wesen des bis der Raum unter der h^rde, den Hes. 720 ff. be-
zum Exzeß spekulativen und allegoriensüch- schreibt; dann die O^()£aife.siod 129 (s.Sp. 150;^);
tigen Neuplatonikers (wenn dieser mit dem von den Geschöpfen, die bei Hes. 183 ff. aus
Verfasser der Chrestomathie identisch ist), und dem Hodenblut des Uranos entspringen, hat
auch für seine Quelle, wenn diese eine Samm- Apd. nur die Erinyen (mit den bei Hes. feh-
lung von Exzerpten der Epen selbst darstellte, lenden Namen), nicht die Giganten, die erst
ist es nicht gei ade wahrscheinlich, daß sie das 20 1,6,1 von Gaia mit Uranos geboren werden
naturphilosophische Element, wenn es da war, als Rächer der Titanen, noch die Nvfirpoi Ms--
einfach sollte ausgeschieden haben. Viel eher Xiai; daß dann 2,5,4,1 eine solche beiläufig
könnte man das von einem mythographischen als Mutter des Pholos von Heilenos erscheint,
Kompendium glauben, das mit gewolltem Ver- hat natürlich nichts zu sagen. Es fehlt die
zieht auf alles Deuten und Allegorisieren den Geschichte von der Meergeburt Aphrodites, die
reinen mythischen Rohstoff registrieren wollte vielmehr 1, 3, 1, 1 von Zeus und Dione abgeleitet
(wie Tzetzes bei Beginn seiner Th. sagt, 48: wird, und mit ihr Eros und Himeros, die bei
Tclriv ftv-ötHtüg 601 Xe^o^sv, ovd' i]XXr\YOQr]^iv(ü$). Apd. gar nicht vorkommen. Es fehlen die ganze
Bei Froklos hören wir über die von ihm be- Reihe der Personifikationen, der Kinder der
nüt/.te Th. nur noch, daß Uranos und Ge, das 30 Nyx, die überhaupt von Apd. ignoriert wird;
Urelternpaar, die drei Hekatoncheiren und die die Moiren stehen 1,3,1,1 als Töchter des Zeus
drei Kyklopen erzeugen. Dies sowie die Stel- und der Themis (= Hes. 904), die Hesperiden
lung von Uranos und Ge an die Spitze der beiläufig 2,5,11,2 in der Heraklesgeschichte,
ganzen Welterzählung stimmt aufs genaueste aber ohne Genealogie. Es fehlt endlich der
zu dem Beginn des unter dem Namen Apollo- Flußkatalog {Hes. 337 flf.), Heosphoros (//es. 379,
dorä uns erhaltenen mythographischen Hand- bei Apd. 1,2,4 nur die ccgtqo:), die von Ty-
buches: Ovgavog TTQmTogrov Ttavzog iövväörtvos phoeus stammenden bösen Winde {Hes. 869 ff.,
'KÖGiiov. yr/'/iOf? 8h r))v ire7iva>6s Tcgwrovg rovg die Typhonomachie bei Apd. 1, 6, 3 aus einer
ixarÖYX^i'Qf^S '^QoaayoQsv^svrag, Bgiägstov Fvriv andern, ausführlicheren Quelle), Phobos und
Kotrov . . . ^etä xovrovg dh avriö rs-nvot Ily 40 Deimos (i/es. 934); auch Harmonia erscheint
Kvv.Xconccg/'y^gynv Zlztgönriv Bg6vTr]v ... im Ge- bei Apd. nicht im Rahmen der Th., sondern
gensatz zu Hes., bei dem die Hekatoncheiren beiläufig später (3,4,2,2 in der Kadmosge-
und Kyklopen nach den Titanen geboren wer- schichte), ebenso Hermes {Hes. 938. Apd. 3, 10,
den. Der schon hieraus mit hinreichender Sicher- 2,1), Dionysos (i^es. 940. Apd. d,^, 'S), Hera-
heit sich ergebende Schluß, daß die kyklische kies {Hes. 943. Apd. 2, 4, 5, 4tf.) und die He-
Th. des Prokjos mit der von Apollodor be- lioskinder (J^es. 956. Apd. 1,9,16). Die knappe
nützten identisch ist, wird bestätigt durch die 7]g(ooyovicc Hesiods mit der ausführlichen Über-
seit Veröffentlichung der Auszüge des voll- sieht des Handbuchs zu vergleichen, ist zweck-
ßtändigen ^po/Zor/or feststehende durchgehende los; doch verdient bemerkt zu werden, daß
Quellengemeinschaft der C/?resto7wai/ae des iVo- 50 auch Hes. schon wie Proklos und Apd. mit
Mos mit Apollodor, vgl. B. Wagnei^ Epitoma Odysseus und seiner Deszendenz schließt, ein
Vaticana ex Apollodori bihliotheca. Accedunt Beweis, daß die Grenzen der Götter- und He-
curae mijthographae de Apollodori fontibus, 1891. roengeschicbte bei Proklos und Apd. nicht erst
A. Papadopulos-Kercmeus, Apollodori biblio- in einem mythographischen x^kZo? der Alexan-
thecae fragmenta Sabbaitica, Rhein. Mus. 46, drinerzeit festgelegt worden sind, sondern tat-
161 ff. (beide dann in Mythogr. Graeci, vol. 1 sächlich dem epischen yivv-Xog entstammen, den
ed. B. Wagner 1894, p. 173 ff.). Bethe, Herrn. somit die um die Tjgaoyovia erweiterte Th.
26. 593 ff. B. Wagner, Jahrbchr. Phil. 145, 241 ff. Hesiods bereits widerspiegelt.
Ed. Schuartz in Pauly-Wissowae Bealencycl. Wichtiger als das Fehleu gewisser Partien
1,2883 f.*) Näheres über die ^kyklische' Th. &q Hesiods bei Apd., das auf späterer Ausmer-
*) Nach dieser genauen Übereinstimmung des Proklos
mit Apd. ist die Annahme von /. Dietze, Rhein. Mus 69, schiedenheit abzulehnen. Erstens darf aus dem Fehlen
636, daß in der Quelle beider (wie er meint, der Titano- der Titanen in dem so außerordentlich knappen Auszug
machie) Gaia die Titanen (nach den Hekatoncheiren und des Proklos kein so weitgehender Schluß gezogen werden
Kyklopen) parthenogeuetisch geboren habe (so im orphi- (zudem sind ja auch bei Apd. die Titanen von ihren älte-
achen frg.ZQ Abel), und daß dann Apd. den Bericht der ren Brüdern entschieden abgetrennt), und überhaupt ist
Titanomachie so gestaltet habe, daß er zwar die Keihen- die Vorstellung, daß Apd. oder selbst die ältere Mytho-
folge Hek.-Kykl.-Tit. beibehielt, aber die Tit. im Anschluß graphie noch so selbständig die PrimärqueUen durch-
an Het. zu Kindern auch des Uranos machte, mit Ent- einander gearbeitet habe, ganz abwegig.
49*
1519 Theogonien Theogonien 1520
zung nach gewissen Gesichtspunkten beruhen Die Titanenliste bei Apd. folgt im ganzen
kann, sind die Differenzen in der Behandlung ITsff.^lSStf., doch ist Hyperion vor Kreios und
der gleichen Gegenstände bei beiden. Ihre f^e- Kronos gleich ans Ende der Titanenreihe, nicht
naue Betrachtung muß uns über den Charakter erst hinter die Titaninnen gesetzt. Unter diesen
der gemeinsaraen theojjonischen Quelle des haben Theia und Tethys den Platz getauscht,
Proklos und Apd. und ihr Verhältnis zu Hes. offenbar, damit die Gattin des ältesten Titanen
Aufschluß geben können. auch am Anfang stehe, und an vorletzter Stell'
Wie o. Sp. 1478 gezeigt, hatte die Uranos- ist Dione als Titaniu eingeschoben, so daß oifn
geschichte bei Hes. 132 -210 urspr-inglich nur triskaidekadische Reihe entsteht (von Wein-
auf die Titanen Bezug; erst nachtrilglich sind lo reich, Triskaidekadische Studien, Gießen 1916,
durch die eingefüjsrten Verse 139 — 163 die Ky- übersehen). Die Meinung dessen, der die Zwölfer
klopen und Hekatoncheiren hineingebracht, zur Dreizehnerreihe umgestaltete, war sichoi
doch so äußerlich und gewaltsam, daß aus dem daß der dem Zwölferverein als Haupt zugegi
Kontext, wie er jetzt ist, nicht mit voller Klar- bene rptöxatd^xarog Kronos sein sollte, der bei
heit ersichtlich ist, welche Uraniden in den Hes. gemilß seiner Observanz, die Hauptperson
Schoß der Erde verschlossen und welche nach zum Schluß zu bringen, am Ende der Dodekas
der Entmannung des Uranos befreit werden; steht und bei Tzetzes, der in seinem Hesiod-
erst nach 601 ff. und 617 ff. wird klar, daß kommentar die Dreizehnerreihe fand, ausdrück -
Hekatoncheiren und Kyklopen bis zu ihrer Be- lieh als rgiö-Aociöinaxog erscheint. Erst späterer
freiung durch Zeus gefesselt bleiben, von Kro- 20 Schematismus, der das Prinzip verkannte, hat
DOS also nicht gelöst worden sind. Diese durch Kronos vor die Titaninnen gesetzt und so Theia
die Oberflächlichkeit des Interpolators verschul- zu der unverdienten Ehre der retöxatf^exarrj
dete Unstimmigkeit ist bei ^pri. (und Proklos) verhelfen. Dione ist in die Reihe der Titaninnen
in Ordnung gebracht. Ge gebiert zuerst die gesetzt, weil in dieser Th. Aphrodite nicht wie
Hekatoncheiren und Kyklopen — in dieser Folge, bei Hes. aus dem abgeschnittenen Gliede des
der umgekehrten wie bei Hes. — , die Uranos Uranos entsteht, sondern (mit Hom. E 370 f.)
fesselt und in den Tartaros unter der Erde von Zeus und Dione abgeleitet wird, die denn,
schleudert (nicht wie bei Hes. in ihr verschließt). weil die Hesiod'iache Genealoj^ie (353) als Okea-
Hierauf gebiert Ge die Titanen und beredet nine für die Mutter der großen Göttin vielleicht
sie (die also nicht wie offenbar bei Hes. von 30 nicht als vornehm ^enug erschien, gleich den
Uranos gefesselt werden), Uranos anzugreifen Zeusgattinnen Themis und Mnemosyne zur Ti-
und die Gefesselten zu befreien. Während bei tanin gemacht wurde.
Hes. alle außer Kronos Angst haben, hält sich Die Zeusgeschichte, die wesentlich zu Hes.
bei Apd. nur Okeanos zurück; die Tat der stimmt, zeigt bei ^pci. folgende Abweichungen:
Entmannung leistet (wie bei Hes.) Kronos. Nach die Hilfe der Großeltern Uranos und Gaia bei
dem Sturz des Uranos befreien die Sieger die der Rettung des Zeuskindes ist nicht erwähnt
Gefesselten und übergeben Kronos die Welt- (nur Folge der Knappheit des Auszuges?), statt
herrschaft, der die eben Befreiten neuerdings Lyktoi steht Dikte, Wärter des Kindes sind
in den Tartaros schleudert, woraus sie danach die Kureten und die Nymphen Adrasteia und
Zeus befreit, damit sie ihm (gemäß Ges. Weis- 40 Ide, Töchter des Meli^sseus, die Ziege Amal-
saj^ng wie bei Hes. 626 ff.) im Titanenkampf theia die Milchspenderin. Einschneidender als
zum Sieg verhelfen. In der Titanomachie He- dies ist die Änderung, daß nicht Gaia, sondern
«ods sahen wir (o.Sp. 1485 ff.) die zwei Ursprung- Metis Zeus' Helferin bei der Überlistung des
lieh einander ausschließenden Versionen (in Kronos ist (vgl. die in der Hauptsache rich-
der einen die Kyklopen, in der anderen die tige Behandlung bei J. Dietze, Rhein. Mus. 69,
Hekatoncheiren als Siegeshelfer) roh und un- 528 ff.). — Die Uranos- Kronos -Zeusoreschichte
verknüpft nebeneinander- bzw. durcheinander- einschließlich der Titanomachie und der Tei-
geschoben. Bei Apd. ist eine vortreffliche Kon- lung der Welt unter die Olympier ist bei Apd.
kordanz herjjestellt: die Kyklopen liefern den in einem Zuge erzählt, die großen bei Hes.
Göttern die Siegeswaffen (nicht nur Zeus Don- 50 dazwischen geschobenen Stücke (Nyx, Pontes,
ner und Blitz, sondern auch Pluton den Helm TitanendÄzendenzen, Prometheis) sind dahinter-
und Poseidon den Dreizack), und den Hekaton- gesetzt, und zwar zunächst die Titanendeszen-
cheiren ist ihre Rolle als Kampfentscheider denzen (1,2, 2 — 5), dann Pontos (1,2, 6—7);
ganz genommen und nur die als Schergen und Nyx fehlt ganz, und die Prometheis kommt
Hüter der in den Tartaros geschleuderten Ti- erst hinter der eigentlichen Th. (1,7 ff.). Im
tanen belassen. Dann losen bei Apd. die Göt- ganzen i.st so eine viel klarere Systematik er-
ter um die Weltherrschaft, während sie bei reicht als bei Hes. — Der Bericht über die
Hes. an Zeus übertragen wird, der hierauf die Titanenkinder ruht deutlich auf Hes., nur fehlt
xuLcci verteilt. — Kleine Abweichungen gegen der Flußkatalog und Heosphoros, ist von den
^cs. sind noch die Namenfolgen Briareos-Gyes- 60 Okeaninen nur eine Auswahl der wichtigsten
Kottos statt K.-Br.-G. CAlphabet? Oder weil Bria- gegeben (die dann für die Genealogie gehraucht
reos bei Hom. A 403 und Hes. Th. 617 ff. 817 ff. werden) und von Hes.% Folge abgewichen, in-
besonders hervortritt? Hes. 654 Kottos Sprecher dem die Titanen ebenso geordnet sind wie bei
und also Hauptperson^ und Arges - Steropes- der ersten Aufzählung (1,1,3), natürlich unter
Brontes statt Br -St.-A. (wohl gemäß der na- Fortlassung der schon erledigten Kroniden, und
türlichen Folge der Erscheinunoren beim Gewit- die zweite Generation (Winde und Gestirne,
ter) sowie die Einführung einer besonderen Hü- Hekate, Nike, Kratos, Zelos, Bia) nicht wie
terin der von Kronos wieder gefesselten Riesen. bei Hes. hineingearbeitet, sondern zusammen
1521 Theogonien Theogonien 1522
ans Ende gesetzt ist. Neu ist die Verbindung hei Hes. sich berührend, aber einer sehr viel
des lapetos mit der Okeanine Asia (statt Kly- auslührlicheren liehandlunjj: des Gegenstände»
mene), die Angabe, daß Menoitios in der Ti- entstammend (vgl. v. Meß-Usener, Jxhein. Mus.
tanomachie von Zeus in den Tartaros jjeschleu- 56, 174 ti'.).
dert werde, und die Einfügung des Cheiron, Nach dem Gesagten kann kein Zweifel be-
Kronos' und Philyras Sohn, an richtiger Stelle. stehen, daß die von Jpd. wiedergegebene 77i.
— Auch das Pontosgeschlecht ist aus lies, ge- auf der Hesiodhchen auf<^'ebaut ist. Fast alles
nommen mit leichten Verschiebungen und Kür- bei ihm Abweichende ist deutlich als solche er-
zungen. lies, gibt die Folge Nereus-Thaumas- kennbare Kichti^stellung //(^sjoc/ischer Unklar-
l'horkys und behandelt sie auch so; ^/>rf. nennt lo heiteu und Unstimmigkeiten oder Fortbildung.
Thorkos-Thaumas-Nereus und behandelt die In die Hekatoncheiren- und Kyklopengeschichte
Deszendenzen dann in der Folge Thaumas- und ihre Veiknüpfi/np^ mit den Titanen und
Fhorkos-Nereus. Thaumas und ^ereu8 stimmen Zeus ist Klarheit und Fol>ierichti^keit gebracht:
im übrigen ganz oder fast ganz zu Bts. (s. unmöglich, daß die Hesiodhche Verwirrung
Weizsiickfr o. Bd. 3, Sp. 207 ff.), von den Phor- auf die Einfachheit und Geradlinigkeit Apd.s
koskindern sind nur kurz die (L^ogmösg <^Haiy gefolgt sein köunte. Die Dreizehnzahl der Ti-
Fogyovfg genannt und auf die ausführliche Be- tanen ist natürlich jünger als die Zwölfzahl,
handlung in der l'erseussage (2,4, 2, 3 ff.) ver- die Ableitung Ai)hrodite8 von Dione (und deren
wiesen. Auch die übrigen Ungeheuer Hesiods Einreihung unter die Titanen) bewußte Ver-
kommen in den späteren Partien Apd.a., be- 20 werfung des IVlythus von der Meergeburt bei
sonders in der Heraklesgeschichte, vor mit Hes. Daß auch im weiteren — Umgestaltung
kleinen Abweichungen, deren Behandlung an der Zeusgeschichte, Ausbau der l^olle der Me-
dieser Stelle zwecklos ist, da Apd. da selbst- tis, Vereinfachung der Disposition, Änderung
verständlich aus anderen Quellen, nicht aus der Folge der Zeusehen, wo die Siebenerreihe
Hes. schöpft. Bemerkenswerter als die kleinen Hesioda teils wegen der schon gebrachten Ab-
Differenzen ist die Übereinstimmung im gan- weichungen hinsichtlich Metis und Dione, teils
zen, die sich wohl daraus erklärt, daß die Hera zuliebe gestört ist. — Apd. gegenüber
Epen, auf denen letzten Endes Apd. fußt, die- Hes. immer sekundär und z. T. zweifellos fort-
selben sind, die schon Hes. bei seinen kurzen geschritten ist, braucht nicht im einzelnen aus-
Notizen und Hinweisen vor Augen hatte; vor so geführt zu werden (so wesentlich richtig /.
allem die Herakleis. iJietze a. a. 0. 527 ff. gegen Aly, .Hes.- Ausgabe
Nach der Uranidengeschichte (und der Pon- XX und 65 f., der di6 kykl. Th. für älter als
tosdeszendenz) bringt Apd. wie Hes. die Zeus- Hes. hält). Das einzig Entgegenstehende, das
eben mit Göttinnen. Nur das IVlittelstück der Fehlen des kosmogonisch-philosophischen Ele-
Reihe^e.s.sThemis-Eurynome-Demeter-Mnemo- ments bei Apd., ist also nicht im Sinne des
syne steht bei Apd. ebenso und mit denselben höheren Alters, sondern im Sinne des absicht-
Kindern*), doch mit P^inschaltung Diones als liehen Fallenlassens und der Beschränkung auf
Mutter Aphrodites zwischen Themis und Eury- das rein Mythologische im engeren Sinne zu
nome (s. 0. Sp. 1520); Hera steht statt Metis deuten. (Nicht ganz ausschließen möchte ich
am Anfang mit ihren drei ehelichen Kindern, 40 die Möglichkeit, daß der Hesiod, den Apd.s
dann wird (nachdem 1,3,2—4 die Deszendenz letzte Quelle benützte, die kosmogonische Ein-
sämtlicher Musen registriert worden ist) im An- leitung noch nicht enthielt.) Die entscheidende
Schluß anMnemosyne auf sie zurückgekommen, Frage lautet nun: wann und von wem ist der
ihr spontan geborener Sohn Hephaistos ge- Aufbau auf dem jffes?oc?ischen Fundament —
uannt und diesem wie bei Hes. Zeus' Tochter vorsichtiger: dem mit dem Hesiod\^c\\Qn im
Athena entgegengesetzt, wobei die im Anfang we^entlichen übereinstimmenden Fundament —
der Liste weggelassene Metis (nach einer über aufgeführt worden? Erst von der gelehrten
j&Tes. hinaus er^^ eiterten Sage) nun nactfgebracht Mythographie oder schon in der Frühzeit, sei
wird. Nach ihr kommt als letzte Zeusgattin es von einem theogoniscben Dichter, sei es
Leto (1,4, 1,2) mit einigen Anhängen über die so allenfalls von einem der frühen Prosaiker, die
Taten ihrer Kinder, und nach diesem Beschluß das genealogische Epos in veränderter Form,
der Zeusdeszendenz folgt wie bei jöes, Poseidon aber im gaiizen noch im alten Geist fort-
(wolei Amphitrite wie 1, 2,2 gegen 1,2,7 Okea- führten? Wenn wir Froklos glauben, daß er
nine genannt [so auch Tzetzes, s. 0. Sp. 1515] wirklich Exzerpte aus den Epen des alten Ky-
und dem Sohne Triton eine Schwester Rhode klos gibt, so ift die von ihm und Apd. gege-
beigegeben wird) und endlich 1,5 Pluton, der bene Th. der Auszug aus einem alten Epos,
bei Hes. in der Zeus-Pen et er- 1 he kurz abge- Aber auch wfnn wir von diesem Zeugen ab-
macht war, während der Mythograph natürlich sehen, lassen sich zwei Gründe finden, die die
den ganzen Koiemythus in Küize berichten Ih. Apd.s in ihrem Kein (d. h. einschließlich
muß. Den Schluß der Th bildet bei Apd. 1,6 60 der am J^l esiodi&chen Grundstock voigenonme-
die Gigantomachie und lyphonomachie, letz- nen Änderungen) als alt erweisen. Erstens sind
tere in manchem mit dtm nachtiäglichen Ein- die Änderungen z. T. derart, daß sie einem ge-
schub zwischen Titanomachie und Zeusehen lehrten Mythogiaphen nicht zugetraut werden
können. Kosmogonisches weglassen, da und
*) Wenn ^M 1,3,1,2 statt Demeter styx als Mutter ^^^ Einzelzüge einfügen oder unter Zuhilfe-
Persephones nennt, bo ist das mit Schwenck in Jtiiititaog ■, , °^ i, '^ i. •• i ^ „ „11
(8tatt^^r.,d.) zu ändern, zumal Apd. 1, 5, 1 f. die aiige- ^^^^^^ anderer Quellen ausschmucken vor allem
memgüitige Überlieferung als seibstverBtändiich voraus- die mangelhalte oder eigenwillige Disposition
setzt. seiner epischen Quelle im Sinne einer klareren
1523 Theogonien Theogonien 1524
Systematik umgestalten konnte der Mythograph, 7, 277 d bezüjflich des Verfassers sagt: 6tr'
und manche Änderung dieser Art mag auf seine E^nrilog ianv 6 Kogir^iog ?) ktjxrlvog i] oöti^
Rechnung «u setzen sein. Aber H siod zur dij»orf yai'pfi övofia^ö/ifvos (^vgl. l, -22 c: Eu/xtj-
Richtlinie nehmen und dann aus Eigenem we- Xog dh o Kogiv^ios fj kgxTfvos). Die wenij^en
sentlicheZüjfe der mythologischen Quelle durch Fragmente, jjesammelt von Kinkel, Kpicorum
andere ersetzen — nicht unter Quellenangabe Gr. fragm. 6 tf . und ai2 und neuerdiuga von
als Varianten einführeo — , das konnte nicht Aly, liesiods Thcug. 66 f., seien in Kürze hier-
der registrierende Mythograph, sondern nur der her gesetzt.
frei schatfende mythologische Dichter (oder 1. Anecd. Oaron. l, 76, 12: Al&igoe ä' vibg
allenfalls der noch in gleichem Geiste schaf- lo Oigavog^ wff 6 ri)v Tit. ygä^pag.
fende frühe Prosaiker). Solche der Mythograph ie 1 b. Philodem. n. svaißsiag ^.61 Gomperz:
keinesfalls zuzutrauende Züge sind: die Krwei- 6 dh xrjv T»r. yQdijjag ig Al^igog <pTia}v (ta
teruDg der Titanenliste, die Änderung der Ge- ndvTu).
nealogie Aphrodiles, die Umgestaltung der Ent- 2. Schol. An. Rh. 1, 1166: E^^iriXog dh iv xy.
mannun>j8geschichte (Holle des Okeanosl), die Tir. rov Alyuioivoc rfjg xal Ilovrov (prjöi natda^
einschneidende Umformung der Uekatoncheiren- ytaroLviovvTcc dh iv x^ d-akdaaij rotg Tir&ai av^i-
und Kyklopengeschichte, endlich die Umge- iiaxstv.
staltung der KoUe der Metis. Sollte trotzdem 3. Schal. Ven. B ?P"295: xal 6 xr]v Tit. di
noch jemand meinen, diese Umformungen der ygd^ccg ovo &ggeväg (f>r\aiv 'HXiov xal ovo &ri-
Th. Hes.B seien nicht insgesamt von einem äU 20 Xslag {innovg sIvul). Hygin.fah. 183: Equorum
teren Dichter vorgenommen worden, sondern ent- Solis et Horarum nomina. Eous, per hunc cae-
stammten verschiedenen mythologischen Quel- liim verti solet; Aethiops (Aethops M. Schmidt),
len, aus denen sie der Mythograph zusammen- qiiasi flammeus est, concoquit fruges. Ui funa-
geholt und für die entsprechenden /icstorfischen les sunt mares. Fi minae iuijariae Bronte, quae
Züge eingesetzt habe, und dann seien in un- nos tonitrua appellamus, Sterope, quae fulgitrua.
eerm knappen Auszug die Variantenvermerke Huic rei auctor est Eumelus Corinthius.
weggefallen, so widerlegen diese Auffassung 4. ^^Äe«. 7, 277d: olöa Sri 6 xr}v Tlt. tcoii]-
zwei sicherlich alte orphische Fragmente: 94/95 6ag . . iv xa ÖBVTBgoi nvzojg sigritisv iv d' a-urf/
Abel, wo die Titanenliste durch Zufügung des TtXiaxol %gvaai7Ti8Bg IxQ'vsg iXXol vqxovxsg itoci-
Phorkys auf vierzehn gebracht ist, offenbar so l^ovai öl vdccxog &nßgoGioLO.
eine Fortbildung der bei Apd. vorliegenden 5. Athe7i. 1,22c: Ei'^iLriXos .. .xbv Jia ögxov-
Dreizehnerreihe (in der die sechs Männer neben fisvov nov nugäyBi Xiyoav niaeoiaiv d' digxstxo
den sieben Frauen ja zur Ergänzung reizten)*) 7tocxr}g ävdgäiv xs dsmv xs.
und lUO, wo die Zurückhaltung des Okeanos 6. Clem. AI. Stro7n. 1,15,1^.^1,7 St.: Xslgoavu
vom Angriff auf Uranos in einer Reihe von x6v Kivxccvgov . . . , i(p* ov xal 6 xrjv Tix. ygätpccg
Versen berichtet wird. Auch die Angabe {frg. (prialv mg ngCbxog ovtog sl'g xs SLxaioavvriv otvi]-
95), daß Ge die Titanen Xad'ovoa xov Ovga- x&v yivog riyccye dsi^ag ogxovg xal 9'vaiag isgäg
vbv gebäre, paßt zu der Darstellung Apd.a. xal öxrniax' 'OXvyiitov.
Daß der spekulationsfeindliche Mythograph 7. Schol. Ap. Bh. 1, 601: 6 Ss xr]v Fiyavxo-
diese mit orphischen Th.n übereinstimmenden 40 [laxiuv jtoL^Gag cpriolv ort Kgövog ^lexaiiogqxa-
Züge aus solchen übernommen, die Titanenreihe Q^dg sig innov iiilyr] ^iXvga xfj 'Slyitavov , dto-
hingegen wieder einer andern, den Orphikern nsg xai iTtTco'nivxavgog iyBvvrid^ri 6 Xttgcav xov-
vorhergjlngigen Quelle entlehnt haben sollte, xov äh yvvrj XccgiyiXm.
ist äußerst unwahrscheinlich. So ergabt sich als 8. Athen. 11,470 b: ©soXvxog d' iv dsvx^go)
Quelle ^jod.s für diese Partie eine alte, wesent- "Slgcav inl X^ßrixog q/riaiv avxov (xbv'^HXiov) dia-
lich auf Hesiod aufgebaute, mehrfach aber sehr nXtvGca, xovxo Ttgaxov slnövxog xov xr]v Tix.
frei und charakteristisch von ihm abweichende, TtoL-^Gavxog.
ihrerseits wieder orpbischer Dichtung als Vor- 9. Philodem, nsgl s'bGsßslag y.^3 Gomp.:
läge dienende Th., die uns nun nichts mehr xäg 'Agnviccg xu fi-^Xu cpvXdxxsLv knovGiXaog,
hindert, mit dem von Proklos bezeugten ersten 50 ^Tci^isvidrig ds xal xovto xal xag avxag slvai
Epos des xvxXog gleichzusetzen. Die 'kyliische xalg 'EGTCsgiGiv 6 di xr]v Tix. xä ^hv iii)Xa
Th.' als ein eigenes Werk ist also gerettet. cpvXdxxsi-v ....
Sie liegt im wesentlichen den Antangskapiteln Auch nach den wenigen Fragmenten ist
Apd.B zugrunde, spätere mythographische Re- klar, daß die Tit. sich keineswegs auf das
touchen darin natürlich zugestanden. Thema des Titels beschränkte, sondern eine
größere, wenigstens zwei Bücher umfassende
Die Titanomachie und ihr Fortleben. theogonische Dichtung war, die die ganze Göt-
Das Altertum besaß eine Th., die gewöhn- tergeschichte von den Uranfängen an durch-
lich anonym als i] TLxavofiaxia zitiert, von Schol. maß, vgl. frg. 1. 3. 6. 8. Ihren Namen mag sie
Ap. Bh. 1, 1165 und Uygin. fab. 183 Eamelos 60 davon bekommen haben, daß der Titanenkampf
fX)n Korinih zugewiesen wird, während Athen. in ihr mit besonderer Ausführlichkeit behan-
delt war; frg. 2 und vielleicht auch 6 (Zeus'
*) Der EinfaU /. ßt«/i«« ». ». o. 533 u. .^36 f., die 13 Ti- Tanz beim Siegesfest) haben auf ihn Bezug,
unen Apd.* seien eine RückMidaug aus den 14 orphi- fyg g ^nd 7 betreffen die Deszendenz des Haupt-
•chen in Anlehnung an ^.,. , ist doch wohl indiskutahei titaueu Kronos. Daß die Tit. von der Th. Hes.B
(erst recht d.e wilde Hypothese, die 14 orplmcheu Ti- ^ j^ . j^ . • ^ einzelne frg. Ebenso
tanen stammten aus der Titaroiua/ia, in der Aigaion an ouain. «»^»rivu, ^t^io" J^.^^° , j "^ ^ j
die Stelle des unter die Titanen yersetzten Phorkys ge- energisch aber muß Sie auch VOn der Apd. zu-
schoben worden «ei), gründe liegenden Th., d.h. von der Th. des
1525
Theogonien
Theogonien
152(;
epischen Kyklos getrennt werden, mit Her Aly
65 tF. sie einfach identiti/iert, worin Dietze a.
a. 0. 522 und 536 ihm folgt*), während andere
geneigt waren (s. Kinkel, Ep. (ir. frg(f. 5 und
die da zitierte Literatur), die Tit. ala zweites
Epos des Kjklos nach der Th. anzusetzen.
Dann müßte sie zu Apd. stimmen, zu dem aber
gerade die markantesten frgg. 1 und 2 in schrof-
fem Widerspruch stehen — so daß also gerade
die Harstellung des Titanenkampfes im Kyklos lo
von der in unserer Tit. entscheidend abwich — ,
und die frgg. '6. 4. 5. 8, auch 6. 7 finden im
Apd., wie er uns vorliegt, keine oder eine höchst
ungenügende Entsprechung. Die kyklische Th.
und die Tit. sind also scharf zu trennen» Die
Tu hat dem Kyklos nicht angehört.
Um so bemerkenswerter sind die Beziehun-
gen, die von der Tit. zu der von Cic. de nat.
deor. 3, 44 angedeuteten stoischen Th. und der
a genealogia antiquis sie nominantur, Amor,
Dolus y Metus, Labor, Jnvidentia, Fatuni, Se-
nectus, Mors, Tenebrae, Miscria, Qwrella, Gra-
tia, Fraus, Pertinacin , Parcae, Hesperides, Som-
nia, quoH omnis Krebo et Nocte natos ferunt.
Das ergibt folgenden Stammbaum:
Erebus -^^ Nox
Aether ^^ Dies
Caelus
Saturnus
Amor Dolus Metus usw.
Hier stimmt zu Hesiod die Ableitung des Paares
Aether ^ Dies von Erebus <-^ Nox, hingegen
weicht die Ableitung des Caelus von Aether ^^
Dies und der Personifikationen von Erebus ^^
Nox (statt von Nox allein) von Hes. ab. Beides
findet sich bei Hygin. Sein in kläglicher /er-
mit dieser in wesentlichen Stücken überein- 20 rüttung überliefertes T/i.-Schema — für das
stimmenden Th. hinüberführen, die der zu An- bei dem Verlust der Freisinger Hs. die auf sie
fang der Fabulae des Hyginus in erbärmlichem
Zustande überlieferten genealogischen Götter-
liste zugrunde liegt. Bei Cic. heißt es: Haec
Carneades aiebat, non ut deos tollerH . . . sed ut
Stoicos nihil de dis explicare convinceret; ita-
que insequebatur. Quid enim, aiebat, si hi fra-
tres sunt in numero deoriim (seil. luppiter, Nep-
tunus, Orcus), num de patre eorum Sidurno
gegründete Ausgabe des Jacobus Micyllus, Ba-
sel 1535 (2. Ausgabe 1549, wiederholt 1570.
1578. 1008) unsere einzige Quelle ist; die scharf-
sinnige, aber willkürliche Ausgabe von M.
Schmidt, Jena 1872, ist mit großer Vorsicht zu
benützen — kann hier nicht ausführlich be-
handelt werden, nur die mit hinreichender
Sicherheit rekoiistruierbaren Grandlinien sind
negari potest, quem volgo viaxime colunt ad 30 herauszuheben. Danach ergibt sich neben.-5tehen
der Stammbaum
/r^ 1 [Personifikationen
Caligo - Chaos
(00 Caligo)
Nox
Parcae
Hesperides
Aether
f^Dies
Terra
(r^ Aether)
Tartarus
(~ Terra)
Pontus
(~ Terra)
l(^
Gigantes
Nereus — Nereides
Thaumas
Ceto Phorcides, Gorgones
rCentimani
Cylopes
Tethvs 1 Oceanitides, flumina
PhoTbe }l^a*o^ai Asteria
Crius — Astraeus, Pallas, Perses
lapetus — Atlas, Epimeth., Prometh.
Thia ( ^^^' ^"°*' Aurora
Saturnus 1 Vesta, Ceres, Inno,
Ops I Pluto, Neptunus, luppiter
Moneta
Themis
Dione
^Furiae
. Pontus) P^'^^^^S^^^^^
Caelum
(~ Terra)
Die Abweichun-
gen von Hesiod
springen in die
Augen : Chaos
von Caligo abge-
leitet , Aether
und Dies nicht
die Kinder, son-
dern die Ge-
schwister vonEre-
bus und Nox (dies
auch in der Th.
des Tzetzes 113),
selbst nicht de-
szendenzlos, son-
dern die Eltern
von Terra, Cae-
lum und Mare ;
diese einander
koordiniert, nicht
Himmel u I . d Meer
aus der Erde her-
vorgegangen: das
Meer difi'eren-
ziert in Mare und
Pontus, weiblich
{@dXcc6ßcc) und
männlich, beide
occidentem? Qui si est deus, pntreni quoque eins 60 zusammen die piscium genera hervorbringend;
Catlum esse deum confitendum et^t. (^Juod si ita die Personifikationen (mit ihnen verbunden die
'^ ' ----- Hesperiden und die bei Hes. erst interpolierten
Moiren) von Erebus und Nox, nicht von Nox
allein abgeleitet, auch in der Anordnung gleich
an jene ürmächte angeschlossen (dies auch bei
Tzetzes 115); Tartarus und Pontus von Terra
und Aether abgeleitet, die Giganten von Terra
jnd Tartarus (unter ilinen Typhon, der dann
est, Caeli quoque parentes di habendi sunt,
Aether et Dies, eorumque fratres et sorores, qui
*) Er schreibt S. 522 : „ . . der sogenannten kyklischen
Th. oder, wie die Alten sagen, der Titanomachie des Eu-
melos oder Arktinos." Aber bei den Alten steht kein
Wort von einer Identität der beiden Gedichte oder von
der Zagehörigkeit der Tit. zum Kyklos.
1527 Theogonien Theogonien 1528
auch bei Hes. 821 so genealogisiert ist: Inter- der Tit. sei noch einmal erinnert. Die Auffaa-
polatioo!). Dae weitere stimmt im ganzen zu 8ung des Meeres als fruchtbar zeugendes, müt-
Hes., nur daß die Listen der Nereiden, ükea- terliches Element, die man sich wundert, im
ninen und Flüsae im einzelnen nicht gleich Hesiodi%c\\Qn Mythus von der Aphroditogeburt
sind, daß als Nachkommen des Phorcus und nicht schon ausdrücklich ausgesprochen /u lin-
der Ceto zunächst nur Graien (Phorcides, aber den, muß sich notwendig früh eingestellt ha-
drei!) und Gurgones genannt^ die weiteren ün- ben, und die Sprache stellte das feminine Wort
geheuer erst anhangsweise (p. 12, 16 tf.Sfc/iin.)ge- ^dXuOGa nicht umsonst zur Verfügung. Eine
bracht sind (wie bei Äpd.i)^ daß unter den Ti- derartige yolkstümliche Auffassung ist doch
ianenkindern Chiron und Dolops als Söhne des lo auch als Substrat der gemeinhin schon zur
Satumus und der Philjra eingefügt sind (11, 17) Philosophie gerechneten Kosmogonien des Tha-
und zum Schluß (12, 12tf.) das (ieschlecht des les und Anaximandros anzusetzen. Auch weiter-
Sol ausführlicher verzeichnet ist als bei He8.\ hin erscheint in der Liste Hijgina nichts, was
über die Liste der Zeuseben s. u. Von den hier uns nötigte, sie als Auszug einer jüngeren ge-
aufgeführten Besonderheiten der Th. Hygins lehrt-mythographischen Bearbeitung des The-
finden einige ihre Entsprechungen in den f'rgg. mas Th., nicht als das in den Hauptzügen un-
der Tit. Uranos als Sohn Aithers bezeugt frg. 1. entstellte Skelett einer bestimmten alten Th.
Mit der Genealogie ex Ponto et Mari piscium anzusehen (wobei Zusätze im einzelnen auf den
genera möchte man frg. 4 verbinden, wo die vielen Stationen, die zwischen dem alten theo-
gold&ugigen Flache iv aiv^^ doch wohl ^aXäoarjy 20 gonischen Epos und unserer dürftigen und ver-
herumschwimmen ; zu der an hervorragender stümmelten Liste liegen, sehr wohl anzunehmen
Stelle gebrachten Genealogie ex Saturno et sind). Daß diese Hijgin letzten Endes zugrunde
Fhilyra Chiron Dolops stimmen die frgg. 6 und liegende Th. die Tit. war, ist vielleicht eine
7, die auf eine nicht nur beiläufige ßehand- zu weit gehende Vermutung: sicherlich aber
lung Chirons in der Tit. weisen, und die glän- stimmte sie in einigen wichtigen Punkten mit
zende Ausgestaltung der Heliosgeschichte (/r^r. 3 ihr übereiu, stellte vielleicht eine Fortbildung
und 8) könnte in der vollständigeren Liste der der Tit. dar.
Deszendenz des Sol bei Hyg. nachklingen; dar- Wie verhält sich die TTi. Hygins zu Hesiod?
auf, daß desselben Hygin. fab. 183 letzten En- Es scheint sicher, daß sie jünger ist, denn so-
des auf der Tit. fußt, ist freilich wohl kein so wohl in der kosmogonischen Spekulation wie
Wert zu legen. — Für die anderen bei Hygin in der Systematik ist sie über ihn hinausent-
auftretenden, den bisher betrachteten Th.n frem- wickelt. Während bei Hes. Tartaros, Eros und
den Mächte läßt sich natürlich — bei der so gar die Urea sowie Aither und Hemere sozusagen
spärlichen Zahl bezeugter Fragmente — nicht Nieten sind, fehlen die ersten drei bei Hyg.
behaupten noch beweisen, daß sie der Tit. ent- unter den Urmächten, und Aither-Hemere sind
stammen, im Gegenteil scheint frg. 1 b darauf sinnvoll in die Ürgenealogie eingebaut. Der
hinzuweisen, daß Aither in der Tit. an erster Hesiodische Gedanke, daß das Licht (Aither-
Stelle stand, obschon der fragmentarische Zu- Hemere) aus dem Dunkel (Erebos-Nyx) hervor-
stand der FhündemstcWc keine völlige Sicher- gegangen sei, ist natürlich untadelhaft. Aber
heit gewährleistet (vgl. Dietze a. a. 0. 532); 40 das Hyginiache Schema, das die beiden Paare
wohl aber läßt sich zeigen, daß jene Mächte als Kinder von Chaos und Caligo verschwistert
früher Spekulation angehören. C&ligo = Zyiorog und vom einen alle dunklen Gewalten, vom
begegnet schon bei Soph. Oed. Col. 40. 106 als andern alle Wesen und Erscheinungen der sicht-
Vater der Erinyen (Mutter Ge; 106 ap;faiov baren Welt ableitet, stellt ohne Zweifel einen
Z%6zov vielleicht nicht nur 'alt', sondern Re- planvollen und beabsichtigten Fortschritt über
flex einer TA., in der J^xöros unter den ccqxccI Hes. dar. (Dies mag in dem von Tzetz. be-
stand; vgl. noch Schol. zu v. 42 und Schol. nützten Äes.-Kommentar vennerkt gewesen sein
Aeschin. 1, 1-8; bei Cic. nat. deor. 3,44 Tene- und ihn veranlaßt haben, hier von der Hesiodi-
brae unter den Kindern des Erebus und der sehen Darstellung abzugehen, oben Sp. 15 1 2).
Nox). Ebenso ist Mare = 0äXaTTa doch wohl 50 Die Ableitung der Trias Terra -Caelum-Mare
als alt anzusprechen. Die Zeugnisse Diod. ö, von Aether (und Dies) ist mythologischer Aus-
55,1 (die Teichinen nach rhodischer Sage viol druck des Gedankens, daß der Stotf eher ist
OaXartrig) und Ion frg. 11 Bergk (Aigaion Ttcclg als das aus ihm Geformte. Die Anordnung bei
SaXäaßrig) dürfen nicht (mit Kuhnert o. Bd. 5, Hyg., wo nach der Nennung von Nox Dies
Sp. 442) leichter Band beiseite geschoben wer- Erebus Aether zunächst die gesamte Deszen-
den. Die Dreiheit Fula xal Ovgavog rjök @d- denz von Nox und Erebus, dann die von Dies
Xaoöa scheint auch altorphisch {Ap. Ehod. Arg. und Aether gebracht wird, ist planmäßiger als
1,496= Orph. frg. B6 Abel)*) y und an frg. 4: die Zerreißung des Stoffes bei Hes.; wo im
folgenden bei Hygin sich Verwirrung zeigt, ist
*) {X)Q(p(v;) rjetötp <r* tb; yaia xai ovQavi; i^öh &ä- 60 offenbar der kläglif'he Erhaltungszustand schuld
laaaa, xu ngiv in^ &Ut'jXotat fitfj auva^tj^öza luoQipfi, vei- daran. Nach/iesi'odisch ist auch Hyg.s Titanen-
xeog Ü oXooio 6iixQi9tv ic^itpi; i'xaara- ijd' w; Iftnedov liste, die wie Apd. als dreizehnte Titanin Dione
ativ iv ai9fQi rixuao ^/ouaty äntoa aeltjrairj te xai enthält, von welcher denn auch, unter Verwer-
t^XioioxiX,u&ou Die Subjungiemng der Dreiheit Himmel- f^^„ ^^^ Meerffeburtsa^e, Aphrodite abgeleitet
Erde-Heer unter Aither erläutert sehr schön frg. 121/2 ° •=• & » i o
AM, wo Nyx dem Zeus für die Weltbeschaffong folgende Wenn hier die Sterne gleich mit genannt werden, so zeigt
Anweisung gibt: ai&tQi närta neot^ dctputo} Xa(ii' rä rf' ein Blick auf das vorige frg., daß sie doch außerhalb der
ivi fieaatp ougavör- iv de re yalav infionov, iv di &äiaa' Trias Himmel-Erde-Meer standen (wie übrigens natürlich,
aay, iv dt te reiosa nävra , rä t' oü^avo; iattcpäpwtai. da sie mit Sonne und Mond zusammengefaßt sind).
1529 Theogonien Theogonien 1530
wird (p. 12, 2 Schmidt). Wie hierin (mit Apd.), <iies nriiLij^', so ist eine neue Be/.ieliung zwi-
rto folgt Hygin auch in der Nereideuliste Ho- sehen Tit , Hyg. und Tz. hergestellt. — Auf
mer gegen Hesiod (und Apd.)., 8. Weizsäcker die Titaiiomachic! folgt auch bei Hyg. die De-
o. Bd, 3, Sp. 2u7; doch ist vielleicht richtiger szen«lenz der Kroniden, doch mit ar^en, durch
zu sagen, Rom. und Hygin folgen hier der- die Überlieferung oder unverständige Cberarbei-
selben theogonischen Quelle. Ob in der Ityg. tung verschuldeten Störungen. Zwar daß Nep-
zugrunde liegenden Th. auch die Inkonsequenz tunus vor luppiter steht, ist wohl eyntematihche
in der Reihenfolge der Titanen beseitigt war, Absicht, da ja Neptunus der ältere ist. Aber
gestattet uns die Ungunst der Ül^erlieferung zumindest das sinnlose Ex love et Clymene
nicht zu erkennen. Daß Hekatc in der Liste lo Mnemosyne Cnachdem Moneta sowohl in der
der Titauenkinder fehlt, könnte zufälliger Ver- Liste der Titaninneij wie der Zeungattinnen als
lust sein, doch ist die Möglichkeit nicht ab- Mutter der Musen gestanden hat) sowie die
zuweisen, daß hier Hyg. den älteren Zustand Verschiebung Latonas und ihrer Kinder ans
seines IJesiodischen Vorbildes widerspiegelt, da äußerste Ende ist Störung und Verderbnis,
in ihm die große Hekateinterpolation noch Wichtig für unsere Betrachtung ist folgendes
fehlte.*) Daß Vis, Invidia, Poteslas, Victoria Stück der Liste (p. 12,2 Schm.): Ex Diane et
(== Bia, Zelos, Kratos, Nike), die Kinder des love Venus. Ex love et Jvnone Mars. Ex lo-
Pallas und der Styx, am Ende dieser Keihe vis capife Minerva. Ex Junone sine patre Vul-
stehen, hinter der Atlasdeszendenz, obschon die canvs. Ex luve et Eurynome Gratiae. Ex love
Eltern vor den lapetiden genannt waren (und 20 rursus et lunone Ivventus Liberias (irgendwie
entsprechend auch bei Hes. vor diesen stehen), verderbt für EiXsid'vicc, nach M. Schmidt 'EXtv-
rührt zweifellos daher, daß in Hygins epischer d-co als 'EXevd^SQia mißverstanden). Dione (bei
Vorlage jene Helfer des Zeus im Titanenkampf Äpd. an dritter Stelle nach Hera und Themis)
nicht von der Schilderung dieses Kampfes ge- eröffnet den Reigen, um Aphrodite, die der
trennt erscheinen und die Titanomachie nicht Hesiodischen älteren Abstammung von Uranos
wie bei Hes. verzettelt werden sollte: ans Ende beraubt ist, wenigstens zum ältesten Kinde des
der Titanidenliste gesetzt, bildeten sie einen Zeus zu machen. Im folgenden befremdet die
vortrefflichen Übergang zur Titanomachie (vgl. Auseinanderreißung der legitimen Kinder des
Tzetz., o. Sp. 1514). Über diese selbst kann ich Zeus und der Hera, die sowohl bei Hes. (922)
die folgende Vermutung nicht unterdrücken. 30 als auch bei J.^c/. (1 , 3 , 1) beieinanderstehen.
Schon o. Sp. 1516 ist auf die mehrfache über- Ist dies nur wieder eine der Verwirrungen bei
einstimmung der Zusätze des Tzetzes zum He~ Hyg. oder der Reflex einer theogonischen Dich-
siodischen Grundstock seiner Th. mit Hygin tung, in der Zeus und Hera sich zunächst ver-
hingewiesen. Eine dieser Übereinstimmungen einigen und Ares erzeugen, dann sich entzweien
ist die Einfügung einer Namenliste der Gigan- und ihre besonderen Liebeswege gehen, dann
ten gleich bei ihrer ersten Erwähnung {Tz. sich wieder versöhnen und die beiden Töchter
88 ff. Hyg.y. 10,7; die Listen stimmen im übri- Hebe und Eileithyia bekommen? Daß letztere
gen nicht zueinander). Bei Tz. heißt es dann Annahme die richtige ist, beweist das (schon
in der Titanomachie, v. 270 f.: {Zsvg) awaggd- oben Sp. 14i)l angezogene) theogonische Frag-
lag noXs^ov ^STCi iisydXov xpdrov, XQOTCovroa 40 ment bei Chrysipp. frgm. ^0^ Arnim, in dem es
xal xovg F iy avt ag ., tQOTtovtca rovg Tixävccg. heißt: i% xavtrig 'igidog ?) ^lIv xB%e (paiÖLHOv
Tz. hat also eine Th. im Auge (oder findet vlov '"'Hcpcciaxov xbxvtiülv ccvsv Jibg aiyioxoLO . . .
einen Hinweis auf sie in seinem Ämorfkommen- avxccQ ö y' 'Sl-nsccvov %al Tr\d'vog tjvkö^olo liovQrj
tar), in der Titanen- und Gigantenkampf in voocp' '''Hgrig TcageXi^ccxo v.aXXi7tccQr'i(p iEccnacpcov
eine Einheit zusammengefaßt war. Nimmt man Mfjxiv ... (so Buhnken: v.ovQriv . . . nagsde^axo
hinzu, daß das gewöhnlich als Tixavoiioiia zi- x-ov), worauf die Geburt Athenas aus Zeus'
tierte Epos- einmal als riyavxoiLCi%ici zitiert ist Haupte berichtet wird. Hier ist also die par-
(Schol. Ap. Bhod. 1, 554 6 xr]v riyavxoacc%iuv thenogenetische Geburt des Hephaistos durch
Tcoiriöag), so liegt die Annahme nicht fern, daß Hera und Zeus' Verbindung mit Metis nebst
das Epos Tixavoiictiicc seinen Namen von einer 50 Verschlingung derselben und Geburt Athe-
ausführlichen Darstellung der Titanenschlacht nas die Folge eines Zwistes der Gatten Zeus
hatte, die durch Einführung der Giganten (und des und Hera (was bei Hes. 928, aus der Stelle
Meerriesen Aigaion: frg. 2) als Bundesgenossen selbst durchaus nicht verständlich, nachklingt):
der Titanen erweitert war: eine Fortdichtung, wir haben hier ein Stück der Dichtung vor
die durch die von der älteren Dichtung schon uns, deren skeletthafter Auszug in der Hygini-
gebrachten Bundesgenossen des Zeus (Kyklopen sehen Liste vorliegt. Aus ihr werden wir das
und Hekatoncheiren) nahegelegt war. Wäre Fragment am Anfang und Ende ergänzen dür-
^, , , _ , ,. TT , • X ^ ^ r., fen. Eine Abweichung Hygina von dem Frg.
^. ^ ^ . .• °'-R''"t S'^l Z . ^ -t liegt darin, daß letzteres nach dem Streit zuerst
haben, da dieser Benutzer HestodB ja nicht -wie der Ver- ^ygu v^c*i.ix^, »^u^ ^v^v^x^.^ ry »
fasser der kykiischen Th. das Kosmogonische absichtlich 60 die Geburt des Hephaistos Und dann Zeus
ausschaltete; doch könnte er natürlich auch Gründe ge- Metisabenteuer Und die Geburt der Athena be-
habt haben, sie fallen zu lassen. Zu irgendeiner Sicher- richtet, während bei Hyg. die beiden Fakta
heit, ja auch nur zu Wahrscheinlichkeiten ist hier nicht in der umgekehrten Folge stehen (wie auch
zu gelangen. Die Typhoeusepisode und die bösen Winde \^q{ JJ^g 924 ff.). Apd. 1,3, 5 f. hat dieselbe Folge
fand der Verfasser der ^y^. zugrunde liegenden Th. jeden- ^-^ ^^^ ^ ^y^^^ ^^^^^its VOn der in diesem
falls noch nicht im Bes. Daß die Nüimpui AJeUai hei Apd. ■, .'^ -rr^ i m».a,^^ ^«^ To+cn^V.^»,
, „ - , , ■ j u 1 • r, X- ,1 -u ui ■ sreffebenen inneren verknupiung der latsacnen,
und Syg. fehlen, -wird auch kein Zufall sein, obwohl sie o^ö'^".'- "-" , ." _ i i j • * • j
durch die Trias, die sie mit Erinyen und Giganten bilden, ^16 hingegen bei Htjg. durch die Auseinander-
geschützt werden. reißung der ehelichen Kinder des Kroniden-
1531 Theogonien Theogonien 1532
paares klar genug angedeutet ist. Ob auch alten Fetisch dienst im Kult der Here von Argos
Zeu«' Verbindung mit Eurynome bei Hy^. an (vgl. o. Sp. 1476), 5 die Geburt des Hermes,
ihrem richtigen Platze steht (d. h. ob sie in Die Wirkung dieses Epos scheint nicht ganz
der zugrunde liegenden Th. vor die Wieder- gering gewesen zu sein, vgl Frickenhaus, Ti-
versöhnung mit Hera verlegt war), oder ob sie ryns 1, 19 ff. Jncohy, llenn. 57, 366 ff. — Von
durch Textverderbnis dahin geraten ist (statt den späteren Epikern hat Anti machos, den
hinter Themis, wie nach Hes. und Apd. zu er- TzeUes 28 neben Homer, Mtisaios, Orpheus,
warten), können wir nicht entscheiden. Gesteht Ilesiodos und Linos ausdrücklich zu den 9fo-
man die so gefundene nähere Beziehung zwi- yovoypaqpot zählt (o. Sp. 1'>11), unseres Wissens
sehen Hyg. und jenem von Chrysippos auf be- lo zwar keine' eigene Th. geschrieben, aber nach
wahrten theo^onischen Fragment zu, so werden Ausweis der Frgg. {Kinkel 273 ff.) dem theo-
wir zum zweitenmal von Hyg. aus in stoische gonischen Element in seiner Dichtung einen
Interessenkreise geführt wie schon im Anfang, breiten Raum gewährt, so betrifft frg. 36 die
wo die Genealogie der Urgewalten bei Hyg. Entmannung des Uranos, 42 die Titanen, 46
in starkem Maße mit der von Cicero berich- die Rosse des Ares, 83 rairiiöcc ^oi§r\v. — Die
teten stoischen Th. übereinstimmte. Nach allem kX^yLnovig ist wegen dcü frQ- ^^i Philodem.
bin ich geneij^ii zu glauben, daß die stoischen nsgl siasß. p. 61, 8 ff. {Kinkel, Ep. Gr. frgg.
Theologen die Grundzüge ihrer Th. statt aus p. 313) xai r^s inl Kqovov ^(oijg svSaiiioveGtd-
Hes. aus der Tit. oder einer dieser nahestehen- rrjc o^cr]g, m ^yQw^av 'Haioöog xat o rip kX-
den Th. entnommen haben, die ihnen wegen 20 xfisoovlda nor'jaag xal 2^oqpoxA7}g xtX. kaum her-
ihres hervorstechenden kosmologischcn Charak- gehörig Nur aus den bezüglichen Artikeln des
ters und vor allem wegen der bedeutenderen Suid wissen wir von den Theogonikern Pa-
Rolle des Aither (als Vater des Uranos) mehr \9,iphatos [Fl. kd-7]vri6Lv iTtoTroiög^ vi6g!dyiTaiov
zusagte als jener; daß das CTirysi/^lpische Frag- xal Boiovg- ol öl 'loxXiovg {Jio-uXtovg Schoe-
ment aus dieser selben Th. genommen ist; daß mann] %ai Mtravtlgag^ ol ös ^Eq^ov. yiyovf
auf sie letzten Endes der (ohne Zweifel viel- 8s xarä /niv tivag \isxu ^riaovöriv, xara 8t
fach getrübte und überarbeitete) Auszug Hy- aXXovg xal ngh avxfig. 'iyQcixps de KOG^onoiiav
ginB zurückgeht, und daß sie es endlich ist, slg %nri ^s, 'Ajt6XX<ovog ytal 'Agri^töog yovds:^ inr)
aus der die Parallel veroionen stammen, die ^y, 'A(pQo8ixr\g xal "Egcotog cpcoväg xal Xoyovg^
Tzetzes in seinem //cÄJodkommentar fand und so ^nri /, kd-riv&g ^qlv xal FIoGsiScävog^ ^nr] a,
in seine Th. hineinarbeitete. — Ich bemerke Arixovg nXöxa^ov, gewiß junge Fälschungen;
noch, daß die eben vorgetragene Hypothese Eustuth. und Schol. IL K i 5 Tzete. zu Hes.
durchaus nicht im Streit mit den Darlegungen Opp. p. 25 Gaisf. Anth. Pal. 2, 36), Abaris
üseners, Rhein. Mus. 56., 17 Aß. ^ ist, nach denen {'A. Zxv^rig, Zhv^ov viög. cvvsyQaxpuxo . . .
das CÄrysipposbruchstück 'ein Rest einer alte- d'Boyoviav xara/Loyad/jv, sicher pseud.pigraph)
ren, beiseite gelegten Gestalt der Th. war, der und Aristeas {'A. ^Tjaoxdgidog r) KavoxQo-
vermutlich ... in dem von Chr. benutzten Exem- ßtov, IlQOxovv^aLog inonoiog. . . . ^ygatps 8f
plar unter den Anhängen der bekannten jün- ovxog xal xaxaXoyd8riv ^soyoviavy slg ^nr\ cc,
geren Gestalt der Th. fortgeführt worden war' auch wohl kaum echt). Leerer Schall ist uns
(S. 179). Nichts hindert uns anzunehmen, daß 40 auch Dromokrides oder-krites (der nach st-
dieses in den Anhang von C%r.s //estWausgabe liegende griech. Name wäre Dromokleides), vgl.
gelangte Bruchstück aus der Tit. stammte, die Fulg. mitol. 2, 14, p. 56, 13 Helm: Dromocrides
ja anonym überliefert war und ihrem Charak- in theogonia scriint Ixionem in Grecia primum
ter nach jeden Augenblick als ^ürsioofeisch' regni gloriam adfcctasse usw.; als spät erweist
bezeichnet werden konnte. Ebensogut aber ihn die zweite Erwähnung bei Fulg. 3, 7 p. 70,
konnte in Gfir.s Ausgabe die anofehängte Par- 23ff. : quod putarent pagani singulas partes in
alleldarstellung der Metis - Athena - Geschichte homine deos singulos obtinere, ut lovem caput . . .,
mit Quellenang^abe versehen sein, die aber Clir., sicut Dromocrites in ß^iologumennn scripsit.
als Leser gewiß nicht weniger flüchtig wie als Vgl. noch Mythogr. Vat. 2, 107. Über Linop
Autor, übersah und das Stück einfach als He- 50 und Thamyris s. u. Sp. 1550.
modisch bezeichnete. Daß auf das von Usener Als letzter Ausläufer theogonischer Schrift-
rekonstruierte alte Lied vom Zwist des Zeus stellerei im Hesiod^til und Überleiter zur regi-
und der Hera von der (bei Usener nicht be- strierenden Mythographie sei hier eingefügt:
rücksichtigten) HyninsieWe aus noch ein neues . . .1 .
Licht fällt, sei nur kurz angemerkt. Aknsilaos von ArgOS.
Akusilaos von Argos, den Suid. s. v. und
Reste verschollener Theogonien. cZm. Alex. Strom. 6, 26 ^2, 443, 2 St.) als älte-
Ob die Vermutung, daß hinter der verderbten sten iGxoQioygdcpog (neben Eumelos) bezeichnen
rcJ'fjrowta desKinaithon, die.£rieron. zu 0/. 4,2 — auf die Notiz bei Suid. s. v. ^Exaxaiog: td
bezeugt, eine Theogonia stecke, zutrifft, ist ganz 60 ydg 'AxovöiXdov vod-tvsrai ist offenbar nichts
unsicher. In jedem Falle bleibt sie für uns ein zu geben — , hat in seinen drei Büchern Fs-
bloßer Name. — Jedenfalls hatte das anonyme vsaXoylai (frgg. bei Diels, Vorsokr. nr. 73 und
Epos ^OQfüvig^ das den Menschheitslehrer und Kordt, De Acusilao, Basel 1903) nach Clem.
Kultur^ründer Phoroneus, den argeischen Pro- AI. a. a. 0. nichts anderes g^etan als Hesiod in
metheus, feierte (£|p. (rr. jf^rgg. Kinkel 20^—212), Prosa übertragen und als sein Eigentum aus-
zu einem Teil theogonischeu Charakter; 4 der gegeben (ra 8s 'H6i68nv ^sxi^XXcc^av slg tcs^ov
erhaltenen Frgg. behandeln Göttnrgeschichten: Xoyov xal (ög fSia i^i]vsyyiav E^uriXog xs xal
2 die ^dxxvXoi 'I8atoi , 3 die Kureten, 4 den k. ol laxoQioyQdcpoi). Die Frgg. bestätigen, daß
1533 Theogonien Theogonien 1534
Äk. tats'ächlich die Th. und die Khoüii Hefitods frgg. 39 und 40, die, auf Apollon und die Ka-
zutn Grundstock seines Werkes j,'eniacht hat, biren bezü>,'lich, über den //estodischen Bezirk
in dem er, vom Chaos ausgehend, die Genea- liinausführen.
loffie aller bedeutenden Staminesheroen auf- ^. i. . mi
wärts und abwärts vortührte. So enthielt also I>>« orphischen Theogonien.
der erste Teil des Werkes eine eigentliche Th. Im Rahmen dieses Artikels kann nicht daran
Doch ist Ak. keineswegs Jles. ausschließlich gedacht werden, das weitschichtijj^e und zum
gefolgt, sondern seine zur Zeit des ^1/j, schon — großen Teil höchst problematirtche, eindring-
wie auch andere Zeugnisse lehren — zu einer lieber Eröiterung bedürftige Material zur Spe-
nahezu kanonischen lJe«leutun<if gelangte Th. lO zialj^eschichte der orphischen theogonischen
ist naturgemäß die Hauptquelle des Ak., von Literatur vorzule<;e5i oder erneut den Versuch
der er aber doch öfters unter Zurateziebung zu machen, die Chronologie der verschiedenen
anderer Quellen abweicht, f'rg. 30 Dids zeigt orphischen Th.n (deren Sonderung von höchster
ihn als kritischen Erläuterer Hcsiods, somit Schwierigkeit ist) aufzuhellen, nachdem Gruppe
als ersten Mythograpben: Schol. Hes. Th. :^79 o. Bd. 3, Sp. 1117 ff. 113«) ff. die letzterenannte
ciQyiörriv ZsqjvQnv BoQbr]v t cclipriooxfX£v^ov Frage einer, wie mir scheint, sehr besonnenen
v.al Noxov. 'A. ds tgslg avt^iovs slvai qpTjöt xara und vorsichtigen Behandlung unterzogen und
'HgloSov Boggäv, Ztcpvgov yiu\ Noxov xov yctg ebenda sowie in dem Artikel P/?a«e.s (o. Bd. 3,
Zscpvgov i7tLi)-6T07> xb ^ccgytGtriv^ cpriaiv. Die Sp. 2250 ff.) wenigstens das wichtigste Material
Grundzüge der Th. bei Ak. sind folgende. Seine 20 vorj^relegt hat. Auf diese sowie auf die Spezial-
Tigcoxri ^QXV ^^^ nach Damasc. de princ. 124 ariikel über Gestalten und Begriffe der orphi-
{frg. 1) Chaos, aus diesem gingen Erebos und scheu Th., insbesondere auch auf SeeligerH Ar-
Nyx hervor, aus deren Vereinigung Aither, tikel Weltschöpfung sei für alle Einzelheiten
Eros und Metis. Die Ableitung des Eros von verwiesen. In der Frage der Chronologie zu
Nyx bei yl^•. (vj?l. die ^iXoTTj? als Kind der Nyx ganz einwandfreien Resultaten zu kommen,'
bei Hes. 224) bestätigt auch Schol. Theoer. arg. scheint, wie 0. Kern, Orpheus (.1920), 41 f. aus-
13 {frg. 3), wo ihm aber Aither als Vater ge- führt, nach dem Stande unserer Überlieferung
geben wird, eine Angabe, deren Zuverlässigkeit nicht möglich, zumal solange diese nicht in ex-
dadurch ins rechte Licht jrerückt wird, daß akter wissenschaftlicher Durcharbeitung vor-
dicht davor steht, nach Hesiod sei Eros ein 30 liegt, da Loheck?, grundlegender Aglaophamus
Sohn Xduvg -aal rf]g. Wie hier ein Abstammen doch veraltet und Abels Sammlung der Orphica
des Eros von Chaos und Ge behauptet wird, (1885) ganz unzulänglich ist. Doch ist dem Ver-
nur weil er nach ihnen genannt ist, so scheint nehmen nach auf Kerns Neubearbeitung der
mit gleicher Flüchtigkf^it für Ak. die Ablei- Orp/zim ja nun in absehbarer Zeit zurechnen.*)
tung des Eros von Nyx und Aither einfach Die bedeutendsten und aufschlußreichsten ün-
daher gefolgert zu sein, daß diese beiden Na- tersuchun^en und Rekonstruktionen der neueren
men zuletzt vor ihm standen, wenn wir den Zeit bietet das große Buch von B. Eider, Wel-
Bericht des Damasc. für genau in dieser Hin- tenmantel und Himmelszelt, München 1910, an
sieht halten dürfen. Noch verwickelter wird die dern denn doch niemand, der sich mit der Or-
Frage durch die Angabe Piatons im Syinp. 40 phik beschäftigt, vorübergehen darf, mag auch
178 B: "HaloSos ng&xov ^hv Xdog cprißl ysvi- wegen seiner- Flüchtigkeit und (Jnzuverlässigkeit
öd-av^ avTccg ^Ttsira ^sxd xb Xdog dvo xovxco im einzelnen und wegen der allzu großen Kom-
ysvdöd-ai, Ffiv X8 ytccl "Egaxcc ... ^HcloBg) 8h binationslust des Verfassers äußerste Vorsicht
%ccl 'Ay.ov6iXs(og ^v^cpr^öiv. So ist der Anfang bei seiner Benützung geboten sein. Zu dem
der Th. des Ak. nicht sicher feststellbar, ob- ersten Werk ist nun Eislers leider schwer er-
schon die bestimmten Angaben des Damasc. hältliches zweites Orpheusbuch Orpheus -the
das meiste Vertrauen zu verdienen scheinen. fisher, London 1921, getreten, in dem viele
Jedenfalls bestand eine volle Übereinstimmung Rätsel der Orphik durch Vero^leich mit früh-
mit Hes. nicht, doch waren weniijstens keine christlicher Mystik in ein überraschendes Licht
anderen agxccl eingeführt als bei ihm bis auf 50 gerückt werden.**) Drei Dinofe scheinen mir von
Metis (s. d.), den man aber wohl eher (nach or- Eisler — bei aller Unsicherheit in Einzel-
phischen Parallelen) für nur dem Namen nach heiten — im ganzen doch wo nicht bewie-
von Kros verschieden anzunehmen haben wird sen, so doch zu hoher Wahrscheinlichkeit ge-
(vielleicht bei Daninsc. Kai Mfjxiv in 7) M. zu bracht: daß die große Masse des als ''orphisch'
korrigieren). Und auch darin dürfte Ak. zu überlieferten theogonischen Materials trotz der
Hes. gestimmt haben, daß dem Spekulativ-Kos- z. T. sehr späten Bezeuorung der Frühzeit, also
mologischen kein breiter Raum gewährt war. etwa dem 6. Jahrh. angehört; daß ein großer
Durch Frgg. bezeugt sind dann für Ak. die Ti- Teil der orphischen Vorstellungen und Motive
tauen {frg. 4), die Entmannung des Uranos, aus orientalischen Ursprungs ist; daß die orphische
dessen Hodenblut Ak. im 3. Buch die Phaiaken 60 Gedankenwelt in stärkstem Maße auf die früh-
entstehen ließ ^frg. 28), Iris und die Harpyien griechische Philosophie befruchtend eingewirkt,
in leichter Abweichung von Hes. {frg. 5). ebenso ja daß dieselbe zum guten Teil aus jener her-
Phorkys und sein Geschlecht (frg. 8), Typhon- vorgegangen ist. Hierzu noch eine allgemeine
Echidna und ihre Kinder sowie die Typhono- Bemerkung. Da unzweifelhaft dein begrifflichen
machie {frgg. 6. 7. 37). In der Hervorhebung Denken das Denken und Reden in mythischen
des AchelüOS vor den anderen Okeanossöhnen *) Soeben erschienen Orphicorum fragmenta collegit
geht Ak. mit Hyg. (p. 12, 11 Schm.) zusammen. 0. Kern, Berlin 1922. **) Vgl. meine Besprechung in
Theogonisch sind dann vor allem noch die der Phu. Wuch^chr. 1923, 796 ff.
1535
Theogonien
Theogonien
1536
Bildern yoraufgeht, deren Herakleitoa und Em-
pedokles sich noch in nicht gerin^m Maße be-
dienen, denen selbst Parmenides sich nicht ganz
hat entziehen können noch wollen, in die Pia-
ton sich flüchtet, wo die Sprache ihm den ad-
äquaten Ausdruck für die begriffliche Fassung
seiner Intuitionen zu versagen scheint: so ist
nicht einzusehen, weshalb man nicht grund-
sätzlich geneigt sein soll, philosophische Spe-
kulationen, die ganz im mythischen Gewände
auftreten, für älter zu halten als Philosopheme,
in denen dieselben Grundgedanken unter Ver-
zicht auf mythische Einkleidung in begriff-
lichem Ausdruck dargeboten werden; weshalb
man glaubt, eine nacbträKliche Einkleidung
vorher schon begrifflich vorhandener Gedanken
in die mythische Form annehmen zu müssen.
Natürlich ist andererseits mit der Wahrschein-
lichkeit zu rechnen, daß die sich über Jahr-
hunderte erstreckende orphische Literatur, nach-
dem teils aus ihr, teils neben ihr die begriff-
liche Philosophie entstanden war, in Wechsel-
wirkung mit dieser starke Anregungen aus ihr
empfanden und dem Empfangenen die ihr ge-
mäße mythische Formung gegeben hat. Inwie-
weit dieses Moment den vorher ausgesprochenen
Grundsatz modifiziert, kann nur durch genaue
Prüfung des Einzelnen von Fall zu Fall zu
entscheiden versucht werden.
In diesem Artikel soll im Kahmen der Ge-
schichte der theogonischen Literatur nur eine
Antwort auf die Frage versucht werden: wie
verhalten sich die sog. orphischen Th.n —
übrigens so erst bei den ^euplatonike^n be-
nannt, ältere Bezeichnung wohl UqoX Xöyoi^ s.
Kern, Oipheus 38 — zu den bisher betrach-
teten Schöpfungen dieser Art? Wesentliches
hierüber ist von Kern a. a. 0. gesagt, manches
noch hinzuzufügen.
Das in dieAugen springende Hauptunterschei-
dungsmerkmal ist das viel stärkere Hervortre-
ten des philosophischen Elements der kosmo-
gonischen Spekulation, die in den bisher be-
trachteten Th.n entweder fehlte oder erst in
primitiven Ansätzen sich bemerklich machte.
Wie schwach es in dieser Hinsicht mit Hesiod
steht, ist oben gezeigt. Stärker war das kosmo-
gonische Element in der Titanomachie und ihren
Nachklängen. In voller Entwicklung ist es erst
bei den Orphikern. Die uns schon von jenen
Th.n her bekannten ko8mogoni.«icben Begriffe
und Motive sind mit reicherem Inhalt erfüllt
und zur vollen Entfaltung gebracht, neue und
fruchtbare sind hinzugefügt. Das erste gilt für
Chaos, Aither, Nyx und vor allem Eros-
Metis-Phanes (s. die Einzelartikel). Dazu
treten Chronos und das Weltei. Über den
ersteren und seinen orientalischen Stammbaum,
über das Weltei, die physikalischen Prozesse
in ihm bis zu seinem Reifwerden und Bersten,
und seine Geschichte in griechischer und
außergriechischer Spekulation siehe besonders
Eibler a. a. 0. und The Quest 1922, 266, dazu
Reitzenstein , Das iranische Erlösungsmyste-
rtum (1921), 171 ff., auch J5l. ZtepZer, Menschen-
und Weltenwerden 1913 (= N>ue Jahrb. 1913
629 ff.). Eine von Eisfer S. 400 ff. als solche er-
kannte Darstellung der orphischen Kosmogonie
in einem Relief des Kgl. Museums zu Modena
ist als Abb. beigegeben (nach Cumont, l<e>'ue
archeologique 1902, j>l. I nr. LX). Dargestellt
sind zwei Momente zugleich: lUianes im wind-
gepeitschten Weltei ruhend und seine Geburt
aus dem von der inneren Bruthitze ^'esprengten
Weltei. — Bei Hesiod tritt die kosmoo^onische
10
20
80
Bedeutung der Götterabstammungslebre nur im
Anfang deutlich und unverhüllt hervor. Im
folgenden bleibt sie so sehr im Dunkel, daß
ihre klare begriffliche Umsthreibung entweder
unmöglich ist oder doch höchst unsicher bleibt.
Daran ist die Mentalität des Dichters schuld,
hinter dessen Bildern nicht klare Erkenntnisse
40 stehen, sondern tastende Ahnungen, deren In-
halt auch von uns nur ungefähr beschrieben,
nicht in klare Sätze gebracht werden kann,
wenn anders wir nicht fälschen und unsere
Meinung, Anschauung«- und Denkweise an die
Stelle derjenigen des philosophisch und intel-
lektuell primitiven Dichters setzen wollen. Daß
die Fesselung der Uraniden, die Entmannung
des Uranos und die Geburt der Aphrodite, der
Kinderfraß des Kronos, der Titanensturz und
50 der Typhonkampf, die Verschlingung der Metis
kosmische Symbole sind, deren Sinn wir un-
gefähr erraten können, unterliegt wohl keinem
Zweifel; auch die Grundrichtung der ganzen
Dichtung: vom Chaos zum Kosmos, vom anar-
chischen Sichaustoben der Urgewalten zur
RechtbOrdnunp-, liegt klar genug zutage. Aber
aus der Th. Hesiod^ eine durchgeführte, von
Stufe zu Stufe fortschreitende Kosmogonie her-
ausholen zu wollen, ist ein vergebliches ünter-
60 fangen. In den orphischen Th.n hingegen sind
die bezeichneten, ausgesprochen kotmogoni-
schen Begriffe in den großen kosmogonischen
Plan der periodischen Erneuerung des Kosmos
eingefügt, dargestellt im Bilde der Vers« hlin-
gung der von Phanes erschaffenen Welt (samt
ihm selbst) durch Zeus, der darauf die neue
Welt und die neuen Götter aus sich emanieren
läßt, die teils unter denselben, teils unter ver-
1537 Theogonieii Theogonien 153^
änderten Namen den alten Göttern entsprechen. die Th. eingebant. Dieser Teil der oi-phiwchen
Das älteste, bisher, wie es scheint, nicht f?e- Spekulation hat Platona Weltschöpfung im Ti-
nagend beachtete Zeugnis dieser ei<,'entümlichen rnmoÄ entscheidend beeinflußt. Sodann waren
AutTussun^ ist Mimnermas frg. IH Bgk. \)ai Faun. — und dieses Hinausf^roifen über den StotF-
9,29.4: Ml^iptQ^ios fVf, i'Atytta ig ttjv ^dxriv kreis der älteren Th.n hängt, wie eben Kern
7roir,Gas ti]v I^^vQvui(ov ngog Fvyriv rt xal Av- a. a. 0. vortretFlich zeigt, innerlichst mit dem
dovff, cfri6\v iv reo TtQooifiioj Q'vYcctBQas Ovquvov Wesen des Orphizismus als mächtiger religiöser
tag (J:p;i;or/oTe'()aff Movßctg^ tovxoiv öh äXXccg vBca- Bewegung zu »am men — Geburt und Funktionen
tiQccg eIvul Jihg natriag. Die natürlichste Er- der jüngeren Götterf^eneration viel eingehen-
klärung dieser höchst auffällio-en Anset/ung lo der behandelt als in 'den kurzen Deszendenz-
älterer und jünjjerer Musen ist die im Sinne listen der bisher betrachteten Th.n. Vor allem
der orphischen Welterneuerung unter Zeiis, aus gilt dies für Diony sos-Zagreua, dessen
dem dieselben Musen neu und verjüngt hervor- Keligion ja ein Kernstück der ürphik bildete,
gehen, die in der Vorwelt als Kinder des Ura- dessen Schicksale daher auch in den theogo-
nos, des älteren Korrelats des Zeus, gewirkt nischen tf pol >L6yoe ausführlich dargestellt waren,
hatten. Bestätigt wird diese Auffassung dadurch, In diesem Zusammenhang^ kam auch die Lehre
daß diese zweierlei Musen auch für den Or- von der Menschenschöpfung (oder den periodi-
phiker Musaios bezeugt sind (s. u. Sp. 1641): sehen Menschenschöpfungen, wie Kern 4H f. in
er hat sie natürlich nicht aus Mimnermos^ Fortbildung meiner Darlegungen Neue Jahrb.
sondern beide schöpfen aus orphischer Theo- 20 1913, 529 tf. sehr einleuchtend zeigt), die See-
loj?ie So konnte diese zugleich vorhandene len-, Erlösungs- und Jenseitslehre. diese hoch-
genealoi^ische Varianten ausgleichen, die man bedeutsame und verhängnisvolle Gabe des ira-
wöhl als stückwerkhafte Erkenntnisse der Wahr- nischen Orients, in die orphische Th. hinein,
heit durch die Älteren beo^riff; so konnte in Ihre Behandlung gehört natürlich nicht in die-
der orphischen Th. Aphrodite als die Hesiodi- sen Artikel.
sehe üranostochter und zugleich als die Ho- Aus dem Gesagten ergibt sich auch ein be-
werische Zeustochter erscheinen. Dieses Diffe- deutender Unterschied der orphischen Th.n von
renzierungsprinzip ist ja dann in der helleni- den früher betrachteten im äußern. Diese hatten
stischen Theologie nocli mehr ausgeschlachtet nur ein Buch {Hes.) oder allenfalls wenige Bü-
worden. Weiter äußerte sich der kosmogonisch- 30 eher umfaßt. Das war dadurch möglich, daß
physikalische Charakter der orphischen Th.n als Hauptsache das genealogische Gerüst ge-
in der Einführung der Elemente in enger Ver- geben, von den Göttergeschichten aber nur we-
bindung mit den Göttern {frg. 48. 123 Abel\ nige, nach Wahl und besonderem Anlaß, zur
die dann auch in dem philosophischen Lehr- Belebung der sonst allzu nüchternen Systema-
gedicht des Empedohles erscheint. Über ihren tik erzählt, die übrigen nur ganz kurz skiz-
iranischen Ursprung ist ein Zweifel wohl nicht ziert oder angedeutet und die Hörer auf die
m*^hr möglich {Eider passim, Heitzenstein, Hi- ihnen bekannten Darstellungen dieser Geschich-
stor. Ztschr. 126, 11 ff.). V^l. auch die cpvescog ten verwiesen wurden, die der Theogoniker so
xXvTcc ^Qycc frg. 83 Abel. In den mehr mytho- in den Rahmen seines Systems hineinstellte,
logischen Teilen ist vielfältige Berührunor mit 40 Die theogonische Epik war in der Hauptsache
älteren Th.n zu spüren, doch so, daß die or- Katalogpoesie, hier und da durch ausgeführte
phi sehen Frgg. in der Regel eine Fortbildung Episoden belebt. Wenn die orphische Dichtung
und Ausgestaltung der älteren Mythologeme er- das offenbar keineswegs war, wenn die bedeu-
kennen lassen. Die Kyklopen sind nicht nur tendste und verbreitetste Th., der allem An-
die Schmiede von Zeus' Watfen, sondern auch schein nach die meisten der erhaltenen Frag-
die Lehrer des Zeus und der Athena {frg. 92). mente angehören, nicht weniger als 24 Rhapso-
Die Zahl der Titanen ist durch Einfügung des dien umfaßte — eine Einteilung, die natürlich
Pliorkys auf vierzehn gebracht, ohne Zweifel erst später geschaffen ist, wenn, wie ich auch
auf den dreizehn Titanen der Zyklischen Th. glaube, das Gedicht in seinem Kern dem 7/6.
aufbauend {frg. 94. 95; 0. Sp. 1523). Die Einzel- 50 Jahrh. angehört — , so war diese Ausführlich-
heiten des Aufruhrs der Titauen gegen üranos keit, zu der der Stil zahlreicher Frgg. vorzng-
(Zuiückhaltung des Okeanos) stimmen auch lieh paßt, durch mehrere Gründe veranlaßt,
wieder zur kyklischen Th. {frg. 100). Wenn Erstens mußte das Spekulativ-Kosmogonische,
Aphrodite bei ihrer Geburt von Zelos und Apate das bei Hes. wenig über ein Dutzend Verse
empfangen wird {frg. 101), so ist das ein freies braucht, einen ungleich breiteren Raum ein-
Fortdichten und Schaltnn mit Hesiodhchen nehmen. Sodann waren die Orphiker, wie schon
Elementen. Der Kinderfraß des Kronos und gesayt, bestiebt, das gesamte Welt- und Götter-
seine Überlistung durch Zeus war ausführ- geschehen von Urbeginn bis zum Anbruch des
lieh geschildert, ebenso Zeus' Jugendg^eschichte gegenwärtigen Zeitalters gleichsam enzyklopä-
{frgg. 112 — 115), doch in den Einzelheiten mit 60 disch in diesen Gedichten zusammenzufassen,
starken Abweichungen von der üblichen Tra- Dabei war das andeutende Verfahren Hesioda,
dition. Weiterhin war Zeus' Weltschöpfung ge- der Katalogstil, deshalb nicht für sie vei-wend-
nauer geschildert, also ein Motiv, das bei Hes. bar, weil keine der älteren Behandlungen ir-
nur angedeutet und nicht in Einklang mit der gendeines mythischen Stoffes ihren Anforde-
persönlich-theogonischen Hauptdarstellung ge- rungen so weit genügte, daß sie sich mit einer
bracht ist (falls die bezüglichen Verse nicht einfachen Bezugnahme auf ihn begnüoren und
überhaupt als spätere Einlagen zu betrachten ihn so gleichsam für den Kreis ihrer Gesinnungs-
sind: V, 108 — 110. 964"), ausgestaltet und in genossen kanonisieren konnten. Gewiß blickten
1539 Theogonien Theogonien 1540
sie mit (sit venia verbo) pietistißcher Gering- langem uneins, und Here gibt vor, sie besuchen
Schätzung auf die unzulUnglichen Machwerke und versöhnen zu woll. n. Neben Okeauos und
der Unerweckten. Es mußte also alles uus dem Tethys steht als uraltheilige Macht — doch
neuen üei^te und in dem neuen Stile um- ohne Angabe eines genealo«iischeu Verl. ältnissos
erzählt werden. Zu diesem neuen Stile jiehörte — ^yx, *26U: dpi^ttiga &t(bv . . . xat avögibv jje-
einerseits die viel stärkere Durchdringung des nannt. Zu ihr hat sich einst Hjpnos vor dem
ganzen Stotfea mit Symbolik, die otfenbar über- Zorne des Zeus gefiiichtet, und er hat seinen
all dicht unter der Oberfläche des mythologi- Groll fahren lassen, aj^tro yccg, firj JVvxtI d'o^
sehen Bildes liegt, auch wo wir sie bei der ^nodr^ta iydoL. Noch höien wir 296 f., daß
Bruchstückhafti^keit der Überlieferung nicht lo Zeus und Hera sich zuerst heimlich vor den
mit Sicherheit erkennen können — öfters Irei- Eltern miteinander verbunden haben, was aber
lieh wird doch amh dus Neue nichts anderes möglicherweise eine böswillijj;e Erfindung des
enthalten haben als das Alte und nur umfor- frivolen Dichters dieser Partie ist, bestimmt,
muliert worden sein, weil man eben grundsi«tz- die strenge Khegöttin zu kompromittieren. Mit
lieh nichts Altes übernehmen wollte — , ande- Orpheus {^egen Jlesiodj verbindet diese Erzäh-
rerseits eine sorglUltige Hervorhebung des sy- lung die Kinführung des Paares Okeanos '^^ Te-
stematinchen Autbaus dieser Wellerzählung, thys als Urelternpaar, die Kolle der (bei He-
wie denn mehrere Frgg auf die gere>ielte Folge siad ganz passiven) Nyx und die klar zutage
der Weltperioden und Göttergenerationen, der liegende Symbolik: der Schlaf vor dem Zorn
äaciXfiai und yevfat, hinweisen. Noch ist der 20 des HimmeL>gottes von der Nacht, der Bezwin-
Ver&tJlrkung des monotheistisch-zentialisieren- gerin von Göttern und Menschen, beschützt;
den Zuges zu gedenken, der auch bei Bes. die Feuchtigkeit als ür.-prung alles Lelens,
schon bedeutsam hervortrat. Auch wenn der daher diese Theologen schon von Arisiot Me-
Text der frgg. A6. 123. i64 jünger ist, rückt taph. 1,3 p. 983b 27 (oder vielmehr von den
doch durch das zweifellos alte Motiv, daß Zeus v- n ihm zitierten rivfg) als Vorgänger des
Phanes und die Welt in sich schlingt und in Thalecs bezeichnet werden. Auch daß Here zur
sich und aus sich alles neu gestaltet und her Zeit der Titanomaehie ein kleines Mädchen ist,
vorbringt, Zeus ins Mittel der ganzen Kosmo- das bei den Großeltern in Sicherheit gebracht
logie; und zwar mit fortj^eschrittener Ethisie- wird, stimmt gar nicht zu Hesiod\ ob zu einer
rungf als Verkörperung der Idee des Guten, so orphischen Th., wibscn wir nicht. Wer den
wenn vorgreifend der platonische Ausdruck zu- von Gruppe aufgenommenen antiken Schluß,
lässig ist: Dike wird seine ständige Begleiterin daß Orpheus hier Vorlage Homers ist, nicht
(Ktm 40,2). Auch in der Vermehrung der äl- mitmachen will, muß mindestens zugeben, daß
teren Personifikationenreihen di.rch ethische in llias S wesentliche Elemente vorliegen, die
BegritTe kommt die verstärkte moralische Ten- dann in orphischen Th.n auftreten; oder: daß
denz dieser itgol Xoyoi (die natürlich in der wesentliche Elemente der späteren orphi*<chen
Erlösungslehre gipfelt) zum Ausdruck. Th.n älter sind als das 14. Buch der Utas.
Die Theugonie in der llias S. Die Theogonie des Masaios.
Neben denjenigen orphischen Th n, die (ab- 40 Nach der engen Verknüpfung des Mus. mit
gesehen von den kosmogonischen Urgewalten) Orph. in der Legende ist zu erwarten, daß auch
die Göttergenealogie bis auf Zeus in Cberein- die unter seinem Namen im Altertum vorhan-
stimmung mit den Th.n //estoc/ischen Typs dene unjf angliche Literatur (P/a^ J^e/>. 2, 364 e:
vortrugen, standen andere orphische Th.n, in pißkcav dh o^iadov nocgiiottcci Movaaiov xal
denen Okeanos und Tethys eine noch sehr viel Ogg^tcog ZfXi]vr}g ts xal Movc&v iyyövav mg
hervorragendere Rolle spielten als in jenen q)aai) orphischen Charakter zeigte, ja daß es
Th.n, wo er vor den anderen Titanen durch nichts anderes als Zufall und Willkür war,
seine besonders große Deszendenz (als Vater wenn gewisse Schritten, die ebent-ogut or-
aller Feuchtigkeit, soweit sie nicht dem Meer phisch hätten heißen können, unter dem Namen
entstammt) und durch seine Nichtbeteiligung 50 Mus. liefen. Diese Erwartung bestätigen die
am Aufruhr gegen üranos hervorsticht. Diese Fragmente, die man nach den Ausgaben bei
Th.n, die das Paar Okeanos r>o Tethys entweder Kinkel {Ep. Gr. fr. 218 If) und Kern {De Mu-
zwischen üranos o^ Ge und die Titanengenera- saei Ätheniensis fragmentis, Progr. Rostock Som-
tion einschoben oder es ganz an den Anfang mer 1898) am bequemsten bei Di eis, Fragm.
setzten, waren schon Piaton und Aristoteles d. Vorsokr. nr. 67 findet. Diog. Laert. prooem.
bekannt, s. die Zeugnisse bei Jfiels, Fragmente 1,3 bezeugt eine Otoyovicc -/.cci Ztpalgcc des Mus.,
der Vorsokr. nr. 66 B. Im Ans( hluß an mehr- und die Mehrzahl der Frgg. fügt sich in einen
fache diesbezügliche Hinweise bei alten Schrift- solchen Rahmen, wobei freilich die Möglich-
steilem hat neuerlich Gruppe, Griech. Kulte keit nicht außer acht zu lassen ist, daß das
tt. Myihen 1,627 f. besonders nachdrücklich be- 60 eine oder andere Frgm. auch aus der von Paus.
tont, daß diese Th. schon in der llias tS vor- 10,5,6 (= B 11 Diels) bezeugten E'b^oXnia des
ausgesetzt wird. Dort steht 201 und 3U2; 'iixea- Mus. stammen könnte, falls diese nicht mit
vov TB &tä)v yivsöiv xai ^iriTtQa Trjttvv, 246: Diels als letzter Teil der Th. anzusehen ist.
'ßxfavov, oaniQ yevsßig navTSGGL xirv-axcci. Sie Bestimmte Zuweisungen, wie sie Kern S. 6 f.
haben aus Rheies Händen die Enkelin Here versucht, sind wohl nicht möglich, für unsern
zum Aufziehen empfangen, als Zeus den Kro- Zweek auch nicht erforderlich, da es uns nicht
nos unter die Erde tmd das Meer stürzte. Nun auf die Sonderbehandlung einzelner Frgg. oder
(zur Zeit der Handlung der llias) sind sie seit Gedichte, sondern auf die allgemeine Charakte-
1541 Theogonien Theogonien 1542
risierung der Poesie des Mus. ankommen muß, qovvtccl ysvtasts Movacov, TtgeößvrtQav ^hv nsrcc
die jedenfalls theogonisch im weiteren Sinne Kqovov, vtartQcov Öh ziav iv. Jibg xal MvTifio-
ist, auch wo sie sicli nicht (wie auch die frühen avvrig) ist sicherlich im Sinne des o. Sp. 15.S7
Orphiker, s. o. S. 1085) des Titels dsoyovicc be- besprochenen orphischen Prinzips zu verstehen,
dient. An eine Rekonstruktion der Th. ist bei tx- m • j t? • -j
der Spärlichkeit der Frgg. nicht zu denken, ^^^ Theogonic des E|nmenide8.
doch ist zu erkennen, daß das Gedicht, das Die Fragmente des Ephn. sind nach Kinkel
wenigstens drei Bücher umfaßte, vom Urbeginn (Ep. Gr. f'rg. 230 tF.) und Kern {IJe Orphet Kpi-
bis in die Anfänge der Menschheitsgeschichte menidis Phtrecydis theogüniis, Berlin l>^8ö, 62 ff.)
reichte. Manche Einzelheit weicht von dem lo von Diels, Vorsohr. i\u 68 herausgegeben. Vgl.
sonst als orphisch Bezeugten ab, ist aber aus auch Kerna Artikel in Paulys liealencydop. 6,
demselben Ueiste. ilfws. lehrte : <^^ Ivog ra «ai/ra 173 ff. und Kisler 713 ff. Auf die Frage der
yivio^iai v.cc\ tig zocvxov ccvaXvtöii^aL (A 4 Diels)^ Persönlichkeit und ihrer Ciironologie ist hier
also einen Kreislauf wie Orpheus. Zellers An- nicht einzugehen. Die Th steht deutlich unter
zweiflung dieses Frg.s ist von Kern S. 4 mit dem Einfluß Hesiods und in noch stärkerem
Recht zurückgewiesen, sein Inhalt stimmt tretf- Maße der Th.n des Orpheus und Musaios. Die
lieh zu dem Titel Zcpuliia^ den Eisler 713 mit Angabe bei Diog. Laert. 1, 111, daß sie öOOO
Recht hervorhebt (zu emendieren ?) Zcpatga?). Verse umfaßte, klingt durchaus glaublich. Daa
Ausgangspunkt des Weltenwerdens waren Tar- ergäbe einen Umfang von 6 — 8 Büchern, was
taros und Nyx, deren Verhältnis zueinander 20 zu der bei einer Th. orphischen Stils zu er-
aber nicht klar ist, weil die PhilodemsteWe, wartenden Ausführlichkeit gut paßt. In einem
die das Frg. überliefert, ver^tümmelt ist {n. persönlichen Proömium nach //e.v/odischem Mu-
svasß. p. 61 Gomp. = B 14: Diels). Allzu zuver- ster — deren gleichen die anderen orphischen
sichtlich macht Kern (mit Gomperz) Nyx zu Th.n zweifellos auch gehabt haben, nur daß-
Tartaros' Tochter, und sicher ist sein Versuch, uns leider nichts aus ihnen erhalten ist — be-
auf Grund von Bacchyl. 7, 1 Chronos als Sohn zeichnete der Dichter das Folgende als ihm im
des Tartaros und Bruder der Nyx in die Th. des Schlaf in der Höhle des Diktaiischen Zeus zu-
Miis. einzuführen, abzulehnen als unverträg- teil gewordene göttliche Offenbarung {Max.
lieh mit dem Wesen des urewigen Zeitgottes, Tyr. c. 28 p. 286 Dav. ovccq hi.r\ ivxvxtlv avtbs
zudem auf einer falschen Interpretation dei zo ^tolg aal d-t&v Xoyoig nal klriQ^tlcc Ttal dUrj:
BacchylidessteWe Tuhend. Andere Frgg betreffen vgl. dasProöm. des Farm enidtslj. Der dahinein
die Jugendgeschichte des Zeus und den Titanen- gehörige Vers KQi)T£g asl ^Bvatai, yiccy.ci O^rjpto:,
kämpf (B 1. 8; die Übergabe des Zeuskindes yaarfQig ccgyal (JJitls B 1) ist an Bes. 26 an-
an Themis eine ethisierende Allegorie ; die gelehnt. Epim. setzte zwei TtgcbtaL ccQ%aL an,
Hereinziehung des Zagreus durch Gruppe, Die 'Atiq und iVv|, aus ihnen entsproß Tartaros, aus
griech. Kulte u. Myth. 629 ist mit Recht von der Vereinigung aller drei das Weltei {frg. 1
Kern S. 5 f. abgelehnt), Zeus' Liebe zu Asteria. Kern, 5 Diels). Letzteres und Nyx in dieser
die er nach der ^ti^ig Perseus gibt (B 16), die Rolle sind offenbar orphisch, Aer Ersatz für
Geburt Athenas (B 12), Pleiadeu und Hyaden den orphischen Aither, wahrscheinlich unter
(B 13. 17. 18). Triptolemos als Sohn des Okea- 40 Anaximenischem Einfluß (so Kern 69. Eisler
nos und der Ge (Blü), übrigens eine in den 714). Tartaros mit seiner engen Beziehung zu
bisher betrachteten Th.n noch nicht bezeugte Nyx hat seinen Ursprung viel eher aus Mu-
Paarung (doch s. u Sp. 1543), weist einerseits saios, bei dem die beiden auch eng verbunden
auf Attika (wo ^a Mus als Ahnherr der Eumol- sind (s. 0. Sp. 1541), als aus Hesiod 119 (wie
piden sowieso zu Hause ist), andererseits auf Kern meint, der Mus. nur zweifelnd anzieht),
die Anfänge der Menschheitskultur. Wenn der bei dem die Tägrccga jjhQosvTcc iiv^w x^ovbg
Dichter dem Triptolemos an Stelle 'eines mehr svQvodsirig gar keine ccqxt^^ sondern die grob-
oder minder unbekannten und nur den eleusi- mythologische Lokalität, zudem eine späte^
nischen Sippen ans Herz gewachsenen Acker- täppisch eingeschobene, gar niclit in den Or-
bürgers namens Keleos oder Dysaules oder 50 ganismus eingebaute Interpolation sind is. o.
Eleusin . . . die kosmischen Gewalten Okeanos Sp. 1476), genommen aus einer Mus. und Epim.
und Gaia als Eltern aufzudrängen versuchte' nahestehenden Quelle, d. h. aus orphischer
{Eisler 713), so tat er es, um den obskuren Sphäre. Zu Mus. führt außerdem das frg. 6 K.
attischen Lokalheros wirkungsvoller in die Rolle 2D.), in dem 3Ius. redet, am ehesten wohl
eines Prometheus oder Ciuron anderer Th.n auch aus dem Proömium, in dem der Sohn der
einschielen zu können. Die von Plat. Rep. 2, Selene sehr wohl unter den Epim. im Traum
363 c bespöttelte Eschatologie des Mus. (M. dh erscheinenden Göttern gewesen sein könnte,
xovxbiv \ Hesiod und Homer] vtavi-x.oixsQa xccycc^ä wie im Proömium des Ennius, das über Kalli-
-Kal 6 vibg avtov nccga aiscbv di6ö(x6i xoig di- machos \oxi Epim. ahh'^ngi, Homer dem Dichiei
xccioig' aig "Aidov yccQ ayccyovxBg xa Xöycp v,cu 60 erscheint und ihm die rerum natura enthüllt;
■KuxccxXLvccvxfg xal öv^jioatov xüv oglcov xara- was doch auch der Inhalt der Th.n ist, deren
6%svcc6avxsg iGtsq^avco^evovg noLovoi xov aTtavxa unmittelbare Fortsetzung die Bücher tii-qI cpv-
XQOVov rjöri SiccyeLv fisi^vovxac, iiyricä^Bvoi y.äX- öiog der (pvCLoXoyoi sind. Ist dies richtig, dann
iiaxov aQ£xf]g ^la^bv [iBd'riv almviov) fng;t sich, hätte Epim. selbst durch die Art der Einfüh-
nach der Analogie der orphischen Schriften zu rung sein Gedicht als orphisch bezeichnet,
schließen, gut in den Rahmen der Th. Die (Dies ist mir wahrscheinlicher, als daß der
Unterscl eidung älterer und jüngerer Musen Z^VigQ, Aelian.nat. anim. Vi,!., Epim. \ix\d Mus.
(Bl5: iv 8h xolg dgM.ava(pSQo\Livoig 8vo 16X0- verwechselt hat, wie Diels meint.) Über die
1543 Theogonien Theogonien 1544
kosmologische Entwicklung bei Epim. belehrt Musaios — wenn unsere Vermutunjjf zutrifft,
das von Diels verworfene, von Etsler 714 ge- daß sein Schatten dem schlafenden Epim. die
wiß mit Recht wieder zu Ehren gebrachte frg. Th. iuspirierte — über das Jenseits berichten!
46, Lnur. Lyd. de mens. 4,17: oi öh ic^qX 'E. In die obli^fate Liste der Zeuspaarungen, die
&QQsva xal d-iIXsiav iiiv^tvöoiv vuvg z/ioffxopov?, also auch dieser Th. nicht gefehlt hat, gehört
rof ii%v Al&va Aansg pLovaia^ rr]V 9h ^öiv cb; frg. 16 J>. (Pan und Arkas Söhne des Zeus von
Svdda xcclicavttg. Offenbar sind die Dioskuren Kallisto) und im weiteren Sinne auch die Endy-
Aion und Pbysis (vgl. Orph. frg. 83: xai tf»t'»- miongedchichte frg. 14. Beide Sagen weisen,
fffoitg xlvriäc fgya ii4vjn xal dxctptro? Aimv) die wie Keim S. 75 und 77 bemerkt, nach der Pelo-
Uälften, in die das Weltei zerfällt, vgl. Ziegler, lo ponnes, die letztere speziell nach Elis (v. Sybel
Neue Jahrb. 191:<, 664 f. Ganz neu und ander- o. Bd. 1, Sp. 124Cf. Bethe in PauJysEtalencycl.
w&rts unbelegt ist dann (frg. 2 K., 19 D.) Kro- 6, 2667 f.). Auf dasselbe Lokal hat frg. 17 ^die
nos als Gatte der Euonyme und Vater der Mamen der von Oinomaos getöteten 18 Freier
Aphrodite, der Moiren und Erinyen. Das Un- auch von Epim. bezeugt) Bezug. Dann muß
gewöhnliche dieser Zusammenstellung erklärt wohl die Th. des Epim. auch eine riQcooyovia
sich m. E. am leichtesten, wenn man annimmt, enthalten haben. Aber daß diese letztbespro-
daß Kronos bei Epim. die Stellung innehat, ebenen Frgg. der Th. angehören, ist durchaus
die in anderen Th.n Uranos einnimmt, auf den nicht sicher. Denn mag die bei Diog. Laert. 1,
Aphrodite und die Erinyen bei Hes. u. a., die Ulf. gebotene Liste der Werke dkm Epim. zum
Moiren im orphischen frg. ad Abel zurückge- 20 guten Teil auf Erfindung des Lohon Ttfgl Ttotr]-
führt werden. Ist doch z. B. im orph. frg. 114 tcbv beruhen {Hiller, Uhtin. Mus. 38,528. Diels
die Entmannungsgescbichte auch auf Kronos bei Kern 79), so müssen wir doch außer der
übertragen, von wo aus zu den Epimenideischen Th. die gleich nach dieser genannte 'Agyovg
Genealogien nur ein Schritt isl, fehlte doch vccvTtrjyiav rs xal 'Idaovog slg KoXxovg &it6-
Uranod sowohl in der 11. a vorliegenden Th. %Xovv ^nrj k^a-niGxi'Xia jisvrayioGia für authen-
wie in der des Pherekydes, die beide orphischen tisch halten nach den frgg. 12 und 13 (Deszen-
Charakter haben, und sind doch überhaupt denz des Phrixos, Genealogie des Aietes), die
Uranos und Kronos Dubletten. So wird Uranos sich offenbar in diesen Zusammenhang besser
auch bei Epim gefehlt und Kronos seine Funk- fügen als in die Th. Auch frg. 18 (Genealogie
tionen mit übernommen haben. Euonyme als so der eponymen Heroine der Stadt Rhodos) wird
Hypostase der Ge und Mutter der Erinyen ist dahin gehören. Eine Behandlung der Argonau-
attisch {Kern 74. Waser in Paulys Reahncycl. tika, des Unternehmens, an dem Oi-pheus selbst
6,1166), attisch auch das enge Verhältnis der teilgenommen hatte, lag ja auch für einen Or-
Moiren sowohl zu Aphrodite, s. Paus. 1,19,2 phiker nahe genug, vgl. die erhaltenen orphi-
— man braucht also nicht (mit Kern 73) auf sehen Argonautika. Gewiß also hat das Alter-
den Kult der Moigcci Aa%i6Eig mit Artemis tum Argonautika unter dem Namen des Epim.
Orthia, Aphrodite Enoplios und Asklepios in besessen. Ob sie wirklich denselben Dichter
Sparta {ClGr. 1444) und den legendarischen zum Verfasser hatten wie die unter dem Na-
Aufenthalt des Epim. daselbst zu rekurrieren men des Epim. verbreitete Th., können wir
— wie zu den Erinyen, s. Aesch. Prom. 616. 40 unmöglich wissen. Wahrscheinlich aber stamm-
Eum. 960, dazu Hom. II. T 87. hymn. Orph. 69, ten sie aus derselben Zeit und derselben Sphäre:
12. Paus. 2,11,4 (Altar der Moiren im Hain der attischen Orphik des 6. Jahrh.
der Eumeniden zu Sikyon). Die Orphik und w^. mu • j «i. • 1 a
Attika geben also alle Elemente zur Erklärung ^le TheogODie des Pherekydes von Syros.
dieser Genealogie her. Orphisch ist auch die, Die Th. des Pher. — bekanntlich das älteste
wie es scheint, bedeutende Holle des Okeanos griechische Prosabuch (in Konkurrenz mit dem
bei Epim. : er ist nicht nur wie bei Hes. Vater des Kadmos von Milet)^ s. Suid. s. v. $f ptxvdrjg
der Styx — die aber dann nicht mit Pallas, und 'Exaratoff — ist in ihrer Bedeutung erst
sondern mit Peiras verbunden {oarig Sj] ö Uel- von Eisler voll gewürdigt und in den rich-
gas iaxi Paus. 8, 18, 2. Höfer 0. Bd. 3, Sp. 1753) 50 tigen Zusammenhang gestellt worden. Die an-
Echidna gebiert, abweichend sowohl von Hes. tiken Berichte über Pher. — die gewiß nur
wie von der orphischen Genealogie, s. Kern 31 zum kleinsten Teil (wenn überhaupt) authenti-
und 71 — sondern er erscheint auch als Gatte sehe Dokumente sind, aber doch den Eindruck
der Ge und Vater der Harpyien, wofern nur widerspiegeln, den das Altertum von der hoch-
Diels' Ergänzung des P/w'Zorfcm-Papyrusfetzens bedeutsamen Schrift hatte, aus der uns nur
Ä. s-öcbB. 46 b 18, p. 18 Gomp. mehr als ein etwa 20 Zeilen erhalten sind — bringen ihn
geistreiches Spiel ist {frg. 7 D.). Dasselbe gilt einerseits mit Orpheus und Pythagoras, anderer-
fur frg. 8, aus dem nur so viel sicher ist, daß seits ausdrücklich mit den Phoinikem in Ver-
Typhon in der Th des Epim. vorkam und die bindung: Suid. s. v. (Psgsxvörjg {Diels, Vorsokr.
Sctiilderung des Kampfes mit Zeus besondere 60 71 A 2): didax^rjvat dt vn ccvtov Ilvd-ayogav
Züge enthielt. Die auf Styx, Typhon, Echidna Xoyog, ccvtov dt ovx i6%riv.ivaL v.cc^riyr\xriv, iAV
bezüglichen Frgg nicht der Th., sondern einer iavzov ä6v.7]Gai •uTriGä^tvov xa $0 vixfov Scno-
angenommenen Nekyia des Epim. als eigenem xovqpa ßißXicc . . . ^. kd-rivcctog {TrgscßvtsQog tov
Werk zuzuweisen (woran Pohde, Griech. Itoman Uvgiov^ ov Xoyog tä 'Ogcptag avvccyayttv). Philo
261 Anm. dachte), ist ganz abwegig, da ja das Bybl. bei Euseb. praep. ev. 1, 10, 50 {Diels 71
Beispiel Hesiods zeigt, wie leicht solche Par- B4): Ttagcc ^olvIticov 6t xal ^.Xaßav tag &cpog-
tien in eine Th. eingefügt werden konnten. Wie iiccg id'toXoyrice mgl tov Ttag' witm Xsyoixsvov
leicht konnte in dem besonderen Falle des Epim. 'Ocpiovioag &80v xccl xmv 'OtpLoviSäv. Clem. Alex.
1545 Theogouien Theogonien l54(j
Strom. 6, 63 {Diels 71 B 2) : nocvra oocc ^. (iU/j- richtig, aber bei weitem nicht in allen seinen
yoQTioccg l%'fioX6yr]OBv Xa{ioiv Scno ri)g rov Xäft Relationen wieder. Alle drei uQxotl betätigen
ÄpoqpTjTtmi; rfjv vTtodsatv. Wie sehr beide Ver- sich koBmogonisöh. ChronoH Hchatt't aus seinem
knüf>fungen der Wahrheit gemllß sind, hat Samen die Kiemente Feuer, Luft und WawHer
die AVs/ersche Interpretation gezeigt, die nach (JJatnasc. 124 b \Diel8 A H\: zov öl Xqovov noifj-
meinem Urteil in der symbolgeschichtlichen erat ^x rov yovov iavrov*) nvg -nal npsviiu xai
Behandlung und Einordnung der einzelnen Mo- vtfwp); «ie scheiden sich in fünf nvxoi^ und
tive durchaus evident ist und durch die Fülle ein zahlreiches Güttergeschlecht geht aus ihnen
von Erkenntnissen, die sie für die Geschichte hervor (J>ama^c. a. a. O : i^ ojv iv nkvxt ftv-
der frtthgriechischen Mystik und Philosophie lO xotg Sirjgrui^voiv TcoXXrjv uXXriv ytvsccv ovarffvat
bringt, eine wissenschaftliche Tat ersten iianges ^£«6»', ti]v Titvtt^vxov xuXi vaivr^Vy raviov öh
bedeutet. Ich knnn J^isfera mit einem über- l'öas hlTtslv^ TCtvT^-aoßiiov). Da die drei neuen,
wältigendeu Material belegte Ausführungen aus Chronos emanierten Elemente nicht wohl
hier nicht wiedergeben, sondern beschränke mehr als drei Winkel des "ntvxi^vxog in An-
raich auf die Heraushebung der für den Zu- spruch genommen haben können, so müssen
sammenhang der Th. des Fher. mit den bis- die übrigen zwei Winkel doch wohl den durch
her betrachteten Th.n wichtigen Momente. Für Zas und Cthonie repräsentierten Urelementeu
eine einigermaßen sichere Kekonstruktion des Äther und Erde zugewiesen worden sein, und
Ganges der kosmogonischen Handlung bei PAer. die weitere kosmogonische Entwicklung sich
sind die Frgg. und Nachrichten viel zu spar- 20 in ähnlichen Gedankengängen vollzogen haben,
lieh; selbst die Aufeinanderfolge der durcli die wie sie Eisler 541 ff. vorträgt. Die Einzelheiten
Frgg. bezeugten Teile des Werkes ist nicht seiner Darstellung bleiben selbstverständlich
durchweg mit Sicherheit bestimmbar. Die dies- hypothetisch, sind auch z. T. sehr anfechtbar,
bezüglichen Darlegungen Eislera S. 562 ff. sind aber in den Geist und die Denkweise des in
teils unrichtig, teils ganz hypothetisch. mythischen Bildern redenden Kosmologen leuch-
Betitelt war das Werk des P/ier. nach Suid.: tet er hinein wie m. E. keiner vor ihm. Man
^ETtrd^Lvxog i'jroi Oso-ngaola rj ©myovicc. ^gxl Ss bedenke immer, daß ganz exakte Ergebnisse
d-BoXoyioc iv ßißXloig t, ^x^vßcc Q-süv ytvsaiv bei dem Versuch, die Gedanken des von Pro-
xoft öia&oxf^S- Die Titel d-soyovia und ^soXoyia klos zu Tim. 23 c. 1,129,15 Diehl als eminent
sind rein appellativ und besagen weiter nichts. 30 alviyiiaxmdr\q bezeichneten Kosmologen aus der
Den von den früheren Auslegern zugunsten mythischen Hülle herauszuschälen, selbst dann
des (sogleich anzuführenden) 7rfi'r£|ui;j;os in Zwei- nicht zu erwarten wären, wenn wir die voll-
fel gezogenen '^E7rTaftv;^off (s. Kernel) h^.t Eis- ständige Schrift, nicht nur ein paar erbärm-
ler 331 ff. aufs schlagendste gerechtfertigt und liehe Trümmer hätten. Auf das Einzelne, ins-
erläutert durch den Hinweis auf die uralte besondere die Entwicklung des gewonnenen
Rolle des Htptagramms als kosmisches Symbol nsvxi^ivxos zum tnxdfivxog des vollendeten Kos-
(der Schnitze r in der Etymologie von rgrpajcrvg mos, kann hier nicht eingegangen werden.
S. 338 ändert an der Kraft des Beweises im Ganz klar aber ist, daß für den Fortschritt
ganzen nichs). Ob ©«oxpaffia als bewußte Aus- von der Drei zur Fünf und dann zur Sieben
gleichung verschieden benannter Göttergestal- 40 schon in dieser frühgriechischen Spekulation
ten — wie sie nach orphischer Weise in der das Verfahren der Zerlegung einzelner Glieder
Schrift reichlich geübt wird — oder anders zu einer Trias — in dem einzigen bezeugten Falle
verstehen ibt, möchte ich auch mit Eisler 329, 5 des Mittelgliedes Chronos — angewandt wor-
offen lasse] , neige aber zu der angegebenen den ist, in dem sich dann die Neuplatoniker
Auffassung. Die Angabe, daß das Werk zehn bis zur Erschöpfung ergehen. Formell kor-
Bücher umüßte, kann natürlich verderbt sein, respondiert dieser Methode die bei Hesiod un-
miiß es aber nicht notwendig. Wir haben ja verkennbar auftretende Bildung von Verstriaden
gesehen, daß diese mystische Literatur zur Dick- und -pentaden. Die Einführung der Elemente
leibigkeit neigte, und der behagliche Stil der neben oder im Wechsel mit den sie repräsen-
Frgg. stimmt wohl dazu. 50 tierenden göttlichen Persönlichkeiten — Zas
Der Anfang des Werkes lautete {Biog. Laert. und Cthonie vertreten je ein Element, Chronos
1, liy. Diels ß 1): Zug ^sv val Xgövog Tjßav erzeugt die drei anderen, aus diesen geht eine
asl xai Xd-oviT}' Xd'ovlrj ds övo(icc iysvtxo Ff]., ysvsd dsrnv hervor — ist uns schon in der or-
iTttLÖi] ccvxf] Zkg yf]v ysgag Sidol. Pher. be- phischen Th. entgegengetreten (s. 0. Sp 1537).
gann seine Th. also mit den agxcxl Himmel- Ob Chronos allein die Holle hatte, den elemen-
Zeit-Erde, oder richtiger: den göttlichen ür- taren Rohstoff zum Weltbau zu liefern, oder
mächten, aus denen im Laufe der kosmogoni- inwieweit das Weltgebäude selbst schon sein
sehen Entwicklung die Gestaltungen Himmel Werk ist (nach Analogie orphischer Darstel-
und Erde hervorgehen, und der trennend zwi-
schen sie ^ge=,tellten Zeit. Die ersten beiden 6O *) Daß iavrov nicht (mit Kern) in aötoO zu ändern
Begriffe fehlen naturgemäß in keiner Th., Chro- ist, wonach Chronos aus Zas' Samen die Elemente schüfe,
nOS ist uns schon aus der Orpliik geläufig. beweist (nach ZW^rs aus genauer Textinterpretation her-
Die neuplatonische Erläuterung (Hermias irr. geleitetem Widerspruch) Eisler 443 durch den Hinweis auf
12: Zfjva fx^r xbv atd^SQd, Xd-ovlvv dh xhv yfjv ^i® Tatsache, daß die Erschaffung der Elemente durch
Kq6vov 88 xbv X96VOV, 6 ^hv al&^Q xö TXOLOVV, J?^^'^^"« ein dQo,^svov im Mithraskult war, wozu noch
j. »V ~ \ ' - cvv / ,'^ r > r literarische Zeugnisse treten. Die falsche WortstellunK
7} ä8 yi^ xo Ttaaxov O 8s XQOVOg iv co xa yivo- ^^^^ ^^^^^^^^ ,^., ^„„^^.^ ^^,,1, Umstellung oder (mit
iisva ebenso Prob, ad Verg. BuC. p. 20, 30 A.) Eisler) durch Einschiebung eines t,w beseitigt werden,
gibt den Sinn dieser Zusammenstellung wohl faiis es überhaupt unbedingt nötig ist.
RoscHEB, Lexikon der gr. u. röm. Mythol. V. 50
1547 Theogonien Theogonien 1548
longen, in denen er das Weltei zeugt oder des (pägog gleichsetzt, ist mir zweifelhaft. Be-
schmiedet), ob insbesondere Eialers Gedanke, deutet niclit die VVeltenwebe vielleicht «rst
er habe die von ihm geschatfenen Elemente die KrschatFun^ der himmlischen Urbilder, nach
trennend zwischen Za^ und Cthonie gelegt, den deren Muster dann erst die Schöpfunjr der sinn-
Pfcer.iscben Gedanken richtig trifft, o«ier ob liehen Welt — t-ei es unter welchem Bilde
vielleicht ^nach orphischen Analogien) mehrere immer — sich vcdlzieht? VVrnn die Verferti-
Weltschöpfungen anzunehmen sind, müssen wir gung des cpagog schon die Schöpfung selbst in
müngeU Materials oHen lassen; jedeiifalls tritt ihrem vollen umfang bedeutete, welchem Zweck
dann Zas als eigentlicher Weltschöpfer auf. diente dann noch die Vt-reinigun«; des Zas mit
Schon im Anfang der Schritt hieß es gleich lo Cthonie, und welche Früchte gingen aus ihr
nach der Nennung der drei i^x^^' X'^ovirj d\ hervor?
6i'oy.a iyivsxo Ft), iifidq ai>T^ Zag yfjv yigas Der in jeder Th. unerläßliche Götterkampf
Sidol. Aus der ein>;ehenden Schilderung dieser spielte sich bei Pher. zwischen Chronos-Kionos
Handlung sind in dem von 6rre«/e//-//Mnf, 6>ecÄ: und Ophioneus ab, übereinstimmend also mit
Pa/>. Ser. 2 n. 11 p. 23 vei offen tlichten Papyrus derjenigen orphischen Darstellun«,', die Ap.
zwei Stücke erhalten, auf den hgbg yä^iog des JRhod. 1,603 ff. wiedergibt*): ijsiösv S' ('OQq>tvg)
Zas und der Cthonie bezüglich {^liels B 2. mg Tryojr ov^Oq}i(üv Ei qvvö^t] rt 'Slxbccilg vicpo&v-
Eüfler S47tf.). Die Zurüstungen zur Hochzeits- rog ^x^^ xparog Ov'/nv^noio wg ts ßit] xal x^Q-
feier sind aufs glänzendste getroffen: xccn^iSq ölv 6 fihv Kgöixp thai^s n/xj)?, 7; dh 'Perj, ?ne-
tgirr} rju^gri yiyverai rat yauc», xozt Zag noiel 20 cov tf ' ivl xv^aaiv Slxtavoio' oi öh rttag iia-
(pagog fi^ya re xccl xaXöv xai iv avirn noi-KiXXti xägsaßt ^sotg Tixfjöiv avanaov^ öcpgcc Ztv, KtX.
FifV xal *Slyr}vbv xctl ra 'Slyrivov ^cbfiara. Das Daß der Sturz der Besiegten in den Okeanos
folgende Stück (auf col. 2) enthält den Schluß das Knde des Kampfes war und den Siegern
der feierlichen An.<'prache des Bräutigams an die Herrschaft des Himmels zufit^l (O^Xvunog
die Braut, mit der er die Überreichung des und ovgavog ist doch wahrlich keine erhebliche
tp&gog begleitet — ich halte die Eisler^che Variante), entspricht genau der Darstellung des
Interpretation und Ergiinzung für richtig', kann P/ier. nach Orig c. Geis. 6,42 (2,111,13 A'.,
aber hier nicht darauf einj^ehen — und die Fe&t- Diels B 4): ^hgt^-Kvdriv d^ . . .y^vQ-onoitlv örgcc-
fltellung, daß das die ersten ScvaxaXvntj'igia rtlavaTg(xt8icc{vi{i\mehr: aTgccTiccvargatui)7tuga-
waren. Die nächsien Worttrümmer zeigen, daß 30 rccxz^niivriv xal rf/g y.tv r]ys^6va Kgovor^Scyio}-
die feierliche Inempfangnahme der Gabe durch Sidovai, xi'ig hfgag d' '0(pu)vhcc- 7rgoxXri6^ig 6h
die Braut und ihre Krwiderung auf seine An- xul a^iXXa^ avx(bv laxogtl, owd^rixccg X8 avxolg
spräche (mit Wort und Tat?) folgte. In enger yiyvtad-ai, iv' onoxtgoi avxcäv tig xbv 'Slyi^vbv
Verbindung mit dem (fägog stand eine betiü- i^inbOwaL^ xovxovg ^Iv tucci t tvixjuitvovg^ xovg
gelte Eiche: Cleni AI Strom. 6,5-*l: iva ^idd'foei, d' i^öoGuvxag xal vixrjGavxag xovxovg ^jjttv xbv
XI iaxiv T} vnojcxegog dgvg xal xb in' avxy ns- ovgavöv. So wird auch bei Pher., nach der
noixiXfiSvuv q)d:gog. Die Bedeutung leider Sym- weitgehenden Übereinstimmung mit Ap. Bhod.
hole ist von Eialer wundervoll aufgeklärt: der zu schließen, Chronos selbst der Sieger und
Wel'enbaum, über dem der Weltenma..tel, das danach, bis zu seinem Sturz durch Zeus, un-
Werk des Himmelsgottes, %ie.s ewi^^en Webers 40 bestrittener Weltherrscher gewesen sein, was
Meisterstück', ausgespani.t wird, geschmückt doch auch das Zeugnis Tertull. de Corona 7:
mit den Bihlern der drei großen Teile des Saturnum Ph. ante omnes refert coronatum, lo-
Kosmoa, Erde, Meer und Himmel.*) Die Ge- vem Dio'lorus {&., ^) post devicios Titanas nahe-
schichte dieses fnn'iit baren Symbols, von den legt. Hiernach kann die kühne und vertuhre-
profanen und kultischen Zeltnauten orientali- rische Hekon.-truktion Eislers (627 und 545 ff.),
scher Steppenbewohner bis zu den ein verklei- der Chronos, von Ophioneus aufs äußerste be-
nertes Abbild des Weltganzen dar.«^tellenden drängt, Zeus zu Hilfe rufen, diesen den Sieg
Domen des Mittelalters und dem Brautbalda- gewinnen und als Siegespreis Cthonie erhalten
chin der heutigen Juden, muß man bei Eisler läßt, nicht richtig sein So ist es mir auch sehr
nachlesen. Wie mit der im Papyrusfrg. ge- 80 fraglich, ob Eisler recht daran getan hat. die
schilderten kosm'-logischen Zeremonie das Zeug- friedliche Auseinandersetzung zwischen Chronos
nis Diels B 3 zusammenhängt, Piocl. ad Tim. und Zeus, die nach Ausweis unzweideutiger
32 c. 2, 54, 28 Z>tc/i/: 6 ^. hsyhv sig "Egmxa Monumente in der zrvaniatisch-mithrischen Kos-
fUxaßtßXfjCd'ai, xbv ^ia yiiXXovxa Srniiovgytlv^
OXl dr} xbv XOÖ^v ix XUJV ivavxliov üVVlßxccg *) naß die Kosmogonie, die dort Ap. Rhod. den Or-
iig Ö^oXoyiccv xal CpiXiav ^y^Y^ ^«^ xavx6xr}Xa pheua vonragen läßt, tatsächlich orpUische Lehren wieder -
wäCV iviansigs xul tvtoniv xhv dt' oXcov diri- K»^»' •'*°° ™»° ^i«"*' '^*«'^* bezweifeln, wenn man bedenkt,
:„4- .^i*- C..r.Un.v> .u ;«U4- „., « ^^ (\U ^^^ die Dichtung in eine Zeit fällt, in der die Orj^hik
xovGav, ist mit öicherheit nicht zu sagen, üb • , „ ■ j • ^ , u 1* ..„^
, . T-.. 1 .n.-.. 1 i 1 1 1. T-v v^on BtoiBclien Kreisen gerade wieder hervorgeholt und
hier Et-sler 3o3 recht hat, wenn er diese De- „,it Eifer studiert und bearbeitet wurde. Daß di se Kosmo-
miurgie des Zeus -Eros mit der Verfertigung 60 gouie Empcd^kieüche Retoucheu erfahren hat, wie Kern
57 ff gezeigt hat, nimmt ihr nichts von ihrem orphischen
*) Ich halte Eitler» Erklärung der IQyi/roö 6"'^iaTa Charakter, da in einem weiteren Sinne ja £'/n/yec/oÄ/e.« selbst
als Himmelshäuser, d. h. Tierkreisbilder, für schlagend noch als Orpbiker anzusprechen ist, s. Kirn, Arch. Gesch.
richtia. Aber sei ■ st wenn sie falsch wäre, könnte der PAi7. 1 , 41)8 ff. £'üZ*-r 690 ff. Zicjler, Neue Jahrh ISil;!, 56« ff.
Himmel auf diesem den Ki>smo8 darstellenden und be- Übrigens ist gerade die oben ausgehobene Partie nicht
deutenden Mantel keineffalls gefehlt haben und maßte Empfdokleitch , wie Kern 60 f selbst hervorhebt, sondern
also seine Bezeichnung in der Lücku nach do'iuutit postu- aus einer Quelle von stärker mythisch.m Kolorit im Stile
liert werden. Aber was dann das Haus de-t Okeanos neben der Orphik des 6. Jahrhs. Daß es Pher. selbst ist, braucht
ihm selbst auf dem (päfjo^ sollte, sehe ich nicht. man m. £. nicht auszuschließen.
1549 Theogonien Theogonien 1550
mogonie anzunehmen iHt (vgl. Cumont o Bd 2, unter Zugrundelegong des milesiechen Zahlen-
Sp 3089 f.), auch auf Pher. zu übertrafen, Systems l»ekanntlich mehrfach bezeuj^t und mit
obschon im übrigen die weitgehende Ober- Beispielen belegt. Schultz' Hypothese bt'steht
einstunmunt^ der niithrischen Th. mit den or- darin, daß er das notorisch vorhandene Prinzip
phischen Th.n und der des Pher. als eine Folj^e - das übrigens ein^r allgemein verbreiteten
der Abhängigkeit von den gleichen orientali- menschlichen Grundanlage enthpringt — unter
sehen (Quellen von FAsler schlagend erwiesen Einsetzung des älteren Zahlensystems (für das
ist. Aber man muß damit rechi.en, daß in die- Eisler 707 die historischen B. lege nachliefert)
sen theologischen Systemen, die die kosmolo- auf die Frühzeit überträgt. Ich glaube, daß
gische Grundautfassung und zahlreiche Gestal- lo der Krlolg die Dichtigkeit des Gedankens be-
ten, BegriÖ'e und Motive gemein haben, dieses stätigt hat, und halte daher di»; Schultzschc
gleiche Mateii 1 immer wieder in neuer Grup- Entdeckung grundsätzlich für richtig und außer-
pierung (und demgemäß veränderter Deutung) ordentlich bedeutungsvoll für diis Verständnis
auftritt, so daß man zwar vieles beim einen dir frühgriechischen Mystik und Philosophie,
durch Vergleich mit dem andern erklären kann, (Die Widerlegung von Fr. Dornseift', Dan Al-
heim Rekonstruieren eines zerstörten Auf laus phabet in Mystik und Mugic, 1922, S 97 if.,
auf diesem Wege aber äußerste Vorsicht und der im Gegensatz zu anderen die Sache we-
Zurückhaltung üb« n muß Das Material ist zu nigstens ernst nimmt, ist nicht stringent.)
wandelbar und vieldeutig und der gleichberech- Nur ist durch die Sache selbst äußerste Vor-
tigten Möglichkeiten allzu viele. — Wenn (nach 20 sieht im Gebrauch des gefundenen Schlüssels
der orpbischen Parallele und Tertull.) Kronos geboten und vor dem Glauben zu warnen, als
selbst den Sieg über Ophioneu.- gewann, wird ob er alle Türen öffnen könne. Ob diejenigen
er auch Zeus die Weltherrschaft nicht kämpf- unter den unzähligen möglichen Kombinationen,
los abgetreten haben, sondern von ihm über- auf die der heutige Berechner verfällt, die-
wunden und, gemäß der alten, seit Homer ein- selben sind, die einst der gläubige Jünger die-
etimmigen Tradition, in den Tartaros geschleu- ses mystischen Wort- und Zaiilenspieles fand,
deit worden sein, der bei Pher. als Tagraglr] ist erst dann in jedem Falle für erwiesen zu
lioLQu mit der ausdrücklichen Bestimmung als halten, wenn eine unzweideutig als antik be-
Götterverließ auftritt, wie bei Hes. 742 von wil- zeugte Zusammenstellung die Bestätigung gibt,
den Winden durchwebt, Orig. c. CeJs. 0,42 (2, so Von vielen der bei Kisler aufgestellten Glei-
111,20 K. B 5 iJitls): xbv ^. . . . fiyTjxtVort ro chungen oder Relationen läßt sich sagen, daß
' /.h irrig bh rfjg fiolgccg ^vhgO^iv icriv i) Tagragir] der antike Mystiker sie wohl hätte aufstellen
aoiQc: (pvXäoöovGi d' amijv d-vyarefjsg Bogsov können, daß es aber ganz unsicher bleibt, ob
AgTivtcci TS xccl OveXla- ^v&a Zsvg iyißäXln das tatsächlich geschehen ist oder nicht Und
di-mv oTccv xig i^vßgiöj].^ Doch das ist natür- äußerst gewagt ist es, von zahlenmystischen
lieh auch nicht mehr als eine Vermutung, die Kombinationen her an die Überliefeiung zu
freilich noch dies für sich anführen kann, daß rühren Trotzdem ist das Aufsuchen solcher
es nicht wahrscheinlich ist, daß eine so von Beziehungen, auch wo es zu keinem gesicher-
aller sonstigen Tradition abweichende Darstel- ten Ergebnis führt, kein wesenloses Spiel, da
lung wie die friedliche Auseinandersetzung 40 es gewiß ist, daß man sich dabei in Geleisen
zwischen Kronos und Zeus bei einem so ange- bewegt, die das Grübeln jener Tage gegangen
sehenen und vielbeachteten Autor wie Pher. ist. Ohne Zweifel hat di^^ ünbegrenztbeit die-
in der gesamten theologischen, mythographi- ser Kombinationen, die Möglichkeit, immer
sehen und doxograjihischen Literatur der Folge- neue, ungeahnte Zusammenhänge von Dingen
zeit ignoriert worden sein sollte. und Beifrififen zu entdecken, für die Adepten
Mit den orphischen Th.n berührte sich das dieser Wissenschaft einen unendlichen Reiz be-
Werk des Pher. auch darin, daß es die eigent- sessen und sie in dem (ilauben befentigt, daß
liehe Th. in eine Anthropogonie auslaufen ließ. dieser Weg wahrhaft ins Innere der Natur
Doch ist er mit seinen Lehren über das Wesen, führe. Die sprachphiloaophis» he Grundlage die-
die Entstehung und die Schicksale der Seelen so ser ganzen Betrachtung mußte natürlich die
anscheinend bedeutsam über die Orphiker hin- Überzeugung sein, daß Wort und Ding qpvffgt
ausgegiingen. Eine nähere Behandlung des The- zusammt^nhingen. Mit ihr stand und fiel das
mas gehört nicht in diesen Artikel, vgl. Diels ganze Gebäude.
A 5. B 6. 8. Eisler 551 ff. t • ., mu •
Nötig ist noch ein kurzer Hinweis auf das *^l"OS «"« Thamyris.
System altionischer Zahlenmystik, das Molf- Linos, Sohn des Heimes und der Muse
gang Schultz {Arch. Gesch. Phil. 21, "248 und Urania, also eine mythische Gestalt vom Schlage
mehrere andere Schriften) entdeckt und Eisler des Ori-heus und Musaios, verfaßte nach Ding.
in umfassendster Weise auf Pherekydes, die Laert. prooem. 3: y.oG^ioyoviav., ijXiov v.ou 6bXi^-
Orphiker und zahlreiche frübgriechische Philo- 60 vrig nogsiav -/.ccl ^^ocov xat xagiräv ysveösig, ein
sophen (in Orpheus -the fisher 116 und 266 ff. Gedicht also orphischen Stiles, dessen von I)?o^.
sogar auch auf die christliche Mystik) an- zitierter Anfangsvers : tjv Ttote rot XQovog ovrog
gewendet hat. Es gipfelt darin, daß man in iv m aiicc ndvt' ijtscpvxsL auch unverdächtig
den nach dem Schlüssel A = \, 5 = 2, r=3 klingt. Aber das von Stob. ecl. j)hys. 1,11,5
usw. bis Ü = 24, gewonnenen Zahlen werten übet lieferte lange Frg. (13 Verse: ob? xar' I^qlv
der einzelnen Wörter tiefsinnige Wesensbezie- Gwänuvra v.vßiQväxcci 8ia nccvrög, ix nccvxog
nungen ausgedrückt fand. Für das spätere 81 xk nävxa xaX ix nävxwv itav iaxi, ndvta
Altertum ist dieses wortmystische Zahlenspiel 8' ?v iaxiv., sxccaxov hbg uigog, slg 'tv aitccv^cc
50*
1551 Theogonien Theogonien 1552
usw.) Eeigt, daß das Gedicht nicht mehr theo- stehnng und Entwicklung des Weltganxcn zu
ffonisch, sondern philosophisch war. — Von ^eben. Denn da alle j?rolJen Götter von Haus
ihamjris dem Thraker, Sohn des Fhilammon aus Naturkräfte verkörpern, so ist die Th. von
and der Nymphe Argiope, wissen erst Byzan- Antaug an zugleich Kosmogonie. Ohne Zweifel
tiner theogoni^che Werke zu nennen: Saül. hat sich die Kutwickliing von der einzelnen
8. V ^eoloyta in 3000 Versen, l'zetz. Chil. 7, Göttergeschichte zum allumfassenden theogoni-
92 ff. eine •Koe^yotia in 5600 Versen, eine Ti- sehen bystem etapp»*n\veise vollz<»nren. Krstwer-
tsnomachie aber schon Herakleid. Pont, bei den einige Mythen zusammengefaßt, verknüpft
JHut. de mu8. 3. p. 1 132 B. Gelesen hat sie auch und miteinander au^^J(e«rlichen worden sein, ehe
im Altertum keiner, und es ist wohl sicher, lo sich schli«*ßlich ein Dichter an die Systemati
daß 8 e nie existiert haben. Vgl. Höfer, o. sierung alles ihm bekannt gewordenen Stoffes
Sp. 464. wagte, und StoÖ' und Durchdringung wird in
Welcher Theogoniker das All aus Aither kontinuierlichem Fortgang quantitativ und auch
und Hades eptstehen ließ {Philodem. n. eixstß. qualitativ gewachsen sein Ein hochentwickel-
137, p. 61 Gomp.: ifi nhv naiv ix NvhtÖs xal tes Glied in dieser vorauszusetzenden Reih«
TagrccQOv UysTat rä xarra [d. i. Musaios'^, iv stellt die uns erhaltene Th. dar, deren Dichter
Sk xiclv i^ '*Aidov xal Ald'iQOs), Winsen wir nicht. sich im I'roocmi um 22 Hisiodos nennt. Wenn
_ . die Tatsache, daß sie früh zu einem klassischen
Zusammenfassung. ^^^ maßgebenden Buch geworden ist und die
Die o. Sp. löOS zitierte /Tcrodof stelle, die 20 verwandten Werke schließlich gan?, verdrilnj^t
Homer und He.^iod zu den Schöpfern der grie- hat, zu dem Schluß berechtigt, daß sie die an-
chischen Götterlehre ma«hen will, i-t nur ^ehr deren Dichtungen dieser Art überragte, so er-
bedin^t richtig. Der wie die adlige Gesellschaft, weckt dies keine besonders pünstis^e Vorstel-
für die er dichtete, religiös indifferente Homer lung von der Qualität der unterleijenen Kon-
hat Götter und Theolojfie nicht geschaffen, kurr^-nten; doch scheint zu den ausschlaggeben-
sondem vielmehr die Götter seines Volkes, den Momenten der Auslese die Kür/.e der He-
die dessen jugendlicher Phantasie wohl recht «/or/ischen Th. f^ehört zu haben. Ihr Text war
menschlich, wenig verj^eistigt und moralisch lange Zeit fließend und starken Veränderungen
gehoben, aber doch mit dem Schauder echter ausgesetzt. In der uns überlieferten Fassung
Religion umkleidet vor Aup^en standen, der so zeigen das Proömium und die Hadewschilderung
göttlichen Majestät entkleidet und zu einer am klarsten ein unaussjeglichenes Nebeneinan-
gewissen Art hervorragender Figuren im Me- der verschiedener Versionen desselben Themas
chanismus seiner höchst weltlichen Dichtung — die Proömien erweisen sich zudem z. T. als
gemacht. F^ijientlicheGötterdichtung geschaffen Einleitungen von Th. -Fassungen, die von der
hat Homer (d. h. das heroische Epos vom Typ unserigen nicht unerheblich abwichen — , und
Hins Odysxee) überhaupt nicht, seine Wirkung mindestens der Hekatehymnus, die Typhono-
auf die tatsächliche Heligion, Kultus und theo- ma< hie und die Hero »gouie sind dem ursprüng-
logische Spekulation, ist daher nur eine ge- liehen Plan des Ganzen fremd, von einzelnen,
ringe, wesentlich literarische, erst auf diesem sichtlich später zugewachsenen Versen und
Umweg schließlich zu einer gewissen Geltung 40 Versreiheu zu schweigen. Die Chronologie der
kommende. Wohl aber lassen viele Stf^llen der Entstehung aufzuhellen, genügt unser Material
j&otnerischen Epen erkennen, daß ihrem Ver- nicht. Doch scheint es mir hinreiehend sicher.
fasser Gedichte von der H^-rkunft, den Taten daß die den Kern bildende Kompilation (ohne
und Kämpfen der Götter bekannt sind, und in Hekatehymnus, Typhonomachie und Heroogonie,
11. S treten die Grundl nien eines mythologisch- Proomium und Hadesschilderung noch fli^-ßend.
theogonischen Weltbildes .klar genug hervor, aber doch wohl mit Prometheis und Titano-
das der Dichter freilich nur zu einer jener machie) nicht später als etwa 700, die Redak-
fri^olen Travestien benützt, die gkich vielen tion wesentlich in der uns vorliegenden Fonn
anderen Götterhistörchen Homers den Vorwurf nicht später als im 6. Jahrh. erfolgt ist, dem
des Xenophaties (frg. 10 Diels) nävxcc ^eoig &v- 50 auch die oben naihgewiesenen 'orphischen-
Ft^rixar 'O^Tjpo? 9-' 'Hoiodog rf, Ö66a nnfg' Scv- Ketouchen nahelagen; aber kaum in Athen,
d-Qmnoiaiv dvsiösa xal '^oyog iariv nur zu wohl denn das müßte deutlichere Spuren hinterlassen
rechtfertigen. Echte, ernsthafte Götterlieder haben, vgl. J/MSa/os (0. Sp. 1040 ff.). Vielmehr ist
sind die sog. Homerischen Hymnen, und Hesiod die Heimat dieser Th. doch wohl Boiotien, was
fußt sowohl, wo er katalogartig referiert, als auch das Altertum zu der Identifizierung ihres
wo er <töttergeschichten ausführlich erzählt, Verfassers mit dem Dichter der Erga geführt
auf solcher älteren Götterepik, die die Vorstufe hat. Endgültig fest bis ins einzelne wird der
der eigentlichen theogonischen Epik darstellt. Text erst in der alexandrinischen Zeit gewor-
Denn deren Wesensmerkmal ist die Zusammen- den sein; daß es für ganze größere Partien der
fassung einer größeren Anzahl Göttergeschich- 60 Th. im 3. Jahrh. noch stark abweichende Fas-
ten, wie sie bei jedem Stamm und an jedem sungen gab, muß annehmen, wer der Angabe
Kultort im Volksglauben lebten und z. T. schon des Chrysippos Glauben schenkt, daß das von
künstlerisch geformt waren, zu einem größeren ihm mitgeteilte, die Geburt der Athena betref-
System, in welchem frühphilosophische Speku- fende Stück zu seiner Zeit noch als Hesiodeiach
lation alsbald auch den Versuch unternimmt, im Umlauf war, nicht vielmehr einer andern
in den mythologischen Formen der genealogi- Th. Ife.stodeischen Stils entstammte, die Chry-
schen Verknüpfung und des Kampfes der Göt- sipjios etwa in einer Sammnlausgabe ältere]-
tersippen und -generationen ein Bild der Ent- Theogonica besaß und mit Hesiod zusammen
II
1553 Theogonien Thebanische Kriege 1554
warf (o. Sp. 1630). Derartige, der HestO(le\ Hchen nophie ab WiBsenschaft, losgelöst von den Fes-
im Stil verwandte Tb.n n&h t» mehrere, von sein und den Ausdrucksforinen der Religion,
ihr, wohl u a. durch das Hervortreten verschie- während die unphilosophis« here, m^tholoxisch
deuer örtlicher Interessen geschieden. Gegen- bleibende Kichtung der theogonischen Poesie
über einer unnizen Klasse andersartiger Th.n in die genealogische Prosa, Typus Akusilaos,
ist die i/e>/orfeische (und die ihr verwandten) und damit in die Mythographie aiisinündete.
dadurch gekennzeichn»'t, Hau das spekulativ- lin 3. Jahrh. gntt" die stuischo Theologie auf
theologische oder philosophische Element in die theogonische Dichtung der Früh/.eit zurück,
ihnen wenig hervoitritt, um! daß sie die Ten- hielt sich aber begre»! licherweise mehr an die
denz zeigen, die Göttergeschi hte auf einen jo 8p»-kulative Dichtung innerhalb derselben, teils
Preis des Zeus als des physisch stärksten an die Orphiker selbst, teils an solche Gedichte
Gottes hinaus/.uarbeiten. Das deckt sich nur der anderen Richtung, die wenigstens das spe-
scheinlar mit dem ZeusbegrifFder y/eseWeischen kulative H]lement etwas mehr hervortreten lie-
Erga, der orphischen Theologie, des Xenopha- ßen als Hesiod, s. o. Sp. I52ö. Einen mächtigen
ms, IHttdar, Äischylos, Piaton und schlieblich Aufschwung nahm die theogonisch-kosmogoni-
der StO(t: sie alle gehen in wesentlicher und sehe Spekulation diinn im Neupythagoreismus
charakteristischer Weise über die Th; Hesioda und im Neuplatonisraus, der die orphische Sün-
hinaus. Die Zeusreligion der Erga ist mora- den- und Erlosungslehre gegen d.s konkurrie-
lisch orientiert; ihr Zeus ist der allmächtige rende Christentum auszuspielen suchte. Zugleich
Hort des Recht«, 238 f.: olg ä' vßgis rt ^ihiir}ls 20 titt das theogonische Element in den helleni-
xayiT] H«l öxirXicc ^pya, toig ds dUriv Kgovidrig stisch römischen Mysterienreligionen, vor allem
xsx^aigstaL sv^votccc Zsvg. In der orphischen im Mithraskult, kräftig hervor, wo helleniHches,
Theologie andererseits ist i^neben der Ethisie- früh heilenisiertes orientalisches und Jung hei
rung) Zeus zum Urprii.zip und InbegrifiF aller lenisiertes oder auch rein orientalisches Gut
Kräfte des Universums geworden, frg. ^^S Abtl: in schwer entwirrbarer Mischung durcbeinan-
Zsvg 7iQ(btog yt'vtTo, Zs'us vöraro? ägyi'neQavvog' dergemengt erscheint Seine Behandlung gehört
Zivg xaqpofAT^', Zsns {ticoa.- Jiog d' ix ttccvtcc nicht in den Rahmen dieses Artikels.
xixvKX(xi usw. Beide Momente der moralischen [Ziegler.]
und mystisch kosmogouischeuVertiefung fehlen Thebanische Kriege.*)
der Zeusreligion der Th. in ihrem Kern. (Die 3o ^ Kämpfe ohne besonderen Sagenkreis,
symbolische Paarung des Zeus mit Ihemis im
Anhang der Th. 901 ff. beweist nichts dagegen.) Biodor. hihi. hist. li), 53 zählt mehrere the-
Dieser unterscheidende Zug gegenüber den JK'rflfa banißche Kriege auf, 'alles keine berühmten
verdient stärkste Beachtung; der Zeus der Ih. Geschichten' {Wilamowitz, Die bieben Tore The-
dankt seine hervorragende Stellung unter den hens, jffermes 26 (1891), 207, 1), '^aber doch ge-
Göttern nur seiner Kraft und Klugheit, und nauerer Beachtung wert, da sie ein Nieder-
steht hierin dem Zeus der Ilias wesentlich schlag der böotischen Einwanderung sind'
gleich. Er vertritt noch nicht ausgesprochener- •-'39,1): xovg ovv x6xs v.ax o ly.riG av ag (die Spar-
maßen eine höhere Idee. Wenn daher Geffcken ten) vgtsqov 'EyxtX^ig xaxanoXEfirjaavxsg i^tßa-
{N. Jahrh. 1912, 596 f.) im Anschluß an W la- 40 Xov. oxs örj 6vvi§r\ -accI xovg nsgl Käö^ov tlg
mowitz {Kultur d. Gegenwart 1,8, 24) Hesiod 'IlXvgiovg ixnsasiv . . . tb dsvxsgov oi v.axoi-
den 'Dichter des religiösen Individualismus' y.riG(xvx8g rbv totiov ii^inEGov v.axsX^6vTog RoXv-
nennt, gegen den die mystische Kirche der ömgov xov Käd^ov v.al xaxccq)govrin(xvxog rö)v
Orphiker sich empört habe, indem sie an die Ttgcey^ccxav 6iä xrjv ytvo^yvrjv xco k^cpiovi nsgl
Stelle der Erg' bnii=;se des grübelnden Indivi- rä xstivcc avfiq^ogdv. i^fjg Ö8 xöbv ccTtoyovcov xov-
duums ihre phantastischen Mythengebilde setzte, tov ßcxGiXsvnvxav, Kai xfjg bXrig xfögccg i]br} Boica-
so verkennt er das Wesen derOrphik und stellt xi'ag xaXovnivrig &7ib Boicoxov xov MeXccvinnris
ihr Vertiältnis zu Hesiod geradezu auf den nhv xccl no6nd(bvog viov^ dvvaßxtvßavxog ök
Kopf. Nicht der religiöse Individualismus He- xcbv xoticov, xb xgixov ixTiinxovGiv oi Qrißocloi
siods — der übrigens in der Th. ebensosehr 50 x&v i^ "Agyovg iniyovoiv iymoXLogxriGdvxcov xi]v
zurücktritt, wie er in den Erga überall heraus- noXtv . . . ^sxd öh xavxa xccxä xov 'iXianbv nöXs-
springt, so daß auch von dieser Seite sich fiov ix6xgaxbv6dvxcov xcbv 0rißai(ov eigxrjv jioiccv^
starke Zweifel gegen die antike Hypothese der oi yiaxaXsicpüsvxsg ih,ink6ov ^sxä xav dXX(ov
Identität der Verfasser beider Dichtungen er- BoLcoxav vnb HsXaoycbv ... änb dh xorxcov xibv
heben — ist den Orphikern mißfällig, sondern xgovav Siafisvovarig xfjg noXscac in' hr] G^s^bv
im Gegenteil der Mangel an religiöser Wärme öxxayiÖGLa, nal xb ^hv tcu&xov xcav @7]ß(xi(ov
und Beseeltheit und die erst k«imhaite Ent- xov nag^ avxmv ^d-vovg Ttgoaxdvxcov , ^sxä öh
Wicklung des spekulativen, kosmologischen Ele- xccvxa xfjg rmv ^EXXr]vtov ijysuoviug ducpLaßr^xri-
ments. Er war ihnen zu einfach-mythologisch. advxtov, kXi^avSgog 6 ^iXinnov v.a.xd y,gdxog ix-
Nach beiden bezei hneten Richtungen. sind die 60 noXiogxrjßag xaxiüxa\l)iv.
Orphiker, die unbenannten -wie die benannten: Auch die Phlegyer waren Feinde der The-
Musaios, Epimenides, Pherekydes, mächtig über baner und nahmen ihre Stadt ein (Pherekyd.
.ffe.v/od hinausgeschritten, befruchtet durch starke 3 F 41 d und e; s. auch schol. Apoll. Bhod. 1,
Gedankenströme vom Osten, babylonisch-irani- 735; Roheit, Oiflipus 2, 4fi, 6).
achen Ursprungs. Aus der kosmoh>gischen Dich- Der Minyerkönig Krginos von Orchomenos
tung der Orphiker ging dann eine spezifische *) j^it Rücksicht auf die durch die hohen Herstei-
SchÖpfung des griechischen Geistes hervor, von lunRskosten gebotene Beschränkung des Gesamtumfanges
der der Orient nichts geahnt hatte : die Philo- nach Möglichkeit gekürzt.
1555 Thebanische Kriege Thebanische Kriege 1556
zieht wegen der Ermordung seines Vaters durch Phomiss. 13) nennt als Gattin des Laios und
Perieres. den Wagenlenker des Menoikeus, Mutter des 0 Kurykleia (vgl. über 0. Ehen ob.
geffen Theben und erobert es. Die Thoba- ÄitfL 3, 1, 72()tf.).
Der müssen 20 Jahre lang jährlich lOü Rin- Alles das sind verschiedene Namen für die-
der Tribut zahlen {Apollod. bibl. 2, 67 f.; Bo- selbe mythische Fi^ur, Mutter Krde.
bert 2, 89, i(>6). ^ Der Versuch Bethes, die PherehydesBieWe mit
Desgleichen werden Kämpfe gegen die Tele- schol. A Hom. IL 4, 37G zu verbimleu, wird von
beer erwähnt von Hesiod, Asfds luff und gegen Robert 1, lO'Jf. zurückgewiesen. 'Was für ein
die Chalkidier von Pnus. 9,19,3; Plut Amnt. Monstrum von Epos müßte die Oidipodie ge-
narr.Z i>.n^C{Yg\.C.O.Mülter,Orchom.*226f.). lo wesen nein, wenn sie auf den Tod der lokaste
__._.,.. mi. 1. , »och die V^ermählung mit der Eurvganeia und
B. Die Sieben ) gegen Theben/ ^^^ q^^^^^ ^^^ ^i^^ Kin.lern hätte folgen lassen,
Die drei ältesten Bestandteile der Oidipus- also mindestens noch fünf Jahre nach der Kata-
sage sind nach Bobeit 1^61: Oidipus hat die strophe weitergespielt hätte, um dann im Sande
Sphinx getötet, seinen Vater erschlaffen und zu verlaufen.'
seine Mutter geheiratet. Schon spaltet sich ürund des Zuges der Sieben ge^en
die Überlieferung, und unsere Fragen nach der Theben. 'Die Sage konnte die Ehe des Soh-
Mutter des Eteokles und Poljneikes, nach dem nes mit der Mutter unfruchtbar bleiben lassen,
Grunde des Zuges der Sieben gegen Theben wie sie es in der Tat anfänglich tat. Sie
werden verschieden beantwortet. 20 konnte ihr brave Kinder entsprießen lassen.
Nach Hom. Odyss. 11, 271 ff. ist Oidipus' wie Phrastor und Laonytos, Antigone und Is-
Gattin und Matt*»r Epikaste. Die Entdeckung mene. Aber wenn sie dem 0. ein bruderraör-
folgt alsbald auf die Vermählung. Die Ehe derisch^s Paar zu Söhnen gab, dann dieses
ist kinderlos geblieben (vgl. Paws. 9, .ö, 10 f.). nicht aus der Blutschande geboren werden zu
So stand es in der Oidipodie, die von der Er- lassen, sondern zu diesem Behuf eine zweite
Zeugung der vier Kinder mit der ei<?enen Mut- Ehe des 0. mit einer reinen Jungfrau zu er-
ter nichts Yfn&te {Bethe, Theb. Heldenlieder 164:: finden, das wäre eine solche Dummheit gewe-
8. u.). aen, daß sie selbst dem größten poetischen
Nach Pherekydes 3F95 (schal. Eurip. Phoi- Stümper nicht zuzutrauen ibt' (Robert 111).
niss. 53) erzeugt Oidipus mit seiner Mutter lo-so I. Nach der ältesten Sagen form ^ibt
käste zwei Söhne, Phrastor und Laonytos ('Lao- sich Epikaste durch Erhängen den Tod,
lytos' Bechtel im Herrn. 60, 320), die sonst während 0. selbst am Leben bleibt,
völlig unbekannt sind. Bethe a. a. 0. 24 ver- sogar weiter als König herrscht (Hom.
mutet daher, da auch die Zeitangabe (insl äh Od. 11, 275 f.). Unter den ulyta, die Epikaste
iviavTog nuQiild-s^ ya^st 6 'O. EvgvYciveiav trjv dem 0. zurückläßt, sind mit dem schol. zu
nsgicpawog) Schwierigkeiten bereitet, daß die v. 275 nicht die Blendung und Verbannung
beiden Söhne aus einer anderen Sage durch zu verstehen, sondern Kriegsnöte, die ihn und
irjrend»»inen Zufall hier eingedrungen sind. seine Stadt ins Unglück stürzen. Nun ist nach
Welcker (Ep. Cyclm 2% 315, 6) hält die beiden dem Zeugnis des Hesiod, Erga IGltf. das (Je-
fur Söhne des Laios, indem er avra auf Laios 40 schlecht der Heroen in zwei großen Kriegen,
bezogen wissen will. Das ist grammatisch vor Theben und vor Troja. zugrunde gegangen.
aber nicht möglich. Der Kampf um Theben war uriXoav ivs%' Oldi-
In dem obengenannten PÄcreÄry^/esfragment nodcco entbrannt. ^Wer die Worte ohne Vor-
heiratet 0. nach einem Jahr Eu yganeia, die eingenommenheit liest, kann ^ie doch nur so
Tochter des Periphas, die ihm zwei Tochter, verstehen, daß ein feindliches Volk die Herden
Antigone und Ismene, und zwei Söhne, Eteokles des 0., der natürlich noch lebend zu denken
und Polyneikes, schenkt. ist, rauben wollte, daß 0. und die Seinen dies
Und weiter berichtet derselbe Gewährsmann, zu hindern suchten, und daß sich daraus ein
daß nach dem Tode der Enryganeia die Toch- großer und verderblicher Krieg entspann, der
ter des Sthenelos, Astymedusa, 0. dritte Ge- so um die Mauern Thebens herum ausge fochten
mahlin ist. wurde. Wer aber die Worte, wie es meines
Bethe a. a. 0. 23 hält dies Fragment nur für Wissens allgemein geschieht, auf den Zng der
einen sehr gedrängten Auszug aus der Phere- Sieben bezieht, der ist genötigt, dem Hesiod
Ar^f/eÄerzählung, doch vgl. hiergegen Lütke, Phe- eine große üngeschicktheit und Unklarheit den
recydea'Ib^ der, wie Robert 109, betont, daß uns Ausdrucks zuzutrauen' (Robert 113). Denn un-
der I^ieiekydestext wörtlich erhalten ist. ter ^fjXa Oidmoduo kann nicht der Besitz des
Der Vater der Euryganeia heißt bei Paus. thebanischen Landes und die Königsherrscbaft
9,5,11 Hyperphas, bei ^po/iodor. 3.55 Teuthras verstanden werden. Diese Herdenräuber sind
(vgl. darüber .BeiZ/e 24, 36, der Periphas für den höchstwahracheinlich Thebens alte Erbfeinde,
echten Namen hält), bei schol. Eur. Phoinss 13 60 die Minyer von Orchomenos, gewesen, denen
Ekphas. PeriphasJ, Hyperphas und Ekphas sind Theben jahrelang tributpflichtig gewesen ist
wohl Varianten desselben Namens. (s. o. A.). Nach der oben zitierten Pherekydcs-
Epintenides (frg. 15 Diels = schol. Eurip. stelle sind nun zwei Söhne des 0., Phrastor
_ und Laonytos, von den Minyem getötet wor-
*) [über die typische Siebenzahl in theba^ Sagen ^ ^^ -^^ ^^^^ wenigstens indirekt ein Krieg
vgl. Rogener, D. Stehen- u. Aeunzahl tn Kultu» u. Mvt/iut d. ■, /^ '. ^ »« • v i. •_ j ir^'^Z.
Gnechen. Leipzig 1904, 8. 47 ff. u. SotiHoAc, Ti.olrn: xo- ^cs O. mit den Mmyem bezeugt, ja der Krieg
noygaifiaz X. huy. kf,i,ifuv. Athen 1914 u. im HunuinUt. ^61 Minyer m t den Ihebanem erschien Hesiod
Gymn. 1900, S. 159 ff. Röscher.] als SO wichtiges Ereignis, daß er ihn in einem
1557 Thebanische Kriege Thebanische Kriege 1558
Atem mit dem trojaniscben nannte. Zu der bezeichneten Sinne historisch, aber Eteokles
Nekuia- wie zu der HesiodAteWe paßt nach und l'oIyneikeH und ihr Wechselmord sind frei
Robert» Deutung vortrefflich II. '23,679: erfunden, um dies Ereignis mit dem O.-mythos
Off Tiors O^ßacö' i)Xi^8 dsöovTfötog OlSi- zu verknüpfen* (h'obert 119).
aV tdccpov. [ttöSoco Der Marne Eteokles scheint geschichtlich
Das ÖBÖovTtoTog ist nicht anders zu über- zu sein (so heißt auch ein Könij^ von Orcho-
«etzen wie: 'als 0. im Kampfe gefallen war'. menOs: s. o. 1, 13'<9; Paw/y- VFmo2/;a, /«"A' 0,707),
Nach Bohert 115 ist auch hier höchstwahr- während Polyneikes als redender Name wohl
scheinlich der Kampf mit den Minyern ge- im Hinblick auf denT lirudeizwist und iJruder-
meint, da 0. in dem Kriege der Sieben weder lO mord frei erfunden ist (Studniczka, Kyrene 69
Partei ergreifen noch überhaupt mitkämpfen faßt ihn als einen Ares auf; vgl. dazu Paus.
konnte. l)ies>e Stelle beweist einerseits, daß 2,25,1). Der Krieg zwischen Argos und The-
die Leichenspiele des 0. sehr berühmt gewe- ben ist aber trotz i^e/ocA ((?r/ec/<. 6resc/t.' 1,2, 16)
sen sein müs.^en, anderseits daß zur Zeit der als Geschichte und nicht als reines i'hantasie-
Abfassung dieser Verse der Kampf der Sieben bild zu nehmen {Wilumowitz, Hermes 2« (1891),
und der Zug der Epigonen bekannt waren, da 240; llias u. Homer 310; Ed. Meyir, Gesch. d.
sie den Freundschaftsbund des Euryalos und Altertums ^,1^^ ^l'i.'^'^ HoUertVH)). Nach J?o/>er<
Diomedes kennen. Die Abstammung des Meki- sprechen für die historische (Jrundlage vor
steus aus Arges oder Sikyon setzt aber auch allem die (iräber der Sieben und die mir ihnen
«in freundschaftliche-^ Verhältnis zwischen bei- 20 verbundenen Kulte, wenn er auch nicht die
den Städten und Theben voraus, eine Vermu- Schwierigkeit verkennt, daß He-^iod in seinen
tung, die noch dadurch gestützt wird, daß 0. Erga 161 ff. diesen Feldzug völlig ignoriert und
Gattin eine Tochter des Sthenelos und mithin als den blutigsten Kampf, den Theben zu te-
eine Schwester des Eurystheus war. stehen hfitte, den von 0. um die geraubten
Nach der ältesten Sagn ist offenbar der im Rinder geführten bezeichnet. Er kommt des-
Kampfe gefallene 0. in Theben bestattet wor- halb zu dem Schluß, daß wohl ein historischer
den. Die Leichenfeier des 0. in 1 heben wird Kern in der Sage von dem Zuge der Sieben
auch von Hexiod. frg. 35 Bz. erwähnt. Bei die- gegen Theben steckt, dieser Krieg aber nur
ser Gelegenheit kam auch Argeia, die Tochter einer von den vielen war, die die gewaltige
des Adrastcs, nach Theben, sah Polyneikes und 30 Kadmeia in der my kenisch-kretischen Periode
verliebte sich in ihn; dies ist keine ältere epische zu bestehen hatte (s. o. Teil A). 'Mehrere sol-
Tratlition, sondern vermutlich freie Erfindung eher Kriege hat die Sage zu dem grandiosen
des Eoeendichters {Robert 117). Gesamtbild zusammengefaßt, dessen grund-
Das ist die älteste für uns greifbare legende poetische Gestaltung die Thebais Ho-
epische Gestaltung, deren Urheber wir m/rs gewesen ist' (Robert 121). Zugunsten
so wenig kennen wie den Namen, des dieser Hypothese spricht, daß zwei der gr- ßten
Epos, das sie enthielt (Robert 149). Helden der Thebais^ Tydeus und Amphia-
IL Ans der blutschänderischen Ehe von raos, ursprünglich gar keine Peloponne-
Mutter und Sohn ist das brud^rmörderische sier, sondern erst durch Verschwägerung künst-
Paar Eteokles und Polyneikes hervorgegangen. 40 lieh daza gestempelt sind. i2oöern2l ff.(s. a. 185)
'Dieses Paar ist mit der Sage von dem Zuge weist na<'h, daß Tydeus ursprünglich nach
<ier Sieben aufs engste verwachsen;, es steht Euböa (hier eine Ortschaft Tydeia, Ath. MItt.
und fallt mit diesem und hat nur in ihm seine 8 [1883], 19, Z. Iß) gehört. Wahrscheinlich ist
mythologische Lebensberechtigung' (i?o/><'ri 11 9). Tydeus ein-t nicht als Vasall und Sihwieger-
Es ist eines der kompliziertesten Probleme der söhn des Adrast, sondern als selbständiger
griechischen Heldensage, dessen definitive Lö- Heerführer und in eigener Sache gegen Theben
Bung noch nicht möglich scheint, vielleicht nie zu Felde gezogen, wenn mit Verbündeten, so
möglich ist. 'An sich liegen drei Möglichkei- vermutlich mit Amphiaraos von Oropos (die
ten vor: Hauptkultstätte dieses Gottes ist Böotien, s. ob.
Die erste: nach dem ethischen Gedanken, 50 1,302; vgl. auch Hitzig- Blümner zu Paus. 1,34
■den Aischylos Ag. 758 ff. so formuliert hat: xo p. 341 ff.; WiJamowitz, Hermes 21 (1886), 91 ff.).
Sv66f§sg yag ^Qyov \LSta (ihv TtXsiova Tixrgi, Die Bewohner der Oropia oder Graike (s. Steph.
Gcpixiga 8' slv.6ra yEvvcc, schafft die weiter- v.Byz.) sind mit den Bewohnern der gegen-
bildende Sage das im Wechselmord endende überliegenden böotischen Küste desselben Stara-
Söhnepaar und erdichtet als Kahmen für diesen mes und mit ihnen durch Kult und Sagen viel-
Wechselmord den Zug der Sieben (vgl. dazu fach verbunden (Wilamowitz a. a. 0. 103 ff.).
Niese, EntivicJclung der homerisehen Poesie 204^). Deutliche Spuren dieses Zuyes beider Für^ten
Die zweite: Eteokles und Polyneikes ha- bewahrt auch nocb die spätere Sagenform.
ben wirklich gelebt, und die Sage vom Krieg Periklymenos, der nach der ürsage (s. Robert
zwischen Argos und Theben beruht, wenn auch 60 121 ff) dem Schwert des Tydeus entronnen ist,
poetisch ausgeschmückt, auf historischer Grund- schlägt den Amphiaraos in die Flucht und Ver-
lage; denn an sich ist es doch sehr wohl denk- folgt ihn mit gezücktem Speer, bis Zeus die
bar, daß sich einmal ein thebanischer Krön- Erde mit dem Blitzstrahl spaltet und den Seher
prätendent mit dem Königshaus von Argos in ihrem Schöße birgt (Pind. Nem. 9, 5'» ff.),
verschwägert und mit dessen Hilfe seine An- Anderseits erschlägt Amphiaraos den Mela-
sprüche durch einen Feldzug geltend gemacht nippos, den Überwinder des Tydeus. Über den
hat. Kampf des Tydeus und Melanippos bestehen
Die dritte: Der Feldzug ist in dem eben drei Sagenformen (Robert 133),
1559 Thebanische Kriege Thebanische Kriege 1560
1. Amphiaraos tötet auf Bitten des Tydeu» «J^mrov Hyorai yf[r^ffdai q)y)vovg iv ÖTj^att
den Melanippos und reicht ihm gleichfalls auf 'Jofirivoü yial Klaaitov xiov 'Sll-Ktavo\v jtsqI Mb-
seine hitteu das Haupt des Feindes (schol II. Xiag tt/s? «[<Jfi(p^s]. Koheri 2, 65 tf. weist auf
K 126 ABT Pherekydes nnd Kykliker ebenda das hohe Alter dieser (leschichte hin und hält
Oen^ven^is; schol. Find. N. 10,12; schol Lycophr. es für sehr möglich, daß sie das Muster war,
106rt; Paii«. 9, 18, 2). nach dem dnr ionische Epiker den Wechsel-
2. Tydeus tötet selbst den Melanippos; Am- mord des Bruderpaares Eteokles und Polynei-
phiaraos reicht ihm in arglistiger Absicht kes erfunden hat.
dessen Haupt {Apollod. 3, 76). Nachdem nun der alte Naturmythos (Oidi-
3. Tjdeos tötet selbst den Melanippos und lo pus ein chthouischer Heros aus dem Kreise
l&0t sich dessen Haupt reichen {Staiiiui Theb. der Demeter, der sich mit der Erde, der AU-
8, 716tf.). mutter, verrnfthlt, i?o6<TM4tf.) heroisiert war.
Die Version f nach der Tydeus selbst den ergaben sich maonigfache Schwierigkeiten, wie
MeIanip)>os tötet, geht nicht auf das Kpos zu- die Sat^e im einzt Inen weiter zu entwickeln
rück; das Motiv des Wechselmordes ist dem war. Die Dichter bis auf Sophok es vermieden
des Polyneikes und Eteokles nachgebildet. es daher, auf Einzeihtiten einzugehen, nur
Noch für einen dritten aus der späteren dachte man sich die Söhne zur Zeit des Ana-
Siebenzahl vermutet Bobert 185 euböischen Ur- gnorismos schon erwachsen. Es war natürlich,^
spmng, für Mekisteus (vgl. den Namen des daß sie sich gleich nach dem Anagnoii>mo6
euböischen Gebirges Makiston bei Aischyl. Ag. 20 die Herrschaft aneigneten, während 0. entwe-
889). Wenn diese Vermutung zutrifft, standen der gefangen gehalten wird oder ins Elend
lieh vielleicht in der Ursage zwei Dreiheiten geht, und daß dann der Zwist zwischen beiden
gegenüber: die Graikerfürsten Tydeus. Amphia- sogleich ausbricht. Dieser Zwist muß ur-
raos und Mekisteus und die Poseidonsöhne Peri- sprün^lich allein durch die Abstammung aus
klymenos, Melanippos und Asphodikos. Meki- der blutschänderischen Ehe bejfründet gewesen
steus und Amphiaraos werden nun dadurch zu sein, doch ist diese Sagenform fast ganz durch
Argivern gestempelt, daß der eine zum Sohn die Erzählung der Thebais von den Flüchen
des Talaod und Bruder des Adrast gemacht, des Oidipus verdrängt worden. Erkennbar ist
der andere in den Stammbaum des Melampo- die alte Sage z, B. noch im Oidipus auf Kolo-
didengeschlechts eingeschoben und nach der so nos des Sophokles MH S. Von einem vertrags-
verbreitetsten Version mit der Schwester des mäßigen Wechsel in der Herrschaft ist selhst-
Adrast vermählt wird. Tydeus ist erst auf dem verständlich bei der ältesten Version keine
Umweg über den aitolisfhen Sagenkreis zum Rede, sondern Polyneikes, der ältere, wird
Argiver geworden (über die einzelnen Phasen kurzerhand von Eteokles veitrieben. Es mußte
die8erSagenwanderungs.i?o6crnH6ti'.): 'Schütz- ferner einen Dichter reizen, sich näher auszu-
ling der Athena, Feind der Poseidonsöhne Peri- malen, 'wie sich erwachsene Söhne zu einem
klymenos und Älelauippos, von denen ihn der Vater stellen würden, der der Mörder des eige-
zweite vor Theben erschlägt, Bastard oder in nen Vaters, der Gatte der eigenen Mutter und
BlutHchande erzeugt, mit Verwaudtenblut be- zugleich ihr Vater und ihr Bruder war, ein
fleckter Verbrecher, so lebte Tydeus zur Zeit 40 Greuel den rSöttem und den Menschen. Ab-
der ionischen Wanderung in der Phantasie der scheu und Verachtung der Söhne, Z«)rn und
Griechen. So haben ihn ionische Dichter mit Groll auf Seiten des Vaters mußte die natür-
seinem alten Genossen Amphiaraos und viel- liehe Folge sein' {Robert 144f.). So in der l'he-
leicht auch mit Mekisteus den argivischen Hei- bais, wo der verhöhnte Vater gegen beide Söhne
den zugesellt, die das zweite eigentlich maß- einen doppelten Fluch schleudert: mit der Waffe
gebende Element in der Sage vom Zuge der sollen sie ihr Erbe teilen und bei'le einander
sieben bilden' (Bobert 141). gegenseitig morden I Hier ist also das alte
In dieser Sage steht Adrastos im Mittel- Motiv verdunkelt und der Bruderhaß nichts al»
punkt, der ursprünglich für Argos und die eine Folge der Verfluchung durch den Vater.
Ai^ialeia der dem Dionysos entsprechende Gott 50 Diese Version, d«ß die Brüder bis zur Ver-
war und beim Vordringen des Dionysoskultes fluchung einträchtig und ebenso auch noch
zum Heros herabsank (s. o. 1 , 76 tf.). Zur nach dem Fluche durch Verabredung eines
peloponnesischen Gruppe gehört nach Bobert Wechsels in der Herrschaft die Erfüllung des
14S wahrscheinlich von Anfang an auch Ka- Fluches zu hemmen suchen, ist mit verschie-
paneus od.-r wie nach Wilamowitz, Hermes 28 denen Spielarten seit den Zeiten des Epos fast
(1891), 226, 2 der alte Name lautet, Skapaneus ausschließlich die herrschende geblieben,
(s. o. 2, 1, 951). Sonst wagt Bobert keinen der Eine dritte Version steht zwischen beiden
späteren Sieben für diese frühe Epoche der angnführten Sagenformen : Der Wechsel in der
Sage in Anspruch zu nehmen In Kleinasien, Herrschaft ist nicht von den Söhnen ersonnen,
wo die ausgewanderten Griechen zu einem so um dem Fluch des Vaters zu entgehen, son-
neuen Volke, den loniern, zusammenwuchsen, dem von 0. selbst hesUmmt (Hygin. f. 67; Ac-
sind auch ihre Sagen vom thebanischen Krieg eins frg. 3 u 5 Hibb ). 0. muß also auch noch
miteinander verschmolzen. Als dessen Anlaß nach dem Anaamorismos die freie Verfügung
erfanden sie das feindliche Brüderpaar Eteokles über die thebanische Königsgrewalt haben. Kr
und Polyneikes. Vielleicht haben wir das Vor- dankt aber ab, um, wie Hygin überliefert,
bild hierfür in einem Oxyrhynchuspapyrus freiwillig in die Vebannung zu gehen — bei
wiedergeschenkt erhalten. Im 10. Bd, Kol. IV 5ff. Accius bleibt er auch nach der Thronentsagung
(p. 104) finden wir die Nachricht: St8sX[(pä)v de in Theben und wird erst am Schluß auf Tei-
1561 Thebanische Kriege Thebanische Kriege 1562
resias' Defehl von Kreon in die Verbannung ersten Fluch ausspricht. Die zweite Kränkung
fcschickt — und sucht durch jene Maßregel aber war keine beabsichtigte und der zweite
ie drohende Gefahr eines Bruderzwistes, die Fluch des 0. eine Ausgeburt seiues Jähzorns'.
er aus der Charakteranlage seiner Sühne er- Manches ist ungewiß, bO, ob die Mutter und
kennt, abzuwenden. Über das Alter dieser Ver- üattin des 0. noch um Leben war, als sich
sion liißt sich Genaues nicht ermitteln. Es jene Szenen abspielten, oder ob sie sich so-
kann eine Mittelstufe zwischen der ältesten gleich getütet hat. Wenn n.an das Gemälde
Sagenform: Brudtrhaß und Brudermord als des Onasia»* im TempeUder Athena Areia zu
Erbteil der Blutschande, und der Form der Plataiai auf die Thehais zurückführen darf
Thebais: Bruderhaß und Brudermord als Wir- lo (Paw*. i>, 4, 2. 6,11), so hieße sie F^uryganeia
kung des Vateifluches sein. Sie kann auch und hätte auch den Doppelmord der Söhne
von einem jungen Dramatiker erfunden sein, erlebt.
der die Fhoinissen des Euripides verbessern Bei Aischylos ist lokaste das leidenschaft-
wollte. Oder endlich kann auch Accius selbst lieh liehen« Ie Weib. Diesen Grundzug hat ihr
der Erfinder sein und Hyqin das Motiv aus Sophokles gelassen, aber ihn mit frivoler Ver-
ihm entnommen haben (vgl. hierzu i?ofter^ 145 tf.). achtung der Götter kombiniert {Robert 21)8 tf.).
Die Entwicklung dieses Fiuchmotivs ist Euripides selbst hatte sie in seinem Oidipus
interessant. In der alten Sage veröucht Fpi- als treue, aufopfernde Gatin, die ihren Mann
käste den 0., in der Thebais und nach dieser auch im Elend und in der Schmach nicht ver-
bei Aischylos verflucht 0 seine Söhne, bei So- 20 liißt, gezeichnet {Robert 314tf.). In den Phöi-
phokles verflucht dieser sich selbst {Robert 169; nissen folgt er mehr der Veraion des Sopho/.lea^
oben 3, 1,731 tf.). Die Motivierung des ersten aber insofern auch der Thebais, als er lokaste
Fluches ist bei Aischylos dieselbe wie in der den Zug der Sieben erleben läßt. Sie ist hier
Thebais {c(qxccidc rgvtpri). Wie sich Aischylos eine hochbetagte Greisin und hat, um den Ein-
mit dem zweiten Fluche abfindet, ofl'enbart die druck der tiefgebeugten noch zu erhöhen, ge-
dichterische und sittliche Größe des Dichters. stutztes weißes Haar und Trauergewand. Aber
Bei ihm ist der Wechselmord nicht die Er- im Gegensatz zur Sophokleiechen lokaste ist
füUung des natürlichen Fluches, sondern das ihr Hauptcharakterzug tiefste Gottergebenheit
Werk des Eteokles, der planvoll vorgeht, um (Robert 434).
das gegen den Willen des Phoibos erzeugte 30 Ob Kreon in der Thebais vorkam, wissen
Geschlecht zu vertilgen, die Stadt aber zu ret- wir nicht; ebenso läßt sich nichts Sicheres er-
ten. Er tötet nicht nur den verhaßten Bruder, mittein, wie weit auf die Vorgeschichte ein-
sondern opfert auch sich selbst, damit die Stadt gegangen war. Nur das ist wohl als gewiß
von den Folgen des Fluches verschont bleibt anzunehmen, daß Ismene und Antigene auch
{Robert 264 fiF.). in diesem Epos vorkamen. Ihre Erwähnung
Sicher jung und erfanden ist das Motiv, bei Fherekydes 3 F 95 und ihr Auftreten am
daß ein Orakel die Ursache des Wechselmor- Schluß der Sieben beweist, daß sie schon da-
des der beiden Brüder ist {schol. zu Eurip. mals mit der O.-Sage fest verwachsen waren.
Phoeniss. 13: das Motiv der O.-Aussetzung ist Über den weiteren Inhalt der Thebnis vgl.
hier auf seine Söhne übertragen). 40 Welcher, Ep. Cycl. 2, 320tf. ; Bethe 43 tf.; Weck-
III. Von den vier Epen, die diesen Stoflf lein, Abh.d.Bayr. Ak. 1901, GGlf^.; Robert lS2f(.
behandelt haben — die unter dem Namen des In der Utas wird Tydeus an verschiede-
Kinaithon gehende Oidipodie und die drei dem nen Stellen erwähnt, in der ältesten (E 8ü0ff ),
Homer zugeschriebenen, Thebais, Epigonen, daß er bei einem Krieg zwischen Achäern und
Amphiaraos' Auszug, falls dies letztere nicht Kadmeiern als Gesandter der Achäer nach The-
bloß ein Teil der Thebais (s. u.) war — wissen ben geschickt
wir außerordentlich wenig, da die Fragmente yLovQOvg Kccäfisicov TtgoKuXi^Eto, Ttävxa
sehr spärlich sind. d' ivUa.
1. Oidipodie. Nach Paus. 9,5, 11 hieß 0.' Aus dieser Stelle sowohl wie auch aus dem
Gemahlin in diesem Epos Euryganeia und 50 Gebet des Diomedes an Athene (115f^".) — 'so
schenkte ihm die beiden Söhne Eteokles und betet der Neuling, der sich erst Kriegsruhm
Polyneikes und die beiden löchter L^mene und erwerben will, nicht der Eroberer und Zerstö-
Antigone. Über das sogenannte Pisnnderscho- rer Thebens' [Robert 186) — und den einlei-
lion (zu Eurip. Phoen.llQo) als Inhaltsangabe tenden Versen (Iff) geht hervor, daß der Ver-
dieses Epos vgl. Bethe 1 ff. und gegen ihn fasser der Jiotirjdov? agiarsicc den Zug der Epi-
Rubert 150 ff. gonen nicht gekannt hat. Dagegen haben wir
2. Thebais. Aus ihr ist uns ein sehr wich- J 365 ff die poetisch ausgebildete Sage von
tiges Motiv erhalten: die Flüche, die 0. über Eteokles und Polyneikes, den Zug der Epigo-
seine Söhne ausspricht (s. 0.). Nach Robert 180 nen und auch eine Anspielung auf Amphiaraos'
läßt sich aus den beiden erhaltenen Kragmen- 60 Warnung. Die Ansichten darüber, ob dies aus
ten erschließen: 'Der avayvtopiö^d? erfolgt, als der Thebais stammt, gehen auseinander. Welcker
Eteokles und Polyneikes schon erwachsen wa- 353 ff. bejaht es, Bethe glaubt an Erinnerungen
ren. Sie kerkern ihren Vater aus religiösen an festausgeprägte Sagenbilder, hält aber die
Motiven ein. Polyneikes, der über den Königs- Thebais als Quelle dafür für unwahrscheinlich,
schätz verfügt, vielleicht weil er der ältere war, Niese {Homer. Poesie 129) hält es für freie Er-
vielleicht weil er sich dessen gewaltsam be- tindung. Robert 188 ff. benutzt die Stelle zum
mächtigt hat, bereitet seinem Vater eine schwere Nachweis, daß der Dichter der Thebais diese
Kränkung, weshalb 0. über beide Brüder den Rede des Agamemnon nicht gedichtet noch in
1563 Thebanische Kriege Thebanische Kriege 1564
der Utas, wenn er an deren Redaktion Anteil Kopenhagen (abgab, bei liobert 197 u. o. S. 1400)
gehabt haben sollte, stehen gelassen haben eine offenbar ältere, da eint'aehere Darstellung,
kann. Nicht ausgeschlossen aber ist es, daß einfacher insofern, als hier eine Sa^enforui vor-
der Verfasser von J 365 tf. außer der Athena- liej^t, nach der die beiden Helden nacheinander
erzählung £ 800 ff. auch die zu seiner Zeit bei Adrast eintreffen. Auf dem Vasenbild bitzt
sicher schon vorhandene Thebais benutzt hat. inschrittlich bezeichnet Tydeus als Schutzüehen-
FriecUänder {Rhein. Mus. 4tf [1914], 820) faßt der am Boden vor der Säule de» Me«j^aron. Ge-
mit Unrecht die Erzählungen des J und E als genüber liegt Adrastos (ebenfalls inschr. bez) auf
selbständige, sich gegenseitig stützende Zeog- der Kline, den rechten Zeigefinger bedeutsam
n\B*e auf. Zwei Motive kommen im d zu der lO erhebend. 'Aber neben Tydeus — und das ist
Erzählung hinza: die Gesandtschaft des Poly- das große Rätsel — sitzt gleichfalls in der 8tel-
neikes und Tydeus nach Mykene und der Xöxog^ lung eines SchutzBehenden eine Gestalt, die
den Tydeus bei der Rückkehr von seiner Ge- keinesfalls Polyneikes, sondern ohne Zweifel
sandtschaft erschlägt. Das erste ist von dem weiblich ist'. Wer sie i-t, ob Üeipyle, die küuf-
Verfassei dea d frei erfanden, um die Kennt- tige Gattin, oder seine Mutter Periboia oder eine
nis, die Agamemnon von Tydeus und seinen seiner Schwestern, können wir nicht bestimmt
Taten hat, zu begründen oder auch um zu er- sagen, da alle literarischen Hilfsmittel versagen,
klären, warum die Pelopiden am Kampf gegen Soviel aber scheint klar, daß die in den Mittel-
Theben nicht teilgenommen haben. Die Ge- punkt der Komposition gestellte weibliche Figur
■chichte von dem X6xog dagegen kann, wie so eine Hauptperson, also doch wohl Deipyle, und
Eob€rtl\)2f. nachweist, sehr wohl aus der die Frau mit dem Mantel über dem Hinterkopf,
Thebais entlehnt sein; nur wird sie dort in die freundlich mit Tydeus zu reden scheint,
einem andern Zusammenhang gestanden haben, die Königin iüt {Robert 196).
da sie sonst als ein gemeiner Racheakt er- Für die andere Version ist Euripides unser
scheint und eine einseitige Verherrlichung der ältester Zeuge. (Über die vielfachen Umgestal-
argivischen Helden der Thebais ferngelegen tungcn der ganzen Sage bei den Tragikern
bab<*n muß. Robert vermutet, daß Tydeus, wie überhaupt, die sich teilweise aus verfeinertem
Acbilleus in der Troilos- und Polyxenaepisode, sittlichen Gefühl erklären, s. Robert 'lb'i^.\ Grie-
sich als Späher in die Nähe der Stadt wagte, chische Heldensage 905 ff.) Der Bericht in den
während das Gros am Asopos lagerte. Hier so Phoinissen 409 tf. ist in zwei Punkten reicher
überraschte er Ismene beim Brunnen {Pherekyd. ah der in den Hiketiden 134ff. Polyneikes ist
frg. 48 aus der Thebats; Robert 126). Wie danach früher gekommen als Tydeus. und der
Achilleus den Priamiden und ihren Scharen Kampf in der Vorhalle entbrennt um die Lager-
standbält, so Tydeus den 50 Mann") des /Ld^off, statte, die Polyneikes für sich behaupten, Ty-
»Iso eine Parallele zur Troilosepisode der Ky- deus mit ihm teilen oder vielleicht auch für
prien. sich allein beans|)nichen will. Dasselbe steht
Die dritte Erwähnung des Tydeusabenteuers in dem fragmentarischen Chorlied der HypH-
in der //»a«Ä284ff. ist fast ausschließlich pyle {Oayrh. Pap. 6,Sb2 p. ^ö frg.S,9). Über die
eine Nachdichtung von J, das für die spätere weitere Entwicklung dieser Sagentorm vgl.
Zeit {Statius Theb. 2, 370 tf.; Mythographen) 40 Robert 20()ff. Mit Recht bestreitet Robert, da-ß
alleinige Quelle ist. diese Darstellung die älteste Sage gibt. Es
Auch der Kannibalismus des Tydeus muß kann ein Hlpos zugrunde liegen, 'sogar ein älte-
in der Thebais gestanden haben, die Art aber, res ionisches könnte es sein, wenn statt des
wie im E Athena von Tydeus spricht, macht delphischen Gottes ein beliebiger Seher den
es wenig wahrscheinlich, daß der Dichter der Spruch tat wie bei Apollodor. Nur notwendig
Thebais etwas mit E zu tun hat. Auch der ist es nicht; es kann auch eine von Delphi,
Dichter von S 110 ff., in welchen Versen Dio- das sich auch in dieser Sage als die maßgebende
medes seine Ahnenreihe darlegt, kennt den Instanz eindrängen wollte, ausgegangene Prosa-
Epigonenzug nicht oder ignoriert ihn, denn erzählung gewesen sein.'
sonst würde er den Diomedes auf seine Kriegs- 50 Von dem zweiten Haupthelden Amphia-
taten sich berufen lassen. Es wird auch nicht raos handeln ein paar junge i/ojwerstellen, in
gesagt, daß Diomedes' Vater, Tydeus, einen der Telemachie (o 225 ff) und in der Nekyia
seiner Oheime Agrios oder Melas oder die (1 326 ff.). Aus den kurzen Andeutungen laßt
Söhne des einen erschlägt, auf die Verbannung sich entnehmen, daß Amphiaraos nicht mit in
infolge dieser Tat deuten aber wohl die Worte den Krieg ziehen will, weil er als Seher das
TtXayx^sig, mg ydg nov Zsvg rj&sXe xai &sol unglückliche Ende kennt. Schwerlich gehört
aXXot.. dies Motiv der ältesten Sagenform an, wie wir
Die ganze Darstellung in diesen Versen ist sie oben gegeben haben. 'Auf seinem heimi-
sehr summarisch, und so kann man aus der sehen boiotischen Boden wird wohl Amphia-
NichterwähnuDg der Brautgewinnung noch 60 raos erst nach seiner Rntrückung zum Seher-
nicht schließen, daß diese Sagenform dem Dich- gott geworden sein. Erst als er nach Argos
ter unbekannt war. verpflanzt i>t, wird er bereits im Leben ein
Zu der gewöhnlichen Version, daß Tydeus Seher. In jener ältesten Sage werden wir ihn
und Polyneikes zu gleicher Zeit bei Adrast uns ebenso kriegsmutig denken wie Tydeus.
erscheinen, bietet eine chalkidische Vase in In der argi vischen und epischen Version hin-
*) [Vgl. Ro^r, Die Zahl 50 in Mythus, Kultus, Epos u. f ^«° '^*^^* ,^^ J"' !1''^.7^W 'u'^'^^^^^M ' K^f
Taktik der Hrllenen u. and. Völker, les. d. Semüen. Leipzig dazu zwingt' {Robert 2o6). Woher diese Macht
1916, s. sif. Boscher.i der Eriphvle über ihren Gatten stammt, er-
1565 Thebanische Kriege Thebanische Kriege 1566
klären uus erst <lie Odyssee — (schol. zu l 326, darin pje«tanden haben, überhaupt mußte es
fast gleich ylpo/Z. 3, ()! ; mit Anjral)e des Streit- eine epische Handlun«^ bis zur Abfahrt des
Objektes Z)iorfo/-. 4, 65, 6) und Pindarscholien Helden onthalten habon'. 'Daß nun in diesem
(zu JV i>, 30). Hn dem Odysscescholion umi bei supponierton Gedicht auch die Ueschichte von
den Mythographi-n ist Aiuphiaraoei bereits Adrasts Zwist und Versöhnung mit Amphia-
mit Eriphvle vermählt, als er mit Adrast in raos erzählt gewesen sein sollte, ist zwar nicht
Streit j»eräl; nach d<*m Pindarscholion fällt absolut ausgeschlossen, aber nicht gerade wahr-
der Zwist vor die Eheschließung; auch handelt scheinlich', liohcrt deuict als Quelle für die
es sich dort um einen blutigen Kampf, in dem Pindarstelle vielmehr an ein genealogisches
des Adrastos Vater von Amphiaraos erschlagen lo Epos, in dem von dem Zwist zwischen Am-
und aus Argos vertrieben wird Die Hand der phiaros und Adrast die Rede gewesen ist, viel-
Eriphyle ist dann das Siegel der Versöhnung'. leicht auch von den Geschlechtern der Proiti-
Die Geneigtheit des Amphiaraos, auf die Ver- den, Melampodiden und Biantiden, mit deren
BÖhnung einzugehen, findet vielleicht in seiner Stammbaum der betreffende Teil des Scholiona
Neigung zu Eriphyle oder auch darin seine beginnt. In Betracht kommt das erste Buch
Erklärung, 'daß Adrast, als Erbe des Poljbos, von Hesioda Katalogen und die Melampodie.
nun zu großer Macht gelangt und ihm die Auch aus Bild werken können wir einiges
Herrschaft über Argos streiti«; machen kann. für den Gang der Ereignisse in der Thebais
Jedenfalls aber ist dieser gewalttätige, berech- erschließen. Ergrimmt über den Verrat will
nende und vielleicht auch verliebte Amphiaraos 20 Amphiaraos die Eriphyle töten. Diese Szene
ein ganz anderer wie der weise und b'^sonneoe war am Kypselosk asten dargestellt (Paus. 5,
Seher, den wir aus der Sage vom Zuge der 17,7; vgl. dazu Bohert •J23f u. oben 1, 2H5f),
Sieben kennen' {Bohert 207) Die Pmdarver- Noch eine zweite S/.ene aus der Thehais fand
sion {N i*, 12 tf.) will Welcher a. a. 0. 344f auf sich auf dem Kypseloskasten, der Wechselmord
die Thehais und Bethe bii auf die 'AuKpiuQäov der Brüder (Paws-. .5, 19,6). Damit stimmt Awr»-
i^Blaaioc zurückführen. Bohert hebt die Be- ja 'rfes, PÄoew. 1414 ff. überein. Die Darstellungen
denken, die dieser Annahme entgegenstehen, auf den etruskischen Urnen dai^egen und die
hervor. Die Voraussetzung dieser Version wäre auf Sarkophagen gehen auf Euripides' Phoe-
die Verschwägerung des Amphiaraos mit Adra- nissen zurück. Dieselbe Szene enthielt das Ge-
stos. Darauf wird aber in der Poesie fast nie- 30 mälde des Onasias in Plataiai, auf dem die
mals Bezug genommen, was man erwarten Mutter, dort Euryganeia genannt, bei dem
sollte, wenn sie zum festen Bestand der Sage Wechselmord zugegen war {Paus. 9, 8,11).
gehörte. Es kommt hinzu, wenn Eriphyle die ' Wenn wir dies schon oben auf die Thehais
Schwester des Adrast ist, 'so war das für sie zurückgeführt haben, so dürfen wir jetzt dar-
schon Grund genug, sich auf seine Seite zu auf hinweisen, daß auch in den Phoenissen,
stellen, da nach antiker Anschauuiig der Bru- deren Abhängigkeit von diesem Epos wir eben
der dem Weibe näher steht als der Gatte. Die gerade bei dieser Szene konstatiert haben, die
Bestechung durch das Halsband der Harmonia Mutter bei dem Tod der Söhne zugegen ist,
ist daneben überflüssig und also eine Duldette. und daß dies Stück auch zeigt, wie sich die
So möchte man eine Sagenfoim postulieren, 40 (iefangenhaltung de^? 0, die für die Thehais
in der Eriphyle nicht die Schwester des Adra- feststeht, damit in Einklang bringen läßt, daß
etos war; eine solche ist durch das Scholion A lokaste die ävayvoiQiGig überlebt' {Bohert 225).
zu X 326 bezeugt, wo zu 'Ep/qpv/Lrjv bemerkt Nach etruskischen Urnen läßt sich das Gq-
vf\v&:"l(piog %'vyatiQcc.'' Nun erst kommt das Be- mälde etwa wie folgt rekonstruieren: In der
stechungsmotiv, das schon die Odyssee kennt, Mitte der Wechselmord der Brüder in Gegen-
voll zur Geltung. Von Polyn- ikes bestochen, wart der Mutter, unten rechts Amphiaraos ver-
verrät Eriphyle das Versteck ihres Gatten, eine sinkend, links Adrastos auf seinem Wagen, in
Version, die Bethe und Bohert für die Thehais der oberen BildBäche rechts der stürzende Ka-
in Anspruch nehmen (vgl. hierzu JSofteri 211 ff.). paneus, links Parthenopaios, Tydeus und ein
Auch die Pe//f7arstelle geht auf ein Epos 50 dritter Held das Tor stürmend {Bohert 235).
zurück, aber nicht, wie Bei/ie meint, auf 'Am- Die Darstellung des Kampfes der Sieben
phiaraos' Auszug'. Dieses Werk kann, wie auf dem Fries von Gjölbaschi bringt für die
Bohert 219 betont, nicht umfangreicher als Thehais nichts Neues {Bohert 227).
einer der homerischen Hymnen gewesen sein. Auf etruskischen Urnen finden sich zwei
Daß es den ganzen Thebanischen Krieg behau- Szenen, die i.ach Gustav Körte, Le urne etrusche
delte und sich inhaltlich mit der T/ie6a*s deckte, 2,67 auf der Thehais beruhen. Auf Urnen der
ist undenkbar. 'Entweder war sie ein kleines einen Gruppe (XXllI 7, XXIV 8. 9) ist Kapaneus
selbständiges Gedicht oder ein Teil der The- auf der Sturmleiter abgebildet. Über seiner lin-
bais^. Als Inhalt läßt sich auf Grund einiger ken Schulter hängt der Körper eines toten Jüng-
Zeugnisse {ä. Bohert 220) nach dem Vorgang 60 lings (Abb. 1) ^TöWe vergleicht damit die Schil-
von Boeckh {Pind. 2^ p. 647 ff. frg. 68); Loheck derung, die Statins, Theh. 8, 745 ff. von der Szene
{Aglaoph. 382) und Bergk {Comment. de com. gibt, wo Tydeus um das Haupt des Melanippos
Attic. antiqu. 220; Poet. lyr. 2* p. 139) vermu- bittet und Kapaneus seinen Wunsch erfüllt. Die
ten, daß die Ermahnungen des Amphiaraos an Übereinstimmung ist so groß, daß man geneigt
Amphilochos einen breiten Raum einnahmen scheint, der Meinung Körten zu sein, der sie
und dem Epyllion den Cliarakter eines Lehr- durch die Gemein.samkeit der Quelle, der The-
gedichtes gaben. 'Der Verrat der Eriphyle, 5«es, erklärt. Allein Bo6eri weist 229 ff. auf die
das Rachegebot des Amphiaraos mußten wohl großen Bedenken, die diese Deutung hervor-
1567
Tbebanische Kriege
Thebanische Kriege
1568
1) KAp&neus »of der Stormleiter (nAoh Gutta« Körte, U urne etrvtche II, tav.XXIV by
ruft, hin. Aus dem Vergleich mit anderen
Urnenbildern folgt, daß hier die Szene darge-
stellt ist, wo ein tbebanischer Verteidiger, der
sonst in weit vorgebeugter Haltung oben auf
der Mauer steht (X\ HI, 6; Abbildung; l>ei Robert
nr. 40) oder zwiRchen Turm und Leiter herab-
stürzt (XX 9; Robert 41), auf Kapaneus selbst
tUUt; 'aber dieser riesenhafte Kecke gerät durch 30 Reihe von Listen überliefert (vgl. Wilamowitt
'Mithin gehört sie in
die Thebats, und die
Siebenzihl der Helden,
hierin weiche ich', sagt
Robert 236, 'von Wtla-
moiiitz ab, ist durch die
Siebenzahl der Tore be-
dingt'. Ai-^chifJos folgt
also der Version der
Thebats. Onasias mußte
davon abweichen, da er
nicht den ganzen Mauer-
rin>f, sonilern nur eine
Seite zeigen konnte.
Wenn er weiter den
Wechsel mord der Brü-
der und vermutlich auch
das Versinken des Am-
phiaraoB dargestellt hat,
so fehlte iiim mindestens
für «'in Tor der Angreifer.
Und schließlich mußte
er als Platäer das Wirkliche malen oder wenige
stens zwischen Poesie und Wirklichkeit einen
Kompromiß schließen. Drei Tore sind auf dem
Bilde anzunehmen, und drei Tore, von denen
das eine ein Pentapylon war, hatte Theben
bzw. die Kadmeia {Robert 236 f.).
Über die Nati en der Sieben sind eine
den Aufprall des Stürzenden nicht ins Wanken,
ja er schüttelt die unbequeme Last nicht ein-
mal von der Schulter ab. Aufrecht, unerschüt-
tert klimmt er weiter die Sprossen empor'.
Der stürzende, von Kapaneus getötete Theba-
ner ist auch nicht Melanippos, da diese Ver-
sion ganz unbezeugt ist. Vielleicht geht diese
bildliche Darstellung auf das Tafelbild des
Tauriskos zurück, der dieses Motiv erfunden
a. a. 0. 228 ff ; Robert 909 f.; Oid. 23 f; Bethe Ü4,
84). Nach Roberto Darlegungen, auf die ich
hier nur verweisen kann . ergibt sich als der
wahrticheinlichste Entwicklungsgang, den die
Listen durchgemacht haben (244):
'1. Thebais und Epigonen: 1. 'JiSga-
arog. 2. ^^(pidcQaog. 3. MrjxtöTtv?. 4. Tvöt-vg.
6. rioXvvti'arig. 6. KccTtavsvg. 7. Uag^svonaiog.
Danach die delphische Gruppe der Epigonen
und nicht aus der Thebais übernommen hat 40 und Apoll. 3, S'^.
{Robert 232f). 2. Aischylos: An Stelle von 'JidgaoTog und
Dagegen ist die Szene der anderen Gruppe Mr]%i czsvg trtten' InTcoiLidav und 'ETto-Alog. Da-
etruskischer Urnen auch nach Robert aut die nach Sophokles, Euriyides in den Hikttiden,
Thebais zurnckzuführen:
Parthenopaios wird durch
einen Steinwurf von der
Zinne der Mauer, und zwar
von Perikl.vmenoB getötet
(vgl. dazu Eurip. Phneniss.
1153 ff). Tydeud trägt das
abgehauene Haupt eines
Feindes, des Melanippos, in
der Hand und will es ge-
gen die Verteidiger auf der
Mauer schleudern (s. Abb. 2).
Eine wichtige Frage ist :
wie stand es in der
Thebais mit den sie-
ben Toren? (vgl. dazu
Wilanuncitz , Hermes 26,
1891; Robert, Hermes 42,
1907). Die Vorstellung von
den sieben, in demselben
Mauerring nebeneinander-
liegeuden Toren ist bei
einem Manne entstanden,
der Theben nie gesehen ^^ Parthenopaiog und Tydeus im Kampfe um Theben (nach Körte a. a. O. II.
hat, also bei emem lonier. uv. xxu 4).
1569 Thebanische Kriege Thebanische Kriege lö7(>
Schol. IL J 404, ferner das argiviaolH; Weih- rus, Thtikydidfs, den Tragikern und den Scho-
geschenk für Oinoe in Delphi, nur daß Par- liasten (vgl. Bethe'SbS. lüUff).
thenopaios mit Halitherses wechselt. Über die Abfassungszeit des Epos 'Eniyovoi
3. Euripides in den Fhoenissen. Die (vgl. über die l^iteratur Kohert 960 Anmerk. 1
Aischyleische i..iste, nur daß, wie in der The- bestehen verschiedene, einander entj^egenge-
haiSy Ailrant raitgezählt und dafür h'teoklos ge- set/.te Ansichten, Hoch spricht für die Jugend
strichen wird. Danach die beiden (iruppen in der ^EnLyovoi das Hinein/.iehen des delphischen
Argoa, ^/)oW. 8,<?3; Hygin.f.lO-, 7)tod. 4.65,4.' Orakels und die (irümiungssage von Klaros.
(Über die em/elnen Helden und ihr < beschick Sie sind entschieden jünger als die Thchais
vgl. die Artikel bei UML, 0. Gruppe, Gr. Myth. lo (anders O. Gruppe a. a. 0. 1, 501; Friedländer,
l,b2uff.; üobertiHlW.) ii/tmt. iJ/w.s. Oy 1 1914J, 328. Dagegen Äo6er« 2,
Daß den sieben Angreifern sieben the- 93 Anm. 180), die Eroberung' Thebens wird erst
banische Helden gegenübergestellt wurden, in einer ganz späten 2/iasstelle erwähnt. Sie
geht auf Äischylofi zurück, denn in der The- sind überhaupt ""ein ziemlicü ärmlich erfunde-
bais haben Parthenopaios und Amphiaraos und nes Nachspi.l zur Thebais* — kein Nebentitel
ebenso Amphiaiaos und Tydeus denselben zur Thebais^ wie Bethe will — 'ohne jeden
Gegner. Bei Aischylos (Euripides in den Phoe- echten Inhalt. Die Söhne der Sieben sind frei-
nissen nennt die Namen nicht, vgl. darüber lieh große Herren, aber erst als sie dies waren
Robert 432 tf) kämpfen Melanii)po8 gegen Ty- und weil sie dies waren, ist ihnen der siegende
deus, Polyphontes gegen Kapaneus, Megareus 20 Zug gegen die Besieger ihrer Väter angedich-
gejjen Eteoklos, Hypeibios gegen Hippoiuedon, tet . . . Der Ruhm der Sieben lag in der The-
Aktor ge*?en Parthenopaios, Lasthenes gegen bais Homers., der Ruhm der Epigonen in der
Amphiiiraos, Eteoklesgeo;en seinen Bru(^ er. (Zu Ilias Homers^ {Wilamowitz &. a.. 0 240; vgl.
diesen Namen vgl. die einzelnen Artikel und außerdem Robert 251. 949 f.). Nur Alkmaion
Hobert 929 tf.) ist durch die Thebais gegeben; denn eme Eri-
Nach den Ausführungen bei Bethe 93 ff. und phylesa^e ohne Alkmaions Muttermord ist aus-
Robert 247 ff. 943 tf. wird es klar, daß die The- geschlossen (s. Robert -'51). Trotzdem das Epos
bais weder die Verbrennung der Hehlen noch im 5. Jahrh. zur Schullektüre gehörte {Aristoph.
das Verbot der Bestattung oder die Verweige- Pac. 1270), ist die Epigonensage doch öfters
ruog- der Leichen kennt. 'Der ganze Sagen- so von den Tragikern dieser Zeit einfach igno-
komplex, welcher sich um die Bestattung der riert worden. Die Handlung der Phoinissen
vor Theben Gefallenen gruppiert, erweist sich und der beiden Antigenen ist undenkbar, wenn
. . . als jung. Und das bestätigt die Einmischung Eteokles einen Sohn hat und der Zug der Epi-
des Theseus, der stets dabei die Hauptrolle gonen bevorsteht. 'In noch viel höherem Maße
spielt. Aber entstehen konnte er nur, wenn es gilt das von den Sieben des Aischylos, deren
fest stand, daß die Thebaner ihren gefallenen Grundgedanke die völlige Ausrottung der Nach-
Feinden die letzten Ehren versagt hatten. Und kommen des Laios ist (oben S. 90G). Dennoch
konnte ein homerischer Dichter anders den hat sich hier der Dichter erlaubt, in geheimnis-
Ausgancr eines Kampfes dichten, in dem Bru- voller Weise auf den" Epigonen/.ug anzuspielen'
der gegen Bruder gestanden und Tydeus seines 40 (v. 840 ff. 902 ff.; s. Robert 950; vgl. auch 1,
Feindes Hirn geschlürft? Somit ergibt sich 268 tf.).
auch von dieser Seite die Notwendigkeit, daß Entsprechend den drei Fassungen der Liste
in der Thebais die Leichen der übermütigen der Sieben haben wir auch hier drei Listen
Argiver den Tieren zur Beute hincreworfen der Epigonen zu unterscheiden (s. Robert
wurden, auf daß sie zerrissen und verschleppt 9ö0ff.; 2, 88 Anmerk. 156. 16'); Bethe lOUtf. :
würden' (Bethe 98). Gruppe 1,538; s. Siuch Hitzig -Blümner zu Patts.
Überdie'E;tra7rv(>c^ivgL_RoZ>eri248ff. 943f.; 10. 10. 4 in 3, 680 ff.).
auch Wilamoicitz, Isy'los 163. 1. Epos 'kniyovoi (nach Paus. 10. 10. 4.
Ob die Thebaner sich zur Widerlegung der und Apoll. 3, ^2): Alkmaion und Amphilochos,
Eleusinier, die ebenfalls die Gräber der argi- 50 Söhne des Amphiaraos, Aij^ialeus, S. des Adra-
vischen Heerführer zeio^ten, diese 'Ettto: Ttvgai stos, Diomedes, S. des Tydeus, Promrichos, S.
neu schufen, die dann später auch auf die des Parthenopaios, Sthenelos, S. des Kapaneus,
Niobiden bezooreu wurden, oder ob sie die Thersandros, S. des Polyneikes, Euryalos, S.
sieben Scheiterhaufen der Niobiden in gleicher des Mekisteus.
Absicht auf die sieben Heerführer umschrieben, 2. Aischylos' 'Eniyovoi (nach schol. B
läßt sich nicht entscheiden. Das Letztere ist JZ. ^ 404; T^406; vgl. iJoöeri 2, 88, 160. 951;
nach Robert 249 wahrscheinlicher. anders Immisch, Jahrb. f. klass. Phil. 17 Supjil.
r^ ^ „ ^ ^ . - 1890,187 und Bethe Hl , die diese Liste auf
C. Der Zug der Epigonen. ^^^ Epos zurückführen).
Die Überlieferung über die Epigonen ist 60 Für Euryalos werden zwei Helden einge-
nicht reichlich, wenn sicherlich auch hier ge- setzt, weil bei Aischylos Adrastos in die Sieben-
schichtliche Erinnerungen zugrunde liegen. Am zahl nicht einbegriffen ist, Polydoros, S. des
Ausgang der mykenischen Periode ist Theben Hippomedon, und Medon S. des Eteokles. Der
einmal zerstört worden, aber ob durch die Ar- Sohn des Parthenopaios heißt hier Stratolaos,
giver? (v^l. Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. 2, 189 ff.). Eine Variante dieser Liste bei Hygin. f. 71 mit
Einzig- Apollodor ^ibt eine fortlaufende Erzäh- der Tendenz, die Neunzahl auf die Siebenzahl
lung: dazu treten Diodor, Pausanias und ver- zu reduzieren (vgl. dazu Robert 951 Anm. 4)
einzelte wertvolle Zeugnisse hei Herodot, Epho- 3. Die Epigonengruppe in Ar gos nach
1571
Thiocsus
Tyrrhenia
1572
der Liste der EuripideiBchen Phoinissen {Paus.
2, 20, 6).
Ai;?ia)en8, Promachos, Polydoros, Thersan-
dro8, Alkmaion und Amphiiochos, Diomedes,
Stbenelos. ncifffjv ih in x<.i inl rQt^rcov Ev^va-
Xog 6 Mri^iori^(ag xal TloXvvsiyiovs jiÖQaöiog
{kXdoTcoQ schol. Pind. O. 2, 76) xal Tifiias.
Den Verlauf des Feldzuges 8 bei Apoll. 3,
80 ff., der vielleicht aut das Epigonenepus zu-
rückgeht, und Diodor 4, 66. Vgl. dazu Betite,
Gruppe, Bobert a. a. 0. und die Artikel über
die einzelnen Helden. [Bubbe]
Nachtrag zum Art TbiuouK {Jliingaus) von
Steuding o. Bd. 6, Sp 800: K. Htlm, . liger ma-
nische Beligwnsgeschuhte 1 (1918), S. 366—370,
§217, wo i^S. 366, Anm. 80) viel Liteiatur an-
gegeben ist, wie W. Schtrer in den Sitzungs-
berichttn der Berliner Akademie 1884,1, S 671
bis 6 2. Theoil. Siebs in Zeitschr. für dt utache
Philol. 24 (I8i'2), S. 433—457. Dessau, Jnsvr.
Lat. sei , zu nr. 4760 f Neu : Bosanquet und Siebs
in Archaeohgia Atliana^ ly, p. 185 IF.
j Kenne.]
Nachtrag zum Art. Tiberinns, o. Bd. 6, ^p.
933: Ein vor die Kalenderverbesserung durch
lulius Caesair fallen<ter Kalender aus dem An-
fang des letzten Jahrhunderts v. Chr., gefunden
in Anzio (Antinm in Latium), hat zum 8 De-
zember den Eintrag: Tiberino Gaine, s. G. Man-
cini, Notizie d. scavi di ant. 1921, p. Hbf., mit
Tafelabb. Über Gaia Tarncia (oder Fufttid)
8. Boehm in Paulys Heal-hncyclop., Neue Be-
arbtg., Bd. 7, I, Sp. 480—483. [Keune.j
Tigoriuiis, pagiis — . Dem Schutzjjeist dieses
Gaue.« war eine luschrift von Münchweiler oder
Münchenwiler (nordö.stlich von Avenches =
Aventicum, Andree, HattdaÜas'' 83/«4, D 3, bei
Murten) geweiht, CIL 13.6076: Genio pag(i)
Tigor(tni) P. Graccttis Paternus t(estamento)
pConi) i(ussit)f Scribnnia Lucana h(eres) ffa-
citnduw) c(uravtt). Die Wt'ihin-chrift, welch©
teilweise die Fassung einer GrabHchiiit hat. (vgl.
CiL 13, 7932), i8t ni. ht getlilscht. Da^'egen
war in etwas abwei»heuder Fas>ung diese In-
Bchrifl auf einer Marmorsäule zu Zürich );e-
faischt (s. Mommsen, CIL 13, 2, 1 p siO). übri-
gens wurde auch eine zweite, gleichlautende,
echte Inschrift in der Klosterkirche von l'ayerue
10 (siidwestl. von Avenches) ent-eckt, in welcher
aber der Anfung mit der Weihuug fehlt, s. W.
Cart, Am. f. Srhwete. AUertumsk 21 (l'Jlü) S. 16
mit Abb 4; Juhresber. d Schweiz Ges. /. Urge-
schichte 12, 1919—1920 (1921) S 113, auch S. 96.
Über die Tiyurint s. Holder, Alte. Sprachsch. 2
Sp 1842— 1^46. iKeune.]
Tiuiad (Ttvtarj), einer der Dämonennamen,
bei denen «ler Stern Ares beschworen wird in
einer Proseu«he der Uygrovinnteia Salomonis,
20 cmgr 70. Cnt. cod astr gr. 8, 2, 155. (Der Index
gibt S. 189 Tiimdi) ) Die andern Namen: Ourär,
'AStxuril, Traras. UkriGva. jPreisendanz.]
Tiröei (TigariX), iiuti'T Enj^ei der 10. Mitt-
wothstunde, tiem der böse Dämon (.iatzar ent-
spricht Hy gravi aiittia Salomonis cmgr 70, Cat.
cod. Oi^tr. gr 8, 2, 162. (Preisendanz.J
Tirse (iigari), eine der Frauen des Grastos,
Sohnes des Mygdon; Steph. Byz s. v. Tigaai
80 nach Thayfnes' Makedonika (da/u ob. Bd. 2, 2,
Sp 3300, 49 ff.), Stadteponyme de?; makedoni-
schen Tirsai. [Preisendanz.J
Tyrrlieiitt, Beiname der Minerva bei Stat.
Silo. 2, 2, 2; 3,2, 24 KL; s. Cartir, Epitheta deo-
rum 1902,72. [ Preinendanz ]
Tyrrbet'iji, nach Alcimus Gemahlin des
Aeneas, Mutter des Üomulus Fest. {Fragm. e
cod. Farn. L. XMl) 362, S. 326, 35 f. Linds ,
362, 20 Thewr. (266, 20 Muell). [Preisendanz.]
>i'. 1^ ^1 >;^ JI^ ^1 >ii li* ^1 >c'- 11^ ^
k.-i
Ä^ilL/^V
«J9
<^^
^üfi/Ty
o
^P
f^
^^
K
X
^^Q
^
yktCJ
^0i3i
^^3
X
GS^
K
^M
*p<@^j®.(*i®.l*pjl*j)®.®j®.®^
®®®tmtMis®®®M®®®M®ri®ii®]
mwmmm^mmmmmM^m^m
iXri !fi%/»ir. iSSi ^'Ä^ iB& /'A^ JSWTä \ iB&
s®®:s<@®®:ii®®®®®;g<igi®;®
s<i®®:@®®^sMi<«Ms®>iM®®®®®®®@
Ts«CÄ/^JlCÄ/^Jlc»4/!^J«J^
IMill'MI'MliMliMilil'ili^ii
<ffiffl>I©
mimm
kr\ , /'^iCTKrx I /'Vi
tfXf/^JTÄ*^.
SM®®®
&®i*l®@
i^mmmm
\sRXm
PLEASE DO NOT REMOVE
CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
Robart«
i®®M®
®.®.®S
5)>sti|^?2
m*m(^
?:®:®s
3Ö®.®.®.®®®.®.®.®.®®®®.®®®.!
I12^M®M®M®11®®®11®^^
KSl^J^
k^
r^ ---^^ll
. /
.i .^d^ ■
-< J^
-«rfv^
^» ^>*
^..-
.4*-t^
.^ ■ J^*
. -^t-